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Full text of "Das Papier. ..."

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Ernst  Kirchner 

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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER. 


III.  Teil. 


Die  I  Ialbstoff lehre  der  Papierindustrie. 


Abschnitt  B.  und  C.  Zellstoff. 

Die  Strohstoff-  und  I Iolzzellstoff- 

Fabrikation 

mit  293  Tafeln  oder  Einzeldarstellungen 


von 


Ernst  Kirchner, 

Ingenieur,  Professor  der  Technischen  StaalslehransJaltcn  zu  Chemnitz. 


»  ,  Herausgegeben 

vom 

Verleger  des  Günttcr-Staib 'sehen  Wochenblattes  für  Papierfabrikation  in  Biberach  a.  d.  Ri?s. 


Als  Gratisbeilage  des  Wochenblattes. 


Vollendet  1907. 


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•  :  '  f .  . 


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Vorwort  des  Verfassers. 

Trotzdem  ich  seit  1873  die  Entwicklung  habe,  erlitt,  mögen  die  leider  vorgekommenen 
der  Zellstoffindustrie  auf  dem  Kontinente  mit  Irrtümer  und  störenden  Druckfehler  entschul- 
durchlebte  und  eine  Reihe  von  Jahren  prak-  digen.  Ich  bitte  dieselben  nach  dem  um- 
tisch  in  derselben  tätig  war,  hat  die  Sichtung  stellenden  Fehlerverzeichnis  zu  verbessern, 
des  Materials,  die  Verteidigung  geschichtlich  Wiederholungen  und  Besprechungen  desselben 
feststehender  Tatsachen  und  die  Bearbeitung  Themas  an  verschiedenen  Stelleu  sind  unaus- 
der  gesammelten  eigenen  Erfahrungen  unter  bleiblich  gewesen,  so  dass  ich  die  fleissige 
Einreihung  der  folgenden  Fortschritte  dieser  Benutzung  des  alphabetischen  Sach- 
industrie grössere  Schwierigkeiten  verursacht,  registers  am  Ende  dieses  Abschnittes  beim 
als  ich  erwartete.  Aufsuchen  und    beim    laufenden  Studium 

Ich    fühle  mich   verschiedenen    Herren  empfehle, 

der  Fabrikations-  und  Maschinenbau-Praxis,  Besonders  hervorheben  möchte  icli  noch, 

sowie  der  Wissenschaft  für  viele  sehr  wert-  dass  jcn  infolge  der  Aufschlüsse  über  gc- 

vollc  Mitteilungen  dankbar  verpflichtet.  eignetes   Material  der  Kochermäntel  durch 

Ganz  besonderen  herzlichen  Dank  spreche  Herrn  Baudircktor  C.  Bach  in  Stuttgart  meine 

ich  meinen    lieben   Freunden  den   Herren  zuerst  S.  365  geäusserten  Vorschläge,  nur 

W.Schacht,   Fabrikbesitzer  in  Weissenfeis,  Schweisseisen  dafür  zu  verwenden,  ändern 

Direktor   Dr.  Hiller  in  Schindlerswerk  bei  mUsste,  und  ich  verweise  auf  die  heute  allein 

Bockau  (Sachsen)  und  Professor  Dr.  A.  Harpf  richtigen,  S.  41 1/12  abgedruckten  Ratschläge 

in  Przibram  (Böhmen)  aus,  ohne  deren  Rat  des  in  diesen  Fragen  durchaus  massgebenden 

und  treue  Mithilfe  Vieles  in  diesem  Abschnitte  Herrn,  dem  ich  an  dieser  Stelle  dafür  eben- 

nicht  hätte  gesagt  werden  können,  was  hinein-  fa||s  verbindlichst  danke! 
gehört 

Das    bogenweise   Erscheinen    und    die  Chemnitz,  den  1.  Oktober  1907. 
Unterbrechungen,  die  diese  Arbeit  infolge 

anderer  Verpflichtungen,  die  ich  zu  erfüllen  E.  Kirchner. 


26G8G5 

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IV 


Fehlerverbesserung. 

S.  6,  rechte  Spalte,  6.  Zeile  von  unten  statt: 
1.  Oktober  1871  —  „Mitte  Oktober 
1872"  setzen. 

S.  8,  rechte  Spalte,  32.  Zeile  von  unten 
statt  1872  -  „1871"  setzen. 

S.  86,  rechte  Spalte,  oben  1.  Zeile  statt: 
in  grösster  Menge  —  „am  leichtesten" 
setzen. 

S.  87,  Tabelle  V  links,  erste  Rubrik  8.  u. 
9.  Reihe  von  unten  statt  0,...  —  „1,..." 
setzen. 

S.  88,  linke  Spalte,  15.  Zeile  von  unten 
zufügen:  1  /  enthält  II  -9,43=-  103,73  g 
Na2COv 

S.  92,  rechte  Spalte,  9.  Zeile  von  oben 
statt  NazO      „Na2  C03"  setzen. 

S.  99,  rechte  Spalte,  14.  Zeile  von  unten 
statt  crkcltet  „erkaltet"  und  vorletzte 
Zeile  statt  Untersucung  —  „Untersuchung" 
setzen. 

S.  112  muss  heissen  oben  links:  Ge- 
satntkosten „17,31  M",  oben  rechts:  „5  M 
37  Pfg." 


S.  114,  Tabelle  statt  Ersen  —  „Eisen" 
setzen. 

S.  120,  rechte  Spalte,  21.  Zeile  von  oben 
statt  viermal  —  „dreimal"  setzen. 

S.  185,  rechte  Spalte,  1 0.  Zeile  von  oben 
statt  Auslagekasten  — „Auslaugekästen"  setzen. 

S.  207,  rechte  Spalte,  8.  Zeile  von  unten 
statt  (606—  .  .  .  „(607—  .  .  ."  setzen. 

S.  210,  linke  Spalte,  4.  Zeile  von  oben: 
statt  Yargan  —  „Yaryan"  setzen;  derselbe 
Fehler  mehrfach  S.  226-  228. 

S.  240,  rechte  Spalte,  17.  Zeile  von  unten 
„1  t  Zellstoff  3hl  ~  250k  g"  statt  der  irr- 
tu  ml  ich  gedruckten  fünffachen  Menge. 

S.  320,  linke  und  rechte  Spalte  sind  die 
auf  S.  321  linke  Spalte  unten  gedruckten 
Verbesserungen  zu  beachten. 

S.  338,  linke  Spalte,  14.  Reihe  von  oben 
durch  Nachschrift  S.  345  verbessert. 

S.  358.  Die  Tabelle  in  der  Mitte  ist 
Bogen  1,  1904  unrichtig  gesetzt.  Es  wurde 
den  Empfängern  des  Bogens  eine  neue  Ta- 
belle zugestellt,  die  zur  Ueberklebung  der  un- 
richtigen benutzt  werden  sollte.  Dieselbe  lautet: 

 S 

I 


Verfahren 


je  nach  der  Güte  und  dem  Durchmesser  des  Rundholzes 

aus  I  fm  Reinholz  <v>  1,43  bis  1,66  rm  Rohholz 
Reines  Kiefernholz  Reines  Fichtenholz 

etwa  520    550  kg  lufttr.  etwa  445    470  kjr  lufitr. 


Soda- 

150—157  kg 

lufttr. 

Stoff 

136    150  kg 

lufttr.  Stoff 

Sulfat- 

157    171  „ 

i» 

150    164  „ 

ii  ii 

Sulfit- 

'i 

i» 

170-230  „ 

ii  ii 

N 
o 


'I, 


Die  prozentischen  Ausbeuten  in  dem  Satz  Seite  358  linke  Spalte  8— 16.  Zeile  von 
unten  sind  dementsprechend  noch  zu  ändern. 


S.  365  hatte  ich  das  Verlangen  gestellt, 
als  Mantelmaterial  der  Zellulosekocher  nur 
Schweisseisen  zu  verwenden.  Da  Schweiss- 
eisen aber  so  gut  wie  nicht  mehr  in  Deutsch- 
land fabriziert  wird,  ich  auch  belehrt  wurde, 
dass  nur  das  heute  erzeugte  weiche  Fluss- 
cisenfeuerblech  von  34  -40  kg'qcm  Zug- 
festigkeit bei  sachgemässer  Bearbeitung  und 
gutem  Zusammenbau  für  Herstellung  von 
Kochern  empfohlen  werden  kann,  so  muss 
ich  das  S.  365  gestellte  Verlangen  zurück- 


nehmen und  empfehle  die  strenge  Nach- 
achtung der  von  K.  W.  Baudirektor  C.  Bach 
S.  411  412  für  diese  Bleche  gestellten  Be- 
dingungen für  den  Kocherbau. 

S.  389,  rechte  Spalte,  Unterschrift  muss 
heissen:  „Fig.  182.  Kocher  mit  Ph.  O'fen- 
heimers  Heizschlange." 

S.  408,  rechte  Spalte,  Mitte  Ucbcrschrift 
statt:  Sulfitkocher  —  „Stoff kodier"  setzen. 

S.  487,  rechte  Spalte,  19.  Zeile,  statt:  Ende 
1888       „Mitte  November  1S88"  setzen. 


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I  n  h  alts-Verzeich  n  is. 

(Das  alphabetische  Inhalts-Verzeichnis  befindet  sich  am  Schluss  dieses  Abschnittes.) 


Titelblatt 

Vorwort  des  Vei  fassers 

Fehlerverzeichnis 

Dieses  Inhalts-Verzeichnis 

Verzeichnis  der  Figuren  und  Tafeln 


Seile 
I 

III 
IV 

v-x 

XI-XII 


Geschichte  der  ZellstoNfabrikation 

Strohverarbeitung  bei  dfn  Chineien.  Dr.  J. 
Chr.  Schiffers  Papierversuche  1765 

Anfänge  der  Gelbslrohpapier-  und  Pappen- 
fabrikation, Koop  1800.  I..  Piettes  Papier - 
versuchc,  Strohstoffpatente 

Chaptal  und  d'Arcet  -  Echatcon,  E»tler-Wien, 
l„  Pictie-Dillingcn  erste  Strohstoffvcr- 
fahren  bis  1830 

Neuere  Sirohstofi verfahren  Mellier,  Lahouse, 
Auer,  Thode  etc. 

Vergebl.Versuclie  von  Schäffer,  Koop,  Piette,  Holz 
aufzuschlicssen.  Anfänge  der  Holzzell- 
stoffverf.  Watt  &  Burgess  1853,  Hough- 
ton  1857.  Fabriken  in  Amerika,  Royers 
Ford  und  Manayunk  bis  1865 

W.  Lee  und  James  A.  Lee  1869,  Sinclair  1869, 
Behrend-Coeslin.  Dresel-Dalbke  1872 

Natronzellstofffabriken  in  Deutschland  70er  Jahre, 
Verein  deutscher  Cellulosefabiiken  1875 

Kosten  für  100  kg  Zellulose.  Alb.  Ungerer  1871 

Ungerer-Zellulosefabriken  Stuppach,  Sinsleben 
1872  75,  Hclbig-Schwefelnatriumverfahren 
1882,  Kleinrückerswalde 

Dahl-Danzig  Sulfatverfahren  1883 

Sonstige  Verbesserungen  des  Natronverfahrens. 


Säureverfahren 


Sulfitverfahren 


2 


Seite 

Dr.  R.  Mitscherlichs  Sachs.   Patent  auf 
Gerbstoff  aus  Holz  20—21 
Eingreifen  Prof.  Dr.  A.  Mitscherlichs.  Erste 
Leistungen  in  H>nn.  Munden  laut  Briefen 
Wertheims  und  Rissmüllers,  Hauptpatent 
Gerbstoff  1878.  23.  I.  22—23 
Prof.  Dr.  A.  Mitscherlichs  Zusatz-Patent,  1879 

ausgegeben  23— 25> 

Fall  des  Zellulose- Anspruches  des  Mitscherlich- 
Patentes.     Erste  Zessionsverträge  1880 
mit  Wetz  und  Vogel.   O.  Mitscherlich, 
Oklitz  b.  Mettkau  in  Schlesien.  Urteil 
Drewsen.   Ekmans  Vorsprung  25 
Mitscherlichs  Verdienste  als  Förderer  und  Ein- 
führer  der  Sulfitstofffabrikation.  Fabriken 
in  Deutschland  1881  92  26 
Ritter-Kellner  Verfahren  27 
Ritter-Kellner  Fabriken,  Franke-Mölndal  28 
Graham-,  Flodquist-,  Picket-Verfahren  29 
Statistik  der  Zellstoffindustrien  in  Deutschland, 
Oesterreich,  Schweiz,  Schweden,  V.  St. 
v.  N.-Amerika  29—33 

33-4» 


33 


10 
11 


Saure-  und  andere  Verfahren. 

von  Tilghman  12 

Tilghmans  Erfindung.  Engl.  Patente  1866  67, 
Veröffentlichungen  derselben  mit  deut- 
lichen Rezepten  13-14 

Tilghmans  Apparate,  Ekman  erster  Sulfitzellstoff- 
fabrikant 15 

Ekmans  erste  Fabrik  (1874)  Bergvik  in  Schweden  16 

Eknwns  Vorschriften  ffir  Behandlung  (1876),  Ek- 
manstoff  auf  dem  schwedischen  und 
deutschen  Markt  1875.  Beliebtheit  des 
Stoffes  in  Deutschland,  Zurückweisung  der 
Behauptungen  der  Priorität  Mitscherlichs  17 — IS 

Prof.  Dr.  A.  Mitscherlich.    Erste  engl.  Patente 

Dr.  R.  Miischerlichs  1874  75  19 

Unmögliche  Vorschriften.  Zellulose  zu  erhalten. 
Misserfolge.   R.  Kefersttins  Brief.  Miss- 
glückte Versuche  in  Raths-Damniu  1875. 


Chinesen,  Begründer  der  Zellulosefabrikation, 
doch  nicht  in  dem  Sinne  der  heutigen 
Fabrikation 

Beginn    der    Natron  -  Zellstofffabrikation  in 

Amerika  3t 

Geh.  Kommerzienrat  M.  Dresel  -  Dalbke,  Be- 
gründer der  deutschen  Natronzellulose- 
fabrikation Okt.  1872,  M.  Behrend-Coeslin 
damit  für  sich  etwa  gleichzeitig,  Ungerer, 
Lee.  Rosenhain,  Graf  Loewenhaupt  und 
v.  Post  in  Schweden  3S 

Sindair-Nicol  Prospekte  1.  April  1872;  Hering, 

Hahn  und  Frauke,  Königstein  1872  36 

Verfasser  Kirchners  Tätigkeit   in  der  Praxis, 

Dahl  37 

Sulfitzellstoff.    Angriffe  dieser  Geschichte  und 

Zurückweisung  seitens  des  Verfassers  38 

Tilghmans  grundlegendes  Verfahren  mit  Koch- 
rezept. Veröffentlichung  der  Patente  bis 
1SG7,  Versuche  der  Brüder  Tilghman  1867  69  39 

Tilghmans  Leistung.    Ekman-Prioritätsnnchweis  40 

Prof.  Dr.  A  Mitscherlich.    Verhältnis  zu  seinen 

« 

Brüdern    O.    und  Dr.   R.  Mitscherlich. 
Briefe  Dr.  R.  Mitscherlichs  1874.  Kontrakte 
Prof.   Dr.   A.  Mitscherlichs  mit  Fabrik- 
besitzer Georg  Rissmüller  1875  41—42 
Rissmüllers  Verdienste.     K.   Mitscherlich  tritt 


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VI 


Seite 

seine  Rechte  1877  an  Prof.  Dr.  A.  Mit- 
scherlich  ab  43 

Eingreifen  der  ersten  Zessionare,  besonders  O. 

Vogels  in  Zell  44 

O.  Vogel«  Leistungen  45 

Folgen  der  Vogelschen  Leistungen,  A.  Mitscher- 

lichs  bleibendes  Verdienst  46 

Verdienste  Anderer.  Nachahmer  Tilghmans, 
Prof.  Dr.  P.  Ktason  über  Franke  und 
Flodquist  in  Schweden  47 

Entwicklung  der  amerikanischen  Zellstoffindu- 
strie, statistische  Angaben  über  deutsche, 
amerikanische  und  skandinavische  Zell- 
stoffindustrie 48 

Fabrikation  gelben  ordinären  Strohstoffes. 

Einleitung,  Strohaufschliessung  49 
Strohasche,  Häcksellade  50 
Häckselmaschinen  51—53 
Strohkocher  mit  Tabelle  54-58 
Kollerginge  mit  1  Tabelle  58-65 
Material  der  Kollersteinc  65 
Führung  und  Bedienung  der  Kollergänge  66 
Holländer  mit  2  Tabellen  67—72 
Die  Verfahren  inkl.  französischer  Verfahren  72-77 
Strohhalbzellulose  77 
Kalk  zum  Kochen  mit  Tabelle  und  Untersuchung  78 
Kalkulation  von  Gelbstrohstoffu.Strohhalbzcllulose  79 
Chemikalien  nnd  Lösungen  für  Zellstoffe  81—130 
Aetznatron  Na  OH  mit  Tabellen  81  —  86 

Soda  Na2COj  mit  Tabellen  86—89 
Wiedergewonnene  Soda  89 
Aetzkalk  89 
Natronkochlaugenzusatnmcnsetzung  und  Ver- 
änderung 90—91 
Aetznatron-Frischlaugen  91 
Wiedergewinnung  der  Sodaasche  und  Sulfat- 
schmelze, Ablaugen  91—94 
Sulfatverfahren  (Dahl)  mit  Erklärungen  von 

W.  Schacht 
Glaubersalz  (Rohsulfat) 
Selbstgewonnene  Schmelze,  Strohzellstoffab- 

lauge,  Tabellen  (Schacht)  99—101 
Schmelzcuntersuchungen  101—104 
Stroh-  und  Holzzellstoffschtnclzcn,  Tabellen  105  -107 
Chemikalien-Verbrauch  108 
Untersuchung  der  Frischlaugen  mit  Tabellen  108—110 
Nachtrag:  Aetznatronlaugen  110—112 
Sulfitverfahren. 

Schwefel  112 
Schwefelkies,  Kiesuntersuchung  113—116 
Kalkstein,  Tuff,  Dolomit  und  Untersuchung  116—118 
Sulfitlöstingen  118 
Zusammensetzungen  und  Untersuchungen  119  126 
Schwefelkiespreise  120 
Schwefel-  und  Kiesverbrauch  126 
Chlorkalklösungen  mit  Tabellen  127 
Chlorkalkuntersuchung  123 
Andere  Bleichmittel  129 
Aräometergrade-Vergleiclistabellc  130 
Die  Zeltslofffabrikatfon 

Allgemeines  131 
Analysen  der  Stroh-  und  Holzarten  132 


Bestandteile  und  Verhalten  der 

beim  Kochen  nach  Schacht 

nach  Prof.  Dr.  Frank 

nach  Prof.  Dr.  A.  Harpf 

nach  Prof.  Dr.  P.  Kiason 
Zur  Chemie  des  Sulfitverfahrens  nach  Klason 

nach  Dr.  Seidel 


Seite 

:33 

134 
136 
137 
138 
140 


Die  mechanische  Reinigung,  Zerkleine- 
rung und  Transport  der  Rohstoffe 
vor  dem  Kochprozesse. 

Getreidestroh,  Handsortierung,  Häckselschneiden  141 
Reinigung  des  Häcksels.  Windfegen  142 
Scheidung  in  Siaub  und  Spreu,  Knoten,  Körner 

und  Gutes  145 
Körnerputzmaschine  146 
Exhaustoren  der  König  Friedrich  August -Hütte  148 
R.  Dietrich's  Patent  Raspler-Exhaustor  148—149 
Der  Spinesammler  (Zyklon,  Isolator)  148 
Spänesammler  der  König  Friedrich  August  - 

Hiitle  J50 
Disnraitinnen  von  Häckselreinigungs-Anlagcn  150—152 


Das  Holz.   Geeignetheit  der  Holzarten 
1  rm  Holz  in  Rinde  ™  fm  weissgeschilt 
Holzreinigung  und  Putzen 
Holzzerkleincrung  und  Holzsortierung 
Hacken,  Hobeln,  Lee'sche  Maschine 
Nicol'sche  und  amerikanische  Maschinen 
E.  Kirchncr's  Hackmaschine 
Bautzeoer  Hackmaschine 
Holzschneidemaschine  (Guillotine) 
Kink  Krtis'sche  Hackmaschine 
Holzmühle 

Schleudermühlen,  einfache  und  doppelte 

Schiittelsortierer  (System  G.  Türk) 

Bautzener  Holz  -  Zellulosekochspine  -  Reini 
gungs- Anlagen 

Lombard'sche  Schlagmaschine,  Sortier -Ein- 
richtung u.  Sortiermaschine  Lombard 

Hack-,  Brech-  und  Fördermaschine,  System 
S  h  o  r  1 1 

Scheibensägen  und  Reinigen  mit  Handbeil 
Doppelte  Bandsäge.  Vielblätterige  Kreissäge 
Einfluss  der  Zerkleinerungsart  auf  die  Aus- 
beute. Ausnützung  da  Füllrautncs. 
Kosten  der  Zerkleinerung  und  Sortierung 
Betriebserfahrungen,  Ausbeuten  und  Kosten  176-180 
Umwandlung  der  Schälspäne  in  Stoff  181 
Spänetransport  181 — 183 

Die  Wiedergewinnungsverfahren. 

Natron-  und  Sulfat- Verfahren. 
Einleitung 

Ablaugen  der  Kocher  und  Stoffvorwaschung 
Shank's  Auslaugekästen 
Auslaugeapparat,  Patent  E.  Kirchner 
Ausblase-  und  Auslauge-Appaiat,  Diffuseur, 

System  Dahl  189-191 
Lespermont-Wascher  191  —  193 

Auswaschen  des  Stoffes  in  Kästen  unter  den 

Koehappiralcit  193 
Ausblasen  des  Stoffes  mit  Ablauge  in  Nebcn- 

behalter  194 


153 
154 
155 
156 
157 
158 
159 
160 
161 
162 
163 
164 
165 

166-169 

170 

171 
172 
174 


175 


184 
185 
185 
188 


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VII 


Ausblasen  reingewaschenen  Stoffes  init  Press- 
luft 

Ol  1  IC 

195 

Rückstände  der  Laugenbereitung  (Verwendung 
für  die  Landwirtschaft) 

268 

Letzte  Eindickung  (altes  Verfahren) 

195 

Laugenbereitung  :'n  Alt-Damm  b.  Stettin  1875  271 

-273 

Ahr  Sod.lk.il7inieröfen 

19*1 

Kirchners  Kiesfilter 

274 

Sodaofen  mit  Dampferzeugern 

197 

Paschkes  Laugenbereiluiigsanlage  (Mischer, 

Abdampftürrne.    Unserer.  Amerikanische 

198 

Pumpe,  Filter) 

274- 

-278 

kalztnierofen,  Patent  Rieh.  Schneider 

1QX) 

Lauge  aus  wiedergewonnener  Ofen- 

feuerunif der  Sodaöfen 

200 

203 

schmelze  (Sulfat-Verfahren) 

278 

Sodawiedergcwinnungsoten,  D.  R.-P.  Dahl 

204 

206 

Natronasche-  u.  Schmelze-Zusammensetzungen 

279 

\  akuum-Verdampfstationen 

206 

Sulfatlaugen-Herstellungsanlage.  W,  Schacht- 

U'arme 

?0ft 

Weissenfels 

2S0- 

-782 

Verdampfung 

207- 

-209 

Arbeitsweise  und  Details  des  Apparates 

2S2 

Mchrkörper  -  Verdampfer.     Vary an  •  Apparat 

Eisenspäne  als  Laugenfrltermaterial 

283 

210 

-214 

Rationelle  Schtnel/Iöse- Ein  rieh  tunken 

Oil 

Kauart  der  Verdampfer 

214 

Kaustizierte    und  sulfitierte   Kochlauge  nach 

Mehrkörper-Vcrdampfcr ;  Robert,  Neubäcker 

W.  Schacht 

(stehend) 

215 

Clllf1HAeimff*H 

ouiiiiiosun&en. 

Geschichtliches.    Tilghman.  Ekman 

Beschreibung  des  J.  Aders'schen  Apparates 
Vierkiirpcr-Zerdampfcr  Pat.  Chapman 

216—218 
21S 

286 

Ycrdampfapparat  V.  Lwowski 

219 

Türme.    Gerland  1S63,  Tilghman  1S66,  Koch 

Schwagers  Rieselapparat 

220 

und   Moldenhauer  1869,   Ekman  1S74, 

Fünfitufige  Verdampf-Anlaire.  Schwager 

221 

223 

Mitscherlich  1875 

2S7 

290 

liegende  Verdampfanparate 

223 

Bottiche  mit  Kalkstein  oder  Kalkmilch.  Kell- 

Iniienpfantien-Verdampfapparat, Patent  Müller 

224 

ner,  Dougall,  Erank 

291 

Lillic-Riesclkörpcr  und  Quadruplc-Effct 

22S 

Kammersystem.  Elodquist 

2Q2 

N  an  an -Verdampf  er 

226 

Laugenzusammensetzungen  mit  Tabellen  S()3, 

Hochdruck Verdampfer.    W.  Schacht 

22S 

Sulfitlösungen 

293 

Leistungsfähigkeit  der  Verdampfapparale 

229 

231 

Schwefeldioxyd 

293 

\hfnhrung  der  Kondensate 

231 

Cinfluss  des  Kalkgehaltes  der  Sulfitlösungen 

295 

Kondensatoren  und  Luftpumpen 

231 

O.  Vujrel  und  Sulfitlösung 

2<J6 

Schwagers  Kondensatoren 

232 

-234 

Darstellung  des  Schwefeldioxydes.  Sehwefel- 

LmJampf-  und 'Schmelzanlage.  Schwager 

235—237 

brenner  Type  Paschke.  selbstregulierend 

Theisens  7.entrifugalverfahrcn 

237 

Schwefelbrenner  O.  Vogel,  Vonhof  u.  a. 

296 

-300 

\  erti^m pf unjj  durch  Ofcnabj^3Sc 

238 

Vorbereitung  des  Schwefelkieses    oder  der 

Lndcrlein.    L*.ugenciiidick-  und  Sodskal/inicr- 

Pyrite 

300 

Anlage 

239- 

-241 

Kiesöfen.  Kiesbrenner 

10 1 

304 

Mt'.  Schachts  l'rteil  über  Fnderleins  Anlatre 

241 

Abrösten  von  Feinkiesen,  Maletra-Schaffner- 

Hochdruckverdainnfutiir  und  Verkokung-  hre- 

 _    U   E»  

Mac  Dougall-  und  Henohoff-Oefen 

305 

il  prk  in  lt 

242 

Reinigung  der  Gase.  Drewsen 

307 

Neue  Ofcnkonstmktionen 

242 

Zusammensetzung  des  SO,  Gases 

308 

Konstruktion  und  Erbauung 

 m  

242 

Untersuchung  der  SO? -Gase 

310 

Baumaterial  der  Oefen.  Topfstein,  Magnesia- 

Tabelle XVIII  der  Volumenpiozentc  SO? 

312 

stein 

242- 

-247 

Herstellung  der  Kochlösung 

312 

VC.  Srharht  Patrnt-Offnfutter 

247 

Lösuiigsfiinne.     Mitscherlich  türme. 

313 

V-dakalzinierofen  mit  Doppelherd-  und  Nach- 

Turmtheorie  (vom  Verfasser) 

315 

breimkaniitierti 

?4S 

^ii 

Diagramm  der  Turmarbeit  (vom  Verfasser). 

Ofen  für  Sulfatschmelze.  Doppclhcrd 

250 

Tuff- Bestandteile 

318 

Bau  der  Oefen.    W  Srharht 

?52 

SO,  Oehalt  der  Turmgase,  in  Deutschland,  in 
Amerika  nach  E.  Schilde 

Drehofen.   Rotierender  Ofen  (Rotary) 

253 

320 

Er.ordnung  des  Drehofens  (Amerika) 

254 

Schildes  SO:  Gasprüfer 

321 

(Deutschland,  Sul- 

Dr. A.  Harpfs  Ttirmtheone 

321 

fatverfahren) 

255 

Amerikanische  Türme  mit  Sturmschutz  und 

fjiderleins    Laugeneindick-   und  Natronsal/- 

l.ösungshereitung 

322 

Schmel  upparat 

256 

-258 

Mehrturmsysteme.    Dr.  Kellner.  Ellis 

324 

Ü  Jrcnfcldt-Dreliofeii  mit  Gleichstrom 

258 

-260 

Bottichapparate.    Dr.  Kellner 

325 

Vergleich  der  Ofensysteme 

260 

Reiiiiüunir  der  Gase  von  Schwefelsäure 

327 

Oernihsbeseitigung 

261 

Kammerapparate.  Flodquist 

328 

Kohlenverbrauch  bei  der  Salzwiedergewinmmg 

261 

Rottichapparale.    DougaU,  Partington,  Porak  32S 

-332 

Laugenbereitung  der  Natron-Verfahren. 

Dr.  A.  Franks  App.nat 

332 

V)  5 

1  ui^e  aus  Aetznatron  des  Handels 

262 

Sachseriburger 

3  3t 

L  v„  ^  e    aus    wiedergewonnenen  Na- 

Burgess 

336 

3  IS 

tronsalzen  (schwarze  Soda) 

263 

-268 

Stebbins  „ 

338 

-340 

^eruchsbeseitigunij  —  Nachtrag 

2<» 

Kationelle  deutsche  Wiedergewinnung 

310 

VIII 


344 

345 
346 
347 


348 


Seite 

Luftbedarf,  Schwefligsäure  und  Schwefelsäure* 

gehalt  nach  Harpf  340-343 

nüssiges  Schwefeldioxyd.   Harpf  343 

Wiedergewinnungs  -  Anlagen.   Aufführung  der 
Sulfitherstellungsverfahren 

Vorratsbassins.  Dr.  Drewsens  Separator.  Luke 
Bottichapparat 

Untersuchung  der  Lösungen 

Schwefel-Wiedergewinnung 

Kochen  der  Zellstoffe. 

Die  verschiedenen  Verfahren.    Bauart  der 

Kocher.  Beheizungsarten 
Kochdiagrainme  350-355 
Vorgänge  beim  Kochen  der  Zellstoffe  355—353 
Ausbeuten  unserer  Stroh-  und  Holzarten  358 
Kochflüssigkeitsmenge  auf  100  kg  (Koch-)  Stoff  358 
Ausnutzung  des  Füllraumes  359 
Aufwendung  und  Verlust  der  Chemikalien  359—362 
Kocher  und  Nebenapparate.  362 
Allgemeines.  Erfahrungen  des  Vei  fassers  über 
Bersten  der  Kocherstahlmäntel.  Emp- 
fehlung des  Schweisseisenbleches.  Be- 
rechnung der  Wandstärke  362—366 
Kocher  mit  direkUr  Feuerbeheizung  366—369 
L'ngereri  Zellulosekochapparat  mit  Diffusion  370—373 
Mit  direktem  Dampf  geheizte  (Sturz-)Kocher  373—  375 
Moderne  Strohkocherei  375—376 
Mit  direktem  Dampf  geheizte  Holzzellstoff- 

kochcr  376 
Skandinavische  Holzzellstoffkocherei  377 
Roeckners  Spcikessel  für  Espartostoff  378 
Amerik.  Natronzellstoffkocher  379 

 kocherei  380 

Tilghmati-Sulfitkocher  381 
Ekman-  ,.         1874  382 

Mitscherlich-  ,.  1880  383 
O.  Vogel-  „  1881  384 
Kocherkosten  385 
Kocherauskleidung  387 
Indirekte  Kocherheizung  1885  388 
Leistung  des  indirekten  Heizverfahrens  390 
Direkte  Heizung  der  Sulfitkocher  391 
Kocherauskleidungen  391-396 
Heiz-  und  Entleereinrichtungen  396 
Ausblasebottiche  398-  401 

Meurcrs  Mischeinrichtung  402 
Wiedergewinnungseinrichtungen  der  S02  und 
Wärme.   Tilghman,  Kellner,  Hodgkin, 
Drewsen  402—406 
Flodqiiist'scher  Drehkocher  406 
Briingger'schcr  Drehkocher  mit  Schutzkruste  407 
Oeschweisste  Koehermäntcl  408 
Material  der  Stoffkocher. 
Eisen  und  Stahl.    Weiches  Flusseisen  das  ge- 
eignetste Mantelmaterial  408—411 
Rlei,  Bleiblech,  Bleirohre,  Hartbleifabrikate  412-416 
Bleilöterei,  Bleilötapparat  416 
Gusseisen  41S 
Stahlgus s,  Kupfer,  Bronzearten,  l'hosphor- 

bronze,  Aluminiumbronze  419—420 
Armaturen  der  Sulfitkocher  420-  426 

Zement  (Hydraulischer  Kalk)  426 


Seite 

Bietglitte,  Wasserglas,  Asbest,  Schwerspat, 

Mörtel.  Auskleidematerial  427 
Saurefester  Kitt  (Lunge).  Säurefester  Anstrich 

(Carre).   Versuche  eines  Chemikers  428 — 430 
Sieinmaterial  der  Sulfitkocherauskleidung      430 — 432 

Wenzelsteine  und  Wenzelmasse  432 

Kocherauskleidung,  System  O.  Türk  433 
Kosten  der  Auskleidung  pro  qm,  pro  cbm, 

pro  t  Leistung  434 

Gebräuchliche  Kochersysteme  43S 
Füllen  und  Entleeren  der  Kocher                 436-  439 

Durchbrechungen  der  Sulfitkocherwände  439 

Mannlochdichtung  439- 

Sicherheitsventile  und  Manometer  440- 

Amtliche  Kontrolle  der  Sulfitkocher  440 
Druckentlastung  der  Eisenmäntel  durch  die 

Auskleidung  441 

Aufstellung  der  Kocher  442 

Schutz  gegen  Wärmeverluste  443 
Heizdampf  für  Kochapparate,  Satt  dampf  und 

überhitzter  Dampf  444 — 450 

Wärmemengen  und  Temperalurdifferenzen  450 
Vollendung  der  Kochung.  Mitscherlich- 

l*rüfung.  Titrieren  452 
Ablauge  Bestandteile  453 
Ablassen  des  Gasdruckes  453 
Abdampf-Entwässerer  454 
Wärmerückgewinnung  aus  Abgasen  und  Ab- 
laugen 454 
Ueberdrücken  455 
Wänneverlust  durch  Abtreiben  der  Koch- 
flüssigkeit 456 
Geruchsbeseitigung  durch  Uebertreiben  456 
Abtreiben  der  Gase  aus  Sulfitkochern  456 
Flüssige  Schwefligsäure  nach  G.  Türk  457—460 
Abstossen    der    Kochlaugen.  Natronstoff. 

Sulfitstoff  460 

Verdünnungs-  und  Abkühlungsfrage  462 

Fischereiübereinkunft  464 

Ablaugen-Absiumpfungs- Verfahren  465 
Unschädlichmachung«-     und  Verwertungs- 
Vorschläge.   Harpf,  Seidel,  Frank  u.a.  466—473 
Sulfitablauge  unschädlich  und  Verwertung. 

Gottstein,  Sieber,  Hoesch,  Schacht  473 
Sulfitablauge  -  Verwertung  nach  Frank  und 

Lehmann  474 
Kaustizierte  sulfitierte  Kochlauge.  W.  Schacht, 

Nachtrag  474 
Dr.  Dietz'scher  Strohstoff  mit  Sulfitlösung  475— 177 
Tränken  des  Holzes  mit  Monosulfitlösung  vor 

dem  Sulfitkochen.    Drewsen  477 

Espartozellstoff  durch  Bakteriengärung  477 

Vorratsbassins  für  Laugen  und  Säuren  478 

Aufbereitung  der  gekochten  Zellstoffe. 

Allgemeines  479 

Zerfascnmg,  Reinigung,  Waschung  und  Ent- 
wässerung 4S0 

Acltcre  Methoden,  Benutzung  von  Lespennont- 

und  Holländerwaschuiig  481 

Waschen  im  Sulfitkocher.  Hand-  und  auto- 
matische Entleerung  482 

Mitschcrlichs  Stampfvverke  483 


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IX 


Seite 

Brockengewinnung  Mitscherlich  484 
C.  Kleines  Quirle  1884  484 
Klcine-Kirchner-Patent  mit  Quirl,  Astreinigung 

u.  Zerfaserung.  D.K  -P.  36473  (25.  7.  85)  485-487 
Kirchners  Quirlanlage  1888  466—489 
Fortschritt  des  Quirls  gegen  Stampfen  (Vergleich). 

Leistung  490 
Dietz- Wagner-Separator,  gleichbedeutend  mit 

Quirl  490 
Engelmayer-,  O.  Türk -Sulfitstoff-Aufberei- 
tung.   Leistung  491 
Asttrommel  492 
R.  Dietrichs  Separator.   Verbesserter  Quirl. 

Leistung  493 
Doppelquirl  (Separator,  Stachelschwein)  M. 

Behrend  494 
Schleudermühlen.   Vertikaler  Quirl.  Doppcl- 
quirl (Opener)  Dr.  Kellner  495 
Engelmayers  Zerfaserer,  Mischer,  Asltrommel, 

Sandfang,     Entharzungsapparat  und 

Quetsche  o  496 
Nebiichs  Ssparator.   Abergs  Zerfaseren  Ast- 

und  Knotenfänger,  R.  Dietrich  497-499 
Ast-  und  Splitterfänger,  Chr.  Wandel  499 
Schwemmrinnen,  H.  Füllner  500 
Entuässerwigstrommel,  H.  Füllncr  501 
Zellulose- Reiniger,  System  Wandel  502—  505 

Iii.  Nebrichs  Zelluloscreiniger,  System  Bi  üng- 

ger-Deissler  505-507 
Rtinicke-Drehknotenfang  507-510 
Entwässertingstrommel-Leistung  51 1 

Modernes  rationelles  Verfahren  zur  Zerfaserung 

und  Reinigung  von  Zellstoffen  511 
Rührbütten. 

Liegende  Rühr-  und  Regulierbütte  Füllner  512 
Entwässern  der  Zellstoffe. 

Absiukästen  513 
Rundsieb-Stoffentwässerungsmaschine  5 !  *J 

Ungsieb-Stoffentwässerungsmaschinc  und  Zy- 
lindertrocknung 514 
Füllner-Maschine  1905  516—517 
Moderne  Sulfit-Holzzellstoff-Anlage 

(Füllner  1905)  518-  519 

Entharzung  des  Sulfitstoffes  517  u.  520 

Mess-  und  Kontrollapparat,  Syst.  Dietz-Mcyer  520 
Bleichen  der  Zellstoffe. 
Nassbleiche.   Vorbedingungen.   Stoff  und 

Wasser  521-522 
Allgemeines  über  die  Chlor  kalk  bleiche  522 
Oilorkalk  und  Chlorkalklösungen  523 
Auflösen  des  Chlorkalkes  523 
Njckes  Chlorkalkauflöser,  Chlorkalkschleifer, 

Chlorkalklösungsanlage  524—526 
»ayss-Hromadnik-  und  Kreislauf-Verfahren  526-529 
Untersuchung  des  Chlorkalks  und  seiner  Lö- 
sungen 530 
CWorkalkvcrbrauchs-  und  Ausbeutebucli  531 
Kosten  der  Chlorkalklaugen  531 
Flüssiges  Chlor  531  533 

Stärke  der  Chlorkalklösungen  533 
Enfhaming  des  Sulfitstoffes.  Nachtrag  533 
Har/gehalt  der  Nadelholzzellstoffe  nach  I'rof. 

Herzberg  534 


Seite 

Elektrolytische  Bleichlösungen.  534 

Elektrolyse.  Erklärungen  535 
Elektrolyseur  Siemens  &  Halske  1897  537—  539 

Neue  Elektrolyseure  Siemens  &  Halske  1905  539  -543 
Elektrolyseur.  System  Schuckert  1906  543—547 
Elektrolyseur.    Haas  &  Stahl.    Haas  ft  Dr. 

Oettel  547-550 
Dr.  Paul  Schoop.   Elektrische  Bleichanlagen 

1906  550-553 
Elektrolyseur  Schuckert,  Nachtrag  554 
Bleichhollfinder. 

System  Nacke  555 
„  Füllner  557 
„  Gebr.  Bellmer  558 
„     Hromadnik  559  -  560 

Amerik.  Bottichbleicherei.   Kontinuierliche  — 

1902  561 
Bleichpro/ess  562-  564 

Schnellbleiche.  Schacht  565 
Antichlor  565 
Praxis  des  Bleichens.  Chlorkalklösungen  566 
Stoffreisser  als  Vorbereitung  567 
Chlorkalkverbraiich,  Zeit,  Laugenstarke  568 
Bleichen  mit  Elektrolytlosungen.  Vergleiche 

Ebert  569 
Nachtrag.   W.  Ebert  verwirft  die  Kolilen- 

elektroden  570 
Fussbemerkung:  Elektroden-Erklärung  570 
L.  Wagners  einseitige  Schrift  1906.  Bedin- 
gungen für  Elektrolytbleiche  571 
Chlor-SodaVerfahren  571 
Bleichen  mit  Wasserstoffsuperoxyd  572 
Lufttrocknen  der  Zellstoffe  573 
Bautzener  Reform-Trockenanlage  574  —  577 

Trockenkosten.  F.  Krügers  Pappenklammeru  578 
Abdampfverwertung  578 
Bewahrte  Kochersysteme.    Ausnutzung  des 

Füllraumes  579 
Neuere  Ansichten  auf  Orund  von  Erfahrung 

über  stehende  und  liegende  Sulfitkocher  580—582 
Ausnutzung  des  Füllraumes  582 
Bleichverluste  583 

Packen  der  Zellstoffe.  584 

Abwässer  der  Zellstofffabriken.  564 

Selbstreinigung  der  Gewässer.  Abfangvor- 

richtungen  für  Fasern  585 

Fasern  unschädlich  für  die  Fische  585 

Biologisches  Verfahren  zur  Abwasserreinigung  586 

Entfaserimg  der  Abwässer  5S7 

Automatischer  Stofffänger.  Türk  588 
Patent  Füllncr-Filtcr  568-593 

Stoff-Regenerator,  System  Tittel  593 
Terpentingewinnung  bei  Natronstoffhcr- 

stellung  aus  Hol/  594 

Verwertung  der  Abfälle  bei  Zcllstoffherstcllung  595 

Aestcaiifbereitungsverfahren  Ziegler  596 

Anlage,  Kosten  und  Kalkulation. 

Vorbedingungen.    Kostcnvoranschlag  597 

Kalkulation  der  Zellstoffe  598—601 

Die  Zcllstofffabriken  601 

Holzzcllstofffabrik  Ende  der  1870er  Jahre  602 


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X 


Seite 

Strohstofffabrik  8  t  pro  Tag  603 
Espartostoff-,    Strohhalbstoff-,  Rohratoff-, 

Kraftstofffabriken  604 

Sulfilholzzellstofffabrik  1883  605 
1904.  O.  Türk,  Schncll- 

kochverfahren  606 —  607 

Sulfitholzzellstofffabrik  Fiodquist  1907  606 
Amerikanische  Riesenanlagc  Oxford  Paper  Co. 

mit  Natron-  und  Sulfit-Zellstofffabrik, 

grosse  Holzputzerei  60S-6I4 

Bleichkosten-Kalkulation,  Nachtrag  614 

Statistik,  Nachtrag  615 

Entharzung,  Nachtrag  615 

Elektrische  Bleiche,  Nachtrag  616 
Physikalische     und  papiertechnische 

Eigenschaften  der  Zellstoffe. 

Verhalten  der  Zellstoffe  bei  höherer  Tem- 
peratur 616 
Lufttrocken  gegen  100°  C-trockcn  616 
Zersetzungstemperalur  der  Zellstoffe  nach  Dr. 

H.  Hermann  90°  C  617 

Dextrose  und  Hydrolyse,  l'ergamyn  617 

Unterschiede  der  Zellstoffe  infolge  des  Kochens  617 

Weiche  und  harte  Stoffe  617 

Mahlen  der  Zellstoffe  617 

Spaltbarkcit  der  Zellstoffe  (Zellsloffschleim)  618 
Pentosen,    Pentosan,    Methylpentosan  der 

Zellstoffe  619 
Beschreibung  von  18  mikroskopischen 

Zellstoffbildern  619-623 
Kapillarität  der  Zellen  624 
Diosmose  der  Zcllwändc  und  Doppel- 
brechung 624 
Zerreissfestigkeit  der  Zellmembranen  624 
Oichroisimis  oder  Doppelbrechung  der  Zellstoffe  624 
Zerreissfestigkeit  drr  Zellmembran  624 
Zeitdauer  der  Zellstoffe  u.  Daucrhaftmachiing  624  625 

Chemisches.  626-  630 

Konstitutionsforniehl  626 

Zclliiloseverbituliingen  ö27 

Zusammensetzung  der  Zellstoff-Rohstoffe  627 

Zellulose  (Cellulose),  l.ignin  627 


Seite 

Pcntosane  (Xylan,  Araban.  Arabo  -  Xylan), 

Oalakto-Araban  628 
Pentosen  durch  Hydrolyse  628 
Quantitative  Bestimmung  der  Pcntosane  mit 

Phlorogluzin  628-629 
Holzgummi,  Rohfascr  629 
Verwendung  der  Zellstoffe  zu  Papier,  imitiert 
Pergament.  Pergamyn,  Vulkan-  und  Hart- 
fiber etc.  630 
Papierstoffgarne,  mechanische  Zellstoff- 

Verspinnung  630  -  633 

Kellner-Türk-Nawspinnverfahrcn  630 
Kcllncr-Türk-Lelnvcber-Dr.  Max  Müllet -Verfahren 

Licellagnrne  631 
Clavicz  Xylolingarne  631 
Rud.  Krön  Silvalingame  631 
Aussichten  der  Papierstoffgarne  in  der  Zukunft  632 
Kunstseidenfabrikation.  Verspinnung  che- 
misch gelösten  Zellstoffes,  üeschicht- 
liches  633  -  640 

Reaumur  1734,  Tudemarc  1855.  Swan  1883  633 
Graf  Hilairc  de  Chardonnet  1884,  Henry 

Despaissis  1890  633 
Pauli.  Eremcry  &  Urban  und  Bronnert  1889, 

Pauli-Seide  633 
Beginn  der  Kunstseidenindustrie.  Preis,  Produktion  633 
Seide  aus  tierischen  Stoffen  634 
Seide  aus  Nitrozellsloff ;  Chardonnet,  De  Vivier, 

Lehner,  Bronnert  ft  Schönberger  635—636 
Olanzitoff  oder  Pauliseide;  Fremery  &  Urban; 

Bronnert  637 
Viskoseseide,  Xanlhogenat  637 
Stearns  Viskoseseide  638 
Azetatseide,  Azetylzellulosc  638 
Eigenschaften  der  Kunstseiden  638 
Struktur  der  Kunstseiden  639 
Nachweis  der  Kunstseiden  639 
Zukunft  der  Kunstseiden  639 
Kraftpapierstoff  (Nachtrag)  640 
Zellstoffe  ausländischer  Pflanzen  641-642 
ßambusstoff  641 
Alphabetisches  Sach-  und  Namenregister  643—651 


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Verzeichnis  der  Figuren  und  Tafeln. 


Figur 
I 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 
10 
II 

12  I 
13 

Sl 

16 

Sl 

1921 
2223 
24  25 
2627 

28 

29 
3031 
3233 

34 

35 

36 
37  40 

41 
42  44 
45  46 

47 

48 

49 

50 

£1 

52 

53 

54 

55 

55a 

56  60 
61 
62 
63 
64 
65 
66 
67 
68 
69 
70 


Beginn  und  Entwicklung  der  Holzellstoff- 
Industrie 

Häckselmaschine  Hermann  Laas  ft  Co. 

Fl  FF  FF  F»  'F 

Gebr.  Sachsenberg 
Zylindrischer  Strohkocher 
Kugclkocher 

Querschnitt 
Gmndriss 

mit  Wendeeinrichtung 


F- 


J  Kollergang-Systcmc 

Kirchners  Kollergänge 
Kirchners  Kollergang 
Kollergang  mit  hoher  Schale 


Seite 

32 
51 
52 
53 
54 
54 
56 
56 
58 

59 

61 
62 
64 
65 


Mahl-Hotlinder  68 

Voith'sche  Holländer  70 

W.  Schachts  Windfege  143 

„       „      verbesserte  Windfege  144 

Röbers  Patent-Getreide-Reinigungsmaschine  146 

R.  Dietrichs  Raspler-Exhaustur  149 

Zyklon  148 

Häckselreinigungsanlage  nach  Schacht  150 
Häckselschneide-  u.  Reinigungsanlage  nach 

Nemethy  151 
Häckselschneide-  u.  Reinigungsanlage  mit 

Zyklon  151 

Holzhackmaschine  J.  A.  Lee  157 

Prinzip  des  Querhackens  und  Langhobelns  157 

Amerik.  Holzhackmaschine  158 

E.  Kirchners  Hackmaschine  159 

Bautzen  er  dreifache  Hackmaschine  160 

Holzschneidemaschine,  Patent  A.  Niethammer  161 

Hackmaschine  Kink-Krcis  162 

Holzmühle  163 

Einfache  Bautzener  Schleuder  in  Ohle  164 

Doppelte       „                „  164 

Schüttelsortierer  (System  Türk)  165 

Bautzener  Kochholzzubereiturigs-Anlagc  167 

Neue  Bautzener  Holzhack-  u.  Sortieranlage  169 

Lombard'sche  Sortiermaschine  171 
Hack-,  Brech-  und  Fördermaschine  (System 

Schrott)  171 
Scheibensige  und  Zubehör                    173  74 

R.  Dietrich.   Schälspäneverwertung  180 

Holzspänetransport  nach  R.  Dietrich  182 

Spantransport  für  stehende  Kocher  183 

Shanks  Auslaugekästen  186 

Kirchners  Auslaugeapparat  188 

Diffuseur,  System  Dahl  190 

I  espermont- Waschapparat  192 

Sodakalzinierofen  1876  196 

1877  196 

Sodaofen  mit  Dampferzeugern  197 


Figur 

Seite 

71 

Turmofen  (Amerika) 

198 

72 

Kalzinierofen  (Rieh.  Schneider) 

199 

73 

Dahls  Ofen  für  Sulfalschmelze 

204 

74 

Fehlt! 

75 

Drei  k  örper  -  Verdatn  pf er 

210 

76 

P.  Neubäckers  Verdampfer 

215 

77 

J.  Aders  Verdampfstation 

217 

78 

V.  Lwowski  Verdampfapparat 

219 

79 

Schwagers  Rieselapparat 

221 

80 

Verdampf-Anlage 

222 

81  82 

Müllers  Innenpfannen-Verdampfapparat 

224 

8384 

Lillie-Rieselkörper 

225 

85 

Lillie-Quadruple-Effet 

226 

86 

Yaryan- Verdampfkörper 

227 

87 

Schacht-Hochdruck-Verdampfcr 

228 

88  91 

Schwager-Kondensatoren 

233 

92 

Schwager-Eindampf-  und  Schmelz -Anlage 

235 

93 

Enderlein-Eindampf-  u.  Sodakalzinier- Anlage  239 

94 

Sodakalzinier- Anlage  mit  Nachbretinkammern  249 

95 

Doppelofen  für  Sulfatschmelze 

251 

96 

Rotierender  Ofen  (Rotary) 

252  53 

97 

Amerikanische  Einordnung  des  Rotary 

254 

98 

Deutsche  Einordnung  des  Rotary 

255 

99 

wie  Tafel  93  mit  weiteren  Details 

256  57 

100 

Dorenfeldt-Drehofen 

258 

101  02  Gleich-  und  Gegenstrom -Prinzip  259 
103  05  Aeltere  Natronlaugenbereitungsanlage     272  73 

106  07  Kirchners  Kiesfilter  274 

108  10  Paschkes  Laugenbereitung  275 

III  12       „      Mischer  276 

113  „       Saug-  und  Druckpumpe  276 

114  15  „  Kalkfilter  277 
llöu.118  „  Luftpumpe  278 
119  20  Schachts  Sulfatlaugen -Anlage  280  81 
121  22  Schwenkrohreinrichtung  283 
123  24  Koch-Moldenhauer-Türme  1869  290 

125  Diagramm,  pCt  SO,  —  Grade  Be  295 

126  Schwefelverbrennungsofen  297 

127  29  Paschkes  Schwefelbrenner  298 
130  31  Vonhofs            „  299 

132  Sachsenburger  Schwefelbrenner  300 

133  Englischer  Kiesofen  1675  302 

134  35  Amerik.  Kiesofcnanlage  303 

136  Paschkes  Kiesbrenner  304 

137  Maletra-Etagenofen  305 

138  Herreshoff-Ofen  306 

139  Reiths  SOj-Gasuiitersuchungsapparat  310 

140  Mitscherlichturm  313 

141  „           nach  Harpf  314 

142  Turmtheorie  315 

143  Diagramm  der  Turmarbeit  318 

144  F.  Schildes  S02-Gas-Prüfer  321 

145  Türme  mit  Stunnschutz  322 

146  Amerik.  Turm  322 

147  Ellis  Mehrturmapparat  325 

148  49  Bottichapparat  Dr.  K.  Kellner  326 

150  Dr.  Kellners  Lösungsmesser  326 

151  Ernst  Poraks  Lösungsapparat  329 


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Kit 


Figur 

Seite 

Figur 

 :. 

Seite 

152  56  Burgess  Lösungsapparat 

336  37 

225  27  R.  Dietrichs  Separator  mit  Details 

493 

Stcbbins 

339 

228 

Doppelquirl  ßehrend- Füllner  1889 

494 

loa 

Diagramm.  Kiefcrnholzkochen  1875  Kirchner  350 

229  33  R.  Dietrichs  Reinigungsanlage  mit  Details  498 

159 

Schwed.  Fichtenhnlzkochen  1899 

234  35  Chr.  Wandel»  Ast-  und  Splitterfänger 

499 

Beveridge 

351 

236 

Schwemmrirfhen  H.  Füllner 

500 

160 

Sulfitkodien  1886  Kirchner 

353 

237 

Fntwässerungstrommel  H.  Füllner 

501 

161 

1892  Dr.  Harpf 

354 

23S  39  Zellulose-Reiniger  Chr.  Wandel 

502  03 

162 

1893  Kitter- Kellner  354 

240 

Wandels  Patent-Abdichtung 

504 

163 

Bersten  eines  Kochers 

364 

241  42  Ph.  Nebrichs  Trommel,  System  Brüngger 

164 

Natronzellstoff- Kocher  1875 

367 

Deissler 

505 

165 

„  -Details 

369 

243 

Ph.  Nebrichs  Zellulose-Reiniger 

506 

166 

Ungerers  Zellulose- Kochapparat  Sinslebcn 

244  45  Reinicke  Drehknotenfang                  508  u.  510 

1S78 

370  71 

246 

Liegende  Rühr-  und  Regulierbiitte 

512 

167 

Strohkocherei  1872 

373 

247 

Zellstoff  -  Entwässerung*-    und  Trocken 

168 

Neuer  Sturzkocher  Germania  1903 

374 

maschine  1905 

51617 

169 

Moderne  Strohkocherei 

375 

248 

Moderne  Sulfit-Holzzellstoff-Anlage  1905  518  19 

170 

Holzzellstoff-Kocherei  Sinclair 

376 

249 

Mess-  und  Kontrollapparat  Dietz-Meyer 

520 

171 

Skand.  Holzzellstoff- Kocherei  1884 

377 

250 

Nack«  Chlorkalk-Auflöser 

525 

172 

Speikocher  Koeckncr  1885 

378 

„            ,.  Schleifer 

173 

Amerik.  Natronzellstoffkocher  1900 

379 

252 

„  Chlorkalklösungs-Anlagc 

526 

174 

-Kocherei  1900 

380 

253 

Wayss-Hromaduik-Lösutigs- Anlage 

528 

175 

Ekinan'scher  Sulfitstoffkocher  1874 

382 

254 

Einrichtung  für  Entharzung  des  Sulfitstoffes  534 

176 

Mitscherlich'scher     .,  1880 

383 

255 

Elektrolyseur  Siemens  ft  Halske  1897 

537 

177 

O.  Vogels              „  1881 

384  1 

256  57 

Elektrolyt.  Anlage  „ 

538  39 

178 

Mannloch  Verkleidung 

385 

258  59        ,                                ,.  1905 

260  61  Flektrolyscur  Schlickert  1906 

540 

179 

Steinverband.  Sulfitkocher 

387 

541 

ISO  83  Heizvorrichtungen  für  Sulfitkoclier 

388  89 

262 

„  Anlage  „ 

546 

184 

Disposition  einer  amerik.  Kocherei 

394 

263  65  EIcktrolyscur-AnUgc  Haas  ft  Stahl,  Aue 

547  49 

185 

Kocherausmauerung,  Patent  Kussel 

396 

266 

Dr.  Schoops  Elektrolyseur  1906 

553 

186 

Kocher-Leer-  und  Wascheinrtchtung 

396 

267 

Bleichholländer  E.  Nacke 

555 

187 

Zellstoffkocher-Leerventil 

397 

268 

H.  Füllncr 

557 

188 

Kitter-Kellner- Kocher  Germania 

398 

269 

Bellmer 

558 

189 

Abblasebottich,  F.  Schilde 

399 

270 

,,         ,,  Hromadnik 

560 

190 

Details 

400 

267 

Amerik.  Bottich-Bleicherei  1902 

561 

191 

Amerik.  Sulfitstoffkocherei 

401 

268 

Kochstücke  G.  Türk 

563 

192 

Hodgkins  Separator 

404 

269  71  Fin-  und  zweipolige  Schaltung 

570 

193 

Amerik.  Sulfitkocherci  1900 

405 

272 

Kanalwagen  (zum  Stofftrocknen)  Bautzen 

575 

194 

Bleilötapparat  Suckow- 

417 

273 

Ausklinkvorrichtung  ,, 

•t 

195  206  Armaturen,  Pumpen,  Heber,  Probiersystem, 

274  75  Bautzener  Trockenanlage 

576 

System  K.  Meyer 

42125 

276 

Pappenklainmer  F.  Krüger 

578 

209 

Sulfitkocher- Auskleidung,  Mönchebcrgcr 

277 

Stofffänger  G.  Türk 

588 

Gewerkschaft 

431 

278  80  Patent  Füllner- Filter                         5S9— 592 

210 

Saaiauer  säurebeständige  Steine 

432 

281 

Stoff-Regenerator  (System  Tittcl) 

593 

211 

Sulfitkocher.  Türk'schc  Auskleidung 

433 

282 

Aesteaufbereitung  System  Zieglcr 

596 

212 

F.ntleerung  liegender  Sulfitkocher.  Wedege  438 

283 

Holzzellstofffabrik  Ende  der  70er  Jahre 

602 

213  14  Wärmemengen  von  3  und  6  Atm.  0.  Salt- 

284 

Strohstofffabrik  8  t  pro  Tag 

603 

und  überhitzten  Dämpfen  und  Temperatur- 

285 

Mitschcrlich-Sulfitfabrik  1883 

605 

dif  f  eren  zen 

450 

286 

Sulfitfabrik  1904  G.  Türk 

607 

215 

Schwefligsäure-Verdichtung  G.  Türk 

458 

287 

Riesenanlage  Oxford  Paper  Co.  1901 

609 

216 

Anreicherung  der  Kochlösungen 

459 

288 

Holzputzerei 

612 

217 

Alfa-Brechwerk 

477 

289 

Entwicklung  der  Zellstoffindustrie 

218 

Alfa-Halbstoff  waschapparat 

478 

zum  Nachtrag 

615 

219 

Klcine-Kirchner-Quirl  etc. 

485 

290 

Vergrösscrte  Zellstoffbilder 

620 

220  21 

„         „       Zcrfaserung  u.  Reinigung  486  87 

291 

>•  ■> 

622 

222 

Kirchners  Quirl-  etc.  Anlage  1888 

488 

292 

623 

223 

Sulfitstoff-Aiifbereitung  Ci.  Türk  1904 

491 

293 

Pauli-Zelluloseseide 

639 

224 

tntästimgstronimel  für  Sulfitstoff 

492 

: 

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III.  Teil. 
Abschnitte  B  und  C. 
Stroh-  und  Holzzellstofffabrikation, 


Geschichte  der  Zellstofffabrikation. 


Dr.  Hugo  Müller-London  sagt  (Pflanzen- 
faser S.  87)*): 

»Das  Stroh  verschiedener  Getreidearien 
wird  in  China  schon  seit  den  ältesten 
Zeiten  zur  Bereitung  von  Papierstoff  ver- 
wendet. 

Soweit  dieBearbeitung  von  dort  bekannt 
ist,  so  scheint  dieselbe  auf  dem  für  die 
Abscheidong  der  Pflanzenfaser  aus  den 
Rohstoffen  dort  allgemein  üblichen  Ver- 
fahren zu  beruhen  und  darin  zu  bestehen, 
dass  das  Stroh  mit  oder  ohne  Zusatz 
von  Kalk  eine  Art  Wasserröste  durch- 
macht, welche  bis  zur  beginnenden  Fäul- 
nis gehend,  die  Strohsubstanz  erweicht 
und  leichter  zerteilbar  macht. 

Dieser  Behandlung  folgt  1  än  geres  Kochen 
in  Wasser  und  endlich  die  mechanische 
Aufbereitung  durch  Stampfen  oderStossen 
in  Mörsern. 

Mit  diesen  einfachen  Hilfsmitteln  ge- 
lingt es  den  Chinesen,  einen  Papierstoff 
zu  erzeugen,  welcher,  wenn  auch  nicht 
farblos  oder  sonst  fehlerfrei,  doch  ein 


')  Für  Bearbeitung  der  (»esehiehtedicHer  neuesten 
«irowmduntrie  benutzt««  ich  die  Arbeiten :  L.  I'iettc's 
Ton  1883  u.  1838;  Dr.  Hii^o  Müller'«  PHmuenlaser, 
Bericht  über  die  Entwickelunjf  der  chemischen 
Industrie  von  Dr.  A.  \V.  Hofmann.  Hruutischwuig, 
1875;  die  Fabrikation  des  Papiers  von  Dr.  L.  Müller, 
iWlin,  1877;  C.  HofniannV  Handbuch  der  l'apier- 
fabrikation,  11.  deutsche  Annage  der  1890er  Jahre: 
"igene  Erfahrungen,  Notizen,  Patentschriften  etc. 


für  viele  Zwecke  recht  brauchbares  Papier 
liefert.« 

Dieses  Verfahren  der  Chinesen  hat  wegen 
der  Langwierigkeit  und  Umständlichkeit  in 
Europa  keinen  dauernden  Eingang  gefunden. 

Wenn  nach  Dr.  Jakob  Christian  Schäffer's 
Papierversuchen  von  1765  und  1772*)  schon 
im  XVU.  Jahrhundert  in  einer  Papiermühle 
zu  Romini  in  Italien  schöne  Schreib- 
papiere aus  den  Samenhüllen  des  türki- 
schen Waizens  gefertigt  wurden,  so  hätten 
wir  dort  die  ersten  Anfänge  der  Ver- 
arbeitung von  rohen  Pflanzenstoffen  zu 
Papierstoff  in  Europa  zu  suchen;  aber  die 
Papiermühle  bestand  im  XV111.  Jahrhundert 
nicht  mehr  und  ein  Papier  dieser  Mühle 
war  schon  zu  Schäffer's  Zeiten  nicht  mehr 
aufzutreiben.  — 

Dr.  Schäffer  selbst,  dieser  verdienstvolle 
Vorkämpfer  für  die  Surrogate,  sagt,  dass 
ihm  das  Kochen  der  Hölzer  in  Lauge,  wie 
es  in  China  und  Japan  zur  Erzielung  guter, 
weisser  Papiere  gehandhabt  werde,  nicht 
gelungen  sei.  —  Er  hatte  also  gedacht,  die 
mechanische  Zerkleinerung  der  Pflanzen- 
stoffe durch  chemische  Behandlung  zu  er- 
leichtern, somit  ahnte  er  das.  was  später 
mit  besonders  gearteten  Laugen  in  ge- 
schlossenen Gelassen  unter  Hochdruck  ge- 
lingen sollte!  — 


•(  Man  vergleiche  die  Mitteilungen  über  diesen 
hochverdienten,  gelehrten  Geistlichen  in  diesem 
Teil  III,  Abschnitt  A.  Holzschliff,  S.  »11/3. 

&.  Bogen  189». 


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2 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


Beim  Gerstenstroh  tritt  SchälTer  der  Ge- 
winnung von  Zellstoff  schon  näher.  Er 
brühte  Strohhäcksel  in  siedendem  Wasser 
*l*  Stunde,  stampfte  die  Masse,  liess  sie 
zwei  Stunden  in  einer  Kalkbeize  ziehen 
und  stampfte  den  Zeug  in  einer  Stunde  zu 
flockigem  Ganzstoff.  Die  Papiere  aus  diesem 
Stoff,  mit  Lumpenstoff  vermischt/ haben  sich 
über  130  Jahre  sehr  gut  gehalten  und  sind 
als  der  Anfang  der  Gelbstroh-Papier-  und 
Pappenfabrikation' zu  betrachten. 

Schon  im  vorigen  Jahrhundert  führte 
sich  allmählig  die  Verarbeitung  von  Stroh 
zu  ordinären  Papieren  und  Pappen  ein; 
man  weichte  zu  dem  Behuf  gehäckseltes 
Stroh  in  Gruben  mit  gelöschtem  Kalk  ein. 
Später  lernte  man  das  Stroh  in  geschlossenen 
Kochern  mit  Kalkmilch  und  Dampf  noch 
schneller  aufschliessen,  so  dass  es  sich  in 
Stampfen  oder  Holländern  verhältnismässig 
leicht  in  GanzstofT  für  ordinäre  gelbe  Papiere 
und  Pappen  umwandeln  liess. 

Nach  dem,  was  über  die  Stroh-  und 
Holzpapiere  von  Mathias  Koop  in  England 
um  1800  bekannt  wurde,  ist  derselbe 
der  Zellstoffgewinnung  in  heutigem  Sinne 
nur  für  Strohverarbeitung  in  etwas  näher 
gekommen,  im  übrigen  copirte  er  das 
von  Dr.  Schäffer  Veröffentlichte.  — 

In  L.  Piette's:  »Die  Fabrikation  des  Pa- 
piers aus  Stroh  etc.,  Cöln,  1838«,  heisst  es 
S.53  über  das  engl.  Patent  des  M.  Koop  1802: 
»Stroh  in  Stücken  von  5cm  geschnitten, 
wird  in  18fachem  Gewicht  Wasser  während 
einer  halben  Stunde  gekocht,  darauf 
beizt  man  dasselbe  8  Tage  in  einer  ab- 
gesetzten Kalkflüssigkeit,  für  welche  man 
das  doppelte  Stroh- Gewicht  frischen 
Kalkes  in  4,/*facher  Menge  des  Kalk- 
gewichtes Wasser  löste.  Hierbei  muss 
das  Stroh  ganz  von  der  Beize  bedeckt 
sein.  Darauf  wird  das  Stroh  gewaschen 
und  wieder  in  viel  Wasser  gekocht. 
Diese  Behandlungen  werden  wiederholt, 
bis  das  Stroh  weich  genug  zu  sein  schien. 
Man  setzte  auch,  um  die  Farbe  des 
Stoffes  zu  verbessern,(bei  letzterKochung?) 
3°/o  des  Strohgewichtes  an  kry stall isirter 
Soda  zu.  Die  Substanz  wurde  schliesslich 


gewaschen,  gepresst  und  in  gewöhnlicher 
Weise  verarbeitet.« 

Derselbe  L.  Piette,  Papierfabrikant  in 
Dillingen  (früher  französischer  Advocat), 
hatte  schon  um  1830  in  seinem  französisch 
geschriebenen,  von  Dr.  C.  F.  A.  Hartmann 
übersetzten,  deutsch  1833  in  Quedlinburg 
und  Leipzig  bei  Gottfried  Basse  erschienenen 
„Handbuch  der  Papierlabrifcation "  über 
die  Umwandlung  verschiedener  Pflaozen- 
stoffe  in  Papierstoff,  und  S.  162'65  über 
Stroh-  und  Heupapier  geschrieben.  Er 
giebt  bereits  zwei  Wege  an,  das  Stroh 
vollkommen  aufzuschliessen  und  mit  Chlor- 
kalk, Chlorgas  oder  schwefliger  Säure  zu 
bleichen.  In  seinem  schon  oben  erwähnten 
1838er  Werk  giebt  er  S.  54  etc.  auch  einen 
geschichtlichen  Abriss  der  Strohstoff- Fa- 
brikation. 

Schon  vor  Schäffer  beschäftigten  sich 
darnach  in  Frankreich  Guetard  und  Gledilch 
mit  Versuchen,  Stroh  und  andere  Pflanzen 
in  Papierstoff  umzuwandeln;  dasselbe  that 
Delille  in  den  letzten  Jahren  vor  1800. 
Er  führt  folgende  französische  Patente 
an : 

1801.   Seguin,  15  Jahre,  Fabrikation  des 

Strohpapiers, 
1818.   Dessaux,  5  Jahre,   dto.   dto.  zu 

Frauenhüten, 
.  1820.   Hirigoyen,  15  Jahre,  Fabrikation 

des  Papiers  und  Pappendeckel 

mit  Stroh, 

1824.  Brozac,  15  Jahre,  Fabrikation  des 
Strohpapiers, 

1825.  Polere,  5  Jahre,  Fabrikation  reiner 
Strohdeckel, 

1832.  Querini,  10  Jahre,  Papier  und 
Pappendeckel  mit  Stroh  und 
Bleichung. 

Ersterer,  Seguin,  machte  1819  bekannt, 
dass  man  Kalk  mit  Soda  oder  Potasche 
anwenden  und  das  von  Knoten  befreite 
Stroh  in  solcher  Lauge  solange  einweichen 
solle,  bis  es  weichen  Zeug  bilde.  Um 
weisses  Strohpapier  zu  machen,  müsse  man 
den  Zeug  in  Salzsäure  einlegen  und  ihn 
nachher  mit  verdünnter  Schwefelsäure 
auswaschen. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


3 


Es  werden  noch  Chaptal  und  d'Arcet, 
letzterer  als  Besitzer  einer  grossen  Papier- 
Fabrik  mit  2  Maschinen  und  6  Bütten  (40 
englische  Arbeiter)  in  Echarcon  (Frank- 
reich), genannt,  die  versuchsweise  Stroh- 
papier erzeugt  hatten. 

In  Deutschland,  Polen,  Oesterreich  und 
der  Schweiz  beschäftigte  man  sich  in  ver- 
schiedener Weise  mit  der  Sache. 

Als  wirksamste  Methoden  seien  fol- 
gende Strohstoffbereitungen  jener  Zeit  an- 
geführt : 

Estler-Wien.  Er  bereitet  die  Aetz- 
lauge  aus  1  kg  Pottasche,  3  kg  ungelösch- 
tem Kalk,  60  L.  Wasser,  seiht  dieselbe  und 
giebt  so  viel  geschnittenes  Stroh  hinein, 
als  sie  fassen  kann;  schon  nach  einer 
Stunde  Kochung  wird  das  Stroh  zerreib- 
lich.  Die  Lauge  wird  abgezogen  und  durch 
Zusatz  von  '/«  kg  Potasche  und  3  kg  Kalk 
wieder  tauglich  gemacht.  Das  ausgelaugte» 
mit  Wasser  ausgesüsste  Stroh  wird  leicht 
gestampft,  um  die  Gliedknoten  zu  zerdrücken 
und  die  Bleiche  besser  wirksam  zu  machen. 
Der  so  vorbereitete  Stoff  wird  solange  mit 
flüssigem  Chlor  (Chlorkalklösung)  behan- 
delt, bis  es  die  gewünschte  Weisse  hat, 
das  Bleichwasser  wird  abgelassen  und  der 
Stoff  mit  Wasser  ausgesüsst.  Der  Stoff 
wird  nochmals  gelinde  gestampft,  im  Hol- 
länder gemahlen  und  endlich  in  die  Schöpf- 
bütte gebracht. 

L.  Piette  beschreibt  auch  sein  um 
1830  bereits  ausprobirtes  und  veröffent- 
lichtes Verfahren.  Er  kocht  Stroh  in  13- 
bis  Hfacher  Wassermenge  bis  das  Wasser 
eine  dunkelbraune  Farbe  und  syrupartige 
Beschaffenheit  angenommen  hat,  wäscht  es 
in  fliessendem  Wasser,  kocht  es  nochmals 
2  Stunden  in  gleicher  Quantität  Wasser. 
Das  nicht  merklich  veränderte  Stroh  kommt 
darauf  in  eine  Kalkmilch,  welche  auf  100  kg 
trockenen  Strohes  und  etwa  1150  1  Wasser 
50  kg  frbch  gebrannten  Kalk  enthält,  wäh- 
rend achttägiger  Maceralion  in  derselben 
wird  es  täglich  zweimal  umgerührt.  Nach 
dieser  Maceration  wird  das  Stroh  ge- 
waschen. Nach  folgendem  vierstündigem 
Kochen  wird  es  weich  und  die  Fasern 
lassen  sich  voneinander  abtrennen.  Tags 


darauf  kocht  man  es  mit  2  kg  Pot- 
asche. In  Macerationsgefässe  geworfen, 
erweicht  es  sich  endlich  und  kann  nun 
leicht  in  etwa  einer  Stunde  in  feinen 
gelbenStoff  umgewandelt  werden,  der  aus  der 
Bütte  auf  der  Form  zu  einem  gelben  schreib- 
fähigen Papier  umgewandelt  werden  kann. 

Mit  Chlorkalk  ist  dieser  Stoff  schwer 
bleichbar;  etwas  an  Farbe  verliert  er  beim 
Bleichen  mit  Chlorgas;  mit  schwefliger 
Säure  in  geschlossener  Kammer  behandelt 
und  nach  mehrfachem  Laugen  wird  es 
vollkommen  bleichen.  — 

L.  Piette  geht  dann  in  seinem  1838er 
Werke  auf  seine  damals  neuere  Umwand- 
lungsmethode des  Strohes  in  Stoff  ein. 

Das  Stroh  wird  sortirt,  geschnitten  und 
gewannt.  Letztere  Operation  besteht  in  der 
Absonderung  der  Spreu,  der  reinen  Halm- 
röhrchen  und  der  Knoten  von  einander  aus 
dem  damals  3  Linien  (8—10  mm)  lang  ge- 
schnittenen Häcksel  durch  eine  Wannmühle 
(Getreidereinigungsmaschine).  Die  Halm- 
röhrchen  werden  in  einem  grossen  offenen 
Kessel  durch  Dampf  oder  Feuer  in  reinem 
Wasser  gekocht.  Man  bringt  unter  Ein- 
pressen so  viel  Stroh  in  den  Kessel  als 
möglich  und  beschwert  es  mit  einem 
Deckel.  Beim  Kochen  setzt  es  sich  bald 
auf  die  Hälfte  herunter.  Drei  Stunden  wird 
das  Stroh  so  gekocht.  Das  rotbraun  ge- 
wordene Stroh  wird  in  Halbzeug  ver- 
wandelt und  dann  weiter  in  einer  Lauge 
von  50  kg  Kalk  auf  100  kg  Stroh  drei 
Stunden  gekocht.  Nach  Mässigung  des 
Feuers  und  Ablassen  der  ersten  Lauge 
wird  eine  zweite  Lauge  aus  1  kg  Potasche 
30  kg  Kalk  auf  100  kg  Stroh  gegeben  und 
wieder  3  Stunden  gekocht.  Die  letzte  Be- 
handlung wird  noch  zweimal  wiederholt, 
so  dass  eine  viermalige  Behandlung  mit 
Laugen  erfolgt  ist.  Das  Stroh  ist  nun 
weich  und  lässt  sich  zwischen  den  Fingern 
in  Fasern  zerdrücken  und  giebt  nach  der 
Zermahlung  einen  gehörigen  Brei. 

Die  Knoten  verlangen  zwölfstündiges 
Kochen  und  sechsmalige  Behandlung  mit 
Lauge,  sie  erfordern  also  beinahe  noch 
einmal  so  viel  Arbeit  als  die  Röhrchen. 

Das  auf  diese  Weise  gewonnene  Roggen- 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


slrohpapier  ist  gelblich  braun,  hat  harte, 
starke ,  pergamentähnliche  Beschaffenheit 
und  ist  ohne  Leim  schon  tintenfest,  wie 
geleimtes  Lumpenpapier.  Gehörig  appretirt 
und  gepresst  oder  gewalzt  kann  es  als 
gelbes  Schreibpapier  benutzt  werden. 

Der  Weizenstrohstoff  ist  weicher;  der 
Gerstenstrohstoff  ist  letzterem  sehr  ähnlich, 
aber  noch  etwas  weicher;  das  Haferstroh 
ergiebt  den  zartesten  Stoff,  braucht  auch  nur 
3  Stunden  in  Wasser  gekocht,  dann  in  Halb- 
zeug verwandelt  und  dieses  nur  einmal  in 
einer  Lauge  aus  2  kg  Potasche  und  50  kg 
Kalk  auf  100  kg  Stroh  gekocht  zu  werden, 
um  sich  leicht  in  eine  zarte  Papiermasse 
umwandeln  zu  lassen. 

Als  Mittel  zum  Bleichen  des  Strohstoffes 
giebt  Pietle  Potasche  und  Soda,  Schwefel- 
saure, Salzsäure,  schweflige  Saure  und 
Chlor  an.    Er  sagt: 

Das  gekochte,  zu  Halbzeug  verwandelte 
und  gelaugte  Stroh  kommt  24  Stunden  in 
eine  Natronlauge  (5  kg  Soda  auf  100  kg 
Stroh) ,  wird  ausgewaschen  und  einem 
schwefelsauren  Bade  (3  kg  Säure  auf  100  kg 
Stroh)  ausgesetzt.  Die  zwei  Bader  werden 
noch  einmal  wiederholt  und  jeweils  tüchtig 
ausgewaschen.  Ein  24stündiges  l  hlorbad  mit 
Umrühren  nach  je  6  Stunden  (8  kg  Chlor- 
kalk auf  100  kg  Stroh)  macht  den  Stroh- 
stoff gewöhnlich  weiss,  andernfalls  müssen 
die  Operationen  wiederholt  werden. 

Auch  das  Bleichen  des  Strohstoffes 
durch  gasförmiges  Chlor,  in  schwefliger 
Säure,  mit  Chlorkalk  und  Schwefelsäure 
oder  Salzsäure  beschreibt  Piette  1838  in 
umständlicher  Weise. 

Seine  uns  hinterlassenen  Muster 
sind  teilweise  tadellos  rein  und  sämt- 
lich vorzüglich  erhalten!  Er  rät  aber 
zum  Schlüsse  vom  Bleichen  überhaupt  ab,  da 
der  ungebleichte  Slrohstoff  schon  eine  an- 
genehme helle  Farbe  besitze,  so  dass  man 
ihn  in  ungefärbtem  Zustande  mit  seinem 
natürlichen  Leim  sowohl  für  Schreib-  als 
Druckpapier  vorteilhaft  verwenden  könne. 
Die  Papierfabrikanten  Anton  Esller-Wien 
und  L.  Piette- Dillingen  (neben  ihnen  aber 
auch  noch  einige  andere)  haben  also 
schon  um  1830  gute  gelbe  und  weisse 


Slrohpapiere  erzeugt. %  L.  Piette  bat  ausser 
in  seinen  zwei  vorn  erwähnten  Werken 
bis  in  die  60er  Jahre  durch  Veröffent- 
lichung wertvoller  Aufsätze  in  seinem 
„Journal  des  Fabricants  de  papier,  Jahrg. 
1861  und  1862"  fortgewirkt  und  dadurch 
ganz  wesentlich  zur  schnellen  Entwickelung 
der  Strohstofffabrikation  beigetragen. 

M.  A.  C.  Melli er  nahm  1854/5  franzö- 
sische und  englische  Patente,  Stroh  und 
ähnliche  trockene  Pllanzenkörper  in  Papier- 
stoff umzuwandeln.  Er  wandte,  wie  später 
ausführlicher  gesagt  werden  soll,  Koch- 
temperaturen bis  zu  154,5  0  C.  (4,5  At- 
mosphären Ueberdruck)  in  geschlossenen 
Drehkochern  mit  indirekter  Heizung  an, 
auch  bediente  er  sich  einer  etwa  3  pCt. 
kaustisches  Natron  enthaltenden  Lauge 
(in  einer  Menge,  dass  etwa  16  kg  kaustisches 
Natron  auf  100  kg  Stroh  kamen),  wusch 
die  Masse  mit  warmem,  dann  mit  kaltem 
Wasser  und  endlich  in  einem  (mit  2  pCt. 
des  Strohgewichtes  englischer  Schwefel- 
säure) angesäuerten  Wasserbade  und 
bleichte  mit  Chlorkalklösung. 

Dieses  Verfahren  war  für  Jahrzehute 
die  Grinidlage  aller  anderen,  auch  teilweise 
patentirten  Verfahren.  So  führte  Hector 
J.  Lahouse  sein  ähnliches  Verfahren 
unter  Hinzufügung  eines  Raflineurs  in  den 
70er  Jahren  in  Deutschland  ein.  Als  Ver- 
besserer und  Einführer  einzelner  Maschinen, 
Einrichtungen  und  Methoden  sind  Thode- 
Dresden,  Twerdy,  Lespermont  (Wascher), 
Porion  (Sodawiedergewinnungs-Ofen)  und 
August  Deininger  Anfang  der  70er  Jahre 
zu  nennen. 

Erwähnenswert  ist,  dass  unter  Diamant's 
Leitung  schon  im  Jahre  1856  in  der  K.  K. 
Papierfabrik   Schlöglmühl    bei  Gloggnitz 
Maislischen  zu  Papier  verarbeitet  wurden. 
Dr.  Alois  Ritter  Auer  von  Welsbach  hat 
dann  zu  Anfang  der  60  er  Jahre  die  Fa- 
brikation dort  wieder  aufgenommen.  Der 
>  österreichische  Katalog  der  Londoner  Aus- 
stellung von  1862  war  teils  auf  reines, 
'  teils  auf  mit  Lumpenstoff  vermischt  her- 
j  gestelltes  Maisstrobpapier  der  Schlöglmühl 
gedruckt  und  die  Auer'sche  Ausstellung 
1863  zeigte  alle  aus  Maisslroh  gewonnenen 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


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Produkte:  Mais-Spinnstoff,  Maiswerg,  Mais-  i 
faserzöpfe,  Stränge  und  Schnüre,  Maisfaser- 
Garn,  Leinwand,  Brot  aus  Lischen  etc., 
auch  Seiden-,  Brief-,  Konzept-,  Zeichen-, 
Photographen-,  Pergament-  etc.  Papiere, 
eodlich  Mais-Schiessbaumwolle  und  Collo- 
dium. 

Auer  hatte  also  die  Verwendbarkeit 
des  Maissl  rohstoffes  für  alle  diese  Produkte 
gezeigt,  aber  die  Gewinnung  erwies  sich 
als  unrentabel,  so  dass  die  Maisstrohstoff- 
fabrikation  nicht  fortgesetzt  wurde.  Der 
Grund  der  Vernachlässigung  des  Mais- 
strohes zur  Fabrikation  liegt  in  dem  ge- 
ringen Gehalt  dieses  Strohes  an  Faser. 

C  Schmidt  fand  in  Maisstroh  17  pCt. 
wasserlösliche,  57,03  pCt.  in  alkalischer 
Lauge  lösliche  Teile,  ferner  1,74  pCt.  Harz, 
Wachs  und  Chlorophyll  und  nur  24,23  pCt. 
vegetabilische  Faser. 

Der  Prozentsatz  an  letzterer  ist  nach 
C.  Schmidt  bei  Roggenstroh  47,6,  bei 
Weizenstroh  61,5,  bei  Gerstenstroh  49,65 
und  bei  Haferstroh  46,94  pCt  Es  ist  zu 
bemerken,  dass  von  diesen  Fasergehalten 
im  praktischen  Grossbetriebe  nur  etwa  *t& 
wirklich  gewonnen  werden  können,  so  dass 
obige  Ausbeuteziffer  bei  Maisstroh  auf 
etwa  19—20  pCt.  des  trockenen  Maisstroh- 
gewichtes fällt. 

In  den  letzten y zwei  Jahrzehnten  identi- 
fiziren  sich  die  Strohstoff  -  Herstellungen 
mehr  und  mehr  mit  den  Holzzellstoff-Ge- 
winnungsmethoden,  besonders  hat  das 
Sulfatverfahren  das  Natronverfahren  für 
Strohstofferzeugung  fast  ganz  verdrängt, 
während  die  Uebertragung  des  Sulfitpro- 
zesses auf  die  Strohstofffabrikation  bis  jetzt 
nicht  geglückt  ist. 

Wie  Dr.  Schäffer  in  Deutschland,  M.  Koop 
in  England  und  viele  andere  früher  und 
später  vergeblich  versucht  hatten,  das 
Holz  in  seine  anatomischen  Elemente 
(Zellen)  durch  chemisch  wirkende  Mittel 
zu  zerlegen,  so  war  auch  L.  Piette  keinen 
Schritt  weiter  gekommen. 

Im  Teil  III,  Abschnitt  A,  Holzschliff,  I 
dieses  Werkes,  S.  203,  ist  schon  angegeben, 
wie  Holz  von  Piette  behandelt  und  (nach 
seinem  eigenen  Urteil)  in  unbrauchbares  | 


Papier  umgewandelt  wurde.  In  uns  heute 
naiv  klingender  Weise  rät  er  allen  Ernstes, 
Holz  lieber  in  dünne  Blättchen  zu  sägen 
oder  zu  hobeln,  ja  er  fügt  seiner  wert- 
vollen Mustersammlung  einen  sauber  ge- 
hobelten Holzspan  (Musler  85)  bei. 

Auch  die  in  genanntem  Abschnitt  A, 
S.  125  unseres  Werkes  erwähnten  eng- 
lischen Patente  von  1862  hatten  wohl  den 
Zweck  der  Holzaufschliessung  im  Auge, 
können  aber  nur  als  Vorläufer  der  Braun- 
holzschliff-Fabrikation betrachtet  werden. 

Die  1853  von  Charles  Watt  und  Hugh 
Burgess  in  England,  1854  von  denselben 
in  Amerika  genommenen  Patente  sind  als  die 
Anfänge  der  Holzzellstoff- Fabri- 
kation mit  praktischen  Erfolgen  zu  be- 
trachten. Kurz  nach  dieser  Zeit  wurde  zu 
Royers  Ford  in  Pennsylvanien  Holzzell- 
stoff im  grossen  hergestellt  und  Verbesser- 
ungen des  Verfahrens  gefunden,  auf  welche 
sich  1857  F.  B.  Houghton  für  England  und 
1858  Walt  und  Burgess  für  Amerika  neue  Pa- 
tente geben  Hessen.  Diese  Verfahren  be- 
ruhen auf  dem  Kochen  von  Holzspänen 
in  Natronlauge  unter  hohem  Druck  und 
hoher  Temperatur. 

Das  in  Royers  Ford  schon  seit  Mitte 
der  50er  Jahre  ausgeübte  Watt-Burgess- 
sche  Verfahren  wurde  seit  1865  auch  zu 
Manayunk  bei  Philadelphia  eingeführt. 
Beide  Fabriken  waren  im  Besitz  der 
American  Woodpaper  Company. 

Ohne  an  dieser  Stelle  auf  diese  alten 
Verfahren,  Einrichtungen  und  Methoden 
näher  eingehen  zu  wollen,  sei  doch  her- 
vorgehoben ,  dass  nach  Watt  -  Burgess 
Holzspäne  in  geschlossenen  stehenden 
Kochern  mit  Aetznatronlauge  von  12  0  B. 
während  6  Stunden  auf  152  8  C.  (ent- 
sprechend 4,2  Atm.  Ueberdruck)  erhitzt 
und  der  Kocherinhalt  in  einen  eisernen 
Nebenapparat  abgeblasen  wurde.  Es  ist 
hervorzuheben,  dass  in  Royers  Ford  die 
Erhitzung  der  Kocher  durch  gespannten 
Dampf  in  umgebenden  Dampfgehäusen,  in 
Manayunk  aber  durch  direktes  Feuer  ge- 
schah. Nach  Houghton  wird  eine  nur  6Vi 
bis  7  0  B.  wiegende  Aetznatronlauge.  aber 
eine  einem  Druck  von  11—12  Atmosphären 


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entsprechende  Temperatur  von  180—190°  C. 
angewendet.  Die  Kocher  des  letzteren 
wurden  liegend  angeordnet ,  enthielten 
Siebwägen  mit  den  Holzspänen,  die  hinein- 
gefahren werden  konnten  und  die  Heizung 
geschah  mittelst  endloser  Perkin'scher  ge- 
sehweisster  Heizschlange,  welche  teilweise 
in  der  unleren  Hälfte  des  Kochers  hin 
und  her  geführt  ausgebreitet  lagen,  die 
Kocherwand  durchdrangen  und  teilweise 
(mit  ihrem  darin  befindlichen  und  zirkuliren- 
den  Wasser)  in  einem  Ofen  spiralförmig 
gewunden  angeordnet  waren,  so  dass  es 
möglich  wurde,  das  Wasser  auf  40  -  60  Atm. 
zu  erhitzen.  Die  Kocher  in  Conemill  bei 
Lydney  in  England  (kamen  1866  in  Betrieb), 
für  1500  kg  Holzfüllung  und  5,7  cbm  Lauge, 
9V«  m  lang,  1,134  m  Durchm.,  hatten  183 
laufende  Meter  1  zöllige  Perkinsrobre 
notwendig,  um  in  6 — 8  Stunden  die  Ope- 
ration des  Kochens  zu  ermöglichen  Das 
Heizsystem  gab  Veranlassung  zu  vielen 
Reparaturen  und  wahrscheinlich  auch  zu 
der  Kocherexplosion  in  Conemill  am 
16.  Juni  1873. 

Der  englische  Ingenieur  W.  Lee  führte 
diese  Holzkocher  mit  Siebwägen  unter 
Anwendung  direkten  Feuers  auf  die  Kessel- 
wände, also  unter  Beseitigung  des  Perkin- 
schen  Heizsystems  aus,  erhielt  auch  1869 
ein  Patent  auf  eine  verbesserte  Holzhack- 
maschine. 

James  A.  Lee  lieferte  die  Einrichtungen 
einer  Reihe  von  HolzzellstolTfabriken  in 
England,  Schweden  und  Norddeutschland. 

G.  Sinclair  erhielt  1869  das  englische 
Patent  No.  3193  auf  stehende  Kocher,  die 
in  etwa  50-60  mm  Entfernung  vom  äusse- 
ren nach  einem  inneren  durchlochten  Mantel 
besassen  und  mit  direktem  Feuer  geheizt 
wurden.  Auch  für  indirekte  Dampfheizung 
mit  einem  zweiten  äusseren  Mantel  wurde 
ihm  der  Kocher  patentirt.  Diese  Sinclair- 
schen  Kochapparate  sind  den  Watt-Burgess- 
schen  sehr  ähnlich.  Sie  wurden  in  England 
vielfach  ausgeführt.  Dem  Verfasser  sind 
sie  auch  von  der  Papierfabrik  Salach  bei 
Süssen  (Württemberg)  her  mit  direkter 
Dampfheizung  ohne  inneren  oder  äusseren 
zweiten  Mantel  bekannt. 


Während  man  in  Amerika  bei  Ver- 
wendung starker  Langen  schon  von  An- 
fang an  ein  Hauptgewicht  auf  die  Wieder- 
gewinnung des  Alkalis  gelegt  hatte,  kam 
man  in  Deutschland  und  Skandinavien  zur 
Einsicht  der  Notwendigkeit  dieser  Rück- 
gewinnung auch  bei  Verwendung  dünnerer 
Laugen  erst,  nachdem  Anfang  der  70er 
Jahre  grosse  Summen  in  der  Fabrikation 
verloren  waren.  Bezüglich  gründlicher 
Auslaugung  des  Stoffes,  vorteilhafter  Ein- 
dickung  der  Verbranchslaugen  und  Calci- 
nirung  der  Soda  wurden  besonders  in 
Deutschland  in  dieser  Zeitperiode  grosse 
Fortschritte  gemacht.  Auch  der  Natron- 
ersatz durch  calcinirte  resp.  durch  Solvay- 
Soda  statt  durch  käufliches  Aetznatron 
kam  nach  Wissen  des  Verfassers  in  Deutsch- 
land zuerst  auf. 

H.  Lowe  hatte  in  Amerika  schon  1861 
das  Patent  genommen,  braune  Strohlaugen 
mittelst  Kohlensäure  zu  regenertren.  1871 
nahm  Tessiö  du  Motay  ein  englisches  Pa- 
tent No.  1725,  nach  welchem  mittelst 
Kohlensäure  die  Harzsäuren  gefällt  und 
entfernt  werden  sollten.  Die  verbleibende 
Lauge  sollte  mit  Kalkhydrat  kaustizirt  und 
mit  Bariumhydrat  von  den  letzten  Spuren 
Harzsäuren  befreit  werden,  doch  erwies 
sich  die  Fällbarkeit  der  Harzsäuren  als 
unmöglich. 

Wrigley,  Bruce  und  Seitz  nahmen  1870, 
J.  A.  Lee  1873  englische  Patente  auf  Ver- 
fahren, das  im  Kocher  eingeschlossene 
Holz  erst  luftleer  zu  pumpen  und  es  da- 
durch zu  befähigen,  die  Kochlauge  leichter 
aufzunehmen. 

Von  einem  besonderen  hierdurch  ge- 
wonnenen Vorteil  bei  derZellstoffgewinnung 
hat  man  aber  nicht  gehört. 

Jn  Deutschland  wurden  die  ersten  Na- 
tronzellstofflabriken  von  Max  Dresel  in 
Dalbke  und  Behrend  in  Cöslin  fast  gleich- 
zeitig in  Betrieb  gesetzt.  Dresel  kam  mit 
seiner  Anlage  am  1.  Oktober  1871  in  Gang. 
Die  guten  Erfolge,  die  er  erzielte,  machten 
die  deutschen  Unternehmer  willig,  Mittel 
zur  Erbauung  weiterer  Zellstofffabriken  zu 
gewähren.  Neben  dem  Engländer  James 
A.  Lee,  der  die  Kessel,  Apparate  und  Ma- 


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ß.  KffiCHNER.   DAS  PAPIER.   IU.  ß.  UND  C.  ZELLSTOFF". 


7 


schinen  der  ersten  norddeutschen  Zellstoff- 
fabriken  lieferte,  sind  noch  Civilingenieur 
Hosenhain- Berlin  und  Ingenieur  G.  Schultz 
als  Erbauer  der  ersten  Natronzellstoff- 
fabriken  anzuführen. 

So  entstanden  Anfang  der  70er  Jahre 
solche  Fabriken  in  Danzig,  Alt- Damm  bei 
Stettin,  Oldesloe,  Wolfswinkel  bei  Ebers- 
wilde, Klein-Rückerawalde  und  Königstein 
in  Sachsen.  Später  folgten  Fabriken  in 
Schlesien,  am  Harz,  in  Bayern,  Baden  und 
Württemberg. 

Sehr  schwere  pekuniäre  Opfer 
verlangte  die  neue  Industrie,  bis  die 
Schwierigkeiten  an  den  zumeist  mit  direktem 
Feuer  geheizten  Kochern  überwunden,  die 
zweckmässige  Holzzerkleinerung,  die  Lau- 
genbereitung und  die  Rückgewinnung  der 
Soda  in  richtige  Wege  geleitet  waren. 
Die  hohen  Errungenschaften  der  deutschen 
chemischen  Industrie  kamen  der  aus- 
dauernden Hingebung  der  ersten  Fabri- 
kanten und  Fabrikleiter  trefflich  zu  statten 
und  die  deutsche  Ware  war  sehr  bald 
auf  dem  englischen  Markte  gesucht  und 


ki  Deutschland  selbst  blieb  der  Absatz 
der  Ware  indes  lange  ein  schleppender. 
Die  Papierfabrikanten  tadelten  die  ge- 
ringsten Fehler,  fürchteten  die  Schwer- 
bleichbarkeit  und  wollten  von  den  hohen, 
mit  dem  Rohlumpenpreis  unverständiger- 
weise verglichenen  Preisen  der  Cellulose 
nichts  wiesen  1 

Durch  die  Preise  des  billigen  Holz- 
schliffes verwöhnt,  wollten  sie  den  viel 
höheren  Wert  des  Holzzellstoffes  nicht  an- 
erkennen und  es  bedurfte  der  vielfachen 
Aufklärung  durch  Flugschriften  und  durch 
die  Fachpresse,  bis  die  Vorurteile  gegen 
den  Holzzellstoff  bei  uns  beseitigt  wurden. 

Bereits  1B76  hatte  sich  ein  „Verein 
deutscher  Cellulosefabriken"  ge- 
bildet Von  demselben  liegt  mir  eine 
jhtift  auf  Papier  aus  70°/o 


Cellulose,  15  °/0  China  Clay  und  15°/o 
Lumpen  vor.  Aus  derselben  geht  hervor, 
dass  in  Nord-  und  Mitteldeutschland  da- 
mals folgende  Zellstofffabriken  Tür  den  Ver- 
kauf arbeiteten:  in  Alt-Damm  bei  Stettin 
„Papierstoff  -  Fabrik  Aktien  -  Gesellschaft", 
in  Danzig  „Danziger  Holzfaserstoff-Fabrik, 
Gustav  Davidsohn",  in  Klein-Rückerswalde 
bei  Buchholz  (Kgr.  Sachsen)  „Papierstoff- 
Fabrik",  in  Königslein  (Sachsen)  „Hering, 
Hahn  &  Francke,  Cellulosefabrik",  in  Wolfs- 
winkel bei  Neustadt-E.— W.  per  Berlin 
„Papierfabrik  auf  Aktien". 

Jn  dieser  Schrift  wird,  wie  auch  in  den 
späteren  ähnlichen  Flugblättern  seitens  der 
„Weisspapierfabrik  Aschaffenburg",  welche 
1875  ebenfalls  schon  im  Betriebe  war,  der 
Unterschied  zwischen  Holzschliff  und  che- 
misch bereiteter  Holzmasse  klar  zu  machen 
gesucht,  es  wird  hervorgehoben,  dass 
frühere  Mängel  dieses  neuen  Papierstoffes 
beseitigt  seien,  dass  die  Cellulose  jetzt 
schön  und  rein  geliefert  werde  und  der 
Preis  im  Verhältnis  zum  wirklichen  Wert 
für  den  Papiermacher  ein  billiger  sei. 
Man  spricht  die  Hoffnung  aus,  dass  nach 
dem  Beispiel  einiger  Papierfabrikanten,  die 
Cellulose  bald  allgemein  eingeführt  und 
den  Papiermachern  ein  wesentlicher  Lum- 
penersatz werden  würde 

Es  wird  sodann  auf  die  Eigenschaften 
und  Verwendbarkeit  der  Cellulose  speziell 
eingegangen  und  ein  Zusatz  für  ordinäre 
Druck-  und  Conceptpapiere  in  halbgebleich- 
tem Zustande,  für  feinere  Druck-  und 
Schreibpapiere  ganzgebleicht,  je  nach 
Qualität  bis  zu  75  pCt.  empfohlen,  während 
gegen  den  bereits  gut  eingeführten  Stroh- 
stoff, als  fast  eben  so  teures  Surrogat, 
Front  gemacht  wird. 

Aufschluss  über  damalige  Lumpen-  und 
Natronzellstoff-Preise  giebt  uns  eine  Cal- 
culation  zwischen  einem  Gemisch  von  ge- 
bleichten Baumwoll-,  Leinen-Lumpen  und 
gebleichtem  Cellulosestoff : 


50  kg  Stoff  aus  dunkelfarbigem  Cattun  No.  23  M.  29.00 
50  „  „  „  blauen  Leinen  No.  17  .  .  .  „  38.70 
Feuerungskosten  auf  100  kg  Lumpenstoff  .   .    „  4.40 


Kosten  für  100  kg  Lumpenstoff  M.  72.70 


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8 


E.  KIRC 


.   DAS  PAPIER.   Ul.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


100  kg  Cellulose  ungebleicht  loco  Fabrik  .    .  M.  49.—  ! ! ! 

Lohn  für  Bleichen   „    2. — 

Bleichmaterial,  erst  Gas-  dann  Chlorkalkbleiche  „    7. — 

HP/o  StolTverlust   „    5  — 

Kosten  für  100  kg  Cellulose  M.  63.— 


Bei  Verwendung  von  Chlorkalk   zur  1 
Cellulosebleiche   allein  würde    sich  der 
Bleichmaterialposten  um  2  M.  p.  100  kg 
höher  stellen. 

bis  wird  ganz  mit  Recht  auf  die  Un- 
sicherheit der  Lumpenstoffpreise  hinge- 
wiesen und  (ür  viele  Geschälte  empfohlen, 
die  Lumpenverarbeitung  aufzugeben. 

Endlich  wird  über  die  Verarbeitung  der 
Cellulose  gesagt,  dass  ein  eigentliches 
Mahlen  nicht  stattzufinden  habe,  sondern 
nur  ein  etwa  l'/tstündigcs  Schaben  oder 
Kratzen  der  Holländerwalze,  um  einen 
vollkommen  gleichmässigen,  schönen,  feinen 
Ganzstoff  zu  erzielen. 

Dicke  broncene  Holländerwalzen-  und 
Grundwerksschienen  werden  als  sehr  ge- 
eignet hingestellt.  Ferner  empfiehlt  man 
bei  Verarbeitung  mit  Holzschliff  zu  Zeitungs- 
papier und  mit  Stroh-  und  Lumpenstoffen 
zu  besseren  Papieren  auf  der  Papier- 
maschine stärkere  Verdünnung  und  eine 
Siebsteigung  von  30—45  mm  Stärkeres 
Kleben  auf  den  Nasspressen  beseitigt  man 
durch  Ueberschuss  von  Alaun. 

Das  Papier  mit  Cellulose  werde  härter 
und  mindestens  ebenso  rein,  als  solches 
aus  Lumpen. 

Auf  100  kg  Cellulose  werden  in  der 
Flugschrift  18  kg  (33°/o)  Chlorkalk  zu 
Zeitungsdruck,  16  -f  8  =  24  kg  Chlorkalk 
(Ür  Mittelpapiere,  16  -f  8  -f  8  =  32  kg  Chlor- 
kalk für  Feinpapiere  zum  entsprechenden 
Bleichen  gerechnet. 

Ob  1 — 2  °/o  Schwefelsäurezusatz  für 
das  Bleichen  vorteilhaft  ist,  ergiebt  sich 
aus  der  Praxis. 

Wendet  man  zuerst  Gasbleiche  an,  so 
hat  man  auf  100  kg  Stoff  60  kg  Salzsäure 
und  eine  entsprechende  Menge  Braunstein 
zu  rechnen  und  für  vollkommene  Weisse 
eine  Nachbleiche  mit  6—8  kg  Chlorkalk 
durchzuführen. 

Jeder    erfahrene    Papiermaeher  der 


heutigen  Zeit  wird  erkennen,  was  alles  zu 
Anfang  der  Zellstoffindustrie  an  Erkenntnis 
mangelte.  Dass  die  ersten  Fabrikate  jener 
Zeit  lange  nicht  das  erfüllten,  was  man 
erhoffte  und  versprach,  beweist  am  deut- 
lichsten die  Beschaffenheit  des  Papieres 
dieser  Druckschrift,  welches  einen  brüch- 
igen Charakter  schon  nach  25  Jahren  an- 
genommen hat. 

Gerade  bezüglich  grösserer  Schonung 
der  Cellulose  der  Holzzellen  bei  gründ- 
lichster Befreiung  von  den  Inkrusten  er- 
regte das  1872  dem  deutschen  Chemiker 
Albert  Ungerer  patentirte  Verfahren 
die  grössten  Hoffnungen. 

Er  Hess  das  in  einer  Reihe  von  Kochern 
befindliche  Holz  erst  von  schon  benutzter 
brauner,  dann  allmählig  mit  immer  reiner 
werdenden  schon  benutzten,  schliesslich 
mit  ganz  reiner,  frischer  Aetznatronlauge 
durchströmen.  Aus  einem  Laugenkessel 
wurde  die  für  Fertigwerden  je  einer  Koch- 
ung nötige  Menge  frischer  Lauge  in  den 
dem  Fertigsein  nächsten  Kocher  gedrückt. 

Die  Laugen  der  mit  Rohrleitungen  ent- 
sprechend verbundenen  Kocher  wurden 
hierbei  je  von  einem  zum  folgenden  Kocher 
verdrängt.  Aus  dem  letzten  soeben  erst 
mit  Holz  gefüllten  Kocher  wurde  schliess- 
lich ein  dem  eingelassenen  ähnliches  Mass 
erschöpfter  brauner  Lauge  abgelassen  und 
nach  den  Regenerationseinrichtungen  ge- 
leitet. 

Ungerer  erzielte  auf  diese  Weise  mit 
verhältnismässig  wenig  Natron aufwendung 
und  geringem  Druck  einen  vorzüglichen, 
hellen,  leicht  bleichbaren  Stoff,  verbrauchte 
also  verhältnismässig  wenig  Natron.  Die 
Komplizirtheit  des  Apparates  und  dessen 
schwierige  Führung  verhinderten  indes  die 
allgemeine  Einführung  seines  sonst  so  vor- 
züglichen Verfahrens.  Nur  wenige  Fabriken 
kamen  nach  Ungerers  Verfahren  in  Betrieb, 
von  welchen,  soviel  dem  Verfasser  bekannt 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,   in.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


9 


ist,  nur  noch  eine  in  Oesterreich  und  eine 
in  Deutschland  arbeiten. 

Die  erste  Cellulosefabrik  nach  Ungerers 
Verfahren  und  gleichzeitig  die  erste  Cellu- 
losefabrik  in  Oesterreich  überhaupt  wurde 
bald  nach  1872  Tür  die  Fürstin  Lichtenstein 
bei  Eisenerz  gebaut;  nach  kurzem  Betriebe 
brannte  dieselbe  ab  und  wurde  1878  in 
Stuppach  bei  Gloggnitz  neu  aufgeführt ;  sie 
ging  später  in  den  Besitz  der  K.  K.  priv. 
Papierfabrik  Schlöglmühl  über,  welche  Be- 
sitzerin dieselbe  noch  betreibt. 

1878  hatte  Verfasser  Gelegenheit,  die 
im  Jahre  1875  in  Sinsleben  bei  Ermsleben 
am  Harz  von  Herrn  R.  Ke  ferst  ein  er- 
baute Cellulosefabrik  nach  Ungerers  Ver- 
fahren kennen  zu  lernen  und  sich  über 
dasselbe  gutachtlich  günstig  zu  äussern. 
Kreilich  war  damals  leider  ein  Tag-  u.  Nacht- 
betrieb hier  nicht  durchführbar.  Der  kon- 
linuirliche  Betrieb  ist  aber  gerade  für  das 
Ungerer'sche  Verfahren  eine  Hauptbeding- 
ung. Nach  Güntter-Staib's  neuestem  Adress- 
buch 1899/1900  ist  diese  Fabrik  heute  noch 
im  Betriebe. 

In  der  zweiten  Hälfte  der  70er  Jahre 
begann  der  Austausch  der  Meinungen  und 
eine  offene  höchst  förderliche  Aussprache  der 
ersten  Cellulosetechniker  Deutschlands  über 
gemachte  Erfahrungen  und  Beobachtungen ; 
dadurch  kam  man  leichter  über  die  Schwie- 
rigkeiten hinweg,  welche  der  Einführung 
neuer  Industrieen  sich  stets  entgegenzu- 
stellen pflegen.  Die  Natronzellstofffabri- 
kation war  Ende  der  70er  Jahre  bereits 
für  viele  Anlagen  Deutschlands  höchst  ge- 
winnbringend geworden,  der  Holzzellstoff 
hatte  sich  regelmässige  Abnehmer  gewon- 
nen. Die  Fabrikation  stand  bezüglich  der 
Durchführung  der  mechanischen  Operatio- 
nen und  chemischen  Prozesse  auf  einer 
hohen  Stufe  der  Vollkommenheit. 

Bezüglich  der  Rentabilität  der  nach 
dem  Natronverfahren  arbeitenden  Anlagen 
trat  aber  mit  Anfang  der  80er  Jahre  durch 
die  Konkurrenz  seitens  der  Sulfit-Zellstoff- 
fabriken  (s.  unten)  eine  ungünstige  Aender- 
ung  ein.  Längst  hatten  die  Cellulosetech- 
niker erkannt,  dass  die  Ausbeute  an  Stoff  I 
bei  dem  Natronverfahren  eine  Verhältnis-  I 


mässig  geringe,  dass  das  resultirende  Pro- 
dukt zu  stark  angegriffen,  daher  weich 
und  trotzdem  schwer  bleichbar  sei,  nur 
das  Ungerer'sche  Verfahren  leistete  in 
diesen  Beziehungen  Besseres.  Man  hatte 
daher  das  Augenmerk  auf  andere  chemische 
Mittel  zur  Auflösung  der  Inkrusten  geworfen.  . 

Schon  1877/78  hatten  Professor  Dr.  R. 
Weber  und  Verfasser  bei  ihren  Laugen- 
untersuchungen der  Cellulosefabrik  Aschaf- 
renburg  gefunden,  dass  der  Schwefelalkali- 
gehalt der  Laugen  das  Resultat  der  Koch- 
ung günstig  beeinflusse,  aber  die  Sache 
wurde  damals  nicht  weiter  verfolgt. 

1882  nahm  Direktor  Heibig  des  Oester- 
reichischen Vereins  für  chemische  und 
metallurgische  Produktion  in  Aussig  (Böh- 
men) das  D.  R.  P.  No.  25485  auf  die  Dar- 
stellung von  Zellstoff  aus  Holz,  Stroh  u.s.w. 
durch  Kochen  mit  Schwefelnatriumlösung. 
„Holz,  Stroh  etc.  werden  mit  so  viel 
wässeriger  Lösung  von  Schwefelnatrium 
von  etwa  10 0  B.  Stärke,  dass  auf  100  kg 
Holz  ca.  30  kg  reines  Schwefelnatrium 
kommen,  unter  einem  Druck  von  5  bis 
10  Atmosph.  10  bezw.  6  Stunden  lang 
gekocht 

Das  Schwefelnatrium  bildet  mit  den 
Inkruslcn  eine  lösliche  tiefbraune  Ver- 
bindung. 

Nach  Abkühlen  wird  die  braune  Lauge 
abgelassen  und  die  Holzmasse  mit 
nötigem  Wasser  in  Stampfen  oder  Hol- 
ländern zerfasert,  ferner  mit  Wasser, 
dann  mit  verdünnter  Salzsäure  und  end- 
lich wieder  mit  Wasser  so  lange  ausge- 
waschen, bis  alles  Lösliche  entfernt  ist. 

Der  Zellstoff  hat  eine  graue  Farbe  und 
kann  mit  Chlorkalklösung  oder  Chlorgas 
weiss  gebleicht  werden." 
Das  Verfahren  ist  in  der  ersten  Hälfte 
der  80er  Jahre  vom  Chemiker  G.  Sarres 
in  Klein-Rückerswalde  in  Sachsen  praktisch 
versucht   worden.    Nach   Herrn  Sarres 
freundlicher  Mitteilung  erzielte  man  damit 
grosse  Vorteile  bezüglich  Menge  und  Güte 
der  Faser,  sowie  deren  Bleichbarkeit  gegen- 
über dem  Natronverfahren.    Die  Papier- 
fabrikanten, welche  den  Schwefelnatrium- 
stoff  verarbeitet  hatten,  konnten  ihn  nicht 

4  Bogen  1899. 


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E.  KIRCHNKR.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


genug  loben  und  verlangten  später,  man 
möchte  ihnen  nur  von  diesem  Stoffe 
schicken.  — 

Bei  dem  Natronverfahren  greift  das 
überschüssige  Aetznatron  unter  dem  hohen 
Druck  und  entsprechender  Temperatur 
10  Atm.  co  185  0  C.  auch  die  Faser  an 
und  giebt  dadurch  geringe  Ausbeute. 
Anders  beim  Schwefelnatriumverfahren, 
die  Faser  wird  gelinder  behandelt  und 
das  Schwefelnatrium  greift  die  Cellulose 
selber  weniger  an.  so  dass  die  Ausbeute 
wesentlich  (etwa  10—15  pCt.)  steigt  und 
die  Faser  fester  und  leichter  bleichbar 
ausfällt. 

Beim  Kochen  des  Holzes  mit  Schwefel- 
natrium (Na2S)  geht  der  grösste  Teil 
(etwa  60  pCt.)  desselben  in  Sulfat  Na2  S04 
über,  der  übrige  Teil  (40  pCt.)  bleibt  un- 
zersetzt  in  der  Flüssigkeit. 

Zum  Regeneriren  der  Salze  aus  der  Lauge 
benutzt  man  die  gewöhnlichen  horizontalen 
Flammöfen,  fügt  auf  dem  Schmelzherde 
kohlensauren  Kalk  (CaC0„)  zu  und  erhält 
dann  Rohaoda  aus  dem  Sulfat 

Na„  S04  +  Ca  CO.,  +  = 
NaaCA,+  CaS  +  2C0a. 

Wird  nun  die  Auflösung  der  erhaltenen 
Schmelze  warm  unter  einem  Druck  von 
2  Atm.  in  geschlossenen  Behältern  vorge- 
nommen, so  findet  eine  neue  Umsetzung 
statt : 

Na,  C05  +  Ca  S  =  Naa  S  +  Ca  C03. 

Die  neue  Na^S- Lösung  wird  abgeklärt 
und  zu  weiteren  Kochungen  benutzt,  der 
ausgefällte  Kalkschlamm  (CaC0s)  dient 
nach  dem  Abwässern  wieder  auls  neue 
zum  Verschmelzen  der  gebrauchten  Kocher- 
lauge; eine  Anhäufung  von  Rückständen 
bei  der  Fabrikation  ist  also  vermieden,  da 
der  Kalk  nur  einen  Kreislauf  in  der  Fa- 
brikation macht,  solange  er  nicht  mit  Un- 
einigkeiten übersättigt  ist,  was  gewöhnlich 
erst  in  einigen  Monaten  eintritt.  Die  Ver- 
luste an  Na,S  werden  nicht  durch  käuf- 
liches Na2S,  sondern  durch  das  billige 
Rohsulfat  "(NaaS04)  ersetzt. 

Man  sieht  also,  das  Schwefelnatrium-  ! 
verfahren  bietet  die  Vorteile  der  Stoff-  | 


Vermehrung  und  Verbesserung,  man  hat 
wenig  Kalkröckstände  und  man  ersetzt 
die  Chemikalienverluste  durch  billige  Ma- 
terialien 

Die  Salzwiedergewinnung  aus  den  Ab- 
laugen bringt  aber  grosse  Uebelstände  mit 
sich,  es  entstehen  hierbei  übelriechende 
Gase,  wie  Mercaptane,  Schwefelalküle  in 
reichem  Masse;  man  konnte  damals  in 
Klein-Rückerswalde  nicht  Herr  derselben 
werden  und  aus  diesem  Grunde  musste 
das  Schwefelnatriumverfahren  mit  seinen 
grossen  Vorteilen  wieder  aufgegeben  wer- 
den. — 

In  Hofmann  s  Handbuch  II.  Aufl.  der 
1890er  Jahre  S.  1169  ist  übrigens  die  schon 
in  seiner  1875er  Auflage  erwähnte  Thal- 
sache wiederholt,  dass  bereits  in  den  60er 
Jahren  in  Amerika  das  Kochen  des  Strohes 
mit  Schwefelnatrium  zu  besseren  Resul- 
taten geführt  hatte,  als  das  Kochen  mit 
Aetznatron,  dass  man  aber  (s.  Hofmann 
S.  1172  u.  1173)  wegen  Bildung  der  übel- 
riechenden Gase,  wie  Schwefelwasserstoff 
etc.  das  Schwefelnatriumverfahren  auch 
dort  hat  wieder  aufgeben  müssen.  — 

Zu  Anfang  der  80er  Jahre  arbeitete 
der  Ingenieur  C.  F  Dahl  in  Danzig 
ein  Verfahren  aus,  nach  welchem  der  Ver- 
lust der  Natronsalze  durch  das  billige 
Sulfat  Na2S04  (Abfallprodukt  der  Chlor- 
kalkfabrikation) ersetzt  wurde.  Dahl's  Ver- 
fahren fand  bald  in  den  meisten  Stroh- 
stofffabriken  und  in  allen  bestehenden 
Natron  -  Holzzellstofffabriken  Deutschlands 
Eingang.  Dieses  1884  in  Oesterreich  und 
in  anderen  Ländern  patentirte  Verfahren 
bedurfte  derselben  Apparate  und  Ein- 
richtungen, wie  die  ältere  Natronzellstoff- 
fabrikation, welcher  Umstand  dessen  Ein- 
führung ausserordentlich  erleichterte. 

Die  Kochlauge  Dahl's  enthält  neben  Aetz- 
natron (Naa0)  und  kohlensaurem  Natron 
(Na,COs)  auch  grössere  Mengen  Schwefel- 
natrium (Na2S),  unterschwefligsaures  Natron 
(Na„S.jOa)  und  natürlich  auch  unzersetztes 
schwefelsaures  Natron  (Na,S04).  Dahl  er- 
hielt aus  dem  Holz  nach  seinem  Verfahren 
mehr,  festeren  und  leichter  bleichbaren 
Stoff,  so  dass  das  alte  Aetznatronverfahren 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.   ZELLSTOFF.  11 


dem  Dahl'schen  sog.  Sulfat-Verfahren,  wie 
schon  erwähnt,  fast  überall  weichen  musste. 

Die  Entwicklung  der  gleichfalls  hierbei 
in  der  Salzwiedergewinnungsanlage  auf- 
tretenden Gerüche  ist  geringer  als  beim 
puren  Schwefelnatriumverfahren,  so  dass 
bei  sachgemässer  und  gut  geregelter  Leitung 
der  chemischen  Prozesse  im  Ofen  arge 
Belästigungen  der  Umwohner  vermiedeu 
werden  können. 

War  durch  Dahl  somit  eine  wesentliche 
Verbesserung  und  Verbilligung  der  Stroh- 
und  Holzzellstoffherstellung  durch  Sulfat- 
zusatz (statt  Carbonat)  glücklich  erreicht, 
so  wurde  in  den  80er  und  90er  Jahren 
weiter  eifrig  an  der.  Verbesserung  der  Ab- 
laugen- Verarbeitung  geschafTt.  Besonders 
kam  es  darauf  an,  alle  Salze  zurückzuge- 
winnen und  den  Kohlenverbrauch  hierbei 
herabzumindern.  Neben  den  Flammöfen 
ging  man  dazu  über,  zunächst  die  ver- 
brauchten Laugen  in  geschlossenen  Kesseln 
bis  zu  gewisser  Konsistenz  einzudampfen 
und  den  entwickelten  Dampf  dieser  Kessel 
Hess  man  in  Dampfmaschinen  mechanische 
Arbeit  verrichten,  oder  man  benutzte  ihn 
zu  Heizzwecken.  Sodann  führte  man  die 
Mehrfach  Verdampfer  ein,  die  hinter- 
einander arbeiten  und  wobei  man  unter 
Benutzung  von  durch  Luftpumpen  erzeugter 
Luftleere  eine  Dampfmenge  mehrfach 
wiederverwendet,  so  dass  die  Wärme 
eines  kg  Dampf  2 mal,  3mal,  4  mal  u  s.  f. 
zum  Verdampfen  benutzt  wird. 

Ferner  hat  man  hinter  die  Sodaöfen 
Dampfkessel,  Vorwärmer  u.  s.  f.  gesetzt, 
womit  der  Brennwert  der  Lauge  sehr  weit 
ausgenutzt  wird. 

Solche  modern  ausgerüsteten  Anlagen 
brauchen  zur  Aufarbeitung  der  Ablaugen 
nur  noch  wenig  Kohlen,  der  Brennwert 
der  Laugen  an  und  für  sich  genügt  beinahe 
allein,  um  die  Salze  daraus  wieder  zu  ge- 
winnen. 

Die  Geruchsbelästigungen  der  Ofenarbeit 
brachten  neuerdings  Herrn  Direktor  Schacht, 
Coswig  i.  S.,  dazu,  die  Dicklaugen  der 
Vacuum- Verdampfstation  in  besonders  von 
ihm  konstruirten  Körpern  bis  zur  Pechform 
abzutreiben,  die  dabei  entstehenden  Des-  | 


tillate  geruchlos  zu  machen  und  gleich- 
zeitig damit  den  Trockenofen  (Eindampf- 
ofen) der  Regenerirungsanlage  gänzlich  zu 
beseitigen.  Der  hierdurch  ermöglichte  in- 
tensive Betrieb  der  Schmelzherde  hat  selbst 
beim  Sulfalvcrfahren  die  Klagen  der  Nach- 
barschaft völlig  verstummen  lassen,  wie 
das  auch  die  betreffenden  Behörden  be- 
stätigt haben. 

Durch  die  aufgeführten  Verbilligungen 
und  Verbesserungen  und  durch  sonstigen 
sparsamen  und  rationellen  Grossbelrieb 
ist  es  zur  Zeit  noch  möglich,  mit  Hilfe 
des  Sulfatverfahrens  die  bestehenden  (einige 
30)  Strohstofffabriken  und  einige  wenige 
Holzzellstofffabriken  in  Deutschland  bei 
sehr  niederen  Verkaufspreisen  des  Stoffes 
unter  Erzielung  bescheidener  Gewinne  in 
Betrieb  zu  halten. 

Säureverfahren. 

Nachdem  Professor  Payen  (geb.  1795, 
gest.  1871  zu  Paris)  schon  1840  die  Ent- 
deckung gemacht  hatte,  dass  Salpetersäure 
das  Lignin  des  Holzes  auflöse  und  Cellu- 
lose  abgeschieden  werde,  hat  es  an  Ver- 
suchen im  kleinen  und  grossen  nicht  ge- 
fehlt, starke  Säuren  zur  Zellstoffgewinnung 
zu  benutzen. 

Schon  1852  nahmen  Coupier  &  Mellier 
das  engl.  Patent  13979  auf  ein  Verfahren 
der  Darstellung  von  Papierstoff  aus  Holz, 
welches  auf  der  Anwendung  von  Salpeter- 
säure beruhte. 

1854  hatte  Arnouli  vorgeschlagen, 
Holz  mit  Schwefelsäure  zu  behandeln,  es 
dadurch  teilweise  in  Traubenzucker  über- 
zuführen, die  Schwefelsäure  durch  Sättigung 
mit  Kalk  zu  entfernen  und  Spiritus  aus 
dem  Zucker  zu  gewinnen ;  als  Nebenpro- 
dukt bleibt  faserige  Cellulose  zurück. 

1862  empfahlen  wieder  C.  H.  Barne 
und  C.  M.  J.  Blondel  in  Nantes  die  Sal- 
petersäure zur  Zerstörung  der  Intercellular- 
substanz  des  Holzes,  aber  die  verlangte 
weitgehende  und  gleichmässige  Zerkleiner- 
ung des  Holzes,  die  Schwierigkeit,  dauer- 
hafte grosse  Gefässe  zu  erstellen  und  die 
ungesunde  Entwickelung  saurer  Dämpfe 
boten  unübersteigbare  Hindernisse. 


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12 


E.  KIKCHNEK.    DAS  PAP1EK.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


Von  Bachet  und  Machard  wurde 
in  Grenoble  (Frankreich)  und  in  Bex 
(Schweiz)  1864  auch  ChlorwasserstolTsäure 
(Salzsäure)  zur  Zellstoffgewinnung  em-  I 
pfohlen,  aber  das  Verfahren  erwies  sich 
bei  eingehender  Prüfung  durch  Payen  be- 
züglich des  Kostenpunktes  unbrauchbar. 

1865  versuchte  eine  Genfer  Gesell- 
schaft das  schon  von  Arnouli  vorge- 
schlagene Verfahren  im  grossen.  Wegen 
der  vielen  sich  bietenden  Schwierigkeiten 
musste  sie  indes  die  Gewinnung  von  Spi- 
ritus und  Cellulose  wieder  aufgeben. 

1865  nahmen  Orio Ii,  Fredet  &  Ma- 
tussiere  ein  Patent  der  Herstellung  von 
Cellulose  mit  Königswasser.  Das  Verfahren 
wurde  eine  Zeit  lang  in  Pontcharra  bei 
Grenoble  im  grossen  ausgeführt;  man  er- 
hielt einen  vorzüglichen  Papierstoff.  Man 
musste  aber,  weil  keine  passenden  Gefässe 
zu  beschaffen  waren  und  die  Arbeit  1 
höchst  ungesund  war,  das  Verfahren  wieder 
aufgeben. 

Das  Salpetersäure -Verfahren  ist  noch 
1872  in  Marschendorf  a.  d.  Aupa  in  Böhmen 
kurze  Zeit  versucht  worden,  eine  gleiche 
Unternehmung  bei  Ulmerfeld  in  Nieder- 
üsterreich  kam  nicht  zur  Vollendung,  sie 
bildete  aber  die  Grundlage  für  die  gross- 
artigen Anlagen  der  Firma  Ellissen.  Rocder 
&  Co. 

Das  Nichtbewähren  der  Säureverfahren 
erklärt  sich  aus  der  langen  Zeit  der  Ein- 
wirkung der  Säuren  auf  die  vegetabilischen 
Stoffe,  die  zudem  nur  unvollkommen  auf- 
geschlossen werden  und  ein  Auswaschen 
mit  Alkali  und  ein  Bleichen  mit  Chlor  ver- 
langen. Die  Säuren  gehen  ferner  auch 
vollständig  verloren.  Die  Beschaffung  der 
Gefässe  hat  endlich  grosse  Schwierigkeiten 
und  die  Gesundheit  der  Arbeiter  ist  ge- 
fährdet. 

Es  ist  daher  natürlich,  dass  man  sich 
nach  Kennenlernen  dieser  Schwierigkeiten 
den  vorbesprochenen  Alkaliverfahren  zu- 
wandte. 

Andere  vorgeschlagene  Verfahren. 

1868  nahm  A.  Matthiessen  das  eng- 
lische Patent  No.  3758,  welches  die  Fäul- 


nis oder  den  Wasserröstprozess  zu  Hilfe 
nimmt. 

Die  Wasserröste  und  eine  nachfolgende 
[  Behandlung  des  Holzes  mit  verdünnter 
Natronlauge  erzeugt  nach  Hugo  Müller 
thatsächlich  einen  Papierstoff  von  sehr 
guter  Beschaffenheit,  aber  das  Gelingen 
setzt  voraus,  dass  die  Holzkörper  eine 
möglichst  grosse  Oberfläche  bieten,  sie 
müssen  also  mit  nicht  geringer  mecha- 
nischer Arbeit  in  Hobelspäne  verwandelt 
werden  und  die  Voluminösilät  dieser  Späne 
setzt  sehr  grosse  Behälter  voraus.  Die 
Vollendung  des  Röstprozesses  ist  zudem 
sehr  unsicher  und  auch  langwierig,  so  dass 
eine  geregelte  Fabrikation  nicht  denkbar  ist. 

Endlich  erwähnt  Hugo  Müller  noch 
eines  W.  Adamson  1871  in  Amerika 
palentirten  Verfahrens,  welches  darin  be- 
steht, das  zerkleinerte  Holz  durch  Ex- 
|  traction  mit  leicht  flüssigen  Kohlenwasser- 
stoffen aufzubereiten.  Er  sagt,  man  sehe 
nicht  ein,  wie  dieses  Verfahren  seinen  hier 
vorliegenden  Zweck  erreichen  solle,  denn 
weder  die  Intercellular-  noch  inkrustiren- 
den  Substanzen  werden  von  den  Kohlen- 
wasserstoffen afficirt. 

Das  Sulfitverfahren. 

Schon  in  den  30er  Jahren  (vergl.  vorn 
S.  3  u.  \)  schlägt  L.  Piette  die  schwellige 
Säure  als  Bleichmittel  für  Strohstoff  vor. 
Nach  C.  Hofmann's  Handbuch  der  Papier- 
fabrikalion  S.  1418  (II.  Auflage)  erhielt  der 
Engländer  Peter  Claussen  am  3.  Juni  1851 
ein  amerikanisches  Patent,  wonach  Stroh 
mit  Alkali  getränkt  und  dann  der  Ein- 
wirkung gasiger  schwefliger  Säure,  oder 
dem  Gase,  welches  bei  langsamer  Ver- 
brennung von  Schwefel  entsteht,  ausgesetzt 
wird.  Es  ist  nicht  bekannt  geworden,  ob 
dieses  oder  ähnliche  Versuche  jemals  im 
grossen  Massstabe  probirt  und  zu  irgend 
welchen  Resultaten  geführt  haben. 

Die  Erfindung  der  Sulfit -Holzzellsloff- 
Herstellung  mit  praktischen  Erfolgen  ist 
von  dem  Amerikaner  B.  C.  Tilghman  ge- 
macht und  durch  kostspielige  Versuche 
von  den  Brüdern  Tilghman  im  grossen 
durchgeführt  worden. 


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E.  KIRCHNKK.    DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.   ZELLSTOFF.  13 


Der  Erfinder  äussert  sich  selbst  in  der  I 
Jubiläumsschrift  des  Paper  Trade  Journal 
vom  16.  Oktober  1897  wie  folgt: 

„In  Paris  machte  ich  im  Jahre  1857 
einige  Untersuchungen  an  Fetten  mit 
schwefliger  Säure  in  Holzfässern.  An 
den  Spunden  dieser  Fässer,  welche  aus 
weichem  Holze  gemacht  und  von  der 
Flüssigkeit  benetzt  waren,  beobachtete 
ich,  dass  dieselben  weich  und  faserig 
wurden.  Als  ich  im  Jahre  1865  öfters 
die  Werke  der  Firma  W.  W.  Harding  & 
Söhne  in  Manayunk  bei  Philadelphia 
besuchte,  besann  ich  mich  auf  die  Pariser 
Beobachtung. 

Einige  Experimente,  Holz  in  einer 
Lösung  von  schwefliger  Säure  unter 
hoher  Temperatur  und  Druck  zu  kochen, 
ergaben  eine  Lösung  des  Holzes  in  Faser- 
stoff, der  aber  rot  und  schwer  bleichbar 
war.  Untersuchungen  zeigten,  dass  sich 
die  schweflige  Säure  teilweise  in  Schwefel- 
säure verwandelt  hatte,  und  es  schien, 
als  ob  letztere  die  Nebenwirkung  des 
Rotwerdens  hervorgebracht  hätte. 

Die  Idee,  dass  die  Anwesenheit  von 
Kalk  in  der  Lösung  die  direkte  Ein- 
wirkung der  Schwefelsäure  auf  den  Stoff 
verhindern  müsse,  indem  zur  Bildung 
von  Gyps  Veranlassung  sei,  bestätigte 
sich,  es  wurde  Stoff  erlangt,  welcher 
von  Kennern  als  passend  zur  Papier- 
fabrikation gefunden  wurde. 

Mein  Bruder  und  ich  arbeiteten  mit 
einem  ausgebleiten  Apparat,  15,2  m  lang, 
0,912  m  Durchm.,  der  auf  Rollen  ging 
und  mit  einer  inneren  Bleispirale,  die 
bis  4'/4  Atm.  Druck  geheizt  wurde,  aus- 
gestattet war.  Holz  und  Lösung  folgten 
einem  Gegenstromprinzip. 

Wir  konnten  indes  der  Undicbtheiten 
und  Lecke  des  Apparates  nicht  Herr 
werden  und  nach  Verlust  von  2  Jahren 
Arbeit  und  20,000  Dollars  gaben  wir  die 
Versuche  auf." 
Urkundlich  Zeugnis   für  diese  Tilgh- 
man'sche  Erfindung  geben  die  englischen 
Patente  No.  2924  und  385  vom  9.  Nov.  1866 
und  11.  Febr.  1867,  welche  von  William  Ed- 


ward Newton  für  Benjamin  Chew  Tilghman 
aus  Philadelphia  genommen  wurden. 

In  der  englischen  Fachzeitung  „The 
Engineer"  finden  sich  mehrere  Hinweise 
Newton's  auf  die  Tilghman'sche  Erfindung, 
so  dass  sich  jeder  Interessent  die  Patent- 
schriften beschaffen  und  deren  Inhalt  stu- 
diren  konnte.   Es  sei  hier  angeführt: 

Aus  „The  Engineer",  November  1866, 
Seite  429,  Vol.  22 : 

Patent  No.  2924.  William  Edward 
Newton,  Chancery-lane,  London,  „Ver- 
besserungen in  der  Behandlung  vege- 
tabilischer Substanzen ,  hauptsächlich 
anwendbar  bei  der  Herstellung  von  Pa- 
pierstoff und  Fasern"  Eine  Mitteilung 
von  Benjamin  Chew  Tilghman,  Phila- 
delphia, Pennsylvanien,Vereinigte  Staaten, 
9.  November  1866. 

Aus  „The  Engineer",  8.  März  1867, 
Seite  218,  Vol.  23: 

Patent  No.  385.  William  Edward 
Newton,  Chancery-lane,  London,  „Ver- 
besserungen in  der  Behandlung  vege- 
tabilischer Substanzen ,  hauptsächlich 
anwendbar  bei  der  Herstellung  von  Pa- 
pierstoff und  Fasern".  Eine  Mitteilung 
von  Benjamin  Chew  Tilghman,  Phila- 
delphia, Vereinigte  Staaten,  11.  Febr.  1867. 

Aus  „The  Engineer",  13.  Sept.  1867, 
Seite  243,  Vol.  24: 

Auszüge  aus  Patentschriften.  Klasse  8. 
385.  W.  E.  Newton,  Chancery-lane, 
London ,  „Behandlung  vegetabilischer 
Substanzen".  Eine  Mitteilung  —  datirt 
den  11.  Februar  1867. 

Die  Patentinhaber  beanspruchen  die 
Behandlung  vegetabilischer  Substanzen, 
.die  Fasern  enthalten,  mit  einer  Lösung 
schwefliger  Säure  in  Wasser,  entweder 
mit  oder  ohne  Beigabe  schwefligsaurer 
Salze,  erhitzt  unter  einem  Druck,  der 
den  der  Atmosphäre  nicht  übersteigt, 
bis  zu  einer  Temperatur,  die  genügt,  um 
die  zwischen  den  Zellen  liegenden  oder 
inkrustirten  Teile  derartiger  vegetabili- 
scher Substanzen  zu  lösen,  so  dass  der 
ungelöste  Teil  in  einem  faserigen  Zu- 
stande verbleibt,  der  zur  Herstellung  von 
|     Fasern  zum  Spinnen  oder  zu  Papierstoff 


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14  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


verwendbar  ist,  oder  zu  anderen  Zwecken, 
entsprechend  der  Natur  des  verwendeten 
Materials.  Sie  beanspruchen  auch  den  Ge- 
brauch und  die  Anwendung  von  schwellig- 
sauren  Salzen  oder  anderen  Salzen  von 
gleichen  chemischen  Eigenschaften,  wie 
oben  beschrieben,  in  Verbindung  mit 
einer  Lösung  schwefliger  Säure  in  Wasser, 
als  ein  Agens  bei  der  Behandlung  vege- 
tabilischer Substanzen,  welche  Fasern 
enthalten,  wenn  damit,  bei  einem  Druck, 
der  den  der  Atmosphäre  nicht  übersteigt, 
bis  zu  einer  Temperatur  erhitzt,  die  ge- 
nügend ist,  um  eioe  solche  Säurelösung 
in  den  Stand  zu  setzen,  den  zwischen 
den  Zellen  liegenden  oder  verbundenen 
Teil  solcher  vegetabilischen  Substanzen 
zu  lösen. 

Es  ist  später  versucht  worden,  in 
Zweifel  zu  ziehen,  ob  in  den  Tilghman- 
schen  englischen  Patenten  klar  ausge- 
sprochen sei,  dass  Tilghman  sog.  doppelt- 
schwefligsauren  Kalk  für  Herstellung  der 
Cellulose  wirklich  vorgesehen  habe;  ein 
solcher  Zweifel  wird  vollständig  gehoben, 
wenn  wir  im  englischen  Patent  No.  2924 
v.  9.  Nov.  1866  lesen: 

Die  Zufügung  von  schwefligsaurem 
oder  doppelt  schwefligsaurem 
Kalk  oder  einer  anderen  geeigneten 
Basis  zu  der  Lösung  der  schwefligen 
Säure  ist  vorteilhaft,  sie  giebt  dem 
faserigen  Produkt  eine  hellere  Farbe 
und  erleichtert  die  Bleiche. 

In  einer  Losung  schwefliger  Säure 
von  1,025  bis  1,035  sp.  G.  bei  15,5  0  C. 
löst  man  so  viel  schwefligsauren  Kalk, 
dass  das  sp.  Gewicht  auf  1,07  bis  1,08 
steigt,  tränkt  das  Holz  in  zunächst  ge- 
öffnetem Kocher,  so  dass  es  vollständig 
mit  Flüssigkeit  bedeckt  ist,  schliesst  den 
Kocher  und  erhitzt  mittelst  Dampfmantels 
durch  einströmenden  Dampf  bis  der 
Kocherinhalt  eine  Temperatur  von  etwa 
127  0  C.  angenommen  hat,  auf  welcher 
er  6—8  Stunden  belassen  wird. 

Die  teilweise  Wiedergewinnung  der 
schwefligen  Säure  giebt  Tilghman  in  diesem 
Patent  wie  folgt  an : 


Das  Gas  (natürlich  das,  welches  nach 
den  6—8  Stunden  Kochzeit  aus  dem 
Kocher  abgestossen  werden  kann)  wird 
durch  ein  Rohr  in  einen  geeigneten  Kon- 
densator geleitet,  wo  es  von  kaltem 
Wasser  absorbirt  wird,  so  dass  es  für 
eine  zweite  Holzfüllung  wieder  ver- 
wendet werden  kann. 

Ueber  eine  schwache  organische  Säure 
und  Gummi  in  den  Ablaugen  der  Kocher 
steht  in  demselben  Patent: 

Nachdem  die  schweflige  Säure  abge- 
trieben oder  niedergeschlagen  ist,  kann 
der  flössige  Extrakt,  welcher  in  lös- 
licher Form  die  Produkte  der  salzigen 
oder  Intercellular-  oder  verkittenden  Be- 
standteile der  Pflanzen  enthält,  in  ver- 
schiedener Weise  in  den  Gewerben  be- 
nutzt, oder  als  Dünger  verwendet  werden. 
Er  enthält  eine  schwache  organische 
Säure,  etwas  der  Ulminsäure  ähnelnd 
und  hat,  wenn  eingekocht,  einige  Eigen- 
schaften des  Gummis. 

Das  englische  Patent  No.  385  v.  11.  Febr. 
1867  des  Tilghman,  welches  Newton  nach 
seinen  obenS.  13u.  14  in  freierUebersetzung  ge- 
gebenen Anzeigen  in  „The  Engineer"  1866/67 
das  Wichtigste  zu  sein  schien,  bezweckt 
die  Gewinnung  von  spinnbaren  Fasern  aus 
pi lanzlichen  Substanzen  durch  Behandlung 
derselben  mit  einer  Lösung  von  schwefliger 
Säure  in  Wasser  mit  oder  ohne  Zusatz 
von  Sulfit,  das  unter  einem  den  Atmos- 
phärendruck nicht  übersteigenden  Druck 
zu  einer  Temperatur  erhitzt  wird,  welche 
genügt,  um  die  Lösung  der  Intercellular- 
oder  inkrustirenden  Substanzen  der  pflanz- 
lichen Stoffe  so  aufzulösen,  dass  der  nicht 
gelöste  Teil  in  einem  faserigen  Zustande 
hinterlassen  wird,  in  welchem  er  zum  Ver- 
spinnen oder  zu  Papiermasse  etc.  je  nach 
der  Natur  des  verwendeten  Materials  be- 
nutzbar ist. 

Für  Papiermasse  aus  Holz  wird 
auch  in  dieser  Schrift  engl.  Patent  No.  385 
die  Anwendung  stärkerer  Lösungen,  das 
Kochen  in  geschlossenen  Gefässen  unter 
Druck  und  bei  Temperaturen  über  100  0  C. 
empfohlen,  was  Newton  seltsamerweise  in 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


15 


den  oben  abgedruckten  Anzeigen  in  „The 
Engineer"  nicht  erwähnt. 

Als  der  Lösung  der  schwefligen  Säure 
hinzuzufügende  Basen  werden  also  Kalk, 
Magnesia,  Soda  (Natron)  und  andere 
von  Tilghroan  ausdrücklich  genannt. 

Nach  C.  Hofmanns  Handbuch  S.  1418/19 
II.  Auflage  hat  ein  Herr  Martin  Schindler 
aus  Zürich  in  Philadelphia  1884  die  Be- 
kanntschaft des  Herrn  Richard  A.  Tilghman 
(Bruder  des  Erfinders  C.  B.  Tilghman)  ge- 
macht und  Näheres  über  die  1866  bis  1869 
gemachten  Laboratoriums-  u.  Fabrikations- 
versuche in  Manayunk  erfahren. 

Das  Holz  von  Rottanne  (spruce),  Schier- 
ling (hemlock),  Pappel  (poplar),  Weide 
(willow)  etc.  wurde  in  Vi"  lange  Stücke 
zerhackt. 

Die  schweflige  Säure  wurde  in  einem  Ofen 
System  HarrisonBlair,  von  Kearsley  in  Lanca- 
shire  gebaut,  entwickelt.  In  diesem  soll  die 
Sublimation  durch  R.  A.  Tilghman's  beson- 
dere Einrichtungen  vollständig  vermieden 
sein.  Von  dem  Ofen  wurde  das  Gas 
mittelst  152  mm  weiter  Rohre  in  Kühlge- 
fässc  und  dann  von  unten  in  einen  Turm 
von  1525  mm  Durchm.  geleitet,  in  welchem 
von  oben  Wasser  herabträufelte. 

SchwefligsaurerKalk  wurde  ausKalkrück- 
sländen  d.  Manayunk-Natron-Cellulosefabrik 
durch  Einleiten  von  schwefliger  Säure  am 
Boden  einer  Kufe,  welche  die  mit  Wasser 
aufgerührten  Rückstände  enthielt,  gewonnen. 

Der  Kocher  war  15250  mm  lang,  915  mm 
Durchm.,  liegend  auf  Rollen  drehbar  und 
innen  mit  6  mm  dicken  Bleiplatten  ausge- 
kleidet. Eine  innere  komplizirte  Ein- 
richtung bewirkte  selbsttbätig  die  Füllung, 
den  Transport  des  Holzes  im  Innern  und  die 
Entleerung.  Die  Bleiauskleidungund  letztere 
Einrichtungen  gaben  viel  zu  schallen.  Es 
wurde  zwar  eine  noch  viel  stärkere  Blei- 
Antimon-Auskleidung  ausgeführt,  aber  die 
Schwierigkeiten  des  inneren  Mechanismus 
und  die  Reparaturen  nahmen  kein  Ende. 
Man  entschloss  sich,  einen  einfachen  mit 
Blei  ausgefütterten  Kugelkocher  zu  bauen, 
aber  die  Preise  der  Soda  waren  um  diese 
Zeit  plötzlich  so  gefallen,  dass  die  Brüder 
Tilghman  auf  den  Wettbewerb  mit  dem 


NatronstofT  verzichteten  und  ihre  Arbeits- 
kraft anderen  Eründungen  zuwandten. 

Damit  war  vor  der  Hand  eine  bezüglich 
des  im  grossen  wirklich  schon  erzielten 
Holzzellstoffes  vorzügliche,  in  den  Grund- 
zügen fertig  vorliegende  neue  Methode  der 
Zellstoffgewinnung  von  den  Erlindern  selbst 
vollständig  aufgegeben  und  nur  die  Tilgh- 
man'schen  Patentschriften,  sowie  wenige 
Veröffentlichungen  blieben  als  urkundliche 
Zeugen  dessen,  was  Tilghman  erdacht,  er- 
kannt und  gethan  hatte. 

Es  folgte  die  vorn  gesagte  Entwicklung 
und  Ausbreitung  der  auch  über  Skandi- 
navien und  Deutschland  sich  erstreckenden 
NatronzellstofT-Industrie  in  den  70er  Jahren. 

Das  von  Tilghman  durchgeführte  SulGt- 
verfahren  war  indes  berufen,  zu  einer 
hohen  Bedeutung  zu  gelangen. 

Es  ist  an  dieser  Stelle  nicht  zu  unter- 
suchen, ob  die  nachfolgenden  Benutzer  der 
Bisulfitlöäungen  zum  Aufschliessen  des 
Holzes  in  Zellstoff  Kenntnis  der  Tilghman- 
schen  Patente  und  der  Erfolge  desselben 
in  Fabrikationsversuchen  halten.  Dem  Ver- 
fasser genügt  es,  oben,  besonders  durch 
Aufführung  einiger  Stellen  der  englischen 
Patente  nachgewiesen  zu  haben,  dass  be- 
züglich des  chemischen  Aufschlusses  von 
Holzspänen  mittelst  Bisulßt  des  Kalkes, 
der  Magnesia  etc.  C.  B.  Tilghman  der 
Erste  war,  und  dass  er  das  für  den 
Grossbetrieb  schon  entwickelte  Vorfahren, 
so  viel  man  erkennen  kann,  aufgab,  weil 
seine  pekuniären  Mittel  erschöpft  waren 
und  die  Natronzellstoff-Fabrikation  um  die- 
selbe Zeit  in  ein  günstiges  Stadium  ge- 
treten war. 

Die  Priorität,  Sulfitzellstoff  in 
dauerndem,  geordnetem  Fabrikbetriebe  her- 
gestellt zu  haben,  gebührt  unzweifelhaft 
Carl  Daniel  Ekman. 

Dem  Wirken  dieses  um  die  Sulfitzell- 
stofffabrikation  des  Auslandes  hochver- 
dienten Mannes,  welcher  auch  von  dem 
ersten  Sulfitstoff,  welcher  in  Europa  fabrik- 
mässig  hergestellt  wurde,  zuerst  in  grösse- 
ren Mengen  auf  den  deutschen  Markt 
brachte,  seien  folgende  Zeilen  gewidmet- 


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16 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  ß.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


*)  Herr  C.  D.  Ekman ,  1845  in  Kalmar 
(Südschweden)  geboren,  absolvirte  18(58 
die  Stockholroer  technische  Hochschule 
als  Chemiker -Ingenieur;  er  hatte  seine 
chemischen  Studien  unter  Professor  Ullgren 
vollendet  und  beschäftigte  sich  zunächst 
in  der  Praxis  mit  dem  Bleichen  von  Holz- 
stoff. 

Seine  theoretischen  Studien  und 
Laboratoriumsversuche  führten  ihn  auf 
die  Anwendung  einer  Sulfitlüsung,  in 
welcher  er  das  geschliffene  Holz  unter 
Druck  kochte 

Die  Experimente  gelangen  so  zufrieden- 
stellend, dass  ihm  zwei  Holzstofffabrikanten 
Schwedens  die  Benutzung  ihrer  Werke 
für  die  Durchführung  der  Versuche  im 
grossen  zur  Verfügung  stellten. 

1871  nahm  jedoch  der  junge  Chemiker 
den  Ruf  einer  Fabrik  in  Bergvik  (Schweden) 
an  und  halte  hier  zunächst  den  Auftrag, 
Holzstoff  aus  Sägemühlen  -  Abfällen  nach 
dem  Fry'schen  Verfahren**)  zu  erzeugen. 

Es  wurde  das  Holz  in  kleine  Stücke 
zerlegt  und  in  Wasser  unter  Druck  ge- 
kocht ;  man  erhielt  einen  groben,  braunen, 
Tür  Packpapier  geeigneten  Stoff. 

Während  zweier  folgender  Betriebs- 
jahre war  Ekman  weder  mit  der  Qualität 
des  Stoffes  noch  mit  den  Herstellungs- 
kosten zufrieden,  er  suchte  nach  einem 
geeigneterem  Verfahren,  das  Holz  besser 
aufzuschliessen.  Er  erkannte,  dass  seine 
früheren  Bleichmittel,  die  Sulfite,  auch 
lür  den  chemischen  Aufschluss  die  ge- 
eignetsten seien  und  stellte  nach  vielen 
Laboratoriumsversuchen  1872  fest,  dass 
das  Magnesiumsulfit  das  beste  sei.  Mit 
Hilfe  von  Magnesiumsulfitlösung  hatte  E. 

*>  Als  Grundlage  für  diese  Darlegungen 
dienten  dem  Verfasser  direkte  freundliche  Mit- 
teilungen des  Herrn  Ekman,  sowie  Veröffent- 
lichungen im  Wood  Pulji  Vol.  I,  Xr.  lr  Januar 
imi.  in  The  Paper-Makers  Cireular  10.  Aug.  181)7 
und  einige  Stellen  der  deutschen  Fachschriften. 

•*)  Im  Werke  des  Herrn  Professor  Max 
Schubert:  „Die  ( Vllulosefahrikation,  Fischer» 
technologischer  Verlag,  Herlin  1H97"  ist  für  das 
FryVhe  Verfahren  S.  3  dn8  Jahr  18ti7  und  als 
Anfsehliessungsmittel  „W  a  s  s  e  r  v  <>  n  h  o  h  e  r 
Te  m  1 1« ■  r a  t  ur"  angegeben. 


Sulfitholzzellstoff  im  kleinen  hergestellt. 
Ende  1872  ging  er  nach  London,  legte 
den  Gegenstand  den  Besitzern  der  Bergvik- 
Mühle,  J.  Thompson  und  F.  Bonar  &  Co., 
vor,  worauf  im  Januar  1873  ein  Vertrag 
zwischen  dieser  Firma  und  Ekman  ge- 
schlossen wurde,  durch  welchen  erstere 
zur  Ausbeutung  der  Ekman'schen  Er- 
findung ermächtigt  wurde.  1873  wurde 
bereits  eine  entsprechende  Fabriksein- 
richtung für  die  Experimente  im  grossen 
geschaffen  und  vom  3.  Oktober  1874  an 
erzeugte  man  in  der  fertigen  Anlage  zu 
Bergvik  regelmässig  Sulfitholzzellstoff 
nach  Ekman'schem  Verfahren  in  handels- 
fähiger Form. 

Diese  erste  Sulfitzellstoff-  Fabrik  der 
Welt  war  mit  8  kleinen,  innen  verbleiten, 
aussen  mit  Dampfmantel  versehenen, 
drehbaren  Kochern,  ä  etwa  300  kg  StofT- 
ausbeule,  ausgerüstet,  welche  sich  derart 
bewährten,  dass  1896  noch  2  bis  3  der 
ersterstellten  im  Betriebe  waren.  Bergvik 
lieferte  1896  etwa  100  T.  Sulfitstoff 
monatlich.  Der  erste  Absatz  des  Stoffes 
hatte  seine  Schwierigkeit,  da  die  Papier- 
fabrikanten zu  Anfang  der  70  er  Jahre 
noch  gute  Papierpreise  hatten;  sie  miss- 
trauten dem  neuen  Stoff  und  hatten 
vielfach  nicht  notwendig,  nach  einem 
anderen  Stoff  zu  greifen.  Wegen  der  ver- 
kehrten Behandlung  des  neuen  Stoffes 
besuchte  E.  1875  verschiedene  Fabriken 
in  Schweden  und  im  Auslande  um  eine 
richtige  Verarbeitung  anzugeben.  Bei 
langsam  steigendem  Absatz  in  Schweden 
und  im  Auslande  schrieb  er  1876  eine 
Broschüre,  welche  in  englischer,  schwedi- 
scher, französischer  und  deutscher  Sprache 
gedruckt  wurde.*) 

Auszug. 

Einige  Anweisungen  über  die  chemisch 
bereitete  Holz-Papiermasse  (Holzzellulose) 
von  Bergviks  Cell ul ose- Fabrik. 

*)  Herr  Ekman  sandte  mir  auf  meine  Hitte 
il  Exemplare.  Die  in  schwedischer  und  französi- 
scher Sprache  sind  nach  dem  Aufdruck  in  Stock- 
holm von  der  C'cntral-Tryckerict  I87G  gedruckt. 
Das  deuUrhc  Exemplar  erweist,  dass  es  von  Poutt. 
und  v.  Döhren  in  Hamburg  gedruckt  ist. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


17 


„Die  Masse  wird  in  hydraulisch 
ausgepresstem  Zustande  in  Ballen 
verpackt,  welche  85  kg  lufttrockenen 
Stoff  enthalten  (Lufttrockengehalt 
=  90  Proz.  absolut  trocken).  Die 
Ballen  sind  in  Leinen,  mit  Holz- 
rahmen und  Eisenbändern  zusammen- 
gehalten, verpackt. 

Eigenschaften  der  Masse: 

1)  Sie  färbt  sich  in  nassem  und  feuchtem 
Zustande  bei  direktem  Tageslicht 
und  besonders  in  der  Sonne. 

2)  Die  Farbe  leidet  bei  langem  Liegen 
in  Wasser,  besonders  in  warmem 
Wasser. 

3)  Die  Farbe  wird  geschädigt  durch 
geringe  Mengen  Chlor. 

4)  Die  Masse  darf  nicht  mit  scharfem 
Holländergeschirr  bearbeitet  werden. 

5)  Ungleiche  l^eimungsweise  schadet  der 
Masse. 

(i)  Kleine  Spuren  Eisenrost  und  Eisen- 
salz, unreines  Wasser  etc.  schaden 
der  hellen  Färbung. 
Es  folgen  Vorschriften,  den  Stoff  bei 
Bearbeitung  nicht  zu  verderben.  Unter 
Anderem  wird  empfohlen,   dem  Wasser 
zur  Auflösung  des  Stoffes  und  dem  mit 
zu  verarbeitenden  Lumpenstoff,  Bisulfit- 
Antichlor,  am  besten  doppeltschweflig- 
saures  Natron  zuzusetzen. 

Es  wird  auf  die,  vielen  Fabrikanten 
damals  nicht  bekannten  Unterschiede 
zwischen  Holzschliff,  Strohstoff,  Natron- 
stoff einerseits  und  diesem  neuen  Berg- 
vik-Stoff  andererseits  hingewiesen,  so- 
wie der  hohen  Vorteile  bei  Verarbeitung 
dieser  Stoffart  im  Gegensatz  zur  Lumpen- 
verwendung für  die  Papierfabrikalion 
eingehend  gedacht.  Besonders  wird  her- 
vorgehoben, dass  der  gelieferte  Sulfit- 
stoff für  viele  Papiere  nicht  gebleicht 
zu  werden  braucht.  Endlich  wird 
die  luftige  Aufbewahrung  der  Ballen  mit 
Zwischenlagen  empfohlen,  damit  das 
UmschJagsgewebe  nicht  schimmele  und 
die  Masse  nicht  verderbe." 
Aus  diesen  gedruckten  Anweisungen, 
von  denen  hier  nur  ein  kurzer  Auszug 
gegeben  ist,  rauss  jedem  Fachmanne  klar 


werden,  dass  Ekman  schon  1876  voll- 
kommen die  Vorteile  und  die  vorteil- 
hafteste Bearbeitungsweise  seines  in  regel- 
mässigen Verkauf  gekommenen  Stoffes  zu 
Papier  kannte. 

Verfasser  hat  ein  schön  hellgelblich  er- 
hal  tenes,prächt  ig  starkes.reines  Papiermuster 

neben  sich  liegen,  das  schon  im  Oktober 
1875  von  Forssa  Bruck  pr.  Katrineholm 
in  Schweden  gefertigt  und  vom  Vorstand 
dieser  Fabrik  namens  „Govert  Jndebetou", 
als  aus  reinem  Ekman-Stoff  bestehend,  ge- 
kennzeichnet und  durch  Unterschrift  be- 
glaubigt ist;  aber  schon  am  1.  Febr. 
18  75  hatte  nach  Ausweisen,  welche  auf 
die  Stockholmer  Ausstellung  1897 
der  Oeffentlichkeit  vorgelegen  haben,  eine 
englische  Papierfabrik  das  erste  Papier  aus 
reinem  Ekman-Stoff  hergestellt. 

Später  waren  die  Jlford  Paper  Mills  in 
England  solche,  welche  Ekman'sche  Sulfit- 
cellulose  allein  in  Papier  von  grosser 
Festigkeit,  und  wie  man  von  den  er- 
haltenen und  in  Stockholm  ausgestellten 
Stücken  abnehmen  muss,  von  vorzüglichen 
Eigenschaften  und  voraussichtlich  grosser 
Dauer  umwandelten. 

Auf  der  erwähnten  Ausstellung  konnte 
sich  Jeder  überzeugen,  dass  viele  Papier- 
muster aus  reiner  Bergvik-Cellulose,  oder 
mit  Lumpen  gemischt,  erhalten  sind,  die 
von  deutschen  Fabrikanten  schon  1878  75) 
gefertigt  waren.  Viele  dergleichen  Muster 
aus  Schweden  von  1879/80,  und  aus  Eng- 
1  land  von  1880/81  lagen  gleichfalls  aus. 

Herr  Ekman  hat  in  einem  jüngst  stalt- 
gehabten Briefwechsel  dem  Verfasser  das 
Vorgesagte  nochmals  bestätigt,  besonders 
auch,  dass  vom  'A.  Oktober  1874-  1897  die 
Bergvik-Fabrik  im  Betriebe  war  und 
monatlich  100  t  Sullitstoff  mit  Ausnahme 
einer  kurzen  Betriebsunterbrechung  infolge 
eines  Brandunglückes  erzeugt  habe.  Er 
glaubt,  dass  die  Fabrik  1897  ausser  Be- 
trieb gekommen  sei,  weil  sie  nach  den 
heutigen  Verhältnissen  zu  klein  war  und 
eine  ungünstige  Lage  hatte.  Er  habe  sein 
Verfahren  in  den  ersten  Jahren  in  Berg- 
vik  geheim  betrieben,  aber  später  seien 
I  weitere  Sulfitstoff-Fabriken  im  Auslande 

5.  Bogen  1899. 


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18 


K.  KIKCHNKB.    DAS  PAPIEB.    III.  B.  LND  C.  ZELLSTOFF. 


nach  seinem  Verfahren  errichte!  worden. 
Herr  Ekman  ist  jetzt  Direktor  der  North- 
licet  Pulp  and  Paper  Mills,  welche  zu  den 
Ekman  Paper  and  Pulp  Compagny  Lt.  ge- 
hören. Man  fertigt  dort  Sullil -Cellulose  nach 
dem  Kkman- Verfahren  und  vorzüglich  reine 
und  feste  Papiere  daraus,  ferner  ein  Leim- 
surrogat, welches  Dextrin  und  ähnliche 
Materialien  für  die  Textil-  etc.  Industrien 
ersetzt.  Für  letzteres  Produkt  besitzt  er 
2ine  ganze  Heihe  ausländischer  Patente,  dar- 
unter das  D.  H.  P.  81«'iS:J  vom  I.  Dez.  IS'.K'i. 
Auf  Verbesserungen  für  letztere  hat  er 
neue  Patente  in  verschiedenen  Ländern 
nachgesucht. 

Bezweifelt  heute  wohl  Niemand  den  IST  i er 
Beginn  derSulütstoirerzeugungzuBergvik.der 
überdies  von  Kkman  leicht  durch  Dokumente 
bis  1K7.!5  zurück  bewiesen  werden  kann, 
ist  es  Thalsache,  dass  1870  schon  von 
Eekman  eine  sachverständige  Schrift  für 
zweckmässige  Verarbeitung  seiner  Sullit- 
cellulose  geschrieben  war  und  waren  1  »7 
auf  der  Stockholmer  Ausstellung  beglaubigte 
Papier-Muster  von  IST")  aus  Ekman-StoHder 
üelfcntlichkeit  vorliegend,  so  bemühte  sich 
der  Verfasser  weitere  Beweise  lür  die 
Priorität  Eckmans  beizubringen. 

Aul  seine  Anfrage  berichteten  die  Han- 
noverschen Papierfabriken  Alfeld-Gronau : 

„Wir  haben  laut  in  Händen  habenden 
Fakturen  schon  bezogen: 

1)  am  2.  Januar  1878  10  Kisten  Cellu- 
lose  durch  Georg  v.  d.  Busche  in 
Hamburg  (Ursprungsland  unbekannt). 

2)  am  15.  Mai  187S  direkt  von  Nurmis 
Celluloscfabrik  in  Wiborg  (Finland) 
20  Centner. 

l\)  am  12.  Juni  1878  eine  Ladung  von 
C.  F.  Liljevalch  jr.  in  Stockholm." 

Ks  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  die 
Sendungen  1  und  '.\  Bergvik-Cellulose 
waren,  denn  die  Bergvik-Fabrik  hatte  einen 
Agenten  Ernst  Kralzensteiu  in  Hamburg,  ' 
der  wohl  an  v.  d.  Busche  den  Bergvik-StofT  . 
ablicss.  C.  F.  Liljevalch  jr.  in  Stockholm  i 
hatte  den  Verkauf  des  Bergvik -StolTes 
mehrere  Jahre  in  der  Hand.  Er  giebt  an,  ; 
schon  am  20.  Sept.  187">  der  Firma  B.  j 
C.  Gribert  in  Stettin  12  Ballen  davon  ge-  , 


sandt  zu  haben,  1878—79  verkaufte  er 
grosse  Mengen  Stoff  nach  Deutschland,  be- 
sonders auch  nach  Lachendorf  bei  Celle. 

Nach  E.  Krat/ensteins  Aufzeichnungen 
kauften  in  dieser  Zeit  Bergvik-Stoff  von 
ihm:  Hohenkrug  bei  Mühlenbeck  in  Pom- 
mern, Marggrall  und  Engel  in  Wolfswinkel 
bei  Eberswalde,  Gebr.  Vieweg  in  Braun- 
schweig. Georg  Dittmann  in  Oldesloe  u.  A. 

Endlich  sei  bezüglich  der  Prioritäts- 
frage.  ob  Ekman  oder  Mitscherlich  den 
ersten  Sullil-ZellstolT  als  Handelsware  er- 
zeugten und  auch  in  Deutschland  einge- 
führt haben,  auf  das  verwiesen,  was  die 
deutschen  Papierfabrikanlcn  selbst  auf 
ihrer  Generalversammlung  den  8.  Juni  1895 
in  Dresden  freimütig  bekannt  haben.*) 

Dort  legte  Herr  0.  Kohlrausch  i.  Fa. 
Seebald  &  Co..  Treuen brietzen  22  Papier- 
proben zur  Besichtigung  vor,  welche  in 
den  Jahren  l«s78  79  aus  Ekman-SlolT  her- 
gestellt waren. 

Herr  Woge- Alfeld  berichtet,  er  habe 
schon  1877  SuliitstolT  von  den  Ostseehäfen 
bezogen,  derselbe  stammle,  wie  er  später 
hörte,  von  Ekman. 

Die  Herren  Kück-Altkloster  und  Lovis- 
Heiligenstadt  haben  gleichfalls  in  den  Jahren 
1878  79  SulütstolT  von  Ekman  in  be- 
friedigender Weise  verarbeitet. 

Herr  Geheimrai  Nielhammer  (Vorsitzen- 
der) erklärt,  es  sei  in  der  That  brauch- 
barer Ekman  sc  her  Sulfit -Stoff 
lange  vor  Mitscherlich  hergestellt 
word  cii. 

Nach  dem,  was  später  über  die  Gründer 
der  anderen  Sullitverfahren  gesagt  wird, 
muss  Ekman  als  der  erste  SullitstolTfabri- 
kant  anerkannt  werden,  der  von  Ende  1875- 
an  grössere  Mengen  guter  Sullitcellulose 
zunächst  auf  den  schwedischen  und  eng- 
lischen, später  auch  auf  den  deutschen 
Markt  brachte. 

Das  Verdienst  Ekman's  um  die  Sullil- 
zellstolTsache  in  Deutschland  ist.  trotzdem 
er  in  den  ersten  Jahren  sein  Verfahren  ge- 
heim betrieb  und  1881  mit  seinem  Patent 
in  Deutschland  zu  spät  kam,  doch  hoch 

*>  «MM .:.,T.St:.il.  W.-.'li.  nl.hHt  .1«.  [S<if)S.  l'MO 
>iinl  )!Mo. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  R.  UND  C.    ZELLSTOFF.  19 


anzuschlagen,  indem  er  auch  den  deutschen 
Papierindustriellen  zuerst  in  seiner  ge- 
lieferten Handelsware  einen  neuen  Pa- 
pierstoff vor  Augen  führte  und  zugäng- 
lich machte,  welcher  wegen  seiner  R  e  i  n- 
heit  und  sonstigen  vorzüglichen 
Eigenschaften  die  allgemeine  Aufmerk- 
samkeit auf  sich  zog.  Sein  Stoff,  seine 
1876  auch  in  deutscher  Sprache  erschiene- 
nen Stoffverarbeitungsvot  Schriften  festigten 
das  von  Tdghman  und  von  der  Natron- 
zellstolTindustrie  schon  gegründete  Funda- 
ment lür  den  Aufbau  der  neuen  Sulfitstoff- 
industrie. Cellulosefabrikanten  und  Pa- 
pierfabrikanten gewannen  nach  seinen  Er- 
folgen neues  Interesse  für  den  Stoff.  Die 
späteren  Begründer  ähnlicher  Verfahren 
neue  Anregung,  ihre  Arbeiten  mit  erneuten 
Kräften  fortzusetzen. 

Es  ist  auch  kein  Grund  vorhanden  anzu- 
nehmen, dassEkmansVerfahren  aufSchweden 
beschränkt  geblieben  und  nicht  später  in 
Deutschland  eingeführt  worden  wäre,  wenn 
nicht  Andere  ihm  zuvorgekommen  wären. 

Professor  Dr.  A.  Mitscherlich 
(früher  an  der  Forstakademie  zu  Hann. 
Münden)  zu  Freiburg  i.  B.  hat  das  grosse 
Verdienst,  diese  Industrie  in  Deutschland 
begründet  und  in  vielen  Fabriken  des  In- 
und  Auslandes  eingerührt  zu  haben. 

Mitscherlich  hat  sich,  wie  er  selbst  mit- 
teilte, auf  Anregung  seines  ältesten  Bruders 
vom  Jahre  1872  an  mit  dem  Studium  des 
Celluloseherstellungs- Verfahren  beschäftigt. 
Mit  seinem  Bruder  Dr.  Richard  Mitscher- 
lich in  Darmstadt  hat  er  1874  Kochver- 
suche gemacht. 

Dem  Verfasser  sind  von  bestunter- 
richteter Seite  u.  a.  Abschriften  von  zwei 
Abkommen  zwischen  den  Brüdern  Alexan- 
der und  Richard  Mitscherlich  zugegangen. 
Eine  derselben  vom  11.  April  1874.  Münden 
macht  die  Ausbeutung  und  Mitteilung  unten- 
stehenden Verfahrens  durch  Richard  an 
andere  Personen  von  der  Erlaubnis  Ale- 
xanders abhängig 

J>üs  Verfahren  he/.ieht  sich  ituf  «Ii«-  Wr- 
wt  rmti^  de«  Hol/es.  Reduzierende  Kuha:m/e:i, 
vornehmlich  seliwollioe  Situ iv  m  \V:i-str  .re- 
l'.st.    werden    mit    Holz    hei    starkem  Druck 


wühtvntl  hinterer  Zeit  erliit/t,  «las  Hol/.  l.h-iht 
ais  fa«<  -riuv  w.  j.  In'  Massir  zurück,  welche  in  der 
Pii]iicrlahriknl  ioti  *  ic.  ) ■■  jiüt.-f  wird.  In  der 
KIiissi«rkcii  sind  Körper  ovlüst,  die  als  < •utiiini 
u.s.w.  verwandt  w.  rden  können." 

Das  zweite  Abkommen  vom  15.  Juni 
187  t  Darmstadl  und  Münden  ist  ein  voll- 
ständiger Vertrag  zwischen  den  Brüdern, 
wonach  Alexander  dem  Bruder  Richard 
die  ausschliessliche  Befugnis  erteilt,  die 
Erfindung  in  einer  zu  errichtenden  Fabrik 
j  und  durch  Veräusserung  des  Verfahrens 
an  dritte  Personen  auszubeuten  und  aus- 

i 

;  zubreiten.  Bei  Vergebung  der  Erfindung 
an  Niehteinzel  werke,  also  für  grössere  Be- 

I  zirke,  behält  sich  Alexander  die  Genehmig- 
ung vor.  Ks  folgen  dann  Einigungen  über 
die  Kostentragung  bei  den  Versuchen  und 
Verteilung  etwaiger  Gewinne. 

In  The  Engineer  vom  18.  Sept.  1871 
S.  227  findet  sich: 

„Kin  Vorläufer  Schul/  auf'  6  Monate.  21IW. 

Em  verlassenes  Verfahren  ühcr  die  ISe- 
handliiii«rr  von  Hol/  und  anderen  ähnlichen  Sub- 
stanzen /um  Zwecke  der  Krlaii^ini^  hrauch- 
hani-  Füm  i'ii  und  nmleivr  schiit/hanr  l'rodnkte 
au-»  tle'iM  llfii.  William  Kdward  Newton, 
Chancery-laue  K-mdon.*)  Kim-  Mitteilung  von 
Dr.  Richard  M  ir  sde  :1  ieli ,  I  »annstadt .  Deutseli- 
land.  —  27.  AuL'ii-t  |S71> 

In  derselben  Zeitschrift  unterm  19.  März 
1875  Seite  203: 

..Kin  A:i«zii»-  der  Patentschrift  l'OTJ. 

1  inwandlinej  *]<■-  H"l/es  in  Kadern.  W.  K. 
X.-wtoii,  Chance  rv-latic  Kino  Mittiülunj»  von 
Hr.  II.  MitMjhorlich.  I  »annstadt.  27.  Auyu-l  187-1. 

Her  ( M".:-  n>tan«l  t\<  r  Kriindnnu'  ist  der,  ans 
Hol/.,  Kinde.  Stroit  und  ähnlichen  Snlxtati/.eii 
durch  eine  Vl t! iitid'1 1 r_r  eh'HiiseliiT  und  nie- 
chanischer  Prozesse  er  tms  die  darin  cnfludle- 
tien  Fasern  /tun  Zweck  der  Verwendum,'  solcher 
Ka<ern  hei  der  Kahrik.il  e.n  \  oti  l'ajiier,  Paj'pcn 

und  Pappendeckel  odrr  TcXtilsfotYeU  /II  L'e- 
winie  n  und  /.weiti  n>  die  beliehen  Stolle, 
welche  im  Hoi/  oder  ähnlichen  Suhstan/.i n  ent- 
halten sind.  zu  ei  huieeii  und  nutzbar  zu  machen.41 

Nach  der  englischen  Patentschrift  £139 
selbst  werden  reduzierende  Substanzen, 
z.  B.  eine  Lösung  schwefliger  Säure  mit 


William    Kdward    Newton    Chancery  - lanc 

I  Ion  halte  midi  S.  VA  die  .,.,•(  ^ehiehie,  rechte 

Spalte,  etwa  S  .lalire  zuvor  :uich  die  Tilijhman- 
schen  Patente  besorgt.  — 


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20 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


den  erwähnten  holzigen  Substanzen  einige  I 
Zeit  unter  starkem  Druck  erhitzt,  wobei 
!,/io  des  Gewichtes  des  trockenen  Holzes 
als  faserige  Masse  zurückbleiben  und  die 
verbindenden  Stoffe  der  Fasern  gelöst 
werden  sollen.  Die  zim  Teil  sehr  langen 
Fasern  sollen  durch  Quetschen  und  Mahlen  in 
einen  breiartigen  Zustand,  wie  er  zur  Her- 
stellung von  Papier  etc.  geeignet  ist,  über- 
geführt werden. 

Ein  Teil  der  in  der  vorhandenen  und 
durch  Quetschen  gewonnenen  Flüssigkeit 
enthaltenen  Substanzen  soll  zum  Gerben 
von  Leder  und  zur  Tintenfabrikation,  ein 
anderer  Teil .  die  gummiähnlichen ,  zum 
Leimen  des  Papiers  oder  nach  Gährung 
und  Destillation  auch  zu  anderen  Zwecken 
verwendet  werden  können. 

An  dieser,  dem  Verfasser  im  Original 
vorgelegenen  Patentschrift  2930  fällt  aar, 
dass  sie  aus  2  Teilen  besteht,  der  erste 
Teil  ist  vorn  27.  August  187i  datiert,  der 
zweite  Teil  dagegen  vom  27.  Februar  1875. 
beide  Teile  geben  je  eine  Beschreibung 
des  Verfahrens,  welche  merkliche  Ver- 
schiedenheiten enthalten. 

Das  H"l/,  welch«*  in  Stiicki-n  von  iniis«ijrcr 
(ir."i<>c  s,  in  soll,  wird  l/,  Stund«-  lany  in  Dampf 
in  einem  ku j «lermn  Kocher,  der  eim-ni  Dnnk 
von  10  Atmosphären  widersteht,  erhitzt.  Di<-cni 
wird  durch  Kintf i«.*- <>*«?ii  in  einen  Trichter  eine 
(Quantität  \\ 'as«..:r  l»»d(ftd'ii<rt.  sie/cn  w  ir  t-in  t^uart  <;<- 
mischt  mit  zwei  (fuart  einer  l.ö>nn»  sehwcHitorSäur«' 
in  Wasser,  w clelii-iii  schwefelsaurer  Kalk  tsulphatc 
of  liniepartlv  dissolved  partlv  in  Mispetision)  beiy;«-- 
füjft  wird,  Das  «u-fäss  null  etwa  \  voll  gefüllt 
wcrdi  ii  und  wird  dir  llüsaigc  Auflösung  der 
nützlichen  Bestandteile  erlangt  durch  Beifügung 
von  Salz  säur«;  zum  schw«  h  Uaureu  Kalk  (Milpbate 
>«f  linie  dissolved  and  suspeuded  in  the  wat«-r). 
Iiis  kirim-  Bläschen  sehwefligsaurcn  (Ja-ust  ge- 
bildet werden. 

Der  Kocher  wird  dann  während  vier  Stund,  n 
ul°  einer  Temperatur  von  1  lo  0  Celsius  erhalten, 
was  etwa  einem  L  c-berdruck  von  M  Atmosphären 
gleichkommt.  Das  Hol/,  welches  jetzt  in  .itn-n 
faserigen  Zustand  vernetzt  wurde,  w  ird  aus  di  in 
K«iehcr  entfernt  und  zwischen  oder  uut.-r  Walzen 
zeppielscht  o.ler  /«•riuahh-n  und  dann  in  1>, ■kann- 
t«  r  Weise  zu  | »i .-r  ..der  anderem  Stoff  verar- 
beitet. 

Im  zw  iti-n  Teil  von  1M75  In  is^l  es  über  die 
Zerkleinerung  de*  rohen  Holz« -s,  dass  cm  von  einer 


(irössc  nein  soll,  wie  es  für  Hausfeucruugen  bc- 
nüt/.t  wird. 

Das  halbstündige  Dämpfen  wird  in  einem 
kupfernen  oik-r  in  einem  eiserm-n  mit  Kupfer. 
Zinn  od«r  Blei   verkleideten  Kooln-r  ausgeführt. 

Der  Ko.her  «oll  X  Atm.  l  eherdnuk  wider- 
stehen können. 

Dem  gedämpften  Holze  wird  durch  einen  Kin- 
gus.s  zmg.-fügt:  I  (Quantität  Walser,  sagen  wir 
1  t/uarf.  vermischt  mit  2  l^uart  einer  Lösung 
von  sehwelli-fsaureni  Kalk  (sul)ihite  of  Ihne)  in 
Wasser,  welchem  schwefelsaurer  Kalk  (sulphatc 
of  1 1 im-  partlv  dissolved,  partlv  in  Suspension) 
also  teilweis  gelost,  ti-ilweis  suspendirt  beigefügt 
wird.  Das  tofäs*  soll  etwa  a/4  \ «»11  »«-füllt 
werden  und  die  flüssige  Lösung  «l«-r  nützlichen 
l'estan.lf.  il.-  wir«)  erlangt  «lun-h  B.ifiigung  von 
Salzsäure  zum  schwi-felsaurrn  Kalk  (sulphatc  nf 
linie.  dissohei)  and  suspeiidet  in  the  water)  Iiis 
aller  Kalk  o.ler  kohlensaurer  Kalk  neutralisirt 
ist  und  kleine  Bläschen  Schwefligsäurcgasu-i»  ent- 
stehen. Der  Kocher  wird  dann  für  einige 
Stunden  h.-i  einer  Temperatur  von  U0°C  er- 
halten,  was  A  Atm.  r.  l».-r«lriick  entspricht  etc. 

Der  Fachmann  erkennt  deutlich,  dass 
nach  dem  Wortlaut  dieses  Patentes  keine 
wirkliche  Cellulose  zu  gewinnen  war,  was 
ja  auch  schon  aus  der  in  gleicher  Patent- 
schrift angegebenen  9/io  Ausbeut e  vom 
Holzgewicht  an  Stoff  erhelit. 

So  darf  es  nicht  verwundern,  dass 
auch  die  Ende  1874  und  Anfang  1875  von 
Dr.  R.  Mitscherlich  bei  Herrn  R.  Keferstein 
in  Sinsleben  bei  Ermsleben  angestellten 
Versuche  fehlschlugen.  Folgender  Brief 
des  Letzteren  an  Ersteren  ist  erhalten : 

Sinsleben.  den  Iti.  Dez.  1874. 
Herr  Dr.  Mitseh.-rlieh  in  Berlin. 

Mein  «ehr  geehrter  Herr  Dr. 
Ihnen,  wie  mir.  wird  Zeit  uml  Weile  lang 
g«  worden  sein.  bevor  ich  Ihnen  Probe  von  den« 
innen  Uolzpapier  schicken  kann.  Beigebend 
lasse  ich  Ibru-n  nun  eine  Probe  von  Ihr«-in  Holz 
zugeben.  Sie  wollen  doch  nun  auch  meine  offen« 
Ansicht  hören  um)  diese  sollen  Sie  gleich  boren. 
Mit  der  F< -litrkcit  kann  ich  noch  nicht  znfricdcu 
-ein.  di  «eh   sehi.be  ich  iliem-  Schuld  teilweise 

io-iI   «Ii«   h   nian»«  lhafte   Aufsehlii-ssun^  der 

Faser.  Sie  sehen  an  «1er  Probe,  dass  noch 
innerlieh  Fa«erbiindel  znsanmienliepen,  welche 
also  kein«'  \"erti!zun<r  cifigegniigeu  und  die  Halt- 
harkeit  unterbrochen.    < iruixl  hiervon  ina»  nun- 


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E.  KIKCHNEK.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.   ZELLSTOFF.  21 


wie  schon  gesagt-,  mangelhafte  Aufschliessiing 
utiil  ebenso  mangelhafte  Arbeit  beim  Koller- 
Kaufte  sein.  "Würde  das  Holz  noch  stärker  beim 
Kochen  gelöst,  würde  aueh  iler  Kollergang 
leichtere  Arbeit  haben.  Das  Bleichen  wollte 
nicht  gut  gehen  und  gab  ein  noeh  unansehn- 
liches Fabrikat.  Wenn  wir  nun  den  Halbstoff 
weiss  erhalten  und  die  Faser  noch  mehr  uuf- 
schliessen,  langsamer  kollern,  wird  sich  die 
ganze  Geschichte  besser  machen. 

Das  gekollerte  Holz  enthält  noch  viel  fremde 
Substanzen,  welche  au  deu  Fasern  hängen  und 
'lie  Vertilzung  beeinträchtigen,  l'eber  die  Ver- 
arbeitung bin  ich  mit  mir  noch  nicht  klar, 
wahrscheinlich  wird  man  den  Stoff  15  bis  2U 
Minuten  kollern  müssen,  alsdann  in  einen 
Waschapparat  bringen,  um  die  fremden  Sub- 
stanzeo  mechanisch  herauszu  waschen.  Nach 
dieser  Operation  kann  der  Stoff  zur  weitereu 
Verarbeitung  im  Kollergange  (zum  zweitenmale 
der  Verf.)  enttregeiigeführt  werden. 

Hitte  vergleiehen  Sie  unter  dein  Mikroskope 
Ihren  Stoff  und  die  Ccllulosc,  von  letzterer  gebe 
ich  Ihnen  beiliegende  Probe,  damit  Sie  ver- 
gleichen können.  Die  Sehlange  in  dem  Kocher 
habe  icb  bestellt  und  hoffe  selbige  in  Kürze 
zu  bekommen.  Der  Kalk  ist  noch  nicht  ange- 
kommen, doch  soll  selbiger  gestern  teilweise 
verladen  sein,  wie  Kissmüller  nach  hier  gc- 
>chriebsn.  Ihrem  Herrn  Minder  nach  Münden 
werde  ich  eine  ähnliche  Probe  von  diesem 
Papier  schicken  und  auch  in  gleicher  Weise 
schreiben.  Wenn  nun  diese  Veränderungen  ge- 
troffen und  nur  ganz  gesundes  Holz  genommen 
wird,  werden  die  Resultate  günstiger  werden, 
wie  ich  von  Grund  meiner  Seele  wünsche.  Mit 
herzlichsten  Griisseu  von  Haus  zu  Haus,  sehe 
Nachricht  entegen 

Ihr 

U.  Keferstein. 

*)  Verfasser  war  1878  selbst  bei  Herrn 
Keferstein  in  Sinsleben,  um  ihm  als  Sachver- 
ständiger in  Natroneellulosesachen  über  gewisse 
Schwierigkeiten  hinwegzuhelfen;  Von  jener  Zeit 
weiss  er.  dass  Herr  Keferstein  nur  von  niiss- 
glückten  Kochvei-suchen  mit  Sultitlösungen  sprach. 

**)  Herr  K.  Keferstein  beantwortete  mir  meine 
Anfrage  umgehend  und  bestätigte,  dass  Dr. 
R.  Mitscherlich  tbatsächlieh  im  Herbste  1871 
einige  Monate  lang  nach  Angaben  Dr.  A.  Mit- 
scherlich'» Versuche  machte.  Zellstoff  aus  etwa  UOem 
langen  5cm  dicken  Holzstücken  mittelst  schwef- 
ligsaurcin  Kalk  unter  Zusatz  einer  Säure  bei 
geringem  Druck  t>  -  8  Stunden  lang  zu  kochen. 
In  kleinen  Proben  (in  Reagenzgläscheii)  hätte 
damals  schon  Dr.  A.  Mitscherlich  schöne  helle 
'Vllulose  eingesandt,  aber  die  Versuche  im 
Brossen  seien    missglückt,    das   nur  grob  zer- 


Man  ersieht  aus  diesem  Briefe,  wie  der 
lebhafte,  Hebenswürdige  Schreiber,  trotz 
klar  ausgesprochenen  Misserfolges,  dem 
liebgewordenen  Dr.  Mitscherlich  Hoffnung 
auf  Erfolg  macht,  aber  die  gewünschten 
Erfolge  blieben  aus.  Diese  Thatsache  war 
zwar  lange  bekannt*),  doch  wurden,  weil 
von  anderer  Seite  Gegenteiliges  behauptet 
worden  ist,  neuerdings  wieder  Erkundig- 
ungen darüber  eingezogen**),  welche  die 
Bestätigung  des  Misserfolges  in  Sinsleben 
ergaben. 

Ebenso  ist  bekannt,  dass  Dr.  B.  Mitscher- 
lich noch  im  Jahre  1875  ähnliche  Versuche, 
wie  in  Sinsleben  bei  C.  F.  Meissner  &  Sohn 
in  Raths-Damnitz  ohne  gewünschten  Erfolg 
durchführte. 

1875  hat  ausserdem  Dr  B.  Mitscherlich 
ein  sächsisches  Patent  erhalten,  es  ist  Darm- 
stadt, 6.  Jan.  1875  datiert,  am  5.  Febr.  1875 
in  Dresden  unter  No.  3912  in  die  Patentrolle 
eingetragen  und  hat  folgenden  Wortlaut: 

Nr.  3912.  Beschreibung  zu  dem  Patente  für  Herrn 
Dr.  Richard  Mitscherlich  zu  Darmstadt  am  5.  Feb- 
ruar 1875,  auf  ein  Verfahren  zur  Produktion  von 
Gerbstoff.   B.  4.30.   Fol.  171. 

B  e  s  c  h  r  e  i  b  u  n  g  d  e  s  Verfahren  s. 
Ich  wende  zur  Erzeugung  des  Gerbstoffes 
als  Rohmaterial  nicht  die  teure  schwer  zu  be- 
ziehende Kichcnrinde  oder  Galläpfel,  sondern 
direkt  das  Kichcnholz  an,  welches,  wie  ich  durch 
eigene  Versuche  mich  überführt  habe,  gleich 
»ler  Spiegelrinde  ein  Gehalt  von  lO°.0  und  da- 
rüber an  Gerbstoff  besitzt.  Dieser  wertvolle  Ge- 
halt konnte  trotz  aller  bisherig  gemachten,  mir 
wohl   bekannten   Versuche    und  Bestrebungen 

kleinerte  Holz  »ei  in  ziemlich  hartem  bräun- 
lichem Zustande  aus  dem  Kocher  gekommen, 
man  habe  es  auf  einem  Kullergange  notdürftig 
zerquetscht  und  auf  der  Papiermaschine  ein  bräun- 
lichrotes, im  übrigen  ziemlich  festes  Papier  er- 
halten. Nach  vieler  Mühe  und  allen  denkbaren 
Versuchen  seitens  Dr.  H.  Mitscherlich  wurde  die 
Herstellung  von  «Stoff  in  dieser  "Weise  aufgegeben. 
Trotz  einer  Herrn  Keferstein  für  seine  Mühen 
gegebenen  Lizenz  für  eine  «Sultiistoff-Aulage  mit 
dem  Bezirk  der  Harzgegend  habe  er  bald  nach- 
her, wie  mir  ja  bekannt  sei,  eine  N'atronfabrik 
nach  «System  l'ngerer  gebaut. 

Dazu  bemerke  ich  (Verfasser),  dass  ich  aus 
gedämpftem,  ja  sogar  aus  rohem  Holze  mittelst 
Kollerns  und  Mahlens  Papierstoff  und  Papier 
daraus  erzeugt  habe. 


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22 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  G.  ZELLSTOFF. 


nicht  jrcw.>nncn  werden,  weil  er  in  F« >!<••»•  des  t 
Zollcnhaucs  de*  Holzes  derart  citif.rcschlossen 
int,  t\:\*n  Wasser  uml  andere  Miilfsinitte]  .  s  nicht 
in  einer  für  •  1  i •  -  Technik  e^-iiiie-eiiden  Weise 
mitnehmen.  Auch  rrMet  «lies.'  Ahfrahc  nicht 
ausreichend  hei  der  Sehichtunir  des  fein  yv- 
ruspeltcn  Fichcnhol/cs  mit  den  Hiiutcn,  wie 
solche  .l.iii  Spezial-Tcchniker  hekannt  i»r.  w  o- 
vnii  auch  ich  mich  durch  Lcsonderc  Versuche 
üherführt  hnlir. 

Mein  Verfuhren  «rollt  auf  -  -  £  •  i  *  -  l.nck.  rumr 
«Ks  Zusaiuincnhaii!ies  ilor  Iliilzniasse  hinaus, 
welche  in  der  Aiiwcnduit";  eines  ••iyviitiiiii!ii'»ii'ii 
Mittels,  eines  hcsondcreii  Verfahrens  und  eine» 
Apparates  beruht  ,  Welcher  letztere  indessen 
aiieli  seiner  Ausfiiliruiijr  nach  wühl  «hp-ändert 
werden  könnte. 

Ihlx   Villi    mir    l..llUt/te    .Mittel    j»t  Hehwetlii;- 

xaurcr  Kalk.  I»:is  Verfaliren  hextehr  darin, 
dass  ich  eine  Lösung  dessell., n  auf  das  Holz 
in  iler  Wiiriue  einwirken  lasse,  wolxi  ilie  "]*•  -tu - 
petatur  von  ei  reu  als  oeei»iiet  sieh  raus- 

•rextellt  hat.  I  in  die  Operation  auszuführen, 
lose  ich  ileil  xchw«  tliirsauieii  Kalk  (in  bekann- 
ter Weise  ilureh  Kin  wirkunp  von  seliw  eflie.r 
Siiure  auf  Kalkhvdral  am  liesten  unter  A nwend- 
untr  von  Uleikaiuiiieni,  nach  Analogie  des  ('Im-, 
kalken  bereitet)   in  Wasser  uml  zwar   in  «lein 

Verhält  Iiis,  i  Iii  SM  Mllt  zehn  Teile  aul/iisehl!e»>ifll- 
ihn  Kichenltolz  ein  Teil  meines  Präparats 
kunimt.  Ich  füge  zu  ih  r  Lösung  so\ icl  Salz- 
säure, dass  jeder  etwa  vorhanden.-  nicht  gebun- 
dene ..der  aU  kohlensaurer  befindliche  Kalk 
lioHoitijrt  isi.  was  -sich  au»  -1er  ]{, s,  hatVenhcit 
llcr  Flüssigkeit  sogleich  erkennen  l:i»st.  Mit 
dieser  Lösung  liriiiL'e  ich  die  \,.rcrw  ahnte  (fuau- 
tifät  Kiehenhnl/.  welche  in  Form  von  uneiit- 
rindeten  Scheiden,  deren  Hiiiiciisioncn  circa 
IC  cm  Länge,  tj  -7  cm  Dicke  halien  können,  in 
einen  kupfernen  oder  mit  Hlei  ausgcklciih  ten 
cvlinderförniipen  Ueliiilter.  welcher  entweder 
durch  direktes  Feuer  "der  besser  durch  In  Nscn 
Wasscrdatiipl  auf  die  t;c!iaiinte  Temperatur  ge- 
bracht werden  kann.  Viele  \..rhcr  angestellte 
Versuche  haben  mir  erw  iesen,  da»»  Kisen  allein 
nhiie  innere  Verkleidung  als  Material  nicht 
lu-auchliar  ist.  weil  du  dann  gewonnene  O.rb- 
siiure  dunkel  gefärbt  wird  und  -ich  zur  l'ro- 
duktinii  feiner  liiarklahig.-r  I a  ders. >rt.  n  nicht 
eignet.  Ich  erhit/e  cire.i  H  Stunden  den  Inhalt 
des  Kc»mc1n  auf  wie  schon  bemerkt  115°  ('eis..  J 
wobei  ich  mit  einer  Indien  Spannung  der  Iiiimpfe 
nalurgcmäss  nicht  zu  kämpfen  hahe. 

Nach  Itcciuligung  der  Reaktion  und  dem 
Krkalten  des  Apparates  wird  derselbe  entleert. 
Hie  M.ll  dem  ||..|ze  alitliesende  Fl ib »igkeit  ent- 
hält den  irrössten  Teil  der  (b-rbsäuiv:  ein  an- 
derer Teil   ist   in  dem  Hol/e  eingeschlossen  und 

wird  dadurch   gewonnen,  duss  die  Holzscheite, 


falls  dieselben  mit  Hocke  behaftet  sind,  /»erst 
durch  einfache»  Ähnelnden  mit  der  Hand  davon 
befreit,  sodann  auf  einer  Zerklcinerungsvor- 
richtung.  *.  H.  einem  Mühlwcrkc  mit  vertikalen 
Kollci'vteinen.  zerdrückt  uml  die  Holzmasse  so- 
diuin  systematisch  ausgelangt  werden.  Für  letz- 
teren Zweck  katin  eine  srociirneto  WaschinaM-liine 
oder  auch  .-ine  hvtlraulische  Fresse  unter  Wirder- 
hidiniff  des  Aufweichen«  der  aliyeprcssUii 
Massen  henutzt  werden. 

I  m  die  Wuseliw  ass.  r  event.  auch  du- spontan 
ahlaiifemle  Fliissiiikeit  an  ( ierl 'Stojf  an/.u reichern. 
Ii  ixe  ich  in  ihr  wiederum  das  Kalkxulz.  h^nutze 
sie  in  der  früher  iitijfcweiidetcn  AVeisc  nochinal» 
oder  auch  wiederholt. 

l»ie  Wirksamkeit  des  »chwetlitrsniireii  Kalkes 
erklärt  »ich  au»  der  üdduiie  de»  »diw .  f.  lsaun  n 

Kalkes.    Welelie    in   Ulli  »o  höherem  Masse  sf:1tt 

hat.  L.U  die  Ite  .ktioii  initi  r  Verschwinden  \.>ti 
»ehwellieer  Säul  e  \  Ol)  stalten  ireht. 

Jlie  irewonncne  Fliissiekeit  wird  auf  einen 
(nach  aräometri-chen  l!eol..ii'htiinyen|  ticcijjiieten 
Coiicculrationserad  ahu'e.lanipl't,  welcher  nach 
der  Stärke  des  Leder»  .  in  verschiedener  ixt. 
meistens  kann  die  Flüssigkeit  schon  direkt  an- 

•reW  endet  Weiden.  Die»ellie  dient  einfach  als 
I  ierlilnittel,  indem  in  die».  11  »c  die  zuliereileten 
Häute  vehraeht  und  nach  d.  n  lieireln  der  Kunst 
verfahren  wird.  Frohen  derart  i«  yeirerliti-r 
Mimte  nach  meinem  X'ertahreii  hm  ich  l.ereit 
aut   VerliHi'_'cii  \  or/idcjetl. 

Was  ich  als  «Iiis  Neue  meines  \'erfahreiix 
al«  meine  Krtindunp,  deren  Fatentirunu  l.ean- 
traet  wird,  ansehe,  ist  ihr  liesehrielienc  IVo/cmn 
der  ( ierhstiilVhereitunj?  au»  K.iehcnho]*.  dessen 
wesentliclister  Moment  in  der  Henut/uiifr  des 
*chwetli.irsuuren  Kalkes  als  Kxtraktioiisiuittel  der 
(lerhsäiire  herulit. 

I>  a  r  in  s  t  a  d  t  ,  den  <>.  .lanuar  1875. 

Dr.  Richard  MiUcherlich. 

Man  ersieht  hieraus,  dass  es  sich  hier 
gar  nicht  um  ein  Patent  bezüglich  der 
Celluloseherstellung  handelte. 

Nach  den  gesagten  Misserfolgen  nahm 
1875  Prof.  Dr.  A.  Mitscherlich,  unter  Mit- 
hilfe und  aufopfernder  Thätigkeit  eines 
Herrn  Frdr.  Aug.  Rissmüller,  Besitzer  einer 
ehem.  Fabrik  in  Münden,  die  Celluloschcr- 
stellung  energisch  in  die  Hand.  1877  wurde 
Mitscherlich  Alleinbesitzer  dieser  allmählich 
vergrösserten.  geheim  betriebenen  Fabrik 
und  Rissmüller  blieb  nur  noch  kurze  Zeit 
verantwortlicher  I^eiter.  Iiier  opferte  man 
der  Celluloscsache  bedeutende  Mitlei  und 
unendliche  Mühe.  — 


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E.  K1RCHNKK.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


Mitseherlich  gab  sogar  seine  Anstellung 
beim  Staate  auf ;  nach  vielen  missglücklcn 
Versuchen  kam  er  auf  seinen  mit  Blei  aus- 
gelegten und  mit  säurefesten  Steinen  ausge- 
mauerten Kocher,  sowie  auf  den  Lösungs- 
bereitungsturm mit  Gegenstromprinzip.  Da- 
mit war  ein  gut  Teil  der  Schwierigkeiten 
überwunden,  welche  der  praktischen  Durch- 
fuhrung, mit  einer  Lösung  doppeltschweflig- 
sauren  Kalkes  Holz  aufzusehliessen,  ent- 
gegenstanden. 

Iter  im  Jahre  I87G  in  Minulet!  erzielt«-  Stoit" 
)i<  »>  indessen  mich  sehr  zu  wünschen  iihrip.  Wi.- 
sieh  aus  J!ri«-fen  Hissmülhrs  an  «Iii  Kimm 
A.  \Wrthciin  in  Cassel,  welch«-  mir  Herr  l,e«ip«ild 
WYrtheim,  heutiger  Inhalier  genannter  Firma, 
fnll.  zur  Verfiijfiinjy  stellte,  erhielt»,  hefand  man 
sieh  in  Mütnlcn  imSta«!  htm  «h-s  «»rossen  Kxpcriiiienle-, 
|».  r  er-^l«.  imch  FeWr.  1877  unverkauft  iu.i»cru<lc 
St«.iT  war  am  ti.  .hmi  187U  «eli«-fert.  Weitere 
Posten  wurden  im  .luli  mler  Auiritst  lS7ti 
in  Xii'derkatlfuntretl  V«r  arl"itct,  der  Stull'  erwies 
s«ioh  hierhei  lTir  gute  w.isse  Papiere  zu  unrein, 
für  Packpapier  zu  (euer.  Zeitweise  wurde  der 
in  Münden  hcrg«\<tclltc  StotV  l.raun  statt  weiss 
ii Ii* t  war  hiUif/cr  als  >ler  weiss«-  any«  linten.  I tu 
Januar  1877  lies*  WYrthtim  von  S<hi"nn  wj«l<l  in 
Lippspringe  liei  Pa«l«rl>orn  vine  ( Vliuh>se\ m-räte 
aus  d«r  Mündem-r  Fal«rik  veiarln-iten,  man  cr- 
hu  lt  .  nach  H.-richt  1,.  Werthcim's  .  «  in  sehr 
festes  J'ackpapiir.  «lern  heutigen  imitirten 
Pi-rpament  aus  IIa  nu«l  lila  (Vllulosc  ähnlich. 

Wcrthcim.  der  heah*icht>et  hatte  «hn  Mit- 
-«  licriiehstuff  einzuführen,  rechnete  mit  |{issmüllt-r 
2»>.  Februar  1877  iiln-r  gelieferte  12:17, 5  !<«»  tr. 
tfe«l.  <  Vllulosc  per  100  k  <;  »rucken  .Mark  18. 
ali  tunl  verzichtet«-  auf  «  im-  weitere  <i«-*<-hafts- 
Verbindung. 

Der  l'reih  der  Ja.  Natron-  un«l  Kkinanii-1  lulz- 
/elUt.itl'e   war  damals    15  -50  Mk.  p«-r  100  tr. 

Noch  das  weitere  Jahr  1877  verging 
mit  Verbesserung  der  Apparate  und  Ver- 
vollkommnung des  Verfahrens,  bis  an  eine 
Ausbeutung  der  Cclluloseherstellung  in 
weiteren  Anlagen  gedacht  werden  konnte. 

Dass  Prof.  Dr.  A.  Mitseherlich  sein  Ver- 
fahren erst  im  Januar  1878  bezüglich  der 
Celluloseherstellung  als  fertig  entwickelt 
ansah,  sagt  er  selbst  in  einem  Bericht  von 
1892,  welcher  1893  in  der  Papierzeitung 
veröffentlicht  wurde.  Es  heisst  da  wört- 
lich: „bis  sich  aus  diesen  Versuchen  ein 
Verfahren  herausbildete,  wie  es  jetzt 


noch,  nach  14  Jahren,  im  wesentlichen 
unverändert  benutzt  wird." 

Die  bekannten  deutschen  Patente  Mit- 
scherlich's  sind  mit  28.  Januar  1878  datirl. 

Der  Wortlaut  des  D.  R.  P.  4178  hat 
mit  einigen  Auslassungen  und  geringfüg- 
igen Wortänderungen  gleichen  Text  des 
vorn  S.2 1/2  abgedruckten  sächsischenPatents 
No.  8912,  eine  längste  Dauer  bis  4.  Februar 
1890  und  folgenden 

Patent-Anspruch: 
Her  Ix-schrieln-m-  Pmzcs«  der  « ..rhstoff l<e- 
reitunu'  aus  F.iehcnhnl/.  dessen  wesentlichstes 
Moment  in  der  llcmitzun«/  «h-s  schwetlijfyauren 
Kalkes  als  Kxlrur-tiiiiistniitel  der  t i»-rl«s:inr<-  bc- 
ruht. 

Erst  das  Zusatzpatent  4179  vom  28. 
Januar  1878,  7.  Februar  1879  im  Druck 
ausgegeben,  spricht  wieder  von  der  Cellu- 
loseherstellung, welche  schon  1874  ver- 
sucht war  und  hat  folgenden  vollen  Wort- 
laut : 

1878.  Nu.  .11751.  Klasse  12. 

A.  Mitsehet  lieh  in  Miimlen. 

Neuerungen  an  dem  Verfahren  zur  Produktion 
von  Gerbstoff  unter  Ausbeutung  der  Neben- 
produkte (Cellulose,  Gummi,  Essigsäure  und 
doppelt-schwefligsaurer  Kalk). 

Zusatz-Patent   zu  N...  -1178  muh  2M.  Januar  1878. 
l'atentirt   im   1  >euts«-h.-n  Reiche  vom  2:5.  .lanuar 
1878  all. 

Längste  ItHiicr:  1.  Februar  18510. 

I'as  Verfahren  besteht  im  weMiitliehen  in 
der  F.inv  irkini«  des  su<_'en.  doppclt-Hchwctlip- 
«auivn  Kalkes  (schwellipsaurcr  Kalk  ircKist  in 
wiissri^'er  l.."isunfr  von  schwefliger  Silur«-)  auf 
\orh«;r  «jcdümftc  Pt1:in/.«ntcile  liezw.  auf  gi- 
«lämpfles  Holz,  welches  vorher  zerkleinert  ist, 
hei  über  «lern  Siedepunkt  des  Wassers  liegen- 
«h-ti  Temperaturen.  Ich  gebe  hier  nur  im  ntu-h- 
fulpendcii  die  llesehrcibung  des  Verfahrens  bei 
Verwemlung  v«>n  Holz;  «lasaelhe  liei  Verwendung 
von  anderen  J'Hanzenteih-n  erpicht  sich  aus  der 
nachfolgerntcn  Meschrcibung  von  seihst. 

Hie  betrcfleiele  wässnge  Lösung  des  «bippeit- 
Nchwclligsaitrcii  Kalk«  s  wird  auf  die  Weise  her- 
gestellt, «lass  iiher  nicht  zu  kleine  Stücke  von 
kohlensaurem  Kalk,  welcher  sieh  in  einein 
Turme  lietindet.  gleichzeitig,  nml  zwar  von 
ol>en  \\  as>er  und  von  unten  ein  Strom  *ch  wel- 
liger Saure  geleitet  wird.  Diese  schweflige  Säure 
wir«!  teils  durch  Verbrennen  von  Schwefel  »der 
Sehwefelmetallen  bereitet,  teils  resultirt  sie 
heim  Ahkoehen  der  wie  unten  lieschriehen  gc- 
wi innen«  ii  Fabrikat  ionsflüssigkeit. 


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U  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  ß.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


Auf  ähnliche  Weise  lassen  sieh  leicht  andere 
srhwcfligsatire,  Salze,  wie  schwctligsuure«  Natron 
ii.  s.  w..  mit  sehr  geringen  Kosten  herstellen, 
welche  unter  entständen  aueh  für  diesen  l'rozess 
verwertet  werden  können. 

Das  entrindete,  nur  wenig  mit  der  Säge  zer- 
ticbnittene,  von  den  Aestcn  nicht  notwendig  be- 
freite  Hol/,  kommt  in  einen  im  Innern  mit 
Steinen,  (Vment  und  Blei  vollständig  {umge- 
kleideten, eisernen  Kessel,  welcher  mit  Heiz- 
rohren, sowie  mit  den  nebensächlichen  Vor- 
richtungen zum  Al>-  und  Zulassen  der  Flüssig- 
keiten  und  des  Dampfe.«  u.  s.  w.  versehen  ist. 
wird  dann  nuch  erfolgtem  Abschlüsse  des 
Kessels  mit  Wasserdampf  gedämpft  und  mit 
der  hinzugelasscnen  Lösung  des  genannten  Kalk- 
salzes je  nach  der  Zerkleinerung  des  Holzes 
während  längerer  oder  kürzerer  Zeit,  in  der 
Kegel  über  »cht  Stunden  lang  iilier  108°  erhitzt. 
Bei  dieser  Einwirkung  lösen  sich  die  den  Zell- 
stoff umgehenden  und  durchdringenden  Be- 
standteile des  Hol/es  auf.  während  erstcrer  als 
weiche  Masse  in  der  Flüssigkeit  ziiriickj'leiht. 
Her  Inhalt  des  Kessels  wird  nun  zum  Sieden 
und  zwar  so  lange  erhitzt,  als  die  Dämpfe, 
welche  in  den  oben  gedachten  Turm  mit  den 
Kalkstiicken  geleitet  werden,  noch  stärker  nach 
schwefliger  Säure  riechen.  Statt  die  schweflige 
Säure  in  den  Turm  zu  leiten,  liisst  man  sie 
auch  in  einen  Kasten,  welcher  Wasser  und 
aufgerührten  reinen  gelöschten  Kalk  enthalt, 
hineingehen.  Hierdurch  wird  eine  reine  con- 
centrirte  Lösung  von  doppelt-schwetligsnurcm 
Kalk  erzeugt,  welche  heim  Gährungsprozcss 
zur  Verhinderung  der  KssigHÜurebildung  und 
fäuliiisswidriger  Körper  eine  stets  zunehmende 
Verwendung  tindet.  Wird  statt  des  gebrannten 
Kalkes  kohlensaures  Natron  u.  x.  w.  in  den 
angegebenen  Karten  gebracht,  so  werden  hier- 
durch leicht  dir  verschiedenen  schwrfligsauren 
Salze  dargestellt. 

Die  von  dein  Zellstoffe  darauf  abgeschiedene 
Flüssigkeit,  welche  neben  Kalksalzen  (Gyps 
u.  s.  w.)  Gerbsäure,  Gummi,  Essigsäure  und  ein 
wenig  zurückgebliebene  schwellige  Säure  enthält, 
wird  in  der  Hauptsache  bis  jetzt  nutzbar  gemacht. 

a)  als  Material  zur  (ierbung  von  Häuten: 

b)  zur  Herstellung  von  Gummi  und 

c)  zur  Gewinnung  von  Kssig. 

Zu  a):  Aus  der  betrettenden  Flüssigkeit 
wird  der  Kalk  am  einfachsten  durch  Schwefel- 
säure abgeschieden. 

Die  Flüssigkeit  kann  dann  unmittelbar  oder 
auch,  wenn  sie  Verschickt  werden  soll,  nach 
erfolgter  Coneentration  und  nach  der  nötigen 
Verdünnung  zum  Gerben  der  Häute  benutzt 
werden.  Die  anderen  noch  in  der  Flüssigkeit 
enthaltenen  Stoffe  sind  in  der  Hegel  ohne  jeden 


schädlichen  Einflus*  auf  die  (ierbung.  Auch 
kann  die  Gerbsäure  durch  Kalkmilch  aus  der 
Lösung  gefällt  und  aus  dem  getrockneten 
Niederschlage  nach  längerer  Zeit  wieder  durch 
Säure  abgeschieden  werden.  Ich  habe  beob- 
achtet, das*  die  geringe  Menge  der  in  der 
Flüssigkeit  befindlichen  schwefligen  Säure  durch 
ein  Aufschwellen  der  Häute  während  de»  Gerh- 
prozesses  denselben  beschleunigt  und  die  Halt- 
barkeit der  in  ihr  Lösung  befindlichen  Stoffe 
vergrösm-rt.  Dahei  zeigen  diese  Gerbstoffe  in  der 
zuerst  gewonnenen  Lösung  die  Eigentümlich- 
keiten der  Gerbstoffe  von  der  zu  dem  Holze 
gehörenden  Kinde;  /.  B.  ändert  die  aus  Fichten- 
holz bereitete  Lösung  die  Naturfarbe  der  Haut 
ebenso  wie  die  der  Kinde  wenig  ab.  Jedoch 
wird  durch  die  zuletzt  angegebene  Operation 
unter  Cinständcn  die  färbende  Wirkung  der 
Gerbsäure  verändert. 

Zu  b):  Behufs  der  Herstellung  von  Klebe- 
stoffen  wird  in  der  Kegel  die  Lösung  nur  allein 
eingedampft  und  der  auskrvstallisirte  Gyps 
durch  Abgiessen  von  der  Flüssigkeit  getrennt. 
Der  etwas  braun  gefärbte,  an  der  Luft  stark 
Feuchtigkeit  anziehende  Kiickstand  vertritt  in 
manchen  Fällen  das  gewöhnliche  Gummi  arabi- 
cum. Die  zur  Trocknis  eingedampfte,  sowie 
die  conceiitrirte  Lösung  des  (iummi«  hält  sich 
.Tahre  lang  unverändert,  keine  Spur  von  Sauer- 
werden oder  von  einer  Schimmel hildung  tritt 
bei  demselben  ein.  Für  einige  Verwendungen 
ist  es  zweckmässig,  den  Kalk  aus  der  Lösung 
durch  Schwefelsäure  u.  s.  w.  zu  fällen  und  die 
abgeschiedene  schweflige  Säure  abzukochen, 
oder  auch  statt  der  letzteren  Operation  die 
schwellige  Säure  durch  Zusatz  von  chlorsaurem 
Kali  in  Schwefelsäure  zu  verwandeln.  Auch 
ist  es  für  manche  Zwecke  erforderlich,  bevor 
das  Gummi  verwendet  wird,  erst  die  Gerbsäure 
aus  der  Lösung  zu  entfernen. 

Zu  c):  Die  Essigsäure  erhält  man  dureh- 
Verdichtung  der  bei  der  Coneentration  der 
Flüssigkeit  entstehenden  Dämpfe. 

Aus  einem  Teil  der  gewonnenen  Lösung 
kann  durch  Gährung  Alkohol  dargestellt 
werden. 

Der  unlösliche  Rückstand  im  Kessel  ist 
(Vllulose  mit  Anteilen  des  Holzes,  welche 
letztere  ihrer  dichten  Beschaffenheit  wegen 
nicht  wesentlich  im  Kessel  verändert  werden, 
und  leicht  mechanisch  mit  der  Kinde  ausge- 
schieden werden  können.  Die  ganz  oder  fast 
weisse  (.Vllulose  erhält  mau  durch  obigen  Prozent* 
in  einer  viel  grösseren  Menge,  als  sie  bisher 
im  Holz  angenommen  wurde,  z.  B.  von  luft- 
trocknem  Fichtenholz  über  K*S  pCt.  lufttrockne 
(Vllulose.  Sie  eignet  sich  direkt  oder  nach 
vorheriger    Bleichung    (mit    Chlorkalk)  zur 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


25 


l'aju«  rfal>rikatioii  und  unter  l'iutitänduii  seil  »st 
zur  Hurst  el In  tu;  von  (ievvulien. 

Vurtfilu  du*  \\  rtuhrt-tiM  avirenüliei-  >»•- 
kaiidtuii  Verfahren  sind: 

Piu  Losung  urf» »rdurt  hei  iln<r  Wirkiui» 
auf  Au»  Holz  eine  «eriti}fu  Zerkleinerim»:  iI.n- 
»i  lln-n.  eine  so  niedere  Teiniu-raliir  und  »inen 
»<>  «erinpen  Druck,  da**  der  Kussel  infolge  der 
I'ii»kleidun»r  m>  <rut  wie  gar  nicht  leidet  und 
(icfahr  einer  Kx|»]«<si<»ri  nicht  vorhanden  ist. 
I>er  näiiiiifpnizi'fi*  untcrxtiit/t  diu  folgende 
Kuuktii>u  du»  doj»jiclt-'<cliweHi<rsuureii  Kalkes 
wesentlich.  InlnlifuduMun  tfunüirt  'in.  uin- 
nialiifu  Behandlung  dus  Hol/es  mit  der 
Löount;.  Diu  Ausheilte  an  (Vllulosu  ist  uinu 
»ehr  grosse. 

V  a t  uii  t  -  A  nap  r  ü  che: 

1.  !>iu  Bereitung  von  (JcrhstotV.  Klel.cKtotfen 
und  yährharer  Kliixuijrkuit  duruli  Behandlung 
des  Hol/us  mit  dur  I.,.'.siin<r  des  lietrclVciideu 
Kalksal/.us  hei  einer  Tuiniiuratur  von  ühcr 
108°,  »«»wie  diu  •rleichzcitij.'e  (tuwiimun«;  der 
Cellulose  und  dir  Kssipsäure  als  Nehcn- 
|iroduktu  hei  diesem  Vorgänge. 

2.  I>iu  Bereitung  ilur  LÖHimir  des  sogenannten 
dopjtelt-HchwefligsaurcnKalkes  imtcrWieilcr- 
heriut/.ung  der  austfetriehcnun  schwctligeii 
Süuru. 

II.  Die  uiimittelharc  Verwendung  der  schweflige 
Säure  enthaltenden  Flüssigkeit  oilur  dur  ah- 
<r»  dani|»ften  Masse  »»dur  de*  zerlegten  gerl»- 
suuren  Kalkus  als  Gcrhcmaterial.  l)al»ui 
wird  Wert  gelegt  auf  diu  angeführte  vor- 
teilhafte Wirkung  der  schwefligen  Säure. 

Dieses  Patent  hat  bis  zum  11.  Oktober 
1883  in  vollem  Wortlaut,  also  auch  bezüg- 
lich Herstellung  von  Cellulose  bestanden. 
Der  Anspruch  1  dieses  Patentes  ist  aber 
dann  auf  die  Nichtigkeitsklage  des  Herrn 
Papier  Fabrikanten  Moritz  Behrend  zu  Ham- 
raennühle  bei  Varzin,  welcher  sich  auf  die 
1866er  Tilghman'schen  Patente  stützte,  vom 
Kaiserl.  Patentamt  aufgehoben  worden.  Am 
28.  Oktober  1884  hat  das  Reichsgericht  diese 
Entscheidung  des  Kaiserl.  Patentamtes  teils 
bestätigt,  teils  dahin  abgeändert,  dass  der 
Anspruch  1  des  dem  Beklagten  erteilten 
Deutschen  Reichspatents  No.  4179  für 
nichtig  zu  erklären  sei  in  Bezug  auf  die 
gleichzeitige  Gewinnung  der  Klebstoffe  und 
gäbrbaren  Flüssigkeit  als  Hauptprodukt, 
der  Cellulose  als  Nebenprodukt  bei 
dem  Vorgange  des  patentirten  Verfahrens. 


Der  Wortlaut  des  Anspruches  ad  1, 
s.  oben,  war  von  da  ab: 

„Die  Bereitung  von  Gerbstoff  durch 
Behandlung  des  Holzes  mit  der  Losung 
des  betreffenden  Kalksalzes,'  bei  einer 
Temperatur  von  über  108  °,  sowie  die 
gleichzeitige  Gewinnung  der  Essigsäure 
als  Nebenprodukt  bei  diesem  Vorgang." 

Inzwischen  war  am  8.  September  1879 
ein  Vertrag  zwischen  Friedrich  Wetz  auf 
der  Löhnberger  Hütte  für  Benutzung  und 
Ausbeutung  des  Mitscherlich'schen  Patent- 
verlahrens aufgesetzt.  Wetz  wurde  der 
erste  Cessionar  Mitscherlich's  und  baute 
1880  mit  seinen  Jugendfreunden  Kisker 
und  Bierbrauer  die  erste  grössere  Fabrik 
nach  dem  Mitscherlich'schen  patentirten 
Verfahren  auf  der  Löhnberger  Hütte,  welche 
Ende  Oktober  1880  in  Betrieb  kam.  Ein 
weiterer  Vertrag  Mitscherlich'  mit  dem 
Chemiker  Otto  Vogel,  dem  damaligen  Leiter 
der  Hann.-Mündener  Cellulosefabrik ,  kam 
im  Mai  1880  zu  stände  und  die  Cellulosefabrik  » 
des  letzeren  in  Firma  Gebr.  Vogel  zu  Zell 
im  Wiescnthal  in  Baden  kam  noch  im 
Dezember  desselben  Jahres  in  Betrieb. 

Im  Jahre  1880,  oder  noch  etwas  früher, 
muss  auch  in  Schlesien  die  Cellulosefabrik 
eines  Herrn  0.  Mitscherlich  bestanden 
haben,  denn  im  Güntter-Staib'schen  Adress- 
buch 1880  S.  27  ist  aufgenommen  „Ochlitz 
b  Mettkau.  Cellulosefabrik/1  Herr  liüntter- 
Staib  sen.  hat  später  schriftlich  verbessert- 
„Okiitz  b.  Mettkau.  0.  Mitscherlich  (System 
A.  Mitscherlich)."  Ueber  diese  Fabrik  ist 
dem  Verfasser  weiter  nichts  Bestimmtes 
bekannt  geworden,  als  dass  aus  ihr  wohl 
der  Stoff  herrührt,  aus  welchem  Ende  1878 
oder  Anfang  1879  eine  schlesiche  Papier- 
fabrik Papier  erzeugt  hat. 

Welchen  Vorsprung  Ekman  um  die 
Zeil  1878  bis  1880  vor  Mitscherlich  hatte, 
geht  aus  des  Herrn  Kommerzienrat  C. 
Drewsen-Lachendorf  neuestem  Brief  vom 
25.  Mai  1899  hervor,  in  welchem  er  dem 
Verfasser  mitteilt,  dass  er  bereits  im  Nov. 
1878  gute  reine  Kkman-  (Sulfit-)  Cellulose 
selbst  besseren  Papieren  zugesetzt 
habe. 

Ii.  Bogen  1890. 


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26 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


Auf  dringenden  Wunsch  Mitscherlich's 
habe  er  im  Nov.  188t)  eine  kleine  Probe- 
sendung bezogen.  Zu  einem  geringeren 
Papier  verarbeitet,  erwies  sich  die  Festig- 
keit dieser'  Cellulose  als  sehr  gross,  aber 
dieselbe  war  so  unrein  und  splitterig,  dass 
er  von  einem  grosseren  Bezüge  habe  ab- 
sehen müssen. 

Ekman- Cellulose  sei  schon  1878  so 
rein  und  weiss  gewesen,  dass  man  sie 
eben  selbst  zu  besseren  Schreibpapieren 
hätte  zusetzen  können.  Nach  seinem  Urteil 
habe  jedenfalls  Ekman  eine  wirklich 
brauchbare  Cellulose  eher  hergestellt, 
als  Mitscherlich. 

Wenn  man  als  Fachmann*)  vorurteils- 
frei das  um  1878  fertig  entwickelte  Ver-  j 
fahren  und  die  ersten  Einrichtungen  Mit- 
scherlich  s  betrachtet  und  später  Uebung 
und  Erfahrung  gewonnen  hat,  mit  diesen 
Einrichtungen  zu  arbeiten,  so  muss  man 
zugeben,  dass  Mitscherlich  die  sich 
gestellte  Aufgabe  mit  verhältnis- 
mässig einfachen,  vorerst  zweck- 
mässigen und  genial  bemessenen 
Mitteln  löste. 

Geradezu  undenkbar  aber  ist  es,  dass 
bei  nicht  vollständigem  Kennen  der  damals 
hochentwickelten  NatronzellstolT-  Fabrika- 
tion, oder  geflissentlicher  Vermeidung  der 
Anwendung  vieler  durch  Erfahrung  als 
vorzüglich  sich  herausgestellter  Einrich- 
tungen und  Arbeitsoperationen  des  Natron- 
verfahrens das  Mitscherlich -Verfahren  in 
jeder  Beziehung  vollkommen  und  nicht 
verbesserungsfähig  gewesen  wäre. 

Wie  bei  jeder  neuen  Industrie  zeigten 
sich  im  Laufe  der  Zeit  Mängel  und 
Schwierigkeiten,  auf  die  später  näher  ein- 
gegangen werden  soll. 

Ein  besonderes  Glück  für  die  neue 
Industrie  war  es  daher,  dass  sowohl  Riss- 
müller,  als  auch  die  ersten  Zessionare 

*)  Wrfussor  hat  «<  it  Anfsmjf  <3or  8l>«r  .lnhro 
10  Jahr.-  all  lk'iiiut.T.  Ci\  iliiijrtniVur  itn.l  Sultit- 
KditTfaliriklcilcr  «Ii«-  cr-tru  Li-i*tuiipi-n  iiihI  Furt- 
M-liriUi-  elf*  Mitsi'lHTlirli-Vi'H'tilin'ii!.  keimen 
•/i  l.Tnt  iiiul  <li-r  Niillit/<'lM'>fl'i;il.i-ik;iti.m  iil..  rliiiu].r 
hti-ti  »r.'i*«tr  A i! I uii  rk inki  ir  /ii^i-wi-iuli  t .  nach- 
dem er  vorher  \;itr..n/...'ll-t..lH'iiln  iksmt  war. 


Mitscherlich'»  über  die  nötigen  materiellen 
Mittel  und  geistigen  Kräfte,  über  Energie 
und  Ausdauer  verfügten,  um  der  bei  Ueber- 
setzung  kleiner  Verhältnisse  in  grosse  auf- 
tretenden Schwierigkeiten  Herr  zu  werden. 

Die  bald  bekannt  werdenden  Leistungen 
und  die  sich  ergebenden  Erfolge  der  An- 
lagen in  Löhnberg  und  Zell  zogen  neue 
Cessionare  wie  Simonius- Wangen,  C.  Vogel- 
Cham  u.  a.  nach  sich. 

So  wurden  die  jahrelangen  Anstreng- 
ungen und  die  grossen  Opfer,  die  Mitscher- 
lich der  Sulfilzellstoffsache  gebracht  hatte, 
ihm  reichlich  gelohnt. 

Mitscherlich  nahm  auch  im  Auslande 
Patente  und  wurde  dadurch  der  Förderer 
!  der  Sulfitstoff- Industrieen  weit  über  die 
Grenzen  Deutschlands  hinaus.  Das  Richtige 
traf  Mitscherlich  für  die  Ausbeulung  seines 
Patentes  in  Deutschland  auch  darin,  dass 
er  jedem  seiner  Cessionare  einen  bestimm- 
ten geographischen  Kreis  zuteilte,  wo  nur 
dieser  Cessionar  eine  Cellulosefabrik  seines 
Systems  bauen  und  Stoff  verkaufen  durfte. 
Gerade  dadurch  wurde  die  schnelle  Mehrung 
der  Fabriken  bewirkt,  denn  bald  hatten 
die  Papierfabrikanten  die  Vorzüge  des 
Mitscherlich -Stoffes  gegen  NatronzellstolT 
Tür  gewisse  Papiersorten  erkannt.  Unter- 
nehmende Fabrikanten  und  Geldleute  fanden 
sich,  neue  Fabriken  nach  dem  Milscher- 
lich'schen  Patent  zu  bauen. 

1881  waren  in  Deutschland  die  schon 
genannten  Fabriken  Hann.-Münden,  Löhn- 
berg, Zell,  Ocklitz  (?)  in  voller  Thätigkeit; 
1882  kamen  solche  in  Remse,  Wangen. 
Alfeld-Gronau,  18825  Alzenau,  Merseburg, 
Rathsdamnitz,  Hof,  1884  Winsen,  Kehl. 
Kelheim  a.  D.,  Gröditz,  Unterkochen,  1885 
Sandow,  Broich  und  wohl  noch  Hoeok- 
lingsen  in  Betrieb. 

Nach  Erhebungen  1892  waren  nach 
1885  noch  Ettlingen  und  Schwarza  hinzu- 
gekommen. 

Das  waren,  wenn  nicht  noch  die  eine 
oder  die  andere  Fabrik   übersehen  ist, 
I  allein  22  Fabriken  in  Deutschland,  welche 
j  nach   Verfahren   Mitscherlich  arbeiteten 
I  und  welche  auch  nach  dem  1883er  Falle 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


27 


eines  Teiles  des  Patentes  dem  Dr.  A.  Mitscher- 
lich  noch  Abgaben  auf  ihr  Produktions- 
quantum zu  leisten  hatten,  weil  sie  ausser 
dem  Patent  seine  Erfahrungen,  die  er  in 
seiner  Fabrik  zu  Münden  zunächst  münd- 
lich, später  in  einer  von  ihm  verfassten 
Geheimschrift  mitteilte,  als  V  e  r  f  a  h  r  e  n  ge- 
kaufthatten.  Diese  nach  Auf  kommen  anderer 
Verfahren  den  Cessionaren  Rlitscherlich's 
später  recht  drückende  Tributpflicht  führte  zu 
einer  Reihe  von  Prozessen,  die  bis  auf 
einen  wohl  noch  heute  schwebenden  zu 
Gunsten  Mitscherlich's  entschieden  wurden. 
Diese  Tributpflicht  ist  dann  in  den  er- 
ledigten Fällen  durch  Zahlung  von  nicht 
unbedeutenden  Abfindungssummen  der 
Cessionare  an  Milscherlich  in  den  letzten 
Jahren  aus  der  Welt  geschafft  worden. 

Dr.  A.  Mitscherlich  hat  in  den  Jahren 
1883  bis  1886  viele  Patente  in  Amerika, 
Frankreich,  England.  Italien  und  Oester- 
reich-Ungarn auf  Herstellung  von  Cellulose 
genommen,  auch  beschäftigte  er  sich  weiter 
mit  der  Herstellung  von  Gerbstoffen  etc., 
sowie  auch  mit  der  Verwertung  der  Sulfit- 
Ablaugen.  Er  besitzt  eine  Reihe  in-  und 
ausländischer  Patente,  welche  sich  auf 
letztere  beziehen;  die  Papierfabrikanten 
interessirt  besonders  der  Gerbleim, 
der  unter  Mitverwendung  von  Sulfitlauge 
hergestellt  wird. 

Einen  neuen  Impuls  erhielt  die  Sulfit- 
stoff-Industrie  Deutschlands  durch  Auf- 
kommen anderer  Sulfitverfahren.  Bei  ihrem 
ersten  Auftreten  waren  sie  eine  recht  fühl- 
bare Konkurrenz,  nicht  nur  für  Mitscher- 
lich. sondern  auch  für  seine  Cessionare. 
Aber  diese  neuen  Verfahren  brachten  auch 
bedeutende  Fortschritte  in  Herstellung  des 
Stoffes  und  führten  zur  allgemeineren  Ein- 
führung des  Sulfitstoffes  auch  für  bessere 
Papiere. 

Ein  auch  in  Deutschland  vielfach  zur 
Ausführung  gekommenes  ist  das  Ritter- 
Kellner'  sehe  Sulfit-Holzzellstoffverfahren. 

Der  Chemiker  Herr  Dr.  Carl  Kellner 
berichtet  in  der  Papier-Zeitung  von  C.  Hof- 
mann Jg.  1885  No.  7  S.  233,  wie  er  schon 
1871/72  durch  Versehen  seines  Laboranten  j 
Anton  Haller  Holz  statt  mit  Actznatron  | 


mit  Natriumbisulfit,  welches  zum  Regene- 
riren der  braunen  Lauge  nach  dem  Tessie 
du  Motay'schen  Verfahren  dienen  sollte, 
gekocht  und  einen  zwar  härteren,  aber  in 
der  Reibschale  verreiblichen ,  bemerkens- 
wert weissen  Stoff  erhalten  habe.  Es  sei 
ihm  bei  weiterer  gründlicher  Verfolgung 
der  Sache  bald  darauf  gelungen,  sehr 
schöne  Cellulose  durch  Behandeln  mit 
Calciumbisulfit  zu  gewinnen. 

Durch  Einwürfe  von  anderer  Seite  zu 
Gunsten  des  Natronverfahrens  sei  er  aber 
vorübergehend  starker  Gegner  des  Sulfit- 
prozesses geworden.  In  Herrn  Baron 
Eugen  Ritter  habe  er  dann  einen  Mann 
gleichen  Strebens  gefunden.  (Mit  dem- 
selben hat  Kellner  den  Sulfitprozess  neben 
der  Natronstoffherstellung  in  der  Fabrik 
zu  Podgora  weiter  verfolgt.)  Nach  acht- 
jähriger (1876  bis  1884)  Arbeit  seien  sie 
1885  auf  den  Standpunkt  gekommen,  auf 
dem  sie  ständen.  Unterhandlungen  mit 
Professor  Mitscherlich  wegen  Uebcrlassung 
seiner  Erfahrungen  hätten  sich  zerschlagen. 
Viel  Mühe  und  im  Laboratorium  durch- 
wachte Nächte  hätten  sie  erspart,  wenn 
sie  die  Patentschriften  Tilghman's  früher 
gelesen  hätten. 

An  gleicher  Stelle  Jg.  1894  No.  80 
S.  2540  und  folgend  giebt  Dr.  Carl  Kellner 
die  Geschichte  des  Ritter  -  Kellner'schen 
Verfahrens.  Er  wiederholt  den  oben  ge« 
sagten  ersten  Teil  seiner  zufälligen  Er- 
findung und  sagt,  dass  er  in  den  Jahren 
1878/79  in  den  Papierfabriken  des  Baron 
Ritter  in  Podgora  Gelegenheit  gefunden 
habe,  dieselbe  zunächst  geheim  zur  An- 
wendung zu  bringen ,  bis  sie  erfahren 
hätten,  dass  vun  Schweden  aus  ein  dem 
ihrigen  ähnlicher  Stoff  in  den  Handel  ge- 
kommen sei  und  dass  Herr  Professor 
Mitscherlich  einen  ähnlichen  Prozess  pro- 
pagire. 

Erst  dann  hätten  sie  3.  Juli  1882  das 

23033 

Oest.-JJng.  Priv.  No.    .j'7191  genommen. 

zunächst  nicht,  um  die  Erfindung  durch 
Lizenzen  zu  verwerten  ;  dazu  hätten  sie 
sich  erst  nach  vielen  Anfragen  entschlossen. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  ß.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


Kellner  führt  nuu  1894  folgende  15  Fabriken 
Deutschlands  auf,  die  das  Ritter-Kell- 
ner'sche  Sulfitverfahren  erworben 
hatten:  Aschaffenburg,  Waldhof,  Kostheim 
b.MainzTOkriftel  b.Frankfurt  a.M.,  Ziegenhals. 
Czulow.  Egelsdorf  b.  Friedeberg,  Ober- 
Leschen,  Rietschen  b.  Görlitz,  Malmedy, 
Weissenborn  b.  Freiberg  i.  S.,  Pirna  i.  S. 
(Hoesch  &  Co.),  Baienfurt.  Wolfach  und 
Cröllwitz. 

In  Oesterreich-Ungarn  giebt  er  13,  in 
Norwegen  3,  in  Canada  3,  in  Frankreich  2, 
in  Russland  2,  in  der  Schweiz  1  (Oscar 
Miller  in  Biberist),  in  den  Niederlanden  1, 
in  Schweden  (Skien-Sewcll)  1  und  in 
Amerika  1  Boston  Mass.  an,  die  für  das 
Ritter-Kellner  Verfahren  Lizenzen  erwarben. 

Es  ist  die  stattliche  Zahl  von  42  Fa- 
briken,  die  dieses  Verfahren  annahmen 
und  zumeist  vorzüglichen  Sullitstoff  und 
gute  Prosperität  erzielten. 

Die  mit  dem  Ritter-Kellner  schen  Ver- 
fahren erzielten  vorzüglichen  Erfolge  be- 
züglich der  Reinheit  und  leichten  Bleich- 
fäbigkeit  der  Holzzellstoffe  und  die  meist 
gute  Rentabilität  der  Anlagen  beruhen  zu 
einem  guten  Teil  darauf,  dass  Ritter  und 
Kellner,  gegensätzlich  zu  Mitscherlich,  viele 
Erfahrungen  und  Einrichtungen  aus  der 
NatronzellstoII- Fabrikation  ins  Sullitver- 
fahren  hinübernahmen  und  betrefls  Kocher. 
Kochprozess,  Lösungsbereitung,  Lösungs- 
bereitungs-Einrichtungen ,  Stoffzerfaserung, 
Stoffsortirung  und  Fertigstellung  der  Ware 
ganz  wesentlich  Anderes  schulen ,  als 
Mitscherlich. 

Dabei  soll  nicht  gesagt  sein,  dass  das 
Mitscherlich- Verfahren  keine  Vorteile  halte 
Verfasser  weiss  die  verhältnismässige  Ein- 
fachheit der  ursprünglichen  Mitscherlich- 
schen  Anlagen  u.  die  vorzüglich  festen  Stoffe , 
die  erzeugt  wurden,   hoch  zu  schätzen. 

Die  mancherlei  Verbcsserungen,  welche 
im  Laule  der  Zeit  von  den  nach  Mitscher- 
lich arbeitenden  Fabriken  eingeführt  wur- 
den, haben  auch  dahin  geführt,  dass  noch 
heute  beide  Verfahren  fast  ebenbürtig 
nebeneinander  bestehen  können. 

Man  hat  richtig  gekennzeichnet ,  dass  im  all- 
gemeinen beim  Langsamkochen  (Mitscher- 


lich) ein  mehr  leinenähnlicher,  fester  Stoff, 
beim  Schnellkochen  (Ritter -Kellner)  ein 
mehr  baumwollähnlicher,  leichter  bleich- 
barer Stoff  erzielt  wird,  doch  hat  man  es 
unter  Anwendung  besonderer  Kunstgriffe 
heute  in  der  Hand,  mit  beiden  Verfahren 
in  der  Qualität  des  gewonnenen  Stoffes 
zu  variiren. 

Wenn  die  Herren  Baron  Ritter  und 
Dr.  Kellner  um  die  Gründung  der  Sullit- 
stoff-Industrie  in  Oesterreich-Ungarn  be- 
sondere Verdienste  haben,  so  hat  doch 
auch  die  deutsche  Sulütstoff-Industrie  nicht 
nur  an  Fabrikzahl,  sondern  auch  an 
qualitativer  Leistung  und  vorteilhaften  Ver- 
besserungen viel  gewonnen  und  wir  dürfen 
froh  sein,  dass  nach  dem  Mitscherlich- 
Verfahren  auch  dieses  Ritter-Kellner'sche 
Verfahren  von  den  deutschen  Unter- 
nehmern angenommen  wurde  und  so  aus- 
gezeichnete Früchte  trug,  wie  sie  in  den 
einzig  dastehenden  Leistungen  Waldhot's 
mit  einer  Jahresproduktion  von  über 
4(5000  t  Stoff  allem  voranleuchten. 

Dem  Geschichtsforscher  muss  also  das 
Aufkommen  des  Ritter-Kellner-Verfahren 
recht  segensreich  für  die  deutsche  Sulfit- 
stoff-lndustrie  überhaupt  erscheinen.  Auch 
die  Cessionare  Mitscherlich's  haben  dabei 
Nutzen  gehabt,  denn  man  hat  Vervoll- 
kommnungen, Verbesserungen  und  Er- 
sparungen einführen  müssen,  auf  welche 
man  wahrscheinlich  nicht  ohne  weiteres, 
oder  doch  erst  viel  später  gekommen 
wäre.  Auch  hat  das  Ritter- Kellner -Ver- 
fahren die  Einführung  des  Sulfitstoffes  zu 
fast  allen,  auch  den  feinsten  Papiersorten 
ermöglicht. 

Man  unterscheidet  noch  andere  Ver- 
fahren zur  Sullitstoff-Herstellung. 

So  hatte  D.  0.  Francke  zu  Mölndal 
in  Schweden  seit  etwa  1878  eine  SuKit- 
zellstofffabrik  und  nahm  1881  französische 
und  englische  Patente  auf  sein  Verfahren. 
Als  Aufschlussmittel  benutzt  auch  er  eine 
Calciumbisulfitlösung;  die  Kocher  sind 
cylindrtsche  liegende,  werden  langsam  ge- 
dreht und  mit  direktem  Dampf  auf  3,5  Atm. 
Ueberdruck  geheizt.    In  12—17  Stunden 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


soll  es  möglich  sein,  eine  Kochung  zu 
beenden. 

Das  Grahamsche  Verfahren 
(Englische  Patente  5365'68  vom  10.  Nov. 
1883)  unterscheidet  sich  im  Kocbprozess 
insofern,  als  man  zunächst  eine  einfach 
schwefligsaure  Lösung  einer  beliebigen 
Base  (Magnesia,  Natron  etc.)  in  den 
Kocher  bringt  und,  nachdem  die  Luft  und 
Kohlensäure  aus  dem  Kocher  entfernt 
sind,  gasige  schweflige  Säure  oder  eine 
Lösung  der  schwefligen  Säure  in  den 
Kocher  pumpt.  Die  Kocher  sind  cylin- 
drische,  aufrecht  feststehende  und  mit 
Dampfmantel  versehene. 

Flodquist  in  Gothenburg  (Engl. 
Patent  4356  vom  11.  Sept.  1883)  gewinnt 
eine  5°  B.  starke  Kochflüssigkeit,  indem 
er  die  schweflige  Säure  in  zwei  Türmen 
teils  über  benetzte  Kalksteine,  teils  über 
entfettete,  benetzte  Knochen  leitet.  Er  er- 
hält ein  Gemisch  von  schwefligsaurem  und 
phosphorsaurem  Kalk  und  nebenbei  Leim- 
gut zur  Leimgewinnung.  Er  kocht  das 
Holz  in  drehbaren,  innen  verbleiten  Stahl- 
kochern. 

Das  Verfahren  Picket  in  Genf  und 
Brelaz  in  Lausanne,  D.  R.  P.  No.  26331 
vom  23.  Mai  1883,  beruht  auf  der  Be- 
handlung des  Holzes  mit  einer  wässerigen 
Losung  von  schwefliger  Säure.  Die  Ge- 
iahren, welche  infolge  progressiver  Stei- 
gerung des  Druckes  der  schwefligen  Säure 
bei  Ueberschreitung  niederer  Temperaturen 
entstehen  und  das  Rotwerden  des  Stoffes 
sind  diesem  Verfahren  für  die  praktische 
Anwendung  aber  hinderlich  geworden. 

Abgesehen  von  letzterem  Verfahren 
haben  auch  die  Francke-,  Graham-  und 
Flodquist'schen  Verfahren  gegen  Ekman, 
Mitscherlich  und  Ritter-Kellner  neue  Mo- 
mente aufzuweisen,  sei  es  in  Maschinen, 
Einrichtungen  oder  Vorfahrungsweisen ;  sie 
sind  aber  mehr  im  Auslande  eingeführt 
und  ein  näheres  Eingehen  an  dieser  Stelle 
erscheint  unnötig. 

Hervorgehoben  mag  noch  sein,  dass 
der  mehrfach  erwähnte  Dr.  Carl  Kellner 
mit  dem  D.  R.  P.  46032  von  1887  und 
00616  von  1890  auch  die  Möglichkeit  der 


Herstellung  des  Holzzellstoffes  unter  An- 
wendung des  elektrischen  Stromes  gezeigt 
hat. 

Von  einer  grösseren  praktischen  An- 
wendung dieses  Prinzips  ist  aber  bisher 
nichts  zur  öffentlichen  Kenntnis  gekommen. 

Um  die  Entwicklung  der  Zellstoff- 
Industrieen  und  den  heutigen  Stand  der- 
selben zunächst  in  Deutschland  leichter 
zu  übersehen,  diene  umstehende  Tabelle. 

Diese  Tabelle  zeigt  deutlich,  wie  die 
Zahl  der  deutschen  Strohstofffabriken  in 
dem  betrachteten  Zeitraum  1875  auf  dem 
Maximum  stand  und  bis  1885  langsam, 
um  1890  aber  schnell  abnimmt.  In  der 
gleichen  Zeit  steigt  die  Zahl  der  Holzzell- 
stofffabriken und  schnellt  zwischen  1880 
und  1885  auf  fast  das  Vierfache.  Dann 
wächst  sie  bis  1898  stetig  weiter. 

Man  darf  indes  nicht  folgern,  dass  die 
Strohzellstoff -Produktion  Deutschlands  von 
1875  —1898  stetig  abgenommen  hat.  Der 
Vorgang  ist  einfach  der,  dass  kleine,  un- 
günstig gelegene  Betriebe  eingegangen  sind, 
während  andere  günstig  gelegene,  vor- 
züglich geleitete  Fabriken  ihre  Produktion 
verdoppelt  und  vervielfacht  haben,  und 
1898  von  30  Fabriken  bedeutend  mehr 
Strohstoff  erzeugt  wurde,  als  1875  von  47 
Fabriken,  oder  1885  von  45  Fabriken. 

Bei  der  Holzzellstoff  -  Fabrikation  ist 
ausser  der  ersten  langsamen  Steigerung 
anfangs  der  80er  Jahre ,  der  weiteren 
plötzlichen  und  schliesslich  wieder  mehr 
stetigen  Zunahme  der  Anlagenzahl  noch 
eine  progressiv  vergrösserte  Leistungs- 
fähigkeit vieler  Einzelwerke,  besonders 
der  Sulflt-HolzzellstofT-Fabriken ,  hinzuge- 
kommen, so  dass  diese  Industrie  heute 
(1899)  in  der  Jahresproduktionsmenge  fast 
auf  der  Höhe  der  Holzschliff-Industrie  an- 
gekommen sein  dürfte  und  die  Strohstoff- 
Fabrikation  weit  hinter  sich  gelassen  hat. 

Der  belebende  Einiluss  auf  die  Holz- 
zellstoff-Industrie  geht  für  Deutschland 
unzweifelhaft  zunächst  von  Mitscherlich 
und  seinen  ersten  Cessionaren,  später 
auch  von  den  Sulfitzellstoff- Fabrikanten, 
die  nach  Ritter-Kellner- Verfahren  arbeiteten, 
aus.   Dabei  tritt  die  in  den  70er  Jahren 


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30 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


Statistik  der  Entwicklung  der  Zellstoff- Fabrikation 
in  Deutschland  nach  den  Adressbücbern 
des  Herrn  Güntter-Staib,  Biberach-Riss.  Württemberg. 


1875  1880 

1885 

1893 

1898 

Staat,  resp.  Provinz 

l 

'<  Strohst! 

Holzzst. 

Strohst. 

a  2 

O  t 

» 

N 
N 

".Strohst. 

Holzzst. 

Strohst. 

M 

N 
_N 

o 
X 

2 

2 



2 

6 

7 

Bayern  

2 

1 

? 

4 
1 

4 

7 

4 

6 

2 

7 

Elsass-Lothringen   .  . 

l 

1 

1 

Grossherzogt.  Hessen  . 

2 

3 

l 

2 

1 

Brandenburg,Pommem, 

3 

i 

Pnuon            11  \A7öo# r\t» 
I  UotJÜ,  Vyol- U.  W  cslpl . 

5 

3 

4 

2 

7  ' 

8 

8 

e 

Hannov.,Schlesw.-Holst. 

4 

5 

l 

4 

4 

4 

3 

6 

3 

a> 
en 
en 

Hessen-Nassau   .   .  . 

1 

2 

1 

2 

5  l 

2 

4 

1 

4 

Preu 

Rheinprovinz     .    .  . 
Westfalen  ... 

I* 

2 

h 

2 

5 

4 

3 
4 

4 

4 
Ii 

4 

l 

2 

2 

•'; 

3 

1 

3 

3 

3 

Ii 

1 

6 

2 

9 

2 

12 

2 

10 

Königr.  Sachsen 

10 

2 

10 

2 

ii 

6 

8 

8 

9 

„     Württemberg  . 

2 

3 

1 

2 

5 

4 

4 

Uebrige  Staaten  .   .  . 

4 

1 

2 

9 

1 

8 

5 

i  1 

4 

13  i 

4(5  1 

16 

45 

58  |  34  1 

67 

30  |  71 

grundlegende  Natron-,  später  Sulfat- 
Holzzellstoff-Fabrikation  in  den  80er  Jahren 
mehr  und  mehr  in  den  Hintergrund;  von 
den  wenigen  alten  Natronzellstolf-Fabriken 
verschwinden  einige  ganz,  andere  werden 
in  Sullitzellstoff- Fabriken  umgewandelt. 

Für  eine  richtige  Abwägung  der  Be- 
deutung des  Strohes  und  Holzes  in  der 
deutschen  Papierindustrie  ist  aber  das 
bereits  in  der  Rohstoff  lehre  IL  A.  S.  20 
Gesagte  zu  berücksichtigen ,  dass  neben 
dem  gebleichten  Strohstoff,  von  dem  hier 
eigentlich  nur  die  Rede  ist,  und  der  heute 
von  30  Fabriken  mit  etwa  90  Kochern  in 
einem  Quantum  von  etwa  40000 1  jährlich 
in  Deutschland  erzeugt  werden  dürfte,  in 
etwa  100  Papier-  und  Pappenfabriken 
noch  ungebleichter,  gelber  Strohstoff  und 
ein  halbfertiger  (mit  Soda  und  Kalk  ge- 
kochter), hellgelber  Strohstoff  in  ordinäre 
gelbe  Stroh-Papiere  und  -Pappen,  sowie 
in  Slrohseiden-,  Flaschen-  und  Frucht- 
Einwickel-Papiere  umgewandelt  wird.  Das 


Quantum  des  letzten  Stoffes  ist  schwer  zu 
bestimmen,  doch  dürfte  es  70—90000  t 
jährlich  erreichen. 

In  obiger  Tabelle  sind  nur  diejenigen 
Strohstoff-Fabriken  berücksichtigt,  welche 
gebleichten  Strohstoff  erzeugen. 

Das  Erzeugungsquantum  an  Holzzell- 
stoff, 1.  A.  dieses  Werkes  S.  36,  aut 
250000  t  angenommen,  dürfte  in  den 
letzten  3  Jahren  wieder  bedeutend  ge- 
stiegen sein  und  heute  etwa300000t  proJahr 
erreichen,  welche  Ziffer  am  besten  die 
enorme  Bedeutung  der  HoIzzellstolT-Fabri- 
kation  für  die  moderne  Papierindustrie  in 
Deutschland  zeigt. 

Das  Produktionsquantum  einer  der  71 
deutschen  Holzzellstoff  -  Fabriken  würde 
darnach  pro  Jahr  durchschnittlich  4200  t 
überstiegen  haben,  wobei  zu  berück- 
sichtigen ist,  dass  die  Leistungen  der  Fa- 
briken bei  uns  von  46  333  t  (Waldhol)  bis 
herab  auf  600  t  pro  Jahr  schwanken. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  .III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


31 


Die  Kocberzahl  aller  Holzzellstoff-  Fa- 
briken in  Deutschland  lässt  sich  etwa  auf 
300  Stück  schätzen,  so  dass  bei  uns 
auf  den  Kocher  durchschnittlich  1000  t 
Zellstoffproduktion  jährlich  kommen. 

Nach  Güntter-Staib's  neuestem  Adress- 
buch  XVIII.  Auflage  1899/1900  ergiebt 
sieb,  dass  nur  noch  8  Natron-  resp.  Sulfat- 
zellstoff-Fabriken  in  Deutschland  existiren. 
'26  Firmen  bekennen  sich  als  nach  Mit- 
scherlich-,  nur  7  als  nach  Ritter-Kellner-, 
1  als  nach  Francke-Flodquist- Verfahren 
arbeitend. 

Von  den  übrig  bleibenden  30  Firmen, 
die  sich  eigenes  System  nennen,  oder 
ihr  Verfahren  ungenannt  lassen,  haben, 
wie  wir  ari*  der  Aufstellung  Dr.  Kellner  s 
S.  28  ersehen,  mehrere  ursprünglich  das 
Ritter-Kellner  sehe  Verfahren  benutzt,  oder 
sie  haben  von  verschiedenen  Verfahren 
etwas  angenommen,  auch  wohl  besondere 
Veränderungen  oder  Verbesserungen  zur 
Anwendung  gebracht. 

Jedenfalls  befinden  wir  uns  gegenwärtig 
in  einer  Periode,  wo  man  Verfahren  und 
Einrichtungen  nicht  mehr  streng  nach  den 
einzelnen  Systemen  festhält,  sondern  das 
für  die  jeweiligen  Verhältnisse  nach  der 
Lage,  nach  der  Holzart,  nach  der  ge- 
wünschten Stoffqualität  etc.  das  Bestbe- 
wahrte oder  Besterscheinende  wählt. 

Dieser  Zug  nach  freier  Wahl  des  Sy- 
stems, oder  der  beliebigen  Combination 
der  bewährten  Einrichtungen  und  Arbeits- 
Methoden  aus  verschiedenen  Verfahren  ist 
in  Skandinavien  und  Amerika  noch  stärker 
hervortretend. 

Ziehen  wir  unsere  Nachbarländer  in 
Europa  sowie  Amerika  bezüglich  der  Pro- 
duktionskraft in  Vergleich,  so  ergiebt  zu- 
nächst das  Güntter-Staib'scbe  Adressbuch 
1^99/1900  II.  Abteilung,  dass  in  Oester- 
reich-Ungarn nur  4  Strohstoff- Fabriken, 
in  der  Schweiz  keine  solche  existiren. 
An  Holzzellstoff- Fabriken  haben  erstere 
Länder  36  mit  134  Kochern  und  90000  t 
Zellstoffproduktion  jährlich,  letztere  7  Fa- 
briken mit  20  Kochern. 


Schweden  hatte  1897  16  Natron- 
und  Sulfat-,  28  Sullit-Holzzellstoff-Fabriken, 
während  Norwegen  deren  4  resp.  14 
hatte. 

Nach  1897  er  Erhebungen  bestanden 
in  den  Vereinigten  Staaten  von  Nord- 
Amerika  folgende  Zel Ist ofT- Fabriken  mit 
folgenden  Tagesproduktionen  Holzzellstoff:*) 


Provinzen 


Anzahl    t  (2000  engl. 

der     '  Pfund) 
Fabriken  lufttrocken 


rtoioraao 

< 
1 

8 

ConnPi'tinit 

i 

1 

Delavare    .   .  . 

1 

30 

Indiania  .... 

1 

40 

Maine  .... 

12 

357 

Maryland    .    .  . 

4 

30 

Massachusetts 

3 

37>/t 

Michigan    .   .  . 

4 

55 

New-Hampshire  . 

4 

215 

New- York  .   .  . 

Iii 

390 

Ohio  

3 

33 

Oregon  .... 

2 

18«/i 

Pennsylvanien 

187 

Süd-Carolina  .  . 

1 

5 

Vermont     .    .  . 

1 

30 

Virginia  .... 

: 

20 

Washington    .  . 

7'/t 

West-Virginien  . 

70 

Wisconsin  .    .  . 

iö 

170'/a 

Summa  .... 

77 

1725  = 

1505 1  (deutsch) 

Die  Vereinigten  Staaten  dürften  also 
1897  an  Holzzellstoff  409500  t  erzeugt 
haben  und  gegenwärtig  auf  etwa  500000  t 
Produktion  angekommen  sein. 

Für  1897  ist  vermerkt,  dass  etwa 
332000  t  davon  SulGt-  und  137500  t 
Natronstoff 


Ueber  die  allmähliche  Entwicklung 
der  Zellstoff-Industrie  in  den  Vereinigten 
Staaten  von  Amerika  wird  angegeben: 


•)  CiuiitW.r-NiHi».\  Woeh.-nblatt  18118  S.  :Wlu/l7. 


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32  K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


Jahr 

Zellstoll  in  t  = 
90/  kg  pro  lag 

Zellstoil  t  (deutsch) 
pro  Jahr 

7oo< 

1881 

160 

43  500 

1885 

29i 

800O0 

1890 

556 

lol  300 

772 

210  NX) 

1892 

868 

236  200 

1893 

1105 

300  700 

1894 

1263 

343  700 

1895 

1479 

402  400 

1896 

1709 

460  500 

1897 

1725 

469  500 

Von  diesen  amerikanischen  Fabriken 
sollen  1897  6  NalronzellstolT-  und  8  Sullit- 
zellstoff-Fabriken  mit  einer  Tagesleistung 
von  160  t  Natronstoff  und  442  t  SulfilstolT 
nach  Grossbritannien .  Japan ,  Belgien, 
Frankreich,  Deutschland,  Italien,  Däne- 
mark, Schweden,  Norwegen,  Mexiko, 
Brasilien,  Chile  und  Peru  bereits  grössere 
Mengen  Stoff  exporlirt  haben.  Selbstver- 
ständlich wohl  nur  einen  Teil  dieser 
obigen  Tagesproduktion. 

Aus  der  ersten  Tabelle  über  Fabrik- 
zahl und  Tagesleistung  (S.  31)  ergibt  sich 
übrigens,  dass  durchschnittlich  von  den  77 
ZellstoflTabriken  der  Vereinigten  Staaten 
eine  Fabrik  6097,4  t  (deutsch)  Zellstoff 
jährlich  leistet.  Die  Grenzen  liegen  zwischen 
1360  t  (Neu-Carolina)  und  etwa  14680  t 
(Durchschnitt  von  4  Fabriken  in  New- 
Hampshire). 


i 


Fig.  I. 

Beginn  und  Entwicklung  der  HolzzelUtoff-lndustric- 


Verschaffen  wir  uns,  ähnlich  wie  dies 
III.  A.  Holzschliff  S.  220  für  die  Produktion 
der  Holzschleifereien  Amerikas,  Deutsch- 
lands und  Oesterreichs  geschehen  ist,  ein 
ungefähres,  leicht  übersichtliches  Bild  der 
Entwicklung  der  Holzzellstoff- Industrieen 
dieser  Länder,  so  kommen  wir  nach  Vor- 
stehendem zu  Fig.  1. 

Es  mag  zugegeben  werden,  dass  die 
statistischen  Ausweise  nicht  vollständig 
zuverlässig  sind,  immerhin  lassen  sie  doch 
erkennen,  dass  Deutschland  von  1882  bis 
1890  mit  seiner  Mengenleistung  an  Holz- 
zellstoff den  Vereinigten  Staaten  voraus 
war,  nach  1890  aber  nicht  Schritt  halten 
konnte,  dies  um  so  weniger,  wenn  die 
gegenwärtig  schon  ganz  bedeutende  Leistung 
Kanadas  mitgerechnet  würde,  was  hier 
unterblieb. 

Das  im  vorigen  Abschnitt  III.  A.  S.  221 
schon  Gesagte,  dass  die  Vereinigten  Staaten 
die  etwa  19  fache  Grösse  Deutschlands 
repräsentiren,  berücksichtigt,  ergibt  aber 
doch,  dass  unsere  Holzzellstoff-Industrie, 
auf  die  Landesfläche  bezogen,  über  lOfach 
so  leistungsfähig  ist,  wie  die  der  Ver- 
einigten Staaten. 

Darauf  kommt  es  indessen  für  die 
Stellung  auf  dem  Weltmärkte  wenig  an. 
Die  wirkliche  Menge  des  in  einem  für  den 
Export  bequem  gelegenen  Lande  erzeugten 
Stoffes  wird  für  die  anderen  Länder  zu 
einer  schweren  Gefahr,  wenn  ersteres 
mehr  produzirt,  als  es  verbrauchen  kann. 

Es  liegt  also  die  Möglichkeit  vor,  dass  die 
in  den  letzten  Jahren  für  Deutschland 
schon  verloren  gegangenen  Exportgebiete 
für  Stoff  und  Papierfabrikate  sich  mehren 
werden,  und  dass  wir  in  absehbarer  Zeit 
nur  noch  infolge  Vorzüglichkeit  und  ver- 
hältnismässiger Billigkeit  unserer  denkbar 
am  höchsten  veredelten  Ganzfabrikate  die 
anderen,  durch  die  Verhältnisse  mehr  be- 
günstigten Konkurrenten  auf  dem  Welt- 
markt werden  schlagen  können. 

Eine  Existenzfrage  geradezu  für  die 
<  stark  produzirende  Holzzellstoff-Industrie 
Deutschlands  ist  es,  dass  wir  vom  ein- 
I  heimischen  Markte  durch  entsprechende 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   IIL  B.  und  C.  ZELLSTOFF.  83 


Zölle  die  Erzeugnisse  günstiger  produ- 
zierender Nationen  ausschliessen,  und  dass 
wir  uns  bemühen,  alle  (ür  unsere  Papier- 
und  Pappenindustrie  nötigen  Zellstoffe  nach 
vorteilhaftesten  Metboden  in  geeignetster 
Qualität  aus  den  Rohstoffen  (Stroh  und  Holz), 
welche  unser  Vaterland  hervorbringt  und  die 
wir  billig  kaufen  können,  zu  gewinnen. 


Es  gilt  also,  Verbesserungen  der  Fabri- 
kationsverfahren  selbst  zu  machen,  den 
von  Anderen  gefundenen  Fortschritten 
schnellstens  zu  folgen  und  in  angebrachter 
Sparsamkeit  und  im  wirtschaftlich  vorteil- 
haften Fabrizieren  es  zur  Meisterschaft  zu 
bringen. 


Nachträge  (1902-1904  verfasst). 


Vorstehende  Geschichte  hat  verschiedent- 
lich Zu-  und  Widersprüche  erfahren. 

Letztere  bewegten  sich  in  mehrfach 
genau  gegensätzlichen  Auffassungen  und 
Behauptungen,  so  dass  eine  gründ- 
liche umständliche  Nachprüfung  des  früher 
Gesagten  und  Beschaffung  von  Beweisen 
für  den  wahren  Tatbestand  notwendig 
erschien. 

In  Nachfolgendem  bringe  ich  Beweise 
für  Richtigkeit  des  vorstehend  vor  4V> 
Jahren  Geschriebenen  und  mancherlei  Er- 
gänzungen der  Geschichte  und  hoffe  damit 
manchen  gerechten  Forderungen  nachge- 
kommen und  anderen  inzwischen  verlaut- 
barten  unrichtigen  Auffassungen  und  Mein- 
ungen im  Interesse  der  Wahrheit  und 
Klarheit  der  Geschichte  der 
Zellstofffabrikation  begegnet  zu 


Allgemeines. 

Der  Ausspruch  des  Professor  Dr.  J. 
W  i  e  s  n  e  r  in  Wien : 

»Die  Chinesen  sind  als  die  Begrün- 
der der  jetzt  zur  Herrschaft  gelangten 
»»Cel  1  ulo  se  f  ab  r  i  k  a  ti  o  n««  zu 
betrachten ;  denn  das  seit  altersher  von 
ihnen  geübte  Verfahren,  durch  Maze- 
ration von  Rinden  und  anderen  Pflanzen- 
teilen Fasern  zu  gewinnen,  beruht  auf 
demselben  Prinzipe,  wie  die  Verfahren 
zur  Erzeugung  von  »Cellulose«,  nämlich 
darauf,  die  Einzelzellen  aus  dem  Ver- 
bände der  Pflanzengewebe  durch  chemi- 
sche Mittel  zu  lösen« 


hat  ja  seine  vollkommene  Richtigkeit,  aber 
die  Mittel,  die  den  Chinesen  vor  etwa  1500 
Jahren  ermöglichten,  aus  von  der  Natur 
gegebenen,  sehr  leicht  aufschliessbaren, 
|  vorzüglich  für  Papierherstellung  geeigneten 
Robstoffen  verhältnismässig  reinen  Zell- 
stoff zu  erzeugen,  reichen  keineswegs  zu, 
um  reifes  europäisches  Stroh,  Laubholz 
oder  Nadelholz  chemisch  so  aufzuschliessen, 
wie  es  zur  Gewinnung  einer  bleich- 
baren Cellulose  notwendig  ist. 

Wir  haben,  und  das  wird  gewiss 
Wiesner  durchaus  zugeben  und  keines- 
wegs bestritten  haben  wollen,  einen  Unter- 
schied zwischen  der  Cellulosefabrikation 
der  Chinesen  im  4.  und  5.  Jb.  n.  Chr.  und 
der  europäischen  im  19.  Jahrhundert  zu 
machen. 

Betrachten  wir  die  letztere,  so  liegt 
nach  den  Darlegungen  in  vorstehender 
Geschichte  (S.  1-32)  klar  zu  Tage,  dass 
die  Natron-Strohzellstofffabrikation  in  der 
ersten  Hälfte  des  19.  Jahrhunderts  alle 
Grundlagen  tür  die  moderne 
Zellstofffabrikation  überhaupt  geschaffen 
hatte  und  dass  die  in  den  50er  Jahren  des 
19.  Jahrhunderts  versuchte  Natron-Holzzell- 
stofffabrikation auf  der  für  den  Aufscbluss 
des  Strohes  schon  bewährten  Methode 
beruhte. 

Es  ist  nun  neuerdings  in  Zweifel  ge- 
zogen worden,  ob  überhaupt  die  Amerikaner 
und  Engländer  vor  den  Deutschen  (vor  1872) 
Nadelholz  in  guten  bleicbbaren  Papierstoff 
umgewandelt  hätten.  Es  wird  vielmehr 
behauptet,  man  habe  im  Auslande  nur 

2.  Bogen  ÜK)4 


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34  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER   in.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Strqh  und  Laubhols  in  Zellstoff,  letzteres 
sogar  nur  in  schlechten  braunen  unbleich- 
baren  Stoff,  umzuwandeln  verstanden. 

Es  lassen  sich  aber  heute  noch  genug 
Beweise  erbringen,  dass  derlei  Zweifel 
grundlos  sind. 

Die  amerikanischen  Patente  Nr.  1448 
und  1449*  von  William  F.  Ladd  in  New- 
York,  Stadt,  und  Morris  L.  Keen  in  Phila- 
delphia, Bevollmächtigte  von  Charles  Watt 
und  Hugh  Burgess  in  London,  England, 
geben  kurz  die  Verlängerungen  des  am 
19.  August  1853  eingereichten,  am 
18.  Juli  1854  erteilten  Patentes  wieder : 
Verbesserter  Stoff  au»  Holz  etc.  zur 
Herstellung  von  Papier. 

Ansprüche:  Erstens  das  Ver- 
fahren zur  Behandlung  von  Holz  oder 
anderen  vegetabilischen  Substanzen  durch 
Kochen  in  einem  Alkali  unter  Druck  als 
ein  Verfahren  oder  Vorbereitungsver- 
fahren Stoff  für  die  Papierfabrikation 
aus  solchen  Hölzern  oder  anderen 
vegetabilischen  Substanzen  herzustellen, 
wie  beschrieben. 

Zweitens  das  Verfahren  zur  Be- 
handlung harziger  Hölzer  durch 
Kochen  in  einem  Alkali  unter  Druck  und 
Behandlung  des  Produktes  mit  Chlor  und 
seinen  Verbindungen  mit  Sauerstoff  zur 
Herstellung  von  weissem  Stoff  für 
die  Fabrikation  aus  solchen  Hölzern,  wie 
beschrieben. 

Die  Erfinder  Watt  und  Burgess  unter- 
schieden also  von  Anfang  an  streng  Holz  im 
allgemeinen  und  harzhaltigesoderNadelholz. 

Nach  Hofmann**),  einem  genauen  Kenner 
der  amerikanischen  Papierindustrie  -  Ver 
hältnisse  (vor  und  um  1870)  haben  die 
Amerikaner  Ladd  und  Keen  1860  in  Royers- 
ford  (Pennsylvanien)  angefangen,  Papier 
aus  Holz  zu  erzeugen.  Ihre  Erfolge  und 
stetigen  Verbesserungen  fahrten  1865  zur 

*)  Report  of  tbo  Commissioner  of  patent«  for 
the  year  1863.  Art«  and  manufactures.  Vol  I 
Washington,  Governemcnt  Printing  office  1866, 
Seite  862  63. 

*•)  C.  Hofmann.  Bandbuch  der  Papier- 
fabrikation  I  Auflage.  Berlin  1875.  Jul.  Springer'« 
Verlag,  S.  498-602. 


Bildung  der  American  Wood  Paper  Co„ 
die  mit  2000009  Mk.  in  Manayunk  bei 
Philadelphia  eine  grossartige  Anlage  zur 
Erzeugung  von  Holzzellstoff  schuf. 

Nach  Hofmann s  Beschreibung  arbeitete 
man  in  Manayunk  nach  ganz  rationellem 
Verfahren  gebleichten  Holzzellstoff. 

Benjamin  C.  Tilghman,  der  Erfinder 
des  Sulfitbolzzellstoffes,  gab  1869  seine  in 
Manayunk  durchgeführten  und  gelungenen 
Versuche  in  grossen  Apparaten  auf,  weil 
er  bezweifelte,  Sulfitstoff  billiger 
als  Natronstoff  herstellen  zu  können. 

Holmann  sagt  in  seinem  Handbuche, 
L  Aufl.  S.  501,  wörtlich : 

»Der  in  beiden  Fabriken  der  American 
Wood  Paper  Co.  zu  Manayunk  und 
Royersford  erzeugte  Pappelholz- 
papierstoff zeichnet  sich  durch 
Weisse,  Reinheit  und  weiche, schwammige 
Fasern  aus.  Die  in  Manayunk  täglich 
erzeugten  11 — 14000  kg  weissen  Stoffs 
werden  mit  einem  kleinen  Zusatz  von 
Hadern  zu  mittleren  Schreib-  und  Druck- 
papieren verarbeitet  In  Royersford 
wird  auch  ein  hübsches  Briefumschlag- 
papier aus  Holzzellstoff  allein  oder  mit 
Papierspänen  gemischt  angefertigt  Die 
Fasern  der  Pappel  oder  richtiger  der 
Liriodendron  sind  zwar  sehr  schön  und 
brauchbar,  aber  so  schwach,  dass  man 
es  häufig  in  Manayunk  für  nötig  hält, 
den  erzeugten  Papierstoff  durch  Zusatz 
von  etwas  Fichtenstoff  mehr 
Festigkeit  zu  geben,  obwohl  die  G  e- 
winnung  des  Zellstoffs  aus 
Fichtenholz  schwieriger,  und  durch 
Mehrbedarf  von  Soda  kost- 
spieliger ist« 

Auf  neueste  Anfrage  (1904)  beim  Bür- 
germeister von  Philadelphia  wird  durch 
dessen  Gewährsmann,  der  die  ersten  An- 
fänge der  Holzzellulosefabrikation  in  Mana- 
yunk und  Royersford  kennt,  bestätigt,  dass 
auch  schon  in  der  ersten  Zeit  neben  Pappel- 
holz etwas  Fichtenholz  (Spruce)  verarbeitet 
wurde.  Versucht  hatte  man  damals  schon 
alle  möglichen  Hölzer. 

Die   tatsächlich  stattgehabten  Erfolge 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF.  35 


der  Amerikaner  blieben  nicht  unbeachtet,  sie 
waren  1866  u.  a.  auch  Ursache  des  Baues  der 
Holzzellslofffabrik  Conemills  bei  Lydney 
in  England  durch  F.  B.  Houghton,  sie  ver- 
anlassten ferner  G.  Sinclair  in  Schottland  zur 
Entnahme  seines  englischen  PatentesNr.  3193 
(man  vergleiche  vorn  Seite  5  und  6).  Die 
Nachrichten  erreichten  naturgemäss  auch 
Skandinavien,  Deutschland  und  Oesterreich 
and  erweckten  das  lebhafte  Interesse  der 
Papierfabrikanten  der  ganzen  Welt. 

Der  deutsche  Papierfabrikant  Max  Dresel 
von  Dalbke  (Lippe)  ging  1870  nochmals 
nach  England,  wo  er  sich  schon  früher 
längere  Zeit  kaufmännisch  beschäftigt  hatte, 
um  sich  über  die  Cellutoaefabrikation  zu 
informieren.  Er  kam  aber  sehr  enttäuscht 
von  dort  zurück  und  arbeitete  selbständig 
an  einem  eigenen  Verfahren  weiter. 

Im  Jahre  1871/72  wurden  mehrere  Cellu- 
losefabriken  projektiert,  resp.  gebaut. 

M.  Dresel  baute  seine  Fabrik  in 
Dalbke  (Lippe)  nach  eigenem  Verfahren, 
sie  kam  Mitte  Oktober  1872  in  Betrieb. 
Er  hatte  erst  stehende,  dann  aber  mit  Er- 
folg einen  liegenden  feuerbeheizten  Kocher 
ausgeführt 

Im  Wochenblatt  f.  Ppf.  v  9.  Nov.  1872 
wird  bestätigt,  dass  Dresel  mit  seiner 
Cellulosefabrik  mit  20  Ztr.  gebl.  Stoff 
Tagesleistung  seit  Oktober  arbeite,  die 
gesandten  Muster  werden  schön  weiss  und 
rein  befunden ;  ihm  wurde  damals  die  Pri- 
orität zugesprochen,  wirklich  vollkommen 
weisse,  zu  den  feinsten  Papieren  geeignete 
Cellulose  hergestellt  zu  haben.  Nach  den  ge- 
schichtlichen Tatsachen  bezieht  sich  die 
Priorität  nur  auf  den  Kontinent. 

Moritz  Behrend,  damals  in  Coeslin 
(Pommern),  studierte  im  Frühjahr  1871  in 
Engtand  das  Houghton'sche  und  das 
Sinclair'sche  Verfahren.  Er*  sah  nach 
seinem  jüngsten  Berichte  an  den  Verfasser 
eine  Lee'sche  Anlage  des  Mr.  Evans  in 
Derby  und  eine  Sinclair'sche  in  Schottland, 
in  beiden  wurde  Natronzellulose  aus  Nadel- 
holz erzeugt    Alle  Cellulose  wurde  ge- 

'    Der  Herr  Konoraersieorat  M.  Behrend, 
Berlin. 


bleicht,  man  machte  nur  bessere  gebleichte 
Papiere.  Behrend  kombinierte  und  ver- 
besserte daran  und  stellte  in  seiner  1871/72 
gebauten  Fabrik  zu  Coeslin  u.  a.  einen 
Porionofen  auf  und  kam  im  Herbst  1872 
in  Betrieb. 

Der  Chemiker  Albert  Ungerer  in  Wien 
hatte  Laubholz  und  Nadelholz  im  Labo- 
ratorium mit  Aetznatronlaugen  aufge- 
schlossen und  nahm  am  11.  August  1871 
sein  erstes  österreichisches  Patent  auf  sein 
so  rationell  scheinendes  Diffusionsverfahren. 
Er  behandelte  von  Anfang  an  nach  dem 
Vorbilde  der  Amerikaner  Laubholz  mit 
schwächeren  Laugen  und  Nadelholz  mit 
stärkeren  Laugen. 

Ungerer  erwarb  1872  weitere  Patente  in 
Sachsen,  Württemberg,  Baden  und  England. 

Er  bestellte  im  Juli  und  August 
1872  die  Maschinen  etc.  für  die  Fürstlich 
Liechtenstein'sche  Cellulosefabrik  Leopold- 
stein in  Steiermark,  die  im  Mai  1873  in  Betrieb 
kam.   Es  wurde  Nadelholz  verarbeitet. 

Ungerer's  Verfahren  kam  nur  vereinzelt 
zur  Blüte  und  ist  immer  mehr  zurückgetreten. 

Am  2.  November  1872  bieten  im  Wochen- 
blatt f.  Papierfabrikation  James  A.  Lee 
und  dessen  Vertreter  für  Deutschland  C. 
M. Rosenhain,  Berlin,  Auguststr.  26* 
ihre  Dienste  zur  Errichtung  von  Cellulnse- 
fabriken  an,  die  Stoff  für  feinste  Papiere 
erzeugen.  Rosenhain  erbietet  sich,  Lieb- 
habern Fabriken  zu  zeigen,  die  schon 
längere  Zeit  im  Betriebe  waren.  Es  gelang 
Lee  und  Rosenhain,  Veriräge  mit  Lieb- 
habern in  Alt-Damm,  Danztg,  Oldesloe  und 
Wolfswinkel  abzuschliessen.  (1873  half 
Verfasser  beim  Bau  einer  Cellulosefabrik 
System  Lee  in  W  o  1  f  s  w  i  n  k  e  1 ) 

Lee  hatte  auch  nach  einem  Bericht 
des  Wochenblattes  vom  23.  Januar  1873 
eine  Cellulosefabrik  für  Grat  Loewenhaupt 
und  Capitän  v.  Post  in  Wermbohl (Schweden) 
in  Betrieb  gebracht;  diese  war  1871  be- 
schlossen und  1871/72  erbaut.  Vier  weitere 
Fabriken  waren  damals  in  Schweden  (nach 
gleicher  Quelle)  im  Bau.   Auch  hier  kann 

*  Rosenhai ii  war  auch  Vertreter  der  Firma 
K.  &  Th.  Möller  in  Brackwede  ^Veatf. 


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36 


E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.  III  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


nur  von  Nadelholzverarbeitung  die  Rede 
gewesen  sein. 

Sinclair  und  John  Mc.  Nico  1. 
Es  liegen  vor  mir  deutsche  Pro- 
spekte vom  1.  April  L872  für  Anlagen 
zur  Erstellung  chemischer  Ganzmasse  aus 
Holz  von  John  Mc.  Nicol,  wovon  er  den 
Rohmaterialverbrauch  angibt  und  Einrich- 
tungen für  50  bis  60  Ztr.  weisse  trockene 
Holzmasse  pro  Tag  erbietet.  In  Mont- 
Saint-Guibert  sei  ein  Sinclair'scher  Apparat 
in  Tätigkeit  einzusehen.* 

Mit  der  Jahreszahl  1873  besitze  ich 
einen  in  Wien  auf  reinem  chemischen 
Holzstoff  gedruckten  weiss  und  wohl  er- 
haltenen Prospekt  ausführlichen  Inhalts 
von  John  Mc.  Nicol,  Glasgow  (Schottland). 
AIb  Rohmaterial  wird  Tannen-  und 
Fichtenholz  neben  Stroh,  Laubholz 
etc.  ausdrücklich  genannt. 

Laut  mir  vorliegendem  Vertrag  vom 
27.  März  1873  kaufte  die  Aktiengesellschaft 
für  Maschicenpapierfabrikationzu  Aschaffen- 
burg das  Dresel'sche  Verfahren  und 
die  Maschinenöle.,  welche  teilweise  die  Holter 
Eisenhütte  zu  liefern  hatte.  Gleich  darauf 
kamen  gleiche  Abkommen  Dresels  mit  K  l  e  i  n- 
Rückerswaldebei  Annaberg  in  Sachsen 
und  Walkiakosky  in  Finnland  zu  stände. 
An  beiden  Stellen  wurde  auch  das  Dresel- 
sehe Verfahren  eingeführt  und  die  Ein- 
richtungen teilweise  von  der  Holter  Eisen- 
hütte geliefert. 

Aul  der  Wiener  Weltausstellung  1873 
erregten  die  Dreserscben  Holzzellstoffe 
und  daraus  gefertigte  Papiere  das 
grösste  Aufsehen  unter  den  Fachleuten. 
Auch  Mc.  Nicol  hatte  diese  Ausstellung 
beschickt,  und  Dresel  wie  Nicol  waren 
persönlich  in  Wien,  um  ihre  Dresel'sche 
und  das  Sinclair'sche  Verfahren  Liebhabern 
anzubieten. 

In  der  Internationalen  Ausstellungs- 
Zeitung  vom  19.  Sept.  1873  hebt  Dr.  A. 
Rudel  aus  Dresden  das  DreseVsche  Ver- 
fahren als  von  grossem  praktischen  Werte 
hervor.  In  einer  auf  einem  Flugblatt  abge- 

*)  Sinclair'»  Kocherpatont   1869  war  S.  t> 
liuke  Spalt«  unten  erwähnt. 


druckten  Erklärung  Rudels  bezeichnet  sich 
Dresel  als  denjenigen,  welcher  zuerst  auf 
dem  Kontinent  nach  eigenem  System  für 
feinsle  Papiere  geeignete  Cellulose  in 
grösserem  Massstabe  gefertigt  habe. 

Von  dem  gleichzeitigen  Prospekt  Nicol  a 
ist  oben  bereits  gesprochen. 

Hier  ist  die  Notiz  im  Wochenbiatt  Jg. 
1873  No.  44  v.  1,  Nov.  zu  bemerken  : 

Chemischer  Holzstoff.  Folgende 
Fabriken  haben  bis  jetzt  das  System  Sin- 
clair-Nicol  in  Glasgow  adoptiert  und  sind 
im  Bau  begriffen : 
Felix  Schöller  &  Bausch  in  Dömilz, 
Ed.  Hellberger  in  Salach  *) 
Emil  Hösch  und  Schleicher  in  Düren, 
Hasseröder  Holzstoff-  und  Papierfabrik 

Wernigerode, 
Societe  anonyme  de  l'Union  des  Pape- 
teries,  »La  Hulpe«  in  Belgien. 
Im  Wocheoblatt  1873  S.  438  sind  der 
Röhrendampfkessel  und  der  stehende  Koch- 
apparat für  12 — 13  Atm.  Druck,  die  Wie- 
dergewinnung (8)pCt.  der  aufgewendeten 
Soda)   etc.   von  Sinclair  -  Nicol  flüchtig 
erwähnt. 

Unabhängig  von  Dresel  und  Sinclair- 
Nicol  haben  sich  einige  andere  Cellulose- 
(abriken  eutwickelt.  Die  Cellulosefabrik 
W  i  b  o  r  g  in  Finnland,  deren  Alter  ich 
freilich  nicht  ermitteln  konnte,  hatte  dreh- 
bare Kugelkocher,  die  von  einem  sie  um- 
spülenden Koksfeuer  direkt  geheizt  wurden. 
Der  fertig  gekochte  Stolf  wurde  in  einen 
Nebenkessel  mit  der  Lauge  zusammen  ab- 
gestossen  und  dadurch  gleich  gründlich 
zerfasert,  konnte  auch  hier  bequem  ent- 
laugt und  gewaschen  werden. 

Hering,  Hahn  und  Franke  gründeten 
1872  ihre  Cellulosefabrik  in  Königstein  und 
kamen  im  Nov.  1873  in  Betrieb;  sie  lie- 
lerten  8.  Dez.  1873  den  ersten  Stoff,  sie 
arbeiteten  erst  nach  reinem  Natronver- 
fahren dann  nach  Ungerer,  von  Ende  der 
80er  Jahre  bis  heute  in  4  Kugelkochern 
nach  dem  Dahl'schen  Natron-Sulfat- Ver- 

*)  Diese  Fabrik  hat  Verfasser,  nach  mehr- 
jährigem Arbeiten  derselben,  genau  gekannt  und 
Anfang  der  80er  Jahre  in  verschiedenen  Ab- 
teilungen umgebaut. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF 


37 


fahren  (jährliche  Produktion  1600-1700 1). 
Die  Firma  wurde  1876  Aktiengesellschaft 
und  ging  1894  in  den  Besitz  der  Geb  r. 
Hering  über. 

Dresel- Dalbke  vereinigte  sich  1876 
mit  dem  Civilingenieur  Rosenhain  und 
gründete  mit  diesem  ein  Spezialbureau  Tür 
Cellulosefabrikation,  welches  aber  nach 
Ausführung  der  grossen  Anlage  in  T  a  r- 
n  o  w  i  t  z  (O.-Schlesien)  wieder  einging. 

Dresel  erwarb  auch  1878  das  D.  R.  P. 
No.  5891  und  ein  Zusatzpatent  auf  einen 
stehenden  Kocher  mit  Heizapparat  in  einem 
Nebenofen.  Durch  diesen  bis  heute  bestens 
bewährten  Kocher  wird  eine  selbsttätige 
heftige  Zirkulation  der  Lauge  durch  das 
Holz  erzielt. 

Der  Geh.  Kommerzienrat  M.  Dresel  in 
Dalbke  hat  also  nach  allem,  was  mir  zu- 
gänglich war,  in  Deutschland  den  ersten 
gebleichten,  für  die  besten  Papiere  taug- 
lichen Zellstoll  aus  Kiefernholz  im  grossen 
dargestellt,  er  verbesserte  die  von  Lee  als 
Modell  gekaufte  schwerfällige  Holzback- 
maschine  und  führte  die  Holzscheibenzer- 
kleinerungsmaschine  ein;  er  vereinfachte  die 
Hougbton'schen  komplizierten  Kocher,  indem 
er  bei  Beheizung  in  freiem  Feuer  ohne  kom- 
plizierende Heizrohrs ysteme  und  ohne  Rühr- 
werke mit  wirksamer  Aetznatronlaugen- 
stärke  und  zweckmässiger  Temperatur 
(resp.  Druck)  arbeitete;  er  legte  von  vorn- 
herein auf  die  Wiedergewinnung  der  Soda 
gebührenden  Wert  und  hat  als  der  Be- 
gründer und  wirksame  Förderer 
der  deutschen  Zellstoffindustrie 
zu  gelten. 

Es  waren  hierbei  von  Dresel  nicht  nur 
grosse  pekuniär  eOpf  er  zu  bringen, 
sondern  es  musste  die  Abneigung  der  Pa- 
piermacher gegen  den  neuen  Stoff  über- 
wunden werden.  Ja,  es  mussten  die  Nach- 
teile der  gehässigen,  unberechtigten  Miss- 
kreditierung seiner  Fabrikate,  die  sich 
bis  dahin  des  besten  Rufes  erfreut 
hatten,  unter  schweren  Verlusten  ertragen 
werden.  Unter  Berücksichtigung  all  dieser 
einigen  Fachgenossen  wohl  noch  bekannten 
Verhältnisse  ist  gerade  Dresels  Verdienst 


um  die  Entwickelung  der  Zellstofffabri- 
kation sehr  hoch  anzuschlagen. 

Dass  die  hrfolge  der  Amerikaner  als 
Ausgangspunkt  derZellstofTfabrikation  über- 
haupt anzusehen  sind,  und  die  geschäft- 
liche, rührige  Tätigkeit  von  Sinclair-Nicol, 
j  Lee,  Rosenhain,  Ungerer,  sowie  die  Energie 
der  ersten  deutschen  Zellstofffabrikanten 
das  Ihrige  an  der  Entwicklung  der  Zell- 
stoffindustrie  Deutschlands  beitrugen,  darf 
auch  nicht  ausser  Acht  gelassen  werden. 

Dass  die  von  Lee  und  Rosenhain  in 
Danzig,  Altdanom,  Oldesloe  und  Wolfswinkel 
errichteten  Celiulosefabriken  mit  englischen 
Maschinen  und  Einrichtungen,  sowie  auch 
Aschaffenburg  u.  a.,  schwere  pekuniäre 
Opfer  kosteten,  ehe  sie  in  guten  Betrieb 
kamen,  war  bereits  Seite  7  hervorge- 
hoben. 

Verfasser  hat  von  1875-1884  die  Ent- 
wickelung und  allmähliche  Vervollkommnung 
dieser  neuen  Industrie  mit  durchlebt.  Er  fand 
1875  in  Altdamm,  später  aber  auch  in 
Aschaffen  bürg  genugsam  Gelegenheit,  an  der 
technischen  Verbesserung  und  Vervoll- 
kommnung des  Verfahrens  und  der  Einführ- 
ung des  neuen  Stoffes  wirksam  mitzuarbeiten. 

Das  vorteilhafte  Dahrsche  Sulfatver- 
fahren gab  dem  Natronverfahren  in  den 
80er  Jahren  einen  neuen  Impuls,  tritt  indes 
neuerdings  gegen  das  verbesserte  Soda- 
verfahren  wieder  in  seiner  Bedeutung 
zurück. 

Es  ist  zudem  augenfällig,  dass  nach  der 
Entwickelung  der  Sulfitholzzellstofffabrika- 
tion in  den  80er  Jahren  das  Natron- 
verfahren in  Deutschland  sehr  an  Aus- 
dehnung und  Bedeutung  verloren  hat, 
wenn  auch  an  ein  Aufhören  kaum  gedacht 
werden  kann,  da  der  Natronstoff  für  ge- 
wisse Papierspezialitäten  besonders  ge- 
eignet ist. 

Sulfitholzzellstoff. 

Meine  S.  12—30  gegebenen  geschichtlichen 
Darlegungen  über  KrfindiiDg  etc.  des  Sulfitver- 
fubreus  haben  mir  einige  Proteste  eingetragen, 
lltrr  Professor  Dr.  A.  Mitacherlicb  in  Frei- 
burg i.  B.  fuhrt  Ende  1899  bei  mir  Beschwerde, 
Jjb8  ich  seine  Verdienste   infolge  unrichtiger 


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38 


E.  KIRCHNER   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


3MT 


Unterlagen  in  ein  angüostigei  Licht  gestellt  habe, 
er  versprach,  Beweise  Tür  diese  seine  Behauptung 
zu  liefern,  und  ersuchte  mich,  die  betreffenden 
Bogen    meiner    Geschichte    unter  Mittragung 
der  Kosten  seinerseits  zurückzuziehen  und  durch 
andere   zu   ersetzen.    Ich  wie«   die  Cndurch- 
f  Ohr  barkeit  seines  Wunsches  nach,  versprach  aber, 
nachgewiesene  Fehler  später  zu  berichtigen.  Ich 
bat  um  die  Nachweise,  erhielt  sie  aber  nicht. 
Mitschcrlich    schrieb,  er  wolle  die  Geschichte 
seines  Verfahrens  selbst  schreiben.  Schliesslich 
teilte  er  mir  mit,  dasa  er  die  Arbeit  einem  Pro- 
fessor einer   deutschen  Universität  übertragen 
halte.    —    Der  am  4.   März   1900  verstorbene 
Chemiker    und    Fabrikbesitser    0.    Vogel  in 
Zell  i.  W.  hatte  sich  auch  früher   bitter  be- 
schwert, dass  ich  die  Arbeiten  der  ersten  Zessio- 
nare Mitscherlichs  nicht  genügend  gewürdigt,  da- 
gegen Mitscherlichs  Verdienste  viel  zu  hoch  ge- 
priesen habe;  auch  andere  ähnliche  Vorwurfe 
liefen  ein.  —  Inzwischen  war  im  Jahrgang  1900  des 
Wchbl.  f.  Ppf.  mein  „Rückblick  auf  das  X IX.  Jahr- 
hundert41 erschienen.    Am  5.  April  1900  schrieb 
Herr  Professor  Dr.  F.  Fittica  io  Marburg  (der- 
selbe Herr,  der  zum  Erstaunen  der  Welt  früher 
nachzuweisen  versuchte,  dass  man  Phosphor  in 
Arsen  und  Antimou  verwandeln  könne.  Chem. 
Ztg.  1900.  No.  45  etc.)  an  die  Redaktion  des 
Wochenblattes,   sie  möge  die  Auffassung  Kirch- 
ners  der    Priorität     E  km  ans    als  Sulrit- 
stoffhersteller  berichtigen,  denn,  he:sst  es  wört- 
lich :  „Die  Anwendung  von  Magnesium- 
snlfit  fällt  unter  das  Patent  Mitscher- 
lieh,  da  dieser  die  Verwendbarkeit  von 
s  chwe  fligsauren  Salzen  im  allgemeinen 
neben    Calciumsulfit    im  besonderen 
schon  betont  hatte."    Auf  diese  Behauptung, 
die  den  Standpunkt  früherer  irrenderüutachter  ver- 
tritt, beschaffte  ich  die  beglaubigten  Dokumente  als 
Nachweis  für  Ekmans  Priorität,  welche  längere 
Zeit  in  Chemnitz  unter  öffentlicher  Aufforderung 
zur  Einsichtnahme  bereit  lagen.  Ich  teilte  ausser- 
dem die  Hauptergebnisse    meiner  Bemühungen 
im  Wochenblatt  Jg.  1900  8.  215053  mit.  Ein 
Beweis  de«  Gegenteiles  ist  nicht  erfolgt,  nur  hat 
Fittica  alle  vorne  S.   15-18  gegebenen  Nach- 
weise der  Güte  des  Ekman-Stoffcs  ignoriert, 
von  den  S.  18  aufgeführten  12  Balleu  Ekman- 
Stoff  die  schon  20.  Sept.  1875  an  C.  Griebert  in 
Stettin  gingen,   nichts  erwähnt   und  überhaupt 
versucht,  Magnesiumsulfitstoff  als  etwas  anderes 
darzustellen,  als  er  ist.  —  Er  ist  eben  einfach 
„Sulfitstoff" !  —  Auf    einen    gutgemeinten  be- 
scheidenen   Nachruf    beim    Ableben    des  um 
die  Entwicklung  der  Zellstoffiudustrie  so  hoch- 
verdienten O.  Vogel  am  10.  März  1900  im  Wbl. 
S.  960  folgte  eine  in  solchem  Falle  unerwartete 
Berichtigung  Mitscherlichs  v.  19.  Mai  S.  1939 


desselben  Blattes.  Im  Juli  1902  erschien  auf  47 
1  Iruekseiten  eine  Schritt :  „Geschichte  der  Sulfit- 
zellstoff-Fabrikation von  Dr.  F.  Fittica,  Prof.  der 
Geschichte  der  Chemie  in  Marburg.  Leipzig, 
Verlag  S  Kirsel";  diese  Schrift  setst  allem,  was 
versucht  worden  ist-,  die  Verdienste  Anderer  um  die 
Sulntzellstoffindustrie  zu  verduukeln,  die  Krone 
auf,  sie  sucht  nicht  ohne  Geschick  entgegen  den 
Tataacbeu  den  Leser  zu  irrigen  Auffassungen  zu 
rühren.  Sie  gibt  nicht  Tilghmao  die  ihm 
zustehende  Ehre,  der  Erfiuder  eines  neuen 
G  ru  n  d  pr  i  nz  i  pes  (des  S  u  1  f  it  v  erf  ah r e  n  s) 
zu  seiu,  das  Ekman,  Mitscherlich  u.  A.  annahmen, 
sondern  spricht  nur  von  Nachahmern  Mit- 
scherlichs! Diese  Schrift  fand  im  Oesterr. 
Ung.  Cen^ralblatt  No.  35,  v.  10.  Dez.  1902, 
S.  1096/98  eine  gebührend  zurechtweisende 
Beurteilung  und  in  der  Generalversammlung  des 
Vereins  Deutscher  Zellstofffabrikanten  4.  Dez. 
J902  wurde  die  Betritt  als  ganz  einseitig 
für  Mitschcrlich  undnicht  den  geschicht- 
lichen Tatsach  en  entsprechend  verfastt 
bezeichne'.  —  Wie  kann  auch  ein  Gelehrter, 
der,  ausserhalb  der  Praxis  stehend,  die  Ge- 
schichte dieses  Faches  nur  vom  Hörensagen 
Dritter  kennt,  über  so  verwickelt  liegende  und 
hartnäckig  unrichtig  dargestellte  Erfindung«-  und 
Entwickelungsfragcn  einer  neuen  ihm  ferne  lie- 
genden Industrie  urteilen? 

feh  erkläre  nun  ausdrücklich,  dass  ich 
sehr  ungerne,  und  von  den  verschiedenen  Seiten 
der  Pa-teilichkeit  und  Unrichtigkeit  bezichtigt, 
es  unternehme,  den  besouders  durch  die  Fittica- 
sche  Schrift  ganz  verschobenen  Darlegungen 
wahre  Tatsachen  gegenüberzustellen.  Ich 
fühle  mich  als  ernster  Geschichtsforscher  ohne  alle 
Sonderinteressen  der  Mit-  und  Nachwelt,  dem  ln- 
und  Auslände  gegenüber  dazu  verpflichtet.  Bin  ich 
doch  einer  der  wenigen  Mäoner,  die  an  den  An- 
fängen urd  an  der  Weitereotwickclungder  deutschen 
Zellstoffindostrie  praktisch  mitarbeiteten  und  die 
Vorgänge  jahrzehntelang  genau  verfolgen  konnten. 
Ich  vermeine  auch,  der  deutschen  Wissenschaft 
und  Grossindustrie  bleibe  noch  genug  Ruhm 
und  Verdienst,  wenn  offen  die  volle  Wahrheit 
gesagt  wird.  Wir  haben  nicht  nötig,  die  Ver- 
dienste Anderer  zu  verneinen! 

Es  sei  nochmals  festgelegt,  dass  der 
Chemiker  B.  G.  Tilghman  seine  englischen 
Patente  von  1866/67  durch  William  Edward 
Newton,  London  vertreten  Hess  (vergL  vorn 
S.  13).  Schon  im  ersten  Patente  von  1866 
(S.  14)  hebt  der  Erfinder  die  Benutzung 
der  BisulMe  ausdrücklich  hervor.  Er  er- 
warb damit  gesetzlichen  Schutz,  Spinn- 
fasern und  Papierstoff  mit  Hilfe 


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e.  Kirchner,  das  papier.  hi.  b.  und  c.  Zellstoff.  39 

 ,  


von  Lösungen  schwefliger  Säure, 
denen  sch  wefligsaurer  oder 
doppe  1  Ischwefligsaurer  Kalk 
oder  Sulfite  anderer  Basen  zu- 
gefügt sind,   herzustellen,  und  zwar 

1)  auf  das  neue  Prinzip  des  Verfahrens, 

2)  auf  die  teilweise  Wiedergewinnung  der 
schwefligen  S&ure,  3)  auf  die  Gewinnung 
der  Nebenprodukte  aus  dem  flüssigen  Ex- 
trakt nach  dem  Kochen  des  Holzes. 

Tilghman  gibt  schon  1866  sehr  klare, 
nicht  misszuverstehende  Anweisungen  der 
Herstellung  der  Bisulfitlösung,  Beheizungs- 
art des  Kochers,  Kochtemperatur  und  Koch- 
zeit  Verschafft  man  sich  genau  nach  Vor- 
schrift (S.  14, 1.  Spalte,  unten)  die  Flüssigkeit, 
so  zeigt  die  sich  ziemlich  klärende  Lösung: 
4,5450*/*  Gesamt-SO, 
2,3913  °/o  freie  SO, 
2,1537  •/•  gebundene  S0a,  (entspr. 

4,037  •/.  Ca  SO,). 

Man  erkennt,  dass  das  eine  für  Holz- 
kochen wohlgeeignete  starke 
Lösung  ist 

Mit  der  von  Tilghman  angegebenen 
Temperatur  127  9  C  haben  später  wohl  die 
meisten  nach  Mitscherlich  arbeitenden 
Fabriken  fertig  gekocht. 

6—8  Stunden  Kochzeit  war  ja  kurz, 
aber  man  hat  zu  bedenken,  dass  Tilghman 
Bewegungsmechanismen  im  Kocher  hatte ; 
auch  wird  er,  um  viel  schweflige  Säure 
wiederzugewinnen,  öfters  Gase  abgestossen 
haben,  was  den  Kochprozess  sehr  be- 
schleunigte. 

Tilghman  hat  übrigens  auch  noch  wei- 
tere Patente,  so  ein  preussisches  vom  31. 
März  1867*  und  ein  amerikanisches  No. 
70485  vom  5.  November  1867  genommen. 

Das  genauere  Studium  dieser  Tilghman- 
schen  Patente  bringt  demjenigen,  welcher 
Sulfitzellstoff  praktisch  herzustellen  ver- 
steht, die  ganz  bestimmte  Ueberzeugung 
bei,  dass  die  in  denselben  niedergelegten 
Vorschritten  nur  auf  Grund  vieler  wohl- 
gelungener Versuche  und  scharfer  Beo- 
bachtungen aufgestellt  sein  können.  Kein 

•)  C.  Hof  rat  nn.  Handbuch  der  Papierfabri- 
kation II.  Auflage  8.  1418. 


Chemiker  konnte  im  Zweifel  sein,  wie  er 
die  Durchführung  des  neuen  Verfahrens 
zu  machen  habe. 

Aber  nicht  die  Patentschriften  allein 
waren  die  Bekanotgeber  des  neuen  Grund- 
prinzipes  der  Sulfitholzzellstoffbereitung 
Tilgbmans.  Die  Patentregister  und  die 
Fachpresse  gaben  öffentlich  Hinweise  durch 
Auszöge  der  Patente  unter  Hervorhebung 
der  Verwendung  saurer  Sulfite.  Meine  vor- 
stehenden Mitteilungen  S.  13  rechte  Spalte 
führen  allein  drei  solche  aus  The  Engineer 
aus  den  Jahren  1866/67  auf.  Bei  meinen 
Studien  fand  ich  weiter  noch  folgende : 

Annales  du  genie  civil  1867  S.  271: 
Ce  traitement  peut  se  faire  en  d'une 
petite  quantitg  d'alcali  qui  favorise  la  dö- 
coloration  et  la  desagrögation. 

Jahresbericht  der  ehem.  Technologie 
von  Wagner  1867,  S.  660:  Durch  Zu- 
satz von  Alkali  wird  die  Wirk- 
ung begünstigt 

Annual  report  of  the  Commissioner  of 
Patents  for  the  year  1867,  voL  If.  p.  1303 
( Washington),gibt  das  Amerikanische  Patent 
No.  70485  v.  B.C.  Tilghman  von  1867;  es  ent- 
hält alle  Einzelheiten,  wie  die  englischen 
Patente. 

Bulletin  de  la  soc.  ebim.  de  Paris  1867 
VIII.  p.  137. 

Dazu  werden  noch  viele  andere  Hin- 
weise kommen,  die  mir  nicht  zugänglich 
waren. 

Die  Versuche,  welche  die  Brüder  Tilgh- 
man 1867/69  in  der  Papierfabrik  von  W. 
Harding  zu  Manayunk  b.  Philadelphia  im 
grossen  durchführten,  werden  ausser  von 
Herrn  Martin  Schindler  (man  vergL  S.  15) 
noch  von  Herrn  Geheimrat  C.  Hofmann- 
Berlin*  bezeugt.  Hofmann  berichtet,  dass 
die  Fabrik  in  jenen  Jahren  teilweise  ab- 
gesperrt war,  weil  ein  Chemiker  aus  Phi- 
ladelphia auf  eigene  Kosten  grosse  Appa- 
rate aufstellte,  um  die  Herstellung  von 
Zellstoff  nach  einem  neuen  Verfahren  durch- 
zuführen.  Oi«w  war  Tilghman !  — 


•)  C.  Hofmann,  Handbuch  der  Papierfabrik 
kation  II.  Aufl.  S.  1420. 


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10 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


Die  Herrn  Hofmann  von  M.  Schindler  i 
vorgelegten  SulfitstofTproben,  die  von  Tilgh- 
mans  Versuchen  herstammten,  beurteilte 
Hofmann  mit  »gut«. 

Tilghman  hat  also  nicht  nur  mit  seinen 
Patenten  das  neue  Grundprinzip 
aller  folgenden  Sulfitverfahren 
aufgestellt,  sondern  er  hat  unter  Opferung 
seines  Vermögens  (80-120000  M.)  den 
ersten  Sulfitzellstoff  in  grossem,  mit  Blei 
und  auch  mit  Antimon-Blei  ausgekleidetem 
Kocher  unter  Anwendung  von  doppelt- 
schwefligsaurer  Kalklösung  (vergl.  S.  15 
1.  Spalte)  dargestellt.  Die  Gründe,  weshalb 
Tilghman  bezw.  die  Brüder  Tilghman  das 
Sulfitverfahren  aufgaben,  waren  nach  spä- 
teren eigenen  Berichten  B.  C.  Tilghmans 
folgende:  Ihre  zur  Verfügung  stehenden 
pekuniären  Mittel  waren  erschöpft;  durch 
Fortschritte  in  derNatronzellstofflabrikation 
und  eingetretenen  Preissturz  der  Soda 
glaubte  man  mit  dem  billiger  gewordenen 
NatronstofT  nicht  konkurrieren  zu  können, 
Tilghman  hatte  auch  das  Sandstrahlgebläse 
erfunden  und  widmete  dieser  neuen  Er- 
findung fortan  seine  ganze  Kraft. 

Tilghman  kochte  demnach 
Holzzeilstoff  mit  Bisulfiten, 
er  schuf  und  benutzte  damit  das 
Grundprinzip  seines  neuen  Holz- 
aufschlussverfahrens und  wurde 
vorbildlich  für  die  Arbeits- 
methoden aller  nachfolgenden 
Sulfitverfahren.  Dies  ist  doch  den 
vorliegenden  Tatsachen  nach  einzig  und 
allein  wahr  und  richtig! 

Es  kann  weder  das,  wasimamt- 
lichen  deutschen  Bericht  der  Pariser 
Ausstellung  von  1900  über  die  Erfin- 
dung der  Sulfitzellstofffabrikation 
steht,  noch  das,  was  Stohmann* 
und  andere  nicht  genügend  unter- 
richtete Gutachter  und  Ge- 
lehrte, sowie  auch  neuerdings  Fit- 
tica**)  diesem  entgegen  gesagt 
haben,  aufrecht  erhalten  werden!  — 

•)  Muspratt,  Chemie  bearb.  v.  Stohmatm 
Kerl  VI.  8|>  1717,  17M/40. 

•*)  Uenchichte    der  Sulfitzellstofl'f:thril<aH<>ti 
Leipzig,  Verlag  v.  S.  Hirzcl  Ü'U'2. 


Einige  Jahre  nach  Aufgeben  der  eigenen 
Erfindung  seitens  Tilghman  ruhte  scheinbar 
die  Sache.  Die  Unternehmer  und  die  Pa- 
piertecbniker  beschäftigten  sich  mit  dem 
Ausbau  und  der  Verbesserung  des  Natron- 
verfahrens, welches  berufen  schien,  ge- 
nügende Mengen  guten  Hadernersatzstoff 
zu  schaffen. 

Die  Natronzellstofffabrikanten  waren 
die  Bahnbrecher  auch  Tür  die  spätere  Sul- 
fitzellstofffabrikation. Sie  schafften  die 
Grundlage  für  die  HolzzellstofTfabrikation 
überhaupt,  sie  überwanden  das  Vorurteil 
der  Papierfabrikanten  und  erkämpften  sich 
und  dem  späteren  Sulütstoff  Absatz. 

Die  Arbeiten  Tilghmans  waren  entgegen 
anderen  Auflassungen  durchaus  nicht  ver- 
loren. Seine  ErGndung  beschäftigte  viele 
Köpfe,  so  nahm  auch  am  26.  Sept.  1871 
A.  K.  Eaton  das  amerikanische  Patent 
119224,  mit  schwefligsaurem  Natron-Zell- 
stoff herzustellen.  Ekman  hatte  vor  Mü- 
sch eriich  Erfolge.  Nebenbei  gesagt  war 
auch  das  Dämpfen  des  Holzes  und  das 
nachherige  Beiaugen  im  Vakuum,  welches 
später  Mitscherlich  annahm,  J.  R.  Haskeil 
durch  amerik.  Pat.  No.  63044  v.  19.  März 
1867  geschützt. 

Von  dem  Chemiker  C.  D.  Ekman  aus 
Kalmar  (Schweden)  wurden  auf  mein  Er- 
suchen die  beglaubigten  Beweisstücke* 
geliefert,  dass  er  1873/4  für  J.  Tompson, 
F.  Uonar  &  Co.  in  London,  Besitzer  der 
Bergvikmühle  in  Schweden,  Pläne  zur  Er- 
bauung einer  Sulßt-HolzzellstofTfabrik  aus- 
arbeitete und  darauf  die  Sulfitfabrik  Berg- 
vik  erbaute,  welche  vom  3.  Oitober  1874 
an  als  erste  Sulfitzellstofffabrik  der  Welt 
regelmässig  Holzzellslofi*  in  grösseren 
Mengen  herstellte,  und  wurden  nach  be- 
glaubigten Buchauszügen  in  den  ersten 
Betriebsjabren  folgende  Mengen  Ekman- 
Sulfitstoff  trocken  gedacht  geliefert : 

1874  348  Ballen  =     31,4  t 

1875  5310      »     =   485,5  » 

1876  7955      »     =   727,4  » 


*)  Man  It.'Kc  nach  im  Wochenblatt  für  Papier- 
t'ülirikafi.in  M'OO  S   '_' I ">U  .  .$   um!   tlas  ubr-r 

Kliman  »l"-n  S.  lö-l!»  (i.-.ngte. 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


41 


1877  11230  Ballen  =  1026,8  t 

1878  9283      .     =    942,2  . 

1879  11023      .     =  1119,9  » 

1880  12396      »     =  1259,4  » 

1881  14084      .     =  1430,9  » 

1882  14696      .     =  1493,1  » 
etc.  etc. 

Von  der  1875  er  Produktion  gingen 
115,9  t  nach  England,  7,8  t  nach  Kuss- 
tand, 8,7  t  nach  Deutschland,  5,1  t  nach 
Holland.  1C9,7  t  waren  an  schwedische 
Empfänger  durch  Versandscheine  und 
Schifferquittungen  noch  nachweisbar. 

Da  Tilghman  1866  Kalk-,  Magnesia- 
etc.-Sulfite  als  gleich  wirksam  bezeichnet 
halte  und  Ekman  Magnesiasulfit  anwendete, 
so  arbeitete  er  nach  dem  von  Ersterem 
angegebenen  Grundprinzip  und  zwar  er- 
zeugte er  »Sulfitstoff  aus  Holz«. 

In  Bergvik  arbeitete  Ekman  geheim, 
erst  1881  nahm  er  das  englische  Patent 
No.  3062.  In  North fleet  (England)  arbeitete 
eine  zweite  grössere  Fabrik  nach  dem 
Kkman'schen  Verfahren  und  in  Amerika 
wurde  gleichfalls  eine  Fabrik  seines 
Systems  erbaut. 

Die  erste  Anlage  in  Bergvik  hat  jüngst 
(1904)  einem  neuen  Werke  Platz  gemacht 
C.  D.  Ekman  war  5  Monate  als  Experte 
in  dieser  Neuanlage  tätig  und  ist  bereits 
eine  nochmalige  Erweiterung  auf  2000  t 
Jahresproduktion  beschlossen.* 

Das  Ekman'sche  Verfahren  hatte  in 
Schweden  auch  das  Flodquist'sche  (siehe 
folgende  Seite  47)  zur  Folge. 

Das  Verdienst  Ekmans  um  die  Ent- 
wickelung  der  Sulfitstofffabrikation  ist  auch 
für  Deutschland  recht  hoch  anzuschlagen, 
wenn  er  auch  sein  Verfahren  zunächst  geheim 
betrieb  und  bei  uns  mit  seinem  1881er  Patent 
zu  spät  kam.  Er  war  es,  welcher  als  erster 
den  deutschen  Papierfabrikanten  in  seiner 
Handelaware  einen  neuen  Papier- 
stoff vor  Augen  führte  und  zugänglich 
machte,  der  wegen  seiner  Reinheit  und 
sonstigen  vorzüglichen  Eigenschaften  die 
allgemeine  Aufmerksamkeit  auf  sich  zog 


•)  Man  vergleiche  Wochenblatt  für  l'npier- 
fsbrikatiou  .Ig.  1904,  S.  4C1  und  4«4. 


und  mit  seinen  1876  auch  in  deutscher 
Sprache  erschienenen  Vorschriften  (man 
vergl.  S.  16  und  17)  der  Behandlung  des 
neuen  Stoffes  die  Möglichkeit  rationeller 
Verarbeitung  bot.  Die  Papier fabrikanten 
und  Cellulosetecbniker  gewannen  dadurch 
erhöhtes  Interesse  an  dem  neuen  Stoff, 
und  die  späteren  Begründer  ähnlicher  Ver- 
fahren hatten  dadurch  Anregung,  ihre  A  r  - 
bei  ten  mit  erneuten  Kräften  fort- 
zusetzen. 

Die  Tilghman-Patente.  ferner  die  S.  16 
und  17  erwähnte  Anweisung  Ekmans  in 
französischer  Sprache  und  seine  laut 
Wochenblatt  Jg.  1900  S.  2151  oben  ersicht- 
lichen 1876er  Stoffsendungen  nach  Frank- 
reich, die  jedenfalls  auch  die  französischen 
Papierfabrikanten  lebhaft  interessierten, 
dürften  auch  Veranlassung  gewesen  sein, 
dass  der  Franzose  Lioud  in  Bourg-Argen- 
tal  am  12.  Februar  1877  (also  vor  Mit- 
scherlich's  D.R.P.)  das  französische  Patent 
116996  nahm,  »Cellulose  unter  Benutzung 
von  schwefliger  Säure  und  schwefligsauren 
Salzen  herzustellen«. 

Welche  Anerkennung  der  Ekman-Stoff 
in  Deutschland  fand,  lese  man  vorn 
S.  17-19.   

Dr.  A.  Mitscherlich,  Professor  an  der 
Forstakademie  Münden,  sagt  in  der  Papier- 
zeitung 1893  S.  1673,  dass  er  die  chemi- 
schen Prozesse,  welche  die  Ver- 
arbeitung des  Holzes  zum  Gegenstande 
haben,  näher  verfolgte.  Sein  Bruder,  Ober- 
förster 0.  Mitscherlich,  beabsichtigte  1872 
den  Bau  einer  Natronzellstofffabrik .*)  Er, 
Dr.  A.  Mitscherlich,  studierte  experimentell 
im  Laboratorium  das  Natronzellstoffver- 
fahren und  suchte  nach  einem  neuen 
Verfahren,  da  ihm  das  Natron- Verfahren 
nicht  passend  erschien. 

Als  billigstes  und  den  Zellstoff  sehr 
wenig  zerstörendes  Verfahren  stellte  sich 

*)  Im  («üntter-Staib'scheu  Adressbuch  1880, 
S.  27,  erscheint  O  Mitscherlich  Cellulosefabrik 
(System  A.  Mitscherlich)  in  Ocklitz  b.  Mettkau 
Schlesien.  Es  kann  aber  nur  vorübergehend  eine 
Versuchsanlage  in  Ocklitz  bestanden  haben.  Man 
hat  von  Leistungen  dieser  Fabrik  wenigstens 
nichts  gehört. 

H.  bogen  1004. 


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E.  KIKCHNEK    DAS  PAPIER.  HL  B.  und  C.  ZELLSTOW. 


das  mit  einer  Lösung  schwefligsauren 
Kalkes  heraus.  Oie  Lösung  erhielt  er 
anfangs  durch  Zusatz  einer  stärkeren  Säure 
zu  schwefligsaurem  Kalk  und  später 
durch  Lösung  von  kohlensaurem  oder 
schwefligsaurem  Kalk  in  schwefliger  Säure. 
Er  benutzte  somit  das  Tilghman'sche 
Grundprinzip. 

Tatsächlich  hatte  indessen  der  dritte  der 
Brüder,  der  Hüttenmann  Dr.  R.  Mitscherlich 
in  Darmstadt,  welcher  mit  seinem  Bruder 
Alexander  die  S.  10  erwähnten  Abkommen 
getroffen  hatte,  zunächst  keine  glückliche 
Hand,  weder  in  seiner  kleinen  Versuchs* 
anstalt  in  Darmstadt,  wo  (nach  A.  Mitscher- 
lich's  eigenen  Worten  unter  des  Letzteren  per- 
sönlicher Aufsicht)  am  29.  Juni  1874  die  erste 
Kochung  Sulütstoff  gemacht  worden  sein  soll, 
noch  bei  Keferstein  in  Sinsleben  im  Herbst 

1874  und  bei  0.  Meissner  in  Raths-Damnitz 

1875  (siehe  vorn  S.  20-22). 

Welche  überschwänglichen  Vorstel- 
lungen und  Hoffnungen  R.  Mitscherlich  sich 
aber  von  dem  inzwischen  durch  das 
Luxemburger  Patent  im  Juni  1874,  das  eng- 
lische Patent  im  August  1874*)  und  das 
schwedische  Patent  vom  September  1874 
gesicherten  Verfahren,  welches  nach 
dem  Wortlaut  dieser  Patente  (siehe  vorn 
S.  20)  zu  keinen  Resultaten  führen  konnte, 
machte,  geht  aus  dem  Inhalt  zweier 
im  Besitze  des  Verlassers  befindlichen 
Originalbriefe  deutlich  hervor. 

Dr.  R,  Mitscherlich-Dai-nutadt  schreibt  am  21  u. 
20.  Okt.  18  <  4  an  dio  Firma  Kiener  Fr  eres  in  Münster, 
Elssss.  Kr  bietet  sein  neues  Verfahren,  Papierstoff 
aus  Holz  herzustellen,  an.  —  In  einem  kupfernen 
oder  verbleiten  eisernen  Kocher  für  !)  Atm 
Druck  will  er  bei  6  Stunden  Zeit  verbrauch  für 
Füllen,  Kochen,  Abkühlen  und  Herausschaffen 
des  Stoffes  Cellulose  aus  Holz  gewinnen ;  um  guten 
Stoff  zu  erzielen,  gibt  er  1 10°  0  Kochtemperatur 
an.  Eine  Zerkleinerung  des  Holzes  vor  dem 
Kochen  sei  nicht  erforderlich,  zum  Zerquetschen 
des  Stoffes  und  Auspressen  des  Safte«  nach  dem 
Kochen  brauche  man  eiserne  Walsen  mit 
Kupferüberzug.     Um  50  Ztr.  Stoff  täglich  zu 

*)  Das  englische  R.  Mitscherlich'sche  Patent 
war  bemerkenswerterweiee  von  demselben  S  in  er- 
wähnten Patentagenten  W.  E.  Newton,  London 
vertreten,  welcher  nach  S.  38  das  Tilghman'ache 
Patent  angemeldet  und  verteidigt  hatte 


I  produzieren,  kuate   die   »ranze   maschinelle  Ein- 
richtung 1-1000  fl. 

Man  brauche  10%  des  Holzgewichtes  an 
Chemikalien  zum  Preise  von  noch  nicht  1  Fr, 
dazu  kommen  Holzkosten  l''i  Frs ,  so  dass  der 
fertige  Stoff  per  Ztr.  trocken  gedacht  nur  ca  4  Fra 
incl.  allem  kosten  werde. 

Er  sendet  Muster  mit,  verlangt  strengste 
Geheimhaltung  und  1  fl.  per  Zentner  tr.  ged. 
Stoff  für  Ueherbtasung  resp.  Anteil  an  dem 
Patent.  —  Im  zweiten  Briefe  behauptet  M.,  die 
gesandten  Proben  seien  keine  Laboratoriums- 
proben,  sondern  seien  im  Grossen  dargestellt, 
/n  seinem  Apparat  könne  er  täglich  4—5  Ztr. 
Stoff  machen  etc.  Er  behauptet  schliesslich, 
dass  bereit«  drei  Fabriken  sein  Verfahren 
aeeeptiert  hätten;  er  sagt  wörtlich:  „Je  eher  Sie 
das  Verfahren  bei  sich  einrühren,  desto  mehr 
verdienen  Sie  !" 

Die  Patentbeschreibung  S.  20  und  diese 
Briefe  erklären  vollständig  die  Misserfolge ; 
es  stimmen  die  Zerkleinerung  des  Holzes, 
die  Lösungsbeschaffenheii,  die  Temperatur 
und  Kochzeit  keineswegs  zum  Gelingen 
des  Holzaufschlusses.  Fast  scheint  es, 
man  habe  die  Hoffnung  auf  Erfolge,  Sulüt- 
stoff aus  Holz  gewinnen  zu  können,  vor- 
übergehend aufgegeben,  so  dass  sich  daraus 
das  S.  21/22  erwähnte  sächsische  Patent 
auf  ein  Gerbstoffgewinnungs  -  Verfahren 
Dr.  R.  Mitscherlichs  vielleicht  erklärt. 

Prof.  Dr.  A.  Mitscherlich  schloss  nun 
am  7.  August  1875  einen  Vertrag  mit  dem 
Besitzer  einer  chemischen  Kunstdünger- 
und Schwefelsäure-Fabrik  Friedrich  August 
Rissmüller  in  Hann.  Münden. 

Die  Kontrahenten  errichten  darnach: 

Eine  Anlage  zur  Ausbeutung  de»  von 
Herrn  Prof.  Dr.  A.  Mitscherlich  anzugebenden 
Verfahrens  zur  Ausnutzung  des  Holzes  durch 
reduzierende  Substanzen,  welches  A.  Mitscher- 
lich durch  Herrn  Dr.  R  Mitscherlich  zu  Darin- 
stadt  bei  einer  grösseren  Zahl  Regierungen 
hat  patentieren  lassen.  —  Kosten  der  Versuche 
trägt  Prof.  A.  Mitscherlich.  Sämtliche  Kosten 
der  Anlage  tragen  beide  Kontrahenten  zu 
gleichen  Teilen.  — 

Mitscherlich  übernimmt  die  genaue  Angabe 
des  Verfahrens  und  dessen  Verbesserung.  — 
Rissmüller  übernimmt  die  Leitung  nach  von 
beiden  Teilen  bewilligtem  Plane.  —  Rissmüller 
verpflichtet  sich,  das  Verfahren  vollständig 
geheim  zu  halten. 


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E.  KiKCHNEh.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


43 


Der  Plan  zur  Leitung  vom  26.  August  1875 
behandelt:  §  1:  Die  Beschaffung  des  Kapitales 
der  beiden  Kontrahenten  zn  gleichen  Teilen; 
Verluste  werden  durch  die  Einnahmen  gedeckt. 
§2:  Rissmüller  hat  freie  Hand,  in  d,u  Schranken 
des  Betriebskapitals  Ankäufe  für  den  Betrieb 
zu  machen.  Veränderungen  und  Vergrösser- 
ungen  können  nur  unter  Zustimmung  Mitschcr- 
lichs  vorgenommen  werden  Verkäufe  dcB 
Fabrikates  werden  durch  Rissmüller  abge- 
schlossen. §  8:  Rissmüller  hat  unter  Verant- 
wortung die  Bücher  zu  führen,  die  Mitscherlicb 
einsehen  kann.  §  4 :  Vom  Reingewinn  erhält  jeder 
die  Hälfte.  §  6:  Arbeiteranstellung  ist  Riss- 
müllerB  Sache,  Beamte  können  nur  mit  Zu- 
ititnmung  Mitscherlichs  engagiert  werden.  §  6 : 
(Gegenstände,  Räumlichkeiten  u.  s.  w.,  welche 
Rissmüller  unter  Zustimmung  Mitscherlichs 
leihweise  oder  für  immer  hergibt,  werden  von 
einem  Sachverständigen  taxiert  und  nach  §  2 
in  Rechnung  gebracht. 

Der  Sohn  des  Kontrahenten  Rissmüller, 
Herr  Fabrikbesitzer  Georg  Rissmüller, 
sandte  mir  die  hier  nur  im  Auszuge  gegebenen 
Originalverträge  und  sagt  30.  Juni  1899 
dazu : 

»Die  Versuche  wurden  in  der  Fabrik 
meines  Vaters  bezw.  in  einem  auf  deren 
Terrain  dazu  errichteten  Anbau  gemacht 
Es  zeigte  sich,  dass  ausserordentliche 
Schwierigkeiten  für  Erhalt  eines  brauch- 
baren Produktes  zu  überwinden  waren. 
Mein  Vater  bat  sich  dieser  Aufgabe  mit 
der  ihm  eigenen  Energie  in  aufreibender 
Tätigkeit  gewidmet.  1877  war  das  Ziel 
erreicht,  alle  wesentlichen  Schwierigkeiten 
waren  überwunden,  es  wurde  eine  gute 
Cellulose  hergestellt.  Mein  Vater  wollte 
nun  fabrikmässig  Cellulose  machen  und 
in  den  Handel  bringen,  Mitscherlicb  wollte 
weitere  Versuche  machen  Mein  Vater 
war  körperlich  völlig  erschöpft,  sein  nicht 
grosses  Vermögen  war  durch  die  kost- 
spieligen Versuche  derartig  angegriffen, 
dass  er  auf  einen  kaufmännischen  Gewinn 
mit  Rücksicht  auf  seine  Familie  nicht  ver- 
zichten konnte.  Eine  Einigung  war  nicht 
zu  erzielen,  so  schied  mein  Vater  im 
Oktober  1877  nach  Aufstellung  eines  neuen 
Vertrages  (v.  22.  April  1877)  aus,  mit  Zu- 
sicherung eines  gewissen  Gewinnanteiles, 
andernfalls  Auszahlung  eines  Gewinnanteils 
von  900M.jährlich  auf  Lebenszeit  seitens  Mit- 


scherlich. Mein  Vater  starb  22.  Nov.  1888. 
Die  Zahlung  der  900  M.  hat  Prof.  Dr.  A. 
Mitscherlich  geleistet. 

Mein  Vater  hat  in  erster  Linie 
das  Verdienst,  eine  praktisch  ver- 
wertbare Cellulose  hergestellt  zu  haben, 
er  war  aber  nach  diesem  Erfolge  ein  ge- 
brochener Mann.« 

Aus  einer  Anzahl  vorliegender  Briefe 
F.  A.  Rissmüllers  v.  21.  Jan.  bis  17.  Dez. 
1876  an  die  Firma  A.  Wertheim  &  Co.  in 
Cassel  gehen  die  schwierige  Stellung  Riss- 
müllers, seine  grossen  Mühen  und  Opfer, 
die  er  brachte,  und  seine  Verdienste  um 
die  Sulfitsache  zur  Genüge  hervor.  Man 
ersieht  aber  auch  deutlich,  dass  1876  nur 
von  grossen  Versuchen  mit  manchmal 
günstigen,  häufig  aber  auch  ungün- 
stigen Ausfällen  gesprochen  werden 
kann 

Wertheim  rechnete  am  26.  Febr.  1877 
mit  Rissmüller  über  gelieferte  356  Sack 
(4237,5  kg  ~  47*  t  trocken  gedachte  Cellu- 
lose) zu  M.  18. — für  100  kg  ab*  und  verzichtete 
auf  weitere  Geschäftsverbindung  Im 
Januar  1877  waren  diese  Wertheim'schon 
Cellulosevorräte  aus  der  Mündener  Fabrik 
von  Schönwald  in  Lippspringe  bei  Pader- 
born verarbeitet.  Man  erhielt  nach  Wert- 
heims Bericht  ein  sehr  festes  Packpapier, 
dem  heutigen  imitierten  Pergament  aus  IIa 
und  Iii  Cellulose  ähnlich. 

Am  28.  Nov.  1877  gingen  die  erworbenen 
Landespatente  von  Dr.  R.  Mitscherlicb  an 
Prof.  Dr.  A.  Mitscherlich  über.  Letzterer 
selbst  erklärt  übrigens  1892:  sein  Ver- 
fahren sei  erst  1878  fertig  entwickelt 
gewesen.**)  Wie  weit  also  Ekman  Mit- 
scherlich voraus  war,  tritt  deutlich  her- 
vor, wenn  man  die  Seite  40/41  aufgeführten 
amtlich  beglaubigten  Produktionsziffern 
(1876  z.  B.  727  400  kg  =  727,4  t  tr.  ged. 
I  Sulfitston)  betrachtet  und  die  bereits  in 
3  Sprachen   gedruckte  StofTbehandlungs- 

*|  Fitticu  pibt  i}5(>  Sückc  mit  über  %00  kg 
Bruttogchnl'  Cellulose  an.  Der  HatnleUwert  von 
gutem  ungi'hle-izhtt-n  Nutron-  und  Kkmau-Stoli' 
war  187t»  45 — öOM-  lür  100  k# trocken  gedacht. 

**.  l'apkT/.eitu..-  .1«  l&93Xr.W. 


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44 


E.  K1HCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Vorschriften  S.  16/17  dieser  Geschichte 
sich  vergegenwärtigt. 

Mitscherlich  war  aber  auch  1878  durch- 
aus noch  nicht  so  weit,  dass  er  die 
Lösungsbereitung,  "den  Kochprozess  und 
die  übrigen  Fabrikation sprozesse  ganz  be- 
herrschte und  vollkommen  ausgestaltet 
hatte ;  dies  darf  auch  nicht  verwundern, 
wenn  man  bedenkt,  dass  er  von  Haus  aus 
nicht  Fabrikant  war. 

Er  war  damals  in  gleicher 
Lage  wieTilghman  10  Jahre  vorher. 
Er  hatte  wie  dieser  ein  Vermögen  an  die 
Sulfitsache  gewagt  und  hatte  mit  der  kleinen 
Anlage  in  Hann.  Munden  kein  e  Aussicht 
auf  einen  geschäftlichen  Gewinn. 

Wie  es  mit  dem  Rufe  des  Mitscherlich- 
Stoffes  noch  Anfang  *  der  80er  Jahre  aus- 
sah, darüber  ist  schon  S.  25/26  die  Rede 
gewesen. 

Ueber  den  Stand  der  Fabrikation  in 
Hann.  Münden  von  1878  -  1880  besitze  ich 
ferner  eingehende  Berichte  des  in  jenen 
Jahren  als  Direktor  der  Anlage  angestellt 
gewesenen  Chemikers,  späteren  Fabrik- 
besitzers Otto  Vogel.  Derselbe  hatte  er- 
kannt und  seinem  Bruder  Dr.  R.  Vogel- 
Oberweiler  bestimmt  ausgesprochen,  dass 
an  dem  Verfahren,  welches  Mitscherlich 
in  Hann. Münden  ausübe,  wohl  etwas  Gutes 
sei,  aber  so  wie  es  nach  Mitscherlichs 
Anweisungen  dort  betrieben  werde,  sei 
nie  und  nimmer  Geld  zu  verdienen. 
Er  verweist  ganz  richtig  auf  «die  geringe 
Ausdehnung  undLeistungsfähigkeitd.  Kocher, 
aut  die  ungenügende  Kontrolle  der  Zu- 
sammensetzung der  Lösungen  etc. 

Es  ist  dem  zuzufügen,  dass  der  1880 
bis  1883  in  Hann. Münden  angestellt  ge- 
wesene Werklübrer  Ph.  Dietz  mir  am 
20.  Okt.  1899  schrieb,  dass  noch  damals, 
also  noch  nach  1880,  die  meisten  Kochungen 
von  fehlerhafter  Beschaffenheit  waren. 
Er  sagt  wörtlich:  »Wenn  wir  mal  eine 
gute  Kochung  kochten,  wobei  das  Holz 
weich  und  weiss  war,  dann  war  grosse 
Freude  an  allen  Enden.«*) 

*)  Diese  Tatsache  ist  auch  durch  Prozessakten 
festgelegt. 


Dielz  hat  nach  diesem  Briefe  auch  einige 
der  späteren  Zessionare  Mitscherlichs 
praktisch  angelernt  und  hatte  auf  Mit- 
scherlichs Wunsch  ihm  Aufscbreibungen 
(die  er  mir  im  Original  beilegte)  überreicht, 
die  er  seinen  Volontären  vortrug;  Mitscherlich 
habe  ihm  dafür  eine  grössere  Summe 
als  Prämie  ausgezahlt 

Aus  einer  unwidersprochenen  Lebens- 
beschreibung des  ersten  Zessionars  Fried. 
Wetz-Löhnbergerhütte*,  geht  ebenfalls 
hervor,  dass  die  Einrichtungen  in  Hann 
Münden  noch  1880  vieles  zu  wünschen 
übrig  Hessen.  Autoritäten  des  Faches 
erklärten  das  Mitscherlich'scbe 
Produkt  noch  für  unreif. 

Wenn  nachträglich  durch  Mitscherlich 
selbst**)  und  in  der  Fittica'schen  Schrift 
die  Verdienste  der  ersten  Zessionare 
Mischerlichs  um  die  Entwickelung  der 
Sulfitstoffindustrie  gänzlich  verschwiegen 
oder  gar  verneint  werden,  so  muss  dem 
entschieden  entgegengetreten  werden. 

Ohne  diese  tüchtigen  Zessionare 
und  ohne  den  sehr  günstigen  Umstand, 
dass  bei  dem  Papierstoff nangel  die  Natron- 
zellstofffabnkation  zur  Blüte  gekommen 
und  ein  bestimmtes  Absatzgebiet  lürHolz- 
zellstofT  in  Deutschland  bereits  gewonnen 
war,  hätte  Mitscherlich  schwerlich  mehr 
erreicht  als  T  i  1  g  h  m  a  n.  Zeit,  Umstände 
und  tüchtige  Helfer  kamen  ihm  zustatten, 
das  darf  nicht  vergessen  werden  ! 

Ein  sehr  (ordernder  Schritt  für  die 
gewinnbringende  Betreibung  und  damit 
die  Lebensfähigkeit  der  Sulfit- Holzzell- 
stofffabrikation war  es,  dass  bei  dem 
lange  Zeit  erfordernden  Aufschliessungs- 
prozesse Kocher  mit  sehr  grossem  Inhalt  ein- 
geführt wurden  und  dass  die  in  Hann. 
Münden  bestehende  Unsicherheit  des  Koch- 
prozesses beseitigt  wurde. 

Mitscherlichs  erste  Versuchskocher 
hatten  5  cbm  (liegend)  und  8 cbm  (stehend) 
Inhalt,  später  kam  ein  Kocher  von  etwa 
40  cbm  Füllraum  hinzu. 

')  Wochenblatt  A%  1808,  S.  915. 

*•)  l'apierzeitmiK   Mr\       Wochenblatt  für 
Papierfabrikation  1'JÜO,  8  yl!Uü. 


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tf.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


In  Lühnberg  hatte  man  nach  mir  vor- 
liegender Zeichnung  stehende  Kocher  mit 
ob  cbm  Füllraum  für  5  t  Sloffgewinnung 
pro  Kocher  aufgestellt. 

0.  Vogel  wählte  für  seine  Anlage  in 
Zell,  trotz  Mitscherlichs  Abraten,  einen 
Kocher  von  80  cbm  Fdllraum,  bestellte 
drei  Monate  später  seinen  zweiten  Kocher 
(damals  grössten  Kocher  der  Welt)  bei 
Socin  &Wick  in  Basel  von  120  cbm  Füll- 
raum und  setzte  ihn  unter  eigenem  Risiko 
in  Betrieb.  Vogels  kühnes  Vorgehen 
gelang,  die  Kocher  taten  ihre  Pflicht  und 
Schuldigkeit!  Die  von  Hann. Münden  her- 
übergen  o  m  menen  Einricht  ungen  zur  Lösud  gs  - 
bereitung  verursachten  indes  Störungen, 
so  da  äs  die  Anlage  in  Zell  in  der  ersten 
Zeit  noch  mit  Unterbilanz  arbeitete. 
Aua  diesem  Grunde  verbesserte  Vogel 
diesen  Teil  der  Anlage,  indem  er  ge- 
eignete Schwefelöfen  zur  Er- 
zeugung der  schwefligen  Säure  aufstellte 
und  andere  früher  auftretende  Misstände 
beseitigte,  vor  allem  sorgte  er  durch 
chemische  Analyse  der  Lösungen,  die  in 
Hann.  Münden  nicht  im  Betriebe  durch- 
geführt war,  dafür,  dass  er  immer  eine 
richtig  zusammengesetzte  Koch- 
lösung  zur  Verfügung  hatte. 

Bei  erreichter  regelmässiger  Leistungs- 
fähigkeitseiner Anlage  (mit200cbm  Füllraum 
für  beide  Kocher)  an  gutem  Sulfitstoff  sah  er 
sich  plötzlich  vor  einer  neuen  Schwierig- 
keit, dem  Absatzmangel.  Es  galt 
bei  Aufwendung  grosser  Kosten  und  Mühen 
ein  Absatzgebiet  zu  schaffen,  was  der 
Firma  Gebrüder  Vogel  endlich  gelang, 
indem  der  Direktor  Miller  sen.,  Biberist, 
als  grosser  regelmässiger  Abnehmer  ge- 
wonnen wurde.  Die  Vogel'sche  Gellulose 
erreichte  dann  schnell  einen  guten  Ruf  in 
Deutschland,  in  der  Schweiz,  in  Frankreich, 
England  und  Amerika.  1882  kannten  die 
Franzosen  bereits  den  Vogel'schen  Bisulht- 
stoff.*)  1883  erregte  der  Vogel'sche  Stoff 
gelegentlich  der  Londoner  Ausstellung 
grosses  Aufsehen.  Amerikaner  unterhandel- 
ten mit  Vogel  wegen  Gründung  von  Fabriken 
in  Amerika. 

•)  Wochenblatt  1900  S.  16Ü2,o3. 


Die  von  O.  Vogel  errungenen  Erfolge 
welche  in  einem  rentablen  Betriebe  gipfel- 
ten, kamen  naturgemäss  Mitscherlich 
sehr  zu  gute;  gewiss  war  Vogel  be- 
strebt, seine  Verbesserungen  geheim  zu 
halten,  aber  das  war  gar  nicht  möglich, 
j  Der    Vertreter    Mitscherlichs,  Ingenieur 
\  Winter,  war  Erbauer  der  Fabrik  in  Zell, 
|  er  hatte  nach  wie  vor  Zutritt  in  der  An- 
i  läge  und  es  konnte  nicht  verhindert  werden, 
dass  Vogels  Verbesserungen  auf  Winters 
Empfehlung  bei  Erbauung  weiterer  Fabriken 
benutzt  wurden.    Das  liegt  klar  auf  der 
Hand!  — 

Die  von  0.  Vogel  in  Zell  erzielten 
Leistungen  waren  nach  dem  Verfasser  vor- 
liegenden Prozessakten  folgende: 

1.  bis  31.  Dezember  1880        57  t 
im  Jahre  1881       280  t 
„    1882       998  t 
„    1883       946  t 
10  Monate  1884       923  t*) 
Der    Verkaufspreis    der  Vogel'schen 
Cellulose  war  in  dieser  Zeit  34-35  Mk. 
und  etwas  höher.    Hann,  Münden  hatte 
derartige  Erfolge  nicht  im  entferntesten 
aufzuweisen. 

Wir  gewinnen  bei  Würdigung  dieser 
Tatsachen  eine  ganz  andere  Meinung  über 
die  Verdienste  O.Vogels  umdieEntwickelung 
der  Sulfitfabrikation,  als  es  an  anderer 
Stelle  zu  entwerfen  versucht  worden  ist. 

Erst  nachdem  0.  Vogel  in  Zell 
1880/81  gezeigt  hatte,  dass  mit 
dem  Verfahren  Geld  zu  verdienen 
war,  folgten  andere  Unternehmer 
seinem  Beispiele  und  wurden 
Zessionare  Mitscherlichs. 

Vor  Ende  1880  bestand  also  in  Deutsch- 
land nur  die  Cellulosefabrik  Mitscherlichs 
in  Hann.  Münden. 

Die  Anlagen  von  Friedr.  Wetz,  Löhn- 
berg, und  Gebr.  Vogel  waren  Ende  18  80 
in  Betrieb  gekommen. 

Die  Inbetriebsetzungen  anderer  Mit- 
scherlich-Fabriken  erfolgten  vom  Mai  bis 

Vergleichen  wir  die  Jahresproduktionen 
EkmauB  in  Berjrvik  S.  40  41,  so  waren  dieselben 
schon  1677  höher  als  fi  Jahre  später  in  Zell! 


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46 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Dezember  188  2:  Karl  Vogel,  Cham 
(Schweiz);  A.  Simon ius,  Wangen;  Grreser 
&  Wölfl,  Remse;  Brune  &  Kisker.  Nestersilz 
(Oesterr);  Nettingsdorf  (Oesterr.);  Skien 
(Norwegen) ; 

Januar  bis  Dezember  1883:  Steyrermühl 
(Oesterr.);  Gebr.  Dietrich,  Merseburg; 
Meissner,  Raths-Damnitz ;  Wiede  &  Co, 
Hof;  Klusemann,  Voitsberg  (Oesterr.); 
Gebrüder  Weibel,  Kayseraberg;  1.  Ungar. 
Papier  -  Industrie  -  Gesellschaft  Budapest ; 
Alfeld-Gronau;  Ignaz  Spiro  &  Söhne, 
Krummau  (Böhmen);  Eppen,  Winsen; 

Januar  bis  Dezember  1884:  L  Trick, 
Kehl;  C  P.  Fues,  Hanau;  Hocklingsen  bei 
Hemer;  Simonius,  Kelheim;  Kubier  &  Niet- 
hammer, Grcßditz;  H.  Vorster,  Broich ;  Paul 
Steinbock,  Frankfurt  a.0.;  J.  Spatz,  Fulda; 
Vogel,  Bernheimer  &  Schnurmann,  Ett- 
lingen. 

Ausser  Hann.  Munden,  Löhnberg  und 
Zell  waren  also  von  1882-1884  17  Mit- 
scherlichfabriken  in  Deutschland,  8  solche 
im  Auslande  in  Betrieb  gekommen.  Alle 
späteren  Erfolge  Mitscherlichs,  auch  sein 
glückliches  grosses  Geschält  in  Amerika, 
verdankt  er  zum  guten  Teil  dem  erfolg- 
reichen Wirken  seiner  ersten  Zessionare, 
obenan  0.  Vogel,  resp.  der  Firma  Gebr. 
Vogel  in  Zell. 

Der  WertderVogelschen  Verbesserungen 
tür  die  weiteren  Verkäufe  des  Mitscherlicb- 
Verfahrens  in  Deutschland  etc.  sind  übrigens 
auch  in  dem  Urteile  des  Landgerichtes 
Freiburg  vom  22.  April  1885,  welches  mir 
vorliegt,  ausdrücklich  anerkannt.  Ich  hoffe 
danach,  dass  mein  Satz  S.  26/27 : 

„Ein  besonderes  Glück  für  die  neue 
Industrie  war  es  daher,  dass  sowohl  Rissmüller 
als  auch  die  ersten  Zessionare  Mitscherlichs 
über  die  nötigen  materiellen  Mitte!  und  geistigen 
Kräfte,  über  Energie  und  Ausdauer  verfügten, 
um  der  bei  UeberacUting  kleiner  Verhallnisse 
in  grosse  auftretenden  Schwierigkeiten  Herr 
zu  werden**. 

ferner  anerkannt  werde. 

Bewundernswert  und  ver- 
dienstlich bleibtMitscherlichs 
Ausdauer  und  seine  nicht  sinken- 
de Hoffnung  auf  Erfolg  während 


der  schweren  Versuchszeit  in 
Hann.  Münden. 

Den  Ruhm,  Grundlagen  zur  praktischen 
Durchführung  des  von  Tilghman  erfundenen, 
aber  vorher  nur  von  Ekman  geheim  aus- 
geübten Sulfi!  Verfahrens  geschaffen  zuhaben, 
teilt  Mitscherlich  mit  F.  A.  R  i  s  s  m  ü  1 1  e  r 
und  0.  Vogel. 

Die  ersten  wirtschaftlichen  Erfolge  in 
Deutschland  erzielte  auf  Grund  ausgiebiger 
Kocherdimensionen,  zweckmässiger  Koch- 
lösungen  etc.  0.  Vogel,  resp.  die  Firma 
Gebr.  Vogel  in  Zell,  und  erst  darnach  war 
die  schnelle  Einführung  des  Mitscherlich- 
schen  Verfahrens  erfolgt. 

Mitscherlichs  geschäftliches  Ge- 
schick bei  dieser  Einführung  im 
In-  u.  Auslande  und  die  schwierige 
und  mühevolle  Verteidigung  seiner 
Rechte  sind  ausserordentlich 
und  dürften  in  der  Geschichte 
unserer  modernen  Grossindu- 
strieen  einzig  dastehen. 

Mitscherlich  verkaufte  sein  Verfahren  1880 
bis  1883  an  20  Fabriken  Deutschlands,  1881  bis 
1686  ku  8  Fabriken  Oesterreichs,  1882  an 
1  Schweizer  Fabrik,  1887  an  eine  amerikanische 
Gesellschaft,  1889  an  1  Spanische  Fabrik. 

Seine  ersten  Einrichtungen  und  Arbeitsweisen 
(Hann.  Münden)  waren  einfach  und  sweckmässig, 
bedurften  aber,  wie  oben  gesagt,  zu  einem  wirt- 
schaftlichen Grossbetriebe  und  zur  Erzielung 
einer  glcichmüssiijen  la.  Verkaufsware  schon  in 
den  ersten  Fabriken  wesentlicher  Verbesserungen. 
Nach  einer  im  Buchhandel  nicht  erhältlichen 
Schrift  „Die  Prozesse  Mitscherlichs  von  Dr.  jur. 
Richard  Schall,  Stuttgart,  Adolf  Liesching  &  Co. 
1892"  hat  Mitscherlich  denn  auch  in  den  Jahren 
1882—1830  (also  nach  de  u  Erfolgen  in  Zell  etc.) 
noch  3»J  Landespatente  genommen. 

Hinfällig  ist  danach  die  Auffassung, 
es  sei  alles  in  Hann.  Münden  von  Anfang 
an  so  vollkommen  gewesen,  dass  nichts 
Wesentliches  hätte  geändert  und  verbessert 
werden  können. 

Vergleichen  wir  die  Einrichtungen  in 
Hann.  Münden  von  1879,  wie  sie  also  zur 
Zeit  der  Patent-Entnahme  waren,  mit  denen 
einer  neuen  Sulfhhbrik,  so  ist  alles 
verändert  und  verbessert,  vom 
Holzzerkleinern  bis  zum  Verpacken  des 
Sulfit  Stoffes!  —  Dies  kann  kein  Vorwurf 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


47 


sein,  denn  jede  neue  Industrie  muss  ihre 
Lehrjahre  durchmachen.  Jeder,  der  an  der 
Entwickelung  einer  neuen  Industrie  arbeitete, 
wird  das  selbstverständlich  finden. 

Sehr  viele  dieser  Verbesserungen 
stammen  von  anderer  Seite,  wie  die  be- 
treffenden Landespatente  zeigen. 

Die  Verdienste  Anderer  um  das  Sulfit- 
verfahren  aber  überhaupt  ganz  beiseite  zu 
schieben  geht  erst  recht  nicht  an,  dies  ist 
nach  allen  dargestellten  Tatsachen  un- 
möglich !  — 

Von  welcher  Bedeutung  beispielsweise 
auch  das  ganz  anders  ausgestaltete  Ritter- 
Kellner'sche  Verfahren  geworden  ist,  wurde 
vorn  S.  27—28  bereits  erwähnt 

Berücksichtigt  man  die  PatenteTilghmans, 
die  Erfolge  Ekmans,  Ritter-Kellner's,  Flod- 
quist's  u.  a.,  wie  sie  in  den  folgenden 
Kapiteln  noch  ausführlicher  besprochen 
werden  sollen  und  oben  teilweise 
schon  angedeutet  sind,  so  erscheint  es 
ganz  unhaltbar  und  ungerecht- 
fertigt, von  Nachahmern  Mit- 
scherlichs  zu  reden,  wo  es  sich  nur 
um  Nachahmer  T  i  1  g  h  m  a  n  s  handeln 
kann.    Man  lasse  doch  »Jedem  das  Seine« ! 


Ueber  die  schwedischen  Verfahren 
Franke  in  Mölndal,  und  Flodquist  in  Gothen- 
burg (siehe  vorn  Seite  28/29)  gibt 
Herr  Professor  Dr.  P.  Klason,  Stockholm, 
folgende  Aufklärung*): 

„Noch  ein  paar  Worte  über  Franke  in 
Mölndal  and  Flodquist  in  Gothenburg : 

„In  den  70er  Jahren  verlauteten  unter  den 
Papier-  und  Natron-Zelluloserabriksnten  Ge- 
rüchte der  Anwendung  von  Säuren  in  Bergvik; 
man  spürte  aus,  dass  Bergvik  Schwefel  kaufte, 
und  glaubte  erst,  dass  Schwefelsäure  angewen- 
det werde.  Bald  aber  wurde  es  bekannt,  daas 
schweflige  Säure  dazu  diente.  Diese  Gerüchte 
veranlassten  den  Papiermeister  Flodquist  in 
Mölndal  bei  Gothenburg  i  Franke  war  dort  Ge- 
»chaftsdirigent),  mit  schwefliger  Säure  zu  ex- 
perimentieren. Wahrscheinlich  war  er  durch 
Arbeiter  oder  in  irgend  anderer  Weise  mit 
dem  Prinzip  der  Methode  in  Bergvik  bekannt 
geworden.     Genug,    Flodquist   brachte  eine 

•)  Wochenblatt  für  Papierfabrikation  .Tg.  1900 
8.  2247. 


selbständige  Technik  der  Sulfitdarstellung  her- 
vor, charakterisiert  durch  den  langen  liegenden 
und  rotierenden  Kocher,  welcher  unter  den 
Leuten  bei  uns  noch  heute  der  „Flodquist" 
genannt  wird,  nebst  dem  Kammersystem  für 
Siiuredarstellnng,  das  einzige  System,  welches 
nach  meiner  Meinung  dauernd  lebensfähig  rieh 
erweisen  dürfte.  Ekman  und  Flodquist  hielten 
erst  ihre  Verfahren  geheim.  Franke  war  kein 
Techniker,  aber  ein  Gründer  ersten  Rarges, 
er  meldete  auf  die  Erfindungen  von  Flodquist 
unter  eigenem  Namen  ein  schlecht  abgefasstes 
Patent  an,  welches  aber  keine  Rolle  spielte. 
Da  Flodquist  uun  fand,  dass  die  Früchte  mehr- 
jähriger Arbeit  ihm  weggenommen  waren,  nahm 
er  seine  Zuflucht  zu  den  Knochen,  um  eine 
patentfähige  Neuheit  einzuführen.  Die  Be- 
nutzung von  Knochen  war  nur  eine  bewusste 
Patentspielerei. 

Flodquist  war  übrigens  Konstrukteur  und 
hatte  vollständige  Zeichnungen.  Eine  Maschinen- 
fabrik in  Karletadt  hatte  sich  damit  vertraut 
gemacht.  Kurz,  alles  wir  für  die  Sulfitzell- 
stofT-Fabrikation  in  unserem  Lande  in  muster- 
hafter Weise  geboten. 

Während  somit  Bergvik  unzweifelhaft  die 
erste  Sulfitfabrik  der  Welt  war,  konnte  diere 
doch  wegen  verschiedener  Gründe  ökonomisch 
nicht  zur  Blüte  kommen.  Die  Kocher  waren 
zu  klein,  die  Mantelheizung  unzweckmässig. 
Auch  die  Papierfabrikanten  stellten  sich  viel- 
fach ablehnend  gegen  den  neuen  Stoff. 

Flodquist  war  nun  der  Mann,  welcher  in 
Skandinavien  die  Snltitfabrikation  zur  Blüte 
brachte,  und  zwar  ebenso  früh  wie  in  Deutsch- 
land, und  er  wer,  so  viel  ich  davon  verstehe, 
einer  der  hervorragendsten  Techniker  dieser 
wichtigen  Fabrikation.   Er  starb  1897. 

Will  man  gerecht  sein,  so  sollte  der  Name 
Franke  aus  der  Litteratur  verschwinden,  da- 
gegen müssteu  Flodquiats  Verdienste 
vielmehr  hervorgehoben  werden,  nnd  zwar  nioht 
durch  Erwähnung  der  Patentknocheo,  sondern 
seiner  reellen  Leistungen." 

Aus  diesen  Darlegungen  ist  der  Schluss 
wohl  berechtigt,  dass  das  geheim  betriebene 
Verfahren  Ekmans  der  Ausgangspunkt  der 
Skandinavischen  Sulfitzellstoff  -  Industrie 
war.  Das  Flodquist'sche  Verfahren  fand 
in  den  80er  Jahren  auch  in  Deutschland 
Anwendung,  es  ist  in  Heidenau  (Sachsen) 
bis  vor  wenigen  Jahren  ausgeübt  worden 
und  bei  Piette  in  Pilsen  noch  beute  in 
Betrieb. 


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48 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,   III.  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


Besonderes  Interesse  verdient  noch 
die  Entwickelung  der  Sultitzellstoffindustrie 
in  den  Ver.  Staaten  von  Amerika. 

Nach  Mitteilung  de»  Herrn  <ieo.  N.  Flrtchrr 
(Paper  Trade  Journal  I897j  h«U<?  im  itwa  1885 
An  gast  Tbilmany  die  amerikanischen  Hechte 
MitscherJicha  gekauft.  Die  RecHe  für  ArocriVa 
and  Kanada  girgen  am  23.  März  1887  an  di«j 
International  Su1phi*e  Fibre  and  Paper  Coirpauy. 
Detroit  (Mich.)  für  2ö0  000  Dollar»  (1-050000  M  ). 
Flefcber  and  sein  Compagnon  Albert  Pack  bauten 
unter  Thilmany's  Leitung  die  erste  Sul  fit  fahr  ik 
in  Alpe  na  (Michigan1.  Ausser  dem  geten, 
25  corda  (  90,6  cbm)  Hol*  fassenden  Kocher, 
der  60—72  S'unden  zum  Piilleu,  Kochen  (ort 

Atm.  Ueberdruck)  und  Ertleeren  brauchte, 
mussten  viele  Maschinen  wegen  mangelhafter 
Konstruktion  und  andere  primitive  Hilfsmittel 
ausgewechselt  and  ganze  Abteilungen  der  Anlage 
geändert  werden.  Die  Fabrik  kostete  Bcbliesjluh 
200000  Do'lar  (840000  M.)  Ks  zeigfeu  sich  troti- 
dom  viele  Schwierigkeiten,  die  Qualität  ge- 
nügte nicht,  so  dass  der  Kocbprozess  ver- 
beseert,  der  Stoff  raffiniert  und  verschiedene 
Mißstände  behoben  werden  musBtrn.  Mr.  Puck 
trat  au»,  Fletcher  worde  Alleinbesitzer  von 
Alpena  und  eraielte  damals  4'/a  c  Tür  das  Pfund 
(41,7  Pfg.  das  kg)  SulfitstofT. 

Die  bie  1897  eingeführten  Verbesserungen 
und  Vervollkommrngen  gegen  das  ursprüngliche 
Verfahren  drückt  Fletcher  kurz  aus  durch  den 
Sata : 

„Eine  Kochung  wird  beute  (185)7)  in  10-16 
Stund' n  erledigt  und  tine  Leistung  von  10  ton» 
(-  0070  kg)  pro  Tag  von  einem  Kocher  ist  keine 
Seltenheit  mehr !"  Kr  gibt  an,  dasa  sich  die 
Fabrik  später  mehrfach  bezahlt  gemacht  habe 
und  sich  damals  (1807)  noch  gut  verzinste. 

Die  Fabriken,  welche  später  auch  nach 
dem  MiUcherlich- Verfahren  bauten,  hatten 
sämtlich  10  000  Dollars  Patentgebübr  zu  zahlen 
und  haben  snfanga,  nach  Bericht  eines  befreun- 
deten DcuUchamerikanerB,  viel  (ield  ve»loren. 

Die  von  <lem  deutschen  Ingenieur  Meurer 
für  Mr. Pagenstocher  inPalmerp-Falla  N.Y.  gebaute 
Fabrik  soll  dagegen  von  Anfang  an  tield  ver- 
dient ond  sich  in  weniger  ala  2  Jahren  bezahlt 
gemacht  haben. 

Die  ersten  Kitter-Kellner-Aulagen  wurden 
von  Captain  Ellia  in  Kanada,  in  Cornwall  und 
Merriton  (Ont  ),  1885  gebaut. 

l'nter  den  vielen  Verfahren  und  Patenten 
Amerikas  haben  sich  Meurers  einfache  Türme 
und  seine  Kocher  mit  Kleiauskleidung  und  doppel- 


lag'ger  Ausmauerung  am  besten  bewährt.  Ab- 
weichend von  der  deutschen  Arbeitawe:se  wird 
in  keinem  amerikanischen  Kocher  der  Stoff  ab- 
gekühlt und  gewaschen,  sondern  der  Stoff  wird 
stets  mit  Druck  in  einen  Nebenapparat  geachafft 
urd  in  diesem  gewaschen. 

Die  Entwickelung  der  ZellstofTfabrikation 
ist  bezüglich  ihrer  Ausdehnung  und  Ver- 
vollkommnung der  Einrichtungen  und 
der  Arbeitsverfahren  seit  ihrem  Be- 
stehen im  In-  und  Auslande  stets  rüstig 
vorwärts  gegangen.  Die  Grenzen  zwischen 
Mitscberlich-,  Ritter-  Kellner-,  Flodquist-etc.- 
Verfahren  haben  sich  besonders  im  Aus- 
lande mehr  und  mehr  verwischt  Man 
arbeitet  mit  festliegenden,  liegenden 
rotierenden  und  mit  aufrechtfeststehenden 
Kochern  und  wendet  sehr  verschiedene 
Lösungsbereilungs-  und  Stofffertigstelluags- 
Einrichtungen  an.  Es  ist  die  Aufgabe  des 
folgenden  Kapitels, auch  darüber  nähere  Auf- 
schlüsse zu  geben. 

In  Deutschland  gibt  es  gegenwärtig 
62  Sulfitzellstoff  -  Fabriken,  wovon  sich 
29  nach  Mitscherlich-,  12  nach  Ritter- 
Kellner-,  1  nach  Flodquist-  und  20  nach 
eigenem  Verfahren  arbeitend  bezeichnen. 
Die  Jahresproduktion  dürfte  bei  uns  im 
Jahre  1903  330  000  t  Sulfitstoff  erreicht 
haben.  Die  5  Natron- Zellstoff-Fabriken 
Dalbke,  Alt-Damm,  Stahlbammer,  Hugo- 
hütte  und  Königstein  schätze  ich  auf 
20  0CO  t  Leistung  für  1903  ein.  StrohstefT 
wird  bei  uns  nur  nach  dem  Natron-  (Soda- 
und  Sulfat-)  Verfahren  in  29  Fabriken 
hergestellt. 

Amerikaerzeugte  dagegen  1900  schon  etwa 
1 588000  amerik.  tons)  533  000 1  [1 1=1000  kgj 
Holzzellstoff;  davon  entfielen  156000  t  auf 
Natronstoff.  Man  wendet  neuerdings  der 
Verarbeitung  von  Laubholz  in  Amerika 
viel  mehr  Aufmerksamkeit  zu,  als  dies 
bei  uns  der  Fall  ist. 

In  Schweden  und  Norwegen  gab  es  1901 
noch  17  Natron-Holzzellstoff-  und  64  Sulfit- 
Zellstoff-Fabriken,  die  eine  ähnlich  hohe 
Jahresproduktion  wie  Deutschland  mögen 
erzielt  haben. 


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Fabrikation  gelben  ordinären  Strohstoffes. 


Wie  aus  der  vorstehenden  Geschichte 
der  Zellstofffabrikation  (S.  1  —3  dieses  Ab- 
schnittes) hervorgeht,  ist  die  Herstellung 
gelber  Strohpapiere  und  Strohpappen  die 
Vorläuferin  der  Zellstofffabrikation  ge- 
wesen, und  soll  daher  die  Gewinnung  der 
Stoffe  für  diese  ordinären  Fabrikate  hier 
Platz  finden. 

lieber  die  Arten,  das  Vorkommen,  die 
Zuwachsmengen,  die  Aufbewahrung,  die 
Ausbeute,  die  stofflichen  Bestandteile,  den 
äusseren  Bau,  die  feinere  anatomische  Ge- 
staltung der  Zellen,  die  Zerstörungser- 
scheinungen bei  der  Fäulnis  und  über  den 
Wert  der  Pflanzenteile  für  den  Fabrikanten 
von  unserem  Getreideslroh  und  einigen  ähn- 
lichen Rohmaterialien  ist  in  der  Rohstoff- 
lehre  dieses  Werkes  (II  A  S.  43-59)  aus- 
fuhrlich die  Rede  gewesen  und  wird  auf 
diese  Angaben  für  näheres  Studium  aus- 
drücklich hingewiesen. 

Bei  der  Aufschliessung  der  Stroharten 
in  Stoff  der  gelben  ordinären  Art 
handelt  es  sich  um  die  Erweichung  der 
Inkrusten  und  pectoseartigen  Stoffe  (s.  IL  A. 
S.  46  oben)  nur  so  weit,  dass  eine  weitere 
nur  mechanische  Behandlung  der  Stroh- 
substanz die  Gewinnung  eines  Halbstoffes 
(resp.  gleich  eines  Ganzstoffes)  ermöglicht. 

Es  ist  diese  Erweichung  erreicht  und 
kann  stets  erreicht  werden  durch  eine 
Kaltwasserröste  (Maceration)  des 
Strohes,  wenn  dieselbe  genügend  lange 
fortgesetzt  wird. 

Das  Wasser  exlrahirt  Teile  des  Stroh- 
körpers in  erheblicher  Menge,  d.  h.  bringt 
sie  in  Lösung  und  erweicht  mit  der  Zeit 
die  Zwischenlamellen  des  Zellgewebes  so 
weit,  dass  ein  mechanisches  Zerdrücken 
und  Voneioandertrennen  der  Gewebebe- 


standteile des  Strohkörpers  verhältnis- 
mässig leicht  erfolgen  kann. 

Die  Erfahrung  hat  gelehrt,  dass  die  Zeit 
der  Erweichung  abgekürzt  wird  durch  vor- 
herige Zerkleinerung  des  Strohes,  durch 
Anwendung  von  Kalkmilch  Ca(0H)2  und 
schliesslich  hat  die  Wärme  einen  be- 
schleunigenden Einfluss  auf  die  Erweichung. 

Je  nachdem  man  das  Stroh  in  Original- 
länge verbraucht,  oder  in  längere  Stücke, 
oder  kürzere  Teile  (Häcksel)  zerlegt,  je 
nachdem  man  das  Rohmaterial  in  Gruben 
in  Wasser  oder  Kalkmilch  kalt  einweicht, 
oder  unter  Einführung  von  Dampf  im  Bei- 
sein von  Kalkmilch  erwärmt,  oder  in  ge- 
schlossenen Kochern  mit  Kalkmilch  und 
gespanntem  Dampf  behandelt,  unterscheidet 
man  verschiedene  Verfahren,  welche  dem 
gelben  Strohstoff  ein  helleres  oder  dunkleres 
Aussehen,  sowie  den  Papieren  und  Pappen 
daraus  verschiedene  Farben  und  Eigen- 
schaften verleihen. 

Sicher  ist,  dass  die  Kalkmilch  selbst  unter 
Anwendung  höherer  Wärmegrade  (in  ge- 
schlossenen Kochgefässen  unter  mäasigem 
Dampfdruck)  die  inkrustierenden  Stroh- 
bestandteile wenig  angreift.  Die  geringen 
Mengen  vorhandener  und  sich  bilden- 
der organischer  Säuren  werden  gebunden. 
Der  allergrösste  Teil  der  Kieselsäure  Si  Oa 
dürfte  im  Strohe  verbleiben,  wie  durch 
Aschenanalysen  gelber  Strohstoffe  leicht 
nachweisbar  ist.  Uebrigens  hat  man  über 
die  Natur  der  Kieselsäure  im  Strohkörper 
keineswegs  volle  Klarheit.  So  heisst  es 
in  Muspratt's  Chemie,  bearb.  von  Stoh- 
mann  und  Kerl  VI  Papier  S.  1764  (etwa 
1896  bearbeitet): 

„Ein  prosscr  Teil  der  Kieselsäure  des  Strohe« 
„ist  im  Wasser  löslieh,  lässt  sich  durch  blosses 
„Auskochen  mit  Wasser  entfernen,  der  Rest 

8.  Bogen  1809. 


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50  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C  ZELLSTOFFE. 


„tritt  nur  in  amorpher  Form  auf  und  bleibt 
„Wim  vorsichtigen  Verbrennen  in  Gestalt  eines 
„Skelettes  zurück,  welches  genau  »lie  (iestalt 
„der  Zelle  zeigt,  aus  welcher  die  Kicjelsiiure 
„hervorgegangen  ist.  I'araus  aher  erhellt  mit 
..aller  Sicherheit,  das*  von  einer  Ablagerung 
,.kry»talli»irter  Kieselsäure  in  den  l'Hanzen/.ellen 
„keine  Rede  sein  knnn.  In  welcher  Form  die 
„Kieselsäure  in  den  Pllanzetizcllcti  auftritt,  ist 
„bis  jetzt  nicht  mit  Sicherheit  /.u  Nagen,  \  icl- 
,, leicht  als  amorphe,  leicht  lösliche  Modifikation, 
„vielleicht  aher  auch  tritt  Kieselsäure  als  solche 
„überhaupt  in  der  l'tlanzc  nicht  auf,  sondern 
„entsteht  erst  hei  deren  Verbrennung  zu  Asche; 
„vielleicht  enthält  die  Pflanzen/eile  eine  Sili- 
„cinmverbiudung,  in  welcher  das  Silicium  an 
..Stelle  des  Kohlenstoffs  in  eine  organische 
„Verbindung,  z.  it.  (Vllulose,  eingetreten  ist." 

Von  den  Pflanzen-Anatomen  wird  die 
Kieselsäure  auch  als  Infiltrationss  toff 
der  Pflanzen  angesprochen  (vergl.  II.  A. 


S.  5  links  oben).  Sie  beliodet  sich  also 
laut  vorstehender  Beobachtung  des  Rück- 
standes eines  vollständigen  Pflanzenskeletts 
nach  der  Veraschung,  durch  die  ganze 
Pflanze  verteilt  vor. 

Die  Kalkmilch  allein  entfernt,  wie  gesagt, 
nur  einen  geringeren  Teil  der  Kieselsäure, 
während  Aetzalkalien  etc.  im  eigentlichen 
Sinne  lösend  auf  die  Kieselsäure  wirken. 

Unser  Roggenstroh  soll  nach  Emil  Wolf! 
(vergl.  II.  A.  S  45  unten)  3.2  pCt.  Asche, 
unser  Weizenstroh  5,5  pCt.  Asche  enthalten. 

Direktor  Schacht  gibt  für  Fabrikations- 
stroh 4—7  pCt.  Asche  an  (s.  später). 

Aus  der  Sammlung  des  Verfassers 
wurden  Pappen,  Papiere  und  Stoffe  ent- 
nommen und  bei  Veraschungen  von  Prof. 
Dr.  Goldberg  folgendes  gefunden: 


1)  Ostfriesische  Weizenstrohpappe  von  1873  ergab 

2)  Schlesisches  Weizenstrohpapier  von  1878  ergab 

3)  Anhaltisches  Roggenstrohpapier  von  1880  ergab 

4)  Weizenstrohstoff  mit  Aetznatron  gekocht  und  etwas 
gewaschen  von  1888  ergab  .... 

5)  dto.  derselbe  Stoff,  aber  gründlich  gewaschen,  raflinirt 
und  gebleicht  von  1888  .... 

6)  Feinster  Sullit-Weizenstrohstoff  der  Jetztzeit  ergab 


20,13  pCt.  Asche 
9,89 
6,78 

2,40 


1,93 
1,23 


Die  ersten 3  Erzeugnisse  sind  ordinäre 
gelbe  Strohware.  Zur  Pappe  ad  1 
ist  zu  bemerken,  dass  es  in  der  Erzeug- 
ungsfabrik damals  gebräuchlich  war.  be- 
deutende Mengen  Lehm,  d.  h.  gelben  Thon 
mit  zu  verwenden;  gewaschen  wurde  gar 
nicht,  so  dass  auch  ein  guter  Teil  des 
Thones  und  Kalkes  in  dieser  Pappe  ver- 
blieb. Das  Zurückbleiben  von  Kalk  und 
von  viel  Kieselsäure  muss  man  auch  für 
die  Papiere  ad  2  und  3  annehmen. 

Die  letzten  drei  Proben  belehren  uns, 
dass  durch  das  W  aschen  der  mit  Alkalien 
gekochten  Stoffe  der  grösste  Teil  der  Kiesel- 
säure entfernt  ist,  und  dass  nach 
moderner  Fabrikationsweise  gebleichten 
Strohstoffes  nur  noch  wenig  Kieselsäure 
im  Strohstoff  zurückbleibt. 

In  deutschen  Strohpapier-  und  Stroh- 
pappen-Fabriken hat  Verfasser  bei  seinem 
Eintritt  in  die  Praxis  der  Papierindustrie 


(1873)  und  später  verschiedentlich  das 
Verfahren  des  Einsetzens  von  Langstroh 
oder  langgeschnittenen  Strohes  in  Gruben 
mit  Aetzkalk,  oder  in  offenen  Fässern  mit 
Aetzkalk  unter  Erwärmung  mit  Abdampf 
von  Betriebsmaschinen  kennen  gelernt, 
resp.  angewendet.  Heute  wird  bei  uns  zur 
Herstellung  gelben  Strohstoffes  ziemlich 
allgemein  das  Stroh  gehäckselt,  mit  Kalk- 
milch in  geschlossenen  Kochern  unter  An- 
wendung von  abgehenden,  meistens  aber 
j  von  direktem  Dampf  gekocht,  auf  Koller- 
gängen zerquetscht  und  in  Holländern 
fertig  gemahlen. 

Es  seien  zunächst  die  hierbei  nötigen 
Maschinen  und  Einrichtungen  näher  be- 
schrieben. 

Häcksellade. 

Handhäckselladen  dienten  früher  wohl 
dazu,  Langstroh  drei  bis  viermal  zu  durch- 
schneiden, um  dies  verkürzte  Stroh  in 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


51 


Gruben  oder  Fässern  einzutragen  und  wie 
oben  beschrieben,  zu  behandeln.  Ob  hie 
und  da  diese  unrationelle  Handarbeit  für 
den  Fabrikbetrieb  noch  angewendet  wird, 
ist  dem  Verfasser  unbekannt. 

Die  Konstruktion  der  Häckselladen  ist 
von  ähnlich  primitiver  Art  derjenigen  Hand- 
laden, wie  sie  in  kleinen  landwirtschaft- 
lichen Betrieben  heute  wohl  noch  in  Thätig- 
keit  sind:  Längere  Holzlade  zum  Einlegen 
des  Strohes  mit  eisernem  vertikalem,  oben 
ofTenen  Mundstück,  eine  Pressvorrichtung 
kurz  vor  dem  Mundstück  durch  Hebelvor- 
richtung mit  Trittbrett  durch  den  einen 
Fuss  des  Arbeiters  bethätigt,  ein  an  einer 
Gelenkslange  befestigtes  von  der  Hand  des 
Arbeiters  geführtes  Schneidmesser.  Nach 
erfolgtem  Schnitt  wird  nach  Heben  der 
Pressvorrichtung  die  Strohbahn  um  '/*  bis 
Vi  m  mit  den  Händen  vorgeschoben. 

Beim  Schneiden  kurzen  Häcksels  bedient 
man  sich  bekanntlich  einer  mehrzinkigen 
Gabel,  die  zwischen  Zinken  und  Hand- 
prifT  mittelst  einer  Kette  am  Pressbalken 
befestigt  ist,  hinter  dem  Pressbalken  in 
die  Strohbahn  eingestossen  wird  und  durch 
Druck  am  kurzen  Hebel  mittelst  der  Hand 
den  kleinen  Vorschub  der  Strohbahn  be- 
wirkt. 


Häckselschneidmaschinen. 

Für  Strohpapier-  und  Pappenfabriken 
jind  Maschinen  nach  zwei  verschiedenen 
Systemen  eingeführt.  Das  auch  in  der 
Landwirtschaft  vorwiegend  eingeführte 
System  hat  mehrere  an  einem  Schwung- 
rade befestigte,  bogenförmig  ge- 
staltete Messer,  welche  mit  ihren 
Messerschneiden  einen  ebenen  Kreis  be- 
schreiben, am  ebenflächigen  Mundstück  der 
Häcksellade  vorbeigeführt,  das  Schneiden 
des  Strohes  in  bestimmte  Länge  bewirken. 
Man  unterscheidet  bei  den  Messerrad- 
maschinen solche,  welche  Mitte  Welle  nach 
der  äusseren  Peripherie  des  Rades  zu 
schneiden  und  solche,  die  von  aussen 
nach  innen  zu  schneiden.  Die  letztere 
Bauart  wird  meistens  bevorzugt.  Ein 
weiteres  älteres,  jetzt  seltener  anzutreffen- 
des Trommel- System  hat  mehrere 
spiralig  gewundene  Messer  auf  zwei  starken 
gusseisernen  kreisrunden  Scheiben  der 
Maschinenhauptwelle  angeschraubt.  Die 
Schneiden  dieser  Messer  beschreiben  bei 
der  Drehung  eine  genaue  Cylinderober- 
fläche,  an  welcher  sich  das  Gegenmesser 
und  die  Mundstückseitenkanten  genau  an- 
schliessen.  Die  periodische  Beanspruchung 
durch  die  Messerschnitte  wird  durch  zwei 


*H«n»ruicht.  Häckselmaschine  von  Bcrauma  haus  &  i'u.,  M aachinenf abri k  und  Eisenjriesscrci,  HagdetaugtXauatadt. 


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52 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


Fig.  3.  Vorderansicht.  Häckselnaachlne  v.  H.  Laas  & 

Schwungräder  auf  derselben  Welle  ausge- 
glichen. 

Herr  Direktor  Schacht  in  Coswig  hat 
von  ihm  umkonstruirte  amerikanische 
Zucker rohrschneider  für  den  Häck- 
selei-  Betrieb  eingeführt.  Diese  repräsen- 
tiren  ebenfalls  das  Trommelsystcm  in 
grosser  Vervollkommnung  und  solidester 
Ausführung. 

Häckselmaschine  mit  3—4  Messern,  auch 
5  Messern  an  einem  Schwungrade  von 
Hermann  Laas  &  Co.,  Magdeburg-Neustadt. 

Diese  solide  gebaute,  besonders  für 
dauernden  Fabrikbetrieb  empfohlene  Häck- 
selmaschine ist  in  Fig.  2  in  Seitenansicht, 
in  Fig.  3  in  Vorderansicht  dargestellt.  Aus 
denselben  ist  ersichtlich,  dass  das  leicht 
auswechselbare  Schwungrad  resp.  die 
Messerwelle  durch  Fest-  und  Losriemen- 
scheibe angetrieben  oder  stillgestellt  wer- 
den kann. 

Das  Schwungrad  trägt  3 — 4  gebogene 
(nicht  mehr  5  wie  früher  ausgeführt) 
Schneidmesser  von  bestem  Stahl. 

Vorschub  des  in  die  Lade  einge- 
legten Strohes  geschieht  mechanisch,  mit- 


Co.,  Maschineuf.  &  Einengie«».  Magdeburg-Neustadt. 

telst  eines  schmiedeisernen  Gliederzuführ- 
ungsgurtes und  einer  Vorschubwalze,  welche 
beide  durch  Umschaltung  eines  konischen 
Wechselradtriebes  Fi&.  2  und  durch  eine 
dem  Bedienungsmann  handlich  liegende 
Hebeleinrichtung  auf  vorwärts,  auf 
plötzlichen  Stillstand  und  auf  rück- 
wärts eingestellt  werden  können.  Diese 
Einrichtungen  sind  bei  eintreten- 
den Verstopfungen  und  bei  gefahr- 
drohender Einziehung  der  Hand 
des  Bedienungsmannes  für  Beseitigung 
und  L'nschädli  chmachung  beider 
Vorkommnisse  besonders  wichtig' 
Das  Stroh  wird  also  mittelst  des  unteren 
Zuführungsgurtes  iL  der  oberen  Speisewalze, 
die  von  einem  Blechschutz  verdeckt  ist. 
durch  das  Mundstück  der  Lade  vorge- 
schoben. Hin  beim  Vorschub  angehobener 
beim  Schnitt  durch  Hebel  und  Gewicht 
niedergedrückter  Pressbalken  quer 
über  die  Lade  kurz  vor  dem  Mundstück, 
sorgt  für  Festhalten  und  Zusammendrücken 
des  Strohstranges  und  dadurch  für  tadel- 
losen, glatten  Schnitt  des  Strohes.  Durch 
das  in  Fig.  3  sichtbare  Stirnräderwerk 
aus  Gussstahl  ist  die  Einstellung  der  Vor- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.   ZELLSTOFFE.  53 


schublänge  des  Strohstranges,  oder  die 
Länge  des  Häcksels  etwa  10—25  mm  er- 
möglicht. Die  Breite  des  Messerkopfes 
oder  des  Mundstückes  ist  380  mm,  sämt- 
liche Lagerstellen  sind  von  Rolguss.  Das 
auf  Holzrahmen  montirte  Gestell  der  Ma- 
schine ist  von  Schmiedeeisen.  In  den 
äusseren  Vorschublriebrädern  sitzt  ein 
Stift,  welcher  als  Sicherung  Tür  die  Ma- 
schine dient.  Kommen  Eisenteile  etc.  in 
den  Schneidapparat,  so  bricht  dieser  dünne 
Sicherungsstift  ab,  der  Vorschub  von  Häck- 
sel hört  auf  und  die  Maschine  bleibt  un- 
beschädigt. Die  Erneuerung  dieses  Sicher- 
heitsstifts  ist  leicht  und  schnell  zu  bewerk- 
stelligen. 


Die  Laassche  Maschine  wird  in  drei 
Soliditätsgraden  mit  3  oder  4  (nicht  mehr  5) 
Messern  ausgeführt :  1)  Leichte  Ausführung, 
Gewicht  1300  kg,  Preis  etwa  Mk.  1350.—; 
2)  Wellen-  und  Räder  stärker,  Gewicht 
1500  kg,  Preis  etwa  Mk.  1G00.  — ;  3)  In 
allen  Teilen  kräftiger  und  stabiler,  für 
dauernden  Tag-  und  Nacht-Fabrikbetrieb 
berechnet,  Gewicht  2300  kg,  Preis  etwa 
Mk.  2li00.— . 

Der  Raumbedarf  der  Maschine  wird 
auf  4  X  l1/*  m  Bodenfläche  angegeben. 

Tourenzahl  240-300  p.  Minute. 

Leistung  p.  Stunde  1000-1500  kg  bei 
10—12  mm  Häcksellänge.  Leistung  p. 
Stunde  1500—2000  kg  bei  25  mm  Häcksel- 


Fig.  4.   Häcksel-Schneidemaschine.   Gebrüder  Bachseaberg,  Kuulau  i.  Anhalt 


länge,  bei  einem  Kraftbedarf  von  6—8 
Pferdestärken. 

Die  Leistung  ist  nach  der  Tourenzahl, 
Messerzahl  und  Häcksellänge  entsprechend 
verschieden,  sie  ist  aber  auch  noch  ab- 
hängig von  der  Strohart,  von  dessen  Be- 
schaffenheit und  von  der  Geschicklichkeit 
des  Einlegers. 

Bei  Verwendung  gepressten  Maschinen- 
drusch-Strohes, auf  welches  viele  Fabri- 
kanten angewiesen  sein  werden,  wird  man 
obige  Leistungen  bei  weitem  nicht  er- 
reichen können. 

Trommel  -  Häckselschneidemaschine. 

Als  Beispiel  dieser  Maschinenart  für 
kleineren  Betrieb  ist  Fig.  4  das  Bild  der 
Häckselmaschine  von  Gebrüder  Sachsen- 
berg, Rosslau  in  Anhalt,  gegeben. 

Auf  horizontaler,   solide  in  stabilem 


Gestell  gelagerter  Welle  ist  die  Messer- 
trommel mit  zwei  schraubig  gewundenen 
Messern,  dem  Schwungrade  und  den  An- 
triebriemenschalen montirt.  Der  Durch- 
messer der  Trommel,  über  die  Schneid- 
kanten beider  Messer  gemessen,  ist  450  mm, 
das  sich  an  den  von  den  Messerkanten 
beschriebenen  Cylinder  anschliessende 
Mundstück  mit  dem  Gegenmesser  ist 
400  mm  breit,  die  hinter  dem  Mundstück 
liegende,  untere,  ruckweis  durch  ent- 
sprechende Räder  angetriebene  Speisewalze 
ist  fest  gelagert,  die  obere  Speisewalze 
ist  hebbar  und  wird  durch  ein  Gewicht 
aufgedrückt,  so  dass  in  der  Einlagehöhe 
gewechselt  werden  und,  wenn  einmal  zu- 
viel eingelegt  wird,  eine  Verstopfung  doch 
nicht  so  leicht  eintreten  kann.  An  das 
eiserne  Gestell  schliesst  sich  der  hölzerne 
Einlegetrog  an. 


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5t  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


55 


Das  Gewicht  dieser  Maschine  wird  auf 
1040  kg  angegeben,  die  Leistung  bei  100 
bis  110  Umdrehungen  der  Trommel  pro 
Minute  auf  600  kg  pro  Stunde  bei  2  PS. 
Krafterfordernis.  Aehnliche  Maschinen, 
jedoch  mit  zwei  Schwungrädern  und  vier 
Messern  bis  zu  395  mm  Schnittbreite  liefert 
auch  die  Minerva-Hütte  in  Haiger  (Prov. 
Nassau). 

Die  erwähnten,  von  Schacht  umkon- 
slruirten  amerik.  Trommelmaschinen  haben 
6—8  Messer,  machen  400—600  Um- 
drehungen pro  Minute  und  leisten  3500 
bis  5000  kg  Häcksel  pro  Stunde. 

Bei  Stoffherstellung  für  ordinäre  Stroh- 
papiere und  Strohpappen  wird  auf  eine 
Sortirung  und  Reinigung  des  Häcksels 
verzichtet;  auch  stellt  man  die  Häcksel- 
maschine gerne  so  hoch,  dass  der  Häcksel 
auf  einem  Boden  über  den  Kochapparaten 
fällt,  sodass  ein  weiterer  Transport  des 
Häcksels  nicht  nötig  wird. 

Die  Strohkocher. 

Es  haben  sich  Strohkocher  in  cylin- 
deriacher,  in  schwachkegelförmiger  (Fig.  5; 
and  kugelförmiger  Gestalt  (Fig.  6)  für  das 
Strohkochen  eingeführt.     Letztere  Form 


ist  in  Deutschland  für  Gelbstrohstoffgewin- 
nung fast  ausschliesslich  anzutreffen,  weil 
das  Füllen  und  Fesleinpacken,  Nachfüllen 
und  Nachstampfen  bei  ihnen  möglich  ist, 
ohne,  wie  bei  den  cylinderischen  und  kegel- 
förmigen Kochern,  Arbeiter  in  den  Kochern 
arbeiten  lassen  zu  müssen. 

Die  Maschinenfabrik  Germania  zu  Chem- 
nitz, deren  gütigem  Entgegenkommen  Ver- 
fasser die  Bilder  Fig.  5  bis  8  verdankt, 
baut  alle  drei  Arten  mit  Schneckenantrieb, 
oder  auf  Wunsch  auch  mit  doppeltem 
Stirnräder- Vorgelege. 

Die  Cylinder,  Kegeln  und  Kugeln  wer- 
den aus  bestem  rheinischen  Kesselblech 
gefertigt.  Die  bis  zu  5  Atm.  Arbeitsdruck 
beanspruchten  Kessel  werden  einreihig, 
die  höher  beanspruchten  doppel-  resp. 
dreireihig  auf  hydraulischen  Nietpressen, 
also  mechanisch ,  genietet.  Ucberhaupt 
wird  der  Biegung  der  Bleche,  der  Nietung, 
der  weiteren  Bearbeitung  und  der  schliess- 
lichen  Montage  der  Kessel  in  der  jüngst 
neu  erbauten,  musterhalt  eingerichteten, 
grossen  Kesselschmiede  genannter  Firma 
höchste  Sorgfalt  gewidmet. 

Die  Preisliste  der  „Germania"  zählt 
folgende  6  Grössen  von  Kugelkochern 
auf,  welche  sie  liefert: 


Durchmesser 
in  mm  lichten 

Inhalt 
cbm 

Füllung 
Stroh  kg  j    Lumpen  kg 

Gewicht  der  Kocher  kg  bei 
5  Atm.  Druck  [  7  Atm.  Druck 

2000 

4,1 

320  bis  400 

500  bis  600 

3200 

3100 

2250 

5,9 

450  »  600 

800  .  900 

3500 

3700 

2500 

8,1 

640  »  850 

1100  .  1300 

4350 

4580 

2600 

9,2 

720  »  950 

1200   »  1400 

5300 

5600 

2750 

10,8 

800  »  1150 

1400  »  1700 

6200 

0500 

3000 

14,0 

1100  >  1500 

1900  »  2100 

6450 

6800 

Bern.  Die  erste  Strohfüllung  (fett  gesetzt)  ist  die  gewöhnliche,  von  der  Fabrik 
angegebene,  die  zweite  Füllung,  vom  Verfasser  zugefügt,  lässt  sich  durch  Festpacken 
oder  Feststampfen  des  Stoffes  erzielen. 


Man  giebt  den  Strohkochern 
zweckmässig  eine  Umfangsgeschwindigkeit 
v  =  0,13  m ,  d.  h.  ein  Kugelkocher  von 
2500  mm  Durchm.  macht  1  Umdrehung  in 
der  Minute,  ein  solcher  von  2000  mm 
Durchm.  VIa  Umdrehung,  ein  solcher  von 
3000  mm  Durchm.  etwa  0,8  Umdrehungen. 


Je  nach  der  Grösse  und  Füllung 
brauchen  diese  Kocher  1  bis  2  PS.  für 
ihren  Antrieb  unter  Einhaltung  obiger 
Tourenzahl. 

Nach  Ansicht  einiger  Stofffabrikanten 
werden  ab  und  zu  schnellere  Bewegungen 
ausgeführt,    da  es  indes  nur  auf  gute, 


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f>6 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  ß.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


Fifr.  7  V.  rtiknl-^.iorsrhnitt,  FiP.  8  (irumlrin.  Kugelkocher  der  Maschinenfabrik  Germania. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.   ZELLSTOFFE.  57 


innige  Durchmischung  des  Inhaltes  an- 
kommt und  diese  bei  obigen  Umdrehungen 
nach  der  Erfahrung  genügend  erfolgt,  so 
dürfen  dieselben  als  passend  bezeichnet 
werden. 

Die  Antriebskrart  steht  bei  gleichem 
Kocher  in  direktem  Verhältnis  zur  Um- 
drehungszahl, d.  h.  braucht  ein  Kocher  von 
2500  mm  1.  Durchm.  bei  1  Umdrehung  pro 
Minule  Vit  PS.,  so  erfordert  er  3  PS.  zum 
Antriebe,  wenn  man  ihn  2  Umdrehungen 
pro  Minute  ausführen  lässt. 

Zum  besseren  Verständnis  der  Kocher- 
einrichtung und  der  Arbeitsweise  mit  der- 
selben sind  die  Fig.  7  Vertikal-Querschnitt 
und  Fig.  8  Grundriss  eines  Kugelkochers 
gegeben. 

Der  Kocher  ist  auf  starken  Fundamen- 
ten F,  welche  einen  Stoflkasten  mit  Rost 
und  Ablauf  x  bilden,  montirt.  Die  schmiede- 
eiserne Kugel  A  besitzt  zwei  grosse  dia- 
metral stehende  gusseiserne  Flantschen, 
an  welche  die  hohlen  Zapfen  B  ange- 
schraubt sind;  ausserdem  zwei  weite  guss- 
eiserne Mannlöcher  C,  durch  welche  die 
Füllung  und  Entleerung  erfolgt,  und  zwei 
Ablasshähne  D,  welche  vor  Oeffnung  eines 
oder  beider  Mannlochdeckel  geöffnet  wer- 
den können,  um  dem  letzten  Dampf,  sowie 
der  letzten  Kochlauge  oder  dem  letzten 
liest  des  Waschwassers  den  Austritt  aus 
dem  Kocher  zu  gestatten. 

Die  hohlen  Zapfen  B  ruhen  in  starken 
langen  Lagern  der  Gestellböcke  G,  welche 
auf  den  Fundamenten  F  festgeschraubt 
sind;  sie  besitzen  Ein-  resp.  Ausgangs- 
stutzen mit  entsprechenden  Stopfbüchsen 
Die  Stutzen  werden  durch  an  G  festge- 
schraubte Böckchen  E  an  der  Drehung 
verhindert,  sie  tragen  links  die  Ventile  V, 
und  V,  für  Einführung  des  Kochdampfes 
und  des  Wascbwassers.  Ein  kleines  Sieb  s 
links  im  Inneren  der  Kugel  verhindert  das 
Zurücktreten  von  Stoff  nach  diesen  Ven- 
tilen. Der  Stutzen  rechts  hat  Ansätze  für 
•'5  Ventile  V,,  V4  und  VÄ;  durch  V»  wird 
der  Dampf  mittelst  des  hinter  dem  grossen 
Siebe  S  befindlichen,  mit  dem  Kocher 
drehenden,  bei  0  abgedichtet  befestigten, 


hierfür  nach  oben  gestellten,  gebogenen 
Rohres  abgestossen.  Durch  V4  wird  bei 
der  gezeichneten  Stellung  des  Rohres 
(also  nach  unten)  das  Hauptquantum  der 
Kochflüssigkeit  aus  dem  Kocher  in  ein 
Absitzreservoir  geführt  und  durch  V4  kann 
etwa  angewendetes  dünnes  Waschwasser 
nach  einer  anderen  Stelle  in  ein  Reservoir 
oder  den  Ablauf  kanal  der  Fabrik  abgeführt 
werden.  Ein  Sicherheitsventil  N  und  ein 
Manometer  M  vollenden  die  Armatur  des 
Kochers. 

Links  sehen  wir  im  Auf-  und  Grund- 
riss den  Antrieb.  Bei  einem  Kocher  von 
2500  mm  Durchm.  besteht  derselbe  aus 
den  Lagerungen  der  Wellen,  den  Fest- 
und  Losriemenscheiben  Z  je  500  mm  Durch- 
messer, 120  mm  breit,  der  Welle  w,,  dem 
konischen  Räderpaar  U  Eisen  (30  Zähne), 
auf  Holz  (86  Zähne),  Welle  Wa  mit  einer 
aufgekeilten  eingängigen  Schnecke  T  und 
dem  grossen  auf  dem  Zapfen  B  befestigten 
Schraubenrade  R  mit  90  Zähnen.  Bei  einer 
Umdrehung  des  Kochers  muss  also  die  Vor- 
36 

gelegewelle  W,  .  90  =  108  Um- 

drehungen in  der  Minute  machen. 

Von  den  Seite  54  Fig.  5  dargestellten 
kegelförmigen  Kochern  hat  die  Maschinen- 
fabrik Germania  solche  von     Qiv  mm 

Durchm.,  2700  mm  lang,  6,1  cbm  Inhalt, 

2000 

und  doppelkegelförmige  <>  ™m 

Durchm.,  3600  mm  lang,  12,6  cbm  Inhalt 
geliefert.  Besonders  die  letztere  Form 
soll  sich  für  Strohkocher  auch  besonders 
gut  bewährt  haben. 

Die  Gebrüder  Sacbsenberg  zu  Rosslau 
in  Anhalt  bauen  ebenfalls  seit  Dezennien 
gut  bewährte  Strohkocher.  Fig.  9  S.  58  zeigt, 
dass  hier  zu  den  Ein-  und  Ausgangssieben 
noch  weitere  innere  Siebe  über  den  Ab- 
laufhähnen kommen,  welche  Verluste  an 
Stoff  vermeiden  und  das  Ablassen  der 
Kochlauge  oder  des  Waschwassers  be- 
schleunigen. 

i>   lt<.««n  1899. 


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58 


E.  KIRCHNEB.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C  ZELLSTOFFE. 


Fig.  9.   Strohkocher.  Gebr. 


Kollergänge. 

Diese  Maschinen  haben  wahrschein- 
lich schon  in  der  arabischen  und  erst- 
europäischen. Papiermacherei  eine  Bolle 
gespielt ,  indem  sie  als  einläuferige 
Kollergänge,  nach  Verlassen  der  Stampf- 
methode der  Lumpen  mit  Handstämpel  im 
Steinmörser,  zum  langsamen  Zermalmen 
der  Lumpen  dienten.  Sie  sind  durch  die 
mehrhämmerigen.  mechanisch  betriebenen 
Stampfwerke  (Deutsche  Geschirre)  etwa 
im  XII.  Jahrhundert  abgelöst  und  kamen 
dann  erst  wieder  in  neuerer  Zeit  zum 
Auflösen  von  Papier  und  erweichten  kurz- 
faserigen Papierstoffen,  z.  B.  gekochtem 
Stroh,  in  Gebrauch. 

Die  neuere  Bauart  der  Kollergänge  bis 
um  das  Jahr  1870  war  im  Gegensatz  zu 
den  alten  einläuferigen  schon  stets  zwei- 
1  ä  u  fe  r  i  g. 

Auf  einem  horizontalen,  kreisrunden 
Boden  B,  Fig.  10,  aus  Stein  oder  Eisen, 
rollten  zwei  vertikal  stehende  Läufer  L 
aus  Stein,  auf  einer  horizontalen,  starren 
Achse  AA  in  Steinbüchsen  sitzend  und 
gegen  Abrollen  durch  Keile  gesichert.  Die 
Achse  konnte  in  einem  Schlitz  der  verti- 
kalen, von  oben  oder  unten  angetriebenen 
Welle  V,  je  nach  der  Dicke  des  auf  dem 
Bodenstein  befindlichen  Mahlgutes  auf- 
und  absteigen.  Der  Bodenstein  B  war 
von  einem  Teller  aus  Holz  oder  Eisen 
umgeben,  um  grössere  Mengen  Rohstoffes 
eintragen  zu  können.    Zwei  oder  mehr 


Rosslau  in  Anhalt. 


sogenannte  Streichschaber  sorgten  dafür, 
dass  das  Mahlgut  auf  der  horizontalen 
Fläche  gewendet  und  immer  wieder  unter 
die  Steine  geschafft  wurde.  Durch  An- 
bringung einer  grösseren  Thür  im  Teller 
i  und  eines  dritten  hoch-  und  tiefstellbaren 
Schabers  war  eine  Entleerung  der  Maschine 
von  fertig  gekollertem  Stoffe  ermöglicht. 

Die  Maschinen  bewährten  sich  für  Auf- 
lösen von  Altpapier  und  zum  Vormahlen 
gekochten  Strohes  vorzüglich,  besonders 
thaten  sie  beim  Zerdrücken  der  Strob- 
knoten  unerselzliehe  Dienste.  Die  Maschi- 
nen sollten  nun  immer  mehr  leisten,  sie 
wurden  daher  mit  höheren  Tellern  ver- 
sehen und  immer  stärker  betragen  und 
da  ergab  sich  bei  der  beschriebenen  Kon- 
struktion (beide  Steine  auf  einer  starren 
Achse),  dass  das  voneinander  abhängige 
Zweistein-System  durch  öfteres  Schiefstellen 
ungleichmässig  arbeitete,  oder  dass  das 
ganze  Stoffquantum  sich  vor  den  zwei  Steinen 
aufhäufte  und  die  Steine  in's  Rutschen 
kamen.  Hierdurch  wurde  Kraft  vergeudet 
und  Stoff  gewaltsam  zerstört,  d.  h.  zu 
feinem  Pulver  zerrieben. 

Abhilfe  schafften  die  seit  etwa  1870 
angewendeten  Kurbelaufhängungen  jedes 
Steines  für  sich;  damit  wurde  erreicht, 
dass  die  Achse  vertikal  stehender  Steine 
(Fig.  10)  stets  parallel  der  ebenen  Boden- 
fläche blieb,  wie  hoch  oder  tief  auch  der 
eine  oder  andere  Stein  stieg. 

Die   Wirkungsweise   der   Roll-  oder 


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E.  KIRC1 


DAS  PAPIER.   III.  B.  uod  C.  ZELLSTOFFE. 


59 


Fig.  10,  11  und  12 


Kollersteine  auf  dem  Bodenstein  ist  nach 
der  Fig.  Kl  unten  gegebenen  Skizze  B  leicht 
zu  verstehen.  Die  Läufer  wirken  zunächst 
auf  das  Mahlgut  mit  ihrer  vollen 
Schwere  drückend.  Die  Cylinder- 
kurper  haben  das  Bestreben,  in  der  Rich- 
tung w0  (Fig.  10  unten  links)  auf  dem 
Boden  B  fortzumarschiren,  werden  aber 
durch  die  Kurbelaufhängung  gezwungen, 
sich  im  Kreise  um  die  vertikale  Welle, 
also  in  Richtung  w  zu  bewegen;  dadurch 
entstehen  zunächst  Zerrungen,  Klemmungen 
und  infolge  davon  Reibungen  im  Kurbel- 
mechanismus.  welche  Arbeitsverluste  für 
den  Betrieb  mit  sich  bringen. 

Die  nützliche  Arbeit  besteht  aber 
infolge  hiervon  nicht  nur  in  der  schon 
erwähnten  Knelwirkung  infolge  des  Rollens 
des  schweren  Steines  über  eine  weiche 
Masse,  sondern  es  tritt  noch  eine  glei- 
tende Reibung  zwischen  dem  Boden 
und  den  Läufern  ein,  die,  sich  unter 
dem  hohen  Druck  der  massiven  Läufer 
vollziehend,  zu  einer  recht  grossen  Wirkung 
wird. 

Um  dies  zu  verstehen,  haben  wir  zwei 
Geschwindigkeiten  zu  beachten.  Alle  Punkte 
des  Cylinderurafanges  haben  in  der  Cy- 
linderfläche  selbst  eine  gleiche  Geschwin- 
digkeit v ;  die  jeweilige  axiale  Berührungs- 
linie  des  Cylinders  L  auf  dem  Boden  hat 
aber  Tür  ihre  einzelnen  Punkte  verschie- 
dene Bogenwege  zu  durchlaufen;  die  Länge 
dieser  Wege  wächst  proportional  mit  der 
Entfernung  des  betrachteten  Punktes  von 


der  Vertikalachse  V.  Ist  beispielsweise 
Vi  =  400,  Vm  =  600,  Va  =  800  mm,  ao 
verhalten  sich  die  Bogenwege  von  i :  m  :  a 
=  2  :  3  :  4,  d.  h.  Punkt  a  der  Berührungs- 
linie marschirt  doppelt  so  schnell,  als 
der  Punkt  i.  Nehmen  wir  an,  in  dem 
Mittelkreis  m  der  Steine  L  finde  reines 
Abrollen  auf  der  Bodenfläche  statt,  so  ist 
an  allen  anderen  Punkten  zwischen  i  und 
a  (mit  Ausnahme  von  m)  kein  reines  Ab- 
rollen denkbar;  für  den  Kreis  um  V  durch 
i  ist  die  Umfangsgeschwindigkeit  des  Stei- 
nes v  zu  gross,  für  den  Kreis  durch  a  ist 
sie  zu  klein.  Die  Wege  der  gleitenden 
Reibung  erkennt  man  aus  folgender  Tabelle : 


Der  Punkte 


m 

a 

Weg 

w  auf  dem  Boden 

2 

3 

4 

Weg 

v  des  Umfanges  .  . 

3 

3 

3 

Weg 

Tür  gleitende  Reibung 

— 1 

0 

1 

Wir  erkennen  hieran,  dass  bei  i  eine 
rückwärts  gerichtete  gleitende  Rei- 
bung, im  besprochenen  Falle  auf  einem 

Wege  bei  a  eine  vorwärts  gerich- 
tete gleitende  Reibung  auf  einem 
Wege  -y  stattfindet.  Diese  gleitende  Rei- 
bung bewirkt  bei  sich  berührenden  Stein- 
flächen Abnützen  der  Steine,  bei  zwischen- 
liegenden Stofflagen  Zerstörung  des  Zu- 
sammenhanges des  Papieres  oder  der  er- 


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60  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


weichten  Pflanzenteile  in  Einzelfasern.  Es 
ist  klar,  dass  die  Gleitungswege  von  i 
resp.  a  bis  m  allmählich  bis  auf  0  ab- 
nehmen, doch  lerrt  die  Praxis,  dass  bei 
gehöriger  Wendung  des  Materiales  auf 
dem  Bodenstein  die  Auflösung  ausser- 
ordentlich schnell  und  mit  Aufwendung 
von  verhältnismässig  geringer  Arbeit  (Kraft) 
vor  sich  geht. 

Es  ist  ferner  klar,  dass  mit  der  Vcr- 
grösserung  der  Breite  des  Steines,  also 
der  Entfernung  i  bis  a  die  Gleitungswege 
wachsen  und  damit  die  reibende  oder 
auflösende  Wirkung  der  Läulersteine  zu- 
nehmen muss. 

Ja  der  Verfasser  ist  der  Ansicht,  dass 
die  einfache  Verbreiterung  der  cylindrischen 
Läufersteine,  wenn  verstärkte  Reibung 
verlangt  wird,  aus  zwei  Gründen  besser  ' 
ist,  als  die  Anwendung  der  in  Fig.  11  und 
12  veranschaulichten  Prinzipien  (Fig.  1 1 
Prinzip  des  M.  Kasller'schen  Kollerganges 
D.  R.  P.  No.  37  834,  Fig.  12  Prinzip  des 
Ernst  Hoffmann'schen  Kollerganges  D.  R.  P 
No.  66  438),  durch  die  ja  zweifellos  auch 
die  Gleitungswege  und  damit  die  Leistung 
der  Läufersteine  erhöht  werden.  Erstens 
werden  die  Zerrungen,  Klemmungen  und 
die  dadurch  im  Kurbelmechanismus  her- 
vorgerufenen Reibungsverluste  bei  beiden 
Systemen  noch  grösser,  als  bei  Koller- 
gängen des  Systems  Fig.  10,  da  die  Roll- 
wege w0,  welche  die  konischen  Steine, 
nicht  festgehalten,  machen  würden,  von 
den  Zwangwegen  w  noch  stärker  ab- 
weichen, als  bei  den  cylindrischen  Läufern; 
zweitens  werden  beim  Steigen  der  koni- 
schen Steine  infolge  mehr  oder  weniger 
dicker  StofTlagen  die  Mahlflächen  der 
Läufer  nicht  parallel  den  Bodenflächen 
bleiben  und  auf  ihrer  Breite  also  ungleich 
drücken  und  reiben,  was  zu  verwerfen  ist. 

Bei  der  Konstruktion  Fig.  11  wird 
ausserdem  das  Kippmoment,  welches  im 
Schwerpunkt  des  Steines  wirkt,  die  Rei- 
bungsverluste in  den  Sleinbüchsen  noch 
mehr  erhöhen,  als  bei  vertikal  stehenden 
Steinen,  die  an  Kurbeln  aufgehängt  sind. 

Wie  stark  andererseits  die  Gleitungs- 
wege bei  Steinen  wachsen,   die  innen 


10  pCt.  grösseren  Durchmesser  haben,  als 
aussen,  sieht  man  aus  folgender  Tabelle: 


Der  Punkte 

i 

m 

a 

Wege  w  auf  dem  Boden 

[  * 

3 

4 

Weg  v  des  Umfanges 

3,15 

3 

2.85 

Weg  für  gleitende  Reibung 

1,15 

0 

1.15 

Die  genau  gleich  günstige  Reibungs- 
vergrösserung  würden  wir,  wie  schon  an- 
gedeutet, erzielen,  wenn  wir  die  vertikal 
gestellten  cylindrischen  Steine  (Fig.  10) 
um  15  pCt.  verbreitern  würden.  So  siebt 
man  thatsächlich  heute  die  früher  einge- 
haltene .Steinbreite  von  100  nun  auf  450 
bis  500  mm  vergrössert.  Die  patentirten 
Systeme  haben,  wenn  sie  auch  Liebhaber 
und  Verteidiger  fanden,  die  ältere  Bauart 
keineswegs  verdrängt. 

Die  Kollergänge  waren  zum  Vor-  und 
Ferligmahlen  von  Stoff  zu  Strohpapieren 
und  .Strohpappen  in  Frankreich  schon  vor 
1870  im  tiebrauch,  doch  ist  das  einfache 
System  zweier  Steine  auf  einer  starren 
Achse  dort  allgemein  verbreitet  gewesen. 
Das  Kurbelsystem,  und  zwar  ein  solches  mit 
sehr  langem  Kurbelarm  wurde  Anfang 
der  70er  Jahre  vom  Civilingenieur  C. 
Nagel-Hamburg  in  Deutschland  eingeführt. 
Die  Konstruktion  mit  kurzen ,  starken 
Kurbeln  kam  bei  uns  später  in  Gebrauch. 

Beide  Systeme  haben  indes  ihre  Vor- 
und  Nachteile. 

E.  Kirchner's  Rahmenkollergänge. 
Verfasser  rührte  1878  bis  1886  für  das 
In-  und  Ausland  über  100  Kollergangs- 
Anlagen,  vorwiegend  solche  mit  langen 
Kurbeln  oder  in  Rahmenkonstruktion, 
ähnlich  den  Nagel'schen  und  einige  auch 
mit  kurzen  Kurbeln  aus. 

Fig.  13  giebt  ein  Bild  beider  Kon- 
struktionen. Rechts  die  verbesserte  Rah- 
menkonstruktion System  Kirchner  mit  An- 
trieb von  unten  in  grösster  Ausführung 
(1900  mm  Durchm.  der  Läufer),  links  das 
Kurzkurbelsystem  in  kleinster  Kirchner- 
;  scher  Ausführung  (1000  mm  Durchm.  der 
I  Läufer)  mit  Antrieb  von  oben. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


61 


Fig.  13.   Kirchner  s  Kollergänge. 


Fig.  14  zeigt  einen  Aufiriss,  Fig.  15  einen 
Grundriss  der  ersteren  Maschine  auf  S  62, 
Mittelst  Fest-  und  Losriemenscheibpn  R, 
v..r^elegeweUe  V  und  dem  konischen 
Rädervorgelege  U  wird  die  Vertikalwelle  W 
von  onten  in  langsame  Drehung  versetzt. 

Diese  Welle  ist  unten  in  einer  Spur- 
pfanne mit  einem  Halslager  A  und 
oben  in  einem  zweiten  Halslager  B. 
welches  am  durchbohrten  Bodenstein  ver- 
schraubt und  vergossen  ist,  solide  montirt. 
Das  Lager  B  ist  von  einer  schützenden, 
genau  central  befestigten,  cylindrischen 
Glocke  überdeckt ,  so  dass  der  kleine 
Streichschaber  S,  (Fig.  15)  den  zu 
kollernden  Stoff  von  der  Mitte  fortschiebt. 
Dieser  Schaber  ist  wie  der  grosse  äussere 
Streichschaber  Sa  an  dem  auf  der  Welle  W 
festgekeilten  Querhaupt  Q  mittelst 
starker  Stangen  und  Schraubenmuttern 
befestigt  und  etwas  in  Höhe  verstellbar. 

Das  Querhaupt  trägt  lerner  die  hori- 
zontalen Stangen  C„  C3  (Fig.  15),  welche 
von  C,  bis  durch  einen  Schlitz  im  Quer- 
baupt  vierkantig  ausgeführt  und  von  da 
bis  C,  rund  abgedreht  sind.  Die  Spann- 
stangen  P,  welche  je  die  Endpunkte  C, 
der  einen  und  C3  der  anderen  Stange 
verbinden,  sowie  durch  die  solide  Be- 
festigung der  Stangen  am  Querhaupt,  ist 
nun  ein  fester  äusserer  Rahmen  geschaffen, 
welcher  zur  soliden  Aufhängung  der 
Läufersteine  L,  und  La  geeignet  erscheint. 
Jeder  dieser  Steine  ist  nämlich  von  einem 
soliden  schmiedeeisernen  Rahmen  M  um- 


geben, welcher  bei  Ct  in  angeschraubten 
gusseisernen  Lagern  drehbar  ist,  in  der 
Mitte  die  Lager  für  die  Sleinachszapfcn 
trägt  und  am  Ende  Ca  durch  je  einen 
Hügel  oder  Führungsarm  F  am  seitlichen 
Ausweichen  verhindert  ist.  Wir  erkennen, 
dass  dadurch  die  Steine  in  Kurbeln  hängen, 
die  länger  als  der  Halbmesser  des  Steines 
sind ;  ausserdem  sind  Klemmungen  in 
diesem  Kurbelmechanismus  ganz  vermieden 
und  die  Reibungen  sowie  die  Abnutzungen 
in  den  Lagern  und  Führungen  au(  ein 
Minimum  gebracht.  Die  Steine  werden 
bei  der  Drehung,  jeder  unabhängig  vom 
anderen  und  durch  den  starken  Rahmen 
vertikal  gehalten,  je  nach  Höhe  der  Stoff- 
schicht auf-  und  absteigen  können.  Die 
Streichschaber  S,  und  Sa  besorgen  eine 
tadellose  Wendung  und  Verschiebung  des 
Stoffes  unter  die  Steine.  Die  ebene  Fläche 
des  Bodensteines  ist  durch  einen  Teller  T 
mit  schrägem  (mit  der  Zeit  höher  und 
höher  gestalteten)  Rande  vergrössert,  um 
möglichst  viel  Stoff  eintragen  zu  können. 
Zum  Entleeren  feucht  gekollerten  Stoffes 
dient  die  Schiebethür  E.  wobei  der  Aus- 
werfschaber ü  durch  Hebel-  und  Klink- 
mechanismus x  nach  und  .nach  aus  der 
ursprünglich  hochgezogenen  Stellung  in 
die  Fig.  14  gezeichnete  Tiefstcllung  ge- 
bracht wird.  Will  man  den  Stoff  ver- 
dünnt ableeren,  so  lässt  man  durch  die 
Netzeinrichtung  z,  event.  auch  durch  einen 
besonderen  Wasserschlauch  schnell  und 
viel  Wasser  auf  den  Teller  und  zieht  den 
Schieber  D  (Fig.  15),  an  welchen  sich  eine 


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62 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


Rohrleitung  anschliesst,  durch  die  der 
verdünnte  Stoff  abgeführt  wird. 

Verfasser  baute  seine  Rahmenkoller- 
gänge in  3  Grössen,  No.  0,  No.  t  und 
No.  2,  eine  noch  kleinere  No.  3  wurde  in 
Kurzkurbelkonstruktion  ausgeführt,  wobei 
es  bezüglich  der  Schaber,  des  Tellers  etc. 
so  wie  beschrieben  blieb,  die  Kurbeln 
aber  die  Anordnung  der  späteren  Fig.  18 
S.  65  erhielten. 

Einige  nähere  Aufschlüsse  über  Grössen- 
verhältnisse.  Leistungen  etc.  giebt  folgende 
Tabelle : 

Wie  aus  den  Fig. 
14  und  15  ersichtlich 
ist,  stehen  die  Steine 
L,  und  L,  verschie- 
den weit  von  der 
Vertikalwelle  entfernt; 
die  Nachrechnung  für 
No  1  ergibt,  dass 
die  Geschwindigkeit  pro  Sek.,  mit  der  der 
Läufer  über  den  Boden  rollt,  etwa  v  =  w 
=  0,45  m  für  den  inneren  Stein  La  und 
etwa  v  =  w  =  0,6  m  für  den  äusseren 
Stein  L,  ist.  Diese  bewähren  sich.  Versuche 
hatten  den  Verfasser  belehrt,  dass  bei  einer 
schnelleren  Bewegung  der  Kollersteine  die 
Leistung  des  Kollerganges  lange  nicht  im 
Verhältnis  zum  höheren  Kraftverbrauch 
steht. 

Andere  Maschinenbauer  haben  mehr 
Umdrehungen  eingeführt,  indes  zum  Nach- 
teil   der   Leistung   und  Haltbarkeit  der 

Maschine. 

Die  Vorteile  der  Rahmenkonstruktion 


Fi#.  14  und  15.   Kirchner  s  Rahmen-Kollergang. 

E.  Kirchner  s  Kollergänge  um  1885. 


 — 

No. 

Boden- 
stein- 

Durchm. 

und  Dicke 
in  mm 

Läufer- 
stein- 
Durchm. 
und  Breite 
in  mm 

Läufer- 
Gewicht 
je  kg 

Maschi- 
nenteile 
Gew.  kg 

Umdr. 

der 
Welle 
ä  Min. 

Kraff 
etwa 
PS. 

Eintrag 
tr.  ged. 
Stoff 
etwa  kg 

Leistung 
in  kg  tr. 
a  24  Stdn. 

Raumbe- 
darf ohne 

Bedien- 
ungsraum 

0 

2100x350 

I9II0X  Uli» 

2800 

4500 

8 

6-8 

150 

2500-5000 

3,5mDchm. 

1 

2000  x3in)  n;oox4oo 

2000 

3100 

8 

4-6 

100 

1500  3000 

3,0  >  » 

2 

1 620  x  300  1300x400 

1300 

2100 

10 

2»/i-4 

75 

1000  2000 

2,4  •  • 

3 

1:300x  280  1000  X  350 

700 

1500 

12 

«... 

50 

600-1300 

2,0»  • 

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E.  KmCHNEK.   DAS  PAPlEtl.   ttl.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


liegen  in  der  Vermeidung  alles  Eckens  und  I 
Klemmens  im  Kurbelmechanismus,  in  der 
Verringerung  der  Reibung  durch  Anwen- 
dung ausserhalb  des  Steines  liegender 
kleiner  Steinzapfen  und  langer  Kurbelarme 
mit  besonderer  Führung  in  zweifacher 
Kurbellänge,  welche  Einrichtung  ein  leichtes 
Steigen  und  Fallen  der  Steine  selbst  bei 
grossen  Differenzen  der  Stoffschichthöhe  und 
beim  Dickeintragen  ermöglicht  und  ein  stets 
vollbreitiges  Mahlen  der  Läufer  bedingt. 
Das  lästige,  störende  Zusammenschieben  des 
Stoffes  vor  den  Steinen  auf  dem  Teller  ist 
gänzlich  vermieden.  Dieses  Zusammen- 
schieben bringt  Kraftverluste,  periodischen 
Stillstand,  gewaltsames  Zerreiben  guter 
Stofffasern  und  Schädigung,  unter  Um- 
ständen auch  Brüche  bei  starrachsig  ge- 
lagerten, oder  kurzkurbeligen  Kollergängen 
mit  sich. 

Lästig  erscheint  vielen  Fabrikanten  die 
grosse  Fläche,  welche  der  Rahmen  etc. 
dem  Staub,  dem  Schmutz  und  den  StofT- 
anbängungen  darbietet  und  ist  peinliche 
Reinhaltung  aller  Teile  freilich  nicht  zu 
vernachlässigen.  Die  über  den  Tellerrand 
Torreichenden  Rahmen  verlangen  auch 
eine  Freistellung  der  ganzen  Maschine, 
oder,  wo  das  nicht  möglich  ist,  geeignete 
Warnungstafeln  und  Schutzeinrichtungen 
für  die  Arbeiter,  dass  sie  nicht  zwischen 
Mauer,  Pfeiler,  Säulen  einerseits  und  die 
bewegten  Rahmenecken  andererseits  ge- 
raten können.  Grösste  Vorsicht  ist  bei 
der  Arbeit  des  Eintragens  und  Entleerens 
an  allen  Kollergangssystemen  geboten! 

Ein  Hineingreifen  in  den  Teller  wäh- 
rend des  Ganges,  sowie  das  Hineinfassen 
mit  Fingern  und  Händen  in  die  Entleerungs- 
thür während  des  Leerens  und  Eintragens, 
welche  Arbeiten  während  der  Bewegung  des 
Kollerganges  geschehen,  haben  schon  öfter 
Finger,  Arme,  ja  sogar  den  ganzen  Mann 
gekostet  und  sollte  bei  strengster  Strafe 
überall  untersagt  werden.  Wichtig  ist  auch, 
die  Kollergänge  mit  gut  und  leicht  funk- 
tionirenden  Ausrückungen  des  Antriebes 
zu  versehen,  damit  bei  aussergewöhnlichen 
Zufällen  und  in  der  Gefahr  ein  plötzliches 
Abstellen  ermöglicht  ist. 


Kollergänge  mit  kurzen  Kurbeln. 
Der  Kurzkurbelmechanismus  (auch  Schlepp- 
kurbelmechanismus genannt)  hat  den  Vor- 
zug, der  Verschmutzung  weniger  Fläche 
zu  bieten.  Die  Gefahr  durch  aussen 
vorstehende  Teile  existirt  ebenfalls  bei 
ihnen  nicht ,  aber  die  Klemmungen, 
Eckungen  und  Reibungen  in  langen  Stein- 
büchsen etc.  sind  grösser,  das  Steigen  der 
Steine  vollzieht  sich  weniger  leicht  und 
der  Bruch  einer  Kurbel  führt  oft  arge  Zer- 
störungen und  Schäden  mit  sich.  Vor 
letzterem  Vorkommnis  kann  nur  sehr 
solide  Konstruktion  und  vorzügliches  Ma- 
terial der  Kurbeln  schützen. 

Uebrigens  scheint  die  Kurzkurbelkon- 
struktion für  die  meisten  Fälle  der  Rahmen- 
konstruktion durch  eine  neuerliche  andere 
Verbesserung  den  Rang  abgelaufen  zu 
haben,  welche  die  Rahmen  unmöglich 
macht. 

Kollergang  mit  hoher  Schale  und 
ohne  Schaber.  Herr  August  Banholzer 
(z.  Z.  Direktor  zu  Weissenborn  in  Sachsen) 
sah  in  Spanien  einen  Kollergang,  dessen 
Teller  gegenüber  der  bisherigen  Form  be- 
deutend erhöht  und  eigenartig  geformt  war, 
so  dass  viel  grössere  Quanten  Mahlgut  ein- 
getragen werden  konnten.  Die  Vorteile 
dieser  Tellererhöhung  erkennend,  Hess  ge- 
nannter Herr  von  der  Firma  Gebr.  Bellmer 
in  Niefern  und  der  Maschinenbau- Ge- 
sellschaft Zweibrücken  (Rheinpfalz)  Koller- 
gänge mit  hoher  Schale  anfertigen,  führte 
somit  dieses  verbesserte  Kollergangssystem 
in  Deutschland  ein.  Es  ergab  sich  im  Be- 
triebe, dass  für  tadellosen  Aufschluss  der 
Stoffe,  die  man  zu  kollern  gewöhnt  ist, 
gar  keine  Schaber  mehr  notwendig  waren. 

Fig.  16  giebt  ein  Bild  eines  solchen 
Kollerganges  mit  1  m  hoher  Schale  und 
ohne  Schaber,  wie  ihn  die  Maschinen- 
bau-Gesellschaft Zweibrücken  mit  Boden- 
stein, 1930  mm  Durchm.,  400  mm  Dicke, 
und  Läufersteinen,  1600  mm  Durchm., 
500  mm  Breite,  heute  (1899)  bereits  in  25 
Exemplaren  ausgeführt  hat.  Ein  Blick  auf 
den  Fig  17  im  Aufrissschnitt  und  Fig.  18 
im  Grundriss  in  »ho  nat.  Gr.  vom  Verfasser 
gegebenen  Entwurf  lässt  die  grosse  Ver- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER    III.  6.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


Fi<r.  lt..   Kollergang  mit  hoher  Schale  und  ohne  Schaber  der  Maschinenbau-Gesellschaft  Zweibrücken. 


einfachung  des  Kollerganges    gegen    die  | 
Rahmenkonstruktion  (Fig.  14  und  15  S.  (52) 
erkennen. 

V  ist  die  durch  die  Halslagerbüchse  A 
im  Stein  R  central  gelagerte  Welle,  welche  j 
oben  das  Querhaupt  q  mn  (jen  jn  jnm 

drehbaren  Kurbeln  K,  und  K2  für  die 
Läufersteine  L,  und  L,  trägt.  Der  innere 
Stein  L|  bewegt  sich  dicht  an  der  Rüchse  A. 
Die  Schale  oder  der  Teller  S  ist  ferner  so 
geformt,  dass  die  äussere  Kreiskante  des 
Steines  La  dicht  an  ihrer  Wandung  streicht ; 
an  den  Punkten  z  sind  vier  geschlossene, 
gut  funktionirende  Schmierbüchsen  für  die 
Drehzapfen  der  Schleppkurbeln  angebracht. 
E  ist  eine  grosse  Entleerungsthür  im  Teller. 

In  den  Kollergang  oben  gegebener 
Grösse,  wie  ihn  die  Maschinenbau-Gesell- 
schaft Zweibrücken  ausführt,  lassen  sich 
etwa  200  kg  tr.  ged.  Papier  oder  Stoff 
eintragen,  die  beim  Eintragen  allmählich  ge- 
netzt werden.  Die  Welle  V  macht  8  Touren 
p.  Min.  (übereinstimmend  mit  Kirchner  s 
Kollergang  No.  1  gleicher  Läuferdurch- 
messer, vergl.  Tabelle  S.  62).  Zweibrücken 
gibt  nach  einer  Kraftmessung  die  nötige 


Betriebskraft  des  Kollerganges  auf  13  PS. 
bei  218  kg  Eintrag  und  seine  Leistung  in 
2i  Stunden  für  Papierausschuss  und  Cellu- 
lose  auf  etwa  3300  kg  au. 

Vergegenwärtigen  wir  uns  die  Arbeit 
dieses  Kollerganges  mit  einem  so  grossen 
Sloffinhalt  auf  der  Schale,  so  ist  zu  be- 
achten, dass  der  innere  Stein  dicht  an 
der  Halslagcrbüchse  A  und  der  äussere 
Stein  dicht  an  der  Schale  S  gehen.  Der 
ganze  Inhalt  der  Schale  ist  dadurch  in 
fortwährender  Bewegung  und  Mischung 
begriffen.  Der  innen  laufende  Stein 
ersetzt  den  inneren  Schaber  (S,Fig.l5), 
der  aussen  laufende  den  äusseren 
Schaber  (Sa  Fig.  H'lo).  Ersterer  reibt 
den  Stoff  ausser  am  Boden  auch  zwischen 
Läufer  und  Büchse,  er  drängt  den  Stoff- 
berg nach  aussen,  letzterer  reibt  den  Stoff 
ausser  am  Boden  auch  energisch  an  der 
Schale  und  drängt  den  Stoff  nach  innen 
Hinter  den  Steinen  fallen  die  Stoffberge 
wieder  zusammen.  Die  energische  Be- 
wegung und  Mischung  bei  erhöhter  Knet- 
und  Reibearbeit  /wischen  den  Maschinen- 
teilen und  den  StolTteilen  unter  sich  lassen 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPER.   III.  ß.  und  C.   ZELLSTOFFE.  65 


mm 


i 

Fijr.  17  AufrUs,  Fi#.  lft  (irun<lriM. 
Kollergang  mit  hoher  Schale,  ohne  Schaber. 


es  glaubwürdig  erscheinen,  dass  der 
Kollergang  etwa  «doppelt  soviel  leistet,  als 
andere  Systeme,  und  dass  die  seitens  nicht 
vollkommen  Vertrauter  in  der  Fachlittera- 
tur  ausgesprochenen  Zweifel,  ob  dieser 
Kollergang  ohne  Schaber  die  Arbeit  des 
Auflösens  und  Mahlens  eben  so  sicher 
und  durchaus  gleichmässig  besorge,  wie 
Kollergänge  mit  Schabern,  hinfällige  sind. 
So  beantwortet  Banholzer  die  hierauf  ge- 
richtete Frage  des  Verfassers  dahin,  dass 
die  Leistung  des  Kollerganges  des 
neuen  Systemes  weit  über  der- 
jenigen jedes  anderen  Systemes 
stehe.  Dies  ist  das  Urteil  eines  Fach- 
mannes, der  viele  Jahre  mit  Kollergängen 
beider  Systeme  (mit  und  ohne  Schaber) 


gearbeitet  hat.  Die  Vorteile  des  grossen 
Eintrages  bei  Anwendung  der  1  m  hohen 
Schale  und  die  Verringerung  der  Gefahr 
für  die  Bedienung  leuchten  ohne  weiteres 
ein. 

Das  Gewicht  der  Eisenteile  für  den 
Zweibrückener  Kollergang  wird  auf  etwa 
|  5000  kg  angegeben.  Das  Gewicht  eines 
j  Sandsleines  1600  mm  Durchm.,  500  mm 
dick  ist  etwa  2500  kg.  Die  Gleitungs- 
reibung  wächst  wegen  Verbreiterung  der 
Mahlbahn  (um  25  pCt.  gegen  Kirchner  s 
Breiten)  nach  den  obigen  ausführlichen 
Darlegungen  ebenfalls  noch  ansehnlich. 

Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass 
diesem  neuen  Kollergange  für  Zwecke  der 
Papierindustrie  die  Zukunft  gehört. 

Kollergänge  mit  drehbarer  Schüssel 
und  Mahlbahn,  bei  welchen  die  zwei 
Läufer  in  Gabeln  unabhängig  von  einander 
um  eine  feststehende  horizontale  Achse 
auf-  und  absteigen,  im  übrigen  aber  mit 
den  Schabern  fest  an  einem  Platze  ver- 
bleiben, sind  ebenfalls  konstruirt  und  zum 
Pulverisiren  und  gleichzeitigen  Sortieren 
trockener  Materialien  mit  Vorteil  einge- 
führt worden. 

Verfasser  glaubt  indessen,  dass  diese 
Konstruktion  für  unsere  Zwecke  weniger 
geeignet  sei,  als  die  bewährten,  vorbe- 
sprochenen Konstruktionen.  Schon  die 
Fassung  eines  dicken,  schweren  Boden- 
steines mit  der  Schüssel  zu  einem  Stück, 
deren  horizontale,  genau  centrale  Dreh- 
bewegung und  Balanzierung  auf  4  bis  6 
Rollen ,  endlich  die  Einrichtung  einer 
schnellen  Entleerung  an  einem  Punkt, 
bringen  konstruktive  Komplikationen  und 
Schwierigkeiten  mit  sich. 

Das  Material  der  Kollersteine. 

Ueber  dieses  Thema  ist  viel  geschrieben 
und  die  verschiedensten  Ansichten  über 
die  Zweckmässigkeit  des  einen  oder  ande- 
ren Materiales  sind  ausgesprochen  worden. 

Der  Verfasser  giebt  hier  seine  bei  viel- 
facher Lieferung  von  Kollergängen  und 
durch  Führung  dieser  Maschinen  in  von 
ihm  geleiteten  Betrieben  gesammelten  Er- 
fahrungen. 

10,  Bogen  lö'JO. 


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66 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFK. 


Das  Material  der  Boden-  und  Läufer- 
steine ist  von  sehr  grossem  Einflüsse  auf 
die  Leistung  eines  Kollerganges,  Sich 
spiegelglatt  laufende  Steine  sind  un- 
geeignet, oder  verlangen  von  Zeit  zu  Zeit 
eine  künstliche  Schärfung,  ähnlich  wie  das 
im  Abschnitt  III.  A.  S.  35/7,  S.  58  und 
S.  93  bis  100  ausführlich  für  Schleifsteine 
und  Raffineursteine  besprochen  war. 

Steine,  welche  sich  schnell  und  stark 
abnutzen,  sind  ungeeignet,  weil  sie  die 
Stoffe  verunreinigen  und  baldigen  kost- 
spieligen Ersatz  der  Steine  beanspruchen. 
Zu  weiche  oder  auch  spröde  Steine  sind 
ebenfalls  ungeeignet,  da  die  Läufer  sehr 
bald  die  Kanten  verlieren,  erstere  auch 
den  Stoff  übermässig  versanden  oder  ver- 
schmutzen. 

Kollersteine  sollten  hart  und  dabei 
nicht  spröde  sein.  Ihrem  Wert  nach 
führe  ich  als  geeignete  Steinarten :  Lava- 
steine, harte  Quarzsandsteine 
und  quarzige  Granite  an. 

Die  Porosität,  die  Feinheit  des  Kornes, 
die  Struktur  der  Gesteinmasse  hat  sich 
nach  dem  Material  zu  richten,  welches 
aufgelöst,  zerquetscht  oder  gemahlen  wer- 
den soll. 

Für  Zerquetschen  der  Strohkooten  und 
Vormahlen  gelben  Strohstoffes,  zum  Kollern 
von  Braunholzstoffen,  IIa-  und  Illa-Sulfit- 
stoffen,  sowie  Auflösen  aller  ordinären 
Pappen  und  Papiere  einschliesslich  Zei- 
tungsdruck und  Holzschliff  können  gröber- 
poröse  Lava-  und  grobkörnige  harte,  poröse 
Quarzsandsteine  dienen;  beide  Arten  ver- 
sprechen die  höchste  Leistungs- 
fähigkeit. 

Zum  Auflösen  der  Stoffe  für  Mittel- 
papiere oder  deren  Ausschuss,  bei  denen  es 
auf  Erhaltung  zarter  Farben  ankommt,  ist 
der  feinerporöse  Lavastein  noch  angängig, 
aber  schon  ein  harter,  feinporiger  Sand- 
stein von  mittlerem  Korn  vorzuziehen. 

Für  die  Stoffe  feinster  Papiersorten  in 
weissen  und  zarten  Farbtönen  sind  sehr 
harte,  feinkörnige,  etwas  poröse  Sandsteine 
oder  helle,  harte  Granite  mit  dicht  ein- 
gesprengten Quarzteilen  anderen  Steinen 
vorzuziehen. 


Oft  ist  die  Nähe  eines  Steinbruches  be- 
stimmend für  die  Wahl  des  Steines,  was 
nicht  richtig  ist. 

Für  die  Leistung  in  quantitativer  und 
qualitativer  Beziehung  spricht  die  Güte 
des  Steines  zu  stark  mit,  so  dass  die 
Frachtkosten  nicht  massgebend  sein  sollten. 

Das  Sprichwort,  »dass  zwei  harte 
Steine  nicht  gut  mahlen»  hat  auf 
Kollergänge  keine  Anwendung. 

Die  Steine  arbeiten  überhaupt  nur  Fläche 
gegen  Fläche,  wenn  der  Kollergang  geleert 
ist,  oder  der  Stoff  zu  dünn  ist. 

Die  Steinarten  sollten  eine  natürliche 
Rauhigkeit  infolge  Körnung,  Porosität  und 
Struktur  haben  und  diese  auch  bei  er- 
folgender Abnutzung  nicht  verlieren. 
Selten  ist  dies  bei  den  Graniten  der  Fall. 

Gussciserne  glatte  und  schwach  geriffelte 
Bodenplatten  sind  zu  verwerfen,  da  sie  in 
kurzer  Zeit  spiegelglatt  werden  und  die 
Leistung  eines  Kollerganges  sehr  herab- 
mindern. 

Auch  tief  geriffelte  Gussplatten  und 
Stnhlmessergrundwerke  sind  zu  verwerfen, 
da  sie  die  Läufersteine  schädigen  und  ein 
Zwischenklemmen  und  unzeitiges  Losgehen 
ungelöster  Stoffteile  veranlassen. 

Die  verschiedenen  Lava-,  Sand-  und 
Granit-Steine  des  Handels  machen  alle 
derlei  Künsteleien  überflüssig! 

Die  Führung  und  Bedienung  der  Koller- 
gänge muss  wie  jede  verantwortliche  Aus- 
rührungsarbeit in  der  Fabrik  gelernt 
werden.  * 

Hier  sei  nur  darauf  kurz  hingewiesen, 
dass  für  die  höchste  Mengenleistung  eines 
Kollerganges  auf  die  richtige  Feuch- 
tigkeit des  Stoffes  gehalten  werden  muss. 
Gelbstroh  aus  dem  Kocher,  mehrere  Stun- 
den abgekühlt  und  abgetropft  wird  die 
richtige  Feuchtigkeit  haben,  um  vorteil- 
haft in  etwa  lU  bis  V«  Stunde  Arbeit  vor- 
gequetscht (Knoten  zerdrückt  und  grob 
gelöst),  in  •/*  bis  1  Stunde  schon  fast  fer- 
tig zerfasert  zu  sein. 

Papiere  und  Pappen  können  vorher 
eingeweicht,  oder  trocken  unter  Benetzung 
auf  dem  Teller  eingetragen  werden.  Das 
1  Eintragen  hat  in  beiden  Fällen  vorsichtig 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


67 


streuend,  in  nicht  zu  grossen  Mengen  auf 
einmal,  mit  nicht  zu  grosser  Schaufel  zu 
geschehen.  Bei  Zusammenschiebungen  des 
Stoffes  und  Rutschen  eines  oder  beider 
Steine  ist  sofort  auszurücken,  der  Koller- 
gang zurückzudrehen,  der  resp.  die  Stoff- 
ballen mit  einem  Haken  vorzuziehen  und 
möglichst  gleichmässig  mit  geeignetem 
Werkzeug  (Gabel  oder  Schaufel)  auf  dem 
Teller  zu  verteilen. 

Die  richtige  Feuchtigkeit  des  Koller- 
stoffes wird  man  getroffen  haben,  wenn 
sich  aus  einer  Hand  voll  Stoff  nur  unter 
sehr  starkem  Druck  einige  Tropfen  Wasser 
auspressen  lassen. 

Das  Kollern  darf  nur  solange  fortgesetzt 
werden,  bis  eine  vollständige  Entfaserung 
der  Papiere  oder  Stoffe  eingetreten  ist,  bei 
weiterer  Fortsetzung  wird  unnütz  Stoff 
zerrieben. 

Ein  längeres  Leerlaufen  der  Kollersteine 
ist  zu  vermeiden,  da  sich  die  besten  Stein- 
arten sobald  sie  sich  leer,  oder  auch  mit 
wenig  Stoff  berühren,  stark  abnutzen,  wo- 
durch ihre  Lebensdauer  verkürzt  und 
der  Stoff  der  nachfolgenden  Füllung  durch 
Steinstaub  oder  Sand  verschmutzt  wird. 
In  diesem  Punkt  ist  man  von  der  Geschick- 
lichkeit und  dem  Eifer  des  Bedienungs- 
mannes sehr  abhängig. 

Während  sich  der  Kollergang  in  Be- 
wegung befindet,  darf  nie,  wie  oben  schon 
erwähnt,  mit  den  Fingern,  Händen  und 
Armen  über  den  Tellerrand  gelangt  oder 
durch  die  Entleerungsöffnung  des  Tellers 
gegriffen  werden. 

Auch  bei  dem  K  oll  ergang  ohne  Scha- 
ber, wo  die  Gefahren  ja  wesentlich 
verringert  sind,  ist  der  Verlust  von  Glied- 
massen  bei  solchem  Gebahren  keineswegs 
aasgeschlossen. 

Zwar  sind  die  Schaber,  die  Hauptur- 
sachen der  Unglücksfälle,  die  leider  in 
grosser  Zahl  an  Kollergängen  zu  beklagen 
sind,  beseitigt,  aber  die  bewegten  Steine 
wirken  ja  als  solche  und  die  äussere 
Kreiskante  des  Steines  La  Fig.  18  Seite  65  wird 
die  Finger,  die  Hand,  oder  gar  den  ganzen 
Ellenbogen  eines  Unglücklichen  gegen  die 
Kante  der  Entleerungsthür  E  der  Schale 


abquetschen,  gerade  so  gut,  wie  der  grosse 
Streichschaber  eines  Rahmenkollerganges 
es  gethan  hat.  Ebenso  wird  derselbe  Stein 
einen  in  die  Schale  tief  hineinreichenden 
Arm  zwischen  seiner  Aussenkante  und  der 
Schalenwand  zerquetschen  können.  Grösste 
Vorsicht  ist  also  bei  der  Bedienung  aller 
Kollergänge  am  Platze. 

Holländer. 

Zur  Fertigstellung  der  Stoffe  für  gelbe 
Strobpapiere  und  Strohpappen  dient  der 
bekannte  Holländer,  welcher  in  einer 
guten  Ausführung  in  den  Fig.  19  als  An- 
sicht, Fig.  20  als  Grundriss  und  Fig.  21 
als  Seitenschnitt  S.  68  veranschaulicht  ist. 

In  einem  länglichen,  an  den  Enden 
runden  Troge  A  mit  vertikalen,  verschieden 
hohen  Seitenwänden,  schrägem  Boden  und 
Kropferhöhung  K  schwebt  über  einem  mehr- 
messerigen  Grundwerk  C  die  vielmesserige 
Mahlwalze  B.  Sie  ist  samt  einer  Riemen- 
scheibe R  auf  einer  Welle  W  festgekeilt, 
welche  mit  ihren  zwei  Lagern  durch  um 
die  zwei  Festpunkte  J  drehbare  zwei  Hebel 
H  parallel  gehoben  und  gesenkt  werden 
kann.  Die  Hebel  H  hängen  mit  ihren 
linken  Enden  je  in  einer  Zugstange,  welche 
unten  Bolzen  für  Auflage  der  Hebelenden, 
oben  Gewinde  mit  Schraubenrad  P  tragen. 
Im  Schraubenrade  sitzt  eine  entsprechende 
Mutter  für  das  Gewinde  der  Zugstange. 
Die  Zugstangen  gehen  durch  die  Augen 
von  beidseitig  an  die  Trogwand  geschraub- 
ten Böckeben  G,  auf  welchen  auch  die 
Schneckenräder  P  aufruhen.  Durch  Drehen 
einer  Spindel  W,  mit  den  zwei  Schnecken 
E  mittelst  des  Handrades  L  werden  die 
Schneckenräder  P  um  genau  gleichviel  ge- 
dreht, dabei  werden  die  Zugstangen,  die 
Hebel  und  die  Lager  gleichviel  und  damit  die 
Walze  B  in  genau  horizontal  bleibender  Lage 
gehoben  oder  gesenkt,  so  dass  ein  schwäche- 
res oder  stärkeres  Vermählen  des  Stoffes 
zwischen  Grund  werk  und  Walze  ermöglicht 
ist.  Um  das  Herumschleudern  des  dünnen 
Stoffes  zu  verhindern,  ist  die  Walze  durch 
Haube  U  geschützt.  Der  Holzschaber  F 
sorgt  dafür,  dass  kein  Stoff  von  der  Walze 
direkt  nach  vorn  vor  die  Walze  zurück- 


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68 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


%  V« 

Fig.  1U  Aufriß  Fig.^üUruudriss,  Fi-.  LM^m  rsch.iitt.  Mahlholländer  der  Maschinenfabrik  Germania, ChemniU. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


69 


geführt  wird.  N  ist  eine  Nagelfangrinne, 
0  ein  mit  einem  Siebe  bedeckter  Sand- 
fang, T  eine  Waschtrommeleinrichtung; 
letztere  beiden  Einrichtungen  fehlen  indes 
meist  an  den  Holländern,  die  nur  zum 
Mahlen  von  gelbem  Strohstoff  dienen.  V, 
und  Va  endlich  sind  Wasch-  und  Stoff- 
ventile, welche  zum  Abführen  von  Schmutz- 
wasser resp.  Ablassen  des  fertig  gemahle- 
nen Stoffes  dienen. 

Ein  solcher  Holländer,  etwa  3800  mm 
lang,  1700  mm  breit,  600/650  mm  hoch, 
fasst  bei  2500  bis  2600  1  Inhalt  100-130  kg 
tr.  ged.  Strohstoff,  welcher  in  vorgekollertem 
Zustande  in  1  bis  l1/«  Stunden  fertig  ge- 
mahlen werden  kann.  Die  mit  64  Stahl- 
messern armirte  Walze,  850  mm  Durcbm. 
und  800  mm  breit,  bewegt  sich  über  dem 
lömesserigen,  etwas  schräg  gestellten  Grund- 
werk mit  165— 170  Umdrehungen  per  Minute. 
Der  Holländer  wiegt  etwa  5000  kg  und 
braucht  zu  seinem  Betriebe  beim  Stroh- 
mahlen etwa  6—7  PS. 

Tabelle  der  von  der  Maschinen 

gefertigten 


Die  Bedienung  des  Holländers  ist  eine 
sehr  einfache.  Durch  einen  am  rechten 
Ende  über  der  Trogwand  montirten  Hahn 
oder  ein  Ventil  wird  zunächst  Wasser 
eingelassen  bis  die  Walze  etwas  Wasser 
fasst  und  in  Umlauf  setzt;  sodann  wird 
das  Quantum  vorgekollerten  Stoffes  schnell 
vor  dem  Einlauf  der  Walze  mit  der  Schaufel 
oder  mittelst  Messkästen  eingetragen,  mit 
einem  Rührscheit  verrührt  und  mehr  Wasser 
so  lange  nachgelassen,  bis  die  Füllung  die 
angemessene  Hohe  erreicht  hat  und  der 
richtige  Umlauf  des  Stoffes  erzielt  ist. 
Dann  ist  der  Holländer  nach  richtiger 
Einstellung  der  Walze  sich  selbst  zu 
überlassen,  da  die  zweckmässige  Bauart 
ein  öfteres  Rühren  mit  dem  Rührscheit 
überflüssig  macht.  Das  Ableeren  des  fer- 
tigen Stoffes  nach  der  Rührbütte  der 
Papier-  oder  Pappenmaschine  geschieht 
durch  Ziehen  des  Ventils  V„. 


fabrik  Germania  zu  Chemnitz 
Holländer. 


Stoff- 
inhalt 
kg  tr. 

—  .- .— 

Netto- 
inhalt 
1 

Trog- 

Messerwalzen 

Messerzahl 

Umdr. 
pro 
Min. 

Gewicht 
etwa 
kg 

Länge 
mm 

Breite 
mm 

Tiefe 
mm 

Durchm. 
mm 

Breite 
mm 

Walze 

Grund- 
werk 

60 

1500 

3150 

1400 

550 

650 

670 

52 

12 

180 

3300 

75 

1800 

3500 

1500 

550 

650 

720 

60 

14 

180 

3600 

100 

2600 

3800 

1700 

620 

850 

810 

66 

16 

175 

4800 

150 

3600 

4400 

2000 

650 

950 

950 

72 

18 

170 

5800 

200 

4700 

4900 

2300 

700 

1000 

1000 

75 

20 

160 

7200 

300 

7200 

5600 

2400 

780 

1050 

1150 

81 

22 

150 

9500 

450 

9200 

6000 

3000 

850 

1  1250 

1500 

90 

24 

130 

12000 

lan- 


Der  Stoffgehalt  der  Flüssigkeit  im  Ho' 
der  ist  in  dieser,  dem  Spezialkatalog  derFirma 
entnommenen  Tabelle  mit  4  bis  gegen  5  pCt. 
angenommen.  Von  gelbem  Strohstoff,  der 
spezifisch  schwer  ist,  dürften  die  aufge- 
führten Holländer  etwas  mehr  aufnehmen. 

Wie  die  hier  aufgerührte  Firma,  so 
haben  sich  noch  viele  andere  deutsche 
Maschinenfabriken  den  Bau  der  alten 
Mahlholländer  mit  offenem  Troge  und  die 
Verbesserung  seiner  Einzelheiten  angelegen 


Es  sei  hier  noch  die  mir  zur  Ver- 
fügung gestellte  Bauart  der  Mahlhollän- 
der der  Firma  J.  M.  Voith  in  Heiden- 
heim besprochen.  Auf  Seite  70  zeigen 
Fig.  22  einen  Aufriss,  Fig.  23  einen  Grund- 
riss  der  Voith'schen  Holländer. 

Die  obere  Kropfkante  ist  bis  über  das 
Walzenmittel  gelegt ,  wodurch  der  Stoff 
höher  gehoben  wird,  der  Boden  ist  stark 
abfallend  und  mit  den  Seitenwänden  durch 
starke  Hohlkehlen  verbunden.  Die  Messer- 
zahl in  der  Walze  und  dem  Grundwerk» 


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70  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  G.  ZELLSTOFFE. 


sowie  die  Umfangsgeschwindigkeit  der 
grossen  und  breiten  Walze  lassen  viele 
Schnitte  resp.  Quetschungen  erzielen.  Die 
Walze  besteht  aus  einem  Gusskörper  mit 
kräftiger  Stahlwelle  und  schräggestellten 
Tiegel-Gussstahlmessern  (oder  Messern  aus 
Bronze).  Die  Messer  in  der  Walze  und  in 
dem  Grundwerk  sind  auf  Spezialmaschinen 
sorgsamst  für  gleichen  Radius  passend  ge- 
dreht und  geschliffen.  Die  Lager  haben  Paral- 
lelhebung und  sind  mit  Kingschmierung  aus- 
gestattet. Die  Welle  hat  eine  seitliche 
nachstellbare  Abdichtung.  Durch  eine  Ent- 
lastungseinrichtung kann  mit  verschiedenen 
Flächendrucken  zwischen  Walzen-  und 
Grundwerksmessern  gemahlen  werden. 
Diese  Einrichtung  ist  so  getroffen,  dass 
an  der  Gangseite  des  Holländers  ein  Hebel 
mit  Gewichten  (s.  Fig.  22  und  23)  sich 
belindet ,    dessen    Entlastungsdruck  auf 


beide  Lager  wirkt.  Die  Walze  ist  dadurch 
parallel  zu  sich  selbst  geführt,  sie  kann 
weder  durch  den  Zug  des  Riemens  noch 
durch  Stoffklumpen  in  eine  schräge  Lage 
kommen;  sie  schwingt  stets  horizontal  auf 
und  ab,  daher  bleiben  die  Messer  gerade 
und  arbeiten  auf  dem  Grundwerk  überall 
gleich  präzis. 

Die  zwei  Grundwerksmesser  sitzen  in 
gehobelten  Gusskästen ;  diese  können  be- 
quem eingelegt,  mit  Keil  befestigt  und 
leicht  ausgezogen  werden.  Um  rösch  zu 
mahlen,  ist  das  eine  Grundwerk  heraus- 
nehmbar und  kann  durch  ein  Holzfutter 
ersetzt  werden. 

Man  sieht,  dass  bezüglich  Konstruktion 
dieser  Holländer  alles  gethan  ist,  um  einen 
flotten  Zug,  dicken  Stoffeintrag  und  leichten 
Gang  bei  höchster  Leistung  zu  erzielen. 

Die  Holländer  werden,  wie  die  folgende 


Google 


I 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


71 


Tabelle  über  die  Holländer  von  J.  M.  Voith,  Heidenheim. 


Grösse  No. 

I 

II 

HI 

|  IV 

V 

VI 

VII 

VIII 

Inhalt  Liter 

i 

1700  1  3000 

1 

RAAA 

ouuu 

KÄAA 

QQAA 

ooUU 

1 ARAA 

lOÖÜU 

Eintrag  hei 
Trockengehalt 

R  0/ 

0  lo 

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OO 

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10U 

99  R 

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1 AAA 

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I 

7 

8 
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lur  Halbzeug 

Messerzahl 

f  t 

44 

4-8 

ö 
o 

V> 

60 

Dicke 

8 

ß 

o 

8 

10 

to 

io 

1 A 
10 

y  lur  uanzzeug 

Messerzahl 

2  X  15 

O  vy  1  R 

2  v  15 

2X  15 

2  X  15 

2  X  15 

9  X  90 

0  V  OA 

1  X  aO 

U1CK0 

- 

0 

R 
O 

5 

5 



R 

R 

0 

^  X  12 

\     ~  ■ 

^  für  Halbzeug 

Messerzahl 

2X  10 

2X  10 

9  V  10 

2  X  10  |  2  X  10 

9  v  10 

9  V  19 

Dicke 

8 

8 

ß 

8 

8 

Q 
o 

Q 

o 

u 
o 

Kiemscheibe 

i 

! 

Durchrn. 

1  1  AA 

J  IUU 

1  O  Af  1 

1300 

1300 

1500 

1500 

1  7  RA 

OAAA 

<iUUU 

Dreue 

10U 

1  "7-"» 
1  /O 

225 

225 

250 
110  120 

250 
110-120 

300 

300 

Umdr. 

1DO— 1 /U 

i  *  a  i  rr 
1  lU  100 

130-140 

130-140 

105-115 

95—105 

Kraftverbrauch 

ra.  etwa 

b — 8 

8—12 

1  O  1  R 

12—15 

15-20 

1  f\  90 
lO^ — CK) 

IQ  OO 
lö  ii 

22—26 

Leerventil 

Durchm, 

2(J0 

250 

250 

300 

QRA 

oOU 

/  AA 

Putzventil 

Durchm. 

100 

100 

1C0 

100 

100 

IAA 

IUU 

4  AA 
100 

IAA 

IUU 

Hollander  mit 
2  Grundwerken 

ohne 
Wascbtrommel 

Gewicht  kg 

5000 

6300 

7600 

7900 

10200 

10600 

12560 

15500 

Wasch- 
trommel 

i 

Durchm. 

720 

1000 

1000 

1000 

1000 

800 

1000 

1000 

1200 

Breite 

550 

620 

700 
765 

700 

800 

920 

1000 

Gewicht  kg 

550 

750 

765 

850 

885 

900 

1200 

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72  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Ifl.  ß.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


Tabelle  zeigt,  in  8  Grössen  geliefert  und 
bestehen  aus: 

Gusseisernem  Troge  mit  angegossener 
Schmutzwasserrinne  mit  Sand-  und  Nagel- 
fang. Walze  aus  Gusseisen  mit  kräftiger 
Stahlwelle  und  Stahl-(resp.Bronze-)Messern; 
zweiseitiger  entlasteter  Parallelhebung  der 
Walze  mit  Ringschmierlagern,  Abdichtung 
der  Welle.  Zwei  Grundwerken  in  ge- 
hobelten Kästen  mit  Stahlmessern,  Keil 
und  Bügel  zum  Ausziehen  des  Keiles. 
Einer  Haube  aus  Holz  oder  Eisenblech. 
Antriebsriemenscheibe,  Putz-  und  Leer- 
ventil mit  Messingdeckel. 

Auf  Wunsch  wird  eine  Waschtrommel 
mit  Seitenwänden  aus  Gusseisen,  Kupfer- 
blechschöpfern ,  gelochtem  Kupferunter- 
boden, Hebevorrichtung  mit  Spindel  und 
Antrieb  mitgeliefert.  Ebenso  werden  die 
Putz-  und  Leerventile  mit  Krümmern  und 
Hebellüftung  der  Messingdeckel  von  unten 
aus  eingerichtet. 

Für  Mahlen  gelben  Strohstoffes  empfiehlt 
J.  M.  Voith  seine  Ganzzeugholländer  mit 
schrägen  Messern  in  der  Walze  und  Messer 
ohne  Wate  zu  nehmen;  man  solle  mit 
geringem  spezifischem  Druck,  also  auf 
2  Grundwerken  und  mit  Walzenentlastung 
mahlen.  Dem  pflichtet  Verfasser  bei,  da 
es  nur  auf  ein  Zerschlagen  und  Quetschen, 
nicht  aber  auf  eio  Zerschneiden  der  Stroh- 
gewebebündel ankommt ! 

Der  Trogholländer  ist  nun  nicht  etwa 
die  einzige  Maschine,  die  sich  zur  Fertig- 
stellung gelben  ordinären  Strohstoffes 
eignet.  Die  nachfolgende  Beschreibung  der 
verschiedenen  Arbeits- Verfahren  und  die  Be- 
währung verschiedener  anderer  Konstruk- 
tionen von  Mahlapparaten,  welche  sich 
für  Zeitungsdruck-  und  andere  Mittel- 
papiere bewährt  haben,  können  auch  für 
Mahlen  von  gelbem  Strohstoff  Anwendung 
finden.  Es  würde  indes  zu  weit  führen, 
an  dieser  Stelle  auf  die  Konstruktionen 
näher  einzugehen,  da  dies  dem  Kapitel 
„Ganzstoff"  vorbehalten  ist.  Nur  einiges 
sei  jedoch  hier  noch  angeführt. 

Raffineure.  Statt  der  Holländer  be- 
dient man  sich  häufig  zum  Fertigmahlen 
der  Strohstoffe  auch  der  sog.  Raffineure,  die 


ganz  wie  die  III  A  S.  93—105  besprochenen 
Holzstoff-Feinmühlen  eingerichtet  und  be- 
schaffen sind.  Ausser  den  gewöhnlichen, 
an  genannter  Stelle  beschriebenen,  Fig.  48 
A  und  B  (S.  100)  dargestellten  Mahlgängen, 
sind  als  sehr  zweckmässig  die  von  dem 
Erfinder  E.  Nacke,  Coswig  i.  S.  und  der 
Firma  J.  M.  Voith  in  Heidenheim  gebauten 
Nacke-Raffineure,  Fig.  48  und  50 
(S.  100  und  104)  hervorzuheben. 

Auch  Centri f ugal-Holländer  oder 
doppeltarbeitende  Scheibenmühlen,  die  von 
der  Maschinenfabrik  Germania  in  Chemnitz 
gelieferten  Schulte-Raffineure  und  Schulte- 
Mühlen,  die  Füllner'schen  Konusmüblen 
und  andere  haben  mit  mehr  oder  weniger 
Erfolg  hie  und  da  Anwendung  gefunden. 

Die  Verfahren. 

Das  bei  uns  meist  gebräuchliche  Ver- 
fahren zur  Herstellung  gelben  ordinären 
Strohstoffes  sei  zunächst  kurz  beschrieben. 

Das  Stroh  wird  auf  Häckselschneide- 
maschinen in  2—4  cm  langen  Häcksel  ge- 
schnitten und  so  wie  er  eben  ausfällt,  mit 
Knoten,  Schmutz  etc.  womöglich  auto- 
matisch auf  einen  Boden  oberhalb  der 
Kochapparate  in  die  Nähe  der  Einfüll- 
Öffnungen  letzterer  geschafft. 

Man  stellt  zweckmässig  die  Häcksel- 
maschinen auf  diesen  Boden  oberhalb  der 
Kocher  und  kann  den  Häcksel  durch 
Führungsgurte  nahe  an  die  Füllöffnungen 
der  Kocher  schaffen ;  man  kann  aber  auch, 
wie  später  beim  Strohstoff  gezeigt  wird, 
den  Häcksel  vom  Parterre  auf  den  Boden 
durch  Ventilatoren  befördern.  Ebensowohl 
ist  es  möglich,  durch  Becherwerke  diesen 
Transport  zu  besorgen. 

Der  Boden  oberhalb  der  Kocher  hat 
in  der  senkrechten  Achse  der  Kocher  zu- 
gedeckte Oeffnungen.  Behufs  Füllung  wird 
der  Kocher  so  gedreht,  dass  ein  Mannloch 
wie  in  Fig.  7  und  8  S.  56  nach  oben 
gerade  unter  dem  geöffneten  Bodenloch 
steht  ;  ein  Holz-  oder  Blechtrichter  wird 
vom  Boden  aus  in  das  Kochermannloch 
mündend  eingesetzt  und  mit  der  Füllung 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C  ZELLSTOFFE. 


73 


des  Kochers  mit  Stroh  begonnen.  Ein 
Arbeiter  im  Innern  des  Kochers  tritt  den 
Häcksel  Test ;  der  letzte  Teil  der  Füllung 
wird  von  oben  festgetreten,  nachgestopft, 
oder  auch  mit  Stamptklötzen  nachgeslossen 

Inzwischen  ist  in  einem  nahe  gelegenen 
Kalklöschtroge  frisch  gebrannter  Kalk  (Aetz- 
kalk)  gelöscht  und  zu  einer  dünnen  Kalk- 
milch (Kalkhydrat)  angerührt;  von  dieser 
wird  so  viel  mit  Hilfe  einer  Holzrinne  in 
den  Kocher  gelassen,  dass  auf  100  kg  Stroh 
etwa  8 — 10  kg  gebrannten  Kalkes  kommen. 
Nun  wird  noch  so  viel  Wasser  in  den 
Kocher  nachgelassen,  bis  an  einem  der 
geöfTneten  und  von  der  Horizontalebene 
etwas  nach  unten  stehenden  Hähne  D  die 
Flüssigkeit  auszulaufen  beginnt.  Darauf 
wird  der  Hahn  D  geschlossen,  der  Kocher- 
deckel sachgemäss  verdichtet  und  ver- 
schlossen, der  Kocher  um  •/«  Drehung 
herumbewegt,  dass  der  wieder  geöffnete 
Hahn  D  oben  in  der  Verlikalachse  steht, 
und  Dampf  behufs  Anheizung  eingelassen. 
Wenn  am  oberen  Hahn  Dampf  ausströmt, 
kann  man  annehmen,  dass  die  Luft  ver- 
drängt ist.  Man  schliesst  den  oberen 
Hahn  D  und  kocht  nun  unter  fortwähren- 
der Dampfzuführung  und  Drehung  des 
Kochers  4  bis  5  Stunden  bei  einer  Dampf- 
spannung von  5  bis  3  Atmosphären  Ueber- 
druck.  Erzeugen  die  den  Dampf  liefernden 
Dampfkessel  höher  gespannten  Dampf,  als 
man  zum  Kochen  verwenden  witl,  so  ist 
in  das  Dampfzuleitungsrohr  ein  sicher 
funktionirendes  Dampfreduzir- Ventil  ein- 
zuschalten, ausserdem  ist  zwischen  diesem 
Reduzirventil  und  dem  Dampfeinlassventil 
(etwa  V,  oder  V-,  Fig.  8  S.  5o)  oder  bei 
Nichtreduzirung  zwischen  Kessel  und  dem 
Einlassventil  ein  sicher  funktionirendes 
Rückschlagventil  mit  Flüssigkeitsableitungs- 
einrichtung  (Kondensationstopl)  einzuschal- 
ten, damit  bei  eintretendem  Minderdruck 
im  Kessel  nichts  von  der  Kocherlauge 
aus  dem  Kocher  nach  dem  Dampfkessel 
zurücktreten  kann. 

Während  des  Kochens  hat  sich  der 
Kochermann  mehrmals  von  der  richtigen 

vom  Instandsein  des  Sicherheitsventiles  N 

11.  Bogen  18l>9. 


und  des  Manometers  M  (Fig.  7  S.  56)  zu 
überzeugen;  auch  ist  auf  öftere  Reinigung 
dieser  Sicherheitseinrichtungen  und  Nach- 
hilfe an  denselben  während  der  Stillstände 
der  Kocher  streng  zu  halten. 

Während  der  Kochung  vermehrt  sich 
die  Flüssigkeitsmenge  im  Kocher.  Ist  die 
als  genügend  erachtete  Kochzeit  beendet, 
so  wird  der  Kocher  mit  dem  Abblaserohr 
bei  0  nach  oben  gestellt  und  der  Dampf 
durch  Oeffnen  des  Ventiles  V,  abgestossen. 
Darauf  wird  der  Kocher  um  Vt  Drehung 
bewogt,  so  dass  das  Rohr  bei  0  nach 
unten  (wie  in  der  Fig.  7)  steht  und  die 
durch  gelöste  Inkrusten  gebräunte  Koch- 
lauge nach  Schliessung  von  V8  und  Oeff- 
nung  von  V4  oder  Vs  nach  einer  Ab- 
laugenprobe abgelassen ;  endlich  wird 
der  Kocher  wieder  V4  gedreht  und  der 
nach  unten  stehende  Hahn  D  vorsichtig 
geöffnet,  so  dass  der  letzte  Rest  der  Koch- 
lauge und  des  Dampfes  abgehen  kann. 
Nach  abermaliger  Drehung  bis  das  eine 
Mannloch  oben  steht,  wird  dieses  geöff- 
net, der  Deckel  bei  Seite  gelegt  und  durch 
neues  Inbewegungsetzen  des  Kochers  der 
fertige  Stoff  entleert.  Will  man  schnell 
leeren,  so  können  beide  Mannlochdeckel 
abgeschraubt  und  auf  dem  Boden  seitlich 
fortgelegt  werden.  Das  gekochte  Stroh 
fällt  in  den  zwischen  den  Fundamenten  F 
gebildeten  Kasten  und  tropft  hier  ab,  in- 
dem die  Lauge  durch  x  abfliesst. 

Ab  und  zu  verwendet  man  statt  des 
hochgespannten  direkten  Dampfes  zum 
Strohkochen  auch  abgehenden  Dampf  einer 
Hoühdruckdampfmaschine  ohne  Konden- 
sation. Es  geht  dies  ganz  anstandslos, 
wenn  man  die  Kochdauer  entsprechend 
lange,  etwa  auf  7—8  Stunden  ausdehnt. 

Der  Stoff  wird  bei  letzterer  milderer 
Behandlung  zäher  und  das  Fabrikat  aus 
solchem  Stoff  zeigt  eine  frischere  gelbe 
Färbung,  was  dessen  Wert  erhöht. 

Verfasser  ist  indes  der  Ansicht,  dass 
I  man  vorteilhafter  arbeilet,  wenn  man  voll- 
kommen konstruirte  Dampfmaschinen  mit 
Kondensation  als  Hauptmotoren  benutzt, 
und  wo  ein  zäheres  Fabrikat  gewünscht 
wird,  frischen,  auf  2  bis  lVi  Atm.  üeber- 


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74 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


druck  reduzirten  Dampf  zum  Kochen  ver- 
wendet. Ob  nach  der  einen  oder  anderen 
Art  Geld  erspart  wird,  kann  nur  bei  Be- 
kanntsein aller  zu  berücksichtigenden  Ver- 
hältnisse durch  genauere  Rechnung  er- 
mittelt werden.  In  allen  Fällen  ist  das 
Abhängigsein  des  Kochprozesses  vom  Mo- 
tor störend. 

Prüfung  des  Stoffes  auf  ge- 
nügend Gekochtsein.  Lässt  sich  ein 
Halmstückchen  von  der  gekochten  Masse 
zwischen  den  Fingern  beim  Knicken  und 
Reiben  gut  zerfasern,  so  ist  das  Stroh 
hinreichend  gekocht,  auch  wenn  die  Knoten 
noch  härtlich  scheinen.  Erweist  sich  das 
Halmstückchen,  wenn  man  wenig  gekocht 
hat,  für  die  Fingerprobe  zu  hart,  so  säubere 
man  es  nach  Anweisung  eines  erfahrenen 
Strohpapierfabrikanten  in  Wasser  und  zer- 
kaue es ;  lässt  es  sich  zwischen  den  Zähnen 
zu  einem  zähen  Brei  zerfasern,  so  bietet 
der  Stoff  auch  dem  Kollergang  keinen 
dauernden  Widerstand.  Schlecht  oder  un- 
zureichend gekochtes  Stroh  lässt  sich  da*  ' 
gegen  nicht  durch  den  Kollergang  zerfasern, 
man  erhält  stacheligen,  unverlilzbaren  Stoff. 

Will  man  nun  stärkere  gewöhnliche 
Strohpapiersorten  herstellen,  so  wird  das 
Kochgut  nach  genügender  Zeit  des  Ab- 
tropfens  durch  möglichst  zweckmässige 
Transportmittel  an  die  Kollergänge  be- 
fördert, auf  diesen  in  20—30  Minuten 
vorzerfasert  und  in  2  bis  2'/t  Stunden  in 
Holländern  zu  Ganzstoff  fertig  gemahlen. 

Der  Kollergang  mit  hoher  Schale  ohne 
Schaber,  wie  er  S.  04—65  besprochen 
wurde,  mit  groben  Lava-  oder  Quarzsand- 
steinen, wie  S.  66  schon  empfohlen  war, 
wird  sich  zur  Vorzerfaserung  gelben  Strohes 
vorzüglich  eignen,  wenn  es  gut  weich  ge- 
kocht ist.  Härter  gekochte  Strohstoffe 
bilden  aber  in  diesen  Kollergängen  mit 
hohen  Schalen  nach  Mitteilung  eines  er- 
fahrenen Papiermachers  einen  förmlichen 
Keil  zwischen  der  hohen  Schale  und  dem 
Stein.  Der  Kraftverbrauch  wächst  enorm, 
ja  der  Riemen  fällt  herunter  und  der  Stein 
bleibt  stehen.  Die  Rahmen-  und  Kurbel- 
kollergänge mit  Schabern  (S.  61/63  be- 


sprochen) sind  also  für  nicht  ganz  weich 
gekochte  Strohstoffe  unbedingt  vorzuziehen. 

Als  Holländer  sind  die  S.  68  und  70 
gegebenen  Typen  sehr  empfehlenswert.  Je 
grosser  die  Tagesproduktion  ist,  desto  grösser 
wird  man  die  Holländer  wählen  können 
und  um  so  vorteilhafter  wird  man  die 
Mahlarbeit  leisten,  denn  im  Verhältnis  zu 
ihrer  Leistung  brauchen  die  grossen  Hol- 
länder zum  Betriebe  geringere  Kraft. 

Wenn  angenommen  wird,  dass  man  tür 
ordinäre,  billige  Ware  keine  guten  und 
teuren  Einrichtungen  anschaffen  könne, 
dass  bei  deren  Herstellung  vielmehr  nur 
die  billigsten  und  geringsten  Maschinen 
genügen  und  pekuniären  Erfolg  erzielen 
lassen,  so  befindet  man  sich  in  einem  argen 
Irrtum.  Schlechte  Maschinen  und  Einricht- 
ungen liefern  die  teuerste  Arbeit,  und 
mit  ihnen  ist  es  unter  heutigen  Verhält- 
nissen selten  möglich,  einen  rentablen  Be- 
trieb durchzuführen. 

Um  zunächst  bei  unseren  deutschen 
Verfahren  zur  Gelb-Strohstoffherstellung 
zu  bleiben,  seien  die  Abweichungen  er- 
wähnt, die  bei  Herstellung  dünner  gelber 
Strohpapiere  sich  als  zweckmässig  heraus- 
gestellt haben. 

Für  dünnere  gew.  gelbe  Strohpapiere 
bis  zu  45  g/qm  herab  wäscht  man  das  ge- 
kochte Stroh  im  Kocher,  kollert  l't — 1  Stunde 
und  mahlt  im  Holländer  mit  dicken  Messern 
2—3  Stunden. 

Noch  schwächeres  gutes  knotenfreie* 
Papier  kann  man  am  besten  (unter  Fort- 
lassung des  Holländers)  mit  Raffineuren 
herstellen. 

Das  im  Kocher  gekochte  und  ge- 
waschene Stroh  kommt  nach  Abtropfen 
in  einen  Kollergang  mit  hoher  Schale,  wird 
hier  1  it  bis  l  Stunde  gekollert,  dann  zu 
dickflüssigem  Stoff  verdünnt,  in  eine  Vor- 
rat sbütte  entlassen.  Aus  letzterer,  mittelst 
Pumpe  oder  sonstiger  regelmässiger  Zu- 
führung gehoben,  wird  der  Stoff  durch 
einen  Raffineur  111  A  Fig.  48  A  und  B,  oder 
einem  Centrifugalholländer  ebenda  Fig.  48  C 
fein  gemahlen.  Von  diesem  Raffineur  fliesst 
der  Stoff  direkt  in  die  Bütte  der  Papier- 
maschine. 


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E.  KIRCHNEK.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


75 


In  der  Regel  werden  Strohpapiere  und 
Pappen  nicht  geleimt  verlangt  und  erzeugt. 
Sollen  die  Fabrikate  ausnahmsweise  geleimt 
werden,  so  wendet  man  Harzleim  an,  von 
dem  sie  aber  viel  brauchen,  da  der  ge- 
waschene gelbe  Stoff  noch  immer  Kalk 
enthält,  der  die  Leimung  erschwert  und 
durch  Waschen  des  gekochten  Stoffes  die 
natürlichen  Leim-  oder  Klebeteile  der 
Strohpflanze  weggeführt  werden. 

Manchmal  ist  es  erwünscht,  die  frische 
strohgelbe  bis  graugelbe  Farbe  des  ge- 
wöhnlichen Strohsto,ffes  in  eine  braune 
umzuwandeln.  Man  erreicht  dies  durch 
Zufügen  von  3—5  1  engl.  Schwefelsäure 
(in  verdünntem  Zustande)  auf  100  kg  Stoff ; 
dadurch  ändert  sich  nicht  nur  die  Farbe 
in  eine  hellbraune,  holzähnliche,  sondern 
der  Stoff  wird  zäher,  härter  und  glasig, 
es  findet  eine  Pergamentirung  des  Stoffes 
statt.  Es  muss  indes  die  Vorsicht  be- 
obachtet werden,  die  überschüssige 
Schwefelsäure  nach  ihrer  Einwirkung 
schnell  *und  gründlich  wieder  auszu- 
waschen, da  sonst  das  so  erhaltene  braune 
Papier  nach  kurzer  Zeit  zu  hart  und 
brüchig  wird. 

Für  besseres  Verständnis  der  Herstel- 
lung des  gelben  ordinären  Strohstoffes 
resp.  der  Papiere  und  Pappen  daraus 
sollte  der  Abschnitt  »Das  Stroh  II  A  S.  43 
bis  59c  gründlich  studirt  werden ;  es  wird 
dann  dem  Techniker  klar  werden,  was 
alles  beim  Stroheinkauf,  bei  der  Stroh- 
lagerung etc.  beobachtet  werden  muss  und 
dass  er  die  Fabrikation,  je  nachdem  er 
Roggen-  Weizen-  Gersten-  oder  Haferstroh 
verarbeitet,  etwas  abweichend  leiten  muss. 
Es  ist  auch  ausdrücklich  darauf  hinzu- 
weisen, dass  ein  und  dieselbe  Strohart 
verschieden  behandelt  sein  will,  je  nach- 
dem sie  auf  magerem  oder  fettem  Boden, 
sowie  unter  welchen  Witterungs-  und 
Klimaverhältnissen  sie  erwachsen,  und  in 
welchem  Reifezustande  sie  geerntet  ist. 
Es  giebt  sehr  verschiedene  Roggen-,  Weizen- 
etc.  Strohe  und  man  hat  immer  zu  ändern 
und  zu  bessern,  um  den  für  gewünschten 
Zweck  besten  Stoff  bei  denkbar  höchster 
Ausbeute  zu  gewinnen,  da  die  Menge  der 


Inkrusten  und  Fasern  im  Stroh  je  nach 
den  Verhältnissen  wechseln. 

Ueber  die  Mengenbestandteile  unserer 
Getreidestroharten  finden  sich  II  A  S.  45/46 
entsprechende  Aufschlüsse. 

Die  Ausbeute  unserer  Stroharten  an 
ord.  gelben  Strohpapieren  und  Pappen 
wechselt  von  80  bis  70°/o  (vergl.  II  A  S.  44 
rechte  Spalte  unten). 

Der  Vorschlag,  Stroh  in  strohreichen 
Gegenden  durch  Kochen  mit  Kalk,  Mahlen 
und  Pressen  in  Halbstoff  zu  verwandeln 
und  diesen  zu  versenden,  hat  sich  aus 
sehr  nahe  liegenden  Gründen  nicht  ein- 
geführt. Das  Stroh  verliert  bei  dieser  Um- 
wandlung in  Halbstoff  nur  etwa  20  bis  30°/<i 
seines  Gewichtes.  Der  Stoff  muss  aber, 
um  die  grossen  Kosten  des  Trocknens  zu 
vermeiden,  mit  etwa  66°,fo  Wasser  ver- 
sandt werden;  da  ist  es  selbstredend  vor- 
teilhafter, das  trockene  Stroh  gepresst 
zu  versenden! 

Französische  Verfahren.  Anfang  der 
80er  Jahre  haben  einige  französische 
Techniker,  wie  August  Abadie,  M.  Burot, 
Camus  u.  a.  durch  Flugschriften  und 
Aufsätze  in  französischen  und  deutschen 
Fachzeitungen  Aufklärung  über  die  in 
Frankreich  sehr  entwickelte  Gelbstroh-Pa- 
pier- und  Pappenfabrikation  gegeben  und 
zur  Förderung  dieser  Industrie  beigetragen. 
In  »Le  Moniteur  de  la  Papeterie  Franchise« 
gab  M.  Burot  eine  sachliche  Besprechung 
der  zu  Anfang  der  80er  Jahre  gebräuch- 
lichen Verfahren. 

Die  Provinz  Limousin  nennt  er  den 
Hauptsitz  der  französischen  Strohpapier- 
fabrikation, welche  dort  schon  seit  100  Jahren 
betrieben  werde.  Er  zählt  40  bis  50 Fabriken, 
von  denen  einige  4000—5000  kg  Papier 
täglich  liefern.  Es  wird  Roggenstroh  ver- 
arbeitet, welches  die  Ackerbauern  für  4 
bis  5  Frs.  pro  100  kg  den  Fabriken  direkt 
zufahren. 

Die  Trommelhäckselmaschinen  S.  53 
Fig.  4  hatten  den  Häckselmaschinen  S.  51/52 
Fig.  2—3  mit  4  Messern  am  Schwungrad 
bereits  Platz  gemacht.  Bei  250  Umdreh- 
ungen pro  Minute  und  5—«  PS.  Kraftauf- 
wand  leisteten   dieselben  2000  -2500  kg 


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7(i  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    UI.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


30—  40  mm  langen  Strohhäcksel  in  der 
Stunde. 

Die  Häckselmaschine  steht  gewöhnlich 
über  einer  Laugegrube  von  80 — 100  cbm 
Inhalt.  Der  Häcksel  fällt  direkt  in  die 
Grube,  wird  lagenweise  verteilt  und  mit 
Kalkmilch  übergössen,  welche  in  100  l 
1  kg  Aetzkalk  enthält.  20-25  kg  Kalk 
werden  auf  100  kg  fertiges  Strohpapier, 
15—18  kg  aul  100  kg  Stroh  gerechnet 

Das  erfolgende  Laugen  dauert  je  nach 
der  Jahreszeit  1  bis  10  Tage;  es  erfordert 
unausgesetzte  Aufmerksamkeit  und  soll  nur 
soweit  fortgesetzt  werden,  dass  die  I nkrusten 
und  kieselsauren  Verbindungen  des  Strohes 
in  eine  klebrige  Masse  (natürlichen  Leim) 
verwandelt  und  nicht  vollständig  zersetzt 
werden.  Um  von  der  Temperatur  der  Luft 
weniger  abhängig  zu  sein,  werden  die 
Gruben  besser  dicht  verschlossen. 

Wird  der  kalte  Laugenprozess  zu  rechter 
Zeit  unterbrochen,  so  erhält  man  Papier  von 
schöner,  (rischgelber  Färbung,  grosser 
Festigkeit,  mit  Glätte  und  natürlichem  Leim. 
Der  Laugeprozess,  zu  weit  getrieben,  er- 
giebt  Papier  dunkler  Färbung  und  geringer 
Festigkeit,  welches  nicht  mehr  leim  Test  ist. 

Nach  Entleerung  der  Gruben  muss  so- 
fort wieder  neu  gefüllt,  oder  der  letzte 
Rest  des  Strohes  gleich  sauber  ausgewaschen 
werden,  weil  sonst  die  alten  Slrohteile  sich 
schnell  zersetzen  und  spätere  Füllungen 
dunkel  und  unansehnlich  (schwarz)  färben. 

Die  Lauge  wird  aus  den  Gruben  abge- 
lassen, das  Stroh  wird  herausgeworfen,  auf 
Haufen  gesetzt  und  je  nach  der  Jahreszeit 
2—6  Tage  stehen  gelassen.  Der  hierbei 
eintretende  Faulprozess  darf  wieder  nicht 
zu  lang  ausgedehnt  werden,  weil  sich  sonst 
das  Stroh  schwärzt  und  ein  wenig  festes 
Papier  daraus  erhalten  wird. 

In  der  Lisere  und  den  Pyrenees  wird 
Dampf  zur  Beförderung  des  Faulens  beim 
Laugen  verwendet,  man  lässt  Dampf  am 
Boden  der  Gruben  eintreten.  Dabei  hat 
man  noch  mehr  Aufmerksamkeit  aufzu- 
wenden, damit  die  Faser  nicht  verdorben 
wird.  Die  gelbe  Farbe  leidet  im  allgemeinen 
bei  Anwendung  des  Dampfes,  da  in  diesem 
Falle  viel  Humusstoffe  in  Lösung  gehen. 


Statt  gemauerter  Gruben  werden  auch 
eiserne  Kästen  und  Holzfässer  angewendet- 

(Verfasser  lernte  Ende  der  70er  Jahre  in  Mit- 
teldeutschland ein  Dämpfen  des  Strohes  kennen. 
In  einer  (iruhe  wurde  Langstroh  abwechselnd 
mit  zwischengestreuten  Kalklagen  aufgeschichtet 
und  abgehender  Dampf  einer  grösseren  Dampf- 
maschine durch  ein  Dampfrohr  unter  den  falschen 
H<»<Kn  eingeleitet.  In  einer  von  ihm  Anfang  der 
70er  Jahre  geleiteten  o"»tfriesischcn  Fabrik  wurde 
in  ähnlicher  Weise  unter  Anwendung  abgehenden 
Dampfe*  und  hohen  Holzbottichen  verfahren,  doch 
waren  an  derselben  Stelle  schon  damals  auch 
mehrere  rotirende  Koehappurale  im  Ket riebe.) 

Das  gelaugte  und  gefaulle  Stroh  wurde 
in  Limousin  auf  Kollergängen  gequetscht 
oder  vorgemahlen  und  auf  Holländern  fein  ge- 
mahlen. Die  Zeit  der  Operationen  richtete 
sich  nach  dem  Feinheitsgrade,  den  das 
Papier  erhalten  soll. 

Die  Holländer  hatten  breite,  nicht  ge- 
schärfte Walzenmesser  und  gusseiserne 
Grundwerke  als  schräg  geriffelte  Platten  aus 
einem  Stück. 

Statt  der  Koller gänge  waren  zu  Anfang 
der  80er  Jahre  an  einigen  Stellen  Frank- 
reichs noch  andere  Quetschmaschinen  oder 
sotr.  Strohmühlen  im  Betriebe.  Diese 
Maschine  bestand  aus  einem  hohlen  eisernen 
Cylinder  oder  Kegel,  in  welchem  Stahl- 
daumen (Messer)  senkrecht  zur  Wandung 
befestigt  waren.  In  dem  Gehäuse  steckte 
ein  Cylinder  oder  Kegel  mit  spiralförmig 
angeordneten  Daumen,  die  bei  schneller 
Drehung  durch  die  Zwischenräume  der 
Daumen  des  Gehäuses  schlugen.  Das  an 
einem  Ende  des  Cylinders,  oder  am  weiten 
Ende  des  Kegels  eingeführte  gekochte  Stroh 
wurdezwischen  den  Schlagdaumen  (Messern) 
zerquetscht  und  nach  dem  anderen  Ende 
des  Gehäuses  geschneckt,  wo  es  als  halb- 
fertiger Papierstoff  oder  als  gleich  fertiger 
Pappenstoff  herausfiel. 

Ob  in  Frankreich  diese  Strohmühlen 
sich  dauernd  eingeführt  haben,  ist  dem 
1  Verlasser  unbekannt,  bei  uns  wurden  die- 
selben auch  versucht,  aber  wieder  verlassen. 

Statt  der  Holländer  mit  ovalem  Troge 
',  ist  besonders  durch  Camus-Paris  der  C  e  n- 
I  t  r  i  t  u  g  a  1  h  o  1 1  ä  n  d  e  r  mit  Stahlklingen  in 
i  den  Mahlflächen  eingeführt. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


77 


Es  lässt  sich  bezüglich  der  mit  dem 
Centrifugalholländer  erzielten  Vorte.le  auch 
für  Stroh  dasselbe  sagen,  wie  im  Abschnitt 
(II  A  Quetsch  verfahren  S.  136/38  für  Braun- 
bolz. Man  kann  schnell  und  sehr  fein 
mahlen  bei  einiger  Kraftersparnis,  aber 
man  entbehrt  der  Schmierigkeit  der  StolTe, 
der  Annehmlichkeit  des  bequemen  Farbens 
und  Leimens,  wie  es  der  gewöhnliche  Trog- 
holländer ermöglicht. 

In  anderen  französischen  Fabriken  wurde 
und  wird  als  Feinmühle  statt  des  Hollän- 
ders auch  der  gewöhnliche  Steinmahlgang 
verwendet,  wie  dies  auch  nach  dein  S.  74 
Gesagten  in  deutschen  Fabnken  geschieht. 

Aus  Aug  Abadie's  Arbeiten  1880  geht 
ebenfalls  hervor,  dass  das  kalte  Laugen 
des  Strohes  (statt  des  Kochens  mit  Dampf), 
wenn  richtig  ausgeführt,  den  Vorteil  hat, 
dass  dem  Stoffe  die  natürliche  Farbe  er- 
halten bleibt  und  ein  festes,  natürlich  ge- 
leimtes Papier  erzielt  wird. 

Er  kennt  das  Laugen  des  Strohes  auch 
unter  Anwendung  von  Dampf  in  der  Toa- 
louser  Gegend.  Er  sagt,  man  lauge  dort 
in  offenen  Cementgruben  bis  zu  600  cbm 
Fassungsraum  unter  Einführung  von  Dampf. 
Benutzung  von  10  kg  Kalk  auf  100  kg  Stroh, 
U  Stunden  lang,  darauf  selze  man  das 
gekochte  Stroh  einige  Tage  der  Luft  aus, 
und  wasche  es  dann  in  einer  grossen, 
300  minutliche  Umdrehungen  machenden 
Centrifuge  unter  Zulauf  von  viel  Wasser 
in  3  Minuten  aus.  In  acht  Stunden  könne 
man  das  Stroh  für  3Ö00  kg  Papier  rein 
waschen. 

Das  gelaugte,  gewaschene  Stroh  werde 
auf  Kollergängen  zerquetscht,  unter  Zusatz 
von  etwa  10°/o  festen  LumpenstofTen  im 
Holländer  gemahlen  und  mit  3'/ 2  pCt.  Harz 
geleimt.  Solche  Toulouser  Strohpapiere 
wurden  1880  20-30  pCt.  besser  bezahlt, 
als  die  Limousiner. 

In  der  Dauphin6  kochte  man  in  stehen- 
den cylinderischen  Kochern  Laogstroh  in 
zu  10  kg  abgebundenen  Garben,  welche 
dicht  gepackt  wurden  mit  6  pCt.  Kalk 
unter  3  Atm.  4  Stunden  lang.  Das  ge- 
kochte Stroh  wurde  mit  15  pCt.  Lumpen 
und  10  pCt.  altem  Papier  in  Holländern 


zusammengemahlen  und  ergab  ein  sehr 
beliebtes  Papier. 

Für  viel  feinere  Papiere  giebt 
Abadie  folgendes  Verfahren  an :  Das  ge- 
häckselte  Stroh  wird  nach  englischer  Art 
('?  d.  Verf.)  erweicht  und  in  aus  löslichem 
Alkali  bereiteter  Lauge  im  Kochkessel 
2  Stunden  unter  2  bis  3  Atm.  Druck  ge- 
kocht. Nach  einiger  Zeit  Ablagerung  wird 
es  unter  gleichzeitiger  Waschung  im  Trans- 
porteur einer  konischen  Strohmühle  (s.  o.) 
zugerührt,  in  ihr  während  10  Minuten  vorge- 
|  quetscht  und  in  gewohnlichen  Holländern 
fein  gemahlen,  event.  auch  noch  mit  an- 
deren Stoffen  vermischt  und  geleimt. 

Nach  allem,  was  bisher  (1899)  bekannt 
wurde,  haben  trolz  vielfacher  Anpreisungen 
und  Versprechungen  die  vorgesagten  fran- 
zösischen Verfahren  bei  uns  wohl  zu  Ver- 
suchen Veranlassung  gegeben,  aber  doch 
wenig  Boden  gewonnen. 

Strohhalbcellulose. 

Die  sog.  Halbcellulrse  aus  Stroh  ist  ein 
Zwischending  des  ordinären  gelben  Stroh- 
stofTes  und  des  später  zu  besprechenden 
reinen,  weiss  gebleichten  Strohzellstoffes. 

Um  die  Halbcellulose  zu  erhalten,  hat 
man  eben  die  Inkrusten  und  die  kiesel- 
sauren Verbindungen  des  Rohstrohes  viel 
gründlicher  zu  entfernen,  wie  vorher  be- 
schrieben. 

Dieser  Stoff  wird  bei  uns  von  den  Pa- 
pierfabrikanten selbst  erzeugt  und  vor- 
wiegend zu  dünnen,  hellen,  auch  schön 
gefärbten  Einwickel-  (Scip)  Papieren  ver- 
arbeitet. 

Die  Fabrikation  dieses  Halbstoffes  wird 
von  den  deutschen  Fabrikanten  ziemlich 
geheim  gehalten ;  sie  entspricht,  soviel  be- 
kannt wurde,  am  nächsten  dem  1880  schon 
von  Abadie  beschriebenen,  zuletzt  ange- 
deuteten Verfahren. 

Das  3—4  cm  lang  geschnittene  Stroh 
wird  einmal  mit  lOpCt.  Kalk  und  einmal  mit 
dünner  Aetznatronlauge  gekocht  und  dann 
ausgewaschen.  Je  nach  Menge  der  aufge- 
wendeten Chemikalien  und  je  nach  der 
Kochzeit  verliert  das  Stroh  dabei  mehr 
oder  weniger  seine  natürliche  Farbe  und 


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78  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


ergiebt  nur  60  bis  50  pCt.  des  Strohgewich- 
tes trockenen  Stoff  resp.  Papier.  Im  übri- 
gen wird  das  Stroh  vorteilhaft  auf  gewöhn- 
lichen Mahlgängen  raffinirt. 

Soll  diese  Halbcellulose  mit  anderen 
Stoffen  vermischt,  event  auch  geleimt  und 
gefärbt  werden,  so  hat  man  noch  Misch- 
holländer nötig,  in  denen  dies  geschieht, 
ehe  der  Stoff  in  die  Papiermaschinenbütten 
abgeleert  wird. 

Kalk*  zum  Kochen  des  Strohes. 

Für  die  Zwecke  der  Herstellung  des 
gelben  Strohstoffes  braucht  der  K*lk  in 
chemischer  Beziehung  nicht  ganz  reiner 
Aetzkalk  CaO  zu  sein.  Die  fremden  Bei- 
mengungen, Eisenoxyd,  Magnesia.  Thon, 
Sand  etc.  werden  den  Wert  des  Kalkes 
allerdings  auch  für  vorliegenden  Zweck 
herabdrücken,  aber  wenn  dieselben  rieht 
in  derartiger  Menge  auftreten,  dass  sie  das 
gleichmässigc  Durchbrennen  des  Kalksteines 
hindern  und  die  Löschung  des  Aetz- 
kalkes  zu  Kalkhydrat  Ca  (OH),  allzu- 
lange verzögern,  so  dürfte  solcher  Aetz- 
kalk bei  entsprechend  geringerem  Preise 
wohl  noch  verwendbar  erscheinen.  Ein 
gutes  gleichmässiges  Durchbranntsein 
und  schnelle  Löschlähigkeit  müssen  aber 
immer  zur  Bedingung  gemacht  werden ; 
auch  ist  natürlich  für  vorliegenden  Zweck 
der  Kalk  um  so  werlvoller,  je  mehr  er 
sich  dem  chemisch  reinen  Aetzkalk  nähert. 
Die  besten  Kalke  haben  bis  zu  97  bis  98 
pCt.  reinen  C  a  O-Gehalt.  Kalke  mit  hohem 
C  a  O-Gehalt  werden  fette  Kalke  ge- 
nannt, ihr  Volumen  vergrössert  sich  beim 
Ablöschen  bis  auf  etwa  das  Fünffache,  und 
sie  ergeben  einen  zarten  feinen  Brei.  Kalke, 
welche  viele  von  den  oben  erwähnten  Bei- 
mengungen enthalten,  sich  schwerer  löschen 
und  etwa  nur  auf  das  doppelte  Volumen 
aufgehen,  heissen  magere  Kalke;  der 
Kalkbrei  aus  ihnen  fühlt  sich  grob  und 
körnig  an. 

Untersuchung  des  Handelskalkes 
aul  Ca  O-Gehalt.  Manschlägt  von  den 
vielen  Kalkstüeken  an  verschiedenen  Stellen 

*  Man  sttiiJir«-  Teil  II  Alurtmitt  K  lUcses 
Werkes,  8.  141/12,  4.  Kalk. 


(  der  angelieferten  Sendung  Stückchen  von 
aussen  ab  und  aus  der  Mitte  heraus,  nimmt 
auch  etwa  im  Verhältnis  von  den  lose  bei- 
gemengten kleinen  Stücken  der  Sendung 
hinzu,  bricht  dann  von  jedem  der  vielen 
kleinen  Stückchen  kleinere  Ecken  ab  und 
wägt  auf  einer  genauen  Wage  genau  100  g 
davon  ab.     Diese  löscht  man  in  einer 

!  grösseren  Porzellanschale  mit  nur  so 
viel  lauwarmem  Wasser  ab,  dass  sie 
allmählig  zerlallen.  Erst  nachdem  dieses 
Zerfallen  vollständig  eingetreten  ist,  ver- 

:  dünnt  man  mit  viel  Wasser  zu  einem  dünn- 
flüssigen Brei.  Diesen  Brei  bringt  man 
unter  mehrfachem  Auswaschen  der  Schale 
in  einen  Liierkolben  und  füllt  auf  l  Liter  auf. 
Unter  stetigem  Umrühren  pipettirt  man 
100  cem  in  einen  anderen  1  Literkolben 
ab,  fil'lt  diesen  wieder  auf  l  Liter  und 
nimmt  50  cem  davon  in  eine  kleine  Por- 
zellanschale. Man  hat  also  in  dieser  d  i  e 
Milch  von  '/ig  des  Handelskalkes.  Diese 
Milch  titrirl  man  nach  Dr.  Clemens  Winkler. 
Freiberg  i  S.  mit  einer  Normaloxalsäure, 
von  der  jeder  cum  0,028  g  Aetzkalk-Ca  0  ent- 
spricht. Als  Indikator  verwendet  man  einige 
Tropfen  Lakmustinklur  od.  Phenolphthalein; 
lindet  der  Farbenumsehlag  von  blau  in  rot, 
resp.  von  rot  in  gelb  bei  dem  letzten  Tropfen 
dauernd  statt  und  hat  man  x  cem  Nor- 
malsäure verbraucht,  so  ist  x  .  5,6  der  Ca  0- 
Gehalt  des  Handelskalkes  in  Prozenten 
seines  Gewichtes.  In  ähnlicher  Weise  kann 
man  den  Ca  O-Gehalt  einer  vorhandenen 
Kalkmilch  in  1  Liter  genau  bestimmen. 
100  cem  der  Kalkmilch  werden  auf  1 1  ver- 
dünnt und  50  cum  davon  pipettirt :  sind 
x  cem  Normalsäurc  verbraucht,  so  sind 
x  .  200  .  0,028  g  oder  x  .  5 ,Ü  pCt.  Ca  0  in 
der  Kalkmilch! 

Dr.  Cl.  Winkler  giebt  ferner  folgende 
Bestimmung  des  Kalkgehaltes  von  gebrann- 
tem Kalk.  Von  einer  zu  kleinen  Stücken 
zerschlagenen  und  gemengten  Durchschnitts- 
probe von  gebranntem  Kalk  wägt  man  28  g 
ab,  bringt  sie  in  eine  warme  Porzellan- 
schale  mit  Ausguss,  benetzt  sie  unter  An- 
wendung der  Sprilzflasche  erst  mit  wenig, 

I  nach  und  nach  mit  mehr  kochendem  Wasser 

I  und  verwandelt  den  unter  starker  Wärme- 


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K.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


79 


entwickelung  zerfallenden  Kalk  durch  vor- 
sichtige Steigerung  des  Wasserzusatzes  in 
vollkommen  homogenen  Kalkbrei,  der  nach 
gänzlicher  Beendigung  des  Löschprozesses 
und  nach  erfolgter  Abkühlung  in  einem 
Messkolben  auf  1  I  verdünnt  wird.  Nach 
gründlichem  Durchschütteln  hebt  man 
1UÜ  ccm  der  entstandenen  Kalkmilch  mit 
der  Pipette  ab,  lässt  sie  in  einen  zweiten 
Literkolben  ausiliessen  und  verdünnt  wie- 
derum bis  zur  Marke.  Auf  solche  Weise 
erhält  man  zehnte'.normale  Verdünnung. 
Der  kurz  vorher  aufgeschüttelten  Emul- 

Zum  Lösen  verwendet  .  .  . 
beim  Rücktitriren  verbraucht  . 


sion  entnimmt  man  25  ccm  mit  der  Pipette, 
lässt  sie  in  ein  Becherglas  oder  eine  Koch- 
flasche ausiliessen.  setzt  mindestens  das 
gleiche,  besser  ein  etwas  grösseres  Volumen 
Vm  Normal-Salzsäure  zu,  erhitzt  kurze 
Zeit  zum  gelinden  Sieden  und  titrirt  nach 
Zugabe  einiger  Tropfen  Phenolphthalein  den 
verbleibenden  Säureüberschuss  mit  Vio 
Normal-Kaliumhydroxyd  zurück.  Die  ver- 
brauchten ccm  werden  vom  Volumen  der 
angewendeten  Säure  in  Abzug  gebracht 
und  der  Rest  mit  4  mulliplizirt :  z.  B. : 


30  ccm  1 

6,7  „ 


zur  Neutralisation  des  Kalkes  erforderlich       23,3  ,, 
Gefunden :  23,3  .  4  =  93,2  pCt.  Ca  0. 


io  H  Gl. 
„  KOH 

,  HCl. 


Diese  Bestimmungen  sind  nur  dann 
richtig,  wenn  im  Kalk  keine  anderen,  auf 
die  angewendete  Säure  neutralisirend  wir- 
kenden Basen,  z.  B.  keine  Magnesia,  vor- 
handen sind. 

Für  freilich  nur  sehr  annähernde  Be- 
stimmungen des  Ca  O-Gehaltes  einer  Kalk-  ; 


milch  kann  man  sich  schliesslich  noch  der 
Baumespindel  bedienen  und  in  der  folgenden 
Tabelle  denselben  ablesen.  Es  ist  dabei 
auf  gutes  Aufrühren  der  Milch  im  Cylinder 
oder  Glase  zu  halten,  weil  sonst  falsche 
Ablesungen  unausbleiblich  sind. 


Tabelle  über  den  Gehalt  der  Kalkmilch  an  CaÜ  nach  Blattner* 

(bei  15°  C). 


Grade 

1  1 

1  1  enthält 

Grade 

1  1 

1  1  enthält 

Baume 

wiegt  g 

Caü  in  g 

Baume 

wiegt  g 

Ca  0  in  g 

1 

1007  7,5 
1014  10,5 

li. 

1108 

137 

2 

15 

ltio 

148 

3 

1022 

26.0 

!5 

1 125 

159 

4 

1021* 

36.0 

17 

1134 

170 

— 

1037 

40.0 

18 

1 142 

181 

ü 

1015 

50.0 

19 

1152 

193 

7 

1052 

05.0 

20 

1  102 

200 

H 

10ÖO 

75.0 

21 

1  «71 

218 

9 

löt>7 

HU) 

1180 

229 

10 

1075 

91,0 

23 

1190 

242 

n 

1083 

101,0 

24 

1200 

255 

12 

ium 

1 15.0 

25 

1210 

268 

13 

1100 

120,0 

26 

1220 

281 

Mechanische  und  mineralische  Verun- 
reinigungen des  Kalkes  kann  man  annäh 
ernd  durch  Auswaschen  der  Kalkmilch  auf 
einem  Leinenülter  von  gröberer  Webart 
bestimmen.  Die  Kalkmilch  geht  durch  die 
Maschen  des  Gewebes  und  die  Verun-  | 


reinigungen  bleiben  auf  demselben  zurück. 
Das  ungebrauchte  Filier  und  das  mit  den 
Verunreinigungen  werden  bei  100—105  0  C 
getrocknet  u.  gewogen.  Die  Gewichtsdifferenz 
ergiebt  die  Menge  der  Verunreinigungen. 
Zur    Bestimmung  von  Kieselsäure 


'  L'inyl.  r.    l'..h  ti'i-hniirlir«  .l.nirinil.    H:m<l  *2ö0,  jiu<r.  KJ4. 


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£.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  ß.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


und  unlöslichem  Silikat  kann  man 
einige  g  Kalk  löschen  und  die  Kalkmilch 
mil  überschüssiger  Salzsäure  lösen  und  ab- 
liltriren.  Der  Rückstand  aul  dem  Filter 
entspricht  der  Kieselsäure  und  dem  un- 
löslichen Silikat. 

Aus  dem  Balzsauren  Filtrat  könnte  als- 
dann, nachdem  noch  zur  Oxydation  des 
Eisens  (Ünl  Minuten  mit  Salpetersäure  ge- 
kocht ist.  durch  Fällung  mit  Ammoniak  in 
Siedehitze  Eisenoxyd  und  Thonerde  gefällt 
und  nach  Glühen  zusammen  bestimmt 
werden.  Es  empfiehlt  sich  hierbei  übri- 
gens, den  zuerst  mit  Ammoniak  erhaltenen 
Niederschlag  nach  Auswaschen  nochmals 
in  Salzsäure  zu  lösen  und  die  Fällung  zu 
wiederholen. 

Sollen   vollständige    genaue  Analysen 


des  Kalkes  ausgeführt  werden,  so  wird 
man  gut  thun,  dies  dem  Chemiker  vom 
Fach  zu  Überlassen. 

Ueber  Kalkulation  des  gelben 
Strohstoffes  und  der  Stroh-Halb- 
cellulose. 

Eine  vollständige  Kalkulation  an  dieser 
Stelle  zu  geben,  ist  nicht  gut  möglich,  da 
der  Halbstoff  nicht  gehandelt  wird,  die 
Papier-  resp.  Pappenmaschinen-Arbeit  erst 
später  besprochen  wird  und  die  Regien  an 
letzteren  einen  Hauptfaklor  der  Kalkulation 
der  Strohpapiere  und  Strobpappen  bilden. 

Für  spätere  Berechnungen  sei*  aber  kurz 
wiederholt,  dass  nach  deutscher  Arbeits- 
methode (Kochen  des  Strohes)  bei  mittleren 
Betrieben  zu  rechnen  sind, 


für  100  kg  Gelbslrohsloff : 


für  100  kg  Halbcellulose : 


133    kg  Stroh, 
13,3  ,,  Kalk, 

2,5  Tagespferdestärken   für  Strohschneider,  Kocher 

Kollergänge,  Holländer  und  Pumpen, 
20    kg  Kohle  zum  Kochen  (etwa). 
200    kg  Stroh, 
20     ..  Kalk, 
20    „  Aetznatron, 

3,5  Tagespferdestärken   für  Strohschneider,  Kocher. 

Kollergänge,  Raffineure. 
35    kg  Kohle  zum  Kochen  etwa 


Ausserdem  ist  zu  berücksichtigen,  dass 
man  gut  und  solide  bauen  muss,  die  besten 
Maschinen  anzuschaffen  hat  und  bei  uns, 
um  von  der  Strohkonjunklur  unabhängig 
zu  sein,  grosse  Strohvorräte  hinlegen  muss. 

Auf  alle  Fälle  hat  man  für  hinreichende 
Bau-  und  Betriebskapitale  zu  sorgen,  wenn 
man  heute  in  Deutschland  eine  Strohpapier- 
fabrik mit  Aussicht  auf  eine  bescheidene 
Rente  betreiben  will. 

Das  Strohpapier  und  die  Strohpappe 
haben  in  den  Braunholzschlifffabrikaten 
scharfe  Konkurrenten  erhalten,  so  dass 
auch  der  Absatz  ersterer  schwieriger  ge- 
worden ist.  — 

Wie  unsere  Adressbücher  Deutscher 


Papierfabriken  zeigen,  bestehen  in  Deutsch- 
land noch  etwa  40  grössere  und  kleinere 
Fabriken,  die  ausschliesslich  gelbe  Stroh- 
papiere und  Pappen  fertigen,  deren  Pro- 
duktion vom  Verfasser  1 A  S.  35  unten 
auf  40000  t  ausgerechnet  ist  Von  unter- 
richteter Seite  wurden  einige  Jahre  zurück 
noch  65000  t  angegeben  (II  A  S.  20  Mitte). 
Ausserdem  ist  zu  erinnern,  dass  viele 
Packpapier-  und  Pappen-Fabrikanten  stän- 
dig, oder  wenigstens  in  guten  Strohjahren 
grosse  Quantitäten  gelben  Strohstoff  mit- 
verarbeiten, so  dass  die  GelbstrohstofT- 
fabrikation  in  Deutschland  Tür  absehbare 

,  Zeiten  immer  noch  Bedeutung  behalten 

|  wird. 


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Chemikalien  und  Lösungen  der  Zellstofffabrikation. 


Die  Stroh-  und  Holz-ZellstofTfabrikation 
bedient  sich  zur  Gewinnung  der  Zellstoffe 
der  sog.  Natronlaugen  und  der  Sulfatlaugen, 
bei  Holz  ausserdem  der  Sullitlösungen;  zum 
Bleichen  derselben  der  Chlorkalklösungen. 

Die  Natronlaugen  enthalten  in  der 
Hauptsache : 

Aetznatron  oder  Natriumhydroxyd 
NaOH, 

Natriumkarbonat  oder  kohlensaures 
Natrium  Na,  COs. 

Die  Sulfatlaugen  enthalten  im 
wesentlichen : 

Natriumhydroxyd  NaOH, 

Natriumkarbonat   Na,  C0S. 

Schwefelnatrium   Na,  S, 

Natriumthiosulfat  Na.,  S,  08, 

Natriumsulfat  oder  schwefelsaures  Na- 
trium Na,  S04. 

Die  Natron-  und  Sulfatlaugen  des  Slroh- 
stoffes  enthalten  ständig  kieselsaure  Alka- 
lien, besonders  Na,  SiO„,  sobald  sie  wieder- 
gewonnenen Salzen  entstammen. 

Die  Sulfitlaugen  enthalten  vorwie- 
gend: 

Schwell igsaures  Calcium  Ca  S08, 

Schweflige  Säure  H3  SO,,  resp.  SO,. 

Nach  chemischen  Begriffen  ist  es  eine 
Lösung  von  saurem  schwefligsaurem  Cal- 
cium Ca(HS08),,  welche  neutrales  Salz 
oder  überschussige  schweflige  Säure  ent- 
halten kann. 

An  Chemikalien  kommen  in  Be- 
tracht: das  Aetznatron  des  Handels 
(HE  S.  138),  die  Soda  (II  E  S.  146)  und 
der  Aetzkalk  (HE  S.  141),  das  Sulfat 
oder  rohe  Glaubersalz  mit  etwas  über- 
schüssiger Schwefelsäure  (IIE  S.  156),  der 
Schwefel  (IIE  S.  133),  die  Schwefel- 
kiese (IIE  S.  133),  die  Kalksteine 
(IIE  S.  141)  und  Kalktuffe,  der  Chlor- 
kalk (II  E  S.  149). 


Aufschluss  über  diese  Chemikalien  giebt 
die  Arbeit  des  Herrn  Professor  Dr.  Borne- 
mann II.  Teil  Abschnitt  E  dieses  Werkes, 
wie  die  Hinweise  vorstehenden  Satzes  durch 
Parenthesen  angeben. 

Das  dort  Gesagte  wird  als  bekannt 
vorausgesetzt  und  in  Nachfolgendem  be- 
sonders auf  die  chemische  Untersuchung 
der  Chemikalien  und  der  Lösungen,  sowie 
auf  die  chemischen  Vorgänge  bei  Herstel- 
lung der  Lösungen  und  bei  Wiedergewin- 
nung der  Chemikalien  in  vorliegenden  In- 
dustrien eingegangen. 

Aetznatron  oder  Natriumhydroxyd  NaOH. 

Das  Aetznatron,  wie  es  als  Neben- 
produkt der  Sodafabrikali  on  gewonnen 
wird  und  in  den  Handel  kommt,  wird  auch 
kaustische  Soda  genannt.  Es  scheidet 
sich  in  2  Sorten:  das  reinere  weisse  und 
das  gelbliche  bis  rötliche.  Das  letztere  ist 
durch  Schwefeleisen-Schwefelnatrium  ver- 
unreinigt. 

Die  kaustische  Soda  oder  das  Aetznatron 
des  Handels  ist  ein  harter,  spröder,  hygro- 
j  skopischer  Körper,  der  in  eisernen  ver- 
lötheten  Trommeln  zur  Versendung  kommt, 
sie  enthält  immer  ausser  Natriumhydroxyd 
NaOH,  andere  Natronsalze  wie  Natrium- 
carbonat  Na,  C08,  Natriumsulfat  Na,  S04, 
Chlornatrium  NaCL,  Schwefelnatrium  Na,  S, 
Eisenverbindnngen  und  mechanische  Ver- 
unreinigungen. 

Der  Wertmesser  für  die  kaustische  Soda 
ist  ihr  Gehalt  an  Natriumhydroxyd,  der 
nach  deutschem  Handelsgebrauch  in  Pro- 
zenten oder  in  Graden  Natriumkarbonat, 
dagegen  nach  englischem  Handelsgebrauch 
in  pCt.  Natriumoxyd  (Na30)  ausgedrückt 
wird.  (Nach  englischer  Auffassung  sind 
maximal  2—3  pCt.  Na,  COs-Gehalt  in  der 
Handelsware  zulässig.) 

l'J.  Bugen  1899. 


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82 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C  ZELLSTOFFE. 


I.  Tabelle  über  den  Gehalt  der  reinen 


ope^. 

VII  ttuc 

UlaUc 

nf't 
pol. 

pl_.l. 

1  cbm  enthält  kg 

l  iCW  10lU 

Rn  nm  A 
uuuiiic 

X  w  ilUUCIl 

Na20 

NaOH 

1,007 

1 

1,4 

0,47 

0,01 

4,73 

0,14 

1,014 

2 

2.8 

0,93 

1.20 

9,43 

12,17 

1,022 

3 

4.4 

1.55 

200 

15,84 

20.44 

1.029 

4 

5.8 

2,10 

2,71 

22,81 

27,78 

1.036 

5 

7,2 

2,00 

3.35 

2*i,93 

34.71 

1.045 

0 

9.0 

3.10 

4.00 

32.40 

41,80 

1,052 

7 

10.4 

3,00 

4.04 

37.87 

48.81 

1,000 

8 

12,0 

4,10 

5.2« 

43.40 

50,07 

1,007 

9 

13.4 

4.55 

5  87 

48.55 

02.03 

1,075 

10 

15,0 

5,08 

0,55 

54.01 

■ 

70,41 

1,083 

11 

10,0 

5.07 

7,31 

01.4 

79  2 

1,091 

12 

18.2 

0,20 

8,00 

07.0 

8/, 3 

1,100 

13 

20,0 

0.73 

8.08 

74.0 

95,5 

1,108 

14 

21,0 

7,30 

9  42 

80,9 

104 

1,110 

15 

23.2 

7,80 

10,00 

87.0 

112 

1,125 

10 

25 

8,50 

10,97 

1  yü 

1,134 

17 

20.8 

9,18 

11.84 

104 

134 

1,142 

18 

28,4 

9,80 

12,04 

112 

144 

1.152 

19 

30,4 

10,50 

13.55 

121 

15t) 

1,102 

20 

32,4 

11,14 

14.37 

129 

107 

1,171 

21 

34,2 

11,73 

15,13 

137 

177 

1,180 

22 

30,0 

12.33 

15.91 

146 

188 

1,190 

23 

38,0 

13.(X) 

10,77 

155 

200 

1,200 

24 

40.0 

13.70 

17.07 

WA 

212 

1,210 

25 

42,0 

14,40 

18.58 

174 

225 

Hat  man  den  Na  0H- Gehalt  in  einer 
kaustischen  Soda  =  80,8  pCt.  bestimmt 
und  will  die  Grade  Naa  C08  ausrechnen, 
so  ist  zu  berücksichtigen,  dass  die  Mole- 
kulargewichte 2  Na  OH:  Na.,,  CO,  sich 
verhalten,  wie  80:  100.  Die  gesuchte 
Grädigkeit  lindet  man  dann  nach  der 
Gleichung 


x  = 


80,8 


80: 
100 


80 


100  =  86,8:  x 
—  115  deutsche  Grad. 


Kür  englische  Prozente  sind  die  Mole- 
kulargewichte 2  NaOH:  Na„  0  zu  berück- 
sichtigen. 

80:  02  =  80,8:  y 
y  ^  80|_J>2  =  67  2?  pCt  engl 

Bestimmung  des  Gesamtalk  an- 
gehalten der  kaustischen  Soda.  Vom 


Boden  oder  von  den  unteren  Seiten  des  von 
der  Kisenlrommel  befreiten  Blockes  wird  ein 
Stück  abgeschlagen  und  in  einem  warmen 
eisernen  Mörser  rasch  und  grob  zerschlaget) 
und  schnell  in  eine  warme,  luftdicht  ver- 
schlossene Glasflasche  gefüllt. 

5,30  g  der  kaustischen  Soda  werden  in 
Wasser  gelöst,  auf  1  l  in  einem  tarirten 
Kolben  verdünnt,  gehörig  gemischt,  dann 
25  cem  mit  der  Pipette  in  eine  Schale  ge- 
bracht und  diese  unter  Hinzugabe  von 
wenigen  Tropfen  Methylorange  in  der  Kälte 
mit  '  io  Schwefelsäure  auf  Rosa  titrirt. 

Sind  z.  B.  26,8  cem  V  io  Schwefelsäure  ver- 
braucht,  so   ist   der   Gebalt   an  Alkali 


20,8 


=  107 


Na,  C08  ent- 


sprechend. Man  nennt  diese  kaustische  Soda 
107,2  grädig.  Will  man  das  Alkali  in  Naa0- 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


83 


Aetznatronlauge  bei  15°  C.  nach  Lunge. 


Spez. 
Gewicht 

Grade 
Baume 

Grade 

rr*         ii  ii 

Twaddell 

pCt. 
Na.2ü 

pCt. 

%  r  /-irr 

NaOH 

1  cbm  enthält  kg 
Na20  NaOH 

I  220 

2(5 

44  0 

TT  V' 

15  18 

19  85 

185 

239 

1  231 

27 

46  2 

15  96 

20  59 

196 

253 

1.241 

28 

48  2 

16,70 

21  42 

208 

266 

1.251 

29 

50.4 

17.55 

22  64 

220 

283 

1.263 

30 

52.0 

18.35 

23,67 

232 

299 

1,274 

31 

54.8 

19.23 

24,81 

245 

316 

1,285 

32 

57  0  • 

20,00 

25.80 

257 

332 

1.297 

33 

59  4 

20  80 

26,83 

270 

348 

1.308 

34 

01  0 

21.55 

27.80 

282 

364 

1.328 

35 

04  0 

22.35 

28;83 

295 

381 

1,332 

36 

00  4 

23.20 

29,93 

309 

399 

1,345 

37 

09  0 

24  20 

31,22 

326 

420 

t,357 

38 

71  4 

25,17 

32,47 

342 

441 

1.370 

39 

74  0 

26,12 

33,69 

359 

462 

1  383 

40 

70  fi 

27,10 

34,96 

375 

483 

1.397 

41 

79  4 

28,10 

36,25 

392 

506 

l  410 

42 

82,0 

29.05 

37,47 

410 

528 

1.424 

43 

84,8 

30,08 

38,80 

428 

553 

1.438 

44 

87,0 

31.00 

39,99 

446 

575 

1.453 

55 

90,6 

32.10 

41,41 

466 

602 

1.408 

40 

93.0 

33,20 

42;83 

487 

629 

1.483 

47 

96.0 

34.40 

44,38 

510 

658 

1.498 

48 

99,0 

35,70 

40.15 

535 

691 

1.514 

49 

102,8 

36.90 

47.00 

559 

721 

1.530 

50 

106.0 

38.00 

49,02 

581 

750 

Gehalt  oder  englischen  Prozenten  angeben, 
so  ist  nach  Gleichung 

106  :  62  =  107,2:  y 
58 .  107,2 


106 


=  62,70  °/u  engl. 


Zur  Kontrolle  lässt  sich  auch  die  Me- 
thode der  Rücktitrirung  (wie  S.  79  beim 
Kalk)  anwenden. 

25ccm  der  Lösung  werden  mit  Phenolph- 
taleln  und  30  cem  Vio  Schwefelsäure  ver- 
setzt, zum  Sieden  gebracht  und  mit  Vio 
Kalilauge  auf  Rot  zurücklitrirt.  Sind  z.  B. 
3.2  cem  1  io  Kalilauge  (Kaliumhydroxyd) 
verbraucht,  so  entspricht  die  kaustische 
Soda. 

(30  -  3,2)  .  4  =  107,2  pCt.  Na2  C09. 
Bestimmung  des  reinen  unge- 
bundenen Aetznatrons.  Vermutet 
man  in  einer  kaustischen  Soda  grössere 


Mengen  Natriumkarbonates  und  will  man 
diese  von  der  Bestimmung  ausschliessen, 
so  bestimmt  man  erst,  wie  vorstehend  be- 
schrieben, das  Gesammtalkali.  Darauf 
nimmt  man  eine  zweite  Portion  von 
|  25  cetn  derselben  Lösung  aus  dem  Liter- 
kolben, versetzt  diese  mit  25  cem  Vio 
Chlorbarium,  fügt  Phenolphtalein  zu  und 
titrirt,  ohne  zu  filtriren,  das  gebildete 
Bariumhydroxyd  mit  Vio  Oxalsäure.  Bei 
dieser  Titrirung  sind  die  aus  Natrium- 
karbonat und  Chlorbarium  gebil- 
deten Bariumkarbonat  (Niederschlag)  und 
Chlornatrium  ohne  Einüuss  auf  das  Resul- 
tat und  nur  das  Bariumhydroxyd  wird 
entsprechende  Mengen  Oxalsäure  binden. 

Angenommen,  wir  hätten  24,5  cem  Vio 
Oxalsäure  verbraucht,  so  entspricht  dies 
24,5.4  =  98,0  pCt.  Na.2  CO,. 


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84  E.  KIHCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELIÄTOFFE. 


•  =  73,90  pCt.  Na  OH 


oder 


=  57,32  pCt.  Na2  0. 


106 

98_.  02 
106 

Als  kohlensaures  Natrium  sind  also 
107,2  —  98  =  9,2  p Ct.  in  der  kaustischen 
Soda. 

Um  in  der  Fabrik  schnell  den  Gehalt 
einer  Lauge  an  kaustischer  Soda  zu  er- 
mitteln, bedient  man  sich  der  Feststellung 
der  Temperaturen,  der  specilischen  Ge- 
wichte und  der  Tabellen  I.  S.  82  und  83 

II.  Tabelle  über  den  Einfluss  der 


und  II.  S.  84,  welches  Verfahren  indessen 
keinen  Anspruch  aur  grosse  Genauigkeit 
hat ,  da  unser  Aetznatron  des  Handels 
stets  durch  kleinere  oder  grössere  Mengen 
von  Natronsalzen  etc.  verunreinigt  ist, 
welche  auf  das  specilische  Gewicht  eben- 
falls von  Einfluss  sind. 

Auf  das  specif.  Gewicht,  resp.  die  Grade 
Baume  und  damit  auf  den  Gebalt  an  Aetz- 
natron hat  die  Temperatur  der  Lauge 
einen  grossen  Einfluss,  wie  Tabelle  II 
deutlich  zeigt. 

Temperaturen  von  0  bis  65°  C. 


auf  die  Dichte  (Grade 


<i  u  ni  c 


er  A 


z  n  at  ron 


a  u  2  e 


Temperaturen  in  0  C. 


£ 

o 

ao 

o> 

TS 
CS 


0 

2 
3.3 
4,6 
59 
7.3 
8.6 
9,9 
11,1 
12  3 
13,6 
14  9 
16.1 
17.3 
1H4 
19,4 
20,4 
21.6 
22.7 
23  7 
24,7 
25,7 


5  |  10  |  15  |  20  |  25  |  30  |  35  |  40  |  45  |  50  |  55  j  60  |  65 


1.9 
3.2 
4.5 
5,8 
7.1 
8,4 
9,8 
11.0 
12,2 
13.4 
14.0 
15.9 
!  17,0 
i  18.2 
!  19.2 
20,2 
21,3 
22,5 
23,5 
24,5 
25,5 


1,6 
2,9 
4,3 
5,5 
6,9 
8,2 
9,5 
10.8 
12,0 
13,3 
14,5 
15,7 
16,8 
18,0 
19,0 
20,0 
21,2 
22,2 
23,2 
24.2 
25,2 


1.4 
2,8 
4.1 
5,4 
6,7 
8,0 
9.4 
10,6 
11,9 
13,0 
14,3 
15,4 
16,5 
17,8 
18,8 
19;8 
20,9 
22 
23 
24 
25 


1,1 

2,5 
3,9 
5,1 
6,4 
7,8 
9,1 
10,4 
11,6 
12,8 
14,0 
15,2 
16,3 
17,5 
18,6 
19,5 
20,5 
21,7 
22,7 
23,7 
24,7 


1,0 
2,4 
3,7 
5,0 
6,3 
7,6 
9,0 
10,3 
11,5 
12,6 
13,8 
15,0 
16,1 
17.3 
18.4 
19,3 
20.3 
21  4 
22,5 
23,5 
24,4 


0,9 
2,3 
3,5 
4,9 
6,2 
7,5 
8,9 
10,1 
11,4 
12,4 
13,5 
14,8 
15,9 
17.0 
18,2 
19,1 
20.1 
21.2 


0,6 
2,0 
3,3 
4,6 
5,9 
7,3 
8,6 
9.9 
11.1 
12,2 
13,2 
14,5 

1»,< 
16,8 
18,0 
18,9 
19.9 
20,9 


22.3  i  22  0 


23.3 
24,3 


23,0 
24,0 


0,3 
U 
3,0 
4,4 
5,6 
7,0 
83 
9,6 
T0,9 
12,1 
13,0 
14,3 
15,5 
16,5 
17,8 
18,6 
19,6 
20,7 
21.8 
22.8 
23.8 


1,4 

2,8 
4,1 
5.4 
6,7 
8,0 
9.4 
10,6 
11.9 
12,9 
140 
15,2 
16.2 
17,4 
18,4 
19,4 
20.4 
21,6 
22.6 
23,5 


1,1 

2,5 
3.9 
5,1 
6,4 
7,8 
9,1 
10,4 
11,5 
12,7 
13,8 
15,0 
16.0 

17,1 
18.2 
19,2 
20,2 

,  -i,<> 
22,4 
23,2 


0,9 
2.2 
3,6 
4.9 
6,2 
7,5 
8,9 
10,0 

11,1 
12.3 
13,4 
14,6 
15,7 
16,8 
18,0 
19,0 
20,0 
21.1 
22.2 
23.1 


0,4 
1.9 
3,1 
4,5 
5,8 
7,1 
8.4 
9,8 
10,9 
12,0 
13,0 
14,3 
15,4 
16,5 
17,6 
18.7 
19,7 
20,8 
22.0 
22,9 


1,4 
2,8 
4,1 
5,4 
6,7 
8,0 
9.5 
10,5 
11.8 
12,7 
13,9 
15,1 
16,2 
17,3 
18,4 
19,4 
20,4 
21,7 
22,6 


Hat  man  es  also  mit  einer  Lauge  zu  thun. 
die  unter  oder  über  15*  C.  Temperatur 
hat,  so  bestimmt  man  zunächst  nach  Ta- 
belle II  die  entsprechenden  Grade  Baume, 
welche  die  Lauge  bei  15  •  C.  haben  würde 
und  kann  aus  Tabelle  I  prozentualer  den 
annähernden  Gehalt  an  Na.,0  oder  NaOH 
erfahren,  ebenso  kann  man  ablesen,  wie 
viel  kg  Na,0  oder  NaOH  1  cbm  dieser 
Lauge  enthält. 


Beispiel:  Eine  Lauge  sei  50°  warm 
und  zeige  etwas  unter  6,5"  B  an  der 
Spindel,  so  entspricht  dies  nach  Tabelle  II 
8"  B.  bei  15"  G.  Temperatur.  Nach  Ta- 
belle I  enthält  aber  dieselbe  4,1  °'o  Na20 
oder  5,29 "/o  NaOH;  1  cbm  der  Lauge  ent- 
hält 43,46  kg  Na20  oder  56.07  NaOH. 

Herstellung  reiner  Kochlauge 
aus  Aetznatron.  Will  man  lür  Stoff- 
fabrikation  eine  Lauge  ansetzen,  was 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  und  G.  ZELLSTOFFE. 


85 


unbedingt  dem  direkten  Zuteilen  von 
festem  Aetznatron  in  Stücken  im  Kocher 
vorzuziehen  ist  und  soll  diese  Lauge 
PI*  pCt.  reines  Aetznatron  (NaOH)  ent- 
halten, so  sind  47,5  kg  (I00°/o  NaOH)  = 
51,2  kg  (72  «Vo  NaaO)  =  59,2  kg  (62°/., 
Na20)  Aetznatron  auf  1  cbm  zu  lösen. 

Untersuchung  einer  Aetznatron- 
lauge  auf  Gesamtalkali  und  reines 
ungebundenes  Aetznatron.  Man 
entnimmt,  ähnlich  der  Untersuchung  von 
Kalkmilch  S.  78  r.  Sp.  unten,  dem  Lauge- 
vorrat mit  einer  Pipette  100  cem,  füllt 
dieselbe  im  Literkolben  mit  Wasser  bis 
zur  Marke  auf,  schüttelt  tüchtig  um  und 
nimmt  50  cem  dieser  verdünnten  Lauge 
und  bestimmt  nach  den  Vorschriften  S  82 
utid  83  den  Gesamtalkaligehalt  mit  Vio 
Notmaischwe'elsäure  und  den  reinen  un- 
gebundenen Aetznatrongehalt  mit  Vio  Oxal- 
säure. 

Angenommen,  wir  haben  im  ersten 
Falle  4,2  cem  V  io  Schwefelsäure,  im  zweiten 
Falle  nach  Zusatz  von  Chlorbarium  3,75 
ccr.)  V»o  Oxalsäure  verbraucht,  so  ent- 
spricht das  Gesamtalkali 
4,2 . 200 . 0,080= 67,2  g  im  Lit.= 6,72  •/*  NaOH 
und  als  Aetznatron  ist 
3,75 . 200 . 0.080  =  60 g  im  Liter  =  6°/..  NaOH, 

oder  umgerechnet  6'7gQ62  =  5,208°/o  Na^O 

als  Gesamtalkali,  resp. 
6  62 

—- —  =  4,65  °/o  Naa0  als  reines  Aetz- 
natron. 

Der  Einfachheit  wegen  wird  das  Ein- 
tragen des  Aetznatrons  in  Stücken  in  den 
Kocher  dort  vielfach  ausgeführt,  wo  man 
noch  mit  Aetznatron  arbeitet,  was  jedoch 
nur  noch  vereinzelt  vorkommt.  Stroh, 
Aetznatron  und  Wasser  kommen  in  abge- 
messenen Mengen  in  den  Kocher  und  nach 
kurzer  Zeit  Drehen  wird  sofort  mit  Kochen 
begonnen.  Als  Nachteile  kommen  bei 
dieser  Arbeit  infolge  ungleichmässiger  He- 
netzung  des  Häcksels  ungleichmässiges 
Kochen  und  stark  wechselnde  und  geringe 
Kocherfüllung  vor.  Bei  allmählichem  Ein- 
laufen der  Lauge  während  des  Einstopfens 
des  Häcksels  in  die  Kocher  bringt  man 


mehr  Häcksel  in  denselben  unter  und  er- 
zielt gleichmütigeren  Ausfall  der  Koch- 
ungen, als  bei  der  soeben  beschriebenen 
rohen  Arbeit. 

Das  Lösen  der  sog  Trommelsoda  ge- 
schieht am  besten  in  schmiedeeisernen 
Reservoiren  von  bekanntem  Inhalt  mit 
einer  laugebeständigen  Messskala.  Auf  dem 
Boden  dieser  Behälter  liegt  ein  Rost  aus 
Flacheisen.  Behufs  leichterer  Lösung  des 
Aetznatrons  besonders  im  Winter  wird  ein 
Dampfzuleitungsrohr  unter  dem  Rost  ange- 
bracht. Man  erwärmt  mit  direktem  Dampf 
auf  30—35  0  C. 

Die  Verwendung  festen  Aetznatrons 
des  Handels  hat  aber  nur  einen  Sinn, 
wenn  man  auf  Wiedergewinnung  des  Na- 
trons von  vornherein  verzichten  kann.  Man 
muss  sich  klar  sein,  da.ss  der  gewonnene 
Stoff  in  diesem  Falle,  wo  man  dann  in 
der  Regel  den  vollständigen  Verlust  des 
aufgewendeten  Natrons  in  den  Kauf  neh- 
men muss  sehr  teuer  wird. 

Nach  älteren  Belr  iebserfahrungen  braucht 
man  zur  Gewinnung  von  40  kg  gebl.  Stroh- 
stoff aus  100  kg  Strohhäcksel  20  bis  22  kg 
(72°/o)  Aetznatron,  also  50  bis  55%  Ge- 
wicht des  erhaltenen  lufttrockenen  StolTes 
von  diesem  teuren  Kochmaterial. 

Die  von  Lee  in  Skandinavien  und 
Deutschland  Anfang  der  70er  Jahre  ge- 
gründeten Holzzellstofffabriken  brauchten 
nach  den  gemachten  Erfahrungen  auch 
nicht  weniger  als  65  bis  75  kg  Aetznatron 
(70/72"/«  Na20- Gehalt)  und  darüber  auf 
100  kg  ungebleichter  lufttrockener  Holz- 
cellulose. 

Es  lag  daher  sehr  nahe,  eine  bedeutende 
Verbilligung  der  Nalronzellstoffe  in  der 
Wiedergewinnung  der  Natronverbindungen 
zu  suchen,  und  da  es  gelang,  zunächst 
60  bis  75 '7 u  der  autgewendeten  Chemi- 
kalien in  Form  kohlensauren  Natrons  durch 
den  Eindampf-  und  Calcinirprozess  in 
Oefen  zurückzugewinnen,  so  war  ein  wei- 
terer Fortschritt  den  Chemikalienverlust 
anstatt  durch  Aetznatron  NaOH  durch 
calc.  oder  Ammoniak-Soda  Na2  CO,  zu 
ersetzen,  denn  man  war  ja  bei  Einrichtung 
der  Wiedergewinnung  so  wie  so  gezwungen 


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86 


E.  K1KCHNEK.    DAS  PAPIEB.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


die  Ofenasche  (schwarze  Soda  genannt) 
durch  Kochen  mit  Aetzkalk  in  Aetz- 
natronlauge  umzuwandeln,  konnte  also 
ohne  Umstände  den  Verlust  durch  frische 
Soda  ersetzen  und  diese  mit  der  Ofen- 
asche kaustiziren. 

Kohlensaures  Natron,  Natriumkarbonat, 
Soda.  Na,  C08. 

Bestimmung  des  Gehaltes  der 
Handelssoda  (calcinirte  Soda  und  Am- 
moniaksoda') nach  Dr.  Clemens  Winkler. 

Man  zieht  eine  Generalprobe  aus  tO 
oder  mehr  Fassern  der  Soda,  welche  so- 
eben angekommen  und  trocken  ist,  mittelst 
eines  Löffelbohrers  und  nimmt  von  dem 
in  einer  grossen  Schale  gut  durchmischten 
Pulver  o,30  g,  löst  diese  in  einem  Becher- 
glase in  Wasser,  führt  die  Lösung  in  einen 
Literkolben  über,  spült  Glas  und  Trichter 
mit  der  Spritzflasche  gehörig  nach  und 
verdünnt  bis  zur  Marke,  worauf  man  ge- 
hörig durchmischt. 

1)  Direktes  Titriren.    25  ccm  der  Lös-  i 
img  versetzt  man  mit  wenigen  Tropfen 
Methylorange  und  titrirt  in  der  Kälte  mit 
Vio  Normalschwefelsäure  auf  Rosa. 

Es  seien  22,6  ccm  Vm  Schwefelsäure 
verbraucht,  dann  sind  gefunden 

22,6  .  4  =  90,4  pCt.  Na.,  C08. 

2)  Rücktitriren.  25  ccm  der  Lösung  j 
versetzt  man  mit  Phenolphtalein,  fügt  25  j 
ccm  '/ io  Schwefelsäure  zu,  erhitzt  die  ent- 
färbte Flüssigkeit  behufs  Austreibung  der 
Kohlensäure  zum  gelinden  Sieden  und 
misst  den  verbliebenen  SäureÜberschuss 
mit  Vi»  Kaliurahydroxyd  zurück. 

Verbraucht  wurden  2,4  ccm  Vm  Kalium- 
hydroxyd, also  sind  gefunden 

(25  -  2,4)  4  =  90,4  pCt.  Na,  CO,. 

Die  vollständige  Analyse  einer  Handels- 
soda, die  man  dem  Fachchemiker  über- 
lassen mag,  erfolgt  auf :  1)  unlöslichen 
Rückstand,  2)  kohlensaures  Natron,  3)  Aetz- 
natron.  4)  Schwefelnatrium,  5)  schweflig- 
saures  Natron,  6)  schwefelsaures  Natron, 
7)  Chlornatrium  und  8)  Eisen 

Das  kohlensaure  Natron  lost  sich  in  ! 
Wasser  je  nach  dessen  Temperatur  in  ver-  | 


schiedenen  Mengen,  in  grösster  Menge  bei 
32°  C,  wie  folgende  Tabelle  Ul  nach  Lunge 
ergibt : 

III.  Tabelle.    Löslichkeit  des 
kohlensauren  Natrons. 


100  Teile  Wasser  lösen  bei 


•c.  1 

Teile  NaaC08 

OC. 

Teile  NaC08 

o 

6,97 

32 

59,00 

10 

12.06 

34.8 

46,20 

15 

16,20 

80 

45,90 

20 

21,71 

90 

45,60 

25 

28.50 

100 

45,10 

30 

37.24 

106 

Siedepunkt 

i 

'» 

'i 

der  gesättig- 

ten Lösung. 

Die  Handelssoda  wird  in  den  in  Be- 
tracht kommenden  Ländern  bezüglich  ihres 
Natrongehaltes  nach  Grädigkeit  verkauft, 
dieMn  verschiedener  Weise  zum  Ausdruck 
gebracht  wird. 

Die  Grädigkeit  wird  in  Deutschland  nach 
Prozenten  Na,C08,  in  England  nach  pCt. 
Na,0  (sog.  Gay-Lussac  schen  Graden)  oder 
nach  Newcastler-Graden  angegeben,  wäh- 
rend man  in  Frankreich  die  Grade  von 
Descroizilles  benutzt,  welche  die  Cewichts- 
teile  H,  S04  angeben,  die  zur  Absättigung 
von  100  Gewichtsteilcn  Soda  nötig  sind. 

Die  Tabelle  IV  gibt  einen  Vergleich 
dieser  Grädigkeiten  und  der  Prozente 
NaOH  der  Handelssoda. 

Hat  man  nach  der  oben  angegebenen 
Bestimmung  den  Gehalt  einer  Handelssoda 
untersucht  und  90,61  pCt.  NaaC08  ge- 
funden, so  heisst  dies  nach  Tabelle  IV, 
die  Soda  hat  53,00 °  o  Na„0  oder  53,00° 
G.-L.  =  90,61°  deutsch  =  53,7°  New-C. 
=  83.77  0  französisch  und  entspricht  68,38 
pCt.  NaOH. 

Den  Gehalt  an  kohlensaurem  Natron 
von  Lösungen  kann  man  annähernd  nach 
folgender  V.  Tabelle  bestimmen 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.   ZELLSTOFFE.  87 


IV.  Tabelle  zum  Vergleich  der  Grädigkeit  der  Handelssoda. 


Gay- 
Lyssac- 
Grade 
o.oNa^O 

Deutsche 
Grade 
°/*>  Na<,CO„ 

New- 
castler 
Grade 

Franzö- 
sische 
Grade 
HaSÜ4 

pLt. 

NaüH 

Gay- 
Lyssac- 
Grade 

%.  Na.,0 

Deutsche 
Grade 

New- 
castler 
Grade 

Franzö- 
sische 
Grade 
H,S04 

pCt. 
NaOH 

oO 

OK.  AO 

8o,4ö 

DO,  üb 

U+.OU 

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1 1 1,14 

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52 

88,90 

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53 

90.61 

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1 1  j :  97 

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56 

95,74 

56, /4 

88,52 

72,25 

71 

121.39 

71.93 

112,23 

91,60 

57 

97,45 

57,75 

90,10 

73,54 

72 

123,10 

72,95 

113,81 

92,90 

58 

99,16 

58,76 

91,68 

74,83 

73 

124,81 

73,96 

115,39 

94,19 

59 

100,87 

59,77 

93,26 

76,12 

126,52 

74.97 

116,97 

95,48 

60 

102,58 

60,79 

94.84 

77,40 

128,23 

7599 

118,55 

96,77 

61 

104,30 

61,80 

96.42 

78,70 

129,94 

77,00 

120,13 

98,06 

62 

10(5,01 

62,82 

98,00 

80,00 

/  / 

131,65 

78,01 

121,71 

99,35 

63 

107,22 

63,83 

99,58 

81.29 

77.5 

132,50 

78.52 

122,50 

100,C0 

64 

109,43 

64,84 

101,16 

82.58 

V.  Tabelle  über  den  Gehalt  an  kohlensaurem  Natron  bei  15°  C. 


Spec. 
Gewicht 

0  Baume 

Gewichts-pCt. 
Na2C0a 

1  cbm  Lösung 
enthält  kg 
Na5C0s 

1  cbm  Aetznatronlauge  durch 
Kaustiziren  mit  Aetzkalk 
herzustellen,  erfordert  kg  Na.2C0s 

1,007 

1 

0,67 

6,8 

8,2 

1,014 

2 

1,33 

13,5 

15,1 

1.022 

3 

2,09 

21,4 

24,4 

1,029 

4 

2,76 

28,4 

31.5 

1,036 

5 

3.13 

35  5 

41.9 

1.045 

6 

4,29 

44,8 

50,4 

1,052 

7 

4,94 

52,0 

01- 

1,060 

8 

5,71 

60.5 

69,4 

1,067 

9 

6,37 

68.0 

79,5 

1.075 

10 

7,12 

76.5 

89,6 

0.083 

11 

7,88 

85,3 

100,7 

0,091 

12 

8,62 

94,0 

111,6 

1,100 

13 

9,43 

103,7 

123,- 

1,108 

14 

10,19 

112.9 

133,— 

1,116 

15 

10,95 

122,2 

Um  also  1  cbm  Aetznatron- 

1,125 

16 

11,81 

132,0 

lauge  von  6°  B.  Stärke  herzu- 

1.134 

17 

12,43 

148,0 

stellen,  müssen  50,4  kg  100  Grad 

1,182 

18 

13,16 

150,3 

(Deutsch)  oder  59,3  kg  85  Grad 

1.152 

19 

14,24 

161.1 

deutsch  Soda  kaustizirt  werden. 

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88 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


VI.  Tabelle  über  den  Einfluss  der  Temperaturen  von  0  bis  65»  C. 
auf  die  Dichte  (Grade  Baume)  der  Handelssodalösung. 


Temperaturen  in 

0  C. 

0 

5 

10 

15 

20 

25  |  30 

35 

40 

45 

50 

55 

00 

65 

1.9 

1,7 

i 

l.o 

9 

1.4 

1,3 

1  9 

1,2 

o,y 

0,3 

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20.4 

20.2 

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22,2 

21,9 

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21,2 

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20.4 

20,1 

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23,0 

23,4 

23,2 

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25,8 

25,5 

25,3 

25,0 

24,8 

24,5 

24.1 

23,8 

23,4 

23,1 

Haben  wir  eine  Sodalosung.  die  bei 
40"  C.  Tempjratur  nahezu  12°  B.  anzeigt, 
so  heisst  dies  nach  obiger  Tabelle  VI 
13 0  B.  bei  15 "  C  Temperatur  und  nach 
Tabelle  V  hat  dieselbe  einen  Gehalt  an 
kohlensaurem  Natron  (Na2C0„)  von 
9.43  pCt. 

Herstellung  von  Aetznatron- 
laugen  mittelst  kohlensauren  Na- 
trons (Handelssoda)  und  Aetzkalk. 

Man  löst  in  einem  schmiedeeisernen 
Reservoir  Soda  in  angewärmtem  Wasser, 
erhitzt  fast  bis  zum  Sieden  und  trägt  dann 
Aetzkalk  mittelst  in  die  Lösung  eingehäng- 
ter Siebkörbe  nach  und  nach  ein  und 
kocht  die  Mischung  der  Sodalösung  mit 
dem  sich  löschenden  Kalk.  Es  findet 
folgende  Umsetzung  statt: 
NaaC09-r-Ca04-H,ü=2(NaüH)-hCaCü8. 

Hätten  wir  mit  reinen  Rohmaterialien 
zu  thun,  so  wären  die  Molekulargewichte 


Na.^COs  =  100  und  CaO  =  56  massgebend 
für  die  zweckmässige  Mischung,  also  auf 
100  kg  Na,C0s  müssten  52.83  kg  CaO 
zugeteilt  werden. 

Da  aber  weder  die  Handelssoda  reines 
Na2Cü8  (100 "),  noch  der  gebrannte  Kalk 
reines  CaO  repräsent iren,  so  ist  das  Ver- 
hältnis „Handelssoda  zu  Kalk"  je  nach 
Grädigkeit  ersterer  und  Reinheil  des  letz- 
teren in  der  Praxis  ein  verschiedenes. 
Haben  wir  z.  B.  89°  Soda  und  90°/o  ge- 
brannten Kalk,  so  werden 
100  kg  89  »Soda  entsprechen  84  kg  106°  Soda, 
diese  würden  44,2  kg  reines  CaO  oder 
40  kg  90°/o  CaO  erfordern. 

Das  Verhältnis  der  zu  kochenden  Mengen 
wären  also  100  kg  89 0  Soda  und  46  kg 
90°/o  CaO. 

In  der  Praxis  der  frühesten  Natron- 
zellstoflTabrikation  nahm  man  gerne  einen 
Ueberschuss  (5— 10°/o)  an  Kalk,  um  sicher 


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fi.  Kirchner,  das  papier.  hi.  b.  und  c.  Zellstoffe. 


89 


zu  sein,  dass  möglichst  alles  Natriumcar-  j 
bonat  in  Aetznatron  übergeführt  werde 
Es  kommt  noch  hinzu,  dass  der  Aetzkalk  j 
des  Handels  bis  zu  seiner  Verwendung 
unter  Ein  flu  ss  der  Kohlensäure  der  Luft 
sich  oft  teilweise  in  kohlensauren  Kalk 
umgewandelt  hat,  so  dass  er  dadurch  teil- 
weise seine  Wirkung  verfehlt  und  daher 
noch  mehr  Aetzkalk  genommen  werden 
muss,  als  obige  Zahlen  angeben. 

Um  diesen  letzten  Verlust  an  Aetzkalk 
zu  vermeiden,  löschen  einige  Fabrikanten 
den  frisch  gebrannten  Kalk  ab  und  be- 
wahren ihn  so  als  breiiges  Kalkhydrat  in 
Gruben  bis  zur  Verwendung  auf.  Gegen 
dieses  Verfahren  lä*st  sich  nichts  einwen- 
den, nur  muss  in  jedem  Falle  bekannt 
sein,  wie  viel  wirksames  Calciumhydroxyd 
Ca(OH)a,  oder  Calciumoxyd  Ca 0  in  1  Liter 
des  verwendeten  Kalkbreies  enthalten  ist. 

In  Fabriken,  die  dieses  vorherige  Ab- 
löschen nicht  ausführen  und  wegen  ihrer 
ungünstigen  Lage  zu  Kalköfen  öfter  in  die 
Lage  kommen,  alten  zerfallenden  Aetzkalk 
zu  verwenden ,  müssen  auf  100  kg 
Soda  (89  0  deutsch)  viel  mehr  davon 
nehmen  als  S.  88  (rechte  Sp.  unten)  gesagt 
war;  es  kommt  vor,  dass  bis  zum  Dop- 
pelten, statt  4€>  kg  also  90  kg  und  mehr 
an  Kalk  genommen  werden  muss,  um 
die  Kaustizirung  in  hinreichender  Weise 
zu  erreichen.  Dies  ist  aber  als  Ausnahms- 
fall anzusehen. 

Eine  norddeutsche  Natron-Holzzellstoff- 
fabrik  verwendete  in  den  ersten  Jahren 
ihres  Bestehens  bei  Anwendung  direkter 
Feuerheizung  der  Kocher,  -nach  Aufschreib- 
ung einer  längeren  Betriebsperiode,  auf 
100  t  Zellstoff  zur  Bereitung  der  Koch- 
laugen : 

145  t  wiedergewonnene  Soda  (80  °) 
=  130  t  Soda  von  89 0 
24  t  Leblanc-Soda  89° 

zusammen  also  154  t  Soda  89° 
und  77,7  t  guten  gebrannten  Kalk.  Mit- 
hin kamen  auf  100  kg  89 0  Soda  50.5  Aetz- 
kalk oder  auf  100  kg  Stoff  154  kg  89» 
Soda  und  77,7  kg  Aetzkalk. 

Ende  der  70er  Jahre  nahm  Verfasser 


für  das  Laugenkochen  auf  100  kg  89°  Handels- 
soda. 52  kg  guten.  Irisch  gebrannten  Rüders  - 
dorter  Kalk.  Trotz  des  Kalküberschusses 
blieben  noch  5— 10 'V«  des  kohlensauren 
Natrons  in  der  Lauge,  was  aber  lieber  in 
den  Kauf  genommen  wurde,  als  die  An- 
wendung übergrosser  Mengen  Kalk. 

In  einer  Strohstofffabrik  Norddeutsch- 
lands war  das  Verhältnis  nach  Angaben 
von  Schacht  100  kg  89  0  Soda :  61,4  kg 
gebrannter  Kalk. 

Es  ist  von  allergrösster  Bedeutung  für 
einen  rationellen  ZellslofFfabrikationsbe- 
trieb,  dass  von  Fall  zu  Fall  das  beste 
Verhältnis  von  Soda  und  Aetzkalk  bei 
Kaustizirung  der  Laugen  ausprobirt  wird. 

Zu  wenig  Kalk  anwenden  heisst: 
zu  viel  nicht  kauslizirte  Soda  mit  geringer 
Wirkung  durch  die  Fabrikation  schleppen 
und  hierdurch  Geld  verlieren.  Zu  viel 
Kalk  nehmen  heisst:  zwar  das  Mögliche 
erreichen  bezüglich  Umwandlung  der  Soda 
in  Aetznatron,  aber  das  »Zuviel«  ist  eben 
fortgeworfenes  Geld,  nicht  nur, 
weil  der  Kalk  Geld  kostet,  sondern  auch 
weil  die  sich  bildende  grosse  Menge  Kalk- 
schlamm die  Klärung  der  Lauge  erschwert 
und  naturgemäss  viel  mehr  Natron  bindet 
als  eine  kleinere  Menge  Kalkschlamm. 
Man  hat  neben  der  grösseren  Aus- 
gabe Tür  Aetzkalk  viel  mehr  Arbeit  beim 
Auswaschen  des  Kalksehlamraes,  mehr 
Natronvertust  und  man  muss  unnütz  viel 
Rückstände  auf  die  Halde  fahren.  Das 
Alles  verteuert  den  Stoff! 

Einige  sonst  sehr  reine  Kalke 
klären  sich  in  Natronlaugen  sehr  langsam 
und  schwer  ab;  so  machte  Verfasser  bei- 
spielsweise mit  Wiesbadener  Marmorkalk 
schlechte  Erfahrungen,  indem  sich  die 
Laugen  nur  sehr  langsam  klärten. 

Um  sicher  zu  sein,  dass  der  Kalkschlamm, 
der  beim  Abziehen  der  klaren  Laugen  noch 
in  kleinen  Mengen  in  die  Vorraisbassins 
mit  übergeführt  würde,  zurückgehalten  wird, 
schaltete  Verf.  Mitte  der  70er  Jahre  einen 
grösseren  Kies-  und  Kiessandfilter  zwischen 
Laugenkocher  und  Reservoir  mit  Erfolg  ein. 
Später  werden  wir  noch  mehr  darüber 
hören. 

l.Bogen_190U. 


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90 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   IM.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


Schacht  sagt  aus  seiner  Praxis: 
Reiner  fetter  Aetzkalk.  der  in  Wasser 
gelöst,  heim  Selzen  magere  Eigen  schal  ten 
entwickelt,  d.  h.  sich  möglichst  schnell 
und  compact  setzt,  ist  am  geeignetsten  für 
den  Kaustizirungsprozess  der  Sodalaugen 
Solche  Kalke  kommen  nur  vereinzelt  vor 
Wichtig  ist  es.  die  Sodalösung  so  heiss 
wie  möglich  mittelst  Dampf  anzuwärmen 
und  dann  erst  den  Kalk  einzutragen.  Ji 
stärker  die  Sodalö.suti^en  sind,  um  so 
unvollkommener  fällt  das  Kaustiziren  aus, 
und  um  so  grösser  werden  die  Natron- 
verluste, denn  starke  Aetznatronlösungen 


entziehen  dem  Calciumcarbonat  Kohlen- 
säure und  unlösliche  Natronsalze  gehen 
in  das  grosse  Schlamm volumen  über. 

Die  Frage:  «Welchen  Einfluss 
übt  die  Kohlensäure  der  a  t  m. 
Luft  auf  die  Kaustizität  der  Lauge 
ans?«  beantwortet  Schacht  wie  folgt: 

»  »Kochlaugen  gleicher  Herstell- 
ung wurden  einmal  unter  Luftabschluss 
und  das  andere  Mal  im  offenen  Gefäss  an 
der  Luft  im  trockenen  Räume  aufbewahrt. 
Die  Proben  wurden  von  Tag  zu  Tag  unter- 
sucht und  ergaben : 


1)  Kochlauge  im  offenen  Gefäss  an  der  Luft. 

gr.  im  Liter. 


Datum 

0  C.  Temp. 

Na,  CO, 

Na  Oll 

Nh,  S. 

25.  Septbr. 

43 "  C. 

H>.  9 

5t i.  «> 

13.  1 

2H. 

17  .. 

Iii.  4 

5».  1 

13.  0 

28. 

20  .. 

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58.  4 

12.  8 

29.  „ 

19  „ 

20.  Ii 

r>7.  r» 

13.  3 

18  „ 

21.  7 

57.  0 

13.  8 

1  Oklbr. 

15  .. 

22  7 

50.  8 

13  9 

2.  „ 

17  „ 

23.  :\ 

50.  «> 

13.  8 

3.  „ 

19  „ 

23,  8 

5<i.  8 

13  9 

0.  „ 

1« 

:u.  8 

53.  1 

13.  7 

9.  „ 

18  ., 

38.  5 

50.  4 

13  9 

2)  Kochlauge  im  geschlossenen  Gefäss. 


Datum 

n  C.  T 

mp. 

Na2  CO« 

Na  OH 

Na.,  S. 

23.  Septbr. 

48" 

C. 

15.  3 

57.  <i 

14.  7 

24. 

•> 

25 

•• 

14  8 

58.  8 

15.  1 

25. 

20 

•1 

15  9 

58.  2 

Ii.  9 

20 

18 

n 

14.  8 

59.  i 

14.  5 

28. 

V 

23 

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Ii.  8 

59.  5 

14.  5 

29. 

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20 

•• 

15  9 

5S.  8 

14.  3 

30. 

18 

•• 

lf>.  9 

58  9 

14.  2 

1. 

Oktbr. 

15 

») 

15.  9 

58  8 

14.  3 

2. 

11) 

15.  9 

58  0 

14  5 

3. 

20 

Ii 

15  9 

58.  5 

14.  0 

Die  Haltbarkeit  der  kaustizirten  Lausen  ;       Calcinirte    Soda    (Lehlanc)  des 

an  atmosphärischer  Luft  ist  also  begrenzt.  Handels  bildet  ein  weisses  bis  gelbliches 

Die  Laugen  zersetzen  sich  durch  Aufnahme  i  Pulver,  zeigt  nur  wenig  Verunreinigungen 

von  Kohlensäure  aus  der  Luft.«  «  j  und  enthält  etwa  : 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


91 


Na,  COs 


97    bis  90  u/o 
0,75  „    2  „ 
1      „    5,75 ,, 


1  l,25°/o 
0,25  .,    1  „ 


Na  ÜH 
Na,  S04  und  Na  Cl. 

Unlqsliches,  besonders 
Ca  CO,,  Thonerde, 
Kieselsäure  u.  Eisenoxyd 
Feuchtigkeit 
R  Hoffmann  gibt  in  der  Chemischen 
Industrie  1879  Seite  418  nachfolgende  Ana- 
lyse einer  calc.  Soda  aus  dem  taglichen 
Betriebe  der  Chemischen  Fabrik  Griesheim  : 
Natriumcarbonat       98.20  °/o 
Chlornatrium  0,10  ., 

Natriumsulfat  0,69  „ 

Sulfit  und  Thiosulfat  0,10  „ 
Unlösliches  0,11  „ 

Wasser  0,67  „ 

Die  Ammoniak-  oder  Solvay- 
So  d  a  ist  im  allgemeinen  reiner  und  wert- 
voller, daher  in  den  Papier-  und  Papierstoff- 
industrien auch  gesuchter  und  findet  heute 
vorwiegend  Verwendung;  sie  steht  ent- 
sprechend auch  höher  im  Preise  als  die 
Leblanc-Soda. 

Aelznatron  kommt  in  der  Ammoniak- 
soda nicht  vor. 

Stärke  der  frischen  Aetznatron- 
Kochlaugen. 

Verfasser  kochte  in  den  80er  Jahren 
mehrere  Jahre  hindurch  Kiefernholz  mit 
3-5  °/0  Na,  0  oder  3,87  —  6;45°/o  Na  011 
enthaltenden  Laugen  bei  d  i  r  e  k  t  e  r  F  e  u  e  r- 
heizung.  Bei  4°/o  Na,  O-Gehalt  der 
Lauge  als  Aetznatron  wurden  die 
sichersten  Resultate  erzielt. 

Es  gelang  übrigen*,  mit  Laugen  von  1 
bis  7°/«  Na,  0  (als  Aetznatron)  gut  aufge- 
schlossenen Holzzellstoff  zu  erzielen,  bei 
der  unteren  Grenze  bleibt  der  Stoff  aber 
noch  dunkelbraun,  bei  der  oberen  Grenze 
geht  die  Ausbeute  des  hellen  Stoffes  stark 
zurück. 

Nach  einer  Analyse  aus  der  Zeit  der 
"Oer  Jahre  enthielt  eine  aus  selbstgewon- 
nener schwarzerj  Sodaasche  einer  Holz- 
zellstofiTabrik  hergestellte  Lauge  nach  Kau- 
stiziren  mit  Aetzkalk  im  Liter: 

52,00  g  NaOH  =  40,30  g  Na,0 
6,17  „  Na,  CO, 


1,37  g  Na,S 

4,79  „  Na,S04 

0,13 .,  Thonerde 

0,08  „  Eisenoxyd 

0,31  „  Kieselsäure 

0,15  „  Aetzkalk, 
die  nach  Obigem  als  eine  Normallauge  zur 
Kochung  von  Natron-Holzzellstoff  betrach- 
tet werden  kann,  vorausgesetzt,  dass  nicht 
unter  Dumpfeinströmung  in  die  Kocher, 
sondern  mit  direktem  Feuer  geheizt  wird. 
Im  Falle  direkter  Dampfeinströmung,  d.  h. 
allmähliger  Verdünnung'  der  Lauge  im 
Kocher  muss  die  Kochlauge  stärker,  etwa 
5  -6°/o  Na20- Gehalt  hergestellt  werden. 

Nach  Schachts  Angaben  arbeiten 
die  deutschen  Papierfabriken  mit  eigener 
Slrohzellstoffbereitung  unter  Anwendung 
von  Aetznatronlaugen  und  Kochung  mit- 
telst direkter  Dampfeinströmung  meist 
mit  Launen  von  4,5  bis  6  °/o  Na,  O-Gehalt. 

Aufgewendet  werden  lür  Herstellung 
der  Frischlaugen  in  der  Natronholzzell- 
stofffabrikation auf  100  kg  fertigen  Stoff 
etwa  130—155  kg  89°  Soda  und  60  bis 
77  kg  Aetzkalk,  in  der  Strohzellstofffabri- 
kation 40  bis  60  kg  89  0  Soda  25  bis  40  kg 
Aetzkalk. 

Gewinnung  der  Sodaasche 
oder  der  Sodaschmelze  aus  den 
benutzten  Koch  laugen. 

Die  zum  Kochen  des  Holzes  oder 
Strohes  gebrauchten  Kochlaugen  haben 
sich  durch  Aufnahme  von  Pflanzenstoffen 
wesentlich  verändert. 

Die  in  den  Kochern  selbst  befindlichen 
tiefbraungefärbten,  heissen  Ablaugen  wer- 
den in  Reservoire  der  Verdampfanlagen 
und  Kalciniröfen  befördert.  Der  Stoff 
wird  ferner  mit  dünnen  heissen  Laugen 
und  schliesslich  mit  heissem  Wasser  ge- 
waschen und  die  so  resultirenden  stärkeren 
Waschlaugen  ebenfalls  direkt  in  diese  Re- 
servoire geleitet,  oder  sie  dienen  erst  in 
Kesseln  zur  Dampfentwickelung,  wobei  sie 
sich  gleichzeitig  erhitzen  und  konzentriren 
und  schliesslich  in  die  Oefen  überführt 
werden.  Neuerdings  hat  man  das  Ein- 
dicken der  Ablaugen  mittelst  sparsam  ar- 
beitenden   ^Mehrkörper  -  Verdampfanlagen 


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92  E.  K1RCHNEK.    DAS  PAP1KK.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


sehr  weit  getrieben  und  soll  später  davon 
ausführlich  die  Rede  sein. 

VII.  Tabelle.  Soda-Aschengehalt 
der  Kocherablaugen  einer  nord- 
deutschen Holz  Zellstoff fabrik 
bei  15°  C.  Temperatur. 


0  B. 

i 

«snppif 
fipwirhl  1 

1 1  ergiebt 
etwa  g 
Asche 

(i 

1.045 

40,5 

7 

1.052 

51  2 

8 

1,060 

61,9 

9 

1,067 

71,5 

10 

1.075 

81,0 

11 

1,083 

89,1 

12 

1 ,091 

97.2 

18 

1,100 

105,5 

14 

1.108 

1 13,5 

15 

1.116 

121,5 

16 

1,125 

130,0 

17 

1.134 

138.5 

18 

1.142 

148,2 

19 

1,152 

159,1 

20 

1,162 

170,0 

21 

1,171 

180,0 

22 

1.180 

190,0 

23 

1.190 

201.5 

24 

1,200 

212,0 

25 

1.210 

222,5 

20 

1,221 

233,2 

27 

1.231 

i  244,0 

28 

1,241 

254.0 

29 

1.252 

264,2 

30 

1.263 

275,4 

Na,  CO, 
der  Asche. 


I 

< 

o 


3 


3  n 

ä  > 

s 


In  Flammöfen  verschiedener  Bauart 
werden  dann  diese  dicken  Ablaugen  bis  zur 
volligen  Trockene  eingedampft  und  die  or- 
ganischen Stoffe  grösstenteils  oder  mög- 
lichst ganz  verbrannt.  Nach  dem  Heraus- 
reissen  der  noch  brennenden  Schlacke  und 
Anhäulcn  derselben  brennt  dieselbe  weiter, 
sintert  allmählig  zusammen  und  schliesslich 
Iiiesst  zum  Teil  sogenannte  Schmelze 
aus  dem  Haufen.  Bearbeitet  man  dagegen 
die  brennende  Schlacke  längere  Zeit  im 
letzten  Herde  des  Ofens  mit  eisernen 
Rührstaugen  und  Krücken,  so  brennt  die- 


selbe gradatim  zu  einer  krümeligen  Asche 
aus,  die  in  Kammern  gethan,  teilweise  und 
allmählig  zu  grauer  bis  weisser  Soda  aus- 
glüht. 

Die  so  gewonnenen  Schmelzen  und 
Aschen  sind  für  die  Fabrikation  der  Frisch- 
laugen sogleich  wieder  verwendbar,  und  er- 
fahrungsgemäß kann  man  sie  in  ihrem 
Gehalt  an  Na,  0  mit  etwa  75— 80°/o  so- 
wohl in  der  Holzzellstoff-  als  auch  in  der 
Strohstofffabrikation  rechnen. 

Bei  dem  Eindickungs-  und  Kalcinir- 
prozess  wird  das  mit  den  Inkrusten  des 
Holzes  resp.  Strohes  lose  Verbindungen 
eingegangene  Natron  vorwiegend  in  kohlen- 
saures Natron  übergehen.  Infolge  des 
Schwefeigehaltes  der  Kohle  bildet  sich 
aber  auch  schweflige  Säure  in  geringen 
Mengen,  die  mit  den  Natronverbindungen 
zunächst  schwefligsaures  und  schwefel- 
saures Natron  bildet.  Die  Hocbglut  des 
Ofens  und  die  Einwirkung  der  Kohle, 
welche  aus  den  organischen  Bestandteilen 
der  Lauge  sich  bildet,  führen  die  Sulfate 
teilweise  noch  in  Carbonate  und  durch 
Reduktion  in  unterschwefligsaures  Natron 
und  Schwefelnutrium  über. 

So  hatte  die  Asche  einer  Holzzellstoff- 
labrik.  welche  aus  einer  braunen,  etwa 
7.2 ,J  B.  schweren  Lauge  hervorgegangen 
war,  nach  nochmaligem  Durchglühen  im 
Piatintigel  folgenden  Gehalt: 

85,9  7o  kohlensaures  Natron, 

8,5  .,  schwefelsaures  Natron, 

2,7  „  Schwefelnatrium, 

1,2  ..  kieselsaures  Natron, 

0,2  .,  Thonerde, 

0,3  „  Kalk, 

0,6  .,  Kohle. 
Dass  sich  bssonders  Soda  und  Glauber- 
salz beim  Kalcinirprozess  bilden,  bestätigte 
auch  eine  Analyse  der  Flugasche  aus  den 
Ofenzügen,  welche  folgende  Bestandteile 
ergab : 

Soda  13,25  °/o, 

schwefeis.  Natron  46,00  „ 
Kochsalz  7,64  „ 

Unlösliches  33,11  „ 

Dass  durch  den  Kalkschlamm  grössere 
Alkaliverluste  entstehen,  wussten  die  Cel- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE 


93 


lulosetechniker  schon  in  den  70er  Jahren. 
So  ergab  die  Analyse  eines  trockenen  Kalk  - 
Schlammes  einer  norddeutschen  Cellulose- 
fabrik  2,5  •/«  lösliche,  3,7  */o  unlösliche  Na- 
tronverbindungen (die  Prozente  als  Soda 
Naa  CO,  berechnet).  Da  auf  100  kg  Stoff 
etwa  200  kg  dieses  trockenen  Schlammes 
entfielen,  so  entsprach  dieser  Verlust 
2  .  6,2  =  12,4  kg  Na.,  C08  oo  13,4  kg 
89*  Handelssoda  bei  allerdings  nicht  ge- 
nügender Auswaschung.* 

Wir  sehen  also,  dass  grosse  Salzver- 
luste bei  der  Ofenarbeit  und  bei  der  Kausti- 
zirung  der  Laugen  unausbleiblich  sind. 

Nach  Ueberwindung  der  ersten  Kinder- 
krankheiten in  der  Sodawiedergewinnung 
in  den  70er  Jahren  rechnete  man  mit  30 
bis  25°/o  Salzverlusten,  später  wurden  diese 
in  gut  geleiteten  Fabriken  auf  15— 10°/» 
des  aufgewendeten  Natrons  vermindert. 

Dieser  Salzverlust  musste  bei  jeder 
Uugenkochung  oder  von  Zeit  zu  Zeit  durch 
Einschiebung  einer  Kochung  aus  frischer 
Handelssoda  ersetzt  werden.  Da  man,  um 
100  kg  guten  bleichbaren  Natron-Holzzell- 
stoff zu  gewinnen,  etwa  150  kg  89°  Soda 
aufgewendet  werden  mussten  (vergl.  S.  91 


rechte  Spalte  und  Mitte),  so  stellte  sich  der 
Verlust  auf  100  kg  Stoff  auf  mindestens 
37,5  kg  89°  Soda. 

Später  wurden  die  Sodaaufwendungen 
etwas  geringer,  ausserdem  verringerten 
sich  die  Sodaverluste,  so  dass  man  auf 
20-12'/»  kg  89°  Sodaverlust  auf  100  kg 
Stoff  herabkam. 

Zuverlässige  Analysen  für  Sodaaschen 
und  Frischlaugen  aus  den  heutigen  Be- 
trieben von  Natron-Holzzellstoff-Fabriken 
standen  leider  dem  Verfasser  nicht  zur 
Verfügung,  da  die  reine  Sodaarbeit  fast 
nirgends  mehr  geübt  wird. 

Aus  der  Natron -Strohzellstoff- Fabri- 
kation verdankt  Verfasser  dem  Herrn  Prof. 
Dr.  Goldberg  zu  Chemnitz  einige 
Analysen  von  wiedergewonnenen  Aschen 
und  Frischlaugen.  Auf  die  geringen  Mengen 
darin  enthaltener  Sulfide  wurde  keine  Rück- 
sicht genommen,  ebenso  wurde  unberück- 
sichtigt gelassen,  dass  die  Kieselsäure  zum 
Teil  kieselsaure  Natronverbindungen  bildet, 
welche  bei  der  Bestimmung  als  Natrium- 
karbonat in  den  nachfolgenden  Ziffern  ent- 
halten sind. 


100  g  Asche  enthielten: 


No. 

Art  der  Asche 

Na2  CO, 

Na  OH 

Na,  S04 

i  Si0* 

Unlösliches 

1 

2 
3 

4 

.-   . — 

Einmal  regen.  Soda 
mit  viel  Kohle. 
Mehrfach  regen.  Soda. 
Weiss  gebrannte  Soda. 
Vielfach  regen.  Soda. 

58,20 

69,67 
73,49 
75,32 

5.50 

11.92 
0.83 
1,79 

3.37 

3,71 
3,20 
5,21 

11,10 

10,00 
10,58 
10,08 

10,96 

3.06 
0,94 
3,52 

Ungenügend  kaustizirte  Betriebslauge 
derselben  Fabrik  aus  ähnlichen  Aschen 
enthielt  im  Liter : 

38.063  g  Naa  CO,,  47,425  g  Na  OH  und 
nur  1,108  g  Si  02. 

Man  ersieht  deutlich,  dass  der  grosse 
fast  unveränderte  Kieselsäuregehalt  der 
Aschen  beim  Kaustizirungsprozess  bis  auf 


etwa  '/io  herabgedrückt  und  aus  den  Laugen 
entfernt  wird,  indem  sich  kieselsaurer  Kalk 
bildet,  welcher  im  Schlamme  sich  vorfinden 
muss. 

Jüngst  dem  Verfasser  eingesandte 
Aschen-  und  Frischlaugenproben  einer  Na- 
tron-Strohzellstoff-Fabrik wurden  von^Dr. 
Goldberg  untersucht  und  ergaben  direkte 


"  Die  im  Kalk  enthaltene  unlösliche  Natron  Verbindung  hatte  sieh  nach  damaligen  Versuchen  des 
Brennens  dieser  Kalkrückstände,  entgegen  der  Benierkuug  Mmtpratt's,  nicht  in  eine  lösliche  Verbind- 


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94 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


Bestimmungen  nach  entsprechender  Um- 
rechung : 

Asche:   55,67  °/o  Na,  CO,. 
3.74  „  Na  OH, 
0,52     Na,  S, 
7,32",,  SiO„ 


entsprechend    14,88  0  o  Na,  Si Os, 
4,74  „  Na,  S04. 
1,55  „  Unlösliches. 

Hierbei  wurden  Chloride  und  Gesamt« 
Glühverlust  nicht  bestimmt 


Frischlauge : 
1,079  sp.  G.  =  10';»°  U. 


Es  enthielt  ein  Liter  der  Lauge 

bei  direkter  Bestimmung 
59.000  g  Gesammlalkalitüt, 
48,800  g  kaustische  Alkalität, 
0,785  g  Kieselsäure  (Si  0,), 
3,173  g  Schwefelsäure  (S03), 

3,893  g  Schwefelsäure  (S08)  nach  Oxydation  des  Sul- 

lidschwefels. 


Bei  Titration  mit  n  io  Jodlösung  nach 
Ansäuern  mit  Essigsäure  40  cc  n/io  Jod- 
lösung. 

Darnach  berechnet  sich  im  Liier: 
48.540  g  Na  OH 
12.128  g  Na,  CO, 

0,156  g  Na,  S 

1.832  g  Na2  SiO, 

5.032  g  Na.  S04. 

Schacht  versuchte  schon  Ende  der 
80er  Jahre  die  kieselsauren  Natronverbind- 
ungen durch  Zufügen  von  kohlensaurem 
Kalk  im  Ofen  zu  vermindern  bezw.  fort- 
zuschaffen und  wollte  dadurch  die  Natron- 
verluste vermeiden  und  den  Kaustizirprozess 
verbessern.  Seine  Versuche  hatten  Erfolg. 
Die  Resultate  im  Grossbetriebe  in  den 
Winterschen  Papierfabriken  zu  Wertheim 
b.  Hameln  ergaben  3  Olenschlacken :  A) 
eine  bessere  Schlacke,  B)  eine  geringere 
Schlacke,  C)  dieselbe  Schlacke  B  nach 
Zusatz  von  kohlensaurem  Kalk  im  Ofen 
calcinirt. 


100  g  Schlac 

ke  ent 

halten 

in  g: 

Bestandteile 

A 

B 

C 

Na,  CO, 

70.84 

56,56 

51,56 

NaO(SiOs), 

10,11 

18,58 

Si  0, 

1,68 

Na,  S04 

10,70 

6,76 

4.47 

Na  Cl 

5,40 

11,08 

5.12 

Unlösliches 

2,95 

7,02 

33,30 

Es  glückte  somit,  durch  Zusatz  von 
kohlensaurem  Kalk  im  Ofen  die  Silicate 
schon  in  der  Schlacke  in  eine  unlösliche 
Kalkverbindung  umzuwandeln. 

Der  unlösliche  Rückstand  enthielt  nach 
Schacht : 

26,10°/«,  Kalk 
2,52  „  Magnesia 
4,60  „  Eisenoxyd  und  Thonerde 
31,72  Kieselsäure 
0,60  „  Sand. 

Die  Entfernung  der  Kieselsäure  aus  den 
Frischlaugen  vollzieht  sich  aber  auch,  wie 
wir  oben  bereits  sahen,  beim  Kaustiziren 
der  Laugen,  so  dass  das  von  Schacht  ge- 
fundene Auskalken  der  Kieselsäure  im  Ofen 
keine  weitere  Anwendung  gefunden  hat. 

Der  hohe  Preis  der  Soda,  der  grosse 
Kalkverbrauch  und  die  geringe  Ausbeute 
des  Holzes  an  Natronzellstoff  von  schwerer 
Bleichharkeit  und  nicht  besonderen  Festig 
keitscigenschaften  und  der  Wettbewerb  der 
preiswerter  zu  erzeugenden  Sulfit  -  Holz- 
cellulose  veranlassten  die  Holzzellstofffabri- 
kanten, in  Verwendung  anderer  Chemikalien 
Erleichterung  und  Besserung  zu  suchen. 

Das  Sulfatverfahren. 

Dahl-Danzig  fand  das  billige  Abfall- 
produkt, das  im  Handel  vorkommende 
Rohsulfat  als  geeignet  und  Vorteile  bei 
Herstellung  von  Holzzellstoff,  später  auch 
bei  Erzeugung  des  Strohzellstoffes,  bietend. 

Seine  neue  Arbeitsmethode  veranlasste 
einen  vollständigen  Umschwung  in  der 
Natronzellstofffabrikation. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Iii.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


9A 


Ehe  auf  das  Rohsulfat  des  Handels, 
die  wiedergewonnenen  Schmelzen  und  die 
Sulfatiaugen  selbst  eingegangen  wird,  seien 
hier  die  sehr  dankenswerten  Auslassungen 
des  Herrn  Direktors  W.  Schacht-Coswig 
über  das  Sulfatverfahren  wiedergegeben. 

..Beim  Sulfatverfahren  werden  in  der  Sodu- 
wir-.I..Tsrewinnuri{f  aus  den  Ablaugen  der  erzeug;  en 
W"h-  und  Str.dizcllstoffe  die  Salzverlnsie  durch 

billig  käufliche,  rohe  (Ilaubersalz  (sehwcfcl- 
*am>s  Xalmn)  ersetzt.  "Will  man  dieses  Alkali- 
•*h  mit  grossem  Vorteil  für  die  Celluluscfabri- 
i.ntien  anwenden,  so  ist  erforderlich,  «Ia«s  di»- 
•himi'chc  Thätigkeit  des  Ofens  das  Sulfat  vor- 
lügend in  Sulfide  neben  der  (*arbonntbildim«r 
überführt.  Eine  vollkommene  Ofcnnrbcit  in  der 
Richtung  ist  «ehr  «chwicrig,  sie  erfordert  viele 
Krfuhrnngen  und  ständige  Koutr.dle  im  Betriebe. 

Sehr  gute  Endprodukte  als  Schmelzen  ent- 
:i:ut-fi  7,  B. : 

41.35%  XajCO,  30,70»» 

«,00  n  \aaSiOs  7,0-_>  .. 

i«5  „  Xu,0  0.20  ., 

30.25  „  XagS  28,75*. 

U15  „  X»,SO,  J.SO  ,; 

3,82  „  Unlösliche»  5,01  „ 

•fe  mehr  Sulfide  die  gewonnene  Sehtuelzsoda 
enthält,  um  so  sicherer,  leichter  und  vorteilhafter 
L-:llt  die  ganze  Zellstotlerzeugung  von  statten. 

Diese  Schvvefclverhinlungen  wirken  äusserst 
'•'•H-nd  auf  die  Inkrustct)  der  Vegctabiiicn ,  wäh- 
*"Ji<l  die  Zelle  selbst  davon  fast  unberührt  bleibt. 

Per  ({ehalt  an  Sulfiden  in  der  »Sehmclzsoihi 
Mbg:  ausser  von  dem  Abtreinen  der  Landen  in 
''•n  Verdampf  korpern  bis  zur  höchsten  Dicht«' 
;:'i'i  der  Leitung  de«  Ofcnpn.zes.ses  namentlich 
von  der  Menge,  Art  und  Zeit  der  Zugabe 
Sulfates  ab.  Die  Salzvcrluste  in  den  heute 
•vtriebrnen  Fabriken  sind  ausserordentlich  ver- 
vtadon.  Die  Ursachen  dieser  mehr  oder  weniger 
''f'ieateuden  Verluste  in  der  Fabrikation  sind 
'»:fir  zahlreich,  sie  sind  zurückzuführen  anl : 

1)  Verbindungen  und  Zersetzungen  des  Xatrons 
heim  Kochen  de»  Zellstoffes,  hierhin  gehören 
vorwiegend  die  Silicate,  Atuminatc  und  AI- 
h.iniinate  der  Vegetahilien. 

2|  Abblassen  der  Kocher,  Entlaugc-  und  Waseh- 
arbeit  des  aufgeschlossenen  Stoffes. 

3t  Uniliehthciten  der  Vcrdampfatdagcn  und 
•Schäumen  der  aufzuarbeitenden  dünnen  Ab- 
laugen. 

41  Verflüchtigungen  von  Xatriumverbindnngcn 
beim  Calciniren  und  Schmelzen  der  Mause 
im  Ofen. 

a)  Mechanisches  Fortführen  von  Salzen  infolge 
den  Schomsteinzugcs. 


<>)  Verbindung  von  Naf  rotisalzeti  mit  den  Ofen- 
b.  -tandti  ilen  (Chamotten,  Specksteinen  u.  s.  f.) 
7|  Direkter   Verbist    bei    ,\er  Herstellung  der 
Hohir.sutigen  infolge  Verspritz«  ns  derselben 
und  iitivollkouimeueiii  Auslangen  der  regen e- 
rirten  Salze. 
8)  J>ie  Kaustizirarbeit,  bei  der,  trotz  vielfachen 
Au-süssens,  u.ii  dem  Schlamin  (Oalciiuiisilieat 
und   Calciumcarbonat)    in    Wasser  lösliche 
und  unlösliche  Alkalisalze  in  beträchtlichen 
.Mengen  verloren  gehen. 
Diese  Cesaintverlustc  schwanken  zwischen  15 
bis  3')  "lo  und  darüber. 

Somit  hat  man  alles  Interesse  daran,  die 
Alkali\erlnste  möglichst  ganz  durch  «las  preis- 
werte Sulfat  zu  ersetzen. 

Im  allgemeinen  sind  die  Sodaverluste  bei  der 
StrohzclIstotlTabrikation  ganz  bedeutend  grösser  . 
als  bei  der  Herstellung  Vl»u  Holzzellstoff,  da  das 
Stroh  immer  viel  Silicate  enthält.  Diese  geben 
dem  Zellstoff,  durch  das  Kochen  in  XasSi()3 
überfuhrt,  r.-eht  schmierige  Beschaffenheit,  er- 
schweren das  Entlaugen  und  Wuschen  des  Stoffes 
und  bedingen  dadurch  dünne  Ablaugen. 

Das  Endprodukt  «ler  StrohstotV-Ablaugen  hat 
daher  auch  beträchtliche  Mengen  kieselsauren 
Natrons  Xa8Si03,  das  zwar  beim  Kaustizircn 
durch  rlen  Aetzkalk  fast  ganz  zersetzt  wird,  aber 
d.'in  rückständigen  Kaikseblamm  (Calciumsilicat 
und  ( 'alc iuinearbouat)  grosses  Volumen  und  gela- 
tinöse |{e*chal]*enh«  it  verleiht,  wodurch  die  Xatron- 
vcrbiste  ganz  erklecklich  hoch  werden  können. 

In  den  Hrdzzcllstoll'i'abriken  findet  man  Sulfat- 
zusätze von  10—25  % ,  auf  die  Menge  wiederge- 
wonnener Scltmolzsodu  bi  'zogen,  dabei  mag  noch 
erwähnt  nein,  da»«  Schmelzen  dieser  Fabriken 
2-  0"«  X.ijSiOj  enthalten. 

Die  Stnihstofffabrikcn  setzen  Sulfätinciven 
von  20  —10 %  zu  und  die  Silicate  des  Schmelze» 
he weyen  sieh  zwischen  0  -30%. 

So  versehieileii  das  Eindicken  d«»r  Ablaugen, 
die  Sulfatzusätze  und  der  Verlauf  des  Ofcnpro- 
zess-s  in  den  Fabriken  ist,  ebenso  vcrsehicilen  ge- 
staltet sich  auch  die  Sultidbildung  beint  Sulfat- 
verfahren. Man  findet  in  Fabriken  Schmclz- 
produktc,  welche  nur  wenige  Prozente  Schwefel- 
natrium  (Xa,S)  enthalten,  und  es  gibt  Werke, 
die  ständig  30  -10%  u.  darüber  an  Schwefelnatriuni 
in  ihrer  Schmelze  aufweisen.  Die  zuletzt  genannten 
günstigen  Ergebnisse  sind  nur  zu  erreichen,  wenn 
die  Lniigcn  in  Pech  lorin  mit  höchster  Dichte  von 
1,5  1,7  specitisebeu  (b  wichl,  das  entspricht  40 
bis  50%  Salzgehalt  absolut  (Sodaschmelze)  uud  . 
cinim  Heizwert  von  rund  2200 ---2000  Wärme- 
einheiten, in  die  Scbmel/wanne  kommen,  und 
wenn  «lie  OxydatiKnsarbeit  des  Ofens  nur  in  dem 
Mansse  vor  sieh  geht,  als  es  eine  Verbrennung 
der  Extrnctive  des  Rohstoffes   in  der  Ofenmasse 


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96 


£.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Iii.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


gerade  erforderlich  macht.  Ein  besonders  kon- 
struirter  Of«-ii,  der  ohne  jeden  Einfluss  des  natür- 
lichen Kaminzuges  schafft,  ergibt  hier  einen  sehr 
hohen  Grad  vollkommenster  Arbeit.  Diesen  Ar- 
beitsmodus  übe  icli  seit  langer  Zeit  mit  gutem 
Erfolge. 

Die  Sultiderzeugung  hat  ausser  den  bereit» 
erwähnten  grossen  Vorteilen  der  ZellstoßTabii- 
katiou  noch  viele  andere  Vorzüge.  Die  SulKde 
erleichtern  die  Ofenarbeit.  Sie  schmelzen  bei 
einer  Temperatur,  die  wesentlich  unter  dem  Soda- 
sehmelzpunkte  liegt.  (Natriumsulfat  schmilzt  bei 
899"  C,  N'atriumcarbonat  aber  bei  1089  ♦  0.) 
Das  Schwefelnatrium  greift  das  Kutter  des  Ölen» 
viel  weniger  an,  als  es  die  Carbonute  (XatC09) 
thun.  Man  erhält  infolgedessen  ein  Schmclz- 
produkt  mit  weniger  unlöslichen  Rückständen 
und  viel  geringeren  Mengen  löslicher  Silicate  und 
Aluminate.  Die  Löslichkeit  solcher  Schmclzsoda 
in  Wasser  geht  leicht  vor  sieh.  Die  Kaustizirung 
erfordert  nur  wenig  Kalk,  da  mit  Zunahme  der 
Sulfide  die  Carbonutc,  Silicate  und  Aluminate 
erfahrungsgemäss  in  dem  wiedergewonnenen  Pro- 
dukt abnehmen.  Mit  dieser  Abnahme  um!  der 
Verminderung  der  erforderlichen  Aetzkalkmengeu 
schwindet  das  Volumen  de»  Kaust izirschlammes 
und  damit  nehmen  auch  die  Verluste  an  wert- 
vollen Natronsalzen  ganz  erheblich  ab.  Schliess- 
lich gewährleistet  solcher  Kaustizir-Rückstand, 
welcher  arm  un  Kalkhydrosilikaten  ist,  in  der 
Frischlaugenkocherei  einen  ungestörten  Hetrieb, 
da  crlahrungsgemäs»  solcher  Kalkschlamm  weder 
(|iiillt  noch  verkittet,  d.  h.  nicht  fest  wird. 

Der  Zusatz  des  Sulfat  erfolgt  am  besten  im 
Ofen ;  bei  cbargenweiser  Arbeit  und  dicker 
Lauge  am  zweckniässigsten  möglichst  frühzeitig. 
Knnstruction  des  Ofens  und  Handhabung  der  Ofen- 
arbeit könneu  aber  auch  die  spätere  Zugabe  ah 
zweckmässig  bedingen. 

Die  Sulfatarbeit  ohne  Raffiniren,  d.  h.  ohne 
Schmelzen  der  Massen  ist  zwecklos,  da  dann  eine 
sachgemässe  chemische  Nutzbarmachung  des 
schwefelsauren  Natrons  in  grösseren  Mengen  nicht 
möglich  ist.  Schwefelsaures  Natron  selber  geht 
als  Bailust  durch  die  Kocher,  es  unterstützt  die 
Aufschliessung  der  Vegetabilien  in  keiner  Weise. 

Das  Schmelzen  geschieht  bis  heute  am  besten 
im  bekannten  Flammofen,  der  jetzt  vielerwärts 
mit  Pressluft  (Gehläse)  betriehen  wird,  oder  im 
Rund-  resp.  Turmofen,  der  meistens  auch  mit 
Gebläse  arbeitet.  Während  der  Flammofen  in 
neuester  Zeit  die  getrennte  Trockenarbeit  der  Lauge 
erübrigt,  so  erfordert  er  jedoch  dabei  eineu  Perioden- 
betrieb. Der  Turmofen  dagegen  beansprucht 
trockenes  Ofengut,  ermöglicht  aber  einen  konti- 
nuirlichcn  Betrieb.  Die  Bauart  der  Oefen  beein- 
flusst  die  rationelle  Ofenarbeit  ganz  wesentlich. 
Chemisch   und    wirtschaftlich   arbeiten   die   ver-  | 


schiedenen  Oefen  ganz  verschieden.  Jedenfalls 
lüsst  der  noch  am  meisten  verbreitete,  sachgemäe« 
ausgebaute  horizontale  Flammherd  erwiesener- 
massen  den  höchsten  Grad  vollkommener  Ver- 
brennung zu.  Jeder  UeberBchuss  an  Luft  ist  im 
Ofenbetriebe  zu  vermeiden  und  dabei  sind  in  den 
Abgangsgasen  solcher  Ofenarbeit  ständig  17 — 20 
Volumprozente  Kohlensäure  (CO,)  und  Tempera- 
turen mit  weit  über  1000*  ('.  möglich,  was  wich- 
tig ist  für  die  rationelle  Ofenarbeit  und  wodurch 
die  Geruchsiibelstände  auf  ein  Minimum  gebracht 
werden. 

Das  Katl'iuiren  im  Flamm-  und  Turmofen 
lässt  sich  ohne  grossen  Verschleiss  an  den  Oefen 
erreichen.  Diese  Oefen  ermöglichen  einen  grossen 
Dauerbetrieb  mit  periodisch  geringen  Reparatur- 
kosten. 

Neuerdings  versucht  man  vieleraeits,  den  Dreh- 
ofen für  die  Sulfatarbeit  heranzuziehen.  Der 
rotirende  Ofen  ist  im  Jahre  1863  in  England  er- 
funden und  später  durch  die  englische  chemische 
(irossindustrie  ganz  bedeutend  vervollkommnet 
worden.  Die  Amerikaner  haben  den  Drehofen 
mit  manchen  Abänderungen  und  Verbesserungen, 
wovon  besonders  die  Anordnung  der  ununter- 
brochenen Arbeit  hervorzuheben  ist,  zuerst  in  die 
Xatronzcllstofl'fahrikation  mit  bestem  Erfolge  ein- 
geführt. Sie  üben  noch  heute  die  reine  Soda- 
arbeit damit  und  für  die  Gewinnung  von  Soda* 
ascho  gibt  es  jedenfalls  nichts  besseres  als  den 
Drehofen.  Auch  in  Natroncellulosefabriken  Eng- 
lands und  Russlands  fand  der  Ofen  für  den  gleichen 
Zweck  Eingang. 

Bei  uns  in  Deutschland  hat  die  frühere  Ma- 
schinenfabrik Pallenberg-  Mannheim  vor  Jahr- 
zehnten mehrere  Drehöfen  für  die  Leblanc-Soda- 
l'abrikation  gehuut. 

Auch  die  Skandinavier  versuchten  als  be- 
deutende SulfatstotT-Krzeuger  den  Drehofen  ihren 
Betrieben  anzureihen.  Ingenieur  Stönncr  stellte 
Ende  der  80er  Jahre  in  Bamble  den  ersten  Dreh- 
ofen für  periodisches  Eindicken  der  Lauge  auf. 
Die  stark  eingedickte  Lauge  wurde  von  Zeit  zu 
Zeit,  aus  dem  rotireudon  Ofen  in  einen  beson- 
deren Ofen  abgelassen. 

Im  Laufe  der  Jahre  brachte  dann  später  ln- 
geoieur  Enderlein- Bamble  den  Drehofen  durch 
verschiedene  zweckmässige  Abänderungen  zur  er- 
folgreichen und  ununterbrochenen  Trockenarbeit 
der  Laugen.  Enderlein  kombinirte  den  Drehofen  mit 
einem  dahinterliegcnden  Schmelzherd  und  führte 
vor  einigen  Jahren  noch  den  Wechseltrieb  im 
Umlauf  des  Ofens  ein.  Direktor  Kullgrceo-Moss 
hat  Umgestaltungen  des  Ofens  vorgenommen,  die 
geheim  gehalten  werden,  welche  aber  den  Ender- 
loin'schen  Aenderungen  Behr  ähnlich  sein  sollen. 
Die  Act.-Ges.  Metallwerke  Magdeburg-Neustadt 
|  hat  Licenz,  den  Moss-Drebofen  für  Deutschland 


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91 


iu  bauen.  Ingenieur  Dorenfeldt  •  Wolfach  hat 
in  neuester  Zeit  mit  aller  Macht  an  der  Ver- 
besserung des  Drehofens  gearbeitet,  um  diesen 
fiir  die  Schmelzarbeit  des  Sulfatverfahrens  ge- 
eignet zu  machen.  Dorcnfcldts  Neuerungen  sind 
bekannt  und  durch  Patente  geschützt.  Während 
Iwinahe  alle  bisherigen  Oefen  mit  Gegenstrom 
arbeiteten,  bringt  Dorenfeldt  das  Gleichstromprin- 
ci\)  zur  Durchführung.  Ob  der  bedeutende  Wärme- 
accnmulator,  welcher  in  den  grossen  Massen  von 
Mauerwerk  und  in  der  stagnirenden  Arbeit  der 
wt>»t  gebräuchlichen  Flammöfen  vorhanden  ist, 
und  welcher  fiir  die  Schmelzarbeit  von  Laugen- 
den erforderlich  erscheint,  durch  die  Gleichstrom- 
«rbeit  im  Drehofen  Ersatz  findet,  bleibt  abzuwarten. 

Vom  theoretischen  uud  praktischen  Standpunkt 
&us  ist  es  Wim  Trocknen  ja  richtiger,  im  Gleich- 
strom zu  arbeiten,  einesteils  wegen  der  Einfachheit 
der  Konstruktion  der  Apparate,  andeniteils  wegen 
der  wesentlich  besseren  Ausnutzung  der  aufge- 
wandten Wärme  und  des  hiermit  zusammenhängen- 
den vorteilhaftesten  u.  rentabelsten  Betriebes.  Im 
'•egenstrom  dagegen  wird  unzweifelhaft  das  zu 
trocknende,  brennende  Material  die  höchste 
Erhitzung  erfahren.  Ich  verweise  hierbei  auf 
die  ausführlichen  Arbeiten  üWr  die  physikalischen 
(•niDdlagen  und  die  technische  Ausbildung  mo- 
derner Trockenanlagen  von  den  Herren  Dr.  Möller 
und  Professor  Pfeiffer-Berlin,  welche  sich  auf 
praktische  Erfolge  im  Grossbetriebe  jeglicher 
ArbeiUsystcme  gründen. 

(■dingt  das  Schmelzen  der  Masse  bei  der 
(«leicbstromarbeit,  so  ist  diese  vorteilhafter  als 
die  Arbeit  im  Gctfeustroiu. 

Während  alle  vorbesprochenen  Drehöfen  den 
Ty}i  des  alten  Rotary  mit  weiner  kurzen  Bau- 
län)?e  und  dem  grossen  Durchmesser  beibehielten, 
*<»  sind  in  den  letzten  Jahren  auch  noch  andere 
rt'tirende  Oefen  an  den  Markt  gekommen,  die 
sich  durch  sehr  grosse  Länge  und  kleineu  Durch- 
UMKjer  von  der  früheren  Bauweise  ganz  wesent- 
lich unterscheiden.  Diese  Drehöfen  werden  von 
'irr  Brennöfen  -  Industrie  -  Gesellschaft  Hamburg, 
von  der  Firma  W.  J.  E.  Koch  -  Hamburg, 
Th.  Groke- Berlin  u.  a.  in.  ausgeführt.  In  der 
keramischen  und  Cementindustrie  wussten  sich 
diese  Oefen  bereits  Eingang  zu  verschaffen  und 
d»  arWiteu  sie  recht  zufriedenstellend. 

Der  Drehofen  stellt  für  die  Sulfatarbeit  über- 
haupt grosse  Vorteile  in  Aussicht: 
Ii  bewirkt  die  fortgesetzte  mechanische  Thiitig- 
keit,  das  Drehen  des  Ofens,  eine  ganz  gleich- 
förmige Erhitzung  der  Ofenmassen ;  zu  späte 
Uebcrhitzung    einzelner  Teile    kanu  nicht 
stattfinden  und  die  Salzverluste  durch  Ver- 
dampfung müssen  kleiner  werden; 
2)  wird  eine'  ununterbrochene  Beschickung  des 
Ofens  mit  allen  den  erforderlichen  Materia- 


lien möglich.  Die  ganzen  Ofenmassen  wer- 
den gut  gemischt  und  versprechen  ein  recht 
gleichmässiges,  sulfidreiches  Erzeugnis; 

3)  muss  der  Drehofen  viel  leistungsfähiger  sein, 
als  der  horizontale  Flammofen  und  vertikale 
Füllofen ; 

4)  kann  die  continuirliche  Calcinir-  und  Schmelz- 
arbeit eine  äusserst  regelmässige  Verbrenn- 
ung höchster  Vollkommenheit  gewährleisten, 
und  dementsprechend  wird  die  Verbreitung 
übler  Gerüche  nicht  gross  sein. 

Ob  diese  einleuchtenden  VorteUe  den  Fabriken 
schon  in  Bälde  zu  gute  kommen,  muss  ebenfalls 
abgewartet  werden. 

1  n  Frage  steht  die  erforderliche  Schmelzwärme 
des  Drehofens  und  ferner  droht  die  Gefahr,  dass 
beim  Schmelzen  der  Masse  die  Wende-  und 
ReiWthätigkeit  für  einen  Teil  des  Ofenfutters  sehr 
schnell  verhängnisvoll  wird,  da  hierbei  sich  die 
Silicate  und  Thonerden  etc.  der  Ofen-Innen- 
juaueruug  gut  und  schnell  in  den  flüssigen  Natron- 
salzen lösen  werden.  Was  diese  Bindung  des 
Natrons  bedeutet,  darauf  habe  ich  einerseits 
schon  aufmerksam  gemacht,  anderseits  bleibt  noch 
zu  erwähnen,  dass  schneller  Verschleiss  des  Ofen- 
futters  das  Reparaturcouto  nicht  unbeträchtlich 
erhöhen  wird. 

Gelingt  es,  ein  geeignetes  Ofeumaterial  von 
grosser  Haltbarkeit  fiir  den  Raffinirungsprozcss  der 
Langensalza  zu  finden,  so  blühen  dem  Drehofen 
besonders  grosse  Chancen  fiir  die  Einführung  iu 
unserer  Industrie.  Ferner  wird  in  dem  Falle 
auch  der  Converter  lebhaftes  Interesse  fiir  uns 
gewinnen.  Bezüglich  der  Wahl  eines  guten  Ofen- 
futters fiir  unsere  Zwecke  verweise  ich  noch  auf 
die  Arbeit  des  Herrn  Professor  Dr.  W.  Hempel- 
Drcsden  in  der  «„Chemischen  Industrie11  Jahrgang 
1896  No.  9. 

Das  Sulfatverfahren  hat,  wie  schon  erwähnt, 
dem  Natronverfahren  gegenübor  grosse  fuhrika- 
torische  Vorteile,  von  denen  hohe  Zellstoffaus- 
beutc,  fester  Stoff,  höchste  Weisse  und  schnellste 
Erzeugungsart  besonders  zu  betonen  sind.  Die 
Sulfatarbeit  hat  aber  auch  Mängel,  von  denen 
nachstehend  einige  hervorgehoben  werden  sollen. 

Die  Salzzugabe  in  die  Ablaugen  oder  in  die 
Oefen  erschwert  das  Verbrennen  der  organischen 
Stoffe  der  Ofenmasse.  Häufig  wird  zum  Aus- 
gleich hierfür  und  gleichzeitig  zum  Auflockern 
des  Ofeugutes,  sowie  zur  Förderung  der  chemischeu 
Arbeit  des  Ofens  das  verschiedenste  Brennmaterial 
zugesetzt,  so  Holzspäne  (Schäl späue),  Sägespäne, 
Kohlen,  Koks,  Torf,  Theer  u.  s.  f.  Alle  diese 
Zugaben  haben  Vorteile,  aber  auch  Nachteile. 
Meinen  Erfahrungen  nach  kann  man  nur  beim 
Zusätze  von  Koks  etwas  profitiren. 

Die  schlimmste  Seite  des  Sulfatverfahrens  ist 
die   damit  verbundene    Gerucbsbelästigung  der 

2.  Bogen  19W. 


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*>8 


E.  KIKCHNEll.    DAS  PAP1EK.    Hl.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


XachhuiNchatt  der  Kahriken.  I»ie  ricdn-tidcn 
K«".rper  entstehen  voi-wie^ernl  heim.  AMmuftVii 
der  Lungen  in  den  Vet-iiaiiipt kör]>crn  und  heim 
Au*hrenneti  der  Mu--e   im   Ofen.    1  «f.-  * ; t-r".*i ■  •? n ■ 

elltstUlllllICll  fast.        lIMS-lllllfSsilrll  ol-jatU-diel, 

Xdi\vefclvcrl>indun;;cn  ,    deren  Zu-ann  neuste;  >  1 1 1 : %; 

lind  Coil-tttUti'itl   IK'i'll   nicht    fe-,t«_'e-lcllt  i-t. 

Es  sind  !liichti"e  oryiiiiisehe  H^m.  •  * • « ■  •/•■r' it ur- 
Menden  Mereu]itanc  und  in  der  Uaiir'.- :e-he 
Kiirper  uufweim'ii,  Welche  -ich  atiah'e  •  L - tj  Mcrcaji- 
Uilien  verhalten,  llic-e  oream-ehen  -chvveiei- 
halti^en  Kor|>«T  riechen  »dir  unanu'ciielirn  ihm 
machen  dem  Zcllsti  .|!-Fahnkanten  das  l.ehci. 
schwer.  Das  M ereu |.r im  hat  vw  allen  l)i-K;mtiti  u 
liieehstolVcn  die  Imch-te  spe/ili-die  Inteii-iiü: 
des  Geruches.  Nach  Knsdier  und  l'et./d.U 
nü^en  zur  siehen-n  Krkenniin:'  de-  Mrn  -ai'i.m-; 
der  4«;o0iAHM>  Teil  ein«--  Milligramm  und  .-war 
für  den  Kicchn.-rv  des  normalen  .M cn-ei,en. 

S»  intensiv  und  uniin-.'endiin  «iie  M« r«  aj-i  .;m- 
und  «liese  nnre.i]'t;iniihtdi«lieii  l\<T|>cr  nun  ,.:i.-:i 
riechen,  s..  lassen  sieh  die  üheln  ti --rüdie  'in  -.  r 
«•ri'unischeii  Ha-eti  doch  leicht  und  -dim  11  durch 
eine  kräftige  Oxydation  hc-eit  i<rcti.  Am  wirk- 
samsten siixl  hierin,  meinen  Versuchen  nach,  die 
l'ersullate  t  Kalimn-Nnlnum-  und  A  ti-.  1. 1. >n i ut n j ■«  1  • 
sulfiit).  und  wären  die-e  t  -herrischen  t>xy<hitn>iu- 
köqier  hilli},'  zu  haben.  wäre  jede  Scii'.v  ii-ri-r- 
keit  in  <h-r  Geriichslu-seitiiMim/  .111  ee  n  hl  ick  I  ich  he- 
holien.  Ein  <,':«nz  «.«-erin^cr  Zusatz  mui  K  S«  »4  « •<  T..t 
NiiSO,    in   die  Aldiin-rc   te-n.    in   die  l'e-tül.jte 

der-cUa-n    ejeliüu'l.     Ulli     die     Reichel  inih;/»arhdt 

der  8al/e  ohne  jeden  (»«Tuch  /.u  \  <«l  i  r »rs nt*»*ii. 

Zukünftig.'  in  lietradit  k« >iu  111L  al<  V  datina.-- 
mittcl  UU  der  Stelle  im  <  ipf.--h«  !l  ich  die  ..hm-:'  - 
luif,  welclie  heknuntlich  50"  *  S.eie: eu  ei.Wiah 
lltid  l>pi  i-hiii  für  1,'J  l'leliim;  eilist  Imt/u -t  e  lieh 
-ein  -"II.  So  htneo:  Uli-  aher  di.-e  .Mittel  ..ih-r 
andefe  hilli^e  und  krältirc  <  Kydnt  n  m-kor] -er  n  .h  r 
Sal/W  n-di-roewilimill!,'     lehlell,      ist      die     (iel  lld:-- 

veriuindenii:'^  re-|>.  Uesen  .oime  mich  -jehwieno. 
umständlich  und  koM-pidie. 

ili-ute  tfelin^i  os  mir.  mil  s  > •  1 1 1 i  j-  I  n-di.ldl  ieh- 
uuiehiin«^  der  ('"iideu-ate  di  r  \  erdiiin;  l.uilav'e'i. 
mit  vollkinnlneti-ler  \'e|-hi-eimnne:-.il  i-eil  ,  i i  r  »  I >-e 
und  hei  sdiärtsier  1  eh.-rw  .u-luiner  di.-.er  ll.  'iiin_;- 
uutren  den  I  ehd-tand  -o  /u  mildern,  da--  vi. 
<-iucr  Btdii-tiviin'j  nicht  m«-hr  die  Ucle  -ein  k.<nn. 
Ah-..rhirt  und  ei.wdllt  luati  aher  «tu-  Otenah«_'a-e 
V"llk"iiiinenst«'r  \  <-rh|-eniiniie.    und  he-eiiiift  i:i-,ie 

seil lie«s| ich  Hoch  die  düchti-JCU  Sill/e  des  Ku'l.ine-, 
sii  ist  der  (.icrueh-iil>elst.'nul  ilainil  mit  al-  e:m/ 
heseithjt    /I)  hetrachteli." 

Das  Rohsulfat  oder  Glaubersalz  des  Handels. 

In  der  Zollslollt'abrikation  verwendet 
man  das  rohe  Sulfat,  dessen  Hauptbestand- 
teil Natriumsulfat  =  Na.,  SU4  ist. 


Diese»  Kohsullat  soll  hellgelb  bis  weiss, 
möglichst  irords  und  feinpulveri^;  sein,  vor- 
handene Knollen  müssen  si<-h  leicht  mit 
der  Schaufel  /.erschlagen  hissen 

Grössere  Mengen  (über  l°/o)  Schwefel- 
säure. Koeh^alz  und  sauerreagirende  Eisen- 
und  Thonerdesalze  hat  der  ZellstolTlabri- 
kant  nicht  gern. 

Lunge  bezeichnet  als  Grenze  der  Brauch- 
barkeit von  Sulfat  einen  Gehalt  von  1  "!o 
Na  (ZI.  und  l'  .'°  o  freier  Schwelelsäure 
(als  S0„  berechnet),  doch  dtirien  beid«} 
nicht  gleichzeitig  in  solchen  Mengen  vor- 
handen sein. 

Der  Gehalt  des  Hohsiilfats  schwankt, 
es  kommen  Salze  im  Handel  \<ir  mit : 
^•i-^f'iu  Na,  .S04 

0,ti-2.5  ..  Sü8 

0.2 -l.J  „  CaSU4 

0,1    2,<i  .,  Na  Gl. 

0.2-  t,ö  ,.  Wasser 

0.1    ().ö  ,.  in  Säuren  Unlösliches. 

Das  Rohsulfat  enthält  ausserdem  meist 
kleine  Mengen  der  Sulfate  des  Eisens,  des 
Aluminiums  und  des  Magnesiums. 

Untersuchung  des  Hohsulfates. 

Zur  Prüfung  des  Sulfates  nimmt  man 
von  verschiedenen  Stellen  der  Sendung 
Schaufelproben  in  eine  Kiste,  mischt  gut 
durch  und  mahlt  davon  einen  entsprechen- 
den Teil  durch  eine  Kaffeemühle. 

In  diesem  Muster  bestimmt  man  nach 
Lunge : 

1)  Freie  Säure.  Man  löst  20g  des 
Sulfates  zu  2ö0  cem,  pipettirt  o0  cem  heraus, 
setzt  Lackmüstinktur  oder  Melhylorange 
hinzu  und  titrirt  mit  Normalnatron.  Jeder 
cem  der  Lauge  entspricht  l'Vo  S09.  also 
auch  HCl,  sowie  NaHSU4  und  sauer  rea- 
girende  Eisen  und  Thonerdesalze.  Wenn 
man  bei  grösseren  Mengen  genannter  Salze 
deren  Einlluss  auf  diese  Heslimmung  ver- 
meiden will,  so  setzt  man  ohne  Anwend- 
ung eines  Indikators  Normalnatron  zu.  bis 
die  ersten  Flocken  eines  bleibenden  Nieder- 
schlages erscheinen.  Sie  zeigen  die  Sättig- 
ung der  freien  Säure  und  des  liisulfates  an. 

2)  Natriumchlorid.  Von  der  lür 
1  angefertigten  Lösung  neutralisirt  man 
50  cem  mit  Normalnatronlauge,  versetzt 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


99 


mit  wenig  Kaliumchromotlösung  und  titrirt 
mit  Viu  Norraalsilberlösung  Jeder  ccm 
dieser  Losung  (nach  Abzug  von  0,2  ccm 
im  Ganzen)  entspricht  0,lH)°/o  NaCl. 

3)  Eisen.  Mao  löst  10  g  Sulfat  im 
Wasser,  reduzirt  die  Eisensalze  durch  et- 
was Schwefelsäure  und  Zink  zu  Oxydul 
und  titrirt  mit  Chomäleon. 

4)  Unlösliches  in  Wasser  wird  wie 
gewöhnlich  bestimmt.  (Losen,  gut  Durch- 
schütteln, Filtriren,  Auswaschen  des  Filters, 
Trocknen  und  Wägen  ) 

5)  Kalk.  Man  löst  10  g  in  Wasser, 
wenn  nötig  mit  Zusatz  von  etwas  Salz- 
säure, setzt  Salmiak  und  Ammoniak  hin- 
zu, fällt  mit  Ammoniumoxalat,  glüht  und 
wägt  als  CaO;  etwaiges  Fe3  Oa  ist  in  Ab- 
zug zu  bringen. 

6)  Magnesia  wird  aus  dem  Filtrat 
der  Kalkbestimmung  durch  Ammonphosphat 
gefällt,  einige  Stunden  stehen  gelassen, 
iiltrirt  mit  schwacher  Ammoniaküüssigkeit, 
gewaschen,  getrocknet,  geglüht  und  als 
Magnesiumpyrophosphat  gewogen.    1  Teil 

0.:i<i03o  MgO. 

7)  Thon  erde.  Man  fällt  die  Lösung 
mit  Ammoniak.  Iiltrirt.  glüht  und  wägt. 
Zieht  man  das  gefundene  Eisenoxyd  vom 
gefundenen  Gewicht  ab,  so  ist  der  Rest 
=  Al,05. 

8)  Natriumsulfat.  Man  löse  1  g 
Sulfat,  fälle  noch  5  g  Kalk  (zusammen  mit 
Thonerde  und  Eisen),  liltrire.  dampfe  das 
Filtrat  mit  wenigen  Tropfen  reiner  Schwefel- 
säure zur  Trockene  ein,  glühe  nach  Zusatz 
eines  Stückchens  Ammoncarbonat  und 
wäge.  Von  dem  gefundenen  Gewicht  ziehe 
man  ad  2  als  Natriumsulfat  berechnet 
(1  NaCl  =  1,2136  NaS04),  ad  6  als 
Mg  SO 4  berechnet  (1  Mg  0  —  3  MgS04) 
ab.  Der  Rest  entspricht  dem  in  1  g  Sulfat 
wirklich  vorhandenen  Na9S04. 

9)  Feuchtigkeilsbestimmung.  5  bis 
10  g  des  Sulfates  werden  bei  70-75"  im 
Trockenschrank  4  Stunden  lang  erhitzt 
und  gewogen. 

Von  diesem  Rohsulfat  wird  beim  Kau- 
st iziren  der  Kochlaugen  oder  beim  Ein- 
dicken der  Ablaugen  oder  besser  beim 
Schmelzen  im  Sodaofen,   oder  auf  die 


|  Operationen  verteilt,  zugethan  und  so  der 
Verlust  an  Natronsalzen  ersetzt. 

Selbstgewonnene  Schmelze  (Sulfat- 
Verfahren). 
Ausser  Rohsulfat  benutzt  der  Sulfat- 
zellstofffabrikant    besonders    die    in '  den 
1  Oefen  selbstgewonnene  Schmelze  aus  den 
Kocher-  etc.  Ablaugen. 

Herr  Direktor  Schaehrstellt  in  dankens- 
werter Weise  einige  für  die  Fabrikation 
wichtige  Tabellen  über  diese  Ablaugen  der 
I  Strohzellstofffabrikation  zur  Verfügung  und 
ist  zu  bemerken,  dass  nach  Untersuchungen 
des  Herrn  Direktor  Dr.  M.  Müller,  Alt-Damm 
die  Sulfat- HolzzellstofTablaugen  nur  geringe 
Schwankungen  gegen  diese  auf  umstehen- 
den Seiten  100  und  101  abgedruckten 
Tabellen  VIR  und  IX  ergeben. 

Der  Sulfatholzzellstoff- Fabrikant  wird 
sich  leicht  durch  eigene  Ermittelungen 
feststellen  können,  in  wieweit  seine  Ab- 
laugen von  den  vorstehenden  abweichen. 

Untersuchung  der  Schmelzsoda.*) 

EinegrosseDurchschnittsprobeSchmelze, 
welche  zu  verschiedenen  Zeiten  einer  Ofen- 
charge oder  mehrmals  von  dem  kontinuir- 
lich  arbeitenden  Ofen  entnommen  und  in 
trockenem  Gefäss  unter  Luftabschluss 
aufbewahrt  ist,  wird  fein  gemahlen,  oder 
im  Mörser  zerstossen  und  sorgsam  gemischt. 

Diesem  Muster  werden  50  g  entnom- 
men und  in  i80  ccm  destillirtern  Wasser 
von  45°.  welches  vorher  durch  längeres 
i  Kochen  von  CO,  und  0  befreit  und  in 
I  einer  verkorkten  Flasche  erkcltet  war,  ge- 
•  löst.    Die  500  ccm  Flüssigkeit  schüttelt 
man  sofoit  gut  durch  und  wiederholt  dies 
in  etwa  2  .Stunden  nochmals.  (Wenn  viele 
solcher  Proben  regelmässig  zu  machen 
sind,  wird  am  besten  eine  Schüttelmaschine 
angewendet.) 

1)  Unlösliches.  Das  gründlich  durch- 
geschüttelte und  vorher  nochmals  aufge- 
schüttelte trübe  Gemisch  wird  Iiltrirt  und 

_   Korn.  S. 

*)  Iii!  -'  I  iiiiTMioliuni^tiiutluxU'  kann  man 
,  iiiicli  für  Irische  Hari.lcNsw.la  imwv!nl.-n  ,  man 
'  riiitai'li  r»o       tli'j-M'llirti    in  warim-m  Was*<T, 

.  (  ii r r •  i- - ' i < •  1 1 1 1 auf    K>>h!r    uml     Ki< •«•Isüure 

1  M.'il't  ilanri  l-i». 


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100  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    HL  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


VIII.  Tabelle.   Einfluss  der  Temperaturen  von  15°  G.  bis  65°  C 
auf  die  Dichte  der  Strohzellstoff-Ablaugen  nach  Schacht. 


0  c. 

15° 

,  .- 

20° 

25° 

30° 

j 

35°  1 

40° 

45°  1 

IUI  • 

Oll 

OD 

0  Be. 

1 

0,8 

0,5 

0,3 

1 

u 

2 

1,8 

1,5 

1,3 

1,0 

0,8 

0,6 

0,3 

— 





n 

3 

2,8 

2,5 

2,3 

2  0 

1,8 

1,6 

1.3 

1,0 

0,8 

0,6 

" 

4 

3,8 

3,5 

3,3 

3,0 

2,8 

2,6 

2.3 

2,0 

1.8 

1,6 

,» 

5 

4,8 

4,5 

4,3 

4,0 

3,8 

3,6 

3.3 

3.0 

28 

2,6 

,• 

b 

5,8 

5,5 

5,3 

5.0 

4,8 

4,6 

43 

4,0 

3,8 

3,6 

'» 

7 

6,8 

6,5 

6,3 

6.0 

5.8 

5,6 

5,3 

5,0 

4,8 

4,6 

» 

8 

7,8 

7,5 

7,3 

7,0 

6,8 

6,6 

6.3 

60 

5,8 

5,6 

i» 

9 

8,8 

8,5 

8,3 

8,0 

7,8 

7,5 

7,3 

7,0 

6.8 

6,5 

»» 

10 

<>,8 

9,5 

9,3 

9,0 

8,8 

8,5 

8,3 

8,0 

7.8 

7,5 

11 

10,8 

10,5 

10,3 

10.0 

9.8 

9,5 

9.H 

9.0 

88 

8,5 

M 

12 

11,8 

11,5 

11,3 

11.0 

10  8 

10,5 

10.3 

10,0 

9,8 

9,5 

1> 

13 

12,8 

12,5 

12,3 

12,0 

11.8 

11,5 

11,3 

110 

10.8 

•10,5 

M 

14 

13,8 

13,5 

13,3 

13,0 

12,8 

12.5 

12,3 

12,0 

11,8 

11,5 

>» 

15 

14,8 

14,5 

14,3 

14,0 

13.8 

13,5 

13,3 

13,0 

128 

12,5 

M 

16 

15,8 

15,5 

15,3 

15,0 

14.8 

14,5 

14,3 

14,0 

13,8 

13,5 

" 

17 

16,7 

16,5 

16,2 

16,0 

15,7 

15,4 

152 

15,0 

14,7 

14,4 

1' 

18 

17,7 

17.5 

17,2 

17,0 

16.7 

16,4 

16,2 

16,0 

15,7 

15,4 

1> 

19 

18,7 

18,5 

18,2 

18,0 

17.7 

17,4 

17,2 

17.0 

16.7 

16,4 

II 

20 

19,7 

19,5 

19,2 

19,0 

18,7 

18,4 

18,2 

180 

17,7 

17.4 

>, 

21 

20,7 

20,5 

20,2 

20,0 

19,7 

19,4 

19  2 

19.0 

18,7 

18,4 

)) 

22 

21,7 

21,5 

21,2 

21,0 

20,7 

20,4 

20,2 

20,0 

19.7 

19,4 

»» 

23 

22,7 

22,5 

22,2 

22,0 

21,7 

21,4 

21.2 

21,0 

20,7 

20,4 

1) 

24 

23,7 

23,5 

23,2 

23,0 

22,7 

22,4 

222 

22,0 

21,7 

21,4 

'» 

25 

24,7 

24,5 

24,2 

23,9 

23,7 

23,4 

23,1 

22,8 

22,6 

22,3 

26 

25,7 

25,5 

25,2 

24,9 

24,7 

24,4 

24,1 

23,8 

23,6 

23,3 

,) 

27 

26,7 

26,5 

26,2 

25,9 

25,7 

25,4 

25,1 

24.8 

24.6 

24,3 

M 

28 

27,7 

27,5 

27,2 

26,9 

26,7 

26,4 

26,1 

25,8 

25,6 

25,3 

29 

28,7 

28,5 

28,2 

27,9 

27,7 

27,4 

27,1 

26.8 

26,6 

26,3 

9Q  7 

£  0,0 

9Q  9 

28,/ 

28,4 

28,1 

27,8 

27,6 

27,3 

31 

30,7 

30,5 

302 

29,9 

29,7 

29.4 

29.1 

28,8 

28,6 

28.3 

» 

32 

31,7 

31,5 

31,2 

30,9 

30.7 

30,4 

30,1 

29,8 

29,6 

29,3 

»1 

33 

32,7 

32,4 

32,2 

31,9 

31.6 

31.3 

31,0 

30,8 

30,5 

30,2 

n 

34 

33,7 

33,4 

33,2 

32,9 

32,6 

32  3 

32,0 

31,8 

31,5 

31.2 

>• 

35 

34,7 

34,4 

34.2 

33.9 

33,6 

33.3 

33.0 

32,8 

32,5 

32.2 

36 

35,7 

35,4 

35,2 

34,9 

34,6 

34,3 

34,0 

33,8 

33.5 

33,2 

>; 

37 

36,7 

36,4 

36,2 

35,9 

35.6 

35,3 

35,0 

34,8 
35,8 

34,5 

34,2 

M 

38 

37,7 

37,4 

37,2 

36,9 

36,6 

36,3 

36,0 

35,5 

35,2 

>J 

39 

38,7 

38,4 

38.2 

37,9 

37,6 

37,3 

37.0 

36,8 

36,5 

36,2 

>» 

40 

39,7 

39,4 

39,2 

38,9 

38,6 

38,3 

38,0 

37,8 

37,5 

37,2 

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i       p         •  ■ 

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E.  KIKCHNEK.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


101 


IX.  Tabelle.    Strohzellsto  ff-Ab  laufen.  *)   (Sulfat- Verfahren.) 
Gehalt  an  Wasser,  Trockensubstanz  und  Schmelze  nach  dem 
spezifischen  Gewicht  und  Beaume0  bei  15°  C.  nach  Schacht. 


Spezif. 
Gewicht 

Gewichtsprozente 

Spezif. 
Gewicht 

- 

Gewichtsprozente 

0  Bö 

Wasser 

Trocken- 
substanz 

Schmelze 



0  Rp 

Wasser 

Trocken- 
substanz 

Schmelze 

1.00/ 

-■■     -  - 
1 

~968 

3,2" 

1,60 

1.1/1 

*  4 

21 

72,0 

28,0 

14.00" 

4  f\  4  M 

1,014 

2 

96,0 

4,0 

2.00 

1.180 

22 

70,5 

29.5 

14,75 

1 ,<  )22 

3 

95,1 

4,9 

2,45 

1,100 

23 

69.0 

31.0 

15.50 

1 .029 

4 

94,1 

5.9 

2.95 

1.200 

2% 

07.5 

32.5 

16.25 

l.O.ib 

5 

93,0 

7.0 

3  50 

1.210 

2o 

66,0 

34.0 

17,00 

1.04.) 

b 

91,8 

8.2 

4  10 

1,220 

26 

614 

35,6 

17.80 

l.(b  1 

7 

90.6 

9/* 

4.70 

1,231 

2/ 

62.8 

37,2 

18,60 

1,(H)0 

8 

89,4 

10,6 

5,30 

1,211 

28 

61,2 

38,8 

lt>,40 

4  Aß« 

1,06/ 

9 

88,2 

11,8 

5,90 

1  2o2 

29 

59.6 

40,4 

20,20 

i  cn?\ 
i,u/o 

LU 

87,0 

13.0 

6  50 

.10 

58,0 

42,0 

21,00 

1,083 

11 

a%7 

14.3 

7,15 

1.274 

3l 

56  4 

43,6 

21,80 

1,091 

12 

84,4 

15.6 

7.80 

1.285 

32 

51,8 

45,2 

22,00 

1,100 

13 

83,1 

16,9 

8,45 

1  297 

33 

53,2 

408 

23,40 

1,108 

14 

81,8 

18,2 

9,10 

1.308 

3t 

51  6 

48,4 

24,20 

1,116 

15 

80,5 

19,5 

9.75 

1.320 

35 

50.0 

50,0 

25,00 

1,125 

16 

79,1 

20,9 

10.45 

1.332 

36 

48.3 

51,7 

25.85 

1.134 

17 

77,7 

22,3 

11,15 

1,345 

37 

46,6 

53,4 

26,70 

1,142 

18 

76,3 

23.7 

11.85 

1.357 

38 

41,8 

55.2 

27,60 

1,152 

19 

74,9 

25,1 

12,55 

1.370 

39 

42.9 

57,1 

28,55 

1,162 

20 

73,5 

26.5 

13  25 

1.383 

40 

41,0 

59,0 

29,50 

Die  Trockensubstanz  enthält  organische 
Substanzen,  chemisch  gebundenes  Wasser 
und  die  Salze.  Die  Schmelze  enthält  bei 
hoher  Ofentemperatur  nur  die  geschmolze- 
nen Salze,  selten  auch  geringe  Mengen 
Kohle. 

Will  man  aus  vorstehender  Tabelle  IX 
erfahren,  wie  viel  g  organische  Stoffe  und 
Salze  in  den  Ablaugen  enthalten  sind,  so 
findet  man  das  durch  eine  einfache  Um- 
rechnung : 

1  l  Ablauge  bei  15°  C.  von  10°  Be. 
wiegt  1075  g, 

sie  enthält  1075 . 13 


Substanz. 


— jÖQ~ — =  139,75  g  Trocken- 
^100^  =  g  Schmelze, 


l  1  Ablauge  bei  15°  C.  von  30°  Be. 
wiegt  1263  g, 

sie  enlhältJ263J2  = 
Substanz. 

^Tq^  =  265,23gSchmelze, 

So  kann  man  mit  Hilfe  der  Tabelle 
jede  Strohzellstoff-Ablauge  auf  ihren  unge- 
fähren Gehalt  an  Trockensubstanz  und 
Schmelze  im  voraus  berechnen. 

In  der  Tabelle  ist  0,5  der  Trockensub- 
stanz als  Schmelze  angenommen;  letztere 
kann  aber  bis  zu  0,7  der  Trockensubstanz 
steigen  ;  es  muss  dies  in  jedem  Betriebe 
empirisch  bestimmt  werden. 


•)  Die  Tabelle  enthält  Durchschnittswerte,  .Ii,-  mich  einer  grossen  Aa/ulil  Hestiminuugeu  im 
(iroasbetriebe  ausgeführt  werden.  Die  Zusammensetzung  der  frischen  K>ich)auircii  «n>l  das  Wachstum 
deg  Strohes  bedingen  natürlich  Schwankungen  in  diesen  Werten  der  Ablaugen. 


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102 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE 


der  Rest  auf  dem  Filter  mit  kaltem  Wasser 
gut  ausgewaschen  Den  verbleibenden 
Rückstand  wägt  man  zunächst  auf  ge- 
trocknetem Filter.  Darauf  gibt  uian  das 
Filter  mit  Inhalt  in  einen  gewogenen  Tiegel, 
verascht  es«,  glüht  und  wägt.  Das  erste 
Gewicht,  abzüglich  dos  Filtergewichtes, 
ergibt  das  Unlösliche,  die  Differenz 
beider  Wägungen  gibt  die  Mentje  der 
event.  noch  vorhandenen  Kohlen  -  Bei- 
mengungen in  50  g  Schmelze  an.  Bei  gut 
durchgeglühter  Schmelze  kann  das  Glühen 
des  Filterrückslandes  und  die  Bestimmung 
der  Kohle  wegfallen. 

Das  Filtrat  und  die  Waschwässer  der 
50  g  Substanz  werden  durch  Zusatz  von 
destillirtem  Wasser  auf  I  I  gebracht 

Im  Fabrikbetriebe  genügt  es.  ein  klei- 
neres Ouantum  Schmelze,  etwa  5  g.  auf 
den  Gehalt  an  Unlöslichem  für  sich  zu 
untersuchen. 

Stall  des  Filtrates  nimmt  man  dann  eine  j 
nicht  filtrirte,  gut  du-chucsehüttelte  Lösung  I 
von  50  g  Schmelze,  bringt  diese.be  genau  \ 
auf  1  1  und  verfährt  dair.it  nach  Lunge 
ebenfalls  wie  folgt: 

2)  Kohlensaures  Natron  oderj 
Natriumcarbonat  =  Na..  CO..  Man 
nimmt  von  dem  Liter  Flüssigkeit  20  com  j 
mit  der  Pipette  ab.  so  dass  man  l  g  der 
Substanz  in  Lösung  darin  hat.  Durch 
kaltes  Titriren  mit  Normalsalzsäure  und 
Methylorange  erfährt  man  den  Gehalt  des 
gesamten  Alkali  als  NaaC03,  wenn  man 
die  gefundenen  cem  Normalsäure  mit  0.053 
multiplizirt.  Da  aber  hierbei  auch  Aetz- 
natron.  kieselsaures  Natron  und 
Schwereinatrium  mit  bestimmt  werden, 
müssen  die  ad  3.  1  und  5  gefundenen 
Gehalte,  in  Na.,  C0„  umgerechnet,  von 
dem  hier  gefundenen  Na,  CO „- Gehalt 
abgezogen  werden. 

3)  Aetznatron  =  NaOH  wird  be- 
stimmt, indem  man  40  com  der  Lösung  in 
einem  100  cem-  Kolben  zum  Kochen  er- 
hitzt ,  dann  mit  überschüssigem  Chlor- 
barium versetzt  (hierzu  werden  10  cem 
einer  lOprozentigcn  Lösung  von  BaC)j.2aq  • 
stets  mehr  als  genügen),  kochendes  Wasser  j 
bis  zur  Marke  zugefügt,  umgeschüttelt  und  I 


|  verkorkt.  Nach  einigen  Minuten  ist  der 
Niederschlag  klar  abgesetzt;  man  pipettirt 
50  cem  der  obenstehenden  klaren  Flüssig- 
keit (enthaltend  l  g  der  Substanz  in 
Lösung)  ohne  Filtriren  heraus,  lässt  ab- 
kühlen und  titrit  mit  Methylorange  und 
Normalsaizsüure.  Jedes  cem  der  Säure 
zeigt  O.OiO  g  NaOH  in  1  g  der  wirklich 
gelösten  Schmelze  (oder  Soda).  Da  hier- 
bei auch  das  Schwefelnatrium  als  Aetz- 
natron mit  bestimmt  wird,  so  muss  das 
ad  5  gefundene  Schwefelnatrium,  in  NaOH 
umgerechnet,  von  dem  hier  gefundenen 
Betraue  3  abgezogen  werden.  1  Gewichts- 
teil NaOH  entspricht  1.325  Gewichtsteilen 
Na9C08. 

4)  Kieselsaures  Natron  =  Na, SiOs 
20  cem  der  Flüssigkeit  (1  g  Substanz) 
werden  im  Bechergiase  nach  und  nach 
mit  reiner  Salzsäure  versetzt,  darauf  in 
der  Wärme  stehen  gelassen,  bis  keiue 
Gasenlwk  kelung  mehr  stattfindet,  dann  in 
eine  Porzellanschale  umgespült  und  auf 
dem  Wasserbade  eingedampft,  darauf  im 
Luftbad  etwa  10  -20  Minuten  auf  110  bis 
120°  C.  erhitzt,  darauf  mit  Salzsäure 
durchfeuchtet  und  endlich  mit  kochendem 
Wasser  aufgenommen.  Das  ungelöst  Blei- 
bende ist  Kieselsäure.*)  Dieselbe  wird 
auf  dem  Filter  gesammelt,  gut.  ausge- 
waschen, im  Piatintigel  feucht  verbrannt, 
endlich  geglüht  und  als  SiOa  gewogen. 

I  Gewichtsteil  SiO,  entspricht  2.033 
Gewichtsteilen  Na,SiO„ 

oder  L7ö7  Gewichtsteilen  Na,COs. 

5)  S  c  h  w  e  Te  1  n  a  t  r  i  u  m  =  Na.,  S.  In 
10O  cem  der  Flüssigkeit  (5  g  Substanz) 
wird  das  Schwelelnatrium  durch'  Titriren 
mit  ammoniakalischer  Silberlösung,**) 
welche  pro  cem  0.005  Na8S  anzeigt,  be- 
stimmt. Man  erhitzt  die  Losung  zum 
Sieden,  setzt  Ammoniak  zu  und  tröpfelt 
die  Silbprlosunr  aus  einer  in  Vio  com  ge- 

*i  In  <  1  i  •  -  -  >  ■  1 1 »  Filtntt  rnil  Wn-.liw  ':n*ent  )>e- 
slunint  nun  ilas  Sulfat  XiigSlI^,  (siehe  liest  im- 
iiimii.'  7). 

'  l  J:-S,:t tö  »  |-'.-!iim1I..t  in  reiner  Salpeter- 
-Ii  "ii->  -  -i.    weplni    mit    'JöO  ei'in    A  Iii i ii i > ri i .i k- 

lliis-i-.-keit  v.t-  i/t  ihm!  .«»!»'  1  I  verdünnt.  .lede* 
eeiu  hiervon  /r\%t  0.005  XiijS  an. 


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K.  KIHCHNEH.    DAS  PAP1EK.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


103 


teilten  Bürette  zu.  so  lange,  bis  kei'i  neuer 
schwarzer  Niederschlag  von  Ag.^S  mehr 
entsteht  Um  dies  genauer  beobachten  zu 
können,  liltrirt  man  tiefen  das  Ende  der 
Operation  und  titrirt  das  Filtrat  weiter; 
dies  wird  nach  Bedarf  öfters  wiederholt. 
Jeder  ccm  der  Silberlösung  zeigt  auf  1  g 

.Substanz  -^2^'--  —  0,001  g  Na2S  an. 

1  Gewichtsteil  Na,S  entspricht  1.028 
Gewichtsteilen  NaÜH  und  1,3.")«  Gewichts- 
teilen  Na., Cüs. 

6)  S  c  h  w  e  f  1  i  g  s  a  u  r  e  s  Natron  = 
Na._,S0-s.  Man  säuert  100  com  Flüssig- 
keit (=  5  g  Substanz)  mit  Essigsäure  an, 
setzt  Stärkclösung  zu  und  titrirt  mit  Ein- 
zehntel-Jodlösung*)  bis  Blau.    Jeder  cc  h 

fodlösung  zeigt  -°^63   oler  0,00126  g  in 

1  g  der  Substanz.  Hiervon  muss  man 
allerdings  den  Betrag  von  5)  abziehen. 

I  Gewichtsteil  Na,S  entspricht  1,615 
NaaS08. 

7)  Schwelelsaures  Natron  = 
Na2S04.  Das  Filtrat  des  SiO,  (Bestim- 
mung 4)  (=  1  g  Substanz)  säuert  man 
mit  Salzsäure  an.  bringt  die  Flüssigkeit 
/.um  Kochen,  versetzt  mit  Chlorbarium, 
[iitrirt.  wäscht  mit  heissem  Wasser,  ver- 
brennt den  feuchten  Filter  im  IMatintiogel 
und  glüht  den  Niederschlag  von  BaS04. 
Jeder  Gewiehtsteil  BaSÜ4  entspricht  0.0091 
Oewichtsteilen  Na2S()4. 

/.ur  vollständigen  Analyse  einer  Sulfat- 
schmelze  würden  noch  folgende  Bestim- 
mungen kommen: 

S)  Chlornatrium  =  NaCI.  Man 
neutralisirt  20  ccm.  der  Flüssigkeit  (=  1  g 
Substanz)  mit  genau  soviel  ccm  Normal- 
Salpetersäure,  als  man  für  Untersuchung  2 
Normalsalzsäure  gebraucht  hat  ;  dann  ver- 
setzt man  mit  reinem  gelbem  Kalium- 
chromat  KaCr04  und  titrirt  mit  Zehntel- 


"i  In  rincQ  Lit<rkoll.,Ti  füllt  man  ein«'  /kvi- 
Ui-'n  k..n/,-ntfiri'?  .lo.lknlium-  (1"»  1H  »»  l.r.Mini;, 
'.viif?  1-J.7  unmijlilimirtt's  .Iml.  scliüli'i  «Iii-*  in 
•Ifu  I.HtrkolIx  n,  vin-sohli>-4  ik'ii-i.  1  l»i>.  »i-hürn-lt 
in-  zur  volWtiimlit-'on  l.i".sun<r  und  venliim.t  Iiis 
<nr  Mark.',       h;*f  man  '/w-.I.- Lösung. 


;  Silherlösung.  Jedes  ccm  der  letzteren 
1  zeigt  0,005-$  NaCI 

9)  Eisen  =  Fe.  Man  neutralisirt 
100  ccm  der  Lösung  (=  5  g  Substanz) 

i  mit   eisenfreier   Schwefelsäure ,  reduzirt 
durch   cisenfreies  Zink    und   titrirt  mit 
•  Zwanzigstel-Chamäleonlösung,  wovon  jedes 

0  CK)4,8 

ccm  aur  1  g  Substanz  =  0.0005t}  g 

Eisen  anzeigt. 

10)  Kalk,  als  CaO  (nach  S.  99  ad  5). 
11;  Magnesia  MgO  (S.  90  ad  0). 

12)  Thonerde  AI..U3  (S.  99  ad  7). 

13)  Feuchtigkeit  (S.  99  ad  «)).*)  ' 

Für  Analysen  der  Sulfatschmelzen 
im  laufenden  Betriebe  genügt  es.  die  vor- 
stehenden Untersuchungen  l  bis  7,  jedoch 
excl.  0  durchzuführen. 

Beispiel  der  Analyse  einer  Sulfat- 
schmelze  nach  1  bis  7. 

In  einem  Gramm  Substanz  seien  ge- 
funden : 

1)  Unlösliches:  trocken  =  39.5  mg, 
geglüht  158,30  mg;  also  1.30  mg  Kohle. 

2)  Gesamtalkali:  890,30  mg  als 
Na.jCOj  berechnet. 

3)  Aetznatron  60  mg  Na  OH,  ent- 
sprechend 79,55  mg  Na.2COa. 

4)  Kieselsaures  tfatron:  00  mg 
Na.2Si()8.  entsprechend  52,15  mg  Na,COa. 

5)  Schwefelnatrium:  302,50  mg 
NaaS.  entsprechend  411,10  mg  Na  .CO,. 

l»)  Schwefligsaures  Natron:  509,05 
mg  Na.jSÜ,,  weniger  der  488,54  mg  mit 
bestimmten  302.5  mg  Na2S,  bleiben  80.51 
mg  Na2S08. 

7)  Schwefelsaures  Natron:  13,5 
|  mg  Na2S04, 

so  ergibt  sich  folgende  wirkliche  Zu- 
I  sammensetzung  der  Schmelze: 

1)  Unlösliches  =  3,95  °/o,  davon  0.13  •/„ 
Kohle, 

2)  Na.2C03  =  44.35  <7o;  nämlich  98,03  — 
(7.955  +  5,215  +  41,11)  w/o, 

3)  NaÜH  =  ü,00°/o, 

4)  Na,  Si08    0,00  °/o 

*|    Kür    l   lUiTSIU-llUllL''   '!<•!•    H:lllll(-lsr»l(lil   Slli'l  in 

an.ilo^i't-  AV.-isr  »Ii«-  \.ii-Ntcli.-n<L-!i  I ' ntci -^n<  h n tm <-ti 
1,  2,  *  (  t  nicht).  T».  I»,  7.  8,  !'  uml  Ii  .lurcli/u- 
lühivii. 


■ 


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104  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  ß.  und  C.  ZELLSTOFFE. 


5)  Na,  S      30,25  °/o 

6)  Na,  S09     8,00  „ 

7)  Na,  S04     1,35  „ 

Es  sei  hier  wiederholt  daran  erinnert, 
das»  die  in  den  Oefen  gewonnene  Schmelze 
recht  verschiedenartige  Zusammensetzung 
zeigen ,  da  einerseits  die  Salzverluste 
schwanken  und  anderseits  der  Salzersatz, 
der  Schwerelgehalt  der  Kohle  und  die  Art 
der  Ofenarbeit  Einfiuss  auf  die  Zusammen- 
setzung haben. 

Dass  es  ferner  einen  Unterschied  gibt, 
wenn  man  den  Verlust,  statt  nur  mit  Sul- 
fat, Vi  mit  Sulfat  und  Vi  mit  Soda  deckt,  ist 
selbstverständlich.  Auch  Bisulfat  (ein  Ab- 
fallprodukt der  Salpetersäure-Fabrikation) 
findet  vereinzelt  Mitverarbeitung,  und  dieses 
ändert  natürlich  auch  manches  an  dem 
Endprodukt  der  Ofenarbeit. 

Die  Schmelzen  sind  aber  auch  leicht, 
und  in  ihrer  Zusammensetzung  ungünstiger 
werdend,  an  der  Luft  veränderlich. 

Nach  Schacht  ist  die  gewonnene 
Schmelze  sehr  hygroskopisch  und 
zersetzt  sich  schnell  an  atmosphä- 
rischer Luft,  wobei  die  wertvollen 
Sulfide  verloren  gehen. 

Exakte  Versuche,  welche  Schacht  da- 
rüber anstellte,  ergaben  nachstehende  Re- 
sultate : 

4  Proben  je  10  g  Schmelzsoda  von  ein- 
und  derselben  gut  gemischten  Menge  wur- 
den abtarirt.  Zwei  Proben  davon  wurden 
in  gut  geschlossenen  Pulvergläsern  im 
Laboratorium  aufbewahrt  und  die  beiden 
andern  10  g-Proben  im  feuchten  Keller 
auf  offenem  Uhrglas  gelagert. 

Nach  48  Stunden  ergaben  die  Proben 
im  Laboratorium  noch  Gewichtskonstanz. 
Die  Kellerproben  dagegen  waren  von  10  g 

1)  auf  24,655  g  und 

2)  :,  26,500,, 

im  Gewichte  gewachsen  und  hatten  somit 
im  Mittel  an 

15,58  g  =  156  Gewichtsprozente 
Feuchtigkeit  aus  der  Atmosphäre  aufge- 
nommen. 

Die  4  Proben  wurden  weiterhin  je  in 
Wasser  gelost,  auf  200  cem  im  Maass- 


cylinder  aufgefüllt  und  ergaben  beim  Ti- 
triren : 


Probe 

Phenol 

Methyl 

Jod 

trocken 

3,8 

6,8 

2,62 

3,9 

6,9 

2,68 

feucht 

3,4 

6,5 

1,40 

3,6 

6,6 

1,36 

Die  Untersuchungsergebnisse  zeigen  in 
auffälligster  Weise,  dass  die  nutzbringenden 
Schwefelalkaliverbindungen  durch  die  Ein- 
wirkung von  feuchter  Luft  auf  die  Schmelze 
verloren  gegangen  sind. 

Ueber  die  qualitative  Arbeit  mit  dem 
Dahl  sehen  Ofen  in  der  Bauart,  wie  solcher 
vielfach  verbreitet  ist  (diesen  siehe  später) 
verdankt  Verfasser  ebenfalls  Herrn  Direktor 
Schacht  die  Mitteilung  folgender  Versuche 
und  Untersuchungen : 

Dicklauge  von  30°  Be.  kam  periodisch 
in  die  Eindampfwanne,  wurde  hier  bis  zur 
Trockne  verdampft,  dann  aus  dem  Ofen 
gezogen,  dabei  mit  Sullat  durchmischt 
und  dann  in  den  Schmelzheerd  eingetragen, 
welcher  vor  dem  Trockenheerd  lag. 

Die  Beschickung  vom  Eindampfheerd 
und  Schmelzofen  erfolgte  somit  ständig 
chargenweise. 

I.  Versuch. 
Trockenofen  gezogen. 
Schmelzheerd  voll  beschickt. 
Beginn  des  Schmelzens  der  Salze. 
1  Schmelzsodaprobe  genommen. 
2. 
3. 

Schmelzofen  leer. 
Die  Untersuchungen  der  Schmelzproben 
ergaben : 


9.30  Vm 

10.  "  „ 

IL"  „ 

11.  '° 

j  ou 

2»o 

3  "° 


Nrn. 


in  100  g  Schmelzsoda  g 

Proben 

Na, 
C0n 

Na 
OH 

Na,S 

Na, 
S04 

Rest 

1 

43.46 

3  44 

25.51 

12.00 

ÜnlöslT" 

2 

41.87 

6.72 

22.31 

11.39 

Eisen. 

3 

38.69 

7.36 

24.02 

11.08 

Kalk. 

4 

41.34 

5.28 

24.49 

11.66 

Kochsalz. 

etc. 

Von  allen  3  Proben  1,  2  und  3  gleiche 
Teile  gemischt  und  analysirt  ergaben  die 
Resultate  Probe  4. 


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£.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  ß.  und  C.  ZELLSTOFF. 


105 


11.  Versuch. 

Das  Sulfat  wurde  wieder  beim  Ziehen 
des  Ofens  zugesetzt. 

9.,s  Vm.  Trockenofen  gezogen. 
10.*  „  Schmelzheerd  gefüllt. 
10"  „  läuft  erste  Schmelze. 
11*  „    1.  Probe  Schmelzsoda  gezogen. 

1/*  Nm.  3.  „ 
1."  „    Schmelzofen  leer. 


Die  Analysen  der  Schmelzproben  er- 


Proben 

in  100  g  Schmelzs 

oda  g 

Rest 

Na, 

co5 

Na 
OH 

Na,S 

Na, 
S04 

1 

49.2 

1.7 

24.0 

11.69 

Unlösl. 

2 

47.7 

3.5 

26.9 

5.78 

Eisen. 

3 

46.1 

3.2 

20.2 

1321 

Kalk. 

4 

47.1 

3.1 

23.4 

9.86 

Kochsalz 

(Toxtfortsetsung  S.  106.) 


etc. 


X  Tabelle.    Zusammensetzung  von  Schmelzen  bei  Benutzung  des 
Sulfatverlahrens  aus  praktischen  Betrieben. 


No. 


Alkaliverlust  ersetzt 
durch 


Mitgeteilt 
durch  Herrn 


100  g  Schmelze  enthalten  in  g: 


Naa 
CO, 


Na 

i  Na, 

Na, 

Na, 

Na, 

Un- 

OH 

S 

SiO, 

so, 

so4 

lösl. 

Rest 


A.  Strohzellstoffschmelzen. 


1  ;1  25-30  kg  Sulfat 

2  |  auf  100  kg  Schmelze 


9 

in 
11 

12 
13 
14 


I  Verlustersatz  durch 
I  Vi  Ammoniaksoda, 
Vi  Sulfat 

Sulfat  ca.  25kg  Sulfat 


W.  Schacht. 


23,7kgSulfatl  auf 
110  I  ll*JK 

Sulfat 

Ii 

8  bis  10  kg  Sulfat 
auf  100  kg  Schmelze 

20  bis  22  kg  Sulfat 
auf  100  kg  Schmelze 


Dir.  N. 
1.  Holzzel 
Dr.  M.  Müller 

Staatl.  Lab. 
Malmö 

James 
Beveridge 

W.  Schacht 


'1 


33,45 

12,99123,25 

1 15,91 

25,05 

14,29 

22,00 

24,60 

45,23 

13,20 

9,25 

16,40 

40,53 

14,00 

9.25 

21,23 

61,00 

16,00 

10,26 

stoffschmelzen. 

56,60 

040 

22,60 

71,40 

0,50 

11,60 

60,27 

19,54 

3,55 

67,24 

14,45 

4,78 

80,26 

1.04 

7,15 

74,20 

1,60 

9,50 

59,42 

0.20 

14,00 

62,07 

2,20 

17,75 

68,37 

13,75 

5,67 

4,45 

7,84 

|  NaCI 

5,98 

4,81 

6,40 

Ca 

CO, 

5,23 

3,41 

7,90 

AI, 

o, 

4,10 

3,08 

7,40 

Fe, 

o. 

6,50 

2,80 

12,70 

 ** 

1,40 

9,80 

10,47 

2,47 

-t 

4,87 

6,78 

-tt 

5,36 

1,89 

6,58 

3,65 

13,31 

8,14 

8,04 

5,10 

11,40 

1,60 

•  Während  der  Bearbeitung  diesen  Abschnittes  musste  Verfasser  die  Ansicht  Anderer,  dass 
nicht  Xatriumthiosulfat  Na,Sg09,  wie  S.  81  von  ihm  angenommen,  Hundert!  schwefligsaures 
^  »tri  um  Na,S08  die  in  den  Schmelzen  und  Laufen  auftretende  Verbindung  sei,  als  richtiger 
■tum-hmen  (auch  S.  109  und  104  geschehen!). 

Fabrik  (ad  6)  setzt  viel  Sulfat  zu,  arbeitet  also  ungünstig,  Fabrik  (ad  7)  arbeitet  normal. 

f  Die  Fabrik,  deren  Schmelze  untersucht  wurde,  arbeitete  m.  W.  mit  Torf-  und  Bolz-Heizung. 

ff  .1.  Beveridge  erklärt  diese  Schmelze  als  eine  der  besten  Sulfatschmelzen. 

3.  Bogen  1900. 


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IM 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Die  4.  Probe  wurde  als  Durchschnitts- 
muster aus  den  Schmelzen  1—3  zu  gleichen 
Teilen  gemischt 

Dahl  selbst  giebt  in  seinem  österr.  Pa- 
tent vom  19.  Okt.  1884  die  ungefähre  Zu- 
sammensetzung der  Ofen-Sulfat-Schmelze 
bei  der  Holzzellstofffabrikation  an: 

50°/o  Na,  CO,,  20°/oNaOH,  10°/o  Na,S, 
lG°/o  Na,  S04. 

Welcher  Wechsel  überhaupt  je  nach 
den  verschiedenen  Umstanden  beim  Stoff- 
koch- und  Auslauge-Prozess,  sowie  beson- 
ders bei  der  Regeneration  der  Salze  in 
der  Zusammensetzung  der  Schmelze  ein- 
tritt, erkennen  wir  aus  Tabelle  X  S.  105. 

Kaustische  Alkalität  18,55 
Kohlensaure  Alkalität  71,46 
Gesamt-Alkalität 

Richtiger  ist  in 


90,01 

Falle  zu  sagen 
statt  kaustische  Alkalität:  Der  Gehalt  an 
Na  OH,  Na,  S  und  Na,  SO,  ;  statt  kohlen- 
saurer Alkalität:  Der  Gehalt  an  Na,  CO, 
und  Na,  SiO,. 

Die  Zahlen  der  hier  mitgeteilten  Alkali- 
täten sind  8ämmtlich  auf  Na,  CO,  be- 
rechnet. 

Seite  104  war  bereits  von  Herrn 
Direktor  W.  Schacht  -  Coswig  auf  die 
schnellen  Veränderungen  in  der  Zusam- 
mensetzung der  Schmelzsoda  hingewiesen, 
wenn  dieselben  feucht  werden.  Schon  vor 
Jahren  hat  Schacht  an  anderer  Stelle* 
betont,  dass  man  geschmolzene  Sulfat- 
schmelze nicht  lange  lagern  dürfe  und 
gab  als  Erkennungszeichen  für  grossen  Ge- 
halt an  Schwefelnatrium  die  frische  rote 
Färbung  an. 

Aus  einem  Dahl'schen  Ofen  einer  Stroh- 
stofffabrik entnahm  Schacht  (1889)  mit 
lh  Stunde  Zeitunterschied  zwei  Proben; 
die  erste  erwies  sich  nach  dem  Erkalten 
rot,  die  zweite  gelb.  Es  wurden  von 
beiden  gleich  nach  dem  Erkalten  und  eben- 
so nach  8  Tagen  Lagerzeit  die  Proben 
untersucht  ;  es  ergaben  sich  die  folgenden 
Zusammensetzungen : 

*  HuDtllmcli  <ler  Pupit'rfaliriksition  von  (.'arl 
Hr.fmann,  II.  Aull.  S.  11202. 


Bei  Vergleichung  der  vorstehenden 
Tabelle  und  früherer  Analysen  muss  be- 
rücksichtigt werden,  ob  Na  OH,  Na,  Si  0, 
und  Na,  SO,  jedes  für  sich  bestimmt  wur- 
den ;  geschah  dies  nicht,  so  sind  Na  OH 
und  Na,  Si  0,  in  der  Grammzahl  des  Na,- 
CO, ;  Na,  SO,  in  der  Grammzahl  des  Na,  S 
enthalten.  (Man  vergl.  S.  103  unten  und 
S.  104  oben.) 

Als  weiteren  Beweis  des  aus  dem  Vor- 
gesagten deutlich  erkenntlichen  Wechsels 
in  der  Zusammensetzung  der  erhaltenen 
Sulfatschmelzen  giebt  Herr  Direktor  N. 
ausser  der  Tabelle  X  No.  5  angeführten 
Analyse  einer  grösseren  Durchschnittsprobe 
noch  3  Analysen: 

34,45  o/o  12,98  Ä/o 

54,30  „  56,32  „ 

°/o  88,75  °/o  69,30  °"/o. 

Analysen  geschmolzener  Sulfat* 
soda  aus  dem  Dahl'schen  Ofen 
einer  Strohstoff-Fabrik  mit  l/t  Stunde 
Zeitunterschied  entnommen,  frisch,  sowie 
8  Tage  gelagert. 


•/o 


Bestandteile 

Rote 
Schmelze 

Gelbe 
Schmelze 

frisch 

ge- 
lagert 

frisch 

ge- 
lagert 

Na,  CO, 

59.70 

48,86 

j  68,62 

51,78 

Na,S 

15.09 

0,24 

3,18 

0,64 

Na,  SO, 

0,41 

4,63 

0,53 

4,00 

Na,  S04 

15,78 

10,97 

17,87 

11,12 

Unlösliches 

3,43 

1,66 

4,15 

1,86 

Wasser 

30,11 

23,72 

Man  sieht,  die  rote  Schmelze  ist  eine 
Schwefel natrium-reiche ,  die  gelbe  eine 
Schwefelnatrium-arme. 

Die  Schwefelnatrium- armen  Schmelzen 
entstehen  leicht  durch  zu  grosse  Hitze  des 
Schmelzofens,  bei  zu  grossem  Luftüber- 
schuss  und  zu  langem  Verweilen  indem  Ofen, 
wobei  das  Schwefelnatrium  in  höher  oxy- 
dirte  Natriumverbindungen  (Na,  SO,,  resp. 
Na,  S04)  umgesetzt  wird,  sich  auch  zum  Teil 
verflüchtigt  und  in  den  Oefen,  Feuerzügen 
und  im  Schornstein  mit  der  Flugasche  als 
Na,  S04  absetzt. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   DL  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


107 


Der  noch  flüchtige  Teil  des  Schwefelnatriums 
giebt  beim  Entweichen  aus  dem  Schorn- 
stein mit  Wasserdampf  und  Kohlensäure 
besonders  bei  Eintritt  in  feuchte  Luft  zu 
folgender  Umsetzung  Veranlassung: 

Na,S  +  CO,  +  H20  =<Na,CO,  + 
H4  S ;  es  bildet  sich  also  Schwefelwasser- 
stoff, doch  ist  derselbe  in  seiner  Geruchs- 
intensität zurücktretend  gegen  die  von 
Herrn  Direktor  Schacht  S.  98  linke  Spalte 
oben  erwähnten  Gerüche  anderer  sich 
bildender  organischer  Schwefelverbind- 
ungen,  und  es  ist  Aufgabe  des  Fabrikanten, 
die  Bildung  von  Schwefelwasserstoff  und 
der  von  Schacht  erwähnten  Schwefelver- 
bindungen im  Laufe  der  Fabrikation  nach 
Möglichkeit  zu  vermeiden,  zu  verringern 
oder  ganz  zu  beseitigen. 

Die  Flugaschen  einer  Ofenanlage  mit 
Flammrohr- Verdampfkessel  wurden  ferner 
von  Herrn  Schacht  untersucht  und  ergaben : 

I.  Die  Ablagerungen  im  Flammrohr 
enthielten : 

II,  25  °/o  in  Wasser  Unlösliches,  83,59  •/• 
Na9S04,  1,23  °/o  Na2C0„  sowie  geringe 
Mengen  phosphorsaures  Natrium  und  Na- 
triumchlorid. 

IL  Die  Ablagerungen  in  den  letzten 
Zügen  der  Anlage  enthielten: 

30,04  •/•  in  Wasser  Unlösliches,  63,85  °/o 
Na2S04,  Na»COa  fehlte  gänzlich. 

Herr  Direktor  N.  gibt  die  Untersuch- 
ung der  Ablagerungen  auf   den  Rohren 
eines  Wasserrohrkessels,  der  mit  Abgasen 
eines   Calcinirherdes  unter  Zusatz  von 
frischem  Generatorgas  geheizt  wurde,  wäh- 
rend des  Betriebes  entnommen: 
91,52  °/o  NaaS04 
2,34  „  Na2  C08 
Rest  nicht  bestimmt. 

Bei  ganz  modernen  Anlagen,  wo  nach 
Schacht  der  Verdampfofen  ganz  fehlt  und 
die  Lauge  als  Pech  von  den  Verdampfern 
in  den  Schmelzofen  kommt,  ergeben  die 
Flügsalze  in  den  ersten  Teilen  der  Ofen- 
kesselzüge vorwiegend  schwefelsaures  Na- 
tron, während  die  hinteren  Kesselzüge  die 
leichtesten  Flugsalze  aufweisen,  welche 
vornehmlich  kohlensaures  Natron  enthalten. 


Herstellung  der  frischen  Koch- 
laugen aus  Schmelze,  Rohsulfat, 
Soda  und  Kalk. 

Die  Gewinnung  frischer  Kochlaugen  beim 
Sulfatverfahren  ist  mit  gleichen  Apparaten 
und  in  ganz  analoger  Weise  wie  S.  88/89 
für  Herstellung  von  Aetznatronlaugen  kurz 
erwähnt,  durchzuführen,  doch  handelt  es 
sich  hier  um  Kaustizirung  geringerer  Mengen 
Na2  CO,,  also  um  Anwendung  entsprechend 
geringerer  Mengen  Aetzkalk. 

Ueber  Aetzkalk  selbst  ist  ebenfalls  vorn, 
S.  88/89  sowie  das  S.  78/80  dieses  Ab- 
schnittes und  endlich  das  im  Teile  II.  A. 
dieses  Werkes  S.  141/42  Gesagte  zu  stu- 
diren. 

Ist  der  Ersatz  an  Salzverlusten  (während 
der  Fabrikation)  durch  Rohsulfat  im  Ofen 
erfolgt,  so  wird  nur  die  gewonnene  Schmelze 
gelöst.  In  neueren  Anlagen  lässt  man 
dabei  die  feuerflüssige  Ofenschmelze 
direkt  in  die  Löser  laufen,  was  aber  be- 
sonders bei  der  Strohstoff-Fabrikation  zu 
mancherlei  Schwierigkeiten  Anlass  geben 
soll. 

Anderenfalls  kann  ein  Teil  des  Ver- 
lustes als  Rohsulfat  oder  als  Bisulfat  oder 
als  Handelssoda  mit  der  Schmelze  zusam- 
men gelöst  werden. 

Die  erkaltete,  harte  Schmelze  wird  für 
diese  Lösung  grob  zerschlagen,  abgewogen 
und  in  einem  schmiedeeisernen  Gefäss  mit 
Rührwerk,  oder  besser  in  einer  aus  ge- 
lochtem Blech  gefertigten  Lösetrommel, 
welche  in  das  Gefäss  eingesetzt  ist,  mit 
kaltem  oder  warmem  Wasser,  oder  Wasch- 
wässern vom  Kaustizirungsschlamm  (Ab- 
wässerungen)  zusammengebracht  und  gelöst. 

Die  erhaltene  trübe  Lösung  wird  in  ein 
schmiedeeisernes  Kaustizirgefäss  abge- 
lassen oder  hinübergepumpt,  und  mit 
Dampf  zum  Kochen  erhitzt. 

Je  nach  dem  Gehalt  an  Silikaten  und 
Karbonaten  werden  auf  100  kg  Schmelze, 
resp.  Schmelze  und  Salze  20—50  kg  Aetz- 
kalk zugesetzt,  dann  das  Gemisch  gekocht 
und  nach 'dem  Erkalten  dekantirt.  Um  die 
letzten  noch  schwebenden  Schlammteilchen 
der  fast  klaren  Lauge  zu  entfernen  wird 
diese  zur  Sicherheit  auf  SandfiUern  geklärt. 


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108 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Von  den  Schlammrückst änden  werden 
dann  mehrere  Aufkochungen  (Abwässe- 
rungen)  gemacht  und  diese  durch  Kreis- 
lauf für  Herstellung  der  starken  Laugen 
mitverwendet. 

Die  Rückstände  müssen  dann  in  ra- 
tionell geleiteten  Fabriken  auf  etwaigen 
Alkaligehalt  regelmässig  untersucht  werden. 
(Analysengang  s.  S.  111  folgend.) 

Nach  Mitteilungen  einiger  Fabrikanten 
nimmt  Strohstoff- Fabrik  A  auf 
50,6  kg  Schmelze  8,14  kg  Soda,  19,8  kg 
Rohsulfat,  25,4  kg  Kalk,  d.  h.  auf  100  kg 
dieser  Salze  32,34  kg  gebrannten  Kalk ; 
Strohstoff-Fabrik  B  auf  68,4  kg 
Schmelze  7,7  kg  Soda,  11,9  kg  Roh- 
suirat,  29,7  kg  Kalk,  d.  h.  auf  100  kg 
dieser  Salze  33,75  kg  gebrannten  Kalk; 
Holzzellstofffabrik  C  auf  120  kg 
Schmelze  und  16l/t  kg  durchschnittlich 
Sulfatzusatz,  40  kg  Kalk,  d.  h.  auf  100  kg 
Salze  29,3  kg  gebrannten  Kalk. 

Nach  anderen  Betriebserfahrungen  wer- 
den zur  Gewinnung  von  100  kg  tr.  ged. 
Holzzellstoff  etwa  120  kg  Schmelze, 
13'/»  bis  30  kg  Sulfat,  40  bis  45  kg  ge- 
brannter Kalk;  für  ebensoviel  Strohzell- 
stoff etwa  70  bis  80  kg  Schmelze,  20  bis 
40  kg  Sulfat,  25  bis  40  kg  gebrannter  Kalk 
aufgewendet. 

Vergleicht  man  diese  Zahlen  mit  denen 
S.  91  r.  Sp.  Mitte,  so  wendet  man  hier  bei 
Gewinnung  von  Holzzellstoff  etwa  das  gleiche 
Gewicht  an  Natronsalzen,  aber  weniger 
Kalk,  bei  der  Strohstofferzeugung  aber 
wesentlich  mehr  an  Natronsalzen  und  nur 
ein  Geringes  an  Kalk  weniger  auf  als  beim 
Natronverfahren. 

Der  niederere  Preis  des  Sulfats  (gegen 
Soda),  die  grössere  Ausbeute  an  Stoff, 
dessen  höhere  Festigkeit  und  leichtere 
Bleichfähigkeit  ergeben,  dass  man  nach 
dem  Sulfatverfahren  wesentlich  günstiger 
arbeitet,  als  nach  dem  älteren  Natron- 
verfahren 

Ein  nicht  zu  unterschätzender  Vorteil, 
den  das  Sulfatverfahren  mit  sich  bringt,  ist 
noch  die  Verringerung  des  Kalkschlammes, 
der  zwar  wertvoll  für  viele  Böden  der 
Landwirtschaft,  aber  bei  dem  Widerwillen 


vieler  Landwirte  gegen  alles  Neue  in  eini- 
gen Gegenden  Deutschlands  schwer  absetz- 
bar ist. 

Düngungsversuche,  die  in  grösserem 
Massstabe  auf  sehr  kalkarmem,  lehmigem 
Boden  des  Erzgebirges  mit  Kaustizir- 
schlamm  vorgenommen  wurden,  halten  die 
besten  Erfolge.  Der  feuchte  Schlamm  war 
während  des  Winters  auf  dem  Acker  grob 
verteilt  und  im  Frühjahr  mit  der  Egge  aus- 
gebreitet worden.  Die  mit  dem  Schlamm 
gedüngte  Stelle  zeichnete  sich  scharf  durch 
ihr  kräftiges  Aussehen  der  Pflanzen  vor 
dem  anderen  Teile  ab.  Auch  auf  saueren 
Wiesen  Hess  sich  die  Wirkung  des  Kalk- 
schlammes schon  mit  dem  Auge  konsta- 
tiren.  Leider  waren  auch  hier  nur  wenige 
Landwirte  zu  bewegen,  den  Schlamm  zu 
verwenden,  obwohl  die  meisten  bedeutende 
Summen  für  das  „Kalken"  ihrer  Felder 
ausgaben. 

Hier  sei  im  Gegensatz  zu  der  S.  93 
1.  Sp.  oben  gemachten  Angabe  über  Kalk- 
schlamm eines  früheren  Holzzellstoffbetrie- 
bes (Natronverfahren)  die  Angabe  des 
Herrn  Direktor  Dr.  M.  Müller -Altdamm 
über  die  Zusammensetzung  des  Kalk- 
schlammes aus  einer  Fabrik  mit  Sulfat- 
verwendung nach  3  bis  6monatlicher  Ab- 
lagerung auf  der  Halde  gegeben : 

70,1  pCt.  Ca  CO, 
2,0   „    Ca  SO  4 

Spur  CaS 

8,3  pCt.  Ca  (OH)a 

Rest  Wasser 
Von  einer  unlöslichen  Natronverbindung 
ist  hiernach  nicht  mehr  die  Rede. 

Die  Untersuchung  der  erhaltenen 
Frischlaugen 

auf  ihre  gelösten  Bestandteile  geschieht  in 
derselben  Weise  wie  S.  99  und  S.  102/4 
für  Schmelze  angegeben  ist.  Der  Einlachheit 
wegen  giebt  man  nicht  Gewichtsprozente 
an,  sondern  berechnet  auf  Grund  der  ti- 
trimetrischen  und  Gewichtsbestimmungen 
die  Anzahl  Gramme  jeder  Verbindung  im 
Liter  Frischlauge. 

Die  U  ntersuchung  der  Laugen  wird  nach 
Lunge  wesentlich  vereinfacht ,  wenn  man 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


109 


zur  Bestimmung  der  kaustischen  Alkalität 
anstatt  Normal-Oxalsäure,  die  ja  bekannt- 
lich wenig  haltbar  ist,  Normal-Salzsäure 
anwendet. 

Es  ist  durchaus  anzuempfehlen,  einen 
Schluss  für  die  Wirksamkeit  der  Lauge 
auf  Grund  der  Spindelung  (Grade  Beaume 
oder  spezifisches  Gewicht)  im  praktischen 
Betriebe  nicht  zu  machen,  da  dieselbe 
keinen  sicheren  Schluss  auf  die  Mengen 
wirksamer  Bestandteile  in  der  Lauge  zu- 
lässt,  sondern  wegen  der  sehr  wechselnden 
Zusammensetzung  derselben  zu  grossen 
Täuschungen  Anlass  geben  kann. 


Für  die  Erzielung  gleichmässiger  Koch- 
ungen ist  es  unbedingt  nötig,  von  jeder 
Kaustizirung  durch  Titration  das  wirksame 
Alkali  zu  bestimmen  und  nach  diesem  Be- 
fund die  nötige  Menge  zuzuteilen. 

Für  den  laufenden  Betrieb  genügt  es, 
die  wirksamen  Bestandteile  der  Lauge, 
nämlich  Na,COs.  Na  OH  und  Na,  S  fest- 
zustellen. 

Die  Tabelle  XI  zeigt,  dass  die  N  a  t  r  o  n  - 
laugen  beim  Sullatverfahren  eine  wesent- 
lich andere  Zusammensetzung  zeigen,  als 
die  aus  Sodaasche,  oder  Sodaschmelze  und 
Soda  beim  Natronverfahren  (vergl.  S.  91 


XI.  Tabelle  einiger  Frischlaugenuntersuchungen  (Sulfatverfahren). 


Mitgeteilt  von 
Herrn 


1  Liter  Lauge  15  0  C.  Temp. 
enthält  g: 


Na, 

CO, 


1  Na 

Na,  j 

1  OH 

s  1 

Na,, 

so; 


N«, 
S04 


Bemerkungen 


A.  Strohzellstofflaugen. 


1 

2 
2 


VV.  Schacht 


19,01 
22,79 
16,43 


61,40|26.72 
62,6^28,07 
64,00  32,37 


B.  Holzzellstofflaugen. 


70 

30 

32 

81 

19 

30 

90 

10 

30 

Dr. 


Dahl 

M.  Müller 


W.  Schacht 


4 

5 
6 
7 

8 

9 

L  Sp.  unten  und  r.  Sp.  oben,  ferner  S.  94 
1.  Sp.  Mitte);  der  geringere  Gehalt  an  Aetz- 
oatron  und  der  hohe  Gehalt  an  Schwefel- 
natrium erklären  die  mildere  und  vorteil- 
haftere Einwirkung  der  ersteren  auf  das 
Rohmaterial  und  die  Gewinnung  von  mehr 
und  besserem  Stoff. 

Ferner  lässt  die  Tabelle  erkennen,  wie 
verschieden  sich  die  Bestandteile  der 
Frischlaugen  zusammensetzen. 


8.00 
39,00 
24,<K) 
36,00 

45,05 

36,04 


24,00 
63,00 
45.00 
80,60 

77,80 


28.00 
46,00 
13.00 
13.50 


11,25 
87,80  10,25 


—  37,00 
8,00  36,(X) 
2.00'  14.00 
7,25j  15,10 

8,19  12,18 

6,30(  12,67 


Oest.  P.  1884 

ungünstig 

günstig 
dunkelgoldgelb 

17,8°  B. 
dunkelbraun ; 

18,5°  B. 


Herr  Direktor  N.  bestimmt  in  seinen 
Strohzellstoff-Frischlaugen  abweichend  hier- 
von die  kaustische  und  die  kohlensaure 
Alkalität,  alles  ausgedrückt  in  g  Na,  COa 
im  Liter,  wje  dies  in  der  Sodafabrikation 
üblich  ist. 

In  der  Bestimmung  des  kaustischen 
Alkalis  sind  10  bis  18  g  Schwefelnatrium 
im  Liter  mit  enthalten.  Alle  Zahlen  sind 
auf  Na ,  COs -Gehalt  umgerechnet. 


Kohlensaures  Alkali 
Kaustisches  Alkali 

30,7 
64,7 

22  20 
68,90 

9,08 
81,55 

11.20 

69.89 

8.13 
69.78 

1    5,30  g 
69,43  g 

Gesamtalkali 

95,4 

91,16 

90,63 

81,09  | 

TT  0 1 

1   74,73  g 

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110 


E.  KIHCHNEK.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Die  zwei  ersten  Laugen  sind  ungenügend 
kaust  izirt. 

Veränderlichkeit  frischer  Koch- 
laugen (Sulfatverfahren).  Aehnlich  wie 
nach  Schacht  (S.  90)  mit  Aetznatronlaugen 
durch  Stehen  im  offenen  Gefässe  Verände- 
rungen in  der  Zusammensetzung  vor  sich 
gehen,  so  geschieht  es  auch  hier  mit  den 
Laugen,  die  mit  Hilfe  des  Sulfatverrahrens 
gewonnen  sind. 

Die  hergestellten  Laugen  sollten  daher, 
wie  es  ja  auch  in  der  Hegel  geschieht, 
frisch  verwendet  und  jedenlalls  erst  kurz 
vor  der  Verwendung  analysirt  werden. 

Selbstverständlich  geht  beim  Abkühlen 
von  Frischlaugen  eine  sehr  ähnliche  Ver- 


änderung der  Grade  Baume  oder  des  spe- 
cifischen  Gewichtes  vor  sich,  wie  in  Tabelle 
VIII  S.  100  für  Strohzellstoffabiaugen  ver- 
zeichnet wurde. 

Gewicht  und  Volumen  einer  Frisch- 
lauge von  90  bis  20°  C.  nach  Schacht: 


Grade  C. 

Grade 
Baume 

spez. 
Gewicht 

ccm 
Volumen 

90 

9,5 

1,071 

1000, 

80 

10.0 

1,078 

991,7 

70  . 

10,3 

1,083 

986,0 

60 

11,7 

1,087 

980,7 

50 

12,6 

1,094 

975,5 

40 

13,0 

1,100 

970,8 

30 

13,5 

1,104 

966,2 

20 

14,0 

1,107 

961,6 

Analysen  der  Frischlaugen  nach  Schacht. 


In  Liter  Gramm-Gehalt  an:            Na2  CO, 

Na  OH 

Na„S 

0  B. 

34,9 
33,9 

80,6 
77,2 

8,8 
8,2 

1  14 

9,6 

1,0 

3,4 

0,6  4,5 

Differenz  in  Prozent,  der  Gehalte  bei  90°  |  2,95 

4,41 

7,32    1  - 

Nach  dieser  Untersuchung  findet  bei  der 
Abkühlung  nicht  nur  die  selbstverständ- 
liche Kontraktion  der  Lauge,  sondern  auch 


eine  Verschiebung  im  Gehalte  der  ver- 
schiedenen chemischen  Verbindungen  in 
der  Lauge  statt. 


Nachtrag. 

(Gehört  nach  S.  94,  vor  das  Sulfatverfahren.) 


Herr  Direktor  N.  sendet  mir  eine  Reihe 
Betriebsanalysen,  die  zur  Kontrolle  der 
Kaustizität  etc.  in  einer  Strohstofffabrik 

»      1.  Frisc 
Gesamt- Alkali  96,98     98,16  94,92 

Kaustisches  Alkali    87,45     80.88  85,15 


Kohlensaures  Alkali  9,53     17,28  9.77 

Diese  Laugen  enthielten  ausser  4 — 5  g 
NaaS04  noch  0,05  bis  0,2  g  Naa  S  und 
ungefähr  0,5  g  Si  0a. 

2.  Grössere  Durchschnittsprobe 
aus  gebrannter  Asche. 
Gesamt-Alkali         73,14  pCt.  Naa  C08, 


regelmässig  ausgelührt  werden.  Man  ar- 
beitet nach  dem  Soda-  oder  Natron- 
verfahren. 

hlaugen. 

92,75    86,07  84.80  g  Naa  CO,  im  Liter 

85.33     81,62  75,26  „  ., 
7,42      4,45      9754  „   „  „  „ 

davon  kaust  Alkali   6,89  pCt. 

(darunter  0,08  pCt.  Naa  S),  ferner 
schwefelsaures  Alkali  4,29  pCt. 
Kieselsäure  2,74  „ 

Rest  nicht  bestimmt. 
I 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


III 


3.  Kalkschlamm  vom  Kausti-  ■ 
zi reo.  Mit  Vacuumfilter  ausgewaschen. 

a.  Feucht: 
Wasser  70,09  pCt. 
Ca  CO,  22,20  „ 
Ca  (OH),  3,20,, 

Gesamt-AJkali  0,57  pCt.  als  Na,  CO,  be- 
rechnet 
Rest:  Unlösliches.  Kohle  etc. 

b.  Feucht: 

Wasser  68,09  pCt. 

Ca  CO,  22,19  „ 

Ca  (OH),  3,06  „ 

Gesamt-Alkali         0,60  „ 

(als  Na,  CO,  berechnet) 
Fe,  0,  und  AI,  0,   0,52  „ 
SiO,  3,00  „ 

Phosphorsäure         0,08  „ 
Rest:  nicht  bestimmt. 

c.  Trocken  (43  pCt.  Feuchtigkeit).  Die 
getrocknete  Probe  enthielt: 

80,20  pCt.  Ca  CO, 

3,07   „   Na,  CO, 

1,75   „   Fe,  0,  und  AI2  0, 

8,60  „  Unlösliches 

7,04   „   Wasser  und  Glührückstand. 

Bei  der  letzten  Analyse  c  tritt  wieder 
der  Natronverlust  deutlich  hervor. 

Da  durch  schlechtes  Auswaschen  des 
Kaustizirschlammes  grosse  Alkali-Verluste 
entstehen  können,  so  ist  eine  regelmässige 
Untersuchung  der  Kalkrückstände 
unbedingt  erforderlich. 

Diese  geschieht  nach  Lunge: 

a)  Kaustisches  und  kohlensaures 
Natron.  Man  dampft  (zur  Zersetzung 
der  unlöslichen  Natronverbindungen)  mit 
Zusatz  von  kohlensaurem  AmmonzurTrock- 
nis  ein,  wiederholt  dies  noch  einmal,  dige- 
rirt  mit  heissem  Wasser,  filtrirt,  wäscht 
und  bestimmt  den  alkalimetrischen  Titer 
des  Filtrats.  Das  Natron  kann  ursprüng- 
lich teils  als  Na  OH,  teils  als  Na,  CO,  vor- 
banden gewesen  sein  und  wird  am  besten 
als  Na,0  (0,031  per  ccm  Normalsäure)  aus- 
gedrückt. 

b)  A  e  t  z  k  a  1  k.  Man  titrirt  mit  Normal- 
oxalsäure (s.  vorn  S.  78).  Von  dem  Re- 
sultate muss  man  noch  den  in  a)  gefunde- 
nen Betrag    abziehen,    soweit  derselbe 


NaOH  bedeutet  ;  man  wird  keinen  merk- 
lichen Fehler  begehen,  wenn  man  dafür  die 
Hälfte  des  Betrages  a)  ansetzt. 

c)  Kohlensaurer  Kalk.  Man  titrirt 
mit  Normalsalzsäure  und  Methylorange,  von 
der  gefundenen  ccm-Zahl  hat  man  die  den  Be- 
stimmungen a)  und  b)  entsprechende  Menge 
abzuziehen;  der  Rest  verbleibt  für  CaCO,, 

Die  Frage,  ob  es  für  eine  Fabrikanlage 
vorteilhafter  sei,  Aetznatron  oder  Han- 
delssoda zu  benutzen,  ist  unter  allen 
Umständen  zu  Gunsten  letzterer  zu  beant- 
worten, sobald  es  sich  um  Verarbeitung 
von  grösseren  Posten,  wie  es  bei  unserer 
heutigen  Zellstofffabrikation  stets  der  Fall 
ist,  handelt  und  dies  umsomehr,  wenn, 
wie  es  die  Rentabilitätsfrage  einer  Natron- 
zellstoff-Anlage heute  gebieterisch  ver- 
langt, eine  Wiedergewinnung  der  Natron- 
salze durchgeführt  wird. 

Es  liegt  dies  in  den  Marktpreisen  des 
Aetznatrons  und  der  Handelssoda,  die 
zwar  in  gewissen  Grenzen  wechseln,  sich 
aber  seit  Jahrzehnten  ähnlich  wie  heute 
verhalten : 

100  kg  (98/100°)  Ammoniaksoda  10  M. 
100  kg  (120/124°)  Aetznatron       ~~  21,5M. 

Vergleichen  wir  beide  Handelswaren 
nach  dem  Na,  0  -  Gehalt,  so  entsprechen 
123,23  kg  (99°)  Soda  100  kg  Aetznatron, 
oder  für  12,32  M.  Ammoniksoda  enthält 
soviel  wirksames  Na,  0  wie  für  21,50  M. 
Aetznatron. 

Um  100  kg  Ammoniaksoda  in  kaustische 
Lauge  zu  verwandeln,  hat  man  nun  nach 
Betriebserfahrungen  00  kg  gebrannten  Kalk 
aufzuwenden,  ferner  hat  man  zu  rechnen, 
dass  bei  guten  Einrichtungen  und  zweck- 
mässiger Arbeit  etwa  1,5  kg  Soda  am 
Kalkschlamm  hängen,  und  dass  etwa 
8  pCt.  <n>  9,27  kg  unkaustisch  bleiben. 
Endlich  hat  man  für  Kraft  des  Rühr- 
werks, für  Dampf  zum  Kochen,  für 
Werkzeuge,  Abschreibungen  und  Löhne, 
also  als  Regie  nach  Betriebsergebnissen 
mittlerer  Anlagen  1  M.  auf  100  kg  Soda 
zuzuschlagen,  während  bei  Verwendung 
von  Aetznatron  5  pCt.  Verlust  und  nur 
etwa  10  Pfg.  Regie  zu  rechnen  sind,  so  dass 
wir  folgende  Vergleichsrechnung  erhalten: 


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112  E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III.  ß.  und  C.  ZELLSTOFF. 


105  kg  Aetznatron  ä  21,5  M.  =  22,58  M. 

Regie  =  — ,10  „ 

Gesamtkosten      22.08  M. 


134  kg  Ammoniaksoda  älOM.  =  13,40  „ 

80  kg  gebr.  Kalk  ä  3,2  M.    .  =  2,56  „ 

Regie  =  1.35 

Gesamtkosten  17,30  M. 


Man  ersiebt  hieraus,  dass  bei  gleichem 
Effekt  durch  Anwendung  von  134  kg 
Ammoniaksoda  statt  105  kg  Aetznatron 
5  M.  27  Pfg.  erspart  werden. 

Diese  Ersparnis  ist  aber  unter  allen 
Umständen  mitzunehmen. 


Das  Sulfitverfahren. 

Das  von  Tilghman  aufgestellte  Grund- 
prinzip, die  Pilanzenkörper  durch  Anwend- 
ung einer  wässerigen  Lösung  von  schwef- 
liger Säure  unter  Zufügung  schwefligsauren 
oder  doppeltschwefligsauren  Kalkes,  oder 
derselben  Verbindungen  einer  anderen  ge- 
eigneten Basis  (man  vergl.  vorn  S.  13  und 
14)  in  Zellstoff  zu  verwandeln,  führte  zu 
den  Erfolgen,  welche  C.  D.  Ekman,  Pro- 
fessor Dr.  A.  Mitscherlich,  Ritter-Kellner 
u.  A.  errangen.  Auf  diesem  Grundprinzip 
baute  sich  also  die  heutige  Zellstoffindu- 
strie auf. 

An  dieser  Stelle  soll  über  die  Kochlös- 
ungen und  die  Rohmaterialien  für  dieselben 
die  Rede  sein. 

Produktion 

352  908  t 


1895 
1890 
1H97 
1898 
1899 


379  028  t 
443  428  t 
465  021  t 
521984  t 


Export 
304  417 
400  030 
427  823 
402  392 
493  022 


Schwefel. 

Der  Schwefel  kommt  in  der  Natur  in 
grossen  Mengen  vor,  sowohl  gediegen,  als 
auch  in  Verbindung  mit  anderen  Körpern 
als  Schwelelmetalle  und  Sulfate. 

Die  wichtigsten  Schwefellager  finden 
sich  in  Sicilien  im  Gebiet  von  Girgenti  und 
Caltanisetto,  ferner  in  der  Romagna 
und  anderen  Teilen  Italiens.  Seit  Gründ- 
ung der  Anglo  -  Sicilianischen  Gesell- 
schaft 1895  liegt  die  Gewinnung  und  der 
Vertrieb  des  Rohschwefels  fast  ganz  in  den 
Händen  dieser  Gesellschaft.  Die  Produk- 
tions- und  Export  Vermehrung,  sowie  die 
enorme  Preiserhöhung  dieses  Rohmaterials 
erkennt  man  deutlich  aus  folgenden  Ziffern : 

Exporterträgnis     ä  t  kosten  M. 


15200  000  M. 


30  800000  M. 


41,71 


74,55 


Andere  wichtigere  Schwefelvorkommen 
linden  sich  nach  Lunge  in  Galizien  zu 
Swoscowice  bei  Krakau,  in  Russland,  in 
Spanien,  auf  Island,  die  angeblich  noch 
bedeutender  als  die  sicilianischen  sein 
sollen,  in  Japan  und  in  den  Vereinigten 
Staaten. 

Ferner  gewinnt  man  auf  chemischem 
Wege  Schwefel  aus  der  Gasreinigungsmasse 
der  Leuchtgasfabrikation,  aus  Sodarück- 
ständen und  durch  Destillation  von  Pyriten. 

Man  unterscheidet  im  Handel  bei  dem 
sicilianischen  Schwefel,  dem  einzigen, 
welcher  für  den  Zellstofffabrikanten  in 
Betracht  kommt,  drei  Sorten.  Die  erste 
besteht  aus  grossen  glänzenden  bernstein- 
gelben Stücken  (englisch,  »firsts«);  die 
zweite    Qualität    (»seconds«)    ist  nicht 


glänzend,  aber  noch  schön  gelb ;  die  dritte 
(»tbirds«)  hat  eine  nicht  mehr  rein  gelbe 
und  noch  mattere  Farbe  und  bei  beiden 
Sorten  ist  viel  Pulver. 

Unseren  Sullitzellstoff- Fabriken  kostet 
gegenw  ärtig  (1900)  eine  Tonne  (t  =  1000  kg) 
Rohschwefel  franko  Fabrik  M.  94,—. 

Untersuchung  des  Rohschwefels. 

1.  Feuchtigkeit.  100  g  einer  nur 
grob  zerriebenen  Durchschnittsprobe  wer- 
den einige  Stunden  im  Trockenschranke 
oder  auf  dem  Wasserbade  einer  Tempe- 
ratur von  100*  C.  ausgesetzt  und  wieder 
gewogen.  Die  an  100  fehlenden  Gramme 
sind  die  Prozente  Feuchtigkeit. 

2.  Aschengehalt.  Man  verbrennt 
10  g  der  verriebenen  Probe  im  Porzellan- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


113 


tiegel  oder  in  einer  Porzellanschale  und 
wägt  den  Rückstand.  Die  Asche  beträgt 
häufig  nur  0,5  pCt.  und  wird  2  pCt.  nicht 
übersteigen. 

Schwefelkies  (Pyrite). 

DerSchwefelkies,  Eisenkies  oder 

Pyrit  gehört  mineralogisch  unter  die  ein- 
fachen Sulfide  und  stellt,  ehem.  betrachtet, 
Doppeltschwefeleisen  (FeS2)  mit  46,67 
Fe  und  53,33  S  dar.  Sehr  selten  aber 
kommt  er  als  reines  Doppeltschwefeleisen 
vor,  sondern  ist  meist  ein  Gemenge  des- 
selben mit  anderen  Schwefelmetallen  und 
Gangart.  Das  Fe  S2  selbst  kann  als  eigent- 
licher Schwefelkies  im  regulären  System 
oder  als  Strahlkies  im  rhombischen  System 
krystallisiren  Häufig  finden  sich  auch 
Krystalle  beider  Varietäten  unter  einander 
verwachsen.  Die  Krystalle  sind  oft  sehr 
schön  ausgebildet,  aber  bei  den  im  Grossen 
angewendeten  Kiesen  meist  ganz  undeut- 
lich (derb).  Die  Farbe  des  reinen  Kieses 
ist  speisgelb,  in  dichten  Varietäten  bis 
schiefergrau.  Der  Strich  ist  bräunlich- 
schwarz. Härte  6  bis  6,5:  spez.  Gewicht 
4,83  bis  5,20. 

Der  theoretische  Gehalt  des  Erzes  an 
Schwefel  wird  fast  nie  erreicht,  sondern 
schwankt  zwischen  40  und  50  Prozent. 

Nach  Lunge  wird  die  erste  Anwendung 
des  Schwefelkieses  Mr.  Hill  aus  Deptford 
zugeschrieben.  In  Deutschland  scheint  zu- 
erst die  Okerhütte  am  Rammeisberge  bei 
Goslar  (1840)  die  Kiese  abgeröstet  und  zu 
Schwefelsäure  verarbeitet  zu  haben.  Ihr 
folgten  bald  die  Freiberger  Hüttenwerke 
und  andere. 

Die  hauptsächlichsten  Pyrit- Vorkommen 
sind  folgende: 

Das  bedeutendste  deutsche  Lager  ist 
das  von  Meggen  (Westfalen).  Es  wurde 
1852  aufgefunden  und  tritt  in  Begleitung 
von  Schwerspath  in  dem  sogen.  Kramenzel 
auf.  Der  Kies  ist  Graukies  und  kommt 
nur  ganz  derb  vor.  Sein  Aussehen  ist  un- 
scheinbar grau,  aber  er  brennt  sich  sehr 
gut  und  enthält  ziemlich  gleichmässig : 


Schwefel  47,50  °/o 

Eisen  43,55  „ 
Kohle  0,32  „ 

Kieselerde        8,22  „ 

Die  Durchschnittsprobe  einer  ganzen 
Schiffsladung  der  Grube  Sicilia  von  Meggen 
enthielt  nach  Pattinson: 


Schwefel 

45,60  °/» 

Eisen 

38,52  „ 

Blei 

0,64  „ 

Thallium 

Spur  „ 

Zink 

6,00  „ 

Kobalt 

Spur  „ 

Arsen 

Spur  „ 

Kalk 

o,u  „ 

Unlösliche  kieselige  Subst. 

8,70  „ 

Sauerstoff  (als  Fe,  Ot) 

0,37  „ 

Feuchtigkeit 

0,36  „ 

100,30  °/o 

Der  Durchschnittsgehalt  dieses  Erzes  an 
Schwefel  beträgt  aber  neuerdings  nur  etwa 
41 — 42°/o.  Sein  Export  nach  dem  Aus- 
lande hat  wegen  der  Konkurrenz  der 
kupferhaltigen  spanischen  Pyrite  sehr  ab- 
genommen, sein  Verbrauch  in  Deutschland 
ist  aber  immer  noch  sehr  bedeutend. 

Kleinere  Lager  von  Schwefelkies  finden 
sich  in  Deutschland  noch  an  mehreren 
Orten,  so  z.  B.  am  Rammeisberg  b.  Goslar 
am  Harz,  bei  Schwelm  in  Westfalen,  bei 
i  Merzdorf  in  Schlesien  und  an  mehreren 
!  Orten  am  Rhein.   Ihre  Gesamtproduktion 
ist  aber  der  Meggener  gegenüber  nicht  sehr 
bedeutend  und  kommen  für  die  Sulfit- 
fabrikation   weniger    in   Betracht.  Der 
Rammelsberger  Kies  bei  Goslar  enthält: 
12,22  Kupfer, 
2,43  Blei, 
39,10  Eisen, 
1,23     Zink,  Mangan,  Nickel, 
0,18     Arsen,  [Kobalt, 
0,16  Antimon, 
44,65  Schwefel, 
Spuren  Selen,  Thallium,  Indium,  Wismuth. 

Ein  grosser  Nachteil   der  deutschen 
Kiese  ist  ihr  Zinkgehalt,  der  das  Abrösten 
I  erschwert  und  einen  entsprechenden  Rück- 
halt (Verlust)  von  Schwefel  als  Sulfat  in 
den  Abbränden  verursacht. 

4.  Bogen  1900. 


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114 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Für  1897  macht  Hasenclever  (Chem. 
Journ.  1899  S.  25)  folgende  Angaben :  Von 
den  in  Deutschland  geförderten  133  302  t 
Schwelelkies  wurden  55  183 1  für  Schwefel- 
säure, der  Rest  für  Sulütcellulose  verwen- 
det. Eingeführt  wurden  1897  :  357017  t, 
wovon  332004  t  zu  Schwefelsäure  ver- 
braucht wurden.  Die  Verwendung  des 
Restes  ist  nicht  angegeben,  aber  wahr- 
scheinlich wurde  derselbe  zur  Sulfitlösung- 
bereitung benützt. 

Andere  Lagerstätten  finden  sich  in 
Ungarn:  Schmoll  nitz;  in  Skandinavien: 
Röras  bei  Drontheim;  in  Frankreich  und 
Grossbritannien,  die  aber  mehr  nur  locale 
Bedeutung  haben.    Sehr  reich  an  Kiesen 


ist  auch  Nordamerika,  wo  in  New-Hamp- 
shire,  New-York,  Massachusetts  u.  anderen 
Staaten  Gruben  im  Betrieb  sind.  Ebenso 
hat  Canada  reiche  Kieslagerstätten. 

Die  grössten  bekannten  Schwefelkies- 
lager besitzen  Spanien  und  Portugal.  Die 
Kiese  sind  kupferhaltig  und  zeichnen  sich 
durch  ihr  gutartiges  Verhalten  beim 
Brennen  aus.  Sie  waren  schon  den  Römern 
und  vor  ihnen  den  Phöniciern  und  Kar- 
thagern bekannt,  welche  sie  ihres  Kupfer- 
gehaltes wegen  abbauten.  Sie  halten  44) 
bis  50°/o  Schwefel  neben  3  bis  4,5°/o  Kupfer 
Durchschnitts-Zusammensetzung  der  drei 
Hauptsorten : 


Rio  Tinlo 

S.  Domingo 

Tharsis 

Cumenge 

Caron 

Hivisia  M. 

Pattinson 

barllett  j 

Bartlett 

Schwefel 

48 

50,7 

49 

49,9 

49,80 

47,50 

Ersen 

40 

41,3 

43.55 

41,41 

43,55 

41.92 

Kupfer 

3,42 

3,5 

3,20 

2,46 

3,20 

4,21 

Blei 

0,82 

0,93 

0.98 

0,93 

1,52 

Zink 

Spur 

OJö 

0,44 

0,37 

0,22 

Arsen 

0,21 

0,47 

0,55 

0,47 

0,38 

Ein  neuerdings  in  den  Handel  gebrachtes 
spanisches  Erz,  das  von  St.  Mardy  Tinto 
Santorossa,  enthält  neben  1,09  pCt.  Arsen 
auch  etwa  2,15  pCt.  Antimon,  3,17  pCt. 
Kupfer  und  43,87  pCt.  Schwefel  (Zeitschrift 
für  angew.  Chemie  1890  Seite  421) 

Recht  wichtig  geworden  ist  in  den 
letzten  Jahren  der  kupferfreie  Kies  von 
Aguas  Tennidas,  der  anfangs  bis  53  pCt. 
Schwefel  enthielt  und  fast  reines  Fe  S2 
vorstellte;  neuerdings  findet  man  nur  50 
bis  51  pCt.,  manchmal  auch  noch  darunter. 
Dieser  Kies  zeichnet  sich  durch  ausge- 
zeichnete Brennbarkeit  aus;  die  Abbrände 
lassen  sich  leicht  auf  0,5  pCt.  Schwefel 
bringen  und  da  sie  von  fremden  Körpern 
fast  völlig  frei  sind,  so  bilden  sie  ein  sehr 
gutes  Material  für  die  Eisenindustrie.  Dieser 
Kies  würde  sich  infolge  dieser  Eigenschal- 
ten auch  vorzüglich  zur  Sulfitfabrikation 
eignen.  Die  Förderung  dieses  Kieses,  der 
hauptsächlich  in  Deutschland  und  Amerika 
verwendet  wird,  beläuft  sich  auf  etwa 
200000  t  im  Jahre. 


Die  Gesamtproduktion  von  Spanien  und 
Portugal  beträgt  (Muspratt  VII.  Bd 
Schwefelkies  1160—1166)  etwa  2000000 
Tonnen,  wovon  ca  900000  t  zur  Ausfuhr 
kommen. 

Der  Preis  des  Schwefelkieses  bemisst 
sich  in  England  nach  dessen  Schwefel- 
gehalt, indem  man  ihn  per  unit  angibt, 
d.  h.  die  betreffende  Zahl  mit  den  Schwefel- 
prozenten multiplizirt,  um  den  Preis  für 
die  Tonne  von  21  Centnern  =  1067  kg 
zu  erhalten.  So  bedeutet  also  z.  B.  6  d 
per  unit  bei  48  pCt.  Schwefel:  24  sh  per 
1067  kg  oder  etwa  23  Mark  pro  1000  kg. 
Seit  1892  ist  der  Preis  etwa  27t  d.  Die 
deutschen  Preise  giebt  Jurisch  (Schwefel- 
säurefabr.  1893  Seite  58).  Danach  kostet 
1890  einheimischer  Kies  (wohl  an  der 
Grube?)  8,23  M.,  importirter  spanischer 
Kies  20  M.  die  Tonne. 

Bei  der  Wertbestimmung  eines  Kieses 
zur  Sulfitfabrikation  kommt  es  nicht  nur 
auf  den  Gehalt  an  Schwefel,  sondern  be- 
sonders auf  die  »Gutartigkeitc  desselben, 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


115 


d.  h.  darauf  an,  ob  derselbe  leicht  brennt 
und  wie  weit  er  sich  abrosten  lässt.  Denn 
ein  schlecht  abgerösteter  Kies  bedingt  nicht 
nur  einen  verhältnismässigen  Schwefelver- 
last, sondern  die  Abbrände  sind  auch  nur 
schwer  oder  gar  nicht  an  Hüttenwerke 
verkäuflich. 

Die  ehem.  Untersuchung  beschränkt  sich 
für  unsere  Zwecke  meist  auf  die  Be- 
stimmung des  Schwefels  und  der  Feuchtig- 
keit. Bisweilen  bestimmt  man  auch  den 
Gebalt  an  Zink,  weil  der  an  Zink  ge- 
bundene Schwefel  kaum  zu  gewinnen  ist. 

Es  mag  an  dieser  Stelle  ganz  besonders 
hervorgehoben  werden,  dass  es  bei  einer 
technischen  Analyse  vor  Allem  auf  die 
Entnahme  einer  guten  Durchschnittsprobe 
ankommt.  Die  beste  und  gewissenhafteste 
Analyse  ist  für  die  Technik  wertlos,  wenn 
die  Probenahme  falsch  war. 

Es  soll  deshalb  das  Ziehen  eines  Durch- 
schnittsmusters nach  Lunge  (Taschenbuch 
für  die  Soda-  Pottache-  u.  Ammoniak-Fabri- 
kation) näher  beschrieben  werden.  Beim 
Entladen  eines  Waggons  entnimmt  man, 
wenn  die  Stücke  nicht  über  Apfelgrösse 
und  nicht  gar  zu  ungleich  sind,  von  jedem 
Karren  mittels  einer  Schaufel  oder  eines 
Löffels  eine  Probe  von  ca.  V«  kg.  Bei 
grobstückigen  Materialien  muss  man  um 
so  grössere  Proben  nehmen,  je  gröber  das 
Korn  ist  und  bei  ungleichmässigem  Korn 
ist  es  vorzuziehen,  von  Zeit  zu  Zeit  einen 
ganzen  Kübel  auf  einen  besonderen  Platz 
zu  stürzen.  Unter  allen  Umständen  muss 
man  möglichst  Sorge  tragen,  das  Verhält- 
nis zwischen  grobem  und  feinem  Material 
in  dem  Durchschoittsmuster  richtig  zu 
bemessen.  Dasselbe  wird  nun  auf 
Wallnussgrösse  zerkleinert,  wobei  nichts 
Gröberes  ausgehalten  werden  darf.  Das 
zerkleinerte  Gut  wird  durch  mehrmaliges 
bin-  und  herschaufeln  gründlichst  durch- 
gemengt, dann  in  einen  flachen  Haufen 
ausgebreitet  u.  aus  demselben  ein  kleineres 
Muster  von  ca.  10 — 12  kg  entnommen, 
indem  man  mit  einer  Schaufel  zwei  sich 
rechtwinklig  kreuzende  Streifen  aushebt 
und  noch  etwas  aus  der  Mitte  der  vier 
übrig  bleibenden  Quadranten  entnimmt. 


Das  so  entstandene  Muster  wird  nun  weiter 
zerkleinert,  am  besten  mittels  eines  schweren 
i  Hammers  auf  einer  Gusseisenplatte  mit 
aufstehendem  Rande.  Das  Grobe  wird 
durch  ein  Sieb  von  3  mm  Maschenweite 
abgesiebt  und  weiter  zerkleinert,  bis  alles 
durchgesiebt  ist.  Nun  breitet  man  das 
Gut  auf  einer  reinen  ebenen  Fläche  aus 
und  entnimmt  davon  auf  die  vorherbe- 
schriebene Weise  2  kg  Masse.  Nachdem 
man  dieselbe*  nochmals  gut  durchgemischt 
hat,  füllt  man  sich  mehrere  ca.  100  g 
fassende  Pulvergläser,  indem  man  die- 
selben auf  einem  Papier  dicht  neben  ein- 
ander aufstellt  und  von  jeder  handvoll 
etwas  in  jedes  der  Gläser  fallen  lässt. 
Eins  derselben  hebt  man  sich  auf  und  aus 
einem  anderen  entnimmt  man  sich  die 
einzelnen  Proben  für  die  Analyse. 
Untersuchung  des  Kieses  nach 
Lunge. 

1.  Feuchtigkeit.  Man  trocknet  den 
grobgepulverten  Kies  bei  105°,  bis  das 
Gewicht  konstant  bleibt. 

Für  die  folgenden  Proben  wird  nicht 
getrockneter  Kies,  sondern  das  fein  ge- 
pulverte und  in  gut  verschlossener  Flasche 
aufbewahrte  Durchschnittsmuster  direkt 
verwendet. 

Die  Analysen-Resultate  werden  auf  den 
trockenen  Kies  berechnet. 

2.  Schwefel.  Man  schliesst  etwa 
0,5  g  des  Kieses  mit  ca.  10  cem  einer 
Mischung  von  3  Volum  Salpetersäure  von 
1,4  spez.  Gew.  und  1  Volum  rauchender 
Salzsäure  (beide  auf  völlige  Abwesenheit 
von  Schwefelsäure  zu  prüfen)  auf,  unter 
Vermeidung  alles  Spritzens  und  mit  ge- 
legentlicher Erwärmung.  In  seltenen  Aus- 
nahmefällen wird  etwas  freier  Schwefel 
ausgeschieden,  den  man  durch  vorsichtigen 
Zusatz  einer  Messerspitze  von  chlorsaurem 
Kali  zur  Oxydation  bringen  kann  Man 
verdampft  im  Wasserbad  zur  Trockne, 
wiederholt  dies  nach  Zusatz  von  5  cem 
Salzsäure  (wobei  keine  salpetrigen  Dämpfe 
mehr  entweichen  sollen)  setzt  ca.  1  cem 
konzentrirte  Salzsäure  und  100  cem  heisses 
Wasser  zu,  filtrirt  durch  ein  kleines  Filter 
und  wäscht  heiss  aus.    Den  unlöslichen 


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ltß 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Ol.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Rückstand  kann  man  trocknen,  glühen  und 
bestimmen. 

In  dem  Filtrat  fällt  man  das  Eisen 
mittels  Ammoniak,  filtrirt  und  wascht  gut 
aus.  Filtrat  und  Waschwasser  engt  man 
auf  ca.  200  ccm  durch  Abdampfen  ein, 
säuert  mit  Salzsäure  schwach  an  mit  Ver- 
meidung jedes  grösseren  Ueberschusses, 
erhitzt  zum  Sieden  und  setzt  eine  vorher 
ebenfalls  zum  Kochen  erhitzte  Chlorbarium- 
lösung zu.  Bei  einer  10  proc.  Ba  Cla- 
Lösung  wird  man  auf  0,5  g  Pyrit  mit 
20  ccm  stets  mehr  als  ausreichen.  Ein 
grösserer  Ueberschuss  von  Ba  Cla  muss 
vermieden  werden,  weil  sonst  die  Resul- 
tate zu  hoch  ausfallen.  Nach  dem  Fällen 
lässt  man  Vi  Std.  absitzen.  Das  Klare  wird 
durch  ein  Filter  decantirt  und  100  ccm 
siedendes  Wasser  auf  den  Niederschlag 
gegossen  und  umgerührt,  worauf  schon 
nach  2  -3  Minuten  die  Flüssigkeit  sich 
wieder  abgeklärt  hat  und  decantirt  werden 
kann.  Man  wiederholt  das  Uebergiessen 
mit  siedendem  Wasser  und  Decantiren 
3-4  mal,  bis  die  Flüssigkeit  nicht  mehr 
sauer  reagirt,  spritzt  den  Niederschlag 
auf  das  Filter,  trocknet  und  glüht  ihn.  Er 
soll  völlig  weiss  sein  und  nicht  zusammen- 
backen. 1  Teil  desselben  ist  =  0,13734  T. 
Schwefel. 

3.  Zink.  1  g  des  Kieses  schliesst  man 
wie  unter  2  auf,  verjagt  die  Salpetersäure, 
nimmt  den  Rückstand  in  ca.  5  ccm  konzen- 
trirter  Salzsäure  auf,  verdünnt  mit  Wasser, 
fällt  beim  Vorhandensein  von  aus  saurer 
Lösung  fällbaren  Metallen  diese  durch 
Schwefelwasserstoff  aus,  filtrirt,  verjagt  aus 
dem  Filtrat  den  H«,  S  durch  Kochen  und 
oxidirt  mit  etwas  Königswasser.  Nach  dem 
Erkalten  versetzt  man  mit  Ammonium- 
karbonat, bis  der  entstehende  Niederschlag 
sich  nur  langsam  wieder  löst,  dann  mit 
Ammoiumacetat,  kocht  kurze  Zeit  und  filtrirt. 
Das  gefällte  basische  Ferriacetat,  welches 
zinkhaltig  ist,  wird  in  Salzsäure  gelöst  und 
wieder  wie  oben  gefällt,  und  dies  wird  so 
lange  wiederholt,  als  noch  im  Filtrate 
Zink  nachzuweisen  ist.  Die  vereinigten 
Filtrate  konzentrirt  man,  fällt  das  Zink  in 
der  Hitze  mit  Schwefelwasserstoff,  lässt 


24  Std.  stehen,  giesst  das  Klare  ab,  filtrirt 
und  wäscht  das  Zn  S  aus,  löst  es  mit  dem 
Filter  in  verdünnter  Salzsäure,  kocht  das 
Ha  S  weg,  filtrirt,  fällt  mit  Natriumkarbonat, 
wäscht  das  Zn  C0S  aus,  trocknet  und  ver- 
wandelt es  durch  Glühen  in  ZnO,  wovon 
1  Teil  =  0,80247  Zn. 

Kalkstein  (Marmor),  Kalktuf.  Dolomit. 

Der  Kalkstein  und  Kalktuff  ist  ein 
mehr  oder  minder  reines  Calci umkarbonat, 
der  Dolomit  ein  Magnesiumcalciumkarbo- 
nat.  Diese  Gesteine  finden  sich  sehr  häufig 
in  der  Natur  und  spielen  eine  wichtige 
Rolle  beim  Aufbau  der  Gebirge. 

Die  reinen  Varietäten  des  Kalk- 
steins sind  in  Säuren  unter  lebhaftem 
Aufbrausen  vollständig  löslich.  Meist  sind 
sie  aber  verunreinigt  durch  Eisen,  Mangan, 
Kieselsäure,  Thon,  Graphit  und  andere 
Körper. 

Die  Farbe  des  reinen  Kalksteins  ist  weiss. 
Durch  Verunreinigungen  nimmt  er  jedoch 
eine  gelbliche,  graue  bis  schwärzliche  Färb- 
ung an  Nach  seinem  Aeusseren  unterscheidet 
man:  körnigen,  grob  bis  fein  krystallini- 
schen  Kalkstein  oder  Marmor,  erdigen 
Kalkstein  oder  Kreide,  porösen  Kalkstein 
oder  Kalktuff.  Letzterer  ist  seiner  blasig- 
porösen Beschaffenheit  und  darum  leichten 
Löslichkeit  wegen  besonders  wichtig  für 
den  Turmbetrieb.  (Als  Hauptvorkommen 
seien  genannt:  Baden  bei  Wien,  Weimar, 
Tonna  in  Thüringen,  Cannstatt  in  Würt- 
temberg ) 

Dolomit  besteht  normal  aus  54,35 
Teilen  Ca  C08  und  45,65  Teilen  Mg  CO, 
Das  Mischungsverbältniss  wechselt  aber 
sehr  und  man  spricht  noch  von  Dolomit, 
wenn  1  Mg  CO,  neben  2  Ca  CO,  vorkom- 
men, während  man  Gesteine  von  einem 
noch  geringeren  Gehalte  an  Mg  CO, 
dolomitische  Kalksteine  nennt. 

Der  Dolomit  ist  härter  als  Kalkstein, 
spezifisch  schwerer  und  braust  mit  Säuren 
nur  wenig  auf,  löst  sich  auch  viel  lang- 


Kalk  und  Magnesia  bilden  für  den 
Sulfitprozess  die  Basen  zur  Bindung  eines 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAP1EK.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


117 


Teiles  der  in  den  Kochlösungen  enthaltenen 
schwefligen  Säure,  welche  bei  der  Her- 
stellung der  Lösungen  in  schwefligsauren 
Kalk  Ca  SO,  und  schwefligsaure  Magnesia 
Mg  SO,  übergeführt  werden 

Unlösliche  Beimengungen  wie  Sand  und 
Silikate  sind  unnützer  Ballast  und  hemmen 
beim  Turmverfahren  Mitscherlich's  (siehe 


später)  durch  Verstopfung  des  Zuges  der 
Türme  die  Lösungsbereitung. 

Wie  ausserordentlich  verschieden  die 
Kalksteine  und  Dolomite  zusammengesetzt 
sind,  erkennt  man  aus  folgender  Zusammen- 
stellung der  in  Sachsen  allein  vorkom- 
menden Kalksteine*)  in  Gewichtsprozenten. 


Gebirgsformation. 

Ca  CO, 

Mg  CO, 

Unlösl  ' 
Sand  und 
Silicate 

Kalk 
CaO 

Magnesia 
Mg  0 

0,4-1,5 

ürkalkstein  I.  Qual. 

94-100 

1-3 

(Spur- 4 

53-56 

H.  » 

82-94 

1—3 

5-14 

46-53 

0,4-1,5 

„      IM.  „ 

70—82 

Spur — 4 

15  -25  , 

39-46 

Spur  •  1,7 

Grauwacke-Kalkstein 

54,5  -  56,5 

41—45 

0,1—4 

30,5-31,5 

19,5—21,5 

Dolomit  des  Urgebirges 

86-94 

0,1-2 

5-11 

48-53 

Spur — 1 

Dolomite  der  Zechsteinformt 

50-55 

38-44 

1-11 

28-31 

18-21 

Pläner-Kalkstein 

75  -80 

1-2 

16-21 

41-45 

0,5-1 

Die  chemische  Umsetzung,  beispielsweise 
im  Mitscherlich'schen  Turm,  ist  folgende : 

Ca  CO.  4-  2  (S03)  +  H,  0  +  Wasser  = 
Ca  SO,  +  H,  SO,  -f-  COa  +  Wasser. 

Die  Kohlensäure  entweicht  mit  dem 
Stickstoff  der  Lua. 

Nach  der  Erfahrung  ist  aber  diese 
Losung  bezüglich  des  schwefligsauren  Kalk- 
und  des  Schwefligsäure-Gehaltes  sehr  ver- 
schieden, man  gewinnt  je  nach  den  ent- 
sprechenden Umständen  kalkreiche  und 
kalkarme,  resp.  säurereiche  und  säure- 
arme Lösungen,  auf  die  später  ausführlich 
zurückgekommen  werden  soll 

Untersuchung  der  Kalksteine 
und  Dolomite.*) 

1.  Unlösliches  und  organische 
Substanz.  Eine  Generalprobe  wird  fein 
gepulvert,  mit  Salzsäure  behandelt,  die 
Lösung  filtrirt,  der  Rückstand  ausgewaschen, 
getrocknet  und  geglüht.  Bei  Vorhanden- 
sein erheblicher  Mengen  von  organischer 
Substanz  wägt  man  das  bei  100°  getrock- 
nete Filter  und  glüht  erst  dann;  die  Diffe- 
renz ist  =  der  organischen  Substan  z , 
Glührückstand  Unlösliches. 


*)  Lunge.    Taschenbuch  der  Sodafabrikation. 


2.  Kalk.  Man  löst  1  g  des  Pulvers 
in  25  cem  Normalsalzsäure  und  titrirt  mit 
Normalnatronlauge  zurück;  die  von  dieser 
verbrauchten  cem  werden  von  25  abge- 
zogen. Der  Rest,  multiplizirt  mit  2,8,  gibt 
den  Prozentgehalt  von  Ca  0  +  Mg  0,  oder 
multiplizirt  mit  5  den  Prozentgehalt  von 
Ca  CO,  +  Mg  CO,  .**) 

3.  Magnesia.  Man  löst  2  g  des  Pul- 
vers in  Salzsäure,  fällt  den  Kalk  mit  NH, 
und  oxalsaurem  Ammon.  Aus  dem  Fillrat 
wird  Magnesia  durch  Zusatz  von  phosphor- 
saurem Ammon  gefällt;  man  lässt  24  Stun- 
den stehen,  filtrirt,  wäscht  mit  schwacher 
Ammoniakflüssigkeit,  trocknet,  glüht  und  be- 
stimmt als  pyrophosphorsaure  Magnesia. 
1  Teil  derselben  ist  =  0,07207  Mg  0.  Diese 
Mg  0  ist  von  der  Bestimmung  2  abzuziehen. 

4.  Eisen.  Man  löst  2  g  in  Salzsäure 
auf,  reduzirt  die  Lösung  mit  Zink,  ver- 
dünnt, setzt  etwas  eisenfreie  Manganlösung 
zu  und  titrirt  mit  Zwanzigstel-Chamüleon- 
lösung,  wovon  jedes  cem  auf  1  g  Substanz 
0,0028 


2 


=  0,0014  g  Eisen  anzeigt. 


*)  Der  Kalkwerkhetrieb  Sachsen«,  Leipzig, 
Verlag  von  Willi.  Edelmann.  1807. 

•')  Bei  grösseren  Mengen  von  Magnesia  wird 
diese  Bestimmung  ungenau. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


5.  Thonerde.  Man  lallt  die  salz- 
saure Lösung  mit  Ammoniak,  filtrirt,  glüht 
und  wägt.  Zieht  man  das  aus  4  zu  be- 
rechnende Eisenoxyd  von  dem  gefundenen 
Gewicht  ab,  so  ist  der  Rest  =  Al,0,. 

Die  Entnahme  vonDurchschnitts-General- 
proben  ist  hier  in  gleich  gewissenhafter 
Weise,  wie  bei  den  Schwefelkiesen  S  115 
beschrieben,  vorzunehmen. 

Ein  Schweizer  Tuff,  der  zur  Sullitzell- 
stofffabrikation  gute  Dienste  leistete,  hatte 
folgende  Zusammensetzung : 
53,70  °/o  kohlensauren  Kalk, 
36,77  „  kohlensaure  Magnesia, 
4,83  „  Thonerde  und  Eisenoxyd, 
1,33  „  Gyps  und  Wasser, 
3,37  „  Unlösliches. 

Sulfltlösungen. 

Die  Herstellung  der  zum  Sullitkoch- 
prozess  dienenden  Lösungen  geschieht  in 
aus  Holz  gebauten  oben  offenen  Türmen 
von  quadratischem  oder  rundem  Quer- 
schnitt, oder  in  geschlossenen  Bottich- 
apparaten, über  welche  in  einem  der  fol- 
genden Abschnitte  Ausführlicheres  gesagt 
werden  soll.  Hier  sei  zum  besseren  Ver- 
ständnis Folgendes  vorausgeschickt. 

Der  hohe,  oben  offene  Turm  für 
den  Einturmbetrieb  ist  von  den  Herren 
C.  D.  Ekman  und  Professor  Dr.  A.  Mitscher- 
lich  für  Gewinnung  von  Sulfitlösungen  einge- 
führt. Später  sind  statt  dessen  von  Ande- 
ren mehrere  kurze,  geschlossene  Türme 
hintereinander  angeordnet.  Die  Gase  wer- 
den durch  die  Türme  nacheinander  geführt 
und  deren  schliesslicher  Abzug  nur  aus 
dem  letzten  Turme  gestattet. 

Nach  Mitscherlich's  Einturm- 
betrieb werden  die  S02  (Schwefeldioxyd) 
enthaltenden  Gase  der  Schwefelbrenn-  oder 
Schwefelkiesröstöfen  in  entsprechend  wei- 
ten Rohren  an  der  Luft  gekühlt  und  treten 
unter  einen  im  untersten  Teil  des  18  bis 
40  m  hohen  Turmes  angeordneten  Rost. 
Der  Turm  ist  in  ganzer  Höhe  oder  in 
mehreren  durch  Roste  abgeteilten  Etagen 
mit  Kalkstein-  oder  Tuffstücken  angefüllt, 
welche  mit  kaltem  Wasser  aus  einem  über 


dem  Turm  angeordneten  Gefäss  berieselt 
werden.  Das  Wasser  strömt  von  oben 
nach  unten,  die  Gase  bewegen  sich  von 
unten  nach  oben.  Hierbei  wird  SO,  von 
Wasser  absorbirt  unter  Bildung  von  schwef- 
liger Säure  (H,  S0g),  gleichzeitig  wird 
unter  Entwickelung  von  Kohlensäure  der 
Kalkstein  resp.  Tuff  auf  der  berieselten 
Oberfläche  zersetzt:  Ca  CO,  -f  SO,  =  Ca 
S08  -f-  CO, .  Die  in  der  ausgebleiten  Turm- 
basis sich  ansammelnde,  in  verbleite  Kästen 
oder  Cementreservoire  sich  ansammelnde 
Lösung  enthält  in  der  Hauptsache  Ca  SOt. 
H,  S0Ä  und  Wasser,  deren  Mengen  je  nach 
dem  Zuge  des  Turms,  der  Beschaffenheit 
der  Rohstoffe,  der  Wassermenge  etc.  stark 
wechseln.  An  der  oberen  Oeffnung  des 
Turmes  entweichen  Stickstoff,  Kohlensäure, 
Luft  und  bei  nicht  aufmerksamer  Bedienung 
und  ungünstiger  Witterung  auch  Reste  von 
SO,  (Schwefeldioxyd). 

Die  Bottichapparate  von  Ritter- 
Kellner  bestehen  aus  mehreren  terrassen- 
förmig übereinander  angeordneten,  ge- 
schlossenen Gefässen,  die  auf  einem'durch- 
lochten  Boden  auf  etwa  V»  bis  V«  ihrer 
Höhe  Kalksteinfüllung  und  auf  etwa  */s 
ihrer  Höhe  Lösungen  verschiedener  Kon- 
zentration resp.  Wasser  enthalten.  Die 
gekühlten  und  gewaschenen  Ofengase 
werden  in  das  unterste  Gefäss  unter  den 
falschen  Boden  gepresst,  durchströmen 
unter  Abgabe  eines  Teiles  des  SO,  an  die 
Wassermasse  und  Kalkstücke  das  Geläss. 
sammeln  sich  im  oberen  Gasraum,  durch- 
strömen, von  einem  entsprechenden  Ver- 
bindungsrohre unter  den  durchlocbten 
Boden  des  weiteren  Bottichs  geleitet,  den 
Inhalt  auch  dieses  Bottichs  und  so  fort  alle 
übrigen,  um  als  Gemisch  von  Stickstoff, 
Kohlensäure  und  Luft  aus  einer  Oeffnung 
am  Deckel  des  obersten  Bottichs  in  die 
Luft  zu  entweichen.  In  den  oberen  Bottich 
fliesst  kaltes  Wasser  oder  eine  nebenher 
gewonnene  dünne  kalte  Lösung  zu  und 
durch  Verbindungsrohre  fällt  die  Flüssig- 
keit stetig  von  einem  Bottich  in  den  nächst 
darunter  stehenden  Aus  dem  untersten 
Bottich  fliesst  die  Lösung  in  das  Vorrats- 
reservoir. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.   ZELLSTOFF.  119 


In  anderen  Bottichapparaten  von  Dr. 
A.  Frank -Charlottenburg,  Ernst  Porak- 
Kienberg  und  Anderen  werden  ebenfalls 
luftdicht  geschlossene  Bottiche,  in  denen 
Kalkmilch  durch  Rührwerke  in  Suspension 
erhalten  wird,  in  ähnlicher  Anordnung  an- 
gewendet. Man  vermeidet  dabei  die  unter 
Umständen  in  den  vorigen  Bottichapparaten 
und  in  den  Türmen  eintretende  störende 
Vergipsung  des  Kalksteins,  auch  glaubt 
man  andere  Vorteile  im  Betriebe  zu  ge- 
winnen. Alle  Bottichapparate  verlangen 
ein  Durchpressen  oder  ein  (weniger  em- 
pfehlenswertes) Durchsaugen  der  gewasche- 
nen und  gekühlten  Ofengase  durch  die 
Flüssigkeiten  mittelst  Pumpen. 

Die  Unterschiede  zwischen  dem  Mitscher- 
lich-Einturmbetrieb  und  den  Bottichbetrie- 
ben sind  in  die  Augen  fallend,  beide  folgen 
zwar  dem,  übrigens  in  der  chemischen 
Industrie  schon  viel  vor  Mitscherlich  an- 
angewendeten Gegenstromprinzip,  aber  bei 
ersteren  zieht  der  Gasstrom  durch  die  vom 
Wasser  dünn  überzogenen  Kalksteine  und 
wird  von  einzeln  herabfallenden  Wasser- 
resp.  Lösungstropfen  durchschnitten,  bei 
letzteren  müssen  im  Gegensatz  hier- 
zu die  Gasmassen  sich  durch  die  Boden- 
lochuog  in  Gasströme  auflösen  und  diese 
sich  nach  allbekannten  physikalischen  Ge- 
setzen als  Gasblasen  durch  die  Kalkstein- 
schichten, zwischen  welchen  Flüssigkeit 
lagert  und  durch  die  geschlossene  obere 
durcharbeiten.  ' 


Verfasser  nimmt  keinen  Anstand,  die 
Unterscheidung  Anderer,  im  ersten  Falle 
von  einer  Flächenabsorption,  im 
letztern  Falle  von  einer  Massenabsorp- 
tion des  Schwefeldioxydes  zu  sprechen, 
anzuerkennen.  Mitscherlich  erhebt  ferner 
den  natürlichen  Luftzug,  ähnlich  dem  Zuge 
eines  Schornsteins  zum  Prinzip  bei  seinem 
Turmbetrieb,  während  der  Bottichbetrieb 
das  zwar  komplizirtere  Saugen  resp. 
Drücken  der  Gase  zur  Bedingung  macht. 
Ersterer  macht  sich  dadurch  bei  Herstell- 
ung der  Lösungen  von  der  Witterung  ab- 
hängig, während  der  Bottichbetrieb,  von 
äusseren  Einflüssen  unabhängig,  eine  immer 


gleichbleibende  gesetzmässige  Durchström- 
ung der  Gase  erzwingt. 

Der  hohe  Turm  steht  frei,  seine  Be- 
dienung und  Erhaltung  ist  schwierig,  die 
Boltichapparate  dagegen  stehen  in  einem 
Fabrikgebäude  und  sind  leichter  zugänglich, 
übersichtlicher  und  leichter  zu  bedienen. 

Die  Erfahrung  hat  denn  auch  in  der 
Praxis  gezeigt,  dass  der  Turmbetrieb  be- 
sonders im  Sommer  oft  recht  unzuverlässig 
und  an  SO-,  verlustbringend  ist,  dass  die 
Zusammensetzung  der  Lösungen  häufig  und 
in  weiten  Grenzen  wechselt.  All  dem  ist 
man  beim  einmal  rationell  eingerichteten 
und  stets  ohne  Schwierigkeit  durchführ- 
baren Bottichbetrieb  nicht  ausgesetzt. 

Endlich  muss  anerkannt  werden,  dass 
im  allgemeinen  der  Turmbetrieb  eine 
Lösung  liefert,  die  arm  an  freier 
schwefliger  Säure  und  reich  an  Kalk 
ist.  Mitscherlich  hat  seine  Lösungen  nicht 
mit  Unrecht  doppeltschwefligsaure  Kalk- 
lösung genannt,  während  man  bei  ent- 
sprechender Führung  mit  den  Bottichappa- 
raten leicht  eine  kalkärmere,  an  Säure 
reichere  Lösung  herstellen  kann,  die  man  mit 
gleichem  Recht  dreifach-  oder  mehrfach- 
schwefligsaure  Kalklösung  nennen  kann. 

Zusammensetzung  der  Sulfit- 
koc hlösungen.  Wie  schon  hervorge- 
hoben, haben  die  Sulfitkochlösungen  eine 
merklich  verschiedene  Zusammensetzung. 
Herr  Professor  Dr.  August  Harpf  gibt  in 
seiner  Dissertations-Arbeit  1892  verschie- 
dene Analysen  von  Lösungen,  welche  in 
Mitscherlich-Türmen  hergestellt  sind,  so 
S.  29  dieser  Arbeit: 

4,5°  B  3,397  °/o  Gesamt-SOa,  davon 
2,098 °/o  frei,  1,299  °/o  gebunden;  es  wurden 
1,079  °/o  CaO,  0,021  MgO  und  Eisenoxydul 
nur  qualitativ  bestimmt,  schliesslich  0,176 
SO,  (als  Anhydrid  berechnet).  Somit  be- 
rechnen sich 

2,098°;»  freie  SO, 

2,048  „  Ca  SO, 

0,004  „  Mg  SO, 

0,299  „  Ca  S04 

Eine  in  den  Kocher  auf  das  gedämpfte 
Holz  gelassene,  als  Probe  wieder  aus  dem 


als  Bestandteile 
der  Lösung. 


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120 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   UL  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Kocher  genommene  Lösung  zeigte  1,0277 
spezifisches  Gewicht  oo  3,8  *B  und  enthielt: 

2,275  °/o  SO,  Gesamt, 

1,245  .,    „  frei, 

1,030  „     „  gebunden, 

0,983  „  CaO, 

0,015  „  MgO, 

0,00t  „  FeO, 

0,140  „  S08. 
Aus  diesen  durch  Analyse  gefundenen 
Werten  ßndet  sich  durch  Rechnung  neben 
1,245  °/o  freiem  SO,  1,888  °/o  Ca  SO,,  0,039 
Mg  SO,,  0,008  °/oFe  S08  und  0,248«VoCaS04. 

Ausserdem  wurden  2,561  »/o  Trocken- 
substanz, 2,297 °/o  Asche,  also  0,264  °/» 
Verbrennt  iches  (organische  Substanz)  fest- 
gestellt, ein  Beweis,  dass  die  Lösung  infolge 
des  vorherigen  Dämpfens  des  Holzes  or- 
ganische Bestandteile  aufnehmen  konnte. 

Eine  Untersuchung  einer  anderen  Sulfit- 
lösung des  Verfassers  ergab  bei  5°  B: 

3,300  Gesamt-SO„ 

1,070  gebundene  SO,, 

1,090  freie  SO,,  ferner 

0,090  SO,, 

1,390  Ca  0, 

0,110  Mg  0, 

Spur  Eisen. 
Die  Botlichlösungen  einer  Ritter-Kellner- 
schen  Zellstofffabrik  enthielten  bei  3,9  bis 
4,2»  ß. 

0,865  bis  1,23 °/o  CaO, 
2,60   bis  3,10  „  SO,, 
0,142  bis  0,166°/o  SO,. 
Sie  wurden  durch  weitere  SOa  Zuführ- 
ung weiter  angereichert  auf  5,2—5,3°  B 
und  so  zur  Kochung  benutzt  mit  folgendem 
Gehalt : 

0,920 bis 0,995 °/o  CaO, 
3,87    „  4,06   „  SO,, 
0,104  „  0,124  „  SO,. 
Polythionsäuren  waren  nicht  nachweisbar. 
Eine  Kochlösung   dieser  Fabrik  mit 
4°/o  Gesamt-SO,  hatte  an 
0,980 °/o  CaO 
1,120  „  SO,  gebunden, 
2,880  „  SO,  waren  also  frei. 
Man  sieht,  dass  in  diesen  Ritler-Kellner- 
Lösungen  Uber  zweimal  so  viel  freie  SO, 
enthalten  waren,  als  gebundene,  während 


nach  den  Dr.  Harpfschen  Analysen  der 
freie  SO,- Gehalt  nur  etwa  20*/o  höher 
war,  als  der  gebundene  SO,- Gehalt.  Der 
Verfasser  fand  hin  und  wieder  die  Gehalte 
von  Turmlösungen  an  freier  und  gebunde- 
ner SO,  gleich  hoch. 

Von  Dr.  A.  Frank,  Charlottenburg,  wird 
die  7°  B  Lösung  einer  Zellstofffabrik  an- 
gegeben : 

Gesamt-SO,  4,35  •/•, 
Freie  SO,    2,35  „ 
Gebundene  SO,  2,00°/» 

entsprechend  1,75  °/«  CaO. 
Eine  andere,  in  Dr.  Frank  sehen  Appa- 
raten hergestellte  Lösungen  zeigten: 
Gesamt-SO,  3,254 
Freie  SO,  2,382 
Gebundene  SO,  0,874,  entspr. 
0,764 °/o  CaO. 
In  dieser  Lösung  wäre  also  nahezu 
viermal  so  viel  freie  SO,  als  gebundene 
SO,.*) 

Gelegentlich  einer  Abhandlung  des  Dr. 
A.  Harpf  in  Dinglers  Polyt.  Journal  1897 
Bd.  304  H.  7  u.  8  über  Ernst  Porak  s  Saug-, 
Wasch-  und  Druckapparat  für  Schwefel- 
dioxyd gibt  derselbe  die  Analyse  einer 
Boltichsulfitkochlösung  wie  folgt: 

Gesamt-SO,  3,608  °/o, 

Freie  SO,    1,928  „ 

Geb.  SO,     1,680  „  ausserdem 

SO,  0,1048°/«  entspr. 

0,226  °/o  (Ca  S04 -f  2  aq). 
Prof.  Dr.  A.  Mitscherlich  hat  in  seiner 
derzeitigen  (1886  ?)  Geheimschrift**)  nur  von 
Lösungsstärken  nach  Graden  Baume  ge- 
sprochen, es  kommen  7,5,  7  etc.  0  B.  vor. 

Mitscherlich  sagt  an  unten  verzeichneter 
Stelle,  rechte  Spalte  1728,  Zeile  15:  Eine 
höhere  Konzentration  als  7,5°  B.  ist  nicht 
notwendig,  wenn  in  Scheiben  geschnittenes 
Holz  verarbeitet  wird,  da  bei  solcher  Kon- 
zentration der  Kocher  genügend  gefüllt 
werden  kann. 


•)  Diese  Ansahen  »los  Herrn  Dr.  A.  Frank- 
CharloUmbnrg  sind  ck>m  Werke  „Die  Cellulose- 
fabrikation44  von  Max  Schubert,  Berlin  1897,  ent- 
nommen. 

**)  Man  vergleiche  Muspratt,  Chemie,  bcarb. 
von  Stobmann  u.  Karl  VI  1717  bia  1739. 


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E.  RmctiNEtt.  DAS  f»Af>lEK.  Id.  B.  ÜND  C.  ZELLSTOFF.  W. 


Mi  lächerlich  spricht  an  dieser  Stelle 
weiter  über")  die  Verunreinigungen  der 
Turmlösungen  als  Schlamm  etc.  Gelbe 
Teile,  deren  Bildung  unter  allen  Umständen 
vermieden  werden  sollten,  beweisen,  dass 
eine  sehr  starke  [Sublimation  von 
Schwefel  stattgefunden  hat,  wodurch  die 
Lösung  verdorben  werden  kann.  Die  Ur- 
sache dieser  Erscheinung  sei  auf  die  Bild- 
ung von  Polythionsäuren*  zurückzuführen. 

Den  Nachweis  dieser  schädlichen  Säuren 
IQhrt  Mitscherlich  folgendermassen : 

Eine  LöBungsprobe  wird  unter  Zusatz  von 
schwefelsaurem  Kupfer  gekocht,  lue  der  Ge- 
nich nach  schwefliger  Säure  verschwunden  ist, 
dann  fügt  man  etwas  Salzsäure  zu  und  kocht 
von  neuem,  bis  der  entstehende  helle  Nieder- 
schlag verschwunden  ist.  Ist  die  Lösung  klar, 
so  ist  sie  frei  von  Polythionsäuren ;  zeigt  sich 
indes  eine  schwarze  Fällung  Schwefelkupfer, 
so  ist  die  Gegenwart  von  Polythionsäuren  nach- 
gewiesen. 

Bei  den  heutigen  Einrichtungen  mit 
hinreichenden  Kühlungen,  Waschapparaten 
etc.  für  die  Lösungsbereitung  dürfte  eine 
Verunreinigung  der  Lösungen  durch  sub- 
limirten  Schwefel  ausgeschlossen  sein. 

Sehen  wir  von  den  Verunreinigungen 
unserer  im  grossen  bereiteten  Lösungen, 
welche  besonders  aus  schwefelsauren 
Salzen  bestehen,  ab,  so  können  wir  deren 
Hauptbestandteil  oder  das  reine  BisuKit  in 
chemischer  Formel  schreiben : 

Ca  (H  S0,)„  -f  Ha  0. 

Diese  Formel  stellt  also  eine  Lösung 
sauren  schwefligsauren  oder  doppeltschwef- 
ligsauren  Calciums  dar. 

Nach  der  Natur  der  zur  Darstellung 
der  Sulfitlösungen  verwendeten  Kalksteine, 
Dolomite  und  Magnesite  kann  das  Calcium 
teilweise  oder  auch  ganz  durch  Magnesium 
ersetzt  werden,  so  dass  doppeltschweflig- 
saures  Magnesium  allein  =  Mg  (H  COs)a  -f- 
H,  0,  oder  doppeltschwefligsaures  Calcium 
und  doppeltschwefligsaures  Magnesium  neb- 
eneinander in  der  Lösung  sind.   Die  letzte 

*  Es  sind  dies  Sauerstoffsäuren  des  Schwefels, 
welche  im  Molekül  mehr  als  1  Atom  Schwefel 
enthalten,  z.  P».  Dithionsiiure  —  H,S,Ü6,  Trithion- 
säur«  =  H,  Ss  06  etc.,  und  welche  leicht  in 
Schwefelsäure,  schweflige  Säure  und  Schwefel 
frfallen. 


I  Lösung  lässt  sich  durch  folgende  Formel 
ausdrücken: 

\  1  Ca  (HS0,)9  ( 

b  +H,0; 
+  £  j  Mg  (HSO,),  I 

wo  a  -f-  b  =  n  zu  sein  hätte 

Neuerdings  schlägt  Dorenfeld-Wolfach 
vor,  einen  Teil  des  Calciums  resp.  Mag- 
nesiums durch  Natrium  zu  ersetzen.  Die 
Zusammensetzung  solcher  Lösung  würde 
sich  dann  schreiben  lassen: 

l  J  (Ca  H  CO.),  { 
+  1  J  (MgHCO.),  j  +  H,  0; 

+  £  |(Na3HCO,),  j 
wo  a  +  b  -f-  c  =  n. 

Betrachten  wir  nun  die  erste  einfache 
Verbindung  Ca  (H  S0,)2,  so  enthält  die- 
selbe zwei  Moleküle  SO,  =  Schwefeldi- 
oxyd. Ein  Molekül  bildet  Ca  SO,  = 
Calciummonosulßt,  das  andere  bildet  Ht 
SO.  =  schweflige  Säure. 

Die  Erfahrung  lehrt  nun,  dass  Calcium- 
monosulGt  nur  in  sehr  geringen  Mengen* 
in  Wasser,  dagegen  in  einer  wässerigen 
Lösung  von  schwefliger  Säure  leicht 
löslich  ist.  Wären  1  Ca  SO,  und  >/«  (H2  SO,) 
in  einer  Flüssigkeit,  so  bilden  sich: 
»/t  (Ca  SO,)  +  Vt  {  Ca  (HSO,)aj  +  H,  0 
und  es  wird  das  erstere  Calciummonosulfil 
ausfallen  Man  kann  also  sagen :  E  i  n  e  S  u  1- 
fitl  ösung  muss  mindestens  soviel 
freie  als  gebundene  schweflige 
Säure  enthalten 

In  den  meisten  technisch  hergestellten 
Sulütlösungen  ist  aber  mehr  schweflige 
Säure  vorhanden,  als  der  Bisulfitverbind- 
ung  entspricht ;  es  ist  sogar  das  Bestreben, 
Lösungen  mit  möglichst  viel  schwef- 
liger Säure  herzustellen. 

Dr.  Cl.  Winkler  fasst  diese  Sulfitlös- 
ungen als   eine  Auflösung  von  saurem 

*  Nach  Weissberg  löst  Wasser  nur  0,0048'Vo 
Calciummonosulnt. 

7  Pn^cn  J.Opp 


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122 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


schwefligsaurem  Calcium  in  schwefliger 
Säure  auf.* 

Er  scheidet  den  Gesamtgehalt  an 
schwefliger  Säure  in 

a)  den  Teil,  der  als  Monosulfit  vorhanden, 

b)  den  Teil  der  zur  Ueberführung  des 
neutralen  in  saures  Sulfit  (Bisulfit)  er- 
forderlich, 

c)  den  Teil,  der  als  freie,  schwellige  Säure 
vorhanden  ist. 

Die  in  der  Praxis  genannte  »freie 
SO,«  ist  gleichbedeutend  mit  der  in  der 
Wissenschaft  »neutralisirbare  SO , « 
genannten,  welche  in  an  Calciummonosulfit 
gebundene  und  in  freie  SO.,  zerfällt. 

Unsere  Calciumbisulüllösung  kann  man 
schreiben : 

Ca  SO,  +  H,  SO»  +  H,  S0S  +  H,  0 
Monosulfit  wirklich  freie  Wasser 

 .   schw.  Säure 

Bisulfit 

neutralisirbare,  in  der  Praxis  freie  oder 
wirksame  schweflige  Säure. 

Man  muss  diese  verschiedenen  Be- 
zeichnungen der  Wissensehaft  und  Praxis 
genau  kennen  und  auseinanderhalten. 

Untersuchung  der  Sulfitlös- 
ungen. Die  Untersuchung  der  Sulfll- 
lösungen  auf  S02-Gehalt  ist  mittelst  Jod- 
lösung zuerst  von  Herrn  Dr.  A.  Frank- 
Charlotlcnburg  durchgeführt. 

Nach  Dr.  Cl.  Winkler:  Man  lässt 
25  ccm  der  Lösung  in  einer  Pipette  auf- 
steigen, da  schon  durch  Aussaugen  der 
Lösung  schweflige  Säure  entbunden  wird, 
führt  sie  in  einen  vorher  zur  Hälfte  mit 
luftfreiem  Wasser  gefüllten  500  ccm  Kolben 
über,  füllt  bis  zur  Marke  auf  und  mischt 
gehörig  durch. 

1)  Bestimmung  der  gesamt-suhwef- 
ligen  Säure.  5  com  der  verdünnten  = 
0,25  ccm  der  ursprünglichen  Lösung  titrirt 
man  nach  Zusatz  von  etwas  saurem  kohlen- 
saurem Natrium,  um  eine  Verflüchtigung 
von  schwefliger  Säure  zu  vermeiden,  unter 
Zugabe  von  Stärkelösung  mit  Jod 

*  MiiKsitniiiyso  Dr.  Cl.  Winklcr.  Frei I >••!■"', 
.1.  <i.  En»,]l.anli1soli.-  ItuHiliniflliinp  1*88,  S.  I»7. 


(t^  Normaljodlösung  entält  1.2654  g  Jod 
im  Liter). 

Angenommen,  die  Sullitlösung  hätte 
1,0435  spezif.  Gewicht  und  es  wären 
37  ccm  yjjg  Jod  verbraucht,  so  sind  in 
0,25  ccm  der  Lösung  37  .  0,00032  = 
0,0118t  g  SO,  gefunden. 

1 1  Lösung  enthält  also  0,01184 . 4000  g  = 
47,36  g  Gesamt-SO, ;  1  1  Lösung  wiegt 
1043,5  g,  also  100  g  enthalten  4,54  g  Ge- 
samt-SO,. 

Die  Lösung  enthält  also  4,54°/o  Ge- 
samt-SO,. 

2)  Bestimmung  der  neutralisirbaren 
schwefligen  Säure.  50  ccm  der  ver- 
dünnten =  2,5  ccm  der  gleichen  ursprüng- 
lichen Lösung  titrirt  man  unter  Anwend- 
ung von  Phenolphtalein  (nicht  Methy- 
lorange) als  Indikator  mit  ^  Kaliumhyd- 
roxyd. (In  der  Praxis  verwendet  man  Vio  N. 
Natronlösung.)  Angenommen  wir  hätten 
24,00  ccm  Kaliumhydroxyd  verbraucht,  so 
sind  in  2,5  ccm  Lösung  24  .  0,0032  = 
0,0768  g  SO,  gefunden 

1  Liter  =  1043,5  g  der  Lösung  enthält 
0.0768  .  400  =  30,72  g  neulralisirbarer 
SO, ;  100  g  Lösung  enthalten  2,94  g  neu- 
tralisirbare SO,,  d.  h.  2,94  °/o. 

Die  Lösung  enthält  4,54  —  2,9i  = 
l,60°/o  SO,  an  Calcium  gebunden, 
l,60°/o  SO,  für  Bisulfitbildung  verbraucht, 
l,34°/o  SO,  frei  in  der  Lösung. 

Nach   der   vorn   (S.  120)  benutzten 
Schreibweise  hiesse  das,  die  Lösung  enthält : 
4,54°/o  Gesamt-SO„ 
2,94°/o  freie  SO,, 
l,GWo  gebundene  SO,. 

Man  nimmt  an,  dass,  abgesehen  von  dem 
Kalk,  die  2,94°/o  neutralisirbare  SO,  (in  der 
Praxis  freie  genannt)  der  chemisch  wirk- 
same, die  l,60°/o  gebundene  SO,  der  chemisch 
unwirksame  Teil  der  schwefligen  Säure 
beim  Kochprozess  des  Holzes  ist. 

Kür  die  Praxis  ist  es  bequemer,  wenn  man 
10  ccm  Lösung  nimmt,  auf  1000  ccm  = 
1  Liter  verdünnt  und  hievon  10  ccm  = 
0,1  ccm  unverdünnte  Originallösung  an- 
wendet; man  braucht  dann  nicht  um- 
zurechnen, sondern  hat  nur  die  gefundenen 
ccm  ^  Jodlösung  mit  32  zu  multipliziren 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


123 


Bei  Bestimmung  der  neutralisirbaren 
SO,  müssten  dann  selbstverständlich 
100  ccm  der  verdünnten  Lösung  genommen 
werden. 

Vielfach  wird  es  auch  für  praktischer 
gehalten  und  ist  mit  den  Gehalts-Bestimm- 
ungen der  Natron-  und  Sulfatlaugen  über- 
einstimmend, den  üehalt  an  schwefliger 
Säure,  statt  in  Prozenten,  in  Grammen 
pro  Liter  anzugeben. 

Die  von  Dr.  Cl.  Winkler  als  Beispiel 
aufgeführte  Lösung  enthält  in  1  1: 
47,36  g  Gesamt-S03, 
30,72  g  freie  SO,, 
16,64  g  gebundene; 
oder  16,64  g  an  Calcium  gebundene, 
16,64  g  für  Bisulfitbildung, 
14,08  g  frei. 

Darstellung  der  V10"  Normuljod« 
löaung.  l'msublimirtes  Jod  (Joduinresubli- 
matum  den  Handels)  wird  im  Exsiceator  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  einer  Trocknung 
über  Schwefelsaure  unterworfen  und  1,2654  g 
im  versohl  iessbaren  Wiegeglüsehcn  aufs  sorg- 
fältigste abgewogen.  Diese«  Jod  spült  man 
mit  50— 100  ccm  Wasser  schnell  in  einen 
Literkolben  mit  Glasstopfen,  fügt  "2—3  g 
reines  Jodkalium  zu  und  lässt  bei  öftcrem 
gelindem  Umschwenken  des  Kolbens  die 
Lösung  kühl  stehen,  bis  sich  die  Lösung 
in  etwa  24  Stunden  vollzogen  hat.  Dunu 
verdünnt  man  bis  zur  Marke  und  bewahrt  die 
Lösung  in  einer  Flasche  mit  Glasstopfcu  auf. 

Stärkelösung.  Dieselbe  soll  klar  und 
frei  von  klumpigen  Teilen  sein.  Ein  beson- 
deres Präparat  „lötJicho  Stärke",  das  sich 
ohne  Schwierigkeit.  lösen  lässt,  kuun  von 
chemischen  Fabriken  bezogen  werden. 

Saures  kohlensaures  Natrium  in 
Lösung.  50  g  des  käuflichen  reinen  Salzes 
werden  iu  Wasser  kalt  gelöst  und  auf  1  1 
verdünnt. 

In  der  Praxis  titrirte  und  titrirt  man 
viellach  die  Lösungen  mit  V 10  Normal  Jod- 
lösung. 25  ccm  der  Lauge  werden  genau 
aut  250  ccm  verdünnt.  10  ccm  verdünnte  — 
1  ccm  der  unverdünnten  Lösung  werden 
mit  Vi«  N.  Jodlösung  unter  Zusatz  von 
Stärkelösung  titrirt.  Angenommen,  es 
wären  9,5  ccm  Jodlösung  bis  zum  Ein- 
tritt der  Blaufärbung  verbraucht,  so  sind 
(für  den  Vergleich  in  der  Praxis  damals 
als  genau  genug  betrachtet) 


9,5  .  0,32  =  3,04°/«  Gesamt-SO, 
in  der  Lösung. 

Die  freie  (neutralisirbare)  SO,  wird  aus 
der  gleichen  verdünnten  Lösung  durch 
Titriren  mit  Vio  Normal  -  Natronlauge  und 
Phenolphtaleln  als  Indikator  bestimmt. 
Angenommen,  es  wären  6  ccm  V  io  N.  Nat- 
ronlauge verbraucht,  so  sind 

6  .  0,32  =  1,92  °/o  freie  S09 
in  der  Lösung. 

Da  Vio  N.  Jod  nicht  nur  vie* 
teurer,  sondern  auch  viel  wen- 
iger haltbar  ist  als  Vieo  N.  Joel,  so 
sollte  man  im  täglichen  Gebrauche 
nur  letzteres  benutzen. 

Beide  Titrirungen  lassen  sich  nacli  Dr. 
Höhn  nacheinander  mit  einer  Probe  vor- 
nehmen. 

Zunächst  werden  10  ccm  Lösung  auf 
100  ccm  verdünnt,  davon  10  ccm  verdünnt 
=  1  ccm  unverdünnt  mit  Vio  N.  Jod  unter 
Zusatz  von  Stärkelösung  titrirt.  Sind 
wieder  9,5  ccm  Vio  Jodlösung  verbraucht, 
so  sind 

9,5  .  0,32  =  3,04°/»  Gesamt-S0a 
in  der  Lösung. 

Die  titrirle  Flüssigkeit  ist  blau  gefärbt 
und  es  hat  sich  Jodwasserstoffsäure  ge- 
bildet; man  entfärbt  die  Flüssigkeit  durch 
einige  Tropfen  unterschwefligsaurer  Natron- 
lösung, fügt  einige  Tropfen  Phenolphtaleln 
zu  und  titrirt  mit  Vi»  N.  Natronlauge  bis 
zum  Eintritt  der  Rotfärbung.  Bei  dieser 
Zurück-Titration  hat  man  1)  die  gebildete 
Jodwasserstoffsäure  =  der  Anzahl  der 
verbrauchten  ccm  Jod,  2)  die  gebildete 
freie  Schwefelsäure  zu  neutralisiren.  Sind 
15.5  ccm  Vio  N.  Natron  verbraucht,  so  sind 
(15,5—95) .  0,32  =  6  0,32  =  1,92<>/o  freie 
SO,  in  der  Originallösung,  oder  wie  ge- 
wöhnlich in  der  Praxis  geschrieben: 
3.04°/o  Gesamt- S0a 
l,92»/o  freie  S03 
U2°/o  gebundene  SO, 

Haben  wir  mit  einer  reinen  Galcium- 
sulGtlösung  zu  thun,  so  kann  man  den 
CaO-Gehalt  ausrechnen 

Ca  0 :  SO,  =  56  :  64  =  7  :  8. 

Sehen  wir  von  dem  Gehalt  an  schwefel- 
saurem Kalk  in  der  Sullitlösung  ab,  so  ist 


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124  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  R.  UND  C  ZELLSTOFF. 


in  obigem  Falle  1,12  .  |  =  0,98°/o  Ca  0 
in  der  Lösung  (an  SO,  gebunden)  vor- 
handen. Weiss  man,  dass  */»  Kalk  und  . 
'/s  Magnesia  in  der  Lösung  enthalten  sind, 
so  ist  zu  berücksichtigen,  dass  sich  ver- 
halten Mg  0  :  SO,  =  40  :  64  =  4  :  8  . 

Ca  0  :  Vs  Mg  0  :  s/s  SO,  =  2  .  7  : 
1.5  =  3.8  =  14:5:24;  demnach 

^  1,12  =  0,653%  Ca  0  und  ~   1,12  = 

0,233  Mg  0. 

Eine  andere  Untersucbangs-Methode 
schlägt  Dr.  E.  Streeb*  vor  und  dieselbe 
dürfte  inzwischen  auch  in  den  Zellstoff- 
fabriken  eingeführt  sein. 

Dr.  Streeb  braucht  zur  Lösungs-Unter- 
suchung nur  eine  l°/oige  Natronlauge,  als 
ndikator  eine  Lösung  von  Vs  g  Methylor- 
ange und  Vi  g  PhenolphtaleYn**  im  I,  eine 
30  ccm  Bürette  und  eine  10  ccm  Pipette 

Es  werden  10  ccm  Lösung  mit  der 
Pipette  in  ein  Becberglas  oder  eine  Por- 
zellanschale, worin  sich  etwas  Wasser  be- 
findet, gebracht  und  ein  Tropfen  des  In- 
dikator! zugesetzt  Man  lässt  von  der 
Natronlauge  am  besten  aus  einer  Ab-  und 
Zuflussbürette  mit  selbstthätiger  Nullpunkt- 
einstellung  zuQiessen,  bis  das  Orange  in 
Gelb  umschlägt.  Es  ist  dies  der  Moment, 
wo  sich  die  freie  SO,  der  Lösung  in 
Natriumbisulfit  =  Na  H  S0S  umgebildet  hat, 
welches  gegen  Methylorange  sich  neutral 
verhält.  Der  Uebergang  von  Orange  in 
Gelb  ist  nicht  auffallend,  aber  bei  einiger 
Uebung  doch  gut  zu  erkennen.  Die  abge- 
lesene Zahl  verbrauchter  ccm  Natronlauge 
sei  a.  Bei  weiterem  Zusatz  von  Natron- 
lauge wird  auch  die  halbgebundene  SO, 
gesättigt,  es  entsteht  Ca  S09  und  Na,  S09 
und  in  diesem  Zustande  reagiert  die  Lös- 
ung gegen  PhenolphtaleYn  neutral,  das  Rot 
des  letzteren  tritt  zur  Wirkung  und  dies 
tritt  sehr  deutlich  in  die  Erscheinung,  in- 
dem Gelb  wieder  in  Orange  übergeht. 
Die  nun  abgelesene  Zahl  sei  b. 

Man  erhält  dann  den  Prozentgehalt  der 
Lauge  an: 

•  Wochenblatt  Jg.  1894,  S.  2197. 
**  Beides  kann  von  Dr.  Bender  und  Dr.  Hobein, 
München,  bezogen  werden. 


gesamter  SO,  =  (b  —  a)  .  0,16 
sog.  freier  „    =  b  .  0,08 

sog.  geb.   „    =  (b  -  2a)  .  0.08 
Ca  0        „    =  (b  -  2a)  .  0,07. 
Es  wird  für  alle  Fälle  genügen,  die 
freie  und  gebundene  SO,  zu  berechnen, 
also  z.  B. : 

a  =  10,4  ,  b  =  36,2 

sog.  freie  SO,  =  36,2  .  0,08  =  2,89H°/o 

sog.  geb.  SO,  =  15,4  .  0,08  =  1,232°/» 

Gesamt-SO,     =  25,8  .  0,16  =  4,128°/o 

Ca  O-Gehalt    =  15,4  .  0,07  =  l,078°/o 

Die  Resultate  stimmen  mit  unter  gleichen 
Bedingungen  und  genau  ausgeführten  jodo- 
metrischen  Bestimmungen  vollständig  über- 
ein und  zeigten  auch  bei  der  Ausführung 
durch  Arbeiter,  selbst  bei  Nacht,  keine 
wesentlichen  Unterschiede. 

Sämtliche  Operationen  bei  Untersuch- 
ung des  SO,-Gehaltes  der  Sulfitlösungen 
sollten  möglichst  rasch  ausgeführt  werden. 
Keinesfalls  dürfen  die  Proben  längere  Zeit 
in  offenen  Gefässen  stehen  bleiben,  da 
die  freie  SO,  sich  leicht  verflüchtigt  und 
man  zu  niedere  Resultate  findet. 

Anmerkung.  Dr.  A.  Krank  hat  vorge- 
schlagen, zum  Nachweis  kleinster  Mengen  SOj 
sich  des  jodsauren  Kalium-Htürkcpapirrs  zu  be- 
dienen. 2  g  Stärke  in  100  cem  Wasser  gekocht, 
V,  X  jodsaures  Kalium  (nicht  .lodkalium),  in 
wenig  WaBser  gelost,  dazugethan  und  Fütrir- 
papier  darin  getränkt  und  getrocknet.  Vor  der 
Prüfung  einer  Flüssigkeit  auf  SO,  feuchtet  man 
das  Reagenspapier  mit  l°'o  Salzsäure  an.  Färbt 
sich  das  Papier  heim  Eintauchen  blau,  so  ist 
SO,  in  der  zu  prüfenden  Flüssigkeit. 

3)  Schwefelsäurebestimmung 

Man  kocht  10  ccm  der  Kochlösung  mit 

reiner  Salzsäure  bis  alle  schweflige  Säure 

ausgetrieben  ist  und  versetzt  die  noch 

heisse  Flüssigkeit  mit  einer  Chlorbarium  = 

Ba  Cl,lösung;   bei   Vorhandensein  von 

Schwefelsäure  fällt  Bariumsulfat  =  BaS04 

aus,  man  lässt  erkalten,  12  Stdn.  absitzen, 

filtrirt,  trocknet,  verbrennt,  glüht,  lässt  im 

Exsicator  erkalten,  und  wägt  als  BaS04, 
80 

cc  Vi  des  gefundenen  Gewichtes  ist 

der  SOs-Gehalt  in  10  ccm  der  Lösung. 

4)  Eisen-  und  Thonerdebe- 
stimmung. Man  kocht  10  ccm  mit 
reiner  Salzsäure  bis  die  schweflige  Säure 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


125 


ausgetrieben  ist,  setzt,  um  das  Eisen  zu 
oxydiren,  Salpetersäure  oder  chlorsaures 
Kali  oder  Brom  zu,  kocht  bis  das  K  Cl  08 
zersetzt,  oder  das  Brom  ausgetrieben  ist 
und  fügt  dazu  Ammoniak.  Es  fällt  Eisen 
und  Thonerde  aus,  welche  abfiltrirt,  aus- 
gewaschen, getrocknet  und  in  Salzsäure 
wieder  aulgenommen  werden,  im  übrigen 
verfährt  man  mit  der  salzsauren  Eisen- 
und  Thonerdelösung  ;  wie  bei  der  Unter- 
suchung der  Kalksteine,  S.  117  unten  4. 
und  S.  118  oben  5. 

5)  Kalkbestimmung.  Das  bei  der 
Eisen-  und  Thonerdebesliinmung  gewonnene 
Filtrat  wird  mit  oxalsaurem  Ammon  versetzt 
und  gekocht ;  dann  wird  Qllrirt,  gut  ausge- 
waschen, getrocknet  und  unter  Anwendung 
eines  Gebläses  scharf  ausgeglüht  und  als 
Ca  0  gewogen. 

6)  Magnesiabestimmung.  Man 
kocht  wieder  eine,  je  nach  dem  vermuteten 

Tabelle  XII.  Untersuch! 


MgO-Gehalt  bemessene  Menge  der  zu 
untersuchenden  Kochlüsung  mit  Salzsäure, 
bis  die  SO„  ausgetrieben  ist,  fällt  den  Kalk 
mit  Ammoniak  und  oxalsaurem  Ammon 
und  verfährt  mit  dem  Filtrat  wie  unter  3. 
S.  117. 


5° 


Verfasser  fand  in  einer  Turmlösung  v. 

B.: 

1)  Gesamt  S0„  3,56°/© 

2)  Neutralisirbare 
(freie)  SO.,  l;84»/o 
somit  geb.  S02  l,72°/o 

3)  S08  0,09°/o 

4)  Eisen  und  Thonerde  Spur 

5)  CaO  1.39%, 

6)  MgO  (),U°/°. 

Um  über  die  Verschiedenheit  der  Zu- 
sammensetzung unserer  im  Fabrikbetriebe 
hergestellten  Lösungen  ein  Bild  zu  geben, 
sei  folgende  Tabelle  mitgeteilt: 
ungen  von  Sulfitlösungen. 


No. 

Mitgeteilt 

Stärke 
°B 

SO.,-Gehalt 
in  Prozent 

SO,-Gehalt 
in  Prozent 

°/o 
Ca  0 

°/o 
MgO 

°/o 

FeO 

von 

Gesamt 

frei  | 

gebunden 

1 

Prof.  Dr. 

3 

1,826 

1,128 

0,698 

2 

A.  Harpf 

3,5 

2,086 

1,289 

0,797 

3 

II 

4 

2,404 

1,457 

0,947 

4 

1» 

4,5 

3,397 

2,098 

1,299 

0,176 

1,079 

0,021 

Spur 

4a 

>» 

»> 

2,792 

1,755 

1,037 

5 

>» 

5 

3,064 

1,872 

1,192 

6 

M 

5,5 

3,485 

2,138 

1,347 

7 

>» 

6 

3,816 

2,251 

1,565 

8 

Prof.  Kirchner 

4,5 

3,240 

2,151 

1,089 

0,076 

1,006 

9 

» 

5 

3,560 

1,840 

1,720 

0,090 

1,390 

0,11 

Spur 

10 

5,3 

3,390 

1,760 

1,630 

1,420 

11 

5,8 

4,230 

2,540 

1,690 

0,089 

1,480 

12 

5 

4,130 

3,101 

1,026 

0,898 

13 

4,000 

2,880 

1,120 

0,980 

14 

» 

3,960 

2,897 

1,063 

0,930 

15 

3,950 

2,916 

1,034 

0,9(>5 

Hierzu  sei  bemerkt,  dass  die  Lösungen 
1  bis  11  Turmlösungen,  12  bis  15  aber 
Botticnlösnngen  (ähnlich  dem  Ritter- 
Kellner'schen  Terassenapparat)  sind. 

Ueber  die  Herstellung,  den  Wert  und 
den  Herstellungspreis  der  Sulfitlösungen 
aus  Schwefel  und  aus  Pyriten,  sowie  über 
die  aushilfsweise  Mitverwendung  käuflicher 


flüssiger  S03  soll  in  einem  späteren  Ka- 
pitel ausführlich  die  Rede  sein. 

Aufbewahrung  der  Lösungen. 
Die  Sulfitlösungen  sollten,  wie  es  bei  den 
S05  -reicheren  Ritter-Kellner'schen  Lösung- 
en auch  meist  geschieht,  unter  Luftabschluss 
aufbewahrt  werden;  wenn  auch  das  Abgeben 
von  S02  an  die  Luit  nur  in  geringen 


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126 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


Mengen  vor  sich  geht,  so  ist  doch  jeder  Ver- 
lust an  S04  nach  Möglichkeit  zu  vermeiden. 
Auf  die  Arbeiter,  Maschinen,  Kocher  etc , 
und  aut  die  Vegetation  der  Umgebung 
üben  besonders  die  etwa  bei  der  Lösungs- 
bereitung nicht  absorbirten  Säure-Gase 
einen  schädigenden  Einfluss. 

Die  vor  jetzt  etwa  20  Jahren  vielfach 
ausgerührten  Lüsungsvorratsbottiche  und 
Kästen  von  Holz  mit  innerem  Bleibelag 
haben  viele  Bleireparaturen  durchzumachen 
und  sind,  wie  Verfasser  mehrfach  sich 
überzeugte,  teilweise  schon  im  Verfall  be- 
griffen. Die  zum  Teil  in  den  Erdboden 
versenkten  Cementvorretsbassins,  sofern 
sie  in  Böden  und  Seitenwänden  solid  auf- 
gemauert und  mit  möglichst  säurefestem, 
fein  geglättetem  Cement  ausgekleidet  sind, 
dürften  gegenüber  den  verbleiten  Holzge- 
fässen  auf  die  Dauer  den  Vorzug  ver- 
dienen, wenn  ihr  Herstellungspreis  sich 
auch  augenblicklich  höher  stellt.  Von  er- 
fahrener Seite  wird  die  Verblei ung  der 
Cementbassins  sehr  empfohlen. 

In  neuerer  Zeit  verwendet  man  auch 
Holz-  und  Eisenbehälter,  die  innen  voll- 
ständig m.t  Asphalt  ausgekleidet  werden. 

Leckagen  der  Lösungsvorratsgefässe, 
seien  sie  nun  aus  Holz  und  Blei  oder  aus 
Cement,  müssen  nicht  nur  wegen  der  ein- 
tretenden immerwährenden  Verluste,  son- 
dern auch  wegen  der  dadurch  herbeige- 
führten Verderbnis  der  Grundwässer  so- 
wie der  Schädigung  der  Gebäude-Grund- 
mauern unbedingt  vermieden  werden. 

Nachträge  zu  den  Preisen  der 
Schwefelkiese. 

Bei  Umfragen  nach  heutigen  (Juni  1900) 
Preisen  der  Schwefelkiese  schreiben  mir: 

Dr.  A  Der  Preis  ab  Werk  ist  heute 
1,20  Mk.  qro  100  kg,  da  nun  für  Mittel- 
80  P(g.  Fracht  hinzukommen,  würden  100  kg 
sich  auf  2  Mk.  franco  Celluloselabrik  stellen. 

Grube  B.  Die  Kiese  stellen  sich  im 
mittleren  Deutschland  auf  ca.  2  Mk  pro 
100  kg  frei  Fabrik.  Der  erwähnte  Preis 
von  Jurisch  (S.  114  r.  Sp.  unten)  8.23  Mk., 
die  Tonne  beruht  jedenfalls  auf  einem  Irrtum. 
(Bezieht  sich,  wie  aus  nachfolgendem  er- 
sichtlich, auf  den  Preis  ab  Grube.  Der  Verf.) 


Direktor  C.  Es  ist  ganz  natürlich, 
dass  die  Schwefelkiespreise  verschieden 
sind.   Es  sprechen  dabei  mit 

1)  der  Schwefelgehalt  und  die  Gutartig- 
keit beim  Rösten, 

2)  die  etwa  zu  gewinnenden  Nebenpro- 
dukte, z.  B.  Kupfer,  Zink  und  Eisen, 

3)  die  Lage  der  Fabrik  zu  den  Fund- 
stätten (Fracht)  und 

4)  die  Grösse  des  Bezuges. 
Westfälische  Kiese  mit  ca.  42°/o 

geben  Schwefel  höchstens  36°/«  Ausbeute, 
da  bei  guter  Arbeit  immer  noch  2°/«  Ver- 
lust entstehen  und  4°/o  im  Abbrand  bleiben, 
er  kostet  heute  ohne  Fracht  76  —  80  M.  pro 
1000)  kg.  Die  aus  100  kg  Kies  erziel- 
baren 36  kg  Schwefel  kosten  ca.  M  1,50  und 
somit  100  kg  Schwefel  4,20  M. ;  vor  einigen 
Jahren  waren  10000  kg  2  bis  3  M.  billiger. 
Für  gewöhnlich  darf  man  nur  auf  unter 
36*/o  Ausbeute  und  noch  höhere  Einkaufs- 
preise rechnen.  Bei  diesem  Preise  ist  der 
Wert  des  Abbrandes  nicht  berücksichtigt. 
Schwefel  von  Span.  Kies  kommt  etwas 
höher  zu  stehen,  wenn  der  wertvolle  kupfer- 
haltige  Abbrand  verwertet  werden  kann, 
bedeutend  höher,  wenn  letzteres  nicht  der 
Fall  ist.  Portugisischer  Kies,  der  kein  Kupfer 
und  kein  Zink  enthält,  stellt  sieb,  da  der 
Abbrand  zur  Verhütung  gut  verwendbar 
ist,  nur  wenig  teurer  als  westfälischer  Kies. 

Zum  Schwefel- und  Schwefelkies- 
verbrauch. 
Die  Firma  L.  F.  Fricke,  Hamburg, 
Burghot  hat  festgestellt,  dass  32  deutsche 
Sulfitzellstofffabriken  sicilianische  Schwefel 
verbrauchen,  und  zwar  im  Jahre  etwa 
15000  t.  Nehmen  wir  für  Herstellung  von 
1000  kg  tr.  Stoff  etwa  110  kg  Schwefel- 
verbrauch an,  so  werden  von  diesen  Fa- 
briken 136000  t  Cellulose  jährlich  erzeugt; 
nimmt  man  350000  t  Gesamtcellulosepro- 
duklion  pro  Jahr  in  Deutschland  an, 
wovon  25000  t  Natronstoff,  so  erzeugen 
weitere  33  Schwefelkies  verwendende 
Fabriken  etwa  190000  t  Cellulose  unter 
Aufwendung  von  21000  t  Schwefel  aus  etwa 
60000  t  Schwefelkies  im  Jahre.  Von  den 
letzten  190000  t  Cellulose,  die  vielleicht 
etwas  hoch  erscheinen,  fertigt  »Waldhof« 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Iii.  ß.  UND  C.   ZELLSTOFF.  127 


allein  45—50000  t  Cellulose  jährlich ;  es 
bleiben  daher  nur  145-140000  t  auf 
32  Fabriken  jährlich. 

Die  Chlorkalklösungen. 

Nach  dem  II.  E.  S.  150  von  Prof.  Dr. 
Bornemann  Gesagten  entspricht  Chlorkalk 
der  chemischen  Formel : 

Ca  Cl  (0  Cl)  +  H,  0 

Nach  derselben  sollte  der  Chlorkalk 
48,89°/o  Chlor  enthalten ;  wegen  der  Bei- 
mengungen des  Kalkes  =  Ca  0  ist  das 


I  erreichbare  Maximum  nur  43°/o  Chlorge- 
halt und  der  beste  Chlorkalk  des  Handels 
dürfte  nur  39  bis  41*/o  Chlor  enthalten 

Für  gewöhnlich  hat  man  im  Handel 
Chlorkalk  von  100°  =  31,78°/o  Cl.  oder 
von  110°  =  34,95*/o  Cl. 

Wegen  Darstellung,  Wirkungsweise, 
Säurezugabe  und  Antichlor  sei  auf  die  er- 
wähnte Arbeit  genannten  Verfahrers  II.  E. 
dieses  Werkes  S.  149/52  und  spätere  Aus- 
führungen verwiesen. 


XIII.  Tabelle.    Gehalt  des  wirksamen  Chlors  und  des  zur  Lösung  von  einem  Liter 
Chlorwasser  nötigen  Chlorkalkes  von  35°/#  Chlorgehalt.  Temp.  15 6  C. 


Sp.  ü. 

Grade  Baume 

Twaddle 

g  wirks.  Chlor 
&  1. 

g  Chlorkalk  v.  35°/o 
fr.  Chlor  ä  1. 

1,007 

1 

1,4 

3,78 

10.60 

1,014 

2 

2,8 

7,92 

22.63 

1,022 

3 

4,4 

12.55 

35,85 

1,029 

4 

5,8 

16.79 

48,00 

1,037 

5 

7.4 

21,75 

62.00 

1,045 

6 

9,0 

26,62 

70,<JO 

1,052 

7 

10,4 

31,25 

89.15 

1,060 

8 

12,0 

35,81 

102,30 

1.067 

9 

13,4 

■10,75 

1 16,40 

1,075 

10 

15 

45,70 

130,50 

1,083 

11 

16.6 

51.50 

147,14 

1,091 

12 

18.2 

56.50 

161,42 

1,100 

13 

20 

61,50 

175.70 

1,108 

14 

21.6 

09.70 

199.10 

1,116 

15 

23.2 

77,90 

222,50 

Vorstehende  Tabelle  soll  nur   einen  j 
Anhaltspunkt  für  Bestimmungen  in  der 
Praxis  geben,  sie  macht  keinen  Anspruch 
auf  absolute  Genauigkeit.   Diese  ist  durch 
die  chemische  Analyse  zu  erzielen. 

Uebrigens  begnügt  man  sich  in  der 
Praxis  meist  damit,  den  Gehalt  des  Chlor- 
kalkes an  wirksamem  Chlor  zu  bestimmen 
und  darnach  den  Gehalt  der  Lösungen  in 
den  Vorratskästen,  deren  Inhalt  man  ge- 
nau ausmisst,  auszurechnen. 

Die  Auflösung  des  pulverförmig  in  den 
Handel  kommenden  Chlorkalks  geschieht 
in  eisernen,  durchlochten  drehbaren  Eisen- 
trommeln mit  darin  befindlichen  Eisen- 
kugeln oder  man  lüsst  den  Chlorkalk  mit  | 


Wasser  durch  einen  Stein  mahlgang  gehen, 
oder  man  löst  den  Inhalt  ganzer  Fässer 
auf  einmal  in  einem  Eisen-  oder  Cement- 
bottich  mit  Rührwerk  auf.  Nach  Erfahr- 
ung des  Verfassers  erreicht  man  auch  in 
letztem  Falle  durch  langes  gründliches 
Rühren  des  Ansatzes  eine  gute  Ausnutzung 
des  Chlorkalkes. 

Nach  der  mechanischen  Behandlung 
muss  man  der  Lösung  Zeit  lassen,  sich 
vollständig  zu  klären  und  nur  das  Klare  in 
die  Vorratsbehälter  für  die  Bleichlösung 
ablassen. 

Der  Vorrat  an  Chlorkalklösungen  sollte 
in  durchaus  dichten  Eisen-  oder  Cement- 
bassins  aufbewahrt    werden    und  alle 


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128  £.  KIRCHNER.   DAS  PAPlEft.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


genannten  Gefässe  sind  zur  Vermeidung  eines 
Verschmutzens  und  von  Unfällen  solid 
und  fugenfrei  abzudecken  oder  zu  über- 
wölben. 

Die  Stärke,  in  der  man  die  Chlorkalk- 
lösungen herstellt,  schwankt  je  nach  der 
Art  des  Zellstoffs,  dem  Holländereintrag 
und  der  Bleichmethode  in  ziemlich  weiten 
Grenzen,  doch  dürften  Stärken  von  3—7°  B 
die  gebräuchlichsten  und  angemessene  sein. 

Es  kommt  beim  Ansetzen  von  Chlor- 
wasser vor  allem  darauf  an,  dass  die 
kleinen  Klümpchen  des  Chlorkalkes  gut 
zerkleinert  werden.  Chlorkalklösungen 
müssen,  wie  schon  gesagt,  gut  abgeklärt  sein. 
Mit  trübem  Chlorwasser  gebleichte  Stoffe 
sind  dem  Vergilben  stark  ausgesetzt  wegen 
der  in  den  Lösungen  schwebenden  Kalk- 
leilchen.  Dann  aber  ist  auch  dem  Aus- 
süssen des  Chlorkalkes  alle  Auf- 
merksamkeit zuzuwenden. 

Der  Schlamm  eines  Kastens  enthielt 
vor  dem  Aussüssen  17,11  g  Cl  im  l.  Es 
handelte  sich  um  eine  Schlammmenge 
von  8,97  cbm  =  9956  kg ;  dieser  enthielt 
also  153,37  kg  Cl  =  479  kg  Chlorkalk 
von  32°/o  Cl-Gehalt.  Nach  dem  Aussüssen 
2,20  g  Cl  im  1  bei  einer  Menge  von  7,5 
cbm  =  7950  kg,  welche  16,5  kg  Cl  = 
51,5  kg  Chlorkalk  von  32°/o  Cl-Gehalt 
hatten.  Es  waren  also  das  wirksame  Chlor 
von  427,5  kg  Chlorkalk  durch  das  Aus- 
süssen zurückgewonnen ! 

Der  Chlorkalk  wird  meist  in  franzö- 
sischen (Gay-Lussac-)  Graden  gehandelt 
und  sei  zur  Orientirung  die  Tabelle  XIV 
mitgeteilt,  welche  die  Ablesung  des  Chlor- 
gehaltes in  Prozenten  zu  den  Graden  er- 
möglicht. 

Französische  oder  Gay-Lussac-Grade 
bedeuten  die  Anzahl  Liter  Chlorgas  von  0° 
Temperatur  und  760  mm  Druck  (Queck- 
silbersäule), welche  1  kg  des  Chlorkalkes 
entwickeln  kann. 

Untersuchung  des  Chlorkalkes 
auf  wirksames  Chlor. 
Probeziehen.  Man  bohrt  mit  ein- 
em Zentrumbohrer  in  eine  Anzahl  Fässer 
der  Sendung  Löcher  von  2~2Vt  cm  Durch- 
messer bis  an  das  Verpackungspapier,  ent- 


Tabelle XIV.   Vergleichung  des  Prozent- 
gehaltes an  bleichendem  Chlor  mit  den 
französischen  (Gay-Lussac-)  Graden. 


G-L- 
Grade 

Ol  1 

|'yB  tnlor 

|  G-L- 
Grade 

"/j  Oblor 

lü-L- 
Grade 

•/0  Lhlor 

9n  n9 

!  ftT. 

IUI 

AI 

CU\  Ol 

o*> 

108 

6ö 

R7 

MI  ,00 

III  £1 

mj 

RA 

97  Qf. 

im 
DU 

34,95 

U7 

91  9Q 

ÜU 

Iii 
in 

oo,27 

RR 
DO 

91  Iii 

Qä\ 
W 

9fl  ßi\ 

119 

ne  t  s\ 

So.oW 

91 

Ol 
VI 

9ä  oo 

1 1Q 
HD 

>,9 1 

99  OA 

QO 

OO  9ft 

III 

36,22 

71 

go 
vn 

Od  KR 

ob,i\l 

72 

22,88 

94 

29,87 

116 

00,CH> 

73 

23,20 

95 

30,19 

117 

37,18 

74 

28,51 

96 

80,51 

118 

87,60 

76 

23,83 

97 

30,82 

119 

37,81 

76 

24,15 

98 

31,14 

120 

38,13 

77 

24,47 

99 

31,46 

121 

38,45 

78 

24,79 

100 

31,78 

122 

38,77 

79 

25,10 

101 

32,09 

128 

89,08 

80 

25,42 

102 

32,41 

124 

39,40 

81 

25,74 

103 

32,73 

|  126 

39,72 

82 

20,00 

104 

33,05 

126 

40,04 

83 

26,37  : 

105 

33,86 

'  127 

40,86 

84 

26,69 

-  ■  -  

106 

33,68 

128 

40,67 

fernt  die  Holzspäne,  stösst  mit  einem 
etwas  kleineren  Löffelbohrer  bis  in  die 
Mitte  des  Fasses  und  zieht  so  vorsichtig 
aus  jedem  Fass  eine  Probe,  die  man  so- 
fort in  ein  grosses  luftdicht  verschliess- 
barea  Probenglas  sammelt  und  (gründlich 
durchschüttelt.  (Die  Fässer  werden  durch 
Korke  oder  gut  passende  Holzstopfen 
wieder  dicht  verschlossen.) 

Die  Chlorkalkmuster  muss  man  an 
einem  dunklen  und  kühlen  Orte  verwahren 
und  möglichst  bald  analysiren. 

Untersuchung.  Penot's  Methode 
nach  Lunge.  Man  wägt  7,100  g  des  gut 
gemischten  Chlorkalkmusters  ab,  zerreibt 
dies  in  einem  Porzellanmörser,  dessen 
Schnauze  unten  etwas  eingefettet  ist,  mit 
wenig  Wasser  zu  einem  völlig  gleich- 
mässigen  zarten  Brei,  verdünnt  mit  mehr 
Wasser,  spült  das  Ganze  in  einen  Liter- 
kolben, verdünnt  bis  zur  Marke  und  pipet- 
tirt  für  jede  Probe  nach  gutem  Umschütt- 
eln des  Kolbens  60  cem  =  0,355  g  Chlor- 
kalk in  ein  Becherglas.   Hierzu  lässt  man 


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E.  KIR 


.    DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


129 


unter  fortwährendem  Umschwenken  alkal- 
ische Zehntelnoimal-Arsenlösung*  laufen, 
bis  man  nicht  mehr  sehr  weit  von  der 
zu  erwartenden  Grädigkeit  entfernt  ist. 
Dann  bringt  man  (mit  einem  spitzen  Glas- 
slab) ein  Tröpfchen  des  Gemisches  auf 
ein  Stück  Filtrirpapier,  das  mit  einer 
etwas  Jodkalium  haltigen  Stärkelosung** 
angefeuchtet  ist.  Je  nach  der  Tiefe  der 
entstehenden  blauen  Farbe  (bei  ganz  gross- 
em Ueberschusse  an  Chlor  wird  der  Fleck 
braun)  setzt  man  wieder  mehr  oder  weniger 
Arsenlösung  zu  und  wiederholt  das  Tüpf- 
eln, bis  das  Reagenspapier  nur  noch  kaum 
merklich  oder  gar  nicht  gebläut  wird. 
Jedes  Cubikcenümeter  der  Arsenlösung 
zeigt  l°/o  bleichendes  Chlor  an. 

Haltbarkeit  der  Chlor  kalklns- 
ungen.  Verschiedene  in-  und  ausländ- 
ische Chemiker  haben  an  der  Frage  nach 
der  Haltbarkeit  der  Chlorlösungen  gearbeitet  ; 
darnach  ist  eine  Chlorkalklösung  unter  ge- 
wöhnlichen Temperaturen  und  bei  Ab- 
schluss  des  Lichtes  auf  einige  Wochen 
baltbar.  Nach  Untersuchungen  des  engl. 
Chemikers  Clayton  Beadle  soll  sich  aber  bei 
mehr  als  sechsWochen  Aufbewahr- 
ung eine  Chlorkalklösung  unter  Veränder- 
ung der  Farbe  und  rascher  Verringerung 
des  Chlorgehaltes  zersetzen,  wobei  eine 
Verflüchtigung  freien  Chlors,  oder  eine 
Entwickelung  unterchloriger  Säure 
eintreten  soll.  Diese  Veränderung  kann 
bei  höheren  Temperaturen  viel  früher  ein- 
treten. Es  wird  von  Beadle  noch  gewarnt. 
Reste  der  Cblorkalklösungen  in  Vorrrta- 


*  Man  vergleiche  U.  K.  S.  152  linkt-  Spalte. 
'Vmisch  reine,  arsenige  Säure  As,  Os  wird 
einige  Zeit  im  Kxsiccator  üWr  Schwefelsäure  ge- 
innknet,  genau  4,050  g  abgewogen,  mit  10  g 
ft-inem  Natron  bicarb.  und  ca.  200  g  Wasser  bis 
iut  völligen  Auflösuug  gekocht  nach  Zufügung 
von  noch  10  g  doppeltkohlens.  Natron  erkalten 
blassen  und  auf  1  1  verdünnt. 

"Das  J  odkaliumatä rkepapicr  bereitet 
nun  sich  nach  Cl.  Winkler  hui  bestem  weissem 
Schreit)-  und  Druckpapier,  indem  mau  es  durch 
uit  wenig  .Jodkalium  versetzte  Stärkelösung  zieht, 
<r<«eknet,  in  Streifen  schneidet  und  in  einer  dicht- 
HhUcMcndeu  Ulasbüchse  aufhebt. 


bassins  längere  Zeit  stehen  zu  lassen  und 
frische  Lösungen  dazu  zu  leeren,  da  die  Ge- 
fahr vorliegt,  dass  die  zugefügte  frische  Lös- 
ung durch  verdorbene  Lösungsreste  schnell 
zersetzt,  oder  doch  deren  Zersetzung  be- 
fördert wird.  Im  allgemeinen  sind  die 
Gründe  der  Zersetzung  der  Chlorlaugen 
noch  zu  wenig  erforscht.  Man  weiss  nichts 
Bestimmtes  über  den  Einfluss  des  Lichtes, 
der  Wärme,  der  Luft,  ebenso  ob  eine 
starke  oder  schwache  Lösung  haltbarer  ist. 

Andere  Bleichmittel  der  Zell- 
stoffe. Kochsalzlösung  Na  CI  + 
Hg  0  kann  durch  den  elektrischen  Strom 
unter  Austreiben  des  Wasserstoffes  =-  H 
des  Wassers  =  H,  0  in  eine  Na  Cl  0  = 
unterchlorigsaures  Natron  enthaltende  Lös- 
ung umgewandelt  werden.  Diese  Lösung 
ist  von  Hermite,  Dr.  C.  Kellner  u.  a.  zum 
Bleichen  von  Zellstoffen  benützt  und  ver- 
hält sich  dabei  ganz  ähnlich  wie  die  Chlor- 
kalklösung. Näheres  über  elektrischen 
Bleichverfahren  wird  später  folgen. 

Wasserstoffsuperoxyd  =  H,  üa, 
Natriumsuperoxyd  =*  Na  0  und 
übermangansaures  Natron  oder 
Natriumpermanganat  =  Na  Mn  04  sind 
ebenfalls  wirksame,  jedoch  für  Zell- 
stoffe (nach  Wissen  des  Verfahrers)  nicht 
angewendete  Mittel. 

Da  in  diesem  Werk  und  in  der  Littern- 
tur  der  Papierindustrie  bei  Wiedergaho 
fremdländischer  Artikel  ausser  Baume  - 
Graden  auch  Densigrade  (Frankreich)  und 
Twaddle-Grade  (England  und  Amerika) 
vorkommen,  so  sei  folgende  Vergleichs - 
tabelle  XV.  (s.  S.  130)'  dieser  Araeometer- 
grade  und  der  entsprechenden  spezifischen 
Gewichte  zugefügt. 

Diese  Tabelle  kann  man  auch  benutzen, 
um  nicht  darin  vorkommende 
ganze  D  Grade  oder  T  in  B  umzurechnen, 
z.  B.:  wie  viel  Grade  Baume  sind  121°  T? 
Differenz  123  —  119,4  =  3,0°  T,  also 
1°  B  =  3,fi°  T  demnach,  da  121  —  119,4  = 

1,6°  T.  Es  entsprechen  1,6°  T  =  1  J'jj  =  * 

=  0,44°  B  ;  somit  121°  T  ^  54,44°  B.  Eben- 
so tindet  man:  12 14  T  =  60.50°  D  und 
51*  D  ae  102°  T  =  48,75"  B. 

H,    Unheil  >!t<N>. 


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i;$o 


KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


XV.  Tabelle.    Vergleich  verschiedener  Araeoraetergrade 
1)  Baum6-Grade  als  Einheil,  gesehr.  B. 
D  =  Densigraden,  T  =  Twaddle-Grade  in  England  allein  gebräuchlich. 


»pec.  1 
Gew. 

D 

1 

T     '  B 

L 

Spec. 
Gew.  I 

D  T 

B 

bpec.  | 
Gew.  , 

D 

T  ' 

 \ 

B 

1,007 

0,7 

1,4 

1 

19,0 

38,0 

23 

1,453 

45,3 

90,6 

45 

1,014 

1,4 

2,8 

«> 

1,200 

20,0 

40,0 

24 

1.168 

46,8 

93,6 

4f) 

1,022 

2,2 

4,4 

3 

1.210 

21,0 

42,0 

25  : 

1.488 

48,3 

966 

47 

1,029 

2,9 

5,8 

4 

1.220 

22,0 

44.0 

26 

1.498 

49,8 

99.6 

48 

1,037 

3,7 

7,4 

5 

1.231 

23,1 

46,2 

« 

1,514 

51.4 

102.8 

49 

1,045 

4,5 

9,0 

6 

1.241 

24.1 

48,2 

28 

1.530 

53,0 

106,0 

50 

1,052 

5.2 

10,4 

7 

1,252 

25.2 

50.4 

29 

1,5*6 

54.6 

109,2 

51 

1,060 

6,0 

12,0 

8 

1,263 

26.3 

52.6 

30 

1,563 

56.3 

112,6 

52 

0,067 

6.7 

13,4 

9 

1.274 

27.4 

54.8 

31 

1,580 

58,0 

116,0 

53 

1,075 

7.5 

15,0 

10 

1.285 

28,5 

57.0 

32 

1  597 

59.7 

119.4 

54 

1,083 

8.3 

16,6 

11 

1,297 

29,7 

59,4 

33 

1.615 

61.5 

123,0 

55 

1,091 

9.1 

18,2 

12 

1.308 

30,8 

61,6 

34 

1.634 

63,4 

126.8 

56 

1,100 

10,0 

20,0 

13 

1,320 

32,0 

64,0 

35 

1,652 

65  2 

130,4 

57 

1,108 

10,8 

21,6 

14 

1,332 

33,2 

66.4 

36 

1,671 

67,1 

13-4,2 

58 

1,116 

11.6 

23,2 

15 

1,345 

34,5 

69,0 

37 

1,691 

69,1 

138,2 

59 

1,125 

12.5 

25.0 

16 

1,357 

35,7 

71,4 

38 

1.711 

71,1 

142,2 

60 

1,134 

13.4 

26,8 

17 

1,370 

37.0 

74,0 

39 

1.732 

73.2 

146,4 

61 

1,142 

14,2 

28.4 

18 

1,383 

38.3 

76.6 

40 

1.753 

75,3 

150,6 

62 

1,152 

15.2 

30,4 

1,397 

39,7 

79.4 

41 

1.774 

77.4 

l.n.8 

63 

1,162 

!  16,2 

!  32.4 

20 

1,410 

41.0 

82.0 

42 

1,796 

79,6 

159,2 

64 

1,171 

!  17,1 

34,2 

-1 

1,424 

42,4 

84.8 

43 

1.819 

81,9 

163,8 

[  65 

1,180 

i  18.0 

36,0 

22  1,438 

43.8 

87,6 

44 

1.842 

i  84.2 

168.4 

1  66 

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Die  Zellstofffabrikation 


Allgemeines. 

Dieser  Abschnitt  bebandelt  die  Me- 
thoden, aus  unseren  Getreidestroh- 
und  Holzarten  einen  Hauptbestandteil 
derselben,  die  Zelle,  den  Zellstoff  oder  die 
Cellulose  in  möglichst  reinem  Zustande 
frei  zu  legen.  Mit  Ausnahme  der  Baum- 
wolle, welche  als  Samenhaare  oder  .  als 
natürliche  Einzelzellen  aus  fast  chemisch 
reiner  Cellulose  besteht,  enthalten  alle 
Vegetabilien  wie  Leinen.  Hanf,  Stroh  und 
Holz,  neben  Cellulose  noch  eine  grosse 
Anzahl  anderer  organischer  und  anorgan- 
ischer Stoffe.  Die  Nichtcellulose  fasst  man 
unter  dem  Sammelnamen  »Inkrusten, 
Inkrusterien,  oder  ink  r us  ti  r  en  de 
Substanz«  zusammen. 

Sehen  wir  von  den  anorganischen  Be- 
standteilen der  Rohpflanzenkörper  ab< 
welche  in  Menge  und  Art  sehr  verschieden 
sind  und  durch  Veraschung  und  Analyse 
genauer  bestimmt  werden  können,  so  wird 
der  organische  Teil  der  inkrustirenden 
Substanzen  gewöhnlich  auch  unter  dem 
Namen  »Ligninstoffe«  (meistens  nur  bei 
Holz  so  genannt)  zusammengefasst,  deren 
sehr  komplizirte  und  wechselnde  chemische 
Zusammensetzung  noch  wenig  erkannt  und 
untersucht  ist. 

So  viel  steht  (est,  dass  die  Zusammen- 
setzung vieler  Pflanzensubstanzen  in  den 
verschiedenen  Vegetationsstadien  sehr  ver- 
schieden ist  und  dass  zur  Zeit  der  Samen  - 
reife  der  Gehalt  der  einjährigen  Pflanzen 
wie  Lein,  Hanf,  Stroh  etc.  an  Rohfaser  am 
bedeutendsten  ist.  Mit  dem  für  die  Papier- 
fabrikation wichtigsten  Gehalt  an  Cellulose 
wächst  aber  wahrscheinlich  auch  die  Menge 
der  inkrustirenden  Substanzen. 

Es  besteht  aber  zwischen  Lein  und 
Hanf  einerseits,  Stroh  und  Holz  anderer- 
seits ein  wesentlicher  Unterschied  insofern, 
ab  bei  ersteren  in  den  Bast-Zellen  (vergl. 
Hobstofflehre  II.  A.  S.  64,  70.  H9  u.  46)  fast 
reiner  Zellstoff  oder  Cellulose  enthalten  ist, 


die  Inkrusterien  in  den  Verbindungssubstanz- 
en der  sog.  Zwischenlamellen  der  Bastzell- 
gewebe vorwiegend  auftreten  und  dass  so- 
wohl diese  Zwischenlamellensubstanz,  als 
die  anderen  Einbettungs-  und  Holzgewebe 
der  Stiele  sich  nach  den  Höst-  und  Trocken- 
prozessen mechanisch  leicht  beseitigen 
lassen,  während  in  den  Strohhalmen  und 
Holzkürpern  die  Inkrusterien  nicht  nur 
als  Zwischenlamellensubstanz,  sondern  auch 
in  inniger  Verschmelzung  oder  Durchdring- 
ung (Infiltration)  der  Zellmembranen,  die 
in  der  Hauptsache  als  Cellulose  aufzufassen 
sind,  vorkommen.  Dies  erklärt,  dass  bei 
den  letztgenannten  Rohstoffen  ein  rein 
mechanischer  Prozess  nie  zu  einer  hin- 
reichenden Reinigung  der  Cellulose  von 
den  andern  Stoffen  führen  kann,  und  dass 
hier  ein  chemischer  Prozess,  also  ein 
Lösen  der  Inkrusten  durch  entsprechende 
Agentien  unter  Anwendung  von  Wärme 
in  geschlossenen  Gefässen  allein  zum  Ziele 
führen  kann. 

Für  die  chemische  Behandlung  haben  bei 
Stroh  und  Holz,  um  möglichst  reine  Ware 
aus  diesen  Rohstoffen  zu  erhalten,  allerdings 
stets  mechanische  Vorarbeiten  der  Rein- 
igung und  Zerkleinerung  zu  erfolgen 
und  ferner  sind  nach  der  chemischen  Auf- 
schliessung weitere  mechanische  Zerfaser- 
ungs-  und  Waschoperationen  vorzunehmen, 
um  die  vorerst  ungebleichte  Rohfaser  oder 
den  HalbstolT  zu  gewinnen.  Eine  weitere 
Veredelung  des  Halbstoffes  geschieht  dann 
durch  das  Bleichen. 

Die  chemische  Zusammensetzung  der 
Stroh-&Holzkörperist,wie  oben  schon  gesagt, 
keineswegs  vollständig  aufgeklärt, 
doch  verdanken  wir  den  wissenschaft- 
lichen Arbeiten  hervorragender  Analytiker 
die  Trennung  der  Pflanzenkörper  in  ver- 
i  schiedene  Materialien,  die  aus  ihnen  dar- 
gestellt werden  können.  Die  von  Einigen 
richtig  als  »Rohfaser«,  von  Anderen  als 
»Cellulose«  bestimmte  Substanz  ist  aber 


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132  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III  B.  UND  C  ZELLSTOFF. 


keineswegs  chemisch  reine  Cellulose  (C6H10  .  organischer  Substanzen,  deren  Hauptbe- 
0<s),  sondern  immerhin  noch  ein  Gemenge  |  standteil  aber  Cellulose  ist. 


Analysen  verschiedener  Stroh-  und  Holzarten. 
Lufttrockener  Rohstoff  enthält  =  pCt.: 


Kl  weiss 

r  iHi 

Stickstoff- 1 

freie 
Extrakt- 
stoffe 1 

Roli- 
laser 

Asche 

uemerkung 
• 

Weizenstroh 
Roggenstroh 
Haferstroh 
Oerstentroh 

15,15 
13,45 
13,38 
12,32 

4,60 
3,43 
4,24 
6,21 

1,10 
1,37 
1,81 

37,97 
32,50 
38,54 
33,85  1 

39,20 
44,89 
37,97 
38,13 

5.29 
4,10 
574 

i  7,30 

• 

• 

Durchschnitt  der  An- 
gaben verschiedener 
Analy  tiker.daher  nicht 
auflOOpCt  stimmend. 

Robstoff 

Wasser 

In 

Wasser 
löslich 

m 
O 

es  N 
a 

1 

Cellulose 

Inkruslirende 
Substanzen  und 
in  Wasser  Unlös 
liches  (Asche) 

Bemerkung 

Weizenstroh 
Roggenstroh 
Kieler 
Tanne 

Schwarzpappel 

Weide 

Birke 

10,30 
11,75 
12,87 
13,H7 
12,10 
11,66 
1  12,48 

8,52 
9,34 
4,05 
1,26 
2,88 
2,65 
2,65 

1,58 
1,99 
1,63 
0.97 
t,37 
1,23 
1,14 

49,17 
49,22 
53,27 
56,99 
62,77 
55,72 
j    55  52 

30,34 
27,70 
28,18 
26,91 
20,88 
28,74 
28.21 

nach 
Hugo 
Müller 
London 

Man  erkennt  deutlich  an  diesen  zwei 
Tabellen,  soweit  sie  sich  auf  Strohanalysen 
beziehen,  die  grossen  Differenzen  der  Be- 
stimmungen. 

Hugo  Müller  iindet  namentlich  mehr 
Cellulose  als  die  oberen  Analytiker 
Rohfaser.  Die  Praxis  ergibt  für  Stroh 
bei  den  heute  allgemein  üblichen  ver- 
schiedenen Verfahren  einen  Mittelwert 
dieser  Ausbeuten,  für  Holz  aber  bedeutend 
weniger  an  Stoff,  wie  später  gezeigt  wird. 

Tollens  und  seine  Schüler  haben  er- 
kannt und  nachgewiesen,  dass  die  in- 
krustirenden  .  resp.  Lignin  -  Substanzen 
unserer  Pflan/.enkörper  zum  grösseren 
Teil  aus  Pentosanen  besteben,  das  heisst 
aus  Gummikörpern,  welche  im  Molekül  5 
Atome  Kohlenstoff  enthalten.  Diese  Pen- 
losane  können  durch  hydrolytische  Be- 
handlung leicht  in  Zuckerarten  übergeführt 
werden ;  sie  stehen  zu  den  Zuckerarten  in 
ähnlichem  Verhältnis,  wie  das  Stärkemehl 


zu  den  Glucosen.  Beim  Erhitzen  mit  Salz- 
saure werden  sie  in  Furfurol  (CÄ  H4  0a) 
übergeführt.  Letzteres  lässt  sich  durch 
Phloroglucin  in  Furlurol-Phloroglucid  ver 
wandeln  und  in  dieser  Form  quantitativ 
bestimmen. 

Ebensowenig  wie  man  die  chemische 
Zusammensetzung  der  Rohstoffe  Stroh  und 
Holz  genau  kennt,  hat  man  auch  über  die 
Vorgänge  beim  Kochprozess  in  chemischem 
Sinne  ein  eingehenderes  Verständnis. 

Die  einfachste  Erklärung  des  Vorganges 
beim  Kochen  von  Stroh-  und  Hölzzel Istoff 
ist  so  alt,  wie  diese  Industrieen  selbst. 
Mao  nahm  an,  dass  das  Ätznatron  der 
Laugen  die  inkrustirender  Substanzen  löse 
und  dass  die  reine  Cellulose,  als  in  Ätz- 
natronlauge unlöslich,  zurückbleibe.  That- 
sache  ist  nun  auch,  dass  bei  zweckent- 
sprechend durchgeführten  Verfahren  dies 
in  der  Hauptsache  zutrifft,  aber  nähere 
'  Prüfungen  und  Erfahrungen  zeigen,  dass 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAP1EK.    III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


133 


eine  chemisch  reine  Cellulose  aus 
Stroh  und  Holz  nie  praktisch  erzielt 
werden  kann,  und  dass  die  Cellulose 
in  Ätznatron-  und  anderen  Kochlaugen 
nicht  vollkommen  unlöslichist. 
Die  in  der  dunkelbraunen  Kochlauge 
schliesslich  gebildeten  Verbindungen  sind 
in  ihrer  chemischen  Zusammensetzung 
sehr  verwickelter  Natur  und  haben  die  j 
untersuchenden  Chemiker  vielfach  zu  fal- 
schen Schlüssen  geführt;  auch  ist  es  bis- 
her nicht  vollständig  gelungen,  wertvolle 
Produkte  aus  den  Ablaugen  herzustellen. 
Schon  von  älteren  Chemikern  war  in  den 
Ablaugen  der  Natron-Holzzellstoff- Fabri- 
kation Vanillin  nachgewiesen,  dessen 
Entstehung  aus  dem  Coniferin  des  Holzes 
leicht  verständlich  ist.  Dr.  Seidel  stellte 
aus  Sulfitlauge  das  Vanillin  als  weisses 
Pulver  dar,  aber  die  in  den  Laugen  auf- 
tretenden Mengen  sind  für  die  technische 
Gewinnung  zu  gering. 

Direktor  W.  Schacht  hat  lange  versucht, 
aus  dem  Stroh  als  Nebenprodukt  bei  der 
Zellstofffabrikation  das  Blatlgeib  des  Herb- 
stes als  Ersatz  für  Gelbholz,  das  lür  Färberei- 
zwecke immer  noch  in  beträchtlichen 
Mengen  nach  Deutschland  eingeführt  wird, 
zu  gewinnen.  Das  Strohgelb,  ein  Resti- 
tutionsprodukt des  Chlorophylls,  von  dem 
das  Blau  verschwunden  ist,  ist  absolut 
luft-,  licht-  und  wasserächt.  Die  Abscheidung 
dieses  Farbstoffes  misslang ,  da  dessen 
Trennung  von  den  mit  löslichen  Hunous- 
säuren  nicht  durchzuführen  war. 

Man  kann  nur  sagen,  dass  die  Ablaugen 
der  Natron-  und  Sulfat-Zellstoffindustrie 
Ätznatron,  Natriumkarbonat,  Natriumsulfat, 
Schwefelnatrium  und  organischsaure  Natron- 
verbindungen enthalten,  deren  Zusammen- 
setzung man  nicht  kennt. 

Sicher  ist  ferner,  dass  der  resultirende 
Zellstoff  selbst  je  nach  der  Zusammen- 
setzung und  Stärke  der  Lauge,  je  nach 
der  Höhe  der  Temperatur,  resp.  des  Druckes 
und  je  nach  der  Zeit  der  Einwirkung  der 
KochÜüssigkeiten  und  Temperaturen  beim 
Kochprozess  in  ganz  verschiedener  Menge 
mit  den  verschiedensten  Eigenschaften 
,,e wonnen   wird.     Darin    allein  schon 


können  wir  einen  Beweis  erblicken,  dass 
wir  es  nicht  mit  einem  und  demselben 
Stoffe,  dessen  Fasern  aus  chemisch  reiner 
Cellulose  bestehen,  zu  thun  haben,  sondern 
dass  die  Substanz  der  Stoff  fasern 
höchstens  als  eine  in  verschie- 
denster Weise  modifizirte  Cel- 
lulose gewonnen  wird,  die  so- 
gar noch  mit  verschiedenen 
Bestandteilen  derlnkrusterien 
des  Rohstoffes  inliltrirt  sein 
kann  oder  m  u  s  s.  Verfasser  ist  auch 
der  Ansicht,  dass  diese  Infiltration  mit 
NichtccIlulosestolTen  die  verschiedene  Be- 
schaffenheit der  praktisch  erzielten  Zell- 
stoffe wesentlich  mit  bedingt. 

Für  die  Löslichkeit  des  Zellstoffes 
während  des  Kochprozesses  hat  wohl  jeder, 
der  praktische  Erfahrungen  in  der  Zell- 
stoffinduslrie  gesammelt  hat,  hinreichende 
Beweise,  .'eder  Kochermeister  weiss,  dass 
wenn  ein  Kocher  mit  Älznatronlauge  zu 
lange  auf  Druck  steht,  eine  zu  geringe 
Ausbeute  an  Stoff  sich  ergibt.  In  einem 
Falle,  wo  durch  Abbrechen  eines  Hahn- 
reibers  eines  Holzzellstoffkochers  das  Ab- 
stossen  um  Stunden  verzögert  wurde,  er- 
gab sich,  dass  nicht  nur  kaum  die  Hälfte 
Stoff  wie  sonst  bei  normaler  Arbeit  ge- 
wonnen wurde,  sondern  es  erwies  sich 
die  Faser  erdgrau  in  der  Farbe  und  sehr 
schwach  in  der  Festigkeit.  Das  Papier  daraus 
war  spröde  und  brüchig.  Der  Stoff  war 
überdem  fast  un  bleich  bar,  endlich 
war  der  Stoff  mit  nussgrossen  schwar- 
zen Stückchen  durchsetzt,  die  einen  holz- 
kohleähnlichen Charakter  hatten.  Es 
hatte  also  eine  teilweise  Verkohlung  von 
im  Damplraum  liegendem  Stoff  stattge- 
funden. 

Lindsey  und  Tollens  haben  in  den 
Ablaugen  der  Sullilzellstotf-Fabrikation  Dex- 
trose nachgewiesen.  Lindsey  fand  ferner 
Mannose,  Pentose,  Holzgummi  und  Furfurol ; 
von  letzterem  glaubt  er,  dass  es  aus  der 
Pentosane  durch  Zersetzung  während  der 
chemischen  Untersuchung  erst  entstanden 
sei.  Seidel  hat  aber  freies  Furfurol  in 
der  Lauge  selbst  nachgewiesen,  das  durch 


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K.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  UND  G.  ZELLSTOFF. 


den  sauren  Kochprozess  aus  der  Pentosane 
des  Holzes  direkt  enstanden  sein  dürfte. 

Wenn  zwar  nach  Vorgesagtem  die 
wissenschaftliche  Erforschung  der  Roh- 
stoff-Zusammensetzung und  die  Erkenntnis 
der  Vorgange  beim  Kochen  der  Zellstoffe 
noch  sehr  mangeln,  so  ist  es  an  dieser 
Stelle  doch  anregend  und  für  die  Zukunft 
gewiss  erspriesslich,  Erfahrungen  und  An- 
sichten von  in  der  Praxis  thäligen,  oder 
der  Praxis  nahe  stehenden,  wissenschaft- 
lich gebildeten  Fachleuten  mitzuteilen. 

Herr  Direktor  \V.  Schacht-Coswig  in 
Sachsen  schreibt  3.  September  1899: 
•  Ucber  das  Kochen  von  Stroh- 
zellstoff. 

Es  kommen  nur  Weizen-  und  Roggen- 
slroh  in  Betracht.  Die  erstere  Strohart 
wird  zumeist  in  Zellstoff  umgewandelt.  Die 
Zusammensetzung  des  Strohes  schwankt 
erheblich.  Das  Wintergetreidestroh  lällt 
anders  aus  als  das  des  Sommergetreides. 
Die  Getreideart.  die  Art  der  Kultur,  der 
Boden,  die  Güte  des  Samens,  resp.  die 
Samenzüchiung,  die  Reite  des  Korns  und 
das  Klima  bedingen  die  Güte  des  Strohes. 
Auch  die  Reinheit  des  Strohes  ist  von 
Einfluss  auf  den  Stoffausfall ;  so  ist  Stroh, 
auf  Böden  fleissigster  Hackkultur 
(wo  wechselweise  auch  intensiver  Zucker- 
rübenbau betrieben  wird)  gewachsen,  zur 
Zell  Stofffabrikation  besonders 
gut  geeignet. 

Das  Getreidestroh  kommt  mit  10—15 
pGt.  Feuchtigkeit  in  die  Fabrikation,  es 
enthält  (12Vi  pGt.  Feuchtigkeit  durch- 
schnittlich angenommen)  4 — 7  pCt.  Asche, 
welche  vorwiegend  aus  Kieselsäure  (Si  0,) 
besteht. 

100  kg  dieses  Strohes  liefern  beim 
Kochen  mit  Ätzalkalien  unter  Dampfdruck 
rund  42  pCt.  marktfähigen  Zellstoff,  der 
als  wesentlichen  Begleitkörper  etwa  6.5  pCt. 
Pentosane  (Xanthine)  mit  sich  führt. 

Bei  der  Einwirkung  der  Lauge  unter 
Dampfdruck  auf  die  Eiweisskörper  bilden 
sich  Schwcfelalkalien ;  ferner  entstehen 
eine  grosse  Reihe  von  Salzen  organischer 
Säuren,  von  denen  besonders  niedere 
Fettsäuren  iu  Frage  kommen. 


In  runden  Zahlen  gerechnet,  gehen 
beim  Kochprozess,  unter  Zersetzungs-  wie 
Verbindungserscbeinungen  in  die  Lauge 
über: 

6  kg  Eiweissstoffe, 

24  kg  Extraktionsstoffe  (darunter  die  Pentu- 
sane), 
ö  kg  Salze. 

Das  hiebei  entstandene  Schwefelalkali 
wirkt  zum  Teil  weiter  auf  die  Alkalial- 
buminate  und  nicht  minder  auf  die  Um- 
wandlungsproducte  der  Pentosane  und 
sonstigen  Kohlehydrate,  wobei  in  geringen 
Mengen  u.  a.  auch  nach  Mercaptnn 
riechende  Körper  erzeugt  werden. 

Unter  den  Aufschlussproduclen  der 
Kohlehydrate  fallen  sonst  noch  die  humus- 
sauren Salze  auf.  die  der  Lauge  die  dunkel- 
braune Farbe  erteilen.« 

Betreffs  der  Vorgänge  beim  Koch- 
en des  Holzes  mit  Sulfi  tl  üsungen 
haben  sich  im  Laufe  der  Zeit  verschiedene 
Meinungen  und  Anschauungen  herausge- 
bildet. 

Dr.  A.  Frank-Charlottenburg, 
dieser  in  Fachkreisen  hochangesehene, 
auch  in  Fragen  der  Sulfitzellstoflfabrikation 
theoretisch  und  praktisch  viel  erfahrene 
Chemiker,  hat  das  Verdienst,  seit  einer 
Reihe  von  Jahren  unsere  Industrie  durch 
vielfache  Veröffentlichung  seiner  wertvollen 
Arbeiten  gefördert  zu  haben. 

Es  ist  dem  Verfasser  vergönnt,  au 
Hand  dieser  Veröffentlichungen  und  eines 
jüngsten  (1900)  Briefwechsels  über  den 
Standpunkt  und  die  Verdienste  des  Herrn 
Dr.  Frank  folgendes  mitzuteilen. 

Das  Holz  besteht,  wie  fast  alle  plhuu- 
liehen  (lehildo  aus  t'cllulose  und  einer  großen 
Kcihc  anderer  organischer  Verbindungen. 
Pen  letzteren  hat  mau  den  Sammelnamen 
„lnler/.ellularfulistan/.en  oder  Inkrtistten'4  ge- 
uebeii;  sie  sind  in  ihrer  chemischen  Zu- 
•.aiiimeiisetzung  nahezu  gleichartig  unter 
sich  und  mit  der  Oellulose,  aber  in  ihrem 
chemischen  Verhalten  gegen  Wasser  und 
starken-  chemische  Agent ien  sind  sie  weniger 
beständig  als  Cellubefe. 

Einzelne  dieser  Substanzen,  wie  /.  Ii  die 
.iltt  T.tguiu  bezeichnete,  hat  man  zwar  emiger- 
>iia**iii  Charakteristik  doch  herrscht  über 
diese  Substanz  uueh  manche  Unklarheit. 


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£.  KIRCHNEK.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.   ZELLSTOFF.  135 


Auf  der  grösseren  Indifferenz  der  Cellu- 
lose  gegenüber  den  Angriffcu  chemischer 
Agent icn  honibt  ihre  Abschcidung  durch  An- 
wendung von  Mitteln,  welche  die  (nkrusten 
leichter  zerstören,  jedoch  int  weder  die  Reni- 
tenz der  Cellulose  unbegrenzt,  noch  eine 
Auflösung  der  Inkiusten  eine  vollkommene; 
eine  Thatsache,  welche  beim  Koch-  und 
lllcichprozess  der  Zellstoffe  ja  oft  unliebsam 
em]ifunden  wird. 

Zu  den  zahlreichen  Agentieti,  welche 
Lignin  etc.  ieichter  angreifen  und  lösen,  als 
die  Cellulose,  gehört  auch  die  schweflige 
Säure,  und  es  ist  durch  im  grossen  ausgeführte 
Versuche  von  Pictct  und  Brelaz  erwiesen, 
dass  man  mit  einer  Lösung  von  reiner 
schwefliger  Säure  im  Wasser  Zellstoff  hui« 
Holz  gewinnen  kann.  Dieses  Verfahren  hat 
sich  jedoch  in  der  Praxis  nicht  eingeführt, 
weil  man  bei  demselben  den  Koehprozes* 
nicht  genügend  kontrollieren  und  beherrschen 
kann,  und  weil  infolge  der  Bildung  stärkerer 
Säuren  sehr  häulig  auch  die  Cellulose  zer- 
stört wird. 

Allgemein  benutzt  man  die  von  Tilgh- 
man*  erfundene  Methode,  wo  beim  Kochen 
eine  Lösung  von  sauren  achwethgsaurcu 
Salzen  verwendet  wird,  in  der  nur  ein  Teil 
iler  schwefligen  Säure  fest  mit  der  Kasis  ver- 
banden ist,  während  der  andere  sieh  in  einem 
gewissermasseu  halbgebundeuen  Zustande  in 
der  Lösung  befindet.  Dieses  Verhältnis  ist 
am  deutlichsten  bei  dem  schwerligsanren 
Kalk  zu  erkennen,  dessen  neutrale  Verbind- 
ung: „einfach  sc  well  igs  aurer  Kulk 
(auch  Monosulfit  bezeichnet  )u  im  Wasser 
schwerer  löslich  ist**  als  (iips  (1 :8tX)  Wasser, 
■  »der  0,125  l>Ct.).  während  bei  Zuführung  von 
mehr  schwelliger  Säure  das  im  Wasser  leicht 
lösliche  Bisultit  entsteht.  Erhitzt  man  Bi- 
sultitlüsung  oder  lässt  sie  längere  Zeit  au 
der  Luft  stehen,  so  entweicht  ein  Teil  der 
schwefligen  Säure  und  das  schwer  lösliche 
Monosulfit  scheidet  sich  in  seiner  ursprünglichen 
Form  ab.  Fügt  man  etwas  Salzsäure  hinzu, 
so  wird  infolge  liinduug  von  Kalk  an  Salz- 
säure ein  Teil  der  mit  dem  Kalk  verbundenen 
schwefligen  Säure  frei  und  das  schwerlös- 
liche Monosulfit  ist  wieder  in  leicht  lösliches 
Bisultit  übergeführt. 

Das  Verständnis  Tür  diese  chemischen 
Vorgänge  ist  nach  und  nach  erst  gekommen 
und  besonders  durch  die  Arbeiten  Dr.  Frank's 
gefördert  worden. 

Auch  über  den  chemischen  Vorgang 
Iwim  Kochprozess  selbst   hat  Dr.   Frank  im 

•  San  vergl  8  1J  diene*  Attsrhnitte*  III.  1».  unil  C 
•*  Man  vergl.  8.  Iii.  rechte,  8|>»lte  Ku»st>emrrk- 


AnsohliisH  an  die  Praxis  eine  (Reihe  von 
l'iitei-sueliungen  veröffentlicht,  welche  die 
Erscheinungen  in  befriedigter  Weise  erklären 
und  mit  den  Erfahrungen  der  Fabrikation  in 
Einklang  stehen.  In  diesen  Arbeiten,  be- 
sonder* in  den  Nr.  tK >  — H3  .Fg.  1887  der 
Papicrzcitung  abgedruckten,  wird  nachge- 
wiesen, dass  auch  bei  der  Verwendung  der 
sog.  Sultitiösungen  nur  die  freie  schweflige 
Säure  in  Aktion  tritt,  und  zwar  in  der  Art. 
dass  die  schweflige  Säure  (S( J,)  zunächst 
unter  Heihilfe  von  Druck  um!  Wärme  auf 
die  leichter  ^ersetzbaren  Inkrusten  so 
einwirkt .  das*  *te  denselben  Sauerstoff 
(())  entzieht  und  sie  hierdurch  in  eine 
lösliche  Form  überführt.  I>er  Sauerstoff, 
welcher  aus  der  vegetabilischen  Substanz 
an  die  schweflige  Säure  tritt,  bildet  mit  dieser 
zunächst  Schwefelsäure,  die  sich  aber  gleich 
bei  ihrem  Entstehen  mit  einzelnen  der  neu 
gebildeten  organischen  Stoffe  zu  einer  weit- 
eren Vcrbiiiduiigsfonn  vereinigt,  welche  von 
den  Chemikern  als  Suliousäiire  bezeichnet 
wird  und  dadurch  entsteht,  du*s  in  der 
Schwefelsäure  ein  Atom  Wa-serstulV  durch 
eine  organische  (»nippe  ersetzt  wird: 

SO,  wird  also  beispielsweise.  ^'S}  S(>3 

Schwefelsäure  .,      „  ., Methy Isulfonsäure. 

Die  so  gebildete  Sulfoiisjiure  unterscheidet 
sich  vi>n  der  gewöhnlichen  Schwefelsäure  u. 
a.  auch  dadurch,  «lass  v\v  sowohl  mit  Baryt, 
als  tun  Kalk  lösliche  Verbindungen  eingeht 
und  wirkt  auch  die  im  Koehprozes*  zunächst 
aus  der  nicht  an  Kalk  gebundenen  schwef- 
ligen entstandenen  Siilföiisäurc  m  der  Weise 

weiter,  dass  sie  aus  dem   beim  Koel   zur 

Abicheidung  gelangenden,  schwel  löslichen 
Monosulfit  neue  schweflige  Simre  frei  macht 
und  -ich  selbst  dafür  mit  dem  Kalk  verbin- 
det. Auf  diese  Art  wiid  dann  also  auch  die 
im  einfach  schwetligsaureu  Kalk  enthaltene 
schweflige  Säure  für  den  Kochpiozess  frei 
und  nutzbar  gemacht,  während  andrerseits 
der  Kalk  dazu  dient,  die  entstandene  Sulf.m- 
säure  zu  iiciitralisin  n  und  hierdurch  davon 
schädliche  Einwirkung  auf  die  Cellulose  zu 
verhüten.  Da  nämlich  aus  der  Sulfonsäure 
bei  hohem  Druck  und  unter  Einwirkung  ge- 
wisser chemischer  Agcnlien  wieder  eine  Ab- 
scheidung  von  freier  gewöhnlicher  Schwefel- 
säure eintritt,  s.i  würde  dies  auch  geschehen, 
wenn  nicht  eine  genügende  Menge  einer 
Basis  (Kalk,  Magnesia)  vorhanden  wäre,  um 
die  Sulfonsäure  zu  binden.  Derartige  Er- 
scheinungen, welche  sich  durch  Bräunung, 
Schwärzung  und  teilweise*  Verbrennen  der 
t'cllulo-e  zu  erkennen  geben,  kamen  früher 
häutiger  v<»r  und  treten  auch  jetzt  noch  sicher 


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136  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  G  ZELLSTOFF. 


ein,  wenn  durch  zu  lange»  Kochen  aller 
schwefligsaurer  Kalk  /ersetzt  wird. 

I  iiler  den  iu  «ler  ahgelassenen  Kochlaugc 
gelösten  Produeten  hat  Dr.  Frank  liehen 
Zuckern  und  Amyloiden  auch  Aldehyde  und 
Ketone  nachgewiesen,  dagegen  ist  es  nicht 
gelungen,  in  den  Koehlaugen  wirkliche  tierh- 
stoffe  aufzufinden. 

Da  hei  normalem  Verlauf  des  Kochpro- 
zesses  nur  etwa  ;JÜ  pCt.  der  mit  der  Sulfit- 
lösun^  in  dein  Kocher  vorkommenden  schwef- 
ligen Säure  chemisch  verändert  werden,  so 
ersieht  sich  hieran«  die  Möglichkeit,  einen 
grossen  Teil  der  schwclligcn  Säure  wiederzu- 
gewinnen, und  hat  auch  hiefiir  Dr.  Krank 
neue  Wege  gezeisrt. 

Kmllich  verdanken  wir  Dr.  Krank  den  oft 
wiederholten  Hinweis  auf  die  wichtige  Aufguhe 
der  Verwertung  der  etwa  50  pCt.  den  Hol*, 
gewiehtes  het ragenden  Mengen  getönter  or- 
ganischer Suhstanzcn,  welche  sieh  in  den  ge- 
hrauchten  Koehlaugen  vorfinden.  Diese  or- 
ganischen Suhstanzen  sind  hisher  nur  iu  ein- 
zelnen Kälh-ii  zu  sehr  untergeordneter  wirt- 
schaftlicher Ausnützung  (als  Dünger  von 
Uieselfeldern)  gelangt  und  hieteti  durch  Ver- 
unreinigung der  (Jewäascr  für  die  Ccllulosc- 
fahriken  vereinzelt  Schwierigkeiten  und  Ite- 
triehsstnntngen. 

Prof.  Dr.  A.  Harpf  in  Przibram  (Böh- 
men)* vertrilt  einen  anderen  Standpunkt. 
Er  sagt: 

»»Wie  ich  schon  früher»*  gezeigt 
habe,  ist  der  Cellulosekochprozess 
nicht  als  ein  Oxydation»-,  son- 
dern als  ein  Reduktionsvorgnng, 
und  zwar  als  eine  teilweise  Reduktion 
der  schwefligen  Säure  durch  die  or- 
ganischen Substanzen  des  Holzes  auf- 
zufassen. Die  Sulfitlauge  ist  vor  wie 
nach  dem  Kochprozess  eine  gesättigte 
Gypslösung,  sie  bringt  diesen  Gyps 
aus  den  Laugebereitungsapparaten . 
in  welchen  derselbe  aus  dem  Sehwefel- 
trioxyd  der  Gase  entsteht,  fertig  ge- 
bildet mit.  Wenn  die  schweflige  Säure 
im  Kocher  sich  zu  Schwefelsäure  oxy- 
dirt,  so  kann  dies  nur  in  geringen 
Mengen  von  dem  Sauerstoff  der  mit 

*  Zeitschrift  für  angewandte  Chemie.  1898 
IlefUiS.  Die  VerwcrtungderSulhtstofT-Ahlauge. 

**  In  den  Jahrgängen  der  J'apierzcitung 
1900,  1891  und  1892.  Kerner  Harpfs  Disser- 
tation. 189*2.  Hern.  ^Beitrüge  zur  Kenntnis  der 
chemischen  Vorgänge  heim  Sullitverfahren.4" 


eingeschlossenen  Luft  des  Kocherin- 
haltes  herstammen.  Da  dadurch  die 
(iypsmenge  in  der  Lauge  sich  vermehrt, 
bemerkt  man  hie  und  da  auf  den  ge- 
kochten Holzstückchen  wenige,  übrigens 
unschädliche,  ganz  kleine  feine  Kry- 
stallflimmer,  welche  ich  lür  Gips  halte, 
welche  aber  nicht  eine  sog.  » Vergips- 
ung« im  technischen  Sinne  des  Wortes 
sind.  Unter  Vergipsung  versieht  der 
Gellulosetechniker  bekanntlich  eine 
starke  Ausscheidung  von  Calcitimmono  • 
sulfitkörnern  infolge  schlechter  Kochung. 

Ferner  habe  ich  ebenfalls  bereits 
früher  meine  Ansicht  über  den  Schwe- 
fel in  der  Ablauge  dahin  ausge- 
sprochen, dass 

1)  ein  geringer  Teil  des  Schwefels 
als  Schwefelsäure  (als  Calciumsulfat) 
in  der  Ablauge  gelöst  ist, 

2)  ein  anderer  geringer  Teil  als 
schweflige  Säure,  welche  durch  Kochen 
ausder  Flüssigkeit  entfernt  werden  kann, 

3)  ein  weiterer  grösserer  Teil  des 
Schwefels  ist  als  »organischsaur- 
es schwefelhaltiges  Kalk- 
salz« in  der  Lauge.  Diesen  oder 
einen  Teil  desselben  kann  man  (wie 
auch  Dr.  Frank  gezeigt  hat)  durch 
Destilliren  mit  stärkeren  Säuren  (als 
SGV  austreiben,  und 

4)  ist  ein  Teil  des  Schwefels  als 
solcher,  oder  wahrscheinlich  in  mer- 
captanartiger  Bindung  in  der  Flüssig- 
keit. Besonders  auf  das  Vorhanden- 
sein des  Schwefels  in  letzterer  Form 
gründete  ich  meine  Ansicht,  dass  der 
Cellulosekocbprozess,  zum  Teil  wenig- 
stens, als  ein  Reduktionsprozess  (Re- 
duktion von  SO,  durch  die  in  Lösung 
gehenden  organischen  Substanzen  des 
Holzes)  zu  betrachten  sei. 

Ausserdem  erklärte  ich  schon  da- 
mals (1890  92),  ohne  dass  der  lignin- 
sulfosaure  Kalk*  bereits  bekannt  ge~ 

•  Lingninstdfosaurer  Kalk  wurde  (nach 
Harpf)  zuerst  von  Tollens  und  Strech  in  der 
Sulfitahlauge  aufgefunden ;  derselbe  wurde 
nach  gleicher  Arheit  in  der  Zeitschrift  für 
angewandte  Chemie  nachgewiesen,  gewonnen 
und  untersucht. 


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£.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER. 


III.  B.  UND  C.  2ELLSfOFtf.  l37 


wesen  wäre,  dass  ich  als  das  Wesent- 
liche des  Kochprozesses  die  Bildung 
des  anter  Nr.  3  erwähnten  »organisch 
sauren  schwefelhaltigen  Kalksalzes« 
betrachte,  und  dass  also  nicht  blos,  wie 
frühere  Autoren  (Tilghman,  Mitscherlich 
und  Frank)  geglaubt,  die  schweflige 
Säure  allein  das  abschliessende  Agens 
in  der  Lauge  sei  und  das  Calciumsulfit 
nur  die  Rolle  eines  SOa-Reservoirs 
spiele,  welches  immer  wieder  SOa  ab- 
zugeben habe  und  sich  dabei  in  Cal- 
ciumsulfät  umwandle,  sondern,  dass 
vielmehr  der  Kalk  in  der  Lauge  eben- 
falls eine  wesentliche  Rolle  spiele,  in- 
dem sich  bei  der  Kochung  das  schon 
erwähnte ,  organisch  wasserlösliche 
Kalksalz  bildet. 

Die  in  früheren  Zeiten  allgemein 
angenommene  Oxydation  der  schwef- 
ligen Säure  zu  Schwefelsäure  und  Bil- 
dung von  Gips  (Ca  S04)  erklärte  ich 
auf  Grund  meiner  Untersuchungen,  wie 
der  einfachen  Ueberlegung,  dass  unge- 
heure Mengen  vonCalciumsulfat  entstehen 
und  sich  ausscheiden  müssten  und  folg- 
lich jede  Kochung  wirklich  »vergipst« 
sein  müsste,  für  absolut  unrich- 
tig.«« 

Man  sieht,  dass  das  in  den  letzten 
Zeilen  Behauptete  nicht  etwa  mit  der  vor- 
angestellten Frank'schen  Auffassung  ver- 
wechselt werden  darf,  was  natürlich  auch 
Dr.  Harpf  nicht  beabsichtigt  hat. 

Klar  zu  Tage  tritt  aber,  dass  die  ge- 
nannten Autoren  zwei  sehr  verschiedene 
Auffassungen  über  die  Vorgänge  beim  Sul- 
fitkochprozesse vertreten.  Herr  Dr.  Frank 
spricht  sich  in  dem  obenerwähnten  Brief- 
wechsel mit  dem  Verfasser  folgender- 
massen  aus :  »Ob  das  Eine  oder  Andere 
zutrifft,  kann  nur,  so  komplizirt  und 
mühsam  auch  die  genaue  Erforschung 
und  Trennung  der  in  den  Kochlaugen 
enthaltenen  Stoffe  sein  mögen,  in  unseren 
wissenschaftlichen  Laboratorien  entschieden 
werden.  Diese  Arbeiten  würden  sicher 
lohnende  Resultate  für  Wissenschaft  und 
Praxis  zeitigen,  ähnlich,  wie  dies  s.  Z.  in 
der  Zuckerrübenfabrikation  durch  Schaff- 


ung eines  eigenen  Laboratoriums  und  durch 
die  Arbeiten  Scheibler's  und  seiner  Schüler 
geschehen  ist,  welche  wichtige  Aufschlüsse 
über  den'Nichtzucker  in  der  Rübe  brachten. 

Mindestens  so  aussichtsvoll,  wenn  nicht 
aussichtsvoller,  liegt  die  Gewinnung  der 
wissenschaftlichen  Erkenntnis  der  Inkrusten 
des  Holzes  und  Strohes  für  die  Zellstoff- 
fabrikation. Es  ist  sicher  zu  erwarten, 
dass  diese  Erkenntnis  zu  einer  praktisch 
hochwichtigen  technischen  Verwertung  der 
Inkrusten  führen  wird,  welche  einen  so 
bedeutenden  Prozentsatz  von  der  Sub- 
stanz unserer  Rohstoffe  ausmachen.  Viel- 
leicht drängt  der-  sich  immer  erhöh- 
ende Preis  der  Rohstoffe  gebieterisch 
nach  Schaffung  eines  solchen  Labo- 
ratoriums der  Zellstoffindustrie, 
in  welchem  unter  inniger  Fühlung  mit  der 
Praxis  für  eingehende  theoretische  Arbeiten 
die  nötigen  Mittel  zur  Verfügung  gestellt 
werden  müssten.« 

Professor  Dr.  P.  Klason  sagt  über  die 
Zusammensetzung  des  Holzes,  den  verblei- 
benden Ligningehalt  im  Sulfitzellstoff  und 
die  quantitative  Bestimmung  des  Lignins 
im  Stoffe  folgendes*: 

Ganz  trockenes  Fichtenholz  (abics  exeelsa. 
I).  Verf.)  besteht  aus 
55  [»Ct.  Cellulose, 

10    „     leichter  löslichen  Kohlenhydraten, 
HO    „  Lignin, 

ö  „  Hur/.,  Fett,  AbcIio  etc. 
Bei  der  Sullitkochung  werden  die  leichtlös- 
lichen Kohlenhydrate  und  ein  grösserer  Teil 
des  Lignins  gelöst.  Experimentell  kann  die 
Ccllulose  vollständig  von  Lignin  befreit  werden, 
aber  im  grossen  Betriebe  geschieht  da»  nicht, 
es  ist  die»  überhaupt  nur  unter  bedeutendem 
Verlust  an  (Vllulose  möglich. 

Je  nachdem  man  milde  oder  scharf  kocht, 
enthält  die  ('ellnlose  noch  10  bis  mindestens 
2  pCt.  Liginn. 

Da  der  bleibende  Ligningehalt  der  Celhi- 
lose  auf  die  Elastizität  und  auf  die  Festig- 
keitscigenschafton  der  Cellulose  überhaupt 
von  EinHuss  ist  und  auch  die  Bleichfiibigkeit 
der  (Vllulose  von  ihm  abhängig  ist,  so  bietet 
die  Feststellung  des  Ligningehaltc«  einen  der 
Hauptfaktoren  für  die  Gütebestimmung 
des  Zellstoffes. 

Klason  gründet  auf  der  Beobachtung,  duss 

•  Wochenblatt  für  Paplerfnbrikation  ISA«,  8.  «17«. 

10.  Bogen  1A<K>, 


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138  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF1. 


eine  Lösung  reiner  Cellulose  in  konzeutritter 
Schwefclsäure  wasserhell  bleibt,  eine  lignin* 
haltigo  Cellulose  bei  Lösang  iu  kotiz.  Schwefel- 
säure aber  triff  »Ige  des  Vorhandensein*  des 
Lignitis  die  Lösung  mehr  oder  weniger  braun 
■  bis  dunkelbraun  liirbt,  folgend«;»  1* rüfnngs- 
v  er  fahren  auf  den  Prozentgehalt  des  Lig- 
nin». 

Verschiedene  Zellstoffe  vuii  bekanntem 
Liguingehalt,  z.  Ii.  von  5  pCt.,  10  pCt., 
15  pCt.,  20  i>Ct.  etc.  Liginn  werden  zu 
20  g  absoluttroekeii  22  g  lufttrocken  in 
einer  50  com  gradirten  (Ylinderflasche  iu 
20  com  kouz.  Schwefelsäure  gelöst  und  eben- 
so die  zu  uutersuclnndc  Celluloie.  Ange- 
nommen die  Färbung  letzterer  läge  zwischen 
den  Färbungen  15  pCt.  und  20  p('t.,  so  fügt 
mau  noch  unter  i'rnsehütteln  nach  und  nach 
so  viel  konz.  Schwefelsäure  hinzu,  das»  die 
Färbung  der  Lösung  der  zu  untersuchenden 
Cellulose  mit  der  15  prozctitigen  genau  über- 
einstimmt. Angenommen  die  15  pCt.  Lös- 
ung messe  22,5  cem,  die   untersuchte  aber 

27  cem,  so  wären  15  .  18  pCt.  Lignin 

iu  der  betreffenden  Cellulose. 

Auf  die  Bitte  des  Verfassers  an  soeben 
genannten  Herrn  Prof.  Dr.  P.  Klason. 
Technische  Hochschule  Stockholm,  ihm 
seine  Anschauungen  über  die  Chemie 
des  Sulfitprozesses  eingehender  mitzu- 
teilen, sendet  genannter  Herr  mit  dan- 
kenswerter Offenheit  und  Liebenswürdigkeit 
den  folgenden  Satz,  der  aus  seinen  jähre-  ' 
langen  Studien  resultirt.  Klason  behält 
sich  die  Priorität  des  folgend  Gesagten  vor 
und  will  seine  Arbeiten  in  grösserer  Aus- 
führlichkeit in  chemischen  Fachblältern 
veröffentlichen. 

Zur  Chemie  des  Sulfitverfahrens. 
Klason-Stockholtn,  September  1900. 

Die  sogenannten  inkriistireiiden  Substanzen 
de»  Hol/es  bestehen  grösstenteils  au»  einer 
glykosidnrtigen  Verbindung,  dem  Lignin,' 
welchen  wahrscheinlich  in  verschiedenen  Haft- 
ungen von  ungleicher  Zusammensetzung  auf- 
tritt. Dem  Lignin  int  immer  ein  Kombina- 
tionsvermögen  mit  schwefliger  Säure  bei  Er- 
hitzung mit  sauren  Sultiten  eigen. 

Das  Lignin  der  Tanne  enthält  einen 
aromatischen  Teil .  wrleher  zweckmässig 
Lignylalkobol  genannt  werden  kann. 
Da  verschiedene  llölzer  wahrscheinlich  ver- 
schieden zusammengesetzte  Lignylulkoholc 
enthalten,  könnte   die  erwähnte  Verbindung 

*  Min  vii -tri.  II.  A-,  S.  4  ,  I.ii:ninsul>*t.ui*  und 
(.llvko-idc. 


als  Ta  n  n  e  n  I  i  gn  y  1  a  1  k  ohol  bezeichnet 
werden.  Dieser  Alkohol  ist  dadurch  charak- 
teriHirt,  das*  er  einen  ungesättigten  Komplex 
enthält,  welcher  eben  das  BindnngsviTinöyen 
der  schwefligen  Säure  bedingt 

=  ('  -  t'H 

II  4  IL  S()3  =  I 

—  C  —  C  SOs  OH. 

Ausserdem  verursacht  dieser  ungesättigte 
Komplex  eine  ungemein  leicht  eintretende 
Polymerisation  dureh  Säuren  und  vielleicht 
auch  durch  das  Licht. 

Verschiedene  aromatische  Substanzen  wie 
Coniferylalkohol,  Eugenol  und  übrigens  sämt- 
liche Glieder  iler  ZimmtBäuregruppc,  welche 
alle  Derivate  eines  Phenylpropylens  sind,  ver- 
halten sich  ähnlich. 

Tuunenlignylalkohol  hat  in  der  That  eine 
durchgehende  und  frappante  Aehnlichkeit 
mit  dem  aromatischen  Teil  des  Coniferins, 
dienen  Glykosides,  welches  sich  im  Cambial- 
safte  der  Nadelhölzer  vorrindet.  Wird  so- 
mit Coniferin  mit  sauren  Sultiten  bei  110°  C 
behandelt,  so  spaltet  sich,  wie  ich  gefunden 
habe,  Zucker  ab  um!  die  schwcfelige  Säure 
verbindet  sich  mit  dem  C«>nifcrylalkohol 
zu  einer  Sulfosäurc,  deren  Salze  in 
Wasser  äusserst  leicht  löslieh  sind  um!  durch 
Alkohol  unter  Zusatz  von  Äther  aus  der 
LöMUug  amorph  gefüllt  werden  können. 
Ebenso  kann  aus  der  Ablauge  der  Sulfit- 
fuhrikation  das  sulfosaure  Kalksalz  des  Tannen- 
liguylalkohols  gefällt  werden.  Wird  Coniferin 
oder  Conifervlalkohol  mit  MineraUäuren  er- 
hitzt, so  (feht  der  Alkohol  in  eine  harzähnlicbe 
diptdymerc  Form  über,  welcher  mehr  oder 
weniger  dunkel  gefärbt  ist.  Ebenso  bei  dem 
Taunenlignylalkohol.  Die  polymerc  Form  des« 
Tunnenlignylalkohols  kann  aus  Sägemehl  de* 
Tauneuholzes  teilweise  in  folgender  Weise 
gelöst  werden.  Das  Sägemehl  wird  mit 
etwa  5",o  alkoholischer  Schwefelsäure  od«*r 
Salzsäure  gekocht.  Aus  der  entstandenen 
Lösung  wird  durch  Wasser/.usatz  ein  Nieder- 
schlag erhalten,  welcher  durch  Äther  von  Fett 
und  Harz  befreit  in  Chloroform  gelölt  wird. 
Durch  Zusatz  von  l'etroleumüther  kann  hier- 
aus der  polvmere  Liguylalkohol  gefällt  werden. 
Das  Molekulargewicht  dieser  Substanz  ist 
etwa  000  und  die  elementare  Zusammensetz- 
ung entspricht  etwa  C3fl  H40  üjj.  Aus  der 
Ahfatllauge  kann  iu  folgender  Weise  ein 
Kalksalz  der  Liguosulfonsäure  erhalten  werden. 
Die  konzentrirte  Lauge  .wird  mit  gesättigter 
Chlorcalciumlaugc  zweimal  gefällt,  der  Nieder- 
schlag sodauu  mit  absolutem  Alkohol  ge- 
waschen bis  alles  Chlorcalcium  ausgezogen  ist. 
zuletzt  über  Phosphorsüureanhydrid  getrocknet 


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£.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.   ZELLSTOFF.  139 


Die  Analyse  des  in  solcher  Weise  erhaltenen 
Kalksalzcs  entspricht  der  Forniel 

f18  ^19  ^8  S  Ca,/,- 

Die  diesem  Salze  zugrundeliegende  Ver- 
bindung hat  somit  die  Zusammensetzung 
Cw  11,8  05,  aber 

2  (CIS  Hw  05  +  H,  0)  =  C3eU10O18 
ist  eben    die  Zusammensetzung  de»  direkt 
aus  dem   Holze  erhaltenen  Lignylalkohols, 
welches   somit   eine   diniere  Form  darstellt. 
Wir  können  daher    mit  Wahrscheinlichkeit 
sagen,    dass    Tannenlignylalkohol    die  For- 
mel Ci8  Hjj,  05  besitzt,  welches  durch  Kochen 
mit  Säuren  in  eine  diniere  Form  übergeht. 
Die  Verschiedenheit  von  einmal   Wasser  ist 
wahrscheinlich  in  der  Wirklichkeit  eine  Ver- 
schiedenheit von  ein  Atom   Sauerstoff  und 
davon  herrührend,    dass  der   direkt  gelöste 
Lignylalkohol  mehr  hydroxylhaltig  ist  als  die 
Hauptmenge.    Dass  Tollens  ein  weit  grösseres 
Molekulargewicht    des    Lignylalkohols  ge- 
funden hat,  hangt  davon   ab,   das*  Ligno- 
sulfousänre     beim    Kochen     mit  Mineral- 
sauren,  obwohl  eine  ächte  Sulfonsäure  einen 
Teil  der  schwefligen  Säure  abspaltet,  wodurch 
natürlich    das    erhaltene    sulfonsäure  Salz 
weniger  Schwefel  enthält  und  dadurch  ein 
höheres  Molekulargewicht   aus  der  Analyse 
herauskommt.    Ebenso   verhält  sich  die  aus 
Coniferylalkohol  dargestellte  Sulfonsäure.  Lig- 
nin  hat  somit  eiue  viel  einfachere  Zusammen- 
setzung als  ganz  allgemein  angenommen  wird. 

Da  nun,  wie  schon  Tieman  gezeigt  hat, 
Coniferylalkohol  sich  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur unwirksam  gegen  saure  Sulfite  ver- 
hält, sieh  aber  bei  höherer  Temperatur  so 
glatt  damit  verbindet,  dass  Coniferin  sehr 
scharf  dadurch  quantitativ  bestimmt  werden 
kann,  Lignin  sich  auch  genau  so  verhält, 
indem  die  entstandenen  Sulfosäuren  und 
deren  Salze  dieselben  Eigenschaften  zeigen* 
da  ferner  alle  aromatischen  Verbindungen, 
welche  Derivate  eines  Phenylpropylen»  sind 
—  und  solche  finden  sich  in  der  Natur  viele  — 
sich  wie  Coniferyl-  und  Lignylalkohol  leicht 
polymerisireu,  so  scheint  in  der  That  die 
Ansicht  nicht  unbegründet,  dass  Lignin  eine 
Propylengruppe  enthält,  welche  eben  die 
Hauptreaktion  beim  Sultitkochen  bedingt. 
Die  angegebene  Tannenliguosulfonsäure  kann 
aber,  wenn  auch  lose,  mehr  schweflige 
Säure  binden.  Andere  Eigenschaften  deuten 
auch  darauf  hin,  dass  das  Tauneulignin 
neben  der  Oxypropenylgruppe  auch  einen 
Aldehydkomplex  enthält;  hierzu  kommen  noch 
zwei  Oxymethyle  neben  Hydroxylgruppen. 

Während  somit  nach  dieser  Auffassung 
das  eigentliche  Löslichmacheu   des  Lignins 


in  der  Einwirkung  der  schwefligen  Säure  auf 
eiue  Oxypropropenylgruppo  beruht,  kommt 
bei  dem  Vorhandensein  von  überschlüssiger 
schwefliger  Säure  noch  ein  Molekül  dieser 
Säure  zur  Wirkung.  Dieser  Teil  der  Säure 
kann  aber  leicht  wieder  abgespaltet  werden. 
Die  Ablauge  verhält  sieh  auch  in  der  That 
verschieden,  jenaebdem  diese  letzte  Bindung 
vorhanden  ist  oder  nicht.  Im  ersten  Falle 
kann  der  lignosulfonsäure  Kalk  durch  Alko- 
hol nicht  gefällt  werden,  in  letztem  Falle 
aber  wohl.  Die  Fällung  tritt  aber  auch  in 
erstem  Falle  ein  bei  vorsichtiger  Abstumpf- 
ung der  Säure  durch  Kalk.  Die  Ablauge 
enthält  somit  je  nach  den  verschiedenen 
Verhältnissen  beim  Kochen  mehr  oder  weniger 
von  organisch  gebundener  schwefliger  Säure 
im  Verhältnis  zu  derselben  Menge  gelösten 
Lignin*.  Der  Verbrauch  au  schwefliger  Säure 
ist  somit  unter  verschiedenen  Verhältnissen 
recht  verschieden,  wie  auch  die  Erfahrung 
lehrt. 

Die  Lignosulfonsäure  ist  streng  genommen 
nicht,  wie  oben  schon  angegeben  ist,  ein-, 
sondert)  zweibasiseb.  Genau  ebenso  ist  es 
mit  der  Coniferylsulfonsänrc.  In  beiden 
Fällen  erhält  somit  ein  Hydroxylkomplex 
des  Lignylalkohols  bei  der  Bilduug  der  Sul- 
fosäure  einen  sauren  Charakter.  Eine  Folge 
davon  t»t,  dass  mit  dem  Vorschreiten  des 
Kochens,  d.  h.  bei  zunehmender  Bildung  von 
Lignosulfonsäure,  die  Menge  der  schwefligen 
Säure  im  Verhältnis  zur  gebundeneu  allmäh- 
lich sich  vergrössert,  was  auch,  wie  Harpff 
gezeigt  bat.  der  Fall  ist. 

Mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  können 
wir  somit  das  Tanncnlignin  als  eine  gly- 
kosidartige  Verbindung  auffassen,  deren  einer 
Te  1  von  aromatischer  Natur  ist  und  zwei 
Kerne  enthält  mit  eiuer  Oxypropylengruppe 
als  Setlenkette,  wozu  noch  kommen  eine 
Aldehydgruppe,  zwei  oder  mehrere  Oxymethyle 
und  Hydroxyle,  deren  anderer  Teil  aber 
Zucker,  event.  Ccllulose  ist.  Genau  genommen 
ist  Lignin  kein  rein  chemisches  Individuum, 
wenn  es  andrerseits  doch  auch  wahrschein- 
lich ist,  das«  die  Individualität  in  der  Haupt- 
sache sich  vorfindet.  Das  bei  schwacher  Sul- 
fit kochur.g  rückständige  Lignm  ist  thatääcli- 
lich  etwas  reicher  an  Oxvmethyl  uud  ärmer 
an  Uydroxyl.  Es  ist  daher  wahrscheinlich, 
dass  .die  Menge  dieser  Gruppen  in  engen 
Grenzen  wechseln  können,  was  die  verschie- 
dene Lösliehkeit  de«  Lignins  bedingt. 

Das  Phänomen  des  sog.  Schwarzkocheiis 
ist  nach  dieser  Auffassung  ganz  klar.  Ks 
hümjt  ab  von  lokalem  Mangel  an  Kalk  im 
Kocher,  wodurch  freie  Lignosulfonsäure  ent- 


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140  E.  KIRCHNER   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


um 


steht,  deron  Jonenverhältnisse  etwa  diosclbcn 
sind,  wio  die  starker  Mineralsäuron,  und 
welche  daher  den  Lignylalkohol  ebenso 
kräftig  polymerisirt,  wio  diese,  wodurch 
selbstverständlich  die  Wirkung  der  schwef- 
ligen Süure  unmöglich  ist. 

Man  hat  ganz  allgemein  die  Gipsbildung 
während  des  Kochens  uls  eine  Reduktion 
des  liignins  angesehen.  So  ist  es  aber  keines- 
wegs. Sie  rührt  her  von  dem  Zerfall  des 
sauren  Sulfites  nach  der  Gleichung: 
3  (H  S08),  Ca  =  8  Ca  S04  -f  H,  S04 
+  S,  +  2  (H,  0). 

Diese  Reduktion  tritt  spontan  ein  hei 
verschiedenen  Temperaturen  je  nach  den 
Verhältnissen  zwischen  Kalk  und  schwefliger 
Säure.  Je  mehr  freie  schweflige  Saure  im 
Verhältnis  zum  Kalk  sich  vorfindet,  je  höher 
ist  die  Zersetzungstemperatur.  Cellulose 
scheint  auch  wie  eine  Kontaktsultstanz  zu 
wirken,  d.  h.  sie  erniedrigt  die  Zersetzungs- 
temperatur des  sauren  sehweiligsauren  Kalkes 
in  Gips,  Schwefelsäure  und  Schwefel.  Wo 
reichliche  Gipshildung  sich  vorfindet,  kann 
auch  in  der  That  Schwefel  im  Aethercxtrakt 
von  der  Cellulose  nachgewiesen  werden. 

Diese  Ausführungen  dürften,  als  mit 
dem  heutigen  Standpunkt  der  organischen 
Chemie  in  Einklang  stehend,  einen  dankens- 
werten Beitrag  zur  Aufklärung  des  Sulfit- 
prozesses bilden. 

Auf  das  Vorhandensein  von  ligninsul- 
fonsaurem  Kalk  als  Hauptbestandteil  der 
Ablaugen  weist  auch  neuerdings  Dr.  H. 
Seidel,  Wien,  in  der  Zeitschrift  für  ange 
wandte  Chemie,  18.  September  1900,  Heft 
38  S.  951/6  in  einem  ausführlichen,  inter- 
essanten Artikel  über  die  Sulülcellulose- 
ablauge  hin. 

Herr  L>r.  Seidel  sagt,  das«  in  den  Fabriken 
der  Holzzellstofffahrikatinn  nach  Mitschcr- 
lieh  und  Kitter-Krllner  auf  die  l'rodukti<ins- 
ciuheit  Stoff  die  zehnfache  Menge  einer 
honiggelben  bis  tiefduukelbraunen  Ablauge 
mit  schwach  aromatisch-harzigem,  schwcflig- 
saurein  Geruch,  mit  spez.  Gewichte  von  etwa 
1,05  resultirt,  welche  etwa  gleich  viel  Trocken- 
substanz enthält,  wie  Stoff  erzeugt  wird. 

*/io  des  Stoffgewichte«  ist  dabei  unwider- 
bringlich au  Schwefel  verloren. 

In  der  Ablauge  sind  nachgewiesen: 

1)  Geringe  Mengen  freier  und  gebundener 
schwefliger  Säure  (0.1 — 0,639°/«). 

2)  Sehr  geringe  Mengen  von  Schwefelsäure 
(0,019— 0,62». 

3)  * Als  Hauptmenge  ciue  kalkhaltige  organ- 


ische Schwefel  Verbindung,  höchstwahr- 
scheinlich ligninsulfonsHurer  Kalk  (mit 
5,52 — 8,8°/»  Schwefelgehalt,  auf  nschen- 
freie  Substanz  umgerechnet). 

4)  Geringe  Mengen  vou  Tentosen  und  iVn- 
tosanen. 

6)  Mann  ose,  Dextrose.  Galaetose. 
♦>)  Freie»  Furfurol. 

7)  Spuren  von  Vanillin  oder  eines  vanillin- 
ähnlichen  Korpers. 

8)  Geringe  Mengen  einer  tcrpeiiäbnliehen 
Substanz. 

{>)  Geringe  Mengen  molekularen  Sehwefels. 
der  sich  schon  in  der  Regel  in  den  Leit- 
ungsrohren absetzt. 

Die  Mengen  ad  4—0  sind  äusseret  gering. 

Der  Trockenrückstand  enthält  ca.6'/«  Asche 
als  Calciumoxyd  berechnet. 

Experimentell  ist  sichergestellt : 

Die  Trockensubstanz  der  Sultitahluugc  ist 
leicht  in  Wasser  löslich,  unlöslich  in  Aetber, 
fast  unlöslich  in  Alkohol.  Sie  besitzt  nach 
Klason  eine  aktive  ( 'arbonylgruppc,  wie  aus 
ihrem  Verhalten  gegen  l'henylhydrazin  her- 
vorgeht, Sie  enthält  nach  Liudsey  und  Tollens 
sowie  nach  Seiilel  Methoxylgruppcn,  wie 
durch  Abspaltung  von  Jodmethyl  nach  der 
Methode  von  Zeisel  nachgewiesen  wurde.  .Sie 
besitzt  nach  Seidel  und  Hanak  ein  starke* 
Reduktionsvermögen,  indem  Kehling'sehe  Los- 
ung, Hlcisupemxyd,  Kaliumhichromat,  Indigo, 
Methylenblau  etc.  von  ihr  reduziert  werden. 
Der  Schwefel  ist  in  Form  einer  Sulfogruppe 
an  Kohlenstoff  gebunden,  was  durch  verschie- 
dene Reaktionen  nachgewiesen  wird. 

1)  Die  Sehwefclverbiudung  ist  durch  gelinde 
Einwirkung  von  Säuren  uud  Alkalien  un- 
zerstörbar; eine  Hindling  des  Schwefels 
ähnlich  den  Bisulntvcrbindungeu  der  Ke- 
tone  und  Aldehyde  liegt  also  nicht  vor. 

2)  Aus  gleichem  Grunde  liegt  eine  esterartige 
Hindling  der  schwefligen  Säure  nicht  vor. 

3)  Die  Hindling  als  Sulfogruppe  ist  daher 
wahrscheinlich. 

4|  Die  Anwesenheit  der  Sulfogruppe  wird 
dadurch  bewiesen,  das»  bei  der  Kali- 
schmelze der  gesammte  Schwefel  als 
schweflige  Säure  abgespalten  wird. 

5)  Der  Kalk  inu*s  als  Salz  einer  Sulf'osäurc 
vorhanden  sein  und  nicht  etwa  saccharat- 
urtig  gebunden,  da  er  durch  Kohlensäure 
nicht  fällbar  ist;  überhaupt  ist  das  Vor- 
handensein des  Kalkes  in  einer  Carboxyl- 
oder  alkoholischen  Hydroxylgruppe  a  priori 
unwahrscheinlich. 

6)  Die  Substanz  zersetzt  sich  durch  Oxyda- 
tionsmittel in  Calciumsulfat  und  in  einem 


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fc.  Kirchner,  das  papier.  iii.  b.  und  c  Zellstoff. 


141 


kalkfreien  organischen  Rest,  rcsn.  Oxyda- 
tion»- und  Spaltungsprodukte. 
Weitere  Untersuchungen  veranlassen  Herrn 
Dr.  Seidel  zu  den  Schlussfolgerungen : 

1)  Die  Ligninsubstanz  des  Holzes  besteht  aus 
etwa  64>  C,  6°/»  H  und  30°/o  0. 

2)  Die  Substanz  der  Sulfitablauge  ist  das 
Kalksalz  einer  SulfosSure,  die  durch  den 
Eintritt  von  SOj  in  das  Ligninmolekül 
entstanden  ist. 

Ii)  Je  nach  der  Führung  des  Kochprozes«cs 


tritt  mehrender  weniger  S08  ein,  resp. 
bleilien  mehr  oder  weniger  Moleküle  uti- 
sulfonirt. 

4)  Das   Ligninmolekül   hat    mindestens  ein 
Molekulargewicht  von  ca.  500. 

Herr  Dr.  Seidel  bespricht  schliesslich 
die  bisher  nur  wenig  erfolgreichen  Versuche 
der  Verwertung  der  Sulütlaugen,  auf  welche 
späler  im  praktischen  Teil  dieses  Kapitels 
zurückgekommen  „werden  soll. 


Die  mechanische  Reinigung,  Zerkleinerung  und  Transport 
der  Rohstoffe  vordem  Kochprozesse. 


Das  Getreidestroh. 

Die  Strohpflanzenbestandteile  sind  nicht 
alle  für  Herstellung  von  Strohzellstoff  gleich 
gut  geeignet,  das  Stroh  enthält  auch  fremde 
Teile,  wie  Unkraut,  Sand,  Staub  etc. 
Ueber  die  an  vollständigen  getrockneten 
Strohhalmen  festgestellten  Gewichtsunter- 
suchungen der  Halme,  Knoten,  Blattfahnen 
und  Aehren  hat  Verf.  in  der  Robstofflehre 
(Teil  II.  Abschnitt  A  S.  47/8)  näheres  ge- 
sagt. 

Hier  soll  auf  die  Praxis  der  Fabrikation 
und  die  sich  dabei  ergebenden  Verhält- 
nisse näher  eingegangen  werden. 

Handsortirung. 

Früher  wurde  das  Getreidestroh,  be- 
sonders solches  von  Weizen  und  Roggen, 
vorwiegend  als  Langstroh  aus  der  näheren 
Umgebung  der  Fabriken  bezogen  und  auf 
Unkraut  mit  der  Hand  sortirt. 

Die  Massenproduction  der  wenigen, 
heute  noch  bestehenden,  grossen  Stroh- 
stoff-Fabriken ist  aber  meist  auf  den  Be- 
zug entsprechend  grosser  Mengen  ge- 
pressten  Strohes  angewiesen.  Die  Hand- 
sortirung solchen  zusammengeknitterten 
Strohes  würde  grosse  Schwierigkeiten  und 
daher  grosse  Kosten  verursachen,  weshalb 
man  davon  ganz  absieht. 

Häckselschneiden. 

Das  in  Ballen  ankommende  Stroh  wird 
von  den  Bindedrähten  befreit  und  von  der 
Bedienungsmannschaft  der  Häckselschneide- 
maschinen mit  Strohgabeln  entsprechend 
aufgelockert.    Das  Langstroh  in  Bunden  I 


wird  einfach  von  den  geknoteten  Stroh- 
bändern befreit. 

Das  so  in  der  Nähe  der  Schneidema- 
schine bereit  gelegte  Stroh  wird  dann  in 
die  Maschinen  eingetragen. 

Die  Häckselschneidemaschinen 
sind  in  diesem  Kapitel  III.  S.  51/55  an 
mehreren  Beispielen  beschrieben.  Das  Stroh 
wird  von  ihnen  in  Häcksel  von  1,5  bis 
4  cem  umgewandelt. 

Neuerdings  wurden  dem  Verfasser  die 
Häckselschneidemaschinen  von  R.  Nyb- 
lad,  Papenburg  (Hannover),  von  einem 
Fabrikdirektor  warm  empfohlen,  derselbe 
behauptet  2500  bis  3000  kg  Stroh  bequem 
in  einer  Stunde  geschnitten  zu  haben ;  die 
Leistung  3000  kg  pro  Stunde  wird  auch 
von  Nyblad  angegeben.  Auf  nochmalige 
Anfrage  bei  dem  befreundeten  Fabrikdirek- 
tor, ob  bei  angegebener  Leistung  kein 
Irrtum  vorliege,  antwortet  derselbe: 

„Ich  hnhe  in  der  letzten  Zeit  mit  1  Ma- 
schine-, bedient  von  2  Arbeitern,  1  Jungen  und  5 
Frauen,  welehe  das  Stroh  zu  trausportircni 
die  Hallen  zu  lösen,  auseinander  zu  zupfen 
und  in  die  Masehiue  einzulegen  haben,  durch- 
schnittlich stündlich  28Ü0  kg  Stroh  ver- 
arbeiten können.  Dabei  sind  alle  Störungen 
an  der  Transmission,  Auswechseln  und 
Schärfet!  der  Messer  mit  inbegriffen.* 

Nach  dem  Bilde  und  der  Beschreibung 
eines  vorliegenden  Prospektblattes  der 
Firma  ist  die  Maschine  besonders  stark 
gebaut,  hat  in  der  Ebene  des  Schwung- 
rades fünf  gebogene  Stahlmesser,  deren 
Anliegeüächen  gehobelt  sind,  so  dass  die 


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142  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


Messer  ohne  Stellschrauben  alle  genau  an 
das  Mundstück  passen.  Der  Mundstück- 
Vorsatz  ist  aus  Halbstahl  hergestellt  und 
ohne  Anlassen  gehärtet.  Die  Maschine 
hat  eine  Kettenzuführung  des  Strohes  und 
eine  verhältnismässig  sehr  grosse  obere 
Zuführ-Lattentrommel.  Die  aus  Stahlguss 
angefertigten  Keltenglieder  sind  mit  Sahl- 
bolzen  zusammengenietet,  ebenso  laufen 
diese  Glieder  auf  gehärtetem  Halbstahl. 
Die  Kugeln  der  beweglichen  Wellen  sind 
aus  Schweissslahl  und  gehärtet. 

Es  wird  auf  dem  Prospekt  erwähnt, 
dass  eine  Unfallsgefahr  bei  Bedienung  der 
Maschine  absolut  ausgeschlossen  sei.  Das 
Gewicht  der  Maschine  wird  auf  1500  kg 
angegeben.* 

Herr  Direktor  Schacht  lässt  neuerdings 
für  die  ihm  unterstellten  Strohstofffabriken 
die  Häckselmaschinen,  nach  eigenen  An- 
gaben als  Trommelsystem,  im  Grundprin- 
zip 8.  53  Fig.  4  angegeben,  bauen.  Der 
Trommeldurchmesser  wird  1  m  gewählt. 
Es  befinden  sich  8  gewundene  Messer  auf 
derselben.  Die  Schnittlänge  jedes  Messers 
verteilt  sich  über  einen  Bogen  von  etwa  60°, 
so  dass  das  eine  Messer  im  Anschnitt  ist, 
wenn  das  andere  noch  im  Ausschnitt  sich 
befindet.  Die  Umfangsgeschwindigkeit  hat 
man  auf  etwa  v  =  19,6  m  (also  Umdreh- 
ungszahl der  Trommel  n  =  375)  gesteigert. 
Die  Maschine  ist  mit  zwei  Sicherheitsvor- 
richtungen zum  Ausrücken  versehen,  die, 
ein  Stillstehen  der  Trommel  bewirken,  so- 
bald ein  harter  Gegenstand  (Schrauben, 
Eisen,  Strohgabeln,  Steine  etc.,  was  im 
Pressstroh  alles  vorkommt)  zwischen  Trom- 
mel- und  Vorlagemesser  kommt.  Die- 
selben bestehen  in  einer  Kuppelung,  deren 
Hälften  nur  durch  einen  dünnen  Stahlstift 
gekuppelt  sind,  welcher  zerschnitten  wird 
und  eine  einzelne  Stellschraube  mit  dünner 
Spitze  in  der  Riemenscheibe.  Die  Spitze 
bricht  ab,  wenn  ein  harter  Gegenstand 
zwischen  die  Messer  gerät. 

Mit  diesen  übrigens  äusserst  solid  aus- 
geführten Maschinen  ist  es  auch  bei  in 

*  heider  war  ein«.'  Abbildung  und  bessert'  He- 
schreibunjer  dor  Maschine  für  d*u  Verfasser  trotz 
mehrfacher  Briefe  an  die    Firma  nicht  zu  hüben. 


Ballen  gepresstem  Stroh  möglich,  in  der 
Stunde  durchschnittlich,  d.  h  alle  gewöhn- 
lichen Betriebsstörungen  und  Messerwechsel 
eingerechnet,  bis  zu  4000  kg  Häcksel  zu 
schneiden,  an  glattem  Langstroh  kann 
noch  mehr  geleistet  werden. 

Die  Häckselschneidemaschinen  werden 
oft,  um  solide  Fundamente  zu  gewinnen 
und  den  Transport  der  Strohballen  zu  er- 
sparen, im  Parterre  aufgestellt,  es  ist  in 
diesem  Falle  der  Häcksel  nach  den  Rein- 
gungsmaschinen  zu  transportiren.  Man 
kann  aber  auch  die  Schneidemaschinen 
auf  dem  Oberboden  der  Kocherei  aufstellen. 
Die  Strohballen  oder  Langstrohbunde 
müssen  dann  nach  oben  transportirt  werden 
und  der  Häcksel  fällt  von  oben  nach 
unten  durch  die  Reinigungsmaschinen  auf 
den  Häckselvorratsboden  über  den  Kochern. 
Beide  Dispositionen  haben  ihre  Vor-  und 
Nachteile. 

Mit  dem  gewonnen  Häcksel  wird  zu- 
nächst eine  intensive  trockene  Reinigung 
mittelst  Apparaten  und  Maschinen  vorge- 
nommen. 

Reinigung  des  Häcksels. 

Der  Häcksel  enthält  Halmteile,  Blatt- 
scheiden,Blattspreiten,Knoten,  taube  Aehren 
Unkrautstückchen,  ferner  zurückgebliebene 
Körner,  Spreu,  Sleinchen,  Sand,  Erde  etc. 

Für  Herstellung  von  Strohstoff  ist  es 
die  Aufgabe,  nach  Möglichkeit  die  reinen 
Halmteile  von  den  Knoten,  Aehren,  Kör- 
nern, Unkraut,  Sand,  Staub  etc.  zu  trennen 
und  diese  Aufgabe  lösen  besondere  Maschi- 
nen, die  W  i  n d fegen,  deren  Grundprinzip 
den  altbekannten  Kornreinigungsmaschinen 
der  Landwirte  entstammt. 

Windfegen. 

Schon  vor  Jahrzehnten  war  in  vielen 
Strohstofffabriken  die  Sonderung  der  ge- 
eigneten Strohteile  von  den  ungeeigneten 
durch  einen  von  einem  Ventilator  erzeug- 
ten Luftstrom  bewirkt.  Es  giebt  viele 
Maschinen  verschiedener  mehr  oder  weniger 
wirksamer  Konstruktion,  welche  man  für 
kleinere  Betriebe  von  den  Maschinenfabri- 
ken, die  sich  mit  dem  Bau  landwirtschaft- 
licher Maschinen  beschäftigen,  beziehen 
kann. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Iii.  B.  UND  C.   ZELLSTOFF.  i4ij 


Der  Güte  des  Herrn  Direktor  W. 
Schacht-Coswig  i/S.  verdankt  Ver- 
fasser die  Mitteilung  einiger  praktisch 
bewährter  Maschinen,  welche  auch  für 
grosse  Betriebe  geeignet  sind. 

W.  Schacht'sche  Windfege, 
von  H.  Füllner  in  Warmbrunn 
(Schlesien)  ausgeführt 

Fig.  24  und  25  geben  einen  Aufriss- 
und  Grundrissschnitt  der  Schacht'schen 
Windrege,  deren  Leistungstähigkeit  auf  600 


bis  750  kg  Häckselsortirung  pro  Arbeits- 
stunde angegeben  wird.  Der  rohe  Stroh- 
häcksel wird  einem  Trichter  über  der  Oeff- 
nung  a  durch  ein  Transportgurt,  eine 
Schnecke  oder  sonstwie  automatisch  und 
kontinuirlich  zugeführt  und  fällt  auf  das 
Sieb  b  von  Feinheit  Nr.  16  bis  18,  dessen 
oberes  Ende  in  Federn  bei  c  aufgehängt 
ist  und  von  den  Excentern  d  eine  hin-  und 
hergehende,  also  rüttelnde  Bewegung  er- 
hält ;  das  untere  Ende  hängt  in  Holzfedern 


Fig.  24:  Aufriss.    Fig.  2  5:  Grundrissschnitt. 
W.  Schacbt's  Windtege,  v.  H.  Füllner,  Warmbrunn  gebaut. 


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144  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


e  und  das  Sieb  ist  mit  Rahmen  zum  Aus- 
wechseln eingerichtet. 

Viele  feine  Teile  wie  Spreu,  Staub, 
feiner  Sand,  Kohlenleilchen  und  dgl.  fallen 
durch  das  Sieb  und  sammeln  sich  im 
Kasten  unterhalb  des  Siebes  an,  so  dass  am 
anderen  Ende  Strohhäcksel,  Körner,  Pack- 
draht, Steinchen  und  Unkrautstückchen  vom 
Siebe  fallen.  Der  Ventilator  f  liegt  im  Ge- 
häuse g,  dessen  gerade  Teile  aus  Holz  und 
dessen  gebogene  Teile  aus  Eisenblech  besteh- 


en, es  mündet  in  Form  einer  Düse  da,  wo  der 
Häcksel  etc.  vom  Siebe  fällt.  Der  vom 
Ventilator  ausgehende  Wind  führt  den 
leichten  Strohhäcksel  über  den  schräg  ge- 
stellten verstellbaren  Trog  h  hinaus  gegen 
die  Wand  i  des  Kastens,  von  wo  sie  auf 
den  Transporteur  zur  Kocherei  fallen, 
während  die  schweren  Teile  wie  Knoten, 
Aehren,  Körner,  Steinchen  und  Unkraut- 
stückchen in  den  Trog  h  fallen,  von  wo 
aus  sie  in  den  Kasten  k  gelangen. 


v-- 


Eu*  2 Ja. 


Fig.  25  a.   Prinzip  des  Schacht'schen  Stufejnsiebes 


Fig.  25  a  gibt  noch  eine  andere  weiter 
vervollkommnete  Ausführung,  wo  das  Sieb  b, 
an  sechs  Punkten  e  in  Federn  aufgehängt,  in 
drei  Stufen  geteilt  ist.  Der  Strohhäcksel 
wird  auf  das  oberste  Sieb  fallen  gelassen 
und  an  jedem  unteren  Ende  der  Siebstufen 
durch  eine  vorstehende  Leiste  und  durch 
Herüberwälzen  der  Strohstückchen  ge- 


wendet, wodurch  die  Reinigung  des 
Häcksels  erleichtert  und  vervollkommnet 
wird. 

Fig.  26  im  Längsschnitt,  Fig.  27  im 
Querschnitt  ist  eine  weitere  Schacht'sche 
W  i  n  d  f  e  g  e  mit  kontinuirlicher  Siebreinig- 
ung dargestellt. 

In  den  Trichter  A  fördert  ein  Trans- 


Fig  2G  Längsschnitt,  Fig.  27  Querschnitt. 
Verbesserte  Schacht'sche  Windfege  ausgeführt  von  H.  Füllner,  Warmbrunn- 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER. 


Iii.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


145 


portband  od.  dgl.  den  Strohhäcksel,  der- 
selbe fallt  auf  ein  endloses  Sieb  S.  Das 
Sieb  wird  von  den  Walzen  W  getragen 
und  geführt.  Walze  W,  setzt  das  Sieb  in 
stetige  Bewegung,  und  zwar  bei  einer 
Breite  von  1  m  und  400—500  kg  Leistung 
in  der  Arbeitstunde  mit  0,6  m  Geschwin- 
digkeit in  der  Sekunde  (36  m  in  der 
Minute).  Die  nach  rechts  und  links  hori- 
zontal verstellbare  Tragwalze  W„  erhält 
mit  dem  darauf  ruhenden  Siebe  und  dem 
Häcksel  durch  eine  Schlageinrichtung  D  C 
450  Schläge  in  der  Minute,  und  zwar  ist 
die  Stärke  des  Schlages  durch  die  Stellung 
der  Walze  Wa  auf  den  einarmigen  Hebeln 
D  bedingt  und  veränderbar.  Bei  der  hori- 
zontal und  verstellbaren  Spannwalze  W9 
fällt  der  Häcksel  in  den  vom  Ventilator  F 
erzeugten  Windstrom.  Das  Sieb  wird  bei 
6  durch  ein  Blaserohr  oder  durch  eine 
mechanisch  bewegte  Bürste  vorgereinigt, 
passirt  die  Leitwalze  W4,  die  Führungs- 
walze W&  und  kehrt,  von  den  Rundbürsten 
Hi  und  Ha  gut  gereinigt,  nach  Wt  zurück. 

Zur  besseren  Teilung  der  Häckselmassen 
sind  an  der  Decke  der  Windfege  die  Brett- 
chen B  vertikal  angeordnet.  Durch  das 
Sieb  (drillirt  Nr.  16-18)  fällt  Staub,  Spreu, 
feiner  Sand,  feine  Kohle  etc.  durch,  gelangt 
in  den  Kasten  K  und  wird  durch  eine 
Schnecke  E  seitlich  und  automatisch  aus 
der  Windfege  gefördert.  Der  Windstrom 
besorgt  mittelst  der  verstellbaren  Teillippe 
L  und  dem  in  Höhe  ebenfalls  verstell- 
baren AufTangsk asten  J  die  Sonderung  der 
schweren  Knoten,  Eisen,  Steinchen,  Körner 
und  Unkrautstückchen,  welche  nach  links  in 
den  Kasten  0  fallen,  während  die  guten 
zum  Kochen  geeigneten  Strohteile  nach 
rechts  bei  M  niederfallen  und  in  Körben 
oder  auf  einem  Fördertuch  oder  dgl.  aufge- 
fangen nach  den  Kochern  transportirt 
werden. 

Die  Stellung  der  Lippe  L  des  Kastens  J 
richtet  sich  nach  der  Länge  des  Häcksels, 
nach  der  Strohart  und  nach  der  Feuchtig- 
keit des  Strohes. 

Die  Knoten,  Körner,  Steinchen  etc. 
rutschen  vom  Kasten  J  in  den  Raum  0, 
um  durch  eine  Schnecke  oder  sonstwie  in 


eine  Körnerputzmaschine  transportirt  zu 
werden.  Der  Antrieb  aller  bewegten  Teile 
der  Maschine  geht  von  der  Welle  T  aus 
und  sind  die  eingeschriebenen  Umdreh- 
ungszahlen (nicht  aber  alle  eingezeichneten 
Riemenscheiben)  für  die  schon  vorn  ge- 
gebene Leistung  der  Maschine  massgebend, 
also  bei  1  m  Siebbreite  400—500  kg  Stroh- 
häcksel pro  Stunde,  bei  breiterem  Siebe 
entsprechend  mehr. 

Der  Kraftverbrauch  einer  solchen  Wind- 
fege mit  1  m  breitem  Siebe  beträgt  2 
bis  2»/2  PS. 

Bei  diesen  Anlagen  trockener  Rein- 
igung ergibt  Strohhäcksel  unserer  Ge- 
treidestroharten  nach  Schacht  an  Ge- 
wicht etwa: 

3  pCt  Staub,  Spreu,  Müll  und  Sand, 
2  —3  „  Knoten  b.  schmalen  Maschinen 
0,6—0,7  „  Knoten  J  im  Grossbetriebe  auf 
0,5-0,7  „   Körner j  breiten  Maschinen. 

Diese  Angaben  erschienen  bezüglich 
des  Prozentsatzes  an  Knoten  sehr  niedrig, 
indem  Verfasser  in  der  Rohstofflehre  dieses 
Werkes  II.  A.  S.  48  bei  je  einem 
Roggen-  und  Weizenhalm  ein  Knotenge- 
wicht von  7,12  pCt.  bzl.  6,62  pCt.  durch 
gewissenhafte  Bestimmung  gefunden  hatte. 
Eine  nochmalige  Anfrage  bei  Herrn  Direk- 
tor Schacht  liess  denselben  bezüglich  der  von 
den  Maschinen  abfallenden  Knotenmenge 
auf  seinen  Angaben  bestehen.  Ein  anderer 
Strohstofffabrikant  schreibt  nun  darüber: 

„Ich    habe   von    je     1    kg  Roggen- 
und  Weizeustrob,  wie  es  auf  die  Häcksel- 
maschine kam,  die  Knoten  mit  der  Schcerc 
heraussehneiden    lassen,    ungefähr    in  der 
Grösse,  wie  sie  an  der  Putzmaschine  abfallen: 
Weizen  ergab  dabei  9,7  ji(,'t.  Knuten, 
Roggen    „        „     8,8    „  „ 
Auf  der  Reinigungsmaschine  fallen  aber 
nur  0,65  pCt.  Knuten  ab." 

Darnach  bestätigen  sich  die  Angäbet 
Schachts  und  des  Verfassers  und  man  er 
sieht  daraus,  dass  die  Reinigungsmaschint 
sehr  wenig  Knoten  herausbringt  und  die 
Hauptmenge  (über  90  pCt.  derselben) 
im  Kochgut  verbleibt. 

Nachdem  man  dieses  ungenügende  Er- 
gebnis der  Absonderung  der  Knoten  kennt, 
erscheint  auch  erklärlich,  dass  viele  Halm- 

11.  Bogen  1000. 


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146  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  ß.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


teile  mit  zufällig  durchschnittenen  Knoten 
und  solche  Knoten,  die  verglichen  mit  dem 
daranhängenden  Halmteil  klein  und  leicht 
sind,  bei  der  Sortirung  durch  einen 
Luftstrom  mit  unter  die  reinen 
Halmteile  gerissen  werden,  und 
man  muss  diese  Arbeit  als  eine  unge- 
nügende bezeichnen,  ohne  vorerst  etwas 
Besseres  an  ihre  Stelle  setzen  zu  können. 

Man  muss  sich  also  bei  den  nachfol- 
genden Arbeitsoperationen  der  Strohstoff- 
fabrikation auch  stets  bewusst  bleiben, 
dass  man  vorerst  nicht  auf  knoten- 
freien Häcksel  rechnen  kann. 

Der  Knoten-  etc.  Abfall  von  den 
Reinigungs-Maschinen  (Fig.  24  S.  143  bei 
K,  Fig.  26  S.  144  bei  0  niederfallend)  geht 
dann  durch  die  nachfolgend  beschriebene 
und  dargestellte  Putzmaschine,  in  welcher 
das  wertvolle,  noch  im  Stroh  beßndliche 
Korn  (Roggen  oder  Weizen)  von  den 
Knoten,  Unkrautsamen  etc.  getrennt  wird. 

Die  Knoten  des  Strohes  kommen  am 
besten  auf  einen  Komposthaufen.  Ein 
öfteres  Befeuchten  des  Haufens  lässt  einen 
guten  Humus  aus  denselben  gewinnen. 

Auch  die  Spreu  und  der  Müll  geben 
befeuchtet  nach  längerer  Zeit,  in  welcher 
eine  vollständige  Gährung  stattgefunden 
hat,  Kompost  ab. 

Ein  Teil  der  Spreu  und  des  Mülls  ist 
für  die  Lehmformereien  der  Maschinen- 


fabriken vorteilhaft  verwendbar ;  auch 
können  diese  Abgänge  nach  Brühen  in 
kochendem  Wasser  als  Viehfutter  nutzbar 
gemacht  werden. 

Die  Putzmaschine. 

Der  Knotenabfall  aus  den  Strohhäcksel- 
reinigungsmaschinen  enthält  ausser  Knoten, 
gröberen  Unkraut-,  Kies-  und  Sandkörnero, 
auch  noch  feineren  Unkraut-Samen  und 
Getreidekörner.  Zur  Scheidung  dieser 
verschiedenen  Teile  und  Gewinnung  letz- 
terer bedient  man  sich  der  Putzma- 
schinen. 

Eine  sehr  gute  bewährte  Einrichtung 
dieser  Art  ist  die 

Reinigungsmaschine  «Ideal« 
der  Firma  Gebr.  Röber  in  Wutha 
(Thüringen). 

Fig.  28  gibt  einen  Längsdurcbschnilt 
dieser  Maschine.  Das  Holzgehäuse  besteht 
aus  festem  Holzrahmen,  bei  welchem  die 
aufrecht  stehenden  Streben  die  Beine  der 
Maschine,  die  unteren  wagerechten  die 
Handgriffe  bilden. 

In  der  Innenseite  des  Rahmengerüstes 
sind  die  Seitenwandungen  aus  einzelnen 
schmalen  genuteten  und  gespundeten  ast- 
freien Fichtenbrettern  zusammengesetzt  und 
befestigt.  Zwischen  diesen  Wandungen 
sitzt  der  Aufschüttrumpf  A  mit  dem  Stell- 
schieber und  der  stellbaren  Speisewalze  bei 
m.   Darunter  befindet  sich  der  Schüttel- 


Fig.  28.  Körner-Putzmaschine. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.   ZELLSTOFF.  147 


kästen  B  mit  den  Spreusieben  gg.  Am 
hinteren  an  der  Peripherie  mit  Blech  ver- 
schlossenen Kasten  ist  ein  fünfschaufliger 
Windflügel  C  angebracht.  Der  von  dem- 
selben erzeugte  Wind  geht  in  aufsteigender 
Richtung  (Pfeilrichtung)  durch  und  über 
die  Spreusiebe.  Im  unteren  Teile  der 
Maschine  befindet  sich  der  Sortirkasten  D 
mit  den  zwei  untereinander  liegenden  langen 
Sortirsieben  ii.  Der  Schüttelkasten  B  ist 
hinten  an  einem  Flacheisenstabe  und  vorn 
in  zwei  starken  Lederriemen  f  aufgehängt ; 
iie  einschiebbaren  2  oder  3  verzinkten 
Spreusiebe  g  lassen  sich  unabhängig  von 
»inander  in  ihrer  Neigung  leicht  verstellen 
und  sicher  befestigen,  so  dass  die  Arbeit 
der  Maschine  leicht  regulirt  werden  kann 
und  ein  Herausfallen  der  Spreusiebe  aus- 
geschlossen ist. 

Der  Sortirsiebkasten  wird  von  den 
Rollen  I  und  Aufhängern  k  getragen. 
Eine  durch  Riemen  getriebene  Kurbelwelle 
setzt  den  Siebkasten  in  rüttelnde  Beweg- 
ung. 

Die  Triebräder  n,  wenn  solche  (bei 
Randbetrieb)  nötig  sind,  befinden  sich  im 
Innern  der  Maschine. 

Der  Windstrom  kann  hinsichtlich  seiner 
Starke  durch  innere  Schiebebretter  regu- 
lirt werden. 

Die  Schüttelung  des  Spreusiebschüttel- 


kastens  B  wird  durch  eine  äussere  Welle 
die  durch  konische  Räder  von  der  Ven- 
tilatorwelle angetrieben  wird,  besorgt,  eben- 
so wird  die  Speisewalze  bei  m  durch 
Riemenscheiben  und  Riemen  in  Drehung 
versetzt. 

Die  Arbeit  der  Maschine  ist  folgende: 
Die  durch  die  Schüttelsiebe  der  Häcksel- 
reinigungsmaschine, etwa  wie  Fig.  26  S.  144, 
gegangenen  Teile  des  Strohes  werden  perio- 
disch oder  automatisch-kontinuirlich  auf  den 
Rumpf  A  Fig  28  geschafft  und  die  Speisewalze 
m  wird  der  Leistung  entsprechend  einge- 
stellt. Die  Stärke  des  Windes  wird  so 
regulirt,  dass  die  Spreu,  Aehren,  Strohteile 
etc.  von  den  Sieben  aus  der  Maschine 
fliegt,  Körner  und  schwere  Teile  aber  durch 
die  Siebe  g  passiren  und  auf  die  Sortir- 
siebe  I  fallen.  Hier  erfolgt  die  zweite  Sor- 
tirung  in  gute  Körner,  Schmacht- 
körner, sowie  schwächeres  Korn  und 
kleine  runde  Unkrautsamen,  die  in  diese 
3  Teile  getrennt  durch  zwei  seitliche  Ab- 
läufe und  hinten  bei  0  aus  der  Maschine 
fallen. 

Die  Leistung  einer  solchen  Maschine 
Nr.  III  für  Kraftbetrieb  ä  Stunde  ist  etwa 
der  Spreuteildurchgang  von  3000  kg  Häck- 
sel. Solche  Maschine  wiegt  etwa  200  kg, 
kostet  M.  190  ab  Wutha  und  braucht  zum 
Betriebe  etwa  V»  PS. 


Dimensionen  und  Preise  einfacher  Exhaustoren].der  König 
Friedrich  August-Hütte,  Pottschappel  b.  Dresden. 


Nr. 

Leistung 
cbm.  Luit 
ä  Min.  ca. 

Preis 
M. 

Drchm.  des 
Klügel- 
rades 

Dmdr. 
pro 
Min. 

Eintritts- 
( )o(Tti  u  n  & 
Durcbm. 

Hiemen- 
scheiben 
Durchm.  & 

Höhe  des 
Exbaust. 
ca.  mm 

Doppel- 
Exhaustor 
Preis  M. 

in  mm 

ca. 

ca.  mm 

Br.  ca.  mm 

30 

60 

225 

455 

2100 

280 

135  X  130 

670 

425 

35 

90 

ri(  X) 

550 

1800 

330 

150  X  150 

890 

480 

40 

125 

400 

615 

1600 

380 

170  X  160 

1015 

620 

45 

155 

495 

685 

1400 

435 

205  X  190 

1140 

815 

50 

215 

640 

765 

1300 

485 

215  X  215 

1270 

1065 

55 

235 

800 

840 

1150 

535 

240  X  230 

1395 

1315 

60 

295 

1010 

925 

1100 

700 

355  X  165 

1525 

1565 

70 

435 

1350 

1115 

900 

760 

450  X  190 

1780 

80 

585 

1765 

1220 

800 

9R5 

4K0  X  190 

2030 

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148  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


Der  Häckseltransport  geschieht 
vorteilhaft  durch  Exhaustoren,  welche 
gewöhnlich  den  Stohhäcksel  ansaugen  und 
bei  Zwischenschaltung  einer  Staubkammer 
Häcksel  und  leichte  Teile  (Staub  etc.) 
trennend,  den  Häcksel  auf  die  Reinigungs- 
maschine befördern. 

Nach  einem  vorliegenden  Prospektblatt 
baut  die  König  Friedrich  August- 
Hütte  in  Pottschappel  b./Dresden 
solche  Exhaustoren  mitStahlgehäuse,  welche 
sich  ganz  besonders  zur  Fort  Schaffung  von 
H  äcksel  und  Holzspänen  der  Zellstofffabriken 
eignen.  Die  Firma  gibt  umstehende  (S.  147) 
Tabelle  der  von  ihr  gebauten  einfachen 
Exhaustoren. 

Die  Firma  baut  auch  Doppelexhaustoren ; 
diese  haben  dieselbe  Tourenzahl,  leisten 
das  Doppelte  und  brauchen  die  doppelte  Kraft. 

Dem  Verfasser  ist  von  kompetenter 
praktischer  Seite  empfohlen,  den 
R.  Dietrich'schen  Patent-Rasp- 

ler-Exhaustor* 
hier  aufzufuhren.  Derselbe  ist  geeignet,  neben 
dem  Transport  des  Häcksels  noch  die 
Strohteile,  besonders  die  Knoten  zu 
zerquetschen.  Das  Quetschen  kann  je  nach 
dem  zwischen  den  Grundwerkmessern  und 
den  Flügelmessern  gelassenen  Spielraum 
weniger  oder  energischer  ausgeübt  werden. 

Ein  weiterer  Vorteil  des  Strohquet- 
schens, resp.  der  schlagenden  und  kratz- 
enden Wirkung  der  Messer  auf  die  Stroh- 
teile ist  der,  dass  Staub,  Spreu  und  Sand  von 
den  Halm-  etc.Teilen  besser  getrennt  werden. 

Tafel  29,  Fig.  1  S.  149  gibt  einen  Quer- 
schnitt, Fig.  2  eine  Ansicht,  Fig.  3/4  die 
Form  der  Grundmesser,  Fig.  5/6  die  Form 
der  Flügelmesser. 

Die  Tafel  29  zeigt  das  grosse  Modell 
des  Raspler-Exhaustors,  der  incl.  Tigelguss- 
stahlmesser  M.  1750  kostet ;  je  nach  der 
Druckhöhe  (3—20  m),  auf  welche  der 
Häcksel  befördert  werden  soll,  erfordert  der- 
selbe 5—20  PS  zum  Antriebe.  Ein  weite- 
res kleineres  Modell  kostet  incl.  Tigelguss- 
stahlmesser  M.  1120  und  braucht  entsprech- 
end weniger  Kraft  zum  Betriebe.  Nachtrag 
s.  S.  152  r.  unten. 

•  D.  R.  P.  Nr.  97391. 


Der  Spänesammler  (Cyclo n, 
1 8  o  1  a  t  o  r)  dient  zur  Trennung  der  Häck- 
sel- oder  anderer  Spanteile  (etwa  Holz- 
späne) von  der  zum  Transport  dienenden 
Pressluft,  wobei  es  für  unsere  Fa- 
brikation erwünscht  ist,  dass  ganz  feine 
leichte  Staub-  und  Spreuteile  mit  der  ent- 
weichenden Luft  entfernt  werden. 

Der  Apparat  besteht  aus  einem  vertikal 
angeordneten  hohlen  cylindrischen  Oberteil 
und  einem  ausscbliessenden,  vertikalen, 
hohlen,  kegelförmigen  Unterteil. 

Die  vom  Exhaustor  (zwischen  Häcksel- 
maschine und  Spänesammler)  angesaugten 
Strohteile  oder  Späne  werden  mittelst 
eines  entsprechend  weiten  Rohres  R  Fig. 
30  und  31  horizontal  und  tangential  zu 
der  cylinderischen  Wandung  des  Oberteiles 
in  den  Spänesammler  geblasen.  Alle  Slroh- 
(resp.  Holzspan-)  teile  werden  dadurch  an 


t ;  t 


Fig.30und31.   Auf- und  Grundriss 
des  Cyclon. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER    III.  B.  UND  C.   ZELLSTOFF.  149 


V-MJ--*rT3r--«i 

Fig.  ,lt  Grosses  Modell. 


Fig.  2. 


Ti  egel  gu  sssta  h  1  m  esse  r . 


Fig.  6. 


Fig.  4. 


Fig.  3. 

Grundwerkmesser. 


Fig.  6. 

Flügelmesser. 

Taf.  29.   R/Dietrich  Merseburg.  Patent-Raspler-Exhaustor. 


die  Cylinderwandung  angedrückt  und  gleiten 
an  den  glatten  Wänden  des  Cylinders  und 
des  Kegels  nach  dem  unteren,  offenen,  ent- 
sprechend weiten  Spitzenansatz  A  des 
Kegels,  durch  den  sie  sich,  am  besten  di- 
rekt in  den  Aufschütt-Trichter  der  Stroh- 
reinigungsmaschine, vgl.  Fig.  35  S.  151,  ent- 
leeren. Die  Luft,  nur  mit  sehr  leichten  Teilen 


vermischt,  sondert  sich  hierbei  vollständig 
vom  Häcksel  (oder  von  den  Holzspänen) 
und  tritt  durch  einen  grösseren,  cylind- 
rischen,  nach  innen  reichenden  hohlen 
Stutzen  im  oberen  Deckel  ins  Freie. 

Die  König  Friedrich  August-Hütte  in 
Pottschappel  b.  Dresden  baut  derartige 
Spänesammler  nach  ihrem  s.  Z.  D.  R.  P.  39219. 


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150  E.  K1KGHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


Hauptmaase  und  Preise  des  Spänesammlers 
der  König  Friedrich  August-Hütte. 


Nr. 

Ranmmaasse 

Zutührkanal 
in  mm 

Preis 
M. 

Gewicht 
Netto  kg 

Durchm. 
mm 

Höhe 
mm 

Rechteck 

entspr. 
Durchm. 

4 

1400 

2340 

230  X  230 

260 

550 

100 

5 

1725 

2800 

255  X  305 

315 

650 

124 

6 

2080 

3280 

305  x  405 

400 

780 

203 

7 

2390 

3710 

405  X  560 

540 

930 

287 

8 

2695 

4240 

510  X  760 

700 

1100 

320 

9 

3000 

4750 

560  X  805 

790 

1250 

600 

10 

3330 

5740 

610  X  1070 

910 

1600 

700 

Um  durch  diese  Cyclone  aus  dem  Stroh- 
häcksel nach  Möglichkeit  Staub,  Spreu  und 
Müll  abzusondern,  hat  Schacht  die  Mantel- 
bleche dieser  Apparate  aus  fein  gelochtem 
Blech  hergestellt  und  der  erzielte  Effekt  ist 
ein  sehr  zufriedenstellender.  Die  Ausbildung, 
Anordnung  und  Aufstellung  dieser  Cyclone 
muss  dann  natürlich  eine  andere  sein. 

Andere  be Mährte  Transport- 
mittel für  Strohhäcksel  (und  Holzspäne) 


sind  die  Becherwerke  für  Transport  in 
vertikaler  oder  zur  horizontalen  geneigten 
Richtung,  ferner  die  Transportschnecken 
die  in  den  Fig.  32  und  33  mit  angedeutet 
sind.  Auch  kann  man  sich  vorteilhaft 
der  Transportgurte  bedienen,  welche  den 
gereinigten  Häcksel  in  horizontaler  und  ge- 
neigter Richtung  auf  kürzere  und  weitere 
Strecken  nach  den  Kocherböden  trans- 
portiren. 


■ 


Fig.  32  und  33.   Häckselreinigungs-Anlage  nach  Schacht. 


Disposition  einer  Häcksel-Reinig 
ungsanlage  nach  Schacht. 
Von    den    im    Parterre  aufgestellten 
Häckselschneidemaschinen  wird  der  Häck- 
sel mittelst  eines  Ventilators  durch  die 
Rohre  V!  oder  V,  Fig.  32  oder  durch 


beide  zugleich  in  einen  Kasten  K,  Fig.  32 
und  33  geblasen.  Die  Wände  dieses  Kastens 
sind  von  Sieben  gebildet.  Die  Blaseluft 
mit  dem  feinen  Staub  verteilt  sich  im 
Bodenraum  B  und  dieser  dient  also  als 
geräumige  Staubkammer.     Eine  Rechts- 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


151 


Schnecke  S,  und  eine  Linksschnecke  S, 
transportiren  den  niederfallenden  Häcksel 
nach  der  Mitte  einem  Rührer  R  zu,  der 
denselben  nochmals  auflockert  und  durch 
einen  entsprechenden  Schlot  auf  das 
Schüttelsieb  der  Häckselreinigungsmaschine 
M  fallen  lässt. 

Häckselschneide-  und  Rein- 
igungsanlage von  Ernst  Grumbach 
&  Sohn,  Maschinenfabrik  zu  Freiberg 
L  S.  Von  den  im  Parterre  aufgestellten 
Häckselmaschinen  H  wird  das  geschnittene 
Stroh  samt  Staub  und  allen  anderen  Un- 
reinigkeiten  von  dem  in  einem  Oberge- 
schoss  stehenden  Ventilator  V  durch  Rohr 
R,  in  die  Staubkammer  S  gesaugt,  in 


Fig.34.  Häckselschneide- und  Rei- 
nigungs-Anlage nach  Nemethy. 


welcher  unter  dem  oberen  Boden  ein  Sieb 
angeordnet  ist;  durch  dieses  und  das 
Saugerohr  Ba  gelangt  der  Staub  und  die 
feine  Spreu  in  den  Ventilator,  welcher 
diese  Verunreinigungen  nach  einer  weiteren 
grossen  Staubkammer  etwa  einem  toten 
Dachraum  od.  dgl.  bläst.  Der  entstäubte 
Häcksel  fällt  in  der  Staubkammer  S  nach 
abwärts,  wird  hier  durch  einige  Rührer 
locker  gehalten  und  durch  einen  am  unteren 
Teil  der  Staubkammer  angebrachten  Hahn 
auf  die  darunter  stehende  Sortir-  und 
Reinigungsmaschine  W  geführt.  Hier  wer- 
den die  Knoten,  Körner,  Steine  etc.  von 
dem  guten  Häcksel  in  schon  früher  be- 
schriebener Weise  getrennt  und  der  Häck- 
sel mit  irgend  einer  entsprechenden  Ein- 
richtung, Laufgurten  oder  dgl.,  zu  den 
Kochern  befördert.  Die  Knoten,  Körner 
etc.  aus  der  Reinigungsmaschine  M  werden 


•■I 


\ 

1 

*  f- 

— 

4 

1  F 

Fig.  35.  Häckselschneid-  und 
Reinigungsanlage  mit  Cyclon. 


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152  E.  KIKCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  UND  C.  ZELLSTOFF. 


in  die  Putzmühle  P  befördert  und  in  dieser 
sortirt. 

Diese  von  Direktor  Nemetby  zuerst  an- 
gegebene Einrichtung  bewährt  sich  sehr 
gut  und  hat  ganz  besonders  den  grossen 
Vorteil,  dass  bei  bester  Reinigung  des 
Häcksels  jede  Belästigung  der  Arbeiter 
durch  Staub  vermieden  ist.  Durch  geeig- 
nete Windführung  lässt  sich  auch  eine 
ausgezeichnete  Lüftung  des  Kocherraumes 
erzielen. 

Eine  Häckselschneide-  und 
Reinigungsanlage  unter  Verwend- 
ung eines  Cyclon  ist  Fig.  35  umstehender 
Seite  skizzirt. 

Der  Häcksel  der  Schneidemaschine  H 
fällt  in  das  Saugerohr  R0  eines  Ventilators 
V,  dieser  bläst  denselben  mit  Luft  ver- 
mischt durch  das  Rohr  R,  in  einen  auf 
einem  Staubboden  aufgestellten  Cyclon  C, 
aus  dem  der  Häcksel  direkt  in  die  Rein- 
igungsmaschine M  fällt,  um  wie  vorbe- 
schrieben weiter  gereinigt  zu  werden. 

Herr  Direktor  Schacht  gibt  nach  Druck 
dea  S.  145  schon  Qesagten  noch  aus  seiner 
reichen  Erfahrung  folgende  Resultate  bekannt 
und  knüpft  daran  wichtige  Schlüsse: 

In  einer  kleinen  StrohstotT- Fabrik  mit 
1000  t  Jahresleistung  kommt  man  mit  einer 
1  m  breiten  Schacht'schen  Windfege  gut  zu- 
recht.  Es  wurden  dabei  aus  Magdeburger 
Wcizcnstroh  abgeschieden  im  Durchschnitt 

2.7  pCt.  Knoten,  Aehren  und  Unkraut, 
0,4    „  Körner, 

1.8  „    Staub,  Spreu  und  Müll, 

4.9  pCt.  vom  Strohgewicht. 

In  einer  anderen  Fabrik  mit  grosser  Pro- 
duktion diente  eine  1,5  ni  breite  verbesserte 
Windfege ;  dieselbe  sortirte  3,22  pCt.  Knoten, 
Aehren  und  Unkraut,  0,75  pCt.  Kürner  aus 
dem  Strohhäcksel. 

In  Grossbetrieben  (Jahresleistung  je  etwa 
6000  t  StrohstotT)  wurden  mit  Füllner-Schacht- 
'schen  Windfegen  nach  grossen  Jahresdurch- 
schnitten nur 

0,48—0,76  pCt.  Knoten,  Aehren  und  Unkraut, 
0,63—0,74   „  Körner, 

1,01 — 1,60  pCt.  schwerer  Abfall  vom  Strohge- 
wicht aus  sortirt,  wobei  die  letzte  Angabe  sich 
auf  vorwiegend  Koggenstroh  bezieht. 

Schacht  fand  bei  Ausschneiden  mit  der 
Scheere  und  genauem  Scheiden  mit  der  Hand 
in  5  kg  Rohstroh: 


8969  g  gutes  Stroh  79,18  pOt. 

424  g  Aehren  und  Körner  8,48  „ 
366  g  Knoten  7,30  „ 

252  g  Sand  und  Verlust      5,04  „ 

5000  g  Total  100,00  pCt. 

Im  Stroh  sind  also  thatsächlich  15,78  pCt. 
Aehren,  Körner  und  Knoten  enthalten. 

Die  Sichtungsarbeit  der  Windfege 
ist  in  Bezug  auf  dio  Absonderung  von  Knoten, 
Aehren  und  Unkraut  also  eine  ganz  unzu- 
längliche. 

.  Es  wird  für  Grossbetriebe  daher  vorteil- 
hafter sein,  von  der  trockenen  Ausscheidung 
der  Knoten  ganz  abzusehen,  denn  es  kann  in 
der  Fabrikation  gleicbgiltig  sein,  ob  man  von 
7,80  pCt.  Knoten  die  0,62  pCt,  also  noch 
nicht  9  Teile  von  Hundert  herausbringt,  oder 
darinlässt,  dies  umsomehr,  als  die  Abscheid- 
ung  der  schweren  Teile  nach  der  Aufschlicss- 
ung  des  Rohmateriales  durch  geeignete 
Schwemmanlagen  auf  nassem  Wege  in  sehr 
vollkommener  Weise  gelingt. 

Nachdem  es  ihm  (Herrn  Direktor  Schacht) 
gelungen  ist,  die  Cyclone  als  Sepcratoren 
derartig  zu  gestalten,  dass  sie  bei  der  trockenen 
Reinigung  den  Transportwind  zur  Entfernung 
des  Staubcs,  der  Spreu  und  des  Mülls  aus  dem 
Häcksel  nutzbar  werden  läast,  wird  es  zukünftig 
genügen,  den  von  den  Cyclonen  kommenden 
Häcksel  über  ein  einfaches  Putzsieb  oder 
durch  eine  einfache  Drehtrommel  (Trieur) 
zu  schicken  und  dadurch  die  Körner  abzu- 
sondern. 

Der  Häcksel  wird  in  diesem  Falle  mit 
allen  Knoten,  leeren  Aehren  und  Unkraut  in 
die  Kocher  gefüllt  und  die  Absonderung  aller 
schweren  Teile  dem  nassen  Schwemmverfahren 
vorbehalten. 

Die  trockene  Reinigung  und  die  Ent- 
fernung der  beim  Kochen  hart  bleibenden 
Teile  würde  sich  demnach  für  StrobzellstolT 
ganz  ähnlich  gestalten,  wie  wir  sie  später 
bei  der  Sulfit- Holzzellatoff-Fabrikation  ken- 
nen lernen  werden.  Auch  bei  letzterer  ist 
es  so  gut  wie  ausgeschlossen,  alle  Aeste 
und  schwerer  aufschliessbaren  Teile  vor 
dem  Kochen  zu  entfernen;  man  überlässt 
daher  deren  Abscheid  ung  ebenfalls  einem 
Schwemmprozess. 

Nachtrag:  Herr  R.  Dietrich  teilt  mit, 
dass  er  noch  eine  mittlere  Grösse  seines 
Raspler-Exh.  für  M.  1500  baut.  Dass  Stroh- 
blasen nicht  so  viel  Kraft,  wie  vorn  für 
Holzspäne  angegeben,  brauche  und  dass  die 
Druckrohrweiten  40,  30  u.  25  cm  seien. 


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E.  KIKCHNEK    DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


15 


Das  Holz. 

Wir  sind  in  Deutschland  bezüglich  des 
Rohmaterials  für  Holzzellstod  zunächst  auf 
das  Durchforstungs  -  und  Einschlagholz 
unserer  Staats-,  Herrschafts-  Gemeinde- 
und  Privatforsten  angewiesen  Ferner 
können  die  Abtallhölzer  von  Sägereien  und 
Holzverarbeitungsanlagen  hie  und  da  in 
Betracht  kommen.  Der  deutsche  Wald 
(auch  der  Privatbesitz)  steht  seit  vielen 
Jahrzehnten  unter  staatlicher  Aufsicht, 
welche  einen  nachhaltigen  Zuwachs  ge- 
währleistet und  eine  Vermehrung  des 
letzteren  neuerdings  anstrebt,  teilweise  z. 
B.  in  Sachsen  durch  kürzere  Umtriebszeit 
auch  erreicht  hat.  Ebenso  sind  die  Lan- 
desregierungen dabei ,  die  Forstflächen 
durch  Neuanforstungen  zu  vergrössern. 

Da  in  den  Fabrikationszentren  aber 
trotzdem  das  Holz  für  Holzschliff  und 
Holzzellstoff  enorm  im  Preise  gestiegen 
und  an  manchen  Orten  nicht  mehr  zu- 
reichend zu  beschaffen  ist,  so  hat  man 
auch  Holz  aus  Böhmen,  Mähren,  Skan- 
dinavien und  Russland  in  grösseren  Mengen 
beziehen  müssen. 

Das  zur  Zellstofffabrikation  bestgeeignete 
Holz  ist  das  der  Fichte  (Abies  excelsa), 
weniger  gut  ist  das  der  Weisstanne  (Abies 
pectinata).  Das  Holz  der  Kiefer  (Pinus 
sylvestris)  wird  vorwiegend  in  Natron-  oder 
Sulfat  -  Zellstoff  verarbeitet  und  nur  ver- 
einzelt zur  Sulüt-Zellstofffabrikation  ver- 
wendet. 

Auch  das  Kiefernholz  soll  nach  Mitteil- 
ung einiger  Fabrikanten  zur  Sulfitzellstoff- 
fabrikation  tauglich  sein.  Ein  norddeutscher 
Zellstofffabrikant  verwendet  vorwiegend 
jüngeres  Kiefernholz,  am  liebsten,  wenn 
es  gespalten  und  Monate,  oder  über  ein 
Jahr  lang  luftig  gelagert  ist.  Ein  anderer 
norddeutscher  Fabrikant  verwendet  nur 
20  bis  40  Jahre  altes  Kiefernholz,  welches 
mindestens  */a  vom  Durchmesser  aus  Splint 
besteht,  oder  von  älterem  Kiefernholz  nur 
die  Schalen  oder  Schwarten  aus  Holz- 
sägereien,  die  von  Borke,  Aesten  und  Kern 
befreit  werden. 

Das  Splintholz  des  Kiefernstammes 
ist,  wie  in  der  Rohstofflehre  hervorgehoben 


wurde,  sehr  laserreich ;  man  gewinnt  nach 
mehrfachen  Feststellungen  im  grossen  Be- 
triebe vom  lufttrockenen  Splintholzgewicht 
der  Kiefernstämme  50  bis  5.r>°/o  Sulfitzell- 
stofi  lufttrocken. 

Das  Kiefernholz  ist  wegen  der  grösseren 
Widerstandsfähigkeit  des  Kernes  gegen 
die  Sulfitkochlaugen,  was  auf  den  Harz- 
reichtum desselben  zurückzuführen  ist,  für 
Sulfitzellstoff-Herstellung  wenig  beliebt, 
doch  haben,  wie  gesagt,  einige  Fabrikanten 
brauchbare  Methoden  gefunden,  auch  Kie- 
fernholz in  Sulfit zellstoff  umzuwandeln. 

Bei  stärkerem  Kiefernholz  dürfte  eine 
Trennung  des  Splintes  vom  Kern  und  die 
Verarbeitung  jedes  dieser  Holzteile  für  sich 
wegen  deren  verschiedenen  Verhalten 
beim  chemischen  Aufschluss  empfehlens- 
wert, ja  nötig  sein. 

Die  Laubhölzer  Deutschlands,  welche 
hie  und  da,  wie  beispielsweise  die  Rot- 
buche (Fagus  silvatica),  noch  im  üeber- 
üuss  vorhanden  sind,  lassen  sich  mit  wenigen 

(  Ausnahmen  sehr  leicht  in  Zellstoff  ver- 

j  wandeln,  doch  hat  der  vorzüglich  zarte, 
kurze  und  weiche  Laubholz-Stoff  bisher 
wenige  Liebhaber  und  Abnehmer  gefunden, 
was  indessen  bei  grösser  werdendem  Holz- 

j  mangel  sich  auch  einmal  anders  stellen 
könnte.  In  den  letzten  Jahren  hat  Ver- 
fasser einige  gute  weisse  und  hinreichend 
feste  Druckpapiere  aus  deutscher  Rotbuche 
eingesandt  erhalten,  das  eine  davon  aus 
Buchenholz-Natroncellulose  von  Dalbke.*) 
Ueber  die  Produktionsmengen  und  die 
Baumgattungen  etc.  des  deutschen  Waldes, 
sowie  über  die  Kenntniss  des  Holzes  giebt 
die  Rohstofflehre  II  A.  S.  20-43  die  näheren 

|  Aufschlüsse. 

Nachdem  die  Gellulosefabrikation  in 
Deutschland  in  den  letzten  zwei  Jahrzehnten 
einen  bedeutenden  Umfang  angenommen 

•)  Nach  dem  Wochenblatt  .lg.  1900  S.  211 
und  399  sind  18'.>S  von  einer  ungenannten  Cellu- 
losetabrik,  1899  von  Herrn  Kommerzienrat  M. 
Dresel  in  L>all>k<  seh'  e  Zellstoffe  aus  Buchen- 
holz hergestellt  un«1  gute  Zcitunga-  und  bessere 
Papiere  darau-  gcl'er.  ;<jt  worden,  die  hoffen  lassen, 
das»  der  Bucuenzdlstoff  nch  demnächst  ein  Ab- 
satzgebiet erobert. 

1.  Boge  1901- 


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154 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAP1EK.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


hat,  benennen  die  Forstleute,  Holzhändler 
und  Fabrikanten  das  für  dieselbe  einge- 
schlagene und  gebande.le  Holz  mit  «Cellu- 
loseholz». 

Wichtig  ist  für  den  Verkäufer  und  Käufer 
die  Erhebung  der  Quantität;  über 
dieselbe  ist  bereits  II.  A.  S.  22  und  23  die 
Rede  gewesen. 

Celluloseholz  wird  vielfach  in  Raum- 
metern (rm.)  oder  Ster  in  1  bis  2  m  langen 
Rundholzstücken  abgestellt,  ausgemessen 
und  gehandelt. 

Die  Forslbeamten  halten  auf  richtige 
Masse  in  der  Länge  der  Einzelstücke,  der 
Breite,  der  Höhe,  sowie  gute  Schichtung 
der  Stösse.  Es  ist  aucii  stellenweise  ge- 
bräuchlich, ein  Uebermass  zu  geben,  was 
dem  Käufer  zu  Gunsten  kommt. 

Mit  t  rm  Rundholz  kauft  man  nur 
einen  Teil  von  einem  Festme'er  (fm)  oder 
Kubikmeter  Holz.    Es  existiren  in  den 


i  Werken  der  Forstbenutzung  Tabellen  des 
annähernden  Feslholzgehaltes  im  rm  Hund- 
holz. Diese  sind  für  den  Cellulosefabri- 
kanten  nicht  ganz  massgebend,  da  er  beim 
Schalen  des  Holzes  vom  guten  Holze 
verliert. 

Jeder  Fabrikant  sollte  tür  die  ihm 
zur  Verfügung  stehende  Holzsorte  eigene 
Bestimmungen  machen,  wie  wel  Festholz 
er  durchschnittlich  aus  1  rm  seines  Holzes 
gewinnt.  Der  Verlust  beim  Schulen  hängt 
ja  bekanntlich  ab  von  dem  Durchmesser 
der  Holzstücke,  von  der  Feinheit  der  Rinde, 
von  der  Menge  und  Form  der  Aeste  und 
von  der  Tiefe,  auf  welche  die  Rinde  vom 
Holze  entfernt  wird. 

Aus  vielen  Untersuchungen  in  dieser 
|  Richtung  kann  Verfasser  folgende  Mittel- 
werte  für  Nadelrundholz  in  1  m  Länge 
angeben : 


1  rm  bei  10—20  cm  Zopfstärke 
10-15 
7-10 
4-8 


n  j» 
»»  » 


0,66  -0,72  fm  weissgeschältes  Holz 

0,61-0,65  „ 
0,48-0,50  ,. 
0,25  0,35 


Man  muss  sich  also  klar  sein,  dass 
man  bei  Verarbeitung  dünner  Holzsorti- 
mente schon  wegen  geringen  Festholzge- 
haltes aus  1  rm  nur  die  Hälfte,  ja  noch 
weniger  Cellulose  wird  gewinnen  können, 
als  aus  starken  Sortimenten. 

Das  Verkaufsmass  lür  Celluloseholz 
wird  aber  auch,  speziell  bei  längeren 
Klötzen,  nach  dem  Kubikinhalte  der 
einzelnen  Baumslücke  von  2,5  bis  6  m 
und  mehr  Länge  in  Festmetern  (fm)  be- 
stimmt. 

Die  Kubikinhaltsbestimmung  der  Rund- 
hölzer kann  in  mehrfacher  Art  geschehen; 
entweder  wird  der  Rundblock  als  Cylinder, 
als  abgestumpfter  Kegel  (vergl.  11  A.  S.  23 
l.  Sp.),  oder  als  parabolischer  Kegelstutzen 
berechnet,  oder  man  wendet  Formzahlen 
und  Erfahrungstafeln  an. 

Die  Stammkubirung  als  Cylinder  durch 
Erhebung  des  mittleren  Durchmessers  in 
der  Mitte  des  Stammes  und  dessen  Länge 


ist  unter  allen  Methoden  für  die  praktische 
Anwendung  am  meisten  zu  empfehlen.*) 

Sie  gibt  auch  hinreichend  genaue 
Resultate  und  für  den  Käufer  keine  Nach- 
teile, wenn,  wie  es  vielfach  üblich  ist,  bei 
der  Aufnahme  der  Durchmesser  der  Üeber- 
schuss  über  den  ganzen  cm  stets  schwinden 
gelassen  wird,  oder  nur  die  vollen  Centi- 
meter  in  Anrechnung  gebracht  werden. 

In  allen  deutschen  Staaten  ist  es  Vor- 
schrift, die  Länge  der  Stämme  und  Ab- 
schnitte nach  vollen  Metern  und  geraden 
Zehnteln  (0,2,  0,4,  0,6  etc.)  desselben,  den 
Durchmesser  in  Centimetern  und  den 
Kubikinhalt  in  Kubikmetern  mit  zwei  Dezi- 
malstellen auszudrücken. 

Während   die  Erhebung   des  Durch- 


*)  Tabellen,  um  buh  mittlerem  Durchmesser 
oder  mittlerem  Umfang  und  Länge  der  Holeblöcke 
den  Inhalt  in  fm  fertig  berechnet  ablesen  ru 
künnun,  kann  man  in  jeder  Buchhandlung  kaufen, 
oder  doch  bestellen. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


155 


messers  sonst  in  Deutschland  in  der  Mitte 
geschiebt,  hatte  man  in  den  sächsischen, 
gothaischen,  greizischen  und  braunschwei- 
gischen  Waldungen  bei  Klötzen  von  4  bis 
5  m  Lange  die  Stärkemessung  am  dünnen 
Ende  (Zopf)  und  die  Kubirung  nach  Form- 
zahlen noch  1876  beibehalten  und  teilweise 
noch  heute  (1900)  im  Gebrauch. 

Die  Stärkemessung  sollte  billigerweise 
nur  am  entrindeten  Stamme  stattfinden, 
doch  sind  in  dieser  Richtung  noch  ver- 
schiedene Gebräuche  in  Kraft. 

Beim  Stammholzhandel  sind  andere 
Faktoren  massgebend,  auf  die  indessen 
hier  nicht  eingegangen  werden  kann. 

Das  Holz  bleibt  beim  Transport  ent- 
weder, wenn  auch  seltener,  in  der  Rinde, 
oder  es  wird  im  Walde  teilweise  entrindet 
fgeplätzt),  oder  fast  ganz  entrindet  (vorge- 
schält), oder  bei  Gewinnung  der  Fichten- 
rinde als  Gerb  er  lohe  vollständig  von 
Rinde  und  Cambium  (Bast)  befreit  (vergl. 
III  A.  S.  5  u.  S.  257). 

Das  Holz  darf,  wofern  es  sich  um  Ia 
Zellstoff-Herstellung  handelt,  nicht  ver- 
schmutzt und  sollte  frei  von  Rissen  sein, 
da  sich  bei  längerer  Lagerung  auf  dem 
Fabrikhofe  Flugasche  etc.  in  den  letzteren 
anhäuft.  Am  besten  wird  es  also  in  der 
Rinde,  oder  in  teilweise  nocb  darangelasse- 
ner Rinde  transportirt.  Im  ersteren  Falle 
darf  es  aber  nicht  lange  lagern,  da  sonst 
leicht  Borkenkäfer  sich  darin  ansiedeln, 
die  das  Holz  minderwertig  machen.  Man 
vergleiche  II.  A.  S.  24. 

Für  den  Cellulosefabrikanten  ist  nun 
die  Güte  des  Holzes  noch  besonders  be- 
achtenswert. Es  tritt  immer  für  ihn  die 
Frage  auf,  welche  Holzart  und  Holzstärke 
liefert  per  Festmeter  quantitativ  die  höchste 
Ausbeute,  qualitativ  die  längste,  feinste  und 
festeste  Cellulose. 

So  wurde  beim  Kochen  von  Natron- 
zellstoff gefunden,  dass  das  dünnste  Kiefern- 
holz pro  wirklichen  Festmeter  35  bis  40 
Prozent  weniger  Stoffausbeute  und  viel 
mehr  Aeste  ergab,  als  das  starke  Holz  von 
15 — 20  cm  Durchmesser. 

Der  Zellstoff-Fabrikant  muss  diese  Ver- 
hältnisse genau  kennen  und  bei  seinen 


Ankäufen  berücksichtigen!  So  darf  er  bei 
gleicher  Holzart,  wenn  er  dünnste  Prügel 
verarbeiten  will,  für  diese  höchstens  V« 
von  dem  Preise  als  für  15 — 20  cm  starkes 
Holz  bezahlen.  Richtiger  wäre  es,  ersteres 
nur  V«  des  letzteren  zu  veranschlagen, 
denn  er  hat  bei  dünnem  Holz  auch  noch 
mehr  Auslagen  für  Transport,  Schälen, 
Schneiden  und  Sortiren. 

Bezüglich  der  Qualität  des  gewonnenen 
Stoffes,  so  gibt,  wie  früher  öfters  hervor- 
gehoben, das  schlankgewachsene  gesunde 
Stammholz  unserer  Coniferen  (besonders 
dessen  Splintteile)  die  längst-  und  feinst- 
faserige  Cellulose.  Dünnes  Durchforstungs- 
Zopf-  und  Zweigholz  ergeben  geringere 
Stoffqualität.  Kranke  Hölzer  sollten  von 
der  Verarbeitung  zu  Ia  Zellstoff  ausge- 
schlossen sein. 

Weitere  nähere  Aufschlüsse  über  Holz 
sind  in  der  Rohstofflehre  II  A.  S.  20  bis 
43  zu  finden. 

Holzreinigung  oder  Holzputzerel. 

Dieser  wichtige  Teil  der  Zellstofffabri- 
kation ist  im  Abschnitt  Holzschliff 
Hl  A.  S.  5  bis  25,  S.  223/4  und  257/8  auch 
für  Zellstoffherstellung  ausführlich  mit  be- 
handelt und  dort  nachzulesen. 

Holzzerkleinerung  und  Holzsortirung. 

Die  Art  der  Zerkleinerung  des  geschäl- 
ten weissen  Holzes,  sowie  die  Entfernung 
der  im  Holze  steckenden  Aeste,  der  harzi- 
gen und  sonst  nicht  geeigneten  (rotfaulen 
etc.)  Splint-  und  Kernteile  sind  für  den 
chemischen  Aufschluss  des  Holzes  zu  Zell- 
stoff von  einschneidender  Bedeutung,  indem 
die  Stärke  der  Lösungen  und  die  Methode 
des  Kochens  davon  abhängig  zu  machen 
sind. 

Die  Zerkleinerungsart,  die  Reinheit  der 
Sortirung  und  die  folgenden  Kochmethoden 
bedingen  andererseits  in  erster  Linie  die 
Güte  des  gewonnenen  Zellstoffes. 

Die  älteste  Zerkleinerungsart  des  Holzes 
iür  Zellstofffabrikation  ist  die  des  Zerteilens 
in  10  bis  20  mm  dicke  schräggehackte 
Scheiben,  welche  dabei  in  der  Hauptsache 
in  Brocken  zerfallen. 


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156 


L.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Vorbildlich  mag  den  ersten  Fabrikanten 
Watt,  Burgess  und  Tilghman  in  Amerika. 
Houghton,  Lee.  Sinclair  und  Nicol  in  Eng- 
land, Dresel,  Behrend  und  Ungerer  in 
Deutschland  resp.  Wien  die  Farbholzraspel 
oder  die  Hackmaschine  gewesen  sein. 

Verfasser  fand  bei  seinem  Eintritt  in 
die  .Praxis  der  Natron-Holzzellstofffabri- 
kation  Deutschlands  (1875)  drei  Zerkleine- 
rungsarten des  Holzes  vor,  nämlich : 

1)  Spalten  des  stärkeren  Rundholzes, 
unJ  Schräghacken  der  Scheite  und  dünne- 
ren Pru^'I  auf  Maschinen  mit  vertikaler, 
mehrmessenger,  schwerer  Scheibe  (Ungerer). 

2)  .Schräghacken  der  Rundholzstücke 
jeder  Stärke  auf  einer  (durch  eine  Dampf- 
maschine direkt  angetriebenen)  Maschine 
mit  einer  sehr  schweren,  einmesserigen, 
vertikalen  Scheibe,  der  da.s  Holz  durch 
eine  komplizirte  Vorschubeiurichtung  zu- 
geführt wurde.  Die  entstandenen,  vom 
Messer  zertrümmerten,  in  sich  verspalteten 
Scheiben  und  Scheibenteile  fielen  zwischen 
schwere  Quetschwalzen  behufs  weiterer 
Zerkleinerung  und  wurden  vielfach  noch 
auf  Kegelmühlen  mach  dem  Prinzip  der 
Kaffeemühlen  konstruirt)  in  Brocken  von 
gleichmässigen  Stückchen  zertrümmert  (Lee). 

3)  Teilen  des  Holzes  in  etwa  V»  m  lange 
Klötze,  Längshobeln  und  Ritzen  mittelst 
schwerer  vertikaler  Messerscheibe,  die  zwei 
Hobelmesser  und  2  Reihen  Ritzmesser 
hatte,  in  Blättchen  von  etwa  50  X  50  mm 
Fläche  und  etwa  5-8  mm  Dicke  (Sinclair- 
Nicol). 

In  den  wenigen  noch  arbeitenden  Natron- 
und  Sulfat-Zellstofffabriken  hat  sich  das 
Hacken  des  Holzes  auf  mehrmesserigen. 
sonst  aber  wesentlich  vereinfachten  Hack- 
maschinen und  das  Vermählen  der  Schei- 
ben und  Scheibenstücke  auf  einer  Kegel- 
mühle erhalten  und  als  zweckmässig  er- 
wiesen. 

Professor  Dr.  A.  Mitscherlich  führte  in 
der  Sulfit- Zellstofffabrikation  das  Quer- 
teilen des  Holzes  in  etwa  30  mm  dicke 
Scheiben  mittelst  Kreissägen  ein.  Vor  dem 
Schneiden  bohrte  er  die  Aeste  aus,  wie 
es  schon  in  den  Holzschleifereien  geübt 
wurde  (vergl.  III.  A.  S.  22  u.  23). 


Dr.  C.  Kellner  bohrte  oder  fräste  die 
Aeste  aus  und  benutzte  in  den  von  ihm 
gebauten  Sultitfabriken  die  Hackmaschine 
und  Kegelmühle  wie  in  den  Natronfabriken. 

Verfasser  lieferte  anfangs  der  80er  Jahre 
an  mehrere  Fabriken,  die  auch  nach  dem 
Mitscherlich- Verfahren  arbeiteten,  einfache, 
solid  gebaute  Hackmaschinen  mit  2  oder 
mehr  Messern. 

Heinrich  Wigger  zu  Unna  in  Westfalen 
j  hat  gleichfalls  viele  dergleichen  Hack- 
maschinen für  Zell stoff fabriken  geliefert. 

Kommerzienrat  Albert  Niethammer  lührte 
seine  Stossmaschine  mit  auf-  und 
abgehendem  Messer  (D.  R.  P.  Nro. 
45991)  um  1887  ein. 

Die  Bautzener  Maschinenfabrik  A.-G.  in 
Bautzen  baut  eine  Hackmaschine  des 
Trommelsystems,  ersetzt  die  Kegelmühle 
durch  eine  Stiftenmühle  und  führte 
diese,  sowie  eine  mechanische  Reinigung 
des  zerkleinerten  Holzes  in  vielen  Zell- 
stofffabriken  ein. 

Fabrikant  Robert  Dietrich  in  Merseburg 
transportirt  und  zerschlägt  die  Hackspäne 
gleichzeitig  in  seinem  Exhaustor-Raspler 
D.R.  P.  Nr.  97  391. 

Die  Skandinavier  und  Amerikaner  haben 
zum  Teil  gleiche,  zum  Teil  anders  be- 
schaffene Zerkleinerungs-  und  Reinigungs- 
einrichtungen im  Betriebe. 

Die  vom  Engländer  James  A.  Lee  in 
den  70er  Jahren  des  XIX.  Jahrhunderts 
auch  nach  Deutschland  gelieferten  H  o  1  z  - 
hack-  und  Zerkleinerungs-Einrich- 
tungen bestanden  aus  einer  schweren 
vertikalen,  etwa  2  m  Dnrchm.  Schwung- 
scheibe Fig. .%  S,  dieselbe  wurde  mit  ihrer 
horizontalen  Welle  durch  eine  doppelt- 
wirkende Dampfmaschine  D  direkt  ange- 
trieben, die  Scheibe  hatte  auf  ihrer  äusse- 
ren Kreisfläche  ein  starkes  Stahlmesser, 
welches  15  bis  25  mm  aus  der  Kreisfläche 
mit  der  Schneide  hervorragend,  die  in 
etwa  45  0  geneigter  Richtung  durch  Einführ- 
trog mit  entsprechender  umständlicher 
Vorschub-Einrichtung  zugeführten  Rund- 
hölzer bis  zu  300  mm  Durchm.  und  1  bis 
mehrere  Meter  Länge  in  schräge  Scheiben 
zertrümmerte 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF- 


157 


Da  die  Schwungscheibe  150 
Touren  in  der  Minute  machte, 
so  konnten  3  bis  4,5  lfd.  Meter 
Rundholz  in  der  Minute  in 
schräge  Scheiben  zerlegt  werden 

Wie  aus  der  Prinzipskizze 
Fig.  38  (siehe  unten)  erkennbar 
ist,  wurden  die  Scheiben  durch 
die  Wirkung  des  Hackmessers 
schon  gekrümmt  und  in  sich 
gespalten  und  zerfielen  zum 
grössten  Teil.  Die  Hackstücke 
gelangten  in  den  Kasten  Fig.  36 
K  hinter  der  Scheibe  S  und 
von  da  zwischen  zwei  starke 
Walzen  W.  Die  Welle  der 
einen  Walze  wurde  mittels  des  grossen 
Käderpaares  Ri  von  der  Scheiben- 
welle aus  direkt  angetrieben.  Durch  das 
zweite  starke  Räderpaar  R  wurde  den  mit 
Pyramiden-Spitzen  besetzten  Walzen  ver- 
schiedene Geschwindigkeit  erteilt  und  da- 
durch die  Holzscheiben  und  Scheibenteile 
in  Holzbrocken  zerquetscht,  welche  je  nach 
dem  Zwischenraum  zwischen  den  Walzen 
feineres  oder  gröberes  Korn  hatten.  Die 
letzte  Vergleichmässigung  der  Brocken 
geschah  schon  nach  System  Lee  mittelst 
der  erwähnten  Kegelmühle. 

Für  die  damalige  Natronzellstofffabri- 
kation  arbeitete  diese  Einrichtung  ganz 
zufriedenstellend,  doch  machte  das  grosse 
Räderpaar  Ri  bei  seiner  grossen  Umfangs- 
geschwindigkeit und  bei  der  Notwendigkeit, 
das  Zahnrad  auf  der  Walzwerkswelle  durch 


3.Ct« Sult . 


Flg.  36. 

eine  Reibungskuppelung  mitzunehmen  (da- 
mit bei.  Anhäufung-  der  Späne  zwischen 
den  Walzen  kein  Bruch  eintrete),  öfters 
Störungen  und  Aufenthalte,  so  dass  dieses 
Walz-  oder  Brechwerk  später  entfernt 
wurde  und  das  Zerbrechen  der  Scheiben 
und  deren  Umwandlung  in  Brocken  von 
gleichmässigem  Korn  nur  durch  die  Kegel- 
mühle besorgt  wurde,  deren  Konstruktion 
weiter  unten  beschrieben  wird. 

Der  Engländer  Mc.  Nicol,  der  das 
sog.  Sinclair- Verfahren  zur  Natronholzzell- 
stoffgewinnung in  Deutschland  einführte, 
hobelte  das  Holz  in  Blättchen  von  40—50  mm 
Länge,  20—50  mm  Breite,  5—8  mm  Dicke. 

Ueber  das  Hacken  in  schräge  Quer- 
scheiben (Lee)  und  das  Hobeln  in  Blätt- 
chen (Sinclair)  geben  die  Figuren  37  bis 
40  weiteren  Aufschluss. 


Fig.  37 


Fig.  38  Fig.  39 

Prinzip  de«  Querhackens  und  Längshobeln». 


Fig.  40 


158  E.  K1KCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Die  von  Nicol  gelieferte  Maschine  Hess 
übrigens  beide  Arbeiten  zu. 

.  Fig.  37  giebt  eine  Ansicht  der  Messer- 
scheibe. Will  man  Querscheiben  erzeugen, 
so  werden  die  Einsetzkästen  R  Fig.  37 
mit  den  Querritzmessern  herausgenommen 
und  die  Querschneidemesser  Q  stark  vor- 
gestellt; das  Holz  wird  der  Länge  nach 
in  den  Füllkasten  über  das  Grundmesser 
G  (Fig.  38)  hinweg  gegen  die  Schwung- 
scheibe geschoben  und  sinkt  durch  eigenes 
Gewicht  nach  dem  Schnitt  um  die  Schei- 
benstärke nach.  Die  letzten  Enden  werden 
durch  Aufsetzen  eines  weiteren  Rundholzes 
zum  selhsthätigen  Nachsinken  veranlasst. 
Der  Schnitt  findet  in  der  durch  Ellipse  E 
Fig.  37  charakterisierten  Fläche  statt. 

Will  man  Blättchen  hobeln,  so. werden 
die  Querritzmesser  R,  in  eisernen  Kästchen 
solide  vereint,  eingesetzt  und  das  Käst- 
chen durch  Schrauben  festgehalten.  DieQuer- 
ritzer  stehen  mit  ihren  nach  Fig.  40  R 
geschärften  Spitzen  etwas  weiter  vor  als 
die  auf  5-8  mm  zurückgesetzten  zwei 
Hobelmesser  Fig.  39  H.  Das  Holz  wird  auf 
besonderer  Kreissäge  in  Klötzchen  zer- 
legt, so  dass  sie  sich  mit  ihrer  Faser- 
richtung parallel  zur  Messerscheibe  in  den 
Einfülltrog  einlegen  lassen.  Die  Quer- 
ritzer R  schneiden  konzentrische  Risse 
in  die  rechteckige  Arbeitsfläche  L  (Fig.  37) 
und  das  Hobelmesser  H  (Fig.  39)  hobelt 
bandartig  die  in  rombische  Stücke  zerfallen- 
den Holzspäne  vom  Arbeitsstück  los.  Fig.  40 
oben  ist  ein  solcher  Span  Sp.  dargestellt. 

Es  war  oben  bereite  gesagt,  dass  die 
komplizirten  Holzzuführungs-Einrichtungen 
der  Lee' sehen  Hackmaschinen  als  über- 
flüssig, kraftverschwendend  und  viele  Re- 
paraturen ergebend  schon  von  den  ersten 
NatronzellstolTfabrikanten  beseitigt  wurden. 
Verfasser  hält  an  dieser  Auffassung  fest. 
Dass  indes  andere  Techniker  noch  jetzt 
anderer  Ansicht  sind,  erhellt  aus  den  zwei 
Figuren  beigedruckter  Tafel  41,  welche  dem 
1900er  amerik.  Patent  Nr.  642957  ent- 
nommen sind.  Der  Patentinhaber  ist 
Samuel  W.  Butterneid  in  Three  Rivers, 
Canada.  Vor  der  Schwung-  und  Messer-  I 
scheibenwelle  B  wird  mittelst  Riemen-  j 


triebes  N*  Ni  N  die  Welle  L,  durch  die 
Kegelräder  K  Ki  die  Welle  E>  mit  der 
unteren  Vorschubwalze  E,  durch  die  Stirn- 
räder J  u.  Ji  die  Welle  H  und  mittelst 
Treibkette  und  Treibrädern  J  die  obere 
pendelnde  Vorschubwalze  F  angetrieben 
und  der  regelmässige  Vorschub  des  Holz- 
klotzes gegen  die  Messerscheibe  dadurch 
bewirkt. 

Als  Vorzüge  des  erzwungenen  Vor- 
schubes werden  angegeben :  Steigerung  der 
minutlichen  Umdrehungszahl  der  Messer- 
scheibe auf  400,  dadurch  Erzielung  grösserer 
Leistung  und  Gleichmässigkeit  der  Zerkleine- 
rung, woraus  eine  Verbesserung  resp.  Er- 
leichterung des  Kochprozesses  sich  er- 
geben soll. 

Nach  dem  Sinclair-Nicol- Verfahren  war 
das  Hobeln  des  Holzes  in  Blättchen,  wie 
oben  beschrieben  (u.  a.  Orten  auch  in 
Salach,  Württemberg)  eingeführt  und 
ergab  bei  Anwendung  von  Scheiben  mit 
2  Messern  und  2  Querritzerreiben  beim 
Natronverfahren  quantitativ  und  qualitativ 
sehr  gute  Resultate. 


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159 


E.  Kirchner's  Holzhackmaschine. 

Die  Nicol  -  Zerkleinerungs  -  Methode  hat 
Verfasser  Herrn  Prof.  Dr.  A.  Mitscberlich 
1883  vorgeschlagen  und  hat  letzterer  die- 
selbe im  gleichen  Jahre  (nach  noch  vor- 
liegenden Briefen)  in  Hann.  Münden  ver- 
suchen lassen,  aber,  so  viel  bekannt  wurde, 
nicht  dauernd  eingeführt. 

Schon  vor  dem  1883  erwähnten  Brief- 
wechsel im  Jahre  1882  hatte  Verfasser 
nach  seinen  Angaben  sehr  einfache  und 
sehr  solide  Holzhackmaschinen  von  der 
Maschinenbau -Gesellschaft  Karlsruhe  in 
Karlsruhe  (Baden)  bauen  lassen  und  an 
verschiedene  SulfitzellstolTfabriken  des  In- 
und  Auslandes  geliefert,  wo  sie,  auf  ein- 
fachen schrägen  Querschnitt  berechnet,  in 
ihren  Leistungen  ausserordentlich  befrie- 
digten und  das  von  Mitscherlich  eingeführte 
Scheibenschneiden  (siehe  später)  auf  Kreis- 
sägen teilweise  verdrängten. 

Die  Querritzmesser  wurden  dabei  über- 
flüssig und  beseitigt. 

Für  ganz  besonders  hohe  Leistungen 
wurde  die  Maschine  statt  mit  2  später  auch 
mit  4  Hackmessern  geliefert. 

Fig.  42  zeigt  ein  perspektivisches  Bild, 
die  Figuren  43  und  44  Ansicht  und  Seiten- 
ansicht dieser  Maschinen.  Kirchners  Hack- 
maschine wog  etwa  3100  kg  und  kostete 
nur  etwa  1800  Mark,  gegen  das  Vielfache 
dieses  Preises  der  englischen  Maschinen. 


Fig.  42.    E.  Kirchners  Hackmaschine. 

Die  2  resp.  4  Messer  der  Maschine 
hatten  520  mm  Schnittbreite,  die  Schwung- 
scheibe wog  circa  1000  kg  und  halte 
1860  mm  Durchmesser.  Bei  90  bis  120 
Umdrehungen  pro  Minute  und  360  -  480 
Schnitten  können  je  nach  der  Holzstärke 
6-12  rm  geschältes  Holz  in  meist  schon 
zerfallende  Scheiben  von  12—18  mm  Dicke 
zerteilt  werden. 

Bei  genannten  Umdrehungszahlen  kann 
in  10  bis  11  Stunden  das  Holz  für  10  bis 
20  t  trockenen  SulfitzellstofTes  Tagespro- 
duktion zerkleinert  werden. 

Da  die  Antriebsriemenscheibe  1200  mm 
Dmtr.,  180  mm  Breite  hatte,  so  darf  der 
Kraftvei  brauch  bei  n  =  90  auf  6— 10.  bei 
n  =  120  auf  8—15  PS  je  nach  der  Stärke 
des  Holzes  aujjonommen  werden 

Beschreibung  der  Maschine  Fig  43  und 
44:  S  die  Messerscheibe  mit  4  stählernen 
Hackmessern  M,  E  der  einfache  offene 
Einfülltrog  mit  dem  angeschraubten  Grund- 


i  \ 


•.Vi'.«- 


f 


V  err 


Fi|.  43  Anaioht 


E.  Kirchner  s  Hackmaschine. 


Fig.  44  .Seitenansicht 


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160 


E.  KIRGHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


messet'  aus  Stahl,  L  hinteres  Lager  mit 
Stellschraube  zum  genauen  Anstellen  der 
Hackmesser  gegen  das  Urundmesser,  R  die 
Fest-  und  Losriemenscheiben.  F  der  feste 
Fundamenlrahmen.  R  ein  Schutzblech  zum 
Zurückhalten  der  Hackspäne  von  dem 
Riemen. 

Diese  Maschine  wurde  vom  Verfasser 
vielfach  ausgeführt  und  liegen  ihm  die  an- 
erkennenden Briefe  und  Zeugnisse  der  Re- 
nutzer aus  den  80er  Jahren  noch  heute 
vor.  Die  Maschine  wurde  auch  von  Ma- 
schinenfabriken gekauft,  von  anderen  kopirt 
und  verschiedentlich  nachgebaut,  sie  brachte 
eine  wesentliche  Erleichterung  bezüglich 


der  zweckmässigen  Zerkleinerung  des  Hol- 
zes auch  für  die  Sulützellstofffabrikanten. 
Heinrich  Wigger  zu  Unna,  Westf.,  nahm  im 
Jahre  1889  das  D.  R.  P.  49293  auf  eine 
praktische  Befestigung  der  Messer  in  der 
Messerscheibe. 


Fig. J4 5.   Bautzener; dreifache  Hackmatchine  (Ansicht ) 


v 


Flg.  46.   Bautzener  dreifache; Hackmaschine  (Grundriss). 


Die  Maschinenfabrik  und  Eisengiesserei 
Aktiengesellschaft  zu  Bautzen  hat  die  Fig. 45 
in  perspektivischem  Bilde,  Fig.  40  als  Grund- 
riss  dargestellte  Holzhackmaschine  mehr- 
fach gebaut  und  seit  4  Jahren  in  die  Zell- 
stoff-Industrie eingeführt. 

Au  starker  Welle  A  (siehe  Grundriss) 
ist  tlie  Trommel  T  mit  den 
Scheiben  Si  und  St  und  zwei 
Hackmessern  M,  ferner  Fest- 
und  Losscheiben  G,  und 
ein  entsprechend  schweres 
Schwungrad  B  angeordnet, 
auch  erhält  die  Vorschub- 
einrichtung V  mit  den  geriffel- 
ten Rollen  n  u.  r»  von  .  ihr 
entsprechenden  Antrieb.  Die 
Trommelscheiben  Si  u.  Si  sind 
an  ihren  äusseren  Kreisflächen 
mit  je  zwei  weiteren  HacK- 
messern  armirt,  so  dass  das 
Hacken  von  auf  Rollen  1  zuge- 
führtem Langholz  hi  und  von 
Rundholz  ht  und  hs  wie  an 
den  früher  beschriebenen 
Hackmaschinen  Fig.  38  S.  157 
vor  sich  geht. 

Die  Maschine  wird  in  zwei 
Grössen  gebaut  mit  je  6 
Messern.  Die  grössere  Ma- 
schine zerkleinert  je  nach  der 
Holzqualität  bei  120  Touren 
pro  Minute  bis  zu  40  rm,  die 
kleinere  bis  zu25rm  in  einer 
Arbeitsstunde. 

Die  Leistung  befriedigte  in 
solcher  Weise,  dass  in  den 
letzten  4  Jahren  nach  Bericht 
der  Erbauer  bereits  18  Ma- 
schinen verkauft  sind. 

Die  Zellstoff -Fabrikanten 
in  Skandinavien  und  Amerika 


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ß.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.   ZELLSTOFF.  16t 


verwenden  auch  in  den  meisten  Fällen 
Hackmaschinen  mit  roHrenden,  vertikal 
stehenden  Messerscheiben,  wie  sie  Fig.  41 
bis  44  S.  158/59  abgebildet  sind. 

Von  denselben  wird,  besonders  nach 
Berichten  aus  Amerika,  eine  sehrgrosse 
Leistungsfähigkeit  angegeben.  Man  hackt 
die  Scheiben  20—40  mm  dick  und  hat 
vielfach  starkes  Stammholz  zur  Verfügung. 

Es  wird  weiter  unten  davon  nochmals 
die  Rede  sein. 

Taf.  47  Fig.  I  im  Aufriss,  Fig.  II  im 
Grundriss,  Fig.  III  in  der  Seitenansicht 
gibt  eine  Skizze  der  schon  oben  erwähnten 

Holzschneidemaschine  mit  auf-  und  nieder- 
gehendem Messer  (Guillotine), 

auf  welche  der  Geheime  Kommerzienrat 
Albert  Niethammer  im  Jahre  1888 


das  D.  R.  P.  45  991  nahm.  Wegen  der 
näheren  Beschreibung  dieser  Maschine  sei 
auf  die  Patentschrift  selbst  verwiesen. 

Für  das  allgemeine  Verständnis  der  von 
der  Maschinenfabrik  J.  M.  Voith  in  Heiden- 
heim a  d.  Brenz  gebauten  Maschine,  etwas 
geänderter  Konstruktion  diene  Folgendes. 

Die  in  kräftigem  Maschinengestell  G  in 
Lagern  L  gelagerte  gekröpfte  Welle  W  mit 
den  Schwung-  und  Riemenscheiben  Ri  Ri 
Rs  bewegt  mittelst  der  zwei  Schubstangen 
A  B  (Fig.  III  in  punktirten  vertikalen  Linien 
angedeutet)  an  den  Führungsleisten  des 
Gestelles  G  einen  starken  Support  mit  dem 
Holzschneidemesser  M  in  schräger  Rich- 
tung auf  und  nieder.  Das  lang  ausge- 
schärfte, mit  schief  gegen  die  Horizontal- 
ebene gestellter  Schneide  ausgestattete,  in 
dem    bogenförmig   ausgesparten  Support 


Tafel  47.   H«lnchnelde«iaichine  D.  R.  Patent  A.  Niethammer. 

2  Bogen  1901. 


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162  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


nach  oben  und  an  den  zwei  Seiten  be- 
festigte Messer  vollführt  an  dem  doppelt- 
schräg zugeführten  Holzstamme  einen  vollen 
glatten  Schnitt,  indem  es  durch  den  Schlitz 
der  beiden  Auflageplatten  Ki  u.  K  Fig  II 
noch  ein  Stück  nach  unten  hindurchtritt. 
Diese  Auflage-Platten  K  Ki  und  die  Rollen 
P  Pi  tragen  mit  einer  Unterstützungsein- 
richtung in  der  Richtung  der  punktirten 
Linie  a  b  (Fig.  I)  den  Holzstamm.  Die 
oberen  Rollen  Q,  0  u.  Oi  halten  ihn  wäh- 
rend des  Schnittes  fest.  Der  mechanische 
Vorschub  des  Stammes  wird  während 
etwa  V*  Drehung  der  gekröpften  Welle 
durch  eine  unrunde  Scheibe  U,  dem  Doppel- 
hebel D  Di  mit  der  Rolle  D  in  der  Zeit 
bethäligt,  wo  das  Messer  in  dem  höchst- 
liegenden Viertelkreis  der  Kurbel  sich  nur 
wenig  nach  unten  bewegt 

Die  VorschubeinrichtUDg  ist  auf  kleine- 
ren und  grösseren  Weg  einstellbar  und 
wird  die  hinderliche  Trägheit  derselben 
bei  schnellem  Gang  (über  80—90  Schnitte 


Fig.  48.   Hackmaschine,  Oesterr.  Patent:  Kink-Kreia. 


pro  Minute)  durch  eine  eingeschaltete  Feder 
F  unschädlich  gemacht,  resp.  überwunden. 

Ueber  den  Kraftverbrauch  und  Leistung 
dieser  Maschine  verdanke  ich  der  Firma 
Kühler  &  Niethammer  in  Kriebstein  bei 
Waldheim  folgende  Betriebserfahrungen 
ihrer  Cellulosefabrik  in  Gröditz. 

Kraftverbrauch  der  Maschine  etwa  7  bis 
8  ind.  PS  bei  100  Schnitten  in  der  Minute. 

Leistung  der  Maschine  pro  Tag  =  20 
Arbeitsstunden 
bei  15  mm  dicken  Scheiben  25—  30  fm 
„  25  nun      „  „       45   50  „ 

„   ."55  mm  „       60-65  „ 

geschältes  Fichtenholz. 

Bei  den  diese  Resultate  ergebenden 
Versuchen  wurden  21, \t  bis  4  m  lange  Höl- 
zer von  7  — 18  cm  (im  Mittel  IS  cm)  Ober- 
stärke verarbeitet. 

Bei  stärkeren  Hölzern  erhöht  sich  die 
Leistung  und  der  Kraftverbrauch  ent- 
sprechend. 1 

Diese  Niethammer'sche  Maschine  mit 
auf-  und  abgehendem, 
schlank  verlaufendem 
und  scharf  gehaltenem 
Messer  lässt  einen  tadel- 
los glatten  Schnitt  und 
sehr  gleichmässige  Schei- 
ben erzielen,  die  in  sich 
nur  soviel  Anbruch  er- 
halten, dass  sie  zur  wei- 
teren gleichmässigen 
Zerkleinerung,  resp.  zur 
gründlichen  Durchkoch- 
ung gerade  sehr  geeignet 
sind. 

Eine  im  Prinzip  glei- 
che, aber  in  den  Kon- 
struktionsdetails abwei- 
chende Hackmaschine, 
Oesterr.  Patent:  Kink- 
Kreis  wird  von  den 
Eisenwerken  Janowitz, 
C.  T.  Petzold  &  Co.  in. 
Janowitz  b.  Römerstadt 
(Mähren)  gebaut.  Der 
Güte  dieser  Firma  ver- 
dankt Verfasser  beifol 
gendes  Bild  Fig.  48. 


\ 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    II  .  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


163 


•Wie  man  sieht,  ist  das  nur  längs  be-  |  gaben,  die  Absonderung  unkochbarer  Teile 
festigte  Messer  senkrecht  auf-  und  nieder-  I  der  nassen  Reinigung  überlassend. 


bewegt,  der  Holzstamm  aber  diagonal  zu- 
geführt. 

Von  der  Direktion  einer  Celluloserabrik 
wird  nach  mehrjähr.  Betriebserfahrungen 
der  Kraft  verbrauch  dieser  Maschine  auf 
etwa  15  und  mehr  PS  und  die  Durch- 
schnittsleistung 25  fm  in  11  Arbeitsstunden 
angegeben. 

Es  ist  zu  erwähnen,  dass  die  berich- 
tende Direktion  wegen  hohen  Kraftver- 
brauches und  verhältnismässig  geringer 
Leistung  dieser  Hackmaschinen  den  früher 
beschriebenen  Hackmaschinen  mit  rotiren- 
den  vertikalen  Messerscheiben  den  Vorzug 
gibt,  wie  ja  aus  den  vorstehenden  Daten 
aller  besprochenen  Hackmaschinen  sich 
der  Fachmann  leicht  ein  Urteil  über  die 
Leistungen  des  einen  Maschinensystems 
gegen  das  andere  bilden  kann. 

Viele  Zellstofffabrikanten  verkochten 
die  Holzscheiben  und  Scheibenstücke,  wie 
sie  von  dem  geschälten  und  von  Aesten 
Möglichkeit  befreiten  Holze  sich  er- 


uL  k  4 

jf  K 


— y — [] 


Taf.  49.  Holzmühle. 


Andere  Fabrikanten  wünschten  eine 
gleichmässigere  Zerkleinerung  der  Holz- 
scheiben und  bedienten  sich  "der  schon 
von  Lee  gelieferten  und  in  *  der  j  Natron- 
zellstofffabrikation bewährten 

Holzmühle. 

Das  Prinzip  dieser  Mahlmaschine  be- 
ruht auf  dem  der  Kaffeemühle,  es  ist  auf 
Skizze  Tafel  49  wiedergegeben. 

Die  Maschine  besteht  aus  einer  durch 
Deckenvorgelege  angetriebenen,  in  Höhe 
verstellbaren,  vertikalen  Welle  mit  dem 
Paraboloidkonus  K,  welcher  sich  in  einem 
abgestumpften  Hohlkonus  H  dreht.  Die 
Mäntel  beider  Kegelstumpfe  unten  850  mm 
Durchm.  weit.  450  mm  hoch,  sind  mit 
schraubig  angeordneten  Zahnrippen  besetzt, 
die  oben  grob  geteilt  und  weit  vorspringend 
Fig.  !,  und  unten  fein  geteilt  und  wenig 
vorspringend  Fig.  III.  und  zwar  als  harte, 
aufschraubbare  Gussplatten  hergestellt  sind. 
Die  Zahnrippen  kreuzen  sich."  gegenseitig 
wie  in  Fig.  II  durch  die  Linien  a£b  und 
c  d  angedeutet  ist. 

In  den  Fülltrichter  F  wer- 
den die  von  der  Hackmaschine 
gelieferten  Holzscheiben  etc. 
automatisch  gefördert  und 
werden  bei  Drehung  des  Konus 
K  zu  Holzbrocken  von'ziem- 
lich  gleichmässigem  Korn  zer- 
quetscht. In  der  Feinheit  der 
Brocken  kann  man  durch 
Hoher-  und  Tieferstellen  der 
Welle  mit  dem  Konus  in 
gewissen  Grenzen  variiren. 

Solche  Holzmühlen,  die 
bei  40  bis  50  Umdrehungen 
der  Vertikalwelle  etwa  5  bis 
8  PS  zum  Betriebe  brauchen 
und  in  10  Stunden  für  etwa 
5  t  Zellstoff  die  Holzspäne 
vermählen,  baut  die  Firma 
Friedrich  Schmaltz  in  Offen- 
bach a.  M.  Der  Preis  der 
Maschine  ab  Fabrik  stellte 
sich  früher  auf  M.  1200.—. 


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164 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Die  beschriebene  Holzmühle  wird  neuer- 
dings vielfach  durch  eine  Stiftenschleuder- 

mühlc  ersetzt. 

Die  Schleudermühle 

(Desintegrator  von  Carr  1862  erfunden) 

ist  von  der  Eisengiesserei  und  Maschinen- 
fabrik Aktiengesellschaft  Bautzen  i.  Sa.  in 


Fig.  50.   Einfache  Bautzener  Schleudermühle.  Q 


Tafel  51.   Doppelte  Bautzener  Schleudermühle. 


vielen  Exemplaren  ausgeführt  und  wird  in 
ihren  Holzzubereitungsanlagen  für  Cellir- 
lose  (siehe  später)  regelmässig  mit  ver- 
wendet. Sie  gilt  als  nicht  so  zermalmend 
wirkend  wie  die  Holzmühle. 

Die  'Bautzener  Maschine  wird  einfach 
und  doppelt  ausgeführt.    Fig.  50  giebt  ein 
äusseres  Bild  der  ersteren,  Taf.  51 
Fig  1  u.  II  einen  Schnitt  und  Grund- 
riss  der 

doppelten  Schleudermühle. 

Mit  einer  solide  am  Fundament  ver- 
schraubten Grundplatte  Taf.  51  P  sind 
die  Ringschmierunterlagerteile  Li  u.  Lt 
der  Welle  YV  als  ein  Stück  gegossen 
und  die  Gehäuse  Gi  und  Gt  fest  ver- 
schraubt.   Die  Welle  W  trägt  die  An- 
triebriemenscheibe R  und  die  Scheiben 
Si  und  St.    Die  Gehäuse  sind  durch 
Deckel  Di  und  D»  geschlossen ,  sie 
tragen  äussere  Nebenlager   für  die 
Welle  und  sind  im  übrigen  2  konzen- 
trische   Reihen  Stilte, 
welche  die  Form  von 
abgestumpften  Pyrami- 
den haben,  fest  einge- 
schraubt ;    in  ebenfalls 
konzentrischen ,  aber 
kleineren  Reihen  sind 
gleichgeformte  Stifte  in 
den  Scheiben  Si  und  Si 
befestigt. 

Durch  die  Trichter 
Ti  und  Ts  findet  die  Ein- 
führung der  Holzhack- 
späne und  durch  Oi  u. 
Oi  die  Abführung  des 
zerschlagenen  guten  Hol- 
zes und  der  zusammen- 
gebliebenen gröberen 
Aststücke  statt. 

Die  Leistung  dieser 
doppelten  Schleuder- 
mühle wird  auf  30  im 
Holzverarbeitung  pro 
Stunde  angegeben. 

Da,  wo  man  die  zum 
Kochen  in  Sulfitlösung 
so  gehackten  und~ver- 


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K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIEK.   Hl.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


mablenen  Holzstückchen  möglichst  frei  von 
Aeslen  haben  will,wird  dieses  Kochholz  noch, 
auf  einem  Laufgurt  gleichmässig  ausge- 
breitet, von  Frauen,  Mädchen  oder  Jungen 
sorlirt.  Man  erkennt  die  Aeste  an  ihrer 
dunkleren  Farbe  und  an  ihrer  meist  grösse- 
ren Form,  doch  ist  es  so  gut  wie  unmög- 
lich, alle  Aeste  mit  der  Hand  herauszu- 
bringen. 

Vielfach  ist  man  daher  zur  mechani- 
schen Sortirung  der  Späne  übergegangen. 

Für  die  Reinigung  der  Holz- 
späne sind  in  jüngerer  Zeit  bei  der  Sul- 
thzellstofffabrikation  verschiedene  Einrich- 
tungen eingeführt.  Herrn  Direktor  G.  Türk 
in  Walsum  a.  Rh.  verdankt  Verfasser  fol- 
gende Beschreibung  mit  dem  beigegebenen 
Plan  Taf.  52  einer  bewährten  Einrichtung 
hierfür. 

Schüttelsortirer  (System  Türk)  für  Hack- 
späne. Von  der  grössten  Wichtigkeit  Für 
Farbe,  Keinheit  und  (ileichmässigkeit  der  zu 
erzeugenden  Sultit-Cellulose  ist  bekanntlich 
eine  rationell  durchgeführte  Sortirung  der 
Hulzspüne,  also  die  Entfernung  aller  AeBte, 
Holzecken  und  schwarzen  Riudenteilchen  und 
endlich  die  Erzielung  eines  gleichmässigcn 
Kornes  des  zerschleuderten  Holzes. 

Es  ist  ganz  selbstverständlich,  dass  ein 
stärkerer  Span  viel  längerer  Zeit  bedarf,  um 


unter  sonst  gleichen  Verhältnissen  von  der 
Lauge  durchdrungen  zu  werden,  als  ein 
dünnerer,  und  man  kann  dalier  eine  gleich- 
niüssige,  splitterfreie  Cellulose  auch  nur  von 
gleichmässig  laugen  u.  di.ken  Spänen  erwarten. 

Bekannt  ist  weiter,  dass  die  Holzästo, 
vielleicht  infolge  ihrer  grösseren  Dichte  und 
damit  grösserem  Cichalt  an  Liginn  und  fär- 
bender Substanz,  dem  ganzen  Stoffe  im  Kocher 
eine  rothraune  Färbung  verleihen,  die  Bpäter 
auch  durch  sorgfältigste  Wäsche  nicht  mehr 
zu  beheben  ist. 

Die  auf  Tafel  52  skizzirtc  Schüttel- 
sortirung,  im  Anschluss  an  eine  Biuitzeuer 
Schlcudcrmühle  montiit,  entspricht  allen  An- 
forderungen in  dieser  Beziehung  und  hat  sich 
irn  praktischen  Betriebe  bewährt.  — 

In  dieser  neueren  Form  ist  dieselbe  in 
der  Papeteries  du  Souche  (Vogesen)  und  in 
dei*  Zellstofffabrik  Wildshausen  in  Betrieb. 

Der  genannte  Schüttelsortirer  besteht  aus 
8  l'  ichtgebauten,  übereinandergestellten  und 
fest  verbundenen  Holzrahmen,  deren  oberer 
ein  Kletzl'sches  LangschlitzBieb  K  Fig.  A 
zum  Ausscheiden  der  Aeste  und  Holzecken 
trügt,  während  der  untere  Rahmen  mit  quadrat- 
maschigem  Sieb  Xr.  8  heBpaunt  ist  und  so 
die  icrschleuderten  Ilindenteilehcn:  Sand  und 
sonstigen  Unreinheiten  beseitigt. 

Die  mit  800 — 1000  Umdrehungen  pro 
Minute  laufende  Bautzener  Schlcudermüble 
wirft  durch  das  Einlaufrohr  A  Fig.  B  die 
zerkleinerten  Späne  mit  grosser  Wucht  an 


Fig.  52.  Schüttelsortirer  (System  Türk). 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


die  mit  Blech  «?c-f ütterte  innere  Wand  des 
EinlanfkaKtens  H,  an  der  die  grosse  ( b«*<  hwin- 
digkeit  der  Späne  gebrochen,  so  das»  diese 
ganz  langsam  auf  das  Kletzlsieb  k  auflaufen, 
während  der  durch  die  Schleudermühle  erzeugte 
Luftstrom  durch  den  Siebdeekel  S,  Sieb  Xr.  12, 
de«  Einlauf karten*  nach  oben  abgebt. 

Durch  die  Sehüttelbcwcg»ing  des  auf  4 
Tragfederri  ruhenden  Schüttelrahmeu  werden 
alb-  guten  Späne  auf  dem  Kletzlsieb  k  an  den 
Langsehlitzen  entlang  geführt,  und  fallen  ohne 
Schwierigkeit  durch  die  Schlitze  auf  das 
/.weite  Sieb  1.  .  Durch  dieses  fallen  wieder  alle 
rnreinigkeiten,  wie  Rind<tit  eilchen.  Sand.Säge- 
mehl  etc..  während  dir-  guten  sortirteri  Späne 
bei  Kj  auf  den  Sortirgnrt  <ii  abgeschoben, 
darauf  von  iler  Hand  nach  nrtirt  werden. 

Die  Aeste  und  Ecken  aber  bleiben  auf 
dem  Kletzlsieb  k.  gleiten  weiter  und  fallen 
bei  Ei  auf  den  Aestcgurt  (i,.  der  sie  direkt 
in  Säcke  abgibt. 

Das  schnellere  oder  schwächere  Abschie- 
ben der  Späne  vom  Siebe  aber  kann  man 
dur^h  stärkere*  oder  schwächeres»  Anspannen 
der  4  Trugfedern  nach  Wunsch  regeln. 

In  da»  obere,  das  Kb-tzlsieb  k,  klemmen 
sich  im  betriebe  innerhalb  einiger  Stunden 
Aeste  und  Hol/ecken  ein.  Diese  sind  während 
des  Betriebes  sehr  leicht  zu  entfernen,  indem 
man  mit  der  Handtlücbe  an  der  unteren  Seite 
des  Siebes  langsam  hin-  und  herfährt,  wobei 
alle  geklemmten  Stücke  mit  grosser  Vehemenz 
nach  oben  aus  dem  l.angschlitzsiehc  heraus- 
springen  und  auf  den  Astgurt  ablaufen. 

Die  Trag-  und  Zugfedern  wählt  man  am 
besten  aus  nicht  zu  altem,  gespaltenem  Esehcii- 
holz.  Ein  Federbrnch  gehört  zu  den  Selten- 
heiten. 

Die  Leistung  eines  solchen  Apparates  von 
t()00.'2ä00  mm  Obersieb  bezül'crt  sich  auf 
60  70  rm  Holz  pr.  10  Stunden  Arbeit,  ge- 
nügt also  für  eine  Produktion  von  7  8000  kg 
tr.  ged.  Stoff. 

Die  äusserst  einfache  Konstruktion  und 
der  geringe  Raum-  und  Kraftbedarf  des 
Apparate»  sprechen  sehr  zugunsten  der  Ein- 
führung desselben. 

Die  .Maschinenfabrik  .T.  Wigger  in  I  nna 
in  Westfalen  hat  den  Hau  dieser  Schiit  tel- 
sortirung  übernommen  und  führt  den  ganzen 
Apparat  in  einfacher  u.solider  t'onstruetion  aus. 

Holzreinigungs-,  Zerkleinerungs-  und  Sor- 
tirungs-Anlage  für  Cellulosekochspäne  der 

Eisengiesserei  und  Maschinenfabrik  Aktien- 
gesellschaft in  Bautzen. 
Fig.  53  zeigt  einen  älteren  Plan  dieser 
Anlage,  welche  jetzt  für  über  56  in-  und 


ausländische  Cellulosefabriken  geliefert  ist 
und  bezüglich  geringen  Holzverlustes  und 
grosser  Ausbeute  an  gutem  Stofl  bestens 
befriedigt  hat. 

Man  erkennt  in  der  unteren  Etage  rechts 
eine  Pendelsäge  (s.  diese  III.  A  S.  9, 
Fig.  2),  welche  das  lange  Holz  in  1  m 
lange  Stücke  teilt,  links  daneben  eine 
doppelte  Schälmaschine  (s.  diese 
III.  A.  S.  16,  Fig.  8),  welche  die  Rundholz- 
stücke entrindet,  weiter  links  nach  vorn 
her  eine  Spaltmaschine  (s.  diese  III. A. 
S.  24,  Fig  17),  welche  hier  die  1  m  langen 
Stücke  von  über  250  mm  Durchm.  zu 
spalten  ermöglicht. 

Auf  schwerem  Fundament,  in  der  Mitte 
des  Bildes,  erkennt  man  eine  Holzhack- 
maschine mit  zwei  Messern  und  dop- 
pelter Einführrinne  für  240  und  160  mm 
Durchm.  der  einzulegenden  Holzstücke. 
Diese  Einführrinne  hat  etwa  45*  Neigung 
zur  Messerscheibenebene  in  Horizontal- 
projektion, was  einen  leichteren  und  glatte- 
ren Schnitt  ergibt.  Die  ausgerundete  Form 
der  Einführrinnen  verhindert,  dass  sich 
Rundholzendstücke  flach  vor  das  Messer 
legen,  wodurch  Brettstückchen  entstehen, 
die  sich  schwerer  kochen  als  quer- 
geschnittene  Brocken.  Die  von  den  ver- 
schiedenen Fabrikanten  verlangte  und  er- 
zielbarc  Scheibendicke  wird  auf  10- -50  mm 
angegeben.  Die  Hackmaschinenscheibe  bat 
2  m  Durchm ,  macht  bei  Anwendung  von 
2  Messern  90  Umdrehungen  pro  Minute. 
Die  Riemenscheiben  haben  1400  und  1360mm 
Durchm.  für  Voll-  resp.  Leerscheibe  bei 
250  mm  Breite. 

Die  von  der  Hackmaschine  erzeugten 
Scheiben  fallen  auf  den  etwas  schräg 
aulsteigenden  Transportgurt  links,  auf 
welchem  schon  eine  Aussortirung  der 
groben  Aeste,  rotfaulen  Holzes  etc.  erfolgen 
kann.  Bei  wenig  ästigem  gesundem  Holz 
ist  indessen  diese  Vorsortirung  überflüssig. 
Der  Transportgurt,  bei  nur  guter  Holzver- 
arbeitung auch  durch  einen  Elevator  zu 
ersetzen,  führt  das  Hackholz  der  ganz  links 
in  der  Ecke  erkennbaren  Schleuder- 
mühl.e  zu. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


107 


Die  Scheiben  etc.  fallen  in 
den  Trichter  und  gelangen 
zwischen  die  Stifte  der  Schleu- 
dermühle, die  das  gute  Holz 
in  gleichroässig  grosse  Stück- 
chen zerschlagen,  während  die 
widerstandsfähigeren  Aeste 
grob  erhalten  und  der  Staub 
und  der  Schmutz,  gelockert 
werden.  Die  Schleudermühle 
macht  je  nach  der  Dicke  der 
gehackten  Scheiben  800— 1000 
Umdrehungen  in  der  Minute 
und  soll  nach  Angabe  der 
Erbauer  nur  höchstens  2  PS 
Kraft  erfordern. 

Aus  der  Schleudermühle 
fallen  die  Holzstücke  in  den  -* 
im  Bretterverschlag  links  be-  " 
findlichen  Elevator,  welcher  2 
sie  in  den  Holzstäuber  und  w 
Sortirer  links  oben  schafft,  e 
Der  Holzstäuber  besteht  aus  ® 
einer  sich  auf  Rollen  drehen-  " 
den,    hohlen , ;  kegelförmigen  ? 
Trommel  von  etwa  7  m  Länge 
und  1,2  :  1,4  m  Durchm.  mit  jj 
Antrieb  durch  die  Tragrollen  f 
in  der  Mitte.    Die  Trommel  | 
ist  etwa  3Vj  m  seiner  Länge  a 
mit  Sieben   von   4  X  H  mm  f 
Weite    bespannt,    die  Holz-  | 
Stückchen    werden   bei   der  » 
Drehung  der  Trommel  stark 
und  lange  aut  diesem  Siebe 
herumgeworfen.    Sie  werden 
dadurch  von  Staub,  Schmutz 
und  Astsplittern  befreit,  die 
durch  das  Sieb  fallen,  so  dass 
eine  gründliche  Säuberung  von 
diesen  die  Kochung  verun- 
reinigenden Teilen  statl findet. 

Der  zweite  weitere  Teil 
der  Trommel  ist  mit  einem 
von  Türk  schon  näher  er- 
klärten Kletzl'schen  lang- 
maschigen  Sortirsiebe  be- 
spannt. Durch  dieses  Sieb 
fallen  die  guten  Kochholz- 
stücke, während  die  gröber 


3" 
O 


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E.  KIKCHNER.   DAS  PAPIER.   Hl.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


gebliebenen  Aeste  und  unzertrümmerten 
Holzteile  am  hinteren  weiteren  Ende  der 
Trommel  her  au.»  fallen. 

Wenn  auch  diese  Trennung  keine  voll- 
kommene ist.  so  erleichtert  und  verringert 
sie  doch  die  letzte  Sortirung  des  Koch- 
holzes durch  Mädchen  und  Frauen  auf  dem 
letzten  Transportgurt  (oben  rechts). 
Dieser  Sortirgurt  ist  je  nach  der  Holz- 
qualität 8— 12  m  lang,  1  m  breit  zu  wählen, 
er  bewegt  sich  mit  10 -12  m  Geschwindig- 
keit in  der  Minute. 

Bei  einer  Leistung  der  Anlage  von 
4-  5  rm  Holz  in  der  Stunde  sollen  nicht 
mehr  wie  16  resp.  20  Mädchen  zum  letzten 
Nachsortiren  angestellt  werden.  Diese  wer- 
den, unter  Kontrolle  gestellt,  den  letzten 
Rest  der  Aeste  aus  den  Holzspänen  sor- 
tiren  können. 

Wie  man  sieht,  ist  bei  dieser  Anlage 
der  ganze  Transport  selbstthätig.  Erhält 
der  Nachsoriirgurt  wie  auf  dem  Bilde  zum 
Schluss  einen  ansteigenden  Teil,  so  kann 
das  fertige  Holz  gleich  in  Säcke  fallen. 
Es  kann  aber  auch  ein  Elevator  angebracht 
werden,  der  das  fertige  Holz  bis  zum 
Kocherboden  schafft.  Die  sämtlichen  Ma- 
schinen können  auch  in  einer  Etage  hinter- 
einander gestellt  werden,  wobei  dann  der 
Elevator  ganz  wegfällt. 

Die  ganze  erforderliche  Kraft  für  die 
Anlage  mit  4—5  rm  stündlicher  Leistung 
wird  auf  18—20  PS  angegeben.  Die  War- 
tung ist  sehr  gering  und  die  dauerhafte 
Konstruktion  vermeidet  Reparaturen. 

In  Natron-  und  Sulfat-Zellstofffabriken 
wird  der  Nachsortirgurt  meist  fortgelassen, 
da  die  maschinelle  Reinigung  genügt. 

Verfasser  verdankt  der  Maschinenfabrik 
und  Eisengiesserei  A.-G.  zu  Bautzen  noch 
den  Plan  Tafel  54  zweier  Längsschnitte 
Fig.  I  u.  II  und  einen  Grundriss  Fig.  U( 
einer  Holzzerkle i nerungs- und  Sor- 
tirungs- Anlage  für  Celluloseholz  nach 
neuester  (1901)  Anordnung. 

Nach  Kenntnis  des  vorstehend  schon 
Gesagten  sind  diese  Darstellungen  S.  169 
leicht  verständlich. 

Der  Grundriss  Fig.  III  verdeutlicht  die 
Disposition.   Unten  die  Hackmaschine  H 


mit  den  drei  Holzzuführungen  bi,  hs  und 
h»,  wie  S.  160  Fig.  46  dargestellt  und  be- 
schrieben. Die  Hackspäne  fallen  auf  einen 
schräge  angeordneten  Gurt  Gi,  auf  dem 
schon  eine  Vorsortirung  ausgeführt  wer- 
den kann.  Der  noch  steilere  Gurt  Gt 
führt  die  Ho<zspäne,  nachdem  sie  ge- 
wendet sind  und  nochmals  vom  Schlechten 
befreit  werden  können,  nach  der  in 
halber  Höhe  raontirten  Schleudermühle  M, 
die  Späne  fallen  aus  ihr  durch  ein  Rohr 
dem  Elevator  E  zu.  Dieser  Elevator  hebt 
die  Späne  so  hoch,  dass  sie  durch  einen 
weiteren  Schlot  der  Sortirtrommel  C  mit 
den  verschieden  weiten  Geweben  bekleidet 
zufallen.  Auf  den  Sieben  et  u.  et  findet 
die  Absonderung  feiner  schwerer  Unreinig- 
keiien  statt,  die  Siebe  es  und  c«  (Patent 
Direktor  Kletzl  in  Gratwein)  lassen  die 
guten  Späne  hindurch  und  auf  die  Sortir- 
gurte  Gs  und  G«  fallen,  wo  die  letzte  Sor- 
tirung mit  ausreichender  Accuratesse  vor- 
genommen werden  kann.  Hinten  am  wei- 
ten Teil  des  Cylinders  C  fallen  die  grob 
gebliebenen  Aststücke  heraus.  Am  Ende 
der  Sortirtische  Gs  u.  G<  fallen  die  guten 
sortirten  Hackspäne  durch  Rohre  einem 
tiefer  montirten  Ventilator  V  zu,  der  sie 
in  die  Füllräume  oberhalb  der  Kocher 
transportirt. 

Der  Plan  zeigt  auch  die  Anordnung  der 
Gesamttransmission,  die  zum  Antriebe  der 
Maschinen  und  Einrichtungen  nötig  sind. 

Ueber  die  Verhältnisse  der  neuen  ameri- 
kanischen Zellstofffabriken  bezüglich  der 
Holzzerkleinerung  und  Sortirung  erfährt 
das  „Wochenblatt  für  Papierfabrikation'' 
Jg.  1900  S.  1852/53: 

Die  Hackmaschine  hat  3  Messer  in 
der  ebenen,  3050  kg  wiegenden  stählernen 
Messerscheibe  von  2080  mm  Durchmesser, 
welche  300  Umdrehungen,  also  900  Schnitte 
pro  Minute  macht.  Der  Fülltrog  hat  in 
Vertikalgrojektion  45°,  in  Horizontalpro- 
jektion 75°  Neigungswinkel  zur  Scheiben- 
ebene Die  Stahlwelle  der  Messerscheibe 
hat  178  mm  Durchm.  Die  Leistung  wird 
auf  30 — 42,2  fm  Holz  pro  Stunde  ange- 
geben, dies  kann  nach  der  Rechnung  bei 
30  mm  dicken  Scheiben,  250  mm  durch- 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.    ZELLSTOFF.  16fl 


170 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


schnittlich  dickem,  einige  Meter  langem 
Holz  und  sehr  flotter  Bedienung  immerhin 
möglich  sein. 

Alvin  0.  Lombard  in  Waterville  Me. 
hat  neuerdings  das  amerikanische  Patent 
Nr.  662288  auf  eine  sehr  einfache  und 
praktische  Festhalt-  und  Zuftihr-Ein- 
richtung  für  das  zu  hackende  Holz  ge- 
nommen. Er  treibt  eine  horizontale  Neben- 
welle von  der  Hackmaschinenwelle  durch 
Riemen  an.  Die  Drehung  dieser  Welle 
wird  durch  konische  Räder  auf  eine  zur 
Ebene  der  Messerscheibe  parallele  Welle 
übertragen,  welche  bei  den  Kegelrädern 
scbarnirartig  drehbar  so  gelagert  ist.  dass 
ihr  anderes  Ende  mit  einer  scharf  gezahn- 
ten Zuführrolle  für  das  Holz  in  vertikalen 
Führungen  je  nach  Holzstarke  auf-  und 
absteigen  kann. 

Die  Holzscheiben  passiren  darauf  eine 
äusserst  leistungsfähige  Alvin  0.  Lombard- 
sche  Schlagmaschinn.  Sic  werden, 
von  oben  eingeführt,  in  ihr  zu  gleich- 
mäßig grossen,  guten  Holzspänen  zer- 
trümmert, während  die  härteren  Aststücke 
unzerschlagen  bleiben. 

Diese  Maschine  besteht  aus  zwei  hori- 
zontalen Eisenwalzen  von  220  mm  Durch- 
messer und  900  mm  Länge,  die  parallel  in  ge- 
wisser Entfernung  nebeneinander  in  einem 
starken  Eisengehäuse  gelagert  sind.  An 
je  4  diametral  und  in  gleichen  Ent- 
fernungen gestellten,  an  den  Walzen 
befestigten  Bolzen  hängen  locker  in  Ab- 
ständen von  50  mm  bewegliche  Schläger. 
Aus  dem  Fleisch  jeder  Walze  sind  je  die 
nötigen  Aussparungen  für  die  Schläger  der 
anderen  Walze  vorgesehen.  Die  Bolzen- 
lager für  die  Schläger  sind  mit  Holz 
ausgekleidet.  Die  Walzen  arbeiten  mit 
1200  Umdrehungen  pro  Minute  gegenein- 
ander, auch  befinden  sich  am  starken  Ge- 
häuse noch  entsprechende  Buckel,  durch 
welche  die  sich  infolge  der  Fliehkraft  radial 
stellenden  Schläger  hindurch  schlagen.  Da 
die  Schläger  an  den  Bolzen  lose  beweglich 
hängen,  so  können  sie  harten  Aesten  aus- 
weichen, und  bleiben  die  letzteren  unzer- 
trümmert.  Die  Maschine  braucht  nur  einen 
125  mm  breiten  Riemen  (Durchmesser  der 


Riemenscheibe  ist  nicht  angegeben).  Diese 
Schlagmaschine  soll  die  Scheiben  von  3  Hack- 
maschinen obiger  Leistung,  also  90  bis 
130  fm  Holz  in  1  Stunde  zertrümmern,  ohne 
Teile  des  Holzes  in  Mehl  zu  verwandeln. 

Die  Maschine  wird  wegen  dieser  enor- 
men Leistung  und  verhältnismässig  geringen 
Kraftbedarfs  sehr  gelobt 

Die  aus  der  Schlagmaschine  Kommen- 
den Späne  werden  in  einem  9  m  langen 
C  y  1  i  n  d  e  r  entstaubt  und  sortirt.  3  m  der 
Länge  sind  mit  gelochtem  (3  mm  Löcher) 
Blech  belegt;  durch  die  Löcher  fallen  der 
Staub,  Schmutz,  Sand  etc.  aus  dem  Koch- 
holz; 1,5  m  der  Länge  sind  mit  8  mm  □ 
weitem  Drahtgewebe  belegt  und  4,5  m  der 
Länge  sind  mit  auf  hohe  Kante  gestellten 

Flacheisenschienen, 

II  niedrig  und  hoch  ab- 
j  wechselnd,  verkleidet, 
welche  zwischen  sieb 
1 1  mm  Entfernung  lassen.  Durch  diese  ver- 
schiedene Höhe  des  Flacheisenrostes  wird  ein 
leichteres  Umkippen  und  baldiges  Durch- 
schlüpfen der  guten  Holzstücke  bewirkt, 
ohne  dass  sich  die  Zwischenräume  ver- 
stopfen. Die  Ast-,  überhaupt  grob  geblie- 
benen Holzstücke  rollen  bei  der  Drehung 
des  (wahrscheinlich  schief  gelagerten)  Cy- 
linders  aus  demselben,  gehen  durch  eine 
kleine  Hackmaschine  und  wandern  bis  zur 
späteren  Verarbeitung  zu  lila  Stoff  in  einen 
Vorratskasten. 

Die  durch  das  8  mm  maschige  Sieb 
durchgefallenen  Spänchen,  Aestchen  etc. 
gehen  durch  eine  Lombard 'sehe  Sortir- 
ma sch ine,  deren  Prinzip  Fig. 55  S.  171 
wiedergegeben  ist. 

Am  unteren  Ende  eines  vertikal  stehen- 
den Cylinders  C  von  600  mm  Weite,  bewegt 
sich,  vom  Getriebe  D  angetrieben,  ein  Ven- 
tilator V,  welcher  durch  das  Loch  L  der 
unteren  weiten  Kammer  äussere  Luft  an- 
saugt und  sie  durch  den  Cy linderring  C 
über  die  Cylinderkante  K  wieder  nach 
aussen  treibt.  Ein  Elevator  schafft  die  durch 
das  8  mm  maschige  Sieb  gefallenen  Späne 
in  den  Füllkegel  A,  durch  das  200  mm  weite 
Blechrohr  fallen  diese  auf  den  Teller  B 
und  gelangen  von  da  in  den  Hohlring- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   All.  B  u.  C.  Z.ELLSTUFF. 


171 


cylinder  G,  in  welchem  durch  die  Luft- 
strömung die  Sortirung  in  leichte,  gute 
Holzspäne  und  in  schwere  Kies-  und  Ast- 
stQcke  (Teufelchen  genannt)  vor  sich  geht, 
indem  erstere  nach  aussen  getrieben  in  die 
Rinne  R  fallen  und  nach  den  Transport- 
gurten des  Kochholzes  gefördert  werden, 
die  Teufelchen  aber  dem  Luftstrom  ent- 
gegen nach  unten  fallen  und  durch  eine 
50  mm  weite  OefTnung  M  schlüpfend  in 
einem  untergestellten  Vorratskasten  sich 
ansammeln.  Die  OefTnung  L  kann  in  ihrer 
Grösse  durch  Stellung  eines  Schiebers  ver- 
größert und  verkleinert  werden,  wodurch 
eine  zweckmässige  Regulirung  des  Luft- 
stromes im  Apparate  herbeigeführt  wird. 

Das  aus  dem  Sortircylinder  fallende 
und  aus  der  Lombardmaachine  kommende 
Holz  wird  auf  Laufgurten  von  1  m  Breite 
noch  einer  letzten  Handsortirung  unter- 
worfen und  rechnet  man  auf  1 1  =  907  kg 
Tagesproduktion  Cellulose  je  ein  Sortir- 
mädchen  an  diesen  Laufgurten. 

Die  Laufgurte  fördern  die  Späne  an 


einen  Elevator,  der  sie  38  mm  hoch  in  die 
Vorratsbehälter  über  den  stehenden  Kochern 
befördert. 

Nachträglich  sei  hier  noch  einer  neue- 
sten Holzhackmaschinen-Konstruktion  ge- 
dacht, auf  welche  H.  G  Shortt  in  Carthage, 
N.-Y..  das  amerikanische  Patent  Nr  666211 
(1900)  nahm. 


Flg.  55  a.  Hack-,  Brach-  and  Fördermaachlne 
System  Shortt. 

Es  ist  eine  durch  Riemen  angetriebene 
Hackmaschine  mit  horizontaler  Welle  A 
Flg.  55  a  und  vertikaler  Messerscheibe  B. 
Die  letztere  läuft  in  einem  geschlossenen 
Gehäuse,  welches  an  der  hinteren  Wand 
bei  Gi  Luft  eintreten  lässt  und  im  äusse- 
ren Ring  konzentrisch  angeordnete  Stiften 
J  trägt,  durch  welche  an  der  Messer- 
scheibe ebenfalls  konzentrisch  angeordnete 
Stifte  M  hindurchschlagen.  Am  äussersten 
Umfange  trägt  die  Messerscheibe  B  mit- 
rotirende  Windflügel  C,  welche  die  durch 
die  Stifte  M  u.  J  zerschlagenen  Holz- 
späne durch  das  unten  anschliessende  Rohr 
Q  nach  dem  Kocherboden  oder  nach  der 
Sortirung  blasen. 

Das  Scheibenschneiden  geschieht  wie 
gewöhnlich  durch  die  Messer  der  Messer- 
scheibe. Das  Holz  wird  in  den  schrägen 
Trog  E  den  Messern  zugeführt. 

Man  hat  also  das  Scheibenschneiden, 
das  Zertrümmern  derselben  und  das  Be- 
fördern durch  eine  Maschine  erreicht. 
Nach  Aussage  eines  deutschen  Fachmanns 


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172  E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


•oll  übrigens  diese  gleiche  Einrichtung  in 
Schweden  schon  seit  Jahren  benutzt  wor- 
den sein. 

Das  Zerkleinern  mit  Kreis-  und  Bandsägen 
und  Sortiren  mittelst  des  Handbeiles. 

Anfang  der  80er  Jahre  hatte  Verfasser 
Gelegenheit,  in  der  Cellulosefabrik  des 
Herrn  Professor  Dr.  A.  Mitscherlich  zu 
Hann.  Münden  dessen  Verfahren  der  Zer- 
kleinerung des  Holzes  kennen  zu  lernen. 
Das  geschälte  Rundholz  wurde,  wie  schon 
S.  156  linke  Sp.  unten  gesagt,  mittelst  Bohr- 
maschinen, so  viel  angängig,  von  Aesten 
befreit  und  auf  Kreissägen  in  Querscheiben 
(durch  Schnitte  senkrecht  zur  Achse  des 
Holzes)  von  2—3  cm  Dicke  geteilt.  Aeste 
und  unreine  Sägespäne  (Sägemehl)  wurden 
verbrannt,  die  sauberen  Sägespäne  mit  zu 
Cellulose  verkocht. 

1886  1889  hatte  Verfasser  eine  nach 
dem  Verfahren  Mitscherlich  arbeitende 
Sulfitzellstofffabrik  einer  grossen  Papier- 
fabrik unter  seine  Leitung  bekommen. 
Während  nun  einige  Einrichtungen  dieser 
Anlage  in  genannter  Zeit  ganz  verändert 
wurden,  blieben  die  dort  eingeführten  Zer- 
kleinerungs-  und  Scrtirverfahren  vollständig 
bestehen,  da  sie  für  den  Kleinbetrieb  be- 
friedigten und  sich  auch  in  vielen  anderen 
Fabriken  bewährt  hatten. 

Das  geschälte  Holz  wurde  mit  allen 
Aesten  auf  besonders  leicht  zu  führenden 
Kreissägen  in  21  <  bis  3  cm  dicke  Scheiben 
geschnitten  und  unter  Aufsicht  eines  holz- 
verständigen Aufsehers  durch  Jungen  sor- 
tirt,  indem  ganze  rotfaule  Holzscheiben 
gleich  beim  Abfallen  an  der  Säge  und 
Scheibenteile,  die  stark  harzhaltig  waren, 
sowie  alle  erkennbaren  Aeste  von  dem 
guten  Holz  ausgeschieden  wurden.  Zu  dem 
letzten  Behufe  war  es  notwendig,  viele  I 
Scheiben  mit  dem  Handbeil  zu  zerhacken 
und  die  untauglichen  Teile  auszuscheiden. 

Das  so  erhaltene  Ia  Holz  wurde  dann 
mit  den  reinen  Sägespänen  zu  Ia  Stoff  ! 
verkocht,  das  IIa  Holz  (und  die  Aeste)  zu  | 
lila  Stoff. 

Es  ist  eine  unbestreitbare  Thatsache, 
dass  aus  solchen  Scheiben  gekochter  Stoff 


eine  grössere  Zähigkeit  besitzt,  als  Stoff 
von  gehacktem  Holze.  Diese  eigene  Er- 
fahrung wird  durch  das  Urteil  von  Fabri- 
kanten bestätigt,  welche  bei  der  Holzzer- 
kleinerung sowohl  das  Hacken,  als  das 
Scheibenschneiden  bei  sonst  gleichen  Ver- 
hältnissen ausüben. 

Ein  aber  auch  nicht  abzuleugnender 
Nachteil,  der  bei  den  in  Deutschland  so 
hohen  Fabrikationsholzpreisen  schwer  ins 
Gewicht  fällt,  ist  der  unausbleibliche  hohe 
Verlust  an  Sägespänen,  welcher,  wie  aus 
der  Tabelle  III  A  S.  13  zu  ersehen  ist,  bei 

30  mm  dicken  Scheiben  etwa  10^4  = 

12  4/o  betragen  wird,  wenn  man  alle  Säge- 
späne von  der  Fabrikation  ausschliesst 
Führt  man  die  scheinbar  reinen  Sägespäne 
dem  guten  sortirten  Holz  im  Kocher  zu. 
so  wird,  da  in  den  ganz  rein  aussehenden 
Spänen  natürlich  auch  die  Sägespäne  von 
rotfaulem  Holze  und  der  durchschnittenen 
Aeste  enthalten  sind,  die  Reinheit  der 
ganzen  Kochung  heruntergezogen;  auch 
ergibt  die  Erfahrung,  dass  der  aus  den 
Spänen  resultirende  Stoff  unreiner  und 
weniger  lest  ausfällt,  als  der  von  Ia  Holz. 

Wo  es  auf  Erzielung  reinen  ia  Stoffes 
ankommt,  ist  es  daher  besser,  die  Säge- 
späne ganz  von  dem  Ia  Hotz  auszus^hhessen 
und  sie  etwa  mit  dem  Uh  HAz  und  den 
Aesten  zusammen  in  geringeren  Stoff 
umzuwandeln. 

In  Abachnitt  III  A  S  8—13  ist  Näheres 
über  Konstruktion,  Kraftbedarf  und  betrieb 
der  Kreissägen  mitgeteilt.  An  dieser  Stelle 
sei  aber  noch  der  für  das  Scheibenscbnei- 
den  besonders  bequemen  Konstruktion 
einer  Kreissäge  mit  Schiebetisch  gedacht, 
welche  in  der  vom  Verfasser  geleiteten 
Sulfitzellstoff fabrik  sich  bestens  bewährt 
hat  und  an  der  während  der  3  Jahre 
seiner  Betriebsleitung  kein  Unglücks- 
fall vorkam. 

Fig  56  gibt  einen  Längsschnitt,  Fig.  57 
einen  Grundriss  dieser  Maschine,  welche 
Rundholz  bis  zu  30  cm  in  Scheiben  zu 
zerlegen  zulässt. 

Die  Maschine  ist  wie  eine  gewöhnliche 
Kreissäge  mit  Schiebetisch  konstruirt.  Der 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   HI.  B  u.  C.   ZELLSTOFF.  173 


Tisch  ist  nach  links  durch  die  Kraft  des 
Sagers  auf  drei  Rollenpaaren  R  (Fig.  56) 
horizontal  verschiebbar  und  wird  nach 
erfolgtem  Schnitt  durch  das  Gewicht  G 
mittelst  bekannter  Gurtaufhängung  in  die 
Anfangsstellung  automatisch  nach  rechts 
hin  zurückgezogen  Zur  Begrenzung  der 
Tischbewegung  dienen  die  Anschläge  Pi 
links  und  Pi  rechts.  Das  geschälte  Rund- 
holz H  von  1  bis  etwa  l1/«  m  Länge  ruht 
nach  unten  auf  4  kleinen,  aus  der  Tisch- 
platte etwas  vorragenden  Rollen  r  und 
stützt  sich  gegen  den  senkrecht  zur  Fahr- 
richtung auf  der  Tischplatte  befestigten 


Flg.  56  Längatohaltt,  Flg.  57  Bmndrlts. 

■It  Sohlebetüch. 


Anschlagwinkel  N.  Das  Rundholz  H  wird 
quer  über  den  Tisch  bis  an  einen  starken, 
ebenfalls  an  der  Tischplatte  befestigten 
Anschlagwinkel  A  geschoben  und  vom 
Säger  mittelst  eines  mit  schar  Ton  Spitzen 
versehenen  Hebels  T,  welcher  in  einem 
Universalgelenk  U  leicht  beweglich  aber 
solide  gelagert  ist,  unverrückbar  fest- 
gehalten. Mit  der  rechten  Hand  auf  den 
Hebel  drückend,  mit  der  linken  und  dem 
Körper  den  Tisch  nach  links  schiebend, 
vollführt  der  Säger  und  das  so  viel  als  thun- 
lich in  einer  Schutzhaube  laufende  Kreissäge- 
blatt K  den  Querschnitt  durch  das  Holz 

H.  Es  fällt  jedesmal 
eine  Scheibe  in  der 
Nähe  des  Kreissägen- 
blattes nieder.  Der 
Säger  lässt  darauf  den 
Tisch  soweit  zurück- 
rollen, dass  das  Holz 
mit  seiner  Querschnitt- 
flache  ausserhalb  der 
Kreissägenfläche  liegt, 
darauf  treibt  er  mit- 
telst seitlichenDruckes 
am  Hebel  T  die  Holz- 
rolle H  wieder  gegen 
den  Anschlag  A,  voll- 
führt den  zweiten 
Schnitt  und  (bei Nach- 
setzen des  Hebels 
nach  dem  Ende  zu) 
so  fort,  bis  das  letzte 
Holzstück  von  etwa 
nur  6  cm  Länge  mit 
Vorsicht  beim  Ein- 
setzen der  Hebel- 
spitzen in  das  Hob 
und  Vorschieben  des 
Tisches  gegen  die 
Säge  in  zwei  Teile 
von  etwa  3  cm  Dicke 
zerlegt  ist.  Die  klei- 
nen Rollen  r  erleich- 
tern das  Vorschieben 
der  Holzrollen  ganz 
wesentlich.  Dochmuss 
der  Säger  bei  den 
letzten  Schnitten  das 


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174 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


kurze  Holz  mit  der  Hand  stellen  und  Vor- 
sicht wie  Aufmerksamkeit  üben.  Das  Uni- 
versalgelenk U  ist  leicht  in  der  Höhe  am 
Anschlagwinkel  A  verstellbar,  so  dass  Rollen 
von  etwa  8  bis  30  cm  auf  gleicher  Säge 
geschnitten  werden  können. 

Die  Fig.  58  und  59  geben  näheren  Auf- 
schlug Ober  die  Detail-Konstruktion  des 
Universalgelenkes.  A  zeigt  ein  Stück  des 
Anschlagwinkels  an  der  geschlitzten  Stelle, 
durch  den  Schlitz  geht  die  Schraube  B 
mit  vierkantigem  Kopf,  über  welche  der 
Hohlzapfen  C  mit  vierkantigem  Ansatz  und 
einer  in  den  Schlitz  passenden  Nase  1  ge- 
schoben wird,  auf  diesen  Hohlzapfen  passt 
drehbar  der  Teil  D  mit  den  Zapfen  Z  und 
Zi.  Die  Zapfen  lassen  die  Drehung  der 
Gabel  G  um  ihre  Achse  zu.  Die  Gabel  G 
ist  mittelst  der  Schraube  S  aus  zwei  Teilen 


Fig.  58  59.  Univertalgelenk  zir  SchelbmMge. 

zu  einem  Stück  solide  verbunden  und 
schliesst  sich  an  sie  der  Hebel  T  mit  den 
Mitnehmerspitzen.  Die  Unterlegscheibe  n 
wird  mittelst  der  Mutter  m  fest  gegen  den 
Hohlzapfen  C  gepresst  und  gleichzeitig 
durch  Pressung  dieses  Hohlzapfens  C  und 
des  Schrauben- Vierkantkopfes  gegen  den 
Anschlagwinkel  A  das  Universalgelenk  an 
einer  Stelle  des  letzteren  unverrückbar 
festgestellt.  Bei  gewünschter  Höhenver- 
stellung des  Universalgelenkes  hat  man  nur 
die  Mutter  m  ein  wenig  zu  lösen,  die  ganze 
Einrichtung  in  die  nötige  Höhe  zu  bringen 
und  die  Mutter  B  wieder  fest  anzuziehen. 

Nach  Betriebserfahrungen  teilt  ein  ge- 
schickter Säger  in  einer  Arbeits- 
stunde 0,72  bis  0,9  rm  («  0,5  bis  0,63  fm) 


weiss  geschältes  Rundholz  von  etwa  12  bis 
25  cm  Durchm.  Die  Scheibensäge  hatte 
900  mm  Durchm.  des  Blattes  und  machte 
750  bis  800  Umdrehungen  in  der  Minute, 
hatte  also  eine  Umfangsgeschwindigkeit 
v  =  35,5  bis  38  m.  Bei  n  =  900  und 
daher  v  =  42,5  m,  was  bei  vorzüglicher 
Qualität  der  Sägeblätter  noch  als  zulässig 
erachtet  werden  dürfte,  würde  die  Leistung 
einer  solchen  Scheibensäge  auf  0,8  bis 
1  rm  geschältes  Holz  gesteigert  werden 
können. 

Zum  Wegnehmen  und  Vorsortiren  der 
Scheiben  von  der  Säge  ist  für  dieses 
Quantum  1  Bube,  tür  das  Aushacken  und 
Sortiren  der  guten  Scheiben  sind  2  bis  3 
Buben  (je  nach  Stärke  und  Aestigkeit  des 
Holzes)  erforderlich. 

Eine  Schutzvorrichtung  gegen  Unglücks- 
fälle für  die  Säger  an  den  Scheibensägen 
sei  noch  erwähnt.  Um  das  in  richtige 
Stellung  bringen  der  kurzen  Endstücke  ge- 
fahrloser zu  gestalten,  wird  in  jedes  Rund- 
holz, ehe  es  auf  die  Maschine  gehoben 
wird,  ein  mit  Stahlspitzen  versehener 
Holzhebel  mit  Handgriff  eingeschlagen, 
der  das  Vorschieben  und  Ausrichten  des 
kurzen  Endstückes  bei  den  letzten  Schnitten 
wesentlich  erleichtert  und  vermeidet,  dass 
der  Säger  mit  seinen  Fingern  der  rotten- 
den Kreissäge  zu  nahe  kommt. 

Fig.  60  gibt  ein  Bild  dieser  beachtens- 
werten Hilfsvorrichtung,  dem  Schutz- 
hebel. 


Flg.  60.  Sohitzhesel  für  Sohelbeneiftr. 

Doppolte  Bandsäge. 

Im  Abschnitt  (H.A.  S.  13  u.  14  ist  be- 
reits ein  Bild  Fig.  5  der  Doppelbandsäge 
gegeben  und  gesagt,  dass  die  Einführung 
derselben  in  einigen  Zellstofffabriken  er- 
folgt ist.    Es  sind  das  aber  wohl  nur 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


175 


kleinere  Betriebe,  die  in  Betracht  kommen. 
Diese  Bandsäge  hat  den  Vorteil,  dass  mit 
zwei  Blättern  nebeneinander  gleichzeitig 
je  zwei  Holzscheiben  geschnitten  werden 
und  dass  ein  verhältnismässig  geringer 
Holzverlust  stattfindet,  da  die  Schnitte  der 
Bandsägenblütter  viel  schmäler  sind  als  die 
der  Kreissägen. 

Wegen  der  feineren  Schärfung  der 
Bandsägen  ist  aber  das  Sägemehl,  das 
durch  dieselben  entsteht,  noch  weniger 
zum  Kochen  von  Zellstoff  geeignet. 

Kreissägen  mit  20  Blattern. 

Nach  Mitteilungen  in  C.  Hofmann's 
Handbuch  der  Papierfabrikation  halte  die 
Firma  Edwards  &  Co.  in  Saginow,  Mich., 
1892  eine  Maschine  gebaut  und  in  Betrieb 
gesetzt,  in  welcher  runde  Holzklötze  von 
76  cm  Länge  in  21  Scheiben  von  etwa 
3>/t  cm  Dicke  auf  einen  Schnitt  mit  20 
Sägeblättern,  nebeneinander  auf  einer  Achse 
befestigt,  zerlegt  werden.  Ausser  der  Sägen- 
welle ist  eine  zweite  Welle,  die  beim 
Schneiden  schwächeren  Rundholzes  6  Um- 
drehungen, bei  Schneiden  stärkerer  Hölzer 
4  Umdrehungen  in  der  Minute  macht,  so 
in  der  Nähe  der  Kreissägenwelle  montirt, 
dass  4  X  21  Paar  Festklemm-  und  Durch- 
führungsfinger  -  Einrichtungen  das  Holz 
während  des  Schnittes  festhalten,  durch  die 
Sägeblätter  durchführen  und  die  je  21 
Scheiben  über  einem  Elevator  fallen  lassen, 
der  sie  auf  den  Kocherboden  befördert. 
Die  entstehenden  Sägespäne  werden  von 
einem  Exhaustor  angesaugt  und  ebenfalls 
auf  einen  anderen  Platz  des  Kocherbodens 
geblasen. 

In  der  Maschine  werden  in  der  Minute 
6x4x21  =  504 Scheiben  aus  schwäche- 
rem Holze,  resp.  4  X  4  X  21  =  336  Schei- 
ben aus  stärkerem  Holze  erzeugt  Bei 
Annahme  von  Durchmessern  von  15  resp. 
25  cm  Durchm.  ergibt  sich  eine  Stunden- 
leistung von  20  bis  40  fm  co  30  bis  60  rm 
Holzzerkleinerung  in  einer  Arbeitsstunde. 
Freilich  wird  diese  Maschine  auch  80  bis 
100  PS  zum  Betriebe  und  grosse  Aufmerk- 
samkeit für  lnordnunghaltung  erfordern. 
Für  Bedienung  soll    1  Mann  genügen. 


selbstverständlich  bei  Anwendung  automa- 
tischer Transporteinrichtungen. 

Verfasser  hat  über  eine  dauernde  An- 
wendung dieser  Sägemaschinen  in  Amerika 
im  Laufe  der  Jahre  weiter  nichts  erfahren 
und  dürfte  die  Hackmaschine  in 
Amerika  allgemein  Eingang  gefunden  haben. 

Der  Elnfluss  der  Zerkleinerungsart  auf  die 
Ausbeute  des  Holzes  an  Zellstoff1.  Die 
Ausnutzung  des  Füllraumes  der  Kocher. 
Kosten  der  Zerklelnerungs-  und  Sortlrungi- 
arbeit. 

Ueber  diese  für  den  Zellstofffabrikanten 
so  wichtigen  Fragen  seien  hier  in  zwang- 
loser Folge  und  den  späteren  Abschnitten 
teilweise  vorgreifend  Erfahrungen  und 
Rechnungen  mitgeteilt. 

Nach  Feststellungen  des  Verfassers 
nimmt  1  Kubikmeter  Kocherfüllraum  von 
gehackten  und  auf  einer  Holzmühle  gleich- 
massig  zerkleinerten,  festgetretenen  oder 
festgestampften  Spänen  42  bis  45'/*  Fest- 
holz auf. 

Gesägte  Holzscheiben  und  Hackspäne, 
in  liegenden  Kochern  lose  eingeschüttet 
und  verteilt,  füllen  nur  37—40  pCt.  des 
Kocherraumes,  d.  h.  ein  Kubikmeter  Füll- 
raum des  Kochers  erhält  von  dieser  losen 
Füllung  nur  0,37  bis  0,40  fm  Holz.  Nach 
einer  von  anderer  Seite  gekommenen 
Mitteilung  sollen  sich  in  stehenden  Kochern 
pro  Kubikmeter  Füllraum  0,5  fm,  also  50  °/o 
des  Füllraumes  Holzscheiben  und  Stücke 
einpacken  lassen.  Letzteres  günstige  Resul- 
tat dürfte  nur  unter  Aufwendung  beson- 
derer Mühe,  also  hoher  Lohnkosten  und 
grosser  Zeitversäumnis  zu  erreichen  sein. 

£Nach  Mitteilung  eines  in  der  Praxis 
stehenden  Holzzellstoff- Fabrikanten  soll 
Scheibenholz  gegen  Hackholz,  welches 
auf  einer  Mühle  gleichmässig  zerbrochen 
ist,  stets  mehr  Ausbeute  ergeben, 
vorausgesetzt,  dass  in  beiden  .Fällen  das 
Holz  weder  gepackt  noch  festgestampft 
wurde,  was  mit  dem  bekannten  Erfahren  gs- 
satz:  je  grobkörniger  ein  Materia  1, 

I  je  mehr  geht  in  eine  Kubikeinheit 

I  Raum,|Übereinstimmt. 


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176 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Die   Ausbeute    des   Holzes   an  Stoff 
schwankt  naturgemäss  auch  nach  der  Holz- 
gattung, der  Stärke  und  Güte  des  Holzes 
sowie  mit  dem  Koch-  und  Reinigungs- 
Verfahren. 

Praktische  VerBuchs  des  Verlassers*) 


mit  genau  auf  ein  cdm  ausgehobeltem,  zer- 
sägtem und  zerapaltenem  Festholz,  mit 
Natronlauge  im  grossen  Kocher  mit- 
gekocht, ergaben  folgende  Ausbeute  an 
Zellstoff 


Ausbeuten  deutscher  Hölzer  bei  Aetznatronkochung. 


für  Kiefernstamm  alt 
jung 

Fichtenstamm  stark 

»  schwach 
Weisstannenstamm 


Weihmouthskieferstammn  130 
Aspenstamm  208 
Rotbucbenstamm  250 
Birkenstamm  286 

1  fm  Holz  müaste  demnach  so  viel  kg 
Stoff  ergeben,  als  hier  g  verzeichnet  stehen. 

Betriebeerfahrungen. 

Für  die  Praxis  haben  nur  die  Ergeb- 
nisse mit  Holz  mittlerer  Stärke  (etwa  von 
10  bis  20  cm  Zopfstärke)  und  die  Durch- 
schnittsergebnisse längerer  Fabrikatioos- 
perioden Wert. 

Man  gewann  in  den  70er  Jahren  aus 
mittelstarkem  Kiefern-,  Fichten-  und  Tannen- 
holz bei  Anwendung  des  Natronverfahrens 
pro  1  rm  100—110  kg  lftr.  ungebl.  Stoff 
(ä  fm  143—157  kg),  nach  Einführung  des 
Sulfatverfabrens  ist  die  Ausbeute  an  Stoff 
pro  1  rm  10  bis  15°/o  gestiegen,  also: 
1  rm  =  110—125  kg  (pro  fm  157—179  kg). 

Nach  einer  Angabe  aas  Schweden  soll 
dortigen  harzärmeres  Holz  von  mindestens 
15  cm  Zopfstärke  (wahrscheinlich  Fichten  and 
Tannen  mit  etwas  Kiefer)  beim  Kochen  mit 
Natronlauge  pro  1  rm  -  124  kg  lftr.  ungebl. 
Cellnlose  (pro  fm  172  kg),  mit  Sulfatlauge 
sogar  =  «145  kg  lftr.  ungebl.  Cellnlose  (pro 
fm  200  kg)  ergeben  haben. 

Beim  Sulfitverfahren  schwankt  die  Aus- 
beute pro  Festmeter  je  nach  dem  Koch- 
vertahren,  und  je  nachdem  man  in  Schei- 
ben sägt  und  Sagespäne  und  Aeste  ver- 
brennt, oder  letztere  mit  in  Zellstoff  um- 
wandelt, oder  hackt  und  mechanisch  sor- 
tirt,  pro  Festmeter  von  175  bis  230  kg 
(pro  rm  125—165  kg). 

♦)  Man  *en?l.  Rohstoff  lehre  IL  A.  8.  42. 


> 
» 

> 

»  > 


175  g  lftr.  ungebl.  Stoff 
150 
174 
163 
167 
195 


» 
» 


Deutsches 
Nadel- 
holz. 


Deutsches 
Laub- 
holz. 


Genaue  Ausbeute  nachweise. 
A.  Mit  gehacktem  Holz 

1.  Handgeschältes  Fichtenholz  in  5  m 
langen  Stücken  16  und  mehr  cm  Durchm. 
wurde  auf  einer  Bandsäge  getrennt,  auf 
einer  Kreissäge  in  1  m  lange  Stücke  ge- 
teilt, in  Scheite  gespalten,  von  Aesten  ent- 
bohrt, auf  der  Hackmaschine  gehackt  und 
das  gehackte  Holz  auf  Tischen  aortirt : 

88,27  fm  dieses  Holzes  im  Gewicht  von 
44665  kg  verloren 


beim  Schälen 
auf  der  Bandsäge 
auf  der  Kreissäge 
auf  der  Bohrmaschin* 
an  Splittern 
Aeste  am  Sortirtisch 
Abfälle  „ 


1555  kg  = 
875  „  = 

%)tt 

70 
130 
2712 

352 


3,5 

2,0 

0,8 

0,02 

0,03 

6,1 

0,85 


Vo 


6038  kg  =  13,5  °/o 
Aus  Kochspänen  38627  kg  netto  wur- 
den 16782,5  kg  tr.  ungebl.  Ia  Cellulose 
oder  aus  1  fm  =  190  kg  (1  rmeo  133  kg), 
oder  43,4  °/o  vom  Gewicht  der  reinen  Koch- 
späne gewonnen. 

II.  Handgeschältes  Fichtenholz  in  2,5  m 
langen  Stücken  von  16—25  cm  Durchm. 
wurde  auf  einer  Bandsäge  von  den  End- 
köpfen befreit,  auf  einer  Bautzener  Trom- 
melmaschine zerhackt  Die  Scheiben  wur- 
den auf  einer  Schleudermaschine  zer- 
schlagen, auf  Schüttelsieben  gereinigt  und 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


177 


auf  einem  Leseband  sortirt.  247,17  fm 
des  Hohes  im  Gewicht  von  128528  kg  ver- 
loren: 


4717  kg  =  3,66  °/o 
797  „  =  0,62 
690  „  =  0,54 
3570  „  =»  2,85 
5125  „  =  4,00 
„  =  .1,83 


beim  Schälen 
an  KopfabscbniUen 
Sägespäne 
Splitter 

Schüttelsieb-Abfälle*) 
Aeste 

17259  kg  =  13,5  */o 

Aus  den  Kochspänen  111269  kg  netto 
wurden  48530  kg  tr  ungebl.  Ia  Cellulose 
oder  aus  1  fm  =  196  kg  (1  rm  co  137  kg), 
oder  43,6  °/o  vom  Gewicht  der  reinen  Koch- 
späne gewonnen. 

Der  für  den  Transport,  das  Schälen, 
das  Hacken  etc.  zu  zahlende  Lohn  beläuft 
sich  ä  fm  an  Männerarbeit  M.  1,92,  ferner 
für  Sortiren  etc.  an  Frauenarbeit  M,  0,81, 
also  zusammen  für  196  kg  Stoff  M.  2,73 
pro  1  fm,  oder  durchschnittlich  M.  1,39 
pro  100  kg  Ia  Stoff  Lohnkosten.  100  kg 
Ia  Stoff  erfordern  0,51  fm  co  0,73  rm 
dieses  Holzes. 

B.  Mit  Scheibenholz. 

Schon  in  der  älteren  Geheimschrift 
Mitucherlich's  (von  etwa  1883?),  wie  auch 
in  Muspratt's  Chemie,  (neu)  bearbeitet  von 
Stahmann  u.  Kerl  Vi  S.  1720  heisst  es, 
dass  das  weiss  geschälte  Holz  mittelst 
einer  Kreissäge  zunächst  in  Klötze  von 
40  cm  Länge  geteilt,  ferner  durch  Bohr 
maschinen  entästet  und  dann  auf  Kreis- 
sägen mit  einem  oder  mit  vier  Blättern  in 
Scheiben  von  3  cm  Dicke  zerschnitten  wird. 

Mitscherlich  nimmt  etwa  20°/o  Schäl- 
verlust und  etwa  10-20°/o  Sägespan- 
abfall  je  nach  der  Dicke  der  Sägenblätter 
an.  Die  vollständig  rein  gebliebenen  Säge- 
späne sollen  mit  verkocht  werden.  Drei 
Raumteile  Sägespäne  werden  zwei  Raum- 
teilen Scheiben  gleichwertig  gerechnet. 

III.  Nach  einem  Halbjahrsdurch- 
schnitt einer  kleinen  Sulfitzellstoff- 
Fabrik  mit  Bandsägenbetrieb  kostet 
das  Schälen  und  Scheibenschneiden 

*)  Die  Siebabflille  werden  anf  einer  Putz- 
maschine  von  den  feinen  Spänen,  den  kleinen 
schwarzen  Aatrtücken  (Teufelchen)  gereinigt  und 


für  1  fm  (co  1,43  rm)  11/16  cm  Dehrn. 
Rundholz  (2— 2Vt  m  lang)  M.  2,06  (Männer- 
arbeit), das  Aesteaushacken  für  1  fm  M.  1,03 
(Frauenarbeit),  Summe  Putz-  und  Zerkleine- 
rungslohn pro  1  fm  Mk.  3,09  (oder  1  rm 
co  M.  2,16). 

60,46  fm  (co  90  rm)  des  lufttrockenen 
Holzes  wogen  31692  kg,  also  1  fm  wog 
524  kg  (1  rm  co  350  kg).   Sie  ergaben : 
Handschälspäne  1572  kg  =    5  °/o 

Sägespäne  b.  Teilen  154  „  =*  0,5  „ 
Bandsägenspäne  2250      =  7,1  „ 

Aeste  2139      =  6,7  „ 

Gute  Scheiben  u.  Hack  25568  „  =  80,7  „ 

Es  ergab  eine  Stoffmenge  von  1 1 097 
kg  ungebl.  Cellulose. 

Das  Stoffergebnis  eines  Festmeter 
Holz  =  524  kg  Brutto-  co  423  kg  Netto- 
gewicht ohne  Aeste,  Schäl-  und  Säge- 
späne ist  also  ss  183,5  kg  lufttrocken,  d  h. 
43,4  °/o  vom  Nettogewicht,  oder  35°/o 
vom  Rohgewicht  dieses  verwendeten  Holzes. 
(Stoffergebnis  eines  Raummeter  Holz 
mit  Rinde  etwa  122,3  kg). 

Nach  einem  anderen  Halbjahrdurch- 
schnitt ergab  sich  pro  fm  Holz  sogar  nur 
174,2  kg  tr.  ungebl.  Cellulose  statt 
der  angegebenen  183,5  kg,  jedoch  ist  zu  be- 
merken, dass  in  der  Fabrik  nur  die  Ge- 
winnung von  Ia  Stoff  erstrebt  und  durch- 
geführt war.  100  kg  Stoff  erfordern  bei 
183,5  kg  Ausbeute  0,55  fm  co  0,78  rm  Holz 
und  bei  174,2  kg  Ausbeute  0,57  fm  co 
0,82  rm  Holz. 

Bei  183,5  kg  aus  dem  Festmeter  sind 
die  Reinigungs-  und  Zerkleinerungslöhne 
&  100  kg  Stoff  M.  1,68.  Bei  einer  Aus- 
beute pro  fm  von  nur  174,2  kg  ä  100  kg 
Stoff  M.  1,77. 

IV.  Verfasser  bat  beim  Teilen  von  1  m 
langem  Rundholz  (hauptsächlich  Fichten- 
holz mit  etwas  Weisstanne  untermU.  it) 
von  10—25  cm  Durchm.  auf  Einblatt- 
krelssägen  mit  fahrbarem  Tisch 
(s.  S.  173)  bei  einem  grossen  Versuche 
Folgendes  erfahren. 

Ein  Versuch  mit  100  rm  co  70  Im 
frischem,  gleichmässigem ,  feinschaligem 
Fichtenholz  10  bis  20  cm  (wenige  von 

4.  Bogen  100L 


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178 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


25  cm)  Zopfstärke  mit  vollständiger  Rinde 
ergab  folgendes: 

Gesamtgewicht  57320  kg.  Durch  Hand- 
schälen gewonnen  23,6  rm  Schälspäne  und 
Aeste  6490  kg.  Es  blieben  90,75  rm 
weiss  geschältes  Holz,  welches  beim  Teilen 
und  Sortiren  zerfiel  in 

118  rm  Gutes  38  330  kg 

44,2  „  Sägemehl  9810  „ 

8,5  „  Aeste  u.  Schlechtes  2  690  „ 

170,7  rm  50  830  kg 

Dem  Raum  nach  hatte  das  rohe  Holz 
also  durch  das  Schälen  9V*°/o,  dem  Ge- 
wicht nach  ll8/*°/o  verloren.  Heizwert- 
versuche ergaben,  dass  die  Schälspäne 
unter  den  Kesseln  nur  */s  von  dem  Wasser 
verdampften,*)  welches  durch  la  Saar-  oder 
Ruhrkohlen  in  Dampf  verwandelt  wurde- 
Der  Brennwert  der  Schälspäne  entsprach 
also  dem  von  etwa  1300  kg  dieser  Kohle 
=  etwa  26  M.  Kohlenersparnis,  wenn  der 
Transport  nicht  gerechnet  wird.  Die  Aeste 
und  das  schlechte  Holz  ergaben  etwa  V» 
vom  Brennwert  guter  Kohlen,  entsprachen 
also  einem  Brennwert  von  900  kg  Kohle 
=  18  M.  Sägemehl  hat  ähnlichen  Brenn- 
wert, also  wie  3250  kg  Kohle  im  Wert 
von  65  M. 

Abgesehen  von  den  Schälspänen  ergab 
das  weissgeschälte  Holz 

dem  Raum  nach :  dem  Gewicht  nach : 
69,12  °/o  Gutes  75,41  % 

25,89  „  Sägemehl  19,29  „ 

4,09  „  Aeste  u.  Schlechtes  5,30  „ 

Nimmt  man  den  Wert  des  Holzes  frco. 
Fabrik  ä  rm  =  10  M.  an,  so  kosten  die 
100  rm  1000  M.  und  die  darauf  kommen- 
den Löhne  dazu  etwa  auf: 
Akkordschälen  M.  80.- 

Akkord  für  Scheibenschneiden  „  45.50 
Akkord  für  Sortiren  „  54.50 

Transporte  „  20. — 

M.  200.- 


•)  Diese  Angabe  bezieht  «ich  auf  lufttrockene 
Schälspänc.  Nasse,  teilweise  vermoderte  Späne  er- 
gaben nur  0,65fache  Verdampfung,  leisteten  also 
dem  Gewicht  nach  noch  nicht  VM  des  Heizwertes 
von  Saar-  und  Ruhrkohleu. 


So  kommen  wir  auf  Holzselbstkosten 
für  170,7  rm  Kochgut  M.  1200  —  26  = 
1174  M. 

Auf  1  rm  Rohholz  kommen  demnach 
Holz-  und  Lohnkosten  M.  11,74  (1  fm  co 
M.  16,77). 

Nach  Jahresdurchschnitt  wurden  aus 
1  rm  Rohholz  gewonnen: 
68,1  •/•   111  kg  beste,  langfaserige,  leicht 

bleichbare  Ia, 
18,0  „   291/»  „  geringere,  kürzere,  leicht 

bleichbare  la, 
4,3  „      7   „  etwas  splitterige,  schwer 

bleichbare  IIa, 
9,6  „   15*/s  „  braunsplittrige,  nicht 

 bleichbare  lila 

163  kg. 

100  kg  dieses  Stoffgemisches  erfordern 
0,614  rm  in  Rinde  gemessen  co  0,43  fm 
Holz  und  kosten  also  an  zerkleinertem 
Kochbolz  M.  7,20,  Holzzerkleinerungs-  und 
Sortir-Lohnkoaten  M.  1,23  pro  100  kg  Stoff 
inbegriffen. 

Verbrennt  man  auch  das  Sägemehl,  die 
Aeste,  das  Schlechte  und  die  Schälspäne, 
so  bleiben  1200  —  (26  +  18  +  65)  = 
1091  M.  Holzkosten  und  kann  man  nach 
der  Erfahrung  nur  auf  höchstens  105  kg 
la  und  15  kg  IIa  Stoff  aus  1  rm  rechnen 
Holzkosten  ä  rm  M.  10,91,  ä  100  kg  Stoff 
M.  9,10,  darin  siud  Lohnkosten  M.  1,67 
enthalten. 

Fassen  wir  die  wichtigsten  Erfahrungs- 
resultate nochmals  kurz  zusammen. 

Beim  Schälen  verlor  man  von  16-  25  cm 
Durchm.  Langholz  3,5  °/o  durch  Teilen  in 
Klötze,  Racken  und  Sortiren,  lür  Ia  Sullil- 
stoff  vom  Gewicht  des  Langholzes  weitere 
10°,.. 

Aus  dem  verbleibenden  Gewicht  86,5  °/o 
eines  Festmeters  Holz  gewann  man  190 
bis  196  kg  ungebl.  Ia  Sulfitstoff.  Der  Trans- 
port, das  Schälen,  Hacken  und  Sortiren 
kostete  M.  2,73  per  Festmeter. 

100  kg  Ia  Sulfitstoff  erfordern  in  diesem 
Falle  0,51  fm  Holz  und  M.  1,42  Lohn. 

Beim  Schälen  von  11— 16  cm  2— 21/tm 
langem  Rundholz  war  5°/o  Schälverlust 
konstatirt,   beim   Scheibenschneiden  mit 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Bandsägen,  Aushacken  der  Aeste  verlor 
man  vom  Holzgewicht  weitere  14,3  */o ;  die 
verbleibenden  80,7  °/o  des  Holzes  ergaben 
174,2 -183,6  °/o  la  Stoff. 

Transport,  Schälen,  Schneiden  auf  der 
Bandsäge  kostete  M.  2,06,  das  Aesteaus- 
hacken  M.  1,03,  zusammen  M.  3,09  per 
Festmeter. 

100  kg  Ia  SulGtstoff  erfordern  0,56  fm 
Holz  und  M.  1,73  Lohn. 

Beim  Schälen  von  10—25  cm  starkem, 
1  m  langem  Rundholz  ergab  sich  dem 
Gewicht  nach  II1/«*/»  Schälverlust.  Beim 
Scheibenschneiden  auf  Kreissägen  661/*  °/o 
gute  Scheiben  und  Ia  Hackspäne,  17,5  °/o 
Sägespäne,  4,5  °/o  Aeste  und  geringes  Hotz. 
Nach  Jahresdurchschnitt  wurde  beim  Ver- 
kochen allen  Holzes  (mit  Ausnahme  der 
Schalspäne)  163  kg  Ia,  Ha  u.  Illa  in  dem 
S.  178  angegebenen  Verhältnis  per  rm  ge- 
wonnen, oder  per  fm  dieses  Holzes  etwa 
233  kg  Stoffausbeute  erzielt. 

100  kg  Stoff  erfordern  demnach  0,614  rm 
eo  0,43  fm  Holz  in  der  Rinde.  An  Zer- 
kleinerungs-  und  Sortirlöhnen  waren  M.  1,23 
per  100  kg  Stoff  ausgegeben. 

Die  Lohnkosten  in  kleinerem  Betriebe 
mit  Bandsägen  und  nur  Prima-Stoffher- 
stellung sind  also  ca.  50  Pfg.  pro  100  kg 
Stoff  teurer,  als  in  grösserem  Betriebe 
mit  Kreissägen  und  Verwertung  allen  Holzes 
exci.  der  Schälspäne. 

Diese  Darlegungen  zeigen,  dass  ver- 
schiedene Momente  bei  der  Ausbeute  des 
Bolzes  an  Stoff  mitsprechen  und  zwar  die 
Holzqualität  selbst,  die  Art  der  Zerkleine- 
rung und  Sortirung,  der  Umstand,  ob  man 
nur  das  gute  Holz  oder  auch  den  aus- 
sortirten  Ausschuss  verkocht,  die  Koch- 
methode, die  angewendet  wird,  etc. 

■ 

Ebenso  ergiebt  sich,  dass  die  Herstell- 
ungskosten des  Stoffes  wesentlich  von  die- 
sen Momenten  abhängig  sind. 

Andere  Ausbeuteangaben. 

Zum  Vergleich  seien  hier  noch  die 
Ausbeuteergebnisse  verschiedener  Fabriken 
mitgeteilt,  wie  sie  von  anderen  Fach- 
schriftstellern veröffentlicht  sind. 


179 


Nach  C.  Hofmann's  Handbuch  II. Auf- 
lage 1894  S.  1427  etc.  machte  man  in  einer 
Sulfitzellstoff- Fabrik  System  Mitacherlich  Ver- 
suche mit  starken  und  schwachen  Stämmen  von 
60-80 jähr.  Fichten  aus  sächsisch  -  böhmischen 
Wäldern. 

I  Hölzer  12,5  m  lang,  23,5  cm  Durchm.  im 
Mittel  wogen  pro  fm  680  kg. 

II  Hölzer  8,75  m  lang,  10,6  cm  Durchm.  im 
Mittel  wogen  pro  fm  588  kg. 

Es  ergab  sich  bei  Holz  I  II 

Verlust  beim  Reinigen  und  Zer- 
kleinern 10,4  »/c   18,6  •/• 
Prima  Holz  76,4  „    72,0  „ 
Abfallendes  Secunda  und  Tertia 

Holz*  13,2  „    14,5  „ 

Es  ergab  sich  auf  100  Rohholz  eine  Aus- 
beute an 

Prima  Zellstoff  31,29%      80,09  •/# 

Secunda  8,87  „        4,00  „ 

Tertia  2,53  „        2,31  „ 

37,19  °/e  36,40  6/o 
Demnach  Ausbeute  pro  fm  197,1  kg     195,8  kg 

Wenn  nun  zwar  die  Ausbeute  des  starken 
Holzes  danach  nur  ein  Geringeres  höher  ist,  als 
dio  des  schwachen,  so  weist  Hofmann  mit  Recht 
auf  den  teureren  Preis  des  stärkereren  Holzes 
hin  und  sagt,  dass  es  im  allgemeinen  vorteil- 
hafter sei,  schwächeres  Holz  von  etwa  40 — 60- 
jährigen  Beständen  zu  verarbeiten.  Nur  da,  wo 
das  stärkere  Holz  nicht  viel  teurer  sei,  als  das 
schwache  und  feiner,  reiner  Zollstoff  hergestellt 
werden  solle,  giebt  er  dem  stärkeren  Holze  wegen 
seiner  grösseren  Reinheit  den  Vorzug. 

Professor  Max  Schubert  macht  in  seinem 
Werk  Die  Cellulosefabrikation,  II.  Auflage  S. 
109/10  verschiedene  Angaben. 

Dieser  Verfasser  hat  in  einem  von  ihm  ge- 
leiteten Betriebe  (System  Mitschcrlich)  für  100  kg 
Sulfitzellstoff  0,956  rm  =  0,62  fm  Fichtenholzver- 
brauch festgestellt.** 

Er  sagt  ferner,  Weissenborn  rechnete  nach  älte- 
ren Veröffentlichungen,  auf  1  fm  =  200  kg  oder 
1  rm  =  140  kg  Celluloseausbeute.  Eine  süd- 
deutsche Sulfitzellstofffabrik  rechne  durchschnitt- 
lich auf  1  fm  156  kg  lufttr.  Cellulose  auf  1  rm 
109  kg.  iEine  norddeutsche  Fabrik  habe  aus 
5210  rm  Holz  715000  kg  (L,  II.  und  III.)  Stoff, 
also  ü  rm  137  kg  gewonnen.  Waldhof  (System 
Ritter-Kellner)  gab  an  einem  der  früheren  Jahres- 
abschlüsse an  Holzvcrbranch  170000  fm  Jahres- 
produktion 25  000  000  kg,  das  ergiebt  pro  f m 
—  148,  pro  rm  —  104  kg  ZellBtoffausbeute. 

*  Ob  dieses  Abfallholz  mit  verkocht  wird, 
ist  nicht  gesagt. 

**  Schubert  rechnet  1  rm  nach  seinen  Ver- 
suchen =  0,65  fm. 


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180  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Fassen  wir  die  vorstehend  niederge- 
legten Resultate  nur  bezüglich  der  Aus- 
beute deutschen  Fichtenholzes  zusammen, 
so  ergiebt  sich  an  lufttrockenem  StofT: 

nach  Direktor  N 

la  u.  IIa  StofT          äfm  ärm 

1)  „  „   „     ||          190  kg  133  kg 

2)  „  „   „     „          196  ||  137  „ 

nach  Schubert 

3)  Ia  (f.  Waldhof)       149  „    104  „ 
Bandsägenbetrieb 

n  ach  D  irektor  N 

4)  Ia  u.  Ha  Stoff         183,5  „  122,3  „ 
Kreissägenbetrieb 
nach  Kirchner 

5)  la,  Ha  u.  lila  Stoff    233  „  163  „ 
nach  Hofmann 

6)  la  u.  Ha  Stoff       196,5  „  —  „ 
nach  Schubert 

7)  nur  la  Stoff         161  „  104,6 ., 

8)  nur  la      „            -  „  109  „ 

9)  la  u.  IIa   „           -  „  137  „ 

Aus  alledem  ersieht  man,  dass  die  vom 
Verfasser    als|  wirklich   erreichte  hohe 


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Jahresausbeuteziffer  1  fm  =  233  kg  oder 
1  rm  =  163  kg  (I,  1B,  II  u.  III)  Stoff  nur 
erzielt  werden  kann,  wenn  die  Verhältnisse 
so  liegen,  dass  man  für  die  eigene  Papier- 
fabrik einmal  schwächer,  das  andere  Mal 
stärker  kochen  darf,  und  wenn  ausserdem 
alle  Sägespäne,  Aeste  etc.  in  Stoff  ver- 
wandelt werden.  Fabrikanten,  die  für  den 
Verkauf  nur  Prima  -Salfitstoff  erzeugen 
wollen,  können  weder  das  eine  noch  das 
andere  sich  zu  nutze  machen  und  dürfen 
daher  nur  durchschnittlich  150  kg  pro  fm 
cs>  105  kg  pro  rm  Ausbeute  rechnen. 

Ueber  die  Ausbeuten  ausländischer 
Hölzer  an  Sulfitzellstoff  ist  in  der  deutschen 
Litteratur  wenig  bekannt  geworden.  Nach 
einer  Angabe  im  Wochenblatt  für  Papier- 
fabrikation Jg.  1900  S.  1852  rechnet  man 
auf  432  fm  Holz  60  amerikanische  Tonnen 
Stoffausbeute  =  54,420  t  (ä  1000  kg),  also 
&  fm  =  126  kg,  doch  kann  man  aus 
dieser  einen  Angabe  nicht  mit  Zuverlässig- 
keit einen  Schluss  ziehen. 

Von  den  Ausbeuteergebnissen  des  Hol- 
zes, Strohes  etc.  wird  in  der  Folge  noch 
öfters  die  Rede  sein. 


Fig.  61.   R.  Dietrich.  Schälspäneverwertung. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


181 


Umwandlung  der  Schälspäne  in  Stoff. 

Der  Wert  der  Schälspäne  als  Brenn- 
stoff und  als  Streumaterial,  als  welches  es 
an  einigen  Stellen  Verwertung  findet,  ist 
verhältnismässig  gering. 

Da  die  Schälspäne  nun  zum  grossen 
Teile  gutes  Splintholz  enthalten,  so  ist 
Herr  Robert  Dietrich  in  Merseburg  zur 
Verkochung  derselben  in  Stoff  überge- 
gangen. 

Das  Wochenblatt  für  Papierfabrikation 
berichtet  über  das  Verfahren  in  No.  8  Jg. 
1901  S.  465  wie  folgt: 

Verfahren,  aus  Rindenschälspänen  das 
mit  abgehende  Holz  zurück  zu  gewinnen. 
D.R.P.  100863. 

Die  Rindenschälspänc,  welche 
bei  der  Hand-  oder  Maschinensohälung 
entfallen,  werden  in  natürlicher  Sommer- 
trockne, oder  —  wenn  nass  —  auf  einem 
HeKrohrsystem  getrocknet,  über  einem 
Stfrttrtraeh  mit  der  Hand  von  loser  Borke, 
Bast  etc.  befreit,  über  einen  daranstossen- 
den  Tisch  in  die  Lade  einer  Häcksel- 
maschine stärkster  Konstruktion  geschoben 
(ud  in  Stflcke  von  2—3  cm  Länge  zer- 
schnitten. Diese  aus  Holz  und  fest  daran 
hängender  Borke  etc.  bestehenden  Stücke 
werden  von  einem  Exhaustor-Raspler,  D. 
R.  P.  97391  (man  vergleiche  vorn  S.  148/49), 
mittelst  eines  Trichters  angesaugt.  Dieser 
Apparat  trennt  das  gute  Holz  von  der 
Borke  etc.  und  bläst  alles  in  einen  mehr 
hohen  als  breiten,  dabei  sehr  langen  Raum, 
wo  die  Trennung  in  Erde,  schweren  Schmutz, 
Holz,  Borke  und  leichte  Spreu  vor  sich  geht. 

Die  gereinigten  Holzspäne  werden  dann 
zu  Stoff  verkocht,  Borke  und  Bast  an  den 
Kesseln  verbrannt.  Man  kann  auch  die 
Hackspäne  durch  den  Exhaustor-Raspler 
in  einen  Cyclon  blasen  und  dann  aus  diesem 
in  einen  sichj  drehenden  Sortircylinder 
fallen  lassen,  wobei  die  .brüchige  Borke 
etc.  grösstenteils '  durch  die  Maschen  der 
Cylindersiebe  gleiten,  während  die  gereinig- 
ten Holzspäne  hinten^  am  Cylinder  aus- 

Q  Zu  dieser  neuen  Dietrich'schen  Ver- 
wertung der  Schälspäne  bemerkt  der  Patent- 


inhaber noch,  dass  die  Verwertung  der 
Rindenspäne  in  Ländern,  wo  das  Fabri- 
kationsholz teuer  ist,  sich  wohl  verlohne. 
Man  sei  im  stände,  bei  Anwendung  einer 
nur  2'/i°  (statt  5°)  B.-Sulfitlösung  aus  ge- 
häckselten  Spänen,  die  fest  in  die  Kocher 
gestampft  werden,  30— 33  °/o  des  ursprüng- 
lichen lufttrockenen  Gewichtes  der  Späne 
an  zwar  etwas  grauem,  splitterigem,  aber 
festem  Sulfitstoff  zu  gewinnen,  der  sich  für 
bestimmte  Packpapiersorten  -  Herstellung 
vorzüglich  eigne*).  Die  geringen  Kosten 
der  Einrichtung  würden  bald  verdient. 

Holzspäne-Transport. 

Uebcr  den  Transport  der  Holzspäne 
ist  vorn  S.  167,  169  und  171  schon  ange- 
geben, dass  bewährte  Einrichtungen  Lauf- 
gurte und  Elevatoren  sind.  Hat  man  es 
mit  gehacktem  Holze  zu  thun,  so  kann 
man  sich  auch  der  Druckluft,  durch 
Ventilatoren  (beim  Stroh  S.  15t  Fig.  35 
dargestellt  und  beschrieben),  oder  durch 
DietrichscheExhaustor- Ventilatoren  (S.  149 
dargestellt)  erzeugt,  bedienen. 

Für  den  Gesamttransport  der  Späne  in 
einer  Sulfitstofffabrik  mit  liegenden  Kochern 
giebt  Fig  62  (s.  folgende  S.  182)  ein  Bei- 
spiel unter  Anwendung  von  Laufgurten  und 
Exhaustor-Raspler  nach  Dietrich.**) 

Rechts  im  Bilde  oben  ist  bei  der  Hack- 
maschine ein  Laufgurt  angedeutet,  an  wel- 
chem 6  Frauen  das  rotfaule  Holz  und  die 
Aststücke  heraussortiren.  Das  vorsortirte, 
teilweise  noch  grobe  Holz  fällt  vom  Lauf- 
gurt dem  Exhaustor-Raspler  zu,  der  es 
gleichmässig  zerkleinert  und  in  einen  Cyclon 
am  höchsten  Punkte  des  Mittelbaues  be- 
fördert. Hier  trennt  sich  Luft  und 
leichter  Staub  von  den  Holzspänen.  Letztere 
fallen   durch   einen  Holzschlot   in  eine 


*)  ])io  von  Herrn  Dietrich  dem  Verfasser 
eingesandten  Stoffe  zeichnen  sieh  durch  feste 
Faser  und  graue,  etwas  splitterige  Beschaffenheit 
aus,  die  daraus  hergestellten  hübschen  hellgrauen 
und  rötlichen  Bast-  und  .lavapapiere  linden  llotten 
Absatz. 

••)  Im  Wochenblatt  für  Tapierfabrikation  Jg. 
1901  Nr.  8  S.  466  veröffentlicht. 


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182 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Sortirtrommel,  welche  Sand,  feine  Ast- 
splitter etc.  am  engen  Ende  heraussortirt, 
grob  gebliebene  Ast-  und  Harzstücke  hinten 
auswirft  und  die  guten  Späne  auf  einen 
weiteren  Laufgurt  fallen  lässt,  an  dem  6 
Mädchen  die  weitere  Sortirung  besorgen. 
Am  Ende  dieses  Laufgurtes  links  fallen  die 
Späne  durch  einen  grossen  Trichter  in 
an  dessen  spitzen  Ausmündungen  leicht 
auswechselbar  befestigten  Säcke.  Ein 
Mann  besorgt  das  Auswechseln,  Zuschnüren 
und  Aufschichten  der  Säcke.  Der  feine 
Abfall  aus  der  Sortirtrommel  wird  ver- 
brannt, der  grobe  Abfall  wird  ebenfalls  in 
Säcke  gefasst  (siehe  Mittelbau  unterhalb 
der  Sortirtrommel)  und  gelegentlich  zu 
einer  Kochung  geringeren  Stoffes  verwendet. 

Das  genannte  Personal,  6  Frauen,  6 
Mädchen,  1  Mann,  soll  zur  Sortirung  der 
Holzspäne  für  12ttr.  ged.  Cellul  ose  Tages- 
produktion genügen. 

Selbstverständlich  erfordert  das  schnelle 
Füllen  der  Riesenkocher,  der  Transport  und 
das  Ausleeren  der  Säcke  und  für  die  Verteil- 


ung und  das  Festtreten  der  Späne  in  den 
Kochern  auf  einige  Stunden  ein  mehr- 
köpfiges  Personal,  auch  macht  der  Ver- 
schleiss  der  Säcke  natürlich  Kosten. 

Diese  Lohnkosten  kann  man  sehr  ver- 
mindern und  die  Ausgaben  für  die  Säcke 
kann  man  ganz  ersparen,  wenn  man  ober- 
halb der  Kocher  grosse  Vorratskästen  er- 
baut, in  welche  die  Holzspäne  durch  Ele- 
vator gehoben,  mittels  Schnecken  oder 
Laufgurte  verteilt  und  mit  entsprechen- 
den Trichtern  vom  Boden  der  Vorratskästen 
den  Füllüffnungen  zugerührt  werden. 

Eine  einlache,  praktisch  als  ausreichend 
und  vorteilhaft  in  Deutschland  und  im 
Auslande  bewährte  Einrichtung  ist  die  An- 
ordnung für  stehende  Sulfitkocher,  welche 
Fig.  63  durch  eine  Ausführung  angedeutet 
ist.*)  A  ist  der  stehende  Kocher,  B  der 
Span-Vorratskasten,  C  D  der  Elevator. 

•)  Im  Wochenblatt  für  Papierfabrikation  .Tr. 
1900  Nr.  20  8.  1854,  als  in  der  SulfitholzzelUtoff- 
Fuhrik  in  Waterville  (Maine)  System  Mearcr  aus- 
geführt, veröffentlicht. 


Fig.  62    Holztransport  nach  R.  Dietrich. 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Iii.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


183 


Fig.  63.    Spantrawport  f8r  stehende  Kocher. 


In  dem  tieferen  Dachaufbau  unterhalb  D 
findet  der  automatische  horizontale  Trans- 
port und  die  Verteilung  der  Späne  für 
mehrere  nebeneinander  gruppirte  Vorrats- 
kästen (für  jeden  Kocher  ein  Kasten)  durch 
Laufgurte  oder  Förderschnecken  statt. 

Man  erkennt,  dass  hier  der  Transport 
und  das  Einfüllen  der  Späne  in  die  Kocher 
mit  denkbar  geringsten  Hilfskräften  mög- 
lich ist. 

Schliesslich  sei  hier  noch  der  alten 
Füll-  und  Transportart  der  Holzhackspäne 
für  die  liegenden  Natronkocher  in  cylin- 
drischen,  auf  zwei  Rädern  auf  Schienen 
fahrbaren,  etwa  1  m  langen  Trommeln  aus 
gelochtem  Schmiedeeisenblech  gedacht.  Die 
eine  Cylindergrundfläche  der  Trommeln 
ist  durch  einen  Riegel-  (Pasquill-)  Ver- 
schluss leicht  zu  öffnen  und  zu  schliessen. 
Diese  fahrbaren  Trommeln  verlangen  zum 
Transport  in  der  Fabrik  ein  fahrbares  Ge- 
stell, in  welchem  die  Trommeln  leicht  aus 
der  horizontalen  in  die  vertikale  Lage 
gekippt  und  so  aufrecht  stehend  gefüllt, 
verschlossen  und  wieder  in  die  horinzon- 
tale  Lage  zurück  gekippt  werden  können. 
Darauf  werden  die  Trommeln  auf  dem 
Gestellwagen  an  die  Oefmung  des  Kochers 
gefahren  und  auf  einer  Längsschiene  im 
Kocher  in  denselben  eingeschoben.  Auch 
diese  Spantransportart  erfordert  viele  Ar- 
beitskräfte, verursacht  also  grosse  Lohn- 
kosten. 


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E.  KIRCHNEK.    DAS  PAPIEK.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Die  Wiedergewinnungsverfahren  der  zum  Kochen  der 
Zellstoffe  erforderlichen  Chemikalien. 


Einleitung. 

In  der  Geschichte  der  Zellstofffabrikation 
S.2— 5  war  gesagt,  dass  Seguin  1819  schon 
die  Verwendung  von  Soda,  Pottasche  und 
Kalk  zum  Aulschli essen  des  Strohstoffes 
vorgeschlagen  hatte.  Um  1830  haben  Estler- 
Wien  und  Piette-Dinglingen  die  Aelzkali- 
lauge  (aus  Pottasche  und  Kalk  bereitet) 
zum  Aufschliessen  des  Strohes  angewendet. 
1853  nahmen  Charles  Watt  und  Hugh 
Lturgess  in  England  ein  Patent  zum  Auf- 
schliessen des  Holzes  mit  Aetznat ron- 
lauge, welche  Methode  auch  M.  A.  C. 
Mellier  zur  Herstellung  von  Strohstoff  sich 
1854/5  in  Fankreich  und  England  paten- 
tiren  liess. 

Die  Aetznatron  lauge  blieb  denn 
auch  bis  1866  für  die  fabrikmässige  Dar- 
stellung der  Stroh-  und  Holzzellstoffe  die 
einzige  Kochflüssigkeit  für  Holzzellstoff. 
Um  diese  Zeit  fand  B.  C.  Tilghman  in 
Amerika,  dass  auch  eine  Lösung  von 
doppeitsch  wefligsaurem  Kalk  u.  desgl. 
Magnesia  zur  Holzzellstofftabrikation  geeig- 
net sei.  Um  1880  erkannte  man  ferner  bei 
uns, dassdas Schwefelnatrium  zum  Auf- 
schliessen des  Strohes  und  Holzes  in  Zell- 
stoff geeignet  sei.  Der  Ingenieur  C.  F.  Dahl 
arbeitete  zu  Anfang  der  80er  Jahre  sein 
Verfahren  aus,  bei  welchem  die  Chemikalien- 
verluste statt  bisher  mit  Soda  nunmehr  mit 
rohem  schwefelsaurem  Natron  (Sulfat)  ge- 
deckt werden.  Die  wirksamen  Agentien 
der  Kochlaugen  sind  in  diesem  Falle  Aetz- 
natron und  Schwefelnatrium  (man  vergl. 
Chemikalien  und  Lösungen  vorn  S.  94 — 110). 
Endlich  hat  der  Generaldirektor  W.  Schacht- 
Coswig  1900  ein  neues  Verfahren  zur  Her- 
stellung von  Zellstoff  ausgebildet,  bei  wel- 
chem durch  aufeinander  folgendes  Kausti- 
ziren  und  Sullitiren  Alkali -Kochlösungen 


hergestellt  und  angewendet  werden,  welche 
nur  geringe  Mengen  Aetznatron  und  Schwe- 
felnatrium und  vorwiegend  Natriummono 
sulGt  und  Natriumthiosulfat  enthalten. 

In  der  ersten  Periode  der  Zellstoff- 
fabrikation hat  man  die  Lösungsflüssigkeiten, 
welche  zum  Kochen  benutzt  waren,  durch 
Abwaschen  vom  Zellstoff  mit  dem  Ab- 
wasser einfach  entfernt 

Bald  aber  erkannte  man,  dass  es  für 
einen  rationellen  und  rentablen  Betrieb 
sowohl,  als  auch  für  die  Erhaltung  der 
Reinheit  der  Flüsse  geboten  sei,  die  Ab- 
laugen der  Fabrikation  derart  aufzuarbeiten, 
dass  man  den  grössten  Teil  der  ver- 
wendeten Chemikalien  zurückgewann. 

Die  verschiedenen  Wiedergewinnungs- 
methoden, soweit  sie  im  Gesichtakreis 
des  Verfassers  liegen,  haben  sich  in  den 
letzten  20  Jahren,  unvollkommen  beginnend, 
bis  zu  grosser  Vollkommenheit  ausgebildet. 

Welchen  grossen  Wert  die  Wiederge- 
winnung der  Chemikalien  hat,  ersieht  man 
aus  der  Angabe,  dass  man  früher  für  Her- 
stellung von  100  kg  Strohstoff  30  kg  (70/72°) 
Aetznatron  im  Werte  von  etwa  12  Mark 
brauchte  und  verloren  gehen  liess,  während 
heute  bei  Durchführung  der  Selbstkausti- 
zirung  und  Wiedergewinnung  pro  100  kg 
Strohstoff  bis  herab  auf  etwa  10  kg  Soda  und 
25  kg  Kalk  gebraucht  werden,  was  einem  Geld- 
wert von  etwa  1,40  M.  entspricht.  Freilich 
kommen  zu  diesen  Kosten  noch  die  hohen 
Geldaufwendungen  für  die  Regenerirang  der 
Salze,  auf  die  später  eingegangen  wird. 

Die  Wiedergewinnung  kann  aber  ganz 
abgesehen  vom  pekuniären  Gewinn  heute 
gar  nicht  mehr  entbehrt  werden,  sobald 
die  Anlage  von  einer  grösseren  Leistungs- 
fähigkeit ist,  da  eine  merkliche  Verunreini- 
gung der  Wasserläufe  bei  uns  gesetzlich 
verboten  ist. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


185 


Die  Ablaugen  der  Kocher  und  der 
StoffVorwaechung. 

Die  mit  Chemikalien  und  organischen 
Stoffen  beladenen  Ablaugen  der  Zellstoff- 
Fabrikation  wurden  in  der  ersten  Periode 
derNatronzellstoflfabrikation  nur  soweit,  als 
sie  sich  flüssig  von  den  Kochern  durch 
Dampfdruck  abtreiben  Hessen,  in  ein  Vor- 
ratsreservoir,  welches  in  der  Nähe  der 
Oefen,  oder  auf  den  letzten  Oefenzügen 
selbst  aufgestellt  war,  abgedrückt.  Bald 
aber  fand  man,  dass  der  Zellstoff  im  Kocher 
nach  dem  Abdrücken  der  Lauge  noch 
H0°/o  und  mehr  der  genannten  Be- 
standteile zurückhielt,  die  man  in 
der  späteren  Cntwickelung  der  Cellulose- 
iodustrie  mit  warmem  Wasser  zum  grössten 
Teil  in  Lösung  brachte  und  ebenfalls  in 
das  Vorratsreservoir  ablaufen  Hess  oder 
pumpte.  Da  sich  aber  bei  diesem  Waschen 
schädlicherweise  die  Kocher  stark  ab- 
kühlten und  die  Waschlaugen  zu  stark 
verdünnt  wurden,  so  zog  man  in  noch 
späterer  Zeit  vor,  den  nur  von  der  flössigen 
Ablauge  befreiten  Stoff  in  besondere  Ge- 
fässe  zu  entleeren  und  in  diesen  eine 
systematische  Vorwaschung  vorzunehmen. 

Für  diese  Vorwaschung  oder 
Auslaugung  des  Kochgutes  haben 
sich  verschiedene  Einrichtungen  bewährt, 
indem  sie  den  Stoff  hinreichend  von  an- 
hangenden Chemikalien  und  organischen 
Stoffen  reinigen  und  die  Ablaugen  in  einer 
Stärke  erhalten  lassen,  dass  sich  ihre 
Milverarbeitung  bei  weiterer  Regeneration 
wohl  verlohnt. 

Verschiedene  derartige  Einrichtungen  be- 
ruhen auf  dem  Diffusionsverfahren, *) 
d.  b.  auf  dem  in  der  chemischen  In- 
dustrie seit  alters  bewährten  Prinzip,  den 
mit  erwähnten  Bestandteilen  behafteten 
Stoff  nacheinander  erst  mit  konzenlrirter, 
schwarzer  oder  dunkler  Ablauge,  dann 
mehrmals  mit  allmählich  dünner  und  dünner 
werdenden  Ablaugen  und  endlich  noch  mit 
reinem  warmen  Wasser  zu  behandeln. 

*)  Diffusion  bedeutet  hier  die  nllmähiigc 
Verdrängung  einer  Flüssigkeit  durch  eine  andere, 
welche  sich  in  kommuniciremlen  Räumen  befinden. 


Auf  diese  Weise  ist  es  möglich,  eine 
verhältnismässig  konzentrirte  Ablauge  dem 
Ofenvorratsgefäss  zuzuführen  und  den 
Stoff  schon  ziemlich  rein"  gewaschen  in  die 
weiteren  Wasch-  und  Zerfaserungsappa- 
rate  gelangen  zu  lassen. 

Solche  bewährte,  hie  und  da  noch  im 
Betriebe  befindliche  Anlagen  seien  zunächst 
beschrieben. 

Die  Auslagekästen  von  Shank. 

Diese  Auslaugeeinrichtungen  sind  von 
der  Sodafabrikation,  „Verfahren  Leblanc"  in 
den  70er  Jahren  des  XIX.  Jahrhunderts 
in  die  Natronholzzellstofffabrikation  über- 
gegangen. Verfasser  fand  sie  1875  in  der 
Papierstofffabrik  Alt-Damm  bei  Stettin  be- 
reits vor  und  richtete  sie  in  der  Weiss- 
papierfabrik zu  Aschaffenburg  1876  neu 
ein.  Nach  eigener  Handzeichnung  sei  auf 
folgender  Seite  eine  schematische  Skizze 
solcher  Anlage  Taf.  64.  Fig.  I  im  Längs- 
schnitt, Fig.  II  im  Grundriss  gegeben. 

Es  ist  angenommen,  ein  Kocher  habe  in 
10  gelochten  Siebtrommeln  (System  Lee, 
siehe  später)  von  je  1,2  m  Dm.,  1,1  m  lang, 
12,5  cbm  Spanfüllraum,  er  liefere  nach  dem 
Kochen  mit  Natronlauge  6,5  bis  7  cbm 
mit  konzentrirter  Ablauge  getränkten  Stoff. 
Es  sind  dann  8  bis  10  Kästen  ganz  aus 
Schmiedeisen-Blech  A  von  8  m  X  3  m 
Grundfläche  mit  falschen  Blechböden  F 
am  besten  in  zwei  Reihen  wie  Fig.  II  an- 
zuordnen, von  denen  jeder  bei  0,9  bis  1  m 
lichter  Höhe  die  Unterbringung  je  einer 
Kochung  von  6,5  bis  7  cbm  bei  0,7  bis 
0,75  m  Höhenstand  des  Stoffes  gestattet. 

Beschreibung.  Auf  entsprechend 
konstruirten  Schmalspur  -  Gestellwägcn 
werden  die  Siebe  mit  dem  Kochstoff  auf 
über  den  Stoffauslaugekästen  A  montirten 
Geleisen  S,  Si,  St  mit  den  Drehscheiben 
Di  und  Dt  über  die  zu  füllenden  Kästen 
gefahren,  geöffnet  und  entleert.  Jeder 
Kasten  nimmt  eine  ganze  Kochung  auf. 
Nach  der  Entlaugung  und  Vorwaschung 
wird  der  Stoff  in  Kipplransportwägen, 
welche  im  Mittelgang  auf  dem  tiefliegenden 
Geleise  Ss  stehen,  entleert  und  mittels 
des  Aufzuges  Z  in  einen  etwa  darüber 

0.  Bogen  100 


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ist; 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


oder  darunter  befindlichen  Raum  befördert, 
um  in  Holländern  oder  dgl.  schnell  hinein- 
gestürzt, zerfasert  und  weiter  gewaschen 
werden  zu  können. 

Für  das  Verständnis  der  Funktion  der 
Einrichtung  diene  Folgendes : 

Wir  nehmen  an,  alle  8  Kästen  Ai  bis 
Ab  seien  mit  Stoff  gefüllt,  auf  As  steht 
eine  konzentrirte  schwarze  Lauge,  Ai  hat 
soeben  eine  volle  Füllung  reinen  warmen 
Waschwassers  empfangen.  Die  sämtlichen 
übrigen  Kästen  enthalten  von  A .  bis  As 
schwächer  und  schwächer  werdende  Ab- 
laugen. Sämtliche  Kästen  haben  ausser 
den  festen  Böden  in  etwa  20  cm  Entfernung 


von  diesem  einen  sog.  falschen  Boden  aus  ge- 
nügend starken, gut  unterstützten. fein  konisch 
gelochten  oder  geschlitzten  Eisenblechen. 
Der  Raum  zwischen  beiden  Kastenböden 
kommunizirt  mittels  der  durch  die  falschen 
Böden  reichenden  Uebertrittrohre  mit  Ver- 
schlusshahn Bi,  Bt  etc.  und  den  Rohrbit- 
ungen  R«  und  H  mit  dem  nächstfolgenden 
Kasten.  Also  die  Flüssigkeit  von  Ai  kann 
bei  genügend  hohem  Stand  von  unterhalb 
des  falschen  Bodens  F  bei  geöffnetem 
Hahn  durch  Bi  nach  At  etc.  übertreten. 
In  dem  gedachten  Zustande  der  Füllung 
aller  Kästen  mit  Stoff  und  Flüssigkeit 
kommuniziren  alle  Kästen  Ai  bis  As  mit- 


Tafel  64.   Stunks  Auslaugekaaten 

Fig.  I  Läng88chitt,  Fig.  II  (mimlris». 


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E.  K1KCHJNKR.    DAS  PAPIER.   IU.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


187 


einander,  nur  Bs  war  geschlossen,  so  dass 
die  schwarze  Lauge  aus  Aa  nicht  nach  Ai 
übertreten  kann.  Die  Räume  aller  Kästen 
zwischen  den  Böden  haben  je  zwei  Ab- 
läufe, nämlich  L  nach  dem  Laugevorrats- 
gefäss  der  Oefen  durch  die  Rohrleitung 
Rs,  und  C  nach  der  Pumpe  P  durch  die 
Rohrleitung  Rs.  Es  wird  nun  La  geöffnet 
und  Bt  geschlossen.  Die  schwarze  Lauge 
von  As  fliesst  durch  Ls  und  Rs  wie  die 
punktirt  eingezeichneten  Pfeile  andeuten 
nach  dem  Ofengefäss  ab.  Darauf  wird 
Bt,  Fig.  II  wieder  geöffnet,  Ls  aber  ge- 
schlossen, Ci  geöffnet,  Bi  geschlossen 
und  die  Pumpe  P  in  Gang  gesetzt.  Das 
auf  Ai  aufgegebene  Warmwasser  wird  aus 
At  als  dünne  Lauge  nach  At  übergepumpt 
und  dadurch  verdrängt  es  die  Lauge  von 
A«  nach  As,  von  As  nach  A4  etc.,  die  Lauge 
von  A^  tritt  nach  As  über.  Der  von  der 
Flüssigkeit  befreite  Kasten  Ai  wird  nach  Ab- 
stellen der  Pumpe  und  Schliessen  von  Ci  von 
seinem  vorgewaschenen  Stoff  schnell  befreit 
und  mit  neuem  schwarzen  Stoff  wieder  gefüllt. 
Es  wird  Bs  geöffnet,  sodass  die  schwarze 
Lauge  aus  As  nach  Ai  übertreten  kann.  Beige- 
schlossenem Bi  und  geöffnetem  W  (Warm- 
wasserzulauf) und  Hi  tritt  Warmwasser  nach 
Aa  und  die  Verdrängung  sämtlicher  Laugen 
von  einem  Kasten  zum  nachfolgenden  voll- 
zieht sich  von  neuem  bis  A  i  wieder  mit  schwar- 
zer Lauge  gefüllt  ist.  Nun  wiederholt  sich 
alles,  wie  das  vorher  für  Kasten  As 
und  Ai  Gesagte  für  Kasten  Ai  un  l  Ai. 
Bs  wird  nun  geschlossen,  Li  geöffnet,  & 
war  schon  geschlossen,  es  wird  ferner 
W  und  Hi  geschlossen,  CiundHsgeÖffnet,  die 
PumpePin  Gang  gesetzt  etc.  etc.undauf  diese 
Weise  jeder  Kasteninhalt  mit  je  7  Laugen 
und  einer  Warmwasserfüllung  behandelt. 

Der  so  vorgewaschene  Holzzellstoff  ent- 
hält von  den  ihm  vorher  anhängenden  30°/o 
und  mehr  Chemikalien  und  gelösten  orga- 
nischen Stoffen  nur  noch  0,1—0,2  pCt. 
Die  erhaltene  schwarze  Lauge  kommt 
mit  etwa  8—9°  B.Stärke  in  das  Ofenvor- 
ratsgefäss.  Die  Sodarückgewinnung  ist 
wesentlich  erhöht  und  die  Fabrikations- 
abwässer sind  bedeutend  weniger  verun- 
reinigt und  nur  unbedeutend  gefärbt. 


Bei  Strohstoff  hat  sich  das  Shank'sche 
Auslaugesystem  jedoch  nicht  bewährt,  da 
dieser  Stoff  für  die  Waschwässer  schwerer 
durchlässig  ist,  somit  die  Verdrängungs-, 
resp.  Diffusionsarbeit  zu  langsam  und 
weniger  gründlich  von  statten  geht. 

Beim  Bau  solcher  Shank'schen  Auslauge- 
kästen hat  Verfasser  nur  Eisen,  (nämlich 
schmiedeiserne  Träger  und  Bleche,  Gas- 
rohre und  gusseiserne  Röhren)  angewendet. 
Besondere  Sorgfalt  muss  auf  solide  un- 
nachgiebige Konstruktion  des  falschen 
Bodens  mit  stärkeren,  dabei  fein  gelochten 
oder  geschlitzten  Schmiedeisenblechbelegen 
verwendet  werden.  Die  runden  oder 
schlitzähnlichen  Löcher  sollten  nach  unten 
konisch  erweitert  sein,  damit  ein  Verstopfen 
derselben  vermieden  wird.  Wählt  man 
weitere  Löcher  oder  Schlitze,  so  müssen 
die  Bleche  mit  einem  geeigneten,  durch- 
lässigen, gewebten  Stoff  überdeckt  werden, 
damit  der  Verlust  an  feinen  Fasern  mög- 
lichst vermieden  wird.  Es  hat  mit  diesen 
Gewebebelegen  aber  stets  seine  Uebel- 
stände. 

In  der  Holzzellstofffabrik  Altdamm  ist 
der  Betrieb  mit  den  Taf.  61  S.  186  ge- 
zeichneten Auslaugekästen  noch  erhalten, 
jedoch  ist  der  Transport  des  ausgelaugten 
Stolfes  mit  Kippwägen  und  Aufzug  seit 
lange  verlassen  und  der  Pumpenbetrieb 
an  deren  Stelle  getreten. 

Zwischen  dem  festen  und  dem  falschen 
Boden  jedes  Kastens  ist  ein  Stutzen  ein- 
gebaut, welcher  nach  oben  mit  der  Ebene 
des  letzteren  abschliesst  und  nach  unten 
in  eine  weite  Stoffpumpen-Rohrleitung  aus- 
geht. Als  Verschlussstück  wird  vor  dem 
Eintragen  des  Stoffes  ein  Holzrtück  von 
der  Höhe  des  Kastens  in  die  Stutzenöff- 
nung gesteckt.  Ist  der  vorn  beschriebene 
Auslauge-  resp.  Waschprozess  beendet,  so 
wird  in  den  Kasten  Wasser  eingelassen, 
bis  der  Stoff  im  Wasser  schwimmt.  Nach 
einigem  Umrühren  öffnet  man  die  Stutzen, 
mündung  (oder  das  Grundventil)  durch 
Herausziehen  des  Holzstücks  und  setzt 
eine  weitere  Stoffpumpe  in  Thätigkeit.  Der 
Kasteninhalt    wird  auf  diese   Weise  in 


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188       E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


wenigen  Minuten  entleert  und  in  den  be- 
treffenden   Waschholländer  übergeführt 

In  den  deutschen  Zellstofffabriken 
zu  Düren,  Königstein  etc.,  sowie  in  den 
meisten  skandinavischen  Fabriken,  welche 
uach  dem  Natronverfahren  arbeiten,  ist  eben" 
falls  dieses  Auslaugeverfahren  in  offenen 
Kästen,  in  der  einen  oder  anderen  Weise  ver- 
bessert, noch  im  Betriebe,  doch  ist  dasselbe 
auch  in  mancherlei  Art  modifizirt  worden. 

Um  bei  dem  Umbau  der  Salacherl  Iolzzell- 
stofffabrik  am  Platz  zu  sparen  und  die  Aus- 
laugerei schneller  und  reinlicher  durch- 
führen zu  können,  hat  Verfasser  schon  zu 
Anfang  der  80er  Jahre  einen  anderen  Aus- 
laugeapparat konstruirt  und  darauf  im 
Deutschen  Reich  ein  Patent  genommen. 

Auftlangeapparat  System  E. 
Kirchner  s.  z.  D.  R.  P.  15645.  Ein 
eine  ganze  Kocherfüllung  aufnehmendes 
rundes  Auslaugegefäss  G  mit  falschem 
Boden  hat  0  Abflüsse  1,  2,  3,  4,  5  und  6, 
bestehend  aus  Hähnen  und  Rohren,  welche 
das  schnelle  Ablassen  der  Laugen  nach 
6  Montejus  I,  II  bis  VI  gestatten.  Jedes 
dieser  Montejus  ist  mit  einem  Steigrohr 
und  Hahnen  a  versehen.  Eine  Dampf- 
rohrleitung V  mit  entsprechenden  6  Ven- 
tilen (je  eins  für  jedes  Montejus)  ermög- 
licht die  Speisung  der  Montejus  mit  Dampf. 
Durch  die  Steigrohre  und  Hähne  a  kann 
der  Laugeninhalt  jedes  einzelnen  Montejus 
in  ein  Verteilungsrohr  S  oberhalb  des 
Auslagegefässes  G  schnell  befördert  werden. 
Das  konzentrische  Verbindungsrohr  C  kann 
aber  auch  durch  Oeffnung  des  Hahnens  H 
zum  letzten  Waschen  dem  Brauserohr  S 
warmes  Wasser  zuführen.  Das  Aus- 
laugegefäss hat  einen  Ablasshahnen  n 
unter  dem  falschen  Boden.  Mittels  des- 
selben wird  die  erste  stark  konzentrirte 
Lauge  nach  dem  Ofenvorratsgefäss  abge- 
lassen. Um  den  Stoff  am  Aufschwimmen 
und  Verspritzen  zu  verhindern,  wird  der 
eingefüllte  Stoff  mit  grobgelochten  Eisen- 
platten m  bedeckt.  Die  Montejus  besitzen 
noch  selbstthätige  Lufteinlassungsventile  X, 
die  sich  nach  innen  öffnen,  sobald  Luft- 
leere in  demselben  eintritt. 


Angenommen,  wir  haben  in  den  Montejus 
I— VI  in  1  die  stärkste  und  dann  immer 
schwächere  und  schwächere  Lauge,  so 
wird  die  starke  Lauge  aus  I  durch 
Einlassen  von  Dampf  mittelst  V  und 
Oeffnen  von  a  (bei  geschlossenem  H) 
durch  S  in  kurzer  Zeit  auf  den  Stoff 
im  Auslaugekasten  geführt  und  verteilt. 
Bei  Oeffnen  des  Ablasshahnens  n  läuft 
die  starke  braune  Lauge  nach  dem  Ofen- 
reservoir.  Nun  wird  n  geschlossen,  a  für 

I  geschlossen,  a  für  II  geöffnet,  Dampf  auf 

II  gelassen  und  der  etwas  dünnere  Laugen- 
inhalt  auf  den  Stoff  gehoben  und  verteilt. 

Nun  wird  Hahn  1  im  Boden  des  Aus- 
laugegefässes    G   geöffnet    und   da  im 


Firn 


Tafel  65.   Kirohner'S  Auslaugeapparat. 

Fig.  I  Aufriss.   Fig.  11  Oruudriss. 


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K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


189 


Montejus  1  sich  noch  Dampf  befindet,  wird 
die  Lauge  bei  Kondensation  des  Dampfes 
sehr  schnell  in  den  Montejus  abgesaugt.  In 
derselben  Weise  werden  aus  allen  Monte- 
jus nacheinander  die  dünner  und  dünner 
werdenden  Waschlaugen  auf  den  Stoff  ge- 
bracht und  dieser  schnell  und  energisch 
entlaugt.  Ist  die  letzte  dünne  Lauge  von 
VI  nach  V  auf  dem  Wege  durch  den  Stoff 
übergetrieben,  so  werden  die  Hähne  5  und 
6  geschlossen  und  durch  das  Wasserrohr 
C  nach  Oeffnung  des  Hahnens  H  der  Stoff 
nochmals  mit  warmem  Wasser  behandelt. 
Dieses  letzte  Waschwasser  wird  durch 
Wiederöffnen  des  Hahnes  6  nach  dem 
Montejus  VI  abgeführt.  Der  gewaschene 
abgetropfte  Stoff  ist  nun  zum  Herauswerfen 
fertig;  zu  dem  Behuf  lassen  sich  das 
Rohrsystem  S  aufklappen  und  die  Deck- 
blecbe  m  entfernen.  Nach  dem  Entleeren 
wird  G  wieder  mit  braunem  Stoff  einer 
weiteren  Kochung  gefüllt  und  die  Arbeit 
beginnt  von  neuem. 

Die  ganze  Arbeit  des  Entlaugens  ist  in 
etwa  2  Stunden  ausführbar  und  erfordert 
nur  einen  Arbeiter. 

Weitere  Vorteile  sind  die  Darbietung  einer 
viel  kleineren  Fläche  auf  bedeutend  kürzere 
Zeit  für  Verschmutzung  durch  Flugstaub, 
auch  trägt  die  kurze  Zeit  der  Einwirkung 
kälterer  Laugen  dazu  bei,  dass  der  ent- 
laubte Stoff  heller  und  leichter  bleich- 
bar ist. 

Der  Kirchner'scbe  Auslaugeapparat  er- 
fährt in  der  neuesten  Auflage  der  Mus- 
pratt'schen  ehem.  Technologie  eine  günstige 
Beurteilung. 

Diese  damals  bewährte,  1889  aber 
wegen  Aufgabe  der  Zellstofffabrikation  in 
Salach  wieder  ausser  Betrieb  gekommene 
Einrichtung  könnte  auch  so  modifizirt 
werden,  dass  man  das  Auslaugegefäss 
unten,  die  Laugenaufsammelgefässe  oben 
anordnet.  Die  Laugen  müssten  dann 
nach  oben  gepumpt  werden,  während 
sie  unter  hydraulischem  Druck  in  ent- 
sprechenden Rohrleitungen  nach  unten  auf 
den  Stoff  fliessen. 

Eine  weitere  Verbesserung  würde  sein, 
dass  man  den  Stoff  nach  dem  letzten  Ab- 


waschen  mit  warmem  Wasser  nochmals 
mit  reinem  Wasser  verdünnt  und  mittelst 
einer  entsprechenden  Pumpe  in  die 
weiteren  Arbeitsmaschinen  schafft. 

Ingenieur  F.  Dahl  in  Danzig,  der  be- 
kannte Erfinder  und  Einführer  des  Sulfat- 
verfahrens, hat  die  Auslaugung  in  einer 
Reihe  von  (meist  4)  geschlossenen  cylin- 
drischen  Kesseln  eingeführt.  Die  Einricht- 
ung ist  unter  der  Benennung  »Dahl's 
Diffuseur«  bekannt  und  hat  sich  in  ver- 
schiedenen Fabriken,  z.  B.  in  den  Cellu- 
losefabriken  Gernsbach  und  Königstein  seit 
1887,  also  in  vieljährigem  Betriebe,  bewährt. 

Eine  treffendere  Bezeichnung  dürfte 
Ausblase-  und  Auslauge -Apparat  von  Dahl 

sein. 

Auf  Tafel  66  S.  190  ist  eine  Skizze 
dieser  Einrichtung  gegeben,  Fig.  I  im 
Aufriss  und  teilweisen  Schnitt  und  Fig.  K 
im  Grundriss.  Die  4  Cylinder  Ai,  Aj,  A3 
A»  sind  in  ihrer  Grösse  so  gewählt,  dass 
sie  bequem  den  Inhalt  einer  Kochung  mit 
Lauge  aufnehmen  können.  Durch  die 
Rohrleitung  a  und  entsprechender  Stellung 
von  Schiebern  oder  Ventilen  i  und  v  kann 
der  Inhalt  einer  fertigen  Kochung  unter 
Druck  von  einigen  Atm.  Ueberdruck  in  einen 
der  Cylinder  A  geblasen  werden.  Hierbei 
wird  dasHolzgewebe  in  seine  einzelnenZellen- 
elemente  zersprengt,  der  frei  werdende 
Kochdampf  geht  durch  eine  andere  Ab- 
.stossrohrleitung  s  ins  Freie,  oder  kann 
durch  eine  Rohrschlange  geführt  werden, 
welche  in  einem  Reservoir  mit  kaltem 
Wasser  montirt  ist,  so  dass  die  Wärme 
des  Abstossdampfes  zum  Anwärmen  von 
Fabrikationswasser  ausgenützt  wird. 

Die  Cylinder  sind  unten  mit  einem 
flachen  Boden  B  und  oben  mit  einem  ge- 
wölbten Deckel  G  verschlossen,  ausserdem 
sind  innen  die  Siebböden  u  und  o  als 
falsche  Böden  dauerhaft  befestigt.  Auf 
dem  Boden  u  mit  fein  konisch  gelochten 
oder  geschlitzten  Platten  ruht  der  aus  dem 
Kocher  abgestossene  Stoff.  Die  Flüssig- 
keiten finden  durch  die  Abzugsrobrstutzen 
c  und  darunter  befindliche  Hähne  in  die 
Rohrleitung  r  Abzug.  Die  Rohrleitung  r 
teilt  sich  (Fig.  11  links)  in  3  Zweige  1, 2  und  3. 


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190 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   1».  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Dnrch  entsprechende  Ventile  oder  Hähne 
können  die  abfliessenden  Flüssigkeiten  als 
starke  nach  den  Oefen  oder  sonstigen  Ein- 
dickeinrichtungen, als  schwächere  Lauge 
nach  den  Vorratsreservoirs  etwa  durch 
eine  Pumpe,  oder  als  dünnes  Waschwasser 
in  die  Abwasserschleuse  der  Fabrik  ge- 
leitet werden.  Die  Stutzen  der  oberen 
Rohrleitung  a,  sowie  die  Stutzen  der 
Dampfabzugsleitung  s  reichen  bis  unter  die 
mit  runden  Löchern  versehene  Platte  o. 
Die  Rohrleitung  w  führt  warmes  Wasser, 
die  Rohrleitung  d  dünne  Lauge  mittels 
entsprechender  Stutzen  und  Ventile  in  den 
Gefässraum  oberhalb  o,  so  dass  eine 
gleichmäßige  Verteilung  dieser  Wasch- 
tlüssigkeiten  über  den  ganzen  kreisförmigen 
Querschnitt  der  Gelässe  möglich  wird. 
Beide  Leitungen  w  und  d  müssen  von 
höher  stehenden  Gefässen  gespeist  werden, 
sodass  bei  Oeffnung  der  Ventile  in  den 
öebersteigrohren  bi,  bt,  bs  und  b4  das 
Fortdrücken  der  Flüssigkeiten  von  einem 


Es  können  nun  ganz  nach  der  Betriebs- 
art mit  Shank-Kästen  Warmwasaer  und 
Waschlaugen  durch  den  Stoff  aller  4  Ge- 
fässe  gedrückt  und  dadurch  der  Stoff  all- 
mählig  gereinigt,  die  Laugen  aber  konzen- 
trirt  werden  ;  oder,  man  entlaugt  in 
weniger  systematischer  Weise  den  Stoff, 
wenn  es  eben  der  Betrieb  verlangt. 

Eine  Behandlungsart  wird  wie  folgt  be- 
schrieben : 

Ein  Kocherinhalt  wird  unter  Druck  z. 
B.  nach  Ai  abgeblasen  und  dadurch  auf- 
geschlagen, resp.  der  Stoff  wird  zerprengt. 
Die  starke  Kocherablauge  fliesst  durch  c 
und  r  nach  dem  Ofenreservoir  ab. 
Darauf  lässt  man  durch  das  Rohr  d  Dünn- 
lauge, welche  von  früheren  Waschungen 
in  einem  oberen  Reservoir  gesammelt  ist. 
auf  den  Stoff  treten  und  verdrängt  damit 
die  dem  Stoff  in  Ai  anhängende  starke  Ab- 
lauge ebenfalls  durch  c  und  r  nach  den 
Oefen.  Wird  diese  Ablauge  durch  Spindel- 
ung  als  zu  schwach  befunden,  so  schliesst 
man  den  Abflusshahn    bei   c  und  öffnet 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   II'.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


191 


den  Haan  im  Uebertrittrohr  bi  nach  Aa, 
d.  b.  man  benutzt  die  schwache  Ablauge 
von  Ai  als  Waschlauge  des  aus  einer 
weiteren  Kochung  eingeblasenen  Stoffes 
in  Ai.  Ai  wird  schliesslich  durch  Einlassen 
von  Warmwasser  aus  w  reingewaschen, 
man  schliesst  den  Hahn  bi  öffnet  wieder 
den  Hahn  unter  c  und  den  Abüuss  nach 
der  Fabrikabwasserschleuse;  -wird  das 
Wasser  klar,  so  schliesst  man  den  Zu- 
fluss  von  Warmwasser  aus  w  und  lässt 
Ai  noch  vollends  leer  laufen.  Ebenso  ver- 
fährt man  hernach  mit  At,  As  und  A* 
nacheinander.  Ist  der  Stoff  in  den  Cylin- 
dern  rein  gewaschen,  so  wird  der  Hahn 
in  c  geschlossen.  Oer  Stoff  wird  dann 
anter  geschickter  Handhabung  von  3  bis 
4  im  Innern  derselben  angebrachten  Spritz- 
rohren p  durch  unten  befindliche  Oeffnungen 
k  mittels  anschliessender  Ventile  oder 
Schieber  in  die  Stoffrohrleitung  I  ausge- 
schwemmt und  in  Stoff vorratakästen, 
Bleichholländer  od.  dgl.  abgeleitet. 

Jeder  Cylmder  hat  zur  Beobachtung  des 
inneren  Druckes  ein  Manometer,  zur 
Vermeidung  übermässigen  Druckes  ein 
Sicherheitsventil. 

Die  Vorteile  dieses  Dahl'schen  Aus- 
blase- und  Auslauge-Apparates  sind  ein- 
leuchtend. Eine  Verstaubung  und  Ver- 
schnraUung  des  Stoffes  durch  der  Luft 
dargebotene  grosse  Flächen  ist  ganz  aus- 
geschlossen, da  die  Entleerung  der  Kocher 
durch  eine  geschlossene  Hohrleitung  und  die 
ganze  Entlaugungsarbeit  in  geschlossenen 
Gelassen  vor  sieh  geht.  Der  Stoff  schlägt 
sich  beim  Ausblasen  gut  auf.  Der  aus  dem 
Kochergut  sich  entwickelnde  Dampf  kann 
kondensirt  und  die  dabei  frei  werdende 
Wärme  durch  Erwärmen  von  Waschwasser 
nutzbar  gemacht  werden.  Bei  der  hohen 
Stoffschicht  und  der  guten  Zerfaserung  ist 
die  Auslaugung  eine  gründlichere  als  in 
iea  flachen  offenen  Shank  schen  Kästen. 

Ein  in  der  Natronzeilstofffabrikation 
sehr  bekannter  Fachmann  schreibt  noch : 

>Dte  viereckige  Auslaugekastenform  ist 
lür  das  stehewde  Kocher«  ystem  meist  ver- 
lassen,man  wählt  jetzt Tunde geschlossene 
Bottiche,  in  welche  der  Stoff  mit  der 


Lauge  direkt  vom  Kocher  abgeblasen 
wird;  hierdurch  wird  gleichzeitig  ein 
Aufschlagen  des  Stoffes  bewirkt  und  der 
so  zerfaserte  Stoff  ist  schneller  und 
besser  auslaugbar.  Drei  bis  vier  solcher 
Ausblasecylinder  von  20  cbm  Inhalt, 
welche  nach  Art  der  Shank-Kasten  (wie 
vorstehend)  mit  einander  verbunden 
sind,  genügen  um  eine  tägliche  Produk- 
tion von  15—20  t  Zellstoff  auszulaugen. 

Der  aus  dem  Auslaugecylinder  kom- 
mende Stoff  kann  sofort  über  die  Ent- 
witsserungsmaschine  geführt  werden. 
Der  Waschholländer  ist  also  gänzlich 
entbehrlich*. 

Wie  schon  die  Shank'schen  Kästen,  so 
sind  auch  die  weiteren  vorstehend  beschriebe- 
nen Auslaugeverfahren  in  dieser  Anordnung 
und  Handhabung  Tür  Strohstoff  ungeeignet. 
Der  Lespermont-Wascher. 

Dieser  mit  grossem  Scharfsinn  kon- 
struirte  Auslaugeapparat  hat  sich  für  Ent- 
laugen  des  Strohstoffes  vorzüglich  be- 
währt. Er  wurde  auf  der  Wiener  Aus- 
stellung 1873,  also  vor  beinahe  30  Jahren 
bekannt  und  ist  heute  noch  in  einigen 
Strohstofffabriken  im  Betriebe.  Dieser 
Apparat  hat  den  Vorzug  des  kontinuir- 
lichen  Arbeitens  im  Gegenstromprinzip, 
wobei  kein  Stoffteil  sich  der  Einwirkung 
der  braunen  und  allmählich  reiner  und 
reiner  werdenden  Waschwässer  entziehen 
kann.  Der  Apparat  erfordert  zum  Antriebe 
wenig  Kraft,  ist  sehr  übersichtlich  und 
arbeitet  sozusagen  selbstthätig.  Er  hat 
aber  auch  Nachteile,  indem  er  auch  viel 
Platz  erfordert,  eine  grosse  Oberfläche  für 
Staub- Verschmutzung  bietet,  teuer  in  seiner 
Abschaffung  ist  und  laufende  Kosten  für 
Siebe  und  Instandhaltung  verursacht. 
Immerhin  wird  er  in  den  Strohstolffabriken, 
wo  er  einmal  angelegt  ist,  hochgeschätzt 
und  mit  Vorteil  weiter  betrieben. 

Auf  Tafel  67  Fig.  I  Querschnitt,  Fig.  II 
Längschnitt,  ist  derselbe  nur  für  5  Wasch- 
trommeln gezeichnet,  gewöhnlich  sind  aber 
deren  11  vorhanden,  welche  wie  im  Grund- 
rias Fig.  III  in  zwei  Reihen  ihren  Längs- 
achsen nach  auf  zwei  Antriebwellen  Wi 
und  W«  angeordnet  sind ;  sie  werden  durch 


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192 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    HI.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


die  Hauptwelle  W  mittels  Riemenscheiben 
S  durch  Vorlegewellen  Vi,  V«  und  Räder- 
paaren Ri  und  Rt  angetrieben. 

Der  Stoff  aus  den  Kochern  wird  in 
einem  Gefäss  mit  Rührwerk  breiartig  ver- 
dünnt und  gelangt  durch  das  Rohr  T  in 
den  Vorbehälter  B,  wo  er  von  Schrauben- 
Hügeln  auf  den  Wellen  Vi  und  Vi  gründ- 
lich durchrührt  wird  und  nach  der  mulden- 
ähnlichen Kammer  Ei  und  mittelst  Schöpl- 
rohr  Di  in  die  Siebtrommel  Ai  gelangt. 
Hier  scheidet  sich  schwarze  Lauge  ab  und 
fliesstausder  dieTrommel  umgebenden  Mulde 
(punktirte  Pfeile)  nach  dem  Ofenbehälter 
ab.  Der  Stoff  gelangt  in  die  Kammer  Gi. 
Hier  begegnet  der  Stoff  dem  Wasser,  das 
seinen  Weg  durch  Sieb  As  genommen  hat 
und  aus  dem  Behälter  Hi  unterirdisch 
durchgeführt  hinzutritt  und  fliesst  mit 
diesem  gemischt  in  den  Trog  Bi,  wo  wieder 
gründlich  gerührt  wird  und;der  Uebertritt 
nach  Kanal  Ei  und  mit  den  Schöpfern  Dt 


nach  der  Waschtrommei  At  erfolgt.  Die 
Trommel  At  scheidet  wieder  den  Stoff 
von  der  Flüssigkeit. 

Der  Stoff  fliesst  nach  Kammer  Gt,  vermischt 
sich  mit  dem  von  A*  über  Sandfang  Ht  unter- 
irdisch durchtretenden  Waschwasser  und 
fliesst  nach  Stoffrinne  Es,  während  die  Lauge 
von  At  ebenfalls  nach  dem  Ofen  abfliesst  Den 
weiteren  Verlauf  der  Auswaschung  erkennt 
man  aus  den  eingezeichneten  Pfeilen,  wo 
das  reine  Wasser,  von  Ti  kommend,  resp. 
die  Waschlaugen  und  schliesslich  konzen- 
trirten  braunen  Laugen  durch  punktirte 
Pfeile,  der  Stofflauf  durch  ausgezogene 
Pfeile  angedeutet  sind.   Verfolgen  wir  im 


Taf.  67.  Lespermont-Waschapparat. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.   ZELLSTOFF.  193 


Grundriss  Fig.  III  den  Lauf  des  frischen 

Wassers  und  der  Laugen. 

Bei  Ti  tritt  das  frische  Wasser  in  G« 

ein  und  verfolgt,  sich  allmählich  anreichernd, 

den  Weg   B«,  E5,  D..,  A:.,  Hs,  Gs,  Bs,  E«, 

Di.  A4,  Hi,  Gt,  Bi,  Es,  Dn,  As,  FL,  Gi,  Bi, 
Et,  Di,  At,  und  fliesst  aus  At  nach  den 

Oefen  ab ;  die  erste  mit  dem  Stoff  aus  T 
durch  B,  Ei  Di  Ai  gegangene  dunkle  Lauge 
fliesst  ebenfalls  aus  dem  Trog  von  Ai 
nach  den  Oefen  ab.  Der  Stoff  macht  den 
entgegengesetzten  Weg:  T,  B,  Ei,  Di,  Ai, 
Gi,  Bi,  Ei,  Dt,  Ai,  Gi,  Bi,  Es;  Ds,  As,  Gs, 
62,  E«,  Di,  A«,  Gi,  B«,  Ei,  Di,  Ar,,  mit 
reinem  Wasser  von  Tt  aus  verdünnt  durch 
Bi  nach  Ablauf  Z  und  den  Einrichtungen 
zur  weiteren  Behandlung.  Die  ganze  Ein- 
richtung ist  bei  11  Waschtrommeln  genau 
so  konstruirt,  nur  dass  man  sich  6  Trom- 
meln unten,  5  Trommeln  oben  zi  denken 
hat.  Alle  Behälter  sind  in  Cementmauer- 
werk  ausgeführt,  mit  Cement  verputzt  und 
mit  Reinigungsöffnungen  und  Ausspül- 
kanälen mit  Hauptablauf  H  Fig.  I  ver- 
sehen. 

Die  allmähliche  Befreiung  des  Stoffes 
von  Chemikalien  und  organischen  Stoffen 
erkennt  man  aus  folgenden  Angaben*: 


Trommel 
Nro. 

1  kg  trockener 
und  verbrannter 
Stofl  ergiebt 
g  Nai  CO* 

1  1  Wasch- 
wasser enthält 
g  Nai  CO* 

1 

390 

40,1 

2 

298 

29,0 

3 

200 

19,4 

4 

140 

14,8 

5 

105 

8,0 

0 

85 

0,3 

7 

GO 

3,8 

8 

32 

2,2 

9 

18,1 

0,8i 

10 

8,2 

0,64 

11 

2=6 

0,05 

Nimmt  man  an,  dass  bei  Gewinnung 
von  100  kg  StrohslolT  aus  250  kg  Stroh 
30  kg  Aetznatron  von  (70/72°/o  Nai  0 
engl.)  aufgewendet  werden,  so  entspricht 
dies  51,5  kg  kohlensaures  Natron.  Es 


•  Polyt.  Journal  .Ig.  1870  S.  2G. 


sind  damit  515  g  Nai  COs  (rein  gedacht)  pro 
1  kg  Stoff  aufgewendet  Im  Stoff  bleiben  nur 
2,6  g  nach  der  Waschung,  d.  h.  etwa  Vioo 
oder  0,5  °/o  des  aufgewendeten. 

Der  Lespermont-Waschapparat  leistet 
nach  diesen  Mitteilungen,  die  zuerst  in 
Armengauds  Publication  industrielle,  v.  21. 
p.  279  über  ein  Etablissement  in  Thar  bei 
Granville  (Frankreich)  veröffentlicht  wurden, 
ganz  Vorzügliches  bezüglich  Reinwaschens 
des  Strohstoffes.  Freilich  rollt  sich  der 
Strohstoff  in  den  Trommeln  zusammen, 
aber  errollt  sich  auch  in  den  Waschhollfindern 
leicht  wieder  auf.  (Esparto  bildet  eben- 
falls Gries  in  den  Lespermont'schen 
Waschern,  dieser  rollt  sich  aber  .nicht  so 
leicht  wieder  auf.) 

Die  gewonnene  schwarze  Lauge  wiegt 
bei  schwacher  Beanspruchung  des  Apparates 
etwa  8—9°  B  und  eignet  sich  gut  zum 
Regeneriren. 

Herr  Direktor  Schacht-Coswig  sagt  auf 
Anfrage : 

»Der  Lespermontapparat  mit  11  Trom- 
meln arbeitet  in  jeder  Beziehung  ausser- 
ordentlich sparsam.  Dieser  Wascher  hat 
die  geringsten  St  off  ver  1  u  s  t  e ;  er 
ermöglicht, mit  ganz  geringen  Wasser- 
mengen sehr  grosse  Stoffmengen 
ganz  rein  auszuwaschen,  er  nimmt  dabei 
gleichzeitig  ein  Aufschlagen  der  Zellstoff- 
bündel und  eine  nasse  Reinigung  des 
Zellstoffes  von  schweren  Verunreinigungen  t 
vor.  Mit  einem  solchen  Lespermont- Appa- 
rat lasset!  sich  maximal  bis  5000  kg  Stoff 
in  24  Munden  entlaugen  und  rein  waschen, 
allerdings  schafft  derselbe  bei  solcher 
Beanspruchung  schwache  Ablaugen. 

Nachteilig  ist  der  grosse  Platzbedarf 
und  die  starke  Einwirkung  der  Luft  au( 
den  gekochten,  im  Entlaugen  und  Waschen 
begriffenen  Stoff«. 

Das  Auawaschen  des  Stoffes  in 
Kästen  unter  den  Kochapparaten.  Viel- 
fach, besonders  in  der  Strohstoff  fabri- 
kation,  handhabt  man  auch  die  Vorwasch- 
ung des  gekochten  Stoffes  derart,  dass  man 
nach  Abstossen  eines  Teiles  der  Laugen 
den  die  übrige  Lauge  noch  zum  grossen 
Teil  enthaltenden  Stoff  in  grosse  Reservoire 

7.  Bogen  1901 


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194 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


direkt  unter  jedem  Kocher  entleert  und  i 
mit  warmem  Wasser  übergiesst.  Diekonzen- 
tirte  Laugedrängt  sich  nach  unten.  Liisst  man 
immer  Wasser  nach,  so  fliesst  dasselbe 
schliesslich  über  und  spült  das  durch  neues 
Füllen  des  Kochers  etwa  herabgefallene 
Stroh,  welches  oben  schwimmt,  hinweg.  Diese 
Reservoire  sind  mit  falschen  Böden  aus- 
gestattet Letztere  werden  aus  starken 
Eisenrahmen,  welche  mit  sehr  fest  ge- 
webtem, dichtem  Siebtuch  bespannt  sind, 
in  der  Weise  gebildet,  wie  es  mit  Filtrir- 
steinen  für  unsere  StoiTkäslen  geschieht.  Die 
durch  die  Siebe  tretende  Ablauge  wird  durch 
eine  Pumpe  abgesaugt  und  in  ein  grosses  Vor- 
rats-Rcservoir  geschafft,  um  in  einer  so- 
genannten Verdampfstation  wieder  einge- 
dickt zu  werden. 

Man  kann  die  erwähnten  Reservoire 
auch  mit  Böden  folgender  Konstruktion 
ausstatten.  Man  legt  einen  mit  grobem, 
starkem,  gelochtem  Blech  bespannten 
Rahmen  über  die  ganze  Fläche  der  Böden 
und  auf  diese  Sicker-  oder  Filtrirplatten 
bekannter  Art. 

Die  auf  diese  Weise  gewonnenen  Ab- 
laugen haben  eine  Stärke  von  4—5°  B 
(bei  15°  C  gemessen)  und  mehr. 

Das  Ausblasen  des  Stoffes  mit  der 
Ablauge  in  Nebenbehälter  und  das  Aus- 
waschen des  Stoffes  in  letzteren. 

Sehr  reinlich  und  daher  empfehlens- 
wert ist  das  Ausblasen  des  ganzen  Kocher- 
jnhaltes  aus  den  Kochern  nach  geschlos- 
senen Nebenbehältern  mittelst  Dampfdruck. 

Diese  Nebenbehälter  haben  ein  weites 
offenes  Abblaserohr  zum  Dach  hinaus  oder 
auch  wohl  ein  weites  Rohr  nach  einem  Kon- 
densator, so  dass  der  frei  werdende  Dampf 
aus  dem  geschlossenen  Behälter  schnell 
abströmen  kann. 

Es  wird  warmes  Waschwasser  in  diese 
Behälter  gelassen  und  die  verdünnte  Lauge 
abgepumpt,  was  wieder  das  Vorhanden- 
sein eines  Siebbodens  (wie  oben)  voraussetzt. 

Nach  Absaugen  der  Lauge  von  durch- 
schnittlich etwa  4-5°B  wird  nochmals 
Wasser  eingelassen,  und  der  Stoffinhalt  durch 
eine  Stoffpumpe  in  die  weiteren  Wasch- 
und  Reinigungsapparate  befördert. 


Schacht  äussert  sich  hierüber  wie  folgt  : 

»Die  Kocherentleerung,  das  Entlaugen 
und  Waschen  des  Kocher-Stoffes  soll 
möglichst  unter  Luftabschluss  ohne  grosse 
Wärmeverl  aste  und  mit  heissen  Flüssig- 
keiten erfolgen.  Nur  diese  Arbeit  erbringt 
höchste  StolTgüte,  wenigste  Stoff  Verluste 
und  geringste  Betriebs-  und  Fabrikations- 
kosten. Die  Entleerung  des  Kochers 
geschieht  daher  am  besten  durch  Aus- 
blasen des  Stoffes  aus  den  Kochern, 
wozu  etwa  Vt  Atm.  Dampfüberdruck 
ausreicht.  Die  Ausblaserohrleitung  bringt 
den  Stoff  in  völlig  geschlossene  Behälter 
(Au:  blasegefässe,  DifTuseure),  und  hier 
lagert  sich  der  eingeblasene  Stoff  gut 
verteilt  nach  unten  auf  einem  Siebboden 
ab.  Die  grobe,  lange  Holzcellulose  kann 
von  oben  in  den  Diffuseur  eingeblasen 
werden  (man  vergl.  S.  190  Dahl-Diffuseur), 
der  feine  kurze  Strohzellstoff  aus  Dreh- 
kochern dagegen  ist  in  solchen  Appa- 
raten nur  mit  Erfolg  zu  entlaugen  und 
zu  waschen,  wenn  der  Stoff  nicht  zu 
dicht,  sondern  lo.ker  liegt  Das  ist 
besser  durch  ein  Einblasen  von  unten 
in  den  Diffuseur  zu  erreichen.  Die 
Arbeit  im  Diffuseur  erfolgt  ohne  Luft- 
zutritt ohne  sonderliche  Betriebsmittel, 
ohne  Faserbeeinflussung  und  ohne  Zer- 
störung der  groben  Schmutzteile;  auch 
ist  dieselbe  so  gut  wie  mit  keinen 
Faserverlustcn  verknüplt.  Demzufolge  gilt 
dieses  Entlaugen  und  Waschen  als  am 
zweckmässigsten  und  am  vorteilhaftesten. 
Ausser  den  entsprechenden  Siebboden 
hat  der  Diffuseur  noch  nachstehende 
Armirung:  obere  Wasser-  bezw.  Dünn- 
laugenverteilung, Ablassventile  (Spritz- 
strahlventile Dietrich),  Einsteigelhüre  und 
Entlüftungsanlage  (Dunstrohr). 

Nach  dem  Leberlassen  des  Stoffes 
lässt  man  von  oben  ständig  heisse  Dünn- 
lauge bezw.  heisses  Wasser,  gleichmässig 
verspritzt,  auf  den  Stoff  laufen,  die 
Flüssigkeit  diffundirt,  sättigt  sich  mit  den 
vom  gekochten  Stoff  gelösten  Produkten 
und  marschi  rt  schliessl  ich  als  Ablauge  durch 
den  Siebboden  und  wird  unterhalb  dea- 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


105 


selben  mittels  Pumpe  abgezogen  und  zur 
Verdampfstation  gefördert. 

Solche  Stoffwäsche  kann  durch 
hydraulischen  Ueberdruck  ganz  ohne 
Luftzutritt  geschehen  und  beschleunigt 
werden ;  sie  sichert,  wie  schon  hervor- 
gehoben qualitativ  und  quantitav  die 
beste  Fabrikationsarbeit. 

Dimensionirt  man  die  DifTuseure  mit 
grosser  Grundfläche,  so  kann  das  Ent- 
laugen  bei  geringen  Stoffhöhen  vorteil- 
haftest mit  heissen,  dünnen  Ablaugen  be- 
ginnen und  mit  warmem  Frischwasser 
endigen. 

Kleine  Grundflächen  und  grosse  Stoff- 
höhen lassen  dagegen  fast  immer  nur  er- 
folgreiches Entlaugen  und  Waschen  mit 
heissem  Frischwasser  zu.  Beide  Arbeiten 
haben  gegeneinandergehalten  Licht-  und 
Schattenseiten ;  ich  ziehe  die  sogenannte 
Diffusion  mit  kleiner  Grundfläche  und 
grosser  StofThöhe  vor.  Von  den  Diffu- 
seuren  geht  man  zweckmässigst  mit  dem 
Stoff  auf  die  nassen  Reinigungsanlagen 
über«. 

Das  hier  beschriebene  Ausblasen  des 
Kocherinhaltes  mit  nur  \  4—  V»  Atm.Ü  geht 
zwar  unter  bestimmten  Bedingungen  und 
aus  kleinen  Kochern  anstandslos.  Oll 
wird  man  aber  gezwungen  sein,  höheren 
Druck  anzuwenden,  wenn  man  mit  Vorteil 
ausblasen  und  nicht  die  Hauptmenge  des 
StofTes  im  Kochrr  behalten  will.  Man  wird 
stets  suchen  müssen,  das  Ausblaseventil  am 
unteren  Mannlocbdeckel  oder  am  tiefsten 
Puukt  eines  unteren  Conus  anzubringen. 
Grosse  Kocher  und  solche  mit  grösserem 
kreisförmigem ,  horizontalem  Siebboden 
verlangen  wenigstens  1,2  bis  2,5  Atm. 
Ueberdruck.  Will  man  den  Stoff  von  der 
Aasblasestelle  nach  einem  höher  gelegenen 
üefass  drücken,  so  braucht  man  noch  mehr. 

Das  Ausblasen  des  im  Kocher  reinge- 
waschenen Stoffes  mittels  Pressluft.  Auch 
Fressluft  hat  man  zum  Ausblasen  des  im 
Kocher  reingewaschenen,  mit  Wasser  ver- 
dünnten Stoffes  in  offene  Behälter  benutzt. 
Man  vermeidet  hierbei  jede  Geruchsbelästig- 
ung der  Nachbarschaft,  welche  beim  Aus- 
blasen mit  Dampf  nicht  zu   umgeben  ist, 


falls  die  Ableitung  der  Abblasegase  nicht 
in  einen  Kondensator  geschehen  kann. 
Ausserdem  ist  der  Stoff,  da  er  bei  dem 
Ausdrücken  mit  Pressluft  nicht  im  geringsten 
zertrümmert  wird,  auch  immer  reiner 
als  ein  mit  Dampfdruck  (besonders  wenn 
dieser  höher  sein  muss)  in  geschlossene 
Gefässe  übergedrückter  Stoff. 

In  den  Fällen,  wo  man  so  dünne  (4  bis 
5°  Bö)  Ablaugen,  wie  in  den  letzten 
Fällen  erhält,  ist  die  Eindickung  desselben 
bis  auf  30  -40°  Be  in  besonderen  Ver- 
dampfstationen angezeigt. 

Da  diese  letztgenannten  Apparate  aber  an- 
fänglich zur  Chemikalienrückgewinnung 
nicht  eingeführt  waren,  so  seien  sie  erst 
weiter  unten  beschrieben. 

Letzte  Eindickung  und  Calcinirung  stärkerer 
Ablaugen  (altes  Verfahren). 

Vorbildlich  für  die  ersten  Natronzell- 
stofffabriken,  welche  die  Regeneration 
der  Ablaugen  einführten,  waren  die  Cal- 
ciniröfen  der  Sodalabrikation ,  System 
Leblanc. 

Es  würde  zu  weit  führen,  auf  diese 
Konstruktionen  näher  einzugehen,  es  ge- 
nügt, auf  die  ausführlichen  Beschreibungen 
dergl.  Oefen,  wie  sie  von  Porion,  Fyol  etc. 
eingeführt  waren,  in  den  älteren  Techno- 
logien der  ehem.  Industrie  z.  B.  Mussprat 
etc.  hinzuweisen.  Es  waren  Flammöfen 
mit  von  unten  und  von  oben  geheizten 
Pfannen,  in  welchen  die  Laugen  bei  Ein- 
halten des  Gegenstromprinzipes  eingedickt 
und  schliesslich  die  Salzaschen  calci nirt 
wurden. 

An  dieser  Stelle  sei  nur  auf  einige  in 
den  Zellstofftabriken  früher  und  teilweise 
noch  jetzt  benutzten   Oefen  eingegangen. 

Alter  Laugenverdampfungs-  und 
Sodacalcinirofen. 

Tafel  08.  Fig.  I  Längsschnitt,  II  Quer- 
schnitt und  III  Grundriss  ist  ein  Ofen  dar- 
gestellt, in  welchem  mittelst  Steinkohlen- 
feuerung nur  Rost  R  die  schwarze  Lauge 
in  einer  oberen  und  einer  unteren  Pfanne 
Pi  und  P«  eingedickt  und  auf  dem  Herde 
11  in  schwarze  bis  graue  krümelige  Asche 
umgewandelt  wurde.   Die  schwarze  Lauge 


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196 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    HF.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


aus  den  Kochern  und  Shank-Kästea  wurde 
zu  dem  Behuf  in  einem  Vorratsgefäss  ge- 
sammelt und  kam  mit  9—10°  Be  in  die 
Pfanne  Pi,  verdickte  sich  hier  durch  die 
Wärme  der  Feuergase  auf  11—12°  B6, 
wurde  von  Pj  periodisch  nach  der  unteren 
Pfanne  Pt  abgelassen,  erlangte  durch 
die  Wärme  der  darüber  hinwegstreichenden 
Feuergase  eine  Stärke  von  14— 18°  Be  und 
wurde  nun  von  hier  aus  periodisch  von 
einem  Arbeiter  mit  einem  grossen  schmiede- 
eisernen Wurflöffel  über  die  Feuerbrücke 


B  nach  dem  Galcinirherd  H  hinübergefüllt 
Bei  öfterem  Umrühren  auf  diesem  Herde  dickte 
die  Lauge  zur  Pechdicke  ein.  dann  kam  sie  ins 
Brennen  und  calcinirte  endlich  unter  fort- 
währendem Umstechen,  Aufbrechen,  Wenden 
und  Rühren  der  Masse  zu  hellrot-  bis 
gelbrotglühender  Asche.  Die  aus  dem  Ofen 
gezogene  Asche  wurde  auf  Haufen  gebracht 
und  glühte  in  sich  zu  grauer,  teilweise 
auch  weisser  Soda  nach. 

Im  Grundriss  Fig.  III  Taf.  68  ist  Oi  die 
Arbeitsöffnung  im  unteren  Pfannenraum, 


Tafel  68.   Sodacalclnirofe«.   1  Lüngichnitt,  II  (Querschnitt,  III  Üraudriss. 


Flg.  69.  Sodacalclnlrofen  1877. 


von  welchem  aus  der  Arbeiter  die  Ueber- 
schöpfarbeit  der  Lauge  von  Zeit  zu  Zeit 
besorgt.  Os  in  der  Herdwand  sind  die  durch 
Schiebethüren  verschliessbaren  Arbeitsöff- 
nungen  zum  Bearbeiten  des  Peches  und 
schliesslichen  Calciniren  der  Soda.  Bei 
Ei  wird  die  Lauge  in  die  Oberpfanne  Pi, 
und  von  A  nach  Bedarf  in  die  Unterpfanne 
Pz  am  hinteren  Ende  bei  Ei  eingelassen. 
F  ist  der  Fuchs  für  Abströmen  der  Rauch- 
gase in  den  Schornstein. 

Verfasser  baute  im  Jahre  1877  diese 
Oefen  mit  etwas  vergrössertem  und  ver- 
bessertem Plannensystem.  Das  Vorrats- 
bassin  einer  grösseren  Natronholzzellstoff- 


fabrik Fig.  68  V  enthielt  60  cbm 
Aus  demselben  wurden  die  5  Oberpfannen 
Pi  der  Oefen  durch  geeignete  Uebertritts- 
rohre  periodisch  gespeist.  Die  Lauge  be- 
wegte sich  von  hinten  beim  Fuchs  F  nach 
vorn.  Von  der  dem  Herde  H  am  nächsten 
liegenden  oberen  Pfanne  Pi  wurde  perio- 
disch die  von  8l/i—  9V«°  B,  allmählig  auf 
10-11°  B  eingedickte  Lauge  nach  dem 
Fuchsende  der  Pfanne  Pt  heruntergelassen, 
verdickte  sich  auf  12—15  0  B,  wurde  ferner 
periodisch  in  die  Pfanne  P*  herunterge- 
lassen und  erreichte  17 — 22  •  B.,  in  welcher 
Stärke  das  Ueberschöpfen  wie  vorher  be- 
schrieben nach  dem  Calcinirherd  stattfand. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.   ZELLSTOFF.  197 


Das  Verbrennen  der  organischen  Bestand- 
teile und  das  Calciniren  der  Soda  fand 
wie  beim  vorigen  Ofen  beschrieben  statt. 
Die  erhaltene  Asche  enthielt  72— 84°/o 
Natronsalze  (auf  kohlensaures  Natron  = 
Nai  COs  berechnet).  Auf  104,1  t  schwarzer 
Soda  (durchschnittlich  80°/o  Na«  Coa)  = 
93,5  t  Soda  (89°/o  Na*  Cos  umgerechnet) 
brauchte  man  119  t  schlesische  Stein- 
kohle (Königsgrube). 

1  t  (89°/o)  Soda  erforderte  1,273  t  Kohle 
ä  22  M.  =  28  M.,  1  t  Stoff  forderte  1,3  kg 
(89°/o)  Soda,  also  Kosten  der  Sodawieder- 
gewinnung 36.40  M.  Dazu  kamen  ä  t  Soda 
Lohn  5  M.,  Ofenreparatur  und  Abschreib- 
ung 3  M,  Werkzeug  80  Pfg.,  also  pro 
1  t  Soda.  8.80  M.  für  letzte  Kosten,  also 
auf  1  t  Stoff  hierfür  11,45  M.  Somit  für 
1  t  Stoff  an  Wiedergewinnungskosten 
47  M.  85  Pfg.  co  48  M.  oder  ä  100  kg 
Stoff  5  M.  80  Pfg.  Sodawiedergewinn- 
ungskosten. 

Mehrfache  Feststellungen  ergaben,  dass 
die  Laugen  von  durchschnittlich  9°  B 
Stärke  etwa  72  g  Asche  ergaben*,  es  ent- 
hielten demnach  etwa  14  cbm  schwarzer 
Lauge  1  t  Asche ;  für  1  t  schwarze  Asche 
wurden  1,14  t  bester  schles.  Kohle  ver- 
brannt, also  verdampfte  1  t  Kohle  etwa 
12  t  Wasser  aus  den  Laugen ;  das  wäre 
ein  recht  hoher  Effekt,  wenn  man  nicht 

*  Man  vergleiche  die  Tabelle  VII  dieses 
Kapitels  S.  92. 


den  Brennwert  der  Holzbestandteile  in 
den  schwarzen  Laugen  zu  berücksichtigen 
hätte.  Thut  man  dies,  so  kommt  man  auf 
einen  geringen  Effekt  dieser  Oefen. 

Vorstehende  Leistung  bezieht  sich  auf 
Natron-Holzzellatofffabrikalion.  Bei  der 
Natron-Strohstofffabrikation  fällt  die  Lauge 
viel  dünner  aus"1,  die  Aschen  enthalten  auch 
geringere  Mengen  von  Natronsalzen,  so 
dass  sich  die  Sodawiedergewinnungskosten 
höher  stellen. 

Man  ist  noch  verschiedentlich  in  den 
späteren  Jahren  fortdauernd  bemüht  gewesen, 
die  Wärme  der  Ofenabgase  nach  Möglichkeit 
für  Eindicken  der  Laugen  auszunützen. 
Sinclair  und  Mc.Nicol  in  England  ge- 
hörten wohl  zu  den  ersten,  welche  die 
dünnen  Waschlaugen  der  Natronzellstoff- 
fabriken in  Wasserröbren-Kesseln  ein- 
dickten. Der  aus  den  Dünnlaugen  ge- 
wonnene Dampf  wurde  zu  Heiz-,  Koch- 
und  Betriebszwecken  verwendet,  und  die 
allmählich  dicker  und  dicker  werdenden 
Laugen  wurden  von  Zeit  zu  Zeit  nach  dem 
Ofenreservoir  abgedrückt  und  durch  dünne 
Waschlaugen  ersetzt.  Andere  Fabri- 
kanten verwendeten  zu  gleichem  Zwecke 
alte  liegende  Kochkessel.  Fig.  70  zeigt  eine 
Ofenanordnung  dieser  Art.  Die  dünne  Lauge 
wird  mit  einer  Pumpe  durch  einen  sie  vor- 
wärmenden Ekonomiser  E  (nahe  dem 
Fuchs  F)  nach  einem  Cylinderkessel  Ki 

*  Mau  vorgleiche  voruJS.  ülVeehte  Spalte  Milte 


 1  ■    ■    >.  ■  t;  '  ______  _ 

•    d    k  ■  v 

>.-:-*  o  o  (To  a  o  o  o  —  -  — 

_l      TT  _  _  _    J'  -       O  O  O  0 I  Q  O  t>  | 


Fig.  70.   Sodaofen  mit  Dampferzeugern. 


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198       E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  u.C.  ZELLSTOFF. 


gedrückt,  von  Ki  durch  eine  zweite  Pumpe 
nach  Kt  befördert,  von  hier  periodisch  in 
die  Unterpfanne  Pi  nahe  E  abgelassen. 
Von  Pi  gelangt  die  Lauge  nach  Pt  und 
hier  auf  den  Calcinirherd.  V  ist  ein 
grosses  Vorratsgefäss,  R  der  Planrost  zum 
Heizen.  Der  in  Ki  und  K«  entstehende 
Dampf  wird  im  Betriebe  nutzbar,  die 
Lauge  wird  eingedickt  und  schliesslich 
wie  vorn  beschrieben  calcinirt. 


Abdampftürme. 

Eine  sehr  günstigen  Effekt  für  Eindicken 
der  Laugen  versprechende  Einrichtung  ist 
der  12—15  m  hohe  Ungerer'sche 
Abdampfturm,  in  welchem  viele  5  mm 
dicke  Drahtseile,  (später  Ketten)  in  Ent- 
fernung von  8  mm  autgehängt  sind,  und  wo 
die  dünne  Lauge  von  oben  an  den  Drähten 
oder  Ketten  herabrieselt,  während  die 
Ofenrauchgase  von  unten  nach  oben  den 
Turm  durchstreichen.    Diese  die  Laugen 


FI6.  /. 


_I  ■        v.i  h. 


Tafel  71.  Turmofen.  Amerika. 


schnell  eindickenden  Turmüfen  leiden  an 
dem  Uebelstande,  dass  sich  die  Zwischen- 
räume /.wischen  den  Drähten  oder  Ketten 
sehr  bald  mit  verdickter  Lauge  zusetzen 
und  dann  die  Türrae  naturgemäss  in  ihrer 
Wirkung  nachlassen,  den  Ofenbetrieb  er- 
schweren und  Betriebsstörungen,  d.  h. 
Arbeits-  und  Zeitverlust  mit  sich  bringen. 

1878  hat  Verfasser  die  Vor-  und  Nach- 
teile der  Turmüfen,  nach  Ungerers  Vor- 
schlägen gebaut,  in  der  Cellulosefabrik 
Sinsleben  kennen  gelernt.   Der  Effekt  war 


gut.  solange  der  Durchzug  der  Ofengase 
frei  und  leicht  stattfand,  aber  es  traten 
häulig  Verstoplungen  und  damit  Stör- 
ungen ein. 

Auch  die  Amerikaner  haben  Oefen  mit 
Abdampftürmen  im  Betriebe  versucht  und 
vielleicht  vereinzelt  noch  im  Betriebe. 
Ein  Vorschlag,  der  mir  Erfolg  zu  versprechen 
scheint,  ist  Tafel  71  Fig.  1—4  nachdem 
Paper  Trade  Journal  wiedergegeben.  Die 
dünne  Ablauge  wird  hier  durch  eine 
Pumpe  P  in  die  Bohrleitungen  w,  wi  und 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  6.  u.  C.   ZELLSTOFF.  199 


wt  getrieben,  steigt  durch  wi  si  in  den 
Verteilungsring  E  (Fig.  2  und  3),  dessen 
8  Einzelkammern  mittels  der  Hähne  r  ver- 
schieden stark  gespeist  werden  können, 
durch  wi  vs  vt  vi  in  ein  rundes  Verteil- 
ungsrohr v  und  durch  wi  u  in  eine  Ver- 
teilungsglocke H.  Von  wn  sind  die  Ab- 
zweigungen p  und  pi  ausgehend,  welche 
die  doppelwandige  Turmwand  m  und  das 
Mittelrohr  mi  mit  Ablauge  speisen.  Die 
niederrieselnde  dünne  Lauge  wird  die  innere 
Wandung  k  des  Turmes  und  die  äussere 
Wandung  ki  des  Mittelrohres  benetzen,  und 
ausserdem  wird  ein  Regen  von  Dünnlauge- 
tropfen in  dem  zweiten  Raum  zwischen 
den  Wänden  k  und  ki  den  heissen  Rauch- 
gase i  entgegengesetzt  gerichtet,  nieder- 
fallen. Dadurch  ist  für  die  Verdunstung 
des  Wassers  aus  den  Laugen  hinreichend 
Gelegenheit  geboten. 

Herr  Civilingenieur  Rieh.  Schneider 
Dresden-A,  Hohestrasse7,  der  sich  schon  seit 
den  1870er  Jahren  mit  besten  Erfolgen 
mit  dem  Bau  von  Sodacalciniröfen 
beschäftigt T  hat  auf  einen  Abdampf- 
turm  mit  beweglich  e  n,  beliebig 
verstellbaren  Rieselflächen  die 
D.  R.  P.  No.  34392  u.  46  720  erhalten.  Der- 
selbe ist  Fig.  72  im  Längsschnitt  dargestellt. 

Der  Patentinhaber  sagt  über  diesen 
Üfen  in  einer  mir  freundlich  zur  Verfüg- 
ung gestellten  Broschüre : 

..Dieser  Ofen  besteht,  abgeseheu  vou  der 
Anlage  der  Gaserzeuger  und  des  Schornsteines, 
aus  dem  Feuerraume  H.  in  welchem  die  Enl- 
z&udong  der  Heizgase  stattfindet  und  welcher  je 
tuen  Konstruktion  so  gestaltet  werden  kann, 
das*  er  hocherhitzte  Feuergase  oder  hocherhitzte 


Luft  von  einander  getrennt  oder  gleichzeitig 
abgeben  kann:  ferner  aas  dem  an  H  anschlies- 
senden einfachen  oder  doppelten  Calcinirherde  C. 
An  dem  anderen  Ende  desselben  befindet  sich 
ein  kurzer,  mit  Chamottesteinen,  gleich  einem 
Regenerator,  ausgesetzter  Raum  R,  welcher 
während  des  Calcinirungsprozesses  wesentlich 
dazu  beiträgt,  eine  vollständige  Verbrennung 
aller  dem  Calcinirherde  entweichenden  Gase, 
und  damit  einen  rauch-  und  geruchlosen 
Betrieb,  zu  erzielen. 

Neben  dem  Räume  R  befindet  sich  der  oben 
schon  erwähnte,  entsprechend  höher  liegende 
tiefere  Behälter  D,  dem  ich  in  diesem  besonderen 
Falle  den  Namen  Eindickraum   geben  möchte. 

lieber  D  erhebt  sich  nun  der  Abdampfturm 
E  mit  seinen  beweglichen  Rieselflächen,  die  in 
dem  zur  Besprechung  gewählten  Falle  einer 
Sodawiedergewinnungsanlage  eine  Neigung  von 
weniger  als  .10°  gegen  den  Horizont  besitzen 
müssen.  Die  Anzahl  der  Rieselflächen  richtet 
sich  nach  der  in  der  Zeiteinheit  aufzuarbeiten- 
den Menge  Lauge.  Ueber  C  und  R  befindet  sich  zur 
Ausnutzung  der  strahlenden  Wärme  ein  grosser  Be- 
hälter A,  vou  welchem  aus  der  kleinere  auf  dem 
Turme  E  aufgestellte  Behälter  B  durch  einen  Pulso- 
meter  oder  drgl.  gespeist  wird.  I  'nter  C  befindet  sich 
der  Ausglüh-  bezw.  Auskühlraum  G,  in  welchen 
aus  U  durch  entsprechende   Vorkehrung  bezw. 


1 1  <*  L_r 

S 


Fig.  72.  Caltiolrufea  0.  R.  P.  Rieb.  Schneider. 


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200       E.  KiKCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Konstruktion  der  C  armirenden  Thüren  t  dio 
glühenden,  jedoch  noch  nicht  tot  geglühten 
Massen  gezogen  werden,  ohne  dass  dieselben  erat 
vor  den  Ofen  herausgekrückt  so  werden 
braueben. 

Die  Verbreunungsprodukte  eines  Teiles  der 
nach  H  gelangenden  Heizgase  werden  durch 
den  Canal  s  nach  dem  Schornsteine  S  abge- 
führt. Der  unter  G  liegende  Teil  des  Kanales  s 
ist  schwach  überwölbt  oder  besser  noch  mit 
zwei  Schichten  dünner  Chamotteplatten  abge- 
deckt. Diese  Anordnung  und  Konstruktion  von 
s  hat  den  Zweck,  noch  möglichst  die  Wärme 
der  darin  hinströmenden  Verbrennungsprodukte 
auszunützen  und  den  Ausglühprozess  der  nach 
G  hinabgefallenen  Massen  zu  unterhalten  bezw. 
zu  beschleunigen,  Die  sich  hierbei  noch  ent- 
wickelnden Gase  (empj  reumalische  Gase)  werden 
nach  dem  Feuerraum  durch  besondere  Kanäle 
abgeführt  und  dort  verbrannt.  Die  vollständig 
ausgeglühten  toten  Massen  werden  dann  in  den 
einzelnen  Chargen  entsprechenden,  regelmässigen 
Zeitabschnitten  aus  den  einzelnen  Abteilungen 
von  G  durch  die  Thüren  T  herausgenommen 
und  der  weiteren  Verwendung  übergeben. 

Ferner  belinden  sich  bei  m  regu lirbare  Oeff- 
nung^n  zum  Lufteinlass  und  bei  d  solche  zum 
Gaseinlass.  Die  bei  m  eintretende  Luft  erwärmt 
sich  an  dem  Gewölbe  über  C  uud  gelangt  durch 
Oeffnungen  n  nach  p,  um  entweder  dort  eine 
vollkommene  Verbrennung  der  von  C  kommen- 
den Gase  zu  bewirken,  wie  bereits  oben  er- 
wähnt, oder  das  durch  d  eintretende  Gas  zu 
verbrennen  zur  jeweiligen  grösseren  Hilzeent- 
wickelung  in  D. 

Haas  der  ganze  Apparat  entsprechend  einge- 
bunden und  verankert  und  die  Behälter  A,  B 
und  D  entsprechend  konstruirt  uud  unterstützt 
sein  müsseu,  ist  selbstverständlich. 

Der  Betrieb  des  ganzen  Apparates  ist 
folgender : 

Die  aufzuarbeitenden  Flüssigkeiten  werden 
nach  dem  Behälter  A  geleitet,  von  hier  nach 
B  gehohen  und  gelangen  in  dem  Turme  in  vor- 
beschriebener Weise  niedcrlliessend  und  Wasser- 
dampf abgebend  nach  D,  von  wo  sie  in  einge- 
dicktem Zustande  nach  C  übergoführt  und  dort 
vollständig  aufgearbeitet  werdeu.  Die  in  C 
fertigen  Massen  werden  ausgezogen  nnd  fallen 
durch  et  oder  ex  u  s.  w.  nach  einer  der  Ab- 
teilungen von  G,  wo  sie  vollkommen  ausglühen, 
tot  gehen  und  datn,  wie  oben  angedeutet, 
weiter  behandelt  werden.  Die  Feuergase  gehen 
von  H  kommend  den  entgegengesetzten  Weg 
und  zwar  durch  C  Uber  p,,  R,  p*  uud  durch 
D,  steigeu,  in  dem  Tarrae  sich  mit  Feuchtigkeit 
sättigend,  in  die  Höhe  und  gelangen  durch  0 
und  &i  nach  dem  Schornsteine  S. 


Man  sieht  hieraus,  dass  sich  mit  Hilfe  des 
Ahdampflurmes  hei  derselben  Leistungsfähigkeit 
der  ginze  Ofen  wesentlich  einfacher,  billiger  und 
haltbarer  gestalten  wird,  weil  die  ao  teueren 
von  den  hocherhitzten  Feuergasen,  wie  von 
beissen  Dämpfen  berührten  und  daher  sich 
rasch  abnützenden  und  viel  Reparaturen  u.  s. 
w.  verursachenden  eisernen  Pfannen  ganz  in 
Wegfall  gekommeu  sind.  Der  ganze  Ofen  kann 
viel  kompendiöser  und  daher  weniger  Flächen- 
raum einnehmend  gestaltet  werden. 

Als  Beispiel  führe  ich  an,  dass  ein  Ofen 
mit  Abdampfturm  zar  täglichen  Aufarbeitung 
von  100  cbm  Strohslofflauge  von  8—4°  B,  nur 
einen  Flächenraum  von  etwa  3  X  15  =  46 
Quadratmeter  einnehmen  würde,  wobei  die 
Gaserzeuger-Anlage  und  der  Schönstem  nicht 
gerechnet  worden  ist". 

Die  Feuerung  der  Sodaöfen. 

Als  Wärmequelle  zur  Verdampfung 
des  in  den  Ablaugen  befindlichen  Wassers 
benutzt  man  meist  direkte  Feuerungen, 
man  hat  aber  auch  Generatorgas  und 
Ilalbgasfeuerungen  angewendet. 

Die  direkten  Feuerungen  sind  je  nach 
der  Kohle  teils  mit  Plan-,  teils  auch  mit 
Treppenrosten  ausgestattet 

Für  Steinkohlen-Planrost» Feuerung  stellt 
sich  das  Verhältnis  Rostfläche:  Herdfläche 
=  1:5  bis  1:4,  für  Braunkohlen  wird 
dieses  Verhältnis  entsprechend  einer  noch 
grösseren  Rostfläche  sich  ändern. 

Die  Rostfeuerungen  haben  die  Vor- 
teile geringen  Raumbedarfes,  billiger  Her- 
stellung, geringer  Unterhaltungskosten  und 
dass  die  Bedienungsmannschaft  das  Feuern 
verhältnismässig  leicht  erlernt  und  das 
Steigern  und  Massigen  der  Hitze  je  nach 
Bedarf  ohne  grosse  Schwierigkeit  besorgen 
kann. 

Dass  dabei  aber  auch  unkontrollirbare 
Fehler  gemacht  werden  können,  ist  eben- 
falls zuzugeben.  Es  ist  höchst  wahrscheinlich, 
dass  durch  zeitweise  Ueberhitzung  der  Oefen 
unnütz  viel  Soda,  resp.  Salze  verflüchtigen, 
die  der  Fabrikation  entzogen  werden. 

Es  ist  für  Sodaregenerirung  schon  in 
den  70er  Jahren  vielfach  Generatorgas 
(meist  aus  Braunkohlen,  seltener  aus  Stein- 
kohlen hergestellt)  verwendet  worden,  aber 
viele  Stroh-  und  Holzzellstoff-Fabrikanten 
sind  trotz  der  unzweifelhaft  anzuerkennen- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  Iii.  Bu.  C  ZELLSTOFF. 


den  Vorteile  doch  wieder  davon  abgegangen. 
Sie  haben  z.  Z.  nur  wenig  Verbreitung,  da 
sie  in  der  Anlage  zu  teuer,  in  der  Führ- 
ung schwierig  sind  und  mehr  Platz 
fordern.  Man  hört  von  den  meisten  darin 
erfahrenen  Fabrikanten  sagen,  dass  sie 
Dicht  derartige  Vorteile  bieten,  dass  letztere 
die  Mehrkosten  und  Nachteile  fiberwiegen. 

Es  kann  hier  auf  die  Generatorgas-, 
Schwelgas-  oder  Luftgaserzeugung  und 
Anwendung  nur  kurz  eingegangen  werden. 

Das  Schwelgas  ist  das  Erzeugnis  der 
unvollkommenen  Verbrennung  fester  Brenn- 
stoffe. Diese  Verbrennung  ist  so  zu  leiten, 
dass  die  denkbar  grösste  Menge  Kohlenetoff 
(C)  der  Brennstoffe  in  Kohlenoxydgas  (CO) 
übergeführt  wird.  Das  Schwelgas  enthält 
auch  den  Stickstoff  (N)  der  Verbrennungs- 
luft, ausserdem  treten  geringere  Mengen 
Kohlensäure  (CO«),  schweflige  Säure  (Ht  SO«), 
Schwefelsäure  (H.SO*),  Wasserstoff  (H), 
Wasserdampf  (H«  0)  etc.  in  demselben  auf. 

Den  Vorgang  bei  der  Bildung  des  Schwel- 
gases erklärt  man  sich  so.  Bei  der  Ver- 
brennung der  Brennstoffe  auf  dem  Rost 
bildet  sich  in  den  untersten  Schichten  CO*, 
bei  der  hierbei  entstehenden  Wärme  kommen 
die  darüber  liegenden  Schichten  des  Brenn- 
stoffs ins  Glühen,  beim  Durchstreichen 
dieser  Schichten  wird  diese  CO*  in  CO 
reduzirt  und  es  werden  weitere  CO-Mengen 
gebildet.  Es  wird  ein  gleichmässiger  Strom 
Schwelgas,  in  der  Hauptsache  aus  CO  be- 
stehend, erzeugt,  der  den  grössten  Teil 
der  bei  der  Verbrennung  entstehenden 
Wärme  enthält. 

Dieses  Schwelgas  wird  nach  geeigneter 
Zuführung  und  Mischung  mit  neuer  (am 
besten  vorgewärmter)  Verbrennungsluft  zu 
rascher  und  vollständiger  Verbrennung  ge- 
bracht. Dabei  wird  das  Kohlenoxydgas  in 
Kohlensäure  verwandelt.  Bei  Umwandlung 
von  CO  in  COt  wird  nun  zwar  nicht 
so  viel  Wärme  entwickelt,  als  wenn  man 
den  Kohlenstoff  (C)  des  Brennstoffes  direkt 
in  CO»  überführt,  aber  dem  Verbrennungs- 
effekt kommt  die  bei  der  Schwelgaserzeug- 
ung entwickelte  Wärme  und  die  Wärme 
der  vorgewärmten  Verbrennungsluft  zum 
grussten  Teile  zu  gute.   Den  Effekt  der  | 


2Öi 


Gasfeuerungen  verbessernd,  hat  sich  be- 
sonders diese  Vorerwärmung  der  Ver- 
brennungsluft ergeben.  Man  benutzt  die 
Wärme  der  abziehenden  Ofengase  zur  Er- 
hitzung der  Verbrennungsluft,  indem  man 
sie  durch  besondere  Vorrichtungen  »Heiz- 
kammern« und  schliesslich  durch  Kanäle 
im  Mauerwerk  des  Ofens  nach  der  Feuer- 
brücke leitet,  Uber  der  eine  geeignete  Misch- 
ung derselben  mit  dem  Schwelgase  erfolgt. 

Ledebur*  äussert  sich  über  die  Vor- 
teile der  Gasfeuerungen  bei  Anwendung 
erwärmter  Verbrennungsluft : 

»Ermöglichung  einer  vollständigen  Ver- 
brennung mit  geringerem  Luftüberschusse 
als  bei  Rostfeuerungen ;  Erzielung  höherer 
Verbrennungstemperaturen,  wodurch  die 
Wärmeabgabe  befördert  und  die  Erlang- 
ung vollständiger  Verbrennung  erleichtert, 
also  ebenfalls  eine  Verminderung  des  er- 
forderlichen Luftüberschusses  ermöglicht 
wird;  Verringerung  der  Wärmeverluste 
durch  die  abziehenden  Verbrennungsgase 
infolge  des  Umstandes,  dass  die  Menge 
dieser  Verbrennungsgase,  bezogen  auf  die 
gleiche  Menge  der  im  Ofen  entwickelten 
Wärme,  geringer  ausfällt,  als  bei  Rost- 
feuerungen; mithin  günstigere  Ausnützung 
des  Brennstoffes«. 

Der  Gasfeuerungs-  Anlagen  -  Spezialist 
R.  Schneider  (s.  vorn  S.  199)  sagt  in  einer 
ausführlichen  Schrift  an  den  Verfasser: 

»Als  wesentliche  Vorteile,  welche 
die  Gasfeuerung  im  allgemeinen  bietet,  ist 
anzuführen : 

Sie  ermöglicht  die  passende  Führung 
der  Flamme  im  Ofenraume,  sodass  weder 
die  Ofenwände  selbst,  noch  das  Ofengut 
getroffen  werden,  wodurch  sowohl  eine 
längere  Dauer  des  Ofens,  als  auch  ein 
besseres  Produkt  erzeugt  wird. 

Die  Erzielung  einer  beliebig  hohen  und 
im  Ofenraume  gleichmässig  verteilten 
Temperatur. 

Eine  leichte  Regulirbarkeit  der  Tempe- 
ratur, sowie  der  chemischen  Beschaffen- 
heit der  Flamme«  oxydirend  oder  reduzirend». 

*  Die  Gasfeuerungen  für  metallurgische  Zwecke. 
A.  Ledebur,  Leipzig.  Verlag  von  Arthur  Felii. 
1801.    S.  26. 

9.  Bogen  1901. 


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202 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    11L  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Eine   leichte   Handhabung  und  volle 
Sicherheit  des  Betriebes. 

Die  vollkommene  Verbrennung  der  dem 
Ofen  zugeführten  Heizgase,  daher  gänzliche 
Abwesenheit  von  Rauch  und  Russ,  mög- 
lichste Ausnützung  des  Brennmaterials  und 
somit  bedeutende  Brennmaterial-Ersparnis. 
Die  Verwendung  jeden  Brennmaterials. 
Grösste  Reinlichkeit  der  Arbeits  - 
räume  etc.« 

Es  steht  unzweifelhaft  fest,  dass  die 
Anwendung  des  Generatorgases  für  metal- 
lurgische Zwecke,  in  der  Glas-  und  Alkali- 
Industrie,  sowie  für  viele  chemische  Prozesse, 
alle  die  genannten  Vorteile,  die  Kohlen- 
ersparnis inbegriffen,  mit  sich  bringt  und 
dass  ein  gut  Teil  derselben  auch  der  Satz- 
regenerirung  in  unserer  Industrie  zu  gute 
kommt.  Nur  von  einer  Kohlenersparnis 
kann  nach  den  Betriebsresultaten  in  Zell- 
stofffabriken ,  welche  ihre  Sodaöfen  mit 
Generatorgas  heizen,  nicht  wohl  die 
l'.cde  sein. 

Verfasser  ist  in  der  Lage,  Über  die  Stroh- 
stoflfabrik  einer  Papierfabrik,  welche  nach 
dem  alten  Sodaverfahren  arbeitet  und 
Schwelgas  aus  Braunkohlen  zur  Regenerir- 
ung  der  Soda  verwendet,  nähere  Betriebs- 
erfahrungen mitzuteilen. 

Es  sind  6  Generatoren  im  Betriebe, 
welche  das  Schwelgas  für  den  Ofenherd 
und  für  einen  Dampfkessel  erzeugen,  %  ein 
Generator  steht  in  Reserve.   Die  Dünn- 
lauge wird  von  5  -  6°  Be Stärke  in  den  150  qm 
grossen   Dampfkessel  (Wasserrohrkessel) 
eingepumpt  und  gelangt  aus  diesem,  auf 
20°  B  eingedickt,  von  Zeit  zu  Zeit  in 
eine  über  dem  Calcinirherd  befindliche 
Pfanne.   Der  Calcinirherd  ist  ein  einfacher 
Herd    mit   vorgelegtem  Heissluflapparat. 
Generatorgas  und  heisse  Luft  verbrennen 
vollkommen  über  dem  Calcinirherde.  Die 
vom  Herde  ab/.iehenden  Verbrennungsgase 
treten  unter  den  erwähnten  Wasserrohr- 
kessel und  werden  hier  mit  weiterem, 
frischen  Generatorgas  vermischt,  nochmals 
verbrannt.  Der  im  Rührenkessel  entwickelte 
Dampf  wird  als  Betriebsdampf  benutzt. 
Das  Laugenpech  wird  brennend  in  unter 
dem  Herde  befindliche  Ausglühräume  ge- 


zogen, wo  dasselbe  zu  poröser  Sodaasche 
von  70°/o  Nat  CO«  Gehalt  ausglüht.  Die 
hier  entwickelten  Verbrennungsprodukte 
treten  ebenfalls  unter  den  Kessel  und 
werden  dadurch  mitverbrannt  und  un- 
schädlich gemacht. 

Nach  einem  36  stündigen  früheren  Ver- 
such in  dieser  Anlage  wurden  69000  1 
Dünnlauge  1,050  sp.  G.  mit  92,2  g  Trocken- 
rückstand und  mit  42,5  g  Glührückstand 
im  Liter  in  den  Kessel  gespeist  und  hier 
auf  21557  1  Lauge  von  1,125  sp.  G.  mit 
251,5  g  Trockenrückstand  und  mit  115,8  g 
Glührückstand  im  Liter  eingedickt.  Der 
Röhrenkessel  hat  also  37443  1  Wasser 
verdampft.  Dieser  Dampf  von  5  Atm.  kam 
der  Gesamtkesselanlage  zu  gute.  Man 
rechnete,  dass  man  zur  Erzeugung  von  1  kg 
Dampf  0,155  kg  böhm.  Braunkohle  brauche 
und  zog  von  dem  ganzen  Kohlenquantum 
für  den  Ofen  37443 . 0,155  =  5803  kg  Kohle 
ab.  (Dieser  Vorteil  hätte  natürlich  auch 
bei  Roslfeuerung  erzielt  werden  können, 
er  hat  also  mit  der  Gasfeuerung  nichts 
zu  thun.) 

Es  wurJen  in  dieser  Zeit  verbrannt 
15910  kg  Mittelkohle  (böhm.  Braunkohle) 
und  gewonnen  2038  1  Laugenpech,  welches 
beim  Nachbrennen  2161  kg  Sodaasche  von 
73,l4°/o  Nat  CO*  =  1583  kg  Nat  COi  (rein) 
ergab. 

Die  vollständige  Regenerirung  der 
Dünnlauge  in  Sodaasche  erforderte  also 
15910 

-1^-  =  735  kg,  die   Veraschung  der 

DicU.uge  J1™™^  =  „0kg  MiHe.- 

kohle  auf  100  kg  Asche. 

Abgesehen  von  dem  Brennwerl  der  In- 
krusten  der  Dicklauge  (also  nur  auf 
Kohle  bezogen)  hatte  man  also  nur  eine 

1"5910"  =  ^  fache    Verdampfung  der 

Braunkohle  erzielt.  Dieses  Resultat  würde 
noch  ungünstiger,  wenn  man  den  Brenn- 
wert der  Inkrusten  berücksichtigen  würde. 

Bessere  Resultate  erzielte  man  später, 
wie  sich  aus  Folgendem  ergibt. 

Es  wurde  eine  Halbjahrproduktion  von 
417  t   trockenem   gebleichten  Strohstoff 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


erzeugt  und  dazu  verbraucht  2132  cbm 
Uuge,  welche  nach  regelmässig  durchge- 
führter Titration  a  cbm  85,9  kg  Nat  COs 
also  im  ganzen  183,2  t  Na«  CO»  enthielt. 

Es  wurden  zur  Wiedergewinnung 
von  238  t  (70*/o  Nat  Co>  enthaltend) 
Asche  15550  hl  =  1120  t  böhmische 
Slückbraunkohlen  in  den  Generatoren 
verschwelt  und  dafür  10500  M.  veraus- 
gabt. 100  kg  (70°/ o)  Asche  erforderten 
also  470  kg  dieser  Kohle. 

Nimmt  man  an,  dass  die  zur  Regene- 
ration kommende  Dünnlauge  von  ca.  5 0  B 
per  cbm  32  kg  Asche,  die  resultirende 
Dicklauge  aber  132,5  kg  Asche  enthält,  so 

mi  =  7440  cbm  Dünnlauge  in 


32 

den   Röhren-Kessel    gepumpt    und  in 

238000 


132,5 


=  1560  cbm  Dicklauge  umgewandelt. 


Ks  sind  demnach  5880  cbm  Flüssigkeit, 
durch  den  von  den  Abgasen  des  Ofens  ge- 
heizten Röhrenkessel  verdampft,  dazu 
kommen  aus  den  Dicklaugen  etwa  1560  — 
200  =  1360  cbm  bei  der  weiteren  Be- 
handlung der  Laugen  im  Ofen,  so  dass 
m  +  1360  ~  7240  cbm  Flüssigkeit 
verdampft  wurden. 

Den  Heizeffekt  der  böhmischen  Stück- 
braunkohle zu  '/  7  bester  schlesischer  Stein- 
kohle gerechnet,  entsprechen  1120  t  der- 
selben etwa  800  t  Steinkohle. 

Man  erzielte  also  in  dem  Sodaregenera- 

7240 

iioDsofenmit  Gasheizung-ry^-  =  6,47fache 

Verdampfung,  was  einer  9,03  fachen  Ver- 
dampfung mit  Steinkohlen  entsprechen 
würde. 

Die  Leistung  des  Ofens  mit  Generator- 
ps  oder  Schwelgas  steht  demnach  gegen 
die  des  anderen  Ofens  mit  gewöhnlicher 
Rosüeuerung  (S.  197  linke  Spalte  unten) 
»elcher  12fache  Verdampfung  auf  Stein- 
kohle erzielt,  zurück,  trotzdem  nach  der 
hohen  Leistung  des  Röhrenkessels  eine 
frostigere  Arbeit  der  Anlage  zu  erwarten 
gewesen  wäre. 

Grösste  Aufmerksamkeit  verdient  indes 
diese  Anlage  durch  den  ausserordent- 
lich niedrigen  Sodaverbrauch  und  durch 


sehr  verminderte  Beschwerden  der  Um- 
wohner wegen  Geruchsbelästigungen,  Rauch- 
schäden etc. 

Es  wurden  aufgewendet 
238  t  (70°/o  Asche)  =  166,6  t  Na»  COs 
Frischsoda 

35  t  (98°/o  Solvay)  =  34,3  t  Nat  CO* 
Gesamtaufwand  200,9  t  „  „(rein) 

Für  100  kg  Stoff  sind  aufgewendet 

?g^2  =  57,1  kg  Asche  (70") 

-^1=   8,4  kg  Solvay  Soda  («8»). 

Es  stellt  sich  somit  der  Verlust  bei  der 
Laugenherstellung  auf  200,9-183,2  = 
17,6  oder  von  der  rein  gedachten  Soda- 
aufwendung nur  8,8#/o. 

Wie  oben  gesagt,  fanden  sich  nämlich  in 
2132  cbm  Lauge  ä  85,9  kg  Na«  COs  =  183,2  t 
Nas  COs.   Diese  stammen 
aus  der  Asche     151,9  t  Nas  COs 
aus  der  Frischsoda  31,3  „   „  „ 

d  h  etwa  83°/o  aus  wiedergewonnener  Asche 
17°/o  aus  Solvay  Soda. 
Auf  100  kg  Stoff  wird  aufgewendet: 

™  =  43,93  kg  Na*  COs, 

oder  33,15  kg  Na  OH. 

Bei  42  kg  Stoff  auf  100  kg  Stroh  sind 
aufgewendet : 

18,45  kg  Nai  COs  =  13,9  2  kg  Na  OH 
Auf  100  kg  Stoff  sind  nur  verloren : 

=  8,39  kg  (98°  Solvay-)  Soda. 

Die  verwendete  Kochlauge  mit  85,9  kg 
Nai  COs-Gehalt  ist  nach  Tab.  V  S.  87  eine 
11  bis  ll'/i°/o  Aetznatronlauge. 

Dieses  ausserordentlich  günstige  Resultat 
ist  gewiss  zum  Teil  der  guten  Arbeit  der 
Oefen  zuzuschreiben,  doch  ist  auch  hervor- 
zuheben, dass  die  Laugen-Kaustizir-  und 
Wascharheit  des  Kalkschlammes  und  des 
Stoffes  in  der  gedachten  Anlage  aufs  pein- 
lichste und  rationellste  durchgeführt 
wurden. 

Hiernach  kann  der  eigenen  Beurteilung 
des  Fachmannes  überlassen  werden,  ob  er 
die  in  der  Fabrikation  nach  diesem  Bei- 
spiele sich  ergebenden  Vorteile  der  Gas- 
feuerung   unter    Aufwendung  von 


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204 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


mehr  Kohle  sich  zu  nutze  machen 
will,  oder  ob  er  die  einfache  Rost- 
feuerung  mit  geringerem  Brennmaterial- 
aufwand, aber  mit  höheren  Soda- Verlusten 
und  anderweiten  anhaftenden  Unannehra- 
keiten,  vorzieht. 

C.  F.  Dahl  s  Sodawiedergewinnungsofen. 

D.  R.  P.  No.  44284  (1887). 

Taf.  73  Figuren  I— VI  stellen  Vits  der 
wirklichen  Grösse  einen  etwas  vereinlachten 
Ofen  dieser  Art  vom  Jahre  1889  dar, 
und  zwar : 

Fig.  1    Längsschnitt  des  ganzen  Olens, 

Fig.  II  Grundrissschnitt  in  Höhe  der  oberen 
Eindicktafel, 

Fig.  III  Grundrissschnitt  über  den  Arbeits- 
herden, 


Fig.  IV  Querschnitt  des  Ofens  durch  die 

hinteren  Pfannen, 
Fig.  V    Querschnitt  des  Ofens  durch  den 

Eindickherd, 
Fig.  VI  Querschnitt  des  Ofens  durch  die 

Schmelzherd-Feuerung. 

Die  dünne  Ablaufe  etwa  40  -  50  cbm  in 
24  Stunden  wird  durch  eine  entsprechende 
Pumpeinrichtung  und  Rohrleitungen  Ri  in  die 
durch  Scheidewände  Wi  und  Wt  getrennten 
Oberkesselabteilungen  Ki  Ks  Ks  (Fig.  I) 
gespeist.  Durch  die  <  Ifenheizgase  wird  die 
Dünnlauge  in  demselben  ins  Kochen  ge- 
bracht und  die  entwickelten  Dämpfe  sam- 
meln sich,  durch  die  Rohre  T  tretend,  im 
Dämpfdom  D.  Etwa  mitgerissene  Laugen- 
teile (Schaum  clc.)  treten  vom  Teil  des 
Domes  bei  S  in  die   Oberkessel  zurück- 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


205 


Da  die  heissen  Herdgase  bei  S  Fig.  I  und 
IV  zunächst  die  Oberkessel  bestreichen 
und  hier  ein  Festbrennen  der  von  Ri  aus 
im  Kesselteil  Ki  eingespeisten  Dünnlauge 
zu  befürchten  ist,  so  wird  durch  Anbring- 
ung der  Bleche  S  die  Lauge  in  starker 
Zirkulation  erhalten.  Die  in  Ki  etwas 
verdickten  Laugen  werden  durch  ein 
Uebertrittsrohr  in  der  Wi  von  unten  auf- 
steigen und  nach  Kt  übertreten.  Der  ver- 
dickte Inhalt  von  Ks  tritt  in  gleicher  Art 
durch  Uebertrittrohr  in  der  Wand  Wa  nach 
K>  über.  Die  Zwischenwände  W  lassen 
ausserdem  oben  ein  Segment  des  Kessel- 
querdurchschnittes  frei,  so  dass  sämtlicher 
in  dem  3  Kammern  sich  bildender  Dampf 
nach  D  abströmen  kann.  Die  Rohrleitung 
Ri  dient  dazu,  die  Lauge  aus  Ks  in  die 
Pfanne  Pi  abzulassen  und  die  übereinander- 


I    ( *  •  1 1 ;  i  ' »  . 


^1     ^/0gßm&ij  *~ 
Ttf.  73.  Dahl  s  Ofen  für 


liegenden  Plannen  Pt,  Pj,  P«  füllen  sich 
durch  Ueberlauf  allmählich  selbsllhätig. 
Da  wegen  öfters  notwendig  werdender 
Reinigung  die  Oberkessel  K  von  Lauge 
befreit  werden  müssen,  so  hat  man  die 
Rohrleitung  Ri  noch  mit  Heberohren  neben 
den  Wänden  Wi  und  Ws  und  entsprechen- 
den Abschlussventilen  ausgestattet,  so  dass 
es  durch  die  ganze  Einrichtung  möglich 
ist,  unter  Anwendung  von  ungefähr  1  Atm. 
Ü.  Dampf  den  Inhalt  der  Oberkessel  ziem- 
lich vollständig  auszuarbeiten.  In  den  von 
oben  und  unten  geheizten  Pfannen  P 
werden  die  Ofengase  bis  zu  etwa  150*  C 
Temperatur  ausgenützt  und  weitere  Mengen 
Wasser  verdampft.  Die  Pfannen  sind  durch 
entsprechende  Putzöffnungen  leicht  zu 
reinigen.  Von  der  Pfanne  P*  kann  durch 
die  Rohrleitung  Rs  (Fig.  III)  die  verdickte 
Lauge  nach  dem  Eindickherd  Hi  abgelassen 
werden.  In  diesem  Herde  Hi  werden  die 
Laugen  zur  Warmpech-Konsistenz  einge- 
dickt, indem  die  durch  Kohlenverbrennung 
auf  den  Rosten  F*  und  Fs  sich  entwickeln- 
den Feuergase  aul  die  Herdoberlläche 
energisch  heizend  einwirken.  Mit  eisernen 
Krücken,  welche  durch  Löcher  der  Ar- 
beitsöffnungsthüren  Oi  stecken  (der  Arbei'er 
kann  durch  Schauöffnungen  das  Innere 
des  Ofens  übersehen  und  kann  die  Krücken 
bewegen,  ohne  die  Thüren  zu  öffnen,)  wird 
der  Inhalt  fleissig  durchgerührt.  Nach  Er- 
reichung der  nötigen  Konsistenz  wird  das 
Laugenpecb,  ohne  die  Thüren  Oi  öffnen 
zu  brauchen,  in  die  geschlossenen  Kasten 
C  gekrückt.  Nach  Erkaltung  wird  dieses 
Laugenpech  aus  dem  Kasten  G  ausge- 
stochen und  durch  die  Arbeitsöffnungen 
Oi  auf  den  Schmelzherd  Ht  geworfen,  wo 
es  von  einem  auf  Rost  Fs  unterhaltenen 
Feuer  zum  Brennen  und  Zusammenschmelzen 
gebracht  wird.  Die  kirschrot  glühende 
Schmelze  fliesst  kontinuirlich  am  tiefsten 
Punkt  Y  (Fig.  II  und  VI)  des  Schmelz- 
herdes ab  und  erstarrt  zu  dem  nach  dem 
Erkalten  gelb-  bis  rotbraun  im  Bruch  er- 
scheinenden Salzkuchen.  Der  Schmelz- 
prozess  wird  durch  Hinzufügen  von  Roh- 
sulfat auf  dem  Herd  Ht  wesentlich  erleichtert 
und  ist  durch  das  Hinzufügen  des  Sulfates 


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2W 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


der  Chemikalienverlust  bei  Herstellung  des 
Zellstoffes  gleichzeitig  ersetzt. 

Die  sich  auf  den  Herden  Hi  und  Hi  ent- 
wickelnden übelriechenden  Schwelgase 
sollen  durch  entsprechenden  reichlichen 
Luftzutritt  unter  die  Roste,  durch  reich- 
liche Zufuhr  Vorgewärmter  Luft  durch 
Schlitze  und  OelTnungen  der  Feuerbrücken 
Li  Lt  und  La  und  endlich  durch  Unter- 
haltung eines  dritten  Feuers  auf  Rost  Fi 
(Fig.  I  III  und  VI)  nach  Möglichkeit  ver- 
brannt werden. 

Die  Wasserverdampfung  aus  den  Laugen 
verleilt  sich  zu  etwa: 

40°/o  auf  die  Überkessel, 
25°'o  auf  die  Pfannen, 
20°  o  auf  den  Eindickherd, 
15°/o  auf  den  Schmelzherd. 

Ks  kommen  in  diesem  Ofen  auch  die 
Heizwerte  der  in  den  Laugen  enthaltenen 
organischen  Bestandteile  dem  ganzen  Rege- 
nerirungsverfahren  zu  gute,  trotzdem  ist 
man  im  Laufe  der  Jahre  mit  der  Leistung 
der  Oefen  und  mit  den  Kosten  der  Wieder- 
gewinnung nicht  zufriedengestellt  gewesen. 

Der  Kohlenverbrauch  war  immer  noch 
zu  hoch,  auch  war  sehr  aufmerksames, 
geschicktes,  kräftiges  und  reichliches  Ar- 
beiterpersonal für  die  Ofenarbeit  not- 
wendig, und  schliesslich  ergaben  die  öftere 
Reinigung  und  die  notwendig  werdenden 
Reparaturen  häufige  Betriebsunterbrech- 
ungen. Die  Arbeit  mit  dem  Dahl'schen 
Ofen  war,  kurz  gesagt,  immer  noch  zu  teuer. 

Eine  grosse  Vereinfachung  und  Ver- 
billigung  der  Bauart  und  des  Betriebes  der 
Oefen  brachten  ersl  die  Mehrfachverdampfer, 
welche  das  Eindicken  der  Laugen  in  be- 
sonderen Stationen  übernahmen. 

Die  Oefen  mit  Cylinderkesseln  kombi- 
nirt,  Taf.  TOundTaf.  73,  haben  einen  ver- 
hältnismässig grossen  Flüssigkeitsraum, 
eine  kleine  Heizflüche  und  geringe  Circu- 
lation.  Sie  erwiesen  sich  für  die  Ver- 
dampfarbeit nicht  sehr  geeignet,  indem 
lokaliter  Laugenverdichtungen ,  Salzaus- 
scheidungen sich  immer  auf  den  geheizten 
Kesselplatlen  ablagerten}  und  festbrannten 
und  dass  Russ.  Rost  und  Flugsalze  aussen 
sieh  bildeten.   Ein  öfteres  Reinigen  war 


notwendig,  weil  sonst  ein  baldiger  Ruin 
der  Kessel  unausbleiblich  ist. 

Dahl  wandte  sich  daher  schon  für  die 
Ausnutzung  der  Ofenabwärme  den  Was- 
serrohrkesseln mit  sehr  schnellem 
innerem  Umlauf  zu. 

Auch  diese  Kessel  werden  von  den 
abziehenden  heissen  Gasen  der  Regene- 
rationsöfen geheizt  und  sind  Vorrichtungen 
getroffen,  die  Rohre  des  Kessels  vom  An- 
satz der  Ofengase  zu  bewahren  und  die 
Kessel  schnell  reinigen  zu  können,  damit 
die  Leistung  der  Oefen  und  Kessel  nicht 
durch  Zugquerschnittsverengung  beein- 
trächtigt wird.  Durch  grosse  Heizflächen 
(200  bis  300  qm  und  mehr),  verhältnis- 
mässig geringen  Laugeninhalt,  künstliche 
Beschleunigung  der  Zirkulation,  Einricht- 
ungen zur  Vermeidung,  resp.  Verminder- 
ung der  Schlammbildung,  ferner  durch 
sorgfältigste  Ausführung  der  Kessel  und 
Verwendung  besten  Materials  für  die  Kessel, 
wie  für  sämtliche  Armaturen  haben  es 
einige  Kesselhersteller  Deutschlands  (u.  a 
Simonis  und  Lanz,  Sachsenhausen- Frank- 
furt a.  M.  mit  gesetzlich  geschützten  Kon- 
struktionen) dahin  gebracht,  dass  bei  ratio- 
neller Wärmeausnützung  der  Ofengase  und 
Gewinnung  grosser  Mengen  von  Dampf, 
der  zum  Betriebe  von  Dampfmaschinen 
oder  zu  indirekten  Heizungen  Verwend- 
ung finden  kann,  die  Dünnlaugen  rationell 
um  mehrere  Grade  Baume  verdickt  den 
weiteren  Eindickeinrichtungen  und  Oefen 
zugeführt  werden  können. 
Eindickung  der  Natron  Zellstoff-Ablaugen 
in  Vacuum-Verdampfstationen. 

Um  die  Vorgänge  in  den  weiter  unten 
beschriebenen  Mehrfach-Verdampfern,  wie 
sie  für  die  Eindickung  von  den  Säften  in 
der  Zuckerfabrikation  schon  seit  Jahrzehnten 
in  Anwendung  kamen,  zu  verstehen,  sei 
zunächst  auf  die  Ausrührungen  in  diesem 
Werke  II.  D.S.  113-119  verwiesen.  Auch 
seien  hier  weitere  Erklärungen  voraus- 
geschickt. 

Wärme.  Wärmeeinheit. 

Die  Wärmemenge,  welche  notwendig 
ist,  11=1  kg  Wasser  von  0*  C  auf 
1 0  C  in  seiner  Temperatur  zu  erhöhen,  wird 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


207 


Wärmeeinheit  oder  Kalorie  genannt 
(1  Kilogramm-Kalorie)  man  schreibt  diese 
1  WE.  Für  kleine  Mengen  rechnet  man 
auch  wohl  nach  Gramm- Kalorien,  es 
ist  dann  unter  1  g-WE  =  0,001  WE  die 
Wärmemenge  zu  verstehen,  welche  nötis 
ist,  1  ccm  =  l  g  Wasser  von  0  •  C  auf  1 0  C 
in  seiner  Temperatur  zu  erhöhen. 

Spezifische  Wärme.  Die  spezi- 
fische W&rme  c  eines  Körpers  ist  die 
Wärmemenge  in  WE,  die  erforderlich  ist, 
um  die  Temperatur  von  1  kg  desselben 
um  1*  C  zu  erhöhen. 

Die  spezifische  Wärme  des  Wassers 
bei  t8  C  ist  nach  Regnault: 

c  =  1  +  0,0000t  t  +  0,0000009  t« 
sie  ist  also  abhängig  von  der  Temperatur 
des  Wassers.  In  der  Technik  rechnet  man 
indes  mit  feststehenden  mittleren  Werten 
der  spezifischen  Wärme,  z.  B.  für  Wasser 
c  =  1,0241. 

Feste  Körper  c  = 
0,200 


Holz 


Asche 

Blei  0,315 

Gips  0,197 

ülas  0,193 

Eiche  0,570 

Fichte  0,650 

Tanne  0,650 

Birke  0,480 

Holzkohle  0,241 

Kieselsäure  0,195 

Koks  0,203 

Kupfer  0,093 

Marmor  0,210 
Flüssigkeiten 
c  = 


Quarz 

Gusseisen 

Schmiedeisen 

Schwefel 

Stahl 

Stroh  j 

Esparto  j 

Ziegelsteine  J 

Zink 
Zinn 


0,086 
0,189 
0,130 
0,112 
0,181- 
0,118 

0,550 

0,185 
0,241 
0,094 
0,056 


Gase  bei  kon- 
stantem Drucke  c  = 


Aether 

0,592 

Atm.  Luft 

0,2375 

Alkohol(abs.) 

0,618 

Aetherdampf 

0,4796 

Aetznatron: 

Alkohol  „ 

0,4534 

spez.  Gewicht 

Kohlenoxyd 

0,2450 

0,0224 

1,007 

Kohlensäure 

0,0246 

0,992 

bei  200°  C 

0,2396 

0,0480 

0,965 

Sauerstoff 

0,2175 

0,0780 

0,941 

Stickstoff 

0,2438 
0,1543 

Olivenöl 

0310 

SO« 

Quecksilber 

0,034 

Wasserdampf 

Terpentinöl 

0,457 

gesättigt 

0,4750 

Wasser 

1,0224 

massig  überhizt  0,4805 

Wasserstoff 

3,4090 

G  kg  eines  Körpers  von  der  spezi- 
fischen Wärme  c  erfordern  nun  zu  einer 
Temperaturerhöhung  von  t° 
W  =  c  G.  t  WE 

Flüssigkeitswärme.  Die  Flüssig- 
keitswärme q  in  WE  ist  die  Wärmemenge, 
welcher  1  kg  einer  Flüssigkeit  zugeführt 
werden  muss,  um  deren  Temperatur  ohne 
Aenderung  des  Aggregatzustandes  von  0° 
C  auf  t°  C  zu  e<  höhen  (der  äussere  Druck 
ist  für  q  ohne  Relang). 

Ks  ist  nach  Regnault  für  Wasser  die 
Flüssigkeit!:  wärme : 

q  —  t  -f-  0,00002  l»  +  0,0000003  t8  WE 

Die  Flüssigkeitswärme  gesättigten 
Wasserdampfes  ist  gleich  der  des 
Wassers,  also  =  q  WE. 

Latente  W ärme.  Die  Verdampf- 
ungswärme oder  die  latente  Wärme 
r  in  WE  ist  die  Wärmemenge,  welche 
erforderlich  ist,  um  1  kg  einer  Flüssigkeit 
von  t°  in  Dampf  von  t°  zu  verwandeln. 

Gesamtwärme.  Die  Gesamtwärme 
eines  kg  gesättigten  Dampfes  von  t 0  G  be- 
zeichnet man  mit  Q  WE.  Q  ist  die  Summe 
aus  der  Flüssigkeils-  und  latenten  Wärme 
gesättigten  Dampfes.  Regnault  bestimmt  sie : 
Q  =  606,5  +  0,305  t  WE. 

Die  Verdampfungs-  oder  latente 
Wärme  gesättigten  Wasserdampres  ist 
demnach 

r  =  (Q  -  q)  WE. 
Gesättigter  Dampf  von  100°  G  Tempe- 
ratur entsprechend  l  Atm.  abs.  Druck  = 
0  Atm.  Ü.  =  750  cm  Quecksilbersäulen- 
höhe hat  demnach 

Q  =  837  WE:  q  =  100,5  WE, 
somit  ist  r  =  53(5,5  WE. 
Ist  die  latente  Wärme  zu  berechnen, 
die  ein  kg  gesättigter  Dampl  von  t 0  bei 
Kondensation  in  Wasser  von  t°  abgibt, 
so  rechnet  man  in  der  Technik 
r  =  (606  -  0,708  t)  WE).  Bei  t  =  100  also 
annähernd  r  =  53ö,2. 

Die  Verdampfung. 

Die  Verdampfung  von  Flüssigkeiten  kann 
geschehen  durch  direkte  Heizung  mit 
Kohlen  oder  Schwelgas ,  wie  an  den 
Flammen-Oefen  hinreichend  besprochen ; 
ferner  durch  indirekte  Heizung  rait- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  ß  u.  C.  ZELI^TOFF. 


tels  Dampf  ohne  oder  mit  gleich- 
zeitiger künstlicher  Erniedrigung  des  Siede- 
punktes der  Lauge:  endlich  Heizung  mit 
hocherhitzten  Flüssigkeiten,  die  aber  nur 
in  einigen  Spezialindustrieen  vorwiegend 
Anwendung  findet. 

Bringt  schon  die  einfache  Heizung 
mit  Dampt  viele  Vorteile  gegenüber  der 
direkten  Kohlenheizung,  als  da  sind: 
Regulirfähigkeit  der  Wärmezuführung,  Rein- 
haltung der  Lauge  von  Kohlengasen 
und  Kohlenasche,  sowie  Gewinnung  heissen 
reinen  Kondensationswassers  lür  Kessel- 
speisung  und  andere  Fabrikationszwecke, 
so  ist  die  Dampfheizung  mit  künstlicher 
Herabziehung  des  Siedepunktes  der  einzu- 
dickenden Laugen  wirtschaftlich  von  h  ö  c  h  - 
st^em  Werte. 

Jede  Flüssigkeit  bildet  bei  allen  Tempe- 
raturen in  Berührung  mit  der  Luft  Dampf, 
sie  verdunstet  an  der  Oberfläche  unter 
Aulnahme  von  Wärme  aus  der  Luft  oder 
unter  Verbrauch  eigener  Wärme  (sie  er- 
kaltet). 

Durch  künstliche  Erwärmung  wird  die 
Verdunstung  sehr  gefördert,  bei  weitgehen- 
der Erwärmung  entsteht  nicht  nur  an  der 
Oberfläche,  sondern  auch  im  Innern  der 
Flüssigkeit  Dampf  (die  Flüssigkeit 
siedet). 

Jede  Flüssigkeit,  unter  dem  Druck  der 
Atmosphäre  stehend,  siedet  bei  einer  be- 
stimmten Temperatur.  Alkohol  siedet  z.B.  bei 
78°  C,  Wasser  bei  100°  Quecksilber 
bei  357°  C,  Ablaugen  der  Zellstofffabri- 
kation bei  mehr  als  100°  C*.  In  offenen 
Gelässen  können  die  genannten  Flüssig- 
keiten keine  höhere  Temperatur  als  die 
jeweils  aufgeführte  annehmen,  sie  ent- 
wickeln nach  Erreichung  dieser  Tempe- 
ratur je  nach  Zufuhr  der  Wärmemenge 
mehr  oder  weniger  Dampf. 

Wärmedurchgang  von  Heizdampf 
durch  Metallblech  an  eine  siedende  Flüs- 
sigkeit. 


*  Die  Verschiedenheit  "h-r  Siedetemperatur 
der  FlüsHijrki'itcn  je  nach  der  Höhe  der  itenb- 
achtuupsHtationeii  iiher  dem  M«-ere><s|>H'gcl  sei 
hier  vernacbliwsigt. 


W  =  k.F.z  (ti  —  ti), 
wo  F  die  Heizfläche  in  qm 
z  die  Anzahl  Stunden 
ti  =  Temperatur  des  Heizdampfes 
t>  =  Temperatur  der  Flüssigkeit 

1 

Es  ist  k  =  1__L,  S_ 
ai  •  ««"•  X 
Hier  ist  «i  der  Wärmeübergangskoeffi- 
zient  von  Heizflächen  an  siedendes 
Wasser  oder  Dünnlauge  =  8000,  ttt 
für  Heizdampf  an  die  Heizfläche  «e  4  an- 
zunehmen ;  5  ist  die  Wanddicke  der  Heiz- 
fläche in  m;  >.  ist  der  Leitungskoeffizient, 
der  Tür  verschiedene  Stoffe  verschieden 
ausfällt. 

Nehmen  wir  z.  B.  an,  wir  hätten  es 
mit  eisernen  Heizrohren  von  5  mm  Stärke 
zu  thun,  so  ist  bei  Dünnlauge  und  Wasser- 
dampf, wenn  wir  l  —  60  für  Eisen  an- 
nehmen : 

 1  

k=    1       1  0,005 
8000+4  +  50 

k  =  r+^XX)  +  Ö8  =  4. 

 8ÖÖÖ   mi 

Hat  man  einen  Verdampfkörper  von 
100  qm  Heizfläche,  eine  Heizdampftempe- 
ratur von  112°,  eine  Dünnlaugenlemperatur 
von  62  0  so  ist  der  pro  Stunde  übergehende 
Wärmeverlust  durch  Strahlung  und 
Leitung  mittels  bewegter  Luft : 

W  =  4.100.1.  (112-62) 

W  =  400  .  50 . 

W  =  20000  WE. 
Es  mag  an  dieser  Stelle  genügen,  statt 
umständlicher  Rechnung  auf  die  Versuchs- 
resultate II  ES.  119  dieses  Werkes  hin- 
zuweisen, wonach  1  qm  nackter  Apparat- 
und  Rohrwandoberfläche  pro  Stunde,  je 
nach  der  Heiztemperatur  bis  2  kg  und 
mehr  Dampf  kondensirt,  dass  also  ein 
sehr  grosser  Wärmeverlust  stattfindet,  der 
indessen  durch  entsprechende  Umhüllung 
auf  Vs  bis  Ve  der  Verluste  nackter  Flächen 
heruntergezogen  werden  kann. 

Nach  dem  auf  S.  207  Gesagten  sind  zur 
Umwandlung  von  1  kg  Wasser  von  100° 
C  in  1  kg  Dampf  von  100"  C  r  =  536,5  WE 


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fc  tflRCHNßft.  DAS  PAPlÄH  HL  ß  u.       ZELLSTOFF.  20$ 


aufzuwenden.  Diese  Wärmemenge  wird 
man  bei  Kondensation  des  Dampfes  in 
Wasser  der  zu  erwärmenden  Flüssigkeit 
zuführen  kÖDBOD« 

Es  gelten  folgende  von  der  Erfahrung 
bestätigte  Sätze: 

1)  Die  Verdampfungsmenge  pro  Zeit- 
einheit bei  gleicher  Temperatur  ist  direkt 
proportional  der   Heizfläcbengrösse  des 

2)  Die  Verdampfungsmenge  pro  qm 
Heizfläche  in  der  Zeiteinheit  ist  direkt 
proportional  der  Temperatur  der  Heizfläche. 

3)  Die  Verdampfung  ist  bedingt  von 
dem  Material  und  der  Beschaffenheit  der 
Heizfläche.  Kupfer-,  Eisen-,  Blei-,  Thon, 
etc.  Heizflächen  haben  verschiedene  Ver- 
dampfmengen pro  qm  Heizfläche.  Es 
hängt  die  Verdampfmenge  mit  der  Leist- 
ungsfähigkeit des  Heizflächenmateriales  zu- 

4)  Heizdampf  einer  bestimmten  Tempe- 
ratur verdampft  stets  eine  Flüssigkeit,  deren 
Temperatur  unter  der  des  Dampfes  liegt. 

6)  Der  in  einem  geschlossenen  Gefäss 
aas  einer  Flüssigkeit  erzeugte  Dampf  hat 
gleiche  Spannung  und  gleiche  Temperatur, 
wie  die  Flüssigkeit,  aus  der  er  gebildet  ist 

6)  Die  Siedetemperatur  der  Flüssigkeit 
steigt  mit  der  Spannung  des  Dampfes  und 
fällt  mit  derselben.; 

7)  Jedem  konstanten  Druck  des  aus 
einer  Flüssigkeit  entwickelten  Dampfes  ent- 
spricht eine  bestimmte  unveränderliche 
Temperatur  der  Flüssigkeit  und  des  Dampfes. 

8)  Wird  der  Dampfdruck  über  einer 
Flüssigkeit,  z.  B.  durch  Kondensation  oder 
durch  Absaugen  der  Dämpfe  vermindert, 
so  erniedrigt  sich  dadurch  die 
Siedetemperatur  der  Flüssigkeit 

Denkt  man  sich  zwei  geschlossene  Siede- 
gefässe,  von  denen  das  erste  teilweise  mit 
dünner  kalter  Ablauge  angefüllt  und  in  wel- 
chem ein  geschlossenes  Heizrohr  Heiz- 
dampf von  Über  100*  C  ein-,  und  nur  Kon- 
densationswasser ausführend,  montirt  ist, 
so  wird  in  dem  Heizrohre  der  Dampf  durch 
die  kalte  Lauge  abgekühlt  oder  die  Lauge 
wird  durch  Aufnahme  der  Wärme  des 
Dampfes  erwärmt.   Im  Heizrohre  entsteht 


kondensirtes  Wasser  und  es  geht  die  ganze 
latente  Wärme  (a  kg  Wasserdampf  von 
100°  C=  536.5  WE)  in  die  Dünnlauge  über ; 
diese  kommt  allmählich  ins  Kochen  und  es 
entstehen  aus  ihr  Dämpfe  oder  Brüten. 
Leitet  man  diese  Brütendämpfe,  welche  die 
Temperatur  der  kochenden  Lauge  haben, 
in  ein  geschlossenes  Heizrohr  des  zweiten 
Gefässes  mit  kalter  Lauge ,  so  wird 
der  Inhalt  des  zweiten  Gefässes  ebenfalls 
erwärmt  werden,  bis  sich  schliesslich  auch 
in  ihm  Brüten  bilden ;  dies  um  so  leichter, 
je  niederer  der  Druck  in  diesem  Gefässe  ist. 
Den  niederen  Druck  im  zweiten  Laugen- 
ge fiss  kann  man  durch  einen  Kondensator 
oder  durch  eine  Luftpumpe  hervorrufen 
und  erreicht  dadurch  eine  leichte  Ver- 
dampfung. Man  kann  statt  zwei  auch 
drei  und  mehr  Gefässe,  mit  dieser  Heiz- 
vorrichfung  ausgestattet,  anordnen  und  die 
Wärme  der  sich  entwickelnden  Brüten- 
dämpfe von  Gefäss  zu  Gefäss  nutzbar 
machen. 

E.  C.  Howard  in  London  hat  schon 
1813  in  einer  Zuckerraffinerie  Londons 
die  Verdampfung  des  Saitwassers  durch 
Saftbrüten  durchgeführt.  Rillieux  hat  diese 
Verdampfung  um  1840  in  Zuckerfabriken 
Amerikas  vervollkommnet;  er  wandte 
mehrere  liegende  cylindrische  Gefässe  ähn- 
lich den  Lokomotivkesseln  an.  Tischbein 
führte  diese  letzteren  in  Europa  ein.  Zucker- 
fabrikant Robert  in  Seelowitz  ver- 
besserte diese  Apparate  in  der  Weise,  dass 
er  die  Cylinder  aufrecht  stellte,  in  jedem 
Cylinder  durch  zwei  Rohrwände  eine  Dampf- 
kammer bildete  und  diese  Rohrwände  mit 
vielen  vertikalen  Rohren  verband,  so  dass 
der  Saft  unter  und  über  den  Rohrwänden, 
sowie  in  den  Robren  selbst  stand.  Der 
Heizdampf,  resp.  die  Brütendämpfe  befanden 
sich  in  der  Heizkammer  um  die  Rohre 
herum. 

Soweit  bekannt  ist,  hat  die  Papierfabrik 
Niederkaufungen  bei  Cassel  1887  in  ihrer 
Strohstofffabrik  die  erste  Verdampfstation 
in  Deutschland  zur  Konzentration  von  Ab- 
laugen in  Gestalt  eines  Double-Effet  mit 
liegenden  Heizapparaten  eingerichtet ;  1888 
folgte  E.  Wartenberg  mit  seiner  Holzzell- 

lO-BograWl. 


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210  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


stofffabrik  zu  Wolfswinkel  mit  Apparaten, 
welche  stehende  Heizkammern  hatten.  In 
demselben  Jahre  stellte  die  Firma  J.  W. 
Zanders-Berg-Gladbach  einen  Yarganappa- 
rat  (liegendes  System)  in  ihrer  Strohstoff- 
fabrik auf,  der  noch  1901  in  gutem  Betrieb 
war.  Die  Vereinigten  Strohstofffabriken  in 
Coswig  (Sachsen)  bauten  1890  in  Tännicht 
ihre  erste  Verdampfstation  mit  stehenden 
Verdampfkörpern. 

Sowohl  die  liegenden  Apparate  (Heiz- 
dampf in  den  Röhren)  als  die  stehenden 
(Saft  oder  Lauge  in  den  Röhren)  werden 
bezüglich  ihrer  Leistung  sehr  gelobt  und 
haben  also  zum  Eindicken  unserer  Natron- 
laugen seit  14  Jahren  Eingang  gefunden. 
Die  stehenden  Apparate  (Robert)  haben 
indes  den  schätzbaren  Vorteil ,  dass  die 
aus  den  Laugen  sich  abscheidenden  Be- 
standteile wie  Pech,  Schlamm,  Mineralien, 
Alnkrusten  etc.  sieb  weniger  ablagern  und 
mit  Rohrschabern  und  Bürsten  leicht  ent- 
ern en  lassen,  während  in  den  liegenden 
Apparaten  das  mehr  und  schnellere  Ver- 
schmutzen die  gründliche  Reinigung  der 
Heizrohre  umständlicher,  zeitraubender  und 
teurer  macht. 

Man  hat  es  nun  nach  dem  Gesagten 
mit  Verdampfstationen,  deren  Körper 
stehenden  und  liegenden  Systeme« 
sind,    ferner    mit   Einkörper- Ver - 


dampfern  (Simple  -  Effet) ,  Zwei- 
körper-Verdampfern  (Double-Effet), 
Dreikörper  -  Verdampfern  (Triple  -  Effet) , 
Vierkörper- Verdampfern  (Quadruple-Effet), 
Fünfkörper- Verdampfern  (Quintuple-Effet) 
etc.  zu  thun.  Es  ist  auch  noch  zu  unterschei- 
den, ob  man  für  den  Betrieb  der  Verdampfer 
abgehenden  Dampf  von  Betriebsmaschinen 
oder  direkten  Kesseldampf  benutzt. 

Man  spricht  ferner  von  einer  Arbeit 
im  Gleichstrom,  einer  Arbeit  im 
Gegenstrom  und  neuerdings  auch  noch 
von  einer  Arbeit  im  Misch-Strom. 

Im  Gleichstrom  arbeitet  beispielsweise 
ein  Dreifach- Verdampfkörper  mit  den  Einzel- 
körpern I,  II  und  III  Fig.  75,  wenn  im 
Körper  I  die  dünnste  Lauge  eingepumpt 
und  die  Heizkammer  mit  abgehendem  oder 
frischem  Dampf  (früher  stets  mit  Abdampf  von 
110- 112°  C)  geheizt  wird.  DieBrütendämpfe 
von  I  heizen  die  Heizkammer  des  Körpers  II 
und  die  eingedickte  Lauge  von  I  wird  nach  II 
periodisch  oder  kontinuirlich  in  bestimmten 
Mengen  übergeführt.  Die  in  U  sich  ent- 
wickelnden Brüten  gehen  in  die  Heiz- 
kammer des  Körpers  HI,  die  noch  mehr 
verdickten  Laugen  von  K  gehen  periodisch 
oder  kontinuirlich  nach  III.  Aus  dem 
Dampfraum  des  Körpers  III  saugen  der 
Kondensator  und  die  erwähnte  Luftpumpe 
die  Brüten  fort,  es  entsteht  Gasverdünn- 


FiQ.  75.  Dreikörper-Verdampfer. 


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E.  KIRCHNEU.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.   ZELLSTOFF.  211 


ung  und  Erniedrigung  der  Siedetemperaturen 
nicht  nur  in  III,  sondern  auch  auf  die 
Körpern  II  und  I  zurückwirkend. 

Im  Gegenstrom  arbeiten  heisst,der  Dampf, 
resp.  die  Brüten  laufen  im  entgegengesetzten 
Sinne  der  Laugenbewegung.  Es  wurde  z.  B. 
die  Dünnlauge  in  den  Körper  I  eintreten  und 
durch  II  und  III  marschiren,  während  der 
Heizdampf  in  III  eintritt,  die  in  III  ent- 
stehenden Brüten  zur  Heizung  von  II 
dienen,  die  in  II  sich  bildenden  Brüten 
nach  I  gehen.  Vom  oberen  Dampfraum 
des  Verdampfkörpers  I  werden  die  sich 
bildenden  Brüten  durch  Kondensator  und 
Luftpumpe  abgesaugt. 

Die  Arbeit  im  Gegenstrom  geht 
für  unsere  Natronzell  st  offindustrien  mit 
ihren  dünnen  Laugen  gar  nicht  anzu- 
wenden, da  ein  so  starkes  Schäumen  der 
dünnen  Laugen  im  VerdampfkOrper  I  unter 
Vacuum  eintreten  würde,  dass  ein  solches 
Arbeiten  unmöglich  erscheint. 

Das  Verdampfen  im  gemischten 
Strome  (Gegenstrom  mit  Gleichstrom 
kombinirt)  hat  Schacht  seit  einigen  Jahren 
mit  Erfolg  in  Anwendung  gebracht,  um 
die  Aufarbeitung  der  Ablaugen  soweit  wie 
nur  irgend  möglich  in  geschlossenem 
Körper  vorzunehmen,  und  um  die  Ver- 
dampf-, resp.  Trockenöfen  zu  beseitigen. 
Mittels  gemischten  Stromes,  wobei  Schacht 
die  höchsten  Temperaturen  auf  die  dicksten 
Laugen  und  Mitteltemperaturen  auf  die 
dünnsten  Laugen  bringt,  gelingt  es  die  Ab- 
lagen bis  zur  höchsten  Dichte,  bis  zur  Pech- 
form in  geschlossenen  Körpern  abzutreiben . 

Abgesehen  von  den  durch  Schacht  ge- 
troffenen vorteilhaften  Neuerungen  ist  in- 
des, wie  schon  hervorgehoben,  heute  noch 
die  Regel,  im  Gleichstrom  zu  arbeiten, 
und  zwar  im  ersten  Körper  mit  etwa 
100-112°  C  Temperatur,  entsprechend 
0,5  Atm.  Ueberdruck  Spannung  anfangend 
und  mit  62— 65°  C  Temperatur  im  letzten 
Apparat  unter  Vacuum  von  etwa  0,75  Atm. 
unter  dem.  Luftdruck  (=  0,25  Atm.  Absolut- 
druck) endigend. 

Die  Differenz  zwischen  den  Tempera- 
turen im  ersten  und  letzten  Körper  nennt 
man  das  totale  Temperaturgefälle. 


Dieses  erreicht  also  in  der  Regel 
110—65  =  45°  C  bis  112—62  =  50°  C. 
Hat  man  einen  Vierkörper- Verdampfer , 
so  sucht  man  Temperaturen  von  110,  ^ö, 
80  und  65  in  den  Körper  I,  II,  III  und  IV 
zu  erhalten  und  sagt,  man  arbeitet  mit 
einem  Temperaturgefälle  von  15°C 
von  Körper  zu  Körper. 

Fig.  75  ist  ein  Dreikörper-Verdampf- 
apparat schematisch  dargestellt.  Körper 
I  wird  durch  Rohr  a  in  seiner  Heizkammer 
mit  abgehendem  Maschinendampf  versorgt, 
derselbe  hat  110°  C,  bei  1  tritt  Dünnlauge 
zu  und  läuft  in  kontinuirlichem  Strom 
durch  alle  drei  Apparate,  um  bei  o  kon- 
zentrirt  nach  den  Dicklaugenvorratsge- 
fässen durch  Pumpe  oder  Montejus  mit  Kom- 
pressor abgeführt  zu  werden.  Aus  den  Heiz- 
kammern fliesst  bei  d  reines  Kondensations- 
wasser, bei  e  undf  dieBrüten-Kondensate.  Die 
Wärme  des  reinen  Dampfkondensates  aus 
Heizkammer  I  kann  bei  Verwendung  zur 
Dampfkesselspeisung ,  die  Brütenwärme 
durch  Schaffung  von  warmem  Wasser  in 
einem  Kühler  nutzbar  gemacht  werden. 
Die  weiten  Rohre  b  besorgen  die  Ueber- 
führung  der  Brütendämpfe  von  I  nach  II 
und  II  nach  III.  Das  Rohr  c  führt  die 
letzten  Brüten  in  die  Kondensationsein- 
richtungen, welche  für  Natronlaugenein- 
dickung noch  mit  einer  Luftpumpe  ausge- 
stattet sind.  Die  beobachteten  Temperatur- 
gefälle  erkennt  man  an  den  eingeschriebenen 
Graden  Celsius. 

Machen  wir  uns  einmal  ein  klares  Bild 
über  die  Wirkungsweise  eines  Dreikörper- 
Verdampfapparates,  der  mit  abgehendem 
Dampf  von  etwa  0,5  Atm.  Ueberdruck  = 
1 10°  C  Temp.  geheizt  wird. 

Zunächst  ist  zu  erwähnen,  dass  es  vor- 
teilhaft ist,  wo  das  angeht,  den  abgehenden 
Dampf  einer  Eincylinder-Betriebsmaschine 
ohne  Kondensation  zur  Heizung  der  Ver- 
dampfstation zu  benutzen,  anstatt  etwa  eine 
Compoundbetriebsmaschine  mit  Kondensa- 
tionanzulegen und  zum  Heizen  der  Verdampf- 
station frisch  erzeugten  Kesseldampf  (viel- 
leicht vorher  reduzirt)  zu  verwenden.  Eine 
norddeutsche  Strohstofffabrik  mit  einer 
90    PS.    eff.  Eincylinderdampfmaschine 


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212  E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.    HI.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


6  Ätna.  Ü.  Frisch  dampf,  0,5  Atm.  Ü.  Abdampf 
arbeitend,  braucht  stündlich  ä  PS.  19  kg 
Dampf,  also  90.19  =  1710  kg  Dampf; 
rechnen  wir  davon  3*/o  Dampf  in  den 
Leitungen  verloren  gehend,  so  bleiben 
1660  kg  Abdampf. 

Bei  Kondensation  dieses  Dampfes  1 10°  C 
in  Wasser  von  110°  C  werden  pro  kg  Dampf 
529  WE  als  latente  Wärme  frei,  also  in  der 
Verdampfstation  werden  nutzbar  gemacht 
werden  können  1660.529  =:  878 140  WE; 
dabei  hat  der  Dampf  vorher  in  der  Dampf- 
maschine 90  PS.  efif.  geleistet 

Eine  90  PS.  eft  Compound -Dampf- 
maschine mit  Kondensator  braucht  a  PS- 
und  Stunde  allerdings  nur  10,5  kg  Dampf 
gleicher  Spannung,  also  die  Maschine  braucht 
zur  Entwickelung  der  90  PS.  pro  Stunde 
90.10,5  =  945  kg  Dampf. 

Wenn  wir  für  die  Verdampfstation 
6  Atm.  0.  Frischdampf  in  einer  Menge  zu- 
führen, dass  878140  WE.  frei  werden,  so 
ist  au  erwähnen,  dass  1  kg  6  Atm.  Ü. 
Frischdampf  656,5  WE.  Gesamtwärme,  1  kg 
Condensationswasser  110«  C  111,5  WE 
Flüssigkeitswärme  enthält,  dass  also  1  kg 
Frischdampf  545  WE.  der  Verdampfstation 

zuführt  Für878140  WE.  sind  -^jp  = 

1611  kg  von  6  Atm.  0.  Dampf  nötig. 

Man  braucht  also  im  letzten  Falle 
945 -f- 1611  =  2556  kg  Dampf,  arbeitet  also 
um  etwa  850  kg  Dampf  pro  Stunde  un- 
günstiger, als  wenn  man  wie  zuerst  ab- 
gehenden Dampf  benutzt. 

diesem  Grunde  hat  man  auch  fast 
bis  auf  die  erwähnte  Ausnahme 
der  Schacht'schen  Arbeitsweise  die  V  e  r  - 
dampfstationen  mit  abgehenden  Ma- 
schinendämpfen geheizt. 

Die  thataächliche  Leistung  einer  Ver- 
dampfstation und  die  Erklärung  der  Wirk- 
ungsweise der  Einzelapparate  im  Gleich- 
strom sei  an  einem  Versuchsbeispiel  er- 
läutert, wie  es  Schacht  dem  Verfasser  vor 
längerer  Zeit  mitteilte. 

Eine  Verdampfstation  mit  3  Körpern 
(ä  75  qm)  von  225  qm  Heizfläche  bewäl- 
tigt in  24stündigem  Betriebe  100  cbm. 
Düunlauge  von  4Vi-6l/i 9  B  und  50-60°  C. 


Von  4166  1  dieser  Dünnlauge  pro  Stunde 
durch  den  Apparat  geführt  verbleiben  566 1 
Lauge  von  28-30»  B  bei  60-65«  C 
Temperatur. 

Somit  sind  3600  1  Wasser  pro  Stunde 
oder  pro  Minute  60  1  Wasser  aus  69,43  1 
Dünnlauge  verdampft.   Es  laufen  aus  der 
Heizkammer  des  Apparates  I  pro  Minute 
25  1  Kondensationswasser  ab,  also  sind 
in  die  Heizkammer  25  kg  Dampf,  mit  HO9  C 
Temperatur  eingeführt.  Es  sind  dabei  frei  ge- 
worden (s.  GL  auf  S. 207  8.  Zeile  v.  unten*) 
25.(6O7-0,708t)=25.529,2=  13280  WE. 
Die  69,43  1  Lauge  sind  von 
66  auf  94  •  C  erwärmt,  dazu 
sind  rund  69,43.39  WE  er- 
forderlich s  2708  WE 

Für   die  Verdampfung  pro   

Minute  bleiben  frei  =  10522  WE 

diese  verdampfen  im  I  Körper 

_  ^  19  43  1 

607-0,708.94  ' 

Wasser.  In  den  11  Korper 
treten  69,43—19,43  =  50  1 
Lauge,  deren  Temperatur  von  94 
auf  81  *  abfällt,  dadurch  wer- 
den frei  50.(94 -81)  =650  WE 
ausser  obigen  10522  WE  bei 
Kondensation  der  Brüten  aus  I  =  1 1 172  WE 
frei  werden ;  diese  verdampfen 
im  Apparat  II 

607-0,708.81  =  20,31  1 
W  ass  er. 

In  den  III  Körper  treten  pro  Mi  - 

nuleöO— 20,31=29,691  Lauge, 

deren  Temperatur  von  81  auf 

65*  also  um  16°  C  abfällt, 

dadurch  werden  29,69 . 16  = 

475  WE  frei,  welche  den  durch 

die  Brüten  überführten  11172 

WE  zugezählt  werden  müssen  =  11647  WE, 

diese  verdampfen'wieder 

41647  _  ^  7.  . 
607-07,08765  "  1 
Wasser. 

Diese   Rechnung  ergibt 


Dort 


r  -  (607-  0,708  t)  WE. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  ß  u.  C.  ZELLSTOFF. 


■213 


die  Gesamtwasserverdampfung 
19,43  +  20,32  +  20,75  = 
60,5 1,  was  mit  der  Beobacht- 
ung der  60  1  Verdampfung 
sehr  genau  übereinstimmt  und 
für  die  Vorzüglichkeit  des 
Apparates  spricht 

Ist  die  Bestimmung  des  Heizdampfes 
25  kg  pro  Minute  genau,  so  hätte  1kg 
Abdampf  von  110*  G  2,4  kg  Wasser 
aus  den  Laugen  verdampft. 

1  qm  Apparatheizfläche  dickt  pro  Stunde 
4166 

7,25-  =  18,5  1  Dünnlauge  ein  und  ver- 
dampft 16  1  Wasser. 

Es  interessirt  noch  die  Höhe  des  Wärme- 
durchganges pro  1  qm  Apparatheizfläche 
pro  1*  Temperaturgefälle  pro  1  Minute 
(der  Wärmetransmissionskoeflizieot)  kennen 
xu  lernen.   Derselbe  ist  bei  Apparat 

I  II  II 

18230    •• «,  10521  11172   „  OI 

106  ~  '    '  13775=,0>79;  MTb'**1 

Freilich  erscheint  die  Messung  der  nutz- 
bar gemachten  Wärme  der  Abgangsdämpfe 
insofern  geschmeichelt,  als  es  schwer  fällt, 
das  Kondensationswasser  des  Abdampfes 
aus  der  Heizkammer  I  ohne  Verlust  zu 


bestimmen.  Es  muss  thatsächlich  auch 
mehr  Wärme  als  die  bezeichnete  vor- 
handen sein,  da  durch  Leitung  und  Strahl- 
ung nicht  unbedeutende  Mengen  Wärme 
verloren  gehen.  Immerhin  durfte,  (wie 
sich  Verfasser  auch  noch  kürzlich  1901  in 
einer  Strohstofffabrik  überzeugte)  in  vor- 
geführtem Falle,  wo  13230  WE  pro  Minute 
783800  WE  pro  Stunde  zur  Verdampfung 
des  Wassers  aus  4166  1  Lauge  nutzbar 
werden  sollen,  der  Abdampf  der  90  PS. 
Eincylinder-Dampfmaschine  (S.  212)  mit 
seiner  1710.529  =  994590  WE  latente 
Wärrae  Igenügeo,  um  die  Eindickarbeit  von 
4Vt-5'/i°  B  auf  28-32  0  B  zu  vollbringen. 

Schacht  stellte  ferner  die  Resultate  eines 
6  ständigen  Versuches  über  Frischdampf-  resp. 
Kohlenverbrauch  einer  ähnlichen  im  Gleich- 
strom arbeitenden  Dreikörper- Verdampf- 
station, wo  jeder  Körper  100  qm  Heiz- 
fläche hatte,  wie  folgt  zusammen.  Es  wurden 
Dönnlaugen  einer  Strohstoff  fabrik  eingedickt. 

Ein  Dampfkessel  lieferte  auf  eine  Stunde 
berechnet  bei  einer  Verfeuerung  von 
713Vi  kg  Braunkohle  (4,64  fache  Verdampf- 
ung, entsprechend  413*'«  kg  Steinkohle 
8  facher  Verdampfung)  3310  kg  Dampf  von 
5,45  Atm.  Ü. 


Uebersicht  der  Vorgänge  im  Triple-Effet. 


I  Körper 


II  Körper 


III  Körper 


Kondensator  und 


Heiz- 
kammer 

Steigraum 

Heiz- 
kammer 

Steigraum 

Heiz- 
kammer 

Steigraum 

Luftpumpe 

Druck : 

Druck: 

Druck : 

Druck : 

Druck : 

Unterdruck;!  Oberflüehen-Konden- 

2,38  Atm. 

0,95  Atm. 

0,90  Atm. 

0 

0 

56,8  cm 

sator-Kühl  wasser  von 

Temp.: 

Temp. : 

Temp. : 
101,15°  C 

Temp. : 

Temp. :  crc 

17V*0  C  Temperatur 

125»  C 

117,5°  C 

98 

60°  C 

erwärmte  sich  auf 

lieferte 

empfing 

lieferte 

lieferte 

Es  blieben 

34°  C. 

3310  1 

8653  1 

3070  1 

2115  1 

653  1  : 

An  flössigen  und 

Wasser 

5,2  t  Be 

Brüten 

Lauge 

Brüten 

Lauge 

dampfförmigen  Brü- 

von 

50,7»  C 

97,2°  C 

verdickte 

85°  G 

37°  Be 

ten  wurden  noch  ent- 

100» C 

verdickte 
auf 

auf 
11,2°  Be 

68°  C 

lernt  2815  1,  als  Was- 
ser berechnet. 

5,43°  Be 

84,15°  C 

76,4«  C 

Daraus  berechnet  sich  die  latente  Wärme 
310  (607  -  0,708.125)«  1760000  WE. 


Mit  dieser  Wärme  sind  also  8000  1  Brüten 
bei  dreifacher  Verdampfung  unter  Zuhilfe- 


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21  ',■ 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


nähme  von  Kondensatoren  und  Luftpumpe  verdampft.  Mitbin  ergeben  sich  nach- 
stehende Leistungen  pro  Stunde 

1  qm Heizfläche desTriple-EITet  :28,8t  1  Laugeneindickung  in  26,66  1  Brüten,  2,18  Dicklauge 
1  kg  Braunkohle  dickte  ein  :    12,06  1  Lauge,  verdampfte  11,22  1  Wasser 

1  kg  Steinkohle  dickte  ein :     20,9   1  Lauge,  verdampfte  19,37  1  Wasser 

1  kg  Dampf  dickte  ein  :  2,61  1  Lauge,  verdampfte   2,41  1  Wasser 


Wir  erkennen  aus  den  Beispielen 
deutlich  den  Fortschritt  durch  An- 
wendung dieser  Mehrfach  -  Verdampfer 
beim  Eindicken  dünner  Ablaugen.  Freilich 
muss  berücksichtigt  werden,  dass  solche 
Anlagen  grosse  Kapitalien  kosten,  und  dass 
deren  Verzinsung  und  Amortisation  mit  in 
Rechnung  gezogen  werden  müssen.  Aber 
man  gewinnt  auch  nebenher  viel  warmes 
Wasser  für  die  Fabrikation  und  bei  ratio- 
neller Einrichtung  viel  Wärme  durch  gute 
Verbrennung  der  Dicklaugen. 

Einen  Ueberblick  des  Gesamtkohlenver- 
brauches  für  die  Natronsalzregenerirung 
gewinnt  man  aus  folgenden  Angaben. 

Eine  grosse  Strohstofffabrik  gewinnt 
bei  einer  Jahresproduktion  von  nahezu 
5000  t  Strohstoff  etwa  50  000000  1  Dünn- 
lauge in  4'/»— ö'/s*  B  Stärke  und  ergeben 
sich  daraus  etwa  5000000  1  Dieklage 
in  40  0  B  Stärke  bei  15  0  C  gemessen.  Sie 
verdampft  die  45000000  1  Wasser  unter 
Aufwendung  von  etwa  1500  t  Steinkohlen 
für  die  ganze  Wiedergewinnung. 

Die  Einrichtung  ist  derart  getroffen  : 

Der  erste  Verdampfer,  aus  Körper  I 
und  II  bestehend,  wird  mit  frischem  Wasser- 
dampf von  3  Atm.  Ü.  eines  hinter  dem 
Schmelz-  und  Eindickofen  plazirten  Wasser- 
rohrenkessels geheizt,  der  sich  in  I  und 
II  entwickelnde  Brütendampf  heizt  Ver- 
dampfkörper III,  der  hier  entstehende 
Dampf  heizt  Verdampfkörper  IV. 

Der  erwähnte  Dampfkessel,  der  den 
Dampf  von  3  Atm.  Ü.  für  die  Verdampfer 
I  und  II  liefert ,  wird  nur  mit  reinem 
Wasser  und  zwar  in  der  Hauptsache  mit 
dem  Kondensationswasser  aus  den  Heiz- 
kammern der  Verdampfer  I  und  II  gespeist. 
Man  hat  es  nach  obigen  Angaben  soweit 
gebracht,  mit  Aufwand  von  0,9  t  Stein- 
kohl e  auf  1  t  gebleichten  Strohstoff  unter 
Mitausnützung  des  Heizwertes  der  orga- 
nischen Bestandteile  der  Kocher  ablaugen 


und  der  Kocher-Abstossdampfwärme  die 
Regenerirung  der  Natronsalze  resp.  die 
Herstellung  der  Sulfatschmelze  aus  4Vi  bis 
5Vs°  B  Strohablaugen  durchzuführen. 

Den  Bau  der  Verdampfkörper  betreffend, 
so  haben  sich  im  Laufe  der  Zeit  dafür 
(olgende  allgemeine  Regeln  ergeben: 

1)  Die  Heizfläche  der  Verdampfkörper 
sollte  so  gross  wie  möglich  ge- 
nommen werden,  da  die  Schnellig- 
keit der  Verdampfung  dadurch  be- 
dingt wird, 

2)  Der  über  der  siedenden  Flüssig- 
keit verbleibende  Dampfraum  darf 
nicht  zu  klein  sein,  weil  sonst  ein 
Mitreissen  von  Schaum  und  Flüs- 
sigkeit eintritt. 

3)  Die  Verbindungsröhren  vom  Dampf- 
raum der  Körper  zur  Heizkammer 
des  folgenden  Körpers  müssen 
recht  weit  sein,  damit  der  Dampf- 
strom eine  geringe  Geschwindig- 
keit erhält,  wodurch  das  Mitreissen 
von  Flüssigkeit  entfällt. 

4)  Wenn  nötig  müssen  zwischen  den 
Einzelkörpern  und  zwischen  dem 
letzten  Körper  und  der  Konden- 
sationseinrichtung besondere  Appa- 
rate eingeschaltet  werden,  welche 
mitgerisseneLaugenteile  absondern, 
ansammeln  und  zurückleiten. 

5)  Die  Verdampfkörper  sowie  die 
weiten  Rohrleitungen  und  die  event 
eingeschalteten  besonderen  Appa- 
tate  müssen  mit  möglichst  wirk- 
samer Wärmeschutzmasse  be  - 
kleidet  werden. 

In  wieweit  diese  Regeln  für  Eindicken 
von  Natronlaugen  eingehalten  sind,  wird 
im  Folgenden  an  bewährten  Einrichtungen 
gezeigt. 

Bauart  der  Mehrkörper-Verdampfstationen. 

In  der  Natronzellstoffindustrie  haben 
wie  schon  bemerkt,  sowohl  die  stehenden 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


a 

Is  auch  die  liegenden  Mehrkörper-Ver- 
dampfcr  Eingang  gefunden  und  haben  beide 
Systeme  Vor-  und  Nachteile  aulzuweisen. 
Den  Hauptvorteil  einer  grossen  Kohlen- 
ersparnis haben  beide  Systeme  gemein. 

Die  stehenden  Mehrkörper-Verdampfer 
(System  Robert), 
welche  bei  uns  in  Deutschland  mehr  Ver- 
breitung als  die  liegenden  fanden,  gaben 
im  Betriebe  bei  Verarbeitung  von  Dünn- 
laugen zunächst  zu  einer  starken  und 
lästigen  S  chaumbil  dun  g  Veranlass- 
ung. Das  Schäumen  veranlasst  Laugen- 
verluste, Verschmutzung  der  Heizfläche 
und  des  Kondensators,  infolge  davon  nicht 
genügendes  Ausnützen  der  Heizkörper  und 
mannigfache  Betriebsstörungen.  Einige 
Abhilfe  schafften  die  sog.  Rieselkörper, 
deren  Prinzip  auf  einem  Berieseln  langer 
Heizrohre  in  verhältnismässig  hohen  Kör- 
pern beruht.  Diese  Rieselkörper  wurden 
von  den  Metallwerken  vorm.  J.  Aders  in 
Neustadt-Magdeburg ,  Hallstrüm-Nienburg , 
Haacke  &  Scballehn-Magdeburg  etc.  etc. 
eingeführt.  Die  Rieselkörper  arbeiten  in 
der  Tbat  schaumfrei,  aber  das  völlige  und 
gleichmässige  Berieseln  der  Rohre  ist 
schwierig  und  diese  Apparate  neigen  stark 
zu  Inkrustationen  der  Rohre,  was  ihre 
Leistung  bedeutend  herabmindert.  Man 
bat  daher  die  Anwendung  der  Rieselkörper 
vielfach  wieder  aufgegeben,  besonders  nach- 
dem andere  bessere,  wenig  Schaum  bildende 
Körper  von  Heckmann- Berlin  und  Neu- 
bäcker-Danzig  auf  den  Markt  gekommen 
sind. 

Den  im  Körper  I  aus  den  Dünnlaugen 
sich  massenhaft  bildenden  Schaum  im 
Moment  des  Entstehens  zu  zerstören,  eine 
energische  Zirkulation  im  Apparate  zu  er- 
zwingen, dadurch  sämtliche  Verluste  und 
Betriebsschwierigkeiten  zu  vermeiden,  volle 
Befüllung  und  Ausnutzung  der  Hei/flächen 
zu  ermöglichen  und  die  Heizflächen  nach 
Möglichkeit  von  angesetztem  Schlamm  frei 
zu  halten,  ist  der  Zweck  der  neuen  Appa- 
rate von  Paul  Neubäcker ,  Danzig.  D.  R. 
P.  110972. 

Fig.  70  zeigt,  dass  Neubäcker  im  Dampf- 
raum seiner  Apparate  einen  Zwischenboden 


215 


Fig.  76.   P.  Neubäcker.   D.  R.  P.  110  972. 


(auch  Schaumplatte  genannt)  anordnet,  der 
durch  ein  Kinhängerohr  mit  dem  Flüssig- 
keitsraum unten  in  Verbindung  steht. 

Mehrere  durch  Ventilteller  besonderer 
Konstruktion  abgeschlossene  Stutzen  führen 
von  diesem  Boden  nach  oben. 

Bei  eintretender  Verdampfung  werden 
zunächst  die  entstehenden  Dämpfe  durch 
den  Zwischenboden  so  lange  am  Entweichen 
gehindert,  bis  der  allmählig  sich  steigernde 
Druck  genügt,  um  die  Ventilteller  zu  heben. 

In  diesem  Augenblick  treten  die  Dämpfe 
aus  dem  Dampfraum  unter  dem  Zwischen- 
boden in  den  Damplraum  über  demselben, 
die  Dampfblasen  expandiren  hierbei  um 
Federspannung  der  Ventile,  die  Schaum- 
bläschen platzen ,  die  frei  werdenden 
Dämpfe  entweichen  nach  oben,  die  Flüssig- 
keitsteilchen fallen  in  Tropfenform  nieder 


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[ 


216 


E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III.  B  a.  C.  ZELLSfOFF. 


und  (Hessen  durch  das  Einhängerohr  zum 
Flüssigkeilsraum  des  Apparates  zurück. 

Da  sämtliche  Scbaumbläschen  diese 
Expansion  durchmachen  müssen,  so  ist  die 
Wirkung  eine  vollständige,  die  Schaumbläs- 
chen werden  sämtlich  zerteilt. 

Je  mehr  Schaum  die  Laugen  entwickeln, 
um  so  mehr  Flüssigkeit  wird  bei  der  Ex- 
pansion der  Schaumbläschen  abgeschleudert 
und  um  so  stärker  wird  die  Zirkulation. 

In  den  Vereinigten  StrohstofT- Fabriken 
in  Coswig  i.  S.  beispielsweise  war  diese 
Cirkulation  so  gross,  dass  das  Einhänge- 
rohr von  350  mm  1.  W.  die  abgeschleuderte 
Flüssigkeit  nicht  zu  fassen  vermochte. 

In  der  Altdamm-Stahlhammer  Holzzell- 
stoIT  und  Papierindustrie  Altdamm  wurden 
die  beiden  ersten  Körper  eines  Quadruple- 
Effets  nach  dem  Patent  Neubäcker  umge- 
baut, und  die  Verdampfleistung  ist  dort 
nach  dem  Umbau  fast  auf  das  Doppelte  ge- 
stiegen, der  Schaum  hat  sich  auch  au» 
den  Ablaugen  verloren,  welche  bei  Ver- 
arbeitung ganz  nasser  Hölzer  resultirten. 
Die  Kondenswässer  aus  sämtlichen  Appa- 
raten laufen  vollständig  klar  und  ohne  Bei- 
mengungen von  Laugen  ab. 

Die  dem  Verfasser  vorliegenden  Zeug- 
nisse der  Direktion  einer  Strohstoff-  und 
dem  Oberingenieur  einer  Holzzellstoff-Fabrik 
bestätigen  in  vollem  Umfange  das  oben 
Gesagte.  Nach  Einbau  der  Neubäckerschen 
Schaumplatte  ist  der  früher  störende  Ver- 
luste mit  sich  bringende  Schaum  gänzlich 
beseitigt  und  ein  rationelles  Verschaffen 
auch  dünner  Laugen  ermöglicht.  Bei  Vier- 
körper-Verdampfapparaten (Quadruple-Ef- 
fet)  hat  sich  der  Einbau  in  den  zwei  ersten 
Körpern  sebr  gut  bewährt. 

Mit  dem  Bau  von  Verdampfapparaten 
für  Zellstofflaugen  beschäftigen  sich  in 
Deutschland  und  im  Auslande  mehrere 
grössere  und  kleinere  Firmen. 

Genannter  Ingenieur  Paul  Neubäcker 
besitzt  in  Danzig  eine  Kupferschmiede  und 
Apparate-Bauanstalt  und  fertigt  diese  Ap- 
parate. 

In  entgegenkommender  Weise  stellten 
ferner  die  Metallwerke  vormals  J.  Aders 
A.-G.  Neustadt-Magdeburg  nachfolgenden 


Plan  einer  Tri  ple- Effet -Anlage  zur  Ver- 
fügung. 

Taf.  77  Fig.  1-2  aufS.  217  zeigt  den  Drei- 
körper-Verdampfapparat im  Aufriss  mit  teil- 
weisen Schnitten  und  Grundriaa. 

Beim  Projekt  war  angenommen,  dass 
in  24  Stunden  110  cbm  Dünnlauge  von 
12  »Be  auf  30°  Be  einzudicken,  oder  etwa 
66  cbm  Wasser  zu  verdampfen  sind.* 
Beschreibung  des  J.  Aders'schen  Apparates. 

Der  Apparat  besteht  aus  3  auf  einer 
Tribüne  montirten  Verdampfkörpern,  jeder 
2100  mm  Durchmesser  und  135  qm  Heiz- 
fläche in  Stahlröhren.    Jeder  einzelne 
Körper  besteht  aus  einem  unten  befind- 
lichen Röhrenkörper,  der  Heizkammer,  und 
aus  einem    darüber  befindlichen  cyiind- 
rischen  Raum,  dem  Kochraum.  Der  Appa- 
rat arbeitet  in   der  Weise,  dass  dem 
I  Körper  Maschinenabdampf  oder  direkter 
Kesseldampf  zugeführt  wird.  Mit  dem  im 
Laugenraum  dieses  Körpers  sich  bildenden 
Brütendampf  wird  der  zweite  Körper  ge- 
heizt und  mit  dem  Brütendampf  des  II 
Körpers  der  III  Körper.  Die  Brütenleil- 
ung,  welche  die  einzelnen  Körper  verbindet, 
ist  so  eingerichtet,  dass  man  beliebig  einen 
Körper  ausschalten  (behufs  Reinigung)  und 
mit  den  andern  beiden  Körpern  weiter 
arbeiten  kann.  Um  ein  Ueberreissen  der 
Lauge  zu  verhüten,  ist  über  jedem  Körper 
noch  ein   sogenannter  Uebersteiger  mit 
Lauge-Rückleitung  angebracht.  Im  I  Körper 
ist  ausserdem  die  Neubäckersche  Vorricht- 
ung zur  Verhütung  des  Ueberschäumens 
vorgesehen.  Vom  letzten  Körper  geht  der 
Brütendampf  nach  dem  Oberflftchenkon- 
densator.   Dieser  ist  als  Gegenstrom-Appa- 
rat so  eingerichtet,  dass  die  Brüten  und 
das  Kühlwasser  einen  dreifachen  Weg 
durch -den  Kondensator  machen  müssen, 
und  zwar  der  rationellen  Ausnutzung  des 
Wassers  wegen,  in  entgegensetzter  Richt- 
ung.   Von  dem  Oberflächenkondensator 
geht  der  noch  nicht  kondensirte  Brüten 
nach  dem  nassen  Kondensator,  wo  der 

*  Nebenbei  sei  erwähnt,  dau  au*  den  rer« 
bleibenden  44  cbm  Dicklauge  30*  B  durch  einen 
rotirenden  Ofen  (wird  später  besprochen)  83440  kff 
verdampft 


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E.   KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Iii.  B  u.  C.   ZELLSTOFF.         •  2l7 


Taf.  77.   J  Aders  Verditnpfstatlon 


11.  Bogen  1901  ' 

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2 18  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


letzte  Rest  niedergeschlagen  wird.  Con- 
denswässer,  Einspritzwasser  und  die  nicht 
kondensirbaren  Gase  werden  von  hier 
durch  eine  nasse  Luftpumpe  abgesaugt» 
Diese  Luftpumpe  ist  direkt  mit  der  Kolben- 
stange der  Dampfmaschine  gekuppelt.  Die 
Dampfmaschine  treibt  durch  Riemenüber- 
tragung gleichzeitig  die  Kondenswasser-  und 
die  Laugenpumpe. 

Die  Metallwerke  vorm.  J.  Aders 
A.-G.  hat  als  erste  Anlage  vor  12  Jahren 
den  Dreikörper- Verdampfer  in  der  Zell- 
stofffabrik Altdamm  b.  Stettin  geliefert,  der- 
selbe ist  noch  heute  im  Betriebe ;  diesem 
folgten  weitere  Anlagen  in  Tännicht,  Rhein - 
dürckheim,  Dohna,  Stahlhammer,  Wolfacb, 
Gernsbach,  Königstein  in  Sachsen  u.  a.  m.; 
ferner  für  das^Ausland  Grycksbo  und  Skuts- 
kär  in  Schweden,  sowie  Moss  in  Norwegen. 

Alle  diese  Anlagen  wurden  stets  mit  dem 
für  die  zeitweiligen  Zwecke  besonders  ge- 
eigneten Nebenapparate  wie  Luftpumpen, 
Laugen  und  Brütenpumpen,  Kondensatoren, 
etc.  ausgerüstet. 

Die  Maschinenfabrik  Hallström  in  Nien- 
burg a.  d.  Saale  hat  ebenfalls  eine  Anzahl 
Verdampfanlagen  für  die  Zellstofftabrikation 
ausgeführt. 

Die  in  Deutschland  in  Betrieb  befind- 
lichen von  J.  Aders  in  Magdeburg  u.  a. 
gebauten  Verdampfstationen  haben  drei 
oder  vier  stehende  Körper  mit  verschiede- 
nen, den  gewünschten  Leistungen  ent- 
sprechenden Heizflächengrössen. 

Zu  den  früher  gegebenen  Beispielen  der 
Leistung  stehender  Verdampfkörper  S.  212 
bis  214  sei  noch  folgendes,  auch  aus  der 
Praxis  stammende  gefügt. 

Eine  Strohstofffabrik  hat  vier  Verdampf- 
körper in  Thätigkeit,  jeder  etwa 40  qm  Heiz- 
fläche zu  zwei  Zweikörper-Verdarapfern  ä 
80  qm  Heizfläche  gekuppelt.  Es  wird  Ab- 
dampf von  0,75  Atm.  D.  als  Heizdampf 
benutzt  und  145—150  cbm  Lauge  von  5  bis 
6°  Be  werden  auf  25/26  bis  30°  Be  im 
Gleichstrom  eingedickt.  Man  erreicht  ein 
Temperaturgefälle  von  88—40°  C  und 
arbeitet  mit  drei  gekuppelten  Körpern  un- 
günstiger. 

Die  Tab.  XI  S.  101  zu  Grunde  gelegt, 


leisten   die   beiden   Double -Effets  etwa 

123  cbm  Wasserverdampfung,  einer  derselben 

61,5  cbm  =  61500  1  Wasser  in  24  Stunden 

oder  2562 '/tl  in  1  Stunde.  Es  werden  also 

321/s  1  Wasser  in  einer  Stunde  pro  1  qm 

Heizfläche  der  Apparate  aus  den  Ablaugen 

verdampft.  Die  Kondenswasser  der  Körper  I 

werden  durch  Kondenstöpfe  selbsttbätig 

aus  denselben  entfernt,  die  Kondensate 

aus  den  Körpern  II  werden  durch  eine 

Brütenpumpe  abgesaugt.    Diese  Leistung 

erscheint  gegen  die  auf  S.  212  mitgeteilte 

60  .  60      4ß  .  ...  .  f 

22^  •  —  lo  I  Wasserverdampfung 

ä  qm  Heizfläche  und  Stunde  sehr 
günstig,  sie  übersteigt  sogar  noch  die  S.223/ 14 
mitgeteilte  26*/«  1  um  52/s  1,  trotzdem  Dampf 
von  2,38  Atm.  Ü.  dort  zur  Anwendung  kam. 

Verfasser  muss  die  Frage,  ob  für  Stroh- 
laugen der  Double-Effet  vielleicht  günstiger 
arbeitet,  als  der  Triple-Effet  (S.  212  und 
213),  oder  ob  andere  Umstände  in  den 
angelührten  Fällen  die  Ursache  waren, 
offen  lassen.  Es  scheint  besonders  auf  die 
Zirkulation  der  Lauge  im  Apparat  anzu- 
kommen, die  von  der  Konstruktion  des 
Verdampfers  bedingt  wird.  Das  Tempe- 
raturgefälle spielt  ja  jedenfalls  auch  eine 
wichtige  Rolle. 

In  England  sind  ebenfalls  stehende  Vier- 
körper-Verdampfer, vielfach  nach  Patent 
Chapman  in  Thätigkeit.  Cbapmans  Patente 
stammen  aus  den  Jahren  1888  und  1892 
und  beziehen  sich  auf  Selbstregulirung  der 
Saftstände  und  auf  die  Verdampfarbeit. 

Aus  einem  Kostenanschlag  von  1892 
und  Annoncen  der  90er  Jahre  erfährt  man 
folgende  Einzelheiten. 

Die  Anlage  besteht  aus: 
1  Dampfkessel  mit  Armatur, 
1  Kesselspeisepumpe  für  Wasser, 
1  Kesselspeisepumpe  für  Sodarohlauge, 
1  Vierkörper- Verdampfer  selbstrogulirbar 
(Patente  von  1888  und  1892)  zusammen 
446  qm, 

1  horizontaler  Oberflächenkondensator, 

1  Luftpumpe, 

1  Kühlwasserpumpe, 

1  Heisswasser  (Gondensat)  -Pumpe, 

1  Extrakt  ionsapparat    mit  selbstthätigen 


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E.  KIRCHNEH.   DAS  PAPIER    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


219 


Ventilen  und  Pumpe,  die  Dicklauge  in 
den  Ofen  zu  schaffen, 
Alle  Rohrleitungen  und  Verbindungsstucke. 

•  Das  Gewicht  wird  auf  142250  kg,  der 
Preis  auf  70000  M.  ab  England  angegeben. 

Die  Leistungsfähigkeit  wird  auf  etwa 
680000  1  Stroh-  und  Espartolaugen-Ein- 
dickung  in  sechs  Arbeitstagen  angegeben. 

Nach  Annoncen  in  englischen  Blättern 
sollen  sich  Ablaugen  von  3Vi*  Twaddle 
(ungefähr  2'/ 4°  B6)  noch  mit  Vorteil  im 
Chapman-Apparat  eindicken  lassen. 

Mit  1  t  Kohle  sollen  37  t  Wasser  mit 
dem  Apparat  zur  Verdampfung  kommen 
ond  die  Wärme  dieser  37  t  destillirten 
Wassers  (der  Kondensate!)  noch  ausnütz- 
bar sein. 

Auf  1  Tonne  wiedergewonnener 
Soda  brauchte  man  alles  in  allem  nur 
0,525  Tonnen  Kohle. 

Es  wird  in  Zeugnissen  besonders  lobend 
hervorgehoben,  dass  der  Apparat  sich  selbst 
regulirt  und  nicht  ansetzt  oder  sich  verstopft. 

Die  Maschinenfabrik  Tawatt  Preston  & 
Comp,  in  Liverpool  führt  Chapman-An- 
lagen  aus. 

In  Deutschland  hat  man  die  stehenden 
Verdampfkörper  durch  mancherlei  Ver- 
änderungen zu  höherer  und  vollkommenerer 
Leistungsfähigkeit  zu  bringen  gesucht. 

So  will  Victor  Lwo wski-Halle 
D.  R.  P.  827.rw  durch  geneigt  angeordnete 
Siederohrböden  Fig.  77  und  der  Siederohre 
eine  lebhaftere  Zirkulation  der  Laugen  und 
erhöhte  Verdampfung  erzielen. 

Durch  die  geneigte  Lage  der  Rohrböden 
ist  es  ferner  möglich,  die  leichteren  Gase 
der  Brütendämpfe  (Ammoniak  u.  dgl.)  am 
höchsten  Punkte  A  und  die  flüssigen  Brüten- 
kondensate  am  tiefsten  Punkte  N.  der  Heiz- 
kammer abzuführen. 

Dr.  H.  Classen  verbesserte  anfangs 
der  90er  Jahre  die  Leistungsfähigkeit  stehen- 
der Verdampfapparate  durch  Einhängen 
von  hohlen  Eisenrohren  oder  massiven 
Eisen-  oder  Holzstangen  in  die  vertikalen 
Rohre  der  Einzelverdampfkörper.  Für  Ein- 
dicken von  Zuckersäften  haben  sich  Holz- 
stangen gut  bewährt."^  Die  [auf  25  ja  30°/o 
erhöht  angegebene  Leistung  erklärt  sich 


Flg.  78.   V.  Lwowtki.  Verdampfapparat. 

aus  der  Verengung  des  Querschnittes  der 
Röhren  und  dadurch  erhöhte  Geschwindig- 
keit der  Saflbewegung. 

Ein  Heizrohr  von  45  mm  1.  Durchm. 
hat  einen  Querschnitt  von  15,90  cm ;  hängt 
man  durch  die  ganze  Länge  des  Rohres 
reichend  eine  Holzstange  von  35  mm 
Durchmesser,  so  wird  der  freie  Querschnitt 
ä  15,9—9,6  =  6,3  qm,  die  Geschwindig- 


keit des  Saftes  wird 


15.9 
6,3 


am  2Vi  mal  so 


gross  werden,  wenn  man  annimmt,  dass 
das  pro  Zeiteinheit  bewegte  Flüssigkeits- 
volumen  auch  bei  Verengung  der  Rohr- 
querschnitte dasselbe  bleibt,  was  wirklich 
der  Fall  zu  sein  scheint,  wenigstens  an- 
nähernd. 

Damit  die  Holzstäbe  centrisch  im  Rohre 
sitzen  bleiben,  schlägt  man  an  mehreren 
Stellen  auf  die  ganze  Länge  der  Stangen 
Stifte,  deren  Länge  dem  lichten  Durchmesser 
der  Rohre  entspricht,  und  je  einen  längeren 


220  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Stift  oben  und  unten  durch  die  aus  den 
Robren  etwas  vorstehe nden  Stangenenden. 

Es  hat  sich  ergeben,  dass  diese  Ein- 
hängestangen nur  in  den  ersten  Verdampf- 
körpern mit  den  Dünnsäften  von  Wirkung 
sind.  Die  Geschwindigkeit  der  Dicksäfte 
zu  erhöhen,  ist  nicht  nötig,  da  sie  ohnehin 
unter  Luftleere  wegen  starker  Dampfent- 
wickelung gross  ist.  Die  Geschwindigkeits- 
vergrösserung  könnte  sogar  bei  Dicksäften 
schädlich  werden,  indem  ein  Verspritzen  der 
Flüssigkeit  zu  befürchten  steht. 

Sind  in  den  Apparaten  grössere  Zirku- 
ationsrohre  für  Rückleitung  der  Säfte  be- 
sonders vorgesehen,  so  kann  man  alle 
Heizrohre  mit  solchen  Stäben  versehen. 
Fehlen  die  Zirkulationsrohre,  so  empfiehlt 
es  sich,  nur  s/a  der  Heizrohre  aussen  herum 
mit  Stäben  zu  versehen. 

Bei  einem  Dreikörper- Verdampfapparat 
150-  90—90  qm  Heizfläche  wurde  durch 
Einhängen  der  Stäbe  in  den  ersten  Körper 
die  Leistung  um  etwa  Vs  erhöht. 

In  Frankreich  hat  man  der  Anwendung 
dieser  Einhängerohre  besondere  Aufmerk- 
samkeit gewidmet. 

Dureau  schlug  emaillirte  Eisenstäbe 
zum  Einhängen  in  die  Heizrohre  vor  und 
erhöhte  die  Leistung  der  Verdampfapparate 
um  fast  25»/«. 

Lachaux  vergrössert  mit  der  Vereng- 
ung des  Querschnittes  gleichzeitig  die  Heiz- 
fläche der  Verdampfapparate,  indem  er 
doppelwandige  Robre  herstellt,  deren  äus- 
serer Mantel  von  aussen  und  deren  innerer 
Mantel  von  innen  geheizt  wird. 

Für  unsere  Natronlaugen  dürften  Eisen- 
rohre oder  Eisenstäbe  statt  Holz  Verwend- 
ung finden  müssen.  Jedenfalls  verdient 
die  durch  diese  Einhänger  von  mehreren 
Seiten  berichtete  Erhöhung  der  Leistung  der 
Verdampfapparate  für  Zuckersäfte  auch  die 
Aufmerksamkeit  der  Zellstofffabrikanten, 
welche  mit  stehenden  Verdampfern  arbeiten. 

Zu  den  stehenden  Verdampfapparaten 
gehört  auch 


Der  Rieselapparat  von  Ingenieur  J  Schwager* 

D.  R.  P.  53043,  55  453,  68599. 

Man  macht  den  stehenden  Apparaten 
zum  Vorwurf,  dass  die  Höhe  der  Flüssig- 
keit, welche  zu  verdampfen  ist,  die  Ver- 
dampfung erschwere  und  gibt  als  Vorzug 
der  liegenden  Apparate,  wie  wir  später 
nochmals  sehen  werden,  an,  dass  die 
Flüssigkeitsschicht  in  diesen  viel  niederer 
ausfalle,  als  in  den  stehenden. 

Schwager  wählt  nun  für  seinen  Ap- 
parat das  stehende  System,  wendet  aber 
durch  Heizung  der  Rohre  von  innen  und 
Berieselung  der  Rohre  mit  Lauge  von 
aussen  eine  verschwindend  kleine 
Höhe  der  Flüssigkeitsschicht  an. 

Die  Verdampfung  muss  sich  also  hier 
unter  sehr  günstigen  Bedingungen  voll- 
ziehen. Vor  allem  ist  hervorzuheben,  dass 
im  Schwager'schen  Rieselapparat  kein 
Schaum  entsteht.  Es  ist  selbstverständ- 
lich aücb  bei  Anwendung  dieses  Systems 
möglich,  den  Apparat  aus  zwei,  drei  oder 
mehr  Körpern  zusammenzusetzen  u.  es  haben 
sich  die  Schwager'schen  Mehrkörper-Ver- 
dimpfer  seit  einer  Reihe  von  Jahren  in 
der  Strohstofffabrik  Göritzhain  bei  Cossen 
in  Sachsen  und  an  anderen  Orten  gut 
bewährt. 

Das  Prinzip  der  Wirkungsweise  der 
Rieselkörper  und  deren  Bauart  ist  aus  der 
Skizze  Fig.  79  (s.  S.  221)  zu  ersehen. 

Ein  topfähnliches  rundes  Geläss  hat 
oberhalb  U  und  unterhalb  0  zwei  Rohr- 
böden, welche  durch  Rohre  R  verbunden 
sind.  An  die  obere  Rohrwand  schliesst 
sich  eine  Kammer  K,  welche  in  einiger 
Entfernung  um  die  Robre  herum  in  ihrem 
horizontalen  Boden  Stutzen  H  trägt.  Bei 
A  tritt  die  einzudickende  Lauge  durch  einen 
Stutzen  auf  diesen  inneren  Boden.  Das 

Blech  J  bewirkt  ein  ruhiges  Einströmen 
und  verhindert  ein  Verspritzen  der  Lauge. 

Ueber  die  oberen  in  einer  genau  horizon- 
talen Ebene  liegenden  Ränder  der  Stutzen 
H  fliesst  in  dünner  Schicht  die  Lauge  von 
aussen  an  den  Rohren  hinab,  dabei  findet 
eine  starke  Verdampfung  statt,  .die  einge- 

•  Adresse :  Berlin  8.  W.  46  Hallesche  Strasse 

Nro.  7. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER. 


i 


Flg.  79.  Schwagers  Aleselaftarat 


dickte  Lauge  fliesst  von  B  aus  einer  Pumpe 
zu  und  wird  durch  diese  in  die  gleiche 
Kammer  des  weiteren  Apparates  gehoben. 

Die  Heizung  der  Rohre  geschieht  vqn 
der  unteren  Kammer  U  aus,  indem  Dampf 
Brüten  oder  Feuerluft  des  Ofens  durch  den 
weiten  Stutzen  D  eintritt,  der  Rest  des 
Dampfes  oder  Brätens  wird  durch  Stutzen 
T,  an  welchen  sich  ein  Ventil  scbliesst, 
abgeleitet.  Wird  Heissluft  verwendet,  so 
gehen  die  abgekühlten  Heizgase  durch  den 
weiten  Stutzen  Ti  in  den  Schornstein  weiter. 
Durch  Stutzen  S  werden  die  Konden- 
sate aus  der  Kammer  U  abgeleitet  Die 
aus  den  Laugen  entstehenden  Brüten  wer- 
den durch  den  Stutzen  C  und  entsprechende 
Rohrverbindungen  in  die  untere  Kammer  U 
eines  weiteren  ebenso  konstruirten  Appa- 
rates geleitet,  um  zur  Heizung  resp.  zur  Ver- 
dampfung der  Laugen  in  diesem  zu  dienen. 


IU.  B  u.  C.   ZELLSTOFF.  221 


Statt  der  mehrfachen  Hintereinander- 
folge  mehrerer  Rieselapparate  hat  Schwager 
neuerdings  auch  mehrstufige  Verdampf- 
ungs-Anlagen nach  bekanntem  stehendem 
Heizrohrsystem  mit  Zirkulationsvorrichtung 
D.  R.  P.  115  256  und  anschliessendem  Riesel- 
apparat, der  zugleich  Verdampfer  und 
Kondensator  ist,  konstruirt.  Fig.  80  (um- 
stehende Seite  222)  gibt  die  Darstellung 
einer  solchen 

Fünfstufigen  Verdampf-Anlage  von 
Schwager. 

Den  ersten  4  Verdampfern  mit  stehen- 
dem Heizrohrsystem  ist  die  patentirte 
Zirkulationsvorrichtung  eingebaut,  vermöge 
welcher  die  einzudampfende  Lauge  durch 
den  Zwischenraum  des  zentralen  Doppel- 
wandungsrohres eintritt,  die  Innenwand 
dieses  Zentralrohres  kühlt  und  den  Auftrieb 
durch  die  einzelnen  Heizrohre  selbstthätig 
unterstützt,  während  die  Kühlung  des 
Centrairohres  den  Abtrieb  der  bebeizten 
Flüssigkeit  begünstigt.  An  die  vier  stehen- 
den Verdampfer  dieses  Systems  schliesst 
ein  Rieselapparat  Schwagers  an,  welcher 
gleichzeitig  als  Verdunster  und  als  Kon- 
densator wirkt  und  daher  kostenlos  eine 
fünfte  Verdampfungsstufe  liefert.  In  der 
Zeichnung  ist  der  Apparat  in  der  Form 
dargestellt,  dass  der  dem  vierten  Verdampf- 
Körper  oben  abziehende  Abdampf  dem 
Riesel-Apparat  unten  eingeleitet  wird,  die 
Rieselrohre  im  Innern  aufsteigend  durch- 
strömt, an  diese  seine  Dampfwärme  ab- 
gibt und  dadurch  kondenäirt  wird.  Die 
Kondensation  wird  dadurch  beschleunigt, 
dass  die  von  innen  mit  Dampf  beschickten 
Rohre  aussen  mit  Flüssigkeit  berieselt  und 
gleichzeitig  einem  Luttstrom  ausgesetzt 
werden,  welcher  stark  genug  bemessen 
sein  muss,  um  soviel  Wasserdunst  auf- 
nehmen zu  können,  dass  die  Verdunstungs- 
wärme und  die  zur  Erhöhung  der  Luft- 
temperatur verbrauchte  Wärme  zusammen- 
genommen der  Dampfwärme  entspricht, 
welche  der  Dampf  bei  seiner  Kondensation 
an  das  Innere  der  Rohre  abzugeben  hat. 
An  die  Luftkammer,  welche  oberhalb  des 
oberen  Rohrbodens  durch  das  Innere  der 
Kieselrohre  verbunden  ist,  schliesst  eine 


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222 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


I 

t 

{ 


Rohrleitung  an,  welche 
zur  Luftpumpe  führt 
und  die  in  dem  Dampf 
enthaltenen  nicht  kon- 
densablen  Gase  und 
die  durch  Undicht- 
heiten  eintretende  at- 
mosphärische Luft  zur 
Luftpumpe  ableitet, 
welch  letzlere  natür- 
lich gross  genug  be- 
messen sein  muss,  um 
diese  Gasmengen  fort- 
gesetzt dem  Apparat 
abzusaugen.  Diese 
Luftpumpe  kann  um 
mehr  als  ein  Diittel 
kleiner  sein,alssiesein 
müsste,  wenn  Kon- 
densation des  Dampfes 
auf  nassem  Wege  (also 
durch  Einspritzung) 
erfolgte ;  bei  gleich 
grosser  Luftpumpe 
würde  dieselbe  bei 
gleicher  Arbeit  ein  ent 
sprechend  höheres  Va- 
cuum  ergeben. 

Nach  der  Zeichnung 
wird  der  Luftstrom 
durch  einen  Ventilator 
erzeugt,  welcher  dem 
Innern  der  Fabnk- 
räume  warme  Luft  ab- 
saugt,  also  Zugleich 
diese  Räume  ventilirt. 
Dabei  besteht  der  Vor- 
teil der  nützlichen  Ver- 
wendung der  Fabrik- 
luftwärme ;  denn  je 
wärmer  der  Luftstrom 
ist,  welcher  die  Riesel- 
flächen bestreicht,  um 
so  mehr  Wasserdunst 
nimmt  er  auf  und  um 
so  mehr  wird  auch  die 
Kondensation  im'  Innern  der  Rohre  be- 
schleunigt. 

Das  Eigenartige  an'[dieser 'Anlage  aber 
besteht  darin,  dass  als  Rieselflüssigkeft 


nicht  ..Wasser,  sondern  Lauge  benutzt  wird, 
und  dass  durch  j  die  Verdunstung  des 
Wassers  aus  der  Lauge,  welche  die  Auf- 
nahme der  Dampfwärme  einerseits  und  die 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  ß  u.  C.  ZELLSTOFF. 


223 


Einwirkung  der  Luft  andererseits  veranlasst, 
zugleich  eine  der  Wasserabgabe  entspre- 
chende Eindickung  der  Riesellauge  bewirkt 
wird,  so  dass  in  der  That  eine  fünfte  Ver- 
dampfungsstufe dadurch  erreicht  wird,  dass 
der  Kond3nsator  zugleich  als  Verdunster 
wirkt  und  zu  dem  Zweck  mit  Lauge  be- 
,  schickt  wird. 

Man  kann  nun  den  Kondensator  aber 
auch  über  Dach  aufstellen  und  auf  diese 
Weise  den  Ventilator  und  dessen  Betriebs- 
kraft vollständig  sparen. 

Der  Kondensator  kann  natürlich  an 
jede  beliebige  Verdampfanlage  anschliessen, 
möge  dieselbe  ein-  oder  mehrstufig  die 
Wärme  wieder  benutzen. 

Auch  können  die  Verdampfapparate  jede 
beliebig  andere  als  die  hier  beschriebene 
Einrichtung  haben ;  selbstredend  kann  jeder 
dieser  Verdampf- Apparate  auch  wiederum 
ein  Rieseler  sein. 

Die  Zeichnung  bringt  noch  eine  beson- 
dere Einrichtung  zur  Anschauung,  vermöge 
welcher  die  Lauge  grösster  Dichte  mit  dem 
Dampf  höchster  Spannung  beheizt  wird. 

Bei  den  bestehenden  Verdampf-Anlagen 
bat  man  zwar  lange  schon  erkannt,  dass 
die  übliche  Anordnung,  vermöge  welcher 
die  dünne  Lauge  mit  dem  höchstgespannten 
Dampf  und  die  zunehmend  dickere  Lauge 
mit  Dampf  abnehmender  Spannung  und 
Temperatur  beheizt  wird,  nicht  genügt,  die 
Lauge  bis  zu  der  Dichte  einzudampfen, 
welche  für  die  Beschickung  des  Laugen- 
Ofens  vorteilhaft  ist.  Infolgedessen  hat 
man  zu  der  Aushilfe  gegriffen,  die  dicke 
Lauge  mit  hochgespanntem  Dampf  in  be- 
sonderen Apparaten  weiter  einzudampfen, 
wobei  natürlich  die  Dampfwärme  unge- 
nügend ausgenutzt  wird. 

Bei  der  vorliegenden  Anordnung  wird 
die  Dampfwärme  des  sämtlichen  Heiz- 
dampfes fünfstufig  (also  fünffach)  ausgenützt. 

Man  könnte  nun  einwenden,  dass  bei 
dieser  Anwendung  ein  paar  Pumpen  mehr 
erforderlich  sind,  welche  die  Lauge  von 
einem  zum  anderen  Körper  fördern;  da- 
rauf ist  zu  erwidern,  dass  aller  Kraftauf- 
wand, von  den  Teilen ,  in  welchen  die 
Dampfwärme  wie  hier  zu  Heizzwecken 


wieder  benutzt  wird,  nur  mit  höchstens  Vi 
in  Anrechnung  zu  bringen  ist,  während 
der  Vorteil  der  beschriebenen  Anordnung 
ungleich  grösser  ist ;  es  sei  aber  nochmals 
hervorgehoben,  dass  die  Vorteile  der  Riesel- 
Kondensation  mit  der  Verdunstung  der 
Lauge  im  Anschluss  an  jedes  beliebige 
Verdampfsystem  genülzt  werden  können, 
und  dass  diese  Vorteile  um  so  grösser 
sind,  je  kleiner  die  Zahl  der  Verdampfungs- 
stufen der  angeschlossenen  Anlage  ist. 

Die  liegenden  Verdampf ap parate. 

Sie  unterscheiden  sich  von  den  vorbe- 
sprochenen stehenden  Apparaten  durch  die 
horizontale  Anordnung  der  Heizrohre.  Die 
ältesten  Apparate  liegender  Konstruktion 
waren  ähnlich  den  Lokomotiv-  oder  L  »ko- 
mobilkesseln  konstruirt. 

Ein  liegender  Cylinderkessel  mit  hori- 
zontalen Heizrohren  durchzogen,  ist  rechts 
und  links  mit  Dampfkammern  versehen 
Im  Cylinderkessel  um  die  Rohre  herum 
befinden  sich  die  Säfte  oder  Laugen,  in 
den  Rohren  selbst  der  Heizdampf. 

Bei  Anwendung  dieser  Apparate  ist 
man  mit  der  Länge  der  Heizrohre  unbe- 
schränkt, was  bei  den  stehenden  nicht  der 
Fall  ist,  wo  die  Länge  der  Heizrohre  1  m  nicht 
viel  übersteigt.  Ein  weiterer  Vorteil  der. 
liegenden  Apparate  ist  der,  dass  die  Höhe 
der  Laugenschicht  niederer  als  bei  den 
stehenden  ausfällt,  besonders  wenn  man, 
wie  vor  Jahrzehnten  schon  F.  Wellner  und 
H.  Jelinek  D.  R.  P.  6958,  den  Verdampf- 
apparat kofferähnlich  gestaltet  und  Rohre 
und  Flüssigkeit  nur  im  unleren  flachen 
Teile  des  Apparates  anordnet.  Die  Erfinder 
erreichten ,  dass  die  Flüssigkeitsschicht 
nicht  höher  als  500  bis  600  mm  stieg.  Auf 
diese  Art  werden  die  bei  der  Heizung  sich 
entwickelnden  Dämpfe  das  Gewicht  der 
niederen  Laugenschichten  leichter  über- 
winden, ausserdem  finden  die  beim  Kochen 
mit  aufgerissenen  Flüssigkeitsteilchen  in 
dem  grossen  Dampfraum  Gelegenheit,  in 
die  Flüssigkeit  zurückzufallen.  Es  können 
2  und  mehr  dieser  Apparate  selbstver- 
ständlich zu  einer  Verdampfstation  kom- 

binirt  werden. 


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224 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Innenpfannen-Verdampf- 
apparat  D.  R.  P.  Müller 

Nr.  30  677  Kl.  89. 

Fig.  81  und  Fig.  82  S.  224 
zeigen  einen  Längsschnitt 
und  einen  Querschnitt  eines 
dieses  vorteilhaft  verbesser- 
ten Apparates  von  der  diese 
Apparate  ausführenden  Finna 
Fr.  Rassmuss,  Techn.  Ge- 
schäft ,  Magdeburg.  Eine 
mir  freundlichst  zugesandte 
Schrift  dieser  Pinna  sagt 
über  den  Apparat  wörtlich : 

Die  Anzahl  der  in  dem  Ap- 
parate angeordneten  Pfannen  be- 
trügt je  nach  der  Menge  des 
verdampfenden   Saftet  drei 


zu 


5 


Flg.  81.    Innenpfannen-Verdampfapparat  (Längsschnitt.) 


Flg.  82.    Innenpfannen  Verdampfapparat 
(Querschnitt.) 


oder  mehr  und  kann  der  Saft- 
spiegel jeder  einzelnen  Pfanne 
durch  seitlich  angebrachte  Schau- 
gläser  stets  genau  beobachtet 
werden. 

Der  Saft  wird  zunächst  der 
oberen  Pfanne  zugeführt  u.  tliesst 
von  hier  in  der  Richtung  der  Pfeile 
in  die  unteren.  Dieser  Saftlauf  er- 
folgt völlig selbstthätig durch  ausserhalb  angeordnete 
Ueberlauftöpfe  derart,  dass  sämtliche  Heizrohre 
stets  mit  einer  schwachen  Saftschicht  bedeckt  sind. 

Die  Köhren  können  auf  diese  Art  nie  frei 
werden  und  ist  lediglich  der  Saft-Eintritt  in  die 
oberste  Pfanne  nach  dem  Saftspiegel  der  unter, 
sten  Pfanne  zu  reguliren.  Durch  ein  in  den  Ueber- 
laufröhren  befindliches  besonderes  Ventil  werden 
die  oberen  Pfannen  bei  Beendigung  des  Betriebes 
in  die  unterste  entleert. 

Die  in  den  mittleren  und  unteren  Pfannen  ent- 
wickelten Saftdämpfe  entweichen  durch  die  Längs- 
schlitze zwischen  der  Aussenkante  der  Pfannen 
und  dem  Apparat-Mantel,  passiren  sonach  einen 
sehr  grossen  (Querschnitt  mit  ganz  geringer  Ge- 
schwindigkeit, sodass  bei  dem  ruhigen  Kochen  in 
den  verdampfenden  Saftspiegeln  jedwedes  Ueber- 
reissen  von  Saft  völlig  ausgeschlossen  ist. 

Wie  aus  den  Abbildungen  ersichtlich,  ist  die 
Safthöhe  in  sämtlichen  Pfannen  eine  weit  ge- 
ringere als  bei  den  alten  liegenden  Appa. 
raten  und  dies  ist  auch  der  Grund,  weshalb  die 
Innenpfannen  •  Verdampf  •  Apparat«  wesentlich 
ruhiger  arbeiten  und  bedeutend  mehr  leisten. 

Auf  ihren  Prospekten  führt  die  Firma 
folgende  Vorzüge  an : 
1.  geringer  Saftstand  bei  grossem  Saft- 
spiegel, 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


225 


2.  schnelles  gleichmässiges  Verdampfen, 

3.  grüsste  Sicherheit  gegen  Saftverluste, 

4.  grüsste    Leistungsfähigkeit    pro  qm 
Heizfläche, 

5.  bequemer,  übersichtlicher  Betrieb, 

6.  stabile   Konstruktion,   leichte  Hand- 
habung, 

7.  geringer  Rohrverbrauch,  wenig  Ab- 
nutzung. 

Dieser  Innenpfannen  -  Verdampfapparat 
ist  für  einen  Mehrkörper- Verdampfer  der 
Strohstofffabrik  in  Sacrau  (Schlesien)  für 
Eindicken  von  Strohstoff-Ablaugen  im  Be- 
triebe und  hat  sich  auch  für  diesen  Zweck 


Fig.  83.   Lillie-Rieselkörper.  Längsschnitt 


Ullie-Rleselkörper,  Querschnitt. 


(wie  Verlasser  jüngst  erfuhr)  sehr  gut 
bewährt. 

Ein  cylindrischer  Kessel  mit  Rohrwänden 
enthält  drei  Gruppen  Heizrohre.  Die  untere 
Gruppe  ist  im  unteren  Kesselsegment 
Fig.  82,  die  zwei  anderen  Gruppen  in  be- 
sonderen Pfannen  eingebettet ;  rechts  Fig.  81 
treten  Dämpfe  oder  Kochbrüten  in  die 
Heizkammer,  erfüllen  diese,  die  Rohre  und 
die  Heizkammer  links,  aus  welch  letzterer 
die  Kondensate  abfliessen.  Die  sich  ent- 
wickelnden Brüten  sammeln  sich  im  oberen 
Apparatteil  mit  Dom  und  werden  aus 
letzterem  durch  eine  Rohrleitung  in  den 
nächsten  Körper  übergeführt. 

Ein  Mannloch  rechts  vom 
Dom  ermöglicht  ein  Einsteigen 
und  Reinigen  des  Apparates. 

Lillie  Rieselapparat. 

Dieser  in  Amerika  für  die 
Natron  -  Zellstoff  -  Fabrikation 
neuerdings  vielfach  eingeführte 
Apparat  ist  ein  liegender  Ver- 
dampfapparat und  Fig.  83  im 
vertikalen  Längsschnitt,  Fig.  84 
im  Querschnitt,  Fig.  85  S.  220 
als  Vierkörper-Verdampfstation 
dargestellt. 

In  einer  starken  Rohrwand 
eines  liegenden  cylinderförmi- 
gen  Verdampfers  Fig.  83  sind 
links  offene,  rechts  geschlossene 
Einzelheizrohre  befestigt  und  eingedichtet. 
Links,  vom  Deckel  R  geschlossen,  befindet 
sich  die  Dampfkammer.  Durch  den  oberen 
Stutzen  in  der  Mitte  des  Cylinders  wird 
die  einzudickende  Lauge  mit  einer  Cen- 
trifugal-Pumpe  in  den  Apparat  geschafft 
und  durch  ein  Siebblech  über  das  Heiz- 
rohrbündel verteilt.  Das  Wasser  verdampft 
beim  Berieseln  der  Heizrohre  zum  Teil 
und  die  eingedickte  Lauge  fliesst  durch 
einen  weiten  Stutzen  unten  ab,  um  von 
einer  weiteren  Centrifugal-Pumpe  in  den 
nächsten  Verdampfkörper  befördert  zu 
werden. 

Die  Brütendämple  sammeln  sich  in  der 
Kammer  rechts  und  gehen  durch  den  oberen 
Stutzen  nach  der  Heizkammer  des  nächsten 

18.  Bogen  1901. 


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226  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Fig.  85.  Llllie-Quadruple-Effet. 


Apparates.  Es  sind  Abführstutzen  in  den 
Dampfkammern  links  und  rechts  vorbanden, 
um  die  Kondensate  selbstthätig  durch  Kon- 
denstöpfe od.  dgl.  abfliessen  zu  lassen. 

Fig.  85  zeigt  ein  Arrangement  mit 
4  Verdampfkörpern,  4  Centrifugalpumpen, 
allen  Armaturen,  Kondensator  und  doppelter 
Luttpumpe,  wie  er  für  die  American  Wood 
Paper  Co.  gebaut  wurde.  Der  Apparat 
dient  zum  Eindicken  von  Holzzellstoffab- 
laugen  von  5Q  B6  auf  30°  Be  und  mehr, 
welche  bei  Herstellung  von  ca.  27  000  kg  tr. 
ged.  Holzzellstoff  in  24  Stunden  entstehen. 

Die  Hersteller  dieser  Apparate  »The 
Sugar  Apparatur  Mfg.  Co ,  328  Chestnut 
Street,  Philadelphia«  sagen  in  amerikanischen 
Fachzeitungen,  dass  ihre  Apparate  das  Voll- 
kommenste einer  Schicht-  (Häutchen-)  Ver- 
dampfung bieten,  und  dass  dieselben  voll- 
kommen selbstthätig  arbeiten.  Seit  1891 
bis  1892  hat  man  Erfahrungen  bezüglich 
der  Leistungen  der  Lillie-Apparate. 

An  dem  Fig.  85  dargestellten  Apparate 
für  die  American  Wood  Paper  Co.,  Mana- 
yunk,  Pa  hatte  man  6  Monate  nach  Erbau- 
ung 1892  festgestellt,  dass  die  Rohre  nicht 
angefressen  und  absolut  frei  von  Kessel- 
stein waren.  Dabei  arbeitete  der  Apparat 
unter  den  denkbar  ungünstigsten  Verhält- 
nissen. Die  Rohlaugen  waren  nicht  filtrirt 
und  enthielten  sehr  viele  Fasern.  Von  Zeit 
zu  Zeit  hatten  sich  die  Rohre  so  stark  mit 
Fasern  belegt,  dass  die  Verdampfkammern 
damit  nahezu  erfüllt  waren.  Hier  zeigte 


sich  die  Möglichkeit  bequemer  und  schneller 
Reinigung  von  höchstem  Werte.  Es  werden 
folgende  Vorzüge  des  Lillie-Verdampfers 
gerühmt : 

1)  Die  Einzelkörper  des  Appa- 
rates können  schnell  und  leicht 
gereinigt  werden.  Soll  die  Dampf- 
seite links  gereinigt  werden,  so  wird  der 
Deckel  R  Fig.  83  S.  225  abgeschraubt  und  die 
Röhren  werden  durch  Bürsten  od.  dgl.  ge- 
reinigt. Soll  die  Seile  rechts  gereinigt 
werden,  so  wird  der  Deckel  D  abgeschraubt, 
die  Lochplatte  P  entfernt  und  alle  Räume 
zwischen  den  Röhren  mit  Schabern,  btangen 
und  Wischern  gereinigt;  event.  kann  man 
auch  die  Rohre  mit  chemischen  Lösungs- 
mitteln unter  Zuhilfenahme  der  Centrifu- 
galpumpen waschen. 

Es  wird  fern  jr  behauptet,  dass 

2)  der  Lillie-Apparat  die  Ablaugen  in 
höherer  Konzentration  abgebe, 

3)  der  Lillie-Apparat  sparsamer  arbeite 
oder  weniger  Dampf  brauche, 

4)  der  Apparat  endlich  alle  anderen 
Apparatsysteme  bezüglich  seiner  Leistungen 
übertreffe. 

Verfasser  ist  nicht  in  der  Lage,  aus 
eigener  Anschauung  diese  Vorzüge  zu  be- 
stätigen, es  ist  ihm  nur  darum  zuthun,  die 
glückliche  Lösung  der  bequemen  und  gründ- 
lichen Reinigung  vorzuführen. 

Yargan-Verdampfer. 

H.  T.  Yargan  in  Toledo,  Ohio,  V.  St. 
v.  Amerika  erwarb  1886  das  D.  R.  P.  42502 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


227 


T*f.  86.  Yarflan-Verdampfkarper. 


auf  einen  Mehrkörper-Verdampfer,  der  in 
Eng1  and  und  Amerika  wegen  seiner  guten 
Leistungen  sehr  oft  ausgeführt  wurde  und 
auch  in  Deutschland  zu  Ende  der  80er 
Jahre  Eingang  fand;  vergl.  vorn  S.  210. 

Beifolgende  Skizze  Taf.  86  Fig.  1  bis  5 
gibt  das  Prinzip  der  Einrichtung  eines 
Yargankörpers.  Drei  und  vier  solcher 
Apparate  hintereinandergeschaltet  mit  den 
nötigen  Nebenapparaten  und  Maschinen  aus- 
gestattet, bilden  bewahrte  Verdampf- 
stationen für  Eindicken  von  Natronlaugen. 

Wie  aus  der  Zeichnungaskizze  hervor- 
geht, bat  man  es  im  Yargan-Apparate  mit 
einem  Hegenden  Apparat  zu  thun.  Die 
Röhren  R  Fig.  1  werden  nicht  vollständig 
mit  Flüssigkeit  gefüllt,  sondern  unter  Be- 
nutzung einer  verstellbaren  Stiftenplatte  B 
in  der  Verteilungskammer  rechts,  von  ge- 
ringeren Mengen  Flüssigkeit  durchflössen 
oder  berieselt.  Die  Stiftenplatte  B,  deren 
konische  Stifte  zentrisch  zu  den  verengten 
Oeflnungen  der  Röhren  befestigt  sind, 
(vergl.  Fig.  5)  kann  durch  Befestigung  an 
einer  Stange  durch  den  Handhebel  H  ivergl. 
Fig.  1)  von  aussen  mehr  oder  weniger 
gegen  die  Rohröffnungen  verschoben  wer- 
den Durch  richtige  Einstellung  dieser 
Platte,  resp.  deren  Stifte  gegen  die 
Rohröffoungen  wird  die  bei  A  eingetriebene 
Dünnlauge  gezwungen,  sich  auf  alle  Röhren 
zu  verteilen  und  diese  zu  durchflies sen 
oder  zu  berieseln 


Die  Flüssigkeit  verdampft  hierbei  teil- 
weise und  fliesst  am  anderen  Ende  der 
Röhren  verdickt  ab.  Sie  gelangt  durch  die 
untere  Oeffnung  U  in  den  Schwimmer- 
topf F,  wo  sie  selbstthätig  regulirt  vom 
Stutzen  A,  und  Rohrleitung  in  die  Ver- 
teilungskammer des  nächsten  Verdampf- 
körpers abgesaugt  wird.  Der  Heizdampf 
für  den  Körper  I  oder  die  Brüten  für  die 
anderen  Apparate  treten  in  den  Stutzen  D 
ein  und  die  Kondensate  fliessen  bei  E  ab, 
werden  von  Apparat  zu  Apparat  geführt 
und  schliesslich  von  der  Luftpumpe  mit 
abgesaugt  und  entfernt.  Sie  können  indes 
auch  durch  besondere  Pumpen  oder  Kon- 
densationstöpfe abgeführt  werden.  Die 
dampfförmigen  heissen  Brüten,  welche  sich 
aus  der  Lauge  entwickeln,  werden  in  der 
Scheidekammer  S  durch  Zwischenwände 
Zi  Zt  Zs  hin  und  hergeführt  und  ziehen 
durch  den  weiten  Stutzen  6  und  anschlies- 
sende Rohrleitung  in  die  Heizkammer  des 
nächsten  Verdampfkörpers. 

Der  Apparat  zeugt  sowohl  im  ganzen 
Arrangement  als  auch  in  den  Details,  von 
denen  noch  die  Stopfbüchseinrichtung  G 
Fig.  1  rechts  mit  Wasserverschluss  und  die 
federnde  Rohrwand  links  lobend  hervorzu- 
heben sind,  von  einem  genialen  Erfinder. 

Ein  Yargan-Triple-Effet  soll  nach  älteren 
Angaben  mit  1  kg  Kohle  15  kg  Wasser 
verdampft  haben.  Laugen  von  5 — 6 9  Be 
verlassen  34—40°  Be  stark  den  Apparat 


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228 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


und  sind  mit  verhältnismässig  geringem 
Kohlenaufwand  in  Asche  zu  verwandeln. 

Für  den  Yargan  ist  es  empfehlenswert, 
die  einzudickenden  Laugen  von  Fasern  zu 
befreien,  weil  sich  sonst  die  Rohre  auf 
ihren  inneren  Wandungen  leicht  mit  einem 
die  Arbeit  störenden  Ueberzug  bedecken. 

Innere  Ansätze  u.  Inkrustirungen  müssen 
von  Zeit  zu  Zeit  durch  Kratzmeeser,  Stahl- 
drahtbürsten  od.  dgl.  unter  Zuführung  von 
Waschwasser  mittels  Schlauches  entfernt 
werden. 

Verfasser  hörte  in  der  Strohstoff labrik 
der  Herren  J.  W.  Zanders  in  Berg-Glad- 
bach, dass  der  dort  (1901)  im  Betrieb  be- 
findliche Yargan  nach  12jähriger  Betriebszeit 
bis  auf  die  vielen  Dichtungen  zu  Klagen 
keine  Veranlassung  gegeben  habe.  Die 
Strohstoff-Ablaugen  kommen  5°  Be  stark 
in  den  Yargan  und  verlassen  ihn  28  bis 
30°  Be  stark. 

Die  oben  angegebene  Verdampfungs- 
Leistung  pro  1  kg  Kohle  (wobei  wohl 
Steinkohle  gemeint  war)  erscheint  der 
Angabe  auf  S.  214  nicht  gerade  hoch,  doch 
dürfte  inzwischen  auch  Besseres  erzielt 
sein,  denn  der  Yargan  findet  (m.  W.)  heut 
in  neuen  Nalronzellstofffabriken  Englands 
und  Amerikas  Aufstellung.  Freilich  sieht  man 
oft  die  Einzelkörper  dann  nicht  mehr  in 
gleicher  Höhe  neben  einander,  sondern 
vertikal  übereinder  liegend  angeordnet, 
welches  Arrangement  Vorteile  in  sich 
schliesst. 

Hochdruckverdampfer. 

Dieselben  wurden  1896  von  Schacht 
eingeführt.  Fig.  87  das  obere  Bild  zeigt 
einen  Vertikalschnitt,  das  untere  Bild  einen 
Horizontalschnitt  durch  einen  von  der 
Kesselschmiede  C.  E.  Rost  &  Co.  in  Dresden 
hergestellten  Hochdruckverdampfer  „System 
Schacht"  von  etwa  6000  1  Inhalt  und 
ca.  26  qm  Heizfläche.  Wie  aus  dem  Verti- 
kalschnitt ersichtlich  ist,  ermöglicht  eine 
von  Rohrwand  zu  Rohrwand  eingebaute 
Schraubenpumpe  (auch  kann  unterhalb  des 
Cirkulationsrohres  ein  ZentrffugalQügelrad 
angebracht  sein)  und  die  Heizung  des 
kegelförmigen  unteren  Apparatteiles  die 


Fig.  87. 

Hochdruckverdampfer  von  W.  Schacht. 

Zirkulation  und  Flüssigerhaltung  der  stark 
verdickten  Laugen  oder  des  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  festen  Laugenpeches. 

Herr  Schacht  hat  schon  vor  2  Jahren 
an  dieser  Stelle  (vergl.  vorn  S.  95/8)  über 
das  Sulfatverfahren,  die  Natrongewinnung 
und  die  Geruchsbelästigungen  wertvolle 
Aufschlüsse  gegeben.  An  dieser  Stelle  sei 
eine  neuere  Mitteilung  von  ihm  eingefügt, 
welche  über  den  Wert  der  Hochdruck- 
verdampfer weitere  Aufschlüsse  gibt. 

Grosse  Laugendichte 
und  Hochdruck-Conoentratioa. 

Die  grossen  Geruchsübolstände  des  Sulfat- 
verfahren«  und  deren  Verminderung  haben  mich 
8.  Zt.  (vor  ca.  B  Jahren)  auf  den  Gedanken  ge- 
bracht, die  Ablaugen  bis  zur  höchsten  Dichte 
in  geschlossenen  Körpern  (Verdampfern,  Dcsti- 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


229 


lirblascn  etc.)  abzutreiben,  da  mit  dieser  Arbeit 
der  Verdampf-  bezw.  Trockenofen  in  Wegfall 
kommen  kann  und  die  übelriechenden  Destillate 
der  Dicklaugen  aufgefangen  und  bearbeitet 
werden  können.  Eine  Bearbeitung  der  im  Ofen 
abgetriebenen  Körper  und  Gase  ist  recht  kost- 
spielig, ausserordentlich  schwierig  und  sehr 
unzuverlässig;  man  steht  einem  solchen  Betriebe 
in  Bezug  auf  geringe  Belästigung  ziemlich 
machtlos  gegenüber. 

Dicklaugen  von  80 — 40°  Be  lassen  bei  ent- 
sprechenden Heiztemperaturen  in  geeigneten 
Apparaten  weit  höhere  Concentrationen  zu. 
Solche  hochconcentrirte  Dicklaugcn  steigen  sehr 
im  Brennwert,  damit  wächst  die  durchschnitt- 
liche Ofentemperatur  und  die  rationelle  chemische 
Thätigkeit  des  Calcinir-  und  Schmelzofens, 
l'in  die  Dicklaugcn  bis  zur  höchsten  Dichte 
(1,4—1,6  speeif.  Gewicht)  herstellen  zu  können, 
sind  zwockmässigst  kleinere  Verdampfappa- 
rate erforderlich,  die  vorwiegend  nur  verti- 
kale Heizflächen  geringer  Länge  aufweisen. 
Sodann  ist  grosse  Circulation  des  Heizdampfes 
und  des  Saftes  nötig.  —  Gute  Heizeffekte  er- 
reicht man  durch  bäu6ge  Frischdampfzuführung 
und  viele  Wasserableitungen  in  möglichst 
kleinen  Kammern.  Diese  Art  der  Heizung,  ge- 
ringer Saftstand  uud  geeignete  Propeller  an 
richtiger  Stelle  im  Verdampfkörper  steigern 
die  Saftcirculation  auf  ein  sehr  hohes  Maass. 
In  solchen  Körpern  kann  man  dann  bei  12  Atm. 
Heizdruck  die  Ablauge  bis  auf  1,5  bis  1,6 
specifische  Dichte  abkochen.  Solches  abge- 
triebene Laugenpech  ist  in  der  Kälte  hart  und 
fest,  bei  einer  Siedetemperatur  von  1?0  bis 
135»  C  zeigt  os  ca.  40—45°  ß<5.  Der  Brenn- 
wert der  Masse  erreicht  maximal  2900  Calorien. 

Die  Beschaffenheit  des  Laugenpeches 
schwankt  natürlich,  denn  die  in  Lösung  ge- 
gangenen Cellulosemengen  und  Silikate  gestalten 
die  Dinge  oft  recht  verschieden.  Der  grosso 
Vorteil  hoch  eingedickter  Laugen  ist  die 
Beseitigung  des  Verdampfofens.  Die  Betriebs- 
arbeit ohne  Eindampfofen  bringt  den  Weg- 
fall der  Oxydation  des  Ofengutes  mit  sich, 
infolgedessen  wird  das  Sulfat  viel  besser  und 
vorteilbringend  umgesetzt,  forner  werden  damit 
grosse  Wärmeverluste  beseitigt  und  die  Ge- 
ruchBÜbelstände  der  Ofenarbeit  vermindert. 

Man  kann  ohne  viele  Mühe  solche  Ofen- 
arbeit derartig  leiten,  dass  die  Temperaturen 
nie  unter  1000°  C.  sinken  und  die  Endprodukte 
der  Verbrennung  dauernd  höchst  vollkommen 
ausfallen.  Für  die  Ofenarbeiter  selber  ist  die 
Verarbeitung  von  Laugenpech  auch  selir  bequem 
nnd  angenehm,  denn  die  frühere  schwere  Ofen- 
arbeit ist  damit  gänzlich  beseitigt.  Ein  Ofen  leistet 
ohne  viel  Zuthnn  grosse  Mengen  Schmelzsalze. 


Die  Schattenseiten^  der  Laugonpccharbeit 
sind  die  grossen  Salzverluste.  Die  ständigen 
hohen,  cigeutlich  viel  /.u  hoben  Temperaturen 
steigern  dieNatronsalz-Verflüchtigung  bedeutend. 
Selbst  wenn  man  den  Ofen  mit  Pressluft  betreibt 
und  fast  keinen  Kaminzug  hält  und  sonst  noch  für 
reichliche  Auffaugräume  der  Flugsalze  sorgt, 
so  kann  man  diesen  Uebelständen  nur  unvollkom- 
men begegnen. 

Die  Hochdruckconcentration  der  Lauge  er- 
fordert auch  viel  Dampf  bezw.  Kohlen,  denn 
die  Laugen  kochen  schwer  und  die  Simple- 
Effet-Arbeit  resp.  der  teilweise  Gegenstrom  im 
Multiple-Effet  ist  nicht  so  recht  wirtschaftlich. 

Sparsam  kann  solche  Arbeit  erat  sein,  wenn 
man  die  Hochconcentration  in  einer  Dcstillir- 
blase  mit  direkter  Feuerung  betreibt  und 
wenu  aus  der  heutigen  periodischen  Aufarbeit- 
ung des  Laugenpeches  iu  Flammherden  eine 
continuirliche  Calcinir-  und  Schmelzarbeit  im 
Drehofen  wird. 

Beide  Bestrebungen  sind  verschiedenerseits 
angebahnt,  und  es  Bteht  zu  erhoffen,  daas  diese 
bald  weitere  Vorteile  bringen,  die  schliesslich 
der  weiteren  Beseitigung  der  bekannton  Ge- 
ruchsübelstäude  auch  noch  zu  gute  kommen 
worden. 

Die   Hochdruckconcentration   ist   in  6 
Fabriken  mit  gutem  Erfolge  im  Betriebe. 

Leistungsfähigkeit  der  Verdampfapparate. 

Bei  der  Neuheit  der  Mebrkörper-Ver- 
dampfapparate  in  unserer  Industrie  ist  es 
erklärlich,  dass  aus  den  wenigen  S.  212/14 
und  218  gebrachten  Erfahrungen  sich  noch 
keine  klaren  Vergleiche  bezüglich  der 
Vorzüge  der  verschiedenen  Systeme 
ziehen  lassen.  Es  liegen  aber  die  Ver- 
hältnisse bei  Eindicken  von  Natronlaugen 
ähnlich,  wie  beim  Eindicken  der  Zucker- 
säfte, so  dass  das  in  der  Zuckerindustrie 
Gefundene  auch  in  der  Zellstoff-Industrie 
Beachtung  verdient. 

Es  ist  zunächst  festzuhalten,  dass  der 
Abdampf  der  Dampfmaschinen  von  etwa 
0,55  Atm.  üeberdruck  und  112°  C  Tempe- 
ratur für  Eindicken  vorteilhaft  verwendet 
werden  kann.  Die  Erfahrung  lehrt,  dass 
die  Dampfmehraufwendung  für  die  Dampf- 
maschine mit  folgender  Benutzung  im  Ver- 
dampfer bei  weitem  geringer  ist,  als  wenn 
man  Dampf  für  eine  gleich  starke  Konden- 
sations-Dampfmaschine und  direkten  Heiz- 
dampf für  die  Verdampfer  aufwendet. 


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230  E.  K1RCHNEH.   DAS  PAPIER    Ul.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


In  dem  Beispiel  S.  211/12  standen  sich 
in  einem  solchen  Vergleichsfalle  1710  und 
2556  kg  Dampf  von  6  Atm.  Ü.  bei  90  PS. 
Leistung  der  Maschinen  gegenüber,  d.  h.  es 
müssten  im  zweiten  Falle  „Kondensations- 
maschine und  direkte  Dampfverwendung 
im  Verdampfer",  etwa  50  •/•  mehr  Dampf 
aufgewendet  werden. 

Es  ist  allerdings  zu  berücksichtigen, 
dass  der  Luft-  und  Flüssigkeits-Pumpen- 
betrieb  Kraft  und  Geld  kostet,  auch  mag 
nicht  verschwiegen  werden,  dass  die  im 
Abdampfe  enthaltenen  Fettsäuren  einen 
grösseren  Verscbleiss  der  Heizrohre  als 
bei  Anwendung  direkten  Dampfes  bedingen ; 
dennoch  bleibt,  wie  man  erfahren  hat,  eine 


grosse  Kohlen-  und  Gelderspar- 
n  i  s  bei  Anwendung  der  Mehrkörper- Ver- 
dampfer, sobald  es  sich  um  Eindickun* 
dünner  Laugen,  wie  bei  der  Strohs*  off-  | 
fabrikation  handelt. 

Bezüglich  der  Verdampfer  Systeme  spielt 
wohl  die  Bauart,  ob  Rieseler  oder  Nicht- 
rieseler,  ob  liegendes  oder  stehendes 
System  etc.  eine  Rolle,  aber  wir  sind  z.  Z. 
noch  nicht  im  Besitz  so  vieler  und  ge- 
ordneter Erfahrungsresultate,  um  dem  einen 
oder  anderen  System  für  unsere  Industrie 
den  unbedingten  Vorzug  einzuräumen. 

Besonders  sind  der  Platzbedarf,  die  be- 
queme Reinigung  und  der  Preis  die  Fak- 
toren, welche  bei  der  Wahl  des  Apparat- 
systems in  der  Natronzellstofffabrikation 
bisher  massgebend  waren. 

Hochlehrreich  auch  für  uns  sind  die 
Vergleiche  des  Fabrikanten  H.  Jelinek  u.  a., 
sowie  des  Schriftstellers  Professor  F.  Stoh- 
mann  u.  a.  der  Zuckerindustrie  über  die  Lei- 
stungen von  Ein-,  Zwei-  und  Dreikürper- 
verdampf-Apparaten  gleichen  Systemes. 

Für  Berechnung  der  Verdampfungs- 
effekte nimmt  Stohmann*)  an,  als  erste 
Verdampfer  solche  von  100  qm  Heizfläche, 
eine  Safttemperatur  von  75°  C  und  eine 
Heizdampf-  (Abdampf-)  Temperatur  von 
112°  C  und  Temperaturgefälle 


*)  Handbuch  der  Zuckerfabrikation  von  Dr. 
F.  Stohmann.  P.  Parey's  Verlag  Berlin  1898. 
S.  309/16. 


im  Einkörperapparat  52°  C, 

im  Zweikörperapparat  26°  C  -  26°  C, 

im  Dreikörperapparat  17,3°  C  -  17,3  *C 
—  17,3°  C. 
Bei  einem  Wärmet  rausmissionskoeffi- 
zienten  (Wärmedurchgang  i  qm  pro  1  •  C 
pro  1  Minute)  =  22  WE  nach  Wellner- 
Jelinek  (dieser  ist  doppelt  so  gross  als  der 
S.  218  gefundene)  kommt  Stohmann  durch 
Rechnung  auf  folgende  Verhältnisse : 

1  qm  Heizfläche  verdampft  im 
Einkörperapparate     124  kg  Wasser 
Zweikörperapparate  62,5  „        in  der 
Dreikörperapparate  41,7  „  Stunde. 

1  kg  Heizdampf  verdampft  im 
Einkörperapparate    0,96  kg  Wasser, 
Zweikörperapparate  1,90  „  „ 
Dreikörperapparate  2,85  „  „ 

Will  man  in  der  Stunde  6200 1  Wasser  aus 
Zuckersäften  verdampfen,  so  braucht  man : 
einen  Einkörperapparat  von  50  qm, 

einen  Zweikörperapparat  von  zus.  99,2  , 
einen  Dreikörperapparat    „    „  148,7 

Dagegen  stellt  sich  der  stündliche 
Dampfverbrauch  auf 

T*96  =  6458'3  kg  mit  ^P1-0161' 

^  =  3263,2  kg  mii  Double-Effet, 
1,9 

=  2175,4  kg  mit  Triple-Effet 

2,8o  '  * 

Sollten  wir  den  Dampf  durch  eine  Kohle 
von  6facher  Verdampfung  erst  erzeugen, 
so  entspräche  der  Dampfverbrauch  in  den 
drei  Fällen  einem  Kohlenverbrauch  von 
1076,4  kg  -  543,9  kg  -  362,6  kg. 
Diese  Rechnung  zeigt  deutlich  den  hohen 
Wert  der  Mehrkörper -Verdampfer. 

Stohmann  sagt,  dass  man  die  Rech- 
nungsleistungen in  der  Praxis  auch  bei 
Zuckersäften  nicht  erreiche,  da  sich  Wärme- 
verluste empfindlich  geltend  machen.  Man 
rechne  daher  in  Wirklichkeit  bei  Zwei- 
körperapparaten auf  30  kg,  bei  Dreikörper- 
apparaten auf  20  kg  Wasserverdampfung 
pro  qm  Heizfläche  und  Stunde.  Die  ge- 
ringe Verdampfungsleistung  beruhe  beson- 
ders auch  auf  der  ungenügenden  Leistung 
der  Kondensation  und  der  Luftpumpe, 
durch  welche  es  unmöglich  sei,  den  Siede- 


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£.   KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   .11.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


punkt  des  Saftes  im  letzten  Verdampf- 
körper auf  60°  C  Temperatur  herunter- 
zuziehen. 

Nach  dem  Schacht'schen  Beispiel  S.  213 
eines  Triple-Effet  von  225  qm  Heizfläche 
leistet  derselbe  pro  qm  und  Stunde  16  kg 
Wasserverdampfung  bei  Anwendung  von 
Abdampf.  Bei  Anwendung  direkten  Dam- 
pfes von  etwa  VI»  Atm.  Ü.  leistete  eine 
Triple-Effet  von  300  qm  Heizfläche  2&h  kg 
Wasserverdampfung  pro  qm  und  Stunde. 
Nach  dem  S.  218  Autgeführten  vcn 
anderer  Seite  leistet  ein  Double-EfTet  von 
80  qm  Heizfläche  pro  qm  und  Stunde 
32V s  kg  Wasserverdampfung;  hierbei  ist 
aber  ein  Heizdampf  von  0,75  Atm.  Ü.  zur 
Verwendung  gekommen. 

Dies  bestätigt  meine  frühere  Behaup- 
tung, dass  die  Verdampfungsfrage  in  beiden 
erwähnten  Industrieen  ähnlich  liegt,  und 
dass  wir  von  den  Zuckerfabrikanten  mit 
älterer  und  grösserer  Erfahrung  nur  lernen 
kunnen. 

Nimmt  man  an,  dass  auf  1 1  Strohstoff- 
erzeugung ä  Tag  9  t  =  9000  kg  Wasser 
aas  den  Ablaugen  verdampft  werden 
müssen,  oder  per  Stunde  376  kg,  ferner, 
dass  1  qm  Heizfläche  eines  Triple-Appa- 
rates  in  der  Stunde  durchschnittlich  15  kg 
Wasser  verdampft,  so  wäre  für  1  t  ä  Tag 
25  qm  Heizfläche  nötig.  Für  6—10  t  pro 
Tag  Strohstofferzeuguog  würden  Verdampf- 
stationen von  150  resp.  250  qm  Heizfläche 
nötig  sein.  Die  nachfolgend  beschriebenen 
Kondensationseinrichtungen  und  Luftpumpe 
müssten  von  folgenden  Dimensionen  ge- 
wählt werden:  ein  Oberflächen  -  Kühler 
oder  Oberflächen-Trockenkondensator  125 
resp.  200  qm  Kühlfläche,  ein  Einspritz- 
kondeosator  mit  4,  resp.  6  Teller-Kaskade 
(-Katarakt)  und  eine  Luftpumpe  von  400 
resp.  600  mm  Kolbendurchmesser  und 
500  mm  Kolbenhub. 

Die  betriebsfähigen  Einrichtungen  dürf- 
ten incl.  Gebäude  etwa  16CO0  resp.  24000  M. 
kosten. 

Abführung  der  Kondensate. 

In  den  durch  Abdampf  oder  direkten 
Dampf  geheizten  Verdampfkörpern  (in  der 


Regel  Körper  I)  sammelt  sich  viel  heisses 
Wasser  von  etwa  Kochtemperatur,  das- 
selbe wird  vorteilhaft  in  Kondensations- 
töpfen angesammelt  und  dann  abgeführt. 
Es  kann  (nach  ,  vorgenommener  Ent- 
fettung und  EntÖlung)  zweckmässig  als 
heisses  Kesselspeisewasser  Verwendung 
finden.  Dem  etwa  nicht  verwendeten 
Kondenswasser  kann  die  Wärme  durch 
Kühler,  deren  Arbeitsweise  auf  dem  Gegen- 
stromprinzip beruht,  zur  Erzeugung  war- 
men Fabrikationswassers  entzogen  und 
damit  nutzbar  gemacht  werden. 

Die  Kondensate,  die  aus  den  Brüten  in 
den  Heizkammern  der  anderen  Apparate 
(II,  III  event.  etc.)  entstehen,  können  eben- 
falls durch  Kondensationstöpfe  aus  jedem 
einzelnen  oder,  indem  man  sie  von  Appa- 
rat zu  Apparat  weiterleitet  und  ihre  Wärme 
mit  zur  Heizung  ausnützt,  aus  dem  letzten 
Apparat  abgeführt  werden. 

Kondensatoren  und  Luftpumpen. 

Die  Brüten  des  letzten  Verdampfappa- 
rates passiren  verschiedene  Kondensatoren, 
werden  hier  teilweise  zu  Brütenwasser 
kondensirt  und  gehen  als  solches,  und  zu 
einem  Teile  gasförmig,  in  die  Luftpumpe, 
um  durch  sie  abgeführt  zu  werden,  oder 
die  Kondensate  werden  aus  den  Konden- 
satoren abgeleitet  und  die  gasförmigen 
Brütenreste  werden  durch  eine  Trocken- 
Luft  pumpe  angesaugt  und  ausgestossen. 

Man  hat  an  den  Mehrkörper- Verdampfern 
unserer  Industrie  vielfach  mehrere  Kon- 
densatoren hintereinander  angeordnet.  Die 
aus  dem  letzten  Verdamptkörper  kommen- 
den Brüten  treten  durch  entsprechend 
weite  Rohrleitungen  in  sog.  Gegenstrom» 
kondensatoren  und  geben  von  hierin 
einen  Einspritzkondensator.  Die  Gegen- 
strom- oder  Trockenkondensatoren  erzeu- 
gen warmes  Wasser,  welches  in  einer 
Stofffabrik  immer  Verwendung  findet,  sie 
schlagen  zudem  viel  Wasser  aus  den 
Brüten  nieder  und  vermindern  dadurch  den 
Bedarf  an  frischem  Wasser  im  nachfolgen- 
den Einspritz-  oder  nassen  Kondensator. 

Fig.  U2  Taf.  77  S.  217  ist  auf  dem 
Plan  der  Aders' sehen  Verdampf- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C,  ZELLSTOFF. 


Station  links  ein  solcher  Oberflächen- 
kondensator  eingezeichnet.  Er  besteht  aus 
einem  cylindrischen  Rührenkessel  mit  ge- 
teilten Wasserkammern  an  den  Enden. 
Das  Kühlwasser  tritt  von  der  unteren 
Kammer  durch  eine  Anzahl  unterer  Röhren 
ein  und  steigt  in  drei  Windungen  durch 
die  Röhrenbündel  nach  oben.  Die  Brüten 
treten  von  oben  in  den  Kondensator,  um- 
spülen, zu  entgegengesetztem  Lauf  durch 
Zwischenplatten  gezwungen,  die  Kühlrohre 
und  gehen  teils  kondensirt,  teils  gasförmig 
unten  durch  ein  Rohr  in  einen  Nass-oder 
Einspritzkondensator  ab.  Hier  ist 
bei  direkter  Berührung  mit  kaltem  Wasser 
zu  einerweiteren  Kondensation  von  Wasser- 
dämpfen sowie  zur  Absorption  von  Gasen 
Gelegenheit  geboten.  Ein  nasser  Konden- 
sator ist  auf  Taf.  77  S.  217  eingezeichnet, 
ebenso  ist  der  Uebergaog  des  Einspritz- 
wassers, der  flüssigen  Kondensate  und  der 
dampfförmigen  Brüten  durch  Ueborgangs- 
rohr  nach  der  nassen  Luftpumpe  angedeutet. 

Die  Kondensatoren  und  die  Luftpumpe 
haben  die  Aufgabe,  für  die  nötige  Druck- 
verminderung und  Temperaturerniedrigung 
im  nassen  Kondensator,  im  Gegenstrom- 
kondensator  und  im  letzten  Verdampf- 
körper nämlich  auf  14,9  cm  Quecksilber- 
säulenhöhe Druck  (1  Atm.  =  Atmosphären- 
druck entspricht  75  cm  Quecksilbersäulen- 
höhe) entsprechend  60 •  C  Temperatur  zu 
sorgen.  Dies  ist  zunächst  nur  erreichbar, 
wenn  die  Temperatur  des  Abflusswassers 
der  nassen  Kondensators  der  Temperatur 
des  im  letzten  Verdamptkörper  siedenden 
Flüssigkeit  gleich  ist. 

Es  enthält  nun  1  kg  Dampf  von  60°  C 
nach  S.  207 

Q  =  606,5  +  0,305.60  <s>  625  WE ; 
davon  müssen  als  latente  Wärme 

r  s  607  —  0,708.60  co  565  WE 
dem  Dampf  oder  den  Britten  entzogen 
werden,  um  Wasser  daraus  zu  machen. 

Hat  das  Einspritzwasser  10 0  C  Tempe- 
ratur und  darf  es  sich  auf  60°  erwärmen, 
so  nimmt  1  kg  Wasser  50  WE  auf. 
Man  brauchte  also  theoretisch  nur 

-gr-  =  11,3  kg  Einspritzwasser  um  1  kg 


Wasserdampf  zu  kondensiren.  In  Wirk- 
lichkeit bewegen  sich  indes  die  Einspritz- 
wassermengen zwischen  dem  20-  bis  40- 
fachen  des  Dampfgewichtes,  was  wohl  zu 
berücksichtigen  ist,  indem  die  Herbei- 
schaffung des  Einspritzwassers  Kraft  und 
Geld  kostet 

Der  von  J.  Aders  A.-G.  N.  Magdeburg 
eingeführte  Gegenstrom-Misch-Kon- 
densator  besteht  aus  eiuem  vertikalen 
hohen  Cylinder,  der  in  seinem  Innern  6 
Teller  übereinander  besitzt.  Auf  den  obe- 
ren Teller  ergiesst  sich  aus  einer  Rohr- 
leitung zunächst  das  kalte  Wasser  und 
fällt  kaskadenartig  von  Teller  zu  Teller 
und  geht  unten  durch  ein  langes  (baro- 
metrisches) Abfallrohr  ab.  Die  Brüten 
treten  unten  durch  einen  weiten  Stutzen 
vom  trockenen  Gegenstrom-Kondensator 
ein,  oben  saugt  von  einem  Stutzen  des 
Deckels  eine  Trockenluftpumpe  mittelst 
Rohrleitung  die  aus  dem  Einspritzwasser 
frei  werdende  Luft  mit  den  gasförmigen 
Brütenresten  ab.  Dieser  Apparat  bietet 
eine  wesentliche  Verbesserung,  indem  er 
sehr  geringen  Wasserverbrauch  hat,  was 
für  hoch  gelegene  Kondensatoren  von 
Wert  ist.  Die  Temperatur  des  Ablauf- 
wassers ist  10-15°  C  höher,  als  bei  an- 
deren Kondensatoren. 

•  Auf  anderer  Anordnung  und  Bauart 
beruhen  J.  Schwagers  Kondensa- 
toren. Es  sei  hier  zunächst  Schwagers 
gegliederter  Gege nstrom  -  Tro- 
cken-Kondensato  r  aufgeführt,  der 
S.  233  Fig.  88  in  Längs-,  Fig.  89  in  Seiten-An- 
sicht wiedergegeben  ist  Der  Kondensator  be- 
steht aus  3  Röhrenkesseln,  die  durch  zwei 
Doppelkrümmer  zu  einem  schlangenähnlich 
gewundenen  Apparat  zusammengestellt 
sind.  Man  erkennt  Kühlwasser-Ein-  und 
Austritt,  Dampf-,  resp.  Brtiten-Ein-  und 
Austritt,  die  Trennung  der  Kondensate  von 
den  dampfförmigen  Brüten  Fig.  89,  die 
Luftpumpe  mit  Abstossrohr  der  letzten 
trockenen  Gase  und  die  Kondensatpumpe. 

Schwagers  nasser  Gege  nstrom- 
kondensator  mit  Wendelstufenanord- 
nung. Die  Stufen  zwingen  das  Kühlwasser 
zur  Niederrieselung  auf  einer  Schrauben- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  Bu.C.  ZELLSTOFF. 


233 


Fig.  88    J.  Schwager.   Kondensatorr (Längsan sieht). 


.Flg.  89.   J.  Schwager.   Kondensator.  (Seitenansicht).!  Schwagers  Kondensations- Anlage. 


I.  Bogen  1902. 


234  E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.    HL  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


fläche,  welche  die  Stufen  beschreiben. 
Dieser  Apparat  ist  mit  und  ohne  baro- 
metrischer Fallwasser  -  Säule  eingeführt. 
Er  ist  anwendbar  in  Verbindung  mit 
trockener  und  mit  nasser  Luftpumpe. 

Verfasser  verdankt  Herrn  Schwager  die 
umstehende  Darstellung  von  bewährten 
Kondensations-Anlagen  Fig.  90  und  91. 

Fig.  90  mit  Fallrohr  und  Tro<kenluft- 
pumpe, 

Fig.  91  ohne  Fallrohr  mit  nasser  Luft- 
pumpe. 

In  beiden  Fällen  ist  der  Wendelstufen- 
Kondenaator  zur  Anwendung  gekommen. 
Das  Kühlwasser  der  Kondensatoren  wird  in 
beiden  Fällen  in  Gradirwerk-Türmen gekühlt. 

lieber  die  Luftpumpen  sei  hier  noch 
hervorgehoben,  dass  man  unterscheidet: 

A.  Trocken  -  Luftpumpen,  welche  nur 
Luft  und  andere  Gase  dem  Kondensator 
absaugen, 

B.  Nass-Luftpumpen,  welche  dem  Kon- 
densator die  Luft  und  auch  das  Dampf- 
wasser (Kondensate)  absaugen. 

Von  den  letzteren  sind  die  stehend  an- 
geordneten die  besseren,  da  sie  Luit  und 
Dampfwasser  getrennt  bewegen,  sie  werden 
als  Ventilpumpen  ausgeführt 

Die  Sächsische  Maschinenfabrik  vorm. 
R.  Hartmann,  Chemnitz  ist  als  Lieferantin 
guter  Pumpen  dieses  Systems  zu  nennen. 

Die  Trocken-Luftpumpen  werden  sowohl 
als  Ventil-Pumpen,  als  auch  als  Schieber- 
pumpen ausgeführt  von  Klein,  Schanzlin 
&  Becker-Frankenthal  (Pfalz),  Wegelin  & 
Hübner-Halle  a.  S.  u.  a. 

Wie  aus  dem  Gesagten  hervorgeht, 
können  die  Kondensationen  mit  ihren  Hilfs- 
einrichtungen sehr  verschieden  ausgeführt 
werden.  Man  hat  die  Kühlungsarbeit  mit 
nasser  Luftpumpe  und  solche  im  Gegen- 
strom  mit  trockener  Luftpumpe  zu  unter- 
scheiden. Beide  Arten  von  Kondensationen 
haben  sich  in  der  Natronzellstofffabrikation 
bewährt.  Die  erstere  Art  ist  billig  in  der 
Anlage  und  empfiehlt  sich  in  kleineren 
Betrieben,  ferner  dort,  wo  die  Verwertung 
des  Abdampfes  und  die  Nutzbarmachung 
desselben  für  warmes  Fabrikationswasser 
keine  grosse  Rolle  spielt,  endlich  auch  da, 


wo  keine  Geruchsbeschwerden  und  Ab- 
wasserschwierigkeiten zu  befürchten  sind. 

Die  Kondensation  mit  trockener  Luft- 
pumpe ist  teuerer  in  der  Anlage.  Man 
kann  bei  ihr  aber  die  Wärme  rationell  für 
Herstellung  reinen  Warmwassers  ausnützen 
und  die  Riechkörper  der  Laugendestil- 
late nach  der  Kondensationswäsche  noch 
behufs  Vernichtung  weiter  bearbeiten,  so 
z.  B.  durch  Verbrennung  unter  der  Feue- 
rung von  Dampfkesseln  und  Oefen  etc. 

Die  Anordnung  mit  trockener  Luftpumpe 
ist  entweder  mit  einem  Gegenstrom-Konden- 
sator, in  welchem  direkte  Wasserkühlung 
durch  Wassereinspritzung  u.  Katarakt  oder 
Wendelstufen  (z.  B.  nach  Aders  S.217  u.  Text 
230/31  oder  nach  Schwager-Fig.  90  S.  233)  an- 
gewendet sind,  oder  es  ist  nach  Schwagers 
Anordnung  Fig.  88  u.  89  nur  ein  hinreichend 
grosser  Oberflächen-Trocken-Kondensator 
thätig,  oder  endlich  es  folgen  nach  Schacht 
ein  grosser  Oberfläcben-Trocken-Konden- 
sator  und  ein  direkt  kondensirender  Gegen- 
strom-Kühler. Die  letzte  kombinirte  Bauart 
arbeitetnach  Schacht  in  unserer  Industrie  am 
zweckmässigsten.  Siegiebt  grosse  Mengen 
reines  Warmwasser,  arbeitet  rationell,  sehr 
sicher  u.  gewährleistet  grössteGeruchs- 
verminderung. 

Für  Verdampfkörper,  Maschinen,  Appa- 
rate, Rohrleitungen  und  Armaturen  unserer 
Natronzellstoffindustrie  ist  übrigens  Eisen 
das  einzig  baltbare,  daher  zweckmässige 
Material.  Schacht  gibt  Guss-  und  Schmiede- 
eisen vor  Stahl  den  Vorzug. 

So  grosse  Vorteile  die  Mebrfach-Ver- 
dampfer  für  die  Nalronzellstoffindustrie 
auch  gebracht  haben  und  so  sehr  dieselben 
zur  Zeit  noch  für  wirtschaftlich  rationelles 
Aufarbeiten  dünner  Laugen  als  unentbehr- 
lich anerkannt  werden  müssen,  so  ener- 
gisch wird  doch  an  der  Umgehung  oder 
Fortlassung  dieser  komplizirten  und  teuren 
Apparate  gearbeitet  Aber  nicht  nur  die 
Beseitigung  derselben,  sondern  auch  die 
Ausnützung  des  Heizwertes  der  Ablaugen 
unserer  Industrie  schweben  den  in  dieser 
Materie  arbeitenden  Fachleuten  stets  vor 
Augen. 

Von  den  zahlreichen  Vorschlägen,  welche 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B  u.  C.  ZELLSTOFF.  235 


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bläse  versehenen  Schmelz-Ofen  a  schliesst 
der  geneigte  Verbrennungsherd  b  an,  dessen 
Abgase  durch  den  Gasabzugskanal  zuerst 
ein  Rohrsystem  c  und  dann  ein  Rohrsystem 
d  beheizen  und  demnächst  durch  ein  Rohr 
g  zur  weiteren  Verwendung  abgeleitet 
werden.  In  den  Rohren  c  wird  atmos- 
phärische Luft  erwärmt  und  in  die  Rohre 
d  geleitet,  in  welche  gleichmässig  verteilt 
Lauge  oben  eingeleitet  wird,  welche  in 
dünner  Rieselschicht  vom  Luftstrcm  be- 
%  strichen  an  den  Innenwandungen  der  Rohre 
(d)  herabrieselt  und  unten  durch  das  Rohr 
f  unter  Bildung  eines  Laugenverschlusses 
in  ein  Becken  geleitet  wird,  aus  welchem 
die  Lauge  Ober  die  ganze  Breite  der  Sohle 
des  Verbrennungsberdes  b  verteilt  den 
Feuergasen  entgegen  in  dünner  Schicht 
herabrieselt. 

Die  auf  diesem  Wege  nicht  verdampfte 
Lauge  wird  durch  Schlitze  i  in  ein  Becken 
k  geleitet,  in  welches  gleichzeitig  die  aus 
dem  Betriebe  sich  stetig  neu  ergebende 
Lauge  eingeleitet  wird,  um  von  hier  aus 
mit  der  durch  e  eingeflossenen  Dicklauge 
gemischt  durch  die  Pumpe  1  auf  das  Riesel- 
rohrsystem d  gefördert  zu  werden,  durch 
welche  Anordnung  also  der  in  dem  Ver- 
brennungsofen nicht  vollständig  verdampfte 
Laugenrest  einem  Kreislauf  über  das  ge- 
samte Verdampfsystem  fortgesetzt  unter- 
worfen wird.  Die  durch  die  Rohre  c  ab- 
ziehende Luft  wird  durch  ein  Gebläse  e 
in  das  Rohr  g  geleilet  und  ist  vermöge 
ihres  hohen  Gehaltes  an  Wasserdampf  ganz 
besonders  geeignet,  dem  in  g  gebildeten 
Gasgemisch  als  Verbrennungsluft  zu  dienen, 
weil  der  dabei  entstehenden  partiellen 
Wassergasfeuerung  bereits  der  fertig  ge- 
bildete Wasserdampf  als  solcher  zugeführt 
und  die  ganze  Dampfwärme  gewonnen  wird. 
Die  dabei  entstehende  höhere  Verbrenn- 
ungstemperatur zersetzt  die  erübrigenden 
Gase  und  führt  dieselben  in  Verbindungen 

über,  deren  Geruch  als  lästig  nicht  mehr 
empfunden  wird. 

Die  grosse  Heiz-  und  Verdampffläche, 

welche  das  Rieselsystem  gewährt,  steigert 

die  Leistung  der  Anlage  erheblich.  Eine 

Anzahl  von  Rieselapparaten   seit  langer 


Zeit  im  Betriebe  bürgt  für  die  Betriebs- 
sicherheit. 

Der  Ofen  ist  aus  ökonomischen  Gründen 
in  dieser  einfachen  Form  gewählt.  Die 
Trennung  seiner  Sohle  durch  den  Schlitz  i 
von  dem  Schmelzofen  a  ist  eine  einfache 
und  praktische  Lösung  der  oft  gestellten 
Aufgabe  der  Verbindung  des  Verbrennungs- 
und  Schmelz-Ofens. 

Für  den-Fall,  dass  man  es  mit  dickeren 
Holzzellstofflaugen  zu  thun  hat,  ist  es  be- 
reits wirklich  gelungen,  ohne  Mehr- 
fach-Verdampfer  und  sogar  mit  nur  ge- 
ringen Anfofderungen  von  Brennmaterial 
(Anheizmaterial)  durchzukommen. 

Herr  Jngieur  J.  Schwager-Berlin  spricht 
sich  übrigens  betreffend  der  Leistung  der 
Verdampf-Apparate  in  einem  Briefe  vom 
Jan.  1902  auch  mit  Rücksicht  auf  früher' 
Gesagtes  wie  folgt  aus: 

„Die  Leistung  der  HeLzflächenciuheit  vou 
Verdampfapparaten  ist  abhängig  von  der  Winne- 
leitung der  Heizfläche,  von  der  absoluten  Heiz- 
temperatur und  von  dem  Tempcraturge fälle. 

Der  Wänneverbrauch  zur  Entwicklung  der 
Gewichtseinheit  Dampf  wird  nur  von  dem  Druck 
und  der  Temperatur  bestimmt.  Kr  ist  unab- 
hängig von  der  Form  der  Heizfläche  oder  des 
Vcrdampf-Apparates. 

Im  allgemeinen  wird  derjenige  Apparat  die 
grünste  specitische  Verdampfung  ergeben,  wel- 
cher der  Flüssigkeit  die  grösste  Geschwindig- 
keit relativ  zur  Heizfläche  u.  die  grösste  Be- 
rührungsfläche gibt 

Diesen  Anforderungen  entspricht  für  Laugen- 
Verdampfung  weder  der  Robert-,  noch  der 
Wellner-,  noch  der  Yargan-,  noch  dor  Lillio- 
Apparat  ganz,  sie  bleiben  hinter  den  Versprech- 
ungen oft  zurück. 

Yargan  und  Lillie  haben  uur  teilweise  Be- 
netzung der  Rohrflächen;  durch  die  Wirkung 
der  Schwerkraft  bilden  sieh  bald  Inkrusta- 
tionen und  Verstopfungen.  Dies  ist  auch  der 
Grund ,  weshalb  diese  Apparate  in  Deutsch- 
land nioht  mehr  angelegt  werden.  Die 
Robert  - ,  Wellner  -  etc.  Apparate  müssen 
alle  mit  dem  lästigen  Schaumübertritt  und 
daraus  entstehenden  Verlusten  rechnen.  Aach 
Neubäckers  Scbaumbrecher  nutet  diesen  Systemen 
nur  soviel,  als  er  die  Leistung  der  Apparate  drückt. 

Ich  habe  mir  die  Aufgabe  gestellt,  alle 
Laugenschaumverluste  ausxuschltessen  und  die 
kostenlosen  Wärmequellen  der  Fabrik  auszu- 
nutzen, ehe  ich  kostspieligeFrischdarapfwärme  an- 


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2*7 


wende.  Dabei  sehe  ich  von  sog.  DampfUber- 
hitzung,  welche  auch  empfohlen  wurde,  ganz 
ab,  weil  überhitzter  Dampf,  solange  er  dies  ist» 
lehr  langsam  seine  Wärme  abgibt. 

Mein  Rieaelapparat  erfüllt  für  Laugenver* 
dampfung  alle  vorgesagten  Bedingungen,  wenn 
er  für  diesen  Zweck  richtig  gebaut  wird,  seine 
Reinigung  ist  auch  ohne  Betriebsunterbrechung 
möglich ;  ich  hoffe,  da  das  Billigste  im  Betriebe 
schliesslich  doch  das  Feld  erobert,  dass  mein 
Kieselapparat  in  Zukunft  wie  früher  anderwärts 
so  auch  in  der  Zellstufffabrikation  mehr  Auf- 
nahme Hoden  wird. 

Betreffs  der  Kondensatoren  bemerke  ich' 
dass  nur  ein,  und  zwar  ein  den  Verhaltnissen 
mte}) rechend  richtig  konstruirtcr  und  bemesse- 
ner Kondensator  nötig  ist.  Die  Ermässigung 
des  Diockes  und  der  Siedetemperatur  durch 
Kondensation  hängt  nur  von  der  richtigen  Be- 
messung und  Wirkung  der  Kühlfläche  ab.  Die 
möglichste  Erwärmung  der  KühUlüssigkeit 
bis  auf  die  Siedetemperatur  der  der  geringen 
Spannung  entsprechenden  Grade  bedingt  den 
Wasserverbrauch. 

Auf  das  Vacuum  hat  die  Kühlwassertem 
peratur  bei  Gegenströmung  keinen  Einfluss 
Wenn  zu  wenig  Wasser  aufgegeben  wird  und 
wenn  dabei  die  Wasseroberfläche  in  Berührung 
mit  dem  Dampf  ungenügend  entwickelt  ist 
fällt  da«  Vacuum  und  bei  einigen  Gegenstrom- 
Kondensator -Konstruktionen  Huden  dann  die 
lästigen  Betriebsstörungen  statt,  welchen  alle 
ungenügend  bemessenen  Katarakt  •  Kondensa- 
toren auagesetzt  sind. 

Meine  Wendelstufen- Berieselung  zeigt  derlei 
L'ebelstände  nicht,  mehr  als  100  Kondensatoren 
dieser  Art  arbeiten  tadellos! 

Für  die  ZellstotTtndustrie  haben  meine 
Kieael-Kondensatoren  schon  deshalb  höhere 
Bedeutung,  weil  sie  als  Koudensatoren  und  als 
Verdampfer  gleichzeitig  wirkeu.  Zu  diesem 
Zwecke  werden  die  Rohre  einerseits  mit  Dampf 
und  andererseits  mit  Lauge  beschickt  und  die 
Lauge  wird  in  dünner  Rieselschicht  sehr  viel 
besser  wie  bei  Vargan  und  Lillie  verteilt  im 
Loftstrom  zur  Verdampfung  gebracht,  so  zwar, 
dass  die  Rohre  jeder  Zeit  mitten  im  Betriebe 
gereinigt  werden  können.  Meine  Kombination 
der  Laugen  verdampföfen  mit  Rieselapparaten 
beseitigt  übrigens  jede  nennenswerte  Geruchs- 
beläatiguog.  Von  Bedeutung  ist  die  Wärmeaus- 
nützung  des  Abdampfes  und  des  Kondensates, 
und  dass  die  Kondensate  ohne  Nachteil  für 
Dampfkeaselspcisung  und  andere  Betriebs/wecke 
TolUtändig  rein  gewonneu  werden,  sowie  die 
Rein-  nnd  Vollwertigerhaltung  der  Heizfläche. 

Meine  Anlagen  zur  Kondensat-Berieselung 


funktioniren  tadellos,  auch  dann,  wenn  der 
Dampf  vor  der  Verwendung  in  der  Dampf- 
maschine überhitzt  worden  ist. 

Verfasser  dankt  für  die  zur  Klärung 
der  bei  der  Laugeneindickung  auftretenden 
Fragen  beitragenden  Mitteilungen,  muss 
aber  ohne  eigene  praktische  Erfahrung  die 
Vertretung  der  Vorzüge  der  Rieselapparate 
und  der  Lauwneindamplöfen  mit  Riesel- 
apparaten für  ZellstofTiaugen  dem  Herrn 
Einsender  überlassen. 

Herr  Eduard  Theisen,  Baden- 
Baden  hat  mit  seinem  Zentrifugal- 
Verfahren  zur  Verdampfung,  Destil- 
lation, Absorption  getrennt  oder  gemein- 
schaftlich in  einem  Apparat«  sich  von  der 
Arbeit  im  Vacuum,  welches  durch  eine  Luft- 
pumpe erzeugt  wird,  frei  gemacht. 

Er  führt  die  zu  verdampfende  Flüssig- 
keit in  1  bis  2  mm  starker  Schicht  mit 
grosser  Geschwindigkeit.  Die  zwangsweise, 
spiralförmige  Bewegung  der  Flüssigkeit  an 
inneren  Cylinderflächen  wird  durch  starken 
Luftdruck  von  Centrifugenflügeln  hervor- 
gerufen. Letztere  berühren  die  Flüssigkeil 
nicht,  blasen  aber  die  daraus  entweichen- 
den Dämpfe  und  Gase  ab.  Die  Centrifugen- 
ilügel  erzeugen  durch  Schrägslellung  im 
Apparate  eine  geringe  Luftleere  und  führen 
die  freiwerdenden  Dämpfe  und  Gase  mit 
Druck  ab. 

Mit  zwei  zusammenarbeitenden  Ver- 
dampfkörpern (ein  dritter  gleich  grosser 
steht  in  Reserve)  ä  20  qm  also  zus.  40  qm 
Heizfläche  (der  Einzelapparat  braucht  25  PS. 
Betriebskraft)  will  Theisen  100  cbm  4—5° 
Bä  Strohstoftablauge  in  24  Stunden  soweit 
eindampfen,  dass  die  verbleibenden  10  cbm 
Dicklauge,  in  heissflüssigem  Zustande  Flamm- 
öfen oder  Feuerungen  unter  den  Apparaten 
zugeführt,  verbrannt  werden  können.  Der 
Brennwert  der  Inkrusten  soll  allein  30  cbm 
Wasser  aus  den  Laugen  verdampfen.  Man 
spart  also  33*  s°/o  des  sonst  zum  Eindicken 
nötigen  Brennmateriales.  Die  Feuerungs- 
gase heizen  die  Apparate  erst  von  aussen 
und  treten  dann  in  das  Innere  derselben, 
um  ihre  letzte  Wärme  abzugeben. 

Da  in  den  Verdampfern  nur  eine  Tem- 
peratur ähnlich  der  Siedetemperatur  des 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   IH.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Waasers  herrscht,  so  entstehen  nachTheisen 
bei  der  Eindampfung  keine  Qblen  Gerüchte. 
Auch  die  unvermeidlichen  Gerüche  der 
Verbrennung  der  Rückstände  in  den  Flamm- 
öfen sollen  durch  Absorption  in  den  Ap- 
paraten, ferner  durch  angeordnete  lange 
Kühlleitungen,  welche  die  sämtlichen  Gase 
abfuhren,  oder  durch  eingeschaltete  Kon- 
densatoren auf  ein  Mass  zurückgedrückt 
werden,  dass  von  einer  Belästigung  der 
Nachbarschaft  in  polizeilich  unzu- 
lässiger Weise  nicht  gesprochen  werden 
kann. 

Das  Theisen-Centrifugal-Verfahren  soll 
nach  Bericht  eines  Freundes  in  mehreren 
Zellstofffabriken  Deutschlands  eingeführt 
sein  und  sich  gut  bewährt  haben. 

Von  Herrn  Theisen  selbst  erfolgte  bei 
Anfrage  und  Bitte  um  nähere  Auskunft 
k  eine  Autwort. 

Verdampfung  durch  die  Ofenabgase. 

Die  Verdampfung  des  Wassers  aus  den 
Ablaugen  ohne  Aufwendung  anderer  Wärme 
als  der,  welche  durch  günstige  Verbrenn- 
ung der  in  den  Ablaugen  enthaltenen  In- 
krustenetc.  der  früher  gekochten  Pflanzen - 
körper  entwickelt  werden  kann,  ist  das 
Ziel,  welches  den  Fachmännern  in  den 
letzten  Decennien  vorgeschwebt  hat. 

Auf  S.  229  linke  Spalte  hat  Herr  Willi 
Schacht  den  Brennwert  des  Strohstoff-Ab- 
laugenpecbes  von  1,5  bis  1,6  sp.  G  gleich 
2800  Calorien  (oder  Wärmeeinheiten)  pro 
kg  angegeben. 

Nach  anderen  Forschern  hat  ein  kg 
Fichtenholz  einen  Heizwert  von  über 
5100  WE.  Man  rechnet  nun,  für  eine 
Gewichtseinheit  Cellulose  sind  2  Ge- 
wichtseinheiten Holz  nötig.  Zwei  kg  Holz 
haben  einen  Brennwert  von  Über  10  200  WE. 
Den  Heizwert  von  dem  bei  der  Fabrikation 
verbleibenden  1  kg  Cellulose  hat  man 
auf  etwa  4200  WE.  bestimmt,  folglich 
sollten  in  der  Ablauge  eines  Kilogramm 
Cellulose  noch  über  5800  WE.  stecken. 

Die  Karlsruher  amtl.  Versuchsanstalt 
(Hofrat  Prof.  Dr.  Bunte)  bat  thatsächlich  in 
einem  Kilogramm  Wasserbadrückstand 
einer  Sulfitholzzellstoff  -  Ablauge  rund 
3700  WE.  ermittelt;   ebenso  wurde  in 


|  Karlsruhe  der  lufttrockene  Rückstand  ein- 
!  gedickter  Celluloseablauge  einer  Strohstoff- 
fabrik in  der  Berthelot-Mahlerachen  calo- 
rimetrischen  Bombe  untersucht;  er  ergab 
im  Mittel  h  kg  2546  Wärmeeinheiten, 
und  es  ist  theoretisch  nichts  dagegen  ein- 
zuwenden, wenn  angenommen  wird,  ein 
guter  Prozentsatz  dieser  Heizkraft  lasse 
sich  praktisch  nutzbar  machen. 

Das  Ziel  dieser  Nutzbarmachung  der 
in  den  Ablaugen  steckenden  Heizkraft  ist 
in  den  letzten  Jahren  insoweit  erreicht,  als 
eine  Kombination  der  Sulfatschmelz-,  roti- 
renden  Laugeneindick-  u.  Laugen verdampt- 
Oefen  für  dickere  (etwa  16°  Be)  .Holzzellstoff- 
ablaugen  geglückt  ist.  Nur  ein  Anfeuern  und 
ein  Nachheizen  bei  besonderen  Zwischen- 
fällen mit  Brennmaterial  hat  sich  als  not- 
wendig herausgestellt. 

An  dieser  Stelle  interessirt  zunächst 
nur  der  letzte  Teil  die  Fortachaffung  des 
grössten  Teiles  des  Wassers  aus  den  Ab- 
laugen. (Ueber  die  vollständige  Einricht- 
ung folgt  später  Näheres.) 

Der  Ablaugen  Eindickapparat  von 

6.  F.  Enderlein  In  Akerö  pr.  Bettna 
(Schweden.)  * 

Dieser  höchsteinfache,  dabei  hochleis- 
tungsfähige Apparat  besieht,  wie  Fig.  1  und 
2  Taf.  93  verdeutlichen,  aas  zwei  Tauch- 
trommeln T,  deren  äussere  Umfänge  mit 
je  32  Stück  Kreisringen  aus  Blech  von 
2400  mm  äusserem,  1500  mm  innerem 
Durchmesser  besetzt  sind.  Die  Breite  der 
Ringe  (radial  gemessen)  beträgt  nach  obigen 
Massen  450  mm.  Die  einen  solchen  aus 
6  Stück  Vit  mm  dicken  Blechsektoren  zu- 
sammengenieteten Ring  umschliessende 
Oberfläche  ist  5,52  qm  gross.  Die  zwei 
Ringtrommeln  mit  zusammen  64  Ringen 
bieten  nach  der  Rechnung  eine  Oberfläche 
von  rund  354  qm.  (Herr  Enderlein  gibt 
400  qm  an.) 

Die  32  Ringe  jeder  Trommel  werden 
von  4  sechsspeichigen  Armkreuzen  ge- 
tragen. Mehrere  die  Ringe  und  damit 
auch  die  Armkreuze  zusammenhaltenden 
Bolzen  tixiren  durch  75  mm  lange  Gas- 

•  Wochenblatt  Jg.  1901,  S.  3268/66  zuerat 

veröffentlicht. 


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e.  Kirchner,  das  papier.  m.  b  u.  c.  zellstoff. 


■'/.  Y.  ////,'///.  ■  --//;  / 


:-m^  oyy 


Taf.  93 


und  Sodacalclnlr-Apparat  G.  F.  Enderlei«. 


rohr-Zwiscbstücke  die  gegenseitige  Ent- 
fernung  der  Ringe  und  die  Breite  der 
Trommeln  =  2450  mm.  Die  4  Armkreuze 
sind  auf  starken  Wellen  A  festgekeilt  und 
werden  durch  entsprechende  Zahnradvor- 
gelege und  Riemenscheiben  mittels  Riemen 
angetrieben.  Die  Wellen  machen  9  Um- 
drehungen pro  Minute  haben  also  am  Um- 
fange eine  Geschwindigkeit  von  1,131  m/sec. 

In  das  doppelmuldenförmig  gestaltete 
Laugengefäss  laufen  per  24  Stunden  70  bis 
80  cbm  etwa  10°  Be  starke  Ablauge 
bei  J  ein,  die  Ringtrommeln  T  tauchen 
unten  in  dieselbe  ein  und  werden  dadurch 
stetig  benetzt.  Nun  liegen  die  Ringtrommeln 
mit  ihrem  oberen  Teil  in  einem  Fuchs, 
durch  den  die  heiasen  Vtrbrennungsgase 
des  Ofens  streichen.  Rechnen  wir,  dass 
die  Ringoberflächen  zu  V«  in  die  Ablaugen 
eintauchen,  so  bieten  die  Ringe  den  Ofen- 
gasen reichlich  300  qm  Heifläche  dar  und 


es  findet  eine  äusserst  lebhafte  Verdampf- 
ung des  Wassers  aus  den  Ablaugen  statt. 

Es  bilden  sich  aus  der  Lauge  im 
Doppelmuldenbassin  etwa  25  cbm  zäh- 
flüssige Dicklaugen  von  35  -  38°  Be  und 
Klumpengebilde,  welche  von  der  rechts 
liegenden  Ringtrommel  in  den  Trog  mit 
starker  Blechschnecke  S  gehoben  werden. 
Die  aus  3  mm  starkem  Schmiedeeisen  ge- 
fertigte Schnecke  S  hat  etwa  250  mm 
Durchmesser,  200  mm  Steigung  und  macht 
45  Umdrehungen  pro  Minute ;  sie  fördert 
die  dicke  Lauge  in  den  Kasten  K,  wo 
sie  einen  gelochten  Blechboden  behufs 
Verteilung  der  Klumpen  passiren  muss. 
Aus  dem  Kasten  K  fliesst  die  Dicklauge 
durch  das  gegen  Verbrennen  und  An- 
brennen der  Lauge  mitte's  einer  Rohrum- 
hüllung geschützte  Rohr  M  in  den  rotiren- 
den  Ofen  0,  wo  die  weitere  Austreibung 
des  Wassers  und  das  Ausbrennen  des 
grössten  Teiles  der  brennbaren  Bestand- 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


teile  der  Laugen  unter  Wärmeentwickel- 
ung stattfindet. 

Die  Höhe  der  Lauge  im  Bassin  ist  nur 
so  hoch  zu  halten,  dass  die  Ringoberflächen 
sich  ordentlich  benetzen. 

Der  Feuerrost  E  wird  nur  zum  ersten 
Anfeuern  und  bei  Unregelmässigkeiten 
während  des  Betriebes  benutzt  Er  tritt 
z.  B.  in  Thätigkeit,  wenn  die  Lauge  zu  dünn 
ist,  oder  die  Wärme  des  rotirenden  Ofens 
nicht  zur  genügenden  Verdickung  genügt. 
Unter  dem  Trommelbassin  ist  noch  ein 
zweiter  Reservenichs  R  eingebaut,  der  ge- 
wöhnlich durch  den  Schieber  B  verschlossen 
ist,  der  aber  vorübergehend  durch  Oeflnen 
von  B  in  Funktion  tritt,  wenn  die  Trom- 
meln stehen  und  der  Ofenbetrieb  nicht 
unterbrochen  werden  soll. 

Wenn  die  zum  Abdampfen  bestimmte 
Ablauge  16/4Be  stark  ist,  braucht  man 
nur  bei  Ingangsetzung  auf  E  und  H  etwas 
anzufeuern.  Sind  dann  der  rotirende 
Ofen  0  und  die  Schmelzöfen  Z  in  richtige 
Hitze  gekommen,  so  genügt  die  bei  Ver- 
brennen der  Inkrusten  etc.  der  Holzzell- 
stofflauge  entstehende  Wärmemenge,  um 
ohne  jede  Aufwendung  von  anderem  Brenn- 
material den  Eindampf-  und  Calcinir-  und 
Schmelzprozess  ordnungsgemäss  durchzu- 
führen. Herr  Enderlein  hat  also  das  den 
Fachleuten  seit  lange  vorschwebende  Ideal 
der  Wiedergewinnung  der  Natronsalze 
erreicht. 

Die  in  r~  der  wirklichen  Grösse  dar- 
gestellte Anlage  genügt  nach  Mitteilungen 
des  Herrn  Enderlein,  um  jährlich  4600  t 
Schmelze  zu  erzeugen,  d.  h.  es  müssen  pro 
Tag  1H,5  t  =  13500  kg  Schmelze  fertig 
werden. 

Nehmen  wir  an,  15°/o  des  Schmelze- 
gewichts ergebe  sich  aus  dem  Sulfatzu- 
satze,  so  bleibt  für  Schmelze  aus  den  Koch- 
lauge  11475  kg  täglich.  Die  Lauge  komme 
16  •  Be  stark  ins  Bassin  und  verlasse  dasselbe 
38*  Be  stark,  so  dicken  unter  Annahme, 
dass  die  Dünnlauge  143  kg,  die  Dicklauge 

460  kg  ä  cbm  Schmelze  enthält  1-~  co 


80  cbm  Dünnlauge  in  1^^co25  cbm  Dick- 
lauge ein.  Es  sind  also  55  cbm  =  56000  1 
Wasser  in  24  Stunden  von  zwei  Ring- 
trommeln mit  300  im  Fuchs  liegenden 
Quadratmetern  Heizfläche  verdampft 

Es  verdampft  also  1  Quadratmeter  Heiz- 
däche in  der  Stunde  ^5(*^  7,64  kg 
Wasser. 

Dies  ist  erreicht  mit  einem  Apparat  der 
weniger  komplizirt  als  ein  Mehrkörperver- 
dampfer ist,  der  gar  keinen  Dampf  ver- 
braucht und  der  keine  gross  intelligente 
Bedienung  verlangt. 

Diese  Enderlein'schen  Erfolge  bedeuten 
also  einen  epochemachenden  Fortschritt 
in  dem  Natronzellstofffach.  Es  arbeiten 
mit  besten  Resultaten  2  Anlagen  in  Barable 
(Norwegen)  seit  1893,  3  Anlagen  in  Franö 
(Schweden)  seit  1896  und  2  Anlagen  in 
Wermbol  (Schweden)  seit  1900 ;  auch  sind 
neuerdings  weitere  etwas  abweichende 
Enderlein'sche  Konstruktionen  in  Skandi- 
navien in  Betrieb  gekommen. 

Auf  Anfrage,  wie  der  Apparat  sich  bei 
dünneren  Holzzellstoff-  oder  stark  ver- 
dünnten Strohzellstoff-Ablaugen  bewähre, 
sagt  Herr  Enderlein,  dass  sein  Apparat  s. 
W.  für  Strohlaugen  noch  nicht  angewendet 
sei.  Mit  Laugen  unter  10°  Be  Stärke  habe 
er  überhaupt  keine  Erfahrung. 

Bei  10'  Be  Holzzellstoff- Ablauge  brauche 
man  schon  auf  1 1  Zellstoff  15  hlco  1250  kg 
Steinkohlen,  welche  auf  dem  Nebenherde 
E  verbrannt  würden. 

Die  Eindickung  dünner  Ablaugen  auf 
12*  resp.  16°  Be  Stärke  dürfte  vorteil- 
hafter mittels  Vacuumapparates  oder  in 
einem  Röhren-Dampfkessel  geschehen. 

Wenn  man  bei  Anwendung  seines  Ap- 
parates statt  des  Schornsteines  einen  Ven- 
tilator anwende,  so  würde  man  zu  noch 
besseren  Resultaten  kommen,  denn  man 
könnte  dann  die  Temperatur  der  abgehen- 
den Ofengase  bis  auf  90*  C 
bringen ,  also  grössere 
nutzbar  machen. 

Ueber  die  hier  von  Enderlein  erwähnte 
Anwendung  von  Röhren-Dampfkesseln  zum 


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e.  Kirchner,  das  papier.  m.  b  u.  c.  Zellstoff. 


241 


Verdainpfen  des  Wassers  aus  dünnen  Ab- 
laugen und  die  *  vorteilhafte  Nutzbarmach- 
ung dieses  Dampfes  ist  bereits  vorn  S.  198 
rechte  Spalte  und  S.  206  rechte  Spalte  die 
Rede  gewesen,  dieselbe  wird  uns  auch 
weiter  Unten  bei  Besprechung  der  neuen 
Ofenkonstruktionen  noch  wieder  begegnen. 

Vergegenwärtigt  man  eich,  dass  die 
Eindickung  der  Zellstoff- Ablaugen  in  solchen 
Röhren-Dampfkesseln  bis  auf  16°  B  un- 
schwer möglich  ist  Und  dass  mit  dem 
Enderlein- Apparat  die  weitere  Eindickung 
and  Schmelzung  ohne  besondere  Aufwend- 
ung von  Brennmaterial  erwiesen  ist,  so 
scheint  es  auch  bei  Dühnlaugen  das  Vor- 
teilhafteste, 'Brennmaterial  nur  unter  den 
Dünnlaügettröhrenkesseln  autzuwenden.  Die 
Kosten  für  Herstellung  des  Dampfes,  resp. 
für  die  Eindickung  hat  man  soder  Regene- 
rirang gar  nicht  zu  belasten,  da  der  ge- 
wonnene Dampf  für  Dampfmaschinenan- 
trieb, Kochen  und  Heizen  Verwendung 
finden  kH.nn. 

Es  darf  jedoch  nicht  verschwiegen 
werden,  dass  der  auf  diese  Weise  ge- 
wonnene Dampf  unangenehm  riecht 
und  im  Betriebe  manche  andere  Unzu- 
irtgliebketten 'mit  sieh* bringt. 

Da  es  allein  auch  bei  deriEnderiein'schen 
Eindick- Einrichtungen  nicht  ohne  üble  Ge- 
rüche abgehen  dürfte,  so  wird  man  in 
Gegenden  mit  empfindlichen  Nachbarn, 
wie  vielfach  bei  uns  in  Deutschland,  der 
Vacuum-Verdamprapparate  nicht  wohl  ent- 
behren können. 

Herr  Willi  Schacht,  jetzt  Papierfabrikant 
in  Weissenfeis  (Saale)  hat  übrigens  zu 
Ende  1901  die  Enderleic 'sehen  Einricht- 
ungen in  Scandinavien  studirt ;  er  berichtet 
darüber  wie  folgt: 

„Ich  habe  mich  davon  überzeugt,  dass  es 
Herrn  Enderlein  schon  seit  vielon  Jahren  ge- 
lungen iat,  aus  den  Ablängen  der  Natronstoff- 
k  ahrikation  ohne  Extraanfwand  an  Brennstoff 
die  Salze  zu  regeneriren.  Mehrere  Knder- 
lein-Anlagen,  welche  ich  «ah,  hatten  überhaupt 
keine  Feuerungsanlagen.  Das  periodische  An- 
heizen derselben  geschah  mittels  Holz,  welches 
in  die  Schmelzofen  nnd  in  deu  Rotary  geworfen 
«od  angezündet  wurde.  Die  grossen  Erfolge  uud 
Hauptvorteile,  welche  Enderlein  erreicht  bat, 


beruhen,  meiner  Ansicht  nach,  darauf,  dass 
Entlerlein  physikalisch  und  chemisch  die  Ab- 
laugen resp.  das  Ofengut  ganz  anders  vorbe- 
reitet nnd  aufarbeitet,  bevor  die  Salzaschen  zum 
Ausbrennen,  Calcinircn  und  Schmelzen  kommen. 
Das  Eindicken  der  Ablaugen  in  Verdampf- 
körpern mittels  Heizdampf  bringt  die  Massen 
zur  Dichte  von  Syrup  oder  Pech.  Solche  Lau- 
gen sind  sehr  rein  und  dicht,  pochartig  glän- 
zend ;  deren  Verwandlung  in  Trockengut  erfolgt 
aber  langsam  und  schwer,  da  die  abtreibenden 
Körper  und  Gase  aus  der  Masse  schwierig  fort- 
können uud  die  dichte  Lauge  die  zersetzenden 
Verbrennungsprodukte  nur  ganz  allmählich  und 
schlecht  aufnimmt. 

Endcrlein  mit  seinen  Scheibenvcrdainpfern 
treibt  bei  verunreinigten  dünnen  Laugen  nicht 
nur  das  Wasser  aus,  sundern  beginnt  be- 
reits in  den  Dünnlaugen  durch  "Wärme,  Kohlen- 
stoff und  Kohlensäure  (das  Endprodukt  der 
Verbrennung  von  dem  Rotary  resp.  den  davor- 
liegenden  Schmelzöfen)  eine  sehr  durchgreifende 
Aenderung  und  Zersetzung  der  Massen. 

Die  gewonnene  Enderlein-Dicklauge  ist 
physikalisch  und  chemisch  ganz  anders  be- 
schaffen wie  die  Dicklauge  der  Vaeuumapparate, 
sie  ist  bedeutend  besser  geeignet  für  die  weitere 
Aufarbeitung.  Das  Trockengut  aus  solchen  Dick- 
laugcn  ist  sehr  leicht  und  schnell  herzustellen, 
es  ergibt  eine  krihncl  ige,  poröse,  amorphe  Masse, 
die  leicht  zündet  und  schnell  brennt. 

Das  Trockengut  aus  Apparat-Dicklaugen 
erscheint  demgegenüber  ganz  dicht  als  zähe, 
zusammenhangende  Masse,  die  sehr  schmierig 
ist  und  Klumpen  bildet,  welche  schwer  zum 
Brennen  kommt  uud  deren  culc.  Salze  langsam 
schmelzen.  Diese  wesentlichen  physikalischen  Ver- 
schiedenheiten sind  natürlich  auch  von  grossem 
Einfluss  auf  die  Güte- und  Mengenleistung  der  An- 
lagen. Die  Enderlein- Anlagen  behandeln  die  Lau- 
gen andauernd  und  sehr  durchgreifend  im  heissen 
Kohlensäurestrom,  wobei  Wärme  und  CO,  die 
gelösten  organischen  Stoffe  der  Ablaugen  aus- 
füllt und  zersetzt,  sie  geben  stets  ein  Produkt, 
das  reich  an  Karbonaten  und  arm  an  Sultiden 
ist,  und  in  der  Mengenleistung  übertreffen  sie 
die  Vacunm-Difklaupe  verarbeitenden  Fabriken 
ganz  bedeutend.  Ich  glaube  nicht  zu  viel  zu 
sagen,  wenn  ich  die  Mehrleistung  auf  das  Dop- 
pelte angebe. 

Carbouatrciebe  und  sultblarmo  Ablaugen 
ergeben  weiterhin  viel  weniger  (.»eruehsübel- 
stände  ab,  als  die  Apparate-Picklauijc!!  mit  den 
grossen  Reduktionsmensjen  Schwcfclnatriuw  aus 
dem  zugeschlagenen  Sulfate. 

Bei  dSnnen  Ablaugen  4 -  6°  He,  wie  sie  die 
Stroh-  und  Ksparto  Zellstoff-Industrie  hat.  wird 
man  die  Ablaugen- Aufarbeitung  ohno  Mehr- 

2  Boi/cn  1!X'2. 


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242 


E.  KIRCHNKH.   DAS  PAPIER.    HL  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


kiirpcr-Vcrdampfer  zweckmässigst  wohl  nicht 
vornehmen  können,  doch  laut  rieh  hierbei 
Zweckmässigkeit  mit  dem  wirtschaftlichen 
Kwlerlein-Syatom  unzweifelhaft  verbinden. 

Herr  Schacht  teilt  noch  mit,  dass  es  in 
neuester  Zeit  der  Maschinenfabrik  T  h.  u.  A. 
Frederking,  Lei pzig-Plagw itz  ge- 
lungen ist,  dicke  Zellstoffablauge  in  be- 
sonders konstruirten  Hochdruck- Verdampf- 
apparaten zu  verkoken.  Eine  erste  Anlage 
dieser  Art  wird  demnächst  in  einer  Stroh- 
stofffabrik in  Betrieb  kommen. 

Neue  Ofenkonstruktionen. 

Als  Einleitung  zu  diesem  Abschnitt 
sollen  zunächst  einige  allgemeine  Bemerk- 
ungen über  den  Bau  und  die  Materialien 
der  Calcinir-  resp.  Schmelzöfen  vorausge- 
schickt werden. 

Verfasser  besitzt  als  früherer  Natron- 
zellstoff-Fabrikant Erfahrungen  aus  der 
Zeit  vor  mehr  als  25  Jahren.  Er  b'ieb  in- 
des während  der  seitdem  verflossenen 
Zeitperiode  auch  mit  den  Fortschritten  der 
neueren  Zeit  in  engerer  Fühlung. 

Winke  betreffend  Konstruktion  und  Erbau 
ung  der  Oefen. 

Was  die  Ofenausffthrung  anlangt,  so 
ist  auf  deren  kunstgerechte  Konstruktion 
in  soliden  Verhältnissen,  auf  tadellosen 
Verband  und  Ausführung  mit  möglichst 
engen  Mörtelfugen  strenge  zu  halten.  Eine 
Beachtung  der  Regeln  der  Ofenbautechnik 
ist  unerlüsslich.  Konstrukteur  und  Aus- 
lührender  müssen  sich  mit  den  Einwirk- 
ungen scharfen  periodischen  Feuerns  auf 
Mauerwerk  und  mit  den  durch  Ditnen- 
*ionirung  der  Feuerräume,  durch  Gewölbe. 
Feuerbrüfken  etc.  erzielbaren  pyrometri- 
schen  Effekten  gut  vertraut  machen.  Die 
Gewölbe  sollten,  soweit  dies  der  Effekt 
zulässt,  mit  nicht  zu  geringen  Stichhöhen 
ausgeführt  werden.  Die  Feuerbrücken 
sollten  negativ,  d.  h.  nicht  horizontal, 
sondern  in  der  Mitte  nach  unten  hin  etwas 
durchschlagend  gebaut  werden.  Ich  habe 
die  Dauer  der  von  mir  gebauten  Soia- 
otenleuerbrücken  auch  durch  Aufsetzen  einer 
emtachen  Streckerschicht,  die  später  nach 
Wegbrennen  leicht  erneuert  werden  konnte, 
sehr  verlängert. 


Der  Herstellung  dichter  Ofensohlen  ist 
die  grösste  Aufmerksamkeit  zu  widmen, 
da  grosse  Kapitalien  durch  Versickerung 
der  Ablaugen  resp.  Scbmelzsalze  verloren 
gehen  können. 

Ich  fand  für  zweckmässig,  die  Calcinir- 
(resp.  Schmelz-)  Herde  mit  Eisenplatten 
unter  dem  Sohlenmauerwerk  zu  unterlegen 
und  in  den  Ofenräumeo,  wo  die  Ablauge 
noch  dünn  ist,  die  Sohlen  von  Böden 
eiserner  Pfannen  bilden  zu  lassen,  wobei 
die  Pfannenseitenwände  durch  innere  Aus- 
mauerung gegen  Verbrennen  geschützt 
wurden. 

Diese  früher  angebrachte  Vorsicht  ist 
bei  der  heutigen  Arbeitsweise,  wo  nur 
dickere  Laugen  in  die  Oefen  kommen, 
überflüssig. 

Eine  gute  Fundirung,  weit  unten  tief  ins 
Fundament  gehende,  oben  stark  gesicher- 
te Anker  (alte  Eisenbahnschienen,  doppel- 
te 1  f  oder  7  Eisen  etc.)  sind  für  die 
Lebensdauer  des  Ofens  von  hoher  Bedeutung- 

Während  die  Disposition  einiger  alter 
Oefen- Anlagen  schon  vorn  S.  195—206  Be- 
rücksichtigung fand  und  die  der  neueren 
weiter  unten  beschrieben  werden  soll,  sei 
über  feuerfeste  Steine  und  sonstige  feuer- 
feste Materialien  zunächst  Ausführlicheres 
mitgeteilt. 

Baumaterial  der  Oefen. 

Das  Baumaterial  für  unsere  Wieder- 
gewinnungsöfen ist  für  die  Rentabilität  der 
Anlage  von  höchster  Wichtigkeit  Die 
Wahl  desselben  seitens  der  Fabrikanten 
hat  mit  vollem  Verständnis  der  hohen 
Beanspruchung  durch  Wärme,  sowie  durch 
mechanische,  und  durch  chemische  Ein- 
wirkungen bei  der  Otenarbeit  zu  geschehen. 

Diese  Beanspruchungen  liegen  sehr  ver- 
schieden. 

Hat  man  noch  das  reine  Natron-  oder 
alte  Sodaverfahren  und  ca  cinirt  man  die 
Asche  im  Ofen  fertig,  so  haben  die  inneren 
Ofenfeile  verhältnismässig  grosse  Tempe- 
raturdifferenzen zu  ertragen ;  ausser  - 
dein  soll  das  Steinmaterial  die  starken 
mechanischen  Zumutungen  durch  eiserne 
Krücken,  Brecheisen  etc.  ertragen;  es  soll 


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E.  KIRCHNEK.   DAS  PAPIER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


243 


bei  hohen  Hitzegraden  nicht  sintern  und 
schmelzen,  sich  unter  Hitze-  und  Laugen- 
wie  glühende  Aschen -Einwirkung  nicht 
auflösen. 

Etwas  anders  liegen  die  Verhältnisse 
bei  den  Oefen  der  Sulfatfabrikation,  anders 
bei  rotirenden  gegen  feststehende  Oefen  etc. 

Bei  Sulfatschmelzöfen  kommt  ausser 
einer  verhältnismässig  sehr  hohen  Tempe- 
ratur noch  eine  starke  chemische  Bean- 
spruchung durch  die  schmelzenden  Alka- 
lien hinzu. 

Die  rotirenden  Calciniröfen  haben  nur 
einen  geringen  Verschleiss  des  Ofenmate- 
riales,  wenn  es  sich  um  entsprechend  in 
Verdampfapparaten  eingedickte  Ablaugen 
des  Natronverfahrens  handelt. 

In  der  Jugend  der  Zellstofffabrikation, 
in  den  70er  Jahren  des  vorigen  Jahrhun- 
derts, war  derjenige  Ofenstein,  dem  man 
die  beste  Leistung  nachsagte,  der  englische 
feuerfeste  Stein,  Marke  »Ramsay«.  Der 
Abfall  und  Bruch  desselben  wurde  zer- 
stossen  und  galt  mit  etwas  Kalkmilch  an- 
gemacht als  bestes  feuerfestes  Bindemittel. 

Verfasser  beobachtete  beim  Calciniren 
der  Soda  aus  Holzzellstoff-Ablaugen  ein 
sehr  verschiedenes  Verhalten  der  im  Handel 
erhältlichen  englischen  Steine,  sodass  trotz 
ausserster  Sorgfalt  bei  Mauerung  des  Ofen- 
herdes oft  ein  allzubaldiges  Verzehren  der 
Wangen  eintrat  Er  schloss  damals , 
dass  das  englische  Fabrikat  doch  qualita- 
tiv auch  sehr  verschieden  ausfiel. 

Heute  haben  wir  in  Deutschland  eine 
ganze  Anzahl  von  Firmen,  die  feuerfeste 
Steine  für  alkalische,  saure  und  basische 
Prozesse  vorzüglich  geeignet  herstellen, 
so  dass  wir  in  dieser  Richtung  vom  Aus- 
lande unabhängig  dastehen. 

Das  Material  der  inneren  Ausfütterung 
unserer  Calcinir-  und  Schmelzöfen  ist 
nun  verschiedenen  Beanspruchungen  aus- 
gesetzt.  Man  kann  unterscheiden: 

A.  Die  Beanspruchung  der  inneren 
Teile  des  Olens  nur  durch  hohe  Hitze- 
grade der  Feuer-  und  Verflüchtigungsgase 
und  grelle  Abkühlung  (obere  Seitenwand- 
teite  und  Gewölbe). 

B.  Die  Beanspruchung  der  inneren  Teile 


des  Ofens,  welche  der  Lösung  durch  die 
Dicklaugen,  durch  die  Asche,  resp.  die 
Schmelzen  und  gleichzeitig  wechselnd  hohen 
und  niederen  Hitzegraden  ausgesetzt  sind 
(unlere  Seitenteile  und  Sohlen). 

Für  Seiten-  und  Sohlenausfütterung  ist 
noch  der  mechanische  Angriff  durch  die 
Eisenwerkzeuge  zu  berücksichtigen. 

Die  Untersuchungen  von  Hempel  und 
Jezierski  *)  „Ueber  Steine,  welche  gegen 
schmelzende  Alkalien  und  Schwefelalkalien 
beständig  sind"  verdienen  an  dieser  Stelle 
der  auszugsweisen  Wiedergabe.  Darnach 
hat  sich  der  in  Scandinavien,  Südtyrol  und 
Nordamerika  vorkommende  T  o  p  f  s  t  e  i  n 
(Lavezstein,  Giltstein,  Lavezzi,  Pierre  Mol- 
laire)  als  Ausfütterung  von  Oefen,  in  wel- 
chen Alkalien  und  Schwefelalkalien  ge- 
schmolzen werden,  sehr  gut  bewährt. 

Es  wurde  ein  aus  Norwegen  stammen- 
der Topfstein  (Speckstein)  quantitativ  unter- 
sucht. Es  ergaben  sich  folgende  Bestandteile : 


Si  Ot 

44,25  pCt. 

Ca  0 

3,40  „ 

Fe«  0« 

4,20  „ 

Fe  0 

7,65  „ 

All  03 

4,25  „ 

Mg  0 

20,70  „ 

Naa  0 

4,70  „ 

Cl 

0,20  „ 

Ht  0 

10,60  „ 

Bei  Silberschmelzhitze  (etwa  95t  •  C) 
1  Std.  in  geschmolzener  Soda  erhitzt,  ver- 
lor dieser  Stein  0,4°/o;  45  Minuten  in 
einem  Gemisch  von  100  Soda,  40  Schwefel 
erhitzt  verlor  dieser  Stein  0,02  °/o.  (Es  war 
das  Schmelzstück  nach  dem  Erkalten  mit 
Wasser  gelöst  und  das  Rückständige  ge- 
wogen). 

In  gleicherweise  hoch  feuerfester 
Chamottestein  geschmolzener  Soda 
ausgesetzt  verlor  5  4,3  pCt.  seines  Ge- 
wichtes !  — 

Der  Topfstein  hielt  Gusseisenschmelz- 
hitze  (etwa  11—1200°  C)  aus,  ohne  zu 
schmelzen,  bei  Stahlschmelzhitze  (etwa 
13-1400°  C)  jedoch  floss  er. 


')  Chemische  Industrie  Jg.  18'J6  No.  9,  welche 
s,  Z.  auf  Anregung  von  Schacht  erfolgten. 


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244 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Lehm  von  der  Ziegelfabrik  Mockritz 
bei  Dresden  zeigte  bei  der  ehem.  Analyse : 


Si  Ot 

72,80  pCt. 

Fet  Os 

4,03  „ 

AU  Os 

10,50  „ 
0,63  „ 

Ca  0 

Mg  0 

0,33  „ 

Nat  2 

5,65  „ 

C  O» 

0,09  „ 

Hi  0 

5,64  „ 

Man  sieht,  dass  diesem  Lehm  gegenüber 
dem  Topfstein  besonders  der  Magnesia- 
gehalt fehlt. 

Die  Stassfurter  IIa  Magnesia  ist  nun 
das  Industrie-Abfallprodukt,  welches  die 
grössten  Mengen  Magnesia  enthält;  so 
zeigen  Analysen  von  IIa  Magnesia 


Der 


Si  Oi 
Fei  Os 
Ali  Os 
Mg  0 
Cl 

S  0« 
C  Oi 
Hi  0 
natürliche 


3,43  pCt 
0,13 
5,11 
83,78 
0,66 
1,86 
0,73 
3,98 

Dolomit  enthält  auch 


grössere  Mengen  Magnesia  neben  Kalk. 
Ein  Dolomit  von  Ostrau  bei  Riesa  enthielt 


Si  Oi 

5,13  pCt. 

Fe»  Os 

2,31  „ 

Fe  0 

1,56  „ 

Ca  0 

Mn  0 

2,77  „ 

Mg  0        16,79  pCt. 
C  Oi         42,33  „ 
H»  0  0,80 
Es  wurde  nun  Lehm  und  IIa 
gemischt  im  Verhältnis 

I   142  :  1Q0 
II   309  :  100 
Die  Gemische  waren  unschmelzbar  bei 
Silber-  und  Gusseisen-Schmelzhitze ,  bei 
Stahlschmelzhitze  schmolzen  beide. 

Mit  Schwefelalkalien  geschmolzen  ergab 
Mischung  I  0,12  pCt  ,  Mischung  II  0,18  pCt. 
Gewichtsverlust. 

Mit  Soda  geschmolzon  ergab  Mischung  I 
0,02  pCt.  Gewichtsverlust,  Mischung  II 
wurde  vollständig  zersetzt.  . 

Die  Mischung  I  ist  also  noch  wider- 
standsfähiger gegen  Alkalien  als  der  Topf- 
stein, dagegen  weniger  feuerbeständig. 

Mischung  III.  236  Teile  Dolomit  und 
325  Teile  Lehm  werden  gemischt  und  bei 
Silberschmelzhilze  gebrannt.  Es  resultirte 
ein  fester  Stein,  der  gegen 

Schwefelalkalien  0,01  pCt.  Verlust 

Soda  0,05  „ 

zeigte  und  gegen  Salzsäure  sehr  be- 
ständig war. 

Der  erhaltene  künstliche  Stein  zeigte 
sich  ausserdem  noch  feuerbeständiger  als 
der  Topfstein. 

Fassen  wir  die  Resultate  dieser  wert- 
vollen Forschungen  in  einer  Tabelle  zu- 
sammen. 


Material 
resp. 
Mischung. 

Wichtige  Bestandteile 

pCt.  Verlust 
in  geschmol- 
zener 

Schmelzbarkeit  bei 
Schmelztemperatur 

SiOs 

1 

Als  03 

CaO 

MgO 

Soda 
1  Std. 
erhitzt. 

100  Sod» 
40 

46  Min.  : 
f  rhitzt. 

des 
Silbers 

des 
Guss- 

des  Stahls 

■ 

schm. 

sclvm. 

Topfstein 

'  44.25 

4.25 

3,40 

20.70 

0,4 

0,02 

nicht 

nicht 

schmilzt 

Chamotie 

1  ? 

y 

y 

y 

154,3 

schm.  nicht 

Lehm 

72,80 

10,50 

0,63 

0,33 

Magnesia  II 

3,42 

5.11 

83,78 

Dolomit 

5.13 

27,84 

16,79 

l  0,02 

1.  Mischung 

44  25 

6.20 

11.90 

7.13 

0,12 

nicht 

nicht 

schmilzt 

II. 

56.25 

7.90 

7.28 

20.7 

100,00 

0,18 

M 

schmilzt 

111. 

4425 

0,80 

12,08 

7,26 

0,05 

0,01 

,, 

schm.  nicht 

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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Hl.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Mischung  III  vermag  also  nach  diesen 
Versuchen  und  Untersucbupgen  den  Topf- 
stein bezüglich  Unlöslichkeit  in  schmelzen- 
den Alkalien  vollkommen  zu  ersetzen,  in 
Bezug  auf  Feuerbeständigkeit  übertrifft  er 
den  Topfstein  wesentlich. 

Hempel  und  Jezierski  empfehlen  daher 
die  Teile  des  Ofens,  welche  mit  schmel- 
zenden Alkalien  in  Berührung  kommen,  in 
Steinen  oder  Masse  der  Mischung  III  her- 
zustellen, die  übrigen  Teile  aus  Chamotte- 
steinen  oder  Dinassteinen*)  zu  mauern  und 
in  Oefen,  wo  sehr  hohe  Temperaturen  in 
Betracht  kommen,  zwischen  Mischung  III 
und  Cbamctte  eine  achmale  Schicht  von 
reiner  Magnesia  einzulegen. 

Für  diese  Schicht  dürften  sich  auch 
Magnesiaziegel  eignen. 

C.  Bischof  sagt")  über  Magnesiaziegel : 
„Das  meistbenutzte  Rohmaterial  ist 
steirischer  Magnesit  aus  dem  Veitsch- 
thale,  während  der  magnesiareichere 
griechische  nicht  so  gern  genommen  wird. 
Totgebrannter  Magnesit  schwindet  um 
2ö°/o  und  wird  steinhart,  gibt  gemahlen 
ein  sandiges  Pulver,  das  eines  Binde- 
mittels bedarf.  Das  Bindemittel  besteht 
je  nach,  den  Zwecken,  welchen  die  fer- 
tigen Ziegel  dienen  sollen,  aus  Thon, 
Kieselsäure,  Theer,  Soda,  oder  Chlor- 
magnesium. Die  besten  Magnesiaziegel 
halten  Platinschmelzhitze  aus." 
Schacht  sagt  im  Anschlüsse  an  Vor- 
stehendes : 

Der  Topfstein  wird  seit  10  Jahren  von 
vielen  scandinaviscben  Zellstoff-Fabriken  mit 
bestem  Erfolge  verwendet.  Er  ist  ausgezeich- 
•  net  für  die  Calcinir-  nnd  Schmelzöfen  geeignet 
und  zwar  infolge  seiner  ausserordentlich  hohen 
Dichte.  Das  specinsche  Gewicht  deB  Tnpf- 
steines  kommt  beinahe  doppelt  so  hoch  wie  das 
der  besten  Chamotten,  welcho  am  Markte  sind. 
Der  Preis  des  Specksteinmatcrials  stellt  sich 
in  Deutschland  aber  auch  4  mal  teurer  als  unser 
bestes  Thonmaterial. 

Katur-Topfstein  sintert  selbst  in  den  höchsten 
Temperaturen   nicht    und   sein  Schmelzpunkt 


*)  Steine  aus  englischem  Dinassand  geformt 
und  gebrannt. 

**)  Oesterr.  Zeitschrift  für  Berg-  und  Hütten- 
wesen 1893,  41,  87. 


245 


liegt  weit  Uber  1700»  C.  Bei  ca.  1500»  C  langt 
der  Topfstein  an  weich  zu  werden  uud  in 
solchem  Zustande  verträgt  er  keine  mechanische 
Bearbeitung  mehr.  Der  bekannte  Ingenieur 
und  Faehkollejje  Hartmanu-ChriBtiania  hat  vor 
vielen  Jahren  den  sachgemäsaen  Abbau  des 
Naturtopfsteines  im  grossen  Style  inH  Leben 
gerufen  und  seitdem  ist  das  Spocksteinmatcrial 
im  regelmässigen  Handel  zu  haben. 

Auf  Basis  der  Arbeiten  von  Geheimrai 
Hempel  über  den  Topfstein  habe  ich  die 
Herstellung  eines  noch  besseren  Kunstproduktes 
vor  Jahren  in  die  Wege  Releitet.  Mehrere 
Chamottcfabriken  haben  in  exaktester  Weise 
dio  Steine  nach  Hempels  Analysen  hergestellt. 
Das  Kunstprodukt  ergab  aber  Misscrfolge,  es 
war  sehr  unterschiedlich  in  der  speeif.  Dichte 
vom  Naturprodukt. 

Magn  es  it  st  eine  sind  gut  geignet  für 
Calcinir-  und  Schmelzöfen.  Der  sehr  hohe 
Preis  des  Materials  hat  aber  auch  stets  seine 
Verwendung  boschrankt. 

Ueber  Magnesiasteine  von  Paul  Mans- 
feld,  Budapest  (100  kg  14—15)  M.  teilt  ein 
anderer  Fabrikant  mit,  dass  diese  zwar 
sehr  sehr  teuer,  aber  das  weitaus  beste 
Material  für  Oefen  mit  basischem  Schmelz- 
gut darstellen. 

Bei  der  Bewertung  von  für  die  Alkali- 
Wiedergewinnung  geeigneten  Steine  kommt 
es  übrigens  erfahrungsgemäss  weniger  auf 
die  hohe  Basicität,  als  besonders  auf  mög- 
lichst dichtes  Ge füge  des  Steines  an.  Des- 
halb ist  ein  hochbasischer,  aber  poröser 
Stein  oft  ganz  unbrauchbar,  während  ein 
dichter  bis  zum  Sintern  gebrannter,  viel 
Kieselsäure  enthaltender  Stein  ausgezeich- 
net im  Scbmelzfeuer  steht. 

Sehr  grosse  Steine  sind  deshalb,  weil 
sie  nur  schwer  dicht  zu  erhalten  sind, 
wenig  geeignet,  Tür  den  Ofenbau  verwendet 
zu  werden. 

In  den  nachfolgenden,  dem  Verfasser 
eingesandten  Mitteilungen  über  bewährte 
Steine  wird  daher  mit  Recht  Gewicht  auf 
die  Dichtheit  des  Steinmateriales  gelegt. 

Die  Firma  Gustav  Schulze,  Dres- 
den-A.,  Johann-Georgen- Allee  10  liefert: 
I.  Feuerfeste  Thonsteine  1.  Nor- 
malformat 250X125X65  mm,  ca.  2600 
Stück  10000  kg  wiegend,  franco  Waggon 
Dresden  ä  1000  Stück  M.  75.—,  Keilsteine, 
Formsteine  und  Mörtelmaterial   in  ent- 


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K.  KtKCHNER.   DAS  PAPIER.   HL  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


sprechender  Qualität  werden  ebenfalls  ge- 
liefert. 

Die  Feuerfestigkeit  Segerkegel  29 
=  1710°  C,  mechanisch  sehr  fest  und  im 
Gefüge  sehr  dicht,  Wasseraulriabme  bis 
5  pCt.,  Thonerdegehalt  22  pCt. 

Dieser  Stein  hat  sich  in  Sulfatöfen, 
wenigstens  für  die  weniger  exponirten 
Stellen,  besser  bewährt  als  die  teureren 
Chamottesteine  und  ist  durch  oben  ge- 
nannte Firma  in  einer  grossen  Anzahl 
Strohstoff-Fabnken  Deutschlands  seit  Jah- 
ren eingefühlt  und  regelmässig  bezogen. 

II.  Hochbasische  Chamottesteine  „G.  S. 
D.u,  ebenfalls  Normalformat,  ca.  2800  Stück 
tü  000  kg  wiegend,  franko  Waggon  Dresden 
ä  1000  Stück  M.  245.-,  Keilsteine,  Form- 
steine  und  Mörtelmaterial  in  entsprechen- 
der Qualität  werden  ebenfalls  geliefert. 

Chemische  Analyse  nach  Prof. 
Dr.  H.  Seger  &  E.  Cramer: 

Glühverlust     0,34  pCt. 

Kieselsäure    51,79  „ 

Thonerde      44,16  „ 

Eisenoxyd       3,18  „ 

Kalkerde        0,57  „ 

Magnesia       — ,—  100,04 

Feuerfestigkeit  Segerkegel  33  = 
1790°  C. 

Thonerdegehalt  mindestens  42  bis 
43  pCt,  mechanisch  überaus  fest,  sehr 
dichtes  Gefüge  und  damit  geringes  Ad- 
häsions-Vermögen für  Aufnahme  von  Lauge, 
was  die  Haltbarkeit  der  Steine  sehr  be- 
günstigt. Das  Material  erhält  sich  an  den 
exponirtesten  Stellen  des  Sodaschmelz- 
ofens lange  unverändert  und  ohne  zu 
springen.  Dieser  neue  Stein  wird  von  den 
grössten  Strohstofffabriken  Deutschlands 
seit  zwei  Jahren  regelmässig  bezogen. 

Die  Vereinigten  Chamottefab- 
riken  (vormals  C.  Kulmitz^  in  Saar- 
au  (Pr.  Schlesien)  bemerken,  dass  es 
speciell  bei  Sodacalciniröfen  besonders 
darauf  ankommt,  dass  das  Steinmaterial 
möglichst  dicht  und  hart  gebrannt  sei,  da- 
mit die  alkalischen  Schmelzen  nicht  in  das 
Innere  der  Steine  eindringen  und  diese 
dadurch  zersetzen  können. 

Für  die  Sohlen  und  Wangen  derartiger 


Oefen  kommen  die  hoehthonerdehaltigen 
Qualitäten XX,  A  und  Aca  der  genann- 
ten Firma  in  Betracht. 

Chemische  Analysen  von  Prof.  H.  Seger 
&  E.  Cramer: 

Feuerfestigkeit      SiOt   A1«0»  FeiO» 
XX  Segerkegel  34  52,5°/o  43,6°/o  l,6#/t 
A         „       33  62,5,,  35,3,,    1,6  „ 

Aca-  Marke  ist  besonders  dicht  und 
hart  gebrannt.  Für  die  Gewölbe  dürften 
sich  die  Schweissofenqualität  0,  Thondinas 
F  und  q  X  genannter  Firma  besonders 
eignen.  F  ist  quarzreich  und  hochsauer 
und  durch  Nichtschwinden  für  den  Oien- 
bau  sehr  empfehlenswert,  darf  aber  mit 
Lauge  und  Schmelzen  nicht  in  Berührung 
kommen,  q  X  widersteht  in  höchster  Hitze 
dem  Schwinden  ebenso  gut,  wie  die  Thon- 
dinas F  und  ist  für  Gewölbe  passender  als 
die  XX  Marke. 

Für  Gewicbtsberechnuog  ist  1  ebra 
Chamottestein  =  1850  kg  anzunehmen. 

Ueber  Vermauern  feuerfester  Steine  sagt 
die  Firma :  Dasselbe  ist  stets  mit  feuerfestem 
Mörtel  engfugig  auszuführen.  Am  einfach- 
sten,bequemstenu.8icher8tenistes,denfertig- 
gemischten  Mörtel  (Chamottemehl  allein  ist 
nicht  zu  verwenden)  gleichzeitig  mit  den 
Steinen  von  der  Fabrik  zu  beziehen,  12 
bis  15  pCt.  des  Steingewichts.  Derselbe 
ist  fertig  gemischt  und  gemahlen,  sodass  der- 
selbe, wie  geliefert,  nur  mit  Wasser  anzu- 
machen ist. 

Es  werden  Chamottemörtel  Ia  Qualität 
f.  d.  Marken  A,  Aca,  XX  und  qX  = 
Dinasmörtel  für  die  Gewölbe  geliefert. 

Es  liefern  ausser  den  genannten  Firmen 
aber  auch  mehrere  andere  Werke  z.  B. 
die  Fabrik  für  feuerfeste  und  säurefeste 
Produkte,  Vallendar  a.  Rh.,  Act. -Ges. 
Didies-Steltin  u.  a,  sehr  brauchbare  und  viel- 
fach angewendete  Steine  für  unsere  Oefen. 

Neuerdings  werden  die  Schmelzherd- 
sohlen der  Sulfatöfen  auch  statt  aus  künst- 
lichem Steinmaterial  aus  Basalten  und 
Phonolitben,  also  aus  Natursteinen, 
welche  zu  Klötzen  oder  Würfeln  behauen 
sind,  hergestellt. 

Dieses  Material  entstammt  meist  den 
I  sächsischen  und  böhmischen  Mittelgebirgen. 


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£.  KIKCHNEK.   DAS  PAPIER.   III.  ß  u.  C.   ZELLSTOFF.  217 


Hier  die  Schmelzpunkte  einiger  Natur- 
gesteine: 

Kalk  3000°  C  Schmelzpunkt, 
Quarz  1406—1440°  C  Schmelzpunkt. 

Weichwerden  Flüssigwerden 
Granit  vom 

Bachergebirge  1230°  C  — 
Granit  vom 

Predazzo        1150  „      1240«  C 
Phonolite  von 
Töplitz  1010  „ 


3 
SS 


ö 

O 


Aetnalava  962 
Basalt  von 
Remagen  992 
Limburger  (Ba- 
saltgestein v. 
I  Kaiserstuhl)  995 


1070 
1010 

1060 


1050 


Schacht  schreibt  darüber: 

„Basalt  ist  sehr  hart  und  äusserst  dicht  im 
(Tofuge,  so  das«  er  bei  den  auf  den  Soda  und 
Sulfatöfenböden  vorkommenden  Temperaturen 
nicht  sintert.  Das  Material  ist  jedoch  iiusBerst 
empßndlich  gegen  plötzlich  wechselnde  Tempe- 
i,  eB  wjrspringt,  wenn  es  von  kaltem  Zu- 
schnell erhitzt  wird,  ebenso  wird  erhitz- 
ter Basalt  durch  kalten  Luftzug  schnell  zer- 
stört. Ein  sorgfältiger  Betrieb  ist  daher  für 
vorteilhafte  Verwendung  unbedingt  er- 


forderlich. Behufs  Herstellung  der  Ofensohlen 
werden  bestens  bossirte  ßasaltwiirfel  engfugig 
verpflastert  und  dabei  sorgfältigst  mit  bestem 
Chamottemörtel  erst  trocken,  dann  uass  aus- 
gefugt". 

Vielfach  setzt  man  unter  diese  Basalt- 
schicht noch  eine  andere  gepflasterte  Stein- 
schicht. 

Die  Dauer  eines  solchen  Herdes  ist, 
relativ  genommen,  gross. 

Die  in  der  Hüttenindustrie  seit  langer 
Zeit  angewendete  Methode,  die  Wangen 
und  Böden  von  Schmelzherden  aus  einem 
basischen  feuerfesten  Betonschlag  herzu- 
stellen, hat  schliesslich  auch  bei  den  Oefen 
unserer  Industrie  Anwendung  gefunden. 

Schacht  hat  1901  das  D.  R.  P.  Nr. 
126242  erworben  und  sagt  in  der  Patent- 
schrift: 


für  Natron-  ■■dJSulfat- 
der  ZellstofTfabrlkatlon. 

Ben  Gegenstand  vorliegender  Erfindung  bildet 
•  in  Ofenfutter  für  die  Schmelzöfen   der  Salz 


Wiedergewinnungsanlagen  der  Natron-  und  Sulfat- 
Zellstofffabrikation. 

Die  bisher  als  Ofenfutter  verwendeten  Mate- 
rialien, wie  Chamotten,  Specksteine,  Tnpfsteine 
u.  s.  w.,  die  vorwiegend  aus  Aluminaten,  Sili- 
katen u.  s.  w.  bestehen,  sind  bei  den  hohen  Tem- 
peraturen, welche  bei  der  Calcination  und  dem 
Schmelzen  der  Ablatigensalze  in  genannten  Oefen 
io  Anwenduug  kommen,  grösstenteils  aufschliess- 
bar  und  löslich.  Die  Ofenfutter  verunreinigen 
und  verdarben  also  die  gewonnenen  Endprodukte, 
sie  absorbiren  die  wertvollen  Natronsalze,  ihr 
schneller  Verschleiss  ist  sehr  kostspielig  und 
schliesslich  erschweren  die  gebildeten  Natronver- 
bindungen mit  Thonerde  und  Kieselsäure  die  ge- 
samte fabrikatorische  Zellstoffarbeit, 

Die  Uebelstrindo  und  Störungen  werden  nun 
beseitijrt,  wenn  das  Ofenfutter  aus  einem  ge- 
stampfteu  Beton  hergestellt  wird,  welcher  aus  ge- 
mahlenem, event.  Magnesia-Eisen-Thonerdesalze 
haltigen  Aetzkalk  und  ausgekochtem,  wasserfreiem 
(dcstillirtem)  Teer  besteht. 

Dieses  Ofenfutter  ist  von  absoluter  Haltbar- 
keit und  ohne  chemische  Beeinträchtigung  des 
Ofenbetriebes  bezw.  der  Ofenbestandteile  und  des 
Ofeninhaltes. 

Der  Teer  dient  lediglich  dazu,  um  den  Aetz- 
kalk vor  schneller  Zersetzung  durch  äussere  Ein- 
flüsse zu  schützen  und  um  ein  Bindemittel  abzu- 
geben, das  die  vejfeinerten  Kalksalze  wieder  in 
zusammenhängende,  feste  Formen  bringt,  denen 
weder  Fugen  noch  Lücken  eigen  sind  Der  Aetz- 
kalk selber  erhält,  sich  völlig  unveränderlich  gegen 
die  hocherhitzten  Ofensalze  und  feuerflüssigen 
Natronverbindungen. 

Dieses  betonirte  Kalkfutter  ist  für  horizontale 
Flammöfen  uls  auch  für  Turmöfen,  sowie  für 
Drehöfen  anwendbar. 

Achnliche  Kalk-  bezw.  Magnetütteerbetous 
dienen  bekanntlich  mit  Erfolg  zur  Herstellung 
von  Ofcnausfiitierungen  für  Converter  u.  Cement- 
brennöfen.  Doch  ist  die  vorliegende  Fütterung 
für  Natron-  und  Sulfat-Schmelzöfen  von  jenen  in 
Bezug  auf  den  Zweck  u.  die  Wirkung  verschieden. 

Die  Eisen-  und  Stahlindustrie  wendet  ein  Con. 
verterfutter  an,  das  aus  Dolomit  oder  Aetzmag- 
nesia,  mit  etwas  Aetzkalk  und  wasserfreien)  Teer 
angemacht,  besteht.  Dieses  basische  Futter  der 
Converter  wirkt  im  Betriebe  entphusphorud  auf 
das  Roheisen,  es  bilden  sich  Calcium-  bezw.  Mag- 
nesiumphnsphate,  welche  flüssig  werden  und  bei 
periodischer  Entleerung  in  die  Schlacke  über- 
gehen. Die  Fütterungen  halten  16  bis  24  Char- 
gen ab  und  müssen  dann  erneuert  werden. 

Das  basische  Futter  der  Cenientbrennöfeu  ent- 
hält einen  bestimmten  Thongehalt  neben  kohlen- 
saurem Kalk  und  kohlensaurer  Magnesia.  Es 
verhindert  das  Anbacken  der  Ceraentmasse  auch 


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E.  KMCHNLR.   DAS  PAPIER.  Iii.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 

 .   ■ 


218 


in  der  Weisgglut.    Nach  und  nach   wird   in   ge-  i 
ringem  Masse  die  Oberllüche  de«   Kutters  aufge- 
schlossen, es  entsteht  daun  eine  gebrannte  Cement- 
masse.  daraus. 

Das  vorliegende  basische  Puuerfutter  für 
Natron-  und  Sulfat-Schmelzöfen  der  ZellBtüfffabri- 
kation  besieht  aus  einer  Mischung  von  event. 
Mngncsia-Etsen-Thonerdeaalze  haltigcm  Aetzkalk 
mit  wasserfreiem  Teer.  Im  Betriebe  sättigt  sich 
das  Ofenfutter  mit  Schraelznalzen  und  bei  den 
Ofentcmperaturen  entsteht  eine  unschmelzbare 
dichte  Steinma*sc,  die  von  Feuer,  Laugen  und 
Schmelzen  nach  vorliegenden  Erfahrungen  auch 
dauernd  nicht  gelöst,  zerstört  und  verändert  wird 
und  Langen  und  Schmelzen  nicht  verunreinigen 
kann.  Das  Futter  macht  Boden  und  Wangen 
bezw.  den  Mantel  des«  Schmelzofens  auf  viele 
Monate,  ja  auf  .labte  widerstandsfähig  gegen  die 
autlosensende  Wirkung  der  feuerflüsKtgen,  ätral- 
kalischen  Schmelzen,  welche  die  bisher  ange- 
wendeten Chamotten,  Specksteine  u.  *.  w.  schnell 
lösten  und  sich  selbst  verunreinigten. 

Patent-Ansjiru  ch:  Kin  Ofenfutter  für 
Natron-  und  Sulfat-Schmolzöfen  der  Zellstofffabri- 
knriOn,  bestehend  aus  einer  Mischung  von  event. 
Magnesia-Eiscn-Thonerdesalze  haltigem  Aetzkalk 
mit  wasserfreiem  Teer. 

Nach  Schacht  werden  für  Betriebe 
mit  Laugenpech,  wo  die  Ablauge  mit 
höchster  Dichte  in  die  Oefen  kommt  und 
gleich  darin  abgeschmolzen  werden  kann, 
demnach  die  früher  besprochenen  feuer- 
festen, gegen  Alkalien  widerstandsfähigen 
künstlichen  Steine  für  die  unteren  Teilte 
der  Ofenwangen  und  die  Herdsohlen  ent- 
behrlich,  er  setzt  an  ihre  Stelle  einen 
Beton  aus  Magnesia-.  Eisen-  und  Thonerde 
haltigem  Aetzkalk,  der  mit  wasserfreiem 
Teer  angemacht  wird. 

Einige  neue  Ofensysteme. 

Sodacalcinirofen  mit  Doppelherd  und 
Nachbrennkammer. 

Das  alte  Aetznatronverfahren.  weiche's 
in  (legenden,  wo  die  Geruchsbelästigungeh 
vermieden  werden  müssen  z.  Z.  immer  noch 
eine  bedeutende  Holle  spielt,  bedient  sich 
an  manchen  Orten  noch  der  vorn  S.  106 
etc.  abgebildeten  und  beschriebenen  Flamm- 
ofen zum  Eindicken  und  Calciniren.  Meisteds 
findet  man  indes  auch  hier  diese  Oefen 
durch  Mehrfach"  Verdampfstationen  insofern 
unterstützt,  als  die  4-16°  Be  Ablaugen  der 


Zellstofffabrikation  auf  30-38°  Be  ein- 
gedickt und  in  Vorratsbassins  abgedrückt 
werden.  Letztere  sind  am  besten  im  Ofen- 
gebäude in  der  Nähe  der  Oefen  hoch  auf- 
gestellt, so  dass  diese  Dicklaugen  durch 
entsprechende  verschließbare  Röhrleit- 
ungen periodisch  in  die  Ofenherde  'abge- 
lassen werden  können. 

Es  hat  sich  dabei,  Taf  94  Fig.  1  u  2 
S.  249,  als  vorteilhaft  herausgestellt,  zwei 
Flammherde  Hi  Und  Hs  hintereinander  an- 
zulegen und  im  Betriebe  darauf  zu  beben, 
dass  einer  dieser  Herde  in  höchster  Hitze 
ist,  Während  der  andere  Herd  Aua  dem 
Voratsbassin  V  mit  eingedickter  Ablauge 
frisch  beschickt  wird  und  bis  hier  die  erste 
weitere  Eindickung  bis  zum  Krustenbilden 
und  Brennen  der  Dicklauge  erfolgt  ist. 

Das  brennende  Laugenpech  wird  im 
Laufe  des  Prozesses  und  besonders  gegen 
bcnluss  aesseiDen  mennaen  unfgerunrt 
aufgebrochen  und  gewendet.  Allmählich 
kommen  die  Pechklumpen  immer  mehr 
zum  Brennen,  indem  auf  dem  Roste  R  ein 
lebhaftes  Kohlenfeuer  Unterhalten  wird. 
Die  brennenden  Klumpen  werden  schliess- 
lich mittelst  eiserner  Krücken  ton  den 
Herden  aus  den  Arbeitsöffnüngen  0  in 
eiserne  Karren  gekrückt  und  nach  einer 
der  Nebenkammern  Ni,  Nt  oder  Ns  ge- 
schafft, wo  sie  auf  Haufen  liegend  bei  nur 
schwachem  Luftzuge  in  den  fast  dicht  ge- 
schlossenen gewölbten  Räumen  in  sich 
ausglühen,  wobei  sie  Brenn-  und  Stinkgaje 
entwickeln  und  allmählich  zu  weissen, 
porösen  Soda- Aschen  und  Schlacken  zu- 
sammensinken. Die  sich  in  den  Neben- 
kammern ergebenden  Gase  werden  in 
einen  Kanal  A  abgesaugt  und  über  den 
Rost  und  die  Herde  geleitet,  Sie  ver- 
brennen hier  unter  Wärmeentwickelung 
und  leisten  bei  dem  Eindickprozess  der  . 
I  Laugen,  sowie  bei  der  Wasserverdampfung 
in  einem  Röhrendämpfkessel  K  gute 
Dienste. 

Durch  Umsetzung  der  Schwefelverbind- 
ungen, resp.  der  übelriechenden  Gase  ist 
der  dem  Schornstein  S  entströmende  Rauch  ' 
so  gut  wie  gleichbeschaffen  dem  einer  ge- 
wöhnlichen Kesselfeuerung  entströmenden 


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E.  KIRCHNEU.    DAS  PAPIEK.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


249 


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77. 


J       k>       K       *       J  «       O       J  JTJ 


Taf.  94.  Seda-Caloiiir-Anlage  nit  doppelherdigem  Ofeolund  Naohbrennkammero. 


Eine  Strohstofffabrik,  welche  durch- 
schnittlich täglich  4,5  t  gebl.  tr.  ged.  Stroh- 
stoff  fabrizirt,  hat  dabei  62,5  cbm  Dünn- 
laugen von  5-6°  Be  (Kocherabstoss-  und 
Waschlaugen)  auf  im  Mittel  30°  Be  Dick- 
laugen  einzudicken.  In  einer  300  qra 
Triple-EfTet-Anlage  wird  diese  Eindickung 
unter  Verwendung  des  Abdampfes  einer 
Hochdruckdampfmaschine  von  140  PS.  eh*, 
besorgt.  Nach  der  Tabelle  IX  S.  101 
dieses  Kapitels  verbleiben  etwa  von  den 
<>2,5  cbm  Dünnlauge  9,5  cbm  Dicklauge. 
Es  werden  somit  53  cbm  Wasser  pro 
Tag  verdampft.  Ein  qm  des  Apparates 
verdampft  pro  Stunde  nur  53  000  :  24  .  300 
a  7,3ti  1  Wasser,  wobei  allerdings  der 
Abdampf  genannter  Dampfmaschine  mehr 
als  ausreicht.  Nach  dem  S.  212/13  und 
später  Gesagten  ist  die  Verdampfstation 
(En*  über  die  doppelte  Leistung  gross  ge- 
nug, daher  hier  zu  gross  und  bei  40  000  M. 
damaliger  AnschafTungskosten  /.u  teuer. 

Aus  den  verbleibenden  9,5  cbm  Dick- 
lauge gewinnt  man  täglich  auf  einem 


doppelherd|igen  Ofen  und  unter 
Benutzung  von  drei  Nachbrenn- 
kammern etwa  2,5  t  Sodaasche  (75 0  o 
Nai  CO»  enthaltend)  bei  Aufwendung  von 
1  t  mittelguter  westfälischer  Kohle. 

Die  Hauptdimensionen  der  Anlage,  aul 
der  Skizze  Tal.  94  dargestellt,  sind  folgende : 

Feuerrost  R  1,55  m  lang,  0,68  m  breit, 

=  1,034  qm, 

Erster  Herd  Y\\  4,1  m  lang,  1,8  m  breit, 

=  7,3  qm  Fläche. 
Zweiter  Herd  Ht  5,8  m  lang,  1,8  m  breit, 

=  10,4  qm  Flüche. 
Der  erste  Herd  wird  zweimal,  der 
zweite  Herd  einmal  in  24  Stunden  gezogen. 
Auf  7,3  +  7,3  +  10,4  =  25  qm  Herd- 
flüche gewinnt  man  also  pro  Tag  und 
Nacht  das  brennende  Laugenpech,  welches 
nach  Ausbrennen  in  einer  der  Kammern 
Ni,  N*  u.  Na,  welche  je  3,0  m  breit,  4  m  tief 
und  2,75  m  hoch  sind,  etwa  2,5  t  Soda- 
asche liefert. 

Herd  Hi  leistet  also  pro  qra  in24 

3  Bogen  1902. 


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250 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C  ZELLSTOFF. 


Stunden  durchschnittlich  200  kg,  Ht 
nur  100  kg  Soda. 

Empfehlenswert  ist  es,  die  Nachbrenn- 
kammern 3 — 3,5  m  hoch  zu  bauen,  da  der 
Betrieb  ergeben  hat,  dass  die  Deckenge- 
wölbe bei  2,75  m  Höhe  stark  leiden  und 
öfters  Reparaturen  verursachen. 

Die  beiden  Ofenherde  von  Taf.94  kön- 
nen auch  nebeneinander  angeordnet  wer- 
den. Es  ist  dann  darauf  zu  sehen,  dass 
die  Rauchgase  in  einem  gemeinsamen  hin- 
teren Fuchse  zusammentreten  und  die 
kälteren  Schmokgase  des  einen  frisch  ein- 
gelassenen Herdes  mit  den  erhitzten  des 
anderen,  im  lebhaften  Brennen  sich  befind- 
lichen Herdes  zusammen  vermischen.  Will 
man  auf  möglichste  Beseitigung  der  Ge- 
rüche hinarbeiten,  so  wird  es  sehr  em- 
pfehlenswert sein,  in  den  Fuchs  noch  eine 
Feuerung  zu  legen,  die  mit  scharfem 
Feuer  unterhalten,  die  Geruchsgase  ver- 
brennt, oder  so  umsetzt,  dass  sie  nicht 
mehr  belästigend  empfunden  werden. 

Helles  Feuer  von  hoher  Temperatur 
ist  nämlich  das  eine  der  wenigen  Mittel, 
durch  welche  die  Geruchskalamität  be- 
schränkt werden  kann. 

Die  Taf.  94  skizzirte  Anlage  hat  in  einer 
Gegend  Norddeutschlands  mit  empfindlichen 
Umwohnern  befriedigt.  Diese  Umwoh- 
ner hatten  gegen  frühere  Einrichtungen 
bei  den  Behörden  mit  Erfolg  protestirt. 

Die  Eindickung  der  Laugen  (statt  in 
Mehrfachverdampf-Anlagen)  inDamptkesseln 
vorzunehmen  und  den  so  gewonnenen 
Kesseldampf  für  Betriebs-  oder  Heizzwecke 
zu  verwenden ,  hat  sich  in  einigen  Gegenden 
Deutschlands  auch  bei  Anwendung  des 
Natronverfahrens  nicht  durchführen  lassen, 
weil  dieser  Dampf  sehr  unangenehm  riecht 
und  die  Umwohner  der  Fabriken  sehr  be- 
lästigte. 

Freilich  ist  ein  übler  Geruch  der  Kon- 
densate der  Mehrfach verdampfstation  zum 
ersten  Eindicken  der  dünnen  Strohablauge 
nicht  ganz  zu  vermeiden,  aber  er  tritt, 
sofern  das  Aetznatronverfabren  angewendet 
wird,  hier  nicht  gerade  belästigend  auf. 

Anders  beim  Sulfatverfahren; 
hier  werden  die  penelrant  riechenden  Ab- 


stossgase  der  Luftpumpe  der  Verdampf- 
station am  besten  über  den  Rostreuerungen 
der  Schmelzöfen  verbrannt.  Die  auf  den 
Schmelzherden  aus  der  Dicklauge  sich 
weilerentwickelnden  Gase  sollten  dabei 
auch  wieder  durch  helles  heisses  Feuer 
nach  Möglichkeit  geruchbs  gemacht  werden. 

(ieruchsbescitigung  *.  weiter  unton. 

Ofen  für  Sulfatschmelze. 

Auf  Skizze  Taf.  95  ist  ein  Schmelz- 
ofen für  Sulfatarbeit  gegeben.  Der 
Darstellung  wurden  bewährte  Konstruk- 
tionen nach  Schacht'schen  Zeichnungen 
und  neue  Ideen  des  Verfassers  zu  Grunde 
gelegt. 

Wie  aus  dem  Grundriss  Hg.  2  erkennt- 
lich, ist  ein  Doppelofen  angenommen.  Jeder 
Ofen  hat  einen  Rost  R,  einen  Herd  H, 
beide  Oefen  haben  die  gemeinsame  Fuchs- 
kammer F,  in  welcher  sich  Flugasche  (Salze), 
event.  auch  Flugaschenschmelze  unten  an- 
sammeln können.  Der  grosse  obere  Raum  des 
Fuchses  dient  auch  zur  Vermischung  der  Ab- 
gase beider  Oefen,  so  dass  sich  die  ersten 
Schmokgase  von  Hi  mit  den  heissen  Gasen 
von  Hü,  oder  umgekehrt,  gründlich  durch- 
mischen und  mit  den  hocherhitzten  Verbren- 
nungsgasen der  hinteren  Rostfeuerung  T  von 
neuem  durchmischt,  verbrennen  können. 
Daj  scblie*sliche  hocherhitzte  Ofengas- 
gemisch  wird  zur  Beheizung  eines  gleich 
an  den  Ofen  sich  anscbliessenden  Wasser- 
röhren-üampfkessels  D  ausgenützt;  dieser 
Dampfkessel  ist  auf  ('er  Skizze  nur  in 
seinem  Anschluss  angedeutet. 

Der  Ofen  kann  mit  gewöhnlichem 
Schornsteinzug,  oder  auch  mit  Gebläse- 
luft arbeilen,  welch  letztere  durch  ent- 
sprechende, punktirt  angedeutete  Rohr- 
leitungen L  etwa  in  der  Mitte  des  Schmelz- 
herdes von  der  Seite  her  durch  die  Ofen- 
wände hindurch  eingeführt  werden.  Die 
Rohrleitung  G  am  Kopfende  der  Oefen 
leitet  die  übelriechenden  Gase  der  Luft- 
pumpe der  Verdampfstation  (wenn  eine 
solche,  wie  jetzt  wohl  überall,  vorhanden 
ist)  in  die  Sammelkammer  K  und  von  hier 
|  strömep  die  Gase  durch  viele  Schlitze  S 
l  der  Kopf  wand  in  den  glühenden  Feuer- 


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K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


251 


sc*. 


■«•■  de. 

Taf.  95.   Ofei  für  Sulfatschmelze. 


räum  über  den  Host  R,  wo  die  stinkenden 
Schwefelverbindungen  etc.  in  geruchlose 
Verbindungen  umgewandelt  werden.  Die 
Herde  haben  ausser  der  Feuerthür  zur 
Bedienung  der  Roste  noch  die  Arbeits- 
"ffnungen  0  (s.  Fig.  1)  in  der  äusseren 
Seitenwange  und  in  dem  Deckengewölbe 
eine  FüllüfTnung  U  zum  Einlassen  der  Dick- 
lauge auf  den  Herd.  Die  Feuerbrücken 
sind  in  bestem  feuerfestem  Material,  die 
Herdwangen  in  Schacht'scher  Stampfmasse, 
die  Herdsohle  in  Basaltpflasterung  und  die 
Gewölbe  in  bestgeeignetem,  feuerfestem 
Material  ausgeführt,  angenommen.  Die  Ab- 
stiche A  der  Schmelzherde  haben  eine 
Länge  von  etwa  l/3  der  Herdwangenhöhe 
und  belinden  sich  mit  ihrem  unteren  Punkt 


an  der  tiefsten  Stelle  der  Sohle.  Auch  in 
der  Fuchskammer  kann  man  ein  oder  meh- 
rere Abstiche  für  Flugslaubschmelze  an- 
bringen. Die  Stellen  B  scheinen  dafür  am 
besten  geeignet. 

Der  Doppelofen  dürfte  bei  4  m  Länge, 
1,8  m  Breite  jedes  Herdes  für  Gewinnung  von 
5 1  Sulfatschmelze  in  24  Stunden  genügen ; 
jedoch  ist  es  ein  Unterschied,  ob  man  ohne 
oder  mit  Pressluft  arbeitet.  Im  ersten  Falle 
liefert  der  Ofen  weniger,  seine  Dauerhaftig- 
keit ist  aber  viel  grösser.  Die  Pressluft- 
arbeit gibt  stets  lokale  höchste  Erhitzungen 
im  Ofen,  die  Dauer  des  Ofens  wird  ver- 
kürzt und  es  verflüchtigen  sich  mehr  Salze. 
Der  Pressluftdruck  darf  nicht  zu  hoch  und 
die  Düsen  nicht  zu  spitz  genommen  wer- 


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252  E.  KIKCHNKK.   DAS  PAPIEK.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


den.  Die  Temperatorgrenzen  in  den  Schmelz- 
herdräumen  liegen  ohne  Pressluft  zwischen 
900— 950°  C  und  steigen  mit  Pressluft  bis 
zu  1100—1200°  C. 

Zum  Bau  dieser  Sulfatschmelz- 
ofen sagt  Schacht: 

Das  Fundament  ist  in  Kai  lebe  tu»  auszu- 
führen, dann  wird  der  Ofen  in  Wange  und 
Decke  gemauert,  wozu  für  die  äusseren  Seiten- 
wanduogen  gewöhnliche  rote  Ziegelsteine 
genügen.  Der  übrige  Bau  erfordert  hochfeuer- 
festes, basisches  Ch  amot  tc  niaterial  mit 
grosser  Dichte.  Hierauf  ist  der  Herd  in  der 
Sohle  zu  macheu,  soweit  diese  auch  noch  aus 
Kalkbeton  besteht. 

Daun  muss  der  ganze  Bau  erst  vollständig 
austrocknen,  bevor  mit  dem  Einstampfen  de« 
Dauer  Tut  fers  D.  R.  F.  Nr.  12Ü242  (s.  S.  247) 
begonnen  werden  kann.  Für  die  Herstellung 
dieses  Futters  dienen  besondere  Vorschriften. 
Schliesslich  werden  die  Basaltsch  ichten 
trockcu  eingesetzt,  zuerst  mit  trockenem  und 
dann  mit  nassem  bestem  Chamottemchl  aus- 
gefugt. 

Ks  mag  noch  erwähnt  sein,  dass  das  Patent- 
Dauerfutter  erst  kurz  vor  der  Inbetriebnahme 
der  Oefen  einzustampfen  ist. 

Ueber  die  Ofenarbeit  gibt  Schacht 
folgende  Beschreibung: 


Das  Loch  des  Abstiehscblitzes  A  Fig.  I 
Taf.  96  wird  mit  Lehm  oder  Kalkmörtel  zuge- 
stopft und  verschmiert,  das  Laugenpech  wird 
iu  den  Ofen  eingelassen.  Das  Sulfat,  eventuell 
auch  kohlenstoffhaltige  resp.  carbo  msirunde 
Materialien,  z.B.  Koks,  Kalk  werdeu  durch  die 
Arbcitsöffoungcn  O  eingeschaufelt  und  von  dieseu 
Ocffnungea  aus  die  Masse  anfänglich  durch-  und 
umgeknickt,  sie  entzündet  sich  bald  durch  und 
durch.  Die  organischen  Bestandteile  verbren- 
nen und  die  Massen  erhitzen  sich  dabei  so 
stark,  dass  die  Salze  flüssig  werden.  Periodisch 
erfolgt  dann  der  Abstich  in  ähnlicher  Weise  wie 
bei  Oefen  der  Eisenindustrie  durch  Aubohreu 
des  Abstich  lochet  mittels  eines  Stahlrohrmeissels. 
Nach  Auslaufen  der  Schmelze  wird  das  Abstich- 
loch wieder  verstopft.  Das  erneute  Füllen  solcher 
Schmelzbetten  darf  nur  mit  hocherhitzter  Lange 
von  möglichst  grosser  Dichte  erfolgen,  da  sonst 
leicht  Explosionen  vorkommen. 

Solche  Ofenarbeit  gibt  sehr  vollkommene 
Reduktionen  des>  Sulfates.  Es  la-sen  »ich  hoch 
sultidreicbe  Schmelzen  erzeugen,  wobei  aller- 
dings beträchtliche  Salzverluste  unausbleiblich 
sind. 

Will  man  in  solchen  Oefen  carbonisirte 
Endprodukte  herstellen,  so  ist  auf  einen  gehöri- 
gen Zusatz  kohlenstoffhaltiger  Materialien  zu 
halten.  Kohlensaurer  Kalk  kann  nur  in  ge- 
ringen Mcogen  zugeschlagen  werden,  da  hierbei 
die  Salze  schwer  schmelzbar  werden. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIEU.   III.  B  u.  C.   ZELLS  KOT, 


253 


ivi 

i 


Taf.  96.   Rottender  Ofen. 


Carbonisirende  Arbeit  verringert  die  Ue- 
ruch&belistigungen  ganz  bedeutend. 

Mit  wciiiger  als  8  — 10  u('t.  Sehvvelelnatriuni- 
gebalt  kann  mau  nicht  yut  arbeiten,  da  sonst 
die  gute  Schmel/.barkcit  der  Salze  aufhört. 

Drehofen.   Rotirender  Ofen  (Rotary). 

Taf.  96  Fig.  1,  2  und  3  stellt  einen 
rottenden  Ofen  dar,  wie  er  von  den 
Metallwerken  vorm.  J.  Aders-  Neustadt- 
Magdeburg  in  den  letzten  Jahren  mehrfach 
ausgeführt  wurde. 

Der  eigentliche  Drehofen  besteht  aus 
einem  mit  feuerfestem  hochbasischem  Stein- 
material ausgemauerten,  schmiedeeisernen 
Cylinder  mit  weiter  linker  Bodenöffnung 
für  Eintritt  der  Heizgase  und  für  Auswer- 
fung des  Trockengutes  und  mit  engerer 
rechter  Bodenöflhung,  aus  dem  die  Gase 
abströmen  und  durch  welchen  die  Dick- 
laugen eingeführt  werden. 

Der  Cylinder  ist  mit  zwei  aus  nicht 
sprödem  Material  (Schmiedeeisen  oder 
Hossstahl)  bestehenden  Laufringen  gebun- 
den und  in  der  Mitte  mit  einem  Zahnkranz 
versehen,  so  dass  er  mittels  Riemen- 
scheiben-Wechselvorgelege, Schnecke  und 


Schneckenrad  und  Stirnradgetriebe  in  eine 
langsame  Drehung  versetzt  werden  kann. 
Der  Drehofen  wird  von  vier  starken  Rollen 
getragen  und  zu  verhältnismässig  leichter 
Drehung  fähig  gemacht,  dabei  sind  die 
Rollen  links  (Fig.  1)  mit  seitlichen  Rändern 
versehen ;  sie  sind  bestimmt,  eine  achsiale 
Verschiebung  des  Drehofens  zu  verhindern. 
Der  Querschnitt  (Fig.  2)  und  die  Ansicht 
(Fig.  3)  geben  weiteren  Aufschluss  über 
Bauart  und  Antrieb  sowie  das  Verhältnis 
der  feststehenden  Zu-  resp.  Abführungs- 
Vorlage  der  Schmelzofengase  resp.  des 
Trockengutes. 

Dieser  Drehofen  ist  in  Verbindung  ge- 
dacht mit  einem  Aders  sehen  (S.  217  Taf.  77 
dargestellten)  Triple-Apparate,  welcher  in 
24  Stunden  110  cbm  Holzzellstoffablauge 
von  12°  Be  auf  44  cbm  von  30°  Bc  (1,2« 
sp.  G.)  eindickt.*) 

f)  Es  Mild  ;l  Koeher  uinxenoiiiinei),  in  denen 
18  Kneitlingen  in  21  Stunden  ausgeführt  werd<  ii. 
l>er  Triple-Apiiarnt  hat  Körjier  von  -f H'O  mm 
Jhirehmesser,  jeder  von  IX»  «|in  I It-i/lläehe.  l'ie 
UriitiTi  )>;«ssiren  einen  liegenBtroiii-Uberh'iiehen- 
kondensutor  von  l'JO  -im  Kühltliieiie  .  ferner 
einen  Kinsnritzkondensaior  und  die  nasse  Luft- 
pumpe. 


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254 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPJER.   III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


T 


Taf.  97.  Einordnung  eine«  Drehofen«  für  Sodawledergewlnnung  (Amerika). 


Taf.  97.  Einordnung  eines  Drehofens  für  Soda. 
Wiedergewinnung  (Amerika). 


Der  Drehofen  verdampft  aus  den  44  cbm 
Lauge  etwa  33,5  cbm  Wasser.**) 

Die  Einordnung  des  rotirenden 
0  fen  s  sei  zunächst  an  einer  älteren  (1893) 
amerikanischen  Soda  -  Wiedergewinnungs- 
Anlage  Taf.  97,  Fig.  1—5  gezeigt.  Die 
erste  Eindickung  geschieht  hier  mittels 
hohen  Turmes  B,  ähnlich  der  Darstellung 
Taf.  71  S.  198.  Die  im  Turmbassin  C 
(Fig.  3)  sich  ansammelnde  Dicklauge  wird 
durch  ein  in  der  Flüssigkeit  laufendes 
Kegelradgetriebe  in  Bewegung  gehalten 
und  durch  Pumpwerke  nTden  rotirenden 
Ofen  A  geschafft.  Hier  wird  die  Dicklauge 
durch  eine  Petroleum- Vorfeuerung  weiter 
eingedickt  und  calcinirt.  Die  Sodaasche 
fällt  am  rechten  Ende  des  Cylinders  in 
einen"  Sammelkasten  R,  aus  dem  sie  kon- 


*•)  An  diesen  rotirenden  Ofen  schlieft  ein 
Köhren-Dampfkessel  von  100  <|tn  Heizfläche  hd. 
der  alter  für  eintretende  Pausen  im  Ofenbetrie'1« 
noch  mit  einer  besonderen  Hilf6feuerun«?  iu»pc- 
stattet  ist, 


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E.  K1KCHNER.   DAS  PAPIEK.   III.  B  u.  C.  (ZELLSTOFF. 


255 


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Tnf.  98.    Deutsche  Wiedergewinnungs-Anlage  (Sulfatverfahren). 


tinuirlieh  durch  eine  Förderschnecke  oder 
dergl.  fortgeschafft  werden  kann. 

Nach  einer  Beschreibung  im  Paper- 
Trade- Journal  Jg.  1893  S.  457  wird  das 
Petroleum  mittels  eines  Dampfstrahlinjektors 
I'  (Fig.  4)  durch  Ventil  u,  ferner  Luit  durch 
Ventil  u '  angesaugt  und  verstäubt.  Das  Gas- 
gemisch wird  in  dem  Schlangenrohr  P1 


hoch  erhitzt  und  entwickelt,  indem  es  sich 
beim  Austritt  aus  feinen  Oeffnungen  des 
Schlangenrohrendes  unten  sofort  entzündet, 
die  hohe  Wärme  im  Verfeuerungsraum. 
Die  weitere  Luftzuführung  erfolgt  durch 
den  ringförmigen  Zwischenraum  zwischen 
A  und  Vorfeuerung  P,  welcher  durch  Ver- 
schiebung der  Vorfeuerung  veränderlich 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


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er 


Taf.  99.  Latieneindlck-  und  Natronsalz-Schmelz-Appartt,  6.  F.  Eaferlai». 


eingerichtet  ist.  um  je  nach  Bedarf  mehr 
oder  weniger  Luit  in  den  Calcinir- Dreh- 
ofen treten  zu  lassen. 

Ein  weiteres  Beispiel  der  Anwendung 
der  rottenden  Üefen  gibt  Taf.  98  S.  205  be  - 
währte  Wiedergewinnungsan- 
lage einer  deutschen  Sulfat-Zellstofftabrik. 

Links  Fig.  1  im  Längsschnitt,  Fig.  2  im 
(irundriss  erkennen  wir  oben  eine  gewöhn- 
liche Roslfeuerung.  unten  die  (iebläseluft- 
zuführung  und  den  Schmelzeabstich,  dann 
folgt  der  Schmelzraum  und  der  rotirende 
Ofen.  • 

Diese  Einrichtungen  sind  doppelt  vor- 
handen. Die  Abgase  gehen  durch  gemein- 
samen Fuchs  nach  einem  Dampfkessel  und 
umspülen  schliesslich  noch  einen  Econo- 
miser,  so  dass  ihnen  hinreichend  Gelegen- 
heit geboten  ist,  ihre  Wärme  soweit  als 
thunlich  abzugeben. 

Ferner  gehört  hieher  der  bereits  S.  238 
bis  2:t9  bezüglich  der  ersten  Eindickung 


besprochene  Wiedergewinnungs- 
Apparat  von  (1.  F.  End  er  lein  in 
Akerü  pr.  Bettna  (Schweden).*) 

Taf.  99  sind  die  Fig.  1  u.  2  von  S.  239 
wiederholt  und  die  ganze  Anlage  durch 
Fig.  3,  4  u.  h  weiter  erläutert 

Nach  Angaben  Enderleins  werden  mit 
den  in  etwa  80  cbm  16°  Bt:  Holzzellstoff- 

*>  Zunächst  sei  noch  eine  irrtümliche  Angabe 
S  240  rechte  Spalte  17.  Zeile  von  unten  »«»rich- 
tigt. Herr  Enderlein  teilt  mit.  das*  nach  «einen 
Feststellungen  in  Norwegen  hei  10»  Be  Holzzell, 
stoff- AM angen  mit  »einem  Apparate  auf  1  t  Zell- 
stoff  8  hl  CO  250  kg  Steinkohle  verbraucht  »eien. 
Es  sollte  nämlich  an  .jener  Stelle  heimsen  1,5  hl 
CO  12»  kg  und  nicht  15  hl  OO  12S0  kg ;  indessen 
waren  es.  wie  gesagt,  in  Wirklichkeit  3>IIKohle. 

In  einem  neuesten  Briefe  (vom  22.  III.  1«J02) 
gibt  Herr  Direktor  Enderlein  noch  folgende 
dankenswerte  Berichtigungen  bezw.  Aufklärungen  : 

S.  238  dieses  Kapitels"  III  B  n  C  ist  gesagt, 
dass  die  Bl.  chringt*  der  Scheibentrommeln  aus 
Sektoren  zusammengenietet  seien,  dieselben  aii 


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267 


T«t  99.    Laugenelndick-  Hill  Natronsali-Schmelz- 
apparat.    8.  F.  Enderlein. 


aber  nur  in  Einzel  Sektoren  Fig.  5  auf  die  Bolzen  auf- 
gesteckt and  auswechselbar  eingerichtet  Man 
mauert  in  die  Seitenwände  der  Trommelkammer 
einige  Rohrstücke  ein,  durch  welche  die  langen 
Bolzen  herausgezogen  und  eingeschoben  wer- 
den können.  Diese  langen  Bolzen  haben  an 
beiden  Enden  Muttern,  so  dass  die  Ringstücke 
mit  den  Qaarohr-Zwischenstücken  und  Armkreuzen 
der  Trommeln  fest  zusammengeschraubt  werden 
können.  Durch  diese  Einrichtung  ist  die  leichte 
Auswechselung  der  Ringsektoren  ermöglicht. 

Die  Enderlein-Anlage  ist  für  eine  ZelUtoff- 
produktion  von  4600  t  jährlich  ausreichend, 
ob  bei  dieser  Stoffproduktion  4600  t  Schmelze- 
erzeugung  (wie  S.  240  angegeben)  notwendig  wird, 
hängt  von  der  Qualität  des  Holzes  und  davon  ab, 
ob  man  Ia  extra,  Ia  ordinär  oder  IIa -Stoff  her- 
stellen will ;  man  hat  auf  1  t  Stoffproduktion  für 
la  extra  1  t,  für  Ia  ord.  0,9  t,  für  IIa  nur  0,8 
bis  0,7  t  Schmelzegewinnung  zu  rechnen. 

Endlich  macht  Herr  Enderlein  darauf  aufmerk- 
sam, daaa  der  rotirende  Ofen  nicht  zu  heiu  ar- 
beiten darf,  da  sonst  ungünstige  Resultate  mit 
seiner  Anlage  erreicht  werden.  Die  Bröckelchen 
des  Laugenpeches  sollen  noch  feucht  aus  dem 
Ofen  fallen,  so  dass  man  dieselben  zu  kugeligen 
Klumpen  kneten  kann.  „Man  erhält  dadurch 
eine  grosse  Produktion,  eine  schöne 
Schmelze,  grosse  Ausnützung  derWärmc 
und  der  rotirende  Ofen  erweist  sich  da- 
bei als  beinahe  unzerstörbar." 


Ablaugen  steckenden  Brennstoffen  ohne 
Aufwendung  von  Kohlen  mittels  seiner 
Scheibentrommeln  T  von  etwa  354  qm 
Oberfläche  etwa  55  cbm  Wasser  in  24 
Stunden  verdampft,  der  folgende  Drehofen 
0  von  5  ml.  Länge  und  2,5  m  1.  Durch- 
messer verdampft  weitere  ca.  20  cbm 
Wasser.  Der  aus  diesem  Ofen  heraus- 
fallende krümelige,  jedoch  noch  knetbare 
Rückstand  wird  in  die  Schmelzöfen  Z  ge- 
schaufelt. Diese  seitlich  neben  dem  Feuer- 
raum H  angeordneten  Schmelzöfen  haben 
1,2  m  im  Quadrat  Grundfläche  und  2  m 
Höhe.  Es  wird  Gebläseluft  durch  ent- 
sprechend gelagerte  und  gegen  Verbrenn- 
ung geschützte  Düsen  G  (siehe  Fig.  2  und 
4)  zugeführt.  Die  Reste  organischer  Sub- 
stanz verglühen  hier  und  die  sich  bildende 
Schmelze  (Messt  Fig.  3  an  den  Abstichen 
F  aus  dem  Ofen.  Der  Zusatz  von  frischem 
Sulfat  findet  in  diesen  Oefen  Z  statt. 

Die  in  Z  sich  bildenden  Verbrennungs- 
gase sehr  hoher  Temperatur  treten  durch 
die  Kanäle  D  in  den  Feuerraum  H,  dessen 
Rost  nur  ausnahmsweise  und  nicht  wäh- 
rend des  gewöhnlichen  Betriebes  mit 
Brennmaterial  beschickt  wird  (man  ver- 
gleiche das  S.  241  von  Herrn  Schacht  Ge- 
sagte), heizen  den  rotirenden  Ofen  0  und 
geben,  mit  den  Brenngasen  dieses  Ofens 
vereint,  ihre  letzte  Wärme  an  die  rotiren- 
den Scheibenverdampfer  T  ab. 

Die  aus  den  Oefen  Z  ausfliessenden 
Schmelzen  lässt  man  erkalten,  zerschlägt 
sie  in  Stücke  und  löst  sie  in  einem  ein- 
fachen Löser  L  mit  Rührwerk  auf,  um 
frische  Kochlaugen  daraus  zu  bereiten. 

Das  direkte  Einfliessenlassen  der  glühen- 
den Schmelze  in  den  Löser  wurde  von 
Enderlein  vor  Jahren  eingeführt.  Es  ergab- 
en sich  aber  bei  Eintritt  grösserer  Mengen 
Schmelze  auf  einmal  in  die  Flüssigkeit 
unangenehme  Explosionen  und  ein 
grösserer  Salzverlust,  so  dass  man 
diese  bequeme  und  Lohn  sparende  Arbeits- 
weise wieder  aufgab. 

Hat  die  Holzzellstoflablauge  nur  10°  Be 
Stärke,  so  verbrauchte  Enderlein  in  seinen 
Oelen  in  Norwegen  auf  1  t  Zellstoffpro- 
duktion  3  hl  oo  250  kg  Steinkohle,  die 

5.  Bogen  1901 


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256 


E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


auf  den  Nebenherden  ;E  und  H  verbrannt 
wurden. 

Enderlein  gibt  noch  an,  das»  wenn  er 
statt  eines  Kamines  am  Ende  seiner  Ein- 
richtung einen  Exhaustor  anwende,  er  die 
Temperatur  der  Ofenabgase  bis  auf  90'  C 
herunter  bringen,  also  eine  noch  bessere 
Ausnützung  der  Verbrennungs wärme  der 
Laugen  erreichen  könne. 

Der  Enderlein  sehe  Abdampfapparat  ist 
1887  erfunden  und  patenlirt,  er  wird  seit 
jener  Zeit  in  vielen  Fabriken-Skandinaviens 
und  Finnlands  angewendet. 

Die  abgebildete  Anla/e  arbeitet  seit 
1893  in  Bamble-Cellulosefabrik  bei  Pors- 
grund in  Norwegen.  Seit  1896  arbeiten  3 
Anlagen  in  Fr&nö  Nya  Akliebolag  in 
Schweden.  Weitere  etwas  abweichende 
Konstruktionen  sind  neuerdings  in  anderen 
Cellulosefabriken  in  Gang  gekommen. 

In  allen  bisher  besprochenen  Drehöfen 
ist  das  Gegenstromprinzip  bezüglich  der 
Wege  der  Laugen  und  der  Heizgase  durch- 
geführt 

Herr  Ingenieur  L.  J.  Dorenfeldt  s.  Z.  in 
Rheindürkheim  hat  sich  im  Gegensatz  da- 
zu das  D.  R.  P.  106021  auf  ein  Verfahren 
^-er  Verbrennung  von  Zellstoffablaugen  in 


Drehöfen  mit  Gleichstrom  erleilen 
lassen. 

Fig.  100  gibt  das  Bild  des  Ofens  im 
Längsschnitt,  wie  es  der  Patentschrift  bei- 
gefügt ist. 

Der  Patentanspruch  lautet: 

„Verfahren  zur  Verbrennung  von  Zell- 
stoff-Ablaugen  ,  dadurch  gekennzeichnet, 
dass  man  die  Laugen  in  eingedicktem  Zu- 
stand in  einen  röhrenden  OFen,  und  zwar 
in  gleicher  Rich'ung  mit  dem  zur  Inbetrieb- 
setzung oder  Betriebserhaltung  des  Ofens 
bestimmten  Heizmittel  mit  der  erforder- 
lichen Verbrennungsluft  einführt  und  so 
zur  Verbrennung  gelangen  lässt,  zu  dem 
Zweck,  eine  rationelle  und  geruchlose  Ver- 
brennung der  eingedampften  Zellstoff-Ab- 
laugen  unter  Gewinnung  ihrer  Salze  in 
reinem,  geschmolzenem  Zustand  zu  be- 
wirken und  damit  eine  ununterbrochene 
Arbeit  und  rationelle  Verwertung  der  Ab- 
laugen zu  ermöglichen." 

Die  Fig.  100  zeigt  den  rotirenden  Ofen 
A  mit  Chamotteausmauerung  B.  Der  Ofen 
kann  in  seiner  achsialen  Neigung  gegen 
die  Horizontale  so  verändert  werden,  dass 
sich  die  Laugen,  resp.  deren  Schmelze,  je 
nach  ihrer  Natur  langsamer  oder  schneller 


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E.  KIKCHNEi*.    DAS  PAPIER. 


III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


259 


dem  rechten  Ofenende  bei  H  zu  bewegen. 
Gegen  die  Kopfwand  des  Ofens  dichtet  eine 
feststehende  durch  Hand  D  federnde  Platte 
C.  Letztere  trägt  die  Brennmaterial  Speise- 
vorrichtungE  für  Kohlenstaub,  Gas,  Petro- 
leum etc.  innig  mit  Verbrennungsluft  ver- 
mischt und  das  Einführungsrohr  F  für  Dick- 
lauge. 

Die  Schmelze  fliesst  nach  H  ab,  die 
hocherhitzten  Gase  streichen  durch  den 
Zug  G  und  heizen  den  Dampfkessel  J. 

Nach  der  Patentschrift  ist  es  auf  diese 
Weise  gelungen,  dass  bei  ununterbrochener 
Arbeit  die  Salze  in  reiner  geschmolzener 
Form  wiedergewonnen  werden  und  dass 
das  bei  periodischem  Betriebe  stets  statt- 
findende Entweichen  un verbrannter,  übel- 
riechender Gase  und  Verunreinigungen 
vermieden  wird. 

Der  Erfinder  äusserte  vor  etwa  9  Mona- 
ten auf  Anfrage  des  Verfassers  über  die 
Leistung  seines  Ofens,  dass  der  Oten  in 
pyrotechnischer  Hinsicht  ganz  nach  seinen 
Berechnungen  gearbeitet  habe.  Die  Details 
der  ersten  Ausführung  seien  aber  nicht 
alle  zweckmässig ;  es  würden  diese  Fehler 
voraussichtlich  demnächst  behoben  sein, 
so  dass  der  von  allen  bedeutenden  Pyro- 
technikern als  vorteilhaft  erkannte  Ofen 
mit  Gleichstrom  den  Soda-  und  Sul- 
fatzellstofT-Fabrikanten  angeboten  werden 
könne. 

Nach  dem,  was  der  Verfasser  über  die 
Bewährung  dieses  Ofensystems  mit  Gleich- 
strom neuerdings  erfahren  konnte,  so  liegen 
längere  Erfahrungen  darüber  nicht  vor. 

Machen  wir  uns  durch  Skizzen  Fig.  101 
und  102  das  Prinzip  der  Gleichstromarbeit 
Dören  feldt  u.  der  Gegenstromarbeit  im 
Aders-  und  Enderlein-Drehofen  klar,  so  muss 
man  als  grössten  erstrebten  Vorteil  des 
ereteren  anerkennen,  dass  die  beim  Eintritt 
der  flüssigen  Lauge  sich  bildenden  Schwel- 
gase, welche  unangenehme  Gerüche  er- 
zeugen, durch  den  ganzen  bei  Verbrennung 
des  Heizmaterials  heisser  und  heisser  wer- 
denden Ofen  streichen  und  dabei  selbst 
mit  verbrennen  müssen.  Bei  dem  Austritt 
der  Gase  hätten  dieselben  ilie  höchste 
Temperatur,  sodass  sie  fähig  wären,  die 


I*-  Gas  Gas  s-*- 

Eintritt  Austritt  | 

%*-  Lauge  Schmelze  t-*- 

"||  Minimum— Temperatur  —  Maximum  | 

"  Fig.  101. 


Gasaustritt 11  . 
—  Minimum  I 

.  ,.3 


_j  Gaseintritt 

Maximum  —  Temperatur 

-«•3 

~||  Pechaustritt  Laugeneintritt  ^ 

Fig.  102.  6egen8tronpHnrip. 

organischen  Bestandteile  der  Dicklauge 
vollständig  zu  verbrennen,  die  stinkenden 
Schwefelverbindungen  zu  zerstören  und  die 
Salze  zu  schmelzen.  Es  müssten  sich  in 
den  Abgasen  die  Wärmemengen,  die  bei 
Verbrennung  der  Brennstoffe  (Kohlenstaub, 
Petroleum  etc.)  und  der  organischen  Be- 
standteile der  Dicklaugen  entwickeln,  we- 
niger der  latenten  Wärme  der  sich  bilden- 
den Wasserdämpfe  und  der  an  die  glühende 
Schmelze  gebundenen  Wärme  wiederfinden, 
so  dass  sie  in  einer  nachfolgenden  Kessel- 
anlage rationell  ausgenützt  werden  könnten. 
Anders  bei  den  Oefen  mit  Gegenstrom- 
prinzip Seite  255/7  Tafel  98  und  99. 
Die  Feuerungs-  und  Schmelzheerdgase, 
resp.  die  letzteren  allein,  treten  mit  der 
höchsten  Temperatur  in  den  Drehofen,  sie 
entzünden  das  Pech  vor  und  am  Austritt,  ge- 
winnen dabei  vielleicht  um  etwas  an 
Temperatur  und  Wärmequantität,  geben 
aber  auf  dem  weiteren  Wege  durch  den 
Drehofen  ihre  Wärme  schnell  wieder  an  die 
kälter  und  kälter  werdende  Lauge  ab  und 
erreichen  ein  Minimum  der  Temperatur  im 
Ofen  bei  Austritt  aus  demselben,  so  haben 
sie  nicht  mehr  die  genügende  Temperatur,  um 
die  Schwelgase,  welche  sich  aus  den  in  den 
Ofen  tretenden  Laugen  bilden,  zu  verbrennen 
und  geruchlos  zu  machen.  Hinten  bei  Ab- 
gabe weiterer  Wärme  an  einen  Dampf- 
kessel —  Fuchs-  und  Schernsteinwände  — 
oder,  wie  bei  Enderlein,  an  benetzte  Eisen- 
blechwände kann  von  der  Vernichtung  der 
Gerüche  nicht  wohl  die  Rede  sein. 
Ein  Grund,  dass  in  Drehöfen 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  and  C.  ZELLSTOFF. 


Stromprinzip  grössere  Salzverlaste  ent- 
stehen, als  in  solchen  mit  Gegenstrom,  wie 
dies  von  einer  Seite  als  Ergebnis  des 
Betriebes  angegeben  wird,  könnte  nur  in 
der  stärkeren  Verflüchtigung  der  Salze  ge- 
gefunden werden.  Da  aber  gerade  in 
Schmelzöfen,  die  mit  Gebläseluft  arbeiten, 
die  stärksten  Salzverluste  konstatiert  sind, 
g£  sollte  mari  annehmen,  dass  die  Ver- 
flüchtigung im  Dorenfeldt-Ofen  geringer  sei, 
da  in  demselben  mit  dem  Brennmaterial 
zwar  genügende  Verbrennungsluft,  aber 
nicht  Gebläseluft  im  eigentlichen  Sinne  zu- 
geführt zu  werden  scheint. 

Jedenfalls  müssen,  ehe  über  die  Vor- 
und  Nachteile  des  letzten  Ofens  endgiltig 
geurteilt  werden  kann,  längere  Betriebs- 
ertahrungen  vorliegen. 

Erwähnt  soll  werden,  dass  die  Gegen- 
stromöfen  zum  Eindicken  und  Calciniren 
sich  bewährt  haben,  während  das  Schmelzen 
in  denselben  nicht  gelang. 

Vergleich  der  Ofeneysteme 

Die  Vorgänge  während  der  Arbeit  der 
verschiedenen  Ofensysteme  sind  teilweise 
in  der  wertvollen  Mitteilung  Schachts  (vorn 
S.  95—98)  erklärt.  Seit  jener  Niederschrift 
vor  über  2  Jahren  hat  sich  nach  Wissen 
des  Verfassers  niemand  gefunden,  dieses 
grosse  Kapital  öffentlich  zu  besprechen. 

Hervorzuheben  ist,  das  die  deutsche 
Natronzellstofffabrikation  die  in  Amerika, 
England  und  Skandinavien  mit  grösstem 
Vorteil  benutzten  Drehöfen  nicht  eingeführt 
hat,  sondern  sich  ein-  oder  mehrherdiger 
Flammöfen  mit  oder  ohne  Nachbrennkam- 
mern bedient. 

Auch  die  Sulfalzellstofffabriken  bedienen 
sich  meist  der  Flammherd-Schmelzöfen; 
erat  in  den  letzten  Jahren  sind  die  rotten- 
den Oefin  mit  anschliessenden  Schmelz- 
öfen nach  Art  der  Taf.  98  S.  255  in  be- 
friedigenden Gebrauch  gekommen. 

Wie  aus  vorstehendem  Text  genügend 
erhellt,  setzen  die  Flammöfen  periodischen, 
die  rotirenden  und  Schacht- Schmelzöfen 
kontin  uirlichen  Betrieb  voraus. 

Nach  Bekanntwerden  der  Enderlein' sehen 
Arbeitsweise  mit  Tauch  -  Ringtrommeln, 


welche  also  auf  einer  Oberflächenverdam- 
pfung beruht,  die  eine  ausgezeichnete  Aua- 
nützung  der  Wärme  der  Ofengase  mit  sich 
bringt,  liegt  der  Gedanke,  die  Enderlein'- 
sche  Idee  zur  ersten  Eindickung  dünner 
Strohstofflaugen,  etwa  von  4  auf  10°  Be 
zu  verwerten,  gar  nicht  so  fern.  Einem 
Mehrfachverdampfer  würde  die  Eindickung 
auf  30—40  Be  zu  übertragen  sein  und  die 
letzte  Austreibung  des  Wassers  etc.  fiele 
einem  Flamm-  oder  rotirenden  Ofen  zu. 
Das  Calciniren  oder  Schmelzen  wäre  ge- 
eigneten Nachbrennkammern  resp.  Turm- 
öfen mit  Gebläse  zu  übertragen.  Bei  An- 
wendung des  Sulfatverfahrens  und  Flamm- 
öfen kann  indes,  wie  vorn  gezeigt  wurde, 
die  Schmelzarbeit  mit  oder  ohne  Gebläse- 
luft auf  dem  Flammherde  selbst  vorge- 
nommen werden. 

Ein  Betriebsdirektor  mit  praktischer 
Erfahrung  der  Arbeit  mit  verschiedenen 
Oefen  schreibt  mir: 

„Die  Vorteile  des  Drehofens  sind  gegen- 
über den  Herdöfen  sehr  grosse : 

Die  Drehöfen  liefern  bei  verhältnis- 
mässig geringem  Raumbedarf  sehr  grosse 
Produktion  und  der  Heizwert  des  Laugen- 
peches wird,  wenn  die  Schmelzöfen  als 
Vorfeuerung  der  Drehöfen  ausgebaut  sind, 
voll  ausgenützt,  wodurch  (gar  kein,  wie  bei 
Enderlein,  Der  Verf.)  nur  eine  geringe  Menge 
Feuerungsmaterial  nötig  wird.  Die  Bedien- 
ung des  Ofens  ist  eine  leichte,  das  lästige 
Rühren  fällt  ganz  weg,  man  erspart  also 
an  Arbeitskräften.  Auch  der  geringe  Ver- 
schleiss  des  Ofenfutters,  wenigstens  bei  den 
Oefen,  in  welchen  nur  calcinirt  wird,  ist 
sehr  bemerkenswert.  Sie  haben  aber  alle 
Nachteile  des  maschinellen  Betriebes.  Sie 
erfordern  ferner  sehr  starken  natürlichen 
resp.  künstlichen  Zug.  Im  letzten  Fädle 
mit  Gebläse  betrieben  erhält  man  sulfidarme 
Schmelzen  und  es  entstehen  grössere  Selz- 
verluste. Diesen  letzteren  Nachteil  hat 
aber  Enderlein  durch  seinen  hintergelegten 
Scheibenverdampfapparat  beseitigt.  Soll  im 
Drehofen  hintereinander  calcinirt  und  ge- 
schmolzenwerden, so  wird  in  der  Schmelz - 
zone  des  Ofens  gewiss  auch  eine  rasche 
Zerstörung  der  Auskleidung  eintreten. 


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u   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


261 


Herdöfen  and  Doppelherdöfen  sind  ein- 
fachet im  Betriebe,  sie  erfordern  keine 
maschinelle  Anlage,  bedürfen  nicht  so 
starken  Zug  und  ergeben  daher  geringere 
Salzverluste;  daiu  kommt,  dass  man  viel 
solfdreichere  Salze  erzielt. 

Die  durch  die  Verbrennung  der  in  den 
Laugen  enthaltenen  organischen  Bestand- 
teile entstehende  Hitze  wird  aber  nicht  so 
rationell  ausgenützt,  man  bedarf  stets 
kräftiger  Vorfeuerungen  mit  grossem  Kohlen- 
verbrauch. 

Das  Umrühren  der  eingedickten  Lauge 
und  das  Umstechen  des  entstehenden  Lau- 
genpeches mit  der  Hand  ist  zudem  eine 
beschwerliche  Arbeit" 

Ger  uchsbssBitiQunQ 

Ueber  die  Mittel  zur  Verringerung,  resp. 
Beseitigung  übler  Gerüche  bei  der  Salz- 
wiedergewinnung geht  mir  von  befreundeter 
Seite  Folgendes  zu: 

„Alle  Versuche,  die  Gerüche  der  Ab- 
gase, besonders  der  der  Sulfatzellstoff- 
fabriken durch  Duschen  mit  Wasser  zu 
beseitigen,  haben  nicht  den  erwünschten 
Erfolg  gehabt.  Zugegeben  muss  werden, 
dass  Wasser  einen  grossen  Teil  der 
Riechkörper  der  Abgase  suspendirt,  aber 
leider  nicht  alle;  ja  die  verbliebenen 
Gase  scheinen  in  ihrer  Intensität  nach 
dem  Duschvorgang  noch  verschärft;  da- 
bei hält  das  Wasser  die  suspendirten 
Riechstoffe  nicht  fest,  so  dass  das  Dusch- 
wasser selbst  auch  übel  riecht,  ähnlich 
wie  die  Brütenwässer  aus  den  Ver- 
dampfkörpern. 

Die  Geruchsbeseitigung  gelingt  besser 
durch  Vermischung  der  Kondensate  oder 
Brüten  mit  chlorhaltigem  Wasser  und 
durch  Duschen  der  Abgase  mit  letzterem 
(etwa  dem  Abwasser  der  Bleichereien), 
indem  das  Chlor  oxydirend  auf  die  Riech- 
stoffe einwirkt. 

Es  lassen  sich  überhaupt  durch  ener- 
gische Oxydation,  sei  es  auf  chemischem 
Wege  oder  (wie  bei  den  Ofen  auf  Seite  250 
und  261  vom  Verf.  schon  bemerkt) 
durch  Verbrennung  bei  genügend  hoher 


Temperatur  die  übelriechenden  Gase  am 
vollständigsten  zerstören. 

Ob  durch  Kontaktverfahren  (z.  B. 
Durchpressen  der  Gase  durch  erhitzte 
Kiesabbräude  etc.)  sich  die  Gerüche  be- 
seitigen lassen,  ist  sehr  wahrscheinlich, 
wiewohl  es  noch  nicht  im  grossen  ver- 
sucht zu  sein  scheint. 

Schon  beim  Durchleiten  der  Gase 
durch  glühende  Eisenrohre  wird  der  üble 
Geruch  so  vollständig  vernichtet,  dass 
bei  zuerst  stark  stinkenden  Sulfatgasen 
nur  noch  ein  schwacher  Geruch  (und 
Reaktion)  nach  schwefeliger  Säure  be- 
merkbar bleibt.  Jedenfalls  müsste  den 
Kontaktapparaten  eine  genügend  grosse 
Flugstaubkammer  vorgelegt  werden,  um 
Verstopfungen  zu  vermeiden." 
Ein  anderer  Betriebsleiter  will  die  Ge- 
ruchskalamität einer  grossen  Sulfatzellstoff- 
fabrik dadurch  beseitigt  oder  doch  auf  ein 
nicht  belästigendes  Mass  zurückgebracht 
haben,  dass  er  alle  in  den  Verdampfern, 
aus  den  Brüten  und  beim  Kochen  sich 
bildenden  Abgase  bei  möglichster  Ver- 
meidung nasser  Behandlung  von  der  Luft- 
pumpe aus  Trockenkondensatoren  ansaugte 
und  in  den  Feuerungen  der  Schmelzöfen 
(man  vergl.  S.  251  mit  Taf.  95)  verbrannte. 

Kohlenverbrauch  bei  der  Salzwieder- 
gewtonung. 

Der  Kohlen  verbrauch  der  arten  Soda- 
wiedergewinnungsöfen  (vergleiche  S.  196/7) 
schwankte  bei  Holzzellstoffabiaugen  von  etwa 
9-7f  Be  Stärke  zwischen  1,3  bis  1,5  kg 
gute  Steinkohle  auf  1  kg  trocken  Redachten 
Stoff.  Beim  Calciniren  von  Holzzellstoff- 
ablaugevonö — i°Be  betrug  der  Verbrauch 
an  guter  Steinkohle  2,3  bis  2,5  kg  und 
mehr  auf  1  kg  trocken  gedachten  Strohstoff. 

Diesen  Kohlenverbrauch  hat  man  nach 
Enderlein  (vergl.  Fussbem.  S.  256)  10°  Be 
Holzzellstoffablaugen  auf  0,25  kg  gute  Kohle 
pro  1  kg  trockenen  Stoff  und  bei  16  Be 
dieser  Lauge  auf  0  heruntergebracht. 

Unter  Benutzung  von  Mehrfachver- 
dampfern und  Herstellung  von  Strohstoff 
brauchte  man  in  Doppelflammöfen  (vergl. 
S.  249)  auf  1  kg  Natron-Strohstoff  an  den 


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262 


E.  KIRCHNEK.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.   ZELLSTOFF.  - 


Oefen  nur  0,22  kg  mittelguter  westf.  Kohle; 
dahinzu  sind  freilich  die  Kosten  für  den 
Abdampf  zu  rechnen. 

Unter  gleichen  Bedingungen,  aber  unter 
Anwendung  des  Sulfatverfahrens  mit  Herd- 
schmelzöfen.  in  einer  gegen  die  zuletzt  er- 
wähnte Anlage  SVtfach  leistungsfähigen 
Fabrik,  stellt  sich  der  Verbrauch  einer 
etwa  gleichwertigen  Kohle  für  1  kg  Stroh- 
stoff auf  etwa  0,41kg.  Auch  hier  sind  die 
Kosten  für  den  Heizdampf  der  Mehrfach- 
verdampler  zuzuschlagen. 


Man  erkennt  an  dieser  Zusammenstell- 
ung einiger  Betriebsergebnisse  am  besten 
die  Fortschritte,  welche  man  in  der  neuen 
Zeit  bezüglich  des  Kohlenverbrauches  ge- 
macht hat. 

Eine  Einsicht  in  die  I  tatsächlichen  Er- 
sparnisse kann  man  sich  nur  durch  Auf- 
stellung einer  genauen  Kalkulation  unter 
Berücksichtigung  aller  Faktoren  von  Fall 
zu  Fall  verschaffen. 


Die  Laugenherstellung  des  Natron-  und  Sulfatverfahrens. 


Lauge  aus  Aetznatron  des  Handels.*) 

In  der  Stroh-  und  Holzzellstofffabrikation 
älterer  Zeit  war  es  an  manchen  Stellen 
Gebrauch,  das  in  eisernen  Trommeln  er- 
hältliche Aetznatron  (60/62  pCt.  oder 
70/77  pCt.  Na»0  enthaltend)  in  durch  Er- 
fahrung ermittelter  Menge,  in  grössere 
Stücke  zerschlagen,  dem  Strohhäcksel  oder 
den  Holzapänen  beizupacken,  das  erforder- 
liche Wasser  zuzulassen  und  die  Kochung 
im  geschlossenen  Kocher,  sei  es  durch 
Heizung  mit  direktem  oder  mit  indirektem 
Dampf  oder  mit  direktem  Feuer  zu  be- 
ginnen und  durchzuführen. 

Man  darf  dieses  Verfahren,  den  geeignet 
zerkleinerten  und  mechanisch  gereinigten 
Rohstoffen  (vergl.  S.  141—183)  die  für  den 
chemischen  Aufschluss  nötigen  Chemikalien 
in  fester  Form  zuzusetzen,  wohl  mit  Recht 
als  ein  unrationelles  bezeichnen,  denn  der 
Angriff  der  Aetznatronstücke  wird  sich  zu- 
nächst naturgemäss  schädigend  auf  die  sie 
umgebenden  pflanzlichen  Rohstoffstücke  er- 
strecken, bis  nach  längerer  Zirkulation  der 
Flüssigkeit  eine  vollständige  Lösung  des 
Aetznatrons  eingetreten  ist. 

Auf  100  kg  trockenes  Stroh  waren 
12- 16kg  (70/72°, oNaiO)  =  8,52-11,36  kg 
(Na  »0  reingedacht)  Aetznatron  nach  der 
Erfahrung  erforderlich,  um  durchschnittlich 
40  kg  Strohzelistoff  zu  erhalten. 

100  kg  Strohstoff  erforderten  also  30 
bis  40  kg  (70/72  •)  Aetznatron  des  Handels. 


Lässt  man  auf  100  kg  Stroh  400 1  Wasser 
in  den  Kocher  einfliessen,  so  enthält  die 
entstehende  Lösung  2,085-2,840  9/o  Na«0; 
I  sie  wiegt  demnach  (vergl.  S.  82  Tab.  I) 
4— 5  Vt0  Be  bei  15°  C  Temperatur. 

Gibt  man  nur  die  Hälfte  des  obigen 
Quantums  Wasser  in  den  Kocher,  so  ent- 
hält die  Lösung  4,17-5,68  •/<>  Na  t0  und 
wiegt  etwas  über  8  •  bis  nahezu  11°  B6. 

Auf  100  kg  trockenes  Kiefernholz  waren, 
um  guten  Natronstoff  zu  erhalten,  30  kg 
(70/72  °/o  Na  iO  =  21,5  kg  (Na  tO  rein 
gedacht)  Aetznatron  erforderlich.  Man  ge- 
wann dabei  25  kg  Stoff. 

100  kg  NatrooholzzellsloiT  (=  400  kg 
Holzspäne)  erforderten  also  120  kg  (70/72  °) 
Aetznatron  des  Handels  oder  etwa  85  kg 
Na  i0. 

Lässt  man  auf  100  kg  Holz  wieder 
400 1  Wasser,  so  enthält  die  Lauge  im  Ge- 
wicht von  430  kg  21,25  kg  Na  i0  oder 
5°/o  NatO;  sie  wiegt  nach  Tab.  I  S.  82  nahe- 
zu 10°  B6  bei  15°  C  Temperatur. 

Ein  erster  Schritt  des  Fabrikationslort- 
schrittes  war  es,  dass  man  vorzog,  das 
feste  Aetznatron  der  Handels  in  einfachen 
eisernen  Bassins  aufzulösen. 

Man  löste  z.  B.  bei  Herstellung  von  Stroh- 
stoff  in  einem  Bassin,  welches  mit  einem  rost- 
ähnlichen Bodenbelag  aus  Holzlatten  oder 
Eisenstäben  zur  Aufnahme  u.  Festhaltung  von 
Unreinheiten  der  Handelsoda  versehen  w  ar 
und  einen  Inhalt  von  etwa  5000 1  besass,  140 
kg  (70/72°)  Aetznatron  in  4000  1  Wasser 


*  Man  vergl 
und  S,  85  oben. 


den  Satr  III  D.  u.  C  S  84  unien 


und  erhielt 


1,4.71 
41,4 


=  2,4  °/o  Na'O  Gehalt 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


203 


der  Laugen.  Die  Lösung  der  Aetznatron- 
brocken  wurde  gewöhnlich  durch  Einleiten 
von  reinem  Kesseldampf,  bis  30—35°  C 
erreicht  waren,  erleichtert  und  unterstützt. 
Das  ganze  Quantum  der  Lauge  wurde  dann 
bis  auf  einen  geringen  schmutzigen  Boden- 
satz in  einen  mit  1000  kg  Strohhäeksel 
gefüllten  Kocher  eingelassen  oder  überge- 
pumpt. 

Nach  der  erfolgten  Kochung  des  Strohes 
wurde  die  Ablauge  und  das  Waschwasser 
in  den  Fluss  abgelassen. 

In  gleicher  Weise  verfuhr  man  bei  der 
Holzzellstofffabrikation,  jedoch  mit  dem 
Unterschiede,  dass  die  Laugen  auf  etwa 
5«/o  Nas  O  co  10  0  Be  stark  gemischt  wurden. 

Lauge  aus  den  wiedergewonnenen 
Natronsalzen. 

Bei  der  Herstellung  von  Holzzellstoff 
stellte  sich  sehr  bald  heraus,  dass  an  einen 
rationellen  Betrieb  nicht  zu  denken  war, 
wenn  man  die  hier  sich  ergebenden  dunk- 
len, so  viele  Natronsalze  enthaltenden  Ab- 
laugen wdgfliessen  lassen  wollte.  Die 
englischen  Erbauer,  auch  die  deutschen 
Natron- Holzzellstofffabriken,  lieferten  da- 
her die  Eisenteile  primitiver  Eindampf- 
und Calciniröfen,  sowie  die  Misch-  oder 
Kochgefasse  (Mixer)  für  die  Herstellung 
trischer  Kochlaugen  aus  der  calinirten 
schwarzen  Soda  mit. 

Zu  Anfang  der  1870er  Jahre  war  es 
in  den  deutschen  Holzzellstofffabriken 
noch  Gebrauch,  den  Verlust  an  Chemi- 
kalien durch  Aetznatron  zu  ersetzen, 
während  etwa  70°/o  der  für  die  Koch- 
ungen aufgewendeten  Natronsalze  als 
schwarze  wiedergewonnene  Soda  in  er- 
wähnten Einrichtungen  in  kaustische  Lauge 
umgewandelt  wurden. 

Sehr  bald  fand  man,  dass  die  Natron- 
verluste vorteilhalter  durch  billigere  frische 
calinirte  Soda  und  Kalk  ersetzt  werden 
könne. 

Da  nämlich  die  älteren  Mischer  und 
Nebeneinrichtungen  für  Laugebereitung  von 
104100  kg  schwarze  Soda  80°/o  NaiCOs  = 
17250  kg  Solvay  Soda    89°/o  NaiCOs  = 


hinreichender  Grösse  vorhanden  waren 
und  die  Eintragung  der  betreffenden  Menge 
frischer  Soda  und  Kalk  in  die  Mischer 
nicht  mehr  Arbeit  verursacht  als  das 
Oeffnen  der  eisernen  Trommeln,  das  Zer- 
schlagen des  festen  Aetznatrons  und  Ein- 
tragen der  Stücke  in  den  Kocher,  so  kommen 
bei  der  Kalkulation  nur  die  Kosten  für  die 
aulzuwendende  frische  calcinirte  Soda,  den 
zugehörigen  Kalk  und  Kohlen  für  Koch- 
dampf in  Betracht. 

Verfasser  hat  bereits  in  diesem  Ab- 
schnitt S.  111  —  12  nachgewiesen,  dass  bei 
Verwendung  von  Ammoniksoda  und  Kalk 
statt  Aetznatron  auf  je  100  kg  Aetznatron 
(70/72°)  sich,  gering  gerechnet,  eine  Er- 
sparnis von  5  M.,  vielfach  aber  auch  wohl 
6  M.  erzielen  lässt. 

Ueber  das  Verhältnis,  in  welchem  Soda 
und  Kalk  zu  mischen  sind,  ist  S.  88,  89, 
91  und  108  ausllihrlich  die  Rede  gewesen. 
Aus  der  Zeit  meiner  Praxis  vor  27  Jahren 
kann  ich  folgende  Daten  geben. 

In  cylindrischen  vertikalen  Mischern 
3,15  m  0=  7,8  qm  Bodenfläche,  1,9  m 
.  Tiefe  wurden  20UÜ  kg  schwarze  Soda, 
80°/o  Na«CÜ3  co  48°/o  Na»ü  enthaltend 
mit  abgehendem  Dampf  unter  mechani- 
schem Umrühren  in  zwei  Stunden  gelöst, 
dazu  kamen  925  kg  gut  gebrannten 
Rüdersdorfer  Kalkes.  Unter  Rühren  wurde 
nochmals  3  Stunden  gekocht  und  2  Stun- 
den absitzen  gelassen. 

Es  wurde  die  klare  Lauge  12 — 14°  Be 
abgelassen.  Eine  2.  Abkochung  mit  Wasch- 
lauge des  Kalkschlammes  (l  Stunde  kochen, 
1  Stunde  Klären)  ergab  eine  5—7°  Be 
Lauge,  eine  3.  Abkochung  ebenfalls  mit 
Dünnlauge  oder  Wasser  und  sonst  ebenso 
verfahren,  ergab  eine  2 — 4°  Be  Lauge. 

Es  wurde  mit  60  Mischerfüllungen  d. 
h  mit  180  Abkochungen  die  Lauge  für 
75  Kochungen  ä  12000  =  900,000  l  erzielt, 
deren  durchschnittliche  Stärke  10°  Be  co 
5,l°/o  Na»0  Gehalt  war. 

In  Wirklichkeit  waren  aufgelöst : 
:47,7°/o  NatO  enthaltend  =  4960Ö  kg  Na»Ü 
53,06°/«NaiÜ       „        =  9153kgNa«ü 

d.  h.  es  sollten  58759kg Naiü 


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264 


K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,   UL  B.  und  C,  ZELLSTOFF. 


in  den  Laugen  sein.  An  Aetzkalk  wurden 
öö,800  kg  aufgewendet. 

900000  1  mit  5,l°/o  NatO  Gehalt  im  sp. 
Gewicht  1,075  wiegen  nun  967500  kg,  ent- 
halten also  nur  49342  kg  NaiO.  Es  ent- 
spricht das  einem  Verlust  bei  der  Laugen- 
bereitung  von  9417kgNaiO  oder  von 
1  ü  °/o  der  ganzen  Aufwendung.  Dieser  Ver- 
lust, der  nur  im  Laugenkochen  allein  be- 
gründet ist,  erscheint  etwas  hoch  im  Ver- 
gleich zu  anderen  Betriebserfahrungen, 
welche  auch  etwa  25  Jahre  zurück  datiren. 

Es  stellte  sich  bald  heraus,  dass  der  Effekt 
beim  Kochen  des  Stoffes  aus  Holz  nicht  immer 
entsprechend  der  Laugenstarke,  welche 
durch  Spindelung  (mit  Baume-Spindel  ge- 
messen) festgestellt  war,  ausfiel  und  ich 
habe  dann  mehrere  Betriebsjahre  hindurch 
die  Laugenstarke  nicht  nur  durch  erwähnte 
Spindelung,  sondern  durch  Titration  auf  ätz- 
endes Natron  (als  NatO  festgestellt)  u.  unkau- 
stisch gebliebenen  Sodagehalt  (NaiO CO») 
untersucht.  Die  Untersuchung  auf  Gesamt- 
alkali und  freies  Aetznatron  (NatCOt)  in 
der  Lauge  geschah  in  der  Seite  82—85 
erläuterten  Weise. 

Aus  den  vorigen  Betriebsaufführungen  ist 
ersichtlich,  dass  pro  Mischer  2022,5  kg 
schwarze  und  weisse  Soda  mit  930  kg 
gutem  Rüdersdorfer  Aetzkalk  gekocht  wur- 
den. 

Ich  führte  in  einer  anderen  Fabrik  zwei 
grosse  Versuche  während  des  Betriebes 
durch,  bei  denen  nur  wiedergewonnene 
schwarze  Soda  mit  einem  NatO  Gehalt 
von  47— 55°/o,  also  durchschnittlich  von 
51°/o  NatO  zur  Verwendung  kamen,  wo- 
bei auch  ein  anders  gearteter  Kalk  als  der 
oben  erwähnte  Rüdersdorfer  verwendet 
wurde. 

Es  wurden  zunächst  in  5  Mischerfüll- 
ungen aus  je  1500  kg  schwarze  Soda  und 
910  kg  Aetzkalk  je  3  Abkochungen  unter 
Mitverwendung  der  schwachen  Kalkaus- 
waschlaugen durchgeführt. 

Aus  7500  kg  schwarzer  Soda  51°/o 
NasO  =  3825  kg  NaiO  wurden  nach  ge- 
nauen Ermittelungen  92010  1  Lauge  ge- 
wonnen und  aufs  gewissenhafteste  Durch- 
schnittsproben  der  1.,  11.  und  III.  Aufkoch-  | 


ungen  genommen,  die  Literzahl  jeder  Ab- 
kochung reiner  dekantirter  Lauge  bestimmt 
und  die  Titration  auf  Gesamtalkali  und 
freien  Aetznatron  durchgeführt. 

Es  ergab  sich  dabei,  dass  sich  3492  kg 
NatO  als  Gesamtalkali  und  nur  2687  kg 
Na>0  als  freies  Aetznatron  in  den  Langen 
vorfanden.  Somit  waren  333  kg  NatO 
überhaupt  durch  das  Kochen  der  Laugen 
verloren  gegangen;  das  entspricht  8,71  °/o 
Verlust  an  Alkali  9^29°/*  des  Alkali 
fanden  sich  in  den  Laugen  wieder,  und 
zwar  waren  davon  etwa  70,26 °/«  alles  hin- 
eingegebenen Alkali  als  freies  Aetznatron 
und  21,04°/«  als  unkaustisch  gebliebenes 
Alkall  Von  dem  in  die  Lauge  überge- 
gangenen Alkali  waren  77°/«  kaustisch, 
23°/o  unkaustisch. 

Man  war  wohl  berechtigt,  den  un- 
kaustischen Teil  des  Alkali  als  unnützen 
Ballast  der  Lauge  zu  betrachten,  so  lange 
man  glaubte,  dass  das  durch  Titration  auf 
ätzendes  Natron  nicht  gefundene  Alkali 
kohlensaures  Natron  sei  Man  war  da- 
her bestrebt,  den  Ballast  der  Kochlauge 
möglichst  zu  verringern. 

So  kam  der  zweite  Versuch  zu  stände, 
wo  wieder  5  Mischeriüllungen  je  1500  kg 
schwarze  Soda,  aber  mit  je  1000  kg  des- 
selben Kalkes  in  gleicher  Weise  abgekocht 
und  untersucht  wurden. 

Wir  gewannen  im  ganzen  94990 1  Koch- 
lauge aus  den  7500  kg  schwarzer  Soda 
mit  3825  kg  NatO  Gesamtalkali  In  den 
Laugen  fanden  sich  3494  kg  NatO  als  Ge- 
samtalkali und  nunmehr  3067  kg  NatO  als 
freies  Natron.  Es  waren  trotz  10°/o  Mehr- 
aufwendung an  Kalk  fast  genau  gleich  dem 
vorigen  331  kg  =  8,65°/»  Verlust  an  Al- 
kali eingetreten.  Also  die  grössere  Menge 
Kalkschlamm  hat  nicht  entsprechend  mehr 
Alkali  festgehalten,  [wahrscheinlich  weil 
der  Kalkschlamm  sich  günstiger  beim 
Klären  verhielt. 

Viel  günstiger  stellte  laich  ferner  das 
Verhältnis  des  Gesamtalkalis  zum  freien 
Aetznatrongehalt  der  Lauge.])  Von  den 
91,35 */o  Gesamtalkali  in  den  Laugen  waren 
jetzt  80,18»/o  kaustisch  und  ll,17«/o 
unkaustisch  oder  Ballast  Von  dem  in 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSSOEF. 


205 


Berichtigung  zu  Seite  261  Geruchsbe- 
belästigung, 

Der  Verfasser  fühlt  sich  veranlasst,  be- 
züglich des  S.  261,  linke  Spalte  unter  „Ge- 
ruchsbeseitigung" von  befreundeter 
Seite  gebrachten  Satzes  folgendes  zu  be- 
richtigen: Es  sollte  in  dem  ersten  Satze 
unter  Anführungsstrichen  Zeile  22  bis  36 
gesagt  werden,  dass  es  für  Gelingen  der 
Geruchsbeseitigung  darauf  ankommt,  mit 
wie  viel  Wasser  und  in  welcher  Art  ge- 
duscht wird.  Die  Mitteilung  von  befreun- 
deter Seite  führte  aus,  dass  in  einer  z.  Zt. 
betriebenen  Anlage  durch  Duschen  der 
Abgase  mit  grossen  Mengen  Wasser  gute 
Erfolge  in  Bezug  auf  Beseitigung  der  un- 
angenehmen Gerüche  erzielt  seien.  Uner- 
klärlicherweise wurde  dieser  wichtige  Satz 
bei  Niederschreiben  des  Manuskriptes 
übersehen. 


die  Lauge  übergegangene  Alkali  waren 
87,8  °/o  wirksam  und  12,2  °/o  unwirk- 
sam aufgefasst. 

Dass  man  sich  bei  Bestimmung  des 
Kochwertes  einer  kaustischen  Lauge  nicht 
nur  auf  die  Spindelung  verlassen  kann,  ist 
selbstverständlich,  denn  Laugen,  welche 
einen  grossen  Gehalt  an  unkaustisirtem 
Alkali  enthalten,  können  wohl  ein  hohes 


specifisches  Gewicht  besitzen  und  liefern 
doch  schlecht  aufgeschlossene  Kochungen, 
eben  wegen  der  grossen  Mengen  unwirk- 
samer Alkalien.  Dies  war  auch  längst 
durch  die  Erfahrung  bestätigt. 

Später  erkannte  man ,  dass  neben 
dem  kohlensauren  Natron  in  der  Koch- 
lauge noch  andere  Natronsalze  enthalten 
sein  können,  die  die  Stoflkochung  sogar 
günstig  beeinflussen,  wie  beispielsweise  das 
Schwefelnatrium,f)  aber  diese  wirksamen 
Verbindungen  treten  gegen  die  nur  schwach 
wirkenden  Nai  COs  und  Nat  SiOa,  sowie 
gegen  das  ganz  unwirksame  Nat  SO«  quan- 
titativ so  zurück,  dass  es  berechtigt  er- 
scheint, die  letzteren  als  unnützen  Ballast 
der  Laugen  aufzufassen. 

Gesetzt,  bei  normalem  Zusatz  von  Kalk 
seien  nur  77  °/»,  bei  Zusatz  von  10  °/o  mehr 
Kalk  87,8  °/o  des  aufgewendeten  Alkalis 
kaustisch  gemacht,  so  könnte  man  Tür 
gleichen  Effekt  die  zweiten  900  cbm  der 
S.  263  unten  erläuterten  Laugenherstellung 


mit  10°/o  mehr  Kalkzusatz  auf  900 


87,8 
77 

=a  1,026  cbm  verdünnen,  ohne  dass  an  der 
Kochwirkung  ein  Unterschied  mit  der  ersten 
unverdünnten  und  zweiten  mit  mehr  Kalk 
gekochten,  in  gesagter  Weise  verdünnten 
Lauge  verspürt  würde.  Es  sind  aufge- 
wendet in  beiden  Fällen: 


1 


Ii 

M.  916,08 
1725,- 


104,1  t  schwarze  Soda*)  M.  916,08 

17,25  t  Solvay-Soda  „  1725,— 

55,8   t  Aetzkalk  ä  30  „  1674,-     61,38  t     „  18*1,40 

900  cbm  Lauge  herzustellen**)  „  1670,—  1026cbm*")  „  1670,00 

M.  5985,08  M.  6152,48 

ä  cbm  Lauge         M.  6,69  M.  5,99 

Braucht  man  von  jeder  dieser  Laugen 
ä  100  kg  Holzzellstoff  1,0  cbm,  so  sind  die 
die  Kosten  für  die  Lauge 


f)  Professor  Dr.  R.  Weber  untersuchte  be- 
reits 1876  auf  Veranlassung  de«  Verfassers  frische 
Kochlaupen  aus  wiedergewonnener  Soda  der 
Aa«baiTenbnrger  HolzzellstoftTahrik  und  fand 
Schwefel natrium  in  den  Laugen  neben  dem  Na- 
trongebalt  und  anderen  Natronverbindungen.  Man 
vergleiche  auch  die  Analyse  S.  91  linke  Spalte 


im  ersten  Falle  M.  6,70  Pf., 
im  zweiten  „     „    6,00  „ 
Man  erspart  also  beim  besser  kaustisch 

unten,  rechte  Spalte  oben,  sowie  auch  Prof.  Dr. 
tioldbergs  Analyse  vorn  S.  94. 

*)  Selbstkosten  &  t  nach  S.  197  linke  Spalt.- 
Mitte  M.  8,80. 

*•)  a  cbm  Lauge  herzustellen  berechnet  sich 
an  Lohn,  Dampf  und  Abschreibungen  etwa  auf 
M.  18B. 

*•*)  Durch  Zusatz  von  Wasser  nicht  verteuert« 

8.  Bogen  1902. 


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266 


E.  KMCHNfth.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


machen  etwa  70  Pf.  auf  100  kg  Holzzellstoff. 
Ist  der  Kalk  billiger,  so  wird  die  Er- 
sparnis beim  besseren  Kaustiziren  noch 
höher. 

Nimmt  man  bei  der  Strohstoffherstellung 
auf  100  kg  Strohstofl  nur  0,4  cbm  dieser 
Lauge  für  gute  Aufschliessung  als  genügend 
an,  so  würden  die  Laugenkosten  a  100  kg 
Strohstoff  im  ersten  Falle  rund  M.  2,68, 
im  zweiten  M.  2,40  betragen,  somit  in  letz» 
tem  Falle  28  Pfennige  ä  100  kg  gespart 
werden. 

Es  sei  übrigens  auch  bezüglich  dieser 
Frage  auf  das  zurückgewiesen,  was  in 
einem  früheren  Abschnitt  dieses  Teiles  be- 
sonders S.  89  gesagt  war,  wonach  nicht 
nur  das  „Zuwenig",  sondern  auch  das 
„Zuviel  '  Kalk  vom  Uebel  ist ;  es  müssen 
eben  die  für  die  jeweiligen  Verhältnisse 
am  besten  passenden  Quantitäten  aus- 
probiert und  stete  Untersuchungen  sowohl 
der  Laugen  als  auch  des  restirenden  Kalk- 
schlammes vorgenommen  werden.  Ein  ge- 
übter Arbeiter  sieht  schon  an  der  Art  des 
Kochens,  wann  der  Kaustizirungsprozess 
beendet  ist,  ausserdem  probirt  man  aber 
auch  durch  Filtriren  und  Zusatz  von  Salz- 
säure, wobei  kein  Aufbrausen  mehr  statt- 
finden darf. 

Ueber  die  Menge  und  Stärke  der  Laugen, 
welche  beim  Kochen  von  Holz  und  Stroh 
die  günstigsten  Resultate  ergeben,  sind 
verschiedene  Angaben  gemacht.  Diese  Ver- 
schiedenheit erklärt  sich  aus  der  Art  der 
Beheizung  der  Kochapparate,  ob  Dreh- 
oder stehende  Kocher,  ob  mit  direktem 
Feuer  (Lee),  oder  indirekt  mit  Dampf 
(Sinclair),  aus  der  Höhe  der  Temperatur 
oder  dem  Dampfdruck,  aus  der  Kochzeit 
und  aus  den  Ansprüchen  an  die  Güte  des 
Stoffes. 

Es  ist  auch  ein  Unterschied,  ob  Kiefern- 
oder Fichten-  oder  Laubholz  oder  Stroh 
gekocht  wird. 

Der  Verfasser  kochte  Kiefernholz  in  Nord- 
und  Süddeutschland  in  Kochern  mit  direk- 
ter Feuerheizung  bei  10  Atm.  Ueberdruck 
(183°  C.)  Temperatur  75-125  Minuten 
Druckzeit  je  nach  Stärke  und  Trockenheit 
des  Holzes  am  liebsten  mit  Vit  cbm  Lauge 


von  4  °/o  NaiO  Gehalt  auf  100  kg  tr.  ged. 
Stoff.  100  kg  Stoff  erfordern  63,6  kg  NaiO 
=  123  kg  Na«  C0s  von  89  °/o. 

James  Berevidge  gibt*)  für  (wahrsshein- 
lich)  skandinavische  Fichte  auf  100  kg 
tr.  ged.  Stoff  715  785  1  5°/o  NatO  haltige 
kaustische  Lauge  an,  dabei  sind  stehende, 
mit  Dampfeinströmung  geheizte  Kocher 
angewendet.  Es  wird  in  etwa  2  Stunden 
ein  Maximalkochdruck  von  7'/«  Atm.  Ueber- 
druck (173*  C)  erreicht  und  dieser  Druck 
4-5  Stunden  gehalten. 

Die  Lauge  stellt  Berevidge  her  aus 
20  Ctr.  58  °/o  Ammoniaksoda  (c>3  99  deutsch), 
welche  in  Wasser  unter  allmählicher  Er- 
hitzung auf  150  -  170°  F.  =  78°  C.  gelöst 
wird,  so  dass  diese  Lösung  bei  60°  F.  = 
12,5<»  c  25»  Tw.  =  16"»  Be  =  1,125  sp.  G. 
hat,  und  l2Vi— 13Vi  Ctr.  gebrannten  Kalk. 
Er  nimmt  also  auf  1000  kg  Soda  625  bis 
675  kg  Aetzkatk.   Soda  :  Kalk  100  :  65. 

Rechnen  wir  von  dieser  Lauge  nach 
obiger  Angabe  im  Mittel  750  1  auf  100  kg 
Stoff,  so  sind  nur  39,7  kg  NaiO  =  70,00  kg 
NaiCOs  von  99°;o  auf  100  kg  lufltr.  Fich- 
tenstcff  verbraucht. 

Derselbe  Autor  hat  auch  in  Erfahrung 
gebracht,  dass  man  100  kg  lufltr.  Slroh- 
8 1 off  kocht  mit  folgenden  Aufwendungen 
in  einer  Fabrik  in 

Oesterreich 

mit  56,25  kg  calc.  Soda  40  kg  Kalk 
Sachsen  „  55,10       .,      „    34,4  „  „ 
Süddeutsch- 
land  mit  50.00  „     „      ,.    35.5  „  „ 
Böhmen  „  40,00  „    „      „    32,0  „  „ 

In  der  deutschen  Natron-Strobstoff- 
fabrikation  stellte  man  nach  anderen  Mit- 
teilungen die  Lauge  in  kleineren  Mischern 
her 

aus  300  kg  wiedergewonnener  Soda  oo 

250  kg  98  °/.  Soda 
und  90  ,,  calc.  Soda    90  „    „  „  „ 

Soda   310  kg  (100) 
und  Aetzkalk   215  „  (63,2): 
Man  erhielt  mit  dem  ersten  heiss  ange- 
setzten Sud  Lauge  von  14'/«°  Be,  welche 

*)  Tlio  World«  Paper  Trade  Review  1.  Dez. 
1899  S.  68-72. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   IM.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  267 


8,65  °!o  NatO  enthielt,  mit  dem  zweiten  Sud 
Lauge  von  8°  Be,  welche  4,72  °/o  NatO 
enthielt  und  mit  einem  dritten  Sud,  der 
wieder  zum  Ansetzen  erster  und  zweiter 
Sude  benutzt  wurde,  Lauge  von  1  0  Be  mit 
0,65  •/•  NatO. 

Die  Aetznatronlauge  wurde  und  wird 
in  verschiedenen  Stärken ,  nämlich  von 
6-10°  Be,  d.  b.  mit  etwa  3-5  °/o  NatO- 
Gehalt,  oder  4-6,5°/o  NaOH  Gehalt,  oder 
5— 8,5  °/o  NaiCCh-Gehalt  verwendet. 

Ausnahmsweise  ist  aber  auch  mit  viel 
stärkeren  Laugen  gekocht  worden.  In  einer 
Fabrik  nahm  man  z.  B.  auf  100  kg  98  °/o 
Soda,  72  kg  Aetzkalk  und  gewann  751  1 
Kochlauge.   Nehmen  wir  6°/o  Verlust  durch 

den  Kalk  an,  so  enthält  1  1  =  -j^,- 

=  125  g  Soda  =  12,5  «/o  (98°/o)  Soda 
12,25  */o  NatCOs,  d.  b.  wir  haben  eine 
165/«0  Be  (15°  C  Temperatur)  Lauge,  die- 
selbe enthält  etwa  9,1  °/o  NatO  oder  1 1,5  °/o 
NaOH. 

Um  möglichst  gut  kaustiztrte  Laugen 
zu  erzielen,  sollte  man  dieselben  nie  stär- 
ker als  1,08  bis  1,10  Volumengewicht 
(=  11-13°  Be)  halten,  da  sich  konzen- 
trirtere  Lösungen  nie  vollständig  kaustisch 
machen  lassen.  Bis  13°  Bc  kann  man  ohne 
Bedenken  gehen,  aber  bei  15°  Be  schon 
hat  man  bei  reichlichem  Kalkzusatz  und 
langem  Kochen  grössere  Alkaliverluste. 

Eine  gute  Natronkochung  aus  unserem 
Stroh  von  Roggen  und  Weizen  fordert  je 
nach  Reinheit  und  Qualität  nach  alter  Er- 
fahrung mindestens  10V»  -12  kg,  rechnen 
wir  12  kg  Aetznatron  (72  «/o  NatO-Gehalt, 
93»/«  NaOH-Gehalt)  oder  11,16  kg  NaOH 
auf  100  kg  Stoff. 

100  kg  Stoff  co  250  kg  Stroh  forderten 
von  der  obigen  Lauste  also  nur  rund  100  I. 

Nimmt  man  eine  dünnere  Lauge,  die 
nur  5  °/o  NaiO  enthält,  so  braucht  man  auf 
100  kg  Stoff  co  250  kg  Stroh 

100  -:1  =  182  1  Lauge, 
o 

Zeigt  die  Lauge  nur  2,5  °/o  NatO,  so 
brauchen  wir  rund  365  1  dieser  Lauge  auf 
250  kg  Stroh  oder  100  kg  Stoff. 


Man  hat  alle  diese  Verhältnisse  im 
Laufe  der  Zeit  durchprobirt  und  ist  auf 
verschiedenen  Wegen  zu  mehr  oder  weni- 
ger günstigen  Resultaten  gekommen. 

Von  wirtschaftlicher  Bedeutung  für  die 
Natron-Zellstoff- Fabrikation  ist  das  gründ- 
liche Auswaschen  des  Kalkschlammes. 
Geschieht  dies,  wie  S.  263  angedeutet  war, 
und  später  an  einer  Anlage  älterer  Art 
noch  näher  beschrieben  wird,  nur  durch 
dreimaliges  Abkochen  und  Abziehen  der 
restlichen  Flüssigkeit  in  einfachen  Stand- 
und  Filterkästen,  so  muss  man  auf  einen 
Verlust  von  etwa  15  bis  20  g  Soda  pro  Liter 
Kalkschlamm  oder  auf  etwa  6°/o  Verlust 
des  zur  Kochung  verwendeten  Alkalis  rech- 
nen. Im  Grossbetriebe  bei  der  Darstellung 
von  Aetznatron  aus  Rohsodalauge  rechnet 
man  5—6  °/o  NatO  Verlust  durch  den  Kalk- 
schlamm. Wendet  man  Nutschfilter  an, 
d.  b.  süsst  man  mit  Hilfe  einer  Luftpumpe 
den  Kalkschlamm  über  einem  Filterboden 
gründlich  aus,  so  enthält  der  Liter  Kalk- 
schlamm nach  Angabe  eines  darin  erfah- 
renen Fachmanns  nur  noch  0,5  °/o  co  2,5  g 
Soda  oder  man  verliert  etwa  nur  1  °/o  des 
aufgewendeten  Alkali.  Daraus  würde  sich 
zum  Teil  der  grosse  Unterschied  im  Chemi- 
kalienverbrauch der  verschiedenen  Zell- 
stofffabriken  erklären  lassen. 

Herr  W.  Schacht -Weissenfeis  ist  auf 
Grund  mehrfacher  Untersuchungen  des  über 
dem  Filter  ausgesüssten  Schlammes  nicht 
dieser  Ansicht;  er  erfuhr,  dass  so  behan- 
delter Schlamm,  ebenso  wie  der  in  Filter- 
pressen behandelte,  dieselben  Verluste  er- 
gebe, wie  der  in  den  Mischern  mehrfach 
ausgekochte  und  dekantirte.  Er  führt  die 
Verluste  darauf  zurück,  dass  beim  Kausti- 
ziren  sich  Aetznatron  in  unlöslicher  Form 
bilde,  an  welchem  Umstände  weder  ein 
Ablaugen  noch  ein  Auspressen  etwas  ändern 
könne.  Demgegenüber  ist  doch  zu  sagen, 
dass  man  freilich  auf  beide  Arten  durch 
sorgfältiges  Arbeiten  zu  denselben  Resul- 
taten kommen  kann.  Das  Absaugen  geht 
aber  schneller  und  leistet  Gewähr,  dass 
wenigstens  das  in  der  Lauge  des  Schlam- 
mes gelöst  enthaltene  Aetznatron  sicher 
der  Fabrikation  erhalten  bleibt. 


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268 


E.  KIRCHNER,  DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Da  im  Kalkschlamme  stets  ein  Teil  des 
Kalkes  als  Aelzkalk  zurückbleibt,  so  be- 
nutzt man  manchmal  auch  den  Schlamm 
zu  einem  zweiten  Sude,  wobei  man  dann 
weniger  frischen  Kalk  zuzusetzen  braucht. 
Diese  Laugen  klären  sich  dann  aber 
schwerer. 

Verfasser  hat  längere  Zeit  mit  Luft- 
rührwerken (System  Körting)  gearbeitet. 
Es  wurde  dabei  aber  die  sehr  starke  Dampf- 
bildung in  den  Arbeitsräumen  störend  em- 
pfunden, auch  wird  dabei  das  wertvolle 
Schwefelnatrium  zerstört  und  in  Hyposulfit 
umgewandelt,  weshalb  es  ratsam  ist,  in 
Natron-Zellstofffäbriken  nur  mechanische 
Rührwerke  anzuwenden. 

Rückstände  der  Laugenbereitung. 

Eine  unangenehme  Zugabe  der  Mehr- 
verwendung von  Kalk  ist  die  Schlamm- 
vermehrung, d.  h  die  Vergrösserung  der 
Rückstände,  die  von  den  Fabrikations- 
stätten abgefahren  werden  müssen  und 
den  Anlagen  zu  einer  grossen  Last  werden, 
wenn  man  sie  auf  einen  benachbarten 
Platz  abfahren  muss. 

121,35  l  Soda  erforderten  55,8  l  Aelzkalk 

CaÜ  :  CaCOs  —  56  :  100. 
Aus  55,8  t  Aelzkalk  entstehen  also  rund 
100  t  tr.  kohlensaurer  Kalk.  Nach  vor- 
liegenden Analysen  enthält  der  abgetropfte 
Kalkschlamm  aber  nur  etwa  Vi  kuhlen- 
sauren Kalk,  also  müssen  500  t  Schlamm 
abgefahren  werden.  Nimmt  man  10  °/o  mehr 
Kalk  zur  Laugenherstellung,  so  steigt  das 
abzufahrende  Kalkquantum  ebenfalls  etwa 
um  10°/o  und  die  Rückstände  häufen  sieb 
um  so  viel  mehr.  Es  kommen  höhere 
Kosten  auf  die  Abfuhr,  und  aus  der  den 
Anlagen  erwachsenden  Las»  des  Schlammes 
erklärt  sich  wohl  auch  zum  Teil,  dass  mau 
bezüglich  der  Frage  des  grossen  Kalküber- 
schusses bei  der  Laugenbereitung  ver- 
schiedenen Meinungen  begegnet. 

Die  */j  des  Gewichts  des  Kalkschlammes 
bestehen  zum  grössten  Teil  aus  Wasser, 
ferner  finden  sich  Kohle,  andere  Salze  und 
anorganische  Beimengungen  in  geringeren 
Mengen  vor. 


Es  ist  hier  der  Ort,  über  die  einzige 
bis  jetzt  gefundene  Verwertung  dieser  Kalk- 
rückstände unserer  NalronzellstolTtabriken 
zu  sprechen. 

Mir  liegen  verschiedene  Zeugnisse  von 
Landwirten  vor,  welche  mit  Düngung  ihrer 
Felder  sehr  gute  Resultate  erzielt  haben. 

Herr  Landschaft srat  Freiherr  v.  Hake 
in  Ohr  bei  Hameln  i.  W.  schreibt  wörtlich : 

Die  von  der  StrohstofTfabrik  WVrthoim  bei 
Hameln  bezogenen  frischen  Kalkabfälle  habe  ich, 
ehe  ich  sie  in  meiner  Wirtschaft  verwendete,  iu 
Hildesheim  von  der  Versuchsstation  untersuchen 
lassen  und  die  Untersuchung  ergab,  daaa  die 
Abfälle 

50*/»  Wasser, 
22,1%  Kalk 

enthielten,  ausserdem  waren  Mengen  Eisenoxydul 
darin  cuthalten.  Die  Annahme,  dass  jene  Abfalle 
50°/»  Wasser  enthalten,  trifft  jedoch  nur  tu,  wenn 
dieselben  einige  Zeit  der  Luft  ausgesetzt  gelegen 
haben;  werden  sie  frisch  abgefahren,  in  dem  Zu- 
stande, wie  sie  aus  der  Fabrik  in  den  Hof  gekarrt 
werden,  so  ist  der  Wassergehalt  ein  bedeutend 
grösserer. 

Ferner  ist  es  notwendig,  die  Masse  längere 
Zeit  der  Luft  auszusetzen,  damit  die  Nachteile, 
welche  da*  Eisenoxydul  für  die  Pllauze  hat,  be- 
seitigt werden.  Man  muss  also  entweder  die 
Kalkahfällc  in  langen  Bänken  an  den  Wegen  ent- 
lang abladen  und  danu,  wenn  sie  ausgetrocknet 
sind,  wieder  aufluden,  auf  den  Acker  fahren  und 
gleich  hinter  den  Wagen  streuen  lassen,  oder  man 
fährt  sie  bei  Frostwetter  direkt  auf  das  Land  und 
lässt  sie  gleich  hinter  den  Wagen  streuen  und  so 
den  Winter  hindurch  liegen. 

Es  nnus  euUchiedeu  davor  gewarnt  werden, 
die  Abfälle  in  Haufen,  klein  oder  gross,  auf  dem 
Acker  liegen  zu  lassen,  da  auf  solcher  Lagerstelle 
jahrelang  nicht«,  selbst  kein  Unkraut  wachst. 
Streut  man  jedoch  die  Abfülle  sofort  und  lässt 
dieselben  längere  Zeit  gestreut  liegen,  so  sind  die 
mit  jenen  Abfallen  erzielten  Erfolge  sehr  zufrie- 
denstellend. 

Früher  bezahlte  ich  für  jedes  Fuder  M.  1,50 
uud  es  enthielt  ein  solches  Fuder  mindestens  50  Ctr., 
mithin  im  Durchschnitt  etwa  10  Ctr.  trockenen 
Kalk.  Ferner  verwandte  ich  pro  Hannoverschen 
Morgen  26  Ar  3';i  Fuder  Abfälle,  mithin  be- 
trug die  Kälkung  etwa  35  Ctr.  Kalk  pro  Morgen. 

Ich  habe  nun  jene  Abfälle  vorzugsweise  direkt 
zu  Zuckerrüben  verwandt,  welche  ich  hier  in 
dritter  Uaile  baue.  Die  Flächen  werden  hierzu 
im  Herbst  meistens  mit  dem  Dampfpfluge  auf 
13  Zoll  —  35  cm  Tiefe  gepflügt,  und  habe  ich 
diese  Aecker  danu  im  Winter  mit  jenen  Abfällen 


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E.  KIKCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  269 


überfahren  lassen,  oder  wenn  dies  wegen  Schnee 
und  Thauwetter  nicht  ausführbar  war,  so  wurde 
der  Kalk  vor  der  Bestellung  von  den  Lager- 
stellen auf  das  Land  gefahren  und  dann  flach 
unterpflügt ;  nur  wenn  der  Kalk  zu  klumpig  war, 
liess  ich  vor  dem  Unterpflügen  das  Land  über- 
wallen. 

Dasa  Kalk  den  Früchten,  namentlich  der 
Zuckerrübe,  sehr  zusagt,  ist  eiue  bekannte  Sache 
und  doss  ich  durch  dio  Wertheimer  Kalkabfälle 
meine  Krnteerträgnisse  sehr  gesteigert  habe,  steht 
fest,  Pasa  starkes  Kalken  viel  Geld  und  Mühe 
kostet,  lässt  sich  nicht  leugnen,  bei  den  Weit- 
heimer  Kalkabfällcn  spart  man  aber,  da  die  Ab- 
fälle wenigor  kosten  als  frischer  Kalk. 

Ohr  bei  Hameln  a.  W.,  15.  Mai  1891. 

Landschaftsrat  Freiherr  von  Hake. 

Herr  Gutsbesitzer  und  Ma.sehinenfabri- 
kant  E.  Nacke  in  Kotitz  hat  laut  vor- 
liegendem Zeugnis  vom  7.  Mai  1894  leich- 
ten Sandboden,  der  nur  Kiefernbusch  trug, 
durch  reichliches  Ueberfahren  (Vi  m  hohe 
Schicht)  mit  Kalkschlamm  und  Uuterpflügen 
desselben  zur  Anpflanzung  von  birken, 
Erlen,  Eichen,  Linden,  Ahorn  u.  a.  Laub- 
hölzern sehr  geeignet  gemacht.  Kerner 
hat  er  einen  ganz  leichten  Sandboden 
durch  Ueberdecken  mit  1U  m  hober  Kalk- 
abfallschicht,  reichlicher  Düngung  und  tiefer 
DurchpSügung  zu  reichen  Erträgnissen  an 
Korn  und  Kartoffeln  gebracht.  Endlich  ge- 
lang es  ihm,  den  gleichen  Boden  bei  glei- 
cher Kalkzugabe  und  Rigalen  auf  1  m  Tiele 
zu  Obst-  und  Weinzucht  sehr  geeignet  zu 
machen,  wobei  bemerkt  wurde,  dass  die 
Baume  und  Reben  infolge  des  Kalkzusatzes 
frei  von  Krankheiten  blieben. 

Fr.Evere,  Rittergut  Windhausen  b.  Cassel 
schreibt  20.  August  1894: 

Ich  kanu  Ihnen  über  den  Kalkschlamm  von 
der  Papierfabrik  Niederkaufungen,  den  ich  schon 
•eit  längeren  Jahren  versuchsweise  zum  Düngen 
sämtlicher  Fcldfrüchte  benutzte,  nur  günstige 
Resultate  berichten,  er  hat  überall  in  die  Augen 
fallende  Wirkung  getban.  Im  vorigen  Jahre  kalkte 
ich  tun  vor  längereren  Jahren  urbar  gemachtes 
Stück  Waldboden  und  habe  eine  vorzügliche 
Roggenernte  darauf  gemacht,  wo  sonst  nur  selten 
etwas  anderes  als  Unkraut  wuchs;  auch  in  diesem 
Jahre  sieht  man  auf  weite  Entfernung  dio  Wir- 
kung des  Kalkes  auf  einem  ebenfalls  vor  5  Jahren 
urbar  gemachten  Stück  Waldbodcn  bei  Hafer  und 
eiogeaäctem  Klee;  es  konnte  damals  ein  schmaler 
Streifen  nicht  gekalkt  werden;  auf  demselben 
«eht  Hafer  und  Kleo  so  dürftig,  als  wenn  er 


krank  »ei,  während  der  danelwnstcbendc  bedeu- 
tend höher  und  kräftiger  ist,  Im  letzten  Winter 
halkte  ich  ca.  50  Morgen  zu  Kunkeln  und  Bohnen, 
letztere  erhielten  nur  Kalk,  das  Stück  war  vor 
6  Jahren  zuletzt  gedüngt,  beides  steht  vorzüglich, 
ich  habe  in  diesem  Jabro  nichts  Besseres  gesehen. 
Ich  fahre  auf  den  Morgen  4  Fuder  uassen  Kalk, 
den  ich  pro  Fuder  mit  20  Ctr.  trockenen  Kalk 
berechnen  kann. 

Ich  habe  jedes  Jahr  gegen  800  Fuder  Kalk 
geholt;  zu  meinem  Nachteil  sind  auch  meine 
Nachbarn  auf  die  Wirkung  aufmerksam  geworden 
und  fahreu  jetzt  auch  fleissig  Kalk,  sodass  der 
grosse  Vorrat  bald  verbraucht  ist  und  wir  ihn 
später  bezahlen  müssen.  Hochachtungsvoll 

Fr.  Kver». 

Weitere  anerkennende  Zeugnisse  über 
nennenswert  höhere  Weizen-,  Hafer-, 
Futterrüben-,  Zuckerrüben-,  Klee-  und 
Wiesenheu-Erträgnisse  bei  Zurückdrängen 
des  Unkrautes  der  Felder  und  Moos  der 
Wiesen  durch  Kalken  der  Aecker  und 
(irasplätze  mit  Abfallkalk  der  ZellstolT- 
fabriken  lagen  von  hervorragenden  Land- 
wirten Sachsens,  der  Lausitz  und  Schlesiens 
schon  vor  8  Jahren  vor,  so  dass  man  an- 
nehmen könnte,  die  Kalamität  der  Kalk- 
schlammrückstände mössle  längst  beseitigt 
sein. 

Es  waren  aber  zwei  Umstände,  die  trotz 
der  von  vielen  Seiten  bestätigten  guten 
Wirkungen  das  Vorurteil  vieler  Landwirte 
siärkte :  Der  hohe  Wassergehalt  des  Schlam- 
mes und  die  Schwierigkeit  der  gleichmässi- 
gen  Verteilung  auf  den  Aeckern.  Ersterer 
Uebelstand  brachte  hohe  Transportkosten 
und  die  Unmöglichkeit  der  vorteilhaften 
Verwendung  an  von  den  Fabriken  ent- 
fernten Stellen ;  der  zweite  Uebelstand  ver- 
ursachte eine  nicht  gleichmässige  Ver- 
teilung über  die  zu  düngenden  Boden- 
flächen, was  nalurgemäss  Nachteile  mit  sich 
bringt;  übrigens  verhält  sich  der  Kalk- 
schlaram  der  HolzzellstofTfabrikation  gün- 
stiger ,  als  der  der  Slrohslofftabrikation, 
da  die  gelatinösen  Silicate  der  Strohstoff- 
abiaugen der  Austrocknung  sehr  hindernd 
in  den  Weg  treten. 

Durch  Nulschfüteranwendung  ist  der 
hohe  Wassergehalt  freilich  etwas  herunter- 
zubringen, aber  eine  Streubarkeit  der  Ab- 
fälle wird  nicht  erreicht ;  ja  der  scheinbar 


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270 


E.  KIRCHNEK.   DAS  PAPIER.  III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


trockene  Schlamm  (25 '/o  Trockengehalt) 
nimmt  beim  Rütteln  wieder  eine  breiige 
Beschaffenheit  an,  wodurch  der  Transport 
sehr  erschwert  wird. 

Der  Direktion  der  Vereinigten  Stroh- 
stofTfabriken  zu  Coswig  in  Sachsen  gelang 
es  in  den  90er  Jahren,  den  Kalkschlamm 
chemisch  zu  verarbeiten  und  in  Pulverform 
den  Landwirten  zur  Verfügung  zu  stellen. 
Ein  mir  vorliegendes  Gutachten  der  Agric- 
chem  Versuchs-Station  Halle  a.  S.  gibt  1895 
zwei  Analysen 

Marke  A       Marko  K 
Feuchtigkeit  21,H2«V«  19;804/. 

Kohlensäure  11,22  „         10,64  „ 

Kalk  44,:*  „        48,83  n 

Schwefelsäure  an  Kalk  ge- 
bunden 0,57  n  0,94  „ 
Chlor                                0,14  „  0,14  „ 
Unlösliches                         8,95  „  4,42  „ 
und  sagt  dazu: 

Der  ursprüngliche  Kalkschlamni  der  Stroh- 
«tofffabriken  ist  für  die  Landwirtschaft  deshalb 
von  minderem  Werte,  weil  er  ausserordentlich 
wasserreich  ist.  Die  von  Ihnen  unterm  7  d.  M. 
eingesandte  Probe  enthielt  dementsprechend  57.04 
Prozent  Feuchtigkeit.  Der  feuchte  Schlamm  Hess 
sich  infolge  seiner  mechanischen  Beschaffenheit 
sohlecht  ausstreuen  und  war  ungleiehmässig  zu 
verteilen,  so  dass  er  infolgedessen  auch  keine 
glcichmässig  gute  Wirkung  ausüben  konnte. 

Durch  das  Trocknen  ist  diesem  Uebclstande, 
wenn  in  den  von  Ihnen  in  der  grossen  Praxis 
gelieferten  Proben  kein  höherer  Wassergehalt 
herrsch»,  abgeholfen  und  das  übersandte  Material 
lilsst  an  Feinheit  nichts  zu  wünschen  übrig,  so 
dass  eB  vollkommen  gleichmässig  verteilt  werden 
kann  und  gut  zur  Wirkung  kommen  muss.  Ks  ent- 
hält 44,:  15 -48,83  Prozent  Kalk  in  sehr  fein  verteilter 
Form  und  erscheint  deshalb  wohl  geeignet,  der 
Kalkarmut  kalkbedürftiger  Bodeuarten  abzuhelfen. 
Schädliche  Verbindungen  befinden  sich  in  dem- 
selben nicht,  denn  der  Gehalt  von  0,14  Prozent 
Chlor,  welcher  sowohl  in  Marke  A,  wie  Marke  F 
festgestellt  wurde,  ist  so  unbedeutend,  dass  der- 
selbe nicht  in  Frage  kommen  kann,  so  dass  beide 
Proben  -A  wie  F  als  frei  von  schädlichen  Be- 
standteilen bezeichnet  werden  können  und  wie 
gesagt  zur  Kalkdüngung  wohl  geeignet  sind. 

Dieses  Gutachten  besagt  also  deutlich, 
welche  Wege  zur  Verwertung  des  früher 
so  lästigen  Kalkschlammes  einzuschlagen 
sind. 

Es  wird  die  Aufgabe  der  Natronzellstoff- 
fabrikanten sein,  ihre  Abfälle  in  die  dem 


I  Landwirte  handliche  Form  zu  bringen,  die 
Abnehmer  aufzusuchen  und  ihnen  die  Vor- 
teile der  Kalkdüngung  immer  von  neuem 
klar  zu  machen. 

Versuche,  den  Schlamm  zu  trocknen 
und  zu  brennen,  um  ihn  wieder  als  Aetz- 
kalk  nutzbar  zu  machen,  sind  bisher  ge- 
scheitert. Es  würde  sich  aber  für  grössere 
Fabriken  gewiss  lohnen,  den  Schlamm  in 
rotirenden  Oefen,  wie  sie  jetzt  in  der 
Cementfabrikation  zu  gleichem  Zwecke  an- 
gewendet werden,  zu  regeneriren.  Man 
könnte  den  Drehofen  hinter  den  Soda- 
wiedergewinnungsöfen anbringen  und  auf 
diese  Weise  die  abziehende  Hitze  der 
Sodaöfen  verwerten,  zugleich  aber  auch 
das  im  Schlamme  zurückgebliebene  Alkali 
und  die  durch  die  Feuerungsgase  der  Oefen 
mit  fortgerissenen  Alkalien  zum  grossen 
Teile  festhalten;  der  Kalkschlamm  würde 
so  in  eine  Form  gebracht,  der  ihn  für  den 
Landwirt  als  Düngekalk  sehr  wertvoll 
macht.  Er  Hesse  sich  leicht  transportiren, 
und  würde  wegen  seiner  ausserordentlichen 
Feinheit  vom  Boden  leicht  aufgenommen 
werden.  Die  geringen  Mengen  Natronsalze 
würden  ja  den  Pflanzen  bis  zu  einem  ge- 
wissen Grade  als  Ersatz  für  Kali  zu  gute 
kommen  und  nützen.  Nebenbei  sind  im 
Schlamm  auch  etwas  Kali  und  Phosphor- 
säure enthalten. 

Einige  Fabrikanten  haben  den  Schlamm 
mit  Kalisalzen  verschnitten  und  guten  Ab- 
satz erzielt. 

Eine  weitere  Verwendung  findet  der 
Kalkschlamm  als  Zuschlag  bei  Hochofen- 
schmelzprozessen. Die  Kgl.  Muldener  Hütte 
in  Sachsen  nimmt  beispielsweise  der 
Strohstofffabrik  Weissenborn  sämtlichen 
Schlamm,  welcher  sich  bei  der  FabrikaÜon 
ergibt,  ab. 

Auch  für  die  Glasfabrikation  eignet  sich 
der  Schlamm.  Bei  günstiger  Lage  der 
Zellstoff-  und  Glasfabriken  zu  einander  ist 
für  gut  ausgetrocknetes  Material  ein  wei- 
terer Absatz  gesichert. 

Nach  dieser  Abschweifung  über  die  Ver- 
wertung der  lästigen  Kalkrückstände  sei  zu- 
nächst nachfolgend  eine  ältere  Anlage  für 
Laugenherstellung  beschrieben,   wie  sie 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


271 


1875  der  Verfasser  in  Altdamm  b.  Stettin 
im  Betriebe  hatte.  Sie  bietet  nocb  die 
Grandverhältnisse  der  vom  Engländer  Lee 
geschaffenen  Anlagen,  wurde  aber  von 
den  deutschen  Fabrikdirektoren  in  einigen 
Details  verbessert. 

Laugenbereitung  der  Natron- Hol zzellstoff- 
fabrik  Alt-Damm  b.  Stettin  (1875). 

Die  Leistung  mit  dieser  Anlage  ist  S.  263 
rechte  Spalte  und  264  linke  */s  Spalte  ange- 
geben. Bei  forcirtem  Betriebe  kann  man  auf 
i  Füllungen  oder  Abkochungen  mit  den  zwei 
Kaustizirern  oder  Mischern  in  24  Stunden 
rechnen ;  man  gewinnt  dabei  60,000 1  Koch- 
lauge  von  etwa  10°  Be  Stärke,  abgesehen 
von  den  Schwachlaugen,  die  nur  einen 
Kreislauf  beschreiben,  indem  sie  für  An- 
setzen der  ersten,  in  etwas  auch  der  zwei- 
ten Abkochung  dienen.  Die  60000 1  Koch- 
lauge reichten  für  5  Kochen  in  24  Stunden 
oder  lür  etwa  4000  kg  tr.  ged.  Kiefern- 
Holzzellstofl  aus. 

Fig.  103  S.  272  oberes  Bild  gibt  einen 
Aafriss,  Fig.  104  S.  272  unteres  Bild  den 
ürundriss,  Fig.  105  S.  273  den  Seitenschnitt 
der  Anlage  in  Vit&  der  wirklichen  Grösse. 

Die  Dimensionen  der  Gefässe  bind  fol- 
gende : 

Die  cylindrischen,  oben  offenen  Misch- 
gefässe  A  3150  mm  Dm.,  1900  mm  hoch, 

Schmiedeisen-Starklaugebassin  Li 
fiOOOmmlg.,  3000  mm  brt.,  1625  mm  hoch, 

Cement-Schwachlaugebassin  Lt 
6000  mm  Ig.,  2500  mm  brt.,  1500  mm  hoch, 

zwei  Waschkästen  in  Cement  W 
a  3000  mm  lg.,  3000  mm  brt.,  950  mm  hoch, 

ein  Abtropf kästen  in  Holz  T 
3150mm  lg.,  1500mm  brt.,  450  mm  hoch, 
1800  600 

Die  Anlage  brauchte  einen  Raum  von 
14  m  Breite,  8  m  Tiefe  und  6  m  Höhe  excl. 
der  Transmission,  welche  auf  dem  Dach- 
gebälk montirt  war. 

Die  zwei  Mischer  Ai  und  Az  ruhten 
auf  je  4  Holzträgern,  welche  von  der  Mauer 
einerseits  und  von  einem  starken  Unterzug 
aus  Holz  andererseits  unterstützt  waren. 
Der  Unterzug  war  von  der  Seitenmauer 
uod  4  Holzsäulen  getragen;  letztere  fanden 


ihren  Stützpunkt  auf  der  Cementlängsmauer 
des  Schwachlaugebassin. 

Die  Mischer  besitzen  je  ein  Rührwerk 
mit  3  einfachen  schmiedeeisernen  Rühr- 
armen, welchen  mit  Riemen  und  Kegel- 
rädern 20-30  Umdrehungen  pro  Minute 
erteilt  werden  können.  Die  übrige  Arma- 
tur jedes  Mischers  besteht  aus  einem 
Dampfzufuhrrohr  mit  den  Ventilen  Ct,  einer 
kombinirten  Frischwasser-  und  Dünnlaugen  - 
Zuleitung  mit  Schnabelbähnen  Ci,  je  einer 
Einlegrohrvorrichtung  mit  Filterkopf  F, 
Waschventilen  X  und  Schlammventilen  Y. 

Die  Anschlussrohre  von  Y  münden  in 

» 

einen  Verteilungskasten  V.  Durch  Um- 
stecken entsprechender  Schieber  in  diesem 
Verteilungskasten  kann  der  gewaschene 
Schlamm  nach  Belieben  von  jedem  der 
Mischer  in  einen  der  Kasten  Wi  und  Wt 
abgelassen  werden. 

Die  sich  in  den  Waschkästen  W  oben 
absetzende  dünne  Lauge  wird  mit  Hand- 
schöpfern in  den  Abtroplkaslen  T  überge- 
schöpft. Der  innere  Boden  und  die  innere 
Seitenwand  dieses  Kastens  ist  durchlöchert 
und  mit  Cocosmatte  belegt,  so  dass  die 
sich  vom  Kalksatz  sondernde  Flüssigkeit 
ziemlich  klar  unter  dem  falschen  Boden 
ansammelt  und  durch  einen  Kanal  K  in 
der  Zwischenwand  J  der  Kästen  W  in  das 
Dünnlaugebassin  L»  überfliegst. 

Der  in  den  Kästen  W  und  dem  Kasten 
T  verbleibende  dicke  Satz  wird  direkt  in 
einen  bereit  stehenden  Kastenwagen,  oder 
auf  das  Pflaster  geschaufelt  und  auf  den 
Kalkplatz  abgefahren. 

Wie  aus  den  Figuren  ersichtlich,  sind 
die  Mischer  mit  einer  Bühne  B.  umgeben, 
zu  der  eine  Treppe  S  (im  Grundriss  irr- 
tümlicherweise mit  C  bezeichnet)  führt. 

Sodaasche  in  kaltem  Zustande  und  in 
bestimmtem  Gewicht  wird  mit  einer  losen 
Holle  oder  einem  Flascbenzug  H  Fig.  105 
in  Kästen  auf  die  Bühne  B  gehoben,  in 
Dünnlauge  oder  Wasser,  welche  durch  ein- 
geleiteten Dampf  nach  und  nach  im  Mischer 
erwärmt  werden,  mit  der  Schaufel  einge- 
tragen. Gute  durchgebrannte  Sodaasche 
löst  sich  hier  vollständig  auf.  Mit  dem 
Kalk,  lalls  er  steinfrei  ist  (wie  der  Rüders- 


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273 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


-r- 


■x.  .... :  t\  e, 


;.X  ■     "V"'-  ,   .Sf- -*-.>in:... 


Fig.  103  Aufriss,  Flg.  104  Grundrlss  einer  älteren 


dorrer,  der  uns  in  Alt-Damm  zur  Ver- 
fügung stand)  wird  ebenso  verfahren ;  der- 
selbe löscht  sich  tadellos  ab,  es  bildet  sich 
bei  2— 3stund.  Kochen  körniger  kohlen- 
saurer Kalk  und  eine  Lösung  von  Aetz- 
nalron.  Man  unterbricht  die  Zuführung 
des  Dampfes,  stellt  das  Rührwerk  still  und 
lässt  absitzen.  Bald  zeigt  sich  die  obere 
Schicht  der  Lauge  klar  und  man  beginnt 
sofort  mittels  des  Einlegerohrs  F,  welchss 
einen  mit  feinem  Sieb  bespannten  Filter- 


trichter hat,  das  Abßltriren  der  Kochlauge 
aus  dem  betr.  Mischer.  Durch  tiefer  und 
tiefer  Einsenken  des  Trichters  wird  die 
Kochlauge  bis  auf  den  Kalkschlamm  nach 
und  nach  abgelassen. 

Die  zweite  Abkochung  wird  mit  etwas 
Dünnlauge  und  Wasser,  die  dritte  Abkoch- 
ung nur  mit  reinem  Fabrikationswasser 
vorgenommen;  jedesmal  wird  aufgekocht 
und  wird  soviel  von  der  zweiten  Kochung 
nach  Li  abgelassen,  dass  man  auf  eine 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


273 


Diese  Einrich- 
tungen erwiesen 
sich  ausreichend 

i  •        ^e*  °*>en  K88^* 
ler  Produktion, 

wenn  der  Kalk 
die  für  schnelles 
Klären  nötigen 

Eigenschaften 
besass,  und  wenn 
die  Soda  nicht 
allzuviel  Kohle 
enthielt  Zu  be- 
klagen blieb 
immer  ein  hoher 

Sodaverlust 
wegen  unvoll- 


Flg.  105 


Durchschnittsstärke  von  etwa  10° Be  kommt, 
die  übrigen  dünnen  Laugen  werden  durch 
entsprechendes  Umstellen  der  Hähne  U 
nach  dem  Schwachlaugebassin  Li  abge- 
lassen und  kommen  für  spätere  erste  und 
zweite  Abkochungen  wieder  in  Umlauf. 

Zur  Bedienung  der  Anlage  ist  die  Cen- 
trifugalpumpe  P  mit  120— 130  Durchmesser 
Saug-  und  Druckrohren  notwendig.  Sie 
kann  mittels  Saugeleitungen  und  Dreiwege- 
hahn D  Kochlauge  aus  Li,  oder  Schwach- 
lauge aus  Lt  entnehmen.  Bei  Oeffnen  des 
Ventils  M  und  Schliessen  des  Hahnes  0 
wird  Kochlauge  nach  den  Kochern  beför- 
dert Wird  D  um  180°  gedreht,  M  ge- 
schlossen, O  und  einer  von  den  Hähnen 
Ci  geöffnet,  so  wird  Schwachlauge  von 
Lt  nach  einem  der  Mischer  gepumpt.  Frisch- 
wasser in  die  Mischer  erhält  man  nach 
Schliessen  von  0  und  Oeffnen  des  Ventils 
N  und  eines  Hahnes  Ci. 

Q  ist  die  Antriebstransmission  für  die 
Ruhrer  und  die  Pumpe.  Z  Fig.  103,  S.  272 
ist  ein  Abflusskanal,  der  in  Funktion  tritt, 
wenn  man  die  durch  Ventile  gut  abge- 
dichteten Bassins  Li  und  Lt  reinigen  will. 
Für  diesen  Fall  werden  die  Ventilkegel  der 
Bassins  natürlich  entfernt  und  nach  erfolg- 
ter Reinigung  wieder  bestens  abgedichtet, 
event  fest  und  dicht  verschraubt 


,e.  Waschung  des 

Kalkes.  Bei 
schlecht  und  langsam  absetzendem  Kalk 
und  ungenügend  ausgebrannter,  also  viel 
Kohle  enthaltender,  wiedergewonnener  Soda 
hatte  es  seine  Schwierigkeiten,  die  nötige 
Menge  Lauge  klar  und  blank  fertig  zu 
bringen,  auch  gab  es  Kalk'  und  Kohlen- 
stippchen  im  Stoff.  Der  Sodaverlust  stieg 
bedeutend. 

Verfasser  wählte  später  bei  im  Prinzip 
den  vorstehenden  gleichen  Einrichtungen 
höhere,  im  Durchmesser  etwas  kleinere 
Mischgefässe,  und  schaltete  einen  Kiesfilter 
ein,  wodurch  ein  verhältnismässig  besseres 
Klären  der  Laugen  und  eine  Vermeidung 
der  Verunreinigung  des  Stoffes  durch  Kalk- 
und  Kohlenstippchen  erreicht  wurde. 

In  einer  anderen  vom  Verfasser  in  den 
1880er  Jahren  umgebauten  Natron-Zell  stoff- 
fabrik  hat  sich  ein  Shank'sches  Auslauge- 
kastensystem ähnlich  dem  in  diesem  Ab- 
schnitt S.  185/88  (für  Auslaugen  von  Zell- 
stoff) erklärten  sehr  gut  bewährt.  Man 
erreichte  durch  Einschiebung  dieser  Ein- 
richtung, dass  man  eine  starke,  klare, 
bräunlichgelb  gefärbte  Sodarohlauge  erhielt, 
die  mit  Kalk  kaustizirt  sich  schnell  und 
tadellos  klärte.  Der  in  den  Shank'schen 
Kästen  verbliebene  kleine  Rest  bestand 
Kohle  und  unlöslichen  Rückständen. 

e.  Bogen  1902. 


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274 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  R.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Kirchners  Kiesfilter. 

Ein  aus  Blech  und  Winkeleisen  ge- 
bauter Kasten  G,  Fig.  106  im  Längsschnitt, 
Fig.  107  im  Grundriss  dargestellt,  war  mit 
Winkeleisenträgern  und  durchlochtem  Blech 
B  als  Zwischenboden  ausgestattet.  In  die- 
sem Kasten  wurden  eine  Schicht  groben 
Kieses  Ki,  eine  Schicht  mittelgroben  Kieses 
Kt  und  eine  starke  Schicht  feinen  Kieses 
K*  gleichmässig  ausgebreitet.  Die  obere 
Schicht  wurde  mit  einer  grossen  Siebplatte  P 
bedeckt  Bei  Filtriren  der  aus  A  niessen- 
den Rohlauge  wurden  Kalk-  und  Kohlen- 
reste von  den  Kiesschichten  zurückgebalten 


Flg.  IC6/7.   Kirchners  Kiesfilter. 


und  bei  Z  floss  die  Lauge  blank,  d.  h- 
vollständig  klar  in  das  Laugenvorrats- 
bassin ab. 

Der  Laugefilter  war  zwischen  den  Misch- 
gefässen  Ai  und  At  Fig.  103  und  dem 
Bassin  Li  eingeschaltet. 

Aehnliche  Filter  für  Frischlauge  sind  in 
zeitgeraäss  eingerichteten  Natron-Zellstoff- 
fabriken  jetzt  wohl  überall  eingeführt.  Die- 
selben sind  dann  vielfach  als  einfache 
längliche,  oben  offene  Kästen  mit  einer 


Schicht  groben  Kieses  und  einer  dicken 
Schicht  Sägemehl  ausgestattet. 

Kirchner  rechnete  Tür  Herstellung  von 
60  qm  Kochlauge  in  24  Stunden  eine  Filter- 
fläche von  etwa  2Vi  m  Länge,  1,6  m  Breite, 
also  für  den  qm  Kiesfilterfläche  15  cbm 
Laugensäuberung  in  24  Stunden. 

Nach  anderer  Angabe  rechnet  man  bei 
den  Sägemehlfiltern  auf  1  qm  Filterfläche 
20  cbm  Lauge  in  24  Stunden. 

Die  nach  unten  hin  verjüngte  Konstruk- 
tion Kirchners  hat  den  Vorteil,  dass  infolge 
dieser  Anordnung  ein  Abreissen  der  Filter- 
schichten an  den  Gefässwänden  vermieden 
wird,  während  es  bei  der  senkrechten 
Konstruktion  der  Wände  vorkommen  kann, 
dass  an  den  letzteren  sich  leere  Gänge 
bilden,  wo  unfiltrirte  Lauge  nach  unten 
zum  Abfluss  kommt. 

Bei  Anwendung  von  Sägemehl  tritt  die- 
ser Uebehtand  weniger  auf,  jedoch  sind 
auch  hier  schräge  Wände  vorzuziehen. 

Neuere  Laugenbereitungsanlage. 

E.  Paschke&Co.,  Freiberg  i.  Sachsen. 

Genannte  Firma  hat  die  Laugenberei- 
tungsanlage der  Strohstoflfabrik  in  Weissen- 
born im  Jahre  1891  mit  Saugfiltern  ausge- 
führt und  ppäter  weitere  Anlagen  gebaut, 
mit  denen  man  recht  zufrieden  ist. 

Fig.  108  zeigt  den  Querschnitt,  Fig.  109 
den  Längsschnitt,  Fig.  110  den  Grundriss 
einer  solchen  Anlage  in  Vmo  der  wirklichen 
Grösse. 

Es  bedeuten  a  den  Aufzug  für  Soda 
und  Kalk,  b  Reservoir  für  die  DUnnlauge, 
c  die  zwei  Kaustizierapparate  mit  Rühr- 
werk etc.,  d  die  Schlammfilter,  e  Reservoir 
für  warmes  Wasser,  f  Vacuum-Kessel  oder 
Rezipienten.  g  Vacuum-Pumpen  und  h  Lau- 
genpumpe, welche  dazu  dient,  die  starken 
Laugen  nach  einem  nicht  mitgezeichneten 
Starklaugen-Reservoir  zu  befördern,  wel- 
ches über  dem  Kocherraum  aufgestellt  ist. 

Fig.  III  u.  112  S.  276  stellen  in  '/so  der 
wirklichen  Grösse  im  Aufriss  (links  Schnitt, 
rechts  Ansicht)  und  Grundriss  die  Kaust  i- 
zirapparate  dar. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF.  275 


i — ■ — ■ — »-n 

,  —  — , 

I 


Fig  10810.  Paschke's  Laigenbereitung. 

Die  vertikal  angeordneten  üefässe  c 
Fig.  108/10  haben  2,3  m  Durchm.,  4  m 
Höbe;  über  beide  Gefässe  binweg  liegen 
zwei  7  Träger  t  (s.  Fig.  111/12,  Seite  276), 
zwischen  welchen  die  Halslager  h  der 
stehenden  Höhrwellen  w  angebracht  und 
auf  denen  die  Vorgelege  welle  v  mit  Lagern, 
Riemenscheiben  und  aus-  u.  einrückbaren 
Kegelrädern  r  montirt  sind. 

Jede  der  stehenden  Wellen  hat  oben 


einen  ringförmig  gebauten  Kasten  a,  dessen 
Seitenwände  und  Boden  von  grobgelochten 
Blechen  gebildet  werden;  weiter  unten  sind 
6  diametrale  Rührarme  b  aufgekeilt,  auf 
dem  Boden  der  Gefässe  ist  ein  Fuss- 
lager 1  für  die  Rührwelle  festgeschraubt. 

In  der  unteren  Hälfte  des  Gefässes  ist 
noch  ein  neben  der  Welle  w  vorbeilau- 
fendes, gelochtes  Querrohr  c  zum  Ein- 
führen des  Kochdampfes  angebracht. 

Bei  dem  Laugekochen  wird  eines  der 
Gefässe  G  (Fig.  111)  so  weit  mit  Schwach- 
lauge aus  Gefäss  b  (Fig.  108)  gefüllt,  dass 
das  Ringgefäss  a  (Fig.  111)  in  die  Flüssig- 
keit eintaucht.  Man  setzt  das  Rührwerk 
w  in  Bewegung  und  füllt  in  das  Ringgefäss, 
unter  mässiger  Anwärmung  der  Lauge 
mittels  Dampf  wiedergewonnene  Asche, 
den  Zusatz  an  frischer  Soda  und  den  Kalk 
in  den  nötigen  Gewichtsverhältnissen  zu. 
Es  findet  eine  tadellose  Autlösung  und  all- 
mähliche Kaustizirung  statt.  Etwaige  Steine 
und  zu  hart  gebrannte  Kalkreste  bleiben 
in  dem  Ringgefäss  zurück  und  werden 
später  entfernt.  Nach  vollendeter  Kausti- 
zirung wird  das  Rührwerk  abgestellt  und 
die  Lauge  sich  selbst  überlassen,  bis  sie 
vollständig  geklärt  ist. 

Weissenborn  heberte  die  klare  Lauge 
mittels  eines  Kipprohres  (ähnlich  Fig.  103 


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276 


E.  KIRCHNER,   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Flg.  111/12.  Pauhke's 


F  S.  271)  ab  und  Hess  sie  durch  ein  Kies- 
Sägespanfilter  laufen. 

Hier  wird  die  klare  Kochlauge  durch  eine 
Saug-  und  Druckpumpe  h  (Fig.  110)  erst 
vom  höher  gelegenen  Stutzen  d  (Fig.  III), 
und,  wenn  noch  weiter  klar  geworden,  vom 
untern  d  (Fig.  111)  abgesaugt  und  in  das 
Vorratsbassin  über  den  Kochern  geschafft. 

Eine  praktische  Paschke'sche  Konstruk- 
tion dieser  einfach  wirkenden  Saug-  und 
Druckpumpe  150  mm  Durchm.  Plunger, 
250  mm  Hub  mit  gusseisernen  Kugel- 
ventilen, sowie  Saug-  u.  Druckwindkesseln 
ist  Fig.  113  in  einem  Seitenschnitt  '/m  na- 
türlicher Grösse  dargestellt. 

Man  kann  mit  Schwachlauge  aus  dem 
Reservoir  b  (Fig.  108)  eine  zweite  Ab- 
kochung des  Kalksatzes  bewirken  und  die 
gewonnene  zweite  Kochlauge  durch  die 
Pumpe  h  (Fig.  110)  ebenfalls  in  das  Vor- 
ratsbassin für  Kochlauge  bei  den  Kochern 
Überführen. 


Fig.  H3. 


Der  zurückbleibende  Schlamm  wird 
durch  das  Ablassventil  e  (Fig.  III  u.  112) 
in  einen  der  Nutschfilter  d  (Fig.  109  u.  110) 
abgelassen  und  zuerst  die  starke  Lauge 
abgesaugt,  welche  direkt  in  das  Vorrats- 
bassin für  die  starke  Kochlauge  kommt; 
hierauf  wird  Warmwasser  aus  e  (Fig.  108) 
auf  den  Schlamm  gegeben  und  dieser  da- 
durch ausgesüsst ;  die  entstehenden 
schwachen  Laugen  werden  durch  eine  der 
Pumpen  h  nach  dem  Schwachlaugenbassin 
b  befördert. 

Die  Filter  d  (ür  die  Anlage  Fig.  108/10 
haben  2,3  m  Durchm.  Die  Konstruktion 
des  Paschke  -  Filters  mit  Absaugung  ist 
durch  Fig.  114  im  Schnitt,  Fig.  115  (in  um 
90*  gedrehter  Stellung)  im  Aufriss  dar- 
gestellt. 

Das  flache  cylindrische  GefässA  (Fig.  114) 
mit  gewölbtem  Boden  ist  um  zwei  Zapfen 
drehbar.  Am  Zapfen  rechts  ist  ein 
Schneckenrad  1  (Fig.  115)  aufgekeilt. 


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E.  KIRCHNER   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


277 


der  eingreifenden  Schnecke  1,  Schnecken- 
welle nnd  Handkurbel  L  ist  das  auf  einem 
Gerüst  oder  auf  eisernen  Ständern  sicher 
montirte  Gefäss  A  drehbar. 

Der  Zapfen  links  ist  hohl  und  kann  der 
unter  dem  falschen  Boden  F  befindliche 
Raum  b  (Fig.  114)  durch  Rohrleitung  h 
und  Hahn  H  mit  einem  der  Recipienten 
(Vacuumraum)  f  (Fig.  108/10)  in  Verbindung 
gesetzt  werden.  Der  Hahn  K  am  gewölb- 
ten Boden  des  Filtergefässes  dient  für  Ab- 
lassen der  dünnen  Lauge  in  einen  Trichter 
mit  Rohranschluss  R.  Der  obere  Filter- 
raum a  dient  zur  Aufnahme  des  auszu- 
sössenden  Kalkschlammes.  Der  in  der 
unteren  Abteilung  b  durch  entsprechende 
Stützen  ffi  (Fig.  114)  und  Winkeleisen  ver- 


stärkte Filterboden  F  besteht  aus  kräftigem 
gelochtem  Blech  und  darüber  gespanntem 
Filtertuch  aus  Leinwand.  Bei  J  befindet 
sich  ein  Lufteinlasshahn.  S  ist  ein  Fang- 
blech, um  beim  Kippen  des  Gefässes  A  die 
Laugereste,  die  trotz  Oeffnung  des  Hahnes 
K  sich  etwa  noch  im  unteren  Raum  b 
befinden  sollten,  zurückzuhalten,  d.  h.  vor 
dem  Ablaufen  und  Vermischen  mit  dem 
Kalkschlamm  zu  schützen. 

Zur  Bedienung  der  Rezipienten  unserer 
Anlage  (Fig.  108/10)  dienen  zwei  Paschke- 
sche  Luftpumpen  g.  Dieselben  sind  S.  278 
Fig.  116  in  Vorderansicht,  Fig.  118  in  teil- 
weisem Schnitt  '/so  der  wirklichen  Grösse 
dargestellt, 


Fig.  114  Schnitt.  Fig.  115  Ansicht  (gekippt)  eines  Paaohke-Filtera. 


Diese  Luftpumpen  sind  doppeltwirkend, 
sie  haben  300  mm  Durchm.,  800  Hub  des 
Kolbens.  Bei  a  (Fig.  118)  tritt  die  aus 
den  Rezipienten  f  (Fig.  108/10)  mittels  Rohr- 
leitung angesaugte  Luft  in  den  dem  Pumpen- 
cylinder  angegossenen  Kanal  1,  resp.  durch 
die  Saugventile  s  in  den  Cylinder  C,  bei  b, 
durch  die  Druckventile  si  in  den  Kanal  h 
tretend,  ins  Freie. 

Die  Kanäle  und  der  Cylinder  werden 
durch  kaltes  Wasser,  welches  in  das  sie 
umgebende  Gefäss  G  unten  ein-  und  oben 
abgeführt  wird,  gekühlt. 

Nach  dem  bereits  oben  Gesagten  ist 
nur  noch  zum  Verständnis  der  Arbeitsweise 


mit  der  Anlage  zuzulügen,  dass  die  Luft- 
pumpen g  (Fig.  109  u.  110)  die  cylindrischen 
Rezipienten  f  von  1  m  Durchm.  und  9l/im 
Länge  unter  Vacuum  stellen,  so  dass  sie 
jeden  Augenblick  mittels  Rohrleitung  h 
(Fig.  114)  fähig  sind,  bei  Oeffnung  des 
Hahns  H  (Fig  114)  unterhalb  des  Filter- 
bodens F  des  Sauggefässes  A  Luftver- 
dünnung von  etwa  60  cm  Vacuum  unter 
der  Kalkschlammschicht  hervorzubringen 
und  dem  Schlamme  so  Lauge  und  aufge- 
lassenes Wasser  zu  entziehen. 

Die  abgesaugte  Flüssigkeit  sammelt  sich 
im  unteren  Räume  b.  Nach  vollständiger 
Absaugung  wird  der  Hahn  H  geschlossen, 


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278 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


8,75  Unlösliches 
7,04  ülühverlust. 
Rechnen  wir  auf  100  kg  Stroh- 
stoff 29  kg  Aetzkalkaufwenduog, 
so  entstehen  daraus  (nach  dem 
S.268  linke  Spalte  Mitte  Gesagten) 

29   100  =  52  kg  tr.ged. 


Flg.  116/18    PaschkC«  Hfl  pumpe. 

durch  Oeffnung  des  Hahnes  J  (Fig.  114) 
Luft  nach  b  eingelassen.  Oefinet  man  den 
Hahn  K,  so  geht  die  Dünnlauge  in  den 
Trichter,  resp.  das  Rohr  R  und  läuft  in 
ein  Sammelgefäss  oder  wie  hier  direkt  nach 
einer  der  Laugenpumpen  h  (Fig.  110  und 
Fig.  113)  ab,  welche  sie  in  das  Vorrats- 
bassin  b  (Fig.  108)  befördert. 

Auf  der  Oberfläche  des  Kalkschlammes 
bilden  sich  während  des  Nutschens  zahl- 
reiche Risse,  die  mit  einem  Streichbrett 
unter  Zuüuss  von  Wasser  zugestrichen 
werden  müssen,  da  sonst  an  diesen  Stellen 
die  Luft  eintritt  und  eine  ungleichmässige 
Auswaschung  des  Schlammes  erfolgt. 

Nach  einer  Analyse  der  Muldener 
Hütte,  Freiberg  enthielt  derartig  ausge- 
süsster  Schlamm  einer  Strohstofffabrik 
43  •'•  Feuchtigkeit 

Der  getrocknete  Schlamm  enthielt 
80,20  °/o  CaCOs 
3,07  °/o  Na*  CO» 
l,7ö°/o   Fe«0«  und  AltOs 


-55£ 

Schlamm,  der  also  3,07  . 0,52  « 
1,6  kg  kohlensaues  Natron  ent- 
hält, woraus  sich  die  sehr  gün- 
stige Arbeit  der  Nutscbfilter  er- 
gibt und  die  S.  267  rechte  Spalte 
erhobenen  Zweifel  bezüglich  des 
Wertes  der  Schlammabsaugung 
beseitigt. 

Die  Laugenpumpen  h  S.  275 
Fig.  110  dienen  zum  Transport 
der  starken  Kochlauge  nach  den 
Kochern  und  der  Schwachlauge 
nach  Bassin  b. 

Schliesslich  sei  noch  erklä- 
rend hinzugefügt,  dass  nach  voll- 
ständigem Aussüssen  und  Ab- 
saugen und  Ablauf  des  letzten 
Waschwassers  das  Filtergefäss  A 
(Fig.  114/15)  mittels  der  Schnecke 
und  Schneckenrad  aus  vorher  wagrecht 
liegender  (Fig.  114)  Stellung  in  die  verti- 
kale (Fig.  115)  Stellung  gedreht  wird,  wobei 
der  entlaugte  Kalkrückstand  herausfällt. 
Der  Rest  des  Rückstandes  kann  dann  be- 
quem herausgekrückt  werden. 

Die  Natronlaugen -Herstellung  aus  Ofen 
schmelze. 
(SulfatlaugenHerstellung.) 

Hierfür  können  die  zwei  vorbeschriebe- 
nen Einrichtungen  gleichfalls  Anwendung 
finden,  jedoch  müsste  auf  ein  gründliches 
Zerkleinern  der  Schmelzekuchen  und  das 
Eintragen  der  Schmelzestückchen,  auch  bei 
Anwendung  der  Fig.  103/05  S.  272/73  dar- 
gestellten älteren  Einrichtung,  in  Einhänge- 
oder Ringkörbe  aus  gelochtem  Eisenblech 
ehalten  werden,  da  die  Schmelzestücke 
sich  schwerer  auflösen  und  die  unteren 
Rührarme  gefährden. 

Erleichternd  für  den  Kaustizirungspro 
zess  ist  es,  dass  weniger  Natron  Verbindungen 


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fe.  KIRCHNER.  DAS  PAPIKH.  tll  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


279 


aus  kohlensaurem  Natron  bestehen,  also 
weniger  Nat  GOs  in  NaOH  überzuführen 
ist*) 

Der  Vorteil  wird  bei  der  Herstellung 
der  Schmelze  im  Ofen  aus  den  Dicklaugen 
der  Verdampfstation  unter  Zufügung  von 
frischem  Sulfat  und  reduzirenden  Stoffen 
Koks,  Anthracit  etc.  erreicht  Diese  kohlen- 
stoffhaltigen Substanzen  wirken  beim 
Schmelzprozess  reduzirend  auf  das  Sulfat 
ein  nach  folgender  Gleichung: 

Na*  SO«  +  4C  =  Nai  S  +  4CO. 
Es  bildet  sich  also  in  der  Masse  des  Schmelz* 
herdes  Schwefelnatrium  oder  Natriumsulfid 
und  Kohlenoxydgas,  welches  sich  bei  hin- 
reichender Menge  Sauerstoff  in  den  Rost- 
gasen noch  in  Kohlensäure  verwandeln  kann. 

Nach  anderer  Auffassung  ist  es  sogar 
wahrscheinlich,  dass  sich  Kohlensäure 
direkt  bildet  nach  der  Gleichung: 

Nat  SO«  -f  IOC  -  5NaiS  +  10CO. 
Es  erscheint  selbstverständlich,  dass  keine 
dieser  Reaktionen  rein  verläuft  und  dass 
noch  eine  Menge  anderer  Reaktionen  neben- 
her auftreten  können. 

Das  Streben  der  Fabrikanten  muss  da- 
rauf gerichtet  sein,  aus  dem  zugesetzten 
Sulfat  möglichst  viel  Sulfid  zu  erzielen.  Dieses 
Sulfid  der  Schmelze  ist  dem  Kaustizirprozess 
gegenüber  indifferent,  es  braucht  also  keinen 
Kalk,  weswegen  dessen  Aufwendung  wesent- 
lich geringer  wird.  Auch  die  Kalkrückstände 
werden  in  ihrer  Menge  dadurch  verringert, 
was  einen  weiteren  Vorteil  in  sich  schliesst 
Der  Unterschied  in  der  Zusammensetz- 
ung der  Sodaasche  und  Sulfatschmelze 
von  Strohstoffabiaugen  geht  aus  den  auf 
S.  94  u.  S.  95  schon  veröffentlichten  Ana- 
lysen von  wiedergewonnenen  Salzen  bei 
der  Strohstoff  Herstellung  hervor: 
Bestand-  Natronasche  Sulfatschmelze 
teile  Goldberg  Schacht 

S  94  S  95 

Nat  COs         65,67  °/o         39,70  °/o 
Na  OH  3,74  „  4,00  „ 

NatS  0,52  „         28,75  „ 

NatSiOs  14,88,,  7,02,, 
Nat  SO*  4,74.,  2,80,, 

*)   Man  vorgleiche   die  Ausführungen  des 
Herrn  W.  Schacht  S.  96/8  dieses  Teilet  III. 


Aus  der  Praxis  der  Holzzellstofffabri- 
kation liegen  folgende  Analysen  von  wie- 
dergewonnenen Salzen  vor: 
Bestand-      Natronasche  Sulfatschmelze 
teile  vorn  Beveridge*) 

S.95r.Sp. 
Nat  COs  85,9  °/o        70,89  •/• 

NaOH  -„  -  „ 

NatS  2,7  „  14,45  „ 

Nat  SO«  8,5  „  4,87  „ 

NatSiOt  1,2  „  2,35,, 

Von  Schacht  sowohl,  als  auch  von  Beve- 
ridge werden  die  unter  deren  Namen  stehen- 
den Schmelzen  als  sehr  gute  bezeichnet  Aus 
der  Tabelle  X  S.  105  und  dem  weiteren 
an  jener  Stelle  folgenden  Text  ist  indes 
zu  erkennen,  dass  der  NatS -Gehalt  in  beiden 
Fabrikationszweigen  bald  höher,  bald  tiefer 
liegen  kann. 

Die  deutschen  SlrohstofTfabriken  sahen 
sich  bei  den  Ansprüchen  an  die  Güte  ihres 
Erzeugnisses  und  auf  Grund  fabrikatori- 
scher  Rücksichten  bei  Uebergang  von  der 
Aetznatron-  in  die  Sulfat-Verwendung  ge- 
zwungen, ihren  Aufwand  an  Salzen  zur 
Herstellung  der  Kochlaugen  zu  erhöhen; 
so  erklärt  sich,  dass  hier  (wie  früher  schon 
S.  91  und  108  erwähnt  war)  die  Kalkauf- 
wendung sich  nicht  wesentlich  verringerte. 

Hier  müsste  freilich  noch  erwähnt  wer- 
den, dass  durch  das  Umschmelzen  der 
Natronsalze  beim  Strohstoff-Sulfatverfahren 
grössere  Mengen  Kieselsäure  an  Natron 
gebunden  werden,  welche  ihrerseits  wieder 
einen  grösseren  Kalkverbrauch  bei  der 
Kaustizirung  bedingen. 

Anders  bei  der  Holzzellstofftabrikation. 
Nach  dem  S.  91  (rechte  Spalte  Mitte)  Ge- 
sagten verbraucht  man  beim  Natronver- 
fahren auf  100  kg  Holzzellstoff  60—77  kg 
Aetzkalk;  nach  dem  S.  108  (linke  Spalte 
Mitte)  Gesagten  beim  Sulfatverfahren  auf 
100  kg  Sulfatholzzellstoff  nur  40-45  kg. 
Man  erspart  hier  also  33°/«  Kalk,  was 
recht  erheblich  ist  Die  Verminderung  der 
Kalkrückstände  in  gleichem  Verhältnis  ist 
sei  bstverstrind  lieb. 


•  The  Worlds  Paper  Trade  Review,  2  March 
1900  S.  82. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF.  281 


Nach  Schacht,  ausgeführt  von  der  Germania.  Tafel  120.  Flfl.  3  Schnitt,  Flg.  4  Örnndrlea. 

2.  Boa«»  im 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   UL  B.  u.  G.  ZELLSTOFF. 


Sulfatlauoen-Herstellungsanlage. 

Nach  W.  Schacht-Weiasenfels, 

ausgeführt  von 
der  Maschinenfabrik  Germania  in  Chemnitz. 

Die  Laugenherateilung  unter  Rücksicht- 
nahme auf  die  Schmelzauflösung  hat  man- 
cherlei Aenderungen  und  Verbesserungen 
erfahren.  Es  stehen  dem  Verfasser  die 
Zeichnungen  einer  neueren,  nach  Schachts 
Angaben  von  der  Maschinenfabrik  Germania 
ausgeführten  Anlage  zur  Verlügung,  welche 
S.  280/81  Taf.  119/20  Fig.  1  bis  4  darge- 
stellt ist. 

Fig.  1  Tafel  IIB  gibt  einen  Aufriss  der 
einen  Hälfte  der  Anlage.  M  im  Souterrain 
zeigt  die  Gefässe  3  m  Durchm ,  2,2  m  Höhe 
zum  Auflösen  der  Schmelze  und  Einlöschen 
des  Aetzkalkes.  A  sind  die  Rühr-,  Aulkoch- 
und  Klärgefässe  2,5  m  Durchm.,  4  m  Höhe 
im  Hochparterre.  Auf  dem  Boden  dieser 
Etage  ist  eine  Schwachlaugenpumpe  C 
montirt,  man  ersieht  ausserdem  die  Fuss- 
böden, Treppen,  Transmissionen,  Rohr- 
leitungen und  das  Starklaugebassin  B. 

Fig.  2  ist  ein  Grundriss  des  Souterrains 
mit  den  Auflösegefässen  M,  dem  Siark- 
laugebassin  B  und  zwei  weiteren  Pumpen 
P  und  U.  Die  erste  Pumpe  P  dient  zum 
Saugen  der  Schmelz-  und  Kalklösung  von 
M  und  Aufpumpen  dieser  in  die  Gefässe  A. 

Die  Doppelpumpe  U  saugt  die  starke 
Kochlauge  ausB  an  und  schafft  sie  direkt 
in  die  Kocher  oder  besser  in  ein  Messge- 
läss  der  Kochlauge,  welches  auf  dem 
Kocherboden  aufgestellt  ist. 

Die  Saugrohrleitungen  von  den  Gefässen 
M  nach  Pumpe  P  sind  durch  die  zwei 
Pfeile  angedeutet. 

Fig.  3  stellt  einen  Querschnitt  durch  die 
Kaustiziranlage  dar,  wobei  ein  liukes  Klär- 
geläss  A  und  ein  Auflüsegefäss  M  durch- 
schnitten sind.  Betreffs  des  letzteren  ist 
der  Kegelradantrieb  k,  die  Lagerung  der 
stehenden  Welle  durch  obere  Ringspur  r 
der  drehbare  Teller  T  mit  durchlochten 
Boden-  und  Seitenwänden ,  die  an  den 
oberen  Trägern  fest  montirlen  Klopfer  K 
in  Seilenprojektion,  und  die  stehende  Welle 
milKammrührern  1  samt  schrägeu  iiübrern 


I  s  und  Bodenklopfer  Ki  an  mitrotirender 
|  Querwelle,    sowie  die  Bodenlagerung  g 
gezeigt. 

Der  Klopfer  K  im  oberen  Teller  T,  der 
Kammrührer  I,  der  Rührarm  s  und  die  mit 
der  Welle  gedrehten  Klopfer  Ki  am  Boden 
des  Gelässes  M  tragen  zur  vollständigen 
Lösung  und  energischen  Durchmischung 
wesentlich  bei. 

Die  oberen  Gefässe  A  sind  ebenfalls  je 
mit  einem  Rührwerk  ausgestattet,  an  den 
stehenden  Wellen  sind  Kammrührer  h. 
Rührschienen  si  und  Klopfer  Ks  am  Boden 
des  Gefässes  angebracht.  Die  stehende 
Welle  ist  oben  durch  ein  Halslager  hi  und 
ein  unteres  Spurlager  gi  gelagert.  Am 
Boden  der  Gefässe  sind  je  ein  Schlamm- 
ventil Sehl  montirt,  dieselben  sind  durch 
entsprechende  Hebel  von  unten  zu  öffnen 
und  dienen  zum  Ablassen  des  ausgewasche- 
nen Kalkschlammes. 

Fig.  4  Taf.  121  zeigt  einen  Grundriss 
für  das  Hochparterre  mit  der  Pumpe  C. 
den  Klärgefässen  A,  Transmissionen,  Treppe 
und  verschiedenen  Rohrleitungen. 

Arbeitsweise  mit  diesem  Apparat. 

Die  Schmelze  wird  nach  Füllung  des 
Gefässes  M  (Fig.  'S)  mit  warmer  schwacher 
Lauge  in  den  von  dieser  Flüssigkeit  teil- 
weise gefüllten  Teller  T  eingeschaufelt  und 
löst  sich  hier  unter  Einwirkung  der  Klopfer 
K  auf,  darauf  kommt  der  gebrannte  Kalk 
in  diesen  Teller  und  löscht  sich  in  der 
Lösung  allmälig  ab,  wobei  sich  die  Tempe- 
ratur der  Flüssigkeit  erhöht. 

Die  Pumpe  P  (Fig.  2)  saugt  die  so  er- 
haltene Flüssigkeit  von  M  an  und  hebt  sie  in 
eines  der  Gefässe  A  durch  eine  nicht  mit- 
gezeiebnete  Rohrleitung.  Darauf  wird  die- 
selbe mit  Dampf,  welcher  durch  eine  eben- 
falls nicht  mitgezeichnete  Rohrleitung  in  die 
Stutzen  Di  und  Di  (Fig.  4)  eingeführt  wird, 
aufgekocht  und  dann  dem  Absitz-  und 
Klärprozess  überlassen.  Die  klare  Lauge 
wird  durch  ein  Schwenkrohr  Si  (Fig.  3) 
mit  Ventil,  welches  mittels  Hebel  ge- 
öffnet und  geschlossen  werden  kann, 
durjh  Rohrleitung  Ha  in  das  Bassin  B 
abgelassen.    Durch  die  Pumpe  C  wird 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.     III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


2H3 


der  verbleibende  Kalkschlamm  des  gedach- 
ten Gefässes  mit  schwacher  Lauge,  die 
mittels  der  Rohrleitung  Ru  aus  einem  der 
anderen  Gefässe  A  gesaugt  wird,  durch  die 
Rohrleitung  Rs  (Fig  4  und  1)  aufgefüllt. 
Dieser  Aufguss  wird  aufgerührt  und  nach 
dem  Klären  ebenfalls  in  das  Starklaugebassin 
abgelassen.  In  gleicher  Weise  kann  eine 
dritte  Füllung  gemacht  und  diese  schwache 
Lauge  wieder  für  Auswaseben  des  Kalk- 
schlammes eines  weiteren  Gefässes  ver- 
wendet werden,  schliesslich  wird  durch 
eine  nicht  mitgezeichnete  Leitung  der  Pumpe 
C  warmes  Waschwasser  zugeführt  und 
nach  dem  Gefäss  A  gepumpt.  Diese  letzte 
schwache  Lauge  geht  durch  die  Rohrleit- 
ung Rd  in  einen  der  Mischer  M,  um  für 
die  Wiederholung  des  Prozesses  zu  dienen. 
Man  erreicht  auf  diese  Weise  eine  sehr 
grundliche  Auswaschungdes  Kalkschlammes, 
der  schliesslich  durch  das  Ventil  Sehl  in 
Gruben  ausserhalb  der  Anlage  abgelassen 
wird. 

Fig.  121  22  verdeutlichen  die  Einrich- 
tung des  Schwenkrohres  oder  Hebers  der 


Flg.  121  Schnitt,  Fig.  122  Ansicht. 


Koch-  und  Klärgefässe  A  obiger  Tafeln.  Wist 
die  Gefässwand,  S  der  Stutzen  für  den  Ab- 
lassrohrleitungs-Anschluss  (R  a  der  früheren 
Tatein |  Ki  u.  Ri  sind  zwei  rechtwinkelig 
zu  einander  stehende  Rohrstücke,  Ri  trügt 
das  Kniestück  K.  Eine  auf  Rt  festge-  I 
schraubte  Schelle  U,  welche  mit  einem 
Ringvorsprung  in  einen   entsprechenden  I 


Falz  des  Kniestückes  K  eingreift,  ermög- 
licht die  Drehung  des  Kniees  mit  dem  Rohr- 
stück Ri.  Die  obere  Oeffnung  von  Ri  kann 
durch  ein  Ventil,  welches  von  einem  Hebel 
H  mit  Drehpunkt  D  regiert  wird,  von  oben 
geöffnet  und  geschlossen,  sowie  höher  oder 
tiefer  eingestellt  werden. 

Die  Leistungsfähigkeit  einer  aolchen  An- 
lage ist  sehr  gross,  wenn  die  Klärung  der 
Kochlaugen  den  Heratellungsprozess  nicht 
verzögert. 

Die  Klärung  ist  wiederum  abhängig  von 
der  Beschaffenheit  des  Kalkes,  wie  bereits 
vorn  S.  89  etc.  mehrfach  hervorgehoben 
war. 

Die  Taf.  119/201  S.  280/81  dargestellte 
Anlage  reicht  für  16—25  t  tr.  ged.  Zell- 
stofferzeugung  im  24stünd.  Betriebe  aus. 

Die  Anordnung  der  Laugenbereitungs- 
anlagen unserer  Zellatofffabriken  findet 
sich  auch  noch  in  mancherlei  anderer 
Weise  getroffen. 

So  arbeitet  eine  günstige  Resultate  er- 
zielende grössere  Anlage  in  Deutschland 
mit  4  hochstehenden  Auflöse-  u.  Kaustizir- 
gefässen  mit  Rührwerken  und  Einbänge- 
körben. In  letzteren  werden  die  in  Stücke 
zerschlagene  Schmelze,  die  Soda  und  der 
Kalk  eingetragen  Die  Lösung  wird  ent- 
sprechend durch  Dampf  erwärmt  und  nach 
Stillstellen  der  Rührwerke  abgeklärt.  Die 
nicht  ganz  vollständig  geklärte  Lauge  wird 
durch  Heber  in  vier  unten  stehende,  in- 
haltlich gleiche  Klärgefässe  abgelassen  und 
klärt  sich  hier  vollends  ab.  Die  starke 
Lauge  gelangt  nach  Passiren  eines  Kiea- 
Sägemehlfilters  in  die  Kocherei.  Der  in 
den  oberen  Gefässen  verbleibende  Schlamm 
wird  ausgesüsst,  die  dünnen  Laugen  werden 
zu  neuen  Ansätzen  verwendet  und  der 
verbleibende  Kalkschlamm  wird  in  Schlamm- 
kästen, wie  S.  271/3  beschrieben,  abge- 
lassen. 

Eisenspäne  als  Laugenflitermaterial. 

Wie  Verfasser  jüngst  erfuhr,  ist  man  in 
den  grossen  Natron-  und  Sulfat-Holzzell- 
stofffabriken in  Amerika  mit  den  Sand- 
und  Sand-Sägemehl-Filtern  nicht  zufrieden, 
I  man  klagt  über  Lösung  der  Kieselsäure 


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EL  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


durch  die  Laugen  und  verwendet  statt 
dessen  Eisenapäne  als  Filtermaterial. 

Man  darf  übrigens  annehmen,  dass  sich 
nur  sehr  wenig  Kieselsäure  in  einem  Sand- 
filter, das  mit  gutem  Quarzsand  beschickt 
wird,  auflöst.  Diese  Kieselsäure  hatte,  so- 
weit der  Verfasser  beobachten  konnte,  so- 
gar nach  Jahr  und  Tag  keine  schädigende 
Wirkung  auf  das  Resultat  der  Kochung 
von  Holz  mit  Natronlaugen  geäussert. 

Vach  der  Meinungsäusserung  eines  sach- 
verständigen Freundes  löst  heisse  Aetz- 
natronlösung  indessen  me  rkliche  Mengen 
Kieselsäure.  Das  kieselsaure  Natron  ist 
unwirksam.  Die  Kieselsäure  sebst  bleibt  auch 
beim  Eindampfen  und  Ausbrennen  der 
Rückstände  in  der  Asche.  Sie  wird  sich 
mit  der  Zeit  anreichern  und  unangenehme 
Folgen  nach  sich  ziehen. 

Mein  Freund  hält  den  Eisenspanfilter  für 
eine  wertvolle  Verbesserung. 

Bequeme  und  rationelle  Schmelzlöse- 
Einrichtungen. 

Ea  sei  hier  nochmals  auf  die  b  e- 
queme  und  rationelle  Auflösung  der 
Schmelze,  wie  sie  aus  den  Oefen  fliesst, 
hingewiesen. 

Wie  Herr  Direktor  Enderlein  diese 
Einrichtungen  gebaut  hat  und  den  Arbeits- 
prozeß leitet,  ist  Seite  256/57  näher  gesagt. 

Darnach  empfiehlt  es  sich  zwar  nicht, 
die  glühend  flüssige  Schmelze  direkt  in 
das  Auflösegefäss  fliessen  zu  lassen,  aber 
die  erhärtete,  noch  warme  Schmelze  kann  in 
nahe  den  Oefen  plazirten  Auflösern  einge- 
tragen und  direkt  gelöst  werden.  Man 
erreicht  schnellere  Lösung  mit  weniger 
Kochdampfaufwendung  bei  Trans- 
portersparnis. 

Die  Lösung  kann  dann  in  denselben 
Gefässen  kaustizirt  und  der  Gefässinhalt 
nach  Absitzgefässen  gepumpt  werden. 

In  anderen  Anlagen  pumpt  man  wohl 
auch  die  unkaustische  Lauge  in  Kaustizir- 
getässe,  um  die  Kochung  mit  Aetzkalk  in 
diesen  durchzuführen. 

Auch  LöBetrommeln  haben  sich  gut 
bewährt.  In  ihnen  löst  sich  die  Schmelze, 


da  die  Stücke  sich  untereinander  stark 
reiben,  sehr  leicht  auf. 

Die  Lösetrommeln  sind  cylindrische 
Gefässe  mit  horizontaler  Achse  aus  starkem 
gelochtem  Eisenblech,  die  in  einem  ge- 
mauerten Bassin  liegen  und  von  aussen 
angetrieben  werden.  Durch  eine  Füll- 
öffnung  mit  aufklappbarem  Deckel  füllt 
man  die  groben  Schmelzstücke  ein  und 
lässt  die  Trommel  langsam  im  Wasser 
rotiren.  Es  ist  auch  hier  zu  empfehlen, 
diese  Lösetrommeln  in  der  Nähe  der  Oefen 
anzuordnen,  um  an  Transport  zu  sparen. 
Die  Lösung  wird  wieder  in  die  Kaustizirer 
gepumpt.  Das  Saugerohr  der  Pumpe  kann 
so  angeordnet  werden,  dass  die  ungelösten 
Teile,  die  die  Löcher  der  Trommel  etwa 
passirt  haben,  im  Bassin  zurückbleiben, 
so  dass  ein  Verstopfen  der  Pumpen  aus- 
geschlossen ist 

Hat  man  2  solcher  Trommeln,  so  dass 
man  abwechselnd  arbeiten  kann,  so  ge- 
lingt es  leicht,  Lösungen  von  bestimmter 
Stärke  herzustellen. 

Es  würde  zu  weit  führen,  noch  mehr 
der  etwas  abweichenden  Laugenbereitungs- 
anlagen hier  aufzuzählen.  Nach  Vor- 
stehendem wird  dem  Fachmann  ein  leichtes 
Verständnis  auch  anders  angeordneter 
Anlagen  möglich  werden. 

Kauitizirte  und  aulfltirte  Kochlauge 
von  W.  Schacht-Walssenfels 

D.  R  -P.  122 171  1901. 

Die  Bemühungen,  die  Gerüche  bei 
der  Aufarbeitung  der  Ablaugen  zu  be- 
seitigen,   aus    den    Vegetabilien  mehr 

Ausbeute  und  für  die  Papierherstellung 
besser  geeigneten  Stoff  zu  gewinnen, 
ähnlich  wie  es  beim  Kochen  des  Holzes 
mit  Bisulfitlösung  für  viele  Papiersorten 
gegenüber  dem  Natronverfahren  geglückt 
war,  führten  Herrn  W.  Schacht  nach 
langen  Versuchen  zur  Herstellung  einer 
neuen  Kochlauge,  die  nunmehr  in  Deutsch- 
land in  den  Strobstofffabriken  von  J.  W. 
Zanders,  Berg-Gladbach  und  Oskar  Dietrich, 
Weissenfeis,   sowie  in  Frankreich  und 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   I'I.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


285 


Russland  in  je  einer  Anlage  zur  vorteil- 
haften Strohstoffgewinnung  dient. 

Es  ist  bekannt,  dass  unsere  Getreide- 
strohe, wie  Oberhaupt  alle  Stroharten 
mehr  Cellulose  enthalten,  als  durch  Kochen 
mit  Aetznatronlaugen  gewonnen  werden 
kann.  Es  werden  nämlich  beim  Koch- 
prozess  mit  Aetznatronlaugen  nicht  nur 
die  sog.  fnkrusten  gelöst,  sondern  es  geht 
auch  ein  grosser  Teil  der  Cellulose  in  Lösung. 
Nach  Abschnitt  It.  A.  Rohstoffe  dieses 
Werkes  S.  45'6  haben  frühere,  heute  als 
veraltet  anzusehende  chemische  Unter- 
suchuntren von  Hugo  Müller-London  für 
Roggenstroh  über  49°/e,  nach  Emil  Wolff 
sogar  54°/o  des  Strohgewichtes  an  Cellulose 
ergeben.  Nach  neuerer  Anschauung  ist 
der  Gehalt  des  Strohes  an  Cellulose 
noch  viel  grösser.  Schacht  nimmt  60  bis 
70*/o  Zellstoff  und  Nebenzellstoff  an. 

An  reinem  gebleichten  Strohstoff  war 
aber  bei  Anwendung  des  Natron  Verfahrens 
nur  36— 42*/o  vom  Strohgewicht  im  Gross- 
betriebe zu  erzielen. 

Durch  das  Sulfatverfahren  wurde  zwar 
die  Ausbeute  um  etwas  erhöht,  aber  erst 
mit  der  neuen  Kocblauge  ist  nach  Ver- 
suchen Schachts*  auch  im  Grossen  10  bis 
20^/0  und  darüber  mehr  Stoffausbeute  er- 
zielt. Nach  Schachts  Angabe  soll  man 
auf  45— 55#/o  (statt  obiger  36  -  42*/o) 
des  St  roh  gewichtes  an  Strohstoffausbeute 
rechnen  können.  Ferner  sagt  Schacht:  »Der 
entlaugte  und  ausgewaschene  neue  Zellstoff 
erscheint  gegenüber  den  bekannten  Natron - 
und  Sulfatstoffen  viel  heller  und  kräftiger, 
er  ist  leichter  teilbar,  geschmeidiger,  sowie 
cohäsions-  und  verßlzungsfäh'ger  in  der 
Faser.  Auch  ist  der  neue  Stoff  etwas 
leichter  bleichbar  und  enthält  nur  geringe 
Mengen  Gummikörper,  Ketone  etc.« 

Mangels  letzterer  tritt  nach  Schacht 
beim  neuen  Stoff  kein  Verderben  und  kein 
weiterer  Celluloseverlust  durch  Fermen- 
tation, Vergilben  und  Pilzwucherungen 
ein.  Endlich  fallen  die  schwer  zu  be- 
seitigenden,  belästigenden   Gerüche  des 

'Wochenblatt  für  Papierfabrikation,  Jg.  1901, 
Nr.  42,  Seite  3795. 


Sulfatverfahrens  bei  der  Stoffherstellong 
und  Aufarbeitung  mit  den  neuen  Ablaugen 
fort.  Der  Stoff  und  die  Ablaugen  haben 
vielmehr  einen  nicht  ui 
aromatischen  Geruch. 

Die  neue  Lauge  hat  sich  auch  zum 
Kochen  von  Esparto  gleich  günstig  be- 
währt, man  hat  55— 60°/o  Ausbeute  an  ge- 
bleichter Ware  erzielt,  was  bisher  für  un- 
erreichbar galt. 

Besonders  gut  geeignet  soll  die  neue 
Lauge  auch  zur  Gewinnung  von  Jutestoff 

sein. 

Die  Herstellung  der  neuen  Kochlaugen 
erfolgt  durch  Einleiten  schwefliger  Säure 
(SOi)  in  die  Soda  -,  die  wiedergewonnene 
Rohsoda  -  oder  die  Schmelzelösung,  und 
zwar  solange,  bis  alles  Aetznatron  (Na  OH), 
Schwefelnatrium  (Nat  S),  Kieselsaures 
Natron  (NaiSiOs)  und  ein  Teil  des 
kohlensauren  Natrons  (Nat  CO«)  in 
neutrales  unterschwefligsaures  Natron  oder 
Thiosulfat  (Nat  St  Ob)  und  neutrales  schweflig- 
saures Natron  oder  Monosulfit  (NaiSO») 
übergeführt  ist  Der  Rest  an  Carbon at 
der  Lösung  wird  dann  durch  einen  ent- 
sprechenden Zusatz  von  Aetzkalk  (CaO) 
kaustizirt. 

Herr  Schacht  schreibt  die  günstige 
Wirkung  seiner  Laugen  dem  neutralen 
Monosulfit  zu,  indem  es  äusserst  lösend 
auf  die  fnkrusten  wirke  und  die  Pflanzen- 
zelle nicht  angreife. 

Die  Laugenerzeugung  kann  auch  noch 
getrennt  geschehen,  indem  ein  Teil  der 
Rohlösung  sulfitirt,  der  andere  Teil 
kaustizirt  wird  und  schliesslich  beide 
Lösungen  gemischt  werden. 

Das  Vorgesagte  lässt  erwarten,  dass 
die  Strohzellstofffabrikation  ganz  ähnliche 
Vorteile  von  dem  neuen  Verfahren  haben 
wird,  wie  s.  Z.  die  Holzzellstofffabrikation, 
als  zum  Natron-  und  Sulfatverfahren  das 
Sulfitverfahren  hinzutrat. 

Es  muss  zukünftigen  Nachträgen  oder 
einem  späteren  Kapitel  tiberlassen  bleiben, 
weitere  Aufschlüsse  über  die  Schacht'sche 
neue  Kochlauge,  sowie  über  die  technischen 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  u,  C.  ZELLSTOFF. 


und  wirtschaftlichen  Vorteile  bei  Anwendung 
in  der  Strobstofffabrikation  zu  geben. 

Hinzugefügt  sei  noch,  dass  die  neue 
Kocblaugenherstellung  in  den  gewöhnlichen 
Rahmen  der  meisten  Natron-Anlagen  pasat. 
Die  Herstellung  und  das  Einleiten  der 


schwefligen  Saure  in  die  Lauge,  ent- 
sprechende Führung  des  Sulfitirprozesses 
und  eine  aufmerksame  Ueberwachung  der 
chemischen  Umsetzungen  kommen  bei  der 
neuen  Laugenbereitung  selbstverständlich 
noch  hinzu. 


Die  Sulfitlösungen  und  deren  Herstellung. 


Karsten  wies  in  seinem  »System  der 
Metallurgie«,  1832,  BandV,  Seite  367  nach, 
dass  kohlensaure  Metalloxyde  beim  Ueber- 
rieseln  mit  Wasser  und  Durchströmen  von 
Schwefligsäuregassich  inLösungen  schweflig- 
saurer Salze  verwandeln. 

Gos8age  hatte  183  6  Türme  in  die 
chemische  Industrie  eingeführt*),  die,  das 
Gegenstromprinzip  durchführend.  zur 
Absorption  von  Gasen  in  Flüssigkeiten 
dienten.     In  mit  Koks  oder  sonstigem 


im  Tecbnologiste,  Band  XIX,  Seite  478 
veröffent'icht. 

Die  schwefligsauren  Salze  sind  zuerst 
von  James  Sheridan  Muspratt  erforscht 
und  in  d»n  Annalen  der  Chemie  und 
Pharmacie  Heidelberg  1844,  Band  50, 
S.  269  etc.  (S.  274  schwefligsaurer  Kalk) 
beschrieben. 

Die  Herstellung  von  sau  rem  schwefltg- 
saurem  Kalk  ist  schon  im  Handbuch 
der  Chemie  von  Gmelin  und  Kraut 
1844  II.  Band,  Seite  197,  sowohl  durch 


von  oben  Wasser  oder  eine  andere 
Flüssigkeit,  während  von  unten  die  zu 
pbsorbirenden  Gase  einströmten. 

Nach   Annales   des    mines  1842, 

I.  Teil,  Seite  477  waren  in  Stadtbergen, 
(Westfalen),  Röstöfen  von  Schwefelmetallen 
(Zinkblenden  und  Schwefelkies)  zur  Her- 
ste''ung  von  SOi-Gas  im  Betriebe.  In 
3  m  hohen  Türmen  wurden  kohlensaures 
Kupfer  enthaltende  Erze  aufgeschichtet, 
dieselben  wurden  mit  Wasser  oder  Erz- 
lötung  von  oben  befeuchtet  und  von 
unten  von  Schwefligsäure-Gas  bestrichen. 
Dabei  entstanden  Lösungen  schweflig- 
saurer  Salze,  wio  in  der  Berg-  und  Hütten- 
männischen Zeitung  1856.  Seite  218  und 
219  zum  Ueberflusse  noch  nachgewiesen 
wird,  was  übrigens  (siehe  oben)  Karsten 
schon  1832  ausgesprochen  hatte. 

Die  Verwendung  von  Gossage-Türmen 
zur  Herstellung  einer  konzentrirten 
wässerigen  Lösung  von  schwefliger  Säure 
stammt  von  Grace  Calvert  1858  und  ist 

*)Man  vergleiche  Lunj?e,  Soilaindnstrie  1879» 

II.  Band,  Seite  189 


porösen  Material  gefüllten  Türmen  rieselte    Auflösen     von     Calciummonosulfit  in 

wässeriger  schwefliger  Säure,  als  durch 
Auflösen  von  kohlensaurem  Kalk  in 
wässeriger  schwefliger  Säure  beschrieben. 

In  Payens  Gew erbechemi e  1850 
S.  142  findet  Bich  die  Beschreibung  und 
schematisebe  Zeichnung  eines  auf  dem 
Gegenstromprinzipe  beruhenden  Apparates 
zur  Herstellung  von  schwefliger  Säure  und 
saurem  schwefligsaurem  Kalk.  (In  dieser 
Auflage  wird  nur  Schwefel,  in  der  1872er 
Auflage,  I.  Band,  S.  231/36  aber  auch 
Schwefelkies,  Zinkblende  etc.  zur  Her- 
stellung von  SOi  empfohlen,  was  übrigens 
nach  dem  in  den  Annales  des  mines  1842 
Gesagten  nichts  Neues  war).  Auch  in 
Muspratt,  Band  VI,  Seite  126,  1879  ist 
darüber  zu  lesen. 

Hatschek  hat  einen  hier  auch  sehr 
beachtenswerten  Apparat  zur  Darstellung 
wässeriger  schwefligerSäure  für  die  Spiritas- 
fabrikation  angegeben. 

Beschreibung  und  Abbildung  finden  sich 
j  Dinglers  polyt.  Journal  1868,  Bd  188,  S.  246. 
|  Man  vergleiche  auch  Muspratt  Chemie 
|  II.  Aull ,  IV.  Bd.,  Seite  1315,  1869. 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.   ZELLSTOFF .  287 


W.  Gerland  in  Macclefield  nahm  1863 
das  englische  Patent  Nr.  1914*).  Nach 
diesem  wird  schweflige  Säure  aus  Schwefel 
oder  Schwefelkies  gewonnen  und  zur 
Lösung  des  in  den  Knochen  enthaltenen 
kohlensauren  und  phosphorsauren  Kalkes 
verwendet.  Die  gewornene  schweflige 
Säure  wird  in  grossen  Bottichen  durch 
mit  Wasser  bedeckte  Knochenstücke  ge- 
lahrt und  in  ihrem  nicht  verbrauchten 
Teile  in  mit  Koksstücken  gefüllten  Türmen, 
auf  welche  von  oben  Wasser  rieselt, 
vollends  absorbirt.  Aus  der  sauren 
schwefligsauren  Kalklösung  wird  durch 
Kochen  ein  Teil  der  schwefligen  Säure 
ausgetrieben  und  wieder  verwendet 

Die  Kenntnis  und  Herstellung  von 
Lösungen  sauren  schwefligsauren  Kalkes 
war  demnach  lange  vor  den  TilghmsuVschen 
Patenten  1866/67  Allgemeingut  der 
Wissenschaft  und  fand  ausser  bei  dem 
Gerlandschen  Verfahren  u.  a.  durch 
Meisens,  Anfang  der  1850er  Jahre,  ausge- 
dehnte Anwendung  in  der  Zuckerfabrikation. 

Die  Anfänge  des  Sulßt verfahreus  sind 
vorn  Seite  12  etc.  in  der  Geschichte  der 
Zellstofffabrikation  mitgeteilt  und  werden 
in  den  heute  noch  fehlenden  S.  33-48 
Ergänzungen  zu  erfahren  haben. 

Aber  auch  hier  sei  ausgesprochen,  dass 
der  Amerikaner  B.  C  Tilghman  unbedingt 
als  der  geistige  Urheber  oder  Er- 
finder des  heute  so  bedeutend  entwickelten 
Sulfit  Verfahrens  anerkannt  werden  muss. 
Er  hat  mit  seinem  Bruder  R.  A.  Tilghman 
1866  in  den  Werken  der  Firma  W.W.  Harding 
&  Söhne  in  Manayunk  bei  Philadelphia 
nicht  nur  im  Kleinen,  sondern  auch  in 
einem  grossen  rotir enden,  innen  verbleiten 
Kocher  SulfitstofT  hergestellt  und  dabei 
Lösungen  schwefligsauren  Kalkes  in 
wässeriger  Lösung  schwefliger  Säure  be- 
nutzt. Aus  seinen  englischen  Patenten, 
siehe  vorn  Seite  14  und  15,  geht  das 
deutlich  und  unzweifelhaft  hervor,  wenn 
er  auch  in  seinen  Patenten  die  Apparate 
und  Näheres  über  Herstellung  der  Lösungen 

*)Siehe  auch  Wagner»  Jahresbericht,  .Ig.  ltttU, 
Seite  186. 


als  den  Chemikern  seiner  Zeit  bekannt 
voraussetzt. 

Man  hat  früher  und  neuerdings  versucht, 
das  Verdienst Tilghnan's,  ein  praktisch 
durc  hlührbares  Verfahren  zurüe- 
winnung  von  Sulfil Zellstoff  eitunden,  ausar- 
beitet u.  im  Grossen  SulützellstofI  zuerst  her- 
gestellt zu  haben  zu  bestreiten.  Eine  solche  B  e- 
streitung  wird  aber  demjenigen  Fachmanne, 
der  selbst  jahrelang  Sulfitstoff  erzeugte, 
nach  genauem  Studium  der  engl.  Patent- 
schrillen  Tilghmans*)  und  bei  gewahrter 
Unparteilichkeit  gar  nicht  in  den  Sinn 
kommen,  auch  wenn  er  den  eigenen  Aus- 
sagen des  1897  noch  am  Leben  gewesenen 
B.  C.  Tilghman  im  Paper  Trade  Journal, 
(vergl.  vorn  S.  13  linke  Spalte)  und  den 
Aussagen  des  Hei  rn  Marlin  Schindler-Zürich, 
der  den  Bruder  H.  A.  Tilghman  in  Amerika 
persönlich  über  die  Versuche  sprach, 
keintn  Glauben  beimessen  wollte. 

im  Jahrgang  1884  Nr.  öl  der  Papier- 
zeitung von  C.  Hofmann-Berlin  ist  ein 
ausführlicher  Bericht  über  Schindlers  Mit- 
teilungen. C.  Hofmann  selbst  nahm  diesen 
Beiichl  im  Wesentlichen  in  seinem  Hand- 
buch der  Papierfabrikation  11.  Auflage 
(1890)  S.  1418/19  auf  und  bestätigt  den 
Erhalt  einer  Probe  weissen  Sulfit- 
stoffes, der  von  Tilghmans  Versuchen 
ll866)  stammte  und  gibt  derselben  das 
Prädikat  »gut«. 

Tilghman  soll  darnach  endlich  auch  ein 
preussisches  Patent  auf  seine  Erfindung 
am  31.  März  1867  erhalten  haben.  Das 
amerikanische  Patent  B.  C.  Tilghmans 
datirt  vom  5./ XI.  1867  und  hat  die 
Nr.  70485. 

Es  darf  und  muss  B.  C  Tilghman  nicht 
nur  als  Erfinder  und  Patentinhaber  des 
Suliitzellstoffverfahrens,  sondern  auch  als 
solcher  bezeichnet  werden,  der  den  ersten 
SulützellstofI  aus  amerikanischen  Nadel- 
und  Laubhölzern  fertigte.  Wenn  er  sein 
erfundenes  und  im  Grossen  bereits  aus- 
geübtes Verfahren  nicht  fabrikatorisch  aus- 


•)  Vergleiche  diesen  Abschnitt,  Geschichte, 
S.  13-15. 


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288 


E.  KIHCRNER.   DAS  PAPIKK.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


beutete,  so  waren  andere  zwingende  Um- 
stände, nicht  aber  ein  Misslingen  der  Er- 
zeugung im  Grossen  daran  schuld  (vergl. 
Seite  15). 

Was  nun  die  Lösungsflüssigkeit  zum 
Kochen  des  Holzes  anlangt,  so  spricht 
Tilghman  in  seinen  engl.  Patenten  aus- 
drücklich von  schwefligsauren  oder 
doppeltschwefligsauren  Ver- 
bindungen mit  Kalk  oder  einer  anderen 
geeigneten  Basis,  deren  Vorhanden- 
sein in  der  Lösung  der  schwefligen  Säure 
dem  faserigen  Produkt  eine  hellere  Farbe 
gebe  und  die  Bleiche  erleichtere. 

Ueber  die  Herstellung  der  Kochflüssig- 
keit für  einen  grossen  Kocher  durch  die 
Uebr.  Tilghman  berichtet  Schindler  an  den 
oben  angeführten  Stellen,  dass  zur  Be- 
reitung der  schwefligen  Säure  ein  sehr  gut 
arbeitender  Oten,  System  Harrison  Blair, 
mit  automatischem  Speiseapparat  ange- 
wendet wurde,  der  infolge  spezieller  Ein- 
richtung des  Herrn  R.  A.  Tilghman  keine 
Sublimation  von  Schwefel  aulkommen  Hess. 
Das  erzeugte  Schweiligsäuregas  wurde  in 
Kühl  gefässen  gekühlt  und  in  Türmen 
von  1,56  m  Durchm.  von  herabträufelndem 
Wasser  absorbirL  Kalkrückstände  der 
Manayunk  —  Natronzellstofffabrik  wurden 
ferner  in  Kufen  mit  Wasser  angerührt 
und  in  Suspension  erhalten.  Die  schweflige 
Säure  trat  am  Boden  der  Kufe  in  die 
Flüssigkeit  und  bildete  unter  Austreiben 
der  Kohlensäure  schwefligsauren 
Kalk  (so  Schindler  nach  Mitteilung  in 
Hofmanns  Zeitung  und  Handbuch). 

Dass  Tilghman  sich  darüber  klar  war, 
dass  er  beim  Vermischen  der  schweflig- 
sauren  Kalklösung  mit  der  wässerigen 
Losung  schwefliger  Säure  eine  Lösung 
doppeltschwefligsauren  Kalkes  erhielt,  oder 
dass  er  bei  hinreichend  langer  Einleitung 
der  Schwefligsäure  direkt  doppeltschweflig- 
saure  Kalklösung  herstellte,  ergibt  sich 
aus  dem  Wortlaut  seiner  englischen 
Patentschriften  und  braucht  dem  Einge- 
weihten als  selbstverständlich  nicht  erst 
umständlich  nachgewiesen  zu  werden. 


_ Jeder  Chemiker  wusste  damals,  wie 
heute,  dass  Calciummonosulfit  im  W  asser 
so  gut  wie  unlöslich  ist,  in  wässeriger 
schwefliger  Säure  sich  aber  löst,  so  iat 
man  nicht  im  Stande  etwas  anderes  an- 
zunehmen, als  dass  eben  Calci umbisullit 
in  Lösung  ist. 

Verfasser  ging  aber  zum  Ueberfluss  den 
Angaben  Tilghmans  in  seinem  1866er  engl. 
Patent  über  die  Zusammensetzung  einer 
Lösung  nach  dem  dort  angegebenen 
Rezepte  noch  näher  auf  den  Grund. 

Tilghman's  Rezept  (vergleiche  vorn 
Geschichte  S.  14,  linke  Spalte,  unten):  »In 
einer  Lösung  schwefliger  Säure  von  1,025 
bis  1,035  spezifischem  Gewicht  löst  man  so 
viel  schwefligsauren  Kalk,  dass  das 
spezifische  Gewicht  auf  1,07—1,08  steigt« 

Stellt  man  sich  darnach  die  erste 
Lösung  schwefliger  Säure  und  reinen 
schwefiigsauren  Kalk  her  und  fügt  von 
letzterem  so  viel  der  ersten  Lösung  zu, 
dass  die  erst  trübe  Flüssigkeit  das  von 
Tilghman  genannte  spezifische  Gewicht  hat, 
so  finden  sich  bei  der  Jodtitration  in  der 
dekantirten  ziemlich  klaren  Flüssigkeit 
etwa  4,5450°/ ♦  Gesamt  SOi 
2,3913°/o  freie  SOi 

2,1537*/  e  gebundene  SOt  (entsprechend 
4,037%  Ca  SO.) 

Das  ist  also  eine  für  die  Holzkochung 
sehr  starke,  aber  in  der  Zusammensetzung 
vorzüglich  beschaffene  Lösung,  die  auf  die 
Bezeichnung  doppelschwefligsaure  Kalk- 
lösung gewiss  Anspruch  machen  kann. 
Sie  hat  grosse  Aehnlichkeit  mit  der  S.  120, 
rechte  Spalte,  7—12.  Zeile  angeführten 
Frankschen  Lösung  von  7°  Be. 

Tilghman  sagt  weiter  im  Patent  ausdrück- 
lich, dass  man  das  Holz  mit  solcher  Lösung 
unter  indirekter  Erwärmung  bis  auf  127«  C 
im  geschlossenen  Kocher  6—8  Stunden  zu 
belassen  habe. 

Es  ist  demnach  völlig  erfunden,  wenn 
neuerdings  gesagt  wird,  Tilghman  habe 
mit  wässeriger  Lösung  von  schwefliger 
Säure  operirt  und  schwefligsauren  Kalk 
nur  zur  Bleiche  benutzt 


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E.  KIRCHNEh.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  289 


Wie  vorstehend  gesagt,  wendeten  sowohl 
W.  Gerland  1863,  wie  Tilghman  1866  Türme 
(im  Gegenstromprinzip  arbeitend)  an,  um 
schweflige  Säure  entweder  in  ihren  ReBten, 
oder  frisch  bereitet,  in  wässerige  Lösungen 
von  schwefliger  Säure  umzuwandeln. 

Auch  Ekman  in  Bergvik  hat  nach  Mit- 
teilung Prof.  Dr.  P.  Klasons  (Technische 
Hochschule  zu  Stockholm)  an  den  Verfasser 
schon  1874  Türme  zur  Herstellung  der 
Kochlösungen  für  Sulfit  st  off  -  Herstellung 
benutzt.  Er  sagt  in  einem  Briefe  an  den 
Verfasser:*) 

„Ich  möchte  noch  zufügen,  was  in 
meiner  früheren  Veröffentlichung  nicht  ge- 
standen hat,  dass  Ekman  schon  von  An- 
fang an  Türme  für  Darstellung  der  Lösung 
benutzt  bat.4* 

Nach  C.  Hofmann  waren  dieselben  4,5  m 
hoch  und  hatten  1,5  m  Durcbm.,  sie  waren 
mit  gebranntem  Magnesit  gefüllt,  auf  wel- 
chen Wasser  herabregnete. 

Nach  dem  Berggeist  Jg.  1869  Nr.  97 
und  101,  S.  513/14  und  S.  536/38  waren 
übrigens  dem  Lehrer  an  der  Bergschule 
zu  Dillenburg,  preuss.  Reg.-B.  Wiesbaden, 
Dr.  Koch  und  dem  Ingenieur  F.  Molden- 
bauer in  Heddernheim  Türme  zur  Ver- 
nichtung von  Rauchgasen,  welche  schwef- 
lige Säure,  Schwefelsäure  etc.  enthalten, 
patentirt.  Solche  Türme  waren  in  den 
Hüttenwerken  von  St.Blasien,  bad.  Schwarz- 
wald, reihenweise  im  Betriebe.  Die  Türme 
zur  Absorption  der  Gase  aus  den  Röst- 
stadeln und  Krummöfen  waren  mit  Koks 
gefüllt,  mit  Wasser  berieselt  und  arbeiteten 
im  Gegenstromprinzip.  Die  aus  vier  Ver- 
blasberden  kommenden,  viel  schweflige 
Säure  enthaltenden  Röstgase  wurden  in 
gleichen,  mit  Stücken  von  kohlen- 
saurem Kalk  gefüllten  Türmen  ab- 
sorbirt. 

Ueber  die  Einrichtung  der  Türme  ist 
Ausführliches,  jedem  Fachmanne  sofort 


•)  Man  vergleiche  Wochenblatt  für  Papier- 
fabrikation, Jg.  1900,  S.  2152,  wo  für  die  Priori- 
tät Ekman«,  der  erste  Sulfitzellstoff-Fabrikant 
der  Welt  gewesen  zu  sein,  Beweise  erbracht 
werden. 


Verständliches,  sogar  unter  Anführung  von 
Dimensionen  gesagt. 

Hölzerne  Türme,  24'/«'  rh.  (=  7,7  m) 
Höhe  und  quadratischem  Querschnitt  4'  rb. 
(=  1,25  m)  Seite  sind  durch  Roste  in 
ihrer  Höhe  in  6  gleich  hohe  Abteilungen 
getrennt  und  innen  mit  zölligen  Brettern 
rauchdicht  verkleidet.  Unten  schloss  ein 
2'/t'  rh.  (=  0,785  m)  tiefer  Bleikasten 
rauchdicht  an.  Durch  den  Bleikasten  gehen 
das  Ablassrohr,  das  Pumpenrohr  und  der 
Stutzen  eines  Wasserstandsrohres.  Die 
untere  Abteilung  des  Turmes  ist  leer,  die 
oberen  Abteilungen  werden  durch  Einfüll- 
öffnungen, welche  durch  Holzdeckel  und 
Holzriegel  rauchdicht  verschlossen  werden 
können,  mit  Koks-  oder  Kalkstücken 
von  Doppelfaustgrösse  gefüllt. 

Die  obere  Abteilung  ist  verschlossen 
und  enthält  ausser  der  Füllung  einen 
Schaukeltrog  für  Benetzung  der  Füllung 
mit  Wasser.  Durch  ein  von  der  oberen 
Abteilung  bis  in  den  Abfallgraben  reichen- 
des  Saugerohr  wird  eine  Luitverdünnung 
im  oberen  Teil  des  Ofens  und  ein  energi- 
sches Einsaugen  der  Rauchgase  mittels 
eines  Kanales,  der  in  die  unterste  Ab- 
teilung des  Turmes  mündel,  bewirkt 

Es  ist  ferner  von  den  mit  Kalkstein 
gefüllten  Türmen  gesagt,  jeder  Turm  ent- 
halte 250  Kubikfuss  (=  7,75  ebm)  Kalk- 
steinstücke, welche  in  4—5  Monaten  auf 
100  Kubikfuss  (=  2,55  cbm)  zusammen- 
geben. 

Für  die  Türme  zur  Absorption  der  Gase 
der  Verblasherde  wird  die  Anordnung  von 
Flugstaubkammern  erwähnt. 

S.  513  mittlere  Spalte  wird  schliesslich 
gesagt,  dass  man  statt  der  in  St.  Blasien 
günstig  angewendeten  Saugung  mittels 
Wasserstrahles  (Ejektor)  auch  hohe  Türme 
mit  natürlichem  Luftzuge  angewendet  habe. 

Fig.  123  und  124  auf  folgender  Seite  290 
neben  in  1 : 200  ein  Bild  der  vorstehend  be- 
schriebenen Türme,  und  es  ist  klar,  dass  in 
diesen  Vorgängern  des  Mitscberlichturmes, 
über  den  später  die  Rede  sein  wird,  eine  wenn 
auch  dünne  u.  verunreinigte  Lösung  doppelt- 
schwefligsauren  Kalkes  entstehen musste,was 

4.  Bogen  1903. 


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290 


fei.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Figl23.  Fig.  124 

Die  Kooh-Moldenhauer-Türme  1869. 

das  Hinschwinden  des  kohlensauren  Kalkes 
zum  Ueberilusse  beweist. 

Man  erkennt  aus  Fig.  12H  die  0  über- 
einanderliegenden Kammern,  von  welchen 
die  oberen  f>  auf  Rosten  die  aufgeschich- 
teten Kalksteine  enthalten;  unten  rechts 
treten  die  Herdgase  durch  ein  weites  Rohr 
ein,  durchstreichen  die  5  Kammern  mit 
den  Kalksteinen,  welche  von  oben  durch 
den  angedeuteten  Schaukeltrog  mit  Wasser 
benetzt  werden.  Oben  links  seitlich  schliesst 
mit  Krümmer  das  Absaugrohr  an  und  ist 
die  Rohrleitung  mit  Einspritzüffnung  und 
der  im  vertikalen  Rohr  niederfallende 
Wasserstrabi  angedeutet.  In  einem  unter- 
irdischen Kanal  werden  dieTurmlösung  aus 
dem  Bleigefäss  durah  ein  Ablaufrohr  gleich- 
jnässig  mit  demSpritzwasser  verdünnt  und  die 


überschüssigen  von  der  schwefligen  Säure  etc 
befreiten  Abgase  abgeführt. 

Fig.  124  stellt  den  wesentlich  höheren 
Turm  dar,  der  mit  natürlichem  Luftzuge 
gearbeitet  haben  soll. 

Es  mag  an  dieser  Stelle  erwähnt ',  wor- 
den, dass  A.  K.  Eaton  unterm  20.  Oktober 
1871  das  amerikanische  Patent  119224  auf 
Herstellung  von  Zellstoff  unter  Anwendung 
einer  Lösung  von  schwefligsaurem  Natron 
i  Na  j  SOa)  nahm.  Im  kleinen  will  man 
auch  beim  Aufschluss  von  Holz  auf  vor- 
zügliche Resultate  mit  dieser  Lösung  ge- 
kommen sein,  im  grossen  hat  sich  dieses 
Verfahren  aber  nicht  eingeführt. 

W.  Schacht,  Weissenfeis,  schreibt  dem 
Na,  SOa-Gebalte  seiner  neuen  Kochlauge 
(s.  vorn  Seite  285)  die  günstige  Wirkung 
einer  guten  Lösung  der  Inkrusten  des 
Strohes  zu. 

Auch  auf  eine  dem  SulfitzellstofT-Fabri- 
kanten  bekannte  und  im  Abschnitt  „Chemi- 
kalien und  Lösungen"  S.  116/117  u.  S.  121 
behandelte  Sache  sei  in  diesem  geschicht- 
lichen Teile  noch  eingegangen. 

Tilghman  hat  in  seinen  Patenten  aus- 
gesprochen, dass  an  die  Stelle  von  Kalk 
Magnesia  treten  könne.  Die  meisten  Kalk- 
steine enthalten  weniger  oder  mehr  Mag- 
nesia, die  sog.  Dolomite  der  Zechstein- 
formation enthalten  bis  über  20  °/o  Magnesia 
(Mg  0)  bei  etwa  30  °/o  Kalk  (Ca  0).  Magnesit 
besteht  in  der  Hauptsache  aus  kohlen- 
saurer Magnesia. 

Ich  wiederhole  die  Zusammensetzung 
der  Lösungen  von  S.  121,  die  unter  Ver- 
wendung der  drei  Gesteinsarten  entstehen: 
vorausgesetzt  reiner  kohlensaurer  Kalk 
Ca  (HS0,)4  -f  HtO 

Dolomit:  ± [Ca  (H SO,),] 

[Mg  (H  S0,)8]  +  H,  0 

wo  a  +  b  =  d, 
„       reine  kohlensaure  Magnesia 
Mg  (H  SO.),  +  H,0. 
Der  Effekt  aller  drei  Lösungen  bei  Her- 
stellung von  Suintstoff  aus  Holz  ist  bei- 
nahe der  gleiche,  nur  ist  zu  bemerken, 
dass  der  Aulschliessungsprozess  mittelst 


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E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.  HL  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


291 


einer  Lösung,  die  nur  doppeitsch  weil  ig- 
saure  Magnesia  oder  zum  Teil  doppelt- 
schwefligsaure  Magnesia  enthält,  flotter  von 
stalten  gebt,  und  dass  nicht  so  leicht  eine 
Verkalkung  oder  Verkrustung  der  Mineralien 
eintritt,  indem  das  Monosulfit  der  Magnesia 
im  Gegensatze  zu  dem  des  Kalkes  löslich 
ist  Wer  also  Magnesit  oder  Dolomit 
billig  zur  Verfügung  hat,  wird  sich  als 
Fabrikant  lieber  dieser  Mineralien  be- 
dienen*;, da  sie  ihm  wirtschaftliche  und 
iabrikatorische  Vorteile  bieten. 

Nach  einem  österreichischen  Patent 
setzen  Dr.  V.  B.  Drewsen  und  L.  J.  Doren- 
feldt  der  Calciumbisulfitlösung  Natrium- 
sulfat zu;  es  entsteht  aus  einem  Teil  des 
Kalkgehaltes  Gyps,  der  ausfällt  und  Natrium- 
bisulfit.  Man  erhält  dadurch  eine  Calcium- 
Natrium  -  Bisulfitlösung ,  welche  bei  der 
Kochung  von  Holz  einen  vorzüglichen, 
leicht  bleichbaren  Sulfitzellstoff  ergeben  soll 

Von  einer  Anwendung  im  grossen  ist 
dem  Verfasser  nichts  bekannt  geworden. 

Auf  die  Türme  zur  Lösungsbereitung 
zurückkehrend,  so  hat  der  in  sehr  vielen 
Ausführungen  heute  noch  betriebene  Mit- 
scherlich-Turm  gegen  den  vorbeschriebenen 

*)  Aus  dem  Umstände,  dass  Ekman  in  Berg- 
vik  1874  Magnesit  zur  Verfügung  hatte  und  ver- 
wendete, sucht  nun  neuerdings  Prof.  Dr.  F.  Fittica 
in  seiner  1902  bei  S.  Hirzel-Leipzig  erschienenen 
sog.  „Geschichte  der  Sulfitzellstofffabrikation" 
einen  Unterschied  zwischen  dem  Ekman-  und 
dem  Mitscherlich-Verfahren  abzuleiten.   Er  will 
dadurch  die  Priorität  Ekrnans  als  erster  Sulfit- 
zellstofffabrikant  der  Welt,  die  vom  Verfasser 
im  Wochenblatt  für  Papierfabrikation  Jg.  1900 
S.  2152/3  deutlich  nachgewiesen  war,  zurück- 
drängen.     Nun     darüber    kann    der  Herr 
Professor    der    Geschichte    der   Chemie  in 
Marburg    beruhigt    sein,     der  akademisch 
und  praktisch  im  Fach   gebildete  Chemiker 
Ekman  in   Bergvik   hat,    ehe    er  Magnesit 
dauernd  anwendete,  so  gut  mit  Calcium-  wie  mit 
Magnesium-Sulfitlaugen  gekocht.    Er  wusste 
nur  den  Vorteil  der  Magnesium-Sulfitlaugen  zu 
würdigen.    Dem  Geschichtsforscher  und  dem 
Sulfitzellstoff-Fabrikanten  genügt  zu  wissen,  dass 
Ekman  sowohl  wie  Mitscherlich  Sulfitzell- 
stoff erzeugten,  und  dass  Ekman  der  erste  war, 
der  es  in  regelmässigem  Fabriksbetriebe  fertig 
brachte. 


Koch-Moldenhauer-Turm  eine  volle  Füllung 
auf  ganzer  Höhe  ohne  Zwischenroste  und 
ein  |~|  förmiges  Gaskühlrohr,  wie  es 
allerdings  schon  lange  vorher  in  Leucht- 
gasfabriken zu  Kühlzwecken  angewendet 
1  war.  Mitscherlich  kann  beanspruchen, 
schon  Ende  der  70er  Jahre  diese  glückliche 
Kombination  bekannter  Einrichtungen  für 
Herstellung  tauglicher  Sulfitlaugen  zu  stände 
gebracht  zu  haben.  Ein  Recht,  andere 
Turmanlagen  zur  Herstellung  der  Lösungen 
in  von  Mitscherlich  abweichenden  An- 
ordnungen zu  verbieten,  kann  nicht  zuge- 
standen werden. 

Turmanlagen  sind  später  mit  verschie- 
denen mehr  oder  weniger  wichtigen  Aende- 
rungen,  wie  weiter  unten  noch  an  einigen  Bei- 
spielen gezeigt  werden  soll,  ausgeführt. 
Auch  der  Chemiker  Dr.  Karl  Kellner  hat  ver- 
schiedene Turm  -  Konstruktionen  vorge- 
schlagen. 

In  Konstruktions-,  Betriebs-  und  Wir- 
kungsweise ganz  verschiedensind  aber  schon 
Dr.  Kellners  neben-  oder  übereinander  an- 
geordnete Bottiche,  die  zum  Teil  mit 
Kalkstein  und  Wasser  gefüllt  und  durch 
Rohrleitungen  derart  miteinander  verbun- 
den sind,  dass  das  Schwefligsäuregas  und 
Wasser,  resp.  Lösung  im  Gegenstrome 
zirkulieren  bis  zur  genügendenKonzentration 
letzterer.  Es  sind  hier  Saug-  oder  Druck- 
pumpen für  das  Gas,  bei  Nebeneinander- 
stellen der  Bottiche  auch  Pumpen  für  die 
Lösungen  erforderlich. 

Diese  Lösungsherstellungaeinrichtung  hat 
dafür  den  schätzbaren  Vorteil,  von  Wind 
und  Wetter,  unter  denen  der  Turmbetrieb 
Störungen  ausgesetzt  ist,  frei  zu  sein. 

Die  Sulfitlösungsbereitung  mit  Kalkmilch 
in  Bottichen  ist  13.  April  1883  Isaac  S. 
Mc  Dougall  in  England,  später  auch  in 
Amerika  unter  Nr.  311595  patentiert 

Mc  Dougall  hat  3 nebeneinander  stehende 
Bottiche  mit  Rührwerken. 

Gleichzeitig  oder  vor  Mc  Dougall  hat  auch 
der  mehrerwähnte  Dr.  K.  Kellner  Sulfit- 
laugen in  Bottichen  mit  Rührern,  von  denen 
aber  je  2  übereinander  stehen,  mittels 
Kalkmilch  hergestellt. 


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202 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Dr.  A.Krank-Charlottenburg  und  Kommer- 
zienrat  M.  Behrend  verwenden  ebenfalls 
Kalkmilch  zur  Lösungsbereitung. 

In  Schweden  dürfte  der  Papiermacher 
W.  Flodquist  in  Mölndal  b.  Gothenburg 
der  erste  gewesen  sein,  der  ein  sogen. 
Kammersystem  mit  10  gemauerten 
Kammern  ausbildete.  Die  Kammern  sind, 
zu  •/*  mit  Kalkmilch  gelullt,  hermetisch 
verschlossen  und  es  wird  durch  Saugung 
so  lange  schweflige  Säure  mittelst  ent- 
sprechender Rohrleitungen  durch  die  Kam- 
mern geschickt,  bis  eine  5°  B*  starke 
Lösung  entstanden  ist.  Prof.  Dr.  P.  Klason- 
Stockholm  hält  dieses  Kammersystem  für 
das  einzige  System,  welches  sich  dauernd 
lebensfähig  erweisen  dürfte.*) 

Dieser  Ansicht  Klasons  werden  nicht 
alle  Fachleute  zustimmen. 

In  Amerika  sind  sowohl  die  Türme,  wie 
die  Bottich  -  und  Kammerbetriebe  für 
Lösungsherstellung  im  Gebrauch  und  bietet 
sich  in  der  Folge  Gelegenheit,  auf  Ver- 
besserungen und  Unterschiede  einzugehen. 

Neuerdings  ist  von  Prof.  Dr.  A.  Harpf- 
Pribram  „Die  Erzeugung  von  Holzschliff 
und  Zellstoff.  Wien  1901.  Verlag  Moritz 
Perles,Wien"S.37wieder  darauf  hingewiesen, 
dass  es  wesentlich  einfacher,  aber  auch 
kostspieliger  für  den  Fabrikanten  ist,  wenn 
er  das  zu  Flüssigkeit  verdichtete  Schwefel- 
dioxyd fertig  kaufe,  dasselbe  vergase  und 
in  einen  Kalkmilchboltich  einströmen  lasse. 

In  seinem  Werke  „Flüssiges  Schwefel- 
dioxyd. 1900.  Stuttgart,  Verlag  von  Ferd. 
Enke",  S.  101**)  sagt  Harpf : 

„Wenn  eine  Zellstofffabrik  mit  Schwie- 
rigkeilen beim  Laugenbetrieb  zu  kämpfen 
hat,  oder  wenn  die  Kochlauge  im  Kocher 
durch  zu  starkes  Abgasen  zu  sehr  ge- 
schwächt sein  sollte,  vielleicht  auch,  um 
beim  sog.  „Ueberkochen"  eines  Kochers 
den  vergipsten  Stoff,  wenn  möglich,  noch 
zu  retten,  wird  das  flüssige  Schwefeldioxyd 
als  einfachstes  und  raschestes  Aushilfs- 

•)  Wochenblatt  für  Papierfabrikation,  Jg.  1900, 
S.  2247. 

•*)Dieae  wertvolle  Arbeit  Harpfs  ist  als  Teil 
der  bekannten  Ahren's  Sammlung  und  als 
Separatwerk  erschienen.  Zu  ersterer  deckt  sich 
S.  335  mit  S.  101  letzterer. 


mittel  jedenfalls  immer  willkommen  sein." 

Harpf  meint  damit,  dass  diese  An- 
wendung des  flüssigen  Schwefeldioxydes 
als  nur  ausnahmsweises  Hilfsmittel  für  den 
Sulfitstofffabrikanten  keineswegs  von  der 
Hand  zu  weisen  sei. 

Angeführt  sei  noch,  dass  mit  Tilghman 
anfangend  viele  Förderer  der  SulfitzellstofT- 
fabrikation  ein  Augenmerk  auf  die  Wieder- 
gewinnung der  schwefligen  Säure  gerichtet 
haben  ;  wie  wichtig  dieselbe  ist,  sagt  Harpf 
in  genanntem  letzten  Werke  S.  101 :  „Nach 
den  Betriebsergebnissen  der  Cellulosefabrik 
Moldaumühl  bei  Kienberg,  Böhmen,  slam- 
men  37  •/•  des  dort  in  der  fertigen  Koch- 
lauge wirklich  enthaltenen  Schwefels  aus 
den  Abgasen,  63*/o  werden  durch  Ver- 
brennen frischen  Schwefels  erzeugt". 

Herr  Dr.  Hiller-Schindlerswerk  gibt  dem 
Verfasser  nach  täglichen  genauen  Be- 
stimmungen der  Sulfitlösungen  einer  kleinen 
Sulfitzellstofffabrik  im  Jahre  1897  folgende 
Aufstellung  : 
Die  Sulfitlaugen 

enthielten     286706  kg  Schwefel 
Zur  Darstellung 

derselben 

waren  nur      108094  kg  frischer  Schwefel 

aufgewendet. 
Es  waren 

also  88612  kg  Schwefel 

zurückgewonnen. 

Von  einer  Kochung  Zeltstoff  (ca.  2500  kg 
tr.  Stoff)  wurden  ungefähr  8  cbm  Lösung, 
im  Durchschnitt  36  g  SO,  pr.  Liter  (durch 
Titration  mit  Jod  bestimmt)  enthaltend- 
in  kochfertigem  Zustande  zurückgewonnen, 
und  da  24  cbm  pro  Kochung  aufgewendet 
wurden,  so  gewann  man  etwa  V»  der  zum 
Kochen  benutzten  Lösung  zurück. 

Die  zugehörige  Anlage  bestand  aus 
drei  Schlangenküblapparaten,  hinter  welche 
ein  grösseres  Gefäss  zur  Trennung  der 
Kondensflüssigkeit  und  der  Gase  geschaltet 

I  war.  Erstere  lief  direkt  in  das  Lösungs- 
Bassin,  letztere  wurden  in  einen  Sulfit- 
losungs-Turm  geleitet  und  wiederabsorbiert, 

i  also  auch  wiedergewonnen. 


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E.  KIKCHNEK.   DAS  PAPIEK.    III.  B.  und  G.  ZELLSTOFF. 


293 


XVI.   Tabelle  des  Prozentgehalts  der  Lösungen  von  schwefliger  Säure  (richtiger 
Schwefeldioxyd  SO,)  bei  verschiedenen  spezifischen  Gewichten 


Nach  Scott 

Nach  üiles  & 

Lfd 

Snp?if 

Clrad 

V** 

Wagners  Jahres- 

Shearer Journ. 

Tempe- 

bericht 1871 

Soc.  Chem.  Ind. 

ratur  der 

wro. 

uewicnt. 

Be. 

S.  219 

1885  p.  503 

Lösung  0  C. 

—  

 _  

Prozent  SO, 

... 

Prozent  SO, 

1 

1  0028 

0,5 

** 

1,0051 

099 

•J 

o 

1,007  =  1 

1,0 

4 

1  0085 

1  5 

5 

1,0102 

2,05 

1  0113 

2  0 

7 

1  f  VI A 1 

co2 

.2,0 

tt 

1  0148 

2,87 

Q 

1  0168 

30 

10 

1  0194 

35 

0,0 

11 

X  L 

404 

12 

X  td 

1,0221 

co  3 

4  0 
45 

13 

1,0248 

14 

*  * 

1 0252 

4,99 

15 

1  0275 

"SO 

16 

1,0297 

co  4 

5.89 

15,5 

17 

x  # 

1  030'' 

• 

18 

1  0328 

19 

1  0353 

Uj  0 

7,01 

20 

1,0377 

oo5 

7 0 

21 

808 

1  nun 

7,0 

1,0426 

8,0 

24 

1,0438 

8,68 

25 

1,0450 

=  6 

85 

26 

1,0474 

9,0 

27 

1,0492 

9,80 

28 

1,0497 

9,5 

29 

1,0520 

=  7 

10,0 

30 

1,0541 

10,75 

31 

1,0597 

co8 

11,65 

12,5 

32 

1,0668 

13,09 

11,0 

os  9 

Schwefeldioxyd  (Schweflige  Säure).  des  spez.  Gew.  der  Luft  =  1  das  spez 

(SO,).  Gew.  von  SO,  =  2,25,  das  der  CO,  = 

Schwefeldioxyd  ist  das  Schwefligsäure-  1,53,  für  spätere  Turmberechnungen.) 
aohydrid.  Schweflige  S  ä  u  r  e  ist  also  das  Hydrat 

Es  ist  ein  Gas,  welches  2,234mal  schwerer  von  SO,  und  wird  geschrieben  H,  S08. 

ist  als  die  Luft  (Harpf  setzt  bei  Annahme  '  In  den  Kochfltissigkeiten  und  in  wässerigen 


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294  E.  KIHCHNEK.    DAS  PAPIEH.   III.  B.undC.  ZELLSTOFF. 


TabelleXVll,GehaltderSulfitlösungenanSO, 
nach  Prof.  Dr.  A.  Harpf  1892. 


Ges.  SO, 

•/• 

freie  SO, 

•/• 
geb.  SO, 



Auf  100  Teile 

•Be 

Gesair 
frei  SO, 

tt.  SOi 
l  Reb.  SO^ 

3l/t 

2.183 

1.421 

0.762 

OD 

OD 

ö 

3»/ 4 

2  288 

1.490 

0,798 

Di) 

oo 

OJ 

bc 

4 

2,483 

1,572 

0,911 

Ö.1 

Ol 

C 
9 

1  2,&34 

1,668 

0,966 

63,5 

36,5 

09 

O 

4Vt 

2.807 

1,734 

1,073 

62 

38 

1 

4«/« 

2  917 

1  787 

1  ISO 

61 

39 

g 

5 

3,135 

1,971 

1,164 

63 

37 

3 
«-» 

• 

3.264 

2,047 

1,217 

63 

37 

ja 

o 

6Vi 

3,468 

2,092 

1,376 

60 

40 

3,591 

2,122 

1.469 

59 

41 

9» 

6 

3,784 

2,306 

1,478 

61 

39 

1 

6V« 

3,959 

2  368 

1,591 

60 

40 

ss. 

6  lt 

4,186 

2,576 

1,610 

61,5 

38,5 

6»i. 

4,309 

2,666 

1,643 

62 

38 

7 

4(543 

2,850 

1,693 

63 

37 

Mittel 

|  62,13 

37,87 

3 

1,826 

1,128 

0,698 

62 

38 

3«/4 

1.976 

1,200 

0.776 

61 

39 

• 

c 
*> 

3V> 

2,086 

1.289 

0,797 

62 

38 

3»/4 

2,341 

1,426 

0,915 

61 

39 

M> 
C 

4 

2,404 

1,457 

0,947 

60,5 

39,5 

CO 

2,630 

1,624 

1,006 

62 

38 

O 
_3 

4V« 

2,792 

1,755 

1,037 

63 

37 

• 

ji 

4«/4 

2,914 

1.823 

1,121 

62 

38 

o 

5 

3,064 

1,872 

1,192 

61 

39 

o 

5'/4 

3,193 

1,982 

1.211 

62 

38 

03 

5Vt 

3,485 

2,138 

1,347 

6t 

39 

5»/4 

3616 

2.144 

1  472 

59 

41 

6 

3,816 

2,251 

1,565 

59 

41 

Mittel 


61,2 


38,8 


Lösungen  kommt  nur  letzteres  vor,  sei  es 
als  freie  Säure,  oder  in  unseren  Koch- 
flüssigkeiten als  Monosulfit  oder  Bisulßt, 
z.B.  CalciummonosulfUCaSO,  oderCalcium- 
bisulßtCaSO,'+  H,  SO,  =Ca  (H  SO,),. 
Man  bestimmt  in  der  Technik  immer  den 
Schwefeldioxyd-Gehalt  der  Lösungen  und 
verwechselt  Schwefeldioxyd  und  schweflige 
Saure,  indem  man  SO,  immer  schweflige 
Säure  nennt 

Nach  Carius  enthält: 
1  Volumteil  einer  mit  Schwefeldioxyd  ge- 
sättigten wässerigen  Lösung 

bei   09C   68,861  Volumenteile  SO, 

.,   10°C  51,383 

„   15°  C  43,564 


bei  20«  C   36,203         „  SO, 
Nach  Bunsen  &  Sehönfeld  ist  das  spez. 
Gew.  der  mit  SO,  gesättigten  Lösung 
bei    0°C  =  1,06091 
„    10#C  =  1,05472 
„    20*C  ~  1,02386 
Nach  Giles  &  Sbearer  ist  das  spez.  Gew. 
einer  mit  SO,   gesättigten   Lösung  bei 
15,5°C  Temperatur  1,0541. 

Tabelle  XVI  gibt  den  Prozeatgehalt  ao 
SO,  von  wässerigen  Lösungen  nach  ihren 
spezifischen  Gewichten  geordnet  auf  Grund 
genauer  Feststellungen  von  Scott,  sowie 
Giles  &  Shearer. 

Man  lese  Teil  II  E  dieses  Werkes,  Seite 
133/34  und  HIB  uulC,  S*:t)Ui'2?  ai 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  ß.  und  C.  ZELLSTOFF. 


295 


Der  Professor  Dr. 
A.  Ha r pT  hat  in  seiner 
Dissertations  -  Arbeit 
1892  Stuttgart  *)  in 
nebenstehender 
Tabelle  XVII, 
S.  294   aus  einigen 

hundert  Analysen- 
resultaten die  Mittel- 
werte von  Turm-  und 
Bottichlösungen  be- 
kannt gegeben,  aus 
denen  hervorgeht,dass 
mit  dem  steigenden 
spezifischen  Gewichte 
ein  ziemlich  gleich- 

massiges  Ansteigen 
des  Gehaltes  an  Ge- 
samt-, freier  und  ge- 
bundener SOa  ver- 
bunden ist. 

Ein  Teil  der  Tabelle 
ist  mit  gütiger  Erlaub- 
nis desVerfassers  Seite 
294  abgedruckt 

Nach  diesen  Ts  bellen 
erweisen  sieb  die 
Turmlösungen  als  an 
treier   SO,  reicher 

als  die  Bottichlaugen,  indessen  ist  das 
keineswegs  als  Regel  hinzustellen,  Ver- 
lasser hatte  Gelegenheit  mit  Mitscherlich- 
turmlösungen  gut  zu  kochen,  die  wesentlich 
ärmer  an  freier  SO,  waren,  andrerseits 
kennt  er  Bottich-Lösungen,  die  wesentlich 
reicher  an  freier  SO,  waren,  als  von  Harpf 
in  dieser  Tabelle  festgestellt. 

Nach  einer  Reihe  Untersuchungen  des 
Dr.  B.,  die  dem  Verfasser  als  gerichtlichem 
Gutachter  zur  Verfügung  standen,  lässt 
sich  in  einer  Bottichbatterie  unter  be- 
Voraussetzungen der  Prozentsatz 
SO,  vom  Gesamt-SO,-Gehalte  der 
BisulfiUösungen  74°/o  bis  75°/.  erreichen. 

Trägt  man  nach  Tabellen  XVI-XVil 
in  Fig.  126  die  Spindelungen  nach  B6 
horizontal  und  die  Gesamt -SO, -Gehalte 
nach  Skott,  Dr.  B.  und  Dr.  Harpf  vertikal 

•)  Druck  der  Union  Deutsche  Verlagsanstalt. 


Flg.  125.    EiafliM  de«  so  .-.und  CaO  Gehaltes 
auf  dae  epezlf.  6ew.  der  Lösungen. 


auf,  so  erkennt  man  bei  Berücksichtigung, 
dass  es  sich  hier  um  wässerige  SO,-Lösung 
und  sonst  um  CalciumbisulGtlösungen 
handelt,  welchen  Einfluss  der  Kalkgehalt 
der  Lösungen  auf  das  spezifische  Gewicht 
derselben  bat. 

Gesteht  man  dem  Satze  Harpfs:*) 

»Die  eigentliche  genaue  chemische 
Zusammensetzung,  insbesondere  der  Ge- 
halt an  Kalk  und  Magnesia,  sind  für  den 
Betrieb  nicht  von  allzugrosser  Bedeut- 
ung. Für  die  Kochung  ist  im  wesent- 
lichen ein  gewisser  möglichst  hoher 
Gehalt  an  Gesamt-SO,'  von  Wichtig- 
keit; die  grössere  oder  geringere  Menge 
von  freier  schwefliger  Säure  kann  dabei, 
wie  ich  mich  in  meiner  Praxis  zu 
überzeugen  Gelegenheit  halte,  erst  in 
Bezug  auf  die  nachherige  Weisse  des 
Stoffes  von  Bedeutung  sein.« 

•)  Inaugural-Dissertation  S.  26. 


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e.  Kirchner,  das  Papier,  in.  b.  und  c.  Zellstoff- 


298 


bis  zu  gewissen  Grenzen  volle  Be- 
rechtigung zu,  so  ergibt  doch  das  beige- 
fügte Bild,  dass  jedes  Prozent  an  freier  SOa 
Unterschied  bei  der  Spindelung  oder  der 
Bestimmung  des  spezifischen  Gewichtes  von 
grossem  Einfluss  auf  den  Gehalt  an  Ge- 
samt-SOt  ist  und  dass,  wenn  man,  wie 
Mitscherlich  es  lehrte,  die  Lösungsstarke 
nur  nach  der  Spindelung  beurteilt,  man  zu 
grosser  Unsicherheit  in  der  Führung  des 
Kochprozesses  kommen  muss,  oder  mit 
anderen  .  Worten,  wenn  der  Gehalt  an 
freier  S03  in  der  Lösung  wechselt  und  die 
Spindel  einen  sicheren  Schluss  auf  den 
Gesamt-SOa-Gehalt  nun  einmal  nicht  zu- 
lässt,  muss  ein  verschiedener  Ausfall  des 
resultierenden  Stoffes  selbstverständlich 
eintreten.  Eine  sichere  Führung  des  Koch- 
prozesses war  demnach  erst  den  Fabrikanten 
möglich,  die  auf  Grund  chemischer  Unter- 
suchungen dem  Gesamt-S03-Gehalt  der 
Lösungen  genaue  Rechnung  trugen. 

0.  Vogel-Zell  berichtete  dem  Verfasser, 
dass  er  der  Erste  war,  der  dies  1880/81 
erkannt  hatte,  und  gehreibt  der  jedes- 
maligen genauen  Untersuchung  seiner  Koch- 
lösungen den  Vorteil  zu,  dass  er  in  Zell 
i.  W.  nie  eine  Fehlkochung  hatte. 

Die  D  a  r  s  t  e  1 1  u  n  g  des  Schwefeldioxydes. 

Der  Schwefel-Verbrennungsofen 
Taf.  126,  Fig.  1-3,  Seite  297,  stellt  eine 
leicht  zu  bedienende,  zufriedenstellend  ar- 
beitende Einrichtung  dar,  um  rafGoirten 
sicilianischen  Schwefel  I.  oder  II.  Sorte 
unter  Zutritt  genügender  Luftmengen  und 
Einhaltung  nicht  zu  hober  Temperatur  zu 
verbrennen;  es  bildet  sich  dabei  das 
Schwefeldioxyd. 

WieHarpf*)angibt,  schmilzt  Schwefel  nach 
Brodie  bei  114,5°  C,  entzündet  sich  nach 
Dal  ton  bei  260°  C  und  siedet  nach  Reg- 
nault  bei  448,4»  C.  Die  Verflüchtigung 
des  Schwefels  tritt  schon  bei  viel  niederer 


*)  Dinkers  polyt.  Journal  1867  Heft  7  u.  8 
Porak-Apparat. 


I  Temperatur  als  der  letzten  ein.  Der 
!  Schwefelofen  sollte  daher  womöglich  ge- 
kühlt werden,  was  durch  hohle  Seiteo- 
wände  mittelst  Luft  und  Ersetzung  der 
oberen  Gussplatte  durch  ein  Kaltwasser- 
reservoir, in  welches  kaltes  Wasser  ein- 
und  warmes  Wasser  austritt,  geschehen 
könnte.  Jedenfalls  sollte  die  Temperatur 
des  Raumes  über  der  inneren  Brennpfanne 
nicht  wesentlich  über  260*  C  steigen,  um 
eine  Sublimation  des  Schwefels  zu  ver- 
meiden. 

Bekanntlich  bilden  sich  beim  Ver- 
brennen von  Schwefel  neben  Schwefeldio- 
xyd (SO,)  geringe  Mengen  Schwefeltrioxyd 
(S0S),  die  aber  selten  störend  empfunden 
werden.  Die  sich!  bildenden  Mengen  kön- 
nen auch  durch  geeignete  Kühleinrichtungen 
für  das  Gas  an  das  sich  bildende  Konden- 
sationswasser gebunden  mit  diesem  abge- 
führt oder  von  kaltem  Waschwasser 
aufgenommen  werden,  falls  man  eine 
Waschung  der  Gase  vornimmt. 

Der  Ofen,  Taf.  126,  dessen  Arbeit  Ver- 
fasser während  drei  Jahren  im  Betrieb  be- 
obachtete, war  ohne  besondere  Kühlein- 
richtungen geeignet,  17—23  kg  Schwefel 
zu  verbrennen,  seine  Pfanne  P  war  1,3  m 
lang,  0,5  m  breit,  0,13  m  tief.  Das  Ein- 
füllen des  Schwefels  geschah  durch  die 
Tür  T  über  die  Schürplatte  hinweg.  Die 
Luftzuführung  war  durch  Schieberöffnungen 
in  der  sonst  dicht  schliessenden  Tür  regu- 
lierbar, ausserdem  befand  sich  in  der  Ofen- 
tür eine  Schauöffnung  zur  Beobachtung  des 
Verbrennungsvorganges  auf  der  Pfanne. 
Zum  ersten  Anheizen  (Schmelzen  des 
Schwefels)  wurde  ein  Raum  im  Fusse  des 
Ofens  benutzt,  der  mit  einem  Rost  für 
Holzfeuerung,  grosser  Seitenöffnung  und 
Zuglöchern  versehen  war.  Die  sich  bil- 
denden Schwefeldioxydgase  treten  durch 
einen  sich  allmählich  verengenden  Fuchs 
in  das  direkt  sich  anschliessende  vertikale 
Kühlrohr,  welches  die  Fortleitung  des 
Gases  tibernahm. 

Der  Ofen  und  alle  Zufuhr  wurde  neben- 
her von  dem  Manne  besorgt,  dem  noch 
die  Ueberwachung  des  Betriebes  und  die 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


207 


— J  ,  p=— — """" 


Tal.  126.  ScbweleUerbrennungiofen. 

Lünes-,  Quer-  und  (lrundriBschnitte. 

Bedienung  eines  Lösungsbereitungsturmes 
oblag.  Widrige  Winde  und  hohe  Luft- 
temperatur verursachten  ein  Zurückgehen 
der  Leistung  dieses  Ofens,  doch  sind  wirk- 
liche Störungen  im  regelmäßigen  Betriebe 
kaum  vorgekommen. 

Vei  fasser  verbrauchte  Ende  der  80er 
Jahre  für  eine  Kochung  (10000  kg  tr.  ged. 
Sulfitstoff)  1300  kg  Schwefel.  Es  war  also 
ein  etwa  3x24stündiger  Betrieb  dieses  Ofens 
erforderlich,  um  die  SO,  für  die  nötige  Lö- 
sung einer  solchen  Kochung  herzustellen. 

Selbstverständlich  wird  ein  solcher  Schwc- 
felverbrennungsofen  bei  entsprechender  Ver- 
größerung der  Dimensionen  mehr  leisten. 

Der  besprochene  Ofen,  Fig.  126.  ist 
übrigens  ähnlich  dem  alten  englischen, 
oben  überwölbten  Schwefelofen,  der  von 
Lunge,  Sodaindustrie  1.  Auflage,  S.  110 
1870,  beschrieben  ist. 

Sehr  gut  in  unserer  Industrie  haben  sich 
eingeführt 

die  Schwefelbrenncr 
aus  Gußeisen,  von  denen  eine  Type  der 
Firma  E.  Paschke  &  Co.,  Freiberg  i  S., 


Fig.  127, 128  Seite  298 
dargestellt  ist.  Sie  sind 
vom  Chemiker  Otto 
Vogel  (Firma  üebr.  Vo- 
gel, Zell  i.  W.)  bereits 
188182')  als  „sich 
selbst  regulierende 
Schwef  elf  üllöfen" 
eingeführt  und  ein  Jahr  später  auch  durch 
Dr.  Kellner  aeeeptiert  worden. 

Dieser  Schwefelbrenner  ist  Fig.  127  als 
schematischer  Längsschnitt  und  Fig.  128 
als  Grundriß  dargestellt.  Der  Schwefel 
wird  in  das  Becken  B  nach  Bedarf  ein- 
geschaufelt, schmilzt  infolge  der  durch  den 
unten  brennenden  Schwefel  entwickelten 
Wärme  und  fließt  durch  das  stellbare 
Ventil  V  nach  Bedarf  selbsttätig  in  die 
Pfanne  P.  Diese  Pfanne  hat  über  die  ganze 
Breite  reichend  eine  dicht  auf  den  Rand 
der  Pfanne  gepaßte,  durch  Schrauben  ab- 
hebbare Klappe  L,  durch  welche  die  Luft- 
zufuhr für  die  Verbrennung  aufs  beste 
geregelt  werden  kann. 

Die  Schwefeldioxydgase  werden,  um  Sub- 
limation von  Schwefel  zu  vermeiden,  durch 
Wasserkühlkästen  W,  im  oberen  Teile  der 
Pfanne  gekühlt  und  gehen  durch  die 
Oeffnung  M  in  das  Ableitungsrohr  R.  Ueber 

'  Verfasser  besitzt  einen  Brief  der  Firma  Gebr. 
Vojcel.  worin  es  wörtlich  heißt:  .Wir  waren  es,  die 
hierin  durch  Einfühniiiu  unserer  heute  noch  tnustcr- 
Kütisen,  sich  selbst  reculiercnden  Schwefelfüllöfen 
gründlich  Wandel  schafften.  Sic  stammen  aus  dem 
/weilen  Jahr  unseres  Meiriches  (lft«2>.* 

•V  Mögen  IW3. 


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298  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPI1IR. 

M  hängt  der  Schlußdeckel  A.  Durch  den 
Kühlkasten  W.,  ist  für  Abkühlung  des  Ofens 
und  der  Gase  weitere  Sorge  getroffen. 

Das  Becken  B  hat  etwa  700  mm  Durch- 
messer, 400  mm  Tiefe,  die  schrägliegende 
Pfanne  P  hat  2,4  m  Länge,  unten  1,4  m, 
oben  0,7  m  Breite,  0,130  m  1.  Höhe,  das  Ab- 
zugsrohr hat  300  mm  l.  Durchm.  Fig.  120 
gibt  noch  einen  Grundriß  eines  größeren 
Schwefelbrenners  mit  2  Becken  B  zur 
Aufnahme  des  Schwefels. 

Die  Maschinenfabrik  von  F..  Paschke  & 
Co.,  Freiberg  i.  S. ,  welcher  Verfasser  die 
wiedergegebenen  Konstruktionsbilder  ver- 
dankt, baut  diese  Brenner  in  3  Größen, 
und  zwar  für  Leistungen  in  24  Stunden: 

bei  1,5  qm  Brennfläche 

600  kg  Schwefelverbrennung, 

bei  2,2  qm  Brennfläche 

900  kg  Schwefelverbrennung, 


Flg.  127.  Längsschnitt.  Flg.  128,  Grundriß. 
Kleiner  Schwefelbrenner  von  E.  Paichke  &  Co.. 
Freiberg  1.  S. 


I 


Flg.  129.   GroBer  Schwelelbrenner.  (jrundriü. 
E.  Paschke  &  Co .  Frelherg  L  S. 


III.  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


bei  3,66  qm  Brennfläche 

1500  kg  Schwefelverbrennung. 

Soll  der  Ofen  außer  Betrieb  gesetzt 
werden,  so  werden  das  Ventil  V  und  die 
Klappe  L  einfach  geschlossen.  Sind  mehrere 
Oefen  zusammenhängend  an  einer  SO,- 
Leitung  im  Betriebe,  so  wird  bei  Abstellen 
eines  Ofens  auch  noch  der  Verschlußdeckel 
oder  die  Glocke  A  heruntergelassen. 

Der  Vorzug  dieser  Schwefe Ibrenner 
gegenüber  den  zuerst  beschriebenen  Ver- 
brennungsöfen ist  durch  die  vielfache 
dauernde  Anwendung  in  unseren  Sulfitzeil- 
stoffabriken  am  besten  bewiesen.  O.  Vogel- 
Zell  hat  nach  eigener  Aussage  erst  nach 
Einführung  seiner  sich  selbst  regulierenden 
Oefen  immer  gleich  starke  und  gleich  zu- 
sammengesetzte Lösungen  erreichen  und  stets 
gute  Sulhtkochuugen  erzielen  können. 

Zwei  wichtige  Faktoren,  Luftzuführung 
und  Kühlung,  sind  bei  der  Verbrennung 
von  Schwefel  zu  berücksichtigen  und  em- 
pirisch zu  regulieren,  um  den  höchsten  und 
besten  Effekt  zu  erzielen. 

Nach  G.  Martine*  ist  zu  beachten: 

1)  Zu  viel  Luft  und  zu  starkes  Abkühlen 
verursacht  zu  starkes  Sinken  der 
Temperatur  und  teilweises  Verlöschen 
der  Flamme. 

2)  Großer  L'eberschuß  an  Luft  und  hohe 
Temperatur  gibt  gute  Verbrennung,  aber 
ein  SO.,-armes  Gas. 

3)  Bei  zu  wenig  Luft  und  starker  Abkühlung 
wird  die  Verbrennung  eine  unvollständige. 
Die  Flamme  kann  dabei  sogar  erlöschen. 

4)  Zu  wenig  Luft  und  ungenügende  Kühlung 
gibt  eine  schlechte  Verbrennung  und 
starke  Sublimation. 

Das  beste  Resultat  erhält  man,  wenn 
man  genügende  Luftmengen  zuführt  und 
den  Ofen  so  wenig  wie  möglich  kühlt. 
Martine  nennt  sich  sogar  einen  Feind 
des  Abkühlens  überhaupt,  spricht  aber  für 
dessen  Anwendung  soweit,  daß  eine  zu 
starke  Abnützung  der  Apparate  vermieden 
wird.   Es  genüge  indes,  zu  verhindern,  daß 
die  Oefen  rotglühend  werden. 

*  Zeitschrift  der  Zuckerindustrie  in  Böhmen  l<»(Hi 
Ikrlcs.  Prag.  2M>. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Waren  die  vorbeschriebenen  Schwefel- 
brenner für  den  Betrieb  mit  natürlicher 
Luftzuführung  bemessen,  so  hat  man  anderer- 
seits auch  Oefen  konstruirt  und  mit  Erfolg 
eingeführt,  die  mit  Druckluft  betrieben  wer- 
den. Einer  dieser  Oefen  ist  von  Vonhof 
konstruirt  und  von  der  Firma  Mariolle-Pinguet 
et  fils  in  Saint-Quentin  zuerst  gebaut  worden. 

Der  Hauptkörper  des  Ofens  K  hat,  wie 
aus  Fig.  130/31  ersichtlich  ist,  eine  sarg- 
ähnliche Form.  Der  obere  Teil  ist  nach 
oben  als  Wasserbehälter  W  ausgebildet  und 
mit  Abflußrohr  versehen.  Das  in  das  offene 
Becken  eintretende  Wasser  wird  mittels  eines 
Hahnen  von  Hand  reguliert.  Die  Luft  tritt 


durch  Ventil  V  in  den  oberen  Teil  des  Ofens 
ein,  wird  von  einer  Verteilungswand  L  nach 
unten  hin  abgelenkt  und  bestreicht  die  ganze 
brennende  Schwefelfläche.  Das  SOs-Gas 
entweicht  durch  das  seitlich  auf  dem  Ofen 
angebrachte  Abzugsrohr  S.  Die  erste  Ent- 
zündung des  Schwefels  erfolgt  mit  einem 
glühenden  Eisenstab,  der  durch  die  Oeff- 
nung  O  in  der  Ofenwand  eingeführt  wird. 
Die  Oeffnung  wird  dann  mit  einem  Stöpsel 
verschlossen.  In  der  Mitte  des  Ofens  ist  die 
Füllvorrichtung  A  angebracht,  in  welche  der 
Schwefel  gefüllt  wird.  In  dieser  Vorrichtung 
befindet  sich  unten  eine  Drosselklappe  C, 
die  von  außen  durch  Drehen  an  der  Welle 


I 


7077777777777?, 

Flg.  130,  LlngsKbnltt. 


7777777,    ?rm ;?}/;;?/))} ))}»  777'. '  wjt, 


Vonhol-Sch  welell 


Flg.  131,  Querschnitt. 


mit  Handgriff  H  geschlossen  oder  geöffnet  j  nenfabrik  und  Eisengießerei,  Sachsenburg- 


werden kann.  Man  schließt  die  Klappe,  füllt 
den  Schwefel  ein,  schließt  den  oberen  Deckel 
mittels  Bügelverschlusses  B,  dreht  die  Klappe 
um  90°  und  der  Schwefel  fällt  in  den  Ofen. 

Am  unteren  Teile  des  Ofens  befinden  sich 
verschließbare  Reinigungsöffnungen  R,  um 
die  Rückstände,  die  sich  beim  Verbrennen 
des  Schwefels  ansammeln,  von  Zeit  zu  Zeit 
entfernen  zu  können,  ferner  befindet  sich 
bei  V  eine  Schauöffnung. 

Die  Firma_Sachsenburger  Aktien -Maschi- 


Heldrungen  (Kyffhäuser)  baut  diese  Oefen 
in  verbesserter  Konstruktion,  ferner  die  für 
die  Oefen  erforderlichen  Luftpumpen  in 
liegender  oder  hängender  Anordnung,  ebenso 
Gegenstromkühler,  die  das  Gas  bis  auf  eine 
nur  4  —  6'^höhere  Temperatur  abkühlen,  als 
sie  das  Kühlwasser  hat. 

Ein  Vorzug  dieser  allerdings  komplizierte- 
ren Einrichtung  ist  der,  daß  man  unabhängig 
von  Wind  und  Wetter  das  SO.,-Gas  mit 
immer    gleichbleibendem    Druck    an  die 


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300 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Iii:.  132.    Schwcfctbreoner.  Sachsenburger 

Absorptionsvorrichtungen  (Türme,  Bottiche) 
abgeben  kann.  Fig.  132  gibt  ein  Gesamtbild 
dieser  Schwefelbrenner. 

Nach  Angabe  genannter  Firma  liefert 
sie  ihre  Schwefelbrenner  in  drei  Größen. 
Ein  Ofen  verbrennt  in  24  Stunden 

Nr.  3.  225  kg  Schwefel  u.  liefert  1 2,5  cbm  Lös. 
Nr.  4.  450  „       ,      „     .    25     „  „ 
Nr.  5.  675  „       „      n     „    37,5   „  „ 

Diese  Brenner  werden  besonders  bei 
Anwendung  von  Bottich-Apparaten  benutzt. 

Andere  Sch wefelbrenncr. 

Es  gibt  noch  eine  größere  Reihe  von 
Schwefelverbrennungsöfen.  Lunge  beschreibt 
187Q  Sodaindustrie  I.  Aufl.  S.  126  den 
Ofen  Harrison  Blair,  dessen  sich  schon 
1866  die  Gebr.  Tilghmann  mit  Erfolg  zur 
Herstellung  ihrer  Sulfitlösungen  be- 
dienten. In  der  2.  Auflage  von  Lunge  Soda- 
Industrie  1893  sind  weitere  Ocfcn  abgebildet. 

In    Hofmanns    Handbuch    der  Papier- 
fabrikation S.  1457  heißt  es: 

.Ekman  in  BerEVtk  benutzte  nach  The  Chc- 
mislry  of  Papcr-Making  von  Littlc  einen  aus  (>  mm 
starkem  Kiscnhlech  gebauten  luftdichten  Schweich 
ofen.  Jessen  dünne  Wände  die  Wärme  durchließen 


Aktien-Maschinenfabrik  und  Eisengießerei. 

und  rasche  Abkühlung  bewirkten.  In  demselben 
erstreckte  sich  ein  schräg  liegender  Rost  auf  zwei 
Drittel  der  Ofcnlangc.  und  aui  diesem  lag  lose  eine 
M  Zoll  hohe  Schicht  Ziegelsteine,  die  bewirken 
sollte,  daß  der  darauf  ausgebreitete  Schwefel  voll- 
kommen verbrannte  und  daß  sich  wenig  Schwefel- 
säure bildete.* 

Schwefelbrenner  resp.  Schwefelöfen  sind 
auch  konstruirt  und  eingeführt  worden  von 
P.  Suckow  &  Co.,  Breslau,  Gebr.  Körting 
in  Körtingsdorf  b.  1  lannover  (mit  Injektor). 
Dr.  A.  Frank- Charlottenburg,  H.  Füllner- 
Warmbiunn  und  anderen. 

Vorbereitung   des  Schwefelkieses 
oder  der  Pyrite. 
Die  verwendeten  Pyrite  werden  als  von 
der  Gangart  bereits  befreites  Erz  gekauft. 

Eine  Zerkleinerung  der  größeren  Stücke 
ist  erforderlich,  um  ein  Produkt  in  annähernd 
gleichen  Stücken  zu  erhalten.  In  der  Zell- 
stoffabrikation  geschieht  die  Zerkleinerung 
häufig  durch  i  landarbeit,  besser  aber  mittelst 
Steinbrechern,  sofern  die  Gruben  das  Erz 
nicht  schon  zerkleinert  in  beliebiger  Stärke, 
resp.  Korngröße  liefern. 

Nur  in  sehr  großen  Fabriken,  z.  B.  in 
Waldhof.  sah  Verfasser  Maschinen  ein  nch 


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E^  KIRCHNER.    DAS  PAPIER. 

tungen*  zum  Brechen  der  groben  Stücke  und 
mechanische  Siebereien  in  Betrieb. 

Für  unsere  Zwecke  dürfte  ein  Kies  in 
Stücken  von  6  —  2  cm  Durchmesser,  die 
durch  ein  Sieb  von  entsprechender  Maschen- 
weite gehen,  am  geeignetsten  sein. 

Man  erhält  3  Sorten,  nämlich  Stücke, 
Gries  und  Feinkies,  und  zwar  ergibt  sich 
bei  Maschinenarbeit  von  letzteren  mehr, 
weshalb  in  kleineren  Betrieben,  die  keine 
Einrichtungen  für  Verwertung  des  Grieses 
und  Feinkieses  haben,  die  Handarbeit  vor- 
zuziehen ist." 

Lunjie  hält  Kies,  von  dem  die  gröb- 
steu  Stücke  durch  ein  Sieb  von  7'  .,  cm 
Maschenweite  und  die  feinsten  auf  einem 
Siebe  von  12  mm  Maschenweite  liegen  j 
bleiben,  zum  Verarbeiten  im  Kiesofen  für 
gut  geeignet. 

Wenn  der  durch  das  feinere  Sieb  ge- 
gangene feine  Kies  nicht  mehr  als  71 pCt. 
beträgt,  so  kann  man  nach  Lunge  ohne 
besondere  Oefen  dieses  Feinere  verwerten. 
Er  sagt:"* 

Wenn  die  gesamte  Charge  z.  B.  350  kg 
beträgt,  so  läßt  man  325  kg  Grobes  und 
25  kg  Feines  an  den  Ofen  schaffen  (mehr 
führt  leicht  zu  fehlerhaftem  Gange  des  j 
Ofens).  Zuerst  wird  das  Grobe  wie  ge- 
wöhnlich chargirt  und  dann  erst  das  Feine, 
indem  der  Arbeiter  es  mit  der  Schaufel 
den  Seiten  und  der  Rückenwand  des  Ofens 
entlang  wirft. 

Fällt  mehr  als  7«  s  pCt.  Gries  und 
Feines,  so  kann  man  demselben  10—25  pCt. 

*  Maschinen  zum  Brechen  «1er  Kiese  sind  nach 
Lunge  die  besten  System  Blake  der  Maschinen- 
fabrik von  Marsdcn  in  Lecds.  Zwischen  keilförmig 
stehenden  geriffelten  Stahlbacken,  von  welchen  die 
eine  vertikal  und  die  andere  schief  dazu  angeordnet 
ist  und  hin  und  herhewegt  wird,  passieren  die  Stücke 
und  werden  zerdrückt.  Eine  solche  Brechmaschine 
soll  etwa  6  PS  Kraft  erfordern  und  von  harten  Kie- 
sen 25  t  in  3  cm  groß;  Stücke.  50  t  von  weicheren 
Kiesen  in  b  cm  große  Stücke  brechen. 

"  Prof.  Dr.  Harpf  zieht  das  Maschinenbrechen 
vor;  dieses  liefert  nach  seiner  Ansicht  gleichmäßigen 
Kies  Das  Schlegeln  mit  der  Mand  gibt  ungleiche, 
oft  in  große  Stücke,  welche  sich  schlecht  abrüsten 
lassen 

***  Handbuch  der  Sodafabrikation  l.*7v.  S   IM.  . 


III.  B.  und  C.    ZELLSTOFF.  301 


Ton  beimischen,  einen  Mörtel  daraus  machen 
und  Brocken,  Ballen  oder  „Klütten"  daraus 
formen,  die  auf  einem  Dampfkessel  oder 
auf  den  Pyritöfen  getrocknet  mit  dem 
Stückkies  chargirt  werden  können.  Jedoch 
darf  man  nicht  mehr  als  Klütten  zu 
•    Stückkies  nehmen. 

Kiesöfen. 

Zur  Schwefelsäurefabrikation  wurde  bis 
etwa  1840  ausschließlich  sicilianischer 
Schwefel  verbrannt.  Die  Ausbeutung  der 
sicil.  Schwefellager  und  der  Schwefelver- 
kauf war  damals  in  den  Händen  einer 
Marseiller  Gesellschaft,  die  den  Schwefel- 
preis diktierte  und  so  hoch  hielt,  daß  man 
sich  ernstlich  bemühte,  den  Schwefelgehalt 
der  Pyrite  oder  Schwefelkiese  auszu- 
nutzen. 

Schon  1835  war  es  Perret  et  Fils  in 
Lyon  gelungen,  Schwefelkiese  in  Schacht- 
öfen derart  abzurosten,  daß  die  gewonnene 
schweflige  Säure  zur  Schwefclsäuref  abrikation 
dienen  konnte. 

Man  versuchte  dann  auch  Herdöfen 
für  diesen  Zweck.  Um  1860  hatte  sich  in 
England  bereits  eine  Mittelform  (aus 
Schacht-  und  Herdofen)  der  Pyritöfen 
herausgebildet,  die  sich  mehr  und  mehr 
einbürgerte  und  allgemein  angenommen 
wurde. 

Verschiedene  Zeichnungen  und  Be- 
schreibungen ältester  Oefen  befinden  sich 
in  Muspratts  Encyclopädie  1860  und 
anderen  älteren  Werken,  dann  sind  die 
in  den  60  er  und  70er  Jahren  in  England 
und  anderwärts  in  Betrieben  bewährten 
Oefen  in  Lunges  Handbuch  der  Soda- 
Industrie  1879  S.  150  etc.  umständlich  be- 
schrieben und  abgebildet. 

Mitscherlich  wendete  zur  Herstellung 
von  SOj-Gas  einen  den  bekannten  und  oben 
beschriebenen  gemauerten  alten  Schwefel- 
verbrennungsöfen ähnlichen  an,  besonders 
empfahl  er  auch  die  ebenfalls  bekannten 
Kiesröstöfen.  So  gut  wie  übereinstimmend 
mit  dem  von  Lunge  187()  (S.  151  genannten 


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302 


L.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


.2  5 

VT 


Tal.  IU.   Eagihcher  Kies  den  1875. 


werden,  sind  einfacher,  nämlich  schieber- 
!    förmig  gebaut. 

Dieser  Ofen  ist  für  Stückkiesverarbeitung 
geeignet.  Die  wallnuß-  bis  eiergroßen 
Kiesstücke  liegen  auf  dem  horizontalen 
Planrost  R  mit  vierkantigen  drehbaren 
Roststäben.  In  der  Hauptsache  bestehen 
die  Kiese  aus  Doppelschwefeleisen  FeS,. 
1     Man  vergl.  S.  113  etc. 

Der  Betrieb  der  Ocfen  wird  folgender- 
Werkes)  veröffentlichten  Kiesofen  ist  der  |  maßen  gehandhabt: 
nachfolgend   beschriebene   und  Taf.  133, 
Fig.  1  in  Längs-.  Fig.  2  in  Quer-,  Fig.  3 
in  Grundriß-Schnitt  dargestellte. 


Für  Anheizen  eines  Herdes  werden  die 


Beschreibung  des  Kiesofens 
nach  Lunge. 

Der  Ofen  umschließt  einen  Raum  A 
von  1300  mm  Tiefe,  1350  mm  Breite  in 
seinem  oberen  weiteren  Teile,  unten  am 
Rost  mißt  er  1200x1200  mm,  die  lichte 
Höhe  beträgt  1000  bis  1050  mm.  Der 
Rost  ist  durch  drehbare  Vierkantstäbe  aus 
Schmiedeisen  gebildet. 

a  ist  die  Arbeitsöffnung  mit  Tür,  letztere 
trägt  eine  Schiebeklappe  b  zum  Beobachten 
des  Ofeninnern.  Die  Tür  geht  in  Angeln 
und  liegt,  wie  aus  Fig.  1  zu  ersehen,  geyen 
einen  schiefen,  sauber  bearbeiteten  und 
geschliffenen  Anschlag,  der  luftdichten  Ab- 
schluß bietet.  Ebenso  sind  die  Türen  cc 
und  d  für  die  Bedienung  der  Roststäbe 
unJ  für  den  Aschenfall  verschlossen;  eine 
Arbeitsöffnung  e  und  die  <  >effnung  f  für 
den  oberen  Zugkanal,  die  seilen  gebrauehl 


Roststäbe  mit  Kiesabbränden  8  cm  hoch 
bedeckt,  darauf  kommen  Holz  und  Stück- 
kohle. Der  Gasabzugschieber  im  Fuchs 
wird  geschlossen,  die  Arbeitstür  a  geöffnet 
und  das  Brennmaterial  entzündet  >  und 
18  —  24  Stunden  gefeuert,  bis  die  Wände 
des  Ofens  rotglühend  sind;  nach  Heraus- 
ziehen der  Brennmaterialreste  wird  sodann 
der  Rost  mit  den  Pyriten  0,4—0,7  m  hoch 
beschickt  Die  Arbeitstür  a  wird  ge- 
schlossen und  der  Schieber  für  Abzug  der 
Gase  geöffnet,  der  Röstprozeß  beginnt 
und  geht  von  selbst  weiter,  indem  die 
durch  Verbrennung  des  Schwefels  erzeugte 
Wärme  für  die  Inganghaltung  des  Röst- 
prozesses genügt. 

Die  Höhe  der  Pyritschicht  muß  von 
der  Güte  der  Erze  abhängig  gemacht 
werden.  Kupferhaltige  schwefelreiche  Py- 
rite werden  weniger  hoch  als  geringere 
aufgeschüttet.  Für  gutes  Abrösten 
jst  es  nö<i^,  die  Kiese  täglich  mehrmals 
mit  (eis    starker    Brechstangen    von  den 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


303 


Arbeitsöffnungen  a  und  e  aus  aufzulockern 
und  in  Höbe  auszugleichen.  Die  Abbrände 
werden  durch  Drehen  der  Roststäbe  be- 
seitigt, was  auch  gleichmäßig  zu  geschehen 
hat.  Die  Luftzufuhr  spielt  bei  der  Ab- 
rüstung eine  wichtige  Rolle,  sie  muß  für 
unsere  Zwecke  so  geregelt  werden,  daß 
sowohl  eine  Sublimation  des  Schwefels  als 
auch  eine  wettere  Oxydation  zu  Schwefel- 
säure möglichst  verhindert  wird.  Bei  An- 
wendung von  zu  wenig  Luft  sublimiert 
Schwefel  und  setzt  sich  in  den  anschließen- 
den Zugkanälen,  den  anschließenden  Staub- 
kammern und  den  Gasleitungsrohren  ab. 
Auch  die  Bildung  der  den  Zug  störenden 
und  die  Abröstung  verhindernden  Schlak- 
ken  oder  Sauen,  welche  aus  kompakten 
Massen  von  leicht  schmelzbarem  einfach 
Schwefeleisen  FeS  bestehen,  ist  auf  zu  ge- 
ringe Luftzuführung  zurückzuführen.  Zu 
hohe  Schichten  können  die  Luftzufuhr  er- 
schweren, die  durch  einen  Schieber  im  Gas- 
abzugsrohr, sowie  durch  verschließbare 
Löcher  in  den  Arbeits-  und  Aschenfalltüren 
geregelt  wird. 

Die  Temperatur  muß  im  oberen  Teile 
des  Ofens  hoch,  in  der  Nähe  der  Roste 
niedrig  sein. 

Die  Kiesabbrände  sollten  nicht  mehr  als 
3-4  pCt.  des  Schwefelgehaltes  der  Kiese 
enthalten.      Dieser    Prozentgehalt  steigt 


allerdings  in  der  Praxis  auf  6  und  mehr 
Prozent,  weshalb  eine  regelmäßige  Kon- 
trolle durch  chemische  Analyse  der  Ab- 
brände zu  empfehlen  ist. 

Die  Abbrände  haben  wegen  des  (Fe^O  .) 
Eisenoxydgehaltes  die  eigentümliche  rot- 
braune Farbe,  sollen  leicht  zerbröcklig  und 
frei  von  Schlacken  sein.  Sie  werden  durch 
Drehen  der  Roststäbe  in  den  Aschenfall 
befördert  und  darauf  die  Oefen  neu  mit 
Kies  beschickt.  Die  Abbrände  müssen  vor- 
gekrückt  und  aus  dem  Ofenhaus  abgefahren 
werden. 

Nach  Hasenclever*  läßt  man  in  neueren 
Anlagen  Englands  die  Abbrände  direkt  in 
eiserne  Wagen  (auf  Schienen  laufend) 
fallen,  um  sie  schnell  und  ohne  viel  Hand- 
arbeit aus  dem  Ofenhaus  durch  einen 
unterirdischen  Kanal  zu  entfernen.  Dieser 
Kanal  dient  gleichzeitig  als  Abzug  der  bei 
Neubeschickung  der  Oefen  entstehenden 
ersten  Gase,  indem  er  durch  2  Schieber 
verschließbar  ist.  Sind  die  Abbrandwagen 
aus  dem  Kanal  gefahren,  so  wird  der 
Schieber  nach  der  Außenseite,  wo  die  Wa- 
gen eben  entfernt  waren,  geschlossen,  und 
der  zweite  Schieber  am  anderen  Ende  des 
Kanales  setzt  letzteren  bei  seinem  Oeffnen 
mit  einem  Zugschornstein  in  Verbindung. 
Die  Staubkammer  wird  inzwischen  von  dem 

*)  Chcm.  Ind.  IsfS.  S.  4«. 


Flg.  154.  Längsschnitt.   Amerlk.  Kiesofenanlage.   Flg.  I3S.  Querschnitt. 


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304 


F..  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


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4*6  m«  6  -05 


Tal.  IM.   F.  Paschke  &  Co.  Kiesbrenner. 


neu  zu  beschickenden  Ofen  mittels  Schieber 
oder  Glocke  abgeschlossen.  Bei  der  Be- 
schickung saugt  der  Schornstein  Luft  durch 
die  Arbeitsöffnungen,  durch  die  Kiesschicht 
und  deu  unteren  Kanal  an;  es  geht  das 
erste  Gas  durch  den  Schornstein  verloren, 
aber  gleich  nach  der  Beschickung  wird  der 
Schieber  im  unterirdischen  Zugkanal  ge- 
schlossen und  der  Schieber  nach  der  Staub- 
kammer geöffnet,  die  Gaserzeugung  findet 
erneut  ihren  gewünschten  Fortgang.  Die 
Arbeiter  sowohl  als  auch  die  Nachbarschaft 
der  Oefen  werden  auf  diese  Weise  nicht 
von  der  schwefligen  Säure  belästigt. 

Der  besprochene  englische  Kiesröstofen 
hat  auch  in  Amerika  Eingang  gefunden, 
um  Sulfitlösungen  für  Zellstoff  herzustellen. 
Fig.  134  und  135  S.  303  geben  Bilder  von 
Röstöfen  mit  Staubkammern  und  Külil- 
rohren,  wie  sie  1898  im  Paper-Trade-Journal 
dargestellt  sind. 

Der  Firma  F.  Paschke  &  Co.,  Freiberg, 
verdankt  Verfasser  die  Mitteilung  (vom 
3.  Mai  1903)  und  Darstellung,  Tafel  136, 
eines  sechsherdigen  Kiesbrenners  mit  Fluy- 
staubkammern. 

Es  können  auf  jedem  Herd  in  24  Stunden 


400  —  500  kg  Schwefelkiese  abgerostet 
werden.  In  der  Regel  verwendet  man 
Stückkiese  von  50—60  mm  Dicke,  ,  die  45 
bis  50  pCt.  Schwefelgehalt  haben.  Die  Rück- 
stände enthalten  aber  immer  noch  4—5  pCt. 
Schwefel  und  werden  an  Hochofenhütten 
verkauft;  wenn  sie  noch  Kupfer  enthalten, 
wie  z.  B.  die  Rio-Tinto-Kiese,  dann  werden 
diese  auch  auf  Kupfer  verarbeitet. 

Der  Ofen  ist  so  eingerichtet,  daß  jeder 
der  6  Herde  einzeln  aus-  oder  eingeschaltet 
werden  kann,  die  Beschickung  geschieht 
durch  die  Fülltrichter  a  a  a,  welche  ab- 
dichtende Schieber  b  haben. 

Bei  der  Inbetriebsetzung  werden  die 
Herde  zunächst  mit  Holz  gefüllt  und  bis 
zur  Rotglut  geheizt.  Die  Heizgase  läßt 
man  durch  die  Fehlessen  c,  auf  die  Blech- 
ecken gesteckt  werden,  entweichen;  nach 
deren  Entfernung  wird  die  Fehlessc  durch 
eine  Kapsel  verschlossen.  Die  Abstellglocken 
werden  nunmehr  geöffnet,  nachdem  jederOfen 
mit  200  -250  kg  Kiesen  beschickt  worden 
ist,  und  die  Röstung  beginnt.  Beim  Betriebe 
ist  die  Masse  mehrmals  aufzubrechen  und 
zu  lockern,  was  vermittelst  starker  Eisen 
durch  die  Türen  t  erfolgt;  nach  6  Stunden 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  OL  B.  und  C.  ZELLSTOFF.  305 


erfolgt  die  Entleerung  durch  den  Rost, 
welcher  aus  □  Stäben  gebildet  ist,  und 
welche  zu  diesem  Zweck  so  lange  ge- 
dreht werden,  bis  die  abgerösteten  Kiese 
heruntergefallen  sind,  hierauf  findet  eine 
neue  Beschickung  statt.  Die  Schweflig- 
säure durchströmt  den  Raum,  welcher 
sich  über  dem  Herdgewölbe  befindet  und 
geht  nach  der  Flugstaubkammer  f,  um  dann 
in  den  Absorptionstürmen  Verwendung  zu 
finden. 

Zum  Abrösten  von  Feinkiesen, 
welches  m.  W.  in  Deutschland  nur  in 
einigen  sehr  grossen  Sulfitstofffabriken  zur 
Aufarbeitung  der  Abfälle  der  bezogenen 
Stückkiese  durchgeführt  wird,  hat  zuerst 
Maletra  Etagenöfen*)  konstruirt,  welche 
insofern  unpraktisch  waren,  als  sie  nur 
von  einer  Seite  bedient  wurden. 

Fig.  137  gibt  den  Querschnitt  eines  von 
Schaffner  in  Aussig  verbesserten  Malötra- 
ofens,  bei  dem  die  Bedienung  von  beiden 
Seiten  aus  erfolgt. 


Fig.  137.   Maletra-Schaffner  Etagenofen. 

Gewöhnlich  befinden  sich  mehrere  solcher 
Oefen  nebeneinander.  Seitlich  neben  dem 
letzten  Ofen  schliessen  sich  dann  eine 
grössere  Staubkammer unddie  Kühlrohre  an. 


*) Ausführliches  ühcr  damit  orzirlto  Betriehs 
orgehnitsc  von  Prof.  Dr.  A.  Harpf  b.  ZentralhlaU 
f.  d.  oslerr.-unjf.  Pajiier-IndtiRtrH'  14-1*5,  Nr  15, 
lfl  und  17,  sowie  Dinker'«  polyt.  Journal  18%, 
Heft  1  und  2. 


In  diesem  Ofen  sind  7  Schamotteplatten 
angeordnet,  welche  an  den  Seiten  verstärkt 
sind,  und  deren  Flächen  von  je  einer  eigenen 
Tür  o  bedient  werden.  Dieser  Ofen  ist 
also  von  zwei  Seiten  zugänglich.  Die 
Arbeitsöffnungen  sind  durch  Schieber  zu 
öffnen  und  zu  schliessen.  Der  Feinkies 
wird  oben  in  den  Trichter  T  mechanisch 
und  stetig  zugeführt,  durch  Heben  einer 
Glocke  am  Boden  des  Trichters  fällt  peri- 
odisch Kiesstaub  durch  das  Füllrohr  a  auf  die 
obere  Platte,  wird  durchHandarbeit  auf  dieser 
verbreitet  und  von  Zeit  zu  Zeit  auf  die  zweite 
Platte  geknickt,  so  passiert  der  Kies  all- 
mählich sämtliche  Etagen  des  Ofens,  wobei  er 
abbrennt.  Die  S0a  entweicht  mit  der  über- 
schüssigen Luft  durch  das  Gewölbeloch  m, 
geht  in  den  oberen  Staubkanal  y  und  weiter 
durch  die  grossen  Staubkammern  nach  den 
Kühlrohren.  Der  Abbrand  wird  in  den 
Raum  k  gezogen,  von  Zeit  zu  Zeit  durch 
Ziehen  eines  Schiebers  unterhalb  k  nach 
(w)  unten  abgelassen  und  durch  die  Tür  z 
entfernt. 

Das  Anheizen  des  Ofens  geschieht  in 
der  Weise,  dass  derselbe  durch  eine  be- 
sondere Feuerung  zur  Weissglut  erhitzt 
wird,  dann  beschickt  man  alle  Flächen 
mit  einer  dünnen  Schicht  Feinkies,  der 
sich  sofort  entzündet  Die  SO, -Gase  wer- 
den regelrecht  abgeführt  und  die  weitere 
Beschickung  des  Ofens  geschieht,  wie  oben 
gesagt,  durch  den  Fülltrichter  T. 

Die  Luft  wird  im  allgemeinen  von  der 
untersten  Arbeitsöffnung  zugeführt,  man 
darf  nicht  zu  viel  Luft  verwenden ;  die 
Arbeitsöffnungen  dürfen  nicht  länger  als 
unbedingt  nötig  offen  stehen.  Die  Ab- 
brände  können  bis  auf  1  °/o  Schwefelgehalt 
abgeröstet  werden,  durchschnittlich  ent- 
halten sie  1,5  e/o  Schwefel. 

Ein  mechanisch  betriebener  Ofen  für 
Verarbeitung  von  Schwefelkies-Gries  und 
Staub  ist  von  Mac  Dougall  erfunden  und 
ausprobiert. 

Dieser  M  a  c  D  o  u  g  a  1 1  0  f  e  n  ist  be- 
reits 1876  von  Lunge  in  Wagner's  Jahres- 
berichten S.  315  und  später  in  Lunge's 
Handbuch  der  Sodaindustrie  1.  Aull.  S. 
199  etc.  ausführlich  beschrieben. 

0.  Bogen  1908. 


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306  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und.C.  ZELLSTOFF. 


In  der  2.  Aufl.  des  letzteren  Werkes 
S.  239  sagt  Lunge,  dass  man  mit  dem  Mac 
Dougall  Ofen  das  Einströmen  von  falscher 
Luft,  wie  dies  beim  Ofen  von  Maletra  un- 
vermeidlich ist,  in  Äusserst  geistreicher 
Weise  vermieden  habe,  dass  man  aber  wegen 
anderer  Schattenseiten  diese  theoretisch 
besten  Feinkies-Oefen  habe  aufgeben  müssen. 
Lunge  hält  es  aber  für  möglich,  dass  die  ge- 
fundenen Uebelstande  durch  Neuerfindungen 
noch  zu  beseitigen  seien.  Lunge  beschreibt 
den  älteren  Ofen  als  einen  aus  gusseisernen 
Ringen  zusammengeschraubten  Zylinder 
von  1,85  m  Durchra.  und  3,5  m  Höhe.  Es 
werden  durch  eingespannte  Gewölbe  im 
Innern  des  aufrecht  stehenden  Zylinders 
7  Kammern  gebildet. 

Die  Gewölbe  sind  in  der  Mitte  durch- 
brochen und  lassen  Platz  für  eine  stehende 
Welle,  an  der  starke  gusseiserne  Rechen 
befestigt  sind.  Die  Welle  ist  im  oberen 
tiewölbe  und  in  der  Bodenplatte  mit  einer 
Sandstopfbüchse  abgedichtet.  Die  Welle 
wird  durch  ein  Rädergetriebe  von  oben 
gedreht.  Das  Erzklein  (grösste  Stücke 
gehen  durch  Siebmaschen  von  25  mm  Weite) 
wird  oben  aufgegeben  und  durch  die 
schiefgestellten  Rechenzähne  von  der  Mitte 
nach  der  Peripherie  geschoben,  es  fällt 
durch  entsprechende  Oeffnungen  in  die 
nächste  Etage,  in  dieser  arbeiten  die  Rechen- 
zähne das  Erz  nach  der  Mitte  und  so  wechsel- 
seitig weiter  passiert  das  Erzklein  durch  den 
ganzen  Ofen.  Die  obere  Kammer  des  in  Glut 
befindlichen  Ofens  ist  am 
heissesten,  in  die  unterste 
Kammer  wird  mittelst  einer 
Luftpumpe  Luft  eingeblasen, 
und  die  Erze  werden,  bis  sie 
unten  ankommen,  sehr  voll- 
ständig abgeröstet.  Das  Gas- 
gemisch entweicht  aus  der 
obersten  Ofenetage  in  die  Staub- 
karamern, Kühlungen  etc. 

Der  Ofen  erlaubt  mit  G  Arbeits- 
etagen 3500  kg,  mit  8  Arbeits- 
etagen 5000  kg  Erzklein  in 
24  Stunden  abzurosten.  Der 
Kohlenverbrauch  für  Betrieb  der 
Maschinerie  beträgt  pro  Woche 


nach  Lunge  4000  kg.  Der  Lohn  pro  Woche 
85  M. 

Beim  ersten  Anzünden  wird  der  Ofen 
allmählich  mit  Erzklein  gefüllt,  die  untere 
Etage  durch  das  Mauerloch  hindurch  so 
lange  mit  einem  temporär  herangeschobenen 
Feuer  geheizt,  bis  das  Erz  auf  dem  Boden 
sich  entzündet,  dann  setzt  man  die  Ma- 
schinerie in  Gang  und  mässigt  die  Speisung 
so  lange,  bis  das  Erz  richtig  geröstet  unten 
ankommt. 

Es  gelingt,  Abbrände  mit  nur  l°/o  Schwefel 
zu  erhalten.  Bei  forcirtem  Betriebe  sind 
höchstens  3— 4*/«  Schwefel  im  Abbrand. 
Man  ist  mit  dem  Apparat  von  der  Ge- 
schicklichkeit der  Pyritbrenner  ganz  unab- 
hängig, was  sehr  hoch  anzuschlagen  ist 
Die  innere  Armatur  kann  auch  leicht  durch 
die  im  Mantel  betiodliehen  Mannlöcher  er- 
setzt werden,  sobald  sie  defekt  wird. 

Ein  Uebelstand,  der  zur  zeitweisen 
Aufgabe  des  Ofens  bei  der  Schwefelsäure- 
herstellung zwang,  war  die  grosse  Menge 
des  sich  bildenden  Flugstaubes. 

Die  Beseitigung  der  dem  Mac  Dougall- 
Ofen  anhaftenden  Uebelstande  scheint 
nach  den  Verbesserungen  desselben  durch 
den  Amerikaner  Herreshoff  überwun- 
den zu  sein. 

Nach  Mitteilung  des  Ingenieur  L  J. 
Do  rentel  dl.  Kristiania. der  den  Vertrieb  dieser 
verbesserten 

Herresho  f  f-  Kiesstaub  -  R  ö  s  t  ö  f  en 


Figur  138.   Herreshoff  Ofen. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


307 


rür  Europa  in  der  Hand  hat,  sollen  bereits 
500  Herreshoff-Oefen  im  Betriebe  sein. 

27  dieser  Oefen  arbeiten  in  europäischen 
SuliitzellstoffTabriken,  davon  sind  mehrere 
schon  über  ein  Jahr  mit  Erfolg  im  Be- 
triebe. Verfasser  entnimmt  in-  und  aus- 
ländischen Veröffentlichungen  ober  den 
Ofen  folgendes: 

Der  Herreshoff-Ofen  ist  Figur  138  links 
im  Schnitt,  rechts  in  Ansicht  dargestellt. 
Von  einem  runden  Eisenzylinder  von 3350mm 
Durcbm^  3350  mm  Höhe  sind  fünf  Röst- 
Kammern  von  Schamotte- Wänden  und  -Ge- 
wölben gebildet  eingeschlossen ;  durch  die 
Kammern  hindurch  geht  eine  Hohlwelle, 
welche  für  jede  Kammer  zwei  diametrale 
mit  schraubig  gestellten  Rechenzinken  ver- 
sebene Rührarme  trägt  Jeder  nur  45  kg 
wiegende  Rührarm  ist  mit  einem  Haken 
in  eine  entsprechende  Tasche  der  Welle 
eingehängt  und  wird  durch  sein  Eigen- 
gewicht festgehalten.  Zur  Auswechselung 
eines  solchen  Armes  genügt  1  Minute  Zeit 
Infolge  der  Luftzirkulation  durch  die  Hohl- 
welle, welche  noch  durch  eine  Blechesse 
verstärkt  wird,  findet  eine  Kühlung  nicht 
nur  der  Welle,  sondern  auch  der  Anhefte- 
baken der  Rührarme  statt  Nach  der  Er- 
fahrung müssen  pro  Jahr  5—6  Rührarme 
im  Wert  von  etwa  100  M.  ausgewechselt 
werden. 

Wegen  der  langsamen  Tourenzahl  leiden 
die  Antriebsräder  sehr  wenig  und  an  Trieb- 
kraft braucht  man  nur  ll* — Vi  PS. 

Das  Erz  wird  dem  Ofen  automatisch 
oben  zugeführt,  die  Zinken  der  Rührarme 
befördern  das  Erz  von  der  Mitte  nach  der 
Peripherie,  es  fällt  auf  den  Boden  der 
nächsten  Etage,  von  hier  fördern  es  die 
Riihrarme  nach  der  Mitte  und  so  fort,  bis 
es  am  Boden  der  untersten  Etage  'ange- 
langt, vollständig  auf  Vi*/»— 49/p  Schwefel 
abgerostet,  die  Auslassöffnungen  erreicht. 

Die  Verbrennungsluft  tritt  von  unten  ohne 
Druck  ein  und  unterhält  die  Wärme  und  die 
Abröstung.  Die  SO,- Gase  treten  oben  durch 
einen  Stutzen  neben  der  Hohlwelle  und 
werden  durch  einen  Rohrzweig  in  das 
(iasabzups-Hauptrohr  geleitet. 


Da  man  bei  der  Arbeit  an  den  Oefen 
die  Ofentüren  nur  zur  seltenen  Auswech- 
selung eines  Rührarmes,  oder  zur  momen- 
tanen Kontrolle  der  Arbeit  zu  öffnen 
braucht,  so  kann  man  den  Zutritt  des 
Sauerstoffes  nach  Belieben  regulieren, 
einen  stetigen  Strom  SO,-reichen  Sauer- 
stoff-armen Gases  (14— 16*/«  SO,)  er- 
zielen. Nach  Dr.  Drewsen*)  erreichte 
man  16°/o  SO,  Gehalt  bei  Bildung  von 
FeO  in  den  Schlacken. 

Die  Bildung  von  Flugstaub  ist  jeden- 
falls sehr  verringert,  da  man  das  gewalt- 
same Einblasen  von  Luft  vermeidet  und 
dabei  der  Staub  einer  Kammer  von  der 
anderen  zurückgehalten  wird.  Der  aus  der 
oberen  Kammer  etwa  mitgerissene  Staub 
wird  von  Dr.  Drewsen  in  einer  Anlage  der 
International  Paper  Co.  in  Palmer  N.-Y. 
mit  einem  einfachen  Wascher  (Scrubber) 
vollständig  zurückgehalten,  so  dass  mit 
Hilfe  des  gewonnenen  Gases  eine  wasser- 
helle Kochflüssigkeit  entsteht  Das  im 
Wascher  verwendete  Wasser  nimmt  frei- 
lich etwas  SO,  auf  und  wird  heiss,  aber 
es  wird  durch  einen  gewöhnlichen  Schlangen- 
kühler auf  Flusswassertemperatur  gekühlt 
und  wieder  verwendet,  so  dass  kein  Gas 
verloren  geht 

Eine  Sublimation  von  Schwefel  bei  Be- 
nutzung des  Ofens  soll  ausgeschlossen  sein, 
ein  Mann  kann  eine  Reihe  Oefen  und  die 
Gasreinigung  überwachen  und  dabei  noch 
Nebenarbeiten  verrichten. 

Das  Arbeitsquantum  eines  Herreshoff- 
Ofens  beträgt  3200  kg  41*/o  Erz  in  24 
Stunden,  was  1400  kg  Schwefelverarbeitung 
entspricht 

Dr.  Drewsen  beantwortet  in  Paper  Mill 
N.-Y.  1900  die  Frage,  ob  in  Sulfitstoff- 
fabriken Schwefel  oder  Schwefelkies  für 
Kochlösungsherstellung  zu  verwenden  sei, 
dahin**,  dass  bei  Anwendung  des  Herreshoff- 
Ofens  undDrewsen-Gasreinigers  Schwefe  1- 
kies  den  Vorzug  verdient,  wenn  der  aus- 
nützbare Teil  des  Schwefels  im  Schwefel- 


•)  Wbl.  f.  Papierf.  Jg.  1900  Nr.  33  S.  3135. 
♦•)Ebenda  Jg.  1900  Seite  3133/36. 


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308 


K.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


kies  sich  gleich  teuer  oder  billiger  als 
reiner  Schwefel  stellt.  (Dr.  Drewsen 
scheint  die  Kiespulverisierung,  die  Ab- 
nützung der  HerreshofTschen  Oefen,  Ersatz 
der  Rührarme  etc.  sehr  gering  anzu- 
schlagen!) 

t"  Die  Frage  ist  also  lediglich  auf  eine 
Preisfrage  des  Schwefels  und  Schwefel- 
kieses zurückgeführt. 

Beim  Kies  kommt  in  Betracht:  1)  Der 
Prozentgebalt  an  Schwefel,  2)  der  Prozent- 
gehalt fremder  Metalle  ausser  Eisen,  3)  die 
Fracht  des  Schwefelkieses. 

Je  höher  der  Schwefelgehalt  und  je 
geringer  der  Gebalt  an  fremden  Metallen, 
umso  besser  für  Ausbeute  und  Fracht- 
kosten. Reinster  Eisenkies  ergibt  1  pCt. 
Schwefelverlust,  auf  jedes  Prozent 
Zink  oder  Kupfer  hat  man  ferner  */•  pCt 
Schwefelverlust,  auf  jedes  Prozent  Blei 
sogar  l*/t  Prozent  Schwefelverlust  zu 
rechnen. 

Der  Schwefelkies  wird  in  England  und 
Amerika  nach  Einheiten  (1  Einheit  =s  22,4 
Pfund)  Schwefel  gehandelt.  Ist  der  Preis 
für  die  Einheit  10  cent  an  der  Grube,  so 
heisst  dies:  1  t  -=  2240  Pfund  =  1016  kg 
Schwefel  kostet  10  Dollar  =  42  M.  Man 
bezahlt  also  an  die  Grube  nur  den  Schwefel, 
aber  Tür  die  Fracht  ist  der  Gehalt  an 
Eisen,  anderen  Metallen  und  Uneinigkeiten 
von  grosser  Bedeutung.  Schwefelarme 
Kiese  können  durch  die  Fracht  sehr  ver- 
teuert werden.  Es  müssen  daher  die 
lokalen  Verhältnisse  entscheiden,  ob 
Schwefel  oder  Schwefelkies  vorteilhafter 
zu  verwenden  ist  Bei  gleichem  Preise 
aber  sollte  Schwefel  vorgezogen 
werden. 

Jedenfalls  hat  der  Herreshoff-Staubkies- 
brenner  auch  in  der  Sulfitzellstoff-Induslrie 
da  eine  grosse  Zukunft,  wo  die  Verar- 
beitung des  Schwefelkieses  gegenüber  der 
des  Schwefels  Vorteile  gewährt. 

Zusammensetzung  des  Schwefligsäure- 
gaaes. 

Bei  0°C  Temperatur  und  Atmosphären- 
druck (760  mm  Quecksilberhöhe)  wiegt  1 1 
trockene  atm.Luft  1,2932  g;  sie  besteht 


aus  2 10  ccm  Sauerstoff  ä  1,4298  mg 
und 700 ccm  Stickstoff  ä  1 ,256  > 

Demnach  enthält 

1 1  LuftO,300258gSauereto<T, 
und  0.992398g  Stickstoff. 
Der  chemische  Vorgang   beim  Ver- 
brennen von  Schwefel  mit  atmosphärischer 
Luft  ist  der,  dass  sich  ein  Atom  Schwefel 
mit  zwei  Atomen  Sauerstoff  zu  einem 
Molekül  schwefliger  Säure  verbindet. 
S  +  0,  =  SO,' 
32  +  16.2  =  64. 
Dabei    entspricht    ein  Volumenteil 
schweflige  Säure  einem  Volumenteil  Sauer- 
stoff. 

Bei  0*C  Temperatur  und  Atmosphären- 
druck wiegt 

USOa  =  2,8731g, 

in  demselben  sind 
enthalten 

l,43655gSchweiel 
l,43655gSauerstoff. 
Nun  wird  in  der  atm.  Luft  1  1  Sauer- 
79 

stoff  von  2l  =  3,7621  Stickstoff  begleitet, 
somit  können 

4,762  1  Ofengas  höchstens  1 1  schweO.  Säure, 
100  1  Gas  höchstens  20,93  l  SO  , 
enthalten.  Man  sagt,  das  Gasgemisch 
würde  20,93  Volumenprozente  S0a  be- 
sitzen. 

Dieser  höchste  Gehalt  an  schwefliger 
Säure  ist  beim  Schwefelverbrennen  nicht 
zu  erzielen,  da  immer  mit  etwas  Ueber- 
schuss  an  Luft  gearbeitet  werden  muas, 
und  dabei  eine  höhere  Oxydation  eines 
Teiles  des  Schwefels  unausbleibbar  ist 

In  der  Schwefelsäurefabrikation  ist  das 
eine  erwünschte  Erscheinung,  da  eben  die 
höhere  Oxydation  bezweckt  ist. 

Gerstenhöfer*)    hat  schon   1866  als 
theoretisch  beste  Zusammensetzung  des 
Gases  beim  Verbrennen  des  Schwefels  zur 
Schwefelsäuredarstellung  angegeben : 
10,65  VoL-pCt.  schweflige  Säure. 
10,35    »     »  Sauerstoff 
70,00    »     »  Stickstoff. 

•)Lunge  Sodaindustrie,  I.  Auflage,  S.  219, 
IL  Auflas.  286. 


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E.  KIRCHNKK     DAS  PAP1EK. 


III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


809 


In  der  Sulfitlösungsherstellung  kommt 
es  darauf  an,  an  schwefliger  Saure  mög- 
lichst reiche  und  an  anderen  Gasen  (Sauer- 
stoff und  Stickstoff)  arme  Gasgemische 
herzustellen,  was  durch  Einschränkung 
des  Luftaberschusses  bei  der  Verbrennung 
des  Schwefels  bis  zu  gewisser  Grenze 
möglich  ist  Es  ist  leicht  zu  verstehen, 
dass  die  schweflige  Säure  eines  SOt- 
reichen  Gases  sich  leichter  und  reichlicher  in 
einer  geeigneten  Flüssigkeit  wird  absorbieren 
lassen,  als  ein  SOa  -  armes  Gas,  welches 
noch  viele  andere  dabei  störenden  Gase 
nebenher  enthält  und  dass  dabei  auch 
wässerige  Lösungen  erzielt  werden  können, 
die  viel  ungebundene  (absorbierte)  SO, 
enthalten. 

Man  will  es  neuerdings  in  Amerika 
dahin  gebracht  haben,  18-19*/«  S0V  ent- 
haltende Gase  durch  Verbrennen  von 
Schwefel*)  hergestellt  und  dadurch  beson- 
dere Fabrikationsvorteile  errungen  zu 
haben. 

Die  Röstgase  der  Kies-  und  Zinkblende- 
Oefen  liefern  schwefligsäure- ärmere  Gase, 
da  die  Oxyde  der  Metalle  auch  durch  den 
Sauerstoff  der  Luft  gebildet  werden  müssen 
und  dadurch  der  Stickstoffgehalt  der  Ofen- 
gase entsprechend  steigt,  freilich  ist  das 
gewonnene  Gas  im  allgemeinen  auch 
sauerstofl-ärmer. 

Haben  wir  Eisenbisulfuret  oder  den 
reinen  Eisenkies  im  Auge,  so  bildet 

1  Atom  Eisen       Fe  =  56 

2  »     Schwefel  S,   =  64 

1  Molekül  Zweifachschwefeleisen  FeS, =120. 

Schwefelkies  enthält  in  100  Teilen 
Wli  Teile  Eisen  und  63Vj  Teile  Schwefel. 
Nehmen  wir  an,  dass  aus  dem  Schwefel- 
kies Eisenoxyd  und  schweflige  Säure  ent- 
ständen, so  hätte  man  sich  folgende  Um- 
setzung zu  denken : 
2  FeS,  +  110  =  FeaO,  +  4  SO, 
Auf  4  Atome  Schwefel  sind  also  11 
Atome  Sauerstoff  nötig,  also  auf  1  Atom 
Schwefel  2*/«  Teile  Sauerstoff,  während 
oben  beim  Verbrennen  von  Schwefel  auf 

•)Man  vergl.  Wochenblatt  :  Jg.  I903,  No.  22, 
S.  1573. 


1  Atom  Schwefel  nur  2  Atome  Sauerstoff 
kamen.   Man  brauchte   also  theoretisch 
2  75 

auch       ae  1,375  mal  so  viel  Luft  und 

statt  20,9  •/•  SO,  haltige  Gase  würde  man 
höchstens  15,2 '/o  SO,  haltige  Gase  ge- 
winnen.*) 

Es  bildet  sich  aber  selbst  bei  Ver- 
meidung eines  grösseren  Ueberschusses 
von  Luft  immer  ein  SO,-ärmeres  Gemisch, 
man  Bahm  früher  12°/o  als  Maximum  an. 

Gerstenhöfer  gab  (obige  Quelle)  wieder 
für  'die  Schwefelsäurefabrikation  folgende 
beste  Zusammensetzung  der  Röst-Ofengase 
an : 

Gase  in  Kiesröstöfen  gewonnen: 
8,80  Vol.  pCt.  schweflige  Säure 
9,60   »      »  Sauerstoff 
81,60   >      »  Stickstoff 
Röstgase  aus  Zinkblende : 

8,12  Vol.  pCt.  schweflige  Säure 
9,69   »      »  Sauerstoff 
82,19   »      »  Stickstoff 
Bei  Verarbeitung  von  Kies  und  Zink- 
blende sind  stets,  besonders  auch  bei  der 
Lösungsherstellung  der  Sulfitzellstofffabri- 
kation Flugstaubkammern  nötig» 
um  Eisen,  Kupfer,  Antimon,  Blei,  Thallium, 
Selen,  Tellur  etc.  Zinkoxyd,  Sulfat,  Eisen- 
oxydul, Oxydulsulfat,  Eisenoxyd  etc.,  welche 
die  Lösungen  verunreinigen  würden,  zurück- 
zuhalten, ja  bei  Kiesstaubröstöfen  wendet 
man  auch  noch  Gaswäscher  an,  vergl.  S.  296. 

Wie  vorn  S.  307  gesagt,  ist  man  im 
stände,  mittels  des  Herreshoff- Ofens  bis  zu 
14—16  Volumenprozente  enthaltende  Gase 
aus  Gries-  oder  Staubkies  herzustellen,  es 
ist  dabei  darauf  zu  halten,  dass  kein 
Ueberschuss  an  Luft  in  den  Ofen  eintritt, 
so  dass  sich  neben  FeaOg  auch  FeO  bildet, 
d.  h.  ein  denkbar  kleinster  Sauerstoff-  resp. 
Luftverbrauch  nötig  ist. 

•)Naeh  Hurpf,  "Wochenblatt  f.  Papicrfabrikatiou 
1901  Nr.  28,  25  und  27,  stellt  sich  die  Berechnung 
nicht  so  einfach.  —  Beim  Brennen  von  Schwefel 
entweicht  aller  0  als  SOt ;  —  beim  Kosten  von 
Kies  bleibt  O  als  Fe,03  im  Olen,  der  N  der 
diesen  begleitet,  aber  streicht  mit  durch.  Man 
kommt  bei  Berücksichtigung  dieser  Umstäu'U 
sogar  auf  16,2%  SÜ,-haltige  Gase. 


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m  E.  KIKCHNER.   DAS  PAPIEK.   III.  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


Es  war  mehrfach  hervorgehoben,  dass 
sich  wegen  Ueberschusses  an  Luft  bei  der 
Verbrennung  von  Schwefel  und  Abrösten 
von  Kiesen  Schwefeltrioxyd  (SO,)  bildet. 

Dieser  bei  der  Schwefelsäurefabrikation 
erwünschte  Vorgang  ist  in  der  Sulfitstoff- 
fabrikation verlustbringend  und  störend. 
Die  in  die  Lösungen  übergehende  Schwefel- 
säure (HaS04)  bildet  später  mit  Kalk  und 
Magnesia  Sulfate,  die  beim  Kochprozess 
unwirksam  und  als  Ballast  zu  betrachten 
sind. 

Es  muss  also  das  Bestreben  der  Sulfit- 
stoff fabri kanten  dahin  gerichtet  sein,  die 
Bildung  des  SO, -Gases  durch  entsprechende 
Luftzuführung  und  Temperaturregulierung 
im  Ofen  möglichst  zu  vermindern« 

Bei  zu  hoher  Temperatur  in  den  Oefen 
und  zu  geringer  Luftzuführung  kann  eine 
verlustbringende  Verflüchtigung  von  Schwe- 
fel und  eine  Sublimation  von  Schwefel 
eintreten. 

Nach  Mitscherlich  sollen  im  Turm  neben 
»ublimiertem  Schwefel,  wenn  solcher  im 
Ofen  verflüchtet  war,  oder  schon  im  Ofen, 
wenn  organische  Substanzen  mit  dem 
Schwefel  oder  dem  Kies  unvollkommen 
verbrennen,  Polythionsäuren  ent- 
stehen. 

Hiervon  sagt  Lunge  in  seiner  Soda- 
Industrie  1803  indessen  kein  Wort,  und  es 
gibt  viele  Sulfitstofffabrikanten,  die  mit  dem 
Verfasser  an  der  Bildung  von  Polythion- 
säuren unter  geordneten  Fabrikationsver- 
hältnissen zweifeln. 

Um  schwefelsäurefreies  Schwefeldioxyd 
für  die  Sulfitzellstoff-Fabrikation  zu  ge- 
winnen, lässt  E.  Nemethy  (D.R.P.  No.  48285) 
die  Ofengase  vor  dem  Kühler  durch  eine 
Kammer  (Vitriolkammer)  gehen,  welche 
mit  Eisend rehspänen  gefüllt  ist.  Die 
Schwefelsäure  wird  dadurch  vollständig 
an  das  Eisen  der  Drehspäne  gebunden. 
Leitet  man  die  Gase  durch  ein  mit  Wasser 
gefülltes  Gefäss,  oder  führt  sie  durch  eine 
Kammer,  deren  Boden  einige  Centimeter 
hoch  mit  Wasser  bedeckt  ist,  so  kann 
man  die  SO,  alsH3S04  gewinnen  und  für 
gewisse  Zwecke,  wo  es  nicht  auf  Reinheit 
der  Säure  ankommt,  verwenden. 


Untersuchung  der  Gase. 

Die  quantitative  Analyse  der  Ofen- 
resp.  Röstgase  wird  nach  einer  bereits 
1858  Von  F.Reich  in  Freiberg  angegebenen 
Methode  durchgeführt  Es  wird  das  Gas 
durch  ein  gemessenes  Volumen  von  Jod- 
lösung gesaugt.  Der  Lösung  ist  etwas 
Stärkelösung  zugefügt  und  das  Durchsaugen 
des  Gases  wird  so  lange  fortgesetzt,  bis 
dia  Blaufärbung  der  Jodlösung  ver- 
schwindet. Aus  der  zugefügten  Jodmenge 
kann  man  den  Prozentgehalt  schwefliger 
Säure  berechnen,  indem  folgende  Reaktion 
massgebend  ist : 

2  J  +  SO,  +  2  H,0  =  2  HJ  -f-  H,S04 
Fig.  130  zeigt  die  Anordnung  eines 
passend  zusammengestellten  Apparates 
nach  Lunge,  der  auf  dem  Reich'schen 
Prinzip  beruht. 

In  dem  Verschlussstopfen  einer  auf 
einem  Gestell  stehenden  weithalsigen 
Flasche  A  von  250—300  cm  Inhalt  steckt 
ein  bis  zum  Boden  reichendes  Glasrohr  c, 
ein  mit  Gummistopfen  verschliessbarer 
Trichter  d  und  ein  Glasrohr  e. 


Figur  139.   Reich's  Apparat. 


Die  Gasquelle  (Ofenrohr,  Turmwand, 
oder  dgl.)  muss  eine  Oeffnung  a  besitzen, 
in  welche  ein  Stopfen  mit  Glasrohr  dicht 
eingesteckt  werden  kann;  aundc  sind  mit 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER,   III.  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


311 


Gummischlauch  b  verbunden,  wel- 
cher durch  den  Quetscbhahn  q,  geschlos- 
sen und  geöffnet  werden  kann. 

Auf  dem  Gestell  steht  noch  mehr  erhöht 
eine  zweite  Flasche  B  von  2-3  1  Inhalt 
mit  den  Glasröhren  f  und  g  im  Stopfen, 
f  ist  mit  e  durch  einen  Gummischlauch 
verbunden  und  an  g  schliesst  sich  ein 
dritter  Gummischlauch  mit  Quetscbhahn  q,, 
dessen  Ende  in  einem  graduierten  Messzy- 
linder  C  von  etwa  250  ccm  Inhalt  einhängt. 

Man  fällt  A  etwa  Vi,  B  fast  ganz  mit 
Wasser  und  untersucht  den  Apparat  auf 
Dichtheit,  indem  man  den  Trichter  d  mit 
einem  Kork  fest  verschliesst  u.  die  Hähne 
qi  schliesst,  qa  öffnet  und  an  letzterem 
Schlauchende  ansaugt  Es  fliesst  so  lange 
Wasser  aus  dam  Schlauche  b,  bis  die  Luft* 
verdttnnung  stark  genug  ist,  das  Wasser 
im  Schlauch  zu  tragen. 

Fliesst  kontinuierlich  Wasser  aus  dem 
Schlauch,  so  ist  damit  am  Apparat  eine 
U  n  d  i  c  h  t  h  e  i  t  nachgewiesen  u.  dieselbe 


Zur  Gasuntersuchung  musste  vor  der 
Prüfung  auf  Dichtheit  durch  den  Trichter  d 
etwas  Zehntel  Normaljodlösung 
(12,7  g  J  im  1)  und  etwas  Stärkelösung 
zum  Waaser  in  A  gefügt  werden.  Nun- 
mehr wird  Hahn  q,  nach  der  Gasquelle 
hin  ganz,  und  q,  so  weit  geöffnet,  dass 
Waaser  aus  B  in  den  vorher  ganz  geleerten 
Zylinder  C  langsam  überüiesst.  Das  Gas- 
gemenge tritt  dabei  aus  a  nach  Aein.  Die 
schweflige  Säure  des  Gases  verwandelt  das 
freie  Jod  im  Wasser  von  A  in  Jodwasser- 
stoffsäure, und  nach  einiger  Zeit  entfärbt 
sich  dieses  Wasser.  Dieser  Punkt  des 
Farbenumschlages  muss  genau  unter  Um- 
schütteln der  Flüssigkeit  in  A  beobachtet 
und  dann  q?  geschlossen  werden. 

Nun  fällt  man  von  neuem  10  ccm  Jod- 
lösung, welche  nach  Cl.  Winkler*)  zur  Be- 
förderung der  Absorptionsfähigkeit  der 
Flüssigkeit  in  A  noch  mit  etwas  Natrium- 
bicarbonatlösung  versetzt  ist,   durch  den 


•)CI.  Winkler.  Lehrbuch  der  techninehpn  Gas- 
analyse,  3  Auflage  100) ,S   121  etc. 


Trichter  ein,  verschliesst  den  Trichter  sorg- 
fältig, öffnet  q,  vorsichtig  und  lässt  so  viel 
Flüssigkeit  nach  C  abfliessen,  bis  die  Flüs- 
sigkeit im  Röhrchen  c  bis  ans  untere  Ende 
gesunken  ist,  nun  schliesst  man  qa,  giesst 
das  Wasser  von  C  aus,  stellt  das  leere 
Gefäss  C  wieder  an  seinen  Platz,  öffnet  qi 
und  qa.  Es  wird  wieder  Gas  durch  die 
Flüssigkeit  in  A  gesaugt,  was  man  unter 
Umschütteln  so  lange  geschehen  lässt,  bis 
die  Flüssigkeit  in  A  entfärbt  ist,  dann  wird 
q,  und  q,  geschlossen,  die  Untersuchung 
ist  damit  in  wenigen  Minuten  beendet 

Das  nach  C  abgelaufene  Wasser  wird 
gemessen  und  aus  seiner  Menge  kann  man 
den  Prozentgehalt  des  Gasgemenges  an 
SO,  berechnen.  Die  Wassermenge  in  C 
entspricht  dem  nicht  absorbierten  Gasrest, 
also  dem  abgesaugten  Gas  weniger  der  SOa. 

Die  Flüssigkeit  in  A  kann  zu  mehreren 
Untersuchungen  benutzt  werden,  indem 
immer  nur  wieder  10  ccm  Jodlösung  zu- 
getan wird,  später  muss  sie  aber  durch 
reines  Wasser  und  Stärkelösung  wieder 
ersetzt  werden. 

Es  seien  n  ccm  an  Zylinder  C  konstatiert. 
Berechnung : 
10  ccm  Zehntel-Normaljodlösung  zeigen 
durch  ihre  Entfärbung  0,0032.10  g  =  0,032  g 
=  32  mg  S0t  an,  diese  haben,  wenn 
eine  für  genaue  Bestimmungen  notwendige 
Umrechnung  des  Volumens  auf  0*  Tempe- 
ratur und  760  mm  Quecksilbersäule  Druck 
bei  der  vergleichenden  Fabrikskontrolle 
vernachlässigt  wird,  ein  Volumen 


von 


32 


=  11,14  ccm. 


2,8731 

Es  waren  folglich  n  -f»  1M4  ccm  Gas 
angesaugt  und  das  Volumen  der  S0a  im 
Gas  berechnet  sich 

100  X  11,14  1114 


n  +  11,14       n+ 11,4 


(Vol.«/oS09) 


Genügend  genau  werden  also  für  die  ver- 
gleichende Kontrolle  unter  Vernachlässig- 
ung von  Temperatur  und  Luftdruck  (bei 
10  ccm  Jodlösung)  1114  dividiert 
durch  n  -f-  11,14  um  die  Volumen- 
prozente S09  zu  Gnden, 


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312 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Es  ergibt  sich  für  Bestimmung  der 
Volumenprozente  SO, -gas  in  den  Gasen 
folgende  Tabelle : 

XVIII.  Tabelle 
Bestimmung  der  Volumenprozente  SO» 
mit  Relch't  Apparat. 

Nach  C  abgelaufenes   Volumenprozent  SO, 


r  n  ccm 

im  Gase 

21*2 

o 

1  ft«B 

19a 

0,0 

f  "7."» 

1  Iii 

<> 

tan 

0,0 

iio 

HH 

7 

138 

7,5 

128 

8 

120 

8,5 

113 

9 

108 

9,5 

100 

10 

90 

U 

82 

12 

75 

13 

69 

14 

63 

15 

59 

16 

55 

17 

51 

18 

Durch  Anwendung  dieser  Tabelle  kann 
man  die  kleine  Umrechnung  sogar  noch 
sparen. 

Es  war  gesagt,  dass  bei  der  Herstellung 
von  SO,  in  den  beschriebenen  Schwefel- 
und  Pyritöfen  immer  etwas  SO,  entsteht. 

Nach  Lunge  kann  man  beide  Säuren 
zusammen  leicht  bestimmen,  wenn  man 
als  Absorptionsflüssigkeit  für  das  zu  prü- 
fende Gas  statt  Jod  Zehntel-Normalnatron- 
lauge nimmt  AlsJndikator  istPhenolphtaletn 
zu  wählen,  Methylorange  und  Lackmus  sind 
unbrauchbar. 

Zur  Bestimmung  der  SO,  und  SO,  zu- 
sammen bedient  sich  Lunge  eines  dem 
Reich'schen  genau  gleich  zusammengestell- 
ten Apparates. 

Er  empfiehlt  eine  etwas  grössere  Flasche 
A  (400 — 500  ccm  Inhalt)  zu  wählen,  diese 
etwas  über  die  Hälfte  (220  -  275  ccm)  mit 
Wasser  zu  füllen,  10  ccm  Zehntel-Normal- 


natronlauge und  einige  Tropfen  Phenolphta- 
le'in  zuzufügen.  Das  Glasröhrchen  c  ist  in 
diesem  Falle  unten  zugeschmolzen  und  auf 
der  unteren  Hälfte,  soweit  es  in  die  Flüssig- 
keit taucht,  mit  feinen  Löchern  versehen, 
so  dass  das  zu  untersuchende  Gas  statt  in 
grossen  Blasen  von  unten  in  feinen  Bläs- 
chen verteilt  in  die  Flüssigkeit  tritt 

Das  Gas  wird  periodisch  eingesaugt  u. 
die  Zuströmung  stets  vollständig  unter- 
brochen. Der  Inhalt  wird  etwa  Vi  Minute 
umgeschüttelt  und  bei  untergelegtem  weis- 
sem Papierbogen  genau  die  Farben  -  Er- 
scheinung beobachtet  Verschwindet  die 
rote  Färbung  vollständig,  so  sind  SO,  und 
SO,  vollständig  neutralisiert 

Man  berechnet  nun  aus  den  nach  C 
abgelaufenen  ccm  Wasser  alle  Säure  als 
SO,  und  bat  in  der  Differenz  zwischen 
der  nach  Reichs  Methode  gefundenen  und 
der  jetzt  gefundenen  den  Teil  der  Säure, 
der  auf  SO,  zu  rechnen  ist  Vorausge- 
setzt wird,  dass  beide  Proben  zu  gleicher 
Zeit  vorgenommen  und  an  gleicher  Stelle 
der  Gasleiti  ng  entnommen  waren. 

Beispiel:  Die  Untersuchung  mit  Jod  er- 
gab 128  ccm  Wasser  im  Zylinder  C,  das 
entspricht  8»/o  SO,,  die  mit  Natronlauge 
119  ccm  im  Zylinder, 

1114  1114 
das  entspricht  -  ^  -  8,57-/. 

Es  entfallen  also  0,67*/o  des  Gases  auf 
SO,,  d.  h  dem  Volumen  nach  6  , 6  5  •/o. 

Es  kommen  gewöhnlich  2,5  bis  3°/», 
manchmal  auch  mehr  SO,  in  den  Gasen 
der  Schwefel-  und  Pyritöfen  vor. 

Herstellung  der  Kochlösung. 

Die  in  den  Schwefel-  oder  Kiesöfen  er- 
zeugten SO, -Gase  haben  eine  hohe 
Temperatur,  welche  zunächst  durch  Kühl- 
vorrichtungen erniedrigt  werden  muss. 

Es  handelt  sich  nämlich  bei  der 
Lösungsbereitung  zunächst  darum,  dass 
das  Schwefeldioxyd  vom  Wasser  leicht  ab- 
sorbiert und  in  schweflige  Säure  H,  SO, 
umgewandelt  wird. 

Unter  Atmosphärendruck  und  bei  0°  C 
Temperatur  nimmt  Wasser  bis  zu  80 
Volumenteile  SO,  (Schwefeldioxyd)  auf. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


313 


Je  wärmer  nun  das  Wasser  ist,  um  so  weni- 
ger S02  wird  von  ihm  aufgenommen;  man 
vergleiche  hierüber  das  S.  294  unten  Oesagte. 

Die  Temperatur  des  Oases  selbst  wird 
naturgemäss  die  Temperatur  der  Absorptions- 
flüssigkeit erhöhen,  und  es  hat  sich  als  nötig 
herausgestellt,  dass  die  Oase  auf  50 — 60  0  C 
abgekühlt  werden  sollten,  ehe  sie  mit  der 
Absorptionsflüssigkeit  zusammentreffen. 

Bei  guten  Kühlanlagen  gelingt  es  übrigens, 
die  Oase  bis  fast  auf  die  Temperatur  des 
Kühlwassers  herunter  zu  bringen. 

•  ^  mm  mm  m  m~m  mm,  -    —  ^—  ■   mr       ■  •  mg*m  mm  m  9     ^—  mm        %J  ■    ■  ■  •  &  WVII 

Bei  den  Oasen  aus  Schwefelverbrennungs- 
öfen handelt  es  sich  nur  um  Schwefelver- 
brennungs- Temperaturen  von  etwa  400°  C, 
welche  im  Gaskanale  vorgekühlt  eine  Ab- 
kühlung auf  50—60°  C  leicht  erreichen 
lassen.  Es  genügt  zu  diesem  Zwecke  eine 
Kühlrohrleitung  aus  Eisen-  und  Tonröhren, 
welche  nur  von  atmosphärischer  Luft  um- 
spült sind. 

Die  viel  heisseren  Gase  der  Kiesöfen 
verlangen  eine  weitergehende  Vorkühlung, 
wenn  sie  unter  Benutzung  von  Luftkühlung 
mit  50—60°  C  Temperatur  in  die  Lösungs- 
bereitungsantagen  eintreten  sollen.  Diese 
Vorkühlung  geschieht  zur  Not  in  Flug- 
staubkammern. Vielfach  benutzt  man  aber 
auch  Wasserkühlung  zur  Erniedrigung  der 
Temperatur  der  Kiesöfengase. 

Die  Oebrüder  Tilghman  wandten  1867/69 
(nach  dem  S.  288  linke  Spalte  Mitgeteilten) 
besondere  Kühlgefässe  für  Abkühlung  der 
S02.Gase  an.  Für  die  (S.  289  erwähnten) 
Koch-Moldenhauer'schen  Türme  waren  Flug- 
staubkammern angeordnet,  die  auch  als  Kühl- 
einrichtungen aufgefasst  werden  können. 

Die  Kühleinrichtungen  sollen  hier  nicht 
besonders,  sondern  später  mit  den  Lösungs- 
herstellungscinrichtungen  besprochen  werden. 
Fig.  134  S.  303  zeigt  bereits  eine  Luftkühl- 
rohreinrichtung  an  Kiesöfen. 

Türme  für  Herstellung  von  Sulfit 
lösungen. 

Ueber  die  Vorläufer  des  Mitscherlich- 
hirm«  ist  vorn  S.  286-291  ausführlich 
die  Rede  gewesen. 


PI*  140.  Mitscherllch-Turm. 

Mitscherlich-Turm. 

Beschreibung.  Fig.  1 40  ist  ein 
Mitscherlich-Turm  dargestellt.  O  ist  ein 
Kiesofen,  in  welchem  das  SO, -Gas  ent- 
wickelt wird.  Das  Gas  streicht  durch  guss- 
eiserne Kühlrohre  a,  b  und  c*),  tritt  durch 
das  Tonrohr  d  in  den  Turm  zwischen  einem 
starken  Holzrost  R  und  ausgebleiter  Boden- 
pfanne B,  wird  also  an  der  Luft  gekühlt. 

Den  Turm  bildet  ein  weites  hohles  Rohr 
aus  7—8  cm  starken  Holzbohlen  gezimmert, 

•)  In  Muspratt,  Chemie,  bearbeitet  von  Stohmann 
&  Kerl,  VI,  befindet  sich  eine  genauere  Beschreibung 
und  teilweise  Detaillierung  der  Bauausführung  dieses 
Turmes,  es  heiast  dort  p.  1724,  dass  der  absteigende 
Kohrteil  (Fig  140  c)  besser  als  Tonrohr  ausgeführt 
werden  solle. 

&  Bogen  1903. 


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314 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Ulf 


Fig.  141.    SondcrkonstruUtion  des  Mitscherllch- 


mit  Eisenreifen  gebunden,  das  sich  auf  einem 
festen  Fundament  erhebt.  Unten  befindet  sich 
ein  Bleibecken  B  und  darüber  ein  starker 
Rost,  aus  unten  sich  verjüngenden  Balken 
gebildet.  Auf  dem  Rost  ruhen  die  Kalk- 
steine oder  der  Tuff.  Zwei  Balken  in  etwa 
1  m  Entfernung  vom  Rost  entlasten  letzteren 
von  dem  übergrossen  Druck. 

Oben  auf  der  Oeffnung  des  Turmes  steht 
ein  Wasservorratsgefäss  O,  dessen  Inhalt  von 
einer  Pumpe  fortwährend  ergänzt,  zur  gleich- 
mässigen  Benetzung  der  Kalksteine  mit 
Wasser  dient.  Während  die  Oase  von  unten 
nach  oben  strömen,  rieselt  Wasser  den  ent- 
gegengesetzten Weg  nieder.  Es  bildet  sich 
hierbei  zunächst  die  wässerige  Lösung  von 
schwefliger  Säure.  Ein  Teil  derselben  setzt 
den  kohlensauren  Kalk  in  schwefligsauren 


Kalk  um,  welcher  in  den  übrigen  Teilen  der 
wässerigen  schwefligen  Säure  löslich  ist 
Unten  sammelt  sich  die  Lösung  von  doppelt- 
schwefligsaurem  Kalke.  Oben  aus  dem 
Seitenstutzen  s  entweichen  die  übrigbleiben- 
den Oase,  welche  vorwiegend  aus  Stickstoff 
und  Kohlensäure  bestehen.  Ein  Oerüst  ver- 
bindet gewöhnlich  mehrere  solcher  Türme 
und  enthält  Podeste  und  Treppen  zum  Be- 
steigen und  Bedienen  derselben.  Eine  Rolle 
zum  Aufziehen  von  Kalk  oder  Tuff,  welcher 
von  oben  durch  den  Stutzen  s  von  Zeit  zu 
Zeit  nachgefüllt  wird,  ist  aus  der  Zeichnung 
ebenfalls  ersichtlich. 

Im  Muspratt  (siehe  Fussbem.  vorstehen- 
der Seite)  werden  folgende  Dimensionen 
als  zweckmässig  bezeichnet: 

Höhe  des  Turmes    32  m, 
Weite  „       „       1,5  m, 
Höhe  der  Kühlrohre  2/3  bis  3/4  der  Turmhöhe, 
Weite  derselben  beliebig,  nur  nicht  zu  eng. 

Das  erste  Rohr,  in  welchem  die  Oase 
aufsteigen,  wird  aus  Eisen  vorgeschlagen, 
das  Abfall  röhr  aus  Ton  herzustellen  em- 
pfohlen. Es  sei  aber  auch  angängig,  beide 
Rohre  aus  Ousseisen  zu  fertigen. 

Fig.  141  zeigt  einen  Turm,  der  von 
Prof.  Dr.  A.  Harpf  mehrfach  besprochen 
wurde')  und  sich  vom  vorigen  dadurch 
unterscheidet,  dass  der  Kalk  oder  Tuff  auf 
10  in  gleichen  Abständen  im  Turm  einge- 
bauten Rosten  ruht.  Das  Oerüst  hat  zwölf 
Stockwerke. 

Diese  Konstruktion  bot  Harpf  Gelegen- 
heit, die  Absorptionstätigkeit  desselben  in 
den  einzelnen  Etagen  zu  untersuchen.  Diese 
Untersuchung  der  Oase  ergab  folgende  Re- 
sultate: 

Untersuchung.  Volumen  pCL 

stelle  S02  im  Gasgemisch 

Eintrittsrohr  8,92 

2  Stockwerk  7,52 

3  „  7,42 

4  „  6,25 


")  Zuerst  in  der 
1801,  veröffentlicht. 


Partieneitung,  Sept ,  Jahrgang 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPItR.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


315 


Untersuch  un  gs- 


Volumen  pCt. 


stelle 

S02  im  Gasgemisch 

6 

•> 

5,83 

7 

n 

5,13 

8 

» 

3,78 

9 

>» 

2,29 

10 

»i 

1,29 

1 1 

» 

1,16 

12 

n 

Turmtheorie. 

Die  selbsttätige  Zugwirkung  in  den  von 
Mitschcrlich  eingeführten  Lösungsbereitungs- 
türmen ist  nicht  gar  so  schwer  verständlich, 
wenn  wir  einige  Gesetze  der  Physik  berück- 
sichtigen und  uns  über  die  Vorgänge  bei 
der  Lösungsbereitung  Rechenschaft  geben. 

Denken  wir  uns  durch  die  obere  Turm- 
mündung (Taf.  142,  Fig.  1)  eine  horizontale 
Ebene  gelegt,  so  haben  wir  in  derselben  an 
jeder  beliebigen  Stelle  den  gleichen  Druck 
anzunehmen;  es  kommen  daher  für  die  Be 
trachtung  des  selbsttätigen  Zuges  im  Turm 
die  Drucke  oberhalb  T  nicht  in  Betracht, 
dagegen  sind  vier  Oassäulen  zu  berücksich- 
tigen, die  den  selbsttätigen  Zug  bewirken 
werden.  » 

Die  eine  ist  die*äussere,  nach  den  Seiten 
hin  unbegrenzte  Luftsäule  von  der  Höhe  H,, 
welche  wir  durch  den  Ofen  hindurch  wie 
überall  nach  allen  Richtungen  hin  wirkend 
zu  denken  haben;  ferner  kommen  die  Gas- 
säulen in  den  Kühlrohren  a  und  c  von  der 
Höhe  Hj,  und  schliesslich  die  Oassäulc  im 
Turme  s  von  der  Höhe  H,  in  Betracht. 

Es  ist  nun  zu  untersuchen,  mit  welchem 
Ueberdruck  das  Ofengas  vom  Eintritts- 
stutzen  d  nach  dem  Turm  unter  den 
Rost  r,  also  von  links  nach  rechts  hin 
drücken  wird. 

Um  schnell  zu  einem  Resultat  zu  kom- 
men, sei  der  Luft-  resp.  Gasdruck  auf  1  qdm 
Fläche  (der  bekanntlich  in  beliebiger  Rich- 
tung wirkt)  betrachtet  Dieser  Druck  ist  ab- 
hängig von  den  Höhen  der  Drucksäulen 
und  von  dem  durchschnittlichen  Gewicht 


-T- 


t 


Tat.  142.  Turmtheorle. 

Es  müssen  daher  die  Durchschnitts-Ge- 
wichte  pro  Liter  Oas  nach  dessen  Zusammen- 
setzung und  Temperatur  berechnet  werden. 


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31  ö  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Es  kommt  dabei  in  Betracht: 

1)  Atmosphärische  Luft 

2)  Das  im  Ofen  beim  Verbrennen  von 
Schwefel  mit  Luft  entstehende  Gas, 
welches  die  Rohre  und  Rohrstutzen  a, 
b,  c  und  d  erfüllt  und  aus  SO,,  Stick- 
stoff und  Luft  besteht 

4)  Das  Turmgas,  welches  sich  im  Turm 
nach  Prof.  Dr.  A.  Harpf  ziemlich 
gleichmässig  verändert,  indem  von  r 
bis  T  die  schweflige  Säure  teilweise 
von  der  Lösung  absorbiert,  teilweise 
durch  Kohlensäure  des  Tuffes  oder 
des  Kalkes  ausgewechselt  wird. 

Im  Turm  muss  bei  der  chemischen  Um- 
setzung etwas  Wärme  frei  werden,  auch 
wird  die  Sättigung  des  in  den  Turm  bei 
r  eintretenden  Oases  mit  Wasserdampf  im 
allgemeinen  etwas  geringer  sein,  als  des 
aus  dem  Turm  tretenden  Oases,  wodurch 
letzteres  etwas  leichter  wird,  doch  sollen 
diese  Einflüsse  hier  vernachlässigt  werden 
und  die  Gewichte  pro  I  folgender  Gase 
bemerkt,  resp.  berechnet  werden. 

Bei  0°  C  und  760  mm  Quecksilber- 
säulendruck  wiegen: 

1  1  Luft  =  0,001293  kg 

I  „  Stickstoff  =  0,001254  „ 
I  „  SOa  =  0,002910  „ 

1  „  C02  =  0,001977  „ 

Gasgemisch  2  (s.  oben)  angenommen: 
9  I  SO,  =  0,026190  kg 

34  I  Stickstoff  =  0,042636  „ 
57  1  Luft  =  0,073701  _„ 

100  I  =  0,142527  kg 

I  I  dieses  Gasgemischs  0,001425  kg. 
Gasgemisch  3  (s.  oben)  angenommen: 
4,5  Teile  oder  4,71 1  Kohlensäure  0,0093 12  kg 
34,0    „     „  35,601  Stickstoff     0,044642  „ 
57,0    „     „  59,691  Luft  0,077179,, 
1001  =  0,131 133  kg 

1  I  dieses  Gasgemisches  0,00131  1  kg. 

Durchschnittsgewicht  des  Gases  im  Turm 
(Durchschnitt  von  2  u.  3): 
0,001425 
0,0013 11_ 

0,002736  :  2  =  0,001368  kg. 


Die  Gase  verändern  bei  anderem  Druck 
und  anderer  Temperatur  ihr  Gewicht  G 
nach  der  Formel: 

G  =  °°-7T-7  7X,  wo  a  =  0,00367, 

Po  0  +«Q       t  =  Temp.  der  Gase 

in  °C 
p  u.  Po  die  Drucke  bei 
740,  resp.  760  mm 

Quecksilbersäulen- 
höhe, 00  das  Gewicht 
von  1  I  Gas  bei  0°  C 
und  760  mm  Druck 
sind. 

Es  berechnet  sich  hiernach 
1  1  Luft  740  mm  Druck  15°  C. 

0,001293.37   =0  001194 

1  ~~  38  (1  +  0,00367  .15)  * 
Nimmt  man  der  Wirklichkeit  etwa  ent- 
sprechend an,  das  Ofengas  sei  im  Ofen 
400°  C  warm  und  kühle  sich  im  Kühlrohr  a 
beim  Aufstieg  von  400  bis  80°Cab,so  kann  man 
eine  Mitteltemperatur  in  Schenkel  a  =  240°  C 
rechnen;  im  Schenkel  c  trete  eine  weitere 
Abkühlung  von  80  bis  50°  C  ein,  die  mittlere 
Temperatur  in  c  ist  dann  65°  C;  es  ergeben 
sich  also  die  Mitteigewichte  in  den  Kühl- 
rohren a  und  c  pro  1: 

1  1  Gasgemisch  2  von  0  bis  r  Fig.  1 
740  mm  Druck  240°  C 

0,001425  .37         _  o,000737  kg 
U     38(1+0,00367.240)       »  K 

_  0,001425  .  37  _=«  001120  kg 
Uc  ~~  38(1+0,00367.65)       '  g 

Man  erkennt,  dass  die  Kühl-Rohrver- 
bindung  a  b  c  als  Heberrohr  vom  Ofen- 
innern  nach  dem  Turminnern  hin 
wirken  muss.  Strömt  nun  das  Gasge- 
misch 3  an  der  Turmmündung  mit  25°  C 
aus,  so  ist  die  Mitteltemperatur  im  Turm 

+25  =  37,5°  C    Es  berechnet  sich: 
2 

1  I  Gasgemisch  3  im  Mittel  bei  37,5°  C 

0,001368  .  37  

U      38(1  +  0,00367.37,5)     U,UUI1  g 

Sind  die  Höhen  der  Kühlrohre  H,  des 
Turmes  =  H„  so  wirken  in  dieser  Ein- 
richtung 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF.  317 


nach  links  hin  die  Gewichte  der  Oas- 
säule in  a  und  der  Gassäule  s  im 
Turm, 

nach  rechts  hin  die  Oewichte  der 
Gassäule  in  c  und  der  Luftsäule 
von  Höhe  H,. 

Druck  nach  links: 
0,000737  Ha  +  0,001 171  H, 

Druck  nach  rechts: 
0,001120  H,  +  0,001  194  H, 
Ueberdruck  nach  rechts: 
0,000383  H,  +  0,000023  H, 
das  ist  der  Ueberdruck  in  kg  pro  qdm, 
wenn  H,  und  H,  in  dm  gemessen  wird. 

1  I  Wasser  drückt  auf  1  qdm  mit  1  kg; 
wollen  wir  den  Druck  in  Millimeter 
Wassersäulenhöhe  angeben,  so  müssen 
wir  die  erhaltenen  kg  mit  100  multiplizieren. 

Haben  wir  H*a  und  H',  in  Metern,  so 
sind  diese  noch  mit  10  zu  multiplizieren, 
da  für  H3  und  H,  Decimeter  angenommen 
waren,  also 

Ueberdruck  in  mm  Wassersäule 
nach  rechts: 
100  .  10  (0,000383  H',  +  0,000023  H',) 
=  0,383  H'a  +  0,023  H„ 
wo  H',  u.  H',  in  Metern. 

Wäre  beispielsweise  die  Höhe  des 
Turmes  H*,  =  30  m,  die  Höhe  der  Hebe- 
rohre H'a  =  20  m,  so  wird  der  Ueber- 
druck 0,383  H',  +  0,0230  H',  =  7,66  +  0,69 
=  8,35  mm  Wassersäule. 

Dieser  Ueberdruck  wird  in  nicht  wohl 
nachrechenbarer  Weise  durch  die  bei  der 
chemischen  Umsetzung  frei  werdende  Wärme, 
durch  Verschwinden  eines  Volumenteiles 
der  S02  in  der  Lösung  und  durch  voll- 
ständige Sättigung  des  Gases  mit  Wasser- 
dampf etwas  vergrössert,  durch  die  Füllung 
des  Turmes  mit  Kalktuff  etc.  aber  jedenfalls 
gleichzeitig  etwas  verringert. 

Immerhin  erkennt  man  deutlich,  dass 
ein  nennenswerter  Ueberdruck  (von  8,35  mm 
Wassersäule  nach  der  Rechnung)  bleiben 
wird,  der  bei  den  angenommenen  Verhält- 
nissen zu  etwa  92%  der  Heberwirkung 
der  Kühlrohre  a,  b,  c  zu  danken  ist.  In- 


folge der  verschiedenen  Oewichte  der  Oase 
in  den  vertikalen  Rohren  a  und  c  wird 
also  ein  Zug  nach  rechts  hin  erfolgen. 

Es  wird  auch  klar,  dass  der  Zug  um 
so  stärker  ausfallen  wird,  je  weniger  in  a 
und  je  mehr  in  c  gekühlt  wird. 

Es  ist  ferner  selbstverständlich,  dass  lange 
Kühlrohre  besser  abkühlen  werden,  als  kurze; 
aber  da  ist  wieder  zu  bedenken,  dass  es  auch 
noch  auf  die  Menge  des  durchstreichenden, 
zu  kühlenden  Gases  ankommt,  ob  man  lange 
oder  kurze  Kühlrohre  haben  muss. 

Der  Gewichtsunterschied  der  Luftsäule 
und  der  Turmgassäule  von  gleicher  Höhe 
H,  ist  nur  ein  geringer.  Das  Verhältnis  der 
Turm-  zur  Kühlrohrhöhe  H, :  H2  =  3  : 2  oder 
4:3  ist  nicht  nötig  einzuhalten,  es  kommt 
vielmehr  vorwiegend  auf  den  Gewichtsunter- 
schied der  Gassäulen  in  a  und  c  an. 

Fachleute,  die  mit  Türmen  arbeiteten,  die 
gar  keine  Kühlrohre  in  Heberausbildung 
hatten,  sondern  wo  eine  parterre  gelegene 
Kühlkammer  eingeschaltet  war,  versicherten, 
dass  sie  auch  mit  solcher  Einrichtung,  ohne 
künstlichen  Zug  anwenden  zu  brauchen, 
ganz  zufriedenstellend  gearbeitet  hätten. 

Da  in  diesem  Falle  nur  die  Druckdifferenz 
zwischen  Luftsäule  H,  und  Turmsaule  H„ 
d.  h.  nach  unserer  Rechnung  nur  0,69  mm 
Wassersäule  als  Ueberdruck  in  Betracht 
kommen,  so  wäre  darnach  anzunehmen,  dass 
die  bereits  mehrfach  erwähnten  den  Zug 
fördernden  Vorgänge  im  Turm  von  grösserer 
Wirkung  sind,  als  die  den  Zug  vermindern- 
den Widerstände. 

Es  bietet  sich  hier  für  die  weitere  theo- 
retische Kalkulation  genügende  OeJegenhdt. 

Auf  das  Verhältnis  der  Turm-  und  Kühl- 
rohrhöhe zurückkommend,  so  arbeitete  Ver- 
fasser 3  Jahre  hindurch  sehr  befriedi- 
gend mit  einem  kleinen  Turm,  dessen  S.  315, 
Taf.  142,  Hauptverhältnisse  Fig.  3  u.  4  dar- 
gestellt sind.  Es  war  das  Verhältnis  Turm- 
höhe  zu  Kühlrohrhöhe  =3:1,  womit 
auch  praktisch  bewiesen  ist,  dass  das  Ver- 
hältnis 3  : 2  oder  4  :  3  nicht  eingehalten  zu 
werden  braucht. 


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318 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Ueber  die  weiteren  Verhältnisse  der  Lö- 
sungseinrichtungen, deren  Betriebsweisen  und 
Leistungen  sei  folgendes  zugefügt. 

Auf  dem  Ofenherde  (wie  Taf.  126,  S  297) 
von  0,65  qm  Grösse  wurden  pro  Stunde 
17—23  kg  Schwefel  verbrannt,  das  aufstei- 
gende Kühlrohr  a  war  etwa  5,6  m  lang, 
das  wagrechte  Stück  b  von  Mitte  bis  Mitte 
Stutzen  0,9  m,  das  abfallende  Kühlrohr  c 
5,5  m,  der  Stutzen  d  in  dem  Ofen  war 
etwa  0,5  m  lang,  der  Durchmesser  der 
Rohre  war  innen  300  mm  Durchm.,  aussen 
etwa  315  mm.  Die  Kühloberfläche  war 
demnach  (5,6  +  0,9  -f  5,5  -f-  0,5)  .  0,09 
=  12,4  qm.  Ein  Turm  von  quadratischem 
Querschnitt  im  Mittel  0,8  qm  im  Lichten 
enthielt  über  dem  schrägen  Holzrost  R 
Taf.  142  Fig.  3  in  einer  10  m  hohen  Säule 
etwa  12,8  cbm  kopfgross  zerschlagenen, 
porösen  Tuff,*)  welcher  13000  kg  wog. 

Auf  dem  Turm  stand  ein  Wassergcfäss 
von  1  qm  im  Orundriss  und  2  m  Höhe; 
ein  25  mm  I  Durchm.  Hahn  mit  Rohr- 
stutzen besorgte  die  Zuführung  des  Wassers 
auf  den  Tuff.  Es  wurden  pro  Stunde 
750-1500  l  Lösungsflüssigkeit  mit  wech- 
selndem Oehalt  an  H2S03  und  0aSO3  her- 
gestellt. 

In  einer  Stunde  bei  Versuchen  im 
heissen  Sommer  wurden  durchschnittlich 
1000  1  Lösung  gewonnen  mit  21  kg 
Schwefelabbrennung.  Die  Analysen  ergaben 
3,40  %  durchschnittlichen  SO,  Gehalt,  d.  h. 
1,70  °/0  S  fanden  sich  in  den  Lösungen. 
Da  1000  1  dieser  Lösungen  bei  5,3°  B*  = 
1,055  sp.  G.  1055  kg  wiegen,  so  waren 
von  den  21  kg  S  10,55  x  1,7  =  17,935 
kg  S  in  den  Lösungen   festgehalten  und 


3,065  kg  verloren  gegangen,  d.  h.  an  den 
heissen  Tagen  fand  ein  Schwefelverlust  von 
14  bis  15°/0  statt. 

Neben  dem  Turm  von  quadratischem 
Querschnitt  stand  ein  runder  Turm  von 
1,8  m  I.  Durchm.,  also  etwa  dreifachem 
lichten  Querschnitt,  im  übrigen  ganz 
gleichen  Verhältnissen. 

Dieser  Turm  wurde  ungern  in  Betrieb 
gesetzt,  weil  ein  Witterungswechsel  auf  ihn 
viel  ungünstiger  einwirkte,  auch  ergab  sich 
bei  Versuchen  in  heisser  Zeit  ein  etwa 
doppelter  Schwefelverlust,  woraus 
der  Schluss  gerechtfertigt  erscheint,  dass 
Türme  mit  kleinem  Querschnitt  rationeller 
arbeiten,  als  solche  mit  grossem  Quer- 
schnitt. 

An  dem  ersten  Turme  mit  quadratischem 
Querschnitt  und  kurzen  Kühlrohren  Taf. 
142  Fig.  3  und  4  wurden  (1887)  auch 
Versuche  angestellt,  in  heisser  Zeit  den 
Kühlrohrschenkel  c  mit  kaltem  Wasser  zu 
kühlen. 


•)  Der  verwendete  Tuff  war  in  seiner 
Setzung  etwas  verschieden,  er  bestand 
aus:  96,6- 98,6  0'0  CaOCOj 
1,4-0,35  ,.  Vl'asscr 
2,0 — lt0':  ,,  Kieselsäure 
und  Unlöslichem. 
Magnesia  war  nur  in  Spuren  nachweisbar 
Die   an   kühlensaurem  Kalk   reichsten,  Kieselsäure 
ärmsten  Sendungen  schienen  Lösungen  zu  ergeben, 
die  im  Mitschcrlichkochcr  nicht  so  dicke  Kohrsteine 
auf  den  Heizrohren  absetzten,  so  dass  die  Koche 
was  ;   chneller  verliefen. 


'  UM 


Flg.  143.  Diagramm  der  Turinarbeit. 

Ein  Diagramm  Fig.  14  3  zeigt  die 
Beobachtungsresultate  des  Schwefelver- 
brauches, der  Luft  und  Wassertemperaturen, 
des  Gehalts  an  freier  und  Gesamt- SOr 
Man  erkennt  leicht,  welchen  Einfluss  die 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


319 


verbrauchten  Wasser-  und  Schwefelmengen  j 
pro  Stunde  auf  die  Zusammensetzung  der 
Lösungen  hat    In  der  warmen  Zeit  der 
2   Versuchstage  wurde  eine  Lösung  von 
durchschnittlich 

3,48  °/0  Oes-S02 
1,73  „  Frei-S02 
etwa    1,50  „  CaO  gewonnen. 

Das  durchgeführte  Kühlen  des  Schen- 
kels c  mit  Turmwasser  ergab  keine  nennens- 
werten Aenderungen  in  der  Zusammen- 
setzung der  Lösung,  ein  Beweis,  dass  die 
Luftkühlung  im  zweiten  Rohrschenkel  c 
auch  ohne  die  Wasserkühlung  genügte,  so- 
lange keine  grössere  Leistung  verlangt 
wurde;  jedenfalls  aber  hätte  die  Wasser- 
kühlung die  Mengenleistung  des  Turmes 
zu  erhöhen  gestattet,  Verbrennung  und 
Zug  waren  tatsächlich  etwas  flotter. 

Im  grossen  Durchschnitt  wurde  mit 
vorbesprochener  Lösungsbcreitungsanlage 
1  cbm  Lauge  pro  Stunde  fertig  gestellt. 
Für  10000  kg  Stoff  wurden  72—80  cbm 
Lösung  gebraucht,  die  also  zu  ihrer  Her- 
stellung 72 — 80  Arbeitsstunden  erforderten. 

Nach  Jahresabschlüssen  fand  Verfasser 
(Ende  der  80er  Jahre),  dass  auf  100  kg 
trockenen  Zellstoff  14  kg  Schwefel,  20  kg 
Tuff  verbraucht  waren. 

Ueber  die  Zusammensetzung  dieser  Lö- 
sungen ist  vorn  S.  118/26  ausführlich  ge- 
sprochen   und   sei    auf    die  Tabelle  XII  i 
S.  125  noch  besonders  hingewiesen. 

Die  Turmlösungen,  wie  sie  in  den 
kontinentalen  Sulfitzellstofffabriken  herge- 
stellt werden,  sind  meistens  arm  an  freier 
schwefliger  Säure  und  reich  an  Kalk. 

Dass  das   spezifische  Oewicht  keinen 
sicheren   Anhalt    für  den  SO20ehall  der 
Lösungen  gibt,  sei  hier  nur  noch  wieder- 
holt  Den  besten  Beweis  dafür  liefert  die  j 
Tabelle  XII. 

i 

Bei  uns  in  Deutschland  werden  die  18  | 
bis  32  m  hohen  Sulfittürme  zu  2,  4  und 
8  Stück  gruppiert  und  mit  starken  durch 
Hölzer  oder  DrahtsHlp  versteiften  gemein- 
samen   Oerüsten    umbaut.     Die  Gerüste 


werden  etagenweise  mit  Podesten  und 
Treppen  ausgestattet,  so  dass  man  bequem 
zu  den  Füll-  und  Reinigungsöffnungen  ge- 
langen kann.  Auf  dem  oberen  Podest 
wird  gewöhnlich  ein  kleiner  Drehkrahn  mit 
Rolle  und  Handwinden  zum  Aufziehen  des 
Tuffes  oder  Kalksteins  plaziert.  Das  obere 
Wassergefäss  wird  mittelst  Druck- Pumpe 
und  Rohrleitung  bedient.  Das  Wasser  lässt 
man  durch  einfachen  Hahn  mit  Stutzen, 
oder  mittels  Verteilungseinrichtung  auf  den 
Tuff  fliessen. 

Die  Turmabgasc  treten  zwischen  Turm- 
wand und  Wassergefäss  ohne  Einengung 
ins  Freie. 

Die  Türme  müssen  sehr  solide,  aus  6 
bis  10  cm  dickem  Lärchen-  oder  fettem 
Kiefernholz  mit  eisernen  Reifen  oder  starken 
Klammern  gebunden  ausgeführt  werden. 
Der  untere  Rost  Fig.  140,  R,  Tat  142,  Fig. 
1 ,  o  besteht  aus  eichenen ,  nach  unten 
etwas  verjüngten  Balken,  um  eine  Ver- 
stopfung zu  vermeiden;  etwa  1  m  über 
diesen  schrägen  Rost  sind  noch  2  Quer- 
balken angeordnet,  die  den  unteren  Rost 
etwas  entlasten.  Diese  Balken  gehen  auch 
wohl  nach  aussen  durch  die  Turmwand- 
ungen und  werden  von  Böcken  getragen. 
In  Entfernungen  von  2 — 3  m  befinden  sich 
an  der  inneren  Turmwand  gut  befestigte 
Holzringe,  welche  verhindern,  dass  das 
Wasser  vorwiegend  an  den  Wänden  herab- 
rinnt, sie  leiten  das  Wasser  nach  dem  Turm- 
innern  zu  und  sorgen  auch  für  Lockerung 
der  Tufffüllung  beim  Niedersinken. 

Herrn  Ingenieur  F.  Schilde')  verdanken 
wir  die  näheren  Aufschlüsse,  in  welcher 
Richtung  in  Amerika  sich  der  Turmbetrieb 
verändert  hat. 

•)  Herr  Schilde  ging  mft  entsprechenden  allge- 
mein wissenschaftlichen  und  Fachkenntnissen  ausge- 
stattet vor  etwa  12  Jahren  von  Deutschland  nach 
Amciika  und  war  dazu  berufen,  einige  der  grössten 
Zellstofffabrilcen  jenseits  des  Ozeans  zu  konstruieren 
und  zu  leiten;  er  hat  sich  dabei  einen  geachteten 
Namen  erworben,  so  dass  er  von  vielen  amerikani- 
schen Fabriken  auch  zur  Rekonstruktion  bestehender 
Anlagen  und  als  Ratgeber  für  Bctricbsverbcsseningcn 
gerufen  wurde  Er  weilt  seit  einigen  Monaten  in 
Dresden 


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3  20 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    Hl.  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


In  einem  Satze  des  Wochenbl.  f.  Papier-  I 
fabrikation  Jg.  1903  S.  1573  gibt  er  die 
Mittel  an,  wie  man  die  Schnelikochung 
(8—10  Stunden  Kochzeit)  mit  nur  12  kg  . 
Schwefel  verbrauch  auf  100  kg  Stoff  er- 
reicht hat.  Man  benutzt  eine  Lösung  mit 
4  pCt.  Gesamt -SO,,  wovon  3  pCt. 
frei  und  nur  1  pCt.  gebunden  sind. 
Dazu  ist  nach  ihm  freilich  nötig,  im  Ofen 
18  —  19  pCt  SO,  -Oase  herzustellen. 
Der  Vorteil  18  pCt  Oase,  statt  12  oder 
gar  nur  8pCtiger  zu  verwenden,  liegt  nach 
Schilde  darin,  dass  den  Lösungen  mehr 
SO,  und  weniger  unnötige  Luft  zugeführt 
wird,  wodurch  eine  bessere  Absorption  der 
SO,  stattfindet 

Schilde  fasst  die  SO,  als  lösendes 
Agens  der  Internsten,  die  Base,  resp.  das 
Monosulfit  als  das  die  organischen  Zer- 
setzungsprodukte bindende  Mittel  auf. 
1  pCt  der  Oesamt- SO,  als  Monosulfit  sei 
genügend,  ein  Mehr  davon  sei  unnützer 
Ballast  in  den  Lösungen,  |a  ein  Mehr 
Calciummonosulfit  mache  direkten  Schaden 
beim  Kochprozess,  während  Magnesium- 
monosulfit  wegen  seiner  Löslichkeit  keinen 
direkten  Nachteil  bringe. 

Für  die  gewöhnlichen  Tageskontrollen 
wird  eine  Lunge'sche  Bürette  und  Normal - 
natronlauge  benutzt,  also  nur  der  Oehalt 
an  freier  SO,  bestimmt,  der  Kalkgehalt 
wird  nur  alle  paar  Tage  durch  die  Jod- 
probe kontrolliert 

Da  in  den  Kreisen  deutscher  Chemiker 
und  Sulfitstofffabrikanten  vielfach  die  An- 
sicht herrscht,  es  sei  nicht  möglich, 
SO,Oase  stärker  als  8,  höchstens  12  pCt 
zu  erzeugen,  (was  übrigens  schon  nach 
dem,  was  S.  307  dieses  Abschnittes  Über 
die  Herreshoff-Oefen  gesagt  war,  irrtüm- 
lich ist),  so  bat  Verfasser  Herrn  Schilde 
um  Aufschluss,  wie  so  starke  Oase  erzeugt 
werden  könnten,  ob  das  vielleicht  durch 
gute  Kühlung  der  Oase  oder  Aehnliches 
erreicht  werde,  oder  ob  wohl  gar  eine 
andere  Untersuchungs-  und  pO- Bezeich- 
nungsweise  in  Amerika  zu  dem  Unter- 
schiede führen  könne. 


Diesen  Aufschluss  gibt  Herr  Schilde 
wie  folgt: 

„Es  ist  nicht  die  bessere  Kühlung,  (De  etwas 
mit  der  hohen  Zusammensetzung  zu  tun  hat,  soe- 
dern  neben  einer  verständnisvolle«  Bedie- 
nung und  Kontrolle  der  Luftzufuhr,  sowie 
der  Temperatur  im  Ofen  ist  es  die  grosse  Linge 
der  Oefen  (3,66  m  lang),  welche  dies  ermöglicht. 
Im  Sommer  habe  ich  Blech pfannen  mit  schwachem 
Wasserdurchfluss  auf  die  Oefen  setzen  lassen,  im 
Winter  wurde  durch  Aufwerfen  von  Sand  und 
Asche  auf  die  Ofcnplattcn  eine  zu  starke  Kühlung 

Mit  8  pCt  Oasen  lisst  sich  m.  E.  n.  überhaupt 
keine  SO,  freie,  SO,  reiche  und  monosulfitarme  Lö- 
sung, was  doch  wünschenswert  ist,  herstellen.  Zu 
grosser  Luftüberschuss  verringert  die  Absorption 
der  freien  SO,.  Mit  12  kg  Schwefel  auf  100  kg 
Stoff  schnell  und  tadellos  kochen,  wie  ich,  Dr. 
Drewsen  u.  A.  es  in  Amerika  gezeigt  haben,  ist  nur 
möglich,  wenn  man  etwa  18  pCt.  SO, haltige 
Oase  hat,  die  kann  und  sollte  man  verlangen;  unter 
16  pCt.  zu  gehen,  habe  ich  niemals  erlaubt  und 
sollte  nie  erlaubt  werden.  Ueber  18  pCL  verursacht, 
wenn  man  nicht  sehr  grosse,  stete  Aufmerksamkeit 
verwendet,  teilweise  Sublimation  des  Schwefels. 

Damit  Sie  sich  überzeugen,  dass  der  Prozent- 
gehalt der  Oase  m  prinzipiell  gleicher  Weise,  wie 
Sie  es  S.  310  nach  Reich  resp.  nach  Lange  beschrie- 
ben, auch  }enseits  des  Ozeans  bestimmt  wird,  lasse 
ich  Skizze  und  eine  Beschreibung  der  Qasanalyse 
folgen,  wie  ich  und  Dr.  Drewsen  sie  einführte. 

Die  ganze  Einrichtung  für  die  Oasanalyse  zeigt 
Fig.  144  S.  321.  Die  Bürette  besteht  aus  einem 
gradierten  Cylinder  A  mit  oberem  Dreiweghahn  H 
und  Trichter  T. 

Der  Stutzen  S  des  Oebiuses  des  Dreiweg- 
hahnes  wird  mittels  Schlauch  und  Quetschbahn  in 
oder  ausser  Verbindung  mit  dem  Ofengas  ge- 
braucht. 

An  das  untere  Ende  der  Bürette  schliesst  ein 
Hahn  K  mit  Schlauch  B  an.  Mittels  dieses  Schlau- 
ches ist  eine  Verbindung  nach  der  Saugflasche  F 
und  nach  einem  offenen  Wasserrohr  R  möglich. 
Letzteres  Rohr  mit  Hahn  L  ist  in  Höhe  an  einem 
Halter  leicht  verstellbar  angeordnet.  Die  Sauge- 
flasche F  besitzt  unten  einen  Ablaufstutzen  mit 
Schlauch  und  Quetschhahn  U. 

Die  Handhabung  ist  folgende:  Man  öffnet 
die  3  Hihne  Q,  K  und  U,  es  wird  SO,  in  die 
Bürette  und  nach  F  gesaugt,  indem  bei  U  das 
Wasser  ausfliesst  und  durch  die  Luft  der  Bürette 
und  SO,  ersetzt  wird;  darauf  wird  H  so  gestellt, 
dass  nach  allen  3  Wegen  Abschluss  erzielt  ist, 
Q  und  K  werden  geschlossen,  zwischen  A  und 
R  Verbindung  durch  den  Schlauch  B  herge- 
stellt, Wasser  in  R  eingegossen,  dann  mit  den 
Fingern  alles  Oas  ans  dem  Schlauch  heraus- 
gequetscht, dann  K  und  H  schnell  geöffnet,  bis 
das  Wasser  aus  R  in  A  auf  0  cm  Marke  steht 


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E.  KIRCHNER,   DAS  PAPIER,  ia  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Nachträge  des  Verfassers: 

Es  ist  von  mir  versäumt  worden,  bei 
der  »Turmtheorie«  S.  310/ 17  hervorzu- 
heben, dass  Herrn  Professor  Dr.  A.  Harpf 
in  Pribram  (Böhmen)  das  Verdienst  ge- 
bührt, schon  im  Jahre  1891  eine  Turm- 
theorie aufgestellt  zu  haben,  worin  ei 
auf  die  Bedeutung  der  spezifischen  Ge- 
wichte der  Gassäulen  io  zwei  Schenkeln 
der  Turmzüge  hinweist.  Ich  selbst  habe 
des  Genannten  Gedankengang  nur  weiter 
ausgebaut. 


Den  Satz  S.  317  rechte  Spalte  Mitte: 
»Fachleute,  ....  bis  »gearbeitet  hätten.« 
mache  ich  nicht  zu  meiner  eigenen  An- 
schauung, ich  zitiere  nur,  was  Andere 
mir  behaupteten,  und  suche  eine  Erklärung 
in  dem  nachfolgenden  Salze:  »Da  in 
diesem  Falle  ....  etc.» 


Auf  nebenstehender  Seite  320  haben 
»ich  infolge  eiligen  Abdruckes  einige  Irr- 
tümer ergeben. 

Unke  Spalte  Mittelaatz  (Zeile  24-29) 
*oll  heissen: 

»Für  die  gewöhnlichen  Tageskontrollen 
wird  in  Amerika  in  den  Kochlösungen  nur 
der  Gehalt  an  freier  SO.,  bestimmt;  der 
Kalkgehalt  wird  dagegen  nur  alle  paar 
Tage  festgestellt« 

Rechte  Spalte,  vorletzter  Satz  von  unten 
muss  heissen: 

»An  das  untere  Ende  der  Bürette 
schliesst  ein  Schlauch  B  mit  Quetschhahn 
K  an«  und  weiter  unten  sind  die  Worte 
»mit  Hahn  L«  au  streichen. 


Nun  schnell  K  und  H  schliefen.  In  T  wird 
Natronlauge  von  beliebiget  Konzentration 
gefüllt,  dann  H  geöffnet  und  einlaufen 
gelassen,  bis  alles  SO,  absorbiert  ist.  Darauf  H 
schliessen,  K  öffnen  und  die  Röhre  R  so  ein- 
stellen, dass  das  Wasser  in  A  und  R  gleich 
hoch  steht.  80  viel  ccm  nun  in  A  mit  Wasser 
gefüllt  sind,  so  viel  pCt.  SO,  enthält  das  Gas. 

Eine  öfters  von  mir  durchgeführte  Kon- 
trolle mit  Jodlösung  ergab  höchstens  '/»  pCt. 
Unterschied,  was  bei  der  Absorption  kleiner 
Mengen  SO,  vom  benutzten  Wasser  und  in- 
folge der  Luftdiffusion  wohl  möglich  ist. 

Die  Richtigkeit  lässt  sich  übrigens  auch 
gut  prüfen,  wenn  man  Vakuumpumpen  oder 
Kompressoreu  zur  Beförderung  des  Gases  hat. 
Nach  den  Zyliuderdurchmessernder  Umdrehungs- 
zahl und  der  Arbeitszeit  lässt  sich  nachrechnen, 
wie  viel  cbm  Gasgemisch  (bei  vielleicht  90*  C 
Temperatur  in  der  Pumpe)  aus  10000  kg  S 
entstanden  sind.  Auch  mittels  dieser  Rech- 
nuogskontrolle  fand  ich  ziemlich  genaue  Ueber- 
einMimmung  mit  der  GasanalyBe." 


Fig.  144.  SO„Gag.Priifer 

nach  F.  Schilde. 

9.  Bogen  lÖOd, 

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322  E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Die  aus  Deutachland  gekommenen  Türme 
bat  man  in  Amerika  konstruktiv  etwas 
geändert. 

Das  Wochenblatt  für  Papierfabrikation 
Jg.  1900  brachte  S.  1852  Ober  eine  grosse 
Turmanlage  der  Sulfitstofffabrik  in  Water- 
ville,  Maine,  welche  54  500  kg  Sulfitstoff 
täglich  erzeugen  sollte.  Elf  Türme  von 
40,5  m  Höhe,  1,42  m  innerem,  1,62  m 
äusserem  Durchmesser  sind  wegen  der  in 
jener  Gegend  herrschenden  heftigen  Stürme 
in  einem  ca.  45  m  hohen,  9,7  m  Durchm. 
aus  Ziegeln  erbauten  Turm  untergebracht. 
Fig.  145  zeigt  den  Grundriss  der  An- 
ordnung. 

Das  Mauerwerk  ist  in  Zementmörtel  aus- 
gerührt und  zur  Erhöhung  der  Widerstands- 
fähigkeit innen  noch  mehrmals  mit  Zement 


Fig.  145.   Türme  mit  Sturnuohsta. 

angestrichen.  Die  Wandungen  der  inneren 
kleinen  Türme  bestehen  aus  bestem  wider- 
standsfähigstem Nadelholz,  meistens  findet 
pitch-pine    oder  hard  pine  Anwendung. 

Herr  Schilde  gibt  dem  Verfasser  genaue 
Angaben  über  diese  Türme  und  deren 
Betrieb. 

Man  teilt,  wie  auch  bei  uns  nachDr.Harpf 
(vergl.  S.  314,  Fig.  141),  die  hohen  Türme  in 
mehrere  Etagen.  Ausser  dem  unteren 
schrägen  Rost  r,  unter  den  das  SO. 2  Gas 
eintritt,  fügt  man  weitere  nur  von  3 — i 
Tragbalken  gebildete  Roste  n  r<  rs  in  den 
Turm  ein  und  gibt  jeder  Etage  oben  und 


unten  Füll-  und  Putztüren  von  etwa  0,6  m 
Höhe,  0,9  m  Breite. 

Dieses  Einteilen  in  mehrere  Etagen, 
wie  aus  Skizze  Fig.  146  ersichtlich,  bat 
grosse  Vorteile  für  den  Betrieb,  besonders 
wenn  man  sie,  wie  in  Amerika,  40,5  ra 
hoch  baut. 

1)  Jeder  Rost  hat  weniger  Last  zu 
tragen  und  ist  dadurch   eine  leichtere 


Fifl.  146.  Amerikanische  LÜBingsbereltung  mit 
Urm. 


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E.  KIRCHNER,   DAS  PAPIER.  I1L  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


002 


Reinigung,  Herausziehen  vergipster  Steine 
und  besseres  Nacbrutscheu  ermöglicht. 

2)  Da  jede  Abteilung  für  sich  beschickt 
wird,  so  braucht  man  nicht  allen  Tuff 
oder  sämtliche  Kalksteine  auf  ganze  Höhe 
des  Turmes  zu  heben,  was  um  so  mehr 
ins  Gewicht  fällt,  als  der  meiste  Stein- 
ersatz in  den  2  unteren  Etagen  nötig  wird. 

3)  Jede  Etage  kann  mit  beliebigen 
Steinen  beschickt  werden. 

So  liess  Schilde  im  Sommer  die  untere 
Etage  stets  mit  magnesiareichem  Dolomit 
tüllen,  um  mehr  freie  SO,  in  die  Lösung 
zu  bringen,  was  sich  für  die  erzielte  Weisse 
und  die  öleichbarkeit  des  Stoffes  als  vor- 
teilhaft erwies. 

Auf  Fig.  146  stellt  ferner  0  den 
Schwefelofen  mit  3,66  m  langer  Pfanne, 
K  den  Kühlkasten  mit  8  Stück30Umm  weiten 
Kühlrohren  aus  4Vt  mm  dickem  Blei  dar. 
Der  Kasten  hat  3,66  m  Länge,  2,16  m 
«reite,  1,85  m  Höhe.  Die  Rohre  sind  durch 
Rohrkrümmer  zu  einer  Schlange  ver- 
bunden, die  Gase  durchlaufen  nacheinander 
sämtliche  Rohre.  Das  Kühlwasser  läuft 
oben  durch  einige  Tüllen  auf  die  aussen 
befindlichen  Krümmer,  um  diese  mit  zu 
kühlen.  Die  Kühlfläche  im  Kasten  berechnet 
sich  auf  28,6  qm  und  beträgt  aussen 
(Krümmer)  noch  etwa  11,5  qm,  so  dass 
etwa  40  qm  Kühlfläche  zur  Verfügung 
stehen. 

Entgegengesetzt  unseren  Türmen,  wo 
die  Turmgase  zwischen  Wassergefäss  und 
Turmmündung  ins  Freie  treten,  sind  die 
Türme  oben  durch  das  Wasserbassin  W 
verschlossen,  nur  ein  durch  die  Mitte  des 
letzteren  gehendes  Abzugsrohr  Z  von  152 
mm  1  Durchm.  gestattet  den  Abzug  der 
stark  Stickstoff  und  Kohlensäure  haltenden 
Der  Zug  wird  durch  Dampf  mittels 
in  eine  ganz  feine  Düse  auslaufen- 
den Blaserohres  B  bewirkt.  Der  Dampf- 
druck wird  durch  ein  Dampfdruckreduzier- 
ventil je  nach  der  Witterung  unten  einge- 
stellt. 

Fig.  146  stellt  D  das  Ende  des  Pump- 
rohres dar,  welches  kontinuierlich  Wasser 
im  Ueberschuss  in  das  Bassin  schafft.  Das 
Zuviel  kann  in  die  Saugeleitung  der  Pumpe 


zurückgeführt  werden;  dadurch  kommt 
die  zum  Heben  des  Wasserüberschusses 
nötige  Arbeit  der  Pumpenarbeit  zum  grössten 
Teil  wieder  zu  gute. 

Auf  diese  Art  ist  es  möglich,  mit  dem 
Turmbetrieb  von  jedem  Wetter  unab- 
hängig zu  sein,  reichlich  Wasser,  reichlich 
Zug  zu  haben,  mit  wenig  Luftüberschuss 
im  Ofen  18—19  pCt.  Gase  zu  arbeiten  und 
eine  an  freier  SO,  reiche  Lösung  zu  er- 
zielen. 

Mit  einem  solchen  Turm,  Kühler  und 
grossem  Ofen  lässt  sich  nach  Schilde  bei 
günstiger  kühler  Witterung  die  Lösung 
lür  bis  9000  kg  tr.  Stoff,  im  Sommer 
lür  7200  kg  Stoff  in  24  Stunden  herstellen. 

Wird  angenommen,  dass  man  mit  Auf- 
wendung von  12  kg  Schwefel  auf  100  kg 
Stoff  auskommt,  bo  werden 

1080  bis  864kgSchwefel  Brutto 
10pCt.Verlust  108  „   86  „ 

972  bis778kgSchwefelNetto, 


d.  h. 


1944  „  1556  „  SO,    in  den 


Lösungen  stecken. 
4  pCt.  SO, Lösungen  würden  darnach 
hergestellt 

unter  günstigen  Witterungsverhältnissen 
IM«  ■  100  _  , 

unter  ungünstigen  Witterungsverhältnissen 

-  38900  I, 

d.  h.  also  mit  der  beschriebenen  Einrich- 
tung leistet  man  bis  2025  1,  unter  un- 
günstigen Verhältnissen  noch  1620  1  4püu 
SOa  Lösung  in  einer  Stunde. 

Vergleicht  man  die  Dimensionen  und 
Leistungen  mit  den  auf  S.  317  angegebenen 
des  kleinen  vierkantigen  Turmes,  so  ündet 
man  alle  massgeblichen  Dimensionen  etwa 
verdoppelt  und  die  soeben  ausgerechnete 
Leistung  erklärt  sich  daraus  als  ganz 
gerechtfertigt. 

Mehrturmsystem  und 
SO,  Rückgewinnung. 
Der  bekannte  Zellstofftechniker  Dr.  Karl 
Kellner,  früher  in  Görz,  dann  in  Hallein- 
Oesterreich,  hat  vielfach  nebeneinander 


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3U 


E.  KlRCHtfER.  DAS  PAPIER.  HL  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


stehende  kürzere  oder  sog.  »gebrochene« 
Türme  angewendet,  die  mit  Kalkstein  gefüllt 
und  durch  Rohrleitungen  derart  mit 
einander  verbunden  wurden,  dass  das  Gas 
einerseits,  Wasser  resp.  Lösungen  andrer- 
seits im  Gegenstrom  zirkulieren,  bis  die 
letzteren  konzentriert  genug  sind,  um 
kontinuierlich  abzufliessen. 

Es  gibt  eine  grosse  Zahl  derartiger 
LösungsbereitungBeinrichtungen,  die  von 
Kellner  selbst  und  von  anderen  Schrift- 
stellern beschrieben  sind. 

Wer  sich  näher  darüber  informieren 
will,  findet  in  C.  Hofmanns  Handbuch  für 
Papierfabrikation  II.  Auflage  S.  1474  und 
1492,  D.  R.  P.  No.  68168,  in  der  Papier- 
zeitung v.  C  Hofmann  Jg.  1885  und 
1894  Nr.  80/84,  in  M.  Scbubert's  Cellulose- 
fabrikation  Berlin,  Krayn,  1897  S.  66/62 
u.  a.  a.  0.  eine  ausgiebige  Litteratur  dar- 
über. 

Kellner  wandte  abweichend  von  Mit- 
scherlich  ein  Sublimatorium,  d.  h.  mit 
Ziegelstücken,  Basaltsteinen  und  Koks  ge- 
füllte Kammern  an  und  trieb  das  von 
sublimiertem  Schwefel  befreite  Gas  mittels 
Dampfstrahlgebläse  durch  einen  aus  hori- 
zontalen in  Wasser  liegenden  Bleirohren 
bestehenden  Kühler  in  die  Türme. 

Kellner  hat  zwei  bis  sechs  Türme  an- 
gewendet 

Verfasser  sah  in  Oesterreich  eine  unter 
Benutzung  der  Kellner' sehen  Idee 
durchgeführte  Lösungsbereitungs- 
anläge  mit  sechs  Türmen,  jeder  1,4  m 
1.  Durchm.,  6»/*  m  hoch;  fünf  dieser  Türme 
waren  mit  Kalkstein  gefüllt.  Die  vier 
ersten  Türme  standen  über  dem  Vorrats- 
bassin für  starke  Kochlösung,  die  zwei 
letzten  über  dem  für  schwache  Lösung. 
Das  Ofengas  trat  unter  dem  Rost  des 
Turmes  I  ein,  oben  unter  dem  hermetisch 
verschlossenen  Doppeldeckel  aus,  wurde 
durch  Tonrohre  unter  den  Rost  des  zweiten 
Turmes  u.  s.  f.  bis  unten  in  den  letzten  Turm 
geleitet  und  aus  diesem  oben  abgesaugt. 

Zwischen  die  Böden  der  Doppel- 
deckel der  Türme  1  bis  V  wurde  schwache 
Lösung  aus  dem  Schwachlösungs- Vorrats- 
bassin gepumpt,  in  Turm  VI  tritt  frisches 


Wasser  ein.  Durch  viele  über  die  unteren 
Böden  der  Turmdeckel  verteilte  kurze 
Rohrstutzen  träufelt  die  Schwachlösung  auf 
die  Kalksteine;  in  gleicher  Weise  wird 
das  Frischwasser  im  sechsten  Turme  als 
Regen  verteilt.  Die  von  den  ersten 
4  Türmen  ablaufenden  Flüssigkeiten  geben 
die  in  der  Zusammensetzung  ziemlich  gleich- 
bleibenden Kochlösungen,  die  Flüssigkeiten 
aus  Turm  5  und  6  bilden  die  Schwach- 
lösungen. 

Die  von  den  Kochern  abgestossenen 
Gase  wurden  in  der  beschriebenen  Anlage 
durch  eine  im  fliessenden  Wasser  liegende 
Bleikühlschlange  von  etwa  50  m  Länge. 
200  mm  Weite,  also  von  etwa  3,2  qm 
Oberfläche  teilweise  kondensiert  Die 
kondensierte  Flüssigkeit  mit  den  rück- 
ständigen Gasen  leitet  man  in  ein  stehen- 
des zylindrisches  Gefäss,  in  welchem 
Flüssigkeit  und  Gase  sich  trennen.  Die 
Flüssigkeit  oder  Lösung  fliesst  in  das 
Lösungs-Vorratsbassin,  wird  also  direkt 
zum  Kochen  wiederverwendet.  Die  Gase 
aber  werden  behufs  Absorption  wieder 
in  die  Türme  geleitet,  so  dass  ein  Verlust 
an  S0a  dadurch  ganz  ausgeschlossen  er- 


Captain  Ellis  Vierturmapparat 


Herr  Schilde  berichtet  dem  Verfasser 
von  der  ausgezeichneten  Ausbildung  de« 
Mehrturmapparates  in  Amerika  durch  Gap- 
tain Ellis.  Derselbe  baut  seine  Türme  aus 
7,5  cm  starken  Bohlen  in  etwa  9,2  m 
Höhe,  5,1  m  Länge  und  1,37  m  Breite. 
Die  vier  Schlote  werden  innen  mit  einer 
Pechlage  und  2,5  cm  dicken  Brettern  j 
verkleidet. 

Fig.  147  gibt  eine  Skizze  dieser  Ein- 
richtung. 

Die  Gase  werden  auf  dem  Wege  e  d 
c  b  a  durch  diesen  Vierturm  gesaugt  oder 
gedrückt  Wasser  oder  Schwachlösung 
tritt  bei  A  ein,  wird  teilweise  durch  die 
Saug-  und  Druckpumpen  P  zur  Zirkulation 
in  den  eigenen  Kammern  gezwungen,  in 
dem  z.B.  die  Pumpe  Pt  bei  s,  die  Lösung 
entnimmt  und  nach  tt  drückt,  wo  sie  oben 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   HL  B.  und  C.  ZELLSTOPP.  325 


durch  eine  entsprechende  Einrichtung  über 
die  Kalksteine  oder  den  Tuff  verteilt  wird. 
Ein  anderer  Teil  der  Flüssigkeit  tritt 
'durch  die  Oeffnungen  i  von  Kammer 
zu  Kammer  (I  bis  IV).  Bei  B  tritt  die 
konzentrierte  Lösung  aus  und  sammelt 
sich  im  Vorratsbassin  für  die  KocblOsung. 

Man  soll  in  solchem  Vierturmapparat 
die  4  pCt.  SO,  Lösung  für  18  t  tr.  Stoff 
täglich  gewinnen  können.  Das  wäre  eine 
nochmals  doppelt  so  hohe  Leistung  des 
Torbeschriebenen  amerikanischen  Einzel- 
turmes Pig.  146. 

Nach  der  Erfahrung,  die  man  im  prak- 
tischen Betriebe  mit  den  Turmbetrieben 
gemacht  hat,  ist  man  bei  Anwendung 
künstlichen  Zuges  in  den  Einzel-  und 
Mehrtürmen  entschieden  hesser  daran,  als 
mit  den  ursprünglich  von  Mitscherlich  ein- 
geführten, wo  man  mehr  von  den  Witter- 
ungsverhältnissen zu  leiden  hat 

Nach  den  günstigen  Erfahrungen,  die 
man  in  Oesterreich,  Weissenborn  bei  Frei- 


berg L  Sa.  und  Amerika  mit  Mehrtürmen 
bei  Vermeidung  grosser  Höhen  erzielt  hat, 
kommt  man  zu  dem  Resultat,  dass  diese 
schon  deshalb  vorzuziehen  sind,  weil  sie 
den  Stürmen  besseren  Widerstand  ent- 
gegen setzen  und  bei  jeder  Witterung 
gleichmässige  Lösung  liefern.  Freilich  ist 
zu  ihrem  Betriebe  Saugung  oder  Pressung 
der  Gase  anzuwenden. 

Bottich-Apparate. 

Der  vorgenannte  Dr.  Karl  Kellner  hat 
statt  der  Türme  auch  entweder  neben- 
oder  übereinanderstehende  Bottiche  benützt, 
die  mit  Kalkstein  gefüllt  und  durch  Rohr- 
leitungen mit  einander  so  verbunden  sind, 
dass  das  Gas  einerseits  und  die  Lauge 
andrerseits  im  Gegenstrom  zirkulieren. 

Die  Verhaltnisse  sind  so  gewählt,  dass 
die  Lösungen  soweit  konzentriert  werden, 
dass  sie  sich  zur  Kochung  des  Holzes 
eignen. 

Man  hat  versucht,  diesen  Apparat  als 
eine  Art  Mitscherlich-Turm  zu  erklären. 

Der  parteilose  Sachverständige  muss 
sich  ja  wundern,  dass  in  der  so  vorzüg- 
lich redigierten  Muspratt,  Chemie  bearb. 
v.  Stobmann  und  Kerl  Vf,  S.  1741  das  den 
Laien  irreführende  Urteil  zu  lesen  ist : 

»Das  Verfahren  von  Kellner  unter- 
scheidet sich  in  seinen  Grundzügen  wenig 
von  dem  Mitscherlich'schen,«*  aber  schon: 
in  der  nächsten  Spalte  1742  heisst  es 
»Die  Absorptionstürme  Kellners 
unterscheiden  sich  von  den 
Mitscherlich'schen  nur  insofern, 
als  zwei  oder  mehrere  Türme,  die  unter 
einander  verbunden  sind,  benutzt  werden 
Oder  bei  einer  anderen  Form  der 
Absorptionsvorrichtung  werden  die  Gase 
in  ein  System  von  untereinander  verbun- 
denen und  mit  Kalk  oder  Dolomit  gefüllten 
Bottichen  getrieben.« 

Hier  ist  also  nicht  nur  die  andere 
Form,  sondern  auch  das  Durchtreiben 
der  Gase  zugegeben. 

•)  Hier  hätte  geschichtlich  richtig  stehen 
müssen  „von  dem  Tilghman'scben". 


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326 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III  B.  und  G  ZELLSTOFF. 


Ehe  nun  näher  auf  die  augenfälligen 
Unterschiede  zwischen  Turm-  und  Bottich- 
system eingegangen  wird,  »ei  zunächst 
eine  Beschreibung  des  Fig.  148/49  dar- 
gestellten Kellner'  sehen  Bottich- 
apparates gegeben. 

Es  sind  5  Bottiche  Ai,  As,  As,  A<  und 
B  terrassenförmig  übereinander  angeordnet. 
Die  Bottiche  A  sind  genau  gleich  gross 
und  gleich  armiert.  Auf  falschem  Rost- 
boden r  ruht  eine  Kalksteinschicht,  zwischen 
dem  Boden  und  Rost  befindet  sich  eine 
Bleirohrschlange  mit  feinen  Löchern  zur 
Verteilung  durchtretender  Gase.  Der  fünfte 
Bottich  B  ist  kleiner,  hat  keinen  falschen 
Boden  und  nur  ein  Eintrittsrohr  a  mit 
durchlöcherter  Bietrohrschlange  am  Buden, 
in  welche  das  in  Schwefel-  oder  Kies- 
öfen {entwickelte  gekühlte  und  gereinigte 


Fig.  148  und  149.  Dr.  K.  Kellner.  Bettichapparat. 


Gas  mittelst  eines  Kompressors  eingetrieben 
wird.  Die  oberen  Boden  der  4  Bottiche  B,  A«. 
As  und  As  haben  die  gleicbgestalteten  U- 
Rohre  t,  um  die  Gase  vom  untersten 
Bottich  in  das  Sohlangenrohr  unter  den 
Rost  r  des  Bottichs  A«  zu  leiten,  ebenso 
die  Gase  von  A*  oben  unter  den  Rost  r 
des  Bottichs  Aa  u.  8.  f.,  das  in  Ai  noch 
übrig  bleibende  Gas  entweicht  durch  das 
Rohr  b  des  oberen  Bodens  in  die  Atmo- 
sphäre. Durch  das  Rohr  w  im  oberen 
Boden  des  Bottichs  Ai  wird  Wasser  oder 
Schwachlösung  eingepumpt  Die  hier  ein- 
geführte Flüssigkeit  tritt  durch  Rohr  und 
einstellbare  Hähne  h  von  Ai  nach  At  etc. 
und  schliesslich  von  A»  nach  B  über,  um 
i  als  genügend  konzentrierte  doppeltschwef- 
ligsaure  Kalklösung  aus  B  durch  einen 
Lösungsmesser  P  zu  gehen  und  in  das 
Vorratsbassin  für  Kocblösung  abzufliessen. 
Wasserstände  s  an  jedem  Bottich  ermög- 
lichen die  Einhaltung  richtiger  Flüssigkeils- 
höhen in  den  Bottichen,  Mannlöcher  aus  Hart- 
blei die  Füllung  und  Reinigung  der  Bottiche 


I 


Flg.  150.    Dr.  Kellnere  Löeungemesier. 

Sehr  sinnreich  ist  der  Kellner1 sehe 
Lösungsmesser  Fig.  149  bei  P  an- 
gebracht und  Fig.  150  in  Skizze  veran- 
schaulicht. Von  a  dringt  die  fertige 
Lösung  vom  letzten  Bottich  B  des  Bottich- 
apparates in  das  mittlere  Rohr  des  Lösungs- 
messers; dieses  Mittelrohr  endet  in  einem 
Ring  r,  der  Ansätze  r  zum  Ausfliessen  der 
Lösung  hat  und  in  welchen  ein  Glasrohr 
A  eingekittet  ist.  Das  Mittelrohr  ist  unten  von 


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£.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   IIL  ß.  und  C.  ZELLSTOFF. 


327 


einem  äusseren  Rohrstück  mit  dem  Ab- 
flussstutzen b  umgeben  und  trägt  auf 
seinem  oberen  Flansch  einen  Rand  zur 
Aufnahme  eines  zweiten  Glasrohres  B, 
welches  oben  durch  Deckel  abgedeckt 
ist.  In  der  Flüssigkeit  im  Glasteil  des 
Mittelrohres  schwimmt  ein  Aräometer  1 
zum  Ablesen  der  Lösungsstärke  *  ferner 
hängt  am  Rande  eine  Skala  s,  die  den 
Ueberdruck  in  cm  ablesen  und  auf  Grund 
einer  empirischen  Tabelle  die  Menge  der 
pro  Minute  oder  Stunde  durchfliessenden 
Lösung  bestimmen  lässt. 

Prüfen  wir  diese  von  Kellner  einge- 
führten Botticbapparate  auf  deren  Aehn- 
lichkeit  mit  den  Türmen,  so  schliessen 
erstere  sich  an  die  seit  Alters,  jedenfalls 
viel  vor  den  Türmen  benutzten  Anreicher- 
ungsapparate der  chemischen  Industrie 
an,  sie  erinnern  an  den  S.  287  beschrie- 
benen Gerlandschen  Apparat  nach  dem 
englischen  Patent  1863  und  haben  nur 
das  mit  dem  Mitscberlich -Turm  gemein, 
dass  man  eben  doppeltschwefligsaure  Kalk- 
lösungen,  aber  diese  im  Gegensatz  zum 
Turmbetrieb  mit  Leichtigkeit  freie  SO,- 
reicher,  herstellt. 

Die  Form  beider  Einrichtungen  hat  keine 
Aehnlichkeit  mehr,  wie  jeder  Laie  bei 
Vergleich  der  Fig.  140  und  Fig.  148/149 
erkennen  kann.  Die  Vorgänge  im  Turm 
und  Bottichapparat  unterscheiden  sich 
wesentlich.  Im  Turm  sind  schwach  be 
nitzte  Kalk-  rcsp.  Tuffstü-ke  mit  dem 
unter  geringem  Druck  durch  den  vertikalen 
Turm  ziehenden  Gase  in  Berührung.  Am 
Bottichapparate  unterscheiden  wir  einen  Ao- 
reicberungsbottich  BFig.  148/40,  in  welchem 
die  Kalksteine  ganz  fehlen,  in  den  übrigen 
Bottichen  Ai  bis  A4  liegen  die  Kalkstücke 
vollständig  in  der  Flüssigkeit,  die  Gase 
werden  durch  einen  Kompressor  stoss- 
weise  in  periförmigen  Reihen 
zwischen  den  Steinen  durch  die  sie  um- 
gebende Flüssigkeit  gedrückt,  oder  mittels 

*)  allerdings  nur  arüometriacb,  was  nach  dem 
heutigen  Stande  der  Betriebspraxis  nicht ;  mehr 
genügt,  aber  doch  auch  wesentliche  Aenderungen 
iler  Lösungszusammensetzung  erkennen  lässt. 


Pumpe  durchgesaugt ;  es  vollzieht  sich 
also  in  beiden  Einrichtungen  ein  wesentlich 
verschiedener  physikalisch-chemischer  Vor- 
gang mit  einem  wirtschaftlich  günstigeren 

Effekt. 

Im  Turm  findet  eine  Absorption  der 
SO,  an  den  von  Wasser  benetzten  Stein- 
flächen, im  Kellner- Bottich  eine  Massen- 
absorption der  SO,  in  Wasser  statt. 

Hierüber  war  Übrigens  schon  früher 
S.  119  gesprochen. 

Man  ist  bei  Benutzung  des  Kellner'schen 
Bottichapparates  vollständig  unabhängig 
vom  Wetter,  hat  den  Apparat  gewöhnlich 
unter  Dach  und  Fach,  braucht  daher  Stürme 
und  Unwetter  nicht  zu  fürchten. 

Die  beim  Betriebe  oben  offener  Türme 
u.  U.  nicht  ausgeschlossenen  Verluste  an 
SO,  in  die  Luft  lassen  sich  beim  Boitich- 
apparat  viel  leichter  kontrollieren  und  ver- 
meiden. 

Man  kann  auch  mit  dem  Bottichapparat 
durch  Aenderung  in  der  Kalksteinfüllung 
und  durch  Verändern  der  Durchgangsge- 
schwindigkeit der  Lösungen  und  der  Gase 
durch  die  Bottiche  die  Menge  und  Zu- 
sammensetzung der  Lösungen  leicht  ver- 
ändern. 

Reinigung  der  Gase  von 
Schwefelsäure. 

Bei  Herstellung  der  Gase  war  S.  310 
die  Reinigung  derselben  von  SO,  mittels 
Eisenspänen  erwähnt;  die  dort  beschriebene 
Befreiung  von  S0B  wird  von  vielen 
Chemikern  angezweifelt,  ja  man  glaubt, 
dass  durch  erstmalige  Bildung  von  Eisen- 
oxyd und  Reduktion  desselben  in  Eisen- 
oxydul das  Uebel  nur  noch  verschlimmert 
und  noch  mehr  SO,  in  S0g  übergeführt 
werde.  Wolesky*)  schlägt  daher  statt 
Eisen  Kupfer  vor.  Einfacher  ist  es,  die 
Ofengase  einfach  in  Wasser  zu  waschen, 
man  presst  oder  saugt  das  Gas  durch 
einen  Wasserbottich.  Das  Wasser  reichert 
sich  allmählich  mit  Schwefelsäure  (bis  zu 
etwa  40»  Be)  an. 

*)  C.  llofmanu.  Handbuch  der  Papier- 
fabrikatiou,  II.  ÄuHage  S.  1473. 


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328  K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   IH  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Kammerapparate. 

Statt  der  Kalksteine,  welche  in  den 
Türmen  angewendet  werden  und  die 
Kellner  in  seinem  Apparate  benützt,  hat 
man  auch  Kalkmilch  angewendet. 

W.  Flodquist  in  Gothenburg  (Schweden) 
hat  das  Verdienst,  eine  sehr  einfache  Ein- 
richtung erfunden,  ausgebildet  und  in  die 
Praxis  eingeführt  zu  haben,  die  eine  gute 
gleichmassige  Lösung  herstellen  lässt. 
Herr  Professor  Dr.  P.  Klason-Stockholm 
sagt  über  das  »Kammersystem  für 
Säuredarstellun  g«*)  vom  Papier- 
meister Flodcpiist  in  Mölndal  bei  Gothen- 
burg, es  sei  das  einzige  System, 
welches  nach  seiner  Meinung  sich  dauernd 
lebensfähig  erweisen  würde. 

Flodcpiist  wendet  bis  zu  10  in  Bleicher 
Höhe  gemauerte  geschlossene  Kammern 
an.  die  zu  '/«  mit  Kalkmilch  gefüllt  sind, 
das  SO, -Gas  wird  durch  einen  Exhaustor 
vom  Ofen  durch  sämtliche  Kammern 
durchgesaugt  Jede  Kammer  hat  zu  dem 
Behufe  eine  von  der  Decke  bis  nahe  an 
den  Boden  reichende  Scheidewand,  so 
dass  das  Gas  gezwungen  ist.  von  jeder 
Scheidewand  aus  unten  in  die  Kammer- 
flüssigkeit tretend,  die  ganze  Flüssigkeits- 
säule  zu  durchstreichen.  Frische  Kalk- 
milch tritt  in  der  letzten  Kammer  zu  und 
tritt  selbsttätig  von  Kammer  zu  Kammer, 
das  SO, -Gas  wird  im  Geeenstrom  durch 
die  Kammern  gesaugt  In  der  für  die 
Kalkmilch  letzten,  für  das  Gas  ersten 
Kammer  läuft  die  Lösung  in  gewünschter 
Stärke  ab. 

Dougall-Bottichapparate. 

Ein  diesem  Kammersystem  ganz  ähn- 
liches Verfahren  ist  1885  dem  Engländer 
Dougall  in  Amerika  unter  Patent-Nr.  311505 
patentiert**)  Er  nimmt  statt  der  Kammern 
drei  oder  mehr  auf  gleicher  Höhe  stehende 

')  Wochenblatt,  Jg.  1900  S.  2247. 

Nähere  Beschreibungen  und  Skizzen  der 
Einrichtungen  finden  »ich  in  dem  amerikanischen 
Patentblatt,  in  Hofmann»  Papierzeitung  »lg-  188JS 
S.  801  und  Max  Schubert.  Cellulnucfahrikation 
II.  Aufl.  Krayn  Berlin  1897  S.  f»7. 


geschlossene  Bottiche,  in  denen  sich  Kalk- 
milch befindet,  welche  durch  Rührwerke 
in  Bewegung  erhalten  wird.  Atmosphärische 
Luft  wird  mittelst  eines  Gebläses  durch 
die  Schwefel-  oder  Kiesöfen  gedrückt  und 
das  SOa-Gas  unter  Druck  mittels  Rohr- 
leitung, welche  unter  dem  Fl  Ossig  keits- 
spiegeldes  ersten  Bottichs  mündet  gedrückt: 
von  dem  ersten  Bottich  wird  das  übrig- 
bleibende Gas  weiter  durch  entsprechende 
Rohre  in  die  Flüssigkeiten  des  zweiten 
und  dann  des  dritten  Bottichs  gepresst. 
um  von  SO.,  so  gut  wie  befreit  durch  ein 
offenes  Rohr  des  Deckels  des  dritten 
Apparates  ins  Freie  zu  strömen. 

Dieses  Durchdrücken  des  Gases  wird 
solange  fortgesetzt,  bis  im  ersten  Apparat 
die  Lösung  stark  genug  ist,  dann  wird  das 
Durchtreiben  des  Gasstromes  unterbrochen, 
die  Lösung  aus  Bottich  1  abgelassen  und, 
nachdem  dies  geschehen  ist,  werden  die 
3  Bottiche  durch  Hähne  und  Verbindungs- 
stutzen über  dem  oberen  Boden  in 
Kommunikation  gesetzt  und  im  letzten 
dritten  Bottich  so  viel  Kalkmilch  nachge- 
geben, bis  alle  drei  Bottiche  soweit  gefüllt 
sind,  dass  die  Einleitungs-  resp.  Ueber- 
leitungsrohre  vom  Ofen  resp.  von  den 
vorhandenen  Bottichen  wieder  genügend 
tief  in  die  Flüssigkeit  tauchen. 

Nun  werden  die  Kommunikationswege 
der  Flüssigkeiten  in  den  Bottichen  wieder 
geschlossen,  der  Luftkompressor  wieder  in 
Tätigkeit  gesetzt  und  die  neue  Sättigung 
einer  weiteren  Portion  Lösung  im  ersten 
Bottich  findet  ihren  Fortgang. 

Dougall  arbeitet  also  mit  seinem 
Apparate  periodisch.  Statt  Luft  durch  die 
Oefen  zu  drücken,  kann  man  selbstver- 
ständlich auch  die  Abgase  vom  letzten 
Apparate  absaugen. 

E.  Partington-Apparat. 

Edward  Partington  hat  einen  Apparat 
konstruiert  und  patentieren  lassen,  der 
drei  Bottiche  in  terrassenförmiger  Auf- 
stellung zeigt.  Die  S09-Gase  und  -Flüssig- 
keiten gehen  im  Gegenstromprinzip,  das 
erstere  von  unten  nach  oben,  die  letzteren 


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E,  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   HI.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


R29 


von  oben  nach  unten  durch  den  Apparat 
Am  unteren  Bottich  wird  die  fertige  Lösung 
kontinuierlich  abgelassen.  Partington  ver- 
wendet wie  Dougall  Rührwerke  zur  massigen 
Bewegung  der  Flüssigkeit. 

Ernst  Porak's  Apparat. 

Statt  der  drei  nebeneinander,  auf 
gleicher  Höhe  stehenden  Kalkmilch-  und 
Absorptions-Bottiche  kommt  Ernst  Porak 
mit  zwei  solchen  Gefässen  aus.  Einem 
in  Dingler  s  polyt  Journal  Jahrgang  1897 
Nr.  7  und  8  erschienenen  Aufsatz  des 
Herrn  Professor  Dr.  A.  Harpf  in  Przibram. 
Böhmen,  über  seine  Beobachtungen  an 
einem  solchen  Apparate  in  Moldaumühl 
(Böhmen)  entnehme  ich  mit  gütiger  Er- 
laubnis des  Autors  folgende  Einzelheiten. 

Fig.  151  gibt  einen  Aufrissschnitt  der 
kompletten  Einrichtung.  A  ist  ein  Schwefel- 
ofen aus  Schmiedeisenblech  mit  einem 
8  mm  dicken  Einsatz  aus  Schmiedeisen- 
blecb,  der  Zwischenraum  zwischen  Aussen- 
und  Einsatzblech  ist  mit  Sand  gefüllt;  durch 
Abschrauben  des  Deckels  kann  der  Einsatz 
jederzeit  herausgenommen  und  ausgewech- 
selt werden.  Bei  1,84  qm  Brennfläche  kann 
man  bei  richtigem  Zuge  in24Stunden  1000kg 
Schwefel (a  Stunde  also  41*/ •  kg)  verbrennen 
Das  sich  entwickelnde  Gas  wird  bereits  im 
Ofen  durch  ein  von  dem  wagrechten 
Deckel  und  den  Seitenwänden  gebildetes 
Bassin,  in  welches  Wasser  tritt  und  ab- 
fliegst, gekühlt" 


Moldaumühl  benutzte  teils  regenerierten 
Sodafabrik  -  Schwefel  von  Aussig  und 
sizilianiscben  IIa  vantaggiata  Rohschwefel, 
welche  Sorten  bei  Prüfung  0,023  resp. 

0.  021  pCt  Asche  aufwiesen. 

Das  schmiedeiserne  Rohr  B  von  150  mm 

1.  Durchmesser  und  2  mm  Wandstärke  führt 
das  Gas  in  einen  Kühler  C  aus  9  Blei- 
rohren von  150  mm  1.  Durchmesserund  6  mm 
Wandstärke  bestehend,  welche  in  zwei 
Reihen  in  einem  4000  mm  langen,  1600  mm 
breiten,  720  mm  hohen  Holzkasten  angeord- 
net sind.  Die  neun  Rohre  gehen  durch  die 
Seilenwände  des  Kastens  und  sind  an  den 
Enden  mit  Holzstopfen  verschlossen,  die 
Verbindungsstutzen  der  Rohre  unter- 
einander befinden  sich  innerhalb  des 
Kastens.  Die  Kühlfläche  berechnet  sich 
auf  etwa  19  qm.  —  In  den  Kühlkasten 
lief  Wasser  von  etwa  14' C  ein  und  floss 
mit  etwa  17"  C  ab.  Die  hölzernen  Ver- 
schlussstopfen gestatten  eine  bequeme 
Reinigung  der  Rohre. 

Die  gekohlten  Gase  werden  durch  das 
Hartblei-Rohr  I,  von  100  mm  L  Weite  und 
5  mm  Wandstärke,  mittels  eines  Wasser- 
Strahlgebläses  S  von  70  mm  Düsenweite 
angesaugt.  Das  Wasser  (resp.  die  Flüssig- 
keit) zum  Betriebe  des  Gebläses  S  wird 
durch  die  Pumpe  E  aus  dem  Bottich  G 
entnommen  und  mittels  110  mm  I.  Durchm. 
Rohr  F,  nach  S  befördert  Gas  und 
Flüssigkeit  werden  durch  das  Fallrohr  F, 
von  150  mm  1.  Weite  in   den  Bottich 


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330  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


zurückgeführt   Ka  muss  in  die  Flüssig- 
keit von   G  eintauchen,   wodurch  das 
Gas   gleichzeitig  gewaschen   wird.  Der 
Bottich  ist  aus  50  mm  starken,  gesun- 
den Holzdauben    gefertigt    und  misst 
2,1  m  1.  Durchm.  unten,  1,8  m  L  Durchm. 
oben  und  ist  1,8  m  l.  hoch;   er  besitzt 
links  in  der  .Mitte  ein  Flüssigkeitsstand- 
glas,  unten  einen  Ablass,  resp.  Reinigungs- 
hahn, rechts  unten  einen  Hartbleischieber 
für  Durchgang  und  Abschluss  der  Flüssig- 
keit aus  G  nach  der  Pumpe  E.   Durch  die 
Wirkung  der  bei  10  m  Druckhöhe  500  Um- 
drehungen machenden  Pumpe  E  und  des 
Wasserstrahlgebläses  S  wird  in  G  Druck 
erzeugt,   dadurch  wird  das  gewaschene 
Gas  durch  das  Hartbleirohr  H  von  100  mm 
1.  Durchm.  und  5  mm  Wdst  in  einen  zweiten 
Kühler  J  (etwa  halbe  Kühlfläche  von  C) 
getrieben,  von  wo  es  durch  Uebertritts- 
rohr  N  in  einen  mit  25  cbm  Kalkmilch 
gefüllten  Bottich  von  30  cbm  Inhalt,  von 
diesem  wieder  durch  üebertrittsrohr  0 
nach  Bottich  L  gleicher  Grösse  und  gleichen 
Inhalts  tritt.   Das  bei  M  ins  Freie  tretende 
Gas  besteht   aus   nicht  absorbierbarem 
Stickstoff  und  Sauerstoff. 

Das  Gehäuse  und  das  Treibrad  der 
Zentrifugalpumpe  E  besteht  aus  einer 
Hartbleüegierung,  die  Welle  ist  aus  Stahl 
gefertigt  and,  soweit  sie  in  der  Pumpe 
steckt,  mit  Bronzemantel  umkleidet.  Bei 
700  Umdrehungen  und  10  m  Druckhöhe 
soll  sie  1200  1  pro  Minute  heben  und 
5,3  PS.  zum  Betriebe  erfordern.  Es  stellte 
sich  später  heraus,  dass  7  m  Druckhöhe 
für  den  Betrieb  vollkommen  genügt,  und 
sie  würde  dann  bei  sonst  gleichen  Um- 
ständen nur  3,7  PS.  zum  Betriebe  nötig 
haben. 

Da  im  zweiten  Kühler  J  etwas  Druck 
herrscht,  so  wurde  vorgezogen,  die  Ueber- 
gänge  von  Rohr  zu  Rohr  durch  gebogene 
Hartbleirobre  aussen  (5)  zu  schaffen 

Die  von  Harpf  beobachteten  Temperatur- 
verhältnisse  waren  folgende: 

In  B  knapp  über  Kühler  G  360»  C 
ohne  Kühlung  des  Ofens 


ohne 
Kühlung 

23,5«  C 


mit  Kühlung 
des  Ofens 


10°  C 


29,0«  C 
21,0°  C 


5,5»  C 


in  Rohr  D,  j 
bei  Punkt  lj 

in  Rohr  H.  j 
knapp  vorJ( 

in  KobrN.1 
bei  Punkt  IT  j 

Dabei  wird  der  Bottich  G  mit  kaltem 
Wasser  beschickt ;  dasselbe  hat  nach  drei- 
stündigem Betriebe,  nach  welcher  Zeit  es 
wieder  erneuert  wird,  folgende  Bestand- 
teile in  100  ccm  enthalten: 

Probe  I  JI  

SO,  1,344  g         0,704  g 

SO,  0,100  „         0,098  „ 

Flugasche  0,0154,,  0,00075,, 
Schwefelblumen  waren  vorhanden,  wurden 
jedoch  nicht  bestimmt.  Dieses  Wasser  kann 
in  der  Zellstofffabrikation  (event  nach 
Filtration  durch  Kies  und  Sand)  Mitver- 
wendung finden. 

Die  beiden  Lösungsbottiche  K  und  L 
sind  aus  75  mm  starken  Lärchenholz- 
dauben solide  gebaut  und  je  mit  sechs 
Eisenreifen  zusammengehalten ;  sie  haben 
3650/3850  mm  1.  Durchm.  und  2700  L  Höhe, 
haben,  wie  schon  erwähnt,  30  cbm  Inhalt 
und  werden  mit  25  cbm  Kalkmilch  gefüllt, 
mittels  Schnecke  und  Schneckenrad  wird 
ein  aus  Holz  gebauter  Rührer  mit  bronze- 
verkleideter Welle  2— 3mal  pro  Minute 
umgedreht.  Standgläser  ermöglichen  die 
Erkennung  des  Flüssigkeitsstandes.  Da  diese 
Bottiche  dicht  Regen  inneren  Druck  sein 
müssen,  geht  die  stehende  Rührwelle  oben 
durch  eine  entsprechende  Bronzestopt- 
büchse,  unten  geht  sie  auf  Bronzezapfen 
in  einem  bronzenen  Stützlager.  Die  gekühlten 
Gase  gehen  von  N  eingeleitet  durch  die 
Flüssigkeit  des  Bottichs  K.  und  dann 
durch  0  nach  L.  wo  alle  SO,  absobiert 
wird  und  aus  M  nur  S0,freie  Gase  aus- 
treten. 

Der  Betrieb  dieses  Apparates 
ist  periodisch.  Man  treibt  solange  Gas 
durch  die  Bottiche,  bis  die  am  Standglase 
des  Bottichs  K  entnommene  Lösung  die 
gewünschte  Stärke  hat,  stellt  die  Pumpe  E 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF.  331 


ab  uod  lässt  die  Lösung  durch  einen 
Hahn  P  in  ein  Vorratsbassin  abfliessen. 
Darauf  wird  die  bereits  SO,  enthaltende 
Lösung  von  L  nach  K  durch  ein  nicht 
mitgezeicbnetes  Rohr  abgelassen.  L  wieder 
mit  neuer  Kalkmilch  gefüllt  und  die 
Pumpe  E  wieder  in  Gang  gesetzt :  dabei 
ist  darauf  zu  sehen,  dass  der  Schwefel  im 
Ofen  wieder  in  Brand  kommt. 

Die  Kalkmilch  muss  kalt  in  den  Rottich  L 
kommen.  Der  gebrannte  Kalk  wird  daher 
vorher  in  grossen  Gruben  gelöscht,  ab- 
kühlen gelassen,  dann  mit  Wasser  ver- 
dünnt und  die  Milch  Qber  einen  Sandfang 
und  durch  eine  Waschtrommel  geleitet 

Nach  Harpfs    Analyse  enthielt  eine 
länger  an  der  Luft  gelegene  Probe  des 
gebrannten  Ka'kes 
27.45  pCt.  Glühverlust  (CO,  und  HaO) 
0.09   „   AI,  0, 
7.25   „   Mg  0 
65.51   „   Ca  0 
Spuren  von  Fe,08  und  SiOa. 
Die  Reinheit  des  Kalkes  in  Bezug  auf 
Eisen  ist  für  die  Zellstofrfabrikation  von 
hohem  Wert. 

Harpf  und  die  Beamten  in  Moldaumühl 
haben  gelegentlich  die  Gase  in  den  Saug- 
und  Druckleitungen  untersucht  und 
in  der  Saugleitung  5.58-9.6  Vol.- pCL  SO,, 
inderDruckleitung>2,8-23,7  „  „  SO, 
konstatiert 

Da  nun  (wie  auch  früher  S.  308  aua- 
geführt) der  theoretische  Maxtmalgehalt 
bei  0*  und  760  mm  Luftdruck  beim  Ver- 
brennen von  Schwefel  an  der  Luft  nur 
20,99  Vol.-pCt  beträgt,  so  erklärt  sich 
der  hohe  Progentgehalt  in  der  Druck- 
leitung einfach  daher,  dass  das  geprüfte 
Gasgemenge  sich  unter  üeberdruck  be- 
findet 

Harpf  beurteilt  in  seiner  Arbeit  den 
Porak  -  Apparat,  wie  er  betont,  vom 
praktischen  Standpunkte  aus 
und  sagt  wörtlich: 

In  der  Saugleitung  herrscht  Depression; 
der  Zug  ist  ein  kräftiger,  ein  Ausschlagen  des 
Gases  zur  Ofentür  wird  vermieden,  die  Ver- 
brennung ist  vollständig  und  Sublimation  bei 
regelmässigem  Betrieb  fast  ausgeschlossen. 


Insbesondere  technisch  wichtig  aber  ist  es, 
dass  das  Gas  unter  (Jeberdruck  in  die  Kalk- 
milch eingepresst  wird,  dass  wir  folglich  in  der  , 
Druckleitung,    wie  die  Analysen   »eigen,  in 
einem  kleinen  Volumen  Gasgemenge 
einen  sehr  grossen  Gehalt  an  Schwefel- 
dioxyd bekommen,  was  als  eine  Folge  der 
sinnreichen  Einschaltung  von  Druckbottich  G, 
Pumpe  E  und  Injektor  S  /.wischen  Schwefel- 
ofen und  Absorptionsgefäss  zu  betrachten  ist. 
Infolge    der   doppelten  Kühlung    und  Kom- 
primierung nehmen  die  Gase  ein  kleines  Volumen 
ein,  sind  sehr  konientriert  und  werden  daher, 
wie  bekannt,  b  e  d  e  ute  nd  besse  r  absorbiert 
als  dünnes  Gns,  was  sowohl  für  die  Darstellung 
der  Hultitlaugen   als  auch  Tür   alle  anderen 
Zwecke,  wo  S(  >,  in  Flüssigkeiten  gelöst  werden 
soll,  von  grossem  Werte  ist.    Damit  ist  mein 
Urteil  Uber  den  neuen  Apparat  im  wesent- 
lichen bereits  gegeben. 

Weitere  Merkmale  desselben  sind: 
Die  Flüssigkeit,  welche  mit  SO,  behandelt 
werden  soll,  wird  nur  sehr  wenig  bewegt,  kann 
ab?r,  wenn  gewünscht,  vollkommen  ruhig  stehen; 
ein  Auspeitschen  bereits  gelöster  schwefliger 
Siiure  findet  somit  nicht  statt  Kompressoren, 
sowie  Ventilatoren,  welche  ersteren  teurer  sind, 
während  die  letzteren,  da  sie  ihrer  Grösse 
wegen  aus  Eisen  gemacht  werden  müssen,  sehr 
bald  zerfresven  sind,  werden  hier  gänzlich  ver- 
mieden; ebenso  Dampflnjektoren,  welche  das 
Gas  ku  sehr  erwärmen  Man  arbeitet  mit  gc- 
wascheneu,  aschenfreien,  reinen  Gasen,  der 
Kraitbedarf  ist  gering,  die  Bedienung  einfach. 

Der  Apparat  isi  daher  auch  billiger  als 
viele  andcie  Konstruktionen,  da  er  ja  ausser 
der  Pumpe  unu  dem  Schwefelofen  nur  aus 
ßlciröbren  und  Holzbottichen  besteht.  Drei 
solche  Apparate  arbeiten  gegenwärtig  in  Mol- 
daumühl und  es  erzeugt  jeder  in  24  Stunden 
40  50  cbiu  doppeltschwofligsaure  Kalklaugu 
von  5  bis  6  o  Be\,  d  i.  mit  3,5  bis  4  Proz. 
Gesamt-SO,;  die  Kosten  eines  solchen  Appa- 
rates stellen  sich  samt  Lizenz  und  Montierung 
auf  5U00  tl  ö.  W.  Es  ist  selbstverständlich, 
dass  der  Apparat  auch  jo  nach  der  Art  de» 
Betriebes  grössere  Mengen  verdünnter  Laugen 
liefert,  andererseits  aber  auch  stärkere  Laugen 
erzeugen  kann,  falls  solche  gewünscht  werden." 

Harpf  schliesst  seine  Beurteilung  nach 
Besprechung  einiger  ähnlicher,  aber  miss- 
lungener  Konstruktionen  mit  den  Worten: 

Porak  benutzt  die  Flüssigkeit  in  seinem 
Druckbottich  G  erstens  zum  Transport  der  Gase, 
also  zum  Betrieb  des  Injektors  S  mittels  der 
Pumpe  E,  zum  Ansaugen  und  Weiterdrücken 
uad  zweitens  gleichzeitig  zum  Waschen  der 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


Oase,  —  uud  leitet  dieselben  dann  erat  in 
einem  hocbkuniectrierten  ruhigen  Strom  in  die 
zur  eigentlichen  Absorption  bestimmten  de* 
fasse ;  darin  liegt  vor  allem,  meiner  Ansicht 
nach,  sowohl  die  Neuheit  als  auch  der  tech- 
nische Wert  der  Erfindung.* 

Die  Wiedergewinnung  der  SO,  in  Mol- 
daumübl  wird  nach  Harpf  so  gehandhabt: 
Das  Abgas  der  fünf  Kocher,  welche  in  16 
bis  24  Stunden  bei  einer  Endtemperatur 
ron  135—145*  C.  fertig  gekocht  werden, 
geht  in  einen  Kühler  und  dann  in  einen 
grossen  Holzbottich,  in  welchem  sich  etwas 
Wasser  befindet  und  das  Kondensat ions- 
produkt,  eine  wässerige  Lösung  von  schwef- 
liger Säure,  ansammelt,  die  von  Zeit  zu 
Zeit  der  fertigen  Sulfitlösung  zugeteilt  wird. 
Das  übrige  nicht  kondensierte  Gas  wird  in 
die  Lösungsbottiche  Fi*.  151  K  und  L 
langsam  eingeleitet  und  vermehrt  den 
Gehalt  der  Flüssigkeit  an  freier  schwefliger 
Säure.  Durch  diese  Wiedergewinnung 
erreicht  die  Fabrik  Moldaumüh],  wie 
unten  nachgewiesen  wird,  eine  grosse  Er- 
sparnis an  S  oder  SO,. 

Sehr  wertvoll  ist  die  Mitteilung  einer 
Tabelle  in  Harpfs  Publikation  über 
29-Ufonate-Betrieb  der  Moldaumübl.  Nach 
titrimetrischen  Bestimmungen  hatte  die 
für  den  Betrieb  benötigte  erzeugte 
Kochlösung  3,556  pCt.  GesamUSO  und 
etwas  mehr  als  1  pCt.  Calciumoxyd 
enthalten. 

1  cbm  Lösung  enthielt  demnach  17,78  kg 
Schwefel,  der  in  der  Betriebszeit  auf  1  cbm 
Lösung  verbrannte  Schwefel  betrug  aber 
nur  11,12  kg,  es  waren  also  6,66  kg 
Schwefel  durch  die  Wiedergewinnungzurück- 
gewonnen, d.  b.  37  Prozent  des  theoretisch 
notwendigen  Quantums.  Man  erkennt 
daran  den  hohen  Wert  der  Abgaswieder- 
gewinnung, resp.  den  Nutzen  für  die 
Fabrikation. 

Auf  100  kg  lufttr.  Stoff  brauchte 
Moldaumühl  nach  der  Fabrikationstabelle 
durchschnittlich : 

0,45  Festmeter  Holz 

1150  1  Lösung 

12,62  kg  Schwefel 

11,17  kg  gebrannten  Kalk  (Ca  0). 


Gewonnen  wurde  weicher,  leicht  bleichbarer 
Ritter-Kellner-Stoff. 

Verfasser  kann  aus  eigener  dreijähriger 
Praxis  diesen  Zahlen  folgendes  einer 
kleineren,  nach  Mitscherlichs  Verfahren 
arbeitenden  Anlage  gegenüberstellen. 

Auf  100  kg  lufttr.  Stoff  werden  nach 
30monatigen  Betriebsergebnissen  durch- 
schnittlich verbraucht: 

0,625  rm  co  0,43  Fm.  Holz 

810  1  Lösung 
14,47  kg  Schwefel  (bei  unvollkommener 

Wiedergewinnung) 
20,6  kg  roher  Tuff  (entsprechend 
12,73  Ca  0) 
56  kg  Ia.  Stein-Kohlen  zum  Kochen. 

Es  wurde  harter  Ia.  Mitscherlichstoff 
erzeugt,  aber  nebenher  auch  IIa.  und  lila, 
aus  den  Aesten  gewonnen  und  zur  durch- 
schnittlichen Berechnung  auch  die  letzten 
Stoffe  mitberücksichtigt. 

Aus  den  weiter  oben  gedruckten  An- 
gaben des  Herrn  F.  Schilde  hält  man  in 
Amerika  12  kg  Schwefelverbrauch  auf 
100  kg  Stoff  für  anstrebenswert.  Nach 
Mitteilung  eines  anderen  mit  den  ameri- 
kanischen Verhältnissen  vertrauten  Herrn 
arbeiten  dort  sehr  viele  Fabriken  mit  15  kg 
Schwefelverbrauch  auf  100  kg  Stoff.  Ver- 
einzelt braucht  man  noch  mehr,  bis  22  kg 
Schwefel  auf  100  kg  Stoff.  ' 

In  der  Litteratur  ist  andrerseits  von 
einigen  kontinentalen  Anlagen  11  kg 
Scbwefelverbrauch  auf  100  kg  lufttr.  Stoff 
als  erreicht  bezeichnet  worden. 

[Dr.  A.  Frank's  Apparat 
Dr.  Frank -Charlottenburg  hat  bereite 
1887  mit  Recht  auf  die  Erschwerung  der 
Lösungsherstellung  unter  Anwendung  von 
Kalkstein  in  Tünnen  und  Bottichapparaten 
hingewiesen,  dabei  kritisiert  er  abfällig 
beim  Turmbetrieb  das  Abhängigsein  von 
der  Witterung,  an  den  Bottichapparaten 
die  Notwendigkeit,  einen  Kompressor  zum 
Durchtreiben  der  SO,  Gase  anwenden  zu 
müssen  und  hebt  an  beiden  Apparaten 
die  Uebelstände  der  allmählichen  Vergips- 
ung und  Verschlammung  hervor,  welche 
zu  einer  unregelmässigen  Zusammensetz- 


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E.  KIRCHNER,  DAS  PAPIER.  HI.  B.  and  C.  ZELLSfOFV.  333 


ung  der  Lösungen  und  zu  Betriebsunter- 
brechungen fuhren.  Er  gibt  der  Milch  aus 
Aetzkalk  den  Vorzug,  da  von  ihr  die  Auf- 
nahme der  SO,  energischer  und  vollständi- 
ger geschehe  und  die  Oxydation  in  SO, 
verringert  werde,  die  Apparate  kleiner 
wttrden,  auch  der  Kalkgehalt  der  Lösung 
von  vornherein  bestimmt  und  leicht  regu- 
liert werden  könne. 

Er  äusserte  sich  bei  der  Gelegenheit 
auch  Ober  die  Nachteile  des  Durchsaugens 
des  SOa-Stromes.  Ein  Saugeejektor  für 
Herstellung  von  25-30  cbm  Lösung  braucht 
so  viel  Dampf,  wie  eine  30  PS  Dampf- 
maschine, fein  zweiter  Fehler  der  Durch- 
saugung  ist,  dass  die  Sättigung  der  Lösungen 
bei  Unterdruck  beschränkter  ist 
als  bei  üeb  er  druck.  (Ein  Ulas  Selters- 
wasser verliert  bei  Unterdrück  schnell  seine 
Kohlensäure  !)* 

Dr.  Frank  arbeitet  aus  diesen  Gründen 
mit  Kalkmilch  aus  gelöschtem  Aetzkalk 
mit  Druck  und  hat  bereits  viele  Lösung- 
bereitungsanlagen im  letzten  Jahrzehnt 
ausführen  lassen,  die  zu  sehr  guten  Betriebs- 
ergebnisse n  führten.  Auch  ist  der  Apparat 
mehrfach  nachgebaut 

Der  Frank'sche  Apparat  und  die 
Arbeitsweise  mit  demselben.**) 

Es  wird  in  einem  ganz  geschlossenen 
Eisenrobr  mit  flachgedrücktem  Querschnitt, 

*)  Wie  unpraktisch  es  ist,  mit  Saugung  zu 
arbeiten,  ist  am  besten  bei  der  Titration  der 
Sulfitlüsuogen  zu  erkennen.  Saugt  man  nämlich 
die  zu  untersuchende  Lösung  mit  dem  Munde  in 
die  Pipette,  so  erhält  man  einen  merklich  niedereren 
Gehalt  an  SO„  als  wenn  man  die  Lösung  durch 
Blasen  in  die  Pipette  aufsteigen  lässt.  Es  ent- 
bindet sich  schon  bei  dem  geringen  Unterdruck, 
der  durch  Saugen  mit  dem  Munde  hergestellt 
wird,  ein  Teil  der  freien  SO,  aus  der  Lösung. 
Aus  diesem  Grunde  sind  denn  auch  die  mittels 
Durchsaugung  der  Gase  durch  die  Kalkmilch 
hergestellten  Lösungen  stets  viel  SU,-armer  und 
verhältnismässig  Kalk-reicher  als  die,  welche 
unt«r  Druck  erzeugt  werden.  Es  ist  also 
theoretisch  ganz  verwerflich,  mit  Unterdrück- 
apparateo  Suihtlösungen  herzustellen. 

••)  Nach  i\rax  Schubert.  Die  CellulosefabrU 
kation  IL  Aufl.   Berlin  1897.  M.  Krayn. 


welches  zwischen  gusseisernen  Kopfwänden 
eingesetzt  und  verdichtet  und  rings  von 
Kühlwasser  eines  eisernen  Wasserkastens 
umgeben  ist,  auf  einer  besonderen  Einsatz- 
pfanne Schwefel  (bis  zu  1500  kg  in  24 
Std.)  unter  leicht  und  s'cber  regulierbarer 
Luftzupressung  milteist  einer  Luftpumpe 
verbrannt  Die  Gase  sollen  bis  zu  15  pCt. 
SO,  enthaltend  erzielt  werden  können. 

An  den  Ofen  schliessen  sich  ein  Vor- 
kühler, ein  Staubfänger,  ein  Schlangen- 
kühler und  ein  kleiner  Wascher  an.  Letzte- 
rer hält  die  geringen  Mengen  SO,  zurück. 

Die  gekühlten  und  gereinigten  Gase 
treten  in  eine  Absorptionsbatterie,  zunächst 
in  einen  grösseren  geschlossenen  Bottich 
mit  verdünnter  Lösung  und  passieren  dann 
zwei  kleinere  Bottiche  mit  stärkerer  Kalk- 
milch, die  terrassenartig  aufgestellt  sind. 
Alle  drei  Bottiche  haben  Rührwerke.  Der 
letzte,  am  höchsten  stehende  Bottich  em- 
pfängt die  starke  frische  Kalkmilch  und  die 
letzten  Gase,  er  darf  offen  sein,  da 
die  letzten  Spuren  SO,  hier  sicher  absor- 
biert werden.  Der  mittlere  gleich  grosse 
BotÜch  ist  geschlossen,  ist  von  gleicher 
Grösse  des  letzten  und  empfängt  die  Kalk- 
milch des  letzten  Bottichs,  nachdem  sein 
vorheriger  Inhalt  in  den  ersten  grösseren 
Bottich  abgeflossen  war. 

In  dem  ersten  Bottich  wird  die 
Kalkmilch  mit  Wasser  verdünnt.  Ks 
findet  auch  hier  eine  periodische  Arbeit 
statt 

Es  werden  zwei  Apnaratgrössen  ge- 
baut. Der  grössere  Apparat  liefert  20  cbm, 
der  kleinere  10  cbm  auf  einmal.  Und  da 
die  Arbeitsperiode  inkl.  aller  Umfüll-  und 
Nebenarbeiten  nur  7  Stunden  beansprucht 
werden  54—60  resp.  30—35  cbm  Lösung 
in  24  Stunden  hergestellt  werden  können. 

Es  soll  Sulfitlösung  aus  Kalk,  Dolomit 
und  reiner  Magnesia  bis  zu  10*  Bö  mit 
viel  freier  SOt  erzeugt  werden  können. 

Dr.  Frank  leistet  Garantie,  dass  von 
100  kg  98  prozentigem  Schwefel  95  kg  reiner 
|  Schwefel  in  die  Lösungen  übergeht  Bei 
!  J.  Spiro  &  Söhne  in  Böhmisch  Krummau  u.in 
!  Kymmene-Bruk,  wou.a,Krank'sche  Apparate 
abgeführt  wurden,  will  man  96,8—97  leg 


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334 


E.  KlRCH^Ert.   DAS  PArtftt  Irl.  B.  und  C,  ZELLSTOFF. 


Schwefel  auf  100  kg  98  prozentigen  S  in  den 
Lösungen  als  193,6-194  kg  SO,  nachge- 


Dr.  Frank  zieht  einen  Vergleich: 
Fabrikanlage  A  B 

erzeugten  Lösungen  von    7  9         5  •  Be 
mit  Gesamt -SOi  4,35  pCt  3,254  pCt. 
freie  SO.  235  „  2,382 
gebund.  SOi  2,00  „  0,874 
entspr.  Kalk    1,75  „  0,764 


Aus  gleichem  Grunde  hatte  der  Stoff 
der  Anlage  A  auch  1,85  pCt,,  der  der  An- 
lage B  nur  0,36  pCt,  Asche. 

Abgesehen  von  der  direkten  Gelder- 
sparnis an  Schwefel  ä  cbm  6  Kg  =  65  bis 
70  Pfg.  ist  dem  Fachmann  genugsam  be- 
kannt und  vorstehend  des  öfteren  ge- 
sagt, dass  die  viel  freie  SO  t  enthaltenden 
Lösungen  viele  weitere  Vorteile  mit  sich 
bringen:  man  kann  mit  der  Lösung  B 
besseres  erzielen  als  mit  der  Lösung  A 
und  man  hat  es  mit  dem  Frank'schen  Appa- 
rat in  der  Hand,  die  Lösungen  nach  Wunsch 


Schwefelverbrauch  ä  cbm  Lösung  ad  A 
23  kg,  ad  B  17  kg;  B  ersparte  6  kg 
Schwefel,  was  sich  aus  dem  höheren  Ge- 
halt an  freier  SO,  erklart. 

Die  Herstellung  von  50 cbm  Lösung  mit  einer  älteren  Frank'schen  Anlage  kostete: 

870  kg  Schwefel  &  100  kg  M.  Ii.-  loco  Fabrik  M.  95,75 

550  kg  gebr.  Kalk  incL  Löschen  ä  ICO  kg  M.  1.50  loco  Fabrik  „  8.25 
Arbeitslohn  zwei  Schichten  Ä  2.50  „     5, — 

Betriebskraft  5—6  »     6  — 

200-3001  pro  Min.  Kühlwasser  zu  Heben,  Schmiere,  Beleuchtung    „  5.— 

5  pCt  Zins,  10  pCt.  Amortisation  pro  Tag  „  12  - 

M.  132.— 

Oder  1  cbm  Lösung  (3,3f/t  SO,  1°/«  CaO)  kostete  also  M.  2.64. 

Als  Vorteile  des  Apparats  werden  auf- 
geführt: 

1)  Unabhängigkeit  vom  Wetter,  leichte 
Regulierung  des  SO,-  und  CaO -Ge- 
haltes, Erreichung  von  bis  10*  Be- 
Lösungen ; 

2)  Leichtes  Unterbrechen  und  Wieder- 
aufnehmen des  Betriebes ; 

3)  Geringe  Betriebskraft; 

4)  Vollkommene  Absorption  derSOa,  und 
geringer  Raumbedarf  ; 

5)  Ersparnis  an  Schwefel  und  Kalk,  Ver- 
meidung von  Gips  und  Schlamm  in 

den  Apparaten; 

6)  Der  Apparat  ist  solide,  leicht  über- 
sichtlich und  bequem  zugänglich; 

7)  Der  Apparat  ermöglicht,  die  von  den 
Kochern  abgeblasene  SO,  auszu- 
nutzen ; 

8)  Betriebsstörungen  infolge  Sublimation 
von  Schwefel,  Verstopfung  von  Röhren 
und  jede  Belästigung  von  Arbeitern 
und  Nachbarschaft  durch  Entweichen 


von  schwefliger  Säure 
schlössen. 

Herr  Dr.  Frank  schreibt  dem  Verfasser 
auf  geschehene  Anfrage  unterm  16.  Nov. 
1903:  »Der  Schwefelverbrauch  (neueste 
Anlagen,  die  mit  dieser  Lösungs-  und 
Wiedergewinnungseinrichtung  ausgestattet 
sind)  pro  100  kg  trockene  prima  Cellulose 
stellt  sich  auf  nicht  ganz  10  kg  und  die 
Ausbeute  pro  Kaummeter  Holz  auf  169  bis 
170  kg.  Mit  1  cbm  Lösung  werden  140  kg 
Cellulose  erzielt  Die  Lösung  bat  durch- 
schnittlich 3,254  pCt  Gesamt-SO„  davon 
2,144  freie,  1,120  gebundene  bei  0,980  pCL 
Kalk. 

Von  zuverlässiger  Seite  erfuhr  der  Ver- 
fasser : 

„Von  den  Frank'achen  Laugenapparaten  sind 
eine  grosse  Zahl  —  zumeist  in  Kombination  mit 
der  ebenfalls  von  Frank  angegebenen  Wieder- 
gewinnung der  schwefligen  Säure  aus  den  Koch- 
laugen —  in  Deutschland,  Oesterreich,  Hussland, 
Schweden  und  Norwegen,  sowie  in  den  Vereinigten 
Staaten,  in  Kanada  und  in  Japan  ausgeführt  und 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


335 


in  dauerndem  Betriebe.  Neben  der  durch  volle 
Ausnutzung  des  Schwefels  herbeigeführten  Er- 
sparnis bieten  sie  den  für  eineu  gleich  massigen 
Betrieb  schon  wesentlichen  Vorteil,  die  Laugen- 
gewiimung  von  klimatischen  Einflüssen,  Hitze 
oder  Kälte  ganz  unabhängig  zu  machen.  Die 
Apparate  werden  von  der  Maschinenfabrik  A-(.. 
vormals  Wagnor  &  Co.  in  Coethen  unter  spezieller 
Kontrolle  des  Herrn  Dr.  Frank  geliefert  und 
prüft  letzterer  auch  alle  dabei  zur  Verwendung 
kommenden  Rohmaterialien,  wie  Kalk,  Schwefel 
und  Schwefelkies." 


In  Deutschland  baut  auch  die  Sachsen- 
burger  Aktien-Maschinenfabrik 
und  Eisengiesserei,  Sachsen- 
burg-Heldrungen (Kyffhäuser) 
Apparate,  welche  auf  Benutzung  von  Kalk- 
milch basieren.  Sie  verwendet  mit  Dampf 
oder  Riemen  betriebene  Luftpumpen 
eigener  Konstruktion,    treibt  damit  die 


Luft  durch  ihre  (vorn  S.  229  und  300  be- 
schriebenen u.  Figur  130—132  illustrierten) 
gusseisernen  Schwefelbrenner,  ferner  durch 
auf  dem  Gegenstrom  basierende  Kahl- 
apparate geringen  Raumbedarfes,  welche 
die  Uase  4— 6'C  höher  ais  das  eintretende 
Kühlwasser  temperiert  in  die  einfachen 
hohen  offenen  Absorptionsapparate  ab- 
geben, und  richtet  Wiedergewinnung  der 
S0t  aus  den  Kocherdämpfen  ein. 

Diese  Firma  stellte  dem  Verfasser 
folgende  Tabelle  zur  Verfügung,  aus  der 
der  Fachmann  wünschenswerte  Aufschlüsse 
erhält.  Aus  den  mitgegebenen  Zeugnissen 
in-  und  ausländischer  Zellstofffabriken 
ergibt  sich  die  Zufriedenheit  der  Be- 
nutzer der  Oefen  und  Kompressions- 
pumpen sowohl  wie  der  Anlagen  über- 
haupt. 


Lauge 

in 
24Std- 
cbm 

Verbrauch 
in  24  Std. 

Schwefel  Kalk 
kg     i  kg  _ 

Schwefel- 
Ofen 

Stück  jNo. 

Luft- Kom- 
pressor 

Stück|  No. 

1 
a  f. 

Stück 

(iegenstr.- 
Kühler 

Stück  Xo. 

Absorption- 
(tefRss 

cbm' i  Stück 

Ka 
Auf- 
löser 

Stück 

ilk 

Pum- 
pe 
Stück 

Kraft- 
be- 
trieb 
PS 

400 

7200 

10000 

10 

5 

o 

7 

2 

to 

3 

28 

5 

2 

2 

66 

•100 

5400 

7500 

8 

5 

2 

6 

2 

8 

3 

25 

4 

2 

2 

40 

200 

3600 

5000 

6 

5 

1 

7 

l 

6 

3 

25 

3 

2 

2 

33 

150 

2700 

3750 

4 

5 

1 

6 

1 

4 

3 

25 

2 

l 

20 

100 

1800 

2500 

3 

5 

1 

6 

1 

3 

3 

20 

2 

1 

13 

75 

1350 

1875 

2 

5 

l 

5 

1 

2 

3 

25 

1 

1 

10 

50 

900 

1250 

2 

4 

l 

4 

l 

2 

3 

20 

1 

1 

8 

25 

450 

625 

2 

3 

1 

3 

1 

1 

3 

10 

1 

1 

7 

Der  Güte  des  mehrgenannten  Ingenieur 
F.  Schilde,  zur  Zeit  in  Dresden,  ver- 
danken wir  die  Kenntnis  der  schon 
im  »Wochenblatt  für  Papierfabrikation«, 
Jahrgang  1902  Nummer  40  Seite  2599 
bis  2602,  veröffentlichten  in  Amerika 
vielfach  eingeführten  Lösungsbereitungs- 
Apparate  von  Burgess  und  von  Stebbins. 


Burgess  -  Sul fitlösungs- 
Her  Stellungsapparat 

Das  Burgess-System  ist  ein  Dreibottich- 
System,  jedoch  sind,  wie  unsere  Figuren 
152  und  153  zeigen,  die  drei  Bottiche  zu 
einem  hohen  Gefäss  von  (25'  *=)  7,613  m 
Höhe  und  (ir  =)  3,349  m  Durchmesser 
vereinigt  Zwei  horizontale  Böden  be- 
wirken die  Dreiteilung. 


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336 


ß.  KIRCHNER.   DAS  PARIER.  Irl.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Auf  einem  uns  vorliegen- 
den Prospektblatt  wird  dieser 
von  der  Portland  Company 
in  Portland  -  Maine  gebaute 
Apparat  als  Kraft,  Raum  und 
fiele!  ersparend  gerühmt 

Lier  Fabrikationsvorgang 
ist  wie  folgt  beschrieben. 

Die  Kalkmilch  wird  in  der 
obersten  Abteilung  bei  e 
Fig.  152  eingeführt  und  fliessi 
durch  die  Ueberlaulröhre  D 
in  die  mittlere  Abteilung,  von 
hier  durch  die  Ueberlaulröhre 
E  in  die  untere  Abteilung. 
Bei  A,  einem  Krümmer  der 
oberen  Abteilung,  ist  ein  Rohr 
nach  der  Luftpumpe  ange- 
schlossen. Durch  das  Kohr 
B  wird  das  Schweüigsäure- 
gas  aus  den  Schwelelbrennern, 
nachdem  es  Kühler  passiert  hat 
in  die  Mitte  der  unteren  Abteilung  einge- 
lassen. Für  das  Durchsaugen  sorgt  die 
Luftpumpe.  Das  Gas  tritt  durch  den 
weiten  Stutzen  F  in  eine  Verteilungs- 
haube G,  von  der  zwei  längere  (H)  und 
zwei  kürzere  Gasverteilungsröhren  (H, 
Fig.  154)  das  Gas  in  die  Flüsssigkeit  treten 
lassen ;  an  die  langen  Rohrstutzen  H  sind 
Bronzerührer  S  gehängt,  welche  ein  Zu- 
bodensetzen  der  Kalkteile  verhindern.  Das 
in  der  unteren  Abteilung  nicht  absorbierte 
Gas  tritt  durch  weitere  »Stutzen  F  und  die 
gleichen  Verteiler-Rührer  in  den  Mittel- 
und  in  den  Uberraum.  Die  Mittelwelle  J 
ist  durch  ein  Ringspurlager  K  vom  Träger 


Fig.  152.  Schnitt. 


Flg.  IM.  Grundriaaschnitt. 


Fig.  153.  Ansicht. 

L  getragen  und  durch  ein  unteres  Hals- 
lager V  vor  seitlichem  Ausweichen  ge- 
schützt Die  Welle  mit  den  drei  Ver- 
teiler-Rührern wird  mittels  oben  ange- 
brachter Kegelräder  in  Betrieb  gesetzt 
Durch  das  Ventil  N  fliesst  die  fertige 
SulGtlösung  aus  der  unteren  Abteilung  ab. 
Fig.  152  zeigt  im  oberen  Beden  ein  Mann- 
loch 0.  Fig.  153  lässt  den  Riemenantrieb, 
die  Mannlöcher  0  für  die  mittlere  und 
untere  Abteilung  und  Flüssigkeits-Stand- 
gläser  R  für  alle  drei  Abteilungen  er- 
kennen. 

Die  Burgessapparate  werden  für  etwa 
23  bis  92  t  (ä  1000  kg)  Zellstoff-Tages- 
produktion gebaut  Die  oben  angegebenen 
Dimensionen  sind  einem  Apparate  zugehörig, 
der  Lauge  lür  etwa  46 1  Zellstoflproduktion 
pro  Tag  fertig  stellen  lässt 

Nach  Mitteilungen  unseres  Freundes 
hat  man  für  100  t  92  deutsche  t  Tages- 
produktion 2  dieser  Apparate  gebraucht, 
wobei  2  Luftpumpen  von  610  mmDurchm. 
und  610  mm  Hub  mit  60  minutl.  Um- 
drehungen arbeiteten. 

Der  amerikanische  Prospekt  besagt 
noch,  dass  die  Bottiche  aus  Holz,  alle 
Röhren,  Wellen  und  Rührer  aus  Bronze 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  HL  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


337 


hergestellt  sind,  welche  Materialien  weder 
durch  SOa-haltige  Gase  noch  durch  die 
Lösungen  angegriffen  werden. 

Die  Apparate,  welche  Herr  Schilde  in 
Tätigkeit  sah,  waren  seit  2  Jahren  ohne 
jede  Reparatur  im  Betriebe  gewesen, 
brauchten  nur  geringe  Antriebskraft  und 
wenig  Bedienung. 

Fig.  166  verdeutlicht  die  oben  bereits 
beschriebene  Gasein  führung  in  die  untere 
Bottichkammer,  sie  wiederholt  sich  (soweit 
über  dem  Boden  liegend)  am  Boden  der 
Mittel-  und  Oberkammer  des  Apparates. 

Die  bronzenen  Gaszuführrohre  von  ver- 
schiedener Länge  H  und  Hi  besitzen  bei 
G  eine  glockenähnliche  Erweiterung  und 
sind  mit  einer  Nabe  auf  der  vertikalen 
Welle  J  festgekeilt 

Zwischen   dem  Gaseinströmstutzen  F 


Fi*  155.   Borges»  Gaiein8trömnnB. 


und  dem  über  F  offenen  hohlen  Kührarm 
H  bleibt  ein  13  mm  breiter  Zwischenraum  ; 
das  Gas  tritt  durch  letzteren  und  durch 
die  offenen  Enden  von  H  und  H,  in  die 
Kalkmilch,  die  2  langen  Rohre  H  (Fig.  154) 
tragen  die  Rührschienen  S.  F  befindet 
sich  über  den  in  die  Kammerböden  einge- 
schnittenen Löchern  L.  Der  in  Fig.  155  ge- 
zeichnete Boden  der  untersten  Abteilung 
trägt  den  Einströmstutzen  B  für  das  Gas, 
in  welchem  die  stehende  Welle  durch  das 
an  der  Stutzenwand  befestigte  Stützlager 
V  getragen  wird 

Nach  Herrn  Schilde  ist  es  vorzuziehen, 
nur  2  Rohren  den  (vielleicht  die  von  H)  I 
offen  zu  lassen,  die  Rohrenden  H,  aber  | 


zu  schliessen,  um  den  13  mm  breiten 
Schlitz  zwischen  F  und  H  besser  offen  zu 
halten  und  ein  Rückdrücken  von  Lösungen 
zu  verhindern. 


I 
I 
I 


'  \  ' 

Flg. 156.    F.  Schildes  Verbessern  ig. 

Während  des  regelmässigen  Betriebes 
halten  sich  diese  Schlitze  ohne  Anstand 
offen,  bei  einem  Stillstand  ist  aber  un- 
vermeidlich, dass  die  oberen  noch  wenig 
gesättigten  Lösungen  durch  die  Stutzen  F 
in  die  nächst  unteren  Abteilungen  laufen 
und  die  Lösungen  in  ihrer  Zusammen- 
setzung ungünstig  beeinflussen.  Um  diesen 
Uebelstand  zu  vermeiden,  schlägt  Herr 
Schilde  vor,  das  in  der  unteren  Kammer 
übrig  bleibende  Gas  in  die  Mittelkammer 
und  das  in  der  Mittelkammer  übrig  blei- 
bende Gas  in  die  obere  Kammer  durch 
die  auf  Fig.  156  skizzierten  Heberrohre, 
die  mehrfach  (statt  einmal)  angeordnet 
sein  können,  überzuführen.  Dadurch  ist 
ein  Vermischen  der  dünneren  mit  den  starken 
Lösungen  bei  Stillständen  vermieden. 

In  der  im  Wochenblatt  für  Papierfa- 
brikation Jg.  1903  No.  32  u.  35,  S.  2332/34 
bezw.  S.  2672  beschriebenen,  seit  1900  im 
Betriebe  befindlichen  Sulfitstoff- 
fabrik der  Oxford  Paper  Co.  in 
Rumford  Falls,  Maine,   V.  St  v. 

11.  Bogen. 


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E.  KIRCHNER   DAS  PAPIER.  HL  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Nordamerika,  welche  täglich  81*/a  t  (a 1000 
kg)  Sulfitzellstoff  produziert,  sind  die  vor- 
beschriebenen Burgesa-Apparate  in  zu- 
friedenstellender Tätigkeit. 

Die  ganze  Lösungsbereitungsanlage  ist 
in  4  aneinandergereihten  Räumen  von  zu. 
sammen  40  X  30  m  Bodenfläche  neben 
der  Kocherei  untergebracht 

Raum  1  enthält  unten  das  Schwefellager 
oben  den  gelöschten  Kalkvorrat 

Im  Raum  2  sind  7  Schwefelöfen  von 
0,915  mm  Breite  3660  mm  Länge  und  die 
Gaskühler  untergebracht 

Im  Raum  3  stehen  drei  Burgesa  Absorp- 
tionsapparate 3,35  m  Durchm.  7,6  m  Höhe, 
welche  von  2  Luftpumpen,  jede  mit  2 
doppelwirkenden  Zylindern  610  Durchm. 
610  Hub  und  n  =  60,  also 

^'^iooo' 60  ,  60  00  2660  cbm  Ab_ 

gase  pro  Stunde  bewältigen,  bedient  wer- 
den; in  diesem  Raum  steht  auch  noch  in 
dem  Vakuum  des  Burgessapparates  ent- 
sprechender Tiefe  ein  Empfangsbottich  tür 
die 


Im  Raum  4  befinden  sich  4  Vorrats- 
bottiche in  einer  und  6  weitere  Vorrats- 
botticbe  in  einer  zweiten  Reihe,  alle  10 
Bottiche  von  etwa  3,5  m  Durchm.  sind  aus 
Fichten-  (hard  pine)  Holz  gebaut 

Die  ersten  vier  Bottiche  sind  Vorrats- 
und Wiedergewinnungsbottiche.  In  den 
ersten  Bottich  wird  mittels  einer  Pumpe 
die  Lösung  aus  dem  Empfangsbottich  ge- 
pumpt &Ue  4  Bottiche  nehmen  aber  auch 
noch  die  aus  den  Kochern  abgestossenen 
Gase  auf  und  sind  mit  5  mm  dickem  Blei 
und  100  mm  dicker  Schicht  aus  Ziegeln, 
in  Zement  Quarz  und  Wasserglas  gelegt, 
bekleidet 

In  jeden  dieser  Bottiche  ragen  zwei- 
zöllige,  unten  offene  Kupferrohre  bis  ziem- 
lich auf  den  Boden,  durch  welche  die  Ab- 
stossgase  von  den  Kochern  eingeblasen 
werden.  Die  Lösung  läuft  oben  über  von 
einem  Bottich  in  den  anderen  und  passiert 
auch  die  letzten  6  nur  aus  Holz  bestehenden 
Bottiche.   Vom  letzten  derselben 


fertige  Kochlösung  in  den  oberhalb  der 
Kocher  angeordneten  grossen  Vorrats- 
bottich gepumpt  Alle  11  Bottiche  sind 
luftdicht  mit  Deckeln  geschlossen  und 
durch  ein  200  mm  weites  Bleirohr  mit 
dem  Gaskühler  für  die  Ofengase  verbunden. 
Alle  freiwerdenden  Gase  im  Ofen  und  aus 
diesen  Bottichen  werden  also  durch  die 
Burgessapparate  gesaugt  und  absorbiert 
Alle  Bottiche  stehen  demnach  wie  die 
Oefen  unter  einem  geringen  Vakuum,  welches 
indes  selbst  bei  schnellem  Auspumpen  der 
Lösung  aus  dem  letzten  Bottich  nicht  so 
tief  sinken  kann,  dass  ein  Durchbrechen 
der  dagegen  übrigens  gesicherten  Deckel 
möglich  ist 

Stebbins-Apparat. 

George  A.  Stebbins  inWatertown,  N.-Y. 
besitzt  das  amerikanische  Patent  681586 
für  diesen  Apparat ;  letzterer  beruht,  wie  der 
Burgess-  Apparat,  auf  dem  Durchsau  ge  - 
prinzip  für  die  SO, Gase  durch  Kalk- 
milch. Stebbins  will  billigere  wirksamere 
Lösungen  mit  diesem  Taf.  157,  Fig.  6  bis 
9  dargestellten  Apparat  herstellen,  und 
zwar  glaubt  er  dies  durch  intimere  Be- 
rührung der  Gase  mit  der  Flüssigkeit  und 
durch  eine  nach  und  nach  erfolgende 
Kühlung  zu  erreichen. 

Stebbins  garantiert  mit  12,5  kg 
Schwefel  und  10  kg  Aetzkalk  auf  100  kg 
trocken  gedachten  Stoff  auszu- 
kommen, ein  Resultat,  wie  es  in  den  meisten 
amerikanischen  Sulfitstofffabriken  nicht 
erreicht  wird. 

In  Fig.  6  und  7  sind  5  die  Schwefelbrenner, 
von  denen  jeder  oben  einen  hohlen  Deckel 
6  zur  Erwärmung  des  Wassers  hat,  welches 
im  Kühlsystera  verwendet  wird.  7  sind 
eine  Anzahl  Rohre  und  Rohrkreuzstücke, 
die  dazu  dienen,  d  ie  gasigen  Produkte  von 
5  durchzuleiten.  Diese  Rohrsysteme  7  be- 
finden sich  alle  in  Verbindung  mit  einer 
Röhre  8,  die  nach  dem  zweiten  Rohrsystem 
9  geht.  Letzteres  ist  im  Troge  10  ange- 
ordnet Von  den  Röhren  9  gehen  die 
Gase  durch  ein  Rohr  11  nach  dem  untern 
Absorptionsbehälter  12,  der  hermetisch 
geschlossen  ist   Ueber  dem  Absorpüona- 


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DAS  PAPIER.   HL  B.  und  C. 


behälter  12  liegt  ein  oberer  Absorptions- 
behälter 14,  diese  beiden  sind  die  einzigen 
beim  Apparat  verwendeten  Bebalter.  Vom 
Behälter  12  gehen  die  Gase  nach  Behälter 
14  vermittelst  Röhre  15  und  eine  Vaku- 
umpumpe 16,  verbunden  durch  eine  Röhre 
17,  dient  dazu,  die  Abfallgase  aus  dem 
Absorptionsbebälter  14  abzuziehen.  Man 
ersieht,  dass  eine  beständige  Zirkulation 
der  Gase  veranlasst  wird  durch  den  ganzen 
Apparat  von  den  Schwefelbrennern  5  nach 
dem  Exhaustor  der  Abfallgase  an  der 
Pumpe  16. 

Die  Absorptionsbehälter  12  und  14  sind 
hermetisch  verschlossen  und  jeder  ist  mit 
zwei  Scheidewänden  17  a  versehen.  Diese 


Taf.  157.  Stebblns-Apparat. 


Scheidewände  (Fig.  6)  sind  ausgestattet 
mit  Oeffnungen  17  b,  Fig.  8,  die  den  Gasen 
gestatten,  von  einer  Seite  der  Scheidewand 
zur  anderen  zu  gehen ;  doch  sind  diese 
Oeffnungen  nicht  auf  derselben  Seite,  so 
dass  die  Gase  gezwungen  sind,  einen  hin 
und  her  gebenden  Durchgang  durch  die 
Absorptionsbehälter  zu  nehmen  ;  sie  werden 
so  länger  in  Verbindung  mit  der  basischen 
Lösung  in  den  Absorptionsbebältern  ge- 
halten, als  dies  der  Fall  ist,  wenn  die 
Gase  direkt  durch  die  Absorptionsbehälter 
gehen.  Behufs  Bewegung  der  Lösung  inner- 
halb des  Absorptionsbehälters  und  besserer 
Durchmischung  der  Flüssigkeit  mit  den 
schwefligsauren  Gasen  versieht  der  Er- 
finder   jeden  Behälter  mit 

einem  Rührwerk,  be- 
stehend aus  einer  stehen- 
den Welle  18  mit  Kührflügeln 
19,  die  zwischen  den  bezügl. 
Scheidewänden  17  a  liegen  und 
vermittelst  welcher  der  Inhalt 
der  Absorptionsbehälter  leb- 
naft  aufgerührt  wird.  Die  Gase 
gehen  erst  in '  den  untern  Ab- 
sorptionsbehälter 12  und  die 
hier  nicht  absorbierten  Gase 
gehen  nach  dem  oberen  Ab- 
sorptionsbehälter 14.  Sobald 
die  Lösung  im  unteren  Ab- 
sorptionsbehälter gehörig  mit 
den  Gasen  gesättigt  ist,  wird 
Idiese  Lösung  durch  passende 
Vorrichtungen  abgezogen 
ff  (nicht  ^dargestellt)  und  die 
4  Lösung  aus  Behälter  14  wird 
dann  vermittelst  der  Röhre 
20  nach  dem  unteren  Absorp- 
tionsbehälter 12  überführt,  wo 
sie  wieder  der  Einwirkung 
frischer  Gase,  die  aus  den 
Brennern  ö  kommen,  unter- 
worfen wird ;  der  obere  Be- 
hälter 14  ist  inzwischen  mit 
einer  .frischen  Zufuhr  der 
Lösung  gefüllt  worden.  Die 
durch  Röhre  17  aus  dem 
oberen  Bebälter  abgezogenen 
Gase  8ind   Abfallgase.  Die 


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340 


K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Hl  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


basische  Lösung  ist  die  gewöhnlich  verwen- 
dete, nämlich  eine  Lösung  von  Kalkmilch^ 

Um  die  rasche  und  gründliche  Absorp- 
tion der  schwefligsauren  Gase  durch  die  Lös- 
ung in  den  Absorptionsbehältern  zu  veran- 
lassen, ist  es  notwendig,  die  schwefligsauren 
Gase  und  die  Lösung  zu  kühlen.  Je  nied- 
riger die  Temperatur  dieser  Elemente  ist, 
desto  erfolgreicher  wird  die  Absorption 
sein.  Die  Gase  dürfen  jedoch  nicht  so 
rasch  gekühlt  werden,  dass  eine  Konden- 
sation eintritt  Der  Erfinder  wendet  daher 
das  System  einer  nach  und  nach  vor  sich 
gebenden  Kühlung  der  Gase  durch  Ver- 
wendung von  Wasser  an.  Im  oberen  Ab- 
sorptionsbehälter 14  ist  eine  Rohrschlange 
21  angeordnet,  die  mit  einer  Wasserzu- 
fübrröhre  22  verbunden  ist  Diese  Schlange 
21  gibt  ihr  Wasser  nach  Röhre  23  ab,  die  ab- 
wärts nach  einer  dergl.  Schlange  24  in  den 
unteren  Behälter  12  geht  Von  dieser 
Schlange  24  geht  das  Wasser  durch  Rohr 
25  in  den  Behälter  10,  und  beim  Ueber- 
laufen  aus  demselben  geht  das  Wasser 
durch  ein  Rohr  26  und  seine  verschie- 
denen Zweige  26  a  in  die  Heizbebälter  6 
der  Schwefelbrenner  5.  Das  Wasser  wird 
in  diesen  Behältern  erhitzt  und  fliesst  durch 
das  Rohr  27  in  die  Zentrifugal-  oder 
dergl.  Pumpe  28,  durch  welche  das  er- 
hitzte Wasser  mittels  des  Rohres  29  und 
seinen  verschiedenen  Armen  29  a  über  das 
Röhrensystem  7  gehoben  und  verteilt 
wird. 

Das  Kühlwasser  tritt  also  in  14  ein  und 
erwärmt  sich  allmählich  mehr  und  mehr 
bis  zum  Ausfluss  über  dem  Kühlrohrsystem 
7,  während  es  den  Lösungen  fortdauernd 
vorteilhafte  Temperaturen  mitteilt 

Dieser  Apparat  ist  nach  Herrn  Schildes 
Mitteilung  in  Amerika  mehrfach  eingeführt 
und  war  auch  für  die  im  Bau  begriffene 
grösste  Riesenanlage,  deren  Bau  aber  in 
neuester  Zeit  sistiert  ist,  vorgesehen. 

Rationelle  deutsche  Wiedergewinnung. 

Die  S.  337  etc.  beschriebene,  gewiss 
sehr  vorteilhafte  Wiedergewinnungsein- 
richtung hat  Aehnlichkeit  mit  älteren  Ein- 


richtungen grösserer  deutscher  Fabriken» 
in  denen  auch  die  Vorratsbehälter  der 
Kochlösungen  hermetisch  geschlossen  sind. 
Die  hier  frei  werdenden  Gase,  sowie  die 
in  den  Kühl-  und  Kondensationsvorricht- 
ungen für  die  Kocherabstossgase  Testier- 
enden S03haltigen  Gase  werden 
durch  Gegenstromapparate,  die  teils  mit 
Koks,  teils  mit  Kalkstein  gefüllt  und  mit 
Wasser  berieselt  sind,  mittels  geschlossener 
Leitungen  geführt  und  von  SO,  vollständig 
befreit  Das  sich  ergebende  SO  9  halt  ige 
Wasser  wird  zum  Ansetzen  der 
frischen  Kochlösungen,  etwa  in 
einem  Ritter-Kellner'schen  Apparat  (S.326, 
Fig.  148/49),  mit  benutzt  Die  Kondensate 
der  Kocherabstossgase  aus  den  Kühlern 
werden  den  Frischkochlösungen  zugeteilt 

Es  entsteht  der  doppelte  Vorteil,  dass  an 
SO,  und  Herstellungskosten  für  die  Lösungen 
gespart  wird  und  dass  die  SOa-Gase  aus  den 
Räumen  der  Fabrik  und  aus  deren  Um- 
gebung verschwinden.  Die  Klagen  über  uner- 
trägliche Gerüche  und  Vegetationsschäden 
in  der  Nähe  solcher  SulOtzellstoff-Fabriken 
haben  bei  denselben  daher  aufgehört. 

Luftbedarf.  Gehalt  der  Gase  an  schwefliger 
Säure  und  Schwefelsäure  nach  Harpf. 

Wir  besitzen  eine  gründliche  Arbeit  von 
Professor  Dr.  A.  Harpf  in  Przibram  (Böhmen) 
im  Wochenblatt  Jg.  1901  S.  1517,  1653 
und  1796  Über  »Den  Luftbedarf  in 
Sulfitstofffabriken  beim  Bren- 
nen von  Schwefel  und  Rösten 
von  Kies«. 

Harpf  findet  20,9  9  Volumenpro- 
zente SO)  als  theoretisch  mög- 
lichen Maximalgehalt  des  Gasge- 
menges beim  Verbrennen  von  Schwefel  an 
der  Luft ;  1 6,2  Volumenprozente 
S0a  als  theoretisch  möglichen 
Maximalgehalt  des  Gasgemenges 
beim  Rösten  von  Eisenkies  (Fe  St)  an 
der  Luft. 

Die  Frage:  Mit  welchem  Mini- 
mum an  Luft  kann  der  Verbren- 
nungsprozess  praktisch  noch 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


341 


glatt  und  ungestört  durchge- 
führtwerden?  beantwortet  Harpf : 

Kür  Oefen  mit  natürlichem  Luftzug 
braucht  man  rund  auf  I  kg  Schwefel  6335  I 
Luft  von  0*C  und  760  mm  Baro- 
meterdruck, wenn  man  ein  Gasge- 
raenge  mit  11  Volumenprozenten 
SO,  erhalten  will. 

Für  Kompressoröfen  braucht  man  auf 
I  kg  Schwefel  4490  I  Luft  von  0*  C. 
und  760  mm  Barometerdruck, 
wenn  man  ein  Gasgemenge  von  1  5,5  V  o  1.- 
p  G  L  SO,  erhalten  will. 

Auf  I  kg  reinen  Eisenkies  braucht  man 
38541LuftvonO«Cund760mm 
Barometerdruck,  um  dasselbe  voll- 
ständig abzurosten  und  ein  Gaegemenge 
zu  erhalten, welches  10  Volumenpro- 
zent SO,  enthalt.  (10  Volumenpro- 
zent SO,  hält  Harpf  für  die  praktisch  er- 
reichbare Grenze.) 

Harpf  spricht  ferner  aus,  dass  beim 
Scbwefelbrennen  und  Rösten  von  Kies 
sich  unter  allen  Umständen  etwas  Schwefel- 
trioxyd  bilden  müsse. 

Herapel  gebe  2  pCt.,  Lunge  2,48  bis 
2,80  pCt.  des  verbrannten  Schwefels  als 
SO,  in  den  Gasen  an. 

Beim  Kiesbrennen  werden  von  ver- 
schiedenen Autoren  bis  zu  15  pCt.  des  Ge- 
samtschwefels angegeben,  die  als  SO,  ge- 
funden werden  können. 

Die  SO, -Bildung  tritt  nach  Harpf  er- 
fahrungsgemäss  bei  Ueberschuss  an  Sauer- 
stoff und  bei  einer  bestimmten  Temperatur 
der  Kontaktsubstanz  (Ofenwände)  ein. 
Bleibt  man  über  oder  unter  der  kritischen 
Temperatur,  so  tritt  die  SO,-Bildung  mehr 
zurück. 

Beim  Schwefelbrennen  ist  der  Grad  der 
SO,-Bildung  meistens  gering.  Die  Kühl- 
ung dereisernenOfenwände  von  Kompressor- 
öfen, welche  mit  einem  Minimum  an  Luft 
arbeiten,  wird  sich  aber  immerhin  empfehlen, 
um  die  SO,-Bildung  noch  mehr  zu  ver- 
ringern. 

Beim  Rösten  von  Kies  spielt  die  SO,- 
Hildung  eine  grössere  Rolle. 

Nach  neuen  Patenten   des  Vereines 


chemischer  Fabriken  in  Mannheim  scheint 
beim  Kiesrösten  die  günstigste  Tem- 
peratur der  SO,-Bildung  zwischen  600 
bis  700°  C  zu  liegen  und  es  wäre  von 
den  Zellstoff fabrikanten  eine  richtige  Tem- 
peratur auf  Grund  eingehender  Versuche 
und  Gasanalysen  erst  aufzusuchen. 

Für  den  praktischen  Betrieb 
wären  die  Glühfarben  im  Auge  zu 
behalten. 

Nach  White  und  Taylor  haben  wir  bei 
566°  Dunkelrot  (Blutrot) 
635°  Dunkelkirschrot 
746°  Kirschrot  (Volles  Rot) 
843°  Hellkirschrot  (Hellrot)  etc. 
Für  Kiesrösten  ist  die  beste  Temperatur 
unter  allen  Umständen  zu  ermitteln,  welche 
für  Bildung  von  SO,  am  ungünstigsten,  für 
die  Zellstoffindustrie  hingegen  am  günstig- 
sten ist. 

Auf  diesen  sehr  beherzigenswerten  Ar- 
tikel, dessen  vollständiger  Abdruck  hier  zu 
weit  rühren  würde,  schrieb  Herr  F.  Schilde 
(oben  mehrfach  erwähnt)  aus  Amerika,  dass 
man  in  Amerika  in  Oefen  bis  zu  6  m  Länge 
Gase  von  16 — 18  pCt.  S0,-Gehalt  erzeuge, 
ohne  dass  Sublimation  von  Schwefel  oder 
Verkalken  der  Türme  eintrete. 

Die  Wärmeregulierung  des 
Ofens  hierbei  wird  von  Schilde  als  sehr 
wichtig  betont  Im  heissen  Sommer  habe  er 
eine  Kühlpfanne  auf  die  Oefen  gestellt,  im 
Winter  Sand  auf  die  Oefen  gelegt  *,  es  muss 
also  eine  bestimmte  hohe  und  doch  nicht 
zu  hohe  Temperatur  gehalten  werden  um  16 
bis  18  pCt  SO,- Gase  zu  erhalten. 

Schilde  fügt  hinzu: 

»Hier  in  der  von  mir  geleiteten  Fabrik 
stehen  die  Oefen  über  einer  in  die  Erde 
versenkten,  mit  Chamottesteinen  ausge- 
kleideten, absolut  trocken  gehaltenen  mit 
Zwischenwänden  versehenen  grossen 
Kammer  (Combination  Chamber),in  welcher 
die  Gase*  völlig  verbrennen,  d.  b.  ein  et- 
waiger Luftüberschuss  des  einen  Ofens 
wird  durch  den  Luftmangel  des  anderen 

*)  Eier  ist  »ublimicrter  Suhwefel  gemeint. 


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342 


ausgeglichen.  In  dieser  Kammer  herrscht 
eine  so  hohe  Temperatur,  dass  das  die  Gase 
aus  der  Kammer  abfahrende  eiserne  Rohr 
schwach  rot  angehaucht  erscheint« 

Hier  wäre  nach  Vorstehendem  zu 
beachten,  dass  die  Temperatur  de» 
eisernen  Rohres  nicht  so  liegt,  dass  sie 
der  SOs-Bildung  günstig  wird. 

Ein  Herr  Dr.  N.  äusserte  sich  jüngst 
bezüglich  der  Erzeugung  SO, -reicher  Gase 
für  Sulfitstoffherstellung  in  Amerika  wie 
folgt : 

» Die  SO,-reichen  Röstgase  beim  Schwefel- 
brennen erreicht  man  dadurch,  dass  man 
die  an  die  Oefen  anschliessenden  Rohre 
nicht  kühlt  und  mit  den  Schwefelöien  ohne 
Kühlung  arbeitet.  Die  Folge  ist  ein  Sub- 
limieren  eines  Teiles  des  Schwefels,  der 
dann  auch  in  den  Eisenrohren,  die  an  den 
Ofen  anschUessen,  zu  SO,  verbrennt.  Es 
wird  also  durch  das  Heisshalten  der  Gas- 
röhren, die  unmittelbar  an  den  Schwefel- 
ofen anschUessen  (sozusagen)  eine  Ver- 
grösserung  der  Rostfläche  erreicht,  die 
einen  grösseren  Gebalt  an  SO,  ermöglicht. 

Mit  Frank'schen  Anlagen  (s.  S.  333), 
die  mit  Schwefel  und  Druck  arbeiten,  habe 
ich  13—14  pCt.  SO,  abs.  festgestellt.« 

Herr  Schilde  äusserte  darauf: 
»Was  Herr  Dr.  N.  schreibt,  ist  richtig. 
Anstelle  langer  Oefen  kann  man  auch  die 
volle  Verbrennung  in  den  an  die  Oefen 
anschliessenden  gusseisernen  Röhren  voll- 
enden und  dadurch  SO,-reiche  Gase  er- 
zielen. Der  von  mir  (S.  341)  erwähnte 
unterirdische  Verbrennungsraum  (Combina- 
tion  Chamber),  der  aus  feuerfesten  Steinen 
gemauert  und  durchaus  trocken  sein  muss, 
hat  gegenüber  den  Röhren  den  Vorteil, 
die  Wärme  schlechter  zu  leiten  und  die 
Möglichkeit  der  Vermischung  der  Gase  aus 
mehreren  Oefen  zu  bieten,  doch  muss  er 
sehr  sorgfältig  gebaut  und  gut  im  Stande 
gehalten  sein,  damit  er  nicht  schädlich 
statt  nützlich  werde.« 

Aus  allem  Vorstehenden  wird  klar,  und 
das  hebt  auch  Dr.  G.  Lunge  in  seinem 
Handbuch  der  Soda-Industrie  III.  Aufl., 
L  Band  1903  S.  343  hervor  mit  den  Worten : 


»Wenn  wir  Sulfitzellulose  fa- 
brizieren wollen,  so  brauchen 
wir  ein  möglichst  wenig  über- 
schüssigen Sauerstoff  enthal- 
tendes Röstgas«  (er  spricht  an  dieser 
Stelle  von  Röstgas  aus  Robschwefe)),  dass 
die  Zusammensetzung  der  Gase,  welche 
für  unsere  Industrie  am  vorteilhaftesten 
sind,  nicht  mit  den  Normalgasen  für 
Schwefelsäuredarstellung  identifiziert  wer- 
den können,  denn  es  wird  für  letztere 
noch  ein  Ueberschuss  von  5,18  Vol.  pCt, 
Sauerstoff  verlangt,  den  wir  für  Zellulose- 
fabrikation zu  vermeiden  suchen  müssen. 

Unter  Berücksichtigung  dieses  Sauer- 
stoffüberschusses berechnet  Lunge  das 
Röstgas  der  Schwefelöfen : 

11,23  VoL  pCt.  SO, 
9,77   „      „  0 

79,00         „  N,  an  anderer 

Stelle  (S.  346) 

das  bei  Rösten  von  Schwefelkies  gewonnene: 
8,59  Vol.  pCt  SO, 
9,87   „      „  0 
81.54  N.  wie  es  in 

die  Bleikammern  einströmen  soll. 

In  dem  gleichen  Werke  (S.  347)  sagt 
Lunge  wörtlich : 

»Um  Calciumbisulßt  für  Sulfitzellulose- 
Fabrikation  zu  machen,  sind  von  den 
obigen  (Schwefelsäurefabrikation)  abweich- 
ende Bedingungen  zu  beachten. 

Natürlich  braucht  man  hier  nicht  den 
zur  Bildung  von  SO,  nötigen  und  den 
ausserdem  im  Ueberschuss  für  den  Blei- 
kauimerprozess  erforderlichen  Sauerstoff ; 
im  Gegenteil  soll  die  Bildung  von  SO, 
möglichst  beschränkt  werden.  Wenn  man 
die  durch  die  Gleichung  2  Fe  S,  +  11  0 
=  Fe,  0,  +  4  SO,  erlordernde  Sauer- 
stoffmenge genau  anwenden  könnte,  so 
würde  das  Röstgas  16Vol.-pCtSO, 
haben.  Praktisch  soll  man  nicht 
über  11  pCt.  SO,  hinausgehen,  weil 
sonst  die  Brenner  zu  heiss  gehen,  wodurch 
Sublimation  von  Schwefel  und  Sauen- 
bildung eintritt.« 

(Er  verweist  noch  auf  das  von  Prof. 
Dr.  A.  Harpf  im  Wochenblatt  f.  Papier- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  IC.  B.  und  C.  ZELLSTOFF.  8*8 


fabrikation  Biberach  1901,  No.  23,  25,  27 
Gesagte.) 

Es  ist  vorstehend  darauf  hingewiesen, 
wie  nach  Dr.  A.  Frank  (S.  333),  nach 
Schildes  und  Dr.  N.'s  Andeutungen  (S.341/42) 
beim  Schwefelbrennen,  mit  dem  Herres- 
hoffofen  (S.  306'07)  beim  Kiesbrennen 
SO,reicheGase  tatsächlich  hergestellt 
werden  und  es  ist  zu  betonen,  dass  es 
für  einen  lukrativen  Betrieb  Bedingung  ist, 
diesen  Fortschritt  allgemein  einzuführen, 
resp.  die  Verfahren  zur  Gewinnung  S04- 
reicher  Gase  weiter  zu  verbessern. 

Flüssiges  Schwefeldioxyd*. 

Wir  verdanken  Herrn  Prof.  Dr.  A.  Harpf 
eine  ausführliche  Arbeit  über  Darstellung, 
Eigenschaften,  Versendung  und  Anwendung 
dieser  Flüssigkeit  Er  sagt  in  dem  unten 
bezeichneten  Werk  S.  331  etc. : 

>Flüssiges  Schwefeldioxyd  wurde  be- 
sonders fiüher  von  vielen  Zellstofffabri- 
kanten zur  Darstellung   der  Kochlauge 
benützt."   Der  Betrieb  ist  dann  ja  e  i  n 
sehr  einfacher,  indem  man  nur  das 
Ventil  an  der  Versandbombe  zu  öffnen 
und  das  Gas,  welches  durch  den  eigenen 
Druck  getrieben  wird,  durch  ein  Bleirohr 
in  den  Turm  oder  in  die  Bottiche  einzu- 
leiten braucht.  Man  pflegt  dabei  das  Blei- 
rohr mit  einem  Eisenrohr  zu  ummanteln  und 
durch  den  Zwischenraum  zwischen  Blei- 
und  Eisenrohr  etwas  Dampf  strömen  zu 
lassen,  um  zu  verhindern,  dass  die  schwef- 
lige Säure  bei  zu  rascher  Verdampfung 
sich  selbst  so  viel  Wärme  entzieht,  dass 
sie  einfriert  und  das  Rohr  verstopft. 

Die  Abhängigkeit  des  eigenen  Betriebes, 
der  hohe  Preis  des  flüssigen  Schwefel- 
dioxydes und  zwei  Explosionen  (1888  in 


•)  Flüssiges  Schwefe) dioxyd  Prof.  Dr.  Aug. 
Harpf.    Stuttgart.    Enke.  1900. 

**)  Ein  Beispiel  ist  die  Sulfitstofffabrik 
Walsum  a.  Rhein,  welcho  18P9  eröffnet  durch 
eine  einfache  Bleirohrlcitung  (welche  aber  durch 
«fteres  Einfrieren  viele  Störungen  herbeiführte) 
von  der  nahe  (telegenen  Zinkhütte  in  Ullenhausen 
das  Aussige  Schwefeldioxyd  Tür  Herstellung  ihrer 
Kochlösungen  bezog. 


Wildshausen,  1892  in  Oberleschen)  der 
Trausportgefässe,  in  denen  der  Druck  durch 
Temperaturerhöhungen  enorm  steigtf ,  stan- 
den der  weiteren  Anwendung  und  Ver- 
breitung des  flüssigen  Schwefeldioxydes 
in  der  Zellstofffabrikation  entgegen. 

Mancher  Zellstofftechniker,  welcher  vor- 
zieht, mit  stark  sauren  Lösungen  zu  kochen, 
mag  sich  aber  heute  noch  zum  Aulbessern 
seiner  Lösungen  des  flüssigen  Schwefel- 
dioxydes bedienen,  besonders  wenn  das- 
selbe sich  verhältnismässig  billig  stellt. 

Zum  Aufbessern  der  in  Türmen  und 
Bottichen  erzeugten  Lösungen,  oder  wenn 
die  Lösung  im  Kocher  durch  zu  starkes 
Abgasen  zu  sehr  geschwächt  sein  sollte, 
vielleicht  auch  vergipsten  Stoff  im  Kocher 
zu  retten  kann  das  flüssige  Schwefeldioxyd 
als  einfachstes  Ausbilfsmittel  willkommen 
sein  und  anerkannt  werden. 

Den  Preis  betreffend,  so  berechnete 
früher  die  Zinkhütte  Oberhausen 
100  kg  flüssiges  Dioxyd,  loco  Hütte 
UM.  Im  März  1899  war  der  Preis  pro 
100  kg  ab  Lipine  Oberschlesien  10  M„  d.  h. 
also  pro  1  kg  flüssiges  Schwefel- 
dioxyd 10  Pfennige  angegeben. 

Dr.  A.  Frank  rechnete  1887*  100  kg 
flüssiges  Schwefeldioxyd  ab  Hütte  10  M., 
bei  geringen  Frachtspesen  loco  Zellulose- 
fabrik  11  M.,  Selbstherstellung  bei  Ver- 
brennen von  Schwefel  dagegen  nur  6  M. 
78  Pf. 

Bei  den  1890/91  stark  schwankenden 
Schwefelpreisen  von  6  M.  90  Pf.  bis  12  M. 
75  Pf.  stellt  sich  (nach  Harpf)  1  kg 
selbsterzeugte  SO,   auf  5,2  bis 

8,2  Pf. 

Bei  Aufwendung  von  300  kg  Schwefel- 
kies (&  100  kg  zerkleinert  und  abgeröstet 
6  M.  78  Pf.  bis  6  M.  36  Pf.)  200  kg  SO, 
ergebend, kostet  1kg  selbsterzeugte 
SO»  3,2  bis  3,4  Pf. 


f)  Wirksamere  Vorsichtsmassregeln  beim 
Transport  haben  weitere  Wiederholungen  solcher 
schrecklichen  Ereignisse  bis  jetzt  glücklicherweise 
ja  verhindert. 

•)  Papierzcitung  1887,  No.  61,  S.  1782 


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Mi 


E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


In  den  letzten  Preisen  sind  allerdings 
Zinsen  und  Amortisation  für  die  Einrich- 
tungen nicht  inbegriffen,  während  die 
sonstigen  Kalkulationsposten  mit  berück- 
sichtigt wurden. 

Der  Preis  spricht  also  gegen  die  all- 
gemeine Anwendung  von  flüssigem  Schwefel- 
dioxyd in  grossen  Mengen,  was  aber  die 
Benutzung  geringer  Mengen  zur  Nachhilfe 
im  Betriebe  keineswegs  ausschliesst,« 

An  anderer  Stelle  bebt  Harpf  übrigens 
ganz  richtig  hervor,  dass  die  aus  den 
Kocherabsto98-  etc.  Gasen  gewonnenen 
Flüssigkeiten  fast  nur  aus  Wasser  und 
SO,  bestehen,  sodass  man  sich  mit  diesen 
durch  gute  Wiedergewinnungsanlagen  ge- 
wonnenen Lösungen  in  ähnlicher  Weise, 
wie  mit  flüssigem  Schwefeldioxyd  helfen 
könne. 

Die  Wiedergewinnungsanlagen  der  fass- 
baren Mengen  SO,  im  Laufe  des  Fabri- 
kationsprozesses spielen  daher  bezüglich 
der  Rentabilität  einer  Sulfitzellstoffiabrik 
eine  Hauptrolle. 

In  der  Porak'schen  Fabrik  in  Moldau- 
mühl beträgt  dieselbe  nach  Harpf  (Dingler's 
polytechnisches  Journal  Bd.  304  S.  190) 
37  pCt.  des  theoretisch  zur  Lösungsbereit- 
ung  nötigen  Schwefels. 

Ueberblicken  wir  die  verschiedenen 
Verfahren  zur  Herstellung  der  von  Tilgh- 
man  zuerst  vorgeschlagenen  und  ange- 
wendeten Lösungen  doppeltschwefligsauren 
Kalkes,  so  haben  sich  die  Einrichtungen 
und  Verfahren  in  den  letzten  25  Jahren 
ausserordentlich  verschieden  und  zahlreich 
ausgebildet.* 

Stellen  wir  nur  die  vorstehend  be- 
sprochenen Typen  zusammen  so  sind 
das: 

I.  Türme  mit  Wasser-,  Kalkstein-,  Dolo- 
mit- und  Magnesia»Beschickung 
und  natürlichem  oder  künstlichem 
Luftzug  im  Gegenstromprinzip 
arbeitend 


*)  Don  Tatsachen  entsprechend  und  Ranz 
(regeniitxlich  Jem  vor  lVf  Jahren  von  Prof.  Dr. 
Kittica  Behaupteten. 


1)  Einzeltürme,  natürl.  Luftzug : 

a)  Tilgbman  nur  Wasserrieselung. 

b)  Ekman  mit  Magnesiafüllung, 

c)  Mit  scher  lieh  mit  Kalkstein  oder 
Dolomit. 

2)  E  i  n  z  e  1 1  ü  r  m  e  mit  künstl.  Luftzug 
und  K%lk-  resp.  Dolomitfüllung  in 
Amerika  (nach  Schilde.) 

3)  Mehrturmsysteme 

a)  Ritter-Kellner  mit  Saugung, 
Kalkstein-  oder  Dolomitfüllung  ar- 
beitend, 

b)  El  Iis  ebenso. 

II.  Kammerapparate  mit  Kalkmilch 

und  Saugung  arbeitend  von  W. 
Flodquist-Gothenburg  u.  A. 

III.  Bottichapparate 

1)  Mit  Kalkstein-,  resp.  Dolomitfüllung, 
Ansaugen  und  Durchdrücken  der  SOt- 
Gase arbeitend.  Dr.  K.  Kellner  u.A. 

2)  Mit  Kalkmilch  und  Durchdrücken  der 
S09-Gase 

a)  A.  Frank.  Charlottenburg. 

b)  Dougall 

u.  A. 

3)  Mit  Kalkmilch  und  Durchsaugen  der 
SOt-Gase 

a)  E.  Partington  (England) 

b)  Bürge s s  (Amerika)1 

c)  S  t  e  b  b  i  n  s  (Amerika). 

4)  Mit  Kalkmilch,  Ansaugen  und  Durch- 
drücken der  SO,-Gaae  arbeitend 

£.  P  o  r  a  k       (D.  R.  P.  No.  26331). 

Das Pictet'sche  Verfahren  mit  schwef- 
liger Säure  allein  zu  kochen  hat 
sich  praktisch  nicht  bewährt 

Es  ist  kein  Zweifel,  dass  besonders  die 
verhältnismässig  leichte  und  billige  Her- 
stellung der  Sulfitlösungen,  sowie  die  Mög- 
lichkeit der  Wiedergewinnung  eines  Teiles 
der  SO«  mit  die  Ursachen  waren,  dass  die 
Sulfit-HolzzellstofT-Fabrikation  die  Natron- 
Holzzellstoff-Fabrikation  überflügelte;  später 
wird  noch  gezeigt  werden,  dass  auch  andere 
Momente  hinzukommen,  um  der  ersteren 
den  Vorrang  zu  sichern.  — 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


345 


Nachschrift. 

Ich  werde  darauf  aufmerksam  ge- 
macht, dass  es  Seite  338,  Unke  Spalte, 
14.  Reibe  von  oben  heissen  muss: 

»Im  Raum  3  steht  e  i  n  Burgess- 
Absorptionsapparat,  3,35  m  Durchm., 
7,6  m  hoch  mit  2  Luftpumpen  .  .  .< 

Es  genügt  demnach  der  eine  grosse 
Apparat,  um  die  Lösung  für  eine  Tages- 
produktion von  etwa  82  t  Sulfit-Zell- 
stoff in  der  Oxford  Paper  Co.  herzu- 
stellen. 


Ueber  die  Sulfitlösungs-Vorratsbassins 

teilt  mir  ein  Freund  aus  seiner 
Praxis  in  Amerika  noch  mit,  dass  man 
dort  keine  unterirdischen  gemauerten  Kästen 
oder  zylindrischen  Gefässe,  wie  vielfach 
bei  uns  in  Deutschland  benutzt,  weil  man 
nie  sicher  ist,  ob  dieselben  Undichtheiten 
haben.  Man  verwendet  vielmehr  oberirdische 
hölzerne  (Georgia  Pine)  Bottiche.  Die- 
selben sind  nicht  mit  Flacheisen,  sondern 
mit  etwa  25  mm  Rundeisen  und  guss- 
eisernem Schloss,  durch  welches  die  Enden 
des  Rundeisens  gehen  und  mit  Schrauben- 
muttern angezogen  werden  können,  zu- 
sammengehalten Das  Rundeisen  wird  nicht 
so  schnell  durchgefressen !  Die  Vorrats- 
bottiche besitzen  weder  Blei-  noch  Ziegel- 
auskleidung und  haben  eine  gewöhnliche, 
4"  =  100  mm  dicke  Holzdecke. 

Die  Bottiche,  in  welche  abgegast 
wird,  sind  mit  5  mm  dickem  Blei- 
blech ausgekleidet  und  mit  einer  Lage 
säurefester  Steine  verkleidet.  Die  Decke 
der  Bottiche  besteht  häufig  nur  aus 
Bleiplatten,  welche  an  Holzbalken  mittels 
angelöteter  Bleiblechwinkel  angenagelt 
sind.  Die  Balken,  etwa  25  X  20  cm  im 
Querschnitt,  reichen  quer  über  den 
Bottich  und  liegen  in  etwa  1  in  weiten 
Entfernungen.  Damit  beim  Ablassen 
der  Lösung  kein  Vakuum  entstehe, 
ist  es  ratsam,  für  diese  Bleideckel  einen 


Wasser  verschluss  anzuwenden,damit  einEin- 
drücken der  Bleiplatten  vermieden  wird. 

Für  die  Wiedergewinnung  der  SO,  aus  den 
Abgasen  wird  mir  der  Dr.  Drewsen'sche 
Separator  als  zweckmässig  hervorgehoben. 

Die  ersten  Abgase  werden  durch  eine 
Abgasleitung  nur  durch  eine  Kühlschlange 
geleitet,  so  lange  helles  Kondensat  (starke 
wässerige  Lösung  von  SO,)  fliesst.  Wird 
das  Kondensat  gefärbt,  so  lässt  man  durch 
eine  zweite  Abgasleitung  die  Gase  durch 
den  Drewsen'schen  Separator,  in  welchem 
sich  eine  dunkel  gefärbte  Flüssigkeit  ab- 
sondert, welche  automatisch  ohne  Gas- 
verlust entleert  wird,  die  übrigbleibenden 
Gase  passieren  dann  erst  eine  weitere 
Kühlschlange,  welche  nochmals  helles 
Kondensat  liefert. 

Endlich  ist  zu  erwähnen,  dass  Dr. 
Drewsen  in  der  St  Regis  Paper  '  Co. 
tnd  in  mehreren  anderen  Anlagen  Amerikas 
einen  neuen  Bottichapparat  von  Gebr. 
Luke  mit  zufriedenstellenden  Resultaten 
eingeführt  habe,  der  aus  drei  Bottichen 
besteht,  die  aber  ohne  Rührwerk 
arbeiten.  Das  S0,-Gas  wird  mittels  eines 
Ventilators  durch  die  drei  Bottiche  nach- 
einander gesaugt.  Jeder  Bottich  ist  mit 
einer  Kühlschlangenvorlage  und  einer 
rotierenden  Pumpe  versehen.  Letztere 
saugt  die  Kalkmilch-Lösung  des  Bottichs 
unten  ab,  durch  die  Kühlschlangenvorlage 
hindurch  und  wirft  sie  durch  ein  Druck- 
rohr gegen  den  Deckel  desselben  Bottichs.  Auf 
diese  Weise  findet  eine  energische  Ab- 
sorption der  SO,  durch  die  verspritzte 
und  gekühlte  Kalkmilch  statt.  Das  frische, 
stark  SO,haltige  Gas  tritt  periodisch 
immer  zuerst  in  den  Bottich  ein,  in 
welchem  die  Lösung  bei  Betrieb  der 
Zirkulation  durch  die  Pumpe  auf  richtige 
Stärke  gebracht  werden  soll,  die  nicht 
absorbierten  Gase  gehen  nach  Bottich  2 
und  3  weiter.  Hat  die  Lösung  in  1  die 
richtige  Stärke,  so  wird  sie  durch  ent- 
sprechende Stellang  von  Ventilen  in  den 
Vorratsbottich  gepumpt;  dann  kommt 
Bottich  2,  schliesslich  3  zum  Fertigmachen 
der  Lösung  daran. 

12.  Bogen  1908. 


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346  E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTÖFF. 


Untersuchung  der  Lösungen,  I  brennofengase,  im  zweiten  Turm  die 

welche  in  einer  Ritler-Kellner'schen  Sechs-  |  Kocherabgase  periodisch  dazu,  im  sechsten 

turmanlage  hergestellt  wurden.         |  Turm.  d*8  frische  Wasser  eingeleitet 

-  Turmanlage  arbeitet  also  im  Gegen- 


1m  e  r  s  t  e  n  Turm  wurden  die  Schwelel- 


Die 

Stromprinzip. 


Türme 

I 

II 

III 

IV 

v  1 

VI 

Sp.  Gew. 

1,040 

1,025 

1,018  | 

1,003 

1,001 

1,000 

Gesamt-SO, 
Saures  Sulfit 
Monosulfit 
Freie  SO, 

Gramme  im  Liter 

34,6 
15,4 
15,4 

3,8 

26,75 
9,77 
9,77 
7,21 

8,83 
3,33 
3,33 
2,17 

4,86 
1,73 
1,73 
1,40 

0,027 

nicht 
bestimmt 

0,002 

nicht 
bestimmt 

Gehalte  der  aus  dem  VI  Turm  ab- 
ziehenden Gase  an  SO,  : 

0,00047  Vol.  pCt.  SO, 

0,00041  • 

0,00009  » 

0,00083  » 

0,00067    •  » 
In  derselben  Fabrik,  aus  der  obige 
Untersuchungen  stammen,  wurde  ein  sehr 
niedriger  Schwefelverbrauch  und  hohe 
Wiedergewinnung  festgestellt. 

Bei  einer  Jahresproduktion  von  1883  t 
ungebleichtem  trockenen  Sullitstoff  wurden 
ä  100  kg  nur  10,11  kg  Schwefel  aufge- 
wendet. 

Für  Beantwortung  der  Fragen: 

a)  Wie  viel  Schwefel  wird  wiederge- 
wonnen ? 

b)  Wie  viel  Lösung  ist  nach  Beendigung 
der  Kochung  des  Stoffes  mit  direktem 
Dampf  vorhanden? 

wurden  entsprechende  Versuche  durch- 
geführt. 

In   den   zwei  Ritter-Kellner-Kochern 


•)]Diese  Gase  rochen  nur  ichwach  aromatisch 
und  nicht  im  geringsten  nach  S04.  Nach  ihrem 
Austritt  aus  dem  6.  Turm  leitete  man  sie  noch 
durchwein  mit  Kalksteinen  gefülltes  und  mit  Wasser 
durchrieseltes  Fass.  «"Die  Gase  waren  so  rein, 
dass  hier  Getreidekörner  keimten  und  die  PHänz- 
chen  gut  wuchten. 


wurden  die  zubereiteten  Holzspäne  je 
1  l ,  8  5  f  m  Fichtenholz  und  22,42cbm 
Sulfitlösung  in  einen  Kocher  eingefüllt 
und  die  Abgaseleitung  an  ein  Fass,  dessen 
Inhalt  genau  bekannt  war,  angeschlossen. 
Während  der  Kochdauer  wurde  die  über- 
getriebene und  kondensierte  Flüssigkeit 
genau  bestimmt  Zu  Anfang  ergab  sich 
mehr,  spater  immer  weniger  Flüssigkeit. 
Es  wurden  von  2  Kocbungen  16,08  cbm, 
also  auf  eine  Kochung  8,04  cbm  Ab- 
lauge erhalten.  Hiervon  wurden  Proben 
durch  Entnahme  von  Lauge  in  gleichgrossen 
verschliessbaren  Flaschen  in  gleichen  Zeit- 
räumen entnommen,  die  Durchschnittsprobe 
zeigte  bei  15°  C  1,039  sp.  G.,  war  klar, 
durchsichtig  und  von  lichtbrauner  Farbe. 

Die  Analyse  nach  Cl.  Winkler,  Prak- 
tische Uebungen  in  der  Massanalyse  S.  98 
etc.  ergab  folgendes : 

Durch  Auskochen 
austreibbare  SO,    26,82  g  SO,  im  Liter, 

durch  Kochen  mit  Salzsäure 
austreibbare  SO,     36,04  g  SO,    »  » 

durch  Gewichtsanalyse 
bestimmte  SO,       47,55  g  SO,    »  » 
oder: 

Freie  und  zur  Bildung  von 

saurem  Sulfit  erforderlich  26,82  g  SO,  i.  Liter 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.   ZELLSTOFF.  347 


Als  Monosulfit  vorhandene  9,22  g  SO,  i.  Liter 
Nicht  austreibbare  (in 
Aetherschwefelsäuren  u. 
Sulfonsäuren  Oberge- 
gangene) 11,51 ...» 

47,55  g  SO,  i.  Liter. 
Ferner  wurde  die  Abdrücklauge  beider 
Kochungen  und  der  danach  verbleibende 
FlQssigkeitsgehalt  des  Stoffes  durch  Trocken- 
proben bestimmt.   Es  ergab  sich  a  Kocher 
12,45  cbm  Abdrücklauge 
10,90   »   am  Stoß*  hängend 

dazu    8,04    »  Abstosskondensat 

31,39  cbm 
ab  22,42  » 

etwa  8,97  cbm  Zufuhr  pro  Kochung 
durch  den  Heizdampf. 

Wenn  diese  Versuche  nach  Mitteilung 
des  einsendenden  Freundes  auch  keinen 
Anspruch  auf  wissenschaftliche  Genauigkeit 
erheben,  so  geben  sie  doch  wertvolle  An- 
haltepunkte  der  Vorgänge  beim  Koch- 
prozess 

Es  ist  an  Hand  derselben  auch  möglich, 
die  Menge  des  wiedergewonnenen  Schwefels 
zu  berechnen. 

Die  frische  Sulfitlösung  enthielt  nämlich 
3(5,47  g  SO,  im  Liter,  also  ä  Kocher 
3(5,47  .  22,42  =  817,65  kg  SO,  =  408,82 
kg  Schwefel. 

Die  Abgaslauge  enthielt  47,55  g  SO,  im 
Liter,  demnach  ä  Kocher  47,55  ■  8,04  = 
382,30  kg  SO,  =  191,15  Schwefel,  davon 
sind,  wie  oben  gezeigt,  36,04  g  SO,  im 
Liter  wirksam,  also  36,04  •  8.04  =  289,76  kg 
S0a  =  144,88  kg  Schwefe).  191,15-144,88 
=  46,27  kg  sind  unwirksam. 

Nur  408,82-191,15  =  217,67  kg  S 
müssten  hiernach  durch  Verbrennen  von 

*)  Die  Kc;huug  ergab  etwa  2322  kg  tr.  ged. 
ungebl.  Stoff. 

Das  Kochen 

Für  deutsche  Verhältnisse  handelt  es 
sich  in  diesem  Kapitel  um  den  chemischen 
Aufschluss  des  zerkleinerten  und  gereinigten 
Strohhäcksels  und  zerkleinerten  und  sor- 


'  Schwefel  pro  Kochung  in  die  Lösungen 
geschafft  werden.  Von  allem  Schwefel  in 
den  Lösungen  wären  hiernach  46,7  pCt. 
wiedergewonnen;  dies  erscheint  freilich 
nach  folgendem  zu  hoch ! 

Die  Beobachtung  des  Betriebes  während 
eines  ganzen  Jahres  ergab : 

1 692  950  1  Sulfitlösung  von 
34,77  g  SO,  im  Liter 
17,38  g  S   im  Liter 
276  854  kg  Schwefel  in  den  Lösungen 

sind  festgestellt,  dagegen 
188  094  kg  Schwefelverbrauch  der 
Schwetelbrennöfen 

88760  kg  Schwefel  durch  Wieder- 
gewinnung in  die  Lösungen 
gebracht 

Von  dem  in  den  Lösungen  steckenden 
Schwefel  bringt  die  Wiedergewinnung 
82,06  pCt.  auf,  wenn  man  annimmt,  dass 
der  ganze  in  den  Brennöfen  verbrannte 
Schwefel  in  die  Lösungen  übergeht, 
was  ja  fast  vollständig  geschehen 
kann. 

Volle  47,2  pCt  von  dem  frisch  zugesetz- 
l  ten  Schwefelsind  dagegen  durch  die  Wieder- 
gewinnung in  die  Lösungen  zurückgelangt. 

Wir  sehen  an  diesen  fast  ein  Jahrzehnt 
zurückliegenden  Betriebserfahrungen,  dass 
man  schon  damals  vereinzelt  in  Deutsch- 
land durch  rationelle  Wiedergewinnung  der 
schwefligen  Säure  auf  10  kg  Schwefelver- 
brauch pro  lUO  kg  ungebleichten  Zellstoff 
gekommen  war  Es  wird  behauptet,  dass 
in  neuester  Zeit  noch  etwas  günstigere 
Resultate  erreicht  worden  seien. 

Neuerdings  wollen  einige  Cellulosetech- 
niker  Amerikas  auch  durch  gute  S0,-Her 
stellungs-  und  Wiedergewinnungs-Einricht- 
ungen auf  9  bis  10  kg  Schwefelauf- 
wendung für  100  kg  Sulfitstoff  gekommen 
sein. 

der  Zellstoffe. 

tierten  Holzes  und  die  dafür  nötigen 
speziellen  Einrichtungen. 

Die  Einrichtungen  für  das  geeignete 
Vorbereiten  der  Rohstoffe,   nämlich  das 


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348 


E.  KIRCHNER.   DAS  hAHER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Zerkleinern,  Reinigen  und  Sortieren  von 
Stroh  und  Holz  sind  oben  Seite  141—183 
mitgeteilt 

Ueber  die  für  den  chemischen  Auf- 
schlu88  der  Rohstoffe  zweckdienlich  anzu- 
wendenden  Lösungen  sprechen  S.  81 — 130, 
deren  Herstellung  und  teilweise  Wieder- 
gewinnung behandeln  die  S.  184-34*. 

Einige  Belehrung  über  die  Bestandteile 
von  Stroh  und  Holz,  sowie  über  die  be- 
und  erkannten  Vorgänge  beim  Kochprozess 
enthalten  S.  131-141. 

Die  Verfahren  und  Einrichtungen  iür 

Zellstoffkochen  sind  sehr  verschieden,  und 

seien  hier  einige  Unterscheidungen  hervor- 
gehoben. 

FürS  trohzellstoffkochen  kann 
eine  aus  Soda  und  Kalk  gekochte  Natron- 
lauge (in  der  Hauptsache  Aetznatron 
als  lösendes  Agens)  oder  eine  Sulfat- 
lau  g  e  (neben  Aetznatron  noch  Schwefel- 
natrium etc.  enthaltend)  angewendet  werden. 

Für  Ho  1  zzellstoffkochen  dienen 
gleichfalls  Natronlaugen  und  Sulfat- 
laugen,  dann  aber  auch  noch  Sulfit- 
lösungen 

Man  kann  den  Kochprozess  so  weit 
treiben,  dass  die  inkrustierenden  Bestand- 
teile der  Rohstoffe  ganz  entfernt  werden, 
so  dass  ein  relativ  sehr  reiner  bleich- 
barer Zellstoff  resultiert,  und  nennt  ihn 
dann  Zellstoff  oder  Zellulose ;  oian  kann 
aber  auch  den  Kochprozess  vorher  unter- 
brechen, so  dass  noch  inkrustierende  Be- 
standteile im  Stoffe  bleiben  und  spricht 
dann  von  Halbzellulose  (Stroh-Halb- 
zellulose s.  oben  S.  70-80;  Holz-Halb- 
zellulose folgt  später). 

Wir  haben,  abgesehen  vom  ordinären 
gelben  Strohstoff  und  vom  rohen  und  ge- 
dämpften Holzschliff,  an  im  Handel  vor- 
kommenden Surogaten*  zu  unterscheiden: 

1)  Soda-Strohzellstoff 

2)  Sulfat-Strobzellstoff 


•)  Jn  der  Folge  soll,  da  hei  heiden  früher 
genannten  Natron-  und  Sulfatvcrfahrcn  Laugen 
mit Xatronsalzen  verwendet  werden,  die  klarere 
Unterscheidung;  „Soda"  und  „Sulfnf-  ein- 
geführt werden. 


3)  Soda-Strohhalbzellulose 

4)  Soda-Holzzellstoff 

5)  Sulfat-Holzzellstoff 

6)  Sulfit-Holzzellstoff 

7)  Soda-Hoizbalbzellulose 

Unterscheidung  nach  Bauart  der  Kocher. 

A.  Feststehende  Koch  er: 

a)  Liegeade  zylindrische  Kocher. 

b)  Stehende  zylindrische  Kocher. 

B.  Drehkocher: 

a)  Zylindrische  Kocher  horizontal  um 
Zapfen  drehbar. 

b)  Zylindrische  Kocher  horizontal  auf 
Rollen  drehbar. 

c)  Zylindrische  Kocher,  welche  um  Zapf  en, 
die  senkrecht  zur  Zylinder-Längsachse 
in  einer  Horizontalen  liegen,  gedreht 
werden  (S  t  u  r  z  k  o  c  h  e  r). 

d)  Kugelkocher  um  horizontrat  und 
diametral  steheede  Zapfen  drehbar. 

Bern.  Die  Drehung  wird  entweder  mittels 
Hädervorgelege  oder  Schnecke 
und  Schraubenrad  bewirkt. 

Unterscheidung  nach  der  Beheizungsart. 

C.  Mit  Feuer  direkt  geheizte 

Kocher. 

a)  Feststehen  de  Kocher,  mit  Schutzsieben . 

b)  Feststehende  Kocher  mit  nebenmon- 
liertem  Heizrohrkessel,  derdie Laugen- 
erbitzung  besorgt  und  die  Zirkulation 
derselben  durch  den  Kochkessel  selbst- 
tätig oder  mit  Hüte  eines  Ejektors 
oder  einer  Pumpe  bewirkt 

c)  Drehkocher,  und  zwar  zylindrische 
und  Kugelkocher. 

D.  Mit  gespanntem  Dampf  ge- 
heizte Kocher, 
a)  Der  Dampf  strömt  direkt  in  das 
Innere  der  Kocher  und  vermehrt  die 
Kochflüssigkeit  durch  Kondensation 
des  Dampfes  unter  Abgabe  seiner 
Wärme  an  den  Kocherinhalt.  Mittels 
direkter  Rohreinmündungen,  falscher 
Büden.  oder  Schutz-  resp.  Ver- 
teilungssieben wird  der  Heizdampf 
eingeführt  und  verteilt. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  HL  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


349 


b)  Speikocher.  Der  Dampf  strömt 
mit  nachgelassener  Lauge  von  unten 
in  ein  mittleres,  vertikales  Rohr,  wird 
durch  einen  gewölbten  Deckel  des 
Kochapparates  über  die  kreisförmige 
Oberflache  des  stehenden  zylindrischen 
Kessels  verteilt,  durchdringt  das  Koch- 
gut und  kehrt  unten  durch  die  Löcher 
eines  kegelförmigen  Siebbleches  nach 
dem  Mittelrohr  zurück,  um  so  einen 
kontinuierlichen  Kreislaut  zu  machen. 

c)  Der  Dampf  erfüllt  einen  Dampfmantel. 

d)  Der  Dampf  durchströmt  ein  Heizrohr- 
system im  Innern  des  Kochers.  In 
den  Fällen  c  und  d  wird  von  dem 
indirekt  wirkenden  Heizdampfe 
eine  Zirkulation  der  Kochflüssigkeit 
im  Innern  des  Kochers  eingeleitet 
und  unterhalten.  Das  in  den  Heiz- 
rohren sich  bildende  Kondensations- 
Wasser  verdünnt  die  Kochflüssigkeit 
nicht  wie  im  Falle  a  und  b,  das 
Wasser  kann  durch  Kondensations- 
töpfe abgeleitet  und  als  reines, 
heisses  Wasser  im  weiteren 
Verlauf  der  Stofffabrikation  nutzbar 
gemacht  werden. 

Es  gibt  ferner : 

a)  Kocher  ohne  innere  Auskleidung. 
Diese  Kocher  haben  vielfach  durcblochte 

Schutzbleche  an  den  Ein-  und  Austritt- 
stellen des  Dampfes  und  der  Kocbüüssig- 
keiten,  um  das  Kochgut  zurückzuhalten, 
vielfach  auch  noch  falsche  Böden,  unter 
welchen  der  Dampf  eintritt. 

b)  Kocher  mit  innerer  Auskleidung. 

Die  inneren  Auskleidungen  haben  den 
Zweck,  entweder  bei  feststehenden  feuer- 
beheizten Kochern  ein  Anbrennen  des 
Kochgutes  zu  verhindern,  indem,  so* 
weit  die  feuerbeheizten  Flächen  reichen, 
ein '  innerer  Mantel  aus  schwächerem 
durchlochtem  Blech  angebracht  ist,  diese 
Kocher  sind  oben  unter  C  a  aufgeführt. 

Die  innere  Auskleidung  mit  durch- 
lochtenSieben  als  innere  Auskleidung 
kann  übrigens  auch  durch  ein-  und  aus- 
fahrbare, zylindrische  Körbe  aus  durch- 
lochtem Blech  ersetzt  werden, 


Oder  die  Auskleidungen  sollen  die 
Zerstörung  des  Mantelmetalles  (Eisen  oder 
Stahl)  durch  saure  Flüssigkeiten  (Sulfit- 
lösungen) verhindern. 

Es  kommen  hier  Metall-  und  Steinaus- 
kleidungen in  Betracht,  die  später  näher 
beschrieben  werden  sollen. 

Aus  dieser  kurzen  Aufzählung  der 
Unterschiede  erkennt  man  leicht,  welche 
grosse  Zahl  von  Koch  verfahren  und  Koch- 
apparaten kombiniert  werden  kann. 

Für  Erreichung  des  Effektes  des 
chemischen  Aufschlusses  tritt  nun  die 
Wahl  der  Einrichtung,  oder  die  Konstruk- 
tion des  Kochapparates  und  dessen  son- 
stiger Zustand  während  des  Kochens  mehr 
zurück  gegen 

1)  die  Wahl  und  Menge  der  beim  Aus- 
schluss des  Kochgutes  wirkenden 
chemischen  Substanz, 

2)  die  beim  Kochen  angewendete  Tem- 
peratur, resp.  Druck  im  Innern  des 
Kochers  und 

3)  die  Zeit  der  Einwirkung  der  chemi- 
schen Substanz  bei  bestimmten  Tem- 
peraturen. 

Diese  drei  Momente  wirken  auf  die 
schnelle  oder  langsame  Vollendung  und 
auf  die  Erreichung  eines  bestimmten  ge- 
wünschten Effektes  in  augenfälliger  Weise 
ein,  indem  sie  sowohl  bezüglich  der  Quan- 
tität, als  auch  der  Qualität  des  gewonnenen 
Stoffes  sich  stark  bemerkbar  machen. 

Es  wird  die  Erfahrung  zu  bestimmen 
haben,  wie  lange  eine  Lauge  oder 
Lösung  von  bestimmter  Stärke 
auf  einen  Rohstoff  bei  einer  bestimmten 
Temperatur  einzuwirken  hat,  um  eine 
bestimmte  Ausbeute  aus  100  kg  Robstoff 
in  einer  gewünschten  Qualität  zu  ge- 
winnen. 

Dass  die  Grenzen  der  Lösungsstärke, 
der  Temperatur  und  der  Zeitdauer  bei 
vorgeschriebener  Quantität  und  Qualität 
nur  enge  bemessen  sind,  hat  die  Erfahrung 
ergeben,  diese  Grenzen  liegen  indes  weiter, 
wenn  nur  die  Quantität  oder  nur  die  Qua- 
lität vorgeschrieben  ist. 

Es  sei  gleich  hier  hinzugefügt,  dass 


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E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.   III:  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


durch  gewisse  Kunstgriffe  und  Mani- 
pulationen die  Vollendung  des  Aufschlusses 
beschleunigt  werden  kann,  wenn  bezüglich 
der  Lösungsbeschaffenheit  und  Temperatur 
gewisse  Vorbedingungen  erfüllt  sind ;  es 
sei  auf  das  Langsam-  und  Schnellkochen 
mit  Sulfitlaugen  S.  353/4  verwiesen. 

Kochdiagramme. 

Ein  vorzügliches  Mittel  für  den  Zell- 
stofffabrikanten, sich  in  leichter  Weise 
einen  üeberblick  über  den  Verlauf  des 
Kochprozesses  zu  verschaffen  und  die 
günstigsten  Bedingungen  für  Durchführung 
desselben  für  seine  gegebenen  Verhältnisse 
(Robstoff,  Chemikalien,  gegebenen  Ein- 
richtungen) zu  finden,  ist  die  Auftragung 
von  Kochungsdiagrammen  auf  Grund  der 
direkten  Beobachtungen  während  des  Ver- 
laufes des  Kochprozesses. 

Das  Diagramm,  welches  Verfasser  nach 
seinem  ältesten  aus  Betriebserfahrungen 
entwickelten  Kochtabellen  (in  der  Papier- 
stofffabrik Alt-Damm  b.  Stettin)  von  1875 
aufzustellen  im  stände  ist,  zeigt  Fig.  158. 

Es  wurde  damals  frisches  und  trockenes 
Kiefernholz  mit  Aetznatron lauge  von  1,2 
Iis  6  pCt.  Aetznatrongehalt  unter  10  Atm. 
üeberdruck  (entsprechend  183,05  •  gesättig- 
ten Dampfes)  bei  Anwendung  direkten 
Feuers  gekocht  und  aus 
1  rm  dünneren  Holze* 
9  5  — 100  kg,  aus  1  rm 
stärkeren  Holzes  100 
bis  1 1 0  k  g  lufttr.  Zell- 
stoff gewonnen. 

Die  Erfahrung  lehrte, 
dass  man  guten  bleich- 
baren Stoff  mit  Laugen- 
slärken  nicht  unter  2 Vi 
pCt.  Naa0  Gehalt  und 
nicht  über  5,5  Naa  0 
Gehalt  kochen  solle. 

Nach  Baum6spindel- 
messungen  würden,  wenn 
nur  Aetznatron  in  den 
Laugen  wäre,  diese 
Stärken  zwischen  5  0  Re 
und  11  •Be  liegen  (vergl. 


oben  S.  82  Tab.  I) ;  in  Wirklichkeit  lagen 
aber  die  Spindelungen  der  damals  als 
günstig  erkannten  Kochlaugen  zwischen 
6  V«  und  13VtÄ  Be. 

Die  sichersten  Kochresultate  erzielte 
Verfasser  bei  Kiefernholz  (vergl.  S.  91, 
linke  Spalte  unten)  bei  4  pCt  N a  , 0 - 
Gehalt  oder  ähnlich  9-9Vi*  Be,  bei  Ein- 
halten von  10  Atm.  Üeberdruck  und  VU 
bis  2  Stunden  Druckzeit.  Die  Länge  der 
Druckzeit,  d.  h.  derjenigen  Druckxeit, 
während  welcher  der  erreichte  volle  Druck 
von  10  Atm.  erhalten  werden  muss, 
wechselt  bei  einer  bestimmten  Laugenstärke 
mit  der  Qualität  des  Holzes,  wie  Fig.  158 
deutlich  zeigt 

Um  100  kg  Kiefernzellstoff  zu  gewinnen, 
wurden  damals  etwa  14  50  1  ( *a  1530  kg) 
4  p  C  t,  N a ,  0  haltiger  Lauge,  also  61,2 
kg  NaaO  =  78,9  kg  Na  OH  in  den 
Laugen  autgewendet. 

Gekocht  wurde  in  liegenden  Kochern 
mit  einfahrbaren  Sieben.  Die  Aufwendungen 
an  Na,  0  sind  sehr  hoch  im  Verhältnis 
zu  anderen  Angaben. 

J a m e 8  Beveridge  gibt  in  einer 
Arbeit  von  1899  bei  Verarbeitung  von 
Fichtenholz  in  stehenden  mit  Dampf  direkt 
geheizten  Kochern  an,  dass  pro  100  kg 
trocken  ged   Stoff  nur  etwa  760  l  Aetz- 


=  St— luT  U<L~ .  K-f-lA "u> 


"fit 


Fig.  158  Nordd.  KiererBholz-FeuerbebeiiHfl.  I83*C. 

Kirchner,  1875.  BitrtaiMrfahmatii. 


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E.  K1KCHNEK.   DAS  PAPIEH.   HI.  B.  und  C.  ZELLSTOFF..  351 


natronlauge  mit  5pCt.  Na,0-Gehalt  auf- 
gewendet werden. 

Die  750  1  wiegen  826  kg,  somit  41,3  kg 
Na,0  =  53,28  Na  0  H. 

Das  wäre  also  32  5  pCt.  Chemikalien- 
gebalt  weniger  in  den  Kochlaugen,  als 
Verfasser  für  Kiefernholz  anwendete. 

Auch  nicht  so  hohe  Kochtemperatur 
resp.  Druck  wendet  J.  Beveridge  an,  er 
gibt  1 73  *C  Temperatur  entsprechend  7,71 
Atm  Ueberdruck  an. 

Ueber  günstige  Kocbzeit  wird  ange- 
geben 2  Stunden  Anheizen,  4-5  Stunden 
Druckhalten,  also  ganze  Kochdauer  6  bis 
7  Stunden. 

Genannter  Verfasser  hat  schwedisches 
Fichtenholz  im  Laboratorium  auf  seine 
Ausbeutemenge  untersucht,  um  den  Ein- 
fluss  der  Temperatur  bei  gleicher  Kochzeit 
und  gleicher  Laugenslärke,  den  Einfluss 


CUU-Jiu  si  3*  M  M  *>  11  Jf£g+* 


1 

— r 

L,  

L_  

> 

/TL 

Flg.  159.   Schwedisches  Fichtenholz. 

Direkte  Dampfheizung  178°  C. 
Diagramm:  Beveridge,  1899. 
LaborstoriumiveMuche. 


der  Zeit  bei  gleicher  Temperatur  und 
gleicher  Laugenstärke  und  den  Einfluss 
der  Laugenstärke  bei  gleicher  Temperatur 
und  gleicher  Kochzeit  festzustellen. 

Kig.  159  folgen  die  betreffenden  Dia- 
gramme von  Beveridge,  aus  denen  deut- 
lich der  Verlauf  der  Kurven  ersehen  wer- 
den kann,  die  sich  ergeben,  wenn  man 
von  den  3  Faktoren  den  einen  in  weiteren 
Grenzen  wechselt. 

Er  fand  zwischen  166  bis  200°  C 
wechselnder  Temperatur,  konstant  bleiben- 
der Zeit  und  gleich  starker  Lauge  44  bis 
22Vs  pCt.  Ausbeute  vom  lufttrockenen  Holz- 
gewicht; bei  gleichbleibender  Temperatur 
und  gleich  starker  Lauge,  aber  Wechsel 
der  Kochdauer  von  5  bis  10  Stunden  40 
bis  31»/«  pCt.  Stoflausbeute ;  bei  gleich- 
bleibender Temperatur  und  gleicher  Koch- 
zeit  unter  Anwendung  von  Laugen  mit 
4,2  pCt.  bis  5,72  pCt.  NaOH- Gehalt  (entspr. 
8,7- 11,3  0  Be)  40  bis  29  pCt  Stoflausbeute 
vom  lufttrockenen  Holz. 

Dazu  bemerke  ich,  dass  zu  hohe  Tem- 
peratur, zu  lange  Druckzeit,  zu  starke 
Lauge  von  üebel  sind! 

Ich  erinnere  mich  eines  Vorkommnisses 
in  meiner  Praxis,  dass  ein  Kocher  bei 
10  Atm.  (wie  vorgeschrieben)  seine  nach 
der  Erfahrung  innegehaltene  Druckzeit 
hinter  sich  hatte.  Der  Koch ermaDn  schlug, 
da  der  Abblasebabn  sich  nicht  drehen  liess, 
mit  einem  schweren  Schlüssel  gegen  den 
Hahnreiber,  um  ihn  zu  lockern.  Der  An- 
satz mit  dem  Vierkant  für  den  Schlüssel 
sprangen  ab,  und  es  dauerte  weitere 
Stunden,  ehe  die  Möglichkeit  geschaffen 
war,  den  Kocher  abzublasen.  Das  Resul- 
tat war,  dass  sehr  wenig  ganz  verkochter 
Stoff  resultierte,  der  zu  unserem  Erstaunen 
durchweg  mit  Holzkohlenstückchen  von 
Hasel-  bis  Wallnussgrösse  durchsetzt  war. 

Die  Erklärung  dürfte  die  sein:  Der 
direkt  mit  Feuer  geheizte  Kocherinhalt 
wurde  wesentlich  höher  erhitzt  als  beab- 
sichtigt. Die  Undichtheit  (eine  bei  direkt 
geheizten  Kochern  oft  eintretende  Er- 
scheinung) des  Kochers  hatte  ein  Frei- 
werden oberer  Stoffschichten  bewirkt,  wo- 
durch partielle  Verkohlung  (vielleicht  der 


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e.  Kirchner,  das  parier,  iii.  b.  und  c.  Zellstoff. 


noch  Harz  enthaltenden  Astteile)  des 
Stoffes  eintrat.  Ausserdem  wurde  der 
grösste  Teil  der  gar  gekochten  Zellulose  in- 
folge langer  Einwirkungszeit  und  hoher 
Temperatur  der  Flüssigkeit  von  letzterer 
gelöst. 

Die  für  einen  Fabrikbetrieb  zu  wählen- 
den geeignetsten  Temperaturen,  Kochdauern 
und  Laugenstärken  darf  man  nicht  mit 
Rücksicht  auf  die  grösste  Ausbeute  fest- 
stellen, e*  kommt  darauf  an,  zu  welchem 
Zweck  der  erzeugte  Zellstoff  dienen  soll. 

Will  man  starke  feine  Packpapiere  in 
gelblichbraunem  Ton  herstellen,  zu  dem 
der  Stoff  nicht  gebleicht  zu  werden  braucht, 
so  kann  man  mit  geringeren  Laugenstärken 
durchkommen  etc.  Soll  fein  weiss  gebleichter 
Stoff  hergestellt  werden,  so  ist  zu  berück- 
sichtigen, wie  viel  Chlorkalk  zur  Erreichung 
der  gewünschten  Weisse  gebraucht  wird. 
Man  wird  gut  tun,  die  Kochlaugen  stärker 
zu  wählen  und  sich  mit  geringerer  Aus- 
beute zu  begnügen,  damit  der  Zellstoff  mit 
verhältnismässig  wenig  Chlorkalk  die  ver- 
langte Weisse  erhält. 

Für  Kiefernstoff  brauchte  Verfasser  in 
später  von  ihm  (in  den  70er  Jahren)  ge- 
leiteten Betrieben  15-30  kg  Chlorkalk  auf 
100  kg  weissen  Stoff.  Ab  und  zu  lag  auch 
ein  Stoff  vor,  der  selbst  bei  35  pCt.  Chlor- 
kalkaufwendung nicht  weiss  wurde. 


Fabrik 

*      Auf  100  kg  Strohstoff 
aufgewendete  Chemikalien  und 
gewonnene  Ausbeuten  in  kg. 

Calc. 
Soda 

Kalk 

Chlor- 
kalk 

Aus- 
beute 
aus 
1000  kg 
Stroh 

I 

56,25 

40 

18,0 

400 

II 

• 

55,10 

34,4 

19,5 

435 

III 

50,00 

35,5 

233 

450 

IV 

40,00 

32,0 

35,0 

500 

Einen  lehrreichen  Einblick  hierüber 
gewähren  die  links  unten  stehenden  Betriebs- 
resultate von  4  Strohstofffabriken  nach  Roth*. 

Es  ist  Sache  der  Kalkulation,  die  der 
Fabrikant  jederzeit  neben  dem  Fabrikbe- 
triebe gewissenhaft  durchführen  muss,  fest- 
zustellen, wie  man  am  wohlfeilsten  100  kg 
Stoff  von  gewünschten  Eigenschaften  her- 
stellen kann. 

Um  die  Bleichfähigkeit  gleich  nach  Voll- 
endung des  Kochprozesses  zu  erfahren, 
ist  zu  empfehlen,  Handproben  sauber  aus- 
zuwaschen und  in  einem  Becherglase 
portionsweise  mit  der  Pipette  Chlorkalk- 
lösung  so  lange  zuzufügen,  bis  nach  einigen 
Stunden  die  gewünschte  Bleiche  erreicht 
ist  Darauf  ist  der  Stoff  auszupressen  und 
zu  trocknen,  so  dassman  die  verbrauchte 
Chlorkalkmenge  auf  100  kg  Stoff  aus- 
rechnen kann. 

Es  ist  selbstredend  für  Sulfatzellstoff- 
fabrikanten ebenso  wichtig,  wenn  nicht 
noch  wichtiger,  sich  Diagramme  über  die 
Betriebsresultate  mit  diesen  noch  Schwefel- 
natrium etc.  enthaltenden  Laugen  zu  ver- 
sebaffen, man  wird  dadurch  auf  die  vor- 
teilhafteste Zusammensetzung  der  Laugen 
von  selbst  geführt. 

Diagramme  der  Sulfitkochungen. 

Es  sei  der  Verlauf  einer  guten  Kocbung 
von  Sulfitstoff  aus  Fichtenholz  im  Mitscher- 
lich-Kocher  betrachtet  und  dargestellt 

Der  Kocher  hat  115  cbm  Füllraum 
und  ist  mit  102,5  rm  Kochgut  (gute 
Scheiben,  gutes  Hackholz,  Schleifspäne  und 
Sägemehl)  gefüllt  Es  sind  74,5  cbm  Lös- 
ung eingelassen.  Die  Lösung  zeigt  nach 
der  Analyse 

1,919/»  SO,  frei 
1,42'/«  „  gebunden 
pB^SO,  Gesamt. 
Die  Spindelung  zeigte  5,3'  Be  co  1,039  spez. 
Gewicht. 

Drucke  und  Temperaturen  im  Kocher, 
die  Drucke  in  der  Heizschlange  (indirekte 
Heizung  mit  Dampf)  und  die  beobachtete 
Abnahme  des  SOt-Gehaltes  der  Lösung 

•)  Papierreitung  1890  No.  70. 


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fc.  Kirchner,  das  papier.  in.  b.  und  c.  zellstopf.  m 


während  des  Kochprozesses  sind  Fig.  160  I 
nach  Aufschreibungen  durch  den  Kochmeister 
(gleich  während  der  Beobachtung  aut  ka- 
riertem Papier  aufgelragen)  wiedergegeben. 
An  der  gestrichelten  Temperaturkurve  links 
erkennt  man  den  Verlauf  des  Dämpf- 
prozesses bei  allmählich  steigender  Dampf- 
spannung im  Innern  des  Kochers  auf  0,3  — 
0,4  Atm.  Ueberdruck.  Diese  Temperatur- 
kurve  fällt  plötzlich  bei  Einlassen  der 
kalten  Lösung.  Nach  Eintritt  des  Dampfes 
in  die  Heizschlange  mit  2,2  -  2,8  Atm.  Ußber- 
druck  erhebt  sich  -die  Temperatur  im  Koch- 
apparat in  ca.  68  Stunden  auf  max.  125' C, 
sie  fällt  beim  Abstellen  des  Dampfes 
und  Ablassen  des  auf  ca.  4,4  Atm.  Ueber- 
druck gestiegenen  Gasdruckes  im  Innern 
des  Kochers  langsam,  dann  schnell  bei 
Einlassen  kalten  Waschwassers,  wie  es  in 
jener  Fabrik  gehandhabt  wurde ;  beim  Ab- 
lassen des  kalten  Wassers  steigt  die 
Temperaturkurve  wieder,  durch  erneutes  Ein- 
lassen von  kaltem  Wasser  fällt  sie  wieder  u.s.f., 
wie  die  Zickzacklinie  rechts  unten  zeigt. 
Die  Kurven  für  den  Gasdruck  (schwarz  mit 
Scbraffur),  Heizschlangendruck  (punktiert) 

und  die  S0,-Abnahme  (Linie  .) 

gewähren  einen  klaren  Ueber blick  über  den 


I  Verlauf  des  ganzen  Kochprozesses.  Bei  dem 
regelmässigen  Aufzeichnen  und  Vergleichen 
verschiedener  Kochungen  kann  man  leicht 
erkennen,  ob  die  betreffende  Kochung  nor- 
mal verläuft  oder  nicht.  Die  Dämpfoperation 
dauert  etwa  10— lt  Stunden,  das  Kochen 
70  -  72  Stunden,  das  Waschen  ca.  16 
Stunden,  Reinigen,  Füllen  und  Leeren  20 
Stunden.  Im  ganzen  erfordert  also  eine 
Kochung  4»/4— 5  Tage.  In  einer  Anlage 
mit  zwei  Mitscherlich-Kochern  vermag  man 
also  drei  Kocbungen  oder  etwa  30  t  Sul- 
fitstofl  in  einer  Woche  herzustellen. 

Genaue  Untersuchungen  über  den 
Verlauf  des  eigentlichen  Kochprozesses  im 
Mitscherlichkocher  verdanken  wir  Prof.  Dr 
A.  Harpf.  In  seiner  Doctor-Dissertation  1892 
Bern  gibt  er  das  Bild  Fig.  161.  Es  wird  weiter 
unten  ausführlicherdarauf  zurückgekommen, 
hier  sei  nur  bemerkt,  dass  Harpf s 
Diagramm  genaue  Auskunft  gibt  über 
den  Druck  und  die  Temperatur 
im  Innern  des  Kochapparates,  über 
den  Gehalt  an  S0t  (Gesamt, gebundene 
und  freie),  über  das  spez.  Gewicht  oder 
die  Grade  Be,  Gehalt  an  Trockensub- 
stanz, organischer  Substanz  und 
Asche.  Die  Kenntnis  und  der  Vergleich 


BÖL4 

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Flg.  160.  Diigranive  über  eine  Kochono  Im 
MiUcherlich. Kocher.  E.  Kirchner  1886. 


1.  Bogeo  liKM. 


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364 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER  m.  B.  und  a  ZELLSTOFF. 


all  dieser 

tragen  'wesentlich  zur 
Klärung  des  Ver- 
ständnisses der  Vor- 
gänge beim  Kochpro- 
zess  bei;  freilich  wird 
es  nicht  möglich  sein, 
auch  wenn  ein  Che- 
miker in  einer  Zell- 
stofffabrik \  angestellt 
ist,  solche  eingehen- 
den Untersuchungen 
fttrjedeKoehungdurch- 
zuführen;  dies  ist  auch 
nicht  für  jede  Koch- 
ung nötig,  es  genügt 
solche  von  Zeit  zu  Zeit 
vorzunehmen.  DasDia- 
gramm  Fig.  160  ge- 
nügt für  den  laufen- 
den Betrieb.  Dasselbe 
kann,  wie  bereits  ge- 
sagt, vom  Kochmeister 
gemacht  werden,  wäh- 
rend dem  Chemiker 
die  Bestimmung  der 
SOt-GehaltederKoch- 
lösung,  so  viel  der  Betrieb  ihm  Zeit 


Fl|.  161 

Mittcherlioh-Kooher 


IS   fi 

Verlalf  tfei  Kidiproieweg  Im 
Dr.  A.  Htrpf  1892. 


lässt,  obliegt. 

Recht  augenfällig  zeigt  das  (in  gleichem  Massstab  von  Fig. 
160  gezeichnete)  Diagramm  Fig.  162  im  Gegensatz  zu  Fig.  160  den 
Unterschied  der  Arbeitsweise  nach  Ritter-Kellner  mit  direkter 
Dampfheizung  (Schnellkochung)  und  nach  Mitscherlich  mit 
indirekter  Dampfheizung  (Lan gsamkochung). 

Nach  der  Arbeitsweise  Ritter- Kellner  wird  mit  direktem 
Dampf  von  5—6  Atm.  Ueberdruck  gekocht,  das  Hochgehen  der 
Temperatur  wird  dadurch  mehrmals  unterbrochen,  dass  man  bei 
etwa  113, 128, 132*C  Gas  abstösst  oder  Lösung  ablässtund  schliess- 
lich beider  höchsten  Temperatur  (nicht  über  139* C)  vollends 
bis  zu  einem  bestimmten  zum  Austreiben  des  Stoffes  nötigen 
Druck  (2-4  Atm.)  abgast.  Auf  solche  Weise  ist  man  im 
stände,  den  Kochprozess  in  12—14  Stunden  zu  vollenden 
Ein  vorheriges  Dämpfen  erweist  sich  als  überflüssig.  Durch 
das  Dämpfen  kann  allerdings  auch  hier  der  Vorteil  er- 
reicht werden,  dass  man  den  Kocher  nach  dem  ersten  Dam- 
pfen, welches  ein  Zusammensetzen  des  Holzes  zur  Folge  hat, 
mit  weiteren  Holzmengen  nachfüllt;  dadurch  wird  man  mit 
gleicher  Menge  Lösung  mehr  Stoff  kochen  können,  indessen  ist 
ein  zweites  Dämpfen  vor  dem  Lösung-Einlassen  in  diesem  Falle  pj^  jg^  KtebdlagrtBm. 
angezeigt  und  ein  Zeitverlust  ist  mit  diesem  Nachfüllen  und     Rtttw-KeUiw  1893 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,   ffl.  B.  und  C.   ZELLSTOFF.  355 


zweimaligem  Dämpfen  unvermeidlich.  Hat 
man  bei  den  stehend  angeordneten  Kochern 
eine  Holzspan  -  Vorratskammer  über  dem 
Kocher  and  stösst  man  den  fertig  gekoch- 
ten Stoff  unten  aus  dem  Kocher  mit 
2-4  Atm.  Ueber druck  ab,  so  kann 
man  in  15—18  Stunden  eine  Kochung 
vollständig  erledigen.  Dieser  Zeitgewinn 
ist  von  so  hoher  Bedeutung,  dass 
das  Schnellkoch-Verfahren  sehr  vielfach 
benützt  und  von  vielen  Fabrikanten  vor- 
gezogen wird.  Es  wird  von  einigen  Be- 
trieben des  In-  und  Auslandes  behauptet, 
dass  man  mit  8  Stunden  Kochzeit  für 
Sulfitstoff  durchkommen  könne.  Ob  aber  eine 
derartige  Ueberstürzung  des  Kochprozesses 
auf  die  Menge  und  Güte  von  günstigem 
Einfluss  ist,  muss  stark  bezweifelt  werden- 
Die  Vorgänge  beim  Kochen  der  Zellstoffe. 

Zunächst  sei  auf  das  Studium  des  ana- 
tomischen Baues  unserer  Getreide- 
stroh- und  Holzarten  im  Kapitel  „Roh- 
stoffe" H  AS.  20  bis  S.  56  verwiesen,  v  Die 
Tafel  16  auf  S.  47  zeigt  in  den  ver- 
schiedenen Figuren  die  äussere  Gestalt 
eines  ganzenStrohhalmes  in  natürlicher 
Grösse  und  den  anatomischen  Zusammen- 
bang und  Aufbau  des  Halmes  stark  ver- 
grössert,  Taf.  17,  S.  51  die  im  Strohhalm 
auftretenden  Elemente  (Zellen)  nach  chemi- 
scher Zerlegung  der  Pflanze.  Auf  S.  29 
und  32  ist  das  Gleiche  von  unseren  Nadel- 
hölzern, S.  36  das  Gleiche  von  Aspenholz 
dargestellt. 

Wir  erkennen  deutlich  die  grosse  Ver- 
schiedenheit im  Aufbau  des  Strohhalmes 
und  eines  Baumstammes  und  die  Unter- 
schiede in  Länge  und  Breite,  sowie  die 
Formen  und  charakteristischen  Wand- 
Details  der  Elemente  (Zellen  und  Gefässe) 
beider  Pflanzenarten. 

Beachten  wir  besonders  im  Kapitel 
„Rohstoffe"  II.  A.  S.  29  Fig.  E  die 
scbematische  Darstellung  eines  Stöck- 
chen Kiefernholzes,  so  erkennt  man,  wie 
die  hohlen  unten  und  oben  zugespitzten 
Einzelzellen  (C)  zu  einer  festen, aber  porösen 
Masse,  dem  sog.  Gewebe,  verbunden  sind. 

Ks  war  im  gleichen  Kapitel  S.  10 
Fig.  4  B   gezeigt,    wie    eine   im  Ge- 


webe sitzende  Zelle  nach  Ausreifen  (bei 
unserem  Stroh"  und  Holz)  in  der  Haupt- 
sache aus  einem  Zellulose-Schlauch  besteht. 
Die  Wände  dieses  Schlauches  haben  vielfach 
konzentrisch  gelagerte  Schichten  von  ver- 
schiedenem Wassergehalt  und  sind  von 
verschiedenen  Substanzen  Pectin,  Lignin 
etc.  infiltriert.  Im  Hohlräume  des  Schlauches 
findet  sich,  derSchlaucbwand  angelagert,  ein 
zusammengetrockneter  Primordialschlauch 
(von  einer  früheren  weichen  Protoplasma- 
schicht herrührend).  Die  Wände  benach- 
barter Zellen  sind  von  der  Natur  auf 
wunderbar  zweckmässige  Weise  unter- 
einander verbunden  und  mit  einer  be- 
sonderen äusseren  ■  Schicht  oder  Masse 
verkittet  (der  Mittellamelle)  Manchmal 
sind  die  Zellwände ,  und  auch  die  Mittel- 
lamelle ganz  durchbrochen  (sog.  offene 
Tüpfel),  manchmal  sind  die  Wände  je 
zweier  Zellen  mit  genau  zueinander  pas- 
senden runden  Durchbrechungen  (Löchern) 
versehen,  deren  Ränder  gewulstete  Lippen 
tragen  ;  die~  Mittellamelle  bildet  eine*  fetne 
Membran  zwischen  den  Löchern  (gehöfte 
Tüpfel).  Den  Verband  mehrerer  Kiefern- 
holzzellen mit  offenen  und  gehöften  Tüpfeln 
zeigt  Fig.  G,  S.  29  der  „Rohstofflehre"  in 
400facher  Grösse. 

Die  von  der  Natur  den  Stroh-  und  Holz- 
geweben gegebene  Beschaffenheit  ist  derart, 
dass  in  der  lebenden  Pflanze  ein  Aufsteigen 
und  eine  lebhafte  Zirkulation  von  Flüssig- 
keiten und  Gasen  und  damit  der  Austausch 
und  die  Wanderung  von  Nährstoffen  er- 
möglicht ist. 

Diese  Fähigkeit  der  lebenden  Pflanze, 
Flüssigkeiten  aufzunehmen  und  in  sich  zu 
verteilen,  bleiben  auch  den  toten  Pflanzen- 
teilen bis  zu  gewissem  Grade  erhalten, 
und  das  Gelingen  des  chemischen  Aufschlus- 
ses  von,Stroh  und  Holz  durch  alkalische  und 
saure  Lösungen  verdanken  wir  zum  guten 
Teile  der  leichten  Aufnahmefähigkeit  der 
Pflanzenkörper  von  Flüssigkeiten. 

Die  Kapillarität  der  hohlen  durch- 
schnittenen Zellen,  der  offenen  Gefäss- 
röhrchen,  der  Hohlräume  in  der  Mittel- 
lamelle, der  Harzgänge  etc.  leitet  ein  Auf- 


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856  K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,   in.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


saugen  der  flüssigen  Lösungen  ein.  Die  in 
den  lebenden  Pflanxen  beobachtete  so 
wichtige  Funktion  der  Weiterleitung  der 
Markstrahlen  ins  Innere  desPflanzeniörpere, 
die  Möglichkeit  des  Uebertrittes  der  Flüssig- 
keiten von  einer  Zelle  in  die  andere  durch 
offene  Tüpfel  tund  durch  die  feinen  Mem- 
branen der  gehörten  Tüpfel  tun  dasUebrige, 
die  aufzuschliessenden ,  geeignet  zer- 
kleinerten Halmstücke,  Holzscheiben  oder 
Holzbrocken  nach  einer  gewissen  Zeit 
vollständig  zu  durchtranken.  Die  Zeit  für 
diesen  rein  physikalischen  Vorgang  der 
vollständigen  Durchtränkung  wird  natur- 
gemäss  mit  der  Ausdehnung  der  grössten 
Stücke  des  vorbereiteten  Kochgutes  wach- 
sen. Die  Ausdehnung  der  grössten  Stücke 
hat  beim  Holz  aber  auch  seine  lirenzen. 
3—3,5  cm  Höhe  der  Holzscheiben  von 
sonst  beliebigem  Durchmesser  durchkochen 
bei  Dämpfung  und  Langsamkocben 
noch  vollständig.  Bei  solchen  Scheiben 
findet  die  Durchtränkung  vorwiegend  von 
den  kreisförmigen  Hirnflachen  aus  statt, 
doch  ist  zu  berücksichtigen,  dass  die  Zer- 
kleinerung zu  so  dicken  Scheiben  sich 
nur  bei  dem  Langsamkochen  (60— 80Std.) 
und  künstlicher  Unterstützung  der  Durch- 
tränkung bewährt  hat.  Kocht  man  Scheiben 
nach  Ritter-KeUner_schnell,  so  hat  man 
das  Holz  "auch  "zu  dämpfen  und  die 
Scheiben  dürfen  nur  etwa  2—2,5  cm  dick 
sein. 

Die  künstliche  Unterstützung  der 
Kapillarwirkung  resp.  der  Durchtränkung 
des  Holzkörpers  besteht  in  einem  vorbe- 
reitenden Dämpfen  oder  Austreiben  der 
Gase  aus  demselben.  Durch  Abstellen  des 
Dampfes  zum  geschlossenen  Kocher  und 
Eintretenlassen  der  kalten  Lösung  findet 
eine  Kondensation  und  damit  eine  Luftleere 
im  Kocher  und  im  Innern  der  Holzstücke 
statt,  die  Lösung  wird  demnach  mit  viel 
grösserer  Leichtigkeit  ins  Innere  der  Holz- 
stücke eindringen. 

Zu  dem  gleichen  Resultat  würde  man 
durch  Auspumpen  der  Luft  au*  dem  ge- 
schlossenen Kochgefäss  gelangen.  Nach 
der  Erfahrung  kann  man  nach  erfolgtem 
Dämpfen  oder  Luttauspumpen  auf)  5— 18mm 


Eindringen   der   Lösungen   bei  längere 
Kochzeit,  10—12  mm  Eindringen  bei  kür- 
zerer Kocbzeit  rechnen. 

S.  354  war  schon  gesagt,  dass  nach 
der  Ritter-  Kellner'schen  Kochmethode  weder 
gedämpft  noch  die  Luft  ausgepumpt  wird. 
Es  wird  eine  lebhaftere  Zirkulation  der 
Kochflüssigkeit  unterhalten  und  eine  höhere 
Kochtemperatur  benutzt. 

Zu  bemerken  ist  noch,  dass  die  Un- 
möglichkeit der  Durchkochung  oder  des 
tadellosen  Aufschlusses  der  harten  Aesie 
des  Holzes,  besonders  aur  den  dichten  bau 
(Fehlen  der  Kapillarröhrchen)  dieser  Holz- 
teile zurückzuführen  isr. 

Für  das  Aufsaugen  der  Lösungen  durch 
Hirnfläcben  oder  spitzwinkelig  zu  den 
Zellenachsen  geschnittenen  Holzfläcben  ist 
die  Rauhigkeit  oder  Glätte  des  Schnittes 
jedenfalls  von  Bedeutung.  Ein  rauber 
Kreissägenschnitt  unterstützt  das  Aufsaugen 
sehr  gegenüber  dem  glatten  Messerschnitt. 

Die  Durchdringung  der  Holzspäne  mit 
Flüssigkeit  von  der  Seite  her  durch  Mark- 
strahlen und  Tüpfel  hindurch  geschieht  in 
viel  langsamerem  Tempo. 

Die  beim  Soda  und  Sulfat- Zellstoff- 
Kochverfabren  früher  bewährte  Grösse  der 
Holzbrocken  von  Kiefernholz  wechselte 
zwischen  12  mm  Länge,  7  mm  Breite, 
1  mm  Dicke  und  Maximal-Dimension  von 
30  Länge  X  20  Breite  und  7  Dicke.  Die 
Mehrzahl  der  Späne  hatten  im  Mittel 
23  X  15  X  4  Ausdehnung. 

G.  Türk*  sagt  betreffs  des  Schnell- 
kochens: 25-30  mm  lange  Späne  erfor- 
dern längere  Kocbdauer  als  10—15  mm 
lange ;  dabei  hat  er  beobachtet,  dass  beim 
Schneiden  mit  scharfen  Hackmessern  (unter 
etwa  45  bis  50'  zur  Zelienlängsacbse)  und 
Zerteilen  der  Scheibenstücke  in  Späne 
mittels  einer  Schleudermühle  ein  Verhält- 
nis der  Dicke  zur  Länge  von  1  :  7  entsteht. 

Türk  sagt  an  dieser  Stelle: 

Ich  legte  versuchsweise  Vi—1/«  mm 
dicke  Hobelspäne  in  einen  gelochten 
Bleitopf  und  packte  diesen  einem  normal- 

•  Wochenblatt  für  Papierfibrikation  Jg.  1908 
8.  3486 '88  „Physikalisch«  Vorgänge  beim  Sulfit 
Kochpro  «et»". 


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£,  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.   ZELLSTOFF.  357 


gefüllten  Kocher  bei.  Nach  normaler 
guter  Kocbung  waren  die  Hobelspäne 
strukturlos  wie  kurzer  AspenschlifT. 

Unter  gleichen  Verhältnissen  ergaben 
1 — lVt  mm  dicke  Späne  schon  ein  bes- 
seres Resultat,  bei  3  mm  Spandicke  er- 
hielt ich  normalen  Stoff,  bei  10 — 15  mm 
Dicke  aber  zeigten  sich  gelbe  bis  braune 
mehr  oder  weniger  harte  Kerne. 

Sägespäne  mit  Aesten  zusammengekocht 
gaben  keine  Ausbeute,  weil  erstere  zer- 
kocht sind,  wenn  von  den  Aesten  das 
anhaftende  gute  Holz  eben  weich  gewor- 
den ist 

Hierzu  sei  bemerkt,  dass  diese  Er- 
scheinungen nur  beim  Schnellkochen  zu- 
treffen. Verfasser  bat  Jahre  hindurch 
beim  Langsamkochen  in  Mitscberlichkocbern 
Sägespäne  nesterweise  eingetragen  und  bei 
normalen  Kochungen  aus  den  Sägespänen 
die  ihrem  Gewichtetwa  entsprechen- 
de Ausbeute  an  Stoff  gewonnen. 

Es  wurden  sowohl  sortierte  Holzschei- 
ben etwa  3  cm  dick,  sowie  aussortierte 
ästige  Scheibenstücke  mit  Sägespänen  zu- 
sammengekocht, jedoch  mit  stets  gleich 
günstigem  Resultat 

Bei  der  Verschiedenheit  dieser  Beobacht- 
ungsresultate stellt  also  das  Schnell- 
kochen andere  Bedingungen  an  das  Zer- 
kleinern des  Holzes  als  das  Langsam- 
kochen. 

Beim  Langsamkochen  ist  die  durchkoch- 
bare Scheibenlänge  (Höhe  der  Scheiben) 
mit  etwa  36  mm  begrenzt,  die  Dicke  der 
Stücke  dagegen  unbegrenzt  (ganzer  Durch- 
messer der  Holzstämme).  Für  Schnell- 
kocher würden  sich  nach  Türk  21 
bis  28  mm  lange,  3  bis  4  mm  dicke  Späne 
am  besten  eignen ;  es  gebt  aber,  wie  S.  356 
schon  gesagt,  auch  das  Schnellkochen  mit 
dünneren  Scheiben. 

Die  zweckmässige  Länge  der  Strohhalm- 
stücke für  das  bewährte  Soda-  oder  Sulfat- 
verfahren  wird  sehr  verschieden  angegeben, 
die  vollständige  Durchdringung  auch  langer 
Stücke  wird  sehr  begünstigt  durch  den 
Hohlraum  des  Halmes  und  durch  die 
Längsaulspaltung  der  Strohröhrchen  infolge 
^u£äaunenpressens  in  der  Hackmaschine  ; 


|  im  übrigen  bilden  die  von  Knoten  zu 
Knoten  reichenden  Fibrovasalstränge  (vergl. 

j  Rohstoffe  II  A  S.  10,  Fig.  3,  d)  sehr  wirk- 

|  same  Kapillarröhren,  auch  ist  die  Aus- 
dehnung der  Halmwandungen  mit  0,3  bis 

|  0,4  mm  sehr  gering  zu  nennen. 

Was  die  noch  zum  Teil  unaufgeklärten 
chemischen  Vorgänge  beim  Kochprozess 
anlangt,  so  sei  auf  die  Ausführungen  »All- 
gemeines« S.  131—141  dieses  Abschnittes 

I  verwiesen.  Hier  genüge  es  zu  sagen,  dass  es 
bei  der  Zellstofftabrikation  auf  Gewinnung 
eines  zur  Papierherstellung  möglichst  gut 
geeigneten  Faserstoffes  in  möglichst  grosser 
Menge  aus  Stroh  und  Holz  ankommt;  ob 
derselbe  vollständig  chemisch  reine  Zellu- 
lose ist  oder  nicht,  erscheint  nebensächlich, 
wenn  nur  die  chemische  Beständigkeit 
durch  die  Beimengungen  nicht  beeinflusst 
wird. 

Sicher  ist,  dass  die  in  vorigen  Ab- 
schnitten besprochenen  Natronlaugen  und 
BisulfiÜöBungen  die  Inkrusterien  der  Zwi- 
schenlamellen und  Infiltrationssubstanzen 
der  Pflanzenelemente  leichter  lösen  als  d;e 
Zellulose  des  Zellschlauches  und  so  das 
Pflanzengewebe  nach  Erreichung  und 
längerer  Einwirkung  einer  gewissen  Tem- 
peratur zum  Zerfall  bringen. 

Wie  weit  man  die  Reinigung  des  sich 
ergebenden  Zellstoffes  treiben  will,  hängt 
von  der  Art  des  Papieres  ab,  in  welches 
der  Zellstoff  umgewandelt  oder  zu  dessen 
Herstellung  er  mit  verwendet  werden  soll. 

Ein  braunes  zähes  Packpapier  (Kraft- 
papier) besteht  aus  nur  halb  mit  Aetz- 
nalron  aufgeschlossenem  Holzstoff  (Halb- 
zellulose). Ordinärer  Zeitungsdruck  ent- 
hält jetzt  raeisi  ungebleichten  Sulfitzellstoff. 
Sollen  Zellstoffe  zur  Herstellung  feiner 
weisser  Schreib-  und  Druckpapiere  dienen, 
so  müssen  sie  so  beschaffen  sein,  dass  sie 
sich  hochweiss  bleichen  lassen.  Um  eine 
hohe  Bleiche  zu  erreichen,  ist  die  Auflös- 
ung der  Inkrusten  bis  zu  einem 'gewissen 
Grade  zu  treiben. 

Dass  beim  Kochen  in  der  Praxis  auch  Zel- 
lulose mitgelÖKt  wird,  lehren  schon  die 
geringeren  Ausbeuten  bei  der  Gewinnung  im 
grossen  gegenüber  den  wissenschaftlichen 


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K.  KIRCHNER  DAS  PAPIER  m.B.  und  a  ZELLSTOFF, 
en   des  Zellulosegehaltes  der 


Wird  der  Kochprozess  iu  lange 
dehnt  oder  durch  scharfe  chemische  Agen- 
den zu  weit  getrieben,  so  tritt  eine  un- 
günstige Veränderung  des  verbleibenden 
ein,  so  dass  ein  leicht  zer- 
wenig dauerhafter,  schwer 
bleichbarer  Zellstoff  resultiert. 

Betrachten  wir  an  Hand  der  Er- 
fahrung mit  Bezug  auf  die  Pflanzen- 
menge die  Ausbeute,  die  Menge 
der  zur  Wirkung  Kommen- 
den chemischen  Substanz,  die  Ver- 
dünnung derselben  (also  die  Menge  der 
Lange  oder  sauren  Lösungen),  die  aufzu- 
wendende Temperatur  und  die  Zeit 


der  Einwirkung,  ao  können  wir  zum  Teil 
auf  schon  früher  Gesagtes  zurückgreifen. 

Getreidestroh-  und 


Es  soll  hier  nur  von  ungefähren  Aus- 
beuteziffern die  Rede  sein.  Unser  Ge- 
treidestroh ergibt  bei  Anwendung  be- 
währter Fabrikations  verfahren  etwa  36 
bis  50  pCt  des  Strohgewichtes  an 
gebleichtem  Strohstoff.  Durchschnittlich 
rechnet  man  40  pCt  Ausbeute  vom  Stroh- 
gewicht. 

Von  100  kg  lufttrockenem  Stroh  werden 
60  kg  organische  und  anorganische  Sub- 
stanz sich  in  den  Kocherschlangen  und 
Waschwässero  vorfinden. 

Es  ergeben  ferner  durchschnittlich  : 


1,43  rm  = 
1  fm  s 

Kiefernbolz 
etwa  550  kg  lulttr  Gewicht 

Fichten-  und  Tannenholz 

etwa  470  kg  lulttr.  Gewicht 

Sodaverfanren 
Sulfatverfahren 
Sulfitverfahren 

105-  110  kg  lufltr.  Stoff 
"0  -  120  „  „ 

95-106  kg  iufttr.  Stoff 
105-115  „  „ 
170-230   , 

Holz  ist  zu  berücksichtigen,  dass 
lufttrockenes  Holz  meist  einen  höheren 
Wassergehalt  als  der  Stoff  hat,  also  bei 
dem  von  der  Lauge  aufgenommenen  Teil 
des  Rohgewichtes  ein  Teil  Wasser  sich 


lassen  obige  Durchschnitts- 
Ausbeuteziffern  erkennen,  dass  man  beim 
Sodaverfahren  aus  Kiefernholz  nur  etwa 
20  pCt,  aus  Fichtenholz  nur  etwa  22  pCt  , 
beim  Sulfat  verfahren  aus  Kiefernholz  etwa 
22  pCt..  aus  Fichtenholz  etwa  24  5  pCt. , 
beim  SulGtverfahren,  wenn  man  nur  la  Stoff 
gewinnen  will,  etwa  36  pCt.  und,  wenn 
man  alles  Holz  in  la  sowie  l'a  und  lila 
Stoff  verwandelt,  etwa  49  pCt.  Ausbeute 
erhält  In  den  verschiedenen  Fällen 
werden  also  51  bis  zu  80  pCt.  des  luft- 
trockenen Holzgo wichts  in  die  Lösungen 
übergehen. 

Die  Wirkung  der  Kochflüssigkeiten  be- 
schränkt sich  nicht  etwa  nur  darauf,  die 
Zwischenlamellen  -  Substanzen  zu  lösen, 
sondern  es  findet  ein  Uebergang  aller  mög- 
lichen Zelleninhalts-  und  Zellwanddurch- 


dringungs  -  Substanzen  (tnfittrations  - 
stanzen)  in  die  Flüssigkeiten  statt,  t 
namentlich  bei  den  Soda-  und  Sulfat  ver- 
fahren eine  teilweise  Lösung  der  Zellmem- 
bran-Substanz  (Zellulose)  selbst  stattfinden. 

Das  Holz  setzt  sich  übrigens,  wie  S.  356 
schon  erwähnt,  beim  Dämpfen  auch  etwas 
zusammen,  und  es  ist  ein  Nachfüllen  wei- 
terer Holzmengen  wie  beim  Stroh  wohl 
möglich,  aber  wegen  des  Zeitverlustes  für 
Nachfüllen  und  nochmaliges  Dämpfen  sehr 
selten  ausgeübt. 

Kochflüssigkeitsmenge  auf  100  kg  Roh- 
stoff und  100  kg  Stoff. 

Dieselbe  ist  sehr  verschieden  und  hängt 
von  dem  Gehalt  an  Chemikalien  und  der 
Beheizungsart  ab. 

In  einer  nach  Sodaverfahren  arbeitenden 
grösseren  Strohstofffabrik,  die  44,2  pCt 
Durchschnittsausbeute  erzielte,  wurden  auf 
100  kg  Stroh  220  1  Aetznatronlauge,  d.  h. 
auf  100  kg  Stoff  rund  500  1  aufgewendet. 

Eine  andere  grosse  SulhU-Strobstoff- 
tabrik,  welche  42,1  pCt. 


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K.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER,  ÜA  Ö.  und  C.  ZELLSTOFF. 


zielte,  brauchte  auf  100  kg  Stroh  200  1, 
auf  100  kg  Stoff  475  1  Lauge. 

In  der  vom  Verfasser  geleiteten  Soda- 
HoJzzellstoßfabrik  mit  DreserscheD  direkt 
leuergeheizten  Kochern  (Einfahrsieben) 
wurden  auf  100  kg  Kiefernstoff  1450  1 
Aetznat  ronlauge  aufgewendet,  das  entspricht 
auf  den  fm  Holz  etwa  2100  1. 

Beim  MttscherUch-Kochyeriahren  (in- 
direkte Dampfheizung)  brauchte  Verfasser 
pro  im  Holz  etwa  17251,  für  100  kg  Sulfit- 
atoff  etwa  750  1  Sulfitlosung.  Harpf  kommt 
pro  Festmeter  Holz  auf  1970  1  Lösung  und 
pro  100  kg  Ia  Stoff  auf  1160  bis  1040  1 
Lösung. 

Eine  nach  Kitter-Kellner  arbeitende 
Sulfitholzzellstofftabrik  brauchte  nach  der 
Angabe  auf  S.  348  a  fm  Fabrikationsholz 
1892  1,  nach  Jahresdurchschnitt  aut  100  kg 
Stoff  858,5  1  Sulfitlösung,  die  sich  durch 
das  Kondensationswasser  des  Heizdampfes 
pro  100  kg  Stoff  auf  etwa  1160  1 


des 
der 


packen  sich  schlechter  *  ein  als  kurz  ge- 
schnittener Häcksel.  Beim  Füllen  unge- 
schnittenen Pressstrohes  laset  ein  Stroh- 
kocher nur  »/•  des  Gewichts  an  Hacksei- 
stroh. Man  rechnet  pro  Kubikmeter 
Füllraum  120/125  kg  Hacksei  von  etwa 
40  m/m  Länge.  Grosse  Vorteile  hat 
man  erreicht  durch  Eintragung 
grössten  Teiles  des  Häcksels,  Einlasse 
Laugen,  Vi  bis  Vi  Stunde  Drehen  und 
Nachstopfen  weiterer  Häckselmengen, 
diese  Weise  hat  man  eine  Füllung  von 
150/160  kg  pro  Kubikmeter  erreicht 

Bei  Holz  ist  bekannt,  dass  aufgestelltes 
Rundholz  a  im  0,7  bis  0,65  fm  enthält  tn 
Scheiben  und  Hackstucke  zerkleinert,  bringt 
man  etwa  0,43  fm  in  1  cbm  Füllraum,  in 
auf  Hackmaschinen?  bohnen gross  zer- 
kleinerter Form  hat  man  etwa  0,37  fm 
Holz  auf  einen  Kubikmeter  Füllraum  zu 
rechnen.  Hier  findet  also  das  Gegenteil 
von  dem  bei  Stroh  Erfahrenen  statt. 

Sowohl  die  Stroh-  wie  die  Holzteile 
haben  eine  bedeutende  Aufnahmefähigkeit 
für  die  Kochflüssigkeiten.  Beim  Stroh  ist 
dies  bei  den  Hohlräumen  der  Halmteile 
leicht  einzusehen,  aber  auch  bei  Holz  ist 
die  Sache  leicht  an  folgendem  Beispiel  er- 
sichtlich : 


Ausnutzung  des  Füllraumes. 

Im  allgemeinen  lässt  sich  sagen,  dass 
1  rm  Füllraum  sich  bei  Stroh  am  besten 
ausnützen  lässt,  wenn  man  es  kurz  schneidet 
Langstroh  und  lange  sperrige  Halmenden 

Ein  liegender  Mitscherlich-Kocher  hat 

104  cbm  dieses  Raums  werden  mit  Scheiben,  d.  h.  mit  etwa  44,5  fm  Holz  gefüllt 

Man  konnte  bequem  75,6  cbm  i 
und  behielt  noch  einen  Gasraum  von  6.0  cbm, 

das  ergibt  zusammen  126  cbm. 


115  cbm 


Diese  Rechnung  beweist,  dass  während 
des  Einlassens  der  Lösung  von  44,5  cbm 
Holzmasse  11  cbm  Lösung  aufgenommen 
wurden. 

(Harpf  rechnet  in  seiner  Doktor-Disser- 
tation 1892  Füllraum  des  Mitscherlich- 
Kochers  120  cbm.  Er  füllt  60,6  rm«  42,42 
fm  Holz  von  etwa  20  000  kg  Gewicht  und 
83,6  cbm  Lösung  ein,  kommt  also  auf  ein 
ungefähres  Verhältnis  Holz  zu  Lauge  = 
24:100  dem  Gewicht  nach.) 

Das  Holz  erweist  sich  also  in  seiner 
als 


nach  dem  Dämpfen  bei  Einlassen  der 
Lösung  sehr  aufsaugend  für  Flüssigkeiten. 

Die  schnelle  Durchdringung  der  Pflanzen- 
körper mit  Kochlösungen  ist  dem  chemi- 
schen Autschluss  ersterer  natürlich  sehr 
förderlich,  indem  die  Losung  der 
etc.  sofort  eingeleitet  wird  resp. 


Aufwendung  und  Verlust  an  Chemikalien- 

Die   Zellstofffabriken   hatten  anfangs 
keine  Wiedergewinnungseinrichtungen,  in 
>m  Falle  sind  Aufwendung  und  Verlust 


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I 


am 


E.  KIRCHNER    OAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOPF. 


S  t  r  o  h  8 1  o  I  f  nach  Lahouse'schem 
Verfahren  hergestellt»  erforderte  ä  100  kg 
Stroh  13  kg  käufliches  Aetznatron  (70  bis 
72  4  engl.)  und,  da  48  pCt.  vom  Strohgewicbt 
an  Stoff  gewonnen  wurden,  auf  100  kg  Stoff 
27,1  kg  Aetznatron,  entsprechend 
etwa. 40  kg  calc.  Soda;  dazu  kamen  auf 
100  kg  Strobstoff .  durchschnittlich  2  8kg 
Chlorkalk;  der  Stoff  war  trotz  dieser 
Cbemikahenverluste  keineswegs  schön  weiss 
und  rein.  Diese  Resultate  passen  zu  dem 
unter  IV  in  der  kleinen  Tabelle  S.  352 
gemachten  Angabe. 

Kiefernholz  mit  Aetznatron  in 
bleichbaren  Stoff  umzuwandeln,  erforderte 
zu  Anfang  dieser  Fabrikation  (1870^r  Jahre) 
pro  tm.  Holz  etwa  53  kg.  auf  100  kg  Stoff 
3  8  kg  Aetznatron  (70  bis  72  »  engl.) 
und  zur  Bleiche  ä  100  kg  Stoff  35  kg  Chlor- 
kalk. 

Aufwendung  und  Verlust  waren  gleich. 

Ganz  anders  und  sehr  verschieden  hat 
sich  dann  im  Verlaufe  der  letzten  40  Jahre 
bei  den  allmähli  hen  Fortscbritten  und 
Verbesserung   der  Fabrikationsverfahren 


die  Aufwendung  und  der  Verlust  an  Chemi- 
kalien gestellt. 

Der  Abschnitt  »Die  Laugenherstellung 
des  Natron-  und  Sulfatverfahrens«  S.  262 
bis  268  bringt  darüber  mehrere  Hinweise. 

Eine  Strobstofffabrik,  die  nach  reinem 
Sodaverfahren  arbeitet,  braucht  auf  100  kg 
Stoff  53,5  kg  wiedergewonnene  (schwarze) 
Soda,  13,5  kg  Ammoniaksoda,  29  kg 
Aetzkalk,  17,5  kg  Chlorkalk.  Man 
ersieht  eine  Aufwendung  von  67  kg  Soda* 
und  einen  Verlust  von  13,5  kg  Ammoniak- 
soda. Selbstverständlich  sind  die  Auf- 
wendungen von  Aetzkalk  und  Chlorkalk 
gleichzeitig  Verluste. 

Eine  andere  Strobstofffabrik,  die  nach 
gleichem  Sodaverfahren  noch  besser  bleich- 
baren Stoff  herstellte,  hatte  ungefähr  gleiche 
Gesamtsodaaufwendung,  aber  15,8  kg 
Ammoniaksoda  und  35,4  kg  gebr. 
Marmorkalkverlust  auf  100  kg  Stoff. 

Sehr  interessant  ist  der  Vergleich  zweier 
Strobstofffabriken ,  die  la  Stoff  für  ihre 
feinen  und  mitteifeinen  Papiere  her- 
stellen. 


jSodaasche 

calc.  Soda 

|  Ges. 

j  Aetzkalk 

j  Chlorkalk 

Fabrik 

Autwendung 

f  * 

§8 

34  kg 

8,8  kg 

42,8 

25,7  kg 

26  kg 

A 

Verlust 

ff* 

8,8  kg 

267  kg 

■ 

26  kg 

Fabrik 

Aufwendung 

5  2 

53  kg 

23  kg 

73 

42  kg 

16,5  kg 

B 

Verlust 

3  » 

23  kg 

42  kg 

16,5  kg 

Man  erkennt  hieran  deutlich,  was 
das  Verfahren  vermag  Auf  100  kg  ge- 
bleichten Stoff  stehen  A  8,8  kg  Soda, 
25,7  Aetzkalk,  26  kg  Chlorkalk  gegenüber  B 
23  k/  Soda,  42  kg  Aetzkalk  und  15,5  kg 
Chlorkalk,  bei  Erzielung  eines  etwa  gleich- 
wertigen Strohstoffes  Es  stehen  42,8 
kg  .wiedergewonnener  Asche  und  Frisch- 
soda in  Fabrik  A  den  73  kg  davon  in 
Fabrik  B  gegenüber. 

Eine  dritte  nach  dem  Sodaverfahren 
arbeitende  Strohstofffabrik  brauchte  bei  41 


pCt  durchschnittlicher  Ausbeute  des  Stroh- 
gewicbtes  58  kg  gut  grau  bis  weiss  aus- 
gebrannte Sodaasche,  13,5  kg  Ammoniak- 
soda, 28,5  kg  Aetzkalk  und  17,5  kg  Chlor- 
kalk auf  100  kg  gebleichten  Strohatoff,  also 
wieder  71,6  kg  Aache  und  Friscbaoda. 


•  WoSei  zu  berücksichtigen  ist,  dass  die 
wiedergewonnen«  sohwarze  Soda  in  dieser  Fabrik 
••hr  gut,  meist  hellgrau  bis  weiss  in  Naohbreno* 
kam  mein,  also  auch  ziemlich  hochprozentig  ge- 
war. 


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E.  KIKCHNEK.    DAS  PAPIER.   Hl.  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


Eine  vierte  Sulfat-Strohstofffabrik  brauchte 
bei  42,1  pCt.  Stoffausbeute  vom  Strohgewicht 
auf  100  kg  gebleichten  Strohstoff  49  kg 
wiedergewonnene  Schmelze,  27  kg  frisches 
Sulfat  (Naa  S04  roh),  zusammen  also  7  6  kg 
Salze,  34,5  kg  Aetzkalk  und  14,5  kg  Chlorkalk« 

Sehr  unrationell  war  die  ältere  Ar- 
beitsweise mit  festem  Aet  zuatron  desHandels. 
Man  brauchte  lür  100  kg  gebleichten  Stroh- 
stoff bis  zu  37  Vi  kg  (70/72°)  Aetznatron, 
welches  ganz  verloren  ging. 

Die  Holzzel  Ist  off- Herstellung  ver- 
langte nach  John  Mc.  Nicola  Rezepten  (1872) 
pro  lC0kgCellulose50kgAetznatroo(70/72,), 
später  in  der  ersten  Hälfte  der  70er  Jahre 
bei  sehr  unvollkommener  Sodawiederge- 
winnung neben  etwa  120  kg  wiederge- 
wonnener schwarzer  Asche  noch  38  kg  Aetz- 
natron (70/72»  engl).  Erst  hatte  man  also 
50  kg,  später  noch  38  kg  Aetznatron 
(damals  etwa  16  Mark  an  Geld)  Verlust  pro 
100  kg  Stoff  zu  rechnen. 

In  den  80er  Jahren  hatten  wir  es  in 
Deutschland  auf  etwa  15  kg  Soda-,  60- 
6  5  kg  Aetzkalk- Verlust  pro  100  kg  Zell- 
stoff gebracht  Die  Aufwendung  an  wieder- 
gewonnener und  frischer  Soda  zusammen 
betrug  1 1 0  —  1  2  0  kg  pro  100  kg  Zellstoff. 

Das  Sulfatverfahren  beansprucht 
für  100  kg  H  o  1  z  z  el  1  st  o  f  f  einen  Auf- 
wand von  113-120  kg  Schmelze,  17-20  kg 
frisches  Sulfat,  d.  h.  130-140  kg  Natron- 
salze und  36-40  kg  Aetzkalk.  Es  gehen 
demnach  auf  100  kg  Stoff  17-20  kg  Sullat 
und  36 — 40  kg  Aetzkalk  verloren. 

Hiernach  bringt  das  Sulfatverfahren 
Ersparnis  an  Geld  und  es  verringert  die 
Kalkrückstände;  nach  der  Tabelle  S.  358 
erhöht  sich  die  Ausbeute  des  Holzes  an 
Stoff,  letzterer  wird  zäher  und  ist  mit 
weniger  Chlorkalk  besser  bleichbar.  Der 
Geruchabeläsligungen  ist  man  an  vielen 
Orten  auch  Herr  geworden,  wenn  auch 
über  das  »wie«  meist  Stillschweigen  be- 
wahrt wird. 

Das  Sulfatverfahren  ist  indessen  trotz 
der  aus  obigen  Angaben  hervorgehenden 
Vorteile  vielfach  wieder  verlassen.  Man 
hat  nämlich,  wie  aus  den  Angaben  für 
Strohstoff  S.  360  Tabelle  Fabrik  A  ersicht- 


lich ist,  neuerdings  grosse  Fortschritte  im 
Sodaverfahren  gemacht,  so  dass  die  früher 
stark  hervortretenden  Vorteile  des  Sulfatver- 
fahrens jetzt  auch  beim  Arbeiten  mit  Soda 
wieder  erreicht  werden  können. 

In  Amerika  wird  fast  nur,  in  Schweden 
vielfach  und  in  Deutschland  auch  mehrfach 
wieder  nach  dem  Sodaverfabren  gearbeitet. 

Ueber  die  Anwendung  der  Seite  284/86 
beschriebenen  k aus ti zierten  und  sul- 
fit  ierten  Koch  lauge  hat  Verfasser  vom 
Patentinhaber  neuerdings  erfahren,  dass 
sie  in  Weissenfeis  und  in  einer  weiteren 
Fabrik  Deutschlands  praktisch  mit  Erfolg 
durchgeführt  ist. 

Die  Herstellung  von  100  kg  Sulfit- 
Holzzellstoff  erfordert  einen  Aufwand 
von  14-22  kg  Schwefel  und  20  -  25  kg 
Kalkstein  oder  Tuff.  Fehlen  Einrichtungen 
zur  Wiedergewinnung  der  schwefligen 
Säure*)  oder  sind  dieselben  unvorteilhaft 
eingerichtet  und  betrieben,  so  kann  die 
ganze  oler  beinahe  die  ganze  Schwefel- 
menge mit  dem  Kalkstein  in  Verlust  gehen. 
Rationell  konstruierte  und  regelrecht  ge- 
führte Wiedergewinnungs  -  Einrichtungen 
haben  den  Schwefelverlust  auf  12  kg,  in 
besonders  günstigen  Fällen  sogar  auf  11 
bis  9  kg  pro  100  kg  Stoff  herunter  zu 
bringen  ermöglicht. 

Aus  Vorstehendem  wird  klar,  wie  ver- 
schieden die  Material-  und  Chemikalien- 
Aufwendungen  und  Verluste  sich  stellen, 
und  welchen  Einfluss  sie  neben  anderen 
Umständen  auf  die  Selbstkosten  des  Stoffes 
haben  müssen.  Ganz  ungefähre  mittlere 
Angaben  der  umstehenden  Tabelle  lassen 
eine  Vergleicbung  nach  dieser  Richtung 
zu  und  erscheinen  daher  hier  am  Platze. 

Natron-Strohstoff  erfordert  danach  die 
Bewegung  von  860  kg,  Natron-Fiohtenholz- 
zellstoff  von  1880  kg,  Sulfit-Fichtenholz- 
zellstoff 1100  kg  Rohstoff,  Flüssigkeit  und 
Chemikalien. 

*)  Die  Wiedergewinnung  der  schwefligen  Säure 
aus  den  Kocher-Abstossgasen  ist  oben  Seite  324 
332,  331/35,  338,  340  und  3*7  besprochen;  es  ist 
möglich,  40  bis  beinahe  50  pCt.  aller  in  den 
Kochlöaungen  enthaltenen  schwefligen  Saure 
wiederzugewinnen. 

4.  Bogen  1004 


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8Ö2 


E.  KIKCHNER.   DAS  PAPIER.   UI.  B.  und  C.  ZELLSTOFF 


Für  100  kg  Zellstoff  sind  im  Mittel  etwa  zu  rechnen: 


Rohstoff 

Mas» 
fm 

•  t'Füll- 

Koch- 
11  üssifrkeit 

1 

Chemikalien 

uewicm 

kg 

räum 
cbm 

Aufwand 
kg 

Verluste 
kg 

Stroh 

Natronv 

arfahren 

250 

1,8 
1.75 

5(0 

/OkgNatronsalze 

20  kg  Soda,  40  kg 

Aetzkalk 

Fichtenholz 

(),(«> 

KU) 

14(0 

115.. 

18  ,r.5kg 

Aetzkalk 

Fichtenholz 

Sulfitve 
0,45 

rfahren 

210 

M 

850 

18  „  Schwefel 

10  kg  Schwefel,  22  kg 
Kalkstein 

Man  erkennt  die  Unterschiede  bei  Stroh- 
u.  Holzverarbeitung,  besonders  deutlich  aber 
verschiedene  Vorteile  des  Sulfitverfahrens 
gegen  das  Natronverfahren.  Das  Sulfit- 
verfahren  erfordert  weniger  Holz,  kleineren 
Füllraum,  weniger  Kochflüssigkeit  und 
wesentlich  geringere  Chemikalien-Auf- 
wendungen und  Verluste.  Die  Rückge- 
winnung der  schwefligen  Säure  macht 
wenig  Arbeit  und  beansprucht  gering- 
fügige Einrichtungen,  während  die  für  die 
Rentabilität  unerlässliche  Wiedergewinnung 
der  Natronsalze  komplizierte  und  kostbare 
Einrichtungen  und  zuverlässige  teurere 
Wartung  voraussetzt 


Bedenkt  man,  dass  Sulfitstoff  für  viele 
Mittelpapiere  ungebleicht  verwendbar  ist. 
während  Soda-  und  Sulfatstoffe  für  die 
gleichen  Papiere  einer  kostspieligen  Bleiche 
unterzogen  werden  müssen,  so  erkennt 
man  den  Vorsprung,  den  der  Sulfitstoff  vor 
den  Natronstoffen  hat. 

Die  obige  Tabelle  macht  keinen  An- 
spruch auf  Richtigkeit,  sie  mag  aber  den 
Herren  Fabrikanten  Anregung  geben,  die 
in  ihren  Betrieben  bestehenden  Verhält- 
nisse genau  zu  bestimmen  und  wenn  an- 
gängig nach  der  einen  oder  anderen 
Richtung  zu  verbessern. 


Die  Kocher  und  II 

Allgemeines.  Üeber  die  Kochersysteme 
nach  den  verschiedenen  Bau-undBeheizungs- 
arten  ist  Seite  348/49  bereits  eine  Ein- 
teilung gegeben. 

Die  Kocher  haben  den  Zweck,  den  vor- 
bereiteten Rohstoff  (Strohhäcksel,  Holz- 
scheiben oder  Holzspäne)  und  die  Koch- 
flüssigkeit (Natronlauge  oder  Sulfitlösung) 
im  Innern  aufzunehmen  und  zu  ermög- 
lichen, dass  die  Wärme  direkter  Feuer- 
heizung oder  indirekter  oder  direkter 
Dampfheizung  auf  den  Rohstoff  und  die  Koch- 
flüssigkeit in  hinreichender  Menge  und 
schnell  überzuführen  möglich  ist.    Da  die 


e  Nebenapparate. 

für  den  chemischen  Aufschluss  der  Roh- 
stoffe notwendigen  Koch  -  Temperaturen 
zwischen  125 — 185'  C  liegen,  so  müssen 
die  Kochgefässe  die  dieser  Temperatur 
entsprechenden  hohen  Drucke,  also  bis  zu 
10  Atmosphären  Ueberdruck  aushalten. 
Die  Kochkessel  sind  somit  lür  die  jeweilig 
verlangten  Drucke  stark  und  solide  genug 
zu  konstruieren.  Dabei  ist  dann  nicht  zu 
vergessen,  dass  drehende  Kocher  für 
scharfes  oder  Sand  mitführendes  Rob- 
material, wie  besonders  Stroh,  abgesehen 
von  etwa  eintretender  äusserer  Oxydation 
der  Mantelbleche  auch  innen  fortwährend 


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E.  Kirchner,  das  Papier,  in.  b.  und  c.  Zellstoff. 


363 


durch  Reiben  und  Schleifen  abgenutzt 
werden  und  dass  auf  diese  Abnützung  von 
vornherein  Rücksicht  genommen  werden 
mu8s,  wenn  sie  nach  vieljähriger  Benützung 
noch  stark  genug  sein  sollen. 

Einige  alte  Kocher  sind  ohne  Frage  in- 
folge zu  starker  Abnützung  des  Bleches 
nach  jahrzehntelangem  Dienst  explodiert. 
Augenzeugen  berichten  über  Abnützung 
von  Kochern  bis  auf  einige  Millimeter 
(Pappendicke)  Blechstärke. 

Besitzer  und  Aufsichtsbehörden  sollten 
sich  also  zur  Pflicht  machen,  solche  alte 
Kocher  von  Zeit  zu  Zeit  auf  die  Stärke 
der  Wandungen  prüfen  zu  lassen  und,  wenn 
zu  schwach  befunden,  ausser  Betrieb  zu 
setzen. 

Erst  jüngst  erfuhr  man  von  einem 
explodierten  Kocher  der  über  50  Jahre  im 
Betriebe  war,  dessen  Mantelbleche  nur 
noch  sehr  dünn  waren. 

Die  Kocher  in  einfachster  Gestalt,  Kugel- 
oder Zylinderform,  müssen  Einrichtungen 
für  möglichst  bequemes  Füllen  und  Ent- 
leeren der  Roh-  und  Kochstoffe,  sowie  der 
Koch-  und  WaschÜüssigkeiten  besitzen; 
entere  bestehen  in  zylindrischen,  mit 
Deckeln  dicht  verschraubbaren  Ansätzen 
oder  in  einem  anschraubbaren  ganzen 
Boden  (an  einem  Ende  der  dann  zylindrischen 
Kocher),  letztere  in  Rohrstutzen  mit  Durch- 
gangsventilen. Die  Heizeinrichtungen  sind 
sehr  verschieden.  Drehbare  Kocher  müssen 
ausserdem  hohle  Zapfen  mit  Rohrstutzen, 
Stopfbüchsen  und  Antriebsvorrichtungen 
besitzen.  Alle  Kocher  verlangen  eine  ihrem 
Gewicht  entsprechende  solide  Fundierung. 
Bei  sehr  langen  liegenden  Kochern  ist  auf 
ihre  unausbleibliche  Verlängerung  und  Ver- 
kürzung infolge  wechselnder  Temperatur  und 
wechselnden  Druckes  Rücksicht  zu  nehmen. 
Von  denTraglüssen  langer  liegenderZylinder- 
kocher  befestigt  man  in  der  Regel  nur  das 

Tragfüsse  lässt  man  zweckmässig  auf  Rollen- 
lagern ruhen,  die  eine  Verlängerung  und  Ver- 
kürzung der  Kocherhälften  in  Richtung  ihrer 
Länge  leicht  zulassen.  Etwa  an  den  Kocher- 
mänteln zu  montierende  Armaturen  setzt  man 
auf  solidangenietete  Stutzen  und  sorgt  für  eine 


dauerhafte  Verpackung  zwischen  Stutzen 
und  Armaturstück.  Der  Dichtung  von 
Deckeln  und  ganzen  Böden  ist  eben- 
falls die  grösste  Sorgfalt  zu  widmen,  ver- 
schiedene bewährte  Dichtungsarten  werden 
später  besprochen  werden. 

Als  Material  der  Kocherwandungen, 
welche  den  oben  erwähnten  Druck  aus- 
zuhalten haben,  hat  sich  das  Schweiss- 
eisen-Kesselblech besonders  gut  bewährt 
j  Schweisseisenblech  ist  gegen  alkalische 
|  Flüssigkeiten  durchaus  widerstandsfähig, 
so  dass  es  sich  für  Kocher,  in  welchen 
mit  Natronlaugen  Stoff  gekocht  wird,  vor- 
züglich bewährt  hat 

Die  Frage  nach  dem  besten  Kocher- 
material ist  für  die  Zellstoffindustrie 
besonders  wichtig,  ja  sie  ist  heut  zu  einer 
brennenden  geworden,  nachdem  bei 
der  Erzeugung  von  Sulfitstoff  Kocher  von 
Riesendimensionen  verwendet  werden,  deren 
Explosion  zu  schrecklieben  Unglücksfällen 
mit  Verlust  vieler  Menschenleben 
führen  können.  Aber  selbst  nur  der  Bruch 
eines  grossen  Kesselmantels  ohne  schwere 
bedauernswerte  Unfälle,  wie  sie  auch  mehr- 
fach vorgekommen  sind,  haben  einen  oft 
sehr  bedeutenden  Geldverlust  für  den 
Fabrikanten  im  Gefolge.  Es  ist  daher  am 
Platze,  an  dieser  Stelle  hervorzuheben, 
dass  Zellstoffkocher  aus  Flusseisen-Fein- 
korn- und  Stahlblech  ausserge  wohnlichen 
Beanspruchungen,  die  die  Praxis  hin  und 
wieder  an  sie  stellt,  sich  nicht  gewachsen 
zeigten  und  Defekteerlitten  oder  explodierten, 
während  man  derlei  Erscheinungen  an  Zell- 
stoffkochern aus  SchweisseiBen  bisher 
nicht  beobachtet  hat 

Es  wird  auch  von  den  Verteidigern 
des  Flusseisens  und  Flussstahles  zugegeben, 
dass  Blechwände  aus  diesen  Materialien 
bei  Temperaturdifferenzen  an  der  Innen- 
und  Aussenseite  Neigung  zum  Reissen 
zeigen.  Diese  Eigenschaft  soll  zwar  das 
Flusseisenmaterial  nur  bei  abnorm  niedrigen 
Temperaturen  und  plötzlichen  Temperatur- 
schwankungen zeigen,  es  genügt  aber  die 
Konstatierung  dieses  Tatbestandes  über- 
haupt, um  dieses  Material,  das  derlei  Be- 
anspruchungen beim  praktischen  Betriebe 


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364 


K.  KlRCÖNßR.   DAS  PAPIER.  HL  B.  und  C.  ZELLSTOFF 


ausgesetzt  sein  kann,  von  der  Ver- 
wendung auszuschliessen. 

Es  kann  für  seine  Anwendung  Dicht 
bestimmend  sein,  wenn  ein  anderes  diesen 
Einwirkungen  besser  widerstehendes  Ma- 
terial seltener  und  schwerer  zu  haben 
ist,  auch  wenn  letzteres  weniger  homogen 
und  etwas  weniger  Test  ist  Wenn  letzteres 
die  Empfindlichkeit  gegen  Temperatur- 
differenzen nicht  zeigt,  so  ist  das  Grund 
genug,  es  vorzuziehen  und  dadurch  E  x 
plosionen  zu  verhindern!*) 

*)  Es  sind  mir  folgende  Fälle  der  Empfind- 
lichkeit des  Flusseisen-  und  Flussstahlmaterials 
gegen  Kälte  bekannt  geworden.  Eisenbahnrad- 
krä'nze  und  Eisenbahnschienen  springen  häufig 
bei  plötzlieh  einbrechender  Kälte!  Stabl-Uoko- 
motiv-Feuerbuchsblcche  wurden  bei  starkem  Frost, 
ohne  Waaser  robig  in  einem  Scbupp»n  Sibiriens 
stehend,  zerstört. 

Ein  Cellnlose-Kocher,  dessen  Mantelbleche 
aus  Stahl  waren,  erlitt  einmal  bei  2,5  Atm. 
Ueberdraok  und  Innentemperatur  106'  C  zwei 
Risse  im  vollen  Siech  (an  den  Ecken).  Ein 
andermal  rissen  an  demselben  Uellulosekocher 
2  Tafeln  nebeneinander  im  vollen  Bleche  bei 
1)8'  V  Innentemperatur  und  1,6  Atm  Ueberdr. 
(Ausseotemperatur  nicht  bekannt). 

In  Perlen  (Schweiz)  passierte  es  am  5.  Febr. 
1886,  dass  ein  sog.  Stahlkochermantel  bei  1,8  Atm. 
Ueberdr.,  83»  C  im  Innern  zwiss.  und  zwar 
barsten  6  von  9  Schüssen  in  der  Fig.  1(13  dar- 
gestellten Weise. 


Fig.  163 


Die  näheren  Umstände,  unter  denen  dieser 
Kocher  zerriss,  sind  interessant  und  lehrreich 
genug,  um  hier  näher  aufgeführt  zu  werden.  Der 
Kocher  hatte  4  m  1  Durchm.  12  m  Länge,  er  war 
mit  gekrempelten  und  durch  Nietuog  zusammen- 
gcs^tsten  schweisseisernen  Kopfplatten  20  inm 
dick  und  einem  Stahlmantel  14  mm  dick  ver- 
sehen.  Er  hatte  innere  verlötete  Bleiauskleidung 


2'/,  mm  stork  und  eioe  270  mm  dicke  Steinaus- 
mauerung. Während  e:njäbriger  Betriebsieit 
waren  anstandslos  62  Koche  ausgeführt,  wobei 
anfangs  Betriebsdrucke  bis  zu  6,8  Atm.  Ueberdr. 
(lt.  vorhandener  Bücher)  angewendet  waren, 
während  seit  Monaten  auf  4  Atm.  Betriebsdruck 
zurückgegangen  war.  Der  Kocher  war  vor- 
scbriftsmas»ig  mit  Holt  und  Sulfitlösung  gefüllt, 
so  daas  oben  ein  Uasraum  von  etwa  400  mm  Ab- 
stand vom  Scheitel  (reichlich  6  cbm  —  GO0O  1) 
verblieb.  In  der  Heizschlange  (Heizung  indirekt) 
war  laut  Aufschreibungen  des  Kochmeisters 
8  7  Atm.  Ueberdr.,  im  Oasraum  nur  889C  Terop.  und 
1,3  Atm.  Uebnrdruck. 

Die  Lufttemperatur  war  231C.  Nachmittag  4  Uhr 
brachten  Frauen  und  Kinder  den  Kaffee  für  die 
Arbeiter,  dabei  blieb  die  Eingangstür  zum  Kocher- 
raum offen,  so  dass  die  kalte  Luft  den  ij  der 
Erwärmung  begriffenen  Kochermantel  bestreichen 
konnte.  Der  auf  dem  Roden  über  dem  Kocher 
Kaffee  trinkende  Kochmeister  sagte  aus,  er  habe 
einen  Schlag  oder  kurzen  Knall  vernommen,  als 
wenn  etwa  ein  Brett  reisst.  Das  Unglück  war 
geschehen ! 

Die  Reparatir  kostete  7000—8000  Frs.  und 
einen  mehrmonatigen  Stillstand.  Figur  163 
erklärt  den  Vorgang  noch  deutlicher  An 
der  Fensterwand  W  lag  der  Kocher  K.  Ein 
Flügel  der  breiten  Fabriktür  T  stand  offen, 
der  kalte  Zug  traf  zunächst  die  Platten  I,  II, 
III,  II  und  III  wahrscheinlich  besonders  stark. 
Im  Moment  des  Abschreckens  der  Platten  fand 
das  Reissen  des  äusseren  Schusses  I  durch  halbe 
Schusslängo,  des  inneren  Schusses  II  in  ganzer 
Län^e,  de*  Schusses  III  an  zwei  diametral- 
stehenden  Stellen  3  und  4  in  ganter  Länge,  des 
Schusses  IV  und  V  je  einmal,  des  Schusses  VII 
zweimal  7  und  8  in  ganzer  Länge  desselben  statt. 
Das  Durcbreissen  der  Schüsse  I,  II  und  III  in 
einer  Richtung  hatte  ein  Herauabiegei  der 
schraffierten  Blechteile  um  11  mm  aus  dem 
Mantelumfauge  bewirkt,  die  übrigen  Risse  wurden 
erst  später  bei  genauer  Untersuchung  des  Mantels 
gefunden.  Bemerkenswert  ist,  dass  alle  Risse  4, 
5,  6,  7  und  8  nach  der  kalten  Fensterseite  W 
hin  erfolgt  waren,  ferner  dass  Schnss  I  nur  aui 
halbe  Länge  und  Schüsse  VI,  VIII  und  IX  gar 
nicht  gerisicn  waren  Ich  erkläre  die  Sache  so, 
dass  die  Kopfdeckel  aus  Schweisseisen  diesen 
verhältnismässig  günstigen  Ausgang  bewirkten. 

Es  ist  versucht  worden,  diesen  Vorgang  so  zu 
erklären,  dass  der  Kocher  infolge  zu  hoher 
Füllung  durch  hydraulischen  Druck  gesprengt 
sei.  Verfasser  war  aber  wenige  Sekunden  nach 
erfolgtem  Bruch  zur  Stelle  und  überzeugte  sich 
durch  Lüften  deB  Sicherheitsventile«,  dass  nur 
Dämpfe  im  oberen  Teil  des  Kochers  waren ;  s*>- 
bald  tunlich,  wurde  zudem   nach  Ocffnen  des 


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E.  KiKCHNEK.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


365 


ciucti  Mannloches  konstatiert,  dass  dio  Füllung 
vorscbriftsmärsig  mit  vorgeschriebenem  Dampf« 
räum  eingehalten  war.  Das  an  einigen  Bruch- 
stellen vor  Reparatur  herausgehauene  Blech- 
material erwies  sich  als  ganz  vorzüglich  zug- 
fost  und  sehr  dehnbar,  so  daas  nur  die 
partielle  Abschreckung  des  Stablmantels  dureb 
den  kalten  Luftstrom  als  Ursache  dieses  unglück- 
lichen Krcignitses  übrig  bleibt. 

In  Podgora  (Oesterreich)  zerriss  am  4.  Nov. 
1901  an  einem  stehenden,  aus  Teplitser  Fluss- 
eisen gefertigten  Kocher  von  i  m  Durchm.  9.7  m 
Höhe  nach  12stilnd.  Kochen  eine  25  mm  dicke 
L  Ii  ups  lasche  (Blechstärke  war  nur  20  mm)  im 
gesunden  Bleoh,  wahrscheinlich  auch  infolge 
Temperaturdifferenzenf). 

In  der  Dexter  Sulphite  Pulp  and  Paper  Co 
in  Watertown  explodierte  endlich  im  Jahre  1903 
ein  Zellstoffkocher  aus  Stahl  von  4,27  m  Durchm 
9,15  m  lang  bei  2,8  Alm.  Druck,  dadurch  kamen 
bei  starker  Kälte  (  —10  oder  —  29* C  Kälte, 
war  verschieden  angegeben)  durch  Wegschleudern 
des  Daches  noch  3  weitere  Kocher  zur  part:ellon 
Abkühlung  und  explodierten  gleichfalls. -,•••}•) 

Diese  Explosionen,  die  mir  bekannt  sind, 
werden  nicht  erschöpfend  sein,  genügen  aber  für 
Berechtigung  der  Wainung: 

„Mai  verwende  kein  Floeaeiaen-  «dar  Flut* 
sUhlbleoh  zir  Herstellung  von  Kochern,  sondere 
beschaffe  du  so  gefahrdrohende  FJgenaonoften 
niebt  zeigende  Schwe  isaeieon  lisch  flr 
Ban  von  Koohern". 

Schweisseisenbleche  haben  sich  auch 
bei  direkter  Koks-  und  Kohlenheizung  und 
Arbeitsdrucken  bis  zu  11  Atm.  Ueberdruck 
(co  187  #C  Temperatur)  bewährt 

Bei  Sulfitkochern,  deren  von  den  sauren 
Kochflüssigkeiten  berührte  Innenwände 
nicht  aus  Eisen  ohne  säurebeständigen 
Schutz  bestehen  dürfen,  hat  sich,  wie  in 
vorstehender  Fussbemerkung  gesagt  war, 
Schweisseisenblech  als  äusserer  Mantel 
gut  widerstandsfähig  erwiesen,  während 
Flusseisen  und  Flussstahlbleche  unter  be- 
stimmten Verhältnissen  den  Dienst  ver- 
sagten. Der  innere  Schutz  aus  einer  Blei- 
lage, oder  aus  Blei  und  Stein  oder  aus 
Stein  allein  kommt  hier  hinzu,  über  den- 
selben ist  später  ausführlicher  zu  sprechen. 

Die  Wandungen  der  Sulfitkocher  aus 
Steinmasse  mit  eingelegtem  Eisengerippe, 
oder  aus  einem  anderen  säurebeständigen 

f)  Wochenblatt  1902  Srite  953. 

ft)  Wochenblatt  1903  Seite  503  und  1035. 


Metall,  z.  B.  Bronze  herzustellen,  hat  zu 
keinen  günstigen  Resultaten  geführt, 
wohl  aber  zum  Gegenteil. 

Bezüglich  der  Bestimmung  der  Wand- 
stärke unserer  Kochergefässe  sind  im 
allgemeinen  die  Erfahrungen  des  Dampf- 
kesselbaues massgebend,  doch  sollte  bei 
Kochern,  die  inneren  oder  äusseren  ausser- 
gewöhnlichen  Abnützungen  ausgesetzt  sind, 
ein  Zuschlag  zur  errechneten  Wandstärke 
gemacht  werden.  Auf  eine  Entlastung  der 
Mantelbeanspruchung  der  ausgemauerten 
Sulfitkocher  durch  den  Steinmantel  darf 
schwerlich  gerechnet  werden,  da  die  Zug- 
festigkeit von  gutem,  durchaus  dichtem 
Mauerwerk  im  Mittet  auf  höchstens  20  kg 
pro  qcm*)  gerechnet  werden  darf,  dabei  ist 
man  indes  nie  sicher,  ob  nicht  die  Zug- 
festigkeit überhaupt  in  Frage  stellende 
grössere  Risse  im  Mauerwerk  vorhanden 
sind. 

Nach  von  der  Mechanik  aufgestellten 
Formeln  rechnet  man  die  Wandstärke  von 
Kugelkochern 

s  -  D  •  P 


von  Zylinderkochern 

wo  D  der  Durchmesser  des  Gelasses  in  cm, 
p  der  Arbeitsdruck  in  Atmosphären 
Ueberdruck  =  Druck  in  kg/qcm,  kz  = 
kg/qcm  zulässiger  Zugfestigkeitskceffizient 
des  durch  Nietung  hergestellten  Mantels. 

So  erhält  man  z.  B.  für  einen  Kugel- 
kocher  3  m  Durchm.,  der  bis  zu 6  Atm. 
Ueberdruck  arbeiten  soll,  bei  zweireihiger 
Nietung  k«  —  350(nachBach)**)angenommen 

s  =  =  1,3  cm  Eisenblechwand- 

stärke ;  macht  man  für  innere  Abnützung 
5  mm  Zuschlag,  so  wäre  die  Kugel  in 
18  mm  dickem  Eisenblech  herzustellen. 

Ein  zylindrischer  Sulfitkocher  mit  5  m 
Durchm.  des  Mantels,  der  bis  zu  4  Atm. 
Ueberdr.  angestrengt  und  dreireihig  ver- 


*)  Hütte,  18  Aull.  S.  352. 
**)  Bach.  Maschinenelemente,  8.  Auflage  1901 
S.  178. 


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366 


K.  K1KCHNEK.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


nietet  werden  soll,  darf  nach  Bach  nur 
auf  k,  =  39f)  kg/qcm  angestrengt  werden, 

es  wäre  s  =  3^395  =  2'6  cm  =  26  mm 
Wandstarke  notwendig. 

Ein  Natron-ZellstofTkocher  von  1,3  m 
Durcbm.  10  Atm.  Ueberdruck  mit  doppel- 
reihiger Nietung  sollte  17  mm  dicke  Eisen- 
bleche für  den  Mantel  erhalten. 

Ein  Sulfitkocher  4  m  Durchm.  4  Atm. 
Ueberdr.  verlangt  bei  doppelreihiger  Nietung 
22  mm  dicke  Eisenblechtafeln,  ein  solcher 
von  5,6  m  Durcbm.  und  4  Atm.  Ueberdr. 
(wohl  die  grösste  Dimension)  mit  drei- 
reihiger Längsnietung  sollle  30  mm  dicke 
Eisenblechmäntel  erhalten. 

Da  eine  bestimmte  Wandstärke  der 
Kessel-  und  Kochermäntel  gesetzlich 
nicht  vorgeschrieben  ist,  sondern  nur  eine 
Wasserdruckprobe  der  Gefässe,  so  kommen 
oft  recht  bedeutende  Abweichungen  von 
diesen  errechneten  Werten  vor. 

So  waren  die  schon  1880  von  H.  Fölzer 
Söhne  in  Siegen  für  Löbnberg  gelieferten 
Kochkessel  4  m  Durchm.  4  Atm.  Ueberdr. 
nur  15  mm  im  Mantel  stark.  Diese  Kessel 
sind  beut  (1904)  noch  im  Betriebe.  Eine 
durch  vorzügliche  Kesselscbmiedearbeit 
berühmte  sächsische  Firma  führte  noch 
jüngst  5  m  Durcbm.  Sulfitkocher  für  4  Atm. 
Ueberdruck  in  dreifacher  Längsnietung 
19  mm  stark  aus,  während  Bachs  Vor- 
schriften 26  mm  Blechstärke  verlangen. 

Der  in  Perlen  1886  durch  Reissen  von 
6  Schüssen  unbrauchbar  gewordene  Kocher 
von  4  m  Durcbm.  für  4  Atm.  Ueberdr.  hatte 
nur  14  mm  Blechstärke,  das  Material  war, 
wie  bereits  erwähnt,  Flussstahl. 

In  Amerika  werden  diestehendenNalron- 
Holzzellstoffkocher  in  ganzem  Mantel,  Böden 
und  Mannlöchern  zu  einem  Stück  zusammen- 
geschweisst  geliefert. 

Was  nun  die  Nebenapparate  der  Kocher 
anbelangt,  so  sind  dies  besondere  Laugen - 
erbitzungseinrichlungen,  wie  sie  Dixon 
nach  einem  amerikanischen  Patent*)  schon 
186i  an  Strohkocbern  in  Form  einer  Heiz- 
schlange und  Pumpe,  Ungerer  1871  als 

•)  Hofmanns  Handbuch  II,  Aull  S.  1166. 


Laugenkochkessel  bei  seinem  Natronholz- 
zellstofTverfabren,  Dresel  1878*)  als  Röhren- 
erhitzungskessel mit  automatisch  wirken- 
der Laugenzirkulation  bei  Holzzellstoff- 
kochern anwendeten.  Ferner  sind  die 
Rohstoffvorbereitungsgefässe  hier- 
her zu  rechnen,  wie  der  Strohlauge-  oder 
Einweichkessel  von  Römer  &  Lahouse. 
Auch  die  Ueberdruckgefässe  für 
Kocbflüssigkeiten  an  Sulfitkochern  sind  zu 
erwähnen.  Endlich  die  Abstossge- 
fässe  für  fertig  gekochte  Stoffe  mit  den 
Kochflüssigkeiten. 

Es  ist  selbstverständlich,  dass  die  zu- 
erst erwähnten  Laugenerhitzer  aus  Schmied- 
eisen bestehen  und  denselben  Druck  aus- 
halten müssen,  wie  die  Kocher  selbst  Die 
zu  zweit  erwähnten  Einweichkessel  sind 
auch  aus  Eisen  und  arbeiten  nur  mit 
geringem  oder  gar  keinem  Druck.  Ueber- 
druckgefässe für  Sulfitlösungen  müssen 
innen  säurebeständig  verkleidet  und  auch  Tür 
den  Kocherdruck  berechnet  sein. 

Die  Abstoss-  und  Aufnahmege- 
fässe  für  Natronstoffe  sind  aus  Eisen 
gefertigt  und  entlassen  die  frei  werdenden 
Dämpfe  durch  weite  Abzugsschlote  ins 
Freie.  Das  letztere  ist  bei  diesen  Ein- 
richtungen der  Sulfitstoffkochereien  auch 
der  Fall,  sie  sind  aber  gewöhnlich  aus 
Holz  gefertigt. 

Es  sollen  nun  einige  früher  bewahrte 
und  gegenwärtig  benutzte  Kochereiein- 
richtungen besprochen  werden. 

Kocher  mit  direkter  Feuerheizung. 

Das  Kochen  von  Strohbäcksel  oder  von 
Holzhackspänen  in  mit  direktem  Feuer  ge- 
heizten Kochern  setzt  voraus,  dass  ent- 
weder das  Kocbgut  mit  der  Flüssigkeit 
durch  starke  Rührer  in  Bewegung  erhalten 
wird,  oder  dass  der  Kessel  sich  dreht, 
oder  dass  ein  innerer  Mantel  aus  gelochtem 
Blech  das  Stroh  oder  das  Holz  von  den 
geheizten  Kesselwänden  ferne  hält. 

F.  Thiry  in  Huy  (Belgien)  hat  fest 
montierte,  liegende  Kocher  mit  inneren 
starken  Rührarmen  und  Ketten  und  direkter 

*)  M.  Schubert  CelliilooefabriakHon,  11.  AuB., 
1897,  S.  90. 


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K.  KIKCHNEK.    DAb  PAP1EH.    11t.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


367 


Feuerheizung  mit  gutem  Erfolge  ange- 
wendet. 

Houghton  ist  alsEr  linder  der  in  horizontale 
Kocher  einschiebbaren  zylindrischen  Käfige 
aus  gelochtem  Bleche  zu  nennen.  In  die 
Käfige  kam  das  Kocbgut,  so  dass  es  die 
von  Dresel  und  Lee  mit  direktem  Feuer  ge- 
heizten Kocherwände  nicht  berührte.  Sinclair 
und  Mc  Nicol  brachten  in  den  stehenden 
zylindrischen  Kochern  einen  Mantel  aus 
gelochtem  Blech  an,  so  dass  auch  hier 
die  Kocbflüssigkeit  zwischen  der  direkt  ge- 
heizten Kocherwani  und  dem  inneren 
Blechmantel,  sowie  durch  den  Inhalt 
zirkulieren  konnte,  das  Kocbgut  aber  ab- 
gehalten war,  die  geheizten  Kocherwände 
zu  berühren. 

Die  frühere  Natronholzzellstofffabrik 
»C  e  1 1  u  1  o  s  e  f  a  b  r  i  k  Nurmis  bei 
Wiborg  in  Finland«  hatte  Kugel- 


kocher, welche  in  einem  ofenähnlicben  ge- 
mauerten Gehäuse  sich  drehend,  von  einem 
Koksfeuer  umspült  waren.  Die  1872  in 
Betrieb  gekommene  Celluloselabrik  Cöslin 
und  später  die  Cellulosefabrik  in  Salach 
(Württemberg)  haben  die  ersten  Betriebs- 
jahre direkte  Feuerbeheizung 
ihrer  aufrecbtstehenden  Sinclair-Kocher 
angewendet,  gingen  aber  später  zur  Heizung 
mit  direktem  Dampf  über. 

Die  direkte  Feuerheizung  dürfte  nur 
noch  in  wenigen  Fabriken  benutzt  werden. 

Verfasser  hatte  in  Alt -Damm  und 
AschaiTenburg  den  Betrieb  mit  solchen 
Kochern  mehrere  Jahre  zu  leiten,  und  gibt 
Taf.  164  Fig.  1  und  2  Längsschnitt  und 
Querschnitt  von  solchen  Holzzellstoff- 
kochern, wie  sie  in  Alt-Damm  nach  Lee's, 
in  Aschaffenburg  nach  Dresels  Vorschriften 
eingerichtet  waren. 


Taf.  164.   Natronholzzellstoffkocher.  1875. 

Beschreibung:  Fig.  1.  Längsschnitt  der  Kochereioricbtung:  A  Kocher  mit  Deckelverachluss 
am  linkeu  Ende,  B  Dom,  C  Verbinduugsstutzcn,  T  Träger  des  Kochers,  p,  p,  p  drei  Probier- 
hähucheu,  w  Hahn  mit  offnem  Laugenstandrohr,  E  Eiulassventil  für  die  Kock  lauge,  Ab  Ablass- 
ventil,  Sj  und  8,  Sicherheitsventile,  jedes  82  mm  l.-Durcbm  mit  HebelbeJastung,  jedes  hat  im 
reinem  Stutzen  ein  Federmtnometer,  M  Ablassbahn  für  den  Dampf  mit  anschliessendem  Ablass- 
rohr nach  dem  Braunlaugebassiu,  F,  und  F,,  die  2  Feuerungen,  K  Fuchskanal  nach  altem 
Arrangement,  I,  II  ...  X  bedeuten  die  zehn  gelochten  Spansiebe,  an  einem  Ende  mit  Pasquil- 
Deckel verschluss  und  mit  2  Rollen  ausgestattet,  die  nuf  einer  der  Länge  nach  im  Kocher  A 
liegenden  JL  Schiene  uud  zwischeu  2  Seiten-Führungsschicueu  das  Einfahren  und  Heraus- 
ziehen der  Spansiebe  ermöglichten.  Fig.  2.  Querschnitt  durch  deu  Kocher  mit  Dom  und  Feuerung. 


Uebereinstimmend  hatten  die  englischen 
und  deutschen  Kocher  etwa  12,5  m  Länge 
1,25  m  1  Durchm.,  einen  Dom  von  0,75  m 
Durchm.  6,3  m  Länge  mit  2  oder  3  Ver- 
bindungsstutzen.   Die  Heizfläche  betrug 


23  qm,  die  Kost  fläche  zweier  Feuer  2,7  qm.*) 

♦)  Dies  ist  ein  Mißverhältnis  ;H:B  8,5:1, 

indem  bei  unseren  Dampfkesseln  fl :  R  —  25—  85 : 1 
eingehalten  wird.  Man  arbeitete  so  forciert  und  mit 
Wärme-,  d.  h.  Kohlenverschwendung! 


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368 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Verfasaer  änderte  dieses  ungünstige  Ver- 
hältnis, indem  er  zwei  nebeneinander- 
liegende Feuer  am  einen  Ende  des  Kochers 
mit  zusammen  nur  1,5  qtn  Rosl  fläche  an- 
ordnete und  die  Feuerung  in  der  Mitte 
des  Kochers  beseitigte.  Die  Heizfläche 
wurde  auf  25,5  qm  vergrössert,  dadurch 
erreichte  man  das  günstigere  Verhältnis 
H :  R  =  17 : 1  und  konnte  doch  noch  mit 
hinreichender  Forcierung  arbeiten. 

Da  nun  die  vordere  Quernaht  nächst 
dem  Feuer  F„  Fig.  1,  Tal.  164  unter  der 
Hitze  des  ersten  Feuers  stark  zu  leiden 
hatte,  wurde  für  den  ersten  Teil  des  Kessels 
ein  Schutzgewölbe  (nach  den  punktierien 
LinienderTaf.lßtFig.  1)  angeordnet,  wassich 
als  zweckentsprechend  erwies.  Eine  lange 
durchgehende  Feuerplatte  aus  beste  :r 
Schweisseisenblech  für  den  zuerst  vom 
Feuer  getroffenen  Teil  des  Kessels  ange- 
ordnet, war  ebenfalls  von  günstiger  Wirkung. 
Schliesslich  habe  ich  die  Rost  fläche  R  der 
Kocher  auf  1,2  X  0,6  =  0,72  qm,  bei 
H  as  24  qm  verkleinert,  also  H :  R  =  33  : 1 
und  brachte  trotzdem  in  4  Stunden  den 
Kocher  schon  auf  Druck. 

Bei  Fabriks-Vergrösserungen  wurden 
neue  Kessel  aussen  und  innen  ver- 
stemmt verlangt  und  geliefert;  ausser- 
dem wurden  Undichtheiten  des  Kochers, 
sobald  sie  staikes  Ausfitessen  der  Lauge 
erkennen  liessen  und  sich  im  Feuerzuge 
calcinierte  Soda  bildete,  durch  gewissen- 
haftes Nachstemmen  beseitigt. 

Was  den  Füllraum  der  Kocher  anlangt, 
so  enthielten  die  10  Siebe  aus  gelochtem 
Blech  jedes  1,12  m  1  Durchm.,  1,18  m  lang, 
11,6  cbm  Inhalt  bei  15,8  cbm  Gesamtraum 
des  Unterkessels.  Aufgepumpt  wurde  der 
Unterkessel  mit  etwa  9,5  bis  10  cbm  Lauge 
(im  Mittel  4°/oNa30-Gebalt)  etwa  bis  zum 
mittleren  Probierhahn  Taf.  164,  Fig.  1,  Die  tO 
Siebe  enthielten  in  gehackten  u.  verrcahlenen 
Spänen  4  fm  co  6  rm  geschältes  co  7  rm 
rohes  Rundholz  (Stoffergebnis  je  nach 
Kielernholzsorte  650  bis  750  kg  lufttr.  un- 
gebl.  Gellulose). 

Auf  100  kg  Stoff  wurden  1875  bei  alter 
englischer  Einmauerung  mit  2  Feuern  115 
bis  112  kg  ;  gute   schleus  che  Steinkohle 


(Preis  der  Kohle:  Königsgrube  frei  Fabrik 
2  M.  die  1C0  kg)  verbrannt.  Bei  H  :  R  = 
33  : 1  sank  der  Kohlenverbrauch  auf  100  kg 
pro  100  kg  ungebl.  Stoff. 

Bevor  Erfahrungen  in  schonender  Be- 

|  beizung   und   schneller  Beseitigui  g  von 

j  Defekten  gewonnen  waren,  brachten  die 
Undichtheiten  der  Kocher  vielen  Aufenthalt, 
der  Feuerzug  verlegte  sich  nach  einer 
Anzahl  von  Kocbungen  mit  calcinierter 
Soda,  so  dass  die  Feuer  nicht  ordentlich 
brannten  und  das  Fertigwerden  der  Koche 
oft  sehr  verzögert  wurde.  Es  war  eine 
grosse  Not,  und  Angst  für  den  techn  Leiter 
und  den  Reparateur ! 

Die  einseitige  forcierte  Erhitzung  des 
Unterkessels  brachte  auch  hin  und  wieder 
stärkere  Defekte,  so  passierte  es  dem  Ver- 
fasser, dass  unter  Druck  eine  Quernietnabt 
etwa  auf  */•  des  ganzen  Umfanges  riss  und 
ein  grosser  Teil  der  braunen  Lauge  aus- 
floss.  Ein  andermal  brach  das  Vierkant 
des  Dampfabblasehahnes  ab,  man  konnte 
die  10  Atm.  Ueberdr.  nicht  ablassen,  der 
Kocher  blieb  stundenlang  unter  Druck 
stehen.  All  derlei  Vorkommnisse  hatten 
schwerere  Unfälle  an  diesen  Kochern  glück- 
licherweise nicht  zur  Folge.  Ursache 
zur  Explosion  scheinen  demnach  grössere 
Undichtheiten  an  diesen  Kochern  mit  Holz 
und  Laugeinhalt  nicht  zu  geben. 

Diese  Kocher  mit  Feuerheizung  brachten 
zunächst  einen  durch  Kohlenverschwendung 
und  Reparaturen  verteuerten,  unruhigen 
Betrieb  mit  sich,  der  weiter  noch  durch 
ein  umständliches  zeitraubendes  Oeffnen 
und  Schliessen  der  Kopfdeckel,  ferner 
durch  das  Ein-  und  Ausfahren  der  Siebe 
erschwert  und  verteuert  wurde.  Die  Kopf- 
deckeldichtung war  zudem  unzuverlässig. 

I  solange  man  sich  auf  die  Metalldichtung 
allein  verliess.  Erst  nachdem  man  gelernt 
hatte,  die  Hartbleinut  des  Deckels  mit 
feuchtem  Zellstoff  zx  füllen,  war  letztere 
Schwierigkeit  überwunden. 

Es  blieb  aber  immer  noch  die  umstand- 

:  liehe,  teure  Füllung  der  Siebe  mit  Spänen 
und  Entleeren  von  Stoff,  welche  nur  mit 
Hilfe  von  Transport-  und  Kippeinrichtungen 
und  Anlage  von  Ausfahrgeleisen  für  vorrätige 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


3Ü9 


Heservesiebe  erleichtert   werden  konnte. 

Was  bei  einem  solchen  durch  unzweck- 
mässige Einrichtungen  gehemmten  Betriebe 
eine  energische  Leitung  zu  leisten  im 
stände  ist,  erfuhr  Verfasser  selbst  In  Alt- 
damm wurden  1875  mit  2  Kochern  in  24  Std. 
bis  zu  3  Kochungen,  ä  Kocher  also  lVs 
Kochungen  fertiggebracht.  In  Aschaffen- 
burg  trieb  man  die  Leistung  von  3  Kochern 
in   24   Stunden    auf    lOVi  Kochungen, 


ä  Kocher  also  auf  3,5  Kochungen.  Die 
auf  die  Kochung  durchschnittlich  ver- 
wendete Zeit  schwankte  darnach  zwischen 
16  Stunden  im  ersten  und  wenig  über 
7  Stunden  im  zweiten  Falle. 

Bedenkt  man,  dass  ab  und  an  der  eine 
oder  andere  Kocher  durch  Undicbtwerden 
Stillstand  erfuhr,  so  dürfte  in  AschafTenburg 
auf  die  Kochung  mit  allen  Nebenarbeiten  etwa 
nur  b-6Vt  Stunden  Zeit  zu  rechnen  sein. 


0  iWö  Too-%*v 

Taf.  165   Details  des  NatronhofzzellstofTkochers.  '875 

Beschreibung:  Fig  t.    Alter  englischer  Kopfvcrsehluss  mit  2  starken gesebwcisstcD  Winkel, 
eiseu  und  12  St.  I1  «"  geschmiedeten,  im  Schaft   angedreht    gelasseneu  Schrauben    aus  bestem 
schwedischen  üolzkohleneifen,  Kocherblechstärke  16  mm,  Bodeustärke  20  nun.    Die  Dichtungs- 
liugnut  W  des  Deckels  D  20  mm  bieit  10  mm  tief,  ist  mit  Hartblei  ausgegossen;  der  vor'retentie 
Dichtuugsring  des  Kochers  K  hat  8  mm  Höhe,  vorue  7  mm,  hinten  10  mm  Breite. 

Fig.  2.  Späterer  deutscher  Koiifversehluss  mit  massivem  Ring  am  Kocher  K  umlaua  eiuemStiiek  her- 
gestelltem 25  mm  starkem  Blechdeckel,  verstärkt  durch  eine  20  mm  dicke  Kingaullage.  Deckel- 
und  Uingautlage  sind  durch  Nietung  zu  einem  Stück  verbunden. 

Figur  8.  K  16  mm  dickes  Kossilbleeb  des  Kochers,  St  gusseiserner  Stutzen  mit  ge- 
wölbtem Flansch,  angeschliffener  (iusseisen-Ringlinse  R  und  Einhängeschrauben  (1  oder  Ö  Stück, 
je  nach  Weite  der  Ücffnung,)  A  Armaturstück  (Ventil,  Bahn  oder  dgl.)  mit  Anschliff  für  die 
Linse  R. 

5.  Bogen  1901 


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370  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Nach  diesen  Betriebserfahrungen  kann 
man  aut  1  Kocher  der  oben  beschriebenen 
Art  im  Maximum  pro  Jahr  800  t  tr.  ged. 
Holzzellstoff  Fabrikationsleistung  rechnen. 

Taf.  165  zeigt  einige  IC  :...elnheiten  des 
Deckelverschlusses  Fig.  1  nach  bewährter 
englischer,  Fig.  2  nach  bewährter  deutscher 
Ausführung,  Figur  3  die  solide  Verbindung 
und  Abdichtung  mit  einer  Linse  aus 
dichtem  Gusseisen  unter  Anwendung  zweier 
Kugelkalottenflächen. 

Der  bereits  oben S. 366  erwähnte  Dr  es  el- 
sche  Kochapparat  ist  ein  zylindrischer 
Kocher  mit  vertikaler  Achse,  er  ist  fest- 
stehend montiert. 

Der  Erhitzungskessel  besteht  aus  einem 
Bündel  gerader  Röhren,  die  in  Rohrwänden 
zweier  ausserhalb  des  Ofens  befindlichen 
Kammern  dicht  eingerollt  sind.  Die  Röhren 
liegen  unter  einem  Winkel  von  etwa  ]5 
bis  20°  zur  Horizontalen  in  einem  durch 
Feuer  geheizten  Ofen.  Die  höher  liegende 
Rohrwand-Kammer  ist  mit  dem  oberen 
Teile  des  stehenden  Kochers,  die  tiefer 


liegende  Rohrwandkammer  mit  dem  tiefsten 
Punkt  des  Kocherbodens  verbunden.  Ein 
falscher  Boden  trennt  das  Holz,  resp.  den 
Stoff  vom  unteren  mit  Lauge  gefüllten 
Teil  des  Kochers.  Die  Rohrverbindungen 
und  das  ganze  Arrangement sindsogetroflen, 
dass  beim  Heizen  des  Erhitzungskessels  mit 
schrägstehenden  Röhren  eine  selbsttätige 
Laugen -  Zirkulation  unterhalten 
wird. 

Diese  Einrichtung  und  das  Verfahren 
haben  sich  in  der  Fabrik  des  Herrn  Dresel 
in  Dalbke  sehr  bewährt.  Seit  1877  sind 
nach  Mitteilung  des  Erfinders  dort  drei 
solcher  Zirkulationskocher  mit  direkt  ge- 
heiztenLaugenerhitzungskesseln  im  Betriebe» 
ohne  dass  grössere  Reparaturen  nötig 
waren.  Die  stehenden  Kocher  lassen  sich 
sehr  bequem  und  schnell  füllen  und  ent- 
leeren, sie  sind  auch  verhältnismässig 
billig  Die  Kochung  ist  in  2Vt-3  Stunden 
erledigt.  Man  kann  im  Kocher  den  Stoff 
auswaschen.  Mit  8  -  9  kg  Chlorkalk  lassen 
sich  100  kg  Stoff  schön  weiss  bleichen. 


i«      JVr      fu  Iii 


....  *<*  . 


Fig.  166.  Ungerers  Cellulise 


Der  Chemiker  Albert  Ungerer  in  Wien 
schlug  1871  vor,  die  Aetznatronlauge  zur 
Holzzellstofffabrikation  in  einem  besonderen 


Dampfkessel  zu  erhitzen  und  sich  zur  Auf- 
schliessung des  Holzes  eines  Diffusions- 
apparates zu  bedienen.   Er  nahm  Patente 


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E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


371 


und  richtete  mehrere  HolzzellstofTt'abriken 
ein. 

1878  hatte  Verfasser  Gelegenheit,  einen 
solchen  Ungerer'schen  Apparat  bei  Herrn 
Papierfabrikaot  H.  Keferstein  in  Sinsleben 
bei  Er rr sieben  a.  Harz  zu  studieren,  der- 
selbe ist  Fig.  16ü  schematisch  dargestellt. 

Links  in  einem  besonderen  Kaum  steht 
ein  Laugenkessel,  am  besten  ein  einfacher 
Zylinderkessel,  derselbe  wird  mit  Aetz- 
natronlauge  gefüllt  und  je  nach  Dampf- 
und  Frischlauge- Verbrauch  mit  gleicher 
Lauge  nachgespeist.  Der  Kessel  liefert 
Dampf  durch  Rohr  R,  und  heisse  frische 
Lauge  (6— 8  Atm.  Ueberdr.)  durch  Rohr  R,. 

Die  Friscblauge  kann  durch  die  Ventile 
1,  4,  11,  18,  25.  32,  39,  46,  53  und  03 
direkt  in  die  10  vertikalen  Hauptrohre 
und  in  den  Stutzen  der  Kochapparate  1 
bis  X  geleitet  werden.  Ebenso  kann  auch 
dem  Frischdampf  vom  Kessel  mittelst  der 
Ventile  2,  5,  12,  19,  26,  33,  49,  47,  54 
und  61  derselbe  Weg  angewiesen  werden- 


Lauge  oder  Dampf,  die  in  einem  der 
Kocher  1  bis  X  gewirkt  haben,  köunen 
|  unterhalb  des  falschen  Bodens  durch  die 
Ventile  7, 14,21,28,35,  42,49,56,63,67,  in  das 
Vertikalrohr  des  nächsten  Kochers  gelangen. 
Hierdurch  ist  die  einfache  Verdrängung  der 
Flüssigkeit  von  1  nach  II,  11  nach  III  etc. 
durch  den  ganzen  Apparat  hindurch  er- 
möglicht, Hohrleitung  R3  (die  dritte  Längs- 
leitung von  oben)  ermöglicht  diese  Ver- 
drängung, auf  der  die  Wirkung  des 
Apparates  mit  beruht,  von  X  nach  1  hin. 
Rohrleitung  R4  erlaubt  das  Abdrücken  der 
Ablauge  aus  irgend  einem  der  Kocher 
durch  den  Kühler  K  nach  dem  Messgefäss 
A.  RA  ist  als  Reserverohr  für  den  gleichen 
ZwecK  zu  betrachten. 

Rfi  endlich  kann  zum  Ablassen  ge- 
brauchten Dampfes  in  die  Rinne  J  benutzt 
werden,  wenn  man  nicht  vorzieht,  den- 
selben mittelst  H4  durch  den  Kühler  K  ab- 
zuführen. 


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1878. 


Arbeiten  mit  dem  Apparat.  Apparat  1 
»st  fertig  mit  frischem  Holz  gefüllt,  II  ist 
gekocht,  man  hat  die  letzte  frische 


Lauge,  die  auf  II  gelassen  war,  mit  Dampf 
von  II  nach  III  übergedrückt  (wobei  III 
nach  IV.  IV  uach  V  etc.  etc.  verdrängt 


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372  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


wurde).  II  enthält  gespannten  Dampf,  der 
zum  Vorwärmen  des  Holzes  in  I  benutzt 
werden  soll  ;  zi  dem  Zwecke  öffnet  man 
die  Ventile  14,  16,  69,  3,  7  und  10,  oder 
man  kann  10  geschlossen  lassen  und  da- 
für 8,  72  und  73  offnen,  so  geht  der 
Dampf  in  die  Kühlschlange  und  das 
Kondenswassor  in  den  Messkasten  A 

Ist  der  Dampf  in  II  und  I,  nach  den 
(an  jedem  Steigrohr  angebrachten)  Mano- 
metern m  gleich  etwa  2  Atm.,  so  schliesst 
man  (für  Kocherl)  Ventil  7  und  3;  (für  II) 
schliesst  man  Ventil  14  und  öffnet  6  u.  10 
oder  für  letzteres  besser  8,  72,  73,  lässt 
also  aus  II  vorn  oben  den  Dampf  weg, 
zum  Schluss  öffnet  man  14  und  17  oder 
14,  15,  72  und  73,  bis  das  Manometer  am 
Steigrohr  des  Kessels  II  Null  zeigt,  dann 
kann  das  untere  Mannloch  des  Kessels  II 
geöffnet  und  der  Kocher  geleert  werden. 
Bei  diesem  Oeffnen  und  Leeren  kann  der 
Kessel  III  mit  letzter  frischer  Lauge  ver- 
sehen und  von  dieser  die  braunen  Laugen 
von  III  und  IV,  von  IV  nach  V  etc.  und 
von  X  nach  I  verdrängt  werden.  I  er- 
hält die  erste  braune,  bereits  stark  er- 
schöpfte Lauge.  Es  sind  dafür  folgende 
Ventile  offen  11,  21,  20,  28,  27,  36,  34, 
42,  41,  49,  48,  56,  5ö.  63,  62,  67  und  8, 
I  füllt  sich  dadurch  allmählich. 

Nunmehr  wird  von  III  die  letzte  reinste 
Lauge  durch  Dampf  nach  IV,  die  Lauge 
von  IV  nach  V  etc.,  X  nach  I  verdrängt. 
I  erhält  also  bereits  die  zweite  Lauge ; 
die  erste  Lauge  ist  total  erschöpft 
und  wird  zu  bestimmt  abgemessenem 
Quantum  nach  A  ausgetrieben,  es  sind 
folgende  Hähne  offen  12,  21,  20,  28,  27, 
35,  34,  42,  41,  49,  48,  56,  55,  63,  62,  67, 
3,  7,  8,  72,  73. 

Inzwischen  ist  Kocher  II  mit  frischem 
Holz  gefüllt.  Es  wiederholt  sich  für  II 
das  oben  für  I  Gesagte,  von  III  dient  der 
Dampf  zum  Vorwärmen  des  Holzes  in  II; 
I  erhält  die  dritte  Lauge,  die  zweite  Lauge 
von  1  wird  dabei  nach  II  verdrängt  etc. 

Der  Kocher  I  empfängt  allmählich  4,  5, 
6,  7,  8  immer  reiner  werdende  Laugen. 
Als  9.  Lauge  erhält  Kocher  I  frische  Lauge 
vom  Kessel,  dabei  erhält  IX,  der  frisch 


mit  Holz  versehen  und  gedämpft  war,  die 
braune  Lauge  von  VIII  als  erste,  die 
Ventilöffnuogen  sind  dabei:  1,  7,  6,  14,13, 
21,  20,  28,  27,  35,  34,  42,  41,  49,  48,  56 
und  55.  Zeigt  IX  den  Druck  des  Kessels 
so  sind  I— IX  sämtlich  voll  von  Lauge 
bis  unter  den  Deckel.  Den  Laugenstand 
kann  man  durch  die  an  jedem  Kocher  an- 
gebrachten Probierhähne  p,  und  p,  (I)  er- 
sehen. Nunmehr  wird  die  letzte  Lauge  von 
I  mit  Dampf  nach  II  übergedrückt,  von 
IX  wird  die  letzte  Lauge  nach  A  abge- 
drückt, Ventilöffnungen:  2,  7,  6,  14,  13. 
21,  20,  28,  27,  35,  34,  42,  41,  49,  48,  56. 
55,  63,  64,  72  und  73. 

Endlich  der  Dampf  von  I  zu  dem  in- 
zwischen in  X  eingetragenen  frischen 
Holze  geleitet.  Ventilöffnungen  7,  9,  65, 
62,  (67  und  70  kurz  geöffnet,  damit  die 
Luft  entweichen  kann,  dann  wieder  ge- 
schlossen, wenn  bei  J  Dampf  kommt) 
gleichen  Druck  in  I  und  X  abwarten,  dann 
Ventile  9,  65  und  62  schliessen. 

Dampf  aus  I  durch  Oeffnen  der  Ven- 
tile 7,  8,  72  und  73  oder  7,  8  und  10  aus 
dem  Kocher  I  ablassen,  schliesslich  den- 
selben öffnen  und  leeren. 

Das  Holz  ist  also  nacheinander  mit 
immer  reiner  und  reiner  werdenden 
Laugen  behandelt  und  ist  der  erhaltene 
Stoff  mit  richtiger  Laugenstärke  und  Tem- 
peratur, sowie  in  richtigem  Tempo  behan- 
delt, ausgezeichnet  rein  und  leicht  bleich- 
bar. 

Dieses  Ungerer'sche,  von  theoretischem 
Standpunkte  aus  ideal  zu  nennende  Diffu- 
sionsverfabren  ist  auf  wenige  Fabriken  be- 
schränkt geblieben  und  in  der  einzigen 
Fabrik,  die  noch  darnach  arbeitet,  in  Stup- 
pach  (Oesterreich),  wohl  sehr  vereinfacht; 
an  einigen  Stellen  bat  man  von  vornherein 
nur  6  oder  wohl  auch  nur  3  Kocher  in 
Ueberdrucksystem  angewendet  Der  teure, 
aufmerksamste  Bedienung  voraussetzende 
und  viele  Reparaturen  veranlassende  Ap- 
parat konnte  den  einfacheren  Kochein- 
richtungen nicht  dauernd  Konkurrenz 
machen. 

Einer  der  unbestreitbaren  Vorteile  des 
Verfahrens  ist  der,  dass  die. den  Kocher 


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E.  Kirchner,  das  papier,  ul  ß.  und  c.  Zellstoff. 


37 


verlassenden  braunen  Laugen  nicht  mehr 
alkalisch,  sondern  sauer  reagieren,  also 
bezüglich  Lösekraft  der  Inkrusten  völlig 
erschöpft  sind,  aber  es  ist  nicht  zu  Über- 
sehen, dass  der  Teil  der  letzten  frischen 
Lauge,  welcher  am  fertig  gekochten  Stoffe 
hängt,  durch  Auslauge- Einrichtungen  als 
dünne,  gelb  gefärbte  Lauge  zurückgewonnen 
und  zum  Ansetzen  frischer  Lauge  mit 
benutzt  werden  muss.  Es  ist  indes  an- 
zuerkennen, dass  Ungerer  mit  verhältnis- 
mässig wenig  Alkaliverlust  und  mit  geringem 
Druck  und  Temperatur  (8  Atm.  ^  174°  C 
bei  Nadelholz,  6  Atm.  164*  C  bei  Laubholz) 
arbeitete.  Geringen  Alkaliverlust  erreichte 
er  aber  nur  durch  gute  Wiedergewinnung, 
der  Aufwand  an  Alkali  überhaupt  war  hoch. 

Der  Sinslebener  Apparat  Figur  166 
balte  sehr  kleine  Dimensionen,  jeder  der 
10  Kocher  hatte  nur  0,8  m  Durchm.,  1,8  ra 
Füllraumhöhe.  Der  Spanfüllraum  betrug 
nur  etwa  1  cbm.  Man  rechnete,  dass 
0,42  fm  Holz  in  Spanform  hineingingen 
und  etwa  62  -  63  kg  lufttr.  Nadelholz- 
Cellulose  gewonnen  wurden.  Es  wurde 
mit  8051  11°  B6  Aetznatronlauge  1  Kochung 
fertig.  Nach  Tabelle  IV,  S.  87  dieses  Ab- 
schnittes, entspricht  das  0,805  .  100,7  = 
81,06  kg  Na,  COs-Aufwendung  oder  95,4 
(85'/«)  Na,CO,-Aufwendung,  d.  h.  auf  1C0  kg 
Stoff  brauchte  Ungerer  150  kg  Handelssoda. 
Sodaverlust  war  etwa  20'/»  ^  30  kg 
Handelssoda  pro  100  kg  luRtr.  Stoff. 
Uebrigens  sollen  diese  Verhältnisse  nicht 
für  eine  grosse  Anlage  als  zutreffend  ge- 
schildert sein,  in  letzteren  ist  noch  geringerer 
Sodaverlust  konstatiert 

Kocher,  mit  direktem  Dampf 
geheizt,  wurden  wie  für  Lumpen  so 
auch  zum  Herstellen  gelben  Strohstoffen 
schon  lange  angewendet  Die  bewährten 
Zylinder-  und  Kugelkocher  für  Kochen  von 
Stroh  waren  bereits  in  diesem  Abschnitt 
S.  54-58  beschrieben  und  durch  Fig.  5 
bis  9  zur  Anschauung  gebracht 

Dieselben  Kocher  sind  auch  für  Stroh- 
kochen vielfach,  für  Holzkocben  vereinzelt*) 

•)  Lünnerberg  in  Schweden  wandte  zum  Auf- 
»chlie«»en  von  HoIe  mit  Aetanatronlaiifre  Kugel- 
kocher an. 


angewendet,  wo  es  sich  um  Herstellung 
von  weissem  Zellstoff  handelt  Statt  Kalk- 
milch (beim  Kochen  gelben  Strohstoffes) 
tritt  dann  hier  Aetznatronlauge  ein.  Da 
sich  die  Kochlauge  durch  den  sich  konden- 
sierenden Heizdampf  je  länger  je  mehr 
verdünnt,  so  muss  sie  natürlich  von 
solcher  Stärke  sein,  dass  sie  den  letzten  Teil 
der  Inkrusten  auch  bei  erfolgender  Ver- 
dünnung noch  gründlich  zu  lösen  vermag 

Da  das  Stroh  in  grossen,  langsam 
drehenden  Kugel-  und  in  achsialdrehenden, 
zylindrischen  Kochern  sich  gern  zu 
Nestern  zusammenknäult,  die  nicht  ge- 
nügend durchkochen,  so  haben  Julius 
Römer-Steyrermübl,  Lahouse  u.  a.  Kocher 
eingeführt,  die  um  Zapfen  drehen,  deren 
Mittellinie  die  Längsachse  des  zylindrischen 
Kochers  rechtwinklig  schneidet.  Da  das 
Kochgut  bei  einer  Drehung  zweimal  von 
einem  Boden  zum  anderen  stürzt,  bat  man 
diese  Kocher  Sturzkocher  genannt. 

Man  bat  nach  den  Verfahren  Römer 
und  Lahouse  das  Fig.  167  dargestellte 
Arrangement  getroffen. 


ks  v  i  1^.  > 


F.Q  167.    Stroh»tott\ocherei.  1872. 


1000  kg  Strobhäcksel  kommen  mit 
einer  starken,  130  kg  (70/72°)  Na  OH  ent- 
haltenden Aetznatronlauge  in  einen  kugel- 


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374 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III  ß.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Mi  BfJ 


*  ♦  * 


Taf.  168.   Neuer  Sturikoch er.  Germania,  Chcmiitz.  1903. 


förmigen  Apparat  oder  Lauger  L,  von  etwa 
2,8  m  Durchm.,  wo  während  mehrerer 
Stunden  Drehung  eine  gründliche  Durch- 
mischung und  Durchtränkung  des  Strohes 
bewirkt  wird. 

Durch  die  Kipprinne  K  gelangt  das  ge- 
laugteStroh  in  einen  der  SturzkocherS|  u.  Sa, 
die  mittels  durchlocbter  Böden  b  und  einem 


System  durchlochter  Gasröhren  r  zur  Ver- 
teilung und  Durchdringung  des  Kocbgute* 
mit  Kochdampfund  Waschwasser  besonders 
geeignet  sind.  Die  Sturzkocher  haben 
1,66  m  Durchm.,  3  m  Lange.  Während 
der  Lauger  etwa  11  cbm  Inhalt  hat,  int  der 
Füllraum  der  Sturzkocher  je  nur  etwa 
5,7  cbm,  aber  das  Stroh  ist  auch  nach 


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e.  Kirchner,  das  papier.  in.  b.  und  c.  Zellstoff. 


375 


der  Laugendurchtränkung  auf  weniger  als 
das  halbe  Volumen  zusammengegangen. 
Römer  kochte  nun  mit  4Vt  Atm.  üeberdr. 
4-5  Stuoden  bei  fortwährender  Drehung 
der  Sturzkocher  und  wusch  mit  auf  30 
bis  35°  vorgewärmtem  Wasser  den  Stoff 
dreimal  aus,  wonach  das  Waschwasser  klar 
abfloss.  Der  Strohstoff  wird  nach  Ab- 
nehmen des  Deckels  in  die  Abtropfgrube 
unter  dem  Kocher  entleert.  Römer  gewann 
50'/»  Strohstoff,  der  mit  15-8  kg  Chlor- 
kalk auf  100  kg  Stroh  die  gewünschte  hohe 
oder  geringere  Weisse  erhielt. 

Ein  Sturzkocher  neuer  Bauweise 
für  Kochen  von  Stroh  ist  Tafel  168,  Fig. 
1  im  Aufriss,  Fig.  2  im  Grundriss  darge- 
stellt. Solche  Kocher  hat  die  Maschinen- 
fabrik Germania  (vorm.  J.  S.  Schwalbe 
&  Sohn),  Chemnitz  in  einer  Reibe  von 
Ausführungen  gebaut. 

Der  Kocher  hat  2,8  m  Durchm.,  ist  3  m 
ohne  Kegelansätze,  4,15  m  mit  Kegelauf- 
sätzen lang,  hat  also  einen  Füllraum  von 
etwa  22  cbm.  und  fasst  bei  Laugen  und 
Nachfüllen  etwa  3000-3500  kg  Stroh- 
bäcksei.  An  der  einen  Kegelspitze  0  be- 
findet sich  ein  Mannloch  M  70J  mm  1 
Durchmesser  mit  einem  nach  innen  ge- 
wölbten Blechdeckel  mit  12  Stück  lll*u 
Klappschrauben  verschlossen.  An  der  an- 
deren Kegelspitze  U  befindet  sich  ein 
Stoffschieber  S  150  mm  1  Durchmesser, 
der  das  Entleeren  des  Inhaltes  unter 
Druck  nach  den  Auswascbgefässen  er- 
möglicht. Auf  der  linken  Seite  des 
Kochers  befindet  sich  ein  dreifaches  Räder- 
vorgelege mit  Riemenantrieb,  rechts  beiludet 
sich  ein  hohler  Zapfen,  die  Stopfbüchse 
mit  dem  Kreuzstutzen  k  für  die  Ein-  und 
Ausgangsventile  für  Frischdampf,  Ab- 
dampf, frische  Lauge  und  Wasser.  An 
diesem  Kreuzstutzen  befinden  sich  noch 
ein  Sicherheitsventil  v  und  ein  Manometer 
m  zur  Erkennung  des  Druckes  im  Kocher. 
Die  Heizung  geschieht  mittels  eines  Ring- 
rohres K,  welches  konzentrisch  um  das 
Mannloch  angeordnet  ist 

Es  hat  sich  im  Betriebe  herausgestellt, 
dass  auch  in  diesen  kurzen  Kochern  eine 


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Taf.  169.  Moderne  Strohstoff-Kecherei. 

Einrichtung  zum  Wenden  des  Häcksels  nicht 
entbehrt  werden  kann.  Dieselbe  besteht 
beispielsweise  aus  einer  schmalenBlechwand, 
die  diametral  an  den  Kocherwänden  an- 
genietet ist  und  so  gleichzeitig  den  Kocher 
versteifen  hilft.  Dieser  neue  Kocher  zeigt 
eine  sehr  vereinfachte  Bauweise  und  ge- 
währt ein  bequemes,  schnelles  Arbeiten, 


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376 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF 


so  besorgt  der  Kochdampf  das  Entleeren 
des  Kochers  und  den  Transport  in  die 
Auslaugegefässe.  Das  tadellose  Durch- 
kochen des  Strohes  unter  Anwendung  von 
Wendeeinrichtungen  für  das  Kochgut  be- 
weist auch,  dass  ein  Durchsetzen  des- 
selben  mit  gelochten  Röhren  wie  beim 
Sturzkocher  Fig.  167  entbehrlich  ist 

Taf.l69,S.375gibtFig.t  einen  Querschnitt, 
Fig.  2  einen  Grundriss  einer  modernen 
Strohstoff-Kocherei   wieder.  Mittels 
eines  Ventilators  wird  das  Strohhäcksel 
durch   das  Rohr  R  in  eine  Zyklone  C 
(vergl.  diesen  Abschnitt  S  148  und  S  151 ; 
Fig.  30,  31,  35)  geblasen,  geht  durch  eine 
(nicht  mitgezeichnete)  Reinigungsmaschine 
und  füllt  in  einen  geräumigen  Vorratskasten 
V,  aus  welchem  dass  schnelle  Füllen  und 
Einstampfen  des  Häckels  in  einen  der  Sturz- 
kocher Kt   und  Ki  möglich    ist.  Nach 
Fertigkochen  wird   an  dem  nach  unten 
gestellten  Schieber  S  des  wie  Taf.  168 
konstruierten   Kochers  ein  Abstossrohr, 
welches   mit   seinem   Ende    von  Innen 
gegen  den  Deckel  eines   der  Auslaug 
kästen   Ai,    At,   As,   A«    gerichtet  isi 
angeschlossen    und    durch   Oeffnen  des 
Schiebers  bei  2  bis  2Vt  Atm.  Druck  der 
Inhalt  des  Kochers  in  den  betreffenden 
Kasten  entleert;  gleichzeitig  wird  vorge- 
wärmte dünne  Ablauge  durch  ein  ring- 
förmiges Brauserohr  in  den  betreffenden 
AuHlauger  A  vom  hochstehenden  Bassin  B 
eingeführt, wobei  der  frei  werdende  Dampf  zum 
Teil  kondensiert.  Der  übrigbleibende  Dampf 
entweicht  durch  ein  weites  Rohr  zum  Dach 
hinaus,  oder  in  einen  Kondensator.  In 
den  Kasten  A  kann  nach  früher  beschriebener 
Art  die  systematische  Auswaschung  durch 
dünner  und  dünner  werdende  Ablauge  und 
schliesslich  mit  Wasser  geschehen.  Das 
Bassin  U   nimmt  die  dünnsten  Ablaugen 
auf  und  eine  Pumpe  führt  sie  /um  Bassin 
B  zurück.   E  ist  ein  Elevator,  der  den 
aus  einer  Seitentür  der  Kasten  A  ent- 
leerten Stoff  in  die  Abteilung  zur  Zer- 
laserung  und  Reinigung  schaflt. 

Sinclair  und  John  Mc.  Nicol  in  Glas- 
gow gingen  bei  feststehenden,  direkt  mit 


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St 


Taf.  170 


Holzzellstoff  Kocherei.   Patent  Sinclair. 

Um  1873. 


Feuer  geheizten  Kochern  um  1870  auf 
Dampfheizung  derselben  Über.  Zunächst 
kochten  sie  so  Stroh  und  Esparto,  später 
auch  Holz. 

Taf.  170  zeigt  Fig.  1  einen  Vertikal- 
schnitt, Fig.  2  einen  Grundriss  durch  eine 
John  Mc.  Nicol'sche  Holzzellstoffkocherei 


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Ii.  Kirchner,  das  papIer.  m.  b.  und  c.  Zellstoff. 


nach  Patent  Sinclair  zu  Anfang  der  70er 
Jahre.  Nicol  hatte  bereits  ein  Zirkulations- 
robr  im  Kocher  mit  einem  Saugkopf  Fig.  1 
S  und  Brausekopf  B.  Bei  den  neuen  ameri- 
kanischen Kochern  soll  näher  darauf  zu- 
rückgekommen werden.  Nicol  wendete 
für  Nadelholz  11  Atm.  Ü.  Dampf  an.  Der 
Dampf  wurde  im  Höhrenkessel  K  nebenskiz- 
zierter Art  erzeugt,  und  zwar  verwendete 
man  statt  Speisewasser  verdünnte  Lauge, 
die  dabei  in  vorteilhafter  Weise  kon- 
zentriert wurde. 

Die  dargestellten  Kooher  hatten  5,7  cbin 
Füllraum,  fassteo  also  etwa  2  fm  Holz 


als  Hackspäne,  und  es  waren  somit  etwa 
3ü0  kg  Zellstoff  pro  Kocher  zu  erwarten. 
Der  Röhrenkessel  hatte  etwa  17  qm  Heiz- 
fläche und  1,10  qm  Rostfläche,  liess  somit 
einen  sehr  forcierten  Betrieb  zu.  Sobald 
die  Ablauge  im  Kessel  eine  gewisse  Kon- 
zentration erreicht  hatte,  wurde  dieselbe 
in  das  Ofen-Vorratsbasain  abgestossen,  und 
dünne  Ablauge  wurde  eingespeist 

Verschiedene  Neuerungen  zeigt  die 
Holzzellstoff- Kocherei  Tat  171,  Fig.  1 
im  Aufriss,  Fig.  2  im  Grundriss,  welche 
um  1884  sich  in  Skandinavien  mehrfach 
bewährt  hatte.  , 


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3\tf.  t. 


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Ski. 


Tafel  171.    Skandinavische  HoUzelistoff  Kocherel  um  1884. 


Die  aufrecht  stehenden  Kocher  A  wer- 
den von  oben  durch  den  Fülltrichter  F 
mit  Hackspänen  gefüllt.    Der  Injektor  I 


Fig.  1  wird  durch  direkten  Dampf  mittels 
Rohr  E  in  Betrieb  gesetzt,  das  Ventil  V, 
ist  geschlossen,  Va  geöffnet   Der  Injektor 

0.  Bogen  1904 


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378 


ß.  KiKCr 


.  das  Papier,  iit  b.  und  c.  Zellstoff. 


saugt  aus  dem  Frischlauge- Vorratsbassin 
B,  solange  Lauge,  bis  A  genügend  hoch 
mit  Lauge  aufgefüllt  ist,  darauf  wird  der 
Deckel  D  fest  verdichtet  und  verschraubt, 
V,  geschlossen,  V,  geöffnet  und  mit  dem 
Injektor  I  die  Lauge  in  stetiger  Bewegung 
durch  die  Holzspäne  erhalten.  Nach 
Fertigkochen  und  Ablassen  des  Hochdruckes 
wird  das  Ventil  bei  G  geöffnet  und  der 
Inhalt  bei  massigem  Druck  durch  das  Hohr  L 
in  das  Auslaugegefass  M  geblasen,  was 
bei  Anordnung  des  Trichtersiebes  G  an- 
standslos von  statten  geht. 

In  dem  Auslaugegefäss  wird  dann  der 
Stoff  mit  5  dünner  und  dünner  werden- 
den Laugen  und  mit  Wasser  gewaschen, 
schliesslich  mit  Wasser  verdünnt  und 
mittels  des  Schiebers  W  und  geneigter 
Holzrinne  in  einen  Waschholländer  H 
abgelassen.  Bassin  B,  nimmt  die  starke 
braune  Lauge  auf,  welche  nach  der 
Wiedcrgewinnungs-Anlage  je  nach  Be- 
darf gepumpt  wird.  Die  Zentrifugal- 
pumpe P  besorgt  das  Aufpumpen  der 
schwachen  Ablaugen  von  den  Auslauge- 
gefässen  M  nach  den  oben  stehenden  Kästen 
I  bis  V.  Die  Bedeutung  und  Funktion  der 
Hahne  1-10  und  der  Rohrleitungen  ist 
nach  früheren  Erklärungen  der  Aus- 
laugereien S  185/190  in  diesem  Ab- 
schnitt leicht  verständlich.  Hahn  5  ist  nur 
geöffnet,  wenn  Wasser  in  M  gebraucht  wird. 

Interesse  bietet  an  dieser  Stelle  der 
1885  von  J.  W.  Wyatt  beschriebene  Spel- 
kestel  zum  Kochen  von  Espartogras  nach 
Roeckner's  Patent.  In  diesem  Tafel 
172  dargestellten  Apparat  wird  direkter 
Dampf  von  unten  durch  eine  Dampfeinlass- 
kammer E  eingeführt  und  die  Kochlauge  durch 
eine  Injektor-Einrichtung  bei  D,  eine  weite 
äussere  Rohrverbindung  R  und  inneres  durch- 
löchertes Ringrohr  S  in  dauernder  Zirkulation 
erhalten.  Man  füllt  den  Kocher  0,9— 1,2  m 
hoch  mit  Wasser,  fügt  H-18  kg  (70/72°) 
Aetznatron  pro  100  kg  Gras  hinzu  und  füllt 
das  Gras  ein.  Nachdem  die  Lauge  zum 
Kochen  erhitzt  ist,  verschliesst  man  den  I 
Kocher,  bringt  in  3—4  Stunden  den  Druck 
auf  21/«— 27/*  Atm.  Ü.  und  erbült  denselben 
bei  Zirkulation  der  Lauge  Vit— 2  Stunden. 


Die  Ablauge  wird  darauf  abgestossen, 
Wasser  eingelassen,  dieses  bis  09 — 1,  lAtm. 
Li.  erhitzt  und  schliesslich  2—3  mal  kalt 
gewaschen. 

Jij.4. 


Taf.  172.   Speikessel,  Roeckner  Patent.  1885 


In  Amerika  hat  man  die  vorbescbriebene 
und  Taf.  171  dargestellte  skandinavische 
Holzzellstoff-Kocherei  in  der  Hauptsache 
akzeptiert  und  noch  etwas  weiter  vervoll- 
kommnet. 

Fig.  173  gibt  über  die  bei  Neuanlagen 
jetzt  überall  ausgeführten  Koch-Apparate 
näheren  Aufschluss. 

Der  Kocbapparat  A  von  2,74m  LDurcbm. 
im  Mittel  12,8  m  Höhe  ist  ganz  aus  einem, 


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e.  kikchnek.  das  Papier,  in.  b.  und  c.  Zellstoff. 


Slück  geschweisst.  Das  eben  aufgeschweisste 
etwa  500  mm  weite  Mannloch  M  ist  die 
einzige  EinsteigöfTnung;  die  Planschen  E 
für  den  Entleerungsschieber,  P,  lür  den 
Heizdampfeintritt  und  P9  für  das  Sicher 
heitsventil,  Manometer  und  Darapfablass 
sind  ebenfalls  angeschweisst.  Der  aus 
entsprechendem  Faconeisengerippe  und 
gelochten  Blechen  eingebaute  Siebkegel  K 
ist  am  Plansch  E  durch  Schrauben  be- 
festigt und  sonst  nur  lose  (ohne  an  den 
Kocberwänden  angenietet  zu  sein)  aus 
Stöcken,  die  untereinander  verbunden  sind, 
eingebaut.  Das  RohrR,  von  etwa  50  mm 
kDurchm.  empfangt  bei  Ft  Frischdampf 
und  leitet  denselben  mit  Lauge  aus  dem  Raum 
zwischen  dem  Mantel  A  und  dem  Siebkegel  K 
durch  einen  Injektor  J  in  das  65  mm 
l.Durchm.  weite  Steigrohr  Ra.  Die  durch 
den  Heizdampf  erhitzte  und  getriebene 
Lauge  tritt  oben  durch  einen  Brausekopf  B 
aus,  ein  etwa  40  mm  l.Durcbm.  weites 
Rohr  H8,  an  beiden  Seiten  offen,  gleicht 
den  Druck  im  oberen  Teil  und  unteren 
Laugenraum  des  Kochers  aus.  Es  wird 
durch  diese  Einrichtung  eine  lebhafte 
Zirkulation  der  Lauge  durch  das  Holz  hin- 
durch unterhalten.  Nach  Fertigkochen 
wird  durch  Oeffnen  des  Schiebers  E  bei 
2—3  Alm.  Ueberdruck  der  ganze  Inhalt 
des  Kochers  in  wenigen  Minuten  in  die 
Wascherei  abgedrückt.  Der  Kocher  bat 
bei  oben  angegebenen  Dimensionen  etwa 
71 5  cbm  Füllraum  und  fasst  die  Hack- 
späne von  etwa  29  fm  Holz.  Man  gewinnt 
unter  Anwendung  einer  etwa  10°  Be  Aetz- 
natronlauge  und  8'/t  Atm.  Druck  nach 
Bstündigem  Kochen  mit  jeder  Kochung 
4200-  4500  kg  tr.  ged.  Zellstoff. 

Die  Einrichtungen  zur  weiteren  Be- 
handlung des  Zellstoffes  sind  aus  Taf.  174 
auf  Seite  380  Figur  1  Aulrissschnitt, 
Fig.  2  Grundriss  zu  ersehen. 

Man  erkennt,  dass  mit  dieser  Ein- 
richtung sehr  schnell,  ohne  viel  Arbeits-  und 
Lohnaufwendung  grosse  Quantitäten  Stoff 
fertiggestellt  werden  können. 

Aus  dem  grossen  hochgelegenen,  immer 
gefüllt  gehaltenenJHolzraum  H  geht  die 
Füllung  mit  "Spänen  in  kurzer  Zeit  vor 


Flg.  173.    NatronzellstofTkooher.  Anerika.  1900. 

sich.  Man  legt  gelochte  eiserne  Siebbleche 
im  Kocher  auf  das  Holz,  lässt  die  Kochlauge 
ein,  dichtet  und  verschraubt  das  Mannloch, 
stellt  unter  Oeffnung  des  Ablassventils 
oder  des  Sicherheitsventiles  Dampf  an, 
schliesst,  wenn  Dampf  kommt,  die  obere 
Oeffnung,  kocht  bei  8V«  Atm.  Ueberdr. 
8  Stunden  und  lässt  den  Dampf  auf  2'/t 
bis  3  Atm.  ab,  darauf  wird  der  Schieber 
unten  (siehe  obige  Fig.  173)  geöffnet  und 
der  ganze  Inhalt  durch  das  200  mm  weite 
Kohr  nach  dem  Abblase-Bottich  B  gegen  den 


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ä80  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Iii.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Begehreibung:  II  Vorra^sraum  für  gehackte 
HolzKpiine.  K  <lie  Kocher,  St.  Ausblaserohr 
T  Teller  im  AusblaseboUich  B,  L  Pumpenrohr 
von  einer  Pumpe  bei  P,  VBoiienventil,  W  Schwenk- 
rohr, O  Bottiche  mit  J-'iltcrboden,  1'  Lavgen« 
»el'.'iw  für  >t«rke  uixl  schwache  Lauge,  K  gros»? 
Hn[7.li..ttu>hf  mit  J{iihnvrrken. 


Taf.  174.  Amerikanische  Natronzell»toff  Kochfrei  1900. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  ß.  und  C.  ZELLSTOFF. 


381 


Teller  T  abgestossen,  hier  wird  der  frei- 
werdende  Dampf  zum  grösstenTeil  durch  die 
mittelst  Pumpe  P  und  Rohrleitung  L  aufge-  t 
pumpte  schwarze  kalte  Lauge  kondensiert 
und  seine  Wärme  nutzbar  gemacht,  der 
verbleibende  Dampfrest  entweicht  ins  Freie. 
Die  zum  Kühlen  benutzte  schwarze  Lauge 
hat  etwa  8'  Bö.  Der  Ausblasohottich  wird 
nun  durch  Hoben  des  Ventils  V  mittels 
des  Schwenkrohres  W  in  einen  der  Bottiche 

0  entleert  Die  Lauge  wird  unterhalb  des 
Filterbodens  von  0  nachü  abgeführt.  Darauf 
wird  der  Stoff  in  0  mit  einer  2'  Be  Lauge 
gewaschen,  diese  ebenfalls  abgelassen, 
und  der  Stoff  mit  heissem  Wrsser, 
welches  durch  Spritzrohre  eintritt,  ge- 
waschen, endlich  nochmals  mit  reinem 
Wasser  verdünnt  und  in  einen  der  Bottiche 
R  mit  Rührwerk  abgelassen. 

Rechnet  man  die  Kochperiode  9  Stunden, 
so  ist  man  in  der  Lage,  mit  1  Kocbapparat 
2Vs  Kochungen  fertig  zu  bringen  und  bis 
12  t  Stoff  in  24  Stunden  zu  erzeugen.  Mit 

1  Kochern  ist  also  eine  Tagesproduktion 
von  etwa  48  t  Natronzellstoff  erreichbar, 
was  nach  den  Resultaten  früherer  Betriebe 
dieser  Art  sehr  bedeutend  zu  nennen  ist.  Die 
Produktion  eines  Kochers  dieser  Grösse  wird 
übrigens  von  den  Amerikanern  auch  auf  13 1 
angegeben. 

Sulfitkocher.  Kocher  mit  Heizrohr- 
systemen, Heizmänteln  etc.  waren  schon  vor 
der  Erfindung  des  Sulfitverfahrens  in  der 
chemischen  Technik  allgemein  bekannt,  da- 
her führte  sie  Tilghman  in  seinen  Patent- 
schriften 1866,  67  nur  nebenher,  als  den  mit 
chemischen  Einrichtungen  beschäftigten 
Ingenieuren  geläufig  an.  Auch  die  Aus- 
kleidung von  eisernen  Gefäasen,  in  denen 
mit  sauren  Flüssigkeiten  gearbeitet  wurde, 
mit  Blei,  säurefesten  Steinen  und 
Zement  ist  vor  1873  bekannt  gewesen. 
Nach  Lunge0)  wurde  bis  zum  Jahie  1873 
in  einer  Schwefelsäurefabrik  bei  New- 
Castle  eine  eiserne  Kochtrommel  für  Säure 
verwendet,  welche  innen  mit  Blei  und 
säurefesten  Steinen  ausgefüttert  war. 

•)  Handbuch  der  Sodaindustrie,  I.  Aufl.  S,  892. 


Das  Dämpfen  von  Holz  und  das  nach- 
herige Beiaugen  desselben  in  Kochapparaten 
war  dem  Amerikaner  J.  R.  Haukell  am 
19.  März  1867  (Amerik.  Patent  Nr.  63  044) 
patentiert 

Diese  Tatsachen  müssen  vorausgeschickt 
werden,  um  zu  erkennen,  dass  derlei  Ein- 
richtungen auf  das  Sulfilverfahren  nur 
übertragen,  nicht  aberneu  erfunden 
zu  werden  brauchten. 

Sulfitkocher.  Tilghman*)  kochte  in 
mit  Blei  und  Hartblei  verkleideten  schmiede- 
eisernen Drehkochern  15,2  m  lang  0,912  m 
Durchmesser.  Er  heizte  mit  einer  im 
Kocher  liegenden  Bleispirale  bis  41/*  Atm. 
Druck.  Holz  und  Lösung  folgten  dem 
Gegenstromprinzip.  Er  wollte  SulBtzell- 
stoff  durch  kontinuierlich  wirkende  Holz- 
füllung  und  Stoffentleerung  mit  Hilfe  auto- 
matisch wirkender  Nebenapparate  ge- 
winnen**), was  nicht  gut  ging.  Nach  Einsicht, 
dass  die  Durchführung  der  kontinuierlichen 
Stoffgewinnung  wirtschaftlich  nicht  möglich 
sei,  wollte  man  mit  einem  einfachen  blei- 
verkleideten Kugelkocher  arbeiten. 

C  D.  Ekman  war  der  erste,  der  vom 
Oktober  1874  in  miC  Blei  ausgekleideten 
Kochern  regelmässig  Sulfitstoff  nach 
Tilghman'schem  Grundprinzip  herstellte 
und  diesen  neuen  Stoff  in  die  Papier- 
fabrikation einführte. 

Er  hatte  8  kleine  Kocher  mit  Dampf- 
mantel, nach  Sturz kocherart  in  Zapfen 
gelagert.  Der  Kocher  war  aber  nur  zum 
Drehen  um  180°  für  bequeme  Entleerung 
eingerichtet. 

Taf.  17öS. 382  zeigt  eine  Prinzipskizze  der 
Kocherkon?truktion  Fig.  1  im  Schnitt,  Fig.  2 
in  Seitenansicht,  wie  ich  sie  nach  einer 
mir  aus  Schweden  zugegangenen  Zeichnung 
kopiert  habe. 

Bei  1,26  m  1.  Durchm.  und  3,65  m  Füll- 
höhe verfügte  Ekmaon  über  etwa  4,5  cbm 
Füllraum,  er  brachte  die  Hackspäne  von 
etwa  1,8  fm  Nadelbolz  hinein  und  hatte, 
wie  S.  16  auch  angegeben  ist,  ä  Kochung 
etwa  360  kg  Stoffausbeute.   1500 1  Jahres- 

•)  Man  vergl.  S.  13  dieses  Abschnittes. 
•*;C  Hoimann,  Handbuch  der  Papiorrabrikation 
IL  Auflage,  8.  1419. 


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382 


E.  KIRCHNER.   DAS  FAPIKK.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Taf.  175.   Ekmanscher  SulfitstoffKocher.  1874. 

H  csch  rc  ibuu  g.  .1  der  innere  Mantel  des  mit  Ulci1aj*e  I)  ausgeloteten  KocherB  A.  N  '1er 
Füll-  und  Kntlecriinx'ttutzen  f>t;  cm  1.  Durchtn.,  mit  durch  Klajinschrauhcn,  Kin»nut  und  Hlei- 
rand  b(Fig  -)  zu  verdichtendem  Deckel.  M  äus!ercr  Mantel,  detRclbe  ist  von  einem  starken  (iussrin?. 
an  den»  die  Zapfen  Zj  und  Za  atigejross^n  sind,  umgeben.  Bei  F.  tritt  der  Hci/.dumpf  zwischen 
M  und  .1,  das  Kondensationswasser  tritt  durch  d«H  an  .1  festgenictefe,  durch  eine  Stoufböchs- 
eiurichtung  W  geführte  Kohr  aus.  Dicsei  Itobr  sichert  «lein  inneren  Kocher  A  seine  richtige 
Lage  zu  M.  Durch  ein  NchrauhcrtradNegmenl  R  uud  Sohnecke  S  ist  eine  Drehung  des  Kochers 
um  18U"  zwecks  Kctlcerung  erim'.ipiicht  V  ist  ein  Bleirohr  zur  Probeentnahme  der  Kochtlüssig- 
k  eit  etc.,    und  auf  dem  Mannloehdeckcl   findet  »ich   eiu  Hühnchen  für  das  Manometerrohr. 


Produktion,  die  Ekman  nach  Buchauszögen 
in  den  80er  Jahren  erreichte,  gibt  rund 
42(J0  Kochungen  pro  Jahr.  Rechnen  wir 
30()  Arbeitstage,  so  wurden  täglich  14 
Kochungen  durchschnittlich  gemacht,  d.  h. 
bei  8  Kochapparaten,  die  unumgänglichen 
Stillstände  berücksichtigt,  kann  die  Kochung 
nicht  mehr  wie  12  Stunden  beansprucht 
haben  (7  Kocher  A  2  Kochungen).  Es  ist 
zu  bemerken,  dass  diese  Ekman'schen 
Kocher  zum  Teil  noch  1896  im  Betriebe 
waren,  also22Jahre  ihren  Oienstgetao  haben. 

Prof.  Dr.  A.  Mitscherlich  hatte  in  seiner 
Versuchsfabrik  zu  Hann.  Münden  zunächst 


einen  liegenden  Kocher  von  5  cbm  und 
einen   stehenden   von  8  cbm  Füllraum, 
spater  (Anfang  der  80er  Jahre)  kam  noch 
j  ein  weiterer  Kocher  von  40  cbm  Füllraum 
;  hinzu.  Zum  Schutze  des  Eisens  dienten  Blei- 
!  platten  oder  Bleifolien,  erstere  wurden  an- 
einander gelötet,  letztere  mit  einem  An- 
|  strich  von  Teer  und  Pech  an  das  Blech 
1  angeklebt.    Dieser  Bleibelag  wurde  durch 
eine  Ausmauerung  aus  säurefesten  Steinen 
|  und  Zement   festgehalten    und    so  dem 
j  eisernen  Mantel  ein  solider  doppelter  Schutz 
i  gewährt. 


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E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


383 


6  »v<*o>£U4 


Taf.  176.  Mitecherlich  Sulfitkocher.  1880. 


Verfasser  verdackt  der  Direktion  der 
Zellulose-  und  Holzstoff-Fabrik  A.  Bier- 
brauer*), Löbnbergerhütte,  Kenntnis  einer 
im  Dez.  1879  gefertigten  Zeichnung  der 
1880  von  der  Firma  H.  Fölzer  Söhne  in 
Siegen  gelieferten  stehenden  Mitscherlich- 
Kocher.  Diese  alte  Zeichnung  ist  Taf.  176 
wiedergegeben,  sie  gibt  links  ein  Gesamt- 
bild des  Kochers  im  Schnitt  mit  einge- 
schriebenen Haupt  -  Dimensionen  und 
Fundierung.  Die  Ausmauerung  ist  durch 
gestrichelte  Linien  angedeutet.  Die  Bilder 
rechts  erklären  Details  der  Verschlüsse. 
Bei  Annahme  einer  etwa  18  cm  starken 
Ausmauerung  verbleibt  ein  Innen-  oder 
Füllraum  von  etwa  60  cbm,  der  eine  Stoff- 
menge pro  Kochung  von  500D  kg  ergibt. 
Die  Mantelplatten  haben  nur  15  mm  Dicke. 

Auf  gestellte  Fragen  antwortet  die 
Direktion :  »Die  von  der  Firma  H  Fölzer 
Söhne  in  Siegen  gelieferten  Kocher  tuen 
bis  heute  (13.  Februar  1903)  noch  ihren 
Dienst  Die  Ausmauerung  wurde  vor 
ca.  10  Jahren  erneuert,  gleichzeitig  wurden  j 


•)  1879  war  F.  Wetz  Besitzer  «lieecr  Anlage, 
war  der  erste  Zessionar  Mitseherlichs. 


das  obere  Mannloch  und  die  Kocherdeckel 
ersetzt.  Ursprünglich  waren  die  Kocher 
mit  einer  Vsmm  dicken  Bleifolie  ausgekleidet 
und  mit  einer  8  cm  dicken  Schicht  säure- 
fester Steine  ausgemauert,  nach  Verlauf 
von  einigen  Jahren  wurde  die  Bleifolie 
durch  3  mm  starkes  Bleiblech  ersetzt  und 
die  Ausmauerung  doppelt  so  stark  in  zwei 
Schichten  hergestellt, 

Das  Heizrohrsystem  befand  sich  zu  -/s 
im  unteren  Konus,  zu  '/■  im  zylindrischen 
Teil  des  Kochers. 

4  Meter  Durchmesser  zu  konstruieren, 
war  von  den  Lieferanten  des  Kochers 
vorgeschlagen.« 

Der  zweite  Zessionar  Mitseherlichs,  der 
Chemiker  0.  Vogel,  welcher  1878/80  den 
Betrieb  der  Fabrik  in  Hann.  Münden  ge- 
leitet hatte,  ging,  wie  schon  in  dem  Ab- 
schnitt »Geschichte«  S.  45  gesagt  war,  in 
der  Wahl  der  Grösse  der  Kocher  noch 
weiter  und  Hess  1880  von  Socio  &  Wiek, 
Basel,  seinen  ersten  liegenden  Kocher  von 
80  cbm  Füllraum  bauen  und  bestellte  drei 
Monate  später  seinen  zweiten  liegenden 
Kocher  bei  derselben  Firma. 


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:i8* 


E.  KIKCHNEK.    DAS  PAPIEK.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Dieser  zweite  Vogelsche,  damals  grösste 
Kochapparat  der  Welt  hatte  4  m  I.  Durchm. 
des  Mantels  und  12  m  Länge  und  nach 
Abzug  der  Auskleidung  etwa  120  cbm 
Füllraum ;  man  kann  in  solchem  Kocher 
mit  jeder  Kochung  9000-10000  kg  trocken 
ged.  Sulfitstoff  gewinnen,  was  für  einen 
lukrativen  Betrieb  von  grösster  Be- 
deutung ist. 

Ein  solcher  Kocher  ist  Taf.  177,  Fig.  1 
in  Ansicht  und  teilweisem  Längsschnitt, 
Fig.  2  im  Querschnitt  skizziert. 

Aul  2  X  7  I  Trägern  ruht  der  Riesen- 
kocher A  auf  14  Tragfüssen  F,  in  der 
Mitte  festgelegt,  im  übrigen  auf  Rolllagern 
nach  den  Enden  zu  verschiebbar.  Durch 
die  oberen  Mannlöcher  0  wird  das  Koch- 
holz und  die  Kochlösung  eingefüllt,  durch 
die  unteren  Mannlöcher  U  fällt  der  fettige 
Stoff  in  die  untere  geräumige,  über  manns- 
hohe Grube  G  rrit  Abzugrince  R.  B  ist 
eine  Bühne  in  einer  Höhe,  dass  die 
Armaturen  beobachtet  und  bedient  werden 
können.  Der  Heizdampt  tritt  bei  11  ein, 
bei  T  steckt  ein  Quecksilberlhermometer 
wickelig  abgebogen  in  einem  ins  Innere 
des  Kochers  reichenden  Rohrsack.  S  ist 
die  Heizschlange,  durch  welche  der  Dampf 
streicht,  der  das  Kochgut  indirekt  heizt. 


Im  Muspralt*)  wird  der  liegenden 
Anordnung  der  Mitscherlich-Kocher  der 
Vorzug  gegeben,  die  Kocher  sollen  über 
einer  StofTgruhe  von  etwa  2  m  Höhe 
montiert  weiden  Die  unteren  Mannlöcher 
U  sollen  wegen  schnellen  und  bequemen 
Entleerens  um  V«  der  Länge  des  Kochers 
von  den  Enden  entfernt,  die  oberen  Mann- 
löcher 0  an  den  Endplatten  angeordnet 
werden,  da  der  Dampf  bei  dem  der  Kochung 
vorausgehenden  Dämpfprozess  des  Holzes 
durch  das  eine  Mannloch  ein-  und  durch 
das  andere  zweckmässig  abgeführt  werden 
soll. 

Um  im  Mantel  des  Kochers  mög'ichst 
wenig.  Löcher  zu  haben,  sind  die  Ablass- 
und Sicherheitsventile  Einlass-  und  Ablass- 
ventile auf  den  Mannlochdeckeln  ange- 
bracht. Es  wird  empfohlen,  nach  sorg- 
fältiger Belegung  des  Eisen-  oder  Stahl- 
mantels mit  einer  Teer-Pech-Masse  und 
Bleifolie  die  untere  Hälfte  dos  Kochers 
mit  zwei  Flacbschichten  porzellanartig 
gebrannter  Steine  in  Zement  gelegt,  die 
obere  Hälfte  mit  einer  Rollschicht  gleichen 
Materials  auszukleiden.     Die  Steine  der 


•)  Mu»praU,  Chemie,  bearbeitet  von  St  ob  mann 
und  Kerl  VI,  gedruckt  im  .Jahre  18  >&  S.  1729  etc. 


Taf.  177.    Sulfitkocher.    C.  Vogels  Grösse.  1881. 

oberen  Rollschicht  sind  mit  Feder  und  Nut,  Die  Bekleidung  der  Mannlöcher  wird 
wie  Fig.  178  zeigt,  ausgestattet.  |  nach  Fig.  178  als  zweckmässig  empfohlen. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


385 


1 


Flfl.  178.  Mannlochverkleidang. 


Da»  Blciblech  zunächst  dem  Eisenstutzen 
ist  Weichblei  4  mm  stark  und  ist  mit  Teer- 
pechmasse an  das  Eisen  geklebt,  das  innere 
Blech  besteht  aus  Hartblei,  hat  8  mm 
Stärke  und  ist  mit  Zement  an  das  Mauer- 
werk und  den  inneren  Bleimantel  gekittet 
Beide  Bleche  sind  um  den  Mannlochflansch 
umgebördelt.  Der  Mannlochdeckel  mit 
Dichtungsring  ist  mit  dickem  Bleiblecb  ver- 
kleidet, die  Stutzen  Öffnungen  sind  ebenfalls 
mit  Blei  belegt 

(Verfasser  liess  die  Mannlöcher  an  den 
inneren  bleiverkleideten  Stutzen- Wänden 
noch  mit  Mänteln  gestampften  Zement- 
betons etwa  4— 5  cm  stark  belegen,  was 
sich  sehr  gut  bewährt  hatte.) 

Für  die  Heizung  sind  4  getrennte 
Schlangenrohrsysteme  in  der  Taf.  177  Fig.  1 
angedeuteten  Anordnung  vorhanden.  Jedes 
System  hat  seinen  eigenen  Ein-  und  Aus- 
gangsstutzen in  der  linken  Kopfwand  des 
Kessels.  Für  jedes  System  sind  200  m 
Hartbleirobre  (etwa  40  mm  äusseren,  25 
bis  30  mm  inneren  Durchmesser)  nötig, 
man  hat  demnach  eine  Heizfläche  von 
0,04 .  t  .  200 . 4  100  qm  für  einen  Kocher 
von  120  cbm  Füllraum.  Wandstärke  der 
Rohre  7 Vi  bis  5  mm. 

Die  Dampfzuleitung  vom  Dampfkessel 
ist  mit  einem  Rückschlagventil  versehen, 
damit  bei  undicht  werdenden  Heizschlangen 
keine  saure  Flüssigkeit  in  den  Dampfkessel 
übertreten  kann.  Erzeugt  der  Dampfkessel 
hochgespannten  Dampf,  so  muss  letzterer 
mittels  eines  in  die  Leitung  anzubringenden 
Heduzierventiles  auf  2'/i-3  Atm.  gedrosselt 
werden  können. 


Verfasser  leitete  den  Betrieb  einer 
Sullitholzzellstofffabrik  in  den  Jahren  1886 
bis  89,  also  vor  15  Jahren,  d.  h.  zu  einer 
Zeit,  als  man  noch  über  die  zweckmässigste 
Auskleidung  und  bestes  Material  ohne  lang- 
jährige Erfahrung  war;  es  gelang  ihm, 
zwei  Kessel  4  m  Durcbm.  12  m  Länge 
in  dauernd  gut  betriebsfähigen  Zustand 
zu  versetzen.  Ein  Kosher  A  war  mit  schmied- 
eisernem Mantel,  innen  mit  5  mm  starken 
verlöteten  Bleiplatten  und  Faconsteinen 
(etwa  20  cm  stark)  ausgekleidet,  der  andere 
Kocher  B  hatte  einen  Stahlmaotel,  der  unter 
Kälteeinwirkung  bei  Hochgehen  des  Druckes 
zersprungen  war  (vergl.  S.  36 1! 5).  Er 
wurde  geflickt  und  dann  mit  Bleifolie 
(etwa  Vs  mm  dick)  belegt  und  mit  zwei 
Flachschichten  (etwa  15  cm  stark)  Säure- 
Tester  Steine  ausgekleidet. 

Die  Kosten  der  Kocher  stellten  sich 
wie  folgt: 

A.  Kocher  aus  Schweisseisen 


Manlel  18  mm,  Koplbleche  20  mm  dick, 
mit  Bleiplatten  und  Faconsteinen 
ausgekleidet 


Eisengewicht  etwa  25000  kg 

M.  14500 

Bleiplatten  5u  10mm  stark  12500  kg,, 

4000 

Lötapp.  und  Schläuche 

240 

Bleilöter  und  Gehilfe 

» 

560 

Lötzinn 

»» 

240 

Fagonsteine 

11 

25fo0 

Zement  15000  kg 

?! 

720 

6  ital.  Maurer 

■' 

500 

Bleirohranschlüsse 

M 

530 

Kupferne  Heizschlange 

•> 

1150 

Handlanger  bei  Gerüstbau  und 

Drehen  des  Kochers 

II 

800 

Armaturen 

l) 

2800 

Fundamente  und  Böden 

•  t 

1200 

Gesamtkosten 

~m7 

29700 

B.  Kocher  mit  Stahlmantel 
Mantel  14  rem,  Kopfbleche  20  mm  dick, 
mit  Bleifolien  und  gewöhnlichen  säurefesten 
Steinen  belegt 

Gewicht  20200  kg  M.  12800 

Bleiplatten  5  u.  10  mm  dick  1050kg  „  340 
200 qm  1mm  dicke  Bhifolie  2260,,  „  760 

n039ÖÖ 
7.  Bogen  1U04. 


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886 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  and  C.  ZELLSTOFF. 


Transport  M.  13900 


Bleilöter  und  Gehilfe  „  460 

Lötzinn  „  80 
650  kg  Schuslerpech  500  kg 

Steinkohlenteer  „  300 

12000  säurefeste  Steine  „  1680 

Zement  15000  kg  „  720 

6  ital.  Maurer  30  Tage  „  580 

Holzgerüste  „  200 

Bleirohranschlüsse  „  500 

Kupferne  Heizrohre  stärker  „  1750 

Handarbeit  für  Drehen  des  Kochers  „  430 

Armaturen  „  2800 

Fundament  und  Böden  „  1200 

Gesamtkosten  M.  24600 


Die  Ausmauerung  in  A  war  in  Facon- 
steinen  incl.  der  Fugen  180  -200  mm  dick, 
die  bei  B  160-180  mm  dick  ausgefallen. 

Man  erkennt,  dass  Kocher  A  über  5000  M. 
Anlagekapital  mehr  erforderte  als  Kocher  B. 

Es  hatte  sich  beim  Kocher  A,  dessen 
erste  Ausmauerung  ohne  Erfahrung  von 
Italienern  aus  verschiedenartigen  Steinen 
gewöhnlichen  Ziegelformates  27—30  cm 
dick  hergestellt  war,  herausgestellt,  dass 
das  Mauerwerk  und  die  Verbleiung  nicht 
mehr  dicht  hielten,  nachdem  vom  1.  Dez. 
1883  bis  3.  Juni  1886,  also  in  30V  io  Monaten 
112  Kochungen  damit  durchgeführt  waren. 
Die  letzten  Kochungen  wurden  nur 
mit  Schwierigkeiten  und  Verzögerungen 
unter  Undichtsein  fertiggebracht.  Beim 
Herausreissen  des  Mauerwerks  und  des 
alten  Bleibleches  zeigte  sich  ersteres  teil- 
weise zerstört  und  letzteres  an  verschieden- 
en Stellen  durchstossen  (infolge  Unvor- 
sichtigkeit der  Maurer  an  den  dicken  nach 
innen  stehenden  Nietköpfen  und  Blech- 
Ueberlappungen).  Das  t8  mm  dicke 
Schweisseisenblech  war  an  verschiedenen 
Stellen  von  der  Säure  aufgezehrt  und  zer- 
fressen, so  dass  grössere  Flicken  eingesetzt 
werden  mussten. 

Dieser  Kocher  A  wurde  nach  dem 
Flicken  des  Mantels  mit  5  mm  dicken 
Bleiplatten  verkleidet  und  dann  mit  Wasser- 
druck geprüft,  wobei  er  sich  als  dicht  er- 
wies. Dann  wurde  die  Ausmauerung  mit 
doppellagig  fugen  versetzten  Faconstein- 
scaichten  in  reinem  Schieferdeckerzement 


vorgenommen.  Die  Faconsteine  erwiesen 
sich  später  im  Betriebe  als  in  der  Masse 
nicht  gleichartig  und  gaben  zu  öfterem 
Ausbessern  (Verschmieren  von  Rissen  und 
ausgefressenen  Zementfugen  geschah  nach 
jeder  Kochung)  Veranlassung.  Die  Aus- 
mauerung in  der  unteren  Kocherhälfte  ge- 
schah ohne  Gerüst,  die  der  oberen  über 
einem  Leergerüst  Die  vorstehenden  Blech- 
kanten und  Nietköpfe  unter  dem  Blei  er- 
wiesen sich  als  sehr  störend,  es  war  ein 
Füllen  mehrerer  Stellen  durch  Zementbrei, 
ein  Ausspitzen  von  Vertiefungen  lür  vor- 
stehende Nietköpfe  etc.,  sowie  grosse 
Vorsicht  beim  Mauern  nötig,  um  das 
Lädieren  des  Bleimantels  zu  vermeiden. 
Der  Kocher  A  erwies  sich  aber  dann 
vom  ersten  Koch  der  neuen  Periode  als 
dicht. 

Der  Kocher  hatte  dann  von  April  1887 
bis  August  1893,  also  während  6 Vi  Jahren 
nur  kleinere  Reparaturen  an  den  Mann- 
löchern und  Heizschlangen  nötig,  1891 
wurden  auch  ganz  neue  Heizrohre  einge- 
legt. Vom  August  1893  bis  Dezember  1899 
waren  wieder  mancherlei  Reparaturen  am 
Mauer-  und  Bleikleid,  sowie  am  Schweiss- 
eisenmantel notig.  1899  bis  1900  war  der 
Kocher  ganz  ausser  Betrieb,  wurde  dann  1900 
mit  einigen  oberen  neuen  Eisenplatten  ver- 
sehen, erhielt  Bleibekleidung  nur  noch  um 
die  Mannlöcher  herum  und  eine  zwei- 
tägige Ausmauerung  aus  säurefesten  Steinen 
in  Zement.  Seit  September  1900  ist  der 
Kocher  wieder  in  ungestörtem  Betriebe. 

Der  Kocher  B  war  nach  den  Mit- 
teilungen Seite  364  geplatzt,  und  das  noch 
gute,  sehr  feste  Mauerwerk  musste  heraus- 
geschlagen werden ;  diese  Arbeit  wurde 
von  italienischen  Maurern  '  in  Akkord  für 
800  M.  ausgeführt  (etwa  500  M.  hätten  auch 
genügt),  dann  wurde  das  Blei  entfernt,  die 
zerrissenen  Platten  teilweise  beseitigt  und 
Flicken  eingesetzt,  die  Platten  innen  sauber 
gerieben  und  Bleifolie  1  mm  stark  nach 
Anstrich  der  Platten  mit  warmem  Teer- 
pech  (Vt  Schusterpech,  Vt  Steinkohlenteer, 
Vi  Stunde  gekocht)  mit  heissen  eisernen 
Rollen  glatt  aufgerollt.  Unten  konnten 
i  m  lange  Bleifolien  in  1  Stück  verwendet 


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K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


387 


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Fig.  179.  Steiaverband.  Salfltkocher. 

werden,  nach  oben  und  über  die  Nietköpfe  und 
die  Blattung  weg  geschah  das  mit  kleineren 
Stücken.  Die  scharfen  Ecken  der  Blattungen 
und  um  die  Nietköple  herum  waren  vor- 
her durch  Ausfüllen  mit  Zement  gemildert, 
im  übrigen  musste  das  weiche  Blei  und 
das  Teerpech  die  Anschmiegung  vollenden. 
Die  Auskleidung  geschah  mit  sehr  gutem 
Erfolge  in  säurebeständigen  Steinen  gewöhn- 
lichen Formates,  Eowohi  im  Mantel,  als 
auch  an  den  Kopfplalten  doppellagig,  flach- 
gelegt, mit  versetzten  Fugen  wie  Fig.  170 
zeigt. 

Die  ersten  4—5  Koche  verliefen  recht 
besorgniserregend,  indem  an  mehreren 
Siellen  des  Kochers  grössere  Mengen  Teer- 
pech ausgetrieben  wurden,  aber  später  kam 
alles  von  selbst  in  Ordnung.  Der  Kocher 
erwies  sich  bei  genauester  innerer  Kontrolle, 
Ausstreichen  der  rinnenden  Fugen,  Auf- 
hauen und  Ausstreichen  entstehender 
Steinrisse  etc.  nach  einigen  Kochungen 
durchaus  dicht.  Es  war  ein  unge- 
stöiter  Betrieb  mit  diesem  geflickten 
Kocher  möglich.  Im  Winter  wurde  der 
Kocher  mit  einem  Filzmantel  (alte,  ver- 
brauchte Trocken Olze)  gegen  grelle  Ab- 
kühlungen geschützt 

Dieser  Kocher  hat  vom  Herbst  1887 
bis  Januar  1897,  also  über  9  Jahre  seinen 
Dienst  getan,  freilich  wurden  in  dieser 
Zeit  auch  vier  grössere  Reparaturen  am 
Mantel,  am  Bleibelag,  an  den  Mannlöchern 
und  Heizrohren  nötig,  dann  im  Januar  1897 
musste  die  innere  Mauerschiebt  ganz  er- 
neuert werden.  1900  und  1901  folgen 
grössere  Mauerwerks-  und  Mantelplatten- 
reparaturen, am  22.  Dez  1903  riss  vom 


Stahlmantel  wieder  eine  Platte  in  ganzer 
Längsnaht  (also  wieder  im  Winter!). 

Der  Betrieb  mit  diesen  Kochern  war 
übrigens  niemals  ein  forcierter.  1895  war 
noch  ein  stehender  Kocher  hinzugekommen, 
der  zu  grösseren  Anständen  keinen  Anlas» 
bot. 

Bei  dem  jetzt  ordentlichen  Betriebe 
werden  mit  den  3  Kochern  10  Kochungen 
pro  Monat  gemacht 

Alle  drei  Monate  wird  das  Mauerwerk 
der  3  Kocher  frisch  ausgefugt 

Verfasser  hat  s.  Z.  Versuche  über  Saug- 
fähigkeit und  darüber  angestellt  wie  die 
Sulfitlösungen  während  des  Verlaufes  einer 
im  grossen  durchgeführten  Holzkochung 
auf  das  Steinmaterial,  die  Zemente  und 
verschiedene  Metalle  einwirken. 

Sogenannte  säurebeständige  Steine 
nahmen  in  4*  Be  Sulfitlauge  6  Tage  ein- 
gelegt 1,08  bis  3,73  pCt.  ihres  Gewichtes  zu. 
Eine  Gewichtsabnahme  während  einer 
Kochung  konnte  nicht  gefunden  werden. 

Zu  harte,  glasig  gebrannte  Steine  binden 
schlecht  mit  dem  Zement  und  scheinen 
weniger  geeignet  wie  säurefeste  Steine  in 
dichter  aber  nicht  glasiger  Masse.  Es  muss 
auf  ein  nicht  rissiges,  nicht  zum  Reissen 
neigendes  Material  gesehen  werden. 

Zement.  Es  wurden  Täfelchen  aus 
drei  Zementsorten  von  gleicher  Grösse 
hergestellt 

Die  Tafel  aus  Schieferdecker- Zement 
hatte  1,8  sp.  Gewicht ;  sie  nahm  während 
einer  Kochung  l,3°/o  an  Gewicht  zu, 
Lauter bacher  -  (Schweiz)  Zement  von  2,01 
sp.  G.  halte  während  einer  Kochung  3,3*/« 
Gewichtszunahm  e,Rotzlocher-  (Schweiz)- 
Zement  von  1,96  sp.  G.  hatte  dagegen 
während  einer  Kochung  3,3°/o  Gewichts- 
abnahme. 

Es  ist  also  hierdurch  ein  verschiedenes 
physikalisches  undchemisebes  Verhalten  der 
Zemente  im  Kocher  während  des  Betriebes 
festgestellt,  was  beachtenswert  ist 

Metalle.  Es  wurden  bei  einer  Kochung 
schart  bearbeitete  Metallstücke  eingelegt, 
deren  Oberfläche  genau  berechnet  und  deren 
Gewicht  genau  bestimmt  war.    Die  Ab- 


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388 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


nähme  des  Gewichtes  wurde  auf  einer 
genauen  chemischen  Wage  bestimmt,  der 
Gewichtsverlust  pro  qcm  Oberfläche  be- 
rechnet und  darnach  ermittelt,  wie  viel  Koche 
daß  betreffende  Metall  aushalten  würde,  bis 
1  mm  Dicke  gelöst  wäre.  Dies  würde 
geschehen 

bei  Hartblei  nach  2245  Kochungen 


Blei 

15L0 

M 

Zinn  „ 

714 

» 

Kupfer  „ 

109 

» 

Phosphorbronze  „ 

85 

»» 

Duranametall  „ 

42 

H 

Messingblech 

41 

" 

» 

Belg,  und  franz. 

dünne  Eisenbleche  „ 

29 

'1 

>» 

Schmiedestahl  „ 

2(3 

M 

H 

Stabeisen  „ 

22 

»> 

M 

Gusseisen  „ 

15 

f 

>5 

Zinkblech  „ 

5 

II 

Dazu  sei  bemerkt,  dass  das  Lösen 

Metallschichlen  wegen  der  nicht  ganz 
homogenen  Beschaffenheit  der  Metalle  un- 
gleichförmig vor  sich  geht,  dass  also  ein 
Aufzehren  oder  Unbrauchbarwerden  eines 
Kupferrohres  mit  4  mm  Wandstärke  nicht 
erst  nach  4  X  109  =  436  Kochungen, 
sondern  viel  früher  eintritt.  Die  Versuche 
zeigen  aber  deutlich  den  Wert  des  Hartbleies 
und  Bleies  anderen  Metallen  gegenüber. 

Wenn  nun  trotz  der  grösseren  Wider- 
standsfähigkeit der  Hartbleirohre  gegen  die 
Kochlösungen  sich  in  den  80er  Jahren  die 
Kupferrohre  als  Heizrohre  einführten,  so 
hat  das  seinen  Grund  1)  in  der  grösseren 
Wärmeleitungsfähigkeit  des  Kupfers  gegen- 
über dem  Blei  und  Har;blei;  2)  in  der 
Möglichkeit  und  geringeren  Arbeit  des 
Reinigens  der  Rohre  mit  geringerer  Heiz- 
fläche von  Rohrstein. 

Es  genügen  nach  der  Erfahrung  als  in- 
direktes Heizrohrsystem  für  einen  liegen- 
den Kocher  von  4  m  Durchm.,  12  m  Länge, 
2X4  =  8  Heizrohre  etwa  10,5  m  Länge, 
0,095  m  äuss.  Durchm ,  oder  2  X  6  =  12 
Rohre  gleicher  Länge  0,065  Durchmesser, 
welche  mit  den  nötigen  Krümmern  und 
Bleirohranschlüssen  etwa  27  qm  Heizfläche 
bieten.  Diese  Rohre  werden  einfach  aebsial 
neben  den  unteren  Mannlöchern,  wie  aut  I 


Taf.  180  dargestellt,  plaziert  Am  besten 
überdeckt  man  diese  Robre  mit  gross  ge- 
lochten, stark  verzinkten,  seitlich  mit  um* 
gebogenen  Rändern  versehenen  Eisen- 
blechen H,  wodurch  eine  direkte  Berührung 
des  Holzes  resp.  Stoffes  mit  den  Rohren 
und  ein  Zwischenfallen  desselben  ver- 
mieden und  der  verschmutzte  Stoff  wesent- 
lich verringert  wird. 


Taf.  180.   Indirekte  Heizung  des  liegenden 
Sulfltktchers  J885. 

Diese  Deckbleche  wurden  aber  auch 
vielfach  als  teuer  und  bald  wieder  er- 
neuerungsbedürftig fortgelassen. 

Der  Röhrst  ein  eines  liegenden,  indirekt  ge- 
heizten  Sullitkochcrs  ist  uach  dem  Wochenblatt 
für  Papierfabrikation,  Jahrgang  1Ü02,  Seite  Sfc.', 
aualysiert. 

Bei   100°  C   getrockneter  und  pnlverifiertcr 
Rohrstein  hatte  durch  Erhitzung  bis  180»  C* 
2,69%  Wasrerverlust  und  ergab  ferner 
0,24  „  Kieselsäure, 
0,24  n  Eisenoxyd  uud  Tonerde, 
84,88  „  Schwefelsauren  Kalk, 
8,58  „  Unterschwefclsaureti  Kalk, 
2,23  „  Schwefligsaurcn  Kalk, 
6,35.,  SchweHigsaurcs  Kupfer. 

Das  Abklopfen  des  Rohrsteines,  das 
von  Zeit  zu  Zeit  bei  den  indirekten  Heiz- 
rohren notwendig  wird,  ist  für  eine  V*  so 
grosse  Kläche  gegen  früher,  in  der  leicht 
zugänglichen  Lage  gut  möglich  und  ent- 
sprechend schneller  sowie  billiger  durch- 
führbar. 

Dass  die  stehenden  Kocher  nach  Mit- 
scherlich  auch  indirekt  geheizt  werden, 


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L  K.IHCHNEK.    DAS  PAPIER.   IIL  B.  und  C.  ZELLSfOFF. 


389 


war  bereits  Seite  383  gelegentlich  der 
Löbnberger  Kocher  gesagt.  Bei  Ver- 
wendung von  Hartbleirohrschlangen  erwies 
sich  auch  hier  die  Notwendigkeit  einer 
grossen  Heizfläche,  und  damit  ergab  sich 
ebenfalls  die  Schwierigkeit  beim  Reinigen 
der  Rohre  von  Rohrstein. 

Als  sehr  verbessernd  und  erleichternd 
erscheint  daher  die  von  Ph.  Offen  heimer 
Okriftel,  erfundene  und  eingeführte  Heiz- 
einrichtung. 

Das  Offenheimer'sche  D.RP.  101906 
vom  18.  August  1897  bezieht  sich  auf  einen 
Heizkörper  Figur  181,  welcher  aus  einem 
schraubenartig  gewundenen  Dampfkanal  R 

besteht;  der  Körper 
kann  durch  eines  der 

Mannlöcher  des 
Kochers  eingebracht 
und  ausgewechselt 

werden. 
Ein  stehenderSulfit- 
kocher  wird,  wie  aus 
Flg.  181.    Heizkörper  Figur  182  ersichtlich, 
nach  Ph.  OfTenheimer.    am  flachgewölbten 
Boden  mit  einer  Hart- 
blei-Dampfschlange und  mit  einem  an  ver- 
bleiten Stangen  aufgehängtem  Heizkörper, 
Patent  Oflenheimer,  aus  Hartblei  ausge- 
stattet.   Letzerer  Körper  hängt  in  etwa 
Vi  Höhe  des  Kochers,   hat  besonderen 
Dampfein-  und  -Austritt  und  kann  durch 
das  obere  Mannloch  mittels  Aufzuges  ein- 
gelassen und  herausgezogen  werden. 

Durch  Aufhängen  des  Heizkörpers  in 
der  Mittelachse  des  Kochers  wird  die  Heiz- 
fläche besser  ausgenützt,  die  Flüssigkeits- 
zirkulation verstärkt,  somit  die  Kochung 
vergleichmässigt  und  beschleunigt.  Die 
Heizfläche  des  Heizkörpers  braucht  nach 
der  Erfahrung  nur  ein  Fünftel  der  Heiz- 
fläche der  früheren  oberen  Heizschlange 
zu  erhalten. 

Das  Auswechseln  des  Heizkörpers  ist 
in  kurzer  Zeit  geschehen.  Die  frühere, 
das  Mauerwerk  schädigende  Befestigung 
der  oberen  Heizschlange  mit  Haken 
kommt  ganz  in  Wegfall. 

Trotz  dieser  Vorzüge  soll  diese  Art  der 
Beheizung  nach  einem  dem  Verfasser  zu- 


Flg.  182.   Kocher  mit  Ph.  Oppenheimers 


gegangenen  Berichte  bis  jetzt  keine  grosse 
Verbreitung  gefunden  haben. 

Die  gleiche  Idee  mit  gleichem  Zweck 
und  Effekt  hat  die  Heizvorrichtung  für 
stehende  ZellstofTkocher  von  F.  Jablonsky 
und  J.  Wiborg  in  Torda  (Siebenbürgen). 

Nach  der  Deutschen  Patentbeschreibung 
vom  24.  Juli  1901  besteht  die  Heizvor- 


Flg.  183.   Heiiverriohtung  O.R.P.  Nr.  137  063. 


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390 


E.  KIRCHNER,    DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


richtung  aus  einem  durch  Aufrollen  von 
Heizschlangen  über  ein  für  diesen  Zweck 
in  den  Kocher  eingebautes  Traggestell  ge- 
bildeten freistehenden  Heizkörper. 

Auch  hier  erreicht  man  durch  die  von 
den  Kocherwäoden  freie  Lagerung  der 
Heizschlangen  eine  volle  Ausnutzung  der 
Heizfläche. 

Diese  Heizeinrichtung  soll  bis  jetzt  auch 
nur  einmal  in  Torda  ausgeführt  sein. 

Leistung  von  indirekten  Heizrohren.  Will  man 
sich  Rechenschaft  geben  Uber  die  Wärmemenge, 
die  durch  eine  indirekte  Dampfheizung  an  die 
Kochrliissigkeit  übergeht  und  eine  Rechnung  über 
die  Leistung  reiner  Hartblei-  und  reiner  Kupfer- 
rohre, dann  auch  für  mit  Rohrsteio  belegte 
Kupferrohre  durchführen,  so  ist  zunächst  die 
Temperatur  des  heisseren  Heisdampfes  tj  und  der 
kälteren  Kochtlüssigkeit  tf  au  berücksichtigen. 

Nach  der  Hütte,  18.  AuÜ.  1902  I,  S.  276/78, 
ist  diese  Wärmemenge      in  Wärmeeinheiten  bei 
ebenen  Wänden  und  einfachen  Metallrohren 
Q  =  k  .  F  .  z  .  (t(|-tp, 

wo  k  der  Wärmedurcbgangsk<ernzicnt ;  setzen  wir 
F  die  Heizfläche  —  1  qm,  z  die  Zeit  des  Ueber- 
ganges  —  1  Stunde,  so  ist  die  durch  1  >\m  in 
1  Stunde  übergehende  Wärme 

Q  =■--  k  (t 


-v- 


k  ist  der  Wärmedurchg ang s  k  o e  f  f  iz  ient, 
derselbe  berechnet  sich 

..  JL     _L  A 

sind  die  Wärmcübcrgangskn-ftizientcn, 
für  siedendos  Wasser    -  10000  bekannt, 
für  träge  zirkulierende  KochflüsBigkeit  —  4000 
(vom  Verfasser  angenommen), 
für  kondensierenden  Dampf  —  8000, 
ö    die  Wandstärke  der  Platte  resp.  des  Rohres 
in  m, 

X    der    Wärmeleitungskoeffizient  der 

bctrefl'enden  Wand, 
X    für  Blei  im  Mittel  28, 
X    für  Kupfer  im  Mittel  280. 

Nehmen  wir  für  die  Wandstärken  in  beiden 
Fällen  —  7,5  mm  an,  ho  wird 


U 

a, 


9  0,0075 
für  Blei  2S 


0,0002080, 


für  Ku,.fer  £  -  0,0000208, 

I 


«i 


280 
0,000250, 


—  •=  0,000125. 


Wärraedurchgangsko-rnzient 

rÜr  ß,H      k  ~  0,000643    -  W&- 

für  Kupfer  k  =  -  2487. 

Hat  der  Dampf  2>  Atmocph.  f.  ^  140»  C 
Temperatur  und  die  Flüssigkeit  55*  C,  so  w»ni 
von  1  ijm  in  1  Stunde 
Hartbleirohr  Q  —  1555  (140-65)      15:<5  .  »5 

—  132175  WE, 
Kupferrohr  <J  =  2487  .  85      211  895  W  E 
an  die  Kochflüssigkeit  abgegeben. 

Nach  gleicher  (Quelle  S.  278  verändert  sieh 
die  Wärmemenge  ({,  nach  Belegung  der  äusseren 
Heizfläche  durch  Kohrstein  von  Jt  Dicke  und 
gegen  <J  nach  der  Formel: 


oder:    k.    —  k 


1  + 


für  St  -  0,001m,  Xt  —  0,75 
für  Hartblei  k,  ~  k 


0,001 
1+  -^g-.  1565 


0,839  k  -  527, 


für  Kupfer   kj  k 


1 


2,944 


0,8 

-    0,248  k  =»  604. 
Das  (iuailratmeter  Heizfläche,  mit  1  mm  dickem 
Rohrsteiu  belegt,  leistet  also  in  einer  Stunde  nur 
noch 

Würmeüberfiibrung  vom  Heizdampf  in  die 
Kochflüssigkeit 
bei  Hartblei  <J    -  527  .  86  —  44795  W  E, 
bei  Kupfer     q  —  604  .  85       51340  W  E- 

Wir  sehen  daran,  dass  ein  mit  Rolirstein  be- 
legtet Bleirohr  etwa  nur  V»  soviel,  ein  solche 
aus  Kupfer  nur  ll*  soviel  an  Heizwürme  über- 
führen kann  als  ein  reines  Rohr. 

Die  theoretische  Berechnung  des  Wärmever- 
brauches gestaltet  lieh  indessen  wesentlich 
schwieriger,  da  in  der  langen  Heizschlange  ver- 
schiedene Temperaturen  angenommen  werden 
müs-cn  und  bei  der  Veränderung  auch  •!« 
Flüssigkeitstemperatur  besondere  Rechnungen 
angestellt  werden  müssen. 

Annähernd  wollen  wir  den  Verlauf  einer 
Periode  des  wirklieben  Kochers  ähnlich  dem  Dia- 
gramm S.  358,  Fig.  160  betrachten. 

In  den  ersten  12  Stunden  steige  die  Tempe- 
ratur des  Kocher-Inhaltes  von  55  auf  90°.  Die 
Temperatur  der  Heizschlange  tei  stet«  140*,  so  ist  die 
Temperaturdift'crenz  tu  Anfang  140—55  -  %V 
zu  Ende  140-90  ^  50*. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   llL  B.  und  C.  ZELLSTOFF.  391 


Die  mittlere  TcmperaturdilTerenz  Btcllt  Bich 
also  auf  67' V»  und  die  durch  ein  mit  Kalkstein- 
kruste  überzogenes  Kupferrohr  von  27  qm  Heiz- 
tlüche  einleitbare  Wärmemenge  beträft  etwa 
«j,  -  WX>,  (J7,5  .  12  .  27  -  13122000  WE.  In 
weiteren  130  Standen  tinderc  sich  die  Tcmpcratur- 
■liffcrenz  von  140-90  -  50°  bis  140-125  15", 
*o  stellt  sich  die  mittlere  Temperaturdiffercnx 
auf  82V ;   es  wird  dann  <Jf     600  .  32,5  .  80  .  27 

«57M5000  WE.  In  den  letzten  20  Stunden 
steige  die  Temperatur  im  Kochraum  nur  noch 
von  125  auf  127,  so  ist  die  mittlere  Temperatur- 
dilleren/.  (140—125  r-  16"  140—127  -  13°)  nur 
»och  14",  somit  (|,  -  600. 14  .  20  .27  -  453(5000  WE. 
Es  ergibt  sich  Für  das  Steigern  der  Warme  beim 
Kochprozess  eine  durch  die  Heizschlange  zuFuhr- 
!iare    Wurmemenye  :    <J  -f-  <Jt  -f-  {h 

VI4530C«  WB. 

Dies  wiiro  eine  viel  grössere  Wärmemenge, 
Ms  nach  der  Beobachtung  für  Dampfen  und 
Kochen  zusammen  nötig  ist,  und  die  Heizfläche 
könnte  noch  wesentlich  kleiner  gehalten  werden, 
wenn  wirklich  im  ganzen  Hei/rohr  die  Tempe- 
ratur 140"  herrschte  Das  ist  aber  gar  nicht  der 
Fall,  besonders  dann  nicht,  wenn  der  Kochmeister 
«lie  Znströroung  des  Kochdnmpfes  in  der  Heiz- 
ichlangc  zeitweise  mässigt,  oder  wohl  gar  ganz 
unterbricht. 

Beim  Dämpfen  und  Indirektkochen  von 
Sulfitstoff  wurden  nach  des  Verfassers  Fest- 
stellungen in  der  Praxis,  bei  Anwendung 
liegender  Kocher  4  m  Durchm.  12  m  lang, 
mit  Hülfe  deren  man  per  Kochung  lü  t 
trocken  ged.  Zellstoff  gewinnt,  je  nach  der 
Jahreszeit  und  Lange  der  Kochperiode  für 
100  kg  Sulfilstoff  50-60  kg  Steinkohle 
von  8facher  Verdampfung  verbraucht. 

Rechnet  man  mit  gesättigtem  Dampt*) 
von  3  Atm.  Ueberdr.,  so  enthält  derselbe 
ä  kg  (350,4  Wärmeeinheiten,  im  Konden- 
sationswasser bleiben  noch  etwa  110,4  WE, 
so  werden  540  WE  f.  d.  Kochen  disponibel 
sein,  davon  5*/o  Verlust  durch  die  Rohr- 
leitungen bis  zum  Kocher,  bleiben  äkg  Dampf 
etwa  510  WE  und  ä  kg  Kohle  etwa  510 . 8 
=  4080  WE. 

Für  100  kg  Stoff  zu  kochen  durch- 
schnittlich 55  kg  Kohle  gerechnet,  sind  für 
dieses  Quantum  etwa  224400  WE  ver- 
braucht. 

Für  eine  ganze  Kochung  ä  10000  kg 
Stoff  werden  22  440000  WE  an  den  Kocher 


*)Mao  vergl.  HD  dieses  Werkes, Tabelle 8.115. 


abgegeben,  und  zwar  für  Dämpfen  und 
Kochen  zusammengenommen. 

Ob  es  möglich  und  rationell  ist,  mit 
der  Heizfläche  eines  so  grossen  Kochers 
unter  27  qm  Heizfläche  herabzugehen,  ver- 
mag Verfasser  nicht  anzugeben. 

Die  direkte  Heizung  ist  durch  Einführen 
frischen  Kesseldampfes  bis  zu  6  Atm. 
Ueberdruck  in  das  Innere  der  stehenden 
Ritter-Kellner- Kocher  und  der  liegenden 
Flodquist'schen  Drehkocher  seit  lange 
rationell  durchgefühlt 

Nach  der  Seite  347  dieses  Abschnittes 
angegebenen  zuverlässigen  Ermittelung  sind 
auf  2322  kg  Stoff  8970  kg  Dampf  kondensiert, 
100  kg  Stoff  erforderten  also  386  kg  Dampf, 
d.  h.  48,25  kg  Steinkohle  von  8facher 
Verdampfungsfähigkeit. 

Da  ein  kleiner  Kochapparat  gegen  einen 
grossen  naturgemäss  verhältnismässig 
grössere  Wärmeverluste  bringen  muss,  so 
dürfte  dieser  Kohlenverbrauch  bei  grösseren 
Apparaten  noch  geringer  ausfallen. 

Ueber  die  Auskleidung  der 
Sulfitkocher. 

Es  waren  Seite  386  bereits  die  ge- 
machten Erfahrungen  des  Verfassers  an 
mit  zusammengelöteten  Bleiplatten  und  mit 
Teerpech  aufgeklebten  Bleifolien  u.  Mauer- 
werk bekleideten  Sulfitkochern  mitgeteilt. 
Für  beide  Bekleidungsarten  waren  über 
einen  längeren  Betrieb  die  Erfahrungen 
verzeichnet.  Die  Löhnberger  Hütte  bat  in 
ihren  stehenden  Kochkesseln  laut  Bericht 
S.  383  die  V»  mm  starke  Bleifolie  nach 
einigen  Jahren  Betrieb  durch  zusammen- 
gelötete 3  mm  dicke  Blei  platten  ersetzt, 
und  ist  damit  sehr  zufrieden. 

Herr  Gustav  Türk*),  der  über  eine  lang- 
jährige Praxis  im  Sulfitfache  verfügt,  hat 
sich  in  der  Holzstoffzeitung  Jg.  1899  über 
Auskleidung  der  Sulfitkocher  dahin  ge- 
äussert, dass  damals  nur  noch  sehr  wenige 
Kocher  mit  Bleiauskleidung  versehen  wurden. 
Er  nennt  die  Vorteile  der  Bleiauskleidung 
gering,  sie  bringe  Nachteile  und  ergebe 

•)  Heut  Inhaber  eines  Technischen  Bureau» 
in  Karlsruhe,  Ei*enlohr-StraMe  Nr.  4. 


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392 


E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


eine  schwierige  Behandlung.  Das  Auf- 
finden eines  im  Blei  entstandenen  Loches 
hält  er  für  sehr  schwierig.  Er  presst  so- 
lange mittelst  Presspumpe  in  das  Undicht - 
heit  anzeigende  Probeloch  Wasser,  bis  sich 
im  Mauerwerk  die  Eingangsstelle  der  Un- 
dichtheit  zeigt,  dann  wird  die  Reparatur 
vorgenommen,  die  24  bis  36  Stunden 
erfordert  Durch  die  Wasserdruckprüf- 
ung können  neue  Schäden  entstehen,  und 
statt  einer  Verbesserung  hat  man  vielleicht 
gar  den  Kocherzustand  verschlechtert. 

Nach  Türk  hat  Herr  Wenzel  ic 
Wien  das  Verdienst,  durch  Einführung 
seiner  Schutzmasse  den  Bleimantel  über- 
flüssig gemacht  zu  haben.  Allmählich 
wurde  das  ursprüngliche  Misstrauen  der 
Fabrikanten  gegen  diesen  neuen  Schutz 
durch  die  guten  Erfolge  beseitigt. 

Wenzels  Verfahren  lief  darauf  hinaus, 
eine  Masseschicht  von  15-20  cm  (heute 
genügen  7  cm)  Dicke  aus  einer  Mischung 
von  Zement  oder  hydraulischem  Kalk, 
Cbamotte,  Sand  und  Wasserglas  bestehend, 
direkt  auf  den  Eisenmantel  aufzutragen, 
nach  vollständiger  Auskleidung  damit  so- 
fort eine  Kochuug  zu  machen  und  nach 
jeder  folgenden  Kochung  die  entstandenen 
Sprünge  und  Haarrisse  auszubessern,  bis 
sich  keine  Risse  mehr  zeigten.  Zum 
besseren  Schutze  dieser  Auskleidung  wurde 
dann  auf  diese  Masseschicht  eine  Flach- 
lage säurefester  Steine  oder  glasierter 
Kacheln  mit  gleicher  Masse  aufgelegt  und 
die  Fugen  mit  demselben  Material  sorgsam 
verstrichen. 

Es  entstanden  indessen  Misserfolge,  weil 
die  erste  Masse  sich  aJ  Imählich  beim  Trocknen 
zusammenzieht  und  vom  Kochermantel 
loslöst,  wodurch  der  das  Mauerwerk  durch- 
dringenden Lösung  wieder  Gelegenheit  ge- 
geben war,  ihr  Zerstörungswerk  am  Eisen- 
mantel zu  tun.  Es  half  nichts,  nach  Monier- 
art eiserne  Drahtnetze  einzulegen,  oder 
die  Mauerstärken  auf  25  cm  zu  erhöben. 

Durchschlagende  Abhilfe  schaffte  der 
glückliche  Gedanke  Wenzels,  aus  seiner 
Kochermasse  erst  Steine  zu  formen,  diese 
zu  trocknen  und  sie  dann  mit  derselben 
Masse  in  den  Kocher  sorgsam  einzubauen. 


i  Eine  nennenswerte  Scbwindung  des  Mauer- 
I  kleides  kann  nun  nicht  mehr  erfolgen,  da5 
Mauerwerk  löst  sich  vom  Kocbermaotel 
nicht  mehr  los,  und  die  Lösung  kann  nicht 
mehr  an  den  Eisenmantel  gelangen. 

Bei  allen  Mischungen,  die  vorgeschlagen 
sind,  erklärt  Türk  den  grossen  Kieselsäure- 
gehalt als  den  Bestandteil,  der  die  Kocher- 
masse widerstandsfähig  und  annähernd 
säurebeständig  macht.  Nach  der  Erfahrung 
kommt  es  indes  weniger  auf  die  Zusammen- 
setzung der  Masse  als  auf  die  peinlich 
genaue  und  sachverständige  Instandhaltung 
des  Mauerwerkes  an,  jeder,  auch  der 
kleinste  Fehler  im  Mauerwerk  muas  sofort 
beseitigt  werden. 

Es  hat  sich  bewährt,  auch  diese  Masse- 
stein-Mauer nach  mehreren  Kochungen  noch 
durch  eine  Flachschicht  säurebeständiger 
Steine  zu  schützen  und  die  Fugen  mit 
M  a  s  s  e  zu  dichten.  Der  Angriff  der  Säuren 
beschränkt  sich  dann  auf  die  Fugen,  die 
nach  Bedarf  ausgebessert  werden  müssen 
Das  Ausg  essen  der  Fugen  mit  Blei  und 
das  Decken  derselben  mit  Glyzerin  und 
Bleiglätte  haben  sich  nicht  bewährt 

(Türk  sagt  wörtlich:)  »Das  kieselsaure 
Kali  und  Natron  (Wasserglas)  gebt  gleich 
während  der  ersten  Kochungen  mit  der 
schwefligen  Säure  eine  Wechselverbindung 
ein,  indem  jenes  sich  mit  Kalk  und  Ton- 
erde zu  unlöslichen  Silikaten  verbindet, 
während  das  Alkali  mit  der  schwefligen 
Säure  ein  Natrium-  oder  Kaliumsulflt  bildet, 
welches  als  lösliches  Salz  mit  der  Koch- 
lauge abgeht.« 

Entgegen  dem  Wenzel- Verfahren  wird 
heut  vielfach  die  ganze  Ausmauerung  und 
das  Belegen  mit  Kacheln  zusammen  fertig 
gestellt  was  sich  auch  gut  bewährt  bat 

In  allen  Fällen  ist  ein  durchaus  dichter 
Eisenmantel  Bedingung  für  diese  Aua- 
kleidungen ohne  Bleimantel. 

Frühere  Probelöcher  alter  Kochermaatel 
müssen  zunächst  ganz  dicht  gemacht 
werden.  Ist  der  Eisenmantel  durchaus 
dicht,  so  ist  keine  Gelegenheit  für  Durch- 
dringen der  Kochflüssigkeit  durch  die  Mass? 
gegeben.  Findet  sich  in  der  Masse  eine 
kleine  Stelle,  wo  die  saure  Flüssigkeit 


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k.  Kirchner,  das  papier.  hl  b.  u.  c.  Zellstoff.  393 


bis  an  das  Eisen  vordringen  kann,  so  wird 
nur  kurze  Zeit,  da  eine  Zirkulation  und 
Ausrinnen  unmöglich  ist,  eine  Auflösung 
des  Eisens  stattfinden,  die  Stelle  wird  bei 
der  Kontrolle  im  Innern  entdeckt  und  die 
schadhafte  Stelle  in  wenigen  Minuten  aus- 
gebessert werden  können. 

Nach  jeder  Kochung  muss  daher  die 
Oberfläche  der  Auskleidung  genauestens 
abgesucht  und  bemerkte  Defekte  sofort 
gewissenhaft  beseitigt  werden.  Nach  je 
25  bis  SO  Kochungen  müssen  die  etwa 
3—5  mm  tief  ausgefressenen  Fugen  sorg- 
sam frisch  verstrichen  werden.  Bei  den 
nötigen  Einrichtungen  kann  diese  Arbeit 
in  10—18  Stunden  erledigt  sein. 

Erstaunlich  ist  die  Leistung  einer  solchen 
Auskleidung ;  sie  erträgt  in  schneller  Folge 
grosse  Spannungs-  und  Wärmedifferenzen, 
nebenbei  bietet  sie  noch  einen  vorzüglichen 
Schutz  gegen  Wärmeausstrahlung,  indem 
der  Eisenmantel  nur  handwarm  wird. 

Soweit  die  Mitteilungen  des  Herrn 
Ingenieur  G.  Türk. 

Amerikanische  Kocheraus- 
kleidungen. 

Der  Ingenieur  F.  Schilde  in  Dresden, 
welcher  im  letzten  Jahrzehnt  mehrere  der 
grössten  Sulfitzellstoff- Fabriken  Amerikas 
erbaute  und  leitete,  äussert  sich  bezüglich 
der  besten  Auskleidungen  der  Sulfitkocher 
dahin: 

»Der  von  Gröditz  in  Deutschland  ge- 
kommene Zellstoff-Ingenieur  Meurer*)hat  die 
solide  gelötete  Bleiauskleidung  und  doppel- 
lagige  Ausmauerung  in  Amerika  eingeführt 
und  von  Anfang  an  damit  die  besten  Erfolge 
erzielt  Diese  Auskleidung  leistet  das  Beste 
und  Sicherste,  was  bisher  erreicht  worden 
ist,  natürlich  müssen  bei  der  Herstellung 
derselben  gewisse  Vorsichten  und  Be- 
dingungen erfüllt  sein.« 

Dieses  Urteil  trifft  mit  der  Erfahrung, 
die  man  schon  in  Löhnberg  und  später 
in  vielen  anderen  Fabriken  Deutschlands 
gemacht  hatte,  zusammen.    Eine  solide, 

*)  Man  vergleicht)  vorn  im  Abschnitt  Geschichte, 
3.  48  1.  8p.  unten. 


verlötete  Bleiauskleidung  durch  eine  sacb- 
gemäss  ausgeführte  Ausmauerung  festge- 
halten und  vor  hoher  Erwärmung  geschützt, 
ist  der  Belegung  mit  Teerpech  und  Blei- 
folie und  Ausmauerung  oder  einfacher 
Ausmauerung,  wie  von  Türk  beschrieben, 
vorzuziehen. 

Schilde  sagt  weiter: 

»Man  hat  in  Amerika  auch  Kocher  ohne 
Bleikleid.  Darin  pflichte  ich  Herrn  Türk 
voll  bei,  dass  ein  Kocher,  der  in  Blei- 
und  Mauerkleidung  liederlich  und  unsach- 
gemäss  hergestellt  wird,  weniger  wert  ist, 
als  ein  nur  mit  Mauerung  versehener. 

Eine  solide  aus  Platten  zusammen- 
gelötete Bleilage  bietet  aber  natürlich  bei 
vorkommenden  Lecken  im  Mauerwerk  einen 
absoluten  Schutz  für  den  Eisenmantel.  Bei 
den  Riesenkochern  mit  4,8  m  Durchm.*)  und 
18  m  Höhe,  welche  sich  sehr  teuer  steilen, 
ist  eine  schwache  Bewegung  zwischen 
Eisen  und  Auskleidung  nicht  ganz  aus- 
geschlossen. 

Diese,  wenn  auch  noch  so  schwachen 
Bewegungen  verlangen  aber  auch  eine 
innen  ganz  glatte  Eisenfläche,  also  ein- 
schnittige Laschennietung  mit  ganz  ver- 
senkten Nietköpfen ;  auf  diese  absolut  glatte 
Beschaffenheit  der  Innenfläche  des  Eisen- 
mantels kommt  es  in  erster  Linie  an, 
wenn  die  Bleiauskleidung  dauernd  dicht 
halten  soll. 

Die  grossen  Kocher  ohne  Bleikleid 
haben  in  Amerika  sämtlich  grosse  Schwierig- 
keiten gebracht  Zufriedenstellende  Ergeb  • 
nisse  erreichte  man  bei  den  Riesendimen- 
sionen erst,  wenn  das  Mauerwerk  12"  engl. 
(=  305  mm)  dick  ausgeführt  wurde. 

Hat  man  dagegen  ein  Bleikleid,  so 
geht  man  mit  der  Dicke  der  Maueraus- 
kleidung nie  über  6  "  (=  153  mm)  Dicke,  die 
sich  so  ausreichend  erweist,  dass  der 
äussere  Eisenmantel  im  Betriebe  nur  hand- 
warm wird,  Die  guten  Resultate,  die  Meurer 

*)  Man  b«t  im  Laufe  der  Jahre  von  Kochern 
bis  zu  B,G  m  Dorchm.,  die  in  Amerika  gebaut  sein 
sollen,  gelesen,  doch  zeigen  die  neuesten  Berichte 
von  dort,  dass  man  4,8—6  m  Durchm.  für  die 
zweckmäsaigste  Maximalgrenze  hält.  (Der  Ver- 
fasser.) 

10.  Bogen  1904. 


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394 


B.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   IIL  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


in  Amerika  erzielt  hat,  haben  bisher  die 
meisten  Fabrikanten  die  Mehrkosten  (Qr 
die  Eisenkörper  und  das  Bleikleid  nicht 
scheuen  lassen.  Nach  der  Erfahrung  kann 
ein  Kocher  mit  Bleikleid  und  Ausmauerung 
8  Wochen  gehen,  ehe  man  ihn  in  den 
Fugen  frisch  Terschmiert  Legt  man  die 
äussere  Ziegelschicht  in  einen  Mörtel  aus 
Bleiglatte,  Sand,  Zement  und  Wasserglas 
und  dichtet  die  Fugen  sorgsam  mit  dem- 
selben Mörtel,  so  kann  der  Kocher  8—4 
Monate  anstandslos  seinen  Dienst  tun,  ehe 
eine  Neudichtung  der  Fugen  notwendig 
wird.  Freilich  kommt  es  der  Auskleidung 
sicher  wesentlich  zu  gute,  dass  man  in 
Amerika  den  Stoff  in  den  Kochern  nie 
kalt  auswäscht,  sondern  den  Inhalt  warm 
ausbläst;  dadurch  ist  der  Temperatur- 
wechsel sehr  verringert.  Es  gibt  in  Amerika 
einige  Kocher  mit  Blei-  und  Mauerkleid, 
die  9— 10  Jahre,  sehr  viele,  die  8— 4  Jahre 
anstandslos  ihren  Dienst  getan  haben.« 

Ueber  das  Auffinden  eines  Leckes  im 
Bleimantel  sagt  Schilde:  »Man  füllt  den 
Kocher  mit  Wasser  und  pumpt  zwischen 
Eisen  und  Bleimantel  Luft  ein,  aus  dem 
Aufsteigen  der  Luftblasen  im  Innern  er- 
kennt man  die  Stelle  des  Leckes  in  ver- 
tikaler Richtung,  die  horizontale  Lage  er- 
gibt sich  beim  Ablassen  des  Wassers  in 
dem  Augenblicke,  wo  die  Luftblasen  auf- 
hören aufzusteigen.« 

Schilde  hält  es  für  vorteilhaft,  die 
Ausmauerungsdicke  nicht  unter  15  cm  zu 
bemessen,  damit  der  Eisenmantel  nicht 
mehr  als  handwarm  wird ;  in  diesem  Falle 
sei  die  Ausdehnung  der  übereinander 
liegenden  Eisen-  und  Blei-  und  Steinkörper 
noch  ziemlich  gleich  und  eine  vorüber- 
gehende Bildung  von  Höhlungen  zwischen 
den  Mänteln,  sowie  Risse-  und  Sprünge- 
bildung im  Mauerwerk  treten  nicht  ein. 

Ueber  das  Auskleiden  der  stehenden 
amerikanischen  Kocher  habe  ich  nach  der 
Unterhaltung  mit  Herrn  Schilde  noch  folgen- 
des mitzuteilen : 

Vorausgeschickt  sei,  dass  die  stehen- 
den Kocher  sich  für  das  Ausblasen  des 
Stoffes  am  besten  eignen,  wenn  sie  mit 
einem  unteren  kegelförmigen  Ende  ver- 


sehen sind.  Das  obere  Mauergewölbe  lia 
sich  am  leichtesten,  und  zwar  sehr  solid 


A 


Fij-  184.   A*fcf ikailwher  SulfiUeohfr 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  C396 


ausführen,  wenn  der  obere  Boden  ähnlich 
einer  Halbkugel,  oder  besser  einer  Eispitze 
entsprechend  ausgeführt  wird.  Fig.  184 
zeigt  die  gebräuchliche  Form  und  An- 
ordnung eines  solchen  Sulfitkochers. 

Nach  Patent  Meurer  wird  die 
Innenfläche  des  Kochers  ganz  glatt  ge- 
halten ;  dies  ist  mit  äusseren  Laschen 
und  innen  versenkten  Nieten  möglich. 
Der  Bleimantel  wird  in  den  Mann- 
löchern und  Stutzenöffnungen  10  mm, 
im  übrigen  5  mm  dick  gewählt.  Die  ein- 
zelnen Platten  werden  sorgsam  aneinander- 
gelötet  Der  Mantel  wird  durch  Brettchen 
und  Spreizen  nach  einer  Säule  in  der 
Mittelachse  des  Kochers  hin  in  seiner  Lage 
festgehalten.  Die  Mannlöcher  und  Oeff- 
nungen  werden  sodann  blind  verschraubt, 
der  Kocher  mit  Wasser  gefüllt  und  mittels 
hydraulischen  Drucks  auf  Dichtheit  geprüft. 
Durch  den  hydraulischen  Druck  legen  sich 
die  Bleiplatten  fest  an  den  Eisenmantel. 
Nach  Ablassen  des  Ueberdruckes  muss, 
ehe  der  Wasserinhalt  aus  einem  im  Blind- 
flansch des  unteren  Mannloches  oder 
Stutzens  befindlichen  Hahn  oder  Ventil 
abgelassen  wird,  das  obere  Mannloch  ganz 
geöffnet  werden,  damit  keine  Luftver- 
dünnung oder  Luftleere  im  vom  Blei  um- 
schlossenen Räume  entsteht.  Träte  eine 
solche  ein,  so  würde  bei  Undichtheiten 
des  Eisenmantels,  die  nicht  ganz  zu  ver- 
meiden sind,  zwischen  Eisen-  und  Blei- 
mantel Luft  eintreten  und  sich  Blasen  im 
Bleimantel  bilden.  Beobachtet  man  die 
letzte  Vorschrift,  so  bleibt  der  Bleimantel 
dicht  gegen  den  Eisenmantel  gepresst  Die 
Ausmauerung  geschieht  mit  zwei  Flach- 
schichten säurefester  Ziegel  ähnlich  Fig.  179 
S.  387,  mit  sich  deckenden  Fugen  von 
unten  an  in  geeignetem  Zementmörtel. 

Hierbei  wird  darauf  geachtet,  dass 
zwischen  Blei  und  Steinschicht  nur  etwa 
6  mm  Zementmasse  liegen,  und  dass  die 
Fugen  möglichst  eng  gehalten  werden.  Der 
bei  der  Meurer'schen  Auskleidung  angewen- 
dete Mörtel  besteht  aus  Quarzsand  und  so 
wenig  Zement,  dass  er  mit  34°  Be  ge- 
kochter Wasserglaslösung  den  Quarzsand 
und  die  Steine  eben  bindet.   Es  wird  stets  1 


nur  so  viel  Mörtel  frisch  angemacht,  als 
zum  satten  Einfügen  eines  Steines  nötig 
ist.  Dieses  Verfahren  hat  sich  bei  dem 
schnellsetzenden  Mörtel  gut  bewährt 

Die  Meurer'sche  Auskleidung  ist  nur 
etwa  150  mm  dick,  wird  aber  als  die 
solideste  geschätzt  Wenn  auch  in 
der  Herstellung  teurer,  so  stellt  sie  sich 
im  Laufe  der  Jahre  doch  billiger  als 
andere  ohne  Bleilage. 

Während  des  Betriebes  wird  in  Zeit- 
räumen von  etwa  8  Wochen  das  Mauer- 
werk genau  untersucht  und  in  den  Fugen 
ausgebessert  oder  ganz  frisch  und  sorg- 
sam verstrichen,  wenn  es  sich  als  nötig 
erweist 

Nicht  so  häufig  wird  das  amerika- 
nische Patent  Rüssel  ohne  Bleimantel 
Fig.  185  (S.  396)  angewendet 

In  48—60  Stunden  wird  nach  Schildes 
Beschreibung  der  innere  Mantel  100  bis 
150  mm  dick  für  einen  grossen  stehen- 
den Kocher  hergestellt,  und  zwar  aus 
Stampfmasse  mit  Hilfe  von  Brettverschal- 
ungen, die  Ring  auf  Ring,  erst  unten  kegel- 
förmig I— IV,  weiter  oben  V,  VI  etc. 
zylindrisch,  ganz  oben  kalottenförmig  in 
etwa  100 — 150  mm  Entfernung  vom  Eisen- 
mantel aufeinandergebaut  und  abgespreizt 
werden.  Nach  Einbau  je  eines  Brett- 
Ringes  wird  der  Zwischenraum  mit  der 
Masse  vollgestampft ;  dann  wird  der  zweite 
Brettring  aufgebaut  etc.  etc.  Vorher  war 
unten  ein  Metallstutzen  von  350  mm 
Durchm.  mit  seinem  Flansch  an  den  Flansch 
des  Kochermantels  angeschraubt  und  zu- 
nächst der  ringförmige  Raum  zwischen 
den  Stutzen  des  Kochers  und  Metallein- 
satzes mit  Masse  aufgestampft 

Ist  die  Stampfmasse  bis  zum  höchsten 
Punkt  der  Kalotte  fertig,  so  wird  die 
Bretterschalung  entfernt  und  im  unteren 
Konus  immer  zwei  Flachschichten  säure- 
fester Steine  von  unten  herauf  gemauert, 
im  Zylinder  und  in  der  Kalotte  können 
entweder  auch  2  Flacbschichten  über  ein- 
ander, wie  für  Fig.  185  (rechte  Seite)  an- 
genommen, oder  nur  eine  Flachscbicht 
'  angewendet  werden;  in  letzterem  Falle 


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96 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   IIL  B.  u.  C.  ZELLSTOFK. 


wird  die  Stampfmasse  etwa  230  mm  dick 
im  Zylinder  und  in  der  Kalotte  ausgeführt. 
Masse  und  Verblendschichten  werden  zu- 


i 


Flg.  185.   Grosser  stehender  amerlkanlsoksr  Kocher. 
Aatataneraag :  Pateat  Rüssel 


sammengenommen  etwa  300  mm  dick  auf- 
geführt. 

Die  trockene  Masse  und  der  Mörtel 
bestehen  aus : 
Vi  Raumteilen  Schamotte-  oder  säure- 
beständigem Steingries, 
•/i     „       „    Quarz-  oder  Glaagries. 
Vi    „       „  Zement 

Die  Flüssigkeit  zum  Anmachen  der 
Masse  und  des  Mörtels  besteht  bei  Rüssel 
aus  50  1  Wasser,  4  1  gekochter  34 '  Be 
Wasserglaslösung. 

Das  obere  Mannloch  erhält  nach  dem 
Jones-ratent  einen  nronzestutzen  einge- 
setzt und  angeschraubt,  der  Ringraum 
zwischen  diesem  und  dem  gusseisernen 
Mannlochstutzen  wird  mit  Zementmasse 
ausgegossen. 

Die  Stutzen  oben  und  unten  am  Kocher 
sind  aus  Gusseisen  hergestellt,  der  obere 
Mannlochdeckel  mit  den  verschiedenen 
Rohr  stutzen  für  Ein-  und  Auslass  der 
Flüssigkeiten  und  Gase  wird  am  Stutzen 
mit  Klappschrauben  festgehalten.  Der 
untere  Stutzen  (s.  Fig.  186)  für  Ver- 
bindung mit  der  Heiz-,  Leer-  und  Wasch- 
einrichtung ist  mit  Stiftschrauben  oder 
Einhängeschrauben  versehen. 

Die  Heiz*  und  Entleerungseinrichtungen 

dieser  stehenden  Kocher  schliessen  sich  am 
unteren  kegelförmigen  Ende,  also  an  den 
Stutzen  Fig.  186  an.  Sie  bestehen  aus 


Flg.  186.   Heiz-,  Leer-  und  Wasoneiariehtaao. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


397 


einem  bronzenen  Kreuzstutzen,  der  rechts 
ein  grosses  Abblaseventil  V  (vergL  Taf. 
187),  nacb  unten  das  Dampf-  (resp. 
Wasser- )einlassventil  Vi  von  etwa  70  mm 
I.  Durchm.,  links  noch  ein  Dampfeinlass- 
ventil V,  von  etwa  80  mm  Durchm.  hat. 
Zum  Heizen  mit  genügenden  Dampfmengen 
wird  durch  gleichzeitiges  Oeffnen  von 
V,  und  Va  Dampf  zugelührt.  Die  Leerung 
kann  auch  durch  Einlassen  von  Dampf  durch 
V,  beschleunigt  werden.  Ausserdem  kann, 
wenn  nicht  alles  rein  ausgeblasen  ist, 
durch  Va  Wasser  eingelassen  werden. 
Kalk  und  Unreinheiten  werden  bei  Vi 
entfernt,  nachdem  Flansch  und  Ventil  los- 
geschraubt sind. 

In  den  Wasser-  und  Dampfzuleitungs- 
röhren für  Speisung  von  V,  und  V,  sind 
Rückschlagventile  (nicht  mitge- 
zeichnet) eingeschaltet 

Auf  die  Konstruktion  des  Abstossventils 
V  ist  das  amerikanische  Patent  682838 
den  Herren  Baker  &  Shevlin  erteilt. 

Wie  aus  Taf.  187,  Fig.  1  bis  5,  ersicht- 
lich, ist  das  Gehäuse  dieses  Ventiles  mit  der 
Spindel  unter  45°  gegen  die  Rohrachse 
geneigt.  Der  horizontale  Ventilteil  (Fig.  1) 
ist  rechts  für  die  ebenfalls  unter  45°  ge- 
neigte Sitzfläche  etwas  zusammengedrückt. 
Die  zylindrische  Wand  a  des  Gehäuses  ist 
zu  einer  rechteckigen  Oe  f  f  n  u  n  g  4  (Fig.  4) 
mit  Flansch  für  6  Schrauben  versehen. 
Der  Deckel  für  diesen  Flansch  (Fig.  5)  ist 
mit  Führungsstegen  i  versehen,  welche  in 


Taf.  187.   Ventil  für  ZelMtnffkochar 
Amerikanisches  Patent  Baker  und  Shevlin. 


Nuten  6  (Fig.  4)  geführt  werden.  Der 
Ventilsitz  ist  durch  drei  Schrauben  3  (Fig.  1) 
festgehalten  und  wird  durch  konische 
Spitzen  dieser  Schrauben  in  den  Falz  des 
Gehäuses  gepresst.  Der  Ventilkegel  hat 
eine  konische  Dichtungsfläche  f,  er  bewegt 
sich  beim  Oeffnen  und  Schliessen  mit  2 
Stiften  e,  (t*  ig.  2)  gegen  zwei  Führungs- 
leisten 5  des  Gehäuses.  Der  Ventilkegel, 
mit  seinen  Stiften  e  in  richtige  Stellung 
zu  den  Schlitzen  6  (Fig.  4)  gebracht,  lässt 
sich  leicht  durch  die  schon  erwähnte 
rechteckige  Oeflnung  4  herausnehmen  und 
wieder  hineinstecken.  Damit  sich  der 
Ventilkegel  durch  die  Schraube  cl  (Fig. 3} 
und  die  Mutter  k  bei  7  Atm.  Ueberdruck, 
der  im  Kocher  herrscht,  leicht  öffnen  lasse, 
ist  ein  Kugel  stützlager  im  Bügelhals 
untergebracht,  was  sich  gut  bewährt  hat. 

Die  durch  die  Fig.  185—187  erläuterte 
Konstruktion  und  Armierung,  sowie  Heiz- 
und  Entleerungsweise  zeichnen  sich  gegen 
die  Ritter-Kellner'sche  Konstruktion  und 
Arbeitsweise  recht  vorteilhart  aus. 

Ritter  -  Kellner  wenden  Kocher  mit 
oben  und  unten  gewölbten  Böden  an.  Der 
untere  Boden  verlangt  etwa  in  der  Höhe 
des  untersten  Laschenringes  Taf.  188  Fig.  1 
einen  falschen  Boden  aus  verbleitem 
Eisenblech  mit  nötigen  verbleiten  Trägern, 
in  der  Zylinderwand  befindet  sich  seitlich 
dicht  über  diesem  falschen  Boden  der  Ab- 
stossstutzen  mit  dem  Ablassventil,  ähn- 
lich dem  Taf.  187  dargestellten.  Durch 
einen  aut  der  linken  Seite  des  unteren 
Bodens  Taf.  188,  Mg  1  gezeichneten  Stutzen 
tritt  der  direkte  Heizdampf  unter  den 
falschen  Boden. 

Solche  Kocher,  wie  sie  in  Deutschland 
typisch  sind  und  bis  in  die  jüngste  Zeit 
noch  gebaut  wurden,  blasen  natürlich  den 
Stoff  nicht  vollständig  ab.  Nach  jedem 
Koch  muss  man  das  untere  Mannloch 
öffnen,  den  falschen  Boden  plattenweise 
aufheben  und  die  Stoffreste  aus  dem 
Kocher  spritzen,  was  sehr  zeitraubend  ist 
und  Lohnkosten  verursacht. 

Die  Taf.  188  eingezeichnete  Trag-  und 
Schwenkeinrichtung    für   den  schweren 


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398 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Kocherdeckel  ist  für  die  Reinigungsarbeit 
erleichternd.  Dieser  Kocher  in  den  ange- 
gebenen Dimensionen  hat  etwa  1138  cbm 


Taf.  188.   Ritter-Kellner*  Kooher. 
1903  vm  dir  Beraub  Ii  Cheailtz  usgefliirt. 

Fttllraum  und  lässt  10  t  tr.  ged.  Zellstoff 
pro  Koch  gewinnen. 


Ein  anzuerkennender  Vorteil  des  fal- 
schen Bodens  ist  der,  dass,  wenn  man 
mit  kalkreichen  Lösungen  kocht,  sich  unter 
dem  falschen  Boden  der  ausgefallene  Gips 
resp.  das  Monosulfit  ansammelt,  absitzt 
und  sich  nicht  mit  dem  Stoffe  mischt,  so 
dass  er  nach  dem  Abstossen  des  Stoffes 
mit  der  restlichen  Flüssigkeit  unten  ab- 
gelassen werden  kann. 

Das  Fehlen  eines  falschen  Bodens  wie 
bei  den  amerikanischen  Kochern  Fig.  185 
setzt  voraus,  dass  für  Erhalt  eines  gips- 
freien Stoffes  eine  kalkarme  und  gipsfreie 
Kochlösung  verwendet  wird ;  diese  ist 
übrigens  zum  Gelingen  des  glatten  Ab- 
stosses  des  Stoffes  auch  durchaus  nötig. 

Der  glatte  Abstoss  des  Stoffes  setzt 
ferner  die  richtige  Konizität  des  unteren 
Endes  der  stehenden  Kocher  voraus.  Nach 
den  mir  von  Herrn  Schilde  frdL  zur  Ver- 
fügung gestellten  Original- Zeichnungen  hat 
sich  ein  Winkel  der  Neigungslinien  des 
unteren  Konus  von  etwa  70—72*  bewährt 

Uebrigens  wenden  andere  amerikanische 
Kochererbauer  auch  gewölbte  untere  Enden 
an,  wobei  ein  Wölbungsradius  gleich  dem 
Durchmesser  des  Zylinders  gewählt  wird. 
Das  untere  Ende  ist  dann  spitzer  vor- 
laufend als  das  obere  der  vorstehenden 
Figur  185,  S.  396. 

Stoffaufnahme-  und  Waschbehälter  oder 
Abblasebottiche. 

Das  schon  mehrfach  hervorgehobene 
Abst.ossen  des  Stoffes  in  einen 
N  e  b  e  n  b  e  h.ä  Her  ist  von  Ritter- 
Kellner  sehr  abweichend  von 
der  Mitscherlich'schen  Arbeitsmethode  und 
bedeutende  Vorteile  in  sich 
schliessend  in  die  Sulfitzellstofffabrikation 
eingeführt  worden.  Waldhof  und  andere 
auchnach  Ritter- Kellner  arbeitende  Fabriken 
haben  vor  den  Amerikanern  diese  Ein- 
richtungen benutzt  Wie  bei  den  Natron- 
kochern S.  377  etc.  gezeigt,  ist  diese  Ein- 
richtung und  Arbeitsweise  wohl  in  Skan- 
dinavien aufgekommen  und  für  Natronzell- 
stoffgewinnung mehrfach  in  Schweden  und  bei 
uns,  in  Amerika  jetzt  allgemein  eingeführt. 


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E.  KIRC1 


DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Das  Abstossen  des  Stoffes  in  Neben- 
-b alter  bat  nicht  nur  den  Vorteil  grosser 
8it-  und  Lohnersparnis,  sondern,  da 
erin  auch  das  Waschen  des  Stoffes  mit 
ilten  Flüssigkeiten  vor  sich  geht,  be- 
hütet das  eine  vorteilhafte  Schonung  der 
)stbaren  Sulfitkocherauskleidungen,  die 
ii   starken  und  wiederholten  Tempera- 


turwechseln  naturgemäss  stark  leiden 
müssen. 

Es  ist  ferner  hervorzuheben,  dass  der 
Stoff  infolge  der  Druckdifferenz  im  Kocher 
und  Ausblasebottich  ein  Zersprengen  der 
noch  lose  verbundenen  Holzgewebebrocken 
ermöglicht  wird.  Die  Wirkung  des  Zer- 
sprengens des  Holzgewebes  darf  sich  frei- 


Taf.  189.    Abblasebottich  nach  F.  Schilde. 


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400 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


lieh  nicht  so  stark  äussern,  dass  auch  die 
Aststficke  zerrissen  werden,  weil  dadurch 
der  Stoff  braune  Splitter  enthalten  würde. 

Taf.  189  gibt  ein  Bild  der  von  F.  Schilde 
1898  in  Amerika  ausgeführten  Abblase- 
bottiche ;  sie  sind  zur  Aufnahme  von  einer, 
oder  im  Notfalle  auch  von  zwei  Koch- 
ungen Sulfitstoff  (9250  kg  resp.  185C0  kg) 
bestimmt  und  haben  7.C15  m  1  Durchm, 
7,24  m  mittl.  Höhe.  Ihr  Inhalt  berechnet 
sich  auf  rund  280  cbm,  während  der  Füll- 
raum der  Kocher  je  133  cbm  beträgt. 
Das  Aufeinanderblasen  zweier  Kochungen 
im  regulären  Betriebe  ist  zwar  durchaus 
zu  vermeiden,  da  die  zuerst  abgeblasene 
Kochung  durch  die  Lauge  der  zweiten 
Kochung  wieder  verunreinigt  wird,  aber 
es  ist  gut,  diese  Möglichkeit  nicht  auszu- 
schließen und  die  Bottiche  gross  genug 
zu  machen,  damit  sie  in  einem  solchen 
Falle  nicht  platzen. 

Einzelheiten  der  Konstruktion  sind 
Fig.  1  in  der  Ansicht,  Fig.  2  im  Längschnitt, 
Fig.  3  im  Grundriss  und  Fig.  4  im  Quer- 
schnitt dargestellt  Die  Dauben  sind  15  cm 
dick,  sie  sind  mit  30  Rundeisen  von  2  cm 


Durchm.  gebunden,  Boden  und  Decke  sind 
ebenfalls  15  cm  stark.  Aus  den  Schnitten  a  b 
und  c  d  ersieht  man  deutlich,  dass  der  Boden 
mit  8  Balken  und  4  quer  dazu  unterlegten 
breiten  Hölzern  sehr  solide  unterlegt  ist. 
Die  Bohlendecke  ist  mit  5  Querbalken  Q 
verstärkt.  Nahe  der  Decke  ist  ein  Loch  E 
Fig.  2  zum  Durchsteckendes  25cm  1.  Durchm 
Einblaserohres  für  den  Kocherstoff.  Unten 
bei  A  Fig.  1  ist  das  Auswasch-  resp. 
Abflussloch  für  den  Stoff.  F  Fig.  2  ist 
ein  falscher  Boden  aus  8  cm  dicken  Brettern, 
der  15  cm  Neigung  hat  und  durch  Latten 
entsprechend  unterstützt  ist.  Im  festen 
Boden  unterhalb  des  falschen  Bodens  F  ist 
ein  Ablassventil  G  von  20  cm  Durchm. 
Fig.  4  für  das  Waschwasser  angebracht. 
In  den  Deckenbohlen  befinden  sich  ein 
verschliessbares  Waschloch  W  Fig.  3  und 
ein  weiteres  vierkantiges  Loch  B  Fig  3 
für  den  Abzugsschlot  zum  Entlüften  des 
Bottichs.  Das  Waschloch  W  kann  auch 
in  dem  zylindrischen  Teil  so  nahe  als  mög- 
lich der  Decke  und  wie  A  angeordnet  wer- 
den, es  dient  zum  Auswaschen  des  reinge- 
waschenen Stoffinhaltes  nach  Oeffnen  von  A 


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K.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   HL  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


401 


Taf.  190  gibt  noch  sich  selbst  erklärende 
Details  des  Ausblasebottichs  in  grösserem 
Massstabe.  Fig  1  und  2  geben  die  Verbind- 
ung der  8  cm  starken  Bretter  des  falschen 
Bodens,  die  koniccben  Löcherreihen  in 
4  cm  Entfernung.  Die  eingebrannten  Löcher 
haben  oben  5  mm  Durcbm  und  erweitern 
sich  nach  unten  auf  10  mm.  Dieser  falsche 
Boden  kann  noch  mit  losem  Gewebe 
überdeckt  werden,  damit  der  Stoffverlust 
verringert  wird.  Fig.  3  gibt  die  Versteif- 
ung der  Decke  wieder.  Fig.  4,  5  und  6 
zeigen  die  Armierung  des  Mislaufloches  A, 
Fig  7  das  Waschloch  W. 

Die    Zusammenarbeit    des  Ausblase- 


bottichs mit  dem  Zellstoffkocher  wird  in 
nachtolgender  Skizze  Fig.  191  verdeutlicht. 

H  ist  der  Holzraum,  der  Länge  des 
Gebäudes  nach  angeordnet.  (Es  stehen 
3—6  solcher  Riesenkocher  in  einer  Reihe 
nebeneinander  in  etwa  8  m  Entfernung 
von  Mitte  zu  Mitte,  so  dass  oben  ein  sehr 
grosser  Holzra  jtn  gebildet  wird.)  Um  den 
durch  Bretter  gebildeten  Holzkasten  herum 
ist  hinreichender  Durchlass  für  Abzug  des 
beim  Oeffnen  des  oberen  Mannlochs  ent- 
weichenden Dampfes,  der  durch  die  Lüf- 
tungshaube G  ins  Freie  tritt  K  ist  der 
Kocher,  der  nach  dieser  Skizze  von 
8  Säulen  getragen  wird.   Unten  befindet 


Flg.  191.   AmerlkanUohe  SulflUtoffkocherel. 


11.  Bogen  1W4. 


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402 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


sich  der  Fig.  186  verdeutlichte  Stutzen  N, 
an  ihn  schliesst  das  Entleerungsventil  V 
an.  M  bedeutet  eine  Meurer'sche 
Mischeinrichtung  des  unter  etwa 
7  Atm.  abströmenden  Kocherinhaltes  mit 
kaltem  ''./asser.  Herr  Schilde  gibt  an, 
dass  bü  250  mm  Durchm.  des  Ventiles 
V  die  Mischeinricbtung  M  durch  ein 
200  mm  Durchm.  Wasserrohr  mit  einem 
Wasserdruck  von  etwa  2,8  m  Wasser- 
säuleohöhe (das  Wasser  kommt  aus  dem 
hoch  gestellten  Wasserbassin  C  mit  etwa 
28  m  hohem  Wassersftulendruck,  oder  es 
wird  durch  eine  entsprechend  starke 
Pumpe  mit  ähnlichem  Druck  nach  M  ein- 
getrieben) gespeist  wird.  Hat  man  eine 
solche  Mischvorrichtung,  so  tritt  der  Stoff 
verhältnismässig  ruhig  nach  dem  Blase- 
botti-h  B  über  und  reisst  bei  einer  ).  Weite 
vonO. '  >X0,6  m  des  Schlotes  Lkeinen  Stoff  und 
kein  Abgas  zur  oberen  Mündung  mit  heraus, 
auch  wird  der  Stoff  im  Mischer  M  durch  das 
kalte  Wasser  soweit  gekühlt,  dass  harte 
Aeste  und  Stoffslücke  in  B  nicht  zu  vielen 
Splittern  zerrissen  werden.  Entbehrt  man 
der  Mischeinricbtung,  so  muss  der  Abzugs- 
schlot L  mindestens  0,9  X  0,9  m  L  weit 
sein,  auch  muss,  wie  das  in  Deutschland 
wohl  meist  geschieht,  von  7  Atm.  auf 
etwa  4—2  Atm.  abgegast  werden,  ehe  man 
abstösst  Es  wird  aber  dann  immer  noch 
ein  Hinaufreissen  von  Stoff  in  den  Schlot 
und  ein  Abzug  von  etwas  Gas  durch  den 
weiten  Schlot  eintreten,  ebenso  wird  das 
Zerreissen  der  mittelharten  Stücke  nicht 
ganz  ausbleiben. 

Um  Verschmutzungen  des  frischen  Stoffes 
durch  alten  im  Schlot  angetrockneten  Stoff 
zu  vermeiden,  werden  die  Wände  des 
Schlotes  durch  Spritzrohrwasserstrahlen 
stets  rein  erhalten. 

Am  Kocher  K  ist  mit  P  die  Stelle 
bezeichnet,  wo  ein  Probeloch  zur  Ent- 
nahme von  Kochlösung  angebracht  wird. 
Was  die  Vorratsbottiche  für  frische  Koch- 
lösungen anlangt,  so  können  dieselben  zu 
ebener  Erde  wie  A  stehen.  Schilde  em- 
pQehlt  aber,  diese  Bottiche,  je  für  2  Füll- 
ungen gross  gerechnet,  so  hoch  wieAj  zu 
plazieren,  so  dass  man  die  Lösung  für  die 


Kocbung  durch  das  Mannloch  einfliessen 
lassen  kann.  Im  ersteren  Falle,  wo  Bottich  A 
die  Kochlösung  enthält,  muss  nämlich  für 
schnelle  Füllung  eine  starke  Pumpe  in  Tätig- 
keit gesetzt  werden,  mit  der  während  der  Ar- 
beit etwas  passieren  kann,  oder  die  auch 
wohl  mal  repariert  werden  muss,  wodurch 
Verzögerungen  entstehen,  die  vermieden 
werden,  wenn  man  die  Vorratabottiche 
wie  A,  hoch  stellt. 

Am  Blasebottich  B  Fig.  191  istentgegen  der 
Anordnung  Taf.  189  Fig  3  das  Auswasch- 
loch W  seitlich  statt  im  oberen  Deckel 
angeordnet;  es  ist  dann  nötig,  eine  Bank 
Z  am  Bottich  zu  befestigen,  auf  der  der 
Bedienungsmann  stehend  mit  dem  Wasser- 
schlauch, in  welchem  ein  Wasserdruck  von 
3— 4  Atm  herrschen  muss,  nachhelfen  und 
ausspritzen  kann. 

Herr  F.  Schilde  bemerkt  nach  Vorlage 
umstehenden  Bildes,  Fig.  191,  dass  es 
vorteilhafter  sei,  den  Bottich  At  Vi  m 
höher  anzuordnen,  damit  die  Kochlösung 
bis  nahezu  auf  den  Boden  ablaufen  könne, 

Wiedergewinnungs-Einrichtungen  der 
schwefligen  Säure  aus  den  Kochlaugen. 

Schon  Tilghman  hat  in  seinem  eng- 
lischen Patent  von  1866  (man  vergL  Ge- 
schichte vornS.  14)  hervorgehoben,  dass 
ein  Teil  der  schwefligen  Säure  aus  den 
Kocherabgasen  durch  Absorption  in  kaltem 
Wasser  eines  Kondensators  für  Herstellung 
frischer  Kochlösungen  nutzbar  zu  machen 
sei. 

Die  nach  Mitscherlich  arbeitenden  Fa- 
briken kühlten  die  Abtreibgase  der  Kocher 
in  einer  Kühlschlange  und  machten  sowohl 
das  gewonnene  Kondensat,  als  auch  die 
gasförmig  bleibende  schweflige  Säure  durch 
Absorption   in   einem   sog.  Abtreibturm 
(wie  der  S  313  beschriebene  Mitscherlich- 
|  türm    mit    Kalkstein  beschickt)  wieder 
'  nutzbar.    Die  so  gewonnenen  Lösungen 
I  wurden  mit  der  frisch  gewonnenen  ver- 
mischt. 

Dr.  C.  Kellner  benutzte  eine  ausreichend 
grosse  Kondensationseinrichtung  (Kühl- 
schlange), um  die  Abtreibgase  der  Kocher 


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J£.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   HL  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


403 


als  wässerige  schweflige  Säure,  später 
auch  die  austretenden  Kochlösungen,  ge- 
nügend gekühlt,  erst  in  die  Frischlösungen, 
nach  hinreichender  Erschöpfung  letztere 
in  den  Abiaul  überführen  zu  können. 

Dr.  Kellner  hat  übrigens  in  den  1890er 
Jahren  das  amerikan.  Patent  No.  542  932 
und  die  österr.  Patente  S3  685  und  56  889 
auf  eine  neue  Einrichtung  genommen,  die 
Kochlösung  (anstatt  kalt)  bis  über  Siede- 
hitze in  einem  besonderen  Erhitzer 
oder  Laugenspanner  erwärmt  in 
den  Kocher  zu  drücken ;  dabei  soll  sich  das 
sonst  im  Kocher  ausscheidende  Monosulfit 
schon  in  diesem  Nebenapparate  absetzen. 
Die  bei  der  Erhitzung  der  Lösung  frei 
werdende  SO,  wird  wie  oben  in  einer 
besonderen  Kühlschlange  kondensiert  und 
die  so  gewonnene  wässerige  SOa  dient 
vor  Einfüllung  einer  neuen  kalten  Lösung 
in  den  Laugenspanner  zum  Auflösen  des 
bei  der  früheren  Erhitzung  in  demselben 
ausgefällten  Monosulütes.  Auf  diese  Weise 
will  Kellner  eine  kalkärmere,  SO,  reichere 
Lösung,  Kalk-  und  SOa-Ersparnis  und 
reineren  Zellstoff  erzielen. 

Der  Laugenspanner  besteht  aus  einem 
entsprechend  grossen,  ausgebleiten  stehen- 
den Kessel  mit  einer  Heizschlange  und 
einem  Rührwerk.  Es  schliessen  sich  Gas- 
und  Laugen-,  Ein-  und  Ausgangsventile 
daran,  ausserdem  gehört  dazu  die  Konden- 
sationseinrichtung  mit  Kühlschlange  für 
Gewinnung  der  wässerigen  SO,*). 

Eine  andere  seit  Ende  der  80er  Jahre 
(von  Ritter- Kellner)  eingeführte  Neben- 
einrichtung zu  den  vertikalen  Sulfitkochern 
verdankt  ihre  Entstehung  dem  Umstände, 
dass  man  auch  bei  direkt  mit  Dampf  ge- 
heizten Kochern  den  früher  nicht  ganz 
gefüllten  inneren  Raum  fast  ganz  mit  Holz- 
spänen füllen  wollte ;  dadurch  war  man 
gezwungen,  auch  das  Kochlösungsquantum 
zu  vermehren,  d.  h.,  den  von  Flüssigkeit 
freien  Raum  zu  verkleinern.  Durch  Kon- 
densation des  Heizdampfes  war  dieser  freie 

  i 

•)  Es  ist  dem  Verfasser  nicht  bekanut,  ob 
der  Laugenspaoncr  üioh  dauerml  Kiugaug  ver- 
schifft hat. 


Raum  bald  von  Flüssigkeit  erfüllt,  es  wurde 
notwendig,  den  Gasen  und  schliesslich  den 
Kocbllüssigkeiten  oben  am  Kocher  Austritt 
zu  verschaffen.  Dies  wurde  durch  An- 
bringen eines  zylindrischen  ausgebleiten 
Nebengefässes  eines  sog.  Kondensators 
ermöglicht,  das  mit  dem  Mannlochstutzen 
des  Kochers  durch  ein  Uebergangsrohr  in 
Verbindung  stand.  Stieg  die  Flüssigkeit 
und  damit  der  Druck  im  Kocher  über  ein 
gewisses  Maximum,  so  konnte  man  das 
Gas  und  später  auch  von  der  überschüssigen 
Flüssigkeit  aus  dem  Kocher  in  das  Neben- 
geläss  übertreten  lassen.  Von  diesem  Ge- 
fäss  wurde  das  Gas  resp.  die  Flüssigkeit 
durch  eine  Kühlschlange  geleitet  und  dann 
in  die  Vorratsbottiche  für  Frischlösung 
zurückgeführt  Ein  Uebelstand  bei  dieser 
Einrichtung  war,  dass  diese  auch  noch 
benutzt  werden  musste,  wenn  die  Koch- 
flüssigkeit schon  stark  erschöpft  war. 

Diese  nur  für  das  erste  Abtreiben  von 
Gasen  und  wenig  erschöpfte  Lösungen 
geeignete  Einrichtung  hatte  nun  aber  ge- 
zeigt, dass  die  frischen  Lösungen  bei  ge- 
schlossenen Getässen  in  höherem  Masse 
aufnahmefähig  lür  freie  SOa  seien,  als  man 
früher  annahm,  auch  dann  noch,  wenn  sie 
durch  den  immer  noch  warmen  Lösungs- 
zufluss  mit  erwärmt  wurden.  Man  erzielte 
den  dreifachen  Vorteil,  SO,  zurückzuge- 
winnen, hOa-reichere  Lösungen  zu  erhalten 
und  einen  Teil  der  zum  Kochen  erforder- 
lichen Wärme  in  den  frischen  Kochlösungen 
aufspeichern  d.  h.  wiedergewinnen  zu 
können. 

Ob  Ritter-Kellner  das  Nebengefäss  zu 
den  Kochern,  den  sog.  Kondensator,  auch 
in  anderer  Weise  anwandten,  ist  dem  Ver- 
fasser nicht  bekannt. 

Nelson  C.  Hodgkins  zu  Augusta,  Me., 
nahm  im  Jahre  1901  das  amerik.  Patent 
No.  669  748  auf  die  Verwendung  des  Ritter- 
Kellner'schen  Nebengefässes  als  Gas- 
se h  e  i  d  e  r  oder  Separator.  Taf.  192  Fig.  1 
und  2  umstehender  Seite  verdeutlichen 
diese  Einrichtung. 

Der  Kocher  A  ist  last  vollständig  mit 
Holzspänen  und  Lösung  getüllt,  bei  49°  C. 
wird  Hahn  10  a  geöffnet,   das  Rohr  10 


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404 


E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Führt  die  nicht  im  Kocher  Platz  habenden 
Flüssigkeiten  nach  dem  Nebengefäss  oder 
Separator  11,  an  welchem  zunächst  das 


Taf.  192.  N.  C.  Hopkins  Separator. 

untere  Ventil  16  geschlossen  ist.  11  tüllt 
sich  mit  Lösung,  dann  geht  letztere  durch 
Rohr  17,  Kasten  18,  Rohr  20  in  den 
Kühler  B,  um  in  dem  Frischlösungs-Vor- 
ratsbottich  etwa  20*  C.  warm  Aufnahme 
zu  finden.  Zeigt  sich  am  Wasserstande 
des  Separators  11  eine  rote  Färbung  der 
Flüssigkeit,  so  wird  das  Ventil  16  geöffnet. 
Die  vom  Kocher  in  den  Separator  über- 
tretende Flüssigkeit  fällt  durch  das  Rohr 
12  nach  unten  in  das  durch  14  mit  kaltem 
Wasser  gespeiste  Mantelrohr  13,  aus  dem 
es  oben  durch  den  Stutzen  mit  dem  Kühl- 
wasser austritt.  Durch  Kühlung  der  Ab- 
lauge im  Rohr  12  werden  noch  grössere 
oder  geringere  Mengen  schwefliger  Säure 
frei,  passieren  den  Separator  und  die  Rohr- 
leitung 17,  18,  20  und  die  Kühlschlange 
in  B  und  treten  als  wässerige  S02  oder 
als  SOyGas  in  den  Vorratsbottich  C. 


Dasselbe  Bestreben,  nur  wenig  erschöpfte 
Kochlösungen,  nicht  aber  stark  erschöpfte 
in  die  Irischen  Kochlösungen  zurückzu- 
leiten, führten  ferner  in  Amerika 
dazu,  die  überschüssigen  Gase  und 
Lösungen  durch  zwei  getrennte  Ab- 
stossrohrleitungen  abzuführen. 

Bis  zu  110°  C  Temperatur  im 
Kocher  lüfirt  man  den  Gas-  und  Lös- 
ungsüberschuss  mittels  der  einen 
Leitung  durch  eine  Kühlschlange 
mäs'jig  gekühlt,  direkt  in  die  ge- 
schlossenen Frischlösungsbottiche, 
dann  benutzt  man  die  zweite  Leitung 
und  schickt  die  ziemlich  erschöpfte 
Lösung  in  einen  oben  beschriebenen 
Separator,  wo  aus  der  Ablauge  die 
freie  SOt  fast  vollständig  austritt.  Die 
SOt  enthaltenden  Gase  passieren 
einen  anderen  Kühlapparat  und 
deren  Kondensat  wird  ebenfalls  in  die 
Frischlaugenbotticbe  abgeführt  Die 
Abtrennung  der  SO,  von  den  stärker 
erschöpften  Ablaugen  wird  nach  Dr. 
Drewsen'schera  Patent  durch  Passieren 
eines  U-Rohres  mit  Wasserkühl- 
ung wesentlich  unterstützt. 

Bei   den   amerikanischen  Sulfit  - 
kochern  ist  nach  vorliegenden  Zeich- 
nungen viellach  das  Abstossen  der  Schwef- 
lig« äure   und  Lösungen  folgendermassen 
eingerichtet: 

Taf.  193  zeigt  drei  stehende  Kocher 
A,  A,  AB  4,88  m  Durchm.  18,3  m  hoch, 
also  nach  früher  Gesagtem  für  14,5  t 
(a  1000  kg)  Stoffgewinnung,  ausgestattet 
mit  2  Kühlbottichen  B  1,7  m  Durchm., 
2  m  hoch  und  C  2,4  m  Durchm.  1,5  m 
hoch.  Es  sind  2  Abstossleitungen  vor- 
handen. R|  führt  Gase,  event,  auch  Lö- 
sungen durch  die  Kühlschlange  des  Bot- 
tichs B,  das  Kondensat  oder  die  gekühlte 
Lösung  gelangt  durch  das  Fallrohr  F  und 
H8  in  die  Lösung  der  Vorratsbottiche  l 
und  II.  Diese  Abstossleitung  bleibt  in 
Tätigkeit,  bis  die  Temperatur  des  Kocher- 
innern auf  110°  C  restiegen  ist,  dann 
wird  sie  geschlossen  und  R,  wird  geöffnet 
und  zwar    nach  dem  Separator  S  hia 


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E.  KIKCHNEK.    DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF  405 


Taf.  193    Amerikaeliche  Sulfitkocherei  1900. 


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406 


K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Der  Separator  S  besieht  aus  einem 
eisernen,  innen  bleiverkleideten  Zylinder 
etwa  1ml.  Durchm,  1,7  m  hoch;  derselbe 
besitzt  einen  (in  der  Zeichnung  wegge- 
lassenen) Wasserstand,  um  erkennen  zu 
lassen,  ob  Flüssigkeit  oder  Gas  sich  im 
Separator  befindet.  Durch  die  Rohrleitung 
R,  steht  der  Separator  S  mit  den  Kochern 
in  Verbindung.  Durch  ein  weiteres  Krüm- 
merrohr  0  ist  der  Separator  mit  einem 
Reguliertopf  T  verbunden,  durch 
Rohr  G  wird  das  im  Separator  aus  den 
Ablaugen  frei  werdende  Gas  nach  der 
Kühlschlange  C  geleitet.  Der  ebenfalls  mit 
einem  Wasserstand  (in  der  Zeichnung  weg- 
gelassen) versehene  Reguliertopt  T  ist  mit 
Wasser  gefüllt  und  hat  ein  durch  den 
Deckel  bis  auf  den  Boden  reichendes 
Standrohr  E  von  6  bis  12  m  Höhe  und 
13  mm  1.  Durchm.  Bei  oft  bis  zu  1  Alm. 
Ueberdruck  auftretendem  Druck  im  Sepa- 
rator wird  das  Wasser  des  Topfes  in  das 
Standrohr  getrieben ;  bei  eintretender 
Saugung  (etwa  bei  plötzlichem  Abstellen 
des  Zuflussrohres  R,  von  den  Kochern  her) 
würde  durch  die  Schlange  C  und  Rohr  G 
Frischlösung  aus  den  Bottichen  I,  II,  III 
und  IV  in  den  Separator  treten  können, 
wenn  nicht  die  Wassersäule  in  E  sofort 
in  den  Topf  T  zurückfiele  und  Luft  durch 
E,  T,  0  in  den  Separator  träte,  wodurch 
die  Saugung  aufhört.  Am  Boden  des 
Separators  ist  der  eine  Zweig  des  kom- 
munizierenden Kühlrohres  K  angeschlossen. 

Für  den  Fall  des  Abtreibens  aus  dem 
Kocher  geht  das  Gas  durch  das  Rohr  G  ab, 
wird  in  einer  Schlange  des  Bottichs  C  gekühlt 
und  durch  Rohrleitung  R4  nach  den  An- 
reicherungsbottichen I  11  III  und  IV  geführt 
und  hier  oder  schon  in  der  Schlange 
kondensiert. 

Die  fast  erschöpfte  Kochlösung  wird 
nach  Drewsens  Patent  durch  ein  kom- 
munizierendes Rohrsystem  K  mit  Wasser- 
kühlung getrieben,  gibt  dabei  noch  weitere 
SO,  ab  "und  fliesst  als  erschöpfte  Ablauge 
durch  das  Rohr  L  und  durch  die  Schleuse  fort. 
In  dem  Rohrsystem  K  entsteht  eine  dem 
Druck  im  Separator  entsprechende  Niveau- 
differenz X  Y,  gleichzeitig  ist  ein  Siphon- 


verschluss  durch  dasselbe  gebildet,  welches 
ein  Entweichen  von  SO,  durch  das  Ab- 
flussrohr L  unmöglich  macht. 

Rs  im  Grundriss  gibt  noch  ein  Rohr 
an,  welches  aus  der  Rohrleitung  R,  Gase 
direkt  ins  Freie  treten  lassen  kann,  etwa 
den  letzten  Dampf  nach  Abstossen  des 
Kocherinhaltes  durch  das  untere  Mannloch. 

Es  ist  selbstverständlich,  dass  die  Bot- 
tiche B  und  C,  sowie  das  Kühlsystem  K 
mit  kaltem  Wasser  aus  der  Fabrikwasser- 
leitung gespeist  werden  müssen.  Der 
Deutlichkeit  wegen  ist  diese  Wasserleitung 
auf  Taf.  192  weggelassen. 

in  Fabriken,  welche  Kalkmilch  zur 
Herstellung  der  Sulfitlösungen  verwenden, 
ist  das  Wiedergewinnen  der  schwefligen 
Säure  immer  erleichtert,  indem  man,  wie 
dies  schon  vorn  S.  232  linke  Spalte  von 
Moldaumühl  berichtet  war*),  alle  wässerige 
schweflige  Säure  und  alle  noch  nicht  ab- 
sorbierten SO,  enthaltenden  Gase  in  die 
wenig  angereicherten  Kalkmilchbotticbe 
leiten  kann;  hier  wird  die  SO,  begierig 
aufgenommen. 

Wenn  in  einem  Fabrikbetriebe  dafür 
gesorgt  wird,  dass  sämtliche  erhaltbare 
SO,  zurückgewonnen  wird  derart,  dass 
sie  gleich  wieder  in  die  Frischlösungen 
zurückwandert,  und  dass  die  Wärme 
der  Kocherabtreibungen  in  denkbar  grössten 
Mengen  in  den  Lösungen  verbleibt,  oder 
durch  Verwendung  der  Kühlwässer  in  der 
Fabrikation  nutzbar  gemacht  wird,  so 
näheit  man  sich  dadurch  einem  Idealzu- 
stande in  diesen  Richtungen,  wie  er  den 
alten  Anlagen  nicht  eigen  war. 

Drehkocher. 

Der  Papiermeister  Flodquist  in  Möln- 
dal  bei  Gotenburg  hat  den  liegenden  zy- 
lindrischen, mittels  Schnecke  und  Schnecken- 
rad drehbaren  Kocher  mit  innerem  Blei- 
mantel in  die  Sulfitzellstoffindustrie  Schwe- 
dens und  des  Auslandes  s.  Z.  mit  Erfolg 
eingeführt,   doch   ist   man   von  diesem 

*)  Auch  S.  387  und  340   war  bereit«  über 
Wiedergewinnung  der  SO,  die  Rede. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  407 


Kochersyslem,  welches  auch  nac'i  dem 
amerikanischen  Patent  525540  mit  ä  isserer  | 
Heissluftheizung  ausgestattet  werden  sollte, 
wohl  abgekommen. 

Zu  den  Drehkochern  zählen  a.  cb  die 
liegenden 

Drehkocher  mit  Schutzkruste  und 
Mantelheizung. 

Etwa  1887  kam  der  Chemiker  und  Sul- 
ütstofffabrikant  Hermann  Brüngger 
in  Cunnersdorf  (Schlesien)  auf  den  ge- 
nialen Gedanken,  die  Eigenschaft  der 
Sulfitlösungen,  sich  auf  den  Flächen 
der  Heizrohre  als  solide  Kruste*)  nieder- 
zuschlagen, zur  Bildung  eines  inneren 
Schutzes  eiserner  Kocberplatten  auszu- 
nutzen. Dr.  Salomon  und  H.  Brüngger 
nahmen  am  7.  Novbr.  1888  das  D.  R.  P. 
50789**)  und  brachten  im  Laufe  der 
nächsten  Jahre  an  ihrem  Wirkungskreise, 
Zellstofffabrik  Cunnersdorf,  7  Drehkocher 
mit  dieser  Schutzkruste  in  Betrieb.  Kom- 
merzienrat  M.  Behrend  stellte  in  Hammer- 


*)  Mao  vergleiche  die  Zusammensetzung  einer 
solchen  Kruste  8.  888,  rechte  Spalte,  unten. 
**)  Dr.  jur.  Ferdinand  Salomon  in  Berlin 
und  Hermann  Brüngger  in  Cunnersdorf. 
Elterae  «der  »tihleroe  Salfltkooher  mit  isserer 
Sohntikruste. 
Patentiert  im  Deutschen  Reiche  vom 
7.  November  1888  ab. 
Pateatannmer  50789.  Klatie  55. 
Bisher  waren  nur  solche  Sulfitzellulosekocher 
gebräuchlich,  deren  innere  Wand  mit  einer  Ver- 
bleiung oder  einer  Art  von  Ausmauerung  ver- 
sehen  war,   um   die   schädliche  Wirkung  der 
Kochlaoge  auf  den  metallenen  Körper  der  Kocher 
zu  verhindern.   Bei  vorliegender  Erfindung  ist 
ein  Mittel  angewendet,  diese  schädliche  Wirkung 
zu  beseitigen,  indem  die  nackten  MetallHächen 
mit  einer  Kruste  von  Salzen  versehen  werden. 
Erhitzt  man   nämlich   die  Wände   des  Koch- 
apparates genügend  hoch,  etwa  auf  180°,  und 
bringt  dieselben  dann  mit  Solfitlauge  oder  Gips- 
lösung in  Verbindung,  so  gerät  die  Flüssigkeit 
an  den  Berührungsstellen  mit  den  heissen  Wan- 
dungen ins  Sieden  und  scheidet  eine  feste,  dichte, 
dauernd  haltbare  Kruste  ab. 

Bei  rotierenden  eisernen  oder  stählernen 
Kochern  stellt  man  zweckmässig  sämtliche  durch 
Ueberzug   zu   schützenden  Teile  doppelwandig  i 


mühle  1889,  1892  und  1894  je  einen  dieser 
Drehkocher,  den  letzten  für  60  cbm  Füll- 
raum, auf.  Um  1890  baute  H.  Brüngger 
eine  Zelluloselabrik  in  Josefihütte  (Böhmen) 
mit  4  dergleichen  Kochern  von  je  50  cbm 
Füllraum.  in  Amerika,  Norwegen  etc. 
kamen  weitere  noch  grössere  Kocher  in 
Betrieb. 

Die  Bildung  der  Kruste  geschieht  bei 
den  sich  drehenden  horizontalen  Kochern 
so,  dass  bei  Erwärmung  auf  etwa  130  0  C 
und  bei  Benetzung  der  inneren  Kocher- 
wand mit  Calcium bisulötlösung  anhaftende 
Flüssigkeitsschichten  letzterer  zersetzt 
werden,  es  bildet  sich  Wasserdampf  und 
schweflige  Säure,  und  eine  dünne  Schicht 
Calciummonosulöt  trocknet  auf  der  Eisen- 
oberfläche fest  Diese  Schicht  verdickt  sich 
bei  fortgesetzter  Drehung  allmählich  auf 
lVi  bis  2  mm,  sie  ist  ursprünglich  wohl 
in  der  Hauptsache  Calciummonosulfit 
(Ca  SO,),  welches  nach  und  nach  in  der 
Wärme  und  in  zeitweiser  Berührung  mit 
dem  Sauerstoff  der  Luft  zu  Calciumsulfat 
(Ca  S04)  oxydiert,  schliesslich  bleiben,  wie 


her,  damit  vermittelst  des  dadurch  geschaffenen 
Zwischenraumes  die  Heizung  dieser  Teile  bewirkt 
werden  kann.  Einfachwandige  rotierende  Kocher 
können  aber  auch  mit  einer  Ummanteluug  von 
Mauerwerk  verseben  werden.  Die  Erhitzung  des 
Kochermantels  geschieht  dann  durch  heisse  tiasc 
(Feuergase,  heisse  Luft),  welche  in  den  Zwischen- 
raum zwischen  Kocher  und  Mauerwerk  eingeführt 
werden. 

Nicht  rotierende  Kocher  werden  in  ähnlicher 
Weiso  mit  einer  Ummantclung  versehen.  An 
einer  Stelle  des  Kochermantels  ist  ein  Rohr  an- 
gebracht, welches  nach  einem  geschlossenen 
Zylinder  führt.  Zur  Erzeugung  einer  alle  inneren 
Flächen  des  Kochers  bedeckenden  Kruste  müssen 
diese  Kocher  vollständig  mit  Lauge  gefüllt  wer- 
den, und  das  erwähnte  zylindrische  Gtcfäs»  dient 
dazu,  die  durch  die  Erwärmung  voluminöser 
werdende  Lauge  aufnehmen  zu  können. 

Patent-Anspruch  : 

Ein  von  aussen  zo  erhitzender  Sulfitzellulose- 
kocher aus  Eisen  oder  Stahlblech,  welcher  innen 
mit  einer  Schutzkruste  verseben  ist,  die  durch 
Einführen  von  Sulfitlauge  oder  (iipslösung  in 
den  vorher  geheizten  und  eventuell  mit  Holz 
beschickten  Kessel  erzeugt  worden  ist. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


bei  altem  Rohrstein  (man  vergl.  die  Ana- 
lyse S.  388),  nur  noch  Reste  von  Ca  SO, 
in  der  Kruste. 

Während  sich  liegende  Drebkocher 
dieser  Art  mit  Brüngger 'scher  Schutzkruste 
mit  3—6  t  Stoffergebnis  gut  bewährt  haben, 
hat  man  mit  grösseren  stehenden  Kochern 
dieser  Auskleidung  in  Amerika,  wo  man 
das  Ausblasen  der  Kocher  nicht  entbehren 
will,  nicht  so  gute  Erfolge  gehabt  Das 
in  Amerika  allgemein  übliche  Kochen  mit 
viel  freie  SOa  enthaltende  Lösungen  und 
das  Ausblasen  unter  hohem  Druck  ver- 
hindert das  Ansetzen  der  Schutzkruste 
speziell  im  unteren  Konus  durch  starke 
Reibung  der  abgehenden  Masse,  weshalb 
sich  im  Laufe  der  Jahre  das  Einsetzen 
neuer  Konen  als  nötig  erwiesen  bat. 

In  den  liegenden  Drebkochern  mit 
Schulzkruste  wird  gewöhnlich  12—15  Stun- 
den gekocht 

In  Amerika  erkannte  man  (1899)  den 
Vorteil  der  kurzen  Kochzeit  (in 
stehenden  Kochern  selten  länger  als  7 
Stunden)  an,  aber  sie  allein  wird  als  Vor- 
eil genannt.  Als  Nachteile  wurden  Un- 
zuverlässigkeit  der  Kruste  bei  dortiger 
Arbeitsweise  und  geringe  Grösse  der  Kocher 
(3  t  Stoffinhalt)  hervorgehoben. 

In  Anbetracht,  dass  s  Z.  in  Cunners- 
dorf bei  Hirschberg  die  mit  patentierter 
Schutzkruste  ausgestatteten  Kocher  im 
Betriebs] ahr  300  Kochungen  ermöglichten, 
während  sie,  mit  Bleimantel  versehen,  nur 
210  malige  Kochung  pro  Jahr  zuliessen, 
dass  ferner  M.  Behrend  in  HammermUhle 
so  zufriedenstellende  Resultate  erzielte, 
dass  er  diese  Kocher  auch  in  einer  neuen 
grossen  SulGtfabrik  Amerikas  benutzt,  und 
dass  endlich  die  Zellulosefabrik  Josefihütte 
(Böhmen)  und  andere  Anlagen  nunmehr 
über  ein  Jahrzehnt  mit  solchen  Kochern 
vorteilhaft  arbeiten,  darf  man  schliessen, 
dass  die  Salomon-Brüngger'schen  Kocher 
mit  Schutzkruste,  besonders  als  liegende 
Drehkocher  konstruiert,  empfehlenswert 
sind. 

Es  sei  darauf  hingewiesen,  dass  die 
Blechschweisserei,  Kesselschmiede  und 
mechanische   Werkstätten    W.  Fitzner, 


Laurahütte,  O.-Schlesien,  solche  Kocher  mit 
ganz  aus  einem  Stück  geschweisstem  Innen- 
mantel bis  zu  2,3  m  Dur  ehm.  10  m  lang 
(oo  40  cbm  Inhalt)  und  Aussenmantel  mit 
Laufringen  herstellt. 

Nach  Mitteilung  dieser  Firma  hat  die 
I  Konstruktion  der  Kocher  gegen  früher 
einige  Verbesserungen  erfahren.  Als  wesent- 
lich wird  hervorgehoben,  dass  die  zu  Un- 
dichtheiten  neigenden  Stehbolzen  zur  Ver- 
bindung des  Innen-  und  Aussenmantels 
durch  Kopfsschrauben  ersetzt  werden,  die 
in  aufgeschweissten  Vierkanten  joj  «n* 
Gewinde  finden,  so  dass  ein  Anbohren  des 
Innen mantels  entlällt. 

Ueber  Materialien  für  die  Sulfitkocher. 

Eisen   und  Stahl. 

Schon  früher  und  auch  vorn  »Allge- 
meines über  Kocher  und  Nebenapparate« 
S.  362  etc.  hat  Verfasser  sich  gegen  die 
Verwendung  von  Flusseisen-  und  Fluss- 
stahlblechen zum  Bau  von  Kochapparaten 
unserer  Industrie  ausgesprochen  und  den 
Schwei ss eisen  blechen  unbedingt  den  Vor- 
zug gegeben. 

Herr  Baurat  Rubricius,  Wien,  bat  im 
März  1903  im  Wochenblatt  für  Papier- 
fabrikaüon  Jg.  1903  8.  1033  u.  f.  Stellung 
dazu  genommen  und  seine  Meinung  über 
die  Verwendung  von  »Stahl«  im  Kocher- 
bau präzisiert. 

Rubricius  wünscht  vor  allem  nicht  das 
Material,  welches  in  Amerika  u  a.  Orten 
zum  Bersten  von  Kochern  geführt  hat,  mit 
dem  Material  verwechselt  zu  sehen,  was 
man  unter  »Stahlblech«  im  heutigen 
Kesselbau  versteht.  Letzteres  sei  der  sehr 
homogene  Siemens-Martin-Stahl, 
der  zutreffender  »Flusseisen«  genannt 
werden  sollte,  eine  Zugfestigkeit  von 
40  kg/qmm  und  20  •/•  Dehnung  besitze.  Er 
habe  erhebliche  Vorteile  gegenüber  dem 
unhomogenen  Schweisseisen  mit  35  kg/qmm 
Festigkeit  und  12#/«  Dehnung.  Es  er- 
scheine technisch  nicht  begründet,  dass 
der  Martinstahl,  resp.  das  Flusseisen  mit 
seiner  Widerstandsfähigkeit  gegen  Säuren 
I  und  säurehaltige  Flüssigkeiten   sich  für 


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409 


Kocherwanduogen  nicht  eignen  sollte. 
Betreffs  der  TemperaturdifTerenzen  an  der 
Ionen-  und  Aussenwand  pflichtet  Rubricius 
dem  Verfasser  bei  ;  er  gibt  sogar  weitere 
Beispiele  der  Empfindlichkeit  des  Stahles 
resp.  Klusseisens,  sagt  aber,  dass  hohe 
Temperaturdifferenzen  selten  vorkommen, 
und  dass  man  sich  gegen  die  Entstehung 
derselben  durch  Holzlatten  und  Reifen 
oder  durch  eine  wärmeisolierende  Schicht 
schützen  könne  Man  könne  zudem  un- 
geeignetes früheres  Material  mit  dem  heute 
erzeugten  homogenen  Martinstahl  nicht  in 
Parallele  stellen. 

Verfasser  hielt  dem  entgegen,  dass  es 
sich  bei  dem  S  364  erwähnten  Fall  um 
einen  Mantel  gehandelt  habe,  dessen 
Material  sowohl  vor  als  nach  dem  Vor- 
kommnis von  der  amtlichen  Versuchsanstalt 
Zürich  geprüft,  als  ein  ganz  vorzügliches 
und  zähes  erklärt  worden  sei  Ein  wärme- 
isolierender Schutz  im  Betriebe  müsste 
auch  hin  und  wieder  entfernt  werden,  so 
dass  das  Unglück  des  Zerreissens  eines 
Mantels  bei  Temperaturdifferenzen  dann 
immer  wieder  eintreten  kann. 

Auf  eine  Anfrage  an  den  »Verein 
deutscher  Hüttenleute  in  Düsseldorf  €  ant- 
wortet die  Redaktion  von  »Stahl  und 
Eisen*,  dass  »sich  Flusseisen- 
bleche für  Kocher  ebenso  gut 
eignen  wie  gute  schweiss- 
eiserne  Bleche;  es  sei  nicht 
ersichtlich,  warum  gute  Flusseisen- 
bleche bei  Winterkälte  reissen  sollten; 
wenn  derartige  Vorkommnisse  dagewesen 
seien,  so  habe  es  am  unrichtigen  Material 
gelegen«. 

Die  Agentur  deutscher  Grob- 
blech-Walzwerke ü.  m.  b. H.  Ber- 
lin W  8«  antwortet  durch  die  technische 
Kommission  ihres  Verbandes  in  ausführ- 
licher Weise. 

Schweisseisenbleche  werden 
jetzt  nur  noch  von  Friedrich  Krupp  A.-G. 
in  Essen  und  A.  Borsig,  Berg-  und  Hütten- 
verwaltung, Borsigwerk  hergestellt  1903 
wurden  in  Deutschland  von  7  8  3  6  0  t  Kes- 
selbleche nur  noch  etwa  7  7  5  t  =  0,984/c 


aus  Schweisseisen  hergestellte  verwendet. 
Die  Herstellung  von  Schweisseisenblechen 
habe  demnach  fast  aufgehört  Der  etwa 
70°/«  höhere  Preis  der  schweisseisernen 
Bleche  gegen  den  der  fluBBeiaernen  könne 
da,  wo  es  sich  um  Sicherheit  für  Leben 
und  Eigentum  handle,  nicht  der  eigentliche 
Grund  für  die  NichtVerwendung  des  enteren 
sein. 

Dass  weiches  Flusseisen  an 
Stelle  des  Schweisseisens  im  Kessel-  und 
Kocherbau  getreten  sei,  habe  bewirkt,  dass 
die  Unglücksfälle  an  diesen  Einrichtungen 
sich  bedeutend  verringert  haben. 

Vor  mehr  als  26  Jahren  sei  allerdings 
der  Fehler  gemacht  worden,  dass  Stahl- 
bleche von  50— 60kg/qmm  Zugfestigkeit  ver- 
wendet worden  seien,  diese  hätten  sich  nicht 
bewährt  Zu  gross  zugelassene  Spannungen 
und  Beschädigungen  des  Materials  bei  der 
Verarbeitung  hätten  zu  Betriebsstörungen 
und  Unfällen  geführt 

Mit  Blechen  aus  weichem 
Flusseisen  von  34  —  40  kg/qmm 
Zugfestigkeit  habe  man  in  den 
letzten  15  —  20  Jahren  ganz  her- 
vorragend gute  Resultate  er- 
zielt. Ein  moderner  Kessel-  und  Kocherbau 
sei  ohne  Flusseisenverwendung  kaum  noch 
denkar. 

Es  sei  irrig,  zu  behaupten,  seit  der  Ver- 
wendung des  Flusaeisens  sei  die  Beschä- 
digung der  Kessel  häufiger;  die  Statistik 
beweist  das  gerade  Gegenteil.  Viele  Auf- 
sätze, welcbe  diese  Frage  erörterten, 
könnten  nicht  als  rein  sachlich  gelten,  da 
sie  Leute  verfasst  hätten,  welcbe  die 
Interessen  der  Schweisseisen  werke  ver- 
traten und  glaubten,  den  Rückgang  der 
Verwendung  der  Schweisseisenbleche  auf- 
halten zu  können.  Heute  wird  kein  Fach- 
mann mehr  daran  denken  Schweiss- 
eisen zu  einem  Kessel  zu  verarbeiten. 
Bei  Beurteilung  der  aus  Flusseisen  in  den 
80er  Jahren  hergestellten  Kessel  und 
Kocher  müsse  auch  bedacht  werden, 
dass  damals  die  wenigsten  Kesselschmiede 
wussten,  wie  Flusseisen  bearbeitet  werden 
musste,  eine  grosse  Zahl  der  an  Fluss- 

13.  Bogen  1904. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER   1H.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


eisen-Kesseln  vorgekommenen  Unfälle  ist 
auf  unrichtige  Herstellung  der 
Kessel  zurückzuführen.  Heute  liegt  der 
Fall  anders.  Werden  Flusseisen- 
bleche im  Siemens  -  Martin- 
Ofen  von  guten  Werken  mit 
34-40  kg/qmm  Zugfestigkeit 
erzeugt,  ron  guten  Kessel- 
schmieden verarbeitet,  so  ist 
man  anzunehmen  berechtigt, 
d Ii s  solche  Kessel  und  Kocher 
eine  hervorragende  Betriebs- 
sicherheit und  lange  Lebens- 
dauer haben  werden.*) 

Für  die  Beurteilung  des  Verhaltens  von 
Flusseiaen  bei  starken  Temperatursch»  ank- 
ungen  lassen  sich  am  besten  diejenigen 
Erfahrungen  heranziehen,  welche  mit 
diesem  Material  im  Dampfkesselbetriebe 
gemacht  worden  sind. 

Es  ist  im  Betriebe  der  Kessel  aus 
Schweisseisenblech  häufig  ein  Keissen  in- 
folge vorkommender  Temperaturschwank- 
ungen beobachtet  worden. 

Das  Reissen  ist  keineswegs  eine  Eigen- 
tümlichkeit des  Flusseiseos,  dies  ist 
wieder  kürzlich  durch  eine  in  Oesterreich 
vorkommende  Explosion  eines  Kochers 
erwiesen,  der  aus  Flusseisen  gebaut  war. 
aber  S  c h  w  e  i  s  s  eis  e  n  I  a  s  c  h  en  hatte. 
Gerade  diese  Schweisseisen  laschen  sind 
gerissen  und  haben  die  Explosion  ver- 
ursacht, während  das  Flusseisen  sehr  gut 
gehalten  hat 

Die  Möglichkeit  des  Reissens  von  Fluss- 
eisen ebenso  wie  beim  Schweisseisen  zu- 
gegeben, so  sollte  man  solches  Material 
verwenden,  das  dieser  Gefahr  am  wenigsten 
ausgesetzt  ist.  Das  ist  aber  unzweifelhaft 
dasjenige  Flusseisenmaterial,  welches  bei 
Abkühlungen  am  wenigsten  seine  Struktur 
und  Härte  ändert  und  gleichzeitig  bei  Er- 
wärmung am  wenigsten  an  Dehnung  ver- 
liert. Alle  bisher  angestellten  Versuche, 
besonders  auch  die,  welche  Prof.  Bach  in 
der  Zeitschrift  des  Vereines  Deutscher 
Ingenieure  Jg.  190*  Nr.  35  und  36  ver- 

•)  In  gleichem  Sinne  sprach  sich  auch  ein 
erfahrener  .Kesselschmied  Sachsens  uus. 


öffentliche,  bestätigen  nun,  dass  das 
weichste  Flusseisen  (34-40  kg  Festigkeit) 
diesen  Einflüssen  am  besten  widersteht  ; 
hier  werden  also  die  jahrzehntelang  in 
der  Praxis  gemachten  Erfahrungen  be- 
stätigt. 

Unzweifelhaft  stellt  Fluss- 
eisenblech von  34—40  kg  Festig- 
keit das  bis  heute  bekannte 
beste  und  betriebssicherste 
Material  dar,  welches,  gute 
Bearbeitung  und  gutes  Zu- 
sammenbauen vorausgesetzt,  zur 
Herstellung  von  Kochern  sehr 
geeignet  erscheint  Et  kann  nur 
solches  empfohlen  werden. 

Für  diese  gütigen  und  wertvollen  Mit- 
teilungen erlaubt  sich  Verfasser  der  Agen- 
tur in  Berlin  bestens  zu  danken. 

Er  will  dem  Gesagten  nicht  wider- 
sprechen, aber  seine  Bedenken  sind  nicht 
ganz  gehoben.  Es  ist  doch  die  Frage 
»Wie  verhalten  sich  unter  Be- 
triebsdruck stehende  Schweiss- 
eisen- und  Flusseisen-Bleche 
von  der  einen  Seite  auf  80 
oder  mehrGrad  Celsius  erwärmt 
auf  der  anderen  durch  Luft 
weit  unter  0*  (sagen  wir  —  20 
bis  —  40f  C)  bestrichen?  Ver- 
trägt F 1  u ss e i s en b 1 e ch  solche 
Beanspruchung  ebenso  gut  wie 
Schweisseisenblech?« 

Ueber  diese  Frage  geben  auch  die 
neuesten  umfangreichen  hochdankenswerten 
und  gründlichen  Untersuchungen  Bachs 
keinen  Aufschluss.  Die  Erfahrungen  in 
Perlen  (Schweiz  1886)  und  die  übrigen 
vorn  mitgeteilten  Vorkommnisse  mahnen 
zur  Vorsicht 

Was  den  Fall  in  Oesterreich  anlangt, 
so  handelt  es  sich  da  wohl  um  das  am 
4.  November  1901  mit  einem  Zellulose- 
kocher in  Podgora  vorgekommene  Unglück 
Das  Zentralblatt  für  die  österreichisch- 
ungarische Papierindustrie  äussert  sich 
darüber  in  ihrer  No.  6  vom  20.  Februar 
1902,  S.  186/88.  Das  Unglück  ist  auf  die 
allmähliche  Lockerung  des  Gefüges  eines 


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411 


schon  von  vornherein  minderwertigen 
Materiales  zurückzuführen. 

Der  Kocher  war  1890  aus  T  e  p  1  i  t  z  e  r 
Flusseisenblech  erbaut.  Bei  4  m 
Durchm.  und  9,7  m  Gesamthöhe  war  der  zy- 
lindrische Teil  20  mm,  die  beiden  halb- 
kugelförmigen Teile  23  mm  stark,  die 
Laschen  waren  25  mm  stark.  Der  Kocher 
war  für  4Vt  Atm.  Ueberdruck  Spannung 
konzessioniert,  er  war  mit  60  mm  dicker 
Mauer  und  35  mm  dicker  Kachelschicht 
(also  ohne  Blei)  verkleidet  Der  Kocher 
barst  durch  Riss  einer  Längslasche  in  der 
einen  der  (zwei)  mittleren  Nietreihen.  (Es 
waren  nur  2  reihige  Nietreihen  angewendet ) 
Durch  den  in  ganzer  Laschenreihe  ent- 
stehenden Spalt  entleerte  sich  der  seit 
12  Stunden  gebeizte  Kocher  in  8—10  Mi- 
nuten. Die  Brucbflächen  waren  grob- 
I  a  s  e  r  i  g  und  zeigten  deutlich  die  Rich- 
tung der  Walzrichtung  der  Länge  der 
Lasche  nach. 

Dies  ist  ein  Fehler  der  Aus- 
führung, der  unbedingt  vermieden 
werden  muss.  Die  Laschen  besonders, 
wenn  sie  aus  Schweisseisen  bestehen, 
wie  die  »Agentur  Berlin«  oben  berich- 
tet, wovon  aber  nichts  im  österreichischen 
Zentralblatt  steht,  müssen  die  Walzrichtung 
in  der  Quere  aufweisen  (also  aus  Blechen 
quer  zur  Walzrichtung  herausgeschnitten 
werden).  Die  Mantel-  und  Laschenbleche 
waren  von  der  Säure  nicht  angefressen, 
sondern  sonst  gesund.  Der  Verfasser 
schliesst  hieraus,  dass  das  Laschenblech 
infolge  der  durch  inneren  Druck  und  Aus- 
dehnung des  Mauermantels  hervorgerufenen 
Spannung  in  den  Nietlocbverschwächungen 
bei  falscher  Walzrichtung  des  Bleches 
über  seine  zulässige  Festigkeit  (quer  zur 
Walzrichtung)  beansprucht  war  und  einfach 


Dieser  Fall  liegt  also  ausserhalb  der 
oben  gestellten  Frage  und  dieselbe  zu 
beantworten  wäre  eine  dankbare  Ar- 
beit für  einen  Mann  der  Wissenschalt 
oder  eine  der  amtlichen  Ver- 
suchsanstalten. 

Ehe  die  Frage  nicht  zu  Gunsten  des 


Flusseisenmateriales  entschieden  ist,  kann 
Verfasser  nur  wiederholen,  dass  ihm  nicht 
bekannt  ist,  dass  Kocher  aus  Schweiss- 
eisenmaterial unter  ähnlichen  auffälligen 
Erscheinungen  wie  in  Perlen,  Dexter  etc. 
zerrissen  sind  und  die  Mahnung  beifügen, 
dass  jeder  Kocberbesitzer,  da  nun  einmal 
nur  noch  Flusseisenblechkocher  zu  er- 
halten sind,  ängstlich  darüber  wachen 
sollte,  dass  dieselben  in  den  Wintermonaten 
mit  einer  die  Kälte  abhaltenden  Um- 
mantelung  versehen  werden,  wie  das  von 
ihm  bereits  1886  an  dem  geplatzten  und 
reparierten  grossen  Kocher  geschah. 

Alle  Eisen- und  Stahlsorten  zeigen  nach 
bisheriger  Erfahrung,  dass  sie,  einmal  von 
einem  sich  nach  aussen  ergiessenden  Strom 
heisser  Kocbflüssigkeit  getroffen,  schnell 
gelöst  werden  Verfasser  hat  nach  S.  388 
linke  Spalte  oben  4  derlei  Eisenstücke 
untersucht,  sie  lösen  sich,  im  Kocher  der 
Wirkung  der  Kochlösungen  direkt  ausge- 
setzt, verhältnismässig  schnell  auf.  Die 
Krage,  ob  sich  das  empfohlene  Flusseisen 
gegen  die  sauren  und  sich  stark  verändern- 
den Lösungen  widerstandsfähiger  erweist 
als  Schweisseisen,  bleibt  aus  Mangel  an 
Versuchen  für  ihn  noch  unentschieden. 

Herr  Kgl.  Württ  Baudirektor  Professor 
C.  Bach  in  Stuttgart  gibt  auf  Grund 
der  Mitteilung  des  über  Kocberbleche  oben 
Gesagten  folgende  schriftliche,  hochwert- 
volle Aeusserung  vom  6.  Dezember  1904 : 

„Das  Reissen  oder  Springen  von 
Wandungen,  wie  Sie  solches  für  Kocher 
besprechen,  tritt  auchibeilDampfkesseln 
auf,  und  zwar  häufiger,  als  man  anzu- 
nehmen pflegt:  entlang  den  Nietloch- 
reihen  und  im  vollen  Blech.  Ich  habe 
es  auch  an  Kesseln  aus  Schweisseisen- 
blechen festgestellt,  jedoch  weit 
woniger  oft  als  an  Kesseln  aus 
Flusseisenblechen. 

In  der  Mehrzahl ider  Fälle  spielen 
hierbei  Temperaturunterschiede  eine 
grosse  Rolle. 

Zur  Vermeidung  des  ReissensAwird 
es  sich  empfehlen,  zu  deniKochern  — 
Rücksicht  auf  die  bedeutenden 


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412 


E.  KIRCHNER,    DAS  PAPIER.   1U.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Temperaturunterschiede,  welche  sich 
einstellen  können  —  nur  Feuerblech 
(also  nicht  Mantelblech)  zu  verwenden 
mit  einer  Zugfestigkeit  von  34  bis 
höchstens  40  kg/qmmj  und j  einer 
Bruchdehnung  von  mindestens  25*/e. 
Dass  das  Blech  auch  im  übrigen  den 
Anforderungen  genügen  muss,  die  an 
Feuerblech  zu  stellen  sind,  iet  selbst- 
verständlich. 

Bei  Dampfkesseln  gilt  es  als  eins 
unzulässige  Behandlung,  sie  rasch  abzu- 
kühlen. Ebenso  wird  man  sich  bei 
Kochern  daran  gewöhnen  müssen,  dass, 
wenn  sie  Im  Innern  stark  erwärmt  sind, 
man  sie  aussen  nicht  strömender 
Luft  von  —  20°  C  oder  gar  —  40 0  C 
aussetzen  darf." 

Herrn  Baudirektor  Bach  dankt  Verfasser 
verbindlichst  für  diese  klare  Mitteilung  und 
empfiehlt  den  Kocherbestellern  und  Kocher 
erbauern,  sich  den  Rat  dieses  vielerfahrenen 
Sachkenners  zunutze  zu  machen. 

Da  es  nun  einmal  Schweisseisenbleche 
nicht*  mehr  gibt,  und  das  Klusseisen  emp- 
findlicher gegen  Temperaturdifferenzen 
(besonders  wenn]  Kältegrade  mitspielen) 
ist,  so  bleibt  nichts  anderes  übrig,  als  die 
aus  bestgeeigneten  Blechen,  wie  sie  Bach 
vorschreibt,  hergestellten  Kocher  so  ein- 
zubauen, dass )  sie  t  unbedingt  gegen  kalte 
Zugluft  geschützt  stehen,  sie  auch,  wie 
schon  oben  vorgeschlagen,  noch  mit  einem 
leicht  fortnehmbaren  Mantel  aus  Filzdecken 
(Kirchner)  oder  Lattenverschlägen  (Rubri- 
cius)  zu  umhüllen. 

Herr  Bezirksingenieur  Wolf  sagt  üb- 
rigens in  der  Zeitschrift  des  Bayerischen 
Dampfkessel -Revisions  -  Vereins  Jahrgang 
1903,  No  3  vom  15.  Februar,  S  22/23: 
»Eine der  bayerischen  Zellstofffabriken 
hat  ihre  Kocher  auch ;  äusserlich  mit 
einer  Schutzmasse  umhüllt,    um  die 
Wärmeverluste  zu  vermindern  und  will 
damit  gute  Erfahrungen  gemacht  haben. 
Andere  Fabriken  halten  diese  Umhüllung 
zwar  für  sehr  vorteilhaft,   lassen  sie 
aber  doch  im  Interesse  der  Betriebs- 
sicherheit weg,  weü  sie  befürchten,  dass 


etwa  auftretende  Undicbtheiten  oder 
durchgefressene  Stellen  des  Kochers 
nicht  rechtzeitig  entdeckt  werden 
könnten.« 

Eine  lose  gewebte,  helle  d  Filzdecke 
dürfte  die  Erkennung  von  Undichtheilen 
am  besten  zulassen.  *  Das  Austreten  von 
Lauge  würde  durch  Braunfärben  der  Decke 
sich  sofort  bemerkbar  machen. 

Eine  praktische  Anordnung  und  die 
Aulrollmöglichkeit  -  der  einzelnen  Decken- 
streifen wird  eine  zeitweise  Untersuchung 
der  äusseren  Blechbeschaffenheit  der  Kocher 
erleichtern. 

B I  e  i.*) 

Bleiblecbe  und  Bleirohre  werden  aus 
Weichblei  hergestellt,  welches  beim 
Parkesprozess  (durch  Zink  entsilbertes 
Blei)  oder  beim  Pattinsonverlahren  (pat 
tiosoniertes  Blei)  hüttenmännisch  ge- 
wonnen wird.  Beide  Bleisorten  zeichnen 
sich  durch  grosse  Reinheit  aus. 

In  besonderen  Fällen,  in  welchen  die 
grosse  Weichheit  und  geringe 'Elastizität 
des  Bleies  seiner  Anwendung  entgegen- 
steht, setzt  man  demselben  geringe 
Mengen  Antimon,  oder  besser, eine  Blei- 
antimonlegierung zu. 

Auch  der  Zusatz  von  Kupfer  ist  bei 
Verwendung  der  Bleche  und.  Rohre  in 
chemischen  Betrieben  wiederholt  j  emp- 
fohlen worden. 

In  nachstehender  Tabelle  sind  einige 
Analysen  von  Weichbleien  (Handelsbleie) 
zusammengestellt 

Fabrikate.   1.  Bleiblecb. 

Durch  Auswalzen  des  im  Handel  vor- 
kommenden Weichbleies  erhält  man  das 
Weichbleiblech,  welches  wegen  seiner 
Widerstandsfähigheit  gegenüber  den 
Säuren  des  Schwefels  und  des  Chlors 
in  der  chemischen  Industrie  etc.  sehr 
vielseitige  Verwendung  findet. 


•)  Verfasser  verdankt',- viele  der  |  nachfolgen- 
den Mitteilungen  der  Verwaltung  derjKgl.  Hai»- 
briiekner  Bleiwarentabrik  in  flalibrücke,  Sachten . 


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K.  KIRCHNKK.    DAS  PAPIER.   III.  B.  iL  C  ZELLSTOFF". 


418 


Handelsblei-Analyaen. 


Ij  Verkaufs-  bezw. 
Handelsblei 

Pb 

Sb 

Cu 

Fe 

!  z° 

Ag 

Bi 

0/ 

lo 

h 

f  0 

% 

1  C, 

h 

•/. 

0/ 

lo 

1 

aus  England 

99,9876 

0,0042 

0,00r9 

0,0014 

O.0CO2 

0,0005 

0,0052  , 

2 

„  Italien 

99,9922 

0,0020 

0,0010 

0,0028 

0,0006 

0,0005 

0,0009 

durch 
Zink 

3 

vom  Harz 

99,9889 

0,0063 

0,0007 

0,0005 

0,0007 

0,0005 

0,0024 

4 

„  Rhein 

99,98  /9 

0,0077 

0,0005 

0,0017 

0,0005 

0,0004 

0,0013 1 

'  Ii 

'  «nt- 

\,  LI  l 

5 

dgl. 

99,9771 

0,0045 

0,0002 

0,0003 

0,0002 

0,00(5 

0,0172 : 

silbert 

6 

dgl. 

99,9907 

0,0037 

0:0007 

0,0002 

0,0002 

0,0005 

0,0040 

(Parkes) 

7 

von  Muldner  Hütte 

99,9443 

0,0005 

0,0009 

0,0003 

0,0003 

0,0007 

0,0530  j| 

8 

„  Halsbrücke 

99,8856 

0,0007 

0,0795 

0,COD8 

0,0004 

0,0017 

0,0318  ' 

I  pattin- 

9 

„  Przibram 

99,9897 

0,0032 

0,0012 

0,0011 

0,0012 

0,0017 

0,0019  1 

1  soniert 

10 

aus  Amerika 

99,9926 

0,0013 

0,0002 

0,0018 

0,C0C8 

0,0002 

0,0081 ! 

- 

durch  Zink 

entsilbert 

In  der  Elektrotechnik  und  Sulfitzell- 
stofTfabrikation  wird  der  Gewichtserspar- 
nis wegen  vielfach  an  Stelle  des  Weich- 
bleibleches »Hartbleiblecb«  benutzt.  Diese 
Blechsorte  besitzt  grössere  Festigkeit 
und  Elastizität  als  Weichblei,  weshalb 
bei  gleicher  Beanspruchung  dünnere  und 
leichtere  Bleche  verwendet  werden 
können.  Das  Hartblei  besteht  aus  Weich- 
blei, dem  man  Antimon  entweder  in 
Form  einer  Bleiantimonlegierung  ( —  An- 
timonblei des  Handels  mit  15— 20  °/o  Sb  — ) 
oder  als  reines  Metall  zugesetzt  hat. 
Das  gewöhnliche  Hartbleiblech  enthält 
nur  1—2  °/o  Antimon,  doch  werden  auch 
für  elektrotechnische  Zwecke  bleche  mit 
5— 6*/t  Antimongehalt  hergestellt.  Weil 
das  Hartblei  starke  Neigung  zum  Saigern 
zeigt,  muss  auf  die  Herstellung  der  Blei- 
Antimonlegierung  grosse  Sorgfalt  ver- 
wendet werden. 

2.  Bleirohre. 

In  den  Handel  gebracht  werden  Weich- 
blei- und  Hartbleirohre.  Beide  Sorten 
haben  in  der  Zelluloseindustrie  mannig- 
faltige Verwendung  gefunden.  Die  Weich- 
bleirohre werden  aus  gewöhnlichem 
Weichblei  des  Handels  hergestellt.  Als 
Material   für  die   Hartbleirohre  dient 


ebenfalls  Weichblei,  dem  manlO'/i  bez 
15<V.  Anlimonblei  (15-20  •/•  Sb)  Zu- 
gesetzt bat,  sodass  der  Antimongehalt 

1-  2 °/o  bez.  2-3 °/o  Sb  beträgt  Das 
sonst  wenig  elastische  Weichblei  wird 
durch  einen  kleinen  Antimonzusatz 
elastisch ;  deshalb  eignen  sich  Hartblei- 
rohre zu  Dampfleitungszwecken  viel 
besser  als  Weichbleirohre,  denn  vermöge 
seiner  grösseren  Elastizität  nimmt  es 
seine  frühere  Gestalt  beim  Erkalten 
wieder  an.  Hartbleirohre  besitzen  aber 
auch  eine  grössere  absolute  Festigkeit  als 
Weichbleirohre,  weshalb  sie  die  Anwen- 
dung geringerer  Wandstärken  vertragen. 

Die  Halsbrückner  Bleiwaren- 
fabrik, welche  die  Hartblei- 
rohre überhaupt  zuerst  ein- 
geführt hat,  bringt  dieselben  unter 
der  Bezeichnung  10  prozentiges  bez. 
15  prozentiges  Hartbleirohr  in  den  Han- 
del, d.  h  Hartbleirohr  mit  10  bez.  15  •/• 
Antimonbleizusatz.  Die  Bleiindustrie- 
Aktiengesellschaft  vorm.  Jung  &  Lindig 
bezeichnet  dieselben  Rohrsorten  mit 
»Hartbleirohr  der  Normalhärte«  bezw. 
»Extra-Härte«.  Der  Antimongehalt  dieser 
Marken  beträgt  ebenfalls  1— 2°/o  bez. 

2-  3  •/.. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Hartbleirohre  mit  noch  höherem  An* 
timongehalt  herzustellen,  ist  schwierig. 
Versuchsweise  wurde  iu  Halsbrücke  ein 
Rohr  mit  5—6  °/o  Antimon  gepresst. 
Dasselbe  war  aber  so  hart,  dass  seine 
Weiterverarbeitung  nur  einem  sehr  ge- 
übten Löter  gelang.  Für  Kohre  empfiehlt 
es  sich  daher  nicht,  den  Antimonzusatz 
über  3'/o  zu  steigern  In  der  Zellulose* 
Industrie  werden  beide  Sorten  Hartblei- 
rohr besonders  zur  Herstellung  von 
Heizschlangen  verwendet. 

Widerstandsfähigkeit  des 
Bleies,  des  Bleibleches  und 
des  Bleirohres  gegen  mecha- 
nische   und   chemische  Ein- 
wirkungen. 

Vielfach  werden  an  die  Widerstands- 
fähigkeit des  Bleies  sowohl  in  mecha- 
nischer als  auch  in  chemischer  Hinsicht 
zu  grosse  Anforderungen  gestellt,  wo- 
durch eine  vorzeitige  Zerstörung  des- 
selben herbeigefübit  wird.  Man  berück- 
sichtigt eben  nicht,  dass  der  hohen 
Widerstandsfähigkeit  des  Bleies  nament- 
lich gegen  Schwefelsäure  infolge  seiner 
Weichheit  und  leichten  Schmelzbarkeit 
gewisse  Grenzen  gezogen  sind  (Junge, 
Säcbs.  Jahrbuch  f.  Berg-  und  Hütten- 
wesen 1895). 

Die  Zugfestigkeit  des;  Weich-  und 
Hartbleies  vermindert  sich  bedeutend 
mit  zunehmende  r,  Temperatur  und  längerer 
Einwirkung  derselben. 

Für  Weichblei  wird  die  Zugfestigkeit 
bei  15*  C  zu  120  kg  und  für  Hartblei 
zu  300  kg  für  das  Quadratzentimeter 
angegeben. 

Im  Jahre  1887  hat  Professor  Bausch- 
inger in  München  auf  Veranlass- 
ung derVer waltung  der  Hals- 
brückner Bleiwaren  fabrik 
Zerrei3sung>-~und  Zerplatz- 
ungsversuche  mit  Hartblei 
(ca  2 %  Sb)  bei  höherer  Tempe- 
ra t  u  r  angestellt.  Das  Ergebnis  der- 
selben war  folgendes : 

Die  Zugfestigkeit  betrug  : 
bei:    15    121    134    144   1)2°  C 

300~177   151   132   117  kg/qcm. 


Weichblei  besitzt  bei  152  •  C  noch 
ca  70  kg  pro  qcm  Zugfestigkeit.  Die 
Zugfestigkeit  des  Hartbleies  nimmt  hier- 
nach, wahrscheinlich  infolge  seiner 
leichteren  Schmelzbarkeit  bei  höheren 
Temperaturen,  schneller  ab  als  diejenige 
des  Weicbbleies.  Trotzdem  besitzt  das- 
selbe innerhalb  der  Temperaturen,  welche 
für  die  Praxis  in  Betracht  kommen 
(15°  bis  152°)  eine  wesentlich  grössere 
Widerstandsfähigkeit  gegen  Zug. 

Um  den  Einfluss  der  längeren  Ein- 
wirkung von  Druck  und  höherer  Tem- 
peratur festzustellen,  wurden  entsprech- 
ende Versuche  mit  Hartbleirohr  aus- 
geführt, welches  5  Monate  lang  einem 
Dampfdruck  von  2l/i  Atmosphären  aus- 
gesetzt gewesen  war. 

Die  Zugfestigkeit  betrug : 
bei:    22    121    134   144   152*  C 

230   111    91     73     65  kg/qcm. 

Die  Abnahme  der  Zugfestigkeit  durch 
die  längere  Einwirkung  von  Druck  bei 
höherer  Temperatur  ist  mithin  ganz  be- 
trächtlich. 

Bezüglich  der  Widerstandsfähigkeit 
des  Bleies  gegen  chemische  Einwirkungen 
gehen  die  Ansichten  noch  weit  ausein- 
ander. 

Eine  ausgedehnte  Untersuchung  über 
die  Wirkung  der  Schwefel- 
säure aut  Blei  ist  von  G.  Lunge 
und  Ernst  Schmid  ausgeführt  worden 
(G.  Lunge,  Handbuch  der  Soda-Industrie 
3.  Auflage  1.  Bd.  S.  176  u  f. ;  Zeitschrift 
f.  angew.  Chemie  1892,  S.  642).  Die 
hauptsächlichsten  Resultate  sind  folgende : 

1.  In  der. Wärme  ist  in  allen  Fällen 
das  reinste  Blei  am 'widerstandsfähigsten. 
In  der  Kälte  verhält  sich  Blei  mit  0,2°/.  Sb 
unbedeutend  besser  als  das  reinste  Blei. 

2.  Von  2  Sorten  »Weichblei«  ist  das 
reinere  auch  das  bessere ;  namentlich 
scheint  auch  ein  geringer  Wismutgehalt 
schon  schädlich  zu  sein. 

Hierzu,  ist  zu  bemerken,  dass  nach 
Junge  (Sächs.  Jahrbuch  f.  d.  Berg-  und 
Hüttenwesen  f.  1895) ;,  Bleistreifen  mit 
0,2  •/•  Bi,  welche  fast  ein  Jahr  lang  der 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  Itt.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF;  416 


Einwirkung  von  60grädiger  Schwefel- 
säure bei  Kammfrtemperatur  ausgesetzt 
waren,  keine  auffälligen  Erscheinungen, 
insbesondere  keinen  wesentlichen  Ge- 
wichtsverlust aufwiesen. 

3.  Blei  mit  bis  0,27«  Kupfergehalt 
wird  in  der  Kälte  von  konzentrierter 
reiner  Säure  stärker  angegriffen  als 
reines  Blei;  in  Temperaturen  von  200 
bis  300  *  C  dagegen  schützt  ein  geringer 
Kupfergehalt  das  Blei  vor  der  plötzlichen 

Auflösung. 

P a t tin  s o n i e r t e s  Blei  der 
Halsbrückner  Hütte  wurde  wie- 
derholt in  66  grädi  ger  Schwefel- 
säur e  längere  Zeit  bis  auf  280 0  C 
erhitzt  Die  Gewichtsabnahme  betrug 
höchstens  4—5  */0.  während  andere  Bleie, 
die  nach  Parkes  entsilbert  worden 
waren,  sich  nach  kurzer  Zeit  völlig 
auflösten. 

4.  Für  Schwefelsäurekammern,  Türme, 
Reservoire,  Rohrleitungen  und  alle  an- 
deren Fälle,  in  denen  die  Temperatur 
nur  bis  zu  massiger  Höhe  steigen  kann, 
ist  das  reinste  Weichblei  allen  übrigen 
Bleiaorten  unbed.ngt  vorzuziehen.  Ein 
höherer  Gehalt  an  Antimon  schadigt  fast 
immer,  nur  ausgenommen  sind  natürlich 
die  Fälle,  wo  man  dem  Blei  grössere 
Härte  geben  will.  Für  ganz  hohe  Tem- 
peraturen, z.  B.  bei  Konzentrationspfannen, 
ist  ein  Zusatz  von  Kupfer  vorteilhaft 

5.  Starke  Salpetersäure  greift  in  der 
Kälte  Blei  wenig,  schwache  Säure  da- 
gegen sehr  an.  Gemische  von  konzen- 
trierter Schwefelsäure  und  starker  Sal- 
petersäure wirken  auf  Blei  äusserst 
wenig  ein. 

Zur  Feststellung  des  Einflusses,welchen 
die  Nebenbestandteile  auf  die  Wider- 
standsfähigkeit des  Bleies  namentlich 
gegen  die  Einwirkung  von  Säuren  aus- 
üben, sind  viele  Versuche  angestellt 
worden  und  zwar  meist  in  der  Weise, 
dass  man  kleine,  genau  gewogene  Plätt- 
chen des  betreffenden  Materials  bei  ver  • 
schiedenen  Temperaturen,  bei  Luftzutritt 
oder  -abschluss  u.  s.  w.  der  Einwirkung 
von  Säuren  aussetzt 


Aus  der  festgestellten  Gewichtsab- 
nahme wird  dann  auf  die  Güte  des  ver- 
wendeten Bleies  geschlossen.  Diesen 
Untersuchungen  haften  meist  folgende 
Mängel  an: 

1)  Die  Menge  des  verwendeten  Probe- 
materials ist  zu  gering, 

2)  die  Dauer  der  Versuche  wird  zu  kurz 
bemessen  und 

3)  die  physikalische  Beschaffenheit  der 
Oberfläche  des  betreffenden  Objektes 
findet  zu  wenig  Berücksichtigung. 

Letzterer  Punkt  ist  in  vielen  Fällen 
von  grosser  Wichtigkeit 

Nach  Junge  (Sächs.  Jahrbuch  f.  d. 
Berg-  und  t  Hüttenwesen  1895)  ziehen 
manche  Schwefelsäurefabrikanten  das 
pattinsonierte  Weichblei  dem  parkesierten 
vor.  In  England  wird  z.  B.  für  diese 
Zwecke  ausschliesslich  das  nach  Pattin- 
son  entsilberte  Blei  verwendet  In 
Deutschland  wird  nur  noch  in  der 
Halsbrückner  Schmelzhütte 
pattinsoniertes  Weichblei 
gewonnen. 

Bezüglich  des  Verbaltens  des  Bleies 
gegen  Salzsäure  und  Chlor  hat 
man  die  Erfahrung  gemacht,  dass 
in  den  meisten  Fällen  reines  Blei  sich 
besser  bewährt  als  Hartblei.  Ausnahmen 
hiervon  sind  jedoch  auch  beobachtet 
worden.  Von  grossem  Einflüsse  auf  die 
Haltbarkeit  des  Bleies  dürfte  das  an- 
gewendete Betriebsverfahren  sein. 

In  der  Papierfabrik  zu  Weissenborn 
hielten  (nach  Angaben  von  Dr.  Hiller) 
Holländerhauben  aus  Hartblei  viele  Jahre 
lang,  während  Hauben  aus  Weichblei- 
blech wenig  über  1  Jahr  den  Einwirk- 
ungen des  Chlors  widerstanden.  In 
Gewebebleichereien  dagegen  empfiehlt 
es  sich,  die  Vakuumapparate  mit  Weich- 
bleiblech auszulegen,  weil  hier  das 
Hartblei  sehr  bald  zerfressen  wird. 

Einen  Begriff  von  der  grossen  Wider- 
standsfähigkeit des  Hartbleies  und  Weich- 
bleies gegen  unsere  Sulfitlösungen  erhält 
man  bei  Vergleichung  der  S.  388  mitge- 
teilten Versuche. 


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290 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Figl23.  Fig.  124 

Die  Koch  Moldenhauer-Turme  1869. 

das  Hinschwinden  des  kohlensauren  Kalkes 
zum  UeberQusse  beweist. 

Man  erkennt  aus  Fig.  123  die  6  über- 
einanderliegenden Kammern,  von  welchen 
die  oberen  5  auf  Rosten  die  aufgeschich- 
teten Kalksteine  enthalten;  unten  rechts 
treten  die  Herdgase  durch  ein  weites  Kohr 
ein,  durchstreichen  die  5  Kammern  mit 
den  Kalksteinen,  welche  von  oben  durch 
den  angedeuteten  Schaukeltrog  mit  Wasser 
benetzt  werden.  Oben  links  seitlich  schliesst 
mit  Krümmer  das  Absaugrohr  an  und  ist 
die  Rohrleitung  mit  Einspritzöffnung  und 
der  im  vertikalen  Rohr  niederfallende 
Wasserstrahl  angedeutet.  In  einem  unter- 
irdischen Kanal  werden  die  Turmlösung  aus 
dem  Bleigefäss  durah  ein  Ablaufrohr  gleich- 
en ässig  mit  demSpritz  wasser  verdünnt  und  die 


überschüssigen  von  der  .schwefligen  Säure  et  r 
befreiten  Abgase  abgeführt. 

Fig.  124  stellt  den  wesentlich  höheren 
Turm  dar,  der  mit  natürlichem  Luftzuge 
gearbeitet  haben  soll. 

Es  mag  an  dieser  Stelle  erwähnt] wer- 
den, dass  A.  K.  Eaton  unterm  20.  Oktober 
1871  das  amerikanische  Patent  119224  aut 
Herstellung  von  Zellstoff  unter  Anwendung 
einer  Lösung  von  schwefligsaurem  Natron 
(Na.,  SO,)  nahm.  Im  kleinen  will  man 
auch  beim  Aufschluss  von  Holz  auf  vor- 
zügliche Resultate  mit  dieser  Lösung  ge- 
kommen sein,  im  grossen  hat  sich  dieses 
Verfahren  aber  nicht  eingeführt. 

W.  Schacht,  Weissenfeis,  schreibt  dem 
Na,  SO, -Gehalte  seiner  neuen  Kochlauge 
(s.  vorn  Seite  285)  die  günstige  Wirkung 
einer  guten  Lösung  der  Inkrusten  des 
Strohes  zu. 

Auch  auf  eine  dem  Sulfitzellstoff-Fabri- 
kanten bekannte  und  im  Abschnitt  „Chemi- 
kalien und  Lösungen"  S.  116/117  u.  S.  121 
behandelte  Sache  sei  in  diesem  geschicht- 
lichen Teile  noch  eingegangen. 

Tilghman  hat  in  seinen  Patenten  aus- 
gesprochen, dass  an  die  Stelle  von  Kalk 
Magnesia  treten  könne.  Die  meisten  Kalk- 
steine enthalten  weniger  oder  mehr  Mag- 
nesia, die  sog.  Dolomite  der  Zechstein- 
formation enthalten  bis  über  20  •/«  Magnesia 
(Mg  0)  bei  etwa  30  Kalk  (Ca  0).  Magnesit 
besteht  in  der  Hauptsache  aus  kohlen- 
saurer Magnesia. 

Ich  wiederhole  die  Zusammensetzung 
der  Lösungen  von  S.  121,  die  unter  Ver- 
wendung der  drei  Gesteinsarten  entstehen: 
vorausgesetzt  reiner  kohlensaurer  Kalk 
Ca  (HS0,)9  -f  HiO 

Dolomit:     [Ca  (H  SO,).,] 

+  £  [Mg  (H  SO,),]  +  H,  0 

wo  a-f  b  ss  n. 
„       reine  kohlensaure  Magnesia 
Mg  (H  SO,),  +  H,0. 
Der  Effekt  aller  drei  Lösungen  bei  Her- 
stellung von  Sulfitstoff  aus  Holz  ist  bei- 
nahe der  gleiche,  nur  ist  zu  bemerken, 
dass  der  Aufschliessungsprozess  mittelst 


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E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


291 


einer  Lösung,  die  nur  doppeltschwellig- 
saure  Magnesia  oder  zum  Teil  doppelt- 
schwefligsaure  Magnesia  enthält,  flotter  von 
statten  geht,  und  dass  nicht  so  leicht  eine 
Verkalkung  oder  Verkrustung  der  Mineralien 
eintiitt,  indem  das  Monosulfit  der  Magnesia 
im  Gegensatze  zu  dem  des  Kalkes  löslich 
ist.  Wer  also  Magnesit  oder  Dolomit 
billig  zur  Verfügung  hat,  wird  sich  als 
Fabrikant  lieber  dieser  Mineralien  be- 
dienen*;, da  sie  ihm  wirtschaftliche  und 
fabrikatorische  Vorteile  bieten. 

Nach  einem  österreichischen  Patent 
setzen  Dr.  V.  B.  Drewsen  und  L.  J.  Doren- 
feldt  der  Calciumbisulfitlösung  Natrium- 
sulfat zu;  es  entsteht  aus  einem  Teil  des 
Kalkgehaltes  Gyps,  der  ausfallt  und  Natrium- 
bisulfiL  Man  erhält  dadurch  eine  Calcium- 
Natrium  -  Bisulfitlösung ,  welche  bei  der 
Kochung  von  Holz  einen  vorzüglichen, 
leicht  bleichbaren  Sulfitzellstoff  ergeben  soll. 

Von  einer  Anwendung  im  grossen  ist 
dem  Verfasser  nichts  bekannt  geworden. 

Auf  die  Türme  zur  Lösungsbereitung 
zurückkehrend,  so  hat  der  in  sehr  vielen 
Ausführungen  heute  noch  betriebene  Mit- 
scherlich-Tarm  gegen  den  vorbeschriebenen 


*)  Aus  dem  Umstände,  dass  Ekman  in  Berg- 
vik  1874  Magnesit  zur  Verfügung  hatte  and  ver- 
wendete, sucht  nun  neuerdings  Prof.  Dr.  F.  Fittica 
in  seiner  1902  bei  S.  Hirzel-Lcipzig  erschienenen 
sog.  „Geschichte  der  Sulfitzellstofffabrikation" 
einen  Unterschied  zwischen  dem  Ekman-  und 
dem  Mitscherlich-Verfahren  abzuleiten.   Er  will 
dadurch  die  Priorität  Ekmans  als  erster  Sulfit- 
zellstofffabrikant der  Welt,  die  vom  Verfasser 
im  Wochenblatt  für  Papierfabrikation  Jg.  1900 
S.  2152/3  deutlich  nachgewiesen  war,  zurück- 
drängen.     Nun     darüber    kann    der  Herr 
Professor    der    Geschichte    der   Chemie  in 
Marburg    beruhigt    sein,     der  akademisch 
und   praktisch  im  Fach   gebildete  Chemiker 
Ekman   in   Bergvik   hat,    ehe    er  Magnesit 
dauernd  anwendete,  so  gut  mit  Calcium-  wie  mit 
Magnesium-Sulfitlaugen  gekocht.    Er  wusste 
nur  den  Vorteil  der  Magnesium-Sulfitlaugen  zu 
würdigen.    Dem  Geschichtsforscher  und  dem 
Sulfitzellstoff-Fabrikanten  genügt  zu  wissen,  dass 
Ekman  sowohl  wie  Mitscherlich  Sul  fitzel  1- 
stoff  erzeugten,  und  dass  Ekman  der  erste  war, 
der  es  in  regelmässigem  Fabriksbetriehe  fertig 
uracnte. 


1  Koch-Moldenhauer-Turm  eine  volle  Füllung 
auf  ganzer  Höhe  ohne  Zwischenroste  und 
ein  |""|  törmiges  Gaskühlrohr,  wie  es 
allerdings  schon  lange  vorher  in  Leucht- 
gasfabriken zu  Kühlzwecken  angewendet 
war.  Mitscherlich  kann  beanspruchen, 
schon  Ende  der  70er  Jahre  diese  glückliche 
Kombination  bekannter  Einrichtungen  für 
Herstellung  tauglicher  Sulfitlaugen  zu  stände 
gebracht  zu  haben.  Ein  Recht,  andere 
Turmanlagen  zur  Herstellung  der  Lösungen 
in  von  Mitscherlich  abweichenden  An- 
ordnungen zu  verbieten,  kann  nicht  zuge- 
standen werden. 

Turmanlagen  sind  später  mit  verschie- 
denen mehr  oder  weniger  wichtigen  Aende- 
rungen,  wie  weiter  unten  noch  an  einigen  Bei- 
spielen gezeigt  werden  soll,  ausgerührt. 
Auch  der  Chemiker  Dr.  Karl  Kellner  hat  ver- 
schiedene Turm  -  Konstruktionen  vorge- 
schlagen. 

In  Konstruktions-,  Betriebs-  und  Wir- 
kungsweise ganz  verschieden  sind  aber  schon 
Dr.  Kellners  neben-  oder  übereinander  an- 
geordnete Bottiche,  die  zum  Teil  mit 
Kalkstein  und  Wasser  gefüllt  und  durch 
Rohrleitungen  derart  miteinander  verbun- 
den sind,  dass  das  Schwefligsäuregas  und 
Wasser,  resp.  Lösung  im  Gegenstrome 
zirkulieren  bis  zur  genügendenKonzentration 
letzterer.  Es  sind  hier  Saug-  oder  Druck- 
pumpen für  das  Gas,  bei  Nebeneinander- 
stellen der  Bottiche  auch  Pumpen  für  die 
Lösungen  erforderlich. 

Diese  Lösungsherstellungseinrichtung  hat 
dafür  den  schätzbaren  Vorteil,  von  Wind 
und  Wetter,  unter  denen  der  Turmbetrieb 
Störungen  ausgesetzt  ist,  frei  zu  sein. 

DieSulfitlösung8bereitung  mit  Kalkmilch 
in  Bottichen  ist  13.  April  1883  Isaac  S. 
Mc  Dougall  in  England,  später  auch  in 
Amerika  unter  Nr.  311595  patentiert 

Mc  Dougall  hat  3  nebeneinander  stehende 
Bottiche  mit  Rührwerken. 

Gleichzeitig  oder  vor  Mc  Dougall  hat  auch 
der  mehrerwähnte  Dr.  K.  Kellner  Sulfit- 
laugen in  Botlichen  mit  Rührern,  von  denen 
aber  je  2  übereinander  stehen,  mittels 
I  Kalkmilch  hergestellt 


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202 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Dr.A.Frank-Charlottenburg  und  Kommer- 
zienrat  M.  Beerend  verwenden  ebenfalls 
Kalkmilch  zur  Lösungsbereitung. 

In  Schweden  dürfte  der  Papiermacher 
W.  Flodquist  in  Mölndal  b.  Gothenburg 
der  erste  gewesen  sein,  der  ein  sogen. 
Kammersystem  mit  10  gemauerten 
Kammern  ausbildete.  Die  Kammern  sind, 
zu  •/*  mit  Kalkmilch  gefüllt,  hermetisch 
verschlossen  und  es  wird  durch  Saugung 
so  lange  schweflige  Säure  mittelst  ent- 
sprechender Rohrleitungen  durch  die  Kam- 
mern geschickt,  bis  eine  5*  Bt  starke 
Lösung  entstanden  ist.  Prof.  Dr.  P.  Klason- 
Stockholm  halt  dieses  Kammersystem  für 
das  einzige  System,  welches  sich  dauernd 
lebensfähig  erweisen  dürfte.*) 

Dieser  Ansicht  Klasons  werden  nicht 
alle  Fachleute  zustimmen. 

In  Amerika  sind  sowohl  die  Türme,  wie 
die  Bottich-  und  Kammerbetriebe  (ür 
Lösungsherstellung  im  Gebrauch  und  bietet 
sich  in  der  Folge  Gelegenheit,  auf  Ver- 
besserungen und  Unterschiede  einzugehen. 

Neuerdings  ist  von  Prof.  Dr.  A.  Harpf- 
Pribram  „Die  Erzeugung  von  Holzschliff 
und  Zellstoff.  Wien  1901.  Verlag  Moritz 
Perles,Wien"S.37  wieder  darauf  hingewiesen, 
dass  es  wesentlich  einfacher,  aber  auch 
kostspieliger  für  den  Fabrikanten  ist,  wenn 
er  das  zu  Flüssigkeit  verdichtete  Schwefel - 
dioxyd  fertig  kaufe,  dasselbe  vergase  und 
in  einen  Kalkmilchboltich  einströmen  lasse. 

In  seinem  Werke  „Flüssiges  Schwefel- 
dioxyd. 1900.  Stuttgart,  Verlag  von  Ferd. 
Enke",  S.  101**)  sagt  Harpf: 

„Wenn  eine  ZellstofTfabrik  mit  Schwie- 
rigkeiten beim  Laugenbetrieb  zu  kämpfen 
hat,  oder  wenn  die  Kochlauge  im  Kocher 
durch  zu  starkes  Abgasen  zu  sehr  ge- 
schwächt sein  sollte,  vielleicht  auch,  um 
beim  sog.  „Ueberkochen"  eines  Kochers 
den  vergipsten  Stoff,  wenn  möglich,  noch 
zu  retten,  wird  das  flüssige  Schwefeldioxyd 
als  einfachstes  und  raschestes  Aushilfs- 

•)  Wochenblatt  für  Papierfabrikation,  Jg.  1900, 
S.  2247. 

**)Dieae  wettvolle  Arbeit  Harpfs  ist  als  Teil 
der  bekannten  Ahren's  Sammlung  und  als 
Separatwerk  erschienen.  Zu  ersterer  deckt  sich 
S.  335  mit  S.  101  leuterer. 


mittel  jedenfalls  immer  willkommen  sein." 

Harpf  meint  damit,  dass  diese  An- 
wendung des  flüssigen  Schwefeldioxydes 
als  nur  ausnahmsweises  Hilfsmittel  für  den 
Sulfitstofffabrikanten  keineswegs  von  der 
Hand  zu  weisen  sei. 

Angeführt  sei  noch,  dass  mit  Tilghman 
anfangend  viele  Förderer  der  Sulfitzellstoff- 
fabrikation  ein  Augenmerk  auf  die  Wieder- 
gewinnung der  schwefligen  Säure  gerichtet 
haben;  wie  wichtig  dieselbe  ist,  sagt  Harpf 
in  genanntem  letzten  Werke  S.  101 :  „Nach 
den  Hetriebsergebnissen  der  Cellulosefabrik 
Moldaumühl  bei  Kienberg,  Böhmen,  stam- 
men 37*/o  des  dort  in  der  fertigen  Koch- 
lauge wirklich  enthaltenen  Schwefels  aus 
den  Abgasen,  63*/o  werden  durch  Ver- 
brennen frischen  Schwefels  erzeugt". 

Herr  Dr.  Hiller-Schindlerswerk  gibt  dem 
Verfasser  nach  täglichen  genauen  Be- 
stimmungen der  Sulütlösungen  einer  kleinen 
Sulfitzellstofffabrik  im  Jahre  1897  folgende 
Aufstellung : 
Die  Sulfitlaugen 

enthielten      286706  kg  Schwefel 
Zur  Darstellung 

derselben 

waren  nur      198094  kg  frischer  Schwefel 

aufgewendet. 
Es  waren 

also  88612  kg  Schwefel 

zurückgewonnen. 

Von  einer  Kochung  Zellstoff  (ca.  2500  kg 
tr.  Stoff)  wurden  ungefähr  8  cbm  Lösung, 
im  Durchschnitt  36  g  SO,  pr.  Liter  (durch 
Titration  mit  Jod  bestimmt)  enthaltend, 
in  kochfertigem  Zustande  zurückgewonnen, 
und  da  24  cbm  pro  Kochung  aufgewendet 
wurden,  so  gewann  man  etwa  '/»  der  zum 
Kochen  benutzten  Lösung  zurück. 

Die  zugehörige  Anlage  bestand  aus 
drei  Schlangenkühlapparaten,  hinter  welche 
ein  grösseres  Gefäss  zur  Trennung  der 
Kondensflüssigkeit  und  der  Gase  geschaltet 
war.  Erstere  lief  direkt  in  das  Lösungs- 
Bassin,  letztere  wurden  in  einen  Sulfit- 
lösungs-Turm  geleitet  und  wiederabsorbiert, 
also  auch  wiedergewonnen. 


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E.  KIKCHNKH.   DAS  PAPIEK.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF.  293 


XVI.   Tabelle  de&  Prozentgehalts  der  Lösungen  von  schwefliger  Säure  (richtiger 
Schwefeldioxyd  SO,)  bei  verschiedenen  spezifischen  Gewichten 


Lfd. 
Nro. 


1 

2 
3 
4 
5 
6 
7 
8 
9 
10 
11 
12 
13 
14 
15 
16 
17 
18 
19 
20 
21 
22 
23 
24 
25 
26 
27 
28 
29 
30 
31 


Spezif. 
Gewicht. 


Grad 
Be. 


Nach  Scott 
Wagners  Jahres 
beriebt  1871 

S.  219 
Prozent  SO, 


1,0028 
1,0051 
1,0056 
1,0085 
1,0102 
1,0113 
1,0141 
1,0148 
1,0168 
1,0194 
1,0204 
1,0221 
1,0248 
1,0252 
1,0275 
1,0297 
1,0302 
1,0328 
1,0353 
1,0377 
1,0399 
1,0401 
1,0426 
1,0*38 
1,0450 
1,0474 
1,0492 
1,0497 
1,0520 
1,0541 
1,0597 
1,0668 


1,007  =  1 


<v>2 


<s>3 


CS30 


=  7 

CS98 


0,5 

1,0 
1,5 

2,0 
2,5 

3,0 
3,5 

4,0 
4,5 

5,0 

5,5 
6,0 
6,5 
7,0 

7,5 
8,0 

85 

9,0 

9,5 
10,0 


Nach  Giles  & 
Shearer  Journ. 
Soc.  Chem.  Ind. 
1885  p.  503 
Prozent  SO, 


Tempe- 
ratur der 
Lösung  °C. 


0,99 
2,05 
2,87 
4,04 

4,99 

5,89 

7,01 
8,08 

8,68 

9,80 


10,75 
11,65 
13,09 


15,5 


12,5 
11,0 


Schwefeldioxyd  (Schweflige  Säure). 
(SO,). 

Schwefeldioxyd  ist  das  Schwefligsäure- 
anhydrid. 

Es  ist  ein  Gas,  welches  2,234mal  schwerer 
ist  als  die  Luft.  (Harpf  setzt  bei  Annahme 


spoz 


des  spez.  Gew.  der  Luit  =  1  das 
Gew.  von  SO,  =  2,25,  das  der  CO,  = 
1,53,  für  spätere  Turmberechnungen.) 

Schweflige  Säure  ist  also  das  Hydrat 
von  SO,  und  wird  geschrieben  H,  S08. 
In  den  Kochflüssigkeiten  und  in  wässerigen 


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291 


E.  KIRCHNER,   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


TabelleXVH,GehaltderSulfitlösungenanSO, 
nach  Prof.  Dr.  A.  Harpf  1892. 


ODA 

DK 

i 

•/. 

Ges.  SO, 

°/o 

freie  SO, 

•/• 

geb.  SO, 

Auf  100  Teile 
Gesamt.  SOi 
frei  SO,  |  «eb.  SO, 

3Vt 

2.183 

1,421 

0,762 

65 

35 

£3 

3'/ 4 

2  288 

1,490 

0798 

65 

35 

CO 

ec 

4 

!  2,483 

1,572 

0,911 

63 

37 

c 

3 

4'/4 

2,634 

1,6S8 

0,966 

63,5 

36,5 

«0 

3 

4Vt 

2,8Cf7 

1,734 

1,073 

62 

38 

*  /4 

•  0  Q1"7 

1  *7Ö"7 
1,7»/ 

l.loU 

61 

39 

5 

3,135 

1,971 

1,164 

63 

37 

■ 

5'/4 

3,264 

2,0*7 

1,217 

63 

37 

Ö'/i 

3,468 

2,092 

1,376 

60 

40 

'S 

55/4 

3,591 

2,122 

1.469 

59 

41 

CO 

6 

3,784 

2,306 

1,478 

61 

39 

II 

6'/4 

3,959 

2  368 

1,591 

60 

40 

6  Ii 

i  4,186 

2,576 

1,610 

61,5 

38,5 

6«U 

4,309 

2,666 

1,643 

!  62 

38 

1  7 

i  4,543 

2,850 

1,693 

;  63 

37 

"Mittel         II  62,13 


3 

1,826 

1,128 

0,698 

62 

38 

3»/4 

1,976 

1,200 

0,776 

61 

39 

3Vt 

2,086 

1.289 

0,797 

62 

38 

« 

3«/4 

2,341 

1,426 

0,915 

61 

39 

C 

4 

2,404 

1,457 

0,947 

60,5 

39,5 

h-Lösu 

41/« 

2,630 

1,624 

1,006 

62 

38 

4V« 

2,792 

1,755 

1,037 

63 

37 

4"/4 

2,914 

1.823 

1,121 

62 

38 

w 

5 

3,064 

1,872 

1,192 

61 

39 

o 

5l/4 

3,193 

1,982 

1,211 

62 

38 

5»/i 

3,485 

2,138 

1.347 

61 

39 

5»/4 

3.616 

2.144 

1472 

59 

41 

6 

,  3,816 

2,251 

1,565 

59 

41 

37,87 


Mittel 


01,2 


38,8 


Lösungen  kommt  nur  letzteres  vor,  sei  es 
als  freie  Säure,  oder  in  unseren  Koch- 
flQssigkeiten  als  Monosulfit  oder  Bisulfit, 
z.B.  CalciummonosulfltCaSO,  oderCalcium- 
bisulfitCaSOa'+  H,  SO,  =  Ca  (H  SOg),. 
Man  bestimmt  in  der  Technik  immer  den 
Schwefeldioxyd-Gehalt  der  Lösungen  und 
verwechselt  Schwefeldioxyd  und  schweflige 
Säure,  indem  man  SO,  immer  schweflige 
Säure  nennt. 

Nach  Carius  enthält: 
1  Volumteil  einer  mit  Schwefel  dioxyd  ge- 
sättigten wässerigen  Lösung 

bei  0*C  68,861  Volumenteile  SO, 
„    10«C  51,383 
„    15°  C  43,564 


bei  20^  36,203         „  SO, 
Nach  Bunsen  &  Sehönfeld  ist  das  spez. 
Gew.  der  mit  SO,  gesättigten  Lösung 
bei    O'C  =  1,06091 
„    10»C  =  1,05472 
„    20»C  ~=  1,02386 
Nach  Giles  &  Shearer  ist  das  spez.  Gew. 
einer   mit  SO,    gesättigten   Lösung  bei 
15,54C  Temperatur  L.0541. 

Tabelle  XVI  gibt  den  Prozentgehalt  an 
SO,  von  wässerigen  Lösungen  nach  ihren 
spezifischen  Gewichten  geordnet  auf  Grund 
genauer  Feststellungen  von  Scott,  sowie 
Giles  &  Shearer. 

Man  lese  Teil  II  E  dieses  Werkes,  Seite 
133/34  und  III  B  uolC,  SaiUim/  ii 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOPF. 


295 


Der  Professor  Dr. 
A.  Ha  rpf*  hat  in  seiner 
Dissertation«  -  Arbeit 
1892    Stuttgart  *)  in 
nebenstehender 
Tabelle  XVII, 
S.  294   aus  einigen 
hundert  Analysen- 
resultaten die  Mittel- 
werte von  Turm-  und 
Boltichlösungen  be- 
kannt gegeben,  aus 
denen  hervorgeht.dass 
mit  dem  steigenden 
spezifischen  Gewichte 
ein  ziemlich  gleich- 
massiges Ansteigen 
des  Gehaltes  an  Ge- 
samt-, freier  und  ge- 
bundener SO,  ver- 
bunden ist. 

Ein  Teil  der  Tabelle 
ist  mit  gütiger  Erlaub- 
nis desVerfassers  Seite 
294  abgedruckt. 

Nach  diesen  Tabellen 
erweisen  sich  die 
Turmlösungen  als  an 
freier  SO,  reicher 
als  die  Bottichlaugen,  indessen  ist  das 
keineswegs  als  Regel  hinzustellen,  Ver- 
lasser hatte  Gelegenheit  mit  Mitscherlich- 
turmlösungen  gut  zu  kochen,  die  wesentlich 
ärmer  an  freier  SO,  waren,  andrerseits 
kennt  er  Bottich-Lösungen,  die  wesentlich 
reicher  an  freier  SO,  waren,  als  von  Harpf 
in  dieser  Tabelle  festgestellt 

Nach  einer  Reihe  Untersuchungen  des 
Dr.  B.,  die  dem  Verfasser  als  gerichtlichem 
Gutachter  zur  Verfügung  standen,  lässt 
sich  in  einer  Bottichbatterie  unter  be- 
stimmten Voraussetzungen  der  Prozentsatz 
freier  SO,  vom  Gesamt-SO,- Gehalte  der 
Bisulfitlösungen  74°/o  bis  75°/o  erreichen. 

Trägt  man  nach  Tabellen  XVI-XV1I 
in  Fig.  125  die  Spindelungen  nach  Be 
horizontal  und  die  Gesamt -SO, -Gehalte 
nach  Skott,  Dr.  B.  und  Dr.  Harpf  vertikal 


Fig.  125.     Einfluss  des  SCt.-lund  CaO  Gehaltes 
auf  das  spezif.  Gew.  der  Lösungen. 


auf,  so  erkennt  man  bei  Berücksichtigung, 
dass  es  sich  hier  um  wasserige  SO,-Lösung 
und  sonst  um  Calciumbisulfitlösungen 
handelt,  welchen  Kinfluss  der  Kalkgehalt 
der  Lösungen  auf  das  spezifische  Gewicht 
derselben  hat. 

Gesteht  man  dem  Satze  Harpfs:*) 

»Die  eigentliche  genaue  chemische 
Zusammensetzung,  insbesondere  der  Ge- 
halt an  Kalk  und  Magnesia,  sind  für  den 
Betrieb  nicht  von  allzugrosser  Bedeut- 
ung. Für  die  Kochung  ist  im  wesent- 
lichen ein  gewisser  möglichst  hoher 
Gehalt  an  Gesamt-SO,"  von  Wichtig- 
keit; die  grössere  oder  geringere  Menge 
von  freier  schwefliger  Säure  kann  dabei, 
wie  ich  mich  in  meiner  Praxis  zu 
überzeugen  Gelegenheit  hatte,  erst  in 
Bezug  auf  die  nachherige  Weisse  des 
Stoffes  von  Bedeutung  sein.« 


•)  Druck  der  Union  Deutsche  Verlagsanstalt. 


*)  Inaugural-Dissertation  S.  26. 


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296  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF- 


bis  zu  gewissen  Grenzen  volle  Be-  j 
rechtiguog  zu,  so  ergibt  doch  das  beige-  j 
ragte  Bild,  dass  jedes  Prozent  an  freier  Süa 
Unterschied  bei  der  Spindelung  oder  der 
Bestimmung  deB  spezifischen  Gewichtes  von 
grossem  Einfluss  auf  den  Gehalt  an  Ge- 
samt-SOi  ist  und  dass,  wenn  man,  wie 
Mitscherlich  es  lehrte,  die  Lösungsstärke 
nur  nach  der  Spindelung  beurteilt,  man  zu 
grosser  Unsicherheit  in  der  Führung  des 
Kochprozesses  kommen  muss,  oder  mit 
anderen  .  Worten,  wenn  der  Gehalt  an 
freier  S02  in  der  Lösung  wechselt  und  die 
Spindel  einen  sicheren  Schluss  auf  den 
Gesamt-SO,-Gehalt  nun  einmal  nicht  zu- 
lässt,  muss  ein  verschiedener  Ausfall  des 
resultierenden  Stoffes  selbstverständlich 
eintreten.  Eine  sichere  Führung  des  Koch- 
prozesses war  demnach  erst  den  Fabrikanten 
möglich,  die  auf  Grund  chemischer  Unter- 
suchungen dem  Gesamt-SOa-Gehalt  der 
Lösungen  genaue  Rechnung  trugen. 

0.  Vogel-Zell  berichtete  dem  Verfasser, 
dass  er  der  Erste  war,  der  dies  1880/81 
erkannt  hatte,  und  schreibt  der  jedes- 
maligen genauen  Untersuchung  seiner  Koch- 
lösungen den  Vorteil  zu,  dass  er  in  Zell 
i.  W.  nie  eine  Fehlkochung  hatte. 

Die  Darstellung  des  Schwefeldioxydes. 

Der  Schwefel-Verbrennungsofen 
Taf.  126,  Fig.  1-3,  Seite  297,  stellt  eine 
leicht  zu  bedienende,  zufriedenstellend  ar- 
beitende Einrichtung  dar,  um  raffioirten 
sicilianiscben  Schwefel  I.  oder  II.  Sorte 
unter  Zutritt  genügender  Luftmengen  und 
Einhaltung  nicht  zu  hober  Temperatur  zu 
verbrennen;  es  bildet  sich  dabei  das 
Schwefeldioxyd. 

WieHarpf*)angibt,  schmilzt  Schwefel  nach 
Brodie  bei  114,5 •  C,  entzündet  sich  nach 
Dalton  bei  2(30°  C  und  siedet  nach  Reg- 
naul t  bei  448,4 »  C.  Die  Verflüchtigung 
des  Schwefels  tritt  schon  bei  viel  niederer 


*)  Dinkers  polyt.  Journal  1867  Heft  7  u.  8 
Porak-Apparat. 


j  Temperatur  als  der  letzten  ein.  Der 
Schwefelofen  sollte  daher  womöglich  ge- 
kühlt werden,  was  durch  hohle  Seiten- 
wände mittelst  Luft  und  Ersetzung  der 
oberen  Gussplatte  durch  ein  Kaltwasser- 
reservoir, in  welches  kaltes  Wasser  ein- 
und  warmes  Wasser  austritt,  geschehen 

1 

könnte.  Jedenfalls  sollte  die  Temperatur 
des  Raumes  über  der  inneren  Brennpfanne 
nicht  wesentlich  über  260»  C  steigen,  um 
eine  Sublimation  des  Schwefels  zu  ver- 
meiden. 

Bekanntlich  bilden  sich  beim  Ver- 
brennen von  Schwefel  neben  Schwefeldio- 
xyd (SO,)  geringe  Mengen  Schwefeltrioxyd 
(SOs),  die  aber  selten  störend  empfunden 
werden.  Die  sich!  bildenden  Mengen  kön- 
nen auch  durch  geeignete  Kühleinrichtungen 
für  das  Gas  an  das  sich  bildende  Konden- 
sationswasser gebunden  mit  diesem  abge- 
führt oder  von  kaltem  Waschwasser 
aufgenommen  werden,  falls  man  eine 
Waschung  der  Gase  vornimmt. 

Der  Ofen,  Taf.  126,  dessen  Arbeit  Ver- 
fasser während  drei  Jahren  im  Betrieb  be- 
obachtete, war  ohne  besondere  Kuhlein- 
richtungen geeignet,  17—23  kg  Schwefel 
zu  verbrennen,  seine  Pfanne  P  war  1,3  m 
lang,  0,5  m  breit,  0,13  m  tief.  Das  Ein- 
füllen des  Schwefels  geschah  durch  die 
Tür  T  über  die  Schürplatte  hinweg.  Die 
Luftzuführung  war  durch  SchieberöffnuDgen 
in  der  sonst  dicht  schliessendeo  Tür  regu- 
lierbar, ausserdem  befand  sich  in  der  Ofen- 
tür eine  Schauöffnung  zur  Beobachtung  des 
Verbrennungsvorganges  auf  der  Pfanne. 
Zum  ersten  Anheizen  (Schmelzen  des 
Schwefels)  wurde  ein  Raum  im  Fusse  des 
Ofens  benutzt,  der  mit  einem  Kost  für 
Holzteuerung,  grosser  Seitenöffnung  und 
Zuglöchern  versehen  war.  Die  sich  bil- 
denden Schwefeldioxydgase  treten  durch 
einen  sich  allmählich  verengenden  Fuchs 
in  das  direkt  sich  anschliessende  vertikale 
Kühlrolir,  welches  die  Fortleitong  des 
Gases  übernahm. 

Der  Ofen  und  alle  Zufuhr  wurde  neben- 
her von  dem  Manne  besorgt,  dem  noch 
die  Ueberwacbung  des  Betriebes  und  die 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  13.  und  C.  ZELLSTOFF. 


297 


Tal.  12t.  Schwelet  Verbrennungsofen 

Längs- .  (.hier-  und  (irundrißsclinitte 

Bedienung  eines  Lösungsbereitungsturmes 
oblag.  Widrige  Winde  und  hohe  Luft- 
temperatur verursachten  ein  Zurückgehen 
der  Leistung  dieses  Ofens,  doch  sind  wirk- 
liche Störungen  im  regelmäßigen  Betriebe 
kaum  vorgekommen. 

Verfasser  verbrauchte  Ende  der  80er 
Jabre  für  eine  Kochung  (10000  kg  tr.  ged. 
Sulfitstoff)  1300  kg  Schwefel.  Es  war  also 
ein  etwa  3x24 stündiger  Betrieb  dieses  Ofens 
erforderlich,  um  die  SO„  für  die  nötige  Lö- 
sung einer  solchen  Kochung  herzustellen. 

Selbstverständlich  wird  ein  solcher  Schwc- 
felverbrennungsofen  bei  entsprechender  Ver- 
größerung der  Dimensionen  mehr  leisten. 

Der  besprochene  Ofen,  Fig.  126,  ist 
übrigens  ähnlich  dem  alten  englischen, 
oben  überwölbten  Schwefelofen,  der  von 
Lunge,  Sodaindustrie  1.  Auflage,  S.  119 
1879,  beschrieben  ist. 

Sehr  gut  in  unserer  Industrie  haben  sich 
eingeführt 

die  Schwefelbrenner 
aus  Gußeisen,  von  denen  eine  Type  der 
Firma  E.  Paschke  &  Co.,  Freiberg  i  S., 


Fig.  127/128  Seite  298 
dargestellt  ist.  Sie  sind 
vom  Chemiker  Otto 
Vogel  (Firma  üebr.  Vo- 
gel, Zell  i.  W.)  bereits 
188182*)  als  „sich 
selbst  regulierende 
Schwefelfüllöfen" 
eingeführt  und  ein  Jahr  später  auch  durch 
Dr.  Kellner  aeeeptiert  worden. 

Dieser  Schwefelbrenner  ist  Fig.  127  als 
schematischer  Längsschnitt  und  Fig.  128 
als  Grundriß  dargestellt.  Der  Schwefel 
wird  in  das  Becken  B  nach  Bedarf  ein- 
geschaufelt, schmilzt  infolge  der  durch  den 
unten  brennenden  Schwefel  entwickelten 
Wärme  und  fließt  durch  das  stellbare 
Ventil  V  nach  Bedarf  selbsttätig  in  die 
Pfanne  P.  Diese  Pfanne  hat  über  die  ganze 
Breite  reichend  eine  dicht  auf  den  Rand 
der  Pfanne  gepaßte,  durch  Schrauben  ab- 
hebbat e  Klappe  L,  durch  welche  die  Luft- 
zufuhr für  die  Vei brennung  aufs  beste 
geregelt  werden  kann. 

Die  Schwefeldioxydgase  werden,  um  Sub- 
limation von  Schwefel  zu  vermeiden,  durch 
Wasserkühlkästen  W,  im  oberen  Teile  der 
Pfanne  gekühlt  und  gehen  durch  die 
Oeffnung  M  in  das  Ableitungsrohr  R.  Ueber 

*  Verfasser  besitzt  einen  Brief  der  Firma  Gebr. 
Vogel,  worin  es  wörtlich  heißt:  .Wir  waren  es,  die 
hierin  durch  riinführuiig  unserer  heute  noch  rnustcr- 
Kütisen.  sich  selbst  regulierenden  Schwefelfüllöfen 
gründlich  Wandel  schafften.  Sie  stammen  aus  dem 
/weiten  Jahr  unseres  Betriebes  Oi»«2>." 

5,  Bogen  1903. 


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298  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER. 

M  hängt  der  Schlußdeckel  A.  Durch  den 
Kühlkasten  Ws  ist  für  Abkühlung  des  Ofens 
und  der  Oase  weitere  Sorge  getroffen. 

Das  Becken  B  hat  etwa  700  mm  Durch- 
messer, 400  mm  Tiefe,  die  schrägliegende 
Pfanne  P  hat  2,4  m  Länge,  unten  1,4  m, 
oben  0,7  m  Breite,  0,130  m  1.  Höhe,  das  Ab- 
zugsrohr hat  300  mm  1.  Durchm.  Fig.  120 
gibt  noch  einen  Grundriß  eines  größeren 
Schwefeibrenners  mit  2  Becken  B  zur 
Aufnahme  des  Schwefels. 

Die  Maschinenfabrik  von  E.  Paschke  & 
Co.,  Freiberg  i.  S. ,  welcher  Verfasser  die 
wiedergegebenen  Konstruktionsbilder  ver- 
dankt, baut  diese  Brenner  in  3  Größen, 
und  zwar  für  Leistungen  in  24  Stunden: 

bei  1,5  qm  Brennfläche 

600  kg  Schwefelverbrennung,  | 

bei  2,2  qm  Brennfläche 

900  kg  Schwefelverbrennun«. 


Flg.  127,  Längsschnitt.  Flu.  128.  Grundriß. 
Kleiner  Schwelelbrenner  von  E.  Paichke  &  Co.. 
Freiberg  I.  S. 

I  I 


Flg.  129.   QroDer  Schwelelbrenner,  Grundriß. 
E.  Paschke  &  Co.,  Freiberg  I.  S. 


III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


bei  3,66  qm  Brennfläche 

1500  kg  Schwefelverbrennung. 

Soll  der  Ofen  außer  Betrieb  gesetzt 
werden,  so  werden  das  Ventil  V  und  die 
Klappe  L  einfach  geschlossen.  Sind  mehrere 
Oefen  zusammenhängend  an  einer  SO„- 
Leitung  im  Betriebe,  so  wird  bei  Abstellen 
eines  Ofens  auch  noch  der  Verschlußdeckel 
oder  die  Glocke  A  heruntergelassen. 

Der  Vorzug  dieser  Schwefelbrenncr 
gegenüber  den  zuerst  beschriebenen  Ver- 
brennungsöfen ist  durch  die  vielfache 
dauernde  Anwendung  in  unseren  Sulfitzell- 
stoff abriken  am  besten  bewiesen.  O.  Vogel- 
Zell  hat  nach  eigener  Aussage  erst  nach 
Einführung  seiner  sich  selbst  regulierenden 
Oefen  immer  gleich  starke  und  gleich  zu- 
sammengesetzte Lösungen  erreichen  und  stets 
gute  Sulfitkoch ungen  erzielen  können. 

Zwei  wichtige  Faktoren,  Luftzuführung 
und  Kühlung,  sind  bei  der  Verbrennung 
von  Schwefel  zu  berücksichtigen  und  em- 
pirisch zu  regulieren,  um  den  höchsten  und 
besten  Effekt  zu  erzielen. 

Nach  G.  Martine*  ist  zu  beachten: 

1)  Zu  viel  Luft  und  zu  starkes  Abkühlen 
verursacht  zu  starkes  Sinken  der 
Temperatur  und  teilweises  Verlöschen 
der  Flamme. 

2)  Großer  Ueberschuß  an  Luft  und  hohe 
Temperatur  gibt  gute  Verbrennung,  aber 
ein  S02-armes  Gas. 

3)  Bei  zu  wenig  Luft  und  starker  Abkühlung 
wird  die  Verbrennung  eine  unvollständige. 
Die  Flamme  kann  dabei  sogar  erlöschen. 

4)  Zu  wenig  Luft  und  ungenügende  Kühlung 
tfibt  eine  schlechte  Verbrennung  und 
starke  Sublimation. 

Das  beste  Resultat  erhält  man,  wenn 
man  genügende  Luftmengen  zuführt  und 
den  Ofen  so  wenig  wie  möglich  kühlt. 
Martine  nennt  sich  sogar  einen  Feind 
des  Abkühlens  überhaupt,  spricht  aber  für 
dessen  Anwendung  soweit,  daß  eine  zu 
starke  Abnützung  der  Apparate  vermieden 
wird.   Es  genüge  indes,  zu  verhindern,  daß 
die  Oefen  rotglühend  werden. 

°  Zeitschrift  der  Zuckerindustrie  in  Böhmen  190« 
Morles.  Prag.  S. 


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E.  KIRCHNER     DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


290 


Waren  die  vorbeschriebenen  Schwefel- 
brenner  für  den  Betrieb  mit  natürlicher 
Luftzuführung  bemessen,  so  hat  man  anderer- 
seits auch  Oefen  konstruirt  und  mit  Erfolg 
eingeführt,  die  mit  Druckluft  betrieben  wer- 
den. Einer  dieser  Oefen  ist  von  Vonhof 
konstruirt  und  von  der  Firma  Mariolle-Pinguet 
et  hls  in  Saint-Quentin  zuerst  gebaut  worden. 

Der  Hauptkörper  des  Ofens  K  hat,  wie 
aus  Fig.  130/31  ersichtlich  ist,  eine  sarg- 
ähnliche Form.  Der  obere  Teil  ist  nach 
oben  als  Wasserbehälter  W  ausgebildet  und 
mit  Abflußrohr  versehen.  Das  in  das  offene 
Becken  eintretende  Wasser  wird  mittels  eines 
Mahnen  von  Hand  reguliert.  Die  Luft  tritt 


durch  Ventil  V  in  den  oberen  Teil  des  Ofens 
ein,  wird  von  einer  Verteilungswand  L  nach 
unten  hin  abgelenkt  und  bestreicht  die  ganze 
brennende  Schwefelfläche.  Das  SO, -Gas 
entweicht  durch  das  seitlich  auf  dem  Ofen 
angebrachte  Abzugsrohr  S.  Die  erste  Ent- 
zündung des  Schwefels  erfolgt  mit  einem 
glühenden  Eisenstab,  der  durch  die  Oeff- 
nung  O  in  der  Ofenwand  eingeführt  wird. 
Die  Oeffnung  wird  dann  mit  einem  Stöpsel 
verschlossen.  In  der  Mitte  des  Ofens  ist  die 
Füllvorrichtung  A  angebracht,  in  welche  der 
Schwefel  gefüllt  wird.  In  dieser  Vorrichtung 
befindet  sich  unten  eine  Drosselklappe  C, 
die  von  außen  durch  Drehen  an  der  Welle 


I 


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FIk.  IM. 


Vonhol-Scbwelelbreoner.     Flg.  131,  Qnerichnitt. 


mit  Handgriff  H  geschlossen  oder  geöffnet 
werden  kann.  Man  schließt  die  Klappe,  füllt 
den  Schwefel  ein,  schließt  den  oberen  Deckel 
mittels  Bügelverschlusses  B,  dreht  die  Klappe 
um  90°  und  der  Schwefel  fällt  in  den  Ofen. 

Am  unteren  Teile  des  Ofens  befinden  sich 
verschließbare  Reinigungsöffnungen  R,  um 
die  Rückstände,  die  sich  beim  Verbrennen 
des  Schwefels  ansammeln,  von  Zeit  zu  Zeit 
entfernen  zu  können,  ferner  befindet  sich 
bei  V  eine  Schauöffnung. 

Die  Firma^Sachsenburgci  Aktien-Maschi- 


nenfabrik und  Eisengießerei,  Sachsenburg- 
Heldrungcn  (Kyffhäuser)  baut  diese  Oefen 
in  verbesserter  Konstruktion,  ferner  die  für 
die  Oefen  erforderlichen  Luftpumpen  in 
liegender  oder  hängender  Anordnung,  ebenso 
Gegenstromkühler,  die  das  Gas  bis  auf  eine 
nur  4—  6°Jiöhcre  Temperatur  abkühlen,  als 
sie  das  Kühlwasser  hat. 

Fin  Vorzug  dieser  allerdings  komplizierte- 
ren Einrichtung  ist  der,  daß  man  unabhängig 
von  Wind  und  Wetter  das  SO, -Gas  mit 
immer    gleichbleibendem    Druck    an  die 


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300 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Flg.  132.    Schwelelbrcnner.  Sachscnburgcr 

Absorptionsvorrichtungen  (Türme,  Bottiche) 
abgeben  kann.  Fig.  132  gibt  ein  Gesamtbild 
dieser  Schwefelbrenner. 

Nach  Angabe  genannter  Finna  liefert 
sie  ihre  Schwefelbrcnner  in  drei  Größen. 
Ein  Ofen  verbrennt  in  24  Stunden 

Nr.  3.  225  kg  Schwefel  u.  liefert  12,5  cbm  Lös. 
Nr.  4.  450  „       „      „     „    25      .  „ 
Nr  5  675  37  5 

Diese  Brenner  werden  besonders  bei 
Anwendung  von  Bottich-Apparaten  benutzt. 

Andere  Schwcfelbrenncr. 

Es  gibt  noch  eine  größere  Reihe  von 
Schwefelverbrennungsöfen.  Lunge  beschreibt 
1879  Sodaindustrie  1.  Aufl.  S.  126  den 
Ofen  Harrison  Blair,  dessen  sich  schon 
1866  die  Gebr.  Tilghmann  mit  Erfolg  zur 
Herstellung  ihrer  Sulfitlösungcn  be- 
dienten. In  der  2.  Auflage  von  Lunge  Soda- 
Industrie  1893  sind  weitere  Oefen  abgebildet. 

In    Hofmanns    Handbuch   der  Papier- 
fabrikation S.  1457  heißt  es: 

.Ekman  in  Hcrgvik  benutzte  nach  The  Chc- 
mistry  of  Papcr-Makinc  von  LHUc  einen  aus  f>  mm 
starkem  Eisenblech  gebauten  luftdichten  Sch  weiel- 
nfcn.  Jessen  dünne  Wände  die  Wärme  durchließen 


Aktlca-Matcblnenfabrik  und  Eisen gleßercl. 

und  rasche  Abkühlung  bewirkten.  In  demselben 
erstreckte  sich  ein  schräg  lieeender  Rost  auf  zwei 
Drittel  der  Ofcnlängc.  und  auf  diesem  lag  lose  eine 
Zoll  hohe  Schicht  Ziegelsteine,  die  bewirken 
sollte,  daß  der  darauf  ausgebreitete  Schwefel  voll- 
kommen verbrannte  und  daß  sich  wenig  Schwefel- 
säure bildete.* 

Schwefelbrenner  resp.  Schwefelöfen  sind 
auch  konstruirt  und  eingeführt  worden  von 
P.  Suckow  &  Co.,  Breslau,  Gebr.  Körting 
in  Körtingsdorf  b.  Hannover  (mit  Injektor), 
Dr.  A.  Frank-Charlottenburg,  H.  Füllner- 
Warmbrunn  und  anderen. 

Vorbereitung   des  Schwefelkieses 
oder  der  Pyrite. 
Die  verwendeten  Pyrite  werden  als  von 
der  Gangart  bereits  befreites  Erz  gekauft. 

Eine  Zerkleinerung  der  größeren  Stücke 
ist  erforderlich,  um  ein  Produkt  in  annähernd 
gleichen  Stücken  zu  erhalten.  In  der  Zell- 
stoffabrikation  geschieht  die  Zerkleinerung 
häufig  durch  Handarbeit,  besser  aber  mittelst 
Steinbrechern,  sofern  die  Gruben  das  Erz 
nicht  schon  zerkleinert  in  beliebiger  Stärke, 
resp.  Korngröße  liefern. 

Nur  in  sehr  großen  Fabriken,  z.  B.  in 
Waldhof,  sah  Verfasser  Maschinenein  ml  Ii 


Google 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.    ZELLSTOFF.  301 


(ungen*  zum  Brechen  der  groben  Stücke  und  i 
mechanische  Siebereien  in  Betrieb. 

Für  unsere  Zwecke  dürfte  ein  Kies  in 
Stücken  von  6  —  2  cm  Durchmesser,  die 
durch  ein  Sieb  von  entsprechender  Maschen- 
weite gehen,  am  geeignetsten  sein. 

Man  erhält  3  Sorten,  nämlich  Stücke, 
Gries  und  Feinkies,  und  zwar  ergibt  sich 
bei  Maschinenarbeit  von  letzteren  mehr, 
weshalb  in  kleineren  Betrieben,  die  keine 
Einrichtungen  für  Verwertung  des  Grieses 
und  Feinkieses  haben,  die  Handarbeit  vor- 
zuziehen ist.** 

Lunjjc  hält  Kies,  von  dem  die  gröb- 
sten Stücke  durch  ein  Sieb  von  71  .,  cm 
Maschenweite  und  die  feinsten  auf  einem 
Siebe  von  12  mm  Maschenweite  liegen 
bleiben,  zum  Verarbeiten  im  Kiesofen  für 
gut  geeignet. 

Wenn  der  durch  das  feinere  Sieb  ge- 
gangene feine  Kies  nicht  mehr  als  71  z  pCt. 
beträgt,  so  kann  man  nach  Lunge  ohne 
besondere  Oefen  dieses  Feinere  verwerten. 
Er  sagt:*" 

Wenn  die  gesamte  Charge  z.  B.  350  kg 
beträgt,  so  läßt  man  325  kg  Grobes  und 
25  kg  Feines  an  den  Ofen  schaffen  (mehr 
führt  leicht  zu  fehlerhaftem  Gange  des 
Ofens).  Zuerst  wird  das  Grobe  wie  ge- 
wöhnlich chargirt  und  dann  erst  das  Feine, 
indem  der  Arbeiter  es  mit  der  Schaufel 
den  Seiten  und  der  Rücken  wand  des  Ofens  ■ 
entlang  wirft. 

Fällt  mehr  als  7J  8  pCt.  Gries  und 
Feines,  so  kann  man  demselben  10—25  pCt. 

•  Maschinen  zum  Brechen  der  Kiese  sind  nach 
Lunge  die  besten  System  Blake  der  Maschinen- 
fabrik von  Marsdeo  in  Lecds.  Zwischen  keilförmig 
.stehenden  geriffelten  Stahlbacken,  von  welchen  die  i 
eine  vertikal  und  die  andere  schief  dazu  angeordnet 
ist  und  hin  und  herbewegt  wird,  passieren  die  Stücke 
und  werden  zerdrückt.  Eine  solche  Brechmaschine 
soll  etwa  6  PS  Kraft  erfordern  und  von  harten  Kie- 
sen 25  t  in  3  cm  Kroß;  Stücke.  50  t  von  weicheren 
Kiesen  in  6  cm  große  Stücke  brechen. 

"  Prof.  Dr.  Harpf  zieht  das  Maschinenbrechen 
vor:  dieses  liefert  nach  seiner  Ansicht  gleichmäßigen 
Kies.  Das  Schlegeln  mit  der  Hand  gibt  ungleiche, 
oft  zu  große  Stücke,  welche  sich  schlecht  abrosten 
lassen. 

Handbuch  der  Sodafabrikation  HS7V.  S  IM, 


Ton  beimischen,  einen  Mörtel  daraus  machen 
und  Brocken,  Ballen  oder  „Klütten"  daraus 
formen,  die  auf  einem  Dampfkessel  oder 
auf  den  Pyritöfen  getrocknet  mit  dem 
Stückkies  chargirt  werden  können.  Jedoch 
darf  man  nicht  mehr  als  1  ,.  Klütten  zu 
•v,.  Stückkies  nehmen. 

Kiesöfen. 

Zur  Schwefelsäurefabrikation  wurde  bis 
etwa  1840  ausschließlich  sicilianischer 
Schwefel  verbrannt.  Die  Ausbeutung  der 
sicil.  Schwefellager  und  der  Schwefelver- 
kauf war  damals  in  den  Händen  einer 
Marsciller  Gesellschaft,  die  den  Schwefel- 
preis diktierte  und  so  hoch  hielt,  daß  man 
sich  ernstlich  bemühte,  den  Schwefelgehalt 
der  Pyrite  oder  Schwefelkiese  auszu- 
nutzen. 

Schon  1835  war  es  Perret  et  Fils  in 
Lyon  gelungen,  Schwefelkiese  in  Schacht- 
öfen derart  abzurosten,  daß  die  gewonnene 
schweflige  Säure  zur  Schwefelsäurefabrikation 
dienen  konnte. 

Man  versuchte  dann  auch  Herdöfen 
für  diesen  Zweck.  Um  1860  hatte  sich  in 
England  bereits  eine  Mittelform  (aus 
Schacht-  und  Herdofen)  der  Pyritöfen 
herausgebildet,  die  sich  mehr  und  mehr 
einbürgerte  und  allgemein  angenommen 
wurde. 

Verschiedene  Zeichnungen  und  Be- 
schreibungen ältester  Oefen  befinden  sich 
in  Muspratts  Encyclopädie  1860  und 
anderen  älteren  Werken,  dann  sind  die 
in  den  60  er  und  70er  Jahren  in  England 
und  anderwärts  in  Betrieben  bewährten 
Oefen  in  Lunges  Handbuch  der  Soda- 
Industrie  1879  S.  150  etc.  umständlich  be- 
schrieben und  abgebildet. 

Mitscherlich  wendete  zur  Herstellung 
von  SOs-Gas  einen  den  bekannten  und  oben 
beschriebenen  gemauerten  alten  Schwefel- 
verbrennungsöfen ähnlichen  an,  besonders 
empfahl  er  auch  die  ebenfalls  bekannten 
Kiesröstöfen.  So  gut  wie  übereinstimmend 
mit  dem  von  Lunge  1879  (S.  151  genaunten 


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302  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Fig.f 


Werkes)  veröffentlichten  Kiesofen  ist  der 
nachfolgend  beschriebene  und  Taf.  133, 
Fig.  1  in  Längs-,  Fig.  2  in  Quer-,'  Fig.  3 
in  Grundriß-Schnitt  dargestellte. 

Beschreibung  des  Kiesofens 
nach  Lunge. 

Der  Ofen  umschließt  einen  Raum  A 
von  1300  mm  Tiefe,  1350  mm  Breite  in 
seinem  oberen  weiteren  Teile,  unten  am 
Rost  mißt  er  1200x1200  mm,  die  lichte 
Höhe  beträgt  1000  bis  1050  mm.  Der 
Rost  ist  durch  drehbare  Vierkantstäbe  aus 
Schmiedeisen  gebildet. 

a  ist  die  Arbeitsöffnung  mit  Tür,  letztere 
trägt  eine  Schiebeklappe  b  zum  Beobachten 
des  Ofeninnern.  Die  Tür  geht  in  Angeln 
und  liegt,  wie  aus  Fig.  1  zu  ersehen,  gegen 
einen  schiefen,  sauber  bearbeiteten  und 
geschliffenen  Anschlag,  der  luftdichten  Ab- 
schluß bietet.  Ebenso  sind  die  Türen  cc 
und  d  für  die  Bedienung  der  Roststäbe 
lind  für  den  Aschenfall  verschlossen ;  eine 
Arbeitsöffnung  e  und  die  <  »effnimg  f  für 
den  oberen  Zugkanal,  die  selten  gebraucht 


Tit.  133.   Englischer  Kletolea  1875. 

werden,  sind  einfacher,  nämlich  schieber- 
förmig  gebaut. 

Dieser  Ofen  ist  für  Smckkiesverarbeitung 
geeignet.  Die  wallnuß-  bis  eiergroßen 
Kiesstücke  liegen  auf  dem  horizontalen 
Planrost  R  mit  vierkantigen  drehbaren 
Roststäben.  In  der  Hauptsache  bestehen 
die  Kiese  aus  Doppelschwefeleisen  FeSr 
Man  vergl.  S.  113  etc. 

Der  Betrieb  der  Oefen  wird  folgender- 
maßen gehandhabt: 

Für  Anheizen  eines  Herdes  werden  die 
Roststäbe  mit  Kiesabbränden  8  cm  hoch 
bedeckt,  darauf  kommen  Holz  und  Stück- 
kohle. Der  Gasabzugschieber  im  Fuchs 
wird  geschlossen,  die  Arbeitstür  a  geöffnet 
und  das  Brennmaterial  entzündet  >  und 
18—24  Stunden  gefeuert,  bis  die  Wände 
des  Ofens  rotglühend  sind;  nach  Heraus- 
ziehen der  Brennmaterialreste  wird  sodann 
der  Rost  mit  den  Pyriten  0,4—0,7  m  hoch 
beschickt  Die  Arbeitstür  a  wird  ge- 
schlossen und  der  Schieber  für  Abzug  der 
Gase  geöffnet,  der  Röstprozeß  beginnt 
und  geht  von  selbst  weiter,  indem  die 
durch  Verbrennung  des  Schwefels  erzeugte 
Wärme  für  die  Inganghaltung  des  Röst- 
prozesses genügt. 

Die  Höhe  der  Pyritschicht  muß  von 
der  Güte  der  Erze  abhängig  gemacht 
werden.  Kupferhaltige  schwefelreiche  Py- 
rite werden  weniger  hoch  als  geringere 
1  aufgeschüttet.  Für  gutes  Abrösten 
ist  es  nötig,  die  Kiese  täglich  mehrmals 
mittels    starker    Brechstangen    von  den 


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303 


Arbeitsöffnungen  a  und  e  aus  aufzulockern 
und  in  Höbe  auszugleichen.  Die  Abbrände 
werden  durch  Drehen  der  Roststäbe  be- 
seitigt, was  auch  gleichmäßig  zu  geschehen 
hat.  Die  Luftzufuhr  spielt  bei  der  Ab- 
rüstung eine  wichtige  Rolle,  sie  muß  für 
unsere  Zwecke  so  geregelt  werden,  daß 
sowohl  eine  Sublimation  des  Schwefels  als 
auch  eine  weitere  Oxydation  zu  Schwefel- 
säure möglichst  verhindert  wird.  Bei  An- 
wendung von  zu  wenig  Luft  sublimiert 
Schwefel  und  setzt  sich  in  den  anschließen- 
den Zugkanälen,  den  anschließenden  Staub- 
kammern und  den  Gasleitungsrohren  ab. 
Auch  die  Bildung  der  den  Zug  störenden 
und  die  Abröstung  verhindernden  Schlak- 
ken  oder  Sauen,  welche  aus  kompakten 
Massen  von  leicht  schmelzbarem  einfach 
Schwefeleisen  Fe  S  bestehen,  ist  auf  zu  ge- 
ringe Luftzuführung  zurückzuführen.  Zu 
hohe  Schichten  können  die  Luftzufuhr  er- 
schweren, die  durch  einen  Schieber  im  Gas- 
abzugsrohr, sowie  durch  verschließbare 
Löcher  in  den  Arbeits-  und  Aschenfalltüren 
geregelt  wird. 

Die  Temperatur  muß  im  oberen  Teile 
des  Ofens  hoch,  in  der  Nähe  der  Roste 
niedrig  sein. 

Die  Kiesabbrände  sollten  nicht  mehr  als 
3-4  pCt.  des  Schwefelgehaltes  der  Kiese 
enthalten.      Dieser    Prozentgehalt  steigt 


allerdings  in  der  Praxis  auf  6  und  mehr 
Prozent,  weshalb  eine  regelmäßige  Kon- 
trolle durch  chemische  Analyse  der  Ab- 
brände zu  empfehlen  ist. 

Die  Abbrände  haben  wegen  des  (Fe,.  O .) 
Eisenoxydgehaltes  die  eigentümliche  rot- 
braune Farbe,  sollen  leicht  zerbröcklig  und 
frei  von  Schlacken  sein.  Sie  werden  durch 
Drehen  der  Roststäbe  in  den  Aschenfall 
befördert  und  darauf  die  Oefen  neu  mit 
Kies  beschickt.  Die  Abbrände  müssen  vor- 
gekrückt  und  aus  dem  Ofenhaus  abgefahren 
werden. 

Nach  Hasenclever*  läßt  man  in  neueren 
Anlagen  Englands  die  Abbrände  direkt  in 
eiserne  Wagen  (auf  Schienen  laufend) 
fallen,  um  sie  schnell  und  ohne  viel  Hand- 
arbeit aus  dem  Ofenhaus  durch  einen 
unterirdischen  Kanal  zu  entfernen.  Dieser 
Kanal  dient  gleichzeitig  als  Abzug  der  bei 
Neubeschickung  der  Oefen  entstehenden 
ersten  Gase,  indem  er  durch  2  Schieber 
verschließbar  ist.  Sind  die  Abbrandwagen 
aus  dem  Kanal  gefahren,  so  wird  der 
Schieber  nach  der  Außenseite,  wo  die  Wa- 
gen eben  entfernt  waren,  geschlossen,  und 
der  zweite  Schieber  am  anderen  Ende  des 
Kanales  setzt  letzteren  bei  seinem  Oeffnen 
mit  einem  Zugschornstein  in  Verbindung. 
Die  Staubkammer  wird  inzwischen  von  dem 

•)  (  dem.  Ind.  1*95.  S.  493. 


Flg.  134.  LÄifttchnltt.   Atnerlk.  Klesofenanla  g«.   Flg.  138.  Oiwrschnlü. 


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304 


F..  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


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Tai.  136.   E.  Paschke  &  Co.  Kiesbrenner. 


neu  zu  beschickenden  Ofen  mittels  Schieber 
oder  Glocke  abgeschlossen.  Bei  der  Be- 
schickung saugt  der  Schornstein  Luft  durch 
die  Arbeitsöffnungen,  durch  die  Kiesschicht 
und  den  unteren  Kanal  an;  es  geht  das 
erste  Gas  durch  den  Schornstein  verloren, 
aber  gleich  nach  der  Beschickung  wird  der 
Schieber  im  unterirdischen  Zugkanal  ge- 
schlossen und  der  Schieber  nach  der  Staub- 
kammer geöffnet,  die  Gaserzeugung  findet 
erneut  ihren  gewünschten  Fortgang.  Die 
Arbeiter  sowohl  als  auch  die  Nachbarschaft 
der  Oefen  werden  auf  diese  Weise  nicht 
von  der  schwefligen  Säure  belästigt. 

Der  besprochene  englische  Kiesröstofen 
hat  auch  in  Amerika  Eingang  gefunden, 
um  Sulfitlösungen  für  Zellstoff  herzustellen. 
Fig.  134  und  135  S.  303  geben  Bilder  von 
Röstöfen  mit  Staubkammern  und  Kühl- 
rohren, wie  sie  1898  im  Paper-Trade-Journal 
dargestellt  sind. 

Der  Firma  I7.  Paschke  &  Co.,  Freiberg, 
verdankt  Verfasser  die  Mitteilung  (vom 
3.  Mai  1903)  und  Darstellung,  Tafel  136, 
eines  sechsherdigen  Kiesbrenners  mit  Flug- 
staubkammern. 

Es  können  auf  jedem  Herd  in  24  Stunden 


400  —  500  kg  Schwefelkiese  abgerostet 
werden.  In  der  Regel  verwendet  man 
Stückkiese  von  50 — 60  mm  Dicke,  ,  die  45 
bis  50  pCt.  Schwefelgehalt  haben.  Die  Rück- 
stände enthalten  aber  immer  noch  4  —  5  pCt. 
Schwefel  und  werden  an  Hochofenhütten 
verkauft;  wenn  sie  noch  Kupfer  enthalten, 
wie  z.  B.  die  Rio-Tinto-Kiese,  dann  werden 
diese  auch  auf  Kupfer  verarbeitet. 

Der  Ofen  ist  so  eingerichtet,  daß  jeder 
der  6  Herde  einzeln  aus-  oder  eingeschaltet 
werden  kann,  die  Beschickung  geschieht 
durch  die  Fülltrichter  a  a  a,  welche  ab- 
dichtende Schieber  b  haben. 

Bei  der  Inbetriebsetzung  werden  die 
Herde  zunächst  mit  Holz  gefüllt  und  bis 
zur  Rotglut  geheizt.  Die  Heizgase  läßt 
man  durch  die  Fehlessen  c,  auf  die  Blech- 
ecken gesteckt  werden,  entweichen;  nach 
deren  Entfernung  wird  die  Fehlessc  durch 
eine  Kapsel  verschlossen.  Die  Abstellglocken 
werden  nunmehr  geöffnet,  nachdem  jederOfen 
mit  200—250  kg  Kiesen  beschickt  worden 
ist,  und  die  Röstung  beginnt.  Beim  Betriebe 
ist  die  Masse  mehrmals  aufzubrechen  und 
zu  lockern,  was  vermittelst  starker  Eisen 
durch  die  Türen  t  erfolgt;  nach  6  Stunden 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  HI.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


305 


erfolgt  die  Entleerung  durch  den  Rost, 
welcher  aus  □  Stäben  gebildet  ist,  und 
welche  zu  diesem  Zweck  so  lange  ge- 
dreht werden,  bis  die  abgerosteten  Kiese 
heruntergefallen  sind,  hierauf  findet  eine 
neue  Beschickung  statt.  Die  Schweflig- 
säure durchströmt  den  Raum,  welcher 
sich  über  dem  Herdgewölbe  befindet  und 
geht  nach  der  Flugstaubkammer  f,  um  dann 
in  den  Absorptionstürmen  Verwendung  zu 
finden. 

Zum  Abrösten  von  Feinkiesen, 
welches  m.  W.  in  Deutschland  nur  in 
einigen  sehr  grossen  Sulfitstofffabriken  zur 
Aufarbeitung  der  Abfälle  der  bezogenen 
Stückkiese  durchgeführt  wird,  hat  zuerst 
Maletra  Etagenöfen*)  konstruirt,  welche 
insofern  unpraktisch  waren,  als  sie  nur 
von  einer  Seite  bedient  wurden. 

Fig.  137  gibt  den  Querschnitt  eines  von 
Schaffner  in  Aussig  verbesserten  Maletra- 
ofens,  bei  dem  die  Bedienung  von  beiden 
Seiten  aus  erfolgt. 


Fig.  137.    Maletra-Schaffner  Etagenofen. 

Gewöhnlich  befinden  sich  mehrere  solcher 
Oefen  nebeneinander.  Seitlich  neben  dem 
letzten  Ofen  schliessen  sich  dann  eine 
grössere  Staubkammerund  die  Kühlrohre  an. 


*)Auü(ulirlicheB  "her  damit  erstatte  Betriebs 
Ergebnisse  von  Prof.  Dr.  A.  Harpf  8.  Zentralldatt 
f.  d.  oaterr.-unjf.  Papier-Industrie   Ifcito,  Nr  15, 
16  und  17,  sowie  Dinjfler's  polyt.  Journal  189«;, 
Heft  l  ond  2. 


In  diesem  Ofen  sind  7  Schamotteplatten 
angeordnet,  welche  an  den  Seiten  verstärkt 
sind,  und  deren  Flächen  von  je  einer  eigenen 
Tür  o  bedient  werden.  Dieser  Ofen  ist 
also  von  zwei  Seiten  zugänglich.  Die 
Arbeitsöffnungen  sind  durch  Schieber  zu 
öffnen  und  zu  schliessen.  Der  Feinkies 
wird  oben  in  den  Trichter  T  mechanisch 
und  stetig  zugeführt,  durch  Heben  einer 
Glocke  am  Boden  des  Trichters  fällt  peri- 
odisch Kiesstaub  durch  das  Füllrohr  a  auf  die 
obere  Platte,  wird  durchHandarbeit  auf  dieser 
verbreitet  und  von  Zeit  zu  Zeit  auf  die  zweite 
Platte  gekrückt,  so  passiert  der  Kies  all- 
mählich sämtliche  Etagen  des  Ofens,  wobei  er 
abbrennt  Die  S03  entweicht  mit  der  über- 
schüssigen Luft  durch  das  Gewölbeloch  m, 
geht  in  den  oberen  Staubkanal  y  und  weiter 
durch  die  grossen  Staubkammern  nach  den 
Kühlrohren.  Der  Abbrand  wird  in  den 
Raum  k  gezogen,  von  Zeit  zu  Zeit  durch 
Ziehen  eines  Schiebers  unterhalb  k  nach 
(w)  unten  abgelassen  und  durch  die  Tür  z 
entfernt. 

Das  Anheizen  des  Ofens  geschieht  in 
der  Weise,  dass  derselbe  durch  eine  be- 
sondere Feuerung  zur  Weissglut  erhitzt 
wird,  dann  beschickt  man  alle  Flächen 
mit  einer  dünnen  Schicht  Feinkies,  der 
sich  sofort  entzündet.  Die  SO, -Gase  wer- 
den regelrecht  abgeführt  und  die  weitere 
Beschickung  des  Ofens  geschieht,  wie  oben 
gesagt,  durch  den  Fülltrichter  T. 

Die  Luft  wird  im  allgemeinen  von  der 
untersten  Arbeitsöffnung  zugeführt,  man 
darf  nicht  zu  viel  Luft  verwenden ;  die 
ArbeitsöfTnungen  dürfen  nicht  länger  als 
unbedingt  nötig  offen  stehen.  Die  Ah 
brände  können  bis  auf  1 4/o  Schwefelgehalt 
abgeröstet  werden,  durchschnittlich  ent- 
halten sie  1,5  c/o  Schwefel. 

Ein  mechanisch  betriebener  Ofen  für 
Verarbeitung  von  Schwefelkies-Gries  und 
Staub  ist  von  Mac  Dougall  erfunden  und 
ausprobiert. 

Dieser  Mac  Dougall  Ofen  ist  be- 
reits 1876  von  Lunge  in  Wagner's  Jahres- 
berichten S.  316  und  später  in  Lunge's 
Handbuch  der  Sodaindustrie  1.  Aufl.  S. 
199  etc.  ausführlich  beschrieben. 

0.  Bogen  1903. 


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306  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


In  der  2.  Aull,  des  letzteren  Werkes 
S.  239  sagt  Lunge,  dass  man  mit  dem  Mac 
Dougall  Ofen  das  Einströmen  von  falscher 
Luft,  wie  dies  beim  Ofen  von  Maletra  un- 
vermeidlich ist,  in  äusserst  geistreicher 
Weise  vermieden  habe,  dass  man  aber  wegen 
anderer  Schattenseiten  diese  theoretisch 
besten  Fein  kies-Oefen  habe  aufgeben  müssen. 
Lunge  hält  es  aber  für  möglich,  dass  die  ge- 
fundenen Uebelstände  durch  Neuerfindungen 
noch  zu  beseitigen  seien.  Lunge  beschreibt 
den  älteren  Ofen  als  einen  aus  gusseisernen 
Ringen  zusammengeschraubten  Zylinder 
von  1,85  m  Durchra.  und  3,5  m  Höhe.  Es 
werden  durch  eingespannte  Gewölbe  im 
Innern  des  aufrecht  stehenden  Zylinders 
7  Kammern  gebildet. 

Die  Gewölbe  sind  in  der  Mitte  durch- 
brochen und  lassen  Platz  für  eine  stehende 
Welle,  an  der  starke  gusseiserne  Rechen 
befestigt  sind.  Die  Welle  ist  im  oberen 
Gewölbe  und  in  der  Bodenplatte  mit  einer 
Sandstopfbüchse  abgedichtet.  Die  Welle 
wird  durch  ein  Rädergetriebe  von  oben 
gedreht  Das  Erzklein  (grösste  Stücke 
gehen  durch  Siebmaschen  von  25  mm  Weite) 
wird  oben  aufgegeben  und  durch  die 
schiefgestellten  Rechenzähne  von  der  Mitte 
nach  der  Peripherie  geschoben,  es  fällt 
durch  entsprechende  Oeffnungen  in  die 
nächste  Etage,  in  dieser  arbeiten  die  Rechen- 
zähne das  Erz  nach  der  Mitte  und  so  wechsel- 
seitig weiter  passiert  das  Erzklein  durch  den 
ganzen  Ofen.  Die  obere  Kammer  des  in  Glut 
beiindlichen  Ofens  ist  am 
heissesten,  in  die  unterste 
Kammer  wird  mittelst  einer 
Luftpumpe  Luft  eingeblasen, 
und  die  Erze  werden,  bis  sie 
unten  ankommen,  sehr  voll- 
ständig abgeröstet.  Das  Gas- 
gemisch entweicht  aus  der 
obersten  Ofenetage  in  die  Staub- 
kammern, Kühlungen  etc. 

Der  Ofen  erlaubt  mit  6  Arbeits- 
etagen 3500  kg,  mit  8  Arbeits- 
etagen 5000  kg  Erzklein  in 
24  Stunden  abzurosten.  Der 
Kohlenverbrauch  für  Betrieb  der 
Maschinerie  beträgt  pro  Woche 


nach  Lunge  4000  kg.  Der  Lohn  pro  Woche 
85  M. 

Beim  ersten  Anzünden  wird  der  Ofen 
allmählich  mit  Erzklein  gefüllt,  die  untere 
Etage  durch  das  Mauerloch  hindurch  so 
lange  mit  einem  temporär  herangeschobenen 
Feuer  geheizt,  bis  das  Erz  auf  dem  Boden 
sich  entzündet,  dann  setzt  man  die  Ma- 
schinerie in  Gang  und  mässigt  die  Speisung 
so  lange,  bis  das  Erz  richtig  geröstet  unten 
ankommt. 

Es  gelingt,  Abbrände  mit  nur  l°/e  Schwefel 
zu  erhalten.  Bei  forcirtem  Betriebe  sind 
höchstens  3— 4°/o  Schwefel  im  Abbrand. 
Man  ist  mit  dem  Apparat  von  der  Ge- 
schicklichkeit der  Pyritbrenner  ganz  unab- 
hängig, was  sehr  hoch  anzuschlagen  ist. 
Die  innere  Armatur  kann  auch  leicht  durch 
die  im  Mantel  befindlichen  Mannlöcher  er- 
setzt werden,  sobald  sie  defekt  wird. 

Ein  Uebelstand,  der  zur  zeitweisen 
Aufgabe  des  Ofens  bei  der  Schwefelsäure- 
herstellung zwang,  war  die  grosse  Menge 
des  sich  bildenden  Flugstaubes. 

Die  Beseitigung  der  dem  Mac  Dougall- 
Ofen  anhaftenden  Uebelstände  scheint 
nach  den  Verbesserungen  desselben  durch 
den  Amerikaner  Herreshoff  überwun- 
den zu  sein. 

Nach  Mitteilung  des  Ingenieur  L.  J. 
Dorenfeldt,Kristiania,der  den  Vertrieb  dieser 
verbesserten 

Herreshoff-Kiesstaub-Röstöfen 


Figur  138.   Herreshoff- Ofen. 


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K.  KIKCHNEh.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


307 


für  Europa  in  der  Hand  hat,  sollen  bereits 
öCO  Herreshoff-Oefen  im  Betriebe  sein. 

27  dieser  Oefen  arbeiten  in  europäischen 
Sulfitzellstofffabriken,  davon  sind  mehrere 
schon  über  ein  Jahr  mit  Erfolg  im  Be- 
triebe. Verfasser  entnimmt  in-  und  aus- 
ländischen Veröffentlichungen  aber  den 
Ofen  folgendes: 

Der  Herreshoff-Ofen  ist  Figur  133  links 
im  Schnitt,  rechts  in  Ansicht  dargestellt. 
Von  einem  runden  Eisenzylinder  von  3350mm 
Durchm„  3350  mm  Höhe  sind  fünf  Röst- 
Kammern  von  Schamotte- Wänden  und  -Ge- 
wölben gebildet  eingeschlossen  ;  durch  die 
Kammern  hindurch  geht  eine  Hohlwelle, 
welche  für  jede  Kammer  zwei  diametrale 
mit  schraubig  gestellten  Rechenzinken  ver- 
sehene Rührarme  trägt  Jeder  nur  45  kg 
wiegende  Rührarm  ist  mit  einem  Haken 
in  eine  entsprechende  Tasche  der  Welle 
eingehängt  und  wird  durch  sein  Eigen- 
gewicht festgehalten.  Zur  Auswechselung 
eines  solchen  Armes  genügt  1  Minute  Zeit. 
Infolge  der  Luftzirkulation  durch  die  Hohl- 
welle, welche  noch  durch  eine  Blechesse 
verstärkt  wird,  findet  eine  Kühlung  nicht 
nur  der  Welle,  sondern  auch  der  Anhefte- 
haken der  Rührarme  statt  Nach  der  Er- 
fahrung müssen  pro  Jahr  5—6  Rührarme 
im  Wert  von  etwa  100  M.  ausgewechselt 
werden. 

Wegen  der  langsamen  Tourenzahl  leiden 
die  Antriebsräder  sehr  wenig  und  an  Trieb- 
kraft braucht  man  nur  V« — Vi  PS. 

Das  Erz  wird  dem  Ofen  automatisch 
oben  zugeführt,  die  Zinken  der  Rührarme 
befördern  das  Erz  von  der  Mitte  nach  der 
Peripherie,  es  fällt  auf  den  Boden  der 
nächsten  Etage,  von  hier  fördern  es  die 
Rührarme  nach  der  Mitte  und  so  fort,  bis 
es  am  Boden  der  untersten  Etage  'ange- 
langt, vollständig  auf  Vi  •/<>— 4  Schwefel 
abgeröstet,  die  Auslassöffnungen  erreicht 

Die  Verbrennungsluft  tritt  von  unten  ohne 
Druck  ein  und  unterhält  die  Wärme  und  die 
Abröstung.  Die  SO,- Gase  treten  oben  durch 
einen  Stutzen  neben  der  Hohlwelle  und 
werden  durch  einen  Rohrzweig  in  das 
Gasabzugs-Hauptrohr  geleitet. 


Da  man  bei  der  Arbeit  an  den  Oefen 
die  Ofentüren  nur  zur  seltenen  Auswech- 
selung eines  Rührarmes,  oder  zur  momen- 
tanen Kontrolle  der  Arbeit  zu  öffnen 
braucht,  so  kann  man  den  Zutritt  des 
Sauerstoffes  nach  Belieben  regulieren, 
einen  stetigen  Strom  SOa-reichen  Sauer- 
stoff-armen Gases  (14— 16#/o  SO,)  er- 
zielen. Nach  Dr.  Drewsen*)  erreichte 
man  16*/o  SO,  Gehalt  bei  Bildung  von 
FeO  in  den  Schlacken. 

Die  Bildung  von  Flugstaub  ist  jeden- 
falls sehr  verringert,  da  man  das  gewalt- 
same Einblasen  von  Luft  vermeidet  und 
dabei  der  Staub  einer  Kammer  von  der 
anderen  zurückgehalten  wird.  Der  aus  der 
oberen  Kammer  etwa  mitgerissene  Staub 
wird  von  Dr.  Drewsen  in  einer  Anlage  der 
International  Paper  Co.  in  Palmer  N.-Y. 
mit  einem  einfachen  Wascher  (Scrubber) 
vollständig  zurückgehalten,  so  dass  mit 
Hilfe  des  gewonnenen  Gases  eine  wasser- 
helle Kochflüssigkeit  entsteht  Das  im 
Wascher  verwendete  Wasser  nimmt  frei- 
lich etwas  SO,  auf  und  wird  heiss,  aber 
eswird  durch  einen  gewöhnlichen  Schlangen- 
kühler auf  Flusswassertemperatur  gekühlt 
und  wieder  verwendet,  so  dass  kein  Gas 
verloren  geht. 

Eine  Sublimation  von  Schwefel  bei  Be- 
nutzung des  Ofens  soll  ausgeschlossen  sein, 
ein  Mann  kann  eine  Reihe  Oefen  und  die 
Gasreinigung  überwachen  und  dabei  noch 
Nebenarbeiten  verrichten. 

Das  Arbeitsquantum  eines  HerreshofT- 
Ofens  beträgt  3200  kg  44°/»  Erz  in  24 
Stunden,  was  1400  kg  Schwefelverarbeitung 
entspricht 

Dr.  Drewsen  beantwortet  in  Paper  Mill 
N.-Y.  1900  die  Frage,  ob  in  Sulfitstoff- 
fabriken Schwefel  oder  Schwefelkies  für 
Kochlösungsherstellung  zu  verwenden  sei, 
dahin**,  dass  bei  Anwendung  des  Herreshoff- 
Ofens  undDrewsen-Gasreinigers  Schwefel- 
kies  den  Vorzug  verdient,  wenn  der  aus- 
nützbare Teil  des  Schwefels  im  Schwefel- 


•)  Wbl.  f.  Papierf.  Jg.  1900  Nr.  33  S.  3135. 
*#)Ebenda  Jg.  1900  Seite  3i33'3ö. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III,  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


kies  sich  gleich  teuer  oder  billiger  als 
reiner  Schwefel  stellt,  (Dr.  Drewsen 
scheint  die  Kiespalverisierung,  die  Ab- 
nützung der  HerresbofT sehen  Oefen,  Ersatz 
der  Rührarme  etc.  sehr  gering  anzu- 
schlagen!) 

'  Die  Frage  ist  also  lediglich  auf  eine 
Preisfrage  des  Schwefels  und  Schwefel- 
kieses zurückgeführt. 

Beim  Kies  kommt  in  Betracht:  1)  Der 
Prozentgehalt  an  Schwefel,  2)  der  Prozent- 
gehalt fremder  Metalle  ausser  Eisen,  3)  die 
Fracht  des  Schwefelkieses. 

Je  höher  der  Schwefelgehalt  und  je 
geringer  der  Gehalt  an  fremden  Metallen, 
umso  besser  für  Ausbeute  und  Fracht- 
kosten. Reinster  Eisenkies  ergibt  1  pCt 
Schwefelverlust,  auf  jedes  Prozent 
Zink  oder  Kupfer  hat  man  ferner  Vi  pCt 
Schwefelverlust,  auf  jedes  Prozent  Blei 
sogar  lVt  Prozent  Schwefel  vertust  zu 
rechnen. 

Der  Schwefelkies  wird  in  Ed  gl  and  und 
Amerika  nach  Einheiten  (1  Einheit  *=  22,4 
Pfund)  Schwefel  gehandelt.  Ist  der  Preis 
für  die  Einheit  10  cent  an  der  Grube,  so 
heisst  dies:  1  t  «=  2240  Pfund  =  1016  kg 
Schwefel  kostet  10  Dollar  =  42  M.  Man 
bezahlt  also  an  die  Grube  nur  den  Schwefel, 
aber  für  die  Fracht  ist  der  Gehalt  an 
Eisen,  anderen  Metallen  und  Unreinigkeiten 
von  grosser  Bedeutung.  Schwefelarme 
Kiese  können  durch  die  Fracht  sehr  ver- 
teuert werden.  Es  müssen  daher  die 
lokalen  Verhältnisse  entscheiden,  ob 
Schwefel  oder  Schwefelkies  vorteilhafter 
zu  verwenden  ist  Bei  gleichem  Preise 
aber  sollte  Schwefel  vorgezogen 
werden. 

Jedenfalls  hat  der  Herreshoff-Staubkies- 
brenner  auch  in  der  Sulfitzellstoff- Industrie 
da  eine  grosse  Zukunft,  wo  die  Verar- 
beitung des  Schwefelkieses  gegenüber  der 
des  Schwefels  Vorteile  gewährt. 

Zusammensetzung  des  Schwefligsäure- 
gases. 

Bei  O'C  Temperatur  und  Atmosphären- 
druck (760  mm  Quecksilberhöhe)  wiegt  1 1 
trockene  atm.Luft  1,2932  g;  sie  besteht 


aus  2 10  cem  Sauerstoff  ä  1 ,4298  mg 
und790ccm  Stickstoff  ä  1,256  » 

Demnach  enthält 

1 1  LuftO,300258gSauer8tofT, 
und  0,992398g  Stickstoff. 
Der  chemische  Vorgang  beim  Ver- 
brennen von  Schwefel  mit  atmosphärischer 
Luft  ist  der,  dass  sich  ein  Atom  Schwefel 
mit  zwei  Atomen  Sauerstoff  zu  einem 
Molekül  schwefliger  Säure  verbindet 
S  +  0,  =  SO,' 
32  +  16.2  =  64. 
Dabei    entspricht    ein  Volumenteil 
schweflige  Säure  einem  Volumenteil  Sauer- 
stoff. 

Bei  O'C  Temperatur  und  Atmosphären- 
druck wiegt 

USOa  =  2,8731  g. 
in  demselben  sind 
enthalten 

l,43655gSchwelel 
l,43655gSauerstoff. 
Nun  wird  in  der  atm.  Luft  1  1  Sauer- 
stoff von  3,7621  Stickstoff  begleitet, 
somit  können 

4,762  1  Ofengas  höchstens  1 1  schwefJ.  Säure, 
lOOlGas  höchstens20,93  lSO, 
enthalten.  Man  sagt,  das  Gasgemisch 
würde  20,93  Volumenprozente  SO,  be- 
sitzen. 

Dieser  höchste  Gehalt  an  schwefliger 
Säure  ist  beim  Schwefelverbrennen  nicht 
zu  erzielen,  da  immer  mit  etwas  Ueber- 
schuss  an  Luft  gearbeitet  werden  muss, 
und  dabei  eine  höhere  Oxydation  eines 
Teiles  des  Schwefels  unausbleibbar  ist 

In  der  Schwefelsäurefabrikation  ist  das 
eine  erwünschte  Erscheinung,  da  eben  die 
höhere  Oxydation  bezweckt  ist. 

Gerstenhöfer*)    hat  schon   1866  als 
theoretisch  beste  Zusammensetzung  des 
Gases  beim  Verbrennen  des  Schwefels  zur 
Schwefelsäuredarstellung  angegeben : 
10,65  VoL-pCt.  schweflige  Säure. 
10,35    >     »  Sauerstoff 
70,00    »     »  Stickstoff. 

*)Lunge  Sodaindustrie,  I.  Auflage,  S.  219, 
II.  Aua.,  S.  286. 


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E.  KIRCHNER     DAS  PAPIER. 


III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


809 


In  der  Sulfitlösungsherstellung  kommt 
es  darauf  an,  an  schwefliger  Säure  mög- 
lichst reiche  und  an  anderen  Gasen  (Sauer- 
stoff und  Stickstoff)  arme  Gasgeroische 
herzustellen,  was  durch  Einschränkung  I 
des  Luftüberschusses  bei  der  Verbrennung 
des  Schwefels  bis  zu  gewisser  Grenze 
möglich  ist  Es  ist  leicht  zu  verstehen, 
dass  die  schweflige  Säure  eines  S0t- 
reichen  Gases  sich  leichter  und  reichlicher  in 
einer  geeigneten  Flüssigkeit  wird  absorbieren 
lassen,  als  ein  SO,  -  armes  Gas,  welches 
noch  viele  andere  dabei  störenden  Gase 
nebenher  enthält  und  dass  dabei  auch 
wässerige  Lösungen  erzielt  werden  können, 
die  viel  ungebundene  (absorbierte)  SO, 
enthalten. 

Man  will  es  neuerdings  in  Amerika 
dahin  gebracht  haben,  18-19*/«  SO,  ent- 
haltende Gase  durch  Verbrennen  von 
Schwefel*)  hergestellt  und  dadurch  beson- 
dere Fabrikationsvorteile  errungen  zu 
haben. 

Die  Röstgase  der  Kies-  und  Zinkblende- 
Oefen  liefern  schweüigsäure-ärmere  Gase, 
da  die  Oxyde  der  Metalle  auch  durch  den 
Sauerstoff  der  Luft  gebildet  werden  müssen 
und  dadurch  der  StickstofTgehalt  der  Ofen- 
gase entsprechend  steigt,  freilich  ist  das 
gewonnene  Gas  im  allgemeinen  auch 
sauerstoff-ärmer. 

Haben  wir  Eisenbisulfuret  oder  den 
reinen  Eisenkies  im  Auge,  so  bildet 

1  Atom  Eisen       Fe  =s  56 

2  »     Schwefel  S,   =  64 

1  Molekül  Zweifachschwefeleisen  FeS3=120. 

Schwefelkies  enthält  in  100  Teilen 
46*/«  Teile  Eisen  und  b8lls  Teile  Schwefel 
Nehmen  wir  an,  dass  aus  dem  Schwefel- 
kies Eisenoxyd  und  schweflige  Säure  ent- 
ständen, so  hätte  man  sich  folgende  Um- 
setzung zu  denken : 
2  FeS,  +  11  0  =  Fe30s  +  4  SO, 
Auf  4  Atome  Schwefel  sind  also  11 
Atome  Sauerstoff  nötig,  also  auf  1  Atom 
Schwefel  2'/«  Teile  Sauerstoff,  während 
oben  beim  Verbrennen  von  Schwefel  auf 

•)Man  vergl.  Wochenblatt:  Jg.  I903,  No.  22, 
S.  1573- 


1  Atom  Schwefel  nur  2  Atome  Sauerstoff 
kamen.  Man  brauchte  also  theoretisch 
275 

auch       *  1,375  mal  so  viel  Luft  und 

statt  20,9*/oSO,  haltige  Gase  würde  man 
höchstens  15,2  •/#  SO,  haltige  Gase  ge- 
winnen.*) 

Es  bildet  sich  aber  selbst  bei  Ver- 
meidung eines  grösseren  Ueberschusses 
von  Luft  immer  ein  SO, -ärmeres  Gemisch, 
man  nahm  früher  12°/o  als  Maximum  an. 

Gerstenhöfer  gab  (obige  Quelle)  wieder 
für  'die  Schwefelsäurefabrikation  folgende 
beste  Zusammensetzung  der  Röst-Ofengase 
an : 

Gase  in  Kiesröstöfen  gewonnen : 
8,80  Vol.  pCt.  schweflige  Säure 
9,60  »      »  Sauerstoff 
81,60   >      >  Stickstoff 
Röstgase  aus  Zinkblende : 

8,12  Vol.  pCt.  schweflige  Säure 
9,69   >      >  Sauerstoff 
82,19   »      .  Stickstoff 
Bei  Verarbeitung  von  Kies  und  Zink- 
blende sind  stets,  besonders  auch  bei  der 
Lösungsherstellung  der  Sulfitzellstofffabri- 
kation Flugstaubkammern  nötig» 
um  Eisen,  Kupfer,  Antimon,  Blei,  Thallium, 
Selen,  Tellur  etc.  Zinkoxyd,  Sulfat,  Eisen- 
oxydul, Oxydulsulfat,  Eisenoxyd  etc.,  welche 
die  Lösungen  verunreinigen  würden,  zurück- 
zuhalten, ja  bei  Kiesstaubröstöfen  wendet 
man  auch  noch  Gaswäscher  an,  vergl.  S.  296. 

Wie  vorn  S.  307  gesagt,  ist  man  im 
stände,  mittels  des  Herreshoff- Ofens  bis  zu 
14—16  Volumenprozente  enthaltende  Gase 
aus  Gries-  oder  Staubkies  herzustellen,  es 
ist  dabei  darauf  zu  halten,  dass  kein 
Ueberschuss  an  Luft  in  den  Ofen  eintritt, 
so  dass  sich  neben  Fe,0,  auch  FeO  bildet, 
d.  h.  ein  denkbar  kleinster  Sauerstoff-  resp. 
Luftverbrauch  nötig  ist. 

*)Nach  Harpf,  Wochenblatt  f.  Papiurfabrikatiou 
Nr.  28,  25  uud  27,  stellt  sich  die  Berechnung 
nicht  so  einfach.  —  Beim  Brennen  von  Schwefel 
ent  weicht  aller  0  als  SO,  ;  —  beim  Küsten  von 
Kies  bleibt  0  als  FetOs  im  Ofen,  der  N  der 
diesen  begleitet,  aber  streicht  mit  durch.  Man 
kommt  bei  Berücksichtigung  dieser  Umstände 
sogar  auf  lb,2%  SOrhaltige  Gase. 


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Ks  war  mehrfach  hervorgehoben,  dass 
sich  wegen  Ueberschusses  an  Luft  bei  der 
Verbrennung  von  Schwefel  und  Abrösten 
von  Kiesen  Schwefeltrioxyd  (SO.)  bildet. 

Dieser  bei  der  Schwefelsäurefabrikation 
erwünschte  Vorgang  ist  in  der  SulfitstolT- 
fabrikation  verlustbringend  und  störend. 
Die  in  die  Lösungen  fibergehende  Schwefel- 
säure (H,S04)  bildet  später  mit  Kalk  und 
Magnesia  Sulfate,  die  beim  Kocbprozess 
unwirksam  und  als  Ballast  zu  betrachten 
sind. 

Es  muss  also  das  Bestreben  der  Sulfit- 
slofffabrikanten  dahin  gerichtet  sein,  die 
Bildung  des  SOt-Gases  durch  entsprechende 
Luft  Zuführung  und  Temperaturregulierung 
im  Ofen  möglichst  zu  vermindern. 

Bei  zu  hoher  Temperatur  in  den  Oefen 
und  zu  geringer  Luftzuführung  kann  eine 
verlustbringende  Verflüchtigung  von  Schwe- 
fel und  eine  Sublimation  von  Schwefel 
eintreten. 

Nach  Mitscberlich  sollen  im  Turm  neben 
sublimiertem  Schwefel,  wenn  solcher  im 
Ofen  verflochtet  war,  oder  schon  im  Ofen, 
wenn  organische  Substanzen  mit  dem 
Schwefel  oder  dem  Kies  unvollkommen 
verbrennen,  Polythionsäuren  ent- 
stehen. 

Hiervon  sagt  Lunge  in  seiner  Soda- 
Industrie  1803  indessen  kein  Wort,  und  es 
gibt  viele  Sulfitstollfabrikanten,  die  mit  dem 
Verlasser  an  der  Bildung  von  Polythion- 
säuren unter  geordneten  Fabrikationsver- 
hältnissen  zweifeln. 

Um  schwefelsäurefreies  Schwefeldioxyd 
für  die  Sulfitzellstoff- Fabrikation  zu  ge- 
winnen, lässt  E.  Nemethy  (D.R.P.  No.  48285) 
die  Ofengase  vor  dem  Kühler  durch  eine 
Kammer  (Vitriolkammer)  gehen,  welche 
mit  Eisendrehspänen  gefüllt  ist.  Die 
Schwefelsäure  wird  dadurch  vollständig 
an  das  Eisen  der  Drehspäne  gebunden. 
Uitet  man  die  Gase  durch  ein  mit  Wasser 
gefülltes  Gefäss,  oder  führt  sie  durch  eine 
Kammer,  deren  Boden  einige  Centimeter 
hoch  mit  Wasser  bedeckt  ist,  so  kann 
man  die  SO,  alsH3S04  gewinnen  und  für 
gewisse  Zwecke,  wo  es  nicht  auf  Reinheit 
der  Säure  ankommt,  verwenden. 


Untersuchung  der  Gase. 

Die  quantitative  Analyse  der  Ofen- 
resp.  Röstgase  wird  nach  einer  bereits 
1858  Von  F.  Reich  in  Freiberg  angegebenen 
Methode  durchgeführt  Es  wird  das  Gas 
durch  ein  gemessenes  Volumen  von  Jod- 
lösung gesaugt.  Der  Lösung  ist  etwas 
Stärkelösung  zugefügt  und  das  Durchsaugen 
des  Gases  wird  so  lange  fortgesetzt,  bis 
die  Blaufärbung  der  Jodlösung  ver- 
schwindet. Aus  der  zugefügten  Jodmenge 
kann  man  den  Prozentgehalt  schwefliger 
Säure  berechnen,  indem  folgende  Reaktion 
massgebend  ist: 

2  J  +  SO,  +  2  HtO  =  2  HJ  +  H,S04 
Fig.  139  zeigt  die  Anordnung  eines 
passend  zusammengestellten  Apparates 
nach  Lunge,  der  auf  dem  Reich'schen 
Prinzip  beruht. 

In  dem  Verschlussstopfen  einer  auf 
einem  Gestell  stehenden  weitbalsigen 
Flasche  A  von  250 — 30D  cm  Inhalt  steckt 
ein  bis  zum  Boden  reichendes  Glasrohr  c, 
ein  mit  Gummistopfen  verschliessbarer 
Trichter  d  und  ein  Glasrohr  e. 


Figur  139.   Reich's  Apparat. 


Die  Gasquelle  (Ofenrohr,  Turmwand, 
oder  dgl)  muss  eine  Oeffnung  a  besitzen, 
in  welche  ein  Stopfen  mit  Glasrohr  dicht 
eingesteckt  werden  kann;  aundc  sind  mit 


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311 


Gummischlauch  b  verbunden,  wel- 
durch  den  Quetschhahn  q,  geschlos- 
sen und  geöffnet  werden  kann. 

Auf  dem  Gestell  steht  noch  mehr  erhöht 
eine  zweite  Flasche  B  von  2-3  1  Inhalt 
mit  den  Glasröhren  f  und  g  im  Stopfen, 
f  ist  mit  e  durch  einen  Gummischlauch 
verbunden  und  an  g  schliesst  sich  ein 
dritter  Gummischlauch  mit  Quetschhahn  q„ 
dessen  Ende  in  einem  graduierten  Messzy- 
linder C  von  etwa  250  ccm  Inhalt  einhängt. 

Man  rallt  A  etwa  Vt,  B  fast  ganz  mit 
Wasser  und  untersucht  den  Apparat  auf 
Dichtheit,  indem  man  den  Trichter  d  mit 
einem  Kork  fest  verschliesst  u.  die  Hähne 
q1  schliesst,  q,  öffnet  und  an  letzterem 
Schlauchende  ansaugt.  Es  Oiesst  so  lange 
Wasser  aus  dem  Schlauche  b,  bis  die  Luft- 
Verdünnung  stark  genug  ist,  das  Wasser 
im  Schlauch  zu  tragen. 

Fliesst  kontinuierlich  Wasser  aus  dem 
Schlauch,  so  ist  damit  am  Apparat  eine 
ündichtheit  nachgewiesen  u.  dieselbe 


Zur  Gasuntersuchung  musste  vor  der 
Prüfung  auf  Dichtheit  durch  den  Trichter  d 
etwas  Zehntel  Normaljodlösung 
(12,7  g  J  im  1)  und  etwas  Stärkelosung 
zum  Wasser  in  A  gefügt  werden.  Nun- 
mehr wird  Hahn  q,  nach  der  Gasquelle 
hin  ganz,  und  qa  so  weit  geöffnet,  dass 
Wasser  aus  B  in  den  vorher  ganz  geleerten 
Zylinder  G  langsam  überfliessU  Das  Gas- 
gemenge tritt  dabei  aus  a  nach  Aein.  Die 
schweflige  Säure  des  Gases  verwandelt  das 
freie  Jod  im  Wasser  von  A  in  Jodwasser- 
stoffsäure, und  nach  einiger  Zeit  entfärbt 
sich  dieses  Wasser.  Dieser  Punkt  des 
Farbenumschlages  muss  genau  unter  Um- 
schütteln der  Flüssigkeit  in  A  beobachtet 
und  dann  q,  geschlossen  werden. 

Nun  füllt  man  von  neuem  10  ccm  Jod- 
lösung, welche  nach  Cl.  Winkler*)  zur  Be- 
förderung der  Absorptionsfähigkeit  der 
Flüssigkeit  in  A  noch  mit  etwas  Natrium- 
bicarbonatlösung  versetzt  ist,   durch  den 

*)CI.  Winkler.  Uhrlmoli  der  ttfchnisrtbpn  Uas- 
antlyse,  3  Auflage  1001.  S   124  etc. 


Trichter  ein,  verschliesst  den  Trichter  sorg- 
fältig, öffnet  q,  vorsichtig  und  lägst  so  viel 
Flüssigkeit  nachC  abfüessen,  bis  die  Flüs- 
sigkeit im  Robrehen  c  bis  ans  untere  Ende 
gesunken  ist,  nun  schliesst  man  q2,  giesst 
das  Wasser  von  C  aus,  stellt  das  leere 
Gefäss  C  wieder  an  seinen  Platz,  öffnet  q, 
und  q4.  Es  wird  wieder  Gas  durch  die 
Flüssigkeit  in  A  gesaugt,  was  man  unter 
Umschütteln  so  lange  geschehen  lässt,  bis 
die  Flüssigkeit  inA  entfärbt  ist,  dann  wird 
q,  und  q,  geschlossen,  die  Untersuchung 
ist  damit  in  wenigen  Minuten  beendet. 

Das  nach  G  abgelaufene  Wasser  wird 
gemessen  und  aus  seiner  Menge  kann  man 
den  Prozentgehalt  des  Gasgemenges  an 
SO,  berechnen.  Die  Wassermenge  in  C 
entspricht  dem  nicht  absorbierten  Gasrest, 
also  dem  abgesaugten  Gas  weniger  der  SO,. 

Die  Flüssigkeit  in  A  kann  zu  mehreren 
Untersuchungen  benutzt  werden,  indem 
immer  nur  wieder  10  ccm  Jodlösung  zu- 
getan wird,  später  muss  sie  aber  durch 
reines  Wasser  und  Stärkelösung  wieder 
ersetzt  werden. 

Es  seien  n  ccm  an  Zylinder  G  konstatiert. 
Berechnung : 
10  ccm  Zehntel-Normaljodlösung  zeigen 
durch  ihre  Entfärbung  0,0032.10  g  =  0,032  g 
sx  32  mg  SO,  an.  diese  haben,  wenn 
eine  für  genaue  Bestimmungen  notwendige 
Umrechnung  des  Volumens  auf  0°  Tempe- 
ratur und  760  mm  Quecksilbersäule  Druck 
bei  der  vergleichenden  Fabrikskontrolle 
vernachlässigt  wird,  ein  Volumen 

32 

VOn  2^731  Ä  11,14  CCm' 

Es  waren  folglich  n  -\-  11,14  ccm  Gas 
angesaugt  und  das  Volumen  der  SO,  im 
Gas  berechnet  sich 


100  X  11,14 


1114 


Genügend  genau  werden  also  für  die  ver- 
gleichende Kontrolle  unter  Vernachlässig- 
ung von  Temperatur  und  Luftdruck  (bei 
10  ccm  Jodlösung)  1114  dividiert 
durch  n  -f-  11,14  um  die  Volui 
Prozente  SO,  zu  finden, 


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e.  Kirchner,  das  papier.  m.  b.  u.  c.  zellstoff. 


Es  ergibt  sich  für  Bestimmung  der 
Volumenprozente  SO,-gas  in  den  Gasen 
folgende  Tabelle : 

XVIII.  Tabelle 
Bestimmung  der  Volumenprozente  SO, 
mit  Reich's  Apparat. 

Nach  C  abgelaufenes  Volumenprozent  SO, 


r  n  ccm 

im  Gase 

Ol  o 

il 

U,«J 

1  /•) 

a 
i) 

A  r» 

I/O 

HM 

'j 

138 

7,5 

128 

8 

120 

8,5 

113 

9 

106 

9,6 

100 

10 

90 

11 

82 

12 

75 

13 

69 

14 

63 

15 

59 

16 

55 

17 

51 

18 

Durch  Anwendung  dieser  Tabelle  kann 
man  die  kleine  Umrechnung  sogar  noch 
sparen. 

Es  war  gesagt,  dass  bei  der  Herstellung 
von  SO,  in  den  beschriebenen  Schwefel- 
und  Pyritöfen  immer  etwas  S0S  entsteht. 

Nach  Lunge  kann  man  beide  Säuren 
zusammen  leicht  bestimmen,  wenn  man 
als  AbsorptionsflQssigkeit  für  das  zu  prü- 
fende Gas  statt  Jod  Zehntel-Normalnatron- 
lauge nimmt.  AlsJndikator  istPhenolphtaleln 
zu  wählen,  Metbylorange  und  Lackmus  sind 
unbrauchbar. 

Zur  Bestimmung  der  SO,  und  S0a  zu- 
sammen bedient  sich  Lunge  eines  dem 
Reich'schen  genau  gleich  zusammengestell- 
ten Apparates. 

Er  empfiehlt  eine  etwas  grössere  Flasche 
A  (400—500  ccm  Inhalt)  zu  wählen,  diese 
etwas  über  die  Hälfte  (220-275  ccm)  mit 
Wasser  zu  lullen,  10  ccm  Zehntel-Normal-  I 


natronlauge  und  einige  Tropfen  Phenolphta- 
le'in  zuzufügen.  Das  Glasröhrchen  c  ist  in 
diesem  Falle  unten  zugescbraolzen  und  auf 
der  unteren  Hälfte,  soweit  es  in  die  Flüssig- 
keit taucht,  mit  feinen  Löchern  verseben, 
so  dass  das  zu  untersuchende  Gas  statt  in 
grossen  Blasen  von  unten  in  feinen  Bläs- 
chen verteilt  in  die  Flüssigkeit  tritt. 

Das  Gas  wird  periodisch  eingesaugt  u. 
die  Zuströmung  stets  vollständig  unter- 
brochen. Der  Inhalt  wird  etwa  Vi  Minute 
umgeschüttelt  und  bei  untergelegtem  weis- 
sem Papierbogen  genau  die  Farben  -  Er- 
scheinung beobachtet.  Verschwindet  die 
rote  Färbung  vollständig,  so  sind  SO,  und 
SO,  vollständig  neutralisiert 

Man  berechnet  nun  aus  den  nach  C 
abgelaufenen  ccm  Wasser  alle  Säure  als 
SO,  und  hat  in  der  Differenz  zwischen 
der  nach  Reichs  Methode  gefundenen  und 
der  jetzt  gefundenen  den  Teil  der  Säure, 
der  auf  SO,  zu  rechnen  ist  Vorausge- 
setzt wird,  dass  beide  Proben  zu  gleicher 
Zeit  vorgenommen  und  an  gleicher  Stelle 
der  Gasleitung  entnommen  waren. 

Beispiel:  Die  Untersuchung  mit  Jod  er- 
gab 128  ccm  Wasser  im  Zylinder  C,  das 
entspricht  8»/«  SO,,  die  mit  Natronlauge 
119  ccm  im  Zylinder, 

.       »     .         1114  1114 
das  entspricht  j^r-Q  =  -j^y  =  8,57*/o 

Es  entfallen  also  0,67*/o  des  Gases  auf 
SO,,  d.  h  dem  Volumen  nach  6  , 6  5  */o. 

Es  kommen  gewöhnlich  2,5  bis  3°/», 
manchmal  auch  mehr  SO,  in  den  Gasen 
der  Schwefel-  und  Pyritöfen  vor. 

Herstellung  der  Kochlösung. 
Die  in  den  Schwefel-  oder  Kiesöfen  er- 
zeugten SO, -Gase  haben  eine  hohe 
Temperatur,  welche  zunächst  durch  Kühl- 
vorrichtungen erniedrigt  werden  muss. 

Es  handelt  sich  nämlich  bei  der 
Lösungsbereitung  zunächst  darum,  dass 
das  Schwefeldioxyd  vom  Wasser  leicht  ab- 
sorbiert und  in  schweflige  Säure  H,  SO, 
umgewandelt  wird. 

Unter  Atmosphärendruck  und  bei  0*  C 
Temperatur   nimmt  Wasser   bis   zu  80 
I  Volumenteile  SO,  (Schwefeldioxyd)  auf. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


313 


Je  wärmer  nun  das  Wasser  ist,  um  so  weni- 
ger SOj  wird  von  ihm  aufgenommen;  man 
vergleiche  hierüber  das  S.  294  unten  Gesagte. 

Die  Temperatur  des  Oases  selbst  wird 
naturgemiss  die  Temperatur  der  Absorptions- 
flQssigkeit  erhöhen,  und  es  hat  sich  als  nötig 
herausgestellt,  dass  die  Oase  auf  50—60  0  C 
abgekühlt  werden  sollten,  ehe  sie  mit  der 
Absorptionsflüssigkeit  zusammentreffen. 

Bei  guten  Kühlanlagen  gelingt  es  übrigens, 
die  Oase  bis  fast  auf  die  Temperatur  des 
Kühlwassers  herunter  zu  bringen. 

Bei  den  Oasen  aus  Schwefelverbrennungs- 
öfen handelt  es  sich  nur  um  Schwefel  ver- 
brennungs- Temperaturen  von  etwa  400°  C, 
welche  im  Oaskanale  vorgekühlt  eine  Ab- 
kühlung auf  50—60°  C  leicht  erreichen 
lassen.  Es  genügt  zu  diesem  Zwecke  eine 
Kühlrohrleitung  aus  Eisen-  und  Tonröhren, 
welche  nur  von  atmosphärischer  Luft  um- 
spült sind. 

Die  viel  heisseren  Oase  der  Kiesöfen 
verlangen  eine  weitergehende  Vorkühlung, 
wenn  sie  unter  Benutzung  von  Luftkühlung 
mit  50 — 60  °C  Temperatur  in  die  Lösungs- 
bereitungsanlagen  eintreten  sollen.  Diese 
Vorkühlung  geschieht  zur  Not  in  Flug- 
staubkammern. Vielfach  benutzt  man  aber 
auch  Wasserkühlung  zur  Erniedrigung  der 
Temperatur  der  Kiesöfengase. 

Die  Gebrüder  Tilghman  wandten  1867/69 
(nach  dem  S.  288  linke  Spalte  Mitgeteilten) 
besondere  Kühlgefässe  für  Abkühlung  der 
S02-Oase  an.  Für  die  (S.  289  erwähnten) 
Koch-Moldenhauer'schen  Türme  waren  Flug- 
staubkammern angeordnet,  die  auch  als  Kühl- 
einrichtungen aufgefasst  werden  können. 

Die  Kühleinrichtungen  sollen  hier  nicht 
besonders,  sondern  später  mit  den  Lösungs- 
herstellungseinrichtungen  besprochen  werden. 
Fig.  134  S.  303  zeigt  bereits  eine  Luftkühl- 
rohreinrichtung  an  Kiesöfen. 

Türme  für  Herstellung  von  Sulfit 
lösungen. 

Ueber  die  Vorläufer  des  Mitscherlich- 
turmes  ist  vorn  S.  286—291  ausführlich 
die  Rede  gewesen. 


Flg.  140.  Mitseherlich-Turm. 


Mitseherlich-Turm. 

Beschreibung.  Fig.  1 40  ist  ein 
Mitscher  Ii  cd -Turm  dargestellt.  O  ist  ein 
Kiesofen,  in  welchem  das  SO,-Oas  ent- 
wickelt wird.  Das  Oas  streicht  durch  guss- 
eiserne Kühlrohre  a,  b  und  c*),  tritt  durch 
das  Tonrohr  d  in  den  Turm  zwischen  einem 
starken  Holzrost  R  und  ausgebleiter  Boden 
pfanne  B,  wird  also  an  der  Luft  gekühlt. 
Den  Turm  bildet  ein  weites  hohles  Rohr 

aus  7—8  cm  starken  Holzbohlen  gezimmert, 

I   

•)  In  Muspratt,  Chemie,  bearbeitet  von  Stahmann 
ft  Kerl,  VI,  befindet  sich  eine  genauere  Beschreibung 

|  und  teilweise  Detaillierung  der  Bauausführung  dieses 
Turmes,  es  heilst  dort  p.  1724,  dass  der  absteigende 

i  Rohrteil  (Fig  140  c)  besser  als  Tonrohr  ausgeführt 
werden  solle 

8  Bogen  194». 


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314 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Fig.  141.  Sond 


mit  Eisenreifen  gebunden,  das  sich  auf  einem 
festen  Fundament  erhebt.  Unten  befindet  sich 
ein  Bleibecken  B  und  darüber  ein  starker 
Rost,  aus  unten  sich  verjüngenden  Balken 
gebildet.  Auf  dem  Rost  ruhen  die  Kalk- 
steine oder  der  Tuff.  Zwei  Balken  in  etwa 
1  m  Entfernung  vom  Rost  entlasten  letzteren 
von  dem  übergrossen  Druck. 

Oben  auf  der  Oeffhung  des  Turmes  steht 
ein  Wasservorratsgefäss  O,  dessen  Inhalt  von 
einer  Pumpe  fortwährend  ergänzt,  zur  gleich- 
massigen  Benetzung  der  Kalksteine  mit 
Wasser  dient  Während  die  Oase  von  unten 
nach  oben  strömen,  rieselt  Wasser  den  ent- 
gegengesetzten Weg  nieder.  Es  bildet  sich 
hierbei  zunächst  die  wässerige  Lösung  von 
schwefliger  Säure.  Ein  Teil  derselben  setzt 
den  kohlensauren  Kalk  in  schwefligsauren 


Kalk  um,  welcher  in  den  übrigen  Teilen  der 
wässerigen  schwefligen  Säure  löslich  ist. 
Unten  sammelt  sich  die  Lösung  von  doppelt- 
schwefligsaurem  Kalke.  Oben  aus  dem 
Seitenstutzen  s  entweichen  die  übrigbleiben- 
den Oase,  welche  vorwiegend  aus  Stickstoff 
und  Kohlensäure  bestehen.  Ein  Gerüst  ver- 
bindet gewöhnlich  mehrere  solcher  Türme 
und  enthält  Podeste  und  Treppen  zum  Be- 
steigen und  Bedienen  derselben.  Eine  Rolle 
zum  Aufziehen  von  Kalk  oder  Tuff,  welcher 
von  oben  durch  den  Stutzen  s  von  Zeit  zu 
Zeit  nachgefüllt  wird,  ist  aus  der  Zeichnung 
ebenfalls  ersichtlich. 

Im  Muspratt  (siehe  Fussbem.  vorstehen- 
der Seite)  werden  folgende  Dimensionen 
als  zweckmässig  bezeichnet: 

Höhe  des  Turmes    32  m, 

Weite 

Höhe  der  Kühlrohre  2/3  bis  3/4  der  Turmhöhe, 
Weite  derselben  beliebig,  nur  nicht  zu  eng. 

Das  erste  Rohr,  in  welchem  die  Gase 
aufsteigen,  wird  aus  Eisen  vorgeschlagen, 
das  Abfallrohr  aus  Ton  herzustellen  em- 
pfohlen. Es  sei  aber  auch  angängig,  beide 
Rohre  aus  Gusseisen  zu  fertigen. 

Fig.  141  zeigt  einen  Turm,  der  von 
Prof.  Dr.  A.  Harpf  mehrfach  besprochen 
wurde*)  und  sich  vom  vorigen  dadurch 
unterscheidet,  dass  der  Kalk  oder  Tuff  auf 
10  in  gleichen  Abständen  im  Turm  einge- 
bauten Rosten  ruht  Das  Gerüst  hat  zwölf 
Stockwerke. 

Diese  Konstruktion  bot  Harpf  Gelegen- 
heit, die  Absorptionstätigkeit  desselben  in 
den  einzelnen  Etagen  zu  untersuchen.  Diese 
Untersuchung  der  Gase  ergab  folgende  Re- 


Volum cn  pCt 
S02  im  Gasgemisch 
8,92 
7,52 
7,42  . 
6,25 


*)  Zuerst  in  der  Parner/eitung,  Sept.,  Jahrgang 
1801,  veröffentlicht 


Untersuchungs- 
stelle 
Emtritlsrohr 

2  Stockwerk 

3  „ 
4 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C  ZELLSTOFF.  315 


Untersuchungs-  Volumen  pCt. 


stelle 

S02  im  Gasgemisch 

6 

» 

5,83 

7 

>> 

5,13 

8 

» 

3,78 

9 

» 

2,29 

10 

n 

1,29 

11 

i* 

1,16 

12 

n 

Turmtheorie. 

Die  selbsttätige  Zugwirkung  in  den  von 
Mitscherlich  eingeführten  Lösungsbereitungs- 
türmen ist  nicht  gar  so  schwer  verständlich, 
wenn  wir  einige  Oeserze  der  Physik  berück- 
sichtigen und  uns  über  die  Vorgänge  bei 
der  Lösungsbereitung  Rechenschaft  geben. 

Denken  wir  uns  durch  die  obere  Turm- 
mündung (Taf.  142,  Fig.  1)  eine  horizontale 
Ebene  gelegt,  so  haben  wir  in  derselben  an 
jeder  beliebigen  Stelle  den  gleichen  Druck 
anzunehmen;  es  kommen  daher  für  die  Be- 
trachtung des  selbsttätigen  Zuges  im  Turm 
die  Drucke  oberhalb  T  nicht  in  Betracht, 
dagegen  sind  vier  Oassäulen  zu  berücksich- 
tigen, die  den  selbsttätigen  Zug  bewirken 
werden.  j  »  1. 

Die  eine  ist  die*aussere,  nacji  den  Seiten 
hin  unbegrenzte  Luftsäule  von  der  Höhe  H„ 
welche  wir  durch  den  Ofen  hindurch  wie 
überall  nach  allen  Richtungen  hin  wirkend 
zu  denken  haben;  ferner  kommen  die  Oas- 
säulen in  den  Kühlrohren  a  und  c  von  der 
Höhe  Hj,  und  schliesslich  die  Gassäule  im 
Turme  s  von  der  Höhe  H,  in  Betracht. 

Es  ist  nun  zu  untersuchen,  mit  welchem 
Ueberdruck  das  Ofengas  vom  Eintritts- 
stutzen d  nach  dem  Turm  unter  den 
Rost  r,  also  von  links  nach  rechts  hin 
drücken  wird. 

Um  schnell  zu  einem  Resultat  zu  kom- 
men, sei  der  Luft-  resp.  Oasdruck  auf  1  qdm 
Fläche  (der  bekanntlich  in  beliebiger  Rich- 
tung wirkt)  betrachtet  Dieser  Druck  ist  ab- 
hängig von  den  Höhen  der  Drucksäulen 
und  von  dem  durchschnittlichen  Oewicht 
des  Gases. 


Tar.  142.  Turmtheorie. 


Es  müssen  daher  die  Durchschnitts-Ge- 
wichte pro  Liter  Oas  nach  dessen  Zusammen- 
setzung und  Temperatur  berechnet  werden. 


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316 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


Es  kommt  dabei  in  Betracht: 

1)  Atmosphärische  Luft 

2)  Das  im  Ofen  beim  Verbrennen  von 
Schwefel  mit  Luft  entstehende  Oas, 
welches  die  Rohre  und  Rohrstutzen  a, 
b,  c  und  d  erfüllt  und  aus  SO,,  Stick- 
stoff und  Luft  besteht 

4)  Das  Turmgas,  welches  sich  im  Turm 
nach    Prof.  Dr.  A.  Harpf  ziemlich 
gleichmässig  verändert,  indem  von  r 
bis  T  die  schweflige  Säure  teilweise 
von  der  Lösung  absorbiert,  teilweise 
durch  Kohlensäure  des  Tuffes  oder 
des  Kalkes  ausgewechselt  wird. 
Im  Turm  muss  bei  der  chemischen  Um- 
setzung etwas  Wärme  frei  werden,  auch 
wird  die  Sättigung  des  in  den  Turm  bei 
r  eintretenden  Oases  mit  Wasserdampf  im 
allgemeinen  etwas  geringer  sein,  als  des 
aus  dem  Turm  tretenden  Oases,  wodurch 
letzteres  etwas  leichter  wird,  doch  sollen 
diese  Einflüsse  hier  vernachlässigt  werden 
und  die  Oewichte  pro  I  folgender  Oase 
bemerkt  resp.  berechnet  werden. 

Bei  0°  C  und  760  mm  Quecksilber 
säulendruck  wiegen: 


1  I  Luft 

1  „  Stickstoff 

1  „so2 

1  „  CO, 


=  0,001293  kg 
=  0,001254  „ 
=  0,002910  „ 
0,001977  „ 


Oasgemisch  2  (s.  oben)  angenommen: 
9  1  S02  =  0,026190  kg 

34  I  Stickstoff  =  0,042636  „ 
57  I  Luft  =  0,073701  „ 

100  I  =  ö;Ü2527  kg 

I  I  dieses  Oasgemischs  0,001425  kg. 
Oas  gern  isch  3  (s.  oben)  angenommen: 
4,5  Teile  oder  4,7 1 1  Kohlensaure  0,0093 12  kg 
34,0    „     „  35,601  Stickstoff     0,044642  „ 
57,0    „     „  59,691  Luft  0,077179  „ 

1001  =  0,131 133  kg 

1  I  dieses  Oasgemisches  0,00131  1  kg. 

Durchschnittsgewicht  des  Oases  im  Turm 
(Durchschnitt  von  2  u.  3): 
0,001425 
0,001311 

0,002736:2  =  0,001368  kg. 


Die  Oase  verändern  bei  anderem  Druck 
und  anderer  Temperatur  ihr  Oewicht  O 
nach  der  Formel: 
QoP 


G  = 


—   wo  «  =  0,00367, 
Po  (l  +  «  t)       t  =  Temp.  der  Oase 

in  °C 
p  u.  po  die  Drucke  bei 
740,  resp.  760  mm 

Quecksilbersäulen- 
höhe, 00  das  Oewicht 
von  1  1  Oas  bei  0°  C 
und  760  mm  Druck 
sind. 

Es  berechnet  sich  hiernach 
1  1  Luft  740  mm  Druck  15°  C 
0,001293  .  37 


°>  =  38  (1  4-  0,00367715)  —  ' 

Nimmt  man  der  Wirklichkeit  etwa  ent- 
sprechend an,  das  Ofengas  sei  im  Ofen 
400°  C  warm  und  kühle  sich  im  Kühlrohr  a 
beim  Aufstieg  von  400  bis  80°C  ab,so  kann  man 
eine  Mitteltemperatur  in  Schenkel  a  =  240°  C 
rechnen;  im  Schenkel  c  trete  eine  weitere 
Abkühlung  von  80  bis  50°  C  ein,  die  mittlere 
Temperatur  in  c  ist  dann  65°  C;  es  ergeben 
sich  also  die  Mittelgewichte  in  den  Kühl- 
rohren a  und  c  pro  I: 

1  1  Oasgemisch  2  von  0  bis  r  Fig.  1 
740  mm  Druck  240°  C 

_     0,001425  .  37  ftnnft7„. 

fi=   —  0.000737  ki* 

38(1+0,00367.240)       '  8 

0,001425  .  37 
38  (1  +  0,00367 .65) 
Man  erkennt,  dass  die  Kühl- Rohrver- 
bindung a  b  c  als  Heberrohr  vom  Ofen- 
innern  nach  dem  Turminnern  hin 
wirken  muss.  Strömt  nun  das  Oasge- 
misch 3  an  der  Turmmündung  mit  25°  C 
aus,  so  ist  die  Mitteltemperatur  im  Turm 

50  +2j  =  37,5°  C    Es  berechnet  sich: 

1  I  Oasgemisch  3  im  Mittel  bei  37,5°  C 

38(1+0,00367.37,5) 

Sind  die  Höhen  der  Kühlrohre  H,  des 
Turmes  =  H„  so  wirken  in  dieser  Ein- 
richtung 


Gc  = 


0,001 120  kg 


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E.  KIRCHNhR.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


317 


nach  links  hin  die  Gewichte  der  Oas-  I 
säule  in  a  und  der  Gassäule  s  im 
Turm, 

nach  rechts  hin  die  Gewichte  der 
Oassäule  in  c  und  der  Luftsäule 
von  Höhe  H,. 

Druck  nach  links: 
0,000737  H2  +  0,001171  H, 

Druck  nach  rechts: 
0,001 120  H3  +  0.Ü01 194  H, 
Ueberdruck  nach  rechts: 
0,000383  H,  +  0,000023  H, 
das  ist  der  Ueberdruck  in  kg  pro  qdm, 
wenn  Hj  und  H,  in  dm  gemessen  wird. 

1  I  Wasser  drückt  auf  1  qdm  mit  1  kg; 
wollen  wir  den  Druck   in  Millimeter 
Wassersäulenhöhe  angeben,  so  müssen  j 
wir  die  erhaltenen  kg  mit  100  multiplizieren,  j 

Haben  wir  H'a  und  H',  in  Metern,  so 
sind  diese  noch  mit  10  zu  multiplizieren, 
da  für  H,  und  H,  Decimeter  angenommen 
waren,  also 

Ueberdruck  in  mm  Wassersäule 
nach  rechts: 
100  .  10  (0,000383  H',  +  0,000023  H*,) 
=  0,383  H'a  +  0,023  H'„ 
wo  H',  u.  H',  in  Metern. 

Wäre  beispielsweise  die  Höhe  des 
Turmes  H',  =  30  m,  die  Höhe  der  Hebe- 
rohre H'a  =  20  m,  so  wird  der  Ueber- 
druck 0,383  H*,  -f-  0,0230  H\  =  7,66  +  0,69 
=  8,35  mm  Wassersäule. 

Dieser  Ueberdruck  wird  in  nicht  wohl 
nachrechenbarer  Weise  durch  die  bei  der 
chemischen  Umsetzung  frei  werdende  Wärme, 
durch  Verschwinden  eines  Volumenteiles 
der  S02  in  der  Lösung  und  durch  voll- 
ständige Sättigung  des  Gases  mit  Wasser- 
dampf etwas  vergrössert,  durch  die  Füllung 
des  Turmes  mit  Kalktuff  etc.  aber  jedenfalls 
gleichzeitig  etwas  verringert 

Immerhin  erkennt  man  deutlich,  dass 
ein  nennenswerter  Ueberdruck  (von  8,35  mm 
Wassersäule  nach  der  Rechnung)  bleiben 
wird,  der  bei  den  angenommenen  Verhält- 
nissen zu  etwa  92%  der  Heberwirkung 
der  Kühlrohre  a,  b,  c  zu  danken  ist  In- 


folge der  verschiedenen  Gewichte  der  Gase 
in  den  vertikalen  Rohren  a  und  c  wird 
also  ein  Zug  nach  rechts  hin  erfolgen. 

Es  wird  auch  klar,  dass  der  Zug  um 
so  stärker  ausfallen  wird,  je  weniger  in  a 
und  je  mehr  in  c  gekühlt  wird. 

Es  ist  ferner  selbstverständlich,  dass  lange 
Kühlrohre  besser  abkühlen  werden,  als  kurze; 
aber  da  ist  wieder  zu  bedenken,  dass  es  auch 
noch  auf  die  Menge  des  durchstreichenden, 
zu  kühlenden  Gases  ankommt,  ob  man  lange 
oder  kurze  Kühlrohre  haben  muss. 

Der  Gewichtsunterschied  der  Luftsäule 
und  der  Turmgassäule  von  gleicher  Höhe 
H,  ist  nur  ein  geringer.  Das  Verhältnis  der 
Turm-  zur  Kühlrohrhöhe  H, :  H2  =  3  : 2  oder 
4:3  ist  nicht  nötig  einzuhalten,  es  kommt 
vielmehr  vorwiegend  auf  den  Gewichtsunter' 
schied  der  Gassäulen  in  a  und  c  an. 

Fachleute,  die  mit  Türmen  arbeiteten,  die 
gar  keine  Kühlrohre  in  Heberausbildung 
hatten,  sondern  wo  eine  parterre  gelegene 
Kühlkammer  eingeschaltet  war,  versicherten, 
dass  sie  auch  mit  solcher  Einrichtung,  ohne 
künstlichen  Zug  anwenden  zu  brauchen, 
ganz  zufriedenstellend  gearbeitet  hätten. 

Da  in  diesem  Falle  nur  die  Druckdifferenz 
zwischen  Luftsäule  H,  und  Turmsäule  H,, 
d.  h.  nach  unserer  Rechnung  nur  0,69  mm 
Wassersäule  als  Ueberdruck  in  Betracht 
kommen,  so  wäre  darnach  anzunehmen,  dass 
die  bereits  mehrfach  erwähnten  den  Zug 
fördernden  Vorgänge  im  Turm  von  grösserer 
Wirkung  sind,  als  die  den  Zug  vermindern- 
den Widerstände. 

Es  bietet  sich  hier  für  die  wettere  theo- 
retische Kalkulation  genügende  Odegenheit. 

Auf  das  Verhältnis  der  Turm-  und  Kühl- 
rohrhöhe zurückkommend,  so  arbeitete  Ver- 
fasser 3  Jahre  hindurch  sehr  befriedi- 
gend mit  einem  kleinen  Turm,  dessen  S.  315, 
Tat  142,  Hauptverhältnisse  Fig.  3  u.  4  dar- 
gestellt sind.  Es  war  das  Verhältnis  Turm- 
höhe zu  Kühlrohrhöhe  =  3:1,  womit 
auch  praktisch  bewiesen  ist  dass  das  Ver- 
hältnis 3  : 2  oder  4  :  3  nicht  eingehalten  zu 
werden  braucht 


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318 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Ueber  die  weiteren  Verhältnisse  der  Lö- 
sungseinrichtungen, deren  Betriebsweisen  und 
Leistungen  sei  folgendes  zugefügt. 

Auf  dem  Ofenherde  (wie  Taf.  126,  S.  297) 
von  0,65  qm  Grösse  wurden  pro  Stunde 
17—23  kg  Schwefel  verbrannt,  das  aufstei- 
gende Kühlrohr  a  war  etwa  5,6  m  lang, 
das  wagrechte  Stück  b  von  Mitte-  bis  Mitte 
Stutzen  0,9  m,  das  abfallende  Kühlrohr  c 
5,5  m,  der  Stutzen  d  in  dem  Ofen  war 
etwa  0,5  m  lang,  der  Durchmesser  der 
Rohre  war  innen  300  mm  Durchm.,  aussen 
etwa  315  mm.  Die  Kühloberfläche  war 
demnach  (5,6  +  0,9  +  5,5  -f-  0,5)  .  0,09 
=  12,4  qm.  Ein  Turm  von  quadratischem 
Querschnitt  im  Mittel  0,8  qm  im  Lichten 
enthielt  über  dem  schrägen  Holzrost  R 
Taf.  142  Fig.  3  in  einer  10  m  hohen  Säule 
etwa  12,8  cbm  kopfgross  zerschlagenen, 
porösen  Tuff,*)  welcher  13000  kg  wog. 

Auf  dem  Turm  stand  ein  Wassergefäss 
von  1  qm  im  Grundriss  und  2  m  Höhe; 
ein  25  mm  1  Durchm.  Hahn  mit  Rohr- 
stutzen besorgte  die  Zuführung  des  Wassers 
auf  den  Tuff.  Es  wurden  pro  Stunde 
750-1500  1  Lösungsflüssigkeit  mit  wech- 
selndem Gehalt  an  H2S03  und  0aSO3  her- 
gestellt. 

In  einer  Stunde  bei  Versuchen  im 
heissen  Sommer  wurden  durchschnittlich 
1000  1  Lösung  gewonnen  mit  21  kg 
Schwefelabbrennung.  Die  Analysen  ergaben 
3,40  °/0  durchschnittlichen  SO,  Gehalt,  d.  h. 
1,70  %  S  fanden  sich  in  den  Lösungen. 
Da  1000  1  dieser  Lösungen  bei  5,3°  B6  = 
1,055  sp.  G.  1055  kg  wiegen,  so  waren 
von  den  21  kg  S  10,55  x  1,7  =  17,935 
kg  S  in  den  Lösungen  festgehalten  und 


•)  Der  verwendete  Tuff  war  in  seiner 
selzung  elwas  verschieden,  er  bestand 
aus:  96,6-98,6%  CaOCO, 
1,4-0,35  „  Wasser 
2,0-1,05  „  Kieselsiurc 
und  Unlöslichem. 
Magnesia  war  nur  in  Spuren  nachweisbar. 
Die   an    kohlensaurem  Kalk    reichsten,  Kieselsaure 
ärmsten  Sendungen  schienen  Lösungen  zu  ergeben, 
die  im  Mitscherlichkocher  nicht  so  dicke  Rohrsteine 
auf  den  Heizrohren  absetzten,  so  dass  die  Koche 
was  i   chneller  verliefen. 


3,065  kg  verloren  gegangen,  d.  h.  an  den 
heissen  Tagen  fand  ein  Schwefelverlust  von 
14  bis  15%  statt. 

Neben  dem  Turm  von  quadratischem 
Querschnitt  stand  ein  runder  Turm  von 
1,8  m  I.  Durchm.,  also  etwa  dreifachem 
lichten  Querschnitt,  im  übrigen  ganz 
gleichen  Verhältnissen. 

Dieser  Turm  wurde  ungern  in  Betrieb 
gesetzt,  weil  ein  Witterungswechsel  auf  ihn 
viel  ungünstiger  einwirkte,  auch  ergab  sich 
bei  Versuchen  in  heisser  Zeit  ein  etwa 
doppelter  Schwefelverlust,  woraus 
der  Schluss  gerechtfertigt  erscheint,  dass 
Türme  mit  kleinem  Querschnitt  rationeller 
arbeiten,  als  solche  mit  grossem  Quer- 
schnitt. 

An  dem  ersten  Turme  mit  quadratischem 
Querschnitt  und  kurzen  Kühlrohren  Taf. 
142  Fig.  3  und  4  wurden  (1887)  auch 
Versuche  angestellt,  in  heisser  Zeit  den 
Kühlrohrschenkel  c  mit  kaltem  Wasser  zu 
kühlen. 


Flg.  143. 


der  Turmarbeit 


Ein  Diagramm  Fig.  14  3  zeigt  die 
Beobachtungsresultate  des  Schwefelver- 
brauches, der  Luft  und  Wassertemperaturen, 
des  Gehalts  an  freier  und  Gesamt- S02. 
Man  erkennt  leicht,  welchen  Einfluss  die 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


319 


verbrauchten  Wasser-  und  Schwefelmengen  j 
pro  Stunde  auf  die  Zusammensetzung  der  ; 
Lösungen  hat.    In  der  warmen  Zeit  der 
2   Versuchstage  wurde  eine  Lösung  von 
durchschnittlich 

3,48  °/0  Ges-S02 

1,73  „  Frei-SOj 
etwa    1,50  „  CaO  gewonnen. 

Das  durchgeführte  Kuhlen  des  Schen- 
kels c  mit  Turmwasser  ergab  keine  nennens- 
werten Aenderungen  in  der  Zusammen- 
setzung der  Lösung,  ein  Beweis,  dass  die 
Luftkühlung  im  zweiten  Rohrschenkel  c 
auch  ohne  die  Wasserkühlung  genügte,  so- 
lange keine  grössere  Leistung  verlangt 
wurde;  jedenfalls  aber  hätte  die  Wasser- 
kühlung die  Mengenleistung  des  Turmes 
zu  erhöhen  gestattet,  Verbrennung  und 
Zug  waren  tatsächlich  etwas  flotter. 

Im  grossen  Durchschnitt  wurde  mit 
vorbesprochener  Lösungsbereitungsanlage 
1  cbm  Lauge  pro  Stunde  fertig  gestellt. 
Für  10000  kg  Stoff  wurden  72—80  cbm 
Lösung  gebraucht,  die  also  zu  ihrer  Her- 
stellung 72—80  Arbeitsstunden  erforderten. 

Nach  Jahresabschlüssen  fand  Verfasser 
(Ende  der  80  er  Jahre),  dass  auf  100  kg 
trockenen  Zellstoff  14  kg  Schwefel,  20  kg 
Tuff  verbraucht  waren. 

Ueber  die  Zusammensetzung  dieser  Lö- 
sungen ist  vorn  S.  118/26  ausführlich  ge- 
sprochen und  sei  auf  die  Tabelle  XII 
S.  125  noch  besonders  hingewiesen. 

Die  Turmlösungen,  wie  sie  in  den 
kontinentalen  Sulfitzellstofffabriken  herge- 
stellt werden,  sind  meistens  arm  an  freier 
schwefliger  Säure  und  reich  an  Kalk. 

Dass  das  spezifische  Gewicht  keinen 
sicheren  Anhalt  für  den  S02Ochall  der 
Lösungen  gibt,  sei  hier  nur  noch  wieder- 
holt. Den  besten  Beweis  dafür  liefert  die 
Tabelle  XII. 

Bei  uns  in  Deutschland  werden  die  18 
bis  32  m  hohen  Sulfittürme  zu  2,  4  und 
8  Stück  gruppiert  und  mit  starken  durch  | 
Hölzer  oder  Drahtseile  vprsteiften  gemein-  1 
samen    Ot-rüsteii    umbaut.     Die  Gerüste 


werden  etagenweise  mit  Podesten  und 
Treppen  ausgestattet,  so  dass  man  bequem 
zu  den  Füll-  und  Reinigungsöffnungen  ge- 
langen kann.  Auf  dem  oberen  Podest 
wird  gewöhnlich  ein  kleiner  Drehkrahn  mit 
Rolle  und  Handwinden  zum  Aufziehen  des 
Tuffes  oder  Kalksteins  plaziert  Das  obere 
Wassergefäss  wird  mittelst  Druck- Pumpe 
und  Rohrleitung  bedient  Das  Wasser  lässt 
man  durch  einfachen  Hahn  mit  Stutzen, 
oder  mittels  Verteilungseinrichtung  auf  den 
Tuff  fliessen. 

Die  Turmabgase  treten  zwischen  Turm- 
wand und  Wassergefäss  ohne  Einengung 
ins  Freie. 

Die  Türme  müssen  sehr  solide,  aus  6 
bis  10  cm  dickem  Lärchen-  oder  fettem 
Kiefernholz  mit  eisernen  Reifen  oder  starken 
Klammern  gebunden  ausgeführt  werden. 
Der  untere  Rost  Fig.  140,  R,  Taf.  142,  Fig. 
I,  o  besteht  aus  eichenen,  nach  unten 
etwas  verjüngten  Balken,  um  eine  Ver- 
stopfung zu  vermeiden;  etwa  1  m  über 
diesen  schrägen  Rost  sind  noch  2  Quer- 
balken angeordnet,  die  den  unteren  Rost 
etwas  entlasten.  Diese  Balken  gehen  auch 
wohl  nach  aussen  durch  die  Turmwand- 
ungen und  werden  von  Böcken  getragen. 
In  Entfernungen  von  2—3  m  befinden  sich 
an  der  inneren  Turmwand  gut  befestigte 
Holzringe,  welche  verhindern,  dass  das 
Wasser  vorwiegend  an  den  Wänden  herab- 
rinnt, sie  leiten  das  Wasser  nach  dem  Turm- 
innern  zu  und  sorgen  auch  für  Lockerung 
der  Tufffüllung  beim  Niedersinken. 

Herrn  Ingenieur  F.  Schilde')  verdanken 
wir  die  näheren  Aufschlüsse,  in  welcher 
Richtung  in  Amerika  sich  der  Turmbetrieb 
verändert  hat. 

*)  Herr  Schilde  ging  mit  entsprechenden  allge- 
mein wissenschaftlichen  und  Fachkenntnissen  ausge- 
stattet vor  etwa  12  Jahren  von  Deutschland  nach 
Ametika  und  war  dazu  berufen,  einige  der  gross ten 
Zcllstofffabrikcn  jenseits  des  Ozeans  zu  konstruieren 
und  zu  leiten;  er  hat  sich  dabei  einen  geachteten 
Namen  erworben,  so  dass  er  von  vielen  amerikani- 
schen Fabriken  auch  zur  Rekonstruktion  bestehender 
Anlagen  und  als  Ratgeber  für  Bctricbsvcrbcsseningcn 
gerufen  wurde  Kr  weilt  seit  einigen  Monaten  in 
Dresden 


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320 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


In  einem  Satze  des  Wochenbl.  f.  Papier-  f 
fabrikation  Jg.  1903  S.  1573  gibt  er  die 
Milte!  an,  wie  man  die  Schnellkochung 
(8—10  Stunden  Kochzeit)  mit  nur  12  kg  . 
Schwefelverbrauch  auf  100  kg  Stoff  er- 
reicht hat  Man  benutzt  eine  Lösung  mit 
4  pCt.  Oesamt -SO,,  wovon  3  pCt. 
frei  und  nur  1  pCt.  gebunden  sind. 
Dazu  ist  nach  ihm  freilich  nötig,  im  Ofen 
18—19  pCt  S02-Oase  herzustellen. 
Der  Vorteil  18  pCt  Oase,  statt  12  oder 
gar  nur  8pCtiger  zu  verwenden,  liegt  nach 
Schilde  darin,  dass  den  Lösungen  mehr 
SO,  und  weniger  unnötige  Luft  zugeführt 
wird,  wodurch  eine  bessere  Absorption  der 
SO,  stattfindet 

Schilde  fasst  die  SO,  als  lösendes 
Agens  der  Inkrusten,  die  Base,  resp.  das 
Monasulfit  als  das  die  organischen  Zer- 
setzungsprodukte bindende  Mittel  auf. 
1  pCt  der  Oesamt- S02  als  Monosulfit  sei 
genügend,  ein  Mehr  davon  sei  unnützer 
Ballast  in  den  Lösungen,  ja  ein  Mehr 
Calciummonosulfit  mache  direkten  Schaden 
beim  Kochprozess,  während  Magnesium- 
monosulfit wegen  seiner  Löslichkeit  keinen 
direkten  Nachteil  bringe. 

Für  die  gewöhnlichen  Tageskontrollen 
wird  eine  Lunge'sche  Bürette  und  Normal- 
natronlauge benutzt,  also  nur  der  Oehalt 
an  freier  SO,  bestimmt,  der  Kalkgehalt 
wird  nur  alle  paar  Tage  durch  die  Jod-  j 
probe  kontrolliert. 

Da  in  den  Kreisen  deutscher  Chemiker 
und  Sulfitstofffabrikanten  vielfach  die  An- 
sicht herrscht  es  sd  nicht  möglich, 
SO,Oase  starker  als  8,  höchstens  12  pCt 
zu  erzeugen,  (was  übrigens  schon  nach 
dem,  was  S.  307  dieses  Abschnittes  über 
die  Herreshoff-Oefen  gesagt  war,  irrtüm- 
lich ist),  so  bat  Verfasser  Herrn  Schilde 
um  Aufschluss,  wie  so  starke  Oase  erzeugt 
werden  könnten,  ob  das  vielleicht  durch 
gute  Kühlung  der  Oase  oder  Aehnliches 
erreicht  werde,  oder  ob  wohl  gar  eine 
andere  Untersucht] ngs-  und  pCt- Bezeich- 
nungsweise in  Amerika  zu  dem  Unter- 
schiede führen  könne. 


Diesen  Aufschluss  gibt  Herr  Schilde 
wie  folgt: 

„Es  ist  nicht  die  bessere  Kühlung,  die  etwas 
mit  der  hohen  Zusammensetzung  zu  tun  hat,  son 
dem  neben  einer  verständnisvollen  Bedie- 
nung und  Kontrolle  der  Luftzufuhr,  sowie 
der  Temperatur  im  Ofen  ist  es  die  grosse  Lange 
der  Oefen  (3,66  m  lang),  welche  dies  ermöglicht. 
Im  Sommer  habe  ich  Blechpfannen  mit  schwachem 
Wasserdurchfluss  auf  die  Oefen  setzen  lassen,  im 
Winter  wurde  durch  Auf  werfen  von  Sand  und 
Asche  auf  die  Ofeaplalten  eine  zu  starke  Kühlung 

Mit  8  pCt  Oasen  lassi  sich  m.  E.  n.  überhaupt 
keine  SO3  freie,  SO]  reiche  und  monosulfitarme  Lö- 
sung, was  doch  wünschenswert  ist,  herstellen.  Zu 
grosser  LuftQberschuss  verringert  die  Absorption 
der  freien  SO*  Mit  12  kg  Schwefel  auf  100  kg 
Stoff  schnell  und  tadellos  kochen,  wie  ich,  Dr. 
Drewsen  u.  A.es  in  Amerika  gezeigt  haben,  ist  nur 
möglich,  wenn  man  etwa  18  pCt.  SOjhaltige 
Oase  hat,  die  kann  und  sollte  man  verlangen;  unter 
16  pCt.  zu  gehen,  habe  ich  niemals  erlaubt  und 
sollte  nie  erlaubt  werden,  lieber  18  p<X  verursacht, 
wenn  man  nicht  sehr  grosse,  stete  Aufmerksamkeit 
verwendet,  teilweise  Sublimation  des  Schwefeis. 

Damit  Sie  sich  überzeugen,  dass  der  Prozent- 
gehalt der  Oase  in  prinzipiell  gleicher  Weise,  wie 
Sie  es  S.  310  nach  Reich  resp.  nach  Lange  beschrie- 
ben, auch  jenseits  des  Ozeans  bestimmt  wird,  lasse 
ich  Skizze  und  eine  Beschreibung  der  Oasanalyse 
folgen,  wie  ich  und  Dr.  Drewsen  sie  einführte. 

Die  ganze  Einrichtung  für  die  Oasanalyse  zeigt 
Fig.  144  S.  321.  Die  Bürette  besteht  aus  einem 
gradierten  Cylinder  A  mit  obere«  Dreiweghahn  H 
und  Trichter  T. 

Der  Stutzen  S  des  Qehfluses  des  Dreiweg- 
hahnes wird  mittete  Schlauch  und  Quetschbahn  In 
oder  ausser  Verbindung  mit  dem  Ofengas  ge- 
braucht. 

An  das  untere  Ende  der  Bürette  schliesst  ein 
Hahn  K  mit  Schlauch  B  an.  Mittels  dieses  Schlau- 
ches ist  eine  Verbindung  nach  der  Saugflasche  F 
und  nach  einem  offenen  Wasserrohr  R  möglich. 
Letzteres  Rohr  mit  Hahn  L  ist  in  Höbe  an  einem 
Halter  leicht  venteilbar  angeordnet.  Die  Sange- 
flasche F  besitzt  unten  einen  Ablaufstutzen  mit 
Schlauch  und  Quetschhahn  U. 

Die  Handhabung  ist  folgende:  Man  öffnet 
die  3  Hlhne  Q,  K  und  U,  es  wird  SO,  in  die 
Bürette  und  nach  F  gesaugt,  indem  bei  U  das 
Wasser  ausfllesst  und  durch  die  Luft  der  Bürette 
und  S02  ersetzt  wird;  darauf  wird  H  so  gestellt, 
dass  nach  allen  3  Wegen  Abschluss  erzielt  ist, 
uno  iv.  weruen  geschlossen,  zwisenen  A  und 
R  Verbindung  durch  den  Schlauch  B  herge- 
stellt, Wasser  in  R  eingegossen,  dann  mit  den 
Fingern  alles  Oas  aus  dem  Schlauch  heraus 
gequetscht,  dann  K  und  H  schnell  geöffnet,  bis 
das  Wasser  aus  R  in  A  auf  0  cm  Marke  steht 


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♦ 

E  KIRCHNER,   DAS  PAPIfiR.  ÜL  B.  and  C.  ZELLSTOFF.  ttl 


Nachträge  des  Verfassers: 

Es  ist  von  mir  versäumt  worden,  bei 
der  »Turmtheorie«  S.  31ö/ 17  hervorzu- 
heben, dass  Herrn  Professor  Dr.  A.  Harpf 
in  Pribram  (Böhmen)  das  Verdienst  ge- 
bührt, schon  im  Jahre  1891  eine  Turm- 
iheorie  aufgestellt  zu  haben,  worin  ei 
auf  die  Bedeutung  der  spezifischen  Ge- 
wichte der  Gassäulen  in  zwei  Schenkeln 
der  Turmzüge  hinweist.  Ich  selbst  habe 
des  Genannten  Gedankengang  nur  weiter 
ausgebaut. 


Den  Satz  S.  317  rechte  Spalte  Mitte: 
»Fachleute,  ....  bis  »gearbeitet  hätten.« 
mache  ich  nicht  zu  meiner  eigenen  An- 


schauung, ich 


nur,   was  Andere 


mir  behaupteten,  und  suche  eine  Erklärung 
in  dem  nachfolgenden  Satze:  »Da  in 
diesem  Falle  ....  etc.» 


Auf  nebenstehender  Seite  320  haben 
sich  infolge  eiligen  Abdruckes  einige  Irr- 
tümer ergeben. 

Linke  Spalte  Mittelsatz  (Zeile  24-29) 
soll  heissen: 

»Für  die  gewöhnlichen  Tageskontrollen 
wird  in  Amerika  in  den  Kochlösungen  nur 
der  Gehalt  an  freier  SO.a  bestimmt;  der 
Kalkgehalt  wird  dagegen  nur  alle  paar 
Tage  festgestellt« 

Rechte  Spalte,  vorletzter  Satz  von  unten 
muss  heissen: 

»An  das  untere  Ende  der  Bürette 
schliesst  ein  Schlauch  B  mit  Quetschhahn 
K  an«  und  weiter  unten  sind  die  Worte 
»mit  Hahn  L«  zu  streichen. 


Nun  schnell  K  und  H  achliessen.  In  T  wird 
Natronlaufte  von  beliebiger  Konzentration 
gefüllt,  dann  H  geöffnet  und  einlaufen 
gelassen,  bis  alles  SO,  absorbiert  ist.  Darauf  H 
scbliessen,  K  öffnen  und  die  Röhre  R  ho  ein- 
stellen, dass  das  Wasser  in  A  und  R  gleicb 
hoch  steht.  So  viel  com  nun  in  A  mit  Wasser 
gefüllt  sind,  so  viel  pCt.  SO,  enthält  das  Gas. 

Eine  öfters  von  mir  durchgeführte  Kon- 
trolle mit  Jodlösung  ergab  höchstens  >/s  pCt. 
Unterschied,  was  bei  der  Absorption  kleiner 
Mengen  SO,  vom  benutzten  Wasser  und  in- 
folge der  Luftdiffusion  wohl  möglich  ist. 

Die  Richtigkeit  lässt  sich  übrigens  auch 
gut  prüfen,  wenn  man  Vakuumpumpen  oder 
Kompressoren  zur  Beförderung  des  Gases  hat. 
Nach  den  Zy  linderdurchroessern  der  Umdrehungs- 
zahl und  der  Arbeitszeit  lässt  sieb  nachrechnen, 
wie  viel  cbm  Gasgemisch  (bei  vielleicht  90*  C 
Temperatur  in  der  Pumpe)  aus  10000  kg  S 
entstanden  sind.  Auch  mittels  dieser  Rech- 
nuogskontrolle  fand  ich  ziemlich  genaue  Ueber- 
einst immun?  mit  der  Gasanalyse.4* 


fr 


Fly.  144.  SO,Ga«-Prüfer 

nach  F.  Schilde. 

9.  ßügan  lOOtl. 


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322  E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  UL  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Die  aus  Deutschland  gekommenen  Türme 
hat  man  in  Amerika  konstruktiv  etwas 
geändert. 

Das  Wochenblatt  für  Papierfabrikation 
Jg.  1900  brachte  S.  1852  Ober  eine  grosse 
Turmanlage  der  Sulütstofflabrik  in  Water- 
ville,  Maine,  welche  54  500  kg  Sulfitstoff 
täglich  erzeugen  sollte.  Elf  Türme  von 
40,5  m  Höhe,  1,42  m  innerem,  1,62  m 
äusserem  Durchmesser  sind  wegen  der  in 
jener  Gegend  herrschenden  heftigen  Stürme 
in  einem  ca.  45  m  hohen,  9,7  m  Durchm. 
aus  Ziegeln  erbauten  Turm  untergebracht. 
Fig.  145  zeigt  den  Grundriss  der  An- 
ordnung. 

Das  Mauerwerk  ist  in  Zementmörtel  aus- 
geführt und  zur  Erhöhung  der  Widerstands- 
fähigkeit innen  noch  mehrmals  mit  Zement 


Flg.  145.  Türme  mit  Sturm  schütz. 

angestrichen.  Die  Wandungen  der  inneren 
kleinen  Türme  bestehen  aus  bestem  wider- 
standsfähigstem Nadelholz,  meistens  findet 
pitch-pine    oder  hard  pine  Anwendung. 

Herr  Schilde  gibt  dem  Verfasser  genaue 
Angaben  über  diese  Türme  und  deren 
Betrieb. 

Man  teilt,  wie  auch  bei  uns  nachDr.Harpf 
(vergl.  S.  314,  Fig.  141),  die  hohen  Türme  in 
mehrere  Etagen.  Ausser  dem  unteren 
schrägen  Rost  r,  unter  den  das  SO, Gas 
eintritt,  fügt  man  weitere  nur  von  3 — 4 
Tragbalken  gebildete  Roste  n  n  rs  in  den 
Turm  ein  und  gibt  jeder  Etage  oben  und 


unten  Füll-  und  Putztüren  von  etwa  0,6  m 
Höhe,  0,9  m  Breite. 

Dieses  Einteilen  in  mehrere  Etagen, 
wie  aus  Skizze  Fig.  140  ersichtlich,  bat 
grosse  Vorteile  für  den  Betrieb,  besonders 
wenn  man  sie,  wie  in  Amerika,  40,5  m 
hoch  baut. 

1)  Jeder  Rost  hat  weniger  Last  zu 
tragen  und  ist   dadurch   eine  leichtere 


fl_2_ 


Fig.  146.  Amerikanische  Lösungsbereltung  mit 


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E.  KIRCHNER,   DAS  PAPIER.  11L  B.  und  C.  ZELLSTOFF.  323 


Reinigung,  Herausziehen  vergipster  Steine 
und  besseres  Nachrutscbeu  ermöglicht. 

2)  Da  jede  Abteilung  für  sich  beschick i 
wird,  so  braucht  man  nicht  allen  Tuff 
oder  sämtliche  Kalksteine  auf  ganze  Höbe 
des  Turmes  zu  heben,  was  um  so  mehr 
ms  Gewicht  fällt,  als  der  meiste  Stein- 
ersatz in  den  2  unteren  Magen  nötig  wird. 

3)  Jede  Etage  kann  mit  beliebigen 
Steinen  beschickt  werden. 

So  Hess  Schilde  im  Sommer  die  untere 
Etage  stets  mit  magnesiareichem  Dolomit 
lullen,  um  mehr  freie  SO,  in  die  Lösung 
zu  bringen,  was  sieb  für  die  erzielte  Weisse 
und  die  bleich  barkeit  des  Stoffes  als  vor- 


Auf  Fig.  146  stellt  ferner  0  den 
Schwefelofen  mit  3,66  m  langer  Pfanne, 
K  den  Kühlkasten  mit  8  Stück300mm  weiten 
Kühlrohren  aus  4Vt  mm  dickem  Blei  dar. 
Der  Kasten  hat  3,66  m  Länge,  2,15  m 
Breite,  1,85  m  Höhe.  Die  Rohre  sind  durch 
Kohrkrümmer  zu  einer  Schlange  ver- 
bunden, die  Gase  durchlaufen  nacheinander 
»ämtliche  Rohre.  Das  Kühlwasser  läuft 
oben  durch  einige  Tüllen  auf  die  aussen 
befindlichen  Krümmer,  um  diese  mit  zu 
kühlen.  Die  Kühlüäche  im  Kasten  berechnet 
sich  auf  28,5  qm  und  beträgt  aussen 
(Krümmer)  noch  etwa  11,5  qm,  so  dass 
etwa  40  qm  Kühlfläche  zur  Verlügung 
stehen. 

Entgegengesetzt  unseren  Türmen,  wo 
die  Tunngase  zwischen  Wassergetäss  und 
Turmmündung  ins  Freie  treten,  sind  die 
Türme  oben  durch  das  Wasserbassin  W 
verschlossen,  nur  ein  durch  die  Mitte  des 
letzteren  gehendes  Abzugsrohr  Z  von  152 
mm  1  Durchm.  gestattet  den  Abzug  der 
stark  Stickstoff  und  Kohlensäure  haltenden 
Gase.  Der  Zug  wird  durch  Dampf  mittels 
eines  in  eine  ganz  feine  Düse  auslaufen- 
den Blaserohres  B  bewirkt.  Der  Dampf- 
druck wird  durch  ein  Dampfdruckreduzier- 
ventil je  nach  der  Witterung  unten  einge- 
stellt. 

Fig.  146  stellt  D  das  Ende  des  Pump- 
rohres dar,  welches  kontinuierlich  Wasser 
im  Ueberschuss  in  das  Bassin  schafft.  Das 
Zuviel  kann  in  die  Saugeleitung  der  Pumpe 


zurückgeführt  werden;  dadurch  kommt 
die  zum  Heben  des  Wasserüberschusses 
nötige  Arbeit  der  Pumpenarbeit  zum  grössten 
Teil  wieder  zu  gute. 

Auf  diese  Art  ist  es  möglich,  mit  dem 
Turmbetrieb  von  jedem  Wetter  unab- 
hängig zu  sein,  reichlich  Wasser,  reichlich 
Zug  zu  haben,  mit  wenig  Luftüberschuss 
im  Ofen  18—19  pCt.  Gase  zu  arbeiten  und 
eine  an  freier  SO,  reiche  Lösung  zu  er- 
zielen. 

Mit  einem  solchen  Turm,  Kühler  und 
grossem  Ofen  lässt  sich  nach  Schilde  bei 
günstiger  kühler  Witterung  die  Lösung 
lür  bis  9000  kg  tr.  Stoff,  im  Sommer 
lür  7200  kg  Stoff  in  24  Stunden  herstellen. 

Wird  angenommen,  dass  man  mit  Auf- 
wendung von  12  kg  Schwefel  auf  100  kg 
Stoff  auskommt,  so  werden 

1080  bis  864kgSchwefel  Brutto 
10pCt.Verlust  108  „   86  „ 

972  bis  778kgSchwefelNetto, 


d.  h. 


1944  „  1556  „  S0Ä   in  den 


Lösungen  stecken. 
4  pCt.  SO, Lösungen  würden  darnach 
hergestellt 

unter  günstigen  Witterungsverhältnissen 

-944  •  100  =  48600  1 

unter  ungünstigen  Witterungsverhältnissen 
IM*.  UO,  38  9Q0  1, 

d.  h.  also  mit  der  beschriebenen  Einrich- 
tung leistet  man  bis  2025  1,  unter  un- 
günstigen Verhältnissen  noch  16201  4püu 
SO« Lösung  in  einer  Stunde. 

Vergleicht  man  die  Dimensionen  und 
Leistungen  mit  den  auf  S.  317  angegebenen 
des  kleinen  vierkantigen  Turmes,  so  findet 
man  alle  massgeblichen  Dimensionen  etwa 
verdoppelt  und  die  soeben  ausgerechnete 
Leistung  erklärt  sich  daraus  als  ganz 
gerechtfertigt. 

Mehrturmsystem  und 
SO,  Rückgewinnung. 
Der  bekannte  Zellstofftechniker  Dr.  Karl 
Kellner,  früher  in  Görz,  dann  in  Hallein- 
Oesterreich,  hat  vielfach  nebeneinander 


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324  E.  KIRCH t!ER.  DAS  PAPIER.  III  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


stehende  kürzere  oder  sog.  »gebrochene« 
Türme  angewendet,  die  mit  Kalkstein  gefüllt 
und  durch  Rohrleitungen  derart  mit 
einander  verbunden  wurden,  dass  das  Gas 
einerseits,  Wasser  resp.  Lösungen  andrer- 
seits im  Gegenstrom  zirkulieren,  bis  die 
letzteren  konzentriert  genug  sind,  um 
kontinuierlich  abzumessen. 

Es  gibt  eine  grosse  Zahl  derartiger 
Lösungsbereitungseinrichtungen,  die  von 
Kellner  selbst  und  von  anderen  Schrift- 
stellern beschrieben  sind. 

Wer  sich  näher  darüber  informieren 
will,  findet  in  C.  Hofmanns  Handbuch  für 
Papierfabrikation  II.  Auflage  S.  1474  und 
1492,  D.  a  P.  No.  68168,  in  der  Papier- 
zeitung v.  C  Hofmann  Jg.  1885  und 
1894  Nr.  80/84,  in  M.  Schubert  s  Cellulose- 
fabrikation  Berlin,  Krayn,  1897  S.  56/62 
u.  a.  a.  0.  eine  ausgiebige  Litteratur  dar- 
über. 

Kellner  wandte  abweichend  von  Mit- 
scherlich  ein  Sublimatorium,  d.  h.  mit 
Ziegelstücken,  Basaltsteinen  und  Koks  ge- 
füllte Kammern  an  und  trieb  das  von 
sublimiertem  Schwefel  befreite  Gas  mittels 
Dampfstrahlgeblase  durch  einen  aus  hori- 
zontalen in  Wasser  liegenden  Bleirohren 
bestehenden  Kühler  in  die  Türme. 

Kellner  hat  zwei  bis  sechs  Türme  an- 
gewendet 

Verfasser  sah  in  Oesterreich  eine  unter 
Benutzung  der  Kellner' sehen  Idee 
durchgeführte  Lösungsbereitungs- 
anläge  mit  sechs  Türmen,  jeder  1,4  m 
1.  Durcbm.,  5'/«  m  hoch  ;  fünf  dieser  Türme 
waren  mit  Kalkstein  gefüllt  Die  vier 
ersten  Türme  standen  über  dem  Vorrats- 
bassin für  starke  Kochlösung,  die  zwei 
letzten  über  dem  für  schwache  Lösung. 
Das  Ofengas  trat  unter  dem  Rost  des 
Turmes  I  ein,  oben  unter  dem  hermetisch 
verschlossenen  Doppeldeckel  aus,  wurde 
durch  Tonrohre  unter  den  Rost  des  zweiten 
Turmes  u.  s.  f.  bis  unten  in  den  letzten  Turm 
geleitet  und  aus  diesem  oben  abgesaugt 

Zwischen  die  Böden  der  Doppel- 
deckel der  Türme  1  bis  V  wurde  schwache 
Lösung  aus  dem  Schwachlösungs-Vorrats- 
baasin  gepumpt,  in  Turm  VI  tritt  frisches 


Wasser  ein.  Durch  viele  über  die  unteren 
Böden  der  Turmdeckel  verteilte  kurze 
Rohrstutzen  traufeit  die  Schwachlösung  auf 
die  Kalksteine;  in  gleicher  Weise  wird 
das  Frischwasser  im  sechsten  Turme  als 
Hegen  verteilt.  Die  von  den  ersten 
4  Türmen  ablaufenden  Flüssigkeiten  geben 
die  in  der  Zusammensetzung  ziemlich  gleich- 
bleibenden Kochlösungen,  die  Flüssigkeiten 
aus  Turm  5  und  6  bilden  die  Schwacb- 
lösungen. 

Die  von  den  Kochern  abgestossenen 
Gase  wurden  in  der  beschriebenen  Anlage 
durch  eine  im  fliessenden  Wasser  liegende 
Bleikühlschlange  von  etwa  50  m  Lange 
200  mm  Weite,  also  von  etwa  3,2  qm 
Ober  Hache  teilweise  kondensiert.  Die 
kondensierte  Flüssigkeit  mit  den  rück- 
ständigen Gasen  leitet  man  in  ein  stehen- 
des zylindrisches  Gefäss,  in  welchem 
Flüssigkeit  und  Gase  sich  trennen.  Die 
Flüssigkeit  oder  Lösung  fliesst  in  das 
Lösungs-Vorratsbassin,  wird  also  direkt 
zum  Kochen  wiederverwendet  Die  Gase 
aber  werden  behufs  Absorption  wieder 
in  die  Türme  geleitet,  so  dass  ein  Verlust 
an  SO,  dadurch  ganz  ausgeschlossen  er- 
scheint 

Captain  Ellis  Vierturmapparat. 

Herr  Schilde  berichtet  dem  Verfasser 
von  der  ausgezeichneten  Ausbildung  des 
Mehrturmapparates  in  Amerika  durch  Gap- 
tain Ellis.  Derselbe  baut  seine  Türme  aus 
7,5  cm  starken  Bohlen  in  etwa  9,2  m 
Höhe,  5,1  m  Lange  und  1,37  m  Breite. 
Die  vier  Schlote  werden  innen  mit  einer 
Pechlage  und  2,5  cm  dicken  Brettern 
verkleidet. 

Fig.  147  gibt  eine  Skizze  dieser  Ein- 
richtung. 

Die  Gase  werden  auf  dem  Wege  e  d 
c  b  a  durch  diesen  Vierturm  gesaugt  oder 
gedrückt.  Wasser  oder  Schwachlosung 
tritt  bei  A  ein,  wird  teilweise  durch  die 
Saug-  und  Druckpumpen  P  zur  Zirkulation 
in  den  eigenen  Kammern  gezwungen,  in- 
dem z.B.  die  Pumpe  Pt  bei  s,  die  Lösung 
entnimmt  und  nach  t,  drückt,  wo  sie  oben 


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E,  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOPF.  325 


durch  eine  entsprechende  Einrichtung  über 
die  Kalksteine  oder  den  Tuff  verteilt  wird. 
Ein  anderer  Teil  der  Flüssigkeit  tritt 
'durch  die  Oeffnungen  i  von  Kammer 
zu  Kammer  (I  bis  IV).  Bei  B  tritt  die 
konzentrierte  Losung  aus  und  sammelt 
lieh  im  Vorratsbassin  für  die  Kochlösung. 

Man  soll  in  solchem  Vierturmapparat 
die  4pCt  SO,  Lösung  für  18  t  tr.  Stoff 
täglich  gewinnen  können.  Das  wäre  eine 
nochmals  doppelt  so  hohe  Leistung  des 
vorbeschriebenen  amerikanischen  Einzel- 
üirmes  Fig.  146.  ' 

Nach  der  Erfahrung,  die  man  im  prak- 
tischen Betriebe  mit  den  Turmbetrieben 
gemacht  hat,  ist  man  bei  Anwendung 
künstlichen  Zuges  in  den  Einzel-  und 
Mehrtürmen  entschieden  besser  daran,  als 
mit  den  ursprünglich  von  Mitscherlich  ein- 
geführten, wo  man  mehr  von  den  Witter- 
ungsverhäUnissen  zu  leiden  hat 

Nach  den  günstigen  Erfahrungen,  die 
man  in  Oesterreich,  Weissenborn  bei  Frei- 


Flo,  147.   Elll«  Mehrtarmapparat. 


I  berg  L  Sa.  und  Amerika  mit  Mehrtürmen 
bei  Vermeidung  grosser  Höhen  erzielt  hat 
kommt  man  zu  dem  Resultat,  dass  diese 
schon  deshalb  vorzuziehen  sind,  weil  sie 
den  Stürmen  besseren  Widerstand  ent- 
gegen setzen  und  bei  jeder  Witterung 
gleichmässige  Lösung  liefern.  Freilich  ist 
zu  ihrem  Betriebe  Saugung  oder  Pressung 
der  Gase  anzuwenden. 

Bottich-Apparate. 

Der  vorgenannte  Dr.  Karl  Kellner  hat 
statt  der  Türme  auch  entweder  neben- 
oder  übereinanderstehende  Bottiche  benützt, 
die  mit  Kalkstein  gefüllt  und  durch  Rohr- 
leitungen mit  einander  so  verbunden  sind, 
dass  das  Gas  einerseits  und  die  Lauge 
andrerseits  im  Gegenstrom  zirkulieren. 

Die  Verhältnisse  sind  so  gewählt,  dass 
die  Lösungen  soweit  konzentriert  werden, 
dass  sie  sich  zur  Kochung  des  Holzes 
eignen. 

Man  hat  versucht,  diesen  Apparat  als 
eine  Art  Mitgcherlich-Turm  zu  erklären. 

Der  parteilose  Sachverständige  muss 
sich  ja  wundern,  dass  in  der  so  vorzüg- 
lich redigierten  Muspratt,  Chemie  bearb. 
v.  Stohmann  und  Kerl  VI,  S.  1741  das  den 
Laien  irreführende  Urteil  zu  lesen  ist : 

»Das  Verfahren  von  Kellner  unter- 
scheidet sich  in  seinen  Grundzügen  wenig 
von  dem  Mitscherlich'schen,«*  aber  schon: 
in  der  nächsten  Spalte  1742  heisst  es 
»Die  Absorptionstürme  Kellners 
unterscheiden  sich  von  den 
Mitscherlich' sehen  nur  insofern, 
als  zwei  oder  mehrere  Türme,  die  unter 
einander  verbunden  sind,  benutzt  werden 
Oder  bei  einer  anderen  Form  der 
Absorptionsvorrichtung  werden  die  Gase 
in  ein  System  von  untereinander  verbun- 
denen und  mit  Kalk  oder  Dolomit  gefüllten 
Bottichen  getrieben.« 

Hier  ist  also  nicht  nur  die  andere 
Form,  sondern  auch  das  Durchtreiben 
der  Gase  zugegeben. 

*)  Hier  hätte  geschichtlich  richtig  stehen 
miissea  „von  dem  Tilghman'schen". 


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326  E.  KIKCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


Ehe  nun  näher  auf  die  augenfälligen 
Unterschiede  zwischen  Turm-  und  Bottich- 
system eingegangen  wird,  sei  zunächst 
eine  Beschreibung  des  Fig.  148/49  dar- 
gestellten Kellner' sehen  Bottich- 
apparates gegeben. 

Es  sind  5  Bottiche  Ai,  As,  As,  A4  und 
B  terrassenförmig  übereinander  angeordnet. 
Die  Bottiche  A  sind  genau  gleich  gross 
und  gleich  armiert.  Auf  falschem  Rost- 
boden r  ruht  eine  Kalksteinschicht,  zwischen 
dem  Boden  und  Rost  befindet  sich  eine 
Bleirohrschlange  mit  feinen  Löchern  zur 
Verteilung  durchtretender  Gase.  Der  fünfte 
Bottich  B  ist  kleiner,  hat  keinen  falschen 
Boden  und  nur  ein  Eintrittsrohr  a  mit 
durchlöcherter  Bleirohrschlange  am  Boden, 
in  weiche  das  in  Schwefel-  oder  Kies- 
öfen {entwickelte  gekühlte  und  gereinigle 


Gas  mittelst  eines  Kompressors  eingetrieben 
wird.  Die  oberen  Boden  der  4  Bottiche  B,  A*. 
As  und  As  baben  die  gleicbgestalteten  Ii- 
Rohre  t,  um  die  Gase  vom  untersten 
Bottich  in  das  Schlangenrohr  unter  den 
Rost  r  des  Bottichs  Ai  zu  leiten,  ebenso 
die  Gase  von  A*  oben  unter  den  Rost  r 
des  Bottichs  A«  u.  s.  f.,  das  in  Ai  noch 
übrig  bleibende  Gas  entweicht  durch  das 
Rohr  b  des  oberen  Bodens  in  die  Atmo- 
sphäre. Durch  das  Rohr  w  im  oberen 
Boden  des  Bottichs  Ai  wird  Wasser  oder 
Schwachlösung  eingepumpt.  Die  hier  ein- 
geführte Flüssigkeit  tritt  durch  Rohr  und 
einstellbare  Hähne  h  von  Ai  nach  As  etc. 
und  schliesslich  von  A4  nach  B  über,  um 
als  genügend  konzentrierte  doppeltschwef- 
ligsaure  Kalklösung  aus  B  durch  einen 
Lösungsmesser  P  zu  gehen  und  in  das 
Vorratsbassin  für  Kochlösung  abzufliessen. 
Wasserstände  s  an  jedem  Bottich  ermög- 
lichen die  Einhaltung  richtiger  Flüssigkeits- 
höhen in  den  Bottichen,  Mannlöcher  aus  Hart- 
blei die  Füllung  und  Reinigung  der  Bottiche 


l  T= 


I- 


I  ! 


Ii 


!  J 

Fig.  150.    Dr.  Kellner«  Lösung 


Fig.  148  und  149.  Dr.  K.  Kellner.  Bettichapparat. 


Sehr  sinnreich  ist  der  Kellner  sehe 
Lösungsmesser  Fig.  149  bei  P  an- 
gebracht und  Fig.  150  in  Sfcizze  veran- 
schaulicht. Von  a  dringt  die  fertige 
4  Lösung  vom  letzten  Bottich  B  des  Bottich- 
apparates in  das  mittlere  Rohr  des  Lösungs- 
i  PP  messers;  dieses  Mittelrohr  endet  in  einem 
Ring  r,  der  Ansätze  r  zum  Ausfliessen  der 
Lösung  hat  und  in  welchen  ein  Glasrohr 
A  eingekittet  ist.  Das  Mittelrohr  ist  unten  von 


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£.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


327 


einem  äusseren  Rohrstück  mit  dem  Ab- 
flussstutzen  b  umgeben  und  trägt  auf 
seinem  oberen  Flansch  einen  Rand  aur 
Aufnahme  eines  zweiten  Glasrohres  B, 
welches  oben  durch  Deckel  abgedeckt 
ist.  In  der  Flüssigkeit  im  Glasteil  des 
Mittelrohres  schwimmt  ein  Aräometer  1 
zum  Ablesen  der  Lösungsstärke*  ferner 
hängt  am  Rande  eine  Skala  s,  die  den 
Ueberdruck  in  cm  ablesen  und  auf  Grund 
einer  empirischen  Tabelle  die  Menge  der 
pro  Minute  oder  Stunde  durchmessenden 
Lösung  bestimmen  lässt. 

Prüfen  wir  diese  von  Kellner  einge- 
führten Bottichapparate  auf  deren  Aehn- 
lichkeit  mit  den  Türmen,  so  schliessen 
erstere  sich  an  die  seit  Alters,  jedenfalls 
viel  vor  den  Türmen  benutzten  Anreicher- 
ungsapparate der  chemischen  Industrie 
an,  sie  erinnern  an  den  S.  287  beschrie- 
benen Gerland'scben  Apparat  nach  dem 
englischen  Patent  1863  und  haben  nur 
das  mit  dem  Mitscherlich -Turm  gemein, 
dass  man  eben  doppeltschwefligsaure  Kalk- 
lösungen, aber  diese  im  Gegensatz  zum 
Turmbetrieb  mit  Leichtigkeit  freie  S0„- 
reicher,  herstellt. 

Die  Form  beider  Einrichtungen  hat  keine 
Aehnlichkeit  mehr,  wie  jeder  Laie  bei 
Vergleich  der  Fig.  140  und  Fig.  148/149 
erkennen  kann.  Die  Vorgänge  im  Turm 
und  Bottichapparat  unterscheiden  sich 
wesentlich.  Im  Turm  sind  schwach  be 
netzte  Kalk-  r€sp.  Tuffstü-jke  mit  dem 
unter  geringem  Druck  durch  den  vertikalen 
Turm  ziehenden  Gase  in  Berührung.  Am 
Bottichapparate  unterscheiden  wir  einen  An- 
reicherungsbottich B  Fig.  14840.  in  welchem 
die  Kalksteine  ganz  fehlen,  in  den  übrigen 
Bottichen  Ai  bis  A«  liegen  die  Kalkstücke 
vollständig  in  der  Flüssigkeit,  die  Gase 
werden  durch  einen  Kompressor  stoss- 
weise  in  periförmigen  Reihen 
zwischen  den  Steinen  durch  die  sie  um- 
gebende Flüssigkeit  gedrückt,  oder  mittels 

*)  allerdings  nur  aräometrisch,  was  nach  dem 
heutigen  Stande  der  Betriebspraxia  nicht ;  mehr 
genügt,  aber  doch  auch  wesentliche  Aendcrungen 
der  Lösungazuaammensetzung  erkennen  lässt. 


Pumpe  durebgesaugt ;  es  vollzieht  sich 
also  in  beiden  Einrichtungen  ein  wesentlich 
verschiedener  physikalisch-chemischer  Vor- 
gang mit  einem  wirtschaftlich  günstigeren 

Effekt. 

Im  Turm  findet  eine  Absorption  der 
SO,  an  den  von  Wasser  benetzten  Stein- 
flächen, im  Kellner- Bottich  eine  Massen- 
absorption der  SO,  in  Wasser  statt. 

Hierüber  war  übrigens  schon  früher 
S.  119  gesprochen. 

Man  ist  bei  Benutzung  des  Kellner'schen 
Bottichapparates  vollständig  unabhängig 
vom  Wetter,  hat  den  Apparat  gewöhnlich 
unter  Dach  und  Fach,  braucht  daher  Stürme 
und  Unwetter  nicht  zu  fürchten. 

Die  beim  Betriebe  oben  offener  Türme 
u.  U.  nicht  ausgeschlossenen  Verluste  an 
SO,  in  die  Lua  lassen  sich  beim  Boitich- 
apparat  viel  leichter  kontrollieren  und  ver- 
meiden. 

M8n  kann  auch  mit  dem  Bottichapparat 
durch  Aenderung  in  der  Kalksteinfüllung 
und  durch  Verändern  der  Durchgangsge- 
schwindigkeit der  Lösungen  und  der  Gase 
durch  die  Bottiche  die  Menge  und  Zu- 
sammensetzung der  Lösungen  leicht  ver- 
ändern. 

Reinigung  der  Gase  von 
Schwefelsäure. 

Bei  Herstellung  der  Gase  war  S.  310 
die  Reinigung  derselben  von  S08  mittels 
Eisenspänen  erwähnt;  die  dort  beschriebene 
Befreiung  von  S0S  wird  von  vielen 
Chemikern  angezweifelt,  ja  man  glaubt, 
dass  durch  erstmalige  Bildung  von  Eisen- 
oxyd und  Reduktion  desselben  in  Eisen- 
oxydul das  Uebel  nur  noch  verschlimmert 
und  noch  mehr  SO,  in  S0g  übergeführt 
werde.  Wolesky*)  schlägt  daher  statt 
Eisen  Kupfer  vor.  Einfacher  ist  es,  die 
Ofengase  einfach  in  Wasser  zu  waschen, 
man  presst  oder  saugt  das  Gas  durch 
einen  Wasserbottich.  Das  Wasser  reichert 
sich  allmählich  mit  Schwefelsäure  (bis  zu 
etwa  40^  Be)  an. 

*)  C,  Hufmann.  Handbuch  der  Papier- 
fabrikation, II.  Auflage  S.  1473. 


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328 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,   m.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Kammerapparate. 

Statt  der  Kalksteine,  welche  in  den 
Türmen  angewendet  werden  und  die 
Kellner  in  seinem  Apparate  benutzt,  hat 
man  auch  Kalkmilch  angewendet 

W.  Flodquist  in  Gothenburg  (Schweden) 
hat  das  Verdienst,  eine  sehr  einfache  Ein- 
richtung erfunden,  ausgebildet  und  in  die 
Praxis  eingeführt  zu  haben,  die  eine  gute 
gleichmfissige  Lösung  herstellen  lässt. 
Herr  Professor  Dr.  P.  Klason-Stockholm 
säet  Uber  dag  »Kammersystem  für 
Säuredarstellun g«*)  vom  Papier- 
meister Flodquist  in  Mölndal  bei  Gothen- 
burg, es  sei  das  einzige  System, 
welches  nach  seiner  Meinung  sich  dauernd 
lebensfähig  erweisen  würde. 

Flodquist  wendet  bis  zu  10  in  gleicher 
Höhe  (remauerte  geschlossene  Kammern 
an.  die  zu  9U  mit  Kalkmilch  gefüllt  sind, 
das  S0,-Gas  wird  durch  einen  Exhaustor 
vom  Ofen  durch  sämtliche  Kammern 
durchgesaugt  Jede  Kammer  hat  zu  dem 
Rehufe  eine  von  der  Decke  bis  nahe  an 
den  Boden  reichende  Scheidewand,  so 
das»  das  Gas  gezwungen  ist  von  jeder 
Scheidewand  aus  unten  in  die  Kammer- 
flüssigkeit tretend,  die  ganze  Flöasigkeits- 
säule  zu  durchstreichen.  Frische  Kalk- 
milch tritt  in  der  letzten  Kammer  zu  und 
tritt  selbsttätig  von  Kammer  zu  Kammer, 
das  SO, -Gas  wird  im  Gegenstrom  durch 
die  Kammern  gesaugt  In  der  für  die 
Kalkmilch  letzten,  für  das  Gas  ersten 
Kammer  läuft  die  Lösung  in  gewünschter 
Stärke  ab. 

Dougall-B  ottichapparate. 

Ein  diesem  Kammersystem  ganz  ähn- 
liches Verfahren  ist  1885  dem  Engländer 
Dougall  in  Amerika  unter  Patent-Nr.  311595 
patentiert**)  Er  nimmt  statt  der  Kammern 
drei  oder  mehr  auf  gleicher  Höhe  stehende 

*)  Wochenblatt,  Jg.  1900  S.  2247. 

**)  Nähere  Beschreibungen  und  Skizzen  der 
Kinrichtunge  n  finden  sich  in  dem  amerikanischen 
Patentblatt,  in  Hofmanns  Papicrzeitungr  .lg.  1886 
S.  801  und  Max  Schubert.  Oellulonefabrikation 
II.  Aufl.  Krajn  Berlin  1897  S.  Cü. 


geschlossene  Bottiche,  in  denen  sich  Kalk- 
milch befindet,  welche  durch  Rührwerke 
in  Bewegung  erhalten  wird.  Atmosphärische 
Luft  wird  mittelst  eines  Gebläses  durch 
die  Schwefel-  oder  Kiesöfen  gedrückt  und 
das  S0,-Gas  unter  Druck  mittels  Rohr- 
leitung, welche  unter  dem  Flüssigkeits- 
spiegeldes  ersten  Bottichs  mündet,  gedrückt; 
von  dem  ersten  Bottich  wird  das  übrig- 
bleibende Gas  weiter  durch  entsprechende 
Rohre  in  die  Flüssigkeiten  des  zweiten 
und  dann  des  dritten  Bottichs  gepresst 
um  von  SO.,  so  gut  wie  befreit  durch  ein 
offenes  Rohr  des  Deckels  des  dritten 
Apparates  ins  Freie  zu  strömen. 

Dieses  Durchdrücken  des  Gases  wird 
solange  fortgesetzt,  bis  im  ersten  Apparat 
die  Lösung  stark  genug  ist,  dann  wird  das 
Durchtreiben  des  Gasstromes  unterbrochen, 
die  Lösung  aus  Bottich  1  abgelassen  und, 
nachdem  dies  geschehen  ist,  werden  die 
3  Bottiche  durch  Hähne  und  Verbindungs- 
stutzen über  dem  oberen  Boden  in 
Kommunikation  gesetzt  und  im  letzten 
dritten  Bottich  so  viel  Kalkmilch  nachge- 
geben, bis  alle  drei  Bottiche  soweit  gefüllt 
sind,  dass  die  Einleitungs-  resp.  Ueber- 
leitungsrobre  vom  Ofen  resp.  von  den 
vorhandenen  Bottichen  wieder  genügend 
tief  in  die  Flüssigkeit  tauchen. 

Nun  werden  die  Kommunikationswege 
der  Flüssigkeiten  in  den  Bottichen  wieder 
geschlossen,  der  Luftkompressor  wieder  in 
Tätigkeit  gesetzt  und  die  neue  Sättigung 
einer  weiteren  Portion  Lösung  im  ersten 
Bottich  findet  ihren  Fortgang. 

Dougall  arbeitet  also  mit  seinem 
Apparate  periodisch.  Statt  Luft  durch  die 
Oefen  zu  drücken,  kann  man  selbstver- 
ständlich auch  die  Abgase  vom  letzten 
Apparate  absaugen. 

E.  Partington-Apparat. 

Edward  Partington  hat  einen  Apparat 
konstruiert  und  patentieren  lassen,  der 
drei  Bottiche  in  terrassenförmiger  Auf- 
stellung zeigt.  Die  S0,-Gase  und  -Flüssig- 
keiten gehen  im  Gegenstromprinzip,  das 
erstere  von  unten  nach  oben,  die  letzteren 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   ID.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


829 


von  oben  nach  unten  durch  den  Apparat. 
Am  unteren  Bottich  wird  die  fertige  Lösung 
kontinuierlich  abgelassen.  Partington  ver- 
wendet wie  Oougall  Rührwerke  zur  massigen 
Bewegung  der 


Ernst  Porak' s  Apparat. 

Statt  der  drei  nebeneinander,  auf 
gleicher  Höhe  stehenden  Kalkmilch-  und 
Absorptions-Bottiche  kommt  Ernst  Porak 
mit  zwei  solchen  Gefässen  aus.  Einem 
in  Dingler's  polyt.  Journal  Jahrgang  1897 
Nr.  7  und  8  erschienenen  Aufsatz  des 
Herrn  Professor  Dr.  A.  Harpf  in  Przibram. 
Böhmen,  Ober  seine  Beobachtungen  an 
einem  solchen  Apparate  in  Moldaumühl 
(Böhmen)  entnehme  ich  mit  gütiger  Er- 
laubnis des  Autors  folgende  Einzelheiten. 

Fig.  151  gibt  einen  Aufrissschnitt  der 
kompletten  Einrichtung.  A  ist  ein  Schwefel- 
ofen aus  Scbmiedeisenblech  mit  einem 
8  mm  dicken  Einsatz  aus  Schmiedeisen- 
blech, der  Zwischenraum  zwischen  Aussen- 
und  Einsatzblech  ist  mit  Sand  gefüllt;  durch 
Abschrauben  des  Deckels  kann  der  Einsatz 
jederzeit  herausgenommen  und  ausgewech- 
selt werden.  Bei  1,8*  qm  Brennfläcbe  kann 
man  bei  richtigem  Zuge  in  24Stunden  1000  kg 
Schwefel  (a  Stunde  alao  41'/»  kg)  verbrennen 
Das  sich  entwickelnde  Gas  wird  bereits  im 
Ofen  durch  ein  von  dem  wagrechten 
Deckel  und  den  Seitenwänden  gebildetes 
Bassin,  in  welches  Wasser  tritt  und  ab- 
fliesst,  gekühlt/ 


Moldaumühl  benutzte  teils  regenerierten 
Sodafabrik  -  Schwefel  von  Aussig  und 
sizilianischen  IIa  vantaggiata  Rohschwefel, 
welche  Sorten  bei  Prüfung  0,023  resp. 

0.  021  pCt  Asche  aufwiesen. 

Das  schmiedeiserne  Rohr  B  von  150  mm 

1.  Durchmesser  und  2  mm  Wandstärke  führt 
das  Gas  in  einen  Kühler  C  aus  9  Blei- 
rohren von  150  mm  1.  Durchmesserund  5  mm 
Wandstärke  bestehend,  welche  in  zwei 
Reihen  in  einem  4000  mm  langen,  1600  mm 
breiten,  720  mm  boheo  Holzkasten  angeord- 
net sind.  Die  neun  Rohre  gehen  durch  die 
Seitenwände  des  Kastens  und  sind  an  den 
Enden  mit  Holzstopfen  verschlossen,  die 
Verbindungsstutzen  der  Rohre  unter- 
einander befinden  sich  innerhalb  des 
Kastens.  Die  Kühlfläche  berechnet  sich 
auf  etwa  19  qm.  —  In  den  Kühlkasten 
lief  Wasser  von  etwa  14*  C  ein  und  floss 
mit  etwa  17°  C  ab.  Die  hölzernen  Ver- 
schlussstopfen gestatten  eine  bequeme 
Reinigung  der  Rohre. 

Die  gekühlten  Gase  werden  durch  das 
Hartblei-Rohr  I,  von  100  mm  L  Weite  und 
5  mm  Wandstärke,  mittels  eines  Wasser- 
strahlgebläses S  von  70  mm  Düsenweite 
angesaugt.  Das  Wasser  (resp.  die  Flüssig- 
keit) zum  Betriebe  des  Gebläses  S  wird 
durch  die  Pumpe  E  aus  dem  Bottich  G 
entnommen  und  mittels  110  mm  I.  Durchm. 
Rohr  F,  nach  S  befördert.  Gas  und 
Flüssigkeit  werden  durch  das  Fallrohr  F, 
von   150  mm  1.  Weite  In   den  Bottich 


Fig.  151.  Era$t  Porak  s  lösungabereltungs-Ap.iarat. 


10.  Bogen  190Ö. 


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330 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


zurückgeführt   P,  muss  in  die  Flüssig- 
keit von   G  eintauchen,   wodurch  das 
Gas   gleichzeitig   Rewaschen   wird.  Der 
Bottich  ist  aus  50  mm  starken,  gesun- 
den Holzdauben    gefertigt    und  misst 
2,1  m  1.  Durchm.  unten,  1,8  m  L  Durchm. 
oben  und  ist  1,8  m  1.  hoch;   er  besitzt 
links  in  der  .Mitte  ein  Flüssigkeitsstand- 
glas, unten  einen  Ablass,  resp.  Reinigungs- 
hahn, rechts  unten  einen  Hartbleischieber 
für  Durchgang  und  Abschluss  der  Flüssig- 
keit aus  G  nach  der  Pumpe  E.  Durch  die 
Wirkung  der  bei  10  m  Druckhöhe  500  Um- 
drehungen machenden  Pumpe  E  und  des 
Wasserstrahlgebläses  S  wird  in  G  Druck 
erzeugt,   dadurch   wird  das  gewaschene 
Gas  durch  das  Hartbleirohr  H  von  100  mm 
1.  Durchm.  und  5  mm  Wdst  in  einen  zweiten 
Kühler  J  (etwa  halbe  Kühlfläche  von  C) 
getrieben,  von  wo  es  durch  Uebertritts- 
rohr  N  in  einen  mit  25  cbm  Kalkmilch 
getollten  Bottich  von  30  cbm  Inhalt,  von 
diesem  wieder  durch  üebertrittsrohr  0 
nach  Bottich  L  gleicher  Grösse  und  gleichen 
Inhalts  tritt  Das  bei  M  ins  Freie  tretende 
Gas  besteht  aus  nicht  absorbierbarem 
Stickstoff  und  Sauerstoff. 

Das  Gehäuse  und  das  Treibrad  der 
Zentrifugalpumpe  E  besteht  aus  einer 
Hartbleilegierung,  die  Welle  ist  aus  Stahl 
gefertigt  und,  soweit  sie  in  der  Pumpe 
steckt,  mit  Bronzemantel  umkleidet  Bei 
700  Umdrehungen  und  10  m  Druckhöhe 
soll  sie  1200  1  pro  Minute  heben  und 
5,3  PS.  zum  Betriebe  erfordern.  Es  stellte 
sich  später  heraus,  dass  7  m  Druckhöhe 
für  den  Betrieb  vollkommen  genügt,  und 
sie  würde  dann  bei  sonst  gleichen  Um- 
ständen nur  3,7  PS.  zum  Betriebe  nötig 
haben. 

Da  im  zweiten  Kühler  J  etwas  Druck 
herrscht,  so  wurde  vorgezogen,  die  Ueber- 
gänge  von  Rohr  zu  Rohr  durch  gebogene 
Hartbleirobre  aussen  (5)  zu  schaffen 

Die  von  Harpf  beobachteten  Temperatur- 
Verhältnisse  waren  folgende: 

In  B  knapp  über  Kühler  C  360»  C 
ohne  Kühlung  des  Ofens 


mit  Kühlung 
des  Ofens 


23,5«  C 


10»  C 


21,0°  C 


5,5  •  C 


ohne 
Kühlung 

in  Rohr  D, 
bei  Punkt  I 

in  Rohr  H.  \    290«  C 
knapp  vor  J( 

inRohrN.l 
bei  Punkt  Ii) 

Dabei  wird  der  Bottich  G  mit  kaltem 
Wasser  beschickt ;  dasselbe  hat  nach  drei- 
stündigem Betriebe,  nach  welcher  Zeit  es 
wieder  erneuert  wird,  folgende  Bestand- 
teile in  100  ccm  enthalten: 

Probe  I     ___  JI  

SO,  1,344  g  0,704  g 

SO,  0,100  „         0,098  „ 

Flugasche  0,0154,,  0,00075,, 
Schwefelblumen  waren  vorhanden,  wurden 
jedoch  nicht  bestimmt.  Dieses  Wasser  kann 
in  der  Zellstofffabrikation  (event.  nach 
Filtration  durch  Kies  und  Sand)  Mitver- 
wendung finden. 

Die  beiden  Lösungsbottiche  K  und  L 
sind  aus  75  mm  starken  Lärchenholz- 
dauben solide  gebaut  und  je  mit  sechs 
Eisenreifen  zusammengehalten  ;  sie  haben 
3650/3850  mm  1.  Durchm.  und  2700  L  Höhe, 
haben,  wie  schon  erwähnt,  30  cbm  Inhalt 
und  werden  mit  25  cbm  Kalkmilch  gefüllt 
mittels  Schnecke  und  Schneckenrad  wird 
ein  aus  Holz  gebauter  Rührer  mit  bronze- 
verkleideter Welle  2— 3mal  pro  Minute 
umgedreht  Standgläser  ermöglichen  die 
Erkennung  des  Flüssigkeitsstandes.  Da  diese 
Bottiche  dicht  gegen  inneren  Druck  sein 
müssen,  geht  die  stehende  Rührwelle  oben 
durch  eine  entsprechende  Bronzestopf- 
büchse, unten  geht  sie  auf  Bronzezapfen 
in  einem  bronzenen  Stützlager.  Die  gekühlten 
Gase  geben  von  N  eingeleitet  durch  die 
Flüssigkeit  des  Bottichs  K.  und  dann 
durch  0  nach  L.  wo  alle  SO,  absobierl 
wird  und  aus  M  nur  SO,  freie  Gase  aus- 
treten. 

Der  Betrieb  dieses  Apparates 
ist  periodisch.  Man  treibt  solange  Gas 
durch  die  Bottiche,  bis  die  am  Standglase 
des  Bottichs  K  entnommene  Lösung  die 
gewünschte  Stärke  hat,  stellt  die  Pumpe  E 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   UI.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


331 


ab  und  lässt  die  Lösung  durch  einen 
Hahn  P  in  ein  Vorratsbassin  abfliessen. 
Darauf  wird  die  bereits  SO,  enthaltende 
Lösung  von  L  nach  K  durch  ein  nicht 

mitgezeicbnetes  Rohr  abgelassen.  L  wieder 
mit  neuer  Kalkmilch  gefüllt  und  die 
Pumpe  E  wieder  in  Gang  gesetzt ;  dabei 
ist  darauf  zu  sehen,  dass  der  Schwefel  im 
Ofen  wieder  in  Brand  kommt. 

Die  Kalkmilch  muss  kalt  in  den  Rottich  L 
kommen.  Der  gebrannte  Kalk  wird  daher 
vorher  in  grossen  Gruben  gelöscht,  ab- 
kühlen gelassen,  dann  mit  Wasser  ver- 
dünnt und  die  Milch  Ober  einen  Sandfang 
und  durch  eine  Waschtrommel  geleitet. 

Nach  Harpfs    Analyse  enthielt  eine 
länger  an  der  Luft  gelegene  Probe  des 
gebrannten  Ka'kes 
27.45  pCt.  Glübverlust  (CO,  und  HaO) 
0.09  „   Ala  0, 
7,25   „   Mg  0 
65.51   „   Ca  0 
Spuren  von  Fe,Os  und  SiO,. 
Die  Reinheit  des  Kalkes  in  Bezug  auf 
Eisen  ist  für  die  ZellstofTfabrikation  von 
hohem  Wert. 

Harpf  und  die  Beamten  in  Moldaumühl 
haben  gelegentlich  die  Gase  in  den  Saug- 
und  Druckleitungen  untersucht  und 
in  der  Saugleitung  5.58-9.6  Vol.- pCt.  SO,, 
inderDruckleitungJ2,8-23,7  „  „  SO, 
konstatiert. 

Da  nun  (wie  auch  früher  S.  308  aus- 
geführt) der  theoretische  Maximalgehalt 
bei  0*  und  760  mm  Luftdruck  beim  Ver- 
hrennen  von  Schwefel  an  der  Luft  nur 
20,99  Vol.-pCt.  beträgt,  so  erklärt  sich 
der  hohe  Prozentgehalt  in  der  Druck- 
leitung einfach  daher,  dass  das  geprüfte 
Gasgemenge  sich  unter  Ueberdruck  be- 
findet 

Harpf  beurteilt  in  seiner  Arbeit  den 
Porak  -  Apparat,  wie  er  betont,  vom 
praktischen  Standpunkte  aus 
und  sagt  wörtlich: 

Id   der  Saugleitung  herrscht  Depression;  J 
der  Zug  ist  ein  kräftiger,  ein  Ausschlagen  des 
•  iäses  zur  Ofentür  wird  vermieden,  die  Ver- 
brennung ist  vollständig  und  Sublimation  bei 
regelmässigem  Betrieb  fast  ausgeschlossen. 


Insbesondere  technisch  wichtig  aber  ist  es, 
dass  das  (ias  unter  Ueberdruck  in  die  Kalk- 
milch eingepresst  wird,  dass  wir  folglich  in  der  , 
Druckleitung,    wie   die  Analysen   zeigen,  in 
einem  k  le  i  neu  V  o  I  u  in  e  n  G  asge  m  e  ng  e 
einen  sehrgrossenGehaltanSchwefel- 
dioxyd  bekommen,  was  als  eine  Folge  der 
sinnreichen  Einschaltung  von  Druckbottich  G, 
Pumpe  E  und  Injektor  S  zwischen  Schwefel- 
ofen und  Absorptionsgefdas  zu  betrachten  ist. 
Infolge    der   doppelten  Kühlung    und  Kom- 
primierung nehmen  die  Gase  ein  kleines  Volutneu 
ein,  sind  sehr  konzentriert  und  werden  daher, 
wie  bekannt. bed  eutend  besse  r  absorbiert 
als  dünnes  Gas,  was  sowohl  für  die  Darstellung 
der  Sultitlaugen   alt»  auch  für   alle  anderen 
Zwecke,  wo  SO,  in  Flüssigkeiten  gelöst  werden 
soll,  von  grossem  Werte  ist.    Damit  ist  mein 
1'rtcil  über  den   neuen  Apparat  im  wesent- 
lichen bereits  gegeben. 

Weitere  Merkmale  desselben  sind: 
Die  Flüssigkeit,  welche  mit  SO,  behandelt 
werden  soll,  wird  nur  sehr  wenig  bewegt,  kann 
aber,  wenn  gewünscht,  vollkommen  ruhig  stehen ; 
ein  Auspeitschen  bereits  gelöster  schwefliger 
Säure  findet  somit  nicht  statt.  Kompressoren, 
sowie  Ventilatoren,  welche  ersteren  teurer  sind, 
während  die  letzteren,  da  sie  ihrer  Grosse 
wegeu  aus  Eisen  gemacht  werden  müssen,  sehr 
bald  zerfressen  sind,  werden  hier  gänzlich  ver- 
mieden; ebenso  Dampfinjektoren,  welche  das 
(4as  zu  Behr  erwärmen  Man  arbeitet  mit  ge- 
waschenen, aschenfreien,  reinen  Gasen,  der 
Kraltbedarf  ist  gering,  die  Bedienung  einfach. 

Der  Apparat  is^  daher  auch  billiger  als 
viele  andcie  Konstruktionen,  da  er  ja  ausser 
der  Pumpe  una  dem  Schwefelofen  nur  aus 
Blciröhren  und  Holzbottichen  besteht.  Drei 
solche  Apparate  arbeiten  gegenwärtig  in  Mol- 
daumühl und  es  erzeugt  jeder  in  24  Stunden 
40  50  cbni  doppeltschwefligsaure  Kalklaugo 
von  5  bis  6 «  Be.,  d  i.  mit  3,5  bis  4  Proz. 
Gesamt-SO,;  die  Kosten  eines  solchen  Appa- 
rates stellen  sich  samt  Lizenz  und  Montierung 
auf  5000  H  ö.  W.  Es  ist  selbstverständlich, 
das»  der  Apparat  auch  je  nach  der  Art  des 
Betriebes  grössere  Mengen  verdünnter  Laugen 
liefert,  andererseits  aber  auch  stärkere  Laugen 
erzeugen  kann,  falls  solche  gewünscht  werden.- 

Harpf  schliesst  seine  Beurteilung  nach 
Besprechung  einiger  ähnlicher,  aber  miss- 
lungener  Konstruktionen  mit  den  Worten: 

Porak  benutzt  die  Flüssigkeit  in  seinem 
Druckbottich  G  erstens  zum  Transport  der  Gase, 
also  zum  Betrieb  des  Injektors  S  irittcls  der 
Pumpe  E,  zum  Ansaugen  und  Weiterdrücken 
uad  zweitens  gleichzeitig  zum  Waschen  der 


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332  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  HL  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


Gase,  —  und  leitet  dieselbe»  dann  erst  in 
einem  Hochkonzentrierten  ruhigen  Strom  in  die 
zur  eigentlichen  Absorption  bestimmten  Ge- 
fälle ;  darin  liegt  vor  allem,  meiner  Ansicht 
uacb,  sowohl  die  Neuheit  als  auch  der  tech- 
nische Wert  der  Erfindung." 

Die  Wiedergewinnung  der  SO,  in  Mol- 
daumfihl  wird  nach  Harpf  so  gehandhabt: 
Das  Abgas  der  fünf  Kocher,  welche  in  16 
bis  24  Stunden  bei  einer  Endtemperatur 
ron  135—146*  C.  fertig  gekocht  werden, 
geht  in  einen  Kühler  und  dann  in  einen 
grossen  Holzbottich,  in  welchem  sich  etwa« 
Wasser  befindet  und  das  Kondensat  ions- 
produkt,  eine  wässerige  Lösung  von  schwef- 
liger Säure,  ansammelt,  die  von  Zeit  zu 
Zeit  der  fertigen  Sulfitlösung  zugeteilt  wird. 
Das  übrige  nicht  kondensierte  Gas  wird  in 
die  Lösungsbotliche  Fig.  151  K  und  L 
langsam  eingeleitet  und  vermehrt  den 
Gehalt  der  Flüssigkeit  an  freier  schwefliger 
Säure.  Durch  diese  Wiedergewinnung 
erreicht  die  Fabrik  Moldaumühl,  wie 
unten  nachgewiesen  wird,  eine  grosse  Er- 
sparnis an  S  oder  SO,. 

Sehr  wertvoll  ist  die  Mitteilung  einer 
Tabelle  in  Harpfs  Publikation  über 
29-Monate-Betrieb  der  Moldaumühl.  Nach 
titrimetrischen  Bestimmungen  hatte  die 
für  den  Betrieb  benötigte  erzeugte 
Kochlösung  3,556  pCt.  Gesanot- SO  und 
etwas  mehr  als  1  pCt.  Calciumoxyd 
enthalten. 

1  cbm  Lösung  enthielt  demnach  17,78  kg 
Schwefel,  der  in  der  Betriebszeit  auf  1  cbm 
Lösung  verbrannte  Schwefel  betrug  aber 
nur  11,12  kg,  es  waren  also  6,66  kg 
Schwefel  durch  die  Wiedergewinnung  zurück- 
gewonnen, d.  h.  37  Prozent  des  theoretisch 
notwendigen  Quantums.  Man  erkennt 
daran  den  hohen  Wert  der  Abgaswieder- 
gewinnung, resp.  den  Nutzen  für  die 
Fabrikation. 

Auf  100  kg  lufttr.  Stoff  brauchte 
Moldaumühl  nach  der  Fabrikationstabelle 
durchschnittlich : 

0,45  Festmeter  Holz 
1150  1  Lösung 
12,62  kg  Schwefel 
11,17  kg  gebrannten  Kalk  (Ca  0). 


Gewonnen  wurde  weicher,  leicht  bleichbarer 
Ritter-Kellner-Stoff. 

Verfasser  kann  aus  eigener  dreijähriger 
Praxis  diesen  Zahlen  folgendes  einer 
kleineren,  nach  Mitscherlichs  Verfahren 
arbeitenden  Anlage  gegenüberstellen. 

Auf  100  kg  lufttr.  Stoff  werden  nach 
30monatigen  Betriebsergebnissen  durch- 
schnittlich verbraucht: 

0,625  rm  co  0,43  Fm.  Holz 

810  1  Lösung 
14,47  kg  Schwefel  (bei  unvollkommener 

Wiedergewinnung) 
20,6   kg  roher  Tuff  (entsprechend 
12,73  Ca  0) 
56  kg  Ia.  Stein-Kohlen  zum  Kochen. 

Es  wurde  harter  Ia.  Mitscherlichstoff 
erzeugt,  aber  nebenher  auch  IIa.  und  lila, 
aus  den  Aesten  gewonnen  und  zur  durch- 
schnittlichen Berechnung  auch  die  letzten 
Stoffe  mitberücksichtigt. 

Aus  den  weiter  oben  gedruckten  An- 
gaben des  Herrn  F.  Schilde  hält  man  in 
Amerika  12  kg  Schwefelverbrauch  auf 
100  kg  Stoff  für  anstrebenswert  Nach 
Mitteilung  eines  anderen  mit  den  ameri- 
kanischen Verhältnissen  vertrauten  Herrn 
arbeiten  dort  sehr  viele  Fabriken  mit  15  kg 
Schwefelverbrauch  auf  100  kg  Stoff.  Ver- 
einzelt braucht  man  noch  mehr,  bis  22  kg 
Schwefel  auf  100  kg  Stoff.  ' 

In  der  Litteratur  ist  andrerseits  von 
einigen  kontinentalen  Anlagen  11  kg 
Schwefelverbrauch  auf  100  kg  lufttr.  Stoff 
als  erreicht  bezeichnet  worden. 

[Dr.  A.  Frank's  Apparat 
Dr.  Frank -Charlottenburg  hat  bereit« 
1887  mit  Recht  auf  die  Erschwerung  der 
Lösungsherstellung  unter  Anwendung  von 
Kalkstein  in  Türmen  und  Bottichapparaten 
hingewiesen,  dabei  kritisiert  er  abfällig 
beim  Turmbetrieb  das  Abhängigsein  von 
der  Witterung,  an  den  Bottichapparaten 
die  Notwendigkeit,  einen  Kompressor  zum 
Durchtreiben  der  S09Gase  anwenden  zu 
müssen  und  hebt  an  beiden  Apparaten 
die  Uebelstände  der  allmählichen  Vergips- 
ung und  Verschlammung  hervor,  welche 
zu  einer  unregelmässigen  ^usammenseU- 


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£.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C,  ZELLSTOFF.  333 


ung  der  Lösungen  und  zu  Betriebsunter- 
brechungen  fuhren.  Er  gibt  der  Milch  aus 
Aetzkalk  den  Vorzug,  da  von  ihr  die  Auf- 
nahme der  SO,  energischer  und  vollständi- 
ger geschehe  und  die  Ozydation  in  SOs 
verringert  werde,  die  Apparate  kleiner 
würden,  auch  der  Kalkgebalt  der  Lösung 
von  vornherein  bestimmt  und  leicht  regu- 
liert werden  könne. 

Er  äusserte  sich  bei  der  Gelegenheit 
auch  Ober  die  Nachteile  des  Durchsaugens 
des  SO,-Stromes.  Ein  Saugeejektor  für 
Herstellung  von  25  —30  cbm  Lösung  braucht 
so  viel  Dampf,  wie  eine  30  PS  Dampf- 
maschine, bin  zweiter  Fehler  der  Durch- 
saugung  ist,  dass  die  Sättigungder  Lösungen 
bei  Unterdruck  beschränkter  ist 
als  bei  Ueb  er  druck.  (Ein  Glas  Selters- 
wasser verliert  bei  Unterdruck  schnell  seine 
Kohlensäure  !)* 

Dr.  Frank  arbeitet  aus  diesen  Gründen 
mit  Kalkmilch  aus  gelöschtem  Aetzkalk 
mit  Druck  und  hat  bereits  viele  Lösung- 
bereitungsanlagen im  letzten  Jahrzehnt 
ausführen  lassen,  die  zu  sehr  guten  Betriebs- 
ergebnissen führten.  Auch  ist  der  Apparat 
mehrfach  nachgebaut 

Der  Frank'sche  Apparat  und  die 
Arbeitsweise  mit  demselben.**) 

Es  wird  in  einem  ganz  geschlossenen 
Eisenrobr  mit  flachgedrücktem  Querschnitt, 

*)  Wie  unpraktisch  es  ist,  mit  Säugling  zu 
arbeiten,  ist  am  beBten  bei  der  Titration  «1er 
•Sulfitlüsungen  zu  erkennen.  Saugt  man  nämlich 
die  su  untersuchende  Lösung  mit  den»  Munde  in 
die  Pipette,  so  erhält  man  einen  merklich  niede  reren 
Gehalt  an  SOj,  als  wenn  man  die  Lösung  durch 
Blasen  in  die  Pipette  aufsteigen  lässt.  Es  ent- 
bindet sich  schon  bei  dem  geringen  Unterdrück, 
der  durch  Saugen  mit  dem  Munde  hergestellt 
wird,  ein  Teil  der  freien  SO,  aus  der  Lösung. 
Ana  diesem  Grunde  sind  denu  auch  die  mittele 
DurchsauguDg  der  Gase  durch  die  Ka'.kmilch 
hergestellten  Lösungen  stets  viel  S02-ärmer  und 
verhältnismässig  Kalk-reicher  als  die,  welche 
unter  Druck  erzeugt  werden.  Es  ist  also 
theoretisch  ganz  verwerflich,  mit  Tnterdruck- 
apparaten  Sulbtlösungen  herzustellen. 

••)  Nach  Max  Schubert.  Die  Cellulosefabri. 
kation  IL  Aufl.   Berlin  1897.  M.  Krayn. 


welches  zwischen  gusseisernen  Kopfwänden 
eingesetzt  und  verdichtet  und  rings  von 
Kühlwasser  eines  eisernen  Wasserkastens 
umgeben  ist,  auf  einer  besonderen  Einsatz- 
pfanne Schwefel  (bis  zu  1500  kg  in  24 
Std.)  unter  leicht  und  sicher  regulierbarer 
Luftzupressung  mittelst  einer  Luftpumpe 
verbrannt  Die  Gase  sollen  bis  zu  15  pCL 
SO,  enthaltend  erzielt  werden  können. 

An  den  Ofen  schliessen  sich  ein  Vor- 
kühler, ein  Staubfänger,  ein  Schlangen- 
kühler und  ein  kleiner  Wascher  an.  Letzte- 
rer hält  die  geringen  Mengen  SO,  zurück. 

Die  gekühlten  und  gereinigten  Gase 
treten  in  eine  Absorptionsbatterie,  zunächst 
in  einen  grösseren  geschlossenen  Bottich 
mit  verdünnter  Lösung  und  passieren  dann 
zwei  kleinere  Bottiche  mit  stärkerer  Kalk- 
milch, die  terrassenartig  aufgestellt  sind. 
Alle  drei  Bottiche  haben  Rührwerke.  Der 
letzte,  am  höchsten  stehende  Bottich  em- 
pfängt die  starke  frische  Kalkmilch  und  die 
letzten  Gase,  er  darf  offen  sein,  da 
die  letzten  Spuren  SO,  hier  sicher  absor- 
biert werden.  Der  mittlere  gleich  grosse 
Bottich  ist  geschlossen,  ist  von  gleicher 
Grösse  des  letzten  und  empfängt  die  Kalk- 
milch des  letzten  Bottichs,  nachdem  sein 
vorheriger  Inhalt  in  den  ersten  grösseren 
Bottich  abgeflossen  war. 

In  dem  ersten  Bottich  wird  die 
Kalkmilch  mit  Wasser  verdünnt  Ks 
findet  auch  hier  eine  periodische  Arbeit 
statt 

Es  werden  zwei  Apparatgrössen  ge- 
baut. Der  grössere  Apparat  liefert  20  cbm, 
der  kleinere  10  cbm  auf  einmal.  Und  da 
die  Arbeitsperiode  inkl.  aller  Umfüll-  und 
Nebenarbeiten  nur  7  Stunden  beansprucht, 
werden  54—60  resp.  30—36  cbm  Lösung 
in  24  Stunden  hergestellt  werden  können. 

Es  soll  Sulfitlösung  aus  Kalk,  Dolomit 
und  reiner  Magnesia  bis  zu  10°  Bö  mit 
viel  freier  SOt  erzeugt  werden  können. 

Dr.  Frank  leistet  Garantie,  dass  von 
100  kg  98prozentigem  Schwefel  95  kg  reiner 
Schwefel  in  die  Lösungen  übergebt  Bei 
J.  Spiro  &  Söhne  in  Böhmisch  Krummau  tun 
Kymmene-Bruk,  wo  u.a.  Frank'sche  Apparate 
eingeführt  wurden,  will  man  96,8—»?  kg 


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334 


E.  KIRCHNER.    DAS  PA^IÄR.   tlt  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Schwefel  auf  100  kg  98prozentigen  S  in  den 
Lösungen  als  193,6-194  kg  SO,  nachge- 
wiesen haben. 

Dr.  Frank  zieht  einen  Vergleich: 
Fabrikanlage  A  B 

erzeugten  Losungen  von    7  •  5  •  Be 

mit  (iesamt-SOi  4,35  pCt  3,254  pCt. 
freie  SOi  235   „    2,382  „ 
gebuniSOi  2,00  „    0,874  „ 
entspr.  Kalk    1,75   „    0,764  „ 

Schwefelverbrauch  ä  cbm  Lösung  ad  A 
23  kg,  ad  B  17  kg;  B  ersparte  6  kg 
Schwefel,  was  sich  aus  dem  höheren  Ge- 
halt an  freier  SO,  erklärt. 

Die  Herstellung  von  50 cbm  Lösung  mit  einer  älteren  Frank  seben  Anlage  kostete: 
870  kg  Schwefel  ä  100  kg  M.  11.—  loco  Fabrik  M.  95,75 

550  kg  gebr.  Kalk  incL  Löschen  ä  HO  kg  M.  1.50  loco  Fabrik 
Arbeitslohn  zwei  Schichten  a  2.50 
Betriebskraft  5—6 

200—300 1  pro  Min.  Kühlwasser  zu  Heben,  Schmiere,  Beleuchtung 
6  pCt  Zins,  10  pCt  Amortisation  pro  Tag   


Aus  gleichem  Grunde  hatte  der  Stoff 
der  Anlage  A  auch  1,85  pCt,  der  der  An- 
lage B  nur  0,36  pCt,  Asche. 

Abgesehen  von  der  direkten  Gelder- 
sparnis an  Schwefel  ä  cbm  6  Kg  =  65  bis 
70  Pfg.  ist  dem  Fachmann  genugsam  be- 
kannt und  vorstehend  des  öfteren  ge- 
sagt, dass  die  viel  freie  SO,  enthaltenden 
Lösungen  viele  weitere  Vorteile  mit  sich 
bringen:  man  kann  mit  der  Lösung  B 
besseres  erzielen  als  mit  der  Lösung  A 
und  man  hat  es  mit  dem  Frank  sehen  Appa- 
rat in  der  Hand,  die  Lösungen  nach  Wunsch 


8.25 
5- 
6,- 
5.- 
12- 


Oder  1  cbm  Lösung  (33'/«  SO,  1°/«  CaO)  kostete  also  M.  2.64. 


M.  IH2. — 


Als  Vorteile  des  Apparats  werden  auf- 
geführt: 

1)  Unabhängigkeit  vom  Wetter,  leichte 
Regulierung  des  SO,-  und  CaO -Ge- 
haltes, Erreichung  von  bis  10*  Be- 
Lösungen ; 

2)  Leichtes  Unterbrechen  und  Wieder« 
aufnehmen  des  Betriebes; 

3)  Geringe  Betriebskraft ; 

4)  Vollkommene  Absorption  derSOa,  und 
geringer  Raumbedarf  ; 

5)  Ersparnis  an  Schwefel  und  Kalk,  Ver- 
meidung von  Gips  und  Schlamm  in 

den  Apparaten; 

6)  Der  Apparat  ist  solide,  leicht  über- 
sichtlich und  bequem  zugänglich ; 

7)  Der  Apparat  ermöglicht,  die  von  den 
Kochern  abgeblasene  SO,  auszu- 
nutzen ; 

8)  Betriebsstörungen  infolge  Sublimation 
von  Schwefel,  Verstopfung  von  Röhren 
und  jede  Belästigung  von  Arbeitern 
und  Nachbarschaft  durch  Entweichen 


von  schwefliger  Säure  sind 
schlössen. 

Herr  Dr.  Frank  schreibt  dem  Verfasser 
auf  geschehene  Antrage  unterm  16.  Nov. 
1903:  »Der  Schwefelverbrauch  (neueste 
Anlagen,  die  mit  dieser  Lösungs-  und 
Wiedergewinnungseinrichtung  ausgestattet 
sind;  pro  100  kg  trockene  prima  Gellulose 
stellt  sich  auf  nicht  ganz  10  kg  und  die 
Ausbeute  pro  Raummeter  Holz  auf  169  bis 
170  kg.  Mit  1  cbm  Lösung  werden  140  kg 
Cellulose  erzielt  Die  Lösung  bat  durch- 
schnittlich 3,254  pCt.  Gesamt-S0„  davon 
2,144  freie,  1,123  gebundene  bei  0,980  pCL 
Kalk. 

Von  zuverlässiger  Seite  erfuhr  der  Ver- 
fasser : 

„Von  den  Frank'schen  Laugenapparaten  sind 
eine  grosse  Zahl  —  zumeist  iu  Kombination  mit 
der  ebenfalls  von  Frank  angegebenen  Wieder- 
gewinnung der  schwertigen  Saure  aus  den  Koch- 
laugen —  iu  Deutschland,  Oesterreich,  Hussland, 
Schweden  und  Norwegen,  sowie  in  den  Vereinigten 
Staaten,  in  Kanada  und  in  .lapan  ausgeführt  und 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


335 


in  dauerndem  Betriehe.  Neben  der  durch  volle 
Ausnutzung  des  Schwefel  herbeigeführten  Er- 
sparnis bieten  sie  den  für  einen  gleich  in  aasigen 
Betrieb  schon  wesentlichen  Vorteil,  die  Laugen- 
gewitinung  von  klimatischen  Einflüssen,  Hitze 
oder  Kälte  ganz  unabhängig  zu  machen.  Die 
Apparate  werden  von  der  Maschinenfabrik  A  -O. 
vormals  Wagner  &  Co.  in  Coethen  unter  spezieller 
Kontrolle  des  Herrü  Dr.  Frank  geliefert  und 
prüft  letzterer  auch  alle  dabei  zur  Verwendung 
kommenden  Rohmaterialien,  wie  Kalk,  Schwefel 
und  Schwefelkies." 


In  Deutschland  baut  auch  die  Sachsen- 
burger Aktien-Maschinenfabrik 
und  Eisengiesserei,  Sachsen- 
burg-Heldrungen (Kyffhäuser) 
Apparate,  welche  auf  Benutzung  von  Kalk- 
milch basieren.  Sie  verwendet  mit  Dampf 
oder  Riemen  betriebene  Luftpumpen 
eigener  Konstruktion,    treibt  damit  die 


Luft  durch  ihre  (vorn  &  229  und  300  be- 
schriebenen u.  Figur  130—132  illustrierten) 
gusseisernen  Schwefelbrenner,  ferner  durch 
auf  dem  Gegenstrom  basierende  Kühl- 
apparate geringen  Raumbedarfes,  welche 
die  Uase  4— 6'G  höher  als  das  eintretende 
Kühlwasser  temperiert  in  die  einfachen 
hohen  offenen  Absorptionsapparate  ab- 
geben, und  richtet  Wiedergewinnung  der 
SO,  aus  den  Kocherdämpfen  ein. 

Diese  Firma  stellte  dem  Verfasser 
folgende  Tabelle  zur  Verfügung,  aus  der 
der  Fachmann  wünschenswerte  Aufschlüsse 
erhält.  Aus  den  mitgegebenen  Zeugnissen 
in-  und  ausländischer  Zellstofffabriken 
ergibt  sich  die  Zufriedenheit  der  Be- 
nutzer der  Oefen  und  Kompressions- 
pumpen sowohl  wie  der  Anlagen  über- 
haupt 


Lauge 

in 
24Std- 
cbm 

Verbrauch 

in  24  Std. 

Schwefel  Kalk 
kg     1  kg 

Schwefel- 
Ofen 

Stück  jNo. 

Luft- Kom- 
pressor 

Stuck]  No. 

-ö  * 

;—  w 

Stück 

(■iegenBtr.- 
Kühler 

Stückl  No. 

Absorption- 
tief iiss 

cbm'i  Stück 

Ka 
Auf- 
löser 
Stück 

ilk 

Pum- 
pe 
Stück 

Kraft- 
be- 
trieb 

ps 

400 

7200 

10000 

10 

5 

2 

7 

2 

10 

3 

28 

5 

2 

2 

66 

300 

5400 

7500 

8 

6 

2 

6 

2 

8 

3 

25 

4 

2 

2 

40 

200 

3600 

5000 

H 

5 

t 

7 

<> 

3 

25 

3 

2 

2 

33 

150 

2700 

3750 

4 

5 

1 

6 

4 

3 

25 

2 

1 

20 

100 

1800 

2500 

3 

5 

1 

r> 

3 

3 

20 

2 

l 

13 

75 

1350 

1875 

2 

5 

1 

5 

2 

3 

25 

1 

1 

10 

50 

900 

1250 

2 

4 

1 

4 

2 

3 

20 

1 

1 

8 

25 

450 

G25 

2 

3 

1 

3 

l 

3 

10 

1 

1 

Der  Güte  des  mehrgenannten  Ingenieur  I 
F.  Schilde,  zur  Zeit  in  Dresden,  ver- 
danken wir  die  Kenntnis  der  schon 
im  »Wochenblatt  tür  Papierfabrikation«, 
Jahrgang  1902  Nummer  40  Seite  2599 
bis  2602,  veröffentlichten  in  Amerika 
vielfach  eingeführten  Lösungsbereitungs- 
Apparate  von  Burgess  und  von  Stebbins. 


Burgess  -  Sul fitlösungs- 
Herst  ellungsap  parat 

Das  Burgess-System  ist  ein  Dreibottich* 
System,  jedoch  sind,  wie  unsere  Figuren 
152  und  153  zeigen,  die  drei  Bottiche  zu 
einem  hohen  Gefäss  von  (25'  7,613  m 
Höhe  und  (11'«*)  3,349  m  Durchmesser 
vereinigt  Zwei  horizontale  Böden  be- 
wirken die  Dreiteilung. 


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&  Kirchner,  das  paper.  m.  b.  und  c.  Zellstoff. 


Auf  einem  uns  vorliegen- 
den Prospektblatt  wird  dieser 
von  der  Portland  Company 
in  Portland  -  Maine  gebaute 
Apparat  als  Kraft,  Raum  und 
Geld  ersparend  gerühmt. 

Der  Fabrikationsvorgang 
ist  wie  folgt  beschrieben. 

Die  Kalkmilch  wird  in  der 
obersten   Abteilung    bei  e 
Fig.  152  eingeführt  und  fliesst 
durch   die  Ueberlaufröhre  D 
in  die  mittlere  Abteilung,  von 
hier  durch  die  Ueberlautröhre 
E  in  die  untere  Abteilung. 
Bei  A,  einem  Krümmer  der 
oberen  Abteilung,  ist  ein  Rohr 
nach   der  Luftpumpe  ange- 
schlossen.   Durch  das  Rohr 
B  wird  das  Schwefligsäure- 
gas ausdenSchwefelbrennem, 
nachdem  es  Kühler  passiert  hat 
in  die  Mitte  der  unteren  Abteilung  einge- 
lassen.   Für  das  Durchsaugen  sorgt  die 
LuRpumpe.     Das  Gas   tritt   durch  den 
weiten  Stutzen  F   in   eine  Verteilungs- 
haube G,  von  der  zwei  längere  (H)  und 
zwei  kürzere   Gasverteilungsröhren  (H, 
Fig.  154)  das  Gas  in  die  Flüsssigkeit  treten 
lassen ;  an  die  langen  Rohrstutzen  H  sind 
Bronzerührer  S  gehängt,  welche  ein  Zu- 
bodensetzen  der  Kalkteile  verhindern.  Das 
in  der  unteren  Abteilung  nicht  absorbierte 
Gas  tritt  durch  weitere  Stutzen  F  und  die 
gleichen  Verteiler-Rührer   in   den  Mittel- 
und  in  den  Überraum.    Die  Mittelwelle  J 
ist  durch  ein  Ringspurlager  K  vom  Träger 


Fig.  154.  6rundrl8S8chnitt. 


Fig.  152.   Schnitt.  Flg.  153.  Ansicht. 

L  getragen  und  durch  ein  unteres  Hais- 
lager V  vor  seitlichem  Ausweichen  ge- 
schützt. Die  Welle  mit  den  drei  Ver- 
teiler-Rührern wird  mittels  oben  ange- 
brachter Kegelräder  in  Betrieb  gesetzt. 
Durch  das  Ventil  N  fliesst  die  fertige 
Sulfitlösung  aus  der  unteren  Abteilung  ab. 
Fig.  152  zeigt  im  oberen  Beden  ein  Mann- 
loch 0.  Fig.  153  lässt  den  Riemenantrieb, 
die  Mannlöcher  0  für  die  mittlere  und 
untere  Abteilung  und  Flüssigkeits-Stand- 
gläser  R  für  alle  drei  Abteilungen  er- 
kennen. 

Die  Burgessapparate  werden  für  etwa 
23  bis  92  t  (ä  1000  kg)  ZellstofT-Tages- 
produktion  gebaut.  Die  oben  angegebenen 
Dimensionen  sind  einem  Apparate  zugehörig, 
der  Lauge  für  etwa  46 1  Zellstoffproduktion 
pro  Tag  fertig  stellen  lässt. 

Nach  Mitteilungen  unseres  Freundes 
hat  man  für  100  t  co  92  deutsche  t  Tages- 
produktion 2  dieser  Apparate  gebraucht, 
wobei  2  Luftpumpen  von  610  mmDurchm. 
und  610  mm  Hub  mit  60  minutl.  Um- 
drehungen arbeiteten. 

Der  amerikanische  Prospekt  besagt 
noch,  dass  die  Bottiche  aus  Holz,  alle 
Röhren,  Wellen  und  Rührer  aus  Bronze 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


337 


hergestellt  sind,  welche  Materialien  weder 
durch  SO, -haltige  Gase  noch  durch  die 
Lösungen  angegriffen  werden. 

Die  Apparate,  welche  Herr  Schilde  in 
Tätigkeit  sah,  waren  seit  2  Jahren  ohne 
jede  Reparatur  im  Betriebe  gewesen, 
brauchten  nur  geringe  Antriebskraft  und 
wenig  Bedienung. 

Fig.  155  verdeutlicht  die  oben  bereits 
beschriebene  GaseinfQhrung  in  die  untere 
Bottichkammer,  sie  wiederholt  sich  (soweit 
Ober  dem  Boden  liegend)  am  Boden  der 
Mittel-  und  Oberkammer  des  Apparates. 

Die  bronzenen  Gaszuführrohre  von  ver- 
schiedener Länge  H  und  Hi  besitzen  bei 
G  eine  glockenähnliche  Erweiterung  und 
sind  mit  einer  Nabe  auf  der  vertikalen 
Welle  J  festgekeilt 

Zwischen   dem  Gaseinströmstutzen  F 


Fl*  155.  Birten  Gueisströming. 

und  dem  Ober  F  offenen  hohlen  Rührarm 
H  bleibt  ein  13  mm  breiter  Zwischenraum  ; 
das  Gas  tritt  durch  letzteren  und  durch 
die  offenen  Enden  von  H  und  H,  in  die 
Kalkmilch,  die  2  langen  Rohre  H  (Fig.  154) 
tragen  die  Rührschienen  S.  F  befindet 
sich  über  den  in  die  Kammerböden  einge- 
schnittenen Löchern  L.  Der  in  Fig.  155  ge- 
zeichnete Boden  der  untersten  Abteilung 
trägt  den  Einströmstutzen  B  für  das  Gas, 
in  welchem  die  stehende  Welle  durch  das 
an  der  Stutzenwand  befestigte  Stützlager 
V  getragen  wird 

Nach  Herrn  Schilde  ist  es  vorzuziehen, 
nur  2  Rohrenden  (vielleicht  die  von  H) 
offen  zu  lassen,  die  Rohrenden  H,  aber 


zu  schli essen,  um  den  13  mm  breiten 
Schlitz  zwischen  F  und  H  besser  offen  zu 
halten  und  ein  Rückdrücken  von  Lösungen 
zu  verhindern. 


! 

! 


Flg.156.    F.  Schilde«  Vertiefung 

Während  des  regelmässigen  Betriebes 
halten  sich  diese  Schlitze  ohne  Anstand 
offen,  bei  einem  Stillstand  ist  aber  un- 
vermeidlich, dass  die  oberen  noch  wenig 
gesättigten  Lösungen  durch  die  Stutzen  F 
in  die  nächst  unteren  Abteilungen  laufen 
und  die  Lösungen  in  ihrer  Zusammen- 
setzung ungünstig  beeinflussen.  Um  diesen 
Uebelstand  zu  vermeiden,  schlägt  Herr 
Schilde  vor,  das  in  der  unteren  Kammer 
übrig  bleibende  Gas  in  die  Mittelkammer 
und  das  in  der  Mittelkammer  übrig  blei- 
bende Gas  in  die  obere  Kammer  durch 
die  auf  Fig.  156  skizzierten  Heberrohre, 
die  mehrfach  (statt  einmal)  angeordnet 
sein  können,  überzuführen.  Dadurch  ist 
ein  Vermischen  der  dünneren  mit  den  starken 
Lösungen  bei  Stillständen  vermieden. 

In  der  im  Wochenblatt  für  Papier  fa- 
brikation  Jg.  1903  No.  32  u.  35,  S.  2332/34 
bezw.  S.  2572  beschriebenen,  seit  1900  im 
Betriebe  befindlichen  Sulfitstoff- 
fabrik der  Oxford  Paper  Co.  in 
Rumford   Falls,  Maine,   V.  St  v. 

II.  Bojen.  190". 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Nordamerika,  welche  täglich  81«/i  t  (a  1000 
kg)  Sulfitzellstoff  produziert,  sind  die  vor- 
beschriebenen Burgess-Apparate  in  zu- 
friedenstellender Tätigkeit. 

Die  ganze  Lösungsbereitungsanlage  ist 
in  4  aneinandergereihten  Räumen  von  zu- 
sammen 40  X  30  m  Bodenfläche  neben 
der  Kocherei  untergebracht 

Raum  1  enthält  unten  das  Schwefellager 
oben  den  gelöschten  Kalkvorrat 

Im  Raum  2  sind  7  Schwefelöfen  von 
0,91ö  mm  Breite  3660  mm  Lange  und  die 
Gaskühler  untergebracht 

Im  Raum  3  stehen  drei  Burgess  Absorp- 
tionsapparate 3,35  m  Durchm.  7,6  m  Höhe, 
welche  von  2  Luftpumpen,  jede  mit  2 
doppelwirkenden  Zylindern  610  Durchm. 
610  Hab  und  n  =  60,  also 
29,2  ■  6,1^ .JjO^gp  ^  2M0  cbn  A„. 

gase  pro  Stunde  bewältigen,  bedient  wer- 
den; in  diesem  Raum  steht  auch  noch  in 
dem  Vakuum  des  Burgessapparates  ent- 
sprechender Tiefe  ein  Kmpfangsbottich  für 
die  aus  den  Burgess- Apparaten  ablaufende 
Lösung. 

Im  Raum  4  befinden  sich  4  Vorrats- 
bottiche in  einer  und  6  weitere  Vorrats- 
botticbe  in  einer  zweiten  Reihe,  alle  10 
Bottiche  von  etwa  3,6  m  Durchm.  sind  aus 
Fichten-  (hard  pine)  Holz  gebaut. 

Die  ersten  vier  Bottiche  sind  Vorrats- 
und Wiedergewinnungsbottiche.  In  den 
ersten  Bottich  wird  mittels  einer  Pumpe 
die  Lösung  aus  dem  Empfangsbottich  ge- 
pumpt &He  ^  Bottiche  nehmen  aber  auch 
noch  die  aus  den  Kochern  abgestossenen 
Gase  auf  und  sind  mit  5  mm  dickem  Blei 
und  100  mm  dicker  Schiebt  aus  Ziegeln, 
in  Zement  Quarz  und  Wasserglas  gelegt, 
bekleidet 

In  jeden  dieser  Bottiche  ragen  zwei- 
zöllige,  unten  offene  Kupferrohre  bis  ziem- 
lich auf  den  Boden,  durch  welche  die  Ab- 
stossgase  von  den  Kochern  eingeblasen 
werden.  Die  Lösung  läuft  oben  über  von 
einem  Bottich  in  den  anderen  und  passiert 
auch  die  letzten  6  nur  aus  Holz  bestehenden 
Bottiche.   Vom  letzten  derselben  wird  die 


fertige  Kochlösung  in  den  oberhalb  der 
Kocher  angeordneten  grossen  Vorrats- 
bottieb  gepumpt  Alle  11  Bottiche  sind 
luftdicht  mit  Deckeln  geschlossen  und 
durch  ein  20O  mm  weites  Bleirohr  mit 
dem  Gaskühler  für  die  Ofengase  verbunden. 
Alle  freiwerdenden  Gase  im  Ofen  und  aus 
diesen  Bottichen  werden  also  durch  die 
Burgessapparate  gesaugt  und  absorbiert 
Alle  Bottiche  stehen  demnach  wie  die 


indes  selbst  bei  schnellem  Auspumpen  der 
Lösung  aus  dem  letzten  Bottich  nicht  so 
tief  sinken  kann,  dass  ein  Durchbrechen 
der  dagegen  übrigens  gesicherten  Deckel 
möglich  ist 

Stebbins-Apparat. 

George  A.  Stebbins  inWatertown,  N.-Y. 
besitzt  das  amerikanische  Patent  681586 
für  diesen  Apparat;  letzlerer  beruht,  wie  der 
Burgess-Apparat,  auf  dem  Durchsauge- 
prinzip  für  die  SO, Gase  durch  Kalk- 
milch. Stebbins  will  billigere  wirksamere 
Lösungen  mit  diesem  Taf.  157,  Fig.  6  bis 
9  dargestellten  Apparat  herstellen,  und 
zwar  glaubt  er  dies  durch  intimere  Be- 
rührung der  Gase  mit  der  Flüssigkeit  und 
durch  eine  nach  und  nach  erfolgende 
Kühlung  zu  erreichen. 

Stebbins  garantiert  mit  12,5  kg 
Schwefel  und  1 0  kg  Aetzkalk  auf  100  kg 
trocken  gedachten  Stoff  auszu- 
kommen, ein  Resultat,  wie  es  in  den  meisten 
amerikanischen  Sulfitstofffabriken  nicht 
erreicht  wird. 

In  Fig.  6  und  7  sind  5  die  Schwefelbrenner, 
von  denen  jeder  oben  einen  hohlen  Deckel 
6  zur  Erwärmung  des  Wassers  hat,  welches 
im  Kühlsystem  verwendet  wird.  7  sind 
eine  Anzahl  Rohre  und  Rohrkreuzstücke, 
die  dazu  dienen,  die  gasigen  Produkte  von 
5  durchzuleiten.  Diese  Rohrsysteme  7  be- 
finden sich  alle  in  Verbindung  mit 
Röhre  8,  die  nach  dem  zweiten 
9  geht.  Letzteres  ist  im  Troge  10  ange- 
ordnet Von  den  Röhren  9  gehen  die 
Gase  durch  ein  Rohr  11  nach  dem  untern 
Absorpüonsbehälter  12,  der  hermetisch 
geschlossen  ist   Ueber  den 


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behalter  12  liegt  ein  oberer  Absorptions- 
behälter 14,  diese  beiden  sind  die  einzigen 
beim  Apparat  verwendeten  Bebälter.  Vom 
Behälter  12  gehen  die  Gase  nach  Behälter 
14  vermittelst  Röhre  15  und  eine  Vaku- 
umpumpe 16,  verbunden  durch  eine  Röhre 
17,  dient  dazu,  die  Abfallgase  aus  dem 
Absorptionsbebälter  14  abzuziehen.  Man 
ersieht,  dass  eine  beständige  Zirkulation 
der  Gase  veranlasst  wird  durch  den  ganzen 
Apparat  von  den  Schwefelbrennern  5  nach 
dem  Exhaustor  der  Abfallgase  an  der 
Pumpe  16. 

Die  Absorptionsbehälter  12  und  14  sind 
hermetisch  verschlossen  und  jeder  ist  mit 
zwei  Scheidewänden  17  a  versehen.  Diese 


Taf.  157. 


Scheidewände  (Fig.  6)  sind  ausgestattet 
mit  Oefmungen  17  b,  Fig.  8,  die  den  Gasen 
gestatten,  von  einer  Seite  der  Scheidewand 
zur  anderen  zu  gehen ;  doch  sind  diese 
OefTnungen  nicht  auf  derselben  Seite,  so 
dass  die  Gase  gezwungen  sind,  einen  hin 
und  her  gehenden  Durchgang  durch  die 
Absorptionsbehälter  zu  nehmen ;  sie  werden 
so  länger  in  Verbindung  mit  der  basischen 
Losung  in  den  Absorptionsbebältern  ge- 
halten, als  dies  der  Fall  ist,  wenn  die 
Gase  direkt  durch  die  Absorptionsbehälter 
gehen.  Behufs  Bewegung  der  Lösung  inner- 
halb des  Absorptionsbehälters  und  besserer 
Durchmischung  der  Flüssigkeit  mit  den 
schwefligsauren  Gasen  versieht  der  Er- 
finder   jeden  Behälter  mit 

einem  Rührwerk,  be- 
stehend aus  einer  stehen- 
den Welle  18  mit  Rührflügeln 
19,  die  zwischen  den  bezügl. 
Scheidewänden  17  a  liegen  und 
vermittelst  welcher  der  Inhalt 
der  Absorptionsbehälter  leb- 
haft aufgerührt  wird.  Die  Gase 
gehen  erst  in '  den  untern  Ab- 
sorptionsbehälter 12  und  die 
hier  nicht  absorbierten  Gase 
gehen  nach  dem  oberen  Ab- 
sorptionsbehälter 14.  Sobald 
die  Lösung  im  unteren  Ab- 
sorptionsbehälter gehörig  mit 
den  (lasen  gesättigt  ist,  wird 
idiese  Lösung  durch  passende 
Vorrichtungen  abgezogen 
(nicht  ^dargestellt)  und  die 
Lösung  aus  Behälter  14  wird 
dann  vermittelst  der  Röhre 
20  nach  dem  unteren  Absorp- 
tionsbehälter 12  überführt,  wo 
sie  wieder  der  Einwirkung 
frischer  Gase,  die  aus  den 
Brennern  5  kommen,  unter- 
worfen wird ;  der  obere  Be- 
hälter 14  ist  inzwischen  mit 
einer  frischen  Zufuhr  der 
Lösung  gefüllt  worden.  Die 
durch  Röhre  17  aus  dem 
oberen  Bebälter  abgezogenen 
Gase  sind   Abfallgase.  Die 


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3-10 


K.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


basische  Lösung  ist  die  gewöhnlich  verwen- 
dete, nämlich  eine  Lösung  von  Kalkmilcbt 

Um  die  rasche  und  gründliche  Absorp- 
tion der  schwefligsauren  Gase  durch  die  Lös- 
ung in  den  Absorptionsbehältern  zu  veran- 
lassen, ist  es  notwendig,  die  schwefligsauren 
Gase  und  die  Lösung  zu  kohlen.  Je  nied- 
riger die  Temperatur  dieser  Elemente  ist, 
desto  erfolgreicher  wird  die  Absorption 
sein.  Die  Gase  dürfen  jedoch  nicht  so 
rasch  gekühlt  werden,  dass  eine  Konden- 
sation eintritt.  Der  Erfinder  wendet  daher 
das  System  einer  nach  und  nach  vor  sich 
gehenden  Kühlung  der  Gase  durch  Ver- 
wendung von  Wasser  aD.  Im  oberen  Ab- 
sorptionsbehälter  14  ist  eine  Rohrschlange 
21  angeordnet,  die  mit  einer  Wasserzu- 
fübrröhre  22  verbunden  ist  Diese  Schlange 
21  gibt  ihr  Wasser  nach  Röhre  23  ab,  die  ab- 
wärts nach  einer  dergl.  Schlange  24  in  den 
unteren  Behälter  12  geht.  Von  dieser 
Schlange  24  geht  das  Wasser  durch  Rohr 
25  in  den  Behälter  10,  und  beim  Ueber- 
laufen  aus  demselben  geht  das  Wasser 
durch  ein  Rohr  26  und  seine  verschie- 
denen Zweige  26  a  in  die  Heizbehälter  6 
der  Schwefelbrenner  5.  Das  Wasser  wird 
in  diesen  Behältern  erhitzt  und  fliesst  durch 
das  Rohr  27  in  die  Zentrifugal-  oder 
dergl.  Pumpe  28,  durch  welche  das  er- 
hitzte Wasser  mittels  des  Rohres  29  und 
seinen  verschiedenen  Armen  29  a  über  das 
Röhrensystem  7  gehoben  und  verteilt 
wird. 

Das  Kühlwasser  tritt  also  in  14  ein  und 
erwärmt  sich  allmählich  mehr  und  mehr 
bis  zum  Ausfluss  über  dem  Kühlrohrsystem 
7,  während  es  den  Lösungen  fortdauernd 
vorteilhafte  Temperaturen  mitteilt. 

Dieser  Apparat  ist  nach  Herrn  Schildes 
Mitteilung  in  Amerika  mehrfach  eingeführt 
und  war  auch  für  die  im  Bau  begriffene 
grösste  Riesenanlage,  deren  Bau  aber  in 
neuester  Zeit  sistiert  ist,  vorgesehen. 

Rationelle  deutsche  Wiedergewinnung. 

Die  S.  337  etc.  beschriebene,  gewiss 
sehr  vorteilhafte  Wiedergewinnungsein- 
richtung hat  Aehnlichkeit  mit  älteren  Ein- 


richtungen grösserer  deutscher  Fabriken  ■ 
in  denen  auch  die  Vorratsbehälter  der 
Kochlösungen  hermetisch  geschlossen  sind. 
Die  hier  frei  werdenden  Gase,  sowie  die 
in  den  Kühl-  und  Kondensationsvorricht- 
ungen für  die  Kocherabstossgase  Testier- 
enden S03haltigen  Gase  werden 
durch  Gegenstromapparate,  die  teils  mit 
Koks,  teils  mit  Kalkstein  gefüllt  und  mit 
Wasser  berieselt  sind,  mittels  geschlossener 
Leitungen  geführt  und  von  SO,  vollständig 
befreit.  Das  sich  ergebende  S03haltige 
Wasser  wird  zum  Ansetzen  der 
frischen  Kochlösungen,  etwa  in 
einem  Ritter-Kellner'schen  Apparat  (S.326, 
Fig.  148/49),  mit  benutzt  Die  Kondensate 
der  Kocherabstossgase  aus  den  Kühlern 
werden  den  Frischkochlösungen  zugeteilt 

Es  entsteht  der  doppelte  Vorteil,  dass  an 
SO,  und  Herstellungskosten  für  die  Lösungen 
gespart  wird  und  dass  die  S0,-Gase  aus  den 
Bäumen  der  Fabrik  und  aus  deren  Um- 
gebung verschwinden.  Die  Klagen  über  uner- 
trägliche Gerüche  und  Vegetationsschäden 
in  der  Nähe  solcher  Sulfitzellstoff-Fabriken 
haben  bei  denselben  daher  aufgehört 

Luftbedarf.  Gehalt  der  Gase  an  schwefliger 
Säure  und  Schwefelsäure  nach  Harpf. 

Wir  besitzen  eine  gründliche  Arbeit  von 
Professor  Dr.  A.  Harpf  in  Przibram  (Böhmen) 
im  Wochenblatt  Jg.  1901  S.  1517,  1653 
und  1796  über  »Den  Luftbedarf  in 
Sulfitstofffabriken  beim  Bren- 
nen von  Schwefel  und  Rösten 
von  Kies«. 

Harpf  findet  20,9  9  Volumenpro- 
zente SO,  als  theoretisch  mög- 
lichen Maximalgehalt  des  Gasge- 
menges beim  Verbrennen  von  Schwefel  an 
der  Luft ;  16,2  Volumenprozente 
S09  als  theoretisch  möglichen 
Maximalgehalt  des  Gasgemenges 
beim  Rösten  von  Eisenkies  (Fe  St)  an 
der  Luft. 

Die  Frage:  Mit  welchem  Mini- 
mum an  Luft  kann  der  Verbren- 
nungsprozess  praktisch  noch 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Dl.  B.  und  C.   ZELLSTOFF.  3« 


glatt  und  ungestört  durchge- 
führt werden?  beantwortet  Harpf : 

Für  Oefen  mit  natürlichem  Luftzug 
braucht  man  rund  auf  I  kg  Schwefel  6335  I 
Luft  von  0*C  und  760  mm  Baro- 
meterdruck, wenn  man  ein  Gasge- 
menge mit  11  Volumenprozenten 
SO,  erhalten  will. 

Für  Kompressoröfen  braucht  man  auf 
I  kg  Schwefel  4490  I  Luft  von  0 9  C 
und  760  mm  Barometerdruck, 
wenn  man  ein  Gasgemenge  von  1 5,5  V  o  1.- 
p  C  t  S  0  ,  erhalten  will. 

Auf  I  kg  reinen  Eisenkies  braucht  man 
38541LuftvonO°Cund760mm 
Barometerdruck,  um  dasselbe  voll- 
ständig abzurosten  und  ein  Gasgemenge 
zu  erhalten, welches  10  Volumenpro- 
zent SO,  enthält  (10  Volumenpro- 
zent SO,  hält  Harpf  für  die  praktisch  er- 
reichbare Grenze.) 

Harpf  spricht  ferner  aus,  dass  beim 
Schwefelbrennen  und  Rösten  von  Kies 
sich  unter  allen  Umständen  etwas  Schwefel- 
trioxyd  bilden  müsse. 

Hempel  gebe  2  pCt.,  Lunge  2,48  bis 
2,80  pCt  des  verbrannten  Schwefels  als 
SO,  in  den  Gasen  an. 

Beim  Kiesbrennen  werden  von  ver- 
schiedenen Autoren  bis  zu  15  pCt  des  Ge- 
samtschwefels angegeben,  die  als  SO,  ge- 
funden werden  können. 

Die  SO,-Bildung  tritt  nach  Harpt  er- 
fahrungsgemäss  bei  Ueberschuss  an  Sauer- 
stoff und  bei  einer  bestimmten  Temperatur 
der  Kontaktsubstanz  (Ofenwände)  ein. 
Bleibt  man  über  oder  unter  der  kritischen 
Temperatur,  so  tritt  die  SOa-Bildung  mehr 
zurück. 

Beim  Schwefelbrennen  ist  der  Grad  der 
SO,-Bildung  meistens  gering.  Die  Kühl- 
ung dereisernenOfenwände  vonKompressor- 
ufen,  welche  mit  einem  Minimum  an  Luft 
arbeiten,  wird  sich  aber  immerbin  empf  ehlen, 
um  die  SO,-Bildung  noch  mehr  zu  ver- 
ringern. 

Beim  Rösten  von  Kies  spielt  die  SOs- 
Bildung  eine  grössere  Rolle. 

Nach  neuen  Patenten  des  Vereines  J 


chemischer  Fabriken  in  Mannheim  scheint 
beim  Kiesrösten  die  günstigste  Tem- 
peratur der  SO,-Bildung  zwischen  600 
bis  700*0  zu  liegen  und  es  wäre  von 
den  Zellstofffabrikanten  eine  richtige  Tem- 
peratur auf  Grund  eingehender  Versuche 
und  Gasanalysen  erst  aufzusuchen. 

Für  den  praktischen  Betrieb 
wären  die  Glühfarben  im  Auge  zu 
behalten. 

Nach  White  und  Taylor  haben  wir  bei 
566°  Dunkelrot  (Blutret) 
635*  Dunkelkirschrot 
746°  Kirschrot  (Volles  Rot) 
843«  Hellkirschrot  (Hellrot)  etc. 
Für  Kiesrösten  ist  die  beste  Temperator 
unter  allen  Umständen  zu  ermitteln,  welche 
für  Bildung  von  SO,  am  ungünstigsten,  für 
die  Zellstoffindustrie  hingegen  am  günstig- 
sten ist. 

Auf  diesen  sehr  beherzigenswerten  Ar- 
tikel, dessen  vollständiger  Abdruck  hier  zu 
weit  führen  würde,  schrieb  Herr  F.  Schilde 
(oben  mehrfach  erwähnt)  aus  Amerika,  dass 
man  in  Amerika  in  Oefen  bis  zu  6  m  Länge 
Gase  von  16* — 18  pCt.  SO, -Gehalt  erzeuge, 
ohne  dass  Sublimation  von  Schwefel  oder 
Verkalken  der  Türme  eintrete. 

Die  Wärmeregulierung  des 
Ofens  hierbei  wird  von  Schilde  als  sehr 
wichtig  betont  Im  heissen  Sommer  habe  er 
eine  Kühlpfanne  auf  die  Oefen  gestellt,  im 
Winter  Sand  auf  die  Oefen  gelegt ;  es  muss 
also  eine  bestimmte  hohe  und  doch  nicht 
zu  hohe  Temperatur  gehalten  werden  um  16 
bis  18  pCt  SO,-Gase  zu  erhalten. 

Schilde  fügt  hinzu : 

»Hier  in  der  von  mir  geleiteten  Fabrik 
stehen  die  Oefen  über  einer  in  die  Erde 
versenkten,  mit  Chamottesteinen  ausge- 
kleideten, absolut  trocken  gehaltenen  mit 
Zwischenwänden  versehenen  grossen 
Kammer  (Combination  Chamber),in  welcher 
die  Gase*  völlig  verbrennen,  d.  h.  ein  et- 
waiger Luftüberschuss  des  einen  Ofens 
wird  durch  den  Luftmangel  des  anderen 

*)  Hier  ist  aublimicrter  Schwefel  gemeint. 


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342 


ausgeglichen.  In  dieser  Kammer  herrscht 
eine  so  hohe  Temperatur,  dass  das  die  Gase 
aus  der  Kammer  abführende  eiserne  Bohr 
schwach  rot  angehaucht  erscheint! 

Hier  wäre  nach  Vorstehendem  zu 
beachten,  dass  die  Temperatur  des 
eisernen  Rohres  nicht  so  liegt,  dass  sie 
der  SO,-Bildung  günstig  wird. 

Ein  Herr  Dr.  N.  äusserte  sich  jüngst 
bezüglich  der  Erzeugung  SO, -reicher  Gase 
für  Sulfitstoffherstellung  in  Amerika  wie 
folgt: 

»Die  SO,-reichen  Röstgase  beim  Schwefel- 
brennen erreicht  man  dadurch,  dass  man 
die  an  die  Oefen  anschliessenden  Rohre 
nicht  kühlt  und  mit  den  Schwefelöfen  ohne 
Kühlung  arbeitet  Die  Folge  ist  ein  Sub- 
limieren  eines  Teiles  des  Schwefels,  der 
dann  auch  in  den  Eisenrohren,  die  an  den 
Ofen  anscbliessen,  zu  SO,  verbrennt  Es 
wird  also  durch  das  Heisshalten  der  Gas- 
röhren, die  unmittelbar  an  den  Schwefel- 
ofen anschiiessen  (sozusagen)  eine  Ver- 
grösserung  der  Rostfläche  erreicht,  die 
einen  grösseren  Gebalt  an  SO,  ermöglicht. 

Mit  Frank'schen  Anlagen  (s.  S.  333), 
die  mit  Schwefel  und  Druck  arbeiten,  habe 
ich  13—14  pCt  SO,  abs.  festgestellt« 

Herr  Schilde  äusserte  darauf: 

»Was  Herr  Dr.  N.  schreibt,  ist  richtig. 
Anstelle  langer  Oefen  kann  man  auch  die 
volle  Verbrennung  in  den  an  die  Oefen 
anschliessenden  gusseisernen  Röhren  voll- 
enden und  dadurch  SO,-reiche  Gase  er- 
zielen. Der  von  mir  (S.  341)  erwähnte 
unterirdische  Verbrennungsraum  (Combina- 
tion  Chamber),  der  aus  feuerfesten  Steinen 
gemauert  und  durchaus  trocken  sein  muss, 
hat  gegenüber  den  Röhren  den  Vorteil, 
die  Wärme  schlechter  zu  leiten  und  die 
Möglichkeit  der  Vermischung  der  Gase  aus 
mehreren  Oefen  zu  bieten,  doch  muss  er 
sehr  sorgfältig  gebaut  und  gut  im  Stande 
gehalten  sein,  damit  er  nicht  schädlich 
statt  nützlich  werde.« 

Aus  allem  Vorstehenden  wird  klar,  und 
das  hebt  auch  Dr.  G.  Lunge  in  seinem 
Handbuch  der  Soda-Industrie  III.  Aufl., 
I.  Band  1903  S.  343  hervor  mit  den  Worten : 


»Wenn  wir  Sulfitzellulose  fa- 
brizieren wollen,  so  brauchen 
wir  ein  möglichst  wenig  über- 
schüssigen Sauerstoff  enthal- 
tendes Röstgas«  (er  spricht  an  dieser 
Stelle  von  Röstgas  aus  Robschwefel),  dass 
die  Zusammensetzung  der  Gase,  welche 
für  unsere  Industrie  am  vorteilhaftesten 
sind,  nicht  mit  den  Normal  gasen  für 
Schwefelsäuredarstellung  identifiziert  wer- 
den können,  denn  es  wird  für  letztere 
noch  ein  Ueberschuss  von  5,18  Vol.  pCt 
Sauerstoff  verlangt,  den  wir  für  Zellulose- 
fabrikation zu  vermeiden  suchen  müssen. 

Unter  Berücksichtigung  dieses  Sauer- 
stoff Überschusses  berechnet  Lunge  das 
Rüstgas  der  Schwefelöfen : 

11,23  Vol.  pCt.  SO, 
9,77   „      „  0 
79,00  „      „  N,  an  anderer 

Stelle  (S.  346) 

das  bei  Rösten  von  Schwefelkies  gewonnene: 
8,59  Vol.  pCt.  SO, 
9,87   „      „  0 
81.54  „  N.  wie  es  in 

die  Bleikammern  einströmen  soll. 

In  dem  gleichen  Werke  (S  347)  sagt 
Lunge  wörtlich : 

»Um  Calciumbisulfit  für  Sulfitzellulose* 
Fabrikation  zu  machen,  sind  von  den 
obigen  (Schwefelsäurefabrikation)  abweich- 
ende Bedingungen  zu  beachten. 

Natürlich  braucht  man  hier  nicht  den 
zur  Bildung  von  SO,  nötigen  und  den 
ausserdem  im  Ueberschuss  für  den  Blei- 
kammerproze8s  erforderlichen  Sauerstoff; 
im  Gegenteil  soll  die  Bildung  von  SO, 
möglichst  beschränkt  werden.  Wenn  man 
die  durch  die  Gleichung  2  Fe  S,  +  11  0 
=  Fe,  0,  +  4  SO,  erlordernde  Sauer- 
ste» fTm  enge  genau  anwenden  könnte,  so 
würde  das  Röstgas  16  V o  1. - p C t  SO, 
haben.  Praktisch  soll  man  nicht 
über  11  pCt  SO,  hinausgehen,  weil 
sonst  die  Brenner  zu  heiss  gehen,  wodurch 
Sublimation  von  Schwefel  und  Sauen- 
bildung eintritt.« 

(Er  verweist  noch  auf  das  von  Prof. 
Dr.  A.  Harpf  im  Wochenblatt  f.  Papier- 


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E,  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C  ZELLSTOFF.  3*8 


Fabrikation  Biberach  1901,  No.  23,  25,  27 
Gesagte.) 

Es  ist  vorstehend  darauf  hingewiesen, 
wie  nach  Dr.  A.  Frank  (S.  333),  nach 
Schildes  und  Dr.  N.'s  Andeutungen  (S.341/42) 
beim  Schwefelbrennen,  mit  dem  Herres- 
hoffofen  (S.  306'07)  beim  Kiesbrennen 
SO,reicheGase  tatsächlich  hergestellt 
werden  und  es  ist  zu  betonen,  dass  es 
für  einen  lukrativen  Betrieb  Bedingung  ist, 
diesen  Fortschritt  allgemein  einzurühren, 
resp.  die  Verfahren  zur  Gewinnung  SO,- 
reicher  Gase  weiter  zu  verbessern. 

Flüssiges  Schwefeldioxyd* 

Wir  verdanken  Herrn  Prof.  Dr.  A,  Harpf 
eine  ausführliche  Arbeit  über  Darstellung, 
Eigenschaften,  Versendung  und  Anwendung 
dieser  Flüssigkeit  Er  sagt  in  dem  unten 
bezeichneten  Werk  S.  331  etc. : 

»Flüssiges  Schwefeldioxyd  wurde  be- 
sonders fiüher  von  vielen  Zellstofffabri- 
kanten  zur  Darstellung  der  Kochlauge 
benützt.**  Der  Betrieb  ist  dann  ja  ein 
sehr  einfacher,  indem  man  nur  das 
Ventil  an  der  Versandbombe  zu  öffnen 
und  das  Gas,  welches  durch  den  eigenen 
Druck  getrieben  wird,  durch  ein  Bleirohr 
in  den  Turm  oder  in  die  Bottiche  einzu- 
leiten braucht.  Man  pflegt  dabei  das  Blei- 
rohr mit  einem  Eisenrohr  zu  ummanteln  und 
durch  den  Zwischenraum  zwischen  Blei- 
und  Eisenrohr  etwas  Dampf  strömen  zu 
lassen,  um  zu  verhindern,  dass  die  schwef- 
lige Säure  bei  zu  rascher  Verdampfung 
sich  selbst  so  viel  Wärme  entzieht,  dass 
sie  einfriert  und  das  Rohr  verstopft. 

Die  Abhängigkeit  des  eigenen  Betriebes, 
der  hohe  Preis  des  flüssigen  Schwefel- 
dioxydes und  zwei  Explosionen  (1888  in 


*)  Flüssiges  Schwefeldioxyd  Prof.  Dr.  Aug. 
Harpf.    Stuttgart.    Knkc.  1900. 

**)  Ein  Beispiel  ist  die  Sulfitstofl'fabrik 
Walsum  a.  Rhein,  welche  18P9  eröffnet  durch 
eine  einfache  ßleirobrleitung  (welche  alwr  durch 
öfteres  Einfrieren  viele  Störungen  herbeiführte) 
vou  der  nahe  gelegenen  Zinkhütte  in  Oberhausen 
das  flüssige  Schwefeldioxyd  Tür  Herstellung  ihrer 
Kochlösungen  bezog. 


Wildshausen,  1892  in  Oberleschen)  der 
Trausportgefässe,  in  denen  der  Druck  durch 
Temperaturerhöhungen  enorm  steigtf,  stan- 
den der  weiteren  Anwendung  und  Ver- 
breitung des  flüssigen  Schwefeldioxydes 
in  der  Zellstofffabrikation  entgegen. 

Mancher  Zellstofftechniker,  welcher  vor- 
zieht, mit  stark  sauren  I^ösungen  zu  kochen, 
mag  sich  aber  heute  noch  zum  Aufbessern 
seiner  Lösungen  des  flüssigen  Schwefel- 
dioxydes bedienen,  besonders  wenn  das- 
selbe sich  verhältnismässig  billig  stellt. 

Zum  Aufbessern  der  in  Türmen  und 
Bottichen  erzeugten  Lösungen,  oder  wenn 
die  Lösung  im  Kocher  durch  zu  starkes 
Abgasen  zu  sehr  geschwächt  sein  sollte, 
vielleicht  auch  vergipsten  Stoff  im  Kocher 
zu  retten  kann  das  flüssige  Schwefeldioxyd 
als  einfachstes  Ausbilfsmittel  willkommen 
sein  und  anerkannt  werden. 

Den  Preis  betreffend,  so  berechnete 
früher  die  Zinkhütte  Oberhausen 
100  kg  flüssiges  Dioxyd,  loco  Hütte 
UM.  Im  März  1899  war  der  Preis  pro 
100  kg  ab  Lipine  Oberschlesien  10  M„  d.  h. 
also  pro  1  kg  flüssiges  Schwefel- 
dioxyd 10  Pfennige  angegeben. 

Dr.  A.  Frank  rechnete  1887*  100  kg 
flüssiges  Schwefeldioxyd  ab  Hütte  10  M., 
bei  geringen  Frachtspesen  loco  Zellulose- 
fabrik 11  M.,  Selbstherstellung  bei  Ver- 
brennen von  Schwefel  dagegen  nur  6  M. 
78  Pf. 

Bei  den  1890/91  stark  schwankenden 
Schwefelpreisen  von  6  M.  90  Pf.  bis  12  M. 
75  Pf.  stellt  sich  (nach  Harpf)  1  kg 
s  e  1  b  s  t  e  r  z  e  u  g  t  e   SO,   auf  5,2  bis 

8,2  Pf. 

Bei  Aufwendung  von  800  kg  Schwefel- 
kies (ft  100  kg  zerkleinert  und  abgeröstet 
6  M.  78  Pf.  bis  6  M.  36  Pf.)  200  kg  SO, 
ergebend, kostet  1kg  selbsterzeugte 
SO,  3,2  bis  3,4  Pf. 


•]•)  Wirksamere  Vorsiclitsmassregeln  beim 
Transport  haben  weitere  Wiederholungen  solcher 
schrecklichen  Ereignisse  bis  jetft  glücklicherweise 
ja  verhindert. 

*)  Papierzeitung  1887,  No.  61,  8.  1782 


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344 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


In  den  letzten  Preisen  sind  allerdings 
Zinsen  und  Amortisation  für  die  Einrich- 
tungen nicht  inbegriffen,  während  die 
sonstigen  Kalkulationsposten  mit  berück- 
sichtigt wurden. 

Der  Preis  spricht  also  gegen  die  all- 
gemeine Anwendung  von  flüssigem  Schwefel- 
dioxyd in  grossen  Mengen,  was  aber  die 
Benutzung  geringer  Mengen  zur  Nachhilfe 
im  Betriebe  keineswegs  ausschliesst.« 

An  anderer  Stelle  hebt  Harpf  Übrigens 
ganz  richtig  hervor,  dass  die  aus  den 
Kocherabstoas-  etc.  Gasen  gewonnenen 
Flüssigkeiten  fast  nur  aas  Wasser  und 
SOt  bestehen,  so  dass  man  sich  mit  diesen 
durch  gute  Wiedergewinnungsanlageu  ge- 
wonnenen Lösungen  in  ähnlicher  Weise, 
wie  mit  flüssigem  Schwefeldioxyd  helfen 
könne. 

Die  Wiedergewinnungsanlagen  der  fass- 
baren Mengen  SO,  im  Laufe  des  Fabri- 
kationsprozesses spielen  daher  bezüglich 
der  Rentabilität  einer  Sulfitzellstoffiabrik 
eine  Hauptrolle. 

In  der  Porak'schen  Fabrik  in  Moldau- 
mühl beträgt  dieselbe  nach  Harpf  (Dingler's 
polytechnisches  Journal  Bd.  304  S.  190) 
37  pCt.  des  theoretisch  zur  Lösungsbereit- 
ung nötigen  Schwefels. 

Ueberblicken  wir  die  verschiedenen 
Verfahren  zur  Herstellung  der  von  Tilgh- 
man  zuerst  vorgeschlagenen  und  ange- 
wendeten Lösungen  doppeltschwefligsauren 
Kalkes,  so  haben  sich  die  Einrichtungen 
und  Verfahren  in  den  letzten  25  Jahren 
ausserordentlich  verschieden  und  zahlreich 
ausgebildet.* 

Stellen  wir  nur  die  vorstehend  be- 
sprochenen Typen  zusammen  so  sind 
das: 

I.  T  ü  r  ra  e  mit  Wasser-,  Kalkstein-,  Dolo- 
mit- und  Magnesia.  Beschickung 
und  natürlichem  oder  künstlichem 
Luftzug  im  Gegenstromprinzip 
arbeitend 


*)  Den  Tatsachen  entsprechend  und  ganz 
gegensätzlich  dem  vor  IV,  Jahren  von  Prof.  JJr. 
Fittica  Behaupteten. 


1)  Einzeltürme,  natürl.  Luftzug  : 

a)  Tilgbman  nur  Wasserrieselung, 

b)  Ekman  mit  Magnesiafüllung, 

c)  Mitscherlich  mit  Kalkstein  oder 
Dolomit. 

2)  Einzeltürme  mit  künstl.  Luftzug 
und  Ktlk-  resp.  Dolomitfüllung  in 
Amerika  (nach  Schilde.) 

3)  Mehrturmsysteme 

a)  Ritter-Kellner  mit  Saugung, 
Kalkstein-  oder  Dolomitfüllung  ar- 
beitend, 

b)  El  Iis  ebenso. 

II.  Kammerapparate  mit  Kalkmilch 

und  Saugung  arbeitend  von  W. 
Flodquist-Gothenburg  u.  A. 

III.  Bottichapparate 

1)  Mit  Kalkstein-,  resp.  Dolomitfüllung, 
Ansaugen  und  Durchdrücken  der  SOt- 
Gase  arbeitend.  Dr.  K.  Kellner  u.A. 

2)  Mit  Kalkmilch  und  Durchdrücken  der 
SO,-Gase 

a)  A.Frank.  Charlottenburg. 

b)  Dougall 

u.  A. 

3)  Mit  Kalkmilch  und  Durchsaugen  der 
SO,-Gase 

a)  E.  Partington  (England) 

b)  Burgess  (Amerika)] 

c)  Stebbins  (Amerika). 

4)  Mit  Kalkmilch,  Ansaugen  und  Durch- 
drücken der  SOs-Gase  arbeitend 

£.  P  o  r  a  k       (D.  R.  P.  No.  26331). 

Das Pictet'sche Verfahren  mit  schwef- 
liger Säure  allein  zu  kochen  hat 
sich  praktisch  nicht  bewährt 

Es  ist  kein  Zweifel,  dass  besonders  die 
verhältnismässig  leichte  und  billige  Her- 
stellung der  Sulfitlösungen,  sowie  die  Mög- 
lichkeit der  Wiedergewinnung  eines  Teiles 
der  SO,  mit  die  Ursachen  waren,  dass  die 
Sulfit-Holzzellstoff-Fabrikation  die  Natron- 
Holzzellstoff-Fabrikation  überflügelte ;  später 
wird  noch  gezeigt  werden,  dass  auch  andere 
Momente  hinzukommen,  um  der  ersteren 
den  Vorrang  zu  sichern.  — 


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E.  Kirchner,  das  papier.  hj.  b.  und  c.  zellstoff\ 


Nachschrift. 

Ich  werde  darauf  aufmerksam  ge- 
macht, dass  es  Seite  338,  linke  Spalt  e, 
14.  Reihe  von  oben  heissen  muss: 

»Im  Raum  3  steht  ein  Burgess- 
Absorptionsapparat,  3,35  m  Durchm., 
7,6  m  hoch  mit  2  Luftpumpen  .  .  .< 

Es  genügt  demnach  der  eine  grosse 
Apparat,  um  die  Lösung  für  eine  Tages- 
produktion von  etwa  82  t  Sulfit-Zell- 
stoff in  der  Oxford  Paper  Co.  herzu- 
stellen. 


Ueber  die  Sulfitlösungs-Vorratsbassina 

teilt  mir  ein  Freund  aus  seiner 
Praxis  in  Amerika  noch  mit,  dass  man 
dort  keine  unterirdischen  gemauerten  Kästen 
oder  zylindrischen  Gefässe,  wie  vielfach 
bei  uns  in  Deutschland  benutzt,  weil  man 
nie  sicher  ist,  ob  dieselben  Undichtheiten 
haben.  Man  verwendet  vielmehr  oberirdische 
hölzerne  (Georgia  Pine)  Bottiche.  Die- 
selben sind  nicht  mit  Flacheisen,  sondern 
mit  etwa  25  mm  Rundeisen  und  guss- 
eisernem Schloss,  durch  welches  die  Enden 
des  Rundeitens  gehen  und  mit  Schrauben- 
muttern angezogen  werden  können,  zu- 
sammengehalten Das  Ruodeisen  wird  nicht 
so  schnell  durcbgefressen !  Die  Vorrats- 
bottiche besitzen  weder  Blei-  noch  Ziegel- 
auskleidung und  haben  eine  gewöhnliche, 
4'1  =  ICO  mm  dicke  Holzdecke. 

Die  Bottiche,  in  welche  abgegast 
wird,  sind  mit  5  mm  dickem  Blei- 
blech ausgekleidet  und  mit  einer  Lage 
säurefester  Steine  verkleidet.  Die  Decke 
der  Bottiche  besteht  häufig  nur  aus 
Bleiplatten,  welche  an  Holzbalken  mittels 
angelöteter  Bleiblechwinkel  angenagelt 
sind  Die  Balken,  etwa  25  X  20  cm  im 
Querschnitt,  reichen  quer  über  den 
Bottich  und  liegen  in  etwa  1  m  weiten 
Entfernungen.  Damit  beim  Ablassen 
der  Lösung  kein  Vakuum  entstehe, 
ist  es  ratsam,  für  diese  Bleideckel  einen  | 


Wasserver8chluss  anzuwenden,damit  einEin- 
drücken der  Bleiplalten  vermieden  wird. 

Für  die  Wiedergewinnung  derSO,  aus  den 
Abgasen  wird  mir  der  Dr.  Drewsen'sche 
Separator  als  zweckmässig  hervorgehoben. 

Die  ersten  Abgase  werden  durch  eine 
Abgasleitung  nur  durch  eine  Kühlschlange 
geleitet,  so  lange  helles  Kondensat  (starke 
wässerige  Lösung  von  SO,)  fliesst.  Wird 
das  Kondensat  gefärbt,  so  lässt  man  durch 
eine  zweite  Abgasleitung  die  Gase  durch 
den  Drewsen'schen  Separator,  in  welchem 
sich  eine  dunkel  gefärbte  Flüssigkeit  ab- 
sondert, welche  automatisch  ohne  Gas- 
verlust entleert  wird,  die  übrigbleibenden 
Gase  passieren  dann  erst  eine  weitere 
Kühlschlange,  welche  nochmals  helles 
Kondensat  liefert. 

Endlich  ist  zu  erwähnen,  dass  Dr. 
Drewsen  in  der  St  Regis  Paper  '  Co. 
i  nd  in  mehreren  anderen  Anlagen  Amerikas 
einen  ne  uen  Bottichapparat  von  Gebr. 
Luke  mit  zufriedenstellenden  Resultaten 
eingeführt  habe,  der  aus  drei  Bottichen 
besteht,  die  aber  ohne  Rührwerk 
arbeiten.  Das  SO, -Gas  wird  mittels  eines 
Ventilators  durch  die  drei  Bottiche  nach- 
einander gesaugt.  Jeder  Bottich  ist  mit 
einer  Kühlschlangenvorlage  und  einer 
rotierenden  Pumpe  versehen.  Letztere 
saugt  die  Kalkmilch-Lösung  des  Bottichs 
unten  ab,  durch  die  Kühlschlangenvorlage 
hindurch  und  wirft  sie  durch  ein  Druck- 
rohrgegenden Deckel  desselben  Bottichs.  Auf 
diese  Weise  findet  eine  energische  Ab- 
sorption der  SO,  durch  die  verspritzte 
und  gekühlte  Kalkmilch  statt.  Das  frische, 
stark  SO, haltige  Gas  tritt  periodisch 
immer  zuerst  in  den  Bottich  ein,  in 
welchem  die  Lösung  bei  Betrieb  der 
Zirkulation  durch  die  Pumpe  auf  richtige 
Stärke  gebracht  werden  soll,  die  nicht 
absorbierten  Gase  gehen  nach  Bottich  2 
und  3  weiter.  Hat  die  Lösung  in  1  die 
richtige  Stärke,  so  wird  sie  durch  ent- 
sprechende Stellang  von  Ventilen  in  den 
Vorratsbottich  gepumpt;  dann  kommt 
Bottich  2,  schliesslich  3  zum  Fertigmachen 
I  der  Lösung  daran. 

12.  Bogen  190Ö. 


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346  E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ÜELLSTÖFK. 


Untersuchung  der  Lösungen, 

welche  in  einer  Ritter-Kellner'schen  Sechs- 
turmanlage  hergestellt  wurden. 

Im  e  r  s  t  e  n  Turm  wurden  die  Schwefel- 


brennofengase, im  zweiten  Turm 
Kocherabgase  periodisch  dazu,  im  sechsten 
Turm  das  frische  Wasser  eingeleitet. 

Die  Turmanlage  arbeitet  also  im  Gegen- 
stromprinzip. 


Türme 

I 

II 

III 

IV 

V 

VI 

Sp.  Gew. 

1,040 

1,025 

1,018 

1,003 

1,001  1 

1,000 

Gesamt-SO, 

»-3 

34,6 

26,75 

8,83 

4,86 

0,027 

0,002 

Saures  Sulfit 

e 

15,4 

9,77 

3,33 

1,73 

nicht 

nicht 

Monosulfit 

4» 
B 

15,4 

9,77 

3,33 

1,73 

bestimmt 

'  bestimmt 

Freie  SO, 

3,8 

7,21 

2,17 

1,40 

der  aus  dem  VI  Turm  ab- 
Gase  an  SO, : 
0,00047  Vol.  pCt.  SO, 
0,00041  * 
0,00009    >       >  • 
0,00083    .       •  » 
0,00067    .  . 
In  derselben  Fabrik,  aus  der  obige 
Untersuchungen  stammen,  wurde  ein  sehr 
niedriger  Schwefelverbrauch  und  hohe 
Wiedergewinnung  festgestellt. 

Bei  einer  Jahresproduktion  von  1883  t 
ungebleichtem  trockenen  Sullitstoff  wurden 
&  100  kg  nur  10,11  kg  Schwefel  aufge- 
wendet. 

Für  Beantwortung  der  Fragen: 

a)  Wie  viel  Schwefel  wird  wiederge- 
wonnen ? 

b)  Wie  viel  Losung  ist  nach  Beendigung 
der  Kochung  des  Stoffes  mit  direktem 
Dampf  vorhanden? 

wurden  entsprechende  Versuche  durch- 
geführt 

In   den   zwei  Ritter-Kellner-Kochern 


*)]Die»e  Gas«  rochen  nur  schwach  aromatisch 
und  nicht  im  geringsten  nach  SO,.  Nach  ihrem 
Austritt  aus  dem  6.  Turm  leitete  man  sie  noch 
durchlein  mit  Kalksteinen  gefülltes  und  mit  Wasser 
durchrieseltes  Fass^Die  Gase  waren  so  rein, 
dass  hier  Getreidekörner  keimten  und  die  Pflanz- 
oben  gut  wuchten. 


wurden  die  zubereiteten  Holzspane  je 
1 1 , 8  5  f  m  Fichtenholz  und  2  2 , 4  2  cbm 
Sullitlösung  in  einen  Kocher  eingefüllt 
und  die  Abgaseleitung  an  ein  Fass,  dessen 
Inhalt  genau  bekannt  war,  angeschlossen. 
Während  der  Kochdauer  wurde  die  über- 
getriebene und  kondensierte  Flüssigkeit 
genau  bestimmt  Zu  Anfang  ergab  sich 
mehr,  später  immer  weniger  Flüssigkeit. 
Es  wurden  von  2  Kochungen  16,08  cbm, 
also  auf  eine  Kochung  8,0  4  cbm  Ab- 
lauge erhalten.  Hiervon  wurden  Proben 
durch  Entnahme  von  tauge  in  gleichgrossen 
verschliessbaren  Flaschen  in  gleichen  Zeit- 
räumen entnommen,  die  Durchschnittsprobe 
zeigte  bei  15°  C  1,039  sp.  G.,  war  klar, 
durchsichtig  und  von  lichtbrauner  Farbe. 

Die  Analyse  nach  Cl.  Winkler,  Prak- 
tische Uebungen  in  der  Massanalyse  S.  98 
etc.  ergab  folgendes: 

Durch  Auskochen 
austreibbare  S0t    26,82  g  SO,  im  Liter, 

durch  Kochen  mit  Salzsäure 
austreibbare  SO,     36,04  g  SO,    »  » 

durch  Gewichtsanalyse 
bestimmte  SO,       47,55  g  SO,  » 
oder : 

Freie  und  zur  Bildung  von 

saurem  Sulfit  erforderlich  26,82  g  SO,  i.  Liter 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.   ZELLSTOFF,  347 


Als  Monoaulfit vorhandene  9,22  g  SO,  i.  Liter 
Nicht   austreibbare  (in 
Aetherschwefelsäuren  u. 
Sulfonsäuren  überge- 
gangene) 11,51  »  »    »  » 

47^65g SO,  i. Liter. 
Ferner  wurde  die  Abdrücklauge  beider 
Kochungen  und  der  danach  verbleibende 
Flüssigkeitsgehalt  des  Stoffes  durch  Trocken- 
proben bestimmt.   Es  ergab  sich  a  Kocher 
12,45  cbm  Abdrücklauge 
10,90   »    am  Stoff*  hängend 

dazu    8,04    »  Abstosskondensat 

31,39  cbm 
ab  22,42  » 


etwa  8,97  cbm  Zufuhr  pro  Kochung 
durch  den  Heizdampl. 

Wenn  diese  Versuche  nach  Mitteilung 
des  einsendenden  Freundes  auch  keinen 
Anspruch  auf  wissenschaftliche  Genauigkeit 
erheben,  so  geben  sie  doch  wertvolle  An- 
haltepunkte  der  Vorgänge  beim  Koch- 
prozess 

Es  ist  an  Hand  derselben  auch  möglich, 
die  Menge  des  wiedergewonnenen  Schwefels 
zu  berechnen. 

Die  frische  Sulfitlösung  enthielt  nämlich 
3t>,47  g  SO,  im  Liter,  also  ä  Kocher 
3ti,47  •  22,42  =  817,65  kg  SO,  =  408,82 
kg  Schwefel. 

Die  Abgaslauge  enthielt  47,55  g  SO,  im 
Liter,  demnach  ä  Kocher  47,55  .  8,04  = 
382,30  kg  SO,  s=  191,15  Schwefel,  davon 
sind,  wie  oben  gezeigt,  36,04  g  SO,  im 
Liter  wirksam,  also  36,04  •  8  04  =  289,76  kg 
SO,  —  144,88 kg  Schwefel.  191,15-144,88 
—  46,27  kg  sind  unwirksam. 

Nur  408,82-191,15  =  217,67  kg  S 
müssten  hiernach  durch  Verbrennen  von 


•)  Die  Kcohung  ergab  etwa  2322  kg  tr.  ged. 
ungebl.  Stoff. 


Schwefel  pro  Kochung  in  die  Lösungen 
geschafft  werden.  Von  allem  Schwefel  in 
den  Lösungen  wären  hiernach  46,7  pCt. 
wiedergewonnen;  dies  erscheint  freilich 
nach  folgendem  zu  hoch! 

Die  Beobachtung  des  Betriebes  während 
eines  ganzen  Jahres  ergab  : 

1 592  950  1  Sulfitlösung  von 
34,77  g  SO,  im  Liter 
17,88  g  S   im  Liter 
276  854  kg  Schwefel  in  den  Lösungen 

sind  festgestellt,  dagegen 
188  094  kg  Schwefelverbrauch  der 
Schwelelbrennöfen 


88760  kg  Schwefel  durch  Wieder- 
gewinnung in  die  Lösungen 
gebracht 

Von  dem  in  den  Lösungen  steckenden 
Schwefel  bringt  die  Wiedergewinnung 
32,06  pCt.  auf,  wenn  man  annimmt,  dass 
der  ganze  in  den  Brennöfen  verbrannte 
Schwefel  in  die  Lösungen  übergeht, 
ja    fast    vollständig  geschehen 


Volle  47 , 2  p  G  t.  von  dem  frisch  zugesetz- 
ten Schwefel  sind  dagegen  durch  die  Wieder- 
gewinnung in  die  Lösungen  zurückgelangt 

Wir  sehen  an  diesen  fast  ein  Jahrzehnt 
zurückliegenden  Betriebserfahrungen,  dass 
man  schon  damals  vereinzelt  in  Deutsch- 
land durch  rationelle  Wiedergewinnung  der 
schwefligen  Säure  auf  10  kg  Schwefelver- 
brauch pro  ICO  kg  ungebleichten  Zellstoff 
gekommen  war  Es  wird  behauptet,  dass 
in  neuester  Zeit  noch  etwas  günstigere 
Resultate  erreicht  worden  seien. 

Neuerdings  wollen  einige  Cellulosetech- 
niker  Amerikas  auch  durch  gute  SO, -Her 
stellungs-  und  Wiedergewinnungs-Einricht- 
ungen   auf    9  bis    10  kg  Schwefelauf- 
wendung für  100  kg  SultitstofT  gekommen 


Das  Kochen  der  Zellstoffe. 


dafür  nötigen 
das  geeignete 

Strohbäckseis  und  zerkleinerten  und  sor-  |  Vorbereiten  der  Rohstoffe,  nämlich  das 


Für  deutsche  Verhältnisse  handelt  es 
sich  in  diesem  Kapitel  um  den  chemischen 
Aufschluss  des  zerkleinerten  und  gereinigten 


tierten   Holzes   und  die 
speziellen  Einrichtungen. 
Die  Einrichtungen  für 


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348 


E.  KIRCHNEH.    UAb  FAPlfcH.    III.  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


Zerkleinern,  Reinigen  and  Sortieren  von 
Stroh  und  Holz  sind  oben  Seite  141—183 
mitgeteilt 

Ueber  die  für  den  chemischen  Auf- 
schluss  der  Rohstoffe  zweckdienlich  anzu-  1 
wendenden  Lösungen  sprechen  S.  81— 130,  i 
deren  Herstellung  und  teilweise  Wieder- 
gewinnung behandeln  die  S.  184—344. 

Einige  Belehrung  über  die  Bestandteile 
von  Stroh  und  Holz,  sowie  Qber  die  be- 
und  erkannten  Vorgänge  beim  Kochprozess 
enthalten  S.  131-141. 

Die  Verfahren  und  Einrichtungen  lür 

Zellstoffkochen  sind  sehr  verschieden,  und 

seien  hier  einige  Unterscheidungen  hervor- 
gehoben. 

FürS  trohzellstoffkochen  kann 
eine  aus  Soda  und  Kalk  gekochte  Natron- 
lauge (in  der  Hauptsache  Aetznatron 
als  lösendes  Agens)  oder  eine  Sulfat- 
lauge (neben  Aetznatron  noch  Schwefel- 
natrium etc.  enthaltend)  angewendet  werden. 

Für  Ho  1  zzellstoffkochen  dienen 
gleichfalls  Natronlaugen  und  Sulfat- 
laugen,  dann  aber  auch  noch  Sulfit- 
lösungen 

Man  kann  den  Kochprozess  so  weit 
treiben,  dass  die  inkrustierenden  Bestand- 
teile der  Rohstoffe  ganz  entfernt  werden, 
so  dass  ein  relativ  sebr  reiner  bleich- 
barer Zellstoff  resultiert,  und  nennt  ihn 
dann  Zellstoff  oder  Zellulose ;  man  kann 
aber  auch  den  Kochprozess  vorher  unter- 
brechen, so  dass  noch  inkrustierende  Be- 
standteile im  Stoffe  bleiben  und  spricht 
dann  von  Halbzellulose  (Stroh-Halb- 
zellulose s.  oben  S.  70-80;  Holz-Halb- 
zellulose folgt  später). 

Wir  haben,  abgesehen  vom  ordinären 
gelben  Strohstoff  und  vom  rohen  und  ge- 
dämpften Holzschliff,  an  im  Handel  vor- 
kommenden Surogaten*  zu  unterscheiden: 

1)  Soda-Strohzellstoff 

2)  Sulfat-StrobzellstolT 


*)  Jn  der  Folge  soll,  da  bei  beideu  früher 
genannten  Natron-  und  Sulfatverfabren  hangen 
mit  Natronsalzen  verwendet  werden,  die  klarere 
Unterscheidung:  „Soda"  und  „Sulfat"  ein- 
geführt werden. 


3)  Soda-Strohhalbzellulose 

4)  Soda-Holzzellstoff 

5)  Sulfat-Holzzellstoff 

6)  Sulfit-Holzzellstoff 

7)  Soda-Holzhalbzellulose 

Unterscheidung  nach  Bauart  der  Kocher. 

A.  Feststehende  Koch  er: 

a)  Liegende  zylindrische  Kocher. 

b)  Stehende  zylindrische  Kocher. 

B.  Drehkocher: 

a)  Zylindrische  Kocher  horizontal  um 
Zapfen  drehbar. 

b)  Zylindrische  Kocher  horizontal  auf 
Rollen  drehbar. 

c)  Zylindrische  Kocher,  welche  um  Zapfen, 
die  senkrecht  zur  Zylinder-Längsachse 
in  einer  Horizontalen  liegen,  gedreht 
werden  (S  t  u  r  z  k  o  c  h  e  r). 

d)  Kugel  kodier  um  horizontral  und 
diametral  steheede  Zapfen  drehbar. 

Bern.  Die  Drehung  wird  entweder  mittels 
Hädervorgelege  oder  Schnecke 
und  Schraubenrad  bewirkt 

Unterscheidung  nach  der  Beheizungsart. 

C.  Mit  Feuer  direkt  geheizte 
Kocher. 

a)  Feststeheede  Kocher, mit  Schutzsieben . 

b)  Festslebende  Kocher  mit  nebenmon- 
liertem  Heizrohrkessel,  der  die  Laugen - 
erhitzung  besorgt  und  die  Zirkulation 
derselben  durch  den  Kochkessel  selbst- 
tätig oder  mit  Hille  eines  Ejektors 
oder  einer  Puirpe  bewirkt. 

c)  Drehkocher,  und  zwar  zylindrische 
und  Kugelkocher. 

D.  Mit  gespanntem  Dampf  ge- 
heizte Kocher, 
a)  Der  Dampf  strömt  direkt  in  das 
Innere  der  Kocher  und  vermehrt  die 
Kochflüssigkeit  durch  Kondensation 
des  Dampfes  unter  Abgabe  seiner 
Wärme  an  den  Kocherinhalt.  Mittels 
direkter  Rohreinmündungen,  falscher 
Böden,  oder  Schutz-  resp.  Ver- 
teilungssieben wird  der  Heizdampf 
eingeführt  und  verteilt. 


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E,  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III  B.  und  C.   ZELLSTOFF.  349 


b)  Sp  ei  koch  er.  Der  Dampf  strömt  I 
mit  nachgerissener  Lauge  von  unten 
in  ein  mittleres,  vertikales  Rohr,  wird 
durch  einen  gewölbten  Deckel  des 
Kochapparates  über  die  kreisförmige 
Oberfläche  des  stehenden  zylindrischen 
Kessels  verteilt,  durchdringt  das  Koch- 
gut und  kehrt  unten  durch  die  Löcher 
eines  kegelförmigen  Siebbleches  nach 
dem  Mittelrohr  zurück,  um  so  einen 
kontinuierlichen  Kreislaul  zu  machen. 

c)  Der  Dampf  erfüllt  einen  Dampfmantel. 

d)  Der  Dampf  durchströmt  ein  Heizrohr- 
system im  Innern  des  Kochers.  In 
den  Fällen  c  und  d  wird  von  dem 
indirekt  wirkenden  Heizdampfe 
eine  Zirkulation  der  Kochflüssigkeit 
im  Innern  des  Kochers  eingeleitet 
und  unterhalten.  Das  in  den  Heiz- 
rohren sich  bildende  Kondensations- 
Wasser  verdünnt  die  Kochflüssigkeit 
nicht  wie  im  Falle  a  und  b,  das 
Wasser  kann  durch  Kondensations- 
töpfe abgeleitet  und  als  reines, 
h e i 8 s e s  Wasser  im  weiteren 
Verlauf  der  Stofffabrikation  nutzbar 
gemacht  werden. 

Es  gibt  ferner : 

a)  Kocher  ohne  innere  Auskleidung. 
Diese  Kocher  haben  vielfach  durchlochte 

Schutzbleche  an  den  Ein-  und  Austritt- 
stellen des  Dampfes  und  der  Kochflüssig- 
keiten, um  das  Kochgut  zurückzuhalten, 
vielfach  auch  noch  falsche  Böden,  unter 
welchen  der  Dampf  eintritt. 

b)  Kocher  mit  innerer  Auskleidung. 

Die  inneren  Auskleidungen  haben  den 
Zweck,  entweder  bei  feststehenden  feuer- 
beheizten Kochern  ein  Anbrennen  des 
Kochgutes  zu  verhindern,  indem,  so- 
weit die  feuerbeheizten  Flächen  reichen, 
ein '  innerer  Mantel  aus  schwächerem 
durchlochtem  Blech  angebracht  ist,  diese 
Kocher  sind  oben  unter  C  a  aufgeführt. 

Die  innere  Auskleidung  mit  durch- 
lochtenSieben  als  innere  Auskleidung 
kann  übrigens  auch  durch  ein-  und  aus- 
fahrbare, zylindrische  Körbe  aus  durch- 
lochtem Blech  ersetzt  werden, 


Oder  die  Auskleidungen  sollen  die 
Zerstörung  des  Mantelmetalles  (Eisen  oder 
Stahl)  durch  saure  Flüssigkeiten  (SulOt- 
lösungen)  verhindern. 

Es  kommen  hier  Metall-  und  Steinaus- 
kleidungen in  Betracht,  die  später  näher 
beschrieben  werden  sollen. 

Aus  dieser  kurzen  Aufzählung  der 
Unterschiede  erkennt  man  leicht,  welche 
grosse  Zahl  von  Kochverfahren  und  Koch- 
apparaten kombiniert  werden  kann. 

Für  Erreichung  des  Effektes  des 
chemischen  Aufschlusses  tritt  nun  die 
Wahl  der  Einrichtung,  oder  die  Konstruk- 
tion des  Kochapparates  und  dessen  son- 
stiger Zustand  während  des  Kochens  mehr 
zurück  gegen 

1)  die  Wahl  und  Menge  der  beim  Auf- 
schluss  des  Kochgutes  wirkenden 
chemischen  Substanz, 

2)  die  beim  Kochen  angewendete  Tem- 
peratur, resp.  Druck  im  Innern  des 
Kochers  und 

3)  die  Zeit  der  Einwirkung  der  chemi- 
schen Substanz  bei  bestimmten  Tem- 
peraturen. 

Diese  drei  Momente  wirken  auf  die 
schnelle  oder  langsame  Vollendung  und 
auf  die  Erreichung  eines  bestimmten  ge- 
wünschten Effektes  in  augenfälliger  Weise 
ein,  indem  sie  sowohl  bezüglich  der  Quan- 
tität, als  auch  der  Qualität  des  gewonnenen 
Stoffes  sich  stark  bemerkbar  machen. 

Es  wird  die  Erfahrung  zu  bestimmen 
haben,  wie  lange  eine  Lauge  oder 
Lösung  von  bestimmter  Stärke 
auf  einen  Rohstoff  bei  einer  bestimmten 
Temperatur  einzuwirken  hat,  um  eine 
bestimmte  Ausbeute  aus  100  kg  Rohstoff 
in  einer  gewünschten  Qualität  zu  ge- 
winnen. 

Dass  die  Grenzen  der  Lösungsstärke, 
der  Temperatur  und  der  Zeitdauer  bei 
vorgeschriebener  Quantität  und  Qualität 
nur  enge  bemessen  sind,  hat  die  Erfahrung 
ergeben,  diese  Grenzen  liegen  indes  weiter, 
wenn  nur  die  Quantität  oder  nur  die  Qua- 
lität vorgeschrieben  ist. 

Es  sei  gleich  hier  hinzugefügt,  dass 


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350 


E.  KIRCHNEK    DAS  PAPIER.   III:  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


durch  gewisse  Kunstgriffe  und  Mani- 
pulationen die  Vollendung  des  Aufschlusses 
beschleunigt  werden  kann,  wenn  bezüglich 
der  Lösungsbeschaffenheit  und  Temperatur 
gewisse  Vorbedingungen  erfüllt  sind ;  es 
sei  auf  das  Langsam-  und  Schnellkochen 
mit  Sulfitlaugen  S.  353/4  verwiesen. 


Ein  vorzügliches  Mittel  für  den  Zell- 
stofffabrikanten, sich  in  leichter  Weise 
einen  üeberblick  über  den  Verlauf  des 
Kochprozesses  zu  verschaffen  und  die 
günstigsten  Bedingungen  für  Durchführung 
desselben  für  seine  gegebenen  Verhältnisse 
(Rohstoff,  Chemikalien,  gegebenen  Ein- 
richtungen) zu  finden,  ist  die  Auftragung 
von  Kochungsdiagrammen  auf  Grund  der 
direkten  Beobachtungen  während  des  Ver- 
laufes des  Kochprozesses. 

Das  Diagramm,  welches  Verfasser  nach 
seinem  ältesten  aus  Betriebserfahrungen 
entwickelten  Kochtabellen  (in  der  Papier- 
stofffabrik Alt-Damm  b.  Stettin)  von  1875 
aufzustellen  im  stände  ist,  zeigt  Fig.  158. 

Es  wurde  damals  frisches  und  trockenes 
Kiefernholz  mit  Aetznatron  lauge  von  1,2 
ris  6  pCt.  Aetznatrongehalt  unter  10  Atm. 
üeberdruck  (entsprechend  183,05  0  gesättig- 
ten Dampfes)  bei  Anwendung  direkten 
Feuers  gekocht  und  aus 
1  rm  dünneren  Holze* 
95  —  100  kg,  aus  1  rm 
st  ärkeren  Holzes  100 
bis  1 1 0  k  g  lufttr.  Zell- 
stoff gewonnen. 

Die  Erfahrung  lehrte, 
dass  man  guten  bleich- 
baren Stoff  mit  Laugen- 
stärken nicht  unter  2Vt 
pCt.  Na,  0  Gebalt  und 
nicht  über  5,5  Naa  0 
Gehalt  kochen  solle. 

Nach  Baumespindel- 
messungen  würden,  wenn 
nur  Aetznatron  in  den 
Laugen  wäre,  diese 
Stärken  zwischen  5  0  Be 
und  11 'Beilegen  (vergl. 


oben  S.  82  Tab.  I) ;  in  Wirklichkeit  lagen 
aber  die  Spindelungen  der  damals  als 
günstig  erkannten  Kochlaugen  zwischen 
6  Vi  und  13»/t°  Be. 

Die  sichersten  Kochresultate  erzielte 
Verfasser  bei  Kiefernholz  (vergl.  S.  91, 
linke  Spalte  unten)  bei  4  pCt.  Na,0- 
Gehalt  oder  ähnlich  9— 9,/t*  Be,  bei  Ein- 
halten von  10  Atm.  üeberdruck  und  l1/« 
bis  2  Stunden  Druckzeit.  Die  Länge  der 
Druckzeit,  d.  h.  derjenigen  Druckzeit, 
während  welcher  der  erreichte  volle  Druck 
von  10  Atm.  erhalten  werden  muss, 
wechselt  bei  einer  bestimmten  Laugenstärke 
mit  der  Qualität  des  Holzes,  wie  Fig.  158 
deutlich  zeigt 

Um  100  kg  Kiefernzellstoff  zu  gewinnen, 
wurden  damals  etwa  1450  1  (?o  1530  kg) 
4  pCt.  Na,0  haltiger  Lauge,  also  61,2 
kg  Na,0  =  78,9  kg  Na  OH  in  den 
Laugen  aufgewendet. 

Gekocht  wurde  in  liegenden  Kochern 
mit  einfabrbaren  Sieben.  Die  Aufwendungen 
an  Nat0  sind  sehr  hoch  im  Verhältnis 
zu  anderen  Angaben. 

James  Beveridge  gibt  in  einer 
Arbeit  von  1899  bei  Verarbeitung  von 
Fichtenholz  in  stehenden  mit  Dampf  direkt 
geheizten  Kochern  an,  dass  pro  100  kg 
trocken  ged   Stoff  nur  etwa  750  1  Aetz- 


Fig.  158  Nordd.  K!«r«rnholz-Feuerbeheizing.  I83°C. 
Diagramm:  Kirchner,  1875.  Betrlebaerfahruitgen. 


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E.  KIKCHNEK.   DAS  PAP1EK.   Iii.  B.  und  C.  ZELLSTOFF..  361 


natronlauge  mit  5pCt.  Na,0-Gehalt  auf- 
gewendet werden. 

Die  750  1  wiegen  826  kg,  somit  41,3  kg 
NaaO  —  53,28  Na  OH. 

Das  wäre  also  32  5  pCt.  Chemikalien- 
gehalt  weniger  in  den  Kochlaugen,  als 
Verfasser  für  Kiefernholz  anwendete. 

Auch  nicht  so  hohe  Kochtemperatur 
resp.  Druck  wendet  J.  Beveridge  an,  er 
gibt  173  *C  Temperatur  entsprechend  7,71 
Atm.  Ueberdruck  an. 

lieber  günstige  Kochzeit  wird  ange- 
geben 2  Stunden  Anheizen,  4-5  Stunden 
Druckhalten,  also  ganze  Kocbdauer  6  bis 
7  Stunden. 

Genannter  Verfasser  bat  schwedisches 
Fichtenholz  im  Laboratorium  auf  seine 
Ausbeutemenge  untersucht,  um  den  Ein- 
fluss  der  Temperatur  bei  gleicher  Kochzeit 
und  gleicher  Laugenstärke,  den  Einfluss 


4  *t  äj  it,  M  31-  ^  *'   y  J1- 


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Flg.  159.  Schwedisches  Fichtenholz 

Direkte  Dampfheizung  173»  ('. 
Diagramm :  Beveridge,  18W. 
LaboratoriuniBversuche. 


der  Zeit  bei  gleicher  Temperatur  und 
gleicher  Laugenstärke  und  den  Einfluss 
der  .Laugenstärke  bei  gleicher  Temperatur 
und  gleicher  Kocbzeit  festzustellen. 

Fig.  159  folgen  die  betreffenden  Dia- 
gramme von  Beveridge,  aus  denen  deut- 
lich der  Verlauf  der  Kurven  ersehen  wer- 
den kann,  die  sich  ergeben,  wenn  man 
von  den  3  Faktoren  den  einen  in  weiteren 
Grenzen  wechselt. 

Er  fand  zwischen  166  bis  200 0  C 
wechselnder  Temperatur,  konstant  bleiben- 
der Zeit  und  gleich  starker  Lauge  44  bis 
22l/t  pCt.  Ausbeute  vom  lufttrockenen  Holz- 
gewicht; bei  gleichbleibender  Temperatur 
und  gleich  starker  Lauge,  aber  Wechsel 
der  Kochdauer  von  5  bis  10  Stunden  40 
bis  31*/4  pCt  Stoffausbeute;  bei  gleich- 
bleibender Temperatur  und  gleicher  Koch- 
zeit  unter  Anwendung  von  Laugen  mit 
4,2  pCt.  bis  5,72  pCt  NaOH- Gebalt  (entspr. 
8,7- 11,3  °Be)  40  bis  29  pCt.  Stoffausbeute 
vom  lufttrockenen  Holz. 

Dazu  bemerke  ich,  dass  zu  hohe  Tem- 
peratur, zu  lange  Druckzeit,  zu  starke 
Lauge  von  Uebel  sind ! 

Ich  erinnere  mich  eines  Vorkommnisses 
in  meiner  Praxis,  dass  ein  Kocher  bei 
10  Atm.  (wie  voi  geschrieben)  seine  nach 
der  Erfahrung  innegehaltene  Druckzeit 
hinter  sich  hatte.  Der  KocbermaDn  schlug, 
da  der  Abblasebahn  sich  nicht  drehen  Hess, 
mit  einem  schweren  Schlüssel  gegen  den 
Hahnreiber,  um  ihn  zu  lockern.  Der  An- 
satz mit  dem  Vierkant  für  den  Schlüssel 
»prangen  ab,  und  es  dauerte  weitere 
Stunden,  ehe  die  Möglichkeit  geschaffen 
war,  den  Kocher  abzublasen.  Das  Resul- 
tat war,  dass  sehr  wenig  ganz  verkochter 
Stoff  resultierte,  der  zu  unserem  Erstaunen 
durchweg  mit  Holzkohlenstückchen  von 
Hasel-  bis  Wallnussgrösse  durchsetzt  war. 

Die  Erklärung  dürfte  die  sein:  Der 
direkt  mit  Feuer  geheizte  Kocherinhalt 
wurde  wesentlich  höher  erhitzt  als  beab- 
sichtigt. Die  ündichtheit  (eine  bei  direkt 
geheizten  Kochern  oft  eintretende  Er- 
scheinung) des  Kochers  hatte  ein  Frei- 
werden oberer  Stoffschichten  bewirkt,  wo- 
durch partielle  Verkohlung  (vielleicht  der 


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352  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


noch  Harz  enthaltenden  Asiteile)  des 
Stoffes  eintrat.  Ausserdem  wurde  der 
grösste  Teil  der  gar  gekochten  Zellulose  in- 
folge langer  Einwirkungszeit  und  hoher 
Temperatur  der  Flüssigkeit  von  letzterer 
gelöst. 

Die  für  einen  Fabrikbetrieb  zu  wahlen- 
den geeignetsten  Temperaturen,  Kochdauern 
und  Laugenstärken  darf  man  nicht  mit 
Rücksicht  auf  die  grösste  Ausbeute  fest- 
stellen, es  kommt  darauf  an,  zu  welchem 
Zweck  der  erzeugte  Zellstoff  dienen  soll. 

Will  man  starke  feine  Packpapiere  in 
gelblichbraunem  Ton  herstellen,  zu  dem 
der  Stoff  nicht  gebleicht  zu  werden  braucht, 
so  kann  man  mit  geringeren  Laugenstärken 
durchkommen  etc.  Soll  fein  weiss  gebleichter 
Stoff  hergestellt  werden,  so  ist  zu  berück- 
sichtigen, wie  viel  Chlorkalk  zur  Erreichung 
der  gewünschten  Weisse  gebraucht  wird. 
Man  wird  gut  tun,  die  Kochlaugen  stärker 
zu  wählen  und  sich  mit  geringerer  Aus- 
beute zu  begnügen,  damit  der  Zellstoff  mit 
verhältnismässig  wenig  Chlorkalk  die  ver- 
langte Weisse  erhält 

Für  Kiefernstoff  brauchte  Verfasser  in 
später  von  ihm  (in  den  70er  Jahren)  ge- 
leiteten Betrieben  15-30  kg  Chlorkalk  auf 
100  kg  weissen  Stoff.  Ab  und  zu  lag  auch 
ein  Stoff  vor,  der  selbst  bei  35  pCt.  Chlor- 
kalkaufwendung nicht  weiss  wurde. 


Fabrik 

Auf  100  kg  Strohstoff 
aufgewendete  Chemikalien  und 
gewonnene  Ausbeuten  in  kg. 

Calc. 
Soda 

Kalk 

Chlor- 
kalk 

Aus- 
beute 
aus 
1000  kg 
Stroh 

I 

56,25 

40 

18,0 

400 

II 

• 

55,10 

34,4 

19,5 

435 

III 

50,00 

35,5 

23,3 

450 

IV 

40,00 

32,0 

35,0 

500 

Einen  lehrreichen  Einblick  hierüber 
gewähren  die  linksuntenstehenden  Betriebs- 
resultate von  4  Strohstofffabriken  nach  Roth*. 

Es  ist  Sache  der  Kalkulation,  die  der 
Fabrikant  jederzeit  neben  dem  Fabrikbe- 
triebe gewissenhaft  durchführen  muss,  fest- 
zustellen, wie  man  am  wohlfeilsten  100  kg 
Stoff  von  gewünschten  Eigenschaften  her- 
stellen kann. 

Um  die  Bleichfähigkeit  gleich  nach  Voll- 
endung des  Kochprozesses  zu  erfahren, 
ist  zu  empfehlen,  Handproben  sauber  aus- 
zuwaschen und  in  einem  Becherglase 
portionsweise  mit  der  Pipette  Chlorkalk- 
lösuog  so  lange  zuzufügen,  bis  nach  einigen 
Stunden  die  gewünschte  Bleiche  erreicht 
ist  Darauf  ist  der  Stoff  auszupressen  nnd 
zu  trocknen,  so  dassman  die  verbrauchte 
Chlorkalkmenge  auf  100  kg  Stoff  aus- 
rechnen kann. 

Es  ist  selbstredend  für  Sulfatzellstoff- 
fabrikanten ebenso  wichtig,  wenn  nicht 
noch  wichtiger,  sich  Diagramme  über  die 
Betriebsresultate  mit  diesen  noch  Schwefel- 
natrium etc.  enthaltenden  Laugen  zu  ver- 
schaffen, man  wird  dadurch  auf  die  vor- 
teilhafteste Zusammensetzung  der  Laugen 
von  selbst  geführt. 

Diagramme  der  Sulfltkochungen. 

Es  sei  der  Verlauf  einer  guten  Kochung 
von  Sulfitstoff  aus  Fichtenholz  im  Mitscber- 
lich-Kocher  betrachtet  und  dargestellt 

Der  Kocher  hat  115  cbm  Füllraum 
und  ist  mit  102,5  rm  Kochgut  (gute 
Scheiben,  gutes  Hackholz,  Schleifspäne  und 
Sägemehl)  gefüllt  Es  sind  74,5  cbm  Lös- 
ung eingelassen.  Die  Lösung  zeigt  nach 
der  Analyse 

l,91f/»  S0a  frei 

l,42°/t  „  gebunden 

3,33»/.  SO,  Gesamt. 
Die  Spindelung  zeigte  5,3'  Be  <s>  1,039  spez. 
Gewicht. 

Drucke  und  Temperaturen  im  Kocher, 
die  Drucke  in  der  Heizschlange  (indirekte 
Heizung  mit  Dampf)  und  die  beobachtete 
Abnahme  des  SOt-Gehaltes  der  Lösung 

•)  P»piereeitung  1890  No.  70. 


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e.  Kirchner,  das  papier.  in.  b.  und  c.  Zellstoff.  m 


während  des  Kochprozesses  sind  Fig.  IftO 
nach  Aufschreibungen  durch  den  Kochmeister 
(gleich  während  der  Beobachtung  aul  ka- 
riertem Papier  aufgetragen)  wiedergegeben. 
An  der  gestrichelten  Temperaturkurve  links 
erkennt  man  den  Verlauf  des  Dämpf- 
prozesses bei  allmählich  steigender  Dampf- 
spannung im  Innern  des  Kochers  auf  0,3  — 
0,4  Atm.  Ueberdruck.  Diese  Temper  atur- 
kurve  fällt  plötzlich  bei  Einlassen  der 
kalten  Lösung.  Nach  Eintritt  des  Dampfes 
in  die  Heizschlange  mit  2,2  •  2,8  Atm.  Unter- 
drück erhebt  sich  -die  Temperatur  im  Koch- 
apparat in  ca.  68  Stunden  auf  max.  125'*  G, 
sie  fällt  beim  Abstellen  des  Dampfes 
und  Ablassen  des  auf  ca.  4,4  Atm.  Ueber- 
druck gestiegenen  Gasdruckes  im  Innern 
des  Kochers  langsam,  dann  schnell  bei 
Einlassen  kalten  Wasch  wassers,  wie  es  in 
jener  Fabrik  gehandhabt  wurde ;  beim  Ab- 
lassen des  kalten  Wassers  steigt  die 
Temperaturkurve  wieder,  durch  erneutes  Ein- 
lassen von  kaltem  Wasser  fällt  sie  wieder  u.sX, 
wie  die  Zickzacklinie  rechts  unten  zeigt. 
Die  Kurven  für  den  Gasdruck  (schwarz  mit 
Schraffur),  Heizschlangendruck  (punktiert) 

und  die  SOt-Abnahme  (Linie  .) 

gewähren  einen  klaren  Ueberblick  über  den 


Verlauf  des  ganzen  Kochprozesses.  Bei  dem 
regelmässigen  Aufzeichnen  und  Vergleichen 
verschiedener  Kochungen  kann  man  leicht 
erkennen,  ob  die  betreffende  Kochung  nor- 
mal verläuft  oder  nicht  Die  Dämpfoperation 
dauert  etwa  10—11  Stunden,  das  Kochen 
70  -  72  Stunden,  das  Waschen  ca.  16 
Stunden,  Reinigen,  Füllen  und  Leeren  20 
Stunden.  Im  ganzen  erfordert  also  eine 
Kochung  4*/4— 5  Tage.  In  einer  Anlage 
mit  zwei  Mitscherlich-Kochern  vermag  man 
also  drei  Kochungen  oder  etwa  30  t  Sul- 
fltstoff  in  einer  Woche  herzustellen. 

Genaue  Untersuchungen  über  den 
Verlauf  des  eigentlichen  Kochprozesses  im 
Mitscherlichkocher  verdanken  wir  Prof.  Dr 
A.  Harpf.  In  seiner  Doctor-Dissertation  1892 
Bern  gibt  er  das  Bild  Fig.  161.  Es  wird  weiter 
unten  ausführlicher  darauf  zurückgekommen, 
hier  sei  nur  bemerkt,  daas  Harpfs 
Diagramm  genaue  Auskunft  gibt  über 
den  Druck  und  die  Temperatur 
im  Innern  des  Kochapparates,  über 
den  Gehalt  an  SO,  (Gesamt, gebundene 
und  freie),  über  das  spez.  Gewicht  oder 
die  Grade  Be,  Gehalt  an  Trockensub- 
stanz, organischer  Substanz  und 
Asche.  Die  Kenntnis  und  der  Vergleich 


Fig.  160.  Diagrmipe  über  eine  Kochono  im 
MlUcherllch-Kocher.  E.  Kirchoer  1886. 


1.  Bogen  1WM. 


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354 


K.  KIR< 


DAS  PAPIER.  III  B.  und  C.  ZEU-STOFF. 


all  dieser  Verhältnisse 
tragen^ wesentlich  zur 
Klärung  des  Ver- 
ständnisses der  Vor- 
gänge beim  Kochpro- 
zess  bei ;  freilich  wird 
es  nicht  möglich  sein, 
auch  wenn  ein  Che- 
miker in  einer  Zell- 
stofffabrik; angestellt 
ist,  solche  eingehen- 
den Untersuchungen 
fürjedeKochungdurch- 
zuführen ;  dies  ist  auch 
nicht  für  jede  Koch- 
ung nötig,  es  genügt 
solche  von  Zeit  zu  Zeit 
vorzunehmen.  DasDia- 
gramm  Fig.  160  ge- 
nügt für  den  laufen- 
den Betrieb.  Dasselbe 
kann,  wie  bereits  ge- 
sagt, vom  Kochmeister 
gemacht  werden,  wäh- 
rend dem  Chemiker 
die  Bestimmung  der 
SU,- Gehalte  derKoch- 

lösung,  so  viel  der  Betrieb  ihm  Zeit  lässt,  obliegt. 

Recht  augenfällig  zeigt  das  (in  gleichem  Massstab  von  Fig. 
160  gezeichnete)  Diagramm  Fig.  162  im  Gegensatz  zu  Fig.  160  den 
Unterschied  der  Arbeitsweise  nach  Ritter-Kellner  mit  direkter 
Dampfheizung  (Schnellkochung)  und  nach  Mitscherlich  mit 
indirekter  Damptheizung  (Lan  gsamkochung). 

Nach  der  Arbeitsweise  Ritter- Kellner  wird  mit  direktem 
Dampf  von  5—6  Atm.  Lieberdruck  gekocht,  das  Hochgehen  der 
Temperatur  wird  dadurch  mehrmals  unterbrochen,  dass  man  bei 
etwa  113, 128, 132°  C  Gas  abstösst  oder  Lösung  ablässtund  schliess- 
lich bei  der  höchsten  Temperatur  (nicht  über  139'  C)  vollends 
bis  zu  einem  bestimmten  zum  Austreiben  des  Stoffes  nötigen 
Druck  (2-4  Kita.)  abgast.  Auf  solche  Weise  ist  man  im 
stände,  den  Kochprozess  in  12—14  Stunden  zu  vollenden 
Ein  vorheriges  Dämpfen  erweist  sich  als  überflüssig.  Durch 
das  Dämpfen  kann  allerdings  auch  hier  der  Vorteil  er- 
reicht werden,  dass  man  den  Kocher  nach  dem  ersten  Däm- 
pfen, welches  ein  Zusammensetzen  des  Holzes  zur  Folge  hat, 
mit  weiteren  Holzmengen  nachfüllt;  dadurch  wird  man  mit 
gleicher  Menge  Lösung  mehr  Stoff  kochen  können,  indessen  ist  jt  ßiu  j 
ein  zweites  Dämpfen  vor  dem  Lösung-Einlassen  in  diesem  Falle  Fl|  ,62  Kochdlagramm 
angezeigt  und  ein  Zeitverlust  ist  mit  diesem  Nachfüllen  und 


Flg.  161.  Verlast  des  Kiohprozea«e»  im 
Mittoherllch  Kooher.   Dr.  A.  Harpf  1892. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF 


365 


zweimaligem  Dämpfen  unvermeidlich.  Hat 
man  bei  den  stehend  angeordneten  Kochern 
eine  Holzspan  •  Vorratskammer  Ober  dem 
Kocher  und  stösst  man  den  fertig  gekoch- 
ten Stoff  unten  aus  dem  Kocher  mit 
2-4  Atm.  Ueberdruck  ab,  so  kann 
man  in  15—18  Stunden  eine  Kochung 
vollständig  erledigen.  Dieser  Zeitgewinn 
ist  von  so  hoher  Bedeutung,  dass 
das  Scbnellkoch-Verfahren  sehr  vielfach 
benutzt  und  von  vielen  Fabrikanten  vor- 
gezogen wird.  Es  wird  von  einigen  Be- 
trieben des  In-  und  Auslandes  behauptet, 
dass  man  mit  8  Stunden  Kochzeit  für 
Sulfitstoff  durchkommen  könne.  Ob  aber  eine 
derartige  Ueberstflrzung  des  Kochprozesses 
auf  die  Menge  und  Güte  von  günstigem 
Einfluss  ist,  muss  stark  bezweifelt  werden- 

Die  Vorgänge  beim  Kochen  der  Zellstoffe. 

Zunächst  sei  auf  das  Studium  des  ana- 
tomischen  Baues  unserer  Getreide- 
stroh- und  Holzarten  im  Kapitel  „Roh- 
BtofTe"  II  A  S.  20  bis  S.  56  verwiesen,  x  Die 
Tafel  16  auf  S.  47  zeigt  in  den  ver- 
schiedenen Figuren  die  äussere  Gestalt 
eines  ganzenStrohhalmes  in  natürlicher 
Grösse  und  den  anatomischen  Zusammen- 
hang und  Aufbau  des  Halmes  stark  ver- 
grössert,  Taf.  17,  S.  51  die  im  Strohhalm 
auftretenden  Elemente  (Zellen)  nach  chemi- 
scher Zerlegung  der  Pflanze.  Auf  S.  29 
und  82  ist  das  Gleiche  von  unseren  Nadel- 
hölzern, S.  36  das  Gleiche  von  Aspenholz 
dargestellt. 

Wir  erkennen  deutlich  die  grosse  Ver- 
schiedenheit im  Aufbau  des  Strohhalmes 
und  eines  Baumstammes  und  die  Unter- 
schiede in  Länge  und  Breite,  sowie  die 
Formen  und  charakteristischen  Wand- 
Details  der  Elemente  (Zellen  und  Gefässe) 
beider  Pflanzenarten. 

Beachten  wir  besonders  im  Kapitel 
„Rohstoffe"  II.  A.  S.  29  Fig.  E  die 
schematische  Darstellung  eines  Stück- 
chen Kiefernholzes,  so  erkennt  man,  wie 
die  hohlen  unten  und  oben  zugespitzten 
Einzelzellen  (C)  zu  einer  festen, aber  porösen 
Masse,  dem  sog.  Gewebe,  verbunden  sind. 

Es  war  in  gleichen  Kapitel  S.  10 
Fig.  4  B   gezeigt,    wie    eine   im  Ge- 


webe sitzende  Zelte  nach  Ausreifen  (bei 
unserem  Stroh"  und  Holz)  in  der  Haupt- 
sache aus  einem  Zellulose-Schlauch  besteht. 
Die  Wände  dieses  Schlauches  haben  vielfach 
konzentrisch  gelagerte  Schichten  von  ver- 
schiedenem Wassergehalt  und  sind  von 
verschiedenen  Substanzen  Pectin,  Lignin 
etc.  infiltriert  Im  Hohlräume  des  Schlauches 
findet  sich,  der  Schlauch  wand  angelagert,  ein 
zusammengetrockneter  Primordialschlauch 
(von  einer  früheren  weichen  Protoplasma- 
schicht herführend).   Die  Wände  benach- 
barter Zellen  sind   von   der  Natur  auf 
wunderbar  zweckmässige   Weise  unter- 
einander verbunden  und  mit  einer  be- 
sonderen äusseren  •  Schicht  oder  Masse 
verkittet  (der  Mittellamelle)  Manchmal 
sind  die  Zellwände .  und  auch  die  Mittel- 
lamelle ganz  durchbrochen  (sog.  offene 
Tüpfel),  manchmal  sind   die   Wände  je 
zweier  Zellen  mit  genau  zueinander  pas- 
senden runden  Durchbrechungen  (Löchern) 
versehen,  deren  Ränder  gewulstete  Lippen 
tragen ;  die~Mitfellamelle'  bildet  eine  feine 
Membran  zwischen  den  Löchern  (gehöfte 
Tüpfel).   Den  Verband  mehrerer  Kiefern- 
holzzellen mit  offenen  und  gehöften  Tüpfeln 
zeigt  Fig.  G,  S.  29  der  „Rohstofflehre"  in 
400facher  Grösse. 

Die  von  der  Natur  den  Stroh-  und  Holz» 
geweben  gegebene  Beschaffenheit  ist  derart, 
dass  in  der  lebenden  Pflanze  ein  Aufsteigen 
und  eine  lebhafte  Zirkulation  von  Flüssig- 
keiten und  Gasen  und  damit  der  Austausch 
und  die  Wanderung  von  Nährstoffen  er- 
möglicht ist. 

Diese  Fähigkeit  der  lebenden  Pflanze, 
Flüssigkeiten  aufzunehmen  und  in  sich  zu 
verteilen,  bleiben  auch  den  toten  Pflanzen- 
teilen bis  zu  gewissem  Grade  erhalten, 
und.das  Gelingen  des  chemischen  Aufschlus- 
ses von^Stroh  und  Holz  durch  alkalische  und 
saure  Lösungen  verdanken  wir  zum  guten 
I  Teile  der  leichten  Aufnahmefähigkeit  der 
Pflanzenkörper  von  Flüssigkeiten. 

Die  Kapillar  itätder  hohlen  durch- 
schnittenen Zellen,  der  offenen  Gefäss- 
röhrchen.  der  Hohlräume  in  der  Mittel- 
lamelle, der  Harzgänge  etc.  leitet  ein  Auf- 


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35fi 


K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


saugen  der  flüssigen  Lösungen  ein.  Die  in 
den  lebenden  Pflanzen  beobachtete  so 
wichtige  Funktion  der  Weiterleitung  der 
Markstrahlen  ins  Innere  desPflanzentörpers, 
die  Möglichkeit  des  Uebertrittes  der  Flüssig- 
keiten von  einer  Zelle  in  die  andere  durch 
offene  Tüpfel tund  durch  die  feinen  Mem- 
branen der  gehöften  Tüpfel  tun  dasUebrige, 
die  aufzuschliesBenden ,  geeignet  zer- 
kleinerten Halm9tücke  Holzscheiben  oder 
Holzbrocken  nach  einer  gewissen  Zeit 
vollständig  zu  durchtränken.  Die  Zeit  für 
diesen  rein  physikalischen  Vorgang  der 
vollständigen  Durcbtränkung  wird  natur- 
gemäss  mit  der  Ausdehnung  der  grössten 
Stücke  des  vorbereiteten  Kochgutes  wach- 
sen. Die  Ausdehnung  der  grössten  Stücke 
hat  beim  Holz  aber  auch  seine  Grenzen. 
3—3,5  cm  Höhe  der  Holzscheiben  von 
sonst  beliebigem  Durchmesser  durchkochen 
bei  Dämpfung  und  Langsamkochen 
noch  vollständig.  Bei  solchen  Scheiben 
findet  die  Durchtränkung  vorwiegend  von 
den  kreisförmigen  Hirnflächen  aus  statt, 
doch  ist  zu  berücksichtigen,  dass  die  Zer- 
kleinerung zu  so  dicken  Scheiben  sich 
nur  bei  dem  Langsamkochen  (60— 80Std.) 
und  künstlicher  Unterstützung  der  Durch- 
tränkung bewährt  hat.  Kocht  man  Scheiben 
nach  Ritter-KeUner_schnell,  so  hat  man 
das  Holz  auch  zu  dämpfen  und  die 
Scheiben  dürfen  nur  etwa  2—2,5  cm  dick 
sein. 

Die  künstliche  Unterstützung  der 
Kapillarwirkung  resp.  der  Durchtränkung 
des  Holzkörpers  besteht  in  einem  vorbe- 
reitenden Dämpfen  oder  Austreiben  der 
Gase  aus  demselben.  Durch  Abstellen  des 
Dampfes  zum  geschlossenen  Kocher  und 
Eintretenlassen  der  kalten  Lösung  findet 
eine  Kondensation  und  damit  eine  Luftleere 
im  Kocher  und  im  Innern  der  Holzstücke 
statt,  die  Lösung  wird  demnach  mit  viel 
grösserer  Leichtigkeit  ins  Innere  der  Holz- 
stücke eindringen. 

Zu  dem  gleichen  Resultat  würde  man 
durch  Auspumpen  der  Luft  aus  dem  ge- 
schlossenen Kocbgefäss  gelangen.  Nach 
der  Erfahrung  kann  man  nach  erfolgtem 
Dämpfen  oder  Luftauspumpen  auf)  5—18  mm 


Eindringen   der   Lösungen   bei  längere 
Kochzeit,  10—12  mm  Eindringen  bei  kür- 
zerer Kocbzeit  rechnen. 

S.  364  war  schon  gesagt,  dass  nach 
der  Ritter-  Kellner'schen  Kochmethode  weder 
gedämpft  noch  die  Luft  ausgepumpt  wird. 
Es  wird  eine  lebhaftere  Zirkulation  der 
Kocbflüssigkeit  unterhalten  und  eine  höhere 
Kochtemperatur  benutzt. 

Zu  bemerken  ist  noch,  dass  die  Un- 
möglichkeit der  Durchkochung  oder  des 
tadellosen  Aufschlusses  der  harten  Aeste 
des  Holzes,  besonders  auf  den  dichten  Bau 
(Fehlen  der  Kapillarröhrchen)  dieser  Holz- 
teile zurückzuführen  isr. 

Für  das  Autsaugen  der  Lösungen  durch 
Hirnfläcben  oder  spitzwinkelig  zu  den 
Zellenachsen  geschnittenen  Holzflächen  ist 
die  Rauhigkeit  oder  Glätte  des  Schnittes 
jedenfalls  von  Bedeutung.  Ein  rauber 
Kreissägenschnitt  unterstützt  das  Aufsaugen 
sehr  gegenüber  dem  glatten  Messerscbnitt. 

Die  Durchdringung  der  Holzspäne  mit 
Flüssigkeit  von  der  Seite  her  durch  Mark- 
strahlen und  Tüpfel  hindurch  geschieht  in 
viel  langsamerem  Tempo. 

Die  beim  Soda  und  Sulfat- Zellstoff- 
Kochverfahren  früher  bewährte  Grösse  der 
Holzbrocken  von  Kiefernholz  wechselte 
zwischen  12  mm  Länge,  7  mm  Breite, 
1  mm  Dicke  und  Maximal-Dimension  von 
30  Länge  X  20  Breite  und  7  Dicke.  Die 
Mehrzahl  der  Späne  hatten  im  Mittel 
23  X  15x4  Ausdehnung. 

G.  Türk*  sagt  betreffs  des  Schnell- 
kochens :  25  -30  mm  lange  Späne  erfor- 
dern längere  Kochdauer  als  10—15  mm 
lange;  dabei  hat  er  beobachtet,  dass  beim 
Schneiden  mit  scharfen  Hackmessern  (unter 
etwa  45  bis  50'  zur  Zellenlängsachse)  und 
Zerteilen  der  Scheibenstücke  in  Späne 
mittels  einer  Schleudermühle  ein  Verhält- 
nis der  Dicke  zur  Länge  von  1  :  7  entsteht. 

Türk  sagt  an  dieser  Stelle: 

Ich  legte  versuchsweise  Vi—1/«  mm 
dicke  Hobelspäne  in  einen  gelochten 
Bleitopf  und  packte  diesen  einem  normal 

*  Wochenblatt  filr  Pipierfabrikation  Jg.  1908 
8.  S486'88  „Physikalische  Vorginge  beim  Sulfit- 
Kochpro  teee*. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.   ZELLSTOFF.  357 


gefüllten  Kocher  bei  Nach  normaler 
guter  Kocbung  waren  die  Hobelspäne 
strukturlos  wie  kurzer  Aspenschliff. 

Unter  gleichen  Verhältnissen  ergaben 
1 — IVi  mm  dicke  Späne  schon  ein  bes- 
seres Resultat,  bei  3  mm  Spandicke  er- 
hielt ich  normalen  Stoff,  bei  10 — 15  mm 
Dicke  aber  zeigten  sich  gelbe  bis  braune 
mehr  oder  weniger  harte  Kerne. 

Sägespäne  mit  Aesten  zusammengekocht 
Kaben  keine  Ausbeute,  weil  erstere  zer- 
kocht sind,  wenn  von  den  Aesten  das 
anhaltende  gute  Holz  eben  weich  gewor- 
den ist. 

Hierzu  sei  bemerkt,  das»  diese  Er- 
scheinungen nur  beim  Schnellkochen  zu- 
treffen. Verfasser  bat  Jahre  hindurch 
beim  Langsamkochen  in  Mitscherlichkocbern 
Sagespäne  nesterweise  eingetragen  und  bei 
normalen  Kocbungen  aus  den  Sägespänen 
die  ihrem  Gewicht  etwa  ent  sprechen- 
de Ausbeute  an  Stoff  gewonnen. 

Es  wurden  sowohl  sortierte  Holzschei- 
ben etwa  3  cm  dick,  sowie  aussortierte 
ästige  Scheibenstücke  mit  Sägespänen  zu- 
sammengekocht, jedoch  mit  stets  gleich 
günstigem  Resultat 

Bei  der  Verschiedenheit  dieser  Beobacht- 
ungsresultate stellt  also  das  Schnell- 
kochen andere  Bedingungen  an  das  Zer- 
kleinern des  Holzes  als  das  Langsam- 
kochen. 

Beim  Langsamkochen  ist  die  durchkoch- 
bare Scheibenlänge  (Höhe  der  Scheiben) 
mit  etwa  35  mm  begrenzt,  die  Dicke  der 
Stücke  dagegen  unbegrenzt  (ganzer  Durch- 
messer der  Holzstämroe).  Für  Schnell- 
kocher würden  sich  nach  Türk  21 
bis  28  mm  lange,  3  bis  4  mm  dicke  Späne 
am  besten  eignen;  es  geht  aber,  wie  S.  356 
schon  gesagt,  auch  das  Schnellkochen  mit 
dünneren  Scheiben. 

Die  zweckmässige  Länge  der  Strohhalm- 
stücke für  das  bewährte  Soda-  oder  Sulfat- 
verfahren  wird  sehr  verschieden  angegeben, 
die  vollständige  Durchdringung  auch  langer 
Stücke  wird  sehr  begünstigt  durch  den 
Hohlraum  des  Halmes  und  durch  die 
Langsautspaltung  der  Strohröhrchen  infolge 
Zusammenpressend  in  der  Hackmaschine  ; 


im  übrigen  bilden  die  von  Knoten  zu 
Knoten  reichenden  Fibrovasalstränge  (vergl. 
Rohstoffe  II  A  S.  10,  Fig.  3,  d)  sehr  wirk- 
same Kapillarröhren,  auch  ist  die  Aus- 
dehnung der  Halmwandungen  mit  0,3  bis 
0,4  mm  sehr  gering  zu  nennen. 

Was  die  noch  zum  Teil  unaufgeklärten 
chemischen  Vorgänge  beim  Kochprozess 
anlangt,  so  sei  auf  die  Ausführungen  »All- 
gemeines« S.  131 — 141  dieses  Abschnittes 
verwiesen.  Hier  genüge  es  zu  sagen,  dass  es 
bei  der  Zellstofftabrikation  auf  Gewinnung 
eines  zur  Papierherstellung  möglichst  gut 
geeigneten  Faserstoffes  in  möglichst  grosser 
Menge  aus  Stroh  und  Holz  ankommt;  ob 
derselbe  vollständig  chemisch  reine  Zellu- 
lose ist  oder  nicht,  erscheint  nebensächlich, 
wenn  nur  die  chemische  Beständigkeit 
durch  die  Beimengungen  nicht  beeinflusst 
wird. 

Sicher  ist,  dass  die  in  vorigen  Ab- 
schnitten besprochenen  Natronlaugen  und 
Bisulfiüösungen  die  Inkrusterien  der  Zwi- 
schenlamellen und  Infiltrationssubstanzen 
der  Pflanzenelemente  leichter  lösen  als  d>e 
Zellulose  des  Zellschlauches  und  so  das 
Pflanzengewebe  nach  Erreichung  und 
längerer  Einwirkung  eiuer  gewissen  Tem- 
peratur zum  Zerfall  bringen. 

Wie  weit  man  die  Reinigung  des  sich 
ergebenden  Zellstoffes  treiben  will,  hängt 
von  der  Art  des  Papieres  ab,  in  welches 
der  Zellstoff  umgewandelt  oder  zu  dessen 
Herstellung  er  mit  verwendet  werden  soll. 

Ein  braunes  zähes  Packpapier  (Kraft- 
papier) besteht  aus  nur  halb  mit  Aetz- 
natron  aufgeschlossenem  Holzstoff  (Halb- 
zellulose). Ordinärer  Zeitungsdruck  ent- 
hält jetzt  meist  ungebleichten  Sulfitzellstoff. 
Sollen  Zellstoffe  zur  Herstellung  feiner 
weisser  Schreib-  und  Druckpapiere  dienen, 
so  müssen  sie  so  beschaffen  sein,  dass  sie 
sich  hochweiss  bleichen  lassen.  Um  eine 
hohe  Bleiche  zu  erreichen,  ist  die  Auflös- 
ung der  Inkrusten  bis  zu  einem  'gewissen 
Grade  zu  treiben. 

Dass  beim  Kochen  in  der  Praxis  auch  Zel- 
lulose mitgelöst  wird,  lehren  schon  die 
geringeren  Ausbeuten  bei  der  Gewinnung  im 
grossen  gegenüber  den  wissenschaftlichen 


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K.  KIRCH 


DAS  PAPIER,   m.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


de«  Zellulosegehaltes  der 


Wird  der  Kochprozess  zu  lange  ausge- 
dehnt oder  durch  scharfe  chemische  Agen- 
tien  su  weit  getrieben,  bo  tritt  eine  un- 
günstige Veränderung  des  verbleibenden 
Pflanzenrestes  ein,  so  dass  ein  leicht  zer- 
brechlicher, wenig  dauerhafter,  schwer 
bleichbarer  Zellstoff  resultiert. 

Betrachten  wir  an  Hand  der  Er- 
fahrung mit  Bezug  auf  die  Pflanzen- 
menge die  Ausbeute,  die  Menge 
der  zur  Wirkung  kommen- 
den ohemischen  Substanz,  die  Ver- 
dünnung derselben  (also  die  Menge  der 
Lauge  oder  sauren  Lösungen),  die  aufzu- 
wendende Temperatur  und  die  Zeit 


der  Einwirkung,  so  können  wir  zum  Teil 
auf  schon  früher  Gesagtes  zurückgreifen. 


Es  soll  hier  nur  von  ungefähren  Aus- 
beuteziffern die  Rede  sein.  Doser  Ge- 
treidestroh ergibt  bei  Anwendung  be- 
wahrter Fabrikationsverfahren  etwa  36 
bis  50pCt  des  Strohgewichtes  an 
gebleichtem  Strohstoff.  Durchschnittlich 
rechnet  man  40  pCt.  Ausbeute  vom  Stroh- 
gewicht. 

Von  100  kg  lufttrockenem  Stroh  werden 
60  kg  organische  und  anorganische  Sub- 
stanz sich  in  den  Kocherschlangen  und 
Waschwässern  vorfinden. 

Es  ergeben  ferner  durchschnittlich : 


1,43  rm  s 
1  fm  = 

Kiefernbolz 

Fichten-  und  Tannenholz 

etwa  550  kg  lufttr.  Gewicht 

etwa  470  kg  lufttr.  Gewicht 

Sodaverfabren 
Sulfatverfahren 

105-110  kg  lufttr.  Stoff 
HO  - 120  „     „  n 

95-106  kg  lufttr.  Stoff 
105-115  „  „ 

GnlftAMMfiiUMn  m 

ouinivcriüQrfin 

«« 

170—230  „ 

Beim  Holz  ist  zu  berücksichtigen,  dass 
lufttrockenes  Holz  meist  einen  höheren 
Wassergebalt  als  der  Stoff  hat,  also  bei 
dem  von  der  Lauge  aufgenommenen  Teil 
des  Rohgewichtes  ein  Teil  Wasser  sich 


Immerhin  lassen  obige  Üurchschnitts- 
Ausbeuteziffern  erkennen,  dass  man  beim 
Sodaverfahren  aus  Kiefernbolz  nur  etwa 
20  pCt,  aus  Fichtenholz  nur  etwa  22  pCt  , 
beim  Sulfatverfahren  aus  Kiefernholz  etwa 
22  pCt..  ans  Fichtenholz  etwa  24  5  pCt. , 
beim  Sulfitverfahren,  wenn  man  nur  la  Stoff 
gewinnen  will,  etwa  36  pCt.  und,  wenn 
man  alles  Holz  in  la  sowie  l'a  und  lila 
Stoff  verwandelt,  etwa  49  pCt.  Ausbeute 
erhält  In  den  verschiedenen  Fällen 
werden  also  51  bis  zu  80  pCt.  des  luft- 
trockenen Holzgowichts  in  die  Lösungen 
übergehen. 

Die  Wirkung  der  Kochflüssigkeiten  be- 
schränkt sich  nicht  etwa  nur  darauf,  die 
Zwischenlamellen  -  Substanzen  zu  lösen, 
sondern  es  findet  ein  Uebergang  aller  mög- 
lichen Zelleninhalts-  und  Zellwanddurch- 


dringungs  -  Substanzen  (Infiltrations  -  Sub- 
stanzen) in  die  Flüssigkeiten  statt,  ja  es  wird 
namentlich  bei  den  Soda-  und  Sulfatver- 
fahren eine  teilweise  Lösung  der  Zellmem- 
bran-Substanz  (Zellulose)  selbst  stattfinden. 

Das  Holz  setzt  sich  übrigens,  wie  S.356 
schon  erwähnt,  beim  Dämpfen  auch  etwas 
zusammen,  und  es  ist  ein  Nachfüllen  wei- 
terer Holz  mengen  wie  beim  Stroh  wohl 
möglich,  aber  wegen  des  Zeitverlustes  für 
Nachfüllen  und  nochmaliges  Dämpfen  sehr 
selten  ausgeübt. 

Kochflüssigkeitsmenge  auf  100  kg  Roh- 
stoff und  100  kg  Stoff. 

Dieselbe  ist  sehr  verschieden  und  hängt 
von  dem  Gehalt  an  Chemikalien  und  der 
Beheizungsart  ab. 

In  einer  nach  Sodaverfahren  arbeitenden 
grösseren  Strohstofffabrik,  die  44,2  pCt 
Durcbschnittsausbeute  erzielte,  wurden  auf 
100  kg  Stroh  220  I  Aetznatronlauge,  d.  h. 
auf  100  kg  Stoff  rund  500  1  aufgewendet 

Eine  andere  grosse  Sulfat-Strobstoff- 
|  fabrik,  welche  42,1  pCt 


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> 

EL  KIRCHNER.  DAS  PAPlEB,  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF.  359 


zielte,  brauchte  auf  100  kg  Stroh  200  t, 
auf  100  kg  Stoff  475  1  Lauge. 

In  der  vom  Verfaaser  geleiteten  Soda- 
Holzzellstofifabrik  mit  Dresel'scben  direkt 
leuergeheizten  Kochern  (Einfahrsieben) 
wurden  auf  100  kg  Kiefernstoff  1460  1 
Aetanatronlauge  aufgewendet,  das  entspricht 
auf  den  im  Holz  etwa  2100  1. 

Beim  Mitscherlkm-Kocbverfahren  (in- 
direkte Dampfheizung)  brauchte  Verfasser 
pro  tm  Holz  etwa  17251,  für  100  kg  Sulfit- 
stoff etwa  750  1  Sulfitlösung.  Harpf  kommt 
pro  Festmeter  Hol*  auf  1970 1  Lösung  und 
pro  100  kg  Ia  Stoff  auf  1160  bis  1040  1 
LöBung. 

Eine  nach  Kitter-Kellner  arbeitende 
Sulfitholzzellstofftabrik  brauchte  nach  der 
Angabe  auf  S.  346  ä  fm  Fabrikationsholz 
1892  1,  nach  Jahresdurchschnitt  auf  100  kg 
Stoff  858,5  1  Sulfitlösung,  die  sich  durch 


sogar  pro  100  kg  Stoff  auf  etwa  1160  1 


Ausnutzung  des  Füllraumes. 

Im  allgemeinen  lässt  sich  sagen,  dass 
1  rm  Füllraum  sich  bei  Stroh  am  besten 
ausnützen  lässt,  wenn  man  es  kurz  schneidet 
Langstroh  und  lange  sperrige  Halmenden 


packen  sich  schlechter '  ein  als  kurz  ge- 
schnittener Häcksel  Beim  Füllen  unge- 
schnittenen Pressstrohes  fasst  ein  Stroh- 
kocher nur  »/•  des  Gewichts  an  Hacksei- 
stroh. Man  rechnet  pro  Kubikmeter 
Füllraum  120/125  kg  Häcksel  von  etwa 
40  m/m  Länge.  Grosse  Vorteile  bat 
man  erreicht  durch  Eintragung  des 
grössten  Teiles  des  Häcksels,  Einlassen  der 
Laugen,  Vi  bis  Vt  Stunde  Drehen  und  dann 
Nachstopfen  weiterer  Häckselmengen.  Auf 
diese  Weise  hat  man  eine  Füllung  von 
150/160  kg  pro  Kubikmeter  erreicht 

Bei  Holz  ist  bekannt  dass  aufgestelltes 
Rundholz  4  rm  0,7  bis  0,65  fm  enthält  In 
Scheiben  und  Hackstücke  zerkleinert,  bringt 
man  etwa  0,43  fm  in  1  cbm  FüUraum,  in 
auf  Hackmaschinen! bohnengross  zer- 
kleinerter Form  hat  man  etwa  0,37  fm 
Holz  auf  einen  Kubikmeter  FüUraum  zu 
rechnen.  Hier  findet  also  das  Gegenteil 
von  dem  bei  Stroh  Erfahrenen  statt 

Sowohl  die  Stroh-  wie  die  Holzteile 
haben  eine  bedeutende  Aufnahmefähigkeit 
für  die  Kochflüssigkeiten.  Heim  Stroh  ist 
dies  bei  den  Hohlräumen  der  Halmteile 
leicht  einzusehen,  aber  auch  bei  Holz  ist 
die  Sache  leicht  an  folgendem  Beispiel  er- 


Ein  liegender  Mitscherlich-Kocher  hat 
104  cbm  dieses  Raums  werden  mit  Scheiben,  d.  h.  mit 
Man  konnte  bequem 
und  behielt  noch  einen  Gasraum  von 
das  ergibt 


115  cbm  lichten  FüUraum, 
44,6  fm  Holz  gefüllt 
75,5  cbm  Lösung  einlassen 
6.0  cbm, 


Diese  Rechnung  beweist  dass  während 
des  Einlassens  der  Lösung  von  44,5  cbm 
Holzmasse  11  cbm  Lösung  aufgenommen 
wurden. 

(Harpf  rechnet  in  seiner  Doktor-Disser- 
tation 1892  FüUraum  des  Mitscherlich- 
Kochers  120  cbm.  Er  iüüt  60,6  rm  «  42,42 
fm  Holz  von  etwa  20  000  kg  Gewicht  und 
83,6  cbm  Lösung  ein,  kommt  also  auf  ein 
ungefähres  Verhältnis  Holz  zu  Lauge  = 
24 : 100  dem  Gewicht  nach.) 

Das  Holz  erweist  sich  also  in  seiner 
Eigenschaft  als    poröses  Pflanzengewebe 


nach  dem  Dämpfen  bei  Einlassen  der 
Lösung  sehr  aufsaugend  für  Flüssigkeiten. 

Die  schnelle  Durchdringung  der  Pflanzen- 
körper mit  Kochlösungen  ist  dem  chemi- 


förderlich,  indem  die  Lösung  der  Inkrusten 
etc.  sofort  eingeleitet 


Aufwendung  und  Verlust  an  Chemikalien 

Die  Zellstofffabriken  hatten  anfangs 
keine  Wiedergewinnungseinrichtungen.  In 
diesem  Falle  sind  Aufwendung  und  Verlust 


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•sm 


E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


SLrohstoff  nach  Lahouse'schem 
Verfahren  hergestellt,  erforderte  a  100  kg 
Stroh  13  kg  käufliches  Aetznatron  (70  big 
72  •  engl.)  und,  da  48  pCt.  vom  Strohgewicbt 
an  Stoff  gewonnen  wurden,  auf  100  kg  Stoff 
27,1  kg  Aetznatron,  entsprechend 
etwa, 40  kg  calc.  Soda;  dazu  kamen  auf 
100  kg  Strohstoff,  durchschnittlich  2  8kg 
Chlorkalk;  der  Stoff  war  trotz  dieser 
Chemikalienverluste  keineswegs  schön  weiss 
und  rein.  Diese  Resultate  passen  zu  dem 
unter  IV  in  der  kleinen  Tabelle  S.  352 
gemachten  Angabe. 

Kiefernholz  mit  Aetznatron  in 
bleichbaren  Stoff  umzuwandeln,  erforderte 
zu  Anfang  dieser  Fabrikation  (1870^r  Jahre) 
pro  tm.  Holz  etwa  53  kg  auf  100  kg  Stoff 
3  8  kg  Aetznatron  (70  bis  72 *  engl.) 
und  zur  Bleiche  ä  100  kg  Stoff  35  kg  Chlor- 
kalk. 

Aufwendung  und  Verlust  waren  gleich. 

Ganz  anders  und  sebr  verschieden  hat 
sich  dann  im  Verlaufe  der  letzten  40  Jahre 
bei  den  allmähli'  hen  Fortschritten  und 
Verbesserung   der  Fabrikationsverfahren 


die  Aufwendung  und  der  Verlust  an  Chemi- 
kalien gestellt. 

Der  Abschnitt  »Die  Laugenherstellung 
des  Natron-  und  Sulfatverfahrens«  S.  262 
bis  268  bringt  darüber  mehrere  Hinweise. 

Eine  Strohstofffabrik,  die  nach  reinem 
Sodaverfahren  arbeitet,  braucht  auf  100  kg 
Stoff  53,5  kg  wiedergewonnene  (schwarze) 
Soda,  13,5  kg  Ammoniaksoda,  29  kg 
Aetzkalk,  17,5  kg  Chlorkalk.  Man 
ersieht  eine  Aufwendung  von  67  kg  Soda* 
und  einen  Verlust  von  13,5  kg  Ammoniak- 
soda. Selbstverständlich  sind  die  Auf- 
wendungen von  Aetzkalk  und  Chlorkalk 
gleichzeitig  Verluste. 

Eine  andere  Strobstofffabrik,  die  nach 
gleichem  Sodaverfahren  noch  besser  bleich- 
baren Stoff  herstellte,  hatte  ungefähr  gleiche 
Gesamtsodaaufwendung,  aber  15,8  kg 
Ammoniaksoda  und  35,4  kg  gebr. 
Marmorkalk verlust  auf  100  kg  Stoff. 

Sehr  interessant  ist  der  Vergleich  zweier 
Strobstoffläbriken ,  die  la  Stoff  für  ihre 
feinen  und  mittelfeinen  Papiere  her- 
stellen. 


ISodaasche  j  calc.  Soda  j  Ges. '  Aetzkalk  Chlorkalk 


Fabrik 

Autwendung 

&  i 

i> 

34  kg 

8,8  kg 

42,8 

25,7  kg 

'        26  kg 

i 

A 

Verlust 

s  f 

3  W 

8,8  kg 

25.7  kg 

26  kg 

Fabrik 

Aufwendung 

£  > 

Cl.  ß 

Ü 

53  kg 

23  kg 

73 

42  kg 

16,5  kg 

B 

4 

Verlust 

3j  er 

23  kg 

42  kg 

16,5  kg 

Man  erkennt  hieran  deutlich,  was 
das  Verfahren  vermag  Auf  100  kg  ge- 
bleichten Stoff  stehen  A  8,8  kg  Soda, 
25,7  Aetzkalk,  26  kg  Chlorkalk  gegenüber  B 
23  k/  Soda,  42  kg  Aetzkalk  und  15,5  kg 
Chlorkalk,  bei  Erzielung  eines  etwa  gleich- 
wertigen Strohstoffes  Es  stehen  42,8 
kg. wiedergewonnener  Asche  und  Frisch- 
soda in  Fabrik  A  den  73  kg  davon  in 
Fabrik  B  gegenüber. 

Eine  dritte  nach  dem  Sodaverfahren 
arbeitende  Strohstofflabnk  brauchte  bei  41 


pCt.  durchschnittlicher  Ausbeute  des  Stroh- 
gewichtes  58  kg  gut  grau  bis  weiss  aua- 
gebrannte Sodaasche,  13,5  kg  Ammoniak- 
soda, 28,5  kg  Aetzkalk  und  17,5  kg ,  Chlor- 
kalk auf  100  kg  gebleichten  Strohstoff, 
wieder  71,5  kg  Asche  und  Frischsoda. 


*  WoSei  zu  berücksichtigen  ist,  dass  die 
wiedergewonnene  schwane  Soda  in  dieser  Fabrik 
sehr  gu»,  meist  hellgrau  bis  weiss  in  Nachbrenc- 
kammern,  also  auch  ziemlich  hochprozentig  ge- 


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K.  K1KCHNKK.   DAS  PAPIER,   in.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


361 


Eine  vierte  Sulfat-Strohstoflfabrik  brauchte 
bei  42,1  pCt.  StolTausbeute  vom  Strohgewicht 
auf  100  kg  gebleichten  StrohstolT  49  kg 
wiedergewonnene  Schmelze,  27  kg  frisches 
Sulfat  (Na,  S04  roh),  zusammen  also  7  6  kg 
Salze,  34,5kg  Aetzkalk  und  14,5kg  Chlorkalk- 

Sehr  unrationell  war  die  ältere  Ar- 
beitsweise mit  festem  Ael znatron  desHandels. 
Man  brauchte  (ür  100  kg  gebleichten  Slroh- 
stoff  bis  zu  37 '/»kg  (70/72°)  Aetznatron, 
welches  ganz  verloren  ging. 

Die  Holz  Zellstoff- Herstellung  ver- 
langte nach  John  Mc.  Nicola  Rezepten  (1872) 
pro  100  kg  CelluloseÖO  kg  Aetznatron(70/72,), 
später  in  der  ersten  Hälfte  der  70er  Jahre 
bei  sehr  unvollkommener  Sodawiederge- 
winnung neben  etwa  120  kg  wiederge- 
wonnener schwarzer  Asche  noch  38  kg  Aetz- 
natron (10112?  engl.).  Erst  hatte  man  also 
50  kg,  später  noch  38  kg  Aetznatron 
(damals  etwa  16  Mark  an  Geld)  Verlust  pro 
100  kg  Stoff  zu  rechnen. 

In  den  80er  Jahren  hatten  wir  es  in 
Deutschland  auf  etwa  15  kg  Soda-,  60- 
6  5  kg  Aetzkalk- Verlust  pro  100  kg  Zell- 
stoff gebracht  Die  Aufwendung  an  wieder- 
gewonnener und  frischer  Soda  zusammen 
betrug  1 1 0  —  1  2  0  kg  pro  100  kg  Zellstoff. 

Das  Sulfatverfahren  beansprucht 
für  100  kg  H  olz Zellstoff  einen  Auf- 
wand von  113-120  kg  Schmelze,  17-20  kg 
frisches  Sulfat,  d.  b.  130  -140  kg  Natron- 
salze und  36  -  40  kg  Aetzkalk.  Es  gehen 
demnach  auf  100  kg  Stoff  17-20  kg  Sulfat 
und  36—40  kg  Aetzkalk  verloren. 

Hiernach  bringt  das  Sulfatverfahren 
Ersparnis  an  Geld  und  es  verringert  die 
Kalkrückstände;  nach  der  Tabelle  S.  358 
erhöht  sich  die  Ausbeute  des  Holzes  an 
Stoff,  letzterer  wird  zäher  und  ist  mit 
weniger  Chlorkalk  besser  bleichbar.  Der 
üeruchsbelästigungen  ist  man  an  vielen 
Orten  auch  Herr  geworden,  wenn  auch 
über  das  »wie«  meist  Stillschweigen  be- 
wahrt wird. 

Das  Sulfatverfahren  ist  indessen  trotz 
der  aus  obigen  Angaben  hervorgehenden 
Vorteile  vielfach  wieder  verlassen.  Man 
hat  nämlich,  wie  aus  den  Angaben  für 
Strohstoff  S.  360  Tabelle  Fabrik  A  ersicht- 


lich ist,  neuerdings  grosse  Fortachritte  im 
Sodaverfahren  gemacht,  so  dass  die  früher 
stark  hervortretenden  Vorteile  desSulfatver- 
fahrens  jetzt  auch  beim  Arbeiten  mit  Soda 
wieder  erreicht  werden  können. 

In  Amerika  wird  fast  nur,  in  Schweden 
vielfach  und  in  Deutschland  auch  mehrfach 
wieder  nach  dem  Sodaverfabren  gearbeitet. 

Ueber  die  Anwendung  der  Seite  284/86 
beschriebenen  kaus t izierten  und  sul- 
fitierten  Koch  lauge  hat  Verfasser  vom 
Patentinhaber  neuerdings  erfahren,  das» 
sie  in  Weissenfeis  und  in  einer  weiteren 
Fabrik  Deutschlands  praktisch  mit  Erfolg 
durchgeführt  ist. 

Die  Herstellung  von  100  kg  Sulfit- 
Holzzellstoff  erfordert  einen  Aufwand 
von  14—22  kg  Schwefel  und  20  -  25  kg 
Kalkstein  oder  Tuff.  Fehlen  Einrichtungen 
zur  Wiedergewinnung  der  schwefligen 
Säure*)  oder  sind  dieselben  unvorteilhaft 
eingerichtet  und  betrieben,  so  kann  die 
ganze  oier  beinahe  die  ganze  Schwefel- 
menge mit  dem  Kalkstein  in  Verlust  gehen. 
Rationell  konstruierte  und  regelrecht  ge- 
führte Wiedergewinnungs  -  Einrichtungen 
haben  den  Schwefelverlust  auf  12  kg,  in 
besonders  günstigen  Fällen  sogar  auf  11 
bis  9  kg  pro  100  kg  Stoff  herunter  zu 
bringen  ermöglicht. 

Aus  Vorstehendem  wird  klar,  wie  ver- 
schieden die  Material-  und  Chemikalien- 
Aufwendungen  und  Verluste  sich  stellen, 
und  welchen  Einfluss  sie  neben  anderen 
Umständen  auf  die  Selbstkosten  des  Stoffes 
haben  müssen.  Ganz  ungefähre  mittlere 
Angaben  der  umstehenden  Tabelle  lassen 
eine  Vergleichung  nach  dieser  Richtung 
zu  und  erscheinen  daher  hier  am  Platze. 

Natron-Strohstoff  erfordert  danach  die 
Bewegung  von  860  kg,  Natron-Firhtenholz- 
zellstoff  von  1880  kg,  Sulfit-Fichtenholz- 
zellstoff 1100  kg  Rohstoff,  Flüssigkeit  und 
Chemikalien. 


*)  Die  Wiedergewinnung  der  schwefligen  Säure 
aus  den  Kochcr*Abato88g&8CU  ist  oben  Seit«  824 
332,  334/85,  338,  340  und  3i7  besprochen;  es  ist 
möglich,  40  bis  beinahe  50  pCt.  aller  in  den 
Kochlösungen  enthaltenen  schwefligen  .Niiiire 
wiederzugewinnen. 

4.  Bogen  1904 


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8Ö2  E.  KIRCHNER.   DÄS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF 


Für  100  kg  Zellstoff  sind  im  Mittel  etwa  zu  rechnen: 


Mass 
fm 

Gewicht 
kg 

Füll- 

Koch- 

Chemikalien 

Rohstoff 

räum 
cbno 

llüssifrkeit 
l 

Aufwand 

kK 
*> 

Verluste 
kg 

Natronverfahren 

Stroh 

250 

1,H 

51« 

70kgNa!ronsalze 

20  kg  Soda,  40  kg 

Aetzkalk 

Fichtenholz 

0,65 

mi 

1,75 

1400 

II"... 

18..          ,05  kg 

Aetzkalk 

Sulfitverfahren 

Fichtenholz 

0,45 

210 

1,2 

850 

18  „  Schwefel 

10  kg  Schwefel,  22  kg 
Kalkstein 

Man  erkennt  die  Unterschiede  bei  Stroh- 
u.  Holzverarbeitung,  besonders  deutlich  aber 
verschiedene  Vorteile  des  Sulfitverfahrens 
gegen  das  Natron  verfahren.  Das  Sulfit- 
verfahren erfordert  weniger  Holz,  kleineren 
Füllraum,  weniger  Kochflüssigkeit  und 
wesentlich  geringere  Chemikalien-Auf- 
wendungen und  Verluste.  Die  Rückge- 
winnung der  schwefligen  Säure  macht 
wenig  Arbeit  und  beansprucht  gering- 
fügige Einrichtungen,  während  die  für  die 
Rentabilität  unerlässliche  Wiedergewinnung 
der  Natronsalze  komplizierte  und  kostbare 
Einrichtungen  und  zuverlässige  teurere 
Wartung  voraussetzt 


Bedenkt  man,  dass  Sulfitstoff  für  viele 
Mittelpapiere  ungebleicht  verwendbar  ist, 
während  Soda-  und  Sulfatstoffe  für  die 
gleichen  Papiere  einer  kostspieligen  Bleiche 
unterzogen  werden  müssen,  so  erkennt 
man  den  Vorsprang,  den  der  Sulfitstoff  vor 
den  Natronstoffen  hat. 

Die  obige  Tabelle  macht  keinen  An- 
spruch auf  Richtigkeit,  sie  mag  aber  den 
Herren  Fabrikanten  Anregung  geben,  die 
in  ihren  Betrieben  bestehenden  Verhält- 
nisse genau  zu  bestimmen  und  wenn  an- 
gängig nach  der  einen  oder  anderen 
Richtung  zu  verbessern. 


Die  Kocher  und  Ihre  Nebenapparate. 


Allgemeines.  Ueber  die  Kochersysteme 
nach  den  verschiedenen  Bau-  undBeheizungs- 
arten  ist  Seite  348/49  bereits  eine  Ein- 
teilung gegeben. 

Die  Kocher  haben  den  Zweck,  den  vor- 
bereiteten Rohstoff  (Strohhäcksel,  Holz- 
scheiben oder  Holzspäne)  und  die  Koch- 
flüssigkeit (Natronlauge  oder  Sulfitlösung) 
im  Innern  aufzunehmen  und  zu  ermög- 
lichen, dass  die  Wärme  direkter  Feuer- 
heizung oder  indirekter  oder  direkter 
Dampfheizung  auf  den  Rohstoff  und  die  Koch- 
flüssigkeit in  hinreichender  Menge  und 
schnell  überzuführen  möglich  ist.    Da  die 


für  den  chemischen  Aufschluss  der  Roh- 
stoffe notwendigen  Koch  -  Temperaturen 
zwischen  125—185"  C  liegen,  so  müssen 
die  Kochgelasse  die  dieser  Temperatur 
entsprechenden  hohen  Drucke,  also  bis  zu 
10  Atmosphären  Ueberdruck  aushalten. 
Die  Kochkessel  sind  somit  für  die  jeweilig 
verlangten  Drucke  stark  und  solide  genug 
zu  konstruieren.  Dabei  ist  dann  nicht  zu 
vergessen,  dass  drehende  Kocher  für 
scharfes  oder  Sand  mitführendes  Roh- 
material, wie  besonders  Stroh,  abgesehen 
von  etwa  eintretender  äusserer  Oxydation 
der  Mantelbleche  auch  innen  fortwährend 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  ÜI.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


durch  Reiben  und  Schleifen  abgenutzt 
werden  und  dass  auf  diese  Abnützung  von 
vornherein  Rücksicht  genommen  werden 
muss,  wenn  sie  nach  vieljähriger  Benützung 
noch  stark  genug  sein  sollen. 

Einige  alte  Kocher  sind  ohne  Frage  in- 
folge zu  starker  Abnützung  des  Bleches 
nach  jahrzehntelangem  Dienst  explodiert. 
Augenzeugen  berichten  über  Abnützung 
von  Kochern  bis  auf  einige  Millimeter 
(Pappendicke)  Blechstarke. 

Besitzer  und  Aufsichtsbehörden  sollten 
sich  also  zur  Pflicht  machen,  solche  alte 
Kocher  von  Zeit  zu  Zeit  auf  die  Starke 
der  Wandungen  prüfen  zu  lassen  und,  wenn 
zu  schwach  befunden,  ausser  Betrieb  zu 
setzen. 

Erst  jüngst  erfuhr  man  von  einem 
explodierten  Kocher  der  über  50  Jahre  im 
Betriebe  war,  dessen  Mantelbleche  nur 
noch  sehr  dünn  waren. 

Die  Kocher  in  einfachster  Gestalt,  Kugel- 
oder Zylinderform,  müssen  Einrichtungen 
für  möglichst  bequemes  Füllen  und  Ent- 
leeren der  Roh-  und  Kochstoffe,  sowie  der 
Koch-  und  Waschflüssigkeiten  besitzen; 
erstere  bestehen  in  zylindrischen,  mit 
Deckeln  dicht  verschraubbaren  Ansätzen 
oder  in  einem  anschraubbaren  ganzen 
Boden  (an  einem  Ende  der  dann  zylindrischen 
Kocher),  letztere  in  Rohrstutzen  mit  Durch- 
gangsventilen. Die  Heizeinrichtungen  sind 
sehr  verschieden.  Drehbare  Kocher  müssen 
ausserdem  hohle  Zapfen  mit  Rohrstutzen, 
Stopfbüchsen  und  Antriebsvorrichtungen 
besitzen.  Alle  Kocher  verlangen  eine  ihrem 
Gewicht  entsprechende  solide  Fundierung. 
Bei  sehr  langen  liegenden  Kochern  ist  auf 
ihre  unausbleibliche  Verlängerung  und  Ver- 
kürzung infolge  wechselnder  Temperatur  und 
wechselnden  Druckes  Rücksicht  zu  nehmen. 
Von  denTragfüssen  langer  liegenderZylinder- 
kocher  befestigt  man  in  der  Regel  nur  das 
mittlere  Paar  auf  dem  Fundament,  die  anderen 
Tragfüsse  lässt  man  zweckmässig  auf  Rollen- 
lagern ruhen,  die  eine  Verlängerung  und  Ver- 
kürzung der  Kocherhälften  in  Richtung  ihrer 
Länge  leicht  zulassen.  Etwa  an  den  Kocher- 
mänteln zu  montierende  Armaturen  setzt  man 
auf  solidangenietete  Stutzenundsorgt  füreine 


dauerhafte  Verpackung  zwischen  Stutzen 
und  Armaturstück.  Der  Dichtung  von 
Deckeln  und  ganzen  Böden  ist  eben- 
falls die  grösste  Sorgfalt  zu  widmen,  ver- 
schiedene bewährte  Dichtungsarten  werden 
später  besprochen  werden. 

Als  Material  der  Kocherwandungen, 
welche  den  oben  erwähnten  Druck  aus- 
zuhalten haben,  hat  sich  das  Schweiss- 
eisen-Kesselblech besonders  gut  bewährt 
Schweisseisenblech  ist  gegen  alkalische 
Flüssigkeiten  durchaus  widerstandsfähig, 
so  dass  es  sich  für  Kocher,  in  welchen 
mit  Natronlaugen  Stoff  gekocht  wird,  vor- 
züglich bewährt  hat 

Die  Frage  nach  dem  besten  Kocher- 
material ist  für  die  Zellstoffindustrie 
besonders  wichtig,  ja  sie  ist  heut  zu  einer 
brennenden  geworden,  nachdem  bei 
der  Erzeugung  von  Sulfitstoff  Kocher  von 
Riesendimensionen  verwendet  werden,  deren 
Explosion  zu  schrecklichen  Unglücksfällen 
mit  Verlust  vieler  Menschenleben 
führen  können.  Aber  selbst  nur  der  Bruch 
eines  grossen  Kesselmantels  ohne  schwere 
bedauernswerte  Unfälle,  wie  sie  auch  mehr- 
fach vorgekommen  sind,  haben  einen  oft 
sehr  bedeutenden  Geldverlust  für  den 
Fabrikanten  im  Gefolge.  Es  ist  daher  am 
Platze,  an  dieser  Stelle  hervorzuheben, 
dass  Zellstoffkocher  aus  Flusseisen-Fein- 
korn- und  Stahlblech  aussergewöhnlichen 
Beanspruchungen,  die  die  Praxis  hin  und 
wieder  an  sie  stellt,  sich  nicht  gewachsen 
zeigten  und  Defekte  erlitten  oder  explodierten , 
während  man  derlei  Erscheinungen  an  Zell- 
stoffkochern  aus  Schweisseisen  bisher 
nicht  beobachtet  hat 

Es  wird  auch  von  den  Verteidigern 
des  Flusseisens  und  Flussstahles  zugegeben, 
dass  Blechwände  aus  diesen  Materialien 
bei  Temperaturdifferenzen  an  der  Innen- 
und  Aussenseite  Neigung  zum  Reissen 
zeigen.  Diese  Eigenschalt  soll  zwar  das 
Flusseisenmaterial  nur  bei  abnorm  niedrigen 
Temperaturen  und  plötzlichen  Temperatur- 
schwankungen zeigen,  es  genügt  aber  die 
Konstatierung  dieses  Tatbestandes  über- 
haupt, um  dieses  Material,  das  derlei  Be- 
anspruchungen beim  praktischen  Betriebe 


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364 


K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


auggesetzt  sein  kann,  von  der  Ver- 
wendung auszuschliessen. 

Es  kann  für  seine  Anwendung  nicht 
bestimmend  sein,  wenn  ein  anderes  diesen 
Einwirkungen  besser  widerstehendes  Ma- 
terial seltener  und  schwerer  zu  haben 
ist,  auch  wenn  letzteres  weniger  homogen 
und  etwas  weniger  fest  ist.  Wenn  letzteres 
die  Empfindlichkeit  gegen  Temperatur- 
differenzen  nicht  zeigt,  so  ist  das  Grund 
genug,  es  vorzuziehen  und  dadurch  Ex 
plosionen  zu  verhindern!*) 

*)  Es  sind  mir  folgende  Fälle  der  Empfind- 
lichkeit dea  Flusseisen,  und  Flussstahlmaterials 
gegen  Kalte  bekannt  geworden.  Eisenbahnrad- 
krXnze  und  Eisenbahnschienen  springen  häufig 
bei  plötzlich  einbrechender  Kälte!  Stabl-Loko- 
tnotiv-Feuerbuchsblecbe  wurden  bei  starkem  Frost, 
ohne  Waaser  ruhig  in  einem  Scbupp»n  Sibiriens 
stehend,  zerstört. 

Ein  Cellulose-Kocher,  dessen  Mantelbleche 
aus  Stahl  waren,  erlitt  einmal  bei  2,6  Atm. 
U eberdruck  und  Innentemperatur  106*  C  zwei 
Risse  im  rollen  Blech  (an  den  Ecken).  Ein 
andermal  rissen  an  demselben  Oellulosekooher 
2  Tafeln  nebeneinander  im  vollen  Bleche  bei 
1)8*  0  Innentemperatur  und  1,6  Atm  Ueberdr. 
(Aussentemperatur  nicht  bekannt). 

In  Ferien  (Schweiz)  passierte  es  am  5.  Febr. 
1886,  dass  ein  sog.  Stahlkochermantel  bei  1,8  Atm. 
Ueberdr.,  88*  C  im  Innern  z*rriss.  und  zwar 
barsten  6  voa  9  Schüssen  in  der  Fig.  168  dar- 
gestellten Weise. 


Fif.  163.  Bersten  eines  Kocher« 

Die  näheren  Umstände,  unter  denen  dieser 
Kocher  zerriss,  sind  interessant  und  lehrreich 
genug,  um  hier  näher  aufgeführt  zu  werden.  Per 
Kocher  hatte  4  m  1  Durchm.  12  m  Länge,  er  war 
mit  gekrempelten  und  durch  Nietuog  zusammen- 
gesataten  sohweisseiscrnen  Kopfplatten  20  mm 
dick  und  einem  8tahlmantel  14  mm  dick  ver- 
Er  hatte  innere  verlötete  Bleiauskleidung 


2'/,  mm  stark  und  eine  270  mm  dicke  Steinaus- 
mauerung. Während  e:njäbriger  Betriebsrat 
waren  anstandslos  62  Koche  ausgeführt,  wobei 
anfangs  Betriebsdrucke  bis  zu  6,8  Atm.  Ueberdr. 
(lt.  vorhandener  Bücher)  angewendet  waren, 
während  seit  Monaten  auf  1  Atm.  Betriebsdruck 
zurückgegangen  war.  Der  Kocher  war  vor- 
scbriftsmisiig  mit  Hole  und  Sulfitlösung  gefüllt, 
so  dass  oben  ein  Uasraum  von  etwa  400  mm  Ab- 
stand vom  Scheitel  (reichlich  6  cbm  —  6000  1) 
verblieb.  In  der  Heizschlange  (Heizung  indirekt) 
war  laut  Abschreibungen  des  Kochmeisters 
8  7  Atm.  Ueberdr.,  im  Oasraum  nur  83» C  Temp.  und 
1,8  Atm.  Uebardruck. 

Die  Lufttemperatur  war  28'' C.  Nachmittag 4  Vhr 
brachten  Frauen  und  Kinder  den  Kaffee  für  die 
Arbeitor.  dabei  blieb  die  Eingangstür  zum  Kocher- 
raum offen,  so  dass  die  kalte  Luft  den  ii  der 
Erwärmung  begriffenen  Kochermantel  bestreichen 
konnte.  Der  auf  dem  Boden  über  dem  Kocher 
Kaffee  trinkende  Kochmeistcr  sagte  aus,  er  habe 
einen  Schlag  oder  kurzen  Knall  vernommen,  als 
wenn  etwa  ein  Brett  reisst.  Das  Unglück  war 
geschehen ! 

Die  Reparatur  kostete  7000—8000  Frs.  und 
einen  mehrmonatigen  Stillstand.  Figur  163 
erklärt  den  Vorgang  noch  deutlicher  An 
der  Fensterwand  W  lag  der  Kocher  K.  Ein 
Flügel  der  breiten  Fabriktür  T  stand  offen, 
der  kalte  Zug  traf  zunächst  die  Platten  I,  II, 
III,  II  und  III  wahrscheinlich  besonders  stark. 
Im  Moment  des  Abschreckens  der  Platten  fand 
das  Reissen  des  äusseren  Schusses  I  durch  halbe 
Schusslänge,  dea  inneren  Schusses  II  in  ganzer 
Län^e,  des  Schusses  III  an  zwei  diametral- 
stehenden  Stellen  3  und  4  in  ganser  Länge,  des 
Schusses  IV  und  V  je  einmal,  des  Schusses  VII 
zweimal  7  und  8  in  ganzer  Länge  desselben  statt. 
Das  Durchreissen  der  Sohüsse  I,  II  und  III  in 
einer  Kichtung  hatte  ein  Herausbiegei  der 
schraffierten  Blechteile  um  11  mm  aus  dem 
Mautelumfange  bewirkt,  die  übrigen  Risse  wurden 
erst  später  bei  genauer  Untersuchung  des  Mantels 
gefunden.  Bemerkenswert  ist,  dass  alle  Risse  4, 
5,  6,  7  und  8  nach  der  kalten  Fensterseite  W 
hin  erfolgt  waren,  ferner  dass  Schnas  I  nur  auf 
halbe  Länge  und  Schüsie  VI,  VI  II  und  IX  gar 
nicht  geristen  waren  Ich  erkläre  die  Sache  so, 
dass  die  Kopfdeckel  aus  Schweisseisen  diesen 
verhältnismässig  günstigen  Ausgang  bewirkten. 

Es  ist  versucht  worden,  diesen  Vorgang  so  zu 
erklären,  dass  der  Kocher  infolge  zu  hoher 
Füllung  durch  hydraulischen  Druck  gesprengt 
sei.  Verfasser  war  aber  wenige  Sekunden  nach 
erfolgtem  Brnch  zur  Stelle  und  überzeugte  sich 
durch  Lüften  des  Sicherheitsventiles,  daas  nur 
Dämpfe  im  oberen  Teil  des  Kochers  waren;  so- 
bald tunlich,  wurde  zudem    nach  Ocffnen  des 


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E.  KlrlCHNEK.   DAS  PAPIKK.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF.  365 


einen  Mannloches  konstatiert,  da*s  die  Füllung 
vorsebriftsmütsig  mit  vorgeschriebenem  Dampf- 
räum  «ingehalten  war.  Das  an  einigen  Bruch- 
stellen vor  Reparatur  herausgehauene  Blech» 
material  erwies  sich  als  ganz  vorzüglich  zug- 
fest und  sehr  dehnbar,  so  dass  nur  die 
partielle  Abschreckung  des  Stablmantel«  durch 
den  kalten  Luftstrom  als  Ursache  dieses  anglück- 
lichen Ereignisses  übrig  bleibt. 

In  Fodgora  (Oesterreich)  zerriss  am  4.  Nov. 
1901  an  einem  stehenden,  aus  Teplitzer  Fluss- 
eisen gefertigten  Kocher  von  i  m  Durchm.  9.7  m 
Höhe  nach  12stünd.  Kochen  eine  25  mm  dicke 
Längslasche  (Blechstärke  war  nur  20  mm)  im 
gesunden  Blech,  wahrscheinlich  auch  infolge 
Tcmperaturdifferenzenf). 

In  der  Dexter  Sulphite  Pulp  aod  Paper  Co 
in  Watertown  explodierte  endlich  im  Jahre  1903 
ein  Zellstoffkocher  aus  Stahl  von  4,27  m  Durchm 
9,15  m  lang  bei  2,8  Atm.  Druck,  daduroh  kamen 
bei  starker  Kälte  (  —10  oder  —  29« C  Kälte, 
war  verschieden  angegeben)  durch  Wegschleudern 
des  Daches  noch  3  weitere  Kocher  zur  part:ellen 
Abkühlung  und  explodierten  gleichfalls. ff) 

Diese  Explosionen,  die  mir  bekannt  sind, 
werden  nicht  erschöpfend  sein,  genügen  aber  für 
Berechtigung  der  Warnung: 

„Man  verwende  kein  Flneieieen-  oder  Fluss- 
Stahlblech  zer  Herstellung  von  Kochern,  eendera 
beschaffe  das  so  gefahrdroheide  Eigenschaften 
nioht  zeigende  8c hwelsse Isen  ileoh  flr 
Bau  von  Kochern". 

Schweisseisenbleche  haben  sich  auch 
bei  direkter  Koks-  und  Kohlenheizung  und 
Arbeitsdrucken  bis  zu  11  Atm.  Ueberdruck 
(co  187*  C  Temperatur)  bewährt. 

Bei  Sulßtkochern,  deren  von  den  sauren 
Kochflüssigkeiten  berührte  Ionenwände 
nicht  aus  Eisen  ohne  säurebeständigen 
benutz  bestehen  dürfen,  bat  sich,  wie  in 
vorstehender  Fussbemerkung  gesagt  war, 
Schweisseisenblech  als  äusserer  Mantel 
gut  widerstandsfähig  erwiesen,  während 
Plusseisen  und  Flussstablbleche  unter  be- 
stimmten Verhältnissen  den  Dienst  ver- 
sagten. Der  innere  Schutz  aus  einer  Blei- 
lage, oder  aus  Blei  und  Stein  oder  aus 
Stein  allein  kommt  hier  hinzu,  über  den- 
selben ist  später  ausführlicher  zu  sprechen. 

Die  Wandungen  der  Sulfitkocher  aus 
Steinmasse  mit  eingelegtem  Eisengerippe, 
oder  aus  einem  anderen  säurebeständigen 

f)  Wochenblatt  1902  Seite  953. 

ff)  Wochenblatt  1903  Seite  503  und  1035. 


Metall,  z.  B.  Bronze  herzustellen,  hat  zu 
keinen  günstigen  Resultaten  geführt, 
wohl  aber  zum  Gegenteil 

Bezüglich  der  Bestimmung  der  Wand- 
stärke unserer  Kochergefässe  sind  im 
allgemeinen  die  Erfahrungen  des  Dampf- 
kesselbaues massgebend,  doch  sollte  bei 
Kochern,  die  inneren  oder  äusseren  ausser- 
gewöhnlichen  Abnützungen  ausgesetzt  sind, 
ein  Zuschlag  zur  errechneten  Wandstärke 
gemacht  werden.  Auf  eine  Entlastung  der 
Mantelbeanspruchung  der  ausgemauerten 
Sulßtkocher  durch  den  Steinmantel  darf 
schwerlich  gerechnet  werden,  da  die  Zug- 
festigkeit von  gutem,  durchaus  dichtem 
Mauerwerk  im  Mittel  auf  höchstens  20  kg 
pro  qcm*)  gerechnet  werden  darf,  dabei  ist 
man  indes  nie  sicher,  ob  nicht  die  Zug- 
festigkeit überhaupt  in  Frage  stellende 
grössere  Bisse  im  Mauerwerk  vorhanden 
sind. 

Nach  von  der  Mechanik  aufgestellten 
Formeln  rechnet  man  die  Wandstärke  von 
Kugelkochern 


von  Zylinderkochern 

8  2  k, ' 
wo  D  der  Durchmesser  des  Gefässes  in  cm, 
p  der  Arbeitsdruck  in  Atmosphären 
Ueberdruck  —  Druck  in  kg/qcm,  kc  = 
kg/ qcm  zulässiger  ZugfestigkeitskmtTizient 
des  durch  Nietung  hergestellten  Mantels. 

So  erhält  man  z.  B.  für  einen  Kugel- 
kocher 3  m  Durchm.,  der  bis  zu  6  Atm. 
Ueberdruck  arbeiten  soll,  bei  zweireihiger 
Nietung  kE  ==  350  (nachBacb)**)angenommen 
800  6 

s  —  | — ^  =  1,3  cm  Eisenblechwand- 
stärke; macht  man  für  innere  Abnützung 
5  mm  Zuschlag,  so  wäre  die  Kugel  in 
18  mm  dickem  Eisenblech  herzustellen. 

Ein  zylindrischer  Sulfitkocher  mit  5  m 
Durchm.  des  Mantels,  der  bis  zu  4  Atm. 
Ueberdr.  angestrengt  und  dreireihig  ver- 


*)  Hütte,  18  Autl.  S.  362. 

Bach.  Maschineneleraente,  8.  Auflage  1901 

S.  178. 


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36B 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


nietet  werden  soll,  darf  nach  Bach  nur 
auf  ki  =  395  kg/qcm  angestrengt  werden, 

es  wäre  s  —  2 — ^  =  2,6  cm  =  26  mm 

Wandstärke  notwendig. 

Ein  Natron-Zellstoffkocber  von  1,3  m 
Durchm.  10  Atm.  Ueberdruck  mit  doppel- 
reihiger Nietung  sollte  17  mm  dicke  Eisen- 
bleche für  den  Mantel  erhalten. 

Ein  Sulfitkocher  4  m  Durchm.  4  Atm. 
Ueberdr.  verlangt  bei  doppelreihiger  Nietung 
22  mm  dicke  Eisenblechtafeln,  ein  solcher 
von  5,6  m  Durchm.  und  4  Atm.  Ueberdr. 
(wohl  die  grösste  Dimension)  mit  drei- 
reihiger Längsnietung  sollte  30  mm  dicke 
Eisenblechmäntel  erhalten. 

Da  eine  bestimmte  Wandstärke  der 
Kessel-  und  Kochermäntel  gesetzlich 
nicht  vorgeschrieben  ist,  sondern  nur  eine 
Wasserdruckprobe  der  ßefässe,  so  kommen 
oft  recht  bedeutende  Abweichungen  von 
diesen  errechneten  Werten  vor. 

So  waren  die  schon  1880  von  H.  Fölzer 
Söhne  in  Siegen  für  Löbnberg  gelieferten 
Kochkessel  4  m  Durchm.  4  Atm.  Ueberdr. 
nur  15  mm  im  Mantel  stark.  Diese  Kessel 
sind  heut  (1904)  noch  im  Betriebe.  Eine 
durch  vorzügliche  Kesselscbmiedearbeit 
berühmte  sächsische  Firma  führte  noch 
jüngst  5  m  Durchm.  Sulfitkocher  für  4  Atm. 
Ueberdruck  in  dreifacher  Längsnietung 
19  mm  stark  aus,  während  Bachs  Vor- 
schriften 26  mm  Blechstärke  verlangen. 

Der  in  Perlen  1886  durch  Reissen  von 
6  Schüssen  unbrauchbar  gewordene  Kocher 
von  4  m  Durcbm.  für  4  Atm.  Ueberdr.  hatte 
nur  14  mm  Blechstärke,  das  Material  war, 
wie  bereits  erwähnt,  Flussstahl. 

In  Amerika  werden  diestehendenNatron- 
Holzzellstoffkocher  in  ganzem  Mantel,  Böden 
und  Mannlöchern  zu  einem  Stück  zusammen- 
geschweisst  geliefert. 

Was  nun  die  Nebenapparate  der  Kocher 
anbelangt,  so  sind  dies  besondere  Laugen - 
erhitzungseinrichtungen,  wie  sie  Dixon 
nach  einem  amerikanischen  Patent*)  schon 
1861  an  Strohkochern  in  Fotm  einer  Heiz- 
schlange und  Pumpe,  Ungerer  1871  als 

*>  Uofmanus  Handbuch  11.  Aull  Ö.  1165. 


Laugenkochkessel  bei  seinem  Natronholz- 
zellstoffverfahren, Dresel  1878*)  als  Röhren- 
erhitzungskessel mit  automatisch  wirken- 
der Laugenzirkulation  bei  Holzzellstoff- 
kochern anwendeten.  Ferner  sind  die 
Rohst of fvorbereitungsgefässe  hier- 
her zu  rechnen,  wie  der  Strohlauge-  oder 
Einweichkessel  von  Römer  &  Lahouse. 
Auch  die  Ueberdruckgetässe  für 
Kocbtlüssigkeiten  an  Sulfitkochern  sind  zu 
erwähnen.  Endlich  die  Abstossge- 
fässe  für  fertig  gekochte  Stoffe  mit  den 
Kocbflüssigkeiteo. 

Es  ist  selbstverständlich,  dass  die  zu- 
erst erwähnten  Laugenerhitzer  aus  Schmied- 
eisen bestehen  und  denselben  Druck  aus- 
halten müssen,  wie  die  Kocher  selbst  Die 
zu  zweit  erwähnten  Etnweicbkessel  sind 
auch  aus  Eisen  und  arbeiten  nur  mit 
geringem  oder  gar  keinem  Druck.  Ueber- 
druckgefässe  für  Sulfitlösungen  müssen 
innen  säurebeständig  verkleidet  und  auch  für 
den  Kocherdruck  berechnet  sein. 

Die  Abstoss-  und  Aufnahme  ge- 
fässe  iür  Natronstoffe  sind  aus  Eisen 
gefertigt  und  entlassen  die  freiwerdenden 
Dämpfe  durch  weite  Abzugsschlote  ins 
Freie.  Das  letztere  ist  bei  diesen  Ein- 
richtungen der  Sulfitstoffkochereien  auch 
der  Fall,  sie  sind  aber  gewöhnlich  aus 
Holz  gefertigt. 

Es  sollen  nun  einige  früher  bewährte 
und  gegenwärtig  benutzte  Kochereiein- 
richtungen besprochen  werden. 

Kocher  mit  direkter  Feuerheizung. 

Das  Kochen  von  Strohhäcksel  oder  von 
Holzhackspänen  in  mit  direktem  Feuer  ge- 
heizten Kochern  setzt  voraus,  dass  ent- 
weder das  Kocbgut  mit  der  Flüssigkeit 
durch  starke  Rührer  in  Bewegung  erhalten 
wird,  oder  dass  der  Kessel  sich  dreht, 
oder  dass  ein  innerer  Mantel  aus  gelochtem 
Blech  das  Stroh  oder  das  Holz  von  den 
geheizten  Kesselwänden  lerne  hält 

F.  Tbiry  in  Huy  (Belgien)  hat  fest 
montierte,  liegende  Kocher  mit  inneren 
starken  Rührarmen  und  Ketten  und  direkter 

~)  M.  Schubert  CelluloaefabriaktioD,  II.  Aufl., 
1897,  S.  90. 


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K.  KIKCHNEK.    DAb  PAP1EK.    III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


367 


Feuerheizung  mit  gutem  Erfolge  ange- 
wendet. 

Houghton  ist  alsErfinder  der  in  horizontale 
Kocher  einschiebbaren  zylindrischen  Käüge 
aus  gelochtem  Bleche  zu  nennen.  In  die 
Käüge  kam  das  Kocbgut,  so  dass  es  die 
von  Dresel  und  Lee  mit  direktem  Feuer  ge- 
heizten Kocherwände  nicht  berührte.  Sinclair 
und  Mc  Nicol  brachten  in  den  stehenden 
zylindrischen  Kochern  einen  Mantel  aus 
gelochtem  Blech  an,  so  dass  auch  hier 
die  Kocbflüssigkeit  zwischen  der  direkt  ge- 
heizten Kocherwand  und  dem  inneren 
Blechmantel,  sowie  durch  den  Inhalt 
zirkulieren  konnte,  das  Kocbgut  aber  ab- 
gehalten war,  die  geheizten  Kocherwände 
zu  berühren. 

Die  frühere  Natronholzzellstofffabrik 
»Cellulosefabrik  Nurmis  bei 
Wiborg  in  Finland«  hatte  Kugel- 


kocher, welche  in  einem  ofenähnlichen  ge- 
mauerten Gehäuse  sich  drehend,  von  einem 
Koksfeuer  umspült  waren.  Die  1872  in 
Betrieb  gekommene  Cellulosefabrik  Cöslin 
und  später  die  Cellulosefabrik  in  Salach 
(Württemberg)  baben  die  ersten  Betriebs- 
jahre direkte  Feuerbeheizung 
ihrer  aufrechtstehenden  Sinclair- Kocher 
angewendet,  gingen  aber  später  zur  Heizung 
mit  direktem  Dampf  über. 

Die  direkte  Feuerheizung  dürlte  nur 
noch  in  wenigen  Fabriken  benutzt  werden. 

Verfasser  hatte  in  Alt -Damm  und 
AschalTenburg  den  Betrieb  mit  solchen 
Kochern  mehrere  Jahre  zu  leiten,  und  gibt 
Taf.  164-  Fig.  1  und  2  Längsschnitt  und 
Querschnitt  von  solchen  HolzzellstofT- 
kochern.  wie  sie  in  Alt-Damm  nach  Lee's, 
in  Aschaffenburg  nach  Dresels  Vorschriften 
eingerichtet  waren. 


Taf.  164.   Natronholzzellatoffkocher.  1875. 


Beschreibung:  Fig.  1.  Längsschnitt  der  Kochereinrichtung:  A  Kocher  mit  Deckelverschluss 
am  linken  Knde,  B  Dom,  C  VerbinduDgsstutzeu,  T  Träger  des  Kochers,  p,  p,  p  drei  l'robier- 
hähncheu,  w  Hahn  mit  offnem  Laugen standrohr,  E  Eiulassventil  für  die  Kocblauge,  Ab  Ablass- 
ventil,  Sj  und  S,  Sicherheitsventile,  jedes  69  mm  l.-Durcbra  mit  Ilelielbelaatung,  jedes  hat  an 
(einem  Stutzen  ein  Federminomcter,  M  Ablassbabn  für  den  Dumpf  mit  anschliessendem  Ablass- 
rohr nach  dem  Braunlaugebassiu,  F,  und  Ff,  diu  2  Feuerungen,  K  Fucbskanal  nach  altem 
Arrangement,  I,  II  .  .  .  X  bedeuten  die  zehn  gelochten  Spansiebe,  an  einem  Ende  mit  Fasquil- 
DeckelverschlusB  und  mit  2  Rollen  ausgestattet,  die  auf  einer  der  Länge  nach  im  Kocher  A 
liegenden  J_  Schiene  und  zwischen  2  Seiten-Führungsschienen  das  Einfahren  und  Heraus- 
ziehen der  Spansiebe  ermöglichten.  Fig.  2.  Querschnitt  durch  den  Kocher  mit  Dom  und  Feuerung. 


Ueberein8timmend  hatten  die  englischen 
und  deutschen  Kocher  etwa  12,5  m  Länge 
1,25  m  1  Durcbm.,  einen  Dom  von  0,75  m 
Durchm.  6,3  m  Länge  mit  2  oder  3  Ver- 
bindungsstutzen.   Die  Heizfläche  betrug 


23  qm,  die  Kost  fläche  zweier  Feuer  2,7  qra.*) 

*)  Dies  ist  ein  Mißverhältnis  ;H:B  8,5:1, 

indem  bei  unseren  Dampfkesseln  H :  R  25-  35 : 1 
eingehalten  wird.  Man  arbeitete  so  forciert  und  mit 
Wärme-,  d.  h.  Kohlenverschwendung  ! 


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368 


E.  KIRCHNER.   DAS  FAP  IKK.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Verfasser  änderte  dieses  ungünstige  Ver- 
hältnis, indem  er  zwei  nebeneinander- 
liegende Feuer  am  einen  Ende  des  Kochers 
mit  zusammen  nur  1,5  qm  Rost  däche  an- 
ordnete und  die  Feuerung  in  der  Mitte 
des  Kochers  beseitigte.  Die  Heizfläche 
wurde  auf  25,5  qm  vergrössert,  dadurch 
erreichte  man  das  günstigere  Verhältnis 
H :  R  =  17  : 1  und  konnte  doch  noch  mit 
hinreichender  Forcierung  arbeiten. 

Da  nun  die  vordere  Quernaht  nächst 
dem  Feuer  F3,  Fig.  1,  Tat.  164  unter  der 
Hitze  des  ersten  Feuers  stark  zu  leiden 
hatte,  wurde  für  den  ersten  Teil  des  Kessels 
ein  Schutzgewölbe  (nach  den  punktierien 
Linien  derTaf.  161  Fig.  1)  angeordnet,  wassich 
als  zweckentsprechend  erwies.  Eine  lange 
durchgehende  Feuer  platte  aus  beste:) 
Schweisseisenblech  für  den  zuerst  vom 
Feuer  getroffenen  Teil  des  Kessels  ange- 
ordnet, war  ebenfalls  von  günstiger  Wirkung. 
Schliesslich  habe  ich  die  Rost  fläche  R  der 
Kocher  auf  1,2  X  0,6  =  0,72  qm,  bei 
H  =  24  qm  verkleinert,  also  H :  R  =  33  :  1 
und  brachte  trotzdem  in  4  Stunden  den 
Kocher  schon  auf  Druck. 

Bei  Fabriks-Vergrösserungen  wurden 
neue  Kessel  aussen  und  innen  v er- 
st emmt  verlangt  und  geliefert;  ausser- 
dem wurden  Undichtheiten  des  Kochers, 
sobald  sie  staikes  Ausfliessen  der  Lauge 
erkennen  Hessen  und  sich  im  Feuerzuge 
calcinierte  Soda  bildete,  durch  gewissen- 
haftes Nachstemmen  beseitigt. 

Was  den  Füllraum  der  Kocher  anlangt, 
so  enthielten  die  10  Siebe  aus  gelochtem  j 
Blech  jedes  1,12  m  1  Durchm.,  1,18  m  lang,  f 
11,6  cbm  Inhalt  bei  15,8  cbm  üesamtraum 
des  Unterkessels.  Autgepumpt  wurde  der 
Unterkessel  mit  etwa  9,5  bis  10  cbm  Lauge 
(im  Mittel  4°/«  NaaO-Gehalt)  etwa  bis  zum 
mittleren  Probierhahn  Taf.  164,  Fig.  1.  Die  10 
Siebe  enthielten  in  gehackten  u.  verxahlenen 
Spänen  4  fm  oo  6  rm  geschältes  oo  7  rm 
rohes  Rundholz  (Stoffergebnis  je  nach 
Kiefernholzsorte  650  bis  750  kg  lufttr.  un- 
gebl.  Cellulose). 

Auf  100  kg  Stoff  wurden  1875  bei  alter 
englischer  Einmauerung  mit  2  Feuern  115  i 
bis  112  kg  ;gute   schleiche  Steinkohle  | 


(Preis  der  Kohle:  Königsgrube  frei  Fabrik 
2  M.  die  100  kg)  verbrannt.  Bei  H  :  R  = 
33  : 1  sank  der  Kohlenverbrauch  auf  100  kg 
pro  100  kg  ungebl.  Stoff. 

Bevor  Erfahrungen  in  schonender  Be- 
heizung und  schneller  Beseitigui  g  von 
Defekten  gewonnen  waren,  brachten  die 
Undichtheiten  der  Kocher  vielen  Aufenthalt, 
der  Feuerzug  verlegte  sich  nach  einer 
Anzahl  von  Kochungen  mit  calcinierter 
Soda,  so  dass  die  Feuer  nicht  ordentlich 
brannten  und  das  Fertigwerden  der  Koche 
oft  sehr  verzögert  wurde.  Es  war  eine 
grosse  Not,  und  Angst  für  den  techn  Leiter 
und  den  Reparaleur ! 

Die  einseitige  forcierte  Erhitzung  des 
Unlerkesse!s  brachte  auch  hin  und  wieder 
stärkere  Defekte,  so  passierte  es  dem  Ver- 
fasser, dass  unter  Druck  eine  Quernietnaht 
etwa  auf  '/i  des  ganzen  Umfanges  riss  und 
ein  grosser  Teil  der  braunen  Lauge  aus- 
floss.  Ein  andermal  brach  das  Vierkant 
des  Dampfabblasehahnes  ab,  man  konnte 
die  10  Atm.  Ueberdr.  nicht  ablassen,  der 
Kocher  blieb  stundenlang  unter  Druck 
stehen.  All  derlei  Vorkommnisse  hatten 
schwerere  Unfälle  an  diesen  Kochern  glück- 
licherweise nicht  zur  Folge.  Ursache 
zur  Explosion  scheinen  demnach  grössere 
Undichtheiten  an  diesen  Kochern  mit  Holz 
und  Laugeinhalt  nicht  zu  geben. 

Diese  Kocher  mit  Feuerheizung  brachten 
zunächst  einen  durch  Kohlenverschwendung 
und  Reparaturen  verteuerten,  unruhigen 
Betrieb  mit  sich,  der  weiter  noch  durch 
ein  umständliches  zeitraubendes  Oeffnen 
und  Schliessen  der  Kopfdeckel,  ferner 
durch  das  Ein-  und  Ausfahren  der  Siebe 
erschwert  und  verteuert  wurde.  Die  Kopf- 
deckeldichtung war  zudem  unzuverlässig, 
solange  man  sich  auf  die  Metalldichtung 
allein  verliess.  Erst  nachdem  man  gelernt 
halte,  die  Hartbleinut  des  Deckels  mit 
feuchtem  Zellstoff  zu  füllen,  war  letztere 
Schwierigkeit  überwunden. 

Es  blieb  aber  immer  noch  die  umständ- 
liche, teure  Füllung  der  Siebe  mit  Spänen 
und  Entleeren  von  Stoff,  welche  nur  mit 
Hilfe  von  Transport-  und  Kippeinrichtungen 
und  Anlage  von  Ausfahrgeleisen  Tür  vorrätige 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Reservesiebe  erleichtert  werden  konnte. 

Was  bei  einem  solchen  durch  unzweck- 
mässige Einrichtungen  gehemmten  Betriebe 
eine  energische  Leitung  zu  leisten  im 
stände  ist,  erfuhr  Verfasser  selbst.  In  Alt- 
damm  wurden  1875  mit  2  Kochern  in  24  Std. 
bis  zu  3  Kochungen,  ä  Kocher  also  Vis 
Kochungen  fertiggebracht  In  Aschaffen- 
burg  trieb  man  die  Leistung  von  3  Kochern 
in   24   Stunden    auf    lOVi  Kochungen, 


ä  Kocher  also  auf  3,5  Kochungen.  Die 
auf  die  Kochung  durchschnittlich  ver- 
wendete Zeit  schwankte  darnach  zwischen 
16  Stunden  im  ersten  und  wenig  über 
7  Stunden  im  zweiten  Falle. 

Bedenkt  man,  dass  ab  und  an  der  eine 
oder  andere  Kocher  durch  Undichtwerden 
Stillstand  erfuhr,  so  dürfte  in  AschafTenburg 
auf  die  Kochung  mit  allen  Nebenarbeiten  etwa 
nur  6— 6Vt  Stunden  Zeit  zu  rechnen  sein. 


Tat  165  Details  des  Natronholzzell ateffkoehera.  '875. 

Beschreibung:  Fig  1.  Alter  englischer  KopfversehluBs  mit  2  stark«:  i»  gcscbweisstou  Winkel, 
eisen  und  42  St.  l'V  geschmiedeten,  im  Schaft  ungedreht  gelassenen  Sehrauhen  aus  bestem 
schwedischen  Holzkohlenciren,  Kocherblechstärke  IG  nun,  Bodenstürke  20  nun.  Die  Pichtungs- 
iingnut  W  des  Deckels  1)  20  mm  bieit  10  mm  tief,  ist  mit  Hartblei  ausgegossen;  der  vor' rtlende 
Dichtungsring  des  Kochers  K  hat  8  mm  Höhe,  vorno  7  mm,   binteu  10  mm  Breite. 

Fig.  2.  Späterer  deutscher  Kopfvcrsehluss  mit  massiven)  Ring  am  Kocher  K  und  aus  eiuemStüekher- 
gestelltem  25  mm  starkem  Blechdeckt?!,  verstärkt  durch  eine  20  mm  dicke  Hingautlage.  Deckel- 
und  Ringauflage  sind  durch  »ictuug  zu  einem  Stück  verbunden. 

Figur  3.     K  IG  mm  dickes  Kcssclblecb    d<?s  Kochers,   St  gusseiserner  Stutzen  mit  ge- 
wölbtem Flansch,  augeschliflVner  Uusseisen-Hinglinsc  R   und  Eiuhängcschraubeu  (4  oder  6  Stück 
je  nach  Weite  der  Oeflnung,)  A  Armaturstück  (Ventil,  Halm   oder  dgl.)  mit  Anschliff  für  die 
Linse  R. 

5.  Bogen  1004 


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370 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIEK.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Nach  diesen  Betriebserfahrungen  kann 
man  auf  1  Kocher  der  oben  beschriebenen 
Art  im  Maximum  pro  Jahr  800  t  tr.  ged. 
Holzzellstofl  Fabrikationsleistung  rechnen. 

Taf.  165  zeigt  einige  V.  Feinheiten  des 
Deckelverschlusses  Fig.  1  r.ich  bewährter 
englischer,  Fig.  2  nach  bewährter  deutscher 
Ausführung,  Figur  3  die  solide  Verbindung 
und  Abdichtung  mit  einer  Linse  aus 
dichtem  Gusseisen  unter  Anwendung  zweier 
Kugelkalottenflächen. 

Der  bereits  oben  S.  366  erwähnte  Dresel- 
sche  Kochapparat  ist  ein  zylindrischer 
Kocher  mit  vertikaler  Achse,  er  ist  fest- 
stehend montiert. 

Der  Erhitzungskessel  besteht  aus  einem 
Bündel  gerader  Röhren,  die  in  Rohrwänden 
zweier  ausserhalb  des  Ofens  befindlichen 
Karamern  dicht  eingerollt  sind.  Die  Röhren 
liegen  unter  einem  Winkel  von  etwa  15 
bis  20°  zur  Horizontalen  in  einem  durch 
Feuer  geheizten  Ofen.  Die  höher  liegende 
Rohrwand-Kammer  ist  mit  dem  oberen 
Teile  des  stehenden  Kochers,  die  tiefer 


liegende  Rohrwandkammer  mit  dem  tiefsten 
Punkt  des  Kocherbodens  verbunden.  Ein 
falscher  Boden  trennt  das  Holz,  resp.  den 
Stoff  vom  unteren  mit  Lauge  gefüllten 
Teil  des  Kochers.  Die  Rohrverbindungen 
und  das  ganze  Arrangement  sind  sogetroflen, 
dass  beim  Heizen  des  Erhitzungskessels  mit 
schrägstehenden  Röhren  eine  selbsttätige 
Laugen -  Zirkulation  unterhalten 
wild. 

Diese  Einrichtung  und  das  Verfahren 
haben  sich  in  der  Fabrik  des  Herrn  Dresel 
in  Dalbke  sehr  bewährt.  Seit  1877  sind 
nach  Mitteilung  des  Erfinders  dort  drei 
solcher  Zirkulationskocher  mit  direkt  ge- 
heizten Laugenerhitzungskesseln  im  Betriebe» 
ohne  dass  grössere  Reparaturen  nötig 
waren.  Die  stehenden  Kocher  lassen  sich 
sehr  bequem  und  schnell  füllen  und  ent- 
leeren, sie  sind  auch  verhältnismässig 
billig  Die  Kochung  ist  in  2!/t— 3  Stunden 
erledigt.  Man  kann  im  Kocher  den  Stoff 
auswaschen.  Mit  8-9  kg  Chlorkalk  lassen 
sich  100  kg  Stoff  schön  weiss  bleichen. 


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Fig.  166.  Ungerers  Cellulose 


Der  Chemiker  Albert  Ungerer  in  Wien  Dampikessel  zu  erhitzen  und  sich  zur  Auf- 
schlug 1871  vor,  die  Aetznatronlauge  zur  :  Schliessung  des  Holzes  eines  Diffusions- 
Holzzellstofftabrikation  in  einem  besonderen  ]  apparates  zu  bedienen.   Er  nahm  Patente 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.  I1L  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


371 


und  richtete  mehrere  Holzzellstofffabriken 
ein. 

1878  hatte  Verfasser  Gelegenheit,  einen 
solchen  Ungerer'schen  Apparat  bei  Herrn 
Papierfabrikant  R.  Keferstein  in  Sinsleben 
bei  Ermsleben  a.  Harz  zu  studieren,  der- 
selbe ist  Fig.  166  schematisch  dargestellt. 

Links  in  einem  besonderen  Raum  steht 
ein  Laugenkessel,  am  besten  ein  einfacher 
Zylinderkessel,  derselbe  wird  mit  Aetz- 
natronlauge  gefüllt  und  je  nach  Dampf- 
und Frischlauge- Verbrauch  mit  gleicher 
Lauge  nachgespeist.  Der  Kessel  liefert 
Dampf  durch  Rohr  R,  und  heisse  frische 
Lauge  (6-8  Atm.  üeberdr.)  durch  Rohr  R,. 

Die  Friscblauge  kann  durch  die  Ventile 
1,  4,  11,  18,  25.  32,  39,  46,  63  und  63 
direkt  in  die  10  vertikalen  Hauptrohre 
und  in  den  Stutzen  der  Kochapparate  I 
bis  X  geleitet  werden.  Ebenso  kann  auch 
dem  Frischdampf  vom  Kessel  mittelst  der 
Ventile  2,  5,  12,  19,  26,  33,  40,  47,  54 
und  61  derselbe  Weg  angewiesen  werden- 


Lauge  oder  Dampf,  die  in  einem  der 
Kocher  I  bis  X  gewirkt  haben,  können 
unterhalb  des  falschen  Bodens  durch  die 
Ventile  7, 14,21,28,36, 42,49,66,63,67,  indas 
Vertikalrohr  des  nächsten  Kochers  gelangen. 
Hierdurch  ist  die  einfache  Verdrängung  der 
Flüssigkeit  von  I  nach  II,  II  nach  III  etc. 
durch  den  ganzen  Apparat  hindurch  er- 
möglicht, Rohrleitung  Rs  (die  dritte  Längs- 
leitung von  oben)  ermöglicht  diese  Ver- 
drängung, auf  der  die  Wirkung  des 
Apparates  mit  beruht,  von  X  nach  1  hin. 
Rohrleitung  R4  erlaubt  das  Abdrücken  der 
Ablauge  aus  irgend  einem  der  Kocher 
durch  den  Kühler  K  nach  dem  Messgefäss 
A.  R&  ist  als  Reserverohr  für  den  gleichen 
Zweck  zu  betrachten. 

R6  endlich  kann  zum  Ablassen  ge- 
brauchten Dampfes  in  die  Rinne  J  benutzt 
werden,  wenn  man  nicht  vorzieht,  den- 
selben mittelst  R4  durch  den  Kühler  K  ab- 
zuführen. 


Hoohapparlt.  Sinsleben  1878. 


Arbeiten  mit  dem  Apparat.  Apparat  I  Lauge,  die  auf  II  gelassen  war,  mit  Dampf 
ist  fertig  mit  frischem  Holz  gefüllt,  II  ist  von  II  nach  III  übergedrückt  (wobei  HI 
fertig  gekocht,  man  hat  die  letzte  frische    nach  IV,  IV  nach  V  etc.  etc.  verdrängt 


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372  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


wurde).  II  enthält  gespannten  Dampf,  der 
zum  Vorwärmen  des  Holzes  in  I  benutzt 
werden  soll  ;  zi  dem  Zwecke  öffnet  man 
die  Ventile  14,  16,  69,  3,  7  und  10,  oder 
man  kann  10  geschlossen  lassen  und  da- 
für 8,  72  und  73  öffnen,  so  geht  der 
Dampf  in  die  Kühlschlange  und  das 
Kondenswasscr  in  den  Messkastsn  A 

Ist  der  Dampf  in  II  und  I,  nach  den 
(an  jedem  Steigrohr  angebrachten)  Mano- 
metern m  gleich  etwa  2  Atm.,  so  schliesst 
man  (für  Kocher  I)  Ventil  7  und  3;  (für  II) 
schliesst  man  Ventil  14  und  öffnet  6  u.  10 
oder  für  letzteres  besser  8,  72,  73,  lasst 
also  aus  II  vorn  oben  den  Dampf  weg, 
zum  Schluss  öffnet  man  14  und  17  oder 
14,  15,  72  und  73,  bis  das  Manometer  am 
Steigrohr  des  Kessels  II  Null  zeigt,  dann 
kann  das  untere  Mannloch  des  Kessels  II 
geöffnet  und  der  Kocher  geleert  werden. 
Bei  diesem  Oeffnen  und  Leeren  kann  der 
Kessel  III  mit  letzter  frischer  Lauge  ver- 
sehen und  von  dieser  die  braunen  Laugen 
von  III  und  IV,  von  IV  nach  V  etc.  und 
von  X  nach  I  verdrängt  werden.  I  er- 
hält die  erste  braune,  bereits  stark  er- 
schöpfte Lauge.  Es  sind  dafür  folgende 
Ventüe  offen  11,  21,  20,  28,  27,  35,  34, 
42,  41,  49,  48,  56,  55,  63,  62,  67  und  3, 
I  füllt  sich  dadurch  allmählich. 

Nunmehr  wird  von  III  die  letzte  reinste 
Lauge  durch  Dampf  nach  IV,  die  Lauge 
von  IV  nach  V  etc.,  X  nach  I  verdrängt. 
I  erhält  also  bereits  die  zweite  Lauge ; 
die  erste  Lauge  ist  total  erschöpft 
und  wird  zu  bestimmt  abgemessenem 
Quantum  nach  A  ausgetrieben,  es  sind 
folgende  Hähne  offen  12,  21,  20,  28,  27, 
35,  34,  42,  41,  49,  48,  56,  55,  63,  62,  67, 
3,  7,  8,  72,  73. 

Inzwischen  ist  Kocher  II  mit  frischem 
Holz  gefüllt.  Es  wiederholt  sich  für  II 
das  oben  für  I  Gesagte,  von  III  dient  der 
Dampf  zum  Vorwärmen  des  Holzes  in  II; 
I  erhält  die  dritte  Lauge,  die  zweite  Lauge 
von  1  wird  dabei  nach  II  verdrängt  etc. 

Der  Kocher  I  empfängt  allmählich  4,  5, 
6,  7,  8  immer  reiner  werdende  Laugen. 
Als  9.  Lauge  erhält  Kocher  I  frische  Lauge 
vom  Kessel,  dabei  erhält  IX,  der  frisch 


mit  Holz  versehen  und  gedämpft  war,  die 
braune  Lauge  von  VIII  als  erste,  die 
Ventilöffnuogen  sind  dabei:  1,  7,  6, 14,13, 
21,  20,  28,  27,  35,  34,  42,  41,  49,  48,  56 
und  55.  Zeigt  IX  den  Druck  des  Kessels 
so  sind  I— IX  sämtlich  voll  von  Lauge 
bis  unter  den  Deckel.  Den  Laugenstand 
kann  man  durch  die  an  jedem  Kocher  an- 
gebrachten Probierhähne  pt  und  pa  (I)  er- 
sehen. Nunmehr  wird  die  letzte  Lauge  von 
I  mit  Dampf  nach  II  übergedrückt,  von 
IX  wird  die  letzte  Lauge  nach  A  abge- 
drückt, Ventilöffnungen :  2,  7,  6,  14,  13, 
21,  20,  28,  27,  35,  34,  42,  41,  49,  48,  56, 
55,  63,  64,  72  und  73. 

Endlich  der  Dampf  von  I  zu  dem  in- 
zwischen in  X  eingetragenen  frischen 
Holze  geleitet.  Ventilöffnungen  7,  9,  65, 
62,  (67  und  70  kurz  geöffnet,  damit  die 
Luft  entweichen  kann,  dann  wieder  ge- 
schlossen, wenn  bei  J  Dampf  kommt) 
gleichen  Druck  in  I  und  X  abwarten,  dann 
Ventile  9,  65  und  62  scbliessen. 

Dampf  aus  I  durch  Oeffnen  der  Ven- 
tile 7,  8,  72  und  73  oder  7,  8  und  10  aus 
dem  Kocher  I  ablassen,  schliesslich  den- 
selben öffnen  und  leeren. 

Das  Holz  ist  also  nacheinander  mit 
immer  reiner  und  reiner  werdenden 
Laugen  behandelt  und  ist  der  erhaltene 
Stoff  mit  richtiger  Laugenstärke  und  Tem- 
peratur, sowie  in  richtigem  Tempo  behan- 
delt, ausgezeichnet  rein  und  leicht  bleich- 
bar. 

Dieses  Ungerer'sche,  von  theoretischem 
Standpunkte  aus  ideal  zu  nennende  Diffu- 
sionsverfahren ist  auf  wenige  Fabriken  be- 
schränkt geblieben  und  in  der  einzigen 
Fabrik,  die  noch  darnach  arbeitet,  in  Stup- 
pach  (Oesterreich),  wohl  sehr  vereinfacht; 
an  einigen  Stellen  hat  man  von  vornherein 
nur  6  oder  wohl  auch  nur  3  Kocher  in 
Ueberdrucksystem  angewendet  Der  teure, 
aufmerksamste  Bedienung  voraussetzende 
und  viele  Reparaturen  veranlassende  Ap- 
parat konnte  den  einfacheren  Kochein- 
richtungen nicht  dauernd  Konkurrenz 
machen. 

Einer  der  unbestreitbaren  Vorteile  des 
Verfahrens  ist  der,  dass  diesen  Kocher 


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E.  KIRCHNER,   DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF.  37 


verlassenden  braunen  Laugen  nicht  mehr 
alkalisch,  sondern  sauer  reagieren,  also 
bezüglich  Lösekraft  der  Inkrusten  völlig 
erschöpft  sind,  aber  es  ist  nicht  zu  über- 
sehen, dass  der  Teil  der  letzten  frischen 
Lauge,  welcher  am  fertig  gekochten  Stoffe 
hängt,  durch  Auslauge-Einrichtungen  als 
dünne,  gelb  gefärbte  Lauge  zurückgewonnen 
und  zum  Ansetzen  frischer  Lauge  mit 
benutzt  werden  muss.  Es  ist  indes  an- 
zuerkennen, dass  Ungerer  mit  verhältnis- 
mässig wenig  Alkaliverlust  und  mit  geringem 
Druck  und  Temperatur  (8  Atm.  1740  c 
bei  Nadelholz,  6  Atm.  164«  C  bei  Laubholz) 
arbeitete.  Geringen  Alkaliverlust  erreichte 
er  aber  nur  durch  gute  Wiedergewinnung, 
der  Aufwand  an  Alkali  überhaupt  war  hoch. 

Der  Sinslebener  Apparat  Figur  166 
hatte  sehr  kleine  Dimensionen,  jeder  der 
10  Kocher  hatte  nur  0,8  m  Durchm.,  1,8  m 
Füllraumhöhe.  Der  Spanfüllraum  betrug 
nur  etwa  1  cbm.  Man  rechnete,  dass 
0,42  fm  Holz  in  Spanform  hineingingen 
und  etwa  62  -  63  kg  Iufttr.  Nadelholz- 
Cellulose  gewonnen  wurden.  Es  wurde 
mit  805 1  11°  Be  Aetznatronlauge  1  Kochung 
fertig.  Nach  Tabelle  IV,  S.  87  dieses  Ab- 
schnittes, entspricht  das  0,805  .  100,7  = 
81,06  kg  Naa  CO.-Aufwendung  oder  95,4 
(85'/o)  Na,CO,-Aufwendung,  d.  h.  auf  100  kg 
Stoff  brauchte  Ungerer  150  kg  Handelssoda. 
Sodaverlust  war  etwa  20'/o  =  30  kg 
Ilandelssoda  pro  100  kg  Iufttr.  Stoff. 
Uebrigens  sollen  diese  Verhältnisse  nicht 
für  eine  grosse  Anlage  als  zutreffend  ge- 
schildert sein,  in  letzteren  ist  noch  geringerer 
Sodaverlust  konstatiert 

Kocher,  mit  direktem  Dampf 
geheizt,  wurden  wie  für  Lumpen  so 
auch  zum  Herstellen  gelben  Strohstoffe? 
schon  lange  angewendet.  Die  bewährten 
Zylinder-  und  Kugelkocher  für  Kochen  von 
Stroh  waren  bereits  in  diesem  Abschnitt 
S.  54  -  58  beschrieben  und  durch  Fig.  5 
bis  9  zur  Anschauung  gebracht 

Dieselben  Kocher  sind  auch  für  Stroh- 
kochen vielfach,  für  Holzkochen  vereinzelt*) 

•)  Lönnerbcrg  in  Schweden  wandto  zum  Auf- 
ichlie&sen  von  Hol«:  mit  Aetanntronlangc  Kugel- 
kocher an. 


angewendet,  wo  es  sich  um  Herstellung 
von  weissem  Zellstoff  handelt  Statt  Kalk- 
milch (beim  Kochen  gelben  Strohstoffes) 
tritt  dann  hier  Aetznatronlauge  ein.  Da 
sich  die  Kochlauge  durch  den  sich  konden- 
sierenden Heizdampf  je  länger  je  mehr 
verdünnt,  so  muss  sie  nalürlbh  von 
solcher  Stärke  sein,  dass  sie  den  letzten  Teil 
der  Inkrusten  auch  bei  erfolgender  Ver- 
dünnung noch  gründlich  zu  lösen  vermag- 

Da  das  Stroh  in  grossen,  langsam 
drehenden  Kugel-  und  in  achsialdrehenden, 
zylindrischen  Kochern  sich  gern  zu 
Nestern  zusammenknäult,  die  nicht  ge- 
nügend durchkochen,  so  haben  Julius 
Romer-Steyrermühl,  Lahouse  u.  a.  Kocher 
eingeführt,  die  um  Zapfen  drehen,  deren 
Mittellinie  die  Längsachse  des  zylindrischen 
Kochers  rechtwinklig  schneidet  Da  das 
Kochgut  bei  einer  Drehung  zweimal  von 
einem  Boden  zum  anderen  stürzt,  hat  man 
diese  Kocher  Sturzkocher  genannt 

Man  hat  nach  den  Verfahren  Römer 
und  Lahouse  das  Fig.  167  dargestellte 
Arrangement  getroffen. 

M    M    H  HÜTT 


Vv 


Fifl  167.    StrohrtoffVocherei.  1872. 


1000  kg  Strobhäcksel  kommen  mit 
einer  starken,  130  kg  (70/72«)  NaÜH  ent- 
haltenden Aetznatronlauge  in  einen  kugel- 


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374 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


förmigen  Apparat  oder  Lauger  L,  von  etwa 
2,8  m  Durchm.,  wo  während  mehrerer 
Stunden  Drehung  eine  gründliche  Durch- 
mischung und  Durchtränkung  des  Strohes 
bewirkt  wird. 

Durch  die  Kipprinne  K  gelangt  das  ge- 
laugteStrohineinenderSturzkocherS,  u.  Sa, 
die  mittels  durchlochter  Böden  b  und  einem 


System  durchlochter  Gasröhren  r  zur  Ver- 
teilung und  Durchdringung  des  Kochgutes 
mit  Kochdampf  und  Waschwasser  besonder» 
geeignet  sind.  Die  Sturzkocher  haben 
1,66  m  Durchm.,  3  m  Länge.  Während 
der  Lauger  etwa  11  cbm  Inhalt  hat,  ist  der 
Föllraum  der  Sturzkocher  je  nur  etwa 
5,7  cbm,  aber  das  Stroh  ist  auch  nach 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIEK.   in.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


375 


der  Laugeodurchtränkung  auf  weniger  als 
das  halbe  Volumen  zusammengegangen. 
Römer  kochte  nun  mit  4Vt  Atm.  üeberdr. 
4—5  Stunden  bei  fortwährender  Drehung 
der  Sturzkocher  und  wusch  mit  auf  30 
bis  35°  vorgewärmtem  Wasser  den  Stoff 
dreimal  aus,  wonach  das  Waschwasser  klar 
abfloss.  Der  Strohstoff  wird  »ach  Ab- 
nehmen des  Deckels  in  die  Abtropfgrube 
unter  dem  Kocher  entleert.  Römer  gewann 
50'/«  Strohstoff,  der  mit  15-8  kg  Chlor- 
kalk  auf  100  kg  Stroh  die  gewünschte  hohe 
oder  geringere  Weisse  erhielt. 

Ein  Sturzkocher  neuer  Bauweise 
für  Kochen  von  Stroh  ist  Tafel  168,  Fig. 
1  im  Aufriss,  Fig.  2  im  Grundriss  darge- 
stellt. Solche  Kocher  hat  die  Maschinen- 
fabrik Germania  (vorm.  J.  S.  Schwalbe 
&  Sohn),  Chemnitz  in  einer  Reihe  von 
Ausführungen  gebaut. 

Der  Kocher  bat  2,8  m  Durchm.,  ist  3  m 
ohne  Kegelansätze,  4,15  m  mit  Kegelauf- 
siitzen  lang,  hat  also  einen  Füllraum  von 
etwa  22  cbm.  und  fasst  bei  Laugen  und 
Nachfüllen  etwa  3000—3500  kg  Stroh- 
häcksel. An  der  einen  Kegelspitze  O  be- 
findet sich  ein  Mannloch  M  70J  mm  1 
Durchmesser  mit  einem  nach  innen  ge- 
wölbten Blechdeckel  mit  12  Stück  VW 
Klappschrauben  verschlossen.  An  der  an- 
deren Kegelspitze  U  befindet  sich  ein 
Stoffschieber  S  150  mm  1  Durchmesser, 
der  das  Entleeren  des  Inhaltes  unter 
Druck  nach  den  Auswaschgefässen  er- 
möglicht. Auf  der  linken  Seite  des 
Kochers  befindet  sich  ein  dreifaches  Räder- 
vorgelege mit  Riemenantrieb,  rechts  befindet 
sich  ein  hohler  Zapfen,  die  Stopfbüchse 
mit  dem  Kreuzstutzen  k  für  die  Ein-  und 
Ausgangsventile  für  Friscbdampf,  Ab- 
dampf, frische  Lauge  und  Wasser.  An 
diesem  Kreuzstutzen  befinden  sich  noch 
ein  Sicherheitsventil  v  und  ein  Manometer 
m  zur  Erkennung  des  Druckes  im  Kocher. 
Die  Heizung  geschieht  mittels  eines  Ring- 
rohres R,  welches  konzentrisch  um  das 
Mannloch  angeordnet  ist. 

Es  bat  sich  im  Betriebe  herausgestellt, 
dass  auch  in  diesen  kurzen  Kochern  eine 


Taf.  169.  Moderne  Strohstoff-Kochorei. 


Einrichtung  zum  Wenden  des  Häcksels  nicht 
entbehrt  werden  kann.  Dieselbe  besteht 
beispielsweise  aus  einer  schmalenBlechwand, 
die  diametral  an  den  Kocherwänden  an- 
genietet ist  und  so  gleichzeitig  den  Kocher 
versteifen  hilft.  Dieser  neue  Kocher  zeigt 
eine  sehr  vereinfachte  Bauweise  und  ge- 
währt ein  bequemes,  schnelles  Arbeiten, 


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37B 


E.  KMGHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


so  besorgt  der  Kochdampf  das  Entleeren 
des  Kochers  und  den  Transport  in  die 
Auslaugegefässe.  Das  tadellose  Durch- 
kochen des  Strohes  unter  Anwendung  von 
Wendeeinrichtungen  für  das  Kochgut  be- 
weist auch,  daas  ein  Durchsetzen  des- 
selben mit  gelochten  Rühren  wie  beim 
Sturzkocher  Fig.  167  entbehrüch  ist. 

Taf.l69,S.375gibtFig.l  einen  Querschnitt, 
Fig.  2  einen  Grundriss  einer  modernen 
Strohstoff-Kocherei  wieder.  Mittels 
eines  Ventilators  wird  das  Strohhäcksel 
durch  das  Rohr  R  in  eine  Zyklone  C 
(vergl.  diesen  Abschnitt  S  148  und  S  151 ; 
Fig.  30,  31,  35)  geblasen,  geht  durch  eine 
(nicht  mitgezeichnete)  Reinigungsmaschine 
und  fällt  in  einen  geräumigen  Vorratskasten 
V,  aus  welchem  daas  schnelle  Füllen  und 
Einstampfen  des  Häckels  in  einen  der  Sturz- 
kocher Ki  und  Kt  möglich  ist.  Nach 
Fertigkochen  wird  an  dem  nach  unten 
gestellten  Schieber  S  des  wie  Taf.  168 
konstruierten  Kochers  ein  Abstossrohr, 
welches  mit  seinem  Ende  von  Innen 
gegen  den  Deckel  eines  der  Auslaug 
kästen  Ai,  Ai,  As,  A4  gerichtet  ist 
angeschlossen  und  durch  Oeffnen  des 
Schiebers  bei  2  bis  2</t  Atm.  Druck  der 
Inhalt  des  Kochers  in  den  betreffenden 
Kasten  entleert;  gleichzeitig  wird  vorge- 
wärmte dünne  Ablauge  durch  ein  ring- 
förmiges Brauserohr  in  den  betreffenden 
Auslauger  A  vom  hochstehenden  Bassin  B 
eingef  ührt.wobei  der  freiwerdendeDampf  zum 
Teil  kondensiert.  Der  übrigbleibende  Dampf 
entweicht  durch  ein  weites  Rohr  zum  Dach 
hinaus,  oder  in  einen  Kondensator.  In 
den  Kasten  A  kann  nach  früher  beschriebener 
Art  die  systematische  Auswaschung  durch 
dünner  und  dünner  werdende  Ablauge  und 
schliesslich  mit  Wasser  geschehen.  Das 
Bassin  U  nimmt  die  dünnsten  Ablaugen 
auf  und  eine  Pumpe  führt  sie  zum  Bassin 
B  zurück.  E  ist  ein  Elevator,  der  den 
aus  einer  Seitentür  der  Kasten  A  ent- 
leerten Stoff  in  die  Abteilung  zur  Zer- 
faserung und  Reinigung  schafft. 

Sinclair  und  John  Mc.  Nicol  in  Glas- 
gow gingen  bei  feststehenden,  direkt  mit 


Taf.  170   Holzzellstoff  Kocherei.   Patent  Sinclair. 
Um  1873. 


Feuer  geheizten  Kochern  um  1870  auf 
Dampfheizung  derselben  über.  Zunächst 
kochten  sie  so  Stroh  und  Esparto.  später 
auch  Holz. 

Taf.  170  zeigt  Fig.  1  einen  Vertikal- 
schnitt, Fig.  2  einen  Grundriss  durch  eine 
Jobn  Mc.  Nicol'sche  Holzzellstoffkoeberei 


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ti.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.   ZELLSTOFF.  87? 


nach  Patent  Sinclair  zu  Anfang  der  70er 
Jahre.  Nicol  hatte  bereits  ein  Zirkulations- 
rohr im  Kocher  mit  einem  Saugkopf  Fig.  1 
S  und  Brausekopf  B.  Bei  den  neuen  ameri- 
kanischen Kochern  soll  näher  darauf  zu- 
rückgekommen werden.  Nicol  wendete 
für  Nadelholz  11  Atm.  Ü.  Dampf  an.  Der 
Dampf  wurde  im  Höhrenkessel  K  nebenskiz- 
zierter Art  erzeugt,  und  zwar  verwendete 
man  statt  Speisewasser  verdünnte  Lauge, 
die  dabei  in  vorteilhafter  Weise  kon- 
zentriert wurde. 

Die  dargestellten  Kosher  hatten  5.7  cbm, 
Füllraum,  fassten  also  etwa  2  fm  Holz 


als  Hackspäne,  und  es  waren  somit  etwa 
3uO  kg  Zellstoff  pro  Kocher  zu  erwarten. 
Der  Röhrenkessel  hatte  etwa  17  qm  Heiz- 
fläche und  1,10  qm  Rostfläche,  Hess  somit 
einen  sehr  forcierten  Betrieb  zu.  Sobald 
die  Ablauge  im  Kessel  eine  gewisse  Kon- 
zentration erreicht  hatte,  wurde  dieselbe 
in  das  Ofen-Vorratsbassin  abgestossen,  und 
dünne  Ablauge  wurde  eingespeist 

Verschiedene  Neuerungen  zeigt  die 
Holzzellstoff-Kocherei  Taf.  171,  Fig.  1 
im  Aufriss,  Fig.  2  im  Grundriss,  welche 
um  1884  sich  in  Skandinavien  mehrfach 
bewährt  hatte. 


Tafel  171.    Skandinavische  Hollzellstoff  Koctierel  um  1884. 


Die  aufrecht  stehenden  Kocher  A  wer-  I  Fig.  1  wird  durch  direkten  Dampf  mittels 
den  von  oben  durch  den  Fülltrichter  F  Rohr  £  in  Betrieb  gesetzt,  das  Ventil  Vt 
mit  Hackspänen  gefüllt.    Der  Injektor  I  |  ist  geschlossen,  V3  geöffnet   Der  Injektor 

«.  Bogen  1904 

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378 


E.  KiRCHNER.   DAS  PAPIER,   tlt  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


saugt  aus  dem  Frischlauge-Vorratsbassin 
B,  solange  Lauge,  bis  A  genügend  hoch 
mit  Lauge  aufgefüllt  ist,  darauf  wird  der 
Deckel  D  fest  verdichtet  und  verschraubt, 
Va  geschlossen,  Vt  geöffnet  und  mit  dem 
Injektor  I  die  Lauge  in  stetiger  Bewegung 
durch  die  Holzspäne  erhalten.  Nach 
Fertigkochen  und  Ablassen  des  Hochdruckes 
wird  das  Ventil  bei  G  geöffnet  und  der 
Inhalt  bei  massigem  Druck  durch  das  Rohr  L 
in  das  AuslaugegefUss  M  geblasen,  was 
bei  Anordnung  des  Trichtersiebes  ti  an- 
standslos von  statten  geht. 

In  dem  Auslaugcgefäss  wird  dann  der 
Stoff  mit  5  dünner  und  dünner  werden- 
den Laugen  und  mit  Wasser  gewaschen, 
schliesslich  mit  Wasser  verdünnt  und 
mittels  des  Schiebers  W  und  geneigter 
Holzrinne  in  einen  Waschholländer  H 
abgelassen.  Bassin  B,  nimmt  die  starke 
braune  Lauge  auf,  welche  nach  der 
Wiedcrgewinnungs-Anlage  je  nach  Be- 
darf gepumpt  wird.  Die  Zentrifugal- 
pumpe P  besorgt  das  Aufpumpen  der 
schwachen  Ablaugen  von  den  Auslauge- 
gefässen  M  nach  den  oben  stehenden  Kästen 
I  bis  V.  Die  Bedeutung  und  Funktion  der 
Hähne  1—10  und  der  Rohrleitungen  ist 
nach  früheren  Erklärungen  der  Aus- 
laugereien S  185/190  in  diesem  Ab- 
schnitt leicht  verständlich.  Hahn  5  ist  nur 
geöffnet,  wenn  Wasser  in  M  gebraucht  wird. 

Interesse  bietet  an  dieser  Stelle  der 
1885  von  J.  W.  Wyatt  beschriebene  Spei- 
kessel zum  Kochen  von  Espartogras  nach 
Roeckners  Patent.  In  diesem  Tafel 
172  dargestellten  Apparat  wird  direkter 
Dampf  von  unten  durch  eine  Dampfeinlass- 
kammer E  eingeführt  und  die  Kochlauge  durch 
eine  Injektor-Einrichtung  bei  D,  eine  weite 
äussere  Rohrverbindung  R  und  inneres  d  urch- 
löchertes  Ringrohr  S  in  dauernder  Zirkulation 
erhalten.  Man  füllt  den  Kocher  0,9— 1,2  m 
hoch  mit  Wasser,  fügt  14-18  kg  (70;72«) 
Aetznatron  pro  100  kg  Gras  hinzu  und  füllt 
das  Gras  ein.  Nachdem  die  Lauge  zum 
Kochen  erhitzt  ist,  verschliesst  man  den 
Kocher,  bringt  in  3—4  Stunden  den  Druck 
auf  2Vt— 27/b  Atm.  Ü.  und  erhält  denselben 
bei  Zirkulaüon  der  Lauge  l'/i— 2  Stunden.  ' 


Die  Ablauge  wird  darauf  abgestossen, 
Wasser  eingelassen,  dieses  bis  09 — 1,  lAtm. 
f  .  erhitzt  und  schliesslich  2—3  mal  kalt 
gewaschen. 

Stj.4. 


Taf.  172.  Speikessel,  Roeokser  Patent.  1885. 


In  Amerika  hat  man  die  vorbescbriebene 
und  Taf.  171  dargestellte  skandinavische 
Holzzellstoff-Kocherei  in  der  Hauptsache 
akzeptiert  und  noch  etwas  weiter  vervoll- 
kommnet. 

Fig.  173  gibt  über  die  bei  Neuanlagen 
jetzt  überall  ausgeführten  Koch-Apparate 
näheren  Aufschluss. 

Der  Kochapparat  A  von  2,74  m  LDurchm. 
im  Mittel  12,8  m  Höhe  ist  ganz  aus  einem, 


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E.  KIRCHNER*.   DAS  PAPIER.   III.  ß.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Stuck  geschweisst.  Das  eben  aufgeschweisste 
etwa  500  mm  weite  Mannloch  M  ist  die 
einzige  EinsteigöiTnung;  die  Flanschen  E 
für  den  Entleerungsschieber,  F,  liir  den 
Heizdampfeintritt  und  F9  für  das  Sicher 
heitsventil,  Manometer  und  Dampfablass 
sind  ebenfalls  angeschweisst.  Der  aus 
entsprechendem  Fs<;oneisengerippe  und 
gelochten  Blechen  eingebaute  Siebkegel  K 
ist  am  Flansch  E  durch  Schrauben  be- 
festigt und  sonst  nur  lose  (ohne  an  den 
Kocberwänden  angenietet  zu  sein)  aus 
Stücken,  die  untereinander  verbunden  sind, 
eingebaut  Das  RohrK,  von  etwa  50mtn 
KDurchm.  empfängt  bei  F}  Frischdampf 
und  leitet  denselben  mit  Lauge  aus  dem  Raum 
zwischen  dem  Mantel  A  und  dem  Siebkegel  K 
durch  einen  Injektor  J  in  das  65  mm 
l.Durcbm.  weite  Steigrohr  Ra.  Die  durch 
den  Heizdampf  erhitzte  und  getriebene 
Lauge  tritt  oben  durch  einen  Brausekopf  B 
aus,  ein  etwa  40  mm  l.Durcbm.  weites 
Rohr  R9,  an  beiden  Seiten  offen,  gleicht 
den  Druck  im  oberen  Teil  und  unteren 
Laugenraum  des  Kochers  aus.  Es  wird 
durch  diese  Einrichtung  eine  lebhafte 
Zirkulation  der  Lauge  durch  das  Holz  hin- 
durch unterhalten.  Nach  Fertigkochen 
wird  durch  Oeflnen  des  Schiebers  E  bei 
2—3  Atm.  Ueberdruck  der  ganze  Inhalt 
des  Kochers  in  wenigen  Minuten  in  die 
Wascherei  abgedrückt.  Der  Kocher  hat 
bei  oben  angegebenen  Dimensionen  etwa 
71 5  cbm  Füllraum  und  fasst  die  Hack- 
späne von  etwa  29  fm  Holz.  Man  gewinnt 
unter  Anwendung  einer  etwa  10°  Be  Aetz- 
natronlauge  und  8'/t  Atm,  Druck  nach 
Sstündigem  Kochen  mit  jeder  Kochung 
4200-4500  kg  tr.  ged.  Zellstoff. 

Die  Einrichtungen  zur  weiteren  Be- 
handlung des  Zellstoffes  sind  aus  Taf.  174 
auf  Seite  380  Figur  1  Aulrissschnitt, 
Fig.  2  Grundriss  zu  ersehen. 

Man  erkennt,  dass  mit  dieser  Ein- 
richtung sehr  schnell,  ohne  viel  Arbeits-  und 
Lohnaufwendung  grosse  Quantitäten  Stoff 
fertiggestellt  werden  können. 

Aus  dem  grossen  hochgelegenen,  immer 
gefüllt  gehaltenen  Holzraum  H  geht  die 
Füllung  mit" Spänen  in  kurzer  Zeit  vor! 


Flg.  173.    Nitroozellstoffliocher.  Amerika.  1900. 

sich.  Man  legt  gelochte  eiserne  Siebbleche 
im  Kocher  auf  das  Holz,  lässt  die  Kochlauge 
ein,  dichtet  und  verschraubt  das  Mannloch, 
stellt  unter  Oeffnung  des  Ablassventils 
oder  des  Sicherheitsventiles  Dampf  an, 
schliesst,  wenn  Dampf  kommt,  die  obere 
Oefmung,  kocht  bei  8V  r  Atm.  Ueberdr. 
8  Stunden  und  lässt  den  Dampf  auf  2Vi 
bis  3  Atm.  ab,  darauf  wird  der  Schieber 
unten  (siehe  obige  Fig.  173)  geöffnet  und 
der  ganze  Inhalt  durch  das  200  mm  weite 
I  Kohr  nach  dem  Abblase-Bottich  B  gegen  den 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Iii.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Beschreibung:  H  Vorra^raum  für  gehackte 
Holzspünc,  K  ilie  Kocher,  St.  Auablaserohr 
T  Teller  im  Auftblasebottich  B,  L  Pumpenrohr 
von  eim>rPumi»p  bei  P,  V  Boienventil,  W  Sehwenk- 

mlir,    ii   Üolticlii'    mit   FillorMiieu,   I  Largen- 


Taf.  174.   AmerlkanUche  Natronzell»toff  Koch?rei  1900. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  ß.  und  C.  ZELLSTOFF. 


381 


Teller  T  abgestossen,  hier  wird  der  frei- 
werdende  Dampf  zum  grüssteD  Teil  durch  die 
mittelst  Pumpe  P  und  Rohrleitung  L  aufge- 
pumpte schwarze  kalte  Lauge  kondensiert 
und  seine  Wärme  nutzbar  gemacht,  der 
verbleibende  Dampfrest  entweicht  ins  Freie. 
Die  zum  Kühlen  benutzte  schwarze  Lauge 
hat  etwa  8»  Be.  Der  Ausblasobottich  wird 
nun  durch  Heben  des  Ventils  V  mittels 
des  Schwenkrohres  W  in  einen  der  Bottiche 

0  entleert  Die  Lsuge  wird  unterhalb  des 
Filterbodeos  von  0  nachU  abgeführt.  Darauf 
wird  der  Stoff  in  0  mit  einer  2'  Bö  Lauge 
gewaschen,  diese  ebenfalls  abgelassen, 
und  der  Stoff  mit  heissem  Wrsser, 
welches  durch  Spritzrohre  eintritt,  ge- 
waschen, endlich  nochmals  mit  reinem 
Wasser  verdünnt  und  in  einen  der  Bottiche 
R  mit  Rührwerk  abgelassen. 

Rechnet  man  die  Kochperiode  9  Stunden, 
so  ist  man  in  der  Lage,  mit  1  Kocbapparat 
21/3  Kochungen  fertig  zu  bringen  und  bis 
12  t  Stoff  in  24  Stunden  zu  erzeugen.  Mit 

1  Kochern  ist  also  eine  Tagesproduktion 
von  etwa  48  t  Natronzellstoff  erreichbar, 
was  nach  den  Resultaten  früherer  Betriebe 
dieser  Art  sehr  bedeutend  zu  nennen  ist.  Die 
Produktion  eines  Kochers  dieser  Grösse  wird 
übrigens  von  den  Amerikanern  auch  auf  13 1 
angegeben. 

Sulfltkocher.  Kocher  mit  Heizrohr- 
systemen, Heizmänteln  etc.  waren  schon  vor 
der  Erfindung  des  SulfKverfabrens  in  der 
chemischen  Technik  allgemein  bekannt,  da- 
her führte  sie  Tilghman  in  seinen  Patent- 
schriften 1866  67  nur  nebenher,  als  den  mit 
chemischen  Einrichtungen  beschäftigten 
Ingenieuren  geläufig  an.  Auch  die  Aus- 
kleidung von  eisernen  Gefässen,  in  deaen 
mit  sauren  Flüssigkeiten  gearbeitet  wurde, 
mit  Blei,  säurefesten  Steinen  und 
Zement  ist  vor  1873  bekannt  gewesen. 
Nach  Lunge*)  wurde  bis  zum  Jahie  1873 
in  einer  Schwefelsäurefabrik  bei  New- 
Castle  eine  eiserne  Kochtrommel  für  Säure 
verwendet,  welche  innen  mit  Blei  und 
säurefesten  Steinen  ausgefüttert  war. 


•)  Handbuch  der  Sodaioduatric,  I.  Aufl.  8.  892. 


Das  Dämpfen  von  Holz  und  das  nach- 
herige Beiaugen  desselben  in  Kochapparaten 
war  dem  Amerikaner  J.  R.  Haskell  am 
19.  März  1867  (Amerik.  Patent  Nr.  63044) 
patentiert 

Diese  Tatsachen  müssen  vorausgeschickt 
werden,  um  zu  erkennen,  dass  derlei  Ein- 
richtungen auf  das  Sulfitverfahren  nur 
übertragen,  nicht  aberneu  erfunden 
zu  werden  brauchten. 

Sulfitkocher.  Tilghman*)  kochte  in 
mit  Blei  und  Hartblei  verkleideten  schmiede- 
eisernen Drehkochern  15,2  m  lang  0,912  m 
Durchmesser.  Er  heizte  mit  einer  im 
Kocher  liegenden  Bleispirale  bis  4V*  Atm. 
Druck.  Holz  und  Lösung  folgten  dem 
Gegenstromprinzip.  Er  wollte  Sulfitzell- 
Htoff  durch  kontinuierlich  wirkende  Holz- 
füllung und  Stoffentleerung  mit  Hilfe  auto- 
matisch wirkender  Nebenapparate  ge- 
winnen**), was  nicht  gut  ging.  Nach  Einsicht, 
dass  die  Durchführung  der  kontinuierlichen 
Stoffgewinnung  wirtschaftlich  nicht  möglich 
sei,  wollte  man  mit  einem  einfachen  blei- 
verkleideten Kugelkocher  arbeiten. 

C  D.  Ekman  war  der  erste,  der  vom 
Oktober  1874  in  mif  Blei  ausgekleideten 
Kochern  regelmässig  Sulfitstoff  nach 
Tilgbman'scbem  Grundprinzip  herstellte 
und  diesen  neuen  Stoff  in  die  Papier- 
fabrikation einführte. 

Er  hatte  8  kleine  Kocher  mit  Dampf- 
mantel, nach  Sturzkocherart  in  Zapfen 
gelagert  Der  Kocher  war  aber  nur  zum 
Dreben  um  1809  für  bequeme  Entleerung 
eingerichtet. 

Taf.  175S.382  zeigt  eine Piinzipskizze der 
Kocherkonstruktion  Fig.  1  im  Schnitt,  Fig.  2 
in  Seitenansicht,  wie  ich  sie  nach  einer 
mir  aus  Schweden  zugegangenen  Zeichnung 
kopiert  habe. 

Bei  1,26  m  1.  Durchm.  und  3,65  m  Füll- 
höhe verfügte  Ekmann  über  etwa  4,5  cbm 
Füllraum,  er  brachte  die  Hackspäne  von 
etwa  1,8  fm  Nadelholz  hinein  und  hatte, 
wie  S.  16  auch  angegeben  ist,  ä  Kochung 
etwa  360  kg  Stoffausbeute.   1500 1  Jahres- 

*)  Man  vergl.  S.  13  dieses  Abschnittes. 
*')Ü  Hofmann,  Handbuch  der  Papierfabrikation 
IL  Auflage,  8.  1419. 


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382 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFK. 


Taf.  175.   EKman'scher  SulfitstofTnocher.  1874. 

Ii  eseh  rc  i  b u ti  g.  .1  der  innere  Mantel  des  mit  ßlcilagc  b  auegelöteten  Kochers  A.  X  der 
Füll-  und  Entlcerungsstutzcn  .%  etn  l.  lmrclim.,  mit  durch  Klappschrauben,  H in^nut  und  Blm- 
raiidh(Fig  -J  zu  verdichtendem  Höckel.  M  äusserer  Mantel,  derselbe  ist  von  einem  starken  (lussritiir, 
an  dein  die  Zapfen  'Al  und  Zg  angrgossn  sind,  umgeben.  Bei  K  tritt  der  Heizdampf  /.wischen 
M  und  .1,  das  Kondensationswasser  tritt  durch  dss  an  .1  festgenietete,  durch  eine  Stopfhüch*- 
cinrü-htung  W  geführte  Rohr  aus.  Dieses  Rohr  sichert  dem  inneren  Kocher  A  seine  richtige 
Lage  zu  M.  Durch  ein  Nehraubenradsegment  R  und  Scbuecke  S  ist  eine  Drehung  des  Kochers 
um  180°  zwecks  Kctlccrung  ermöglicht  1*  ist  ein  Hleirohr  zur  Probeentnahme  der  Kochtliissig- 
keil  etc.,    und  auf  dem  Mannlochdcckcl   liu-iel  sich   ein  Hähnchen  für  das  Manomcterrohr. 


Produktion,  die  Ekman  nach  Buchauszügen 
in  den  80er  Jahren  erreichte,  gibt  rund 
4200  Kochungen  pro  Jahr.  Rechnen  wir 
30O  Arbeitstage,  so  wurden  täglich  14 
Kochungen  durchschnittlich  gemacht,  d.  h. 
bei  8  Kochapparaten,  die  unumgänglichen 
Stillstände  berücksichtigt,  kann  die  Kocbung 
nicht  mehr  wie  12  Stunden  beansprucht 
haben  (7  Kocher  ;'i  2  Kochungen).  Es  ist 
zu  bemerken,  dass  diese  Ekman'schen 
Kocher  zum  Teil  noch  1896  im  Betriebe 
waren,  also  22Jahre  ihren  Dienst  getan  haben. 

Prof.  Dr,  A.  Mitscherlich  hatte  in  seiner 
Versuchsfabrik  zu  Hann.  Münden  zunächst 


einen  liegenden  Kocher  von  5  cbm  und 
einen  stehenden  von  8  cbm  Küllraum, 
später  (Anfang  der  80er  Jahre)  kam  noch 
ein  weiterer  Kocher  von  40  cbm  Füllraum 
hinzu.  Zum  Schutze  des  Eisens  dienten  Blei- 
platten  oder  Bleifolien,  erslere  wurden  an- 
einander gelötet,  letztere  mit  einem  An- 
strich von  Teer  und  Pech  an  das  Blech 
angeklebt.  Dieser  Bleibelag  wurde  durch 
eine  Ausmauerung  aus  säurefesten  Steinen 
und  Zement  festgehalten  und  so  dem 
eisernen  Mantel  ein  solider  doppelter  Schutz 
gewährt. 


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K.  KIRCHNER    DAS  PAPIER   III.  R  und  C.  ZELLSTOFF.  383 


Taf.  176.  M, lecherlich  Sulfitkocher.  1880. 


Verfasser  verda&kt  der  Direktion  der 
Zellulose-  und  Holzstoff-Fabrik  A.  Bier- 
brauer*), Löhnbergerhötte,  Kenntnis  einer 
im  Dez.  1879  gefertigten  Zeichnung  der 
1880  von  der  Firma  H.  Fölzer  Söhne  in 
Siegen  gelieferten  stehenden  Mitscherlich- 
Kocher.  Diese  alte  Zeichnung  ist  Taf.  176 
wiedergegeben,  sie  gibt  links  ein  Gesamt- 
bild des  Kochers  im  Schnitt  mit  einge- 
schriebenen Haupt  -  Dimensionen  und 
Fundierung.  Die  Ausmauerung  ist  durch 
gestrichelte  Linien  angedeutet.  Die  Bilder 
rechts  erklären  Details  der  Verschlüsse. 
Bei  Annahme  einer  etwa  18  cm  starken 
Ausmauerung  verbleibt  ein  Innen-  oder 
Fallraum  von  etwa  60  cbm,  der  eine  Stoff- 
menge pro  Kochung  von  5003  kg  ergibt. 
Die  Mantelplatten  haben  nur  15  mm  Dicke. 

Auf  gestellte  Fragen  antwortet  die 
Direktion  :  »Die  von  der  Firma  H  Fölzer 
Söhne  in  Siegen  gelieferten  Kocher  tuen 
bis  heute  (13.  Februar  1903)  noch  ihren 
Dienst.  Die  Ausmauerung  wurde  vor 
ca.  10  Jahren  erneuert,  gleichzeitig  wurden 

•)  1879  war  F.  Wetz  Besitzer  ilieeer  Anlage, 
er  war  der  erste  Zessionar  Mitscherlichj. 


das  ubere  Mannloch  und  die  Kocherdeckel 
ersetzt.  Ursprünglich  waren  die  Kocher 
mit  einer  '/«mm  dicken  Bleifolie  ausgekleidet 
und  mit  einer  8  cm  dicken  Schicht  säure- 
fester Steine  ausgemauert,  nach  Verlauf 
von  einigen  Jahren  wurde  die  Bleifolie 
durch  3  mm  starkes  Bleiblech  ersetzt  und 
die  Ausmauerung  doppelt  so  stark  in  zwei 
Schichten  hergestellt. 

Das  Heizrobrsystem  befand  sich  zu  -/i 
im  unteren  Konus,  zu  V»  im  zylindrischen 
Teil  des  Kochers. 

4  Meter  Durchmesser  zu  konstruieren, 
war  von  den  Lieferanten  des  Kochers 
vorgeschlagen.« 

Der  zweite  Zessionar  Mitscherlichs,  der 
Chemiker  0.  Vogel,  welcher  1878/80  den 
Betrieb  der  Fabrik  in  Hann.  Münden  ge- 
leitet hatte,  ging,  wie  schon  in  dem  Ab- 
schnitt Geschichte«  S.  45  gesagt  war,  in 
der  Wahl  der  Grösse  der  Kocher  noch 
weiter  und  Hess  1880  von  Socin  &  Wiek, 
Basel,  seinen  ersten  liegenden  Kocher  von 
80  cbm  Füllraum  bauen  und  bestellte  drei 
Monate  später  seinen  zweiten  liegenden 
Kocher  bei  derselben  Firma. 


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384 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C  ZELLSTOFF. 


Dieser  zweite  Vogel'sche,  damals  grösste 
Kochapparat  der  Welt  hatte  4  ml.  Durchm. 
des  Mantels  und  12  m  Länge  und  nach 
Ahzug  der  Auskleidung  etwa  120  cbm 
Füllraum ;  man  kann  in  solchem  Kocher 
mit  jeder  Kochung  9000—10000  kg  trocken 
ged.  SulfitstofT  gewinnen,  was  für  einen 
lukrativen  Betrieb  von  grösster  Be- 
deutung ist. 

Ein  solcher  Kocher  ist  Taf.  177,  Fig.  1 
in  Ansicht  und  teilweisem  Längsschnitt, 
Fig.  2  im  Querschnitt  skizziert. 

Auf  2X71  Trägern  ruht  der  Riesen- 
kocher A  auf  14  Tragfüssen  F,  in  der 
Mitte  festgelegt,  im  übrigen  auf  Rolllagern 
nach  den  Enden  zu  verschiebbar.  Durch 
die  oberen  Mannlöcher  0  A'ird  das  Koch- 
holz und  die  Kochlösung  eingefüllt,  durch 
die  unteren  Mannlöcher  U  fällt  der  feitige 
Stoff  in  die  untere  geräumige,  über  manns- 
hohe Grube  (i  rrit  Abzugrince  R.  B  ist 
eine  Bühne  in  einer  Höhe,  dass  die 
Armaturen  beobachtet  und  bedient  werden 
können.  Der  Heizdampf  tritt  bei  H  ein, 
bei  T  steckt  ein  Quecksilberthermometer 
winkelig  abgebogen  in  einem  ins  Innere 
des  Kochers  reichenden  Rohrsack.  S  ist 
die  Heizschlange,  durch  weiche  der  Dampf 
streicht,  der  das  Kochgut  indirekt  heizt. 


Im  Muspratt*)  wird  der  liegenden 
Anordnung  der  Mitscherlich-Kocher  der 
Vorzug  gegeben,  die  Kocher  sollen  über 
einer  StofTgrube  von  etwa  2  m  Höhe 
montiert  werden  Die  unteren  Mannlöcher 
U  sollen  wegen  schnellen  und  bequemen 
Entleerens  um  '/«  der  Länge  des  Kochers 
von  den  Enden  entfernt,  die  oberen  Mann- 
löcher 0  an  den  Endplatten  angeordnet 
werden,  da  der  Dampf  bei  dem  der  Kochung 
vorausgebenden  Dämpfprozess  des  Holzes 
durch  das  eine  Mannloch  ein-  und  durch 
das  andere  zweckmässig  abgeführt  werden 
soll. 

Um  im  Mantel  des  Kochers  möglichst 
wenig.  Löcher  zu  haben,  sind  die  Ablass- 
und Sicherheitsventile  Einlass-  und  Ablass- 
ventile auf  den  Mannlochdeckeln  ange- 
bracht. Es  wird  empfohlen,  nach  sorg- 
fältiger Belegung  des  Eisen-  oder  Stahl- 
mantels mit  einer  Teer-Pech-Masse  und 
Bleifolie  die  untere  Hälfte  des  Kochers 
mit  zwei  Flachschichten  porzellanartig 
gebrannter  Steine  in  Zement  gelegt,  die 
obere  Hälfte  mit  einer  Rollschicht  gleichen 
Materials  auszukleiden.     Die  Steine  der 


•)  Muijiratt,  Chemie,  bearbeitet  von  StohmaDii 
und  Kerl  VI,  gedruckt  im  Jahre  18 J8,  S.  1729  etc. 


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Tit.  177.    Sulfitkocher.    C.  Vogels  Grösse.  1881. 


oberen  Rollschicht  sind  mit  Feder  und  Nut,  |  Die  Bekleidung  der  Mannlöcher  wird 
wie  Fig.  178  zeigt,  ausgestattet  !  nach  Fig.  178  als  zweckmässig  empfohlen. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


385 


Fig.  178.  Mannlochverkleidwig. 


Das  Bleiblech  zunächst  dem  Eisenstutzen 
ist  Weichblei  4  mm  stark  und  ist  mit  Teer- 
pechmasse an  das  Eisen  geklebt,  das  innere 
Blech  besteht  aus  Hartblei,  hat  8  mm 
Stärke  und  ist  mit  Zement  an  das  Mauer- 
werk und  den  inneren  Bleimantel  gekittet. 
Beide  Bleche  sind  um  den  Mannlocbflansch 
umgebördelt.  Der  Mannlochdeckel  mit 
Dichtungsring  ist  mit  dickem  Bleiblech  ver- 
kleidet, die  Stutzenöffnungen  sind  ebenfalls 
mit  Blei  belegt. 

(Verfasser  Hess  die  Mannlöcher  an  den 
inneren  bleiverkleideten  Stutzen-Wänden 
noch  mit  Mänteln  gestampften  Zement- 
betons etwa  4—5  cm  stark  belegen,  was 
sich  sehr  gut  bewährt  hatte.) 

Für  die  Heizung  sind  4  getrennte 
Schlangenrohrsysteme  in  der  Taf.  177  Fig.  1 
angedeuteten  Anordnung  vorhanden.  Jedes 
System  hat  seinen  eigenen  Ein-  und  Aus- 
gangsstutzen in  der  linken  Kopfwand  des 
Kessels.  Für  jedes  System  sind  200  m 
Hartbleirohre  (etwa  40  mm  äusseren,  25 
bis  30  mm  inneren  Durchmesser)  nötig, 
man  hat  demnach  eine  Heizfläche  von 
0,04 .  .t  .  200 . 4  rv  100  qm  für  einen  Kocher 
von  120  cbm  Füllraum.  Wandstärke  der 
Rohre  7>/t  bis  5  mm. 

Die  Dampfzuleitung  vom  Dampfkessel 
ist  mit  einem  Rückschlagventil  versehen, 
damit  bei  undicht  werdenden  Heizschlangen 
keine  saure  Flüssigkeit  in  den  Damptkessel 
übertreten  kann.  Erzeugt  der  Damptkessel 
hochgespannten  Dampf,  so  muss  letzterer 
mittels  eines  in  die  Leitung  anzubringenden 
Keduzierventiles  auf  21/»—  3  Atm.  gedrosselt 
werden  können. 


Verfasser  leitete  den  Betrieb  einer 
Sulütholzzellstofffabrik  in  den  Jahren  1886 
bis  89,  also  vor  15  Jahren,  d.  h.  zu  einer 
Zeit,  als  man  noch  über  die  zweckmäßigste 
Auskleidung  und  bestes  Material  ohne  lang- 
jährige Erfahrung  war;  es  gelang  ihm, 
zwei  Kessel  4  m  Durchm.  12  m  Länge 
in  dauernd  gut  betriebsfähigen  Zustand 
zu  versetzen.  Ein  Kosher  A  war  mit  schmied- 
eisernem Mantel,  innen  mit  5  mm  starken 
verlöteten  Bleiplatten  und  Faconsteinen 
(etwa  20  cm  stark)  ausgekleidet,  der  andere 
Kocher  B  hatte  einen  Stablmantel,  der  unter 
Kälteeinwirkung  bei  Hochgehen  des  Druckes 
zersprungen  war  (verg).  S.  364/5).  Er 
wurde  geflickt  und  dann  mit  Bleifolie 
(etwa  Vs  mm  dick)  belegt  und  mit  zwei 
Flachschichten  (etwa  15  cm  stark)  säure- 
fester Steine  ausgekleidet. 

Die  Kosten  der  Kocher  stellten  sich 
wie  folgt: 

A.  Kocher  aus  Schweisseisen 


Mantel  18  mm,  Koplbleche  20  mm  dick, 
mit  Bleiplalten  und  Faconsteinen 
ausgekleidet. 


Eisengewicht  etwa  25000  kg 

M. 

14500 

Bleiplatten  5  u  10  mm  stark  1 2 500  kg  „ 

4000 

Lötapp.  und  Schläuche 

o 

240 

Bleilöter  und  Gehilfe 

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560 

Lötzinn 

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240 

Faconsteine 

25b0 

Zement  15000  kg 

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720 

6  ital.  Maurer 

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500 

Bleirohranschlüsse 

530 

Kupferne  Heizschlange 

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1150 

Handlanger  bei  Gerüstbau  und 

Drehen  des  Kochers 

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800 

Armaturen 

" 

2800 

Fundamente  und  Böden 

•i 

1200 

Gesamtkosten 

M. 

29700 

B.  Kocher  mit  Stahlmantel 
Mantel  14  am,  Kopfblecbe  20  mm  dick, 
mit  Bleifolien  und  gewöhnlichen  säurefesten 
Steinen  belegt. 

Gewicht  20200  kg  M.  12800 

Bleiplatten  5  u.  10  mm  dick  1050  kg  „  340 

200  qm  1  m  m  dicke  Bl  sifolie  2260  „_„  760 

M.  13900 

7.  Bogen  1W4. 


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886 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


Transport  M.  13900 


Bleilöter  und  Gehilfe  „  460 

Lötzinn  „  80 
650  kg  SchuBlerpech  600  kg 

Steinkühlenteer  „  300 

12000  säurefeste  Steine  „  1680 

Zement  15000  kg  „  720 

6  ital.  Maurer  30  Tage  „  580 

Holzgerüste  „  200 

Bleirohranschlüsse  „  500 

Kupferne  Heizrohre  stärker  „  1750 

Handarbeit  für  Drehen  des  Kochers  „  430 

Armaturen  „  2800 

Fundament  und  Böden  „  1200 

Gesamtkosten  M.  24600 


Die  Ausmauerung  in  A  war  in  Facon- 
steinen  incl.  der  Fugen  180  -  200  mm  dick, 
die  bei  B  160-180  mm  dick  ausgefallen. 

Man  erkennt,  dass  Kocher  A  Uber  5000  M. 
Anlagekapital  mehr  erforderte  als  Kocher  B. 

Es  hatte  sich  beim  Kocher  A,  dessen 
erste  Ausmauerung  ohne  Erfahrung  von 
Italienern  aus  verschiedenartigen  Steinen 
gewöhnlichen  Ziegelformates  27  -30  cm 
dick  hergestellt  war,  herausgestellt,  dass 
das  Mauerwerk  und  die  Verbleiung  nicht 
mehr  dicht  hielten,  nachdem  vom  1.  Dez. 
1883  bis  3.  Juni  1886,  also  in  30V i»  Monaten 
112  Kochungen  damit  durchgeführt  waren. 
Die  letzten  Kochungen  wurden  nur 
mit  Schwierigkeiten  und  Verzögerungen 
unter  Undichtsein  fertiggebracht.  Beim 
Herausreissen  des  Mauerwerks  und  des 
alten  Bleibleches  zeigte  sich  ersteres  teil- 
weise zerstört  und  letzteres  an  verschieden- 
en Stellen  durchstossen  (infolge  Unvor- 
sichtigkeit der  Maurer  an  den  dicken  nach 
innen  stehenden  Nietköpfen  und  Blech- 
Ueberlappungen).  Das  18  mm  dicke 
Schweisseisenblech  war  an  verschiedenen 
Stellen  von  der  Söure  aufgezehrt  und  zer- 
fressen, so  dass  grössere  Flicken  eingesetzt 
werden  mussten. 

Dieser  Kocher  A  wurde  nach  dem 
Flicken  des  Mantels  mit  5  mm  dicken 
Bleiplatten  verkleidet  und  dann  mit  Wasser- 
druck geprüft,  wobei  er  sich  als  dicht  er- 
wies. Dann  wurde  die  Ausmauerung  mit 
doppellagig  fugenversetzten  Faconstein- 
schichten  in  reinem  Schieferdeckerzement 


vorgenommen.  Die  Faconsteine  erwiesen 
sich  später  im  Betriebe  als  in  der  Masse 
nicht  gleichartig  und  gaben  zu  öfterem 
Ausbessern  (Verschmieren  von  Rissen  und 
ausgefressenen  Zementfugen  geschah  nach 
jeder  Kochung)  Veranlassung.  Die  Aus- 
mauerung in  der  unteren  Kocherhälfte  ge- 
schah ohne  Gerüst,  die  der  oberen  über 
einem  Leergerüst.  Die  vorstehenden  Blech- 
kanten und  Nietköpfe  unter  dem  Blei  er- 
wiesen sich  als  sehr  störend,  es  war  ein 
Füllen  mehrerer  Stellen  durch  Zementbrei, 
ein  Ausspitzen  von  Vertiefungen  für  vor- 
stehende Nietköpfe  etc.,  sowie  grosse 
Vorsicht  beim  Mauern  nötig,  um  das 
Lädieren  des  Bleimantels  zu  vermeiden. 
Der  Kocher  A  erwies  sich  aber  dann 
vom  ersten  Koch  der  neuen  Periode  als 
dicht. 

Der  Kocher  hatte  dann  von  April  1887 
bis  August  1893,  also  während  6 Vi  Jahren 
nur  kleinere  Reparaturen  an  den  Mann- 
löchern und  Heizschlangen  nötig,  1891 
wurden  auch  ganz  neue  Heizrohre  einge- 
legt. Vom  August  1893  bis  Dezember  1899 
waren  wieder  mancherlei  Reparaturen  am 
Mauer-  und  Bleikleid,  sowie  am  Schweiss- 
eisenmantel nötig.  1899  bis  1900  war  der 
Kocher  ganz  ausser  Betrieb,  wurde  dann  1900 
mit  einigen  oberen  neuen  Eisenplatten  ver- 
sehen, erhielt  Bleibekteidung  nur  noch  um 
die  Mannlöcher  herum  und  eine  zwei- 
tägige Ausmauerung  aus  säurefesten  Steinen 
in  Zement.  Seit  September  1900  ist  der 
Kocher  wieder  in  ungestörtem  Betriebe. 

Der  Kocher  B  war  nach  den  Mit- 
teilungen Seite  364  geplatzt,  und  das  noch 
gute,  sehr  feste  Mauerwerk  musste  heraus- 
geschlagen werden;  diese  Arbeit  wurde 
von  italienischen  Maurern  '  in  Akkord  für 
800  M.  ausgeführt  (etwa  600  M.  hätten  auch 
genügt),  dann  wurde  das  Blei  entfernt,  die 
zerrissenen  Platten  teilweise  beseitigt  und 
Flicken  eingesetzt,  die  Platten  innen  sauber 
gerieben  und  Bleifolie  1  mm  stark  nach 
Anstrich  der  Platten  mit  warmem  Teer- 
pech (Vi  Schusterpech,  Vi  Steinkohlenteer, 
Vt  Stunde  gekocht)  mit  heissen  eisernen 
Rollen  glatt  aufgerollt.  Unten  konnten 
i  m  lange  Bleifolien  in  1  Stück  verwendet 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


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Fig.  179.  StslsvsrlMBd.  Silfltkooher. 

werden,  nach  oben  und  über  die  Nietköpfe  und 
die  Blattung  weg  geschah  das  mit  kleineren 
Stücken.  Die  scharfen  Ecken  der  Blattungen 
und  um  die  Nietköpfe  herum  waren  vor- 
her durch  Ausfüllen  mit  Zement  gemildert, 
im  übrigen  musste  das  weiche  Blei  und 
das  Teerpech  die  Anschmiegung  vollenden. 
Die  Auskleidung  geschah  mit  sehr  gutem 
Erfolge  in  säurebeständigen  Steinen  gewöhn- 
lichen Formates,  sowohl  im  Mantel,  als 
auch  an  den  Kopfplatten  doppellagig,  nach- 
gelegt, mit  versetzten  Fugen  wie  Fig.  179 
zeigt. 

Die  ersten  4—5  Koche  verliefen  recht 
besorgniserregend,  indem  an  mehreren 
Slellen  des  Kochers  grössere  Mengen  Teer- 
pech ausgetrieben  wurden,  aber  später  kam 
alles  von  selbst  in  Ordnung.  Der  Kocher 
erwies  sich  bei  genauester  innerer  Kontrolle, 
Ausstreichen  der  rinnenden  Fugen,  Auf- 
hauen und  Ausstreichen  entstehender 
Steinrisse  etc.  nach  einigen  Kochungen 
durchaus  dicht.  Es  war  ein  unge- 
stöiter  Betrieb  mit  diesem  geflickten 
Kocher  möglich.  Im  Winter  wurde  der 
Kocher  mit  einem  Filzmantel  (alte,  ver- 
brauchte TrockenOlze)  gegen  grelle  Ab- 
kühlungen geschützt 

Dieser  Kocher  hat  vom  Herbst  1887 
bis  Januar  1897,  also  über  9  Jahre  seinen 
Dienst  getan,  freilich  wurden  in  dieser 
Zeit  auch  vier  grössere  Reparaturen  am 
Mantel,  am  Bleibelag,  an  den  Mannlöchern 
und  Heizrohren  nötig,  dann  im  Januar  1897 
musste  die  innere  Mauerscbicht  ganz  er- 
neuert werden.  1900  und  1901  folgen 
grössere  Mauerwerks-  und  Mantelplatten- 
reparaturen, am  22.  Dez  1903  riss  vom 


Stahlmantel  wieder  eine  Platte  in  ganzer 
Längsnaht  (also  wieder  im  Winter!). 

Der  Betrieb  mit  diesen  Kochern  war 
übrigens  niemals  ein  forcierter.  1895  war 
noch  ein  stehender  Kocher  hinzugekommen, 
der  zu  grösseren  Anständen  keinen  Anlas 8 
bot 

Bei  dem  jetzt  ordentlichen  Betriebe 
werden  mit  den  3  Kochern  10  Kochungen 
pro  Monat  gemacht. 

Alle  drei  Monate  wird  das  Mauerwerk 
der  3  Kocher  frisch  ausgefugt. 

Verfasser  hat  s.  Z.  Versuche  über  Saug- 
fähigkeit und  darüber  angestellt,  wie  die 
Sulfitlöaungen  während  des  Verlaufes  einer 
im  grossen  durchgeführten  Holzkochung 
auf  das  Steinmaterial,  die  Zemente  und 
verschiedene  Metalle  einwirken. 

Sogenannte  säurebeständige  Steine 
nahmen  in  4°  Bö  Sulfitlauge  6  Tage  ein- 
gelegt 1,08  bis  3,73  pCt.  ihres  Gewichtes  zu. 
Eine  Gewichtsabc  ahme  während  einer 
Kochung  konnte  nicht  gefunden  werden. 

Zu  harte,  glasig  gebrannte  Steine  binden 
schlecht  mit  dem  Zement  und  scheinen 
weniger  geeignet  wie  säurefeste  Steine  in 
dichter  aber  nicht  glasiger  Masse.  Es  muss 
auf  ein  nicht  rissiges,  nicht  zum  Reissen 
neigendes  Material  gesehen  werden. 

Zement.  Es  wurden  Täfelchen  aus 
drei  Zementsorten  von  gleicher  Grösse 
hergestellt. 

Die  Tafel  aus  Schieferdecker- Zement 
hatte  1,8  sp.  Gewicht;  sie  nahm  während 
einer  Kochung  l,3'/o  an  Gewicht  zu, 
Lauter bacher  -  (Schweiz)  Zement  von  2,01 
sp.  G.  hatte  während  einer  Kochung  3,3°/o 
Gewichtszunahm  e,Rot  zlocher-  (Schweiz)- 
Zement  von  1,96  sp.  G.  hatte  dagegen 
während  einer  Kochung  3,3°/o  Gewichts- 
abnahme. 

Es  ist  also  hierdurch  ein  verschiedenes 
physikalisches  und  chemisches  Verhalten  der 
Zemente  im  Kocher  während  des  Betriebes 
festgestellt,  was  beachtenswert  isL 

Metalle.  Es  wurden  bei  einer  Kochung 
schart  bearbeitete  Metallstücke  eingelegt, 
deren  Oberfläche  genau  berechnet  und  deren 
Gewicht  genau  bestimmt  war.    Die  Ab- 


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388 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  Hl.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


nähme  des  Gewichtes  wurde  auf  einer 
genauen  chemischen  Wage  bestimmt,  der 
Gewichtsverlust  pro  qcm  Oberfläche  be- 
rechnet und  darnach  ermittelt,  wie  viel  Koche 
das  betreffende  Metall  aushalten  würde,  bis 
1  mm  Dicke  gelöst  wäre.  Dies  würde 
geschehen 

bei  Hartblei  nach  2245  Kochungen 


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Blei 

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1510 

!» 

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Zinn 

714 

ii 

M 

Kupfer 

" 

109 

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)) 

Phosphorbronze 

'» 

85 

U 

Duranametall 

11 

42 

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Messingblech 

)♦ 

41 

ii 

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Belg,  und  franz. 

dünne  Eisenblech 

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29 

1 1 

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Schmiedestahl 

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26 

ii 

1» 

Slabeisen 

ii 

22 

ii 

M 

Gusseisen 

ii 

15 

>» 

n 

Zinkblech 

i) 

5 

Dazu  sei  bemerkt,  dass  das 

Lösen 

Metallschichten  wegen  der  nicht  ganz 
homogenen  Beschaffenheit  der  Metalle  un- 
gleichförmig vor  sich  geht,  dass  also  ein 
Aufzehren  oder  Unbrauchbarwerden  eines 
Kupferrohres  mit  4  mm  Wandstärke  nicht 
erst  nach  4  X  109  =  436  Kochungcn, 
sondern  viel  früher  eintritt  Die  Versuche 
zeigen  aberdeutlich  den  Wert  des  Hartbleies 
und  Bleies  anderen  Metallen  gegenüber. 

Wenn  nun  trotz  der  grösseren  Wider- 
standsfähigkeit der  Hartbleirohre  gegen  die 
Kochlösungen  sich  in  den  8i*er  Jahren  die 
Kupferrohre  als  Heizrohre  einführten,  so 
hat  das  seinen  Grund  1)  in  der  grösseren 
Wärmeleitungsfähigkeit  des  Kupfers  gegen- 
über dem  Blei  und  Hariblei;  2)  in  der 
Möglichkeit  und  geringeren  Arbeit  des 
Reinigens  der  Rohre  mit  geringerer  Heiz- 
fläche von  Rohr  stein. 

Ks  genügen  nach  dar  Erfahrung  als  in- 
direktes Heizrohrsystem  für  einen  liegen- 
den Kocher  von  4  m  Durchm.,  12  m  Länge, 
2X4  =  8  Heizrohre  etwa  10,5  m  Länge, 
0,096  m  äuss.  Durchm ,  oder  2x6  =  12 
Rohre  gleicher  Länge  0,065  Durchmesser, 
welche  mit  den  nötigen  Krümmern  und 
Bleirohranschlüssen  etwa  27  qm  Heizfläche 
bieten.  Diese  Rohre  werden  einfach  achsial 
neben  den  unteren  Mannlöchern,  wie  auf 


Taf.  180  dargestellt,  plaziert  Am  besten 
überdeckt  man  diese  Rohre  mit  gross  ge- 
lochten, stark  verzinkten,  seitlich  mit  um- 
gebogenen Rändern  versehenen  Eisen- 
blechen H,  wodurch  eine  direkte  Berührung 
des  Holzes  resp.  Stoffes  mit  den  Rohren 
und  ein  Zwischenfallen  desselben  ver- 
mieden und  der  verschmutzte  Stoff  wesent- 
lich verringert  wird. 


Taf.  180.   Indirekte  Heizung  des  liegenden 
Sulfltkcchers.  J885. 

Diese  Deckbleche  wurden  aber  auch 
vielfach  als  teuer  und  bald  wieder  er- 
neuerungsbedürftig fortgelassen. 

Der  Rohristein  eines  liegenden,  indirekt  ge- 
heizten Sulhtkochers  ist  nach  dem  Wochenblatt 
für  Papierfabrikation,  Jahrgang  1902,  Seite  82, 
analysiert. 

Bei   100°  C   getrockneter  und  pulveritiertcr 
RohrBtcin  hatte  durch  Erhitzung  bis  180°  V 
2,G9*/0  \Va8fcrver)u«t  und  ergab  ferner 
0,'24  i  Kieselsäure, 
0,24  „  Eiscnoxyd  und  Tonerde, 
84,88  „  Schwefelsauren  Kalk, 
3,58  „   UnterschwefeUaurcn  Kalk, 
2,23  „  Schwetligsauren  Kalk, 
6,35 .,  Schwefligsaures  Kupfer. 

Das  Abklopfen  des  Robrsteines,  das 
von  Zeit  zu  Zeit  bei  den  indirekten  Heiz- 
rohren notwendig  wird,  ist  für  eine  V«  so 
grosse  Fläche  gegen  früher,  in  der  leicht 
zugänglichen  Lage  gut  möglich  und  ent- 
sprechend schneller  sowie  billiger  durch- 
führbar. 

Dass  die  stehenden  Kocher  nach  Mil- 
scherlich  auch  indirekt  geheizt  werden, 


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K.  K1KCHNKK.    DAS  PAPIER.   HL  B.  und  C.  ZELt^StÖFF.  38Ö 

 .  —  ■  — 


war  bereits  Seite  383  gelegentlich  der 
Lühnberger  Kocher  gesagt.  Bei  Ver- 
wendung von  Hartbleirobrschlangen  erwies 
sich  auch  hier  die  Notwendigkeit  einer 
grossen  Heizfläche,  und  damit  ergab  sich 
ebenfalls  die  Schwierigkeit  beim  Reinigen 
der  Rohre  von  Hohrslein. 

Als  sehr  verbessernd  und  erleichternd 
erscheint  daher  die  von  Ph.  OfTenheimer 
Okriftel,  erfundene  und  eingeführte  Heiz- 
einrichtung. 

Das  Offenheimersche  D.RP.  101906 
vom  18.  August  1897  bezieht  sich  auf  einen 
Heizkörper  Figur  181,  welcher  aus  einem 
schraubenartig  gewundenen  Dampfkanal  R 

besteht;  der  Körper 
kann  durch  eines  der 

Mannlöcher  des 
Kochers  eingebracht 
und  ausgewechselt 

werden. 
Ein  stehenderSulfit- 
kocher  wird,  wie  aus 
Fig.  181.    Heizkörper  Figur  182  ersichtlich, 
nach  Ph.  Offeahelmer.    am  flachgewölbten 

Boden  mit  einer  Hart- 
blei-Dampfschlange und  mit  einem  an  ver- 
bleiten Stangen  aufgehängtem  Heizkörper, 
Patent  OfTenheimer,  aus  Hartblei  ausge- 
stattet. Letzerer  Körper  hängt  in  etwa 
'/■  Höhe  des  Kochers,  hat  besonderen 
Dampfein-  und  -Austritt  und  kann  durch 
das  obere  Mannloch  mittels  Aufzuges  ein- 
gelassen und  herausgezogen  werden. 

Durch  Aufhängen  des  Heizkörpers  in 
der  Mittelachse  des  Kochers  wird  die  Heiz- 
fläche besser  ausgenützt,  die  Flüssigkeits- 
zirkulation verstärkt,  somit  die  Kochung 
vergleichmässigt  und  beschleunigt.  Die 
Heizfläche  des  Heizkörpers  braucht  nach 
der  Erfahrung  nur  ein  Fünftel  der  Heiz- 
fläche der  früheren  oberen  Heizschlange 
zu  erhalten. 

Das  Auswechseln  des  Heizkörpers  ist 
in  kurzer  Zeit  geschehen.  Die  lrühere, 
das  Mauerwerk  schädigende  Befestigung 
der  oberen  Heizschlange  mit  Haken 
kommt  ganz  in  Wegfall. 

Trotz  dieser  Vorzüge  soll  diese  Art  der 
nach  einem  dem  Verfasser  zu- 


Fig.  182.  Kocher  mit  Pb.  0 
Heizschlange. 


gegangenen  Berichte  bis  jetzt  keine 
Verbreitung  gefunden  haben. 

Die  gleiche  Idee  mit  gleichem  Zweck 
und  Effekt  hat  die  Heizvorrichtung  für 
stehende  Zellstoffkocher  von  F.  Jablonsky 
und  J.  Wiborg  in  Torda  (Siebenbürgen), 

Nach  der  Deutschen  Patentbeschreibung 
vom  24.  Juli  1901  besteht  die  Heizvor- 


Flg.  183.    Heilvorrichtung  D.RP.  Nr.  137 063. 


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390 


E.  KIRCHNER,    DAS  PAPIER,  HL  B.  lind  C.  ZELLSTOFF. 


richtung  aus  einem  durch  Aufrollen  von 
Heizschlangen  über  ein  fQr  diesen  Zweck 
in  den  Kocher  eingebautes  Traggestell  ge- 
bildeten freistehenden  Heizkörper. 

Auch  hier  erreicht  man  durch  die  von 
den  Kocherwanden  freie  Lagerung  der 
Heizschlangen  eine  volle  Ausnützung  der 
Heizfläche. 

Diese  Heizeinrichtung  soll  bis  jetzt  auch 
nur  einmal  in  Torda  ausgeführt  sein. 

Leistung,  vii  indirekten  Heizrohren.  Will  man 
sich  Rechenschaft  gehen  über  die  Wärmemenge, 
die  durch  eine  indirekte  Dampfheizung  an  die 
KochHüssigkeit  übergeht  und  eine  Rechnung  über 
die  Leistung  reiner  Bartblei-  und  reiner  Kupfer- 
robre,  dann  auch  für  mit  Rohrstein  belegte 
Kupferrohre  durchrühren,  so  ist  zunächst  die 
Temperatur  des  heisseren  Heizdampfes  tj  und  der 
kälteren  KochHüssigkeit  tf  zu  berücksichtigen. 

Nach  der  Hütte,  18.  Aufl.  1902  I,  S.  276/78, 
ist  diese  Wärmemenge  Q  in  Wärmeeinheiten  bei 
ebenen  Wänden  und  einfachen  Metallrohren 
Q  -  k  .  F  .  z  .  (td-tp, 

wo  k  der  WUrmedurchgangsku'ffizient ;  setzen  wir 
K  die  Heizfläche  =  1  <|m,  /.  die  Zeit  des  Ucber- 
gitngc«  -  1  Stunde,  so  ist  die  durch  1  qm  in 
1  Stunde  übergehende  Wärme 

«*  - k  <v-v- 

k  ist  der  Wärmedurchgangskoeffizient, 
derselbe  berechnet  sich 


a 


sind  die  Wärmeübergaugsko'flizienten, 
Tür  siedendes  Wasser       10000  bekannt, 
für  träge  zirkulierende  Kochflüssigkeit  -  4000 
(vom  Verfasser  angenommen), 
für  kondensierenden  Dampf  —  8000, 
die  Wandstärke  der  Platte  resp.  des  Rohres 
in  m, 

)w    der    Wärmelcitungskoeffizient  der 
betreffenden  Wand, 

für  Blei  im  Mittel  28, 
X    für  Kupfer  im  Mittel  280. 

Nehmen  wir  für  die  Wandstärken  in  beiden 
Füllen  --  7,6  mm  an,  »o  wird 


U 

«i 


.    .  ö  0,0075 
für  Blei  j-  ^ 

«...  t,  ,  ^  0,0076 
für  Kupfer  j-  -^j 


—  0,0002«  WO. 


0,0000208, 


1  0,000125. 


Wärmedurchgungsk<i'lüzient 

1 


für  Hl.n 


k  "  0,000643 
1 


15".-,. 


ßr  Kupfer  k  -  2487. 

Hat  der  Dampf  23/i  Atmosph.  f.  r>j  140»  <* 
Temperatur  und  die  Flüssigkeit  56«  C,  so  winl 
von  1  <|tn  in  1  Stunde 

Hartbleirohr  Q  r-  1565  (140-66)  -  15*5  .  86 

182175  WE, 
Kupferrohr  q       2487  .  86  -  211iJ96  W  E 
an  die  Kochflüssigkeit  abgegeben. 

Nach  gleicher  t^ucHe  S.  278  verändert  sich 
die  Wärmemenge  nach  Belegung  der  äusseren 
Heizfläche  durch  Rohrstein  von  St  Dicke  und  /.  t 
gegen  H  nach  der  Formel: 


oder:    kt  -  k 

für  5,  -  0,001  m,  Xt 
für  Hartblei  k,    -  k 


l+*Lk 
1 

1  +  p-k. 


0,75 


I 


2,U44 


für  Kupfer   k,  =  k 


k  B27, 

 1  -  k 

0,001       >  4,11 
I  +  ^q-  2487 

=  0,248  k  604. 
Das  Quadratmeter  Heizfläche,  mit  1  mm  dickem 
Rohrsteiu  belegt,  leistet  also  in  einer  Stunde  nur 
noch 

Wnrmeüberführung  vom  Heizdampf  in  die 
KochHüssigkeit 
bei  Hartblei  H  —  627  .  86  —  44  795  W  E, 
bei  Kupfer         _  604  .  85  -  51 340  W  E. 

Wir  sehen  daran,  dass  ein  mit  Rohrstein  be- 
legtes Bleirohr  etwa  nur  >/»  soviel,  ein  solche* 
buh  Kupfer  nur  '/«  soviel  an  Heizwärme  über- 
führen kann  als  ein  reines  Rohr. 

Die  theoretische  Berechnung  des  Wärniever- 
brauches gestaltet  sich  indessen  wesentlich 
schwieriger,  da  in  der  langen  Heizschlange  ver- 
schiedene Temperaturen  angenommen  werden 
müssen  und  bei  der  Veränderung  auch  der 
Flüssigkeitstemperatur  benmdere  Rechnungen 
angestellt  werden  müssen. 

Annähernd  wollen  wir  den  Verlauf  einer 
Periode  des  wirklichen  Kochers  ähnlich  dem  Dia- 
gramm S.  368,  Fig.  160  betrachten. 

In  den  ersten  12  Stunden  steige  die  Tempe- 
ratur des  Kochcr-Tnhaltes  von  66  auf  90°.  Die 
Temperatur  der  Heizschiauge  «ei  stet«  140»  so  istdie 
Temperaturdifferenz  zu  Anfang  140—66  85« 
zu  Ende  140-90  =  60». 


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lt.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   llL  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


391 


Die  mittlere  Teinperatunlifferenz  stellt  sich 
also  auf  07'  ,*  und  die  durch  ein  mit  Kalkstein- 
kniete  überzogenes  Kupferrohr  von  27  i|m  Heiz- 
fläche einleitbare  Wärmemenge  beträgt  etwa 
H,  —  ÜO0,  «7,5  .  12  .  27  13122000  \VK.  Jn 
weiteren  30  Stunden  ändere  sich  die  Temperatur- 
•lifferenz  von  140  -90  -  50°  bis  140-125  -  15", 
so  stellt  sich  die  mittlere  TcmperaturdifTerenz 
auf  321,";  «•  wird  dann  <^  -  ÖOO  .  32,5  .  30  .  27 

15  71*5000  WE.  In  den  letzten  20  Stunden 
steige  die  Temperatur  im  Kochraum  nur  noch 
von  125  auf  127,  so  ist  die  mittlere  Temperatur- 
diflereoz  (UO—125  15°  140—127  13°)  nur 
noch  14",  somit  (f.,  -  630. 14  .  20  .27  -  453« 000  WE. 
Es  ergibt  sich  für  das  Steigern  der  Wärme  beim 
Kochprozeas  eine  durch  die  Heizschlange  zufuhr- 
liare  Wärmemenge:  <J  —  <i,  -f-  4-  (h  ~- 
:M4fi30Ct  WE. 

Dies  wäre  eine  viel  grössere  Wärmemenge, 
als  nach  der  Beobachtung  für  Dämpfen  und 
Kochen  zusammen  nötig  ist,  und  die  Heizfläche 
könnte  noch  wesentlich  kleiner  gehalten  werden, 
wenn  wirklich  im  ganzen  Heizrohr  die  Tempe- 
ratur 140°  herrschte  Das  ist  aber  gar  nicht  der 
Fall,  besonders  dann  nicht,  wenn  der  Koehmeister 
die  Zuströmung  des  Kochdampfes  in  der  Heiz- 
schlange zeitweise  mäsaigt,  oder  wohl  gar  gans 
unterbricht. 

Beim  Dämpfen  und  Indirektkochen  von 
Sulfitstoff  wurden  nach  des  Verfassers  Fest- 
stellungen in  der  Praxis,  bei  Anwendung 
liegender  Kocher  4  m  Durchm.  12  m  lang, 
mit  Hülfe  deren  man  per  Kochuog  10  t 
trocken  ged.  Zellstoff  gewinnt,  je  nach  der 
Jahreszeit  und  Länge  der  Kocbperiode  für 
100  kg  Sulfitstoff  50-60  kg  Steinkohle 
von  8facher  Verdampfung  verbraucht. 

Rechnet  man  mit  gesättigtem  Dampl*) 
von  3  Atm.  Ueberdr,  so  enthält  derselbe 
ä  kg  650,4  Wärmeeinheiten,  im  Konden- 
sationswasser bleiben  noch  etwa  110,4  WE, 
so  werden  540  WE  f.  d.  Kochen  disponibel 
sein,  davon  5*/«  Verlust  durch  die  Rohr- 
leitungen bis  zum  Kocher,  bleiben  äkg  Dampf 
etwa  510  WE  und  a  kg  Kohle  etwa  510 . 8 
=  4080  WE. 

Für  100  kg  Stoff  zu  kochen  durch- 
schnittlich 55  kg  Kohle  gerechnet,  sind  für 
dieses  Quantum  etwa  224400  WE  ver- 
braucht. 

Für  eine  ganze  Kochung  &  10000  kg 
Stoff  werden  22440000  WE  an  den  Kocher 


•)  Man  vergU  HD  diese«  Werkes,  Tabelle  S.  116. 


abgegeben,  und  zwar  für  Dämpfen  und 
Kochen  zusammengenommen. 

Ob  es  möglich  und  rationell  ist,  mit 
der  Heizfläche  eines  so  grossen  Kochers 
unter  27  qm  Heizfläche  herabzugehen,  ver- 
mag Verfasser  nicht  anzugeben. 

Die  direkte  Heizung  ist  durch  Einführen 
frischen  Kesseldampfes  bis  zu  6  Atm. 
üeberdruck  in  das  Innere  der  stehenden 
Ritter-Kellner- Kocher  und  der  liegenden 
Flodquist'schen  Drehkocber  seit  lange 
rationell  durchgefühlt. 

Nach  der  Seite  347  dieses  Abschnittes 
angegebenen  zuverlässigen  Ermittelung  sind 
auf  2322  kg  Stoff  8970  kg  Dampf  kondensiert, 
100  kg  Stoff  erforderten  also  386  kg  Dampf, 
d.  h.  48,25  kg  Steinkohle  von  8facher 
Verdampfungsfähigkeit. 

Da  ein  kleiner  Kochapparat  gegen  einen 
grossen  naturgemäss  verhältnismässig 
grössere  Wärmeverluste  bringen  muss,  so 
dürfte  dieser  Kohlenverbrauch  bei  grösseren 
Apparaten  noch  geringer  ausfallen. 

Ueber  die  Auskleidung  der 
Sulfitkocher. 

Es  waren  Seite  386  bereits  die  ge- 
machten Erfahrungen  des  Verfassers  an 
mit  zusammengelöteten  Bleiplatten  und  mit 
Teerpech  aufgeklebten  Bleifolien  u.  Mauer- 
werk bekleideten  Sulfitkochern  mitgeteilt. 
Für  beide  Bekleidungsarten  waren  über 
einen  längeren  Betrieb  die  Erfahrungen 
verzeichnet.  Die  Löhnberger  Hütte  bat  in 
ihren  stehenden  Kochkesseln  laut  Bericht 
S.  383  die  ll*  mm  starke  Bleifolie  nach 
einigen  Jahren  Betrieb  durch  zusammen- 
gelötete 3  mm  dicke  Bleiplatten  ersetzt, 
und  ist  damit  sehr  zufrieden. 

Herr  Gustav  Türk*),  der  über  eine  lang- 
jährige Praxis  im  Sulütfache  verfügt,  hat 
sich  in  der  Holzstoffzeitung  Jg.  1899  über 
Auskleidung  der  Sullitkocher  dahin  ge- 
äussert, dass  damals  nur  noch  sehr  wenige 
Kocher  mit  Bleiauskleidung  versehen  wurden. 
Er  nennt  die  Vorteile  der  Bleiauskleidung 
gering,  sie  bringe  Nachteile  und  ergebe 

*)  Heut  Inhaber  eines  Technischen  Bureaus 
in  Karlsruhe,  EiNenlobr-Strawe  Nr.  4. 


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392 


E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.  UI.  B.  und  C.  ZELLSTOFF. 


eine  schwierige  Behandlung.  Das  Auf-  I 
finden  eines  im  Blei  entstandenen  Loches  j 
hält  er  für  sehr  schwierig.  Er  presst  so- 
lange mittelst  Presspumpe  in  das  Undicht- 
heit  anzeigende  Probeloch  Wasser,  bis  sich 
im  Mauerwerk  die  Ein  gang  »stelle  der  Un- 
dichtheit  zeigt,  dann  wird  die  Reparatur 
vorgenommen,  die  24  bis  36  Stunden 
erfordert  Durch  die  Wasserdruckprüf- 
ung  können  neue  Schaden  entstehen,  und 
statt  einer  Verbesserung  hat  man  vielleicht 
gar  den  Kocherzustand  verschlechtert. 

Nach  Türk  hat  Herr  Wenzel  in 
Wien  das  Verdienst,  durch  Einführung 
seiner  Schutzmasse  den  Bleimantel  über- 
flüssig gemacht  zu  haben.  Allmählich 
wurde  das  ursprüngliche  Misstrauen  der 
Fabrikanten  gegen  diesen  neuen  Schutz 
durch  die  guten  Erfolge  beseitigt 

Wenzels  Verfahren  lief  darauf  hinaus, 
eine  Masseschicht  von  15-20  cm  (heute 
genügen  7  cm)  Dicke  aus  einer  Mischung 
von  Zement  oder  hydraulischem  Kalk, 
Cbamotte,  Sand  und  Wasserglas  bestehend, 
direkt  auf  den  Eisenmantel  aufzutragen, 
nach  vollständiger  Auskleidung  damit  so- 
fort eine  Kochung  zu  machen  und  nach 
jeder  folgenden  Kochung  die  entstandenen 
Sprünge  und  Haarrisse  auszubessern,  bis 
sich  keine  Risse  mehr  zeigten.  Zum 
besseren  Schutze  dieser  Auskleidung  wurde 
dann  auf  diese  Masseschicht  eine  Flach- 
lage säurefester  Steine  oder  glasierter 
Kacheln  mit  gleicher  Masse  aufgelegt  und 
die  Fugen  mit  demselben  Material  sorgsam 
verstrichen. 

Es  entstanden  indessen  Misserfolge,  weil 
die  erste  Masse  sich  allmählich  beim  Trocknen 
zusammenzieht  und  vom  Kochermantel 
loslöst,  wodurch  der  das  Mauerwerk  durch- 
dringenden Lösung  wieder  Gelegenheit  ge- 
geben war,  ihr  Zerstörungswerk  am  Eisen- 
mantel zu  tun.  Es  half  nichts,  nach  Monier- 
art eiserne  Drahtnetze  einzulegen,  oder 
die  Mauerstärken  auf  25  cm  zu  erhöhen. 

Durchschlagende  Abhilfe  schaffte  der 
glückliche  Gedanke  Wenzels,  aus  seiner 
Kochermasse  erst  Steine  zu  formen,  diese 
zu  trocknen  und  sie  dann  mit  derselben 
Masse  in  den  Kocher  sorgsam  einzubauen. 


I  Eine  nennenswerte  Schwindung  des  Mauer- 
j  kleides  kann  nun  nicht  mehr  erfolgen,  das 
Mauerwerk  löst  sich  vom  Kochermaotel 
nicht  mehr  los,  und  die  Lösung  kann  nicht 
mehr  an  den  Eisenmantel  gelangen. 

Bei  allen  Mischungen,  die  vorgeschlagen 
sind,  erklärt  Türk  den  grossen  Kieselsäure- 
gehalt als  den  Bestandteil,  der  die  Kocher- 
masse widerstandsfähig  und  annShernd 
säurebeständig  macht.  Nach  der  Erfahrung 
kommt  es  indes  weniger  auf  die  Zusammen- 
setzung der  Masse  als  auf  die  peinlich 
genaue  und  sachverständige  Instandhaltung 
des  Mauerwerkes  an,  jeder,  auch  der 
kleinste  Fehler  im  Mauerwerk  muss  sofort 
beseitigt  werden. 

Es  hat  sich  bewährt,  auch  diese  Masse- 
stein-Mauer nach  mehreren  Kochungen  noch 
durch  eine  Flachschicht  säurebeständiger 
Steine  zu  schützen  und  die  Fugen  mit 
Masse  zu  dichten.  Der  Angriff  der  Säuren 
beschränkt  sich  dann  auf  die  Fugen,  die 
nach  Bedarf  ausgebessert  werden  müssen. 
Das  Ausg  essen  der  Fugen  mit  Blei  und 
das  Decken  derselben  mit  Glyzerin  und 
Bleiglätte  haben  sich  nicht  bewährt 

(Türk  sagt  wörtlich :)  »Das  kieselsaure 
Kali  und  Natron  (Wasserglas)  geht  gleich 
während  der  ersten  Kochungen  mit  der 
schwefligen  Säure  eine  Wechselverbindung 
ein,  indem  jenes  sich  mit  Kalk  und  Ton- 
erde zu  unlöslichen  Silikaten  verbindet, 
während  das  Alkali  mit  der  schwefligen 
Säure  ein  Natrium-  oder  Kaliumsulfit  bildet, 
welches  als  lösliches  Salz  mit  der  Koch- 
lauge abgeht« 

Entgegen  dem  Wenzel- Verfahren  wird 
heut  vieltach  die  ganze  Ausmauerung  und 
das  Belegen  mit  Kacheln  zusammen  fertig 
gestellt  was  sich  auch  gut  bewährt  hat 

In  allen  Fällen  ist  ein  durchaus  dichter 
Eisenmantel  Bedingung  für  diese  Aus- 
kleidungen ohne  BleimanteL 

Frühere  Probelöcher  alter  Kochermäntel 
müssen  zunächst  ganz  dicht  gemacht 
werden.  Ist  der  Eisenmantel  durchaus 
dicht,  so  ist  keine  Gelegenheit  für  Durch- 
dringen der  Kochflüssigkeit  durch  die  Masse 
gegeben.  Findet  sich  in  der  Masse  eine 
kleine  Stelle,  wo  die  saure  Flüssigkeit 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  ÜL  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  393 


bis  an  das  Eisen  vordringen  kann,  so  wird 
nur  kurze  Zeit,  da  eine  Zirkulation  und 
Ausrinnen  unmöglich  ist,  eine  Auflösung 
des  Eisens  stattfinden,  die  Stelle  wird  bei 
der  Kontrolle  im  Innern  entdeckt  und  die 
schadhafte  Stelle  in  wenigen  Minuten  aus- 
gebessert werden  können. 

Nach  jeder  Kochung  muss  daher  die 
Oberfläche  der  Auskleidung  genauestens 
abgesucht  und  bemerkte  Defekte  sofort 
gewissenhaft  beseitigt  werden.  Nach  je 
25  bis  30  Kochungen  müssen  die  etwa 
3-5  mm  tief  ausgefressenen  Fugen  sorg- 
sam frisch  verstrichen  werden.  Bei  den 
nötigen  Einrichtungen  kann  diese  Arbeit 
in  10—18  Stunden  erledigt  sein. 

Erstaunlich  ist  die  Leistung  einer  solchen 
Auskleidung ;  sie  erträgt  in  schneller  Folge 
grosse  Spannungs-  und  Wärmedifferenzen, 
nebenbei  bietet  sie  noch  einen  vorzüglichen 
Schutz  gegen  Wärmeausstrahlung,  indem 
der  Eisenmantel  nur  handwarm  wird. 

Soweit  die  Mitteilungen  des  Herrn 
Ingenieur  G.  Türk. 

Amerikanische  Kocheraus- 
kleidungen. 

Der  Ingenieur  F.  Schilde  in  Dresden, 
welcher  im  letzten  Jahrzehnt  mehrere  der 
grössten  Sulfitzellstoff- Fabriken  Amerikas 
erbaute  und  leitete,  äussert  sich  bezüglich 
der  besten  Auskleidungen  der  Sulfitkocher 
dahin: 

»Der  von  Gröditz  in  Deutschland  ge- 
kommene Zellstoff-Ingenieur  Meurer*) hat  die 
solide  gelötete  Bleiauskleidung  und  doppel- 
lagige  Ausmauerung  in  Amerika  eingeführt 
und  von  Anfang  an  damit  die  besten  Erfolge 
erzielt.  Diese  Auskleidung  leistet  das  Beste 
und  Sicherste,  was  bisher  erreicht  worden 
ist,  natürlich  müssen  bei  der  Herstellung 
derselben  gewisse  Vorsichten  und  Be- 
dingungen erfüllt  sein.« 

Dieses  Urteil  trifft  mit  der  Erfahrung, 
die  man  schon  in  Löhnberg  und  später 
in  vielen  anderen  Fabriken  Deutschlands 
gemacht  halte,  zusammen.    Eine  solide, 

')  Man  vergleiche  vom  im  Abschnitt  Getchichte, 
S.  48  1.  Sp.  unten. 


verlötete  Bleiauskleidung  durch  eine  sach- 
gemä8s  ausgeführte  Ausmauerung  festge- 
halten und  vor  hoher  Erwärmung  geschützt, 
ist  der  Belegung  mit  Teerpech  und  Blei- 
folie und  Ausmauerung  oder  einfacher 
Ausmauerung,  wie  von  Türk  beschrieben, 
vorzuziehen. 

Schilde  sagt  weiter : 

»Man  hat  in  Amerika  auch  Kocher  ohne 
Bleikleid.  Darin  pflichte  ich  Herrn  Türk 
voll  bei,  dass  ein  Kocher,  der  in  Blei- 
und  Mauerkleidung  liederlich  und  unsach- 
gemäss  hergestellt  wird,  weniger  wert  ist, 
als  ein  nur  mit  Mauerung  versehener. 

Eine  solide  aus  Platten  zusammen- 
gelötete Bleilage  bietet  aber  natürlich  bei 
vorkommenden  Lecken  im  Mauerwerk  einen 
absoluten  Schutz  für  den  Eisenmantel.  Bei 
den  Riesenkochern  mit  4,8 m  Durchm*)  und 
18  m  Höhe,  welche  sich  sehr  teuer  stellen, 
ist  eine  schwache  Bewegung  zwischen 
Eisen  und  Auskleidung  nicht  ganz  aus- 
geschlossen. 

Diese,  wenn  auch  noch  so  schwachen 
Bewegungen  verlangen  aber  auch  eine 
innen  ganz  glatte  Eisenfläche,  also  ein- 
schnittige Laschennietung  mit  ganz  ver- 
senkten Nietköpfen  ;  auf  diese  absolut  glatte 
Beschaffenheit  der  Innenfläche  des  Eisen- 
mantels kommt  es  in  erster  Linie  an, 
wenn  die  Bleiauskleidung  dauernd  dicht 
halten  soll. 

Die  grossen  Kocher  ohne  Bteikleid 
haben  in  Amerika  sämtlich  grosse  Schwierig- 
keiten gebracht  Zufriedenstellende  Ergeb  - 
nisse  erreichte  man  bei  den  Riesendimen- 
sionen erst,  wenn  das  Mauerwerk  12"  engl. 
(=  805  mm)  dick  ausgeführt  wurde. 

Hat  man  dagegen  ein  Bleikleid,  so 
geht  man  mit  der  Dicke  der  Maueraus- 
kleidung nie  über  6  "  (—  153  mm)  Dicke,  die 
sich  so  ausreichend  erweist,  dass  der 
äussere  Eisenmantel  im  Betriebe  nur  hand- 
warm wird,  Die  guten  Resultate,  die  Meurer 

•)  Man  b»t  im  Laufe  der  Jahre  von  Kochern 
bia  zu  5,0  m  Durchm.,  die  in  Amerika  gebaut  sein 
sollen,  gelesen,  dooh  zeigen  die  neuesten  Berichte 
von  dort,  dass  man  4,8-5  m  Durchm.  für  die 
zweokmäasigste  Maximalgrenze  hält.  (Der  Ver« 
fasser.) 

10.  Bogen  1904. 


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39+ 


fc.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    IIL  B.  u.  C,  ZELLSTOFF. 


in  Amerika  erzielt  hat,  haben  bisher  die 
meinten  Fabrikanten  die  Mehrkosten  für 
die  Eisenkörper  und  das  Bleikleid  nicht 
schenen  lassen.  Nach  der  Erfahrung  kann 
ein  Kocher  mit  Bleikleid  und  Ausmauerung 
8  Wochen  gehen,  ehe  man  ihn  in  den 
Fugen  frisch  Terschmiert  Legt  man  die 
äussere  Ziegelschicht  in  einen  Mörtel  aus 
Bleiglätte,  Sand,  Zement  und  Wasserglas 
und  dichtet  die  Fugen  sorgsam  mit  dem- 
selben Mörtel,  so  kann  der  Kocher  8—4 
Monate  anstandslos  seinen  Dienst  tun,  ehe 
eine  Neudichtung  der  Fugen  notwendig 
wird.  Freilich  kommt  es  der  Auskleidung 
sicher  wesentlich  zu  gute,  dass  man  in 
Amerika  den  Stoff  in  den  Kochern  nie 
kalt  auswäscht,  sondern  den  Inhalt  warm 
ausbläst;  dadurch  ist  der  Temperatur- 
wechsel sehr  verringert.  Es  gibt  in  Amerika 
einige  Kocher  mit  Blei-  und  Mauerkleid, 
die  9—10  Jahre,  sehr  viele,  die  3 — 4  Jahre 
anstandslos  ihren  Dienst  getan  haben.« 

Ueber  das  Auffinden  eines  Leckes  im 
Bleimantel  sagt  Schilde:  »Man  füllt  den 
Kocher  mit  Wasser  und  pumpt  zwischen 
Eisen  und  Bleimantel  Luft  ein,  aus  dem 
Aufsteigen  der  Luftblasen  im  Innern  er- 
kennt man  die  Stelle  des  Leckes  in  ver- 
tikaler Richtung,  %  die  horizontale  Lage  er- 
gibt sich  beim  Ablassen  des  Wassers  in 
dem  Augenblicke,  wo  die  Luftblasen  auf- 
hören aufzusteigen.« 

Schilde  hält  es  für  vorteilhaft,  die 
Ausmauerungsdicke  nicht  unter  15  cm  zu 
bemessen,  damit  der  Eisenmantel  nicht 
mehr  als  handwarm  wird  ;  in  diesem  Falle 
sei  die  Ausdehnung  der  übereinander 
liegenden  Eisen-  und  Blei-  und  Steinkörper 
noch  ziemlich  gleich  und  eine  vorüber- 
gehende Bildung  von  Höhlungen  zwischen 
den  Mänteln,  sowie  Risse-  und  Sprünge- 
bildung im  Mauerwerk  treten  nicht  ein. 

Ueber  das  Auskleiden  der  stehenden 
amerikanischen  Kocher  habe  ich  nach  der 
Unterhaltung  mit  Herrn  Schilde  noch  folgen- 
des mitzuteilen : 

Vorausgeschickt  sei,  dass  die  stehen- 
den Kocher  sich  für  das  Ausblasen  des 
Stoffes  am  besten  eignen,  wenn  sie  mit 
einem  unteren  kegelförmigen  Ende  ver- 


sehen sind.  Das  obere  Mauergewölbe  las« 
sich  am  leichtesten,  und  zwar  sehr  solid 


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E.  KIRCHNER   DAS  PAPIER.   HL  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


r  395 


ausführen,  wenn  der  obere  Boden  ähnlich 
einer  Halbkugel,  oder  besser  einer  Eispitze 
entsprechend  ausgeführt  wird.  Fig.  184 
zeigt  die  gebräuchliche  Form  und  An- 
ordnung eines  solchen  Sulfitkochers. 

Nach  Patent  Meurer  wird  die 
Innenfläche  des  Kochers  ganz  glatt  ge- 
halten ;  dies  ist  mit  äusseren  Laschen 
und  innen  versenkten  Nieten  möglich. 
Der  Bleimantel  wird  in  den  Mann- 
löchern und  Stutzenöflnungen  10  mm, 
im  übrigen  5  mm  dick  gewählt.  Die  ein- 
zelnen Platten  werden  sorgsam  aneinander- 
gelötet  Der  Mantel  wird  durch  Brettchen 
und  Spreizen  nach  einer  Säule  in  der 
Mittelachse  des  Kochers  hin  in  seiner  Lage 
testgehalten.  Die  Mannlöcher  und  Oeff- 
nungen  werden  sodann  blind  verschraubt, 
der  Kocher  mit  Wasser  gefüllt  und  mittels 
hydraulischen  Drucks  auf  Dichtheit  geprüft. 
Durch  den  hydraulischen  Druck  legen  sich 
die  Bleiplatten  fest  an  den  Eisenmanie] . 
Nach  Ablassen  des  Ueberdruckes  muss, 
ehe  der  Wasserinhalt  aus  einem  im  Blind» 
flansch  des  unteren  Mannloches  oder 
Stutzens  befindlichen  Hahn  oder  Venül 
abgelassen  wird,  das  obere  Mannloch  ganz 
geöffnet  werden,  damit  keine  Luftver- 
dünnung oder  Luftleere  im  vom  Blei  um- 
schlossenen Räume  entsteht  Träte  eine 
solche  ein,  so  würde  bei  Undichtheiten 
des  Eisenmantels,  die  nicht  ganz  zu  ver- 
meiden sind,  zwischen  Eisen-  und  Blei- 
mantel Luft  eintreten  und  sich  Blasen  im 
Bleimantel  bilden.  Beobachtet  man  die 
letzte  Vorschrift,  so  bleibt  der  Bleimantel 
dicht  gegen  den  Eisenmantel  gepresst.  Die 
Ausmauerung  geschieht  mit  zwei  Flach- 
schichten säurefester  Ziegel  ähnlich  Fig.  179 
S.  387,  mit  sich  deckenden  Fugen  von 
unten  an  in  geeignetem  Zementmörtel. 

Hierbei  wird  darauf  geachtet,  dass 
zwischen  Blei  und  Steinschicht  nur  etwa 
6  mm  Zementmasse  liegen,  und  dass  die 
Fugen  möglichst  eng  gehalten  werden.  Der 
bei  der  Meurer'schen  Auskleidung  angewen- 
dete Mörtel  besteht  aus  Quarzsand  und  so 
wenig  Zement,  dass  er  mit  34°  Be  ge- 
kochter Wasserglaslösung  den  Quarzsand 
und  die  Steine  eben  bindet.   Es  wird  stets 


nur  so  viel  Mörtel  frisch  angemacht,  als 
zum  satten  Einfügen  eines  Steines  nötig 
ist.  Dieses  Verfahren  hat  sich  bei  dem 
schnellsetzenden  Mörtel  gut  bewährt 

Die  Meurer'sche  Auskleidung  ist  nur 
etwa  150  mm  dick,  wird  aber  als  die 
solideste  geschätzt  Wenn  auch  in 
der  Herstellung  teurer,  so  stellt  sie  sich 
im  Laufe  der  Jahre  doch  billiger  als 
andere  ohne  Bleilage. 

Während  des  Betriebes  wird  in  Zeit- 
räumen von  etwa  8  Wochen  das  Mauer- 
werk genau  untersucht  und  in  den  Fugen 
ausgebessert  oder  ganz  frisch  und  sorg- 
sam verstrichen,  wenn  es  sich  als  nötig 
erweist 

Nicht  so  häufig  wird  das  amerika- 
nische Patent  Rüssel  ohne  Bleimantel 
Fig.  185  (S.  396)  angewendet 

In  48—60  Stunden  wird  nach  Schildes 
Beschreibung  der  innere  Mantel  100  bis 
150  mm  dick  für  einen  grossen  stehen- 
den Kocher  hergestellt  und  zwar  aus 
Stampfmasse  mit  Hilfe  von  Brettverschal- 
ungen, die  Ring  auf  Ring,  erst  unten  kegel- 
förmig I— IV,  weiter  oben  V,  VI  etc. 
zylindrisch,  ganz  oben  kalottenförmig  in 
etwa  100—150  mm  Entfernung  vom  Eisen- 
mantel aufeinandergebaut  und  abgespreizt 
werden.  Nach  Einbau  je  eines  Brett- 
Ringes  wird  der  Zwischenraum  mit  der 
Masse  vollgestampft ;  dann  wird  der  zweite 
Brettring  aufgebaut  etc.  etc.  Vorher  war 
unten  ein  Metallstutzen  von  350  mm 
Durchm.  mit  seinem  Flansch  an  den  Flansch 
des  Kochermantels  angeschraubt  und  zu- 
nächst der  ringförmige  Raum  zwischen 
den  Stutzen  des  Kochers  und  Metallein- 
satzes mit  Masse  aufgestampft 

Ist  die  Stampfmasse  bis  zum  höchsten 
Punkt  der  Kalotte  fertig,  so  wird  die 
Bretterschalung  entfernt  und  im  unteren 
Konus  immer  zwei  Flachschichten  säure- 
fester Steine  von  unten  herauf  gemauert, 
im  Zylinder  und  in  der  Kalotte  können 
entweder  auch  2  Flachschichten  über  ein- 
ander, wie  für  Fig.  185  (rechte  Seite)  an- 
genommen, oder  nur  eine  Flachschicht 
angewendet  werden;  in  letzterem  Kalle 


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96  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   llL  R.  u.  C,  ZELLSTOFF. 


wird  die  Stampfmasse  etwa  230  mm  dick 
im  Zylinder  und  in  der  Kalotte  ausgeführt. 
Masse  und  Verblendschichten  werden  zu- 


- 


Flg.  185.  Grosser  stehender  awerlkaiileoher  Kootier. 
Aatnauerang :  Pateat  Raiaal. 


sammengenommen  etwa  300  mm  dick  aus- 
geführt. 

Die  trockene  Masse  und  der  Mörtel 
bestehen  aus : 
Vt  Raumteilen  Schamotte-  oder  säure- 
beständigem Steingries, 
•/i     „       „    Quarz-  oder  Glasgries, 
Vi    „       „  Zement 

Die  Flüssigkeit  zum  Anmachen  der 
Masse  und  des  Mörtels  besteht  bei  Rüssel 
aus  50  1  Wasser,  4  1  gekochter  34°  Be 
Wasserglaslösung. 

Das  obere  Mannloch  erhält  nach  dem 
Jones-Patent  einen  Bronzestutzen  einge- 
setzt und  angeschraubt,  der  Ringraum 
zwischen  diesem  und  dem  gusseisernen 
Mannlochstutzen  wird  mit  Zementmasse 
ausgegossen. 

Die  Stutzen  oben  und  unten  am  Kocher 
sind  aus  üusseisen  hergestellt,  der  obere 
Mannlochdeckel  mit  den  verschiedenen 
Rohrstutzen  für  Ein-  und  Auslass  der 
Flüssigkeiten  und  Gase  wird  am  Stutzen 
mit  Klappschrauben  festgehalten.  Der 
untere  Stutzen  (s.  Fig.  186)  für  Ver- 
bindung mit  der  Heiz-,  Leer-  und  Wasch- 
einrichtung ist  mit  Stiftschrauben  oder 
Einhängeschrauben  versehen. 

Die  Heiz-  und  Entleerungseinrichtungen 
dieser  stehenden  Kocher  schliessen  sich  am 
unteren  kegelförmigen  Ende,  also  an  den 
Stutzen  Fig.  186  an.  Sie  besteben  aus 


Fiy.  186.   Heiz-,  Leer-  und  WaechelnrioMMi. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


397 


einem  bronzenen  Kreuzstutzen,  der  rechts 
ein  grosses  Abblaseventil  V  (vergl.  Taf. 
187),  nacb  unten  das  Dampf-  (resp. 
\Vasser-)einlassvenül  V,  von  etwa  70  mm 
I.  Durchm.,  links  noch  ein  Dampfeinlass- 
ventii  V,  von  etwa  80  mm  Durchm.  hat. 
Zum  Heizen  mit  genügenden  Dampfmengen 
wird  durch  gleichzeitiges  OefTnen  von 
V,  und  Va  Dampf  zugelührt.  Die  Leerung 
kann  auch  durch  Einlassen  von  Dampf  durch 
V,  beschleunigt  werden.  Ausserdem  kann, 
wenn  nicht  alles  rein  ausgeblasen  ist, 
durch  Va  Wasser  eingelassen  werden. 
Kalk  und  Unreinheiten  werden  bei  Vt 
entfernt,  nachdem  Flansch  und  Ventil  los- 
geschraubt sind. 

In  den  Wasser-  und  Dampfzuleitungs- 
rühren  für  Speisung  von  V,  und  V,  sind 
Rückschlagventile  (nicht  mit.ze - 
zeichnel)  eingeschaltet 

Auf  die  Konstruktion  des  Abstossventils 
V  ist  das  amerikanische  Patent  682  838 
den  Herren  Baker  &  Shevlin  erteilt. 

Wie  aus  Taf.  187,  Fig.  1  bis  5,  ersicht- 
lich, ist  das  Gehäuse  dieses  Ventiles  mit  der 
Spindel  unter  45°  gegen  die  Rohrachse 
geneigt.  Der  horizontale  Ventilteil  (Fig.  1) 
ist  rechts  für  die  ebenfalls  unter  45°  ge- 
neigte Sitzfläche  etwas  zusammengedrückt. 
Die  zylindrische  Wand  a  des  Gehäuses  ist 
zu  einer  rechteckigen  0  e  f  f  n  u  n  g  4  (Fig.  4) 
mit  Flansch  für  6  Schrauben  versehen. 
Der  Deckel  für  diesen  Flansch  (Fig.  5)  ist 
mit  FühruDgsstegen  i  versehen,  welche  in 


Taf.  187.  Ventil  für  Zeflstoffknchar 
Amerikanisches  Patent  Baker  und  Shevlin. 


Nuten  6  (Fig.  4)  geführt  werden.  Der 
Ventilsitz  ist  durch  drei  Schrauben  3  (Fig.  1) 
festgehalten  und  wird  durch  konische 
Spitzen  dieser  Schrauben  in  den  Falz  des 
Gehäuses  gepresst.  Der  Ventilkegel  hat 
eine  konische  Dichtungsfläche  f,  er  bewegt 
sich  beim  Oeffnen  und  Schliessen  mit  2 
Stiften  e,  (Kig.  2)  gegen  zwei  Führungs- 
leisten 5  des  Gehäuses.  Der  Ventilkegel, 
mit  seinen  Stiften  e  in  richtige  Stellung 
zu  den  Schlitzen  6  (Fig.  4)  gebracht,  lässt 
sich  leicht  durch  die  schon  erwähnte 
rechteckige  Oeflnung  4  herausnehmen  und 
wieder  hineinstecken.  Damit  sich  der 
Ventilkegel  durch  die  Schraube  c1  (Fig.  3) 
und  die  Mutter  k  bei  7  Atm.  Ueberdruck, 
der  im  Kocher  herrscht,  leicht  öffnen  lasse, 
ist  ein  Kugel  stützlager  im  BUgelhals 
untergebracht,  was  sich  gut  bewährt  hat. 

Die  durch  die  Fig.  185—187  erläuterte 
Konstruktion  und  Armierung,  sowie  Heiz- 
und  Entleerungsweise  zeichnen  sich  gegen 
die  Rilter-Kellner'sche  Konstruktion  und 
Arbeitsweise  recht  vorteilhaft  aus. 

Ritter  -  Kellner  wenden  Kocher  mit 
oben  und  unten  gewölbten  Boden  an.  Der 
untere  Boden  verlangt  etwa  in  der  Höhe 
des  untersten  Laschenringes  Taf.  188  Fig.  1 
einen  falschen  Boden  aus  verbleitem 
Eisenblech  mit  nötigen  verbleiten  Trägern. 
In  der  Zylinderwand  befindet  sich  seitlich 
dicht  über  diesem  falschen  Boden  der  Ab- 
stossstutzen  mit  dem  Ablassventil,  ähn- 
lich dem  Taf.  187  dargestellten.  Durch 
einen  aut  der  linken  Seite  des  unteren 
Bodens  Taf.  188,  big  1  gezeichneten  Stutzen 
tritt  der  direkte  Heizdampf  unter  den 
falschen  Boden. 

Solche  Kocher,  wie  sie  in  Deutschland 
typisch  sind  und  bis  in  die  jüngste  Zeit 
noch  gebaut  wurden,  blasen  natürlich  den 
Stoff  nicht  vollständig  ab.  Nach  jedem 
Koch  muss  man  das  untere  Mannloch 
öffnen,  den  falschen  Boden  plattenweise 
aufheben  und  die  Stoffreste  aus  dem 
Kocher  spritzen,  was  sehr  zeitraubend  ist 
und  Lohnkosten  verursacht. 

Die  Taf.  188  eingezeichnete  Trag-  und 
Schwenkeinrichtung    für   den  schweren 


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398 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Kocherdeckel  ist  für  die  Reinigungsarbeit 
erleichternd.  Dieser  Kocher  in  den  an ge- 
gebenen Dimensionen  hat  etwa  1138  cbm 


Tif.  188.   Rltter-KBlIner"  Kocher. 
1903  voi  dsr  Germania  In  Chemnitz  ausgeführt. 

Füllraum  und  lässt  10  t  tr.  ged.  Zellstoff 
pro  Koch  gewinnen. 


Ein  anzuerkennender  Vorteil  des  fal- 
schen Bodens  ist  der,  dass,  wenn  man 
mit  kalkreichen  Lösungen  kocht,  sich  unter 
dem  falschen  Boden  der  ausgefallene  Gips 
resp.  das  Monosulfit  ansammelt,  absitzt 
und  sich  nicht  mit  dem  Stoffe  mischt,  so 
dass  er  nach  dem  Abstossen  des  Stoffes 
mit  der  restlichen  Flüssigkeit  unten  ab- 
gelassen werden  kann. 

Das  Fehlen  eines  falschen  Bodens  wie 
bei  den  amerikanischen  Kochern  Kig.  185 
setzt  voraus,  dass  für  Erhalt  eines  gips- 
freien Stoffes  eine  kalkarme  und  gipsfreie 
Kochlösung  verwendet  wird ;  diese  ist 
übrigens  zum  Gelingen  des  glatten  Ab- 
stosses  des  Stoffes  auch  durchaus  nötig. 

Der  glatte  Abstoss  des  Stoffes  setzt 
ferner  die  richtige  Konizität  des  unteren 
Endes  der  stehenden  Kocher  voraus.  Nach 
den  mir  von  Herrn  Schilde  frdL  zur  Ver- 
fügung gestellten  Original- Zeichnungen  bat 
sich  ein  Winkel  der  Neigungslinien  des 
unteren  Konus  von  etwa  70 — 72  *  bewäh  rt 

Uebrigens  wenden  andere  amerikanische 
Kochererbauer  auch  gewölbte  untere  Enden 
an,  wobei  ein  Wölbungsradius  gleich  dem 
Durchmesser  des  Zylinders  gewühlt  wird. 
Das  untere  Ende  ist  dann  spitzer  vor- 
laufend als  das  obere  der  vorstehenden 
Figur  185,  S.  396. 

Stoffaufnahme-  und  Waschbehälter  oder 
Abblasebottiche. 

Das  schon  mehrfach  hervorgehobene 
A b s t;o s s  e  n  des  Stoffes  in  einen 
N  e  b  e  n  b  e  h  ä  1 1  e  r  ist  von  Ritter- 
Kellner  sehr  abweichend  von 
der  Mitscherlich'schen  Arbeitsmethode  und 
bedeutende  Vorteile  in  sich 
schliessend  in  die  Sulfitzellstofffabrikation 
eingeführt  worden.  Waldhof  und  andere 
auch  nach  Ritter-Kellner  arbeitende  Fabriken 
haben  vor  den  Amerikanern  diese  Ein- 
richtungen benutzt.  Wie  bei  den  Natron- 
kochern S.  377  etc.  gezeigt,  ist  diese  Ein- 
richtung und  Arbeitsweise  wohl  in  Skan- 
dinavien aufgekommen  und  für  Natronzell- 
stoffgewinnung mehrfach  in  Schweden  und  bei 
uns,  in  Amerika  jetzt  allgemein  eingeführt. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    HI.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


399 


Das  Abstossen  des  Stoffes  in  Neben- 
oehälter  bat  nicht  nur  den  Vorteil  grosser 
•'eit-  und  Lohnersparnis,  sondern,  da 
nenn  auch  das  Waschen  des  Stoffes  mit 
malten  Flüssigkeiten  vor  sich  geht,  be- 
deutet das  eine  vorteilhafte  Schonung  der 
Kostbaren  Sulfitkocherauskleidungen,  die 
iei  starken  und  wiederholten  Tempera- 


turwechseln  naturgemäss  stark  leiden 
müssen. 

Es  ist  ferner  hervorzuheben,  dass  der 
Stoff  infolge  der  Druckdifferenz  im  Kocher 
und  Ausblasebottich  ein  Zersprengen  der 
noch  lose  verbundenen  Holzgewebebrocken 
ermöglicht  wird.  Die  Wirkung  des  Zer- 
sprengens des  Holzgewebes  darf  sich  (rei- 


Taf.  189.   Abblasebottich  nach  F.  Schilde. 


400 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


lieh  nicht  so  stark  äussern,  dass  auch  die 
Aststücke  zerrissen  werden,  weil  dadurch 
der  Stoff  braune  Splitter  enthalten  würde. 

Taf.  189  gibt  ein  Bild  der  von  F.  Schilde 
1898  in  Amerika  ausgeführten  Abblase- 
bottiche ;  sie  sind  zur  Aufnahme  von  einer, 
oder  im  Notfalle  auch  von  zwei  Koch- 
ungen Sulfitstoff  (9250  kg  resp.  185C0  kg) 
bestimmt  und  haben  7,C15  m  1  Durchm, 
7,24  m  mittl.  Höhe.  Ihr  Inhalt  berechnet 
sich  auf  rund  280  cbm,  während  der  Füll- 
raum der  Kocher  je  133  cbm  beträgt. 
Das  Aufeinanderblasen  zweier  Kochungen 
im  regulären  Betriebe  ist  zwar  durchaus 
zu  vermeiden,  da  die  zuerst  abgeblasene 
Kochung  durch  die  Lauge  der  zweiten 
Kochung  wieder  verunreinigt  wird,  aber 
es  ist  gut,  diese  Möglichkeit  nicht  auszu- 
schließen und  die  Bottiche  gross  genug 
zu  machen,  damit  sie  in  einem  solchen 
Falle  nicht  platzen. 

Einzelheiten  der  Konstruktion  sind 
Fig.  1  in  der  Ansicht,  Fig.  2  im  Längschnitt, 
Fig.  3  im  Grundriss  und  Fig.  4  im  Quer- 
schnitt dargestellt  Die  Dauben  sind  15  cm 
dick,  sie  sind  mit  30  Rundeisen  von  2  cm 


Durchm.  gebunden,  Boden  und  Decke  sind 
ebenfalls  15  cm  stark.  Aus  den  Schnitten  a  b 
und  c  d  ersieht  man  deutlich,  dass  der  Boden 
mit  8  Balken  und  4  quer  dazu  unterlegten 
breiten  Hölzern  sehr  solide  unterlegt  ist. 
Die  Bohlendecke  ist  mit  5  Querbalken  Q 
verstärkt.  Nahe  der  Decke  ist  ein  Loch  E 
Fig.  2  zum  Durchsteckendes  25cm  1.  Durchm. 
Einblaserobres  für  den  Kocherstoff.  Unten 
bei  A  Fig.  1  ist  das  Auswasch-  resp. 
Abflussloch  für  den  Stoff.  F  Fig.  2  ist 
ein  falscher  Boden  aus  8  cm  dicken  Brettern, 
der  15  cm  Neigung  hat  und  durch  Latten 
entsprechend  unterstützt  ist.  Im  festen 
Boden  unterhalb  des  falschen  Bodens  F  ist 
ein  Ablassventil  G  von  20  cm  Durchm. 
Fig.  4  für  das  Waschwasser  angebracht. 
In  den  Deckenbohlen  befinden  sich  ein 
verschliessbares  Waschloch  W  Fig.  3  und 
ein  weiteres  vierkantiges  Loch  B  Fig  3 
für  den  Abzugsschlot  zum  Entlüften  des 
Bottichs.  Das  Waschloch  W  kann  auch 
in  dem  zylindrischen  Teil  so  nahe  als  mög- 
lich der  Decke  und  wie  A  angeordnet  wer- 
den, es  dient  zum  Auswaschen  des  reinge- 
waschenen Stoffinhaltes  nach  Oeffnen  von  A. 


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K.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


401 


Taf.  190  gibt  noch  sich  selbst  erklärende 
Details  des  Ausblasebottichs  in  grösserem 
Massstabe.  Fig  1  und  2  geben  die  Verbind- 
ung der  8  cm  starken  Bretter  des  falschen 
Bodens,  die  konischen  Löcherreihen  in 
4  cm  Entfernung.  Die  eingebrannten  Löcher 
haben  oben  5  mm  Durchm  und  erweitern 
sich  nach  unten  auf  10  mm.  Dieser  falsche 
Boden  kann  noch  mit  loaem  Gewebe 
überdeckt  werden,  damit  der  Stoffverlust 
verringert  wird.  Fig.  3  gibt  die  Versteif- 
ung der  Decke  wieder.  Fig.  4,  5  und  6 
zeigen  die  Armietung  des  Auslaufloches  A, 
Fig  7  das  Waschloch  W. 

Die   Zusammenarbeit    des  Ausb!s 


bottichs  mit  dem  Zellstoffkocher  wird  in 
nachfolgender  Skizze  Fig.  191  verdeutlicht. 

H  ist  der  Holzraum,  der  Länge  des 
Gebäudes  nach  angeordnet.  (Es  stehen 
3—6  solcher  Hiesenkocher  in  einer  Reihe 
nebeneinander  in  etwa  8  m  Entfernung 
von  Mitte  zu  Mitte,  so  dass  oben  ein  sehr 
grosser  Holzraum  gebildet  wird.)  Um  den 
durch  Bretter  gebildeten  Holzkasten  herum 
ist  hinreichender  Durchlass  für  Abzug  des 
beim  Oeffnen  des  oberen  Mannlochs  ent- 
weichenden Dampfes,  der  durch  die  Lüf- 
tungshaube G  ins  Freie  tritt  K  ist  der 
Kocher,  der  nach  dieser  Skizze  von 
8  Säulen  getragen  wird.   Unten  befindet 


II 


Fly.  191.   Amerikanische  Sulfltitoffkocherel. 


11.  Bogen  1W4. 


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402 


E.  KIRCHNER   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


sich  der  Fig.  186  verdeutlichte  Stutzen  N, 
an  ihn  schliesst  das  Entleerungsventil  V 
an.  M  bedeutet  eine  Meurer'sche 
Mischeinrichtung  des  unter  etwa 
7  Atm.  abströmenden  Kocherinhaltes  mit 
kaltem  \  /asser.  Herr  Schilde  gibt  an, 
dass  bei  250  mm  Durchm.  des  Ventiles 
V  die  Mischeinrichtung  M  durch  ein 
200  mm  Durchm.  Wasserrohr  mit  einem 
Wasserdruck  von  etwa  2,8  ra  Wasser- 
säuleohöhe  (das  Wasser  kommt  aus  dem 
hoch  gestellten  Wasserbassin  C  mit  etwa 
28  m  hohem  Wassersaulendruck,  oder  es 
wird  durch  eine  entsprechend  starke 
Pumpe  mit  ähnlichem  Druck  nach  M  ein- 
getrieben) gespeist  wird.  Hat  man  eine 
solche  Mischvorrichtung,  so  tritt  der  Stoff 
verhältnismässig  ruhig  nach  dem  Blase- 
bottbh  B  über  und  reisst  bei  einer  1.  Weite 
von0.<>X0,6m  des  Schlotes  Lkeinen  Stoff  und 
kein  Abgas  zur  oberen  Mündung  mit  heraus, 
auch  wird  der  Stoff  im  Mischer  M  durch  das 
kalte  Wasser  soweit  gekühlt,  dass  harte 
Aeste  und  Stoffstücke  in  B  nicht  zu  vielen 
Splittern  zerrissen  werden.  Entbehrt  man 
der  Mischeinricbtung,  so  muss  der  Abzugs- 
schlot L  mindestens  0,9  X  0,9  m  1.  weit 
sein,  auch  muss,  wie  das  in  Deutschland 
wohl  meist  geschieht,  von  7  Atm.  auf 
etwa  4—2  Atm.  abgegast  werden,  ehe  man 
abstösst  Es  wird  aber  dann  immer  noch 
ein  Hinaufreissen  von  Stoff  in  den  Schlot 
und  ein  Abzug  von  etwas  Gas  durch  den 
weiten  Schlot  eintreten,  ebenso  wird  das 
Zerreissen  der  mittelharten  Stücke  nicht 
ganz  ausbleiben. 

Um  Verschmutzungen  des  frischen  Stoffes 
durch  alten  im  Schlot  angetrockneten  Stoff 
zu  vermeiden,  werden  die  Wände  des 
Schlotes  durch  Spritzrohrwasserstrahlen 
stets  rein  erhalten, 

Am  Kocher  K  ist  mit  P  die  Stelle 
bezeichnet,  wo  ein  Probeloch  zur  Ent- 
nahme von  Kochlösung  angebracht  wird. 
Was  die  Vorratsbottiche  für  frische  Koch- 
lösungen anlangt,  so  können  dieselben  zu 
ebener  Erde  wie  A  stehen.  Schilde  em- 
pfiehlt aber,  diese  Bottiche,  je  für  2  Füll- 
ungen gross  gerechnet,  so  hoch  wie  A ,  zu 
plazieren,  so  dass  man  die  Lösung  für  die 


Kochung  durch  das  Mannloch  einfliessen 
lassen  kann.  Im  ersteren  Falle,  wo  Bottich  A 
die  Kochlösung  enthält,  muss  nämlich  für 
schnelle  Füllung  eine  starke  Pumpe  in  Tätig- 
keit gesetzt  werden,  mit  der  während  der  Ar- 
beit etwas  passieren  kann,  oder  die  auch 
wohl  mal  repariert  werden  muss,  wodurch 
Verzögerungen  entstehen,  die  vermieden 
werden,  wenn  man  die  Vorratsbottiche 
wie  A,  hoch  stellt. 

Am  H  laseboltich  B  Fig.  191  istentgegen  der 
Anordnung  Taf.  189  Fig  3  das  Auswasch- 
loch W  seitlich  statt  im  oberen  Deckel 
angeordnet;  es  ist  dann  nötig,  eine  Bank 
Z  am  Bottich  zu  befestigen,  auf  der  der 
Bedienungsmann  stehend  mit  dem  Wasser- 
schlaucb,  in  welchem  ein  Wasserdruck  von 
3— 4  Atm  herrschen  muss,  nachhelfen  und 
ausspritzen  kann. 

Herr  F.  Schilde  bemerkt  nach  Vorlage 
umstehenden  Bildes,  Fig.  191,  dass  es 
vorteilhafter  sei,  den  Bottich  A,  Vi  m 
höher  anzuordnen,  damit  die  Kochlösung 
bis  nahezu  auf  den  Boden  ablaufen  könne. 

Wiedergewinnunge-Einrichtungen  der 
schwefligen  Saure  aus  den  Kochlaugen. 

Schon  Tilghman  hat  in  seinem  eng- 
lischen Patent  von  1866  (man  vergl.  Ge- 
schichte vorn  S.  14)  hervorgehoben,  dass 
ein  Teil  der  schwefligen  Säure  aus  den 
Kocherabgasen  durch  Absorption  in  kaltem 
Wasser  eines  Kondensators  für  Herstellung 
frischer  Kochlösungen  nutzbar  zu  machen 
sei. 

Die  nach  Mitscherlich  arbeitenden  Fa- 
briken kühlten  die  Abtreibgase  der  Kocher 
in  einer  Kühlschlange  und  machten  sowohl 
das  gewonnene  Kondensat,  als  auch  die 
gasförmig  bleibende  schweflige  Säure  durch 
Absorption  in  einem  sog.  Abtreibturm 
(wie  der  S  313  beschriebene  Mitscherlich- 
turm  mit  Kalkstein  beschickt)  wieder 
[  nutzbar.  Die  so  gewonnenen  Lösungen 
wurden  mit  der  frisch  gewonnenen  ver- 
mischt. 

Dr.  C.  Kellner  benutzte  eine  ausreichend 
grosse   Kondensationseinrichtung  (Kühl- 
I  schlänge),  um  die  Abtreibgase  der  Kocher 


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£.  KIRCHNER.    DAS  PAPIKR.   HL  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  403 


als  wässerige  schweflige  Säure,  später 
auch  die  austretenden  Kochlösungen,  ge- 
nügend gekühlt,  erst  in  die  Frischlösungen, 
nach  hinreichender  Erschöpfung  letztere 
in  den  Ablaut  überführen  zu  können. 

Dr.  Kellner  bat  übrigens  in  den  1890er 
Jahren  das  amerikan.  Patent  No.  542  932 
und  die  österr.  Patente  83  685  und  56  889 
auf  eine  neue  Einrichtung  genommen,  die 
Kochlösung  (anstatt  kalt)  bis  über  Siede- 
hitze in  einem  besonderen  Erhitzer 
oder  Laugenspanner  erwärmt  in 
den  Kocher  zu  drücken ;  dabei  soll  sich  das 
sonst  im  Kocher  ausscheidende  Monosulfit 
schon  in  diesem  Nebenapparate  absetzen. 
Die  bei  der  Erhitzung  der  Lösung  frei 
werdende  SO,  wird  wie  oben  in  einer 
besonderen  Kühlschlange  kondensiert  und 
die  so  gewonnene  wässerige  SOa  dient 
vor  Einfüllung  einer  neuen  kalten  Lösung 
in  den  Laugenspanner  zum  Auflösen  des 
bei  der  früheren  Erhitzung  in  demselben 
ausgefällten  Monosulfites.  Auf  diese  Weise 
will  Kellner  eine  kalkärmere,  SOa  reichere 
Lösung,  Kalk-  und  S0a- Ersparnis  und 
reineren  Zellstoff  erzielen. 

Der  Laugenspanner  besteht  aus  einem 
entsprechend  grossen,  ausgebleiten  stehen- 
den Kessel  mit  einer  Heizschlange  und 
einem  Rührwerk.  Es  schliessen  sich  Gas- 
und  Laugen-,  Ein-  und  Ausgangsventile 
daran,  ausserdem  gehört  dazu  die  Konden- 
sationseinrichtung mit  Kühlschlange  für 
Gewinnung  der  wässerigen  SO.,*). 

Eine  andere  seit  Ende  der  80er  Jahre 
(von  Ritter- Kellner)  eingeführte  Neben- 
einrichtung zu  den  vertikalen  Sulfitkochern 
verdankt  ihre  Entstehung  dem  Umstände, 
dass  man  auch  bei  direkt  mit  Dampf  ge- 
heizten Kochern  den  früher  nicht  ganz 
gefüllten  inneren  Raum  fast  ganz  mit  Holz- 
spänen füllen  wollte;  dadurch  war  man 
gezwungen,  auch  das  Kochlösungsquantum 
zu  vermehren,  d.  h.,  den  von  Flüssigkeit 
freien  Raum  zu  verkleinern.  Durch  Kon- 
densation des  Heizdampfes  war  dieser  freie 


*)  E»  ist  dem  Verfasser  uieht  bekannt,  ob 
der  Laugenspanner  sich  dauern. I  Eingang  ver- 
schafft hat. 


Raum  bald  von  Flüssigkeit  erfüllt,  es  wurde 
notwendig,  den  Gasen  und  schliesslich  den 
Kocbflüssigkeiten  oben  am  Kocher  Austritt 
zu  verschaffen.  Dies  wurde  durch  An- 
bringen eines  zylindrischen  ausgebleiten 
Nebengefässes  eines  sog.  Kondensators 
ermöglicht,  das  mit  dem  Mannlochstutzen 
des  Kochers  durch  ein  üebergangsrohr  in 
Verbindung  stand.  Stieg  die  Flüssigkeit 
und  damit  der  Druck  im  Kocher  über  ein 
gewisses  Maximum,  so  konnte  man  das 
Gas  und  später  auch  von  der  überschüssigen 
Flüssigkeit  aus  dem  Kocher  in  das  Neben- 
gefäss  übertreten  lassen.  Von  diesem  Ge- 
fäss  wurde  das  Gas  resp.  die  Flüssigkeit 
durch  eine  Kühlschlange  geleitet  und  dann 
in  die  Vorratsbottiche  für  Frischlösung 
zurückgeführt  Ein  Uebelstand  bei  dieser 
Einrichtung  war,  dass  diese  auch  noch 
benutzt  werden  rousste,  wenn  die  Koch- 
flüssigkeit schon  stark  erschöpft  war. 

Diese  nur  für  das  erste  Abtreiben  von 
Gasen  und  wenig  erschöpfte  Lösungen 
geeignete  Einrichtung  hatte  nun  aber  ge- 
zeigt, dass  die  frischen  Lösungen  bei  ge- 
schlossenen Gefässen  in  höherem  Masse 
aufnahmefähig  für  freie  S03  seien,  als  man 
früher  annahm,  auch  dann  noch,  wenn  sie 
durch  den  immer  noch  warmen  Lösungs- 
zufluss  mit  erwärmt  wurden.  Man  erzielte 
den  dreifachen  Vorteil,  S09  zurückzuge- 
winnen, h02-reichere  Lösungen  zu  erhalten 
und  einen  Teil  der  zum  Kochen  erforder- 
lichen Wärme  in  den  frischen  Kochlösungen 
aufspeichern  d.  b.  wiedergewinnen  zu 
können. 

Ob  Ritter-Kellner  das  Nebengefäss  zu 
den  Kochern,  den  sog.  Kondensator,  auch 
in  anderer  Weise  anwandten,  ist  dem  Ver- 
fasser nicht  bekannt. 

Nelson  C.  Hodgkins  zu  Augusta,  Me, 
nahm  im  Jahre  1901  das  amerik.  Patent 
No.  669  748  auf  die  Verwendung  des  Rittcr- 
Kellner'scben  Nebengefässes  als  Gas- 
scheider  oder  Separator.  Taf.  192  Fig.  1 
und  2  umstehender  Seite  verdeutlichen 
diese  Einrichtung. 

Der  Kocher  A  ist  fast  vollständig  mit 
Holzspänen  und  Lösung  gefüllt,  bei  49°  C. 
wird  Hahn  10  a  geöffnet,   das  Rohr  10 


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404 


E.  KIRGHNER    DAS  PAPIER.   Iii.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


führt  die  nicht  im  Kucher  Platz  habenden 
Flüssigkeiten  nach  dem  Nebengefäss  oder 
Separator  11,  an  welchem  zunächst  das 


Taf.  192.  N.  C.  Hodgklns  Separator. 

untere  Ventil  16  geschlossen  ist.  11  füllt 
sich  mit  Lösung,  dann  geht  letztere  durch 
Rohr  17,  Kasten  18,  Hohr  20  in  den 
Kühler  B,  um  in  dem  Frischlösungs-Vor- 
ratsbottich  etwa  20'  G.  warm  Aufnahme 
zu  finden.  Zeigt  sich  am  Wasserstande 
des  Separators  11  eine  rote  Färbung  der 
Flüssigkeit,  so  wird  das  Ventil  16  geöffnet. 
Die  vom  Kocher  in  den  Separator  über- 
tretende Flüssigkeit  fällt  durch  das  Rohr 
12  nach  unten  in  das  durch  14  mit  kaltem 
Wasser  gespeiste  Mantelrohr  13,  aus  dem 
es  oben  durch  den  Stutzen  mit  dem  Kühl- 
wasser austritt.  Durch  Kühlung  der  Ab- 
lauge im  Rohr  12  werden  noch  grössere 
oder  geringere  Mengen  schwefliger  Säure 
frei,  passieren  den  Separator  und  die  Rohr- 
leitung 17,  18,  20  und  die  Kühlschlange 
in  B  und  treten  als  wässerige  S02  oder 


Dasselbe  Bestreben,  nur  wenig  erschöpfte 
Kochlösungen,  nicht  aber  stark  erschöpfte 
in  die  Irischen  Kochlösungen  zurück  zu- 
leiten, führten  ferner  in  Amerika 
dazu,  die  überschüssigen  Gase  und 
Lösungen  durch  zwei  getrennte  Ab- 
stossrohrleitungen  abzuführen. 

Bis  zu  110*  C  Temperatur  im 
Kocher  tührt  man  den  Gas-  und  Lös- 
ungsüberschuss  mittels  der  einen 
Leitung  durch  eine  Kühlschlange 
massig  gekühlt,  direkt  in  die  ge- 
schlossenen Frischlösungsbottiche, 
dann  benutzt  man  die  zweite  Leitung 
und  schickt  die  ziemlich  erschöpfte 
Lösung  in  einen  oben  beschriebenen 
Separator,  wo  aus  der  Ablauge  die 
freie  SU,  fast  vollständig  austritt.  Die 
SO,  enthaltenden  Gase  passieren 
einen  anderen  Kühlapparat  und 
deren  Kondensat  wird  ebenfalls  in  die 
Frischlaugenbottiche  abgeführt  Die 
Abtrennung  der  SO,  von  den  stärker 
erschöpften  Ablaugen  wird  nach  Dr. 
Drewsen  schem  Patent  durch  Passieren 
eines  II  -  R  o  h  r  e  s  mit  Wasserkühl- 
 ung  wesentlich  unterstützt. 

Bei   den   amerikanischen  Sulfit  - 
kochern  ist  nach  vorliegenden  Zeich- 
nungen viellach  das  Abstossen  der  Schwef- 
ligsäure  und  Lösungen  folgendermassen 
eingerichtet: 
Taf.  193 


zeigt  drei  stehende  Kocher 
A,  A,  A,  4,88  m  Durchm.  18,3  m  hoch, 
also  nach  früher  Gesagtem  für  14,5  t 
(ä  1000  kg)  Stoffgewinnung,  ausgestattet 
mit  2  Kühlbottichen  B  1,7  m  Durchm., 
2  m  hoch  und  G  2,4  m  Durchm.  1,5  m 
hoch.  Es  sind  2  Abstossleitungen  vor- 
handen. R,  führt  Gase,  event.  auch  Lö- 
sungen durch  die  Kühlschlange  des  Bot- 
tichs B,  das  Kondensat  oder  die  gekühlte 
Lösung  gelangt  durch  das  Fallrohr  F  und 
in  die  Lösung  der  Vorratsbotticbe  l 
und  II.  Diese  Abstossleitung  bleibt  in 
Tätigkeit,  bis  die  Temperatur  des  Kocher- 
innern auf  110°  C  restiegen  ist,  dann 
wird  sie  geschlossen  und  H ,  wird  geöffnet 
als  SO,-Gas  in  den  Vorratsbottich  G.         und  /War    nach  dem  Sepantor  S  hia 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF 


405 


Taf.  193    Amerikailiche  Sulfitkocherei  1900. 


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406 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   UL  B.  a  C.  ZELLSTOFF. 


Der  Separator  S  besteht  aus  eitern 
eisernen,  innen  bleiverkleideten  Zylinder 
etwa  1ml.  Durchm,  1,7  m  hoch  ;  derselbe 
besitzt  einen  (in  der  Zeichnung  wegge- 
lassenen) Wasserstand,  um  erkennen  zu 
lassen,  ob  Flüssigkeit  oder  Gas  sich  im 
Separator  befindet.  Durch  die  Rohrleitung 
R,  steht  der  Separator  S  mit  den  Kochern 
in  Verbindung.  Durch  ein  weiteres  Krüm- 
merrohr 0  ist  der  Separator  mit  einem 
Reguliertopf  T  verbunden,  durch 
Rohr  G  wird  das  im  Separator  aus  den 
Ablaugen  frei  werdende  Gas  nach  der 
Kühlschlange  C  geleitet.  Der  ebenfalls  mit 
einem  Wasserstand  (in  der  Zeichnung  weg- 
gelassen) versehene  Reguliertopf  T  ist  mit 
Wasser  gefüllt  und  hat  ein  durch  den 
Deckel  bis  auf  den  Boden  reichendes 
Standrohr  E  von  6  bis  12  m  Höhe  und 
13  mm  1.  Durchm.  Bei  oft  bis  zu  1  Atm. 
Ueberdruck  auftretendem  Druck  im  Sepa- 
rator wird  das  Wasser  des  Topfes  in  das 
Standrohr  getrieben ;  bei  eintretender 
Saugung  (etwa  bei  plötzlichem  Abstellen 
des  Zuflussrohres  R3  von  den  Kochern  her) 
würde  durch  die  Schlange  C  und  Rohr  G 
Frischlösung  aus  den  Bottichen  I,  II,  III 
und  IV  in  den  Separator  treten  können, 
wenn  nicht  die  Wassersäule  in  E  sofort 
in  den  Topf  T  zurückfiele  und  Luft  durch 
E,  T,  0  in  den  Separator  träte,  wodurch 
die  Saugung  aufhört.  Am  Boden  des 
Separators  ist  der  eine  Zweig  des  kom- 
munizierenden Kühlrohres  K  angeschlossen. 

Für  den  Fall  des  Abtreibens  aus  dem 
Kocher  geht  das  Gas  durch  das  Rohr  G  ab, 
wird  in  einer  Schlange  des  Bottichs  C  gekühlt 
und  durch  Rohrleitung  R4  nach  den  An- 
reicherungsbottichen 1  11  III  und  IV  geführt 
und  hier  oder  schon  in  der  Schlange 
kondensiert. 

Die  fast  erschöpfte  Kochlösung  wird 
nach  Drewsens  Patent  durch  ein  kom- 
munizierendes Rohrsystem  K  mit  Wasser- 
kühlung getrieben,  gibt  dabei  noch  weitere 
SO,  ab  "und  fliegst  als  erschöpfte  Abiauge 
durch  das  Rohr  L  und  durch  die  Schleuse  fort. 
In  dem  Rohrsystem  K  entsteht  eine  dem 
Druck  im  Separator  entsprechende  Niveau-  I 
differenz  X  Y,  gleichzeitig  ist  ein  Siphon-  I 


verschluss  durch  dasselbe  gebildet,  welches 
ein  Entweichen  von  SO,  durch  das  Ab- 
flussrohr L  unmöglich  macht. 

R5  im  Grundriss  gibt  noch  ein  Rohr 
an,  welches  aus  der  Rohrleitung  Ra  Gase 
direkt  ins  Freie  treten  lassen  kann,  etwa 
den  letzten  Dampf  nach  Abstossen  des 
Kocherinbaltes  durch  das  untere  Mannloch. 

Es  ist  selbstverständlich,  dass  die  Bot- 
tiche B  und  C,  sowie  das  Kühlsystem  K 
mit  kaltem  Wasser  aus  der  Fabrikwasser- 
leitung gespeist  werden  müssen.  Der 
Deutlichkeit  wegen  ist  diese  Wasserleitung 
auf  Taf.  192  weggelassen. 

In  Fabriken,  welche  Kalkmilch  zur 
Herstellung  der  Sulfitlösungen  verwenden, 
ist  das  Wiedergewinnen  der  schwefligen 
Säure  immer  erleichtert,  indem  man,  wie 
dies  schon  vorn  S.  232  linke  Spalte  von 
Moldaumühl  berichtet  war*),  alle  wässerige 
schweflige  Säure  und  alle  noch  nicht  ab- 
sorbierten SO,  enthaltenden  Gase  in  die 
wenig  angereicherten  Kalkmilchbottiche 
leiten  kann;  hier  wird  die  SO,  begierig 
aufgenommen. 

Wenn  in  einem  Fabrikbetriebe  dafür 
gesorgt  wird,  dass  sämtliche  erhaltbare 
S  0  a  zurückgewonnen  wird  derart,  dass 
sie  gleich  wieder  in  die  Frischlösungen 
zurückwandert,  und  dass  die  Wärme 
der  Kocherabtreibungen  in  denkbar  grössten 
Mengen  in  den  Lösungen  verbleibt,  oder 
durch  Verwendung  der  Kühlwässer  in  der 
Fabrikation  nutzbar  gemacht  wird,  so 
näheit  man  sich  dadurch  einem  Idealzu- 
stande in  diesen  Richtungen,  wie  er  den 
alten  Anlagen  nicht  eigen  war. 

Drehkocher. 

Der  Papiermeister  Flodquist  in  Möln- 
dal  bei  Gotenburg  hat  den  liegenden  zy- 
lindrischen, mittels  Schnecke  und  Schnecken- 
rad drehbaren  Kocher  mit  innerem  Blei- 
mantel in  die  Sulfitzellstoffindustrie  Schwe- 
dens und  des  Auslandes  s.  Z.  mit  Erfolg 
eingeführt,   doch  ist  man  von  diesem 

•)  Auch  S.  337  und  340  war  bereit»  über 
Wiedergewinnung  der  SOs  die  Rede. 


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K.  K1KCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  407 


Kochersystem,  welches  auch  nac'i  dem 
amerikanischen  Patent  525540  mit  ä  isserer 
Heissluftheizung  ausgestattet  werden  sollte, 
wohl  abgekommen. 

Zu  den  Drehkochern  zählen  a.  cb  die 
liegenden 

Drehkocher  mit  Schutzkruste  und 
Mantelheizung. 

Etwa  1887  kam  der  Chemiker  und  Sul-  j 
iitstofffabrikant  Hermann  Brüngger 
in  Cunnersdorf  (Schlesien)  auf  den  ge- 
nialen Gedanken,  die  Eigenschaft  der 
Sulfitlösungen,  sich  auf  den  Flachen 
der  Heizrohre  als  solide  Kruste*)  nieder- 
zuschlagen, zur  Bildung  eines  inneren 
Schutzes  eiserner  Kocberplatten  auszu- 
nutzen. Dr.  Salomon  und  H.  Brüngger 
nahmen  am  7.  Novbr.  1888  das  D.  R.  P. 
50789**)  und  brachten  im  Laufe  der 
nächsten  Jahre  an  ihrem  Wirkungskreise, 
Zellstofffabrik  Cunnersdorf,  7  Drebkocher 
mit  dieser  Schutzkruste  in  Betrieb.  Kom- 
merzienrat  M.  Behrend  stellte  in  Hamraer- 


*)  Man  vergleiche  die  Zusammensetzung  einer 
solchen  Kroate  S.  888,  rechte  Spalte,  unten. 
••)  Dr.  jur.  Ferdinand  Salomon  in  Berlin 
und  Hermann  Brüngger  in  Cunnersdorf. 
Eiserne  «der  stählerne  Snlfltk  notier  mit  innerer 
Schutzkruste. 
Patentiert  im  Deutschen  Reiche  vom 
7.  November  1888  ab. 
Pateatnummtr  50789.  Klssee  55. 
Bisher  waren  nur  solche  Snlfitzellulosekochcr 
gebräuchlich,  deren  innere  Wand  mit  einer  Ver- 
bleiung oder  einer  Art  von  Ausmauerung  ver- 
sehen  war,   um   die   schädliche  Wirkung  der 
Kocblauge  auf  den  metallenen  Körper  der  Kocher 
zu  verhindern.   Bei  vorliegender  Erfindung  ist 
ein  Mittel  angewendet,  diese  schädliche  Wirkung 
zu  beseitigen,  indem  die  nackten  Metallflächen 
mit  einer  Kruste  von  Salzen  versehen  werden. 
Erhitzt  man   nämlich   die  Wände   des  Koch- 
apparates  genügend  hoch,  etwa  auf  180°,  und 
bringt  dieselben  dann  mit  Sulfitlauge  oder  Gips- 
lösang  in  Verbindung,  so  gerät  die  Flüssigkeit 
an  den  Berührnngsstellen  mit  den  heissen  Wan- 
dungen in«  Sieden  und  scheidet  eine  feste,  dichte, 
dauernd  haltbare  Kruste  ab. 

Bei  rotierenden  eisernen  oder  stählernen 
Kochern  stellt  man  zweckmässig  sämtliche  durch 
Ueberzug   zu   schützenden  Teile  doppelwandig 


mühle  1889,  1892  und  1894  je  einen  dieser 
Drehkocher,  den  letzten  für  60  cbm  Füll- 
raum, auf.  Um  1890  baute  H.  Brüngger 
eine  Zellulosefabrik  in  Josefihütte  (Böhmen) 
mit  4  dergleichen  Kochern  von  je  50  cbm 
Füllraum.  In  Amerika,  Norwegen  etc. 
kamen  weitere  noch  grössere  Kocher  in 
Betrieb 

Die  Bildung  der  Kruste  geschieht  bei 
den  sich  drehenden  horizontalen  Kochern 
so,  dass  bei  Erwärmung  auf  etwa  130  0  C 
und  bei  Benetzung  der  inneren  Kocher- 
wand mit  Calciumbisulfitlösung  anhaftende 
Flüssigkeitsschichten  letzterer  zersetzt 
werden,  es  bildet  sich  Wasserdampf  und 
schweflige  Säure,  und  eine  dünne  Schicht 
Calciummonosulfit  trocknet  auf  der  Eisen- 
oberfläcbe  fest  Diese  Schicht  verdickt  sich 
bei  fortgesetzter  Drehung  allmählich  auf 
Vit  bis  2  mm,  sie  ist  ursprünglich  wohl 
in  der  Hauptsache  Calciummonosulfit 
(Ca  SO,),  welches  nach  und  nach  in  der 
Wärme  und  in  zeitweiser  Berührung  mit 
dem  Sauerstoff  der  Luft  zu  Calciumsulfat 
(Ca  S04)  oxydiert,  schliesslich  bleiben,  wie 


her,  damit  vermittelst  des  dadurch  geschaffenen 
Zwischenräumen  die  Heizung  dieser  Teile  bewirkt 
werden  kann.  Einfachwandige  rotierende  Kocher 
können  aber  auch  mit  einer  Ummantelung  von 
Mauerwerk  versehen  werden.  Die  Erhitzung  des 
Kochermantels  geschieht  dann  durch  heisse  Gase 
(Feuergase,  heisse  Luft),  welche  in  den  Zwischen- 
raum zwischen  Kocher  und  Mauerwerk  eingeführt 
werden. 

Nicht  rotierende  Kocher  werden  in  ähnlicher 
Weise  mit  einer  Ummantelung  versehen.  An 
einer  Stelle  des  Kochermantels  ist  ein  Rohr  an- 
gebracht, welches  naoh  einem  geschlossenen 
Zylinder  führt.  Zur  Erzeugung  einer  alle  inneren 
Flächen  des  Kochers  bedeckenden  Kruste  müssen 
diese  Kocher  vollständig  mit  Lauge  gefüllt  wer- 
den, und  das  erwähnte  zylindrische  Gefäsn  dient 
dazu,  die  durch  die  Erwärmung  voluminöser 
werdende  Lauge  aufnehmen  zu  können. 

Patent-Anspruch  : 

Ein  von  aussen  zu  erhitzender  Sulfitzellulone- 
kocher  aus  Eisen  oder  Stahlblech,  welcher  innen 
mit  einer  Sehutzkruste  versehen  ist,  die  durch 
Einführen  von  Sultitlauge  oder  Uipslösung  in 
den  vorher  geheizten  und  eventuell  mit  Holz 
beschickten  Kessel  erzeugt  worden  iat. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Hl.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


bei  altem  Rohrstein  (man  vergl.  die  Ana- 
lyse S.  388),  nur  noch  Reste  von  Ca  SO, 
in  der  Kruste. 

Während  sich  liegende  Drebkocher 
dieser  Art  mit  Brüngger'scher  Schutzkruste 
mit  3—6  t  Stollergebnis  gut  bewährt  haben, 
hat  man  mit  grösseren  stehenden  Kochern 
dieser  Auskleidung  in  Amerika,  wo  man 
das  Ausblasen  der  Kocher  nicht  entbehren 
will,  nicht  so  gute  Erfolge  gehabt  Das 
in  Amerika  allgemein  übliche  Kochen  mit 
viel  freie  SO,  enthaltende  Lösungen  und 
das  Ausblasen  unter  hohem  Druck  ver- 
hindert das  Ansetzen  der  Schutzkruste 
speziell  im  unteren  Konus  durch  starke 
Reibung  der  abgehenden  Masse,  weshalb 
sich  im  Laufe  der  Jahre  das  Einsetzen 
neuer  Konen  als  nötig  erwiesen  hat. 

In  den  liegenden  Drehkochern  mit 
Schutzkruste  wird  gewöhnlich  12—15  Stun- 
den gekocht. 

In  Amerika  erkannte  man  (1899)  den 
Vorteil  der  kurzen  Kochzeit  (in 
stehenden  Kochern  selten  länger  als  7 
Stunden)  an,  aber  sie  allein  wird  als  Vor- 
eil genannt.  Als  Nachteile  wurden  Un- 
zuverlässigkeit  der  Kruste  bei  dortiger 
Arbeitsweise  und  geringe  Grösse  der  Kocher 
(3  t  Stoffinhalt)  hervorgehoben. 

In  Anbetracht,  dass  s  Z.  in  Cunners- 
dorf bei  Hirschberg  die  mit  patentierter 
Schutzkruste  ausgestatteten  Kocher  im 
Betriebsjahr  300  Kochungen  ermöglichten, 
während  sie,  mit  Bleimantel  versehen,  nur 
210  malige  Kochung  pro  Jahr  zuliessen, 
dass  ferner  M.  Behrend  in  Hammermühle 
so  zufriedenstellende  Resultate  erzielte, 
dass  er  diese  Kocher  auch  in  einer  neuen 
grossen  Sulfitfabrik  Amerikas  benutzt,  und 
dass  endlich  die  Zellulosefabrik  JoseGhütte 
(Böhmen)  und  andere  Anlagen  nunmehr 
über  ein  Jahrzehnt  mit  solchen  Kochern 
vorteilhaft  arbeiten,  darf  man  schiiessen, 
dass  die  Salomon-Brttngger'schen  Kocher 
mit  Schutzkruste,  besonders  als  liegende 
Drehkocher  konstruiert,  empfehlenswert 
sind. 

Es  sei  darauf  hingewiesen,   dass  die 
Blechschweisserei,    Kesselschmiede    und  ! 
mechanische   Werkstätten    W.    Fitzner,  [ 


LaurabQUe,  O.-Schlesien,  solche  Kocher  mit 
ganz  aus  einem  Stück  geschweisstem  Innen- 
mantel bis  zu  2,3  m  Durchm.  10  m  lang 
(<s>  40  cbm  Inhalt)  und  Aussenmantel  mit 
Laufringen  herstellt. 

Nach  Mitteilung  dieser  Firma  hat  die 
Konstruktion  der  Kocher  gegen  früher 
einige  Verbesserungen  erfahren.  Als  wesent- 
lich wird  hervorgehoben,  dass  die  zu  Un- 
dichtheilen neigenden  Stehbolzen  zur  Ver- 
bindung des  Innen-  und  Aussenmantels 
durch  Kopfsschrauben  ersetzt  werden,  die 
in  aufgeschweissten  Vierkanten  [0|  ihr 
Gewinde  finden,  so  dass  ein  Anbohren  des 
Innenmantels  entfällt. 

Ueber  Materialien  für  die  Sulflikocher. 

Eisen  und  Stahl. 

Schon  früher  und  auch  vorn  »Allge- 
meines über  Kocher  und  Nebenapparate« 
S.  362  etc.  hat  Verfasser  sich  gegen  die 
Verwendung  von  Flusseisen-  und  Fluss- 
stahlblechen zum  Bau  von  Kochapparaten 
unserer  Industrie  ausgesprochen  und  den 
Schweisseisenblechen  unbedingt  den  Vor- 
zug gegeben. 

Herr  Baurat  Rubricius,  Wien,  bat  im 
März  1903  im  Wochenblatt  für  Papier- 
fabrikation Jg.  1903  &  1033  u.  f.  Stellung 
dazu  genommen  und  seine  Meinung  über 
die  Verwendung  von  »Stahl«  im  Kocher- 
bau präzisiert. 

Rubricius  wünscht  vor  allem  nicht  das 
Material,  welches  in  Amerika  u  a.  Orten 
zum  Bersten  von  Kochern  geführt  hat,  mit 
dem  Material  verwechselt  zu  sehen,  was 
man  unter  »Stahlblech«  im  heutigen 
Kesselbau  versteht  Letzteres  sei  der  sehr 
homogene  Siemens -Mart in« Stah  1, 
der  zutreffender  »Flusseisen«  genannt 
werden  sollte,  eine  Zugfestigkeit  von 
40  kg/qmm  und  20  •/•  Dehnung  besitze.  Er 
habe  erhebliche  Vorteile  gegenüber  dem 
unhomogenen  Schweisseisen  mit  35  kg/qmm 
Festigkeit  und  12,/t  Dehnung.  Es  er- 
scheine technisch  nicht  begründet  dass 
der  Martinstahl,  resp.  das  Flusseisen  mit 
seiner  Widerstandsfähigkeit  gegen  Sauren 
und  säurehaltige  Flüssigkeiten   sich  für 


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409 


Kocberwandungen  nicht  eignen  sollte. 
Betreffs  der  TemperaturdifTerenzen  an  der 
Ionen-  und  Ausaenwand  pflichtet  Rubricius 
dem  Verfasser  bei;  er  gibt  sogar  weitere 
Beispiele  der  Empfindlichkeit  des  Stahles 
resp.  Klusseisens,  sagt  aber,  dass  hohe 
Temperaturdifferenzen  selten  vorkommen, 
und  dass  man  sich  gegen  die  Entstehung 
derselben  durch  Holzlatten  und  Reifen 
oder  durch  eine  wärmeisolierende  Schicht 
schätzen  könne  Man  könne  zudem  un- 
geeignetes früheres  Material  mit  dem  heute 
erzeugten  homogenen  Martinstahl  nicht  in 
Parallele  stellen. 

Verfasser  hielt  dem  entgegen,  dass  es 
sich  bei  dem  S  364  erwähnten  Fall  um 
einen  Mantel  gehandelt  habe,  dessen 
Material  sowohl  vor  als  nach  dem  Vor- 
kommnis von  der  amtlichen  Versuchsanstalt 
Zürich  geprüft,  als  ein  ganz  vorzügliches 
und  zähes  erklärt  worden  sei  Ein  wärme- 
isolierender Schutz  im  Betriebe  müsste 
auch  hin  und  wieder  entfernt  werden,  so 
dass  das  Unglück  des  Zerreissens  eines 
Mantels  bei  Temperaturdifferenzen  dann 
immer  wieder  eintreten  kann. 

Auf  eine  Anfrage  an  den  »Verein 
deutscher  Hüttenleute  in  Düsseldorf«  ant- 
wortet die  Redaktion  von  »Stahl  und 
Eisen«,  dass  »sich  Flusseisen- 
bleche für  Kocher  ebenso  gut 
eignen  wie  gute  schweiss- 
eiserne  Bleche;  es  sei  nicht 
ersichtlich,  warum  gute  Flusseisen- 
bleche bei  Winterkalte  reissen  sollten; 
wenn  derartige  Vorkommnisse  dagewesen 
seien,  so  habe  es  am  unrichtigen  Material 
gelegen«. 

Die  Agentur  deutscher  Grob- 
blech-Walzwerke ü.  m.  b. H.  Ber- 
lin W  8«  antwortet  durch  die  technische 
Kommission  ihres  Verbandes  in  ausführ- 
licher Weise. 

Schweisseisenbleche  werden 
jetzt  nur  noch  von  Friedrich  Krupp  A.-G. 
in  Essen  und  A.  Borsig,  Berg-  und  Hütten- 
verwaltung, Boreigwerk  hergestellt  1903 
wurden  in  Deutschland  von  7  8  3  60t  Kes- 
selbleche nur  noch  etwa  775  t  =  0,88'/o 


aus  Schweisseisen  hergestellte  verwendet 
Die  Herstellung  von  Schweisseisenblechen 
habe  demnach  fast  aufgehört  Der  etwa 
70*/«  höhere  Preis  der  schweisseisernen 
Bleche  gegen  den  der  flusseiaernen  könne 
da,  wo  es  sich  um  Sicherheit  für  Leben 
und  Eigentum  handle,  nicht  der  eigentliche 
Grund  für  die  NichtVerwendung  des  ersteren 
sein. 

Dass  weiches  Flusseisen  an 
Stelle  des  Schweisseisens  im  Kessel-  und 
Kocherbau  getreten  sei,  habe  bewirkt,  dass 
die  Unglücksfälle  an  diesen  Einrichtungen 
sich  bedeutend  verringert  haben. 

Vor  mehr  als  26  Jahren  sei  allerdings 
der  Fehler  gemacht  worden,  dass  Stahl- 
bleche von  50—  ßOkg/qmm  Zugfestigkeit  ver- 
wendet worden  seien,  diese  hätten  sich  nicht 
bewährt.  Zu  gross  zugelassene  Spannungen 
und  Beschädigungen  des  Materials  bei  der 
Verarbeitung  hätten  zu  Betriebsstörungen 
und  Unfällen  geführt 

Mit  Blechen  aus  weichem 
Flusseisen  von  34-40  kg/qmm 
Zugfestigkeit  habe  man  in  den 
letzten  15  —  20  Jahren  ganz  her- 
vorragend gute  Resultate  er- 
zielt. Ein  moderner  Kessel-  und  Kocherbau 
sei  ohne  Flusseisenverwendung  kaum  noch 
denkar. 

Es  sei  irrig,  zu  behaupten,  seit  der  Ver- 
wendung des  Flusseisens  sei  die  Beschä- 
digung der  Kessel  häufiger ;  die  Statistik 
beweist  das  gerade  Gegenteil.  Viele  Auf- 
sätze, welche  diese  Frage  erörterten, 
könnten  nicht  als  rein  sachlich  gelten,  da 
sie  Leute  verfasst  hätten,  welche  die 
Interessen  der  Schweisseisenwerke  ver- 
traten und  glaubten,  den  Rückgang  der 
Verwendung  der  Schweisseisenbleche  auf- 
halten zu  können.  Heute  wird  kein  Fach- 
mann mehr  daran  denken  Schweiss- 
eisen zu  einem  Kessel  zu  verarbeiten. 
Bei  Beurteilung  der  aus  Flusseisen  in  den 
80er  Jahren  hergestellten  Kessel  und 
Kocher  müsse  auch  bedacht  werden, 
dass  damals  die  wenigste) 
wussten,  wie  Flusseisen  bearbeitet 
musste,  eine  grosse  Zahl  der  an  Fluss- 

19.  Bogen  1904. 


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K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,   HI.  B.  u.  C  ZELLSTOFF 


eisen-Kessela  vorgekommenen  Unfälle  ist 
auf  unrichtige  Herstellung  der 
Kessel  zurückzuführen.  Heute  liegt  der 
Fall  andere.  Werden  Flusseisen- 
bleche im  Siemens  Martin- 
Ofen  von  guten  Werken  mit 
34  —  40  kg/qmm  Zugfestigkeit 
erzeugt,  von  guten  Kessel- 
schmieden verarbeitet,  so  ist 
man  anzunehmen  berechtigt, 
d  a ss  solche  Kessel  und  Kocher 
eine  hervorragende  Betriebs- 
sicherheit und  lange  Lebens- 
dauer haben  werden.*) 

Für  die  Beurteilung  des  Verhaltens  von 
Flusseisen  bei  starken  Temperatursoh«  ank- 
lingen lassen  sich  am  besten  diejenigen 
Erfahrungen  heranziehen,  welche  mit 
diesem  Material  im  Dampf  kesselbetriebe 
gemacht  worden  sind. 

Es  ist  im  Betriebe  der  Kessel  aus 
Schweisseisenblech  häufig  ein  Keissen  in- 
folge vorkommender  Temperaturschwank- 
ungen beobachtet  worden. 

Das  Reissen  ist  keineswegs  eine  Eigen- 
tümlichkeit des  Flusseisens,  dies  ist 
wieder  kürzlich  durch  eine  in  Oesterreich 
vorkommende  Explosion  eines  Kochers 
erwiesen,  der  aus  Flusseisen  gebaut  war, 
aberSchweisseisenlaschen  hatte. 
Gerade  diese  Schweisseisenlaschen  sind 
gerissen  und  haben  die  Kxplosion  ver- 
ursacht, wahrend  das  Flusseisen  sehr  gut 
gehalten  hat 

Die  Möglichkeit  des  Reissens  von  Fluss- 
eisen ebenso  wie  beim  Schweisseisen  zu- 
gegeben, so  sollte  man  solches  Material 
verwenden,  das  dieser  Gefahr  am  wenigsten 
ausgesetzt  ist  Das  ist  aber  unzweifelhaft 
dasjenige  Flusseisenmaterial,  welches  bei 
Abkühlungen  am  wenigsten  seine  Struktur 
und  Härte  ändert  und  gleichzeitig  bei  Er- 
wärmung am  wenigsten  an  Dehnung  ver- 
liert Alle  bisher  angestellten  Versuche, 
besonders  auch  die,  welche  Prof.  Bach  in 
der  Zeitschrift  des  Vereines  Deutscher 
Ingenieure  Jg.  1904-  Nr.  35  und  36  ver- 


*)  In  gleichem  Sinne  sprach  sich  auch  ein 
erfahrener  Kesselschmied  .Sachsens  aus. 


öffentlichte,  bestätigen  nun,  dass  das 
weichste  Flusseisen  (34-40  kg  Festigkeit) 
diesen  Einflüssen  am  besten  widersteht; 
hier  werden  also  die  jahrzehntelang  in 
|  der  Praxis  gemachten  Erfahrungen  be- 
stätigt. 

Unzweifelhaft  stellt  Fluss- 
eisenblech von  34—40  kg  Festig- 
keit das  bis  heute  bekannte 
beste  und  betriebssicherste 
Material  dar,  welches,  gute 
Bearbeitung  und  gutes  Zu- 
sammenbauen vorausgesetzt,  zur 
Herstellung  von  Kochern  sehr 
geeignet  erscheint  Es  kam  nur 
solches  empfohlen  werden. 

Für  diese  gütigen  und  wertvollen  Mit* 
t  eilungen  erlaubt  sich  Verl  asser  der  Agen- 
tur in  Berlin  bestens  zu  danken. 

Er  will  dem  Gesagten  nicht  wider- 
sprechen, aber  seine  Bedenken  sind  nicht 
ganz  gehoben.  Es  ist  doch  die  Frage 
»Wie  verhalten  sich  unter  Be- 
triebsdruck stehende  Schweiss- 
eisen- und  Flusseisen-ßl eche 
von  der  einen  Seite  auf  80 
oder  mehrGrad  Celsius  erwärmt, 
auf  der  anderen  durch  Luft 
weit  unter  0*  (sagen  wir  —  20 
bis  —  40°  C)  bestrichen?  Ver- 
trägt Flusseisenblech  solche 
Beanspruchung  ebenso  gut  wie 
Schweisseisenblech?« 

üeber  diese  Frage  geben  auch  die 
neuesten  umfangreichen  hochdankenswerten 
und  gründlichen  Untersuchungen  Bachs 
keinen  Aufschluss.  Die  Erfahrungen  in 
Perlen  (Schweiz  1886)  und  die  übrigen 
vorn  mitgeteilten  Vorkommnisse  mahnen 
zur  Vorsicht 

Was  den  Fall  in  Oesterreich  anlangt, 
so  handelt  es  sich  da  wohl  um  das  am 
4.  November  1901  mit  einem  Zellulose- 
kocher in  Podgora  vorgekommene  Unglück. 
Das  Zentralblatt  für  die  österreichisch- 
ungarische Papierindustrie  äussert  sich 
darüber  in  ihrer  No.  6  vom  20.  Februar 
1902,  S.  186788.  Das  Unglück  ist  auf  die 
allmähliche  Lockerung  des  Gefügea  eines 


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E.  KIRCHNER,   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  411 


schon  von  vornherein  minderwertigen 
Materialea  zurückzuführen. 

Der  Kocher  war  1890  aus  Teplitzer 
FUsseisenblech  erbaut.  Bei  4  m 
Durchm.  und  9,7  m  Gesamthöhe  war  der  zy- 
lindrische Teil  20  mm,  die  beiden  halb- 
kugelförmigen Teile  23  mm  stark,  die 
Laschen  waren  26  mm  stark.  Der  Kocher 
war  für  4Vi  Atm.  Ueberdruck  Spannung 
konzessioniert,  er  war  mit  60  mm  dicker 
Mauer  und  35  mm  dicker  Kachelschicht 
(also  ohne  Blei)  verkleidet  Der  Kocher 
barst  durch  Riss  einer  Längslasche  in  der 
einen  der  (zwei)  mittleren  Nietreihen.  (Es 
waren  nur  2  reihige  Nietreihen  angewendet) 
Durch  den  in  ganzer  Laschenreihe  ent- 
stehenden Spalt  entleerte  sich  der  seit 
12  Stunden  geheizte  Kocher  in  8—10  Mi- 
nuten. Die  Bruchflächen  waren  grob- 
faserig und  zeigten  deutlich  die  Rich- 
tung der  Walzrichtung  der  Länge  der 
Lasche  nach. 

Dies  ist  ein  Fehler  der  Aus- 
führung, der  unbedingt  vermieden 
werden  muss.  Die  Laschen  besonders, 
wenn  sie  aus  Schweisseisen  bestehen, 
wie  die  »Agentur  Berlin«  oben  berich- 
tet, wovon  aber  nichts  im  österreichischen 
Zentralblatt  steht,  müssen  die  Walzrichtung 
in  der  Quere  aufweisen  (also  aus  Blechen 
quer  zur  Walzrichtung  herausgeschnitten 
werden).  Die  Mantel-  und  Laschenbleche 
waren  von  der  Säure  nicht  angefressen, 
sondern  sonst  gesund.  Der  Verfasser 
schlie8st  hieraus,  dass  das  Laschen  blech 
infolge  der  durch  inneren  Druck  und  Aus- 
dehnung des  Mauermantels  hervorgerufenen 
Spannung  in  den  Nietlochverschwächungen 
bei  falscher  Walzrichtung  des  Bleches 
über  seine  zulässige  Festigkeit  (quer  zur 
Walzrichtung)  beansprucht  war  und  einfach 
zerriss. 

Dieser  Fall  liegt  also  ausserhalb  der 
oben  gestellten  Frage  und  dieselbe  zu 
beantworten  wäre  eine  dankbare  Ar- 
beit für  einen  Mann  der  Wissenschaft 
oder  eine  der  amtlichen  Ver- 
suchsanstalten, 

Ehe  die  Frage  nicht  zu  Gunsten  des 


Flusseisenmateriales  entschieden  ist,  kann 
Verfasser  nur  wiederholen,  dass  ihm  nicht 
bekannt  ist,  dass  Kocher  aus  Schweiss- 
eisenmaterial unter  ähnlichen  auffälligen 
Erscheinungen  wie  in  Perlen,  Dexter  etc. 
zerrissen  sind  und  die  Mahnung  beifügen, 
dass  jeder  Kocherbesitzer,  da  nun  einmal 
nur  noch  Flusseisenblechkocher  zu  er- 
halten sind,  ängstlich  darüber  wachen 
sollte,  dass  dieselben  in  den  Wintermonaten 
mit  einer  die  Kälte  abhaltenden  Um- 
mantelung  versehen  werden,  wie  das  von 
ihm  bereits  1886  an  dem  geplatzten  und 
reparierten  grossen  Kocher  geschah. 

Alle  Eisen- und  Stahlsorten  zeigen  nach 
bisheriger  Erfahrung,  dass  sie,  einmal  von 
einem  sich  nach  aussen  ergiessenden  Strom 
heisser  Kocbfiüssigkeit  getroffen,  schnell 
gelöst  werden  Verfasser  hat  nach  S.  388 
linke  Spalte  oben  4  derlei  Eisenstücke 
untersucht,  sie  lösen  sich,  im  Kocher  der 
Wirkung  der  Kochlösungen  direkt  ausge- 
setzt, verhältnismässig  schnell  auf.  Die 
Frage,  ob  sich  das  empfohlene  Flusseisen 
gegen  die  sauren  und  sich  stark  verändern- 
den Lösungen  widerstandsfähiger  erweist 
als  Schweisseisen,  bleibt  aus  Mangel  an 
Versuchen  für  ihn  noch  unentschieden. 

Herr  Kgl.  Würlt.  Baudirektor  Professor 
C.  Bach  in  Stuttgart  gibt  auf  Grund 
der  Mitteilung  des  über  Kocherbleche  oben 
Gesagten  folgende  schriftliche,  hochwert- 
volle Aeusserung  vom  6.  Dezember  1904: 

„Das  Reissen  oder  Springen  von 
Wanuungen,  wie  Sie  solches  für  Kocher 
besprechen,  tritt  auchibei .Dampfkesseln 
auf,  und  zwar  häufiger,  als  man  anzu- 
nehmen pflegt:  entlang  den  Nietloch- 
reihen und  im  vollen  Blech.  Ich  habe 
es  auch  an  Kesseln  aus  Schweisseisen- 
blechsn  festgestellt,  jedoch  weit 
woniger  oft  als  an  Kesseln  aus 
Flussbisenblechen. 

In  der  Mehrzahl  ider  Fälle  spielen 
hierbei  Temperaturunterschiede  eine 
grosse  Rolle. 

Zur  Vermeidung  des  Reissens|wird 
eo  sich  empfehlen,  zu  deniKochern  — 
eben  mit  Rücklicht  auf  die  bedeutenden 


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E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.   ÜL  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


de,  welche  sich 
einstellen  können  —  nur  Feuerblech 
(also  nicht  Mantelblech)  zu  verwenden 
mit  einer  Zugfestigkeit  von  34  bis 
höchstens  40  kg/qmm;  und]  einer 
Bruchdehnung  von  mindestens  25*/e. 
Dass  das  Blech  auch  im  übrigen  den 
Anforderungen  genügen  muss,  die  an 
Feuerblech  zu  stellen  sind,  ist  selbst- 
verständlich. 

Bei  Dampfkesseln  gilt  es  als  eine 
unzulässige  Behandlung,  sie  rasch  abzu- 
kühlen. Ebenso  wird  man  sich  bei 
Kochern  daran  gewöhnen  müssen,  dass, 
wenn  sie  im  Innern  stark  erwärmt  sind, 
man  sie  aussen  nicht  strömender 
Luft  von  —  20*  C  oder  gar  —  40 0  C 


Herrn  Baudirektor  Bach  dankt  Verfasser 
verbindlichst  für  diese  klare  Mitteilung  und 
empfiehlt  den  Kocherbestellern  und  Kocher- 
erbauern, sich  den  Rat  dieses  rielerfahrenen 
Sachkenners  zunutze  zu  machen. 

Da  es  nun  einmal  Schweisseisenbleche 
nicht*  mehr  gibt,  und  das  Klusseisen  emp- 
findlicher gegen  Temperaturdiffere  nzen 
(besonders  wenn  ^Kältegrade  mitspielen) 
ist,  so  bleibt  nichts  anderes  übrig,  als  die 
au»  bestgeeigneten  Blechen,  wie  sie  Bach 
vorschreibt,  hergestellten  Kocher  so  ein- 
zubauen, dassj  sie  t  unbedingt  gegen  kalte 
Zugluft  geschützt  stehen,  sie  auch,  wie 
schon  oben  vorgeschlagen,  noch  mit  einem 
leicht  fortnehmbaren  Mantel  aus  Filzdecken 
(Kirchner)  oder  Lattenverschlägen  (Rubri- 
cius)  zu  umhüllen. 

Herr  Bezirksingenieur  Wolf  sagt  üb- 
rigens in  der  Zeitschrift  des  Bayerischen 
Dampfkessel  -  Revisions  -  Vereins  Jahrgang 
1903,  No  .3  vom  15.  Februar,  S.  22/23: 

»Eine der  bayerischen  Zellstofffabriken 
hat  ihre  Kocher  auch ;  äusserlich  mit 
einer  Schutzmasse  umhüllt,  um  die 
Wärmeverluste  zu  vermindern  und  will 
damit  gute  Erfahrungen  gemacht  haben. 
Andere  Fabriken  halten  diese  Umhüllung 
zwar  für  sehr  vorteilhaft,  lassen  sie 
aber  doch  im  Interesse  der  Betriebs- 
sicherheit weg,  weil  sie  befürchten,  dass 


etwa  auftretende  Undichtheiten  oder 
durchgefressene  Stellen  des  Kochers 
nicht  rechtzeitig  entdeckt  werden 
könnten.« 

Eine  lose  gewebte,  helle  i  Filzdecke 
dürfte  die  Erkennung  von  Undichtheiten 
am  besten  zulassen.  ;  Das  Austreten  von 
Lauge  würde  durch  Braunlärben  der  Decke 
sich  sofort  bemerkbar  machen. 

Eine  praktische  Anordnung  und  die 
Aulrollmöglichkeit,  der  einzelnen  Decken- 
streifen wird  eine  zeitweise  Untersuchung 
der  äusseren  Blechbeschaflenheit  der  Kocher 
erleichtern. 

B  1  e  i.*) 

Bleibleche  und  Bleirohre  werden  aus 
Weichblei  hergestellt,  welches  beim 
Parkesprozess  (durch  Zink  entsilbertes 
Blei)  oder  beim  Pattinsonverfahren  (pat- 
tinsoniertes  Blei)  hüttenmännisch  ge- 
wonnen wird.  Beide  Bleisorten  zeichnen 
sich  durch  grosse  Reinheit  aus. 

In  besonderen  Fällen,  in  welchen  die 
grosse  Weichheit  und  geringe 'Elastizität 
des  Bleies  seiner  Anwendung  entgegen- 
steht, setzt  man  demselben  geringe 
Mengen  Antimon,  oder  besser t  eine  Blei- 
antimonlegierung zu. 

Auch  der  Zusatz  von  Kupfer  ist  bei 
Verwendung  der  Bleche  und. Rohre  in 
chemischen  Betrieben  wiederholt  j  emp- 
fohlen worden. 

In  nachstehender  Tabelle  sind  einige 
Analysen  von  Weichbleien  (Handelsbleie) 
zusammengestellt 

Fabrikate.    1.  Bleiblech. 

Durch  Auswalzen  des  im  Handel  vor- 
kommenden Weichbleies  erhält  man  das 
Weichbleiblech,  welches  wegen  seiner 
Widerstandsfähigheit  gegenüber  den 
Säuren  des  Schwefels  und  des  Chlors 
in  der  chemischen  Industrie  etc.  sehr 
vielseitige  Verwendung  findet. 


*)  Verfasser  verdankt ',jviole  der  |  nachfolgen- 
den Mitteilungen  der  Verwaltung  der_?Kgl.  HaU- 
brückaer  Bleiwarentabrik  in  üalabrüoke,  Saohiea . 


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£.  KIKCHNKK.    DAS  PAPIER.   1IL  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


418 


Handelsblei-Analysen. 


Verkaufs-  bezw. 

Pb 

Sb 

Cu 

Fe 

|  Zn 

Ag 

1  Bi 

Handelsblei 

7. 

7o 

7. 

•/• 

!  C/o 

7o 

7.  1 

1 

aus  England 

99,9876 

0,0042  0,00^9 

0,0014 

0.0C02 

0,0005 

Ii 

0,0052 

2 

„  Italien 

99,9922 

0,0020 

0,0010 

0,0028 

0,0006 

0,0005 

0,0009' 

aurcn 
Zink 

3 

vom  Harz 

99,9889 

0,0063 

0,0007 

0,0005 

0,0007 

0,0005 

0,0024 

4 

„  Rhein 

99,9879 

0,0077 

0,0005 

0,0017 

0,0005 

0,0004 

0,0013 1, 

ent- 

5 

dgl. 

99,9771 

0,0045 

0,0002 

0,0003 

0,0002 

0,00C6 

0,0172 

silbert 

6 

dgl. 

99,9907 

0,0037 

0;0007 

0,0002 

0,0002 

0,0005 

0,0040 

(Parkes) 

7 

von  Muldner  Hütte 

99,9443 

0,0005 

0,0009 

0,0003 

0,0003 

0,0007 

0,0530  II 

8 

„  Halsbrücke 

99,8856 

0,0007 

0,0795 

0,0038 

0,0004 

0,0017 

0,0318 

1  pattin- 

9 

„  Przibram 

99,9897 

0,0032 

0,0012 

0,0011 

0,0012 

0,0017 

0,0019' 

|  soniert 

10 

aus  Amerika 

99,9926 

0,0013 

0,0002 

0,0018 

0,C0C8 

0,0002 

0,0031 11 

durch  Zink 

,1 

entsilbert 

In  der  Elektrotechnik  und  Sulfitzell- 
stofffabrikation wird  der  Gewichtserspar- 
nis wegen  vielfach  an  Stelle  des  Weich- 
bleibleches »Hartbleiblech«  benutzt.  Diese 
Blechsorte  besitzt  grössere  Festigkeit 
und  Elastizität  als  Weichblei,  weshalb 
bei  gleicher  Beanspruchung  dünnere  und 
leichtere  Bleche  verwendet  werden 
können.  Das  Hartblei  besteht  aus  Weich- 
blei, dem  man  Antimon  entweder  in 
Form  einer  Bleiantimonlegierung  (—  An- 
timonblei desHandelsmitlo— 20  7o  Sb  -) 
oder  als  reines  Metall  zugesetzt  bat. 
Das  gewöhnliche  Hartbleiblech  enthält 
nur  1—2  °/o  Antimon,  doch  werden  auch 
für  elektrotechnische  Zwecke  bleche  mit 
5— 6*/i  Antimongehalt  hergestellt.  Weil 
das  Hartblei  starke  Neigung  zum  Saigern 
zeigt,  muss  auf  die  Herstellung  der  Blei- 
Antimonlegierung  grosse  Sorgfalt  ver- 
wendet werden. 

2.  B 1  e  i  r  o  h  r  e. 

In  den  Handel  gebracht  werden  Weich- 
blei- und  Hartbleirohre.  Beide  Sorten 
haben  in  der  Zelluloseindustrie  mannig- 
faltige Verwendung  gefunden.  Die  Weich- 
bleirohre werden  aus  gewöhnlichem 
Weichblei  des  Handels  hergestellt.  Als 
Material   für  die   Hartbleirohre  dient 


ebenfalls  Weichblei,  dem  manl0#/i  bez 
15«7*  Antimonblei  (15-20  •/•  Sb)  zu- 
gesetzt hat,  sodass  der  Antimongehalt 

1-  2 °/o  bez.  2— 37o  Sb  beträgt  Das 
sonst  wenig  elastische  Weichblei  wird 
durch  einen  kleinen  Antimonzusatz 
elastisch ;  deshalb  eignen  sich  Hartblei- 
rohre zu  Dampfleitungszwecken  viel 
besser  als  Weichbleirohre,  denn  vermöge 
seiner  grösseren  Elastizität  nimmt  es 
seine  frühere  Gestalt  beim  Erkalten 
wieder  an.  Hartbleirohre  besitzen  aber 
auch  eine  grössere  absolute  Festigkeit  als 
Weichbleirohre,  weshalb  sie  die  Anwen- 
dimg geringerer  Wandstärken  vertragen. 

Die  Halsbrückner  Bleiwaren- 
fabrik, welche  die  Hartblei- 
rohre überhaupt  zuerst  ein- 
geführt hat,  bringt  dieselben  unter 
der  Bezeichnung  10  prozentiges  bez. 
15  prozentiges  Hartbleirohr  in  den  Han- 
del, d.h  Hartbleirohr  mit  10  bez.  15  •/• 
Antimonbleizusatz.  Die  Bleiindustrie- 
Aktiengesellschaft  vorm.  Jung  &  Lindig 
bezeichnet  dieselben  Rohrsorten  mit 
»Hartbleirohr  der  Normalhärte«  bezw. 
»Extra-Härte«.  Der  Antimongehalt  dieser 
Marken  beträgt  ebenfalls  1—2*/«  bez. 

2-  3  •/.. 


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414 


E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   Iii.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Hartbleirohre  mit  noch  höherem  An- 
timongehalt herzustellen,  ist  schwierig. 
Versuchsweise  wurde  iu  Halsbrücke  ein 
Rohr  mit  5— 6°/o  Antimon  gepresst. 
Dasselbe  war  aber  so  hart,  dass  seine 
Weiterverarbeitung  nur  einem  sehr  ge- 
übten Löter  gelang.  Für  Rohre  empfiehlt 
es  sich  daher  nicht,  den  Antimonzusatz 
über  3'/o  zu  steigern  In  der  Zellulose- 
Industrie  werden  beide  Sorten  Hartblei- 
rohr besonders  zur  Herstellung  von 
Heizschlangen  verwendet. 

Widerstandsfähigkeit  des 
Bleies,  des  Bleibleches  und 
des  Bleirohres  gegen  mecha- 
nische   und   chemische  Ein- 
wirkungen. 

Vielfach  werden  an  die  Widerstands- 
fähigkeit des  Bleies  sowohl  in  mecha- 
nischer als  auch  in  chemischer  Hinsicht 
zu  grosse  Anforderungen  gestellt,  wo- 
durch eine  vorzeitige  Zerstörung  des- 
selben herbeigeführt  wird.  Man  berück- 
sichtigt eben  nicht,  dass  der  hohen 
Widerstandsfähigkeit  des  Bleies  nament- 
lich gegen  Schwefelsäure  infolge  seiner 
Weichheit  und  leichten  Scbmelzbarkeit 
gewisse  Grenzen  gezogen  sind  (Junge. 
Sächs.  Jahrbuch  f.  Berg-  und  Hütten- 
wesen 1895). 

Die  Zugfestigkeit  desl  Weich-  und 
Hartbleies  vermindert  sich  bedeutend 
mit  zunehmender/Temperatur  und  längerer 
Einwirkung  derselben. 

Für  Weichblei  wird  die  Zugfestigkeit 
bei  15 0  C  zu  180  kg  und  für  Hartblei 
zu  300  kg  für  das  Quadratzentimeter 
angegeben. 

Im  Jahre  1887  hat  Professor  Bausch- 
inger in  München  auf  Veranlass- 
ung derVerwaltung  der  Hals- 
brückner Bleiwaren  fabrik 
Zerreis8ung>-"und  Zerplatz  - 
ungsversuche  mit  Hartblei 
(ca  2 7o  Sb)  bei  höherer  Tempe- 
ra t  u  r  angestellt.  Das  Ergebnis  der- 
selben war  folgendes : 

Die  Zugfestigkeit  betrug: 

bei:    15  121    134    144    1,2  4  C 

300   177   151   132   117  kg/qcm. 


Weichblei  besitzt  bei  152  *  C  noch 
ca  70  kg  pro  qcm  Zugfestigkeit  Die 
Zugfestigkeit  des  Hartbleies  nimmt  hier- 
nach, wahrscheinlich  infolge  seiner 
leichteren  Schmelzbarkeit  bei  höheren 
Temperaturen,  schneller  ab  als  diejenige 
des  Weichbleies.  Trotzdem  besitzt  das- 
selbe innerhalb  der  Temperaturen,  welche 
für  die  Praxis  in  Betracht  kommen 
(15°  bis  152°)  eine  wesentlich  grössere 
Widerstandsfähigkeit  gegen  Zug. 

Um  den  Einfluss  der  längeren  Ein- 
wirkung von  Druck  und  höherer  Tem- 
peratur festzustellen,  wurden  entsprech- 
ende Versuche  mit  Hartbleirohr  aus- 
geführt, welches  5  Monate  lang  einem 
Dampfdruck  von  2V»  Atmosphären  aus- 
gesetzt gewesen  war. 

Die  Zugfestigkeit  betrug: 
bei:    22    121    134   144   162  •  C 

230   111    91     73     65  kg/qcm. 

Die  Abnahme  der  Zugfestigkeit  durch 
die  längere  Einwirkung  von  Druck  bei 
höherer  Temperatur  ist  mithin  ganz  be- 
trächtlich. 

Bezüglich  der  Widerstandsfähigkeit 
des  Bleies  gegen  chemische  Einwirkungen 
gehen  die  Ansichten  noch  weit  ausein- 
ander. 

Eine  ausgedehnte  Untersuchung  über 
die  Wirkung  der  Schwefel- 
säure auf  Blei  ist  von  G.  Lunge 
und  Ernst  Schmid  ausgeführt  worden 
(G.  Lunge,  Handbuch  der  Soda-Industrie 
3.  Auflage  1.  Bd.  S.  176  u  f. ;  Zeitschrift 
f.  angew.  Chemie  1892,  S.  642).  Die 
hau  ptsächlichsten  Resultate  si  nd  folgende : 

1.  In  der. Wärme  ist  in  allen  Fällen 
das  reinste  Blei  am  widerstandsfähigsten, 
in  der  Kälte  verhält  sich  Blei  mit  0,2  V.  Sb 
unbedeutend  besser  als  das  reinste  Blei. 

2.  Von  2  Sorten  »Weichblei«  ist  das 
reinere  auch  das  bessere ;  namentlich 
scheint  auch  ein  geringer  Wismutgehalt 
schon  schädlich  zu  sein. 

Hierzu,  ist  zu  bemerken,  dass  nach 
Junge  (Sächs.  Jahrbuch  f.  d.  Berg-  und 
Hüttenwesen  f.  1895) ;, Bleistreifen  mit 
0,2  7o  Bi,  welche  fast  ein  Jahr  lang  der 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  Hl.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Einwirkung  von  60grädiger  Schwefel- 
saure bei  Kammf  rtemperatur  ausgesetzt 
waren,  keine  auffälligen  Erscheinungen, 
insbesondere  keinen  wesentlichen  Ge- 
wichtsverlust aufwiesen. 

3.  Blei  mit  bis  0,2  7o  Kupfergehalt 
wird  in  der  Kälte  von  konzentrierter 
reiner  Säure  starker  angegriffen  als 
reines  Blei ;  in  Temperaturen  von  200 
bis  300  •  C  dagegen  schützt  ein  geringer 
Kupfergebalt  das  Blei  vorder  plötzlichen 
Auflösung. 

Pattinson  ie  rtes  Blei  der 
Halsbrückner  Hütte  wurde  wie- 
derholt in  66  grädi  ger  Schwefel- 
säure längere  Zeit  bis  auf  280°  C 
erhitzt.  Die  Gewichtsabnahme  betrug 
höchstens  4—5  '/•,  während  andere  Bleie, 
die  nach  Parkes  entsilbert  worden 
waren,  sich  nach  kurzer  Zeit  völlig 
auflösten. 

4.  Für  Schwefelsäurekammern,  Türme, 
Reservoire,  Rohrleitungen  und  alle  an- 
deren Fälle,  in  denen  die  Temperatur 
nur  bis  zu  massiger  Höhe  steigen  kann, 
ist  das  reinste  Weichblei  allen  übrigen 
Bleisorten  unbed.ngt  vorzuziehen.  Ein 
höherer  Gehalt  an  Antimon  schädigt  fast 
immer,  nur  ausgenommen  sind  natürlich 
die  Fälle,  wo  man  dem  Blei  grössere 
Härte  geben  will.  Für  ganz  hohe  Tem- 
peraturen. z.B.  beiKonzenlrationspfannen, 
ist  ein  Zusatz  von  Kupfer  vorteilbatt 

5.  Starke  Salpetersäure  greift  in  der 
Kälte  Blei  wenig,  schwache  Säure  da- 
gegen sehr  an.  Gemische  von  konzen- 
trierter Schwefelsäure  und  starker  Sat- 
petersäure wirken  auf  Blei  äusserst 
wenig  ein. 

Zur  Feststellung  des  fcinflusses.welchen 
die  Nebenbestandteile  auf  die  Wider- 
standsfähigkeit des  Bleies  namentlich 
gegen  die  Einwirkung  von  Säuren  aus- 
üben, sind  viele  Versuche  angestellt 
worden  und  zwar  meist  in  der  Weise, 
dass  man  kleine,  genau  gewogene  Plätt- 
chen des  betreffenden  Materials  bei  ver 
schiedenen  Temperaturen,  bei  Luftzutritt 
oder  -abschluss  u.  s.  w.  der  Einwirkung 
von  Säuren  aussetzt 


Aus  der  festgestellten  Gewichtsab- 
nahme wird  dann  auf  die  Güte  des  ver- 
wendeten Bleies  geschlossen.  Diesen 
Untersuchungen  haften  meist  folgende 
Mängel  an: 

1)  Die  Menge  des  verwendeten  Probe- 
materials ist  zu  gering, 

2)  die  Dauer  der  Versuche  wird  zu  kurz 
bemessen  und 

3)  die  physikalische  Beschaffenheit  der 
Oberfläche  des  betreffenden  Objektes 
findet  zu  wenig  Berücksichtigung. 

Letzterer  Punkt  ist  in  vielen  Fällen 
von  grosser  Wichtigkeit 

Nach  Junge  (Sächs.  Jahrbuch  f.  d. 
Berg-  und  t  Hüttenwesen  1895)  ziehen 
manche  Schwefelsäurefabrikanten  das 
pattinsonierte  Weichblei  dem  parkesierten 
vor.  In  England  wird  z.  B.  für  diese 
Zwecke  ausschliesslich  das  nach  Pattin- 
son entsilberte  Blei  verwendet.  In 
Deutschland  wird  nur  noch  in  der 
Halsbrückner  Schmelzhütte 
pattinsoniertes  Weichblei 
gewonnen. 

Bezüglich  des  Verhaltens  des  Bleies 
gegen  Salzsäure  und  Chlor  hat 
man  die  Erfahrung  gemacht,  dass 
in  den  meisten  Fällen  reines  Blei  sich 
besser  bewährt  als  Hartblei.  Ausnahmen 
hiervon  sind  jedoch  auch  beobachtet 
worden.  Von  grossem  Einflüsse  auf  die 
Haltbarkeit  des  Bleies  dürfte  das  an- 
gewendete Betriebsverfahren  sein. 

In  der  Papierfabrik  zu  Weissenborn 
hielten  (nach  Angaben  von  Dr.  Hilter) 
Holländerhauben  aus  Hartblei  viele  Jahre 
lang,  während  Hauben  aus  Weichblei- 
blech wenig  über  1  Jahr  den  Einwirk- 
ungen  des   Chlors   widerstanden.  In 
Gewebebleichereien   dagegen  empfiehlt 
es  sich,  die  Vakuumapparate  mit  Weich- 
bleiblech  auszulegen,    weil  hier  das 
Hartblei  sehr  bald  zerfressen  wird. 
Einen  Begriff  von  der  grossen  Wider- 
standsfähigkeit des  Hartbleies  und  Weich- 
bleies gegen  unsere  Sulfltlösungen  erhält 
man  bei  Vergleichung  der  S.  388  mitge- 
teilten Versuche. 


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416 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  HI.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Das  Handelsbureau  der  Kgl.  Sächs. 
Hüttenwerke  zu  Freiberg  vertreibt  die 
Halsbrückner  Fabrikate.  Nach  einem  Preis- 
verzeichnis für  Bleiwaren  werden  Weich- 
blei b  1  e  c  h  e  von  unter  0,5  —  t  mm  und 
darüber,  Hartbleibleche  unter  1,25 
bis  3  mm  und  darüber  6  m  lang,  2  m 
breit  Bleidraht  1 — 15  mm  stark,  Weich- 
bleiröbren  ohne  Naht  verzinnt  und  unver- 
zinnt  3 — 300  mm  1.  Weite  mit  1  —  10  mm 
Wandstärke,  Hartbleirobre  von  13  mm 
bis  800  mm  1.  Weite  und  1,5  -  4  mm  Wand- 
stärke, alle  Rohre  in  Längen  von  40  und 
mehr  Meter;  ferner  Zinnröhren  mit  Blei- 
mantel, Zinnröhren  und  Lötzinne  zum  Ver- 
kauf gestellt.  Auch  Apparate  und  Ge'ässe 
aus  Weich-  und  Hartblei,  z.  B.  Röhren- 
kühlkammern für  Zellulosefabriken  werden 
auf  Bestellung  angefertigt  Bleilötungen 
aller  Art  werden  von  Lötern  der  Fabrik 
auch  auswärts  ausgeführt  Die  sämtlichen 
Fabrikate  werden  aus  doppeltraffiniertem 
Saxoniablei,  »Kroneund  Saxonia« 
als  Stempel  tragend,  hergestellt 

Die  Bleiindustrie  -  Aktien- 
gesellschaft vorm.  Jung  und 
Lindig  (Freiberg  L  Sa.)  liefert  in 
ihren  Fabriken  zu  Freiberg  i.  Sa.  und 
Friedrichsbütte  t  Ober-Schles.  hergestellte 
Weich-  und  Hartbleiblecbe  und  Robre. 
Wie  die  Firma  mitteilt,  sind  ihre  Hart- 
bleirohreExtrahärte (vergl.S  412) 
in  den  meisten  Zellulosefabriken  des  Kon- 
tinentes eingeführt  und  haben  besten  Erfolg 
erzielt  Zudem  baut  die  Firma  als  Spezi- 
alität Kühlapparate  für  schweflige  Säure, 
Abgaskühler,  Säurepumpen  verschiedener 
Konstruktion,  Ventile  und  Hähne  aus  Hart- 
blei, Hartblei-Kochersiebe,  Bleidichtungen 
(Heureka) ,  Rohrkrümmer,  Höbenstands- 
zeiger  etc.  aus  Hartblei.  Auch  diese  Firma 
führt  schon  seit  1884  in  Zellutosefabriken 
Bleilötungen  und  Bleiarbeiten  durch  ihre 
Bleüöter  aus  und  weist  am  Schlüsse  ihres 
illustrierten  Prospektes  durch  viele  Zeug- 
nisse die  Zufriedenheit  ihrer  Kundschaft 
nach. 

Bleilöterei. 
Die  Neuauakleidung  der  Kocher,  das 


Verbleien  von  Reservoiren  und  Bottichen 
mit  Weicbblei,  das  Legen  oder  Verändern 
von  Rohrleitungen  aus  Hart-  und  Weich- 
blei und  die  Reparaturen  an  all  den  Ein- 
richtungen und  Maschinen,  bei  denen  Blei- 
schutz empfehlenswert  ist,  erfordern,  dass 
wenigstens  e  i  n  sachverständiger  Bleilöter 
am  Platze  ist  oder  aus  der  Umgebung 
schnell  herbeigerufen  werden  kann.  Der 
Bleilöter  braucht  einen  ohne  Explosions- 
gefahr arbeitenden 

Bleilot-Apparat 

Ein  solcher  wird  u.  a.  nach  eigenem 
System  von  der  Firma  P.  Suckow  &  Comp, 
in  Breslau  in  zwei  Grössen  für  Vi 
und  1  Arbeitstag  ausreichend  von  Hartblei 
ausgeführt  und  kostet  exul.  Gummischläuchen 
M.  200  bezw.  M.  250. 

Der  Bleilötapparat  »System«  Suckow 
bildet  ein  Wasserstoffgebläse,  mit 
welchem  bekanntlich  die  für  leichtes  und 
und  schnelles  Löten  notwendige  hohe 
'  /ärme  entwickelt  werden  kann. 

Er  besteht  aus  einem  Wasaerstoffent- 
wi?kler,  einem  Windapparat,  zwei  Rück- 
verschlüssen,  einem  Gasmiscbungs-,  einem 
Lötrohr  und  den  (nicht  im  Preise  inbe- 
griffenen, aber  in  bester  Qualität  mitge- 
lieferten) Verbindungsschläuchen. 

Der  eigentliche  Wasserstoffentwickler  A 
Fig.  194,  S.  417  ist  ein  Blechgefäss  aus 
Hartblei  mit  schrägem,  zum  Ablassstutzen 
A2  geneigtem  Boden,  der  durch  ein  Blei- 
sieb As  in  einen  oberen  und  einen  unteren 
Raum  geteilt  wird. 

Ein  an  den  Siebboden  Ag  angelötetes 
Hartbleirobr  AA  verbindet  den  Unterteil  A 
mit  dem  Oberteil  B.  Letzterer  dient  als 
Einiüllgefäss  für  Wasser  und  Schwefelsäure. 
Der  dichtschliessende  Deckel  Bt  desselben 
verhindert  das  Herausspritzen  der  Flüssig- 
keit bei  etwaiger  stossweiser  Gasentwicke- 
lung. Das  zur  Wasserstoffbildung  nötige 
Zink  wird  in  Abfallstücken  durch  den 
Stutzen  A ,  hineingetan  und  bleibt  auf  dem 
Bleiboden  Ag  liegen. 

Einer  gleichmässigen  ruhigen  Wasser- 
stoffentwickelung, wie  sie  zum  Löten  er- 


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E..  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III.  B.  n.  C  ZELLSTOFF. 


41» 


forderlich  ist,  entspricht  ein  bestimmter 
Druck  im  Gefässe  A,  welcher  die  Flüssig- 
keit im  Steigrohr  A4  auf  einer  gewissen 
Höhe  erhält.  Wird  die  Entwickelung  zu 
lebhaft,  oder  schliesst  man  den  Hahn  A4, 
so  dass  das  Wasserstoflgas  nicht  ent- 
weichen kann,  so  wächst  der  Druck  und 
treibt  die  Flüssigkeit  durch  das  Rohr  A4 
in  den  Oberteil  B,  bis  ihr  Niveau  bis  unter 
das  Bleisieb  As  sinkt,  und  das  Zink  nicht 
mehr  mit  der  Säure  in  Berührung  ist 
Die  Zersetzung  bezw.  die  Gasentwicklung 
hört  dann  ganz  auf,  bis  der  normale  Druck 
wieder  eintritt  und  die  Säure  wieder  über 
das  Bleisieb  an  das  Zink  steigt  Auf  diese 
Weise  ist  eine  sehr  einfache,  zuverlässige 
und  selbsttätige  Druckregulierung  erreicht 

Das  Wasser stoffgae  entweicht  durch 
den  Hahn  A4  und  einen  daran  befestigten 
Schlauch,  passiert  den  mit  Wasser  ge- 
füllten Rückverschluss  D  und  wird  von 
hier  in  die  Mischgabel  E  geführt,  der  man 
aus  dem  rechts  gezeichneten 
Windapparat  C  gepresste  Luft 
zuführt  Der  Windapparat  be- 
steht aus  einem  mit  Wasser  ge- 
füllten zylindrischen  Gefäss  C, 
in  welches  eine  Blechglocke  C, 
eintaucht.  Die  Füllung  der 
letzteren  mit  Luft  geschieht 
einfach  dadurch,  dass  man  den 
Gummistöpsel  C„  entfernt,  den 
Hahn  CÄ  schliesst  und  die 
Glocke  zwischen  dem  Bügel  C*/« 

am  Hand-   

bebel  C4 
hochzieht, 
dann  den 
Stöpsel  Cs 
wieder  fest 
einkeilt 
und  die 
Decke  der 
Glocke  mit 
Gewichten 

oder 
Steinen]  be- 
schwert 


Der  Bügel  C1/.  lässt  sieb  durch  die  Stell- 
schrauben C,  beliebig  höher  oder  tiefer 
stellen.  Bei  Oeffnen  der  Hähne  C6  und 
Ea  geht  gepresste  Luft  durch  den  rechts- 
stehenden Rückverschluss  D  nach  dem 
Gabelrohr  £. 

Der  Hahn  Ea  der  Mischvorrichtung 
dient  zur  Regulierung  der  Flamme,  der 
Hahn  Eg  zum  Absperren  des  Wasserstoff- 
gases, der  Hahn  EB  zum  Absperren  der 
Luftleitung,  während  sich  die  Schlauch- 
leitung zum  Lötrohr  F  an  den  Gabelstutzen 
E4  anschliesst. 

Die  Rückverschlüsse  D  sind  praktisch 
und  sehr  wichtig,  sie  verhindern  den  Ein- 
tritt des  Gases  in  die  Luftleitung  oder  der 
Luft  in  die  Gasleitung  und  damit  beseitigen 
sie  die  Möglichkeit  von  Explosionen,  wie 
sie  mit  Lötapparaten  ohne  diese  Sicher- 
heitsverschlüsse vorgekommen  sind. 

Andere  sonst  ähnlich  gebaute  Apparate 
haben   einen   kleineren  Windkessel  mit 


Fig.  194.   Bleitlöt-Apparat.   System  P.  Suckow  &  Comp. 


1.  Bogen  1906. 


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K.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


eingebauter  Handluftpumpe,  welche 
während  der  ganzen  Zeit  der  Bleilötarbeit 
von  einem  Hilfsmann  oder  einem  Lehr- 
jungen betrieben  werden  muss. 

Dr.  A.  Harpf,  Przibram  empfiehlt  im 
Zentralblatt  für  die  österr.-ung.  Papier- 
industrie Jg.  19C4,  S.  570  zur  Wasserstoff- 
gasentwickelung  eine  verdünnte  Schwefel- 
säure von  20—30°  ße  =  22—36  pCt. 
konzentrierter  Schwefelsäure.  Um  20* 
Säure  herzustellen,  werden  292  G.  T.  käuf- 
licher 60  «Säure  auf  1000  G.  T.  mit  Wasser 
verdünnt.  30 0  Säure  erhält  man,  wenn 
450  G.  T.  60  0  Säure  auf  1000  G.  T.  gebracht 
werden.  Es  ist  vorsichtig,  die 
Säure  in  das  Wasser  (und  nicht 
etwa  umgekehrt)  zu  giessen! 

Harpf  empüehlt,  da  zur  Wasserstoffgas- 
herstelluog  unreine  Zinkabfälle  und  rohe 
Schwefelsäure  verwendet  werden,  die  viel- 
fach Arsen,  erstere  auch  Antimon  enthalten 
können,  die  Einschaltung  einer  aus  Blei- 
blech hergestellten  Gaswascbflasche  die 
etwa  zur  Hälfte  mit  Kupfervitriollösung 
gefüllt  ist.  Durch  ein  fast  bis  zum  Boden 
reichendes  Eintrittsrohr  wird  das  Gas  ge- 
zwungen, die  Flüssigkeit  zu  durchstreichen. 
Arsen,  Antimon  bleiben  als  schwarze 
Niederschläge,  und  etwa  dem  Rohgase  bei- 
gemengterSchwefelwasserstoff  als  Schwefel- 
kupfer in  der  Flasche  zurück.  Beim 
Suckow'schen  Bleilötapparat  Fig.  194  kann 
der  links  angeordnete  Rückverschluss 
gleichzeitig  diese  Gaswascbflasche  bilden. 
Das  gereinigte  Wasserstoff  gas  tritt  aus  dem 
oberen  Teil  der  Gasflasche  durch  einen 
angelöteten  Stutzen  in  den  Leitungsschlauch. 
Die  Löl flamme  verbrennt  ohne  weissen 
Kauch,  den  Oxyden  des  Arsens,  bezw. 
Antimons  und  die  Lötstelle  erscheint  frei 
von  weissem  Beschlag,  welcher  das  Zu- 
sammenfliessen  der  Bleitropfen  erschwert. 

Die  Schläuche  müssen  aus  sehr  gutem 
Gummi  bestehen  und  haben  gewöhnlich 
Sroml.  und  12  mm  äusseren  Durchmesser 

Das  Lötrohr  besteht  vielfach  aus  einem 
Kupferrobr  von  etwa  250  mm  Länge  mit 
2  mm  Wandstärke  8-4  mm  1.  Durcbm. 
sich    verjüngend,    welche»    vorn  eine 


messingene  Lötspitze  von  2  bis  4  mm  L 
Weite  trägt. 

Zunächst  wird  bei  Ingangsetzen  des 
Lölapparates  Wasserstoffgas  allein  zugeführt 
und  entzündet,  bis  die  Flamme  die  ge- 
wünschte Länge  erreicht  bat,  dann  erst 
wird  die  Lutt  mit  zugelassen. 

Das  Löten  selbst  muss  praktisch  geübt 
werden. 

Gusseisen. 

Das  Gusseisen  widersteht  der  Ein- 
wirkung der  Alkalilaugen  sowohl  in  rohem 
wie  in  abgedrehtem  Zustande.  Es  wurde 
und  wird  daher  zu  Stutzen,  Rohren  und 
Armaturen  der  Kocher  für  Natron-  und 
Sulfatzellstoffherstellung  auch  da  mit  Vor« 
teil  angewendet,  wo  es  direkt  mit  den 
Laugen  in  Berührung  ist  Verfasser  hat 
1875  an  den  Natronzellstoffkochern  als 
Dichtungen  (ür  die  feineren  Armaturen 
(Durchgangs-  und  Sicherheitsventile,  Ab- 
stossbähne  etc.)  geschliffene  gusseiserne 
Linsen  zwischen  den  Flanschenflächen,  wie 
sie  S.  369,  Taf.165,  Fig.  3  dargestellt  sind, 
mit  sehr  gutem  Erfolge  angewendet 
Es  ist  sog.  graues  Gusseisen,  wie  für 
guten  Maschinenguss  von  dichter,  weicher 
und  zäher  Beschaffenheit  zu  wählen. 
Die  Sprödigkeit  des  Gusseisens  machte 
aber,  wie  an  der  gleichen  Figur  dargestellt 
ist,  bei  der  dichten  Verbindung  eines  Guss- 
eisenstutzens  mit  dem  Kesselmantel  eine 
Zwischenlage  von  weichem  Schmiedeisen 
notwendig,  um  ein  Verstemmen  zu  er- 
möglichen. 

Auch  an  den  Sulfitkochern  wird  für 
Mannlöcher,  Armaturstutzen  etc.  Gusseisen 
verwendet  es  ist  hier  aber  gegen  die 
direkte  Einwirkung  der  sauren  Koch  flüssig- 
keiten  durch  Weich-  oder  Hartbleiver- 
kleidung, in  manchen  Fällen  auch  durch 
säurefeste  Masseschichten  oder  Ausmauer- 
ung geschützt 

Die  geringe  absolute  oder  Zugfestig- 
keit des  Gusseisens  1200—1800  kg/qcm 
und  dessen  Sprödigkeit  und  geringe 
Dehnung  ergeben  für  die  Armaturteile, 
wenn  sie  hohle  Zylinder  sind,  verhältnis- 


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E.  Kirchner,  das  papier.  in.  b.  o.e.  Zellstoff. 


mässig  grosse  Wandstärken.  Anzunietende 
und  zu  verschraubende  Flanschen,  die 
hoben  Biegungsbeanspruchungen  gewachsen 
sein  sollen,  rrüssen  sehr  kräftig  ausgeführt 
werden ;  dadurch  werden  sie  recht  klobig, 
und  die  neuere  Kesseltechnik  ersetzt  das 
Gusseisen,  welchem  durch  Tempern 
bessere  Eigenschaften  gegeben  werden 
könnte,  durch  Schmiedeisen  oder  Stahl- 
guss,  was  sich  wenig  teurer  stellt  und 
empfehlenswert  genannt  werden  muss. 

Die  Oberfläche  des  Gusseisens  mag 
gegen  die  Sulfitlaugen  ziemlich  wider- 
standsfähig sein,  bearbeitete  Gusseisen- 
ilächen  widerstehen  den  Einwirkungen 
unserer  Sulfitlaugen  aber  weniger  als 
Schmiedeisen  und  Stahl,  wie  sich  aus 
der  Zusammenstellung  auf  S.  388  ergibt. 
Für  Mannlöcher  und  Stutzen  unserer  Sul- 
fitkocher kann  für  die  Zwischenlage  Taf. 
165,  S  369  Kupfer  statt  Schmiedeisenblech 
genommen  werden. 

Stahlguss  (Stahlformguss) 

wird  aus  Tiegel-  oder  aus  Martinöfen 
oder  aus  Bessemerbirnen  direkt  in  feuer- 
feste Formen  gegossen.  Man  darf  bei  ge- 
sunden GussstQcken  auf  36CO—6QCO  kg/qcm 
Zugfestigkeit  und  20-8  °/o  Bruchdehnung 
rechnen.  Aus  diesen  Festigkeitseigenschaften 
ergibt  sich  die  grosse  Ueberlegenheit  dieses 
Gussmaterials  gegenüber  dem  Gusseisen 
und  erklärt  sich  die  öftere  zufrie- 
denstellende Anwendung  desselben  beim 
Kocherbau. 

Kupfer. 

Das  Kupfer  darf  bei  Natron-  und  Sul- 
fatkochern sowie  für  Laugenleitungen  nicht 
angewendet  werden,  da  es  verhältnismässig 
schnell  angegriffen  wird  (Bildung  von 
Schwefelkupfer),  was  neben  der  Zerstörung 
der  Metallteile  auch  eine  Verunreinigung 
des  Stoffes  mit  sich  bringt.  Besonders 
stark  und  rasch  treten  die  Zerstörungen 
bei  schwefelreichem  Alkali,  also  Sulfatlaugen 
auf,  weniger  beim  reinen  Sodaverfahren. 

Durch  verdünnte  Säuren  wird  Kupfer 


nur  bei  Luftzutritt  angegriffen,  aber  unsere 
sich  während  des  Kochens  immerfort  in 
ihrer  Zusammensetzung  verändernden  Sul-- 
fitlösungen  greifen  Kupfer  stärker  an  (vergl. 
S.  388),  trotzdem  haben  sich  Kupferrohre, 
wie  bereits  S.  388  und  390  gesagt  war, 
als  Heizrohre  in  Sulfitkochern  besser  be- 
währt, als  man  erwartete. 

Zu  indirekten  Heizzwecken  haben  die 
Kupferrohre  wegen  hoher  Zugfestigkeit, 
2003—3000  kg/qcm,  grosser  Dehnung  (38*/«) 
und  vorzüglicher  Leitungsfähig- 
keit für  die  Wärme  die  Hartbleirohre  so 
gut  wie  ganz  verdrängt. 

Bronze  oder  Rotguss. 

Die  Bronze  für  Maschinenteile  ist  eine 
Legierung  aus  etwa  88—90  Teilen  Kupfer, 
10-12  Teilen  Zinn  und  2-3  Teilen  Zink. 
Sie  findet  im  Maschinenbau  da  Anwendung, 
wo  das  Eisen  wegen  Rostbildung  Schwierig- 
keit bereitet  (Pumpen),  oder  wo  man  die 
bei  der  Reibung  unvermeidliche  Abnutz- 
ung auf  leicht  auswechselbare  Teile  ver- 
legen will  (Stopfbüchsen,  Kolbenringe, 
Lagerschalen  etc.),  oder  wo  sie  sich  gegen 
chemische  Einflüsse  widerstandsfähiger  er- 
weist als  Eisen.  Gegossene  Bronze  hat 
eine  Zugfestigkeit  K,  =2000-3000  kg/qcm 
und  6°/o  Dehnung.  Sie  widersteht  ver- 
dünnten Säuren  und  Bisulfitlösungen  besser 
als  Eisen,  wenn  auch  weniger  gut  als 
Kupfer. 

Der  Versuch,  den  Mantel  eines  Sulfit- 
kochers ganz  aus  Bronze  herzustellen,  ist 
ein  misslungenes  Experiment  in  Amerika 
geblieben.  Der  Kocher  hielt  den  Druck 
nicht  aus. 

Mannlochstutzen  ganz  aus  Bronze  her- 
zustellen, davon  ist  man  auch  zurückge- 
kommen, da  sie  sehr  kostspielig  sind, 
und  die  billigeren  gusseisernen  und  guss- 
stählernen Stutzen  gleiche  bezw.  grössere 
Dauer  haben. 

Durch  Zusatz  von  l-'d,b9lo  Phosphor- 
kupfer, welches  bis  zu  16  •/•  Phosphor 
enthalten  kann,  zur  Bronze  werden  die 
Festigkeitseigenscharten   und  die  Wider- 


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420 


K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Iii.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Standsfähigkeit  der  Legierung*)  gegen  che- 
mische Einwirkung  wesentlich  gesteigert. 

Gute  Phosphorbronze  soll  nicht 
erheblieh  Uber  0,1*/*  (0,001  des  ganzen 
Gewichtes)  Phosphor  enthalten.  Die  Zug- 
festigkeit steigt  dann  auf  4000  kg/qcm,  die 
Bruchdehnung  bis  auf  8  •/•  und  die  Wider- 
standsfähigkeit gegen  unsere  Sulfitlösungen 
wird  erhöht;  daher  werden  Armaturstücke 
und  Innenteile  der  Sulfitkocher  vielfach  und 
vorteilhaft  aus  Phosphorbronze  (auch  wohl 
Ktinzel-Bronze,  Dr.  Hunzels  Original-Phos- 
phorbronze genannt)  hergestellt. 

Aluminiumbronze  besteht  aus 


Kupfer  mit  3—10  °/o  Aluminium.  Ein  tüch- 
tiger Sulfitstofffäcbmann  (Chemiker)  hat  die 
Aluminiumbronze  sehr  verschieden  wider- 
standsfähig, aber  immer  weniger  beständig 
gegen  Sulfitlösungen  gefunden  als  gute 
Phosphorbronze. 

Prof.  Dr.  A.  Harpf  hat  dagegen  die  A  1  u  - 
miniumbronze  wesentlich  widerstands- 
fähiger gegen  unsere  Sulfitlaugen  erklärt 
(Wochenbl.  f.  Papierfbk.  Jg.  1897  S.  94). 
Er  stellte  Versuche  an  in  der  Weise,  dass 
er  Phosphorbronze-  und  Aluminiumbronze- 
Bleche  11  Kochungen  mit  durchmachen 
Hess.   Es  verlor 


1  qm  Phosphorbronzeblech  pro  Kocbung    56,94  g  an  Gewicht 


1 

> 

Alutniniumbronzeblech  ll,0°/o 

AI 

37,35  g  » 

» 

1 

» 

> 

» 

10,0  •/• 

» 

39,58  g  > 

» 

1 

» 

» 

» 

9,0  •/• 

» 

32,45  g  . 

> 

1 

» 

» 

» 

8,6  °/t 

• 

40,93  g  » 

» 

1 

> 

» 

» 

7,5  •/• 

» 

26,10  g  • 

1 

> 

> 

> 

5,0  »/o 

> 

37,87  g  * 

► 

Darnach  wäre  ein  Aluminiumbronze- 
blech mit  7,5  •/•  Aluminium  Über  doppelt 


so  widerstandsfähig  als  Phosphorbro 
blech  gegen  Sulfitlösungen. 


Die  Armaturen  der  Sulfitkocher  und  Nebenapparate. 


Wflhrend  man  bei  den  Natron-  und 
Sulfatkochern  sowie  deren  Neben- 
apparaten mit  solide  gebauten  Armaturen 
aus  (iusseisen  bezw.  Schmiedeisen  oder 
Stahl  gut  durchkommt,  erfordern  dieselben 
für  die  Sulfitherstellung  besonderen  Schutz 
gegen  den  Angriff  der  zur  Verwendung 
kommenden  sauren  Flüssigkeiten. 

Die  Firma  P.  Suckow  und  Comp.,  Inhaber 
Robert  Meyer,  Breslau,  der  Verfasser  die 
Druckstöcke  195— 2C8  verdankt,  baut  säure- 
beständige Armaturen  ats  Spezialität,  die 
infolge  ausgezeichneter  Dauerhaftigkeit  und 
zweckmässiger  Bauart  in  allen  SulfitstofI 
erzeugenden  Ländern  mit  bestem  Erfolge 
Verwendung  finden. 

*)  Dr.  Carl  Xünzel  hat  diese  Bronze  Phos- 
pborbronze  genannt  und  sie  seit  1869  auch 
in  die  Maschinentechnik  eingeführt ;  in  seinem 
Werke  „reber  Bronzelegierungen.  Dresden.  1875. 
C.  C.  Meinhold  und  Söhne."  hebt  er  die  hohe 
absolute  Festigkeit,  Elastizität  und  Zähigkeit  ein- 
fach gegossener  Phosphorbronze,  sowie  ihre 
Widerstandsfähigkeit  gegen  saure  und  basische 
Farben  hervor. 


Die  Konstruktion  dieser  verbleiten  säure- 
beständigen Armaturen,  System  Robert 
Meyer,  besteht  darin,  dass  in  die  aus  Guss- 
eisen oder  Rotguss  gefertigten  äusseren 
Schutzhüllen  ein  Hartbleifutter,  aus  einem 
Stück  bestehend,  gegossen  wird.  Das  Futter 
wird  nach  einer  vorliegenden  Beschreibung 
der  Firma  zunächst  für  sich  auf  Dichtsein 
geprüft ;  darnach  wird  das  Futter  mit 
den  Hüllen  verschraubt,  der  Deckel 
montiert  und  das  Ganze,  z.  B.  die  Ventile 
Fig.  195  und  196,  mit  20  Atm.  Druck  ge- 
prüft. 

Fig  195  das  Durchgangsventil  mit  Hart- 
bleiflächendichtung ist  übrigens  für  Sulfit- 
lösungen besonders  geeignet,  während  Fig 
196  dasselbe  mit  Gummiplattendichtung 
besonders  für  Chlorkalklösungen  empfohlen 
wird.  Beide  Ventilarten  werden  auch  als  Eck- 
ventile, an  denen  also  die  Ein-  und  Aus- 
gangsflansche 90'  zu  einander  bilden,  ge- 
liefert, ersteres  in  Weiten  von  20 — 200  mm 
1.  Durchm ,  letzteres  in  Weiten  von  10  bis 
200  mm  1.  Durchm.   Erwähnenswert  ist, 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Iii  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


421 


Fig.  197.  Sicherheitsventil.   System  Robert  Meyer. 


422 


E.  HR 


L    DAS  PAPIER.   HL  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


dass  diese  Eck-  und  Durchgangsventile 
auch  in  Bronzegehäusen,  Silz  und  Kegel- 
platte in  harter  Dr.  KQnzel'scben  Original- 
Phosphorbronze  10 — 200  mm  1  Durchm. 
hergestellt  werden.  Diese  haben  den  Vor- 
zug, dass  die  Sitze  und  Kegel  durch  zwischen- 
geratene Teile  (Cellulose  etc.)  nicht  fo  leicht 
beschädigt  und  undicht  werden.  Es  ist 
aber  zu  beachten,  dass  Hartblei  der  Ein- 
wirkung der  SulGtlösungen  an  besten 
widersteht  (20  Kochungen  vermögen  nach 
Angabe  der  Firma  vom  Suckow'schen  Hart- 
blei pro  qdm  OberOäche  nur  I  g  zu  lösen, 
nach  der  Löslichkeit  rangieren  dann  Dr. 
Künzel's  Original-Phosphorbronze,  Alumi- 
niumbronze, Phosphorkupfer  und  Kupfer, 
letzteres  mit  16— 18  g  Verlust  pro  qdm  bei 
20  Kochungen). 

Nach  denselben  Grundsätzen  sind  auch 
Auslaufventile  von  10—200  mm  Weite  mit 
Gusseisen  und  Hotgusshüllen  zu  haben. 

Fig.  197  zeigt  einen  Längs-  und  Quer- 
schnitt eines  Sicherheitsventiles  für  Sulfit- 
kocher, die  mit  Gusseisen  oder  Rotguss- 
hüllen 20/230  bezw  10/200  mm  L  Durchm. 
ausgeführt  werden  ;  dieselben  werden  auch 


Flg.  198.  Spelseveotil.  System  Robert  Meyer. 


in  T-,  Bogen-  und  Stutzenform  sowie  auch 
mit  Absperrvorrichtung  ausgeführt  End- 
lich werden  Sicherheitsventile  in  Gehäuse, 
Sitz  und  Ventil  ganz  aus  Dr.  Hunzels 
Originalphorphorbronze,  gefertigt. 

Selbstverständlich  ist,  dass  auch  T- 
Stutzen,  Hogenstücke  etc.  für  widerstands- 
fähige Rohrleitungen  nach  den  dargelegten 
Prinzipien  verlangt  und  ausgeführt  werden. 


Flg.  199.  Spelseventil.  System  Rsbcrt  Meyer. 


Fig.  198  verdeutlicht  ein  abstellbares 
Hartblei-Kugelspeiseventil,  welches  50  bis 
203  mm  1.  Durchm.,  Fig.  199  ein  Durchgangs  - 
Kugelspeiseventil,  welches  50—120  mm  l. 
Durchm.  geliefert  wird,  und  Fig.  200  stellt 
ein  Hartblei-Niederschraubventil  mit  wulst- 
artiger Membrane  ohne  Schraubenlöcher 
dar,  wie  sie  jüngst  eingeführt  sind. 


Fig. 200.  Niederschraubventil.  System  Robert  Meyer. 

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K.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


423 


Sehr  wichtig  sind  die  Ein-  und  Aus* 
führstutzen  für  den  direkten  und 
indirekten  Heizdampf  bei  Sulfitkochern. 
Diese  Verbindungsteile  äusserer  Dampf- 
leitungen mit  dem  Inneren  der  Kocher 
müssen,  soweit  sie  innen  von  den  Lösungen 
bespült  werden,  mit  Blei  verkleidet  sein, 
oder  aus  Hartblei  bestehen.  Fig.  201 
zeigt  einen  Suckow'schen  Einführungs- 
stutzen aus  Hartblei,  durch  welchen  das 
Heizrohr  aus  Hartblei  26  oder  40  mm  1. 
Durchm.  durchgesteckt  und  mittels  über- 
gestreilten  Hartbleidichtungskonus 
und  Ueberwurfmutter  gedichtet 
werden  kann.  Die  neben  der  Ueberwurf- 
mutter sitzende  zweite  Mutter  dient  zum 
Befestigen  des  Stutzens  im  Kocherblech- 
Dem  äusseren  Gewindeteil  lür  die  Muttern 
folgt  eine  Achtkantverstärkung,  welche  in  ein 
Loch  des  Kocherbleches  passt,  der  folgende 
Flansch  liegt  mit  entsprechender  Verpack- 
ung von  innen  gegen  den  Kochermantel- 


Hirtblei-Eln- und  Ausführstotten.   P.  Suckow       Comp  ,  Bres  au 


Fig.  202.  Verbleiter  Krinmeritutzen.   P.  Suckow  Sc  Comp,  Breslau 


Auf  Wunsch  der  ZellstofTfabrikanten 
hat  die  Firma  verbleite  Rotguss- 
KrUmmerstutzen  von  26,  40  und 
50  mm  1.  Durchm.  nach  Fig.  202  ange- 
fertigt. Der  im  Kocher  befindliche  Teil  ist 
gekrümmt,  wodurch  ein  Beschädigen  oder 
Abbrechen  des  Anschlussrohres  für  die 
Heizschlange  vermieden  wird. 

Diese  Ein-  und  Ausführstutzen  werden 
auch  unverbleit  ganz  aus  Dr.  Künzel's 
Original -Phosphorbronze  geliefert. 

Das  für  Beobachtung  des  Kocbprozesses 
so  wichtige  Thermometer  mit  säurebestän- 
digen Hüllen  und  Befestigungseinricbtungen 
in  der  Kocherwand,  Fig.  203,  S.  424  ist  nach 
früheren  Angaben  Mitscherlicbs  von  der 
Firma  konstruiert.  Das  winkelig  abge- 
bogene Thermometerglas  steckt  in  einem 
homogen  verbleiten  Bronzerohr,  von  einem 
weiteren  verbleiten  Schutzrobr  umgeben, 
und  ragt  in  den  Kessel  hinein.  Die  Lösung 
umspült  daher  das  innere  Schutzioar.  Die 

Kochlösung  findet 
auch  durch  entspre- 
chende Stutzen  Aus- 
tritt durch  das  geöff- 
nete Probierventil  Fig. 
204,  S.  425  rechts  und 
die  Lösung  ermöglicht 
durch  Oeflnen  eines 
weiteren  Probierven- 
tiles  links  die  Be- 
tätigung des  Mano- 
meters.  Die  Fig.  203 

mitgezeichneten 
Stutzen    sind  etwas 
länger  und  um  90° 
gedreht   zu  denken, 
so   dass    nach  der 

Zusammenstellung 
des  Ganzen  die  Fig. 
204  entsteht. 

Ausser  den  bereits 
genannten  und  dar- 
gestellten Armatur- 
stücken werden  noch 
Federmanometer  (100 
und  150  mm  Ziffer- 
blattdurchmesser) mit 
Platin-  oder  Silber- 


424  E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.   10.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Membrame  und  besonderer  hydraulicher  Schutzvorrichtung  für  die 
Manometerfeder  gegen  Einfluss  der  Säure,  Quecksilbermanometer. 
Hartbleibähne,  Hartbleibodenstöpsel,  Aräometerständer,  selbsttätige  Luft- 
einlassventile mit  Federbelastung,  sowie  Pumpen  mit  Zubehör 
verschiedenster  Konstruktion  und  Grösse  geliefert. 

Fig.  20ö  gibt  das  Arrangement  eines  zweifachen  Pump- 
werkes (zwei  einfachwirkende  Pumpen)  mit  Riementrieb.  Die  Pumpen 
haben  Porzellan-Tauchkolben  mit  nach  Fig.  206  konstruierten, 
gut  bewährten,  säurebeständigen  Stopfbüchsmetallpackungen 
Die  Kugelventile   haben  Porzellankugeln.    Pumpenzylinder  und  Ventil- 


Fig.'  203.    Thermometer  für  Sulfitkocher. 


s 


Flg.  205.   Verbleite  TraMmlesfonspompen 
System  R.  Meyer. 

gehäuse  sind,  soweit  die  sauren  Flüssig- 
keiten aufgenommen  und  geführt  werden, 
mit  Blei  belegt. 

Fig.  207  zeigt  die  Konstruktion  der 
Hartblei-Säureheber  (Ejektoren)  mit  Hüllen 
aus  Gusseisen,  die  kleineren  Heber  werden 
ganz  aus  Hartblei  hergestellt. 

Verbleite  Handspeisepumpen,  Hartblei- 
Saug-  und  Druckventile,  Hartbleifussventile 
und  Hartblei-Windkessel  mit  Gusshüllen, 


Fig   208.    Stopfbücfcs-Metallpackung  aas  flache» 
Hohlringen.  System  P.  Suckow  &,  Comp. 

sowie  Schieber  von  £0  -  250  mm  1.  Durch m 
welche  als  Ausblaseschieber  für 
Zellstoffkocher  gut  geeignet  sind,  werden 
geliefert.  Eine  Darstellung  der  einfachen, 
soliden  Bauart  der  Ausblaseschieber  gibt 
Fig.  208.  Nur  das  Handrad  und  der 
untere  Verscblussbügel  sind  aus  Eisen, 
alles  übrige  ist  aus  Ia.  Dr.  Künzel's 
Original-Phosphorbronze.  Die  Dichtungen 
des  Schiebers  sind  aus  Hartblei  und  können 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF 


425 


Flg.  2C4.  Probler*Syst<m  nach  *?•  Meyer. 


Fig.  207.   Säure-Heber    Syitem  R.  Meyer. 

mit  Hille  einer  mitgelieferten  Kegel-Ver- 
bleiungsform  nach  Abnützung  oder  Un- 
dichtwerden der  früheren  Dichtungen  in 
der  Zellstofffabrik  selbst  erneuert  werden. 
Ein  Abdrehen  der  Verbleiung  ist  nicht 
erforderlich. 

Auch  alle  feineren  Armaturen 
für  Apparate,  in  denen  schweflige  Säure 
und  deren  Lösungen  hergestellt  und  an- 
gewendet werden,  wie  Flüssigkeits-Stand- 
zeiger  (Wasserständer),  Messapparate  etc., 
sind  in  säurebeständiger  Ausführung  bei 
P.  Suckow  &  Comp.  Breslau  zu  haben. 


Fig.  208.  Stoff-Ausblaseschieber. 

2.  Bogen  1905. 


426 


K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Vorliegende  Zeugnis -Abdrucke  besagen, 
dass  die  Firma  sich  seit  1880  mit  Fabri- 
kation und  Lieferung  säurebeständiger  Ar- 
maturen für  Schwefelsäurefabiiken  be- 
schäftigte. 1882  kamen  als  neue  Besteller 
die  Sulfitzellstofffabriken  hinzu,  und  es 
wird  von  einzelnen  Beziehern  15jährige 
und  längere  Haltbarkeit  der  verbleiten 
Ventile  etc.  System  R.  Meyer  bezeugt 

An  dieser  Stelle  sei  auch  auf  die  S.  416 
schon  erwähnte,  als  Herstellerin  verbleiter 
Armaturen,  Pumpen  etc.  seit  lange  in  der 
Zellstoffindustrie  gut  eingeführte  sächsische 
Firma  Bleiindustrie-Aktienge- 
sellschaft vorm.  Jung  &  Lindig 
Freiberg  L  Sa.  nochmals  hingewiesen. 

Es  sei  hier  noch  besonders  die 
Notwendigkeit  hervorgehoben,  Rückschlag- 
ventile in  die  Dampfzuleitungen  für  Sulfit- 
kocher mit  direktem  Dampf  einzuschalten. 

Für  Ventilsitze  hat  sich  Silber  sehr 
gut  bewährt,  eine  Abnutzung  findet  nur 
mechanisch  durch  Reibung  statt ;  die  Ver- 
teuerung durch  den  höheren  Metallwert 
macht  sich  im  Betriebe  schnell  bezahlt. 

Weitere  Materialien  der  Stoffkocher. 

(Fortsetzung  zu  S.  420.) 
Hydraulischer  Kalk  oder  Zement 

Unter  hydraulischem  Kalk  verstand 
man  ursprünglich  kohlensauren  Kalk  mit 
10— 800/o  tonigen,  in  Salzsäure  unlös- 
lichen Beimengungen,  wie  er  sich  an 
der  englischen  Küste  des  Kanales  u.  | 
a.  0.  vorfindet  Das  natürliche  Material 
wird  in  Kalköfen  gebrannt,  wodurch  ein 
Teil  des  Kalkes  sich  mit  der  Kieselsäure 
des  Tons  verbindet  Ein  anderer  Teil  des 
Kalkes  geht  erst  beim  Anrühren  mit  Wasser 
eine  derartige  Verbindung  ein,  dass  da- 
durch ein  Erhärten  des  Zementes  herbei- 
geführt wird.  Man  erhält  auf  diese  Weise 
den  festen,  sebrwasserbeständigen  Roman- 
(Parkers-)  Zement,  der  schnell  und  sehr 
gut  bindet  Das  Erhärten  des  Zementes 
beruht  auf  dem  Binden  von  Wasser ,  im  , 
Gegensatz  zum  Luftmörtel,  der  infolge 
Kohlensäureaufnahme  erhärtet 


Nach  Ost  (Lehrbuch  der  ehem.  Technik) 
sollte  hydraulischer  Kalk  oder 
Wasserkalk  nur  10—15 Tongehalt 
besitzen,  übersteigt  der  Tongehalt  20*/«, 
so  tritt  auch  nach  vorsichtigem  Brennen 
kein  Löschen  mehr  ein. 

Diese  natürlichen  Zemente  werden 
künstlich  nachgemacht  Man  mischt  Kalk 
und  Ton  in  richtigem  Verhältnis,  formt 
Ziegel  daraus,  trocknet  und  brennt  sie  bia 
zur  Sinterung.  Die  erhaltenen  Stücke 
werden  sortiert  auf  Steinbrechmaschinen 
zerkleinert  und  zu  feinstem  Pulver  ge- 
mahlen ;  auf  diese  Weise  erhält  man 
Portlandzement  von  hell  bis  dunkel 
graugrünlicher  Farbe,  der  mit  sp.  G.  8,1 
wesentlich  dichter  als  Romanzement  ist 
Portlandzement  kann  leichter  in  gleich- 
mässiger  Beschaffenheit  hergestellt  werden, 
er  zieht  weniger  begierig  Feuchtigkeit  und 
Kohlensäure  aus  der  Luft  an,  bindet  lang- 
samer und  wird  von  den  hydraulischen 
Mörteln  am  meisten  geschätzt  Im  Durch- 
schnitt enthält  Portlandzement 

60,05%  Kalk 
1,17  %  Magnesia 
7,50%  Tonerde 
3,34*/«  Eisenoxyd 
0,80%  Natron 
1,82%  schwefelsauren  Kalk 
24,31  %  Kieselsäure. 

Ein  Mörtel  aus  3  Gewichtsteilen  Normal- 
sand und  1  Gewichtsteil  Portlandzement 
soll  nach  eintägiger  Erhärtung  an  der  Luft 
.  27tägiger  Lagerung  in  Wasser,  also  nach 
28  Tagen  Erhärtungszeit,  eine  Zugfestig- 
keit von  16  kg/qcm  und  eine  Druck- 
festigkeit von  160  kg/qcm  be- 
sitzen. 

Der  Wert  des  Zementes  liegt  darin, 
dass  er  nach  Anmachen  mit  Waaser  stein- 
hart wird ;  er  soll  nach  20  Minuten  bis 
6  Stunden  aufhören  plastisch  zu  sein. 
Zum  steinhart  werden  sind  3  Monate  Zeit 
erforderlich,  die  Festigkeit  erhöht  sich  in- 
dessen noch  in  den  nächsten  zwei  Jahren. 
,  Beim  Erhärten  nimmt  der  Zement  all- 
mählich 12— 20Ä/o  Wasser  auf  ;  die  Auf- 
nahme des  Wassers  ist  vollendet,  noch  ehe 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


427 


der  Zement  seine  grösste  Festigkeit  er- 
langt hat. 

B 1  e i g  1  ä tt e,  Bleioxyd,  Pb 0, 
wird  beim  Abtreiben  des  Silbers  aus  dem 
Werkblei  gewonnen.  Bei  schnellem  Er- 
kalten des  Bleioxydes  bildet  sich  gelb- 
liche, bei  langsamem  Abkühlen  röt- 
liche Bleiglätte;  sie  besteht  aus 
leicht  zerreibbaren,  sich  glatt  anfühlenden 
Schuppen  vom  spezifischen  Gewicht  9,36. 
Sie  löst  sich  in  7000  Teilen  Wasser,  ferner 
in  Säuren  und  Alkalien. 

Wasserglas 
ist  ein  in  Wasser  lösliches  kieselsaures 
Alkali.  Man  unterscheidet  Kali-,  Natron- 
und  Kali  -  Natron  -  Wasserglas,  letzteres 
Doppelwasserglas  genannt.  Für 
Kocherauskleidung  wird  es  in  flüssigem 
Zustande  mit  etwa  33  pCt  kieselsaurem 
Alkali  verwendet,  im  Handel  als  einfach 
Wasserglas.  Es  kommt  auch  noch  mit 
66  pCt  kiesels.  Alkaligebalt  Doppelwasser- 
glas vor.  Weiter  oben  war  von  Herrn 
Ingenieur  F.  Schilde  mitgeteilt,  dass  man 
in  Amerika  34°/o  Wasserglas  vor  dem 
Gebrauch  kocht. 

Wasserglas-Bezugesquellen : 
van  Baerle  &  Co.,  G.m.b.H.,  Worms  a.  Rh. 
van  Baerle  &  Sponnagel,  Spandau. 
Chem.  Fabrik  Klug  &Wolff,Dehnitz-Wurzen, 
Sachsen. 

»        »    Sievert,  Deuben,  Sachsen. 
Henkel  &  Co.,  Düsseldorf. 
Wöllner'sche  Wasserglasfabriken,  Ludwigs- 
hafen a.  Rh. 

Asbest 

ist  ein  Mineral  und  stellt  eine  Abart  der 
Hornblende  dar.  Es  ist  meist  eis  unfrei. 
Näheres  in  II.  B.  S.  85  unter  FüllstcITe. 

Glyzerin,  Oelsüss,  CgH805 
wurde  1779  von  Scheele  entdeckt,  ist  eine 
syrupartige,  färb-  und  geruchlose  Flüssig- 
keit, die  sich  mit  Wasser  in  allen  Ver- 
bältnissen mischen  lässt  Glyzerin  hat  bei 
15»  C.  1,265  sp.  G.,  gefriert  bei  —  40*  C. 
Es  verdampft  bei  ICO 9  C.  merklich,  siedet 
bei  290  °C.  Bis  150°  C.  erwärmt,  entzün- 
det es  sich  leicht  und  verbrennt  mit  blauer 
Flamme.  Glyzerin  ist  sehr  hygroskopisch 
and  nimmt  aus  der  Luft  das  gleiche  Ge- 


wicht Wasser  auf.  Es  löst  Kalk,  Blei» 
oxyd,  Eisenoxyd,  viele  Salze  etc.  auf. 

Schwerspat,  BaS04. 
Der  natürliche  Schwerspat  ist  fast 
reiner  schwefelsaurer  Baryt,  dessen  spezi- 
fisches Gewicht  4,8 — 4,5  ist.  Näheres  auch 
über  künstlich  gewonnenen  Schwerspat 
siehe  II.  B,  S.  87/88. 

Mörtel,  Auskleidungs- u    d  Aus- 
fuge -Material  für  Sulfite  her. 

Verfasser  Hess  1886  einen  liegenden 
Mitscherlich-Kocher  mit  reinem  mit  Wasser 
angemachten  sogenannten  säurebeständigem 
>Schieferdecker«-Zement  ausmauern.  Er 
war  6V«  Jahre  anstandslos  und  dann 
noch  5  Jahre  im  Betrieb.  Bei  Ausmauerung 
eines  gleichen  Kochers  wurden  l/s  Schiefer- 
decker-, *li  Lauterbacher(Schweiz)-Zement 
gemischt  und  sog.  säurebeständige,  helle, 
unglasierte  Ziegel  mit  sich  deckenden,  aber 
etwa  10  mm  weiten  Fugen  verwendet ;  er 
war  nur  9  Jahre  in  anstandslosem  Betriebe. 
(Mao  vergleiche  S.  386  und  387.)  Curtis  und 
Bangor  erwarben  1892  das  amerikanische 
Patent  513  892*)  auf  Röhren  mit  innerem 
Zementmantel. 

Nach  G.  Türk  (siehe  vorn  S.  392)  ver- 
wandte Wilh.  Wenzel  in  Wien  zur  Her- 
stellungeiner säurebeständigen  Auskleidung 
der  SulQtkocher  eine  Mischung  von  Zement 
oder  hydraulischem  Kalk,  Cbamotte-Sand 
und  Wasserglas.  Die  Wenzelmasse 
soll  zusammengesetzt  sein :  die  feine,  zum 

*)    Amerikanisches  Patent  No.  513892. 
(Veröffentlicht  in  der  Official  gazette  of  the  United 
States  patent  office  am  30.  Januar  1894) 
Abblaserohr  für  Stoffkocher. 
Charles  Curtis,  Newton,  Mass.  und 
Nathaniel  M.  Jones  Baugor,  Me. 
Hinterlegt  19.  November  1892.   (Kein  Modell.) 

Patentanspruch:  Eine  Röhre,  bestehend  aus 
einem  äusseren  Metall-Mantel,  einer  von  diesem 
getrennten  Verkleidung  bestehend  aus  runder, 
im  genannten  Mantel  eingesetzten  Zemontröhre, 
einer  zusammenhängenden,  zwischen  genannter 
Verkleidung  und  Mantel  eingebrachten  Zement- 
i  füllung  und  Hingen  aus  nicht  rostendem  Metall, 
die  sich  entlang  den  Enden  de»  Raumes  zwischen 
dem  Metall-Mantel  und  der  Rohrverkleidung  er- 
strecken zwecks  Festhaltens  der  Verkleidung  und 
i  Füllung  innerhalb  des  Mantels,  wie  beschriebe 


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428  &  KIRCHNtH.   DAS  PAPIER.   Hl.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Versetzen  der  Kocherplatten  und  zum  Aus- 
fugen  aus  5  Teilen  Chamotte,  3  Teilen 
hydraulischem  Kalk;  die  grobe,  zur  Her- 
stellung des  Schutzmantels  zwischen  Eisen- 
und  Steinplatten,  aus  8  Teilen  Chamotte, 
8  Teilen  hydr.  Kalk.  Das  Wasserglas  wurde 
von  Sievert  in  Deuben  mit  sp.  G.  1,342 
bezogen;  es  soll  möglichst  wenig  freies 
Alkali  enthalten. 

Nach  Guido  Bärwaldt  D.R.P.  No.  70477*) 
vom  31.  Januar  1893  wird  Glyzerin  und 
Bleiglatte  verwendet.  Die  Bleiglätte  muss 
sehr  fein  gemahlen  sein,  und  es  darf  nur 
wenig  davon  auf  einmal  angeröhrt  werden, 
denn  die  Masse  erhärtet  sehr  rasch,  hält 
dann  aber  vorzüglich. 

Nachdem  E.  Meurer,  Palmer  Falls  N.-Y. 
am  80.  Dez.  1892  sein  amerik.  Patent 
514374f)  hinterlegt  hatte,  meldete  er  am 
1.  Juni  1893  also  4  Monate  nach  Bärwaldt 
sein  amerik.  Patent  514 197ff)  an. 

Nach  dieser  geschichtlich  feststehen- 
den Folge  ist  die  Ausbietung  und  Aui- 


*)  Deutsches  Reicbspatent  No.  70  477. 
(Ausgegeben  am  25.  Juli  1893.) 
Klasso  55.  Papierfabrikation. 
Guido  Bärwaldt  in  Pulverkrug  hei  Frankfurt  a.  O. 
Verfahren  zu.'  Herstellung  einer  Aaskleidung  für 
Zellstoff-Kocher. 
Patentiert  im  Deutschen  Reich  vom 
31.  Januar  1898  ab. 
Patontanopriiche : 

1.  Heritellung  einer  Auskleidung  für  eiserne 
und  überhaupt  metallene  Zellstoff-Kocher, 
bestehend  entweder  im  Auftragen 

a)  einer  breiigen  Mischung  von  Blei- 
glätte und  Glycerin  direkt  auf  die 
gereinigte  Innenwand,  oder 

b)  einer  zuerst  auf  «lie  metallische  Innen- 
fläche aufgebrachten  Grundschiebt 
von  passender  Stärk?,  welche  au» 
reinem  oder  mit  säure-  und  feuer- 
beständigen Stoffen  vermischtem 
Zement  besteht,  und  darauf  statt- 
findendem Verreiben  u^d  Ueberdecken 
dieier  Grundschicht  mit  einer  breiigen 
Mischung  von  Bleiglätte  und  Glycerin. 

2.  Die  Anwendung  der  unter  la)  angegebenen 
breiigen  Mischung  von  Bleiglätte  und  Gly- 
cerin  als  Mörtel  bezw.  Bindemittel  beim 
Auslegen  eiserner  oder  metallener  Zellulose- 
Kocher  mit  säurebeständigen  Steinen  oder 
Platten. 


mauerung  nicht  nur,  sondern  auch  die 
Anwendung  säurebeständiger  Mörtel  unter 
Benützung  von  Wasserglas  oder  Glyzerin 
und  Bleiglätte  von  Deutschland  nach 
Amerika  gekommen. 

Wie  S.  395  und  396  dargelegt  war, 
wird  für  die  grossen  amerikanischen  Kocher 
eine  Wasserglasmasse  vorwiegend  ange- 
wendet, während  in  Deutschland  die  Blei- 
glätte-Glyzerinmasse sehr  gelobt  wird. 

üeber  die  Eigenschaften  verschiedener 
Mischungen  der  verschiedenen  oben  be- 
sprochenen Materialien  erfahren  wir  aus 
Rezepten,  Patenten  und  Versuchen  einiges 
Bemerkenswerte. 

Säurefester  Kitt  nach  G.Lunge.*) 

Feinpulveriger,  körniger  (nicht  faseriger) 
Asbest  wird  mit  einem  Gemisch  von  kon- 
zentrierter Wasserglaslösung  und  etwa 
20  fächern  Volumen  Wasser  zu  einem  dicken 
Teig  geknetet.  Dazu  knetet  man  noch  so 
viel  feingemahlenen  Schwerspat,  als: der 


7)  Amerikanisches  Patent  No.  514374. 
(Veröffentlicht    in    der  Official  gazettc  of  the 
l'nited  States  patent  offioc  vom  6.  Februar  1894  ) 
K  o  c  h  e  r. 
Eugen  Meurer,  Palmer,  N.-Y. 
Hinterlegt  30.  Dezember  1892    (Kein  Modell.) 

Patentanspruch  :  Die  Verbindung  des  Ausseu- 
mantels  oiues  Stoffkocbe-s  oder  ähnlichen  Gefäsaes 
mit  einer  Bleiverkleidung,  angebracht  als  zu- 
sammenhängende Platte  an'der  Mantelinnenfläche, 
und  einer  inneren  Verkleidung  von  säurebestän- 
digen, an  die  Bleiverkleidung  anschliessend»n 
Blöcken. 

ff)  Amerikanisches  Patent  No.  514  197. 
(Veröffentlicht    in    der  Official  gazettc   of  the 
I  nited  States  patert  office  vom  6.  Febr.  1894.) 
Kocher. 
Eugene  Meurer,  Palmer  Falls,  N.-Y. 
Hinterlegt  1.  Juni  1893.  (Muster.) 
Patentanspruch  :    1.  Ein  an  seine  Innenseitc 
mit  einem  aus  Bleiglätte  und  Glycerin  zusammen- 
gesctjten    Zement    verkleideter  (überzogener) 
Kocher. 

2.  In  einem  Stoffkocbcr  die  Verbindung  einer 
Zement  Verkleidung,  zusammengesetzt  aus  Bleiglätte 
und  Glycerin  und  einer  inneren  Schutzwand,  her- 
gestellt aus  Ziegeln  oder  Stein  in  dasselbe  Ma- 
terial gelagert,  wie  beschrieben. 

*)  Lunge,  Handbuch  der  Schwelelsäurefabri- 
kation  II.  Aufl.  8.  78. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,  IM.  ß.  U.  C.  ZELLSTOFF.  4Ö9 

<i ■   -  -   


Teig  noch  aufnehmen  will.  Dieser  Kitt 
wird  in  der  Wärme  bald  sehr  hart  und 
widersteht  den  Säuren  ausgezeichnet,  in- 
dem die  freiwerdende  Kieselsäure  deren 
Eindringen  in  die  Poren  verhindert  Der 
Kitt  wird  aber  in  frischem  Zustande  durch 
'./asser  (selbst  kaltes)  erweicht  und  zer- 
stört. 

Saurefester  Anstrich. 
Franz.  Patent  231  550  von  M.  Carre. 

Reiner,  äusserst  fein  gepulverter  Asbest 
wird  mit  syrupdicker  Lösung  von  Natron- 
wasserglas innig  zusammengeriebeo,  und 
der  so  erhaltene  Teig  mit  Wasserglaslösung 
verdünnt.  (Das  Wasserglas  muss  möglichst 
wenig  freies  Alkali  enthalten.)  Zement- 
u.  dgL  Oberflächen  2- 3 mal  damit  be- 
strichen, werden  von  Säuren  und  Gasen 
nicht  angegriffen.  Wenn  man  glasierte 
Steingut  kacheln  mit  dem  Teig  zusammen- 
kittet, so  erhält  man  ein  Mauerwerk, 
welches  den  konzentriertesten  Säuren 
widersteht. 

Versuche  eines  Zellstofffabrikanten 
(Chemikers). 

Bei  Versuchen  der  Kocherauskleidung 
nach  Stägiger  Ruhe  für  die  Ausmauerung 
waren  Mörtel  aus  Asbestmehl  mit  Wasser- 
glas, ferner  Asbestmehl,  Schwerspat  und 
Wasserglas,  wie  sich  voraussehen  Hess, 
nach  dem  ersten  Koch  nicht  erhärtet ; 
dagegen  erhärtete  Mörtel  aus  1  Teil 
Asbestmehl,  1  Teil  Schwerspat,  1  Teil 
Chamotte,  1  Teil  Kalk  und  Wasserglas 
sehr  gut. 

Die  Erhärtung  erfolgt,  weil  sich  kiesel- 
saurer Kalk  bildet. 

Nach  Angabe  eines  Lieferanten  soll 
besonders  präparierte  (ehem.  reine)  Blei- 
glätte mit  extra  präpariertem  Glyzerin  in 
nachfolgenden  Mischungsverhältnissen  die 
beigefügte  Erhärtungszeit  brauchen: 
Glätte  Glyzerin 
10C0  g   ICO  cem       4  Minuten 
1C00  »    120   »       5—6  » 
1000  >    130   >     etwa  2  Stunden 
1000  >    140   >      >  12 


Da  man  für  einen  verarbeitbaren  Mörtel 
bedeutend  mehr  Glyzerin  braucht,  so  muss 
man  auch  viel  längere  Zeiten  zur  Erhärtung 
vorsehen. 

Die  Auskleidung  eines  Sulfitkochers 
nach  Bärwaldt  beschreibt  Schubert*)  wie 
folgt. 

Der  Kocher  wird  zunächst  auf  der  Innen- 
wand durch  Abbeizen  mit  Säure  und  durch 
Scheuern  vollständig  von  Oxyd  etc  befreit, 
darauf  mit  einer -durch  Wasser,  Kali-  oder 
Natronlauge,  Wasserglas,  Kalkmilch  oder 
dergleichen  verdünnten  Zementschicht  in 
Stärke  von  einigen  cm  versehen,  wobei 
der  Zement  entweder  ganz  rein,  oder"  mit 
reinem  Kiessand,  gepulvertem  Glas,  ge- 
mahlener Chamotte  oder  dgl.  vermengt 
sein  kann.  Bevor  diese  Grundschicht  aus 
Zement  sich  gesetzt  hat,  verreibt  man  die- 
selbe tüchtig  mit  einer  breiigen  Mischung 
von  Bleiglätte  und  Glyzerin  und  überdeckt 
die  Zerrentschicht  mit  der  letzten  Mischung 
um  eine  gewisse  Stärke.  Die  Auskleidung 
erhärtet  verhältnismässig  rasch  und  bildet 
eine  glasige  harte,  von  den  Säuren  un- 
durchdringliche sehr  baltbare  Bekleidung. 

Ein  anderer  Fachmann  empfiehlt  die 
direkte  Belegung  des  Kocher- Eisenmantels 
mit  einer  Grundschicht  aus  3  Lagen  zu  je 
etwa  25  mm  Dicke  aus  einer  Mörtelmisch- 
ung von  7  Teilen  Chamottegries,  5  Teilen 
Zement,  1  Teil  pulverisiertem  Glas  und 
1  Teil  langfaserigem  Asbest.  (Der  Asbest 
kann  aber  auch  durch  gleiches  Gewicht 
Chamottegries  oder  pulverisiertes  Glas  er- 
setzt werden.) 

Der  Mörtel  wird  durch  Zufügen  von 
etwas  Wasserglas  schneller  erhärtend  prä- 
pariert. 

Auf  diese  Grundschicht  kommt  dann 
ein  Belag  säurebeständiger  40  mm  dicker 
Platten,  in  gleichem  Mörtel  gelegt;  die 
6—8  mm  breiten  Fugen  werden  mit  reinem 
Zement  oder  mit  einem  Kitt  aus  Glyzerin 
und  Bleiglätte  sorgsam  verstrichen.  Die 
breiten  Fugen  sind  zu  empfehlen,  um  sie 


•)  M.  Schubert.  Ze!lalo»efabrik»tion.  1897. 
8.  137. 


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Ä.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER,  Itt.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF*. 


an  sich  undicht  erweisenden  Stellen  mit  j 
einem  Kreuzmeissel  ausstemmen  und  sorg-  j 
fältig  frisch  verstreichen  zu  können. 

Wie  schon  aus  den  Patentansprüchen 
Bärwaldt's,  Fuss)>em.  S.  428,  hervorgeht, 
kann  man  auch  das  Gemenge  aus  Blei- 
glätte und  Glyzerin  direkt  auf  die  gereinigte 
Eisenfläche  des  Kochers  auftragen,  jedoch 
ist  in  diesem  Falle  das  Autbringen  müh- 
samer, als  wenn  eine  Zementschicht  dar- 
unter ist,  und  wegen  grösserer  Dicke  der 
Schicht  auch  viel  teurer. 

Die  von  Bärwaldt  beschriebenen  Ge- 
mische werden  auch  als  Mörtel  zum  Ver- 
setzen der  säurefesten  Steine  der  inneren 
Verkeidungsschicht  benutzt 

Meurer  schreibt  in  der  Ausführung 
seines  Patentes  (Patentansprüche  Fuss- 
note S.  428)  100  Teile  scharf  getrocknete 
Bleiglätte  und  12  Teile  reines  Glyzerin 
vor.  Die  Mischung  wird  angerieben  und 
in  3—4  mm  dicker  Schicht  auf  den  Eisen- 
mantel gestrichen.  Auf  diese  Schutzschicht 
kommen  die  Kacheln  in  gleich  zusammen- 
gesetzten Mörtel  gelegt. 

Henry  W.  Stebbins  verfährt  nach 
Amerik.  Patent  528  389  bei  der  Kocher- 
auskleidung so,  dass  er  sich  mit  einer 
Portlandzementschicht  zunächst  eine  innere 
glatte  Oberfläche  schafft  und  diese  mit  Blei, 
welches  mit  in  den  Zement  reichenden 
Bleinieten  befestigt  wird,  belegt ;  auf  die 
dicht  verschmolzene  Bleilage  kommt  eine 
Lage  aus  Portiandzement  mit  Asbest 
(schlechter  Wärmeleiter)  unter  Beimischung 
von  Russ,  Bariumsulfat,  Bleiglätte  und 
Wasserglas.  Ein  passendet  Mischungsver- 
hältnis soll  sein  :  10  Teile  Bariumsulfat, 
8  Teile  Glätte,  2  Teile  Russ  und  eine 
Natronwasserglaslüsung  von  12°Be.  Dann 
folgt  eine  mit  Zement  eingebaute  Schicht 
hartgebrannter  poröser  Ziegeln, eine  weitere 
Schicht  aus  Portlandzement,  Quarzsand, 
Russ,  Bariumsulfat,  Bleiglätte  und  Wasser- 
glas, die  hinter  die  innerste  Schicht  aus 
glasierten  Ziegeln  gegossen  wird. 
Das  Steinmaterial  für  Sulfit- 
kocherauskleidung. 

Verfasser  hatte  in  den  80er  Jahren 
Gelegenheit,   zwei  Steinmaterialien  zum  I 


Auskleiden  der  SulGtkocher  nebeneinander 
zu  erproben.  Die  Formatsteine  in  grös- 
seren Dimensionen  einer  rbein.  Firma  hatten 
die  Annehmlichkeit  bequemeren  schnelleren 
Einsetzens,  aber  den  Nachteil  verschiedener 
Widerstandsfähigkeit  oder  Abnützung.  Es 
war  S.  386  von  diesen  Faconsteinen  die 
Rede.  Ein  Bendorfer  Stein  gewöhn- 
lichen Formates  hatte  sich  nach  S.  387 
bei  sorgsamer  Verlegung  nach  dem  Stein- 
verband Fig.  179  besser  bewährt. 

Nach  neuer  Mitteilung  (1904)  der 
»Rhenania  A.-G.  fürChamotte- 
und  Dinas-lndustrie  Bendorf 
a.  Rh.«  stammten  die  letzten  bewährten 
Steine  aus  ihrer  früheren  Firma  »Rheinische 
Industrie  für  feuerfeste  Produkte,  Bendorf 
a.  Rh.«  und  dürfte  dieses  bewährte  Material 
von  der  neuen  Firma  auch  heute  noch 
geliefert  werden. 

Einen  Weltruf  für  feuerfeste  Steine  und 
Apparate  aus  feuerfester  und  säurebe- 
ständiger Masse  besitzt  Fr.  Chr.  Fiken t- 
scher,  G.m.b.H.,  in  Zwickau,  Sachsen. 

Von  einem  erfahrenen  Fachmanne  wur- 
den mir  ferner  die  Fabrikate  der  Akt- 
Ges.  für  Glasindustrie,  vorm.  Friedr. 
Siemens,  Dresden,  empfohlen. 

Die  Firma  schreibt  über  Zellulose- 
kocher-Auskleidung: 

Wir  lassen  unser  säurefestes 
Material  für  betreffende  Zwecke  auf  Grund 
genauer  ehem.  Untersuchungen  und  unter 
strengster  Kontrolle  anfertigen  und  liefern 
ein  stets  gleichmässiges,  den  höchsten 
Ansprüchen  an  Haltbarkeit  genügendes 
Fabrikat,  welches  frei  von  allen  schäd- 
lichen Stoffen  und  vollständig  säurefest 
ist.  Es  bat  weisse  Farbe  und  hohe  Feuer- 
festigkeit (Segerkegel  31  oder  1750*  C 
Schmelztemperatur),  es  wird  glasiert  und 
unglasiert  geliefert.  Für  Zellulosekocher 
stellen  wir  Platten  her,  die  in  der  Regel  6  cm 
stark  doppellagig  Verwendung  finden.  Wir 
haben  30—40  Formen,  so  dass  sich  jede 
Rundung  und  jedes  Gewölbe  nach  ent- 
sprechendem Ausfugen  vollkommen  glatt 
daraus  herstellen  lassen.  Unser  la.  säure- 
festes   Material    ist   ein  denkbar 


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E.  Kirchner  das  papiek.  lit  b.  u.  c.  Zellstoff. 


schlechtester  Wärmeleiter,  man  hat  daher 
wenig  Wärmeausstrahlung  und  nicht  nötig, 
die  Kocher  mit  Verpackung  oder  Wärme- 
schutzmasse zu  umhüllen.  Sollen  Kocher 
im  Winter  verkleidet  werden,  so  muss  der 
Raum  geheizt  werden. 

Die  Preise  schwanken  je  nach  der 
Grösse  der  Kocherplatten  für  diese  zwischen 
40  und  50  M.,  für  hydraul.  Zement  beträgt 
er  45  M.  pro  1000  kg. 

Nach  erfolgter  Auskleidung  muss  der 
Kocher  etwa  2  bis  3  Wochen  mit  Wasser 
gefüllt  stehen,  damit  der  hydraul.  Zement 
in  den  Fugen  gut  abbindet. 

Die  mir  von  demselben  Facbmanne 
empfohlene  Aktien-Gesellschaft 
Möncheberger  Gewerkschaft 
Cassel«  schreibt  im  Dez.  1904: 

»Wir  liefern  seit  Jahren  hochsäure* 
feste  Auskleidungen*)  für  die  Sulfitkocher. 


*  )  Technisch -chemisches  Laboratorium  Cassel 
Dr.  Uflelmann,  Cassel,  5.  März  1908. 
Oeflentliches  Laboratorium 
J.Nr.  22015. 
Attest 
für 

Aktien-Gesellschaft  Möucheberger 
Gewerkschaft,  Cassel. 
Die  antraggemäss  dahier  ausgeführte  Unter- 
suchung der  mit  Begleitschreiben  vom  25.  v.  Mta. 
am  25.  v.  Mts.  eingegangenen  Probe :  Chamotte- 
steine  befindlich  in  Pspier  bezeichnet  I  ergab 
bei  der  Prüfung  auf  Säurefestigkeit  Folgendes: 
Als  Säuregemisch  wurde  ein  solches  ver- 
wendet, welches  26%  Schwefelsäure  und  10% 
Salpetersäure  enthielt.  Hiermit  wurde  am  Rück- 
nussk  übler  solange  gekocht,  als  Zeit  gebraucht 
wird,  obiges  Gemisch  bei  kleiner  Flamme  auf 
ca.  60*',,  Schwefelsäure  zu  konzentrieren.  —  Um 
eine  möglichst  grosse  Angriffsfläche  zu  haben, 
wurde  der  Stein  derartig  gekörnt,  dass  das  er- 
haltene Produkt  ein  Sieb  von  60  Maschen  p.  qcm 
passieren  konnte,  aber  nicht  ein  solches  von  120 
Maschen.  —  Der  etwa  noch  anhaftende  Staub 
wurde  durch  Waschen  entfernt.  — 

Dio  stets  bei  103-105 «Celsius  getrockneten 
Körner  verloren  bei  doppelter  Versuchsanstel  lang : 
beim  ersten  Kochen         0.0041  gr. 
beim  zweiten  Kochen       0.0008  gr. 
beim  dritten  Kochen        0.0000  gr. 
Der  Stein  ist  demnach  hochsäurefest. 

Dr.  Uffelmann, 


Aus  beigegebener  Zeichnung  Fig.  209 
ersehen  Sie,  dass  wir  die  Verkleidung  in 


Fig.  209.  Aaskteidang  MSncheberger  Gewerkschaft 
Gauel. 

doppelter  Lage  je  6  cm  dick  mit  über- 
deckten Fugen  ausführen.  Die  Auskleidung 
hat  sich  vorzüglich  bewährt,  sie  isoliert 
die  Kocherwandungen  genügend,  so  dass 
keine  (nennenswerten  D.  Verf.)  Wärmever- 
luste entstehen.  Absolute  Säurebeständig- 
keit, grosse  Dichtigkeit,  das  Vertragen  von 
Temperaturwechsel  ohne  Springen  oder 
Abblättern  sind  Vorzüge  unserer  übrigens 
auf  der  Innenseite  mit  hochsäurebestän- 
diger Mineralglasur  überzogenen  Platten. 
Für  die  Fugen  verwenden  wir  einen  hoch- 
säurebeständigen Kitt,  welcher  infolge 
seiner  bewährten  Zusammensetzung  einen 
innigen  Verband  mit  den  Platten  wie  auch 
mit  dem  äusseren  Eisenmantel  des  Kochers 
eingeht  und  so  die  ganze  Auskleidung 
dauernd  haltbar  und  absolut  dicht  macht.« 

Vereinigte  Chamottefabriken 
vorm.  C  Kulm iz  G.  m.  b.  H.,  Saarau, 
prss.  Schlesien,  legen  auf  die  Dichtheit 
ihres  Materiales  ein  besonderes  Gewicht 
Sie  wählen  ein  ähnliches  Material  für  Zel- 
lulosekocher-Steine wie  sie  solches  auch 


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K.  KIRCHNER  DAS  PAPIER.  III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


zar  ZustelluDg  von  Glower  und  Gay-Lussac- 
Türmen  liefern.  Sie  verseben  ihre  Steine 
auf  der  Rückwand  mit  einer  tiefen  Waffe- 
lung  Fig.  210  (unteres  Bild)  und  die  Seiten 
mit  vertieften  Rillen  (oberes  bild)  behufs 


v^v — y    v    v   y_  ^7 


Fig.  210.  Satraaer  säurebeständiger  Siein. 

besseren  Anhaftens  des  Mörtels.  Die  be- 
musterten weissen  Platten  werden  neuer- 
dings von  den  Sulfitfabriken  bevorzugt, 
da  sie  den  Säurefrass  am  Mantel  sofort 
im  Innern  anzeigen ;  es  werden  aber  auch 
dunkle  Platten  mit  und  ohne  Innenglasur 
geliefert. 

Um  die  Platten  möglichst  dicht  zu 
machen,  werden  sie  mittels  Spindelpressen 
gepresst. 

Der  Preis  richtet  sich  ganz  nach  Facon 
und  Grösse  sowie  nach  Umfang  der  Be- 
stellung und  liegt  zwischen  10—15  M.  pro 
100  kg. 

Verfasser  erhielt  prächtige  Mustersteine, 
einen  weissen  Stein  im  Format  210  X  130 
X  38  mm,  einen  braunen  innen  glasierten 
Stein  205  X  HO  X  42  mm,  jeder  1850  g 
wiegend. 

Wenzelsteine  und  Wenzelmasse. 

Herr  C.  Hartmann,  Wien  I,  Seilergasse 
14,  teilte  auf  Anfrage  mit,  dass  die  Firma 
Wenzel  und  Hartmann  seit  einigen  Jahren 
ihr  Geschäft  liquidiert  habe  Er  als  Nach- 
folger führe  keine  Kocher-Neuauskleidungen 


mehr  aus,  sondern  beschränke  sich  dar- 
auf, Wenzelmörtel  zu  erzeugen  und  damit 
Handel  zu  treiben. 

Das  Mischungsverhältnis  wird  Wenzel- 
Zement  und  Wenzel-Chamotte  5:  3  ange- 
geben. Gebrauchsfertiger  Mörtel  wird  mit 
Spezialwasserglas  in  kleinen  Mengen  >tets 
ein  kleines  Mörtelscbaff,  da  die  Masse  zu 
rasch  erstarrt)  angemacht.  Die  ausgelaugten 
Fugen  des  inneren  glasierten  Kocherplatten- 
Belags  werden  mit  dem  Mörtel  satt  aus- 
gefüllt und  verstrichen.  Bereits  nach  1 
bis  2  stünd.  Pause  kann  wieder  gekocht 
werden. 

Wenzelmörtel  stellt  sich  ab  Wien  auf 
10  M.,  Wasserglas  auf  9  M.  pro  100  kg. 

Ein  älterer  von  Herrn  Hartmann  freund- 
lichst mitgesandter  Prospekt  sagt  über  die 
säurefeste  Schutzmasse  Patent  »Willi 
Wenzel« : 

Die  Verkleidung  von  Zellulosekochern 
nach  Patent  Wilh.  Wenzel  geschieht  mit 
aus  der  Wenzel'schen  Masse  geformten, 
für  jeden  Kocher  anpassenden  Steinen, 
welche  mit  derselben  Masse  im  flüssigen 
Zustande  direkt  mit  dem  Kesselbleche  in 
homogene  Verbindung  gebracht  werden. 

—  Die  Herstellung  einer  solchen  Verklei- 
dung daaert  nur  6-10  Tage,  je  nach  der 
Grösse  des  Kochers,  und  muss  derselbe 
dann  sogleich  in  Betrieb  gesetzt  werden. 

—  Während  ca.  10— 15  Kochungen  kommen 
kleine  Nachbesserungen  der  einzelnen 
Fugen  vor.*)  Wenn  die  Auskleidung  voll- 
kommen dicht  ist,  wird  dieselbe  mit  säure- 
festen, glasierten  Platten  belegt,  und  ist 
der  Kocher  fix  und  fertig. 

Die  Zeugnisse  und  Referenzen  über 
72  Kocherauskleidungen  von  1887—1898 
für  stehende,  liegende  und  rotierende 
Kocher  ausgeführt,  lauten  sehr  günstig. 

')  Bern,  einen  Freumies : 

Die  Hisse,  die  sich  ausserdem  bilden,  müssen 
ausgespitzt  und  gut  ausgestrichen  werden.  Die 
ersten  Kochungen  fallen  etwas  unrein  aus,  >la 
von  dem  Material  sich  anfangs,  ehe  es  völlig  er» 
härtet  ist,  viele  kleine  Teilchen  ablösen.  Die 
Masse  wird  i-obliesslich  steinhart  Im  Falle  irgend 
einer  Reparatur,  wobei  ein  Stück  herausgespitzt 
werden  muss,  kann  nur  das  beste  Stahlmaterial 
zum  Ausspitzen  benützt  werden. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPER.   HL  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  483 


Die  Fabrik  feuerfester  und  säurebe- 
ständiger Materialien  Wilisch  &  Comp. 
Stella -Werk  in  Homberg  a.  Rhein, 
Berg.  Gladbach  und  Ratibor  bat  die  zum 
Teil  schon  oben  Seite  392/3  besprochene 
Kocherauskleidung  System  G.  Türk  zur 
Ausführung  übernommen.  Nach  Mitteilung 
von  unterrichteter  Seite  hat  der  Ingenieur 
G.  Türk.  Karlsruhe,  mehrere  Kocher  für  den 
Verein  für  Zellstofiindustrie  Dresden  aus- 
gekleidet, welche  sich  bei  regelmässigem 
Ausfugen  seit  1896/97  so  tadellos  ohne 
Reparaturen  gehalten  haben,  dass  die 
Türk'scbe  Ausmauerung  in  den  letzten 
zwei  Jahren  weitere  Verbreitung  fand. 

Die  Auskleidung  besteht  aus  einer  schnell 
bindenden  Mörtel-Mischung  unter  An- 
wendung von  Wasserglas  (ohne  Bleiglätte), 
welche  direkt  auf  den  Eisenmantel  aufge- 
tragen und  sofort  mit  säurebeständigen 
Kocherplatten  belegt  wird.  Der  Kocher 
ist  gleich  fix  und  fertig,  es  entfallen  die 
Versuchskochungen  und  das  Verschmieren 
von  Haarrissen. 

Die  Wilisch'schen  Kocherplatten  sind 
hellgelb,  3Vt,  4,  5  und  6  cm  dick,  aus 
bestem  säurebeständigen  Material  herge- 
stellt, sie  zeigen  beim  Kochen  in  Säuren 
keine  Gewichtszunahme,  völlige  Dichtheit 
ohne  Sprödigkeit  und  ohne  glasigen  Bruch 
und  vertragen  die  vorkommenden  Tem- 
peraturdifferenzen anstandslos. 

Die  hellgelbe  Farbe  der  Steine  ver- 
ändert sich  bei  vorkommenden  Undicht- 
heiten  im  Mauerwerk  in  intensives  Braun, 
was  sofort  selbst  das  ungeübteste  Auge  auf  die 
geringsten  Schäden  aufmerksam  macht,  so- 
dass eine  sofortige  Ausbesserung  in  wenigen 
Minuten  mit  der  schnellbindenden  Türk- 
seben Masse  vorgenommen  werden  kann. 

Türk  stellt  die  Auskleidung  inkl.  Platten- 
belag je  nach  dem  Kocherdurchmesser 
10-12  cm  dick  her. 

Das  Nachfugen  des  Plattenbelages  ge- 
schieht alle  4-6  Wochen  und  erfordert 
bei  Anwendung  des  rasch  bindenden 
Materiales  nur  6- -8  Stunden. 

Fig.  211  zeigt  einen  so  ausgekleideten 
stehenden  Sulfitkocher. 


Flg.  211.    Sulfltkocher.    Türk'nche  Auskleidung. 

Die  Firma  W.  Kupka,  Wien,  liefert 
nach  einem  Prospekt  säurefeste, 
druckdichte,  elastische  und 
wärm  eh  altende  Schutzmasse 
und  übernimmt  die  Auskleidung  von 
Kochern  nach  dem  System  Novak-Kupka. 
Vorliegende  Zeugnisse  erweisen,  dass  von 
der  Firma  ausgekleidete  Sulfitkocher  von 
der  Zeit  bis  1896  zurück  sich  gut  bewährt 
haben. 

Es  wird  der  Masse  vollkommene  Säure- 
beständigkeit, grosse  Homogenität,  dichtes 
Gefüge,  innige  Verbindung  mit  dem  Eisen- 
mantel, das  Vertragen  von  Temperatur- 
wechsel, gutes  Zusammenhalten  der  Wärrce 
'  und  Dauer  von  30  Jahren  in  Sulfit- 
j  kochern  nachgerühmt  resp.  von  ihr  er- 
wartet. 

Da  die  ganze  Auskleidung  aus  einem 
|  Stück  besteht  und  Risse  sich  nicht  bilden 
j  sollen,  so  entfallen  Reparaturen  und  Nach- 

3.  Bogen  1905. 


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484 


K.  KJRCHNKR.   DAS  PAPIER.   ÄL  ß.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


der  ersten  Kochuog  an 
soll  man  reines  Produkt  erhalten.  Je  nach 
der  Grösse  der  Kocher  wird  die  Aas- 
kleidung 10  bis  12  cm  stark  ausgeführt ; 
letztere  soll,  je  länger  im  Betriebe,  desto 
härter  und  widerstandsfähiger  werden. 

Ein  Zeugnis  vom  1.  Januar  1903  äussert 
sich  Ober  die  im  Mai  1899  hergestellte 
Auskleidung  eines  direkt  geheizten  Sulfit- 
kochers too  4,8  m  Durchm,,  20  m  Höhe, 
dass  die  Auskleidung  in  den  3Va  Betriebs- 
jahren  keine  Risse  und  Durchlässigkeit 
gezeigt  und  zu  keinerlei  Betriebsstörung 
Anlass  gegeben  habe ;  sie  wird  als  v  o  r- 
zugliche  Auskleidung  bestens 
empfohlen. 

Stellt  man  sich  die  Frage  betreffs  der 
Kosten  des  Aushackens  und  Neuver- 
kleidens eines  Kochers  mit  Bleikleid  und 

reiner  Mauerauskleidung  andrerseits,  so 
wäre  ein  Vergleich  zweier  genau  gleich 
grosser  Kocher  zwar  erwünscht,  doch  wird 
man  auch  zu  einem  annähernd  richtigen 
Resultat  kommen,  wenn  man  zwei  ver- 
schieden grosse  Kocher  wählt  und  die 
Kosten  pro  qm  Innenwand  berechnet 


Ein  liegender  Kocher, 
12  m  lang,  4  m 
Ganzer  Ftiuraum  120 
fliehe  150  qm,  Leistung  pro 

Entfernung  der  alten  Ausmauerung 

und  des  Bleikleides,  Lohn 
Bleiplatten  4  u.  8  mm  dick  10000  kg 
Blei  lötarbeit,  Lötzinn 
Gerüstbau  und  Drehen  des  Kochers 
12000  säurefeste  Steine 
Zement,  15000  kg 
6  ital.  Maurer,  30  Tage 
5  Handlanger,  30  Tage 


Mantel- 

10  t 


M. 

» 
» 
»> 


500 
32C0 
940 
760 
1680 
720 
580 
100 


Kosten: 

pro  qm  Innenfläche:  -  j -~ 

Uli.,.  8480 

pro  cbm  Inhalt  ^ 

pro  t  Leistung  8480 
mit  einer  Kor h uns  10 


M.  8480 

56,50  Mk. 
70,67  „ 
848 


Ein  stehender  Kocher,  7  n 

Ganzer  Füllraaes  31  cbm,  innere  Mantel- 
51,5  qm,  Leistung  pro  Kock  2,32  t. 

Aushacken  der  Ausmauerung, 

580  Std.  M.  102  — 

6  Harm  Lohn,  2170  Stunden      „  391  — 


11  Fass  Wasserglas 
2000  kg  Chamottemehl 
980  kg  Wenzel-Kalk 
153  kg  Glätte 
32  kg  Glyzerin 
Frachten  extra 


149.60 
65.- 

151.04 
43.84 
24- 
10.52 


M.  1 194.— 


pr.  cbm  Inh  &  1 1 


23,18 
38,51 


515 


51,5 
1194 
31 

pr,  t  Leistung  1194 
mit  einer  Kochung  2^2 
Sollen  die  Verkleidungs-Neukoeten  um 
40  Pfennige  ä  100  kg  Stoff  betragen, 
so  müsste  der  Kocher  mit  Bietmantel  212 
Kochungen  vertragen,  der  Kocher  ohne  Blei- 
mantel dagegen  brauchte  nur  etwa  129  Koch- 
ungen aushalten.   Es  ist  eben  die  Frage,  ob 


ob  diese  Kosten  sich  zu  Ungunsten  der  ei 
oder  der  anderen  Schutzart  durch  davon  ab- 
weichende Lebensdauern  der  Auskleidungen 
anders  stellen. 

Etwas  verändert  sich  auch  das  Bild 
dann,  wenn  der  teure 
mitspricht,  indem  anch  er  v< 
Lebensdauer  aufweisen  kann. 

Nur  langjährige  Erfahrung  kann  lehrea. 
was  günstiger  ist  Jedenfalls  erkennt  man, 
dass  ein  kranker  Kocher  einen  sehr  be- 
deutenden Einfluss  auf  die  Stoffselbstkosten 
ausüben  kann,  um  so  mehr,  als  auch  die 
oben  nicht  berücksichtigten,  laufenden  Re- 
paraturkosten im  einen  und  anderen  Falle 
sich  verschieden  stellen  werden. 

Was  nun  die  verschiedenen  Ausdeh- 
nungskoeffizienten der  angewendeten 
Materialien  betrifft,  so  ist  die  Sache  weniger 
bedenklich,  als  vielfach 


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K.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  IL  C  ZELLSTOFF.  436 


Wir  haben  es  mit  Flusseisen  aussen, 
Blei  von  innen  daran  gut  angepasst  und 

der 

tun.  Die 

dehnung  bei  Temperaturzunabme  von  1°C 

ist  bei: 

Flusseisen  Blei  Zement  (Beton) 
0,ÜOOOU7I  0,00002848  0,00001430 

bei 


17*C 
hergestellt. 

Bei  der  gebräuchlichen  Auamauerun  ge- 
dielte (etwa  12 — 14  cm)  wird  der  Kocher 
aussen  nur  handwarm,  etwa  67VC,  während 
das  Mauerwerk  innen  127-ldPC  (rechnen 
wir  durchschnittlich  133^)  warm  wird 

Beim  Eisen  und  Blei  kommt  also  eine 
Temperaturerhöhung  von  67 — 17  =  50*C, 
beim  Mauerwerk  von 
(87-17)  +(133-17)_S0  +  116 
2  ~"  2 


-=  83»C 


durchschnittlich  in  Betracht. 

1  m  Länge  wird  sich  bei  l*  Temperatur- 
erhöhung ausdehnen 
beim  Flusseisen  Blei 
um  0.0 1 176mm,  0,02848  mm ; 

bei  60'  bei  60* 

Temperaturerhöhung  Temperaturerhöhung 
um  0,588  mm  um  1,424 

bei  Zement  (Beton) 
um  0,01480  mm; 
bei  8ä«  durchschnittlicher 
Temperaturerhöhung 
um  1,187  mm. 
Die  Folge  davon  ist,  dass  das 
üefäss,   also  auch  Bleikleid  und 


ganze 


wird.  Das  Blei  wäre  in 
Ausdehnung  um  0,237  mm  auf  1  m 
Länge  zurückgehalten,  da  ja  der  Eisen mantel 
noch  um  etwa  0,6  mm  auf  1UO0  mm  über 
seine  Wärme- Ausdehnung  hinaus  durch  das 
stärker  sich  dehnende  Mauerwerk  gedehnt 
wird  und  der  Eisenmantel  selbstverständ- 


bälL 

Die  sich  hieraus  ergebenden  Zusammen - 
drückungen  des  Bleies  (0,0237  pCt  linear) 
and  Dehnungen  des  Flusseisen*  (0,06  pCt. 


auch  theoretisch  annehmen  dürfen,  die- 
selben äussern  sich  auch  beim  Zurück- 
geben der  Temperatur  nicht  in  der  Weise, 

lagerten  Materialschichten  sich  voneinander 
lösen,  wenigstens  ist  es  nicht  erwiesen, 
dass  ein  schädigender  Dehnungsrest 
etwa  im  Blei-  oder  Eisenmantel  zurück- 
bleibt, vielmehr  erfreuen  sich  die  mit  Blei 
dicht  ausgelöteten  und  ausgemauerten 
Kocher  des  Rufes  höchster  Verlässlichkeit 
bei  vielen  erfahrenen  Praktikern. 

Freilich  bleibt  die  Ausmauerung  der 
Kocher  ohne  Bleikleid  einfacher  und  wesent- 
lich billiger.    Erweist  sie  sieh  ebenso  zu- 

80 


gehört  ihr  die  Zukunft 

Deberblick  über  die  heute  zumeist 
gebräuchlichen  Kochersysteme. 

Für  gelben  ordinären  Strohstofi 
sind  die  Kugelkocher  mit  direkter  Dampf- 
heizung fast  allgemein  in  Gehrmuch.  (S.  56, 

Fig.  7.) 

Für  bieichbaren  Strohstoff  haben 
sich  ebenfalls  Kugelkecher,  ferner  die  Sturz- 
kocher mit  direkter  Dampfheizung  bestens 
bewährt.  (S.  374,  Taf.  168.) 

Für  Natron*  und  Sulfat-Holz- 
zellstoff weichen  die  mit  direktem 
Feuer  bebeizten,  liegenden,  stationären 
und  Dreb-Kocher  mehr  und  mehr  den 
direkt  mit  Dampf  geheizten  stehenden 
Kochern  (S  379,  Fig.  173)  mit  Awblase- 
einriebtungen. 

Für  Sultit-Holzselletoft  ver- 
wendet man  liegende  und  stehende  aus- 
gemauerte Kocher.  Erst  er e  durch  Dampf- 
schlange (indirekt),  letztere  meist  direkt 
mit  Dampf  geheizt. 

Die  stehende  Bauart  findet  immer  mehr 
Anerkennung,  man  heizt  sie  neuerdings 
wieder  wie  schon  1880  die  Wetz'schen 
Kocher  (S.  383,  Fig.  176)  darch  Dampf- 
schlangen im  unteren  Drittel  des  Kocher- 
raumes (sowohl  Hartblei-  als  auch  Kupfer- 
schlangen). Stehende  Kocher  mit  direktem 
Dampf  geheizt, 


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436 


E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER   HL  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


konug  in  ein  Nebengefäss  abbläst  (S.  401, 
Fig.  191).  Auch  die  mit  innerer  Schutz- 
kruste  und  Heizmantel,  also  mit  indirekter 
Heizung  versehenen  Drebkocher,  System 
Salomon-Brüngger  (S.  407),  haben  sich  für 
Grössen  bis  zu  00  cbm  FOilraum  gut  be- 
währt. 

Es  werden  heute  stehende  Sulfltkocher 
bis  zu  etwa  260  cbm  Füllraum  <s>  20 1  Stoff- 
ausbeute gebaut.  Man  kann  bei  direkter 
Heizung  sehr  schnell  (in  8  Standen)  darin 
fertig  kochen  ;  doch  leidet  bei  derartiger 
Forcierung  des  Prozesses  die  Stoffqualität. 

Füllen  und  Entleeren  der  Kocher. 

Das  Füllen  der  Kocher  mit  dem  Koch- 
gut, nämlich :  Strohhäcksel.  Holzspänen, 
Holzscheiben  und  Sägemehl,  gestaltet  sich 
je  nachdenHilfseinrichtungen  und  der  Bauart 
der  Kocher  mehr  oder  weniger  umständ- 
lich. Es  kommt  darauf  an,  soviel  als 
möglich  von  dem  Rohmaterial  in  1  Kubik- 
meter des  Füllraumes  mit  möglichst  ge- 
ringer Aufwendung  von  Menschenarbeit  ein- 
zustopfen. 

Zylindrische  Gefässe  in  vertikaler  Lage 
gestatten  vorteilhafteres  Einfüllen  als  die 
seitlich  ausbauschenden  Kugelkocher. 

Strohhäcksel  wird  behufs  Verkleine- 
rung des  eigenen  Volumens  nach  Lahouse 
(Seite  373,  Figur  67)  in  einem  Vor- 
apparat, dem  sog.  Lauger,  lose  eingebracht 
und  mit  Lauge  getränkt;  dadurch  setzt 
sich  das  Stroh  auf  einen  kleineren  Raum 
und  braucht  verhältnismässig 
im  Sturzkocher.  Arbeitet 
man  ohne  Lauger  direkt  in  einem  Kugel- 
oder Sturzkocher,  so  füllt  man  durch 
richtiges  Verteilen  und  Eintreten  des  Häcksels 
durch  einen  Mann  oder  durch  Stampfen 
mit  einem  an  einem  Rundeisen  befestigten 
Stämpfel  das  Stroh  so  fest  wie  möglich 
•  ein,  lässt  Lauge  ein,  schliesst  das  Mann- 
loch und  lässt  den  Kocher  etwa  V«  Stunde 
umgehen,  öffnet  ihn  nochmals  und  gibt 
Stroh  nach;  auf  diese  Weise  gelingt 
es,  150- 160  kg  pro  cbm  Stroh  einzufüllen. 
Rechnet  man  durchschnittlich  40  pCt.  vom 
Strohgewicht  als  Ausbeute  an  bleichbarem 


Strohatoff,  so  ergibt  sich  Stoff  60—64  kg 
pro  cbm  Füllraum. 

Holzspäne.  Bei  den  alten  feuer- 
beheizten Natronholzzellstoff-Kochern  mit 
Siebbetrieb  waren  nach  den  Angaben  S.  368 
vom  QeEamtraum  des  unteren  Kocherteiles 
(16,8  cbm)  nur  73,5  pCt  (11,6  cbm)  von  den 
Sieben  erfüllt,  von  diesen  11,6  cbm  waren 
wieder  nur  4  fm  (34,5  pCt.  des  Siebraumes, 
25,8  pCt  des  Geaamtraumes)  Festbolz 
darin.  Man  erreichte  44,6  kg  Stoff  aus 
einem  cbm  Gesamt-  und  fast  60  kg  Stoff 
aus  einem  cbm  Siebfüllraum.  Dabei  machte 
der  Transport  der  Leersiebe,  das  Füllen, 
Eintreten  oder  Einpressen  der  Späne. 
Schliessen,  Kippen  und  Einfahren  der  Siebe 
eine  Menge  kostbarer  Handarbett  nötig,  was 
diese  Methode  höchst  unrationell  erscheinen 
lässL 

Ganz  anders  das  Füllen  der  stehenden 
Kocher  aus  dem  darüber  mechanisch 
heraufgeförderten  Vorrat  gehackter  Späne 
Die  Füllung  der  viele  Meter  hoben  senk- 
recht stehenden  Kocher  geht  sehr  schnell 
und  glatt  ohne  Handarbeit  von  statten,  die 
Späne  drücken  sich  im  unteren  Teil  des 
Kochers  von  selbst  zusammen  und  brauchen 
nur  oben  eingetreten  oder  nachgestampft 
zu  werden.  Nach  S.  379,  Fig.  173,  geht 
nur  wegen  des  unten  eingebauten  kegel- 
förmigen Siebes  ein  verhältnismässig  sehr 
kleiner  Teil  des  Gesamtraumes  verloren 
Nach  den  S.  379  gegebenen  Daten  sind- 
40  pCt.  des  Gesamtinnenraumes  von  Fest- 
holz erfüllt  und  1  cbm  des  Gesamtfüll- 
raumes lässt  69—68  kg  Natronstoff,  nach 
S.  434  75  bis  über  80  kg  gewinnen. 

Diese  Fülleinrichtung  und  Methode  bat 
sich  daher  in  Amerika  auch  allgemein  auf  die 
Sulfit-Holzzellstofffabrikation  (man  betrachte 
S.  394,  Fig.  184  und  S.  401,  Fig.  Ml)  über- 
tragen, sie  ist  als  durchaus  rationell,  weil 
Zeit  und  Handarbeit  sparend,  eingeführt 
und  kann  nicht  genug  empfohlen  werden. 

Der  Vorteil  der  stehenden  Kocher  gegen 
liegende  bezüglich  der  Füllarbeit  leuchtet 
ohne  weiteres  ein,  wenn  man  sich  ver- 
gegenwärtigt, welchen  Zeitverlust  und 
welche  Aufwendung  von  Handarbeit  das 
Füllen  eines  liegenden  12  m  langen  Kochers 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III.  B.  u.C.  ZELLSTOFF. 


437 


tod  4  m  Durchm.  durch  2  oder  3  Mann- 
löcher mit  sich  bringL 

Es  sind  etwa  105  cbm  Holzscheiben, 
Hackspäne  etc.  in  den  Kocher  von  120  cbm 
Gesamtinhalt  einzufüllen.  Damit  die 
Schlangenrohre  nicht  durch  hinein  ge- 
schaureite Holzscheiben  verdrückt  werden, 
müssen  mehrere  Arbeiter  in  den  Kocher 
steigen,  das  in  Säcken  herabgelassene  erste 
Holz  darüber  verteilen  und  das  nachge- 
schaufelte Holz  zur  Seite  schieben, 
gleichmässig  ausbreiten  und  festtreten. 
Mit  7-8  Arbeitern  braucht  man  12  bis 
10  Stunden  (etwa  80  Arbeiter-Stunden). 
Ein  Arbeiter  schafft  also  pro  Stunde  etwa 
1,3  cbm  Späne  in  den  Kocher. 

Hat  man,  wie  es  jetzt  wohl  allgemein 
der  Fall  ist,  mit  auf  der  Hackmaschine 
erzeugten  Spänen  zu  tun,  so  geht  das 
Füllen  viel  flotter  von  statten,  aber  immer 
kostet  das  Füllen  liegender  Kocher  mehrere 
Stunden  Zeit  und  viel  Arbeitslohn. 

Mit  1  cbm  Gesamttüllraum  gewinnt  man 
aus  gesägtem  Scheibenbolz  etwa  87  kg, 
mit  1  cbm  holzgefülltem  Raum  nahezu 
95  kg  Stoff,  aus  gehacktem  Holz  etwa  75  kg, 
bezw.  etwa  82  kg  Stoff.  S.  359  war  schon 
gesagt,  dass  1  cbm  Füllraum  an  Scheiben 
und  Hack  0,43  fm,  an  Hackspänen  0,37  fm 
Holz  aufnimmt 

Die  stehenden  Ritter -Kellner -Kocher 
wurden  schon  in  den  80er  Jahren  in  30 
und  weniger  Minuten  gefüllt,  wobei  noch 
dreimaliges  Eintreten  der  oberen  Schichten 
möglich  war. 

Die  Füllung  der  amerikanischen  Riesen- 
kocher aus  den  oberen  Vorratskästen, 
Fig.  184  und  191,  ist  in  wenigen  Minuten 
von  2  Arbeitern  erledigt. 

Beim  Entleeren  der  Kocher  von 
Stoff  treten  ähnlich  ungünstige  Verbältnisse 
bezüglich  Zeitverlust  und  Lohnkosten  bei 
den  liegenden  Kochersystemen  auf.  Am 
deutlichsten  tritt  dies  bei  den  liegenden 
Natron-  bezw.  Sulfat-Holzzellstoffkocbern 
in  die  Erscheinung.  Das  Herausziehen  der 
Siebwägen  aus  den  sehr  heissen,  direkt 
geheizten  Kocherkörpern,  das  Aufbringen 
auf  die  Transportwägen  mit  Kippeinrichtung, 
das  Hinüberfahren  nach  den  Schankkästen 


oder  der  gl.,  das  Kippen  der  geöffneten 
Siebe,  das  Leeren  und  Auswaschen  der 
Siebe  erfordert  viel  Zeit  und  Arbeitslohn. 

Das  Entleeren  liegender  Sulfit-Kocher, 
das  Reinigen  der  Heizrohre  und  Aus- 
waschen derselben  ist  auch  mit  grossem 
Zeitaufwand  und  Kosten  verknüpft  7—8 
Arbeiter  vollbringen  diese  Arbeiten  an  einem 
12  m  langen  SulGtkocher,  4  m  Durchm.,  von 
10—9  Stunden  (etwa  70  Arbeiterstunden). 

In  einer  Schweizer  Fabrik  wurden  Ende 
der  80er  Jahre  für  die  ganze  Füll-  und 
Leerarbeit  an  8  Arbeiter  erst  65  Frs.  (M.  52), 
später  55  Frs.  (tf.  44)  in  Akkord  bezahlt, 
allerdings  war  hier  die  Arbeit  des  Füllens 
insofern  erschwert,  als  mit  Scheiben-,  Hack- 
und  Sägespänen  (letztere  nesterweise  in  das 
Scheibenholz  eingebettet)  gefüllt  wurde. 
Durchschnittlich  waren  also  150  Arbeiter- 
stunden für  alle  Füll-  und  Leerarbeit  nötig. 

Das  Entleeren  der  stehenden  Kocher 
gestaltet  sich  viel  einfacher.  Bei  indirekter 
Beheizung  bat  man  unten  im  Boden  des 
Kochers  ein  Mannloch.  Der  von  der  Koch- 
lösung befreite,  im  Kocher  gewaschene 
Stoff  fällt  bei  einiger  Nachhilfe  mit  Stangen 
in  den  unteren  geräumigen  Stoffkasten, 
auch  kann  die  Arbeit  durch  Spritzen 
mit  Druckwasser  von  oben  erleichtert  und 
beschleunigt  werden. 

Vorzüglich  verbilligend  und  beschleunigend 
ist  die  Entleerung  der  Kocher  mit  direkter 
Dampfheizung  durch  einen  über  dem  Sieb- 
boden (der  Ritter-Kellner-Kocher)  ange- 
brachten, oder  am  unteren  Boden  oder 
Konus  anschliessenden  Schieber  (Stroh- 
sturz-Kocher S.  374,  Taf.  168;  Holzzell- 
stoflkocber  S.  377,  Taf.  171;  S.  379,  Fig. 
173;  S.  396/97,  Fig.  186/87  ;  S.  401,  Fig.  191). 
Nach  Oeffnen  des  Schiebers  fliesst  der 
Stoff  in  ein  besonderes  Abbiasegeläss.  Die 
zweckmässigsten  Einriebtungen  dieser  Art 
sind  in  Amerika,  wie  Fig.  186,  187  und 
'  191  gezeigt,  entwickelt ;  im  Text  ist  an 
den  betreffenden  Stellen  Uber  die  hierbei 
sich  ergebenden  Schwierigkeiten  und  deren 
stets  mögliche  Beseitigung  gesprochen. 

Bei  den  Ritter-Kellner-Kochern,  an  denen 
das  Abblasen  unter  Druck  wohl  zuerst 
angewendet  wurde,  ist,  da  ein  horizontaler 


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E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.   1U.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF*. 


Siebboden  über  dem  unteren  Gefässboden 
eingebaut  ist,  auf  dem  des  Holz,  resp.  der 
Stoff  lagert  und  über  dem  der  Abblase- 
schieber angeordnet  ist,  ein  vollkommenes 
AbstosBen  allen  Stoffes  mit  der  Kochflüssig- 
keit nicht  möglich,  man  hat  vielmehr  ein 
seitraubendes  Nach  waschen,  sowie  Auf- 
nehmen und  Reinigen  der  Siebbodenplatten 
nach  jedem  Kochen  nötig. 

Bei  den  amerikanischen  Kochern  treten 
derlei  Schwierigkeiten  nicht  ein,  das  Ab- 
blasen der  Kiesenkocher  vollzieht  sich  bei 
Beobachtung  der  oben  bekannt  gegebenen 
VormchtsraassregetoinwenigenMinutenvoll- 


Tsf.  212.    Wedele's  Entleerung  der  liegenden 


standig.  Der  Kochermantel  verliert  dabei 
nur  wenig  von  seiner  aufgespeicherten 
Wärme.  Die  Hauptmenge  der  Warme 
kommt  der  neuen  Füllung,  d  h.  dem  sich 
sofort  anschliessenden  weiteren  Koch- 
prozesse, zu  gute. 

Das  Abblasen  mit  vielfach  auf  3  bis 
2  Atm.  verminderten  Druck  bringt  ausserdem 
den  nicht  zu  unterscb Ätzenden  Vorteil,  dass 
der  in  den  Ausblasebottich  abgestoßene 
Stoff  durch  das  plötzliche  Freiwerden  des 
Dampfdruckes  energisch  vorzerfasert  wird. 
Diese  Zerreissarheit  des  gelockerten  Holz- 
gewebes kann  sich  sogar  auf  die  harten 
Aeste  und  Holzstücke  erstrecken,  wenn 
man  (wie  Meurer  S.  402)  mit  Hochdruck 
abblasen  will,  was  indes  vermieden  werden 
kann,  indem  man  in  die  Abtuhr- Kohr- 
leitung kaltes  Druckwasser  zum  Stoff  leitet, 
so  dass  dadurch  der  Druck,  mit  dem  der 
Stoff  ?n  den  Ausblasebottich  S.  401,  Fig. 
191  tritt,  entsprechend  gemässigt  wird. 

Welchen  Einfluss  das  bequeme  Füllen 
und  Leeren  auf  die  Selbstkosten  hat,  ist 
klar  an  oben  gegebener  Akkordauslage: 
M.  44  auf  10COJ  kg  Stoff  oder  44  Pfg. 
4  100  kg  erkennbar,  dazu  kommt  Zeit-, 
d.  b.  Zins-  und  Amortisation  sreriust  für 
die  teure  Kocheranlage. 

Um  an  Zeit  für  das  Leeren  grosser 
liegender  Kocher  zu  sparen,  hat  sich  Herr 
Ingenieur  N.  P.  Wedege-Drontheim  schon 
im  Jahre  1894  unter  Nr.  78966  im  Deutschen 
Reich  eine  Entleerangsvorriobiuag  paten- 
tieren lassen. 

Die  Vorrichtung  ist  Taf.  212,  Fig.  1, 
im  ganzen  Querschnitt  des  liegenden 
Kochers  und  Fig.  2  ein  unteres  Mannloch 
in  grösserem  Massstabe  dargestellt.  Es 
lasst  sieb,  wie  die  Zeichnungen  deutlich 
zeigen,  der  innere  Mannlochdeckel  a, 
welcher  von  innen  auf  dem  Flanschen- 
ringe b  abdichtend  autliegt,  nach  Be- 
endigung des  Koches  und  nach  Ab- 
treiben des  Gases  aus  dem  oberen  Mann- 
loch (etwa  bei  ml)  die  Leerung  in  ein 
unteres  Stoffbassin  folgendermassen  be- 
wirken:  Der  Bügel  b'  wird  losgeschraubt 
und  weggenommen,  darauf  wird  statt  des 
Bügels  ein  Rohrstutzen,  bis  in  das  StosT- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


439 


hassin  reichend,  mittels  der  Schrauben  l1 
befestigt.  Innerhalb  des  Stutzens,  etwa 
bei  m2  Fig.  1,  wird  Dampf  eingelassen, 
damit  kein  Vakuum  entstehe,  dann  bebt 
man  den  Mannlochdeckel  a  mittels  der  Mutter 
k1  mit  der  ganzen  Verschlusseinrichtung  in 
den  Kessel  bis  Ober  Kante  d  Der  Stoff  mit  der 
Kochflüssigkeit  setzt  sich  in  Bewegung  und 
fliesst  nach  des  Patentinhabers  Angabe 
schnell,  gleichmassig  und  ohne  Verun- 
reinigung in  das  Stoffbassin  ab.  Ist  sämt- 
licher Stoff  abgeflossen,  so  wird  der  Dampf 
abgestellt,  die  Platte  wird  nach  Säuberung 
der  Dichtungsfläcben  wieder  auf  ihren  Platz 
niedergeschraubt,  nach  Abschrauben  der 
Mutter  k*  wird  die  Hangeeinrichtung 
mittels  einer  in  h*  eingehängten  Kette  bis 
auf  einen  Keil  in  der  Schraubenspindel  h2 
auf  den  Querträger  hb  herabgelassen  und 
dann  der  obere  Deckel  i  geöffnet 

Der  Kocher  wird  von  neuem  mit  Holz 
gefüllt,  rat  dies  geschehen,  so  wird  i  auf- 
gelegt, die  Stangen  hl  und  h*  werden  ge- 
hoben und  durch  die  Muttern  kl  gesichert. 

Auf  diese  Art  spart  man  wesentlich  an 
Zeä  uad  erhält  den  Kocher  warm,  spart  also 
auch  an  Heiswärme  tur  den  nächsten  Koch. 

Das  Waschen  des  Stoffes  geschieht  im 
Stoffbassin. 

Durchbrechungen  der  Sulfit- 
kocherwände. 
Jede  Oeffnung  im  Sulfitkocher  macht, 
wie  aus  den  Details  der  Armaturen  S.  423 
bis  424  ersichtlich  ist,  Schwierigkeiten. 
Die  Dichtungen  der  durch  die  Kocher- 
bleche reichenden  Stutzen,  sowie  die  llm- 
mauerungen  erfordern  höchste  Sorgsam- 
keit solider  und  durchaus  dauernd  halt- 
barer Ausführung.  Der  Satz :  »Die  Anzahl 
der  Oeffnungen  in  das  Innere  der  Sulfit- 
kocherist auf  ein  Minimum  zu  beschränken«, 
behält  schon  wegen  der  Kosten,  die  für 
die  sorgsame  Herstellung  aufzubringen 
sind,  seine  Berechtigung,  aber  allzu 
weit  darf  die  Beschränkung  nicht  gehen, 
die  heutige  Technik  des  Snlfitkocherbaees 
bietet  ja  auch  genügende  Mittel,  Schäden 
für  den  Kochermantel  infolge  der  Oeffnungen 
fern  zu  halten. 


An  den  liegenden  Mitscherlich- 
kochern  bat  man  mindestens  2  Mann- 
löcher oben  zum  Fällen  mit  Hohl,  2  Mann- 
löcher unten  oder  in  den  tiefsten  Punkten 
der  Kopfplatten  zum  Entleeren  des  Stoffes 
nötig.  Dann  braucht  man  mindestens 
2  Eingänge  und  2  Ausgänge  für  den  Heiz- 
dampf und  das  Abwasser,  endlich  ist  noch 
mindestens  eine  Oeffnung  für  das  Probier- 
system Fig.  204,  S.  425,  nötig,  das  wären 
9  Durchdringungen,  auf  deren 
Schutz  durch  Blei  und  Mauerwerk  die 
grösste  Sorgsamkeit  verwendet  werden 
muBs.  Die  Durchgangsventile  oder  Schieber 
für  Ein-  und  Ablassen  von  Dampf  (zum 
Dämpfen)  und  Kochlösung,  das  oder 
die  Sicherheitsventile  und  das  Abstoss- 
ventil  für  Gas  werden  zweckmässig  auf 
den  oberen  und  den  unteren  Mannloch- 
deckeln angebracht 

Stehende  Mitscherlichkocher 
haben  nur  ein  oberes  und  ein  unter  es 
Mannloch,  dafür  aber  vielfach  4  Eingänge 
und  4  Ausgänge  für  Dampfern-  und  Kondens- 

mindestens  noch  eine  Oeffnung  für  das 
Probiersystem,  so  das«  11  Oeffnungen  vor- 
handen sind. 

Die  stehenden  Ritter-Kellner- 
Kocher  haben  gewöhnlich  2  Mannlöcher 
(1  oben  und  I  unten),  1  Abblaseschieber, 
1  bis  2  Dampfeinlassstutzen  und  1  Oeffnung 
für  das  Probiersystem,  also  &  Oeffnungen. 
Vielfach  kommt  noch  ein  Stutzen  im  oberen 
Mannlochhals  znm  Abtreiben  hinzu,  dann 
haben  wir  6—7  Oeffnungen. 

Die  stehenden  amerikanischen 
Kocher  endlich  haben  nur  1  oberes 
Mannloch  zum  Füllen,  1  unteren  Stutzen 
für  Heizen,  Abstossen  des  Inhalts,  1  Probier- 
stutzen und  gewöhnlich  im  Hals  des  oberen 
Mannloches  einen  Stutzen  zum  Abtreiben 
des  Gases  oder  der  überflössigen  Koch- 
flüssigkeit (man  vergl  Fig.  191,  S.  401), 
d  h.  4  Oeffnungen. 

Mannloch-Dichtung  und 

Bedienung. 
Die  in  Scharnieren  klappbaren,  oder 
nur  aufzulegenden  Mannlochdeckei  werden 


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K.  KIRCHNER   DAS  PAPIER.  III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


ebenso  wie  die  Mannlochstutzenflanschen 
(erstere  innen  über  die  ganze  Fläche)  mit 
10  mm  dickem  Blei  belegt  und  die  Dichtung 
mit  einer  Zellulosepappeverpackung  oder 
einem  mit  Asbest  gefüllten  Bleirohr-Ring  be- 
wirkt. Es  wiidaucheine  vorstehende  Trapez- 
ringfeder am  Eisenkörper  des  Deckels  und 
eine  entsprechend  eingedrehte  Ringnut  im 
Mannlochflansch  angewendet,  die  im  Neu- 
zustande Blei  gegen  Blei,  welches  die  Feder 
und  Nut  bedeckt,  gute  Abdichtung  bietet, 
später  kann  man  durch  eingebettete,  gut  ver- 
teilte nasse  Zellulose  die  Dichtung  zwischen 
den  Bleiplatten  lange  Zeit  tadellos  erzielen. 

Für  den  Verschluss  der  Mannlochdeckel 
wendet  man  vielfach  oder  allgemein  Klapp- 
schrauben  in  genügender  Zahl  und  Stärke 
an.  Zum  bequemen  Abheben  der  oberen 
schweren  Kocherdeckel  dienen  Flaschen- 
züge, die  auf  an  der  Decke  angebrachten 
Schienen  seitlich  weggefabren  werden 
können.  Für  Abruhen  und  seitlich  Fahren 
der  unteren  Deckel  sind  vielfach  auf  ent- 
sprechenden Schienen  fahrbare  kleine 
Wägen  angeordnet,  oder  es  sind  Traghebel 
angebracht,  die  ein  Seitlichdreben,  wie 
Taf.  188,  S.  398  zeigt,  ermöglichen. 

Sicherheitsventile  und 
Manometer. 

Sicherheitsventile  können  innen,  wie 
Fig.  197,  S.  421,  zeigt,  verbleit  oder  ganz 
aus  Pbosphorbronze  mit  ausreichendem 
Durchmesser  (etwa  100  mm  LDurchm. 
und  grösser),  mehreren  mm  breiten 
Dichtungsflächen  und  Abstosarobr  in  die 
Atmosphäre  angebracht,  und  ihre  Funktions- 
fähigkeit von  Zeit  zu  Zeit  probiert  werden 

Es  ist  vorgeschlagen  worden,  den  Mantel 
Vi  bis  1  Atm.  Betriebsdruck  höher  kon- 
zessionieren zu  lassen,  als  man  eigentlich 
arbeiten  will  und  das  Sicherheitsventil  auf 
diesen  gesetzlich  zulässigen  Druck  einzu- 
stellen. Man  vermeidet  dadurch  den 
Schwefligsäureverlust  während  des  Be- 
triebes, ohne  bei  ausnahmsweise  mal 
schnell  und  zu  hoch  steigendem  Druck  j 
Gefahr  für  den  Kocher  zu  laufen. 

Die  Fig.  204,  S.  425,  am  Probiersystem 
mit  angebrachten  Manometer,  können  durch 


einen  vorgelegten  Oelsack  oder  durch  Ver- 
silberung der  Federn  vor  Verderben  durch 
die  schweflige  Säure  geschützt  werden. 

AmtlicheKontrolle  der  Sulfit- 
kocher. 

Ueber  dieselbe  äussert  sich  Herr  Bezirks- 
ingenieur Wolf  in  der  Zeitschrift  des 
Bayerischen  Dampfkessel-Revisions-Vereins 
Nr.  3,  15.  Febr.  1903,  S.  24: 

„Die  Eigenart  dieser  (Sulfit-)Kocher,  ins- 
besondere ihre  Auskleidung,  macht  die  Vor- 
nahme der  sonst  für  Dampfgefässe  staatlicher- 
seits  vorgeschriebenen  regelmässigen  inneren 
Revisionen  unmöglich.  Aber  auoh  der  Wasser- 
druckprobe  stellen  sich  mitunter  Bedenken  ent- 
gegen, insofern  man  vermeiden  will,  daas  sich 
Druckwasser  zwischen  Auskleidung  und  Blech- 
mantel eindränge;  ferner  fällt  diesbezüglich 
ins  Gewicht,  dasa  bei  diesen  Kochern  in  der 
Tat  die  Dichtheit  der  Auskleidung,  nicht  die- 
jenige des  Blechmantels  da«  Wichtigste  ist. 
Letzterer  spielt  wahrscheinlich  sogar  vom 
Standpunkte  der  Festigkeit  aus  häufig  nur  eine 
untergeordnete  Rollo,  indem  die  -bei  gutem 
Zustande  ungemein  feste  Ausmauerung  den 
inneren  Druck  ganz  oder  grösstenteils  auf- 
nimmt. 

In  i'reussen  ist  daher  die  Revision  der  Zell- 
stoffkocher den  Besitzern  derselben  übertragen 
In  Bayern  sind  diese  Kocher  bis  auf  weiteres 
nach  Tunlicbkeit  wie  die  anderen  ßlcchgefässt- 
zu  revidieren ;  soweit  sie  (rechtsrheinisch)  dem 
Bayerischen  Dampfkessel-Revisions- Vereine  an- 
gehören, ist  u.  a.  Vorschrift,  daas  die  Besitzer  An- 
zeige zu  erstatten  haben,  wenn  die  innere  Ver- 
kleidung eines  Kochers  in  erheblichem  Umfange 
oder  ganz  herausgenomm-n  wird;  dann  kann 
vereinsseitig  eine  innere  Revision  stattfinden. fc 

Verfasser  erfuhr  in  seiner  früheren 
Praxis,  dass  der  Schweizer  Dampfkessel- 
Revisions- Verein  die  Kontrolle  und  Revision 
der  Sulfitkocber  (4  m  Durchm  ,  12  m  lang) 
ablehnte.  Der  Vereins-Direktor  äusserte  sich 
damals,  so  ein  Ge'ässriese  sei  technisch  ein 
Unding,  die  Verantwortung  dafür  sollte 
die  Fabrik  selbst  tragen.  Dieser  Stand- 
punkt kann  selbstverständlich  heute  nicht 
mehr  aufrecht  erhalten  werden. 

In  Sachsen  beschränkt  man  sich,  soviel 
ich  in  Erfahrung  bringen  konnte,  ähnlich 
wie  in  Bayern,  auf  eine  Druckprobe  des 
äusseren  Kisenmantels  (neu  und  bei  ge- 
legentlicher vollständigen  Beseitigung  der 


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EL  KIRCHNER.  DAS  PAPIER  III  B.  u.  C.  ZELLSTOPF.  441 


Auskleidung)  und  auf  Revisionen  bezüglich 
der  aussen  erkennbaren  Dichtheit  und 
Vorhanden-  und  Jnstandsein  der  vorge- 
schriebenen Armaturen. 

Als  Richtschnur  dienen  den  Beamten  des 
Sächsischen  Dampfkessel-Revisionavereines 
in  Chemnitz  die  allgemeinen  polizeilichen  Be- 
stimmungen über  Anlegung  von  Dampf- 
kesseln vom  5.  August  1890,  §  22  Abs.  1, 
und  das  Regulativ  für  die  Gewerbein- 
spektoren vom  I.  April  1892  in  Sachsen 
ad  3,  sechster  Absatz. 

Allg.  poliz.  Best  §  22  Abs.  1  lautet: 

„Die  vorstehenden  Bestimmungen  (über  Bau, 
Ausrüstung.  Prüfung  und  Aufstellung  von  Dampf- 
kesseln) fanden  keine  Anwendung  1.  auf  Koch- 
pefässc,  in  welchen  mittels  Dampfes,  der  einem 
anderweitigen  Dampfentwickler  entnommen  ist, 
gekocht  wird." 

Regulativ,  ad  3  Abs.  6  lautet : 
„Alle  zur  Aufnahme  gespannter  Dampfe  dienen- 
den Oefässe,  Walzen,  Trommeln  etc.  einschliess- 
lich der  Kochkessel,  auf  welche  die  allgemeinen 
polizeilichen  Bestimmungen  über  die  Anlegung 
von  Dampfkesseln  vom  5.  August  1890,  nach 
deren  §  22  Ziffer  1  keine  Anwendung  finden, 
sind  von  Zeit  zu  Zeit  auf  ihre  Festigkeit  zu  prüfen, 
wobei  die  Waaserdruckpro  bo  mit  dem  anderthalb* 
fachen  Betrage  desjenigen  Druckes  vorzunehmen 
ist,  für  welchen  die  Oefässe,-  Walsen  etc.  und 
Kochkessel  bestimmt  sind.  Dieselbe  Prüfung  bat 
auch  bei  neuen  dgl.  Apparaten  vor  ihrer  Inbe- 
triebnahme stattzufinden.  Forner  ist  darauf  zu 
achten,  dass  die  zur  Aufnahme  gespannter  Dämpfe 
dienenden  Gefässe,  Walzen  etc.  und  Kochkessel 
mit  einem  Manometer  und  einem  Sicherheitsventile 
versehen  sind  oder  in  Verbindung  stehen.  Anf 
der  Skala  des  Manometers  muss  der  höchst  zu- 
lässige Druck  durch  eine  Marke  erkennbar  go 
macht  und  die  Belastung  des  Sicherheitsventils 
so  bemessen  sein,  dass  dieselbe  dem  genehmigten 
Betriebsüberdruck  des  betreffenden  Apparats  ent- 
spricht. An  Stelle  des  Sicherheit«- Ventils  kann  auch 
eine  andere  Einrichtung  treten,  sofern  dieselbe 
geeignet  ist,  eine  Ueberschreituog  des  Betriebs- 
Überdruckes  in  dem  mit  gespanntem  Dampfe  ar- 
beitenden Oefässe  eto.  zu  verhindern." 

Druckentlastung 
des  Kochapparatma'ntels  durch 
den  Auskleidungsmantel. 

Die  Bemerkung  des  Bezirksingenieurs 
Wolf  (S.  440),  dass  die  ungemein  feste  Aus- 
mauerung den  inneren  Druck  ganz  oder 
grösstenteils  aufnimmt,  gibt  mir  Veranlas- 


sung, die  Frage  zu  beantworten,  wie  viel 
eine  Steinauskleidung  von  12  cm  Dicke  den 
Eisenmantel  bezüglich  ZugBpannungsbean- 
spruchung  entlastet. 

Nehmen  wir  5  m  ==  500  cm  1.  Dehrn, 
des  Eisenmantels  an,  so  bleibt  ein  innerer 
Dehrn,  .der  Auskleidung  600  —  24  «=  476  cm. 
Der  Betriebsdruck  sei  6  Atm.  Ü. 

Es  ist  nun  eine  sehr  unsichere  Sache, 
einen  Zugfestigkeitskoeffizienten  für  ein  aus 
Steinen  und  Bindemitteln,  wie  Zement  etc. 
zusammengesetztes  Mauerwerk  zu  wählen. 
Nehmen  wir  indes  ein  in  den  Fugen  tadel- 
los dicht  ausgeführtes  Mauerwerk  mit 
bester  zementähnlicher  Zähigkeit  und 
durchaus  guter  Bindung  des  Zements  mit 
dem  Stein  an,  so  dürfen  wir  doch  den  Koeffi- 
zienten der  Zerreissfestigkeit  K .  höchstens 
Vio  K  (Koeffizient  der  Druckfestigkeit)  an- 
nehmen. Nach  Bauschinger  ist  Kco 
250kg/qcm  für  Zementmauerwerk,  somit  darf 
man  rechnen  K.  =  25kg/qcm.  Der  Mantel 

würde  nach  der  S.  365  gegebenen  Gleichung : 


p  _  ti?^L  Atmosphären  Druck  wider- 
stehen, es  ist  s  =  12  cm,  D  «»  476  cm, 
so  dass  sich  berechnet:  p  =  ~T^~=z: 

Es  kann  also  gar  nicht  davon  die  Hede 
sein,  dass  der  Blechmantel  vom  Stand- 
punkt der  Festigkeit  eine  untergeordnete 
Rolle  spielt,  wie  Wolf  &  440  sagt 
Wollte  man  nach  der  Formel  der 
Mechanik 

rechnen,  so  gäbe  es  eine  Zementwand- 
stärke von 

"^Hr  - ») 

s  =  238  . 0,69  k  160  cm.  Also  er 3t  eine  VI* 
Meter  starke  Zementwand  wäre  genügend, 
um  dem  inneren  Drucke  zu  widerstehen. 
Ich  resümiere:  derMauerwerksmantel  nimmt 
von  den  6  Atm.  soviel  ab,  dass  4,74  Atm.  für 
I  den  Eisenmantel  übrig  bleiben,  wenn  man 
I  dem  ersteren  zumutet,  bis  zur  Zerreissung 

8,  Boges  1905. 


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K.  KIRCHNER,   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


angestrengt  zu  sein.  Nun  kommt  aber  hin- 
zu, dass  der  Mauermantel  infolge  grösserer 
Ausdehnung  des  Zementes  gegen  die  des 
Eisens  auch  etwas  Druck  auf  den  Eisenmantel 
direkt  überträgt,  und  deshalb  scheint  es 
ratsam,  den  Eisenmantel  (6  m  Dehrn.) 
so  zu  berechnen,  dass  man  4,76  m 
Dehrn,  und  volle  5  Atm.  Druck  zu  Grunde 
legt  Dreireihige  Laschennietung  voraus- 
gesetzt *)  ergibt  für  s  =  =  2,6  cm. 

Will  man  gleiche  Sicherheit  wie  beim 
Dampfkesselbau  haben,  was  aber  durch 
gesetzliche  Bestimmungen  nicht  verlangt 
wird,  so  würde  man  26  mm  dicVes 
Flusseisen  nach  Bach  (S.  412  oben)  wählen 
müssen. 

Wir  können  nun  leicht  nachrechnen, 
wie  hoch  Kt  im  Eisenmantel  sich  stellt, 
wenn  man  statt  2,6  cm  dickem  blech  nur 
1,9  cm  wählt. 


K,  =  ^|  =  626  kg/qcm 

Die  Spannung  im  Mantel  stellt  sich  also 
viel  höher,  als  nach  den  Erfahrungen  im 
Damptkesselbau  ratsam  erscheint,  dürfte 
aber  bei  einem  Blech  mit  einer  Zerreiss- 
festigkeit  von  3400  bis  400D  kg  /  qcm  (s. 
S.  412)  noch  zulässig  erscheinen,  da  bei 
der  heute  fortgeschrittenen  Technik  vom 
Eisenmantel  der  Sulfitkocher  nur  der  feste 
Zusammenhalt  verlangt  wird,  während 
vom  inneren  Mauermantel  die  Dichtheit 
vorausgesetzt  wird  und  in  diesem  Falle 
allerdings  auch  verlangt  werden  muss. 
Aufstellung  der  Kocher. 

Bei  der  Fundierung  der  Kocher  ist  auf 
das  bedeutende  Gewicht  derselben  Rücksicht 
zu  nehmen. 

Wiegt  ein  Drehkocher  von  10  cbm  In* 
halt  mit  Füllung  15  000  kg ,  so  ist  jeder 
Zapfen  mit  etwa  7500  kg  belastet.  Dieser 
Druck  wird  vermehrt  durch  das  Ständer-  und 
Lagergewicht.  Rechnen  wir  rund  8000  kg. 
welche  auf  jeder  Seite  das  Fundament 
belasten,  und  rechnen  dazu  den  Fundament- 
klotz z.  B.  2  m  lang,  0,8  m  breit,  2,5  m 

•)  a  Bach,  Masohinenelemente  8.  Aufl.  3.  183. 


hoch  =  4  cbm  Mauerwerk  &  1750  kg  Ge- 
wicht, so  haben  wir  7000  kg  dafür  zuzu- 
rechnen. 

Jede  Fundamentauflagefläche  2  x  0,8 
=  1,6  qms  16C00qcmgro8s  ist  demnach  mit 
15000  kg  belastet.  Wir  haben  etwa  1  kg/qcm 
Druck  zwischen  Fundament  und  Erdreich 
Guter  Baugrund  trägt  etwa  2,5  kg/qcm, 
jedoch  soll  man  bei  allen  Maschinen  und 
Apparaten,  die  bewegt  werden,  auf  die  un- 
vermeidlichen Erschütterungen  Rücksicht 
nehmen.  Es  kommt  dabei  noch  die  wich- 
tige Rücksicht  hinzu,  dass  das  Fundament 
resp.  der  Baugrund  sich  nicht  etwa  nach- 
träglich einseitig  oder  stellenweise  senkt 
oder  setzt;  dadurch  können  nämlich  manche 
Kochermäntel  in  nicht  so  leicht  erkenn- 
barer Weise  geschädigt  werden. 

Nehmen  wir  z.  B.  einen  liegenden  zy- 
lindrischen Holzdämpfer  aus  Gusseisen  an, 
der  auf  3  Fundamentklötzen  liegt,  die  bei- 
den Fundamentklötze  an  den  Enden  senken 
sich,  der  mittlere  steht  auf  gewachsenem 
Felsen  und  senkt  sich  nicht,  so  findet  eine 
Durchbiegung  des  gusseisernen  Mantels 
statt.  Derselbe  wird  in  unvorhergesehener 
Weise  nicht  nur  durch  Zugspannungen  in- 
folge inneren  Druckes,  sondern  auch  durch 
Biegungsspannungen  angestrengt,  und  es 
lässt  sich  auf  diesen  Umstand  wohl  manches 
Zerspringen  solcher  Kochermäntel  aus 
sprödem  Gusseisen  erklären. 

Bei  Fundierung  sehr  grosser  liegender 
Kochapparate  muss  ebenso  genau  nach- 
gerechnet und  der  Baugrund  gut  gesichert 
werden,  damit  letzterer  nicht  im  ganzen 
oder  stellenweise  nachgibt  Es  muss  aber 
auch  auf  die  Ausdehnung  des  Apparates 
durch  die  Wärme  entsprechend  Rücksicht 
genommen  werden. 

Ein  Sulfitkocher  S.  384  Taf.  177  von  etwa 
12  m  Länge  und  4  m  Dehrn,  wiegt  mit  Jnhalt 
und  Armatur  etwa  2u0000  kg,  er  ruht  auf 
11  Füssen,  von  denen  also  jeder  bei  ge- 
nauer Montage  co  15  000  kg  zu  tragen  hat 
Nur  die  mittleren  2  Füsse  F  sind  an  die 
Unterzüge  ü  zu  befestigen,  den  anderen  12 
Füssen  ist  durch  entsprechende  Rollen- 
lager eine  Bewegung  in  Richtung  der  Achse 
des  Kochers  zu  ermöglichen.  Die  unnach- 


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E.  KiKCHNER,    DAS  PAPIER. 


III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


443 


giebige  Lagerarg  der  Unter züge  auf  den 
Grubenwänden  G  muss  zur  Bedingung  ge- 
macht werden. 

Bei  den  grössten  stehenden  Kochern 
handelt  es  sich  um  Gewichte  von  250000 
bis  800  000  kg,  die  nach  S.  383  Taf.  176 
durch  angenietete  Knaggen  oder  nach  S.  394 
Fig.  184  von  Tragringen  aufgenommen, direkt 
oder  indirekt  durch  starke  Säulen  und 
Ständer  auf  die  Fundamente  übertragen 
werden.  Jn  diesen  Fällen  hat  man  eben- 
falls auf  eine  durchaus  solide  und  zuver- 
lässige Fundierung  Rücksicht  zu  nehmen. 

Aeusserer  Schutz  der  Koch- 
apparate gegen  Wärme  Verluste. 

Nur  ausnahmsweise  sehen  wir  Stroh- 
kocher, Holzdämpfer  und  Zellsloffkocher 
gegen  Wärmeverluste  durch  Filzmäntel, 
Holzverschläge  oder  eine  aufgetragene 
Wärmeschutzmasse  gesichert.  Wie  wich- 
tig ein  solcher  Schutz  besonders  bei  den 
sehr  umfangreichen  Kochern,  schon  wegen 
der  hocherwünschten  Betriebssicherheit 
wäre,  ist  schon  S.  387,  499  u.412  besprochen; 
dass  eine  zufriedenstellende  Umhüllung  mög- 
lich ist,  berichtet  der  bereits  genannte  Be- 
zirksingenieur Wolf.  Nach  seinen  Angaben 
hat  eine -bayrische  Fabrik  ihre  Sulfitstoff- 
Kocher  auch  äusserlich  mit  einer  Schutz- 
masse umhüllt  und  hat  bestimmt  Wärme- 
verluste damit  vermieden.  Auch  andere 
Fabrikanten  halten  die  Umhüllung  zwar 
für  sehr  vorteilhaft,  lassen  sie  aber  im 
Interesse  der  Betriebssicherheit  weg,  weil 
sie  befürchten,  dass  etwa  auftretende  Un- 
dichtheiten  oder  durchgefressene  Stellen 
des  Kochers  nicht  rechtzeitig  entdeckt 
werden  könnten. 

Wenn  man  nun  bedenkt,  dass  nach 
Ueberstehung  der  Lehrjahre  der  Sulfitstoff- 
Fabrikation  und  bei  der  Erfahrung  der  Kocher- 
erbauer und  Betriebsleiter  es  heute  möglich 
ist,  den  inneren  Schutz  derart  solide  her- 
zustellen und  im  Stande  zu  halten,  dass 
diese  Gefahren  des  Undichtwerdens  besei- 
tigt sind,  so  ist  es  doch  am  Platze ,  eine 
Wärmeschutzumhüllung,  sei  es  durch  einen 
Filztuchmantel  oder  eine  Isoliermasse- 
schicht, anzuwenden. 


Ueber  den  Wärmeverlust  kugelförmiger 
und  zylindrischer  stehender  und  liegender 
Gefässe  oder  Rohre  können  auf  Grund  von 
Formeln,  die  mit  Hülfe  vieler  Versuche 
aufgestellt  sind,  genaue  Berechnungen*) 
durchgeführt  werden. 

An  dieser  Stelle  mögen  einige  der  Wirk- 
lichkeit nahe  kommende  Beispiele  genügen, 
die  zeigen  sollen,  welche  Ersparnisse 
durch  äusseren  Schatz  der  Kochapparate 
erzielt  werden  können. 
Ein  kugelförmiger  Lumpenkochapparat  von 
2,5  m  Dehrn,  hat  oo  20  qm  Oberfläche.  Er 
verliere  während  4  Std.  Druckzeit  pro  qm 
und  Stunde  1500  WE  ohne,  600  WE  mit 
Schutz,  während  2  Stunden  Anheizperiode 
seien  die  durchschnittlichen  Wärmeverluste 
nur  halb  so  gross.  Es  stellen  sich  die 
Ersparnisse  an  Wärmemengen: 

2  Std.  Anheizperiode  2 . 20 . 450  =  18000  WE 
4  „  Druckperiode   4 . 20 .  9C0  «=  72000  WE 

Gesamtersparnis  90000  WE 

1  kg  Kohle,  am  Kessel  verbrannt,  macht 

40CO  WE  im  Kochapparat  nutzbar,  somit 

.    „  . .  .         90L  0O 

haben  wir  eine  Kohlenersparms  von  -|qqo 

=  22,6  kg  Kohle. 

Ein  liegender,  zylinderförmiger  Koch- 
apparat, 4m  Dehrn.,  12  m  lang,  hat  co  160  qm 
Oberfläche,  die  Druckzeit  dauere  30 
Stunden,  der  Wärmeverlust  pro  qm  und 
Stunde  s  i  ohne  Schutz  1C0O  WE,  mit 
Schutz  400WE,  dieAnheizperiode  von  20Std. 
habe  einen  Wärmeverlust  pro  qm  und  Std. 
ohne  Schutz  503  WE,  mit  Schutz  2C0  WE, 
so  ergibt  sich  als  Wärmeersparnis: 
20  Std.  Anheizperiode  20 . 180  3C0 

=  1080000  WE 
30  „  Druckperiode 30. 180.600 

=  3240000  WE 

Gesamtersparnis  4320000  WE 
entsprechend  =  1080  kg  Kohle. 

Man  erkennt,  dass  durch  einen  äusseren 
Wärmeschutz  besonders  bei  grossen  Kochern 

•)  Der  Verfasser  hat  oino  solche  Rechnung 
im  Wochenblatt  fdr  Papierfabrikation  .Irg.  1901 
8.  2070/71  durchgeführt. 


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444  K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


mit  langer  Kochzeit  recht  nennenswerte 
Ersparnisse  erzielt  werden. 

Dampf  zum  Heizen  der  Kochapparate. 

In  unseren  Kesselanlagen  wird  die  in 
den  Brennmaterialien  aufgespeicherte  Wär- 
me zum  grössten  Teil  in  das  Kesselwasser 
und  den  sich  aus  diesem  entwickelnden 
Dampf  übergeführt.  Je  nach  der  Voll- 
kommenheit der  Kesselanlage  und  der  Dampf- 
art gelingt  es,  60— 80*/t  der  theoretischen 
Wärmemenge  des  Brennmaterials  auszu- 
nützen. Der  Dampf  dient  dann  weiter  als 
Träger  der  Wärme,  Letzere  wird  entr 
weder  in  unseren  Dampfmotoren  teilweise 
in  mechanische  Arbeit  oder  Energie  umge- 
setzt, oder  sie  dient  zu  Heizzwecken.  Die 
Leistung  von  1  kg  Dampf  ist  in  beiden  Fällen 
von  der  Wärmemenge  (Quantität),  in  Wärme- 
einheiten (WE)*)  gemessen,  und  von  der 
Wärmegüte  (Qualität),  in  Höhe  der  Tem- 
peratur (•  G)  gemessen,  abhängig.  Die 
Sp  annnn  g  in  Atmosphären  (l  Atmosphäre 
Ueberdruck  =  1  kg/qcm  Druck)  und  die 
Raumgrösse  oder  das  Volumen  (V),  das 
1  kg  Dampf  in  cbm  einnimmt,  sind  abhängig 
von  Menge  und  Güte  der  Wärme. 

Man  unterscheidet  nassen,  ge- 
sättigten und  überhitzten  Dampf. 
Dampf  kann  auf  seine  Wärmequalität  be- 
züglich seiner  Temperatur  in  Graden  Cel- 
sius durch  das  Thermometer,  bezüglich  seiner 
Spannung  in  Atm.  0  durch  das  Manometer 
bestimmt  werden.  Nach  heute  klar  liegender 
Theorie  kann  man  die  Wärmequantität  des 
Kesselwassers  und  des  Dampfes  berechnen. 

Das  unter  Druck  stehende  heisse 
Wasser  und  der  Dampf  von  t*  in  einem 
Dampfkessel  enthalten  zunächst  sog. 
Flüssigkeit s wärme,  diese  berechnet 
sich  pro  1kg  Kesselwasser,  bezw.  Dampf  q 
(t  +  0,0000  t«  +  0,0300CO  t»)  WE  .  .  .  (a) 

•)  Eine  Wärmeeinheit  (1  WE)  wird  verbraucht, 
wenn  man  1  kg  Wasser  in  aeiner  Temperatur  um 
1°  C  erhöht 

Eine  Wirmeeinheit   entspricht  424  Meter- 
kilogramm  mechanischer  Arbeit  oder  Energie. 
1  WE  =  424  mktf. 
A  —  423  mkg  heiset  in  der  Mechanik  das 
mechanische  WarmeSquivalent. 


Gesättigter,  d.  h.  wasserfreier, 
reiner  Wasserdampf  enthält  also  zunächst 
die  gleiche  FlüssigkeiUwärme  q,  ferner  noch 
die  Wärmemenge  (die  latente  oder  Ver- 
dampfungswärme), die  zur  Verdampfung  des 
t*  heissen  Wassers  nötig  war.  Die  Gesamt- 
wärme von  1  kg  gesättigtem  Dampf  von 
t»  C  berechnet  sich  nach  Regnaalt  und  Zeuner 
auf 

0^(606, 5  +  0,305  t)WE    .    .  (b) 
Die  Verdampfungs-  oder  latente  Wär- 
me von  lkg  gesättigtem  Dampf  stellt  sich 
also  auf 

r  =  (Q  -  q)  WE  .  .  .  (c) 
NasserDampf  enthält  ausser  Dampf 
noch  unverdampftes  Wasser,  welches  nur 
Flüssigkeitswärme  enthält.  Sei  von  1  kg 
nassem  Dampf  Vn  kg  noch  Wasser,  so 
ist  die  Gesamtwärmemenge  dieses  Dampfes 

Q»-lq  +  EniQ  *   '  *(d) 
1  kg  gesättigter  Dampf  von 
bestimmter  Spannung  hat  immer  eine  be- 
stimmte Temperatur  und  ein  bestimmtes 
Volumen. 

V  —  konstant  .   .   .  (e) 

1  kg  nasser  Dampf  mit  -  kg 

Wassergehalt  hat,  da  die  Wasserteilchen 
den  Dampf  diffundieren  und  keinen  be- 
sonderen Raum  einnehmen, 

v,="-^v  .  .  .  .(0 

Für  den  motorischen  Betrieb  und  die 
indirekte  Heizung  muss  es  als  unwirtschaft- 
lich bezeichnet  werden,  nassen  Dampf  zu 
verwenden.  Auch  für  direkte  Heizzwecke, 
wo  zwar  keine  direkten  Wärmeverluste 
durch  Verwe  n  d  un  g  n  assenD  ampfes  entstehen, 
ist  es  häufig  lästig  oder  gar  schädlich,  die 
Kochflüssigkeit  ausser  durch  das  Konden- 
sationswasser aus  dem  Dampf  noch  durch 
mitgerissenes  Wasser  unnütz  zu  vermehren. 

Nach  heutiger  Ansicht  ist  es  übrigens  frag- 
lich, ob  in  unsereüKes8elanlagen  ohne  feuer- 
berührte Heizflächen  überhaupt  gesättigter 
oder  reiner  oder  trockener  Dampf  herge- 
stellt werden  kann.  Es  kann  dies  wohl 
nur  in  Dampfkesseln  mit  ruhiger  (nich 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III  B.  u.  G  ZELLSTOFF. 


445 


stürmischer)  Dampfentwicklung  und  bei  An- 
wendung eines  Teiles  feuerbespülter  Heis- 
flächen, durch  welche  nasser  Dampf  ge- 
trocknet wird,  geschehen. 

Nun  treten  aber  auch  in  den  Rohr- 
leitungen Reibungs-  und  Abküh- 
lung s  v  e  r  1  u  s  t  e  auf,  die  den  gesättigten 
Dampf  an  der  Verbrauchsstelle  immer, 
wenn  auch  mehr  oder  weniger  nass  er- 
scheinen lassen.  Ks  findet  eine  Spannungs- 
und eine  der  neuen  Spannung  entsprechende 
Temperaturerniedrigung  statt.  In  der  Rohr- 
leitung selbst  wird  ein  kleiner  Teil  der  im 
Dampf  enthaltenen  Flüssigketts-  und  Ver- 
dampfungswärme verbraucht.  Der  ver- 
lorenen Verdampfungs-Wärmemenge  ent- 
sprechend wird  schon  in  der  Rohrleitung 
selbst  eine  Kondensation  mit  ihren  Nach- 
teilen unausbleiblich,  sein. 

Was  in  der  Rohrleitung  und  bei  Ver- 
wendung zu  motorischen  Zwecken  als  Nach- 
teil empfunden  wird,  kommt  aber  der  Heiz- 
wirkung mit  gesättigtem  Dampfe  im  allge- 
meinen zu  gute,  indem  der  gesättigte  Dampf 
sehr  schnell  und  leicht  seine  Ver- 


geringeren Teil  der  Fl üssigkeits wärme  ab- 
gibt, also  sehr  schnell  und  leicht  kondensiert. 

Anders  verhält  sieht  ab  erhitzter 
Dampf.  Derselbe  entsteht  aus  gesättigtem 
Dampf,  wenn  letzterem,  abgesondert  vom 
Wasserraum  des  Kessels,  weitere  Wärme- 
mengen durch  Erhöhung  der  Temperatur 
zugeführt  werden. 

Die  Gesamtwärmemenge  von  1  kg  über- 
hitztem Dampf  wird  berechnet,  wenn  ge- 
sättigter Dampf  von  t*  C  auf  t  x  •  C  über- 
hitzt wird,  nach  der  Formel 
Q  lS=  [6C6.6  +0,305t  +  0,48  (t  ,-t)]  WB(g») 
bei  gleichbleibender  Spannung  vergrössert 
sich  das  Volumen  auf 

V,=  [l  +  0,C038  (t,-t)]  V  O) 

•)  Die  Zahl  0,48  vor  der  runden  Klammer  wird 
in  praktischer  Berechnung  konstant  angenommen ; 
ea  ist  aber  neuerdingB  erkannt  worden,  data  dieee 
Zahl  mit  dem  Grade  der  Uebarhitaung  sich  ver- 
ändert und  eine  Höhe  bi*  0^5  und  0,67  erroichan 
kann. 

Zur  Beurteilung  der  Dampfwärme  nach 
quantitativer  und  qualitativer  Richtung  dient 

vorstehender  Formeln 


lßa  .,:,|:  ,„  ,  folgende  auf  Grund 
und  den  entsprechenden  |  berechnete  Tabelle 

Spannungen,  Temperaturen,  Volumina  und  Wärmemengen  von 

lkg  Dampf. 


Mit  25  pCt. 
Wassergehalt 


VoL 
obm. 


WE 


hl 

U    00  CS 

3  ?  0 

c-i 


Gesättigt 


Vol.  WE 
obm 


260 


Vol 
ebra 


WE 


0,1 

0,2 

0,5 
2,0 
3,0 
4,0 
5,0 
6,0 
7,0 


1,166 
1,705 


503,72 
504,89 


0,871  608,07 
0,454  518,71 
0,346  523,57 
0,281  527,53 


0,236 
0,205 


530,92 
533,87 


0,180  536,71 


101,76 
104,24 
110,76 
132,80 
142,82 
15C,99 
157,94 
164,03 
169,46 


1,555 
1,433 
1,161 
0,605 
0,461 
0,374 
0,315 
0,273 
\24( 


637,54 

638,29 

640,28 

|647,00 

650,06 

652,55 

654,66 

656,53 

658  16 


0,874 
0,648 
0,515 
0,425 
0,362 
0,314 


703 
702 
700 
699 
698 
697 


Ueberhitst 
276° 


VoL 
cbm 


WE 


300« 


Vol. 
obm 


WE 


0,931 
0,692 
0,550 
0,455 
0,388 
0,337 1 


715 
714 
712 
711 
710 
709 


0,989 
0,736 
0,585 
0,485 
0,414 
0,360 


727 
726 
724 
723 
722 
721 


das  Volumen  und  den  Wärmeinhalt  der  gesättigten  Dampfe_ 

ao  i8t  bei  Ueberbitzungen  auf  250°  276°  M) 

für  4  Atm.  Ueberdruck  Volumen:  138  H7  lob 

WE:  107  109  111 

für  5  Atm.  Ueberdruck  Volumen:  134  144  164 

WE:  107  108,5  110 

für  6  Atm.  Ueberdruck  Volumen:  132  142  162 

WE:  106,3  108,1  109,9 


|    820*  C 

Vol. 

WE 

1  cbm 

1,035 

737 

1,771 

735 

0,614 

734 

0,509 

732 

0,435 

731 

0,377 

780 

100, 

320°  C 

104 

114 

162 
112 

160 

III 

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446 


R.  KIRCHNER   DAS  PAPIER   Ul  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Wir  sehen  also  durch  die  Ueberhitzung 
auf  320»  C  die  Volumina  der  Dämpfe  um 
60  bis  64  pCt  der  ursprünglichen  wachsen, 
während  die  Wärmemengen  der  überhitzten 
Dampfarten  nur  um  11  bis  14pCt.  zunehmen. 

Beachtenswert  ist  auch,  dasa  1  kg 
Dampf  von  niederer  Spannung  bei  Ueber- 
hitzung auf  einen  bestimmten  Grad  mehr 
Wärme  enthält  als  1  kg  mit  hoher  Span- 
nung: 1  kg  2  Atm.  0  320'  C  überhitzt 
737  WE;  1  kg  7  Atm.  Ü  820«  C  überhitzt 
730  WE. 

Man  kann  also  Dampf  von  niederer 
Spannung  etwas  höher  mit  Wärme  beladen 
als  hochgespannten,  dabei  verhalten  sich 
die  Volumina  der  aufgeführten  2  Dampf- 
arten wie  1,036  :  0,377  oder  100  :  36,4. 

Es  ist  wissenschaftlich  und  praktisch 
erwiesen,  dass  überhitzter  Dampf  zur  Um- 
setzung der  Wärme  in  mechanische  Arbeit 
in  unseren  Dampfmotoren  gegenüber  ge- 
sättigtem Dampf  schätzbare  wirtschaftliche 
Vorteile  bietet 

Die  Wissenschaft  ist  gegenwärtig  noch 
bemüht,  die  Wärmeersparnisse  näher  zu 
bestimmen. 

Nach  Bern er-Mü neben  *)  hat  man  bei 
Verwendung  überhitzten  Dampfes  zum  Mo- 
torenbetrieb die  Ersparnisse  durch  die 
rationelle  Kessel-  und  Ueberhitzeranordnung 
von  denen  durch  die  Maschine  selbst  zu 
unterscheiden,  ferner  muss  Ersparnis  oder 
Verlust  in  der  Rohrleitung  Berücksichtigung 
finden. 

Nach  vier  veröffentlichten  Versuchen  der 
elsässiscben  Dampfkesselbesitzer  sind  durch 
Damptüberhitzung  Wärmeersparnisse  am 
Kessel  von  9,6  bis  21,1  pCt.  und  Wärme- 
ersparnisse in  der  Kolbendampfmaschine 
von  13,6  bis  5  pCt.  und  eine  Gesamtkohlen- 
ersparnis  von  20  bis  23,5  pCt,  beobachtet 
worden. 

Berner  selbst  findet  bei  Versuchen 
an  einer  230  PS  zweizylindrigen  Dampf- 
maschine, die  einmal  mit  7,1  Atm.  Ü  ge- 
sättigtem Dampf,  das  anderemal  mit  7,14 
Atm.  Ü,  234°  C  überhitztem  Dampf  gespeist 

*)  Zeitschritt  dos  Vereins  Deutscher  Ingenieure 
Jg.  ,1905  S.  1061  und  S.  1113,  Wochenblatt  für 
Papierfabrikation  Jg.  1905  S.  2854. 


wurde,  für  letzteren  auf  Grund  der  Beobach- 
tungsresultate und  Rechnung,  also  theo- 
retisch: 

7,57  •/•  Wärmeersparnis  an 

den  Kesseln, 
3,33  „  Wärmeersparnis  in 
der  Maschine, 

zusammen      10,90  °/o  Gesamtersparnis. 

Mehrverlust     1,69  „     bei  Fortleitung  des 

überhitzten  Dampfes 
in  der  Rohrleitung, 

bleiben  9,21  •/•    Ersparnis  bei  Be- 

nutzung über- 
hitzten Dampfes. 
Bei  den  Versuchen  hatte  man  für  1  PS  i  /std 
8,48  kg  gesättigten,  7,95  kg  überhitzten 
und  1,348  kg  bezw.  1,230  kg  Kohle  ver- 
braucht, demnach  eine,  wirkliche  Kohlen- 
ersparnis von  8,75  pCL  erzielt. 

Berner  kommt  zu  dem  Schluss,  dass  bei 
sachverständiger  Ausnutzung  der  Vorteile 
der  Ueberhitzung  bei  Temperatur- 
unterschieden von  je  50*  C  gegen 
gesättigten  Dampf  gleicher  Spannung  in  der 
Maschine  bestimmt  auf  folgende  Wärme- 
Ersparnisse  gerechnet  werden  kann : 

1)  Einzylinder-Auspuffmaschine  8  bis  12  °/o 

2)  „  Kondensations- 

maschine 7  „ 

3)  Zweizylinder-       „  6,5  „ 

4)  Dreizylinder-        „  6  „ 
Auf  diese  Ueberlegenheit  der  Heiss- 

dampf-  über  die  Sattdampfmaschine  sei 
jetzt  bei  rationeller  Bau-  und  Betriebsweise 
bestimmt  zu  rechnen. 

Der  Kohlen  verbrauch  hängt  von 
der  Leistung  der  ganzen  Dampfanlage 
(Kessel,  Bohrleitung,  Motor)  ab. 

Die  Ersparnisse,  welche  bei  Er- 
zeugung des  Dampfes  in  den  Dampf- 
kesselanlagen gemacht  werden,  kom- 
men naturgemäss  auch  der  Verringerung 
der  Heizkosten  unserer  Kocher 
mit  Dampf  direkt  zu  gute. 

Welche  Vor-  oder  Nachteile  über- 
hitzter Dampf  sonst  zum  Heizen  von 
Kochapparaten  unserer  Industrie  gegen- 
über gesättigtem  oder  nassem  Dampf  bietet, 
ist  noch  wenig  erforscht 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Man  kennt  im  allgemeinen  den  über- 
hitzten Dampf  in  seiner  rationellen  Her- 
stellung, seinen  Wärmegehalt,  seine  Eigen- 
schaften und  seine  Wirkung  auf  das  Koch- 
gut  noch  zu  wenig.  Zuverlässige  Ver- 
gleichsversuche fttr  den  gleichen  Koch- 
apparat einmal  mit  gesättigtem,  einmal 
mit  überhitztem  Dampf  betrieben,  liegen  bis 
jetzt  nicht  vor.  Immerhin  haben  sich  schon 
seit  längerem  viele  Zellstoffler  über  den 
Wert  des  überhitzten  Dampfes  zum  Heizen 

ein  Urteil  gebildet 

Verfasser  ist  in  der  Lage,  die  Urteile 
zweier  praktisch  hervorragend  tüchtiger 
Sulfitstoffabrikanten  mitzuteilen. 

Der  eine,  welcher  stehende,  indirekt 
beheizte,  grosse  Sulfitkocher  betreibt,  über- 
hitzt den  Dampf  zum  Kochen  nur  wenig 
(15— 20*0),  er  will  die  Temperatur  wegen 
schneller  Zerstörung  der  Heizschlangen 
nicht  allzuhoch  steigern  und  schlägt  den 
Vorteil  der  Ueberhitzung  des  Kochdampfes 
für  Kochzwecke  nicht  hoch  an. 

Der  andere,  welcher  direkt  beheizte, 
stehende  Kessel  betreibt,  hat  schon  vor 
14  Jahren  die  Versuche  gemacht,  seine 
Kocher  mit  Sattdampf  und  Heissdampf  aus 
verschiedenen  Kesseln  geheizt  und  in  beiden 
Fällen  Wasser-  und  Kohlenverbrauch  fest- 
gestellt. 

Darnach  habe  sich  sehr  hoch  über- 
hitzter Dampf  als  nicht  um  soviel  mehr 
wert  erwiesen,  als  er  mehr  kostet  als 
wenig  überhitzter.  Hauptsache  sei,  dass 
der  Dampf  an  der  Verwendungsstelle  noch 
trocken  ankomme.  Trocken  bleibe  der  ge- 
wöhnliche trockene  Kesseldampf  wegen  Ab- 
kühlung u.  Reibung  in  derRohrleitung  nicht; 
er  werde  schon  in  der  Rohrleitung  nass. 
Es  gäbe  Kondensationswasser  in  den  Rohren, 
wodurch  ein  Teil  der  Dampfwärme  für 
den  beabsichtigten  Zweck  verloren  gehe. 
Es  entstanden  auch  andere  Nachteile  durch 
das  Kondensationswasser.  Er  empfehle 
eine  mftssige  Ueberhitzung  von  50—80°  C, 
man  erhalte  dadurch  immer  noch  trockenen 
Dampf  in  den  Kocher,  welcher  das  An- 
heizen beschleunige  und  die  Kochlösung 
nicht  so  stark  verdünne. 


Bei  indirekter  Heizung  werde  sich  bei 
überhitztem  Dampf  auch  geringerer  Dampf- 
verbrauch und  schnelleres  Ankochen  er- 
geben, aber  er  befürchte  bei  starker  Ueber- 
hitzung das  schnelle  Ansetzen  einer  dicken 
Kruste,  wodurch  wieder  Heizeffekt  ver- 
loren gehe 

Herr  C.  Solbrig  ist  mit  einer  sehr 
günstigen  Beurteilung  des  überhitzten  Dam- 
pfes zur  indirekten  Heizung  von  Sulfit- 
kochern an  die  Oeffentlicbkeit  ♦)  getreten. 
Er  vermeint,  eine  ganz  bedeutende 
Abkürzung  des  indirekten  Koch- 
prozesses bei  Verwendung  überhitzten 
Dampfes  zu  erreichen,  unter  Umständen 
könne  sogar  das  Dämpfen  des  Kocher- 
inhaltes  (wie  es  Prof.  Mitscherlich  einge- 
führt hat)  ganz  in  Wegfall  kommen. 
Solbrig  sagt,  dass  man  bei  Anwendung 
überhitzten  Dampfes  von  270*  G  in  Kupfer- 
schlangen von  4  mm  Wandstärke  gegen- 
über Sattdampf  von  2"/*-8  Atm.  0  in 
Bleischlangen  von  8  mm  Wandstärke  unter 
Beibehalten  des  Dämpfens  82Stunden, 
bei  Aufgeben  des  Dämpfens  40  Stunden  bei 
Durchführung  des  Kochprozesses  sparen 
könne,  wodurch  eine  bedeutende  Verringe- 
rung der  Selbstkosten  für  Kohle,  Löhne, 
Abnützung,  Zinsen  etc.  erreicht  werde. 

Es  ist  sehr  verdienstvoll,  auf  solche 
Vorteile  hingewiesen  zu  haben,  doch  liegen 
nachdem  Wortlaut  des Solbrig'schen  Textes, 
z.  B. :  „Es  dürfte  nach  diesem  Ver- 
fahren eine  Kochung  somit  schon  bei  20 
Stunden  und  früher  beendet  sein"  und 
ähnlichen  Redewendungen  anscheinend  keine 
wirklichen  Beobachtungen  der  Praxis  vor. 

Verfasser  ist  ausser  stände,  bestimmte  zu- 
verlässige Beobachtungsresultate  der  Praxis 
mitzuteilen.  Die  Wissenschaft  ist  auoh  eben 
erst  bemüht,  die  Eigenschaften  des  überhitz- 
ten Dampfes  zu  erforschen.  Es  ist  daher  für 
näheres  Studium  dieser  Frage  auf  die  schon 
von  Herrn  Solbrig  genannte  „Anwendung  des 
überhitzten  Dampfes  im  Dampfmaschinen« 
betriebe"  von  0.  Herre,  Dinglers  Polytech- 
nisches Journal  Bd.  312,  Jg.  1899,  Heft 
1-10,  und  auf  die  neue  Forschungsarbeit 

•)  Papierfrbrikant,  Jg.  1906. 


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448 


E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


von  0.  Berner  „Die  Fortleitung  des  über- 
hitzten Wasserdampfes",  Mitteilungen  über 
Forschungsarbeiten  auf  dem  Gebiete  des 
Ingenieurwesens,  Heft  21,  Berlin  1905,  Ver- 
lag von  Julius  Springer,  hinzuweisen. 

Es  mag  immerhin  zur  Klärung  der 
Frage,  welche  Vor-  und  Nachteile  beim 
Heizen  unserer  Kochapparate  mit  über- 
hitztem Dampfe  entstehen,  beitragen,  wenn 
die  durch  Beobachtungen  und  Versuche 
festgelegten  Eigenschaften  des  gesattigten 
und  des  überhitzten  Dampfes  hier  noch- 
mals zusammengefasst  werden. 

Gesättigter  Dampf  enthalt  neben 
der  Flüssigkeitswärme  (Gleichung  a.S  444) 
noch  Verdampfungswärme  (Gleichung  c.  S. 
444).  Die  Menge  der  Wärme  in  1  kg  Dampf 
ist  abhängig  von  der  Temperatur. 

Die  Temperatur  gesättigten  Dam- 
pfes ist  vollständig  bestimmt  durch 
die  S p ann u n g  desselben  und  umge- 
kehrt Der  Spannung  entspricht  ausser- 
dem ein  ganz  bestimmtes  Volumen  für 
1  kg  gesättigten  Dampf. 

Wird  dam  Dampf  wie  beim  direkten 
und  indirekten  Heizen  von  Flüssigkeiten 
oder  durch  Reihung  und  Abkühlen  beim 
Fortleiten  in  Röhren  Wärme  entzogen,  so 
findet  ein  Spannungsverlust  und  eine  Tem- 
peraturerniedrigung statt.  Die  hierbei  ver- 
brauchte Wärme  ist  in  der  Hauptsache 
latente,  zum  kleinenTeil  Flüssigkeitswärme ; 
es  kondensiert  ein  bestimmter  Teil  des 
Dampfes  zu  Wasser.  Mit  dem  Temperatur- 
abfall ist  ein  entsprechender  Spannungs- 
abfall verbunden. 

Die  Abgabe  der  Wärme  gesättigten  Dam- 
pfes und  dessen  Kondensation  zu  Wasser 
findet  verhältnismässig  schnell  und  leicht 
statt  Gesättigter  Dampf  heizt  schnell  und 
energisch. 

Gesättigter  Dampf  kondensiert  infolge 
Reibung  und  Abkühlung  schon  in  den 
Leitungsröhren.  Die  nassen  Rohrwände 
erhöhen  die  Reibung  und  fördern  die  Ab- 
kühlung, d.  h.  sie  erhöhen  den  Wärme- 
verlust 

Die  Geschwindigkeit  mit  der  gesättigter 
Dampf  durch  die  Röhren  geleitet  werden 
kann,  ist  eine  beschränkte.  (10  80  m/sek. 


dürfte  für  Heizungen  empfehlenswert  sein.) 

Ueberhitzter  Dampf  enthält  neben 
Flüssigkeits-  u.  Verdampfungswärme  noch 
Ueberbitzungewärme  (Gleichung  g  S.  446) ; 
er  nimmt  bei  konstanter  Spannung  mit 
zunehmender  Ueberhitzung  an  Temperatur, 
Wärmemenge  und  Volumen  (Gleichung  h 
S.  445)  zu,  seine  Dichte  nimmt  ab;  bei 
gleichbleibendem  Volumen  oder  gleich- 
bleibender Dichte  steigt  bei  Erhöhung  der 
Temperatur  die  Spannung  und  die  Wärme- 
menge. 

Bei  Wärmeentziehung  sinkt  die  Tem- 
peratur und  Spannung,  und  erst  nach  Ent- 
nahme der* ganzen  Ueberhitzungswärme  ist 
gesättigter  Dampf  übrig,  der  bei  weiterer 
Wärmeentziehung  zu  Wasser  kondensiert 
Bei  gut  umhüllten  Rohrleitungen  hat  Berner 
pro  laufenden  Meter  0,4—2*  G  Temperatur- 
verlust konstatiert.  (Man  rechnet  durch- 
schnittlich pro  laufenden  Meter  Rohrleitung 
1°  C  Temperaturerniedrigung.) 

Ueberhitzter  Dampf  ist  ein  schlechter 
Wärmeleiter;  er  gibt  auch  seine  Ueber- 
hitzungswärme schwerer  an  Rohrwände  ab 
als  gesättigter  Dampf  seine  latente  Wärme ; 
er  lässt  sich  bei  gleichen  Wärme-  oder 
Energieverlusten  in  Rohrleitungen  viel 
schneller  leiten ;  man  darf  daher,  wenn 
man  diese  Verluste  für  überhitzten  und  ge- 
sättigten Dampf  gleich  gestalten  will,  die 
Geschwindigkeit  des  letzteren  viel  grösser 
und  damit  die  Rohrleitungsquerschnitte  ent- 
sprechend kleinerwählen.  (Mit der  Leitung*  - 
geachwindigkeit  überhitzten  Dampfes  ist 
man  auf  40  bis  45  m  gegangen.) 

unberücksichtigt  darf  gelassen 
dass  der  Wärmeverlust  bei  der 
Fortleitung  der  Dämpfe  in  Rohrleitungen 
um  so  grösser  wird,  je  grösser  der  Tem- 
peraturabfall (t  j  - 1)  ist,  und  dass  hier  der 
überhitzte  Dampf  im  Nachteil  gegen  den 
gesättigten  Dampf  ist. 

Nach  Berner  liegt  der  Wärmeverlust 
pro  1  Stunde  und  1  qm  Rohrinnenfläche 
nach  den  verschiedenen  Umständen  für  ge- 
sättigten Dampf  zwischen  400-6100  WE. 
für  überhitzten  Dampf  zwischen  1100— 
11000  WE,  woraus  für  Überhitzten  Dampf 
sich  ein  Nachteil 


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E.  KIRCHNER  DAS  PAPIER.  HI  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


449 


Berichtigung.  Gleichung  (a)aaf  S.  444  linke 
Spalte  unten  muss  heisseu: 

q       (t  -f-  0.00002  V  •+■  0,0000003  ts)  WE 

Yerfas»er  bittet,  die  beim  Druck  wegge- 
bliebenen Ziffern  2  und  S  hinter  den  4  bezw. 
6  Nullen  hinter  dem  Komma  nachzutragen. 

Die  Frage,  ob  die  Teile  des  Kochguts 
im  Kocher,  die  an  den  Eintrittsstellen  des 
Dampfes  an  den  Rohrwandungen  (beim  in- 
direkten Kochen)  liegen  oder  die  zunächst 
vom  einströmenden  Dampf  (direktes  Kochen) 
getroffen  werden,  bei  hoch  überhitztem 
Dampfe  nicht  selbst  zu  hoch  miterhitzt 
und  für  den  Aufschliessungsprozess  geschä- 
digt werden,  ist  bisher  von  keiner  Seite  be- 
rührt worden;  jedenfalls  setzt  die  Erzielung 
tadellosen  Stoffes  der  Ueberhitzung  ihre 
Grenzen ;  denn  unser  Kochgut  (Stroh  und 
Holz)  verträgt  auch  in  durchnässtem  Zu- 
stande zu  hohe  Temperaturen  bei  längerer 
Einwirkung  schwerlich. 

Der  oben  erwähnte  zweite  Gewährs- 
mann kocht  mit  6  Atm.  Ü,  um  80*  G  erhitztem 
Dampf ;  er  kommt  also  nach  der  Tabelle 
S.  445  auf  184  +  80  =  244»  C  Dampf- 
temperatur; Solbrig  will  nicht  über  270° 
Dampftemperatur  wegen  Schonung  der 
kupfernen  Heizschlangen  gehen. 

Nehmen  wir  diese  Ueberbitzungen  als 
zweckmässig  an,  so  interessieren  die  Ver- 
gleiche der  Tabelle  S.4*5  für  250«  C  resp. 
275«  C  Ueberhitzung.   Wir  erfahren: 
1  kg  Dampf  von  3  Atm.  Ü 

i  ist  142,8'  C  warm 
gesättigt  ]  nimmt  0,461  cbm  Raum  ein 

<  enthält  650  WE 
überhitzt   auf  250»  C 

nimmt  0,648  cbm  Raum  ein 
enthält  702  WE 
überhitzt    auf  270°  C 

nimmt  0,692  cbm  Raum  ein 
enthält  714  WE 
von  6  Atm.  Ü 

Iist  164*  C  warm 
nimmt  0,273  cbm  Raum  ein 
enthält  656,5  WE 
überhitzt    auf  250»  C 

nimmt  0,362  cbm  Raum  ein 
enthält  698  WE 


überhitzt    auf  275*  C 

nimmt  0,388  cbm  Raum  ein 
enthält  710  WE. 

Hieraus  kann  man  wichtige 
Schlüsse  ziehen.  Zunächst  ist  die 
Wärmemenge  der  überhitzten  Dämpfe  um 
52  bezw.  64  und  41,5  bezw.  54,5  WE  ver- 
mehrt. Ferner  erkennt  man  deutlich,  dass 
die  Wärme  des  überhitzten  Dampfes  ge- 
ringerer Spannung  (3  Atm.)  sowohl  in  quan- 
titativer als  auch  in  qualitativer  Beziehung 
einen  kleinen  Vorzug  gegen  die  Wärme 
überhitzten  Dampfes  höherer  Spannung 
(6  Atm.)  hat  Ersterer  enthält  bei  275°  C 
714,  letzterer  710  WE,  ersterer  kann  714 
-650  =  64  WE,  letzterer  darf  nur  710— 
656,5  =  53,5  WE  verlieren,  ehe  Gesättigt- 
sein eintritt.  Freilich  muss  der  Querschnitt 
der  Rohrleitung  für  die  3  Atm.  gespannten 
Dämpfe  fast  doppelt  so  gross  sein  als  die 
für  6  Atm.  gespannten,  was  wieder  einen 
grösseren  Abkühlungsverlust  mit  sich  bringt 

Sehr  wichtig  für  energisches 
Heizen  sowohl  mit  indirektem  als  auch 
mit  direktem  Dampf  ist  die  T  e  mp  eratur- 
differenz  zwischen  Heizdampf  und 
Flüssigkeit  Die  Temperatur  der  Flüssigkeit 
wechselt  nun  beim  Sulfitverfahren  (bei  Be- 
ginn der  Kochung)  von  50  bis  20*  C  (bei  Be- 
endigung) auf  128  bis  140*  C.  Je  grösser 
nun  die  Temperaturdifferenz,  je  heftiger  und 
wirksamer  ist  natürlich  die  Zirkulation. 

Für  indirektes  Fertigkochen  bei  128°  C 
Temperatur  ist  bei  gesättigtem  Dampf 
von  3  Atm.  eine  Temperaturdifferenz  von 
142,8  - 128 = 14,8°  C,  bei  gesättigtem  Dampf 
von  6  Atm.  von  164  — 128  «=  36°  C  vor- 
handen, bei  275*  C  überhitztem  Dampf  ist 
dieTemperaturdifferenz  275  — 128  =  147*  C; 
daraus  ist  ein  träger  Verlauf  der  Beendi- 
gung des  Kochprozeases  bei  Verwendung 
gesättigter  Dämpfe,  ein  flotter  Verlauf  bei 
überhitzten  Dämpfen  unschwer  erklärt ; 
denn  der  Uebergang  der  Wärme  von  Heiz- 
dampf durch  die  Rohrwand  in  die  Flüssig- 
keit steigt  proportional  der  Temperatur- 
differenz. 

Nimmt  man  Verwendung  von  gesättigtem 
Kochdampf  von  3  Atm.  0  an,  so  enthält  1  kg 

9.  Bogen  1905. 


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450 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


desselben  nach  TabeUe  S.  446  650  WE, 
seine  Temperatur  ist  142,8  »O.  Bei  einer 
Anfangstemperatur  von  öO'C  im  Kocher 
ist  die  Temperaturdiflerenz  142,8  —  60  = 
92,8*  C,  bei  erfolgender  Kondensation  zu 
Wasser  von  50^0  sind  nur  noch  50,09  WE 
in  dem  Kondensationswasser,  d.  h.  es  sind 
650-50,09^600  WE  in  die  Koch- 
flüssigkeit aber  gegangen.  Be- 
schliesst  man  die  Kochung  mit  128*  C,  so 
ist  die  Temperaturdifferenz  zwischen  Heiz- 
dampf und  Kocherinhalt  nur  noch  142,8  — 
128  =  14, 8 «C.  Das  bei  Kondensation 


gezeichneten  Diagrammen.  Fig.  213  für 
Dampf  von  3  Atm.  ü,  Fig.  214  für  Dampf 
von  6  Atm.  0. 

Die  geringe  Erhöhung  der  Wärme- 
mengen des  Dampfes  durch  Ueberhitzung 
erkennt  man  an  den  oberen  doppelt 
s  taffierten  Rechtecken  oberhalb  der 
oberen  horizontalen  starken  0-  Linien, 
die  wesentlichen  Temperaturdifferenz-Er- 
höhungen  aber  an  den  untenstehenden 
Temperaturdifferenz-Diagrammen,  in  denen 
die  jeweilig  ablesbaren  Temperaturdiffe- 
renzen  durch  die  schrägen  Linien  für  ge- 


3  OuU. 


Flg.  213. 


Flfl.  214. 


entstehende  Kondensationswasser  von 
128  *C  enthält  129  WE,  somit  können  in 
diesem  Falle  nur  660 -129  «521  WE  in 
den  Kocherinhalt  übergegangen  sein. 

Die  Wärmemengen,  die  bei  allen  Zwischen- 
stufen der  allmählichen  Kochererwärmong 
übergehen,  und  die  jeweiligen  Temperatur- 
differenzen  zwischen  Dampf  und  Kocher- 
innerem erkennt  man  leicht  aus  den  neben 


sättigten  Dampf  und  die  auf  250, 275, 300  und 
320' C  überhitzten  Dampfarten  eingezeichnet 
sind. 

Gehen  wir  einen  bestimmten  Fall  durch 
und  fragen  uns,  wie  viel  WE  werden  dem 
Kocherinhalt  durch  eine  etwas  mit  Stein 
belegte  Kupferrohr-Heizleitung  zu  Anfang 
und  Ende  der  Kochperiode  pro  qm  Heiz- 
fläche und  Stunde  zugeführt  und  zwar  bei 


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E.  KIRCHNER  DAS  PAPIER.  III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  451 


Verwendung  gesättigten  Dampfes  von  3  Atm. 
0  (142,8*  C)  und  dann  mit  auf  260  *C 
überhitztem  Dampf? 

Nehmen  wir  nach  dem  Kocherdiagramm 
Fig.  160  S.  353  an,  die  träge  zirkulierende 
Flüssigkeit  seün  beiden  Fällen  zu  Anfang 
52,8  •  warm,  zu  Ende  125,8',  so  ist  die 
Dach   S.  390  massgebende  Temperatur- 
differenz (ta  —  tf )  bei 
gesättigtem  Dampf   überhitztem  Dampf 
zu  Anfang  90  •  C  zu  Anfang  eo  197  •  G 
zu  Ende    17  »G  zu  Ende  col24»C. 

Die  in  1  Stunde  und  durch  1  Quadratmeter 
mit  Kruste  belegte  Rohrheizfläche  in  die 
Flüssigkeit  übergeführte  Wärme  ist  dann 
O  —  kt  (td— tr ),  folglich  bei 
gesättigtem  Dampf 
zu  Anfang  604.90      54360  WE 
zu  Ende    60* . 17  r«  10268  WE 

überhitztem  Dampf 
zu  Anfang  604.197  =  118988  WE 
zu  Ende    604. 124  =   74896  WE 
wenn  k,  =  604  als  richtig  angenommen 
wird. 

An  diesen  Rechnungsresultaten  erkennt 
man  theoretisch  den  Wert  der  Dampfüber- 
hitzung.  Erliegt  nicht  etwa  vor- 
wiegend in  de  m  et  w  as  höheren 
Wärmegehalt  des  Dampfes,  son- 
dern besonders  in  der  Güte 
oder  in  der  höheren  Temperatur 
desselben,  welche  zu  einer  viel  höheren 
Temperaturditferenz  zwischen  eintretendem 
Dampf  und  Kocherinhalt  von  Anfang  bis 
zu  Ende  des  Kochprozesses  rührt. 

Von  dieser  Temperaturdifferenz  ist  nun 
besonders  bei  der  indirekten  Heizung 
nach  dem  S.  390  Gesagten  die  Heizkraft 
des  Dampfes  bezw.  der  Uebergang  der 
Wärme  des  Dampfes  in  die  Kochflüssigkeit 
direkt  abhängig. 

Sache  der  Praxis  ist  es,  die  für  die  ver- 
schiedenen Stoffe  günstigsten  Ueberbit- 
zungsgrade  des  Heizdampfes  auszuprobieren 
und  sich  die  Vorteile  der  Dampfüberhitzung 
zu  nutze  zu  machen.  Diese  Vorteile 
sind  bei  der  indirekten  Heizung  wahr- 
scheinlich recht  nennenswerte. 

Dass  man  übrigens  längst,  auch  mit 


gesättigtem  Dampf,  in  verhältnismässig 
kurzer  Zeit  Sulfitstoff  zu  kochen  versteht, 
ist  in  vorstehenden  ausführlichen  Besprech- 
ungen der  in-  und  ausländischen  Kochver- 
fahren genügend  zum  Ausdruck  gekommen. 
Von  dem  S.  447  erwähnten  ersten  Gewährs- 
mann, der  vom  Ueberbitzen  nicht  viel  hält, 
weiss  ich,  dass  er  bei  indirekter  Heizung  mit 
gesättigtem  Dampf  in  18-20  Stunden  die 
Kochungen  vollenden  kann.  Es  kommt 
dabei  ganz  wesentlich  auf  den  Dampfdruck 
oder  die  Höhe  der  Temperatur  des  Dampfes, 
auf  die  Grösse  der  Heizfläche  und  aut  die 
Führung  des  Kochprozesses  an. 

Der  stehende  Kocher  ist  zum  Schnell- 
kochen besser  geeignet  als  der  liegende 
Kocher. 

Bei  der  indirekten  Dampfheizung  der 
Sulfitkocher  hat  man  in  den  letzten  Jahr- 
zehnten die  Heizflächen  meistens  vergrös- 
sert,  auch  den  Druck  bezw.  die  Temperatur 
erhöht  und  sich  dadurch  das  Mittel  ge- 
schaffen, die  Kochzeit  zu  verringern. 

Nach  dem  S.  388  Gesagten  genügte  für 
Betrieb  eines  liegenden  Kochers  von  4  m 
Durchmesser,  12  m  Länge  mit  115  cbm 
freiem  inneren  Raum  (davon  102,5  cbm 
gefüllt,  S.  352  r.  Sp.  unten)  eine  kupferne 
Heizschlange  von  27  qm  Heizfläche  bei 
3«/*  Atm.  Üeberdruck  (co  149»  C)  für  in- 
direkte Langsamkochung. 

S  o  1  b  r  i  g  nimmt  für  indirekte  Heizung 
eines  stehenden  Kochers  mit  190  cbm  in- 
nerem Räume  bei  7  Atm.  Üeberdruck 
(co  169°  C)  gesättigtem  Dampf  bVU  qm 
Heizfläche  des  240  m  langen  Heizrohres 
von  68  mm  äusserem  und  60  mm  1.  Durch- 
messer an. 

Im  ersten  Falle  kommt  auf  1  cbm  in- 
27 

neren  Kocherraum  -j^  =  0,235  qm  Heiz- 

51V4 

fläche,  im  zweiten  Falle  =  0,27  qm 

Heizfläche.  Solbrig  hat  demnach  nicht  nur 
eine  etwas  grössere  Heizfläche,  sondern 
ist  auch  im  Vorteil  durch  höhere  Tem- 
peraturdifferenz zwischen  Dampf  und  Koch- 
flüssigkeit 


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452 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Neuere  liegende  Sulfitkocher  mit  160 
und  190  cbm  innerem  freien  Raum  wurden 
mit  520  bezw.  650  m  langen  Hartbleirohr- 
Heizschlangen  mit  40  mm  äusserem  und 
2U  mm  innerem  Durchmesser  versehen, 

das  entspricht         =»  0,48  bezw. 

=  0,43  qm  Heilfläche  für  1  cbm  inneren 
Raum ;  die  Heizrohre  können  mit  8  Atm.  Ü 
^  174°G  gesättigtem  Dampf  geheizt  werden. 

Stehende  SulQtkocher  mit  70  cbm  in- 
nerem Raum  finden  sich  mit  4  getrennten 
kupfernen  Heizschlangen  im  unteren  Teile 
des  Kochers,  je  von  70  m  Länge,  58  mm 
äusserem  und  50  mm  innerem  Durchmesser. 
280  m  im  ganzen  ergeben  51  qm  Heiz- 
fläche, oder  auf  1  cbm  inneren  Raum 
51 

kommen  ^  S  0,78  qm  Heizfläche,  die 

mit  7  Atm.  Ü  gesättigtem,  also  109*  C 
warmem  Dampf  gespeist  werden, 

Man  erkennt  an  diesen  Beispielen,  das» 
man  sich  auch  ohne  Ueberhitzung 
des  Dampfes  durch  Erhöbung  des  Druckes 
(und  damit  Anwendung  einer  höheren 
Temperatur)  und  Vergrösserung  der  Heiz- 
fläche der  Dampfschlange  die  Vorteile  einer 
abgekürzten  Kochzeit  verschafft  hat. 

Höchstwahrscheinlich  erreicht  man  die- 
selben Vorteile  schon  mit  kleineren  Heiz- 
flächen, sobald  man  den  Dampf  auf  250 
bis  275°  C  überhitzt.  Es  ist  ja  möglich, 
durch  grosse  Temperaturdiffe- 
renz einen  schnellen  Uebergang 
der  Wärme  in  die  Kochflüssig- 
keit und  dadurch  eine  lebhafteZir- 
kulation  letzterer  zu  unter- 
halten. 

Die  Heizung  durch  direktes  Ein- 
führen von  Dampf  in  die  Kochflüssigkeit 
ist,  wie  schon  S.  354  gesagt  und  an  dem 
Diagramm  Fig.  162  gezeigt  war,  für  Schnell- 
kochen besonders  geeignet  Wenn  hier- 
bei zu  Ende  des  Kochens  die  Tempera- 
turdifferenz ( td  —  tf )  noch  eine  genü- 
gende ist,  wie  es  nach  dem  aus  der  Praxis 
stammenden  Diagramme  Fig.  162  auf  S.  354 
ersichtlich  ist,  so  bat  das  immerhin  be- 
sondere Kosten  verursachende) 


Oberhitzen  weniger  oder  keinen 
Wert  Nehmen  wir  6  Atm.  gespannten 
gesättigten  Heizdampf  an,  so  tritt  er  mit 
164«  C  in  den  Kocher  ;  es  ist  bei  139  «C 
Fertigkochtemperatur  schliesslich  noch 
eine  Temperaturdifferenz  von  25  0  C  vor- 
handen, welche  sich  also  für  schnelles 
Fertigkochen  mit  direktem  Dampf  als  ge- 
nügend gezeigt  hat 

Vollendung  der  Kochung. 

In  den  Soda-  und  Sulfat-Zel  Istoff fabri- 
ken*  wird  wohl  heute  noch  meistens  d  i  e 
Kochung  nach  der  Erfahrung  be- 
endet. Es  gehört  nur  aufmerksame  Be- 
obachtung dazu,  auf  bestimmte  Rohst  off  - 
und  Laugenmengen  die  anzuwendende 
Zeitdauer  des  Maximaldruckes  bezw.  der 
Maximaltemperatur  unter  Berücksichtigung 
der  Laugenzusammensetzung  zu  ermitteln 
und  später  nach  dem  empirisch  fest- 
gelegten Rezept  für  Laugenzusam- 
mensetzung, Kochtemperatur 
und  Zeitdauer  der  Höchsttempe- 
ra t  u  r  fertig  zu  kochen. 

Gelegentlich  der  Kochdiagramme  S.  350 
etc.  ist  davon  die  Rede  gewesen. 

Fabrikanten,  welche  sich  der  quantita- 
tiven chemischen  Analyse  bedienen  können, 
werden  indes  gut  tun,  ihre  Ablaugen  öfters 
genau  zu  untersuchen  und  ihre  Kochrezepte 
nach  den  hierdurch  gewonnenen  Einblicken 
zu  verbessern. 

Für  das  Sulfit-Zellstoffkochen  bat  Prof. 
Dr.  A.  Mitscherlich  eine  Prüfungsmethode 
auf  Garsein  des  Holzes  angegeben.  Dar- 
nach entnimmt  man  einem  Probierventil 
des  betriebenen  Kochers  in  ein  langes 
Reagensglas  eine  Laugenprobe  und  versetzt 
diese  mit  Ammoniak.  Es  fällt  Calcium- 
monosulfit  (Ca  SO,)  als  körniger  Nieder- 
schlag aus  Die  Menge  dieses  Nieder- 
schlages darf  nicht  unter  ein  gewisses 
Minimum  sinken. 

Prof.  Max  Schubert**  beschreibt  diese 
Prüfung  wie  folgt : 

*  Man  Terjrlcicbe  dio  l'nterBcheidung  der 
Verfahren  S.  848  ad  1—7. 

**  Die  Zelluloiefabrikation  von  Max  Schubert, 

M.  Krayn'a  Verlag,  Berlin  W.,  1807,  S.  106. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.  M  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


4f>3 


„Man  nimmt  ein  etwa  200  mm  langes, 
nnten  geschlossenes  Glasrohr,  in  welches  man 
ungefähr  60  mm  hoch  käufliche  Ammoniak- 
lösung ftUlt,  fasst  das  Rohr  mit  einer  flolz- 
klemme  an,  lä*st  durch  den  Probierhabn  die 
heisse  Kochlango  hinein  (legt  ein  Gunmii- 
plättcben  auf)  und  schüttelt  die  Mischung  gut 
durcheinander.  Das  Glas  wird  in  einen  Ke* 
agensstander  abgestellt.  Das  Ammoniak  ver- 
bindet sich  mit  dem  einen  Teil  der  schwefligen 
Säure  des  doppeltschwelligRauren  Kalkes,  wo- 
durch der  übrig  bleibende  einfach  schwellig- 
saure  Kalk  oder  das  Calciummonosultit  unlös- 
lich wird,  sich  ausscheidet  und  am  Kodon  als 
weisses  Pulver  absetzt.  .To  mehr  sich  nun  der 
Kochprozess  dem  Ende  nähert,  je  weniger 
Bisulfit  ist  darin,  je  niederer,  grobkörniger  und 
gelblicher  wird  der  Niederschlag  bei  Probe- 
entnahme. Erscheint  nur  noch  ein  Ü-8  mm 
hoher  Niederschlag  in  den  von  Viertel-  zu 
Viertelstunde  genommenen  Probrn,  so  ist  die 
Kochung  beendet;  es  muss  der  Gasdruck  ab- 
gelassen oder  das  Gas  übergetrieben  werden." 

In  SulfitstofTfabriken,  wo  die  frischen 
Laugen  titriert  werden  (s.  S.  122  etc.),  ist 
die  eben  beschriebene  Prüfungsmethode 
verlassen ;  man  titriert  die  Kochlösungen 
von  Zeit  zu  Zeit,  gegen  Beendigung  öfter, 
und  wenn  der  Gesamt-SO,- Gebalt  auf  0,6 
bis  äusserst  0,4  pCt.  gesunken  ist,  beendet 
man  den  Kochprozess  durch  Abstellen  des 
Dampfes  und  Abgasen  des  Kochers. 

Bei  genügend  langer,  aufmerksamer 
Beobachtung  erkennt  man  übrigens  das 
Garsein  einer  Kochung  schon  an  der 
weingelben  Farbe,  an  dem  charakteristi- 
schen, stechenden  Geruch  und  der  Klebrig- 
keit der  Flüssigkeit.  Wird  die  Ablauge 
trübe,  dunkelrot  bis  braun  and  besitzt  sie 
einen  unangenehm  süsslichen  Geruch,  gibt 
sie  mit  Ammoniak  keinen  Niederschlag 
und  mit  Jod  keine  deutliche  Reaktion  auf 
S03  mehr,  so  ist  der  Stoff  überkocht, 
d.  h.  er  ist  verdorben,  hat  eine  braune 
Farbe  und  ist  unbleichbar. 

Sowohl  das  Kirchnersche  Diagramm 
Fig.  160  S.  353,  als  auch  das  Dr.  Harpf- 
sche  Fig.  161  S.  354  zeigen  den  Verlauf 
normaler  Sulßtkochungen. 

Die  gewichtsanalytische  Untersuchung 
der  Ablauge  einer  überkochten  Fül- 
lung ergab  nach  Dr.  Harpf*: 

•  A.  flarpf«  Dis«crtation  1802.  Bern.  S.  30. 


9,675  pCt  Trockensubstanz, 
8,452    „   verbrennliche  Körper, 
1,223    „  Asche, 
0,487    „  CaO, 
0,069    „  MgO, 
0,019    „  FeO, 

0,131    „  SO,  =  0,233  pCt  CaS04. 

Der  Fehlbetrag  an  Kalk  (nahezu  55  pCt.) 
und  Basen  im  Vergleich  mit  den  Frisch- 
|  lösungen  mussten  in  den  Ablaugen  als 
organische  Salze  gelöst  oder  im  Stoff  ent- 
halten sein.  Der  Aschengehalt  des  ge- 
waschenen lufttrockenen  Stoffes  war  auch 
,  sehr  hoch,  nämlich  4,372  pCt. 

Nach  Vollendung  des  Kochprozesses 
enthält  der  Kochapparat  den  heissen  Stoff 
mit  der  heissen  Ablauge,  sowie,  wenn 
ein  Dampf-  oder  Gasraum  im  Kocher  vor- 
handen ist,  Wasserdampf  mit  Gasen, 
(in  Sulfitkochergasräumen  S0a). 

Es  muss  nun  bei  rationeller  Arbeits- 
weise angestrebt  werden,  ausser  dem  Stoff 
auch  die  übrigen  im  Kocher  beiindlichen 
Werte  nach  Möglichkeit  zurückzugewinnen. 

Die  Werte  bestehen  bei  den  Soda-  und 
Sulfatverfahren  in  der  Ablauge  selbst, 
welche  in  wieder  verwendbare  Salze  um- 
gewandelt werden,  beim  Sulfilverfahren  in 
der  schwefligen  Säure  der  Abstossgase. 
Ausserdem  lässt  sich  ein  gewisser  Teil 
der  Wärme  der  Abgase  und  Ablaugen 
bei  allen  Verfahren  zurückgewinnen. 

Ablassen 
des  Dampf-    oder  Gasdruckes 
aus  den  Kochapparaten. 

Nach  der  Vollendung  des  Kocbprozesses 
muss  zunächst  die  Temperatur  im  Kocher 
schnell  erniedrigt  werden  ;  dies  wird  durch 
Ablassen  des  Dampfes  oder  der  Gase  aus 
dem  Kocher  erreicht  Früher  stiess  man 
die  Abgase  der  Kocher  in  die  Luft.  In 
der  Gelbstroh8tofjffabrikation  geschieht  dies 
in  manchen  Betrieben  wohl  heute  noch. 
Bei  der  Herstellung  des  StrohstcfTes  mit 
Aetznatron-  und  Sulfatlauge,  sowie  bei  der 
Sulfit-HolzzellstofTfabrikation  erkannte  man 
bald,  dass  die  grossen  Abgas-Mengen  der 
Vegetation  der  Umgebung  schädlich  und  den 
Umwohnern  lästig  worden  und  dass  ausser- 


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454 


E.  KIRCHNER,   DAS  PAPIER.   Hl  B.  u.  G.  ZELLSTOFF. 


dem  das  Abgas  grosse  Mengen  Wärme, 
beim  SulGtkochen  auch  viel  wiedergewinn- 
bare SO,  fortführte.  Der  Kampf  der  Um- 
wohner unserer  industriellen  Anlagen  gegen 
belästigende  üble  Gerüche,  die  Fürsorge 
der  Behörden  für  die  Erhaltung  möglichst 
reiner  Luft  in  unseren  Fabrikgegenden  und 
das  Streben  der  Halbstofffabrikanten,  die 
Herstellung  ihrer  Fabrikate  zu  verbilligen, 
wirkten  zusammen,  das  Abstosgen  der 
Kocbgase  ins  Freie  so  gut  wie  ganz  abzu- 
schaffen. 

Die  Forderungen  der  Behörden  oder 
der  Umwohner  und  die  eines  ökonomischen 
Betriebes  stimmen  hier  glücklich  Überein. 

Wo  das  Abstossen  der  Kocbergase  noch 
geschehen  darf  und  geschieht,  sollte  man 
sich  zunächst  klar  sein,  dass  man  nicht 
nur  eine  grosse  Menge  Dampf  und  damit 
Wärme,  die  man  vorteilhaft  ausnützen 
könnte,  sondern  auch  mitgerissene,  event. 
wertvolle  Kochflüssigkeit  verliert,  welche 
Dächer-  und  Gebäudeteile,  auf  die  sie 
spritzt,  verdirbt  und  in  kurzer  Zeit  repa- 
raturbedürftig macht. 

Um  wenigstens  das  Verspritzen  und 
den  Verlust  mitgerissener  Flüssigkeiten 
zu  vermeiden,  kann  man  einen  einfachen 
Apparat  in  die  Abblaseleitung  einschalten, 
der  hier 

Abdampf-Entwässerer 

genannt  sein  mag  und  der  ganz  nach  dem 
Prinzip  des  S.  148  beschriebenen  und 
Fig.  30  und  31  skizzierten  Spänesammlers 
(Zyklon,  Isolator)  gebaut  sein  kann. 

Verfasser  wandte  solche  Abdampf-Ent- 
wässerer für  Abblasen  der  Natronzellstofl- 
kocher  in  Aschaffenburg  schon  1876  an 
und  gewann  nicht  unbedeutende  Mengen 
mitgerissener,  brauner  Kochlaugen  zurück, 
die  in  das  Sammelbassin  der  zu  regene- 
rierenden Laugen  zurückgeleitet  wurden. 

Noch  vorteilhafter  ist  es,  die  Abdämpfe 
durch  Oberflächen-Kondensatoren  oder 
Kühlschlangen,  welche  in  Wasser-  oder 
Frischlaugenbehältern  angeordnet  sind,  zu 
kondensieren.  Man  schafft  sich  da- 
durch warmes  Waschwasser  bezw.  warme 
Kochlaugen ;  man  verringert  den  restlichen 


Abdampf  wesentlich  und  hält  mitgerissene 
Laugen  zurück. 

Um  die  Ablaugen  auch  in  diesem  Falle 
in  möglichst  konzentriertem  Zustande  zu 
gewinnen,  empiiehlt  es  sich,  die  Dämpfe 
erst  durch  einen  Abdampfentwässerer  und 
dann  durch  die  Kühlschlange,  welche  beide 
in  der  kühlenden  Flüssigkeit  liegen,  gehen 
zu  lassen.  Die  in  ersterem  abgeschiedene 
Flüssigkeit  ist  wertvolle  Lauge,  das  Kon- 
densat der  Kühlschlangen  ist  in  der  Haupt- 
sache wertloses  Kondensationswasser,  die 
latente  und  ein  Teil  der  Flüssigkeits- Wärme 
des  Dampfes  geht  in  das  Kühlwasser  über, 
welches  beim  Waschen  des  Stoffes,  zum 
Kesselspeisen  etc.  vorteilhafte  Verwendung 
Gnden  kann.  Machen  wir  uns  klar,  welche 
Mengen  Wärme  in  den  Abstossdämpfen 
und  Ablaugen  stecken, 

Wärmerückgewinnung  aus  den 
Abgasen  und  Ablaugen. 

Nehmen  wir  einen  NatronholzzellstofT- 
kocher  nach  Taf.  164  S.  867  an,  so  hat 
der  Unterkessel  etwa  15,05  cbm,  der  Ober- 
kessel etwa  2,8  cbm,  die  zwei  Verbin- 
dungsstutzen etwa  0,15  cbm,  zusammen 
18  cbm  Inhalt  Nach  den  Erläuterungen 
S.  368  werden  4  fm  Holz  und  9,8  cbm  Lauge 
eingefüllt;  da  das  Holz  einen  Teil  der 
Lauge  (etwa  2  cbm)  einsaugt,  so  können 
wir  11,5  cbm  von  Holz,  Lauge  und 
Eisensieben  erfüllt  rechnen  und  18—11,5 
=  6,5  cbm  als  Dampfraum  annehmen ; 
nun  wird  das  Ganze  auf  10  Atm  Ü  =  183'  G 
erhitzt.  Der  Dampfraum  füllt  sich  mit 
Dampf  gleicher  Spannung  und  Temperatur. 

Abgesehen  von  der  Wärme  der  Kocher- 
wandungen selbst  und  der  nach  Aufhören 
der  Einwirkung  des  Feuers  von  den  rot- 
glühenden Mauern  nacbströmenden  Wärme 
enthalten : 

6,5  cbm  Dampf,  10  Atm.  0,  5,59  •  6,5 
^  85,75  kg  wiegend, 

35,75  •  662,83  =  23677  WE 

4  fm  Fichtenholz      1800  kg  wiegend, 
spezifische  Wärme  (c  =  0,65;  t  =  183  fC) 
1800    065  •  183  =  212280  WE 

9,8  cbm  Lauge  (10*  Be)  ^  10500  kg 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER,   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


wiegend,  Flüssigkeitswärme  ä  kg  185,56  WE 
105C0  •  185,56  =  1  948380  WE 
d.  b.  der  Kocherinhalt  enthält  insgesamt 

2184337  WE, 

Beim  Abstossen  des  Dampfes  und  bei 
der  damit  zusammenhängenden  Abkühlung 
des  Stoffes  auf  100*  C  werden  vor  dem 
Oeffnen  in  dem  Kocher  annähernd 
folgende  Wärmemengen  bleiben: 

8  cbm  Dampf,  0  Atm.  Ü,  8  •  0,587 
S  4,6  kg  wiegend 

4,6  •  497  =  2287  WE 
650  kg  Zellstoff  (c  =  0,65 ;  t  =  1C0«  C) 
650  •  65  =  42250  WE 
7  cbm  25*  Be  ^  8  470  kg  wiegend, 
Plüssigkeitswärme  ä  kg  100  WE 

8470  •  100  =  847000  WE 
d.  h.  der  Kocherinhalt  enthält  insgesamt 

891537  WE. 

Durch  das  Abblasen  des  Dampfes  sind 
demnach 

2184837  —  891537  =  1292800  WE 
aus  dem  Kocher  abgeführt  worden. 

Gelingt  es  bei  geeigneten  Einrichtungen, 
von  den  mitgerissenen  braunen  Laugen 
4C0  /  =  484  kg  wiegend,  100  0  wann  zurück- 
zugewinnen, so  bleiben  zur  Verdampfung 
von  Wasser  aus  den  braunen  Laugen  im 
Kocher 

1292800  —  484C0  =  1244400  WE. 
während  der  Abstossperiode  werden  durch- 
schnittlich etwa  500  WE  pro  kg  Dampf  ver- 
braucht. 

Mit  den  1 244400  WE  können  also  tat- 
sächlich die  oben  fehlenden  2400  /  Wasser 
aus  den  Laugen  verdampft  worden  sein. 

Nimmt  man  an,  man  könne  in  Kühl- 
schlangen oder  geeigneten  Kondensations- 
einrichtungen den  Dampf  in  Wasser  von 
1C0»  C  umwandeln,  so  müssten  die 
1244400  WE  in  das  Kühlwasser  o.  dgl. 
übergegangen  sein.  Dies  wird  nicht  voll- 
ständig erfolgen  ;  immerbin  darf  man  rech- 
nen, in  den  starken  braunen  Laugen  zu 
erhalten  847  000  +  48  400  =  895  400  WE, 
die  der  Regenerierung  zu  gute  kommen  und 
für  das  Kühlwasser  der  Kondensationsein- 
richtungen etwa  80  pCt.  von  1244400 
=  1000000  WE  nutzbar  machen. 


Dies  in  Kohlen,  welche  pro  kg  5000  WE 
in  Wasser  überführen,  umgerechnet,  ergibt 
200  kg  Kohle,  die  durch  Schaffung  warmen 
Fabrikationswassers  für  den  Betrieb  nutz- 
bar gemacht  werden  können. 

In  ähnlicher  Weise  lassen  sich  in  allen 
Fällen,  wo  heisse  Abgase  und  Ablaugen 
aus  Kochern  abgestossen  werden,  Rech- 
nungen anstellen. 

Direkte  Nutzbarmachung  der 
in  K  o  c  h  er- A  b  g  a  s  e  n  enthalte- 
nen Wärme  durch  Ueberdrücken 
von  einem  Kocher  in  einen 
anderen  frisch  gefüllten. 

Das  Ueberdrücken  der  Abgase  einer 
beendigten  Kocbung  in  einen  anderen  frisch 
gefüllten  Kocher  lässt  nicht  nur  die  ganze 
Wärme  des  Abdamples,  die,  wie  am  vori- 
gen Beispiel  gezeigt  war,  sehr  beträchtlich 
ist,  für  die  neue  Kochung  nutzbar  werden, 
sondern  das  stückige  Rohmaterial  ist  auch 
sehr  geeignet,  die  beim  Abstossen  in  die 
Luft  lästigen  Riechgase  zu  absor- 
bieren. Beim  Sulfitverfahren  kommt  ausser- 
dem noch  die  schweflige  Säure  der  neuen 
Kochung  zu  gute. 

Das  üebertreiben  der  Abgase  ist  in  der 
Zellstoffindustrie  allbekannt  Am  idealsten 
finden  wir  das  Ueberdrücken  nicht  nur 
der  Gase,  sondern  der  ganzen  heissen 
Laugen  von  A.  Ungerer  an  seinem 
Zellulose-Kochapparat  (S.  370/71,  Fig.  166) 
durchgeführt  Für  eine  Kochung  braucht 
der  Apparat  die  Füllung  eines  Kocbge- 
fässes  frischer  heisser  Lauge  und  eine  Fül- 
lung heissen  Dampf,  beide  aus  dem  Laugen- 
kessel entnommen;  die  ganze  Wärme  der 
Lauge  und  des  Dampfes  abzüglich  der  Slrah- 
lungs-  und  Leitungsverluste,  die  durch  Ein- 
hüllen der  Kochapparate  und  Leitungen  auf 
ein  Minimum  verringert  werden,  kommt  den 
nachfolgenden  Kochapparaten  und  schliess- 
lich dem  Wasser  im  Kühler  K  zu  gute. 

Von  dem  Uebertreibverfahren  machen 
wohl  die  meisten  noch  betriebenen  Soda- 
und  Sulfat-Zellstofffabriken  Gebrauch.  Das 
Üebertreiben  von  Gasen  oder  von  über- 
schüssiger Kocbflüssigkeit  aus  einem  Suliit- 


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456 


K.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.    III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


kocher  direkt  in  den  anderen,  was  eben- 
falls sehr  vorteilhaft  ist,  wird  z.  Z. 
weniger  geübt,  da  andere  bewahrte  Ein- 
richtungen zur  Wiedergewinnung  der 
schweiligen  Säure  in  Gebrauch  sind. 

Wärmeverlust  durch  Abtreiben 
der    heissen  Kochflüssigkeit 
aus  dem  Kocher. 

Beim  Abtreiben  heisser  Ablaugen  aus 
den  Kochern  direkt  in  das  Abwasser  der 
Fabrik  entsteht  ein  grosser  Wärme- 
verlust. Oerselbe  sei  hier  an  einem 
Beispiel  dargelegt. 

60  cbm  Ablauge  im  Gewicht  von 
62  500  kg  werden  mit  '/i  Atm.  Ü  abgedrückt. 
Die  Flüssigkeitswärme  ist  etwa  111,5  WE 
pro  kg.  Es  gehen  also  mit  der  Lauge 

62500  •  111,5  =  6968750  WE 
aus  dem  Kocher  verloren.  Lässt  man  diese 
Ablauge  eine  Kühlschlange  passieren,  welche 
sie  auf  45,3  abkühlt,  so  enthält  die  Ab- 
lauge nur  noch  etwa  45,5  WE  pro  kg ;  es 
sind  an  das  Kühlwasser 

62500  •  66  oo  4000 000  WE 
übergegangen  oder  800  kg  Kohlen  im 
Betriebe  gewonnen,  sofern  das 
erwärmte  Kühlwasser  vorteilhafte  Ver- 
wendung linden  kann.  Man  sieht,  dass  es 
sich  hier  um  grosse  Wärmemengen  han- 
delt, welche  verloren  oder  teilweise  zurück- 
gewonnen werden  können. 

Wert    des    Deb  ertreibe  n  s  für 
die  Geruchsbeseitigung. 

Abgesehen  von  dem  Vorteil  der  Wärme- 
Rückgewinnung  hat  das  Uebertreiben  der 
Abgase  aus  den  Kochern  der  ZellstolTfabri- 
kation  den  hohen  Wert,  dass  eine  der 
Quellen  übler  Gerüche  damit  so  gut  wie 
ganz  beseitigt  ist. 

Auch  das  Kühlen  der  Ablaugen  wird 
deren  Gerüche  wesentlich  verringern. 

Das  Abtreiben   der  Gase  aus 
den  Sulfitkochern. 

In  der  zu  Anfang  der  80er  Jahre  des 
vorigen  Jahrhunderts  v.  Prof.  A.  Mitscherlich 
gedruckten  Geheimschrift  heisst  es  nach 


Musspratt,  Chemie,  bearbeitet  von  Stah- 
mann und  Kerl  VI.  S.  1735:1 

„Um  die  schweflige  Säure,  welche  bei  der 
Kochung  in  der  Flüssigkeit  verbleibt,  auszu- 
treiben und  dadurch  wieder  nutzbar  zu  machen 
und  um  ausserdem  eine  Temperaturerniedrigung 
der  Flüssigkeit  im  Kocher  zu  bewirken,  wird 
die  schweflige  Säure  durch  das  Dampfventil 
abgelassen.  Das  Bleirohr,  welches  die  Gase 
fortfuhrt,  lässt  man  iu  einigen  Schlangen- 
windungen durch  einen  grösseren  Wasserbehälter 
gehen  und  lässt  hinter  dem  letzteren  das  konden- 
sierte Wasser,  welches  viel  schweflige  Säure  ge- 
löst enthält,  unter  Wasserverschlnss  in  einen 
besonderen  Behälter  laufen,  um  dasselbe  später 
in  der  Wäscherei  zu  benützen.  Die  nicht  ver- 
dichtete gasförmige  schweflige  Säure  wird  von 
dem  Kühler  durch  ein  Ableitungsrohr  in  einen 
nur  für  diesen  Zweckt  bestimmten  Kalkturm  ge- 
trieben. In  letzerem  entsteht  eine  konzentrierter« 
Losung  als  in  den  Türmen,  in  welche  die  Ofen- 
gase eintreten,  weil  das  hier  eingeführte  (las 
verdünnte  schweflige  Säure  ist.  Die  abiliessende 
Lösung  geht  mit  der  aus  den  anderen  Türmen 
kommenden  in  die  Laugenbehälter. 

Im  Winter  muss  auf  die  Uebertreibröhren 
acht  gegeben  werden,  um  ein  Einfrieren  zu 
verhüten,  da  die  sich  bildende  Lösung  der 
schwefligen  Säure  schon  bei  einer  Temperatur 
von  6  0  fest  wird. 

Dr.  Harpf  beschreibt  in  seiner  Dis- 
sertation (18  2)  das  Uebertreiben  oder 
Abgasen  wie  folgt: 

„Man  öffnet  oio  Ventil  (des  Kochers)  und 
lässt  durch  ein  langes  Bleirohr  so  viel  gas- 
förmige schweflige  Säure,  gemischt  mit  Wasser- 
dampf, aus  dem  Kocher,  am  besten  in  einen 
dazu  besonders  aufgestellten  Uebertreibtunu 
ausströmen,  bis  der  innere  Druck  auf  etwa  1  at 
(Atm.  abs.  101  0  C  Temperatur)  gesunken  ist. 
Man  tut  dies,  um  erstens  das  entweichende  Gas 
zu  gewinnen  and  zweitens  die  Köhren,  durch 
welche  die  Lauge  beim  Ablassen  fliesst,  einem 
nicht  zu  hohen  Drucke  aussetzen  zu  müssen." 

Prof.  M.  Schubert  sagt  in  seiner  Cellu- 
losefabrikation  1897  S.  106 : 

„Nachdem  in  dem  Uebertreibtnrm  Wasser 
heruntergelassen  wurde,  öffnet  man  das  Haupt- 
vcntil  auf  dem  Kocher,  so  dass  die  gasförmige 
SO,  durch  ein  Bleirohr,  welches  der  Abkühlung 
wegen  in  Schlangenwindungen  durch  Wasser 
geführt  ist,  nach  dem  Uebertreibturm  gelangt; 
sobald  die  sich  dort  bildende  wässerige  Lösung 
4°  erreicht  hat,  lässt  man  sie  in  den  Säure- 
bottich ilicssen.  Da  oft  zeitweise  eine  Lösung 
von  10-12»  Be  erreicht  wird,  ist  diese  Ueber- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZfcLLSTOFF. 


157 


treibsiuro  Tür  den  Fabrikanten  «ehr  gut  nutz- 
bar. Er  verbessert  damit  den  tichalt  seines  zur 
nächsten  Kochung  nötigen  Laugenvorrats. 

Verfasser  hat  in  einem  Ende  der  80er 
Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  geleiteten 
Betriebe  einer  Sulütfabrik  von  diesem  Vor- 
teil ebenfalls  Gebrauch  gemacht. 

Es  liegt  sehr  nahe,  die  Abstossgase  bei 
Mehrkocherbetrieben  auch  beim  Sulfit- 
verfahren von  einem  fertigen  Kocher  in 
einen  frisch  mit  Holz  gefüllten  überzu- 
führen und  so  Wärme  und  schweflige  Säure 
der  folgenden  Kocbung  nutzbar  werden  zu 
lassen.  Da  dies  aber  nicht  immer  mit  der 
Zeit  passt,  so  wird  man  weitere  Einrich- 
tungen zur  Verfügung  haben  müssen,  um 
rationell  zu  arbeiten. 

Es  ist  übrigens  zu  bemerken,  dass  das 
Abtreiben  von  Gas  auch  während  des  Koch- 
prozesses schon  geschieht,  z.  B.  beim 
Ritter-Kellner- Verfahren  (man  vergl.  Text 
S.  354  und  Diagramm  Fig.  162).  Auch 
Solbrig  empfiehlt,  bei  zu  rasch  vorwärts- 
gehendem Kocbprozess  bei  Eintritt  von 
2,5—3  Atm.  Druck  und  120*  C  Temperatur 
im  Kocher  Gase  aus  dem  Dampfraum  über- 
zutreiben. 

Ausser  den  Uebertreibtürmen  für  An- 
lagen mit  Turm  betrieb  gibt  es,  wie  in  vor- 
stehendem an  verschiedenen  Stellen  des 
Textes  bereits  gezeigt  wurde,  sehr  ver- 
schiedene Wiedergewinnungsanlagen,  deren 
Wichtigkeit  S.  344  besonders  betont  war. 

Solbrig  arbeitet  mit  drei  liegenden  Kesseln, 
die  zum  Teil  mit  Kalkmilch  gefüllt  sind  und 
in  welchen  Milch  und  Abstossgase,  im 
Gegenstromprinzip  geführt,  eine  vorzügliche 
Wiedergewinnung  der  schwelligen  Säure 
der  Abgase  erzielen  lassen. 

Der  vorn  S.  329—332  besprochene  Apparat 
von  Ernst  Porak  ermöglicht  ebenfalls  eine 
bequeme  Wiedergewinnung,  welche  37  pCt 
SO  ,  ersparen  lässt. 

Auch  Dr.  Franks  Lösungs-Herstellungs- 
apparat  (S.  332  etc.)  ist  speziell  für  SC9- 
Wiedergewinnung  aus  den  Abgasen  kon- 
struiert 

Die  Flodquistschen  Kammerapparate, 
die  Dougall-  und  Partiogton-  (S.  328), 
die  Burgess-  (S.  335)  und  Stebbins-  (S.  839) 


Apparate  eignen  sich  sämtlich  gut  zur 
SO,- Wiedergewinnung  aus  den  Abgasen. 
Endlich  sei  auf  die  S.  340  skizzierte  ratio- 
nelle deutsche  Wiedergewinnung  der  schwef- 
ligen Säure  aus  den  Abgasen  verwiesen. 

Einige  dieser  Anlagen  beziehen  sich 
auch  auf  die  Wiederverwendung 
eines  Teiles  der  im  Laufe  des 
direkten  Kochprozesses  über- 
schüssigenSulfitlösungen.  Wenn 
nämlich  die  Kocher  prinzipiell  auch  bei 
direkter  Dampfkochung  schon  anfangs  so- 
weit mit  Sulfitlösung  gefüllt  werden,  dass 
alles  Holz  (bis  an  das  obere  Mannloch 
stark  eingetreten)  mit  Flüssigkeit  bedeckt  ist, 
so  wird  durch  den  Kochdampf  die  Flüssig- 
keitsmenge derart  vermehrt,  dass  sie  teil- 
weise aus  dem  Kocher  austreten  muss  Die 
erste,  noch  wenig  verdünnte  und  wenig  mit 
organischen  Bestandteilen  beschwerte  aus- 
tretende Lösung  kann  dann  stets  den 
frischen  Kochlösungen  in  den  Vorrats- 
gefässen  zugeteilt  werden,  wodurch  SO, 
und  Wärme  den  vorrätigen  Kochlösungen 
direkt  wieder  zugute  kommt. 

Um  textliche  Wiederholungen  zu  ver- 
meiden, verweise  ich  auf  den  Abschnitt 
Wiedergewinnungs- Einrichtungen  S.  402/07, 
wo  die  Wirkungsweisen  des  Ritter-Kellner- 
Kondensators,  desHodgkinschen  Separators 
und  der  Dr.  Drewsenschen  Rückgewinnungs- 
Einrichtungen  für  SO,  enthaltende  warme 
Lösungen  ausführlich  beschrieben  sind 

Seibaterzeugung  wasserfreier  flüssiger 
Schwefligsäure. 

G.Türk,  Kar  1h  ru  h  e  (Baden)  be- 
sitzt das  D.  R.-P.  Nr.  115608  und  aus- 
ländische Patente  auf  ein  Verfahren  zur 
Verdichtung  der  Abgase  aus  den  Sullit- 
kochern. 

Im  beissen  Sommer  fällt  es  in  Sulfit- 
zellulosefabriken, besonders  in  solchen  mit 
Turmbetrieb,  häufig  schwer,  80  hochgradige 
Calciumbisulfitlaugen  herzustellen,  wie  sie 
zu  normalen  Kochungen  erforderlich  Bind. 
Solche  Fabriken  sind  dann  gezwungen, 
wasserfreie  flüssige  Schwefligsäure  zu  ver- 
hältnismässig hohem  Preise  zu  beziehen, 

11.  Bögen  1Ö05 


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45« 


E.  KIRCHNEK.   DAS  PAPIER.    III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


wodurch  sich  die  Betriebskosten  nicht  un- 
wesentlich erhöhen. 

Mit  dem  in  Fig.  215  wiedergesehenen 
Apparat  kann  sich  jede  Zellulosefabrik  die 
flüssige  SO,  aus  den  Abgasen  der  Kocher, 
wie  sie  sich  während  und  nach  beendeter 
Kochung  als  Uebertreibgase  ergeben,  selbst 
herstellen. 

A  ist  ein  Kocher,  aus  dem  die  aus 
Wasserdampf  (H,0)  und  SO,  bestehenden 
Abgase  durch  die  Kühlschlange  in  B  ge- 
lahrt und  abgekühlt  werden.  Dabei  kon- 
densiert Wasserdampf  mit  soviel  SO,-Gas, 
dass  daraus  eine  wässerige  und  kalk- 
freie Losung  von  etwa  5  pCt.  SO,- 
Gehalt  hervorgebt,  }  welche  durch  den 
Abscheider  C  und  die  Bleirohrleitung  r, 
o\  o»,  o»  und  o4  in  einen  der  Laugen- 
behälter K»  bis  K4  abläuft.  Für  den 
Fall,  dass  besonders  rasches  Abgasen 
mit  Rücksicht  auf  den  Schnellkochbetrieb 
wünschenswert  erscheint,  sollte  noch  eine 
zweite  Kühlschlange  D  und  ein  zweiter 
Abscheider  E  eingeschaltet  werden,  damit 
die  Kondensation  eine  vollkommene  ist. 


Schwefligsäure-Gase,  der  Frischlaugener- 
zeugung zu  dienen  (in  Fig.  216  Rohrleitung 
h1  bis  m).  Im  Türkschen  Apparat  aber 
passieren  diese  unkondensierten  Gase  noch 
einen  Gastrockner  F,  worin  denselben  durch 
konzentrierte  Schwefelsäure  der  letzte  Rest 
Feuchtigkeit  entzogen  wird,  um  dann  im 
Kompressor  G  auf  3-5  Atm.  Ueberdruck 
verdichtet  zu  werden.  Die  dabei  auf- 
tretende Wärme  wird  durch  den  Kühler  H 
beseitigt,  die  SO,  verflüssigt  sich  dabei 
und  tritt  durch  das  Rohr  f  in  den  herme- 
tisch geschlossenen  Vorratskessel  T  über. 
Die  im  Kessel  ursprünglich  enthaltene  Luft 
wird  bei  allmählicher  Füllung  des  Kessels 
mit  flüssiger  SO,'  durch  das  Rohr  g  in  den 
Turm  abgeführt. 

Für  den  Fall,  dass  beim  ersten  Ansturm 
der  Gase  im  Beginn  des  Abgasens  der 
Kompressor  die  ganze  Menge  der  Gase 
nicht  zu  fassen  vermag,  geht  der  Ueber- 
schuss  durch  das  Rohr  h1  und  das  Tauch- 
rohr m  in  den  Turm. 

Gelangen  zum  Kompressor  zu  wenig 
Abgase,  so  entsteht  ein  Vakuum  in  hh«, 


Ein  grosser  Teil  der  Abgase  bleibt  nun 
aber  hierbei  unkondensiert  in  Gasform 
bestehen,  welcher  bei  normaler  Regene- 
rationseinrichtung in  den  Säureturm  oder 
einen  besonderen  Absorptionsturm  abge- 
führt werden  müsste,  um,  wie  die  frischen 


die  Lösung  steigt  im  Tauchrohr  m,  bis  bei 
einer  gewissen  Höbe  sich  ein  Vakuum- 
Ventil  öffnet  und  die  Bedienungsmannschaft 

I  zur  Abstellung  des  Kompressors  ruft. 
Die  so  gewonnene,  in  T  unter  etwa 

I  l'/i  Atm.  Druck  aufbewahrte  flüssige  SO, 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  IH  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  459 


kann  nach  Belieben  zur  Verstärkung 
der  Kochlaugen  (wie  käufliche  flüs- 
sige SOa)  verwendet  oder  aber  an  Braue- 
reien, Zuckerfabriken,  Eisfabriken,  Stärke- 
zuckerfabriken etc.  verkauft  werden. 

In  beigefügter  Fig.  215  ist  der  gegen 
gewöhnliche  Anordnung  vermehrte  Teil  mit 
einer  —  •  —  •  -  Linie  umzogen.  Es  ban- 
delt sich  also  um  die  zur  gewöhnlichen 
Abgas-Regeneration  hinzugekommenen  Ein- 
richtungen F,  G,  H  und  T  mit  den  Rohr- 
leitungen. 

Die  Kosten  dieser  neu  hinzugekommenen 
Einrichtung  werden  für  eine  Sulfitzellstoff- 
fabrik von  15  t  tr.  ged.  Tagesproduktion 
mit  Rohrleitungen  vom  Patentinhaber  auf 
M.  4500.—  veranschlagt 

Herr  Türk  berichtet  nun  über  die  Wirt- 
schaftlichkeit dieser  Sache  wie  folgt: 

In  gut  gerührten  Sulfitzelluloscbetrieben 
stellt  sich  der  Schwefelverbrauch  für  K0  kg 
Zellolose  auf  12—14  kg  einschliesslich  aller 
Verluste,  welche  sich  beim  Abrösten  von 
Schwefelkies  oder  beim  Brennen  von  Rob- 
Schwefcl  unvermeidlich  ergeben.  Es  sei  also 
ein  Durchschnittsvcrbrauch  von  13  kg  Schwefel 
angenommen.  Das  sich  bei  den  Kochungen 
ergebende  Quantum  Abgase  ist  selbstredend 
abhängig  von  der  Zusammensetzung  und  dem 
80,-Oehalt  der  Kochlaugen.  Bei  normal  ge- 
kochtem, von  allen  Inkrusten  befreitem  Stoff 
ist  der  Verbrauch  an  80,  aus  den  Lösungeu 
ein  ganz  bestimmter,  steigt  bei  leicht  bleicb- 
fäbigem  und  fällt  bei  hartem  Stoff.  Da  aber 
immer  ein  ansehnlicher  feberschuss  an  SO, 
im  Kocher  »ein  muss,  so  wird  sich  bei  einer 
4-  und  3,5  prozentigen  LÖBung  selbstrodend  mehr 
Abgas  ergeben  als  bei  Sprozeutigcn  Lösungen. 

Erfahru  ugaKcmiiss  sind  zu  10000  kg  Ze'- 
lulose  100  cbm  Lösung  erforderlich. 

100  cbm  3  pCt.  SO,-LÖBung  =  3000  kg  SO, 
tatsächlicher  Verbrauch  beim 
Kochen  13  kg  S  =  26  kg  SO,, 

26  X  100  kg  —  2600   „  „ 

folglich  Ergebnis  an  Abgas  —  400  kg  SO,. 
Etwa  60  pCt.  davon  werden  in  der  Abgas- 
kühlung  mit  dem  Wasserdampf  zu  5prozcntiger 
kalkfrcier  80,-Lösung  kondensiert,  die  rest- 
lichen 60  pCt.  bleiben  in  Gasform  und  kommen 
zur  Verdichtung  zu  flüssiger  wasserfreier  SO, 
=    4,00  cbm  Lösung  von 

5  pCt.  SO,  -=  200    kg  SO. 
0,14    „  flüssige 

100  pCt.  SO,  -=  200     „  „ 


dazu  95,86  cbm  Frischlauge 

von  3  pCt.  SO,  -  2875,8  kg  SO, 

100      cbm  Kochlauge 

von  3,276  pCt.  SO.  3275,8  kg  SO, 
Säureverbrauch  bei  der  zweiten 

Kochung  wieder  2600     „  „ 

Ergebnis  an  Abgas  -  675,8  kg  SO, 

60  i>CU,  —  6.76  cbm  Lösung  von 

6pOr.80.-~  338     „  „ 
0,241  cbm  flüssige  SO, 

von  100  pCt.  -  338     „  ., 
93,099'obni  Frischlaugc 

v.  3  pCt.  8^,  -  2793     .,  ,. 


100  cbm  Kochlauge 

von  3,469  pCL  SO,  -  3409    kg"  SO, 
u.  s.  w. 


Fig.  216. 


Wie  au»  dem  beigedruckten  Vcrgleichs- 
diagramra  Fig.  216  zu  ersehen  ist,  steigt  mit 
der  SO.- Verdichtung  der  Lösungsgehalt  an  SO, 
auf  über  8,864  pCt.  SO,,  während  er  ohne  Verdich- 
tung nur  unter  Zugabe  der  6prozentigen  SO,- 
Lösung  zu  der  Frischlösung  nach  gleicher  Be- 
rechnung auf  höchstens  3,354  pCt,  80,-Gehalt 
steigt.  Die  Kurven  der  Diagramme  verlaufen 
von  den  Punkten  der  höchst  erreiebbaren  An- 
reicherungen horizontal.  Um  die  Rechnung 
nicht  zu  sehr  zu  komplizieren,  sind  Verluste 
an  SO,  durch  Undichtigkeiten  etc.  hier  ausser 
Berücksichtigung  gelassen,  dieselben  verändern 
das  Resultat  aber  nur  wenig,  weil  hier  die 
faktischen  SO,-Gebalte  der  Lösungen  im  Kocher 
und  nicht  der  Rohschwefel  im  Schwefclofen  in 
Betracht  kommen,  daher  die  Schwefelverlustc 
von  etwa  5-6  pCt.  durch  die  Verbrennung 
hier  niebt  in  Rechnung  zn  ziehen  sind. 

Von|der  wirtschaftlichen  Seite  betrachtet, 
.  stellt Jsich  daBlBild  wiefcfolgt  :jg  ' 


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460 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Erforderlich  ist  für  tägliche  Verdichtung 
von  lOtO  kg  (bia  zu  103  kg  80,  pro  Stande 
gerechnet)  ein  Kompressor  mit  einer  Sekunden* 
Leistung  von  10  1  Gas  -  36000  1  pro  Stunde, 
und  dieser  beansprucht  3,53  PS  zum  Betriebe. 
Es  berechnen  »ich  dann  die  Verdichtungskoaten 
für  I0CO  kg  SO,  in  24  Stunden: 

20  Stdn.  3,53  -  70,6  PS/st.ln.  ä  3  Pfg  =  M  2  12 
2,1  X  2U  -  42  cbm  Kühlwassf  r  ü  2  Pfg.  „  -  .81 
2  Arbeiter  a  M.  3.    ^  „  6.- 

I5()0 


Reparaturen  i££ 


~  „  4,28 


700 


OcljBelcuchtung.Schwefelsiiurcet».^-  ,.  2  — 
5  pCt.  Zinsen  vou  M.  4520  - 

20  p('t  Amortisation  v.  M  4500.— 


900 
35Ö 


„  2  57 


Selbstkosten  ohne  Schwefelp  1000kg  SO,  M  18  45 
d.  i.  100  kg  SO.  ohne  Schwefel  rund  M  2.-. 
Die  M.  20.—  betrügenden  täglichen  Nebenkosten 
verteilen  sich  auf  10000  kg  Zellulose.  Auf  100  kg 

Zellulose:  ^       20  Pfg. 

Mum  die  Hüssige  SO.  von  chi-mischi-n  Fa- 
briken beäugen  werden,  so  kosten  1000  kg',80, 
mindestens  M.  120.—,  ab  Wert  des  Schwefels, 
der  bei  Selbsthcrslellung  aufgewendet  werden 
miisste,  555  kg  S  a  M.  10.—  M.  55.50, 
ohne  Schwefel  «netto  M.  64  50,  auf  100f0  kg 

verteilt  •Jjjjj*      64,5  Pfg. 

Der  Besng  von  flüssiger  SO,  ist  also  am 
44,5  Pfg.  auf  100  kg  Zellulose  teurer. 

Es  erscheint  darnach  zweifellos,  dass  in 
der  Verflüssigung  überschüssiger,  durch  den 
Abstossturm  nicht  rationell  und  vollständig 
wiedergewonnener  Reste  der  SO,-Gase  im 
Türk  sehen  Verdichter  Vorteile  für 
die  Lösucgs-Herstellung  gewonnen  werden 
und  dass  in  Zeiten,  in  denen  man  mit 
weniger  starken  Lösungen  (bei  Herstel- 
lung bestellten  härteren  Stoffes)  kocht, 
darch  Verkauf  der  überschüssigen  S0a 
nebenher  noch  besonders  verdient  werden 
kann. 

Oer  Rückgewinnung  der  schwefligen 
Säure  ist  jedenfalls  die  grösste  Aufmerk- 
samkeit zu  widmen ;  sie  muss  in  der  einen 
oder  anderen  Weise  im  Interesse  der  Wirt- 
schaftlichkeit der  Anlage  und  mit  Rücksicht 
aut  die  Nachbarschaft  in  denkbar  weit- 
gehender Weise  durchgeführt  werden,  ge- 
radeso wie  dies  bei  den  Natronverfahren 


seit  Dezennien  angestrebt  und  schliesslich 
erreicht  wurde. 

Das  Abstossen  der  Kochlaugen. 

Bei  den  Natronverfahren  hat  sich 
das  Ueberdrücken  der  gebrauch- 
ten Laugen  in  Apparaten  mit  einer 
grösseren  Anzahl  nebeneinander  angeord- 
neter Kocher  von  einem  Kocher  in  den 
nächsten  sehr  gut  bewährt.  Dieses  Verfahren 
ist  von  A.  Ungerer  in  Wien  schon  1871 
vorgeschlagen  und  dann  praktisch  durch- 
geführt worden.  Eine  Beschreibung  dieser 
Arbeitsweise  mit  einer  Apparatskizze 
Fig.  166  befindet  sich  vorn  S.  370/72. 

Während  je  eine  Kochung  fertig  wird, 
ist  die  NeufüUung  nur  eines  Kochers  mit 
frischer  Lauge  aus  dem  Laugenerhitzungs- 
kessel und  das  Abstossen  der  einer 
Kocherfüllung  entsprechenden  Ablauge- 
menge in  neutralem  oder  gar  schwach 
saurem,  stark  abgekühltem  Zustande,  nach- 
dem sie  alle  mit  Holz  gefüllten  Kocher 
durchlaufen  hat,  vorgesehen.  Theoretisch 
werden  hier  das  Aetznatron  und  Schwefel- 
natrium und  die  Wärme  in  vollkommen- 
ster Weise  für  die  Fabrikation  nutzbar 
gemacht.  Leider  ist  der  ganze  Apparat 
kompliziert,  kostspielig  und  infolge  seiner 
Ausdehnung  für  Wärmeausstrahlungsver- 
luste sehr  geeignet.  Letzterer  Uebelstand 
kann  durch  gute  Einhüllungen  der  Kocher 
und  Leitungen  zwar  gemindert,  nicht  aber 
ganz  beseitigt  werden. 

Man  bat  im  Laufe  der  Zeit  die  Zahl 
der  Kocher  von  9  auf  6,  ja  bis  4  oder  3 
verringert  und  dann  auch  immer  noch 
ziemliche  Vorteile  mit  diesem  lieber  drück- 
verfahren erzielt. 

Vielfach  begnügt  man  sich  aber  mit  dem 
Uebertreiben  derheissen  Gase 
in  einen  zweiten  frischgelüllten  Kocher, 
wie  dies  oben  S.  454/56  gesagt  war ;  man 
gewinnt  dadurch  Wärme  zurück  und  ver- 
mindert unangenehme  Gerüche.  Im  übrigen 
werden  die  Ablaugen  aus  dem  Kocher  in 
Vorratsbassins  für  die  Natronwiedergewin- 
nung abgetrieben;  die  noch  am  Stoff  hän- 
I  genden  braunen  Laugen  werden  nach  dem 
I  Entleeren  der  Kocher  durch  entsprechende 


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£.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  1Ü  B.  u.  C.   ZELLSTOFF.  461 


Auslauge-  und  Wascbprozesse  nach  Mög- 
lichkeit durch  die  (am  besten  wannen) 
Waschwässer  der  Auslaugereien  oder  Wa- 
schereien (siehe  diese  S.  184—194)  den 
Wiedergewianungs  -  Einrichtungen  (siehe 
diese  S.  195  bis  262;  ebenfalls  zugeführt. 

Eine  dritte  bewährte  Methode  ist  die, 
den  Abdampf  bis  etwa  auf  2  Atm.  0.  für 
Vorwärmen  eines  Nachbarkochers  zu  ver- 
werten und  dann  den  Stoff  mit  der 
A  b*l  a  u  g  e  zusammen  in  einen  besonderen 
Nebenbehälter  oder  Abblase- 
bottich  abzudrücken  und  in  die- 
sem die  freiwerdenden  Abgase  mittels  zuge- 
führter Wasser-  oder  Dünnlauge-Strahlen 
zu  kondensieren.  Dieses  Wasser  oder  die 
Dünnlauge  dürfen  dafür  etwas  erwärmt 
sein.  Zeichnungen  und  Beschreibungen 
derartiger  Einrichtungen  für  Natronzell- 
stoff finden  sich  vorn  S.  374  -  381.  Die 
ersten  Ablaugen,  sowie  weitere  zwei  bis 
drei  Abwaschungen  mit  warmem  Wasser 
gehen  durch  falsche  Böden  der  Abblase- 
bottiche ebenfalls  nach  den  Wiedergewin- 
nungseinrichtungen. 

Im  allgemeinen  darf  gesagt  werden, 
dass  die  Natronzellstoff-Ablaugen  so  weit 
den  Wiedergewinnungs-Anlagen  zugeführt 
werden,  dass  die  trübe  bis  schwach  wein- 
gelb erscheinenden  Abwässer  der 
Wascheinrichtungen  (Waschholländer,  Les- 
permont  etc.),  vermischt  mit  den  übrigen 
fast  chemikalienfreien  Abwässern  der  Fabrik, 
bei  Abführung  in  grössere  Wasserläufe 
weder  den  Fischen  noch  den  Anwohnern 
Schaden  bringen  oder  letzteren  merkbare 
Belästigungen  verursachen  ;  wenigstens  sind 
wir  in  Deutschland  so  weit,  Schäden  ferne 
zu  halten  und  Belästigungen  durch  diese 
Abwässer  zu  vermeiden. 

Bei  der  Natronzellstoff-Fabrikation  hatte 
man  in  Amerika  den  Wert  der  Abstoss- 
laugen  schon  in  den  60er  Jahren  erkannt. 
Die  1865  gegründete  American  Wood  Pa- 
per Co.  in  Manayunk  b.  Philadelphia  besass 
viele  Oefen  zum  Eindicken  der  Ablaugen 
und  zum  Kalzinieren  der  Natronsalze." 


•  (J.  Hofmann,  Handbuch  der  Fapierfahrikation 
XI.  Aufl.,  S.  1892  unten. 


Jedoch  sind  diese  ersten  Einrichtungen  im 
Laufe  der  veiflossenen  40  Jahre,  besonders 
auch  in  Deutschland,  in  der  Art  vervoll- 
kommnet, wie  das  in  früheren  Abschnitten 
beschrieben  ist 

In  der  Sulfitzellstoff-Fabri- 
kation begnügte  man  sich  länger  damit, 
die  Abstossgase  behufs  SOa-Rückgewinnung 
durch  Küblrohre  und  Türme  oder  durch 
Kalkmilchbottiche  zu  leiten  und  die  Ab- 
laugen mit  etwa  */•  Atm.  0.  direkt  in  den 
Fluss  abzustossen.  Dieses  Verfahren  bringt, 
wie  schon  S.  456  gezeigt,  einen  grossen 
Wärmeverlust  mit  sieb.  Es  findet  zwar  in 
grossen  Wasserläufen  eine  baldige  starke  Ab- 
kühlung und  Verdünnung  statt,  aber  bis  die- 
selben erfolgen,  sind  die  im  Abschnitt  II  D, 
S.  123  besprochenen  Schäden  auf  der  von 
den  Ablaugen  zurückgelegten  ersten  Strecke 
meist  eingetreten.  In  Deutschland  und 
anderen  Kulturstaaten  ist  daher  das  Ein- 
lassen heisser,  konzentrierter  Sulfitablaugen 
durch  die  Behörden  untersagt 

Die  Wärme  der  Ablaugen  kann  man 
zum  grössten  Teil  durch  Kühlschlangen 
in  kaltes  Fabrikationswasser  überführen 
und  so  der  Fabrikation  zu  gute  kommen 
lassen.  Lässt  man  dann  die  starken  Ab- 
laugen vor  dem  Eintritt  in  den  Fluss,  mit 
den  gesamten  Fabrikationswässern  auf  die 
ganze  Tagesmenge  gleichmässig  verteilt, 
zusammen  abfliessen,  so  findet  eine  er- 
wünschte weitere  Abkühlung  und  ebenfalls 
vor  Eintritt  in  den  Fluss  die  nötige  Ver. 
dünnung  statt. 

Nach  dem  Vorbild  des  Natronzellstoff- 
kochens drückt  man  wohl  auch  während 
des  Kochens  die  überschüssigen  Sulfit- 
lösungen und  nach  Fertigkochen  die  Ab- 
stossgase in  einen  benachbarten,  frisch  mit 
Holz  gefüllten  Kocher  und  gewinnt  dadurch 
für  den  neuen  Kochprozess  Wärme  und 
SO,  zurück.  Die  Ablauge  wird  dann  viel- 
fach in  lange  Bassins  mit  einem  Vorrat  von 
Fabrikationsabwasser,  in  welchem  eine 
ausreichende  Verdünnung  und  Abkühlung 
stattfindet,  abgedrückt.  Die  folgenden  zwei 
Abwaschungen  der  Ablauge,  welche  bei 
uns  meist  im  Kocher  selbst  mit  lau- 
warmem und  kaltem  Wasser  geschehen, 


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462 


K.  KIKCHNEK.    DAS  PAPIER.    Iii  6.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


sorgen  für  weitere  Reinigung  des  Stoffes, 
sowie  auch  iür  Abkühlung  und  Verdünnung 
der  ersten  starken  Ablaugen. 

Für  diese  grossen  Misch-  und  Sammel- 
bassins hatten  oder  haben  noch  heute  die 
Behörden  eine  besondere  Vorliebe.  Dr.  Leo 
Gottstein  sagte  in  Heidelberg  Juni  1905: 
Es  ist  fehlerhaft,  die  Abwasser  von  Zell- 
stofffabriken lange  in  grossen  Gruben  auf- 
zuhalten, wegen  Verderbnis  des  Grund- 
wassers bei  ündichtheit  der  Gruben  und 
vermehrter  Pilzwucherung  (Algenbildung) 
bei  Faulen  des  Wassers.  Gottstein  ver- 
langt ausreichende  Verdünnung  und  mög- 
lichst rasches  Ablassen  der  Ablaugen  in 
den  Fluss. 

Die  in  der  Natronzellstofffabrikation 
bewahrte,  oben  erwähnte  Methode  des 
Abdrückens  des  ganzen  Kocher- 
inhalts bei  etwa  2  Atm.  Ü.  in  einen 
Nebenapparat  haben  auch  die  Ritter- 
Kellner-Fabriken  angenommen.  Unter  ge- 
wissen Bedingungen  für  Bauart  der  Kocher 
(stehend,  unten  am  besten  konisch)  und 
bei  entsprechender  Beschaffenheit  der  Holz- 
späne  und  Kochlösungen  geht  das  auch 
ganz  gut  durchzuführen.  Neben  den  grossen 
Vorteilen  der  Zeitgewinnung  und  Schonung 
der  teuren  Kochapparate  hat  die  Sache 
aber  auch  den  Nachteil  grösserer  Wärme- 
und  SO, -Verluste.  Es  ist  Sache  der  Be- 
obachtung in  der  Praxis  und  längerer  Er- 
fahrung, ob  die  Vor-  oder  Nachteile  über- 


Die  Abführung  der  durch  Spritzwasser 
bereits  verdünnten  Ablaugen  und  der  nach- 
folgenden Abwässer  dieses  Nebenbehälters 
oder  Ausblasebottichs  geschieht,  wie  S.  399, 

Dasselbe  zerfällt  in  : 


Tafel  189  gezeigt  war,  durch  ein  Rohr 
(G,  Fig.  4)  am  Boden  aus  dem  Räume 
unter  dem  falschen  Boden  (F,  Fig.  2). 

Um  in  der  Verdünnungs-  und 
Abkühlungsfrage  klar  zu  sehen, 
müssen  wir  die  Mengen  der  Kocherablaugen, 
der  ersten  noch  starken  Waschlaugen  und 
sämtlicher  Fabrikationsabwässer  berück- 
sichtigen. Diese  Mengen  werden  je  nach  dem 
Betriebsverfahren  in  verschiedenem  Ver- 
hältnis zu  einander  stehen.  Das  indirekte 
Dampfkochverfahren  liefert  weniger,  aber 
stärkere,  das  direkte  Dampfkochverfahren 
mehr,  aber  dünnere  Kocherablaugen.  Bei 
den  Abwässern  fällt  ins  Gewicht,  ob  un- 
gebleichter oder  gebleichter  Stoff  hergestellt 
wird.  Nach  der  Erfahrung  braucht  man 
für  Herstellung  von  1  kg  ungebleichtem 
trocken  gedachtem  Stoff  4C0— 600  1,  von 
1  kg  gebleichtem  Stoff  550—600 1  F  a  b  r  i- 
kationswasser.  Es  muss  aber  noch 
berücksichtigt  werden,  welcher  weitere 
Verdünnungsgrad  im  Flusse  durch  das 
Flusswasser  notwendig  erscheint,  um  die 
Schädlichkeit  auf  Fische  und  andere  Lebe- 
wesen im  Wasser,  sowie  eine  Belästigung 
der  Anwohner  nach  Möglichkeit  zu  beseitigen. 

Es  sollen  das  Ritter-Kellner-Verfahren 
nach  den  S.  347  von  einem  zuverlässigen 
Beobachter  gegebenen  Verhältnissen  und 
das  Langsamkochverfahren  (Mitscherlich) 
nebeneinander  gestellt  werden. 

Rechnet  man  in  beiden  Fällen  für 
10000  kg  luftrocken  ungebleichten  Sulfit- 
stoff pro  Tag  65  rm  10  bis  20  cm  starken 
Nadelrundholzes.  Diese  ergeben  etwa 
19800  kg  r  e  i  n  es  H  o  1  z  mit  etwa  14,2  pCl 
Wasser. 


10000  kg  lufttrocken  =  90G0  kg  absolut  (103*  C)  trockenen  Zellstoff, 

2800  „  Wasser  aus  dem  Holz, 

8000  „  abs.  tr.  Holzbetandteüe  in  den  Fabrikabwässern. 


19800  kg 

Ritter-Kellner 

Frischlösung  96  cbm 

Dämpfen  des  Holzes  —  „ 

Direkter  Dampf:     Vermehrung  39 

135  cbm 


Mitscherlich 

78  cbm 

Vermehrung     4  „ 

Indirekte  Heizung                 —  „ 

82  cbm 


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E.  K1KCHNKK.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


463 


Ritler-Kellner    135,0  cbm 
Flüssigkeit-,  Dampf-  und  Gas- 
abstossen :       Verminderung  34.6  „ 

100.4  cbm 


Am  Stoff  bleiben  hängen : 

Verminderung  47.1  cbm 

Abgestossene  starke  Lauge  53,3  cbm 
Wasser  der  ersten  Waschung : 

Vermehrung  46,7  „ 


Starke  Ablaugen  100  cbm 

Nimmt  man  die  100  cbm  Ablauge  beim 
Kitter-Kellner-Verfahren  mit  6  pCt.,  die 
80  cbm  Ablauge  beim  Mitscherlich- Ver- 
fahren mit  7Vi  pCt.  Holzbestandteilen  an, 
so  enthalt  die  Ablauge  in  beiden  Fällen  je 
6000  kg  absolut  trockene  HolzbestandteUe. 
Die  8000  -  6C0O  =  20C0  kg  Holzbestandteile 
finden  sich  in  den  dünneren  Abwaschungen 
und  dem  übrigen  Fabrikations-Abwasser 
wieder. 

Es  ist  nun,  um  periodische 
starke  Verunreinigungen  des 
Ab-  und  Flusswassers  zu  ver- 
meiden, notwendig,  diese  100 
bezw.  80  cbm  starker  Ablauge 
in  eisernen  Reservoiren  von 
etwa  diesem  Inhalt  zu  sam- 
meln undmittelst  Tauchrohres, 
durch  Schwimmer  immer  gleich 

2,5  g,  in  77,5  cbm  193,75  kg,  in  1  1  von  4500  cbm  Abwasser  43  mg  S0a  frei. 


Mitscherlich     82,0  cbm 
Nur  einmaliges  Dampf-  und 
Gasabstossen :  Verminderung    4,5  „ 

77.5  cbm 

Verminderung  47.1  cbm 
30,4  cbm 

Vermehrung  49,6  „ 
80  cbm 

tief  unter  der  Oberfläche  ge- 
halten, dies  entfallende  starke 
Ablaufe  nquantum,  auf  die  Zeit 
von  24  Stunden  gleichmässig 
verteilt,  dem  Gesamt -Fabri- 
kations-Abwasser zuzuteilen* 

Rechnet  man  für  Schwefel  und  Kalk 
noch  1800  kg  zu  den  in  den  Ablaugen 
verbleibenden  Holzbestandteilen,  so  ver- 
teilen sich  8000  -l-  18C0  -  9800  kg  auf 
450  •  10 000  ■=  4500000  1  Fabrikations- 
abwasser, d.h.  1  l  enthält  2,180g  —  2180  mg 
von  der  Zellstofffabrikation  stammende 
Fremdstoffe. 

Die  77,5  cbm  Laugen  nach  Beendigung 
des  Kochprozesses  beim  Mitscherlich-Ver- 
fahreu  enthalten  laut  chemischer  Analysen 
im  Liter  etwa: 


6,0  „ 

77,5  „ 

465,-  „ 

,,  1  ,, 

„  4500  „ 

104  „ 

SO,  in 

Verbindung, 

*,0  „ 

„  77,5  „ 

310,—  „ 

»,  1 », 

,,       69  „ 

so»  „ 

7,5  „ 

.,  77,6  „ 

581,25 

„  1„ 

„  4500  „ 

,i      129  ,i 

Ca0„ 

Diese  Ablaugen  werden  in  den  Fluss 
abgelassen. 

Bedenken  erregend  sind  besonders  die 
SOv  und  die  SO,-Verbindungen ;  jedoch  hat 
man  beobachtet,  dass  dieselben  sich  sehr 
bald  nach  Einlassen  in  den  Fluss  zu  un- 
schädlichen höher  oxydierten  Verbindungen 
umsetzen.  Die  gebundene  Schwefelsäure 
ist  meist  als  Gips  vertreten,  die  Haupt- 
menge des  Kalkes  bildet  aber  die  Doppel- 
verbindung des  lignosulfosauren  Kalkes. 

Die  Hauptmenge  der  berechneten  2180  mg 
Bestandteile  im  Fabrikationswasser  sind 
organische  Stoffe,  EiweissBtoffe,  Zucker, 
Gummi   und  andere,  deren 


setzung  man  zum  Ted  noch  nicht  fest» 
stellen  konnte. 

Wichtig  erscheint  noch  die  Frage  wegen 
der  Temperatur  der  Gesamtabwässer.  Diese 
Temperatur  wird  naturgemäss  durch  die 
aus  den  Reservoiren  zutretenden  heissen 
Ablaugen  erhöht. 

Nehmen  wir  die  Temperatur  der  100 
bezw.  80  cbm  Starkablaugen  zu  1C0#  C, 


*  Hat  man  kleinere  Kocher  a  6000  kg  Stoff 
und  ist  auf  gleichraässiges  Fertigwerden  in 
gleichen  Zeitintervallen  za  rechnen,  so  könnten 
halb  ao  grosse  Keservoire  angenommen  werden. 
Besser  ist  es  aber,  ein  grosses  Reservoir  vonuseheu. 


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464 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPlEfc.   III  B.  u.  C.  ZELLSfOftf. 


die  der  übrigen  Wasser  za  25*  C  an,  so 
erhalten  wir  als  Mitteltemperaturen  : 
4400  •   25  —  110000 
100  •  100  =  10000 
120000 


4500 

4420  •   25  «  110500 
80  •  100  =  8000 

118500 
45ÖÖ~ 


=  26«/s» 


=  26V.  •. 


Die  Erhöhung  der  Abwässertenope- 
lurch  die  heissen  Ablaugen  ist  also 
nur  unbedeutend. 

Die  auf  vorgeschriebene  Art  gewonnenen 
Abwässer  sind  nach  der  Oberrheinischen 
Fischereiübereinkunft  vom  18.  Mai  1887 
(man  vergl.  U  D,  S.  121  dieses  Werkes) 
zur  Einleitung  in  ein  Fischwasser  durchaus 
zulässig. 

In  Württemberg  und  Baden  sind  Übri- 
gens die  Bestimmungen  dieser  Fischerei- 
Übereinkunft  zum  Gesetz  erhoben,  wie  fol- 
gender Wortlaut  beweist. 

In  §  22  der  Landes-Fiscbeiei-Ürdnung  vom 
3.  Februar  1888  •  für  Baden  sind  folgende  Be- 
stimmungen aufgenommen: 

Wenn  die  Genehmigung  bezw.  Ontersagang 
der  Einleitung  von  fremden  Stoffen  in  ein 
Fisch  w  asser  in  Frage  steht  (Art  28  des  Wasser- 
gesetzes, Art.  4  des  Gesetze»  vom  3.  Märe  1870), 
so  sind  bei  der  Beurteilung  der  Frage,  ob  und 
in  welcher  Mischung  die  betreffenden  Stoffe  als 
für  den  Fischbestand  schädlich  zu  erachten 
und  welche  Mastregeln  zur  tunlichen  Ver- 
hütung des  Schadens  anzuwenden  sind,  die 
nachstehenden  Grundsätze  zu  beachten. 

I.  Die  Einleitung  von  schädlichen  Abgängen 
irgend   welcher  Zusammensetzung   darf  erst 
dann  gestattet  werden,  wenn  nachgewiesen  ist, 
dass  deren  BeseHigung  auf  anderem  Wege  oder 
das»  eine  Aufarbeitung  derselben  nicht  ohne 
unverhältnismässigen  Aufwand  als  durchführbar 
sich  erweist.   Im  Fall  der  Gestaltung  der  Ein- 
leitung ist  dieselbe  jedenfalls  von  folgenden 
Voraussetzungen  abhängig  zu  machen  : 
a)  Die  Abginge  müssen  die  im  gegebenen 
Falle  mögliche  chemische   oder  mecha- 
nische Reinigung  und  eine  Verdünnung 
mit  den  etwa  vorhandenen  reineren  Ab- 
wässern erfahren. 


•  Ferner  Gesetz  vom  26.  August  1876  mit 
Nachtrag  vom  12.  Mai  1882. 


h)  Die  Einleitung  der  Abgänge  bat  in  allen 
Fällen,  in  denen  von  einer  nur  periodisch 
erfolgenden  Einleitung  Gefahren  für  den 
Fischbestand  zu  befürchten  sind,  in  all- 
mählicher, auf  den  ganzen  Tag  gleich- 
massig  verteilter  Weise  zu  erfolgen. 

c)  Die  Ableitung  soll,  wo  immer  die  Be- 
schaffenheit der  Waaserläufe  es  gestattet, 
in  Röhren  oder  Kanälen  erfolgen,  welche 
bis  in  den  Strom  des  Wasserlaufes  reichen 
und  unter  dem  Niederwaaser  ausmünden, 
jedenfalls  aber  derart  zu  legen  sind,  dass 
eine  Verunreinigung  der  Ufer  ausge- 
schlossen bleibt. 

II.  Stoffe  der  nachstehend  verzeichneten 
Beschaffenheit  dürfen  unter  keinen  Um- 
ständen in  Fischwasser  eingeleitet 
w  c  rde  n: 

1.  Flüssigkeiten,  in  welchen  mehr  als  10  pCt. 
suspendierte  und  gelöste  Substanzen  ent- 
halten sind; 

2.  Flüssigkeiten,  in  welchen  die  nach  verzeich- 
neten Substanzen  in  einem  stärkeren  Ver- 
hältnis als  in  demjenigen  von  1  :  1000 
(beim  Rhein  von  1  :  200)  enthalten  sind, 
nämlich :  Säuren,  Salze,  schwere  Metalle, 
alkalische  Substanzen,  Arsen,  Schwefel- 
wasserstoff, Sahwefelmetalle,  Schweflig- 
säure und  8alze,  welche  Schwefligsäure 
bei  ihrer  Zersetzung  liefern; 

8.  Abwässer  aus  Gewerben  und  Fabriken, 
welche  feste  fäulnisfähige  Substanzen  ent- 
halten,  wenn  dieselben  nicht  durch  Sand- 
oder Hodenfiltration  gereinigt  worden  sind; 

4.  ('hlor-  oder  Chlorkalk  haltige  Wäaser  und 
Abgänge  der  Gasanstalten,  Teerdestil- 
lationen, ferner  Rohpetroleum  und  Pro- 
dukte der  Petroleumdestillation: 

6.  Dampf  und  Flüssigkeiten,  deren  Tempe- 
ratur 40"  R  (50»  C)  übersteigt. 

Auch  diese  gesetzlichen  Bestimmungen 
werden  von  den  oben  beschriebenen  ver- 
dünnten Abwassern  vollständig  erfüllt 

Von  Chlor-  und  Chlorkalk- Abgängen  in 
Sulfitstofffabrik-Abwässern  wird  später  die 
Rede  sein. 

Einleitung  der  Ablaugen  sind  zweckent- 
sprechend und  ohne  Schwierigkeiten  durch- 
führbar. 

Ebenso  wichtig  wie  die  Fragen  nach 
Abkühlung  und  Verdünnung,  welche  die 
Abwasser  der  Fabriken  haben  sollen,  ehe 
sie  in  fliessende  Gewässer  abgelassen  wer- 
den, ist  die  Frage,  um  wie  viel  sie 


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ffi.  KlRCHNKH.    DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


465 


durch  das  v or b e i  f  1  i e s s e n d e 
F I u a s  w  a 8 b e r  nochmals  verdünnt 
werden  sollten.  In  der  jüngsten 
Literatur*  wird  verlangt,  dass  eine  Sulöt- 
zellulosefabrik  mit  5  OGO  kg  Tagesproduk- 
tion nur  an  einem  Flusse  gebaut  werden 
solle,  der  mindestens  20  cbm/sek.  Wasser 
führt. 

In  24  Stdn.  würden  in  diesem  Falle 
20  •  60  •  60  •  24 — 172800Ucbm  zur  noch- 
maligen Verdünnung  des  verdünnten  Ab- 
wasserquantums zur  Verfügung  stehen.  Auf 
50C0  kg  Stoff  kommen  nach  obigem  2250  cbm 
Abwasser.  Es  würde  demnach  eine  noch- 

1728000  .  „nnr  u 

maiige      22 —  =  nahezu  830  fache 

Verdünnung  bei  gleichmäßigem  Einlassen 
(24  Stunden  lang)  erreicht  werden.  Das 
Flusswasser  erlitte  dann  nur  eine  Verun- 
reinigung durch  Fremdstoffe  der  Zellulose- 
2183 

fabrik  von         =  2,725  mg,  und  es  be- 
43 

fände  sich  nur  ^  —  0,054  mg  S0t  darin. 

Eine  so  starke  Verdünnung  scheint  dem 
Verfasser  viel  zu  weitgehend,  wenn  eine 
Vereinigung  der  übrigen  Waschwasser  mit 
den  Starklaugen  durchgeführt  ist,  das  über- 
steigt bei  weitem  die  Ansprüche,  die  nach 
den  angestellten  Versuchen  die  empfind- 
liche Forelle  stellen  dürfte.  Nach  Weigelt  ** 
hatte  Wasser  mit  0,5  mg  S0a  im  Liter 
auf  die  Forelle  den  Einfluss,  dass  sie  erst 
nach  3  Minuten  die  Seitenlage  einnahm ; 
nach  Hampel**  nahmen  kleine  Forellen 
im  Wasser  mit  1  mg  SO,  im  Liter  erst 
nach  4Va  Stunden  die  Seitenlage  an,  er- 
holten sich  aber  wieder  in  reinem  Fluss- 
wasser. Grosse  Forellen  waren  nach  dieser 
Zeit  allerdings  tot.  Es  wird  übrigens  von 
den  Gelehrten,  die  sich  mit  derlei  Experi- 
menten beschäftigen,  hervorgehoben,  dass 
die  Forelle  ein  so  empfindlicher  Fisch  ist, 
dass  sie  auch  in  reinem  stehenden 
Wasser  und  sonst,  wenn  sie  in  andere 
Verhaltnisse,  als  sie  gewöhnt  ist,  kommt, 
sterben  könne. 


♦  Wchbl.  für  Papierf.  1906  Nr.  43,  S.  8206. 
**  Nach  Dr.  Ferd.  Pia  .'her.    Das  Waaser. 
Berlin.   Jul.  Springer.    1902.   8.  46  und  48  i 


Jedenfalls  ist  das  Verhalten  der  Fische 
zu  den  Abwassern  der  Zellstoffindustrie 
noch  viel  zu  wenig  studiert,  um  eine  be- 
stimmte Verdünnung  der  verdünnten 
Ablaugen  dieser  Industrie  vorschreiben  zu 
können. 

An  dieser  Stelle  mögen  einige  in 
unserer  Literatur  mehrfach  besprochene  Ab- 
laugen -  Abstumpfungs  -  Verfahren  erwähnt 
werden.  Dr.  Ferd.  Fischer  sagt  in  seinem 
bereits  erwähnten  Werke  „Das  Wasser"  : 

„Dii  beim  Sulfitverfahren  erhaltenen  Ab- 
wässer fallt  Dr.  A.  Frank  mit  Kalkmilch,  am 
CaloiummonosulfH  zu  gewinnen,  und  saugt  durch 
die  geklärte  Lauge  Sohornsteingase,  um  noch 
gelöstes  Sulfit  zu  Sulfat  zu  oxydieren  and  über- 
schüssigen Kalk  als  Karbonat  zu  fallen.  —  Da« 
Verfallen  wird  gelobt  -  " 

und  weiter : 

„H.  Wiohelhaus  empfiehlt,  die  Kocheriaagen 
oder  die  vereinigten  Kocher-  and  Waschlaugen 
mit  Aetzkalk  zu  behandeln,  so  dass  aie  f  as  t 
neutral  werden.  Der  letzte  Rest  von  Säure 
ist  durch  langsame  Behandlung  mit  Kalkstein 
zu  entfernen,  während  die  Luft  Zutritt  hat. 
Dazu  sind  Sammelteiche  anzulegen,  welche  das 
14  fache  der  täglich  entstehenden  Kocherlaugen- 
mengen  fassen  und  ans  denen  nur  am  oberen 
Rande  Wasser  abgelassen  werden  darf.  Das 
Ablassen  darf  erfolgen,  wenn  völlige  Neutra- 
lität und  Ruhe  der  Flüssigkeit  eingetreten  ist, 
jedoch  nur  ii  Waaserläufe,  welche  mindestens 
eine  nOO fache  Verdünnung  der  jedesmaligen 
Abflüsse  bewirken1- 

Nehmen  wir  10  000  kg  Tagesproduktion 
und  80  cbm  mit  Fremdteilen  stark  be- 
schwerte Ablaugen  an,  die  behandelt  werden 
müssen,  so  verlangt  die  Vorschrift  von 
Wichelhaus  Sammelteiche  (also  mehrere) 
von  80  x  14  =  1120  cbm  Inhalt,  von  denen 
je  einer  in  24  Stunden  entleert  werden 
müsste.  Der  Wasserlauf  soll  eine  öOOfache 
Verdünnung  ergeben.  Es  brauchte  der 
Fluss  also  nur  1120  •  500  =  560000  cbm 

in  24  Stunden,  ^ °™  ^  =  6,5  cbm 

in  der  Sekunde  zu  führen.  Wichelhaus 
braucht  demnach  nur  etwa  Ve  von  dem 
Verdünnungswasser,  welches  der  Praktiker 
in  Nr.  48  des  Wochenblattes  (übertriebener- 
weise) annimmt. 

Fischer  fügt  übrigens  noch  hinzu,  dass 
bei  einer  Prüfung  des  Wicbelhaus'schen 

12.  Bogen  1905 


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466 


K.  KAKCHKER,  DAS  PAFIKK.   W  B.  u  C.  ZttLLSTOFF. 


Verfahrens  durch  H.  Spindler  der  Erfolg 
gering  war  und  dass  noch  kein  Verfahren 
zur  Unschädlichmachung  und  Verwertung 
der  lästigen  Sulfitabwässer  bekannt  sei. 

Dr.  Gottstein  sagte  auf  der  Versamm- 
lung des  Vereins  Deutscher  Zellstofffabri- 
kanten. 16.  Juni  1905: 

„Prof  Wcigelt  hat  angeführt,  dass  üb  in 
rieten  Fällen  nationalökonomisch  richtig  wäre, 
bei  wesentlicher  Verdünnung  im  Flusslauf  die 
Industrie  nicht  zu  zwingen,  schwache  Säuren 
abzustumpfen;  denn  erstens  sei  es  ein  Verlust 
am   Nationalvermögen,    zweitens   würde  das 
Wasser  vielfach  durch  Einleiten  eines  aen wach- 
sauren  Abwassers  enthaltet  werden." 
Dass  genügend  verdünntes  Abwasser 
dem  Leben  der  Kische  nicht  schade,  son- 
dern im  Gegenteil  die  Abwässer  derSulfit- 
zellstoffindustrien  infolge  deren  Gehaltes 
an  Zucker,  Kohlenhydraten  und  fciweiss- 
stoffen  die  Fische  nähren  und  den  Fisch- 
bestand zu  erhöhen  scheine,  dafür  führen 
Gottstein-Feldmühle  und  Hoesch-Pirna  den 
Beweis  durch  Beobachtung  und  Feststellung 
grösserer    Fischfangerträgnisse  in  dem 
Wasser  unmittelbar  unterhalb  ihrer  Zell- 
stofflabriken, 

Nach  Vorschlägen  des  Prof.  Dr.  Leh- 
mann-Würzburg •  wurden  die  103,5  cbm 
Kochlaugender  einen  AschaHenburgerSuUit- 
zellstofffabrik  ohne  vorherige  Neutralisation 
einfach  in  den  Abflusskanal  der  städtischen 
Sielwässer  geführt,  durch  letztere  mit 
mindestens  dem  5  fachen  Sielwasser  ver- 
dünnt und  in  den  Main  geführt.  Die 
64C0  cbm  Waschwässer  der  Fabrik  wer- 
den von  Fasern  möglichst  betreit  und  ge- 
langen in  die  Aschaff,  einen  Nebenfluss 
des  Maines,  und  von  diesem  kurz  darauf 
in  den  Main.  Da  der  Main  50  cbm/sek. 
Wasser  führt  und  schon  oberhalb  Aschaflen- 
burgs200  mg/1  Rückstände  aufweist,  so  be- 
rechnet Lehmann  nur  eine  Vermehrung 
der  Rückstände  um  2-4  mg  im  Liter. 

Andere  Verfahren  der  Un- 
schädlichmachung der  Sulfit- 
ablauge und  deren  versuchteVer- 
wertung  erfahren  wir  aus  einer  Arbeit 
des  Dr.  Aug.  Harpf  in  der  Zeitschrift  für 

*  C.  Hofmann.  Handbuch  der  Papierfabrikation. 
II.  Aufl.   S.  1624/25. 


angewandte  Chemie  1898,  Heft  38  und  40. 
Es  handelt  sich  um  ein  Heferat  über  Vor- 
träge, welche  auf  dem  III.  internationalen 
Kongress  für  angewandte  Chemie  in  Wien 
im  August  1898  gehalten  wurden. 

Dr.  Seidel-AVien  beschreibt  die  Sulfitablauge 
als  eine  honiggelbe  bis  dunkelbraune  Flüssig- 
keit; sie  ist  um  so  dunkler,  je  höher  Druck  und 
Temperatur  im  Kocher  während  der  Kochung 
waren.  Der  Trockenrüokstand  ist  darnach  ver- 
schieden, 10  bis  12  pCt.  der  Ablauge.  Die 
Asche  beträgt  ü  bis  11  pCt.,  das  Calciumoxyd 
durchschnittlich  G  pCt.  des  Trockenrückstandes. 
Da  schon  wiederholt  vorgeschlagen  wurde,  die 
Lauge  (wegen  des  Kaligehaltes  der  Holzasche) 
als  Kalidüngemittel  zu  verwerten,  bestimmte 
der  Vortragende  den  Kaligehalt  und  fand  nur 
sehr  geriuge  Mengen:  in  52  1  Lauge  1  g  Ka- 
liumoxyd  neben  etwa  t>  kg  anderer  Substanzen. 
Ferner  wurde  insbesondere  von  Lindsey  und 
Tollens  Dextrose  nachgewiesen,  aber  so  wenig, 
dass  keine  Aussicht  besteht,  Alkohol  daraus  zu 
machen.  Lindsey  fand  ausserdem  Mannose, 
Jfentosc,  Holzgummi,  dunn  Furfurol. 

Ferner  wurde  schon  von  älteren  Chemikern 
Vanilliu  nachgewiesen,  dessen  Entstehung  aus 
dem  Koniferin  dos  Holzes  ja  leicht  erklärlich 
ist.  Ks  ist  aber  in  so  geringen  Mengen  vor- 
handen, dass  an  eine  Verwertung  der  Lauge 
nicht  zu  denken  ist,  umsoweniger,  als  der  Preis 
deB  Vanillins  (früher  600  M.,  jeUt  120  M.)  sehr 
gesunken  ist. 

Schwefelsaure  ist  in  der  Lauge  als  Calcium- 
sulfat  enthalten  und  bildet  sich  durch  Oxydation. 
Ferner  rindet  sich  darin  schweflige  Säure,  aber 
lange  nicht  so  viel,  wie  man  allgemein  an- 
nehme; manchmal  rinden  sich  nur  minimale 
Mengen  von  schwefliger  Säure,  während  doch 
verhältnismässig  grosse  Mengen  von  Schwefel 
beim  Kochprozess  in  der  Lauge  bleiben.  Dar- 
aus folgert  der  Vortragende,  dass  es  sich  nicht 
rentiert,  die  schweflige  Säure,  welche  in  der 
Ablauge  noch  vorhanden  ist,  regenerieren  zu 
wollen.  Nach  Seidel  Ubersteigt  die  Menge  des 
Schwefels,  welcher  als  schweflige  Säure  in  der 
Ablauge  enthalten  ist,  nicht  den  10.  bis  20.  Teil 
des  Gesamtschwefels.  Die  Hauptmenge  des 
Schwefels  ist  vielmehr  organisch  gebunden  und 
findet  sich  in  der  Trockensubstanz  als  lignin- 
sulfosaurer  Kalk. 

Nach  den  neueren  Ansichten  von  Cross  und 
Beran  u.  a.  besteht  nämlich  das  Holz  aas  einer 
chemischen  Verbindung  von  Zellulose  mit  Lignin, 
während  die  ältere  Anschauung  von  inkrustie- 
renden Substanzen  sprach,  welche  das  HoU 
durchsetzen.  Durch  die  Fabrikation  werde  nun 
obige  chemische  Verbindung  in  unlösliche  Zel- 


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E.  KlKCHNEK    DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.   ZELLSTOFF.  46? 

- 


lalose  und  ein  lösliche«  Lignindcrivat  gespalten, 
welches  Ligninderivat  durch  Verbindung  der 
schwefligen  Säure  mit  dem  Lignin  entstünde. 
Die  nchwefiige  Säure  lagert  sich  nun  entweder 
an  eine  CarbonylgTQppe  au,  wogegen  jedoch  die 
schwere  Abspaltbarkeit  derselben  spreche,  oder 
sie  lagert  sich  in  doppelten  Bindungen  an  und 
bildet  Sulfosäuren.  Diese  Ansicht,  nach  wel- 
cher sich  ligninsulfosauror  Kalk  bildet,  wurde 
in  schwedischen  Zeitschriften,  sowie  von 
Dr.  Streeb  (und  Tollen«)  vertreten,  und  der 
Vortragende  schliesst  sich  derselben  an-  Das 
Molekulargewicht  dieses  ligniuBulfosauren  Kalkes 
dürfte  etwa  1000  betragen.  In  demselben  seien 
vorhanden :  eine  Cuibonylpruppe  und  eine 
Methoxylgruppe ;  erblere  würde  mit  Phenyl- 
hydrazin, letztere  durch  Jodsilber  nach  1er 
Methode  von  Zeisel  nachgewiesen. 

Der  ligninsulfosaure  Kalk  (jedenfalls  das 
Hauptprodukt  des  Kochprozesses  in  der  Ab* 
lauge)  kann  gewonnen  werden : 

1.  unrein  durch  blosses  Eindampfen, 

2.  durch  Fällen  mit  Alkohol, 

8.  durch  Aussalzen  mit  Chlornatrium  (auch 
Chlorkalium  oder  Chlormagnesium). 

Der  ligniniulfosanre  Kalk  wurde  näher 
untersucht.  Zuerst  wurde  versucht,  den  Schwe- 
fel abzuspalten;  dies  gelang  nur  durch  Schmel- 
zen mit  Aetzkali,  wobei  die  ganze  Menge  des 
Schwefels  als  schweflige  Säure  abgetrennt,  die 
organische  Substanz  aber  total  zersetzt  wurde. 

Durch  Erhitzen  mit  Alkohol  unter  Druck 
im  Einscbmelzrobre  lassen  sieh  2  pCt.  des 
Schwefels  als  80,  abspalten,  der  übrige  Schwefel 
bleibt  gebunden.  Salpetersäure  oxydiert  den 
lignioxulfosauren  Kalk  vollständig  zu  Kohlen« 
säure,  Oxalsäure  und  Wasser,  den  Schwefel  zu 
Schwefelsäure.  Auch  mit  Salzsäure  vermag 
man  den  Schwefel  nicht  abzuspalten.  Mit  Zink 
und  Salzsäure  erhält  man  I'Ct.  des  Schwefels, 
und  zwar  in  Form  eines  unangenehm  riechen- 
den Gases  von  wahrscheinlich  mercaptaoähn- 
licher  Zusammensetzung.  Nach  dem  heutigen 
Stande  unserer  Kenntnis  rauss  man  folglich 
annehmen,  daas  der  Schwefel  in  der  Verbindung 
in  Form  von  Sulfogruppen  gebunden  sei. 

Salpetersäure  greift  wie  alle  anderen  Oxy- 
dationsmittel auch  die  Sulfitlauge  rasch  an,  und 
die  Einwirkung  ist  besonders  anfangs  energisch. 
Die  vollständige  Oxydation,  z.  B.  mit  Chlor- 
kalk, sei  jetloch  schwierig,  und  man  könne  die 
Lauge  damit  nicht  unschädlich  machen. 

Zur  Frage,  ob  Gerbatoff  in  der  Lauge  ent- 
halten sei,  bemerkt  der  Vortragende,  dass  er 
nicht  glaube,  dass  ein  wirklicher  Gerbstoff  darin 
vorhanden  sei.  Die  Versuche,  Sul  titlauge  zu  . 
Gerbereizwecken  zu  verwenden,  sind  nicht  als 
aussichtavoll  zu  bezeichnen.    Nach  Meinung  | 


des  Vortragenden  wird  die  Haut  in  der  Lauge 
nicht  gegerbt,  sonHernnur  angefüllt;  man  er- 
hält damit  kein  Leder,  sondern  eine  Haut, 
deren  Puren  gefüllt  sind.  Die  Frage,  was  der 
gewöhnliche  Gerbeprosesa  ist,  ob  ein  chemischer 
oder  mechanischer  Prozess,  sei  zwar  heute  über- 
haupt noch  nicht  entschieden,  aber  so  viel 
könne  man  heute  schon  sagen,  in  der  Form 
der  Lohgerberei  könne  diese  Lauge  nicht  ver- 
wertet werden. 

Die  Vorschläge  zur  Verwertung 
der  Ablauge  teilt  Redner  ein  in: 

1.  Das  Bestreben,  die  Lauge  unschädlich 
zu  machen,  ohne  eine  Verwertung  der  Produkte, 
die  darin  enthalten  sind,  zu  versuchen. 

2.  Versuche,  den  Schwefel  ganz  oder  teil- 
weise wiederzugewinnen. 

8.  Bemühungen,  die  organischen  Bestand* 
teile  der  Ablauge  zu  verwerten. 

1.  Das  eintaehste  Verfahren,  die  Lauge 
unschädlich  zu  machen,  sei  das  Versickern  Lassen 
derselben ;  dies  können  jedoch  nur  wenige  tun. 
Andere  Fabriken  müssen  dieselbe  eindampfen, 
wozu  patentierte  Verfahren  vorgeschlagen  wur- 
den, da  das  Eindampfen  nicht  so  einfach  sei. 
Man  nimmt  in  der  Kegel  Vakuumkooher  dazu 
und  erhält  als  Produkt  einen  dicken  Sirup  von 
35"  Bd.,  welcher  schliesslich,  mit  Sägespänen 
vermischt,  verteuert  wird.  Bezüglich  de«  Heiz- 
wertes, welchen  die  Trockensubstanz  besitzen  soll, 
wurden  (so  besonders  von  Dorenfeldt)  verschie- 
dene günstige  Berechnungen  aufgestellt;  die- 
selben erweisen  sich  jedoch  bei  näherer  Prüfung 
als  nicht  stichhaltig  1  com  Lauge  gibt  100  kg 
Trockenrückstand.  Zum  Verdampfen  von  900  kg 
Lauge  braucht  man  nun  (bei  9  facher  Verdampf- 
ung) 100  kg  Kohle  und  erhält  100  kg  Trocken- 
rückstand, welcher  keinesfalls  so  viel  Heizwert 
besitzt  wie  100  kg  Kohle.  Hieraus  ergibt  sich, 
dass  das  Verfahren  nur  mit  Verlust  Anwendung 
finden  kann. 

2.  Eine  Reihe  von  Verfahren  und  Vorschläge  u 
bezweckt  die  Schwefelwiedergewinnung.  Mit- 
scherlich,  Frank,  Beutner  -  Drewsen,  Dürr 
Kumpfmiller  und  Schultgen  u.  a.  haben  sich 
damit  beschäftigt.  Aber  alle  dieae  Verfahren 
gehen  von  der  falschen  Voraussetzung  aus, 
dass  die  Ablauge  erhebliche  Mengen  leicht  ab- 
zuscheidender schwefliger  Saure  enthalte.  Der 
Schwefel  ist  jedoch  grösstenteils  organisch  ge- 
bunden und  so  schwer  abzuspalten,  dass  an 
eine  einfache  und  leichte  Regeneration  des- 
selben nicht  zu  denken  ist.  Im  besten  Falle 
sind  die  betreffenden  Vorschläge  als  Entsäuer- 
ungsverfahren, nioht  aber  als  Schwefelwieder- 
gewinnungaverfahren  zu  bezeichnen.  Mit  Kalk- 
milch  lassen   sich  bei   gewöhnlichem  Atmo- 


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E.  KIRCHNER,    DAS  PAPIER.   III  B.  u  G.  ZELLSTOFF. 


sphärendruck  nur  geringe  Mengen  (die  freie 
SO,)  Schwefeldioxyd  gewinnen. 

8.  Dr.  Frank  schlug  vor,  die  Trocken- 
Substanz  der  Lauge  nach  der  Neutralisierung 
als  Viehkraftfutter  zu  verwenden,  und  bebaup. 
tete,  dau  dieselbe  von  den  Tieren  gerne  ge- 
fressen werde;  er  bezeichnete  die  Ablauge 
gewiasermassen  als  „Holzbouillon".  Eine  der- 
artige Verwendung  sei  schon  deshalb  höchst 
unwahrscheinlich,  da  das  betreffende  Futler, 
der  Trockenrückstand,  an  8  pCt.  organisch  ge- 
bundenen Schwefel  enthalte.  —  Dr.  Goldscbmidt 
behandelte  die  Lauge  mit  Benzoylcblorid,  wobei 
sich  eine  Benxoylverbindung  des  ligninsulfo- 
sauren  Kalkes  bildet,  welche  ziemlich  weiss  ist 
und  mit  welcher  Vögel  gefüttert  wurden  l>ie 
Verwendung  derselben  als  Viekfuttcr  wurde 
ebenfalls  vorgeschlagen,  komme  aber,  abgesehen 
von  anderen  Einwürfen,  viel  zu  teuer,  indem 
man  ai  if  100  kg  Ablauge  1  kg  Benzoylchlorid 
benötige. 

Nach  anderen  Vorschlägen  wollte  man  die 
Lauge  trocken  destillieren.  Die  dabei  erhal- 
tenen Produkte  müssen  jedoch  als  wertlos  be- 
zeichnet werden.  Sowohl  der  Teer  als  auch 
die  wässerigen  Produkte  seien  unverwendbar, 
und  ebensowenig  sei  mit  den  Gaseu  etwas  an- 
zufangen. Dieselben  enthalten  ausserdem  orga- 
nische Sohwefelverbindungen,  welche  einen 
furchtbar  starken,  unangenehmen  Geruch  ent- 
wickeln  (jedenfalls  Mercaptane). 

Dr.  Nettl  wollte  aus  der  Trockensubstanz 
durch  Schmelzen  mit  Aetzkali  Oxalsäure  ge- 
winnen. Dtss  Oxalsäure  entstehe,  wird  als 
richtig  bezeichnet,  aber  unser  bis  jetzt  ver- 
wendetes Rohmaterial  (Sägespäne  sei  viel 
billiger  und  ausgiebiger. 

Mitscherlicb  hat  verschiedene  Patente  auf 
eine  Verwertung  der  AblaugcnstotVe  als  Gerbe- 
material genommen.  Das  damit  erzielte  Leder 
sei  jedoch  nicht  zu  gebrauchen. 

Andere  neue  Patente  Mitscbcrlichs  bezieben 
sich  auf  die  Darstellung  eines  Klebcstofies  aus 
der  Flüssigkeit  zwecks  Verwendung  desselben 
zur  Papierleimnng.  Dieser  Klebestoff  sei  jedoch 
sehr  danke)  gefärbt  und  werde  daher  von  den 
Papierfabrikanten  nicht  gerne  genommen;  für 
feine  Papiere  sei  er  zu  dunkel  und  für  ordinäres 
Papier  wegen  des  Verbrauches  an  leimgebenden 
Stoffen  wieder  zu  teuer. 

Ekman  stellt  aus  der  Flüssigkeit  durch 
Aussalzen  einen  festen  Körper  dar,  welchen  er 
„Dextron"  nennt.  Der  Name  „Dextron''  deutet 
darauf  hin,  wozu  Kkman  das  Produkt  ver- 
wenden will:  als  Dextrin-Ersatz,  Seidel  unter- 
suchte dasselbe  nnd  erkannte  es  als  verun- 
reinigten ligninsnlfosauren  Kalk. 

Zum   Aussalzen  verwendet  Ekman  Mag- 


nesium sulfat ;  sein  Dextron  soll  zu  Appretur- 
zwecken in  der  Zeugdruckerei  und  Zeugfärberei 
Verwendung  finden,  und  zwar  insbesondere  für 
Störte,  welche  einen  überseeischen  Transport 
erfahren  sollen.  Praktiker  haben  dasselbe  aber 
als  anbrauchbar  bezeichnet,  und  zwar  insbe- 
sondere aas  dem  Grunde,  weil  die  Farben  durcL 
das  Dextron  vollkommen  verändert  werden 
Dasselbe  reduziert  nämlich  die  Farbstoffe,  so 
insbesondere  Methylenblau,  Indulin,  Safranin  u.a. 
Da  die  Praktiker  eine  Verdickung  der  Appretur 
wünschen,  welche  die  Gewebe  wohl  beschwert, 
aber  die  Farben  darauf  nicht  zerstöit,  so  hat 
das  Dextron  selbstverständlich  wenig  oder  keine 
Aussicht  auf  praktische  Verwendung. 

Auch  ein  Indigodruckverfahren  mittels  Ab- 
lauge  wurde  vorsucht.  Dasselbe  gab  ganz  gute 
Töne  und  dunkle  Drucke,  hat  jedoch  ebenfallt 
keine  Aussicht  auf  praktische  Verwendung,  da 
in  den  meisten  Zeugdrackereien  heute  eine 
grosse  Antipathie  gegen  Indigodruckverfahren 
herrsche,  indem  die  modernen  Kattunwaren 
teure  Druckverfahren  nicht  vertragen. 

Seidel  hat  ausserdem  ein  Verfahren  aus- 
gearbeitet, die  Ablauge  zum  Beizen  von  Schaf- 
wolle zu  verwenden.  Wie  bereits  bemerkt, 
enthält  dieselbe  vorzugsweise  ligninsulfosauxen 
Kalk,  d.  b.  eiu  .Salz  einer  organischen  Säur« 
welche  starke  Keduktionswirkungen  zeigt.  Die«* 
Säure  ist  im  stände,  die  bisher  gebräuchlichen 
Beizmittel,  Milchsäure  und  Weinsteinsäure  zu 
ersetzen,  indem  hier  dieselben  Verhältnisse  ob- 
walten, wie  z.  B.  Iiei  Anwendung  der  Weinsäure, 
l'nscre  gebräuchlichen  Beizmittel  sind  in  erster 
Linie  organisch-saure  Salze  und  ausserdem  Re- 
duktionsmittel, l'nscre  Ablauge,  konzentriert« 
Latge,  der  Truckern  ücketaud,  die  Alkohol- 
fälluug,  die  Aussalzprodukte  und  endlich  der 
liguinaulfo8«ure  Kalk  beizen  sämtlich,  der  letz- 
tere als  Hauptbestandteil  der  genannten  Pro- 
dukte erfüllt  eben  die  oben  genannten  Be- 
dingungen, er  ist  ein  organisch  -  saures  8alx 
und  zugleich  ein  kräftiges  Reduktionsmittel. 

Es  zeigte  sich,  dass  verschiedene  Laugen 
verschieden  beizen,  eine  Erscheinung,  deren 
Ursache  bisher  noch  nicht  ei  forscht  werden 
konnte.  Am  besten  eigne  sich  daher  nicht  die 
ursprüngliche  Ablauge,  sondern  ein  Produkt, 
welches  daraus  nach  einem  bestimmten  (vom 
Vortragenden  nicht  näher  beschriebenen)  Rei- 
nigungsverfahren hergestellt  werde  und  unter 
dem  Namen  „Lignoroein"  jetzt  bereite  in  den 
Handel  kommt.  Das  betreffende  Verfahren  sei 
in  einigen  Staaten  bereits  patentiert. 

Die  Färbungen  auf  Wolle,  welche  mit  Lig- 
noroein gebeizt  wurde,  haben  sich  den  übrigen 
Färbungen  als  gleichwertig  erwiesen.  Die  er- 
wähnten Grundbedingungen  sind  ja  dieselben. 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Ferner  sei  auch  die  Ausnutzung  des  Chromkalis 
eine  viel  bessere  all  bei  Verwendung  von  Wein- 
steinsäure.  Milchsäure  habe  zwar  auch  «ehr 
geringe  Verluste,  sie  wirke  aber  zu  rasch  und 
lebhaft  als  Reduktionsmittel,  während  die  Lauge 
sehr  langsam  reduziert,  wodurch  die  Färbungen 
der  Wolle  sehr  gleichmässig  werden. 

Vor  Weinsteinsäure  und  vor  der  Milch- 
säure hat  die  Lange  auseer  der  grossen  Billig- 
keit Doch  den  Vorteil,  daas  die  Farbnuaucen 
bei  gleicher  Farbstoffmenge  intenaiver  und  leb- 
hafter werden.  Da*  Lebhafterwerden  erklärt 
Bich  durch  den  Kalkgehalt  des  Präparates, 
indem  eine  Lackbildung  eintritt,  bei  welcher 
bekanntlich  der  Kalk  eine  wesentliche  Rolle 
spielt 

Die  Praxis  teilt  ferner  mit,  dasa  die  Echt» 
heit  der  mit  Lignorosin  erzeugten  Färbungen 
eine  aehr  grosse  sei,  weil  die  Reduktion  aehr 
langsam  stattfindet  Auch  die  Walkechtheit  sei 
sehr  gross,  Hutstumpen  haben  eine  dreistündige 
saure  Walke  sehr  gut  auagehalten. 

Trotz  der  negativen  Erfolge  sei  es  not- 
wendig, die  chemischen  Eigenschaften  unserer 
Lauge  genau  zu  studieren,  um  auf  Grund  dieses 
Studiums  dann  neue  Verwertungsmethoden  aus- 
findig machen  zu  können.  Heute  wtire  es 
allerdings  schon  nie*  ein  Erfolg  zu 
bezeiohnen,  wenn  es  gelänge,  die 
Lauge  ohne  Kosten  verschwinden  zu 
machen,  der  technische  Chemiker  aber  müsse 
sich  beatreben,  möglichst  alle  Abfallprodukte 
wieder  zu  verwerten,  und  ho  hofft  denn  der 
Vortragende,  dass  auch  für  die  Sulfitablauge 
endlich  eine  praktische  Verwertung  gefunden 
werden  wird. 

Herr  Direktor  M  ü  1  I  n  e  r  (Eszterhüza, 
l  ngarn)  besprach  die  Ablaugen  beider  Koch- 
verfahren,  sowohl  des  Natron-  als  auch  den 
Sulfitvcrfabrcns 

Eine  vollständige  Unschädlichmachung  der 
Laugen  ist  nach  Ansicht  des  Vortragenden  nur 
durch  Vernichtung  derselben  und  zwar  durch 
Eindampfen  und  Verbrennen  zu  erzielen.  Das 
Eindampfen  und  Verbrennen  kostet  jedoch  sehr 
viel  Ueld,  und  man  könne  berechnen,  dass  da- 
durch die  Erzeugungskosten  der  Zellulose  in 
einer  SulfitatoH'fabrik  um  mindestens  10  pCt. 
erhöht  werden. 

Midiner  will  die  Eindainpfungsarbeit  zur 
Gewinnung  eines  Nebenproduktes  ausnutzen, 
welch  letzteres  im  stände  wäre,  die  Kosten  des 
Eindampfens  u.  s.  w.  zu  decken. 

Die  Ablaugen  der  Natron-  und  Sulfatzcll- 
Stoffindustrie  enthalten  Actznatron,  kohlensaure» 
Natron,  schwefelsaures  Natron,  Schwefelnatrium 
und  endlich  organisch-saure  Natronverbindungen 
unbekannter  Zusammensetzung.     Beim  Ein- 


dampfen und  nachfolgenden  Kalzinieren  werden 
schliesslich  kohlensaures  Natron  und  Schwefel- 
natrium entatehen,  da  das  schwefelsaure  Natron 
durch  den  Kohlenstoff  der  organischen  Beatand- 
teile in  Schwefelnatrium  umgewandelt  wird  : 

Na,  SO,  +  4C-  Na,  8 4  CO. 
Setzt  man  nun  der  Ablauge  in  irgend  einem 
Stadium  des  Abdampfungsprozesaea  Bauxit, 
d.  i.  natürlich  vorkommendes,  durch  Eisenoxyd, 
Kieselsäure  u.  dgl.  verunreinigtes  Tonerde- 
hydrat,  ferner  eine  dem  Schwefel gehalt  der 
Lauge  entsprechende  Menge  Kalk  (CaO  oder 
Ca  CO,)  zu,  so  werden  sich  beim  endlichen 
Kalzinieren  folgende  Reaktionen  ergeben : 
8  Na,  CO,  -i-  AI,  (OH), - 

Al,(ONa),  -f  SCO.-f  8H,0 
3  Na,  S  +  3  Ca  0  +  AI,  (OH),  - 
AI,  (ONa)„  j-3CaS~  8H,0. 
Bei  beiden  Prozessen  bildet  sieh  wasserlösliches 
Natriumaluminat  und  beim  letzteren  ausserdem 
unlösliches   8cbwefelca)cium.    Wird  nun  die 
Schmelze  ausgelaugt,  so  erhält  man  eine  reine 
Lösung  von  Tonerdonatron,  während  Schwefel- 
calcium  (und  mit  diesem  aus  dem  Eisenoxyd 
des  Bauxits  entstandenes  Schwefeleisen)  unge 
löst  zurückbleibt 

In  die  Lösung  den  Natriu mal uminates  (Ton- 
erdenatron) wird  nun  Kohlensäure  eingeleitet; 
dabei  bildet  sich  kohlensaures  Natron,  während 
(reines  eisenfreies)  Toner dehydrat  auagefällt  wird : 
AI,  (ONa)„  f  8  H.O  |  3  CO,  - 
AI,  (OH),  +  8  Na.  CO,. 

Das  Aluminiumhydroxyd  fällt  nach  Müllner 
hierbei  krystallinisch  aus  und  kann  daher  leicht 
von  der  Sodalösung  getrennt  werden.  Durch 
Kaustizieren  mit  Aetzkalk  wird  die  Sodalösung 
wieder  in  die  ursprüngliche  KochBüssigkeit 
zurückverwandelt  Die  zur  Fällung  der  Ton- 
erde nötige  Kohlensäure  wird  einem  Kalkofen, 
wie  er  in  der  Zuckerindustrie  gebräuchlich  is*, 
entnommen,  welcher  zugleich  die  zum  Kausti- 
zieren nötige  Menge  gebrannten  Kalkea  liefert. 

Tu  den  Zellalosewaschapparaten,  auf  der 
Entwässerungsmasehine  u.  s.  w.  geht  bekannt- 
lich ein  Teil  der  Natronsalze,  etwa  8  bis  10  pCL, 
verloren,  welcher  Verlust  durch  entsprechenden 
Zusatz  von  Soda,  Sulfat  oder  des  billigeren 
Hisulfats  ersetzt  werden  musa.  Weon  man  nun 
gleichzeitig  mit  diesen  Natronsalzen  den  Bauxit 
und  den  Kalk  in  die  Kalzinierpfanne  gibt,  so 
setzen  sich  Sulfat  und  Bisulfat,  welche  frisch 
zugegeben  wurden,  ebenfalls  in  oben  beschrie- 
bener Weise  um,  so  dass  sie  schliesslich  Na- 
triumaluminat ergebeu. 

Müllner  kocht  also  auch  bei  Verwendung 
von  llisu'fut  als  Natronersatz  mit  einer  reinen 
Lösung  von  Aetznatron,  und  die  Folge  ist,  dass 
die  Ablaugen  und  die  etwa  fortiUeesenden  Ab- 


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E.  KIRCHNER,   DAS  PAPIER.   III  B.  u  C  ZELLSTOFF. 


wä§ser  kein  Scbwefelnatrium  (wie  beim  Sulfat- 
verfahren)  enthalten,  daher  ah  anschädlich, 
soweit  sie  nicht  regeneriert  werden,  in  die 
Flussläufe  abgelassen  werden  können. 

Bei  Anwendung  dieses  Verfahrens  auf  die 
8ulfitxellstoffindustrie  erscheint  es  notwendig, 
die  Kochung  statt  mit  CalciumbisnlfU  mit  Na- 
triumbiaulnt  vorzunehmen.  Die  Koihuog  mit 
lettterer  Lauge  ist  nach  MöUncrs  Ansicht  ein- 
facher nnd  leichter  durchzuführen  als  die  übliche 
mit  Calciumbisulfit  Die  Ablaugen  der  Hol  fit- 
stoffkoebung  enthalten  organische  Calciumsolfon- 
Verbindungen  bezw,  Natriumsulfonverbindungen 
von  einer  Zusammensetzung,  welche  bis  jetzt 
wenig  erforscht  ist  Beim  Eindampfen  und 
Kalzinieren  müssen  diese  Verbindungen  (bei  An- 
wendung von  Natriumbisulntlaugen  nach  Müll- 
ner) jedoch  sämtlich  Schwefelnatrium  bilden» 
indem  die  vorhandenen  Sulfogruppen  durch 
den  Kohlenstoff  der  Ablauge  ganz  so  wie  oben 
das  schwefelsaure  Natron  reduziert  werden. 

Settt  man  nun  vor  dem  Kalzinieren  Bauxit 
und  Kalk  zu,  so  bildet  sieh  beim  Kalzinieren 
wie  oben  Natriumaluminat : 

8  Na,  8  -f  SCaO  +  AI,  (OH),  -  AI,  (ONa),  f 
8CaS  +  8H,  0 
Das  Aluminat  wird  durch  Auslangen  vom  Rück- 
stände (CaS)  getrennt  und  in  seine  Lösung 
8  cwefeldioxyd  eingeleitet: 

AI,  (ONa),  4  8  SO,  +  3  B,  O  -  AI,  (OH),  f 
3  Na,  SO,. 

Man  leitet  nur  bis  zur  Neutralisation  ein, 
es  fällt  dabei  reines  Tonerdehydrat,  während 
sich  eine  Lösung  von  neutralem  scliwefligsaurem 
Natron  bildet,  welche  durch  weiteres  Einleiten 
von  Schwefeldioxyd  leicht  in  Natriumbisulfit 
umgewandelt  wird. 

Es  wird  also  hier  ebenso  wie  beim  Natron- 
verfahren  die  ursprüngliche  Kochflüssigkeit 
wiedergewonnen.  Der  Verlust  an  Alkali  (etwa 
8  bis  10  pCt.  des  zum  Kochen  verwendeten 
ausmachend),  welcher  insbesondere  durch  die 
Abwässer  der  Maschinen  veranlasst  wird,  wird 
auch  hier  durch  Sulfat  oder  Bisnlfat  immer 
wieder  gedeckt. 

Das  Tonerdehydrat  fallt  bei  diesen  Pro- 
zessen nahezu  chemisch  rein  und  namentlich 
frei  von  Eisen  aus.  Durch  Auflösen  in  Schwefel- 
säure von  50'  ße\  wird  daraus  schwefelsaure 
Tonerde  erzeugt,  welche  in  der  Papierfabri- 
kation ja  zum  Leimen  Verwendung  findet  Da 
die  hier  dargestellte  reine  Tonerde  auch  zur 
Gewinnung  von  Aluminium  sehr  geeignet  ist, 
dürfte  es  nicht  schwer  fallen,  das  Produkt 
direkt  an  Aluminiumwerke  abzusetzen.  Etwa 
nicht  verwertbares  Tonerdebydrat  aber  könnte 
ja  statt  Bauxit  wieder  in  den  Prozess  zurück- 
geführt werden. 


Der  gesamte  Schwefel  in  den  verschiedenen 
Ablangen  sammelt  sich  bei  diesem  Verjähren 
als  Schwefelealcinm  an  nnd  kann  wie  beim 
Leblanc-Sodaprozesa  nach  den  bekannten  Ver- 
fahren als  solcher  regeneriert  werden. 

Ueber  die  Verwertung  der  Sulfit- 
stoffablauge  macht  Dr.  Aug.  Harpf  fol- 
gende Ergänzungen  und  Vervollständigungen: 
Das  Eindampfen  der  Ablange  findet  nicht  bloss 
in  Vakuumapparaten  statt,  sondern  man  benutzt 
dazu  auch  lange  Flammöfen,  welche  von  der 
einen  Schmalseite  aus  mit  Köhlen  gebeizt 
werden,  während  die  Lauge  mittels  Rinnen  an 
den  beiden  Langseiten  zugeleitet  wird.  Die 
Lauge  wird  im  hinteren  Teil  des  Ofens  langsam 
eingedickt  und  endlich,  fest  geworden,  mittels 
Rühreisen  ganz  zum  Feuer  vorgekrückt  und 
dort  verbrannt  Eine  Verwertung  der  Heiz- 
wirkung der  organischen  Stoffe  findet  dabei 
allerdings  gar  nicht  statt,  während  dieselbe 
beim  Eindicken  in  Vakuumapparaten  und  Ver- 
brennen mit  Sägespänen  unter  dem  Dampf- 
kessel doch  einigermassen  statt  bat  Ja  man 
verbraucht  hier  noch  eine  gewisse  Menge  Kohlen 
dazu.  Ueber  die  Grösse  des  Brennmaterial- 
aufwandes konnt9  Redner  nichts  Bestimmtes  in 
Erfahrung  bringen. 

Mit  Versuchen,  die  Ablauge  zu  Gerbe- 
zwecken zu  verwenden,  hat  sich  Harpf  eben- 
falls schon  beschäftigt.  Es  zeigte  sich  dabei, 
das«  die  Flüssigkeit  nur  gerbende  Eigenschaften 
ha»,  wenn  sie  sauer  ist,  während  sie,  wenn  sie 
alkalisch  oder  neutral  reagiert,  die  Haut  ent- 
weder gar  nicht  oder  nur  wenig  verändert 
Im  enteren  Falle  aber  verändert  sie  eine 
hineingelegte  Hautprobe  allerdings  in  einer 
Weise,  dass  man  glauben  könnte,  man  habe 
Leder  vor  sich;  aber  die  wesentlichste  Eigen- 
schaft des  Leders,  Geschmeidigkeit,  Weichheit 
und  Zähigkeit,  fehlt;  das  Produkt  ist  brüchig 
und  ist  also  nicht  a's  Leder  im  wahren  Sinne 
des  Wortes  anzusprechen.  Es  sei  möglich, 
ja  wahrscheinlich,  dass  hier,  wie  schon  bemerkt 
keine  eigentliche  Gerbung  der  Haut,  sondern 
vielleicht  eine  Art  Ausfüllung  der  Poren  der- 
selben durch  ligninsulfoBauren  Kalk,  einen 
Stoff,  welcher  bekanntlich  durch  Leim  gefällt 
wird,  vorliegt.  Ferner  sei  es  auch  möglich, 
dü»s  die  schweflige  Säure,  deren  Menge  in  der 
Lauge  allerdings  gering  ist,  oder  die  darin  ent- 
haltenen Sulfogruppen  bei  der  tierbang  schä-1- 
lich  mitwirken. 

Die  verschiedenen  Versuche,  den  Schwefel 
aus  der  Lauge  wiederzugewinnen,  haben  auch 
%ach  Ansicht  dieses  Redners  wenig  Aussicht 
auf  Erfolg.  Wie  derselbe  schon  vor  Jahren 
nachgewiesen,  ist  nur  ein  kleiner  Teil  des 
Schwefels  als  Schwefoldioxyd  (frei  oder  als 


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f'aSOj)  in  der  Lauge  vorhanden,  der  grössere 
Teil  aber  organisch  gebunden  und  kann  (was 
uns  auch  Dr.  Frank  gezeigte  als  80,  auch  nur  j 
teilweise  durch  Destillieren  mit  stärkeren  Säuren 
ans  der  Lauge  gewonnen  werden.  Ein  ge- 
ringerer Teil  endlich  ist  wahrscheinlich  in  mer- 
captanartiger  Bindung  vorhanden. 

Man  wird  sich  au»  allen  diesen  Gründen 
heute  einzig  und  allein  darauf  beschränken, 
jeno  Mengen  schwefliger  Siiure  möglichst  voll- 
ständig zu  gewinnen,  welche  durch  Abgasen 
oder  Uebertreiben  des  fertigen  Kochers  aus 
diesem  direkt  erhalten  werden  und  bei  guter 
Einrichtung  etwa  87  pCt.  des  Oesamtschwefel- 
verbrauches der  Fabrik  ausmachen  können.  Auf 
die  übrige  Menge  des  Schwefels  in  der  Ab. 
lange  musa  man  verzichten. 

Ein  anderes  Verfahren  der  Verwertung 
von  Ablauge  wurde  von  Seidel  gar  nicht  er- 
wähnt Es  ist  dies  die  Methode,  die  Ablauge 
einzudicken  und  dann  zur  Erzeugung  von 
Presskohlen  zu  verwenden.  Ueber  die 
Benutzung  dersclhen  für  Steinkohlenbriketts 
hat  der  Redner  nur  hier  und  da  gelesen,  Holz- 
kohlenbriketts aber  hat  derselbe  seihst  in 
der  Hand  gehabt  und  von  seinen  Schülern 
untersuchen  lasten.  Vor  längerer  Zeit  fand 
eich  nämlich  diesbezüglich  eine  Nachricht  in 
der  „Papier-Zeitung",  auch  sprach  der  Redakteur 
derselben,  Ferenczy,  vor  kurzem  neuerdings 
darüber  in  einer  Versammlung,  dass  man  in 
Oberungarn  in  einem  Eisenbuttenwerke  aus 
dem  angesammelten  Holzkohlenklein  und  Uolz- 
kohlenstanb  durch  Vermischen  mit  eingedickter 
Ablauge  und  Pressen  in  Brikettmaschinen 
ganz  brauchbare  Briketts  erzielt  habe,  welche 
dann  als  Brennmaterial  in  dem  dortigen  Eisen- 
hochofen Verwendung  fanden.  (Ferenczy  hat 
1905  in  Heidelberg  berichtet,  dass  man  diese 
Versuche  bald  aufgegeben  habe.) 

Der  Redner  hat  sich  nun  von  dem  betref- 
fenden Werke  Muster  dieser  Press-Hol/.koblen 
senden  lassen ;  dieselben  sehen  sehr  gut  aus.  sind 
fest  und  halten  gut  zusammen,  werden  auch  nicht 
feucht,  wie  man  glauben  sollte,  nachdem  die 
Trockensubstanz  der  Lauge  doch  ziemlich  hygro- 
skopisch ist.  Für  cisenhüttenteohnische  Zwecke 
sind  sie  jedoch  nicht  zu  gebrauchen,  da  die  Unter- 
suchung nicht  nur  einen  sehr  hohen  Aschen- 
gehalt, sondern  auch,  wie  nicht  anders  zu  er- 
warten, einen  besonderen  Reichtum  an  Schwefel 
ergab,  welcher  beim  Schmelzen  im  Eisenhoch- 
ofen selbstverständlich  (teilweise  wenigstens) 
ins  Eisen  gehen  würde.  Die  Leitung  des  be-  1 
treffenden  Hüttenwerkes  teilte  denn  auch  auf 
eine  diesbezügliche  Anfrage  mit,  dass  sie  diese 
Briketts  für  den   Hochofen  nicht  verwende, 


sondern  als  Bausbrandmaterial  an  die  Arbeiter- 
schaft abgebe. 

Was  ferner  das  Verfahren  Müllner  anbe- 
langt, welches  darauf  ausgeht,  die  Ablaugen 
unter  gleichzeitiger  Oewinnung  eine«  wertvollen 
Nebenproduktes,  reinen  eisenfreien  Aluminium- 
hydroxydes,  einzudampfen  und  zu  verbrennen, 
also  zu  vernichten,  so  spricht  sich  der  Redner, 
soweit  dieses  Verfahren  in  Natronzellatoff- 
fabriken  zur  Anwendung  kommen  soll,  unbe- 
dingt für  dasselbe  aus,  und  zwar  deshalb,  weil 
diese  Fabriken  ja  ohnedies  zwecks  Wieder- 
gewinnung ihres  Natrons  gezwungen  sind,  ihre 
Ablaugen  einzudampfen  und  zu  verbrennen. 
Soweit  man  es  jedoch  in  Sulfitatofffabriken 
anwenden  wollte,  glaubt  derselbe,  diesem  Ver- 
fahren wenig  Aussicht  auf  grosse  Verbreitung 
prophezeien  zu  können,  und  zwar  insbesondere 
aus  dem  Grunde,  weil  Müllners  Verfahren  an 
die  Verwendung  von  Natronsulfitlauge  statt  der 
bisher  gebräuchlichen  billigeren  Calciumtulht- 
laugc  gebunden  ist  und  weil  eine  Sulfitstoff- 
fabrik,  welche  nicht  behördlich  dazu  gezwungen 
wird,  wohl  schwerlich  freiwillig  zum  Eindamp- 
fen und  Verbrennen  der  Ablaugen  schreiten 
wird.  Wenn  auch  die  Natronsalze  durch  dieses 
Verfahren  immer  wieder  gewonnen  werden,  so 
ist  die  Wiedergewinnung  erstens  mit  nicht  un- 
erheblichen Kosten  verknüpft  und  zweitens  sind 
(nicht  allzu  geringe)  Fabrikationsverluste  (lOpCt.) 
dabei  unvermeidlich,  welche  ebenso  wie  beim 
Natronkochverfahren  durch  neue  Natronsalze 
ersetzt  werden  müssen,  so  dass  man  also  mit 
Natriumsulhtlauge  wahrscheinlich  teurer  arbeiten 
würde  als  mit  der  heute  fast  allgemein  ange- 
wendeten Caleiumsnlhtl äuge.  Die  ganze  Frage 
ist  übrigens  Sache  >ler  Kalkulation. 

Auch  das  Kochen  an  und  für  sich  sei  mit 
der  Natriumsulfitlange  nicht  wesentlich  ein- 
facher als  mit  der  Calciumsulhtlauge;  denn  die 
Gefahr  der  sogenannten  „Vergipsung-  des 
Stoffes,  au  welche  hierbei  wohl  in  erster  Linie 
gedacht  werden  wird,  ist,  seit  wir  tüchtige  und 
geschulte  Kochermeister  in  genügender  Anzahl 
zur  Verfügung  haben,  von  keiner  auch  nur 
cinigermaBscn  zu  fürchtenden  Bedeutung  mehr. 
Dass  es  mit  der  NatriumBuIhtlauge  möglich  ist, 
tiefer  herabzukochen,  dabei  leichter  braun  ge- 
färbten, also  leicht  bleichbaren  Stoff  zujerzeugen 
als  mit  Calciumsiiltitlaugen,  bei  welchen  be- 
kanntlich dann  gerne  eine  Ausscheidung  von 
CalciuminonosiilKt  eintreten  würde,  was  der 
Sultitstofftechnikcr  eben  (fälschlicherweise) „Ver- 
gipsung'' nennt,  müsse  zugegeben  werden.  Das 
Laugenregenerations  verfahren  Müllner  wird  folg- 
lich nach  Ansicht  des  Redners  für  den  Sulfit- 
stofffabrikanten nur  dann  von  Bedeutung,  aber 
zugleich  auch  von  Nutzen  sein,  wenn  er  sioh 


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472 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAP1EB.   III  B.  u  C  ZELLSTOFF. 


veranlasst  sehen  sollte,  zur  Vernichtung  «einer 
Ablaugen  schreiten  zu  müssen. 

Auf  das  von  Dr.  Seidel  erdachte  und  oben 
eingehend  dargelegte  Verfahren  der  Verwertung 
oder  sagen  wir  besser  Verwendung  der  Sultit- 
ablauge  zum  Beizen  von  Schafwolle  ubergehend, 
spricht  der  Redner  seinem  ersten  Vorredner  in 
dieser  Beziehung  seine  volle  Zustimmung  aus 
und  glaubt,  dass  dieses  Verfahren  auch  von 
Erfolg  begleitet  sein  werde.  Aber  derselbe 
kann  in  dieser  Methode,  wie  bereits  erwähnt, 
wohl  eine  Verwendung  kleinerer  Mengen  von 
Ablauge  an  einzelnen  Orten,  nicht  jedoch  eine 
wirkliche  Verwertung  der  ganz  ungeheuren 
Massen  derselben,  welche  jährlich  erzeugt  wer- 
den, erblicken.  Diese  Massen  seien  so  gross, 
dass  sie  mit  den  hier  zum  Beizen  verwendeten 
Mengen  gewiss  in  gar  keinem  Verhältnisse 
stehen. 

Redner  gibt  dafür  aus  seiner  eigenen  prak- 
tischen Tätigkeit  eine  Berechnung. 

Der  faktischen  Verwertung  der  Ablaugen 
steht  somit  heute  noch  immer  die  ungeheure 
Menge  derselben  sowio  die  Masse  Wasser, 
welche  darin  enthalten  ist,  hindernd  im  Wege, 
und  da  keines  der  besprochenen  Verfahren  ge- 
eignet ist,  diese  Frage  vollkommen  zu  lösen, 
so  bleibt  nicht  anderes  übrig,  als  was  man  bis- 
her getan:  die  Lauge  eben  einfach  laufen  zu 
lassen. 

Nach  längeren  volkswirtschaftlichen  Aus- 
einandersetzungen, in  welchen  der  Redner  ins- 
besondere darauf  hiuweist,  dass  alle  jene  Völker, 
welche  auf  ihrem  Boden  nicht  die  erforderliche 
Menge  an  Lebensmitteln  selbst  zu  erzeugen  im 
stände  sind,  welche  daher  auf  industrielle  Tätig- 
keit unbedingt  angewiesen  Bind,  um  ihre  Han- 
delsbilanz aktiv  zu  gestalten  und  zu  erhalten, 
dafür  sorgen  müssen,  dass  ihre  Industrie  blühe 
und  gedeihe  —  in  welchen  ferner  betont  wird, 
dass  der  volkswirtschaftliche  Wert  der  Industrio 
ja  bekanntlich  jenen  der  Fischzucht  um  das 
Vielhundertfache  übersteigt  —  verlaugt  der- 
selbe, dass  die  Industrie  insbesondere  in  der 
Abwässerfrage  die  weitestgehende  Unterstützung 
von  seiten  der  Regierung  erfahren  müsse.  Da 
überdies  die  Schädlichkeit  der  Abwässer  in 
vielen  Fällen  weitaus  übertrieben  werde  und 
das  Betonen  derselben  oft  nur  den  Zweck  habe, 
den  Nachbarn  auf  Kosten  eines  industriellen 
Unternehmens  pekuniäre  Vorteile  zu  verschaffen, 
da  ferner  die  Flüsse  die  natürlichen 
Ableitungskanäle  für  die  Industrie- 
Abwässer  darstellen,  da  endlich  die 
Selbstreinigung  der  Flüsse  ein  nicht  zu 
unterschätzendes  Moment  in  dieser  ganzen 
Frage  zu  gunsten  der  ludustrie  genannt  werden 
müsse,  so  könne  man,  um  auf  die  Sulfitzellu- 


loseindustrie  speziell  zurückzukommen ,  von 
dieser  nicht  mehr  verlangen  als: 

1.  dass  sie  durch  Abgasen  (Uebertreibeu) 
im  Kocher  in  ihrem  eigenen  Interesse  den 
UebersehuBB  an  freier  schwefliger  Säure  mög- 
lichst vollständig  wiedergewinnt, 

2.  dass  sie  die  Ablaugen  nicht  direkt  hei«, 
wie  sie  sind,  den  Flüssen  übergibt,  sondern  sie 
erst  in  grossen  Behältern  abkühlen  lässt,  wobei 
sich  auch  die  mitgeriisonen  Fasern  zu  Boden 
setzen,  welche  so  wiedergewonnen  werden 
können,  und 

8.  dass  sie  diese  abgcküHltc?  Ablauge  er.t 
nach  möglichst  grosser  Verdünnung  mit  den 
übrigen  Abwässern  der  Fabrik,  sowie  eventuell 
mit  frischem  Wasser  dem  Flusslaufe  übergibt 

Durch  Ueberleiten  d°r  hetssen  Ablaufe 
über  Stücke  von  kohlensaurem  Kalk,  welche 
man  in  die  Leitungskanälc  legt,  könnte  mau 
ja  die  noch  vorhandene  freie  schweflige  Säure 
räch  Möglichkeit  entfernen,  müsse  sich  aWr 
hüten,  durch  Zusatz  vonAetzkalk  diese« 
vollständig  tun  zu  wollen,  was  bekannter- 
massen  gelegentlich  von  den  Behörden 
vorgeschrieben  werde.  Es  sei  dies  eine 
Forderung,  welche  selbst  der  Chemiker  schwer, 
der  Arbeiter  aber  gar  nicht  erfüllen  könne, 
indem  die  Flüssigkeit  dabei  immer  leicht  alks- 
tische  Reaktion  annehme,  womit  stets  eine 
dunkelbraune  Färbung  verknüpft  sei.  Ausser- 
dem stelle  sich  dann  auch  noch  ein  andere: 
Uebel  ein:  die  alkalische  und  auch  die  neutrale 
Ablauge  gibt  durch  ihren  Gehalt  an  organischeu 
Substanzen  Veranlassung  zur  Algenbildung  in 
den  Kanälen  und  Flu«slüufen,  welche  wegea 
der  Unzuträglichkciten.  die  diese  mit  sich 
bringt,  unbedingt  verhindert  werden  muss. 
Diese  Algenbildung  könne  nun  nur  dadurch 
wirksam  verhindert  werden,  dass  man  die  Lauge 
in  schwach  saurem  Zustande  dem  Flussbette 
zuweist,  ein  Verlangen,  welches  um  so  leichter 
erfüllt  werden  könne,  als  die  Flüssigkeit  ja 
nur  sehr  geringe  Mengen  freier  schwefliger 
Säure  enthalte. 

Ingenieur  Schulte  (Wien>  spricht  sich 
ebenfalls  gegen  eiue  Versetzung  der  Ah- 
lauge mit  Aetzkalk  aus  und  meint,  eine 
einfache  Verdünnung  derselben  mit  den  übrigen 
Abfallwässern,  etwa  bis  zum  Verhältnisse  von 
1 : 800,  müsa?  genügen,  um  die  Ablauge  voll- 
kommen unschädlich  zu  machen 

Chemiker  Diamant  (Frantschach)  findet 
insbesondere  die  von  den  Behörden  bisher 
gestellten  Forderungen  vollständig  untunlich. 
So  habe  man  z.  B.  von  einer  Zellulosefabrik 
verlangt,  dass  sie  ihre  Ablaugen  versickern 
lasse  oder  die  Felder  damit  beriesele.  .  Durch 
das  Versickernlassen  wurden  aber  nach  einiger 


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I.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,  lfl  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  478 


Zeit  die  Bronnen  im  weiten  Umkreis  am  die  | 
Fabiik  herum  verdorben  und  beim  Berieseln 
sei  der  Erfolg  derselbe.  Die  Flösse  seien,  wie 
schon  ein  Vorredner  betont  habe,  die  natur- 
lichen Abflusskaniile  für  die  Abwasser  der  In- 
dustrie, und  es  müsse  daher  gemattet  sein,  dieseAb- 
wässer,  nachdem  Bie  nach  Möglichkeit  unschäd- 
lich gemacht  worden,  den  Flüssen  zu  übergeben. 

Chemiker  Schuster  (Rattimau)  bemerkt, 
dass  die  Lauge  auch  im  sauren  Zustande  nach 
einiger  Zeit  (besondere  in  dicker  Schiebt)  dunk- 
ler erscheine  und  dadurch  den  Anrainern  auffalle. 

Fabrikant  Klusemann   (Voitsberg)  er- 
klärt, dass  er  mit  seinen  Sickergruben  sehr 
gute   Erfahrungen  gemacht  habe,    nur  seien 
dieselben  leider  nicht  überall  verwendbar.  Bei 
Fabriken,  welche  in  der  Ebene  gelegen  sind, 
werden  die  Brunnen  durch  die  Sickergruben 
verseucht,  aber  Fabriken,  welche  so  wie  die 
seinige  in  einem  nicht  besonders  breiten  Tale 
liegen,  können  solche  Gruben  anlegen.  Die 
Lauge  versickert,  neutralisiert  sich  im  Kalk- 
boden und  verliert  wohl  auch  beim  Durchlaufen 
durch  das  Erdreich  an  organischen  Substanzen 
Sie   fliesst  dann  etwas  unterhalb  der  Fabrik, 
zwar  dunkel  gefärbt,  aber  unschädlich  in  den 
Bach;  denn  die  Fische  stören  sich  gar  nicht  an 
derselben,  sondern  es  wird  sogar  beobachtet, 
dasB  sie  sich  gerade  dort  ansammeln,  wo  die 
dunkle  Lauge  ins  Bachwasser  eintritt.  Folglich 
müsse  die   Lauge  in  diesem  Zustande  wohl 
einen  Nährwert  für  die  Fische  selbst  oder  für 
die  von  denselben  verzehrten  Organismen  be- 
sitzen.   Weiter  unten   verschwindet  dann  die 
dnnkle   Fürbuog.    Papierfabrikanten  könnten 
übrigens  die  Abwässer  aus  den  Bleichkästen, 
welche  noch  etwas  Chlorkalk  enthalten,  der 
Lauge  mitteilen,    wodurch   dieselbe  oxydiert, 
bedeutend  heller  wird  und  auch  ihren  Qeruch 
zum  grossen  Teil  verliert. 

Auf  Antrag  des  Direktors  Sembritzki 
(Schlöglmühl)  wird  schliesslich  folgende  Reso- 
lution angenommen: 

„Die  Subiektion  IX  D  des  „III.  inter- 
nationalen Kongreees  für  angewandte  Chemie" 
spricht  sieb  in  der  Frage  der  Abwässer  der 
Zelluloaefabriken  dahin  aus,  dass  weder  über 
die  Schädlichkeit  dieser  Abwässer  noch  über 
die  Verwertung  derselben  genügende  Erfah- 
rungen vorliegen  und  dass  daher  diese  Frage 
bis  auf  weiteres  als  ungelöst  betrachtet  werden 
muss." 

Nach  dem,  was  7  Jahre  später  auf  der 
schon  erwähnten  Versammlung  des  Vereins 
Deutseher  Zellstoff-Fabrikanten  am  16.  Juni 
1905  verlautbarte,  ist  man  zu  der  Ansicht 
gekommen,  dass  eine  Schädlichkeit 


der  Sulfitfabrik-Ablaugen,  wenn  sie,  in 
benachbarte  Flüsse  genügend  verdünnt  ein- 
gelassen, eine  weitere  ausreichende  Verdün- 
nung erfahren  hat,  nicht  nachweisbar  sei 

Der  Vorsitzende  Dr.  L.  Gottstein 
stellt  die  Frage,  ob  den  Anwesenden  er- 
folgreiche Versuche  der  Nutzbarmachung 
der  Ablaugen  bekannt  seien.  Der  von 
einem  Fachmann  jüngst  berechnete  Gewinn 
aus  den  Abwässern  bei  Benutzung  seines 
Verfahrens  sei  von  einem  Professor  der 
technischen  Chemie  als  nicht  zutref- 
fend erklärt  worden.  Der  früher  schon 
aufgetauchte,  neuerdings  wieder  gemachte 
Vorschlag,  Wichse  und  Wagenschmiere 
unter  Zusatz  von  eingedickter  Sulfitlauge 
herzustellen,  bringe  keine  Verbesserung. 

Dr.  Sieber  sen. - Attisholz  erinnert 
an  den  Papierleim,  der  unter  Benutzung 
von  Sulfitlauge  hergestellt  werde ;  derselbe 
könne  wegen  seiner  Schwärze  nur  zu  ge- 
ringwertigen Papieren  verwendet  werden. 
Abwasserstoffe,  unter  den  Formsand  der 
Giessereien  gemischt,  geben  haltbarere 
Formen;  Kosten  darauf  zu  verwenden,  lohne 
sich  aber  nicht. 

H  o  e  s  c  h  -  Pirna  berichtet  über  Ver- 
suche, die  er  mit  einem  Chemiker  ange- 
stellt habe,  Stiefelcreme,  Appreturmittel 
(letzlere  mit  einigem  Erfolge)  herzustellen, 
sie  seien  aber  aufgegeben  worden.  Eine 
grosse  Strecke  der  Landstrasse  an  seiner 
Heidenauer  Fabrik  habe  er  im  staubigen 
Sommer  190*  durch  Sprengen  mit  Abwasser 
vollständig  staubfrei  gemacht,  aber  kein 
Patent  darauf  erhalten,  da  die  Idee  irgend- 
wo schon  in  Schriften  vorgeschlagen  ge- 
wesen sei.  Der  Gedanke,  mit  Ablauge  Stein- 
kohlenbriketts zu  pressen,  sei  auch  wieder 
aufgetaucht ;  eingedampfte  Ablauge  hätten 
die  K.  S.  Steinkohlenwerke  in  Zaukerode 
ihm  auf  mehrere  Jahre  abnehmen  wollen, 
aber  der  gebotene  niedere  Preis  habe  ihm 
keinen  Erfolg  versprochen. 

Herr  Schacht- Weissenfeis  erinnert 
an  die  erfolglosen  Bemühungen,  aus  der 
Ablauge  Viehfutter  herzustellen,  und  an 
das  Patent  Bache- Wiig  in  Bönsdalen,  Eier 
in  Sulfitablauge  statt  in  Kalkmilch  und 
Wasserglas  zu  konserviere^ 

1.  Bogen  1900. 


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474 


E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Weitere  Redner  erwähnen,  dass  man 
von  der  Verwendung  der  Sulfitablauge  in 
der  Zementinduetrie  und  für  den  Hoch- 
ofenbetrieb (in  Form  von  Holzkohlen- 
birketta)  bald  wieder  zurückgekommen 
sei ;  zu  Feuerungszwecken  sei  die  einge- 
dickte Ablauge  auch  nicht  verwendbar. 

Dr.  Gottstein  tadelt  an  den  mit 
Ablauge  hergestellten  Briketts  deren  un- 
angenehmen Geruch  und  ihr  schnelles 
Zerfallen  und  schliesst  mit  der  Bemerkung 
dass  das  Abführen  der  Lauge  in  aus- 
reichender Verdünnung  mög- 
lichst frisch  in  den  Fluss  das 
beste  Mittel  sei,  dieselben  unschädlich 
zu  machen. 

Der  Geb. Oberregierungsrat  Dr.  Bitt- 
m  a  n  n,  welcher  auf  der  Heidelberger  Ver- 
sammlung anwesend  war,  ist,  der  Ver- 
dünnung vorausgesetzt,  mit  aem  von 
Gottstein  Gesagten  völlig  einverstanden, 
hat  aber  da  grosse  Bedenken,  wo  diese 
Vorbedingung  nicht  erfüllt  sei.  Industrien, 
die  viele  starke  Abwässer  autzuweisen 
haben,  gehören  an  grosse  Flussläufe  und 
nicht  an  Gebirgsbäche  u.  dgl. 

Ueber  die  Rückgewinnung  der  Fasern 
aus  den  Ablaugen  wird  bei  den  Gesamt- 
fabrikationsabwässern  weiter  unten  die 
Rede  sein. 

Vorschläge  zur  Verwertung  der  Ablaugen 
nach  Frank  und  Lehmann. 

Trotz  vorstehender  abfälliger  Urteile 
bleibt  immer  noch  der  Vorschlag  Dr.  A. 
Frank'«*  zu  beachten,  die  ungeheuren 
Mengen  entsäuerter  und  entharzter  Sulfit- 
.Ablauge  mit  ihren  Kohlenhydraten, 
Zucker,  Amyloiden  etc.  zu  Futter- 
zwecken nutzbar  zu  machen.  Die  ge- 
meinsamen Arbeiten  Franks  und  des  Göt- 
tinger Professors  Dr.  Franz  Lehmann  dürften 
wenigstens  Entscheidung  in  der  Frage 
herbeiführen,  ob  diese  Verwertung  Aus- 
sicht auf  Erfolg  hat. 

Prof.  Dr.  L  e  h  m  a  n  n  hat  übrigens  auch 
ein  Aufschliessungsverfahren 
für  Stroh  vorgeschlagen.  **   Er  kocht  1  Teil 

•"Wochenblatt  für  Fapiertabrikation  Jg.  1904, 

s.  am 

••  Ebenda  S.  3673. 


Stroh  mit  2  Teilen  l'/t  bis  Sprozentiger 
Aetznatronlauge  6-8  Stunden,  den  Druck 
langsam  bis  zu  6  Atm  0.  steigernd.  Das 
Stroh  ergibt  statt  30  -  40  pCt.  nach  diesem 
Aufschi iessen  bis  66  pCt,  verdauliebe  Sub- 
stanz für  unsere  Haustiere,  erreicht  also 
den  doppelten  Nährwert  von  rohem  Stroh. 

Lebmann  kommt  zu  dem  Schlüsse, 
dass  man  zunächst  in  den  Wirtschafts- 
betrieben (oder  in  Zuckerfabriken,  die 
rentabler  Arbeit  dringend  bedürfen)  eine 
Partie  Stroh  als  Halbstoff  für  die  Papier- 
fabriken aufschliessen  könne,  dann  eine 
zweite  Partie  Stroh  mit  der  Ablauge,  die 
die  Nährwerte  der  ersten  Strohpartie  und 
das  überschüssige  Alkali  enthält,  behandeln 
und  so  au f g e sc h  1  o 8 s e n e 8  Nähr- 
stroh für  Futterzwecke  herstellen 

Man  würde,  wenn  solch  Verfahren  sich 
bewähre,  das  Getreide  verbilligen,  die  Nähr- 
stoffproduktion erhöhen  und  könne  dadurch 
Deutschland  in  seinem  Näbrstoffbedarf 
vom  Auslande  unabhängig  machen. 

Nach  Ansicht  des  Verfassers  könnten, 
wenn  an  der  Sache  etwas  ist,  am  besten 
die  Strohstofffabrikanten  das  Aufschliessen 
des  Strohes  teils  in  Nährstroh  für  den 
Landwirt,  teils  in  Strohstoff  für  die  Papier- 
fabrikation besorgen. 

Kaustlzlerte  und   sulfUierte  Kochlmuge. 

(Nachtrag  zu  dem  Schacht- Verfahren 

S.  284—286.) 
Verfasser  erfuhr  im  Dezember  1905  von 
Herrn  Willi  Schacht,  Inhaber  des  Patentes 
Nr.  122171,  dass  er  im  eigenen  Betriebe  in 
Weissenfeis  und  bei  anderen  Lizenznehmern 
im  In-  und  Auslande  das  Verfahren  seit 
über  3  Jahren  mit  Erfolg  und  mit  grossem 
Vorteil  für  Stoffausbeute  und  Papierqualität 
ausbeutet  und  dass  es  nach  Ueberwindung 
mehrfacher  Schwierigkeiten  seit  Jahren 
in  keinem  Betriebe  mehr  Anstände  gibt; 
freilich  sei  es  notwendig,  mit  der  Salz- 
regenerierung  auf  der  höchsten  technischen 
Stufe  zu  stehen.  Man  erreiche  je  nacb 
angewendeter  Menge  S0a  10 — 20  pCt.  mehr 
Ausbeute,  grosse  Bleichmaterialersparnis 
und  andere  Vorteile.  Die  mit  dem  neuen 
Stoff  hergestellten  Papiere  seien  wegen 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


476 


ihrer  vorzüglichen  Eigenschaften  besonders 
gesucht 

Dr.  Dielz'sches  Verfahren 

zur  Gewinnung  von  Strohzellstoff 
nach  dem  Sulfitverfahren. 
Nach  der  Druckschrift  zur  Habilitation 
des  Dr.  phil.  Rudolf  Dietz  an  der  K.  S. 
Techn.  Hochschule  zu  Dresden  1904  ent- 
halten 

Gerstenstroh  6,06  pCt.  Asche  3,7  pCt.  SiO, 
Haferstroh    4,05  .,      „    1,56  „  „ 
Roggen        3,68  „       „    1,57,,  „ 
Weizen        4,46  „      „  2,69,, 

Dietz  empfiehlt,  Roggen  stroh  mit  dem 
etwa  ßfacben  Gewicht  einer  0,5  pCt.  Fluss- 
säure  (H Fl)-Lösung  (100  kg  Stroh  erfordern 
3,25  kg  HFI)  in  einigen  Holzbottichen  zu 
durchtränken,  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
3  Stunden  stehen  zu  lassen  und  gut  auszu- 
waschen. 

Das  so  ausgelaugte  Stroh  hat  getrocknet 
und  verascht  nur  noch  0,47  pCt.  Asche 
und  0,046  pCt.  SiO,. 

Haferstroh  zeigte  bei  dieser  Behandlung 
gleich  günstige  Resultate.  Weizen-  und 
Gerstenstroh  aber  enthielten  noch  erhebliche 
Mengen  Si  0a. 

Erst  eine  zweite  Auslaugung,  wie  die 
erste  vorgenommen,  brachte  den  Aschen- 
und  SiOa-Gehalt  der  letzten  zwei  Stroh- 
arten auf  gleichen  Prozentsatz  herab. 

Die  Reaktion  verläuft: 

SiO, +  6  HFl  =  H,SiFJ4-f  2H,  O, 
nach  welcher  auf  60  kg  SiO,  120  HFI 
kommen. 

Dietz  hat  durch  Versuche  mit  Gold- 
Tischen  festgestellt,  dass  diese  in  Wasser, 
mit  lhi  der  Ablauge  gemischt,  leben  können 
Er  rechnet  auf  10000  kg  Strohzellstoff 
Tagesproduktion,  also  auf  25000  kg  Stroh 
150  cbm  0,5  pCt.  Lauge  (welche  also  750  kg 
HFI  enthalten  würden)  10500  cbm  Ver- 
dünnung«- bezw.  Waschwasser,  d.  h.  auf 
1  kg  Strobstoff  braucht  man  1050  1  Wasch- 
wasser. Bei  Vorhandensein  nur  kleiner 
Wasserläufe  empfiehlt  er  das  Versetzen 
der  Ablaugen  mit  Kalkmilch  bis  zur  alka- 
lischen Reaktion  und  zum  Klärenlassen. 

Das  auf  diese  Weise  ausgelaugte  Stroh 


lässt  sich  dann  in  einer  Calcium-Sulfit- 
lösung  mit  3,6  pCt  Gesamt-,  2,4  pCt  freier 
und  1,2  pCt  gebundener  SO,  vollkommen 
aufschliessen. 

Durch  Probieren  stellte  Dietz  fest,  dass 
100  kg  Roggenstroh  mit  425  1  dieser  Lösung 
(auf  100  kg  Stroh  15,3  kg  SO,  Aufwendung 
=  7,65  S)  in  einer  Stunde  auf  3Vi  Atm. 
('28»  C)  gebracht  und  3  Kochstunden  ge- 
halten oder  in  einer  Stunde  "auf  4V«  Atm. 
(136  0  C)  gebracht  und  2  Kochstunden  ge- 
halten, 40  kg  guten  Zellstoff  ergaben.  Der 
SO,- Gehalt  der  Lösung  ist  auf  0,147  pCt. 
herunterzukochen  Die  gut  isolierten  Zellen 
waren  vollkommen  erhalten,  und  es  waren 
kaum  noch  Spuren  von  Lignin  nachweis- 
bar. Weizen  ergab  42,  Hafer  40  und 
Gerste  39  pCt.  Ausbeute. 

Der  Sulfitstrohstoff  bleichte  sich  mit 
13,5  pCt.  33  prozentigem  Chlorkalk  weiss 

Ueber  die  Unschädlichmachung  der 
Strohsulfit-Ablaugen,  meint  Dietz,  sei  das- 
selbe zu  sagen  wie  über  Holzsulfit-Ablaugen. 

Er  bringt  eine  interessante  Berech- 
nung des  Heizwertes  seiner  Stroh- 
ablauge : 

Die  Strohablatige  wurde  auf  ihren  Heizwert 
untoraucht.  Die  Kohlavgc  hinterlasst  beim  Ver- 
dampfen einen  Trockenrückstand  von  13pCt  mit 
12  p('t.  Asche  des  letzteren  (1,56  pCt.  der  Roh- 
lange).  Der  Trockenrückstand,  im  Hempelschen 
Kalorimeter  verbrannt,  ergab  einen  Heizwert 
von  rund  2700  WE. 
Wärmekapazität  des  Apparates  —  6,148  WE 

1)  1,588  g  8ubstan?  bewirkten  3,28\Tetnp,-Zun  , 
1,000,,       „  .,      2,074«  „ 

2)  1,071  g      „  „      3,43»  „ 
10O0„      „             „      2,072«  „ 

Den  absoluten  Wärmeeffekt  des  Kohlenstoffe» 
mit  8080  WE  angenommen,  gibt  für  Nr.  1 
27*28  WE,  für  Nr.  2  2720  WE. 

Ein©  rohe  Berechnung  zeigt : 

100  kjr  Zellulose  ergibt  1000  kg  Ablauge 
mit  130  kg  Trockensubstanz;  es  sind  870  kg 
Wasser  zu  verdampfen. 

Die  Temperatur  der  Lauge za  50"  ange- 
nommen, sind,  um  dieselbe  auf  100  »  zu  briogen, 
1000    50  -    60000  WE 
und  zur  Verdampfung  de»  Wassers 

536  .  870  =ji66000  „ 

in  Summa   516Ö00  WE 
erforderlich:  erhalten  werden 

130  •  2700  ^  361000  WE 

Es  sind  noch  aufzubringen  165000.  WE. 


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476  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Naob  einer  mir  vorliegenden  Berechnung 
einer  namhaften  Fabrik  Mitteldeutschland« 
kostet  1  kg  8teinkohle  mit  durchschnittlich 
5000  WE  Heizwert  1  Pf.;  nimmt  man  den 
Ausnutzungswert  =0,6  bei  offener  Verdampfung 
an,  werden  8000  WE  effektiv  nutzbar. 

Auf  100  kg  Produktion  kosten  also  die 
165000  WE  55  Pf.,  weloho  Kosten  sich  bei 
Verwendung  billiger  Braunkohlen  noch  wesent- 
lich erniedrigen  durften. 

Vorzüge  des  Verfahrene: 

1)  Der  Aufschluss  mittelst  Flusssäure  in  Holz- 
bottichen verursacht  keine  erheblichen  Kosten. 

2)  Da  dje  Auslaugung  kürzere  Zeit  erfordert 
als  die  Kochung,  bo  ist  ein  kontinuierlicher 
Betrieb  gesichert 

8)  Die  Unschädlichmachung  der  Fl usbs Sure- 
ablauge bietet  keine  Schwierigkeiten. 

4)  Die  Kochzeit  mit  Bisultit  erfordert  nur 
kurze  Zeit 

6)  Bei  gleicher  Ausbeute  wie  beim  Natron- 
verfahren  tadellose  Faser. 
6)  Fortfallen  übler  Gerüche. 

Das  Verfahren  dürfte  mit  den  bestehenden 
Methoden  der  Zellstoffherstellung  in  Wett- 
bewerb treten  können. 

Zu  diesen  Ausführungen  haben  sich 
zwei  in  der  Praxis  der  Zellstofffabrikation 
stehende  Herren  geäussert: 

Ein  Pseudonym  sagt  im  Wochenbl.  f.  Pa- 
pierf.  Jg.  1905  Nr.  19: 

1)  Dürfte  das  Arbeiten  mit  Flusssäure  im 
grossen  sehr  viele  Unannehmlichkeiten  im  Ge- 
folge haben  und  die  Apparatur  verteuern  und 
komplizieren.  Die  Anwendung  von  offenen 
Holzbottichen  tum  Entkieseln  dürfte  wegen 
auftretender  Dämpfe  doch  nicht  ganz  einfach 
sein  and  das  Pumpen  u.  deigl.  der  Flusesäurelö- 
suDgea  nicht  ohne  Schwierigkeiten  vorsichgeben ; 

2)  dürfte  das  Umfüllen  des  entkieselten 
Strohes  in  die  Kocher  zwecks  „Entholzena" 
mit  Bisulfit  erschwerend  wirken,  während  ein 
Behandeln  des  entkieselten  Strohes  im  Holz- 
bottiche unmöglich  wäre; 

3)  dürften  die  Ablaugen  nicht  weniger 
Schwierigkeiten  verursachen  als  bei  Holz-Zell- 
stofffabriken,  vorausgesetzt,  das»  der  Fluss,  der 
die  Ablaugen  aufnehmen  soll,  nicht  zu  klein  ist. 

Herr  W.  Schacht  äussert  sich  gelegent- 
lich in  der  Versammlung  des  Vereins 
Deutscher  Zellstoff fabrikanten  in  Heidelberg 
am  16.  Juni  1905: 

Bisher  sind  alle  Sulfit-Kochversuche  (mit 
Stroh)  an  den  Silikaten  gescheitert.  —  Dieses  Sulfit- 
verfanren für  Strohkochung  ist  nun  aufs  neue 
zur  Debatte  gestellt  worden  durch  Dr.  Dietz  in  I 
Dresden.  Er  glaubt,  durch  Flusisäure  ein  Mittel  i 


gefunden  zu  haben,  um  auf  billige  Weise  du 
Stroh  so  vorzubereiten,  so  von  der  Kieselsaure 
zu  befreien,  dass  es  sich  für  den  Sulfitkoch- 
prozess  eignet.  Wer  mit  Flusssäuro  im  Labo- 
ratorium schon  gewirtschaftet  hat,  weiss,  diu 
das  ein  Material  ist,  mit  dem  man  nicht  gern? 
zu  tun  hat.  Auch  ist  die  Flusssäure  nicht 
billig.  Meiner  Meinung  nach  ist  der  Betrüb 
nach  Dietz  zu  kompliziert,  und  dadurch  wird 
die  ganze  8ache  schon  in  Frage  gestellt.  Stroh- 
hack  sei  ist  ein  Material,  das  ausserordentlich 
stark  sperrt  und  federt,  aber  man  kann  niclt 
viel  in  den  Kocher  hineinfüllen,  das  wird  bei 
der  Arbeit  mit  sauren  Salzen  ganz  schlecht. 
Die  Masse  sohrumpft  durch  die  Aetzalkalien 
zusammen,  und  das  Material  setzt  Bich.  Wir 
können  mit  Sulfit  die  Kochräume  nur  unge- 
nügend füllen,  und  das  bringt  teurere  Betheln- 
arbeit  mit  sieb,  viel  Arbeit  und  wenig  Pro- 
duktion. —  Jch  habe  mich  an  Herrn  Dietz 
gewandt  mit  der  Bitte  um  Vorlage  von  Stroh- 
etoffen,  die  nach  seinem  Verfahren  hergestellt 
seien.  Ich  erhielt  solche  Proben  und  muH 
aber  sagen,  die  Stoffe  haben  mir  wenig  Ver- 
trauen eingefiösst;  papiertechnisch  scheinen  sie 
keinen  Wert  zu  haben.  Es  waren  ähnliche 
Stoffe,  wie  sie  bereits  mit  dem  gewöhnlichen 
Sulfitverfahren  hergestellt  werden  können ;  un- 
aufgeschlossene  Knötchen  machen  sich  darin 
bemerkbar,  und  es  fehlen  überhaupt  die  Eigen- 
schaften, die  ein  brauchbarer  Strob  stoff  haben 
muss.  So  lange  es  nicht  gelingt,  ein  billigt* 
lösendes  Agens  für  die  Silikate  su  finden, 
welches  dem  Bisulfit  beigesetzt  werden  kann, 
so  lange  wird  das  Sulfitverfahren  nicht  ver- 
wendbar sein. 

Gegen  diese  Bemängelungen  äussert 
sich  Herr  Dr.  Dietz  in  einem  Schreiben 
an  den  Verfasser  vom  9/12.  05: 

„Das  Arbeiten  mit  O.öprozentiger  Fluss- 
säure  ist  weder  schwierig  noch  gefährlich, 
wenn  dieselbe  von  Fabriken  bezogen  wird.* 

*  Mit  dieser  Behauptung  steht  Herr  Dr.  K. 
Dietz  nicht  etwa  allein.  In  der  Zeitschrift  für 
angewandte  Chemie  1905,  Heft  21,  S.  816  sagt 
Ernst  Deussen,  dass  2  -  8  prozentige  Fluasiiare 
der  menschlichen  Haut  nicht  den  geringsten 
Schaden  bringt.  Man  kann  die  Hände  iopr 
kräftig  mit  5  prozentiger  Säure  waschen,  oder  sie 
längere  Zeit  mit;  der  Säure  in  Berührung  las*"1 
Nach  einem  Versuch  des  Prof.  Dr.  8traub  vertrag 
ein  Kaninchen,  ohne  Vergiftungserscheinungea 
zu  zeigen,  60  cem  0,6  prozentiger  reiner  Flussssor* 
(also  —  0,26  g  H  F).  Immerhin  muss  mit  der 
käuflichen  Btarken  Flusssäure  vorsichtig  uog«- 
gangen  werden ,  da  Wunden,  an  welehs  <ü* 
i  Säure  kommt,  sehr  schwer  heilen. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


477 


Ein  Holzbottich  Ober  den  Kochern  wird 
mit  Wasser  gefüllt,  die  berechnete  Menge 
der  konz.  Flusssäure  zugesetzt  und  das 
Stroh  eingetragen.  Eine  namhafte  Fluss- 
aäurefabrik  bat  bei  mir  die  Erlaubnis  er- 
wirkt, die  betreffenden  Einrichtungen  in 
die  Technik  einführen  zu  dürfen;  die  Fa- 
brik will  die  Ablaugen  wieder  verwerten, 
wodurch  die  Frage  der  Verdünnung  der 
Ablauge  ganz  wegfallt.  Wenn  letztere  aber 
in  Frage  kommt,  so  halte  ich  eine  beson- 
dere Verdünnung  vor  Eintritt  der  Ablaugen 
in  einen  einigermassen  wasserführenden 
Fluss  für  überflüssig,  wenn  dieselben  den 
Gesamtabwässern  der  ZellstofTkocher, 
Waschmaschinen,  Stoffpressen  etc.  gleich- 
mässig  zugeteilt  werden." 

Es  würde,  wenn  dem  so  ist,  sich  der 
Wasserverbrauch  durch  die  Vorbehandlung 
des  Strohes  mit  Flusssaure  nur  um 
27i  *  6»  16  1  pro  1  kg  Strohstoff 
vermehren,  also  die  nennenswerte  Erhöbung 
des  Fabrikationswassers  wegfallen. 

Wie  Verfasser  erfuhr,  geht  Dietz  mit 
dem  Plane  um,  weitere  Versuche  zu  machen. 
Jedenfalls  ist  nach  Entfernung  der  Kiesel- 
säure aus  dem  Stroh  eher  auf  einen  Erfolg 
der  Oebertraguog  des  SulGtverfahrens  auf 
die  Strohstofffabrikation  zu  hoffen,  als  wenn 
man  die  Sulfitlösung  ohne  solche  Vorbe- 
handlung auf  das  Stroh  wirken  lässt. 

Es  hat  an  Vorschlägen  und  Patenten 
zur  Herstellung  von  Zellstoffen  in  neuerer 
Zeit  nicht  gemangelt 

Tränken  des  Kochholzes 
inMonosulfitlösungen  vor  dem 
Sulfitkochen. 

Viggo  Drewsen,  N.  Y„  hat  sich  das 
amerikanische  Patent  Nr.  730439  auf  ein 
Verfahren  erteilen  lassen,  wonach  Holz 
vor  dem  Kochen  in  einer  Lösung  von  Na- 
trium- oder  Magnesium-MonoHulQt  getränkt 
und  in  Behältern  gelagert  wird,  ehe  es  in  den 
Kocher  kommt.  Diese  Lösungen  sind  neu- 
tral oder  schwach  alkalisch,  geruchlos  und 
greifen  die  Wände  der  Bebälter  nicht  an. 
Es  soll  eine  Lösung  von  4  Teilen  Natrium- 
sulfit (Na,  SO,  -f-7H30)  auf  100  Teile  i 
Wasser  geeignet  sein,  die  Luft  aus  dem  , 


Holz  zu  entfernen  und  die  Einleitung  des 
Kochprozesses  zu  erleichtern. 

Es  sei  hier  noch  das  in  England  und 
Deutschland  (D.R.P.  150353)  patentierte 
Verfahren,  welches  auf  Bakteriengärung 
beruht,  besprochen. 

Herstellung  von  Espartozellstoff 
durch  Bakteriengärung.* 

Ueber  den  Bau  des  Esparto  oder  Alfa- 
grasblattes ist  das  im  Teil  II  A  S.  57-58 
Gesagte  nachzulesen. 

Chemisch  hat  man  folgende  Bestandteile 


bestimmt : 

Zellulose  in  afrik.  Esparto  45,80 

„      „  span.      „  48,25 

Fett,  Wachs  und  Oel  2,62 

Wasserlösliche  Körper  9,81 

Pectinkörper  29,30 

Wasser  8,80 

Asche  3,67. 


Die  binsenförmig  zusammengerollten 
Blätter,  in  deren  innerem  zusammengetrock- 
neten Fleisch  die  wertvollsten  feinen,  so- 
liden, seidigen  und'weicben  Bastfasern  von 
'/♦  bis  3  mm  Länge  und  0,01-0,025  mm 
Breite  mit  enthalten  sind,  werden  zunächst 
auf  Brechwalzen  A  Al,  Fig.  217,  zerquetscht 
und  mittelst  eines  durch  Rohr  a*  einge- 
triebenen Luftstromes!  vom  Staub  befreit 


Flf.  217.  Alfa-Breohwerk. 


Das  so  vorbereitete  Material  wird  in 
grosse  Behälter  gepresst  und  mit  irgend 
einem  Wasser,  etwa  Süßwasser  oder  Meer- 
wasser oder  Brackwasser  (Mischung  von 

_  •  Nach  dem  ^Wochenblatt  für^PapUrfabri- 
katioTjg.  1908,  S.1S410/12. 


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K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Süss-  und  Salzwasser)  übergosgen,  und  dann 
mit  einer  Bakterien- Kultur  geimpft. 

Die  Bakterien  werden  durch  mehrtägiges 
Einweichen  von  Alfa  in  Wasser  nach  Ab- 
ziehen des  Wassers  erhalten,  eine  kleine 
Quantität  derselben  wird  auf  Gelaticeröhr- 
chen  geimpft 

Nach  einigen  Tagen  haben  sich  zahl- 
reiche Kolonien  von  Bakterien  gebildet; 
dieselben  werden  unter  dem  Mikroskope 
geprüft  und  gewartet  bis  man  eine  Form 
kleiner,  sehr  kurzer,  an  den  Enden  abge- 
rundeter Stabchen  findet,  deren  Kolonien 
von  grauweisser  Farbe  sind.  Dieser  Ba- 
zillus wird  isoliert  und  bei  35*  G  in 
gesalzener  peptonisierter  Fleischbrühe  ge- 
züchtet. 

Um  den  Gärungsprozess  in  der  Alfa- 
masse einzuleiten,  wird  eine  grössere 
Kultur  in  einem  Troge  (am  besten  mit 
Meerwasser)  angesetzt.  Nach  48  Stunden 
hat  eine  solche  Vermehrung  der  Bakterien 
stattgefunden,  dass  sie  brauchbar  ist. 

Die  Bakterien  lösen  die  Inkrusterien, 
nicht  aber  die  Zellulose,  in  eine  schleimige 
Masse  auf.  24  Stunden  nach  der  Infektion 
ist  die  Gärung  bei  reichlicher  Gasent- 
wickelung in  vollem  Gange. 

Nach  1 1  Tagen  ist  der  Lösungsvorgang 
beendet.  Es  folgt  dann  ein  Wascbprozess 
unter  Anwendung  von  Kalkwasser,  wodurch 
die  Pectinkörper  als  unlösliche  Kalksalze 
gefällt  und  entfernt  werden. 

Eine  Modifikation  des  Prozesses  besteht 
darin,  die  Gärung  der  Alfa  in  Haufen  sich 
abspielen  zu  lassen,  die  erst  mit  der  Bak- 
terienkultur und  dann  mit  einer  alkalischen 
Lösung^  bespritzt  werden. 

Zum  Auswaschen  benutzt  man  den 
Fig.  218  im  Durchschnitt  abgebildeten  Ap- 
parat. Der  Halbstoff  wird  in  das  Gefäss  B 
bis  zur  Höhe  b  eingetragen,  dann  von  C 
aus  Wasser; eingelassen,  welches  den  Stoß 
in  wirbelnde  Bewegung  bringt.  Beim 
Stande  b1  der  Flüssigkeit  wird  C  geschlos- 
sen, der  Stoff  setzt  sich  ab,  und  das  Wasser 
wird  durch  das  Tauchrohr  El  mit  Schwim- 
mer F,  bei  d  eintretend,  nach  Oeffnen  des 
Hahnes  E  aus  Mündung  D  abgelassen. 

Die  Hemmvorrichtung  e  begrenzt  die  | 


Fli.  218.  AlfahalbitofT  Wischapparat. 

Tiefe,  bis  zu  welcher  das  Tauchrohr  nieder- 
sinken und  das  Wasser  aus  dem  Wasch- 
geläss  ablassen  kann.  Je  nach  gewünsch- 
ter Reinheit  wird  zwei  bis  dreimal  ge- 
waschen. Der  Hahn  E*  dient  zur  Ent- 
leerung des  gewaschenen  Halbstoffes, 
welcher,  in  Pappentorm  gebracht,  ausge- 
breitet, an  der  Luft  getrocknet  und  so  um 
50  -  60  pCt.  leichter  als  Rohalfa  in  den 
Handel  gebracht  wird. 

Dieser  Halbstoff  unterliegt  für  lange 
Zeit  keiner  schädlichen  Veränderung. 

Der  Stoff  kann  in  gewöhnlicher  Weise 
gebleicht  werden,  doch  wird  als  sehr  wirk- 
sam und  billiger  folgendes,  zu  sehr  hober 
Weisse  führendes  Verfahren  im  Patente 
vorgeschlagen : 

Der  Stoff  wird  in  einem  Misch-  und 
Bleichholländer  mit  5  pCt.  Soda  vermischt 
und  mehrere  Stunden  in  Bewegung  er- 
halten, dann  wird  das  kohlensaure  Alkali 
mit  Schwefelsäure  neutralisiert  bis  ungefähr 
Viw«  Ueberschuss  an  Säure.  Nun  wird 
ausgewaschen  und  mit  Natriumhypochlorit 
und  einem  Zusatz  eines  kohlensauren  Al- 
kalis gebleicht. 

Vorratsbaseins  für  Laugen  und  Säuren. 

(Gehört eigentlich  nach  S.347  vor  „Kochen '.) 

Die  Gefässe  für  den  Vorrat  an  Koch- 
Üüssigkeiten  müssen  zunächst  die  nötige 


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E.  KIRCHNER  DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  479 


Grösse  besitzen,  um  die  für  den  Betrieb 
zum  Füllen  eines  Kochers  nötige  Flüssig- 
keitsmenge  stets  disponibel  zu  haben.  Bis 
ein  weiterer  Kocher  zum  Füllen  kommt, 
muss  das  Vorratsgefäss  bereits  wieder 
gefüllt  sein,  braucht  die  Lauge  oder  Saure 
zum  Absitzen  von  Unreinigkeit  (Kalk  u.  dgl.) 
längere  Zeit,  so  ist  es  ratsam,  zwei  Vor- 
ratsbassins  anzuordnen,  damit  kein  Auf- 
enthalt entsteht. 

Es  ist  vorteilhaft,  diese  Vorratsbassins 
so  hoch  zu  stellen,  dass  die  Kocbllüssigkeit 
dem  Kocher  zufliesst  Jst  diese  Anordnung 
nicht  möglich,  so  muss  man  die  Flüssigkeit 
in  die  Kocher  pumpen ;  man  muss  dann 
aber  eine  verhältnismässig  grosse,  durch- 
aus sicher  funktionierende  Pumpe  oder 
Hebevorrichtung  anwenden,  welche  die 
Füllung  des  Kochers  schnell  besorgt. 

In  der  Natron-  und  Sulfat  -  Zellstoff- 
fabrikation bedient  man  sich  seit  lange 
schmiedeisener  Vorratsbassins, 
da  grosse  Zementbassins  selbst  bei  sorg- 
fältigster Ausführung  auf  die  Dauer  nicht 
dicht  zu  halten  sind  und  ein  Teil  der  wert- 

Die  Aufbereitung  der 

Die  Aufbereitung  beginnt  mit  dem  ersten 
Auswaschen  der  Ablaugen.  Die  Ablaugen 
können  beim  Leeren  noch  vollständig  mit 
dem  gekochten  Stoff  vereint  sein  oder 
nur  noch  teilweise  an  demselben  hängen. 
Im  ersten  Falle  wird  der  ganze  Kocherinhalt 
in  Nebenbehälter  oder  Abblasebottiche  mit 
Ueberdruck  aus  dem  Kocher  abgedrückt. 
Im  zweiten  Falle,  wo  zunächst  der  flüssige 
fgrösste)  Teil  der  Ablauge  mit  Ueberdruck 
und  der  verbleibende  Dampfrest  äbgestossen 
wurden,  wird  der  mit  Ablaugeresten  noch 
durchtränkte  Stoff  aus  dem  Kochapparat 
entleert  und  in  besonderen  Einrichtungen 
ausgelaugt  und  gewaschen,  oder  diese  erste 
Auslaugung  und  Waschung  geschieht  im 

Dies  alles  ist  in  den  vorstehenden  Ab- 
schnitten zur  Genüge  besprochen,  Es  sei 
aber  nochmals  besonders  hervorgehoben, 
dass  der  unter  Druck  aus  dem  Kocher  in 
Nebenbehälter  mit  der  Ablauge  abgedrückte 


vollen  Frischlauge  unkontrollierbar  im 
Erdreich  versickert 

Für  Sulfitlösungen  hat  man  vielfach 
grosse  Holzkästen  aus  starken  Bohlen,  mit 
Holzklammern  und  Eisenankern  gebunden, 
ausgeführt  und  mit  Bleiplatten  von  etwa 
5  mm  Dicke  ausgelegt. 

Besser  als  diese  öfter  zu  Bleireparaturen 
Veranlassung  gebenden  Kästen  sindstehende 
mit  Blei  ausgekleidete  und  mit  Eisenbändern 
gut  gebundene  Bottiche  aus  Holz,  wie  sie 
Fig.  191  A,,  S.  401,  in  amerikanischen 
Fabriken  angewendet  werden. 

Eine  empfehlenswerte  Einrichtung  an 
grossen  Vorratsbassins  ist  es,  ein  Flüssig- 
keits-Standglas  mit  genauer  Skala  anzu- 
bringen, so  dass  beim  Auslassen  der  Flüs- 
sigkeit in  den  Kocher  genau  der  ausge- 
flossene Inhalt  abgelesen  werden  kann; 
auch  sollten  in  verschiedener  Höhe  Probe- 
entnahme-Hähne angebracht  sein,  so  daas 
man  durch  Auslassen  von  Proben  in  einen 
graduierten  Zylinder  eine  möglichst  zutref- 
fende Durchschnittsprobe  nehmen  kann. 

gekochten  Zellstoffe. 

I  Stoff  teilweise  durch  Anschlagen  an  Re- 
servoirwände, teilweise  durch  Dampf- 
sprengung infolge  plötzlicher  Druckdifferenz 
in  dem  meist  noch  erhaltenen  Zusammen- 
hange der  Rohstoffgewebe  gelockert  wird. 
Ja  man  kann  unter  Anwendung  grosser 
Druckdifferenz  eine  vollständige  Zertrüm- 
merung bezw.  ein  Zerreissen  dieses  Zu- 
sammenhanges der  Zellgewebe  und  selbst 
ungenügend  gekochter  Teile  erreichen. 
Das  Zerreissen  von  Strohknoten  oder  nicht 
vollkommen  aufgeschlossenen  Aesten  muss, 
wenn  man  reine  la.  Ware  herstellen  will, 
sorgsam  vermieden  werden. 

Das  Ausblasen  des  Sulfitstoffes  mit 
Druck  setzt  auch  gut  sortiertes  Holz,  sorg- 
fältige Kochung  und  Mässigung  der  Druck- 
differenz voraus. 

Seite  401  bis  402  war  die  Meur ersehe 
Kaltwasserkühlung  der  Austrittsstelle  M 
Fig.  191  eines  grossen  amerikanischen  Sulfit- 
kochers K,  dessen  Inhalt  mit  bis  7  Atm.  Ü. 


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480 


E.  K1RC 


\.    DAS  PAPIER,   III  B.  u  C  ZELLSTOFF. 


in  den  Bottich  B  abgestosgen  werden  soll, 
beschrieben.  Diese  Kühlung  hat  den  Zweck, 
eine  entsprechende  Druckdifferenzverminde- 
rung  zu  erreichen;  es  ist  indes  schwer 
zu  treffen,  dass  eine  Zerreissung  unvoll- 
ständig gekochter  Holzteile  in  störende 
braune  Splitter  vermieden  wird. 

Es  erleichtert  ja  entschieden  die  folgende 
Stoffzerfaserang,  den  Stoff  mit  der  Ablauge 
abzustoasen;  aber  die  Druckdifferenz  darf 
nur  so  hoch  bemessen  werden,  dass  sie  ge- 
rade für  eine  nicht  zu  weit  gehende  Locke- 
rung der  Pflanzengewebe  genügt.  Die 
zweckmässige  Höhe  der  Druckdifferenz  muss 
natürlich  je  nach  dem  Rohstoff  und  der 
Kochart  ausprobiert  werden. 

Im  folgenden  soll  nun  unter  Vermeidung 
unnützer  Wiederholung  des  in  vorstehen- 
den Kapiteln  Gesagten  die  weitere  Behand- 
lung des  von  der  Hauptmenge  der  Ablaugen 
schon  befreiten  Stoffes  die  Rede  sein.  Es 
sei  die  Folge  dabei  ungefähr  eingehalten, 
wie  sie  die  Zeit  der  Entwicklung  der  Zell- 
stoffindustrie ergeben  hat. 

Zerfaserung,  Reinigung,  Waschung  und 
Entwässerung  der  Zellstoffe  (ungebleicht). 

In  der  Entwickelungszeit  der  Zellstoff- 
fabrikation waren  die  Zerfaserungs-  und 
Wasen-Operationen  vereinigt.  Je  nachdem 
man  Strohstoff  oder  Holzzell- 
stoff und  weich  oder  hart  gekochte 
Stoffe  vor  sich  hatte,  waren  die  Zerfa- 
serungseinrichtungen  verschieden  gewählt. 

Sehr  gute  Resultate  bezüglich  Auf- 
schlusses zu  vollkommen  gelöstem,  gut  ge- 
waschenem Stoff  erzielten  einige  Strohstoff- 
fabrikanten seit  etwa  1870  mit  dem  S.  191/3 
und  Taf.  67  beschriebenen  Lespermont- 
Waschapparat;  die  Vor-  und  Nach- 
teile dieser  Einrichtung  wurden  bereits 
besprochen. 

Hat  das  Waschwasser  Neigung,  die 
Waschsiebe  leicht  durch  mineralische 
Niederschläge  zu  verlegen,  so  ist  ein  öfteres, 
die  Fabrikation  arg  störendes  Reinigen  der 
Siebe  notwendig.  Trotz  seiner  Vorzüge 
dürfte  der  Apparat  heute  nur  noch  selten 
oder  gar  nicht  mehr  in  den  Betrieben 
Deutschlands  sich  vorfinden.  Wenngleich 


er  die  milde  mechanische  Zerfaserung  der 
gekochten  Strohgewebe  und  das  Auslaugen 
und  Reinwaschen  des  Strohstoffes  nach 
dem  Gegenstromprinzip  aufs  vollkommenste 
und  beste  besorgt,  so  sind  die  Kompliziert- 
heit, Reinigung,  Reparatur,  Platzeinnahme, 
Verschmutzung  durch  grosse  Oberfläche 
und  andere  Nachteile  doch  so  schwer  ins 
Gewicht  fallend,  dass  er  der  modernen 
Fabrikation  nicht  mehr  genügt 

Für  Espartostoff  ist  dieser  Apparat  des- 
halb nicht  geeignet,  weil  er  die  Fasern 
dieser  Stoffart  zu  schwer  aufschlagbarem 
Gries  zusammenrollt,  was  bei  Strohstoff 
auch  manchmal,  wenn  auch  in  geringerem 
Masse,  geschieht 

Allgemeine  Verbreitung  haben  besonders 
in  den  70  bis  90er  Jahren  des  vorigen  Jahr- 
hunderts die  Wraschholländer  zur 
Zerfaserung  und  Waschung  der  Zellstoffe 
gefunden. 

Stroh-  und  Esparto-Stoffe  vorzerfaserte 
und  wusch  man  vielfach  in  Halbzeug- 
holländern mitwenigmesserigen  Grund- 
werken und  Mahlwalzen  und  Wasch- 
trommeln und  setzte  besonders  bei  Her- 
stellung des  Esparto-  oder  Alfastoffes  den 
Mahlprozess  in  Ganzzeugholländern  fort 
(über  Halb-  und  Ganzzeugholländer  siehe 
S.  67  -  72  dieses  Abschnittes).  Strohstoff 
wurde  bei  uns  in  Deutschland  meist  auf 
gewöhnlichen  Mahlgängen  (s.  III  A,  S.  99 
bis  103)  oder  Nackemühlen  (s.  III  A, 
S.  103/05)  nachgemahlen,  in  einzelnen 
Fällen  nach  Entfernung  oder  Knoten  auf 
Knotenfängern  auch  gekollert  und  später  in 
den  Bleichholländern  nochmals  gewaschen. 

Beim  Natron-  und  Sulfatholzzellstoff 
begnügte  man  sich  mit  Schlagen  bezw. 
Kratzen  des  sich  leichter  lösenden  Stoffes 
in  Holländern,  die  mit  einer  gusseisernen 
Messerwalze  und  gusseisernem  Grundwerk 
ausgestattet  waren.  Die  Messer  hatten 
ganz  stumpfe,  nur  zum  Quetschen  geeignete 
Flächen;  die  an  dem  hohlen  Mahlwalzen- 
körper angegossenen  Messer  waren  12  bis 
15  mm  dick,  standen  einzeln  und  Hessen 
verhältnismässig  breite  und  tiefe  Schöpf- 
zellen zwischen  sich,  so  dass  ein  möglichst 
guter  Zug,  der  durch  die  zwei  grossen 


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ß.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.  M  B.  u.  C.   ZELLSTOFF.  481 


Waschtromm  ein  noch  unterstützt  war, 
erzielt  wurde. 

Die  älteren  Natron-  und  Sulfatverfahren 
ermöglichten  zwar  den  guten  Aut- 
sch 1  u  s  8  der  grösseren,  nicht  zu  stark 
verharzten  Astteile  des  Holzes,  aber  die 
kleinen  sehr  harten,  stark  verharzten,  sehr 
dunkel  gefärbten  Aeste  der  Stämme  des 
Nadelholzes  gaben  bei  manchen  Hölzern 
Veranlassung  zur  Bildung  gelber  bis  dunkel- 
brauner Splitter,  die  den  Stoff  schwer 
bleichbar  machten  und  entwerteten. 

In  Fabriken,  wo  letzterer  üebelstand  auf- 
trat, kam  man  schon  vor  den  80  er  Jahren 
des  19.  Jahrhunderts  auf  den  Gedanken, 
diese  störenden  Aeste  vor  der  Holländer- 
arbeit  aus  dem  gekochten  Stoff  zu  ent- 
fernen. Verfasser  sah  für  diesen  Zweck 
in  Schweden  kegelförmige  Siebe,  ähnlich 
den  damals  schon  bekannten  Stofffänger- 
t rommein,  mit  einem  groben  Gewebe  be- 
spannt, angewendet.  Der  warme  und 
feuchte  Stoff  aus  den  Shank-Kästen  wurde 
in  dem  Siebkonus  mit  starken  Wasser- 
strahlen bearbeitet,  der  gute  Stoff  schlug 
durch  das  Sieb  in  einen  Kasten,  von 
welchem  er  in  die  Waschholländer  abfloss ; 
die  groben  braunen  Aeste  blieben  im  Kegel- 
siebe zurück  und  rollten  am  hinteren 
weiteren  Ende  aus  dem  langsam  rotieren- 
den Siebe  heraus. 

Dieses  Entästungsverfahren  bat  sich 
sehr  vorteilhaft  auf  das  Sulfitver- 
fahren und  schliesslich  auch  auf  die  Stroh- 
stotTherstellung  für  Entknotung  des 
gekochten  Strohs  übertragen.  Da  nun  so- 
wohl beim  Sulfit-Zellstoff  kochen  die  Aeste, 
als  auch  beim  Natron  -  Strohstoffkochen 
die  Knoten  inniger  und  fester  zusammen- 
hängen als  die  erweichten  Holz-  bezw. 
Halmteüe  beim  Kochen  des  Holzes  in  Aetz- 
natron-  oder  Sufatlaugen,  so  folgt  diese 
Entästung  bezw.  Entknotung  der  Stoffe 
vielfach  im  Gegensatz  zu  dem  obengesagten 
erst  nach  einer  mechanischen  Behand- 
lung in  besonderen  Einrichtungen,  von 
denen  im  folgenden  die  Rede  sein  soll. 

Um  zunächst  mit  den  älteren  Aetznatron- 
und  Sulfat-Holzzellstoffen  zu  Ende  zu  kom- 
men, sei  hinzugefügt,  dass  man  die  Stoffe 


nach  Kratzen,  gründlichem  Aufschlagen, 
sowie  sauberem  Auswasehen  in  Holländern 
einfach  in  Vorratsbütten  ableerte  und  nach 
Reinigung  in  Sandfängen  und  Knotenfängern 
auf  Stoffentwässerungsmaschinen  in  Schab- 
stoff- oder  Pappenform  brachte. 

Zur  Entwässerung  der  Zellstoffe  können 
zwar  die  Rundsiebmaschinen,  wie  sie  im 
Teil  III  A  der  Technologie,  S.  117  und  290, 
dargestellt  sind,  sehr  wohl  benutzt  werden, 
doch  sind  hier  die  Langsiebmaschinen 
beliebter.  Als  wichtige  Zubehör-Einrich- 
tungen erkannte  man  sehr  bald  lange 
Sandfänge  und  gute  Sortierer. 

Die  Langsieb  -  Entwässerungsmaschine 
kann  sehr  einfacher  Bauart  sein.  Nach  den 
Bütten,  dem Sandfangund  den  Knotenfängern 
folgt  eine  feststehende,  d.  b.  nicht  schüt- 
telnde Siebpartie  mit  geräumigem  Auflauf- 
kasten. Ein  Blechmund,  eine  Gummi- 
schürze und  2  lange  feste  Formatlatten, 
welche  mit  untergenageltem  Filz  abge- 
dichtet sind,  führen  den  Stoff  von  dem 
Kasten  auf  das  8-10  m  lange  Sieb  (etwa 
Nr.  26-30).  Für  Holzzellstoff  genügt  vor 
der  Gautsche  ein  gewöhnlicher  Sauger, 
für  Stroh-  und  Alfa-Zellstoffe  sind  zwei 
Sauger  empfehlenswert,  dann  folgt  die 
Presspartie  mit  einer  oder  zwei  Legfilz- 
pressen. 

Der  Stoff  kann,  anstatt  in  Schab-  oder 
Pappenform  abgenommen  zu  werden,  auch 
gleich  vom  Filz  hinter  der  letzten  Presse  in 
Rollenlorm  gebracht  und  so  zur  weiteren 
Verarbeitung  in  der  Fabrik  oder  zum  Ver- 
sand aufgestapelt  werden. 

Die  Aetznatron-  und  Sulfat-Holz-  und 
Strohzellstoffindustrien  hielten  verhältnis- 
mässig lange  an  den  älteren  Einrichtungen : 
Holländern,  sowie  Plan-  und  Dreh-Knoten- 
fängern, fest. 

Auch  die  Sulfit-Holzzellstofffabrikanlen 
Ritter  und  Kellner  nahmen  diese  ältere 
Methode  noch  in  den  80er  Jahren  an. 

Mitscher  lieh  hat  für  die  Auswaschung, 
Zerfaserung  und  Reinigung  des  Sulfitzell- 
stoffes andere  Einrichtungen  und  Maschinen 
angewendet,  und  zwar  war  die  Auswahl 
und  die  speziell  angeordnete  Betriebs- 
art derselben  für  den  Anfang  zweck- 

2.  Bogen  190Ü. 


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482  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,   UI  B.  u.  C.  ZELLSTOKK. 


entsprechend  gewählt,  indem  die  ersten 
Zessionare  in  der  Lage  waren,  fertigen 
feuchten  Stoff  verkäuflich  herzustellen. 
Die  diesen  Einrichtungen  anhaftenden  | 
Mängel  wurden  erst  später  erkannt  und 
erstere  durch  andere,  Besseres  und  mehr) 
leistende  Maschinen  ersetzt. 

1 

Das  Waschen  im  Sulfitkocher 
und  das  Entleeren. 
Nach  der  ersten  Geheimschrift  Mitscher- 
lichs  für  seine  Zessionare*  soll  der  Kocher 
nach  Abdrücken  der  Lauge,  Schluss  des 
Ablassventils  und  Oeffnen  des  Wasserein- 
lassventils jetwa  zur  Hälfte  mit 
kaltem  Wasser  gefüllt,  dann 
etwas  langsam  abgelassen  wer- 
den, bis  das  abfliessende  Was- 
ser eine  genügende  Abkühlung 
im  Kocher  beweist,  dann  wird 
der  Wasserzufluss  abgestellt 
und  das  Wasser  möglichst 
schnell  aus  dem  Kocher  ent- 
fernt. 

In  Muspratts  Chemie  von  Stohmann 
und  Kerl  VI  (1898  gedruckt),  S.  1736,  wird  bei 
Beschreibung  des  Mitscherlich-Verfahrens 
bereits  von  Wiederholung  dieser  Waschung 
gesprochen,  und  tatsächlich  wiederholte 
man  in  vielen  Betrieben  dieses  Waschen 
im  Kocher  drei-  bis  viermal. 

Die  Entleerung  der  liegenden  Kocher 
von  Stoff  aus  gesägtem  Scheibenholz  in 
die  unter  den  Kochern  befindlichen  Räume 
oder  Gruben  geschah  entweder  in  h  a  n  d- 
feuchterKorm,  indem  einige  Arbeiter 
von  innen  aus  und  andere  an  den  geöff- 
neten unteren  Mannlöchern  mit  Stangen 
und  Schaufeln  das  Herausfallen  des  brockig 
gebliebenen  Stoffes  unterstützten.  Diese 
Leerarbeit  war,  wie  S.  437  bereits  gesagt 
ist,  zeitraubend  und  kostspielig.  Man  ging 
später  dazu  über,  den  aus  gehacktem  Holze 
gekochten  Stoff  der  (auch  liegenden)  Kocher 
mit  dem  zweiten  oder  dritten  Waschwasser 
nach  Oeffnen  der  unteren  Mannlöcher  nass 
abzuleeren  und  dies  durch  Auswaschen 
mit  Schlauchwasser  von  den  oberen  Mann- 
löchern aus  zu  unterstützen. 

•  Dieselbe  stammt  aus  der  Zeit  ums  Jahr  1888. 


Es  sei  auch  auf  die  Einrichtung  „Wedege" 
von  1894,  S.  438,  und  die  weiter  oben 
ausführlich  besprochenen  Verfahren  des 
Abdrückens  des  ganzen  Kocherinhalts 
unter  Druck  (Ablauge  und  Stoff)  in 
Nebenbehälter  an  dieser  Stelle  hinge- 
wiesen. 

Das  Waschen  und  Leeren  grosser  stehen- 
der Kocher  geschieht  nach  einem  jüngsten 
Schreiben  des  Herrn  G.  Türk  in  Karlsruhe 
an  den  Verfasser  bei  uns  in  Deutschland 
noch  meist  mit  der  Hand,  und  zwar 
folgendermassen : 

„Wenn  der  Kocher  abgegast  und  ab- 
gelaugt ist,  wird  derselbe  bei  geöffnetem 
oberen  Kocherdeckel  ein-  oder  mehrere- 
male  nacheinander  mit  frischem  Waaser 
gefüllt  und  wieder  abgezogen,  wodurch  der 
Stoff  eine  ziemlich  gute  Wäsche  erfährt 
Ist  das  Waschwasser  abgelaufen,  so  wird 
der  untere  Deckel  geöffnet  und  das  im 
unteren  Hals  befindliche,  meist  mit  Kalk- 
abscheidungen  vermischte  harte  Holz  be- 
seitigt, sodann  mit  der  Schaufel  soviel  als 
möglich  Stoff  herausgewühlt,  bis  es  schliess- 
lich gelingt,  mittelst  einer  Holzstange  von 
der  Länge  des  stehenden  Kochers  durch 
den  oberen  Hals  durch  und  hinunter  ein 
Loch  in  den  Stoff  zu  bohren  und  dies 
Loch  soweit  zu  vergrössern,  bis  ohne  Ge- 
fahr für  die  Mannschaft  es  dieser  möglich 
wird,  von  oben  in  den  Kocher  zu  steigen 
und  mittelst  Schaufeln  die  gänzliche  Ent- 
leerung durch  den  unteren  Kocherhals  zu 
bewerkstelligen. 

Dieses  immerhin  rohe  Verfahren  erfor- 
dert allerdings  keine  besondere  Einrichtung, 
nimmt  aber  für  eine  Entleerung  von  7  t 
tr.  ged.  Stoff  6  bis  8  Stunden  in  Anspruch 
mit  4  bis  6  Mann  Bedienung  zur  Weg- 
schaffung des  Stoffes  unter  den  Kochern. 

DieautomatischeKocherent- 
1  e  e  r  u  n  g  durch  Wasserspülung,  die  auch 
vereinzelt  eingeführt  ist,  entspricht  einem 
langgefühlten  Bedürfnis,  indem  sie  die  Zeit 
zur  Entleerung  auf  ca.  10 — 15  Minuten 
ermässigt  und  nur  die  ohnehin  vorhan- 
denen 2  Kocherwärter  dabei  notwendig 
sind. 

Nachdem  der  stehende  Kocher  abge- 


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K.  KIRCHNEK.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.   ZELLSTOFF.  483 


gast,  abgelaugt  und  völlig  von  Druck  be- 
freit ist,  wird  der  obere  Kocherdeckel 
geöffnet  und  mit  der  Laufkatze  zur  Seite 
gefahren,  dann  wird  der  Kocher  ein  oder 
mehrere  Maie  mit  frischem  Wasser  gefüllt 
und  letzteres  nach  jedesmaliger  Füllung 
abgelassen,  wodurch  eine  ziemlich  gute 
Wäsche  erreicht  wird. 

Hierauf  wird  das  Wasserablaufventil 
unten  geschlossen,  der  Kocher  nochmals  mit 
Waschwasser  gefüllt  und  der  Stoffbrei 
durch  Oeffnen  eines  Schiebers,  der  unten 
oder  seitlich  am  unteren  Hals  in  einem 
Stutzen  von  entsprechenden  Dimensionen 
angebracht  ist,  in  die  seitlich  von  den 
Kochern  angeordnete  Stoffgrube  mit 
Filterboden  entleert.  Während 
des  Ablaufes  des  Breies  wird  durch  den 
oberen  Kocberhals  mittelst  eines  Spiral- 
schlauches von  100  bis  150  mm  Durch- 
messer mit  starkem  Wasserstrahl  nach- 
geholfen, wodurch  einer  Verstopfung  des 
unteren  Schieberstutzens  vorgebeugt  ist. 

Sollen  die  bei  direkter  Kochung  im 
unteren  Kocherbais  durch  die  Laugenver- 
dünnung sich  absetzenden  Kalkausschei- 
dungen, Sand  und  schwere  Teile  sich  nicht 
dem  ganzen  Stoff  in  der  Stoffgrube  mit- 
teilen, was  bei  besserem  Zellstoff  vermieden 
werden  muss,  so  ist  ein  gelochter  Bleiboden 
anzuordnen,  unter  dem  die  Dampfein- 
strömung erfolgt  und  die  schweren  Ver- 
unreinigungen und  Monosulfitausscheidun- 
gen  liegen  bleiben. 

Ist  der  Stoffschieber  über  diesem  Blei- 
boden montiert,  so  vermag  auch  der  stärkste 
Wasserstrahl  die  abgesetzten  schweren 
Teile  unter  dem  falschen  Boden  nicht  auf- 
zuwirbeln, und  der  Stoff  wird  so  vor  Ver- 
unreinigungen geschützt. 

Den  Vorteil  der  Vermeidung  von  Ver- 
unreinigung des  Stoffes  entbehren  die  Ein- 
richtungen amerikanischen  Ursprunges,  bei 
denen  die  unteren  Kocherhälse,  seitlich 
gekrümmt  und  verlängert,  in  Verbindung 
mit  einem  in  Scharnierbändern  gelagerten  i 
und  aufhebbaren  Kocherdeckel  die  nasse 
automatische  Entleerung  ebenfalls  gestatten. 

Diese  skizzierte  amerikanische  Ent-  , 
leerung  geht  sehr  schnell ;  man  hat  es  I 


dann  aber  mit  einem  unliebsam  verschmutz- 
ten, geringwertigeren  Stoffe  zu  tun." 

Die  beschriebenen  Schnellentleerungen 
dürften  sich  übrigens  nicht  für  Stoff 
aus  geschnittenen  Holzscheiben  eignen. 

Gut  gekochter  und  im  Kocher  ge- 
waschener Stoff  aus  Scheibenholz  erscheint 
in  hellgelben  weichen  Brocken,  die  zwar 
noch  alle  Einzelheiten  des  Holzgewebes 
zeigen,  aber  sich  leicht  mit  den  Fingern 
zerdrücken  und  in  einzelne  Zellen  zer- 
pflücken und  auflösen  lassen.  Aeste  und 
harzige  Holzstücke  erweisen  sich  als  hart, 
braun  und  gegen  mechanische  Angriffe 
ziemlich  wiederstandsfähig. 

Mitscherlich  wählte,  wie  schon  erwähnt, 
die  veralteten,  von  den  Papiermachern  auf- 
gegebenen Stampfwerke*  zum  Zerquet- 
schen der  gekochten  Holzscheiben.  Die 
Stampf  hämmer  schlugen  in  einem  Stampf- 
troge in  die  erweichte  Masse  hinein, 
aber  nicht  auf  den  Boden  auf,  so  dass 
hart  gebliebene  Aeste  nicht  zertrümmert, 
sondern  nur  von  den  weichgekochten 
Holzteilen  abgesondert  und  auf  die 
Trogböden  heruntergedrückt  wurden.  Der 
Stoff  wurde  in  dem  (auf  15  m  Länge  etwa 
0,6  m)  geneigten  Troge  durch  die  nach- 
einander niederfallenden  Hämmer  vom 
Anfang  der  Hinne  nach  dem  Ende  derselben 
geschoben  und  allmählich  durch  mehrere 
Wasserstrahlen  befeuchtet,  so  dass  schliess- 
lich am  Ende  ein  dicker  Stoffbrei  an- 
langte. Dieser  wurde  durch  einen  Ele- 
vator auf  Schwemmrinnen  gehoben,  die, 
nach  Art  der  bekannten  Sandfänge  mit 
Rosten  und  ausserdem  mit  vertieften  Kästen 
versehen,  gut  geeignet  sind,  niederfal- 
lende Aeste  und  mineralische  schwere 
Teile  aus  dem  Stoff  abzusondern  und  fest- 

•  Die  Stampfwerke  Mitscherlicbs  sind  heute 
wohl  ins  den  Sultitfabriken  ganz  verschwunden, 
da  sie  wenig  leistungsfähig  sind,  viel  Kraft 
brauchen,  den  Stoff  verschmutzen,  viel  Raum 
beanspruchen  und  grosse  Anlage-  und  Betriebs- 
kosten verursachen.  50  bisj  60  Stampfhämmer 
arl leiteten  gewöhnlich  in  einem  12,5—15  tn  langen 
Stampftroge.  Näheres  hierüber  mit  Abbildungen 
findet  sich  in  M.  Schuberts  Zellulosefabrikation, 
III.  Aurtage  1906,  S.  18»;  191,  uud  Hofmanns 
Handbuch,  II  Autlage,  S.  1579. 


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484 


E.  KIRCHNEK.   DAS  PAPIER,   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


zuhalten.  Der  sich  absondernde  gute  Faser- 
stoff schwimmt  darüber  hinweg.  Leichte, 
grobe,  mitscbwimmende  Teile  wurden  durch 
ein  grosses  geschlitztes  Kupferblecbsieb 
(einen  grossen  Knotenfänger)  mit  schau- 
kelnder Bewegung  zurückgehalten.  Die 
Stampfen,  Sandfang,  Absitzkäslen  und 
Knotenfänger  waren  natürlich  periodisch  zu 
reinigen.  Der  sehr  dünnflüssige,  scheinbar 
reine  Zellstoff  wurde  nun  in  einem  Zylinder, 
welcher  mit  feinem  Haargewebe  bespannt 
war,  entwässert,  fiel  auf  den  Presstilz 
einer  Entwässerungsmaschine  sehr  primi- 
tiver Bauart*  mit  nur  einer  Naespresse 
und  wurde  als  feuchter  Brocken- 
stoff in  Säcke  verpackt  und  an  die 
Papierfabrikanten  versandt. 

Die  meisten  Mitscherlich-Sulßtfabriken 
Deutschlands  und  des  Auslandes  haben 
dieses  Zerfaserungs-,  Waschungs-  und 
Reinigungsverfahren  bis  gegen  das  Ende 
der  1 880er  Jahre  benutzt,  da  die  K  o  m  - 
b  i  n  a  t  i  o  n  dieser  für  die  Papierindustrie 
keineswegs  neuen  Einrichtung  für  die  ersten 
Anfänge  zum  Ziele  führten. 

Verfasser  stellte  die  Leistung  einer 
56hämmrigen  Stampfe  pro  Stunde  auf 
120—190  kg  lufttrockenen  Stoff  fest.  Das 
dabei  tätige  oszillierende  Sortiersieb  hatte 
7  qm  Grösse.  Die  Weisse  des  zu  Zeitungs- 
druckpapier damals  (1886—1888)  schon 
ungebleicht  verwendeten  Stoffes  wurde 
durch  Zufügen  von  etwa  20  bis  25  1  frischer 
Kochlösung  und  J/«  bis  lVi  1  Salzsäure  pro 
100  kg  lufttr.  Stoff  in  dieser  alten  Wascherei 
nach  Bedarf  gehoben. 

Abnehmer,  die  höhere  Ansprüche  an 
die  Splitterfreiheit  und  Rein- 
heit des  Stoffes  stellten,  waren  wenig 
mit  dem  in  linsenähnlich  bis  brockig 
ausfallenden,  in  Säcke  gestampften  Stoff 
zufrieden,  was  demjenigen  erklärlich  er- 
scheint, welcher  mit  diesen  Einrichtungen 
gearbeitet  hat. 

Wie  schon  gesagt,  haben  Ritter  und 
Kellner  diese  Methode  nie  angewendet,  sie 
schlössen  sich  der  von  den  Natronfabri- 

•  M.  Schubert  hat  in  III.  Aufl.,  S.  196/7,  diese 
wohl  überall  aufgegebene  Einrichtung  der  Nach- 
welt aufbewahrt. 


kanten  durchgeführten  älteren  Arbeitsweise 
mit  Holländern  etc.  an. 

Die  Quirle  (auch  Separatoren  genannt)*. 

C.  Kleine,  Direktor  der  Sulfit- Zellu- 
loseiabrik  in  Hann. -Münden,  hatte  im 
praktischen  Betriebe  die  Nachteile  und 
Uebelatände  des  Arbeitens  mit  Stampf- 
werken erkannt  und  kam  1883/84  auf  den 
Gedanken,  die  Zerfaserung  der 
weichgekochten  Holzstücke 
durch  eine  schnellrot ieren  de  Schläger- 
welle, einen  grossen  Quirl,  in 
geschlossenem  Kasten  zu  be- 
wirken. Ein  durch  den  Werkfübrer  Ph.  Dietz 
nach  Kleines  Angaben  ausgeführter  Quirl 
brachte  schon  grosse  Vorteile  gegenüber 
den  bis  dahin  angewendeten  Stampfwerken. 
Kleine  entschloss  sich,  seine  Erfindung 
patentieren  zu  lassen,  und  er  beauftragte  den 
Verfasser  dieses  Werkes,  im  Frühjahr  1885 
nach  Hann. -Münden  zu  kommen,  die 
Einrichtung  weiter  auszubilden  und  ein 
Patent  zu  nehmen;  so  kam  das  unten  ab- 
gedruckte D.  R.-P.  Nr  36 473  am  25.  Juli  1885 
zur  Anmeldung.  Die  Ausgabe  des  Patentes 
verzögerte  sich  indes  bis  zum  21.  August 
1886,  also  bis  nach  dem  Verfalltage  der  Zah- 
lung des  zweiten  Patentjahres.  Durch  Ver- 
säumnis dieser  Zahlung  war  dieses  wert- 
volle Patent  für  die  Patentinhaber  leider 
unwiederbringlich  verloren 

Der  Gedanke  Kleines  und  die  Patent- 
schrift  Nr.  36473,  welche  Allgemeineigentum 
nicht  nur  der  Techniker  Deutschlands,  son- 
dern auch  der  ganzen  Welt  geworden  waren, 
trugen  reiche  Früchte.  Viele  fol- 
gende Patente,  „Zerfaserung  und 
Reinigung"  von  Zellstoffen  betreffend, 
lassen  sich  unschwer  auf  dieses  Patent 
von  1885  zurückführen. 

*  I'i  ber  die  Erfindung  und  Einführung  J^r 
Quirle  in  die  Praxi»  d<r  SullitzelUtotTfabrikadun 
besteht  bei  den  Kaebsdiriftstcllerti  der  letzten 
Jahrzehnte  ebensowenig  Uchorcinstimmung  mit 
den  zutrell'enden  Tat  suchen,  wie  dag  bezüglich 
der  Geschichte  der  Entwicklung  der  SulfiUtofT- 
i'abrikatioti  der  Fall  war.  Verfasser  ergänzt 
daher  seine  S  |  —  48  die^'B  Kapitels  gebrachte 
Geschichte  über  die  (}uirl-Erhndung  und  Ein- 
führung. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


485 


Der  Quirl  (Separator)  verdankt  also 
seine  Existenz  und  erste  Anwendung  Herrn 
Direktor  C.  Kleine  in  Hann.-Münden. 

Diese  Tatsache  wird  nicht  dadurch  ge- 
ändert, dass  der  Werkführer  Ph.  Dietz 
nach  Wechsel  seines  Wirkungskreises  die 
Kleinesche  Erfindung  und  das  frühere  Kloine- 
Kirchnersche  Patent  zu  seinem  und  der 
Industrie  Nutzen  ausbeutete.  Dass  er  und 
Andere  neue  Patente  nahmen,  die  auf  dem 
D.  R.-P.  Nr.  36473  basierten,  das  ist  nach 
den  geschilderten  Umständen  ja  loyal. 
Nicht  richtig  aber  ist  es,  die  Erfin- 
dung und  deren  erste  Einführung 
Dietz  oder  anderen  zuzuschreiben. 

Es  mag  das  D.  R.-P.  Nr  36  473,  Klasse  55, 
vom  25.  7.  1885  hier  wörtlich  Platz  linden  : 

C.  Kleine  in  Hannöv.-Münden  und 
Ernst  Kirchner  in  Frankfurt  a.  M. 

Verfahren  und  Vorrichtung  zum  Zer- 
fasern und  Reinigen  von  Zellstoffen. 

In  der  Zellstofffabrikation  verfolgt  man 
bei  dem  Zerfaserungs-  und  Reinigungs- 
prozess  das  nach  Erfahrung  der  Erfinder 
unvollkommene  Prinzip,  die  gekochten 
Materialien  nach  einer  Abwaschung  oder 
Auslaugung  im  Kocher  oder  in  besonderen 
Auslaugeeinrichtungen  mittelst  Holländer, 
Stampfwerke,  Kollergänge,  Kaltineuren  usw. 
in  beliebige  Form  zu  zerschlagen,  zu  zer- 
drücken oder  zu  vermählen,  darauf  oder 
dabei  zu  waschen  und  dann  die  meist  in 
viele  Stücke  und  Splitter  verarbeiteten  Un- 
einigkeiten, die  zumeist  von  Aesten,  Knoten, 
mineralischen  Unreinigkeiten  usw.  her- 
rühren, durch  Sandfänge,  Knotensiebe  oder 
Sortiermaschinen  überhaupt  zu  beseitigen. 

Nach  vorliegender  Erfindung  werden 
die  gekochten,  oberflächlich  im  Kocher 
oder   in   besonderen   Auslaugereien  ge- 

**  I>ie  ursprüngliche  Absicht  de*  Patents,  dem 
Erfinder  Scn  ut  z  für  st1  ine  geistige  Leistung 
/u  gewäh'rejn,  wurde  nicht  nur  in  diesem, 
sondern  in  vielen  ähnlich  beklagens- 
werten Fällen  durch  die  (auch  die  Staats- 
einnähme  der  Patentgebühren  nicht  wiehernde) 
altere  Bestimmung  vereitelt,  nach  der  der  Patent- 
inhaber wegen  Zahlung  der  Gebühren  n  i  c  ht 
(wie  es  heute  ja  geschieht)  gemahnt  wurde, 
Kindern  ihm  einfach  8  Tage  nach  versäumter 
Zahlung  angezeigt  wurde,  dsss  das  Patent 
verfallen  war. 


waschenen  Zellstoffe  in  abgetropftem,  feuch- 
tem oder  durch  Zufügung  von  Wasser 
massig  nassem  Zustande  durch  Trichter  T 
(Fig.  1  und  3,  Taf.  219)  und  Schnecke  B 
einem  circa  HOC  Umdrehungen  pro  Minute 
machenden,  nach  hinten  sich  vergrössern- 
den  Quirl  A  zugeführt.  Der  Quirl  dreht 
sich  in  einem  sich  ebenso  wie  der  Quirl 
nach  hinten  erweiternden,  ganz  geschlos- 
senen Kasten  von  quadratischem  Quer- 
schnitt. Die  Ecken  dieses  Kastens  sind  zu 
zweien  nach  unten  der  ganzen  Länge  nach 
j  ausgefüllt,  zu  zweien  nach  oben  offen,  so 
dass  aus  der  unteren  Hälfte  des  Kastens 
statt  eines  halben  Quadrates  ein  halbes 
reguläres  Achteck  wird  (s.  Fig.  2  . 

Si 


SW5 


Taf.  219. 
0.  R.-P.  N».  36473: 


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486 


E.  K1KCHNEK.   DAS  FAPIttK.    Hl.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Die  Zacken  oder  Arme  deg  Quirls  stehen 
schraubenförmig  auf  der  Achse  desselben. 

Der  durch  T  und  B  regelmässig  zuge- 
führte feuchte  oder  mässig  nasse  Stoff 
wird  nun,  soweit  er  vollkommen  weich 
gekocht  ist,  von  den  Armen  des  Quirls  in 
Flocken  oder  steilen  Brei  zerschlagen, 
wobei  unvollkommen  gekochte  und  harte 
Teile  vollständig  von  guten  Fasern  ent- 
schält, im  übrigen  aber  ganz  erhalten 
bleiben.  Die  schraubenförmige  Anordnung 
der  Arme  und  die  Erweiterung  des  Kastens 
nach  hinten  bewirken  eine  allmähliche  Be- 
wegung des  durch  B  zugelührten  Stoffes 
nach  der  am  weitesten  Teile  des  Kastens 
angebrachten  Üeffnung,  wo  der  gute  Stoff 
mit  den  Unreinigkeiten  zusammen  den 
Quirl  verlässt,  um,  wie  auf  der  Zeichnung 
ersichtlich,  durch  ein  Abfallrohr  oder  bei 
anderer  Anordnung  durch  eine  besondere 
Transporteinrichtung  in  die  Wasch-  und 
Reinigungseinrichtung  zu  gelangen. 

Diese  Einrichtung  ist  ein  Binnensystem, 
welches  das  Weiter-  und  Fertigzerfasern 
des  Stoffes,  das  Absetzen  und  Entfernen 
schwerer,  grober  und  leichter,  obenauf 
schwimmender  Unreinigkeiten,  sowie  das 
vollkommene  Waschen  des  Stoffes  konti- 
nuierlich und  selbsttätig  besorgt. 

Der  vom  Quirl  A  kommende  feucht- 
flockige oder  dickbreiige  StolT  wird  durch 
reichliches  Wasser  aus  den  oberen  Spritz- 
rohren E  (Taf  219,  Fig.  1  der  S.485)  verdünnt 
und  durch  ein  unter. Wasser  gebendes  Rühr- 
werk C  (Fig.  1  und  4)  weiter  zerfasert, 
wobei  die  groben  Unreinigkeiten  ganz  er- 
halten bleiben.  Letztere  Teile  sinken  in 
den  tiefen  Rinnen  D  zu  Boden  und  werden 
durch  das  mittelst  der  unteren  Spritz- 
röhren E  eintretende  Wasser,  d.  b.  durch 
Wasserauftrieb  von  etwa  noch  anhängen- 
den guten  Fasern  befreit  und  selbst  durch 
die  kettenpumpenähnlichen  Mechanismen  H 
(Fig.  1,  4  und  5)  in  die  Seitenkästen  1 
(Fig.  4  und  5)  entfernt;  schwimmende, 
leichte  Unreinigkeiten  werden  durch  die 
Schaumbretter  bei  D  zurückgehalten;  etwa 
durch  die  Strömung  und  Bewegung  der 
Flüssigkeit  mitgerissene  schwere  Teile 
setzen  sich  wieder,  durch  weiteres,  durch 


untere  Spritzrohre  E  zutretendes  Wasser 
bespült,  in  den  Rinnen  F  ab,  von  wo  sie 
in  gleicher  Weise  entfernt  werden. 

Der  nunmehr  sehr  wässerige  Stoff  pas- 
siert einen  Sandfang  K,  (Taf.220)  bekann- 


7777777?  ;'';;;;/,;s>,~777T77777.  -  77. 

% 2 


ki  


T»f.  220    D.  R.-P.  Nr.  36473:  Klel.e  -  Kirchner. 

ter  Konstruktion,  wird  dann  durch  eine 
oder  mehrere  Waschtrommeln  L,  die  direkt 
in  Vertiefungen  der  Rinne  angeordnet  sind, 
energisch  gewaschen  und  verdickt,  und 
passiert  schliesslich  eine  mässig  schnell 
rotierende  Rechenwalze  M  mit  Grundreeben. 
um  vollständig  zerschlagen  oder  in  ein- 
zelne Fasern  aulgelöst  zu  werden.  Diese 
Walze  M  besitzt  12  oder  mehr  Reihen 
Holz-  oder  Metalldaumen ;  jede  Daumen- 
reihe ist  in  einer  Schraubenlinie  im  Walzen- 
mantel befestigt  und  sind  die  Zwischen- 
räume zwischen  den  einzelnen  Daumen 
um  etwa  2  mm  weiter  als  die  Dicke  der 
Daumen  der  in  einer  Vertiefung  recht- 
winklig zu  den  Rinnenseitenwänden  an- 
geordneten Daumenreihen  des  vier-  oder 
mehrfachen  Grundrechens.  Die  Quer- 
schnitte der  Daumen  selbst  werden  je 
nach  dem  Rohstoff  rund  oder  kantig 
geformt. 

Nach  Austritt  hinter  der  Rechenwalze 
wird  der  Stoff  abermals  durch  das  obere 
Spritzrohr  G  stark  verdünnt,  passiert  wie- 
der einen  Sandfang  K,  (Taf.  221)  und 


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E.  KIRCHNEK.   DAS  PAPIER.    III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


487 


Taf  22I.*D.  R.-P.  Nr.  36473:  Kleiie-  Kirchner. 


dann  mehrere  Rinnen  N,  wo  durch  die 
unteren  Spritzrohre  G  neues  Wasser  zu- 
tritt, was  bewirkt,  dass  etwa  noch  vor- 
handene losgeschlagene  und  weitergespülte 
schwere  Teile  dem  Wasserauftrieb  ent- 
gegen sich  in  den  Rinnen  N  niedersenken, 
während  die  guten  Stofffasern  weiter 
Qiessen,  nochmal  einen  Sandfang  zwischen 
0  und  N  passieren,  durch  eine  oder  meh- 
rere Waschtrommeln  bei  0  zum  zweiten 
Male  energisch  gewaschen  werden  und 
schliesslich  auf  die  Stoffpresse  oder  in  die 
Absetzkästen  oder  Bleichholländer  ge- 
langen. 

Patentanspruch: 

Das  Verfahren,  gekochte  Zellstoffe  durch 
einen  schnellrotierenden  Quirl  in  geschlos- 
senem Kasten  zu  Flocken  oder  dickem 
Brei  vorzuzerfasern  bei  Ganzerhaltung  der 
groben  Unreinigkeiten  und  mangelhaft  ge- 
kochter Teile,  Weiterzerfaserung  durch  ein 
unter  Wasser  rotierendes  Rührwerk,  Rei- 
nigung des  Stoffes  durch  Wasserauftrieb 
mittelst  in  den  Rinnenvertiefungen  ange- 
brachter Spritzröhren,  dabei  kontinuierliche 
Entfernung  der  ganz  erhaltenen  Teile  in 
vom  Stoff  lauf  getrennte  Seitenkästen,  Aus- 
waschen des  Stoffes  durch  im  Stofflauf 
angebrachte  Waschtrommeln,  Fertigzer- 
fasern des  Stoffes  durch  Rechenwalze  und 


Grundrechen,  Verdünnen  und  nochmalige 
Reinigung  durch  Wasserauftrieb,  schliess- 
lich nochmalige  Auswaschung  durch  Wasch- 
trommeln im  Stoff  lauf. 

Verfasser  hatte  3  volle  Jahre  (1887/89) 
eine  zunächst  nach  Mitscherlichschem  Ver- 
fahren arbeitende  Anlage  zu  leiten  und 
musste  dabei  erfahren,  dass  die  Reinheit 
des  mit  aller  Sorgfalt  hergestellten  Stoffes 
zu  wünschen  übrig  Hess,  dass  überhaupt 
die  Zerfaserungs-  und  Reinigungs- Ein- 
richtungen die  oben  erwähnten  Uebel- 
stände  aufwiesen.  Besonders  störend  war, 
dass  der  erzielte  Brockenstoff  nicht  die 
ihm  anhaftenden  Fehler  erkennen  Hess. 
Es  wurde  nun  beschlossen,  die  Anlage 
umzubauen ;  sie  nahm  nach  des  Verfassers 
Plänen  die  auf  Taf.  222,  S.  488  skizzierte 
Gestalt  an  und  kam  Ende  1888  in  sogleich 
sehr  befriedigenden  Betrieb. 

Die  aus  den  Kochern  kommenden  feuch- 
ten Brocken  werden  durch  einen  Mann 
in  den  Kasten  A  geschaufelt.  Eine  aus  Holz 
gebaute  eingängige  Schnecke  B  von  350  mm 
äusserem  Durchmesser  und  220  mm  Steigung 
befördert  die  Brocken  in  den  Trichter  C 
des  Trockenquirls  D ;  der  Quirlkasten  bildet 
eine  abgestumpfte  Pyramide  bei  C  700  mm 
□  1,  hinten  1100  mm  Q  1,  die  unteren 
Ecken  sind  zu  einem  regulären,  halben  acht- 
eckigen Querschnitt  durch  Bretteinsätze  um- 
gestaltet. Der  Quirl  besteht  bei  3500  mm 
Kasten-  und  Achsenlänge  aus  einer  Holz- 
welle von  280  mm  Durchmesser,  in  der 
117  Schläger  aus  Eschenholz  (45  mm  □) 
mit  gebrochenen  Ecken  und  abgerundeten 
Enden  in  zweigängigen  Schraubenlinien 
mit  603  mm  Steigung  solid  befestigt  sind. 
Die  Längen  dieser  Schläger  nehmen  von 
vorne  nach  hinten  so  zu,  dass  sie  sämtlich 
50  mm  vom  Boden  und  den  Seitenwänden 
entfernt  stehen  und  ein  Zerschlagen  der 
Aeste  ausgeschlossen  ist.  Zunächst  war 
die  Drehung  des  Quirls  so  gewählt,  dass 
die  spiralige  Stellung  der  Schläger  den  zu 
Flocken  zerschlagenen  Stoff  von  G  nach 
hinten  schob ;  da  aber  aber  auch  die  Er- 
weiterung ein  Drängen  des  Stoffes  nach 
hinten  unterstützte,  so  war  die  Zerfaserung 
nicht  ganz  genügend.   Eine  durchgreifende 


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488 


K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Verbesserung  wurde  durch  Entgegen- 
ge  setzt  drehen,  also  nach  Rückwärts- 
wirken der  Quirlspiralen  erreicht.  Bei 
250  Umdrehungen  des  Quirls  pro  Minute 
werden  selbst  harte,  aber  gut  gekochte 
Stoffe  unter  vollständiger  Abschälung  des 
guten  Stoffes  von  den  harten  Aesten 
vorzüglich  aufgelöst.  In  der  Uebergangs- 
rinne  R  vom  Trockenquirl  D  nach  dem 
Nassquirl  E  findet  eine  starke  Ver- 
dünnung des  flockigen  Stoffes  statt ;  der 
Nassquirl  hat  die  Aufgabe,  den  dünnen 
Stoff  gut  durchzurühren  und  die  Aeste 
von  anhängendem  guten  Stoff  zu  befreien. 
Der  Kasten  ist  von  etwa  gleicher  Länge ; 
der  Haupt-Querschnitt  ist  800  mm  □  1, 
indessen  ist  der  untere  Boden  durch  Ein- 
satzbretter halbzylindrisch  gestaltet.  Die 
Holzwelle  hat  250  mm  Durchmesser  und  be- 


sitzt 132  Kiefernholz-Schläger  4  cm  □  mit 
abgerundeten  Ecken  in  viergängigen  Spiralen 
von  1200  mm  Ganghöhe  angeordnet,  die 
den  Stoff  vom  Eintritt  bei  R  nach  dem  Aus- 
lauf drängt  Die  Schlägerwelle  macht  etwa 
75  Umdrehungen  pro  Minute.  Der  dünn- 
flüssige Stoff  wird  25  cm  hoch  im  Kasten 
gestaut  und  gelangt  durch  ein  Ueberführrohr 
in  den  Astfänger  F,  in  welchem  durch 
zwei  starke  Spritzrohre  weitere  Mengen 
Waschwasser  zugeführt  werden.  Die 
schweren  Aeste  fallen  dem  auftreiben- 
den Spritzwasser  entgegen  in  den  zwei 
Abteilungen  von  F  rechts  und  links 
(Fig.  1)  zu  Boden,  wo  sie  beim  Reinigen 
der  Wascherei  durch  seitliche  untere  OetT 
nungen  nach  Abschrauben  der  Deckel  ent- 
fernt werden.  Im  Wasser  schwebende 
und  schwimmende  leichte  Holzbrocken,  die 


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Taf  222.  Oiirl-Aalage  1888  nach  des  Verfassers  Pläaen.    Fig.  1  Aufrin,  Fig.  2  *4run«lri» 


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E.  KIRCHNER,   DAS  PAPIER.  Iii  ß.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


489 


bei  Verarbeitung  trockenen  Scheibenholzes 
vorkommen,  werden  durch  ein  Messing- 
draht- Gitter  G  abgefangen  und  von  Zeit 
zu  Zeit  entfernt  Aehnliche  Auftriebeinrich- 
tungen,  wie  sie  Kirchner  1888  (Taf.222,  F) 
einbaute,  finden  sich  auch  auf  den  Plänen 
in  C.  Hofmanns  Handbuch  S.  1581/2,  Fig. 
1690  und  1592. 

Der  von  Uneinigkeiten,  feinen  Aest- 
chen  etc.  immer  noch  nicht  vollständig 
befreite  Stoff  fällt  von  G  in  eine  50  -  60  m 
lange  Schwemmrinne  H,  903  mm  ).  breit, 
50  mm  1.  tief,  mit  (nicht  eingezeichnetem) 
Bodenrost  III/!/!/  und  18  vertieften 
Fangkasten.  Kurz  vor  Uebergang  des 
dünnen  Stoffes  auf  eine  Langsiebpappen- 
m aschine  wird  das  überschüssige  Wasser 
durch  2  Waschtrommeln,  900  mm  Durch- 
messer, 850  mm  breit,  ausgewaschen.  Die- 
ses Wasch wasser  wird  durch  eine  rotierende 
Klügelpumpe  (System  Naeher)  bei  R  wieder 
als  Verdünnungswasser  mitverwendet. 

Die  Pappenmaschine  hat  ein  etwa  8  m 
langes  Sieb,  zwei  Sauger,  eine  Gautsche, 
eine  Nasspresse,  hinter  der  auf  dem  Nass- 
filz direkt  die  feuchten  Zellstoffrollen  (für 
eigenen  bedarf)  um  eine  zylindrische  Stange 
mit  Stabbeilage  gewickelt  werden.  Nach 
Herausziehen  der  Stabbeilage  lässt  sich 
die  Rollstange  bequem  aus  der  feuchten 
Rolle  ziehen.  Für  den  Verkauf  bestimmter 
Stoff  wird  auf  einem  gewöhnlichen  Zylinder- 
Trockenapparat  getrocknet,  gelocht,  in 
Rollen  gebracht  und  verpackt. 

Verlasser  arbeitete  mit  dieser  Anlage 
I37i  Monate  (bis  zu  seinem  Austritt  aus  der 
betreffenden  Fabrik)  sehr  vorteilhaft  und 
ohne  geringsten  Anstand. 

Der  in  beschriebener  Weise  ohne 
Knotenfänger  durch  Quirlen,  Entästen  und 
Schwemmen  gewonnene  Stoff  war  un- 
gleich besser  aufgeschlossen 
als  früher,  splitterfrei  und  sehr  rein,  so 
dass  er  zur  direkten  Verwendung  zu 
Druck-  und  Mittelpapieren  vorzüglich 
geeignet  war. 

Fig.  1  zeigt  noch  drei  Absitzgruben  L, 
welche  den  unreinen  Stoff  der  Schwemm- 
rinnen aufnahmen.  Von  Zeit  zu  Zeit  wurde 
der  Stoff  dieser  Gruben  ausgeworfen  und 


mit  den  Aeslen  aus  F  auf  einem  Koller- 
gang K  zu  1J  b-  und  Ul-Stoff  aufgeschlossen. 

Die  Einrichtung  hatte  nur  120—130  kg 
tr.  ged.  Stoff  pro  Stunde  zur  Verfügung; 
es  stellte  sich  aber  gleich  heraus,  dass 
sie  zur  Verarbeitung  des  doppelten  bis 
dreifachen  Quantums  ausreichend  gewesen 
wäre 

Der  Kraftbedarf  dieser  Anlage  stellt 
sich  bei  der  geringen  Leistung  etwa  wie 
folgt :  Schnecke  1  PS,  Trockenquirl  11  PS, 
Nassquirl  2  bis  3  PS,  zwei  Waschtrommeln 
mit  Vorgelege  1  PS.  zusammen  15  bis 
16  PS. 

Der  Wasserverbrauch  betrug  etwa  B0  cbm 
pro  Stunde  oder  für  125  kg  tr.  ged.  Stoff, 
d.  b  400  1  auf  1  kg  Stoff,  wovon  auf  1  kg 
Stoff  etwa  130  1  wiederbenutztes,  270  1 
Frischwasser  zu  rechnen  sind. 

Da  in  den  900  mm  breiten,  500  mm  tiefen 
Rinnen,  für  den  oberen  Rand  50  mm,  für  den 
unteren  Rost  150  mm,  zusammen  200  mm 
abgehen,  so  haben  wir  0,3  x  0,9  =  0,27  qm 
Durcblaufsquerscbnitt,  und  da  pro  Min.  2  kg 
Stoff  geschwemmt  werden,  so  passieren  in 
1  Min.  800  1  wm  0,8  cbm.  Die  durch- 
schnittliche Geschwindigkeit  pro  Minute 
0  800 

stellt  sich  auf  /      =  3  m  oder  pro  Se- 

künde  auf  ^  =  50  mm. 

Bei  doppelter  und  dreifacher  Leistung 
der  Anlage  und  gleicher  Verdünnung  würde 
sich  diese  Geschwindigkeit  auf  100  bis 
150  mm/sek  stellen. 

Es  ist  einleuchtend,  dass  von  dieser 
Laufgeschwindigkeit  des  Stoffwassers  in 
den  Schwemmrinnen  die  Reinheit  des 
schliesslich  an  der  Pappenmaschine  an- 
langenden wässerigen  Stoffes  abhängt 

Die  Geschwindigkeit  lässt  sich  indes 
bei  grösserer  Leistung  durch  entsprechende 
Verbreiterung  der  Schwemmrinnen  auch 
wieder  reduzieren. 

Dem  Verlasser  war  es  damals  möglich, 
die  Vorteile  der  Quirl-  gegen  die  Stampf- 
arbeit nach  je  einem  ganzen  Jahresdurch- 
schnitte testzustellen.  Die  Resultate  seiner 
Feststellungen  folgen  auf  nächster  Seite  490. 

8.  ßoff*n  1900. 


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490 


E.  KSK 


DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Betriebsjahr  I  mit  Stampfen,  II  mit  Quirl, 

Sägespäne  mitgekocht  Sägespäne  mit-  u.  Aeste  separat  gekocht 
A esteaushacken        »       weniger  sorgsam,  sehr  sorgsam, 

aus  den  Scheiben  )  Aeste  wurden  verbrannt  Aeste  zu  III  a-Stoff  separat  gekocht 
Kochen  Nicht  immer  ganz  guter  Ausfall.  Immer  guter  Ausfallt. 

Verbrauch  an  Rohbolz 
auf  100  kg  Stoff  in  rm  I         0  62  rm'  0,61  ra' 


(  Guter  Zellstoff  (I  u.  IIa)  82  pCt., 


Ausfall:  IIb- Zellstoff 
I  III-Zcllstoff 

Anzahl  Kochungen 
Arbeitsstunden 
Produktion 


13 
5 


87  pCt, 
4 
9 


62 
5600 
617  t 

Durch  die  Quirle  war  die  Qualität 
des  ganzen  Stoffes  zunächst  ganz 
wesentlich  gegen  früher  (mit  Stampfen) 
verbessert  IIb  und  III  war  5  pCt 
weniger,  I-Stoff  5  pCt  mehr  geworden ; 
die  Vermehrung  des  HI-Stoffes  und  der 
Gesamt-Ausbeute  des  Holzes  erklärt  sich 
aus  der  Mitkochung  sämtlicher  aus  den 
Scheiben  gehackten  Aeste  in  besonderen 
Kochungen  des  11.  Betriebsjahres. 

Bei  der  beschriebenen  Anlage  wurde 
ein  ganz  splitterfreier,  reiner  Ja-Stoff  auf 
die  Entwässerungsmaschine  gebracht  und 
zwar  ohne  Anwendung  eines  Sortie- 
rers oder  eines  Reinigers,  wodurch  natür- 
lich ein  billiger  Betrieb  und  eine  verein- 
fachte Fabrikation  bei  über  8000  kg  Tages- 
leistung erzielt  wurde. 

Diesen  Vorteil  kann  man  aber  nur  bei 
durchgehend  wirklich  gut  gekochten  Stoffen 
und  bei  langen,  dabei  entsprechend  dimen- 
sionierten Schwemmrinnen  erreichen.  Letz- 
tere nehmen  bei  grosser  Tagesproduktion 
derartige  Breiten  an,  dass  sich  die  Ein- 
schaltung einer  Sortierung  doch  empfiehlt. 

Inzwischen  war  nun  der  frühere  Werk- 
führer Ph.  Dietz  nach  Göthen  gegangen 
und  hat,  wie  er  schreibt*  den  Quirl 
unter  dem  Namen  „Separator"  mit  dem 
Ingenieur  Rudolf  Wagner  1887-1888  ver- 
bessert  Unter  seiner  Leitung  seien  die 
ersten  Quirle  von  der  Firma  Wagner 
&  Co.  gebaut  und  in  vielen  Fabriken  unter 


70  (davon  4  mit  Aesten) 

6600 
698  t 

seiner  Aufsicht  montiert  und  in  Betrieb 
gesetzt  worden. 

Nach  C.  Hofmanns  Handbuch  der  Pa- 
pierfabrikation* hatte  die  Maschinenfabrik 
Aktien-Gesellschaft  vorm.  Wagner  &  Co. 
in  Cöthen  bis  1894  etwa  60  Sulfitstoff- 
fabriken mit  einer  Aufbereitungs* Einrich- 
tung, welche  an  genannter  Stelle  durch 
Wort  und  Bild  beschrieben  ist,  versehen, 
die  lange  geheim  gehalten  wurde. 

Dietz  und  Wagner  ordneten  nach  dem 
Tezt  zwei  Quirle  in  geschlossenen,  runden, 
schwach  kegelförmigen,  hölzernen  Trom- 
meln an,  welche  je  etwa  6  m  lang  und  von 
1  m  mittlerem  Durchmesser  waren.  Die 
Quirle  bestehen  wie  der  Kleinesche  **  aus 
einer  starken  Holzwelle  mit  einer  grossen 
Zahl  spiralig  stehender  Knüppel,  welche 
bis  nahe  an  den  Mantel  der  Trommeln 
reichen.  Der  erste  etwa  60  cm  über 
dem  zweiten  angeordnete  Quirl  macht 
80  bis  1C0  (?)  Umdrehungen,  der  zweite 
tieferstehende  macht  etwa  160  (?)  Um- 
drehungen in  der  Minute. f  Dem  oberen 
Quirl  wird  der  kochfeuchte  Stoff  aus  ge- 
hacktem Holze  durch  einen  Elevator  an 


•  Lt.  Brief  Tom  18.  Oktober  1899  (im  Be- 
title de«  Verfassers). 


•  II.  Auflage,  S.  1683. 

Die  Cellulosefabrikation.    AI.  Schobert 
HI.  Aufl.   S.  198/99. 

|  Diese  Angaben  stammen  von  AL  Schubert, 
scheinen  mir  aber  nicht  richtig.  —  Uebrigens  stehen 
nach  Fig.  1696  (8.  1664)  des  C.  Hofmannachen 
Handbuches  die  Prügel  nicht  senkrecht,  sondern 
schief  zur  Achse;  auch  ist  der  zweite  i^uirl 
zylindrisch  gezeiohnet  und  nicht  kegelförmig, 
wie  es  im  Texte  heisst. 


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E.  KIRCHNEK.    DAS  PAPIER.    III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


491 


einem  Ende  zugeführt;  derselbe  wird  mit 
wenig  Wasser  gleich  nach  Eintritt  gefeuch- 
tet, an  die  Wände  geschlagen  und  all- 
mählich nach  dem  anderen  weiteren  Ende 
getrieben.  Der  Stoff  fällt  durch  eine  Ueber- 
gangsrinne  mit  noch  mehr  Wasser  verdünnt 
in  den  unteren  Quirl,  passiert  denselben 
unter  weiterer  Zerfaserung  und  gelangt 
stark  verdünnt  auf  eine  Schwemmrinne, 
wo  sich  in  den  Fangrosten  und  in  be- 
sonders angeordneten  vertieften  Fang, 
kästen  Aeste  und  schwere  Unreinheiten 
niederlegen.  Eine  Reibe  Splitterfänger 
sorgt  für  Sonderung  des  Ia-Stoffes  vom 
groben  und  eine  weitere  Reihe  Wasch- 
trommeln entwässert  den  ersteren. 

Die  Leistung  einer  solchen  Anlage  mit 
zwei  Quirlen  wird  auf  12  t  tr.  Zellstoff  in 
21  Stunden  angegeben;  soll  mehr  Stoff 
werden,  so  wird  die  Anlage  von 
oder  mehr  solcher  Einrichtungen 
nebeneinander  empfohlen.  Die  zwei  Quirle, 
wie  sie  auch  der  Verfasser  anordnete,  sind 
bei  der  Wagnerschen  Anlage  in  runden 
Holztrommeln  eingeschlossen. 

Ph.  Dietz  hat  noch  1891  das  D  R.-P. 
Nr.  67197  selbständig  genommen;  er  ver- 
einigte nach  diesem  in  einer  runden 
Quirltrommel  aus  Holz,  deren  innerer 
Hohlraum  mit  Uummifilzbekleidung  nach- 
giebig gepolstert  war,  die  feuchte  oder 
trockene  Behandlung  im  engen  Teil  mit 


der  nassen  oder  wässerigen  im  weiten 
Teile  der  Quirltrommel.  Von  einer  prak- 
tischen Verwertung  dieses  letzten  Patentes 
ist  dem  Verfasser  nichts  bekannt  geworden. 

Direktor  Engelmayer,  bekannt  durch 
sein  Wirken  in  den  Sulfitzellstofffabriken 
Kehl  a.  Rh.,  Ascbaffenburg  und  Stock- 
stadt a.  M.,  benutzt  zur  Zerfaserung  des  Zell- 
stoffes ebenfalls  den  beschriebenen  ähnliche 
Quirle.  Die  Neuheit  des  „Systems  Engel- 
mayer" kann  sich  demnach  nur  auf  die 
Entharzung  des  dünnflüssigen  Stoffes  und 
auf  eine  Stoffquetsche  beziehen,  auf  welche 
Einrichtungen  weiter  unten  kurz  zurück- 
gekommen werden  soll. 

G.Türk-  Karlsruhe  baute  1904  eine  Aufbe- 
reitungseinrichtung  nach  heigegebener  Ta- 
fel 223  ebenfalls  mit  2  Quirlen  in  einer 
kegelförmigen  Trommel  von  3,6  m  Länge 
und  1  bis  1,2  m  1.  Durchmesser  und  einer 
zylindrischen  Trommel  von  3,6  m  Länge 
und  1,2  m  1.  Durchmesser. 

Der  obere  kegelförmige  Trockenquirl  A, 
von  einem  Elevator  E  durch  Trichter  T 
mit  feuchtem  Stoffe  gespeist,  schält  bei 
etwa  250  Umdrehungen  pro  Minute  die 
gut  durchgekochten  Fasern  von  den  Aesten 
und  dem  ungaren  Holze  rein  ab,  ohne  von 
den  hartgebliebenen  Teilen  (Aesten  oder 
Knoten)  braun  gebliebene  Fasern  abzu- 
trennen. In  einem  zweiten  Nassquirl  B 
wird  die  Zerteilung  der  Stofffasern  voll- 


3M 


Taf.  223.  SilfitottfT-Aifbereitung.   6.  Türk  1904.   Fig.  1  Aufriss,  Fig.  2  Grundrias. 


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492 


K.  KdHCHMKH.   DA»  PAPIER.   Iii  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


endet  und  eine  starke  Verdünnung  mit 
Wasser  bewirkt.  Der  verdünnte  Stoff 
passiert  dann  eine  Asttrommel  C, 
welche  Aeste,  hartgebliebenes  Uols  und 
sonstige  grössere  Fremdkörper  aus  dem 
Stoff  abscheidet.  Diese  Asttrommel  be- 
steht, wie  Fig.  224  separat  zeigt,  aus 


Hfl.  224    EitäBtiMflitrommel  für  SulfitsUff 


einem  ca.  20  Umdrehungen  in  der  Minute 
machenden  Kegelstumpf  von  etwa  2,5  m 
Länge  und  0,9  m  mittl.  Durchm.  mit  durch- 
gehender Welle  und  Phosphorbronze-Blech- 
raantel  (2,5  mm  dick)  mit  runden  5-8  mm 
Durchm.  oder  länglichen  Löchern.  Der  dünn- 
flüssige gute  Stoff  geht  mit  kleinen  Splittern 
durch  die  Löcher,  und  die  gröberen  Teile, 
Aeste  etc.  rollen  am  weiteren  Ende  heraus, 
nachdem  sie  durch  Sprit zwasser  noch  tüchtig 
abgespült  sind.  Der  dünne  entastete  Stoff 
wird  durch  Rinnen  D  dem  Sand  lang 
oder  den  Schwemmrinnen  S  zuge- 
führt, wo  ihm  bei  starker  Verdünnung  auch 
die  feineren,  spezifisch  schwereren  Split- 
ter, Sand  und  andere  Unreinigkeiten 
durch  die  Bodenrost-Bretter  entzogen  wer- 
den. Diese  Sandfänge  sollten  nach  Türk 
nur  IVi  bis  höchstens  2  m  breit  bei  20 
bis  30  m  Länge  gebaut  werden.  Zu  breite 
Sandfänge  würden  Veranlassung  zum  Ab- 
setzen auch  guten  Stoffes  und  zur  Bildung 
ganzer  Stoffinseln  geben,  wodurch  die  gute 
Wirkung  des  Sandfanges  unmöglich  würde. 
Die  Schwemmrinnen  arbeiten  nach  Türk 
um  so  sicherer,  je  niederer  der  freie  Ueber- 
lauf  über  den  Rost  der  schrägen  Boden- 
bretter ist.    Wie  aus  Taf.  223,  Fig.  2 


ersichtlich,  befinden  sich  neben  den 
Schwemmrinnen  Seitenkanäle,  welche  eine 
leiohte  und  schnelle  Reinigung  der  breiten 
Kinnen  ermöglichen.  Am  Ende  der  zweiten 
Sandfangrinne  S(  des  Planes  befindet  sich 
eine  (oder  mehrere)  Waschtrommel  W, 
welche  den  dünnen  Stoff  auf  etwa  1  pCt. 
Stofigehalt  eindickt  Endlich  wird  der  Stoff 
durch  einen  rotierenden  Splitterfänger 
(Knotenfänger)  P  noch  von  feinen  Splittern 
und  darin  schwebenden  Unreinigkeiten  be- 
freit und  fliesst  durch  eine  Rohrleitung  in 
die  Bütten  der  Entwässerungsmaschinen  ab, 
welche  in  der  unteren  Etage  stehen. 

Diese  Türksche  Anlage  leistet  nach  der 
Erfahrung  bei  normaler  Beanspruchung 
10000  kg  tr.  ged.  Sulfitstoff  in  24  Stunden, 
wenn  nötig  auch  12  -15000  kg. 

Türk  hat  auch  bei  einer  neuesten  Auf- 
bereitungsanlage das  Zweiquirlsystem  (wie 
Taf.  223)  beibehalten.  Die  Quirle  sind  etwa 
*/•  m  länger,  dafür  aber  Vi»  m  kleiner  im 
Durchmesser  gebaut,  der  Trockenquirl 
macht  3C0,  der  Nassquirl  ICO  Umdrehungen 
pro  Minute.  Der  verdünnte  Quirlstc  ff  des 
Nassquirls  wird  in  einem  grossen  flachen 
Kasten  weiter  verdünnt  und  fliesst  durch 
zwei  Astfänger  von  ähnlicher  Konstruktion, 
wie  in  Fig.  224  dargestellt.  Die  gelochten 
Blechtrommeln  sind  2,5  m  lang,  haben 
0,95  mittl.  Durchmesser  und  machen  18  Um- 
drehungen pro  Minute.  Diese  Einrichtung 
ist  für  20 1  tr.  Stoff  in  24  Stunden  bestimmt 

Genannter  Herr  hatte  Gelegenheit,  den 
Kraftverbrauch  zweier  solcher  Quirle  mit 
Zubehör  durch  Indizierung  der  treibenden 
Dampfmaschine  festzustellen ;  er  fand,  dass 
dieselben  bei  2)  t  in  24  Stunden  40  PS 
zum  Antriebe  erforderten. 

Robert  Dietrich  - Merseburg  ist 
mit  seinem  Separator  auf  das  Einquirl- 
Sy stem  zurückgegangen  und  bat  das- 
selbe durch  patentierte  Einrichtungen* 
wesentlich  verbessert. 

Am  engen  rechten  Ende  der  Quirltrom- 
mel (Taf  225,  Fig.  1),  wo  der  Stoff  durch 
den  Trichter  bei  a  zugeführt  wird,  befindet 

•  I».  R.-P  Nr.  97006,  97390  vom  Jahre  1898 
und  andere. 


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fc.  KiHi.HNKH.    DAS  PAPIEK.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


493 


1 

1 

■ 

^.3 


EiiL.Z. 


Taf.  225.   R.  Dietrichs  Separator 
Fig.  I  Längsschnitt,  Fi|.  2  Schnitt  nä oh  «"b,  F ig  3~»chnitt  "naoh  0  d 


sich  ein  Patent- Steinfänger  (Fig.  1  und  2), 
welcher  schwere  Beimengungen,  die  zu- 
fällig in  den  Stoff  gerieten,  auffängt  und 
dem  weiteren  Durchgänge  durch  den  Quirl 
entzieht.  Die  Wippe  im  Fülltrichter  (Fig.  2) 
lässt  den  Stoff  mit  den  etwa  darin  befind- 
lichen schweren  Teilen  nach  rechts  oder 
links  neben  die  Quirlwelle  in  die  Trommel 
lallen ;  schwere  Steine,  Bleistucke  etc.  finden 
dadurch  Gelegenheit,  sich  in  den  kasten- 
ähnlichen Erweiterungen  zu  fangen  und 
niederzulegen. 

Der  Stoff  passiert  nun  zunächst  die 
rechte,  engere  Hälfte  des  Quirls  in  koch- 
feuchtem Zustande  und  wird  in  der  linken 
Hälfte  durch  Druckwasser  mehr  gefeuchtet. 
Kür  den  Aufschluss  besonders  hart  ge- 
kochten Stoffes  ist  bei  e  (Fig.  1)  eine 
Messergarnitur  nach  Fig.  226  einscbiebbar, 


Flg.  226.  Messergarnitur. 

welche  zur  energischen  Zerfaserung  be- 
sonders beiträgt.  Für  weichere  Stoffe  kann 
diese  Garnitur  aus  dem  Trommelmantel 
herausgenommen  und  die  Oeffnung  blind 
verschraubt  werden.  Nach  Durchgang  durch 
die  Quirltrommel  wird  der  Stoff  in  dem  an- 
gebauten zylindrischen  Gehäuse  G  mittelst 


der  Knetschnecke,  welche  Knethände  und 
Knetarme  (Taf.  227,  Fig.  1  und  2)  besitzt. 


Taf.  227.    KBftarm  mit  Knetrost,  Knethand. 

durchgearbeitet.  Der  Patentinhaber  schreib 

über  die  Wirkung  derselben: 

„Die  Knetschnecke  ist  es  hauptsäch- 
lich, welche  die  günstigste  Wirkung  bei 
geringstem  Kraftaufwand  ergibt.  Es  folgt 
die  Knetband,  Fig.  2,  Taf.  227,  dem  Knet- 
arm (-rahmen),  Fig.  1,  derartig,  dass  der 
Knetarm  l  die  Wände  des  zylindrischen 
Knetgebäuses  bestreicht  und  den  Stoff 
von  den  Wänden  nach  innen  der  Achse 
zu  drückt,  hingegen  die  Knethand  2  den 
Stoff  wieder  von  innen  nach  aussen 
treibt,  indem  sie  genau  die  Oeffnung 
des  Knetarms  deckt  Es  tritt  also  eine 
Wechselwirkung,  ein  Hin-  und  Her- 
schieben des  Stoffes,  bei  jeder  93 '-Dre- 
hung der  Knetwelle  ein,  so  dass  bei  jeder 
Drehung  der  Welle  eine  zweimalige  Hin  - 
und  Herbewegung  des  Stoffes  im  Gehäuse 
sehr  vollkommen  bewirkt  wird.  Diese 
energische  Arbeit  im  Knetgehäuse  lässt 
einen  zweiten  Quirl  überflössig  erscheinen, 
auch  ist  die  frühere  hohe  Tourenzahl 
des  ersten  Trockenquirls  bei  meinem 
Separator  auf  60  -  80  heruntergesetzt. 


494 


K.  K1KCHNER.   DAS  PAPIEK.    III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Durch  die  Fig.  3  Taf.  225,  mitdarge- 
s  teilte  stellbare  Staujalousie  kann  der  Stoff 
im  Separator  verschieden  hoch  gehalten 


bürg  genügen  und  dass  eine  Leistung  von 
11000  kg  trockener  Zellulose  in  24  Stunden 
bei  nur  15  PS  Kran  verbrauch  mit  einem 


werden.   Bei  hoher  Anstauung  ist  die    Separator  erzielt  werden  kann 


Zerfa.serunffsarbeit  noch  energischer  als 
bei  niederem  Stoffstand.  Die  Wirkung 
der  KneUchnecke  kann  endlich  durch 
Anschrauben  von  Rosten  (Gitterstäben) 
Taf.  227,  Fig.  1  unten,  an  den  Knet- 
armen weiter  erhöht  werden.  Bei  weich- 
gekochtem Zellstoff  kann  von  der  An- 
bringung einer  Messergarnitur  bei  ee, 
Taf  225,  Fig  1  und  226,  sowie  von  An- 
schrauben der  Roste  (Taf.  227,  Fig.  I 
unten)  und  von  Stauen  des  Stoffes  ab- 
gesehen werden." 

Nach  einem  Briet  der  Holzstoff-  und 
Papierfabriken  A  -G.  in  Neustadt  (Schwarz- 
wald) vom  9.  5.  1900  brauchte  der  be- 
schriebene Dietricbsche  Separator  bei  80 
bis  90  minutlichen 
Umdrehungen  nach 
genauen  elektrischen 
Kraftmessungen  mit 
Wasser  gefüllt  und  mit 
hochgestellter  Stau- 
jalousie 8  PS,  mit  Stoff 
und  hochgestellter 
Staujalousie  bis  20  PS, 
nach  Herablassen  der 
Jalousie  17  PS,  bei 
ganz  weich  gekochtem 
Stoff  15  PS. 

Dietrich  fügt  hinzu, 
dass  00  Umdrehungen 
pro  Minute  in  Merse- 

*  Die  Erfolge  mit  die- 
sem Zellstoff- Separator 
führten  Herrn  Zellstotf- 
und  Papierfabrikanten 
R.  Dietrich  auf  die,  Kon- 
struktion seiner  Papier- 
Kno  muschine,  die 
nunmehr  ifl  über  100  Stück 
eingerührt  ist. 

**  Nach  brieflichem 
Bericht  des  HerniiKom- 
merzidnrat  E.  Füllner, 
Wannbrunn,  v.  Jan.  190ti, 
wofür  herzlicher  Dank 
gesagt  wird. 


Trotz  feiner  gegliederter  Garnitur  bringt 
der  Dietrich-Separator*  dennoch  eine  we- 
sentliche Vereinfachung,  da  ein  Quirl  weg- 
fällt und  somit  Kraftersparnis  sowie  Ver- 
bindung der  Zerfaserungsarbeit  erzielt  wird. 

Ueber  die  bewährten,  vielfach  ausgeführ- 
ten, patentierten  Dietrich  sehen  Ast-  und 
Splitterfänger  folgt  weiter  unten  Näheres. 

Doppel-Quirl 

(Separator;  Stachelschwein.**) 

Herr  Kommerzienrat  M.  Bebrend  erfand 
1889  einen  Doppelquirl  oder  Doppelrührer. 
dem  von  Herrn  Kommerzienrat  E.  Füllner 
die  auf  Taf.  228,  Fig.  1  im  Längsschnitt, 
Fig.  2  im]  Grundriss,  Fig.  3  in  Seiten- 


T 


fr 


Taf.  228.    Doppelquirl  B'brend-Füllncr  1889. 

Fig.  1  Längsschnitt,  Fig.  2  Grundriss,    Fig.  3  Seitenansicht, 
Fig.  ,4  Querschnitt. 


E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


495 


ansiebt  und  Fig.  4  im  Querschnitt  darge- 
stellte Gestalt  gegeben  wurde. 

Wie  aus  der  Zeichnung  deutlich  erkenn- 
bar, bandelt  es  sich  hier  um  zwei  Quirle 
mit  gleich  langen,  spiralig  angeordneten 
Kührarmen  in  einem  offenen  Troge,  welche 
Einrichtung  das  Koch  gut  zu  zerrühren  hat ; 
in  einem  der  damals  bereits  bekannten  ge- 
schlossenen Separatoren  mit  kegelförmigem 
Gehäuse  wurde  die  Zerfaserungsarbeit  voll- 
endet. Später  erwies  sich,  dass  der  Doppel- 
rührer  auch  a  1 1  e  i  n  die  Zerfaserungsarbeit 
genügend  besorgte. 

Die  Firma  H.  Füllner,  Warmbrunn,  hat, 
da  sich  diese  Einrichtung  vorzüglich  be- 
währte, eine  ganze  Anzahl  solcher  Doppel- 
quirle geliefert,  für  welche  früher  an  die 
Varziner  Papierfabrik  eine  Lizenz  bezahlt 
wurde. 

Den  zur  Verfügung  stehenden  Zeich- 
nungen und  Briefen  darf  ich  folgendes 
entnehmen : 

Der  aus  Kiefernholz  und  gusseisernen 
Seitenwänden  mit  Eisenbändern  und  Hol- 
men gebundene  Trog  hat  1,8  m  I.  breite, 
1  m  Tiefe  bei  etwa  6  m  Länge.   Die  Holz- 
wellen aus  Lärchenholz  von  etwa  280  mm 
Durchmesser  haben  durchgehende  Achsen 
aus  Quadrateisen;  die  Schlagarme  sind  aus 
Hickory-Holz.  Die  Drehung  beider  Quirle 
ist  gleich-  (Fig.  4  links)  gerichtet;  die  An- 
zahl Umdrehungen  beider  Quirle  ist  je 
etwa  40  pro  Minute.   Bei  A  (Fig  2)  wird 
der  gekochte,  etwas  angefeuchtete  Brocken- 
stoff in  den  Trog  geschaufelt  oder  durch 
eine  Transporteinrichtung  dem  Troge  zu- 
geführt; er  wird  im  Tioge  nach  dem  an- 
deren Ende  B  zu  mehr  und  mehr  mit 
Wasser  benetzt  bezw.  verdünnt  und  fliesst 
bei  ti  in  einstellbarer  Höhe  aus  dem  Troge 
in  den  geschlossenen  Quirl  oder  —  was 
sich  später  als  tunlich  erwies  —  gleich 
in  den  Astfänger 

Die  Leistung  eines  Doppelquirls  (unter 
WeglasBung  des  geschlossenen)  beträgt 
nach  gütiger  Mitteilung  der  Firma  H.  Füllner, 
Warmbrunn,  etwa  7—10000  kg  tr.  ged. 
Stoff  in  24  Stunden  bei  10-15  PS  Kraft- 
bedarf. 


Schleudermühlen 

Die  Eisengiesserei  und  Maschinenfabrik 
(vorm.  Goetjes  &  Schulze)  in  Bautzen 
wendet  zum  ersten  Zerschlagen  des  Stoffes 
auch  zunächst  einen  Quirl  an,  läset 
den  erweichten  und  verdünnten  Stoff  durch 
eine  weitstiftige  Schleudermühle 
(Desintegrator)  gehen,  die  den  guten  Stoff 
von  den  Aesten  schält,  scheidet  die  Aeste 
in  einer  Aestet.ro mm el  ab  und  lässt 
den  entästeten  Stoff  schliesslich  durch  eine 
zweite  S  c  h  1  e  u  d  e  r  m  ü  b  l  e  mit  engerer 
Stiftstellung  vollständig  zerfasern. 

Quirl  mit  vertikaler  Achse  und 
G  e  g  e  n  s  t  i  f  t  e  n.* 
Carl  Ziegelmeyer  hat  um  1889  einen 
Quirl  mit  Gegenstiften  in  zylindrischem 
Gehäuse  eingeführt,  der  ebensowohl  Des- 
integrator mit  senkrechter  Welle  genannt 
werden  kann. 

Der  Stoff  tritt  von  unten  durch  ein 
Rohr  ein  und  geht  oben  ab.  Ein  solcher 
Quirl,  1,2  m  hoch,  0,4  m  Durchmesser,  soll 
bei  2-3  PS  Kraftbedarf  5000  kg  tr.  ged. 
Zellstoff  in  24  Stunden  lösen,  ohne  Aeste 
zu  zerschlagen  (?  der  Verf.). 

Es  wäre  das  die  einfachste  und  billigste 
Maschine  zur  Zerfaserung,  wenn  diese  An- 
gaben richtig  sind.  Dem  Verfasser  ist  aber 
von  einer  allgemeineren  Einführung  aus 
neuester  Zeit  nichts  bekannt  geworden. 

Doppelquirl  (Opener) 
in  geschlossenem  Gehäuse 
von  Dr.  C.  Kellner.** 

Am  18.  April  1892  nahm  Kellner  das 
amerikanische  Patent  Nr.  489079  auf  einen 
Doppelquirl  in  kegelförmigem  hölzernen 
Gehäuse  mit  ovalem Q  -) Querschnitt  Es 
sind  hier  Schläger  au-»  Bronze  mit  auf  die 
hohe  Kante  gestelltem  ovalem  Querschnitt 
angewendet,  je  vier  davon  an  einer  Nabe 
vereinigt  und  je  etwa  26  Stück  solcher 
Schlagerkreuze  auf  zwei  starken  Wellen 

*   M.  Schubert.    Die  Cellulosefabrikation. 
III.  Aufl.    190«    S.  209  10. 
••  Ebenda  8.  207/8. 


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496 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  Hl  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


festgekeilt  Die  Schläger  des  einen  Quirl» 
schlagen  durch  die  Zwischenräume,  welche 
die  Schläger  des  anderen  «wischen  sich 


Die  Drebrichtung  der  Schiftger  ist 
gleichgerichtet.  Jede  Welle  wird  lür 
sich  mit  einer  Kiemenscheibe  und  einem 
Riemen  angetrieben. 

Ueber  Versuche,  die  Türk  im  April  1 893 
mit  Kellner  in  Hallein  durchführte,  be- 
richtet ersterer  dem  Verfasser,  dass  man 
mit  dem  Kellnerschen  üpener  mit  2  stramm 
aufgezogenen,  180  mm  breiten  Kamelhaar- 
riemen imstande  war,  den  Motor  (ca.  100  PS) 
still  zu  setzen. 

Der  Stoff,  an  einem  Ende  kalt  und 
feucht  eingelassen,  kam  am  anderen  Ende 
dampfend  heiss  heraus,  ein  Beweis,  wie  viel 
Arbeit  bei  entsprechender  Drosselung  dieser 
geschlossene  Doppelquirl  verbraucht.  Nor- 
mal brauchte  ein  Doppelquirl  zum  Betriebe 
4'J  PS.  Jn  Deutschland  dürfte  auch  dieser 
Quirl  keine  Verbreitung  gefunden  haben. 

Direktor  Engelmayer  wendet  bei 
einem  Zellstoff  -  Zerteilungs  -  System  auch 
einen  Trocken-  und  einen  Nassquirl  an ;  er 
nennt  den  ersten  „Zerfaserer",  den 
zweiten,  bedeutend  kleineren  „Mische  r". 
Die  Quirltröge  sind  nach  einem  Bilde  der 
dieses  System  ausführenden  Firma  G.  D. 
Bracker  Söhne  in  Hanau  a.  M.  oben  offen, 
unten  zylindrisch  und  enthalten  je  einen 
Quirl.  Jm  grossen  Quirl  findet  die  Zer- 
laserung,  im  zweiten  die  Vermischung  resp. 
Verdünnung  mit  Wasser  statt.  Der  dünne 
Stoff  wird  in  zwei  gleichzeitig  gespeisten 
„Sortiertrommel n",  deren  zylin- 
drische Mäntel  in  gelochtem  Kupferblech 
und  deren  Einläufe  in  säurebeständiger 
Phosphorbronze  gefertigt  sind,  von  Aesten 
und  ungekochten  Holzteilen  betreit.  Ein 
solider  Mechanismus  bringt  die  Trommeln 
während  ihrer  Drehung  in  eine  leicht 
schüttelnde  Bewegung,  die  je  nach  der 
Art  des  Stoffes  regulierbar  ist.  Der  feinere 
Stoff,  an  den  vorderen  offenen  Enden  ein- 
tretend, geht  durch  die  gelochten  Bleche 
der  Trommeln  hindurch  in  einen  grossen 
Kasten,  während  die  Aeste  und  ungekoch- 


ten Holzteile  am  hinteren  Ende  heraus- 
fallen und  durch  Trichter  und  Rohre  an 
eine  Vorratsstelle  geleitet  werden.  Je  ein 
starkes  äusseres  Spritzrohr  reinigt  die 
Sortierflächen  von  anhaftenden  kleinen 
Aesten  und  Splittern. 

Der  Stoff  wird  dann  durch  entsprechende 
Rinnen  aus  dem  Sortiertrommelkasten  zum 
„S  a  n  d  f  a  n  g  e"  geleitet.  Dieser  Sand  lang 
ist  mit  einem  „Entharzungsapparaf 
ausgestattet.  Derselbe  besteht  aus  einem 
quer  zur  ganzen  Breite  der  Sandfangrinne 
angeordneten  kleinen  Quirl,  der  mit  einer 
Haube  überdeckt  ist.  Durch  das  Quirlen 
des  Stoffes  entstehen  Schaumblasen,  in 
denen  sich  die  Harzpartikel  ansammeln; 
eine  oder  mehrere  in  den  Stoff  tauchende 
Walzen  sammeln  die  Harzteilchen  an  ihrer 
Oberfläche,  und  durch  einen  Schaber  mit 
Ablaufrinne  werden  diese  Harzteilchen  von 
der  Oberfläche  der  Walsen  geschabt  und 
seitlich  abgeleitet. 

Diese  Einrichtung  kann  wohl  einen  ge- 
ringen Harzgehalt  des  Stoffes  verringern 
bezw.  beseitigen,  aber  die  hin  und  wieder 
auftretenden  grösseren  Mengen  Harzes  bei 
Verarbeitung  stark  harzhaltiger  nordischer 
Hölzer  und  des  Kiefernholzes,  welche  sich 
leicht  zu  dunklen  bis  schwarzen  Schmutz- 
klumpen zusammenballen,  kann  man  mit 
dieser  Einrichtung  nicht  beseitigen. 

Engelmayer  hat  schliesslich  nach  dem 
Entwässern  des  durch  den  Sandfang  ge- 
gangenen Stoffes  noch  eine  „Stoff- 
quetsche"  angeordnet  Diese  Einrich- 
tung besteht  aus  einer  Waschtrommel, 
einer  Langsiebentwässerungsmaschine  und 
zwei  Presswalzenpaaren,  welche  die  end- 
los durchgeführte  Stoffbahn  stark  quet- 
schen und  infolge  verschiedener  Umfangs- 
geschwindigkeit der  Walzen  die  noch  zu- 
sammenhängenden Zellenbündel  ausein- 
anderzerren; der  Stoff  soll  dadurch  gleich- 
mäßiger werden.  Der  Stoff  muss 
nochmals  aufgelöst  und  dann  in 
bütte  geleitet  werden.  Von 
1  tikern  wird  dieses  Quetsch  verfahren  als 
zu  kompliziert  verworfen. 


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- 


Ä.  KIRCHNER.  DAS  PArMEU  Iii  8.  ü.  C.  ZELLSTOFF. 


Die  Maschinenbau- Anstalt  Ph.  Neb  rieh 
in  Prag-Smichow  baut  nach  den  mir  nach- 
träglich eingegangenen  Berichten  Ein-, 
Zwei-  und  Dreikammer-Auf  Schlag- 
maschinen, Separatoren,  Opener 
oder  Zerfaserer  System  Aberg  mit 
Schlägerquirlen  in  offenen  Trögen,  aber 
von  der  S.  494,  Taf.  228,  besprochenen 
Bebrendschen  Konstruktion  verschieden. 
Die  Einkammer- Apparate  haben  einen 
22öO  mm  langen,  sich  unten  konisch  er- 
weiternden Trog  von  560—680  mm  Durchm., 
dessen  Quirlwelle  von  800  mm  Durchm. 
aus  Pitcbpineholz  mit  durchgehender 
Stahlachse  besteht,  in  welche  verhältnis- 
mässig kurze  Weiss-  oder  Rotbuchenholz- 
Schläger  in  schraubenförmiger  Anordnung 
eingesetzt  sind;  diese  Schläger  schlagen 
zwischen  den  in  den  Trogwänden  fest 
eingesetzten  (aber  auch  abschraubbaren) 
Schlägern  hindurch.  Der  Quirl  macht 
150  Umdrehungen  in  der  Minute;  der 
Stoff  tritt  am  engeren  Teile  ein.  Der 
Trog  ist  oben  von  über  die  Mitte  der 
Welle  650  mm  erhöhten  senkrechten  Wän- 
den gebildet;  er  hat  beim  Eintritt  des 
Stoffes  unten  eine  sackäbnliche  Vertiefung 
für  Aufnahme  von  Aesten  etc.,  am  andern 
Ende  nach  unten  einen  Auslauf  für  den 
durch  Zutritt  von  Wasser  flüssig  gemach- 
ten Stoff.  Die  Antriebsriemenscheibe  hat 
70O  mm  Durchm.  und  ISO  mm  Breite. 
Die  Leistung  dieses  einkammerigen  Quirls 
wird  auf  2000  bis  8000  kg  tr.  ged.  Stoff  in 
24  Stunden  angegeben.  Der  Zwei- 
kammer-Apparat  besitzt  zwei  voll- 
ständig getrennte  parallele  Tröge  von 
2900  mm  Länge,  600  mm  1.  Breite,  unten 
zylindrisch,  oben  mit  653  mm  hohen  senk- 
rechten Wänden.  Der  erste  Trockenquirl 
macht  100  Umdrehungen  pro  Minute;  er 
liegt  etwa  125  mm  mit  seinem  Wellen- 
mittel höher  als  der  Nassquirl,  der  im 
anderen  Troge  150  Umdrehungen  pro  Min. 
macht.    Der  Stoff  durchläuft  selbsttätig 

beide  Quirle  (_  ;  der  Uebertritt  vom 

Trocken-  in  den  Nassquirl  findet  durch 
einen  unten  liegenden  Kanal  statt,  in 
welchem  auch  der  Zutritt  des  Wassers 
angeordnet  ist  Jeder  Quirl  wird  mit  einer 


49? 


Riemenscheibe  von  700  mm  Durchmesser 
und  150  mm  Breite  angetrieben.  Die  24 
Stunden-Leistung  ist  mit  7000- 8200  kg  an- 
gegeben. Der  Dreikammer-Apparat 
endlich  besitzt  3  parallele  Tröge,  3  m  lang, 
600  mm  1.  breit,  deren  I.  Trockenquirl  50, 
II.  Nassquirl  100  und  III.  Nassquirl  160 
Umdrehungen  pro  Minute  macht  Die 
Wasserzuführung  geschieht  beim  Uebertritt 
des  Stoffes  von  I  nach  II  und  von  II 
nach  III.  Der  I.  Trockenquirl  liegt  am 
höchsten,  die  II.  und  III.  Quirle  um  je 
etwa  100  mm  tiefer.  Der  Antrieb  der 
Quirle  geschieht  von  III  aus  mittelst 
Riementriebes,  700  mm  Durchm.  Riemen- 
scheibe. 200  mm  breit;  II  und  III  erhalten 
ihren  Antrieb  durch  Stirnräder.  Die  Stoff- 
bewegung geschieht  in  *  )  Linie,  was 

durch  gleiche  Drehungsrichtung  von  I  und 
III  und  entgegengesetzte  Drehrichtung  von 
II  erreicht  wird.  Die  Leistung  wird  auf 
12000-16000  kg  tr.  ged.  Stoff  in  24  Stunden 
angegeben.  Die  beim  Einkammer- Apparate 
erwähnten,  im  gusseisernen  Trogboden  an- 
geschraubten, aber  wegnehmbaren  Schlag- 
stifte sind  auch  bei  den  zwei-  und  drei- 
kammerigen  Apparaten  angebracht  Nach 
der  Lieferungsliste  sind  diese  Quirle  System 
Äberg  für  Oesterreich,  Schweden,  Russ- 
land und  Amerika  ausgeführt  worden. 

Die  Quirle  der  meisten  oben  be- 
sprochenen Systeme  sind  übrigens  nach 
Ansicht  des  Verfassers  auch  zum  Auf- 
schliessen  der  Strohstoffe  und  auch  der 
Natron-Holzzellstoffe  sehr  wohl  geeignet, 
jedoch  sind  deren  Details  dem  kürzeren 
bezw.  weicheren  Charakter  dieser  Stoffe 
entsprechend  zu  konstruieren. 

Ast-  und  Knotenfänger 

für  Holzzellstoff  von  R.  Dietrich-Merseburg- 

D.  R.-P.  Nr.  97005,  100695,  102349  und 
147587. 

Fig.  229/30  gibt  ein  Bild  der  Anordnung 
und  Arbeitsweise  dieser  seit  10  Jahren  in 
etwa  100  Exemplaren  ausgeführten,  zum 
Trennen  des  im  Separator  gelösten  dünn- 
flüssigen guten  Zellstoffes  von  Aesten, 

4.  Bogen  1906. 


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498  K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOPF. 


Flg.'  229:30.    R.  Dietrichs? Alt-  und  Knoteif ärger.    Längs-  and  (Querschnitt. 


hartgebliebenen  Holzstücken  und  sonstigen 
harten  groben  Verunreinigungen  bestens 
bewährten  Maschinen. 

Die  ersten  drei  Patente  beziehen  sich 
auf  die  ältere  Konstruktion  mit  prisma- 
tischen, schwach  schraubenförmig  gewun- 
denen Mantelrippen  aus  Holz,  Gummi, 
Guttapercha  oder  Zelluloid. 

Die  schwach  schraubenförmige  Anord- 
nung der  Rippen  ist  in  Fig.  233  verdeut- 
licht; ferner  erkennt  man  an  dieser  Seiten- 
ansicht zwei  Spritzrohre,  welche  für  die 
Reinhaltung  der  nach  aussen  sich  erwei- 
ternden Schlitze  zu  sorgen  haben  und 
weiteres  Stoffverdünnungswasser  liefern. 


Fig.  231  zeigt  die  Einzelheiten  der  Be- 
festigung der  Trommelrippen  auf  den  Trag- 
ringen mit  Armkreuzen.  Die  Rotgusstrag- 
ringe R  besitzen  nach  aussen  radiale  Stege  s 
mit  gleichweiten  Zwischenräumen  z,  in 
welche  die  einzelnen  Stäbe  mit  entsprechen  - 


Flg.  232.  R.  Dietrich.  Disposition  des  Separators,  Mieohkaitene, 
Astftnferi  n«d  der  Schwemmrinne.     Flg.  233.  Astfangor  Trommel 


Fig.  231.   R.  Dietrichs  Astfänger-Trommel. 

den  Ausschnitten  a  eingeklemmt  und  mit 
aufgetriebenen  Kupferringen  r  unverrückbar 
festgehalten  werden,  ohne 
dass  Schrauben  nötig  sind. 
Einige  dieser  prismatischen 
Stäbe  stehen,  wie  Fig.  231  b 
zeigt, nach  innen  um  Vi  bis  1 
Zentimeter  weiter  vor.  Die 
scharfen  Kanten  dieser  Stä- 
be b  (Mitnehmer)  scheren 
beim  Bewegen  der  Aeste 
nach  dem  hinteren  Ende  die 
guten  Fasern  von  den  har- 
ten Aesten  und  Stücken,  so 
dass  nur  letztere  rein  ge- 
putzt herausfallen.  Die 
Schlitze  zwischen  den  ein- 
zelnen Stäben  mit  trapez- 


Flg.  233. 


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£.  KIKCHNKK.    DAS  PAPIER.   Iii  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


499 


förmigem  Querschnitt  lassen  allen  guten  fei- 
nen Faserstoff  durch  den  Mantel  passieren, 
Die  vorstehenden  Stäbe  unterstützen  durch 
ihre  gewundene  Form  (s.  Fig.  233)  auch 
die  Beförderung  der  Aeste  nach  dem  hin- 
teren tieleren  Ende  der  Trommel.  Die  etwa 
2,3  m  langen  Trommeln  von  70  bis  90  cm 
Durchm.  drehen  sich  während  der  Arbeit 
langsam  um  ihre  Achse.  Zwei  Astfänger, 
wie  Fig.  232  darstellt,  genügen  bei  etwa 
40  Umdrehungen  in  der  Minute  für  einen 
Dietrichschen  Separator  mit  einer  Leistung 
bis  12000  kg  tr.  ged.  Zellstoff  in  24  Stunden. 
Es  ist  nach  Dietrichs  Mitteilung  auch  mög- 
lich, bei  etwa  20  Umdrehungen  pro  Minute 
20  -  24000  kg  dünnflüssigen  Stoff  zu  ent- 
ästen, jedoch  ist  in  diesem  Falle  die  Vor- 
sortierung weniger  fein. 

Vor  der  Zuführrinne  zwischen  dem  Se- 
parator und  den  Knotenfängern  ist  ein 
Mischkasten  (Fig.  232)  mit  Rührwerk  an- 
geordnet, in  welchem  der  aus  dem  Sepa- 
rator kommende  Stoff  mit  Siebwasser  der 
Stoffentwässerungsmaschine  verdünnt  wird. 
Neuerdings  (Ohrt  Dietrich  den  verdünnten 
Zellstcff  aus  diesem  Mischkasten  durch 
zungenähnliche  Ausläufe  oberhalb  der  Ast- 
langwelle in  die  Trommeln,  so  dass  sich 


das  einstürzende  Gemisch  von  Wasser, 
gutem  Stoß  und  Aesten  besser  verteilt. 

Das  letzte  Patent  Nr.  147587  bezieht 
sich  auf  Astfänger  mit  metallener  Trommel, 
deren  Dimensionen  ähnlich  gehalten  sind 
wie  die  der  Trommeln  mit  prismatischen 
Holz-  etc.  Stäben. 

Ast-  und  Splitterfänger 
von  Chr.  Wandel,  Reutlingen. 

Dieser  vielfach  eingeführte,  Fig.  234 
in  Längsansicht,  Fig  235  in  Seitenansicht 
dargestellte  Apparat  dient  zum  Entästen  und 
gleichzeitig  als  Vorsortierer  (ür  die  sogen. 
Feinsortierer  oder  Zellulosereiniger,  wo- 
durch die  letzteren  entlastet  und  leistungs- 
fähiger gemacht  werden. 

Die  Apparate  bestehen  aus  einem  über 
einem  Troge  C  langsam  rotierenden  hohlen 
Zylinder  A,  dessen  Enden  offen  sind  und 
dessen  Mantel  aus  hochkantigen  Stäben 
von  säurefester  Phosphorbronze  besteht, 
welche  unter  sich  in  gleichen  Abstän- 
den, nach  aussen  erweiterte  Schlitze  bil- 
dend, durch  Ringe  fest  verbunden  sind. 
Der  Zylinder  hat  eine  geneigte  Lage ;  er 
ruht  mit  Laufringen  L  auf  zwei  Wellen  W 
mit  Rollen  R,  von  denen  er  die  Dreh- 
bewegung empfängt. 

I 


Ast  und  Splitterfänger.   Chr.]Wandel,  Reutlingen 

Fig.  234  Ausicht.-.Fig.  235  Seitenansicht. 


Bei  dieser  Anordnung  ist  der  Zylinder 
im  Innern  vollständig  frei ;  der  dünnllüssige 
Stoll  btürzt  aus  Rinne  B  ein,  der  feine 
Stoff  geht  mit  der  Flüssigkeit  durch  die 
Schlitze  des  Zylinders  und  fliesst  vom 
Troge  C  nach  den  Zellulosereinigern.  Aeste 
und  Splitter  rollen   nach   dem  tieferen 


Ende  L,  hin  und  fallen  in  den  Vorrats- 
kasten D. 

Ein  Spritzrohr  E  sorgt  für  Reinhaltung 
der  Schlitze  und  Abspülen  ;der  Aeste  von 
etwa  anhängendem  guten  Stoff. 

D.e  Firma  Chr.  Wandel,  Reutlingen 
baut  diese  Apparate  mit  etwa  550  mm 


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500 


E.  K1RCHNEK.   DAS  PAPIER.   Iii  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


1.  Durcbm.  in  8  Längen:  1,6  m,  2  m  und 
2,6  m  für  6  t,  8  t  und  10  t  tr.  ged.  Stoff 
in  24  Stunden  und  gibt  den  Kraftverbrauch 
derselben  mit  1,  IV4  und  IV*  PS  an. 

Wie  aus  den  beigegebenen  Figuren 
(Vi*  der  wirklichen  Grösse)  ersichtlich, 
geschieht  der  Antrieb  der  Apparate  mit- 
telst einer  Riemenacheibe  S  von  350  mm 
Durchm.  und  80  mm  Breite  auf  der  Welle  W , 
rechts ;  die  Welle  W,  links  wird  durch 
einen  Riementrieb  mitgeschleppt. 

A st au8scheidetrommeln  von  dem 


Fig.  224,  S.492,  gegebenen  Konstruktions- 
prinzip werden  auch  von  der  schon  ge- 
nannten Firma  Ph.  Nebrich,  Prag- 
Smicbow  in  drei  Grössen  geliefert. 

Grösse  Länge  Durohm.  Anzahl  Umdr.  pro  Mio. 
I     2300  700/650  22 

II  2400  800/750  20 

III  2500  900/850  18 

Der  Trommelmantel  besteht  aus  Phosphor- 
bronzeblech;  er  ruht  auf  Messingkreuzen 
und  kupferbekleideter  Stahlwelle.  Es  sind 
75  solcher  Astausscheidetrommeln  geliefert 


Tif.  236.  Fig.l: 


Fig.  2:  Roiteiosatl.  1899.  H.  Füllner,  Warmbrunn. 


Die  Schwemmrinnen. 

Ueber  die  Schwemmrinnen  wurde  bereits 
S.  488/89  und  S.  492  unter  Hinweis  auf 
die  Anordnungen  nach Taf.  222  von  Kirchner 
im  Jahre  1888  und  nach  Taf.  223  (S.  491) 
von  Türk  im  Jahre  1904  gesprochen. 

Verfasser  besitzt  nun  noch  Ausführungs- 
plane (Dezember  1905)  von  Türk  und  Füll- 
ner  (1899),  die  sich  insofern  von  einander 
als  erstere  nur  1,5  m, 
2,7  m  netto  breite  Schwemm- 
ströme aufweisen. 

Türk  hat  die  schon  auf  Taf.  223 
(S.  491)  angegebenen,  nach  dem  Zwischen- 
gang zu  liegenden,  seitlichen  Reinigungs- 
rinnen beibehalten  und  für  die  S.  492 
erwähnte  20  t-Anlage  zwei  Schwemmrinnen, 
jede  etwa  32  m  lang  und  1,5  m  netto  breit, 
konstruiert  An  den  Enden  der  Schwemm- 


rinnen schliesst  sich  je  eine  Waschtrommel 
von  1250  mm  Durchmesser  und  1600  mm 
Breite  (wie  Taf.  223,  Fig.  2,  W)  an.  Die 
Schwemmrinnen  sind  315  mm  tief,  die 
Rostbretter  haben  165  mm  Höhe,  so  dass 
über  den  Rostkanten  bis  zum  Rand  der 
Rinnen  150  mm  Höhe  bleiben.  Rechnet 
man  während  voller  Arbeit  33  mm  nicht 
gefüllte  Rinnenböhe,  so  haben  wir 
2  X  1,6  X  0,12  *  0,36  qm  freien  Querschnitt 
beider  Rinnen.  Rechnen  wir  ferner  wieder 
(wie  S.  489)  400  fache  Verdünnung  der 
20  t  Stoff,  so  haben  in  24  Stunden 
8000  cbm  dünnen  Stoffes  die  2  Rinnen  zu 


passieren;  es  sind  also 


8000 
0,36 


<s>  24000 


vom  Stoffstrome  zurückzulegen,  in  1  Stde. 
1000  m,  in  der  Minute  16*/s  m,  in  der 
Sekunde  278  mm.  Das  wäre  eine  6,6fach 


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E.  KIRCHNEK.   DAS  PAPIER.    III  B.  iL  C.   ZELLSTOFF.  601 


so  grosse  Geschwindigkeit  als  S.  489 
(50  mm)  die  vom  Verfasser  im  Betriebe 
beobachtete.  Soll  die  Geschwindigkeit 
geringer  werden  bei  gleicher Stoffleistung, 
so  müsste  die  Verdünnung  weniger, 
vielleicht  nur  das  350  oder  250  fache 
des  lufttrockenen  Stoffgewichtes,  be- 
tragen. 

Es  liegt  hier  noch  ein  weites 
Feld  der  Beobach- 
tung und  des  Aus- 
probierens zweck  - 
massigster  Verbält- 
nisse vor. 

F  ü  1 1 n  er s 
Schwemmrin 
n  e  n  überschreiten 
die  S.  492,  1.  Spalte 
unten,  angegebene 
grösste  Breite  von 
2  m ;  sie  haben  je 
2,7  m  netto  Breite 
zwischen  den  .Sei- 
ten- Hostbrettern.  Wie  aus  Taf.  236,  Fig.  1,  zu 
ersehen,  haben  die  zwei  parallel  laufenden 
Rinnen,  je  die  Hälfte  des  ganzen  Stoffes  füh- 
rend, 350  mm  1.  Höhe  bei  einerRostböhe  von 
250  mm ;  man  kann  also  nur  etwa  auf 
100—30  =  70  mm  freien  Querschnitt 
rechnen ;  demnach  haben  wir 
2  X  2,7  X  0,07  =  0,378  qm  freien  Querschnitt 
für  2  Parallelrinnen. 

Nach  Angabe  der  Erbauer  sind  diese 
beiden  Rinnen  je  ca  32  m  lang  und  dienen 
zum  Schwemmen  von  20000  kg  tr.  ged. 
Zellstoff  in  24  Stunden. 

Wir  erhalten  hier  bei  wieder  4<X)fach 

g|  IQQ 

angenommenerVerdünnungrrrp=TjCo21170m 

U,o/o 

Weg  in  24  Stunden,  d.  h  245  mm  Sekun- 
denweg. 

Es  scheint  also  v  =  0,25  m  sich  gut 
bewährt  zu  haben. 

Fig.  1  Taf.  236  zeigt  den  ganzen  Quer- 
schnitt der  Rinne  rechts  und  ein  Stück  der 
ganz  gleich  gebauten  Parallelrinne  links; 
man  erkennt  die  Bauart  der  Holzrinnen, 
deren  Zusammenbindung  mit  Längshöl- 
zern H  und  Zangen  Z,  die  sich  in  VU  m 
Entfernung  wiederholen ;  auf  jeder  zweiten 


Fig.  237.:  Entwässf rungatrommel  von  H.  Fiillner,  Warmbrunn  i.  Schlesien. 


Zange,  also  in  Entfernungen  von  2Vi  m 
der  Länge,  sind  Laufbretter  auf  den  Zangen 
zum  leichteren  Verkehr  des  Aufsehers  be- 
festigt. Der  Boden  ist  mit  Eisenklammern  in 
etwa  1  m  Entfernung  an  die  Seitenbretter  an- 
gehängt. Der  Boden  ist  ausserdem  mit  den 
Seitenwänden  durch  Eckleisten  E  ver- 
schraubt und  verdichtet.  Die  Roste,  aus 
Seitenbrettern  und  eingezinkten,  schräg 
stehenden  Querbrettern  bestehend,  linden  in 
Fig.  2  im  Längsschnitt  ihre  Darstellung. 
Jeder  Rostleil  ist  etwa  2  m  lang  und  mit 
Holzkeilen  K  zwischen  die  Rinnenwände 
festgekeilt  Zwischen  den  beiden  Rinnen 
beiindet  sich  ein  Laufbrett  L  zum  beque- 
men Verkehr  des  Bedienungsmannes.  Unter 
diesem  Laufbrett  hat  ev.  eine  Stoflrinne  R 
oder  ein  Stoffrohr  Platz ,  um  den  von 
schweren  Teilen  befreiten  Stoff  die  ganze 
Länge  der  gerade  nach  einer  Richtung  ver- 
laufenden Rinnen  in  der  entgegengesetzten 
Richtung  nach  den  Entwässerern  oder  den 
Reinigungsapparaten  zurückzuführen. 

Nach  Durchlaufen  des  dünnen  Stoffes 
über  die  Schwemme  oder  den  Sandfang 
wird  eine  Eindickung  desselben,  wie  schon 
Taf.  222  und  223  angegeben  (auf  etwa 


502 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


l«/t  StofTgehalt  nach  Türk),  nötig,  falls  auf 
eine  exakte  Reinigung  oder  peinliche  Sor- 
tierung vorerst  verzichtet  wird.  Fig.  237  gibt 
ein  Bild  dieser  bekannten  Einrichtung  in 
einer  Füllnerschen  Ausführung.  Die  E  n  t- 
w äss e  r  u n  gs t  r  o  mm el  oder  Wasch- 
trommel schöpft  und  hebt  mittelst  innerer 
Schöpfscbaufelu  das  durch  den  Siebbezug  der 
Trommel  nach  innen  tretende  Wasser  und 
läsBt  es  aus  einem  weiten  (nicht  gezeich- 
neten) Austrittsmund  auf  der  Rückseite  in 
eine  Wasserabführrinne  abfliessen.  Die 
langsame  Drehung  der  Trommel  wird  durch 
Riemenbetrieb  und  Rädervorgelege  bewirkt. 
Die  Trommel  ist  durch  Handrad,  Räder- 
vorgelege und  Zahnstangentrieb  aus  dem 
Stoffstrom  zu  heben,  wenn  auf  eine  Ein- 
dickung  des  Dünnstoffes  verzichtet  wird. 

Die  eine  grosse  Grundfläche  erfordern- 
den Schwemmrinnen  hat  man  durch  bessere 
Knoten-  und  Splitterfänger  (s.  Text  der 
Wandeischen  Apparate  weiter  unten)  und 
durch  kompendiösere  Einrichtungen  zu  er- 
setzen gesucht 

Ende  der  90tt  Jahre  wurde  dem  Direk- 
tor Albert  Äberg  in  Podgora  bei 
Görz  ein  kegelförmiger  Vorsor- 
tierer patentiert,  Qber  dessen  Leistung 
mir  ein  sehr  zufriedenstellendes  Zeugnis 
der  Leykam-Josefsthaler  A.-G.  für  Papier- 
und  Druckindustrie  in  Wien  vorliegt.  Die 
Firma  Pb.  Neb  rieh  in  Prag-Smichow 
bat  damals  diese  Apparate  geliefert  und 
zwar  in  zwei  Grössen : 

I  2500,  bezw.  II  3030  mm  Durchm., 
1809,  bezw.  2000  mm  Höhe  des  oberen 
Gelasses  für  7-8,  bezw.  10—12  t  Leistung 
in  24  Stunden. 

Diese  Vorsortierer  haben  in  ihrer  Kon- 
struktion und  Wirkungsweise  grosse  Aehn- 
lichkeit  mit  den  kegelförmigen  Faserwieder- 
gewinnungs-Apparaten  für  Abwässer  von 
H.  Füllner. 

Nach  Mitteilung  der  ausführenden  Firma 
werden  diese  Apparate  indes  nicht  mehr 
ausgeführt,  da  Asttrommeln  und  Schwemm- 
rinnen, bezw.  Asttrommeln  und  Zellulose- 
reiniger wesentlich  Besseres  leisten. 


Zellstoff-  (Zellulose-)  Reiniger. 
S.  489,  linke  Spalte  unten,  ist  gesagt, 
dass  man  splitterfreien,  sehr  reiuen  Stuf! 
für  Druck-  und  Mittelpapier  nach  Entästen 
und  Schwemmen  in  verhältnismässig  sehr 
grossen  Schwemmrinnenanlagen  erhalten 
kann.   In  Grossbetrieben  und  für  Verkauf  ~ 


Taf.  238.    Zelluloüt-Reiniyer,  System  Wandel 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


und  an  Zellatofffabriken  wohl  in  grösster 
Zahl,  über  600  Stück,  geliefert,  zeichnet 
sich  durch  eine  sehr  einfache  Bauart  aus, 
was  dieser  Maschine  nur  zum  Vorteil  ge- 
reicht. 

Taf.  238  gibt  oben  einen  Querschnitt, 
unten  den  Grundriss,  Fig.  239  eine 
perspektivische  Ansicht  des  Apparates. 

Ein  Knotenfang-Zylinder  A  mit  durch- 
gehender Welle  ist  in  einem  hölzernen 
Trog  B  wagrecht  gelagert.  Die  Hälse  oder 
Ausflussmunde  desselben  für  den  gereinig- 
ten Stoff  gehen  an  beiden  Seiten  durch 
die  Seitenwände  des  Troges  hindurch  und 
sind  an  letzteren  mittels  der  Stopfbüchsen 
F  F  abgedichtet 

Indem  sich  der  Zylinder  rasch  dreht, 
wird  durch  die  an  der  Außenseite  desselben 
angebrachten  Längsrippen  fortwährend  so 
viel  StofTflüssigkeit  mitgerissen,  das»  der 
Zylinder  während  des  Betriebs  stets  mit 
seiner  ganzen  Oberfläche  unter  Stoff  liegt 
Da  gleichzeitig  der  Stoff  in  der  ganzen 
Umgebung  des  Zylinders  durch  diese  Längs- 
rippen in  beständiger  heftiger  Bewegung 
erhalten  bleibt  so  wird  eine  Trennung 
von  Wasser  und  Stoff  vermieden,  und  die 
feinen  Fasern  schwimmen  mit  dem  Wasser 
durch  die  Einschnitte  des  Zylinders  von 
aussen  nach  innen,  (Hessen  durch  die  beiden 
seitlichen  Hälse  C  des  Zylinders  aus  und 
gelangen  durch  die  Sammelrinne  D  und  E 
auf  das  Entwässerungssieb. 

Im  Innern  des  Zylinders  sind  schräg 
gestellte  Schaufeln  G  angebracht,  welche 

bei  der  raschen 
Drehung  des 
Zylinders  von 
50-60  Umdre- 
hungen in  der 
Minute  den  in  den 

Zylinder  einge- 
drungenen Stoff  der 
Achse  und  dem 
Ausfluss  zutreiben. 
Dadurch  üben  sie 
gleichzeitig  eine 
saugende  Wirkung 
auf  den  ausserhalb 

Fig.  239.   Disposition  des  Chr.  Wandeischen  Zellulose-Reinigers  der  Schlitze  beünd- 


stoff  muss  es  aber  als  rationell  bezeichnet 
werden,  dass  man  ausserdem  noch  Zell- 
stoff-Reiniger anwendet 

Nach  der  Erfahrung  sind  die  von  der 
Schwemmrinne  nicht  zurückgehaltenen 
Splitter  dem  Bleicbprozesse  nicht  besonders 
hinderlich;  man  wird  etwas  mehr  bleich- 
material  aufwenden  müssen,  aber  der  Bleich- 
prozess  bat  auf  die  noch  erhaltenen  Holz- 
gewebebüodel  einen  lösenden  Einfluss,  so 
dass  man  dieselben  im  gebleichten  Stoffe 
nicht  mehr  wahrnimmt.  Man  wird  bei 
Nichtsortieren  des  ungebleichten  Stoffes 
also  auf  etwas  mehr  gebleichten  Stoff  rech- 
nen können  auf  Kosten  einer  grösseren 
Bleichmittelaufwendung. 

Kommt  es  auf  Herstellung  hochweissen 
Ia.  Stoffes  und  auf  sparsame  Verwendung 
von  Bleichmitteln  an,  so  wird  man  den 
geschwemmten  Stoff  durch  Zellstoffreini- 
ger und  nach  dem  Bleichen  durch  exakt 
arbeitende  Knotenfänger  gehen  lassen. 

Für  Ia.  Verkaufsstoff, der  ungebleicht 
für  Druck-  und  Mittelpapiere  verwendet, 
oder  in  der  Papierfabrik  erst  gebleicht 
werden  soll,  wird  man  denselben  durch 
einen  Wandeischen  Zellstoff- 
reiniger mit  gefrästem  Mantel  ohne 
Schlagwerk  sehr  zufriedenstellend  reinigen 
können,  vorausgesetzt,  dass  man  es  mit 
einem  Stoffe  aus  gut  gereinigtem  Holz,  das 
tadellos  gekocht  ist  zu  tun  hat. 

Der  Wandeische  Zellstoff- 
reiniger, seit  vielen  Jahren  von  der 
Firma  Chr.  Wandel,  Reutlingen  ausgeführt 


K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Iii  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Heben  Stoff,  so  dass  dieser  energisch  in 
den  Zylinder  nachdringt. 

Enthält  der  Stoff  viele  ungenügend  ge- 
kochte und  zerfaserte  Holzstückchen,  Split- 
ter etc.,  so  empfiehlt  es  sich,  am  Boden 
des  Apparates  eine  Splitterricne  I  anzu- 
ordnen, in  welche  diese  allmählich  zu 
Boden  sinkenden  Teile  infolge  der  Rotation 
des  Zylinders  getrieben  werden,  und  wo 
sie  sich  ablagern  können. 

Durch  zeitweises  Schliessen  der  Klappe 
K  wird  diese  Rinne  vom  übrigen  Raum 
des  Kastens  abgesperrt  und  kann  ohne 
Betriebsstörung  durch  Oeffnen  des  Ablauf- 
rohrs L  entleert  werden,  indem  gleichzeitig 
bei  M  ein  Wasserstrahl  zum  Ausspülen 
der  Rinne  eingeführt  wird.  Nachdem  die 
Röhren  L  und  M  geschlossen  und  die 
Klappe  K  wieder  geöffnet  ist,  beginnt  die 
Ablagerung  der  aussortierten  Stoffteile  in 
der  Rinne  I  aufs  neue.  Zum  gänzlichen 
Entleeren  des  Trogs  dient  die  Oeflnung  N, 
welche  nach  Wunsch  auch  unten  im  Boden 
des  Trogs  angebracht  werden  kann. 

Direkt  auf  der  Zylinderwelle  sitzen  die 
Voll-  und  Leerscheiben  H  H  zum  Antreiben 
reap.  Stillsetzen  des  Apparates. 

Der  Apparat  gewährt  bei  grösster  Ein- 
fachheit die  Annehmlichkeit  eines  vollkom- 
men geräuschlosen  Ganges. 

Eigenartig  und  sehr  vorteilhaft  ist 
Wandels  Pa  t  ent  -  A  b  d  i  c  h  t  u  n  g 
des  Zylinders  mittelst  Wasserdruck. 

üeber  den  Zylinderhals  c  Fig.  240  ist 
ein  Ring  r  von  muschelförmigem  Quer- 
schnitt gelegt,  dessen  innerer  Hohlraum  a 
durch  eine  Zuleitungsröhre  d  beständig 
mit  Wasser  gespeist  wird,  und  zwar  unter 
einem  Druck,  der  grösser  ist  als  der  Druck 
der  ausserhalb  des  Zylinders  befindlichen 
Stoffflüssigkeit,  wozu  eine  Wassersäule  von 
ca.  4  Meter  schon  vollkommen  ausreicht. 

Dieser  Abdichtungsring  liegt  mittelst 
einer  Gummi-  oder  Filzplatte  b  an  der 
Trogwand  an,  und  wird  auf  der  Stirnseite 
des  Zylinderhalses  von  zwei  mit  Gummi- 
puffern  g  versehenen  Stellschrauben  S  leicht 
gegen  dieselben  gedrückt. 

Wenn  der  Reiniger  in  Tätigkeit  ist, 
findet  zwischen  dem  hohlen  Dichtungsring 


r  und  dem  Zylinderhals  c,  soweit  es  der 
geringe  Spielraum  zwischen  beiden  gestattet, 
beständig  ein  leichtes  Ausflössen  von 
Wasser  statt,  welches  das  Eindringen  von 
Stofffasern  in  die  Abdichtung  unmöglich 
macht. 

Die  neue  Abdichtung  hat  noch  den 
weiteren  Vorzug,  dass  keine  Undichtbeit 
durch  etwaiges  Schwanken  des  Zylinders 
entstehen  kann,  ebensowenig  ein  Einlaufen 
der  Stopfbüchsen  in  die  Zylinderhälse.  £s 
wird  also  nicht  nur  verminderter  Kraftver- 
brauch, sondern  auch  Schonung  des  ganzen 
Apparates  erzielt. 


Fig.  240.  Wandels  Pateat-Abdichtung. 


Die  Zylindermäntel  dieser  Zellulose- 
Reiniger  zeichnen  sich  vor  allem  aus  durch 
das  vorzügliche  Material,  aus  welchem  sie 
hergestellt  sind,  eine  äusserst  zähe,  säure- 
beständige Legierung,  weshalb  eine  Er- 
weiterung der  Schlitze  während  des  Ge- 
brauchs viel  langsamer  erfolgt  als  bei 
allen  anderen,  aus  Blechen  etc.  hergestell- 
Zylindern.  Dabei  ist  die  Schlitzweite  äusserst 
genau. 

Um  eine  möglichst  grosse  Leistungs- 
fähigkeit zu  erzielen,  sind  die  Schlitzöff- 


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£,  KIRCHNER.   DAS  PAPIER   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


60o 


nungen  auf  den  zulässig  geringsten  Abstand 
aneinander  gerückt,  so  dass  z.  B.  ein  Zylin- 
der von  2  Meter  Länge  bei  7  3  cm  Durch- 
messer eine  Gesamtschlitzlänge  von  ca. 
1000  Meter  erhält. 

Die  Firma  liefert  auch  noch  einen 
neuesten,  verbesserten  Original-Wan- 
del-Zellulose-Reiniger mit  wei- 
teren Ausgusshälsen.  Die  Leistung 
der  Apparate  wird  dem  Verfasser  pro 
laufenden  Meter  Zylinderlänge  je 
nach  der  Schlitzweite,  Vorbereitung  und 
Verdünnung  des  Stoffes  auf  150  bis  200  kg 
tr.  ged.  Stoff  pro  Stunde  angegeben,  d.  h. 
ein  2,5  m  breiter  Zylinder  kann  8003  bis 
12  000  kg  Zellstoff  in  24  Stunden  reinigen.' 

Bei  1200  bis  1500  kg  Gewicht  kostet 
ein  solcher  Reiniger  1800  bis  2500  Mark. 
Von  der  Firma  wird  auf  besondere  Antrage 
wiederholt,  dass  bei  Anwendung  ihrer 
Ast-  und  Splitterfänger  sowie 
ihrer  Zellulose -II  einiger  dieSchwemm- 
rinnen  entbehrt  werden  können. 

Ein  befreundeter  Sulfitzellulosefabrikant 
mit  jahrzehntelanger  Praxis  erkennt  die 
gute  Wirkung  der  Schwemmrinnen  bei 
genügender  Verdünnung  sehr  lobend 
a  n.  In  den  Rinnen  setzten  sich  viel  Kalk, 
harte  Astslückchen  und  andere  Uneinig- 
keiten, die  sonst  teilweise  in  dem  Stoff 
bleiben  würden,  sehr  vorteilhaft  ab. 

Die  mehrfach  genannte  Firma  Pb, 
Nebrich,  Prag-Smicbow  baute 
früher  einen  dem  Wandeischen  sehr  ähn- 


lichen Zellulosereiniger  System  „Brüngger", 
der  aber  seit  einiger  Zeit  durch  den  Patent- 
Zellulosereiniger  System  „Brüngger-Deiss- 
ler"  abgelöst  ist 

Die  neue  Bauart  der  Trommel  weist 
zwei  anerkennenswerte  Fortschritte  auf: 
l)  die  Saugschaufeln  sind  in  Saug-  und 
Schöpfschaufeln  umgewandelt,  2) 
die  Zylindermäntel  sind  zerlegbar  und 
daher  behufs  Reinigung  und  Herrichtung 
leicht  auswechselbar. 

Die  Firma  baut  diese  vervollkomm- 
neten Reiniger  in  zwei  Grössen :  II  2000  mm 
Zylinderlänge,  700  mm  Durchmesser  ;  III 
2500  mm  Zylinderlänge,  850  mm  Durchm. 

Fig.  241  und  242  geben  die  Ansicht 
und  den  Querschnitt  der  Trommel  dieses 
Reinigers  wieder :  e  Ausflussmund  für  den 
gereinigten  Stoff,  a  die  Knotenfangbleche, 
Schlitze  0,4  mm,  Mitte  bis  Mitte  Schlitz 
3  mm,  f  Dichtungsnuten  mit  Holzleisten- 
abdichtung, g  Ziehbänder  zum  Festhalten 
der  Knotenfangbleche  in  der  Peripherie. 

Es  ist  hervorzuheben,  dass  das  Schaufel- 
system dieser  Brüngger-Deissler-  Reiniger, 
wie  Fig.  242  zeigt,  durch  eigenartig  in  die 
Schaufelbleche  gebogene  Wellen  einen 
Teil  des  sortierten  Stoffes  gegen  die 
Mantel  üächen  des  Zylinders  zurückwirft 
und  dadurch  die  Schlitze  energisch  rein 
spült.  Hierdurch  ist  die  erhöhte  Leistung 
erklärlich. 

Taf.  243,  S.  506,  gibt  eine  Disposition  der 
Nebrichschen  Zellulosereiniger-Anlage  III : 


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Ph.  Nebriobs  Trommel,  System  „Brinioer-Deleeler".    Fig.  241  Ansicht,  Fig.  842  Querschnitt. 

Fig  1  Aufriss,  Fig.  2  Seitenschnitt,  Fig.  3 
Grundriss.  Es  wird  empfohlen,  den  Zylin- 
der stets  gegen  die  Stoffeinlaufrinne  zu, 
also  nach  dem  Pfeil,  rotieren  zu  lassen. 

6.  Bogen  10t  0. 


*  Von  Seiten  erfahrener  Fabrikanten  wird  die 
Leistung  einer  2600  mm  langen  Trommel  von  850 
mm  Durchm.  bei  0,85  mm  ScbliUweite  auf  etwa 
6000  kg  angegeben. 


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506 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Tai.  243.  Ph.  Nebrlcht  ZelHltse  «einiger.  Disposition. 


Die  Trommel  A  in  dem  Holzkasten  B 
besitzt  Austrittsmunde  C,  welche  in  den 
Zwischenwänden  b  abgedichtet  sind ;  die 
Welle  w  wird  von  zwei  Ringschmierlagern 
L  getragen  und  hat  rechts  (wie  gezeichnet) 
oder  nach  Bedarf  links  Fest-  und  Los- 
riemenscheiben R,  jede  850  mm  Durchm., 
150  mm  breit. 

Der  Zulauf  des  unsortierten  Stoßes  ge- 
schieht durch  die  breite  Rinne  E,  der  Ab- 
lauf des  rein  sortierten  Stoffes  durch  die 
Seitenrinnen  S  und  die  Vorsatzrinne  T 
Der  Kasten  B  ist  nach  der  Mitte  zu  ver- 
tieft gestaltet,  und  der  absortierte  grobe  Stoff 
fällt  durch  den  Abfallstutzen  ü  in  den 
Entleerungskessel  Z,  der,  durch  zwei  Schie- 
ber V  entsprechend  bedient,  eine  periodi- 
sche Reinigung  von  grobem  Stoff  ohne 
Betriebsunterbrechung  ermöglicht. 

Die  Umdrehungszahl  der  Trommel  von 
850  mm  Durchm.  wird  auf  58  pro  Minute 
angegeben,  was  eine  Geschwindigkeit  des 
Umfanges  pro  Sekunde  von 
68  .  0,85  .  7t 
 60  


2,58  m  ergibt;  dabei 


wird  für  höchste  Leistung  300— 350fache 
Verdünnung  des  Stoffes  verlangt. 

Betreffs  der  Leistung  der  verbesserten 
Trommeln  wird  für  2500  mm  Breite,  850  mm 
Durchmesser,  mit  52  mm  langen,  0,4  mm 
weiten ,  3  mm  entfernten ,  sauber  in 
2V*  mm    starkem  Phosphorbronzebleoh 


gefrästen  Schlitzen  bei  niederem  Stoffspiegel 
7500  -  9000  kg  trocken  ged.  Stoff,  bei  hohem 
Stoffspiegel  10000-12000  kg  in  24  Stunden 
angegeben. 

Nebrich  empfiehlt  das  Arbeiten  mit 
niederem  Stoffspiegel,  d.  h  die  Trommel 
reicht  nur  etwa  bis  hh  Fig.  2  an  die  Pe- 
ripherie des  Au8f)assmunde8  in  den  un- 
sortierten Stoff,  und  er  rechnet  mit  dem 
besprochenen  Apparat  sicher  auf  6500  bis 
9000  kg  tr.  ged.  Stoff  in  24  Stunden.  Es 
sei  aber  wichtig,  heisst  es  im  Prospekt, 
manchmal  auch  forciert,  d.  h.  mit  hohem 
Stoffspiegel  (etwa  *,'»  eintauchendem  Aus- 
flussmund) arbeiten  zu  können. 

Es  liegen  Zeugnisse  vor,  dass  eine 
Sulfatzellstofffabrik  bei  0,5  mm  Schlitz- 
weite 9000  kg  trocken  ged.  Stoff,  eine 
andere  Sulfitzellstofffabrik  bei  gleichen 
Verhältnissen  7000  kg  trocken  ged.  Stoff 
durch  den  Apparat  III  in  23  Stunden  sor- 
tiert hat.  Der  Leiter  der  letzteren  ver- 
meint indes,  dass  der  Reiniger  ebenso  gut 
auf  10000  kg  Sulfitstoff  hätte  beansprucht 
werden  können. 

Nimmt  man  bei  0,4  mm  Schlitzweite 
7C00  kg  trocken  ged.  Stoff  in  24  Stunden 
als  wirkliche  Leistung  an  und  bei  niederem 
StofTspiegel  (bei  einer  Höhe  h  h  Tai.  243,  Fig. 
2)  9O0  mm  Eintauchbogen  und900mm  Be- 
spülungsbogen  der  Trommel,  so  kommen 
etwa,  wenn  man  wegen  der  Zwischenstege 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER   Hl  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


507 


für  52  mm  Schlitzlänge  60  mm  rechnet, 
1    !    =  39  Schlitze  in  der  Peripherie, 


60 
24CO 
9 


=  800  Schlitze  in  der  Breite  -=  24C00 


Schlitze  a  B2  .  0,4  =  20,8  <s>  20  qmm, 
also  480 000  qmm  =  0,48  qm  freie  Schlitzöff- 
nungen in  Betracht,  welche  bei  SöOfacher 
Verdünnung  in  24  Stunden  7500  .  350 
=  2625000 1=  2625  cbra  dünnenStoff  durch- 
passieren lassen  sollen,  d.  b.  in  1  Sekunde 

24  2gQ5  ßj  =  0,0304  cbm,  oder  die  Stoff- 

flQssigkeit  passiert  die  Schlitze  mit 

=  0,0634  m  co  63  mm  Geschwindigkeit. 
Da  das  Hindurebgeben  des  Stoffes  durch 
die  Schlitze  beim  Bespülen  nicht  so  ener- 
gisch wie  unter  hydraulischem  Druck  oder 
Saugung  stattfinden  wird,  so  darf  man  an- 
nehmen, dass  die  Durchgangsgeschwindig- 
keit etwa  zwischen  25  bis  100  mm  wech- 
seln mag. 

Ein  nicht  zu  unterschätzender  Vorteil 
ist,  dass  die  30Vi  Liter,  die  in  1  Sekunde 
in  die  Trommel  eintreten,  durch  die  Schöpf- 
schaufeln sicher  und  vollständig 
aus  der  Trommel  geschafft  werden,  ohne 
dass  die  Trommel  so  tief  im  Stoff  zu  liegen 
braucht,  dass  der  Stoff  ausserhalb  der 
Trommel  wie  bei  anderen  ähnlichen  Rei- 
nigern (ohne  Schöpfschaufeln)  bis  zur 
halben  oder  */•  Mundhöhe  der  Trommel 
steht,  so  dass  durch  hydraulischen  Ueber- 
drusk  erst  ein  Austreten  des  gereinigten 
Stoffes  aus  den  Seitenmunden  erfolgt. 

Nebrich  sagt  noch  über  die  weiteren 
Vorteile  seiner  Apparate: 

„Meine  patentierteD  Zylindermäntel  sind  aas 
Knotenfangblechen  mit  genau  gleichmässig  ge- 
arbeiteten bezw.  gefrästen  Schlitzen  gcbillet, 
wodurch  eine  absolut  genaue  Sortierung  er- 
zielt wird. 

Die  Teilung,  d.  i.  die  Entfernung  von  Mitte 
Schlitz  zu  Mitte  Schlitz,  betragt  nur  3  mm. 
Dieser  engeren  Schlitz. tellung  entspricht  auch 
d  e  verhältnismässig  hohe  Leistung. 

Meine  Zylindermäntel  sind  zei  legbar  gehalten 
und  ohne  jedwede  Schraube  auf  dem  Gerippe  I 
befestigt,  so  dass  sie  bioucn  einer  Viertelstunde 
abgenommen,  gereinigt  und  wieder  aufgelegt 
werden  können.     Mit  der  7.  rlegbarkeit  des 


Mantels  entfällt  die  Notwendigkeit,  Reserve- 
apparate für  den  Fall  einer  Reinigung  aufzu- 
stellen. 

Falls  der  Zylindermantel  ausgewechselt  resp. 
erneuert  worden  muss,  genügt  es,  die  erforder- 
lich hergerichteten  Knotenfangbleche  zu  be- 
ziehen, während  man  sonst  den  teuren,  starren 
kompletten   Ueberzug   kaufen   und  bezahlen 


Zum  Betriebe  braucht  der  Apparat  III 
4,7  PS  bei  niederem  und  60*/«  mehr,  also 
7,5  PS,  bei  hohem  Stoffspiegel.  Das  Ge- 
wicht der  kompletten  Teile  des  Appa- 
rates III  beträgt  130D  kg,  mit  Holzkasten 
2015  kg. 

Die  Verkaufsliste  weist  nach,  dass  be- 
reits ca.  500  Apparate  dieser  Art  von  Ph. 
Nebrich  geliefert  worden  sind. 

Will  man  feinsten  Ia-Zellstoff 
für  Kunden  oder  für  eigenen  Gebrauch 
liefern,  so  wird  der  Stoff  mit  äusserster 
Sorgfalt  sortiert  werden  müssen,  und  dafür 
haben  sich  die  Knotenfänger  der  Firma 
Reinicke  und  Jasper  in  Cöthen  (An- 
halt) einen  Weltruf  bezüglich  zweck- 
mässiger Bauart,  solider  Ausführung  und 
hoher,  bester  Leistung  erworben.  Es  sind 
sowohl  Plan-  als  auch  Drehknotenfänger  der 
Firma  für  feinste  Zellstoffsorüerung  in  sehr 
zufriedenstellendem  Betriebe. 

Für  Zellstoffe  empfiehlt  die  Firma  neuer- 
dings ihren  „Reinicke"-Dreh-Knoten- 
fang  mit  oszillierenden  Schlagflügeln,  über 
den  ein  Prospektblatt  vom  Februir  19?6 
folgendes  sagt: 

„Dieser  Dreh- Knotenfang  hat  sich  im 
mehrjährigen  Betriebe  für  alle  Papierstoffe 
vorzüglich  bewährt  und  besitzt  folgende 
Vorzüge: 

1.  Vorzügliche  Reinigung  des  Stoffes, 
weil  der  allein  richtige  Stofflauf  von  unten 
nach  oben  durch  den  sich  nur  drehenden 
Zylinder  hindurch  angewendet  ist. 

2.  Gleicbmässiger  und  grosser  Stoff - 
durchlass  (bis  15000  Kilo  in  24  Std.)  bei 
verhältnismässig  enger  (0,4  mm)  Schlitzweite 
im  Zylinder,  deshalb  für  Massenproduktion 
besonders  geeignet. 

3.  Sandfang  und  Katzenfang  sind  über- 
flüssig geworden  durch  diese  Art  des  Stoff- 
laufes, und  der  von  diesen  Apparaten  ein- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,    III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


genommene  Raum  wird  somit  für  andere 
Zwecke  frei. 

4.  Der  Knotenfang  kann  eine  volle 
Woche  arbeiten,  ohne  in  den  Schlitzen 
sich  zu  verstopfen.  Die  ausgeschiedenen 
Knoten,  Sand,  Splitter  etc.  werden  auch 
während  des  Betriebes  schnell  und  sicher 
entfernt.  Das  Innere  der  Maschine  ist  durch 
mehrere  ReiniguDgsöffuungen  leicht  zu- 
gänglich. 

5.  Der  Knotenfang  arbeitet  geräuschlos 
mit  geringer  Tourenzahl,  braucht  wenig 
Kraft  und  wenig  Raum  zur  Aufstellung. 

6.  Bequeme  Handhabung  der  Maschine. 
Wenig  Wartung  nötig,  da  Zentralschmie- 
rung und  Ringschmierlager  vorgesehen  sind. 

7.  Eine  Verunreinigung  des  Stoffes  durch 
die  Stopf buchs- Lagerung  des  Zylinders 
ist  absolut  sicher  verhindert. 

8.  Kräftiger  schwerer  Bau,  sowie  bestes 
Material  und  solide  Arbeit  gewährleisten 
eine  lange  Dauer  dieser  Maschine  und 
wenig  Reparaturen. 

9.  Leichtes  Auswechseln  des  zerlegbaren 
Zylinder-Mantels,  der  in  den  Schlitzen  ver- 
engert werden  kann. 

10.  Billiger  Preis  eines  neuen  zerleg- 
baren Zylinder-Mantels. 

Die  Bauart  dieses  Dreh- Knotenfanges 
ist  einfach,  stabil  und  kräftig.  Auf  zwei 
eisernen  Füssen  ruht  fest  und  unbeweglich 
der  gusseiserne  Stoffbehälter,  welcher  mit 
seinen  einfachen  Formen  grösste  Zweck- 
mässigkeit 
und  Stabili- 
tät verbin» 
det. 

Der  Kno- 
tenfang -  Zy- 
linder hat  an 
beiden  Stirn- 
enden grosse 
hohle  lange 
Tragzapfen 
oder  Lager - 
halse,  wel- 
che inner- 
halb der 
Stopfbuchs- 
Lagerung  in 


üblicher  Weise  durch  Packungsschnur  abge- 
dichtet werden  und  noch  ziemlich  lang  aus 
denStopfbuchs-Lagerungen  herausragen,  um 
den  gereinigten  Stoff  in  Rinnen  von  zweck- 
mässiger Form  und  Anordnung  zu  leiten.  — 
Auf  diese  Weise  wird  eine  Verunreinigung 
des  gereinigten  Stoffes  durch  Fett-,  Schmutz- 
etc.  Teile  der  Stopf  buchs- Lagerungen  ab- 
solut sicher  verhindert.  Diese  Schmutzteile 
fallen  vielmehr  direkt  auf  den  Fussboden 
des  Arbeitsraumes.  —  Die  Stopfbuchs- 
Lagerungen  sind  auch  während  des  Be- 
triebes von  allen  Seiten  sichtbar  und  zu- 
gänglich, weil  sie  völlig  ausserhalb  des 
gereinigten  Papierstoffes  sich  befinden. 

Die  grossen,  hohlen  und  langen  Lager- 
hälse der  Stirnenden  des  Knctenfang-Zy lin- 
ders bilden  je  ein  Rohr  von  ca.  300  mm 
Durchm.  1.  W.,  frei  von  Kreuzen,  Naben  etc., 
so  dass  der  Einblick  in  das  Innere  des 
Zylinders  auch  während  des  Betriebes  und 
der  freie  Abfluss  des  gereinigten  Stoffes 
aus  dem  Zylinder  nach  aussen  jederzeit 
gewährleistet  und  ebenso  eine  stete  Kon- 
trolle ermöglicht  ist. 

Der  Knotenfang- Zylinder  erhält  nur  eine 
drehende,  nicht  aber  eine  auf-  und  ab- 
gehende (d  b.  schlagende)  Bewegung  ver- 
mittels eines  auf  den  einen  Lagerhals  an- 
geordneten Stirnrades.  Der  Zylinder  mit 
nur  drehender  Bewegung  hat  eine  grössere 
Lebensdauer  als  die  Zylinder  mit  schlagen- 
der Bewegung. 


Fig.  244    ,  Reinicke"  Dreh  Kiotenfang. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Diese  Knotenfang- Zylinder  werden  auf 
zweierlei  Art  gebaut,  und  zwar  nach: 

a)  der  Zylinder  ist  aus  starken  Blechen 
gebaut  und  stellt  ein  einziges  Ganze  dar, 
oder 

b)  der  Zylinder  ist  gebaut  mit  einem 
abnehmbaren  Zylinder-Mantel  aus  dünnen 
Blechen. 

Zylinder  nach  a  können  in  den  Schlit- 
zen nur  erweitert  werden ;  dagegen  können 
Zylinder  nach  b  gebaut  in  den  Schlitzen 
erweitert  und  verengert  werden.  Dieser 
letztere  Punkt,  die  Schlitze  ohne  grossen 
Kostenaufwand  wieder  verengern  zu  kön- 
nen, ist  für  den  Betrieb  des  Knotenfanges  von 
wesentlicher  finanzieller  Bedeutung,  weil 
so  der  Siebmantel  des  Zylinders  durch 
die  mehrmalige  Verengerung  der  Schlitze 
bis  auf  den  letzten  Rest  aufgebraucht 
werden  kann. 

Die  fortlaufende  Reinigung  der  Schlitze 
des  Knotenfanges  während  des  Betriebes 
wird  bewirkt  durch  ein  innerhalb  des 
Zylinders  oben  angeordnetes,  ausserhalb 
des  Zylinders  aber  fest  gelagertes  Spritz- 
robr,  welches  durchaus  sicher  jeden  Schlitz 
mit  einem  feinen  Wasserstrahl  trifft  und 
die  in  den  Schlitzen  befindlichen  groben 
Teile,  Splitter  etc.  aus  denselben  ent- 
fernt Das  durch  die  Schlitze  tretende 
Wasser  nebst  mitgerissenen  Knoten,  Split- 
tern etc.  wird  von  einer  oberhalb  und 
ausserhalb  des  Zylinders  angeordneten 
(est  gelagerten  Rinne  bis  zu  60  pCt.  aufge- 
fangen und  abgeleitet. 

Unterhalb  des  Knotenfang- Zylinders  sind 
im  gusseisernen  Stofl  behälter  zwei  Schlag- 
flügel-Systeme angeordnet,  welche  eine 
oszillierende  Bewegung  machen. 

Die  Lagerung  und  Abdichtung  der  beiden 
oszillierenden  Wellen  in  den  Wandungen 
des  gusseisernen  Stoflbehälters  ist  hier  bei 
diesem  Knotenfanger  in  neuer,  gesetzlich 
geschützter,  eigenartiger  Form  ausgeführt. 
Die  Abdichtung  erfolgt  ohne  Packung 
irgend  welcher  Art  absolut  sicher.  Ausser- 
balb der  Lagerbüchsen  sind  die  beiden 
oszillierenden  Wellen  nochmals  an  beiden 
Enden  drehbar  fest  gelagert. 

An  den  beiden  Füssen  ist  in  Ring- 


schmierlagern mit  auswechselbaren  Bronze- 
lagerschalen die  Antriebswelle  gelagert, 
welche  an  dem  einen  Ende  einen  Exzenter 
trägt,  von  welchem  aus  die  Wellen  mit 
Flügelplatten  durch  Pleuel-  und  Zugstange 
eine  oszillierende  Bewegung  erhalten. 

Das  überstehende  Ende  der  Antriebs- 
welle erhält,  wenn  genügend  lang,  noch- 
mals eine  Lagerung,  die  ebenfalls  aus 
Rinpschmierlagern  nebst  Lagerbock  besteht. 

Von  dieser  Antriebswelle  aus  wird  die 
Drehbewegung  des  Knotenfang -Zylinders 
bewirkt  durch  Riemenantrieb  eines  völlig 
wasserdicht  einrekapselten,  in  Oel  laufen- 
den Reduzier-Räder-Vorgeleges,  von  wel- 
chem aus  mittelst  Kette  der  Knotenfang- 
Zylinder  seine  langsame  Drehbewegung 
(ca.  1  Umdrehung  pro  Minute)  erhält. 
Dieses  Reduzier- Vorgelege  ist  unten  im 
Fusse  montiert. 

Für  die  Zuleitung  des  zu  reinigenden 
Stoffes  sind  an  der  hinteren  Seite  des 
Knotenfanges  unten  seitwärts  am  eisernen 
Stoffbebälter  zwei  Rohrstutzen  angeordnet, 
welche  gemeinsam  einen  schmalen  hölzer- 
nen Stoffsammeikasten  haben.  Dieser 
schmale  Kasten  steht  mit  der  allgemeinen 
Stoffleitung  in  Verbindung  und  verteilt  den 
Stoff  gleicbmässig  auf  beide  Rohrstutzen. 

Zur  Aufnahme  und  Ableitung  des  ge- 
reinigten Stoffes  ist  eine  eiserne  Rinne  so 
angeordnet,  dass  eine  Verunreinigung  des 
reinen  Stoffes  durch  die  Stopfbuchslagerung 
des  Zylinders  unbedingt  ausgeschlossen  ist 

Die  sämtlichen  Lagerungen  sind  mit 
auswechselbaren  Schalen  aus  Ia.  Phosphor- 
bronze versehen,  dabei  so  gross  als  möglich 
gehalten,  um  den  Flächendruck  auf  das 
geringste  Mass  zu  bringen. 

Reichliche,  überall  hinreichende  Schmie- 
rung sämtlicher  Reibungsüächen  wird  be- 
wirkt durch  eine  selbsttägige,  absolut  sicher 
wirkende  Zentral-Schmier- Vorrichtung,  die 
nur  in  grösseren  Zwischenräumen  als 
Üblich  aufgefüllt  zu  werden  braucht.  Da- 
durch wird  die  Wartung  und  der  Kraft- 
verbrauch zum  Antrieb  dieser  Maschine 
auf  das  niedrigste  Mass  beschränkt. 

Sämtliche  Mechanismen  und  arbeitenden 
Teile  des  rotierenden  Knotenfanges  sind 


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510 


K.  KIR 


S2S3I 


,  DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


auf  der  Betriebsseile  der  Papiermaschine 
übersichtlich  und  in  greifbarer  Nähe  ange- 
ordnet, damit  der  Maschinenführer  mit 
einem  Blick  alles  leicht  übersehen  und 
event.  sofort  eingreifen  kann.  Die  ein- 
fachen Formen  der  Mechanismen  erleich- 
tern den  Ueberblick  wesentlich. 

Auf  den  Bau  dieses  Knotenfanges  ist 
die  grösste  Sorgfalt,  nur  bestes  Material 
und  solideste  Arbeit  verwendet  worden, 
um  den  Kraftbedarf,  die  Abnutzung  und 
Reparaturen  auf  das  geringste  Mass  zu 
beschränken. 

Der  Stofflauf  geht  in  der  Pfeil  rieh- 
lung  des  nebenstehenden  Schnittes  vor  sich : 


Fif.  245.  „Reloloke-  Dreh-Knotenfang.  1906 
Querachnitt. 

Aus  der  höber  gelegenen  allgemeinen  Stoff- 
zuleitungsrinne flieset  der  ungereinigte  Stoff 
in  den  schmalen  hölzernen  Stoffsammei- 
kasten (1)  und  dann  durch  die  beiden 
Rohrslutzen  (2)  in  den  gusseisernen  Stoff- 
behalter  (3)  unterhalb  des  Knotenfang- 
Zylinders  (4)  ein.  Von  hier  aus  fitesst  der 
Stoff  durch  die  Schlitze  des  Knotenfang- 
Zylinders  in  das  Innere  und  an  beiden 
Stirnenden  desselben  durch  die  hohlen 
Lagerhälse  (5)  des  Zylinders  in  die  aussen 
befindliche  Stoffrinne,  welche  den  reinen 
Stoff  der  Brustwalze  bezw.  dem  Siebe  zu- 
führt. Auf  diesem  Wege  unterliegt  der 
Stoff  der  Wirkung  der  oszillie- 
renden Schlagflügel  SS,  die  darin 
besteht,  dass  durch  die  eigenartige  Form 
und  Anordnung  derselben  unterhalb  des 
Knotenfang- Zylinders  der  Stoff  erstens  in 


solcher  Bewegung  erhallen  wird,  dass  er 
sich  nicht  absetzen  und  zusammenballen, 
also  keine  Verfilzung  bilden  kann,  und 
zweitens,  dass  er  durch  die  Schlitze  hin- 
durch teils  gedrückt,  teils  gesaugt  wird. 

Diese  beiden  Arbeitsmomente  in  Verbin- 
dung mit  der  Niveaudifferenz  des  Stoffes  in 
der  hoch  liegenden  Stoffzuleitungsrinne  und 
dem  tiefer  liegenden  Knotenfang-Zylinder 
bezw.  Stoffauslauf  desselben  bewirken  eine 
vorzügliche  Reinigung  des  Stoffes  und  eine 
quantitativ  ausserordentlich  grosse  Leistung 
auch  bei  langfaserigen  Stoffen  und  Ver- 
wendung enger  Schlitzweiten. 

Der  Stofflauf  von  unten  nach  oben  bei 
diesem  Dreh-Knotenfang  hat  den  Vorteil, 
dass  die  ausgeschiedenen  Splitter,  Knoten, 
Sand  (K)  etc.  an  und  für  sich  nach  dem 
unteren  Teile  des  Stoffbehälters  (3),  also 
nach  dem  Boden  zu,  sich  bewegen  und  so 
allmählich  nach  der  tiefsten  Stelle  gelangen, 
von  wo  dieselben  durch  ein  Ablassventil  (V) 
auch  während  des  Betriebes  nach  Belieben 
leicht  und  schnell  entfernt  werden  können. 
Der  obere  Teil  der  gesamten  Stoffmasse 
wird  auf  diese  Weise  stetig  und  zum 
grossen  Teile  von  den  gröberen  Teilen 
befreit,  ohne  dass  dieselben  bis  an  die 
Knotenfangplatten  des  Zylinders  (4)  ge- 
kommen sind.  Diese  Art  des  Stoff  laufe« 
haben  wir  als  die  zweckmässigste  Stoff- 
führung erkannt  und  angewendet,  sowie 
durch  eine  mehr  als  25jäbrige  Praxis  beim 
Bau  und  Betriebe  unseres  rotierenden 
Knotenranges,  System  Reinicke  &  Jasper, 
D.  R.-P  Nr.  9625  bestätigt  gefunden.« 

Bei  den  S.  507/8  aufgeführten  „Vorzügen" 
soll  dieser  Knotenfänger  bei  0,4  mm  Schlitz- 
weite 15  t  Papierstoff  in  24  Stunden  durch- 
lassen, ohne  Sandfang  und  Knotenfang  nötig 
zu  haben. 

Für  feine  Zellulose-Sortierung 
gibt  mir  die  Firma  in  einem  Schreiben 
vom  11.  März  1905  bei  0,4  mm  Schlitz- 
weite, je  nach  der  Kochung,  5  bis  6  t  tr. 
ged.  Stoff  in  24  Stunden  bei  1,5  bis  2  PS 
Kraftertordernis  als  Leistung  an.  Der  im 
Gerippe  äusserst  stabil  gebaute  Zylinder  bat 
2400  mm  Arbeitsbreite,  600  mm  Durchro. 
Er  ist  mit  abnehmbarem  Siebmantel  ver- 


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E.  KIRCHNER  DAS  PAPIER.  III  B.  o.  C.  ZELLSTOFF. 


Ml 


sehen,  aus  6  Segmenten  bestehend,  die 
mittelst  Ziehbändern  festgehalten  werden. 
Diese  Segmente  bestehen  aus  2  mm  star- 
ken Phosphorbronzeblechen,  deren  Schlitze 
nach  Abnutzung  verengert  werden  können. 
Auf  Wunsch  werden  die  Zylinder  auch 
aus  5  mm  starkem  Blech  ohne  Gerippe, 
d.  b.  mit  nicht  abnehmbarem  Mantel  ge- 
fertigt, wie  sie  sich  bisher  gut  bewährt  haben. 

Ein  „Reinicke"-Dreh- Knotenlang  kostet 
ungefähr  4500  Mark. 

Eni  wätser  ungstrora  mein. 

Sollen  in  24  Stunden  20000  kg  tr.  ged. 
Stoff  in  4C0facher  Verdünnung  über  die 
Schlemmrinnen  und  durch  3—4  Zellulose- 
reiniger gehen,  so  haben  wir  etwa  80COO0O  1 
=  8000  cbm  Flüssigkeit*  Soll  diese 
rTüssigkeitsmenge  auf  2V»  pCt.  Stoffgehalt 
gebracht  werden,  so  heisst  das,  sie  auf 
eine  40fache  Verdünnung  herabbringen 
oder  800000  1  =  8C0  cbm  daraus  her- 
stellen; es  sind  in  24  Stunden  80 00  cbm 
—  800  cbm  -«  7200  cbm  Wasser 
auszuwaschen.  In  der  Stunde  müssen 
7200 

~2^~  =  300  cbm  Wasser  ausgewaschen 

werden  und  hierzu  die  nötigen  Entwässe- 
rungs-Einrichtungen vorhanden  sein. 

Füllner  baut  seine  Entwässerungstrom- 
meln (S.  601,  Fig.  237)  für  diesen  Zweck 
in  folgender  Dimension :  löOO  mm  Durchm., 
1500  mm  breit.  Bei  12  Umdrehungen  in 
der  Minute  oder  0,9  m/sek.  Umfangsge- 
schwindigkeit sollen  2  solcher  Trommeln 
genügen,  um  20  COO  kg  tr.  ged.  Stoff  einzu- 
dicken, d.  b.  eine  dieser  Trommeln  wäscht 
in  1  Stunde  150  cbm,  in  1  Minute  2Vt  cbm 
und  in  1  Sekunde  41*/ a  1  Wasser  aus.  Der 
Antrieb  dieser  Trommeln  geschieht  nach 
einer  dem  Verfasser  vorliegenden  Zeichnung 
mittelst  Stirnräder  und  Riementriebes, 
welche  nach  der  Rechnung  etwa  4l/t— 5 
PS  übertragen  lassen. 

Das  für  Erzielung  eines  reinen  Ia.  Stoffes 
als  bestbewährtes  Verfahren  für  Zer- 
faserung und  Reinigung  von 
Zellstoff  ist  nach  Ansicht  des  Ver- 
fassers folgendes: 

*  Man  yergl.  S.  60),  linko  Spalte  unten. 


Der  gut  und  gleichmässig  gekochte 
Stoff  geht  durch  einen  Trockenquirl, 
ferner  durch  einen  Nassquirl,  dann  durch 
einen  Ast-  und  Knotenfänger,  wird  dabei 
auf  das  350-  bis  400fache  verdünnt  und 
passiert  die  Schlemmrinne,  die  ZellstofT- 
reiniger  oder  Knotenfänger,  wird  nun- 
mehr auf  das  40fache  des  lufttrockenen 
Stoffes  durch  Waschtrommeln  entwässert 
und  gelangt  mit  2",  pCt.  tr.  ged.  Stoff 
in  die  Bütten  der  Entwässerungs- 
maschinen oder  erst  in  die  Bleichhollän- 
der und  dann  in  die  Bütten  der  Ent- 
wässer  ungsm  aschinen. 

Die  Rührbüttsn 

sind  als  Regulier-  und  Vorrats-Stoffbeh älter 
aufzufassen,  welche  Unregelmässigkeiten 
beim  Zuführen  des  Stoffes  in  den  Trocken- 
quirl und  vorübergehende  Stillstände  der 
Zerfaserungs-  und  Reinigungsanlagen  und 
der  Entwässerungsmaschine  ausgleichen. 

Zweckmässig  soll  der  Stoff  27«  pCt. 
tr.  ged.  Stoff  enthalten. 

Eine  liegende  Rührbütte  grösster  Art 
hat  35-40  cbm  Jnbalt  Bei  voller  Füllung 
kann  sie  etwa  800-1000  kg  Stoff  auf- 
nehmen, also  den  Vorrat  von  */«  bis  1 
Stunde.  Zwei  derartige  Bütten  enthalten 
für  etwa  17t  bis  2  Stunden  Stoff vorrat. 

Gewöhnlich  sind  die  liegenden  Bütten 
gleich  mit  der  Reguliervorrichtung  der 
Stoffzuteilung  für  die  Entwässerungs- 
maschine  ausgestattet,  was  nur  zu  emp- 
fehlen ist. 

Bei  Verarbeitung  ungebleichten  Stoffes 
wird  man  sich  mit  einer  Bütte  begnügen 
können.  Soll  gebleichter  Stoff  verarbeitet 
werden,  so  wird  man  besser  zwei  Bütten 
anlegen,  um  je  eine  ganze  Holländerfüllung 
auf  27»%  verdünnt  möglichst  schnell  ab* 
leeren  zu  können.  Die  Eindickuog  im 
Bleichholländer  ist  höherprozentig,  daher 
muss  am  besten  beim  Ableeren  des  ge- 
bleichten Stoffes  gleich  die  Verdünnung 
im  richtigen  Masse  erfolgen. 

Taf.  246,  S.  512,  gibt  in  Längsschnitt, 
Grundriss  und  Querschnitt  eine  liegende 
Kührbütte  von  40  cbm  flüssigem  Jnhalt,  also 
für  etwa  1000  kg  tr.  ged.  Stoff. 


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512 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  iL  C.  ZELLSTOFF. 


Wie  aus  der  Abbildung  hervorgeht,  sind 
die  Dimensionen  der  Bülte  5  m  Länge, 
3,4  m  Breite,  3,4  m  Tiefe.  Die  Wände  der 
Bütte  sind  in  0,4  m  starkem  Zementmauer- 
werk  aufgeführt.  Die  5  Umdrehungen  in 
der  Minute  machende  starke  Rührwelle 
geht  durch  Stopfbüchsen  in  den  Kopfwän- 
den und  ist  ausser  in  diesem  noch  in  2 
äusseren  Lagern  solide  gelagert  Der  An- 
trieb der  Welle  geschieht  durch  Stirnräder 
und  Riemenscheiben,  deren  Verhältnisse 
eine  Uebertragung  von  5  bis  5,5  PS  ge- 
statten. 

Die  Welle  trägt  3  Rührarme  mit  den 
Rührlatten  und  das  Schöpfrad  mit  20 
Schöpfbechern  (Patent  Steinbock),  welche 


ein  vollständiges  Ausschöpfen  der  Bütte 
bei  stets  gleichbleibender  Förderung  in  den 
oberen  Fang-  und  Regulierkasten  gestatten. 
Die  Regulierbarkeit  wird  durch  eine  im 
Kasten  verschiebbare  Blechwand  in  bekann- 
ter Weise  bewirkt.  Von  der  Kastenseite 
rechts  findet  durch  eine  (nicht  mitgezeich- 
nete) genügend  grosse  Oeffnung  mit  Rohr- 
verschluss  der  regelmässige  StofTabflnss 
nach  der  Entwässerungsmaschine  statt  Ja 
der  Becherversenkung  der  Bütte  (rechts 
unten)  ist  ein  Abflussrohr  für  das  Spül- 
wasser im  Mauerwerk  ausgespart,  welches 
durch  einen  Verschlusskopf  abgedichtet  ist 
Beim  Reinigen  der  Bütte  wird  der  Ver- 
schlussdeckel abgenommen. 


Pia*  wl'lUMn  'JM 


Taf  246.    Liegende  Rühr-  und  Regulierbiitte  von  II.  Filllner,  Warmbrann  i.  Schlesien. 


Stehende  Rührbülten  anzuordnen,  em- 
pfiehlt sich  weniger,  denn  diese  müssen 
für  40  cbm  Inhalt  bei]  2 Vi  m  Stoffhöhe 
etwa  4,6  m,  bei  2  m  Stoffhöhe  sogar  5,1  m 
Durchmesser  erhalten.  Der  Einbau  und 
Antrieb  der  Rührwerke  für  diese  macht 
sich  schwieriger,  und  es  wird  eine  beson- 


dere Reguliervorrichtung  zwischen  den 
Bütten  und  der  Entwässerungsmascbine 
notwendig.  *  a 

Die  Einrichtung  wird  also,  abgesehen 
von  der  grösseren  verlangten  BodenQäche. 
unnütz  kompliziert,  Antrieb  und  Rein- 
haltung werden  schwieriger. 


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E.  RECHNER.  DÄSPArtEfc.   III  B.  u.  C  ZELLSfOFF.  513 


Dat  Entwässern  dar  Zellstoffe. 

Eine  an  sich  billige  Entwässerungsart 
Ut  die  in  Absitz-  oder  Abtropf- 
kästen. Es  sind  dies  im  Urundriss  recht- 
eckige, 2 — 8  m  hohe,  am  besten  überwölbte, 
mit  sauber  geputzten  Zementmauern  um- 
gebene Räume  im  Keller  oder  Souterrain 
der  Fabrik,  die  oben  eine  Stoffeinlass- 
öffnung und  nach  einem  Arbeitsgange  hin 
eine  700  —900  mm  weite  Tür  zum  Aus- 
werfen des  Stoffes  besitzen.  (Der  Arbeits- 
gang ist  zweckmässig  mit  einem  versenkten 
Schienengeleise  für  Stoff  wagen  betrieb  ein- 
gerichtet, welches  die  bequeme  Beförderung 
des  noch  '/»— u/u  des  Gewichtes  aus 
Wasser  bestehenden  Kastenstoffes  nach 
einem  Aufzuge  zum  Transport  an  die  Hol- 
länder ermöglicht.) 

Die  Tür-Seitenwangen  besitzen  Schlitze 
zum  bequemen  Einschieben  und  Entfernen 
von  Vorsatzbrettern,  damit  die  Kästen  all- 
mählich bis  nahe  an  die  gewölbte  Decke 
mit  Stoff  gefüllt  werden  können.  Der 
Boden  der  Kästen  ist  mit  Filtriersteinen 
dicht  ausgelegt  Diese  Steine  sind  unten 
bohl  geformt,  so  dass  sie,  auf  ebenem, 
etwas  geneigtem  Zementboden  verlegt,  ein 
Ablaufen  des  Wassers  nach  einem  etwas 
vertieften  Abzugskanal  gestatten. 

Die  Filtriersteinfabrik  W.  Schuler  in 
Jsny  (Württemberg)  liefert  für  ungebleichte 
Stoffe  in  Zement  gepresste  Steine  in 
Grösse  von  81  X  15,5  X  4,3  cm; 
in  denselben  befinden  sich  auf  den  qdm  144 
kegelförmig  nach  unten  erweiterte  Löcher 
von  1—1  Vi  mm  obererWeite.  Für  gebleichte 
Stoffe  liefert  die  Firma  gebrannte,  glasierte, 
säure-  und  laugenbeständige  Filtriersteine 
in  Grösse  von  29  X  14,5  X  4,3  cm  mit 
Löchern  gleicher  Weite  und  gleicher  Loch- 
zahl Vereinzelt  werden  solche  Steine 
auch  mit  2  mm  oberer  Lochweite  verlangt 

Nach  der  Erfahrung  enthält  1  cbm 
Absitzkastenraum  etwa  100  kg  HolzzellstofT 
und  etwa  120kg  Strohstoll.  Dabei  beträgt  der 
Trockengehalt  des  Absitzstoffes  nach  Ver- 
suchen des  Verfassers  etwa  10*1%.  Für 
Aufnahme  einer  Tagesproduktion  von 
20000  kg  Sulfltzellstoff  sind  also  etwa 
200  cbm  Kastenraum  erforderlich.  Bei 


4  m  Länge,  4  m  Breite  und  2Vt  m  Netto- 
Füllhöhe  oder  40  cbm  Inhalt  der  Kästen 
liesse  sich  eine  Tagesproduktion  in  5 
solcher  Kästen  unterbringen.  Gewöhn- 
lich sind  diese  Kästen,  um  an  Souter- 
rain- oder  Kellerhöhe  zu  sparen,  0,5  bis 
0,8  m  in  den  Boden  vertieft  eingebaut 

Das  selbsttätige  Entwässern  in  diesen 
Kästen  hat  den  Vorteil,  dass  man  den  flüssigen 
Stoff  aus  den  Schwemmrinnen,  wenn  man 
auf  eine  weitere  Reinigung  durch  Zellulose- 
Reiniger  verzichtet,  gar  nicht  oder  nur  sehr 
wenig  einzudicken  braucht,  vorausgesetzt, 
dass  man  bei  Vorhandensein  mehrerer 
Kästen  Gelegenheit  hat,  mit  dem  Einlaufen 
in  die  einzelnen  zu  wechseln,  damit  Zeit 
zum  Abziehen  der  grossen  Wasserquanti- 
täten bleibt 

Dem  Vorteil  der  selbsttätigen  Arbeit 
steht  die  geringere  Reinheit  des  Stoffes  und 
die  unvermeidliche  teure  Handarbeit  der 
Kastenentleerung  gegenüber,  so  dass  diese 
Art  des  Betriebes  nicht  in  allen  Fällen  zu 
empfehlen  ist. 

Bei  Selbstverwendung  des  ungebleichten 
Sulfitstoffes  zu  geringen  Druck-  etc.  Papieren 
kann  die  Arbeit  mit  Absitzkästen  am 
Platze  sein  und  leistet  Vorteile,  da  man 
an  Ausbeute  gewinnt  und  Regiekosten  spart 

Wichtig  und  erspriesslich  ist  die  Ein- 
richtung der  Abtropfkästen  auch,  wenn  der 
Stoff  gebleicht  werden  soll,  da  es  möglich 
ist,  in  solchen  Kästen  eine  langsame  Nach- 
bleiche zu  bewirken.  (Siehe  später:  Bleichen.) 

Will  man  Zellstoffe  in  Pappen-  oder 
Schabstoff-Form  bringen,  so  kann  man 
sich  der  Rundsieb-Stoffentwäs- 
serungsmaschine, wie  sie  im  vori- 
gen Abschnitt  III  A  Holzschliff  S.  117  u.  f. 
beschrieben  und  in  Fig.  60  abgebildet  ist, 
bedienen. 

Diese  Maschine  wird  nicht  mehr  als 
83  V  s  s*  36V«  tr.  ged.  Stoffauspressung  er- 
zielen lassen,  jedoch  kann  man  bei  stärkerer 
Bauart,  wie  sie  die  III  A,  S.  291  abgebil- 
dete Maschine  aufweist,  40— 45V«  Trocken- 
gehalt erreichen.  Schabstoff  bis  zu  50V« 
Trocken gehalt  lässt  sich  durch  Vorlegen 
einer  starken  Nass  -  Filzpresse  vor  die 
Gautscbe  erreichen. 

6  BogeD  im 


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E.  KIRCHNER.  DASpApIER.  llt  Ö.  u.  C.1  ZELLSTOFF. 


Der  Vorteil  einer  energischen  Stoffaus - 
pressung  liegt  auf  der  Hand.  Wie  wir  beim 
Auswringen  von  Wasche  (Hemden  etc.) 
bemerken,  dass  bei  dieser  energischen 
Auspresaung  das  ablaufende  Wasser  Verun- 
reinigungen von  Seifenlösung  und  Schmutz 
enthalt,  wahrend  beim  Spülen  dieser  Wäsche 
in  grossen  Wassermengen  das  Wasser 
ganz  klar  bleibt,  so  ist  das  Entwässern 
oder  das  Abpressen  des  Wassers  vom 
Zellstoff  ebenfalls  als  letzter,  sehr  energi- 
scher und  wirksamer  Reinigungsprozess 
aufzufassen. 

Um  welche  Quantitäten  abgepressten 
Wassers  es  sich  hierbei  handelt,  wird  uns 
klar  aus  folgender  Ueberlegung.  Es  wird 
angenommen,  dass  der  Battenstoff  2'/«*/o 
lufttrockenen  Stoff  enthält  (l  Teil  Stoff  auf 
40  Teile  Brei).  Um  von  der  Eutwässer- 
ungsmaschine  gut  verarbeitet  zu  werden, 
ist  der  Stoff  auf  l,43'/«igen  (L  Teil  Stoff 
auf  70  Teile)  Brei  zu  verdünnen. 


Es  enthält  1  kg  lufttrockener  Stoff 


bei  pCt 
Trockeo- 
gebalt 

Liter  Wasser 

Es  sind  also 
Liter  Wasser 
abzupressen. 

1,43 

70 

88'/i 

2 

68 

85 

1,35 

68,15 

40 

1,5 

68,5 

45 

1,2a 

68,78 

50 

l 

69 

Die  Entwässerungsmaschine  bat  also 
das  68-  bis  69-fache  Gewicht  des  täglich 
erzeugten  lufttrockenen  Stoffquantums  fort- 
zuschaffen. 

Soll  die  Anlage  20000  kg  Stoff  täglich 
erzeugen,  so  ergibt  sich,  dass  die  Nass- 
partie der  Entwässerungsmaschine  1360  bis 
1380  cbm  Wasser  täglich  abgibt  In  vielen  | 
Fabriken  wird,  wie  schon  bemerkt,  ein 
Teil  dieses  Wassers  als  Verdünnungswasser 
für  den  Stoff  in  den  Schwemmrinnen  ver- 
wendet, macht  also  in  diesem  Falle  nur 
einen  Kreislaut 

Der  in  Pappen  von  den  Rundsiebmascbi- 


I  nen  abgenommene  oder  als  Schabstoff  ge- 
sammelte Stoff  lässt  sich  bequem  einige  Zeit 
aufbewahren  und  nach  Bedarf  in  Bleich- 
holländern oder  Ganxzeugbolländern  auf- 
lösen. 

Will  man  von  der  Rundsiebmaschine 
abgenommene  Pappen  trocknen,  um  sie 
lange  aufbewahren  oder  vorteilhaft  weit 
versenden  zu  können,  so  kann  dies  in 
Lufttrockenschuppen  oder  in  künstlich  ge- 
beizten Pappentrocknereien  geschehen,  wie 
dies  III  A  S.  170-201  ausführlich  be- 
schrieben und  durch  Abbildungen  verdeut- 
licht ist 

Handelt  es  sich  aber  darum,  in  mög- 
lichst ökonomischer  Weise  den 
ausgepressten  Stoff  vom  letzten  Wasser  zu 
befreien,so  istderhier  angegebene  Weg  nicht 
als  zweckmässig  zu  bezeichnen,  wenngleich 
die  Trocknung  an  reiner  atmosphärischer 
Luft  für  Erhaltung  der  Qualität  des  Stoffes 
als  bestes  Mittel  der  letzten  Entwässerung 
anerkannt  werden  muss.  Schon  das  Klima 
Europas  macht  die  Anwendung  dieses 
Mittels  im  regelmässigen  Grossbetrieb  un- 
möglich; man  ist  gezwungen,  mit  künstlich 
erwärmter  Luft  in  Trockenhäusern  (III  A, 
S.  195),  Trockenkanälen  (III  A,  S.  176)  oder 
Trockentürmen  (III  A,  S.  178)  zu  trocknen. 
Wegen  der  mancherlei  Uebelstände  solcher 
Lufttrocknereien  haben  dieselben  in  der  Zell- 
stofffabrikation bisher  keinen  oder  selten 
Eingang  gefunden. 

Auch  die  Rundsieb-Entwässerungsma- 
schine dürfte  nur  noch  selten  in  Zellstoff, 
fabriken  anzutreffen  sein.  Man  gibt  der 
Arbeit  mit  Langsieb-Entwässer- 
ungsmaschinen ohne  und  m i t 
Zylinder-Trockenpartie  den  Vorzug.  Vor- 
stehend auf  S. 488/89  Taf.  222  war  schon  einer 
Langsieb-Entwässerungsmaschine  (Pappen- 
maschine) im  direkten  Anschluss  an  eine 
50 — 60  m  lange  Schwemmrinne  gedacht 
I  wie  sie  Ende  der  80er  Jahre  arbeitete. 
Der  Kasten  vor  P  im  Grundriss  Tai.  222 
enthielt  keinen  Knotenfänger,  sondern  war 
nur  ein  Vorkasten,  aus  dem  der  Stoff 
ruhig  auf  das  Langsieb  der  Pappenmaschine 
übertrat  Die  Pappenmaschine  selbst  be- 
stand aus  kurser  Siebpartie :  Brastwalze, 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


515 


220  mm  Durchm.,  1430  mm  breit,  Register- 

walzen,  2  Saugern,  Gautsche  g25    Wa  lzen- 

Durchmesser,  1490  mm  breit,  sie  batte 
ff1/«  m  lange  (2.7  X  2,5  cm)  Deckel- 
riemen, keine  Schüttelung  und  arbei- 
tete mit  1,21  m  breitem  und  8,05  m 
langem  Sieb  Nr.  80,  drelliert  und  galvani- 
siert   Es  folgte  eine  Nasspresse  mit 

Walzen  von  ^nm  Durchm.;  hinter  der- 
selben wurden  die  Zellstoffrollen  (für  eigenen 
Bedarf)  auf  einer  zylindrischen  Roll- 
stange mit  Stabbeilage  selbsttätig  durch 
den  Filz  aufgewickelt.  Später  wurde  för 
Versandstoff  ein  dreizylindriger  Füllner- 
scher  Trockenapparat,  sowie  ein  Loch-  und 
Roll-Apparat  aufgestellt  Die  Trocken- 
zylinder hatten  je  1 .5  m  Durchmesser ;  es 
stand  also  bei  1,21  m  Arbeitsbreite  eine 
Nettotrockeofläche  von 

3  V  1.5  V  n  X  1,21  =  17,1  qm 
zur  Verfugung. 

Die  Heizung  erfolgte  mit  Dampf  von 
2V«  Alm.  Ueberdruck  (=*  135,5»  C). 

Bei  näherer  Untersuchung  stellte  Ver- 
fasser folgende  Verhältnisse  fest:  Die  Stoff- 
bahn wog  300  g/qm  (90Vo  lufttrocken),  sie 
lief  mit  8  m/Min.  Es  wurden  also  2,9  kg- 
Min  oder  174  kg/Std.  80'/«  lufttr  Stoff 
fertig.  Das  Sieb  mit  den  Saugern  und 
der  Gautsche  entwässerte  etwa  12  cbm 
Stoffbrei  in  Pappe.  Die  obere  Gautsch- 
walze  presste  mit  200  4-  560  =  760  kg 
(ä  cm  Breite  mit  6,28  kg)  Druck.  Hinter 
der  Gautsche  enthielt  die  Pappe  23,5'/i 
lufttrockenen  Stoff.  76,5*/#  Wasser;  hinter 
der  Presse  mit  530  +  2870  =  3400  kg 
oo  28  kg/cm  Druck  erhielt  man  45'/«  lufttr. 
Stoff,  65*/«  Wasser.  Von  diesem  Wasser 
wurden  45'/o  wecrgetrocknet,  d.  h.  in  einer 
Stunde  sind  174  kg  Wasser  verdampft 
worden,  um  den  Stoff  CO'/o  lufttrocken  zu 
machen.  Die  vom  ersten  Zylinder  ver- 
dampfte Wassermenge  betrug  40  kg.  die 
vom  zweiten  62  kg,  die  vom  dritten  72  kg. 
Es  wurden  demnach  verdampft  von  1  Qua- 
dratmeter pro  Stunde:  Zylinder  I<v7  kg. 
Zylinder  II«»  10,9kg,  Zylinder  M  cvl2,6  kg 
Wasser,  durchschnittlich  10,2  kg  pro  qm 


Trockenfläche  in  der  Stunde.  Diese  einfache, 
verhältnismässig  billige  Entwässerung*«  und 
Trockenanlage  leistete  in  23  Arbeitsstunden 
rund  4000  kg  90*/o  lufttrockene  oder  8600 
kg  lufttr  versandfertig  gerollte  Ware 

Die  Trocknung  erscheint  etwas  forciert ; 
man  ist  daher  allmählich  zu  stärkerer  Aus- 
pressung  mit  Gautsche  und  2  bis  3  Pressen 
und  Trocknung  bei  geringen  Temperaturen 
mit  vielzylindrigen Trockenapparaten  über- 
gegangen. 

Eine  grössere,  empfehlenswertere  Ent- 
wässerungs- und  Trockenmaschine  für  Zell- 
stoffe ist  S  516  Taf.  247  oben  im  Aufriss,  un- 
ten im  Grundrisse  dargestellt  wie  sie  in 
den  letzten  Jahren  mehrfach  von  der  Firma 
H.  Füllner,  Maschinenbauanstalt  in  Warm- 
brunn (Schlesien),  ausgeführt  ist 

A  Rühr-  und  Regulierbütte,  8  Antrieb 
zur  Bütte,  G  Stoffmisch-  und  Verkästen, 
D  Registerpartie  mit  Brustwalze,  Register- 
walzen und  Deckelriemen,  Siebwasserschiff, 
E  Siebwasserpumpe,  F  zwei  Saugapparate, 
G  Gautsche,  H  H  zwei  Filzpressen,  I  Locb- 
und  Rolleinrichtung  für  feuchten  Stoff.  K 
Trockenapparat  mit  13  Zylindern  a  1.25  m 
Durchmesser.  L  Bogenschneideapparat,  be- 
stehend aus  Längsschneider,  Zugpresse  und 
Querschneider,  M  Räderantriebe  für  die 
Einzelgruppen  der  Maschine.  N  Wand- 
transmission,  0  Wasserrohr  für  die  Nass- 
partie, P  Dampfrohr  für  die  Trockenpartie. 
Diese  Maschine  presst  die  Stoffbahn  bei 
600  g/qm  lufttr.  Schwere,  2100  mm  breit 
und  mit  7  m'Mio.  arbeitend,  bis  zu  50V o 
Trockengebalt  aus  und  liefert  13000  kg 
lufttr.  Stoff  in  24  Stunden  feucht  oder  nach 
Durchlaufen  der  Trocken-  und  Schneid- 
apparate  in  rechteckig  beschnittenen  luft- 
trockenen Tafeln  (Format  700  *  1000  mm), 

Die  Trockenzylinder  arbeiten  ohne 
Trockenfilze. 

Bei  obiger  Leistung  ist  vorausgesetzt 
dass  mit  direktem  Dampf  von  bis  2 
Atm.  Ueberdruck  gearbeitet  wird. 

Man  erkennt,  dass  gegen  die  oben  er- 
wähnte alte  Einrichtung  mit  3  Trocken- 
zylindern hier  mit  13  Zylindern  ä  1,25  m 
Durchm.  und  2,1  m  Arbeitsbreite,  d.  b.  mit 
107,2  qm   Trockenfläche  in  24  Stunden 


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616 


K,  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


O  EH» 


13000  kg  Wasser  (26003  kg  ca.  60V«  lufttr. 
Stoff  in  13000  kg  lufttr.  Stoff;  verdampft 
werden,  d.  b.  pro  qm/Std.  nur  5  kg  Wasser- 
Verdampfung,  was  naturgemäss  mit  einer 
niedrigeren  Trockentemperatur  möglich  ist. 

Die  genannte  Firma  Füllner  in  Warm- 
brunn bat  Maschinen  bis  zu  2600  mm  Ar- 
beitsbreite und  32  Trockenzylindern  gebaut. 
Sie  führt  soeben  eine  Mischine  für  3C0J  mm 
Arbeitsbreite  mit  36  Tiockenzylindern  aus, 
welche  in  24  Stunden  etwa  5  4  000  kg 
Zellstoff  trocknen  soll. 

Die  Leistung  dieses  letzten  Trocken- 


Taf.  247.    H  Füllners 

apparates  wäre  dann  pro  qm  und  Stunde 
iOÄ    _ j   =  5,3  kg  .Wasserverdampfung, 

4<s4  .  24 

was  nach  den  gewonnenen  Erfahrungen 
zu  ermöglichen  sein  dürfte. 

Versandfertig  machen.  Die 
feuchten  oder  trockenen  Zellstoffrolleo 
werden  in  weisses  Ausschusspapier  und 
Packpapier  eingeschlagen  und  verschnürt. 
Die  Zellulosepappen  werden  unter  einer 
Packpresse  stossweise  zusammen gepresst. 
in  gleiche  Papiere  verpackt  und  mit  Eisen- 
bändern verschnürt,  um  so,  gegen  Staub 


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E.  KIKCHNEK.   DAS  PAPIEK.   III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


617 


Zellstoff-Enlwlisserung«-  und  Trockenmaachine.  1905. 

und  Verschmutzung  geschützt,  an  die  i  Entharzung  des  Sultitzellstoffes.  (Nach- 
Papierfabriken versendet  zu  werden.  trag  zu  den  Schwemmrinnen.)  Statt  des 
Ueber  Spindel-  und  hydraulische  Pres-  S.  496,  rechte  Spalte,  erwähnten  Engel- 
sen, wie  sie  als  Packpressen  auch  mayerschen  Entbarzungsapparates  kann 
für  2 ellulosepappen  zweckmässig  verwendet  man  mit  Vorteil  viele  quer  über  den 
werden,  finden  sich  Beschreibungen  und  Schwemmrinnen  angeordnete  Schaumlatten 
Abbildungen  im  Kapitel  III  A,  S.  118/20.  benutzen.  An  diese  Latten  sind  alte  Filz- 
Man  kann  diese  Pressen  mit  Hand-  und  j  streifen  mit  Kupferstiften  befestigt,  welche 
Maschinenbetrieb  ausstatten  und  betreiben,  etwa  10  cm  breit  auf  dem  dünnen  Stull- 
Auf  den  Seiten  518/19  ist  eine  vollslän-  brei  aufliegen.  Die  oben  auf  dem  Stoff 
dige  ZellstcfHabrik  lür  20 1  Tagesproduktion  schwimmenden  Harzteilchen  setzen  sich  im 
ungebleichter  Sulfit-Zellulose  dargestellt  und  *  »ze  fest  und  werden  so  dem  Stoff  entzogen, 
eine  kurze  Erklärung  beigefügt,  Fortsetzung  S.  520. 


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618 


K.  K1HCHNKH.    DAS  PAPIEK.    III  B.  u  C.  ZELLSTOFF. 


Moderne  Sulflt-HolzzellstolT- Anlage. 

Die  Tal.  248  stellt  eine  moderne  Su'tit- 
Holzzellstoff-Anlage  nach  den  von  der  Firma 
H.  Küllner  gütigst  zur  Verfügung  gestellten 
Plänen  dar,  wie  sie  ähnlich  für  Deutsch- 
land und  das  Ausland  gebaut  worden  ist. 


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Taf.  248.  8slflt-HtlzzellBt«fr-Fabrla  ausgeführt  von 


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fi.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III  B.  u,  C.   ZELLSTOFF,  519 

-  — 


Erklärung  des  Dispositionsplanes 
dieser  Sulf  it-H  o  lazellst  off-Fabrik 
für  20  t  Produküon  in  24  Stunden. 

Oben:  Längsschnitt  durch  die  Anlage; 
Mitte :  Grundriss  des  J.  Stockes ;  Unten : 
Grundriss  der  Papiermaschine  im  Erdge- 
schoas. 

A  Vorratskasten  für  Kochholz,  B  Kocher, 
C  Elevator,  D  zwei  parallelle  Sortiergurte, 
E  zwei  offene  Quirle,  K  zwei  Astfanger, 


G  zwei  Schwemmrinnen,  H  Rinnen  für 
Rückleitung  des  dünnen  Stoffes,  J  vier 
Zellulose-Kerniger,  K  zwei  Entwässerungs- 
trommeln, L  Rührbütte,  M  Transmission 
für  En  t  wäss  er  ungs  trommeln,  Kübrbtttte  und 
Papiermaschine,  N  Haupttransmission  im 
I.  Stock,  0  Entwässerung»-  und  Trocken- 
maschine, P  Reibungskupplung  für  Aus- 
lud Einrücken  der  Papiermaschine,  T 
Transportgurt  für  den  Kochstoß, 


mm  mm  mm  mm* m m. m g 


r,  WarabrMl  i.  Schlesien.]  [Produktion  20  t  in  24  Stunden.  11906. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u  C  ZELLSTOPF. 


Türk-  Karlsruhe  sagt  über  Harz  und 
Harzflecke  im  Sulfitstoff-,  wel- 
cher aus  sehr  harzreichem  nordischen 
Fichten-  und  Tannenholz  fabriziert  ist: 
„Dieser  Stoff  enthält  so  viel  Harz,  dass 
dessen  Entfernung  mit  der  Engelmayer- 
schen  Einrichtung  oder  mit  Filzstreifen 
nicht  ermöglicht  werden  kann.   Es  treten 
häufig  plötzlich  dunkle  Harzflecke  im 
Stoffe  auf,  welche  beim  Trocknen  des 
Stoffes  auf  Zylindern  1  bis  2  cm  grosse 
schwarze,  pechähnliche  Flecke  ergeben. 

Bei  mikroskopischer  Untersuchung  er- 
weisen sich  die  Harzflecke  als  aus  schön 
hellgelben  Harzteilchen  bestehend,  die 
mit  Schmutzteilen  durchsetzt  sind.  Das 
Harz  im  Stoff  wirkt  also  wie  ein  Schmutz- 
fänger und  nimmt  alle  Unreinigkeiten 
aus  den  Sulfitlösungen  und  dem  Fabri- 
kationswasser auf. 

Ein  Mittel  zur  Beseitigung  dieser  sehr 
lästigen  Nebenerscheinung  ist  nicht  be- 
kannt" 

Die  wenigen  Fabriken,  welche  das  harz- 
reiche deutsche  Kiefernholz  in  Sulfitstoff 
umwandeln,  sorgen  nur  dafür,  dass  ab- 
gelagertes Holz  zur  Verwendung 
kommt. 

Es  scheint,  dass  das  Harz  durch  mo- 
natelanges Lagern  sich  derart  verändert, 
dass  es  beim  Sulfitkochprozess  nicht  mehr 
zu  der  lästigen  Nebenerscheinung  Veran- 
lassung gibt 


Mets-  und  Kontrollapparat 

für  Laugen  und  Sulütlüsungen. 
System  Dietz-Meyer.** 
(Nachtrag  zu  den  Armaturen  der 

Laugenherstellung ) 
Dieser  Fig.  249  dargestellte  Apparat 
dient  zur  genauen  Höhenabmessung  des 
Standes  einer  Flüssigkeit  in  Reservoiren, 
Kochkesseln,  Sammelgefässen   und  Vor- 

•  Wochenblatt  für  Papierfabrikation  Jg.  1902 
S.  1264/65. 

Zu  beziehen  durch  P.  Suckow  &  Co.  in 
Breilau. 


wärmern  mittelst  eines  Standglases  a  mit 
daran  befestigter  Skala.  Das  spezifische 
Gewicht  oder  die  Grade  Be  der  Flüssigkeit 
werden  an  einer  Senkspindel  (in  dem 
Standglase  schwebend)  erkannt  Durch 
die  3  Dreiwegehähne  g,  h  und  i  and  die 
Verbindungsrobre  m  und  1,  sowie  den  Ab- 
lasshahn f  kann  man  Flüssigkeitsproben 
vom  Boden,  von  der  Mitte  und  von  der 
Oberfläche  eines  Reservoirs  entnehmen  und 
deren  spezifisches  Gewicht  nach  Schliessen 


Flfl.  249.   Mesi-  nid  Kontrollapparat. 

Oleü-Meyw.  D.  ö.  M. 


des  Probehahns  und  entsprechender 
Handhabung  der  Dreiwegebäbne  feststellen. 
Es  kann  die  ungefähre  Durchschnittsstärke 
durch  stufenweises  Füllen  des  Standglases, 
je  Vs  von  unten,  l/i  aus  der  Mitte  und  '/» 
von  oben  bestimmt  schliesslich  auch  die 
Quantität  der  abgelassenen  Flüssigkeit  aas 
der  Skaladiflerenz  berechnet  werden. 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER,  III  B.  iL  C.  ZELLSTOPF.  621 


Bleichen  der  Zellstoffe  und  Bleich-Elnrlchtungen. 


Die  ältere  Hadernstoff-Bleichmethode 
mit  aas  Braunstein  und  Salzsäure  oder 
Braunstein,  Kochsalz  und  Schwefelsäure 
selbsterzeugtem  gasförmigen  Cblor  (Gas- 
bleiche) schien  sich  Ende  der  80er  Jahre 
des  19.  Jahrhunderts  auch  als  vorteilhart 
in  einigen  Zellslofffabriken  einführen  zu 
wollen,  indessen  ist  man  nach  dem,  was 
neuerdings  darüber  bekannt  wurde,  ganz 
davon  abgekommen,  da  diese  Bleichmethode 
viele  Uebelstände,  hohe  Verluste  und  hohe 
Kosten  mit  sich  bringt 

Die  feuchten  Zellstoffblätter  werden  erst 
nach  sehr  langer  Zeit  vom  Chlorgas  voll- 
ständig durchdrungen,  daher  werden  die 
äusseren  Stoffschichten  zu  stark,  die  inneren 
meist  nicht  genügend  gebleicht. 

Die  gemauerten  Bleichräume  sind  schwer 
dicht  zu  halten,  so  dass  forllaufend,  be- 
sonders aber  nach  Beendigung  des  Blei- 
chens, durch  Austreiben  der  üase  mittelst 
Ventilation  viel  Chlorgas  verloren  geht. 
Die  Entfernung  der  die  Gesundheit  der 
Arbeiter  gefährdenden  Chlorgasreste  aus 
den  Räumen  ist  aber  nicht  in  erwünschter 
Vollständigkeit  möglich.  Die  erforderlichen 
hölzernen  Gestelle  der  Bleichräume  werden 
stark  angegriffen,  verzehren  viel  Chlor  und 
gehen  schnell  zu  Grunde. 

Die  Selbstherstellung  des  Chlorgases 
ist  für  den  Stoff-  und  Papierfabrikanten 
endlich  eine  höchst  lästige  Operation,  be- 
sonders da  es  schwer  hält,  die  dafür  er- 
forderlichen Apparate  genügend  dicht  zu 
halten. 

Es  ist  daher  genügend,  an  dieser  Stelle 
nur  die  B 1  e  i  c  h  e  mit  C  h  1  o  r  k  a  1  k  oder 
die  N  a  s  s  b  1  e  i  c  h  e  zu  behandeln. 

Bei  dieser  Nassbleicbe  wird  eine  klare 
Lösung  von  Chlorkalk  mit  dem  wässerigen 
Halbzeugbrei  vermischt,  so  dass  jede  Käser 
last  gleichzeitig  mit  gleich  stark  wukender 
Bleichflüssigkeit  in  Berührung  tritt.  Der 
sehr  gering  auftretende  Geruch  kann  nicht 
belästigend  und  gesundheitsschädlich  ge- 
nannt werden.  Der  Chlorgehalt  der  Bleich- 
flüssigkeiten kann  fast  ganz  erschöpft,  d.  b. 
recht  günstig  nutzbar  gemacht  werden.  Die 


Abnutzung  der  Apparate  und  Utensilien  ist 
unbedeutend.  Die  Leitung  des  Bleichpro- 
zesses ist  eine  bei  weitem  leichtere  und 
beliebig  regulierbare. 

Was  die  Stärke  der  Chlorkalklösungen 
anbelangt,  so  ist  es  im  allgemeinen  vor- 
teilhafter, schwächere  Bäder  längere  Zeit 
auf  den  Stoff  einwirken  zu  lassen ;  in  dieser 
Weise  wird  wenigerStoff  zerstört 
bei  Erreichung  einer  gleich  hohen  Weisse, 
und  es  wird  das  in  den  Bädern  enthaltene 
Chlor  besser  ausgenützt  als  bei  Anwendung 
starker  Bäder.  Wegen  unzureichender 
Bleicheinrichtungen  sind  manche  Fabrikan- 
ten indes  dazu  gekommen,  starke  Chlor- 
kalklösungen anzuwenden,  um  schnelles 
Arbeiten  durchführen  zu  können. 

Für  grössere  Betriebe  wird  man  3V.  bis 
47* 0  Be  starke  Chlorkalklösungen  anwen- 
den, um  den  Prozess  nicht  allzusehr  zu 
verzögern. 

Vorbedingungen  einer  leichten 
guten  Bleiche  der  Zellulosen  sind  eine  gleich- 
massige,  den  gewünschten  Stoffen  ent- 
sprechende Kochung  und  ein  geeignetes 
Fabrikationswasser,  mit  welchem  die  letzte 
gründliche  Waschung  auf  den  Schwemm  - 
rinnen  und  in  den  Sortierern  und  Ent- 
wässerungstrommeln schon  in  der  Haupt 
sache  erfolgt  sein  sollte. 

Ein  Nachwaschen  in  den  Bleichhollän- 
dern empfiehlt  sich  in  allen  Fällen. 

Mit  Aetznatron  erzeugte  Stroh-  und 
Holzzellstoffe  sind  etwas  schwerer  bleich- 
bar als  die  Sulfatstoffe. 

Fester  Mitscherl  ichstoff,  bei 
niederer  Temperatur  und  niederem  Druck 
langsam  gekocht,  ist  nicht  leicht  bleich- 
bar. 

Weniger  feste  Ekman-  und 
Ritter-Kellnerstoffe,  bei  höherer 
Temperatur  und  höherem  Druck  schnell 
gekocht,  bleichen  leichter. 

Nicht  ganz  fertige  Kochungen  von  har- 
tem, etwas  splitterigem  Charakter  können 
zwar  auch  gebleicht  werden,  aber  man  rauss 
der  ersten  Bleiche  Zeit  lassen  (womöglich 
über  Nacht  oder  einen  Sonntag  über  stehen 

7  Bogen  1900. 


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522   EL  KIRCHNER,  PAS  PAPIER.   Iii  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


lassen)  und  eine  zweite  Bleiche  anwenden. 
Es  geht  das  also  zunächst  auf  Kosten  der 
Zeit;  dann  braucht  man  mehr  Bleichmittel 
und  hat  einen  höheren  Stoffverlust  zu  ge- 
wärtigen. 

Die  Holzart  (ob  Pichte,  Tanne.  Kiefer, 
Pappel  etc.)  spielt  natürlich  ebenfalls  eine 
Rolle.  Kiefernzellstoff  bleicht  sich  schwe- 
rer als  Fichtenzellstoff. 

Das  Wasser  zum  Waschen  und 
Bleichen  soll  den  im  Teil  II.  D,  S.  97,  schon 
aufgeführten  Bedingungen  entsprechen.  Es 
soll  klar  und  farblos,  namentlich  frei 
von  Eisen  und  von  organischen  Stoffen 
sein.  Faulige  organische  Stoffe  können 
Pilzbildungen  im  Stoffe  verursachen,  Humus- 
stoffe können  die  Bleiche  stören.  Kalk- 
und  Magnesiasalze  dürfen  gleichfalls  ein 
gewisses  Mass  nicht  überschreiten.  Es 
dürfte  indes  8—10°  Härte*  noch  zulässig 
erscheinen. 

Nach  Mitteilungen  eines  in  der  Papier- 
stoffbleiche sehr  erfahrenen  Betriebsleiters 
kann  man  durch  einen  geringen,  daher 
billigen  Zusatz  von  Alaun  zum  Holländer- 
wasser  einen  guten  BleichefTekt  mit  ver- 
hältnismässig wenig  Ghlorkalkaufwenduog 
erzielen. 

Allgemeines  Ober  die  Chlorkalkbleiche. 

Das  in  den  Papier-  und  Papierstoff  Fabri- 
ken ausgeführte  Bleichen  geschieht  heute 
noch  zumeist  mit  Chlorkalklösungen.  Die 
bleichende  Wirkung  der  Chlorkalklösung 
schreibt  man  bekanntlich  dem  aus  den 
leicht  zerfallenden  Chlorverbindungen  (un- 
terchlorigsaurem  Kalk  oder  dergl.)  freiwer- 
denden Chlor  zu,  indem  dieses  aus  einem 
Teil  des  immer  im  Ueberfluss  vorhandenen 
Wassers  (Ht0)  Salzsäure  bildet  und  Sauer- 
stoff entbindet. 

H,0  -f-  Clf  =  2  HCl  +  0. 
Der  freie  Sauerstoff  entreisst  den  farbigen 
Verbindungen  des  Zellstoffs  den  darin  enthal- 
tenen Wasserstoff,  der  Farbstoff  wird  durch 
den  Sauerstoff  oxydiert  und  bildet  einen 
farblosen  weissen  Körper,  die  Leoko- 
färbe.** 

*  Man  vergliche  Abschni't  II  E,  8.  100. 
**  Abschnitt  II  E,  S.  151. 


H,0  +  01,-2  HCl  +  oxydierte 
(Leuko-)  Farbe. 

Die  zu  beachtenden  Momente  beim 
Bleichen  mit  Chlorkalklösuog  in  Bleich- 
holländern sind  folgende:  Die  Rein- 
waschung, die  E  i  n  d  i  c  k  u  n  g  des 
Stoffes,  die  Stärke  und  die  Zeil  der 
Einwirkung  der  Chlorkalklösung ,  die 
Wärme  des  Bades,  die  Beigabe  von 
Säuren,  die  Auswaschung  und  das 
vollständige  Entfernen  der  Chlorreste. 

Ueber  besondere  Nebenerscheinungen 
beim  bleichen  der  Zellstoffe,  z.  B.  das  erste 
Rotwerden  derSultitzellulose, 
ist  man  z.  Zt.  noch  verschiedener  Meinung. 

Auf  Grund  überzeugender  Versuche  kam 
Prof.  Dr.  Harpf*  bezüglich  dieser  Er- 
scheinung zu  folgender  Erklärung :  Das  freie 
oder  wirksame  Chlor  der  alkalischen  Chlor- 
kalklösung oxydiert  zuerst  in  oben  bespro- 
chener Weise  die  der  Zellulose  noch  anhal- 
tenden färbenden  Reste  der  inkrustierenden 
Holzsubstanz  und  färbt  dieselben  dunkler, 
mehr  oder  weniger  rot  bis  rotbraun.  Oer 
so  entstehende  dunklere  Farbstoff  ist  in 
Aetzkalklösung  leichter  löslich  als  in  Wasser; 
er  löst  sich  daher  in  der  alkalisch  reagie- 
renden Chlorlauge  auf,  so  dass  die  Faser 
endlich  rein  und  weiss  zurückbleibt. 

Eine  andere  Auffassung  hat  Dr.  A.  Klein. 
Er  sagt  wörtlich*":  „Bei  Verwendung  von 
Chlorkalklösungen  übt  die  alkalische  Reak- 
tion eine  verzögernde  Wirkung  aus. 
Das  ist  auch  einer  der  Gründe,  dass  sich 
die  elektrolytischen  Bleich (lüssigkeiten,  die 
kein  freies  Alkali  enthalten  und  raschere 
Wirkung  erzielen,  eingeführt  haben." 

Klein  bezeichnet  als  wahrscheinlich, 
dass  der  beim  Sulfitstoffbieichen  mit  Cblor- 
kalklösung  entstehende  rote  Farbstoff  sich 
intermediär  (nebenher)  bildet,  der  dann 
durch  weitere  Oxydation  zerstört 
wird. 

Chlorkalk  und  Chlorkalklösungen. 

Es  wird  empfohlen,  das  im  Rand  II  die««« 
Werkes,  Abschnitt  E,  S.  149  -162,  und  im  Band 

•  Wochenblatt  für  Papierfabrikation  Jg. 
1802,  Nr.  11,  Ii  und  18. 

Ebenda  löfü.  8.  1198/99. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III  R.  u.  G.  ZELLSTOFF. 


623 


III  B.  u.  C,  S.  127—120,  über  Chlorkalk  und 
Chlorkalklöaungen  Gesagte  zu  studieren. 

Die  im  Teil  II  E,  S.  150  gegebene  Konsti- 
tulionsformel  des  Chlorkalkes 
Ca  Gl  (ÜCI)  +  H40,  auch  geschrieben: 

C  (  <g"  .  H.0 

wird  beute  nicht  mehr  als  ganz  zutreffend 
betrachtet. 

Seit  längerem  wusste  man,  dass  auch  der 
möglichst  gesättigte  Chlorkalk  noch  freies 
Calciumhydroxyd  enthält  und  kräftig  al- 
kalisch reagiert. 

A.  Harpf  spricht  schon  Anfang  der 
90er  Jahre  von  gewöhnlicher,  alkalisch 
wirkender  Chlorkalklösung.  *> 

H.  Ditz  nimmt  dieses  freie  Calcium« 
hydroxyd  als  Calciumoxyd  in  chemischer 
Verbindung  an.  ■> 

Nach  Ditz  »>  besteben  im  Chlorkalk 
zwei  Verbindungen  nebeneinander,  nämlich: 

Ca  {  °$  .  Ha0  und 

CaO.  Ca  {0q  .H,0 

Behandelt  man  dieses  Gemisch  mit  Wasser, 
d.  h.  stellt  man  eine  Chlorkalklösung  her, 
so  entsteht  aus  letzterer  unter  Annahme 
des  Hinzutritts  von  Wasser  (Ha0) 

CaO .  Ca  {         H,0  +  H,0  = 

Ca  (0H)a  +  Ca  (  °®  .  Ha0 

Die  Lösung  enthält  also : 

Ca  (OH),  +  2  (  Ca  j  °®  .  H,0  )  ; 

die  Wirkung  dieser  Chlorkalklösung  auf 
die  Wasserstoff  enthaltenden  Karben  der 
Zellstoffe  wird  daher  stets  auch  alkalisch 
sein. 

Das  leichte  Freiwerden  des  Chlors  (Cl), 
bezw.  der  unterchlorigen  Säure  (HCl  0)  aus 
lagerndem  Chlorkalk  durch  die  Kohlen- 
säure (C0t)  der  Luft,  aus  den  Chlorkalk  - 
lösungen   durch  Zugeben  von  Salzsäure 

J)  Wochenblatt  für  Papierfabrikation  Jg.  1892, 
S.  758. 

2)  Zeitschrift  für  angewandte  Chemie  1001, 
Xr.  1  etc.  und  l'JO;},  S.  8  etc. 

3)  1  Zentralblatt  fiir  dio  österr  ung.  Pauier- 
indu8trie:.Ig.  1916,. Nr.  5. 


(HCl)  und  Schwefelsäure  (HflS04)  ist  durch 
das  Vorhandensein  der  Ca(OH),  in  der 
Lösung  keinesfalls  verbindert,  denn  es  muss 
eine  gleichzeitige  Einwirkung  dieser  Säuren 
auf  beide  Verbindungen  stattfinden. 

Man  nimmt  an,  dass  das  Calciumtydroxyd 
durch  einen  Teil  der  zugefügten  Säure 
neutralisiert  und  das  intermediär  entstehende 
unterchlorigsaure  Calcium  in  Chlorcalcium 
bezw.  Calciumsulfat  unter  Entbindung  von 
Chlor  umgesetzt  wird  * 

Auflösen  des  Chlorkalkes. 

Vor  33  Jahren,  zur  Lehrzeit  des  Ver- 
fassers, löste  man  die  verhältnismässig  ge- 
ringeren Mengen  Chlorkalk  zum  Bleichen 
der  Lumpen  in  Zementreservoire  n 
von  etwa  3  -4  cbra  Inhalt  auL  Man  hatte 
in  einer  oberen  Etage  3  solcher  Auflöse- 
kästen ä  3500  1  Flüssigkeitsinhalt  Aus 
dem  Ghlorkalkfass  wurden  in  je  einen 
dieser  Kästen  150kg  Chlorkalk  vorsich- 
tig (unter  möglichster  Vermeidung  einer 
Staubentwickelung)  in  Wasser  eingetragen, 
mittelst  Krücken  die  Flüssigkeit  bis  zur 
Milchklarheit  verrührt  und  Zeit  zum 
Absitzen  gelassen. 

Die  abgesetzte  Flüssigkeit  wurde  in  eines 
der  unteren  je  8'JOO  1  enthaltenden  Zement- 
Reservoire  abgelassen.  Darauf  wurden 
zwei  weitere  Abwaschungen  in  den  oberen 
Kästen  bei  etwas  geringerer  Füllung  und 
gründlichem  Verrühren  gemacht  und  die 
Flüssigkeit  dekantiert  zum  unteren  Vorrat 
gegeben. 

Rechnet  man,  dass  der  Chlorkalk  3ö*/o 
seines  Gewichtes  Chlor  enthielt  und  bei  die- 
ser primitiven  Auflösung  80°/«  davon  in  die 
Lösungen  überging,  so  enthielten  die  8000  1 
Chlorkaiklösung  150  .  0,35  .  0,8  =  42  kg 
Chlor  oder  in  1 1  5,25  g  CL** 

Es  gab  also  eine  etwa  Vit  •  3e  starke 
Chlorkalklösung,  die  zum  Bleichen  von 
Lumpenstoffen  genügte. 

Schon  in  der  damals  bestehenden  Strob- 
sloff-  und  der  dann  aufkommenden  Aetz- 
natron- Holzzellstoff-Fabrikation  brauchte 

*  Man  vergleiche  vorn  S.  127,  Tabelle  XIII. 

•*  Man  vergleiche  die  Umsetzungen  IL  E.  S. 
160  und  151. 


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624  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


man  mehr  und  stärkere  Chlorkalklösungen. 
Die  Auflösung  des  Chlorkalkes  wurde  mit 
Hilfe  von  gelochten  Eisentrom- 
me 1  n  in  einem  Blechkasten  vorgenommen. 
Diese  Trommeln  wurden  in  verschiedenen 
Grössen  (0,6  m  bis  0,9  m  Durchm.,  1  m  bis 
1,5  m  breit)  für  etwa  780—950  1  Inhalt 
ausgeführt  und  mit  horizontaler,  in  Stopf- 
bfichslagern  des  umgebenden  Blecbkastens 
gelagerter  Welle  eingerichtet;  der  Antrieb 
der  etwa  80  Umdrehungen  pro  Minute 
machenden  Trommel  erfolgte  durch  Riemen- 
trieb. 

Das  gelochte  Mantelblech  besitzt  eine 
in  Scharnieren  aufklappbare  und  ver- 
schliessbare  Fülltüre.  Die  Trommel  liegt  zu 
etwa  */•  ihres  Durchmessers  im  Wasser;  am 
Boden  derselben  liegen  eine  Anzahl  B  1  e  i- 
kugeln  oder  runderSteine,  die  bei 
der  Drehung  ein  Verreiben  des  eingefüllten 
Chlorkalkes  bewirken.  Die  sich  nach  eini- 
ger Zeit  im  Kasten  ergebende  Cblorkalk- 
milch  wird  in  eiserne  oder  Zementbassins 
abgelassen  und  mit  weiterem  Wasser  ver- 
dünnt. 

Nach  einiger  Zeit  erhält  man  eine  klare 
grünliche  Flüssigkeit,  die  Chlor  kalk- 
lös ung,  welche  man  in  ein  grösseres 
Vorratsbassin  aus  Eisen  oder  Zement  ab- 
fliessen  lässt.  Für  Zellstoffe  sucht  man 
4  •  Be  starke  Lösungen,  die  also  etwa  167t 
bis  17  g  Chlor  im  Liter  enthalten,  herzu- 
stellen. 

Auch  die  Leistungen  dieser  Lösetrom- 
meln haben  in  neuerer  Zeit  nicht  genügt. 
Man  erfuhr,  dass  immer  noch  viel  wert- 
volles, wirksames  Chlor  in  den  Schlemm- 
rückstäoden  verblieb. 

Man  unterwarf  den  Chlorkalk  bei  Was- 
serzufluss  einer  starken Verreibung  zwischen 
Mahlsteinen. 

Die  erste,  dem  Verfasser  bekannte  Ein- 
richtung bierfür  war  die  von  Debie  kon- 
struierte. Sie  besteht  aus  einem  nach  unten 
kegelförmig  verengt  ausgehöhlten  Granit- 
stein mit  vertikaler  Achse,  in  welchem 
ein  GranitBteinkegel  mit  vertikaler 
Welle  sich  dreht ;  zwischen  Kegel  und 
Hohlkegel  wird  das  Chlorkalkpulver  unter 
Zufluas  von  Wasser  oder  die  Chlorkalk- 


Emulsion  energisch  zerrieben :  die  Mahl- 
flächen der  Steine  sind  mit  Riefen  versehen, 
damit  ein  flotter  Durchzug  und  eine  gute 
Verteilung  erzielt  wird. 

Der  von  Direktor  K.  Huntemüller. 
Gratwein,  angegebene  Chlorkalk-Auf- 
1  ö  s  e  r  wird  von  der  Firma  J.  M.  Voith  in 
Heidenheim  a.  d.  Brenz  gebaut  und  ist  an 
viele  Papier-  und  Zellstofffabriken  des  In- 
und  Auslandes  geliefert. 

Dieser  Chlorkalk- Auflöser  ist  ein  kleiner 
kompletter  Mahlgang  mit  Steinen  aus  Granit. 
In  dem  gusseisernen  E infüll trichter  befinden 
sich  eine  Zuführschnecke  und  zwei  Regu- 
lierschieber. Das  Verdünnungswasser  kann 
durch  einen  Wasserhahn  zugelassen  wer- 
den. Der  Bodenstein  hat  eine  peripherische 
vorstehende  Rinne  mit  Loch  zum  Ablaufen 
der  Chlorkalklö3ung  und  ruht  auf  einen 
eisernen  Gestell.  Der  Antrieb  erfolgt  ncit 
konischen  Rädern,  Voll-  und  Leerscheibe. 
Durch  ein  Handrad  mit  Spindel  und  Winkel- 
hebel kann  die  Spurpfanne  der  stehenden 
Welle  und  damit  der  Läuferstein  eingestellt 
werden. 

Der  Chlorkalk  wird  schaufelweise  in 
den  Trichter  gegeben,  oder  es  kann  dieser 
durch  einen  hölzernen  Aufsatz  so  weit 
verlängert  werden,  dass  man  gleich  ein 
grösseres  Quantum  einschütten  kann.  Die 
Schnecke  transportiert  den  Chlorkalk  durch 
den  Regulierschieber  nach  den  Mahlsteinen, 
wo  er  mit  Wasser  vermengt  gemahlen 
wird  und  als  milchige  Flüssigkeit  abläuft 

Die  Konstruktion  und  die  Bedienung 
ist  einfach ,  das  Funktionieren  sicher, 
und  es  wird  Staub,  der  beim  Umgang 
mit  Chlorkalk  sich  als  so  widerwärtig  und 
gesundheitsschädlich  erweist,  vermieden. 
Durch  die  intensive  Auflösung  wird  beste 
Ausnützung  des  Chlorkalkes  erzielt  Der 
Chlorkalk-Auflöser  verarbeitet  pro  Stunde 
ca.  ISO  kg.  Chlorkalk.  Die  komplette  Ma- 
schine inkl.  Steinen  wiegt  ca.  900  kg 

In  einer  Schweizer  Papier-  und  Stoff- 
fabrik fand  Verfasser  ein  grösseres 
Rührwerk  mit  vertikaler  Welle  und 
horizontalen  Rührarmen,  die  unteren  mit 
Ketten  versehen,  in  einem  Zementbottich  vor. 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  10.  B.  u.  C,  ZELLSTOFF.  625 


Die  Chlorkalkfässer  wurden  neben  dem 
Kührwerk  umgelegt,  der  eine  Boden  vor- 
sichtig entfernt  und  der  Chlorkalk  schau- 
felweis in  den  betriebenen,  -h  mit  Schwach- 
lösung gefüllten  Bottich  eingetragen.  Das 
Kührwerk  wurde  12  Stunden,  wenn  Zeit 
war  auch  länger,  in  Bewegung  erhalten, 
dann  abgestellt  Nach  Abklären  der  Lösung 
wurde  diese  in  ein  Vorratsbassin  für  star- 
kes gebrauchsfertiges  Chlorwasser  abge- 
lassen. Zwei  folgende  Aufgüsse  auf  den 
Schlamm  wurden  in  einem  weiteren  unteren 
Bassin  als  Schwachlösung  gesammelt  und 
schliesslich  der  Schlamm  in  einem  dritten 
Bassin  angesammelt  und  mit  Wasser  durch 
Handarbeit  aufgerührt. 

Die  schwachen  Lösungen  wurden  zum 
Lösen  neuer  Chlormengen  verwendet.  Mit 
dieser  viermaligen  Behandlung  konnte  man 
recht  zufrieden  sein ;  Untersuchungen  der 
schliesslich  verbleibenden  Schlammrück- 
stände unddererhaltenenStarklaugenliessen 
nur  wenige  Prozente  Verlust  am  berechne- 
ten und  bezahlten  Chlorgehalt  konstatieren. 

E.  Nacke,  Maschinenfabrik  in 
Kotitz  bei  Coswig  in  Sachsen,  hat  in  den 
letzten  Jahren  eine  Reibe  grosser  Chlor- 
kalk lösu ngs-Anlagen  für  250 bis 2000 
kg  Ansatz  (500  bis  4000  kg  Leistung  in  24 
Stunden)  gebaut.  Die  Firma  gibt  in  dankens- 
weiter  Weise  folgende  Beschreibungen  und 
Zeichnungen  ihrer  Maschinen  und  einer 
Anlage  für  1003  kg  Chlorkalk  pro  Ansatz 
(2000  kg  in  24  Stunden). 

Chlorkalk-Auflöser.  Der  Chlorkalk 
wird  aus  dem  Fass  in  den  Auflöser  (Fig. 
250)  geschüttet.  Dieser  besteht  aus  einem 
Zementbottich,  auf  dessen  Umfassung  ein 
kräftiger  Hohlgussbock  steht,  welcher  eine 
Vorgelegewelle  mit  fester  und  loser  Kiemen- 
scheibe samt  Kegelgetriebe,  ferner  in  der 
Miltelachse  des  Bottichs  das  zweite  Kegel- 
rad und  die  messingbekleidete  vertikale 
Welle  trägt.  Ein  Halslager  im  Bock  trägt 
das  Gewicht  der  Welle  und  das  unten  be- 
festigte Turbinenrad  aus  Phosphorbronze. 
Dieses  Bronzerad  dreht  sich  mit  etwa  10  mm 
Spielraum  über  einem  Sandstein,  der  im 
Bottichboden  eingelassen  ist. 


kFig.  250.  E.  Nacke«  Chlorkalk- Auflöser. 

Durch  Drehung  der  Welle  bezw.  des 
Turbinenrades  in  dem  mit  Wasser  gefüll- 
ten Bottich  entsteht  eine  starke  Zirkulation 
der  Flüssigkeit,  die  den  eingeschütteten 
Chlorkalk  sofort  erfasst  und  mit  Wasser 
gründlich  mischt.  Man  kann  den  Inhalt  eines 
ganzen  Fasses  auf  einmal  einschütten  und 
erzielt  so  eine  beschleunigte  Entleerung 
und  eins  Abkürzung  der  gesundheitsschäd- 
lichen Arbeit  mit  trockenem  Chlorkalk,  in- 
dem derselbe  sofort  gründlich  mit  Wasser 


Fig.  2öl.  E.  Ntckes  Chlorktlk-Sohlelfer. 


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526 


K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III  B.  u.  C  ZELLSTOPF. 


gemischt  wird  und  jedes  weitere  Stäuben 
aufhört  Eine  Pumpe  aus  Phosphorbronze 
mit  bequem  zugänglichen  Gummikugel- 
Ventilen  fördert  den  Chlorkalkschlamm  auf 
den  Ü  h  1  o  r  kalk-Schleifer(Fig.2fl\ 
Dieser  Schleifer  arbeitet  nach  dem 
Prinzip,  dass  ein  rotierender  Schleifstein 
unter  einem  Bronzetrichter  lauft,  so  dass 
der  Boden  dieses  in  einem  Trog  endenden 
Trichters  durch  die  Steinperipherie  gebil- 
det wird,  während  seitlich  der  Trog  über- 
all sehr  dicht  am  Stein  sitzt  und  in  dieser 
Lage  mit  einer  Stellschraube  fixiert  wird, 
so  dass  keine  ungemahlenen  Chlorkalkteil- 
chen passieren  können.  Der  Chlorkalk 
wird  zu  feinstem  Schlamm  geschliffen,  da- 
bei ist  der  Apparat  keinen  Betriebsstö- 
rungen ausgesetzt  und  braucht  sehr  geringe 
Kraft. 

Der  geschliffene Cblorkalkschlamm  fliesst 
dann  durch  eine  Rinne  einem  der  vier 
Bassins  mit  Pendelrührwerken  zu. 

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Chlorkalklösungs-Anlage, 
System  E  Nacke 
für  1000  kg  Chlorkalk-Ansatz  in  12  Stunden. 

Auf  Taf.  252  stellt  Fig.  1  die  Anlage  im 
Längsschnitt,  Fig.  2  im  Grundriss,  Fig.  3 
im  Querschnitt  dar. 

A  (Fig.  2)  ist  ein  Elektromotor,  der  die 
Hauptwelle  B  antreibt  Durch  Riemen  C  wird 
die  Nebenwelle  D  getrieben,  welche  die 
Vorgelege  zu  den  Pendelrührwerken  E  in 
Bewegung  setzt.  F  (Fig.  2)  ist  der  Auflöser, 
G  die  Chlorkalkpumpe,  H  der  Chlorkalk- 
schleifer,  J  eine  Zirkulationspumpe,  K  An- 
setzbassins, L  Sammelbassin  für  starke 
Bleichlauge.  M  Schlammpumpe,  N  Schlamm- 
bassins, 0  Sammelbassin  für  Abtropfwasser  ; 
P  endlich  ist  eine  Ab'aderampe  für  Chlor- 
kalkfässer. 

Der  vom  Chlorkalkschleifer  H  ab* 
fliessende  Schlamm  wird  mittels  einer 
Rinne  mit  Schiebern  einem  der  4  Ansetz- 
bassins K  zugeführt,  etwaK, 

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Taf.  252. ,  ChlorkalklSiungt-Anlage, 
System  E.  Nioke,  Caswii  I.JSa.J 


pumpt  die  Zirkulation  s  -  Chlor  wasser- 
pumpe J  einen  Strom  minderwertigen 
Chlorwassers  aus  Bassin  Kt  in  die 
Rinne,  so  dass  der  frische  Ansatz  in 
K,  mit  schwächerer  Lösung  aus  K, 
vermischt  wird  und  K ,  nach  gehö- 
rigem Durchrühren  und  Abklären  sehr 
hochgradige  Chlorlösung  als  fertige 
Bleicbllüssigkeit  liefert,  welche  nach 
dem  Sammelbassin  L  übergepumpt 
wird.  Inzwischen  wurde  in  das  leer 
gewordene  Bassin  K,  die  noch  schwä- 
chere Lösung  von  Kt  übergepumpt, 
die  noch  mehr  erschöpfte  von  K  4  nach 
Ka  und  Abtropfwasser  von  0  sowie 
klares  Fabrikationswasser  nach  K«. 
Nachdem  dann  die  starke  Chlorlösung 
nach  L  übergepumpt  ist,  kommt  die  U>- 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER,  lll  ß.  u.  C.  ZßLLSTOFR 


527 


sung  aus  K,  nach  1,  aus  3  nach  2,  aus  4  nach 
3.  Nun  wird  der  Schlammrest  aus  K4 
abgelassen  oder  mittels  der  Schlammpumpe 
M  in  eins  der  Schlammbassins  N  abge- 
führt, mit  Wasser  behandelt  und  das  fil- 
trierte Abtropfwasser  im  Bassin  0  ge- 
sammelt 

Die  fertige  Chlor wasserlösung  wird  also 
nicht  durch  Mischen  verschieden  starker 
Lösungen  aus  den  Ansetzbassins,  sondern 
sie  wird  aus  dem  starken  frischen  Chlor- 
kalkschlamm und  der  durch  allmähliche 
Anreicherung  ebenfalls  verhältnismässig 
starken  zweiten  Chlorlauge  gewonnen«  Auf 
diese  Weise  ist  die  Zusammensetzung  und 
Starke  der  Lösung  von  dem  Arbeiter  un- 
abhängig; der  Chlorkalkschlamm  wird  durch 
die  mehrfache  Auswaschung  mit  schwächer 
und  schwächer  werdenden  Lösungen  und 
schliesslich  mit  Wasser  sehr  gut  ausgelaugt, 
und  man  erhält  sehr  hochgradige  frische 
Lösungen.  Die  Nackeschen  Pendelrühr- 
werke E  haben  sich  zum  innigen  Mischen 
der  Ansätze  sehr  gut  bewährt.  Sie  be- 
stehen für  jedes  Bassin  aus  zwei  eisernen 
Pendelarmen,  welche  hölzerne  Verlänge- 
rungen mit  Holzrührbrett  (siehe  Fig.  1  und  3) 
besitzen  ;  die  Böden  der  Ansetzbassins  sind 
entsprechend  der  Kreisbewegung  der  Pen- 
del negativ  gewölbt  (siehe  Fig.  3).  Die 
Schlammventile  befinden  sich  im  tiefsten 
Punkte  dieser  Gewölbe. 

Sobald  ein  Bassin  mit  frischem  Ansatz 
und  übergepumpter  Lösung  gefüllt  ist,  rückt 
der  Arbeiter  das  Rädervorgelege  für  die 
betreffende  Pendelkurbel  ein,  wodurch  in 
kurzer  Zeit  der  Schlamm  aufs  vollkommen- 
ste mit  der  Flüssigkeit  durchmischt  ist 
Diese  Einrichtung  gestattet  eine  Bedeckung 
der  Bassins  bis  auf  die  2  schmalen  Schlitze 
für  die  Pendelarme,  so  dass  Licht  und 
Luft  abgehalten  sind.  Die  Zirkulations- 
pumpe kann  die  Frischlüsung  statt  in  das 
Bassin  L  auch  direkt  in  die  Holländer  oder 
in  das  Chlorlösungsmessgefäss  pumpen. 
Wenn  genügend  Gefälle  vorhanden  ist, 
kann  die  Schlammpumpe  M  auch  entbehrt 
werden. 

Zur  Bedienung  der  grössten  Anlage  reicht 
ein  Mann  vollkommen  aus. 


Es  ist  streng  beachtet,  dass  kein  Eisen 
mit  den  Chlorkalklösungen  in  Berührung 
kommt 

Die  E.  Nackeschen  Chlorkalkauflösungs- 
anlagen  sind  in  einer  Reihe  grosser  Zell- 
stofffabriken Deutschlands  eingeführt  und 
haben  sich  nach  Aussage  der  Fabrikanten 
sehr  gut  bewährt. 

Die  rationelle  Lösung  des  Chlorkalkes 
zu  starken  Bleichlaugen  und  die  allmähliche 
Konzentration  der  Schwachlösungen  bei 
gründlicher  Ausnützung  des  wirkenden 
Chlors  wird  mit  dem 

Kr  eislau  f- Verfahren 

System  Wayss-Hromadnik  erreicht 
Der  Chlorkalk  wird  mehrmals,  und  zwar 
zuerst  mit  früheren  schwachen  Chlorkalk- 
aufgüssen oder  Ansatzlaugen  und 
darauf  mit  Frischwasser  ausgelaugt.  Die 
erst  erhaltenen  starken  Laugen  werden  als 
Arbeitslaugen  gesammelt  und  zum 
Bleichen  benutzt,  die  späteren  schwach - 
chlorhaltigen  werden  als  Ansatzlaugen  für 
sich  aufgefangen  und  im  Reservoir  ge- 
sammelt 

Taf  253  gibt  schematisch  in  Fig.  1  einen 
Aufriss  und  teilweisen  Längsschnitt  in  Fig.  2 
einen  Grundriss  einer  Anlage  für  grösseren 
Betrieb.  Der  zur  Verfügung  gestellte  Pro- 
spekt besagt  folgendes : 

A  ist  der  A  u  f  z  u  g  für  die  ungeöffne- 
ten Chlorkalkfässer.  B  ist  der  A  u  f  1  ö  s  e  r 
für  den  Chlorkalk  mit  schwacher  Ansatz- 
lauge, welche  aus  der  Grube  C  mittels 
Saugleitung  1—2—3,  Pumpe  D  und  Druck- 
leitung 4— B  aufgepumpt  wird.  B  begrenzt 
die  aufzupumpende  Flüssigkeitsmenge,  so 
dass  die  eine  Arbeits  lauge  annähernd 
so  stark  ausfallen  muss  wie  die  andere. 
Der  Arbeiter  hat  den  Klappdeckel  der  Auf- 
löserhaube zu  heben  und  die  vorgeschrie- 
bene Chlorkalkmenge  in  B  einzuschütten; 
hierbei  wird  er  vor  Einatmen  schädlichen 
Chlorkalkstaubes  durch  einen  Ventilator  E 
geschützt,  dessen  Druckleitung  e  den  Chlor- 
kalkstaub in  das  erste  Lösungsgefäss  F  I 
drückt 


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E.  KIRCHNEK.   DAS  PAPIER   III  B.  iL  C.  ZELLSTOFF. 


Taf.  253.  Wayts-HroMdilksche  Chlorkalklöaunga-Anlage. 


Der  Aulluser*  besteht  aus  einem  Monier- 
massetroge, Mit  einem  Tangentialrade 
an  stehender  Welle  wird  eine  starke  Zir- 
kulation der  Flüssigkeit  im  Troge  und  in 
kurzer  Zeit  eine  gute  Verteilung  des  Chlor- 
kalkes erreicht.  Eine  vom  Boden  des 
Lösers  ausgehende  Leitung  6  leitet  den 
fertig  gemahlenen  Chlorkalkansatz  in  eines 
der  Lösungsgefässe  F,  wenn  der  den  be- 
treffenden Auslaufstutzen  beherrschende 
Dreiweghahn  7  geöffnet  wird. 

Die  Lösungsgefässe  F  sind  hohe  schlanke 
Bütten  aus  Moniermasse,  deren  Innenraum 
unten  bis  auf  die  Weite  des  dort  münden- 
den Hohranschlusses  verjüngt  ist.  Ange- 
nommen, es  sei  Bütte  I  beschickt  worden 

•  Auaführung:  Werner  &  Pfleiderer,  ("annatatt 
b.  Stuttgart. 

Die  Firma  nennt  ihre  Auflüsemaschine  „Ex- 
press-AuflÖier"  und  führt  dieselbe  mit  Antrieb 
von  oben  und  unten  in  7  (iröasen  von  250  bis 
5000  1  Inhalt,  auch  mit  gusscisernem  Troge  aua. 


und  der  aus  der  Mühle  entlassene  Chlorkalk- 
ansatz fülle  die  Bütte  bisZ(Fig  ljan  Nun 
lässt  man  die  Pumpe  D  durch  Leitung  1  -  2— 3 
aus  C  Ansatzlauge  saugen  und  dieselbe  durch 
Leitung  4-8-9,  Dreiweghahn  10  und  An- 
schlussrohr  11  unten  in  die  Bütte  I  hinein 
drücken.  Die  Flüssigkeit  durchspült  den 
Chlorkalkansatz,  rührt  den  schweren  Chlor- 
kalk gründlich  durch,  bewirkt  so  eine  voll- 
kommene Verteilung  und  Auflösung  und 
verhindert  die  Entstehung  eines  toten 
Satzes.  Hat  sich  die  Bütte  hierbei  bis  V 
gefüllt,  so  wird  die  Pumpe  abgestellt  und 
Weg  11  durch  den  Dreiweghahn  10  ver- 
schlossen. Man  lässt  dann  die  Lösung  ab- 
setzen, was  in  3-4  Stunden  geschehen 
sein  wird.  (Inzwischen  kann  man  natür- 
lich den  Löser  B  von  neuem  beschicken, 
diesen  zweiten  Ansatz  in  eine  zweite  Bülte 
laufen  lassen  und  auch  in  diese  durch 
Leitung  4-8-9,  den  entsprechend  ge- 
stellten Dreiweghahn  10,  die  weitere  Lei- 


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E.  KIRCHNER   DAS  PAPER.   ID.  B.  u.  C,  ZELLSTOFF.  529 


tung  9a,  üreiweghabn  10a  und  den  Rohr- 
anschluss  IIa  Ansatzlaugen  aus  Grube  C 
hineindrücken).  Hiernach  lässt  man  die  in 
Bütte  I  gewonnene  starkchlorhiltige  Lauge 
als  Arbeitslauge  in  die  Grube  G  laufen. 
Durch  die  Wandung  der  Bütte  geht  etwa 
in  der  halben  Höhe  derselben  der  wag- 
rechte Schenkel  einer  Röhre  14  hindurch, 
an  welchem  der  Rohrschenkel  15  gelenkig 
als  Kipprohr  angebracht  ist  Dieser  kann 
durch  eine  Kette  (Fig.  I  bei  Bütte  II)  ge- 
hoben und  gesenkt  werden,  um  in  letzterem 
Falle  bis  zu  bestimmter  Tiefe  in  die  Lauge 
einzutauchen  und  die  darüber  liegende 
reine  klare  Laugeschicht  durch  Röhre  14- 
16  - 1 6  a ...  -  17  nach  G  laufen  zu  lassen.  Nun 
wird  durch  4-8-9-10-11  von  neuem 
Ansatzlauge  aus  C  in  die  Bütte  I  hinein 
und  durch  den  Ansatz  hindurch  gepresst 
Es  erfolgt  eine  zweite  Auslaugung  und 
später  in  gleicher  Weise  eine  dritte.  Auch 
die  hierbei  gewonnenen  Laugen  werden 
nach  dem  Absetzen  des  Chlorkalkes  auf 
dem  beschriebenen  Wege  nach  der  Grube 
G  geleitet.  Zweckmässig  wird  dann  noch 
zweimal  mit  Ansatzlauge  gelaugt;  die  hier- 
bei gewonnenen  Laugen  sind  aber  als 
Arbeitslaugen  zu  schwach  und  werden 
durch  16 -14 -16 -16a  .  .  .  -18  in  die 
Grube  C  gelassen.  Endlich  erfolgt  eine 
sechste  Auslaugung  mit  Frischwasser,  wel- 
ches durch  die  Saugleitung  19-3  ange- 
saugt und  durch  die  Druckleitung  4-8- 
9-10-11  eingepresst  wird;  auch  die  hier- 
bei entstehende  Lauge  nimmt  ihren  Weg 
nach  Grube  C.  Demnach  erhält  Grube  C 
immer  nur  die  schwachchlorhaltigen  Laugen 
oder  Waschwasser,  Grube  G  immer  nur 
die  starkchlorhaltigen  Arbeitslaugen.  Nach 
der  Erfahrung  zeigt  der  Rückstand  der 
Lösungsgefässe  nur  noch  Spuren  von 
Chlor,  so  dass  man  dieses  Auflösungsver- 
fahren  als  sehr  rationell  arbeitend  aner- 
kennt. Man  erhält  auch  in  der  Grube  G 
eine  immer  sehr  gleichmässig  bleibende 
Arbeitslauge,  welche  aus  Grube  G  durch 
die  Saugleitung  20-2-3  entnommen  und 
durch  die  Druckleitung  4-21  nach  der 
Verwendungsstelle  gedrückt  wird.  Sowohl 
das  in  G  eintauchende  Rohrende  von  20, 


wie  das  in  C  eintauchende  Ende  von  1 
sind  gleich  dem  Rohrschenkel  15  gelenkig 
als  Kipprohr  angebracht,  um  aus  der  Flüs- 
sigkeit herausgehoben  bezw.  in  dieselbe 
eingetaucht  werden  zu  können.  Von  der 
Leitung  8 — 9  zweigt  die  Druckleitung  22 
ab,  welche  sich  über  den  Gruben  in  die 
Zweige  22  a  und  22  b  teilt  und  gewünschten 
Falles  Frischwasser  in  die  Gruben  drücken 
lässt.  Zur  Entfernung  des  ausgelaugten 
Kalkes  aus  den  Bütten  F  dienen  die  Wege 
ll-10-9a  ,lla-10a-9b  u.  s.  w.,  an 
welche  sich  bei  10  e  die  Ableitung  23  an- 
schliesst.  Beim  allerersten  Ansetzen  erhält 
natürlich  die  Chlormüble  durch  Leitung  4-5 
FrischwBsser. 

Da  der  Kalkschlamm  bei  genügend 
häufiger  Auslaugung  kaum  noch  Spuren 
von  Chlor  aufweisen  wird,  kann  er  bei 
grösseren  Betrieben  abgeleert  und  abge- 
trocknet für  Mauerkalk  untergeordneter 
Bauarbeiten  noch  Verwendung  finden. 

Die  Bütten  und  Gruben  werden  mit 
kräftigen  Holzdeckeln,  die  auf  Dichtungs- 
streifen liegen,  möglichst  luft-  und  licht- 
dicht abgedeckt. 

Die  Lösungsgefässe  F  bezw.  I  bis  VI 
werden  in  normalen  Grössen  von  1,5  m 
Durchmesser  und  3,5  m  Höhe  bis  zu  2 
m  Durchmesser  und  5  m  Höhe,  jedoch  in 
letzter  Zeit  wegen  Raumersparnis  auch  mit 
quadratischem  Querschnitt  und  abgerundeten 
Ecken  (0,3  m  Radius)  ausgeführt 

Diese  beschriebenen  Wayss-Hromadnik- 
schen  Einrichtungen  sind  wie  die  Nacke- 
schen von  einer  Reihe  grosser  Zellulose- 
und  Strohstoff-Fabriken  gebaut  und  seit 
Jahren  vorteilbringend  benutzt. 

Zur  wirtschaftlich  günstigen 
Herstellung  der  Chlorkalklösungen 
muss  nun  der  Fabrikant  genaue  Kontrolle 
über  den  Chlorgehalt  des  gekauften  Chlor- 
kalkes üben  und  die  Verlustquellen  an  Chlor 
genau  kennen,  um  vor  und  während  der 
Lösungsarbeiten  den  Chlorverlust  auf  ein 
möglichst  geringes  Mass  herabdrücken  zu 
können. 

Was  die  Verluste  anbelangt,  so  verliert 
der  Chlorkalk  schon  bei  Lagerung  im  Fass 
an  dem  in  der  chemischen  Fabrik  nach 

8.  Bogen  1906. 


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EL  KIR 


i,  DAS  PAPIER.  HL  B.  u.  C.  ZELLSTOPP. 


Fertigstellung  gefundenem  Chlorgehalt,  in- 
dem z.  B,,  wie  bereits  S.  523  angedeutet 
wurde ,  der  Kohlensäuregehalt  der  Luft 
eine  Entbindung  von  gasförmigem  Chlor 
bewirkt. 

Die  Herstellung  der  Lösungen,  die  Be- 
wegung durch  Pumpen  und  das  längere 
Zeit  Aufbewahren  fertiger  Lösungen  bringt 
weitere  Verluste  mit  sich.  Die  bei  Her- 
stellung der  Lösungen  im  restierenden 
Kalkschlamm  verbleibenden  Chlormengen 
möglichst  klein  zu  machen,  haben  sich  die 
oben  beschriebenen  Einrichtungen  von 
Nacke  und  Wayss  -  Hromadnik  bestens 
bewährt. 

Der  gekaufte  Chlorkalk  ist,  aus  ver- 
schiedenen Stellen  der  Fässer  entnommen, 
als  Generalprobe  in  einem  grossen  sauberen 
und  trockenen  Glas  zu  sammeln,  gut  durch- 
zuschütteln und  auf  den  Chlorgehalt  zu 
analysieren.  Ueber  etwaige  nennenswerte 
Fehlbeträge  der  Generalprobe  an  Chlor 
gegen  die  fakturierte  Menge  desselben  hat 
man  sich  mit  dem  Lieferanten  auseinander- 
zusetzen. 

Die  gewonnenen  frischen  Bleich- 
laugen sind  in  der  erhaltenen  Menge 
genau  zu  messen  und  ebenfalls 
auf  ihren  Chlorgehalt  zu  untersuchen, 
endlich  ist  das  Quantum  des  Kalkschlammes 
und  dessen  Chlorgehalt  genau  festzustellen 
und  eine  Rechnung  anzustellen,  wie  viel 
Chlor  die  Frischlaugen  wirklich  enthalten 
und  wie  viel  Chlor  mit  dem  Schlamm 
verloren  geht. 

So  gewinnt  man  genauen  Aulschluss, 
wie  vielpCt  des  gekauften  Chlors  nutzbar 
gemacht  werden,  und  wird  am  ehesten  Mittel 
zur  Abhilfe  von  Uebelständen  finden. 

Die  chemischen  Untersu- 
chungen des  Chlorkalkes,  der  Lösungen 
und  des  Kalkscblammes  können  nach  der 
oben  S.  128/29  beschriebenen  Penotschen 
Methode  durchgeführt  werden,  Diese  setzt 
die  Benützung  der  sehr  giftigen 
arsenigen  Säure  (As,  Oa)  und  die 
etwas  umständliche  Tupfmethode  auf  Jod- 
kaliumstärkepapier voraus. 

Letzteres  Papier  muss  sorgfältig  der 
Einwirkung  von  Chiordämpfen  (durch  Ein-  j 


schliefen  in  eine  hermetisch  verschlossene 
Flasche)  entzogen  werden. 

Für  den  praktischen  Gebrauch  durch 
das  Bleichereipersonal  in  der  Fabrik  emp- 
fiehlt sich  mehr  die  massanalytische 
Prüfungsmethode  Bunsen- Wagner  mit  Hilfe 
einer  Normallösung  von  unterscbwefiig- 
saurem  Natron  bei  Gegenwart  von  Jod- 
kalium und  Stärke* 

Die  Normallösung  mau  in  11  21,76  g  unter- 
üchwefiigsaurea  Natron  (Na,  8,0,)  enthaltenes 
entspricht  dann  1  ccm  genau  0,<:0355  g  Chlor,  so 
dess  die  zur  Einwirkung  der  durch  Bläoung 
der  Stärke  angezeigten  Reaktionsgrenze  nötige 
Anzahl  ccm  der  Lösung  multipliziert  mit  0,356 
den  Gehalt  an  wirksamem  Chlor  in  Gewicht- 
prozenten angibt. 

Zur  Untersuchung  werden  10  g  Chlorkalk 
(der  Generalprobe)  in  1 1  Wasser  in  einer  Schottel- 
flasche  gelöst,  von  der  entstehenden  milchigen 
Flüssigkeit  werden  100  ccm  —  lg  Chlorkalk 
gemischt  mit  25  ccm  einer  LÖBung  Ton  1  Teil  .lod- 
kalium  in  10  Teilen  Wasser  und  etwa«  Stärke-] 
kleister;  dann  wird  Salzsäure  bis  zur  sauren! 
Reaktion  zugefügt.   Dadurch  entsteht  eine  klare! 
braune  Flüssigkeit,   in  welche  man  solange 
(Xa,S,  03)  Norroallösung  aus  einer  Bürette  zu- 
flicssen  lässt,   bis  Blaufärbung  eintritt  Die 
verbrauchten  ccm  der  M  onnallösnng  multipliziert 
mit  0,355  geben  den  Gehalt  an  wirksamem  Chlor 
in  Gewichtsprozenten. 

Bestimmung,  det  Chlorgehaltes  der 
Chlorkalklösungen. 

Man  titriert  10  ccm  der  Lösung  mit 
derselben  Normallösung  (Na,  St  Ot)  in  der 
eben  beschriebenen  Weise,  multipli- 
ziert die  verbrauchten  ccm  Normallösung 
mit  0,355  und  erhält  so  die  Anzahl  g  wirk- 
sames Chlor  im  Liter  der  Lösung. 

Hat  man  z.  B.  43,6  ccm  Normallösung 
gefunden,  so  sind  43,6  •  0,355  =*  15,48  g 
Chlor  in  1  Liter  der  Lösung  enthalten. 

Für  die  Betriebskontrolle  empfiehlt  es 
sich,  ein  Buch  vom  Werkführer  oder  dem 
Bleichmeister  führen  zu  lassen,  in  welchem 
am  besten  der  Werkführer  oder,  wo  dem- 
selben keine  Zeit  bleibt,  ein  Bureaubeamter 
die  Kontrollrechnungen  durchführt.  Der 
Vordruck  eines  solchen  Betriebsbuches 
wäre  etwa  wie  folgt : 

•  Nach  Dr.  F.  Klemms  Fapier-Industrie-Ki* 
lender  1906,  S.  17/18. 


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K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER  IIL  B.  n.  C.  ZELLSTOFF. 


531 


Eingegangener  Chlorkalk 


I 


Nr.  des 
Fasses 

Hrutto- 
Ge  wicht 
kg 

J    Netto-  | 
gewicht , 

fun<l*n 

turi«rt 

fund^n 

Uk-  ] 
turiort. 

733 

2C3 

203 

m 

194 

734 

214 

210 

2C6 

203 

735 

208 

206 

200 

201' 

736 

199 

201 

192 

198 

737 

2CG 

2C0 

197 

193 

10JÖ 

1020 

930 

"989 

Chlorgehalt 


gefunden !  fakturiert 


'/„  l  kg 


ke 


3  t 


Fertig  gestellte  Lösungen 


Liter 
Anzahl 


»Be 


Gr.  's  U 
Liter  "^gä 


Cl 
im 


Yi'rlufst  an 
wirksamem 
Chlor 


eoi. 


HS»:,  r, 


35 


346,14    101G0I  4 


17:08  271 


fakt. 


18  20.26 


Die  unterstrichenen  Ziffern  sind  vom  Weikführer  oder  dem  Bureaubeamten  aus- 
zufüllen, die  nicht  unterstrichenen  hat  der  Bleichmeister  einzutragen. 

Kalkulation  der  Chlorlauoen.  (Anlagekosten  nur  taxiert) 
Bau  einer  Chlorkalklösungs-Anlage  für  2C00  kg  Chlorkalk  in  24  Stunden       15  000  M 
Maschinen-  und  Transmissionseinrichtungen  und  Rohrleitungen  10003  ., 

25O0O  M 


Jahreskosten: 


Zins  1000  M 

Abschr.       v.  15000       300  „ 
„      8»/.  v,  1O0OO       800  „ 

Betriebsutensilien 
Reparaturen 


21C0  M 

300  „ 
» 


Betriebskraft  7200  Stunden 

durchschnittlich  6  PS  ä  2Vi  Pfg.  1080  „ 

Lohn  2  Arbeiter  (1  Tag,  1  Nacht)  20S0  „ 

Ausserdem  Hilfe  520  „ 


6600 
69000 


600 1  Chlorkalk  35V«  franko  Fabrik  M 115 

75  60J  „ 

Angenommen,  es  gingen  durchschnittlich  15'/«  des  mit  351/«  fakturierten  Chlors  verloren* 
so  hat  man  in  der  Bleichlauge  600  .  0,35  .  0,85  ss  1 78,5  t  wirksames  Chlor  gewonnen, 

und  es  stellt  sich  1  kg  wirksames  Chlor  auf-^g =  42.36  Pfennige  Selbstkosten 

Man  gewinnt  im  Jahre 
beil7g/l  wirksamenChlors  (co  4»Be)etwa  10530  cbm  Chlorkalklösung;  Wert  1  cbm—  7,20  M 
27  (oo  6*  Be)  „      6610   „  „  „    „   „  «11,45  „ 


»  36  „ 


» 
» 


(eo  8«  Be) 


4363 


ji 


»>  »» 


•15,25  „ 


Flüssiges  Chlor, 

auf  welches  Verfasser  von  Herrn  W. 
Schacht- Weissenfeis  aufmerksam  gemacht 
wurde,  wird  von  einigen  deutschen  Papier- 
fabriken in  geheimgehaltener  Weise  zum 
Papierstoffbleichen  benutzt. 

Die  Badische  Anilin-  &  Soda- 
Fabrik,  Ludwigshafen  a.  Rhein 
sagt  in  einem  Briefe  vom  7. 8,  06,  dass  ihr 
flüssiges  Chlor  an  Stelle  von  Chlor- 


kalk immer  mehr  Aufnahme  fiodet,  und 
zwar  sowohl  in  Form  von  Chlor  gas, 
als  auch  von  Natriumhypochlorit, 
das  durch  Einleiten  des  flüssigen  Chlors 
in  Aetznatronlauge' hergestellt  wird. 

Herr  W.  Schacht  berichtet  dem  Ver- 
fasser : 

„Man  stellt  aus  flüssigem  Chlor  und 
Aetzkalk  das  bleichende  Agens  (unter- 
chlorigsaure  KalklÖ3ung)  dar.  Die  Arbeit 


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582 


E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III.  B.  ui  C.  ZELLSTOFF. 


mit  solchen  ganz  frischen  Lösungen  ist  I 
sehr  wirksam  und  vorteilhaft.  Für  ein 
gutes  Gelingen  der  Darstellung  unterchlorig- 
saurer  Kalklösungen  sind  aber  geeignete 
Apparate  und  Erfahrung  bei  der  Arbeit 
Haupterfordernisse,  da  sonst  die  Apparat- 
abnützung gross  wird  und  die  Chemikalien- 
Verluste  durch  Bildung  von  Chloriden  und 
Chloraien  sehr  wachsen  und  damit  die 
Bleichlösungen  auch  kostspielig  werden". 

Die  Bemühungen  des  Verfassers,  Adressen 
der  benutzenden  Firmen  zu  erfahren,  blieben 
erfolglos,  da,  wie  schon  angedeutet,  die 
wenigen  Fabriken,  welche  flüssiges  Chlor 
anwenden,  alles  ängstlich  geheim  halten. 

Der  Direktion  der  Saccharin-Fa- 
brik, Aktiengesellschaft  vorm. 
Fahlberg,  List  und   Co.  in  Salbke« 
Westerhüsen  a.  Elbe  verdankt  Ver- 
fasser (olgenden  Satz  über  flüssiges  Clor: 
In  neuerer  Zeit  wird  von  verschiedenen 
chemischen  Fabriken*)  flüssiges  Chlor 
in  eisernen  Bomben  in  den  Handel  ge- 
bracht.  Wegen  seiner  Eigenschaften  ver- 
weisen wir  auf  Dammer,  Handbuch  der 
ehem.  Technologie  1903,  Ergänzungsband 
S.  196.    Es  wird  ausschliesslich  aus 
elektrolytisch  entwickeltem  Chlor  dar- 
gestellt.  Da  es  absolut  rein  ist,  infolge 
seiner  Herstellung    weder  gasförmige 
Verunreinigungen,  wie  Kohlensäure,  Luft, 
noch  Chlorsauerstoffverbindungen,  noch 
flüssige,  wie  Wasser,  enthält,  ist  es  vor- 
züglich geeignet  zur  Herstellung  anor- 
ganischer und  organischer  Chlorprä  pa- 
rate. Im  Gegensatz  zu  seiner  Herstel- 
lung aus  Braunstein  und  Salzsäure  oder 
Chlorkalk  und  Salzsäure   bedarf  das 
flüssige  Chlor  keinerlei  Apparatur.  Das 
Chlor  entströmt  absolut  rein  den  Bomben 
—  den  Chlorstrom  kann  man  durch  die 
Ventilöffnung  sehr  genau  regeln  —  und 
wird  direkt  dem  Bestimmungsort  zuge- 
führt. Das  Gas  braucht  weder  gewaschen 
noch  getrocknet  zu  werden.   Dem  Nach- 
lassen der  Gasentströmung  dadurch,  dass 
sich  die  Bombe  mit  Eis  beschlägt,  hilft 
man  durch  Einstellen  der  Bombe  in 
warmes  Wasser  nach. 

*)  Darunter  auch  die  genannte  Firma. 


Wegen  seiner  Handlichkeit  findet  das 
flüssige  Cblor  bereits  ausgedehnte  Ver- 
wendung. Es  dient  zur  Herstellung  von 
Brom  aus  den  Endlaugen  der  Stass- 
furter  Kalisalze,  zur  Darstellung  der 
Chloride  des  Schwefels,  Phosphors,  Sili- 
ziums, Eisens,  Aluminiums,  sowie  Sul- 
furylchlorids,  ferner  zur  Darstellung  aller 
möglichen  organischen  Chlorverbin- 
dungen, wie  Chloral,  Chloroform,  Tetra- 
chlorkohlenstoff, Mono- und  Dichlorbenzol, 
Benzalchlorid  zur  Darstellung  der  ge- 
chlorten Anthrazen-  und  Naphtalinderi- 
vate,  sowie  Chloressigsäure,  die  zur 
Herstellung  von  künstlichem  Indigo  ge- 
braucht wird. 

Auch  für  Bleicherei  zwecke  findet  das 
Chlor   immer  wachsende  Verwendung. 
Durch  Einleiten  in  Kalkmilch  oderNatron- 
lauge  wird  es  glatt  verschluckt  unter 
Bildung  von  unterchlorigsauren  Bleich- 
salzen.  Durch  Kühlung  und  geeignete 
Konzentration  hat  man  es  völlig  in  der 
Hand,  alles  Chlor  in  Form  der  stark 
bleichenden    unterchlorigsauren  Salze 
zu  erhalten.   Gegenüber  der  Herstellung 
durch  Lösung  von  Chlorkalk  in  Wasser 
bietet  die  Verwendung  von  Bleicbflüssig- 
keit  aus  Bombenchlor  folgende  Vorteile : 
Man  hat  bei  Bombenchlor  keine  Ver- 
luste an  bleichendem  Chlor.   Es  ist  eine 
bekannte  Erfahrung,  dass  „der  Chlorkalk 
im  Sommer  zurückgeht",  d.  h.  eine  Selbst- 
zersetzung erleidet  (5-10  •/•).  Er  enthält 
ferner  immer  Chlorkalzium  und  Cblorate, 
deren  Einfluss  auf  die  Faser  sicher  nicht 
von  Vorteil  ist.   Da  er  ausserdem  un- 
lösliche Bestandteile  enthält,  so  verbleibt 
immer  bleichendes  Chlor  im  Schlamm 
Man  hat  infolgedessen  bei  Anwendung 
von  Chlorkalk  mit  einer  Verwertung  von 
nur  £0—85  •/•  des  in  ihm  enthaltenen 
Chlors  zu  rechnen.    Ferner   ist  der 
Transport  und  das  Stäuben  der  schweren 
Chlorkalk-Fässer  während  des  Entleerens 
sehr  lästig.  Alle  diese  Nachteile  kommen 
beim  flüssigen  Chlor  in  Wegfall.  Alan 
geht  immer  von  hundertprozentigem 
Chlor  aus,  hat  bei  dichten  Verbindungen 
I    keinerlei  Verluste  und  erhält  sämtliches 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPiEH   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  533 


Chlor  als  bleichendes  Chlor  wieder. 
Man  kann  sich  die  Bleichlösung  immer 
frisch  bereiten;  der  Transport  und  die 
Bedienung  der  Bomben  ist  sehr  einfach 
und  bandlicb.  Das  flüssige  Chlor  wird 
deshalb  in  der  Zellulose-Bleichling  Qberall 
da  mit  Chlorkalk  vorteilhaft  konkurrie- 
ren können,  woAetzkalk  billig  zuhaben 
ist 

Stärke  der  Chlorkalklösungen. 

Die  Chlorkalklösungen  werden  bis  zu 
7  •  Be,  d.  h.  mit  etwa  31  g  wirksamem 
Chlor  im  Liter  (etwa  89  g  S5*/o  Chlorkalk! 
vielfach  für  Zellstoffe  gewünscht.  Mit  star- 
ken Lösungen  geht  der  Bleicbprozess 
schneller  vor  sieb,  indessen  haben  die 
starken  Lösungen  auch  Nachteile  (s.  oben 
S  521,  r.  Sp.),  so  dass  dieselben  nur  im 
Notfalle  Verwendung  finden  sollten. 

Von  praktisch  erfahrenen  Papierstoff- 
bleichern wird  vielfach  3 Vi—  4e  Be  ^ 
15—20  g/1  wirksames  Chlor  empfohlen, 
um  Stroh-  und  Holzzellstoffe  günstig  zu 
bleichen. 

Zu  vorstehenden  Sätzen  bemerkt  Herr 
W.  Schacht : 

„Das  mag  mit  der  heutigen  Anschau- 
ung der  meisten  Zellstoff-Fabrikanten 
übereinstimmen,  entspricht  aber  meinen 
Erfahrungen  nicht. 

Das  Arbeiten  mit  dünnen  Bleichlö- 
sungen erfordert  sehr  viel  Zeit  und  lfisst 
nie  den  höchsten  Bleicbeffekt  zu.  Ich 
erachte  die  Arbeit  mit  den  stärksten 
Lösungen  für  am  vorteilhaftesten. 

Starke  Bleichlösungen  bleichen  schnell 
und  geben  höchste  Weisse.  Unter  8°  B6 
fco  36  g/1  wirksames  Chlor)  wollen  meine 
Techniker  schon  gar  nicht  mehr  nehmen. 
Hand  in  Hand  damit  muss  höchste  Stoff- 
konzentration gehen. 

Je  trockener   die  Bleicharbeit  sich 
vollzieht  um  so  vorteilhafter,  deshalb 
erzielt  man  die  besten  Bleicheffekte  beim 
Bleichen  der  Stoffe  im  Kollergang,  Zer- 
faserer und  Kneter." 
Weiter  unten  beim  „Bleicbprozess" 
wird  mehrfach  Gelegenheit  sein,  auf  die 
Stärke  der  Lösungen  und  die  Stoffkon- 
zentration zurückzukommen. 


Nachtrag. 
Entharzunj  des  Sulfitstoffes. 

(Zu  S.  517  und  720.) 

Einer  meiner  früheren  Beamten,  jetzt 
Direktor  einer  Sulfitzellstoff- Fabrik  im 
Norden,  schreibt  als  Pseudonym  „Basti" 
darüber*  folgenden  für  die  Sulfitzellstoff- 
Fabrikanten  wichtigen  Satz: 

Wenn  wir  Sulfitstoflsieder  unseren  Stoff 
mit  einer  Temperatur  von  über  170°  C 
kochen  könnten,  würde  das  Harz  als 
Terpentin  mit  den  Gasen  weggehen,  und  es 
gäbe  keine  Harzkalamität.  Da  wir  aber 
nur  bis  auf  130  bis  135*  C  gehen,  lösen 
wir  zwar  das  Harz,  aber  es  bleibt  an  der 
Zellulose  hängen.  Um  das  Harz  möglichst 
zu  entfernen,  gibt  es  nur  das  Mittel,  den 
Stoff  h  e  i  s  8  zu  waschen. 

Ist  die  Kochung  fertig  und  öffnet  man 
den  Kocher  zum  Waschen,  so  erniedrigt 
sich  die  Temperatur  des  Stoffes,  und  das 
gelöste  Harz  setzt  sich  als  feines  Häut- 
chen auf  die  Faser ;  gibt  man  dann  auch 
noch  kaUes  Wasser  zu,  so  ist  die  Faser 
und  das  Harz  innig  miteinander  verbunden, 
und  es  ist  sehr  schwer,  beide  wieder  zu 
trennen.   Ein  solcher  Fall  tritt  beim  Quirl 
ein,  wo  durch  die  Reibung  Wärme  ent- 
steht und  dadurch  Harz  mechanisch  ab- 
gelöst wird,  ferner  beim  Holländer  und 
speziell  beim  Bleichbolländer,  wo  der  Stoff 
durch  Dampf  erwärmt  wird.    Auch  die 
besten  Fangvorrichtungen,  die  es  gibt,  sind 
nicht  im  stände,  die  Zellulose  nur  annä- 
hernd harzfrei  zu  machen,  während  heisses 
Waschen  des  Stoffes  im  Kocher  manchem 
Zellstofffabrikanten  das  Leben  erleichtert. 

Meine  Vorrichtung  ist  folgende: 

Ich  habe  2  Kühlbottiche  zum  Kühlen  der 
Kocberabgase  Das  warme  Wasser  aus  dem  ersten 
Kühlbuttich  geht  iu  ein  Sammelreservoir ;  in 
diesem  Reservoir  liegt  eine  Kupferrobrschlange 
mit  möglichst  grosser  Heizfläche.  Diese  ist  mit 
dem  Sammelreservoir  und  einem  fleisswasser- 
roservoir  verbunden  Ausserdem  ist  noch  ein 
Injektor  vorhanden.  Das  Arbeiten  geschieht  auf 
folgende  Weise :  Gleichzeitig  mit  dem  Ablauge- 
ventil am  Kocher  wird  auch  das  Ventil  am  Sammel- 

*  Dieser  Artikel  fand   im  Wochenblatt  für 
Papierfabrikation  1906,  No.  34,  S.  2641  bereits 
|  Aufnahme. 


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534 


E.  KIRCHNER,   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


reservoir  aum  Anrdllen  der  Schlange  geöffnet, 
and  das  Wasser  geht  kontinuierlich  aus  dem 
Saromelreservoir  durch  die  Schlange  in  dasHeiss- 
waBserreservoir,  wodurch  es  schon  ziemlich  heiss 
wird.  Sobald  dann  die  Ablauge  aus  dem  Kocher 
heraus  ist,  pumpe  ich  mit  dem  lojektor  das  heisse 
Wasser  in  den  Kocher  und  wasche  so  ungefähr 
eine  Stunde;  ist  der  Druck  aus  dem  Kocher 
entfernt,  nehme  ich  den  oberen  Deckel  weg  und 
wasche  mit  lauem  Wasser  nach,  bis  die  ganze 
Warme  aus  der  Ablauge  verbraucht  ist. 

In  Fabriken,  wo  der  Stoff  mit  Druck  ausge 
blasen  wird,  ein  Auswaschen  im  Kocher  deshalb 
nicht  möglich  ist,  darf  beim  Ausblasen  kein  kaltes 
Wasser  zugegeben  werden. 

Um  tu  vermeiden,  dass  das  Wasser,  welches 
zum  Niederschlagen  der  Dämpfe  in  das  Abzugs- 
rohr geleitet  wird,  nicht  in  den  Stoff  kommt,  ver- 
wendet man  mit  Vorteil  ein  Abzugsrohr  b,  wie 
nebenstehend  abgebildet. 

Mit  diesem  Abzugsrohr  erreicht  man  folgende 
Vorteile: 


2.  da  das  Ende  des 
Abzugsrohres  im  Was» 
ser  mundet,  ist  das 
Verunreinigen  der  Luit 
vollkommen  aufge- 
schlossen, und 

8.  das  in  den  Abdäm- 
pfen enthaltene  Harz 
geht  mit  dem  Nieder- 
scblagwasser  ab 

Nach  dem  Ausblasen 
wird  der8toff  im  Aus- 
blasebottich mit  heisse m 
Wasser  gut  ausge- 
waschen. Wird  di« 
Zellulose  so  gewaschen, 
so  ist  sie  auch  harzfrei, 
d.  h.  reiner  als  mit 
jedem  anderen  ange- 
priesenen Mittel. 


Fig.  254. 
,.  AuiblweboUleh  o.  Wasierlsltonfc 
1.  als  Niederschlagwasser  kann  Abwasser  ver-  |  b>  Absagtrohr       d.  Abwas«rkanaL 
wendet  werden; 

Der  Harzgehalt  einiger  Nadelholzzellstotfe  ist  Ton  Prof.  W. 
Herzberg*  festgestellt  Danach  enthalten  deutsche  Stoffe : 
Natronstoffe  ungebleicht  0,01  - 0, 13  pCt  Harz, 

„  V«  bis  Vi  gebleicht  0,01-0,07 

Sulfitstoffe  Milscherlich  ungebl  0,37-0,85 


im  Mittel  0,04  pCt 
0,03  „ 


i) 


gebleicht  0,32  -0,63 
0,48-0,78 
0,22-0,65 
0,38-1.07 
0,28-0,63 
unter 


Ritter  Kellner  ungebleicht 

„       „  gebleicht 
Uobek.  Verl  ungebleicht 

„       „  gebleicht 
In  ungebleichtem  Sulfitstoff,  der  bei  Ver- 
arbeitung zu  Papieren  Störungen  verursacht 
hatte,  stellte  Herzberg  1.08  pCt  Harz  fest. 

Auch  in  Schweden  wurde  der  Harz- 
gehalt ungebleichten  SulGtstoffes  in  den 
Grenzen  0,37—1,07  pCt,  in  einem  Falle 
sogar  1,58  pCt  gefunden. 

Elektrolytische  Bleicblöiungen. 

Die  Elektrolyt-Bleiche  ist  seit  vielen 
Jahren  in  den  Zweigen  der  Textilindu- 
strie eingeführt  und  wird  wegen  ihrer 
Vorzüge  gegenüber  der  Chlorkalkbleiche 
(Sauberkeit,  Billigkeit  etc.)  sehr  hoch  ge- 
schätzt. Diese  Industrie  arbeitet  allerdings 

*  Mitteilungen  aus  dem  Kgl.  Materialprüfungs- 
amt  Oross-Lichterfelde  W.,  Jg.  1Ö04  lieft  4.  Siehe 
auch  Wochenblatt  für  Papierfabrikation  Jg.  1905, 
8.  1C04. 


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0,58 
0,44 
0,59 
0,45 
0,73 
0,42 


>» 
»I 


wesentlich  anderen  Verhältnissen, 
sie  braucht  verhältnismässig  dünne  Bleich- 
laugen, wenig  Chlorkalk  u.  dementsprechend, 
verglichen  mit  dem  Warenwert,  geringe 
Kostenaufwendung  gegenüber  der  Papier- 
industrie. Nach  vielen  Misserfolgen  in  den 
letzten  10  Jahren  hat  sich  neuerdings  ver- 
einzelt die  Elektrolytbleiche  doch  auch 
zum  Bleichen  von  LumpeD Stoffen  und  Zellu- 
losen Eingang  verschafft,  und  es  bricht  sich 
anscheinend  die  Ansiebt  in  den  Kreisen 
hervorragender  Fachleute  Bahn,  dass  unter 
Umständen  die  Vorzüge  der  elektrischen 
Bleiche  für  die  Papierstoffe  derartig  her- 
vorragende sind,  dass  die  allgemeine  Ein- 
führung derselben  auch  in  der  Papierstoff- 
Industrie  nur  eine  Frage  der  Zeit  sein  dürfte. 
Die  gegenwärtig  noch  weit  verbreiteten 
Bedenken  gegen  die  Beschaffung  umfang 


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E,  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  ~  III.  B,  u.  C.  ZELLSTOFF. 


536 


reicher  elektrischer  Bleicheinricbtungen  in 
diesen  Industrien  können  eine  Folge  der 
hohen  Anschaffungskosten  und  geringen 
Widerstandsfähigkeit  der  älteren  Anlagen  im 
Grossbetriebe  sein.  Ueberaus  zarte,  daher 
empfindliche  Platin-Elektroden,  ungeeignete 
Pump-  und  Kühlvorrichtungen  gaben  gar 
häufig  Anlass  zu  unliebsamen  Betriebs- 
störungen, zu  kostspieligen  Reparaturen 
und  Erneuerungen* 

Es  ist  nun  im  Laufe  der  Jahre  ge- 
lungen, die  Missstände  und  Störungen  zu 
beseitigen,  und  es  sind  einige  verschieden 
konstruierte  und  armierte  Apparate  einge- 
führt, die  die  Klektrolytbleiche  auch  für 
das  Papierfach  vorteilverheissend  erschei- 
nen lassen.  Darum  ist  hier  der  Ort,  auf 
Herstellung  der  auf  elektrischem  Wege  ge- 
wonnenen Bleichlösungen  näher  einzugehen. 

Um  Missverständnissen  vorzubeugen, 
erklärt  Verfasser,  an  dieser  Stelle  n  i  c  h  t  auf 
Grund  praktischer  Erfahrung  und 
nicht  als  Elektrochemiker  spre- 
chen zu  können;  er  begnügt  sich  damit, 
über  das  zu  referieren,  was  ihm  die  an  der 
Einführung  interessierten  Elektrizitätsfirmen 
sehr  entgegenkommend  einsandten.  Er 
glaubt,  an  dieser  Stelle  auch  nicht  ver- 
schweigen zu  dürfen,  dass  er  von  Benutzern 
der  Elektrolyse,  wie  das  immer  in  solchen 
Fällen  gebt,  günstige  und  weniger 
günstige  Urteile  vernommen  hat. 

Es  ist  zu  hoffen,  dass  die  allernächste 
Zeit  eine  vollständige  Klärung  bringt,  denn 
in  Versuchs-  und  Betriebsanlagen  arbeiten 
tüchtige  Theoretiker  und  Praktiker  an  der 
Lösung  der  Autgabe  und  an  weiterer  Ver- 
besserung des  schon  Erreichten. 


Erklärungen. 

Elektrolyse  beisst  elektrochemische 
Zersetzung.  Der  galvanische  Strom  ist  es,  der 
Zersetzungen  flüssiger  chemischer  Verbin- 
dungen herbeiführt  Elektroden  heissen 
die  beiden  in  unangreifbare  (oder  fast  unan- 

Man  kann  sich  die  chemischen  Umsetzungen  wie  folgt  vorstellen: 

2  Na  0  H    +    2  Gl    =     Na  ü  61     +    Na  Cl      +  H,0 

Aetznatron  Chlor      onterchlorigs.  Natron    Natriumchlorid  Waaser 

Durch  Hinzutreten  weiteren  Chlors  bildet  sich  bei  niederer  Temperatur  die 
leichter  zerfallende  untercblorige  Säure  (HOCI)  nach  folgender  Umsetzung: 
NaOCl    +    Ha0    +    2  Gl    =    NaCl    +    2  HOCI. 
nnterchloriga.  Natron  unterdüorige  Säure 


greifbare)  Platten  (am  besten  Iridium-  oder 
Platin-,  ferner  Kohle-Platten)  ausgehenden 
Drahtenden  einer  galvanischen  Batterie. 
Die  mit  dem  positiven  Pol  der  Batterie 
verbundene  Platte  beisst  Anode  oder 
positive  Elektrode,  die  Platte  des  nega- 
tiven Poles  Kathode  oder  negative 
Elektrode.  Verschiedene  Lösungen  oder 
geschmolzene  Substanzen  werden  beim 
Elektrolysieren,  d.  h.  beim  Durchleiten  des 
Stromes,  in  ihre  Bestandteile  zerlegt  Der 
zersetzbare  Körper  beisst  Elektrolyt, 
die  Bestandteile  des  zersetzten  Körpers 
heissen  Ionen. 

Hat  man  eine  wässerige  Kochsalz- 
oder Natriumchlorid-  (NaCl)  Lösung  als 
Elektrolyt,  so  sammeln  sich  C  h  1  o  r-Ionen 
an  der  Anode,  Natrium-Ionen  an  der 
Kathode.  Die  Chlor-Ionen  häufen  sich  zu 
Chlormolekülen.  Die  Natrium-Ionen  können 
in  der  Flüssigkeit  nicht  bestehen,  sie  zer- 
setzen das  Wasser  in  Wasserstoff  (H)  und 
Sauerstoff  (0) ;  der  Wasserstoff  entweicht, 
wie  man  am  Aufbrausen  an  der  Platte  er- 
kennt, u.  es  bildet  sich  Natriumoxyd  (Na,  0), 
bezw.  im  Beisein  von  Wasser  Natrium- 
hydroxyd oder  Aetznatron  (Na OH),  d.  h. 
eine  alkalische  Flüssigkeit. 

Durch  Elektrolyse  kann  man  also  aus  einer 
wässerigen  Natriumchloridlösung  Chlor  und 
Aetznatron  herstellen,  wenn  man  die  Ano- 
den- und  Kathodenprodukte  durch  Scheide- 
wände (Diaphragmen)  von  einander  ge- 
trennt auffängt  Lässt  man  aber  die  Pro- 
dukte des  Elektrolysers  sich  vermischen,  so 
erhält  man  eine  Lösung,  die  in  der  Haupt- 
sache Natriumhypochlorit  (Na  Cl  0)  ent- 
hält Nebenher  kann  sich  aber  auch  Na- 
triumchlorat  (Na  Cl  0,)  bilden. 

Nach  Dr.  Oettel  (Zeitschr.  für  Elektro- 
chemie, 1.  Jg.  S.  356  u.  474)  nimmt  man 
jetzt  allgemein  an,  dass  sich  bei  der  Elek- 
trolyse der  Natriumchlorid-Lösung  in  der 
Kälte  Natriumhypochiorit  in  der  Wärme 
Natriumchlorat  bildet. 


noch 


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536  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.  III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 

-  —  - 


Schliesslich  bei  höherer  Temperatur  bil- 
det sich  Chlorat  (Na  Cl  0,). 

Da  das  Chlorat  nicht  bleichend  wirkt, 
so  ist  bei  .der  Konstruktion  der  Apparate 
und  bei  Handhabung  der;  Verfahren  dar- 
auf Rücksicht  zu  nehmen,  dass  die  Hypo- 
chloritbildung besonders  unterstützt  und 
die  Chloratbildurg  zurückgehalten  wird. 

Bemerkenswert  ist,  dass  bei  der  elek- 
trischen Bleicblösungsherstellung  aus  Cblor- 
natrium  bei  niederer  Stromdichte 
die  Stromausbeute  rasch  abnimmt,  wenn 
der  Hypochloritgehalt  der  Lösung  steigt ; 
es  wird  daher  empfohlen,  dünne  Hypo- 
chloritlösungen (etwa  4  g/1  Chlor)  her- 
zustellen, die  ja  für  viele  Bleich- 
zwecke (Textilindustrie)  genügen.*  Bei 
Anwendung  hoher  Stromdichten  an  der 
Kathode  können  auch  konzentrierte  Hypo- 
cbloritlösungen  mit  guter  Stromausbeute 
erzielt  werden.  Dr.  üettel  hat  Stromdich- 
ten von  1,46—14,6  A/qdm  angewendet. 

Unterchlorigsaures  Natron  (Na  0  Cl) 
und  unterchlorige  Säure  (H  0  Cl)  sind  nun 
Verbindungen,  welche  Chlor  ebenso  leicht 
freilassen  wie  der  oben  besprochene  unter- 
chlorigsaure  Kalk  der  Chlorkalklösungen. 
Die  Wirkung  der  durch  Elektrolyse  ge- 
wonnenen Lösung  wird  also,  wenn  nicht 
eine  bessere,  doch  mindestens  die  gleiche 
wie  die  der  Chlorkalklösung  sein;  durch 
Zersetzen  des  Wassers  wird  bei  Vorhan- 
densein freien  Chlors  sich  wieder  Salzsäure 
bilden,  und  der  freie  Sauerstoff  wird  blei- 
chend auf  Wasserstoff  enthaltende  Verbin- 
dungen wirken.  Ein  grosser  Vorteil  wird 
den  Elektrolytlösungen  im  Fehlen  der  Kalk- 
salze zugeschrieben.  Die  Verwendung  der 
in  besonderen  Nebenapparaten  (Elektroly- 
seuren)  gewonnenen  und  in  Bassins  ge- 
sammelten Bleichlösungen  verlangt  im 
übrigen  genau  dieselben  Einriebtungen 
(Bleichholländer  etc.),  wie  siebei  Anwendung 
der  Chlorkalklösungen  nötig  sind. 

Mit  der  praktischen  Anwendung  der 
Elektrolyt-Bleiche  für  Papierstoffe  hat  sich, 
abgesehen  von  den  Versuchen  des  Fran- 
zosen H  e  r  m  i  t  e  unter  Verwendung  von 

•  Hölbling,  Bleicbmaterialien.  J.  Springer, 
Berlin  1902,  S.  153. 


Chlormagnesium,  die  heute  nur  noch  ge- 
schichtlichen Wert  haben,  wohl  zuerst  die 
Firma  Siemens  &  Halske  in  Wien  be- 
schäftigt 

C.  F.  Dahlheim  sagt  im  Wochenblatt 
für  Papierfabrikation  Jg.  1897,  S.  2199,  dass 
sich  das  etektrolytische  Bleichverfahren 
vorteilhalt  für  Strohstoff  verwenden  lasse, 
wenn  eine  nicht  zu  teure  Betriebskraft 
zur  Verfügung  stehe  und  Rohsalz  billig  sei. 
Man  entwässert  den  von  den  Ralfineuren 
kommenden  Stoff  in  Kästen  oder  auf  Ent- 
wässerungsmaschinen und  trägt  denselben 
in  feuchten  Brocken,  Bahnen  oder  Blat- 
tern in  die  Bleichholländer  ein.  Man  bleicht 
heiss  (bis  zu  60  0  C)  unter  Zufluss  der 
Elektrolytlauge,  die  nur  1  pCt.  wirksames 
Chlor  (bei  10  pCt.  ursprünglicher  Koch- 
salzaufwendung), daneben  aber  auch  grosse 
Mengen  Kochsalz  enthält.  Das  wirksame 
Chlor  ist  als  unterchlorigsaures 
Natron  (NaOCl)  in  der  Lösung.  Nach 
Zusetzung  des  Na  0  Cl  wird  der  Stoff 
wieder  in  Stoffkästen  abgelassen ,  das 
an  Kochsalz  reiche  Abflusswasser  wird 
aulgefangen  und  unter  Zugabe  von  frischem 
Salz  wieder  in  den  Elektrolyseuren  wirk- 
sam gemacht.  In  den  Stoffkästen  muss 
dann  der  Stoff  gründlich  mit  frischem 
Wasser  ausgewaschen,  d,  h.  von  den  Zer- 
setzungsprodukten und  dem  Salz  vollstän- 
dig befreit  werden.  Dahlheim  sagt  noch 
wörtlich : 

„Die  elektrolytische  Bleichflüssigkeit  ist  voll- 
kommen klar  und  entwickelt  wenig  Gerucä 
Ihre  Wirkung  ubertrifft  an  Schnelligkeit  und 
Intensität  die  einer  Chlorkalklösung  von  glei- 
cher Stärke.  Weitere  Vorteile  bei  dem  elektro- 
lytischen Bleichverfahren  gegenüber  der  Chlor- 
kalkbleiche sind  grössere  Reinlichkeit  und 
grössere  Ungefährlichkeit  für  die  mit  dem  Blei- 
chen betrauten  Arbeiter." 

In  einem  späteren  Artikel  Dahlheims* 
heisst  es  an  Hand  von  bildlichen  Dar- 
stellungen weiter: 

Fig.  255  zeigt  uns  in  Vi«  natürlicher 
Grösse  einen  Elektrolyser,  wie  Siemens  & 
Halske  in  Wien  solche  in  neuester  Zeit 
(1897)  zur  Anwendung  bringen.  Dieses 

•  Wochenblatt  für  Papierfabrikation  Jg.  1897, 
i  S.  3üö 


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E.  KIRCHNEB.   DAS  PAPIER,   III.  B.  ü,  C.   ZELLSTOFF.  537 


t  - 


Fig.  255.   Elektrolyse»  Sicment  L  Halske  1897. 

prismatische  Gefäss  mit  abgerundeten 
Ecken  besteht  ganz  aus  hartem,  fein- 
körnigem Steinzeug.  Es  besitzt  zwei  massive 
Ansätze  zum  Aufhängen,  zwei  runde  Zu- 
führungsstulzen  a  und  b,  sowie  zwei  recht- 
eckige Abflu88atu<zen  c  und  d,  die  ihrer- 
seits durch  die  im  Grundriss  punktiert 
angedeuteten  Kanäle  und  die  im  halbge- 
öffneten Aufriss  sichtbaren,  schwarz  ge- 
zeichneten Schlitze  mit  dem  Innern  des 
Gefässes  in  Verbindung  stehen.  Die  im 
Grundriss  an  den  beiden  inneren  Längs- 
seiten bemerkbaren  Aussackungen  dienen 
zum  Einsenken  der  Elektroden.  Die  Aus- 
zackungen  an  den  äusseren  Schmalseiten 
sind  zur  Aufnahme  der  Leitungskabel  be- 
stimmt. Die  Elektroden  bestehen  aus  Glas- 
platten, welche  mit  Platin-Iridium-Draht 
saitenartig  bespannt  oder,  präziser  aus- 
gedrückt, umwickelt  sind.  Die  Platten 
werden  hintereinander  in  die  Elektro- 
lyser eingeschaltet,  wie  Fig.  255  zur 
Darstellung  bringt.  Die  Platten,  resp.  deren 
Drähte  stehen  miteinander  nicht  direkt 
in  Verbindung,  nur  die  zwischen  ihnen 


zirkulierende  Salzlösung  dient  als  das 
den  Kontakt  herstellende  Medium.  Die 
beiden  Endplatten  besteben  aus  einem 
Gewebe  von  Platin-Iridiumdraht  und 
föhren  den  Strom  zu,  die  linke,  mit  -f- 
bezeichnete  Platte  den  positiven,  die 
mit  —  bezeichnete  Platte  den  nega- 
tiven. Jede  der  in  der  Zeichnung  dar- 
gestellten elf  Mittelplatten  ist  von  den 
sie  umgebenden  Zellen  seitlich  durch 
Paragummi  abgedichtet,  so  dass  der 
elektrische  Strom  seinen  Weg  nicht 
um  die  Platten  herum  nehmen  kann, 
sondern  gezwungen  ist,  die  zwischen 
den  Platten,  resp.  deren  Drähten 
spielende  Flüssigkeitsschicht  zu  durch- 
dringen. Sämtliche  Drähte  der  rechten 
Seite  jeder  einzelnen  Platte  sind  so- 
nach positiv,  jene  der  linken  Platten* 
seite  negativ  geladen. 

Zur  Spaltung  einer  Kochsalzlösung 
ist  eine  bestimmte  Spannung  nötig, 
und  zwar  beträgt  dieselbe  2,5  Volt ;  um 
aber  gleichzeitig  eine  entsprechende 
Anzahl  von  Ampere  durch  den  Elektrolyser 
zu  bringen,  wählten  Siemens  &  Halske  nicht 
die  untere  Grenze,  unterhalb  welcher  keine 
Spaltung  der  Salzlösung  erfolgen  würde,  son- 
dern nahmen  pro  Zelle  6  Volt  an ;  einen 
Spannungsverlust  von  6  Volt  pro  Elektro- 
lyser angenommen,  ergibt  demnach  für 
einen  Elektrolyser  mit  10  Zellen  (5x10)  -f-  5 
=  55  Volt  Spannung.  Die  Anzahl  der 
Ampere,  welche  bei  dieser  Spannung  hin- 
durchzugehen vermögen,  richtet  sich  nach 
der  Konzentration  der  Kochsalzlösung  und 
beträgt  bei  10  pCt  Salzlösung  ca.  100,  bei 
15  pCt  Salzlösung  123  und  bei  20  pCt. 
Salzlösung  140  Ampere.  Diese  Angaben 
haben  aber  nur  bei  einer  mittleren  Tem- 
peratur von  15—23°  C  Giltigkeit.  Je  höher 
die  Temperatur  ist,  desto  mehr  Ampere 
können  durch  die  Lösung  hindurchgehen ; 
da  jedoch  eine  hohe  Temperatur  die  Bil- 
dung höhererOxydationsstufen,  wie  Na  CIO, 
und  NaCIO,,  begünstigt,  so  darf  316  20^ 
nicht  übersteigen. 

Die  Figuren  256  und  257  zeigen  uns  in 
lla  Grösse  eine  elektrolytische  Anlage  im 

9.  Bogen  1906, 


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 £  KfRCHNKR,  DAS  PAPIKR  Dt  B.  u.  U.  2tEULST0FF. 


Fig.  266.  Elefctrtlytlsehe  Anlage.  Siemen»  &.  Halske  1697. 
Quer-  und  Längsschnitt    Der  Kasten  8 


Fig.  266  stellt  einen  Dahlheimschen  Salz- 
löset mit  ttltrierrorrichtong  dar.  Das 
Sali  in  der  linken  Abteilang  Hegt  auf 
Filtriersteinen  oder  einer  dorchlochten  Blei- 
platte. Zwei  Spritzrohre  senden  ibre 
Wasserstrahlen  auf  das  Salz.  Das  Wasser 
dringt  durch  das  Salz  und  sättigt  sich 
immer  mehr  mit  demselben,  je  weiter  es 
nach  unten  kommt,  lauft  durch  die  Löcher 
Jder  Bleiplatte,  steigt  in  der  Richtung  des 
Pfeiles  empor,  filtriert  von  unten  nach  ob«n 
durch  das  Tuch  z  und  fliesst  durch  das  Blei- 
Töhr  v  und  w  Flg. 286  u.257ab.  Der  Rahmen 
des  Fntriertuches  wird  mit  Filzstreifen  an 
den  Wänden  abgedichtet,  Salz  kann  jeder- 
zeit nachgeschüttet  werden,  so  dass  der 
Apparat  ununterbrochen  arbeitet,  bis  eine 
Reinigung  nötig  ist ;  diese  wird  durch  einen 
Spritzscbtauch  und  ein  Schmutzventil  be- 
werkstelligt. Die  Salzlösung  gelangt  aus 
•dem  Filtrierapparat  s  in  das  Mischungsge- 
fäss  m,  wird  in  letzterem  durch  Zugabe 
von  Wasser  auf  die  erforderliche  Verdün- 
nung gebracht  und  dann  durch  einen  im 
Boden  befindlichen  Stöpsel  in  das  Vor- 
ratsgefäss  n  abgelassen,  von  wo  sie  durch 
einen  Bleiwecnsel  periodisch  nach  p  abge- 
lassen werden  kann.   Das  Gefäss  p  ent- 


hält eine  Kühlschlange  aus  Hartblei,  und 
in  einiger  Entfernung  über  demselben  ist 
der  Elektrolyser  auf  einem  Holzgerüst  be- 
festigt 

Die  Anlage  arbeitet  nur  mit  einem  Elek- 
trolyser der  grössten  Type,  die  ca,  21 
Pferdestärken  zum  Betriebe  erfordert  und 
30  kg  Chlor,  entsprechend  ca.  100  leg 
Chlorkalk,  pro  24  Stunden  zu  erzeugen  im- 
stande ist  Bei  Anwendung  mehrerer 
ElektrolyaeurewerdendieZuführungsstutzen 
der  einzelnen  durch  ein  gemeinschaftliches 
Rohr  miteinander  verbunden. 

Nachdem  das  Geläss  p  mit  Salzlösung 
gefüllt  ist,  wird  die  aus  Hartblei  herge- 
stellte Zentrifugalpumpe  tFig.  257  in  Bewe- 
gung gesetzt  Die  Pumpe  saugt  aus  p  durch 
das  Bleirohr  h  und  schafft  die  Flüssigkeit 
durch  das  Bleirohr  i  und  die  Zuführungs- 
stutzen a  und  b  in  den  Elektrolyt  e.  ,1a 
letzterem  umspült  sie  die  Elektroden,  wird 
zum  Teil  zersetzt,  passiert  dann  die  auf 
Fig.  255  schwarz  geaeichnetenSchlitze  der 
ElektrolyserwanduDg  und  die  Kanäle  und 
1  fliesst  zu  beiden  Seiten  durch  die  Aus- 
führungsstutzen c  (und  d)  in  das  Gefäss  p 
zurück.  Diese  Zirkulation  der  Flüssigkeit 
wiederholt  sich  solange,  bis  der  gewünschte 
Gehalt  an  Chlor  erreicht  ist  Ist  letzteres 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER  HI.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  539 


Fig.  267.   Elektrolytlaohe  Anfage. 


fc  Haleke  1897. 


der  Fall,  so  wird  durch  Umstellen  des 
Dreiweghahnes  an  der  Pumpe  t  die  fertige 
Bleichlauge  aus  p  durch  das  Rohr  k  Fig.  257 
in  das  Reservoir  1  Fig.  256  entleert  Dieses 
Reservoir  ist  mit  einem  Wasserstand  nebst 
Skala  versehen ;  ein  Injektor  gestattet,  die 
vorgeschriebene  Menge  Bleichlauge  aus 
dem  Reservoir  nach  den  Bleichholländern 
zu  schaffen.  Die  Dynamomaschine  kann 
entweder  in  der  Nahe  der  Elektrolyser 
oder  in  einem  beliebigen  anderen  Lokale 
aufgestellt  werden.  Die  Zuleitung  des  zur 
Zersetzung  des  Kochsalzes  dienenden  elek- 
trischen Stromes  geschieht  durch  Kabel, 
die  unterirdisch  oder  an  der  Decke  des 
Gebäudes  zu  fuhren  sind. 

Da  die  Elektrolyser  nur  aus  Steinzeug, 
Glas  und  Platin  bestehen  und  alle  übrigen 
Gefässe  aus  Zement  hergestellt  werden, 
so  ist  die  Widerstandsfähigkeit  der  ganzen 
Anlage  eine  ausgezeichnete.  Selbst  Blei 
und  Kautschuk  sind  in  äusserst  beschränk- 
tem Masse  angewendet,  und  somit  ist  die 
Gefahr  ausgeschlossen,  dass  Kautschuk- 
bröckel oder  Bleioxyd  die  Bleichlauge  ver- 
unreinigen. Die  Dynamomaschine  der 
elektrolytischen  Bleichanlage  kann  auch 
ohne  weiteres  als  Lichtquelle  für  die  Fa- 
brik mitbenutzt  werden,  so  dass  eine  be- 


sondere Anlage  für  die  Beleuchtung  nicht 
erforderlich  ist 

Die  Firma  Siemens  &  Halske  hat  sich 
ferner  um  die  Elektrolytbleiche  grosse  Ver- 
dienste erworben.  Nach  der  zur  Verfügung 
gestellten  Druckschrift  131  vom  Jahre  1905 
der  Firma 
Siemens  &  Halske  Aktiengesellschaft, 
Wernerwerk   Böflin  Nonnöndämm 
hat  jetzt  die  Anlage  zur  Herstellung  elektro- 
lytischer Bleichlauge,  System  Dr.  K.  Kellner, 
folgende  Gestalt  (Fig.  858)  angenommen: 

A  1  Boitin  zur  Auflösung  des  Salles, 

B.  2  Bassins  inn  Absitzen  der  Salzlösung, 

C.  1  Kühlbassin  (gleichzeitig  Auflage  des  Klektro- 

lyseurs), 

D.  1  Kühlschlange  aus  gewöhnlichem  Weichbleirohr , 

E.  Kühlwaiierzuflus«, 

F.  Kühlwasserabfluss, 

ö.  1  Zentrifugalpumpe  aus  Steinzeug  oder  Hartblei, 
H.  1  Druckregler  zur  Regelung  der  Laugenzirka- 

lstion, 
I   1  Ueberiaufrohr, 
K.  1  Elektrolyseur, 
L.  Elektrische  Leitungen, 
M.  1  Schalttafel, 

N.  1  Bleirohrleitung  zum  Vorratsbassin  für  fertige 

Bleichlauge, 
0.  1  Vorratsbassin  für  fertige  Bleiohlauge, 
P.  Vorratsraum  für  Salz. 

Nach  der  Druckschrift  wurden  (1805) 


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540 


K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


l'ig.  258.   E'e>ürolytlau je  Herstellung    Siemens  &  Halske  Berlin  1)05 


die  Elektro!  yseure  nach  dem  Patent  Dr. 
Karl  Kellner  als  „Bodenelektroden",  die 
Elektroden  als  Drahtnetze  aus  Platin- 
Iridium  in  da-}  mit  Steingut  und  Glas  aus- 
gekleidete Eiektrolydeurgefäss  horizontal 
eingebaut. 

Die  einzelnen  Zersetzungszellen  sind 
nebeneinander  stufenförmig  so  angeordnet, 
dass  die  Lauge  im  Schlangenwege  die  ein- 
zelnen Zellen  durchfliegst.  Die  Schaltung 
der  Elektroden  ist  eine  bipolare,  so  dass 
nur  zwei  Stromzutübrungen  vorhanden  sind, 
derartig  ausgebildet,  dass  eine  Korrosion 
derselben  ausgeschlossen  ist 

Die  Elektroden  können  behufs  Kontrolle 
aus  dem  Apparate  leicht  entfernt  und  wieder 
eingebaut  werden. 

Die  Grössen  der  Apparate  werden  nach 
der  verlangten  Produktion  wirksamen  Chlors 


pro  Stunde  berechnet.  Sie  werden  für  jede 
Spannung  und  Stromstärke  gebaut  und  be- 
sitzen die  denkbar  grösjte  Lebensdauer  ; 
speziell  die  Elektroden  sind  unverwüstlich. 

Der  Siemens  &  Halske  sehe  Elektrolyseur 
in  neuester  Gestalt  ist  in  Fig.  259  d  irgestellt. 

Brieflich  teilt  die  Firma  bezüglich  ihrer 
Elektroden  noch  (3.  9.  06;  mit,  dass  ihr 
Elektrolyseur  durch  das  D.  R.  P.  165  480, 
Kl.  12  h  geschützt  ist 

Der  Patentanspruch  dieses  Patentes 
lautet : 

„Elektroden  für  elektrolytische  Apparate 
bestehend  aus    __[       oder  I  

-förmigen  Körpern,  welcho  entweder  voll  oder 
gitterförmig  aus  einem  oder  aus  zwei  verschie- 
denen Stoffen  angefertigt  werden  können  uod 
welche  in  dem  Apparat  derart  angeordnet  sind, 
dass  niedere  Zwischenwände    von  denselben 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


641 


Fig.  259    Elektrolystur  ml  Pampa  etc    Slsmena  &  Hiltke    B irlin  1906. 


derart  durchdrungen  and  überbrückt  werden, 
das»  der  obere  Teil  einer  solchen  Klektrods 
über  den  unteren  der  nächstfolgenden  zu  liejren 
kommt,  so  diss  die  beiden  Teile  einer  Elektrode 
mit  entgegengesetzten  Vorzeichen  funktionieren. 

Arbeitsvorgang  bei  der  e  lek- 
troly tischen  Herstellung  von 
Bleichlauge.  In  dem  Bassin  A  wird 
das  für  die  tägliche  Produktion  notwendige 
Salz  in  Waaser  gelöst  und  hierauf  in  das 
darunter  befindliche  Absetzbassin  B  abge- 
lassen. In  diesem  Bassin  B  verbleibt  die 
Salzlösung  so  lange,  bis  sie  ganz  klar  ist 
und  sich  alle  eventuellen  Verunreinigungen 
am  Boden  abgesetzt  haben.  Um  nun  ein 
kontinuierliches  Arbeiten  zu  ermöglichen, 
sind  zwei  solcher  Absetzbassins  angeordnet, 
so  dass  in  einem  Bassin  sich  immer  fertige 
Salzlösung  befindet  und  das  andere  Bassin 
für  das  Absetzen  der  Salzlösung  bereit  ist. 
Die  Salzlösung  muss  man  auf  die  vorge- 
schriebene Konzentration  von  7 — 16'/« 
bringen. 


Die  klare  Salzlösung  wird  nun  mittels 
einer  Blei-  oder  Steinzeugrobrleitung  in  das 
Kühlbassin  C  gelassen.  Mittels  der  Zirku- 
lationspumpe G  wird  die  Salzlösung  durch 
die  Steinzeugrohrleitung  in  den  Elektrolyser 
K  gedrückt  und  durchfliegst  denselben  im 
Schlangenweg,  wobei  durch  das  Einwirken 
des  elektrischen  Stromes  (welcher  durch 
die  Leitungen  L  nach  Passieren  der  Schalt- 
tafel M  von  der  Dynamo  zugeführt  wird) 
die  Salzlösung  in  Natriumbypochloritlösung 
umgewandelt  wird.  Nachdem  die  Lauge 
den  Elektrolyseur  K  durchflössen  hat,  fliesst 
sie  wieder  durch  Steinzeugrohre  in  das 
Küblbassin  C. 

In  diesem  befinden  sich  Kühlschlangen 
D  aus  gewöhnlichenWeichbleirohren,  welche 
von  kaltem  Wasser  durchflössen  werden 
und  den  Zweck  haben,  die  Lauge  auf  einer 
konstanten  Temperatur  zu  halten  (2 1 — 23  0  C) , 
d.  b.  die  durch  den  Stromdurcbgang  er- 
zeugte Wärme  wieder  auszugleichen.  Die 


542 


E.  K1RC 


um 


H  DAS  PAPIER,   in.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Laave  zirkuliert  solange  zwischen  Kühl- 
gefäss  C.  Pumpe  G  und  Elektrotyaeur  K. 
bis  sie  die  gewünschte  Konzentration  an 
aktivem  Chlor  erreicht  hat  Die  fertige 
hochkonzentrierte  Bleicblauge  wird  nun  aus 
dem  Kühlgefäss  C  durch  die  Rleirohrleitung 
N  m  das  Ghlorvorratsbassin  0  gepumpt 

Man  kann  Bleichlaugen  erzeugen,  die 
nach  ihrem  Chlorgehalt  einer  Chlorkalk- 
lösung von  üher  10»  Bö  (45-50g/l  Chlor) 
gleichkommen. 

Die  Firma  nimmt*  an,  dass  beim  Lösen 
von  Chlorkalk  ungefähr  10V«  durch  Selbst- 
zersetzung des  Hypochlorits  in  den  Chlor« 
kalkirühlen  und  Klärbassins,  sowie  durch 
die  Löserück«tände  verloren  gehen,  dass 
ausserdem  Verluste  beim  Lagern  entstehen, 
so  dass  von  gutem  Chlorkalk  (mit  85*/« 
Chlorgehalt)  nur  dO*lt  seines  Gewichtes  als 
aktives  Chlor  in  den  Lösungen  nutzbar 
werden.  Dr.  Karl  Kellner  hätte  nun  Sulfit- 
Zellulose,  die  pro  100  kg  15  kg  guten 
Chlorkalk  brauchte,  mit  4  kg  aktivem  Elek- 
trolytchlor gleich  gut  gebleicht;  das  ent- 
spräche nahezu  24*/«  Ersparnis  vom  be- 
zahlten Chlor  und  II'/«  Ersparnis  infolge 
energischerer  Wirkung  des  Elektrolyt-Chlors 
gegen  Chlorkalklösungs-Chlor. 

500  kg  Chlorkalk  werden  demnach 
beim  Bleichen  der  Sulfit-Zellulose  ersetzt 
durch  183V-  kg  Elektrolytchlor ;  für  Stroh- 
stoff dürfte  im  allgemeinen  gleiche  Erspar- 
nis eintreten. 

Ein  Elektrolyseur  für  obige  Lei- 
stung kostet  exkl.  Zoll,  Fracht,  Verpackung. 
Montage  und  Inbetriebsetzung  M  150C0. — ** 
und  eine  dazu  passende  Zentrifugalpumpe 
aus  Hartblei  oder  Steinzeug  M.  500—, 
Beide  Einrichtungen  geben  in  231/.  Stunden 
die  in  der  nachfolgenden  Garantietabelle 
angegebene  Leistung : 
Konzentration  der  Bleichlauge  in  Gramm 
aktivem  Chlor  im  Liter 
10      16      20      25      30      35  gM 
In  23Vt  Stdn.  erzeugte  kg   aktives  Chlor 
176    167    161     150     136     121  kg 

'"iiTdem  schon  erwähnten  Brief  v.  8.  Sept. 
1909  an  den  Verfasser. 

••  Der  Preis  ändert  «ich  natorgemass  mit  dem 
gegenwartig  stark  steigenden  Platinpreise, 


Die  zu  verwendende  Salzlösung  soll  15 
Vg  Salz  in  100  1  Lösung  enthalten,  sie  hat 
bei  15«  C  1.1C0  srez.  Gew.  oder  13°  Be. 
Die  Stromstärke  ist  im  Mittel  366  Ampere 
bei  einer  Klemmenspannung  von  112  Volt  im 
Mittel. 

Dm  ein  Bild  von  der  Leistung  eines 
solchen  Apparates  zu  geben,  sind  in  der 
folgenden  Tabelle  S.  543  die  Versuchszahlen 
an  einem  ähnlichen  Apparat,  sinngemäss  auf 
den  vorliegenden  Fall  umgerechnet,  ange- 
geben. 

Für  die  Kostenberechnung,  letzte  Spalte 
der  Tabelle,  sind  für  Kühlschlange,  Lei- 
tungen, Schalttafel  etc.  M.  250O  eingesetzt 
worden. 

Bei  2.1  Pfg.  für  1  Pferdestärkestunde 
ist  1  KW-Stunde  inkl.  entstehender  Verluste 
zu  3,2  Pfg  angenommen. 

Die  Temperatur  der  Lauge  während  des 
Versuches  war  20  -22°  C,  die  Salzlösung 
war  neutral  bis  ganz  schwach  alkalisch. 
Zur  Salzlösung  werden  Zusätze  gemacht 
(Pat.  angemeldet). 

Durch  Interpolation  findet  man,  dass  bei 
25  g/I  Chlor  der  fertigen  Salzlösung  in  23Vi 
Stunden  161  kg  aktives  Chlor  erzeugt 
worden  wären.  Das  kg  Chlor  würde  31,8 
Pfg.  kosten.  Da  nach  obigem  3  kg  Chlor- 
kalk durch  0,8  kg  Elektrolytchlor  (500  durch 
133Vs)  ersetzt  werden,  so  kostet  der  Er- 
satz von  lkg  Chlorkalk  nJ8,M 

»8,4  Pfennige. 

Die  Firma  baut  bei  teurer  Kraft  auch 
Elektrolyseure,  die  um  10*/e  weniger  Kraft 
brauchen;  die  Apparate  werden  dann  teurer. 

Es  wird  zu  diesen  Kosten  noch  bemerkt, 
dass  Werte  für  Gebäude,  Bassins  etc.  nicht 
berücksichtigt  wurden,  da  etwa  die  gleichen 
Bauten  wie  für  Chlorkalklösungen  not- 
wendig sind.  Auch  die  Bedienung  wird 
in  beiden  Fällen  ungefähr  gleich  ange- 
nommen. 

Schliesslich  wird  auf  Band  VIII  und  XVII 
von  Engelhardts  Monographien  fW  "änge- 
wandte  Elektrochemie,  Verlag  von  W.  Knapp 
in  Halle  a.  S.  verwiesen,  in  denen  viel 
Aufklärendes  zu  finden  sei 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  HL  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Dauer  der 
Elektrolyse  in 
Stunden. 

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Pfennige 

0 

357 

100 

0.0 

0.0 

(205) 

(4.10) 

(100.0) 

1 

3G8 

111 

7.8 

81 

190 

19.20 

4.86 

93.6 

41.4 

2 

369 

112 

14.8 

15.3 

180 

10.10 

5.24 

88.1 

32.9 

3 

375 

113 

20.9 

21.7 

170 

7.18 

5.03 

82.3 

31.2 

4 

368 

112 

20.1 

27.1 

159 

5.74 

0.03 

70.9 

31.8 

5 

307 

112 

30.8 

32.0 

150 

4.87 

0  40 

72.7 

31.8 

6 

307 

113 

34.8 

30.1 

141 

4.31 

6.83 

68.5 

33.0 

7 

304 

112 

38.4 

39.8 

133 

3  81 

7.21 

04.8 

34.1 

8 

300 

112 

41.7 

43.3 

127 

3.(50 

7.56 

(51.8 

35.2 

9 

302 

113 

44.4 

40.1 

120 

3.38 

7.99 

58.6 

36.8 

10 

357 

112 

40.(5 

48.4 

114 

3.22 

8.43 

55.5 

38.4. 

11 

361 

111 

480 

50.4 

108 

3.09 

8.91 

52.6 

40.2 

12 

357 

110 

50.4 

52.3 

102 

2.98 

9.33 

50.1 

42.0 

Auf  dem  Ruckblatt  eines  Briefes  (August 
1906)  der  Firma  Siemens  &  Halske,  Berlin- 
Nonnendamm  befindet  sich  die  Autotypie 
einer  kleinen  Anlage  zur  Erzeugung  elek- 
trolytischer Bleichlauge.  Der  Andruck 
lautet : 

„Elektrolytische  Bleiche. 

Technisch  und  kommerziell 
der  Chlorkalkbleiche  überlegen. 

In  der  Papier-  und  Textil- Industrie 
£000  PS  installiert ! 

Die  von  uns  vertriebenen,  seit  15  Jahren 
in  der  Praxis  bewährten  und  seither  ständig 
▼erbesserten  Elektrolyseure  sind  in  ihrer 
nun  vorliegenden  neuesten  Konstruktion 
▼on  nahezu  unbegrenzter  Haltbarkeit,  da 
sie  fast  keiner  Abnutzung  unterworfen  sind. 
Laugenkonzentration  bis  zu  50  g/1  akt.  Chlor 
(~  11*  Be).  Salzverbrauch  minimal  3  kg, 
Kraftverbrauch  minimal  4,5 KW  pro  kg 
wirksames  Chlor." 

Auf  dem  Prospektblatt  werden  allge- 
mein Garantien  für  Kraft- und  Salz  verbrauch, 
sowie  für  Konzentration  der  Laugen  und 
für  fehlerfreies  Material  sowie  Ausführung 


Die  Instandhaltung  und  Revision  der 
Elektrolyseure  durch  Beamte  und  Spezial- 


monteure,  eventl.  erforderliche  Ersatz- 
materialienwerden für  eine  zu  vereinbarende 
Pauschalsumme,  in  der  Regel  nicht  109/« 
des  Anschaffungswertes  des  Elektrolyseurs 
pro  Jahr,  von  der  Firma  übernommen. 

Die  Besitzer  sind  dadurch  der  Frage 
der  Installierung  überhoben  und  können  mit 
bestimmten  Beträgen  der  Amortisation  und 
Instandhaltung  rechnen. 

Der  Bleicb-Elektrolyaeur 
„System  Schlickert". 

Mit  dem  Bau  von  Bleich-Elektrolyseuren 
beschäftigt  sich  die  Elektrizitäts-Aktienge- 
eellschaft  vormals  Schuckert  &  Co.,  Nürn- 
berg, seit  ca.  11  Jahren.  Die  erste  für  die 
Praxis  (Bleiche  von  Zellstoff)  gebaute 
Elektrolyseuranlage  kam  vor  9  Jahren  in 
Betrieb.  Es  war  dies  eine  Vorläuferanlage 
für  eine  3  Jahre  später  dem  Betrieb  über- 
gebene  Anlage  zum  Bleichen  von  15  tons 
Natron-Zellulose  täglich.  Diese  grosse  An- 
lage arbeitet  heute  noch  vollkommen  zu- 
friedenstellend;  derselben  folgten  weitere 
kleinere  und  grössere  Anlagen  für  Zell- 
stoff-, Papier-  und  Textil-Industrie. 

Der  Elektrolysenr  System  Schuckert 
enthält  am  positiven  Pol  Elektroden  an« 


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Ui  K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


SchsckertElektrelyieur. 

Platin -Iridium,  am  negativen  solche  aus    Spannungen  (65,  110  ,  220  Volt  etc.)  an- 


Kohle.  Ursprünglich  wurde  der  Elektro- 
lyse ur  als  Einzelzelle  für  6— 7  Volt  Span- 
nung gebaut.  Diese  Zellen  wurden  unter 
Zwischenschaltung  von  Kühlgefässen  in 
entsprechender  Zahl  hintereinander  ge- 
schaltet, für  eine  Spannung  von  110  Volt 
also  16—17  solche  Zellen.  Seit  einigen 
Jahren  sind  die  einzelnen  Elektrolyse  ur- 
zellen  in  einer  oder  in  2  Wannen  zusam- 
mengebaut, wobei  die  Spannung  der  Einzel- 
seile  5—6  Volt  betragt.  Der  Elektrolyseur 
äs  st  sich  sonach   allen  gebräuchlichen 


Kuhlwaucr- A&ieiiun'l 


f  ig.  261.  Schlickert. 


Elektrolyseur  tto. 


passen.  Die  Elektrolyseurwannen  bestehen 
aus  glasiertem  Steinzeug ;  sie  sind  durch 
nicht  leitende  Scheidewände  in  eine  ent- 
sprechende Anzahl  Kammern  geteilt,  die 
zur  Aufnahme  der  einzelnen  Elektrolyseur- 
elemente,  sowie  der  Kühlvorrichtung  dienen. 
Der  Stromübergang  zwischen  den  in  einer 
Wanne  untergebrachten  hintereinander  ge- 
schalteten Elektrolyseurelementen  erfolgt, 
wie  aus  der  Figur  260  ersichtlich,  inner- 
halb der  Flüssigkeit  Eine  Verbindung  durch 
Kabel  ist  nur  zwischen  2  Wannen  nötig. 

Fig.  261  gibt  ein  Bild 
der  Einrichtung  zur  Elek- 
trolytlösungs  -  Herstellung, 
wie  sie  von  der  Firma  jetzt 
(1906)  ausgeführt  wird.  In 
dem  oberen  Bottich  wird 
das  Salz  gelöst. 

Die  Salzlösung,  aus  wel- 
cher die  Bleichlösung  herge- 
stellt wird,  passiert  den 
Elektrolyseur  nur  ein  ein- 
ziges Mal  ohne  Zuhilfe- 
nahme einer  Pumpe  oder 
des  Wasserstoffauftriebes 
und  gelangt  dadurch  auf 
eine  praktisch  vollkommen 
ausreichende  Konzentration 
an  bleichendem  Chlor.  In 
der  Kegel  beträgt  letztere  20 
g/1  (<s>  4,5»-5»  Be),  auch 


Autftitistndt, 
ftrriai 
3  BlctcWii 


il&iung 


I9C6.  Lärgaamloht. 


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rE.  Kirchner,  das  papier.  in.  ö.  u  C  Zellstoff. 


höhere  Chlorkonzentrationen  von  20  bis 
zu  45  g/1  akt  Chlor,  wie  sie  hie  und  da 
für  die  Zellulose-Bleiche  verlangt  werden, 
lassen  sich  mit  dem  Schucker  t- Elektroly- 
seur in  sehr  ökonomischer  Weise  her- 
stellen. 

Die  genannten  hohen  Chlorkoozentra- 
tionen  von  20-  45  g/1  werden  im  Scbuckert- 
Elektrolyseur  durch  Anwendung  eines  be- 
sonderen patentierten  Verfahrens*  erzielt, 
wonach  aut  den  negativen  Elektroden 
(Kohle)  ein  Niederschlag  erzeugt  wird, 
welcher  die  Reduktion  des  Hypochlorits 
verhindert  oder  wesentlich  vermindert. 

Ein  guter  Kontakt  zwischen  den  nicht 
verlötbaren  leitenden  Körpern  ist  der  Firma 
gleichfalls  patentiert.  ** 

Bei  der  genannten  Elektroden  -  Anord- 
nung findet,  wie  vorauszusehen  ist  und 
auch  langjährige  Erfahrung  gezeigt  bat,- 
weder  am  negativen  noch  am  positiven  Pol 
ein  praktisch  nennenswerter  Angriff  der 
Elektroden  statt 

Bezüglich  der  Platin- Elektroden  wurde 
dies  durch  Nachwägung  nach  mehrjährigem 
Dauerbetrieb  (24  Stunden  pro  Tag)  er- 
wiesen. Die  Kohlen- Elektroden,  welche 
auch  nur  als  negativer  Pol  dienen,  sind 
nach  Jahren  ebenfalls  noch  so  brauchbar 
wie  zu  Beginn. 

Nach  Fig.  261  steht  oben  ein  Holz- 
bot t  i  c  h ,  in  welchem  die  Auflösung  durch 
V«  V»  Petroleumzusatz  denaturierten  Satzes 

•  D.  R.  P.,  Kl.  12i,  No.  141372.  Verfahren 
cur  elektrolylischen  Gewinnung  von  Chlorsauer- 
stoffverbindungen,  insbesondere  Hypochlorit- 
lösungen, dadurch  gekennzeichnet,  da»  die 
Elektrolyse  der  entsprechenden  Chloridlösungen 
bei  gleichzeitiger  Gegenwart  von  Verhindungen 
der  Erdalkalimetalle  and  geringen  Mengen 
Harzen  oder  Harzlösungen  ausgeführt  wird,  zum 
Zweck ,  hochkonaentrierte  Chlorsauerstofflö- 
sungen  zu  erzielen. 

•*  D.  R.  P.,  Kl.  21c,  No.  159682.  Verfahren 
tur  Herstellung  eines  guten  Kontaktes  zwischen 
streifen-  oder  plattenformigen,  nicht  verlötbaren, 
metallisch  leitenden  Körpern,  dadurch  gekenn- 
zeichnet, daas  die  Körper  in  dem  Hohlräume 
einer  Rmoe  durch  einen  sämtliche  stromfüh- 
renden Teile  von  aussen  einlassenden,  beim  Er» 
starren  eich  aasdehnenden  Kitt  festgeklemmt 
werden. 


in  Wasser  mit  einem  Rührscheite  vor  sich 
geht  (In  grösseren  Anlagen  wird  dieser 
Bottich  durch  ein  üeberlaufgefäss  ersetzt) 
Das  Salz  wird  abends  gelöst  damit  die 
durch  Absetzen  geklärte  Lösung  morgens 
zur  Vertügnng  steht.  Das  Salz  kann  auch 
auf  einem  Filter  gelöst  und  im  Bottich 
klar  gesammelt  werden.  Salzaole  oder 
Pfannenstein  kann  man  ebenfalls  ver- 
wenden. Die  Löse-  und  Vorratsgefäsae 
können  auch  mit  einem  Rührwerk  versehen 
und  in  Beton  gebaut  werden. 

Ueber  dem  Boden  des  Salzlaugebassins 
befindet  sich  ein  Ablaufbahn  mit  an- 
schliessendem Rohr-  oder  Scblaucb stück, 
um  die  Lauge  bei  gewöhnlicher  Tempe- 
ratur nach  dem  Elektrolyseur  leiten  zu 
können, 

Der  aus  zwei  Wannen  bestehende 
Elektrolyseur,  Fig.  260,  arbeitet  mit  110 
Volt,  er  ist  in  der  Regel  auf  einem  ein- 
fachen Holz-  oder  gemauerten  Podest  mon- 
tiert. Die  gewöhnlich  10*/.i*e  Salzlösung 
passiert  die  zwei  durch  eine  Bleirtnne 
miteinander  verbundenen  Wannen  im  Zick- 
zackweg, wobei  die  Temperatur  35*  G  nicht 
überschreiten  soll,  und  fliesst  aus  der  letz- 
ten Wanne  als  vollkommen  klare  Bleich- 
lösung kontinuierlich  mit  einem  Gehalt  von 
20  g/1  aktivem  Cbtor  in  ein  unter  oder 
neben  dem  Elektrolyseur  stehendes  Sam- 
meigefäss  aus  Zement,  von  wo  sie  an  den 
Verwendungsort  geleitet  werden  kann.  Die 
so  gewonnene  Bleichlösung  kann  durch 
einen  Zusatz  für  einige  Tage  haltbar  ge- 
macht werden. 

In  den  Elektrolyseurwannen  sind  Kühl- 
schlangen eingebaut,  so  dass  die  erwähnte 
Höchsttemperatur  ohne  Schwierigkeit  er- 
halten werden  kann.  Das  erwärmte  Kühl- 
wasser bleibt  ganz  rein  und  kann  zu  an- 
deren Zwecken  in  der  Fabrikation  Ver- 
wendung finden. 

Höhere  Temperaturen  sind  der  Aus- 
beute schädlich,  ohne  jedoch  dem  Elektro- 
lyseur selbst  zu  schaden.  Die  Konstruk- 
tion des  Elektrolyseurs  ist  sehr  einlach  und 
die  Ausnützung  des  Platins  sehr  gut,  so  dass 
die  Kosten  des  Elektrolyseurs  tzot»  des 

10  Bogen  1906. 


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546  E.  KIRCHNER.   DAS^PAPIER.   III.  B.  u.  C,  ZELLSTOFF. 


i ; 


■ 


Fig.  262.    Anlage  für  Heratelling  von  Elekirolytlüsung  , System  Schuckrrt". 


gegenwärtig  hoben  Piatinpreises  sehr 
mäasig  sind.  So  kostet  zum  Beispiel  eine 
Anlage  zur  Erzeugung  des  Ersatzes  von 
5C0  kg  Chlorkalk  pro  Tag  noch  nicht 
M  100:0. 

Kraft-  und  Salzverbrauch  eines  Bleich- 
Elektrolyseurs  stehen  bekanntlich  in  ver- 
änderlicher Wechselbeziehung  zu  einander 
derart,  dass  höherer  Salzverbrauch  ge- 
ringeren Aufwand  an  Kraft  erfordert,  wäh- 
rend umgekehrt  geringerer  Salzverbrauch 
bei  höherer  Kraftausgabe  sich  ermöglichen 
lässt.  Für  den  Scbuckertschen  *  Platin- 
Kohle-Elektrolyseur  bewegen  sich  die 
diesbezüglichen  Zahlen  in  der  Regel 
zwischen  5—6,6  Kilowattstunden  bezw. 
7,5-6,5  kg  Salz. 

Fig.  262  stellt  eine  Anlage  zur  konti- 
nuierlichen Herstellung   von  Elektrolyt- 


Bleichlauge  für  ,eine  NatronholzzellstoiT- 
fabrik  mit  einer  Tagesproduktion  voo 
15  t  Zellulose  dar. 

Es   sind   40  Eiektrolyaeure    mit  da- 
zwischen geschalteten  KQhlgefässen,  welche 
in  2  Reihen  staffeiförmig  aufgestellt  sini 
Die  beiden  Reihen  sind  sowohl  auf  Strom, 
als  auch  auf  Laugendurcbfluss  parallel  ge- 
schaltet.  Die  Zuleitung  des  Kahlwasser« 
erfolgt  durch  Schläuche  von  oben.  Die 
Kühler  bestehen  aus  Tonwannen  derselben 
Gröise  wie  die  Elektrolyseurwannen  mit 
eingesetzten  Kühlgefä3sen  aus  Blei.  Die 
Verbindung  der  Elektrolyseure  hinterein- 
ander erfolgt  durch  Kupferschienen,  welche 
die  dazwischen  geschalteten  Kühler  über- 
brücken.  Die  Anlage  ist  seit  6  Jahren  im 
Dauerbetrieb. 

Diese  Tatsache  spricht  deutlich  für  die 


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K.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    HI.  B.  u.  C    ZELLSTOFF.  547 


Bewährung  der  Bleiche  von  Natronholz* 
zellstoff  mit  Lösungen,  welche  in  den 
Schuckertschen  Elektrolyseuren  hergestellt 
werden, 

Die  Apparate  „System  Schuckert"  ar- 
beiten übrigens  nach  Angabe  der  Firma 
Elektrizitäta  -Aktiengesellschaft  vormals 
Schuckert  &  Co.,  Nürnberg,  in  Natron- 
und  Sulfit -Zellulose -Fabriken  mit  rund 
760  PS,  in  der  TexÜl-  Industrie  mit 
390  PS. 

Verfasser  erhielt  auf  Anfrage  folgende 
Angaben  über  die  täglichen  Betriebskosten 
einer    elektrolytischen    Anlage  System 
„Schuckert"  zur  Herstellung  des  Ersatzes 
für  täglich  1000  kg  Chlorkalk  *  300  kg 
Elektrolytchlor : 
Kraft:  126  mech.  PS  für 
24  Stunden  =  3024  PS- 
Stunden    ä    2,1    Pfg.    =   M  63.50 
Salz :  1820  kg 

per  100  kg  M  1.10  *  M  20.02 
14*/«  f.  Amortisation,  Verzinsung 
und    Reparaturen    für  die 

Elektrolyseur- Anlage  und   

M  83.52 


Uebertrag:  M  83.52 
10°/»  für  Amortisation  und  Ver- 
zinsung der  Dynamo-Anlage 

per  Tag  »  M  12.43 

M  95.95 

gegenüber 
1000  kg  Chlorkalk  ä  M  11.50 
per  100  kg  M  115.— 

Die  Firma  garantiert  für  Kraft- 
verbrauch, Salzverbrauch  und 
Haltbarkeit  der  Elektroden,  sie 
nimmt  ihre  Apparate  innerhalb 
eines  Jahres  kostenlos  zurück, 
wenn  die  Garantien  nicht  eingehalten 
werden. 

Die  Elektrizitäta  Gesellschaft  Haas  & 
Stahl  in  Aue  (Sachsen)  befasst  sich  seit 
etwa  10  Jahren  mit  dem  Bau  von  Elektro- 
lyseuren nach  den  Patenten  Haas  und 
Dr.  O e 1 1 e  1.  Sie  bat  die  elektrische 
Bleiche  in  zahlreichen  Betrieben  der  Textil- 
industrie eingeführt  und  besitzt  viele  Zeug- 
nisse über  zufriedenstellende  Leistungen 
der  von  ihr  gebauten  Bleicheinrichtungen. 

•   Taf.  263  zeigt  die  Einrichtung  des  hoch- 


i_Tal/  263.  Hut  4.  Stahl,  .Aue.  . Elektrolyseur- Anlage. 


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E.  KIRCHNER   'DAS  PAPIER.    III.  B  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Fig  264.  Blelchelektrclysear,  Pattnt  Hm«  k  Or.  Oettel. 


stehenden  Salzauflösers  und  des  tiefer 
angeordneten  Elektrolyseurs  in  Auf-  und 
Seitenansicht 

Fig.  264  gibt  die  perspektivische  An- 
sicht eines  Elektrolyseurs,  Tat.  265  Längs- 
schnitt und  Querschnitt  durch  einen  solchen 
Apparat,  wie  er  gegenwärtig  lür  einen 
Tagesersatz  von  1(  0  kg  Chlorkalk  oder 
27-28  kg  Elektrolyt-Chlor  Tagesleistung 
gebaut  wird. 

Man  ist  in  der  Lage,  etwa  2,3  cbm 
Bleicblösung  mit  12  g/1  Chlor*  (etwa  einer 
Chlorkalklösung  von  cl/«-4*  Be  gleich  wirk- 


*  Eine  12  g/1  wirksames  Chlor  enthaltende  Chlor- 
kalklötting  wiegt  gewöhnlich  nur  3° Bö,  die  elek- 
trolytisch gewonnene  Lösung,  12  g/1  wirksames 
Chlor  enthaltend,  soll  aber  so  wirksam  sein,  dass 
sie  eise  3'/,-  4«  Be"  (14,6— 16«/4  g/1  wirksames 
Chlor  enthaltende)  Chlorkalklösang  ersetzt.  Hier- 
über bestehen  gegenwärtig  noch  Meinungsver- 
schiedenheiten, 


sam)  in  24  Stunden  darin  herzustellen. 
Oer  Preis  eines  solchen  Elektrolyseurs  be- 
trägt 1500  M. 

Der  Betrieb  eines  solchen  Apparates  ge- 
staltet sich  sehr  einfach.  Die  Wanne  oder 
das  äussere  Tongefäss  A  mit  den  Zellen  E 
des  eingebauten  Elektrolyseurs  B  wird  nor- 
mal mit  einer  14/15  pn  zentigen  (14  15' 
Be)  Steinsalzlösung  bis  an  den  punktierten 
Strich  gefüllt  und  dann  der  elektrische 
Strom  (etwa  75  Ampere  und  110  Volt] 
eingeschaltet. 

Es  beginnt  infolge  der  Wasserstoff- 
Enlwickelung  eine  vollständig  selbsttätige 
Zirkulation  (Pfeile  1,  2,  8  und  4)  in  der 
Flüssigkeit :  sie  fliesst  kontinuierlich  durch 
die  von  den  Elektrodenplatten  gebildeten 
Zellen,  indem  sie  von  unten  in  den  Elek- 
trodenraum ein-  und  oben  aus  Löchern  in 
die  Wanne  austritt ;  darauf  streicht  sie 
an  den  Windungen  einer  Kuhlschlange  F 


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E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   III.  B.  u  C.  ZELLSTOFF. 


H 


Taf.  266.  Bleichelektrolyteir,  Patent  Haas  L  Dr.  Oetlel. 


vorbei  und  tritt  gekühlt  von  neuem  bei  4 
in.  die  Elektrodenzellen. 

Durch  diese  Zirkulation  erfolgt  die  An- 
reicherung der  Flüssigkeit  mit  wirksamem 
Chlor  in  Form  unterchloriger  Säure,  unter- 
chlorigsaurem  Natron  etc.  In  7  Stunden 
sind  ca.  750  1  Elektrolytlauge  fertig,  eine 
weitere  Stunde  reicht  aus  für  Dekantieren, 
Ablassen  der  Lösung  in  ein  Sammelbassin , 
zum  Ausspritzen  des  Satzes  und  Frisch- 
füllen mit  neuer  Kochsalzlösung.  In  24 
Stunden  macht  also  der  Elektrolyseur  be- 
quem 3  solcher  Bleichlaugenmengen,  d.  h. 
2259  1  fertig. 

Bei  der  Arbeit  des  Elektrolyseurs  ent- 
steht bisweilen  an  der  Oberfläche  grauer, 
schmieriger  Schaum,  der  besonders  aus 
den  behördlich  vorgeschriebenen  Salzzu- 
sätzen (74  pCt  Petroleum)  stammt;  auch 
im  Bodensatz  Gnden  sich  ünreinigkeiten 
des  Salzes  und  Kohlepartikelchen,  die 
Lauge  selbst  ist  aber  eine  vollständig 
klare,  grünliche,  gebrauchsfähige  Bleich- 
flüssigkeit, die  durch  den  Hahn  in  das 
Sammelbassin  klar  und  frei  von  Kohle 
abgelassen  wird. 

Das  Sammelbassin  kann  als  zweites 
Dekantierte  fäss  und  als  Ausgleichs  Vorrat 
für  den  Verbrauch  angesehen  werden.  Es 
liefert  eine  absolut  klare  Lauge. 

Diese  Elektrolytlauge  sollte  aus  diesem 
Sammelbasflin  möglichst  bald  und  direkt 


ohne  Zwischenschaltung  von  Pumpen  oder 
dpi.  in  die  BieichhoUänder  abgelassen 
werden. 

Nach  dem  Einschalten  des  Stromes  ist 
eine  besondere  Aufsicht  oder 
nicht  erforderlich.  Ab  und  zu 
Blick  auf  das  Amperemeter,  ferner  eine 
rasche  Kontrolle  der  Temperatur,  die  88* 
C  nicht  übersteigen  darf  und  durch  einen 
Griff  an  das  Kühlwasserventil  geregelt 
werden  kann,  damit  die  Wassertemperatur 
möglichst  auf  25-30«  C  konstant  bleibt, 
genügt  als  Wartung.  Mit  richtiger  Ein- 
haltung dieser  Kühltemperatur  hat  man  die 
Arbeit  des  Apparates  bereits  zweckent- 
sprechend gestaltet. 

Das  die  Kühlschlange  durchströmende, 
von  der  Lauge  unberührt  bleibende,  etwas 
erwärmte  Wasser  kann  ja  der  Fabrikation 
aufs  beste  zu  gute  gebracht  werden,  so 
dass  dessen  Beschaffung  in  der  Kal- 
kulation nicht  berücksichtigt  zu  werden 
braucht. 

Die  Elektrizitätsgesellschalt  Haas  & 
Stahl  hat  zwecks  eines  Vortrages  des 
Verfassers  in  Hirschberg  (1906)  umstehende 

Kalkulation  aufgestellt  (s.  S.  550) :  

Die  Elektrolyt-Bleiche  wird  mit  der 
Chlorkalk-Bleiche  bei  11,5  M  pro  100  kg 
Chlorkalkpreis  gleich  teuer,  wenn  wir  die 
Pferdestärkestunde  statt  mit  1,8  Pfg.,  wie 
tür  die  eben  durchgeführte  Berechnung  an- 
genommen, mit  2,6  Pfg,  einsetzen  müssen, 


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553  E.  K1KCHNEH.    DAS  PAF1KK.   Hl.  B  u,  C.  ZELLSTOFF.  

Kalkulation  für  100  kg  Chlorkalkersatz  =  27—28  kg  Elektrolytchlor 

für  Wasser-  und  Dampfkraft : 
Wasserkraft  (vorhanden  angenommen). 
Rund  3Q0  kg  Steinsalz  Marke  Haas  &  Stahl  der  Verein.  Stassfurter  Salzwerke, 
durchschnittl.  in  Sachsen  ä  1,10  (ab  Grube  M  -  .60)  •/•  kg  .  .  M  9.30 

250  PS-Stunden  k  FS-Stunde  1,9  Pfg  ,3.- 

Elektroden-  (halten  im  24  Stunden-Betrieb  *U  Jahre)  Ersatz    .  .  .   „  —.60 

M  6.90 
rv  7  M 

Dam  pf  kraft 

(Dampf  und  Maschinenanlagen  reichlich  vorhanden  angenommen). 

Sa'z  M  3.30 

250  PS-Stunden  k  7,2  kg  Dampf  k  kg  0,25  Pfg  (250  •  1,8  Pfg)  .  „  4.60 

Elektroden-Ersatz    .   .  .   .  ,  „  -  .60 

,    M  8.40 
rsj  8.50  M 

Nimmt  man  wie  vorhin  500  kg  Chlorkalkverbrauch  täglich  ersetzt  an  oder  150  t 
Chlorkalk-Jahresersatz,  so  sind  die  Kosten  für  Elektrolytlösung  pro  Jahr  einzusetzen : 

bei  Wasser-  bei  Dampf-Benutzung 

7  x  5  X  300  =  M  10500        8,5  X  5  X  300  =  M  12  750 
Elektrolyseur- Anlage  mit  Zubehör  10000  M 

Zins  4  pCt.  „      400  400 

Abschreibungen  Elektrolyseure  10  pCt     „    1000  „  1000 

dto.        Dynamo  und  Motoren     „    1 100  _^_1 350 

M  1300D  M  15  500 

Dem  stehen  gegenüber  pro  Jahr 

150  t  Chlorkalk  a  115  M  M  17  250 

Auflösungs-  und  Betriebskosten  „  750 

Zins  und  Abschreibung  für  die  Anlage     „  500 

M  18500 

Man  kann  also  bei  Wasserbetrieb  mit  5500,  bei  Dampfbetrieb  mit  3000  M  Jahres- 
ersparnis rechnen. 


Immer  bleiben  dann  noch  die  erzielten 
Qualitätsvorleile  und  Annehmlichkeiten  des 
Betriebes  in  die  Wagschale  zu  legen. 

Aus  vorgelegten  Briefauszügen  der  Gust. 
Schaeuffelen'scben  Papierfabrik  in  Heilbronn 
an  die  Firma  Haas  &  Stahl  in  Aue  1905/06 
erfährt  Verfasser,  dass  die  erstgenannte 
Firma  mit  einem  vor  Jahren  bezogenen 
Haas-  &  Dr.  Oettelschen  Elektrolyseur 
wohl  zufrieden  ist,  da  der  Betrieb  einlach 
und  reinlich,  die  Bleichkraft  der  Lauge 
zweckentsprechend  und  gut  sei.  Bei  sach- 
gemässer  Kochung  schone  die  elektrische 


Die  Firma  Dr.  Paul  Schoop,  Elektrische 
Bleichanlagen,  G.  m.  b.  H.,  Nürnberg 

endlich  befasst  sich  nach  vorliegenden 
Mitteilungen  seit  7  Jahren  mit  dem  Bau 
von  Elektrolysern.  Sie  ist  das  einzige  Ge- 
schäft Deutschlands,  das  sich  ausschliess- 
lich nur  dieser  Spezialität  gewidmet  hat. 

Platin  allein,  bezw.  eine  Legierung  von 
Platin  mit  Iridium  ist  wieder  als  Anode, 
d.  h.  für  denjenigen  Pol,  an  welchem  das 
Chlor  sich  abscheidet,  gewählt;  Kohle  in 
Form  von  Retortengraphit,  elektrischem 
Graphit  etc.  bildet  die  Kathode  (Wasser- 


Bleiche  die  Faser  viel  mehr  als  die  Chlor-  stoffelektrode)  von  genügender  Haltbarkeit, 
kalkbleiche.  Nachdem  das  Platin  bereits  den  Gold- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,   ffl.  B.'u.  C.  ZELLSTOFF. 

    . 


551 


wert  Überstiegen  hat,  läuft  die  Konitruktion 
dieses  Bleichelektrolysers  darauf  hinaus, 
mit  dem  kleinsten  Gewicht  von  Platin  die* 
grösstmöglicbste  Chlorproduktion  zu  er- 
reichen bei  einem  technisch  annehmbaren 
Nutzeffekt,  d.  h.  mit  einem  minimalen  Salz- 
und  Kraftverbrauch. 

In  diesem  Gesichtspunkte  bewegt  sich 
auch  der  Anspruch  des  Dr.  Schoopschen 
Reichspatentes  No.  121 525  vom  Jahre  1898, 
welcher  folgendermassen  lautet: 

„Ein  Apparat  zur  Elektrolyse  von  Flüssigkeiten, 
besonders  zur  Herstellung  von  Bleichflüssigkeit, 
dadurch  gekennzeichnet,  dass  die  Elektroden  in 
parallel  und  nahe  beieinanderliegenden,  schmalen, 
langgestreckten  Rinnen  aus  widerstandsfähigem 
Material  angeordnet  sind,  cum  Zwocke  den  an 
einem  Ende  jeder  Rinno  kontinuierlich  zu- 
fliessenden  Elektrolyten  in  Form  von  Klüssigkeits- 
faden  der  Elektrolyse  zu  unterwerfen". 

Die  Firma  schreibt  am  15.  Oktober  1906 
wörtlich: 

„Verschiedenen  praktisch  unerläß- 
lichen Anforderungen,  welche  ein  brauch- 
barer Elektrolyser  erfüllen  muss,  ist  durch 
unablässige  Arbeit  und  Weiterentwicklung 
des  als  richtig  erkannten  Prinzips  gerecht 
geworden.  Dahin  gehört  in  erster  Linie 
die  Möglichkeit,  den  Elektrolyser  jeder- 
zeit, auch  wahrend  des  Betriebes,  mit 
wenig  Mühe  reinigen  zu  können.  Der 
Gipsgehalt  des  Steinsalzes,  welch  letzteres 
fast  überall  als  billigstes  Rohmaterial 
verwendet  werden  muss,  lässt  sich  nicht 
vollständig  beseitigen,  so  dass  die  zur 
Elektrolyse  gelangende  Salzlösung  immer- 
hin einen,  wenn  auch  geringen  Kalkgehalt 
zeigt.  Im  Laufe  der  elektrolytischen  Zer- 
setzung dieser  Salzlösung  wird  der  Kalk 
aus  derselben  ausgeschieden,  zum  Teil  als 
Schlamm,  zum  Teil  in  Form  von  Krusten, 
welche  sich  nach  Art  des  Kesselsteins 
an  den  Wandungen  des  Elektrolysers 
ablagern. 

Unser  Bastardelektrolyser  ist  in  jedem 
einzelnen  Teile  frei  zugänglich,  daher 
ausserordentlich  übersichtlich  und  leicht 
kontrollierbar.  Der  Nutzeffekt  desselben 
reiht  sich  demjenigen  der  besten  reinen 
Platinapparate  an  und  die  Dauerhaftig- 
keit übertrifft  letztere. 


Platin  ist  als  Anode  ungemein  wider- 
standsfähig, weniger  aber  als  Kathode, 
während  Graphitkohle  als  Kathode  un- 
begrenzte Haltbarkeit  zu  besitzen  scheint. 
Die  G.  m.  b  H.  Dr.  Faul  Schoop  über- 
nimmt die  Instandhaltung  ihrer  Anlagen 
auf  beliebige  Zeitdauer  gegen  eine  jähr- 
liche Quote  von  zehn  Prozent  des  Ver- 
kaufswertes des  Elektrolysers.  Ein 
Apparat  mit  acht  Batterien  wird  mit 
250  Ampere  bei  100  Volt  betrieben 
und  erzeugt  aus  lOVeiger  Salzlösung 
stündlich  5  kg  Bleichchlor.  Die  zehn- 
prozentige  Salzlösung  wird  praktisch 
auf  einen  Bleichchlorgehalt  von  lö'/ea 
(15  g/1)  gebracht.  Bei  Anwendung  löproz. 
Salzlösung  leistet  derselbe  Elektrolyser 
mit  300  Ampere  und  100  Volt  5,7  kg 
Bleichchlor  stündlich,  und  die  fertige 
Bleichflüssigkeit  bat  20  -22*/«  Bleich- 
chtorgebalt. 

Die  Kosten  einer  solchen  Anlage  setzen 
sich  zusammen  aus: 

8  Bastardbatterien  für  100 
Volt  300  Amp  M  9000.— 

Steinzeugpumpe  für  £00 
Minutenliter  „     375. — 

Schalttafel  m.  Instrumenten  „     200. — 

Steinzeuggefässe,  Hähne, 
Leitungen  etc  .  .  etwa  „  225.— 

Bleirohre  ...   „  100.— 

Fundament,  Salzauflöser 

etc  etwa  „     100. — 

zusammen  etwa  M  10000.— 
Bei  Anlagen  dieser  Grösse  empfiehlt 
es  .sich,  eine  besondere  Dynamo  für  den 
Elektrolyser  aufzustellen  oder  den  elektri- 
schen Strom  nur  dann  dem  Beleuchtungs- 
netze zu  entnehmen,  wenn  die  Beleuch- 
tung abgestellt  ist  Die  Temperatur  der 
Salzlösung  ist  nämlich  von  erheblichem 
Eioiluss  auf  den  Widerstand  letzterer, 
so  dass  zum  Beispiel  im  Sommer  bei 
20* C  Elektrolyttemperatur  die  Spannung 
von  100  Volt  reichlich  genügt,  800  Amp. 
in  den  Apparat  zu  treiben,  während  im 
Winter  bei  entsprechender  Kälte  und 
einer  Elektrolyttemperatur  von  5°G  an- 
fangs 110—120  Volt  erforderlich  sind, 
um  die  normale  Stromstärke  zu  erreichen. 


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662  E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.  III.  ß.  il  C.  ZELLSTOFF. 


Bei  Verwendung  von  zementierten 
Mauerwerkfundamenten  ist  Erdschluss 
niemals  zu  vermeiden,  welcher  sich  beim 
Ansehluss  des  Elektrolysers  an  das  Be- 
leuchtungsnetz störend  bemerkbar  machen 
müsste. 

Das  Verfahren  bei  der  Bereitung 
der  elektrischen  Bleichflüssigkeit  erfor- 
dert kaum  mehr  Arbeit  als  die  Herstel- 
lung von  Chlorkalkwasser.  Das  nötige 
Quantum  Steinsalz  (800  kg  für  23Vt- 
stundigen  Betrieb)  löst  sich  in  dem  Salz- 
auflöser  selbsttätig  auf.  Der  klaren  Salz- 
flQssigkeit  werden  je  nach  Art  des  zur 
Verwendung  kommenden  Salzes,  sowie 
des  Betriebswassers  Zusätze  gemacht, 
worauf  der  Elektrolyt  in  das  Fundament 
des  Elektrolysers,  das  als  Bassin  aus- 
gebildet ist,  abgelassen  werden  kann. 
Eine  Pumpe  saugt  nun  den  Elektrolyten 
an  und  wirft  denselben  in  den  auf  dem 
Etektrolyserfundament  stehenden  Stein- 
zeugkasten, aus  welchem  vier  Steinzeug- 
regulierhähne  die  Flüssigkeit  dem  eigent- 
lichen Elekfrolyser  zuführen.  Dieser  be- 
steht in  oben  angeführtem  Falle  aus  8 
Batterien,  welche  symmetrisch  zu  beiden 
Seiten  des  Steinzeugkastens  auf  2  Treppen 
von  je  4  Stufen  aufgestellt  sind,  und  zwar 
so,  dass  die  Salzlösung  nacheinander  alle 
8  Batterien  durchläuft  und  schliesslich  in 
das  Fundamentbassin  zurückfällt.  Wäh- 
rend so  die  Salzlösung  in  ziemlich 
raschem  Strom  und  in  20  gleichförmige 
Strahlen  verteilt  durchläuft,  empfängt  sie 
den  elektrischen  Strom  und  wird  dabei 
zersetzt  Bei  normalem  Gang  des  Elektro- 
lysers beträgt  die  jedesmalige  Zunahme 
der  Flüssigkeit  an  Bleichchlor  ca.  1*/««, 
so  dass  das  gesamte  Lösungsquantum 
ca  20  —25  mal  Uber  die  Batterien  gepumpt 
werden  muss,  bis  der  gewünschte  Grad 
(20— 22V«)  Chlorgehalt  erreicht  wird. 
Die  Temperaturzunahme  hängt  sehr  von 
der  Aussentemperatur  ab  und  ist  im 
Winter  so  unbedeutend,  dass  eine  be- 
sondere Kühlung  des  Elektrolyten  nicht 
nötig  ist,  während  man  im  Sommer  durch 
eine  im  Elektrolyserfundament  liegende 
Bleischlange  kaltes  Wasser  fliessen  lässt, 


um  die  Temperatur  des  Elektrolyten  auf 
25fC  zu  halten. 

Die  fertig  elektrolysierte  Lauge  wird 
mit  derselben  Pumpe,  die  die  Zirkulation 
besorgte,  in  einen  Vorratsbehälter  be- 
fördert, dann  eine  frische  Ladung  Salz- 
wasser dem  entleerten  Elektrolyser- 
Fundament  zugeführt  und  jetzt  mit  einer 
neuen  Operation  begonnen. 

Anstatt  den  täglichen  Bedarf  an 
Bleichlauge  in  einer  einzigen  langau- 

ebeosogut  dieses  Quantum  in  mehrere 
Teile  gespalten,  also  zum  Beispiel  V« 
davon  in  6  Stunden  fertig  elektrolysiert 
werden,  dann  das  zweite  Viertel  u.  s  f. 

Der  Bleichchlorgehalt  des  Elektrolyten 
muss  bei  Verwendung  I07«iger  Salz- 
lösung theoretisch  68*/«  betragen,  doch 
kann  dieser  Zersetzungsgrad  nicht  an- 
nähernd erreicht  werden.  Das  Haupt- 
hindernis hierbei  besteht  darin,  dass 
der  gebildete  Bleichkörper  (als  welcher 
vorläufig  bis  zur  besseren  Kenntnis  des 
Vorganges  das  Natriumbypocblorit  an- 
zusehen ist)  selbst  elektrolytisch  leitet,  du 
b.  durch  den  elektrischen  Strom  wieder 
zersetzt  wird ;  dies  um  so  mehr,  je  höher 
der  Prozentsatz  des  Bleichkörpers  im 
Verhältnis  zu  dem  noch  unzersetzten 
Steinsalz  ansteigt  Dazu  kommt  als 
werteres  ebenfalls  ungünstiges  Moment 
die  Fähigkeit  der  gebildeten  Bleichsub- 
stanz, in  Berührung  mit  der  Kathode 
sich  zu  reduzieren,  d.  h.  den  anf ge- 
nommenen Sauerstoff  wieder  abzugeben. 
Diese  zwei  Faktoren  bewirken,  dass  die 
Bildung  von  Bleichsubstanz  schon  auf- 
hört, bevor  kaum  die  Hälfte  der  theo- 
retischen Chlorkonzentration  erreicht  ist. 
Wenn  auch,  speziell  bei  Verwendung 
starker  Salzlösungen,  20*/«oige  Bleich- 
laugen mit  bis  60'/m  Chlorgehalt  erzeugt 
werden  können,  kommen  solche  hohe 
Konzentrationen  praktisch  doch  kaum 
in  Betracht,  da  der  Kraftverbrauch  zu 
gross  wird  und  auch  die  Anlagekosten 
des  Elektrolysers  steigen. 

Die  richtige  Wahl  der  Stärke  der 
Salzlösung,  sowie  des  Chlorgehaltes  der 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.   ZELLSTOFF.  558 


daraus  erzeugten  Bleichflüssigkeit  ist 
eigentlich  für  jeden  Fall  verschieden  und 


fast  allein  von  den  Preisen  des  Salzes 
und  der  Kraft  abhängig."1 


Flg.  266.  Dr.  Sohoop, 
Will  sich  der  Zellstofffabrikant  ein  voll- 
ständiges Bild  darüber  verschaffen,  was 
ausser  den  Elektrolyseuren  nötig  ist,  um  die 
elektrische  Bleiche  durchzuführen,  so  muss 
er  sich  einen  Anschlag  für  die  notwendige 
Gleichstrom- Dynamoanlage  mit  Schalttafel, 
Regulator,  Leitungen,  Spannungs-  und 
Strommesser,  Ausschalter  etc.  von  einer 
der  Elektrizitätsfirmen  beschaffen. 

Soweit  die  Informationen  des  Ver- 
fassers reichen,  werden  die  soeben  aufge- 
führten Maschinen  und  Einrichtungen  für 
eine  elektrische  Bleicheinrichtung  zum  Er- 
satz von  täglich  1CO0  kg  Chlorkalk  oder 
Erzeugung  von  täglich  300  kg  Elektrolyt- 
chlor mit  etwa  6000  M.  excl.  Elektrolyser 
zu  erstellen  sein. 

Die  Verzinsung  und  (10  Proz.)  Amor- 


Blelchelektrolyser  1906. 

tisation  auch  dieser  Anlage  sind  bei  den 
vorstehenden  Chlorlauge  -  Kostenberech- 
nungen der  Firmen  Siemens  &  Halske  und 
Schuckert  &  Co.  bereits  berücksichtigt. 

Diese  Kosten  reduzieren  sich  natürlich, 
oder  fallen  fast  ganz  fort,  wenn  eine  vor- 
handene genügend  grosse  elektrische  Be- 
leuchtungs -Anlage  mit  Gleichstrom  bei 
Tage  zur  Erzeugung  der  Elektrolytlauge 
benutzt  werden  kann,  oder  wenn  bei 
elektrischem  Zentral  -  Betriebe  genügend 
starke  Gleichstromdynamos  schon  vor- 
handen sind,  die  über  den  Kraltverbrauch 
hinaus  den  Strom  für  Herstellung  der 
Elektrolytlauge  noch  hergeben  können. 

An  Veröffentlichungen  der  Herren  Haas 
und  Dr.  Oettel  im  Wochenblatt,  Jg.  1906, 
Nr,  24  und  27,  sowie  an  einen  in  Hirsch- 

11.  Bogen  19C6, 


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56*  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER   IlL  B.  u.  G.  ZELLSTOFF. 


berg  gehaltenen,  in  Nr.  29  desselben  Blattes 
abgedruckten  Vortrag  des  Verfassers  schloss 
sich  eine  Diskussion  zwischen  den  Firmen 
Haas  &  Stahl,  bezw.  Dr.  Oettel  und  Alb. 
Abiin  in  Eds  Brak  (Schweden)  in  den 
weiteren  Nummern  des  Wochenblattes  an. 

Aus  derselben  geht  hervor,  da&s  die 
Beantwortung  der  Frage,  ob  die  ein-  oder 
zweipolig«:  Schaltung  der  Elektrolyseure 
vorteilhafter  sei,  sich  scheinbar  nach  der 
Grösse  der  Anlage  richtet 

Nach  Dr.  Oettel  ist  bei  kleineren  An- 
lagen bis  zu  etwa  110  Volt  und  200  Amp. 
das  doppelpolige  System  überlegen,  bei 
wesentlich  grösseren  aber  gewährt  die 
einpolige  Schaltung  grössere  Vorteile.  Alb. 
Ahlin  tritt  für  einpolige  Schaltung  ein. 

Zweifellos  hat  die  zweipolige  Schaltung 
den  Vorzug  grosser  Einfachheit,  da  ausser 
der  Stromzu-  und  Abführung  bei  ihr  keine 
Stromkontakte  notwendig  sind,  während  bei 
der  einpoligen  Schaltung,  sofern  die  Elektro- 
den aus  verschiedenen  Materialien  bestehen, 
für  jede  Elektrode  ein  Kontakt  nötig  wird. 

Die  Erfahrung  muss  lehren,  welche 
Schaltung  und  welches  Elektrolyseur- 
System  den  Sieg  davonträgt. 


Nachtrag  zu  Elektrolyseur  „System 
Schuckert"  Seite  643-547: 

Am  81.  Okt.  1906  schreibt  die  Elektrizi- 
täts-A.-G.  vormals  Schuckert  &  Co.,  Nürn- 
berg, an  den  Verfasser,  dass  die  Billingsfors 
Aktiebolag  an  die  schwedische  Vertretung 
des  Hauses  Schuckert  in  Stockholm  Luth 
&  Rosens  Elektriska  Aktiebolag  über  ihre 
elektrische  Anlage  „System  Schuckert" 
folgendes  Zeugnis  ausgestellt  habe: 

Auf  Verlangen  bezeugen  wir  hiermit, 
dass  wir  immer  noch  sehr  zufrieden 
sind  mit  der  elektrolytischen  Bleich- 
methode, welche  durch  die  Firma 
Schuckert  &  Co  in  Nürnberg  bei  uns 
installiert  worden  ist. 

Die  Anlage,  welche  jetzt  während 
6  Jahre  im  Betrieb  gewesen  ist,  hat 
ohne  Betriebsstörungen  und  mit 
unwesentlichen  Unterhaltungs  -  Kosten 
funktioniert.  Die  Fabrikation  besteht 
aus  mindestens  15000  Kilo  ganz 


gebleichter  Sulfat-Cellulose  pro 
Tag. 

Billingsfors,  den  22  Okt.  1906. 

Billingsfors  Aktiebolag 
gez  August  Laoftmann. 
Die Kymmene  Aktiebolag  arbeitet 
in  ihrer  Fabrik  Kuusankoski  (Finnland) 
ebenfalls  mit  einer  Schuckertschen  Bleich- 
anlage und  gibt  ihrer  Zufriedenheit  mit  der- 
selben in  einem  Schreiben  an  die  schwe- 
dische Vertretung  der  Firma  Schuckert 
wie  folgt  Ausdruck: 

.  .  .  teilen  wir  Ihnen  mit,  dass  die 
von  Ihnen  gelieferten  „Schuckertschen 
elektrolytischen  Bleichapparate"  bezüg- 
lich Haltbarkeit  und  Funktionieren  voll- 
kommen den  gegebenen  Garantien  ent- 
sprechen etc.  etc. 

Kymmene  bruk,  den  24  Okt.  1906. 

ppa.  Kymmene  Aktiebolag 
gez.  Emil  Gustafson. 

Aus  den  vorstehenden  Darlegungen  und 
Zeugnissen  ist  also  ersichtlich,  dass  das 
Bleichen  der  Papierstoffe  mit  Elektrolyt- 
laugen gegenwärtig  nicht  nur  verschiedent- 
lich zufriedenstellend  ausgeübt  wird,  sondern 
dass  die  sachverständigen  Ingenieure  und 
Chemiker  der  Elektrizitätsfirmen  der  festen 
Ueberzeuguog  sind,  die  elektrische  Bleiche 
biete  den  Benutzern  an  vielen  Stellen 
Deutschlands  neben  Qualitätsvorteilen  auch 
pekuniären  Gewinn  gegenüber  dem  Bleichen 
der  Stoffe  mit  Chlorkalklösungen. 

Es  steht  also  zu  erwarten,  dass  die 
elektrische  Bleiche  auch  in  den  Zellstoff- 
Fabriken  Deutschlands  ebenso  an  Aus- 
dehnung gewinnen  wird,  wie  dies  bereits 
seit  Jahren  schon  in  Skandinavien  und 
Amerika  der  Fall  ist 

Dia  Bleichholländer. 

Man  kann  in  jedem  beliebigen  Holländer 
bleichen,  und  es  geschieht  dies  auch  heute 
noch  in  manchen  Papierfabriken,  sowohl 
in  Halb*  als  Ganzzeugholländern.  Dass 
indessen  eiserne  Tröge,  eiserne  Grund  werks- 
und  Walzenkörper  mit  Stahlmessern  nicht 
zur  Güte  und  Haltbarkeit  der  Stoffbleiche 
beitragen,  ist  einleuchtend,  da  eine  Bildung 
von  Eisensalzen  dabei  unvermeidlich  ist 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   HU  B.  u  C.  ZELLSTOFF.  555 


Uebrigens  ist  die  Widerstandsfähigkeit 
des  Eisens,  besonders  des  Gusseisens,  gegen 
Chlorkalkflüssigkeiten  viel  grösser,  als 
vielfach  angenommen  wird  ;  auch  ist  die 
Verunreinigung  der  Lösungen  durch  Eisen 
dadurch  vermindert,  dass  sich  eiserne 
Lösungs Apparate  und  Aufbewahrungsgefässe 
mit  einer  Kalkkruste  überziehen,  die  eine 
direkte  Einwirkung  der  Lösung  auf  das 
Eisen  »fast  aufbebt;  immerhin  ist  der  gänz- 


liche Ausschluss  von  Eisen  empfehlenswert. 
Arbeitende  Flächen  in  Bleichholländern 
aus  Eisen  und  Stahl  sollten  unbedingt  ver- 
mieden werden. 

In  der  Zellstofffabrikation,  wo  es  sich 
um  Bleichen  sehr  grosser  Mengen  Stoff 
handelt,  werden  denn  neuerdings  auch  nur 
besondere  Bleichholländer  unter  Vermei- 
dung des  Eisens  und  Stahles  für  alle  inneren 
Teile  ausgeführt.   Man  baut  Böden  und 


Tat.  267.  E.  Nackea  Waich-  und  Blehrh»i:lnder. 


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556  K.  KIRCHNER,   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Wände  in  Zement,  die  meist  mit  chlorbe- 
ständigen Kacheln  verkleidet  werden,  für 
die  Stoffbewegiingsteile  und  die  Wasch  - 
trommeln  wendet  man  Kupfer,  Phosphor- 
bronze, Rotguss,  Messing  und  Holz  als 
solche  Baumaterialien  an,  die  der  Einwir- 
kung der  Bleichlosungen  lange  widerstehen. 

Die  Bleichholländer  erfüllen  ihren  Zweck, 
wenn  sie  ein  gutes,  schnelles  Nachwaschen 
der  Stoffe  durch  Zulauf  von  reinem  Fabri- 
kationswasser und  Abheben  von  verschmutz- 
tem Wasser  gestatten,  wenn  sie  während 
längerer  Einwirkung  der  Bleichlösungen 
eine  genügende  Mischung  durch  stetige 
WenduDg  und  eine  Inbewegungerhaltung 
des  Stoffes  im  Troge  bewirken. 

Für  den  ersten  Zweck  dienen  Wasch- 
trommeln, für  den  zweiten  Flügelräder, 
Schöpfräder,  Schraubenpumpen  etc. 

Nachfolgend  sind  einige  neuere  bewährte, 
vielfach  eingeführte  Bleichholländer  nach 
Prospekten  der  Hersteller  beschrieben. 

Wasch-  und  Bielen-Holländer  von  E. 
Nicke,  Coswig  in  Sachsen;  derselbe  ist 
S.  555,  Taf.  267  oben  im  Längsschnitt,  unten 
im  Grundriss  dargestellt. 

Das  Flügelrad  f  von  Phosphorbronze 
dreht  sich  über  einer  Bronzeplatte  a.  Der 
im  Holländer  nach  dem  Flügelrad  zu  sich 
bewegende  Stoff  wird  von  der  schrägen 
Platte  b  nach  unten  abgelenkt,  dann,  wie 
der  Pfeil  zeigt,  vom  Flügelrad  angesaugt 
und  tritt  nach  Durchgang  durch  das  Rad 
am  Umfange  desselben  in  (ächerlörmig  aus* 
gebreiteten  Strömen  aus. 

Der  nach  vorn  zu  aus  dem  Flügelrad 
tretende  Stoff  erzeugt  hierbei  einen  starken 
Unterstrom  dicht  am  Boden  des  Holländers, 
durch  welchen  jedes  Ansetzen  von  Stoff 
am  Boden  und  in  den  Ecken  verhindert 
wird.  Der  nach  der  Platte  b  zu  aus- 
tretende Stoff  wird  von  dieser  und  der 
Platte  c,  wie  die  Pfeile  zeigen,  ebenfalls 
nach  vorn  abgelenkt  und  bildet  vereint 
mit  dem  Unterstrom  den  starken  Zug 
dieses  Holländers.  Der  Antrieb  des 
Flügelrades  kann  von  unten  oder  von  oben 
geschehen,  am  einfachsten  mittels  eines 
halbgeschränkten  Riemens,  wie  die  Zeich- 
nung angibt, 


Die  Waschtrommel  w  ist  eine  Saug- 
waschtrommel ;  sie  geht  so  leicht,  dass 
sie  keine  besondere  Betrieb  skraft  braucht, 
sondern  durch  die  Bewegung  des  Stoffes 
umgetrieben  wird.  Damit  fallen  auch  die 
Zahnräder  und  Riemen  mit  ihren  Unbe- 
quemlichkeiten und  Unreinheiten  weg. 
Diese  Waschtrommel  wäscht  ferner  weit 
stärker  als  die  gewöhnliche  Schöpfwasch- 
trommel und  hat  vor  dieser  die  weiteren 
Vorzüge,  dass  die  Siebüberzüge  mehr  als 
zweimal  so  lange  halten  und  der  Faserver- 
lust beim  Waschen  ein  weit  geringerer  ist. 

Der  Holländer  bewegt  den  Stoff  voll- 
kommen geräuschlos  ohne  jedes  Schlagen 
oder  Spritzen.  Der  Zug  desselben  ist 
ein  so  starker,  dass  ein  Sitzenbleiben  des 
Stoffes  in  den  abgerundet  ausgeführtenEcken 
vollkommen  ausgeschlossen  und  der  Ge- 
brauch des  Rührscbeites  überflüssig  ist  Der 
Stoff  kommt  in  dem  Holländer  ausser  mit 
den  Wänden  nur  mit  Phosphorbronze  und 
Porzellan  in  Berührung,  die  Wandungen 
werden  mit  Porzellan- oder  Steingut  fliesen 
ausgekleidet;  der  Stoff  kommt  also  nur  mit 
Oberflächen  in  Berührung,  welche  gegen 
Säuren  und  Chlor  äusserst  widerstands- 
fähig und  dabei  sehr  reinlich  sind. 

Die  Mischung,  welche  der  Holländer 
bewirkt,  ist  bereits  nach  einmaligem  Durch- 
gang eine  recht  vollkommene,  so  dass  Chlor- 
wasser, welches  an  einer  Stelle  eingeleitet 
wird,  nach  nur  einmaligem  Durchgang 
dnreh  das  Flügelrad  gleichmässig  mit  dem 
Stoff  gemischt  ist. 

In  ebenso  gleichmäßiger  Weise  ge- 
schieht die  Erwärmung  des  Stoffes  durch 
einen  eingeleiteten  Dampfstrabi.  Die  Tem- 
peratur des  Stoffes  nimmt  hierbei  selbst 
in  den  grössten  Holländern  schnell  über- 
all um  gleichviel  zu,  sodass  man  die  für 
den  Bleichprozess  günstigste  Temperatur 
genau  herstellen  kann. 

Der  Holländer  hat  innerhalb  des  Troges 
keine  versteckten  Ecken  und  Winkel,  jede 
Stelle  liegt  dem  Auge  vollkommen  frei, 
nachdem  der  Stoff  abgelassen  ist.  Es 
ist  dies  in  Verbindung  mit  dem  reinlichen 
säure-  und  chlorfesten  Material  des  Hol- 
länders ein  wichtiger  Vorzug,  wo  es  sich 


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IL  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.   ZELLSTOFF.  557 


um  Herstellung  reinster  Stoffe  handelt. 
Diese  Holländer  sind  in  Grössen  bis  zu 
10  m  Länge  und  4 Vi  m  Breite  ausge- 
führt. Bei  IV«  m  Stofftiefe  enthält  der 
Trog  etwa  50  cbm  Stoff,  der  auf  6  pCt. 
eingedickt  etwa  3000  kg  tr.  ged.  Stoff  ergibt. 


Bleich-  und  Mischholländer  mit  Stoff 
treiber,  System  Strobach,  baut  die  Ma- 
schinenbauanstalt H.  Füllner,  Warmbrunn 

in  Schlesien. 

Taf.  26 3  zeigt  oben  einen  Längsschnitt, 
unten  einen  Grundriss  dieses  (ür  Zellstoff- 
bleiche ebenfalls  sehr  bewährten  Hollän- 
ders Der  Strobach'sche  Stoffireiber  wird 
durch  Riementrieb  und  Rädervorgelege  in 


Taf.  268.   Bleich-  und  Misohholländer,  System  Strobaoh.  H  Füllner,  Warmbrunn 


558 


E.  KIRCHNER.  DAS  PAPIER.   HL  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


langsame  Umdrehung  (n  «  etwa  6  -8)  ver- 
setzt Der  Stoff  wird  mit  sehr  geringem  Kraft- 
aufwand Ober  den  niederen  Sattel  gehoben; 
die  entstehende  Höhendifferenz  des  Stoff- 
standes hinter  und  vor  .dem  Stofftreiber 
0,8—0,5  m  bewirkt  im  Verein  mit  dem 
Gefälle  des  Bodens  eine  hinreichende  Be- 
wegung des  Stoffes  und  durch  die  schräg- 
stehenden Schaufeln  eine  innige  Stoffmi- 
schung selbst  bei  Eindickung  bis  zu  7,5  pCt 
lufttrockenen  Stoffes.  Eine  mittelst  Riemens 
und  Rädervorgelege  angetriebene  Wasch- 
trommel besorgt  das  Auswaschen  des 
Stoffes.  Ein  solcher  Holländer,  8,2  m  lang, 
2,8  m  breit,  1,5  m  hoch,  im  Lichten  des 
Troges  gemessen,  enthält  netto  25  cbm 
Fflllraum  mit  15CO-1875  kg  tr.  ged.  Stoff. 
Nach  vorliegenden  Zeugnissen  und  Nach- 


rechnungen erfordern  diese  Holländer  wenig 
Betriebskraft,  sie  mischen  und  waschen 
recht  gut,  bleichen  sparsam,  schnell  und 
sehr  gut. 

Die  Propeller-Holländer  von  Gebrüder 
Bellmer,  Niefern  werden  in  einfacher  (ein- 
mal geteilter  offener  Trog)  und  doppeltwir- 
kender (zweimal  geteilter  offener  Trog)  Kon- 
struktion ausgeführt  Sie  haben  sich  für 
Waschen,  Mischen  und  Bleichen  aller  Pa- 
pierstoffe gut  eingeführt  und  ausgezeichnet 
bewährt 

Das  Bewegungsorgan  für  den  auf  5  bis 
8  Proz.  (lufttrocken  gedachten)  eingedickten 
Stoff,  der  Propeller,  besteht  aus  einer 
Schraubenpumpe,  die  bei  verhältnis- 
mässig geringem  Kraltaufwand  recht  vor- 
teilhafte Geschwindigkeiten  (bis  10  m/min.) 
des  Stoffes  im  Troge  hervorruft  so  da?* 
eine  verhältnismässig  schnelle  und  gleich- 
mässige  Bleiche  erzielt  wird. 

Die  Bleichholländer  mit  einfach  w 


tN. ufern    Baden  \^ 


Ttf.,269. 


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K.  KlKCHNfcR.   DAS  PAPIER-   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF.  559 


dem  Propeller  und  2teiligem  Troge  werden 
nach  vorliegenden  Prospekten  für  300  bis 
3503  kg  Eintrag,  6  -60  cbm  Fassungsraum 
bei  4,5-11  m  Länge,  1,7-4,7  m  Breite, 
1,7-2  m  Höhe  des  Troges  (2-8  PS  Kraft- 
bedarf), mit  doppeltwirkendem  Propeller 
und  3teiligem  Troge  für  400  -7000  kg  Ein- 
trag, 7—115  cbm  Fassungsraum,  bei  3  bis 
16,5  m  Länge,  2,6-6  m  Breite,  1,75  -2  m 
Höhe  des  Troges  (2Vt  -22  PS  Kraftbedarf) 
ausgeführt 

Tafel  269  gibt  oben  den  Aufriss,  uoten 
den  Grundriss  eines  doppeltwirkenden  Bell- 
mer-Bleichholländers,  der,  wie  dargestellt, 
mittelst  Riemens  oder  direkt  mit  einem  Elek- 
tromotor und  Isolationskupplung  ange- 
trieben werden  kann. 

Die  Stoffe  werden  zweckmässig  in  flüs- 
siger Form  oder  in  in  Wasser  eingeweichten 
Bogen  oder  in  Blattstücken  zerhackter  Rol- 
len eingetragen.  Die  Schnecken  der  Propeller 
bewirken  bei  350 -400  minutlichen  Umdre- 
hungen nicht  nur  eine  intensive,  gleich- 
mässige  Stoff-  und  Bleichflüssigkeits-Mtsch- 
ung,  sondern  sie  lösen  auch  unter  Schonung 
der  Faser  die  Stoffblätter  gut  auf.  Bei  der 
ruhigen,  geräuschlosen  Arbeit  der  Schnecken 
ist  die  lästige  Schaum-  und  Knotenbildung 
völlig  ausgeschlossen,  auch  das  gefürchtete 
Spinnen  der  Stoffe  ist  bei  der  eigenarti- 
gen Vorwärtsbewegung  völlig  vermieden. 
Die  Propeller  sind  auf  gusseiserner  Funda- 
mentplatte ausserhalb  des  Troges  montiert 
und  mit  letzterem  durch  angeflanschte  und 
eingemauerte  Trichter  verbunden.  Gehäuse, 
Trichter  und  Bewegungsflügel  werden  so- 
wohl in  Gusseisen,  als.  auch  in  säurebe- 
ständiger Phosphorbronze  angefertigt;  die 
starke  Achse  ist  vorzüglich  doppelt  abge- 
dichtet und  von  besten  Ringschmierlagern 
getragen.  Das  Gehäuse  ist  mit  abnehm- 
barem Deckel  verseben,  wodurch  alle  Teile 
kontrolliert  und  jederzeit  gereinigt  werden 
können.  Die  Holländertröge  werden  meist 
in  Monierkonstruktion  im  Innern  mit  Por- 
zellan- oder  glasierten  Tonplatten  ver- 
kleidet ausgeführt,     Zweckmässig  ange- 
ordnete Waschtrommeln  sorgen  für  rasche 
Entwässerung,  grosse  Ventile  für  schnelle 
Entleerung  und  Ausspülung.  Die  Propeller 


werden  auf  Wunsch  mit  Schieberanord- 
nungen verseben  und  gestatten  dann  den 
Stoff  in  höher  gelegene  Bütten  zu 
drücken;  dadurch  wird  schnellste  Entlee- 
rung erreicht  bei  Ersparung  einer  besonde- 
ren Pumpe,  die  den  Stofftransport  zu  ver- 
seben hätte.  Die  Bleichdauer  beträgt  incl 
Füllen  und  Leeren  12—24  Stunden.  Diese 
Holländer  haben  sich  rasch  im  In-  und 
Auslande  eingeführt  Vorzügliche  Zeug- 
nisse erster  Firmen  unseres  Faches  und 
zahlreiche  Nachbestellungen  liefern  den 
besten  Beweis  für  die  Güte  und  Beliebt- 
heit dieser  Bleichholländer. 

Die  Tangentlalrad  -  Bleichholländer, 
System  Hromadnik,  entsprechen  ebenfalls 
den  Ansprüchen,  die  an  einen  guten  Bleich- 
holländer gestellt  werden.  Die  kleineren 
Holländer  werden  mit  einem  Tangentialrad, 
die  grösseren  mit  zwei  Tangentialrädern 
auegestattet.  Die  Tangen! ialräder  werden 
entweder  schief  eingebaut,  die  Antriebwelle 
geht  dann  durch  den  HoUänderboden  bis 
in  die  darunter  befindliche  Etage,  so  dass 
ähnlich  dem  Nackeschen  Holländer  Tai.  267, 
Seite  555  der  Bleichholländerraum  frei 
vom  Hauptantrieb  ist,  oder  sie  stehen 
vertikal  wie  beim  Arrangement  Tafel  270, 
Seite  560  (oben  Aufriss,  unten  Grundriss) 
eines  in  neuester  Zeit  gebauten  Bleich- 
holländers mit  3500  kg  Eintrag  (Trog- 
dimensionen etwa  12  m  lang,  4,5  m  breit, 
1,8  bis  1,9  m  tief).  Es  können  Wasch- 
trommeln in  beliebiger  Zahl  und  Stellung 
angeordnet  werden.  Die  Tangential-  oder 
Schraubenräder  703-900  bezw.  959  bis 
1100  mm  Durchm  machen  etwa  120  Um- 
drehungen in  der  Minute  und  erteilen  dem 
Stoff  im  ganzen  Querschnitt  eine  gleich- 
mässige  Umfangsgeschwindigkeit 

Alle  Lager  der  Wellen  liegen  ausser- 
halb des  Holländertroges  und  sind  leicht 
zugänglich.  Die  Abdichtungen  der  Büchsen- 
verpackungen sind  so  vollständig,  dass 
Undichtheiten  und  Verunreinigungen  des 
Stoffes  ausgeschlossen  sind. 

Der  Holländertrog  wird  in  Monierbeton 
ausgeführt ;  dies    hat    sich  vorzüglich 
■  bewährt,  indem  die  wechselnde  Temperatur 


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660 


E.  KIRCHNER    DAS  PAPIER.    ID.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Taf.  270.  Asf-  lod  Grundrist  slaes  Bleichhollinder«,  System 

Ausführung:   Elsengiesaerei  und  MaschinenfabrlK-A -6.,  Bautzen. 


des  Bleichgutes  keinen  schädigenden  Ein- 
üuss  erkennen  Hess. 

Das  Eintragen  des  Stoffes  kann  in  flüssiger 
und  in  Pappenform  geschehen.  Je  nach 
Meinung  und  Wunsch  kann  die  Stoffkonsi- 
stenz bis  auf  7'/o,  die  Umlaufgeschwindigkeit 
bis  etwa  15  m/min.  gebracht  werden. 

Bezüglich  der  Leistungen  der  Hromad- 
nik-Bleicbholländer  sei  hier  folgendes  Zeug- 
nis vom  29.  November  1900  seitens  der 
Vereinigten  Strohstoff-Fabriken,  Coswig  in 
Sachsen  abgedruckt: 

„Der  von  Ihnen  gelieferte  Bleichhol- 
„länder  in  unserer  Fabrik  Rheindürkheim 
„stellt  uns  sowohl  in  der  Betriebsarbeit  als 


„auch  in  der  Bleicbleistung  recht  zufrieden 
„Das  aktive  Chlor  der  Bleichlösungen 
„wird  bei  Ihrem  Holländer-System  sehr 
„ausgenützt,  da  die  Schraube  grosse  Luft- 
„mengen  in  das  Bleich  gut  mischt  Die 
.  „Mischung  des  Stoffes  ist  vorzüglich  und 
„die  erforderliche  Betriebskraft  für  den 
„Bleicher  massig.  Bei  110  Touren  des 
„Propellers  pro  Minute  marschiert  der 
„Stoff  mit  rund  8  m/min.  bei  einer  Stof- 
„dichte  von  7,06  «Proz.  lufttr.  ged.  in  ge- 
bleichter Ware.  Diese  Ziffern  gewähr- 
leisten auch  unbedingt  eine  wirksame  und 
„sparsame  Bleiche  bei  verhält 
„kurzer  bleichzeit," 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


561 


Kontinuierlicher  Bleichapparat  im  Ablaufrohr  R  zugeführt  wird.  Durch 

Herr  C.  Skjöld,  Aras,  berichtet*  über  seine  Dampfzuführröhrchen   r„  r2,  r3   wird  die 

Studien  eines  kontinuierlich  arbeitenden  Bleich-  Temperatur  des  Stoffes  in  den  Bleichbottichen 

apparates,  wie  er  Taf.  267  im  Auf-  und  auf  50— 60°C  gehalten. 

Grundriss  dargestellt  ist  den  er  in  einer  Nahe  dem  oberen  Boden  der  Bottiche 


Wr7. 


f  !  i      -  Pl, 


II 


! 


Taf.  267.  Amerikanische  Bottich-Bleicherei  nach  Skjöld  1002. 


grossen  amerikanischen  Sulfitfabrik  in  Berlin 
N.  H.,  Vereinigte  Staaten,  angetroffen  hat. 

Der  Stoff  wird  nach  der  Schnellkoch- 
methode (Kochzeit  etwa  8  Stunden)  her- 
gestellt. 

Der  gereinigte,  ausgewaschene,  ungebleichte 
Sulfit-Stoff  kommt  in  die  Entwässerungs- 
maschine A,  wird  vom  Rundsiebe  durch  die 
Presswalze  a  abgeschabt  und  gelangt,  mit  50°C 
warmem  Wasser  verdünnt,  in  einen  kleineren, 
geschlossenen  Bottich  B.  Letzterem  schliessen 
sich  4  oder  mehr  (je  nach  der  Tagespro- 
duktion in  Zahl  und  Grösse  bemessen)  eben- 
falls geschlossene  Bleichbottiche  C  an.  Zwei 
Entwässerungsmaschinen  D  sorgen  schliesslich 
für  zweimaliges  Auswaschen  und  Wiederver- 
dünnen des  Sulfitstoffes.  Die  Zentrifugal- 
pumpen Z  bewirken  das  Durchlaufen  des  Stof- 
fes durch  die  Bleichbottiche  und  unterstützen 
die  durch  Rührwerke  bewirkte  Vermischung 
des  Stoffes  mit  der  Chlorkalklösung  von 
3,5°  Be\  welche  dem  durch  Rührwerk  ver- 
mischten Stoff  des  Bottichs  B  mittelst  Rohr  r 


•  Svensk  Pappers-Tidning,  Jg. 
S.  85  6. 


1905,  Nro.  15. 


sind  Kasten  K  angebracht,  die  durch  die 
Rohre  R  den  Austritt  des  Stoffes  nach  den 
Pumpen  Z  und  durch  Rohre  U  von  einem 
Bottich  zum  andern  ermöglichen.  Es  sind 
an  den  Kasten  K,,  K^  K3,  K<  noch  Rück- 
laufrohre O  angeordnet,  die  in  Funktion 
treten,  sobald  man  nicht  so  schnell  die  ge- 
wünschte Bleichwirkung  erzielt. 

Will  man  z.  B.  im  Bottich  C,  länger 
bleichen,  so  wird  ein  Holzpfropfen  in  der 
Kastenöffnung  zum  Rohr  O,  weggenommen 
und  R,  damit  verstopft;  dann  zirkuliert  der 
Stoff  im  Bottich  C,  durch  Rohr  O,  und  U,, 
ohne  weiter  zu  marschieren.  In  dieser 
Weise  ist  man  imstande,  den  Stoff  in  einem 
beliebigen  Bottich  eine  Zeitlang  nachzu- 
bleichen,  und  kann  hernach  durch  Umsetzen 
des  Stopfens  wieder  die  kontinuierliche  Vor- 
wärtsbewegung bewirken. 

Die  Bleichlösung  wird  mit  Hilfe  elek- 
trisch gewonnenen  Chlors  hergestellt 

Die  von  Skjöld  beschriebene  Bleicherei 
hatte  4  Bleichbottiche  von  8  m  Höhe,  4,9  m 
Durchmesser  (etwa  150  cbm   Inhalt)  und 

12.  Bogen  1906. 


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I 


562   E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIE 

leistete  mit  I  Mann  Bedienung  40—45  t  in 
24  Stunden. 

Der  Vorteil,  meint  Skjöld,  liege  in  der 
einfachen  Bedienung,  sowie  in  dem  luftdich- 
ten und  hochtemperierten  Arbeiten  des  Appa- 
rates gegenüber  den  Bleichholländern. 

Ein  anderer  günstiger  Umstand  dürfte 
der  sein,  dass  der  Stoff  abgepresst,  also  dick 
mit  den  Bleichlösungen  zusammenkommt, 
wodurch  die  Wirksamkeit  letzterer  erhöht 
wird. 

Der  Bleichprozess 

schliesst  sich  den  Koch-,  Wasch-  und  me- 
chanischen Reinigungs- Prozessen  der  Zell- 
stoffe, am  besten  unmittelbar,  an. 

Hatten  die  letztgenannten  chemischen  und 
mechanischen  Prozesse  die  Aufgabe,  die 
einzelnen  Elemente  der  Pflanzengewebe  zu 
isolieren,  die  löslichen  Körper  (diesogenann 
ten  inkrustierenden  Substanzen)  in  Lösung 
zu  bringen  und  die  noch  nicht  vollständig 
getrennten  Faserbündel  mechanisch  zu  zer- 
teilen ,  sowie  un zersetzte  Gewebeteile  und  1 
Fremdkörper  zu  entfernen,  so  ist  das  Bleichen 
ein  rein  chemischer  Schlussprozess.  Er  soll 
die  an  und  in  der  Zellmembran  und  die  im 
Zellinnern  (Lumen)  noch  befindlichen  gefärb- 
ten organischen  Substanzen  zersetzen,  dass 
die  rein  weisse  Farbe  der  Zellsubstanz  zum 
Vorschein  kommt.  Das  Bleichen  bildet 
also  eine  Fortsetzung  in  chemischer  Be- 
ziehung und  den  Schluss  der  chemischen 
Arbeitsprozesse  bei  der  Veredlung  der 
Pflanzenstoffe  in  Zellstoff. 

Die  Erfahrung  lehrt,  dass,  gründliche 
Waschung  und  mechanische  Reinigung  als 
selbstverständlich  vorausgesetzt,  der  Koch- 
prozess  von  grösstem  Einfluss  auf  die  Bleich-  , 
barkeit  der  Stoffe  ist,  dass  die  Lösung  der 
Inkrusten  durch  das  Kochen  mit  Chemikalien 
bis  zu  einer  gewissen  Grenze  getrieben  sein 
muss,  damit  sich  der  Stoff  leicht  und  hoch- 
weiss  bleichen  lasse.  Nicht  nur  zu  wenig 
(hart),  sondern  auch  zu  viel  (übergar)  ge- 
kochte Stoffe  zeigen  sich  schwerbleich- 
bar,  d.  h.  sie  lassen  eine  hohe  reine  Weisse 


R.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 

schwer  erreichen.  Im  ersten  Falle,  d.  h.  bei 
nicht  ganz  gar  gekochtem  Stoff  kann  aber 
unzweifelhaft  der  Bleichprozess  als  eine  Fort- 
setzung oder  Ergänzung  der  Lösungsarbeit 
des  Kochprozesses  für  die  Inkrusten  der  Zell- 
stoffe aufgefasst  und  ausgeübt  werden.  Man 
ist  indessen  nach  den  bisherigen  Erfahrungen 
zu  dem  Schluss  gekommen,  dass  es  unwirt- 
schaftlich ist,  einen  nicht  genügend  ge- 
kochten Stoff  zu  bleichen,  vielmehr 
liegt  es  im  grössten  Interesse  des  Zellstoft- 
fabrikanten,  welcher  gebleichten  Stoff  her- 
stellen will,  die  richtige  Grenze  einzuhalten, 
bis  zu  welcher  er  den  Kochprozess  zu  trei- 
ben hat. 

Es  ist  hier  hervorzuheben,  dass  die  Ver- 
schiedenheit der  Holzbrockengrösse,  die  Aestc, 
ja  die  Herbst-  und  Frühjahrsholzsehichtert 
verschieden  leicht  von  den  Kochlaugen  durch- 
drungen und  deshalb  auch  verschieden  voll- 
kommen durch  den  Kochprozess  aufge- 
schlossen werden  und  dass  dem  Bleichprozess 
für  Ausgleichung  dieser  Verschiedenheiten, 
wenn  man  gleich  massig  gebleichten  Stoff 
haben  will,  stets  genügend  Gelegenheit  bleibt. 

G.  Türk-Karlsruhe  sagt  in  einem  Briefe 
vom  22.  Oktober   1903  an  den  Verfasser 

„Das  Fortschreiten  der  Wirkung  de? 
Kochprozesses  findet  von  aussen  nach  innen 
statt,  dies  lernt  man  am  ehesten  beim  „Schnell- 
kochen." Man  braucht  nur  nach  grösse- 
ren Stoffbrocken  einer  entleerten  Kochun^ 
zu  suchen  und  sie  zu  spalten.  Die  Grösse 
des  aus  Fig.  268  an  zwei  solchen  Brocken 
erkennbaren  dunklen  Kernes  gibt  einen 
deutlichen  Anhaltspunkt  für  den  Zellstoff- 
fabrikanten zur  Beurteilung  der  Härte  und 
Festigkeit  der  ganzen  Stoffkoehung." 

Verfolgt  man  nun  die  dem  Kochprozess 
folgenden  Zerfaserungs-  und  Reinigungs- 
prozesse, so  ist  zu  bemerken,  dass  die 
harten  Kerne  solcher  Brocken,  durch  die 
Quirlschläger  vom  gutgekochten  Stoff  befreit 
bei  den  Knotensieben  wohlerhalten  heraus- 
rollen. Auch  der  Kern  des  oberen  Brocken* 
a  ist  darunter,  selten  finden  wir  auch  unter 
den  kleinen  Kernen  den  des  unteren  Holz- 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


5t>3 


Fig.  268.   Grobe  Holzstücke  nach  der 
Schnellkochung.   G.  Türk. 

brockens  b.  Nun  gibt  es  aber  noch  sehr 
viele  Holzbrocken,  deren  Kerne  nach  dem 
Kochen  noch  kleiner  und  noch  heller  er- 
scheinen; diese  sind  auch  im  Innern  besser 
aufgeschlossen  und  werden  von  den 
Quirlschlägern  leichter  zermalmt,  sie  be- 
finden sich  dann  teilweise  als  zusammen- 
hängende blattähnliche  Zellenbündel  im 
Stoffe  ,  ihre  Zwischenlamellen  -  Substanz  , 
Ugnin-  und  Infiltrationsstoffe  sind  auch 
nach  energischem  Waschen  nicht  völlig  ent- 
fernt, ihre  Farbe  ist  nicht  so  lichtgelb  wie 
die  des  vollkommen  in  Einzelzellcn  zerfallenen 
Stoffes. 

Diese  Zellenbündel  stören  die  Bleiche 
des  Stoffes  scheinbar  nicht,  man  findet  sie 
meist  nach  dem  Bleichen  nicht  mehr  zu- 
sammenhängend vor;  wenn  sich  einige  er- 
halten haben,  so  erscheinen  sie  schneeweiss 
und  zerfallen  bei  der  weiteren  Umwandlung 
des  Zellstoffes  in  Papierganzstoff.  Dass  Zell- 
stoff mit  vielen  nicht  vollkommen  gekochten 
oder  gelösten  Zellenbiindeln  (auch  wohl 
als  Splitter  zu  bezeichnen)  beim  Bleichen 
mehr  Chlor  verzehrt,  darf  nicht  verwundern, 
dass  aber  der  Bleichpro zess  in  chemi- 
scher Beziehung  unter  Umständen  auch  als 
Fortsetzung  des  Ko ch p  ro z esses  auf- 
gefasst  werden  kann,  ist  hiernach  einleuchtend. 

Lässt  sich  doch  auch  durch  Chlor  allein, 
ohne  vorherige  Kochung  schneeweisse  Zellu- 


1 


lose  herstellen,  wie  man  an  den  hölzernen 
Chlorwassergefässen  beobachten  kann. 

Anders  verhält  es  sich  mit  den  braunen 
bis  schwarzen  Stoffteilen,  die  als  Schwimm- 
stücke  oder  bei  ungenügender  Füllung 
der  Kochapparate  mit  Kochlösung  im  oberen 
Dampfraum  des  Kochers  entstehen.  Diese 
Teile,  welche  stets  von  Fehlern  beim  Koch- 
prozess  herrühren  und  in  einer  gut  geleiteten 
Fabrik  nicht  vorkommen,  sind  mit  Recht  als 
„Braunholz"  gefürchtet;  sie  durchsetzen,  wenn 
sie  vor  dem  Leeren  nicht  vollständig  entfernt 
werden,  den  ganzen  Stoff  und  erweisen  sich 
als  unbleichbar.  Die  gleiche  Unbleich- 
barkeit  zeigt  der  Stoff  aus  den  Holzteilen 
der  Gangwände,  welche  vielleicht  durch 
Speichelausflüsse  und  durch  die  Exkremente 
der  Käfer  und  Larven  des  Bostrichus  lineatus* 
durchtränkt,  bezw.  chemisch  verändert  wurden. 

Auf  den  Umstand,  dass  die  Zellstoffe  je 
nach  der  Kochmethode  oder  nach  Anwendung 
der  verschiedenen  Kochflüssigkeiten  bezüglich 
ihrer  Bleichfähigkeit  sich  verschieden  verhalten, 
war  schon  S.  521  hingewiesen.  Es  sei  noch 
hervorgehoben,  dass  es  ein  hervorragender 
Vorteil  des  Sulfitverfahrens  gegenüber  den 
Natronverfahren  ist,  dass  Sulfitstoff  nach  voll- 
endetem Kochen  und  Auswaschen  schon  eine 
sehr  helle  (wie  halbgebleichte)  Farbe  besitzt 
und  sich  im  allgemeinen  leichter  bleicht  als 
Natronstoff,  weil  Natronstoff  meist  noch  Teil- 
chen von  Natronsalzen  enthält 

Diese  die  Bleiche  störenden  Natronsalz- 
restc  sind  übrigens  in  den  Aetznatron- 
stoffen  stärker  vertreten  als  in  den  Sul- 
fatstoffen; hierin  liegt  der  Grund,  dass  die 
nach  dem  Aetznatronverfahren  hergestellten 
Strohstoffe  mehr  Bleichmittel  brauchen  als 
die  Sulfatstrohstoffe.  Natron-Nadelholzzellstoffe 
erfordern  etwas  mehr  Bleichmittel  als  Natron- 
strohzellstoff. 

Gut  gekochte  und  vollständig  ausge- 
waschene Natronstoffe  bleichen  auch  leicht. 

Ueber  die  Zweckmässigkeit  der  Erwär- 
mung des  Stoffes  sind  die  Ansichten  z.  Zt. 
noch  geteilt.    Im  allgemeinen  ist  zu  betonen, 

•  Man  vergleiche  Teil  II.  A  dieses  Werkes,  S.  24, 

linke  Spalte. 


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564 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


dass  die  Erhöhung  der  Temperatur  jeden 
chemischen  Prozess,  also  auch  den  der  Bleiche, 
fördert  36  bis  40°  C  werden  von  den 
meisten  Praktikern  als  die  höchste  zulässige 
Grenze  festgehalten,  weil  bei  höheren  Tempe- 
raturen die  höchste  Bleiche  (Weisse)  leicht 
umschlägt,  der  Stoff  wieder  gelb  wird,  viel 
Chlor  durch  Verflüchtigung  verloren  geht 
und  die  Bleichräume  verpestet,  während 
manche  Fachleute  höher  (bis  zu  60°  C)  zu 
gellen  empfehlen. 

Der  Chemiker-Ingenieur  |Th.  Knösel,  Neustadt, 
Westpr.,  tritt*  für  höhere  Erwärmung  ein,  weil  der 
Bleichprozess  schneller  und  besser  vor  sich  gehe. 
Die  Wirme  befördere  die  Durchdringung  der  Zcll- 
wände  mit  der  Bleichflüssigkeit,  letztere  gelange  also 
durch  Endosmose  an  die  vielfach  auch  im  Lumen  der 
Zellen  befindlichen  Farbsubstanzen.      Die  Bleich  - 
lösung  sei  keine  Lösung  von  Chlorgas  in  Wasser, 
sondern  eine  Lösung  von  unterchlorigsaurem  Kalk, 
die  durch  grosse  Mengen  Wasser  des  ungebleichten 
Stoffes  sehr  verdünnt  wird.  Die  farbigen  Substanzen 
verbrauchen  den  Sauerstoff  der  unterchlorigcn  Säure 
zu  ihrer  Oxydation,  während  das  Chlor  mit  dem 
Wasserstoff  Salzsäure  bilde,  welche  weiteres  Chlor  [ 
aus  der  Bleichflüssigkeit  freimache,  das  den  Bleich-  j 
prozess  weiterführe.    Nur  grosse  Ueberschüsse  von  ; 
Chlorkalklösung  und  übermässiger  Zusatz  von  Säure 
brächten  unangenehmen  Chlorgeruch  in  die  Bleich-  j 
räume. 

Betreffs  Zusatz  von  Säure  beim  Bleichen  bemerkt 
Knösel,  dass  der  'Sulfitstoff  wohl  immer  noch  ge- 
nügende Mengen  Säure  bezw.  doppelschwefligsauren 
Kalk  enthalte,  um  den  Aetzkalk  der  Chlorkalklösung 
abzustumpfen  und  die  erste  Portion  Chlor  zur  Ein- 
leitung des  Bleichprozesses  frei  zu  machen.  Nur 
wenn  der  Sulfitstoff  noch  stark  sauer  sei  und  dabei 
stark  erwärmt  werde,  könne  zu  viel  Chlor  auf  ein- 
mal frei  werden  und  den  Aufenthalt  im  Blcichlokal 
unangenehm  machen. 

Entgegengesetzt  liege  die  Sache  beim  Natron- 
bezw.  Sulfatstoff,  welcher  fast  immer  alkalisch  rea- 
giere ;  hier  könne  das  Zuführen  einer  geringen  Menge 
Säure  in  starker  Verdünnung  und  gleichmässiger 
Verteilung  nur  günstig  sein. 

Ueber  das  erste  Rot-  und  Orangewerden  ange- 
bleichten Sulfitstoffes,  von  dem  S.  522,  rechte  Spalte 
schon  die  Rede  war,  sagt  Knösel,  dass  dieses  auch, 
wenn  auch  in  geringerem  Masse,  bei  Natron-  und 
Sulfatzellstoff  zu  beobachten  sei;  diese  Rotfärbung 
habe  er  auch  beobachtet,  wenn  gut  in  Shank kästen 
ausgelaugter  Natron-  und  Sulfatstoff  mit  frischem, 
reinem,  lufthaltigemWasser  in  Berührung  kam ;  das 
frische  Wasser  gab  schnell  den  Sauerstoff  an  die 
obere  Schicht  des  Zellstoffes  ab,  diesen  mehr  oder  ; 
weniger  rot  färbend,  die  unteren  Schichten  des  [ 
Stoffes  behielten  ihre  weisslich -graue  Farbe.  Dieses  , 


•  Im  Wochenblatt  für  Papierfabrikation  Jg.  1906, 
S.  3100,03. 


Rotwerden  sei  als  Beginn  des  Bleichens  anzusehen 
Wie  der  Zellstoff  den  Sauerstoff  des  Wassers 
verbrauche,  so  gebe  es  auch  kein  besseres  Mittet, 
Bleichabwasser  ganz  chlorfrei  zu  machen,  als  dieses 
durch  eine  lockere  Schicht  Zellstoff  gehen  zu  lassen 
Der  Zellstoff  werde  dadurch  auch  vorteilhaft  an- 
gebleieTnt. 

Die  rote  Färbung  kann  nach  Knösel  verschiedener  An 
sein.  Er  meint,  es  können  sich  Zwischenverbindungen 
organischer  Natur  bilden ;  in  anderen  Fällen  habe  er 
beobachtet,  dass  es  anorganische  Verbindungen  seien, 
vielleicht  geringe  Mengen  von  Mangan  Verbindungen, 
aus  dem  Kalk  stammend,  der  zum  Schmelzen  der 
Rohsoda  (Leblanc-Prozcss),  zur  Herstellung  des  Chlor- 
kalkes, der  kaustischen  Laugen  und  der  Sulfitlaugen 
verwendet  wird. 

Knösel  führt  schliesslich  das  Rotwerden  auf  da-> 
Holz,  auf  Führung  und  Vollendung  des  Koch- 
prozesses  und  auf  den  Kalk  zurück.  Soweit  organi- 
sche Verbindungen  in  Frage  kommen,  dürften  die- 
selben teils  mit  und  teils  ohne  schweflige  Säure 
auftreten. 

Für  den  Bleichprozess  ist  das  gute  Kochen 
oder  gründliche  Aufschliessen  und  Aus- 
waschen der  Zellstoffe,  wie  schon  oben  be- 
merkt, besonders  erleichternd.  Ein  seit  Jahr- 
zehnten in  der  Zellstofffabrikation  stehender 
Direktor  verlangt  z.  B.  zur  Erzielung  eines 
gut  bleichfähigen  Sulfitstoffes  eine  Koch- 
lösung mit  4°/0  Ges.  SÜ2  und  1%  CaO. 
Wende  man  diese  Kochlösung  sachgemäss 
an,  so  gebe  es  keine  Schwierigkeiten  beim 
Bleichen. 

Sachgemäss  Kochen  heisst  hier  „gutes  und 
vollkommenes  Aufschliessen  des  Holzes".  Wie 
schon  erwähnt,  ist  hart  gekochter,  für  feste 
Papiere  (passender)  Stoff  weniger  zum  Bleichen 
geeignet;  übergarer,  im  Kocher  durchweg 
bräunlich  gewordener  Stoff  bleicht  zwar  sehr 
leicht,  er  wird  aber  nicht  weiss,  sondern 
graugelblich.  Sucht  man  in  diesen  letzten  zwei 
Fällen  doch  hohe  Weisse  zu  erzielen,  so  wird  der 
Papierfabrikant  mit  dem  Stoff  unzufrieden 
sein,  da  dieser  infolge  zu  stark  einwirken- 
der Bleichmittel  an  Festigkeit  zu  viel  einbüsst 

Die  Blcichzeit  sollte  sich  einzig  und 
allein  nach  dem  Grade  der  Kochung  richten, 
d.  h.  danach,  wie  weit  der  Kochprozess  vor- 
geschritten war.  Ihre  Beurteilung  erfordert 
viel  Erfahrung  und  Aufmerksamkeit.  Viel- 
fach werden  noch  20  —  24  Stunden  als 
zweckmässig  angegeben.  Um  in  24  Stunden 
10000  kg  Sulfitstoff  zu  bleichen,  wären  also 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER. 


3  Bleichholländcr  ä  3500  kg  Füllraum  (Taf. 
270,  S.  560)  oder  2  Holländer  ä  5000  kg 
Füllraum  erforderlich.  Andere  tüchtige  Fabri- 
kanten wollen  von  so  langer  Bleichzeit  nichts 
wissen. 

Höchste  Weisse  erzielt  man  durch  dop- 
pelte Bleiche.  Man  bleicht  kürzere  Zeit 
vor,  lässt  dann  die  Masse  mit  der  Bleich- 
lösung in  Absitz-Kästen  ab,  bringt  sie  nach 
einiger  Zeit  (nach  einem  oder  mehreren 
Tagen)  wieder  in  das  Bleichgefäss  zurück, 
wäscht  aus  und  bleicht  nochmals.  Auf  diese 
Weise  gebleichter  Stoff  geht  viel  weniger  in 
der  Farbe  zurück  als  einmal  gebleichter,  und 
man  kommt  mit  geringeren  Chlormengen 
aus.  Auf  der  Entwässerungsmaschine  aus- 
gepresster  vorgebleichter  Stoff,  direkt  wieder 
in  den  Bleichholländer  gebracht  und  noch- 
mals gebleicht,  erhält  nicht  die  Weisse,  wie 
ein  Stoff,  welcher  mehrere  Tage  vor  der  zwei- 
ten Bleiche  in  Absitzkästen  gestanden  hat. 
Aber  nicht  jeder  Fabrikant  ist  in  der  Lage, 
so  lange  Zeit  und  doppelte  Arbeit  für  den 
Bleichprozess  zu  opfern.  Als  Vertreter  der 
Schnellbleiche  schreibt  Herr  Willi  Schacht: 

„Das  Füllen  der  Bleichapparate,  das  Waschen 
des  rohen  und  des  gebleichten  Stotfcs  und  das  Ab- 
lecren  erfordert  mehr  Zeit  als  das  Bleichen  selber. 
Bei  starken  Blcichlösutigen,  hoher  Stoffdichtc  und 
zureichenden  Temperaturen  genügen  5— ft  Stunden 
in  gut  arbeitenden  Holländern,  um  schnell  und 
bestens  zu  bleichen.  Holländer,  welche  den  mit 
Bleichlosungen  versetzten  Stoff  mit  möglichst  viel 
Luft  durchpeitschen,  sind  in  der  Blcichwirkung  die 
besten." 

Ueber  die  zweck mässigste  Stärke  der 
Bleichlaugen  war  schon  oben,  Seite  533, 
linke  Spalte,  die  Rede ;  es  ist  solche  von 
3'/2-8°  Be  (15-36  g/l  wirksames  Chlor) 
empfohlen. 

Als  grosser  Mangel  der  Bleiche  muss 
es  angesehen  werden,  wenn  die  gebleichten 
Stoffe  nach  einiger  Zeit  in  ihrer  Weisse 
zurückgehen.  Es  wäre  von  grösster  Be- 
deutung, wenn  die  Bedingungen  und  Gründe 
dieser  Erscheinung,  welche  noch  wenig  be- 
kannt sind,  genauer  erforscht  würden.  So- 
viel glaubt  man  sicher  erkannt  zu  haben, 
dass  die  Reste  von  Bleichsalzen  im  Stoff  das 
Vergilben  befördern;  ein  gründliches  Aus- 


III.  B.  u.  C.    ZELLSTOFF.  565 

waschen,  womöglich  auch  ein  Abpressen 
auf  der  Entwässerungsmaschine  etc.  sind 
Mittel,  die  Reste  gründlich  zu  entfernen.  Ein 
schlecht  aufgeschlossener  Zellstoff  wird  stets 
grössere  Neigung  zum  Vergilben  zeigen  als 
ein  guter  Stoff,  auch  wenn  beide  anfangs 
gleiche  Weisse  zeigten. 

Der  Verfasser  besitzt  Muster  renommierter 
Stroh-  und  Holzzellstofffabriken,  die  vor  10, 
15  und  20  Jahren  schneeweiss  waren  und, 
in  seiner  Sammlung  unter  Luft-  und  Licht- 
abschluss  aufbewahrt,  so  weit  in  der  Weisse 
zurückgegangen  sind,  dass  man  sie  ohne  die 
damals  gemachte  Aufschrift  für  ungebleicht 
halten  würde. 

Besonders  auffallend  tritt  dies  bei  zwei  la 
Sulfitstoff-Mustern  einer  grossen  Fabrik,  deren 
Fabrikate  als  beste  Erzeugnisse  dieser  Art 
einen  Weltruf  gemessen,  in  die  Erscheinung, 
die  mit  Aufdrucken:  „Firma  und  gebleicht 
bezw.  ungebleicht"  versehen  sind.  Das 
ungebleichte  Muster  erscheint  nach  15  Jahren 
wesentlich  weisser  als  das  gebleichte! 

Es  ergibt  sich  also  für  guten  Bleichstoff 
die  Notwendigkeit,  zu  erstreben,  nicht  nur 
eine  augenblickliche  hohe  Weisse  des 
Zellstoffes,  sondern  eine  blei  bende  Weisse 
zu  erzielen. 

Um  Stoff  von  guter,  bleibender  Weisse  zu 
erhalten,  ist  wie  oben  bereits  angedeutet,  die 
Entfernung  der  beim  Bleichen  entstehenden 
Nebenprodukte  und  Reste  des  Bleichmittels 
oder  Unwirksammachen  der  letzteren  nötig. 

Zum  Glück  sind  die  erwähnten  Bestand- 
teile zumeist  leicht  wasserlöslich,  sie  sind 
daher  in  der  Hauptmenge  durch  Auswaschen 
leicht  zu  entfernen. 

Die  Beseitigung  der  immer  weniger  wer- 
denden Mengen  erfordert  mehr  und  mehr  Zeit 
und  Waschwasser ;  die  letzten  Reste  durch 
Waschen  zu  entfernen,  ist  daher  langwierig 
und  unpraktisch.  Man  überführt  darum  besser 
die  letzten  Reste  von  Chlor  und  Hypochlorit 
durch 

Antichlor 

in  Chlorverbindungen,  die  keine  Oxydations- 
wirkungen mehr  ausüben.  Als  Antichlor 
können  verschiedene  Körper  benützt  werden, 


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566 


E.  KIRCHNFR.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


von  denen  Chlor  leicht  zu  Chloriden  oder 
Salzsäure  gebunden  wird  und  die  entweder 
durch  im  Stoff  vorhandene  oder  zugesetzte 
basische.  Körper  (Calciumcarbonat)  neutrali- 
siert werden  können. 

Besonders  in  Betracht  kommen  schweflig- 
saure und  unterschwefligsaure,  auch  salpetrig- 
saure Salze,  ferner  Ammoniak  und  das  von 
Lunge  empfohlene  Wasserstoffsuperoxyd.* 

Am  meisten  werden  als  Antichlor  ange- 
wendet :  unterschwefligsaures  Natron  oder 
Natriumthiosulfat  (Na2  S_,  O,  -f  5  H,  O)," 
schwefligsaures  Natron  oder  Natriumsulfit 
(Na2SO?-f  6H20)  und  doppeltschweflig- 
saures  Natron  oder  Natriumbisulfit  (NaHSC^). 
Neuerdings  wird  die  letzte  Verbindung  mehr 
verwendet. 

Bei  Anwesenheit  oxydationsfähiger  Körper 
bildet  das  im  Stoff  etwa  zurückgebliebene 
freie  Chlor  mit  dem  Wasserstoff  des  Wassers 
Salzsäure,  der  frei  werdende  Sauerstoff  oxy- 
diert die  schweflige  Säure  zu  Schwefelsäure, 
worauf  man  Salzsäure  (HCl)  und  Natrium- 
sulfat (Na2SO,),  d.  h.  in  Wasser  leicht 
lösliche  Verbindungen  erhält,  die  leicht  aus- 
gewaschen werden  können. 

Nach  C.  Hofmanns  Handbuch  der  l'npier- 
fabrikation,  II.  Aufl.,  S.  246  kann  aber  bei  Verwendung 
von  unterschwefligsaurem  Natron  die  frei  werdende 
Salzsäure  aus  weiteren  Mengen  untersclnvefligsnurcn 
Natrons  unterschwellige  Säure  frei  machen,  die  so- 
gleich in  schweflige  Säure  und  Schwefel  zerfällt. 
Letzterer  bleibt  im  Stoff  und  kann  sich  langsam  bei 
Anwesenheit  von  Feuchtigkeit  zu  Schwefelsäure 
oxydieren  und  die  Faser  mürbe  machen. 

Nach  Muspratt.  Chemie  VI.  S.  1554  (1898  er- 
schienen) ist  dieser  Vorwurf  nur  dann  zutreffend, 
wenn  man  das  Salz  falsch  anwendet;  nur  wenn  der 
Bleichstoff  im  Holländer  noch  viel  freie  Säure  ent- 
hält, kann  diese  Zersetzung  eintreten. 

Man  soll  das  Antichlor  nämlich  n  u  r  verwenden, 
um  die  letzten,  schwer  durch  Waschen  zu  beseitigen- 
den Spuren  von  Chlor  zu  entfernen;  grossere  Mengen 
Chlor  und  freie  Säure  werden  durch  nichts  leichter  und 
hilliger  als  durch  Waschen  mit  reinem  Wasser  entfernt. 

Erst  wenn  Uckmuspapicr  kaum  rötlich.  Jodkaliitm- 
stärkek feister  schwach  bläulich  gefärbt  wird,  ist  es  Zeit, 
unterschwefligsaures  Natrium  oder  eins  der  anderen 
Salze  zuzusetzen.  Kleine  Mengen  Antichlor  lassen 
dann  dasselbe  erreichen  wie  grosse  Mengen  davon 
vor  genügendem  Auswaschen. 

*  D.R.-P.  Nr.  34436. 

*•  Wagner.  Jahresbericht  der  chemischen  Tech- 
nologie 1861,  S.  619. 


Vor  dem  Zusatz  des  Antichlors  wird  der 
Waschprozess  unterbrochen  und  nur  die 
Bewegung  des  Stoffes  erhalten.  Es  werden 
kleine  Mengen  Antichlor  zugesetzt,  und  von 
Zeit  zu  Zeit  wird  mit  Jodkaliumstärkekleistcr 
geprüft.  Sobald  dieser  keine  Reaktion  mehr 
gibt,  zeigt  dies  an,  dass  genug  Antichlor  zuge- 
teilt ist,  und  dsnn  wird  wieder  solange  ge- 
waschen, bis  blaues  l^ckmuspapier  nicht  mehr 
gerötet  wird. 

Kolb  hat  Ammoniak  als  Antichlor  emp- 
fohlen. Die  Anwendung  von  Ammoniak 
hätte  den  Vorteil,  dass  sich  keine  freie  Säure 
bildet,  denn  es  entstehen  als  Produkte  der 
Umsetzung : 

3Ca  HjO  f  2NHj 

3CaCI2  -v  N2  +  6H20 
Chlorcalcium,  Stickstoff  und  Wasser.  Die 
Reaktion  verläuft  aber  sehr  langsam  und  nur 
bei  Ueberschuss  an  Ammoniak,  welches  den 
Aufenthalt  in  den  Bleichlokalen  sehr  unange- 
nehm macht;  sie  hat  daher  in  der  Praxis 
keine  Bedeutung  erlangt. 

Bei  Zellstoffen  für  billige  Papiere  scheut 
man  nicht  zum  Vorteil  einer  bleibenden 
Weisse  derselben*  das  gründliche  Aus- 
waschen und  Behandeln  mit  Antichlor. 

Wenn  man  als  Antichlor  Natriumthio- 
sulfat anwendet,  und  es  bleiben  Reste  davon 
zurück,  so  tritt  ein  Vergilben  des  Stoffes 
ein.    Das  Natriumbisulfat  schadet  weniger. 

Hat  man  zur  Bleiche  Schwefelsäure  an- 
gewendet, so  wird  der  Rest  davon  durch 
eine  meist  reichlich  bemessene  Menge 
Schlämmkreide  neutralisiert,  es  entsteht  Gips 
neben  dem  Kreideüberschuss.  Beide  bleiben 
im  Stoff  bezw.  im  Papier. 

Praxis  des  Bleichens. 

Der  Verfasser  schrieb  in  der  Papier-Zeitung 
im  November  1877  aus  seiner  Praxis  des 
Natron-Holzzcllstoff-Bleichens: 

Jeder  ungebleicht  bezogene  Stoff  muss  zunächst 
im  Bleichholländer  vollständig  aufgeschlagen  werden, 
was  am  leichtesten  bei  feucht  bezogenem  vor  sich 

•  Verg).  das  S.  565.  rechte  Spalte,  über  Ruckgehen 
der  Weisse  Gesagte. 


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567 


geht,  dann  ist  es  sehr  gut,  den  Stoff  kräftig  mit 
Waschtroininel  zu  waschen. 

Hat  nun  der  Fabrikant  für  jede  Leere  nur  3  bis 
4  Stunden  Zeit,  so  verschaffe  er  sich  ganz  klare 
Chlnrkalklösung  von  4  bis  5°  Bc\  (diese  enthalt  per 
Liter  ca.  55  Gramm  resp.  70  Gramm  100°  G.  L.  Chlor- 
kalk), und  lasse  aus  einein  Messgefäss  mit  Hahnen 
■»der  aus  einer  neben  dem  Holländer  aufgestellten 
Bütte  mit  einem  Gummiscfalauch  so  viel  dieses  Chlor- 
wassers langsam  in  den  stark  eingetragenen  Bleich- 
holländer  fliessen,  dass  je  nach  gewünschter  Weisse 
20  bis  25  Gewichtsteile  100°  Chlorkalk  100  Gewichts- 
teilen Stoff  entsprechen. 

Angenommen,  wir  haben  eine  4°Be.  Chlorkalk- 
lüsung,  den  Bleichholländer  mit  60  kg  trocken  ge- 
dachter Holzzellulose  stark  betragen  und  erzielen 
nach  der  Erfahrung  genügende  Weisse  mit  20  Gewt. 
Chlorkalk  auf  100  Gewt.  lufttr.  gedachten  Stoff,  so 
hätte  man  die  12  kg  Chlorkalk  entsprechende  Menge 

Cblorkalklösung,  nämlich  12 --218  Liter  langsam 

(d.  h.  in  1 1  bis  3  4  Stunde)  zuftiessen  zu  lassen.  Auch 
hierbei  entstehen  interessante  Farbenwandlungen. 
Zunächst  wird  der  Stoff  entschieden  dunkler,  und 
aus  dieser  dunkleren  Färbung  entwickeln  steh  all- 
mählich die  lichteren  Farbtöne.  Der  Praktiker  hat 
sehr  bald  in  diesen  Farbenwandlungen  ein  sicheres 
Mittel  für  Beurteilung  des  Endresultates  und  kann 
noch  zu  rechter  Zeit  nach  Bedürfnis  Bleichlösung  zu- 
oder  abnehmen. 

Soll  der  Stoff  gleich  verwendet  werdeu,  was  am 
wenigsten  anzuempfehlen  ist,  so  kann  man  die  Wirkung 
des  Chlors  mit  1  bis  höchstens  2  Liter  Kammersäure 
auf  100  kg  lufttr.  Stoff  beschleunigen ;  auch  ist  Er- 
wärmen des  Stoffes  auf  25  -  30°  C  unter  Umständen 
von  Vorteil. 

Hat  man  dagegen  eine  genügende  Anzahl  Abtropf  - 
kästen und  kann  durch  Schliessen  des  Bleichwasser- 
abflussloches in  diesen  den  Stoff  einige  Stunden  mit 
dem  Bleichwasser  stehen  lassen,  so  empfehle  ich, 
keine  Säure  anzuwenden. 

Beide  Fälle  so  gehandhabter  forcierter  Bleiche 
verlangen  unter  allen  Umständen  ein  tüchtiges  Aus- 
waschen der  Bleich  wässer ,  womöglich  mit 
Antichlor,  im  ersten  Falle  mit  Waschtrommel,  im 
zweiten  durch  reichliches  Ueberspritzen  im  Abtropf- 
kästen  unter  Abziehenlassen  der  Wässer.  Man  wird 
bei  diesem  iWaschen  ein  geringes  Kückgehen  der 
Bleiche  beobachten,  doch  ist  ein  weiteres  Kückgehen 
oder  gar  Gclbwerden  des  Papiers  nach  so  erfolgter 
gründlicher  Auswaschung  der  Bleichwässer  und  des 
überschüssigen  Chlors  nicht  zu  befürchten. 

Ich  will  nicht  unerwähnt  lassen,  dass  auf  diese 
Art  viel  Chlor  verschwendet  und  verhältnismässig 
viel  Zellulose  zerstört  wird  und  dass  man  doch  nur 
mit  25  Gowichtsteilen  Chlorkalk  bei  forcierter  Bleiche 
die  Weisse  erzielt  wie  bei  langsamer  Bleiche  mit 
etwa  15—18  Gewichtsteilen. 

Wer  an  Chlorkalk  sparen  will,  muss  unbedingt 
zweimal  bleichen,  namentlich  wenn  an  die  Weisse 
des  Stoffes  höhere  Ansprüche  gestellt  werden. 

Auch  hierbei  kann  man  wieder   zwei  Wege 


1. 


die  12-15  Qewt.  auf  100  Gewt. 


trockenged.  Stoff  entsprechende  Menge  Chlorkalk- 
lösung  in  4°  Be.  Stärke  langsam  zulaufen  und  ca.  6 
Stunden  im  Holländer  gehen,  wasche  die  Bleich- 
wässer möglichst  vollkommen,  am  besten  mit  etwas 
Natronzusatz  aus.  nehme  gleich  darauf  die  zweite 
Bleiche  mit  8—10  Gewt.  vor  und  wasche,  nachdem 
das  Chlorkalkwasser  weitere  2—3  Stunden  gewirkt 
hat,  am  besten  unter  Zusatz  von  Antichlor  aus ;  oder 

2.  man  verwende  wieder  dieselben  Quanten 
Chlorkalk,  lasse  aber,  um  Zeit  bei  den  Bleich- 
holländern zu  gewinnen,  nach  zweistündigem  Laufen 
in  der  ersten  Bleiche  den  Stoff  mit  dem  Bleichwasser 
etwa  6  Stunden  im  Abtropfkasten  stehen,  wasche 
wie  oben  im  Abtropfkasten  mit  Natron  enthaftendem 
Wasser  und  schaffe  schliesslich  für  die  zweite  Bleiche 
den  Stoff  wieder  in  die  Bleichholländer. 

Ich  habe  auf  meinen  letzten  mehrfachen  Reisen 
von  den  Herren  Papierfabrikanten  erfahren,  wie 
lästig,  ja  unmöglich  den  meisten  derselben  dieses  lang- 
same Bleichen  wird,  und  es  ist  mir  dabei  klar  ge- 
worden, dass  zukünftig  das  Bestreben  der  Zellulose- 
Fabrikanten  sein  muss,  auch  fertig  gebleichte  Zellu- 
lose auf  den  Markt  zu  bringen,  wie  ja  das  beim 
Strohstoff  seit  dessen  Herstellung  fast  ohne  Aus- 
nahme geschehen  ist.  Der  Zellulose-Fabrikant  kann 
bei  Neuanlage  von  Fabriken  oder  Anbau  von 
Bleichereien  die  Verhältnisse  zu  Grunde  legen,  die 
eine  sparsame,  vorzügliche  Bleiche  des  Stoffes  bedingt. 

Um  Missverständnissen  und  nutzlosen  Feder- 
streiten vorzubeugen,  hebe  ich  besonders  hervor, 
dass  ich  mir  nicht  einbilde,  unumstösslich  Richtiges 
in  diesen  Aufsätzen  niedergeschrieben  zu  haben.  Die 
Neuheit  unserer  Industrie  lässt  mich  auf  nachsichtige 
Beurteilung  des  Gesagten  hoffen. 

Gerade  so,  wie  man  in  der  Behandlung  der 
Hadern  beim  Kochen  und  Bleichen  sehr  verschiedener 
Meinung  ist  und  auf  ganz  verschiedene  Art  zu 
guten  Resultaten  kommt,  so  wird  es  auch  bei  der 
Holzzellulose  sein. 

Auf  Grund  der  heutigen  Fortschritte  ist 
folgendes  zu  sagen: 

Der  für  den  normalen  Bleichprozess  gut 
gekochte,  zerfaserte  und  gereinigte  Zellstoff 
wird  entweder  in  flüssigem  Zustande  in  die 
Bleichholländer  eingepumpt,  oder  er  wird 
aus  einem  oberen  Bottich  mit  Rührwerk  oder 
aus  einem  Vorratskasten  in  verhältnismässig 
kurzer  Zeit  in  die  Holländer  eingelassen. 

Feuchte  oder  trockene  Stoffbahnen  oder 
Stoffpappen  sollten  in  teilweise  mit  Wasser 
gefüllten  Trögen  eingeweicht  werden,  um 
sich  leicht  mit  Wasser  im  Holländer  verteilen 
zu  lassen.  Dicke,  wenig  feuchte,  besonders 
aber  trockene  Stoffblätter  wird  man  noch 
zweckmässig  auf 

Stoff  reissern 
in  f  locken  oder  kleine  Fetzen  umwandeln 


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568  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIE 

und  diese  in  eine  abgemessene  Wassermenge 
der  Tröge  eintragen.  Geeignete  Stoff  reisser 
werden  von  der  Maschinenfabrik  Germania 
in  Chemnitz  gebaut. 

Das  gleichmässige  Verteilen  des  Faser- 
stoffes zu  Brei  wird  in  Wasser  durch  mehr- 
faches Umtreiben  im  Troge  bewirkt,  ein 
Nachwaschen  durch  Zuführung  von  Frisch- 
wasser und  Abwaschen  mit  der  oder  den 
Waschtrommeln  ist  bei  noch  unreinen  Stoffen 
unbedingt  notwendig.  Jedenfalls  muss  auch 
bei  rein  gewaschenen  Stoffen  soviel  Wasser 
mit  Hilfe  der  Waschtrommeln  abgehoben 
werden,  dass  die  Chlorkalklösung  im  Troge 
Platz  vorfindet. 

Die  Anwendung  grosser  Blcichholländer  von 
60  und  mehr  cbm  Inhalt  hat  grosse  Vorteile 
gegenüber  kleineren  von  5—10  cbm.  Man 
erreicht  durch  Anwendung  grosser  Holländer, 
dass  man  grosse  Mengen,  3  t  Stoff  und  mehr,  1 
ganz  gleichmässig  gebleicht  erhält  und  dass  i 
man  die  Bleichzeit  lange  ausdehnen  kann. 

Ein  im  Zellstoffbleichen  sehr  erfahrener 
Betriebsleiter  verfügt  über  Bellmer-Holländer 
mit  60  cbm  Fassungsraum.    Er  trägt  2800 
kg  (tr.  ged.)  Holzzellstoff  (oder  3000  bis 
3300  kg  tr.  ged.  Strohstoff)  ein  und  erwärmt 
den  Holzzellstoff  auf  35    40°  C,  den  Stroh-  ' 
Zellstoff  auf  40-45°  C,;  er  gibt  für  Holz-  | 
Zellstoff  6000  I  Chlorlösung  von  3'/2— 4°Be  < 
zu,  lässt  den  Stoff  gehen,  bis  alles  Chlor  : 
aufgezehrt  ist,  entfernt  mit  der  Waschtrommel  , 
soviel  Flüssigkeit,  dass  der  Stoff  kaum  noch 
umgeht,   lässt  3000  I   Chlorlösung  obiger 
Stärke  und  soviel  warmes  Wasser  zu,  dass 
der  Stoff  wieder  ordentlich  in  Gang  kommt 
und  lässt  so  lange  laufen,  bis  alles  Chlor 
aufgebraucht  ist.  Meist  erreicht  er  so  eine  gute 
Weisse;  ist  das  nicht  der  Fall,  so  wird  eine 
zweite  Nachbleiche  mit   10001  Chlorkalk- 
lösung durchgeführt.   Ein  Zusatz  von  Säuren 
wird  vermieden.    Dauert  der  Bleichprozess 
zu  lange,  so  setzt  man  Antichlor  zu.  Besser 
ist  es  aber  nach  Ansicht  dieses  Betriebsleiters, 
ohne  Zusatz  von  Antichlor  durchzukommen, 
da  dieses  die  Weisse  des  Stoffes  etwas  zurück- 
gehen lässt.  Ebenso  verliert  man  an  Weisse 


.    Hl.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


beim  nachträglichen  Auswaschen  des  ge- 
bleichten Stoffes  mit  Wasser.  Die  Zellulose 
würde  sich  am  besten  weiss  halten,  wenn 
zunächst  etwas  Chlor  darin  bliebe,  doch 
würde  freies  Chlor,  wenn  es  nachträglich 
nicht  ohne  Schaden  für  die  Faser  aufgezehrt 
wird,  dem  Leimen  und  Färben  des  Papier- 
stoffes Schaden  bringen. 

Man  tut  gut,  Zellstoffpappen  möglichst 
nass  einzutragen,  da  sich  trockener  Stoff 
schwerer  löst  als  nasser  und  es  vorkommen 
kann,  dass  sich  grössere  feste  Stücke  in  der 
Treibschnecke  bilden  und  deren  Tätigkeit 
hemmen;  es  ist  auch  gut,  den  Stoff  möglichst 
weit  von  der  Schnecke  entfernt  einzutragen, 
damit  er  Zeit  hat,  zu  erweichen  und  sich  zu 
lösen,  ehe  er  in  diese  gelangt. 

3000—3300  kg(trocken  gedachten)  Stro  h- 
zel  Istoff  wäscht  man  am  besten  längere  Zeit 
mit  warmem  Wasser  gründlich  aus  und  hält 
40  45°C  Temperatur.  Man  wäscht  nach 
Abstellen  des  Zulaufwassers  noch  solange, 
bis  der  Stoff  ganz  dick  geworden  ist  Für  die 
die  erste  Bleiche  nimmt  man  120001  Chlorkalk- 
lösung und  verfährt  im  übrigen  wie  mit  dem 
Holzzellstoff.  Später  gibt  man  noch  5500  1 
Chlorlösung  und  schliesslich  zur  Beschleuni- 
gung des  Bleichprozesses  einige  Liter  Salz- 
säure oder  Schwefelsäure  zu. 

Die  verwendete  Chlorkalklösung  enthält 
auf  10001  40  kg  (110°  engl.)  Chlorkalk'  und 
misst  gewöhnlich  3'/,— 4°  Be. 

Bei  Holzzellstoff  enthalten  9000  1  Bleich- 
lösung 360  kg  Chlorkalk  auf  2800  kg  Stoff. 
Bei  Strohstoff  enthalten  17  500  1  700  kg 
Chlorkalk  auf  3000-3300  kg  Stoff.  Man 
bleicht  also  Holzzellstoff  mit  13,1  kg  Chlor- 
kalk auf  100  kg  lufttr.  Stoff,  Strohstoff  mit 
20—22  kg  Chlorkalk. 

Zu  wenig  mit  Natron-,  Sulfat-  und  Sulfit- 
laugen gekochte  Stoffe  brauchen  mehr  Chlor- 
kalk zur  vollständigen  Bleiche. 

•  Die  üüte  des  Chlorkalkes  und  die  Stärke  de* 
Losungen  sollte  nach  der  Penot'schen  Methode  (* 
diesen  Abschnitt  S.  128129)  untersucht  werden;  auch 
der  Verbrauch  der  wirksamen  Chlorverbindungen  de* 
Bleichholländerinhalts  muss  mehrfach  mit  kontrolliert 
werden. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Uebergare  Kochungen  brauchen  auch, 
wenn  sie  (als  Natronstoffe)  grau  oder  (als 
Sulfitstoffe)  braun  aus  dem  Kocher  kommen, 
manchmal  weniger  Chlorkalk  zur  vollständigen 
Bleiche,  aber  sie  sind  wegen  geringer 
Festigkeit  weniger  wertvoll. 

Muss  der  Stoff  länger  im  Holländer  ver- 
bleiben, als  sonst  üblich  ist,  so  wird  weder 
warmes  Wasser  noch  Wärmdampf  ange- 
wendet. Das  Bleichen  geht  kalt  nur  langsam 
von  statten.  Schwer  bleichende  Stoffe,  die 
bei  einmaliger  Bleiche  unter  grossem  Bleich- 
materialien-Auf  wand  z.  B.  mit  12—14000  1 
Chlorlösung  weiss  bleichen  würden,  kann  man 
durch  zweimalige  Bleiche(erst8000 1,  dann  aus-  ) 
pressen,  3 — 4  Tage  in  Ro!\n  oder  als  Pappen 
stehen  lassen  oder  in  Si okerkästen  ablassen,  j 
nach  einigen  Tagen  die  Flüssigkeit  abziehen 
und  darauf  den  Stoff  wieder  in  den  Holländer 
pumpen,  nachdem  er  mit  starkem  Wasser- 
strahl verdünnt  ist,  und  endlich  mit  2000  1 
nachbleichen)  weisser  bringen  als  mit  ein-  \ 
maliger  Bleiche.  Das,  was  man  an  Zeit,  j 
Löhnen  etc.  mehr  aufwendet,  macht  sich  also 
in  Chemikalienersparnis  bezahlt,  indem  da- 
durch die  höchste  und  dauernde  Weisse  er- 
zielt wird,  welche  mit  einmaliger  Bleiche  nie 
erreicht  werden  kann. 

Diese  günstigen  Resultate  (13  bezw. 
20  kg  Chlorkalk  auf  100  kg  Zellulose  bezw. 
Strohstoff)  sind  übrigens  nur  in  grossen  Hol- 
ländern, bei  dickem  Eintrag,  18  24  Stunden 
Zeitaufwand  und  etwas  Alaunzusatz  zum 
Fabrikationswasser  von  meinem  Gewährs- 
mann zu  erzielen  gewesen. 

(Der  Zusatz  von  Alaun  oder  schwefelsaurer 
Tonerde  zum  Wasser  kostet  etwa  2'/2  Pfg. 
pro  100  kg  gebleichten  Stoff.) 

Die  vorstehend  angeführten  guten 
Erfolge  der  zu  einer  Feinpapierfabrik  ge- 
hörigen Zellstofffabrik  sind  keineswegs  überall 
zu  erreichen;  so  bleicht  sich  Sulfitstoff  aus 
finnischem  Holze  erst  mit  einer  Lösung  aus 
20—22  kg  Chlorkalk  zu  hoher  Weisse. 
Selbstverständlich  spielen  die  Einrichtungen, 
das  Wasser  und  das  Verfahren  dabei  auch 
eine  wesentliche  Rolle. 


Bleichen  mit  Elektrolytlösungen. 

Ueber  den  Bleichwert  der  Chlorkalk- 
gegenüber den  Elektrolyt-Bleichlösungen  liegen 
z.  Zt.  nur  wenige  zuverlässig  nachgewiesene 
Angaben  vor. 

Es  gibt  Bleicher,  die  behaupten,  dass 
1  kg  durch  Titrierung  nachgewiesenes  Chlor 
in  Bleichlösungen,  aus  Chlorkalk  und  durch 
Elektrolyse  aus  einer  Kochsalzlösung  her- 
gestellt, gleich  wirksam  seien.  Andere  be- 
haupten, 1  kg  Chlorkalkchlor  habe  nur  die 
Wirkung  von  3/4  kg  Elektrolytchlor.' 

Es  ist  noch  abzuwarten,  bezw.  in  grösseren 
Betrieben  mehrseitig  festzustellen ,  welche 
Behauptung  richtig  ist. 

Wenn  es  sich  herausstellen  sollte,  dass 
die  letzte  Behauptung  für  Lumpenstoffe  zu- 
trifft, so  bleibt  immer  noch  die  Frage  offen, 
ob  dies  auch  bei  Stroh-  und  Holzzellstoffen 
der  Fall  ist. 

In  dieser  Richtung  wurde  jüngst  von  einem 
Zellstofftechniker  in  Schweden,  Alb.  Ahlin,  der 
mehrere  Jahre  elektrolytisch  im  Grossbetriebe 
bleichte,  mitgeteilt,  dass  für  Holzzellstoff  I  kg 
Chlorkalkchlor  in  Lösung  =  1  kg  Elektrolyt- 
chlor zu  rechnen  sei. 

Nimmt  man  den  günstigen  Fall  an,  dass 
vom  Chlorkalk  volle  90%  des  fakturierten 

•  Willy  Eberl  veröffentlicht  im  „Papier-Eabrikant" 
1906  einen  grösseren  Vergleichsversuch  : 

Es  wurden  auf  100  kg  bunte  Baiimwollhadern  150  I 
Chlorkalklösung  (20  g  1  Chlor)  genommen,  also  mit 
3  kg  wirksamem  Chlor  in  2'  2— 3  Stunden  fertig  ge- 
bleicht. Stunden  nach  Einlassen  der  Blcichlösung 
wurde  stark  verdünnte  Schwefelsäure  zugegeben  und 
der  Stoff  nach  V  ,-2'  4  Stunden  in  die  Absitzkästen  ab- 
geleert, aus  denen  er  bei  Bedarf  in  den  nächsten 
8  —  14  Tagen  verbraucht  wurde. 

Ungefähr  dasselbe  Bleichresultat  wurde  mit  225  1 
elektrolytisch  hergestellter  Natriumhypochloritlösung 
(II  gl  Cl),  also  mit  2,475  kg  Elektrolytchlor  in  gleicher 
Zeit  und  gleicher  Methode,  jedoch  unter  Verwendung 
nur  des  halben  Säurezusatzes  erreicht. 

Der  Chlorkalk  liess  90%  seines  Chlorgehalts  in 
die  Lösung  übergehen;  für  3  kg  in  den  Lösungen 
waren  also  3' 5  kg  wirksames  Chlor  im  Chlorkalk  auf 
100  kg  Hadern  nötig. 

3'  ,  kg  Chlor  im  Chlorkalk  entsprechen  demnach 
2,475  kg  Elektrolytchlor.  Verhältnis  100  :  74,25.  Dem- 
nach entsprechen  100  kg  Chlorkalkchlor  74,25  r*>  75 
Elektrolytchlor. 

Ebcrt  glaubt,  dass  noch  weniger  Elektrolytchlor 
dieselbe  Wirkung  hätte  erzielen  lassen,  wenn  die 
Elektrolytlaugen  stärker  hergestellt  worden  wären. 

1.  Bogen  1907. 

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$70 


E.r  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  ß.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Chlorgehaltes  in  die  Bleichlösung  übergeführt 
und  nutzbar  werden,  so  entspräche  1,11  kg 
Chlorkalk  1  kg  Elektrolytchlor,  Verhältnis 
100:90,    beide    in   fertiger   Lösung  ange- 
nommen. 

Beachtenswert  für  die  Praxis  ist,  dass  die 
elektrolytisch  hergestellten  Hypochloritlö- 
sungen wenig  haltbar  sind  und  immer  frisch 
verbraucht  werden  sollten,  während  die 
Chlorkalklösungen  (nach  dem  S.  129,  linke 
Spalte  schon  Mitgeteilten)  bei  Abschluss  von 
Luft  und  Licht  und  bei  gewöhnlicher  Tempe- 
ratur einige  Wochen  haltbar  sind. 

Von  Bedeutung  ist  auch,  dass  bei  der 
Bleiche  mit  elektrolytisch  dargestellten  Lö- 
sungen ohne  darauffolgende  gründliche  Stoff- 
wäsche Kochsalz  im  Bleichstoffe  verbleibt, 
da  ja  2  3  der  angewandten  Kochsalzmengen 
unzersetzt  in  die  Bleichlaugen  kommen.  Koch- 
salz beeinträchtigt  aber  in  vielen  Fällen  die 
Härte,  den  Griff  und  die  Leimfestigkeit  der 
Papiere. 

Demgegenüber  stehen  die  Vorteile  der 
Möglichkeit  leichter  gründlicher  Auswaschung 
der  Kochsalzrückstände  und  sich  ergebende 
unschädliche  Abwässer. 

Nachtrag. 

W.  Ebert  verwirft  neuerdings  in  einem 
im  Pfaff 'sehen  Papier-Kalender  1907,  S.  51 

•  Er  meint  jedenfalls  die  Kohle-Elektroden  zwei- 
eiiger (bipolarer)  Schaltung,  während  die  nach  den 
S.  554  abgedruckten  Zeugnissen  seit  Jahren  bestens  be- 
währten Schuckert-Elektrolyseure  (nur  der  negative  Pol 
ist  Kohle)  von  dem  Vorwurf  doch  auszuschlicssen  sind! 
Bei  Elektrolyseurcn,  welche  sich  zur  Herstellung 


bis  66  veröffentlichten  Artikel  die  Elektro- 
lyseure  mit  Kohlen-  oder  Graphit-Elek- 
troden bei  anstrengendem  Betriebe  in  Zell- 
stoff- und  Papierfabriken  ganz,  weil,  wie  er 
sagt,  die  Kohle-Elektroden*  während  des 
elektrolytischen  Prozesses  chemisch  und  me^ 
chanisch  sehr  stark  angegriffen  würden,  so 
dass  sie  bei  24stündigem  Betriebe  nach  einem 
halben  Jahre  schon  durch  neue  Kohlen  er- 
setzt werden  müssten,  ausserdem  steige  im 
Betriebe  der  innere  Widerstand  des  Elektroden- 
materials allmählich  mit  ihrer  Abnutzung. 
Eine  annähernd  gleichbleibende  Chlorproduk- 
tion könne  dann  nur  durch  höheren  Kraft- 
und  Salzaufwand  erreicht  werden,  und  die 
zuerst  erzielte  Wirtschaftlichkeit  des  elektro- 
lytischen Bleichverfahrens  werde  dadurch  auf- 
gehoben. 

Ebert  tritt  im  weiteren  für  die  Dr.  Kellner- 
schen  Elektrolyseure  mit  einpoliger  Schaltung 
und  Platiniridium-Elektroden  ein,  die  oben 
S.  539/43  näher  beschrieben  sind  und  von 
der  Firma  Siemens  &  Halske  unter  Garantien 
geliefert  werden,  indem  die  Abnehmer  dieser 
Elektrolyseure  jedes  Risikos  enthoben  seien. 
Es  stehe  nichts  im  Wege,  Bleichflüssig- 
keiten bis  über  10°Be*  zu  erzeugen. 

Zu  den  Vorteilen  billigerer  Herstellung, 

von  Bleichlosungen  aus  Kochsalzlaugen  bewährt  haben, 
unterscheidet  man  einpolige  (monopolare)  und  zwei- 
polige (bipolare)  Schaltung. 

Der  Unterschied  zwischen  beiden  Schaltungen  ist 
durch  Prinzipskizzen  Fig.  269,  Fig.  271  (einpolig)  und 
Fig.  270  (zweipolig)  verdeutlicht. 


Fig.  269.  Fig.  270.  Fig.  271. 

Einpolige  Schaltung.       Zweipolige  Schaltung.         Einpolige  Schaltung. 
Bei  der   einpoligen    Schaltung   wirkt   jede     die  Elektroden  aus  einem  Stück  gleichen  Materials. 
Elektrode  entweder  als  Anode  oder  als  Kathode;  die      Die   Anode  der   ersten  Zelle  und  die  Kathode  der 


Kathode  der  einen  Zelle  muss  immer  mit  der  Anode 
der  nächsten  Zelle  leitend  verbunden  werden.  Die  Elek- 
troden können  in  diesem  Falle  aus  verschiedenem  Ma- 
terial (Kohle  und  Platiniridium)  bestehen,  und  die 
Verbindung  L  Fig.  269,  oder  der  Kontakt  bringt 
Schwierigkeiten  in  der  Konstruktion,  die  aber  wie 
beim  Schuckerfschen  Elektrolyseur  überwunden  sind. 

Bei  der  von  Siemens  &  Halske  ausgeführten  ein- 
poligen  Dr.  K.  Kellner-Schaltung  Fig.  271  bestehen 


nächsten  bilden  ein  einziges  Oew  ebe  aus  Platiniridium  - 
draht. 

Bei  der  zweipoligen  Schaltung  ist  ein  und 
dieselbe  Elektrode  sowohl  Träger  der  Anode  als  auch 
Träger  der  Kathode  (s.  S.  535,  r.  Sp.  oben).  Jede 
Elektrode  wirkt  also  auf  einer  Seite  positiv,  auf  der 
anderen  negativ. 

Bei  zweipoliger  Schaltung  Fig.  270  ist  kein  Kontakt 
nötig. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.    ZELLSTOFF.  571 


schnellerer  Bleichwirkung,  Kalkfreiheit  der 
Lauge,  geringeren  Bleich-Faserverlustes,  Fort- 
falls von  Geröchen  in  den  Bleichlokalen,  un- 
schädlicher Abwässer,  sollen  nach  Druckschrift 
(1905)  No.  131  von  Siemens  &  Halske 
A.-G.,  Wernerwerk  in  Berlin  noch  folgende 
durchschnittliche  Ersparnisse  an  wirksamem 
Chlor  treten: 

Nadelholz-Zellulose  12  -20  pCt. 
Strohstoff  8—20  „ 

Leinenhadern  15-25  „ 

Baumwollhadern      15—35  „ 

Diese  Ersparnisse  sind  aber  bis  jetzt  nicht 
im  Grossbetriebe  nachgewiesen  und  daher 
nicht  allgemein  anerkannt. 

Als  belehrend  für  den  Praktiker  sei  eine  in 
Hartlebens  Verlag  1 906  erschienene  Schrift  von 
L. Wagner  -Elektrische Bleicherei  erwähnt,  die 
besonders  für  die  Dr.  Schoop'schen  Apparate 
eintritt,  bezüglich  der  anderen  Systeme  aber 
allerlei  Irrtümer  enthält. 

Schliesslich  sei  nochmals  hervorgehoben, 
dass  Verfasser  nicht  auf  Grund  eigener  prak- 
tischer Erfahrung  urteilen  kann,  er  hat  sich  aber 
durch  persönliche  Orientierung  bei  den  Firmen 
Siemens  &  Halske  in  Berlin,  sowie  Schuckert 
6t  Co.  in  Nürnberg  Einblick  in  die 
Herstellung  der  Elektrolyt-Bleichlaugen  ver- 
schafft. Die  ihm  bei  dieser  Gelegenheit  in 
Konstruktion  und  Wirkung  bekannt  geworde- 
nen Elektrolyseure  hält  er  für  durchaus 
dauerhaft  und  leistungsfähig.  Der  gute  Ruf  ge- 
nannter Firmen  verbürgt  ihm  die  Erfüllung 
der  von  denselben  eingegangenen  Garantien 
vollkommen.  Die  Mahnungen  zur  Vorsicht  und 
den  Vorwurf,  dass  die  Elektrolytbleiche  noch 
nicht  so  weit  entwickelt  sei,  dass  sie  emp- 
fohlen werden  könne,  weist  er,  damit  nicht 
übereinstimmend  und  dankend  ab,  dass  die 
genannten  Firmen  ja  bereits  durch  Zeug- 
nisse den  zufriedenstellenden  wirtschaftlichen 
Betrieb  in  Zellulosefabriken  mit  billiger 
Kraft  und  preiswertem  Salz  nachgewiesen 
haben  oder  jederzeit  nachweisen  können.  Selbst 
die  Elektrolyscure  mit  Kohlenelektroden 
haben  sich  nach  dem  S.  550  I.  Spalte  unten 
gegebenen  Briefauszügen  für  Hadernstoff- 
bleichen  gut  bewährt;  freilich  dürfte  es  hier 


wie  überall  in  der  Industrie  gehen:  „Zum 
vorteilhaften  Arbeiten  gehören  nicht 
nur  günstige  Faktoren  und  die  Ein- 
richtungen, sondern  auch  die  sach- 
kundige, aufmerksame  Handhabung 
derselben." 

Chlor-Soda- Verfahren. 

Herr  Ingenieur  L.  J.  Dorenfeldt  hielt  auf 
der  Hauptversammlung  des  Vereins  der  Zell- 
stoff- und  Papier-Chemikerin  Berlin  am  22.  Nov. 
1906  einen  beachtenswerten  Vortrag  über  »Die 
Elektrolyse  im  Dienste  der  Papierstoffbleiche« ; 
er  empfiehlt  für  grössere  Betriebe,  die  über 
700  t  Chlorkalk  im  Jahre  bedürfen,  mit 
i  aller  Bestimmtheit  das  Chlor-  und  Sodaver- 
fahren.  Bei  diesem  Verfahren  werden  die 
elektrolytischen  Zersetzungsstoffe  des  Koch- 
salzes: Chlor  und  Natron  getrennt  aufge- 
fangen und  verwertet  Die  amerikanischen 
Papierstoff-Fabriken  bedienen  sich  ausschliess- 
lich dieses  Verfahrens,  nachdem  S.  D.  Warren 
&  Co.  in  Forest  paper  mill  in  den  90er  Jahren 
des  vorigen  Jahrhunderts  in  Cumberland  mills 
eine  Carmichael'sche  Chlor-Soda- Anlage  vor- 
teilbringend in  Betrieb  gebracht  hatte  und  noch 
heute  ausübt. 

Das  Verfahren  kommt  natürlich  den 
Natronzcllstoff-Fabriken  besonders  zu  gute, 
I  da  sie  mit  demselben  nicht  nur  die  zum 
;  Bleichen,  sondern  auch  die  zum  Kochen  er- 
i  forderlichen  Chemikalien  gewinnen  können. 
Für  Ausübung  des  Verfahrens  in  Zell- 
stofffabriken hält  Dorenfeldt  nur  das  Dia- 
phragma-Verfahren mit  Hargreaves-Bird-Zellen 
für  tauglich  ;  freilich  erzeuge  dasselbe  statt 
Aetzuatron  kohlensaures  Natron,  aber 
in  allen  Natron-Zellstoff-Fabriken  habe  man 
ja  so  wie  so  Kaustizicrungs-Einrichtungen, 
so  dass  die  eigene  Kaustizierung  der  ge- 
wonnenen Soda  nur  Unbedeutendes  für  den 
Kalkaufwand  koste.  Zu  dieser  Ueberzeugung 
ist  auch  eine  bedeutende  Zellstoff-  und  Pa- 
pierfabrik der  Vereinigten  Staaten  gekommen, 
welche  12  1300  t  Chlorkalk  und  4—5000  t 
Soda  in  ihren  ausgedehnten  Fabriken  jährlich 
verbrauche;  sie  akzeptierte  1906  das  Har- 
greaves  -  Bird  -  Verfahren    und     baute  eine 


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572  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


1  özelligeVersuchsanlage,  welche  1 000 —  1 1 00 1 
Chlorkalk  jährlich  ersetzt  Man  ist  nach  sehr 
scharfer  Prüfung  zum  Bau  weiterer  Zellen  ge- 
schritten. In  einer  europäischen  Sulfitfabrik 
kommt  ebenfalls  eine  solche  lözellige  Anlage 
1907  in  Betrieb. 

Ueberdie  bereits  1892  von  Cross  &  Bevan 
aufgestellte,  von  Lunge  im  3.  Teil  seines 
Handbuches  aufgenommene  Berechnung  der 
Kosten  der  Elektrolyse  stellt  Dorenfeldt  die 
Betriebskosten  einer  Hargreaves-Bird-Chlor- 
kalkanlage  für  die  Papierstoff-Fabrikation  fest: 

Betriebskosten  der  Herstellung  von 
1000  t  35  —  37  pCt  Chlorkalk  und 
550  t  Soda. 

700  t  Salz  zu  15  M  10500  M 
500  t  Kalk  «  20  10000 
600  t  Kohle  8facher 

Verdampfung  zu  \ 

15  M  9000 
200  elektr.  PS  für  die 

Zellen  bei  1  Pfennig 

Kosten  pro  KW- 

Stunde 

20  elektr.  PS  als 
10°/0  Zuschlag 

30  elektr.  PS  Neben- 
apparate, zusammen 

250  elektr.  PS  zu  80  M  20000 

Löhne  8000 

Reparaturen  6500 

Zinsen  und  Abschrei- 
bungen 15%  von 
90000  M  ganze 
Anlagekosten  135U0 

Zusammen  77500  M  ~  78000  M. 
Bei  2  Pfennig  pro  KW  Stunde  98000  M 
Gesamtausgaben. 

Die  gewonnenen  1000  t  in  gebrauchs- 
fertigem Zustande  sind  =  1100  t  zu  kaufen- 
dem Chlorkalk  von  35  -37%  Chlorgehalt  zu 
rechnen.  Den  Chlorkalk  zu  1 0  M  pro  1 00  kg : 
110000  M  Wert;  dazu  sind  noch   550  t 

Soda,  100  kg  zu  7  M 
38500  M  Wert(füreineNatronzellstofffabrik) 

zu  addieren,  dies  ergibt 
148500  M  Wert,     Gewinn   70500,  bezw. 
50500  M,  somit  kommen  100  kg  Chlorkalk- 


ersatz einer  Natronzellstoff-Fabrik 
,78000—38500  39500 

auf      iioo      -,ioo  =  3M60Pf* 

98000    38500     59500  . 

böW----  iioo  ^i,oo^5M40P,g 

zu  stehen. 

In  Sulfitfabriken  könnte  man  bei  Anwen- 
dung des  Drewsen'schen  Natrium-Bisulfitver- 
fahrens  die  nebenbei  gewonnene  Soda  statt 
des  Kalkes  eintreten  lassen  und  käme  bei  sich 
voraussichtlich  ergebender  Chlorkalkersparnis 
von  20%  zum  Bleichen  bei  1  Pfg.  pro  KW- 
Stunde  für  100  kg  Chlorkalkersatz  auf  4  M 
70  Pfg.,  bei  2  Pfg.  pro  KW  Stunde  für  100  kg 
Chlorkalkersatz  auf  6  M  50  Pfg. 

Man  könnte  aber  auch  die  Sodalauge  zur 
Gewinnung  von  Kristallsoda  verwerten  und 
käme  in  diesem  Falle  für  100  kg  Chlorkalk 
ersatz  auf  einen  Selbstkostenpreis  (bei  2  Pfü 
pro  KW  Stunde)  von  7  M. 

Dorenfeldt  betont,  dass  diese  günstigen 
Berechnungen  nur  für  Verbraucher  von  über 
700  t  Chlorkalk  im  Jahre  zutreffen,  für  Fa- 
briken mit  kleinerem  Bedarf  empfiehlt  er  da> 
elektrolytische  Hypochloritverfahren,  welche* 
oben  S.  534  etc.  besprochen  ist. 

Er  bekräftigt  seinen  schon  1903  in  der 
Papier-Zeitung  für  grössere  Fabriken  ausge- 
sprochenen Satz:  Das  elektrolytische  Ver- 
fahren zur  Erzeugung  von  Bleichflüssigkeit 
kann  nur  dort  die  Konkurrenz  mit  den 
Chlor-Soda- Verfahren  aufnehmen,  wo  Koch 
salz,  z.  B.  als  Salzsoie,  äusserst  billig  ist  oder 
wo  die  elektrolytisch  erzeugte  Soda  keinen 
grösseren  Wert  als  gebrannter  Kalk  hat. 

Diese  Darlegungen  würden,  wenn  da? 
Gesagte  zutrifft,  dem  in  Deutschland  sehr 
zurückgetretenen  Natron  -  Zellstoff  -  Verfahren 
auch  bei  uns  eine  neue,  vorteilvcrheissende 
Zukunft  eröffnen. 

Bleichen  mit  Wasserstoffsuperoxyd 

(H2  02).  Das  Bleichen  der  Zellstoffe  und 
Lumpenstoffe  mit  Wasserstoffsuperoxyd  wird 
neuerdings  von  in  der  Herstellung  und  An- 
wendung dieses  Chemikals6  erfahrenen  Che 
mikern   empfohlen.     Ein    mit  Wasserstoff 


I  - 


*  Vorläufig  ist  H;G.  in  der  Strohbleich-.  Seid™ 
und  Wollindustrie  mit  grossen  Erfolgen  eingeführt. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER. 


superoxyd  gebleichter  Papierstoff  soll  weder 
an  Gewicht  verlieren,  noch  den  Nachteil  des 
Vergilbens  zeigen. 

Man  vergleicht  die  Wirkung  dieser 
Bleichart  mit  der  der  Rasenbleiche,  die,  nach 
Jahrhunderte  alten  schneeweiss  gebliebenen 
Papieren  zu  urteilen,  allerdings  eine  eminent 
dauerhafte  Weisse  zu  erzielen  gestattete. 

Man  erklärt  sich  die  Wirksamkeit  der 
Rasenbleiche  als  einen  Oxydationsprozess  der 
wasserstoffhaltigen  Farbstoffe  der  Zeuge.  Den 
nötigen  Sauerstoff  liefern  die  Tausende  von 
Oräserchen  des  Rasens  durch  Ausatmung  von 
Sauerstoff  im  Sonnenlicht. 

Eine  Papierfabrik  soll  nach  Mitteilung  der 
Firma  Mülhauser  Wasserstoff-Superoxyd-Fa- 
brikation  Orloff  Hansen  in  Mülhausen  (Eis.) 
trotz  höheren  Preises  des  Wasserstoffsuperoxyds 
gegenüber  Chlorkalklösung  beim  Bleichen  von 
Lumpen  besondere  Vorteile  gefunden  haben. 

Luft-Trocknen  der  Zellstoffe. 

Das  Trocknen  der  gebleichten  Zellstoffe 
wird  in  Deutschland,  soweit  dem  Verfasser 
bekannt  ist,  auch  auf  Zylindertrockenapparaten 
bewirkt,  wie  dies  bereits  für  ungebleichten 
Stoff  S.  514-  520  beschrieben  ist. 

Die  grossen  Strohstofffabriken  bedienen 
sich  dieser  Trockenart  ausschliesslich,  und  zwar 
hat  es  für  diesen  Stoff  seine  Berechtigung,  da  der 
Strohstoff  einen  schmierigen  Charakter  hat 
und  eine  andere  Trocknungsart  Schwierig- 
keiten bieten  dürfte. 

Die  Strohzellen  sind  auch  den  höheren 
Erwärmungen  gegenüber  chemisch  bestän- 
diger, so  dass  eine  Einbusse  hinsichtlich  der 
Faserqualität  und  Weisse  weniger  zu  be- 
fürchten sein  dürfte. 

Die  Widerstandsfähigkeit  der  Holzzellstoffe 
bei  höheren  Erwärmungen  ist  nach  neueren 
Forschungen  durchaus  nicht  so  gross,  wie 
bisher  in  der  Praxis  angenommen  wurde. 

Dr.  Hans  Hofmann  hat  hierüber  eingehende 
Versuche  angestellt;*  er  weist  an  Hand  von 
Versuchen  nach;  dass  bei  Temperaturen  ober- 
halb 90 °C  eine  teilweise  Zersetzung  des 
Sulfit-  Holzzellstoffes  eintritt. 

•  Doktordissertation  Göttinnen  1006.  Dicterich'schc 
Universitätsbuchdruckerci. 


Hl.  B.  u.  C.    ZELLSTOFF.  573 

Erfahrungsgemäss  findet  auch  ein  Zurück- 
gehen der  Weisse  von  gebleichten  Zellstoffen 
auf  Trockenzylindern,  sowie  eine  Schwächung 
der  Festigkeits-Eigenschaften  aller  Holzzell- 
stoffe statt. 

Um  die  Eigenschaften  der  Fasern  und  die 
Weisse  zu  schonen,  sind  in  neuerer  Zeit 
mit  Erfolg  für  die  Lumpen-Stoffe  Lufttrocken- 
einrichtungen eingeführt.  Verfasser  hat  bereits 
im  Abschnitt  III  A  Holzschliff-  Seitel70— 201 
Ausführliches  über  die  Theorie  und  Praxis 
mitgeteilt,  worauf  zunächst  verwiesen  sein 
mag. 

Die  durch  solche  Trocknereien  wahr- 
scheinlich erzielbaren  und  erstrebten  Vorteile 
wären  Erhaltung  von  Stoff- Quantität  und 
Qualität,  letztere  besonders  der  Festigkeit 
und  Weisse  wegen. 

Den  Papier-  und  Pappenfabrikanfen 
ist  ja  zur  Genüge  bekannt,  dass  durch  Luft- 
trocknen viel  festere,  zähere  Ware  bei  Er- 
haltung der  beabsichtigten  Stofffarbe  erzielt 
wird. 

Freilich  stehen  diesen  unschätzbaren  Vor- 
;  teilen  auch  Nachteile  gegenüber,  die  nicht  ver- 
schwiegen werden  sollen  und  die  vorerst  das 
Nachfolgende  als  anregende  Vorschläge  be- 
zeichnen lassen. 

Nachteile:  Die  herzustellenden  Stoff- 
Pappen  in  Stärken  von  300  bis  400  g/qm 
m ü ssen  i n  etwa  50  bis  55  0  0 1  uf tr. ausgepresstem 
Zustande  auf  der  Langsicbmaschine  längs  und 
quer  in  passendes  Format     etwa  70x100  cm 

geteilt  werden. 

Alsdann  ist  Transport  der  Pappen  nach 
dem  Trockenraume  notwendig;  es  folgt  das 

!  Aufhängen  der  nassen  und  Abnehmen  der 
getrockneten  Pappen  durch  Handarbeit,  ferner 

I  die  Arbeit  des  Pressens  und  Packens  der 
Ballen. 

Alle  diese  Arbeiten  müssen  unter  Beob- 
achtung grösster  Reinlichkeit  vor  sich  gehen. 

Handhabung  der  Lufttrocknung. 
Das  Formatteilen  der  nassen  Pappen  ist 
durch  Umwickeln  von  Filzstreifen  um  die 
letzte  Schaumlattc  und  Anordnung  je  eines 
Spritzrohres  hinter  der  Schaumlatte  leicht 
zu  bewirken.    Die  Querteilung  erfolgt  hinter 


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574 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


der  letzten  Presse  durch  einen  Querschneider 
mit  rotierenden  Messern. 

Der  Transport  geschieht  wegen  Aufrecht- 
erhaltung der  Sauberkeit  in  geschlossenen 
Kastenwagen  biszur  Aufhängestelle  im  Trocken-  ! 
gebäude. 

Als  gut  und  zweckentsprechend  haben 
sich  nicht  nur  für  Pappen,  sondern  auch  für 
Holzstoffe  und  Lumpenhalbstoffe  Kanal- 
trockenanlagen bewährt  Das  scheinbar 
umständliche  und  kostspielige  Aufhängen  der 
Pappen  geschieht  durch  Jungen  oder  Mäd- 
chen bei  passenden  Einrichtungen  in  verhält-  , 
nismässig  kurzer  Zeit. 

Damit  die  Trockenkanäle  völlig  ausgenützt 
werden,  sind  einige  Wagen  zur  Reserve  mit 
Pappen  zu  behängen,  welche  sofort  einzu- 
fahren sind,  sobald  trockene  Ware  dem  Ka- 
näle entnommen  wird.  Hierdurch  wird  ver- 
mieden, dass  die  Trockenluft  ungesättigt 
entweicht;  auch  ist  es  für  die  Trocknung 
günstig,  wenn  die  Pappen  einige  Zeit  der 
Luft  ausserhalb  der  Kanäle  ausgesetzt  sind 
und  bereits  vorher  abdunsten. 

Die  Kanäle  werden  vorn  und  hinten  durch 
entsprechende  Türen  abgeschlossen. 

Die  abgenommenen  trockenen  Pappen 
müssen  dann  auf  ihre  Reinheit  sortiert  werden, 
und  da  die  Stoffpappen  naturgemäss  etwas 
wellig  herauskommen,  werden  sie  in  Stösse 
geschichtet  und  schliesslich  wie  von 
Trockenzylindern  kommende  Pappen  ge- 
presst  und  verpackt. 

Es  hat  sich  nun  als  vorteilhaft  und  prak- 
tisch herausgestellt,  dass  die  in  den  Kanälen 
benötigte  Trockenluft  durch  Kaloriferen  nicht 
über  etwa  50  °C  erhitzt  wird.  Ferner  hat  sich 
bewährt,  dass  in  den  Kalorifer  in  entspre- 
chenden Mengen  frische,  jedenfalls  staubfreie 
Luft  ein  geblasen  wird. 

Man  hat  Feuerkaloriferen  sowie  solche  für 
direkten  Kesseldampf  (Frischdampf)  und  solche, 
die  mit  Maschinen-Abdampf  geheizt  sind, 
angewendet. 

Feuerkaloriferen  haben  sich  weniger  bewährt 
wegen  der  Unsicherheit  der  entstehenden 
Trockenlufttemperatur  und  wegen  nicht  aus- 
geschlossener Feuersgefahr.    Es  ist  auch  be- 


obachtet worden,  dass  auf  die  hocherhitzten 
Rohre  sich  organische  Stoffe  aus  der  Luft  fest- 
setzen, verbrentien  und  so  einen  den  Stoffen 
schädlichen  Staub  erzeugen. 

Die  Verwendung  von  Frischdampf  führt 
zu  sehr  guten  Resultaten,  und  der  Dampf- 
verbrauch ist  mehrfach  genau  festgestellt 
worden. 

Nach  vorliegenden  Betriebsresultaten  braucht 
man  zum  Trocknen  von  Holzstoffpappen  mit 
einem  Feuchtigkeitsgehalt  von  ca.  55°  0  für 
100  kg  Iftr.  Pappen  etwa  180  bis  200  kg 
Frischdampf  von  2  at  Ueberdruck. 

Viel  wirtschaftlicher  hat  sich  das  Trock- 
nen mit  Abdampf  erwiesen,  sofern  der  Dampf 
von  einer  Auspuff masch ine  zur  Verfügung 
steht  oder  der  Dampf  zwischen  Dampf- 
zylinder und  Kondensator  erst  durch  den 
Kalorifer  geleitet  wird. 

Der  Kalorifer  kann  dann  einfach-  als  in- 
tegrierender Teil  der  Kondensation  betrachtet 
werden.  Die  Dampfwärme,  die  früher  mit 
dem  Einspritzwasser  der  Kondensation  ver- 
loren ging,  wird  auf  diese  Weise  rationell 
für  den  Trockenzweck  nutzbar  gemacht. 

Die  sonst  nutzlos  verlorene  Wärme  selbst 
einer  Mehrfach  -  Expansions-  Kondensations- 
Dampfmaschine  ist  nämlich  das  Vielfache 
von  derjenigen  Wärme,  welche  sich  in  unseren 
Dampfmaschinen  in  mechanische  Arbeit  um- 
setzt. 

Aus  diesem  Grunde  erscheint  es  auch 
durchaus  rationell,  die  Dampfmaschine,  wo 
es  sonst  nicht  notwendig  wäre,  reichlich  gross 
in  ihren  Abmessungen  und  ihrer  Steuerungs- 
art zu  wählen,  um  für  das  Trocknen  ge- 
nügend Abdampf  zu  haben. 

Kanaltrocken-Anlage  für  gebleichten 
Zellstoff. 

Es  sei  zunächst  als  Beispiel  eine  Reform- 
Kanal-Trockenanlage  besprochen,  wie  sie 
dem  Verfasser  von  der  Eisengiesserei  ft 
Maschinenfabrik  Aktien -Gesellschaft 
Bautzen  in  entgegenkommender  Weise  zur 
Verfügung  gestellt  worden  ist 

Auf  Seite  576,  Tafel  274  und  Figur 
275   ist  eine  von  genannter  Firma  mehr- 


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t  KlftCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


57$ 


Fig.  272  flKanalwagen    Gesetzlich  geschätzt. 


fach  ausgeführte,  praktisch  bewährte  Anlage 
dargestellt  und  beschrieben,  welche  in  24 
Stunden  etwa  5000  kg  Pappen  (trocken 
gedacht)  trocken  bringt. 

Die  Pappen  kommen,  wie  üblich,  mit 
33,/3°/0  Trockengehalt  von  der  Pappenma- 
schine und  werden  auf  hydrauiichen  Pressen 
weiter  auf  etwa  50°/0  entwässert. 

Für  5000  kg  sind  4  Kanäle  je  24  m  lang, 
2  m  I.  breit,  1,55  1.  hoch,  ein  Dampfkalo- 
rifer  mit  Ventilator  in  dem  Trockenhause  und 
ein  gemauerter  Abzugskamin  nötig. 


Um  eine  grosse  Leistung  zu  erzielen,  ist 
darauf  zu  sehen,  dass  in  den  Kanälen  eine 
grosse  Anzahl  von  Pappen  zum  Aufhängen 
gelangt.  Diese  Möglichkeit  ist  gegeben  bei 
Anwendung  der  gesetzlich  geschützten,  in  Fig. 
272  vorgeführten  Pappenklammern,  mittels 
welcher  Art  40 — 45  Stück  Pappen  pro  Wagen 
aufgehängt  werden  können.  Diese  Klammer 
weist  eine  geringe  Pappenentfernung  auf  und 
ermöglicht  dadurch  einen  ziemlich  dichten 
Behang  im  Wagen. 


Fig.  273.  Ausklink-Vorrlchtung.   D.R.P.  128429. 


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Fig.  275.  Querschnitt. 


Durch  Beschicken  der  Kanäle  mit  einer 
grossen  Anzahl  von  Pappen  wird  erreicht, 
dass  die  Beheizung  eine  möglichst  milde  und 
somit  durchgreifende  sein  kann;  die  Pappen 
können  daher  bei  gleicher  Leistung  doppelt 
so  lange  hängen,  als  dies  bei  Wagen  mit  halb 
soviel  Behang  möglich  ist.  Dass  das  Trocken- 
resultat hierdurch  ein  wesentlich  günstigeres 
und  —  was  dasselbe  ist  —  die  Kanäle 
leistungsfähiger  werden,  liegt  auf  der  Hand. 


Erklärung  zu  Tafel  274: 
A.  Abzugskamin. 

K.  Vier  gemauerte  Trockenkanäle, 
v.  Ventilator  zum  Einblasen  frischer  Luft  in  den 
c.  Kalorifcr. 

y.  Verteilungskanal  für  die  Warmluft. 

z.  Abzugskanal  nach  dem  Kamin. 

Einfuhr  für  nasse  Pappen  rechts  mit  Wagen- 
Hängeschienen, 

Ausfuhr  für  trockene  Pappen  links  mit  Hänge- 
schienen. 

x.  Geneigter  Schienenweg  für  selbsttätigen  Rück- 
lauf der  Pappenwagen  nach  der  Einfuhrstelle. 

t.  Ausklink- Vorrichtung  zum  selbsttätigen  Aus- 
haken der  letzten  Wagen.  D.  R.  P.  No.  128429 
(Fig.  273). 

Die  angewendeten  Klammern  S.  575,  Fig. 
272  unten,  sind  aus  Eisenblech  aus  einem 
Stück  gestanzt,  verzinkt  und  mit  Klammer- 
kugel bezw.  Klemmrollc  aus  Stein  ausgerüstet; 
diese  Klammern  sind  praktisch  erprobt  und 
haben  in  Fachkreisen  guten  Anklang  gefunden. 


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577 


Um  aber  auch  das  Schwinden  einer  jeden  ein- 
zelnen Pappe  zu  ermöglichen,  sind  diese 
Klammem  auf  Gasröhrchen  drehbar  gelagert, 
und  somit  ist  auch  diesem  nicht  zu  unter- 
schätzenden  Faktor  in  der  Pappentrocknerei 
Rechnung  getragen. 

Die  Kanalwagen  werden  aus  Stahlrohr 
gebaut,  sind  infolgedessen  sehr  leicht  trans- 
portabel, dabei  aber  äusserst  stabil  und  für 
die  verschiedenen  Formate  verstellbar.  Die 
Wagen  bilden  im  Kanäle  eine  dichte  Kette, 
kuppeln  sich  nach  Fig.  273,  S.  575  beim 
Verlassen  des  Kanals  selbsttätig  voneinander 
los  und  werden  hierauf,  nachdem  die  trockenen 
Pappen  abgenommen  sind,  über  dem  Kanal 
wieder  zurückgestossen  zur  Pappeneinführseite, 
um  von  neuem  mit  Pappen  behängen  zu 
werden.  Die  ganze  Bedienung  und  Hand- 
habung wird  als  eine  so  einfache  geschildert, 
ilass  für  eine  Leistung  von  5000  kg  pro 
Schicht  3  junge  Leute  genügen,  um  mit  dem 
Linhängen  und  Abnehmen  der  Pappen  fertig 
zir  werden,  wobei  den  Leuten  sogar  noch 
Zeit  genug  bleibt,  um  die  nassen  Pappen  von 
den  Pressen  herbeizuholen. 

Die  oben  genannte  Firma  macht  für  eine 
Reform-Trockenanlage  mit  einer  Leistung 
von  13000  kg  lufttr.  Zellstoff  in  24  Stunden 
bei  55°/0  Trockengehalt  der  zu  trocknenden 
Blätter,  im  Formate  700  und  1000,  bei  300 
bis  450  g  Gewicht  der  einzelnen  Bogen 
folgende  Angaben: 

„Zur  Einrichtung  sind  8  Kanäle  von  je 
30  m  lichter  Länge,  2  m  lichter  Breite  und 
1,5  m  lichter  Höhe  erforderlich.  Auf  langen 
Eisengestellen  werden  stets  mehrere  Wagen 
mit  Bogen  behangen.  Je  nach  Stärke  der 
Bogen  sind  in  jede  Klammer  ein  oder 
mehrere  Stück  einzuhängen.*  Sind  nun 
Wagen  mit  trockenen  Bogen  den  Kanälen 
entnommen,  so  müssen  sofort  wieder  Wagen 
mit  feuchten  Bogen  eingefahren  werden. 
Die  Laufschienen  in  den  Kanälen  erhalten 
nach  der  Ausfuhrseite  zu  reichlich  Gefälle. 
Die  Verschlüsse  an  den  Kanalenden  können 
durch  Schiebetüren,  Schlagtüren  oder  Roll- 
läden bewirkt  werden.  Jetler  Kanal  er- 
hält einen  Luftschieber,  um  die  Menge  der 


einströmenden  Luft  beliebig  regulieren  zu 
können.  Fast  bis  zur  halben  Kanallänge 
ist  ein  Luftkanal  ausgeschachtet,  querliegende 
Holzplatten,  die  durch  bestimmte  Abstände 
voneinander  Spalten  für  die  Warmluft 
bilden,  reichen  bis  an  das  Ende  des  Luft- 
kanales.  Es  kann  also  nach  und  nach 
warme  Luft  dem  Trockengute  zugeführt 
werden,  wodurch  zu  grosse  Erhitzung  der 
vordersten  Bogen  vermieden  wird.  Die 
Trockenluft  wird  von  2  Niederdruck-Ven- 
tilatoren eigener  Bauart  geliefert,  und  zwar 
sind  in  einer  Minute  800  cbm  Luft  nötig. 
Die  Ventilatoren  haben  Ringschmierlager 
mit  innerer  Abdichtung,  feste  und  lose 
Riemenscheibe  und  Riemenausrückung. 
Die  Aufstellung  erfolgt  am  besten  gerade 
vor  dem  Kalorifer,  kann  aber  auch  an 
anderer  geeigneter  Stelle  erfolgen.  Der 
Kraftverbrauch  beträgt  10  PS  und  die  Um- 
drehungszahl der  Welle  etwa  500  -  600  pro 
Minute. 

Die  Erwärmung  erfolgt  in  schmied- 
eisernen Kaloriferen  (Lufterhitzern)  von  je 
200  qm  Heizfläche  auf  höchstens  55°  C; 
der  Kalorifer  wird  mit  Frischdampf  von 
2  -3  Atm.  geheizt.  Das  abgeschiedene 
Kondenswasser  kann  sofort  wieder  zur 
Kesselspeisung  benützt  werden,  weil  es  nicht 
durch  Oel  etc.  verunreinigt  ist.  Jeder  Ka- 
lorifer enthält  einen  schmiedeisernen  zwei- 
teiligen Verkleidungsmantel,  Dampfein-  und 
Auslassventile  nebst  Manometer  und  Kon- 
denstopf.  An  Frischdampf  von  2  Atm. 
sind  stündl.  Q00  kg  erforderlich.  Die  mit 
Wasserdunst  gesättigte  Luft  entweicht  durch 
einen  weiten,  niedrigen  Schlot  ins  Freie. 

Der  Preis  der  Gesamtanlage,  bestehend 
aus  Laufschienen  und  Gestellen  in  den  Ka- 
nälen, an  der  Ein-  und  Ausfuhrstelle  Rück- 
laufschienen,  Beschlägen  zu  den  Türen  und 
Regulierschiebern,  Wagen,  verstellbar  oder 
fest,  mit  Klammern,  Klemmrollen  aus  Holz 
oder  Kunststein,  Kalorifer  mit  Armatur  und 
Ventilator,  stellt  sich  auf  etwa  M.  35000.  - 
ohne  die  Baukosten  für  Gebäude,  Kanäle 
und  Fundamente. 

Das  Aufhängen  kann  von  8  jungen 

2.  Bok«i  |Q07 


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578 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    Hl.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Leuten  und  das  Abnehmen  von  4  jungen 

Leuten  bewirkt  werden. 
Kalkulation  der  Trockenkosten 
mit  Frischdampf. 

I0°0  Zinsen  und  Abschrei- 
bung für  M  35000(Eisenteile, 
Kalorifer  und  Vemilator)     M  3500. — 

3%  Zinsen  und  Abschreibung 
auf  M  20000  Gebäude  und 
Kanäle   600. 

Dampf  kosten  M  2.00  per  1000 

kg  Dampf   14400. 

Bedienung:  in  jeder  Schicht  12 
junge  Leute  oder  Mädchen 
ä  M  2.00    14400. 

Ventilatorbetrieb     für  jede 

Pferdekraftstunde  4  Pfg.    .  3000. 

Licht,     Reparaturen,  Oel, 

Riemen  etc   1000.- 

M  36900. 

In  300    Arbeitstagen    werden  produziert 

1 3000  x  3000  =  3900000  kg 
100  kg  kosten  also  zu  trocknen  M  0.95. 

In  vorstehender  Kostenberechnung,  die 
sich  nach  den  jeweiligen  Umständen  ändert, 
sind  die  Kosten  für  Löhne  besonders  hoch 
angenommen;  geübte  Arbeiter  können  die 
Arbeit  des  Aufhängens  und  Abnehmern 
der  Bogen  auch  in  kürzerer  Zeit  bewirken, 
sodass  eine  Ersparnis  an  Leuten  sicher  noch 
möglich  ist. 

Ueber  die  Erfahrungen   mit  Abdampf 
hoffen  wir  in  einem  besonderen  Nachtrage 
sprechen  zu  können,  da  Abdampf-Versuche 
zur  Zeit  noch    nicht  abgeschlossen  sind. 
Derartige    ausgeführte  Abdampf-Anlagen 
lassen  aber  jetzt  schon  erkennen,  dass  es 
am  ratsamsten  ist,  hochgespannten  Dampf 
erst  in  der  Maschine  arbeiten  zu  lassen  und 
nachher  die  latente  Wärme  des  Dampfes 
zur  Lufterhitzung  zu  benützen. 
Es  ist  selbstverständlich,  dass  von  den 
vielen  Möglichkeiten  seitens  der  mitteilenden 
Firma   bestimmte   Verhältnisse    zu  Grunde 
gelegt  sind.    Die  Dampfkosten,  Löhne  und 
Pferdekraftstunden  werden  natürlich  den  je- 
weiligen Verhältnissen  entsprechend  anders 
eingesetzt  werden  müssen. 


Ueber  Dampf-Selbstkosten  war  im  Wochen- 
blatt für  Papierfabrikation,  Jg.  1904  S.  1619, 
für  1  t  Dampf  =  1000  kg  in  Sachsen  M  2,05. 
am  Rhein  M  2,31  gefunden  worden;  an  zum 
Kohlenbezug  günstig  gelegenen  Stellen  kann 
man  mit  M  2  und  darunter  auskommen.  An 
anderen  Stellen  muss  man  M  2,50  und  mehr 
rechnen. 

Um  die  Ausführung  von  Pappenklammcrn 
und  Kanaltrocken-Anlagen  hat  sich  auch  seit 
etwa  15  Jahren  der  Ingenieur  und  Holz- 
pappenfabrikant F.  Krüger  in  Stolpen  (Sach- 
sen) verdient  gemacht.  Er  sandte  dem  Ver- 
fasser ein  Muster  seiner  kleinsten  Pappen- 
klammern, welche  die   dichte  Aufhängung 

der  Einzelstoffblät- 
(  ter  von  39  \'2  cm, 
r  also  in  2  m  breiten 
Trockenkanälen  auf 
1,8  m  Breite  45 
Fig.  276.  F.  Kröger«      Blätter  zu  hängen 

Pappen  klamm  er  Nr.  3  a.  gestatten. 

Die  Ausführung  in  verzinktem  Eisenblech 
und  U  förmiger  Eisenschiene  mit  zylindrischen 
Klemmröllchen  aus  einer  Kunststeinmassc 
erscheint  sehr  solid  und  zweckmässig. 

Es  ist  Sache  der  Praktiker,  die  zweck- 
mässigste  Weite  für  Zellstoffblärter  oder  Blatt- 
lagen auszuprobieren.  Hervorzuheben  ist, 
dass  die  Klemm  weite  der  abgebildeten 
kleinsten  Pappenkiammer  10  mm  beträgt 

Krüger  bezieht  sich  bezüglich  des  gesetz- 
lichen Schutzes  für  seine  Patentklammern 
auf  die  Gebrauchsmuster-Nummern  194  820. 
190569,  252350  in  Verbindung  mit  239  261. 
für  seine  verstellbaren  Kanalwagen  auf  Nr. 
151  721. 

Abdampf  von  Dampfmaschinen. 

Wenn  die  Möglichkeit  gegeben  ist.  den 
abgehenden  Dampf  einer  hinreichend  grossen 
Auspuff-Dampfmaschine  zum  Heizen  des  Ka- 
lorifers  zu  verwenden,  so  reduzieren  sich  die 
Trockenkosten  wesentlich,  denn  die  Dampf- 
maschine braucht  wegen  höheren  Rückdruckes 
nur  um  etwas  höher  gespannten  Dampf  oder 
etwas  mehr  Füllung,  um  die  gleiche  Arbeit 
zu  leisten;  im  Kalorifei  wird  aber  der  grösstc 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER. 

Teil  der  sonst  verlorenen  latenten  Wärme 
ausgenutzt. 

Nach  obiger  Kalkulation  wären  7200  t 
Dampf  nötig.  Nehmen  wir  den  Dampf  =  3 
Atm.  Ü.  an,  so  enthält  er  ä  kg  dieses  Dampfes 
(gesättigt)  650  WE;  geht  das  Kondensat  mit 
0,1  Atm.  Ü.  ==  101,76  0  C  Temperatur  ab, 
so  sind 

650  —  102'/4  WE       547 3  4  WE 
nutzbar  geworden. 

Abdampf  von  0,2  Atm.  Ü.  und  638'  4  WE, 
wo  das  Kondensat  wieder  mit  102'/4  WE 
abgeht,  lässt 

638' 4  —  102' 4  =  536  WE 
nutzbar  werden. 

Wir  brauchen  demnach 

720<536548  =  7360  '  Abdampf>  i 
Der  Dampfverbrauch  zum  Trocknen  in 
Form  von  Abdampf  erhöht  sich  gegen  Frisch- 
dampf also  nur  um  21'4  pCt.;  er  ist  dem-  : 
nach,  wenn  er  vorher  in  einer  Dampfmaschine 
Arbeit  verrichtet  hat,  zum  Trocknen  fast  um- 
sonst, so  dass  die  Trocken  kosten  noch  we- 
sentlich zurückgehen.  Ich  rechne,  dass  an 
obigen  Kosten  bei  Verwendung  von  Ab- 
dampf etwa  M  1 2  000  bis  1 2  500  gespart  wer- 
den könnten,  so  dass,  wenn  die  Angaben 
bei  Frischdampf  zutreffen,  das  Trocknen  von 
100  kg  Zellstoffpappen  mit  etwa  M  0,65 
zu  ermöglichen  ist.  Die  Lufttrocknung  ist 
also  keineswegs  unrationell,  wenn  man  sich 
die  Vorteile  besserer  Erhaltung  der  Faser  und 
Farbe  vergegenwärtigt;  freilich  ist  reine 
Trockenluft  und  reinliche  Arbeit  Voraus- 
setzung. 

Bewährte  Kochersysteme. 

Liegende  oder  stehende  Kocher. 
Ausnutzung  des  Füllraunies  der  Kocher. 

Nachdem  nun  alle  Fabrikationsprozesse 
oben  durchbesprochen  sind,  sei  auf  die  in 
der  Fachpresse  aufgeworfene  Frage:  .  Bieten 
die  stehenden  Kocher  gegenüber  den 
liegenden  Vorteile  und  welche?"  hier 
näher  eingegangen. 

Die  Einführer  der  Zellstofffabrikation  haben 
bald  dem  stehenden,   bald  dem  liegenden 


III.  B.  u.  C.    ZELLSTOFF.  579 

Kochersystem  den  Vorzug  gegeben,  es  waren 
aber  auch  liegende,  drehbare  zylindrische  (alte 
Strohkocher),  drehbare  Sturzkocher  (Lahouse) 
sowie  drehbare  Kugelkocher  für  Stroh-  und 
Holzzellstoff  in  Anwendung 

Die  alten  liegenden,  drehbaren  Stroh- 
kocher waren  ursprünglich  wohl  Lumpen- 
kocher, wie  sie  sich  heute  auch  noch  vor- 
finden. Sie  wurden  von  Mellier,  Orioli  etc. 
beibehalten  und  manchmal  mit  direktem 
Feuer  oder,  wenn  auch  selten,  mit  Dampf- 
mantel geheizt.  Dann  kamen  die  Sturz- 
kocher auf,  deren  Drehachse  senkrecht  zur 
Zylinderachse  steht  (Lahouse  bis  in  die  neueste 
Zeit);  es  folgten  drehbare  Kugelkocher  (Hains- 
berg b.  Dresden,  Römer). 

Für  Natron-Holzzellstoff  wandten  Watt  und 
Burgess  stehende,  Houghton  liegende  Kocher 
mit  innerer  Heizschlange,  Dresel  liegende  mit 
Feuerheizung*,  Lee  ebensolche,  Sinclair  und 
Nicol  stehende  mit  direkter  Dampfheizung, 
Ungerer  kleine  stehende  Diffusionskessel  an. 
In  Schweden  kamen  auch  liegende  drehbare 
Natronkocher,  dann  wieder  stehende  mit  Ab- 
stoss  des  Stoffes  in  Nebenbehälter  auf ;  Amerika 
hat  das  letztere  System  fast  durchgehend 
akzeptiert. 

Für  Sulfit-Holzzellstoff  wandte  Tilghman 
in  den  60er  Jahren  einen  etwa  15  m  langen 
liegenden,  drehbaren,  zylindrischen,  innen  ver- 
bleiten Kocher  von  0,9  m  Durchm.  für  seine 
Kochungen  im  grossen  an,  Ekman  arbeitete 
seit  1874  in  doppclmanteligen  Sturzkochern.*" 
Mitscherlich  kochte  in  seiner  Versuchsfabrik 
von  1 875  78  erst  mit  einein  liegenden  (5  cbm 
Inhalt)  Kodier,  dann  kam  ein  stehender 
Kocher  (8  cbm  Inhalt)  und  schliesslich  noch 
einer  von  40  cbm  Inhalt  hinzu.***  Fr.  Wetz- 
Lölinbcrg,  der  erste  Zessionar  Mitschcrlichs, 
arbeitete  mit  stehenden  Kochern  von  55  cbm 
Inhalt,  O.  Vogel  ging  auf  Kocher  liegender 
Konstruktion  mit  80  und  120  cbm  Füllraum 
über.    Die  heute   nach  Mitscherlich-System 

'  JS7S  f,in^  Dresel  711111  stellenden  Kochcrsysteni 
mit  Latigcncrhitzung  in  einer  Heizschlange  eines  Neben- 
ofens über. 

"  S.  oben  S.  382.  hij/.  175. 
S.  oben  S.  44.  r.  Sp.  unten. 


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^80 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


arbeitenden  Sulfitzellstoff-Fabrikcn  benützen 
teils  liegende,  teils  stehende  Kodier,  die  nach 
Ritter-Kellner- System  arbeitetiden  nur  ste- 
hende Kocher;  Flodquist,  Graham  und 
Hrüngger  endlich  wandten  wieder  liegende 
drehbare  Kocher  an. 

In  der  Strohstofffabrikation  dürften  die 
S.  374  75,  Taf.  168  dargestellten  Sturzkocher 
mit  21  22  cbm  als  Maximalfüllraum  die 
vorteilhaftesten  sein.  Für  die  Natronholzzell- 
stoff-Fabrikation hat  sich  mit  wenigen  Aus- 
nahmen das  aufrechtstehende  System  mit  Ab- 
blasen unter  Druck  in  Nebenbehälter  einge- 
führt Die  S.  379,  Fig.  1 73  angegebene  Ein- 
richtung mit  eingebauter  Laugenzirkulation 
darf  als  bestens  bewährt  gelten.  Die  grossen 
Vorteile  der  Anbringung  des  Holzvorrates 
H  über  den  Kochern,  des  Ausbläsers  B  und 
der  Auslaugekästen  O  leuchten  aus  Taf.  174 
S.  380  ohne  weiteres  ein. 

Bezüglich  der  Sulfitkocher  ist  an  den  be- 
treffenden Stellen  dieses  Abschnittes  bereits  über 
die  Vor-  und  Nachteile  gesprochen  worden. 
In  einem  besonderen  Falle  als  Gutachter  dar- 
über angerufen,  ob  man  bei  einer  grossen 
Sulfitfabrik-Neuanlage  dem  liegenden  oder  dem 
stehenden  System  den  Vorzug  geben  solle 
(es  wurde  behauptet,  dass  man  im  liegenden 
Kocher  festeren  und  weisseren  Stoff  herstellen 
könne),  hat  Verfasser  bei  mehreren  dem  Zell- 
stofffache angehörenden  Freunden  angefragt. 
Der  eine  sagt: 

„Meiner  Ansicht  und  meinen  Erfah- 
rungen nach  ist  es  undenkbar,  dass  in 
liegenden  Kochern  stärkere  und  weissere 
Zellstoffe  hergestellt  werden  können  als  in 
stehenden,  auch  vom  chemisch-technischen 
Standpunkt  ist  das  nicht"  zu  begründen." 
Der  andere  äussert  sich: 

„Ob  ich  stehende  oder  liegende,  fest- 
stehende oder  rotierende  Kocher  anwende, 
das  Ergebnis  der  Kochung  hängt  einzig 
und  allein  vom  Kochprozesse  selbst  ab, 
d.  h.  von  der  Zusammensetzung  der  Laugen, 
von  der  Dauer  der  Kochung,  von  der 
Leitung  des  Prozesses  und  vom  angewen- 
deten Dampfdruck,  wobei  natürlich  auch 
die  Beschaffenheit  des  Holzes  mitspricht. 


Ich  kann  in  einem  stehenden  Kocher  genau 
so  feste  weisse  Zellulose  herstellen  wie 
im  liegenden. 

Die  Vorteile  des  stehenden  Kochers 
sind  aber  inbezug  auf  das  Füllen  und  Leeren 
so  grosse,  dass  ich  nur  stehende  Kocher 
empfehlen  würde. 

Höchstens  könnte  doch  die  hohe  Stoff- 
säule auf  die  Gleichmässigkcit  der 
Stoffdurchkochung  einen  Einfluss  infolge 
des  höheren  Druckes  unten  gegen  oben  aus- 
üben, man  findet  aber  in  der  Praxis  das 
Holz  oben  und  unten  gleich  gut  oder 
auch  gleich  schlecht  aufgeschlossen;  wenn 
auch  der  Druck  unten  bei  einem  12  18  in 
hohen  Kocher  nur  1,2—1,8  Atm.  höher 
ist,  so  scheint  der  Dampfüberdruck  3  —  0 
Atm.  Ü.,  unten  um  1,2 — 1,8  Atm.  Ü.  hy- 
drostatisch erhöht,  keinen  Einfluss  auf  den 
Ausfall  zu  haben,  da  es  bei  den  sich  ab- 
spielenden chemischen  Prozessen  nur  auf 
die  Zirkulation  der  Flüssigkeit  und  vor 
allem  auf  die  Temperatur  ankommt;  ersterc 
wird  nach  der  Beobachtung  nicht  gestört 
und  letztere  ist  in  zirkulierenden  Flüssig- 
keiten überall  nahezu  gleich." 
Der  dritte  Herr,  ein  Betriebsdirektor,  der 
liegende  und  stehende  Kocher  in  seinem  Be- 
triebe hat,  sagt: 

„Die  Frage,  welchem  Zellulosekocher 
der  Vorzug  zu  geben  sei,  dem  liegenden 
oder  dem  aufrechtstehenden,  muss  ich  auf 
Grund  eigener  Erfahrungen  zugunsten  des 
stehenden  Kochers  beantworten. 

Die  Mehrauslagen,  mit  welchen  für 
Fundamente,  stärkere  Mauern,  grössere  Höhe 
des  Gebäudes  etc.  bei  Aufstellung  stehen- 
der Kocher  gerechnet  werden  muss,  sind 
oft  schon  aufgewogen  dadurch,  dass  das 
Kochergebäude  kleinere  Grundfläche  erhält. 

Wenn  für  entsprechend  grosse  Trichter 
zur  Aufnahme  der  Holzspäne  über  den 
Kochern  und  wenn  für  genügend  hoch 
befindliche  Laugenbehälter  gesorgt  ist,  sind 
die  Vorteile  des  Betriebs  mit  stehenden 
Kochern  gegenüber  dem  mit  liegenden  be- 
deutend genug,  um  ihre  Wahl  zu  recht- 
fertigen. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER. 


Der  stehende  Kocher  gewährt  erheb- 
liche Zeit-  und  Lohnersparnisse  beim 
Leeren  und  hüllen,  und  dass  seine  Ab- 
kühlung nach  der  Kochung  nicht  so  weit 
getrieben  werden  muss  wie  die  des  liegen- 
den Kochers,  trägt  zur  Schonung  der  Aus- 
kleidung und  wohl  auch  der  Schale  des 
Kochers  bei,  bedingt  auch  etwas  Dampf- 
ersparnis; erwähnt  sei  auch  der  viel  kleinere 
„Oasraum"  des  stehendenT  Kochers. 

Natürlich  muss  der  stehende  Kocher  in 
der  Grösse  dem  liegenden  nahekommen, 
sollte  also  etwa  4,5  m  weit  und  12  m 
hoch  sein,  der  Boden  trichterförmig,  um 
Rohre  von  genügend  grosser  Heizfläche 
unterzubringen  und  ein  flottes  Entleeren 
zu  erzielen;  aus  Rücksicht  auf  letzteres  soll 
das  untere  Mannloch  etwa  1  in  weit  sein. 

Bei  gleicher  Lauge  und  gleicher  Koch- 
weise  wird  der  Stoff  aus  dem  stehenden 
Kocher  jenem  aus  dem  liegenden  an  Gleich- 
mässigkeit,  Weisse,  Fasergüte  etc.  nicht 
nachstehen. 

Ob  es  nun  ratsam  ist,  die  Vcrgrössc- 
rung  einer  bestehenden  Anlage  mit  liegen- 
den Kochern  durch  Aufstellung  eines  auf- 
rechten Kochers  zu  bewerkstelligen,  lässt 
sich  ohne  nähere  Kenntnis  der  Verhält- 
nisse nicht  sagen.  Wenn  Wert  auf  Ein- 
heitlichkeit gelegt  wird  und  weil  es  viel- 
leicht bedenklich  ist,  wegen  eines  einzigen 
Kochers  grosse  Aenderungen  an  Oebäuden, 
Laugenbehältern,  Holzfördcrung  etc.  zu 
treffen,  ist  es  wohl  angezeigt,  bei  dem 
System  der  liegenden  Kocher  zu  verbleiben. 

Durch  Wahl  grösserer  Abmessungen, 
z.  B.  4,5x14  m  lässt  sich  auch  der  Be- 
trieb mit  diesen  vorteilhafter  gestalten,  doch 
wäre  ein  solcher  Kocher  unbedingt  oben 
und  unten  mit  je  drei  sich  gegenüber- 
stehenden Mannlöchern  in  richtiger  Ver- 
'  teilung  und  gehöriger  Weite  zu  versehen. 

Mit  der  Zahl  der  Mannlöcher  wächst 
wohl  die  Notwendigkeit  sorgsamer  Ueber- 
wachung  der  Auskleidung  etc.,  die  Vor- 
teile aber,  welche  ein  drittes  unteres  Mann- 
loch für  rasches  Entleeren  bietet,  sind 
wesentlich." 


III.  B.  u.  C.    ZELLSTOFF.  5S1 


Zu  den  hervorgehobenen  Gesichtspunkten 
sei  noch  hinzugefügt,  dass  die  jetzt  allge- 
meh   übliche   innere  Zement-   und  Stein- 
Verkleidung  sich  bei  stehenden  Kochern  in 
j  geringerer  Stärke  leichter  und  solider  aus- 
führen   lässt.     Infolge  kürzerer  Kühlung, 
!  leichterer  Waschung  und  schnellerer  Entlee- 
!  rung  ist  diese  Verkleidung  der  stehenden 
!  Kocher  zudem  von  längerer  Dauer  als  bei 
liegenden. 

Das  Entleeren  der  Kocher  in  einen  Neben- 
behälter ist  endlich  nur  bei  stehenden  Kochern 
möglich;  dieses  erhöht  ja  die  Leistung  der- 
i  selben  durch  Zeitersparnis  bedeutend.  Mit 
den  nötigen  Einrichtungen*  ausgestattet  und 
mit  genügender  Vorsicht  durchgeführt,  ge- 
staltet sich  das  Kochen  in  stehenden  Kochern 
geradezu  ideal. 

Nach  Ritter  Kellner  hat  man  nie  indirekt 
gekocht,  sondern  heizte  die  Kocher  früher 
direkt  mit  gesättigtem  Dampf  von  4  6  Atm. 
Ü.  Die  allgemeine  Erfahrung  geht  aber  da- 
hin, dass  die  Zellulose  bei  dieser  direkten 
Heizung  eine  weichere,  baumwollähnliche 
Beschaffenheit  und  geringere  Festigkeit  hat. 
Erfahrene  Zellstofftechniker  behaupten  in- 
des, dass  sie  auch  feste  Zellulose  bei  direkter 
Kochung  erzeugen  könnten.  Andere  Sulfit- 
zellstofffabrikauten  ziehen  die  indirekte  Ko- 
chung mit  Kupferrohrschlangen  (reinstes  Hekla- 
Kupfer  60  100  mm  äuss.  Durchm.)  oder 
Hartbleirohre  (von  40  mm  äuss.  Durchm.) 
vor.  Die  Hcizflächengrösse  wird  verschieden 
ausgeführt.  Neueste  liegende  Kocher  von 
4,6  m  Durchm.  mit  13  m  langem  Mantel 
und  etwa  160  cbm  Füllraum  wurden  noch 
mit  Hartbleirohrschlangen  von  etwa  80  qm 
Heizfläche  ausgestattet,  ä  cbm  Füllraum  also 
V2  qm  Heizfläche,  während  Verfasser  bereits 
Ende  der  80er  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts 
mit  30  qm  Heizfläche  (Kupferrohre)  Kocher 
mit  120  cbm  Füllraum,  also  mit  V4  qm 
Heizfläche  ä  cbm  Füllraum,  vorteilhaft  betrieb. 
Es  ist  dabei  allerdings  zu  bemerken,  dass 
in  diesen  liegenden  Kochern  sehr  langsam  mit 
3  4  Atm.  gcs.  Dampf  in  den  Heizschlangen 
gekocht  wurde.    Will  man  mit  gesättigtem 

•  Man  vergleiche  S.  401,  Fig.  191. 


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582  E.  KIRCHNER.  DAS 


Dampf  von  4,5  Atm.  Ü.  schneller  kochen, 
so  kommen  Heizrohrsysteme  bis  zu  0,8  -0,9 
qm  kupferner  Heizfläche  pro  cbm  Füllraum 
vor.  Andere  Zellulosetcchniker  wollen  bei 
6  bis  7  Atm.  mit  etwa  250°  C  überhitztem 
Dampf  schon  mit  etwa  V3  qm  kupferner 
Heizfläche  pro  cbm  Füllraum  auskommen. 
Verfasser  bemerkt,  dass  beim  Kochen  die 
Ueberhitzung  den  Vorteil  hat,  dass  der 
Dampf  trocken  in  die  Heizschlangen  kommt, 
und  wenn  er  auch  nicht  auf  lange  Strecken 
in  den  Heizrohren  überhitzt  bleibt,  doch  die 
Dämpfe  viel  weiter  in  die  Einzelschlangen 
vorschiessen,  bis  sie  gesättigt  sind  und  kon- 
densieren. Die  Anwendung  überhitzten 
Dampfes  dürfte  also  bei  indirekter  Beheizung 
als  Vorteil  begrüsst  werden,  während  nach 
gemachten  Erfahrungen  die  Dampf-Ueberhit- 
zung  bei  direkter  Beheizung  schwerlich  Vor- 
teile, eher  Nachteile  durch  partiell  zu  starke 
Erhitzung  des  Kochgutes  gewärtigen  lässt. 
Die  Erfahrung  in  Betrieben  wird  hier  das 
Richtige  ergeben. 

Was  die  Ausnützung  des  Füllraumes 
und  die  damit  für  einen  wirtschaftlichen  Be- 
trieb so  wichtige  Ausbeute  pro  cbm  Ko- 
cherinhalt anlangt,  so  waren  im  obigen  Text 
auch  darüber  Daten  gegeben. 

Strohhäcksel  lässt  sich  trecken  und  lose 
bis  zu  HO  kg  in  I  cbm  Kocher- Füllraum 
bringen.  Bei  festem  Eintreten  und  Stampfen 
bringt  man  etwas  mehr,  bei  Einstampfen 
unter  gleichzeitigem  Einlassen  der  Kochlauge, 
einige  Minuten  Drehen  des  Kochers  und 
Nachstopfen  von  Stroh  bringt  man  bis  200  kg 
Häcksel  in  1  cbm  Füllraum  und  gewinnt  dar- 
aus je  nach  der  Güte  des  Strohes  und  dem 
Verfahren  aus  100  kg  Häcksel  36  42  kg 
gebleichten  Strohstoff,  aus  1  cbm  Kocher- 
füllraum also  72  —  84  kg  Stoff. 

Was  die  Ausnützung  des  Füllraumes  bei 
der  Holzzellstoff-Fabrikation  betrifft,  so  stellt 
sie  sich  je  nach  dem  Kochersystem,  dem 
Verfahren  und  der  Holzart  sehr  verschieden. 

Ein  liegender  Lee'scher  Natronzellstoff- 
kocher 12,5  m  lang,  1,25  m  Durchm.  mit 
gewölbten  Böden  des  Untcrkessels  hat  etwa 
15,8  cbm  Innenraum,  die  10  gelochten  Siebe 


III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


1,10  m  1.  Durchm.,  1,2  m  I.  lang  haben 
nur  etwa  10  .  0,95  .  1,22  -—  11,6  cbm' 
nutzbaren  Füllraum.  In  diesen  Raum  bringt 
man  etwa  7  rm  Rohbolz  von  10/16  cm 
Durchm.  ~  6  rm  sauber  geputztes  Holz 
~  4—4,2  fm  Holz  in  gehackten  Spänen, 
die  durch  eine  Mühle  egalisiert  sind,  unter. 
1  cbm  Neltofüllraum  enthält  demnach  0,362  fm 
Holz,  1  cbm  Bruttofüllraum  dieser  Kocher 
enthält  0,266  fm  Holz",  1  cbm  Nettofüll- 
raum  ergibt  bei  Kiefernholz  und  Sulfatver- 
fahren im  Mittel  70  kg  Stoff. 

Das  Natronverfahren  lässt  etwa  9°  0  weni- 
ger Ausbeute  erwarten,  auch  unser  Fichten- 
holz ergibt  8— 10°0  weniger  Sloffausbeute 
als  Kiefernholz. 

Beim  Sulfitzellstoff- Verfahren  wird  in 
Deutschland  mit  ganz  verschwindender  Aus- 
nahme nur  Fichten-  und  Tannenholz  verar- 
beitet Die  grossen  liegenden  Kocher  ver- 
fügen nicht  über  einen  besonderen  Dampf- 
raum, es  befinden  sich  nur  im  oberen  Schei- 
tel die  2  oder  3  Mannlöcher,  deren  Raum 
man  nicht  für  genügend  hält,  um  der  Ausdeh- 
nung der  Flüssigkeit  beim  Kochen  zu  genü- 
gen. Um  sicher  zu  sein,  dass  in  dem  Kocher 
nie  hydrostatischer  Druck  infolge  Ausdehnung 
des  Inhalts  entsteht,  lässt  man  bei  ihnen  im 
oberen  Scheitel  während  des  Kochens  ein 
Segment  frei.  Nach  der  Erfahrung  ist  auch 
nötig,  dass  die  Sulfitlösung  höher  steht  als 
das  Holz. 

Nach  älterer  Kochmethode  und  (nach  Mit- 
scherlich)  mit  auf  Kreissägen  geschnittenen 
Holzscheiben,  aus  denen  die  Aeste  entfernt 
waren,  wurde  im  Scheitel  des  Kochers  ein 

*  Vergl.  S.  368. 

"  L'eber  die  mittlere  Ausbeute  unserer  Kiefern-  und 
Fichten-  (Tannen-)  Hölzer  gibt  Direktor  Dr.  M.  Möller 
folgende  Zahlen: 

Natron  verfahren  1  nn  Kiefernholz  — 104,7  — 108,5  kg  Stoff 
Sulfat        „      1  ,.         ..        -113.5-120.4  ..  .. 
Natron      ,.      1  „  Fichtenholz  —  94,5—100,2  „  ., 
Sulfat        ..      1  ..         „        -107,3-110,7  „  .. 
Nach  direkter  Mitteilung  eines  Zellstofffabrikanten,  der 
in  Schweden  grosse  Mengen  Sägeabfällc  (Schwarten, 
Säumlinge  etc.)  zu  verarbeiten  Gelegenheit  hatte,  kann 
man  auf  100  kg  Stilfatstoff  1  rm  dieser  Abfälle  rechnen 

Sulfitverfahrcn  1  rm  Fichtenholz  —  170  —  230  k^ 
Stoff,  erstcre  Zahl  bei  Verarbeitung  des  astfreien  Hol- 
zes zu  la.  Stoff. 


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E.  KlfcCHNER.    DAS  PAPIER.    Iii.  ß.  u.  C.    ZELLSTOFF.  583" 


Segment  von  300  min  Höhe  von  Lösung  Der  liegende  Kocher,  12  m  lang,  4  ml. 

und  ein  Segment  von  500  mm  Höhe  von  Durchm.  des  Eisenmantels,  hatte  nach  der 

Holz  frei  gehalten.  Auskleidung  folgende  lichte  Masse: 

10,75  m  Zylinderlänge  3,610  m  Durchm.  =  110,027  cbm 

2  Kalotten  500  mm  hoch  „          „      —  5,252  „ 

2  untere  Mannlöcher  mit  Steinen  gefüllt  ~  - 

2  obere        „                               r=  0,171  „ 

Gesamtfüllraum  115,45  cbm 

davon  ab  obere  Mannlöcher  0,161  cbm 

oberes  Segment  500  mm  hoch,  für  Holz  8,639  „ 

Heizrohr  mit  Blech  bedeckt  2  .  0,65  .  0,18  .  10  2,34     „  11,15  cbm 

Netto  Holzspan-Füllraum  104,3  cbm. 

Der  Raum,  den  die  200  mm  über  dem  Man  hat  nun  das  Scheibenschneiden  in 

Holz  stehende  Lösung   einnimmt,    beträgt  der  Sulfit-Zellstoff-Fabrikation  fast  ganz  ver- 

etwa  4,6  cbm,  so  dass  1 08,9  cbm  von  Lauge  lassen.    Das  Holz  wird  vielmehr  jetzt  ge- 

und  Holz  erfüllt  sind.  hackt,  auf  Desintegratoren  gleichmässig  zer- 

Für  die  Holzfüllung  gehen  bei  liegenden  kleinert  und   in   kleinstückiger  Form  wie 

Kochern  auf  diese  Weise  11,15  cbm,  d.  h.  früher  in  der  Natron-Holzzellstoff-Fabrikation 

nahezu  10  pCt  verloren,  welcher  Verlust  bei  in  die  Kocher  gebracht, 

stehenden  Kochern  nach  Ritter- Kellnerscher  Die  Zerkleinerung  in  dieser  Art  lässt  den 


Kochart  zum  grössten  Teile,  nach  ameri- 
kanischer Art*  der  Füllung  der  Holzspäne 
bis  an  das  Mannloch  ganz  nutzbar  gemacht 


Füllraum  nicht  ganz  so  günstig  ausnützen, 
indem  (nicht,  wie  oben  S.  175  rechte  Spalte 
behauptet,  0,42—0,45  fm  Holz  in  Spänen, 


wird.  sondern)  nur  0,37 — 0,39  fm  Holz  in  1  cbm 
Die  ganze  Nutzbarmachung  des  inneren  '  Nettofüllraum  einzupacken  gehen.    Statt  der 

Kocherraumes  wird  erreicht,  wenn  man  das  obigen  94,3—95,4  kg  pro  cbm  Nettofüll- 

Ueberdrücken  der  durch  Kondensation  des  räum  bei  Scheibenholz  hat  man  also  nur 

Heizdampfes  zu  viel  werdenden  Kochflüssig-  83— 84  kg,  bezw.87,5— 88,5  kg  ungebleichten 

keit,  wie  S.  404  05,  Taf.  192  93  dargestellt  Stoff  zu  erwarten. 

ist,  durchführt.  Dieser  Nachteil  wird  aber  durch  die  grossen 
Hierin  liegt  der  schon  oben   er-  i  Vorteile  eines  in  viel  kürzerer  Zeit  zu  been- 
wähnte  Vorzug  der  Kocher  stehenden  denden  Kochprozesses  und  grösserer  Oleich- 
Systems,  mässigkeit  des  erhaltenen  Kochgutes  d.  h. 

Nach  Jahresdurchschnitten  hat  sich  er-  Gewinnung  von  mehr  Ia.  Stoff  vielfach  auf- 
geben, dass  bei  Scheibenholz  auf  1  cbm  gewogen. 

Nettoholz -Füllraum   94,3  —  95,4  kg  unge-         Es  muss  allerdings  bei  Kochung  von 

bleichter  lufttr.  Sulfitstoff  gewonnen  wurde;  Scheiben  (statt  dieser  Späne)  anerkannt  wer- 

auf  1  cbm  Brurto-Kocherfüllraum  gewinnt  den,  dass  auch  der  mit  direktem  Dampf  ge- 

man  durchschnittlich  85,2—86,1  kg  Stoff.  kochte  Stoff  viel  fester  ausfällt,  ähnlich  dem 

Da  nun  100  kg  Stoff  0,64  rm  ~  0,42  fm  indirekt  gekochten. 
Fichtenholz  15/25  cm  Durchm.  erfordern,  so  Bleich  Verluste, 

nimmt  1  cbm  Netto- Holzfüllraum  an  Scheiben- 
holz 0,607  rm  Rohholz  ~  0,398  fm  Holz 
auf.  1  cbm  Bruttofüllraum  nimmt  an  Scheiben- 
holz etwa  0,54  rm  Rohholz  ~  0,36  fm 
Holz  auf. 


lieber  die  Verluste  des  Zellstoffes  beim 
Bleichen  sind  sichere  Versuchszahlen  noch 
nicht  bekannt  geworden,  doch  dürften  die- 
selben zwischen  4—10  pCt.  liegen.  Je  nach 
der  reinen  und  vollständigen  Auskochung 
•  Vci  gl.  s.  405,  Fig.  193.  der  Stroh-  und  Zellstoffe  und  je  nach  ver- 


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584  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPl 

langter  Weisse  und  angewendeter  Bleich- 
methode  wird  dieser  Verlust  sich  etwas 
anders  ergeben. 

Das  Packen  der  Zellstoffe. 

Die  Zellstoffe  werden  in  Rollen  gewickelt 
oder  in  Formaten  geschnitten,  in  Zellulose- 
Umschläge,  event.  mit  Jutengeweben  geschützt, 
verpackt. 

Feucht  gehandelt  werden  sie  heute  nur 
hinter  der  Maschine  gerollt,  für  Deutschland 
glatt,  für  das  Ausland  mit  einfacher  Stiften- 
walze vor  dem  Aufrollen  gelocht. 

Die  Rollen  werden  der  Reinlichkeit  wegen 
innen  in  weisses  gewöhnliches  Druckpapier, 
aussen  in  starkes  Zelluloseabfallpapicr  ein- 
gerollt und  mit  fester  Hanfschnur  gebunden. 
Sie  haben  ein  Gewicht  von  50  -  100  kg. 

Die  in  Bogen  geschnittenen  trockenen 
Zcllstoffblätter  werden  wie  Papier  durch 
Papiereinschlag  gegen  Staub  und  Schmutz 
geschützt  und  nach  Zusammenpressen  in  einer 
hydraulischen  Presse  in  Zelluloseabfallpapier 
oder  Jutegewebe  eingeschlagen  und  mit 
eisernen  Bändern  gebunden. 

Für  den  Versand  ins  Ausland  kommt 
über  die  Packpapicrhülle  jedenfalls  noch  ein 
Einschlag  in  Packleinwand  oder  Jutegewebe. 

Die  Abwässer  der  Zellstofffabriken. 

Ueber  dieselben  ist  schon  im  Teile  II  D 
dieses  Werkes  S.  122  24  und  S.  120  28, 
ferner  oben  S.  200  250,  sowie  S.  460  74  die 
Rede  gewesen.  Man  muss  in  den  Zellstoff- 
fabriken zwei  Arten  von  Abwässern  unter- 
scheiden : 

In  der  Natron-  (Aetznatron-  und  Sulfat-) 
Zellstofffabrikation 

1)  die  Kondensate  aus  den  Mehrfachver- 
dampfern, auch  Brüden  oder  Brüten  genannt, 

2)  die  Waschwässer  der  gekochten,  von 
starker  Kochlauge  schon  befreiten  Stoffe,  welche 
ausser  den  gelösten  Substanzen  auch  noch 
Fasern  enthalten. 

Beide  Arten  Abwässer  sollten  noch  einer 
weiteren  Behandlung,  ersterc  zur  Beseitigung 
der  üblen  Gerüche,  letztere  zur  Befreiung 
von  Zellfasern,  unterzogen  werden. 


.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


In  der  Sulfit-Zellstofffabrikation  hat  man 

1)  die  starken  Laugen  sowie  die  Wasch- 
wässeraus den  Kochern  oder  Abblasebottichen, 

2)  die  Waschwässer  des  gekochten  und 
zerfaserten  Stoffes,  die  beide  noch  Fasern 
enthalten. 

Ein  in  die  Augen  fallender  Unterschied 
zwischen  den  Abwässern  der  Natron  zel  Istoff  - 
und  Sulfitzellstoff-Fabriken  ist  der,  dass  man 
in  ersteren  die  starken  alkalischen  Kochlaugen 
und  die  ersten  Waschlaugen  behufs  Salz- 
wiedergewinnung durch  Verdampfung  des 
Wassers  eindickt  und  alle  organischen  Be- 
standteile, also  auch  die  in  ihnen  enthaltenen 
Fasern  verbrennt,  während  man  in  letzteren' 
sowohl  die  starken  saureu  Kochlaugen,  als 
auch  die  ersten  Waschlaugen  bis  jetzt  mit  Vor- 
teil nicht  aufarbeiten  kann  und  sie  mit  den 
dünnen  Waschwässern  der  Fabrikation  weg- 
fliessen  lassen  muss. 

Ueber  die  in  den  Natronzellstofffabriken 
entstehenden  Brüden  wurde  oben  mehrfach  ge- 
sprochen; sie  können,  trotzdem  sie  als  flüssi- 
ges Kondensat  nach  S.  214  etwa  auf  das 
9  lOfache  des  gewonnenen  Stoffgewichts 
in  ihrer  Menge  veranschlagt  werden  müssen, 
ohne  grosse  Belästigung  mit  dem  Abwasser, 
welches  das  400  bis  500fachc  des  Stoffge- 
wichtes ausmacht,  in  entsprechend  grosse 
Flüsse  abgelassen  werden,  während  die  letzten, 
noch  gasförmigen  Brüden,  welche  starke  Riech- 
stoffe enthalten,  wie  S.  250,  51  gezeigt,  durch 
die  lebhaft  brennenden  Feuer  der  Kalzinier- 
und  Schmelzöfen  getrieben  werden,  wodurch 
die  Schwefelverbindungen  enthaltenden  Gase 
oxydiert  und  geruchlos  mit  den  Rauchgasen 
der  Oefen  ins  Freie  gelangen.  Die  dünnen 
Waschwässer  der  Natronzellstofffabriken  sind 
durch  Absitzgruben  oder  geeignete  Filter  von 
Fasern  zu  befreien. 

Ueber  die  Abwässer  der  Sulfitzellstoff- 
fabriken ist  weiter  oben  S.  460  -474  und 
an  anderen  Stellen  schon  ausführlich  ge- 
sprochen worden  und  die  von  vielen  Sach- 
verständigen vorerst  als  wenigst  schädliche 

*  Mit  Ausnahm?  der  Fabriken,  die  behördlicherseits 
KezwunKen  wurden,  auch  ihre  starken  Ablaufen  ein« 
zudicken  und  die  Rückstände  zu  verbrennen. 


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t.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


585 


Entfernung  der  starken  Kocherablaugen,  mit 
den  übrigen  Fabrikationswässern  genügend 
verdünnt,  in  hinreichend  grosse  Flüsse  fest- 
gehalten. 

Die  schnelle  Selbstreinigung  der  Ge- 
wässer ist  an  den  Einflussstellen  der  Ab- 
wässer der  grossen  Zellstofffabrik  Waldhof 
in  den  Rhein  und  der  Zellstoff fabrik  Stock- 
stadt in  den  Main  genau  beobachtet  worden. 
Die  Abläufe  der  verdünnten  Sulfitstoff-Ab- 
wässer dieser  Fabriken  haben  zu  keinen 
wesentlichen  Schädigungen  geführt.  Trotzdem 
hat  diese  bewährte  Methode  der  Entfernung 
der  Abwässer  in  den  letzten  Jahren  seitens 
einiger  Wissenschaftler  Widerspruch  erfahren. 

H.  Schreib*  fand  1890,  dass  einige  der 
schädlichsten  Wasserpilze,  z.  B.  Sphaerotilus 
natans,  gerade  in  sehr  verdünnten  Abwässern 
gut  gedeihen,  während  die  stossweise 
oder  unterbrochene  Ableitung 
der  Abwässer  sich  als  erprobtes  Mittel  zur  Ver- 
hütung der  so  ungemein  schädlichen  Pilz- 
wucherungen ergeben  hatte.*' 

Professor  Dr.  Hofer  in  München,  der  Leiter 
der  Münchener  biologischen  Station,  hat  das 
stossweise  Ablassen  der  Sulfitablaugen,  wie 


genug  sei,  dass  jeder  Schaden  für  die  Fisch- 
zucht, die  Haustiere,  die  hier  etwa  getränkt 
werden,  oder  für  den  Pflanzenwuchs  etwaiger 
Stauwiesen  ausgeschlossen  ist. 

Vogel  empfiehlt  dabei  ausdrücklich,  alle 
Papierfasern,  Füllstoffe  etc.  in  Abfang-  und 
Absitzvorrichtungen  aus  dem  Abwasser 
zu  entfernen.  Die  Fasern  etc.  schaden  den 
Fischen,  indem  sie  sich  in  den  Kiemen  fest- 
setzen,* sie  können  auch  Rieselwiesen  derait 
verfilzen,  dass  sie  den  Graswuchs  hindern. 

Vogel  geht  in  seinem  Bericht  dann  näher 
auf  die  Ablaugen  und  Abwässer  der  Sulfit- 
Holzzellstofffabriken  ein  und  gibt  einen 
Ueberblick  über  den  augenblicklichen  Stand 
der  Sulfitablaugen  -  Reinigung. 

Er  glaubt  nicht,  dass  es  gelingen  wird, 
durch  ein  chemisches  Fällungsmittel  hin- 
reichende Reinigung  zu  erzielen,  immerhin 
könne  ein  Fällungsmittel  von  Vorteil  sein. 
Das  Frank 'sehe  Verfahren  (Neutralisation 
mit  Kalk  und  Einleitung  von  Kohlensäure 
der  Schornsteingase)  befreie  die  Sulfitablauge 
zwar  vom  grössten  Teil  der  schwefligen 
Säure  bezw.  der  schwefligsauren  Salze  und 
der  Harze,  es  müsste  aber  vor  allen  Dingen 


das  H.  Schreib  schon  früher  tat,  neuerdings  der  Gehalt  an  Hexosen  (Zuckerarten)  der 
wieder  gegen  die  Pilzwucherungsplage  wirk-  Laugen  beseitigt  oder  unschädlich  gemacht 
sam  erklärt. 

Prof.  Dr.  J.  H.  Vogel-Berlin  hat  dem  Verein 
der  Zellstoff-  und  Papierchemiker  1906  einen 
Sammelbericht  über  Abwasser"*  mitgeteilt, 
worin  er  im  allgemeinen  nach  seinen  Unter- 
suchungen der  Abwässer  von  Papierfabriken 
(darunter  auch  eine  mit  Natron-Strohstoff- 
Fabrik)  zu  dem  Urteil  kommt,  dass  sie  gegen- 
über städtischen,  höchst  fäulnisfähigen  Abwäs- 
sern harmlos  sind,  da  sie  wegen  der  Anwesen- 
heit der  Bleichstoffc  von  pathogenen  Bakterien 
absolut  frei  sind.  Freilich  müsse  der  Gehalt 
an  Chlorkalk  oder  sonstigen  Bleichmitteln 
derartig  sein,  dass  die  Verdünnung  auch  bei 
niedrigster  Wasserführung  des  Vorfluters  stark 

•  Wochenblatt  liir  Papierfabrikation,  Jg.  1906, 
Nr.  32.  S.  2479-80. 

"  Zeitschrift  für  angewandte  Chemie  1800,  Nr.  3, 
S.  675. 

Wochenbl.  f.  Papierfabrikation.  Jg.  1906,  Nr.  21, 
S.  1610-13  und  Nr.  23,  S.  1766-69. 


werden,  denn  sie  veranlassen  die  massenhafte 
Pilzwucherung  (Sphaerotilus)  im  Vorfluter, 
wie  Prof.  Hofer  in  München  an  Versuchen 
durch  ununterbrochene  Durchleitung  von 
Sulfitlaugen  durch  Rinnen  nachgewiesen  habe. 

Wird  Sulfitlauge  neutralisiert  und  durch 
organische  Säuren  mit  Hefepilzen  von  Zucker 

•  Ein  guter  Kenner  des  Ffschlebens  unserer  Flüsse, 
der  selbst  eifriger  Angler  ist,  halt  die  genügend  ver- 
dünnten Abwasser  unserer  Sulfitfabriken  als  unschäd- 
lich für  die  fische;  dagegen  sind  nach  seinen  Erfah- 
rungen alle  Fische  äusserst  empfindlich  gegen  geringe 
Mengen  von  freiein  atzenden  Alkali,  wie  sie  unter 
Umständen  durch  die  Laugen  der  Natron-  und  Sulfat- 
fabriken, durch  Chtorkalkablaugen  etc.  in  die  Flüsse 
gelangen  können.  Auch  die  allgemein  verbreitete 
Ansicht,  dass  die  Abwässer  der  Holzschleifereien  den 
Fischen  durch  ihren  Fasergehalt,  welcher  die  Kiemen 
verslopfe,  schädlich  sind,  bestreitet  er  und  hält  diese 
Abwässer,  sofern  sie  nur  nicht  ganz  ungeklärt  in  den 
Fluss  abgelassen  werden,  was  der  Holzschleifer  aber 
wohl  aus  eigenem  pekuniären  Interesse  unterlassen 
,  wird,  für  völlig  unschädlich. 

3.  Boge«  1907. 


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586 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


befreit,  so  tritt  in  den  Rinnen  keine  Pilz- 
wucherung ein. 

Die  Pentosen,  welche  in  Sulfitlaugen  in 
erheblicher  Menge  vorhanden  sind,  fand  Hofer 
für  das  Wachstum  des  Sphaerotilus-Pilzes  ohne 
Einfluss. 

Vogel  betont,  dass  das  sogenannte  bio- 
logische Verfahren  der  Abwasserreinigung, 
das  für  städtische  und  fäulnisfähige  Fabrika- 
tionswässer ungeahnte  Erfolge  erzielt  habe, 
für  SuKitablauge  sich  nicht  bewährt  habe, 
da  sich  eine  biologische  Selbstreinigung  durch 
Bildung  von  Bakterien  und  anderen  niederen 
pflanzlichen  und  tierischen  Organismen  nicht 
einstelle.* 

Er  ist  aber  der  Meinung,  dass  eine  Aus- 
faulung  der  Laugen,  nötigenfalls  nach  vor- 
aufgegangener Impfung,  etwa  durch  Bak- 
terien vergorener  Fäkalien,  zum  Ziele  führen 
könnte.  Er  hält  dabei  eine  Vorbehandlung 
zur  möglichst  weitgehenden  Beseitigung  der 
schwefligen  Säure  oder  ihrer  Salze  nach 
dem  Frank'schen  Verfahren  für  geboten. 
Dann  stellt  er  der  Methode  der  Ablassung 
gleichmässig  und  möglichst  weit  verdünnter 

•  Das  vor  etwa  10 Jahren  aufgekommene  biolo- 
gische Verfahren  der  Ab  wasse  rreinigung 
besteht  darin,  dass  das  Abwasser  in  meist  luftdicht  Ver- 
schlossenen Faulräuinen  während  1-  i  Tagen  einer 
durchgreifenden  Ausfaulung  überlassen  wird.  Hierbei 
wird  ein  Teil  der  organischen  Substanzen  zerstört, 
während  sich  die  Fäulnisprodukte  (Ammoniak  und 
Schwefelwasserstoff)  vermehren. 

Das  ausgefaulte  Wasser  wird  in  oder  auf  soge- 
nannte Oxydationskörper  (Schlacke,  Koks  u.  dergl., 
5  30  mm  Körnung)  in  dichte  Filterräume  gelassen 
und  bleibt  etwa  2  Stunden  darin,  wahrend  welcher 
Zeit  das  Abwasser  durch  Vorgänge  biologischer  Art 
weitgehende  Aenderungen  erfährt.  Die  flulnisfähigen 
Stoffe  werden  oxydiert  und  das  trübe,  farbige,  stinkende 
Wasser  ist  in  ein  fast  klares  Wasser  ohne  üblen  Ge- 
ruch verwandelt.  Nachher  müssen  aber  die  Oxyda- 
tionskörper 5—7  Stunden  gründlich  durchlüftet  werden, 
ehe  sie  wieder  benützt  werden  können. 

Es  ist  nun  in  neuerer  Zeit  gelungen,  durch  regen- 
ahnlichcs  Auf-  u.  Durchflicssenlassen  des  Abwassers  auf 
bezw.  durch  die  Oxydationskörper  ein  kontinuierliches 
Arbeiten  (Tropfkörper-Verfahren)  zu  ermöglichen. 

Bei  beiden  Verfahren  müssen  sich  in  oder  auf  den 
Oxydatioiiskorpem  erst  die  Kleinlebewesen,  vornehm- 
lich Bakterien,  entwickeln,  welche  durch  ihre  Lebcns- 
tätigkeit  die  organischen  Substanzen  der  Abwässer 
zerstören  und  hauptsächlich  dadurch  die  Reinigung  be- 
wirken. 


Laugen  in  den  Vorfluter  die  Hofer'schen 
Versuchsresultate  gegenüber,  nach  denen 

1)  bei  Verdünnungen  von  1  :  100000 
geringe  Pilzwucherungen  stattfinden, 

2)  ununterbrochene  Sulfitwasser-Abfüh- 
rung die  Pilzwucherungen  verstärken, 

3)  die  Pilze  bei  stossweiser  Ablassung 
der  Sulfitlauge  (statt  in  24  Stunden  abge- 
lassen nur  1  Stunde  auslaufend)  verkümmern 
und  absterben. 

Versuche  Hofers  bei  Kelheim  in  der 
Donau  und  bei  Aschaffenburg  im  Main  sind 
noch  im  Gange.  Hofer  verlangt  übrigens 
eine  12 — I5stündige  Ruhe  (Sedimentieren) 
für  die  Abwässer  der  Zellstofffabriken,  damit 
sie  sich  bis  auf  10—12  mg  im  Liter 
Schwebstoffe  reinigen  und  ein  Anfaulen  eintritt 

In  sogenannten  kontinuierlich  arbeitenden 
Sedimentierungsanlagen  mit  stark  verlang- 
samtem Slrom  der  Abwässer  seien  immer 
noch  70—100  mg  Zellstoff-Fasern  in  je  1  / 
Abwasser  enthalten.  Hofer  glaubt,  dass 
stärker  angefaulte  Sulfitablaugen  ganz  allge- 
mein in  offenen  Gewässern  grösseren  Scha- 
den anrichten  könnten  als  frische  Laugen. 

Demgegenüber  vertritt  der  Berichterstatter 
Prof.  Vogel  den  Standpunkt,  dass  organische 
Substanzen  von  fliessenden  Gewässern  um 
so  leichler  verdaut,  d.  h.  in  harmlose  Stoffe 
zerlegt  werden,  je  weiter  ihr  Zerfall  vorge- 
schritten ist.  Die  Ausfaulung  der  Sulfitab- 
laugen werde  die  Zerstörung  der  schädlichen 
Stoffe  durch  die  selbstreinigende  Kraft  der 
Wasserläufe  erleichtern. 

Auch  für  eine  Natronzellstoff-Fabrik  hat 
,  Vogel   erst   neuerdings   einen  vorgebauten 
Faulraum  mit  Stofffänger    und  Stoff  entfer- 
:  nungs-Einrichtung  und  darauffolgende  bio- 
1  logische  Reinigung  der  Abwässer  empfohlen. 

Eine  Anlage  mit  täglich  576  cbm  Ab- 
lauge braucht 

I.  Faulraum  von  870  cbm  Grösse 
II  435 

III.       „         „    435  „ 
und  einen  Koksturm  mit  864  cbm  Fassungs- 
raum.   Nach  angestellten  Vorversuchen  ist 
den  Behörden  bei  Genehmigung  dieser  An- 
lage garantiert:  1)  85  pCt.  der  suspendierten 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


587 


Stoffe  werden  aus  dem  schon  vorgereinigten 
Abwasser  beseitigt,  2)  das  die  Oxydations- 
körper verlassende  Wasser  wird  mit  einem 
Gemisch  von  1  Teil  ungereinigtem  und  2 
Teilen  klarem  Wasser  gleichen  Farbton  haben, 
3)  mindestens  50  pCt.  der  gelösten  organischen 
fäulnisfähigen  Stoffe  werden  beseitigt  sein. 

Nach  weiteren  Berichten  Prof.  Dr.  Vogels 
hat  Dr.  Gottstein  darauf  hingewiesen,  dass 
die  sich  bildenden  Pilze  von  niederen  Or- 
ganismen, wie  einzelnen  Krebsarten,  Daphnien 
etc.  verzehrt  würden  und  dass  letztere  ein 
geeignetes  Fischfutter  sind,  die  den  Fisch- 
stand verbessern. 

Prof.  Marsson  bestätigt  diese  Tatsache, 
doch  dürften  die  Pilze  nicht  etwa  das  ganze 
Flussbett  auskleiden,  so  dass  den  Fischen 
die  Bodennahrung  entzogen  und  die  Laich- 
plätze vernichtet  würden;  er  verlangt,  dass 
die  Abwässer  der  Sulfitzellstofffabriken  von 
schwefliger  Säure  frei  seien,  dass  sich  an 
Staustellen  nicht  etwa  Sulfate  und  Schwefel- 
wasserstoff bilden  könnten,  die  das  Fisch- 
leben gefährden.  Jedenfalls  seien  alle  Fluss- 
verunreinigungen durch  Zellstofffabriken  un- 
schuldig gegenüber  den  Fäkalien  wässern  der 
Städte  mit  ihren  pathogenen  Bakterien,  die 
Krankheiten  und  Seuchen  übertragen  könnten. 

Die  Bekämpfung  übermässiger  Algen- 
und  Pilzbildungen  durch  in  Amerika  ange-  i 
wendete  geringe  Mengen  von  Kupfervitriol 
sollte  nach  Vogels  Vorschlag  in  kleineren 
Vorflutern,  welche  die  Abwässer  von  Sulfit- 
zellstofffabriken  aufnehmen,  versucht  werden. 

Verfasser  hat  bezüglich  der  stossweisen 
Abiassung  der  Abwässer  grosser  Fabriken 
folgende  Bedenken:  Es  fragt  sich,  wo  für  die 
jeweiligen  Abfluss-  und  Fl ussgrössen verhält-  i 
nisse  die  Grenze  liegt,  bis  zu  welcher  (cbm 
pro  Minute)  man  die  starken  Abwässer  in 
den  Fluss  lassen  darf?    Kann  man  bei  einem 
Zuviel  in  dieser  Beziehung  nicht  ein  Fisch- 
sterben im  grossen,  wie  er  es  in  seiner 
langen  Praxis  einmal  erlebte,  verursachen  ? 
Gibt  es  nicht  stromabwärts  doch  irgendwo  ■ 
eine  Stelle,  wo  die  starke  Lauge  soweit  ; 
verdünnt  oder  umgesetzt  ist,  dass  sie 
wieder    hier   den  Pilzwucherungen 


günstig  wird?  Hat  man  damit  nicht  etwa 
nur  erreicht,  den  Pilzwuch erungsplatz 
zu  verlegen? 

Entfaserun g  der  Abwässer. 

Die  Behörden  und  Fabrikanten  werden,  bis 
noch  grössere  Klarheit  in  die  Frage  der  un- 
schädlichsten  Laugenablassung  kommt,  sich  mit 
möglichster  Verdünnung  und  weitgehendster 
Entfaserung  der  Ablaugen  begnügen  müssen. 

In  der  Natronzellstofffabrikation  wurde 
früher  beim  Abdrücken  der  starken  Kochlaugen 
und  Abpumpen  der  starken  Ablaugcwässer  der 
Shankkästen  etc.  keine  Rücksicht  auf  den  Faserge- 
halt dieser  Starklaugen  genommen.  Die  Fasern 
wurden  mit  in  das  grosse  Laugenvorratsbassin 
befördert  und  bei  der  Regeneration  der  Salze 
mitverbrannt.  Später  lernte  man,  wohl  auf 
Wunsch  oder  Vorschrift  der  Behörden,  Ab- 
sitzgruben  oder  Filter  anzulegen  und  ge- 
ringwertige Stoffe  zu  gewinnen,  die  zu  nie- 
derem Preise  an  Packpapier-  und  Pappen- 
fabriken verkauft  wurden.  Für  die  dünnen 
Waschwässer  ist  der  Stofffänger  mit  sehr  ge- 
ringer Leistung  durch  bessere  Einrichtungen, 
tiefe  Absitzgruben  mit  Ueberlauf  und  Füllners 
Stofffänger  ersetzt  worden.' 

Von  den  Sulfitzellstofffabriken  ftiessen 
heute  noch  an  vielen  Stellen  grosse  Werte 
an  Faserstoffen  in  den  Fluss,  doch  sollte 
man  Einrichtungen,  die  auf  Zurückhalten  der 
Fasern  berechnet  sind,  schon  zu  eigenem 
Vorteil,  anlegen. 

Automatischer  Stofffänger  von  G. 
Türk  D.  R.G.  M.  Nr.  243845.  Ein  vorliegender 
Prospekt  Türks  verspricht  für  Zcllulosefabriken 
mit  10000  kg  Tagesproduktion,  300  350  kg 
tr.  ged.  Faser  in  24  Stunden,  pro  100  kg 
M  10,  zurückgewinnen  zu  lassen. 

Ueber  das  Absitzen  lassen  oder  Sedi- 
ment ieren  der  Abwässer  sagt  Türk,  dass 
es  den  Stoff fän gern  mit  rotierendem  Siebe 
jetzt  vorgezogen  werde,  da  bei  guter  Wir- 
kung der  letzteren  Nr.  80,  also  eine  recht 
feine,  wenig  haltbare,  dadurch  teure  Nr.  ge- 
wählt werden  müsse,  und  dass  sich  diese  Siebe 
durch  Oel,  Fett  und  sonstigen  Schmutz  bald 
verlegten. 

•  Vcrgl.  ob«n  Abschnitt  HD,  S.  126. 


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588  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Beim  Sedimentieren  ist  nach  Türk  zu  be-  die  Kanäle  der  Ablass-Einrichtungen  so  breit 
achten,  dass  es  sich  bei  einer  Anlage  von  wählen  muss,  dass  die  Geschwindigkeit  der 
10000  kg  Tageserzeugung  um  3— 3V4  cbm  I  Strömung  in  denselben  auf  150,  besser  100 
Abwasser  pro  Minute  handelt  und  dass  man    mm/sek.  heruntergeht. 

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Tafel  277. 

Baut  man  nach  Türks  Vorschlag  zwei 
Sedimentierkanäle,  jeden  3  m  breit  mit  Ver- 
teil ungskammer  a  {Taf.  277,  Fig.  1  u.  2), 
Vorkästen  b  mit  Schaumbrett  und  3  Stück 
8  m  langen  Abteilungen  c  hintereinander  mit 
Abiauf  d  als  Schluss  und  wählt  1  m  Flüssig- 
keitshöhe in  den  Kanalabteilungen,  so  ist  die 
Flüssigkeitsgeschwindigkeit  (1  Kanal  nur  in 

Betrieb)  bei  reinem  Kanal  \  cbm  =-  I  m/min. 

3  qm 

—  16%  mm/sek.  An  den  Uebertrittstellen 
der  Zwischenwände  z  mit  2,8  m  breitem  und 
30  mm  hohem  Wasscrüberlauf  haben  wir 
2,8  .  0,03  —  0,084  qm  Durchflussfiäche,  dem- 
nach eine  Geschwindigkeit  von 
3 

0,084 

In  2  bis  4  Wochen  haben  sich  die  Ab- 
teilungen c  zum  Teil  mit  dickem  Stoff  ge- 
füllt, die  Flüssigkeitsgeschwindigkeit  ist  bei 
kleiner  und  kleiner  werdendem  freien  Quer- 
schnitt der  Kanäle  grösser  und  grösser  ge- 
worden, man  stellt  die  andere  Kanalseite  in 
Betrieb,  pumpt  den  Bodensatz  des  abgestell- 
ten Kanälen  mit  Hilfe  eines  in  den  vertieften 
Löchern  1  angeordneten  Saugrohrs  in  eine 
Stoffbütte  ab  und  arbeitet  den  Stoff  über 
eine  Pappenentwässeruugsmaschine. 

Bei  10  t  Tagesproduktion  gewinnt  man 
nach  Türk  auf  diese  Weise  etwa  10  t  in 


3Ö  m  min  ~-  600  mm/sek. 


O.  Türk.   D.R.O.M.  Nr.  243845. 

30  Tagen,  also  etwa  3V3  pCt.  des  gewonnenen 
guten  Stoffes  als  Fangstoff. 

Als  Vorzüge  dieser  Einrichtung  sind  an- 
zuerkennen, dass  Kraft,  Siebe,  Filze  und 
Schmiere  nur  verbraucht  werden,  auch  Löhne 
nur  auszugeben  sind  in  der  kurzen  Zeit  des 
Ausarbeitens  des  Absitzstoffes,  dass  ein  Ver- 
sagen der  Anlage  nie  vorkommt  und  dass 
der  Fabrikant  in  der  Zeitdauer  des  Sich-Füllens 
der  Kanäle  mit  Fangstoff  eine  wertvolle 
Kontrolle  hat,  ob  alle  Siebe,  Filze  etc.  in 
seiner  Fabrik  in  Ordnung  sind  und  nicht 
übermässige  Mengen  guten  Stoffes  fortlaufen. 

Der  zur  Zeit  beste  Stoffwiedergewinnungs- 
apparat aus  den  Abwässern  der  Papierfabriken 
ist  der  Patent-Füllner-Filter,  der  in  Fig. 
278  in  perspektivischer  Ansicht  dargestellt  ist. 

Die  ersten  Versuche,  auch  die  Abwässer 
der  Zel Istoff fabriken  mit  diesem  äusserst 
nützlichen  Apparate  von  Fasern  etc.  zu 
befreien,  fielen  nicht  günstig  aus,  weil  die 
für  Papierfabrikabwässer  geeigneten  Filze 
sich  für  Zellstoffabwässer  nicht  eigneten,  auch 
die  Umlaufgeschwindigkeit  des  Apparates 
für  Zellstoff  nicht  passte.  Der  wiederge- 
wonnene Papieistoff  der  Papierfabriken  ist 
nämlich  kurz  und  schmierig,  die  Fasern  der 
Holzzellstofffabrik- Abwässer  dagegen  bilden 
einen  röschen  langfaserigen  Stoff. 

Es  ist  ein  Verdienst  des  Herrn  Ober- 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


589 


Fig.  278.    Patent  Füllner  Filter. 

direktor  Clemens  Titte  I J-  in  Gratwein, 
passende  Filze,  richtige  Geschwin- 
digkeiten des  Zylinders,  sowie  eine  ihm 
patentierte  Filzwascheinrichtung  zum 
Füllner-Filter  ausprobiert  zu  haben,  so  dass 
alle  früheren  Anstände,  besonders  das  Ver- 
schmieren und  Verharzen  der  Filze  gänzlich 
behoben  sind. 

Titte!  schreibt  dem  Verfasser  folgendes: 
„Gegen  das  Verharzen  der  Filze  verwende 
ich  in  erster  Linie  eine  für  diesen  Zweck 
weitmaschig  gewebte  Filzsorte  die  zu  aus 
Zwirn,  zu  2/3  aus  Baumwolle  gewebt  ist, 
ferner  habe  ich  nach  dem  Auslaufe  des 
Filzes  aus  der  Presse  einen  schnelllaufenden 
Schläger  angebracht,  der  sämtliche  dem  Filze 
anhaftenden  Teile  losschlägt.  Der  sehr  rösche 
Zellulosestoff  lässt  am  Filter  nie  eine  so 
dicke  Stoffschicht  entstehen,  wie  sie  sich 
bei  Papierfabrikabwässern  bildet,  weshalb 
ich  beim  Auslaufe  der  Trommel  ein  kleines 
Transporttuch  anordnete,  welches  das  Zu- 
rückfallen des  Stoffes  verhindert.  (Mit  Trans- 
portwalzen wird  der  gleiche  Zweck  erreicht.) 
Dann  muss  der  Filter  in  Zellulosefabriken 
doppelt  so  schnell  laufen  wie  in  Papier- 
fabriken; die    Presswalzen    dürfen  keinen 


Manchonüberzug  haben,  so  dass 
der  Filz  die  Pressen  genügend 
nass  verlässt  und  durch  den 
Schläger  andauernd  gut  rein- 
gehalten werden  kann.  Ein 
Verharzen  ist  dadurch  gänzlich 
ausgeschlossen.  Die  Filze  er- 
reichen bei  einmaliger  Reinigung 
mit  meiner  Wäsche  innerhalb 
acht  Tagen  eine  Betriebsdauer 
von  sechs  Monaten  und  mehr. 
Die  Stoff  gewinnung  beträgt  bei 
einem  Filter  von  2  m  Trommel- 
durchmesser und  2,6  m  Breite 
600  bis  1000  kg  tr.  ged.  Stoff 
in  24  Stunden,  welcher  aus  den 
Abwässern  zweier  Abpress- 
maschinen von  zusammen  ca. 
4,/2  Waggon  Tagesproduktion 
gewonnen  wird.  Für  eineTages* 
Produktion  von  10  Tonnen 
tr.  ged.  Zellulose  und  etwa  3  bis  3''2  cbm 
Abwasser  pro  Minute  dürfte  ein  Filter  mit 
2  m  Trommeldurchmesser  und  2,6  m  Breite 
vollkommen  genügen ;  es  empfiehlt  sich 
jedoch,  die  Pumpe,  sowie  den  Raum  für 
die  Aufstellung  eines  zweiten  derartigen 
Apparates  passend  zu  bemessen. 

Was  die  tägliche  Gewinnung  des  Fang- 
stoffes anbelangt,  so  ist  diese  ganz  verschie- 
den und  ist  hierin  einzig  und  allein  die 
Fabrikationsweise  ausschlaggebend.  Bei 
rationellem  Arbeiten  ist  die  Stoffgewinnung 
minimal,  und  es  ist  daher  bei  grosser  Stoff- 
gewinnung der  Füllner-Filter  immer  die 
beste  Kontrolle  für  ein  richtiges  Arbeiten 
in  der  Fabrikation,  die  den  Fabrikanten 
jederzeit  Veranlassung  giebt,  einem  grossen 
Stoffverluste  auf  den  Grund  zu  gehen." 

Der  Füllner-Filter  mit  Tittelseher  Filzwäsche 
und  Transporttuch  (Fig.  279)  besteht  aus 
einer  an  den  Stirnseiten  offenen  Filtertrommel  d 
in  Verbindung  mit  dem  Walzensystem  bb,  über 
welches  sich  ein  endloser  Filz  a  um  den  Um- 
fang der  Filtertrommel  beständig  fortbewegt. 
Faser-  usw.  -Stoffe  der  durch  die  Rinne  e,  den 
Fangtrichter  s,  den  Zwischenkanal  s,  und  den 
Kasten  f  geleiteten  Abwässer  bleiben  an  dem 


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590 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Pilz  haften,  und  das  filtrierte 
Wasser  dringt  durch  den 
Filterfilz  in  das  Innere  der 
Trommel  und  wieder  durch 
ihre  offenen  Stirnseiten 
nach  aussen.  Die  am 
Filz  aufgeschwemmte  Stoff- 
schicht  wird  "in  der  Presse 
P  entwässert,  von  dem 
Umfange  der  oberen  Press- 
walze durch  den  Schaber  g 
in  Form  von  Schabstoff  ab- 
geschabt und  in  einem  Stoff- 
kasten (s.  Fig.  278)  ge- 
sammelt. 

Bei  diesem  Vorgange  wird 
der  Filz  trotz  der  aus  zwei 
Spitzrohren  hh1,  der  Presse 
bb  und  dem  Filzschläger  i 
bestehenden  Waschvorrich- 
tung (Fig.  279),  welche  den 
Filz  beständig  wäscht, 
durch  die  in  den  Abwässern 
enthaltenen  Unrein igkeiten  in 
einer  verhältnismässig  kurze 
Zeit  dauernden  Filtrierung  zunehmend  un- 
durchlässiger, so  dass  er  die  so  wertvollen 
Fasern  im  ganzen  Umfange  nicht  mehr 
aufzunehmen  imstande  ist.  Dadurch  sinkt 
naturgemäss  die  Produktion  des  Apparates. 

Um  zu  vermeiden,  dass  die  Leistungs- 
fähigkeit des  Füllner- Filters  quantitativ  wesent- 
lich abnimmt,  musste  der  Filz  öfter  gewechselt 
und  durch  einen  bereit  gehaltenen  neuen 
ersetzt  werden. 

Durch  die  Filzwäsche,  Patent  Tittel,  wird 
dieser  Nachteil  beseitigt,  indem  die  not- 
wendige gründliche  Reinigung  des  Nass- 
filzes, ohne  dass  derselbe  aus  dem  Apparat 
herausgenommen  zu  werden  braucht,  in  sehr 
kurzer  Zeit  und  in  vollkommener  Weise  be- 
sorgt wird. 

Zwecks  Auswaschens  wird  der  Filz  nach 
Unterbrechung  des  Stoffwasserzuflusses  und 
Ablass  des  vorhandenen  Wassers  bei  Weiter- 
drehung der  Filtertrommel  an  seiner  Aussen- 
seite  mit  Dampf  und  sodann  wie  bisher 
mit  Wasser,    ferner  an  seiner  Innenseite 


Fig.  279.   Fallner- Filter  mit  Tittclschcr  Filzwische  und  Transport- 
Querschnitt  durch  den  Apparat. 


„mittelst  durch  Dampf  erwärmtes  Wasser 
gereinigt." 

Die  zur  Durchführung  des  Verfahrens 
dienende  Einrichtung  besteht  in  Verbindung 
der  vorhandenen  Spritzrohre  h  und  Ii, 
und  deren  beiden  Wechseln  jj,  aus  einem 
mit  Ventil  k  versehenen,  bis  unter  die  Filtcr- 
trommel  d  geleiteten  Dampfrohr  I,  das  ein 
mit  Löchern  versehenes,  am  Ende  abge- 
dichtetes Spritzrohr  m  trägt,  welches  sich 
unter  dem  Filz  über  dessen  ganze  Breite 
erstreckt,  ferner  aus  einer  vor  dem  Rohre  I 
abzweigenden  Dampfleitung  p,  die  mit  einem 
Ventil  n  versehen  ist  und  gemeinsam  mit 
dem  oberen  Spritzrohre  in  ein  Mischventil  o 
mündet. 

Sobald  der  Nassfilz  a  undurchlässig  er- 
scheint, wird  der  durch  die  Rinne  c  geleitete 
Stoffwasserzufluss  eingestellt  und  das  im 
Kasten  f  befindliche  Wasser  abgelassen. 
Wahrend  die  Filtertrommel  in  steter  Be- 
wegung bleibt,  werden  die  Ventile  jj, 
und  n  geöffnet  und  das  Wasch  wasser  im 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C  ZeLLSTWF. 


541 


Trog  durch  Aufsetzen  eines  Breites  beim 
Auslauf  auf  ca.  30  cm  geschwellt;  sodann 
wird  das  Ventil  k  geöffnet,  wodurch  das 
Wasser  im  Troge  erwärmt  und  die  den  Filz 
füllenden  Stoffe  aus  diesem  ausgewaschen 
werden. 

Dieses  Auswaschen  wird  durch  die 
Wirkungsweise  der  Mischbrause  o,  welche 
heisses  Wasser  mit  grosser  Heftigkeit  an  die 
Innenseite  des  Filzes  spritzt,  beschleunigt. 
Die  Pressung  zwischen  den  Walzen  bb 
soll  während  des  Waschens  möglichst  ver- 
ringert und  erst  beim  Spülen  wieder  ver- 
grössert  werden. 

Das  gesamte  Verfahren  zum  Waschen  des 
Nassfilzes,  während  dessen  die  Filtertrommel 
in  steter  Bewegung  bleibt,  dauert  nur  kurze 
Zeit. 

Bei  einer  gründlichen  Waschung,  welche 
jeweils  Sonntags  vorgenommen  werden  muss, 
wenn  der  Füllner-Filter  ausser  Betrieb  ist, 
ist  der  Waschprozess  folgender: 

Der  Filz  wird  zwei  Stunden  mit  heissem 
Wasser,  in  welchem  2 — 3  kg  Tonin  oder 
etwas  Soda  und  Ton  aufgelöst  sind,  gewaschen. 
Hierauf  macht  man  die  Ausfluss-Oeffnung  auf, 
lässt  das  heisse  Wasser  heraus,  öffnet  beide 
Spritzrohre  h  und  h,  und  lässt  den  Filz  eine 
halbe  Stunde  in  heisser  Spülung  laufen.  Der  Filz 
muss  beim  Waschen  so  lose  wie  irgend  mög- 
lich sein. 

In  der  Woche  wird  der  Filz  höchstens 
einmal  gewaschen  (jeweils  Mittwochs)  und 
zwar  nicht  länger  als  eine  Stunde,  auch  gibt 
man  in  diesem  Falle  nur  die  Hälfte  bezw. 
nur  1  kg  Tonin  zu. 

Zur  noch  wirksameren  Reinigung  des 
Filzes  ist  noch  ein  zweiter  Filzschläger  i, 
und  für  sichere  Aufnahme  des  Stoffes  das 
Transporttuch  t  von  Herrn  Tittel  zugefügt. 

Ein  Uebelstand  stellte  sich  im  Laufe  der 
Zeit  noch  an  den  Füllner- Filtern  heraus, 
nämlich  der  schwierige  Wechsel  der  Filze. 
Die  Abdichtung  des  Stoffaufnahmezylinders 
bedingte  nämlich,  dass  die  Zylinder  und  die 
seitlichen  Gestellwände  des  Apparates  mit 
genau  zueinander  passenden,  wenige  Milli- 
meter voneinander  stehenden  zylindrischen 


Dichtungsringen  versehen  und  mit  einem 
Dichtungsband  überdeckt  wurden.  Der  ge- 
ringe Zwischenraum  verlangte,  dass  der  schwere 
Zylinder  beim  Filzwechsel  angehoben  werden 
musste.  Diesem  Uebelstand  ist  durch  einen 
patentierten,  am  ganzen  Umfange  einschieb- 
baren und  herausziehbaren  Dichtungsring 
nach  Patent  Günther  abgeholfen.  Nach 
Herausziehen  dieses  Dichtungsringes  entsteht 
ein  genügender  Zwischenraum  zum  Hinein- 
bringen und  Wechseln  der  Filze,  sodass  ein 
Anheben  des  Zylinders  entfällt.  Die  Firma  J.  M. 
Voith  in  Heidenheim  hat  sowohl  Lizenzen  reit 
H.  Füllner- Warmbrunn  als  mit  Herrn  Günther 
auf  dessen  Dichtungsring  und  ein  weiteres 
Patent  (einer  hohlen  schweren  WeHe)  abge- 
schlossen und  führt  die  Füllner-Filter  für 
Süddeutschland  mit  diesen  Verbesserungen 
bis  zu  3  m  Durchm.,  3  m  Trommellänge 
(28,5  qm  Filterfläche)  und  2500  1  Papier- 
fabrik-Abwässer pro  Minute  aus.  Bei  lose 
gewebtem  Filz  und  langfaseriger  Zellulose 
dürften  leicht  50  und  mehr  Prozent  Wasser 
durchgehen. 

Inzwischen  hat  die  Firma  H.  Füllner- 
Warmbrunn,  die  sich  den  eigenen  Vertrieb 
ihrer  Füllner-Filter  überallhin  vorbehalten  hat, 
einen  neuen  Dichtungsfilz  patentieren  lassen, 
der  geeignet  ist,  bei  60  mm  Dichtungsring- 
entfernung genügenden  Widerstand  gegen 
den  hydraulischen  Druck  zu  bieten.  Damit 
ist  die  Schwierigkeit  des  Filzeinziehens  und 
Filzwechsels  glatt  beseitigt. 

Taf.  280  zeigt  Quer-  und  Längsschnitte 
durch  neueste  Füllner-Filter,  oben  für  2'/2  m, 
unten  für  3  m  Durchm.  Die  Konstruktion 
des  Dichtungsfilzes,  der  mit  kurzen  Holz- 
brettchen  innen  und  längeren  Holzbrettchen 
aussen  versteift  wird,  ist  in  vergrößertem 
Massstabe  separat  gezeichnet. 

Es  ist  also  gelungen,  nicht  nur. die  Faser- 
stoffe aus  den  dünnen  Abwässern  der  Zell- 
stofffabriken ohne  Schwierigkeit  zu  beseitigen, 
sondern  die  Rückgewinnung  sogar  rentabel  zu 
machen.  Wenn  es  sich  darum  handelt,  die  Stoff- 
ablagerungen aus  den  Absitz-  oder  Vorrats- 
bassins der  starken  Ablaugen  zu  gewinnen,  so 
würde  sich  dazu  ein  Waschholländer  in  Ver- 


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542    |E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSföFF. 


Ttf.  MO.  P*t«nt-POIIner-FI1ter.  1907. 


e.  Kirchner,  das  papier.  iii.  b.  u.  c.  Zellstoff. 


593 


bindung  mit  einer  Rundsiebentwässerungs- 
maschine  oder  slatt  dessen  wieder  mit  einem 
kleineren  Füllner -Filter  ganz  gut  eignen.  1 
Diese  Stoffablagerungen  der  Vorratsbassins  ! 
könnte  man  vielleicht  jede  Woche  nach 
Abstellen  der  grossen  Stoffen  twässerungs- 
maschinen  nach  entsprechender  Verdün- 
nung durch  die  vorhandenen  grossen 
Füllner-Filter  führen  und  so  ohne  beson- 
dere Maschinen -Einrichtungen  zurückge- 
winnen. 


Stoff-Regenerator  (System  Tittel). 

Oest.-Ung.  Patente  26372  und  33805 
und  Patente  in  allen  übrigen  Kulturstaaten 
angemeldet. 

Die  hohe  Leistungsfähigkeit  des  Füllner- 
Filters  liess  den  Oedanken  aufkommen  und 
verwirklichen,  die  Abwässer  der  Papier- 
und  Zellstofffabriken  von  Schmutz  und 
groben  Schwimm-  und  Schwebestoffen,  die 
den  Wert  des  Fangstoffes  sehr  herunter- 
setzen, vor  dem  Passieren  des  Füllner-Filters 
zu  reinigen. 


Rf4 


Tafel  281.  Stoff-Regenerator.  (System  Tittel.) 


Das  Abwasser  tritt  durch  Rinne  R  Fig. 
1.  2,  3  der  Taf.  281  auf  ein  geneigtes  Sieb 
S,  fällt  in  den  Kasten  I,  von  da  durch  Siphon 
D,  auf  eine  Sandfangrinne  L,,  durch  Siphon 
D2  über  eine  Sandfangrinne  1  ,  und  durch 
Siphon  D3  in  den  Vorratskasten  F  mit  Ab- 
flussrinnen M  nach  dem  Füllner-Filter. 

Auf  dem  Siebe  S  werden  grobe  Schwimm- 
uhd  Schwebestoffe  zurückgehalten  und  durch 
Rinne  R,  entfernt.  Im  Kasten  I  sammeln 
sich  flüssige  und  feine  Schwimm-  und 
Schwebestoffe  (Fette,  Harz  etc.),  die  von  Zeit 
zu  Zeit  durch  die  Rinne  U  mit  einem  Schieber 


abgelassen  werden.  Auf  den  Sandfängen  L, 
und  Lj  bleiben  Sand  und  feine  schwere 
Unreinigkeiten  zurück,  so  dass  die  Abwässer 
bei  M  nur  mit  schwebenden  Fasern  und 
feinen  Teilen  zum  Ablauf  kommen. 

Nach  der  Erfahrung  wird  der  so  gereinigte 
wiedergewonnene  Stoff  ganz  wesentlich 
höher  zu  bewerten  sein.  In  einer  Feinpapier- 
fabrik, meint  Tittel,  steige  der  Wert  von 
M  5.10  auf  M  25.50  pro  100  kg  trocken  ge- 
dachten wiedergewonnenem  Stoff,  also  auf 
das  Fünffache,  während  der  Zellulosefangstoff 

von  M  5.10  auf  M  8.20  im  Wertesteige. 

4.  Bogen  1907. 


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504 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   IÜ.  B.  ü.  C.  ZELLSTOFF. 


Tittel  hatte  die  Güte,  dem  Verfasser 
mehrere  Jahresberechnungen  des  wiederge- 
wonnenen Stoffes  einer  Zellstofffabrik  zuzu- 
senden, wonach  auf  12800  t  tr.  ged.  Holz- 
zellstoff Produktion  172,25  t  wiedergewon- 
nenen gereinigten  Stoffes  kommen,  d.  h. 
man  hat  1,35  pCt.  der  Gesamtproduktion 
an  gutem  Faserstoff  aus  den  Abwässern 
zurückgewonnen;  in  Strohstofffabriken  kann 
man  auf  3  -4  pCt  Fangstoff,  welcher  aber 
nur  geringen  Wert  hat,  rechnen.  Bei  Her- 
stellung feinen  Holzschliffs  wird  nach  Tittels 
Erfahrung  6—9  pCt.  der  Produktion  als 
Fangstoff  gewonnen. 

Abgesehen  von  dem  pekuniären  Gewinn 
hat  man  diese  Stoffe  vor  dem  Einfliessen  in 
den  Fluss  bewahrt,  also  das  Abwasser  von 
Fasern  befreit. 

Uebrigens  ist  zu  bemerken,  dass  die  ein- 
zelnen durchschnittlichen  Monats-Wiederge- 
winnungszahlen  bei  Holzzellulose  nach  Tittels 
Berichten  von  0,2  bis  2,4  pCt.  der  Monats- 
erzeugung wechseln,  ein  Zeichen,  wie  ver- 
schieden sich  die  Faserverluste  bezw.  die  Fluss- 
verunreinigungen durch  Fasern  je  nach  dem 
Gange  der  Fabrikation  bei  qualitativ  wech- 
selnden Rohstoffen  und  jeweiliger  Beschaffen- 
heit der  Wasch-  etc.  Einrichtungen  der  Fabrik 
in  Wirklichkeit  stellen.  An  diesem  Stoffge- 
winn erkennt  der  Betriebsleiter  sofort,  wie 
die  Rohmaterialien  beschaffen  sind  und  ob 
irgend  etwas  an  den  Einrichtungen  in  Un- 
ordnung ist. 

Die  Terpentinölgewinnung 
bei  der  Natronholzzellstoffherstellung. 

Bei  Verarbeitung  harzreicher  Nadelhölzer 
durch  das  Aetznatronverfahren  zu  Zellstoff 
hat  zuerst  Dr.  M.  Faudel  in  der  Zellulose- 
fabrik Danzig(um  1 875) Terpentinöl  gewonnen. 

Die  liegenden  Zellstoff  koch  er  (Dresel,  Lee 
etc.)  mit  Dampfdom  sind  besonders  geeig- 
net zum  Abtreiben  der  beim  Kochen  des 
Holzes  mit  Aetznatronlauge  frei  werdenden 
Wasser-  und  Terpentinöldämpfe.  Das  Ter- 
pentinöl verflüchtigt  sich  bei  Eintritt  der  ersten 
Dampfspannung  bis  zu  etwa  6  Atm.  Ü. 
gesteigertem   Druck.      Zieht    man  zu  An- 


fang der  Kochung  mittelst  eines  Rohres  von 
etwa  20  mm  Durchm.,  das  an  der  höchsten  Stelle 
des  Domes  mit  einem  Hähnchen  angeschlossen 
ist,  die  Dämpfe  durch  eineKühlschlange  von 
etwa  1  qm  Kühlfläche,  welche  in  einem  Bottich 
mit  unten  eintretendem  und  oben  abfliessendem 
Kühlwasser  angeordnet  ist,  so  tropft  am  Auslauf 
der  Schlange  eine  Flüssigkeit  ab,  die  sich,  in 
|  einem  weiteren  Bottich  aufgefangen,  in  eine 
,  untere  milchige  Flüssigkeit  und  eine  obere  Ter- 
pentinölschicht  sondert.  Das  Terpentinöl  kann 
nun,  in  Glasballons  (40-50  I  Inhalt  =  35  bis 
40  kg  Gewicht)  umgefüllt,  entweder  direkt 
'  verkauft  werden,  oder  man  lässt  es  in  den 
Glasballons  längere  Zeit  durch  das  Sonnen- 
licht bleichen,  wobei  es  ganz  helle  Farbe 
annimmt,  oder  man  destilliert  es  vor  dem 
Verkaufe  nochmals  um. 

Je  nach  dem  Harzgehalt  der  Hölzer  kann 
man  aus  den  Nadelholzspänen  von  1  rm 
Nadelholz  5—0,8  kg  rohes  Terpentinöl  ge- 
winnen. 

Auch  bei  Anwendung  des  Sulfatverfahren? 
kann  man  das  Terpentinöl  gewinnen,  aber  es 
geht  ein  Teil  der  unangenehm  riechenden,  sich 
beim  Kochen  des  Holzes  bildenden  Verbin- 
dungen in  das  Terpentinöl  über.  Durch 
längeres  Stehen  an  der  Luft  in  offenen  Ballons 
verliert  sich  jedoch  der  Geruch.  Knösel  emp- 
fiehlt* das  Schütteln  und  Offenstehenlasseti 
der  Ballons  in  der  Sonne  oder  das  Schütteln 
nach  Zugabe  von  etwas  Chlorkalklösung,  w  o- 
durch allmählich  die  Gerüche  verschwinden. 

Nach  Faudelschem  Vorbild  haben  sich 
die  in  den  70er  Jahren  des  vorigen  Jahr- 
hunderts arbeitenden  Natronzellstofffabriken 
mit  solchen  Terpentinölgewinnungs-Einrich- 
tungen  versehen  und  dadurch  ihren  Fabri- 
kationsgewinn etwas  erhöht. 

Da  Terpentinöl  zu  den  feuergefährlichen 
\  Stoffen    gehört,    so    ist  darauf  zu  achten. 

dass  das  erwähnte  Dampfableitungsrohr  mit 
,  etwas  Gefälle  nach  einem  feuersicheren  Neben- 
räum  geführt  wird,  in  welchem  die  Kühl- 
und   Sammelbottiche,   sowie   der  etwaigt 

i  .   

•  Cellulosefabrikatlon.  Maie  Schubert.  Hl.  Auf- 
,  lajje.   Berlin  W.   Verlag  von  M.  Krayn.  1906. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


595 


Umdestillierapparat  und  die  Aufnahmebällons 
für  das  Terpentinöl  Platz  finden. 

Bei  der  Wiedergewinnung  der  Laugen 
der  Sulfitkocherei  bilden  sich  geringe  Mengen 
wohlriechender  ätherischer  Oele,  die  als 
dünne  Schicht  obenauf  schwimmen.  Ob 
dieselben  verwendet  worden  sind,  ist  mir 
unbekannt. 

Verwertung  der  Abfälle  der  Zellstoff- 
fabrikation. 

Die  Strohstoff-  und  Holzzellslofffabrikation 
hat  nicht  unerhebliche  Mengen  Abfallstoffe, 
die  Sich  als  ungare  Knoten,  Unkraut,  Aehren  etc. 
des  Strohes  und  als  undurchkochte  Aeste  des 
Holzes  nach  dem  Kochen,  Zerfasern  und  Sortie- 
ren ergeben.  Diese  Abfälle  werden  von  vielen 
Fabrikanten,  denen  es  auf  Herstellung  von 
la.  Stoffen  ankommt,  an  Packpapier-  und 
Pappenfabrikanten  verkauft. 

In  sehr  grossen  Zellstofffabriken  handelt 
es  sich  indes  um  so  bedeutende  Mengen  dieser 
Stoffe,  dass  man  sich  nicht  damit  begnügt, 
dieselben  auf  so  mühelose  Weise  fortzu- 
schaffen, sondern  sie  selbst  in  lila.  Stoff 
und  sogar  in  Packpapier  weiterverarbeitet. 

Zur  Verarbeitung  dieser  Abfälle  in  Stoff 
haben  sich  mehrere  Einrichtungen  bewährt. 

Bei  der  Strohstofffabrikation  wird  sich 
das  Zerquetschen  der  Abfälle  auf  Koller- 
gängen mit  schweren,  scharfen  Quarzsand- 
steinen und  nachheriges  Mahlen  in  Hollän- 
dern oder  auf  Raffineurcn  gut  eignen. 

Auch  die  Aeste  etc.  der  Holzzellstoff- 
fabrikation lassen  sich  nach  diesem  Ver- 
fahren in  einen  festen  Packstoff  verwandeln. 

Verfasser  führte  1888  in  einer  Sulfitzell- 
stofffabrik das  Kollern  der  vom  Kleine-Kirch- 
ner-Quirl  (Siparator)  abfallenden  Aeste  und  aller 
übrigen  Abfa'l-  und  Schmutzstoffe  ein  und  er- 
mittelte nach  Jahresdurchschnitten,  dass  8— 9°  0 
mehr  Stoff  (an  lila.)  aus  dem  Holze  von  der 
Fabrik  gewonnen  wurde,  welcher  früher  gröss- 
tenteils unter  den  Kesseln  mit  geringem  Nutzen 
verbrannt  worden  war. 

Es  war  möglich,  nach  weiterer  Bearbei- 
tung dieses  Stoffes  im  Holländer  etc.  eine 


Art  Kraftpapier,  welches  beim  Glätten 
eine  charakteristische  fleckige  Musterung  an- 
nahm, herzustellen,  welche  damals  als  eine 
Neuheit  vom  Londoner  Markt  willig  aufge- 
nommen und  gut  bezahlt  wurde. 

Will  man  die  Abfälle  der  Sulfitzellstoff- 
fabrikation  in  besseren  Packstoff  umwandeln, 
so  kann  man  sie  auch  auf  Spanschleifern* 
zu  Stoff  schleifen  und  erhält  einen  lang- 
faserigen Stoff,  der  harte,  zähe  Papiere  ergibt. 

Einen  Mittelweg  zwischen  dem  Qu  et  sch- 
und Schleifverfahren  hat  Herr  Berthold 
Ziegler,  Inhaber  der  Firma  J.  Ziegler-Thoma 
in  Todtnau  (Baden)  eingeschlagen.  Ziegler 
und  einige  andere  Fabriken  benutzen  das 
Verfahren  seit  vielen  Jahren  mit  Vorteil. 

Taf.  282  zeigt  eine  Voithsche  Anlage  oben 
im  Aufriss,  unten  imGrundriss.  Die  von  guten 
Fasern  befreiten  Aeste  etc.  werden  durch  das  ge- 
neigte Fördertuch  (links)  in  den  Quetschapparat 
geführt  und  hier  zwischen  3  mit  verschiedener 
Geschwindigkeit  angetriebenen,  geschärften 
Granitwalzen  zerquetscht  und  zermalmt.  Der 
vorzerfaserte  Stoff  wird,  etwas  verdünnt,  in 
einem  Nacke-Raffineur  weiter  zerfasert  und 
durch  eine  Stoffpumpe  auf  eine  Schleuder- 
sortiermaschine, System  Ziegler,  geschafft  und 
hier,  mit  viel  Wasser  verdünnt,  von  groben 
Teilen  befreit.  Der  sortierte,  langfaserige, 
hell-ledergelbe  und  feste  Stoff  wird  auf  einer 
Entwässerungsmaschine  in  Schabstoff  oder 
Rollen  als  Packpapierstoff  oder  auch  direkt 
in  Pappen  umgewandelt.  Das  von  der  Sortier- 
maschine absortierte  Grobe  wird  dem  Raffi- 
neur  nochmals  zugeführt. 

Die  dargestellte  Einrichtung  bedarf  nach 
Zieglers  Angabe  zum  Betriebe  25  —  30  PS,  sie 
liefert  2500— 3000  kg  tr.  ged.  Stoff  in  24 
Stunden.  An  Lohn-,  Stein-,  Sieb-,  Filz-, 
Schmiere-  etc.  Auslagen  sind  15  bis  25  Pfg. 
pro  100  kg  tr.  ged.  Stoff  zu  rechnen. 

Herr  Berthold  Ziegler  hatte  die  Güte, 
dem  Verfasser  Proben  grober,  von  guter 
Faser  befreiter  Holzäste  etc.  zu  senden,  die 
ihre  Herkunft  aus  einer  Zellstofffabrik,  die 


•  Man  vergleiche  Abschnitt  III  A,  S.  49.50. 


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Tt     232.    Aestcaurbereitungiverfahren  System  Ziegler.  Ausgeführt  von  J.  M.  Voith,  Heidenheim  a  d. 


das  Holz  noch  in  Scheiben  sägt,  verraten,  färbt.  Nur  eine  feine  Sprenkelung  mit  braunen 

Der  daraus  erzeugte  Stoff,  in  Blättern  von  Fleckchen  (Astholzreste)  zeigt  dem  Fachmann 

etwa  200  g  qm  Schwere,  ist  voif  fester,  lang-  den  Ursprung  dieses  zu  starken  Papieren  und 

aseriger  Beschaffenheit  und  hell- ledergelb  gc-  Pappen  sehr  geeigneten  Stoffes. 


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t  KIRCHNER.   DAS  PAPIER,   HI.  B.  u.  C.  ZELLSTÖFf. 


597 


Vorbedingungen 

zur  Anlage  einer  Zellstofffabrik. 

1)  Ausreichender  und  leichter  Zugang  der 
Rohmaterialien  (Stroh,  Holz)  zu  mög- 
lichst billigen  Preisen. 

2)  Billige  Kohlen  bezw.  Brennmaterialien. 

3)  Hinreichende  Mengen  geeignetes,  klares 
Fabrikationswasser. 

4)  Genügender  Absatz  bei  niederen  Fracht- 
kosten nach  den  Verbrauchsplätzen, 
daher 

5)  Lage  an  der  Eisenbahn  (womöglich 
Geleise  bis  in  die  Fabrik)  oder  an 
schiffbarem  Flusse. 

6)  Möglichkeit  des  protestfreien  Abflusses 
der  Abwässer  in  einen  grösseren  Flvss. 

7)  Kontinuierlicher  Betrieb,  teilweise  auch 
an  den  Sonn-  und  Festtagen. 

8)  Tüchtige  Fabrikationsleiter,  Beamte  und 
Arbeiter. 

9)  Lage  auf  ausgedehntem,  eigenem,  von 
empfindlichen  Nachbarn  fernem  Grund 
und  Boden. 

Gehälter: 


Kostenvoranschlag 

einer  älteren  Aetznatron-  Holzzelluloseanlage 
von  6  t  Tagesproduktion  mit  Dampfbetrieb.* 
Kapital 

Grund  und  Boden  M  10000 

Gebäude  „  200  000 

Maschinen  und  Apparate 

20  Jahre  Dauer"  „  260  000 

Generator  und  Oefen 

5  Jahre  Dauer  „  55  000 

Bauzinsen  und  Ingangsetzung  „  25  000 

Betriebskapital  „  70000 

M  620000 

M  31000 

„  4  000 

„  13  000 

„  11  000 

M  59  000 


Zins  und  Abschreibungen 
Zins  5°/0 
Abschreibungen  Gebäude  2% 
Maschinen  5°/u' 
Oefen  20% 


» 
» 


Produktion  300-6       1800  t 
Also  Zins  und  Abschreibungen  auf  1  t 
=  M  32,78. 

Löhne: 


Direktor 

M 

6000.- 

Holzschäler  25  Ak'.ord 

57  Ster 

M 

57.— 

1  Assistent 

2000.— 

Holzzerkleinerung 

8  Mann 

16.- 

1  Buchhalter 

3000.— 

zum  Füllen  u.  Leeren 

6  „ 

» 

12.— 

1  Gehilfe 

» 

900  — 

Kocher 

2  „ 

5.— 

1  Maschinenmeister 

1800.— 

Auslauger 

2  n 

" 

4.- 

2  Schlosser,  1  Schmied 

»> 

2250.— 

Wasch  er 

2  „ 

•> 

4.— 

2  Vorarbeiter 

ii 

2500.  - 

Nasspressen 

6  „ 

i) 

12.- 

1  Schreiner 

>i 

750.- 

dto. 

6  Jungen 

'i 

9.— 

1  Maurer 

'> 

750.- 

Stoffraum 

1  Mann 

2.50 

1  Sattler 

»> 

750.— 

Generator 

4  „ 

10.- 

1  Spengler 

i» 

750.— 

Dampfm.  und  Kessel 

4  „ 

» 

12.— 

i  Kutscher 

» 

800.  — 

Kaustizierung 

6  „ 

15  — 

1  Kontorbursche 

i» 

450.— 

Ofen  Akkord 

12  „ 

48.50 

Platz 

4  „ 

II 

7.- 

per  Jahr 

M 

22  700.— 

per  Tag  24  Std. 
12.61,  Lohn  M  35.67. 

88  Pen,. 

M 

214. 

Auf  1  t 

Stoff  Gehalt  M 

Unkosten  (aus  der  grossen  Praxis  entnommen): 
Utensilien,  Fabrik  und  Werkstatt  5  750  M 

Material  für  Reparatur  8  500  „ 

Uebertrag  14  250  M 


•  Heute  nur  noch  als  Schema  zu  betrachten.  Die 
Zahlen  stammen  aus  den  70er  Jahren. 


*•  Ein  sehr  erfahrener  Freund  halt  20  Jahrc.Dauer 
der  Maschinen  für  zu  lang,  die  Abschreibung  von 
5°q  aber  für  ru  niedrig. 


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598  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Uebertrag  14  250  M 

Schmiermaterial  und  Verpackung  3  750  „ 

Beleuchtung  (Petroleum)  3  500  „ 

Handlungs-General-Unkosten,  Reise  etc.  10  000  „ 

Assekuranz  und  Steuern  6  500  „ 

Zusammen  per  Jahr  38  000  M 
Auf  1  t  Stoff  M  21. 1~ 


Kalkulation  von  1  t  tr.  Stoff 
a)  ungebleicht: 


1 1 ,5  nn  Holz 

M 

75.  — 

150  kg  Soda 

30.- 

450  kg  Aetzkalk 

>• 

9.- 

2250  kg  Kohle 

» 

36.— 

Gehälter 

12.62 

Löhne 

35.67 

Unkosten 

21.13 

Zins  und  Abschreibungen 

32.78 

b)  1  t  tr.  Stoff  gebleicht: 
Beim  Bleichen  gehen  6°/0  verloren. 
265 

1  t  gebleicht,  Stoff  preis  ÄJ     —  M  281.92 


94 


200  kg  Chlorkalk 


2  Mann  Lohn  bei  2  t  täglich 


40.- 
2.- 


Selbstkosten  M  252.20 
Unvorhergesehene  Fälle  „  12.80 

Zu  rechnende  Selbstkosten  M  265.— 


M  323.92 

Zu  rechnende  Selbstkosten  M  324.— 
War  es  zu  jener  Zeit,  als  diese  Kalku- 
lation aufgestellt  wurde,  möglich 

M  300  ä  t  ungebleichte  Zellulose 
M  360  ä  t     gebleichte  Zellulose 
zu  erzielen,  so  ergab  sich  eine  Rentabilität: 


1200  t  ungebleicht 
600  t  gebleicht 


Selbstkosten 
M  318  000 
M  194  400 


Verkaufswert 
M  540  000 
M  216  000 


Gewinn 
M  132  000 
M    21  600 


M  5124G0 


M  756  000        M  153  600 
Bleichen  von  1  t  Zellulose. 


Die  Verhältnisse  haben  sich  bezüglich 
der  Verkaufs- aber  auch  der  Selbskostenpreise    Ungebleichter  Stoff  1,1  t    ä  305  M  335.50 
sehr  bedeutend  verschoben,  wie  aus  den    Chlorkalk  300  kg        ä  %    20  „  60.- 
folgenden  Aufstellungen  zu  ersehen  ist. 


Kalkulationen  der  Zellstoffe. 

Kalkulation  1  t  Natron-Holzzcllstotf. 
Wirkliche  Erfahrung,  Ende  der  70er  Jahre. 

Zellulosefabrik  4V4  t  Tagesproduktion 
4  liegende  Kocher  1,25  m  Durchm.  12  m  lg. 

Material-  und  Geld  verbrauch: 
11,5  rm  Kiefernrollenholz  M  75. 

200  kg  (50  52°)  Soda  ä0nM  20.  „  40. 
650  kg  gebr.  Kalk  ä  „  „  2.-  „  13. 
3,5  t  Kohlen  ä  t    „16.-  „  56. 

Gehälter  und  Löhne  „     47.  - 

Oesamt-Unkosten  „  29.— 

Zins  und  Abschreibungen  „  45.— 

Gcsamtselbslkostcn  1  t  Stoff  M  305. 


>» 

Lohnzuschlag  „ 
Unkosten,  Zins  u.  Abschreibungen  „ 


8.- 
16.50 


Gesamtselbstkosten  1  t  gebl.  Stoff  M 


420. 


In  jener  Zeit  war  der  Verkaufspreis  für 
100  kg  ungebl.  la.  Natronzellstoff  M  40.-, 
für  gebl.  la.  M  52.— 

Es  konnte  bei  ungestörter  Arbeit  durch 
Verkauf  von  1  t  lufttr.  Zellstoff  95  bis 
100  M  verdient  werden,  doch  war  es  wohl 
wenigen  Fabriken  möglich,  diesen  Gewinn 
wirklich  zu  erzielen,  da  grosse  Umbauten 
und  längere  Reparaturen  immer  Unter- 
brechungen der  Arbeit  brachten. 

Die  wenigen  Natron-Holzzellstofffabriken 
arbeiten  seit  den  80er  Jahren  wohl  zumeist 
nach  dem  Sulfatverfahren  und  in  wesentlich 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  6.  u.  C    ZELLSTOFF.  $tö 


grösserem  Umfange,  man  hat  mehr  Ausbeute, 
ferner  weniger  Chemikalien  und  Kohle  nötig, 
und  es  wird  ganz  bedeutend  an  Löhnen  und 
sonstigen  Unkosten  gespart. 

Besonders  günstig   sind   die  Fabriken 
holzreicher  Länder  daran ;  daher  kommt  es, 
dass  der  Marktpreis  des  Natronstoffes  im 
Welthandel   unter  die  Hälfte  der  früheren 
Herstellungskosten  heruntergegangen  ist. 
Kalkulation  1  t  Sulfitzellstoff. 
Ende  der  80er  Jahre. 
Sulfitzellstoff  an  läge  2  liegende  Kocher 
12  m  lang  4  m  Manteldurchm. 
I.  Noch  mit  Stampfen 
nach   Mitscherl  ichscher  Abeitsweise. 
In  l/2  Jahre  34  Kochungen  ä  9,5  t 
=  323  t  tr.  ged.  Stoff. 
2106  rm  Rundholz  (in  Rinde 

gemessen)  ä  M  9.25  M  19  480. -- 
49, 1 34  t  Schwefel    ä  1  1 04.  -  „    5  11 0.- 
7 1,335  t  Kalktuff     ät    4.80  „  333.— 
1,200t Salzsäure    ät  72.—  „  87.- 
1 85,000  t  Steinkohle  ät  24.—  „    4  440.— 
Reparaturen  „    2  400.- 

Gehälter  und  Löhne  „  1 1  680.— 
Schmiere  „        50. — 

Beleuchtung  „  560.- 

Zins  und  Abschreibung     „     8  ()()(). 

Summa  Selbstkosten  M  52  140.— 
Es  ergab  sich: 
lila     5pCtl6,15  t  ä  100M  1615 
IIa  13,2  „  46,636 tä  140  „  5969  M  7  584.— 

I  a  81,8  „  264,214  t  m.  Selbstk.  M  44  556.- 

1  t  la.  Stoff  Selbstkosten  M  168.64 
II.  Nach  Einbau  eines  Kleine-Kirchner- 
Quirls  und  Beseitigung  der  Stampfen. 
In  einem  weiteren  \/2  Jahr  36  Kochungen 
ä  10,4  t  =  374,4  t  tr.  ged.  Stoff. 
2224  rm  Rundholz  M  20  550.— 

48,308  t  Schwefel  „     5  025.— 

71,666  t  Kalktuff  „  344. 

Salzsäure  „        — . — 

202,000  t  Steinkohlen  „    4  848.— 

Reparaturen  „    2  400.  - 

Gehälter  und  Löhne  „  10  800.— 
Schmierung  63. 

Uebertrag  M  44  030. 


Uebertrag  M  44  030.— 
Beleuchtung  M      560. — 

Zins  und  Abschreibung     „    8  610.— 

Summa  Selbstkosten  M  53  200.— 
III  a  8  pCt  29,952  t  ä  1 00  M  2995 
IIa  5  „   18,720 tä  140  „  2621  M5  616.- 
1  a  87  „  325,728 1  mit  Selbstk.  M47  584.- 
1  t  la.  Stoff  Selbstkosten  M  146.09 
Bei  Vergleich  dieser  Kalkulationen  ergibt 
sich  eine  Ersparnis  von  M  22.55  pro  Tonne 
trocken  gedachten  Stoff. 

Dieses  günstige  Resultat  wurde  nach 
Umbau  des  Fabrikteiles  für  Zerfaserung, 
Waschung  und  Entwässerung  erzielt.  Man 
erkennt  geringeren  Verbrauch  an  Holz, 
Schwefel,  Tuff  und  Kohle  pro  Tonne  Stoff. 
Die  lila  und  la  Ausbeuten  waren  gestiegen, 
IIa  Ausbeute  gefallen.  Die  Gesamtausbeute 
aus  l  rm  Rohholz  war  von  153,7  kg  auf  168,3 
kg  Ifttr.  Stoff  gestiegen.  Dies  war  die  Folge 
einer  milderen  Kochung,  Vermeidung  aller 
Faserverluste  beim  Waschen  und  besonders 
der  Wiederbenutzung  des  Waschwassers  zur 
Verdünnung  des  Stoffes  nach  dem  Zerfasern 
im  Quirl.  Nach  diesem  Umbau  war  es  auch  mög 
lieh,  einen  ganz  geordneten  ruhigen  Betrieb 
bei  Vermeidung  von  Fehlkochungen  durch- 
zuführen. Man  erzielte  ein  stets  gleich- 
mässiges  Fabrikat! 

Um  den  gebleichten  Stoff  zu  kalkulieren, 
muss  man  die  Ha  und  lila  Stoffe  unberück- 
sichtigt lassen  und  den  letztgefundenen  Preis 
für  100  kg  ungebleicht  la  M  14.61  in 
Rechnung  ziehen. 

Rechnet  man  6  pCt  Bleichverlust*  beim 
Mitscherlich-Stoff,  so  kostet  der  Rohstoff  für 
14,61 


100  kg  gebl. 


0,94 


M  15.54 


Man  brauchte  25  kg  Chlorkalk  ä  %  1 6  „  4.  — 
250  kg  Dampf  ä  0,3  Pfg.  „  —.75 

Löhne,  Gehälter  und  Kraft  „  1.31 

Zins  und  Abschreibung  „  1.40 

Kosten  für  100  kg  gebl.  Stoff  M  23.  - 
Es  interessieren   wohl  die  Verbrauchs- 
zahlen pro  100  kg  ungebl.  Gesamtstoffe. 

*  Kin  in  der  Praxis  stehender  Kreund  rechnet  er 
falirunKSgemäss  bei  25  kg  Chlorkalkverbrauch  auf 
100  kg  gebleichlen  Stoff  8-10%  Bleichverlusl. 


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6oö  £  kiküiutk.  6a$  papier.  Kl.  b.  u.  c.  Zellstoff. 


Im  ganzen  Jahre  wurden  für  697,4  t  un- 
gebl.  Stoff  4330  rm  ~  3031  fm  Holz  ver- 
braucht 

100  kg  ungebl.  Stoff  erfordern  also: 
Holz  0,622  rm  =  0,436  fm         M  5.75 
Schwefel  14  kg  „  1.46 

Tuff  20,5  kg  „  0.10 

Kohle  55  kg  „  1.32 

Löhne  und  Gehälter  „  3.23 

Schmiere  und  Beleuchtung  „  0.18 

Reparaturen  „  0.70 

Zins  und  Abschreibung  „  2.38 


100  kg  ungebl.  Sulfitstoff  kosten  M  15.12 
Zieht  man  die  III  a  und  II  a  ab,  so  kosten 
92  140 

100  kg  la  ungebl.  589942=  M  1565  im 

Jahresdurchschnitt. 

Der  gebleichte  Stoff  stellt  sich  durch- 
schnittlich im  Jahre  auf  M  24.11. 

Kalkulation  la  gebleichten  Sulfitstoffes 
einer  Ritter-Kellner-Fabrik, 
Ende  der  90er  Jahre. 

Jahresleistung   827  Kochungen,  9743,1  fm 
Holz  in  1880,121  t  ungebl.  Stoff. 

18,5  pCt  des  ganzen  Holzes  wurden  in 
acneiben  gesägt  (Sägmehl  verbrannt),  81,5 
pCt  gehackt.  Die  gesägten  Scheiben  ergaben 
den  besten,  festesten  Stoff. 

1  Kochung  11,78  fm  Holz  ä  193,1  kg 
ungebl.  Stoff  Ausbeule  2,273  t  ungebl.  Stoff. 

Aeste,  Ecken  und  Abfälle  wurden  zu 
IIa  und  lila  Stoff  verkocht. 

Es  wurden  15  922,5  cbm  Sulfitlösung 
hergestellt,  d.  h.  für  1  fm  Holz  1,64  cbm, 
für  1  Kochung  19,25  cbm,  für  1  t  Stoff 
8,5  cbm. 

Für  1  t  ungebl.  Stoff  wurden  verbraucht: 
5,18  fm  Holz  ä  100  kg  M  18.80  M  97.50 
101,15  kg  Schwefel  „  „  „  9.85  „  10.— 
162,25  kg  Kalkstein  „    „  „     1.—  „  1.65 


Kohlen 

Löhne  und  Gehälter 


26.40 
31.65 


M  167.20 

Es  konnten  80  t  IIa  und  lila  für  diesen 
Selbstkostenpreis  verkauft  resp.  verwertet 
werden,  und  es  wurden    1800  t  ungebl. 


Sulfitzellulose  gebleicht ;  diese  ergaben  1 706 1 
gebleichte  Sulfitzellulose  (~  5,2%  Verlust). 

Für  1  t  gebl.  Stoff  wurden  verbraucht: 
1,052  t  ungebl.  Stoff  M  177.- 

Chlorkalk  158  kg  ä  %  M  13.50  „  21.33 
Löhne  und  Gehälter  „  13.— 

Filze  „  1.17 

Reparaturen  „    1 6. — 

M  228.50 

Kalkulationszahlen  für  Strohstoff 
aus  der  Praxis. 
Eine  Strohstofffabrik  I  Mitteldeutschlands 
Rein-Sodaverfahren,  1000  t  Jahresproduktion 
gebl.  Strohstoff,  um  1900. 

Auf  1  t  tr.  ged.  gebleichten  Stoff: 
2,273  t  Stroh  ä    32.00  M  72.75 

0,250  t  Ammoniaksoda  „  115.00  „  28.75 
0,306  t  Aetzkalk  „    14.40  „  4.40 

0,160  t  Chlorkalk        „  164.00  „  26.24 
Kohlen  „  37.39 

Löhne  und  Gehälter  23.63  „ 

Reparaturen  8.50  „ 

Betriebsutensilien  2.83  „ 

Beleuchtung  1.82  „ 

Schmiere  0.55  „ 

Allg.  Unkosten  u.  Fuhrwerk  8.44  „ 
Feuer-  u.  Unfallversicherung  0.85  „ 
Kranken- Versicherung  1.70  „ 

Zinsen  8.95  „  57.27 

Selbstkosten  ohne  Abschreibungen  M  226.80 
Eine  Strohstofffabrik  II,  auch  nach  Rein- 
Sodaverfahren  arbeitend,  Ende  der  90er  Jahre, 
977  t  Jahresproduktion. 

100  kg  Stroh  ergaben  durchschnittlich 

44,2  kg  gebl.  Strohstoff. 
Für  100  kg  Stoff  waren  nötig: 
226,3  kg  Stroh 
10,4  „  Soda  (frische) 
25,7  „  Aetzkalk 
26,0  „  Chlorkalk 
1,3  „  Schwefelsäure 
Selbstkosten  pro  100  kg  la  gebl.  Stroh- 
stoff stellten  sich  nach  Jahresdurchschnitt: 
Stroh  M  6.10 


Chemikalien 

Löhne  und  Gehälter 


4.75 
3.53 


Uebertrag  M  14.38 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    Iii.  B.  u.  C.  2ELLSTOFF. 


601 


Filze 

Kohlen 

Reparaturen 


Uebcrtrag  M  14.38 
„  0.08 
2.94 
1.10 


M  18.50 

Von  einer  Strohstoff- Fabrik  III,  Rein-Soda- 
vcrfahren  liegen  folgende  Erfahrungsresultate 
nach  mehrjährigem  Durchschnitt  vor: 
100  kg  Stroh  ergaben  durchschnittlich  40  kg 
gebl.  Strohstoff. 

Für  100  kg  Stoff  waren  nötig: 
250  kg  Stroh 

50  „  Sodaasche  wiedergewonnen 
21,8  „  frische  Soda 

41.7  „  Aetzkalk 

15.5  „  Chlorkalk 

Dieselbe  Fabrik  III  änderte  ihr  Verfahren 
in  das  Sulfatverfahren  um. 

100  kg  Stroh  ergaben  durchschnittlich  40  kg 
gebl.  Strohstoff. 
Für  100  kg  Stoff  waren  nötig: 
250  kg  Stroh 

66  „  Schmelze  (wiedergewonnen) 
6  „  Soda  (frische) 
28,4  „  Sulfat  (frisch) 

32.6  „  Aetzkalk 

16.8  „  Chlorkalk 

Kalkulation 

einer  modernen  Sulfitzellulosefabrikanlage 
von  10,000  kg  Tagesproduktion 

bei  350  Aibeits-Tagen 
(Schnellkoch-Verfahren  O.  Türk). 

Stoffergebnis  pro  Tag: 

la  Zellulose  =-.    5000  kg 


50% 
30%  lb 
12%  IIa 


— .  3000 
1200 

8%  Fangsloff  und  Abfälle     —  800 


Summe  —  10000  kg 

Kosten  der  Anlage  und  die  hierfür  zu 
rechnenden  Amortisationen : 

Gebäude  2%  von  148000  =-.=  M  2060.— 
Maschinen  und  Einrichtungen 

10%  von  203686        „  20360.- 

Summa  M  32320.— 


v  eroraucn :  Rosten 

auf    1 0A 

aui  i  uu 

Irrr 

OlOII  . 

0,72  rm  richtenholz  M  12. 

—  per  rm 

M 

8.64 

IAO   Irrr   Wnlil»    M    1 0ft 

luu  Kg  rvome  jvi  lou. — 

per  lux 

" 

i  sn 

iO    1,,,   C    Li'»    Kl  IC 

42  kg  b.-kies  M  13. — 

per  l  t 

r> 

— .ÜJ 

Kalk  oder  Kalkstein 

>' 

-.12 

Betriebsmaterialien 

>' 

—.65 

Reparaturen 

V 

—.65 

Löhne 

i» 

1.95 

Fuhrlohn  und  Verladen 

t) 

—.12 

M 

14.56 

Generalkosten  auf  100  kg  Stoff: 


M 


Gehälter 
Provisionen 

Reisespesen 
Versicherungen 
Arbeiter-Wohlfahrt 
Steuern 

Allgem.  Unkosten 
Amortisation  auf  100  kg  Stoff: 
32350 
350  .  100 

Durchschnittl.  Selbstkosten  auf 
100  kg  Zellulose  loco  Werk 


-.47 
—.00 
-.07 
—.10 
-.11 
—.03 
—.30 


M 


M 


1.17 
0.02 


M  16.65 


Die  Zellstofffabriken. 

Die  ersten  Zellstofffabriken  bildeten  Ab- 
teilungen bestehender  Papierfabriken.  Be- 
sonders die  Strohzellstoff-  oder  Strohstoff- 
Fabrikation  wurde  in  besonderen  Anbauten, 
zum  Teil  sogar  unter  Benützung  schon  vor- 
handener Lumpenstoff-Zubereitungs-Apparate 
(Kocher,  Halbzeug-  und  Bleichholländer  et;.) 
der  Papierfabriken  betrieben. 

In  den  50er  Jahren  des  10.  Jahrhunderts 
begann  man  alleinbestehende  Strohstoff- 
fabriken zu  errichten  und  den  gewonnenen 
Stoff  an  Papierfabriken  zu  verkaufen.  (Die 
Holzschleiferei  wurde  auch  zunächst  im 
direkten  Anschluss  an  Papierfabriken  betrieben. 
1861  kam  die  erste  Handelsholzschleiferei 
der  Herren  Kübler  &  Niethammer  in  Gcorgen- 
thal,  Sachs.  Erzgeb.,  in  Betrieb,  der  bald 
viele  weitere  Einzelwerke  dieser  Industrie 
nachfolgten).  Die  Natronholzzcllstofffabri- 
kation  wurde  zu  Anfang  der  70er  Jahre  zum 
Teil  in  Beiwerken,  z.  B.  der  M.  Dreselschen, 
der  Wolfswinkler  und  der  Aschaffen burger 

5  Bogen  1907. 


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1 


602 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  ü.  C  ZELLSTOFF. 


Papierfabriken,  aber  auch  gleich  in  anderen 
Einzelwerken,  wie  Papierstoff-Fabrik  Altdamm 
bei  Stettin,  bei  Danzig,  Kleinrückerswalde  bei 
Buchholz  in  Sachsen  betrieben.  Die  Stilfit- 
zellstofffabrikation  endlich  ist  von  Anfang  an 
in  Einzelwerken:  Hann.-Münden,  Zell  im  Wie- 
senthal, Löhnberg  etc.  ausgeübt  worden,  was 
die  Regel  geblieben  ist.  Indessen  gibt  es 
auch  eine  Reihe  Fabriken  letzterer  Art,  die 
engen  Anschluss  an  schon  bestehende  Papier- 
fabriken fanden,  wie  Weissenborn,  Cröllwitz 
etc.  Die  Zellstofffabrikationen  bilden  jetzt 
Grossindustrien  für  sich,  und  es  seien  nach- 
folgend einige  ältere  und  neuere  Pläne  der- 
selben gegeben. 

Holzzellstofffabrik  (Aetznatron- 
Verfahren)  Ende  der  1870er  Jahre. 

Räume  waren  zum  Teil  vorhanden,  da- 
her die  Einrichtung  nicht  tadelfrei. 

Fig.  283  zeigt  einen  Grundriss  der  An- 
lage mit  einer  Tagesleistung  von  4';4  t  tr. 
ged.  ungebl.  Stoff. 


A  Holzputzcrei. 
B  Dampfkessel. 

C  Holzzerkleinerung  mit  a  Holzhack- 
t  nasch  ine  im  Erdgeschoss '),  durch  Trans- 
mission oder  Dampfmaschine  direkt  ge- 
trieben, b  Paternosterwerk,  das  die  Hack- 
späne ins  II.  Geschoss  hebt,  wo  die  Mühle 
c  *)  zum    Egalisieren  der  Späne  steht. 

d  ist  eine  Kippeinrichtung  im  I.  Geschoss, 
um  die  Kochersiebe  mit  Spänen  aus  dem 
II.  Geschoss  füllen  und  einstampfen  zu 
können. 

D  Betriebsdampfmaschine. 

E  Kocherraum  der  4  Kocher  e3),  deren  Kopf- 
deckel loszuschrauben  sind  und  in  den 
die  mit  Spänen  gefüllten  Eisenblechsiebe 
mittelst  Wagen  eingefahren  werden. 

F  Raum  für  4  grosse  Kalzinieröfen  i*)  für 
wiedergewonnene  schwarze  Soda  mit  gros, 
sein  Bassin  am  Kamin  für  alle  zu  regene- 
rierenden braunen  Laugen. 

G  Nachbrennraum  für  wiedergewonnene  Soda. 


Kol^ellMuNfabrik  Cndi-  der  1870er  Jahre 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


603 


H  Vorratsraum  für  frische  Soda  und  Aetz- 
kalk.    k  Aufzug. 

I  Kaustizier-Einrichtung  für  die  frischen 
Kochlaugen,  I5)  Laugenkochgefässe  mit 
Rührwerken,  o,  Dünnlaugebassin,  q,  q2 
Sandfilter  zum  Klären  der  Frisch-Kochlaugen, 
o2  Frischlaugenbassin,  p  Dampfpumpe  zum 
Einpumpen  der  Frischlauge  in  die  Kocher. 

K  Auswaschraum  für  die  Kalkrückstände. 

L  Feuersicherer  Raum  für  die  Apparate  der 
Terpentinölgewinnung. 

M  Raum  zum  Abstellen  der  mit  Holz 
gefüllten  Siebe,  die  in  die  Kocher  kommen 
sollen,  und  der  Siebe  für  gekochten  Stoff. 

N  Entlauge-  und  Waschräume.  Unten  7 
Shanksche  Auslaugekasten  f6),  oben  4 
Waschholländer  h. 

')  s.  S.  157,  Fig.  36;  *)  S.  163,  Taf.  49;  3)  S.  367. 
Taf.  164;  «)  S.  196,  Fig.  68  und  69;  >)  S.  272,  Fig.  103 
und  104;  •)  S.  186,  Taf.  64. 


O  Entwässcrungsraum  mit  Stoffbütten  r  und 

2  Langsieb-Entwässerungsmaschinen. 
S  Schuppen  für  Material-Vorräte. 

Strohstofffabrik  zu  Anfang  der  90er 
Jahre  (Sulfat-Verfahren). 

Taf.  284  Fig.  1  zeigt  den  Grundriss  des 
Hauptgebäudes  I  für  die  Stofffabrikation  und 
des  Hauptgebäudes  II  für  Laugenbereitung, 
Wiedergewinnung  und  Dampfkessel,  Fig.  2 
den  Grundriss  des  Obergeschosses  la  für 
die  Stofffabrikation,  Fig.  3  Querschnitt  durch 
das  Gebäude  II,  Fig.  4  Querschnitt  durch 
Gebäude  I  und  la. 

Die  Anlage  ist  zur  Herstellung  von  8  t 
lufttr.  ged.  gebleichten  Strohstoff  bestimmt. 

A  Strohaufzug,  B,  Strohschneider  '),  B2 
Windfege2),  CC  Behälter  der  dünnen  Ablaugen, 
D,  Starklaugenbassin,  D2  Wasserreservoir, 
L  Kocher3),  F  Ausblase-  und  Waschzylinder, 


-    •     •  h-v 


Taf.  284.  Strohstofffabrik  für  8  t  Tagesproduktion. 


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604  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


M  Konzenlrationskörper  (Verdampfer  stehen- 
den Systems  Dahl),  Q  Stoffbottich  für  ge- 
waschenen Stoff  aus  F,  E  Knotenfänger  des 
aus  Q  aufgepumpten  Stoffes,  O  Chlorkalk- 
mühlc,  H  Bleichlaugenbehälter,  K  Mühlen 
zum  Feinmahlen  des  sortierten  Stoffes,  I 
Bleichholländer,  O  Raum  für  die  Betriebs- 
dampfmaschine, P  Wasserpumpe,  R  Abtropf- 
kästen für  den  gebleichten  Stoff,  S  Stoff- 
bütten, T  Strohstoff- Entwässerungs-  und 
Trockenmaschine,  U  Hochdruckkessel  zur 
Erzeugung  des  Frischdampfes  (8  Atm.  Ü.)  für 
den  ganzen  Betrieb,  N  Konzen  träte  ure  im 
Kesselhaus,  welche  die  Eiudickung  der  Lauge 
aus  den  Dahlschen  Verdampfern  M  fortsetzen, 
V  Röhrenkessel  für  eingedickte  Lauge,  die 
aus  N  in  Y  gesammelt  und  eingespeist  wird. 
Die  Dämpfe  dieser  Ofenkessel  V  heizen  die 
Apparate  M  und  N.  In  den  Oefen  W4) 
wird  die  Dicklauge  kalziniert  und  geschmol- 
zen. Die  Bassins  X  dienen  zum  Lösen  der 
Schmelze.  Die  erhaltenen  Schwarzlaugcn 
werden  in  der  Kaustizierstation  Z  in  bekann- 
ter Weise  in  frische  Kochlauge  umgewandelt. 
Espartostoff-Fabriken. 

Um  Espartostoff  in  rationeller  Weise  her- 
zustellen, kann  man  sich  ähnlicher  Einrich- 
tungen wie  die  Taf.  284  dargestellten  be- 
dienen. Die  Kochkessel  sind  dann  meist 
stehende  sog.  Speikessel,  wie  sie  vorn  S.  378 
abgebildet  sind.  Dort  sind  auch  Angaben 
über  das  Kochverfahren,  wie  es  Mitte  der  80er 
Jahre  in  England  betrieben  wurde,  verzeichnet. 
Stroh-Halbzellulose- Fabriken. 

Vorn  S.  77/78  waren  bereits  einige  An- 
deutungen über  das  Verfahren  für  Strohhalb- 
zellulose gemacht.    Will  man  die  Kochlaugen 
nicht  regenerieren,  so  kommt  man  mit  den 
verhältnismässig  einfachen  Einrichtungen  einer 
Strohpapierfabrik  aus:  Häckselmaschine,  Ko- 
cher mit  Kalklösch-,  sowie  Aetznatronlöse-  ; 
cinrichtungen  und  Wasch-  und  Mahlholländer.  ! 
Für  einigermassen  ausgedehnten  Betrieb  be-  j 
sonders  da,  wo  wegen  der  Abwasserstörung 
Wiedergewinnungs-Einrichtungen  geschaffen 
werden  müssen,  werden  auch  Strohhalbzell  u- 

")  s.  S.  51,  FiR.  2;  >>  S.  M4,  Fir.  26;  >)  S.  37», 
Taf.  168  oder  Kugelkochcr.  *)  S.  204,  Taf.  7J. 


1  lose-Fabriken  ähnliche  Einrichtungen  wie  die 
Slrohstofffabrik  Taf.  284  erhalten  müssen. 
Rohrstoff-Fabriken. 
Man  hat  das  im  Süden  Europas  in  grossen 
;  Mengen  wuchernde  Pfeilrohr  Arundo  donax 
zu  einem  sehr  schönen  weichen  Papierstoff 
umgewandelt.    Da  bei  diesen  und  allen  Rohr- 
arten  der  Kiesclsäuregehalt  der  Halme  um! 
Halmblätler  einen  ähnlichen  Prozentsatz  wie 
beim  Stroh  ausmacht,  so  werden  auch  die 
Rolirstoff-Fabrikcn  nach  dem  Aetznatron-  oder 
nach    dem    Sulfatverfahren    arbeiten  und 
deren  Einrichtungen  nach  vorstehenden  Plänen 
konstruiert  werden  müssen. 

Kraftstoff-Fabriken. 
Kraftstoff  ist  eine  Halbzellulose  aus  Holz. 
Man  kocht  Holz  mit  schwacher  Aetznatron- 
oder  Sulfatlauge  (oder  mit  für  Natron  Zellstoff 
Fabrikation  schon  beinaheerschöpften  Ablaugen) 
nicht  vollständig  weich  oder  nicht  fertig,  wobei 
Druck  und  Temperatur  nur  auf  6  7  Atm.  C. 
bezw.  1 64  - 1 70  0  C  getrieben  und  die  Kochzeit 
auf  4—5  Stunden  ausgedehnt  wird.  Verfasser 
kochte  dergleichen  Stoffe  versuchsweise  schon  in 
den  70er  Jahren  mit  Laugen,  die  nur  etwa  bis 
1 ,2°/0  Aetznatron  herab  enthielten  (s.  vorn  S.  330 
Fig.  158). 

Das  Holz  kann  in  zum  Schleifen  geeig- 
neten grossen  Stücken  gekocht  und  der  Stoff 
durch  Schleifen  gewonnen  werden,  od« 
man  kocht  das  Holz  wie  bei  der  Zellulose- 
fabrikation in  Brocken,  kollert  und  raffiniert  den 
Stoff.  Einige  deutsche  Kraftpapiere  erreichen, 
ja  übertreffen  manchmal  die  schwedischen  weit- 
bekannten Fabrikate  an  Festigkeit  und  Güte. 

Man  kann  die  Anlagen,  falls  sie  in  be- 
deutendem Umfange  betrieben  werden  sollen, 
ähnlich  der  Fig.  283  mit  aufrechtstehenden 
oder  auch  mit  liegenden  rotierenden  Kochern 
ausstatten. 

Sulfit- Holzzellstoff  fabrik  188  3. 
Fig.  285  S.  605  zeigt  den  Grundriss  einer 
Mitscherlich-Sulfit-Holzzellstofffabrik,  ähnliclt 
ungefähr  wie  sie  vom  Ingenieur  Th.  Winter. 
Zell  im  Wiesenthal  1883  vorgeschrieben  und 
mehrfach  gebaut  wurden.  Das  hier  gegebene 
Arrangement  lässt  Verdoppelung  des  Be- 
triebes zu. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPTER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


605 


A  Kesselhaus  mit  Kesseln  a,  B  35  m 
hoher  Kamin,  C  Dampfmaschinenhaus  mit 
50  PS  Dampfmaschine,  bei  1  Kocher  nicht 
voll  ausgenutzt,  D  Holzputzerei,  E  Schuppen 
mit  4  Kiesöfen  i '),  F  Turmgerüst  mit  2  etwa 
30  m  hohen  Türmen  t2),  O  erhöhter  Sockel 
mit  4  Säurebottichen  b,  M  Kocherhaus  mit 
1 2  m  langem  Kocher  k 3)  von  4  m  Durchm.  und 
Wasscrpumpe  h,  J  Stampf-4),  Wasch-  und 
Entwässerungsraum  mit  Aufzug  c  für  das 
in  Dgepulzte  Holz,  welches  im  Obcrgeschoss 
auf  Kreissägen  in  2'/2— 3V2  cm  dicke 
Scheiben  zeilcgt  und  oberhalb  des  Kochers 
gelagert  wurde,  s  der  Stampftrog,  r  Reini- 


gungs- (Schwemm-) Rinnen,  f  Astfänger,  o 
grosses  Scliaukelsicb  mit  geschlitzten  Kupfer- 
platten, q  Haarsiebzyliiider,  p  eine  Filzpresse 
zur  Auspressung  des  Stoffes  in  Brockenform. 


i)  s.  S.  302,  Taf.  133;  *)  S.  313,  Fig.  140;  *)  S. 
38-1,  rat  177;  •)  S  483  erwähnt  Die  Schwemmrinnen 
sind  ähnlich  den  Sandfängern  der  Papiermaschine 
wirkend,  sie  sind  auch  in  der  modernen  Fabrikation 
als  ausserordentlich  Wirksam  vervollkommnet  und  ver- 
grössert  beibehalten,  alle  sonstigen  ersten  Sonder- 
konstruktionen der  ersten  Suiflliellstoff-Zerfasermig, 
Reinigung  und  Eni  Wässerung  sind  durch  bessere  Ein- 
richtungen ersetzt,  wie  in  iliesem  Kapitel  vorn  ausge- 
führt und  aus  c  nein  nachfolgenden  Plan  des  Herrn 
O.  Tiirk-Karsruhe  für  10  t  Tagesproduktion  zu  er- 
sehen 'St. 


45 


,  -iino  Mil  | 

i  _Jj  -n : :  ;  M  J 


Fig  285.   Mitscherlichsche  Sullitlabrik  1883. 


Eine  solche  Anlage,  für  2  Kocher  und 
2  Waschereien  in  den  Anbauten  Z  erweitert, 
erlaubte  ursprünglich  eine  Monatsproduklion 
von  50  60  t  Sulfitzellulose,  welche  aber 
später  bei  Vermehrung  der  Säurebereituugs- 
etc.  Anlagen  auf  das  Doppelte  gesteigert  wer- 
den konnte. 

Die  Kalkulationen  Ende  der  80er  Jahre 
S.  599  beziehen  sich  auf  eine  solche  auf 
2  Kocher  erweiterte  Anlage  mit  noch  lang- 
samer Arbeitsweise. 

Ritter-Kellner-Sulfitfabriken. 

Das  seit  Mitte  der  80er  Jahre  in  Oester- 
reich, Deutschland  und  im  Auslände  sehr  in 
Aufnahme  gekommene  Ritter  -  Kellnerschc 
Sulfit-Zelluloseverfahren  lehnte  sich  bezüglich 


der  Einrichtungen  nicht  zu  seinem  Nachteile 
an  die  Erfahrungen  und  Einrichtungen  der 
Actznatron-Holzzellstofffabriken,  welche  sich 
als  praktisch  und  leistungsfähig  erwiesen 
hatten  an. 

Dr.  K.  Kellner, der  Erschafferund  Einführet' 
dieses  Verfahrens,  zerkleinerte  das  Holz  nach 
gründlicher  Reinigung  von  Rinden  und  Aesten 
in  Brockenform,  er  kochte  in  aufrecht  stellenden, 
zylindrischen,  innen  verbleiten  Kochern  in 
einer  schwefligsäurc- reichen  Lösung  mit 
direktem  Dampf  von  5  6  Atm.  Lieberdruck 
unter  periodischem  Abdrücken  der  frei  werden- 
den Dämpfe  und  schwefligen  Säuren.  Ur- 
sprünglich dauerte  der  Kochprozess  30  Stun- 
den, später  kürzte  sich  derselbe  auf  weniger 


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606  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.  III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


als  die  Hälfte  Zeit-ab.  Wie  bereits  vorn  S. 
354/55  bemerkt,  nannte  man  dieses  Verfahren* 
das  Schnellkochverfahren  zum  Unter- 
schiede von  dem  Langsamkochverfahren  Mit- 
schcrlichs. 

Für  die  Kochlösungsherstellung  wurden 
meist  die  S.  326,  Fig.  148/49  dargestellten 
Bottichapparate  benutzt. 

Der  gekochte  Stoff  wurde  unter  ermässig- 
tem  Druck  in  Nebenbehälter  oder  Ausblase- 
bottiche s.  S.  399/402,  wie  sie  später  die 
Amerikaner  annahmen,  abgestossen  und  hier 
mehrmals  gewaschen ;  das  weiter  folgende 
Zerfasern  und  Waschen  geschah  in  Wasch- 
holländern. Auch  bezuglich  des  Bleichens, 
Entwässerns  und  Trocknens  hielt  sich  Dr. 
Kellner  ganz  an  die  Erfahrungen,  die  er  als 
früherer  Natronzellstoff- Fabrikant  gemacht 
hatte. 

Die  in  Deutschland  Mitte  der  80er  Jihre 
entstandenen  Ritter-Kellner-Anlagen  fingen 
meist  mit  3  Kochern  von  3  m  Durchmesser 
6  —7,5  m  hoch  an.  Die  Anlagen  bestanden 
aus  dem  Kesselhaus,  der  Holzputzerei,  der 
Holzzerkleinerung  und  Holzspansortierung,  der 
Kocherei.  Sie  hatten  ausser  der  Betriebs- 
dampfmaschine noch  Holländer,  einen  Koller- 
gang und  Entwässerungsmaschine  ohne  und 
mit  Trockenapparat. 

|Q  Auch  die  grösste  Sulfitzellstofffabrik  Wald- 
hof bei  Mannheim  wurde  1883  85  nach  dem 
Ritter-Kellner-Verfahren  von  Herrn  W.  Lenz 
gebaut  und  zu  ausserordentlicher  Leistungs- 
fähigkeit gebracht. 

Später  wurden  die  Einrichtungen,  wie  sie 
sich  unter  den  Mitscherlich 'sehen  Zessionaren 
entwickelt  hatten  und  wie  sie  in  Ritter-Kell- 
ner'schen  Anlagen  sich  bewährt  hatten,  ver- 
mischt angeordnet  und  sei  im  folgenden  eine 
Anlage  sog.  Schnellkoch-  oder  gemisch- 
ten Verfahrens  wiedergegeben. 

Sulfit-H  ol  zzcllstoff- Fabrik 

Schnellkochverfahrcn  O.  Türk  1904. 

Herrn  Ingenieur  O.  Türk  in  Karlsruhe 
verdankt  Verfasser  den  auf  Taf.  286  S.  607  gege- 
benen Plan  einer  Fabrik  für  10  t  Zellstoff 
Tagesproduktion,  wie  sie  von  ihm  vielfach 
projektiert  und  mehrfach  ähnlich  ausgeführt  ist. 


Oben  Schnitt  EF  zeigt  in  der  Mitte  die 
2  Kocher  mit  dem  rechts  daneben  befind- 
lichen Pumpenraum,  zu  beiden  Seiten  die 
Ansichten  des  Bleichraumes  (links)  und  der 
Holzputzerei  (rechts).  Das  Mittelbild  zeigt 
den  Schnitt  ABCD  durch  die  Schlemm- 
rinnen im  Obergeschoss  und  der  Entwässe- 
rungsmaschine im  Parterregeschoss,  rechts 
daneben  Schnitt  durch  den  Elevator-  und 
Stoffkastenraum  und  durch  das  Kocherhaus. 
Weiter  rechts  Ansicht  der  Türme  33  m  hoch, 
des  Kamins  45  m  hoch  unddes  Schwefelhauses; 
das  dahinter  befindliche  Dampfkesselhaus  ist 
ebenfalls  mit  eingezeichnet.  ,Der  Grundriss 
unten  gibt  ein  deutliches  Bild  über  die 
ganze  Anlage;  die  Einschriften  machen  eine 
Beschreibung  überflüssig,  doch  sei  bemerkt, 
dass  die  Bleichholländer : vorgesehen  und  in 
■  den  nachfolgenden  Baukosten  eingeschlossen 
i  sind,  da  ein  Teil  der  Zellulose  gebleicht 
1  werden  soll. 

Türk   veranschlagt  diese  Anlage  ohne 
Grundstück  wie  folgt: 

A.  Gebäude  M  133 

B.  Brunnenanlage  „      8  000. — 

C.  "  Maschinenfundamente      „      6  200. — 

D.  Maschinen  und  Apparate  M  293  630. 

Zusammen  M  441  340. — 
Diese  Grundlage  ist  auch  zur  Aufstellung 
der  Kalkulation  vorn  S.  601  benutzt  worden, 
und  Türk  bemerkt  in  seinem  Briefe  vom  30. 
April  1907  an  den  Verfasser,  dass  seine  Bc- 
triebszahlen  wirklichen  Betriebsergebnissen 
entnommen  und  nicht  etwa  gemachte  Zahlen 
sind. 

Die  Fl  odqu  ist  'sehen  Sulfitzellstoff- 
anlagen mit  verbleiten,  liegenden,  rotier- 
enden Kochern  haben  sich  bis  heute  in 
Skandinavien  (Verfasser  sah  nach  1907  in 
Schweden  eine  grosse  Sulfitzellstofffabrik  mit 
nur  innen  verbleiten  Kochern  im  Betriebe. 
Das  Bleikleid  machte  keine  übermässigen  oder 
!  unüberwindlichen  Schwierigkeiten,  wie  von 
anderer  Seite  früher  beklagt  wurde)  und 
Nordamerika  erhalten.  Flodquist  fügte  seinen 
Anlagen  ein  Kammersystem  zur  Säuredar- 
stellung aus  Kalkmilch  und  schwefliger  Säure 
ein,  welches  Prof.  Dr.  P.  Klason   (vorn  S. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  t>Al*lEk.    itl.  fe.  u.  C.   ZELLStOFF.  607 


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608 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


47  nachzulesen)  für  das  einzig  dauernd  lebens- 
fähige bezeichnet  hat.  Dieses  Kalkmilchver- 
fahreti  hat  denn  auch,  wie  in  vorstehenden 
Darlegungen  S.  328  340  nachgewiesen  ist, 
in  vielfach  veränderter  Form  grosse  Verbrei- 
tung in  allen  Sulfitzcllstoff  erzeugenden  Län- 
dern gefunden. 

Es  erscheint  lehrreich,  an  dieser  Stelle 
eine  seit  November  1901  im  Betrieb  befind- 
liche amerikan  ische  Riesenanlage,  die  der 
Zellulose-  und  Papierfabrik 
Oxford  Paper  Co.  in  Rumford  Falls, 
Maine,  Verein.  Staaten, 
zu  besprechen.* 

Figur  287  S.  609  zeigt  links  oben  eineSulfit- 
zellstofffabrik  für  eine  Tagesproduktion  von 
82  t  (ä  1000  kg)  Sulfitstoff,  rechts  oben  eine 
Natronzellstofffabrik  für  90  t  Stoffproduktion 
pro  Tag.  Die  Dampfkcsselanlage  liegt  zwi- 
schen beiden  Fabriken.  Als  Uebergang  nach 
der  Papierfabrik  mit  4  Papiermaschinen 
schliesst  sich  in  der  Mitte  an  die  Zellstoff- 
fabriken das  Abtiopf kästen-  und  Holländer- 
gebäude an.  Die  Gebäude  dieses  Planes 
betlecken  38000  qm  Netto  ,  50000  qm  Brutto- 
ürundfläche.  Die  Zellstofffabriken  wie  die 
Papierfabrik  lassen  eine  beliebige  Erweite- 
rung zu. 

Der  architektonischen  Ausführung  der 
Fabrikgebäude  wurde  besondere  Sorgfalt  ge- 
widmet. Die  Mauern  sind  je  nach  der  Höhe 
der  Gebäude  nur  1  bis  2  Stein  stark,  aber  da 
wo  die  Träger  oder  Balken  liegen,  also  in 
Abständen  von  2,5  bis  2,8  m,  sind  10  etn 
und  mehr  vorspringende  Verstärkungen  an- 
gebracht, womit  bei  den  flachbogigcn  Fenstern 
eine  augenehme  Wirkung  erzielt  wird.  Für 
Licht  und  Ventilation  ist  ausreichend  gesorgt, 
diebreiten  Gebäudehaben  Oberlicht,  und  für  die 
unteren  Etagen  besteht  die  Decke  nicht  aus  Beton, 
sondern  ist  mit  Glasplatten  belegt.  Mit  Aus- 
nahme der  Sulfitzellstofffabrik,  wo  der  S02- 
Dünste  halber  „hard  pine"  verwendet  wurde, 
welches  Bauholz  an  Ort  und  Stelle  etwa 
36  M  pro  cbm  kostet,  ist  alles  aus  Eisen 

"  Nach  dem  Originaltext  des  Herrn  Ingenieur  F. 
Schilde  im  Wochenblatt  für  P.ipierfabrikation,  Jahrgang 
UK)J.    Seite  2332  J5,  5.  2I$S<>1  und  S.  2572  7». 


gebaut,  die  Fussböden  aus  Beton,  etwa  13  cm 
dick,  mit  über  die  Träger  gelegtem  und  in 
die  Betonmasse  eingebettetem  Drahtgitter.  In 
allen  Erdgeschossen  sind  die  Fussböden  be- 
toniert. Alle  Gebäude  sind  mit  7,5  cm  dicken 
Fichtenplanken  und  Dachpappe  bedeckt,  mit 
Ausnahme  der  Laugen bereitungs-  und  Ver- 
brennungsräume in  der  Natronzellstofffabrik, 
wo  an  die  Dachbinder  genietetes  Wellblech 
verschraubt  ist.  Die  Fundamente  sind  aus 
gutem  Granit  und  in  Zement  gelegt;  der 
Baugrund  ist  feiner  dichter  Sand. 

Auf  der  folgenden  Tafel  288,  Figur  4,  S.  6 1 0 
ist  noch  ein  Schnitt  durch  das  Holländer- 
gebäude gegeben. 

Natronzellstofffabrik.   Die  Kocher, 

7  an  der  Zahl,  sind  aufrechtstehende,  haben  ge- 
sell weisste  Stahlblechmäntel  mit  gewölbten  End- 
böden (s.  vorn  S.  379,  Fig.  173).  Die  untere 
Ocffnung  ist  durch  einen  Hahn  von  200  mm 
Durchmesser  mit  der  ebenfalls  200  mm  weiten 
Ausblaseröhre  verbunden.  Die  Kocher  sind 
2,74  m  im  Durchmesser,  12,8  m  hoch  und 
geben  4,5  t  (ä  1000  kg)  Stoff  pro  Kochung. 
Es   wird   unter  8'2  Atm.   Druck   in  ca. 

8  Stunden  gekocht  und  der  Kocherinhalt 
durch  Oeffnen  des  Hahnes  infolge  des 
hohen  Druckes  nach  dem  etwa  12  m 
höher  gelegenen  Ausblasebottich  geblasen. 
Der  oben  offene  Ausblasebottich  ist  oben  mit 
einer  schüssclförmigen  Vorrichtung  versehen, 
gegen  die  der  Stoff  geschleudert  wird, 
während  zu  gleicher  Zeit  schwarze  Lauge 
daraufgepumpt  wird,  welche  den  Dampf 
kondensiert  und  so  die  darin  aufgespeicherte 
Wärme  nutzbar  macht.  Der  grosse  Ellbogen 
am  Boden  ist  drehbar,  so  dass  der  Stoff  in 
irgend  einen  der  6  eisernen,  4,5  m  Durch- 
messer x  3,6o  m  tiefen  Waschbottiche  ent- 
leert werden  kann,  durch  deren  flachen 
falschen  Boden  die  Lauge  in  die  unter  den 
Waschbottichen  stehenden  Vorratsbottiche 
läuft,  während  der  gewaschene  Stoff  später 
noch  weiter  in  Bütten  mit  Rührvorrichtung 
abgelassen  wird.  Nachdem  der  Stoff  während 
tles  Ausblasens  in  dem  Abblasebottiche  schon 
mit  starker  (8°Be)  schwarzer  Lauge  gemischt 
worden  ist   und   dieselbe  in   die  Laugen* 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C   ZELLSTOFF.  60$ 


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Fig.  287.  Plan  der  Rlesenanlage  der  Oxford  Paper  Co.  1901. 


6.  Bogen  1907. 


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610 


1*.  KIRCHNER.   DAS  PAPlEft.   Hl.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


bottiche  für  starke  Lauge  (welche  direkt  durch 
die  Filter  in  das  Reservoir  für  die  Ver- 
dampfungskörper gedrückt  wird)  abgelaufen 
ist,  wird  das  zweitemal  mit  schwacher  (2°  Be) 
Lauge  und  schliesslich  das  drittemal  mit 
heissem  Wasser  gewaschen,  welches  durch 
Spritzrohre  eingelassen  wird.  Zentrifugal- 
pumpen, mit  allen  Teilen  aus  Eisen,  befördern 
die  Laugen  sowie  den  Stoff. 

Von  dem  oben  erwähnten  Reservoir 
läuft  die  Lauge  in  den  Verdampfungs- 
apparat, welcher  aus  4  Verdampf körpern 
besteht.  Die  Lauge  ist  ausserhalb,  der 
Dampf  innerhalb  der  Rohre.  Im  ganzen 
hat  der  Apparat  m  24  Stunden  ca.  800  cbm 
Lauge  von  8°  Be"  auf  35°  zu  verdicken, 
was,  seit  alles  durch  eine  100  mm  starke 
Verkleidung  gegen  Ausstrahlungsverluste  ge- 
schützt ist,  ohne  Schwierigkeit  erreicht 
wird.  Mit  dem  Verdampfer  verbunden 
ist  eine  Vakuumpumpe  von  Worthington 
und  ein  Oberflächen-Kondensator.  Das  in 
demselben  erwärmte  Wasser  wird  in  der 
Wascherei  und  Bleicherei  vorteilhaft  benutzt, 
das  Kondenswasser  wird,  durch  die  Abgase 
von  den  Kochern  zum  Siedepunkte  erwärmt, 
zum  letzten  Waschen  benutzt.  Die  dicke 
Lauge  wird  in  auf  den  Dampfkesseln  stehende 
Bottiche  gepumpt,  von  wo  sie  direkt  in  die 
Drehöfen  (Rotarys)  läuft.  Jeder  der  4  Dreh- 
öfen wird  durch  je  eine  kleine  2  PS  Dampf- 
maschine angetrieben,  um  die  Geschwin- 
digkeit nach  Bedürfnis  bequem  regulieren 
zu  können.  Die  Oefen  sind  innen  konisch 
ausgemauert,  eine  Kette  mit  Gewichten 
soll  das  Anbacken  der  Asche  nach  Mög- 
lichkeit verhindern.  Gegenüber  dem  hin- 
teren Ende  stösst  der  Rotary  an  den 
Dampfkessel,  am  vorderen  Ende  gegen  den 
auf  Rädern  beweglichen  Feuerraum.  Die 
dicke  Lauge  tritt  am  Dampfkessel-Ende  ein, 
bewegt  sich  während  des  Verbrennens  dem 
andern  Ende  zu  und  fällt  als  Asche  in  einen 
Kellerraum  in  Rollwagen,  welche  mittelst 
Elevatoren  in  die  in  der  4.  Etage  des  Laugen- 
bercitun^sgebäudes  befindlichen  eisernen  Bot- 
tiche zum  Auflösen  der  Asche,  wobei  eben- 
falls erst  schwache  Lauge  und  dann  kochendes 


Wasser  benutzt  wird,  befördert  werden.  Der 
unlösliche  Teil  der  Asche  wird  in  die  Schleuse 
gewaschen,  die  Lösung  dagegen  in  unter  den 
Auflösebottichen  befindliche  Vorratsbottiche 
gelassen,  von  denen  sie  dann  in  zwei  mit 
Rührwerk  versehene  Mischbottiche  in  der  3. 
Etage  gepumpt  wird,  wo  der  nötige  Kalk 
und  frische  Soda  zugefügt  werden  und  gute 
Durchmischung  vor  sich  geht.  Von  da  läult 
die  Mischung  dann  in  einen  der  in  der  2.  Etage 
befindlichen  30  Kaustizierungsbottiche,  welche 
mit  Rührwerk,  Dampf-,  Wasser-  undSchwach- 
laugen-ZuIass  versehen  sind.  Hier  wird  nach 
gründlichem  Kochen  und  Aufrühren  absitzen 
gelassen  und  die  starke  Lauge  in  gerade 
einen  Kocher  fassende  eiserne  Vorratsbottiche 
unter  denselben  abgehebert,  der  Bodensatz 
erst  mit  schwacher  Lauge  und  schliesslich 
mit  Wasser  wieder  gekocht  und  absitzen  ge- 
lassen und  schliesslich  der  Ca  C03-Schlamm 
abgeführt. 

Sulfitzellstoff-Fabrik. 
Fig.  287  S.  609  zeigt  rechts  unten  die  allge 
meine  Anordnung.  Im  ersten  Raum,  dicht  an 
dem  nur  durch  eine  Linie  angedeuteten  Eisen- 
bahngeleise, lagert  in  der  unteren  Etage  der 
Schwefel,  in  der  oberen  der  gelöschte  Kalk. 
Die  7  Schwefelöfen,  0,915x3,660  m  gross 
in  der  unteren  Etage  und  die  Kalklösch- 
bottiche werden  auf  diese  Weise  bequem 
I  bedient    Von  den  Löschbottichen  läuft  die 
Kalkmilch  zunächst  in  ein  Messgefäss,  das 
mit  Rührwerk  versehen   ist,  und  wo  das 
nötige  Wasser  zugefügt  wird,  und  von  da 
in  den  gleichfalls  mit  Rührwerk  versehenen 
Vorratsbehälter.  Von  hier  pumpt  eine  Zentri- 
fugalpumpe die  Kalkmilch  in  den  sogenannten 
'  Burgess-Absorptions- Apparat,  der  früher  (vorn 
!  S.  335/38)  beschrieben  wurde.  Derselbe 
liefert  mit  Hilfe  von  2  Vakuum-Pumpen,  jede 
mit  2  Zylindern  von  600  mm  Durchm.  und  600 
mm  Hub,  bei  60  Touren  pro  Minute  täglich  ge- 
nug Säure  für  82  Tonnen  trocken  gedachten 
Zellstoff  in  24  Stunden.    Dabei  läuft  die 
fertige  Lauge  kontinuierlich  ab  und  wird  von 
i  einem  dem  Vakuum  im  untersten  Teile  des 
!  Absorptionsbottichs  entsprechend  tief  gestellten 
Empfangsbottiche  in  den  ersten   der  vier 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.    ZELLSTOFF.  611 


Wiedergewinnungsbottiche  gepumpt.  Die-  [ 
selben  sind  aus  hard  pine,  mit  3/,A  Zoll  j 
(5  mm)  Blei  und  100  mm  Ziegel,  in  Zement,  j 
Quarz  und  Wasserglas  gelegt  ausgekleidet; 
in  jeden  derselben  ragen  bis  ziemlich  auf 
den  Boden  zweizöllige,  unten  offene  Kupfer- 
rohre, durch  welche  das  Abgas  von  den 
Kochern  eingeblasen  wird.  Die  Lauge  läuft 
oben  über  von  einem  Bottich  in  den  andern 
und  schliesslich  in  derselben  Weise  durch 
6  weitere  Vorratsbottiche  aus  hartem  Fichten- 
holz (hard  pine),  die  aber,  da  kein  Gas  in 
dieselben  abgelassen  wird,  nicht  ausgekleidet 
sind.  Vom  letzten  derselben  wird  dann  in 
den  schon  erwähnten  hoch  gelegenen  Vor- 
ratsbottich gepumpt  Die  sämtlichen  Bottiche 
sind  luftdicht  mit  Deckeln  verschlossen  und 
durch  ein  200  mm  Bleirohr  mit  dem  Oas- 
kühler, durch  welchen  die  Gase  von  den 
Schwefelöfen  streichen,  verbunden,  um  so- 
wohl die  frei  werdenden  Gase  wieder  in 
den  Bottichen  zu  absorbieren,  als  auch  ein 
Vakuum  und  dadurch  das  Eindrücken  der 
Bottichdeckel  zu  verhindern,  wenn  plötzlich 
die  Säure  herausgepumpt  wird. 

Die  drei  Kocher  haben  jeder  4,877  m 
Durchmesser  und  18,288  m  Höhe  und  er- 
geben 13,6  Tonnen  trocken  gedachten  Stoff. 
Die  Platten  sind  32  mm  dick  und  stossen  stumpf 
aneinander,  die  Laschen  sind  35  mm  stark. 
Die  Auskleidung  besteht  aus  einer  100  mm 
dicken  Schicht  Betonmasse  (gleiche  Teile 
Zement,  Quarz  und  Chamotte-Pulver)  und 
einer  Schicht  in  Quarz,  Bleioxyd  und  Wasser- 
glas gelegter  Ziegel. 

Die  Kochung  dauert  8  Stunden,  das 
Ausblasen  des  Kocherinhalts  nach  vollendeter 
Kochung,  das  Inordnungbringen  der  Ventile 
und  das  Einfüllen  von  frischem  Holz  und 
Lauge  ist  in  einer  Stunde  beendet  Es  werden 
also  pro  Tag  mit  den  3  Kochern  7  Kochungen 
fertig,  durch  das  Unterbrechen  des  Betriebes 
über  Sonntag  und  etwaige  Reparaturen  ist 
der  Durchschnitt  pro  Tag  jedoch  nur  6 
Kochungen  =  82  Tonnen.  Es  gibt  sogar 
Fabriken,  in  denen  pro  Woche  und  Kocher 
in  6  Tagen  1 5  Kochungen  gemacht  werden. 

Die  Temperatur  wird  in  einer  Stunde 


auf  100°  C  gebracht  da  die  Lauge  schon 
hübsch  angewärmt  ist  und  ausserdem  ja 
das  Mauerwerk  nicht  durch  Stoffwaschen 
gekühlt  (und  ruiniert)  wird  (man  hält  in 
Amerika  daran  fest  dass  das  Stoffwaschen 
nicht  in  den  teuern  Kochern,  sondern  viel 
billiger  und  daher  viel  gründlicher  in  den 
Stoffbütten  mit  falschem  Boden  vorgenommen 
werden  soll).  Es  werden  also  auf  das  Lösen 
der  Inkruslen  6  bis  7  Stunden  verwendet. 
Während  des  Ausblasens  wird  durch  einen 
Seitenstutzen  (nach  Meurers  Patent)  Wasser 
in  das  Ausblaserohr  unter  einem  Druck  von 
vielleicht  4  Atm.  gepumpt  und  daher  das  Ent- 

• 

I  weichen  von  belästigenden  Gasen  durch  die 
Schlote  vermieden.  Die  Bottiche,  in  welche  der 
Stoff  geblasen  wird,  sind  rechteckig,  haben  ge- 
neigten, durchlöcherten,  75  mm  dicken  Boden 
aus  „hard  pine"  und  können  nötigenfalls  je  3 
Kochungen  enthalten.  Die  schon  erwähnten 
Schlote  sind  sehr  hoch  und  2'/2  m  im  Quadrat 
Während  des  Ausblasens  wird  Wasser  in  diesel- 
ben gespritzt,  um  keinen  Stoff  ansetzen  zu  las- 
sen. Zum  Abscheiden  der  harzigen  Bestandteile 
in  den  Abgasen,  die  wie  erwähnt  durch  eine 
Kühlschlange  zurück  in  die  ausgemauerten 
Säurebottiche  getrieben  werden,  ist  Dr.  Drew 
sens  Separator  angebracht,  der  sich  selbst 
kontinuierlich  entleert  und  überall  einge- 
führt ist 

Die  Holzputzerei  (Tat  288,  S.612,  Fig.  1, 
2  und  3)  liegt  1 00  m  von  den  in  Fig.  287,  S.  609 
dargestellten  Fabrikgebäuden  entfernt  und  zwar 
in  der  Längsrichtung  der  beiden  Kocherhäuser, 
sodass  die  in  der  Holzputzerei  fertig  vorbe- 
rcitclcn  Holzspänc  mittels  Lauftüchern  aus 
Gumini  in  die  Räume  neben  den  Kochern 
transportiert  werden  können.  Ein  sehr  grosses 
Terrain  ist  zum  Aufstapeln  des  Holzes  vor- 
handen, welches  entweder  in  voller  Stamm- 
länge, also  20  und  mehr  m  lang  und  wohl 
kaum  unter  200  bis  600  mm  Durchmesser, 
oder  1,2  m  lang  geschnitten  nur  eine  kurze 
Strecke  (30  km)  per  Balm  oder  direkt  per 
Wagen  oder  Schlitten  herangebracht  wird. 
Das  kurze  Holz  wird  auf  eine  mit  einer 
Geschwindigkeit  von  90  tn  per  Minute  laufende 
Kette  geworfen   und  dann  an  deren  Ende 


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i 


612  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  Ii.  C.  ZELLSTOFF. 


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613 


selbsttätig  auf  eine  schiefe  Ebene  gerollt, 
welche  als  Vorratsbehälter  dient  und  von 
deren  Ende  4  mit  Haken  besetzte  Ketten  das 
Holz  ergreifen  und  automatisch  durch  die  Kreis- 
säge von  1,8  m  Durchmesser  hindurchführen. 
Es  sind  3  dieser  Sägen  in  Abständen  von  600  mm 
voneinander  auf  demselben  Gestell  angebracht. 
Das  lange  Holz  wird  nämlich  in  etwa  2,4  m 
Längen  geschnitten,  rollt  dann  auf  die  oben 
erwähnte  schiefe  Ebene  und  wird  hierauf,  wie 
beschrieben,  ergriffen  und  durch  die  Zir- 
kularsägen geführt,  welche  es  in  600  mm 
lange  Stücke  sägen.  Eine  sehr  einfache 
Vorrichtung  ermöglicht,  dass  die  1,20  m 
langen  Stücke  sich  gleichmässig  über  den  2,4  m 
breiten  Vorratstisch  zwei  nebeneinander  legen. 
Die  langen  Stämme  werden  auf  bewegte  Rollen 
neben  der  Kette  geworfen  und  der  Schwing- 
säge  zugeführt,  welche  je  nach  dem  Durch- 
messerder  Stämme  einen  oder  mehrere  derselben 
auf  einmal  durchschneidet.  AmEnde  der  schiefen 
Ebene  gibt  ein  Mann  Obacht,  die  Schwing- 
säge wird  ebenfalls  von  einem  Mann  geführt, 
S  Mann  entladen  das  Holz  (Kippwagen)  von 
der  Eisenbahn,  die  schon  so  geneigt  ist,  dass 
die  leeren  Wagen  von  selbst  weiter  fahren 
und  die  Lokomotive  nur  zweimal  täglich 
einen  Zug  von  holzbeladenen  Wagen  zu 
bringen  braucht  Bei  dringendem  Bedarf 
sind  pro  Stunde  schon  110  Raummeter 
geschnitten  worden,  dabei  liess  sich  wegen 
der  Terrainverhältnisse  und  der  Stromschnellen 
die  ganze  Einrichtung  nicht  so  ideal  anlegen, 
wie  es  wünschenswert  gewesen  wäre.  Die 
600  mm  langen  Stücke  rollen  dann  von 
selbst  auf  zwei  Kettentransportvorrichtungen, 
die  mit  24  m/min.  laufen,  und  werden  von  den 
Leuten,  die  die  Schälmaschinen  bedienen,  ab- 
genommen, geschält  und  auf  die  2  Ketten 
für  das  geschälte  Holz  geworfen,  welche  dieses 
direkt  nach  den  2  Hackmaschinen  bringen. 
Der  Mann  vor  der  Spaltmaschine  hat  das 
Holz  nicht  zu  heben;  kommt  ein  schlechtes 
Stück,  so  rollt  er  es  herunter  und  der  Mann 
an  der  Spaltmaschine  spaltet  und  hackt  es 
und  wirft  das  gute  dann  auf  die  Kette  zurück. 
Jede  der  Hackmaschinen  schneidet  bei  300 
Umdrehungen  pro  Minute  und  3  Messern 


leicht  35  Raummeter  pro  Stunde.  Die  Schäl- 
maschinen bewältigen  31 2  Raummeter  pro 

i  Stunde;  die  Messerscheiben  der  Schälmaschine 
sind  auf  der  Rückseite  mit  Flügeln  besetzt 
und  mit  gusscisernen  Gehäusen  umgeben,  so- 
dass die  Späne  nicht  im  Saale  herumfliegen 
sondern  durch  ein  Rohr  in  die  untere  Etage 

!  auf  ein  Lauftuch  fallen,  welches  Späne,  Aeste 
und  Sägmehl  nach  dem  Dampfkesselhaus  be- 
fördert. Jede  Holzschälmaschine  bläst  die 
Späne  erst  in  einen  zugehörigen  Konus 
(Cyclone),  der  die  Luft  abscheidet  und  so  die 
Späne  ohne  Herumblasen  auf  das  Lauftuch 
fallen  lässt.  In  der  unteren  Etage  stehen  auch 
die  oben,  S.  170  beschriebenen  A.  O.  Lom- 
bard'schen  Schlagmaschinen.  In  der  oberen 
Etage  stehen  die  Sortiertrommeln,  die  das 

!  Sägmehl  und  die  Aeste  durch  ebenda  be- 
schriebene auf  die  hohe  Kante  gestellte  Flach- 
eisen in  Abständen  von  15  mm  und  von  wech- 
selnder Breite  (35  mm  und  25  mm) heraussortie- 
reu.  Die  beiden  nicht  durch  Ketten  gespeisten 
Hackmaschinen  sind  für  das  Pappelholz,  wel- 
ches schon  geschält  ankommt  und  direkt 
vom  Eisenbahnwagen  in  die  Hackmaschinen 
geworfen  wird.  Die  ganze  andere  Maschinerie 
für  das  Pappelholz  bedarf  mit  Ausnahme 
des  Oelens  keiner  Bedienung,   für  täglich 

|  750  Raummeter  Holz  genügen  6  Mann  in 

I  der  Holzputzerei  zum  Abladen  des  Holzes 
und  zur  Bedienung  der  Maschinen;  diese 
Einfachheit  ist  gewiss  nachahmenswert.  Die 
gereinigten  Schnitzel  werden  auf  600  mm 
breiten  Gummilauftüchern  in  die  über  den 
Kochern  befindlichen  Holzkästen  getragen. 
Der  nach  der  Sulfitzellstofffabrik  führende 
Riemen  hat  circa  350  m  weit  und  30  m 
hoch  zu  laufen  und  ist  auf  einem  kräftigen 
eisernen  Unterbau  angebracht,  welcher  am 
Sulfitstoffkochhaus  zugleich  den  hochgestell- 
ten Vorratsbottich  für  die  Säure  trägt.  Die 
Dampfmaschine  für  die  Holzputzerei  hat  eine 
Stärke  von  250  PS,  die  Transporttücher  wer- 
den elektrisch  angetrieben. 

Papierstoff.  Sulfit-  wie  Natronzellstoff 
erfahren  die  gleiche  Behandlung,  bis  sie  dann 
in  den  Holländern  miteinander  vereint  wer- 
den.   Aus  den  Waschbottichen  wird  der  Stoff 


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614 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


in  grosse  Vorratsbottiche  gepumpt,  welche 
auf  8  bis  10  Stunden  die  Papierfabrik  mit 
Stoff  versehen  können ;  ausserdem  sind  noch 
Vorratsbehälter   für   gebleichten    Stoff  da. 
Mit  viel  Wasser  verdünnt  läuft  der  Stoff  über 
Sandfänger  und  dann  über  Planknotenfänger, 
von  denen  für  den  Sulfitzellstoff  4  Reihen  \ 
vorhanden  sind ;  jede  hat  6  Knotenfänger  mit  je 
12  Platten  von  300  mm  Breite  und  1050  mm 
Länge.    Der  Stoff,  der  durch  die  Schlitz 
die  ersten  3  Knotenfänger  passiert,  ist  der 
beste  und  wird  separat  abgeleitet  und  zum 
Verkauf  benützt,  während  der  durch  die  3 
letzten  gehende  Stoff  nach  den  Enlwässerungs- 
maschinen  geleitet  wird,    wo  er  auf  8% 
Konsistenz  eingedickt,  mit  Bleichwasser  ge- 
mischt, in  die  aus  Beton  gebauten  Bleich-  I 
bottichc  in  die  untere  Etage  fällt    Er  wird 
von  einem  zum  andern  befördert  und  braucht 
im  ganzen  24  Stunden,    ehe    er  durch 
Bronze-Zentrifugalpumpe  in  die  Abtropfkästen 
transportiert  wird,   durch  deren  gelöcherte 
Zementplatten    die  Bleichflüssigkeit  abläuft 
und  zur  Wiederverwendung  aufgefangen  wird. 
Der  ungebleichte  Stoff  wird  im  eigenen  Be- 
triebe selten  verwendet,  er  läuft  über  Nass- 
maschinen   und    wird  verschickt.  Später, 
wenn    vier   weitere    Papiermaschinen  auf- 
gestellt sein  werden,  wird  alles  für  Eigen- 
bedarf verbraucht  werden.     Zum  Versand 
kommt  ^ferner    gebleichter  Natronzellstoff, 
der  auf  einer  Zylindermaschine  mit  2  Rund 
sieben,  3  Pressen  und  40  Trockenzylindern  von 
1,2  m  Durchm.,  in  24  Stunden  zu  50—60  t 
entwässert  und  getrocknet  wird.  Doch  kann 
man    sowohl  gebleichte  wie  ungebleichte 
Sulfit-Zellulose  über  die  Trocken masch ine, 
als  auch  gebleichte  Sulfit-  und  Natronzellulose 
über  die  Nassmaschine  laufen  lassen,  je  nach 
Bedarf.  Fig.  4,  Taf.  288  zeigt  die  Vorratsbottiche 
für  die  gebleichte  Sulfit-  und  Natronzellulose, 
aus  welchen  dieselbe  in  die  darunter  befind- 
lichen Holländer  gelassen  wird.    Im  oberen 
Stockwerk  befinden  sich  auch  die  Auflösebot- 
tichefür die  Erde  mit  einem  Flügelrad  als  Rührer, 
desgleichen  der  geschlossene  Leimkocher,  in 
dem  unter  Druck  gekocht  wird  und  der 
mit  Heizschlange   zur   indirekten  Kochung, 


sowie  mit  einem  Flügelrad  als  Rührer  ^  aus- 
gestattet ist.  Die  Holländer,  von  der  Hol)  oke 
Machine  Co.  geliefert,  sind  ähnlich  den 
Eichhornholländern.  Kollergänge  oder 
ähnliche  Zerfaserer  sind  nicht  vorhanden, 
Papierabfälle  werden  direkt  in  Holländer 
eingetragen  und  mit  Dampf  aufgelöst.  Von 
den  letzteren  wird  der  Stoff  in  die  Stoffbütte 
entleert,  von  wo  er  unter  Passieren  der  Jordan- 
mühle in  zwei  weitere  Bütten  befördert  wird. 

Zum  Schluss  noch  einige  interessante 
Zahlen.  Für  den  Bau  wurden  1400  Tonnen 
Stahl  verwendet  und  7000000  Fuss  hartes 
Fichtenholz.  Die  zur  Fabrik  gehörigen 
Eisenbahngeleise  sind  über  3  km  lang,  und 
die  Fläche  der  Versand-  und  Abiaderampen  um- 
fasst  930  qm.  Die  Fabrik  wurde  von  den  Archi- 
tekten Tower  and  Wallace  unter  Mitwirkung 
der  beiden  technischen  Leiter  F.  H.  Cloudman 
für  die  Papierfabrik  und  F.  Schilde  für  die 
Zellstofffabriken  gebaut.  — 

Der  Abdruck  dieser  wertvollen  Mit- 
teilungen am  Schlüsse  dieses  Abschnittes 
über  Zellstoff-Fabrikanlagen  mag  den  deut- 
schen Zellstofffabrikanten  zeigen,  wie  in 
Amerika  die  Natron-  und  Sulfitzellstoff  ver- 
fahren wegen  der  verschiedenen  Stoffe,  die 
sie  ergeben,  nebeneinander  betrieben  werden, 
in  wie  grossartigem  Stil  dergleichen  Anlagen 
dort  entstehen  und  wie  in  nachahmenswerter 
Weise  auf  Schaffung  leistungsfähigster,  die 
Mindestzahl  von  Arbeitern  bedürfender  Ein- 
richtungen hingearbeitet  wird. 

Nachtrag  zu  S.  601,  vor:  Zellstofffabriken. 
Kalkulation  der  Bleichkosten  pro  100 
j  kg  Stoff  In  einer  Bleich-Anlage  für  20  t  Tages- 


I  leistung  nach  Q.  Türk,  Karlsruhe. 

!  7,52  kg  Stoffverlust  ä  100  kg  M  16,65  M  1,25 

12  PSstd.  Kraftbedarf  ä  2  Pfg.  ..  0,24 

22  cbm  Waschwasserbedarf  ä  1,2  Pfg.  „  0.27 

16  kg  Chlorkalk  ä  °0  M  12,50  ,.  2- 

Löhne  »  0.12 

|  \  15%  Amortisation  von  M  146  000.  -  „  0.31 

Dampfverbrauch  zum  Anwärmen  „  0,03 

Bctricbsmaterialicn  „  0,05 

Bleichkosten  für  100  kg  lfltr.  Stoff  M  4.27 

100  kg  ungebl.  Stoff  M  16,65 
100  kg  lfttr.  gebleichter  Sulfitstoff  kosten 

demnach  rund  M  21.— 


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E.  Kirchner,  das  Papier.  m/B.  u.  C  Zellstoff. 


615 


Statistik-Nachtrag. 

Vorn  auf  S.  29—33  waren  Fabrikzahlen 
und  schätzungsweise  vom  Verfasser  für  1899 
die  Jahresproduktionen  der  deutschen  und 
einiger  ausländischen  Zellstofffabrikationslän- 
der angegeben ;  inzwischen  hat  sich  die  Kennt- 
nis dieser  Verhältnisse  mehr  geklärt. 

Auf  Grund  mir  vom  Vorsitzenden  des  Ver- 
eins Deutscher  Zellstofffabrikanten  gütigst  mit- 
geteilter Produktionsziffern  und  Schätzungen 
einsichtsvoller  Fabrikanten  dürften  die  Pro- 
duktionen der  deutschen  Industrien  folgende 
Höhen  erreicht  haben: 

1905  1906 
Strohstoff  41800  t       50000  t 

Natronholzzellstoff  18000  t  20000  t 
Sulfitstoff  368700  t  384000^ 

Oesamtproduktion    428500  t      454000  t 

Lieber  die  Produktion  Oesterreich - 
Ungarns  gibt  F.  Krawany  folgende  inte- 
ressante Angaben  vom  Jahre  1904: 

Es  produzierten  Strohstoff :  Böhmen  1 000 t, 
Steiermark  1700  t,  Ungarn  3000  t;  Holzzell- 
stoff: Böhmen  25960  t,  Görz  9000  t,  Kärn- 
ten 12220  t,  Krain  2600,  Mähren  11800, 
Niederösterreich  9200 1,  Oberösterreich  7300  t, 
Salzburg  6000  t,  Schlesien  14  200  t,  Steier- 
mark 19300  t,  Ungarn  27000  t 

Oesterreich-Ungarn  hat  1 904  also  5700  t 
Strohstoff  und  144580  t  Holzzellstoff,  zu- 
sammen 150280  t  Zellstoff  produziert. 

Schweden  soll  1905  eine  Produktion  von 
300000  t  Zellstoff  erreicht  haben. 

Ueber  die  Verein.  Staaten  v.  Nord- 
amerika werden  verschiedene  Angaben  ge- 
macht. Dr.  A.  Klein  gibt  die  Produktion 
dieses  Landes  1900  auf  534500  t  an,  von 
anderer  Seite  wird  sie  für  1904  schon 
auf  1  173600  t  angegeben. 

Bemerkenswert  ist,  dass  die  Produktion 
an  Natronstoff  in  Amerika  und  Schweden 
im  Mittel  etwa  \4,  in  Deutschland  etwa  nur  V20 
der  gesamten  Holzzellstoff-Produktion  beträgt 

Fig.  289  lässt  einen  Ueberblick  der  Pro- 
duktionen der  einzelnen  Lander  leicht  ge- 
winnen. Es  hat  den  Anschein,  als  härten 
Amerika  und  Schweden  z.  Z.  noch  schnell 
steigende,  Deutschland  und  Oesterreich-Ungarn 


Fig.  289. 

nur  ruhig  und  langsam  ansteigende  Produk- 
tionszunahmen. 

Nachtrag 

zur  Entharzung  des  Sulfitzellstoffes 

zu  S.  517,  520  und  533. 

Auf  die  im  Wochenblatt  für  Papierfabri- 
kation Jg.  1906  Nr.  34,  S.  2641  und  oben 
S.  533/34  erschienenen  Erklärungen  äussert 
sich  ein  Praktiker  in  Nr.  4,  S.  242  des  Jg. 
1907  dieses  Blattes,  dass  ersieh  statt  der  Berei- 
tung warmen  Waschwassers  anders  helfe;  er 
bezeichnet  das  bekannte  längere  Ablagern 
des  Holzes,  das  Dämpfen  des  Holzes,  Ab- 
lassen des  Kondensates  und  Abdrücken  der 
Ablaugen  nach  dem  Kochen  als  genügende 
Mittel,  um  das  Harz  zu  entfernen. 

Hierauf  antwortet  „Basti"  in  Nr.  15  des 
genannten  Blattes,  S.  1 1 44,  dass  die  von  dem 
Praktiker  vorgeschlagenen  (übrigens  bekannten) 
Mittel  nicht  nur  grosse  Mengen  mehr  Dampf, 
sondern  auch  viel  Zeit  erforderten.  Er  habe 
das  heisse  Waschen,  nachdem  er  früher  auch 
gedämpft  habe,  viel  vorteilhafter  gefunden. 

Ein  Zellulosefabrik-Werkführer  erblickt 
einzig  und  allein  in  Staubrettern,  filzbenagelten 
Latten  des  Sandfanges  und  Abschöpfen  des 
Schwimmharzes  eine  ausgiebige  Abhülfe. 

Es  bedarf  kaum  der  Erwähnung,  dass  es 
nichts  Besseres  geben  kann,  als  das  Harz  in 
der  von  Basti  vorgeschlagenen  Art  zu  ent- 
fernen, ehe  der  Stoff  erkaltet  und  durch  den 
Quirl  oder  dergl.  mechanisch  bearbeitet  ist, 


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616  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    I!t.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


denn  gerade  bei  letzterer  beobachtet  man  die  | 
Zusammenballung  von  Harz  an  den  Fasern  und  j 
zu  ganzen  Kugeln,  die  hernach  nicht  mehr 
aus  dem  Stoff  herauszubringen  sind. 

An  dieser  Stelle  kann  auch  noch  auf  das 
amerikanische  Patent  830  570  hingewiesen  wer- 
den, nach  welchem  das  Splintholz  der  harzrei- 
chenamerikanischen  Kiefernarten  durch  Abtöten 
(ringförmiges  Einschneiden  der  Rinde  vor  dem 
Fällen)  oder  durch  Fällen  im  Frühsommer 
zum  guten  Teil  von  Harz  befreit  wird. 
Das  Harz  tritt  an  der  Einschnittstelle  aus 
dem  Splint  holz  zwischen  Holz  und  Rinde 
aus.  Wind,  Sonne  und  Regen  verändern  in 
4—12  Monaten  das  Harz  des  Splintes  der- 
art, dass  derselbe  zur  Zellulosefabrikation 
gut  geeignet  ist  Das  Kernholz  der  ameri- 
kanischen Kiefer  bleibt  aber  auch  dann  noch 
für  die  Fabrikation  unbrauchbar  und  wird 
durch  Spalten  vom  Splinte  getrennt. 

Nachträge. 

Elektrisches  Bleichen. 
Im  Laboratorium  der  Siemens  6t  Halske 
A.-G.,  Elektrochemische  Abteilung,  haben 
J.  Nussbaum  und  W.  Ebert  Untersuchungen 
über  die  chemischen  Vorgänge  beim  elektri- 
schen Bleichen  schwedischer  Sulfit- 
zellulose anj  stellt.  Sie  kommen  im  „Papier- 
Fabrikant"  Nt.  24,  S.  1342/49  und  Nr.  25, 
S.  1566/70  zu  folgenden  Sätzen,  welche  am 
Schlüsse  der  Abhandlung  abgedruckt  sind: 

1)  Die  Bleichgeschwindigkcit  ist  in  alka- 
lischer Lösung  sehr  gering  und  steigt  in 
saurer  Lösung  proportional  dem  Quadrate 
der  Acidität  der  Bleichlauge.  (Unter  saurer  Lösung 

bezw.  Aeidilät  ist  stets  die  freie  unietcMnnjrc  Sfiutc 
und  ein  Gehalt  an  solcher  verstehen.) 

2)  Bei    je  7"  C  Temperaturerhöhung 
Wir  fanden  für 


steigt  die  Bleichgeschwindigkeit  auf  das 
Doppelte. 

3)  Zwischen  gewissen  weiten  Grenzen 
ist  die  Bleichwirkung  bei  sonst  gleichen  Ver- 
hältnissen unabhängig  von  der  Hypochlorit- 
konzentration. 

4)  Bei  gleichem  Chlorverbrauch  sind  die 
wärmer  gebleichten  Proben  die  weisseren. 

5)  Je  stärker  sauer  die  Bleichlauge  war, 
je  mehr  Chlor  braucht  man  zur  Erzielung 
gleicher  Weisse. 

6)  Je  stärker  sauer  die  Bleichlauge  war, 
je  mehr  wird  die  Faser  angegriffen,  je  grösser 
ist  also  der  Bleichverlust. 

7)  Je  kälter  und  in  je  weniger  saurer, 
oder  je  stärker  alkalischer  Lösung  gebleicht 
wird,  je  leichter  tritt  ein  nachheriges  Ver- 
gilben der  Stoffe  auf. 

Es  sind  dies  wertvolle,  im  Laboratorium 
festgestellte  Beobachtungen,  welche  dem  Prak- 
tiker zur  Beachtung  zu  empfehlen  sind. 


gebleichten  Strohstoff 

„  Natron-Holzzcllstoff 

ungebleichten     „  „ 
Sulfit 


Physikalische  und  papiertechnische 
Eigenschaften  der  Zellstoffe. 

Verhalten  der  Zellstoffe  bei  höherer 
Temperatur. 

Dr.  Lepsius  und  Verfasser  stellten  1885 
Versuche  darüber  an,  um  wieviel  Prozente 
bei  100°  C  bis  zur  Gewichtskonstanz  ge- 
trocknete Stroh-  und  Holzzellstoffe  mehr  an 
Gewicht  verlieren,  als  wenn  man  die  Stoffe 
in  geschlossenem  Raum  bei  20  0  C  Tempe- 
ratur und  55  pCt.  Wassergehalt  bis  zur  Ge- 
wichtskonstmz  austrocknen  lässt. 

Fs  ergab  sieh,  dass  die  bei  100°  C  ge- 
trockneten Stoffe  verschiedener  Rohstoffe  ver- 
schiedene Zuschläge  verlangten,  um  gleich 
lufttrocken  zu  sein. 
100°  C  getrockneten      luftgetrockneten  (bei  20  °C  und 

55  pCt.  Luftfeuchtigkeit) 
109,25  g 
109,80  g 
=      109,40  g 
=      110,07  g 


100  g 
100  g 

100  ß  = 
100  g  - 

I.iess  man  den  bei  10ö°  C  getrockneten  trockengewicht  (der  früheren  Parallelproben) 
Stoff  in  Luft  von  20°  C  und  55  pCt.  vermuten  liess,  auf,  sondern  nur  7,  bezw. 
Feuchtigkeit  mehrere  Tage  liegen,  so  nahm    8  pCt. 

er  nicht  die  9— 10°/o  Gewicht,  wie  das  Luft-         Damit  war  der  Beweis  erbracht,  dass  ein 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Hl.  ß.  u.  6  ZELLSTOFFE 


J6lf 


bleibender  Verlust  an  den  Stoffen,  eine  teil- 
weise Zersetzung  derselben  stattfand,  sobald 
mit  100°  C  getrocknet  wurde. 

Dr.  Hans  Hofmann  ist  nun  in  seiner 
Inaugural-Dissertation  1906  u.  a.  auch  der 
Frage  nach  der  Veränderung  des  Zell- 
stoffes durch  Trocknung  mit  Erfolg  näher 
getreten.  Er  wies  nach,  dass  Sulfit  zellstoff 
und  Papier  durch  Trocknen  bei  Temperaturen 
über  90  0  C  verändert  werden,  so  dass 
eine  teil  weise  Zersetzung  oberhalb  dieser 
Temperatur  eintritt  und  schon  bis  100° 
beträchtlich  zunimmt.  Die  Höhe  und 
Dauer  der  Erhitzung  sind  für  die  Zersetzung 
von  Einfluss.  Der  Stoff  ist  nach  der  teil- 
weisen Zersetzung  für  Säure  leichter 
angreifbar. 

Hofmann  führte  mittelst  Hydrolysierens 
und  Zuckerbestimmung  den  Nachweis  bei 
Sulfitstoffen,  dass  diese,  an  der  Luft  getrocknet, 
keinen  Gewichtsverlust  infolge  Zersetzung 
erleiden,  dass  dagegen  bei  künstlicher  Trock- 
nung unter  höheren  Temperaturen  Gewichts- 
verlust eintritt.     Er  weist   einen  Trocken- 
gewichtsmehrverlust gegen  lufttrocken 
von    90  auf  100°  C  um  1  %, 
von  100  auf  130°  C  um  1,3  %  nach. 
Bei  luftgetrocknetem  Sulfitstoff  wurden  im 
Mittel  5,89  °/0  Dexl rose  durch  Hydrolysieren, 
bei  künstlich  getrocknetem  Stoffe  eine  Zu- 
nahme an  Dextrose  nach  Hydrolysieren 
von    90  auf  100°  C  um  0,42%, 
von  100  auf  130°  C  um  2,28% 
festgestellt. 

Den  Einfluss  der  Zeit  hat  Hofmann  eben- 
falls durch  höhere  Trockenverluste  und  sich 
ergebende  höhere  Dextrosemengen  nachge- 
wiesen. Bei  Einwirkung  von  100°Cfander 
nach  4  Stdn.  12,41  %  I  Trocken-  6,35  % 
„  8  „  12,95%  gcwichts-  6,86% 
„12    „    12,54%'    verlust  7,56% 


Q 


Unterschied  der  Zellstoffe  infolge 
des  Kochens. 
Man  hat  oft  den  langsam  gekochten  Sul- 
fitzellstoffen eine  Aehnlichkeit   mit  Leinen- 
und  Hanfstoffen,  den  schnell  gekochten  mit 
Baumwollstoff  zugesprochen,  und  dies  mit 


Recht.  Beide  Arten  Sulfitstoff  sind  im  Ver- 
halten bei  Umwandlung  in  Papier  so  ver- 
schieden wie  Leinen-  oder  Hanfstoff  und 
Baumwollstoff.  Der  entstehende  Unterschied 
liegt  hier  nicht  etwa  in  der  Zeitdauer  des 
Kochens,  sondern  in  der  Menge  der  in 
den  Lösungen  befindlichen  freien  schwef- 
ligen Säure,  in  der  Höhe  der  Kochtemperatur 
und  der  geringeren  oder  stärkeren  Zirkulation 
der  Lösungen  während  des  Kochens,  wie 
sie  sich  im  Laufe  der  Zeit  als  zweckmässig 
und  vorteilhaft  ergeben  haben. 

Mit  entsprechender  Aenderung  der  Führung 
des  Kochens  und  der  Lösungen  kann  man 
mit  Einrichtungen,  die  für  das  eine  oder 
andere  Verfahren  ursprünglich  bestimmt  wur- 
den, sowohl  leinen-  als  baumwollähnliche 
Zellulose  herstellen. 

Aehnliche  Unterschiede  wie  bei  den  Sul- 
fitstoffen bestehen  zwischen  Stoffen,  welche 
nach  dem  Aetznatron-  und  nach  dem  Sul- 
fatverfahren hergestellt  sind.  So  wurde 
S.  358  bereits  hervorgehoben,  dass  das  Aetz- 
natronverfahren  weniger  Ausbeute  aus  dem 
Holz  gibt  als  das  Sulfat  verfahren.  Sulfatstoff 
wird  wegen  etwas  härterer  und  festerer  Faser 
und  wegen  leichterer  Bleichbarkeit  vom  Papier- 
macher höher  geschätzt. 

Bei  der  Strohstoff fabrikation  hat  W.  Schacht 
die  gleiche  Erfahrung  gemacht  mit  seinen 
sulfitierten-kaustizierten  Kochlaugen  (S.  474), 
mit  welchen  man  mehr  Stoff  und  stärkere 
Faser  gewinnt. 

Der  Laubholzzellstoff  fällt  ebenfalls  in 
seinen  Eigenschaften  verschieden  aus,  je  nach- 
dem er  mit  Aetznatro  Sulfat-  oder  Sulfit- 
laugen gekocht  ist. 

Man  hat  also  weiche  und  harte  Zell- 
stoffe zu  unterscheiden,  und  es  ist  Sache  des 
Papiermachers,  aus  d  n  am  Markt  befindlichen 
Stoffen  die  für  das  von  ihm  herzustellende 
Papier  bestgeeigneten  auszuwählen. 

Eine  für  den  Papiermacher  höchst  wichtige 
Sache  ist  das  Verhalten  der  Papierfasern  beim 
Umwandeln  in  Ganzstoff;  dieses  Verhalten  der 
Zellstoffe  ist  natürlich  von  der  Beschaffenheit 
des  Geschirres  und  der  angewandten  Mahl- 
arbeit abhängig.    Allgemein  ist  die  Meinung 

7.  Bosen  19Q7, 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPiER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


verbreitet,  dass  Zellstoffe  mit  stumpfem  Ge- 
schirr, d.  h.  zwischen  breiten  Messerflächen 
(ohne  Wate)  gemahlen  werden  sollten,  es 
kommt  indessen  darauf  an,  welche  Papiersorten 
man  erzeugen  will  und  wie  der  Holländer- 
müller seine  Sache  versteht. 

(Verfasser  hat  in  der  Aschaffenburger  Weisspapier- 
fabrik den  Fall  erlebt,  das»  ein  »euer  Werkführer  trotz 
aller  Warnung  das  stumpfe  Geschirr  für  Mahlen  von 
Natrouzcllulose  in  ein  scharfes  umwandelte  und  die 
verlangten  geringen  Schreibpapiere  zur  grössten  Zu- 
friedenheil der  Abnehmer  in  gerinjerer  Zeit  mahlte 
und  eine  schöne  klare  Durchsicht  erzielte.) 

In  der  Regel  hält  man  indessen  daran 
fest,  Zellstoffe  mit  stumpfem  Geschirr  zu 
mahlen,  und  dies  mag  als  richtig  gelten, 
weil  unseren  Stroh-  und  Holzzellstoffen  die 
leichte  Spaltbarkeit  der  Leinen-  und  Hanffaser 
abgeht. 

Ueber  die  Spaltbarkeit  der  Papierfaser 
habe  ich  früher*  ausführlich  berichtet.  Dar- 
nach besitzen  die  Holzzellen  eine  Spalt- 
barkeit, die  aber  eine  äussere,  scheinbar 
widerstandsfähigere  Zellwandschicht  beim 
Auflösen  in  Fibrillen  und  die  Ausdehnung 
der  auftretenden  Spaltungen  erschwert. 

Selten,  aber  deutlich  treten  im  mikrosko- 
pischen Bilde  Zusammenschiebungen  der 
äusseren  widerstandsfähigeren  Schicht  an 
Zellen  und  Zellslücken  auf.  Die  dadurch 
freigelegten  Schichten  zeigen  deutlich  Spalt- 
barkeit, meist  in  ganz  wenig  spiraliger,  seltener 
in  achsialer  Richtung.  Die  Spaltteilc  erweisen 
sich  indessen  als  grob,  sie  sind  wenig  scharf 
gegliedert  und  haben  ein  rundliches,  schwam- 
miges Aussehen.  Eine  feine  Längsspaltigkeit, 
wie  sie  die  Leinen-  und  Hanfzellen  besitzen, 
fehlt  unseren  Holzzellstoffzellen. 

Vor  einigen  Jahren  standen  mir  Pergament- 
Imitationsstoffe  zur  Verfügung,  die  durch 
IS  stündiges  Mahlen  von  Sulfitstoffen  herge- 
stellt waren.  Ein  grosser  Teil  der  Fasern 
war  in  gelatinöse,  schteimäh.tliche  Masse 
aufgelöst,  welche  bei  HOfacher  Vergrössc- 
rung  sich  wie  ein  fadenknäuelähnliches  Ge- 
bilde darstellte.    Ich  schloss  damals  daraus, 

•  Papier-Zeitung  1802,  Nr.  77  79:  Papiermachcr- 
(leheimnisse,  und  Wochenblatt  für  Papierfabrikafion 
1004,  S.  m\,  3120,  3411  und  3565:  SpaJtbarkeit  der 
Papicrfascni. 


dass  die  Spaltbarkeit  der  Holzfaser  sehr  weit 
gehe.  Heute  stehen  mir  ausserdem  mit  Lava- 
steingarnitur  schnell  gemahlene  Stoffe  von  der 
als  Erzeugerin  vorzüglicher  Pergamynpapiere 
wohlbekannten  Firma  Knoeckel,  Schmidt  & 
Cie.,  Lambrecht  (bayer.  Pfalz),  zur  Verfügung. 
Diese  imitierten  Pergamentpapiere  (Taf.  292, 
Fig.  13)  sind  mit  1  Stunde  Mahlzeit  und  das 
Pergamyn  (Taf.  292,  Fig.  14)  mit  2  Stunden 
Mahlzeit  gearbeitet.  An  diesen  Stoffen  sind 
Spaltungen  der  Zellen  seltener  zu  finden,  da- 
gegen erkennt  man  deutlich  ein  Zerquetschen 
und  Verschmieren  der  Zellwandmasse,  Zu- 
sammenschiebungen von  Zellteilen  und  hauch- 
ähnlich dünne  bis  dickere  losgelöste  Zell- 
wandlappen. 

Da  wir  aber  bei  starken  Vergrösserungen 
mit  optischen  Täuschungen  zu  rechnen  haben, 
so  möchte  ich  glauben,  dass  die  von  mir 
früher  beobachteten  fadeuknäuelähnlichen  Ge- 
bilde nicht  aus  Fibrillen  bestehen,  sondern 
dass  es  mechanische  Risse  oder  Brechungs- 
erscheinungen des  Lichtes  sein  mögen,  die 
manchmal  irrtümlich  die  Meinung  erwecken, 
als  habe  man  es  mit  feinen  Fibrillen  zu  tun. 
Immerhin  bleibt  nicht  ausgeschlossen,  dass 
Stahlmesser  andere  Zerstörungserscheinungen 
hervorrufen  als  die  Lavasteingarnitur.  Im 
übrigen  sei  auf  die  mikroskopischen  Bilder 
Taf.  292,  Nr.  13  und  14  verwiesen,  an  denen 
die  oben  beschriebenen  Erscheinungen  studiert 
werden  können. 

Dr.  H.  Hofmann  untersuchte  laut  seiner 
schon  genannten  Doktor-Arbeit  Pergamynstoff 
auf  Schleim  oder  Gummistoff.  Er  erhielt 
durch  Abpressen  von  Pergamynstoff  in  der 
gewonnenen  Flüssigkeit  ein  durch  Alkohol 
fällbares  Gummi,  Zucker  (Pentosen)  und  eine 
Spur  einer  organischen  Kalkverbindung.*  Er 
gewann  aus  670  g  Pergamynstoff  5,8739  g 
Gummi,  also  0,877  pCt.  Gummi,  das  auch 
Pentosen-Reaktion  zeigte 

Aus  5920  g  Sulfitzellulose  gewann  er 
46,5  g  gummiartige  Niederschläge,  d.  h. 
0,785  pCt.  aus  welchem  er  Xylose  (Holz- 
zucker C,  Hl0  Os)  durch  Hydrolyse  gewann; 

*  Vergl.  S.  138  bis  141. 


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610 


ebenso  wies  er  Xylose  bei  Hydrolyse  des 
Pergamynstoffes  nach. 

Dr.  Hofmann  fand  ferner 
im  Sulfitstoff  5,59  %  Pentosan 

0,925%  Methylpentosan 
im  Pergamynstoff    4,68  °'0  Pentosan 

0,81  °/0  Methylpentosan; 
darnach  geht  ein  volles  Prozent  Pentosane 
durch  Auswaschen  im  Holländer  verloren! 

Es  ist  Dr.  Hofmann  nach  eigener  Mit- 
teilung nicht  gelungen,  im  Pergamyn 
einen  von  Zellstoff  verschiedenen  Zell- 
stoffschleim zu  isolieren.  Das  Gummi 
spielt  bei  der  Pergamynbereitung  keine 
wesentliche  Rolle.  Sulfit-  und  Pergamyn- 
stoff enthalten  etwa  gleichviel  in  Wasser 
lösliche  Stoffe.  Aus  Sulfitstoff  und  Perga- 
myn lassen  sich  gleiche  Mengen  Zucker 
(Xylose)  gewinnen.  Eine  Hydratisierung 
findet  bei  Umwandlung  des  Sulfitstoffes  in 
Pergamyn  nicht  statt.  Hofmann  schliesst  dar- 
aus: Der  Zellstoffschleim  ist  nichts  anderes, 
als  ein  in  feinste  Fibrillen  zerschlage- 
ner Zellstoff,  welcher  beim  Suspendieren 
in  Wasser  eine  gallertartige  Beschaffen- 
heit annimmt.  Im  Pergamyn  sind  etwas 
geringere  Mengen  Pentosane  und  Me- 
thylpentosane  enthalten  als  in  der  Sulfit- 
zellulose, da  im  Holländer  Verluste  an 
diesen  Substanzen  entstehen. 

Hierzu  sei  bemerkt,  dass  es  von  geringer 
Bedeutung  ist,  ob  man  den  Pergamynstoff 
als  in  feinen  Fibrillen  verteilt  oder  als  ein- 
fach zerquetschte  und  zerrissene  Zellmembran- 
substanz auffasst,  welch  letztere,  die  Zwischen- 
räume der  solid  erhaltenen  Zellen  im  Papier- 
körper füllend,  die  charakteristischen  Eigen- 
schaften des  Pergamyns  ergibt. 

Was  Strohstoff  betrifft,  so  fand  ich  früher 
die  Bastfasern  unserer  Strohstoffe  bei  stärkster 
mechanischer  Behandlung  im  Laboratorium 
unspaltbar  und  überhaupt  schwer  zer- 
störbar! 

Jüngst  sandte  mir  Herr  W.  Schacht  stark 
im  Holländer  bearbeiteten  Strohstoff  zu  V,  mit 
gemahlenem  Holzzellstoff  untermischt.  Von 
diesem  Stoff  zeigt  Taf.  291,  Fig.  7  das  ge- 
wonnene mikroskopische  Bild.     Ich  muss 


auch  hiernach  wiederholt  erklären,  dass  die 
Stroh  bastzellen  so  gut  wie  unspaltbar  sind. 
Unsere  Holländergarnitur  vermag  aber  nicht 
nur  von  den  Strohbastzetlen  die  Zellenspitzen 
abzuhacken,  sondern  sie  presst  doch  auch  viele 
Zellen  platt  und  verschmiert  auch  einige 
Zellen  vollständig,  wie  ich  mich  beim  Aus- 
färben und  Mikroskopieren  dieses  Papierstoffes 
überzeugte.  Parenchymzellen  werden  gründ- 
lich deformiert,  Oberhautzellen  und  Gefässe 
zertrümmert.  Die  meisten  Bastzellen  bleiben 
dagegen  unversehrt  erhalten. 

Beschreibung  der  mikroskopischen 
Bilder.* 

Taf.  290,  Fig.  1.  S.  620.  Japanische 
Mitsumatafaser,  40fach.  Sie  zeigt  im 
Vergleich  zu  unseren  auch  40fach  vergrößerten 
Holz-  und  Strohzellstoffen,  Fig.  2,  3,  4,  5 
und  6,  welche  natürliche  Feinheit  (0,0125  bis 
0,025  mm)  erstere  gegen  die  letzteren  (0,03 
bis  0,07)  besitzen  und  wie  viel  leichter  die 
!  Herstellung  fester  Papiere  aus  ersteren  mög- 
lich sein  muss. 

Fig.  2.  Kiefernholz-Natronzellstoff,  40fach, 
]  zeigt  die  grossen  offenen  und  gehöfte  Tüpfel, 
i  wie  sie  II.  A,  S.  32,  Fig.  D  schematisch  deut- 
licher dargestellt  sind. 

Fig.  3.  Fichtenholz-Sulfitzellstoff,  40fach, 
zeigt  ebenfalls  die  II.  A,  S.  32,  Fig.  E  noch 
deutlicher  dargestellten  Zellendetails. 

Fig.  4.  Tannenholz-Sulfitstoff,  40fach  (aus- 
'  gefärbtes  Präparat),  zeigt  hier  sehr  schön  und 
deutlich  eingestreut  die  länglichen  stabähn- 
lichen Markstrahlzellen  II.  A,  S.  32,  Fig.  F.  c. 

Fig.  5.  Pappclholz-Zellstoff,  40fach,  nach 
Professor  Herzbergs  lOOfacher  Aufnahme** 
verkleinert.  Gefässe  und  Zellen  sehr  schön 
unterscheidbar.    II.  A,  S.  36,  Fig.  15. 

Fig.  6.  Strohstoff  40fach,  nach  Professor 
Herzbergs  lOOfacher  Aufnahme  verkleinert. 
Bast-,  ParenchyniT  und  Oberhautzellen  sehr 
deutlich  unterscheid  bar.   II.  A,  S.  51,  Fig.  17. 

*  Die  mikroskopischen  Objekte  wurden  vom  Ver- 
fasser, die  Mikrophotogra;  hien,  sofern  nicht  andere 
Hersteller  benannt  sind,  von  Herrn  Prof  Dr.  O.  Müller, 
physikalisches  Laboratorium  der  Techu.  SlaaU  Ich  ran - 
stalten  in  Chemnitz,  angefertigt. 

"Aus  <  Papierprüfung  von  Prof.  Wilh.  Herzberg, 
,  Verlag  Julius  Springer,  Berlin  1902. 


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620  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


r  Fig.  1.   Feiner  japanischer  Stoff  (Mitsumata)  40fach.  fig.  4.   Tannen-Sulfitstoft  40fach. 


Fig.  2.    Kiefern-Natronzellstoff  40fach.  Fig.«5.    Pappel-Zellstoff  40fach. 


Fig.  3.    Fichten-Sulfitsloff  40fach.  Fig.  6.    Strohstoff  40fach. 

Tafel  290.    Vergrösscrtc  Zcllstoffbilder. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.    ZELLSTOFF.  621 


Taf.  291,  Fig.  7,  S.  622.  Strohstoff- 
Bastzellen  aus  mit sulfitierter-kaustizierter  Lauge 
aufgeschlossenem  Stoffe.  50fach.  Nach  W. 
Schacht. 

Fig.  8—12.    Sulfitzellstoff,  etwa  50fach, 

roh  und  vier  Stadien  der  Umwandlung  zu 

Pergamyn  im  Holländer  mit  Messergarnitur. 

Nach  Dr.  H.  Hofmann.    Hofmann  sagt  in 

seiner  Inaugural-Dissertation,  Göttingen  1906, 

S.  12:  11  Stunden  Hess  ich  den  Stoff  bei  1  mm 
Abstand  des  Geschirres  umlaufen,  3  Stunden  mahlen 
mit  1  j  mm  Messerentfernung,  2  Std.  mit  '  4  mm,  14 
Stunden  mit  1 M  mm  Messerentfernung ,  20'  7  Stunden 
Walze  auf  dem  Orundwerk  aufliegend,  25  Stunden 
schärfer  (also  wohl  mit  Druck?  der  Verf )  mahlen.  Das 
erhaltene  Pergamyn  zog  bei  Erhitzung  Blasen  und  er- 
gab bei  Zimmerwärme  (18-19»  C)  und  65%  Luft- 
feuchtigkeit 8575  m  mittlere  Reisslänge,  7,6%  miltl. 
Dehnung  und  4932  Doppelfalzungen. 

Man  erkennt  deutlich  die  allmählich  fort- 
schreitende Zertrümmerung  der  Zelten  und 
die  Umbildung  des  Stoffes  in  feinfaserige, 
fibrillenähnliche,  schleimige  Gebilde,  die  sich 
deutlich  von  dem  in  Fig.  1 3  und  1 4  folgenden, 
durch  schnelles  Mahlen  mit  Lavastein-Geschirr 
hergestellten  Pergamyn  unterscheiden. 

Taf.  292,  Fig.  13,  S.  623.  Imitiert  Perga- 
mentstoff. 40fach.  Mit  Malachitgrün  und 
Kongorubin  ausgefärbt  Stoff  der  Firma 
Knoeckel,  Schmidt  &  Cie.,  Lambrecht  (bayer. 
Pfalz)  in  1  Stunde  mit  Lavasteingeschirr 
gemahlen. 

Man  erkennt  hier  deutlich  das  Breit-  und 
Abquetschen  verschiedener  Sulfitstoffzellen 
und  eine  teilweise  Auflösung  derselben  in 
Lappen,  Fetzen  und  Faserspaltteile. 

Fig.  14.  Pergamyn.  40fach.  Mit  Ma- 
lachitgrün und  Kongorubin  ausgefärbt.  Stoff 
der  Firma  Knoeckel,  Schmidt  &  Cie.,  Lam- 
brecht (bayer.  Pfalz),  in  2  Stunden  mit 
Lavageschirr  gemahlen. 

An  diesem  Präparat  erkennt  man  deut- 
lich die  weitgehende  Verquetschung  und  Ver- 
schmierung  der  Sulfitzellstoffzellen.  Breit- 
gequetschte Fasern,  Auflösen  derselben  in 
Quetschstoff,  Fetzen  und  Fibrillen  sind  sehr 
deutlich  erkennbar,  dabei  sind  viele  Holzzellen 
nur  zerrissen,  einige  erscheinen  ganz  lang 
und  wohl  erhalten.  I 

Der  Stoff  ist  von  dem  HofmannscheJ 


I  Stoff  Fig.  12,  der  75 \!2  Stunden  im  Hollän- 
der bearbeitet  wurde,  sehr  verschieden,  und 
doch  gibt  er  nach  den  mitgesandten  Aus- 
fallmuslern  ein  ausgezeichnetes  Pergamyn- 
papier. 

Daraus  ist  zu  schliessen,  dass  es  ver- 
schiedene Methoden  gibt,  beste  Pergamyne 
zu  fertigen;  es  ist  nicht  nötig,  die  Zellstoff- 

;  fasern  in  langer  Zeit  und  mit  hohem  Arbeits- 
aufwand mit  Messergarnituren  übermässig  zu 
zerkleinern  und  zu  verkürzen,  wie  man  das 
an  den  Bildern  Fig.  II  und  12  erkennt, 
sondern  es  genügt,  wenn  man  durch  schnelles 
Mahlen  zwischen  Lavasteinmessern  genügende 
Mengen  Quelschstoff,  Zellmembranfetzen  und 
zarte  Zellentrümmer  schafft,  die  als  dichte 
Einbett-  und  Füllmasse  der  solid  gebliebenen 
Fasern  mit  letzteren  das  gleichmässige,  wie 
aus  amorpher  Masse  gegossen  erscheinende 
Pergamynblatt  entstehen  lassen. 

Fig.  15.  Papierstoff,  35%  Sulfitstoff,  65  °/0 

!  Strohstoff.    40fach.    Nach  W.  Schachts  Be- 

[  Schreibung  im  Zentrifugalholländer  (System 
Cooke-Hibbert)  energisch  bearbeitet.  An  diesem 
Präparat  erkennt  man  deutlich  die  tiefgehende 
Veränderung  auch  der  Strohfasern.  Der  Holz- 
zellstoff, der  bei  der  durchgeführten  Doppcl- 
ausfärbung mit  Malachitgrün  und  Kongorubin 
grün  bis  schwarz  erscheint,  ist  sehr  weit  in 
seiner  Auflösung  vorgeschritten,  die  rot  heraus- 
leuchtenden Strohfasern  zeigen  sich  mehrfach 
breitgequetscht  und  verschmiert 

Fig.  16,  17  und  18  Sulfitzellstoff.  lOOfach. 
Präparate  von  G.  Türk,  Karlsruhe*  geben  die 
Darstellung  von  Schmutze  sowie  Harz  oder 
Gummi,  wie  diese  Fehler  oft  als  Plage  für 

;  den  Fabrikanten  im  Sulfitstoff  aus  harzreichem 
Holze  auflreten.  Türk  bezeichnet  die  Dar- 
stellungen: 

Fig.  16.  Wasserschmutz,  zwischen  Zellu- 
losefasern eingebettet. 

Fig.  17.  Anhängen  von  Harz  und  Schmutz 
an  ein  Faserende. 

Fig.  18.  Grössere  Harzklumpen  (Harz- 
fleck) mit  Schmutz. 

•  Aus  Wochenblatt  für  Papierfabrikation,  Jg.  1902, 
S.  1265. 


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622 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOEF. 


Fig.  7    Strohstoffbasl7cl!cn  50facli. 


Fig.  10.    Mahlen  /u  Pergamyn:  II.  Stadium  SOfacli 


Fig.  8.   Sulfü  Zellulose  50facu. 


Fig.  II     Mahlen  zu  Perganiyu.  Hl.  Stadium  50fach 


Fig.  9.    Mahlen  zu  Pergamyn:  L  Stadium  50fach.       Fig.  12.    Mahlen  ^.i  Pergjmyn:  IV.  Stadium  50fach. 

Tafel  291. t_  Vergröisertc  Zellstoff bilder. 


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E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  ß.  u.  C.   ZELLSTOFF.  623 


Fig.  15.  Papierstoff  (65  Stroh-  u.  35  Sulfns(off)  Mfactl.    Fijj.  IS.  Sulfit- Fichtenstoff  mit  Harzklumpen  lOOfach 

Tafel  292.  Vcrgröucrtc  Zcllstoffbilder. 


624 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Kapillarität  der  Zellen. 
Die  Kapillarität,  d.  h.  die  Fähigkeit  hohler 
Zellen  —  im  weiteren  Sinne  auch  der  Zwischen- 
räume zwischen  Zellenkomplexen  — ,  Flüssig- 
keiten nach  allen  Seiten  hin,  auch  der  Schwer- 
kraft der  Erde  entgegen  wirkend,  wandern 
bezw.  aufsteigen  zu  lassen,  ist  im  Abschnitt 
II.  A,  S.  14  etc.  ausfuhrlich  behandelt,  auch 
über 

Diosmose  der  Zellenwände 
finden  sich,  so  viel  es  dem  Praktiker  wissens- 
wert erscheinen  mag,  einige  Andeutungen. 
Die  Doppelbrechung  der  Zellstoffe 
ist  ebenfalls  IIA,  S.  15—18  besprochen. 

Die  Festigkeit  auf  Zerreissen  der 

Zellmembran. 
Dieselbe  hat  einen  massgeblichen  Einflussauf 
die  Zerreiss-Festigkeit  der  Halbstoffe  und  der 
daraus  gefertigten  Papiere;  sie  ist  experimentell 
nicht  leicht  bestimmbar  und  muss  für  unsere 
Holz-  und  Strohzellstoffe  noch  gefunden 


Bekannt  geworden  sind*: 

Hanf         30000  m  Reisslänge 

Baumwolle  25000  „ 

Flachs       24000  „ 

Jute  20000  „ 

A.  Pauly**  hat  nun  gefunden,  dass  die 
Doppelbrechung  einer  Faser  (zwischen  den 
Nikolschen  Prismen  eines  Polarisations-Mi- 
kroskopes)  der  Festigkeit  bezw.  der  Reisslänge 
derselben  proportional  ist  Pauly  gibt  Er- 
klärungen, Tabellen  über  Phasendifferenz 
(spezifische  Drehung)  oder  absolute  Doppel- 
brechung, Formeln  und  Tabellen  für  relative 
Doppelbrechung  und  Berechnungen  der  Reiss- 
längen. Letztere  stimmen  gut  mit  den  obeu. 
gegebenen  wirklichen  oder  durch  Versuche 
direkt  gefundenen  Festigkettswerten  überein. 

Ueber  die  Zerreissfestigkeit  unserer  Stroh- 
und  Holzzellmembranen  liegen,  wie  oben  be- 
reits gesagt,  noch  keine  direkten  Versuche 
vor,  doch  kann  man  nach  angestellten  Papier- 
testigkeitsprüfungen  schliesscn,  dass  sowohl 

•  König  -  Erdmanns  allgemeine  Warenkunde.  14. 
Auflage,  1906. 

•*  Zcntralblatt  f.  d.  oesterr.-ung.  Papierindustrie. 
Jg.  1907,  S.  321  26. 


Zerreissfestigkeit  als  auch  Bruchdehnung 
nicht  unbedeutend  sind.  An  Kraftpapieren 
sind  Reisslängen  bis  zu  9000  m  und  Bruch- 
dehnungen von  5  pCt  und  darüber  beob- 
achtet worden,  an  Pergamynpapieren  Reiss- 
längen bis  zu  8575  m  (vergl.  oben  S.  621) 
und  Bruchdehnungen  bis  zu  7,6  pCt. 

Mit  diesen  8—9000  m  Reisslänge  der 
Papiere  ist  die  wirkliche  Reisslänge  der  Mem- 
bran selbstverständlich  noch  lange  nicht  er- 
reicht, sie  liegt  wohl  auch  bei  der  Zahl  der 
Jute,  d.  h.  bei  etwa  20000  m. 

Dichroismus  der  Zellstoffe. 

Seileger*  macht  vom  Dichroismus,  d. 
h.  der  Eigenschaft  doppeltbrechender  Sub- 
stanzen, im  durchfallenden  Licht  des  Mikro- 
skopesmit  einem  Nikolschen  Prisma,  also  im 
einfach  polarisierten  Lichtenach  zwei  Richtungen 
verschiedene  Farben  des  durchfallenden  Lichtes 
zu  zeigen,  an  mit  Benzoazurine  gleich  stark 
ausgefärbten  Fasern  Oebrauch.  Er  spricht 
über  das  verschiedene  Verhalten  von  ausge- 
färbten Leinen-,  Baumwolle-  und  Nadelholz- 
zellen und  kommt  zu  dem  Schluss,  dass  die 
Herbstholzzellen  starken  Dichroismus  zeigen, 
während  die  Frühjahrsholzzellen  nur  wenig 
Farbenwechsel  geben. 
Widerstandsfähigkeit  der  Zellstoffe 
gegen  die  Zeit 

Von  den  Surrogatpapieren,  die  aus  Zellstoff 
hergestellt  sind,  wissen  wir  nichts  Bestimmtes 
über  ihre  Dauerhaftigkeit  während  langer 
Zeitperioden. 

Dass  die  vom  Prediger  Dr.  J.  Chr. 
Schärfer  1765  hergestellten  Papiere  aus  Stroh 
und  Holz  sich  die  142  Jahre  seit  ihrer  Her- 
stellung gut  und  kräftig  erhalten  haben,  ist  noch 
kein  Beweis  für  lange  Dauer  unserer  Papiere 
aus  Stroh-  und  Holzzellstoff.  Jene  Schäffer- 
schen  Papiere  bestehen  aus  im  wesentlichen 
mechanisch  zermalmten  Pflanzentrümmern, 
die  keine  energische  chemische  Behandlung 
wie  unsere  modernen  Zellstoffe  durchzu- 
machen hatten. 

Man  kann  also  von  den  Schaff  ersehen 
Stroh-  und  Holzpapiermustern  sagen,  sie  be- 

•  Papier-Fabrikant,  Jg.  1907,  S.  1340V2. 
sation  und  Dichroismus. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER,    itl.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


625 


stehen  aus  zerstampftem  Stroh-  und  Holz- 
gewebe. Diese  Papiere  sind  Stroh  und 
Holz,  welche,  an  und  für  sich  bei  trockener 
Aufbewahrung  schon  langen  Zeiträumen 
trotzend,  noch  durch  eine  tierische  Leim- 
schicht geschützt,  gleiche  Berechtigung  jahr- 
hundertlanger  Dauer  haben  wie  ein  Leinen- 
oder Hanfpapier  aus  dem  14.  Jahrhundert, 
welches  unter  günstigen  Lagerbedingungen 
nach  über  500  Jahren  noch  Eigenscha'ten  zeigt 
wie  ein  modernes  Normalpapier  I,  das  vor 
wenigen  Tagen  erst  fertiggestellt  wurde. 

Verfasser  kann  Papiere  aus  Natronzell- 
stoff vorführen,  die  s.  Z.  wegen  ihrer  Güte 
und  Festigkeit  gelobt,  heute  nach  einer  Dauer 
von  20  bis  30  Jahren  brüchig  und  stark  ver- 
gilbt sind.  Er  erinnert  an  das  Gesagte  auf 
S.  565  etc.  über  das  Vergilben  schön  weiss 
gebleichter  Zellstoffe.  Vor  15  Jahren  hoch- 
gebleichte  Holzzellstoffe  einer  unserer  besten 
Fabriken  sind  in  Farbe  und  Zähigkeit  vollstän- 
dig verändert,  sie  erscheinen  gegen  die  Parallel- 
muster ungebleichter  Stoffe  derselben  Firma 
viel  dunkler  und  weniger  fest  als  letztere. 

Schon  vor  12  Jahren*  habe  ich  darauf 
hingewiesen,  dass  man  diese  nachträglichen 
Veränderungen  durch  die  scharfen  Eingriffe 
unserer  chemischen  Vorgänge  in  die  Natur 
der  papicrstoffbildenden  Pflanzenkörper  wohl 
erklären  könne. 

Die  Leinen-  und  Hanfstoffe  der  Papiere 
des  14.  Jahrhunderts  wurden  aus  feinsten, 
getragenen,  vielfach  gewaschenen  und  wieder- 
holt in  der  Sonne  gebleichten  Leinen-  oder 
Hanflumpen  durch  mehrtägiges  Einweichen 
in  Wasser,  Bleichen  an  der  Sonne  und 
durch  Stampfen  gewonnen.  (Das  Faulen  der 
Lumpen  soll  erst  im  15.  Jahrhundert  aufge- 
kommen sein  und  wurde  wohl  selten  an 
Stoffen  für  die  besten  Papiere  geübt.) 

Welchen  scharfen  Eingriffen  muss  da- 
gegen Stroh  und  Holz  ausgesetzt  werden, 
ehe  sie  in  Zellstoff  umgewandelt  sind! 

Zunächst  wird  durch  Kochen  eine  der 
Zellulose  ähnliche  Substanz,  die  Interzellular- 


•  Wochenblatt 

S.  I57S. 


für    IVipierfnbrik.-itinn     J«;.  1S05 


Substanz  des  Pflanzengewebes  zerstört  oder 
gelöst,  dann  werden  aus  den  Zellwänden 
die  Infiltrationsstoffe  beseitigt.  Es  ist  auch 
bekannt,  dass  beim  Kochen  ein  Teil  der 
Zellulose  selbst  zerstört  wird.  Dann  folgt 
der  Vorgang  des  Bleichens,  bei  dem  leicht 
eil»  Teil  der  Zellulose  in  Hydrozellulose 
oder  in  Oxyzellulose  etc.  übergeführt  wird. 
Die  Rückstände  der  Koch-  und  Bleichflüssig- 
keiten sind  erfahrungsgemäss  imstande, 
weitere  Veränderungen  an  der  Zellulose  zu 
bewirken,  ja  teilweise  einen  Zerfall  derselben 
herbeizuführen.  Wie  leicht  einige  Bestandteile 
des  Zellstoffes  schon  durch  äussere  Wärme- 
Einflüsse  verändert  werden,  ist  durch  Dr. 
H.  Hof  mann  (s.  vorn  S.  617)  gezeigt  wor- 
den; schon  bei  einer  Temperatur  von  90"  C 
tritt  dies  ein. 

Glücklicherweise  scheint  es  ein  einfaches 
Mittel  zu  geben,  in  den  Stoffen  das  schnelle 
Brüchigwerden  und  das  Zurückgehen  der 
Bleiche  zu  verhindern;  es  besteht,  wie  oben 
schon  gesagt  wurde,  in  der  gründlichen 
Entfernung  von  Laugen-,  Säure-,  Salz-  und 
Chlorresten  aus  dem  Stoff  durch  Waschen 
mit  reinem  Wasser.  Wenigstens  können  wir 
uns  nur  so  erklären,  dass  es  auch  Stroh-, 
Holzzellstoffc  und  Papiere  aus  diesen  Stoffen 
gibt,  die  20  -30  Jahre  ihre  schöne  Weisse 
und  Zähigkeit  bewahrt  haben. 

Volle  Gewissheit,  ob  das,  was  in  20  bis 
30  Jahren  an  solchen  Erzeugnissen  beobachtet 
worden  ist,  auf  100  Jahre  oder  mehrere 
Jaht hunderte  zutrifft,  und  ob  schliesslich  alle 
heute  erzeugten  Stoffe  und  Papiere  sich  in 
Dauerhaftigkeit  mit  den  Lumpenpapieren  ver- 
gleichen lassen,  haben  wir  nicht. 

Der  von  der  Kgl.  preuss.  Material- 
prüfungsanstalt zu  Grosslichtcrfeldc-West  be- 
schrittene  Weg,  Papiere  aus  allen  Stoff- 
arten Jahrzehnte  und  Jahrhunderte  aufzube- 
wahren und  von  Zeit  zu  Zeit  auf  ihre  mecha- 
nischen und  sonstigen  Eigenschaften  zu  prüfen, 
erscheint  zunächst  als  der  einzig  richtige 
Weg,  die  Frage  der  Dauer  der  Zellstoffe  und 
der  daraus  gefertigten  Papiere  beantworten 
zu  können. 

S  Bogen  1907 


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626 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Chemisches. 

Im  Abschnitte  II  A.  Rohstoffe  S.  3—7 
war  über  die  Pflanzenstoffe  nach  ihrem 
chemischen  Charakter  und  ihrem  Verhalten  bei 
chemischen  Einwirkungen  bereits  einiges  mit- 
geteilt Aus  dem  weiter  oben  S.  131  über 
Allgemeines  und  chemische  Vorgänge  bei 
der  Zellstoffbereitung  Gesagten  ist  weiteres 
zu  entnehmen. 

Prof.  Dr.  G.  ßornemann*  gab  in  einem 
zu  Chemnitz  1900  gehaltenen  Vortrage,  der 
im  Wochenblatt  für  Papierfabrikation  Jg.  1901 
No.  I — 7  Abdruck  fand,  aufklärende  Mit- 
teilungen, aus  denen  hier  einiges  wiederholt 
sein  darf. 

Die  Wandungen  junger  Pflanzenzellen 
bestehen  fast  ausschliesslich  aus  Zellulose, 
einem  Kohlenhydrat  von  der  Zusammen- 
setzung QHJ0O5.  Die  Molekulargrösse  der 
Verbindung  und  ihre  Konstitution  sind  noch 
nicht  ausreichend  aufgeklärt  Leinenzellen 
und  Baumwollhaare  sind  von  reinerer  Be- 
schaffenheit Holz-  und  Strohzellen  enthalten 
im  Lumen  wie  in  der  Membransubstanz  ein- 
gewanderte stickstoffhaltige  organische  und 
verschiedene  anorganische  Stoffe. 

Die  reine  Zellulose  ist  amorph,  färb-,  ge- 
ruch-  und  geschmacklos,  besitzt  einen  eigen- 
tümlichen, unter  Umständen  seidenartigen 
Glanz  und  ist  hygroskopisch;  ihre  Dichte  ist 
1,52  (Wasser  =^  1  gesetzt).  Sie  ist  gegen 
Luft,  Wasser  und  die  meisten  Lösungsmittel 
beständig;  mit  gewissen  Gärungsenegern 
liefert  sie  bei  Gegenwart  von  Wasser  je  nach 
Umständen  Wasserstoff  und  Kohlensäure, 
oder  Methan  (Sumpfgas)  und  Kohlensäure;  > 
mehr  noch  entstehen  Essigaldehyd,  Isobutter- 
säure und  Essigsäure. 

Die  Zellmembran  unserer  Pflanzen 
scheint  kein  einheitlicher  chemischer  Körper 
zu  sein;  seit  Jahrzehnten  hat  man  die  Zell- 
membranen verschiedener  Pflanzen  untersucht 
(und  dies  stets  bestätigt  gefunden). 

Schulze  unterscheidet  zunächst  eigentliche 
Zellulose,  die  durch  verdünnte  Mineralsäurcn 

—    —  — 

•  Prof.  Dr.  Fiornemann  gestattete  dem  Verfasser  \ 
in    dankenswerter    Liebenswürdigkeit    die  beliebige 
Benutzung  seiner  wertvollen  Arbeit. 


oder  Alkalien  nur  wenig  angegriffen  wird, 
sich  in  Kupferoxydammoniak  auflöst  und 
durch  Wasseraddition  in  Dextrose  (Trauben- 
zucker) übergeführt  werden  kann,  —  man 
nennt  sie  daher  auch  wohl  Dextrozellu- 
lose;  ferner  Mannozellulose,  eine  Ver- 
bindung, die  in  Mannose,  eine  andere  Zucker- 
art, überführbar  ist;  und  endlich  die  sogen. 
Hemizcllulosen,  die  von  Säuren  und 
Laugen  leicht  chemisch  verändert  werden,  ja 
in  Laugen  sich  auflösen,  bei  der  Hydrolyse 
aber  die  Zuckerarteri  Galaktose,  Arabinose, 
Xylose  usw.  liefern.  Die  eigentliche  Zellulose 
soll  wegen  ihrer  Ueberführbarkeit  in  Trau- 
benzucker als  polymeres  Anhydrid  desselben 
aufgefasst  werden:  (C0  HI0  Os)  x.  Die  nor- 
male Baumwollzellulose  soll  nach  Cross 
und  Bevan  die  Formel  C12  H20  Ol0  besitzen, 
sodass  also  x  -  2  wäre;  es  sollen  in  ihr 
8  Wasserreste  und  2  Karboxyle  vorhanden 
sein:  CI0  H,2  (OH)g  (CO^.  Die  Jutezel  lu- 
lose  soll  wahrscheinlich  x  =  3  besitzen, 
aber  aus  einer  «-  und  /?- Zellulose  bestehen, 
von  denen  die  erstere  eine  Dextrozellulose, 
die  zweite  eine  Pentazellulose  ist.  Die 
Schwierigkeiten  der  Untersuchungen  mehren 
sich  noch  weiter  dadurch,  dass  in  verschie- 
denen Pflanzenfasern  auch  Oxyzellulosen 
nachgewiesen  worden  sind,  so  z.  B.  in  den 
Zellstoffen  des  Spartograses  und  Haferstrohs. 
Die  Konstitution  des  einfachen  Zellu- 
lose moleküls  glauben  Cross  und  Bevan 
durch  die  folgende  Formel  wiedergeben  zu 


können: 

HO  H 

HO  H 

V 

V 

c, 

/ 

\ 

O 

3C< 

h  - 

4C 

A 

A 

HO  H 

HO  H 

Die  Polymerisierung  des  Moleküls  soll 
durch  Verkettung  zwischen  (3)CH2  und 
(6) CO  herbeigeführt  werden;  z.  B.  für 
C12  H20  Ol0: 

H  HO 

C,H4(()H)4ojc  C^HJOH),] 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


627 


Bumcke  und  Wolffenstein  glauben  Zellu- 
lose als  (Q  Hl0  Ob)b  auffassen  zu  sollen, 
während  A.  Nastukoff  die  Zellulose  des 
schwedischen  FiltrierpapieiS  in  Lösung  als 
(C6  H,„  O5)40  bestimmt.  Bei  sehr  lange 
anhaltendem  Kochen  in  Wasser  geht  Zellu- 
lose sehr  langsam  in  einen  dextrinartigen 
Körper  über.  Schon  schwache  Säuren  ver- 
wandeln Zellulose  bei  langer  Berührung  und 
beim  Erhitzen  in  Hydrozellulose.  Eng- 
lische Schwefelsäure  löst  Zellulose  schon 
kalt,  wobei  sich  vielleicht  Zelluloseschwe- 
felsäure C.gH^O.otSO^a  bildet.  30  Ge- 
wichtsteile einer  75  bis  96°/0  Schwefelsäure 
lösen  Zellulose  auf,  aus  der  Lösung  fällt 
beim  Verdünnen  mit  Wasser  Hydrozellulose 
oder  Amyloid  aus,  dieselbe  Substanz,  die 
aus  Baumwollpapier  bei  Behandlung  mit 
Schwefelsäure  entsteht  und  der  die  Formel 
(Cl2  H22  0,,)n  oder  n  (C,2  H20  Ol0  +  HaO) 
gegeben  ist.  Auch  beim  Kochen  in  60°/0 
Salpetei säure  bildet  sich  erst  Hydrozellulose, 
die  schliesslich  in  Oxyzellulose  übergeht.  Kon- 
zentrierte Salpetersäure  verwandelt  die  Zellu- 
lose in  Zellulosenitrate  (Nitrozellulosen). 
Gemische  von  Tetra-  und  Pentanitrat,  aufge- 
löst in  Aetheralkohol,  bilden  das  bekannte 
Kollodium.  Ein  interessantes  und  wichtiges 
Lösungsmittel  ist  ferner  das  Essigsäurean- 
hydrid, welches  wie  Dr.  Ledercr  zuerst  ge- 
zeigt hat,  Zelluloseazetate  von  grosser 
praktischer  Bedeutung  gewinnen  lässt.  Je 
nach  Menge  Temperatur  und  Einwirkungs- 
dauer bilden  sich  Mono-,  Di-  oder 
Triazetylzellulosen.  Die  Triazetylzellulose 
Q,  H7  (Cj  H3  0)3  Os,  welche  beim  massi- 
gen Erwärmen  von  Hydrozellulose  bei  Ge- 
genwart von  Schwefelsäure  unter  Einwirkung 
von  Essigsäureanhydrid  entsteht,  löst  sich 
in  Chloroform  auf,  und  aus  den  kolloidalen 
Lösungen  bilden  sich  nach  dem  Verdunsten 
des  Lösungsmittels  Häutchen  (Films)  von 
Zelluloseazetat,  welche  durch  Unempfindlich- 
keit  gegen  Wasser  ausgezeichnet  sind. 

Auch  Laugen  wirken  auf  Zellulose  unter 
Bildung  neuer  Verbindungen  ein.  Natron- 
und  Kalilauge  bilden    die  Natronzellulose 


(Ctrll0O5)j  2NaOH  bezw.  die  Kalizellulose 
(CjHjoOjjj  2KOH.  Bekannt  ist  ferner  das 
schon  1857  aufgefundene  Lösungsmittel 
Kupferoxydammoniak,  das  sogenannte  Schwei- 
zer'sche  Reagens,  welches  die  Zellulose  leicht 
und  schnell  zu  einer  gallertähnlichen  Masse 
umwandelt,  wahrscheinlich  aber  nur  kolloidal 
löst.  Auch  aus  dieser  Lösung  wird  die 
Zellulose  beim  Ansäuern  oder  durch  Koch- 
salz oder  durch  starke  Verdünnung  als 
Zellulosehydrat  wieder  abgeschieden. 

Zusammensetzung  der  Zellstoff- 
Rohstoffe. 

lieber  die  chemische  Zusammensetzung 
des  Holzes  und  Strohes  sei  unter  Mitbe- 
nutzung einer  Arbeit  des  Prof.  Dr.  Tollens, 
Göttingen  in  der  Papier-Zeitung  Nr.  56,  60 
und  61,  Jg.  1907  folgendes  nachgetragen: 

In  Holz  und  Stroh  unterscheidet  man 
neben  der  Zellulose  n^H^O^  und  Lignin 
auch  Pentosane,  Hexosane  und  andere  Sub- 
stanzen. 

Zellulose,  über  welche  oben  ausführ- 
lich berichtet  wurde,  ist  das  Hauptmatcrial 
für  Bildung  der  Schlauchwandsubstanz  der 
Pflanzenzellen. 

Lignin  macht  die  Hauptmenge  der 
inkrustierenden  Substanzen  (Infiltrations-  und 
Zwischenlamellen  Substanzen)  der  verholzten 
Zellen  aus. 

Die  Zusammensetzung  des  Lignins  kennt 
man  nicht  genau,  man  weiss  nur,  dass  es 
prozentisch  mehr  Kohlenstoff  enthält  als 
Zellulose  und  Pentosan,  ferner  weiss  man, 
dass  an  die  Ligninstoffe  mehr  oder  weniger 
Methylgruppe.i  (C  H3)  in  Sauerstoffverbindung 
(also  Oxymcthyl  OCH,)  gebunden  sind. 
Die  Methylgruppen  können  durch  Kochen 
mit  Jodwasserstoff  als  Methyljodür  abgespalten 
und  bestimmt  werden. 

Lignin  gibt  die  bekannten  Holz-  oder 
Lignin-Reaktionen  mit  Anilin-Schwefelsäure 
„gelb",  mit  Phlorogiuzin-Salzsäure  „violeltrot", 
welche  der  Existenz  aldehydischer  Stoffe  im 
Lignin  zugeschrieben  werden.  Prof.  Tollens 
weist  auch  auf  das  neueste  von  Wheele 


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628  E.  KIRCHNER.  DAS 


empfohlene  Lignin-Reagens,*  das  Para-Nitro- 
anilin  in  salzsaurer  Lösung,  hin.  Dasselbe 
gibt  eine  lebhafte  braunrote  Färbung.  Die 
Ligninfärbungen  entstehen  bei  kalter  Be- 
handlung. 

Pentosane  (C,  H8  04)  treten  als  Xylan 
oder  Holzgummi  im  Holz,  Stroh  etc.,  oder 
als  Araban  im  Gummi  arabicum,  Kirsch- 
gummi etc.  einzeln  oder  manchmal  auch  ge- 
mischt als  Arabo-Xylan  auf. 

Galakto- Araban  ist  manchmal  in  den 
Rohstolfen  als  eine  Kombination  von  Pentosan 
und  Hexosan  auftretend  anzunehmen. 

Beim  Kochen  der  Pentosane  mit  ver- 
dünnter Säure  findet  eine  Wasseraufnahme  j 
und  Auflösung,  d.  h.  eine  Hydrolyse  der  I 
Pentosane  unter  Bildung  der  Pentosen  statt. 

Pentosen  (C,  H,0  Os)  entstehen  also  aus 
bestimmten  Muttersubstanzen  unserer  Roh- 
stoffe, den  Pentosanen  durch  Wasseraufnahme: 
C5H8  04  +  H20_C5  H10  O, 
Pentosane  Pentose 

Entstehen  bei  der  Hydrolyse  von  Pflanzen- 
stoffen neben  Pentosen  auch  Zuckerarten 
der  Formel  C6  H,2  Oh,  so  muss   man   in  ! 
ersteren  Pentosan  und  Hexosan,  wie  oben 
schon  gesagt,  annehmen. 

In  ihrem  chemischen  Verhalten  ähneln  die 
Pentosen  dem  Traubenzucker.    So  reduzieren 
sie  wie  dieser  die  Fehling'sche  alkalische  Kup-  : 
fcrlösung  und  geben  charakteristische  Farben- 
reaktionen.   Beim  Erwärmen  kleiner  Mengen 
von  Pentosc  mit  9 — lüprozenligcr  Salzsäure 
und  etwas  Phlorogluzin  erhält  man  eine  schöne  ' 
Violettfärbung,  welche  man  durch  Schütteln 
mit  Amylalkohol  ausziehen  kann.    Das  Spek- 
trum solcher  violetten  Flüssigkeiten  zeigt  eine 
sehr  charakteristische  dunkle  und  breite  Ab-  | 
sorptionslinie    (den    sog.  Pentosenstreifen) 
neben   der  Natriumlinie   nach    dem    Blau  1 
zu.    Ersetzt  man  Phlorogluzin  durch  Orzin,  ! 
so  erhält  man  eine  Blaufärbung,  und  im  Spek- 
trum liegt  der  Absorptionsstreifen  an  der  Stelle 
der  Natriumlinie.    Lignin  gibt  die  charakte- 
ristischen Pentosenstreifen  im  Spektrum  nicht. 

Beim  Kochen  von  Pentosen  mit  verdünnter 

•  lii-richti-  ilcr  D.  Chcm.  Ücs.  IW7,  S.  18SS. 


III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Salz-  oder  Schwefelsäure  tritt  ein  schwach  aro- 
matischer Geruch  auf.  Destilliert  man  die 
Flüssigkeit,  so  kann  man  im  Destillat  Furfurol 
C,  H402  abscheiden,  indem  die  Pentose  3  Mole- 
küle Wasser  abspaltet: 

C5  Hl0  Os  =  C,  H4  02  +  3  H2  O 
Pentose  Furfurol 
Furfurol  ist  dadurch  ausgezeichnet,  dass  es  mit 
einer  Lösung  von  Anilin  in  Essigsäure  purpur- 
rote Färbungen  gibt  und  aus  Lösungen  in 
verdünnter  Salzsäure  durch  Phlorogluzin  quan- 
titativ als  Furfurol  Phlorogluzid  ausgefällt  wird. 

Diese  Reaktionen  sind  von  praktischer  Be- 
deutung, weil  man  mit  ihrer  Hilfe  die  in  Pflan- 
zenstoffen, Holz  und  Papier  vorhandenen  Pen- 
tosane nachweisen  kann.  Kochende  Salzsäure 
führt,  wie  oben  bereits  erwähnt,  die  Pentosane 
durch  Hydrolyse  in  Pentosen  über,  welche  bei 
der  Destillation  Furfurol  abspalten.  Das  Furfu- 
rol kann  mit  Anilinazetat  nachgewiesen  und  mit 
Phlorogluzin  ausgefällt  werden.  Reine  Pflan- 
zenfasern, wie  reiner  flachs,  reine  Baumwolle, 
reine  Leinen-  und  Baum  wolllumpen  liefern  kaum 
Furfurol,  und  sie  geben  weder  Farben  noch  Spek- 
tralreaktionen. Zellulose  aus  jungen  Pflanzenor- 
ganen verhält  sich  wie  reine  Pflanzenfasern,  wäh- 
rend verholzte  Pflanzenzellen  die  genannten  Re- 
aktionen geben. 

Die  quantitative  Bestimmung  der  Pentosane 
ist  durch  die  Salzsäure- Destillationsmethode 
geglückt,  nachdem  im  Phlorogluzin  ein 
vorzügliches  Fällungsmittel  für  das  aus  den 
Pentosanen  entstandene  Furfurol  gefunden 
worden  war.  Die  von  E.  Kröber  end- 
gültig ausgearbeitete  Methode  ist  im  Journal 
für  Landwirtschaft  1900  S.  355  und  in 
einer  Kollektiv-Abhandlung  von  Prof.  Tollens 
im  Journal  f.  Landwirtschaft  1896  S.  171  be- 
schrieben. Es  werden  1 — 3  g  der  zu  untersu- 
chenden Substanz  (Holz,  Papier  u.  dgl.)  mit 
Salzsäure  von  1 ,06  sp.  Gew.  versetzt  und  de- 
stilliert, bis  kein  Furfurol  mehr  in  das  Destillat 
übergeht,  was  festgestellt  wird,  indem  man 
einen  Tropfen  des  Destillats  auf  einen  mit  Ani- 
linazetat befeuchteten  Papierstreifen  tupft  und 
die  Destillation  fortsetzt,  bis  keine  Rötung  mehr 
entsteht.  Aus  dem  Destillat  wird  mit  Phloro- 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


620 


gluzin,  welches  vorher  in  Salzsäure  gelöst  ist, 
Furfurol-Phlorogluzid  ausgefällt,  das  ausgewa- 
schen und  getrocknet  wird.  Die  Gewichte 
der  Phlorogluzide  entsprechen  den  in  den  Aus- 
gangsmaterialien enthaltenen  Pentosanen. 

Die  Pentosane  sind  in  den  letzten  10 
Jahren  von  verschiedenen  Forschern  in  vielen 
Pflanzen  der  Menge  nach  bestimmt  worden. 
E.  Kröber*  gibt  an 
Fichtenholz    ll,62°/0  Pentosan 
Buchenholz    25,91  „ 
Das  Göttinger  agrikultur-chemische  La- 
boratorium 

Fichtenholz       8,83—9,20%  Pentosan 
Eichenholz  19,69  °/0 

Birkenholz  25,21 
Ahornholz  30,67 
Buchenholz  23,18—33,12  % 
Kröber  hat  die  Papicrmaterialien  speziell 
untersucht  und  fand" 


0/ 

o 

0/ 
,0 


Pentosan 

%  auf  aschen- 

Material 

%  im  rohen 

freie  Trocken- 

Material 

substanz 

berechnet 

Holzschliff   .  . 

10,74-11,03 

11,93—12,24 

Gebl.  Slrohstoff 

24,19 

26,76 

Natronzellulose  . 

7,22 

7,83 

Gebleichte  Sulfit- 

zellulose  .  . 

6,48 

7,09 

Gebl.  Natronzell. 

5,91 

6,41 

Feuchte  Leinen- 

0,78 

2,20 

Feuchte  Baum- 

wotlmasse 

0,40-0,42 

1,03 

Alte  surrogatfreie 

i 

Papiere    .  . 

1,40—1,45 

1 

Es  folgen  weitere  Untersuchungsresultate, 
und  Tollens  sagt  wörtlich*: 

Als  allgemeinen  Durchschnitt  kann  man 
wohl  folgendes  annehmen: 


Holzschliff 
Natron*ellulose 
Sulfilzellulose 
Baumwolle 


12%  Pentosan 
6%  „ 
7%  „ 
1% 


Auf  dem  verschiedenen  Pentosanegehalt 
von  Papieren  aus  zwei  Stoffen  mit  bekanntem 
Pentosanegehalt  basiert  nun  eine  neue  Tol- 
lenssche  Methode  der  quantitativen  Bestim- 
mung der  Einzelstoffe  im  Papier. 

Eine  andere  Methode,  die  neben  der 
Tollens'schen  Erwähnung  verdient,  ist  die 
von  Cross,  Bevan  und  Briggs  (Chem.  Ztg. 
1907,  No.  58).  Sie  benutzen  die  Eigenschaft 
des  Lign  ins,  unter  gewissen  Umsländen  Phloro- 
gluzin zu  absorbieren  unter  Bildung  von 
Ltgnon-Phlorogluzid.  Man  bekommt  bei  der 
titrimetrischen  Bestimmung  des  absorbierten 
Phlorogluzins  dann  je  nach  dem  Ligninge- 
halt  des  untersuchten  Materials  einen  be- 
stimmten Phlorogluzinabsorptionswert,  der 
eine  quantitative  Bestimmung  der  Einzel- 
Bestandteile  des  Papiers  ermöglicht. 

Holzgummi.  Extrahiert  man  Buchen- 
holz oder  Stroh  mit  Natronlauge,  so  lässt 
sich  der  grösste  Teil  der  Pentosane  aus 
dieser  Lösung  mit  Alkohol  niederschlagen. 
Den  Niederschlag  nennt  man  „Holzgummi" 
oder  „Xylan";  aus  ihm  lässt  sich  besonders 
leicht  Xylose  oder  Holzzucker  darstellen. 


Kröber  fand 
gummi: 

aus  Buchenholz    54,12—71,40%  reines  Xylan  (C,  H8  04) 

82,31    86,26%  „ 
aus  Weizenstroh  54,12%  „  , 

88,10% 


in  diesem  rohen  Holz- 


der  wasser-  und  asclien freien  Substanz. 


der  wasser-  und  aschenfreien  Substanz. 


Roh faser.  Henneberg  kocht  Vegetabilicn,  König  erhitzt  Vegetabilien  mit  einem  Gc- 

Stroh,  Heu  u.  dgl.,  mit  verdünnter  Schwefel-  menge  von  Schwefelsäure  und  Glyzerin  und 

säure  und  verdünnter  Kalilauge  und  nennt  erhält  auch   Rohfaser;    erstere    ist  reich, 

die  zurückbleibende  Fasermasse  „Rohfaser",  letztere  arm  an  Pentosan. 


Journ.  f.  Landwirtsch,  1901,  S.  7. 
•  ebenda  S.  16. 


•  Papier-Zeitung  Jg.  1907,  S.  2686. 


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630 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Rohfaser  aus  Heu  enthält  nach  Kröber  4;13°  0  Pentosan, 
i)        ii   Heu     „        i,        „      0,51  q  „ 
„   Stroh    „        „        „  0,80% 


Henneberg- Methode 
König- Methode 


Verwendung  der  Zellstoffe. 
Die  Verwendung  der  Zellstoffe  ist  eine 
ausserordentlich  vielfache.  Ihr  Hauptabsatz- 
feld bildet  die  Papierindustrie,  welche 
für  die  Verwendung  der  Holzzellstoffc,  teil- 
weise neben  Hadern  oder  mechanischem 
Holzstoff,  zu  Zellstoffpackpapieren  und  reinen 
Zellstoff  papieren  aller  Art,  als  Schreib-, 
Bücher-,  imitiertes  Pergamentpapier,  das  vor- 
wiegend aus  Sulfitzellstoff  bestehende  Perga- 
myn  etc.  einen  ausserordentlich  grossen  Absatz 
gewährt.  Dünnes  ungeleitntes  Zcüstoffpapier 
bildet  auch  den  Grundstoff  für  die  Herstellung 
von  Vulkan-  und  Hartfiber.  Oberflächlich 
durch  Chlorzink  in  Hydrozellulosc  verwandelte 
Papierbogen  werden  mehrlagig  zusammen- 
gerollt und  unter  Anwendung  hydraulischen 
Druckes  zusammengeschweisst.  (Man  unter- 
scheidet biegsame  und  harte  Vulkanliber.)  Im 
letzten  Jahrzent  hat  ferner  die  mechanische 
Verspinnung  von  Zellstoff  zu  Zellstoff-  oder 
Papiergarnen,  welche  später  noch  näher  er- 
wähnt werden  wird,  lebhaftes  Interesse  er- 
weckt. Im  Gegensatz  hierzu  steht  die  Ver- 
wendung chemisch  gelösten  Zellstoffs, 
welche  die  Herstellung  von  Nitrozellulosen, 
die  damit  zusammenhängenden  Fabrikationen 
von  Schiessbaumwolle,  rauchlosem  Pulver, 
Kollodium  (Zaponlacken),  Zelluloid  (aus 
Kollodiumwolle  und  Kampfer)  umfasst.  Hier- 
her gehören  ferner  die  Gewinnung  von 
Kupferoxydammoniak-  und  von  Zellulose- 
xanthogenat,  d.  h.  Viskoselösungen,  und  die 
Verwendung  dieser  Lösungen  zur  Herstellung 
von  Films,  Platten,  Fäden  (sogenannter  künst- 
licher Seide),  ebenso  die  Herstellung  und 
Verwendung  von  Zelluloseazetaten  für  die 
verschiedensten  Zwecke.  Endlich  finden  auch 
die  vorgenannten  Zellulosclösungcn  in  der 
verschiedensten  Zusammensetzung  und  unter 
den  Bezeichnungen  Zaponlack,  Pegamoid 
(eine  Tcigmassc  aus  Zelluloid  und  Rizinusöl), 
Viskoid,  Azetol  u.  s.  w.  immer  mehr  zu- 
nehmende Anwendung  in  der  Appretur.  Die 


Appretur  von  Baumwollgeweben  und  Fäden, 
die  Papier-  und  Stoffappretur  (Buchbinder- 
leinen, Lederpappen,  Glanztapeten,  wasser- 
dichte Gewebe  u.  s.  w.)  gehören  hierher. 
Als  Problem  der  Zukunft  bezeichnet  Borne- 
mann die  Gewinnung  der  gelösten  Zellulose 
in  Form  spinn  barer  Fäden  aus  den  Ablaugen 
der  Zellstofffabriken;  freilich  sei  vorerst 
wenig  Hoffnung  zur  Lösung  dieses  Problems, 
da  die  Ablauge  in  ihrer  Zusammensetzung 
noch  nicht  genügend  erforscht  und  zu  sehr 
verdünnt  ist.  Man  vergleiche  hierzu  das  über 
Ablaugen  S.  460    479  Gesagte. 

Papierstoffgarne, 
mechanische  Zellstoff- Verspinnung. 

Die  Japaner  waren  wohl  die  ersten  Papier- 
garnerzeuger. Sie  drehten  Seidenpapier  mit 
der  Hand  zusammen  und  benutzten  diese 
Papierfäden  als  Bindfäden.  Dr.  Max  Müller- 
Altdamm*  berichtete  1903  in  einem  in  Berlin 
anlässlich  des  V.  internationalen  Kongresses 
für  angewandte  Chemie  gehaltenen  Vortrage 
über  die  Entwickelung  der  Nassspinnerei, 
aus  welchem  einige  interessante  Angaben 
wiederholt  sein  mögen.  Hiernach  gebührt 
den  Herren  Dr.  Carl  Kellner  und  Gustav 
Türk  das  Verdienst,  zuerst  (1891  92)  ein 
praktisch  verwendbares  Nassspinnverfahren 
für  Holzzellstoff  geschaffen  und  damit  die 
Ansicht  widerlegt  zu  haben,  dass  Holzzell- 
stoff zu  kurzfaserig  sei,  um  versponnen  wer- 
den zu  können.  Die  Fabrikation  zerfällt  be 
diesem  Verfahren  in  einen  papierteehnischen 
und  einen  spinnereitechnischen  Teil.  Der  im 
Holländer  aufgelöste  und  nur  wenig  ge- 
mahlene Zellstoff  wird  in  üblicher  Weise  der 
Stoffbütte  zugeführt,  von  welcher  der  ent- 
sprechend verdünnte  Stoff  auf  eine  Rundsieb- 
oder  Langsiebpapiermaschine  gelangt  welche 
die  besondere  Aufgabe  hat,  eine  in  Streifen 

•  Dr.  Max  Müller  gestattete  dem  Verfasser  in 
dankenswerter  Weise  die  Benutzung  seiner  Angaben. 
Vgl.  Pap.  Ztg.  1903  pag.  1751  52. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.    B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


631 


geteilte,  aber  noch  schwach  zusammenhängende 
Papierbahn  zu  bilden.  Dies  geschieht  durch 
Anbringen  undurchlässiger  Streifen  auf  dem 
Siebtuch,  durch  Schneidedrähte,  Wasser-  oder 
Luftstrahlen,  durch  Zerquetschen  oder  Zer- 
schneiden der  Papierbahn.  Die  so  erhalteneu 
Papierstreifen  haben  rauhe  Ränder  und  wer- 
den nach  Angabe  der  Erfinder  zweckmässig 
auf  75  pCt  Lufttrockengehalt  gebracht.  Hier- 
durch erhalten  sie  genügend  festes  Gefüge, 
um  direkt  zu  dickeren,  groben  Garnen  ver- 
sponnen zu  werden,  während  zur  Herstellung 
feiner  und  feinster  Garne  von  hoher  Gleich- 
mässigkeit  des  Fadens  zweckmässig  eine 
Nitschelung  der  halbfeuchten  Papierbändchen 
vorgenommen  und  der  sogenannte  Vorgarn- 
faden dann  erst  versponnen  wird.  Durch 
den  Nitschelprozcss  gewinnt  der  Faden 
wesentlich  an  Festigkeit,  und  in  der  Patent- 
spinnerei A.-G.  Altdamm  wurden  nach 
diesem  Verfahren  Garne  bis  zur  Feinheits- 
nummer 20  hergestellt  (d.  i.  20000  m  Länge 
pro  Kilo  Garn).  Die  nach  den  Patenten  von 
Dr.  Kellner  und  Türk  arbeitenden  und  durch 
Patentanmeldungen  von  Leinveber-Chemnitz 
und  Dr.  Max  Müller-Altdamm  vereinfachten 
Verfahren  werden  von  der  Süddeutschen 
Jutespinnerei  in  Waldhof  bei  Mannheim  im 
Grossbetriebe  benutzt  und  liefern  sogenannte 
Lice IIa- Garne.  Als  Rohmaterial  ist  jeder 
Holzzellstoff,  ja  sogar  geringwertiger  Holz- 
schliff geeignet.  Besonders  schöne  geschmei- 
dige Oarne  lassen  sich  aus  Natronzellstoff 
herstellen. 

Die  Firma  Claviez  &  Co.  in  Adorf 
(Sachsen)  stellt  nach  eigenen  1897  genomme- 
nen Patenten  Papiergarne  her,  welche  X  y  1  o- 
I  i  ngarne  genannt  werden.  Bei  diesem  Ver- 
fahren dienen  fertige  Papierrollen  als  Aus- 
gangsmaterial. Das  Papier  wird  in  telegraphen- 
rollenähnliche  Scheiben  zerlegt,  die  einzelneu 
Scheiben  werden  dann  flach  hingelegt,  und 
das  Papierband  wird  aus  der  Mitte  heraus 
abgezogen.  Zugleich  wird  ein  Baumwoll- 
fädchen  mit  abgesponnen,  so  dass  der  Xylo- 
linfaden  einen  Papierfaden  mit  Baumwoll- 
secle  darstellt,  wodurch  die  Festigkeit  des 
Fadens  erhöht  erscheint.  Nach  Patenten  von 


Rud.  Krön,  Golzern  1901  02  werden  soge- 
nannte Silvalingarne  aus  Papierstoffen  er- 
zeugt, welche  sich  nur  wenig  von  den 
Licellagarnen  unterscheiden  und  ungcnitschelte 
Papierstoffgarne  ohne  Baumwollseele  dar- 
stellen. Aus  halbfeuchtcn  Sammelrollen  (lose 
zusammenhängenden  Papierstreifenrollen),  wel- 
che den  Spinnmaschinen  direkt  vorgelegt  wer- 
den, werden  die  einzelnen  Papierbändchen  aus 
der  Mitte  heraus  abgezogen  und  direkt  zu- 
sammengedreht. 

In  einem  Vortrage,*  welchen  Verfasser 
1906  im  Chemnitzer  Bezirksverein  des  Vereins 
deutscher  Ingenicure  „über  Garne  und  Ge- 
webe aus  Papierstoff"  gehalten  hatte,  schliesst 
der  Bericht  des  Verfassers  mit  folgenden 
Ausführungen: 

Nach  Ueberwindung  vieler  sich  bietender 
Schwierigkeiten  sind  die  Licellagarne  schon 
seit  längerer  Zeit  als  Ersatz  von  Jute- Baum- 
wolle- und  anderen  Garnen  im  Handel.  Die 
Licellagarne  sind  nach  Altdammer  Bericht 
verwebt  zu  Steifleinen,  Tapeten,  Stäbchen- 
rouleaux,  Teppichen,  Kleider-  und  Möbel- 
stoffen, Handtüchern  und  Tischtüchern.  Sie 
lassen  sich  wiederholt  waschen.  Die  Licella- 
garne lassen  sich  gut  färben.  Durch  che- 
mische Behandlung  lässt  sich  die  Festigkeit 
der  Papiergarne  wesentlich  erhöhen;  sie  er- 
scheinen dann  glatt  und  glänzend  wie  Eisen- 
gartie, haben  grosse  Reissfestigkeit  und 
Elastizität  und  kommen  unter  dem  Namen 
Ferrofil  und  Ferrocellin  in  den  Handel;  sie 
werden  zu  Litzen,  Borten,  Hosenträgern  und 
Gürtelparten  (wie  vorgezeigte  Muster  veran- 
schaulichen) verarbeitet.  Das  Streben  der 
Nassspinnerei  geht  dahin,  die  teueren  Textil- 
fasern  (z.  B.  Baumwolle  ä  kg  55—60  Pfg.), 
wo  es  angeht,  durch  billigere  Zellulose  (ä  kg 
|  17  —  18  Pfg.)  zu  ersetzen.  Die  Weltproduktion 
an  Textilfasern  war  1902:  6  400  000  t. 
Deutschland  verbrauchte  1903  an  Jute,  Flachs, 
Baumwolle  und  Wolle  762  000  t  im  Werte 
von  811  353  000  M,  von  denen  das  meiste 
importiert  werden  musste.  Könnte  man  einen 
Teil  dieser  Fasern  durch  Zellulose,  die  im 

'  Zeitschrift  des  Vereins  deutscher  Ingenieure  1<X>7, 
Hd.  51.  Seite  051  52. 


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632 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


eigenen  Lande  erzeugt  wird,  ersetzen,  so 
würde  man  von  der  Preistreiberei  des  Auslandes 
unabhängig  und  erhielte  eine  grosse  Summe 
Oeldes  dem  Vaterlande.  Redner  vergleicht 
die  eifrige,  aber  unrichtige  Abwehr  dieser 
Garne  mit  der  Abneigung  der  Papiermacher 
vor  50  Jahren  gegen  die  Surrogate  der 
Lumpenstoffe  und  glaubt,  dass  für  Gewebe 
weniger  anstrengenden  Gebrauches  die  Zellu- 
lose- und  Papiergarne  sich  mehr  einführen 
und  bewähren  würden,  als  man  heute  glau- 
ben wolle. 

Ueber  die  sich  an  den  Vortrag  an- 
schliessende interessante  Debatte  heisst  es  in 
dem  Bericht  dann  wörtlich  weiter: 

In  der  Besprechung  bemerkt  Herr  Direktor 
Röhn,  Chemnitz,  dass  es  nicht  richtig  sei, 
bei  der  Empfehlung  der  Papiergarne  in  be- 
zug  auf  den  billigeren  Preis  immer  die  rohe 
Baumwolle,  wie  der  Vortragende  getan,  zum 
Vergleich  heranzuziehen.  Papiergarne  ver- 
mögen nie  mit  Garnen  aus  roher  Baum- 
wolle in  Wettbewerb  zu  treten;  sie  sind 
höchstens  dort  anwendbar,  wo  das  Garn  zum 
Füllen  des  Gewebes  dient,  wo  also  keine 
Ansprüche  an  Festigkeit,  Elastizität  usw.  ge- 
stellt werden.  Solche  Garne  aber  werden 
aus  den  Abfällen  der  Baumwollspinnerei, 
Flachs-  und  Jutespinnerei  heute  sehr  billig 
hergestellt,  und  diese  Rohstoffe  sind  nur 
ganz  wenig  teurer  als  die  Zellulose.  Die 
Vorbereitungskosten,  d.  h.  das  Bilden  des 
Papierbändchens  aus  der  Zellulose,  dessen 
Zusammendrehen,  Trocknen,  Umspulen  usw. 
sind  aber  kaum  geringer  oder  ziemlich  gleich 
denjenigen  der  Verspinnung  dieser  kurzen 
Baumwoll-  und  andern  Fasern,  so  dass  der 
Preisunterschied  ganz  unwesentlich  sei;  jeden- 
falls dürfte  der  geringe  Preisunterschied  durch 
den  Vorzug  der  aus  Fasern  gesponnenen 
Garne  gegenüber  dem  Papiergarne,  wo  die 
Fasern  gewissermassen  nur  durch  ein  Klebe- 
mittel halten,  vollständig  aufgewogen  werden. 
Es  ist  eben  zu  berücksichtigen,  dass  das 
Papiergarn  von  der  Feuchtigkeit  ganz  ausser- 
ordentlich beeinflusst  wird  und  demzufolge 
die  Wiederverwendung  einmal  feucht  ge- 
wordener Sachen  sehr  fraglich  ist.  Um  dem 


Papiergarn,  wie  bei  der  Herstellung  von 
Säcken,  wo  es  als  Schussgarn  verwendet 
wird,  die  grössere  Haltbarkeit  und  die  so- 
genannte Fülle  zu  verleihen,  muss  es  ge- 
zwirnt werden.  Die  Kosten  des  Zwirnens 
verteuern  aber  wieder  das  Garn.  Wenn 
man  das  Papiergarn,  um  eine  grössere  Halt- 
barkeit zu  erzielen,  aus  Baumwoll-  und  Bast- 
fasern herstellen  will,  so  sei  das  gegenüber 
der  unmittelbaren  Verspinnung  der  Fasern 
eine  technologische  Umkehrung,  weil  erst 
die  Faser  durch  einen  Holländer  zerkleinert 
werden  muss,  um  die  Papierbildung  zu  er- 
möglichen, während  sie  sonst  ohne  Zerstörung 
sofort  in  den  haltbaren  Faden  übergeführt 
werden  kann. 

Diesen  auseinandergehenden  Ansichten  ge- 
genüber wird  einmal  allein  die  Geschichte  das 
;  Urteil  sprechen  können.  Es  muss  jedoch  her- 
I  vorgehoben  werden,  dass  Verfasser  in  seinen 
I  Darlegungen  ganz  besonders  auf  Momente 
hingewiesen  hat,  welche  für  die  Zukunft  der 
Verspinnung  kurzer  Faserstoffe  von  Bedeutung 
werden  können,  nämlich  auf  die  direkte  und 
I  leichte  Färbbarkeit  der  Papierstoffgarne,  auf  die 
Möglichkeit  der  Festigkeitserhöhung  und  der 
j  Vergrösserung  der  Widerstandsfähigkeit  gegen 
Feuchtigkeit.    Es  ist  bekannt,  dass  Baumwolle 
I  erst  abgekocht  werden  muss,  um  gefärbt  wer- 
den zu  können,  während  Papiergarne  mit  gros- 
ser Leichtigkeit  direkt  gefärbt  werden  können. 
Bedenkt  man  ferner,  dass  die  genitschelten 
Papierstoffgarne  und  nicht  minder  die  Claviez- 
schen  Garne  schon  ohne  jegliche  chemische 
Vorbehandlung  nicht  nur  den  Färbungs- 
prozess  ertragen,  sondern  auch  im  fertigen 
Gewebe  mehrfache  Wäsche  gut  bestehen,  so 
wird  man  nicht  im  Zweifel  darüber  sein 
können,  dass  es  bei  Anwendung  geeigneter 
chemischer  Prozesse  gelingen  wird,  die  Festig- 
keit der  Papiergarne  für  trockene  und  feuchte 
Verwendung  derselben  noch  weiter  zu  er- 
höhen.   Die  Entwickelung  der  Zellstoffgarn - 
industrie  hat  aber  auch  in  der  jüngsten  Zeit 
gezeigt,  dass    ihr   Lebenskraft  innewohnt. 
Wie  dem  Verfasser  aus  zuverlässiger  Quelle 
berichtet  wird,  fehlt  es  schon  heute  nicht 
mehr  an  Absatz,  und  teilweise  kann  der  Nach- 


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£.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


633 


frage  nach  Zellstoffgarneri  nicht  genügt  wer- 
den. Die  Frage  der  Verwendbarkeit  für  ver- 
schiedene Zwecke  ist  damit  gelöst,  und  der 
naturgemässen  Fortentwickelung  der  einzelnen 
Herstellungsverfahren  muss  es  vorbehalten 
bleiben,  der  jungen  Industrie  weitere  Aner- 
kennung und  Bestand  zu  schaffen. 

Kunstseidenfabrikation. 

Verspinnung  chemisch  gelösten  Zell- 
stoffes.* 

Schon  Reaumur  hatte  1734  in  Rcaumurs 
Memoire  pour  servir  ä  I'histoire  des  insectes 
den  Gedanken  ausgesprochen,  dass  es  schliess- 
lich doch  möglich  sein  müsste,  mit  unserem 
Gummi  und  unseren  Harzen  oder  deren 
Zubereitungen  Seide  herzustellen,  da  die  von 
der  Seidenraupe  erzeugten  Fäden  doch  nur 
eine  erhärtete  Gummiflüssigkeit  darstellten. 
1855  wurde  Tudemare  in  Lausanne  ein  Pa- 
tent auf  Herstellung  seidenähnlicher  Fäden 
aus  Nitrozellulose  erteilt.  Das  Verfahren 
konnte  aber  im  grossen  nicht  zur  Ausführung 
kommen.  Im  Jahre  1883  stellte  Swan  in 
Bromley  Fäden  aus  einer  Lösung  von  Nitro- 
zellulose in  Essigsäure  her,  die  verkohlt  zur 
Glühlampenherstellung  benutzt  werden  sollten, 
während  Graf  Hilaire  de  Chardonnet  in  Be- 
sancon  durch  seine  1884  und  1885  ange- 
meldeten Patente**  zuerst  den  Weg  zur  Er- 
zeugung von  künstlicher  Seide  im  Gross 
betriebe  angegeben  hat.  Graf  Chardonnet 
gilt  daher  mit  Recht  als  Pionier  für  die 
Kunstseidenindustrie  und  konnte  auf  der 
Pariser  Weltausstellung  1889  nicht  nur  ein 
erstes  Bild  der  Kunstseidenfabrikation  geben, 
sondern  er  führte  auch  Kunstseidenfäden  und 
daraus  hergestellte  Produkte  von  einer  Schön- 
heit und  Vollendung  vor,  welche  die  Be- 
wunderung der  Mitwelt  erregten.  1 890  nahm 
Louis  Henry  Despaissis  ein  Patent,  Zellulose 
in  Kupferoxydammoniak  zu  lösen,  die  Lösung 
durch  haarfeine  Oeffnungen  zu  pressen  und 
durch  Salzsäure,  Schwefelsäure  etc.  in  reine 
Zellulosefäden   zurückzuverwandeln.  Dieses 

*  Unter  Benützung  der  Mitteilungen  eines  Freundes 
des  Verfassers. 

"  Franz.  Fat.  165340  vom  17.  II.  1S8I  und  Z«s;it7C, 
Ü  R  .p.  3S368  Kl.  29.  vom  20.  12.  1885. 


Verfahren  wurde  im  nächsten  Jahrzehnt  von 
Pauli,  Fremery  &  Urban  und  Bronnert  ver- 
bessert und  bildet  die  Grundlage  des  Ver- 
fahrens zur  Herstellung  der  Pauli-Seide,  über 
die  unten  nähere  Mitteilungen  folgen.  Uebri- 
!  gens  vergingen  von  1 889  an  noch  1 0  Jahre, 
j  bevor  es  Chardonnet  gelang,  für  die  neue  In- 
j  dustrie  alle  diejenigen  Erfahrungen  und  Unter- 
;  lagen  zu  schaffen,  welche  notwendig  waren, 
1  das  zuerst  mit  grossem  Misstrauen  betrachtete 
Kunstprodukt  lohnend  zu  fabrizieren  und  Ab- 
satz dafür  zu  schaffen.  Mit  dem  Jahre  1 900  setzte 
i  der  Beginn  einer  eigentlichen  Kunslseiden- 
industrie  ein.  Man  begegnete  auf  der  Pariser 
Weltausstellung  vom  Jahre  1900  bereits  einem 
Wettbewerb  dreier  verschiedener  Systeme  der 
Kunstseidenerzeugung.    Den  damals  bereits 
fertig  ausgearbeiteten  ältesten  Systemen,  welche 
Nitrozellstoffseide  und  Glanzstoff  (aus  Lö- 
sungen von  Zellulose  in  Kupferoxydammoniak) 
herstellten,  stand  ein  Siegeslauf  bevor,  welcher 
mit  Bezug  auf  die  Höhe  der  erzielten  Ge- 
.  winne  in  der  Industrie  wohl  einzig  dasteht. 

Die  Mode  nahm  die  durch  hohen  Glanz  vor 
I  der  echten  Seide  ausgezeichnete  Kunstseide 
so  stürmisch  auf,  dass  die  jungen  Fabriken 
mit  dem  Bedarf  nicht  Schritt  halten  konnten 
und  der  Preis  für  1  kg  Kunstseide  auf  30  M 
und  darüber  stieg.  Heute  ist  der  Preis  in- 
folge des  Entstehens  zahlreicher  Neuanlagcn 
bereits  auf  die  Hälfte  gefallen,  während  sich 
der  Verbrauch  von  Kunstseide  in  ständiger 
Zunahme  befindet.  Zunächst  hat  sich  die 
,  Kunstseide  das  Hauptabsatzfeld  bei  der  Her- 
stellung von  Spitzen  und  Besatzaitikeln  er- 
obert. Inzwischen  sind  in  der  Fabrikation 
weitere  Fortschritte  gemacht  worden,  so  dass 
jetzt  Kunstseide  schon  im  Garnhandel  und 
in  der  Seidenweberei  Aufnahme  findet  und 
sich  ihr  auf  diesem  Gebiete  ein  weiteres 
bedeutendes  Absatzgebiet  eröffnet.  Die  Kunst- 
seidenerzeugung Deutschlands  kann  man  heute 
,  jährlich  auf  2  Millionen  kg  -  2000  t 
schätzen,  gegenüber  einem  Verbrauch  von 
echter  Seide  in  Deutschland  von  etwa  jähr- 
lich 40  Millionen  kg  =  40000  t. 

Der  grosse  industrielle  Erfolg,  auf  welchen 
die  Kunstseidenerzeugung  zurückblicken  kann, 

9.  Bogen  1907. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


hat  eine  äusserst  grosse  Zahl  von  Verfahren 
zur  Herstellung  künstlicher  Fäden  entstehen 
lassen.    Diese  gliedern  sich  in  drei  Gruppen: 

1.  Seide  aus  tierischen  Stoffen,  Eiweissstoffen 

u.  s.  w. 

2.  Seide  aus  Nitrozellstoff. 

3.  Seide   aus  nicht   nitrierten  pflanzlichen 

Stoffen. 

1.  Seide  aus  tierischen  Stoffen. 

Zu  den  Kunstseiden  aus  tierischen  Stoffen 
gehören  namentlich  die  sogenannten  Gelatine- 
seiden, welche  man  gewinnt,  indem  man 
Gelatine  oder  tierischen  Leim  in  heissem 
Wasser  löst  und  durch  Zusatz  von  Kalium- 
bich romat  oder  anderen  geeigneten  Körpern, 
wie  Formaldehyd,  dem  Leim  nach  dem 
Trocknen  eine  gewisse  Wasserbeständigkeit 
gibt.  Löst  man  tierischen  Leim  in  Wasser 
und  lässt  die  konzentrierte  Lösung  aus  einem 
sehr  feinen  Rohr  austreten,  so  verdunstet  das 
Wasser  in  dem  Augenblick  des  Austritts  in 
die  Luft,  indem  ein  Faden  übrig  bleibt. 
Man  beschleunigt  die  Fadenbildung  dadurch, 
dass  man  einerseits  Druck  auf  die  im  Rohr 
befindliche  Flüssigkeit  ausübt  und  anderer- 
seits den  frisch  gebildeten  Faden  zieht.  In 
Nachahmung  der  Spinnarbeit  der  Seidenraupe 
vereinigt  man  eine  gewisse  Anzahl  solcher 
feinen  Einzelfäden  zu  einem  Gesamtfaden. 
In  der  Praxis  lässt  man  z.  B.  aus  15  bis  30 
Glasröhrchen,  deren  Enden  zugeschmolzen 
und  mit  einer  kapillaren  zylindrischen  Oeff- 
nung  von  etwa  0,08  mm  Durchm.  versehen 
sind,  15  bis  30  Einzelfädchen  austreten, 
welche  man  sofort  nach  ihrer  Bildung  zu- 
sammennimmt und  weiterverarbeitet,  als  hätte 
man  es  mit  einem  Einzelfaden  zu  tun.  Man 
benutzt  andererseits  auch  Glasröhrchen,  welche 
durch  einen  mit  1 5  oder  mehr  Löchern  ver- 
sehenen Platindeckel  verschlossen  sind,  so 
dass  die  Einzelfädchen  in  bestimmter  Anzahl 
wie  aus  einer  Brause  heraustreten  und  leicht 
zu  einem  Gesamtfaden  vereinigt  werden 
können.  Diese  Einzelfädchen  bleiben  getrennt 
und  dürfen  nicht  zusammenkleben,  weil  die 
Weichheit  und  die  Füllungsfähigkeit  der 
Kunstseide  um  so  grösser  ist,  aus  je  mehr 


und  je  feineren  Einzelfädchen  der  Faden 
zusammengesetzt  ist. 

Die  Art  der  Fadenbildung  ist  allen  Kunst- 
seiden gemeinsam.  Die  entstehenden  Fäden 
!  bilden  meist  zuerst  nur  an  der  Oberfläche 
erstarrte  Gebilde,  während  der  Kern  noch 
flüssig  ist,  so  dass  durch  Anwendung  weiterer 
Mittel,  z.  B.  durch  die  Einwirkung  von 
Wärme  während  der  späteren  Ausarbeitung 
erst  die  Fertigstellung  des  Fadens  erfolgt. 
Zu  den  wichtigen  Operationen  gehört  auch 
die  Hervorbringung  des  Seidenglanzes,  welcher 
durch  Streckung  des  Fadens  im  feuchten 
Zustande  und  durch  Vornahme  der  Trock- 
nung in  diesem  Zustande  erzielt  werden 
kann. 

Die  zu  den  einzelnen  Herstellungsver- 
fahren nötige  Verarbeitungsweise  ist  fast  für 
jedes  bekannte  System  verschieden  und  er- 
fordert eine  besondere-Apparatur.  Besonders 
ist  dies  bei  den  Spinnmaschinen  der  Fall, 
welche  für  jede  Zellstofflösung  und  jedes  in 
Betracht  kommende  Fällungsverfahren  der 
einzelnen  Lösungen  von  den  Fachleuten  erst 
erdacht  und  in  der  Praxis  ausprobiert  werden 
mussten ,  so  dass  sich  schon  hieraus  die 
grossen  Schwierigkeiten  erklären  lassen,  welche 
der  praktischen  Ausübung  der  einzelnen,  nach 
den  Patentschriften  anscheinend  bekannten 
Kunstseiden  -  Herstellungsverfahren  entgegen- 
stehen, worauf  später  noch  hingewiesen 
werden  wird. 

Die  hier  zunächst  erwähnten  Kunst- 
',  seiden  aus  tierischen  Stoffen  sind  durch  eine 
j  sehr  geringe  Wasserbeständigkeit  gekenn- 
zeichnet. Daher  erklärt  es  sich,  dass  diese 
Art  von  Kunstseiden  bisher  keine  hohe  prak- 
tische Bedeutung  erlangen  konnte  und  d2ss 
dieselben  in  dem  Kunstseidengeschäft  z.  Z 
noch  keine  Rolle  spielen.  Nur  die  Gelatine- 
scide  nach  dem  Verfahren  von  A.  Miliar  in 
Glasgow*  ist  von  einer  englischen  Gesellschah 
grossindustriell  hergestellt  und  als  Vandura- 
Seide  auf  den  Markt  gebracht  worden.  Sie 
konnte  sich  trotz  der  billigen  Herstellung* 
kosten  gegen  die  weit  kostspieligeren  Zell 
stoffseiden  nicht  behaupten. 

•  ü.  R.  P.  88225  Kl.  29  vom  11.  7.  1895 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


635 


Von  grösserem  Interesse  ist  das  von  Dr.  I 
Friedrich  Todtenhaupt  in  Dessau  beschriebene 
Verfahren  zur  Herstellung  künstlicher  Fäden  für 
Haare  und  Gewebe*  aus  Kasein,  welches 
darin  besteht,  dass  letzteres  in  einer  alkalischen 
Flüssigkeit  (Natronlauge  oder  Ammoniak)  ge- 
löst und  dann  in  Form  dünner  Fäden  in  ein 
Säurebad  gepresst  wird,  da  derartige  Fäden 
weniger  brennbar  sein  sollen  als  alle  nach 
anderen  Verfahren  erzeugten  Kunstfäden. 
Auch  soll  derartigen  Fäden  nach  Behandlung 
mit  dem  seit  langer  Zeit  für  Eiweisstoffe 
bekannten  Denaturierungsmittel  Formaldehyd 
eine  grössere  Wasserbeständigkeit  zukommen 
als  den  Gelatineseiden.  Die  Zukunft  wird 
aber  auch  hier  erst  lehren  müssen,  welche  Be- 
deutung dieses  Verfahren  in  der  Praxis  zu  ge- 
winnen imstande  ist,  da  bisher  Kasein-Seiden 
im  Handel  nicht  erschienen  sind. 

Hiergegen  sind  die  im  folgenden  zu  be- 
sprechenden Erzeugnisse  der  beiden  anderen 
Gruppen,  welche  die  Zellstoffseiden  um- 
fassen, bereits  zu  grösster  praktischer  Be- 
deutung gelangt. 

2.  Seide  aus  Nitrozellstof f. 
a)  Chardonnet. 

Die  grundlegenden  Verfahren  zur  Her- 
stellung von  Nilrozellstoff  sind,  wie  schon 
oben  erwähnt  wurde,  durch  den  Grafen 
Chardonnet  aufgefunden  worden,  und  ein 
Hinweis  auf  seine  deutschen  und  französischen 
Patentschriften  wird  genügen,  um  ein  Bild 
von  dem  Umfang  der  Chardonnet'scheu 
Arbeitsleistung  zu  geben. 

D.  R.-P.:  3836S  Kl.  29;  46125  Kl.  12; 
56331  Kl.  29;  56655  Kl.  78;  64031  Kl.  78; 
81599  Kl.  29. 

Franz.  P.:  165349  vom  17.  II.  1884, 
Zusätze  dazu  vom  23.  12.  84  und  7.  5.  85; 
172207  vom  13.  11.  85;  199494  vom 
1-0.  7.  89,  Zusatz  dazu  vom  12.  9.  89; 
201740  vom  5.  11.  89;  Zusatz  vom  9.  1.  90 
zum  Patent  199494;  203202  vom  16.  1.90; 
Zusatz  vom  25.  1.  90  zum  Patent  199494; 
Zusatz  vom  13.  2.  90  zum  Patent  203202; 
Zusatz  vom  3.  4.  90  zum  Patent  201740; 
207624  vom  13.  8.  90;  208405  vom  23.  9.  90 

•  D.  R.-P.  170051  Kl.  29b  vom  3.  8.  1904. 


mit  Zusatz  vom  25.  10.  90;  216156  vom 
15.  9.  91  mit  Zusatz  vom  18.  12.  91;  Zu- 
satz  vom  24.  3.  91  zum  Patent  201704; 
216564  vom  6.  10.  91 ;  221488  vom  9.  5. 92; 
225567  vom  1 0.  1 1 .  92 ;  23 1 230  vom  30. 6. 93 
mit  Zusätzen  vom  30.  7.  93  und  30.  9.  93; 
Zusatz  vom  2.  10.  93  zum  Patent  221488; 
Zusätze  vom  22.  12.  93,  vom  19.  6.  95, 
vom  3.  3.  97  und  vom  6.  5.  97.  zum 
Patent  231230'. 

Zellstoff  wird  durch  Nitrierung  in  Pyr- 
oxylin  (Schiessbaumwolle)  übergeführt.  Man 
wäscht  die  Schiessbaumwolle  aus,  lässt  sie 
abtropfen,  trocknet  sie  zunächst  durch  Ver- 
dunstung, dann  durch  Wärmezufuhr  und 
behandelt  sie  mit  einem  Gemisch  von  40  pCt 
Alkohol  und  60  pCt  Aether  unter  Zusatz 
von  gewissen  Metallchlorüren,  Chinin,  Anilin, 
Nikotin,  Bruzin,  Morphin,  Salizin  u.  s.  w., 
bis  nach  tagelangem  Stehen  eine  Gallerte, 
!  eine  Art  Kollodium,  entsteht,  die  man  heiss 
|  durch  feine  Röhrchen  in  eine  kalte  Er- 
i  starrur.gsflüssigkeit,  z.  B.  Wasser,  auspresst. 
Später  trocknete  Chardonnet  das  Pyroxylin 
nicht  mehr  vollkommen,  sondern  nur  auf 
j  25  bis  30  pCt  Wassergehalt  und  erhielt  ein 
Hydrat,  welches  in  Alkoholäther  bedeutend 
leichter  löslich  war.  Das  so  erzielte 
Kollodium  wird  durch  Baumwollfilter 
gepresst  und  erstarrt,  wenn  es  etwa  20  pCt 
Pyroxylin  enthält,  beim  Verlassen  der  Spinn- 
düsen schon  au  der  Luft,  so  dass  man  beim 
Ausspritzen  solcher  Nitrolösungen  in  die 
Luft  s.hon  Kunstfädcu  erhält  und  die  An- 
wendung von  Wasser  entbehren  kann,  was 
gewisse  Vorteile  hat.  Das  Filtrieren  so  stark 
konzentrierter  Lösungen  und  das  Auspressen 
aus  den  bis  zu  0,08  mm  feinen  Oeffnungen 
macht  erhebliche  Schwierigkeiten.  Es  muss 
mit  etwa  60  Atm.  Druck  gearbeitet  werden, 
und  dem  Druck  entsprechend  muss  die 
Apparatur  stark  genug  ausgeführt  sein.  Dr. 
Lehner-Zürich,  welcher  sich  später  um  die 
Entwickelung  der  Nitroseidenindustrie  grosse 
Verdienste  erworben  hat,  machte  das  Kollo- 
dium durch  Zusatz  von  wenig  Säure  dünn- 

•  VrI.  auch  Silbermann,  Die  Seide.  1897,  und  Dr.  Karl 
Süvern,  Die  künstliche  Seide,  1907,  II.  Auflage. 


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636 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


flüssiger,  wodurch  die  Apparatur  wesentlich 
vereinfacht  wurde'. 

Um  der  Nitroseide  die  explosiven  Eigen- 
schaften zu  nehmen,  muss  dieselbe  denitriert 
werden.  Die  Auffindung  geeigneter  Deni- 
trierungsmittel  erforderte  langwieriges  Studium. 
Mit  bestem  Erfolg  benutzt  man  Ammonium- 
sulfhydrat, jedoch  bildet  die  Ausübung  des 
Denitrierungsverfahrens  eine  Hauptschwierig- 
keit bei  der  Nitroseiden  -  Erzeugung.  Die 
durch  Denitrieren  gelb  gewordene  Seide  wird 
mit  Chlorkalk  gebleicht.  Den  Glanz  der 
Kunstseide  erhöht  man  durch  Spannung  der 
feuchten  Strähne  während  des  Trocknens. 
Die  zahlreichen  Patentschriften  Chardonnets 
erwähnen  auch  ein  Verfahren  zur  Vorbehand- 
lung von  Zellstoff  durch  Behandlung  mit  auf 
150  bis  170°  C  erwärmter  Luft  zur  Zer- 
störung der  inkrustierenden  Substanzen,  auf 
welches  hier  hingewiesen  sein  mag. 
b)  De  Vivier. 

In  Abänderung  des  fundamentalen  Char- 
donnet-Patentes  Nr.  38368  löst  De  Vivier" 
Pyroxylin  (Nitrozellulose)  in  Eisessig  statt  in 
Aether-Alkohol  auf  und  fügt  dieser  Lösung 
weitere  Lösungen  von  Fischleim  in  Eisessig 
oder  von  Guttapercha  in  Schwefelkohlenstoff 
oder  Rizinusöl  allein  oder  gleichzeitig  zu. 
Zur  Einschränkung  der  Verbrennlichkeit  führt 
De  Vivier  den  Faden  durch  ein  Bad  von 
10  proz.  Ammoniak  und  darauf  durch  ein 
Bad  von  Aluminiumsulfat,  wodurch  sich  in 
den  Poren  des  Fadens  Toucrdehydrat  nieder- 
schlägt. Die  nach  diesem  interessanten  Ab- 
änderungsverfahren hergestellte  Kunstseide 
Soie  de  France  ist  inzwischen  wieder  aus 
dem  Handel  verschwunden. 

c)  Lehner. 

Von  grosser  praktischer  Bedeutung  sind 
hiergegen  die  Lehncr'schen  Erfindungen*'*  ge- 
worden, welche  neben  den  Chardonnet'schen 
heilte  in  der  Nitroseiden- Fabrikation  die 
wichtigste  Rolle  spielen.  Lehner  benutzt  u.  a. 
eine  Losung  von  Zellstoff  in  Kupferoxyd- 

■  Dr.  Uliner-  Zürich,  Die  Kunstseide,  Chem. 
Zttf.  17,  VHHj. 

D.  K  l'.  52077  Kl.  29. 

D.  K.-I\  55949,  53503,  $2555  Kl.  29. 


ammoniak  (10  Teile  Kupfervitriol  in  100 
Teilen  Ammoniak  von  0,975  spez.  Gew.),  in 
welche  er  Zellstoff  eine  Viertelstunde  ein- 
taucht (1  kg  Zellstoff  auf  12  /  Lösung),  um 
die  spätere  Nitrierung  zu  erleichtern.  Die 
aufgequollenen  Zellstofffasern  werden  nach 
gründlichem  Waschen,  Pressen  und  Trocknen 
in  feinflockiger  Form  in  75°  C  warme  Nitrier 
säure  (4  Teile  Schwefelsäure  von  1,84  spez 
Gew.  und  3  Teile  Salpetersäure  von  1,4  spez. 
Gew.)  eingetragen  und  so  nitriert.  Der 
gründlich  gewaschene  Nitrozellstoff  wird  in 
9  kg  Holzgeist  auf  1  kg  Nitrozellstoff  gelöst, 
die  Lösung  wird  geklärt  (8  bis  14  Tage) 
und  dann  mit  einer  Mischung  von  Leinöl 
und  ätherischer  Kopal-  oder  Sandaracklösung 
und  einer  die  Verbrennung  mässigenden 
Lösung  von  essigsaurem  Natron  in  wasser- 
haltigem Weingeist  gemischt.  Andere  Patente 
beschreiben  die  Verwendung  schwefelsäure- 
feuchten  Nitrozellstoffs  in  Verbindung  mit 
Lösungen  von  vulkanisiertem  Oel  u.  s.  w. 
Durch  Lehners  Patente  wurde  die  Herstellungs- 
zeit für  Nitro-Kunstseide  auf  die  Hälfte  der- 
jenigen gebiacht,  welche  nach  Chardonnet 
nötig  war,  und  Lehners  Erzeugnis  weist 
hervorragende  Eigenschaften  auf.  Beide  Er- 
finder hatten  sich  dann  1890  zu  den  Ver- 
einigten Kunstseidenfabriken«,  Akt.  Ges.,  mit 
dem  Sitz  in  Frankfurt  a.  M.  vereinigt,  und 
diese  mit  grossem  Erfolge  arbeitende  Gesell- 
schaft besitzt  heute  die  Chardonnet-Seide- 
Fabrik  Spreitenbach  (Schweiz),  die  Lehner- 
Kunstseide-Fabrik  Glattbrugg  (Schweiz)  und 
zwei  Neuanlagen  in  Bobingen  bei  Augsburg 
und  Kelsterbach  a.  M.  In  Oesterreich  arbeitet 
darnach  die  Kunst  -  Seidefabrik  „Silkin"  in 
Pilnikau. 

d)  Bronnert  und  Schlumberger. 

Durch  Dr.  Bronnert  und  Schlumberger 
in  Mülhausen  ist  bekannt  geworden*,  dass 
einige  Salze  Nitrozellstoff  in  Alkohol  löslich 
machen.  Als  solche  Salze  werden  Chloride 
(Chlorammonium,  Chlorkalzium,  Chlormagne- 
sium), Laktate  (Natriumlaktat)  und  Azetate 
(Kaliuni-  und  Ammoniumazetat)  genannt.  Die 
Erfinder  zeigten   auch,  dass  Aethylalkohol 

'  D.  K.  P.  930W  Kl.  22  vom  19.  II.  1895. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    HI.    B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


637 


von  96°  Tralles,  welcher  mit  5  pCt  an  | 
alkohollöslichen  organischen  oder  unorgani-  i 
sehen    Säuren    (Oxalsäure,  Zitronensäure, 
Milchsäure)  versetzt    ist,    ein  vorzügliches 
Lösungsmittel  für  Pyroxylin  bildet    Das  von 
einer  alkoholischen  Nitrozellulose-Chlorkal- 
ziumlösung ausgehende  Fabrikationsverfahren,  i 
welches  in  Mülhausen  ausgeführt  wurde,  hat 
sich  im  grossen  bisher  nicht  bewährt. 

An  die  besprochenen  Nitroseiden -Ver- 
fahren schliessen  sich  zahlreiche  weitere  Er- 
findungen* an,  auf  deren  Einzelheiten  in  dem 
vortrefflichen  Handbuch  über  Künstliche 
Seide*  von  Dr.  Karl  Süvern,  Berlin  ein- 
gegangen ist,  worauf  an  dieser  Stelle  be- 
sonders hingewiesen  sein  mag.  Vielfach  sind 
auf  solche  Neuerfindungen  auch  bereits  Ver- 
suche im  grossen  hin  angestellt  worden,  je- 
doch sind  marktfähige  Produkte  bisher  noch 
nicht  im  Handel  erschienen. 

3.  Seide  aus  nicht  nitrierten  pflanz-  , 
liehen  Stoffen. 

Zur  Vermeidung  der  bei  der  Verarbeitung 
von  Nitrozellstoff  erforderlichen  kostspieligen 
Reagentien  (Salpetersäure,  Alkohol,  Aether) 
und  um  die  schwierige  Nachbehandlung 
(Denitrierung)  zu  umgehen,  wurden  Verfahren 
aufgesucht  und  gefunden,  welche  gegenüber  j 
den  > Kollodiumseiden«  als  -Zelluloseseiden» 
zu  bezeichnen  sind.  Zu  dieser  Gruppe 
gehören : 

A.  Der  Glanzstoff  (Kupferoxydammoniakseide) 

B.  Die  Viskoseseide 
C  Die  Azetatseide. 

A.  Glanzstoff. 

Pauli -Seide,  Glanzstoff,  wird  nach  dem  ! 
ältesten  Verfahren  von  Pauli"  hergestellt, 
indem  man  durch  löproz.  Alkalilösung  ent- 
fetteten   Zellstoff    (oder   auch    Oxy-  oder 

•  Duquesnoy,  Paris  D.  R.-P.  135316  Kl.  29b  vom 
15.  5.  1900.  Plaisctty,  Paris  Brit.  P.  9087  1000.  Valette, 
Lyon  Brit.  P.  20637  1904.  Stoerk,  Brüssel  D.  K.-P. 
169931  Kl.  29b  vom  29.  II.  1902.  I  umiere,  Lyon  , 
L>.  R.-P.  171752  Kl.  29b  vom  30.  4.  1905,  D.  R.-P. 
168173  Kl.  29b  vom  30  4.  1905.  Breuer.  Crefeld 
D.  R.-P.  55293  Kl.  29  vom  26.  1.  MKl  Knöflcr, 
Charlottenburg  D.  R.-P.  88556  Kl.  26  vom  29.  3  1804 
u.  s.  w. 

"  D.  R.-P.  98642  KL  29  vom  1.  12.  1897. 


Hydrozellstoff)  in  Kupferoxydammoniak  (45  g 
Zellstoff  in  I  /  geeigneter  Kupferoxyd- 
ammoniakflüssigkeit)  bei  niederer  Temperatur 
löst  und  die  filtrierte  Lösung  in  Essigsäure 
austreten  Iässt 

Fremery  &  Urban  wenden  gleichfalls 
Kupferoxydammoniak  oder  Chlorzink  als 
Lösungsmittel  für  Zellstoff  an,  erhöhen  aber 
die  Löslichkeit  der  Zellulose* ,  indem  sie 
dieselbe  vor  der  Einwirkung  des  Lösungs- 
mittels einer  energischen  Vorbehandlung  mit 
oxydierenden  oder  reduzierenden  Bleichmitteln 
unterwerfen. 

Bronnert  machte  die  wichtige  Ent- 
deckung**, dass  technisch  verwertbare  Zell- 
stofflösungen bequem  erhalten  werden,  wenn 
der  Zellstoff  in  Form  von  Kupferhydroxyd- 
zellulose in  Ammoniak  gelöst  wird. 

Dr.  Pauli,  Dr.  Fremery  &  Urban  und 
Dr.  Bronnert  vereinigten  ihre  Erfahrungen, 
welche  noch  durch  zahlreiche  weitere  Patente 
unter  Schutz  gestellt  wurden,  und  nach  dem 
System  dieser  Erfinder  betreiben  die  Ver- 
einigten Glanzstofffabriken,  Akt.-Ges.,  Elber- 
feld ihre  in  Oberbruch  bei  Aachen  und  in 
Niedermorschweiler  bei  Mülhausen  i.  Elsass 
gelegenen  deutschen  Kunstseidenfabriken  mit 
grossem  Erfolge.  In  Oesterreich  arbeitet  die 
Glanzstofffabrik  A.-G.  in  St.  Pölten  nach 
diesem  Verfahren. 

In  dieses  Gebiet  der  Glanzstofferzeugung 
fallen  überaus  zahlreiche  weitere  Erfindungen, 
welche  Kupferoxydammoniak  als  Lösungs- 
mittel zum  Ausgangspunkt  genommen  haben 
(Verfahren  von  Linkmeyer,  Dr.  Thiele,  Lang- 
hans, Bemberg,  Farbwerke  vorm.  Meister, 
Lucius  &  Brüning,  Mahler,  Kracht,  Foltzer 
u.  s.  w.).  Diese  Verfahren  sind  jedoch  bis- 
her noch  nicht  in  dauerndem  Grossbetriebe 
bekannt  geworden,  ebenso  sind  aus  Lösungen 
von  Zellulose  in  Chlorzink  hergestellte  Kunst- 
seiden noch  nicht  im  Handel  auffindbar. 

B.  Viskoseseide. 
Cross,  Bevan  und  Beadle  machten  1893 
die  wichtige  Entdeckung*",  wie  man  Zellstoff 

•  D.  K.  P.  111313  Kl.  29  vom  17.  3.  1899. 
"  D.  R.-P.  1099%  Kl.  29  vom  2.  5.  1899. 
—  D.  R.-P.  70999  Kl.  8  vom  13.  1.  1893. 


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638 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


mit  den  denkbar  billigsten  Chemikalien  wie 
Aetznatron  und  Schwefelkohlenstoff  in  ein 
wasserlösliches  Xanthogenat  (Viskoselösung) 
verwandeln  kann.  Holzzeilstoff  wird  in  Bogen- 
form  mit  15proz.  Natronlauge  getränkt,  dann 
bis  auf  das  3  bis  4  fache  Gewicht  des  ur- 
sprünglich angewandten  Zellstoffes  durch 
Pressung  von  überschössiger  Natronlauge  ! 
befreit,  wodurch  Alkalizellstoff  von  etwa  40  I 
bis  50  pCt  Alkaligehalt  erhalten  wird.  Dieser 
Alkalizellstoff  geht  bei  Behandlung  mit  30  j 
bis  40  Proz.  Schwefelkohlenstoff  in  3  bis  4 
Stunden  in  Zellstoff  xanthogenat  über,  welches 
wasserlöslich  ist.  Man  kann  mit  weniger 
Alkali  und  Schwefelverbindungen  auskommen, 
wenn  man  den  Zellstoff  vor  der  Behandlung 
mit  Aetznatron  nach  dem  von  Cross  an- 
gegebenen Verfahren'  bei  100  bis  140°  C 
mit  verdünnten  Säuren  behandelt. 

Stearn's  Viskoseseide**  wird  aus  der 
wässerigen    oder   alkalischen  Lösung  von 
Zellulosexanthogenat  hergestellt,  indem  man 
die  Viskoselösung  aus  feinen  Düsen  in  ein 
Fällbad  aus  Ammoniumsalzen  spritzt.  Durch 
die  Ammoniumsalze   wird    ein  alkalifreies 
Thioprodukt  erhalten,  das  10  bis  17  Teile 
Schwefel  auf  100  Teile  Zellstoff  enthält  und  , 
welches  nach  dem  Auswaschen,  Fixieren  mit 
Schwefelsäure,  darauffolgendem  Bleichen  und 
nach  nochmaliger  Wäsche  eine  vorzügliche  j 
Kunstseide  ergibt.     Viskoseseide   wird  im  ' 
grossen   dargestellt  von  den  Fürst  Guido 
Donnersmarck'schen  Kunstseiden-  und  Azetat- 
werken in  Sydowsaue  bei  Stettin. 

C.  Azetatseide. 

Durch  Einwirkung  von  Essigsäureanhydrid 
und  Eisessig  auf  schwefelsäurehaltige  Hydro- 
zellulose  oder  auf  Zellulose  direkt  erhält 
man  Azetylzelluloscn,  welche  unlöslich  in  j 
Wasser,  aber  löslich  in  Chloroform,  Eisessig, 
Azetylentetrachloxyd  und  anderen  Lösungs- 
mitteln sind.  Aus  den  Lösungen  scheidet 
sich  die  Azetylzellulose  in  Fadenform  wieder 
aus,  wenn  man  die  Lösungen  aus  feinen 
Oeffnungen  in  Stoffe  eintreten  lässt,  welche, 
wie  z.  B.  Alkohol,  Benzin,  Ligroin,  sich  mit 

•  D.  R.-P.  92590  Kl.  12  vom  21.  11.  1806. 
D.  R.-P.  108511  Kl.  29  vom  18.  10.  1898. 


dem  Lösungsmittel  der  Azetylzellulosen 
mischen,  ohne  diese  selbst  aufzulösen".  Man 
erhält  so  wasserfeste,  stark  glänzende  und 
keiner  Denitrierung  bedürfende  Kunstseiden, 
welche  aber  noch  schwierig  herzustellen  sind, 
so  dass  diese  sogenannten  Azetatseiden**  trotz 
ihrer  wertvollen  Eigenschaft,  gegen  Wasser 
unempfindlich  zu  sein,  bisher  noch  nicht  in 
grösserem  Massstabe  hergestellt  werden. 

Die  Kunstseiden  sind  durch  ihren  hohen 
Glanz  ausgezeichnet,  welcher  den  der  echten 
Seide  noch  übertrifft.    Auch  im  gefärbten 
Zustande  behalten  sie  denselben  bei,  und  die 
meisten  Sorten  zeigen  auch  den  der  echten 
Seide  eigentümlichen  krachenden  Griff.  Das 
spezifische  Gewicht  liegt  zwischen  1,45  und 
1,55,  während  das  der  Naturseide  zu  1,40 
bis  1,45  angenommen  wird.    Nach  Berichten 
der    Seidentrocknungsanstalt    in  Elberfeld- 
Barmen  nimmt  Kunstseide  aus  der  Luft  soviel 
Feuchtigkeit  auf  wie  Rohseide,    und  der 
Feuchtigkeitsgehalt  schwankt  nach  vielen  in 
Barmen  vorgenommenen  Versuchen  zwischen 
13,99  pCt  und  9,39  pCt.    Bei  amtlichen 
Feststellungen  beträgt  der  Feuchtigkeitsgehalt, 
der   dem    gefundenen  absoluten  Trocken- 
gewicht zugezählt  wird,  1 1  pCt.    Die  Bruch- 
festigkeit der  Chardonnet-Seide   wird  von 
diesem  Erfinder  zu  25  bis  35  kg  pro  qmm 
angegeben,  sie  ist  also  1 5  bis  20  pCt  geringer 
als  abgekochte  Naturseide,  während  Naturseide 
und  Kunstseide  die  gleiche  Elastizität  haben. 
In  benetztem  Zustande  geht  der  Reisswider- 
stand der  Kollodium-  und  Zelluloseseiden  bis 
auf  ein  Achtel   des  Reisswiderstandes  im 
trockenen  Zustande  zurück;  nach  dem  Trock- 
nen erreichen  diese  Kunstseiden  aber  wieder 
ihre  frühere  Festigkeit.  Diesen  Festigkeitsan- 
gaben stehen  die  anderer  unparteiischer  Kenner 
gegenüber,  wonach  die  Kunstseide  nur  35 
bis  40  0  0  der  Bruchfestigkeit  und  40-45  0  0 
der  Bruchdehnung  der  Naturseide  haben  solle, 
weshalb  sie  zu  Kleiderstoffen  und  für  Ketten- 
garne keine  Verwendung  finden  könne.  Die 

•  Dr.  Lcdcrcr,  Franz.  P«(.  Nr.  330714. 
••  Vgl.  O.  V.  Witt,   Sitzungsberichte  des  Vereins 
zur  Beförderung  des  Qewerbfleisses  1904.    H.  Ost 
Zeitschr.  f.  angew.  Chemie  1906  Nr.  22. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.    ZELLSTOFF.  63$ 


Brennbarkeit  der  Kunstseiden  ist  bei  gleicher 
Feinheit  der  Fäden  nicht  grösser  als  diejenige 
von  Baumwolle,  und  da  auch  Kollodiumseiden 
nur  denitriert  in  den  Handel  kommen,  so 
ist  Kunstseide  des  Handels  selbstverständlich 
nicht  explosiv. 

Zellstoffseiden  lassen  sich  aus  den  ge- 
nannten Verfahren  unter  Benutzung  von 
Zellstoffen  verschiedenster  Herkunft  (Holzzell- 
stoff, Baumwolle,  Leinen  u.  s.  w.)  gewinnen. 
Da  aber  die  Qualität  der  gewonnenen  Pro- 
dukte und  die  Ausbeute  von  der  Reinheit 
des  Ausgangsproduktes  abhängig  ist,  so 
wird  in  der  Praxis  bei  der  Herstellung 
aller  Kollodiumseiden  und  Glanzstoffprodukte 
bisher  nur  Baumwollzellstoff  verarbeitet,  und 
nur  in  der  Viskoseseidenfabrikation  wird  mit 
Vorteil  von  Holzzellstoff  ausgegangen. 


Taf.  293.   PauliZelluloseseide  (SOfach). 


Die  Kunstseiden  unterscheiden  sich  von 
den  Naturseiden  durch  ihre  grössere  Dicke. 
Taf.  293  zeigt  in  SOfacher  Grösse  Paul  i- 
Zellu  losesei  de  aus  Sulfitstoff.  Der  Quer- 
schnitt zeigt,  dass  man  es  mit  soliden  zylin- 
drischen oder  flachgedrückten,  bald  glatten, 
bald  längsrief  igen,  manchmal  zart  querrippigen 
Fäden  zu  tun  hat.  Stellenweise  kommen 
einzeln  und  kettenähnlich  hintereinander  ein- 
gelagerte Luftbläschen  im  Innern  vor,  auch 
werden  schief  zur  Achse  stehende  Quetsch- 
stellen und  seitliche  Ausbauchungen  beob- 
achtet. Die  Rissenden  erscheinen  meist  kurz 
abgebrochen.  Kunstseiden  quellen  im  Gegen- 
satz zu  Naturseiden  im  Wasser  auf  ein  Viertel 
bis  ein  Drittel  der  ursprünglichen  Dicke. 
Im  Mikroskop  sind  Kunstseiden  doppel- 
brechend (ausgenommen  die  Gelatineseiden), 
im  polarisierten  Lichte  zeigen  sie  ein  herr- 
liches Farbenspiel. 


Auch  der  chemische  Nachweis  der  Kunst- 
seiden ist  möglich.    Dr.  LeidesdorP  sagt: 

„Während  man  auf  Naturseiden  bei  Unter- 
suchungen mit  Jodlösung  (0,19  Jod  -j-  1,5 
Jodkali  +  100  g  Wasser)  eine  Gelbfärbung 
erhält,  werden  Nitrozellulose-Seiden  blau  bis 
schwarzbiau  gefärbt,  während  die  anderen 
Kunstseiden  rote  oder  violette  Färbung  zeigen. 
Diese  Reaktion  ist  die  deutlichste  und  ein- 
fachste. Man  kann  auch  Produkte  aus  Nitro- 
zellulose von  den  übrigen  Zellulosen  unter- 
scheiden, wenn  man  Diphenylamin  mit  der 
zu  prüfenden  Kunstseide  zusammenbringt, 
einige  Tropfen  Schwefelsäure  darauf  tropfen 
lässt  und  gelinde  erwärmt.  Während  Nitro- 
zellulose-Seiden momentan  stark  blau  werden, 
geben  die  natürlichen  Seiden  und  die  anderen 
Kunstseiden  eine  braune  Färbung  und  gehen 
allmählich  erst  in  Lösung.  Mit  Kaliumoxyd- 
hydrat zusammengebracht,  löst  sich  Natur- 
seide vollständig  unter  Gelbfärbung  der  Lauge 
auf,  Kunstseiden  werden  davon  vorübergehend, 
selten  andauernd  gelb  gefärbt,  die  Faser  bleibt 
aber  intakt,  und  auch  die  Festigkeit  leidet 
darunter  nicht.  Der  Nachweis  mittelst  Mikro- 
skop erfordert  einige  Uebung  und  wird  am 
besten  an  der  Hand  von  vergleichenden 
Proben  echter  Bombyx-Fasern  vorgenommen". 

Solange  die  Holzzellstofffabrikanten  in  der 
Papierindustrie  reichlichen  und  lohnenden 
Absaiz  finden  —  wie  dies  bisher  der  Fall  ist 
und  wohl  deshalb  angesichts  des  stets  zu- 
nehmenden Papierverbrauchs  noch  jahrelang 
bleiben  wird,  weil  der  ungemessenen  Ver- 
grösserung  der  Zellstoffindustrie  durch  Holz- 
bedarfs- und  Abwasserfragen  Riegel  vorge- 
schoben werden  — ,  wird  wahrscheinlich  bei 
den  Rohstofferzeugern  wenig  Neigung  vor- 
handen sein,  auch  der  chemischen  Beschaffen- 
heit der  hergestellten  Holzzellstoffe  grössere 
Beachtung  zu  schenken.  Andererseits  wird 
man  die  Vorteile  nicht  unterschätzen  dürfen, 
welche  diejenigen  Fabriken  haben  müssen, 
welche  rechtzeitig  an  die  Veredelung  ihrer 
Zellstoffprodukte  herantreten  und  den  Kampf 
mit   der  Baumwollzellstofffaser  aufnehmen. 

•  Allgemeine  Chemiker-Zeitung  Nro.  34,  Jg.  1907 
S.  343. 


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640  E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Von  solchen  erfolgreichen  Pionieren  wird 
nicht  nur  der  zwei-  bis  dreifache  Verkaufs- 
preis für  chemisch  gereinigten  Zellstoff  er- 
zielt werden  können,  da  der  Preis  der  Baum- 
wolle bis  1  M  pro  kg  und  darüber  beträgt, 
vielmehr  wird  sich  denselben  auch  ein  be- 
trächtliches Absatzfeld  eröffnen,  da  nicht  nur 
das  Gebiet  der  Kunstseidenfabrikation,  son- 
dern auch  alle  diejenigen  Fabrikationen  als  Ver- 
braucher auftreten  werden,  welche  chemisch 
gelösten  Zellstoff  benötigen.  Die  Fabrikatton 
von  Pulver,  Zelluloidstoffen,  Viskoseprodukten, 
Kunstleder,  Appreturmilteln,  Lacken  und 
vielen  anderen  Produkten  würde  hierbei  in 


|  Betracht  kommen.  Für  die  Höhe  des  täg- 
lichen Verbrauchs  an  Baumwollersatz-Zellstoff 
bietet  die  Kunstseidenverarbeitung  immerhin 
einen  Massstab.    Wenn  es  gelingt,  den  Baum- 

;  wollzel  Istoff  als  Rohstoff  hier  zu  verdrängen, 
so  kommen  schon  allein  bei  der  heutigen 
Kunstseidenproduktion  Deutschlands  täglich 
10000  kg  Zellstoff  in  Frage,  da  zuzüglich 

j  der  Fabrikationsverluste  zur  Herstellung  der 

\  schon  jetzt  in  Deutschland  jährlich  etwa 
produzierten  2  Millionen  kg  Kunstseide  rund 

i  3  Millionen  kg  Zellstoff  verbrauch  für  das 

j  Jahr  zu  rechnen  sind. 


Nachtrag  zu  Seite  604. 

Kraftpapierstoff.  Nach  mir  vom  Aus- 
lande zugegangener  Mitteilung  wird  jetzt 
Kraftpapierstoff  unter  Benutzung  des  Aetz- 
natron-  und  Sulfatverfahrens  etwa  wie  folgt 
hergestellt: 

Sodaverfahren.  Fichten-  und  Tannen- 
Holz  wird  entrindet  und  wie  für  Natron  Zellstoff 
in  Brocken  von  15—20  mm  Länge  zerhackt. 
Auf  1  rm  Holz  (roh  gedacht)  rechnet  man  750  / 
11  —  13°  Be  Aetznatronlauge.  Es  wird  mit 
direktem  Dampf  der  Druck  im  Kocher  auf 
7  Atm.  Ü  (169,5°  Q  gebracht,  was  einige 
Stunden  erfordert,  und  dieser  Druck  wird 
l'/2  Stunden  gehalten.  Der  Stoff  wird  in 
Shank'schen  Kästen  (s.  S.  186)  entlaugt,  dann 
zerschlagen,  entästet,  gewaschen  und  aus- 
gepresst  oder  direkt  in  Kraftpapier  um- 
gewandelt. 

Sulfatverfahren.  Fichten-  und  Tannen- 
Holz  wird  entrindet  und  zerhackt  Auf 
1  rm  Holz  rechnet  man  1000  Liter  13°  Be 
Sulfatlauge.  Der  Dampf  (7  Atm.  Ü)  des  einen 
fertigen  Kochers  wird  in  einen  2ten  Kocher 
übergeblasen  und  dieser  dann  in  4— 5  Stunden 
durch  Nachheizen  mit  direktem  Dampf  auf 
7  Atm.  Ü  (=  169,5°  C)  gebracht,  welcher 


0,65  rm 
13  kg 


0,63  rm 

21  kg 

35  kg 
225  „ 


Druck  weiter  1  Stunde  gehalten  werden  muss. 
Im  übrigen  wird  wie  oben  weiter  verfahren. 

Auf  100  kg  Kraftstoff  hat  man  etwa  zu 
rechnen 

Sodaverfahren:  Sulfatverfahren: 

Holz  (roh) 

Solvay-Soda 
bezw.  Rohsulfat 
Aetzkalk  40  kg 

Steinkohle  250  „ 

Für  rationelles  Arbeiten  sind  also,  wie 
man  sieht,  starke  Laugen,  d.  h.  viel 
Chemikalien,  sowie  auch  vollständige  Wieder- 
gewinnungseinrichtungen für  die  Natronsalze 
(Sodaasche  oder  Schmelze)  mit  dem  hohen 
Kohlenverbrauch  nötig,  so  dass  ähnlich 
umfängliche  Einrichtungen  und  zahlreiches 
Personal  wie  für  die  Zellstoffgewinnung 
vorhanden  sein  müssen. 

Bei  teurem  Holz,  Chemikalien  und  Brenn- 
material, sowie  hohen  Löhnen,  wie  bei  uns 
in  Deutschland,  stellt  sich  der  Kraftstoff  ent- 
sprechend hoch  im  Preise,  während  die 
skandinavischen  und  kanadischen  Fabriken 
z.  Z.  noch  mit  günstigeren  Verhältnissen 
rechnen  können. 


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E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER. 


III.    B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


641 


Zellstoffe  ausländischer  Pflanzen. 

In  vorliegendem  Bande  ist  neben  Zell- 
-  Stoffen  aus  Stroh  und  Holz  auch  über 
Verarbeitung  anderer  inländischer  Pflanzen, 
Maislischen,  Schilfrohr,  Pfeilrohr  etc.,  sowie 
ausländischer  Pflanzen,  Zuckerrohr,  Papier- 
maulbeerbaum, Esparto  oder  Alfa  etc.  schon 
die  Rede  gewesen. 

Amerika,  Indien,  China  und  die  tropischen 
Länder  verfügen  über  eine  grosse  Menge 
geeigneter  Faserpflanzen,  die  teilweise  schon 
seit  alters  zur  Papierstofferzeugung  dienten, 
teilweise  neuerdings  dafür  vorgeschlagen 
worden  sind. 

Viele  dieser  Faserstoffe  haben  schon,  be- 
vor sie  zur  Herstellung  von  Papierstoff 
dienen,  als  Rohstoff  für  Gewebe-  und  Seiler- 
waren Anwendung  gefunden,  so  die  Jute( 
Manilahanf,  Sisalhanf,  Chinagras  oder  Rhca 
(Boehmeria  nivea)  und  andere.  Diese  Stoffe 
finden  in  dem  nachfolgenden  Kapitel  „Hadern 
oder  Lumpen"  noch  näheie  Besprechung. 

In  der  heutigen  nervösen  Zeit,  wo  man 
um  das  Nichtausreichen  unserer  nordischen 
Rohstoffe,  des  Holzes  und  Strohes,  sich  so 
grosse  Sorge  macht,  während  doch  die  Ver- 
wendung derselben  in  unserer  Industrie  deren 
Preise  zwar  verdoppelt,  aber  auch  die  Pflege 
der  Wälder  und  der  Getreidefelder  wesentlich 
verbessert  und  deren  Ertrag  fortwährend 
vergrössert  hat,  werden  immer  neue  aus- 
ländische Pflanzen  für  Zellstoffgewinnung 
vorgeschlagen. 

Der  eine  oder  andere  Vorschlag  wissen- 
schaftlicher Pioniere  und  spekulativer  Männer 
hat  vielleicht  für  die  Zellstoffindustrie  in 
den  tropischen  Ländern,  sowie  auch  in 
unseren  deutschen  Kolonien  in  Zukunft  eine 
hohe  Bedeutung,  denn  es  wäre  nicht  aus- 
geschlossen, dass  ein  immens  wachsender 
Zellstoffbedarf  teilweise  von  Zellstofffabriken 
der  tropischen  Länder  gedeckt  würde,  so  dass 
den  Holz-  und  Strohpreis-Steigerungen  bei 
uns  eine  erträgliche  Grenze  gesteckt  würde. 
Bambus- Papierstoff. 

Der  um  die  Sulfitzellstofffabrikation  so 
verdiente  C.  D.  Ekman  hat  1904*  auf  die 

•  Wochenblatt  f.  Papicrf.,  Jg.  1904,  S.  462. 


Verarbeitung  des  Bambusrohres  hingewiesen 
und  die  Vorteile  des  Bambusstoffcs  hervor- 
gehoben. 

Von  der  Zeugungskraft  des  Bodens  und 
Klimas  der  ßainbuspflanzen  gibt  jüngst 
William  Raitt-Bangalore  (Südindien)  in  „The 
World 's  Paper  Trade  Review",  London, 
an,  dass  auf  einem  Heklar  gut  bestandenem 
Bambussumpf  (Dschungl)  in  Südindien  wäh- 
rend 3  Jahren  12000  ein-  bis  dreijährige 
Bambusstämme  wachsen,  die  sich  in  weiteren 
3  Jahren  wieder  ersetzen  und  für  119,4  t 
Zellstoff,  oder  auf  1  Jahr  umgerechnet  für 
39,8  t  Zellstoff  den  Rohstoff  liefern. 

Die  enorme  Höhe  dieser  Leistungsfähigkeit 
von  Boden  und  Klima  kommt  uns  erst  zum 
Bewusstsein,  wenn  wir  die  in  diesem  Werke 
II.  A.,  Rohstoffe,  S.  21,  angegebene  Leistungs- 
fähigkeit unserer  Nadelhochwälder  vergleichen. 
Deutscher  Fichten-  und  Tannenhochwald  er- 
zeugt auf  1  ha  jährlich  durchschnittlich  7,2  fm 
Derbholz,  davon  sind  3,6  fm  für  die  Zell- 
stoftfabrikation  brauchbar,  I  fm  ergibt  (hoch 
gerechnet)  210  kg  Zellstoff,  folglich  erzeugt 
1  ha  Hochwaldboden  pro  Jahr  Rohstoff  für 
0,756  t  Zellstoff.  Darnach  würde  1  ha 
Dschungl  über  5 2 mal  soviel  Papierstoff  zu 
erzeugen  imstande  sein. 

An  anderer  Stelle  der  angezogenen  Arbeit 
Raitts  wird  freilich  für  eine  Bambusstofffabrik 
von  10160  t  jährlicher  Produktion  1800  ha 
Bambussumpf  (wohl  ungepflegt)  verlangt.  In 
diesem  Falle  rechnet  er  auf  1  ha  und  Jahr 
nur  5,64  t  Zellstoffausbeute;  das  wäre  immer- 
hin noch  eine  fast  7,5 fache  Leistung  des 
tropischen  Bodens  gegen  unseren  Hochwald- 
boden, die  bei  entsprechender  Pflege  des 
ersteren  also  um  das  Mehrfache  gesteigert 
werden  könnte. 

Zur  rationellen  Herstellung  der  Zellulose 
aus  knotenfreiem,  in  2''2  cm  Länge  ge- 
schnittenem Bambusrohr  glaubte  man  bis 
vor  kurzem,  nur  Aetznatronlösung  benutzen 
zu  können  und  erreichte  eine  genügende 
Weisse  des  Natron -Bambusstoffes  erst  mit 
etwa  17,14%  Chlorkalk.  Man  erzielte  37 
bis  44  °0  Ausbeute  vom  Trockengewicht  des 

Schlussbogel!  1907. 


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642 


knotenfreien  Rohrs.  Neuerdings  ist  das 
Kochen  des  Rohrs  auch  mit  Sulfitlösung 
geglückt;  zum  Bleichen  brauchte  man  für 
den  Sulfitstoff  nur  7,14°  0  und  hatte  eine 
Ausbeute  von  51ü.'0  des  Rohrgewichtes. 

Um  nicht  übergrosse  Hoffnungen  gerade 
bezüglich  des  mit  Hilfe  des  chemischen 
Aufschlusses  gewonnenen  Bambusstoffes  zu 
erwecken,  möchte  ich  betreffs  der  anatomi- 
schen Beschaffenheit  der  Bambusstoff-Zellcn* 
erwähnen,  dass  die  kurzen  ßastzellen  etwa 
0,4  mm  Länge,  die  langen  1  mm  Länge  bei 
0,01 — 0,019  mm  maximalem  Durchmesser 
haben.  Der  Bambusstoff,  durch  Kochen  in 
Aetznatronlauge  oder  Sulfitlösung  erzeugt, 
besteht  in  der  Hauptsache  aus  diesen  Bast- 
zellen; dünnwandige  Grundgewebezellen  tre- 
ten nur  sehr  spärlich  und  demoliert,  dick- 
wandige Grundgewebezellen  auch  selten,  aber 
besser  erhalten  auf. 

Der  Bambusstoff,  in  moderner  Art  her- 
gestellt, dürfte  daher  unserem  Strohstoff,  nicht 
aber  unserem  Nadelholzzellstoff  vergleichbar 
sein. 

Wenn  das  Bambusrohr  gegenwärtig  zu 
den  wichtigsten  Papierrohstoffen  Chinas  ge- 
hört,  so  ist  zu   berücksichtigen,   dass  die 

*  Natli  Vl  iestiers  „Rohstoffe  des  Pflanzenreiches". 


Chinesen  wohl  meist  junge,  frische  Pflanzen- 
schäfte einfach  einer  Mazeration,  d.  h.  einer 
längeren  Einweichung  in  Wasser  unterziehen, 
bei  welcher  milden  Behandlung  die  Bast- 
stränge und  längeren  Gewebeelemente  nicht 
vollständig  isoliert  zu  sein  brauchen  und  ein 
festeres  Papier  ergeben  können. 

Zuckerrohr-Zellstoff. 

In  Ländern,  wo  Zuckerrohr  (Saccharum 
ofheinarum)  gebaut  und  Zucker  aus  dem 
saftigen  Marke  der  3  4m  langen  und 
2 — 5  cm  dicken  Rohrstcngel  gewonnen  wird, 
können  die  Blätter  und  ausgepressten,  von 
Mark  möglichst  befreiten  Stengelreste  (Bagasse) 
getrocknet  auf  Natronzellstoff  verarbeitet 
werden. 

Da,  wo  man  die  Rohrblätter  und  Bagasse 
getrocknet  billig  kaufen  kann,  wird  es  als 
möglich  und  u.  U.  vorteilhaft  bezeichnet, 
nach  dem  '  Aetznatronverfahren  unter  Auf- 
wendung von  etwas  mehr  Aetznatron  und 
Chlorkalk  einen  schönen,  weissen  Zellstoff 
daraus  zu  gewinnen,  welcher  in  der  Qualität 
zwischen  Esparto  und  Strohstoff  stehen  soll. 

Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  man 
auch  die  Sulfat-  und  Sulfitverfahren  mit  Vor- 
teil dazu  benutzen  kann,  wie  dies  ja  beim 
Bambusrohr  schon  geglückt  ist 


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Alphabetisches 

• 

i  Sach- 

und  Namenregister. 

A 

—  — 

— 

Seite 

St'ite 

Ara?ometer,  Tabelle  Be  etc. 

im 

\bhlasphotlichf* 

308 

Armaturen  für  Sulfitkocher 

420 

A  nrlnrnnf  F~iitvü""i*:c»*r*»r 
/A  DUdl  11  [  Jl  -  L  lu\V<l>St- 1  er 

Arnouli 

u 

A  KHi  tti  pf.  V  r»ruvprt  n  n  tr 
r\ u u ii i M  j j i  ~  v  \.  i  wci  1 1 1 1 1 ^ 

57K 
.1  1  o 

|  Asbest 

4  27 

Ahfallp-Vf*rvvPrtiin(r 

Aesteaufbereitung  Ziegter 

5Q6 

rv.  l/ivii  ivii 

1  SO 

Aestetrommel 

402 

7  i  *><  r  1  mt 

^0A 

Astreinigung  (Kleine-Kirchner) 

485 

,/\LM<i3>tir,    UtlMJI  ULK 

Ast-  und  Splitterfänger  (Wandel) 

4MP 

A  IMaUgCIl 

Aschaffenburg,  Zellstofffabrik 

I 

l  >vc  Ui  I  IU  l\_  III 

451 

Aetzkalk 

oo  im 

Aetznatron  81—94, 

110-^112 

Sulfit-Verdünnen  und  Kühlen 

462 

Aetznatron- Laugen  90- 

-110,  262 

Fischereischäd  igu  ng 

464 

Auer  v.  Welsbach,  Dr.  Alois  Ritter  4 

Abstumpfung 

465 

Aufbereitung  der  Zellstoffe 

479-511 

Verwertung 

466 

Auflösen  des  Chlorkalks 

523 

Absitzkästen 

iii 

Aufwendung  von  Chemikalien 

36Q 

Abstossen  der  Ablaugen 

460 

Ausbeute  an  Zellstoff  175- 

-176,  35S 

Abstumpfen  der  Sulfitlaugen 

41l5 

Ausblasebottiche 

308 

Abtreiben  der  Gase 

456 

Ausblasegefässe 

U)4 

Abwässer  der  Zellstofffabrikation 

584 

Ausblasen  mit  Pressluft 

195 

Abwasserreinigung 

Auskleidemörtel 

427 

Biologisches  Verfahren 

586 

Auslaugeapparate  Shank 

L8j 

Acetat,  s.  Azetat. 

„      „  Kirchner 

188 

Adamson,  \V. 

12 

Dahl 

188 

Altdamm  b.  Stettin,  Papierstofffabrik  7,  271 

Ausnützung  des  Füllraumes 

579,  5_8_2 

Aluminiumbronze 

41') 

Azetatseide 

638 

Amerikanische  Zellstoff-Industrie 

48,  6_n 

Azetylzellulose 

638 

American  Woodpaper  Co. 

5,  34 

B 

Analysen:  Stroh  und  Holz 

132,  621 

schwarze  Soda-  u.  Sulfatschmelze  270 

Bachet  &  Machard 

12 

SOj-Oas 

Bagasse 

642 

Turmgas 

320 

Bakterien-Gärverfahren 

412 

Sulfitlösungen 

146 

Bambusstoff 

641 

Anlage  von  Zellstofffabriken 

518.  üOJ 

Bandsäge,  doppelte 

Iii 

Anstrich,  säurefester  (Carre) 

420 

Barne  &  Blondel,  Nantes 

U 

Antichlor 

565 

Bau  erster  Zellstofffabriken 

Araban 

628 

Natron  1851/54 

34 

Arabo-Xylan 

628 

Sulfit  Tilghman  1867 

29. 

644 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   Iii.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Seite 

Ekman  1874  4fl 
Mitscherllch  1875  42 
Beheizung  der  Zellstoff  koch  er  348,  366,  374, 

376,  388,  3"1,  3Ü6 


16, 


112 
422 
416 

412 

526,  528,  561 
537,  550.  554 
4 

521  572 
561 

572 
566 


Behrend,  Kommerzienrat  M. 
Bergvik  Cellulosefabrik 
Bersten  eines  Kochers 
Biologische  Abwasserreinigung 
Bisulfit,  s.  Sulfit. 
Blei,  Bleiblech 
„  -Glätte 
„  -Löten 
„  -Rohre 
Bleich-Anlagen,  Chlorkalk- 
Elektrische 
Bleichen  des  Strohstoffes 
der  Zellstoffe 
in  Bottichen 
Bleichen  mit  Wasserstoffsuperoxyd 
Bleichen.    Praxis  des  —  s 
Bleichholländer  Nacke 
Füllner 
„  Bellmer 
„  Hromadnik 
Bleichkosten-Kalkulation 
Bleichlösungen,  Chlorkalk- 
„      „  Elektrische 
Bleichmittel 
Bleichprozess 
Bleichvergleiche 
Bleichverluste 
Bleichzeit 

Bottichapparate  für  Sulfitlösungen 
Dr.  Kellner 
Dougall 
Partington 
Porak 
Burgess 
Dr.  A.  Frank 
Sachsenburger 
Stebbins 
Lücke 

Bottichbleicherei.    Amerik.  kontinuierl 
Brockenstoff-Gewinnung 
Bronnert 

Bronnert  &  Schlumberger 


6,  35,  454 
Ü  40,  44 
362 


586 


551 
55S 
559 
614 
525 
534 

L22 
562 
56Q/70 
SS  3 
568 

251 
326 
32S 
328 
329 
336 
333 
335 
340 
345 
561 
484 
633 
636 


Seite 

Bronze  415 
Brüngger  -  Drehkocher  mit  Schutz- 
kruste 4Ü7 
Burgess,  Hugh        Patente  1853  54     5,  34 
Busche.    Georg  v.  d.  — ,  Hamburg  LS 


Calcinier-,  s.  Kalzinier- 

Carre-Anstrich  425 
Causticier-,  s.  Kaustizier- 
Cellulose,  s.  Zellulose. 

Chardonnet.    Graf  Hilaire  de  —  633,  635 
Chemie  des  Sulfitverfahrens 
Schacht 

Dr.  Frank  134 

Harpf  126 

P.  Klason  L3fi 

Dr.  Seidel  L4Ö 

Chemikalien  und  Lösungen  8J  — 13Q 
„         -Aufwendung  und  Verlust  3M 

„         -Verbrauch  LOS 

Chemischer  Holzstoff  3G. 

Chemisches               133-140,  626-630 

Chinesen  als  erste  Zellstoffler  31 

Chlorkalk.    Allgemeines  522 

-Auflösen              521  524,  526 

„        -Ausbeutebuch  521 

-Lösungen      127,  523,  530.  556 

„       -Laugenkosten  521 

„        -Laugenstärke  533.  568 

„        -Verbrauch  521 

-Untersuchung  [28,  52£ 

Chlor-Soda-Verfahren  (Dorenfeldt)  511 

Clausen,  Peter  12 

Claviez  631 

Conemill  b.  Lydney  6 

Coupier  8t  Mellier  ^ 
Cyclon,  s.  Zyklon 


Dahl.    Ingenieur  F. 

Dampf,  satter  und  überhitzter 

„      -Wärme  und  Temperatur 
Danziger  Holzfaserstofffabrik 
Dauerhaftigkeit  der  Zellulose 
Dauerhaftmachen  der  Zellulose 


10,  31 
444 
IM 
1 

624 

m 


645 


Seile  Seite 


Davidsohn,  0.,  Danzig 

I 

Ekman  Paper  and  Pulp  Co.  LL 

LS 

Deininger 

4 

Elektrische  Bleichlösune    129,  534,  569.  616 

Despaissis 

633 

Elektrodenschaltung  ein-  und  zwei- 

Desintegrator (Schleudermühle) 

IM 

polig 

52ü 

Dextrose 

Ö_L7 

Elektrolyse 

535,  5JÜ 

Diagramme:  Stoffkochen 

152 

Elektrolysen re  Siemens  &  Halske 

537,  529 

Turmarbeit 

318 

„          Schuckert  8«  Co. 

543 

Dichroismus  der  Zellulose 

624 

Haas  8c  Stahl 

550 

Dietrich,  R.                  148,  181. 

493, 

497 

Elektrolytische  Bleiche  534 

571,  6J_6 

Dictz,  Dr.,  Strohstoff-Sulfitverfahren 

475 

Ellissen,  Roeder  &  Co.,  Salpeter- 

Dietz, Ph. 

44, 

400 

sau  reverfahren  1872 

12 

Diffuseur,  Dahl 

IfiQ 

Enderlein.    Eindicken,  Kalzinieren, 

Diffusions- Verfahren  Ungerer 

37(1 

Schmelzen  der  Natronsalze 

239,  256 

Diosmose  der  Zellwände 

024 

Engelmeyer,  Aufbereitung 

491,  426. 

Dolomit 

LID 

Entfaserung  der  Abwässer 

582 

Doppelbrechung  des  Lichtes  durch 

Entharzung  des  Sulfitstoffes    490,  517,  520, 

Zellulose 

024 

533,  635 

Doppelquirl    (Separator,  Stachel- 

Entleerung der  Kocher 

396,  482 

schwein  von  M.  Behrend) 

4Q4 

Entwässern  der  Zellstoffe      480,  ! 

313—518 

(Opener  Dr.  Kellner) 

4Q5 

E  nt wässern ngsmasch  i nen .  Ru  n dsieb- 

Double-Effet  (Zweifach-)Verdampfer 

210 

maschine, 

513 

Drehknotenfang  „Reinicke" 

507 

Entwässerungslangsiebmaschinc  mit 

Drehkocher  Flodquist 

406 

Trockenapparat 

514,  5_L6 

Brüngger 

407 

Entwicklung  der  Zellstoff  Industrie 

30,  32, 

Drehofen  Dorenfeldt 

258, 

260 

48,  ö_L5_ 

„     -Einbau  254- 

255 

Espartostoff  und  -Fabriken 

477,  tm 

,.  -Vergleich 

Ihn 

Estler,  Wien  1815,  Strohstoff 

3 

Dresel,  Kommerzicnrat  M.,  Dalbke 

6 

Exhaustoren  für  Span-  und  Häcksel- 

35- 

-37,  522 

transport 

LM 

Druckentlastung  der  Kocher  durch 

Explosion  grosser  Kocher 

362 

Ausmauerung 

4U 

Drewsen,  Kommemenrat  C,  Lachen 

F 

dorf 

25. 

Faserrückgewinnung 

5B5 

Drewsen,  Dr.,  New  York         307,  345, 

405 

Feinkiesofen  Maletra-Schaffner 

305 

Dschungl  (Bambussumpf) 

64J 

Mac  Dougall 

305 

Herreshoff 

306 

E 

Fertigkochprüfung.  Ammoniak; Ti- 

Eaton, A.  K.,  Natronsulfitstoff  1871 

4Ü 

trieren 

452 

Ebert,  W.,  Elektrolyt.  Bleiche  569- 

570,616 

Festigkeit  (Zerreissfestigkeit)  der  Z. 

624 

Eisen  oder  Stahl         363—366,  408- 

-412 

Filter.  Füllner  

589 

Ekman.  Chem.-Ing.  Carl  Daniel  — 

Fischereiübereinkünfte 

464 

Bergvik  (Schweden),  beginnt 

Fittica.    Prof.  Dr.  F.,  Marburg 

3fi 

Sulfitstofffabrikation  Okt.  1874 

Li 

Flodquist,  Drehkocher 

406 

Verfahren 

LI 

„  Lösungs-Kammersystem 

292 

Papiermuster  und  Stoff  Stock- 

„ Verfahren 

29,  42 

holm  1875 

[8,  282 

nüssige  S02.    A.  Harpf 

343 

Ekman -Sulfitstoff  1875  in  Deutschland 

LS 

G.  Türk 

457 

f)4() 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Forssa  bruk  bei  Katrineholm 
Franke,  D.  O.,  Mölndal 
Frederking 
Fremery  8t  Urban 
Frischlaugen,  Aetznatron-  — 
Frischlaugen-Untersuchung 
Frysches  Verfahren 
Füllen  der  Kocher 
Füllncr-Filter,  Patent 
Füllner.    FL  Warmbrunn 


Seite 
II 

28,  4J 
242 
633.  637 
31 

108  -110 
LG 
436 
S8Q 


Seite 

Halbstoff- Fabriken  öül 
Halbzellulose  von  Stroh  7_L  7-3 

Harding.    W.  W.  —  &  Sons  IJL  3J> 

Harpf,  Prof.  Dr.  A.  L3ii 
Harrison  Blair-Ofen  15. 
Hartblei  All 
Hartfiber  633 
Hartmann,  Dr.  C  F.  A.  2 
Harzgehalt  der  Nadelholzzellstoffe 
Haskell.   J.  R.,  Dämpfen  des  Holzes 


Bleichholländer 

557 

1867 

4n 

Entwässerungstromniel 

501 

Heizung  der  Kocher  (s.  Beheizung) 

Entwasscrungsmaschmen 

ff  I 

Heibig- Aussig 

<> 

Schwemmrinnen 

w  f\t\ 

■>()() 

Hering,  Hahn  8t  Franke,  Königstein 

Fullraum 

L7_2 

L  Sa.,  Natronzel Istoff fabrik  1873 

Füllraum. Ausnützunjr           35*).  579. 

CO« 

Herreshoff 

m. 

Herzberg,  Prof.  W. 

534 

u 

Hochdruckverdampfung  für  Laugen, 

Galakto-Araban 

628 

W.  Schacht 

22Ü 

V JL 1  L'oirUllJJdpivi    UI1U    I  appCll    1  i  UJ 

— 

HnHcrkin  \Jfif>Hf*r«'f*A,iniiiin«>' 

404 

Oel bstrohstof f - Fa ul verf ah  ren  (f ran z .) 

7  T 

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70 

1 

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Holz,  geeignetes 

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LLS 

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LH 

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„  hobeln 

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„  hacken 

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„  -Putzerei 

i 

fiartip  PmiiTstfiff-   

VJCll  IlWf    1  aUIvldlUII" 

630 

,.  -Sortierung 

1  W 

C^t per*  Ii \r}\tt*  ff#*r  7<*J1ctfkf f f ihn L af ir^ti 

VJ  \-Ov  1 1 iK.  Lllv    UU     £.11  l*lUtl  1  tl  1  N  IftrtUWII  1 

48 

„  -Zerkleinerung 

„       des  Sulfitverfahrens  286, 

283 

Holzgummi 

Getreides  troh 

112 

Holzhackmaschinen  Lee  1869 

0 

Glanzstoff  oder  Pauliseide 

(Ol 

Mc.  Nicol 

15S 

Glaubersalz  (s.  auch  Sulfat! 

38 

Kirchner 

w 

Graham-Verfahren 

23 

Amerikanische 

Gribert.  R.  G,  Stettin  (Ekman-Sulfitstoff 

Bautzener 

160 

1875  in  Deutschland) 

L8 

Kink-Kraiss 

m 

Güntter-Staib,  Adressbuch 

3 

Shortt 

in 

Guillotine  (Holzschneidcmaschine) 

LÖJ 

Holzkocher  Lee  1869 

m 

H 

Ungerer  1872 

m 

Sinclair  1873 

37C 

Haas  &  Stahl.    Elektrische  Bleiche 

541 

Ekman  1874 

3i2 

Hackmaschinen  158 

-171 

Schweden  1884 

n 

Häckscllade 

53 

Amerika  1900 

3IÜ 

„  maschinell 

5J 

Mitscherlich  1880 

3il 

,.  reinigen 

L42 

Vogel  1881  364, 

3Ü 

„  schneiden 

Iii 

Flodquist  1882 

4M 

„     -Reinigungs-  Anlagen  150- 

152 

Brüngger  1887 

431 

E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFh. 


647 


Holzzellstoff- 
Geschichte 


Seite 
Lö3 
HU 

Uli 

1 

5 
5 


Holzmühle 

Holzpulzerei  der  Oxford  Paper  Co. 
Holzschneidemaschine,  Ouillotine 
Holzstoff  Dr.  J.  Chr.  Schäffer  1765 
Holzzellstofffabrikations-Anfänge  1 854 

Patent  Houghton  1857 
mit  Natronlauge  5—  SL33—  37 
„  Schwefelnatrium  Q 
„  Sulfat  lü 
Säureverfahren  1 1/12 

andere  Verfahren  L2 
Sulfitve.  fahren  1 2 —32,37—48 

30,  6L5 


Holzzellstoff-Statistik 
Houghton,  F.  B.,  1857 
Hromadnik,  Chlorkalkauflöser 
Bleich-Holländer 
Hydraulischer  Kalk  (Zement) 
Hydrolyse 

1 

Imitiert-Pergament 
Isolator,  Spänesammler 
llford  Paper  Mills 


5. 

5_2£ 
558  59 
426 
028 


617, 


630 
148 

n 


205 

116 

2M 


Kalk,  Kalkmilch,  Kalklauge 
Kalkmilch-Tabelle 
Kalkgehalt  der  Sulfitlösungen 
Kalkstein  (Kalktuff,  Dolomit) 
Kalkrückstände  f.  d.  Landwirtschaft 
Kalkulation  ord.  Strohstoffes  und  Halb- 
strohstoffes 79/80 
der  Zellstoffe  528 
„       von  Bleichkosten  614 
Kalzinieröfen,  alte  LQ5. 

Schneider  U19. 

Dahl  204 

Enderlein  256 

mit  Doppelherd  248 

Kapillarität  der  Zellen  624 

Kammersystem  Flodquist  292 

Kaustizierte  sulfitierte  Lauge  nach 

W.  Schacht  285,  474 

Keferstein,  R.,  Sinsleben  9,  2il 
Kellner.  Dr.  K.,             27,  324,  326,  611 

Kiesfilter,  Kirchners  —  224 


Kiesöfen  (Kiesbrenner) 
Kitt,  säurefester  (Lunge) 
Klason,  Prof.  Dr.  P, 
Klein-Rückerswaldc 


Seite 

301 

428 

4L  137/38 
7,  36 


Koch  Moldenhauer-Tiirmc  1869  289. 

Kochdiagramme  152 
Kochen   der  Zellstoffe.  Diverse 

Verfahren  348—408 
Kocher  von  Vogel  45 
„      in  Conemill  6 
Kocher  und  Nebenapparate  362—408 
Kocherauskleidungen           38JL  3JL1— 396 
Kocherauskleidungskosten  434 
Kochermäntelmaterial            363,  408  -433 
Kocherpreis  2£5_ 
Kochersysteme,  bewährte  435.  513 
Kocherwand-Durchbrechungen  439 
Kochlaugenbereitung  und  Kochlösungs- 
herstellung, Natronverfahren  262—285 
Sulfitverfahren  286—347 

Kochprozess,  W.  Schacht  LH 

A.  Frank  L14 

A.  Harpf  L36 

P.  Klason  L32 

Königstein  in  Sachsen  1 

Kohlenwasserstoff  L2 

Kohlen  verbrauch  für  Salzgewinnen  26J 

Kohlrausch,  O.  LS 

Kollergänge  58  —  67 

Kollergangsführung  und  Bedienung  (>fi 

Kollersteine  65  66 

Kondensatoren  23_L  233 

Konstitutionsformeln  der  Zellulose  626 

Kontrollapparat  Dietz-Meyer  526 

Kontrolle,  amtliche  440 

Koop,  Mathias,  London  2 

Kosten  der  Zellstoffe  LZ5  16 

„    Chlorkalklaugen  531 

.,    Kocherauskleidung  434 

Kostenvoranschlag  5Ö1 

Kraftpapierstoff  604^  64ü 

Kraftstofffabriken  604 
Kratzenstein,  E.,  Hamburg 

Kreissäge,  einblätterige  L7_2 

„       vielblätterige  174 

Krön,  R.  63J 


648  E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


Seite 

Kröger,  F.,  Pappenklammern  513 

Kugelkocher  Wiborg  36 

Kunstseide,  Eigenschaften  u.  Struktur  638/3Q 

Kunstseiden- Fabrikation  (»33/40 

Kunstseiden-Produktion  633  40 

Kunstseide-Untersuchung  h  59 

Kupfer  419 


Ladd  &  Keen  34 

Lahouse- Strohstoff  4 

Lauge  aus  schwarzer  Soda  2ü3 

„      „  Schmelze  218 

„     sulfitierte  (W.  Schacht)  282 

Laugeneindickung  L9-5 

Laugengehalt,  Dr.  Weber- Kirchner  9 

Lee,  W.  und  James  A.  35 

„    Maschinen  6 

„    Anlagen  15 

„    Hackmaschine  Li! 

Leeren  der  Kocher  456. 

Lehner  655 

Leinveber  651 

Leistung  des  indirekten  Kochens  390 
Lespermont- Wasch  er                       4,  LQJ 

Licellagarne  651 

Liegende  oder  stehende  Sulfitkocher  ifiü 

Lignin  622 

Liljevalch,  C  F.,  jr.,  Stockholm  LS 

Lioud,  Patent-Sulfitzellstoff,  1877  41 

Löhnberger  Hütte  (F.  Wetz)  44 
Lösungen  und  Chemikalien           SJ  -  130 

Loewenhaupt-Wermbohl  55 
Lombardsche  Schlag-  u.  Sortiermaschine  LID 

Lowe,  fcL  6 

Luftbedarf  für  SCyHerstellung  340 

Lufttrocken  gegen  100°  C-Trocken  616 

Lufttrocknen  der  Zellstoffe  573 

Lufttrocken- Anlage  (Bautzen)  5Iö 

Lunge-Kitt  428 


M 

Maisstrohpapier 
Mahlen  der  Zellstoffe 
Malelra-Schaffner-Feinkiesofen 
Magnesiastein 


Manayunk  b.  Philadelphia 
Man  n  lochd  ichtun  gen 
Manometer 

Matth  iesen,  Wasserröstprozess 
Mazeration 


Seite 
5 

459 
440 

L2 
642 


Mehrkörperverdampfer  Yaryan       210,  214 
„  Robert  215 

„  Neubecker  215 

„  A.  Anders  2J_6 

„  V.  Lwowski  219 

Schwager  22Ö 
W.  Schacht  228 
Mehrturmsysteme  124 
Meissner,  C.  F.  &  Sohn  21 
Mellier,  M.  A.  C,  Patente  1854  4 
Mess-  und  Kontrollapparate  520 
Methylpentosan  619 
Mcurers  Misch-  und  Kühleinrichtung  492 
Mikroskopische  Zeltstoffbilder  619-623 
Miller,  sen.,  Direktor,  Biberist  45 
Misch-  und  Kühleinrichtung  Meurer  402 
Mitscherlich,  Prof.  Dr.  A.    18,  19,  21,  23,  25, 

37,  IL  44^  46  und 
viclf.  L  weit.  Text. 
Mitscherlich,  O.  25,  4J 

Dr.  R.  19,  42 

Motay  6 
Müller,  Hugo,  London  1 
Müller,  Dr.  Max  651 

N 

Nachbrennkammern.  Wiedergew.  Soda  24S 

Nachweis  der  Kunstseide  639 

Nacke,  E.,  Chlorkalklösung           524,  555 

Nassbleiche  522 

Nassspinn- Verfahren  Kellner- Türk  65Ü 
Natriumhydroxyd,  s.  Aetznatron. 

Nalriumsulfat  (s.  auch  Glaubersalz)  <2£ 


i  5 
611 
305 
242 


Natronholzzellstofffabrik 
Natriumkarbonat  (Soda) 
Natronlauge 
Natronlaugeherstellung 
Natriumsuperoxyd 
Natronzellstofffabriken 
Natronzellstoffkocher 
Nebrich,  Ph.,  Separator 


602.  60  S 
86 

5,  90,  LLÜ 
264,  272,  280,  284 
129 

43 

379.  3£Ü 
497 


JU 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


649 


Seite 

Newton,  W.  E.,  Patentanwalt,  London  13 
Nicol,  John  Mc.  36 
Nitrozellstoffseide  635 
Northfleet  Pulp  and  Paper  Mills  LS 
Nurmis  Zellulosefabrik  b.  Wiborg, 

Finnland  18,  16 


Oettel,  Dr.,  Elektr.  Bleiche 

542 

Ofenfutter,  W.  Schacht 

242 

Ofen  bau 

242, 

252 

Ofenmaterial 

242 

Oldesloe,  Zellulosefabrik 

2 

Opener,  Doppelquirl 

495 

Orioli,  Fredet  &  Matusiere 

L2 

Oxford  Paper  Co. 

608- 

614 

P 

Packen  der  Zellstoffe 

584 

Pappenklammern  F.  Krüger 

578 

Papierstoffgarne 

630. 

Papiertechnische  Eigenschaften 

616- 

618 

Papierversuche  Dr.  J.  Chr.  Schäffers  1765 

1 

Paschke,  Laugenbereitung 

274 

Patente.    Koop,  M.,  1802 

2 

Tilghman  1866 

Li 

Mitscherl  ich,  Dr.  R., 

1874 

21 

Mitscherltch,  Prof.  Dr.  A.,  1878 

23 

Pauli-Seide 

633.  637, 

639 

Payen,  Prof.,  Paris 

11 

Pentosane,  Pentosen 

619,  627, 

628 

Pergament,  Imitiert  — 

630 

Pergainyn 

617, 

630 

Phlorogluzin-Pentosane- Bestimmung 

628. 

Phosphorbronze 

419 

Physikalische  Eigenschaften 

(>16 

Picket  und  Brelaz 

29 

Piene,  L,  Strohstoff 

2,  3 

Pläne  von  Anlagen 

601- 

-614 

Porionofen 

4 

Putzmaschine,  Körner 

146 

Pyrit  (Schwefelkies) 


Quadruple- Effet 
Quetsche  (Engelmeyer) 
Quirl  1884  (Separator) 


113,  3QQ 


210.  216 
496 

484,  485,  49J 


ocllc 

O  n  irl  1pi<;tTI  nrr 

Uli  1  H_  1  o  l  U  1 1  LI 

490  4Q3 

flu  irl      \;prti  Lrn  \  t~*r 

4QS 

R 

Raspier- Exhauslor  von  Dietrich 

148  49 

Reaumur 

633 

Reform-Trockenanlage,  Bautzen 

57(> 

Regenerator,  Stoff-,  Titte! 

593 

Reinicke,  Drehknotenfarig 

507 

Reinigen  der  Zellstoffe 

480 

Reinigung  der  S02-Gase,  Drewsen 

307 

von  Schwe- 

felsäure 

322 

Rieselapparate 

220,  225 

Rissmüller,  Friedr.  Aug. 

22,  42 

Ritter,  Baron  Eugen 

22 

Ritter-Kellner-Sulfitverfahren        27,  28,  42 

Röckner,  Speikessel 

328 

Rohfaser 

629 

Rohrstofffabriken 

604 

Rohsulfat 

9_8 

Rosenhain,  Berlin 

7,  15 

Rotary  (Drehofen) 

253 

Royers  Ford  in  Pennsylvanien 

5 

Rudel,  Dr.  A. 

36 

Rückstände  beim  Natronverfahren 

268 

Rührbütten  für  Stoff,  Füllner 

512 

Salach  b.  Süssen  (Württ.),  Zellulosefabrik  6 
Sarres,  Klein-Rückerswalde  9. 
Sattdampf  444 
Säureverfahren  für  Zellstoff  1 1/12 

Säurefeste  Auskleidung  43Ü 
Schacht,  W.,  Weissenfeis     11,  133.  284.  361 


Schaltung  der  Elektroden 
Schäffer,  Dr.  J.  Chr.,  Regensburg 
Schälspäne  zu  Stoff,  R.  Dietrich 
Schindler,  Martin,  aus  Zürich 
Schleudermühlen  (Desintegratoren), 

einfache  und  doppelte 
Schlögl  müht  b.  Ologgnitz 
Schlumberger 
Schmelze,  Sulfat  verfahren 
„  Löseeinrichtungen 
„       Oefen  (Schwager) 
„  Untersuchungen 


570 

L  2 
1BJ 
15,  3ft 

164 
4 
636 
^  2IB 
284 
235 
101  -107 


99. 


650 


E.  KIRCHNER.   DAS  PAPIER.   III.  B.  u.  C.  ZELLSTOFF. 


Seite 

Schmidt,  C.  1 
Schnellbleiche,  W.  Schacht  565 
Schönwald  b.  Lippspringe  verarbeitet 

1877  Mitscherlich-Zellulose  43 
Schoop,  Dr.  Paul.  Elektr.  Bleiche  53Ü 
Schuckert  8t  Co.  Elektr.  Bleiche  543,  554 
Schöttelsorticrer,  System  G.  Türk  L65 

Schwefel  (S)  ul 
Schwefelverbrauch  L26,  319/20 

Schwefelbrenner  Paschke,  O.  Vogel  etc.  236 
Schwefeldioxyd  (siehe  auch  S02)  236 
Schwefelkies  (Pyrit)  Iii  L26 

Schwefelkies-Untersuchung  113—116 
-Vorbereitung  3üü 
Schwefelnatriumverfahren,  Heibig  2 
Schwefelöfen  221 
Schwefel-Wiedergewinnung  340,  347,  402/06 
Schwemmrinnen  (Füllner)  5ÜÜ 
Schwerspat  ^22 
Seebald  8t  Co.,  Treuenbrietzen  LS 
Seidel,  Dr.  tL  140,  4M 

Selbstreinigung  der  Gewässer  585 
Separator  (Aesteabsonderer),  andere  Be- 
zeichnung für  „Quirl",  s.  diesen. 
Separator  (Sulfitlösungs  Reiniger)  von 

Dr.  Drewsen  245. 
Sicherheitsventile  H°- 
Silvalingarn,  R.  Krön  621 
Siemens  &  Halske.  Elektr.  Bleiche  537/  39 
Simonius,  Wangen  26 
Simple-Effet  (Eindampfer)  216 
Sinclair,  G.  6,  26 

Skandinavische  Kocherci  211 
Soda  86-88 
Sodaasche  (schwarze)  80,  3J 

S02,  Schwefeldioxyd-Darstellung  226 
SOa-  und  S03-Gehalt  der  Lösungen  AAÜ 
SOs -Gasprüfer,  F.  Schilde  221 
SOj-Vorratsbassins  215 
SOa.  Flüssige,  G.  Türk  451 
S02-Wiedergewinnung    324,  332,  334^  340, 

344,  345.  1A1 

Spaltbarkeit  der  Zellstoffe  618 
Spänesammler  148.  15Ö 

Speikessel  (Espartokocher)  3IS. 


Stroh- 


Seite 

Spinnender  Zellstoffe,  mechanischer 630 — 633 

ehem.  gelöster  633—640 
Stahl  und  Stahlguss  408,  413 

Stampfwerk  Mitscherlichs  1S3 
Statistik  30-32,  615 

Stearns  Viskoseseide  638. 
Stehende  oder  liegende  Sulfitkocher  5SÜ 
Stockholmer  Ausstellung  LZ 
Stofffänger,  G.  Türk  5SS 
Stoffregenerator,  Tittel  533 
Stoffreisser  561 
Asche  5D 
Häcksellade  50. 
Häckselmaschinen  51—55 
Kocher  54,  55-58 

Strohstoff,  chinesischer  \±  33 

Dr.  Schäffer  1765  1 
Strohhalbzellulose  11 
Strohstofffabrikation         L  £  ^  9,  33,  IL 

475.  603 

Strohstoff fabrik  Romini  um  1650  1 
Strohstofffabrik  6Ü3. 
Stuppach  b.  Gloggnitz,  Zellulosefabrik  9 
Sulfatlaugen  94—  1  IQ 

Sulfat  (Rohlaugen),  Glaubersalz  2ß 
Sulfatschmelze  und  Untersuchung      91  --94, 

99-101,  278 

Sulfatschmelzofen  2511 
Sulfat- Verfahren  IL  «4—98 

Sulfitkocher,  Tilghman  1867  28J 

s.  auch  Fkman  1874  2S2 
Mitscherlich  1880  232 
O.  Vogel  1881  281 
Sulfitlösungtn  1 12-  127,  283  -347 

Sulfitierte,  kaustizierte  Lösungen  2£5_ 
Sulfitstoff-Patent  Lioud  1877  11 

Tilghman  etc.,  s.  diese. 
Sulfitzellstoff. Fabriken  605-607,  610. 

Sulfit-Verfahren  12 

für  Strohstoff,  Dietz  115 
Swan  63J 

T 

Tarnowitz,  O.-S.  21 

Temperatureinwirkung  auf  Zellstoff  616 

Terpentingewinnung  531 

Tessie  du  Motay  ^ 

Thcisen  Zentrifugalverfahren  221 


E.  KIRCHNER.    DAS  PAPIER.    HI.  B.  u.  C  ZELLSTOFF. 


651 


Thode-  Verfahren 
Thompson  &  Co.,  London 
Tilghman,  Benjamin  Chew  12, 24.  38. 

auch  später 

Tilghman,  Richard  A. 
Tittels  Stoffregenerator 
Topfstein 

Tränkverfahren  Drewsen 
Transport  der  Späne 
Triple-Effet 
Trockenkosten 
Tudemare 
Tuff 
Turmgas 

Turmtheorie  Kirchner 

Dr.  Harpf 
Turmsysteme.    Mehr-  — 
Türme  für  Sulfitlösung 

Koch  &  Moldenhauer 
Mitscherl  ich 
Türme  mit  Sturmschutz 

„     zum  Eindicken  (Ungerer) 
Türks  Kocherauskleidung 
„  Stofffänger 
„     Nassspinn  verfahren 


Seite 
4 

JA  4Q 
40.  286. 
im  Text. 
L5 
5iO 
212 
422 
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910 
526 
633 
31S 

32Q 
313 

32J 
324 

280 
313 
322 
1Q8 

■133 
588 

6U 


1  16. 


u 

Ueberdrücken  455 

Ueberhitzter  Dampf  444 

■Uebermangansaures  Natron  L29 

Ungerer:  Verfahren  8^  35 

„      Abdampfstation  L9Ü 

„  Apparat  370 
Unschädlichmachung  der  Ablaugen  jf  473/74 

Unterschiede  der  Zellstoffe  durch 


Kochen  und  Mahlen 
Untersuchung  von  Kunstseide 


Vaku  u  m- Verdam  pf  er 
Verdampfstation 
Verkokung  Frederking 
Verlust  an  Chemikalien 
Verwertung  der  Sulfitablaugen 
Verwertung  der  Zellstoff  ab  fälle 
Viskoseseide 


Dil 
630 


20h 
206.  223 
242 

473/74 
595/96 


Seite 

Vivier.  de  —  635 
Vogel.  C  ,  Cham  (Schweiz)  2h 
Vogel.  Chemiker  O.  — ,  Hann.-Münden» 

und  Zell  L  Wiesental  25,  44,  45,  46,  2M 
Vollendung  lies  Kochprozesses  AYA 
Volumenprozente  SC»2-Gas  312 
Vorgänge  beim  Kochen  355 
Vorratsbassins  für  Laugen  und  Lösungen  478 


Vulkanfiber 


W 


Wagner,  Technologie  1867  ü 
Wagner.  L.  — ,  Elektr.  Bleiche  5_7J 
Walkiakoski,  Finnland  36 
Wärme  2X>h 
Wärmerückgewinnung  aus  Abgasen 

und  Ablaugen  402,  454 

Wärmeschulz  443 
Wärmeverlust  beim  Abtreiben  4  v> 

Waschen  der  Zellstoffe  480—  182 

Wasserglas  427 
Wasserstoffsuperoxyd  zum  Bleichen  129.  522 
Watt.    Charles  —  5,  34 

Wayss-Hromadnik,  Chlorkai klöser  5_26 
Weber.  Prof.  Dr.  R.  —  9. 
Wenzelmasse  und  -Steine  432 
Wertheim  1877  A3 
Wetz.    Frdr.  — ,  Löhnberg  25,  44 

Wiborg  b.  Nurmis  (Finnland)  18,  36 

Wiedergewinnung  Natron,  Sulfat  L84 
S02   340,  344,  402  -466 
89,  91—94 
36 


•i  „  Soda 

Wiener  Weltausstellung  1873 
Wiesner.    Prof.  Dr.  J.  -  ,  Wien 
Windfegen 

Wolfswinkel  b.  Eberswalde 
Wrigley,  Bruce  8t  Scitz 


Xanthogcnat 
Xylan 

Xylolingarn  Claviez 


637  38  ]  Yaryan- Verdampfer 


33 
L42 

L  13 
6 


037 
627 
tili 


210.  210 


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652 


Zellstoff  fabriken  36, 
Zellstoffgewinnung  mit  Sauren    11,  41 

Längerer 

„  „       mit  Laugen  (Dresel) 

Zellulose  (CeUulose) 
Zellulosereiniger  Wandel 
X'ebrich 
,.  Brimgger-Dcissler 
Zelluloseschleim 
Zelluloseverbindungen 
Zentrifugalverfahren  Theisen 
Zerkleinerungseinfluss  auf  Ausbeute 
Zement  (Hydraulicher  Kalk) 
Zerfasern  der  Zellstoffe 


Seite 

601 

45 
S 

37 
627 
502 
505 
505 
618 
627 
237 
175 
426 

480 ; 


Zerfaserung.    Kleine-Kirchner  1885 

Zerfaserung  und  Reinigung 

Zerreissfestigkeit  der  Zellulose 

Zersetzungstemperatur  90°  C 

Zieglers  Aesteaufbereitung 

Zuckerrohr-Zellstoff 

Zusammensetzung  der  Sodaasche 
„  Sulfatschmelze 
Sulfitlaugen 
Zeilulose-Rohstoffe 

Zyklon  (Spänesammlcr) 


Aberg  Vorsortierer 
Zerfaserer 


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