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Full text of "Beyträge zur Geschichte der Erfindungen"

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Bayer. Staatsbibliothek 





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Bevträge 
zur Geſchichte 


Erfindungen 


Don 


Johann Beckmann, 
ordentlichem Profeſſor der Oekonomie zu Goͤttingen. 








Erſter Band. 








Leipzig, 
im Verlage Paul Gotthelf Kummer 
1786. 


— 





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Kutita 


1 NORACESSEE CR 


Multum egerunt, qui ante nos fuerunt, fed 
non peregerunt, fufpiciendi tamen funt et ritu 


deorum colendi, 


Senec. ep. 64. 


Beytraͤge 


zur Geſchichte 


Erfindungen. 


* 





Von | | 
Johann Bekmanı, 
ordentlichem Profefior der Dekonomie zu Göttingen, 


Erſtes Stüd. 








Zwote etwas verbefierte Ausgabe, 
— —— ST nt 


Leipzig, 
im Verlage Paul Gotthelf Kummer. 





178% 






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REGIA 


MONACENSIS 


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Te iv KEXd ung, vr — Yiveroy 
waunfysdss. 
 Arifos. 


Omnium rerum principia parva funt, fed fuis 
progreflionibus ufa, augentur. 
Cicero de finib. lib. 5. 


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I“ Beytraͤge zur Geſchichte der 
Erfindungen verfpricht der, Titel 
diefer Bogen. Unerwartet wird es alfo 
wir wicht fepn, wen Lefern manche von 
mir nicht genugte Nachrichten beyfallen. 
Diefe, welche ich hier liefre, habe ich 
gefamlet und bearbeitet, wenn ich, Durch 
Unterbrechung meiner gewoͤhnlichen Ber 
ſchaͤftigungen, eine Erholung: gewinnen 
wolte; mer. aber einmal zur Erholung 
jagt, ift weder gewillet noch verpflichtet, 
alles Wild zu treffen. Ich fage mit 
Columella: Vt in magna filva boni 
venatoris eft, indegantem feras quam 
plurimas capere ; nec cuiquam culpae 
fuit non Sn cepifle ; ita nobis fatis 

et EN abunde- 


— —* —1 
Ei ae irn: Hi 
MUStORBa 


Vorrede. 


abundeque eſt, tam diffufae materiae, 

quam fufcepimus, maximam partem 
tradidiffe. Wollen Lefer mir Ihre Bey: 
träge mittheilen, fo will ih damit die 
meinigen dankbar bereichern. 

Ich weis es zum voraus, daß manche 
Bier Gegenſtaͤnde finden werden, die fie 
der von mir darauf verwendeten Mühe 
unwerth halten; aber diejenigen, welche 
wiſſen, wie relativiſch unſere Urtheile 
uͤber Brauchbarkeit und Nuͤtzlichkeit find; 
werden mir die ihrigen nicht zur Laſt le⸗ 
gen; und welche dieß noch nicht gelernt 
Haben, oder für allen Eigenduͤnkel nie 
lernen - koͤnnen, und welche alfo Erz, 
worin fie nicht gleich .gediegenes Gold zu 
erfennen-meynen, für taubes Geftein’ani 
ſehn und über die Halden werfen, find 
feine groffe Kenner , laffen fich gewiß oft 
durch Katzengold betriegen, und kuͤm— 
mern mich ſo wenig, als die, welche uͤber⸗ 
haupt nicht zu — verlangen, wie Erz 

findun: 


Vorrede. 


findungen entſtanden und allmaͤlig zu der 
jetzigen Nutzbarkeit gediehen find. Leer 
sere wenigſtens Fönnen doch nicht vor⸗ 
geben, daß fie Durch den Titel diefer Bor 
gen zum Ankauf und Leſen derſelben ver⸗ | 
leitet wären; 

Wenn es ein Fehler if, daß ich die 
Benennung: ‚Erfindung, weiter als 
vielleicht gewöhnlich ift fo. gar über Por 
lizey⸗Anſtalten, ausgedehnt habe, ſo 
wird er doch wohl unſchaͤdlich und ver⸗ 
zeihlich ſeyn. 

Ich habe die angefuͤhrten Buͤcher, wel⸗ 
che ich ſelbſt gebraucht habe, gemeiniglich 
mit einem Sternchen bezeichnet, und durch 
Einſchiebung kleiner Nachrichten von ih: 
nen, vornehmlich von den feltenern, meine 
Auffäge reichhaltiger und angenehmer zu 
machen geſucht. Damit mir dieß niez 
mand übel auslege, fage ich ſelbſt, daß 
die Kenntniß und der Gebrauch) diefer 
Quellen für mich Fein vollwichtiges Vers 

*4 dienſt 


Vorrede. 
dienſt iſt; da ich das Gluͤck habe, die 
vourtrefliche Bibliothek unſerer Univer⸗ 
ſitaͤt, und zugleich. die Freundſchaft ihres 
zweyten Bibliothekars, des Herrn Pro⸗ 
feſſor Dieze, nutzen zu koͤnnen. Seiner 
ſeltenen Buͤcherkentniß, ausgebreiteten 
Gelehrſamkeit und Neigung zu aͤhnlichen 
Binterfuchungen ‚habe — viel zu * 
und ich geſtehe es gern. 
Uebrigens bin ich nicht abgeneigt, von 
Zeit zu Zeit mehrere Stuͤcke dieſer Bey⸗ 
traͤge, und bey dem vierten ein vollſtaͤn⸗ 
diges Regiſter, zu liefern. 


ER den 29 Sebruar 1780, 





— * | Nach⸗ 


wegen der. zwoten Ausgabe. 


Las unvermurthete Vergnügen, diefe Bo⸗ 
gen noch einmal gedruckt zu fehen, würde - 
ich gern durch eine genaue Ausbefferung und 
Ergänzung zu verdienen fuchen, zumal da vers 
ſchiedene Gönner und Freunde mir dazu bes 
traͤchtliche Beiträge gegeben haben. Aber 
der Herr Verleger finder für gut, diefes Stuͤ 
unverändert wiederum abdrucken zu laffen, un 
wuͤnſcht, daß ich die Zufäge zu den Auffägen 
deſſelben im folgenden Bande. liefern möge, 
Tadeln Fan ich diefes Verlangen nicht; man 
hat oft gefagt, es fey unartig, die erften Kaͤu⸗ 
fer durch große Veränderungen zum. doppelten 
Anfauf der erften Theile eines Buchs zu nös 
thigen, oder fie widrigenfals der neuen Zufäke 
entbehren zu laffen. Alfo erfolgt denn hier 
nur cin neuer Abdruf, in welchem weitee 
nichts, als einige Stellen ©, 15, 26,62, 110, 
#17.und 127 ausgebeffert find, und da die 
Seitenzahlen nicht geändert find, fo bleiben 
auch die Regiſter für dieſe neue Auflage gleich 
brauchbar, | — Zr 
Görtingen den 15 Jul. 1783. 


DZohann Becknann. 
| Inhalt. 


— Inhalt. 
1. Vom Italieniſchen Buchhalten. ES 


Lucas Paciolus von Burge - 


Erſtes englifches Buch vom Fuchba — 


Erſtes teutſches Buch — alten 








Cameraliſtiſches Buchhalten ⸗ 





2. Odometer, Wegmeſſer | 16 
obann_ Sernel — 17 
Levin hulſius —42419 
Poſtzeiger SEE. 19 
Hoblfelds beben — 22 

3. Notenſetzer, — —— 28 
4. Brantewein ⸗ 33 
Mitchaet Schrick — 34 





Dyschfiiber in peru — 4 
Senrique Gardes ha | 
Alvarıs Alpbonfus Barba 1 


| 6. Die trockne Vadoldung 55 








Inhalt. 
7 Erfindung des Golofirniffes | 











mie, er er Polijep Lieutenant = 3° 
ju ondon - J 75 


zu Amſterdam — — 78 
gu Haag und Kopenhagen —- ua 
Venedig, Mabeit, Whilabelphla — Le Ä 
danurg, Balın = 2 gr 

Wien, Leipzig, Sranffurt = 83 
Gaffel - - 83 
Halle, Göttingen - - 84 


3° Die älteften Bücherpriilegien - 85 


aa ı 2% 

20, Büchercenfur - - 95 
Aelteſte — uͤber die vucher⸗ | 

cenfur . 1oX 


11. Kalender— 108 
Kalender » Braftifa “ - 109 
Vieljaͤhrige Kalender 110 
Simon Warius nn 117 

bann Stoͤffler - - 118 
» älteftien Epbemeriden - 120. 
‘. +» :conhoiflance des tems - 121 


12. Bands 


Inhalt, 





&) - K,ancellotti 4 ee FL a 125 
2d | “2 127 
20 128 











= Seutfches Verboth — m :" 130 | 
— Wiederruf des Verboths nur 132 


C 

i 3. Nachricht von dem ſeltenen Buche, 
des Vannuccio Biringoccio Pirotechnia 133 
Nochricht von dem Verfaſſer - 135 
Verſchiedene Ausgaben136 
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„vom Italieniſchen Buchhalten, 
Ani. : g ar re rm 


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D Kaufmann hat nicht ganz unrecht, 
wenn er ſich auf die Geſchicklichkeit, 
nach Italieniſchet Weiſe Buch ju halten, et⸗ 
was einbildet. Die Erfindung wird jeder, 
der fie kennet, für finreich erfläven müffen; fie 
bringe, durch Anwendung der Lehre von ent 
gegengefegeen Gröffen, ein Gewirr Yon una 
endlich mannigfaltigen Gefhäften, in eine 
ſolche Ordnung, daß fie mit der größten Leich⸗ 
gkeit und Genauigkeit, zu allen Zeiteh übers 
fehn werden koͤnnen; durch eine wißige Pros 
fopopdie macht fie, dag von jedem Gef äfte 
jederzeit Geivinn und Verluft bald bemerkt, 
und genau beſtimt werden Fan, ohne daß gleichs 
wohl der Bediente, der die Buͤcher zu führen 
har, oder der Buchhalter," weder das eine 
*. A noch 


2 1.0om Stalienifchen Buchhalten. 


noch das andere, ohne Willen deg Patrong, 
nachzurechnen fähig waͤre. Sie verlaugt ſo 
viel Kentniß, Aufmerkſamkeit, Nachdenken 
und Beurtheilungskraft, daß ſie darin nicht 
wenige Arbeiten ſo genanter Gelehrten weit 
uͤbertrift, wiewohl freylich die meiſten Kauf⸗ 
leute, ohne die Gründe der Regeln, welche 
ſie befolgen, zu kennen, ihre Bäder eben fo 
mechaniſch führen, als manche Gelehrte die 
ihrigen fehreiben. 


Die Benennungen: Italieniſches Buch- 
balten, doppia ferittura und die vielen Kunfts 
‚ wörter italieniſcher AbFunft, die noch in all 
Sprachen ‚beybehalten find, machen es 44 
wahrſcheinlich, daß die Erfindung, den Ita⸗ 
kienern gehört, und daß ſie der Ausländer ‚auf 
Italieniſchen Contoiren, als noch. der. Oftins 
difche Handel über Italien gieng, zugleich mit 
der fo genanten Waͤlſchen Praktik, das iſt mit 
der Menge Abkürzungen kaufmaͤnniſcher Rech⸗ 
nungen, erlernt hat, we 
De la Porte fagt.in La ſtience des nego- 
cians et teneurs de livres; Paris 1754,89 * Sei⸗ 
te XII: Vers Pan 1495 frere Zue.Italien de 
nation, .en fit imprimer,un traite. en Italien; 
c’eft le plusancien auteur que. j aie vü.fur cette, 
matiere. Anderfon fagt in Hiftorical and 
chronelogical deduction of the origin of com-, . 

wen 2 J | — merce 


1: Vom Jralieniſchen Buchhalten. + 
merce I, ©4684: In all probability,,; this art 
of Double· Entry aceounts had its’rife (ör at 
leaftits'revitaliamstgft the'meticantile cities 
of; Italy;. pofhbly, it might: be firft known 
at Venice, about the time that numeral Algei 
bra was taught there, from the principles of 
which feienceB6uble- Entfy, or what we call 
Merchänts . Ageoünts feems'tö have been de: 
duced, viz. about the middle oftheXVth cen« 
tury. Itisfaid, that Lucus de Burgo, a Triar, 
wäs the firſt European author, who publifhed 
his algebraic work at Venice anno 1494. — 
Alſo ein Mönch; Lucas von Surgo, fol 
der erfle Schriftfteller von der Doppelbuch⸗ 
haltung, und fein Buch) ums Jahr 1494 zu 
Benedig gedruckt ſein. on” | 
En NUR > \ 
Die Schriften diefes Mannes, der zu den 
größten Marhematifern des 15 Jahrhunderts 
gehört, und der fir den gehalten wird, wels 
her zuerſt Die Algebra aus den Schriften der 
Araber gelehrt har, fehlen noch auf hiefiger 
Univerfitäts: Biblischef, und ich kan Feine 
andere Nachrichten: von ihm ertheilen, als die 
ich in italieniſchen Büchern gefunden habe, 
Er heißt LucasPaciolus, e Burgo S. Sepul- 
ehri. Er war ein Francifcaner, und zwar 
ein Minorit. Geinen Zunamen hat er nicht 
ſowohl von feinem Orden, wie Wolf meyn⸗ 
tt, ſondern von einer Stadt in Ducato di 

A 2 Urbino 


4 1. Von FealienifchenBuchbalten: 


Urbino an-der Florentiniſchen Graͤnze, welche 
Borgo S. Sepulchro heißt. In dem Jahre 
1494 ſind wuͤrklich arithmetiſche Werke in 
italieniſcher Sprache von ihm zu Venedig ge⸗ 
druckt worden. — | rg 
1 . In dem von Beyer, Vogt und and 

zu den fehr feltenen Werfen. gerechneten Bus 


che: Scriptores ordinis minerum, quibus ac 


ceſſit fyllabus illorum, qui exieodem ordine 


pro fide Chrifti fortiter oecubuerunt. — Rer 
cenfuit. Fr. Lucas Waddingus , ‚ejusdem infti 
tuti theologus. ‚Romae 165 4:fol.* ficht S. 
238 folgende Nabriht, 019 
= 1 
„LvcAs Pacıon.vs, EByReo S. Servit 
"„CHRT, prope fines Etruriae, omnem pene 
rationem wmathefhaticae difeiplinae Italica 
lingua complexus eft; conferipfit enim: · 


„.. De divifia-proportione eompendium. 
“ De arithmetica. ce 
„, De proportionibus et proportionalitatibus; 
„opus egregium et eruditum,, rudi tamen 
„Minerva, ad Guidobaldum Urbini ducem, 
- “De quinque corporibus-regularibus. : . 
“ Demajusculis alphabeti litteris pingendis, 
. “De corporum folidorum et vacuörume 
„figuris, cum fuis nomenclaturis. - Ex- 
„cufa funt omnia Venetüs anno 1509. 

| Tranftu-. 


1. Vom Feakienifehen Buchholten. 5 


- @Trahftühit Buchdem in Jinguam Italien 
„et alia ejusdem ſcientiae Compofuit 


„opufeula. ' a 
Eben diefes Verzeichniß ift p. XLVI ik in! 
dice materiarum , ohne Zufäße wiederholt; 
Auch ſteht dieſe Nachricht, ausgenommen 
dasjenige, was ich hier curſiv drucken laſſen, 


bereits in Bibliotheca inſtituta a Conr. Gef: 


nero, aucta per Jofam Simlerum. Tiguri 
1574: fol. * Seite 456 unter dem Artikel 
Lucas; nur ift auch noch dafelbft angemerkt 
worden, daß die oben angeführte Ausggbe 


von 1509 aus 78° Blättern beftche. 
Alles, was man bey Wadding lieſet, 


— 


findet man auch in Bibliotheca Umbriae ſive 


de ſcriptoribus Umbriae, auctore Ladovico 
Jacobillo. Fulginiae 1658, 4 * p. 180, nur 
find dafelbft noch folgende angeführt, -die, 
auffer Wadding, Nachricht von Paciolus has 
ben follen: Tofignanus,; Hieronymus‘ Gherar- 


dus in commentario Burgi S. Sepülcri; ‘Ra- 


phael Bombellus mafhiematicus celeber;; et Ra: 
phael Valaterranus. Aus diefer Biblioth. Um- 
briae iſt der Artikel: ‚Paciolus im Joͤcherſchen 


Gelehrten $ericon genommen. 


Um die ältefte Ausgabe der Schriften des 
$ucas beffimmen zu Fönnen, ſchlug ich folgens 
des Verzeichniß der + in Italien gedruck- 

e 3 sen 


6 1. Vom Italieniſchen Buchhalten. 
fen Bücher nach: Origine e progrefli: della 


hai 


‘anno 16005 in 410,448 Seiten *. Unter der 
prrignung fieht: Pellegrino Antonio Orlandi. 
Bologna 1722. Seite 43 ſteht unter den Buͤ⸗ 
Kern, die zu Venedig bey Paganino de Pa- 
ganini Brefciano, gedrucft- ſind: Fr. Lucae de 
Burgo S. Sepulchri arithmetica et Geometria 
italice; caracteribus Goth. fol..1494. Eben 
diefes wird ©. 358 unter dem Mamen Lucas; 
auch ©. 377: unter dem Namen.Paciolus wies 
derholet, nur heißt es hier; Liber de Alge- 
bra. Ven. 1494 per Paganinum. Das ift 
alfo ‚die Ausgabe, deren de. la Porte und Ans 
derfon gedacht haben.- Wermuthlich iſt es ein 
Drucffehler, daß in.Biblotheca Thuana 2 p, 
51 für eben diefes Buch nicht das Fahr 1494, 
fondern 1464 angegeben ift,. Wolf führt in 
feinem kurzen Unterricht von mathemati⸗ 
ſchen Schriften; Frankf. und $eipzig 1737 
Seite 34 die Ausgabe von 1494, und. ©, 7 
eine andere von 1523 an, und ſagt, letz⸗ 
tere halte 6 Alphab, ro Bogen, . Wer die 
Verdienfte des Lucas um die. Mathematif, näs 
her kennen will, den verweife ich auf: Heil 
bronneri hiftoria mathefeos univerfae. Lip- 
‚fiae 1742..4 * p. 5zo. ..Hiftoire des mathe- 
matiques par: M. Montucla. Varis 1758..4. * 
tom. ı P. 441, 476. Hiſtoire des progris 
| de 


2% Dom Ttalienifchen Buchhalten. 7 
de l'eſprit humain dans les feiences exactes 
part: Saverien. Paris 1766. 8 * p. ıg und 38, 
Aber die Verdienfte des $ucas um die Dops 
pelbuchhaltung, bin ich näher zu beſtimmen 
nicht im Stande. ' 


Anderſon fagt JI S. 409, er befiße ſelbſt 
das erfte in England gedruckte Buch, worin 
die doppelte Buchhaltung ‘gelehrt worden; es 
fen zu London 1569 in Folio gedruckt ; der 
Verfaſſer heiffe Tames Peele, und fage in der 
Borrede, daß er in diefer Kunft viele Kaufz 
leute'unterrichtet Habe, daß diefe zwar in ans - 
dern Laͤndern ſchon längft gebräuchlich gewes 
fen, aber in England noch gewiffermaaffen 
neu ſey. Man Fan dem Hr. Anderfon zus 
frauen, daß er den Unterfchied zwifchen der 
einfachen und doppelten Buchhaltung kenne; 
inzwiſchen führt er nichts an, woraus man 
fihlieffen fan, daß Peele die letztere, nicht die 
erftere gelehrt habe, Denn was er von Cre-' 
dit und Debet fagt (welches in der teutſchen 
Meberfeßung, ſo wie manche andere gute Anz’ 
merkung, ausgelaffen ift), beweiſet nichts, 
da es auch auf die einfache Buchhaltung paſ⸗ 
fer. Ich finde diefen Peele nicht in des Ames 
a rer antiquities; wohl aber daſelbſt 
och einälteres Bird) vom Buchhalten, Naͤm⸗ 
ih ©. 410 wird folgendes genant: A briefe 
inftrattion , and maner how to Keepe bookes’ 
“ur 44 of 


: | \ 
s 1.Dons Jtelienifchen Buchhalten. 


of accompts afterthe order of debitorandere- _ 
ditor, and as well for proper accompts par- 
tible, &c. By three bookes named, the me- 
moriall, journall, and leager. Newly aug- 
mented and fet forth by Iohn Mellis, fchole 
. maifter. London 1588. ı2. Mellis fol in 
der Vorrede fagen, daß er nur: der zweyte 
Ze dieſes Buches fey,. welches der 

ſchulmeiſter Hugh Oldeastle ſchon 1543 zu 
London habe drucken laffen. Ich wolte doch 
wohl aus dem Titel, vornehmlich aus den 
dreyen darin genannten Handelsbüchern, vers 
muthen, daß in diefem Werke ſchon die wahs 
re Doppelbuchhaltung gelehrt ſey. ine ans 
dere Yusgabe, wie es feheint, ift von Ames 
©. 261, aber auch vom Jahre 1588 in 8, 


5 


angeführt, 


Das ältefte deutſche Buch von der Doppel 
buchhaltung, was mir noch zur Zeit befant ges 
worden iſt, hat folgenden Titel: Kin Teutſch 
verſtendig Buchhalten für Herren oder 
Geſellſchaffter inhalt welliſchem pro- 
ceß, des gleychen vorhin nieder jugent 
ift fürgetragen worden , noch in drück. 
kummen, durch Joann Götlieb begeiffen 
vnd geftelt, Darzu erlich vnterricht für 
Die jugent vnd andere, wie die Poften ſo 
auß teglicher handlung flieffen vnd fürs 
fallen, follen im Jornal nach Eönftlicher 

vnd 


. Vom Pealienifchen Süchbalten. 9 


vnd Suchhaftifcher art. gemacht, einges 
fchrieben, :ond nach malß zu Buch ges 
pracht werden. Cum Gratis er Privis 
legio. Laus deo. 1531. Jarn. Am Ens 
de ficht: Gedruckt zu Nuremberg durch 
SridrichenPeypus. Ich habe diefes Buch 
aus unferer Univerſitaͤts Bibliothek vor mir, 
Es beficht aus fechftchalb Bogen in Quark 
In der Vorrede nennet fi der Werfaffer: 
Burger in Nuremberg, und fagt, er wolle 
liefern: “ein Puchhalterifche manier oder mus 
„fer ſo Teutſch verftendig und unvertundelt; 
„deßgleihen vorhin nie in druck kummen.“ — 
Alfo ſcheint er fein Buch felbft für das erſte 
feiner Art in Teutſchland gehalten zu haben, 
Nach der. Vorrede folgen einige DBenfpiele, 
wie man Poften. in das Jornal tragen fol, 
wenn. man 3.8. bares Geld empfangen, wenn 
man Waaren um bares Geld oder auf Zeit 
eingefauft oder verfauft hat, u. ſ w. Ich 
will ein Par Benfpiele abfchreiben, er 
“So ich umb pargele kaufff. 
“Macs hab ich Faufft || Wmb pargelt von 
H .. F. 2 flücf wegen lauter 1194 Ib, den 
„centner p. 14 Ftfu. — — 
| “&o ih umb pargelt verfauff. 
| “Adi 4 Ditto. 
Pargelt hab ich empfangen. von NN, |} 
„für vnz golt. 
„2 1n vnz mettel golt p m — | 
A5 Her⸗ 


, 80... Dom Jealienifchen Büchhalten, 


Hernach folgt: Jornal oder: teglich 
buch, In diefem: iſt ſchon, ſo wie jetzt ge⸗ 
braͤuchlich iſt, auf jeder Seite linker Hand 
vor der Linie, uͤber einem horizontalen Strich, 
die Seite des Schuldners im Hauptbuche, 

und unter dem Striche die Seite des Glaͤu⸗ 
bigers oder mehrer Glaͤubiger beygeſetzt wor⸗ 

den. Naͤchſtdem folgt: Schuldbuch ſampt 
ſeinem Guͤtterbuch. Das Schuldbuch ent 
hält allein. die. Conti der Perfonen‘, und zwar 
zuerſt Conto des. Kaufmanns ,. doch noch nicht 
unrer. den verfchiebenen jetzt gebrätchlichen Ti⸗ 
teln: Eapitalconto und Caſſaconto; fondern 
bier: ift nur das bare Geld, was der Herr zur 
Handlung eingelegt hat, verrechnet, ohne bes 
fondere Ueberſchrift. Der erſte Poſten der 
linken Seite heißt deswegen: : 
Pargelt hab ich empfangen abi .17 Junii 11 
Bon mir Hans Gotlieb, — — a car⸗ 
| „ha — — 

De erfte Posten der rechten Seite ift: | 
“Pargelt hab ich aufgeben adi 18 Junit | | 
*fuͤr wax · acartha — — 
Auf jeder Seite ſind linker Hand zwo Li⸗ 
nien gezogenz- vor der erſten ſteht die Seite 
des Jornals, vor der andern der Tag; rech⸗ 
ter Hand ift vor den Geldlinien. eine andere 
Wogen wo, for:wie noch uͤblich iſt, die 

eitenzahl des Debitors oder des Creditors 
angeyeigt iſt. ur diefem Schuldbuche folge 
das 


Dom Teslienifchen Buchhalten. zı 


das wahr oder Gütterbuch.. Alfo hat der 
Berfaffer. die Waarenconti von den Conti dir 
Derfonen ganz getrennet. ' 


Daß bier. die wahre Doppelbuchhaltung 
gelehrt ift, if gewiß. _ Zum Beweiſe wii 
ich folgendes beybringen, Der Kaufmann 
hat Wachs fr bares Geld vom Görg Finger - 
gekauft. Dieß fiche erfilih unter Rechnung 
des Kaufmanns, oder unter Caffacohto im 
Credit; zweytens unter Wachsconto in Des 
bet, u. ſ. w. Das Saldiren und Bilaneis 


ven hat Gottlieb nicht gelehrt; man findet . 


bier nicht Gewinn: und Verluftconto, nicht 
Bilanzconto. Er entſchuldigt ſich desfals 
damit, daß ſich ſolches fuͤr die Jugend nicht 
deutlich genug. ſchriftlich vortragen laſſe; da⸗ 
her er es dem mündlichen Unterrichte vorbe⸗ 
halten wolle. Ich will die eigenen Worte 
einruͤcken; fie gefallen vielleicht manchen iwes 
gen ihres: kraftvollen Ausdrucks. "Nun fol 
„ich weyter für- die jugent anzengen twie man - 
„diſe vnd ein yegliche rechnung abfertigen, 
„beſchlieſſen und probiren fol, vnd den: refl, 
„er fey am parmgelt, ſchulden, gegenſchul⸗ 
„den oder an wahre in ein newe Rechnung 
„tragen, das iſt, rechnung auff rechnung fuͤ⸗ 
„ten, und die newe, recht und foͤrmlich wi⸗ 
der anfahen, vnd endlich: wie man: außzüge 
„machen fol, So wil ſich ſolchs weder bey = 
| jugen 


121. Vom Italieniſ⸗ chen Suchhalten, 


„iugent — bey: andern one augenſcheinliche 

„zeygung vnd werckung nicht wol bilden noch 
„Pflanzen laſſen.“ — — Daß uͤbrigens die 
Doppelbuchhaltung ſchon damals in Teutſch⸗ 
laand ſehr üblich. geweſen ſeyn muͤſſe, ſieht man 
daraus, daß ſchon Gottlieb gegen vierziger⸗ 
ley Veraͤnderungen derſelben kante, wobey er 
ganz richtig verſichert, daß wer einmal die 
Grunde diefer Nechnungsart begriffen haͤtte, 
alle folche kleine Abänderungen, ohne weitere 
befondere Anweiſung,  verftehen fönne, Er 
zuͤrnet auf diejenigen, welche ihre Schrlinge 
. dur handwerfsmäßig anführten ‚ und fie alſo 
nicht in den. Stand feßten, in neuern Fallen 
ſelbſt Regeln zu erfinden. 

Maͤchſt dieſem angezeigten ſeltenen Werk⸗ 
chen iſt das aͤlteſte folgendes, welches mir 
aber nur dem Titel nach, bekannt iſt: Johann 
Neuwdorffers fehönes vnd allen Han⸗ 
delsleuten nüsliches Kunſtſtuͤck, vom 
Buchhalten vnd der Raufmannſchafft: 
Jetzund aber durch Caſpar Brunner, Re⸗ 
chenmeiſter zu Augspurg gemehrer, in 
Teutſche Reimen verfaßt, auch durch 
angeben vnd verlag, mit Jobſt Ammans 
Kunſtreiſſers zu VNurnberg Handt, in 
ein holdſelige, lebendige Sigur gebracht, 
vnd endlich zu männigliches: Nutz 
in. Holzſchnid vnd Truck er 
Ä Augspurg 1585. 

s 


a. Vom Italieniſchen Buchhalten. ı3 


Es iſt in Wahrheit merkwuͤrdig, daß 
ſchon am Ende des ſechszehnten Jahrhunderts 
jemand den Einfall gehabt hat, die kaufmaͤn⸗ 
niſche Weiſe Buch zu halten, beym Kammer⸗ 
weſen oder bey den Cameralrechnungen anzu⸗ 
wenden. Anderſon erzaͤhlt, er beſitze ein klei⸗ 
nes Werk in Folio, welches der beruͤmte Si-⸗ 
mon Stevin im Fahre 1602 franzoͤſiſch zu 
Leyden unter folgendem Titel herausgegeben 
habe: Livre de compte de prince & la maniere 
d’Italie: en domaine et finance extraordinai+ 
fe. — Contenant ce en quoi s’eft exerce le 
tres illuftre, tres excellent prince et feigneug 
Maurice, prince d’ Orange &e. Ich bedaure 
es fehr, daß ich diefes Buch noch nicht habe 
auftreiben koͤnnen. Ich finde davon nicht die 
geringfte Nachricht bey denen, die von des 
Prinzen Mauritz und Stevins Leben und 
Schriften gehandelt Haben, nicht in des. Bayle 
dietion. hiftorique, nicht in Andreae biblio- 
theca Belgica‘, nicht in Swertii Athenis Belgi- 
eis, nicht in Voſii Buche de feientüs mathe: 

matieis, auch nicht in des Girard franzoͤ⸗ 
ſiſcher Ausgabe von Stevins Werken. 


Stevin hat, wie Anderſon erzählt, bes 
hauptet, ſchon die Roͤmer hätten die Kunſt 
Buch zu halten, verſtanden. Ich gebe gern 
zu, daß aus des Plinius Worten B. 2 K.7 
nach Harduins Ausgabel ©, 73: Fortunae. 

omniıa 


14 1. Vom Italieniſchen Buchhalten. 


omnia Expenſa, huic omnia feruntur Accepta, 
et in:tota rätione mortaliam fola utramquq 
pagiram facit; imgleichen daß auß den Kunſt⸗ 
woͤrtern: tabulae accepti et.expenfi; nomina 
translata in täbulas u. ſ. miierhelle, daß die 
Roͤmer Eredit und Debet in ihre Bucher auf 
zwo verfehiedene Seiten eingetragen habenz 
aber unerwiefen und unwahrſcheinlich deucht 

mirs doch, daß ſie die weit kuͤnſtlichere dop⸗ 
pelte Buchhaltung mit den verſchiedenen Con⸗ 
ti über Effecten, Geſchaͤfte u. ſ. w. nebſt der 
Einrichtung, dieſe Conti durch einander und 
duch den Bilanz-Conto zu ſaldiren, ſchon 
ſolten gekant haben; auch waren die Geſchaͤfte 
der Kaufleute aͤlterer Zeiten, da keine Wech⸗ 
ſel, Wechſelcurſe, Aſſecuranzen, Redereyen 
waren, noch nicht ſo mannigfaltig und ver⸗ 
wickelt, daß ſie eine ſo ſehr zergliederte Berech⸗ 
ng hätten fan follen.. 


Mer fih um die Cameralwiſſenſchaft * 
Fünmert, weis, daß man feit 18 oder 20 
Jahren in Wien angefangen hat, das Kam⸗ 
merrehnungswefen, welches in.nenern Zeiten 
in groffen Staten eine ungeheure Ausdehnung 
befommen. hat, vortichmlich, durch Anwen⸗ 
dung des Faufmännifchen Buchhaltens zu ver⸗ 
beſſern. Wir haben diefer. Unternehmung’ 
ſchon viele meiftens theure Werfe, die zu Ans 
— beſtimt ſind, zu danken. Einige 


ſind 


2. Dom ealienifchen Buchhalten. 15, 


find von Hre Hofrath Puchberg, andere von 
Hr. Julian, Prieſter der frommen Schulen, 
von Hr. Adam von Heidfeld und andern, 
Eine kurze Erzäßlung von diefer Bemühung 
und von dent dadurch veranlaſſeten Schriften 
findet man in Klipſtein Grundſaͤtze der 
Wiſſenſchaft Rechnungen einzuri 
Leipzig 17788 *5 auch in der Vorrede zur dem 
bon Hr. Klipſtein nicht angefuͤhrten Werken: 
Grundhaͤtze der Rechnungoewiſſenſchaft 
auf das Privatvermoͤgen angewendet. 
Wien 1774, Fol. wovon /ich noch nur den er 
fen Theil beſitze. Stevins oben angezeigtes 
Werk beweiſet, daß dieſe Unternehmung.nicht 
anz neu iſt, und daß dasjenige, was man inden 
enkwuͤrdigkeiten von: Wien (1777..8) 
Seite .zro sbiefer: „Graf Zinzendorf: iſt der 
„Urheber und Beſchuͤtzer der vortreflichen Er⸗ 
„findung von der Anwendung der Serittura 
„doppia im Finanzweſen und der Oefonomie,S; 
einige Einſchraͤnkung leider. Der 


2* 42 — arts i 

— 
nr: a2 " n » — — 1 
Pe » #4 — — * ns — 


a - 


16 . =, Odometer, Wegmeſſer. 





2, 
Ddometer, Wegmerffer. 


dometer, Pedometer, Wegmefler, Schritt 
sähler, heißt ein Werkzeug oder Raͤ⸗ 
derwerk, womit die Schritte eines Fußgaͤn⸗ 
gers, oder die Umlaͤufe der Räder eines Fuhrs 
werfs gezähler, und alfo die zurückgelegten 
Wege gemeflen werden koͤnnen. Schon Dis 
truv har ein ſolches im 1aten Kapitel deg 
schnten Buchs, für einen Wagen, und, nad) 
feiner Meynung, für ein Schiff, angegeben, 
Elende Zeichnungen, melde nichts ’erläutern, 
findet man in verfhiedenen alten Ausaaben 
und Ueberſetzungen, 5. B. in der italienifchen, 
woraus fie auch in die deutiche durch D. Gual- 
therum H. Riuiüm, medic; et mathem. Bas 
fel 1575, Fol. * gefommen: ſind. Tulins 
Capitolinus erzählt in der $ebensbefchreibung 
des Kayſers Pertinar, daß unter den verfaufs 
ten Sachen des Kayſers Commodus gewefen 
wären: vehicula arte fabricae nova perplexis 
diverfisque rotarum orbibus et exquifitis fedi- 
Jibus, nunc ad folem diclinandum, nunc ad 
fpiritus opportunitatem per vertiginem; et 
alia iter metientia horasque monftrantia. Ob 
unter den legten Worten Schrittzähler zu en 
re ſtehn 


2. Odometer / Wegmeſſer. 17 


ieh ſeyn, moͤchte wohl nicht: mir Gewißheit 
auszumachen ſeyn. Inzwiſchen iſt doch das 
bey auch dem Gafaubonus ein Schrittzaͤhler 
eingefallen. Habes, ſagt er, apud Vitruvium 
in horologiorum fabrica, penfilia, viatoria et 
anaporica; ſed quae non multum huc fa- 
eiant. ©. Fiflorise auguſtae feriptores. Pariſis 
1020. fol. * P. 56, und in den Anmer⸗ 
kungen S. 100. Man hat hernach von die⸗ 
ſer Erfindung mancherley Veraͤnderungen und 
Verbeſſerungen angegeben, wovon ich hier 
einige, ‚die mir bis jetzt bekant geworden find, 
nennen will. J a 
ir ce 3 - * 
Der beruͤhmte Johan Fernel, Leibarzt 
der Koͤniginn Catharina von Medicis, maß 
im Jahre 1550 mit einem ſolchen MWerfjeuge 
einen Grad des Meridians von Paris nach 
Amiens. Er fand ihn 68096 geometrifche 
Schritte oder ungefähr 56747 Toifes groß ; 
das iſt, um 303 Toifes fürzer als ihn Dicard 
gefunden hat, oder um 130 Toifes nach der 
neuern Meſſungen. Da, nad) letzteren zu urs 
theilen, Picard felbft ſich bey feinen mathe⸗ 
matiſchen Meſſungen, mit Beyhuͤlfe der neuern 
Aſtronomie, um 123 Toiſes geirret har, ſo 
iſt in der That zu verwundern, daß Fernel 
der Wahrheit mit einem ſolchen Werkzeuge fo 
nahe gefommen iſt. So viel id weis, ift 
aber die Einrichtung deffelben nicht mehr bes 
; B kant. 


1 


ig =3-Böömeter,: Wegmeſſer. 


Fant. Ich harte Recht, eine Nachriche'dak 
von in dem Werft, worin Kernel feine Mep 
füng befchricben: hat, zu erwarten. Joarinis - 
Ferneli, Ambianatis, Cosmotheoria,, libros 
duos complexa, *Parifis 1528, fol. *; aber 
da finde ih in Libri primi capitis primi ſeho- 
kis nichts weiter als folgende Worter “nee 
„vulgi fupputatione-fatiatus, vehiculum, quod 
„Parifios recta via petebat, confeendi, in &6- 
„que refidens tota via 17024 fere rotae-cind 
„cumvolutiones collegi, vallibus et montibus 
„ad aequalitatem quoad facultas’ noftra fer&® 
„bat, redattis. Erat autem rotae diames 
„ter — —. Mehr liefee man au nicht 
hievon in Eratosthenes Batavus de terrae am- 
bitus vera quantitate a Willebrordo Snellios 
Lugduni Batav. 1617. 4 * pag 113; meh 
auch nicht in: Geographiae et Hydrographia® 
reformatae libri duodecim,, auftore /. B. Rit- 
ciolio. Bononiae 1661 fol. *-p. 152, wo 
Doc) des Fernel Meffung beurtheilt ift. Aber 
in Almagelti novi parte pofteriori tomi primi- 
Bononiae 165 1. fol. * fagt eben diefer Italie⸗ 
her Scite 589, Fernel habe feinen Wagen 
fo eingerichter gehabt, daß ein Hammer durdy 
Shläge auf eine Glocke die Umläufe des Nas 
des angedeutet hätte: “ Praeparato vero iam 
„curru cum rota quadam cuius revolutiontes 
„fingulae fingulis tympani ictihus numeratas 
„iter Parifiis rectum verfus Boream docerentj; 


„per⸗ 


2. Odometer, Wegmeſſer. 19 


„pervenit“ — —. "Woher der Jeſuit dieſes 
‚gewußt hat, Fan ich nicht beitimmen; 


"Am befanteften. ijt vielleicht der Odometer 
‘geworden, den Kevin Aulfius befchrieben 
hat, unter dem Titel: Vierdter Tractat der 
mechenifchen Inſtrumenten Zevini Hulfi. 
Gründtliche Befchreibung deß Dienft« 
hafften vnnd Nutzbaren Inſtruments 
Niatorii oder Wegzaͤhlers — — Frankfurth 
am Mayn 1015. 4. *. Dieſes Werkzeug 
nebſt einigen andern findet man auch beſchrie⸗ 
ben und abgebildet in Leupolds theatri ma- 
:chinarum fupplemento. $eipjig 1739. fol. * 
S. 12. Weil Hulfins diefes Werkzeug Viato- 
rium nennet, fo. fönte man leicht verleitet 
werden, die Befchreibung deffelben in folgen« 
dem Werfe zu ſuchen: Deferiptio viatorii, et 
compaflus five horologii folaris — — per 
Zivinum Flulfum. “ Noribergae 1597 in Sea 
dez Aber darin findet man nichts davon, 
fondern diefes. Büchlein ift ein Meilenzeiger 
oder Poftzeiger, in. dem man die Wege von 
einem Orte zum-andern, die Namen der Ders 
ser und ihre Entfernungen von einander ans 
gegeben finder. Einen: ſolchen Meilenzeiger 
har ſchon Sebaſtian Muͤnſter ausgearbei« 
tet, der von Dryander 1544 zu Marpurg 
werbeffert : herausgegeben iſt, und aͤhnliche 
Werke haben ar ex MWinzenberg 
241 2 


(curſo- 


20.2. Ddometer, Wegmeſſer. 


(curſorum praefeltus, Poftmeifter) 1559 3u 
Dresden, Georg Meyr 1563 zu Augsburg, 
Sieronym. Veſſel 1589 zu Leipzig geliefert; 
doch moͤgen wohl die italieniſchen Buͤcher: Li 
poſte per disverſe parti del mondo, noch 
aͤlter ſeyn. a Ba 


Bions mathematifche Werkfchule, ver⸗ 
mehrt von Doppelmayr : vierte Auflage, 
Muͤrnberg 1741 in 4 * 1. ©, 99 beſchreibt 
‚ebenfals einen Scrittzähler, und ruͤhmt zw 
gleich die neue Erfindung eines Sauveur. 


In Jahre 1724 hat Meynier einen neuen 

Odometer der Parifer Akademie vorgelegt, wo⸗ 
von man eine -Fleine Nachricht ohne Zeich⸗ 
nung in Hiftoire de P acadé ͤmie, annce 1724 
P. 96. findet, 


Nah ihm verbeflerte Outhier diefes 
Werkzeug; auch diefe DBerbefferung iſt in 
"Hiftoire de l’academie, 1742 p. 145 ohne 
Zeichnung beſchrieben. Aber ‚die vollftändige 
Beſchreibung nebft der Zeichnung: ift nun.bes 
Fant gemacht worden in: Machines et'inven- 
'tions approuvees par T'academie. "Tome 
feptieme. Paris 1777. 4 P. 175: | 


- Eine Befchreibnng, nebſt einer kleinen 
unzulaͤnglichen Abbildung. eins Schrittzaͤh⸗ 
—J lers 


2; Odometer, Wegmeflers er. 


lers findet man auch in Encyclopedie XI. p. 
350, Artifel Odometre. Die dazu gehörige 
Zeichnung ſteht im fünften Bande der Kupfer, 
oder in quatriemeTivraifon, unter dem Artikel 
Arpentage. Tab. 2. fig. 23. Derfelbige Ars 
tikel ift auch in der unter des Selice Auffiche 
verdorbenen Ausgabe diefes groffen Werfs beys 
behalten worden; nur hat man am Ende ein 
Stuͤck weggelaſſen. 


Zu den neueſten und vielleicht vollkommen⸗ 
ſten Erfindungen dieſer Art gehoͤrt diejenige, 
welche ein Kuͤnſtler in Berlin, Mamens Hohl⸗ 
feld angegeben hat. Eine kurze Nachricht 
davon: lieſet man im Hamburgiſchen Ma⸗ 
gazin IX. ©, 2185 eine ausführliche Bes 
ſchreibung ift mir noch nicht vorgefommen ; 
aber aus des Hrn. Profeffors Bernoulli Reis 
fen durh Brandenburg, Pommern — — 
Erfter Band, Leipzig 1779. 8. S. 33 weis 
ih, daß ein Modell diefes Werkszeugs in der 
vortreflihen Samlung des verehrungswürdis 
gen Herrn Grafen von Podewils zu Guſow 
vorhanden iſt. Der Erfinder ift ein Mann 
von fo feltenen Gaben und fo groffen Vers 
dienften gewefen, daß folgende Nachricht von 
feinem Leben und feinen Schieffalen vermuth⸗ 
lich vielen angenehm feyn wird. Sie ift von 
Hr. Muͤller, Profeffor am Joachimſchen 
Gymnaſium in Berlin: oufgefegt, und mir 

in 83 von 


22: 2. Ödometer, Wegmeſſer. 


von dem Hrn; Doctor Bloch in Berlin mit⸗ 
getheilt worden, | 


\ Hohlfeld war 11 au ui: im 
Saͤchſiſchen Gebürge gebohren. Seine Aels 
‚ teen waren. gemeine Leute. Er erlernte in 
Dresden das Pofamentir- Handwerk, und fehon 
damals äufferte ſich fein Trieb zur Mechanik 
durh Verfertigung allerley Uhren. Von 
Dresden Fam er als Pofamentir: Gefel nah 
Berlin. Weil er ein befonders guter Arbeiter 
war, und allerley Mafchinen zu Abfürzung 
der Arbeit erfand, fo.blich ihm Zeit genug 
übrig, feinem Hang zur Mechanik zu folgen, 
und er verfertigte auch dort, ‚neben feiner Bes 
rufsarbeit, Windbuͤchſen und Uhren. 


Im Jahre 1748 ward er mit dem be⸗ 
ruͤhmten Hrn. Sulzer bekant, und. dieſer ver⸗ 
anlaſſete bald hernach die Erfindung der Ma⸗ 

ſchine, die Spielnoten vom Clavire abzu⸗ 
zen ‚, oder des Motenfegers, den Hr. von 

Unger zuerft erfunden, Hohlfeld aber, nad) 
einer. fehr unvollftändigen Nachricht, nad 
feinen eigenen Ideen zu Stande brachte, 
Diefe Maſchine befi ist gegenwärtig. die Afas 
demie der Wiffenfch, in Berlin. Hr. Sulzer 
hat eine Zeichnung davon gegeben, wornach 
fie vor kurzem in. England nachgemacht iſt. 
Diefe finveiche Maſchine fand den Beyfall * 


2. Odometer, Wegmeſſer. 23 


fer, Kenner, ob ihr gleich zur. aͤuſſerſten Voll⸗ 
kommenheit noch verſchiedenes fehlt; aber 
niemand fand ſich, der dem Kuͤnſtler dafuͤr die 
Muͤhe und Koſten erſtatten wolte. | 


"Ungefähr ums Jahr 1756 nahm der för 
nial, Preugifhe Staatsminifter, Graf von 
Dodewils auf Gufow ihn in feine Dienfte, 
hauptſaͤchlich um in dem prächtigen Guſow⸗ 
ſchen Garten Wafferfünfte anzulegen. Dort 
erfand er auch) feine jege befante Drefhmühle, 
und eine andere Mühle, Hexel in groffer Mens 
ge zu fehneiden. Beſonders zeichnete er feine 
Erfindungsfraft aus, in Berfertigung einee 
Maͤſchine, die man an einer Meifefutfche bes 
feſtigen fan, um damit die Umgänge der Raͤ—⸗ 
der zu zählen. Man hatte zwar dergleichen 
Werkzeuge, aber die ſeinige gieng von allen 
andern diefer Art voͤllig ab. Als er diefe Mas 
ſchine durch einen Brand- verlehr, erfand cr 
eine noch einfachere, welche zwifchen zwo 
Speichen eines Rades angefchnallet wird. 
Das Urſtuͤck beſaß Hr. Sulzer, und hat es 
auf feiner Reife gebraucht, und bewährt ge 
funden. | 


Als im Jahre 1765 der jeßige Herzog, 
damals Erbprin; von Eurland, fich eine Zeitz 
lang in Berlin aufhielt, fuchte diefer Prinz 
den Hohlfeld, mir Anbiethung eines Gehalts 
— | 84 von 


| 24 2 Odometer, Wegmeſſer. 


von 800 Reichsthal. nach Curland zu ziehen; 
aber der begnuͤgſame und feinen Freunden er⸗ 
gebine Mann wolte aus bloffem Eigennutz 
nicht Berlin verlaffın; inzwifchen hatte diefes: 
die Folge, daß er damale ein Gehalt von 150 
Thal. vom Könige erhielt, 


Auſſer den angeführten Kunſtwerken ver⸗ 
fertigte er bey Gelegenheit, viele nuͤtzliche 
Modelle; unter andern einen Webeſtuhl zu 
façonirten Zeugen, wobey der Weber keinen 
noͤthig hat, der die Faden zieht, welches Stuͤck 
in der Samlung der Akademie auf behalten 
wird. Ferner gehoͤren dahin ein Schrittzaͤh⸗ 
ler, den man in des Taſche befeſtigt. Ein 
fehr bequemes und dabey einfaches Kranken⸗ 
bett, worin der Kranke, auch bey den gering= 
ſten Kräften, den Oberleib bald höher, bald 
niedriger richten, auch das. Bert in einen 
Stuhl verwandeln Fan. Ein Modell, wors 
nad) jeder Reiſewagen fo einzurichten iſt, daß 
‘der, welcher in demfelben ift, die flüchtig oder 
wild gewordenen Pferde durch einen bloffen 
Druck, mit der Deichfel vom Wagen loslaſ⸗ 
fen kan; diefe beiden Stuͤcke haben fich vers 
lohren. Mafchinen, die ein Licht auf die vers 
langte Zeit auslöfchen; anderer folcher rw 

gern Erfindungen nicht zu gedenfen, 


Alle Maſchinen, die ihm vorfamen, vers 
| änderte und verbeſſerte er “ die einfachefte 
Weife, 


2, Odometer, Wegmeſſer. 25 


Weife. Alle feine Werkzeuge verfertigte en. 
ſelbſt; auch beffertö er fie alle felbft, wenn fie 
fbadhaft geworden waren. Weil ihn aber 
die Erfindung mehr als die Ausarbeitung 
reitzte, fo flickte er die Sachen nur ſo hin, daß - 
niemand als er felbft davon Gebrauch machen 
konte, doc wurden verfchiederie feiner. Vers 
befferungen von den gewöhnlichen Handwer⸗ 
fern auf eine dauerhaftere Weife nachgemachts 
Es verdient angemerkt zu werden, daß er auf 
nichts ſtudirte, fondern wenn fein Geift ges | 
reißt ward, fo ftellete. ſich gemeiniglich auf 
einmal die ganze Erfindung dar; er überfaß 
mit einem Blick Aufgabe und: Auflöfung. 
Eben fo ſchnell erfante er auch, ob ben einer 
Sache etwas heraus fommen würde; und 
war das nicht, ſo ließ er fich durch Feine Bea 
redung, nicht durch Belohnungen darauf eins 
Auf Ehimären verfiel er nie, nicht nach der 
Weife gemeiner Künftler, die weder Erzie⸗ 
Hung noch Unterricht gehabt haben Man 
Fönte zwar fagen, dem Umgange, den Hohle 
feld: mit groffen Philofonhen und Mathemas 
tifern gehabt hat,'fey es vorzüglich zuzufchreis 
ben, daß er nicht auf folche Ausfchweifungen 
gefallen; aber ich glaube, er würde: ſich auch 
ohne diefen Vortheil dawider verwahrt haben, 
Sein ſchneller Blick, der ihn in der Mecha⸗ 
hif leitete, zeigte fih in allen Dingen; man 
- hörte von ihm überall gefunde und eigene Ur⸗ 
on DB 5 theile, 


26 2. Odometer, Wegmeſſer. 


theile, ſo daß man ohne Uebertreibung fagen: 
kan, ihm fen philofophifche. Denkungsart ang: 
gebohren worden. — My je en 


—Was die moraliſche Seite dieſes Mannes. 
betrift, fo unterſchied er ſich auch da von ans; 
dern ſeines gleichen. Obſchon er die Ge 
wohnheiren feines Gefellenftandes nicht ganz’ 
abgelegt hatte, fo. machte doch fein fanftes und; 
Befcheidenes Wefen, daß ihn jedermann gern 
um fic) hatte, und ſich mit ihm abgab. Boll 
Güte war feine Seele, und fein geben ordenta 
lich und mäßig. Da er alle Tage bey gutem, 
Zufeln wilfommen war, fo blieb er doch mehr⸗ 
malen aus Geſchmack zu Haufe, hoblte ſich 
Eßwaaren, kochte ſie ſelbſt bey ſeinem Loͤtofen, 
umnd war bei dieſer Mahlzeit ſo vergnuͤgt, als 
Curius bey ſeinen Ruͤben. In einer Stadt, 
wo alles ſich zu einer fetten Suppe draͤngt, 
war dieſes eine nicht gemeine Erſcheinung. 
Ein ſolches Leben war die beſte Vorbereitung 
zu einem ruhigen Kranken- und Sterbebette. 
Auch hier zeigte fih Hohlfeld als cin Mann, 
der fich von vielen Vorurtheilen frey zu mas 
chen gewuſt hatte. Keine Unruhe, Feine 
Furcht vor der Zukunft quaͤlte ihns nie vera 
langte er nach den gewöhnlichen. Mitteln fie 
zu ftillen. Ein Gemälde, himlifcher Gegens 
den ſchwebte einige Augenblicke: vor dem Tode 
in feiner Phantafie; heitere Ruhe folat. von 
x auſ, 


2. Odometer, Wegmeſſer. 24, 


auf, und dann das Ende: Sein erblaßtes 
Angeſicht war der vollkommenſte Ausdruck 
wahrer Gemuͤthsruhe. 


Er ſtarb in dem ſechszigſten Jahre ſeines 
Alters, im Jahre i1771. Kurj vorher haͤtte 
er das Vergnuͤgen, daß ſich der Koͤnig ſeines 
Bogenclavirs erinnerte, es kaufte, und-in 
eines der prächtigften. Zimmer des neun 
Schloſſes in Potsdam ſetzte. Allein der allzu 
‚groffe Eifer, diefes Kunſtſtuͤck, das er nicht, 
mehr achtete, wieder herzuffelen, war mie 
eine Urſache feiner. legten Krankheit. Dazu 
Fam, Daß er fich, des Verböths feines freund⸗ 
ſchaftli chen Hönners und Arjtes Stable uns 
geachtet, nicht enthalten Fonte, feine Secuns 
den: Uhr zu repariren, die, unter feiner Kranfs 
heit, fchadhaft geworden war. Dadurch ward 
er abgehalten, eine Verſtopfung zu bemerfen, 
die eine unheilbare Entzündung zur Folge hatte, 
Er ftarb in dem Podewilsfhen Hauſe. 





3. Noten: 


.. —— en , 
* 7 4 RENT Tr x 
u. » . ı # » » wei —— y» 








2, 
Motenſetzer, Extemporirmaſchine. 


(Fin Werkzeug, welches alles was auf eis 
nem Klavire,‘ oder ähnlichem muficalis 
ſchen Inſtrumente geſpielt wird, von feldft in 
Noten fest. Keil‘ deffelben in vorigem Arti⸗ 
kel gelegentlich gedacht iſt, fo will ich kurz 
die Geſchichte diefer Erfindung, ſo weit fie 
mir bekant iſt, hier beyfügen, und zwar um 
deſto lieber, da fie unfern $andsleuten gehört, 
und Ausländer fich ſolche zueignen wollen, 


Wahr iſt es, daß, fo viel man noch zur 
Zeit weis, ein Engländer zuerft einen Vor⸗ 
ſchlag zur Erfindung eines ſolchen Werkzeugs 
befant gemacht dat. Nämlich im März 1747 
ſchickte John Freke der Geſellſchaft der Wifs 
ſenſchaften in London einen Aufſatz eines eng⸗ 
liſchen Geiſtlichen, Namens Creed, welcher 
in Philoſophical transactions vol. 44. P. 2. 
n.483 p-446 unter folgendem Titel abgedruckt 
ift: A demonftration ofthe poflibility of ma- 
king a machine that fhall write extempore 
Voluntaries or orther pieces of mufic, as faft 


NE En a5 


33 Motenſetzer. 25 


as any inäller fhall.be able to play themi’@pon | 
an. organ; harpfichord &c 'adit that in a che 
' talter moro natural and intelligible, and mo⸗ 
te expreflive ‚ofiall the. varieties thofe inftrul 
ments ar capable of exhibiing; than the'cha: 
satter noWin uſe. Man’ finder ihn auch in 
Martins abfidgment vol:'i6 p: 266. "Aber der 
Engländer hat: nur ganz kurz die Moͤglichkeit 
einer ſolchen Mafchine wahrſcheinlich zu ma 
Ken geſucht, ohne die Mittel zur Ausführung 
volftändig felbft -erfunden zu haben. Nur 
drey oder vier Zeichnungen find beygefuͤgt 
worden, wornach fein Künftler, wenn er 
nicht ein Hohlfeld ift, das Werkzeug verfers 
Kigen int 00. 0 ee, 


Ohne von dieſem unvolftändigen Vor— 
ſchlage eines Ausländers das geringfte zu wifs 
fen, verfiel Hr. Johann Sriedrich Unger, 
damaliger Sandfyndifus und Burgermeifter in 
Einbed, der durch verfchiedene gelchrte Schrif⸗ 
ten befant ift, im Jahre 1745 auch auf dies 
fen Einfall; aber wegen vieler andern Ges 
ſchaͤfte machte er erft im Jahre 1752 dariiber 
einen Aufſatz, und ſchickte ſolchen, nebſt Zeich⸗ 
nungen, an die Berliner Akademie der Wiſſen⸗ 
ſchaften. Diefe billigte die-Erfindung fehl" 
welche auch bald in verfchiedenen Zeitungen ges 
ruͤhmt ward; dennoch wärd' die Veſchreibung 
nicht gedrucfkt... 7 
Weni⸗ 


30 3 Notenſetzer. 


Wenige Tage nachdem Hr. Suler den 
Aufſatz des Hrn. Ungers der Akademie vor⸗ 
geleſen hatte, erzaͤhlte Hr. Sulzer von dieſer 
Erfindung dem Hrn. Hohlfeld, und beredete 
ihn ſich zu bemuͤhen, eine ſolche Maſchine 
ebenfals zu Stande zu bringen. Ohne Herrn 
Ungers Aufſatz geleſen, und ohne deſſen Zeich⸗ 
nungen geſehn zu. haben, verfertigte dieſer 
groſſe Kuͤnſtler in ein paar Wochen ein ſolches 
Werkzeug, da hingegen Hr. Unger es ſelbſt 
noch nicht, aus Mangel eines Kuͤnſtlers, hatte 
zu Stande bringen laſſen. 


Des Hrn. Ungers eigene, Befchreibung feis 
ner Erfindung ift im Jahre 1774. zu Brauns 
ſchweig auf 73 Bogen in Quark, nebft 32 Bos 
gen Kupfer, unter folgendem Titel- einzeln 
gedruckt worden: Entwurf einer Mafchine, 
wodurch alles, was auf dem Clavier geſpielet 
wird, ſich von ſelber in Noten ſetzt; im Jah⸗ 
re 1752 an die. k. Akadem. der Wiſſenſch. zu 
Berlin eingeſandt, nebſt dem mit dem Hrn. 
Diretor Euler darüber geführten: Briefwech⸗ 
ſel, und einigen andern dieſen Entwurf bes 
treffenden Nachrichten, von J. 8. Unger, 
Hochfuͤrſtl. Braunſchw. Süneb, Hofrarh und 
erfien geheimen Seeretait. u... 
- ‚Die: Mafchine ‚des Hrn. Hohlfeld hat, 
erſt nach deffen Tode, Hr, Sulzer beſchrieben 
02 in 


, 


— 


| 3. Motenſetzer. 63 


in Nouveaiix miemoires de hacadémie à ‚Ber- 
lin. Année 1771 ©. 533, nebſt einem: Bo⸗ 
gen Kupfer: Defeription Vuninſtrument fait 
pour noter -les:ipieces .de’mufigue, A’mefure 
qu’on les esecute;fur les clavecins.. Hr. Sul; 
zer merfe dabey an, daß Hohlfeld nichts von 
dem, was ſchon Hr. Unger erfunden, hatte, 
angemender habe, und daß auch, bende Erfins 
dungen darin: voneinander ‚abweichen, da; 

. Hr. Ungers Notenſetzer mis dem Clavir rich 
nur ein Stuͤck ausmachen fol ;-da. hingegen 
Hohlfelds Mafchine an eine jede Art Elavir 
ohne Unterſchied angebracht. werden kan. 
Als Hr: Burney in Berlin war, lernte er 
Hohlfelds Maſchine duch Hr. Marpurg 
kennen, und war ſo unartig oder ungerecht, 
in feinen muſtkaliſchen Reifen, nach der deut⸗ 
ſchen Ueberfegung im zten Theile S. 158.44 
fagen, es fen eine englifhe Erfindung, und 
man fände fie ſchon hinlaͤnglich in: den Trangs 
actionen beſchrieben. Dieſe Unwahrheit: hat 
Hr. Unger voͤllig widerlegt. Ohne ſeine 
Gruͤnde zu wiederholen, will ich ihm nur fol⸗ 
gende Worte abborgen: “Wie Fan Burney 
„verlangen, daß unfer geſchickter deutſcher 
„Hohlfeld nur fo lange alleiniger Beſitzer der 
„Ausführung bleiben fol, bis folche ein Eng» 
„länder dadurch mir ihm theile, daß er feines 
„sandsmanns Ereeds Entdeckung eben fo gluͤck⸗ 


R lich 


33 3. Notenſetzer. 


Zlich ins Werk ſetzt? In diefer Behauptang 
finder ſich eben fo wenig Richtigkeit in Der 
>, Solgerung; ‘als wenig Ehre für die Englis 
Iſche Nation, und die Engliſchen Kuͤnſtler. 
Bey” der groſſen Achtung,‘ in welcher die 
Muſik in England fteht, bey. der Srengebigs 
zfeit der Brittiſchen Groffen, und bey der 
WBereitwilligkeit Feine Koſten zu fparen. wenn 
Jirgend eine nuͤtzliche Erfindung zur Wuͤrk⸗ 
Jlichkeit gebracht werden fol, die der engli⸗ 
Iſchen Narion fo eigen ift, muß man ſich doch 
„billig verwundern, daß ſich die Engliſchen 
„Künftler durch einen deutfchen Poſamentix⸗ 
„gefellen zuvorfommen laffen. Unferm Ho l⸗ 
Ffeld bleibe alſo ohne Widerſpruch und auf 
„ewig die alleinige Ehre, daß er nach einer 
Zdeutſchen Erfindung auch die Ausführung 
„geleiftet. Wir Deutſchen koͤnnen ruhig er⸗ 
Zwarten, ob Burney einen engliſchen Kuͤnſt⸗ 
„ler finden werde, der die Maſchine nad) ſei⸗ 
„nes Landmannes Creed Angabe ebenfals ing 
„Werk ſetzen werde. ee FF 


‘ j — — — * 


4J * 
4 
er 


we 6 Btanterbein; 33 
| en . | 4 9 | | 
Brantewein. 


De Erfindung des Branteweins gehoͤrt 
gewiß zu denen Erfindungen, welche 

die mannigfaltigſten und groͤßten Wuͤrkungen 
gehabt haben; ſo wie die Erfindung der 
Schreibkunſt, des Geldes, des Schießpul⸗ 
vers, der Magnetnadel, der Buchdruckerey. 
Sie har neue Kuͤnſte und Gewerbe hervorge⸗ 
bracht, viele alte erleichtert, verbeſſert, ers 
weiter, Sie hat den Naturforſchern ein 
neues Unterfuchungsmittel der. Eigenfchaften 
vieler Körper gegeben. Sie har heilfame Arzs 
neyen geliefert, aber auch wohlſchmeckende 
Getraͤnke, die, unter dem verfuͤhreriſchen Na⸗ 
men der Lebenswaſſer, wie langfame Gifte, die 
Sefundheit. aufteiben, und Wahsthum und 
Sehen der Menſchen verfürzen, Sie iff eine 
Duelle von Laſtern geworden, welche ſich mie 
ber Aufflärung. über alle Welttheile zugleich 
berbreitet. _ Sie har den Fürften eine Einnah⸗ 
me, und den Unterthanen eine betriegliche 
Erſpahrung der Lebensmittel und den Euros 
paͤern überhaupt ein Mittel mehr zur Anlok⸗ 
kung, Entkraͤftung, Wabcuuns und Unter⸗ 
wer⸗ 


3444 Dtantewein, 


werfung wilder Nationen gegeben: Eine ſol⸗ 
che Erfindung verdiente wohl eine Geſchichte. 
Mer fie einmal volftändig liefern, will, wird 
mit der Gefchichte einer der vornehmften chemis 
fehen Arbeiten, ‚der Deftillation, anfangen - 
müffen, die vermuthlich no -in den unge 
druckten und ungenugten Handfchriften arabis 
ſcher Goldmacber ſtecken mag: Man wird 
bey weiterer Nachforſchung finden, daß der 
ein. den erſten trinfbaren. Brantewein ges 
liefert hat, und daß man, um. ihn wohlfeilee 
zu machen, erft Weinhefen, und noch fpäter 
‚hin das Getreide genommen hat. Kinige 
Materialien zu diefer Geſchichte habe ih im 
Anleitung zur Technologie beygebracht; 
aber noch wiel mehrere müffen gefamlet werden, 
ehe fich ein Ganzes heraus arbeiten läßt. Hier: 
fiefre ich nur eine Nachricht. von: den beyden 
älteften gedruckten Büchern, welche von Bran⸗ 
gewein handeln. J— 

Das erſte iſt in Hr. Zapf Annales 'typo= 
graphiae Auguftanae ©. 27 unter folgendem: 
Titel angeführte: Michael Schrick Der« 
zeichnuß der ausgebranten Waſſer. 
Augsburg bey Anton Sorg. Fol. 1483. 
Eben dafelbft aber ift S. 29 daſſelbe Bud 
abermals genant worden? Michael Schrick 
Doctor der erczenei, von den gepranten: 
Waſſer. Augspurg 1484 fol Am ri 

0 


4. Brantewein. 35 


ſoll ſtehen: Gedruckt zu Augspurg von 
Hannfen Schoͤnſperger. Anno domini 
ACCCC und im LXAXXIII jare. Die erfte 
Ausgabe iſt auch in des ungefitteten Weis lin 
ger: Catalogus librorum impreſſorum I°&, 
232 genant; auch fuͤhrt ſie Ht. Paul von 
Stetten in Kunſt⸗ Gewerb · und Handwerks⸗ 
Geſchichte der Stadt Augsburg, 1779. 8. 
S. 246 an, nur iſt daſelbſt Krieg ſtat 
Schrick gedruckt worden. Ich nahm mir 
die Freyheit, Hr. von Stetten um eine aus⸗ 
fuͤhrlichere Nachricht von dieſem Buche zu bit⸗ 
ten. Er erhielt es aus dem Kloſter Buxheim, 
und hatte die Gewogenheit mir darauf folgen⸗ 
des zu melden. ae 

ı -. Das ganze Werf hält nur 12 Blaͤtter in 
oliv. Es hat weder Seiten: noch Blätters 
zahlen, auch kein Titelblatt, fondern es fängt 
ſich mit folgenden Worten an: “ Hienachfteen 
„verzeichnet die ausgeprannten Waſſer. In 
‚„telder maß man die zu-den gelydern nuͤſen 
send prauchen fol. . Alsdann Meifter Michel 
„Schrick ‚doctor der erczeney befchrieben hat 
„vnd iſt gut ond nüzlich zu wiffen, — — Hier⸗ 
“„nady volget eine 'nüczliche materi ‘von mania 
„gerlei außgeprannren Waller, wie man die 
vnuͤczen vnd brauchen fol zu Gefuntheit. der 
„Menfchen. Vnd daz büchlein hat Meifter 
„Michel Schrick docter der erezeney durch lies 
„be und a rg erber — 
- - 2 „als 


⸗ 


36 4. Brantewein. 


„als aus.‘ den Buͤchern zuſamen eolligieret 
„end. gefchrieben. “ — — Nach dieſem klei⸗ 
nen Vorberichte folget eine ganze Reihe Res 
cepte, 3: DB. zu dem erſten von dem roſen 

- Waffen: von Roſen die auff den Hagendor⸗ 
‚nen ſteen; Schnellblumen Maffer ;weiſſen 
beilien; Baſilien; Specklilien oder Feldil⸗ 

Igen; — — Binfaugen; Bonenblü; Kran⸗ 

witber oder wechalter.“ Hiernaͤchſt folget 
der letzte Abſchnitt, den Hr. von Stetten mir 
ganz abzuſchreiben, die Guͤte gehabt hat. 
Avon dein geprannten Wein. RB: 
‚der gepranne wein iſt gut für das gicht da⸗ 
| mit beftrichen. 2 7 

«Ber hanfer ſey der beftreiche ſich mit geprann⸗ 

rem Wein vmb den halß vnd trinke in drey 
morgen nuͤchter. ER 

a andy wer alle morgen’trinfte in halben Löffel 
„hol gepranntes weins der wird nimmer 

ranl,.. : — 

a item wenn eins ſterben fol fo gieffe man im 

„ein. wenig gepranntes weins in den mund 
„fo: wirt eg reden vor feinem tod. — 
awer auch geüffet des meins in einen todten 
„der’erfaulet noch erftinfet nimmer auf der 
„erden noch darunder. Was Fleiſch man 
„damit beſtreicht es fen roch oder gefotten 
„das fauler noch erſtincket nit. Auch ‚wer 
„teüben Wein har, geuͤßt er geprannten 
„Wein daran er wird wider [hön, 
—— “Dos 


4 Brantewein. 37 


“Das oͤl auf gepcanneen Bein gegoffen faͤllet | 

—zu Grundt. 

le Menſch ven Stein im ·der Blaſen 
„hat der trink fein alle morgen ein-wenig, 
„das ‚zerbricht den fein vnd kombt von im 

„vnd wird auch geſund. | 

“ —* wer geprannten Wein trincket alle Mo⸗ 

„nat eyneſt, So ſtirbt der Wurm ſo da 
„waͤchſt dem menſchen bey dem bergen oder 
„an der lungen oder lebern. 

“Der geprannt Wein iſt auch gut den men⸗ 
„fen den das Haubt wer thut. Wer auch 

„fein Haube damit zwahet der iſt allweg 

„ſchoͤn vnd lang jung vnd macht gut ges 
„daͤchtnis wann geprannter wein ſterkt dem 

menſchen ſin vnd wicz. Wer fein antlicz 
„damit zwahet der graͤt nit er toͤttet auch 
„die milben vnd die nyß und wem der atem - 
„ſtinket der beſtreych ſich damit vnd trincke 
„ein wenig mit andem wein ſo wirt im ein 
„ſuͤßer atem. | 

“ jtem- wer auch den huften habe der trincke ges 
„prannten wein mit anderm wein, fo wirt 
„er geſunt. 

«Auch 1.” trübe vndt rote Augen habe der 
ſtreyche eyn wenig an die braen vnd wann 
„er ſchlaffen gee, ſo trefe er ein troͤpfflein 

„in die augen ſo wirt er geſundt. 

“ jtem. wer nit hört der tref ein troͤpflein in die 
„oren fo wird er widerum gehörend. - 

& 3 “Yu 


38 4 Brantewein. 


Auch wer wafferfüchtig ſey der trinck geprann⸗ 

„ten wein vnd ſtrych in vmb den bauch) 
„wenn er aus dem bad will geen bey einem 
„Feur. So wird im auch baß. 


Nach des Hrn. von. Stetten Nachricht, 
ſteht am Ende: Gedruckt zu Augspu 
von Hanßen Schoͤnſperger. Anno domi⸗ 
ni.clp oces vnd im Ipprriiüi jare. Alſo ſchei⸗ 
nen Abdruͤcke von den Jahren 1483, 1484 
und 1494 vorhanden zu ſeyn. 2 


Ich wuͤnſchte diefen Meiſter Michael 
Schrick naͤher kennen zu lernen, und ſchlug 
deswegen Conradi Geſneri bibliotheca. Tigu- 
ri 1574 nach, fand aber daſelbſt nur ©. 506% 
Michael Schrick feripfit de aquis deftillatis, 
fimplicibus primum, deinde compofitis et aliis 
quibusdam Germanice. Hr. von Haller hat 
die älteften Ausgaben nicht gefant, wie man 
‚ aus Bibliotheca botanica I p.266 fieht, Die 
von ihm angeführte Ausgabe, die er- doch felbft 
nicht einmal gefehn hat, habe ich aus unferer 
Univerfitäts: Bibliothef vor mir. Der Titel 
ficht in einem in Holz geſchnittenen Zierbildet 
“Apoteck für den gemainen man, der die Erkte 
„zu erfuchen, am gut nicht vermügens, oder 
„fonft in der not, allwege niche erraichen fan.“ 
Es beficht aus 23 Blättern in Quartz; jedes 
Blatt hat eine römifche Zahl, Am. * 

eht: 


4. Brantewein. 389 


ſteht: Gedruckt zu Nuͤrmberg durch 
Sryderich Peypus. 1529: Es enthält eine 
DBorrede, einige Kecepte des hochberuͤmbten 
vnd wolerfarnen Meyſter Hieronymi 
Sr unſchweick, das kleine Werk des M. 
Schrick, und ein alphabetiſches Regiſter, wel⸗ 
ches die letzte Seite einnimt. Der ungenante 
Herausgeber hat durch dieſes Buch, wie ſchon 
der Titel ſagt, denen dienen wollen, die, aus 
Beldmangel oder andern Urſachen, keinen Arzt 
zu Mathe ziehen Fönnen. Wider die, welde 
dieß aus Unverftand unterlaffen, eifert er hef⸗ 
tig; und vieleicht find-feine Arzneyen nicht fo 
Fräftig, als feine Ausdrüde, Zur Probe 
mag folgende Stelle dienen, 


“Man findet yetz vil reiche lewt, und die 
»gut euangeliſch fein woͤllen ſo ſie mit kranck⸗ 
„hayten uͤber fallen, vnd in jres lebens fer⸗ 

„ligfait fomen, wenn fie von den feelforgern 
„onnd genftlichen prelaten, die ertzte zu erfus 
Ichen ermanet werden fagen fie auß jrer güter 
„euangelifcher meinung (wie fie ſich dünfen 
„laffen) mein Gott wirt mich wol on erkney 
»gefime machen ya er wirts thun werden, hyn⸗ 
„ter fich main ich aber wie die pawrn die fpics 
„tragen. Kanftu die ertzney ſampt jren ver« 
„ftendigen vnd erfarnen menftern, dz mittel, 
„dardurch dir Gott helffen will, verachten, 
„auff das dein Mammon, das ſchewich ons 

C4 „mechtig 


40 4. Brantewein. 


„mechtig guͤt bey einander bleyb, ſo kan dich 
„auch der Mammon, der dein Gott iſt, yane 
‚„tewfels namen fterben laffen, “ 


Man erkennet aus diefen Nachrichten, 
daß der DBrantewein in Teutfchland in den 
Jahren 1483 bis 1494 noch) fein allgemeines 
Getränk gewefen ift, fondern daß man ihn 
damals noch als eine Arzney angefehn hat; 
und da er, wie Kaffee und Thee, zum täglis 
hen Gebrauche empfohlen ift, um gefund, 
ſchoͤn und jung zu bleiben, fo darf man fi 
nicht wundern, daß er endlich ein tägliches 
Getränk geworden if. Man kante damals 
freylih ſchon feine Eigenſchaft, Körper wider 
Säulung zu bewahren, aber man. Fante fie 
doch noch nicht hinlänglich, weil man zu viel 
davon hofte. Man fcheint auch anfänglich 
den Brantewein fehr ftarf gemacht zu haben; 
fo wie überhaup. die DVerfälfhungen der 
Waaren erft bey dem Fortgange der Künfte 
gemein werden. Die erften Papiermacher 
z. B. verftanden noch nicht fo wohlfeiles und 
ſchlechtes Papier zu machen, als unfere jeßis 
en groffen Papiermunnfaekueen zu liefern ver» 
ehn. 


Ums Jahr 1529 ſcheint der Brantewein 
ſchon ein ſo ſehr allgemeines Getraͤnk gewor⸗ 
den zu ſeyn, daß man ipn nicht. mehr als Arz⸗ 


ney 


4. Brantewein. 441 


nen hat empfehlen mögen; ‚Denn in der zur 
letzt angefuͤhrten Ausgabe, iſt Schricks ganzes 
Werkchen, ſo viel ich aus des Hrn; vor 
Stetten Nachricht urtheilen kan/ abgedruckt 
worden, aber den letzten Abſchnitt Von 
dem geprannten Wein, hat man nicht bey⸗ 
behalten. Ich finde auch in dem ganzen Bu⸗ 
chhe Feine Empfehlung deſſelben, alsnur Fol.X: 
Ein aufjerwelt. Aqua vite, wozu gebran⸗ 
ter wein, der ſechsmahl gedeſtuirt iſt, | 
nebit vielen Gewürzen und Theriak ge 
nommten werden fol, ——— 


Die andere alte Schrift von Brantewein, 
Eenne ich, durch Veranlaffung des Hrn. Pros 
feffors Sprengel in Halle, nur aus (Y. ©. 
Weller) Altes aus allen Theilen der Ge— 
ſchichte. Chemniß 1766, 8. Th. ITS. 805, 
Der Titel ift, Wein der geprannt Wein 
nu fey der ſchad. Vnd wie er gerecht 
oder fälfchlich gemacht fey. Das erfte 
Wort Wein, foll wohl fo viel heiffen, als 
- Wie. Am Ende ſteht: gedrucket zu Bam⸗ 
bergE von .maren Ayrer vnnd bannffen 
Pernecer in dem Zender werd jm 
Lxrxxxjjj Jar. Es befteht nur aus drey Blaͤt⸗ 
tern in Quart, und iſt, wie Weller verſichert, 
ganz in Holz geſchnitten. Marxr Ayrer har 
ſchon im Jahre 1487 ein anderes, auch von 
Weller, angezeigtes Buch in Holz geſchnitten, 

C5 und 


47 4 Brantöweins 


und zwar zu Nürnberg, dahingegen er 1453 
zu Bamberg jenes Bub; wovon hier die 
Dede iſt, verfertige hat. Es ift ein altes 
teutſchesGedicht von Brantewein deſſen 
Anfang iſtt 
“Nachdem und nun 1 ſwhier pdermann, 
5 »Gemeindfichen fih.nimet an > 
ur „Zu trincken den gepranten Wein, * 
„Das doch man ihnn will wider fein 
“ „Der. fih dann dauckt etwas weis 
„Mod wie man in ſchent oder, preis u. 
| AIſt daryn fein ſtet providentz 
„Mit ſamt teglicher experientz. 
an »Dadurb, dann ausfündig ift. * 
8 mas auf oder nider miſt = 
„Das er fo ſchedlich nit feyn mag 
„Alsdann ift manches weilen, fag, 
Vrſach ſeyt doch die alten han | 
3o Elar. Befhreibung das getan, —— 


8. 


Zum Lobe des Branteweins wird geſagt: 


„Vnd bey der Wuͤrckung ytz bekannt 
„Wirt er ander Balſam genannt, 

„Des Lebens Waſſer iſt auch er 

„Von der alten benant vn —— 


Zulett wird von dem Shaden des Brantes 
weins geredet; und das Ba des Gedichts 


i 
„Pau | 


io Brantewein. 48 


„Pauch vnd die ſchenckel im geſchwele 
„Der ſechſt in vil andern zufeln 
„Verderbt vnd ſtirbt in der Vnru 
„Vnd ſolch darff man nit meſſen zu, 
»Altoegdein gepranten Wein· 
„ſunder die vngeſchwungen ſen 
„Eingieſſen vber ‘al ir krafft I 
„Darum was er an idem ſchafft | 
„Merk einer felber an un dag ee 

Vnd lern in trincken deſter pass. 


Dieſes Gedicht verdiente wieder gedruckt 
und erklaͤrt zu werden; ich aber habe mich 
noch zur Zeit vergebens bemuͤhet, es zu er⸗ 
halten. ae er 


5. Schei⸗ 


44 5. Scheidung: dee &oldes 





Scheidung des Goldes und ‚Silbers 
durch Queckſilber. Vergoldung 
mit Amalgama. 


Di Queckfilber vereinigt ſi fi & ſchr leicht 
mit faſt allen Metallen, und macht mit 
denſelben „wenn es in Menge zugeſetzt wird, 
einen Teig, der ſich knaͤten laͤßt, und Amalgas 
ma genant wird. Da es ſich hingegen als 
ein Netall, mit Erden nicht vereinigen laͤßt, 
ſo giebt es ein gutes Mittel ab, Gold und 
Silber aus Erden und Steinen, worin ſie 
befindlich ſind, zu ſcheiden. Man druͤckt das 
Amalgama durch ein Leder, in welchem die 
aͤdlen Metalle mit etwas Queckſilber zuruͤck 
bleiben. Jene reinigt man von letzterm durch 
Huͤlfe des Feuers, wobey das Halbmetall ver⸗ 
duͤnſtet. Eben dieſes Amalgama aus Gold, 
dient auch zur Vergoldung der Metalle, ins 
dem man fie. damit überzieht, und fie hernah 
dergeftale erhitzet, , daß das Queckſilber ganz 
verfliegt. | 


Gemeiniglich hält man den erften Gebrauch 
für eine Spoeniſche ——— aus der Mitte 
des 


und Silbers durch Queckſilber. I 


PR a BE Sure” 


exfpuens’crebro jaßtatu fittilibus in vafis. · ⸗ 
Sed utipſum ab auro-disedat, in pelles ſub⸗ 
actas effutiditur, ‚per quas ſudoris vice de- 
fluens, purum relinquit aurum. Ergo ét cum 
aera inaurantur. ſublitum bracteis pertinacifs _ 
fime retinet. Vitruvins erzähle im ð Kap. 
des 7ten Buchs, wie man das Bold aus den 
damit: geflichten und abgetragenen Kleidern 
„ wieder erhalte, wenn man-die Kleider zu Afche 
brennet, diefe auslauget, den Satz mit Queck⸗ 
filber verquicket, und das Amalgama hernach 
durch Leder drücft. Cumque in veſte intextum 
eit aurum, eaque veſtis contrita, propter ve⸗ 
tuſtatem, uſum non habet Koneftum; ‚panni 
in fictilibus vaſis impofiti fupraignem combü: 
runtur. ‘ Is cinis coniicitur in aquam, et ad- 
ditur ei argentum vivum; id autem omnesmi- 
cas auri corripit in fe.-et cogit fecum coire; 
aqua defufa, cum id’in pannum infunditur, 
et ibi manibus premitur, argentum per panni 
raritates propter liquorem extralabitur, aurum 

vOom- 


46 5 . Scheidung des Golbee 


gomprefhione coactum intra purum inveni« 
tur, — — Iſidor von Sepilien fagt in 
Origin, B. 16. Kap. 185 Argentum, vivung 
fervatur.melius in vitreis vafıs ,. sum ‚caeterag 
materias perforat. — — Sine hot neqye ar- 
gentum neque aes inaurari poteft. Deu Vor⸗ 
theil haben die neuern Künftler vor den ältern 
voraus, daß jene dag Quecffilber von den 
ädlen Metallen zu.trennen toiffen, ohne «8 zu 
verliehren. Anſtat dag man ehemals das 
Amalgama in offenes Feuer brachte, und alfo 
das Halbmetall verfliegen lich, fo thut man es 
jetzt in eine Retorte, und famlet es zu einem 
neuen Gebrauche in einer Vorlage. 


Diejenigen, welche das Gold aus dem 
Sande der Stroͤhme waſchen, brauchen am 
Ende der Arbeit auch Queckſilber, und ich ver⸗ 
muthe ſehr, daß dieſer Gebrauch in Deutſch⸗ 
land weit älter, als; die Erfindung, der Ame⸗ 
rikaniſchen Bergwerke iſt. Im Jahre 1582 
beſchrieb Johann Michael Heberer die 
Goldwaͤſche, fo wie er fie zu Selz nicht weit 
von Straßburg fah, und damals: war der Ges 
brauch des Queckſilbers laͤngſt - gewöhnlich, 
Man fehe des Dfälzifchen Robinfons und 
Kreuzbruders Heberers Reifen, Frankf. 
und Leipzig 1747. 8* ©. 46, von welchem: 
nicht unwichtigen Werkchen die letzte Haͤlfte 

erſt 1751 zu Manheim gedruckt iſt. Auch in 
BT des 


und Silbers ducch-Onpefilber, 47 


des. Hrn, Fund Treitlinger Differtasions de 
aurilegio, praecipue.in Rheno. Argentorati 
1776.” finder man S. 60 eine alte. Beſchrei⸗ 
bung der Goldwäfche mit Huͤlfe des Duefil 
bers, aber es ift nicht gemelder worden, aus 
welchem Jahrhunderte ſie iſtftTe.. 
Die Geſchichte der Anwendung des % zur 
Gewinnung des Amerifanifchen Silberg, hat, 
fo viel ich noch zur Zeit. weis, Joſeph 
Acoſta am ausfuͤhrlichſten beſchrieben. Von 
der Naturgeſchichte dieſes Jeſuiten, die ſo 
ſelten und ſo reich an nutzbaren Nachrichten 
iſt daß eine gute Ausgabe noch jetzt Abgang 
finden würde, habe ich zwo Ueberſetzungen 
vor mir. Die eine iſt die italieniſche: Hifto- 
ria naturale e.morale delle Indie, — — noua+ 
mente tradotta della lingua Spagnuola nella 
Italiana da Gio. Paola Galucei Salodiano. In 
Venetia 1596. 4 *; die andere, welche Hr 
Prof, Buͤtner befigt: Hiftoire naturelle et 
morale des Indes, — — traduite en Fran 
gois par Robet Regnault Cauxois. A Paris 
1600, 8 *. Die hieher gehörige Nachricht 
fieht in erſterer ©, 70, in letzterer ©, 151g 
oder im eilften Kapitel des 4ten Buchs, 


Die berühmten Queckſilberwerke in Peru 
befinden ſich in einem weitlaͤuftigen Gebuͤrge, 
nicht weit von Lima gegen Suͤden, noch = 

' | er 


R 48 Scheidung des Goldes 


her bey Guamanga. Sie heiſſen Guancabe 
lica oder Guancavilia: Man finder fie auf der 
groſſen im Jahre 1772 bey Röbert Sayer in 
London herausgefommenen Eharte: A map 
öf fouth America from D’Anville. Die Wers 
fe wurden ums Jahr 1566 und 67 als Caſtro 
in Peru Statthalter war, entdeckt, und zwar 
durh Henrique Barces oder Braces, wie 
ihn die Portugiefen nennen. Von dielem 
Manne findet man Nachricht in Bibliotheca 
Lufitana‘, 'na qual fe comprehende a noticia 
dos authores Portuguezes — por Diogo Bar? 
hofa Machado. : Lisboa 1747 fol. * tom, z; 
p. 448. Er war aus Porto, fand in Peru 
in Spaniſchen Dienften, und ward, nach dem 
Tode feiner Frau, Domherr bey der Cathe⸗ 
dralfirche zu Merico, Er hat die Lufiadas 
bdes Lacis de Camoens aus dem Portugiefis 
fhen ins Spanifhe uͤberſetzt, und diefes hat 
ihm einen Platz in des Hrn. Prof, Dieze 
Ueberſetzung von Velaſquez Befchichte der 
Spaniſchen Dichtkunſt. Göttingen 1769 
8 * S. 481 erworben, Er veranftaltete, daß 
fein ungemünztes Silber in Peru circuliren 
durfte, aber fein größtes Verdienſt ift die 
Entdeefung der Dueckfilberwerfe: Als er eins 
- mal die vorhe Erde, welche die Indianer zur 
Schminfe brauchen und Limpi nennen, bes 
trachtete, bemerfte er, daß fie natürlicher Zin⸗ 
nober war, und da er wufte, daß man dars 
u | aus 


und Silbers durch Queckſilber. 49 


aus in Europa Queckſilber erhalte, ſo reiſete 
er nach dem Orte, wo man: Limpi ausgrub 
machte Verſuche im Groſſen, und legte de⸗ 
Grund zu den wichtigen Werfen. Iuzwiſchen 
dachte man nuicht gleich daran ;r-diefeg Halb⸗ 


metall bey den Silbergruben zu brauchen bis - . 


endlich. im Jahre 1577, als Franciſcus von 
Toledo: Statthalter in Peru war, einer nas 
mens Pero Fernandes de Velaflco „nad Peru 
Fam, und ſich erboth, das Silber durch Wars 
quicken zu jcheiden, fo wie er «es bey den 
————— Huͤttenwerken gelernt hatte. 
Alt ieſer Vorſchlag gluͤckte, riß man ſo gar 
die alten Halden auf, und amaigamirte auch 

ſolche, fo wie man es in den neuern Zeiten 

mit den Halden zu Kongfberg in Norwegen 
gemacht hat.» Sowie Acoſta dieſe Sache er⸗ 
zaͤhlt, lieſet man fie auch indes Vnea Garcilaſſo 
de la Vega primera parte de los commen- 

tarios reales, — — En Lisboa 1609. fol. * 

pag- 225. b; umd in der englifchen Weber; 
ſetzung des Rycaut, London 1638 fol. * I p. 
347; auch in loh de Laet novus orbis. Lug- 

duni Bat. 1633 fol:* pag. 447. Man ſieht 

hieraus: 1) daß Garces nicht der Erfinder 

der Amalgamation ift, 2) daß foldye erft ums 

Jahr 1571 in Peru eingeführt, und 3) daß 

fie. lang vorher ſchon in Merico gebräuchlich 

gewefen ift; aber feir wann? darüber ift mie 
Feine Nachricht befant. Der Abt Raynal 
D ſagt, 


so... ‚slißcheidung des Golden: u 


fagt; daß der Handel mit Queekſilber bis zum 
Jahre⸗ n57.11 frey geweſen, saber:damalsııfür: 
Regal⸗erklaͤrt ſey, wozu alſo die Einfühe 
vung der / Amalgamation Gelegenheit gegeben 
hat; Robertſon giebt in der Geſchichte vom. 
Amerika, nach der teutſchen Meberfeßung IE 
©. 583 5. das. Jahr 1563 für die Entdedfung. 
der Gruben von 'Guanacabelica , und das 
Jahr 1574 für die Einführung der Amalgas. 
maͤtion an. — url ı up} 


. 186 


Anderſon ſagt im erſten Bande ©. Ben 
daß Hakluyt im zweyten Bande einen Ser 
geliefert: habe, welcher bemweife, daß der, Ger 
brauch.des Queckſilbers im Jahre 1572 noch 
eine neue Erfindung gemefen ſey. Weil ich 
dabey noch einige neue. Nachrichten vermuchgs 
ge, fuchte. ich diefe Stelle; aber nur mie Mühe 
habe ich fie in dem Chaos höchft ſchaͤtzbarer 
Sachen gefunden. Nicht im zweyten, fon 
dern im dritten Bande: The third and laft 
volume of the voyages — colleited by Hak- 
luyt. ‚London 1600 fol. * ſteht S. 466 ein 
im J. 1572 gefchriebener ‚Brief des Henry 
Hawks, eines Kaufmanns, und dafelbft liefet 
man nur: A good owner of mines muft have , 
‚much quicke-filver; and as for this charge of 
quicke-filver, it is a new invention, which 
they finde more profitable then to fine their 
«are with lead. | 


Gobet 


- 


und Silbers durch Queckſilber. sı- 


Gobet beſchüldigt in Les anciens: miné- | 
zalogiftes de France I p. 3x1, von welchem . 
Buche ih in Pbyfikalifch oekonomiſcher 
Bibliothek X ©; 171 Nachricht gegeben has, 
be, den Alfonfo Barba,.daß er gefagt, er ba. 
‚be:idie Amalgamation im Jahre 1609 erfuns 
den. < Um diefe Befchuldigung untcrfuchen 
zu fönnen, muß ich von dem metallurgifchen 
Werken diefes Spaniers einige: Nachrichten 


„beybringen, die vermuthlich manchen Liebha⸗ 


bern der Metallurgie und Mineralogie nicht 
unangenehm ſeyn werden. Alvarus Alphon- 
ſus Barba Tofcano'war aus Lepe, einer klei⸗ 
nen Stadt in Andaluzia gebürrig, und lebte 
viele Fahre als Prediger bey der Kirche deg 
heil. Bernhards zu Potofi, welches ich aus 
Autonii Bibliotheca Hiſpana nova Romae 


26072 fol.* Ip. 45 weis, Die erſte Ausgabe 


ſeines Buchs iſt 1040 zu Madrid in 4 mit 
einigen Kupfern unter folgendem Titel heraus 
gekommen, und foll ı: Alphab. 6 Bogen hab 
ten: El arte de los metallos, ‚en que, fe en- 
feña el verdadero beneficio de los de oro y 
plata por azogue,,y el modo de fundirlos to- 
dos, y‚oomo fe,an de refinar, y apartar unos 
de.otros. Diefes Buch hielten die: Spanier 
longe Zeit geheim, weil fie es Als eine Bes 
ſchreibung alkr ihrer metallurgiſchen Geheim⸗ 
niſſe anſahen, wiewohl Teutſchland damals - 
ſchon weit wichtigere — dieſer Art hatte, 
2 und 


% 


* 
4 


»52: * . Scheidung des Goldes 


und die Amalgamation laͤngſt kante und nutzte. 
Der Graf Edward of Sandwich hatte 
inzwifchen,, als er englifher Sefardter in 
Spanien war, Gelegenheit, diefes Buch als 
eine groffe Seltenheit zu erhalten. Er fieng 
deswegen an, es ins Englifche zu überfegen, 
überfesste aber nur die beyden erften Bücher, 
- Diefe Ueberfegung kam nach des Grafen Tode 
1674 zu London in s. unter folgendem Titel 
heraus: The firft book of the art of metr, 
tals, in which is declared the'manner of their 
generation: and the coneomitans of them, 
"written in Spanifh by Albaro Alonfo Barba, 
translated by E. Earl'of Sandwich. Von die 
fer engliſchen Ueberferung erſchien aud bald 
darauf eine teutſche, von der mir bisher fol⸗ 
gende Ausgaben befant geworden find: 1) Al⸗ 
baro Alonfo Barba Berg: Büchlein, — 
anfange in Spanifcher Sprache be 
fchrieben, und in zwey Theile getbeiler, 
Yun aber in-Teurfch Überfent von J. &. 
M. C. Hamburg 1676. 704 Seiten in Klein 
vctav mit einem Kupfer *, 2) Hamburg 1696, 
8. 3) Frankfurt 1726. 14 Bogen ı Blatt 
in 8. 4) Sranffure bey Fleiſcher 1739: 198 
Seiten img *, völlig der Ausgabe von 1676 
gleich. 5) Im Jahre 1749 fam zu Wien eine 
neue Ausgabe bey Monarh heraus: Barba 
Docimafie oder Probir- und Schmely 
Funft. Herausgegeben von Matthia 59 


m 


— 


und Silbers durch Queckſilber. 3 


dar. 155 Seiten in,g * Dieſe Ausgabe 
weicht von den vorigen ganz ab, und ift von 
Godar, der Fein Teutfcher war, und dadurd) - 
in der Borrede feine ſchlechte Schreibart ents . 
fchuldige, dus dem Franzoͤſiſchen uͤberſetzt 
worden. Sie hat einige Abſchnitte offenbar 
aus der alten Ueberſetzung, aber fie hat aach 
mancherley Aenderungen, Zufäge und Kupfer, 
theils von dem Sranzofen, theils von Godar 
erhalten. Aber alle dieſe Ausgaben find uns 
vollftändig; denn die Urſchrift hat fünf Buͤ⸗ 
Ser, wie man von $eibnig weis, der fie hat 
abſchreiben laffen. Man fehe ac. Leu⸗ 

olds Prodromus bibliothecae metallicae. 

olfenbüttel 1732. 8.* ©: 20. Im ah: 
ve 1751 ift zu Paris eine.neue Ausgabe in 
2: Duodesbänden unter folgendem Titel ge 
drucft worden: Metallurgie ou l’art de tirer 
et purifier les metaux, traduite de ’Efpagnol 
d’ Alphonfe Barba, par M. Gosfort; avec les 
differtations les plus rares fur les mines etles . 
operations metalliques. In La France lies 
raire. Paris 1769. 2 vol. in 8. * flcht ITS 
410, der befante Abt Lenglet de Frefnoy ſey 
der Herausgeber. Ich vermuthe, daß dieß 
eine_vollftändige Ueberſetzung fey — — 
habe ſie noch nicht geſehn. 


Mach den beyden teutſchen Ausgaben, 
welche ich vor mir habe, zu urtheilen, * 
— D 3 Gobet 


54 5, Scheidund des Goldes 2« 


Gobet dem Spanier Unrecht gethan. Ju 
der Ausgabe von 1676 finde ih ©. 117, daß 
Barba ausdrücklih fagt: er alaube nicht, 
"daß die Alten die Kunft das Silber durch 
Durdfilber aus den gepochten Erzen: zu ſchei⸗ 
‘den, gewuſt hätten, wenigftens vermuthe er, 
daß ſie ſolche gar wenig im Gebrauche gehabt 
hätten. Das heißt doch nicht, ſich die Er⸗ 
findung zufchreiben;, zudem redet er überall 
von der Amalgamation, als von einer in Ames 
rifa längft üblichen Sache, nur beflagt er, 
daß fie Aufferft nachläßig getrieben würde, 
Aber ein Abfehnire, der in der Wiener Aus⸗ 
gabe ©. 51 nach demjenigen Kapitel folgt, 
welches das cilfte des andern Theils der Als . 
tern teutfchen Ueberſetzung ift, und der in 
letzterer ganz fehler, hat vermuthlich Gobet 
‚verführt, Denn da liefet man, Barba habe 
im Jahre 1609 das Quecffilber zu figiren ge« 
fuht, und fey dabey auf den Einfall geras 
then, es mit fein gepochtem Silbererze zu bez 
arbeiten; da habe er fich anfänglid gewun« 
dert, daß er Silber erhalten hätte, doch 
habe er bald bemerfe, daß das Queckſilber nur 
Silber ausgezogen, nicht aber ſich in Sik 
ber verwandelt habe. Ich war, ſoll Bar⸗ 
ba geſchrieben haben, mit meiner neuen Er⸗ 
findung, die Erze alfo zuzubereiten, und den. 
Gehalt heraus zu bringen, und zu reinigen, 
vollkommentlich zufrieden, und * ſolche Art 

und 


6. Die trockne Wergoldung. - gg 


"und Weile fuhriich fort die Erze zu tracti⸗ 
ren ch vermuthe, daß Barba 1009 noch 
in Europa gewefen ift, und jene Berfuche ges 
macht. hat, als er rg gg 
werfe noch. nicht gefane hat, Wenigftens 
glaube ich gewiß, man werde aus der- Urfchrift 
leicht erfehen, Barba habe fich nicht die Erfin- 
dung: der Amalgamation der Amerikaniſchen 

BR zueignen wollen. | 


» 








6 
. Die trockne Vergoldung. 


o nennen einige Arbeiter eine leichte eis 

fe zu vergolden, die darin befteht, daß 

man leinene $umpen mit einer Goldfolution 

teänfer, folche nachher verbrennee, und diefe 

Aſche mit einem in Salzwafler getunften Lap⸗ 

pen oder Pfropf an; das Silber, welches man 

vergolden. will, reibet. Dieſe Wergoldung 

verlangt wenig Arbeit, wenig Gold, und läßt 

fih bey Buntwerk und Zierrarhen gut anwen⸗ 
aa nur iſt ſi ſie nicht dauerhaft. | 


Ich verrauche, daß ſie eine teutſche Er⸗ 
findung iſt, und daß ſie die Auslaͤnder, we⸗ 
D 45 nigſtens 


36.27 Goldſtrniß. 


nigftens die Engländer, erſt aim‘ Ende des 
vorigen Sahrhunderts haben Fennen gelernt. 
Denn Rob. Southwell hat fie im Jahre 1098 
in Philofophical transattions- n. 243 P. 296 
befant gemacht, und fagt daben: This me- 
thod is: "known. to very few‘ Goldimichs Ir 
EI. Ä | er 
3 rn 4 





— — — — — 


7. —— 
Erfindung des Goldfirniſſes. 


Wr. man nicht alles, was man wünfehte, 
von Gold haben konnte, fo befriedigte 
man ſich damit, manche Sachen mit Gold zu 
„überziehen. Zu dem Ende. flug man ann 
faͤnglich Gold zu Blechen, und bekleidete dar 
mit Wände, Tifche und andere Geraͤthe. Lan⸗ 
ge Zeit hin waren diefe Bleche fehr dick, und 
machten aifo diefe Vergoldung fehr- Eoftbars 
Man lefe nur einmal-die Anftalten, die nöthig: 
Waren, um die Hörner: der Kuh zu vergole', 
den, die Neſtor der Minerva zum Opfer brach: 
te. (*) Man lich dazu einen Kuͤnſtler kom⸗ 
men, der mit Amboß, Hammer und vichrs 
ley Zangen nichts weiter that, als was jetzt 

— — Jeder 


@ — odyft. Ir v. 432. bi he 


7. Boldfteniß: 57 


jeder Schlachteriung thut, wenn er einen 
Pſfingſtochſen ſchmuͤckt. Mit der Zeit wurden 
die Koſten geringer, weil man die Goldblaͤtt⸗ 
chen Bünnermaden lernte, und diefe mit. eig 
nem Seim auftrug. Koftbar blieb aber die 
Sache dennoch, und das ädle Metall gieng 
allemal daben verlohren. Man verfuchte des» 
‚wegen alleriey goldgelbe Farben, aber diefe 
leiſteten do nie ganı mas man. verlangte; 
Ihnen fehlte der metalliſche Glanz, und inimer 
fielen ſie matt aus. Erft in neuern Zeiten vers, 
fiel man darauf , die Sachen, welche wie Gold 
ausſehen ſolten, mit Silber, oder mit einem 
noch wohlfeilern weiffen Metalle, zu belegen, 
und fie alsdann mit einem Firniß zu uͤberſtrei⸗ 
chen, der gelb und zugleich durchſichtig war, 
um dadurch dem weiſſen Metalle die Farbe des 
angenehmern Goldes, und der Farbe den me⸗ 
talliſchen Glanz zu geben. Cum auro tea. 
perfundimus, ſagt Seneca im ı15 Briefe, 
quid aliud:quam mendacio gaudemus? ſci- 
mus enim ſub illo auro foeda ligoa latitare 


Dieſe artige Erfindung , welche jetzt über 
ganz Europa zur Vergoldung hölzerner Raͤ⸗ 
me,. der Kutſchen und tauſend anderer Sa⸗ 
chen angewendet wird, auch ehemals zur Be⸗ 
zen der nun altmodigen ledernen Tapeten 
diente, faͤlt in die letzte Haͤlfte des ſi tebenzehns 

sen u ſagt in Hilton 
Tıc 


58 Goldfirniß. 
rien" and chronological deduftion “of the 
origin of commerce, bey dem Jahre 1633, 
daß in diefem Fahre dieſer Firniß in. England 
von einem gewiffen Evelyn eingefuͤhrt ſey. 
Er beruft ſich desfals auf The preient ftate of 
England, weldes Buch 1683 gedruckt ſeyn, 
und jene Nachricht im dritten Ihelle ©. 93+ 
enthalten fol.‘ Ich Fenne diefes Werk nichtz 
x denn e8 muß von Magnae Brittanniae notitia,. 
orithe prefent ftate of Great Britain, by John 
Chamberlayne, ganz verfhieden ſeyn. Von 
dieſem Buche, welches .1668 zuerft gedruckt 
feyn fol, habe ich. die z0oſte Ausgabe vom 
Jahre 1745 vor mir, | ee 


Inzwiſchen gehört diefe Erfindung nicht 
den Engländern, fondern. den Stalienern, und 
zwar eigentlich den Sicilianern. Ein Künfts 
ler aus Palermo, namens Antonino Cento, 
erfand den Goldfirniß, und machte deffen Bes 
reitung in einer im Jahre 1680 zu Palermo 
gedruckten Nachricht befant; Diefe habe ih 
niemals gefehn, fondern ich Eenne fie nur aus 
folgendem Buche: La Sicilia inventrice, ove- 
: r0,\le invenzioni lodeveoli nate in Sicilia, opera 
del Dottor DMYintenzo Auria, Palermitano. 
Con li divertimenti geniali, oflervazioni, o 
giunte. alliftefla: di D. Antonino Mongitore 
. fäacerdote Palermitano. In:Palermo. 1704. * 
303 Geiten in Quart. Unter den wenigen 
Fa DE erheb⸗ 


7 Goldfirniß 59 


erheblichen Sachen, die dieſes Buch enthaͤlt, 
denn der groͤßte Theil iſt aus den aͤltern Tateie 
niſchen Schriftſtellern zufammen getragen, iſt, 
S. 252 unter den Zuſaͤtzen, die Bereitung 
des Goldfirniſſes (Vernice d'oro). Diele 
Vorſchrift will ich hier ganz einruͤcken, weil 
man es noch neulich der Mühe werth gehals 
ten hat, eine franzöfifche Ucherfegung derfels 
ben im: Journal de l’agrieulture, du commer- 
ce, des arts et des finances 1778 befant zu 
machen. ** Zr 
Piglifi in prima Gomma Alac, e purgatala 

di quei legnetfi e lordure; ‚che vanno in eſſa 
‘ attaccati, fimetta mezzo pefta dentro un fac« 
chetto di lino; quindi lavifi con acqua pura 
tante volte fin, che quell’acqua non divenga 
piü rofla, ed all’hora cavatala fuor del fac- 
chetto, fi ponga ad asciugare. Si torni poi 
(quando ſarà ben afciutta) à peftar fottilmen- 
te, perch& tanto farä piü facile a folverfi, 
quanto farä piu fottile. Ciö fatto, fi piglino 
quattro parti di fpirito di vino, ed una della 
fudetta gomma, ridotta,' come hö detto, in 
fottilifliina polve, ficche, fe detto fpirito ſarà 
di quattro- Libre, una .douri effere di detta 
gomma. Vnite dunque infieme queſte due 
cofe. ponganfı dentro. un lambicco di rame 
col fuo.cappello, e fe li dia fuoco graduato, 
fin che fi fia foluta dentro lo fpirito di vina 
la 


RZ 7 Goldfirniß. 


la gomma. Si coli poſcia cof}-foluta‘eön ün 
panno di lino, cofi ben forte, e fıtto, che 
non fia foggetto a romperfi, e fe ne cavi il 
licore, che (doppo haverne buttato via quel, 
che refterä dentro il panno_come inutile affat- 


to)ſi ponga a confervare dentro.un vafo di 
vetro bene otturato. E quefta è la vernice 


. dell’ oro di cui. potrai valerti per indorare 


ogni legno. 
Quando perö voglia ciascheduno adope- 
rar tal vernice, per farfı con maggior pulitez- 


. a, dee chi che ſia valerfi d’un certo pennello 


fatto della coda d'un animal quadrupedo, che 
ehiaman Vario, ch’® molto noto a quei, che 
vendon colori da dipingere, e con cotale 
ftromento bagnato del fudetto licore, fi dara 
pertre volte leggiadramente fü dell’inargen-, 
tato legne la ıhano. Con quelta avertenza 
perd, che per.ogn’ una delle tre voltre, che 


vi ſi pafla il_pennello' fi lafci ben äfciugare; 
e cofi afciutto farai col pennello iſteſſo nelle 


“ altre, quel, che nella prima volta; e cofı riu- 
ſcirà molto bello, ed a color d’oro finiſſimo 


uf allerley Art zu. verändern, weil es nur 


il pretefo lavoro. Eine teutſche Ueberſetzung 
diefer Vorſchrift Habe ih in Phyſikaliſch⸗ 
er Bibliothek X ©. 12 ge 
geden | 

. Nachdem diefe Erfindung einmal gemacht 
war, war es nicht ſchwer, die Bereitung 


dam 


A " # 
97 Goldſirniß 
2 2195 347 ei) » 
J « x NE Kr A —E 


darauf anfamsı einen ſchoͤn gelben und. dabyy 
durchſichtigen Firniß zu machen. Daher find - 
die mannigfaltigen Vorſchriften entftanden, 
die man in vielen. Büchern, z. B. in Crößerg 

Mahler, Watin Stefirmabler und an 
dern findet, weswegen oft, junge Kuͤnſtler nicht 
wiffen, welche fie. wählen folen; und da doch 
immer eine Vorſchrift beffer als die andere iſt, 
fo halten. geübte Kuͤnſtler noch immer dig 


ihrige geheim. 


Denjenigen Firniß, der zum Vergolden 
Igderner Tapeten dient, wußte Reanmur zu 
bereiten,‘ aus deſſen Papieren Ihn Fougeroux 

- de Bondaroy befant gemacht hat. Man 
ſehe Schauplatz der Rünte und Hand⸗ 
werke II ©: 334... Den Firniß der Enge 
länder machte -Scarler im Jahre 1720 dem 
Hellot, und Graham im Jahre 1738 dem 
Hrn. du Say befant. Hellot theilte dieſes 
Recept im Jahre 1761 der Pariſer Akademnie 
der Wiſſenſchaften mit, die esin ihren Schrif⸗ 
ten von dem letzt genanten Jahre S. 62 druk⸗ 
ken ließ. Wer es teutſch leſen will, finder es 
in Toller‘ Kunſt Veräsche zu machen, 
nach der" geipziger Ausgabe im erſten Theile 

Wenn es wahr wäre, daß man fhon vor 
mehr als_200 Jahren vergoldese Tapeten * 

— — macht 


62 3 Erleuchtung der Gaſſen. 
mache‘ Hat, wie Fougeroux fagt;'fo wäre es 
‘der kleinen Mühe werth, ein mal an fo alten 
Stuͤcken die Art- der Vergoldung zu unterſu⸗ 
"en. Man dürfte nur eine Stelle mit hoͤchſt 
‚gereinigtem Weingeifte abreiben, welcher den 
Firniß wieder anflöfen, und das “ns Metall 
ig würde, | | 


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1 9107 4 8, 


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Erleuchtung der Sim. 


Si Erleuchtung der Gaſſen gereicht nicht 
| nur zur vorzäglichen Zierde unſerer bes 
fien Städte, fondern auch zur groſſen Bequem« 
lichkeit und Sicherheit ihrer Einwohner. Sie 
macht daher einen wichtigen Gegenſtand der 
Polizey aus, wenn gleich Leſer, welche ſich 
a dieſe nicht bekuͤmmern, folgenden: Aufſet 
— alles ſolten. — 
- Gemeiniglich wait man die Erleuchtung ° 
«Der Saffen f für eine ganz, neue Einrichtung, und 


Saint: Pvremont in Saint- Euremoniang, — 


Amũcdam 1701. 8 hat ganz zuverſichtlich 
geſagt, weder Griechen noch Roͤmer haͤtten die 
Polizey fo weit getrieben. L'invention de- 
2* | clairer 


9. Erleuchtung der Gaſſen. 60 
elairer Paris pendant la nuit, pat une infinit 
de lumieres, merite que les peuples lesiphis 
cloigneꝝ Y viennent voir ce, que les Grees. 
‚et les Rorhains n’ont jamais penfe pour la pᷣo- 
dice de leurs Republiques.' Inzwi ſchen findde 
man einige Nachrichten bey den-Alten, wel—⸗ 
che es fehr wahrſcheinlich machen, daß Antios 
ia, Nom und einige andere Städte, wo. 
nicht in allen, doch wenigſtens in den vor 
nehmſten Gaffen,, öffentliche Laternen gehabt 
haben. | 1 


19 


Libanius, der im Anfänge des vierten 
Jahrhunderts lebte, ſagt in FPanegyrico An- 
.£iocheno ;' wo er feine Vaterſtadt Antiochia 
lobt: ſolis porro facem aliae faces excipiunt, 
quae illam Aegyptiorum (in Minetvae Saiticas 
feſto) lucernarum accenfionem longe fu- 
perant. Hac una re tantum differt nox a die 
apud nes, nimirum fpecielueis. Quod ad opi- 
ficia certe et ftru&turas fpeltat, ex aequo’pro- 
cedit. Quidam affıdue et’iugiter operantur 
manibus; alii vero molle rident et cantieum 
laxantur. xaf nv Als Aaurade, Aaumtnes 
öregoı diadeyovray vv Ayurriov Auxvonaiab 
maguovrss. (So liefer Gronov, da fonft meglöv- 
ssc in den Ausgaben fteht). u disunvoxer in) 
now mag nwiv vyE uieas, To TB Ourdg 
side. Diefe Worte ſtehen in Libanii operum 
vol. Il. Lutetige apud Morellum. 1627 fol.* 
P- 337° 


64 8. Erleuchtung der: Gaſſen. 


'p: 387. Ich kan mir nicht vorſtellen, daß 

der Sophiſt ſeiner Vaterſtadt daraus hat ein 
Lb machen wollen, daß die Einwohner nach 
Sonnenuntergang nicht im Dunkeln ſaſſen, 
ſondern bey Licht arbeiteten. Es ſcheint alſa, 
* ad die Erleuchtung der Gaſſen ulenden 


. Eine andere Stel des Lbanius nämlich 
dn de. Mede in Ellebichum p. 526, erzählt, 
daß die Strice, woran diegampen.zur Zier⸗ 
de der Stadt gehangen hätten, von aufruͤhri⸗ 
ſchen Soldaten, nicht weit von einem ‘Bade, 
zerhauen waͤren. Profecti adı vieinunr bal- 
neum,, funes a quibus appendebant ea, quae 
Jumen noctu praebebant, gladiis reſciderunt, 
quoniam opotteret ornatum, qui in ciritate 
eh, fuis conciliabnlis cedere. EASoVrES Ermi 
K7) Ang 10er Baraveio, warme av sgnd- 
mro Ta TO Das dv vunsi Magexovra; A 
xalgaus‘ AWENOTTON , Öeinvuunes. € 674 dsi tov iv 
E77 —— Roco, Teig aurav FsAyaecı umö- 

Wenigſtens ſcheint doch aus diefer 
Seele fo viel zu folgen, daß man neben den 
Bädern, und Oertern, welche am meiften bei 
ſucht wurden, oder jonft die anſehnlichſten in 
der Stadt waren, Lampen gehabt 000, 0 die an 
Stricken aufgehangen waren, 


Aber folgende Stelle des Rinenvatere 
OMEOnyurne ſcheint es noch wahrfcheinlicher, 
oder - 


8. Erleuchtung der Gaſſen. 85 


oder vielmehr gewiß zu maden, daß die Gaſ⸗ 
fen in Antiochia erleuchtet gewefen find. In 
altercatione Luciferani et Orthodoxi, erzähle 
er, daß ein Anhaͤnger des Kekers $ucifer mit 
einem Rechtglaͤubigen fo lange auf der Straß 
fe difputire habe, "bis man auf den Straffen 
die Lichter angezündet hätte. Dum audien- 
tium circulum lumina iam in plateis accenfa 
folverent, et inconditam difputationem-nox 
interrumperet, confputa invicem facie, re- 
ceflerunt. In der prächtigen Ausgabe der 
Schriften diefes Heiligen, Nudio et labore 
Dominici Vallarfii. Yeronae 1735. fol. * II 
P. 170 ſteht eine kurze Nachrichr von der Zeit 
und dem Orte, wo jene ungefittete Difputas 
"tion gehalten ift, und der Herausgeber beweis: - 
fet, fie fey in Antiochia im Sahre 378 ge⸗ 

halten. | . E 


Baſilius, der Groffe, befchreibe in eis 
nem Briefe an Martinianus, den elenden 
Zuftand feiner Vaterſtadt Caͤſarea in Cappa⸗ 
docien im Jahre 371, und fagt, fie hätten 
vurrag dAaumeic, notes non illuftratas. Die 
meiften Ausleger erklären dich fo, als ob man 
die Sampen auf den. Strafen nicht ein mal 
angezündet hätte. YWalefius fagt in feinen 
Anmerfungen zum Ammian, man habe bey 
groſſen Ungluͤcksfaͤlen, zu Bereugung der 
allgemeinen Traurigkeit, die Erleuchtung der 

. € Gaffen 


66 8 . Erleuchtung der Gaflen. 


Saſſen unterlaffen, und er beruft ſich dabey 
auf eine Stelle des Libanius, wo er den Ans 
nochiern fol gerachen haben, zur Befänftis 
gung des Kanfers, entweder feine, oder nur 
wenige Laternen anzuzünden. Diefe Stelle 
kan ich nicht finden; aber die angeführten 
Worte des Bafılius ſtehn in der vortreflichen 
von den DBenedictinern beforgten Ausgabe: 
Parifiis 1730 fol. * III p. 169. Gelegentlich 

merke ich noch an, daß Morellus in feiner 

Ausgabe des Libanius, am Rande, auf eine 

Stelle des Marimus Tyrius in orat. ad Im- 

per. de Palladis figni celebritate in Saidis vrbe 

verweifet, wo auch der Gaſſenerleuchtung ges 
dacht feyn fol. Aber Morellus hat geirretz 
die angeführte Rede ift von einem andern 

Marimus, der des Julians Lehrer gewefen ift, 

und die, fo viel ich weis, noch nicht gedruckt 

ift. Man lefe die Vorrede des Ioannis Davifü 
zu feiner Ausgabe des Marimus Tyrius. 


Procopius erzaͤhlt vom Kayſer Juſtinian, 
er hätte alle öffentlichen Kaſſen der Städte ders 
geſtalt erfhöpft, daß fie nicht einmal die Aerz⸗ 
te und Lehrer befolden, noch die Erleuchtung 
auf öffentliche Koften hätten unterhalten Föns 
nen. Quos oppidani fibi, vel ad remp. vel 
ad fpe&tacula feciffent proventus, veritus non 
eft, in publicum cenfum referre; ob eaque . 
in pofterum nulla medicorum magiltrorumve, 

- hono« 


* J | 
8 Erleuchtung der Baffen. 67 


honoraria, nulla publicorum aedificiorum cu» 
ra, nulla vrbibus in communi luminum pro- 
curatio. re Auyva vais moAscı £y Önpuorich 
Es ’ .. ‘ ‘. * 
öxdsn. Procopii arcana hifloria. Lugduni 
1623. fol.* p. 114. | 


‚Dur zweifelhafte Beweife, dag auch Rom 
erleuchrete Gaffen gehabt hat, habe ich noch 
zur Zeit gefunden, Meurſius hat ein Paar 
angeführt, die ihm hinlaͤnglich gefchienen has 
ben, nämlid in Exereitationum criticarum 
parte 2da, quae obfervationes mifcellas com- 
ple£titur, lib. 3. c. 14 in Joh. Meurfi opera ex 
recenfone Ioannie Lami. Plorentiae. 1745. 
‚fol. * V. p. 634. Die eine Stelle, worauf 
er ſich beruft, ift aus dem Ammianus Mar« 
eellinus B. 14 E, ı, in der Ausgabe des 
Jac. Gronovs, Leyden 1693 fol.* p. 5: Ad- 
hibitis paucis clam ferro ſuccinctis, vefperi 
per tabernas palabatur et compita, quaeritan- 
do Graeco fermone, cuius erat impendio gna- 
rus, quid de Caefare quisque fentiret; et con- 
fidenter agebat in urbe, ubi pernoftantium - 
Juminum claritudo dierum folet imitari fulgo- 
sem. Meurfius führe hicben auch des Sues 
tons Worte im geben des Jul. Cäfars Cap, 
31 an: Dein poft folis occafum, mulis e pro- 
ximo piftrino ad vehiculum junctis, occultif- 
ſimum iter modico comitatu ingreffus eft;. et 
eum luminibus exftintlis decefliffet via, diu 
SR  Ea erra- 


63 3 Erleuchtung der Golfer 


örrabundus tandem ad lucem duce reperto 


er anguftiffimos tramites pedibus evafit. Ich | 


Zeſtehe gern, daß mich diefe Stellen Feines? 
weges überführen. we 
Andere meynen inL. 19 C. de oper. pu- 
Blicis, oder unjuriftifch zu citiren, in Codice 
$uftiniani lib 8. tit. 12 Leg. ı9 ein Geſetz zu 
finden, welches die Unterhaltung der Gaſſen⸗ 
Taternen betreffen fol. Ich will es hier ein« 
ruͤcken; aber gern überlaffe ih meinen Leſern 
die Beurtheilung deſſelben: Quia plurimae do- 
mus cum ofhcinis fuis in portieibus Zeuxippi 
elle memorantur; reditus memoratorum lo: 
corum pro quantitate, quae placuit, ad’prae- 
benda luminaria; et aedificia ac tecta repa- 
tanda, regiae huius urbis lavacro fine aliqua 
jubemus excufatione conferri. — 


Unter den grauſamen Martern, welchen 
die Chriſten unter Nero ausgeſetzt wurden, 
war auch dieſe, daß ſie an Pfaͤhle, welche 
auf den Straſſen aufgerichtet waren, ange⸗ 
bunden, mit brenbaren Sachen umwickelt, 
mit Harz und Pech begoſſen, und alsdann 
angezuͤndet wurden, und auf ſolche Weiſe zur 
Erieuchtung der Gaſſen dienen muſten. 
vermuthete, bey den Geſchichtſchkeibern, wel⸗ 
che dieſe Grauſamkeit erzaͤhlen, gelegentlich 
einige Nachrichten zu finden, welche me 


9 Erleuchtung der Gaſſen. 69 


fönten, daß fhon unter Mero, die Erleuch⸗ 
fung der Gaffen gewöhnlich gewefen ſey; aber 
ich habe dergleichen nicht gefunden, und folte 
alfo die Stellen, um nicht fuͤr einen Compis 
lator ausgefchriehen zu werden, hier gar nicht 
berühren. Aber fo mühfam zufamnien ges 
ſuchte und werglichene Stellen ganz ungenutzt 
zu laffen, dazu gehöre eine: Meberwindung, 
wozu ich mich jegtnicht ſtark genug. finde. Ich 
fee fie alfo auf meine Gefahr hieher; übers 


ſchlage fie, wer fie nicht leſen will! vielleicht 


findet fie hier einmal jemand, der fie beſſer 
nußgen fan, und mir dann dafür dankt, 
R © 


Tacitus annal.lib. 15 Cap. 44: Et pereun- 
tibus addita ludibria, vt ferarum tergis con- 
tecti, Janiatu canum interirent, aut crucibus 


affixi, aut flammandi, atque ubi defeciffet 


dies in ufum nocturni luminis urerentur. 


Faſt mie denfelbigen Worten erzähle Sul: 
pitins die Sache in Hiftoria facra lib. 2 c.29, 
in der Ausgabe des Hieronym. de Drato, 
Berona 1754. zvol. in 4* II p. 161: Quin 
et novae mortes excogitatae, ut ferarum ter- 
gis contecti laniatu canum interirent. Multi 
erucibus aflıxi, aut flamma ufti. Plerique in 
id refervati, ut cum defeciflet dies, in ufum 
no&urni luminis urerentur. | 


€ 3 Es 


— 


70 8: Erleuchtung der Gaſſen. 


Es ſcheint, dieſe Grauſamkeit noch lange 
nach des Nero Zeiten, auch unter andern Kahy⸗ 
fern, begangen. zu feyn. Denn Prudentius 
‚weel ssOevav. hymn. IX v..116 ſagt: | 


‚Aut: gladio feriere caput, 
Aut laniabere membra: feris, 
“ "Aut facibus data fumifcis, 

" Flebiliter; vlulanda -tuis 

In ceineres vlulanda flues. 


Auch Juvenal gedenke diefer unmenfchlis 
hen Sebensftrafen Sat. I verſ. 155 und VIII 
v.235. Seneca nennet fie im ı4ten Briefe, 
- wo crein langes Verzeichniß teuflifcher Graus 
famfeiten erzählt: tunicam alimentis ignium 
et illitam et intextam. | - 


Unter den neuern Städten ift, fo viel ich 
jetzt weis, Paris zuerft dem Beyſpiele der aͤl⸗ 
tern, in Erleuchtung der Gaſſen gefolget. Als 
Rieſe Stadt im erfien Viertel des fehezehnten 
Fihrhunderts fehr viel von Straffenräubern 
End Mordbrennern lite, ward den Einwohs 
nern von Zeit zu Zeit befohlen, vor den Fen⸗ 
fteen ihrer Häufer, welche an der Gaſſe lagen, 
von 9. Uhr abends an, brennende Lichter zu 
unterhalten. Diefer Befehl ward z. B. im 
Jahre 15 24 gegeben, und in den Jahren 1526 
und 1553 erneuret. Man finder die Verord⸗ 
nungen 


8. Erleuchtung der Gaſſen. 71 


nungen in dem groffen und prächtigen Werke, 
welches ich nachher noch öfterer anführen wer⸗ 
de: Hiftoire de la ville de Paris, compofee 
par D. Michel Felibien, reveue, augmentee et 
mife au jour par D. Guy - Alexis Lobineau. 
Paris 1725 fünf ftarfe Bände in Großfolio, 
nebft vielen Kupfern * Man fehe den zwey⸗ 
ten Band ©. 951, 977, und IV ©, 648, 
-676, 764. Aber im October 1558 wurde” 
an den Ecfen der Gaſſen, oder wenn diefe zu 
lang waren, als daß fie von einem Lichte ers 
leuchtet werden konten, an drey Stellen ders 
felben Fallots errichtet. Diefes Geleucht glich 
einigermaffen den noch auf einigen Bergwer« 
Pen gebräuchlichen Grubenlichtern; denn im 
"Grand vocabulaire Franpois. Paris 1770. 4. 
%X p. 265 ſteht: Falot ce. dit dans la maifon 
‘du Roi et des princes, d’un grand vafe qu’on 
emplit de fuif, de poix refine et d’autres ma- 
‚tieres combuftibles, pour éclairer dans les 
cours. Da Paris 912 Gaffen hat, fo Fan 
man die damalige Anzahl feuchten noch nicht 
auf 2736 ſchaͤtzen. Die Verordnung ficht 
‘bey Selibien IV ©. 785. | 
Schon im November deffelben Jahrs ward 
dieſes Geleucht in gewoͤhnliche Laternen Mi 
wandelt, worüber die Berordnung ebendafelbft 
IV ©. 786 ſteht: que au lieu des fallots ar- 
dens feront mifes lahternes ardentes et allu- 


mantes — —. 
E 4 In⸗ 


m2 8. Erleuchtung der Gaflen. 


Inzwiſchen blieb die Erleuchtung noch lan⸗ 
ge Zeit fehr fparfam und unvollfommen ; des⸗ 
wegen verfiel ein SStaliener, Abbe Laudati 
aus dem Haufe Caraffe, auf den Einfall, 
Mierhfaceln und Miethlaternen anzulegen, 
wozu ihm. auch im März 1662 die ausſchlieſ⸗ 
fende ‚Erlaubnig auf 20 Yahre verlichen 
ward. Er ſolte naͤmlich nicht allein in Paris, 
fondern auch in andern Städten des Königs 
reichs, an beftimten Orten, Buden oder Pos 
ften errichten, wo jedweder eine Fackel oder 
Laterne miethen , oder jemanden für Geld 
haben Fönte, der ihm durch die Stadt leuch⸗ 
sete. Es ward auch verordnet, daß. er von 
jeden, der eine $aterne auf eine Kutſche ver 
langte, für jede Viertelftunde 5 Sols, und 
. von jedem Susgänger 3 Sols erhalten, folte, 
Um alle Streitigfeiten wegen der Zeit zu vers 
hüten, mußte an jeder Laterne eine geeichte 
Sanduhr angebracht ſeyn. Man finder diefe 
Verordnung bey Felibien V ©. 191, worin 
diefe Laternen porte-lanternes et porte-flam- 
beaux à louage genant werden, 


Endlich erhielt die Erleuchtung der Stadt 
Paris im Fahre 1667 diejenige Einrichtung, 
die noch fortdauert; nämlich damals ward dag 
dortige Polizeyweſen, welches nachher den 
meiften andern Städten zum Mufter gedient 
hat, ungemein verbeflert, Anftat daß — 

| o 


8. Erleuchtung der Gaſſen. 7 


fo wohl das Juſtizweſen, ale auch die cigents 
lichen Polizey: Sachen einer einzigen Magis 
ftrafsperfon, die Lieutenant civil du prevoft 
de Paris genant ward ‚ aufgetragen waren, 
fd wurden beyde Gefchäfte, nach einem Fönigs 

lihen Befehl vom Monate März des genans 
ten Jahrs, unter zwo Perfonen getheilet. 
Der, welcher das Juſtizweſen erhielt, behielt 
den alten Titel; der aber, welchem das Pos 
liseywefen anverfrauet ward, erhich den Tis 
tel: Lieutenant de prevoft du Paris pour la 
police, oder Lieutenant general de police. 
Der erfte Polizey: $ieurenant ward Gabriels 
Nicolas de Ia Reynie, ein Mann, der 
nad dem Lobe, was ihm. die franzöfifchen 
Schriftſteller beylegen, in der Geſchichte der 
neuern Polizey, Epoche gemaht hat. In 
der oft angeführten Gefchichte von Paris I 
©. 411 heißt er; magiftrat Eclaird, integre, 
vigilant, Egalement zel& pour le fervice da 
roy et pour le bien public, et qui a fi bien 
reufft dans l’exercice de cette nouvelle charge, 
qu’on peut dire que c’eft à lui, plus qu’ä tout 
autre, que l’on eft redevable du bon ordre 
qui sobferve aujourd’hui dans Paris. Viel- 
leicht ift es dem, der einmal die Geſchichte 
der Polizey bearbeiten, oder über die Graͤn⸗ 
zen der letztern nachdenfen will, nüßlich, hier 
anzumerken, daß man die Beſtallung oder 
Inſtruction des Polizey: $ieutenant ebenda⸗ 


Es ; ſelbſt 


74 8. Eileuchtung der Gaſſen. | | 


felbft II ©. 1493, und ausführlicher IV ©, 
211 antrift. Die erfte gute Verordnung, 
wodurch De la Reynie fih um die: Polizey 
verdient. machte, war die Berbeflerung -der 
Nachtwachen (le guet) und der Erleuchtung, 
Man fehe Code de la police par M. D. Troi- 
fieme edit. Paris 1761. 8. * Ip. 228. Ich 
habe inzwifchen nad) Feine ausführliche Nach⸗ 
richt von dem, was er desfals veranftaltet 
hat, finden koͤnnen. Aber vier Fahre nachs 
her ward abermals eine Verbeſſerung vorges 
nommen, worüber dag Arreft vom 23 May 
1671 bey Felibien V ©. zı3 ſteht. Man 
ficht daraus, daß vor diefem Jahre die Er- 
deuchfung nur in vier Wintermonaten ‚ges 
ſchehn ift, und. daß die Parifer, wegen der vie 
den Uebelthaten,. die in den Nächten, da feis 
ne Laternen branten, gefhahen, fich erborhen 
u. fo viel Geld aufzubringen, als zur 

rleuchtung durch den ganzen Winter noͤthig 
ſeyn würde. Es ward daher damals verords 
net, daß die faternen Jährlich vom 20 Octo⸗ 
‚ber bis zum letzten März brennen folten, au 
fo gar warn Mondlicht wäre, weil nämlich 
diefes bey ſchlechtem Wetter niche hinreiche, 
und audy bey heiterer Witterung, die engen 
‚ and gefährlichiten Gaſſen nicht genug erleuchre, 


Die neueſte Verbeſſerung der Pariſer fa 
fernen, die mir befant ift, beftche in Einfühs 
tung 


8. Erleuchtung der Baffen. 75 


sung der Meverberir:$aternen, lanternes à re- 


verbere, da naͤmlich die tichrftrahlen durch ein j 


polirtes Metall auf die Straffen geleitet. wers 
den. Durch die. Freundſchaft unfers Hrn, 
Prof. Diez kenne ich cin Werfchen von 156 
Seiten in Großduodez mit dem Titel: -Eiki 
fur les Janternes, par une fociet@ de gens de 
lettres. A Dole 1755. Es ift eine Spörtes 
rey auf, antiquarifhe Unterfuchungen und auf 
einige Perfonen in Paris; enthält aber einige 
wahre Nachrichten von der Parifer Gaffeners 
leuchtung. Unter diefen Tiefer man ©. 108, 
daß die Reverberir:$aternen von einem Abbe‘, 
P. den der Spötter zu nennen nicht gewagt 
hat, angegeben ſind. Dieſer iſt alfo der zweh⸗ 
te Abbe, ſagt er zweydeutig, der. ſich ruͤhmen 
kan, die erſte Stadt der Welt erleuchtet zu 
haben. Im Jahre 1721 hat Paris 5772 $as 
ternen gehabt, wie in den Breslauer Sam. 
lungen 1722 Novemb, ©. 596 berichtet if, 
Aber in Etat ou tableau de la ville de Paris, 
Paris 1760. 8, wovon der Verfaſſer Jeze 
heiffen fol, fol die Anzahl nur auf 5694 an: 
gegeben feyn, Hingegen in Curiofites de Pa- 
ris, de Verfailles, Marly — — Par M.L.R. 
Paris 1771, a vol.ing.”Ip.9 finde ich die 
Anzahl 6232. 


Wenn es wahr iſt, was man in Mait- 
land Hiftory of London. London 1756. — 
vol. 


„6 8 Erleuchtung der Gaffen. 

vol: fol. *T p. 186 liefet, nämlich daß ſchon 
im Jahre 1414 in London der Befehl ertheilt 
iſt, Laternen zur Erleuchtung der Gaffen aus 
zuhängen, und wenn diefe Anftalt von diefer 
Zeit an fortgedauert hat, woran ih jedoch 
zweifle, ſo muß ich geftchen, daß London in 
diefer Polizey⸗ Anſtalt der Stadt Paris zuvors 
gekommen iſt. Maitland' beruft fi desfals 
auf The furvey of London by /. Stow. In 
der Ausgabe diefes Werfs vom Jahre 1633 
fol. finde ich inzwifchen nur S. 561, im Vers 
zeichniß der Magiftratss Perfonen: 1417. Ma- 
jor, ‚fir Henry Barton, fkinner. This Hen- 
ry Barton ordained lanthornos with lights, to 
bee hanged out on the winter evenings, bet- 
wixt Hallontide and candlemaffe. Alfo vom 
Tage aller Heiligen. bis Lichtmeſſen. Mehr 
finde ich auch hiervon nicht in der neuen Auss 
gabe des John Steppe. London 1720 
2 vol. fol.* HI p. 117. 


Inm Jaͤhre 1668, als verſchiedenes zur 
Verbeſſerung der Gaſſen verordnet ward, wur⸗ 
den auch die Londoner erinnert, die Laternen 
zur gewoͤhnlichen Zeit auszuhaͤngen. In 
New hiflory of London, by Iohn Noorthouck. 


Lond. 1773.4 * p. 233 fteht: For the fafety ° 


and peace of the city, all inhabitans were _ 

; 'ordered to hang out candlas duly to the ac- 
couftomed how. Im Jahre 1690 ward dies 

Ä fe 


8. Erleuchtung dev Gaſſen. 77 


fer Befehl erneuert. Jedes Haus folte' von 
Michälis bis Maria: Verkündigung, ein Licht 

oder eine Lampe ausfegen oder aushaͤngen, 
und zwar fo bald es dunfel würde, bis ı2 Uhr 
nachts; nur folten. hievon diejenigen ausge: 
nommen werden‘, welche Antheil an denen 
fampen nehmen würden, welche man überall 
in verſchiedenen Entfernungen  aufzurichten 
dachte. So verftehe ich wenigftens die Worte 
des Geſetzes, welche man in The flatutes at 
darge, containing all the publick ads of par- 
liament. Lond. 1734 fol. * III p. 64 liefet? 
excepting fuch perfon or perfons as ſhall 
agree to make ufe of lamps of any fort, to be 
placed at Such diftances in the’ftreet, as fhall 
be approved of by the juftices of the peace. 
Im Jahre 1716 ward abermals befohlen, daß 
jedes Haus, in jeder dunflen Naht, naͤm⸗ 
lich zroifchen der zweyten Mache nach jedem 
Bollmonde: bis zur fiebenten Nacht nach jedem 
Neumonde, von 6 Uhr abends bis 11 Uhr 
nachts, eine brennende Lampe aushängen 
folte. Diefen Befehl, worin Feiner andern 
Saffenlaternen gedacht ift, hat Maitland I ©, 
521 eingeruͤckt. X 


Aber in den Jahren 1736 und 1739 ward 
die Erleuchtung auf den jetzigen Fuß geſetzt; 
man beſtimte die Vertheilung der Unkoſten, 
die Erhebung und Berechnung der — 
1% 13 


73 3. Erleuchtung der Baffen. 


Anftatt daß vorher nur tauſend Lampen gewe⸗ 
fen waren, ward die Anzahl erftlich auf 4679 
vermehrt, weil aber auch diefe nicht hinläng- 
fih war, fo vermehrten viele Wards bald 
darauf die Anzahl ihrer fampen, fo daß die 
Summe auf 5000 flieg. Inzwiſchen ift dies 
fes nicht die Summe aller $ampen in gang 
$ondon, fondern nur derer, welche in dem 
Theile, der eigentlich die Stadt genennet wird 
(eity and liberties thereof), vorhanden find. 
Da diefer nur den fünften Theil von ganz 
London ausmacht, fo berechnet Mairland die 
Zahl aller ‚öffentlihen und Privar : $ampen 
(die einzelne Einwohner auf eigene Koften 
vor ihren Häufern unterhalten), auf funfjehn 
taufend. Man verlängerte auch damals die 
- Dauer der Erleuchtung, welche vorher jährlich 
nur 750 Stunden gewefen war, und nun auf 
fünf taufend Stunden ausgedehnt ward. In 
umfern Niederfächfifchen Städten, welche nicht 
fo dunkle Gaffen als $ondon haben, beträgt 
die Erleuchtung gewöhnlich 1519 Stunden; 
Mer diefes Stück der Sondoner Polizey näher 
Fennen will, tan alle dahin gehörige Nach? 
richten bey Meitland I S. 565 und ©, 640 
finden, _ 


Amſterdam hatte ſchon 1669 $aternens 
denn im Februar diefes Jahrs  verborh ‘der 
Magiftrat, der den Gebrauch. der. Fackeln 
| | ſchon 


8 Erleuchtung der Gaſſen. 79 
ſchon im J. 1655 unterſagt hatte, die Be⸗ 


ſchaͤdigung der Lampenpfaͤhle, an welche nicht 


Pferde gebunden werden ſolten. Man findet 
diefe Verordnung, fo wie auch Inftrultie voor 
de aanftekers van de lampen vom J. 1669 in 
Handveflen, of te privilegien ende octroyen de 
Stad Amflelredam. Te Amftelredam 1748 
fol. * II p.1047. Man hatte damals noch 
nicht glaͤſerne, fondern hörnerne Leuchten; 


denn es ſteht in der Inſtruction, die Anſtecker 


folten het roet, dat van de traen of olie aen 
het hoorn van de lantaren komt, täglich abs 
wilden. ” | 


Im Haag hat man zwar ſchon im October 


1553 den Befehl ertheilt, daß jeder in duns. 


keln Nächten ein Licht vor der Ihür halten 
folte, und nachher hat man an den Ecken der 
vornehmften Gaffen Eleine feinerne Häufer 


gebauet, worin nachts Lichts gehalten ward; 


aber im September 1678 wurden dürch alle 
Straffen, von dem Stadt: Collegium, was 
die Sociefät genant wird, Laternen errichten, 
©. Befchryving van ’f Graven- Hage. door 
Jäcob de Riemer. In ’f Graven-Hage 1739 
fol. * II p. 265. | 


Kopenhagen hat zu 8. Chriftian IV Zeis 

ten Laternen erhalten, Jetzt follen ihrer 12000 
feyn, die an den Häufern befeftige find. S. 
au⸗ 


80 8. Erleuchtung der Gaflen: 


Zaubers Velhreibung von Kopenhagen ©, 
172: X Aber folte hier nicht eine Null zu * 


ſeyn?) 


In Italien ſind noch zur Zeit kaum ein 
Paar Städte, welche Laternen haben; nicht 
Rom, nicht Neapel. Venedig hatte vor einigen 
Jahren 3000, wie de la Lande in voyage 
d’un Francois par Italie VIII p. 187 erzählt, 
Hr. von Riedefel fagt in feiner Reiſe durch 
Sicilien und Griechenland; Zürich 17714 9 
Palermo fey der einzige Ort in Stalien ‚ der 

‚nachts Beleuchtung habe, 


Madrit bis auf unfere Zeiten die unfaus 
berfte unter allen Europäifchen Refidenz Staͤd⸗ 
ten, ift jetzt fo ſchoͤn als London erleuchtet, 
hingegen Liſſabon neh gar nicht. S. Twiß 
Reife durch Portugal und Spanien. Leipzig 
1776. 8. S. 133 und ©. 2, Dalrymple Reis 
fen durch Spanien und. Portugal, $eipzig 
- 1778: % S. 1594 


Philadelphia in Mord.» Amerika hat ers 
leuchtete Gaffen, und noch dazu, wie unfer 
Göttingen, an beyden Seiten der Gaffen ers 
habene Fußbaͤnke. S. Burnaby Reife durch 
die Kolonien der Engländer, Hamburg 
1776. 8 = 


In 


8. Erleuchtung der Gaſſen. 81 


AIn Hamburg Bat der Kath fchon im Jah⸗ 
ve 1672 der Bürgerfhaft den Vorſchlag ge 
than , Saffenleuchten zu errichten, aber erft im 
Jahre 1673 wurden fie beliebt, und errichtet 
wurden fie erft zwey Jahre nachher, nämlich 
1675. Man fehe von Griesheim Anmers 
fungen über den Tractat, die Stadt Ham⸗ 
burg. ©. 223. Nucleus recefluum et con- 
ventuum Hamburgenfium. Altona ı 705 fol.* 
Artikel: Leuchten. Samlung der Ham⸗ 
burgifchen Mandate, Befehle u. f. w. 
Theil 1S.321ı und II ©. 534, wo die ſcharfe 
Inſtruction für die Sampenverforger und Lam⸗ 
penanſtecker abgedruckt ift. 


In Berlin hat man im J. 1679 den Ans 
fang der Beleuchtung damit gemacht, daß 
aus jedem dritten Haufe eine $aterne mit brens 
nendem Lichte, ausgehängt ward, und die 
Nachbaren darin abwechfeln muften; aber im 
Sahre 1682 brachte Ehurfürft. Sriedrich 
Wilhelm die $aternen. auf Pfählen gänzlich 
zu Stande, fo fehr auch) die Einwohner, wegen 
der Koften, fich dawider fegten. Sie gaben 
in einer Bittſchrift 1680 vor, daß in Berlin 
allein, die Anfchaffung der taternen 5000 Thal, 
gekoſtet habe, und daß die Unterhaltung jähr> 
lich 3000 Thal. Fofte. Jetzt hat die Stadt 
2354 $aternen, welche von September bis 
May brennen, und zwar auf Fönigliche Ko⸗ 

u J— F ſten. 


82 8% Erleuchtung der Baffens 


ften. Potsdam hat 390 öffentliche Laternen. 
S. Nicolai Beſchreibung von Berlin und 
- Potsdam, Zweite Auflage ©. 308, 974 
ind Einleitung S. XXIX. — 

In Wien ward der Anfang 1087 gemacht. 
Es wird dort mit dem Brenngloͤcklein zum 
Anzuͤnden ein Zeichen gegeben, ©. Codex 
Auftriacus. Wien 1704. fol. * ©. 514 und 
Supplem. codieis I ©. 993, Bor einigen 
Jahren foll die Stadt 2000 faternen gehabt 
haben, die mit Klauenfhmal; unterhalten 
wurden, und 33,000 Gulden jährlich geko⸗ 
ſtet haben ſollen. Im J. 1776 ward die 
Zahl bis 3000 vermehrt, und die Unterhals 
fung ward für 30,000 Gulden. verpachtet. 
Eine Laterne mit einem Pfahl Foftete 10 St, 
Jetzt ſoll Wien 3445 Saternen haben, | 
die Befchreibung von Wien, die 1779 
dafelbft bey Kurzböck in Kleinoctav herausge⸗ 
kommen ift, 14 — 


Leipzig erhielt die Beleuch ; ung im J. 17023 
Dreßden aber erſt 1705. Man finder die 
Verordnung in Codice Augufteo I ©. 1721 
u 1727, Schmieder Policy von Sachſen 

+315+ 


In Frankfurt am Mayn lies der Rath im 
J. 1707, auf dem Nömerberge einige . 
| euch 


8. Erleuchtung der Gaſſen. 83 
leuchten, dergleichen er um die genze Statt 
anzulegen dachte, probiren; aber fie erhielten 
keinen Beyfall: Erſt im J. 1711 hutden 
fie allgemein angeordnet, S. son! Lerſnet 

hronife von Sranffurt, 1734, fol,” 11 ©, 
7171. E53 VE eg 


In Caſſel ward die Erleuhfung unter 
Sandgraf Carl im J. 1721 angefangen, weil 
aber zur Unterhaltung Feine hinlängliche Anz - 
ftalten gemacht waren, fo unterblich fie endlich 
wieder ganz. Aber im J. 1748 ift fie von - 
Neuen angeordnet, und feitdem von Zeit zu Zeie 
verbeffert worden. Im J. 1767 waren über, 
haupt 720 Saternen, welche 20 Tage monat» 
lich, ausgenommen May, un, Sul, und 
die erſte Hälfte des Augufts brennen, Zu dies 
‚fen katernen waren 18 Wärter, S. Schmin⸗ 
Fe Beſchreibung der Reſidenz⸗ Stadt Caſſel 
1767.8 S. 329. Aus der ſchriftlichen Nach⸗ 
sit eines Freundes Fan ich hinzufegen, daß 
ira Winter 1778 die Anzahl auf 1013 vers . 
mehrt ift, ohne diejenigen , ‚welche um das 
Shloß herum fichen, und auf herrfchaftliche 
Koften unterhalten werden. Die Koften zu 
den übrigen werden: durch den ſo genanten 
Fleiſchheller aufgebracht, da die Fleiſcher von 
alem gefchlachteten Viehe einen Heller aufg 
Pfund entrichten müffen, Ehemals ward die 
Beleuchtung von einer befondern Adminiftra- 

5 2 tion, 


84 ‚Su Erleuchtung der Gaſſen. 


tion, unter. Direction der Kriegs⸗ und Dos 
mainen Kammer, beſorgt; jetzt aber iſt fie 
verpachtet. Für jede Laterne erhält der Paͤch⸗ 
ger 2 Rthl. 30 Albus. : ia 
Halle hat Laternen im September 172% 
erhalten. Im Sabre 1750 waren dafelbft 
600, zu deren Beforgung zehn Lampenputzer 
gehalten wurden, Es wurden jährlich. r 

Kehle, für Baummolle zu Dacht bezahlt, 40 
bis so Tonnen Dehl verbraucht, und gegen 
100 Rthlr. für Ausbefferung der Jampen.und 
Pfaͤhle gerechnet. S. von Dreyhaupt Be⸗ 
ſchreibung des Saalkreiſes II S. 379. 


Hier in Goͤttingen ſind die Laternen im 
J. 1735 angelegt; die erſte Verordnung dar⸗ 
über iſt vom May deſſelbigen Jahrs. Jetzt 
haben wir 400 Stuͤck, für deren Anzuͤndung 
und Verforgung mit Oehl, der Pächter diefes 
Jahr (1779) 443 Rthlr. erhält. Die Aus⸗ 
beſſerung derfelben Eofter jährlich ungefähr 30 
Kehle, welche Nachricht ich dem Hrn. Ober 
poliseys Commiffarius Stock zu danfen habe 





9. Die 





| Ban: 
Die aͤlteſten Buͤcherprivilegien. 


D e aͤlteſten Buͤcher⸗ oder Verlagprivile⸗ 
gien ſind von Hrn. Geheimen Juſtiz⸗ 
rath Puͤtter, in dem hier 1774 in 4 gedruck⸗ 
ten Bucher der Büchernachdrud ‚nach 
aͤchten Grundſaͤtzen des Rechts geprüft, 
angezeigt worden. Nachher hat Hr. G. Di 
Hoffmanı in, einem Eleinen 1777 in 8. ges 
druckten Auffaße: Don denen ältiften Eays 
ferlichen und Landesherrlichen Bücher- 
Druck- oder Derlag - Privilegien, noch 
einige Ergänzungen gegeben, ch will hier die 
von diefen Gelehrten angemerften Privilegien 
nad) der Folge der Fahre herfeßen. Derjes 
nige, dem ein altes Privilegium vorkommen 
folte, wird hier deſto leichter überfehen Föns 
nen, ob ſolches ſchon befant fen oder nicht, 
Zugleich will ich. einige neue Bemerkungen 
beyfügen. | | u 


1494. Ein Benetianifchee Privilegium zu deg 
Vincentii Bellovacenfis fpeculo hiftoriali. 
Hr. Pürter S. 23, - 


831495. 


86 9. Bücherpriviletien, 


1495. Er Maäyländifches vom Herzog 
wig Sforza, fir Michael Ferner und Eus 
ftahius Silber, über I. A. Campani ope- 
ra. Hr. Pürter ©. 23. _ 

1497. Ein Benetianifches über ‚eine Ausgabe 
des Terenz. Hr, Pürter ©. 23. 
1501.. Privilegium fodalitatis Celticae a feh#- 
tu Romani imperii impetratum, zu des 
Conradi Celtes Ausgabe der Werke der 
Groſwitha. Hr. Puͤtter S. 170. 
1506. Ein Paͤbſtliches von Pabſt Julius H 
für den Buchhändler Evangelifta Toſino, 
über Ptolomaͤi Geographie, ° Hr, Puͤt⸗ 
ter ©. 23. — 
1507. Ein Franzoͤſiſches von Ludwig XIL für 
. Antoine Verard. Hr. Dütter ©. 234 

1507. Ein Benetianifehes über Epytoma fa 

pientie. Hr. Hoffmann ©. 42. 
ı510, Erftes Kanferliches zu Lectura aurea 
femper Domini abbatis antiqui. Hoff 
mann S. 16. 
1512. Ein Kayſerliches zu Jacob Spiegels 
Auslegung des’ Aurelii Prudentii Cle- 
mentis hymni. Yotmann ©. 7: 
1512. Ein Kayſerliches zu Roͤßlin Swan⸗ 
gere Frauwen Roſegarten. Hoffmann 


S. II, u PR RR. 
1514. Ein Kanferliches über Kanfersbergers 
Predigten, Hr. Pütter ©, 171. 
s j 151 5 


‚9. Bücherprivilegien 87 


1515. Ein Kanferliches zu Riccardi Bartho- 
bii lib. de bello Norico. Hoffmann 
| ©. 20, - ⸗ Eid 

1515. Ein Kayferliches zu Germania Ense 
Sylvi. Soffmann ©. 24. _ 

1516, Ein Franzoͤſiſches. Hoffmann S. 43. 

1517, Ein Kayferliches zum Theuerdanf, Hr, 

Pooaouͤtter ©. 172. | 

1517. Ein medicinifhes Buchs impreflum 
in emporio antverpiano — cum gratia 
et privilegio. Hoffmann S. 43+ 

1518. Ein Herzogl. Bayrifches ; noch zur Zeit 
das ältefte Sandesherrliche, Hoffmann 

©. 46» 2 E 

1519. Ein Kayferliches zu Pontani de imma- 
nitate liber. Hoffmann ©. 42. | 

1527, Ein Privilegium von Herzog Georg 
von Sachſen, über das von Emfer hers 
ausgegebene neue Teftament, Hr. Pürs 
ter ©, 167. 


Zu diefen Nachrichten fere ich noch fols 
gende hinzu: | | 
1) Im Jahre 1495 gab Aldus die Wers 
fe des Ariftoreles heraus. Am Ende des ers 
ſten Theils liefee man: Conceflum eft eidem 
Aldo. inventori ab illuftriffimo fenatu Veneto, 
ne quis queät imprimere neque hunc librum, 
neque caeteros quos is ipfeimpreflerit; neque 
— 54 eius 


88. 9 Bücherpriviletien: 


eius uti invento. Dieſe Iekten Worte bezie⸗ 
hen fih auf die Griechiſchen Buchftaben, mie 
Hamberger in feinen zuverläßigen Nach⸗ 
richten von den Schriftitellern I S. 267 
und S. 123 angemerft hat. 


2) Im Jahre 1498 ward zu Venedig 
in. 4 gedruckt: Ephemerides five Almanach 
perpetuus. Am Ende ſteht: Expliciunt ephe- 
merides folis lunae planetarumque perpetui, 
impenfis opera et arte impreflionis mirifica 
Petri Liechtenftein colonienfis explete anno 
fiderum conditoris 1498. . Venetis. Cum 
gratia et privilegio. * 


3) Hr. Hoffmann redet S. 30 fehr ziveis 
felhaft von einem Privilegium von 1517, 
was Joh. Schäfer zu einer Ausgabe des Li⸗ 
vius erhalten haben fell, und meldet, er habe 
es vergebens gefucht. Eben deswegen, und 
weil diefe Ausgabe, die ich aus unferer Unis 
verfitäts: Bibliothek vor mir habe, hoͤchſt fel- 
ten ift, und das Privilegium viel merfwürs 
diges enthält, will ich es hier ganz einrücen, 
Die Ausgabe ift aber von 1518, und chen 
diejenige, welche Hamberger in zuverläßigen 
Nachrichten J ©, 532 befchrieben hat. 


Maximilianus divina favente clementia 
Romanorum imperator femper Auguftus, ac 
Germaniae, Hungariae, Dalmatiae, Croatiae 

| | &c. 


9..Bücherprivilegiem 9 


&c. Rex; Archidux:Auftriae dux‘Burgundiae; 
Brabantiae &e..Gomes Palatinus&c. Honefto 
noftro, et facriimperii fideli nobi« dile£to 
Ioanni' Scheffer..'Chalcographo‘. Moguntino 
gratiam noftram Caefaream et omne bonum. 
Cum, :ficut docti et moniti famus fide digno- 
rum.teftimonio, ingeniofum chalcographiae; 
authore auo tuo, muentumfelicibus incremen- 
tis in univerfum orbem promanaverit, et fere 
omnes chalcographi ‘non modo per imperii 
noftri ditionem,-fed alia etiam regna gratia 
feu privilegio de non imprimendis libris. ex 
ofhcina eorum emanatis fecundum vim obtenti 
euiuslibet privilegii gaudeant, ne eorum irritus 
labor fat, et ſibi ialturam ofhcio fuo pariant, 
ſieut tibi in publicatione Liviana contigiffe ac- 
cepimus.. Proinde volehtes tibi, tum ob. avum 
tuum, omni vel'.ob hoc divinum inventum 
favore, et commendatione dignum. tum pro 
damni tui recuperatione, quod accepifti ex 
praecipiti fecundaria operum a te publicato- 
rum editione, opportuno remedio fuccurrere, 
et in pofterum profpicere, omnibus et fingulis, 
cuiuscunque conditionis exiftant, Chalcogra- 
phis et librorum imprefforibus, ubilibet loco- 
rum in facro Romano imperio, et etiam inter- 
ris noftris haereditariis, conftitutis fub poena 
infra feriptaferio inhibemus, ne Titum Livium 
per decennium , quem fub incude:in.praefen- 
tiarum habes, et Latinum et Germanicum, ac 


hg F 5 etiam 


so 9» Dücherprivilegiene 

etiam auctiorem quam hattenus‘‘ nunguam 
publicatus, edere proxime intendis, ac aliä 
pleraque opera quacunquein lingua, quae tu 
primum apud;Germanos; licet apud exteros 
imprefla fuerint, publicabis per fexennium a 
dato editionis cuiuslibet talium. librorum et , 
operum, imprimere, feu alibi imprimi facere, 
aut poft diem ‚eorundem editionis impreflos 
adducere, quovismodo, aut :quaefito colore 
. ftudeant vel praefumant, aut ab aliis iſta fiant 
authores ſint, ſub poena amiſſionis librorum 
fie editorum, aut vaenum expofitorum, quos 
etiam praefatus Ioannes, aut cui ab eo agen- 
dum hoc commiffum fuerit, de facto ubicun- 
que eos compererit, accipere, et in’commo- 
dum fuum convertere poteris et poterit, im- 
pedimento, contradittione, et impugnatione 
ceffante quoruneungque, cuiuscunque dignita- 
. tis, praeeminentiae, ftatus et ofhcii fuerint. 
Et amplius ſub poena decem marcharum auri 
puri, quas taties quoties, contrafattum fuerit, 
irremifhibiliter exigendas a contrafacientibus, 
et pro medietäte fifco noſtro Caeſareo, pro 
reliqua vero iniuriam paſſi ufibus decernimus 
effe applicandas. Harum teftimonio literarum 
figilli noftri.munimine roboratarum. Datum 
in oppido noftro Vuels die nona menſis De- 
cembris. An M. D. XVIIL. Regnorum no- 
ftrorum, Romani XXXIl. Hungariae vero 
XXIX. —— 
Ad 


9. Bücherpriviligfen. ge 


Al mandatum Caefardaeın:n in Sion 
:majeftatis proprium. — 
in se nd rn Tas Spiegeike 
» 4) Wer: von den Kanfersbergifäyen Pres 


digten eine ausführliche Machricht verlangt, 
den verweife ih auf (J. G. Weller) Altes 


aus allen Theilen der Gefhichte, I ©. 805 


auh auf. Dunkels Nachrichten von verftors 
benen. Gelehrten N..2023, der auch noch 
eine vom andern, felbft nicht von Vogt und. 
Element, angemerfte teutfche Ausgabe, die zu 
Bafel 1519 herausgefommen ift, beſchreibt. 


5) Bey dem Eremplar von Loe/cheri ftro- 
mateus feu diflertationes. Wittembergae 17 24% 
4, welches ‚auf hiefiger Univerfitäts: Biblioa 
thek ift, hat der chemalige Befiger zu ©. 287 
beygeſchrieben: An. 1505 Mediolani excude- 


‚ batur liber, quem citat Echardus in Biblioth. 


l 


ord. Präedicat. P. 2 p. 59, cui praefixum 
eft privilegium Marchionis Mantuani. - Aber 
ich finde dort bey Echard Fein Bud von 
dem genanten Jahre und Drudorte, Eben 
dieſe Hand hat zu S. 287, wo Löfcher fagt: 
cuftodes fämen erſt 1474, und Regiſter erſt 
1497 vor; beygefchrieben, daß fhon die Roͤ⸗ 
mifche Ausgabe des Prolomäus vom Jahre 
1478, und die. andere.vom Fahre 1482 Re⸗ 
gifter und indices rerum haben, In dieſer 

zu 


9 9: Bücherpeivilegieng 


zuletzt genanten Ausgabe finde ich noch Feine 
cuftodes, wohl aber. die. Signatur, und zwar 


nicht unter der Mitte der Seiten, fondern in 


der 'untern Ede rechter Hand. Eben fo ift 
auch in diefem Stuͤcke die fehtene "Ausgabe 
von Ulm 1486 beſchaffen. =. 4 
6) Zu den älteften. Fayferlichen Privile⸗ 
gien gehört auch dasjenige, deffen ii der Aus⸗ 
gabe. des Prolomäus von ı513 gedacht iftz: 
Argentinae cum gratia et privilegio imperiali 

X annos. Dieſe Ausgabe ift auf hieſiger 
Univerſitaͤts-⸗Bibliothek. | 


7) Anderfon merkt bey dem Jahre 1590 
an, daß in Rymers Foedera B. ı6, ©, 96: 
das erſte auafchlieffende Patent zum Drude 
eines Buchs in’ England dasjenige fey, was 
in dem genanten Jahre die Königinn Elifabet: 
dem Richard Weigt zu Orford, zu einer Ueber⸗ 
fegung des Tacitus, ertheilt hat: Ich vers 
‚ wundere mic) darüber, daß Anderfon, der Ry⸗ 
mers Foedera ſo oft brauchen muſte, und wirk⸗ 
lich aufmerkſam gebraucht hat, die aͤltern dort 
vorkommenden Privilegien hat uͤberſehn koͤn⸗ 
nen. In dem muͤhſamen und fuͤr die engliſche 
Litteratur ſehr wichtigen Werke des Joſeph 
Ames: Typographical antiquities; being an 
hiftorical account of printing in England, - - 
. with a regifter of the books printed from the 
year 


9 Buͤcherprivilegien. 93 


year 1471 to the year 1000. London 1749. 
‚4. findet man weit ältere Privilegien, Ang | 
fagt in der Vorrede: I;have added all their 
privileges,.lieences, patents ‚&c. which werg 
‚granted.tothem.- Die -älteften’ Privilegien, 
die ich -in dieſem Buche bemerkt habe, doch 
babe ich m. vier: Aberfehen, f ind fol Ä 
ante: a u 


2510. The hilköry of king —* — 
printed at London by "Thomas Godfry. 
Cum privilegio regali. in 4 Ames 
S. 140, | 

1518. Oratio Richardi Pacei. — mir 
per Richardum Pynfon,.regiumi impraf 
forem, cum privilegio a rege indulto, 
ne quis hanc orationem intra biennium 
in regno Ängliae imprimat, aut alibi 
impreflam et importatam in eodem 
regno Angliae vendat. ©. ı20, -'! 

1520. Cum gratia et privilegio. ©. ı21, 

1521, 122. 1522 ©. ı25, 1523©. 145, 

1525 ©,126,.1528 ©, 146, 1530 ©, 
u. ſ. w. 


8 


Als im Jahre 1483 die bekante Acte zur 
Einſchraͤnkung der fremden Kaufleute gemacht 
ward, ward doch den Ausländern erlaubt, 
Bücher, fo wohl gefchriebene, als gedruckte, 
einzubringen, zu verfaufen, auch im Reiche 

zu 


94. 9. Bücherprivilegien. 


zu drucken, Ames hat diefe Acte S. 425 eine 
geruͤckt. Eine andere Verordnung von Hein 
rich VIII vom Sahre 1533, die man: bey Ames 
©. 494 liefee, ſchraͤnkte jene Freyheit wieder 
ein. Im Sahre'153g ertheilte Heinrich eine 
Verordnung zum Bibeldrucke, und 542 gab 
er einem Buchhändler ein Privilegium dab 
über auf vier Jahre: Ames ©. 498, 50% 
Das_merfuntröige Privilegium pom Jahre 
1551 zum Drucke der Pandecten, ſteht bey 
Rymer B. 15. und bey Ames S. 511. Letz— 
terer hat noch viel mehr neuere Privilegien, 
welche doch noch vor dem Jahre 1590 gege⸗ 
ben find. Dasjenige, was Anderſon et dd 
älsefe Hält, fit ©5064 . 

8) Ich wünfchte das aͤlteſte Spanifche 
Privilegium zu finden, und. ſchlug ‚deswegen 
unter mehrern Büchern auch Specimen Biblio- 
thecae Hifpano - Majanfianae; ex muſeo Davi- 
dis Clementis. ‘Hannoverae 1753. 4 nach; 
aber noch habe ich Fein älteres’gefunden, als 
dasjenige, was dort ©. 18 angeführt ift. 
Es gehört zu folgendem Buche: Aelii Antomi 
Nebriffen. Introduttiones in Latinam Gram- 
maticen. Logronii Cantabrorum Vasconum 
urbe nobiliffima ; anno falutis millelimo quin- 
‘gentefimo decimo. fol. , “ Ä 


10. Bücher: 


0, Buͤchercenſur. 95 











Buͤchercenfur. 


| Day der groffen Leichtigkeit, nach Erfins 
» dung der Druckerey eine Schrift in 
„viel taufend Abdrücfen in kurzer Zeit ing 
„Publifum zu bringen, war nur die einzige 
„Vorſorge nöthig, daß nicht etwa zum Nach⸗ 
„theile der Meligion und guter Sitten, odet 
„auch zum Machrheil des Staats ein Miss 
„brauch davon gemacht werden möchte, Aus 
„diefer Urfache hat man bald überall die Grunds 
„fäße angenommen, daß nicht ein jeder nach 
„Will kuͤhr, ſondern nur mit Genehmigung 
„und unter Auffiht der Sandes + Obrinfeit 
„Buchdrucereyen anlegen Fönne, und daß 
„nichts zum Drucke befördert werden dürfe, 
„als- was zuvor eine von Obrigfeits wegen 
„veranftaltete Cenſur paſſirt, oder durch bes 
„fondere obrigfeitlihe Verordnung für Cen⸗ 
„furfren erfläre worden. * — — Diefe Stelle 
aus dem oben angeführten Buche des Herrn 
geheimen Juſtizraths Pürter vom Büchers 
nahdruf S. 14 veranlaffete mich, das Alter 
der. Büchercenfur aufzufuchen, 


VER 7 


4 


Sange 


96 10: Buͤchercenſur. 
Lange vor Erfindung der Druckerey, ſchon 


gleich nachdem die Verfolgungen der Chriſten 


aufgehoͤrt hatten, haben Fuͤrſten oft Buͤcher 
verbothen und unterdruͤckt, welche auf den 
Kirchenverſamlungen verdammet waren, und 
* v A, 

zwar wohl nicht allemal nur wegen jener Vers 
dammung, fondern auch wohl aus politifchen 
Gründen. ° Das Nicäifhe Concilium ver 
dammete die Lehren des Arius, und Kayſer 
Conſtantin verborh feine Bücher, verurtheib 
te fie zum Feuer, und drohete denen Strafen, 
welche fie verheimlichen oder zuruͤckhalten würs 
den. Das, Eoncilium zu Ephefus verdam⸗ 
miete die Bücher des TTeitorius, und Theo⸗ 
dofins II befahl fie aufzufuchen und zu vers. 
brennen, Diefe und noch mehrere Benfpiele 
erzählt Baillet in Jugemens des favans fur les 
principaux ouvrages des auteurs; revüs, et 
augmentes parM. De la Monnoye. Paris 1722, 
7 Theile in 4* 1 ©, 22, 


Auch hat man Benfpiele, dag ſchon vor 
Erfindung der Druckerey, Schriftſteller ihre 
Bücher, vor der Bekantmachung, ihren Obern 
zur Denrtheilung überreicht haben. Vor—⸗ 
nehmlich geſchah diefes von Geiftlihen, theils 
um ſich wider beforgliche Angriffe zu fichern, 
theils auh um Päbften und Biſchoͤfen ihre 
Ehrerbietung zu bezeigen. Aber. daß dieſes 
eine Pflicht gewefen fey, Fan man nicht ber 

i | DR weis 


t 


10. Büchercenfur 97 


weiſen; vielmehr feheine das Gegentheil er- 
weislich zu ſeyn. Ambrofius Autpert, ein 
Benedictineer Mönch, ſchickte im Jahre 768 
feine Erklärung der Offenbarung Johannis 
dem Pabfte Stephan UI, und bath um deſſen 
Einwilligung die Arbeit fortzufegen und bes 
kant zu, machen, Dabey fagte er ausdruͤck⸗ 
ih, er fen der erfte Schriftfteller, der eine 
ſoiche Bewilligung ſuche, da fonft die Frey⸗ 
heit zu fbreiben, jedem zuftünde, der ſich 
nicht von den Lehren der Kirchenvärer entfers 
nen wolle, und er. hoffe diefe Freyheit durch 
feine freywillige Unterwerfung nicht zu ſchmaͤ⸗ 
lern. Sed non ideo libertas fuccubuit, 
quia humilitas femetipfam libere proftravit. 
Baillet 1 p. 26. 


Nach Erfindung der Druckerey, fieng 
man bald an, den Büchern die Bewilligung 
der Dbern beyzudrucken, und es zum Geſetz 
zu machen, daß fein Buch ohne. Cenfur ges 
druckt werden ſolle. Sehr vermuthlich ift, 
daß die Furcht der Geiftlihen vor Büchern, 
Die der Religion und dadurch ihnen nachtheis 
lig feyn Fönten, die Büchercenfur beſchleunigt 
hat. &emeiniglich ſetzt man dag Ältefte Bey⸗ 
fpiel, daß ein gedrucktes Buch mie obrigfeits 
licher Bewilligung verfehn worden, in dag 
Kahr 1480, umd vielleicht ift der Benedicti⸗ 
ner Dom Kivon-der.. — der dieſes Jahr 

— J— nr * ange⸗ 


98: 10, Buͤchercenſur. 


angemerkt hat, Er ift der Verfaffer von Sin- 
gularites hiftoriques et litteraires. Paris 1738+ 
1740, 4 Baͤnde in 8 *, doch iſt fein Namen 
nicht auf dem Titel, wohl aber in der Vorrede 
zum zweyten Theile, genant worden. + Im 
legten Theile, wo er von der Heidelberger 
Ausgabe des Buchs Nofce te ipfum vom J⸗ 
1480 redet, fagt er ©. 5251 ’eft le premier 
livre que j’ai trouve.muni de plufieurs appro- 
bations folemnelles, accompagn£es d élo · 
ges. — Eben dieſes fagt auch Johann Nicol. 
Meislinger, einer der ungefitteteften Streis 
ter der catholifchen Kirche, noch pöbelhafter 
als Pater Merz in Augsburg. Sein Werk, 

welches wegen der groben Schimpferegen auf 
Luther und alle Nationen, die fih von der 
catholifhen Kirche getrennet haben, den eins 
Fältigen Catholiken ein Palladium , und dem 
Flügern ein Scheufal feyn mag, hat den Ti⸗ 
tel‘ Armamentarium catholicum bibliotheca® 
quae affervatur Argentorati in commenda St, 
Johannis Hierofolymitani.: Argentinae 1749: 
fol. * Seite sos ift jenes Buch: Nolfce te 
ausführlich beſchrieben, und ohne !iron zu 
nennen, fagt er lateinifch nach, was jener 
franzöfifch vorgefagt hatte: Hie primus liber 
eft, quem ego vidi, theologorum examini fub+ 
jectum, le&tum et approbatum. Eben dieſe 
Meynung hat Hr. Mercier. Man fehe die 
andere viel vermehrte Ausgabe feines, 
} n⸗ 


10, Buͤchercenſur. 99 


Anzeige feines Namens, gedruckten Supple- 
ment à l’hiftoire de l’imprimerie de Pro/per 
‚Marchand. Paris 1775. 4 * Seite 84 und im 
Megifter ©. 212. In Journal des Scavans 
1776. p. 224, wo Mercier einige Jufäge zu 
feinem Buche geliefert hat, hat er eben fo wer. 
ig ein Älteres Benfpiel anzugeben gewußt, 
Das Bud Nofce te hat vier Approbationen, 
die Weislinger ©. 505 nach der Heidelberger, 
und Pafqual in Bibliotheca Smithiana. Vene- 
- tüs 1755. 4 * ©, CCI, nad) der Venetiani- 
ſchen Ausgabe aud vom J. 1480, haben 
abdrucken laffen. Ich will die erfte und die 
legte hier einrücen, die wegen des theologi« 
ſchen Stolzes lächerlidh find; Ego Philippus 
Rota juris utriusque dottor licet omnium mini- 
mus, hoc ipfum opufculum Nofce te inftru- 
Aius perlegi ac diligentius perferutatus fum, 
Et quoniam ipfum non .modo fantte catholi- 
ceque compofitum reperi, verum etiam mira 
utilitate refertiffimum, in huiusce rei teftimo- 
nium me fubferibere non dubitavi. — — Nos 
‚Mapheus Girardo, miferatione divina patriar- 
cha Venetiarum Dalmatiaeque primas, ex in- 
fpettione fupraferiptorum dominorum, qui 
fidem faeiunt de fuprafcripto opere, et ex tali 
ſua conclufione et fide conjuntti, idem tefti- 
ficamur effe opus orthodoxum et devotum. 
Alfo gab es ſchon fo früh Eenforen, welche die 
Bücher and nicht ur 

2 Auch 


100 to. Buͤchercenſur. 


Auch ich würde jenes Beyſpiel der bey ⸗ 
gedruckten Cenſur fuͤr das aͤlteſte gehalten ha⸗ 
ben, wenn ich nicht durch Hr. Friedr. ca 
card, den gelehrten Amanuenſis hieſiger Bi⸗ 
bliothek, veranlaſſet worden wäre, das Koͤlni⸗ 
ſche litterarifche Wochenblatt vom Jahre 
1778 in 8 durch zu blaͤttern. In diefem finde 
ich S. 420 eine artige Nachricht eines unge» 
nanten von dem älteften Zuftande der Drucderey 
in Köln, und in diefer zwey Bücher, die ſchon 
um ein Jahr früher, als 1479, in Köln 
unter öffentlicher Eenfur, gedruckt find. Da 
jenes Wochenblatt nicht wohl fehr befant ſeyn 
fan, fo will ich die Stelle auszeichnen. Das 
erſte Buch ift: Wilhelmi epifcopi Lugdunen- 


' -fis fumma de virtutibus. Am Ende deffelben 


flieht: Benedictus fit dominus virtutum, qui 
"hoc opus earundem felici confummatione ter- 
minari dedit in laudabili“civitate colonienfi 
temptatum, admi/fumque et approbatum ab alma 
univer ſitate ſtudii civitatis praedictae, de con- 
fenfu et voluntate fpe&tabilis etegregii viripro 
tempore re&toris eiusdem , impreflum per 
-Henr. Quentel. Das andere Bud) ift eine 
Bibel mit dem Schluffe: anno incarnationis 
dominice millefimo quadringentefimo LXXIX 
ipfa vigilia Matthaei apoftoli. Quando infigne 
veteris novique teftamenti opus cum ‚canoni- 
bus evangeliftarum et eorum concordantiis in 
laudem et gloriam fandte et individue trinita-. 
tis 


10; Büchercenfur; ‚ro 


tis intemerateque virginis Marie impreflum 
in civitate Colonienfi per. Conradum deHom- 
borch, admiflum, approbatum * alma uni- 
verß tate Colonienſi. | | 

Das ältefte Mandat, wodurch eine Buͤ⸗ 
— angeordnet iſt, iſt, ſo viel ich noch 
zur Zeit weis, dasjenige, was der Maynzi⸗ 
ſche Erzbiſchof Bertold im Jahre 1486 ge⸗ 
geben hat, und welches man in von Guden 
Codex diplomaticus; Francof. et Lipf. 1758. 
4, und zwar im vierten Theile ©. 460 fin« 
det: Da dieſes reichhaltige Werk nicht oft 
vorfömt, fo wird es vielleicht manchen Leſern 
nicht unangenehm feyn, wenn ich die Vers 
ordnung, fo wie auch die Inſtruction der Gens 
foren, diefem Abſchnitte beyfuͤge. 


Als im Anfange des roten Jahrhunderts 

die bekante Kirchenverſamlung zu Rom im 
Lateran gehalten ward, ward in der zehnten 
Seßion 1515 verordnet, daß fernerhin Fein 
Buch ohne Cenſur der Geiſtlichen gedruckt 
werden ſolte. Die Worte des Abſchieds will 
ich aus Summa conciliorum a Bartholem. Ca- 
ranza collecta, et Francifii Sylvi additioni- 
bus aucta. Duac 1659. 8.* ©. 670 aus⸗ 
zeichnen, Sacro approbante concilio ftatui- 
mus et ordinamus, quod de caetero nullus: 
librum aliquem, five aliam quamcunque:feri- 
3 pturam 


102 10, Buͤchercenſur. 


pturam tam in urbe noftra quam in aliis eivi« 
tatibus et divecefibus imprimere feu imprimi 
facere praefumat, nifi prius in urbe per vica- 
rium noftrum et facri palatii magiftrum, in 
aliis vero dioecefibus per epifcopum vel alium 
ab ’epifcopo ad id deputandum et inquifito- 
rem haereticae pravitatis illius dioecefis in 
quibus librorum impreflio eiusmodi fieret, di- 
ligeriter’ examinetur, et-per horum manu pro- 
pria fubferiptionem gratis et fine dilatione im- 
ponendam approbetur. Qui autem fecus prae- 
fumpferit, ultra librorun amifhionem, et illo- 
rum publicam combuftionem, .excommuni- 
cationis fententia innodatus exiftat.. 


In Frankreich hat fich die theologiſche Fa⸗ 
eultät, wie einige Mitglieder fagen, von je 
her, die Bücbercenfur angemaflet ; als man 
aber im J. 1650 auffer ihr, öffentliche Cen— 
foren ernente, und die Sacultät ſich dawider 
fette, gab fie für das Alter ihres Rechts nur 
zwey Jahrhunderte an; denn fie fagtes quil 
y a plus de deux cens ans que les docteurs de 
Paris font en pofleflion d’aprouver les livres’ 
- Sans tre affujetis qu’i leur feule Facult& à la- 
quelle feule ils pretendent &tre refponfables 
de leurs approbations.-. Baillet 1 p. 19. 


‚Man: 


10, Buͤchercenſur. 103 


Mandatum npoen. de codicibus Graecis, Latinis&Fr. 
in linguam vulgarem fine praevia Doctorum 
: approbatione non vertendis &c. 1486. 


BerrorovsD.G. ſancte moguntine Se- 
dis Archiepifcopus $. R. I. per Germaniam 
‚Archicancellarius, princeps Elector. Etſi ad 
mortalem eruditionem comparandam, divina 
quadam imprimendi arte ad fingularum fcien- 
tiarum Codices abunde facilique perveniri 
u it, compertum tamen habemus, quosdam 

omines, inanis glorie aut pecunie cupiditate 
duttos, hac arte abuti, et quod ad vite ho- 
minum inftitutionem datum eft, ad pernicienm 
et calumpniam deduci. ‘ 


©  Vidimus enim ipfi libros de divinis ofhiciis 
et apicibus Religionis noftre, e latina in ger- 
manicam linguam traduttos, non fine religio- 
nis dedecore verfari per manus vulgi; Quid 
denique de facrorum Canonum- Legumque 
preceptis? Que, etfi a iure confultis, viris 
utrique prudentifimis. atque eloquentiflimis, 
aptiffime limatifiimeque fcripta fint, tantam 
tamen Scientia ipfa habet nodofitatem, ut 
etiam eloquentiffimi ſapientiſſimique hominis 
extrema vix fufhciat etas. 


Huius artis — ſtulti quidam, teme- 
rarii atque indocti, in vulgarem linguam tra- 
4 | ducere 


104 ro. Büchercenfuni ' 


ducere. audent, quorum traductione, multi, 
etiam docti Viri videntes confefli funt, fe pro- 
pter-maximam verborum impropriationem et 
abufum minus intellexiffe, Quid,denique di- 
cendum de reliquarum feientiarum operibus, 
quibus etiam nonnunquam falfa commifcent, 
aut falfıs Titulis inferibunt, tribuuntque Au- 
thoribus egregiis eorum figmenta, quo magis 
emptores inveniant. Mu 
Dicanttranslatores tales, fi verum colunt, 
bono etiam five malo id faciant animo, anne 
lingua germanica capax fit eorum, que tum 
Greci, tum latini egregiiScriptores de fummis 
fpeculationibus Religionis Xpiane et rerum 
feientia accuratifime argutiflimeque feripfe- 
runt? Fateri oportet, ydiomatis noftri inopiam 
minime fufhcere, necefleque fore, eos ex fuis 
cervicibus nomina rebus fingere incognita; 
aut, fi veteribus quibusdam utantur, veritatis 
fenfum cofrumpere, quod propter magnitudi- 
nem periculi in litteris facris magis veremur. 
Quis-enim dabit rudibus atque indoctis homi- 
nibus, et femineo fexui, in quorum manibus 
Codices facrarum litterarum inciderint, veros 
excerpere intelleftus? Videatur facri Ewan- 
gelii, aut epiftolarum Pauli textus, nemo fa- 
ne prudens negabit, multa fuppletione, et fub- 
auditione aliarum fcripturarum opus effe. 


Occu- 
\ 


ro. Buͤchercen ſur. 1205 


Oeccurrerunt hec, quia vulgatiſſima ſunt. 
Quid putabimus de his, que inter ſeriptores 
in eccleſia Catholica ſub accerrima pendent 
diſpoſitione? Muita afferre poſſemus, de 
quibus tamen ad propoſitum paucula oſten- 
diſſe fufhciat, — | 


Verum, cum initium huius artis in hac 
aurea noftra Moguntia, ut vera eius appella- 
tione utamur, divinitus emerferit, hodiequein 
ea politiffima atque emendatiflima perfeveret ; 
Iuftifime eius artis decus.a nobis defenfabitur; 
Noftra etiam interfit, divinarum litterarum 
puritatem immaculatam fervari ; Vnde prefatis 
erroribus, et hominum impudentium aut fce- 
leratorum aufibus, prout poflumus, auttore 
Domino cuius res agitur, occurrere, frenoque 
eohibere volentes, omnibus et fingulis eccles 
fiaftieis et fecularibus perfonis noftre ditioni 
fubjettis, aut infra eius terminos negotianti- 
bus; cuiuscunque gradus, ordinis profeflionis 
dignitatis aut conditionis exiftant, tenore pre- 
ſentium diftritte precipiendo mandamus, ne 
aliqua opera, cuiuscunque fcientie, artis vel 
notitie, e Greco, Latino, vel alio fermone, in 
vulgare Germanicum traducant, aut tradutta, 
quovis commutationis genere veltitulos diftra- 
hant, vel comparent, publice vel occulte, di- 
recte vel indire£te, nifi ante impreflionem, et 
imprefla ante diftra&tionem per clariffimos ho- 

— G 5 nora- 


106 _ 10, Buͤchercenſur: 


norabilesque, nobis dilectos, Doctores et Ma- 
giſtros univerfitatis ftudii in eivitate noſtra 
Moguntina Iomanwem; Bertram, de Nuen- 
burg in Theologia, Auuxanorvm Diethrich 
‘in iure,. Turoperıcvm de Melchede in 
medicina et Anoream Eler in artibus, Ma- 
giftros et Doctores Vniverfitatis ſtudii in opi- 
do noftro Erfordie ad hoc deputatos,. pätenti 
teftimonio, ad imprimendum vel diftrahen- 
dum admiffa vel, fi in opido Franckfordie — 
libri venales expofiti, per honorabilem, devo- 
tum nobis dilectum loci plebanum in Theo- 
logia magiftrum, ac unum vel duos Dottores 
et: Licentiatos, per Confulatum dicti Opidi, 
annali flipendio conduttos, vifi et approbati 
fuerint. R 
Si quis vero huius noſtre provifionis con- 
temptor fuerit, aut contra huiusmodi manda- 
tum noftrum confilium auxilium vel favorem 
quovis modo, directe vel indirecte, preftiterit, 
Sententiam excommunicationis ipfo facto, et 
preterea amiflionem librorum expofitorum, 
ac etiam Centum florenorum auri penam, Ca- 
mere noftre applicandam, fe noverit incurriffe 
a qua fententia nemini,  eitra. autloritatem 
fpecificam, liceat abfolvere. 
Datum apud Arcem S. Martini in civi- 
tate noftra Moguntina , noftro fub Sigillo. 
Die quarta menfis Tanuarii Anno | 
MCCCCLXXXVL 


ron dschercenfur. 107 


Eiisdem. cum priori mandato argumanti quoad 
exactam Librorum, Cenfurami‘1486.. .. 
' ME Es En 15.1: 2 
> , Berrorovs (&c.) Honorabilibus-Do&Hif 
fimis nobis in. Xpo dile&tis , --Io. Bertram 
in Theologia, AL. Dietherich in iure, THY 
‚de Mefchede in Medidina, De&toribus, et 
AND. Eler, in’Artibus Magiftro —Salutem, 
et ad infra fcripta -diligentiam.'. - : 3 


Expertt fcandala et fraudes;-per quosdam 
‚Litterarum translatores ac impreflores libro- 
rum commiflas, hisque obviare, et viam ut‘ 
poflumus occludere cupientes ; mandamus, ne 
quis fub diocefi et ditione noftra quos libros 
in germanicam linguam transferat, imprimat, 
vel impreflos diftrahat, nifi prius in Civitate 
noftra Moguntina taliaOpera five libri per vos 
vifi, et quantum ad materiam ipfam, ad trans- 
ferendum et diftrahendum probati fuerint, 
iuxta formam.mandati defuper publicat, 

’ ’ 

Vobis igitur, de quorum prudentia et cir- 
cumfpe£tione plurimum confidimus, tenore 
prefentium committimus, ut, fi quando trans= 
ferenda, imprimenda vel diftrahenda Opera, 
five libriad vos delati fuerint,eorum materiam 
ponderetis et fi forte ad rectum fenfum non 
facile traduci Poterunt,aut errores et fcandala 
magis pariunt, aut pudieitiam ledünt, eos re- 
| licia- 


— 


— 


10 Min Kalender⸗o 


liciatis;- quos vero: ad mitteridos ftatueritis, 
manibus veftris propriis, faltem duo ex vobis ' 
in fine fignetis, quo magis appareat, qui lıbri 
per vos viſi et probati fuerint.: Deo noftro 
ac rei publice miunus gratum utileque ex- 
hibituri. ©" on 


Data apud Arcem S. Martini. — Sub Secre- 


co noftro. X Ianuarii Anno MCCCCLXXXVE 





— 


IL u 
Salender 


We ? und wann? hat man angefangen, 
die jet gewöhnlichen Kalender, worin 
das Fahr in Monate, Wochen und Tage, 
nebft Bemerkung der Fefttage, eingetheilt 

wird, drucken zu laſſen. — Es ift nicht fehr, 
mwahrfcheinlih, daß man diefe Trage gänzlich) 
werde beantworten koͤnnen; denn die verjährs 
ten Kalender wird man wohl jederzeit als uns 
nüße Papiere zerriffen haben, und die, wel— 
he die Produfte der älteften Druckereyen bes 
ſchrieben haben, feheinen entweder Feine ges 


funden, oder ſolche nicht ihrer Achtung werth 
- gehalten zu haben, — 


Die 


11, Kalender. 109 


Die erften gedruckten Kalender waren nicht 
einjährige, fondern vieljährige, das ift, nicht 
auf ein Fahr allein, fondern aifmehrere Jah⸗ 
ze eingerichtet, fo wie auch ‚diejenigen ‚welche 
man vor den alten gefchriebenen Breviarien 
findet. Sie gleichen den fogenanten immers 
währenden Kalendern; man Fonte in.ihnen auf 
einige Jahre voraus: die güldene Zahl, die 
Heiligen: Tage und den Mondmwechfel, fo ges 
nau als man ihn im gemeinen Jeben zu wiffen 
nörhig harte, finden; wozu -in den meiften 
eine Anweifung beygefüge war. Von Zeit 
zu Zeit Famen neue Ausgaben unter dem Titelt 
Almanach oder newer ARalender heraus, 
Bermuthlich wären fie, in den erften Zeiten 
nach Erfindung der Druckerey, für den einjaͤh⸗ 
rigen Gebrauch, zu Foftbar gewefen, 


Im funfzehnten und ſechszehnten Jahr⸗ 
hunderte herrſchte noch uͤberall die Sterndeu⸗ 
teren, und die Aſtrologen gaben ihre Wahrs 
fagungen unter dem Namen Praftifa, bald 
auf mehrere Jahre, bald auf ein einzelnes 
Jahr heraus. Diefe Praftifa vereinigte man 
mit der Zeit mit den oben genanten vieljähris 
gen Kalendern, und als man endlich anfieng, 
‚Jährliche drucken zu laflen, fo hielt man dieſe 
fo genante Kalender: Prafsiti für einen un- 
entbehrlichen Theil derfelben, wovon fich noch 
bis zu unfern Zeiten Weberbleibfel in den Ka⸗ 

Iendern 


110 LI. Aalender. 


lendern, die für den gemeinen Mann gedruckt 
werden, erhalten. haben. - Die einzeln gedruck⸗ 
‚ten Praktiken kan man leicht für Kalender ha 
. ten, wenn man von ihnen nicht mehr als dem 
Titel weis, Eine ausführliche Nachricht von 
vielen derfelben finder man in Gefamleten 
Llachrichten der oͤkonomiſchen Grfelk 
Schaft in Franken, berausgemeben von 
Sirſch. Zweyter Jahrgang, Anfpach 1776 
in 4* S. 201-225. Diefer Auffag, der viel 
zur Geſchichte der Aftrologie, auch zur gelehr⸗ 
ten Geſchichte enthält, hat, wie mir Hr. Prof. 
DBaldinger- verfihere, den Hrn. Diaconus 
Rabe zu Anſpach zum VBerfaffer. 


Ein Paar alter vieljähriger mit der Prak⸗ 
tifa verbundenen Kalender, habe ich aus. der 
zahlreichen Bibliothek unfers Hrn. Profiffor 
Baldinger vor mir, die ih, da wohl bald 
alle Exemplarien verlohren feyn möchten, bier 
kurz anzeigen will. So unfhädlich ihr Ver— 
luft fürs menſchliche Geſchlecht feyn mag, fo 
Fönnen fie doch vielleicht einmal demjenigen, 
der die Gefchichre der Kalender ausarbeiren 
will, dienen, Der erſte hat folgenden Titels 
Natürlicher Aunft der Aftronomei, Des 
weitberumpten IT. Johannen Künige 
pergers, kurzer Begriff. Von natürlia 
chem influß der Geftien, Dlaneren, vnd 
XII õeychen ꝛc. Was einem jeden Dabey 
3 | au 


1173 Ralender. 414 


zu wiſſen, fürderlich ſey, Sich alfo dar. 
nach in der Natur nötigen Uebungen 
zu balten hab, Mic einem beigelegten 
Kalender, vnd was dazu Dienlich, nady 
anzeyg Aegifters dem Aalender nach⸗ 
gefent: Er beficht aus 40 Quartblärtern, 
und hat verfihiedene aſtrologiſche in Holz ges 
ſchnittene Zeihnungen, Am Ende ſteht: Ge⸗ 
truckt 3u Straßburg bei Chriftien Ege⸗ 
nohphen, Sur den Erſamen Pautum | 
Goͤtzen, bürger 3y Straßburg. Im 
m. D. AAIX iar. u 


- Der andere ſieht unfern Kalendern ſchon 
ähnlicher, Der Titel iſt: Eyn ‚newer Ka⸗ 
lender, von allerbandt arznei, Durch ans 
zeygung der fieben Planeten, — — von 
dem weitberhümten Toanne Rünigsper- 
ger auß allen fürtreflichen Aftronomis 
vnd Medicis, fleißiglich sufammen ges 
fchrieben. Itzundt von newen verlefen, , 
Be — —. Getruckt zu Straß 

urg bei Jacob Rammerlandern. Anno 
M. D.xxx Vj j. Faſt ein Alphabet in 
Quart. Der Kalender, welcher voran ſteht, 
iſt mit lateiniſchen Buchſtaben gedruckt, aus 
deſſen Auslegung ich hier ein Paar Zeilen 
einruͤcken will, “Darnach ſtan zweierlei fin⸗ 
„ſternuß, der Sonnen vnnd des Mons mitt 
„anzeygung in welchem jar, jedes Monats, 

„jedes 


112 .. 11. Ralender. 


„iedes tags, in welcher ſtundt vnnd wie lang 
„fie weren, aufgerechnet von ſechs und reis 
Ißigſten jar bis vff das I. darug mann dann 
nleicht ander zufellige wirkung des geftiens wol 
„merfen fan.“ Man ficht alfo leicht, daß 
die vornehmfte Abfiche nicht fo wohl war, den 
Känfern einen bequemen Kalender zu liefern, 
als vielmehr ihnen die aftrologifche Auswahl 
der Tage zu Arzneyen und andern Vorfaͤllen 
zu erleichtern, wie denn auch ein groffer Theil 
von Arzneyen handelt, 


In den Braunſchweigiſchen Anzeigen 
vom Yahre 1745 findet man ©, 1659 und 
S. 2037, fo wie aud) in dem folgenden Jahr⸗ 
gange ©. 138, eine Nachricht von den Altes 
ſten gedructen Kalendern, die ich hier abge: 
kuͤrzt, doch mit Beyfügung einiger Anmerfuns 
gen, einruͤcken will, 


Der ältefte, deſſen dort gedacht iſt, ift 
im Jahre 1491, ohne Benennung des Vers 
faffers und Druckers, zu Augsburg in 8. ge- 
druckt worden. Der gereimte Titel iſt fol- 
gender: | | 


| Dis Büchlein ift alſo gemacht, 

Wie das Fahr nach den Monat: wirt ges 
acht. | 

Nach Natur und Influs der. Stern “ 
7 | u 


11. Kalender, 113 


Auch thut es weiter lern 

Von Speis, trank und purgieren 
Baden laſſen und regieren | 
- Schwanger Frawen die Sruchbar find 
Wie man ziehen fol die Kind. 
Bor der Peſtilencz ſich machen frey 

Darumb iſt es ein Buch der Argnıy. 


Außer den Tabellen der 12 Monate ift dag 
Bub ganz in. teutfchen. Keimen abgefaffer, 
und überall mit vielen. Holzſchnitten ausgezies 
ret. Es befteht aus 23 Bogen, und am Ende 
liefet man: Gedruckt czu Augspurg in 
dem LXXXXT Saren. In den Annales 
typographiae Auguflanae. 1778. 4 finde ich 
von diefem Kalender Feine Anzeiger 


Im Fahre 1519 iſt in Niederfächfifcher 
Sprache zu Luͤbeck ein Kalender durch Ste— 
phan Arndes, auf 213 Bogen in Quart 
gedruckt worden. Der Titel ift voͤllig derfel. 
bige, den der nächft folgende vom J. 1523 
har, Am Ende ſteht: “Hyr endiger fick. de 
„Nyge Calender. Gedruckt in der keyſerlik⸗ 
„een ſtadt Luͤbecke. In der- Druckerye Stes 
„phan Arndes. In dem yare na der Bort 
„Criſti unſes Heren. Alſe we ſchrefft duſent. 
„Vyffhundert. un negente, . Am Avende 
„unfer feven Brouwen Heinmelvart. We— 
der in des. Maittaire befantem Werke, noch 

| | in 


— 


114 11. Ralender. 

in des von Seelen Sele&is litterariis, und 
Nachricht von dem Urfprunge und Forfgange 
der Druckerey in Luͤbeck, ſoll diefes Kalenders, 
wie Hr, Nector Ballenftedt, der ihn befikt, 
meldet, gedacht feyn, Da 


Im Jahre 1523 hat Ludewig Dyen zu 
Roſtock einen Kalender auf 18 Bogen in 4, mit 
ſchoͤnen Holsfhnitten, unter folgendem Titel 
drucken laffen: Der Schapberders Aalen? 
er. Bin fere ſchone unde nutthe Boek, 

myt velen fruchrbaren materien, ſo tho 
ruͤgge düffes Blades Elarliten gefunden 
wert. -- Item tho Ende düffes Boeks 
vyndet men de Eleyne Phbyfonomie, uch 
welkerer des mynfchen Complerie unde 
toneghynghe der natner klarlyk to er 
Eennen wert, Auf der Nückfeite des Titel⸗ 
blatts ift der inhalt mie folgenden Worten 
angegeben: “ Ein nyghe Kalender recht hob 
„dende: unde ein nutthe Eunftlyf gang genöger 
„ine Bock, dar yene men vyndet den nyghen 
„Maen, des Sondaghes Bocftaff, den gul⸗ 
„den tal, unde wo vele wecken men hefft 
Itwyßſchen Wynachten unde Vaftelavent, Od 
„yn wat teken de mane alle daghe ys, unde 
„von der nature der twelff Teken unde der ſoͤ⸗ 
„ven Planeten, von dem fope des Hemmels, 
„und van Spera munde, Item van Aderla= 
„eende, Köppe fettende, van Badende, uns 

| „de 


11, Aalenders 115 


„de van Arftedye tho bruckende. Ock des myn⸗ 
„ſchen water tho befeende, wor bey men alle 
„ſyne Krankheyt erfennen mach. Item vele 
„andere underrychtynghe, unde Lere, eynem 
„uelnfen Mynſchen nutte unde notorfftich to 
„wetende.“ In den Braunſchweigiſchen An⸗ 
zeigen iſt ein Stuͤck aus der Vorrede abge⸗ 
druckt worden, worin der Verfaſſer das menſch⸗ 
liche Alter mit den 12 Monaten des Jahrs 
vergleicht, und auf jeden Monat 6 Jahre des 
menſchlichen Lebens rechnet. 


Weil ich keinen dieſer Kalender geſehn ha⸗ 
be, ſo kann ich nicht beſtimmen, wie weit ſie 
unſern jetzigen gleichen; aber vermuthlich ges 
hoͤren ſie noch zu den vieljaͤhrigen, von denen 
ich oben geredet habe. 


Der Titel: Schapherders Ralender 
wuͤrde mir, wenn nicht der Inhalt das Ge— 
gentheil zu fagen ſchiene, die Bermuthung 
machen, daß darunter nur eine Samlung al 
ter meteorologifcher Beobachtungen oder Vor⸗ 
beveutungen der Witterung vornehmlich zu 
verftehn ſey. Wenigfteng gilt diefes von dem 
Shepheards Calender, der in England oft, 
und fo gar noch zu unfern Zeiten, gedruckt ift, 
Haller führe Bibliotheca botanica I p. 359 
eine Ausgabe von tondon 1579 in 4 an. Im 


Haußvater UI ©, 87 findet ſich: The Sep- 
H 2 herd 


116 11. Ralender; 


herd of Banbury’sRufes, to judge ofthe chan- 
ges of the weather grounded on forty yeats 
experience by /ohnClaridge. London 1744. 8. 
Der bekante oͤkonomiſche Compilator John 
Mills hat dieß Buch wieder 1770. 8. drucken 
laſſen, deſſen Ausgabe auch zu Leipzig 1772. 8. 
teutſch uͤberſetzt herausgekommen iſt. Urſchrift 
und Ueberſetzung habe ich in Phyſikaliſch⸗ 
okonomiſcher Bibliothek TI ©. 51 ans 
gezeigt. Fr 
Mit mehrerer Zuverläßigkeit glaube. ich 
folgenden für einen jährlichen Kalender von 
jegt gewöhnlicher Einrichtung halten zu koͤn⸗ 
nen, und wenn ich darin nicht irre, ſo iſt er 
der ältefte, den ich noch zur Zeit angeben Fartz 
ich Fenne ihm aber nur aus den Braunſchwei⸗ 
gifhen Anzeigen. Almanach vnd Practice 
Doctoris Johannis Wolmar, vpt Jar 
M.D.XLVI; in 16. Auf der Nückfeite 
ſteht: Gecalculeret vp den Middach der 
Zochbercinden vnde Erentriten Stadt 
Zamborch. Dann folgen die gewöhnlichen 
Erklärungen der Kalenderzeichen. Unter je= 
dem Monate ſtehn vier Reime. Einige ders 
felben findet man mit noch mehrern Auszügen 
in den Braunfhw. Anzeigen. Ich will hier 
nur den Keim des legten Monats einruͤcken. 

| | December, Ä 
Braffen wil ick und leeuen wol, 
Eyn Swyn ick ytzundes ſteken fol, 

Dar⸗ 


Darts werde if my warm holden, 
Vnd hape wol mir ehren tho olden. 


In der eben angeführten Abhandlung des 
Hrn. Nabe findet man eine ganze Folge Fräns 
kiſcher Kalenders; der ältefte ift inzwifchen doch 
erſt vom Jahre 1576. DBefonders merfwürs 
dig find die Nachrichten von denen, welche der 
berühmte Aftconom Simon Marius von 
Gunzenhauſen feit dem fahre 1610, da er 
ſich Fuͤrſtl Mathematicum et medic. ftudiofum 
nante, herausgegeben hat. In der Zuſchrift der 
Praktika von 1612 gedenkt er des Niedeklaͤn⸗ 
diſchen neu erfundenen Inſtruments, wodurch 
er vom 1609 m. Dec. an entdeckt, daß die Milch⸗— 
firaffe, und Mebelfterne eine congeries pluri- 
marum fixarum feyn; auch daß die Benus von 
der. Sonne erleuchtet werde, und ihre Phafen 
habe; daß er am Ende Decembers 1609 big 
in die Mitte des Aprils vier neue Dlaneten um 
den Jupiter beobachtet, auch) bereits die Um 

läufe der beyden äufferften berechnet habe, 


Auf Biefiger Univerfitäts » Bibliochef ift - 
noch zur Zeit der. äftefte Kalender folgender: 
At Gemain Almanach, vnd kurtze Practica, 
auff etliche ar, ſambt dem New Eorrigirten 
Ealender, — — Auff das Jar MDLXXXIL 
Gedruckt zu Münden bey Adam Berg; 16 
Blätter in 4. Die eine Seite ift allemal, wie 
noch gewoͤhnlich, cin Schreibfalender, 

H 3 In 


118 11. Aalehder: 


In den Braunfchweigifchen Anzeigen Wird 
auch der. groffe-römifche Kalender des wegen 
feiner Verdienſte um die Mathematif, und 
wegen feiner Prophezeyung einer groffen Waß 
ferfluch , die über ganz Europa Schrecken verz 
breitet hat, berühmten Johann Stöffler, 
als einer der erften Kalender angegeben. Aber 
obgleich diefes Buch fehr viel zur Verbeſſe⸗ 
rung der Kalender beygetragen hat, fo gehört 
es doc) eigentlich nicht hicher, fondern zu den - 
aftronomifchen Ephemeriden, worin der Ort 
der Sonne, aller Planeten Länge und Breite, 
und andere Erfcheinungen der Himmelsförper 
zum voraus berechnet werden. Ich habe zwo 
Ausgaben vor mir liegen; die eine heißt: Ca- 
lendarium Romanum magnum, Caefareae ma- 
jeftati dicatum, D. Joanne Stoeffler iuftingenfi 
mathematico authore. fol. Am Ende ftehtt 
Impreflum in Oppenheym per lacobum Rö-/? 
bel. anno ı518. Die andere ift eine teutſche 
Ueberfegung: Der Newe groß Roͤmiſch 
Calender. — — In dem Jar 1522. Ge: 
truckt zu Oppenbeym. fol. Schon in die- 
ſem Werke fteht das lächerliche Aderlaßmaͤn⸗ 
chen, welches hernach in die gemeinen Kalens 
der aufgenommen worden, und in einigen, 
zur Befchimpfung des Publifums, nod bey? 
behalten wird. Hieher gehört auch folgendes 
feltene Werf; Allmanach noya plurimis annis 
venturis infervientia: per Joannem Storffleri- 

num 


? » Aalender. 119 


num Iuftingenfem et Jacobum Pflaumen U: nen- 


fem accuratifime fupputata et toti fere Eu- 


rope dextro fydere impertita. in 4. In dem 
Eremplar der Lniverjitäts » Bibliothek iſt: 
Venetiis 1507 beygefchrieben, Die Almanach 
nova des Stöffler muß auch. fehon zu Delmig 
im Jahre 1499 in 4 gedruckt feyn; welche Auss 
gabe hoͤchſt felten feyn muß. Mir ift fie durch 
folgenden Vorfall befant geworden. Im Jah⸗ 
re 1765 lies das Gymnafium zu Strengnaͤs 
in Schweden eine groffe Anzahl Bücher aus 
dem ıs5ten und ıoten Jahrhunderte verfaufen, 
die größtentheils K. Guftav Adolph aus, Prag 
und andern Orten, nebft vielen Scildereyen 
und Seltenheiten, welche mir auf dem Schloß 
fe Drotningholm gezeigt find, nah Schwer 
den gefhickt hatte. Das Berzeihniß der da⸗ 
mals verfauften Bücher hatte den Titel: Ca- 
talogus librorum ab antiquis bibliothecis, P- 
genfi et Olomucienfi, quibus olim regiu 

gymnafıum Guftavianum Strengnefenfe dona- 
verat gl. m. Regina Chriftina. Horum vero 
non nifi fuperflua et in duplo inventa exem- 
plaria a caeteris feparata, fub hafta publica 
vendentur. Stockholmiae m. O&tob. 1765. 
In diefem Verzeichniß ftand audy jene Aus⸗ 
gabe, Bon den übrigen damals verfauften 
feltenen Büchern habe ich mir noch folgende 
angemerft: Hieronymi epiftolare. fol. 1471. 
Eine lateinifhe Bibel von 14915 eine ans 
' ir 4 dere 


— 


\ 


so 2m. Kalender. 


dere von 14395 noch eine cum Interpretatio- 
nibus 1486 fol. Ludolphi de Saxonia com- 
ment. in vitam Chrift. Norimb. 1483 fol. 
Hiftoria Lombardica f. Legendae ſanctorum. 
Argent. fol. 1486; eben daffelbe Buch au 
zu Ulm 14838, auch zu Bafel 1486. Gregorii 
IX compilatio Decretalium. Bafıl. 1482 fol. 
‘ebendaffelbe Colon. 1481. . Thomae Aquin. 


ſumma theologiae. vol. 3. fol. Mogunt. 


1467. — — Webrigens findet man in des 
Bayle Dittionnaire hiftor. et critique allerley 
Nachrichten von Stöffler, 


Die älteften Ephemeriden find die, welche 
der berühmte Joh. Müller, Negiomontas 
nus, zu Mürnberg 1474 hat drucken laflen, 
welche, nächft dem Gedichte des Manilius, das 
erfte gedruckte aftronomifche Buch find. Sie 
gehen von 1474 big 1505. Wenn ja noch Als 

tere vorhanden feyn folten, fo verdienen fie doch 

wohl feiner Erwähnung. In Sranfreich hat 
Noöl Duret de Montbrifon die erften berechnet, 
und 1641 unter dem Titel: Novae motuum 
caeleftium ephemerides Richelianae drucken 
laſſen; fie begreifen die Jahre 1637 bis 1700, 
Ein chronologiſches Verzeichniß der vornehm⸗ 
ften Ephemeriden hat de In Lande in Supple- 
ment à l!’encyclopedie. Amfterdam 1776. fol. 
II p. 817 gegeben, 


Die 


A I 12E 


Die Connoiffances des tems find zuerft im 
Jahre 1678 unter folgendem Titel zu Paris 
auf So Seiten in Kleinduodez gedruckte wor⸗ 
den: La connoiflance des tems, ou Calen-“ 
drier et Ephemerides du lever et «u coucher 
du foleil; de la lune et des autres planetes, 
avec les Eclipfes pour année 1679, calcules 
fur Paris, et la maniere de s’en fervir pour les 
autres Elövations ‚ avec plufieurs autres tables 
et traites d’aftronomie et de phyfique, et des 
ephem£rides de toutes les planetes, en figures. 
Der Verfaffer war der groffe Aftconom Pis 
card, wie wohl er ſich nirgend genant hat, 
Er hat in den folgenden Fahren die Einrichs 
tung verbeffert, und das Buch noch reichhalti> 
ger gemacht. Ihm folgten in diefer Arbeie 
Le Febure 1685; Lieutaud 1702; Godin 
1730. Im Fahre 1735 fieng Maraldi an, 
und endigte 1759. Im fahre 1760 ward 
die Beforgung dem Hrn. de la Lande aufge 
tragen: Man fehe deflen Nachricht in Sup- 
plement à l’encyclopedie II p. 548- 


Der Nautical almanac ift zuerft im Jahre 
1767 von Hr. Moaftelyne herausgegeben 
worden. Die Wiener ephemerides aftronomi- 
cae find von Hr, Hell 1757 angefangen 
worden. 


- | 5 12. Band 


\ 


! 


122 0 12. BontnM: | 
x 12:1 
Bandmühle 


u denen Erfindungen, die. mehr leiften, 
als man wünfcht, oder die zur Verferti⸗ 
gung fo vieler Waaren, als der jegige Ver⸗ 
brauch verlangt, eine groffe Menge der bier 
herigen Arbeiter entbehrlich machen, alfo 
diefe auffer Verdienft fegen, und die eben dess 
wegen, fo mißig fie auch ausgedacht feyn 
mögen, für fhädlich gehalten, und eine Zeitz 
lang von der Obrigfeit unterdrüdt find, ge⸗ 
hört die Bandmuͤhle, Schnurmüble oder 
der Muͤhlenſtuhl. In den Haupftheilen 
koͤmt dieſes Werkzeug einem gemeinen Weber⸗ 
ſtuhle ſehr nahe, aber anſtat daß ein Arbeiter 
auf dieſem nur ein Stuͤck, oder nur ein 
Band, auf ein mal weben Fan, fo Fan er 
auf jenem, wenn alle nöthige Vorrichtungen 
gemacht find, ſechszehn und mehrere Stüdfe, 
fo gar Stuͤcke von verfhiedenen Muftern, 
auf ein mal verferfigen. Ein folder Stuhl 
ift entweder fo befchaffen, daß der Arbeiter die 
.. $ade, wie am gemeinen Weberftuhle, von 
fib und zu ſich, aber auch zugleich die in ders 
felben angebrachten Schügen bald rechts 2. 
infs 


11 
1 2: Bandmuͤhle. 123 


linfg beweget; oder er. hat unten eine Wehe 
mit einem Schwungrade und Getriebe, -da 
denn nur ein der Weberen unerfahrner Knabe 
nöthig ift, um die Treibftange bald von fich, 
bald zu fich zu floffen, um dadurch den ‚gans 
zen Stuhl mit allen feinen Schügen in Ber 
wegung zu fegen. ‚Stühle der erften Art find 
allerdings einfacher, als die von Iegterer Art, 
und wahrfcheinlich find auch. jene älter, alg 
legte. Zu erftern gehören die Stühlein Er⸗ 
furt, und der, welcher von daher nach Goͤt⸗ 
fingen gefommen if, Won der andern Art 
find jegt in Berlin ziween, und man findet 
ſchon mehrere an vielen Drfen. So gar fol 
man die Kunft gefunden haben, die Stühle 
durch Waſſer treiben zu laffen, und wie mie 
berichtet ift, findet man davon Beyfpiele in 
dem nahrhaften Iſerlohe (7). Gleichwohl 
| hal; 
(*) Stühle der erften Art find felten ſechszehn 
gängig, noch feltener 18 gängig, meil fie 
durd) ihre groffe Breite zu unbequen werden. 
In einer Bandfabrife in Mayland waren vor 
einigen Jahren 30 Stühle von vorzüglicher 
Einrichtung , deren jeder 24 Gänge hatte, 
fo daR auf ein mal 60 Dußend Bänder. ver» 
fertigt wurden. S. Voyage d’un Frangois 
par Italie I p. 387 und daraus in Volkmanns 
Hachrichten von Italien I ©. 285. In 
Schrebers erfter Samlung I ©. 205 iſt ge 
fagt, daß die Hrn. Efcher in Zürich eine groffe 
Bandmühle hätten, welche von — 
trie⸗ 


— 


| 14 

124 12. Banbmühle, 

halten an den meiften Orten die Beſitzer ihre 
Stühle noch geheim, und fo viel ich weis, 
hat man noch Feine volftändige Befchreibung 
und Abbildung. Die, welche man in Hal⸗ 
lens Werfitäte der Rünfte I ©. 223 fins 
det, ift unzulänglich; beffer iſt diejenige, wels 
be Hr. Jacobfon in Schauplag der 3eug? 
manufakturen. IV ©; 411 gegeben hat, der 
jedoch die Erlaubniß, den Stuhl abzuzeichs 
nen, nicht hat erhalten koͤnnen. In Frank—⸗ 
reich ſcheint dieſe Erfindung noch wenig in 
Gebrauch zu ſeyn; wenigftens ift ihrer in der 
Eneyclopedie nicht gedacht worden, wo doch 
der gewöhnlide Stuhl der Bandmacher und 
Bortenwirfer auf 10.Kupfertafeln vollſtaͤndig 
nach allen feinen Theilen vorgeftellet ift. 


Dieſe Erfindung hat man in Europa, wie 
die Buchdruckerey in der Türfey, zu unters 
drücken gefucht, aber bey der Gleichheit der 
DBewegungsgründe, ift der Erfolg verfchieden 
geweſen; die Europäer haben jeßt Bandmuͤh⸗ 

Ä len, 


. trieben würde. . Eben dieſes ift auch in Ber» 
gius Neuen Cameral» Magazin J ©. 191 
wiederholet worden; aber ein Keifender, der 
das Merk gefehn hatte, verficherte mir, es 

ſenh ‚eine Seidenmühle oder ein Seidenhafpel, 

. Zund dieß wird auch durch die furze Nachricht 

tahrfcheinlih, die man davon in Hr. Ans 

* Briefen aus der Schweitz S. 49, 50 
ieſet. 


12, Bandmuͤhle. 12$ 


fen, die Türfen feine Druckereyen, und zwar 
deswegen hauptfächlich, weil jene nicht übers 
al fo fehr Sklaven der $andesherren, als die 
Zürfen, find. - Aber ohne hier zu unterfuchen, 
ob Erfindungen zu vortheilhaft, und dadurd) 
ſchaͤdlich ſeyn Fönnen, wie doch fo gar auch 
Monteſquieu behauptet hat, und ob die gaͤnz⸗ 
liche Unterdruͤckung, wenn man ſie verſuchen 
wolte, in Europa moͤglich ſeyn koͤnne; will 
ich nur die Geſchichte der Bandmühle ‚fo 
weit ich fie bis jeßt habe auffinden koͤnnen, m 
zählen. 

Hr. Jacobſon fagt: man glaube, Sie 
Schweitzer hätten folche fehon vor mehr als 
100 Jahren erfunden; aber für diefe Ver⸗ 
muthuug kenne ich Feine Gründe; vielmehe 
ift es mir wahrſcheinlich, daß diefe Erfindung 
entweder in den Niederlanden, ober in Teutſch⸗ 
Tand, entweder gegen Ende des ſechszehnten 
oder im Anfange des ı 7ten Jahrhunderts ges 
mache fey. Die ältefte Nachricht, die ich jetzt 
Eenne, ſcheint für Teutfchland und für das 
ſechs zehnte Jahrhundert zu beweiſen. Sie 
ſteht in L’Hoggidi overo gl’ingegni non infe⸗ 
riori a’ paflati; dell’ abbate D. Secondo Lancel« 
lotti da — Parte ſeconda. In Venetia 
1636. 8* S. 457. Lancellotti ſagt: An« 
ton Moller aus Danzig habe erzaͤhlt, er 
habe ungefaͤhr vor 50 Jahren in Danzig eine 


ſehr tanſtliche Maſchine geſehn, die auf ein 


mal 


et 
126 12. Bandmuͤhle. 


mal 4 bis 6 Gewebe verfertige; weil aber 
der Rath beſorgt habe, dieſe Erfindung moͤch⸗ 
te eine Menge Arbeiter zu Bettlern machen, 
ſo habe er ſolche unterdrücft, und den Erfin 
der heimlich erfticken oder erfäufen laffen. In 
Danzica cittä della Prufia Antoninp Moller ri- 
fericca non fono 50 anni d’hauer veduto co? 
propri occhi vn artificio ingegnofiffimo, col 
quale fi faceuano lauorare da fe ftefli quattro, 
fei, e quanti telai s’hauefle voluto in una ftan- 
za temperati et accommodati per 24 hore 
come gli horiuoli qual fi voglia tela o drappo. 
Ma perche tanti poueri huomini che .vineua- 
no col teflere farebbono morti di fame, fü 
dal magiftrato di quella cittä prohibita quell’ 
inuenzione , e l’autore fegretamente fatto 
affogare. Wer diefer Anton Moller, den der 
Italiener S.458 noch einmal nennet, gewefen 
feyn mag, weis ich nicht 5; aber daß cr in 
Danzig eine Bandmühle gefehn habe, ift wohl 
gewiß. Wenn man das Druciahr für die 
Zeit annehmen will, worin Sancellotti gefchries 
ben hat, fo Fan man glauben, daß Danzig 
ſchon ums Jahr 1586 eine Bantmühle gehabt 
habe; aber mir fcheint das Buch ſchon 1629 
gefehrieben zu feyn, und dann würde man gar 
bis aufs Jahr 1579 kommen. In Curicken 
hiſtoriſcher Beſchreibung von Danzig. 
1638 fol.* findet man von dieſer Geſchichte 


nichts. 
| Naͤchſt 


12. Sandmühle. 127 


Maͤchſt dieſer Nachricht iſt die aͤlteſte, die 
ich kenne, folgende, welche Boxhorn geger 
ben hat: In hao urbe (Lugd. Batavorum) ante 
hos viginti cireiter annos inftrumentum qui- 
dam invenerunt textorium, quo folus quis 
plus pamni et facilius conficere poterat, quam 
plures aequali tempore. Hinc.turbae ortae 
et querelae textorum, tandemque ufus huius 
inftrumenti a magiftratu prohibitus eft. Alfo 
foll genden der Ort der Erfindung feyn, Um 
aber die Zeit zu beftimmen, muß man folgen 
des wiffen. Boxkhornii inftitutiones politicae 
find oft, 3. B. 1663 in 12 zu Amſterdam ge⸗ 
druckt worden. Der Titel diefer Ausgabe 
ift: Marci Zuerii Boxhornii varii tractatus 
politici *; nämlich auffer den Inftitut. findet 
man dort auch die Disquifitiones politicas und 
andere Aufſaͤtze. Ueber die Inftitut. polit. haf 
Boxhorn Vorleſungen gehalten, und feinen 
Zuhörern darüber Erläuterungen dictirt, Ei— 
ner derfelben brachte letztere im J. 1641 ſau⸗ 
ber abgefchrieben nach Teutſchland, und gab 
fie dem Leipziger Profeſſor Chriſt. Friedr. 
Franckenſtein, der ſie, nebſt den Inſtitut. 
zu Leipzig zum erſtenmal 1658, und zum ans 
dernmal 1665 in ı2 drucken lies. Die leßte 
Ausgabe hat folgenden Titel: Inftitutionum 
politicarum libri duo confcripti a Boxhornio; 
acceflit explanatio ab eodem auttore profetta.* 


Die 


128 12. Bandmuͤhle. 


Die oben angefuͤhrten Worte ſtehn in der Er⸗ 
laͤuterung ©, 7. Hieraus iſt alſo zu ſchlieſ⸗ 
fen, daß man ums Jahr 1021 die Band⸗ 
mühle gefant habe. Das Verboth, deflen 
Borhorn gedacht. hat, finde ich nicht in Hand- 
veſten der ftad Leyden door Frans var. Mierir, 
Te Leyden 1759. fol. *. 


Borxhorns Nachricht erhält dadurch einige 
Beftätigung, daß die General: Staaten ſchon 
im Fahre 1623 d. 11 Aug. den Gebrauch der- 
Bandmühlen zwar nicht, wie doc gemeinige 
lich gefagt wird, gänzlich verbothen, aber 
doch fehr eingeichränft haben. Diele Ver⸗ 
ordnung ſteht in Groot Placaet-Boeck I ©, 
1191, welce Eoftbare Samlung feit dem J. 
1658 bis 1746 in 7 groffen Foliobaͤnden im 
Haag gedruckt ift. Zur Geſchichte der Band⸗ 
mühlen, die Lint- molens genant werden, lies 
ſet man dafelbft weiter nichts, als daß fie dar 
mals feit einigen Jahren in Gebrauch gekom⸗ 
men: hoe dat over eenige jaren gepractileert 
«ende ingevoert zijn eenige inftrumenten van 
Lint-molens, omme daer mede vele linten 
teffens tekonnen maecken, tot merckelijcke 
fchade, jae totale ruine van veel duyfenden 
menfchen, die de felve linten mette voet-ge- 
touwen plachten te wercken. Diefe Ver⸗ 
ordnung ward im Jahre 1639 d. 14 März, 
und abermals 1648 d. 17 Septembr. erneuret, 
wie 


12. Bandmuͤhle. r29 


wie man in dem angeführten Werfe&, rıoı 
findet. Im J. 1061 d. 5 Dec, ward der Ge 
brauch etwas weiter ausgedehnt und genauer 
beftimt; letztete Verordnung finder ſich im 
zten Theile ©, 2762. Nachher iſt, fo viel 
ich finden Fan, in den Niederlanden nichts 
Weiter. Darüber verordnet worden, | 


Im Y.1664 fol der Nach von Nürnberg 
den Gebrauch unterfage Haben, wie in der 


Hanauiſchen Schrift, die ich’ gleich anführen | 


werde, angemerkt ift, In eben diefem Fahre 
den 24 Novemb. wurden die Bandmühlen 
auch in den Spaniſchen Niederlanden verbos 
then. Syn der Verordnung, welche in Tiwee- 
de deel van den derden Placaet-boeck van 
Vlaenderen. Te Ghendt 1685: fol. * oder im’ 
fünften Bande S. 191, abgedruckt ift, wird 
geſagt, daß täglich eine gröffere Menge Waa- 
re, die auf ſolchen Mühlen: gemacht” wäre, 
heimlich) aus Viane und Culenburgh einges 
führe würde, Be BR 
em. 1665 war zu Frankfurt am Mayn 
„in der Oſtermeſſe zu ſehen, eines Schnuͤrma⸗ 
„chers Webftuhl, der machte von fich ſelbſten 
„allerley Gattung Paſſamenten, Galaunen, 
„Schnuͤr vnd Spitzen, wenn nur wie ſonſten 
„gebraͤuchlich die Seiden oder das Garn recht 
„accommodirt vnd — auch ſo Fe 
— | „Sas 


\ 


130. 12. Bandmüuhle- 


Faden zerbrochen, muſte derſelbe von denen 
„Menſchen wiederumb .gefnäpft werden.“ &% 
von Lerfner Chronica der Stadt Srank⸗ 
furt. 1 ©. 566. Das Jahr darauf fol 
jemand dafelbft. nicht allein beym Rathe, ſon⸗ 
dern auch beym Kayſer, ein Privilegium zu 
Anlegung eines ſolchen Stuhls, geſucht, aber; 
nicht erhalten haben. 


Im J. 6 76 geſchah das Verboth in Coͤln, 
und in demſelben Jahre ſollen auch wegen 
Einführung dieſes Stuhls Unruhen in Eng⸗ 
land geweſen ſeyn. S. Relatio hiftorica ſe- 
meſtralis vernalis 1676. art. 10. Vermuth⸗ 
lich iſt bey Anderſon II p. 159 bey, dem J. 
1076 eben dieſe Bandmuͤhle zu verſtehen: As 
was alſo brought into we;from Holland to 
London, the weavers Loom- -engine, then. 
called the dutch Loom - engine Er rühme, 
dieſes Werfzeug, ohne es zu beſchrelben * und; 
ohne ber. ‚Unruhen zu gedenken. 1 


In Teutſchland wendeten ſich die Poſa⸗ 
mentirer, vornehmlich aber der Rath von 
Augsburg und Coͤln, an den regierenden Gra⸗ 
fen von Hanau Friedrich Caſimir, der im teut⸗ 
ſchen Reiche ein groſſes Anſehn hatte, und 
bewegten ihn, ein allgemeines Verboth der 
Bandmuͤhlen im ganzen Reiche zu bewuͤrken. 
Der Graf ließ barguſ eine, Vorſtellung an 

Chur⸗ 


12, Bandmuͤhle. -ı31 


Churfürften und Stände übergeben, die man 
in Sabers Staats-Canzley I S.94 findet, 
Sm J. 1081 den 8 an, ward ein Neichsguts 
achten ertheile, worin das allgemeine Vers 
both für nügli und noͤthig erfläre ward, 
Daranf erfolgte ein Fayferliches Commiffiong« 
Decret vom 5 Yan. 1685: Das darin ans 
geführte Fayferliche Edict ift vom 19 Febr. 
1685. Diefe Aufſaͤtze ftehn ſaͤmtlich bey Fa⸗ 
ber; zum Iheil findet man fie auch in Pach⸗ 
ners Samlung der Reichsfchlüffe II ©. 
237; in Neuer Samlung der Reichs⸗Ab⸗ 
fchiede. Frankf. 1747 Fol. VS. 153; au) 
in Neuen Beytraͤgen zur Cameral: und 
Haushaltungs-Wiſſenſchaft von einer 
Societaͤt in Thüringen. Jena 1769. 8, * 
©. 145. Bald darauf, nämlich den 1Sept. 
1685 lies der Rath in Franffurt den Kayfer- 
lichen Befehl mit einem conclufo in fenatu 
anfhlagen. Lerner I S.568 In Hams 
burg hat der Math, wie in der Hanauifchen 
Schrift erzähle ift, einen Stuhl öffentlich ver- 
brennen laflen. So gar noch Kanfer Carl VI 
hat. den 9 Febr, 1719 den Befehl von 1685 
erneuren laſſen; dawider ſich einige Kaufleute 
bey dem Reichshofrarh beſchwert haben, aus de⸗ 
ven Schrift man einen Auszug in den Beytraͤ⸗ 
ten der Thüringifchen Socierät ©. 147 
finder. Churſachſen ließ darauf den 29 Jul. 
1720 ebenfals cin allgemeines Verboth erges 
| | RT hen. 


‚132 „12. Bandmuͤhle. | 


hen. Aber alle diefe gewaltfamen Mittel, find 
unwürffam geblieben; die Bandmühle ift-fo 
allgemein und fo nugbat, als. fie, ihrer Yes 
fehaffenheit nah, werden konte, wuͤrklich ges 
worden. 


Ums Jahr 17 18 lies man die erften Stuͤh⸗ 
le dieſer Art aus Holland nach Charlottenburg 
an der Spree kommen, wie in den Breslauer 
Bamlungen 1720 May ©. 584 gemeldet 
if. In des Hrn. Nicolai Befchreibung 
von Berlin S. 986 ift das Jahr 1728 ans 
gegeben worden; die Arbeiter wären damals 
aus. fremden $anden verfchricben, und die 
Stühle auf koͤnigliche Koften angeſchaft wors 
den, Endlich hat Churfachfen, welches doch 
den Fanferlichen Befehl zur Ausführung ges 
bracht hatte, im Yahre 1765 den Gebrauch 
Öffentlich erlaubt. In dem Refeript vom 20 
März wird gefagt, weil ſich die Umftände ges 
ändert hätten, und andere teutfche Reichslande 
von dem Verbothe der Mühlen abgegangen 
wären, fo fey man bewogen worden, den 
Pofamentirern die Freyheit zu ertheilen, ſich 
der Band: und Schnur: Mühlen fernerhin 
frey und öffenrlich zu bedienen, und darauf 
alle Arten von Bändern, die darauf zu mas 
chen möglich, zu verfertigen. Die Pofamens 
tirer folten anzeigen, ob und wie bald fie felbft 
Bandmühlen. anlegen wolten; würden fie ſich 

\ | | Dazu 


/ 


12. Bandmuhle. 133 


dazu nicht entſchlieſſen, ſo ſolte die Anlegung 
ſolcher Stuͤhle jedem, auch auſſer der Innung, 
frey gegeben werden; man wolle in dieſem 
Falle, drey Monate nach Bekantmachung des 
| pi je , für jeden angelegten Stuhl, wor» 

auf r2 bis 15 Stücfe zugleich verfertigt wer: 
den Fönten, eine Belohnung, und zwar für 
einen Stuhl zu feidenen Bändern 50 Rhlr., 
und zu wollenen und floretfeidenen Bändern 
30 Rthlr. ertheilen. Diefes Reſcript finder 
man in Leipziger "Intelligenz = Blättern. 
1765 ©, 119, 








13. 
Nachricht 
von dem ſeltenen Buche des 
r annuccio Biringoccio Pirotechnia. 


annuccjo Biringoccio iſt der erſte, wel⸗ 
cher im Italieniſchen eine Metallurgie 
geſchrieben hat, und er verdient den Ruhm, 
daß er nicht, nach der Gewohnheit ſeiner 
Zeitgenoſſen, nur aus aͤltern Buͤchern wahre 
‚and falſche Nachrichten zuſammen getragen 
| Ba JE baach 


134 123 Biringoceio pirotechnia. 


hat (*), fondern daß er in und auſſer Italien 
ſelbſt Unterfuchungen und Beobachtungen ans 
geftellet, und nach diefen die meiften merallurs 
gifhen Arbeiten ordentlich und deutlich gelehre 
hat. Sein Werf ift lange von den Prakti⸗ 
fern genutzt, auch oft von den Gelehrten des 
ıöten Jahrhunderts angeführt worden, vor⸗ 
nehmlich wenn fie von Hüttenwerfen, Glofs 
kengieſſerey, Kanonengiefferey und andern. 
ähnlihen Künften, reden folten,. von denen 

fie ſelbſt nichts verſtanden (**). Es ift eini⸗ 
gemal gedruct, auch in mehr als eine Spra⸗ 
che überfegt worden, und dennoch ift eg jetzt 
‚fo felten, daß man es nur in groffen Biblio-_ 
thefen antrift, und daß in neuern Schriften 
nur wenige richtige Nachrichten davon vors 
fommen (**). Freylich wird dem jeßigen 
Metallurgen unfer Schlüter Ichrreicher feyn, 

| ie ‚als 


(*) Sin dem Abfchnitte von ber Meffinggiefferey 
fagt ee ©. 25, b: io per non hauerne altra 
notitia che quella, che ho con gli occhi pro- 
prii guadagnata, vidico per certo, che —. 
Sich weis feine Stelle anzuführen, die dem, 
Biringoccio mehr Ehre machte, ale diefe, j 

EC) Zum Beyfpiele nenne ich bier nur Garzoni 
piazza vniuerfäle, der dem Biringoccio, fo» 
viel als er hat brauchen koͤnnen, abgeborget 

at. 


. €) Die Seltenheit beftätigt Element in Biblio- 
theque curieufe hiftorique er cfitigue. Tom. ' 
Wa. 


3. Biri rinoccio pirotechnia? 135 


ale jener Italiener, nach deflen Zeiten die 
Metallurgie, fonderlich in Zeutfchland, groſſe 
und wichtige Verbefferungen erhalten hat; 
aber. defto ſchaͤtzbarer iſt jenes ſeltene Werk 
demjenigen, der Die Geſchichte der Metallurgie 
und der damit verwandten Fabriken bearbei⸗ 
ten will. Dieſe Umſtaͤnde veranlaſſen mich; 
hier einige Nachricht davon mitzuthellen, wie 
wohl ich mich jet nicht der Arbeit unterzie⸗ 
hen kan, die Vorſchriften des Italieners mit 
dem, was jetzt uͤblich iſt, vollſtaͤndig zu ver⸗ 
gleichen. | oo. — * 


Vergebens habe ich mich bemuͤhet, von 
dem Leben und den Schickſalen des Biringoc⸗ 
cio Nachrichten aufzufinden/ und: ſelbſt Maz? 
zuchelli (*).hat:in feinem groffen Werfe von 
den Stalienifchen Gelehrten, wenig davon 
beybringen koͤnnen. Daß er ein Edelmann 
aus Siena war, hat er auf dem Titel feines: 
Werfs felbft angezeigt. - Mazzuchelli nennet 
ihn einen Mathematiker, und fagt, er fen 

53 en rt ee 


‚(9 Gli ferittori d’Italia cioe notizie foriche e 
critiche intorno alle vite, e agli fcritti dei 
' litterati Italiani del conte Giammaria Mazzu- 
chelli Brefeiano. Volume I parte I. In Bref- 
eia 1760; fol..* p. 1262. — Bon biefent vor⸗ 
treflichen Werke hat man nur den erfien Theil, 
der einen Band ausmacht, und vom zweyten 
Theile vier Bände, nach deren Ausgabe der 
Verfaſſer geftorben iſt. | 


136 13, Biringoccio pirotechnia, 


der erſte Italieniſche Schriftfteller von: mes 
tallurgifchen Arbeiten geweſen. Er erzählt, 
daß Biringoccio von verſchiedenen Italieni⸗ 
[hen Fürften gerufen worden, um feine Kentz 
niſſe zum Beſten ihrer Staaten anzumendenz 
1». von Peter Aloyſius Farneſe, dem fein 
ater, Pabſt Paulus III im Jahre 1545. zum 
erften Herzoge von Parma machte, der aber 
ſchon im Jahre 1547 ermordet ward; ferner 
von Herkules von Efte, Herzog zu Ferrara, 
der. 1471. zur Regierung kam, ‚und 1505; 
farb; imgleichen von den Benetianern. Man, 
hüte fih, ſagt Mazzuchelli, daß man nicht 
diefen Biringoccio mit dem Orefte Vannocei 
Biringucei verwechfele, der :die Parafraſi di 
Aleflandro'Piccolomini fopra (le meccaniche 
d’Ariftotile, zu Nom 1592 im 4, und andere 
Werke herausgegeben hat. Dieſe Warnung 
iſt nicht überflüßig ; denn in der That finde ich 
diefe Verwechſelung in Indice bibliotheoae 
Rarberinae, .tom. I p- 155. 0 


Die erfte Ausgabe der Pyrotechnie ift fol. 
gende: Della pirotechnia libri X dove ampia- 
mente fi tratta di ogni forte, e diverfitä di 
miniere, ma ancora quanto fi ricerca intorno 
alla prattica di quelle cofe, di quel che fi ap- 
partiene a l’arte de la fufione, ovver gitto de’ 
metalli, come d’ogni altra cofa fimile a queſta. 
In Venezia per Venturino Rofhinello. 1540. 4. 

| | Diefe 


13. Biringoccio pirötechnia; - 137 


Diefe Ausgabe, welche ich nicht felbft ‚ges 
fehn ‚habe, -mird angeführte in Bibliotheca 
Vrieftana: Hagae Comit. 1719. 8. P. ı. p. 

123. Hlaym:nötizia de’ libri rari p. 260. 
Catalogus librorum Petri Gosfe, Hagae Co- 
zeit: 1744. 8 P. 143, und von Clement, IV 
P--256; auch von Mazzuchelli (*). Letzte—⸗ 
rer, von dem: ich den obigen Titel entlchne 
habe, fagt, daß diefer Ausgabe eine Zueige ⸗ 
numgsfchrift des Curzio Navo an Bernardino: 
Moncelleli da Solö vorgefegt fey, und daf ers 
ſterer darin melde, Biringoccio habe diefes 
Buch unter dem Namen Bernardino Moncel-; 
lefı, geſcheieben, und ihm, naͤmlich dem Navo, 
geſchenkt (). 


Die zweyte Ausgabe iſt in Venezia per, 
Gio. Padovana.a iftanza di Curzio Navd. 1550. 
in 4, Dieſe wird angeführt von Mazzuchel-, 

| EEE J li, 


() Auch G. I. Voſſius de feientiis mathematicis,, 
Amftelaedami 1650. 4 * p. 299 fagt: anno: 
1540 Vannocins Biringucius Senenfis italice vul- 
gavit Pyrotechniam lıbris X. Ehen biefe Aus⸗ 
gabe wird auch genant in Catalogo bibliorhe- 
cae Thuanae 2 .p. 130. 


(**) Nella dedicatoria, che vi precede, indi- 
rizzata da Curzio Navö a Bernardino Monzel- 
leſi da Solö, fi legge che il Biringucci com- 
pofe queft’ opera a nome di eflo Moncellefi, 
e che poi:la.dono al detto Navö. 


5 


138 13. Biringoccio pirotechnia 


R, imgleichen von Clement aus Bibliotheca 
Bultelliana, Parifüs 1,711. 8. p:3 28; auch von’ 
Hr. von Münchhauſen im zweyten Theile 
des Aausvaters ©. 266 * 240. | 


y / 


Die dritte Ausgabe ik. diejenige, welche 
ib aus hieſiger Univerſitaͤts⸗Bibliothek vor 
mir habe, deren vollſtaͤndiger Titel folgender 
iſt: Pirotechnia. Li diece libri.della’pirotech-; 
nia, nelli quali fi tratta non folö la diverfitä 
delle miniere, ma ancho quanto fi ricerca al-- 
' la prattica di effe: e di quanto -s’appartiene' 
all’ arte della fufione ouer getto. de metalli, 
e dogni altfa cofa à quelta-fomigliante. Com-' 


polta per il S. Yannuccio Biringaccio, nobile, - 


Senefe, Col privilegio apoftolico, e della‘ 
C. Maelli, e dell’ iftu&triff. Senato Veneto. 
1558. in 4. Am Ende fteht In Vinegia per 
Comin da Trino‘di Monferrato. 1359. les‘ 
ment, der diefe Ausgabe aus der —— 
bliothek zu Hannover gekant hat, ſagt, er ha⸗ 
be ſelbige in keinem Buͤcherverzeichniſſe ange⸗ 
troffen. Aber Mazʒʒuchelli nennet ſie eben⸗ 
fals, auch iſt ſie ſchon in Jacob Leupolds 
Prodromus bibliothecae metallicae. Wolfen⸗ 
büttelı732.8 ©. zo angeführt worden. Das 
fonderbarfte bey diefer Ausgabe ift die Zueig⸗ 
nungefchrift des Curtio Navo, aus der man 
ſieht, 1) daß dieſes wuͤrklich die dritte Aus⸗ 
gabe iſt; 2) daß einer, namens Mario. Ca- 
boga, 


/ 


‘13. ‚Biringoceio pirotechnia, 139 


boga, die vorigen Ausgaben (alfo auch die 
erfte?) verbeffert und vermehrt hatz 3, daß 
Caboga feinen, Namen hat verfhweigen lafs 
fen, und daß der Verleger, naͤmlich Curtio 
Navo, ihm das Werk bey den erſten Ausgas 
ben unter einem erdichteren Namen dedicirt 
Be Saft vermuthe ih, daß Mazzuchelli: 
id) geieref, und daß der Namen Bernardino 
Moncellefi nicht den Biringoccio , fondern den 
Mario Caboga bedeutet hat. Von diefem hat 
mir Hr. Profeſſor Dieze cine Nachricht in eis 
nem Buche angemiefen, welches wohl in we⸗ 
nigeteutfche Bibliochefen gefommen feyn wird, 
Der Titel iſt: Fafti litterario - Ragufini five, 
virorum litteratorum, qui vsque ad annum 
1766 in Ragufina claruerunt ditione, pro- 
ſpectus, — auttore P. F. Sebaftiano Dolci a 
Ragufio. Venetiis 1767. 66 Seiten in Klein⸗ 
felio. In diefem Verzeichniffe gelehrter Ras 
gufaner flieht ©. 40 auch Marius Gaboga, 
mit der Nachricht, daß fein_ ganzer Titel ges 
wefen: I. U. Doctor, Comes palatinus, pro- 
tonotarius apoftolicus, facellanus fun. ponti- 
ficis, archidiaconus Ragufinus et vicarius ca- 
pitularis; ferner daß er de praecedentia epi- 
- feopalis vicarü, auch eine poetifhe Umſchrei— 
bung eines Pfalmens, auch de eccleliaftica 
lıbertate, imgleidyen libellos duos feeretorum 
unter einem falfhen Namen gefchrieben har, 
und im Jahre 1582 zu Nom . 
oo. as 


140 13. Biringoccio Pirotechnia. 


Was Caboga eigentlich ber der Pyrotechnie 
geleiſtet hat, Fan ich nicht beftimmen, Wenn 
er würklich Zufäge gemacht hat, fo muß er 
fie in den Tept eingefchalter haben; denn we 
der Anhang noch Anmerfungen hat das Buchs 
Ich halte es der Mühe werth, den groͤßten 
Theil der Dedication hier einzuruͤcken, weil 
fie vieleicht jemanden, der die erften Ausgaben 
befigt, in den Stand feßt, meine oben angez 
zeigte Vermuthung zu beurtheilen. Die Hebers 
fehrife iſt: Al molto reverendo monfig. M. 
Mario Caboga arcidiacono di Raugia, Curtio 
Navo. Das Ende iſt: Ogn’vno, che vi co- 
noſcẽe, vi predica perhuomoraro, efingolare, e 
tänto piu rilueono in voile virtu voftre, quanto 
piu cercate con lavoftra modeftia diricoprirle, 
fuggendo l’oftentationi vingegnate di piacere, 
e di giouare ad ogn’ uno; La onde infinita 
moltitudine d’amici di partegiani guadagnata 
hauete, che viamano, vi riuerifcono, et of- 
fervano, et io fon vn di quelli, perche conof- 
co di quanto giouamento m’£ ftata l'amicitia 
voftra, che per mezzo fuo ho dato fuori tanti 
belli e virtuofi libri, tra i quali & la diuina 
Pirotechnia, che giä due uolte & vfeita, et ho- 
rala terzan’efce alla luce, dalle noftre ſtampe, 
fempre adornata et emendata da voi, e mai 
non hauete patito che fotto lombra voftra fi 
palefi, trouando certi nomi finti, alli quali fi 

ſono indrizzate le noftre epiftole, ch’ appreflo 


gli 


13. Biringoctio pirotechnia. 141 


'gli amici miei,. che conofcono le cortefie vo- 
ftre, e ' obligo mio verfo di voi, fon ftato 
biafımato, et hannomi aftretto che quefta fıata 
la mandi pe'l mondo fotto lo feudo dell’ ho- 
noratiffimo nome voftro, ecofifo. L’opera 
voftra dunque indrizzo a voi, e pregoni, che 
Taccettiate con quel buon animo, co quale 
io ve la offero e dedico, e non vi corocciate 
meco, e non vi fdegnate d’eflere patrino, e 
di guidare in ifteccato il voftro Vanuccio, ch'a 
fe et voi ſarà honore, et a me dari utile, ſi 
come ha fatto pe’l paſſato, ch' Iddio gli dia 
pace all’ anima, et a voi longa e felice vita, 
come defiderate.e Di Vinegia XV d’Aprile 
1558. Dieſe Ausgabe hat 176 Blätterz 
denn nur die Blätter, nicht die Sciten, find 
gezählt. Sie hat 84 ganz artig verfertigte 
klein eingedructe Holzſchnitte. Druck und 
Papier ſind ſchoͤn. | 
Die vierte Ausgabe ift von eben demſelbi⸗ 
gen fahre 1559 Venetia in 8. Mazzuchelli 
hat diefe nicht genant, dagegen ift fie anges 
führt von Haym notizia de libri.rari p. 260, 
von Clement, von Leupold in Bibliotheca me- 
tallica S. 30 und in Bibliotheca Barberina I 
pag.155; auch in den von Gobet herausgege⸗ 
benen Anciens mineralogiftes I p.324, und in 
Lipenii bibliotheca philofophica p. 1275. 
Die fünfte Ausgabe, deren Mazzuchelli: 
gedacht hat, und die ich fonft nicht u © 
| ns’ 


142 13 Biringoccio pirotechnia. 


finde, ift in Bologna Be Giofeffo Longhi 
1678 in 8. 


Die ältefte franzöfifche Ueberfegung, wel⸗ 
che mir befant geworden ift, ift die von May 
zuchelli angeführte: par laques Vincent. à Pa- 
ris chez Claude Fremy. 1556. Sie ift au 
genant in der neuen Ausgabe von Bibliotheque 
Frangoife de du Yerdier UI p. 558; imgleis 
chen von Gobet I ©. 325, der diefe Ucberz 
fegung für felten, aber auch fuͤr ſehr fehler⸗ 
haft erklaͤrt. 


Die zweyte Ausgabe derſelben habe ich 
aus hieſiger Univerſitaͤts-Bibliothek vor mir, 
daher ich hier den vollftändigen Titel beybrins 
gen will: La pyrotechnie, ou art du feu, con- 
tenant dix livres, ausquels eft amplement 
traicté de toutes fortes et diuerfit® de minie: 
res, fufions et feparations des metaux: des 
formes et moules pour getter artilleries, clo- 
ches et toutes autres figures : des diftillations, 
des mines, contremines, pots, boulets, fuſées, 
lances, et autres feuz artificiels, concernans 
Y’art militaire, ‘et autres chofes dependantes 
du fen, Compofee par le Seigneur Yanoccio 
Biringuctio Siennois, et traduite d’ Italien en 
Frangois, par feu maiftre laques Vincent. A 
Paris, chez Claude Fremy. 1572. 172 Blaͤt⸗ 


ter in 4+ | 
Die 


13. Bifingoccio pirotechna. 143 


Die dritte Ausgabe der franzöfifchen Ue⸗ 
berfeßung führe Clement an: par Iaques Vin- 
cent.‘ A Rouen, chez. Iacques Cailloud, tenant 
fa boutique dans la.court du palais. 1627. 


Ohne Vorbericht 228 Blätter in Quark. Hr. 
Prof. Bürner hat die Freundſchaft gehabt, 


fie mie zu leihen. Sie ift der zweyten ganz 
gleich, nur daß fie einen geöbern Druck und 
eine verbefferte Orthographie, und flat der De: 
dication eine Furze Machricht des Verlegers 
hat, die beyde unwichtig find. Auch find hier 
die Holzſchnitte numerirt. Ich finde fie auch) 
genant in Bibliotheca.imperiali Petropolitana; 
von welchem feltenen Buche ih in Phyſika⸗ 


liſch⸗ 6Eonomifcher Bibliorhef VII S 


497 umftändliche Nachricht ertheilt habe. 


Der franzoͤſi ſche Ueberfeger Iaques Vin, 
cent war Aumönier du comte d Anguien, und 
vermurhlich. ein -Ucberfeger von Profeßion, 
denn er hat hiftorifche, geiftliche Bücher, auch 
Romane aus dem Lateiniſchen, Spaniſchen 
und Italieniſchen uͤberſetzt, die man angefuͤhrt 
findet in Les bibliothéques frangoifes de la 
Croix du Maine et du-Verdier. Nouvelle edi- 
tion par Rigoley de Iuvigny. Tom. IV p. 
315. Die Ausgabe, die auf der Univerſitaͤts⸗ 
Bibliothek ift, hat, fo wie die Urfchrift, 84 
eingedruckte Holzſchnitte, die den Italieniſchen 


son; * find, nur mit folgendem Unter⸗ 


ſchiede. 


144 13. Biringoccio pirotechnia. 


fchiede, In der Ueberſetzung ſteht S. 86, b 
unten nicht die Zeichnung der Urfhrift ©: 64 
b, die doch dafelbit ftehen ſoltez fondern man 
findet da die Zeichnung, welche, die‘ Lrfchrift 
©. 127. b hat. Die untere Zeichnung det 
Ueberfegung Seite.140. a ftcht gar nicht int 
Italieniſchen, und die Zeichnung der Urfchrift 
©. 64. b fehlt der. Ueberſetzung. Letztere iſt 
auch gar nicht zuverläßig, theils wegen der Um 
kunde ihres Verfaffers, der mit der metallur⸗ 
gifhen Terminologie nicht bekannt genug war) 
theils wegen feiner Nachläßigfeit, da er mans 
che Perioden gänzlich, ausgelaffen hat. Ein. 
Beyſpiel davon finder man in dem Abſchnitte 
von der Dereitung des Schießpulvers , wo 
faft die ganze Seite ‚der Urſchrift 154. a aus⸗ 
gelaffen ift. Biringoccio ſagt dafelbft, daß 
man anfänglich —— auf gewoͤhn⸗ 
lichen Mahlmuͤhlen zerkleint habe, daß man 
aber, wegen der großen Gefahr, auf die 
noch jetzt gebraͤuchlichen Stampfwerke ver⸗ 
fallen ſey. F 2 


In den von Gobet herausgegebenen An- 
ciens mineralogiftes wird 1.©. 326 gefägt, 
die dritte Ausgabe der franzöfifchen Ueber⸗ 
fegung fen auch bey Wechel in Frankfurt 1627 
in 4 auf 230 Seiten gedruckt, von welder 
— ich ſonſt nirgend Nachricht gefunden 

abe. A | — 


Auch 


13. Biriagoccio pirotöchnia. 149 - 


AAuch iſt eine lateinifche Meberfigumg vor⸗ 
Banden, welche zu Coͤln 1658 in 4 gedruckt 
iſt. Dieſe iſt angeführt in Ehriftoph Hen⸗ 
drich Pandectis Brandenburgicis p. 583, in 
Lipenii biblioth. philofophica, und Mazzıschela 
li und der neue Herausgeber des du Verdier 
nennen fie ebenfalb. — J 
Ich komme anf den Inhalt des Buchs, 
den ich kurz angeben will. Im Vorberichte 
iſt von der Art und Weiſe Ertze aufzuſuchen 
gehandelt, und da koͤmt weniger Aberglauben 
vor, als man von den damaligen Zeiten er⸗ 
warten:folte. Die erſten Abfchnitte handeln 
Bon den vornehmften Ertzen der verſchiedenen 
Metalle, wobey fi) der Verfaffer dfr auf feine - 
in Defterreich und in andern Gegenden von 
Teutſchland gemachten Beobachtungen beruft, 
und ſich entſchuldigt, daß er die Damen der 
Derter nicht allemal‘ richtig, wie fie geſchrie⸗ 
ben werden müffen ; anzeigen fünm, Die: 
Dereitung des Meffings befchreibt er fo , wie 
er fie in Mayland geſehn hat. Ueber das 
Kupfer that man in die Kruͤge den Galmey, 
und dieſen bedeckte man mit zerſtoſſenen 
Glaſe. So fehlerhaft dieß Verfahren war, 
ſo verhuͤtete das Glas doch freylich die Ver⸗ 
duͤnſtung des Halbmetalls; aber die Kohlen‘ 
hätten’ nicht fehlen ſollen. In dieſem erſten 
Buche iſt ſchon gelehrt worden, daß Eifen in 
Stahl verwandelt werde, wenn man «8 eine: 
DL 70 K Zeit⸗ 


146. 13 — prellehnge 


Zeitlang: in geſchmolzenem Eiſen eingetaucht 
erhaͤlt. Diefe Vorſchrift hat Reaumur ums 
ſtaͤndlich unterfucht und wahr befunden. S⸗ 
Lart de convertir le fer en acier. Paris er 
46, 250 
Das ze ee Buch enthaͤlt den Unterricht 
wie die Halbmetalle zu gute gemacht werden; 
auch die Zurichtung einiger Salze; imgleichen 
die. Kunft-Glas zu machen. :.:Dazu — 
man ſchon damals Braunſtein. Mi, rg 
Am dritten Buche iſt eime Anleitung zum 
probleen der Erze, und zu den eigentlichen 
Huͤttenwerken. Man findet daſelbſt ſchon 
das Saigern des Schwarzfupfers, und die Er⸗ 
bauung der heutigen Saigerheerde befchriebeitz 
Gelegentlich: ift das Verkohlen des Holjes im 
fichenden Mailern und in Gruben befchrieben.: 
i — vierte Buch von Scheidung des Gol⸗ 
Von Bereitung des Scheidewaflerg; 
per acuta, quale il vulgo eliiama acqua. forte 
commune, Pig. b. - Bon Affiniren. R 
Daos fuͤnfte iſt nur kurz, und handelt von 
der Legirung a Goldes Silbero Kupfers 
Zinns. * | 
Das (echte Such von: der Kunft zu ande 
delliren oder Formen zu machen. . Viel von 
den dazu noͤthigen Thone und Sande, Bes 
ſonders umftändlich vom. Kanonengieſſen. Ne: 
anco chi di tal oxribile et fpauentofo ftromen-: 
to forfe inventore, ai io fappi,. in luce uni- 
uerfale 


53. !Biringorcio pirotechgie 247 


verſale noto non d. ‚Credefi'che veniſſe del 
la Alemagna, trouato à caſo fecondo il Cor« 
nar'r.ano, da manco di. 300 Anni in qua, da 
grofla et; piccola origine ,; come ancor la 
ftampa delle letter. Diefe Stelle p. 78. b 
hat Bincent unüberfegt ‚gelaffen. ie die 
Glocken gegoflen werden; wie dazu der Schab⸗ 
bon: zu zeichnen; und zu machen; ;: wie die Glok⸗ 
ten aufgehenket werden; wie gebotftene - 
thet werden koͤnnen. J 
Auch das folgende Buch handelt noch von 
der Kunft, allerley Sachen aus Metall zu 
gieffen. Beſchreibung der verfihiedenen Oefen 
und der damals gebräuchlichen Gerüfte zu 
den Bälgen: Vom Ausbohren der Kano= 
nen. Vom Guffe der eiſernen Kugeln. Seu 
te 117. b. — vi dirö al prefente il modo con 
che fi fanno le palle del,ferro, inuentione 
certamente: belliffima et horribile, per il ſuo 
potentiſſimo effetto, cofa nuoua all’ uſo della 
guerra; perche non prinıa (che io fapoi ) fu- 
ron vedute:palle.di.ferro in Italia- per tirarlo 
con artigliarie, che quelle che ci conduffe; 
Carlo Re di Francia per la fpugnatione del 
Reame di Napoli, contra del Re Ferandino 
Yanno 1495. 
Das achte Buch: wie kleine Sachen ge⸗ 
goſſen werden. 
Das neunte; vom Deſtilliren, vom Sub⸗ 
Timiren, Auch von der Münzkunft S. 132 a; 
K2 jedoch 


148 13. Biringoceio pirötechnia. 

jedoch wenig erhebliches. Won Goldfchmie- 
dearbeit. Won Eifens und Zinnarbeitem, 
©. 138. a von der Schriftgiefferen. Le let- 
tere'da ftampar li libri, fannofi d’una com- 
pofitione di tre parti di ftagno fino, et vna 
“ öttava parte ‘di piombo negro, et vn’ altra 
ottaua parte di. Margafıta d’antimonio fu- 
fa. — Der achte Abſchnitt im neunten Buche 
lehrt das Dratziehen, Ein Zieheifen_ift auf 
einem Tiſche befeftigt, und der Drar wird auf 
eine Winde, die der Arbeiter umtreibe, ges 
wunden, Zur Verfertigung des Eiſendraͤts 
iſt doch ſchon ein Wafferrad angewendet, welz 
bes mit einem Frummen Zapfen eine Zange 
zieht, die ein Arbeiter bey jedem Zuge anlegt 
ind leitet. Vom Vergolden Bon Verfers 
. tigung der. Spiegel von Metall. Von der 
Toͤpferkunſt. Bon der Kalfbrenneren. 
Das legte Buch enthält die Bereitung des 
©Shiespulvers, und desfals auch eine Nach 
richt von der Salpeterfiederey. Won Ladung 
der Kanonen; von Anlegung der Mienen; von 

der Seuerwerferey, auch von Kunftfeuer, 


ENDE, 





Beyträge 
zur Geſchichte 


der 


Erfindungen. 


| Sn. 
Johann Beckmann, 
ordentlichem Profeſſor der Oekonomie zu Göttingen. 








Zweytes Stüd. 





Zwote etwas verbefferte Yusgabe, 
— ———————— 
Leipzig, 

im Verlage Paul Gotthelf Kummer. 


En, 


1785. 


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Inhalt. 


1. Geſchichte der Uhren , Herrn Prof. 
Hamberger Abhandlung. — — ©. 149 


Vermeinte Uhr des Chromatius. — 136 
Uhr, die Carln dem Groſſen geſchenkt iſt. 159 
Uhr des Pacificus. — — 160 
Uhr des. Gerbert. — — 163 
Uhr des Abts Wilhelm zu Hirſchau. 164 
Erfindung der Räder » Uhren im.eilften 


oder zwölften Jahrhunderte. — 165 
Ubr, welche dem Kaiſer Siedrich Il ge 
— ſchenkt worden. — 170 


Uhr des Abts Richard Walinfort, 171 
Stadtuhren im viergehusen Sahrhunderte. 172 
Stadtuhren in funfzehnten Jahrhunderte. 176 
Taſchenuhr des Caſpar Vicecomes. 177 
Odb Peter Sele Erfinder der Taſchenuh⸗ 
rem ſey. — — — 178 
(Don Barringtons Geſchichte der Schlaguhren 
ſol Die Ueberſetzung im ndchBen Stuͤcke folgen. ) 


2 


Inhalt. 


Weinverfaͤlſchung·. — — Eimg: 
——— des Bleyes auf den Wein. — 180 
Die Alten vergifteten ihre Weine damit, 
ohne es zu wiſſen. — — 18t 
Wirkung des Kalks auf den Wein. — 187 
Wuͤrkung des Gypſes auf den Wein. — 189 
Erfindung der kuͤnſtlichen MWeinverfäl 


fhung mit Bley. — — 192 
Teutſche Verbothe derſelben. — 194 
Auslaͤndiſche Verbothe. — — 195 

Erfindung der Weinproben = 197 
Das Schwefeln des Weins. — 198 


Schwefelſchnitte mie Wiſmuth bereitet. 200 

WVerboth der vermeintlichen Weinverfäls 
ſchung mit Milch. — — 208 
Verboth des ſtummen Weins. — a02 
Aſſecuranz. — — 204 
Iſt den Roͤmern nicht bekant geweſen. 205 

Koͤmt noch nicht in den Seegeſetzen der 
Inſel Oleron vor. — — 208 

Auch nicht in den NS Seege⸗ 


betzen. — — 211 
Auch nicht in den — Seege⸗ | 
ſetzen. — — — all 


Auch nicht in Confolato del mare. — 212 
Aelteſtes Formular einer Polige von 1523. 213 

Aſſeeuranz · Geſetze des fechszehnten Jahr: 
hunderte. _ — — 214 
Aſſe⸗ 


Affecurang:Befege des Prag Jahr⸗ 
hunderts. ©. 216 
Erfindung der Brand. ‚Ufeenram. = 318 
< : SH ſchon im Anfange des 17ten Jahr · 
bunderts vorgeichlagen worden. — 219 
# Die Sulpe 0 — — 923 
Vaterland unferer meiften Gartenblumen. 223 


| Tulpen find in Europa feit 1559 bekant. 226 
Geſchichte der Sullppmanie inden Jahren 


....1634 bi8 37, 229 
Vermeintliche hohe Dee der Bupen- | 
zwiebeln. 230 
Richtige Erklaͤrung der ——— 232 
hr gaͤnzlicher Verfall. — — 237 
Kleine Tullpomanie. — — 240 
5 Turmalin — — 241 


iſt nicht Lyneurium der Alten. — 241 

, .  Lyscurium ſcheint ein Hyacinth m feyn. 244 

Sleamedes der Alten iſt nicht Turmalii 245 

Ob Turmaltn zu den Carbunculis gehöre. 246 

DE ihn Serapion gelant babe — 247 
Turmalin ward erſt am Ende des vorb- 

gen Jahrhunderts bekant. — 248 

Iſt zuerſt von Teurkien beſchrleben | 

worden. — 249 
War in P. Bertman Naturalien⸗ 

Samlung. | — — 250 

wird 


” 


Inhalt. | 
Wird der Narifer Akademie bekant. S.2 52 | 


Iſt zuerft von Zeutfchen unterfucht wor- 


den.. —* — — 254 
Binnv’ erkannte zuerſt feine Eleltricitaͤt. 255 


6 Schleichende Gifte. Poudres de 


" Succelion. — — — * 257 


Waren ſchon dem Theopbraſt bekant. 258 
Wann fie in Rom bekannt geworden. 260 


Giſtmiſcherinn Locuſta. — "261 


Lepus marinus. — — 265 


Tophana. Acquetta di Napoli, — 268 


Romiſche Giftmiſcherey im J. 166. 269 
Pariſer Giftmiſcherey im J. 1670. — 271 


Chambre ardente. — — 29 
Beſtandtheile der ſchleichenden Gifte. 282 
Gegenmittel. — — 227 


7. Meßverzeichniſſe. — — 289 


Entſtehung des Buchhandels. — 289 


Die erſten Buchhaͤndler. 290 
Erſtes Meßverzeichniß vom J. 1554 * 
Georg willer. — 291 
Leipziger Meßverzeichniſſe. — 295 
Job. Cleſſii elenchus conſummatiſſimus. 298 
Draudii bibliotheca claflica, — 199 


| Gefhichte der Uhren. 


1% diefen Gegenftand: Hat der el. Sn _ 
Prof: Samberger.im J. 1758, In hie 

figer Sorietät der Wiflenfchaften ‚eine Abs 
handlung vorgelefen, “melche aber, meil die 
Ausgabe der geſellſchaftlichen Schriften uns 
terbrochen ward, ungedruckt geblieben iſt. 
Auf Veranlaſſung des Hrn. von Murr er⸗ 
ſuchte ich den Hrn. Secret. Hamberger in 
Gotha, mir diefe Abhandlung feines. Hrm 
Vaters für, meine Beyträge zu uͤberlaſſen, und 
er harte die Freundfchaft mir die Handfehrift 
zu ſenden. Diefe habe ich, da wo fie es noͤ⸗ 
thig hatte, berichtige, und fiefere ſie hier 
unverändert. Zuſaͤtze denfe ich im naͤchſten 
Stücke zu geben. Ich rüde hier aud) den 
Auszug ein, den der Werfaffer felbit aus Dies 
fer Abhandlung. in den Böttingifchen ge- 
Iehrren Anzeigen 1758. ©. 8565. gegeben 
hat, weil er, wie ich vermuthe, vielen 2er 
fern angenehm ſeyn wird. 


ss en 


3,5 


2 


* 


.150 . 1. Gefcbichte der Uhren. 
un der Berfammlung der 8. ©. d. W. am sten 
Julius laß der Hr. Prof. Samberger eine Unterfuhung 
yon. dem Lrfprung der Uhren mit Rädern und Schlag; 
werfen ab. Man has diefe Geſchichte bieher noch in ges 
ringes Licht gefeget, umd trift darin vieles willkuͤhtliches 
an. Der Derfaffer geht fie von dem dritten Jahrhundert 
on, mad) der Zeitordnung 1° In diefem Jahrhuns 
dert kommt die vermeyuts Uhr des Präfectus zu Rom, 
Ehromatius, vor, von der man in den adtis 8. Seba⸗ 
£ findet- Diefe Vaſchine war nicht 
Jo viel man aus der ſeht verwirr⸗ 
von abnehmen kaun eine Vorſtellung 
des Syſtems der Planeten, um daraus ihren Stand ges 


ftiani Mart. et 
fowohl eine Uhr 


j 
ten Befhreibung da 


u gen eihander zu gewiſſen Zeiten zu erflären, und hatte 


feine eigene Bewegung, Jondern muſte mit der Hand ger 
drchet werben. "Sierauf widerleget der He Verfaſſer 
den Dubreſne, der unter dein Wort Index, einige Stel- 
len aus ber Regula Magiltr.. die, mach dem Mabillom, 
noch vor dem fiebenten Jahrhundert gemacht ſeyn foll, 
von den nun gewöhnlichen Uhren verfichen will, aus der 
vollfändigen —V dieſer Stelle. Man könnte 
auch leicht durch das Chronicon Turonenfe a. 867. vers 
leitet werden, unter den Uhr, die dem Carl dem Groffen 
vom Könige in Perſien gefhickt wurde, eine Schlag: Uhr bou 
unferer Art zw verſtehen; alleın die umfändlichere Des 
fhreibung der Aunalium Francorum bewahrt den Lefer 
ae dieien Irrthum. Sie mar im Hauptwerk nichts aus 
ders als eine Wafferubr, bey der einige andere Kunft- 
Füde angebracht waren: Eine dergleihen Uhr verſteht 
der Derfaffer, auch unter, bem horologio nocturno des 
Pacificus zu Verona. Der berühmte Maffei hängt fich 
zu felavifch an einige Worte des Grabmahls des Pacifis 
cus. Die Erfindung des horologii nocturni war nicht fo 
neu, als daſelbſt geſagt wird, und Ntaffei felbit muß bes 
kennen, daß fchon beynahe hundert Jahre vorher Berfels 
ben gedacht werde. Die Wafferuhren waren nicht fo ges 
mein, daß man fie zu. Verona zu Pacificus Zeit nicht 
vor etwas neues hätte halten kͤnnen, und der DVerfaffer 
zeigt mit ſolchen Stellen, ihre Seltenheit im zehnten und 
zwölften Sahrhundert, die keinen Zmeitel übrig laffen. - 
Und Caßiodorus mahte eben den Gebrauch von Dem - 
Wafferubren, wozu das horologium nofturnum des Dias 
eonus beſtimmt geweſen feyn mag. Inzwiſchen find die 
Waſſeruhren doch auch nicht fo gänzlich im djeſen Zeiten 
ar uns 





1) 
J 


vu. Geſchichte der Uhren. 151 
«4 TR ) j ! . 

unbekannt geweſen, als Juvenel voraicht, und es find 
I, nb Dich von, ihrem Gebraud) eus dem neuns 






renzehnten, Sahıhundeit non Dem Berfaffer ars 
t worden. In zehnten Jahrhundert kommt die 
KG or, die der berühmte Berbert zu Magdeburg vers 

fertiäte, Mon muß ſich bilng wandern, wie man fie 

vor eine. Käderuhr bat aufehen, eine ihruhe daran ent⸗ 
decken, ro gar vor. ein durch Teufeldkünfte verfertig⸗ 
ges Berk, halten können, da, die Befchreibung des Dit 


:s dieſem Vorgeben fo deutlich zumider if, und im 
Gerber ‚3 I ‚de atölabic. wo ‚er von been für alle 
Sinuneleh ‚handelt, Diefer vorgegebenen neuen Erfin⸗ 
ung mit ‚keinem Vorte gedacht mird. In dem eilften 
— 32 iſt der Abe Wilhelm zu Sirſchau wegen 
‚eines Uhrwerks berühmt, die Beſchreibung davon ift aber 
zu Furz, als daß man vom feiner innern Einrichtung et— 
was daraus abnehmen köünnie. Es werden aber von Der 
Zeit an die Vaqhtichten von, Uhren, häufiger, and die 
Schrifttellet bedienen ſich ſolcher Ausdrucke bon ihnen, 
horologium dirigere, ordinare, temperare, die, wenn 
nan bie Beſchaffenheit dieſer Richtung und Stellung der 
ren nach den ungleichen Stunden zugleich betrachtet, 
nicht wohl bey den vorhin bedunnten Uhren fast zu haben 
feinen, und da man im dreyzehnten Jahrhundert aus— 
Drüdliche Erwaͤnung von Ihren mit Geiichten und Ms 
dern autrift, ſo iſt hoͤchſt wahrſcheinlich der Urſorung dies 
ſer Uhren um das eilfte und swölfte Johrhundert zu fügen. 
Die aͤlteſten diefer ihren gaben auch einen Shall von 
ſich. : Der Berfaffer glaubt aber, daß fie mehr die Diens 
fe eines Weckers gethan haben, als daß fie die Etunden 
videntlich-gefchlagen hatten. In Anſehung des Urfprungs 
Diefer Uhren iſt derfelbe noch ungewih, ob man ihn Eus 
ropa, Oder den Saracenen zuzuſchreiben babe, zum mes 
nigſten ift die vollſtaͤndigſte Uhr, von der man Nachricht 
findet, diejenige die der Sultan in Egypten dem Kaifer 
Friederich -geichickt hat. Die Uhr des englifchen Abts 
Richard Wealinfort im vierzehnten Jahrhundert ſcheint 
feine Schlaguhr, fondern eine Vorftellunig des Syſtems 
‚der Planeten geweſen zu ſeyn. Bisher frift wen auch 
nur in den Klöftern die Libren an, nun aber Formen fie 
auch in den Städten auf. Im %. 1344 befom Padng, 
1356 Bologna, nad 1364 Paris, um 1370 Strasburg, 
1395 Speyer, bie erſten Ihren. Courtray hatte eine 
der ſchoͤnſten Uhren zu felbiger a Die ihr aber der Ders 
2 


sy. 


/ - 
., .4 


152 r. Geſchichte der Uhrem- u 


309 von Burgund nahm, und nah Dijon bringen ließ 
nwifchen waren fie noch im folgenden Jahrhundert eine 
Seltenheit aud in angefehbenen Städten, ihre Koften 
waren denfelben zu groß, und der Magiftrat zu Aurerre 
hielt es 1483 noch zu bedenklich, ohne Erlaubniß des Kös 
nige fo viel Geld aus der Stadt ; Caffe anzuwenden. 
Doch findet man fie zu diefer Zeit auch ſchon bey Privat⸗ 
Perfonen, und die fleinen Saduhren waren ebenfals ſchon 
bekannt , wie man aus einem Sonnet des Caſpar Vices 
comes fieht, vor deren Erfinder der Nürnbergifche Künfts 
Ic i Petrus Sele, im 16 Jahrhundert faͤlſchlich gehalten 
wird. rt 





DE HOROLOGIIS, 
rotis ponderibusve motis, et fonitus ho- 
rarum indices edentibus.-- 


Arco anni effluxerunt, Auditores, cum 
‚Vobis biftoriam vtiliflimae artis vitriariae , qua- 
lis tune e Graeeis. pariter ‘ac Latinis fcriptori- 
bus peti poterat, exhiberem (a). Quae cum 
eſſet ea confilio compofita, ut ad fupplendum 
defectum , quo hiftoria artium nimis adhuc 
laborat, aliquid conferrem, non poteram non 
 fuaviter affici, cum viderem, tum Vobis pro- 
bari conatus-meos, tum ab exteris quoque be- 
nigna iudicia experiri... Equidem ea tes fli- 
mulos addebat currenti, ut ab eo inde tempo- 
re ftudiofe colligerem, quae fefe mihi ad hi- 

! ftoriam 


(a), Inferta eft ifta hiftoria tomo IV commensa- 
riorum focietasis Gotsingenfis p. 484. 


1. Gefchichte der Uhren. 153 


ftoriam. artium utilia inter legendum offere- 
bant, Inde enatae funt, quas Vobis praefen- 
tibus füperiore anno recitavi, de flatu liter«- 
rum et artium a Caroli M. inde .aetate obfer- 
vationes; inde libellus ortus eft, quem nunc' 
Veftro, Auditores, iudicio ſubmitto. 


Etenim conflitui hiftoriam texere horolo- 
gii, quod rotis ponderibusve movetur, foni- 
‚taque aeris horas harumque numerum indicat, 
et volubilitatem temporis non moratur quidem, 
fed, ut follicite obſervemus, monet, et ne- 
‚gotia ‚noftra ſomnumque dirigit, imachinae, 
inquam, qua vix ulla alia ad ufum et com- 
moditatem generis humani aptior excogitata 
‚etz et, quantum in. magna raritate monu- 
mentorum , fine ‚aliorum vefligiis, fieri pot- 
eſt, etenebris eruere originemmachinae, Et 
merito mireris, qui factum fit, ut de re; vi- 
rorum doctorum attentione adeo digna, adeo 
ꝓpatum, quin nihil adhuc prolatum fi. Ne 
id teınere dixiffe videar, provoco ad eos fcri- 
ptores , qui nobis in titulis librorum fuorum 
inventa nova antiqua,, res memorabiles et .de- 
perditas ‚vendunt, ad Polydorum Vergilium, (b) 
Guidonem Pancirolum (c), eiusque egregium, 
fi Diis placet, commentatorem Henricum Sal- 
muthum, Georgium denique Pafchium (d), 
— — BEN. I DES: quo- 

tb) de rer. invent. lib, 3 c. 1$. 
(€) rer. memor. lib. 2 tit.X. 
(d) de invent, tiovantig. p. 701, 


n_ 


14 1. Befehichte der Uhren, 


quorum iſte de nobililimi inventi aetate nih’l 
quicquam, de,audtore hoc ſolum dicit, iguo- 
rari; ille, fuae aetatis quaxdam affert, quae 
repctit is, quem ultimo ioco dixi. - Commen- 
tator. vo Ictus cum de horologiis feribere 
debebat, longam orationem infituit, quam 
neceflaria in iure fit teımporis obſervatio, et 
largo fonte protrüdit, quicquid ipfl de puber- 
tate, de nuptiis, de praematura et illicita ve- 
nere, de ômni re’uxeris, de partu trtimectri, 
oclimeſtri, decimeſtri, undecimeſituconſta- 
bat, interiecta etiam quorundam maiorum 
ſuorum commemoratione'; «de 'horologiis Nie 
'hil, quam hoc: Pancirölum aliquot‘horolegio- 
rum formas recenfere , quibus dafinitum 
eſſet, ſingulas fabinde excogitatas velle ad- 
dere, Poſt hos, qui de nöoftris horologiis 
ftudio et data opera fcripferit, invenio nemi- 
‘nem , 'praeter ſeriptorem Gallum, qui de con- 
ſtructione horolögiorum feriphit, Alexandrum 
"Monachum S. Benedicti, quem fecutus eft nu- 
per eius civis Patteus (Paute), (é) Derha- 
“mum, Anglun, quem non adımanus habeo, 
praeſertim cum '&"Chambero, qui ufas'eo eſt 
in ſua Pncyclopaedia concinnanda, videam, 
vix quicquam attuliſſe quod ad ſcopum no- 
ſtrum pertineat. Alexander ipſe, ſi !dubia 
quaedam, quae aſfſert, miſſa feceris, ultra ſe- 

Or eng, Teryuaimen ‚eulum 


(e) Confer, „Journ, lit. et &con. Nov. et De- 


semb, 1757. 


4, Befchichte der Uhren. 155 


culum quartum et decimum non afcendit, cum 
merito a monacho. plus ‚exfpectares, cui con- 
fuetudines et ſtatuta ordinum nota efle debe- 
bant, ‚ex quibus eruenda origo horologiorun 
videtur, ‚fi unquatn erui poterit. _ At. quamı 
uſui ea (int, ex illis-elucebit, quae_inde repe- 
tita in fequentibus afleremus. .° >. 
‚lan ipfam rem aggrediamur., Quod igi- 
‚tur ad originem eorum attinet, oppido errant, 


J gu originem horologiorum, automatorum circa 


eculi poſt decimum quiati et fexti confinia 
collocant, Weidlerus. (fi), et, Chamberus, (g) 
quorum hic, “certo, inquit, conflat, . artem 
„conſtruendi horologia, qualia nunc ſunt im 
„ufu, vel primum inyentam, vel certe reftau- 
‚„ratam efle in Germania aute ducentos cireiter 
„abhinc aunos”,. Eadem fere habet Weidie- 
‚sus, quo fonte ufus forte eft Anglus. _Verum 
quantumvis haec fententia, blandjatur ingenio 
gentis noftrae, niınis tamen aperte, quoad 
tempus originis, falſa et, quam ut queas cal- 
culum adiicere. Nec quoad inventionis pa- 
triam, probabilis mihi videtur ,- quanguam hoc 
largiri debeamus, circa initium feculi decimi 
fexti artem hanc in Germania, imprimis.No- 
ribergae, egregie floruiffe, ——— 
Verum ut hi duumviri nimis ſero collo- 
‚eant originem horologiorum, ita alii nimis 
84 wa - 
(FF Hif.afrın.p: 3 ©: 0. 
(g) Encyelopaed. v. Clok 


f 


16 1 Geſchichte der Uhren. 


mature eam ponunt. Vt ſilentio praeteream 
“ Archimedis et Poßdonii machinas, de quibus 
proditum uon efl, eas horas diei menfurafle, 
* “qui ſẽculo tertio iam horologium repet- 
iſſe ſibi videbatur (A). Provocat ad Acta () 
S. Sebaffiani Mart. ubi Chromatius pracfectus 
urbis, ab eo ſanandus, “habeo, inquit, cu- 
„biculum holovitreum, it quo omnis diſcipli- 
„na ſtellaruin ac matheſis mechauica eſt arte 
„couſtructa, in cujus fabrica vater meus Tar- 
„quinius amplius quam ducenta pondo auri. 
„dignoſeitur expendiſſe. Cui S. Sebaſtianus 
„dixit: Si hoc tu integrum habere volueris, 
„te ipſöm frangis. Chrometius dixit: Quid 
„enim? Matheſis aut ephemeris aliquo ſacri- 
„ficiorũm uſu coluntur, cum tantum eis men- 
„ſium et annorum curſus certo numero per 
„horarum ſpatia diflinguuntur? et lunaris glo- 
„bi plenitudo, vel diminutio, digitorum mo- 
„tu, rationis magift:rio, et calculi computa- 
tione praevid-tur?” Verum haec pretioſiſſi- 
ma machina vix videtur inter horologia, de 
quibu: nobis fermo fl, referenda. Carebat 
enim proprio motu. Quid enim digitorum 
motu opus erat, ad luna& plenitudinen prae- 
viden am, fi fua fponte mota fuiſſet? Deih- 
de, fi. verba feriptoris recte inteiligo, non 


fada 


(b) Boana de div, pſalmod. c. 3. S. 
(3) ©. 16. Ad. 85. Antw. 20 Jam p. 27 3. 


s, Befchichte der Uhren. 157 


/ 

facta erat ad horas indicandas, led modo ut. 
ope eius curfus folis per duodecim fua figna, 
et motus reliquorum planetarum, . eoruinque 
‚mutuus fitus in anno vel menfe, oftenderetur, 
et declararetur. Nam zodiaci figua, et pla- 
netas in ipfa machina fuifle , e fequentibus pa- 
tet. S. Polycarpus presbyter (comes S. Ste- 
phani) dixit: “lllic ſigna Leonis „ et Capri- 
corni, et Sagittarii, et Scorpionis, et Tau- 
„ri funt; illie in ariete Luna, in Caucro ho- 
„ta, in Jove flella, in Mercurio tropica, in 
„Venere Mars, et in omnibus iflis monftruo- 
„fs daemonibus ars Deo inimica cognolcitur”. 
Sed quicquid fit, nihil ad aliorum, vel pofte- 
ritatis uſum profuit; confracta a fandtis viris, 
‚ut, fi vel horologium: fuerit, cum ea tamen 
etiam hotitia utilifliini inftrumenti perierit. 


. Qointo feculo. Bosthium offendimus, cui 
Bernardus Saccus (k) inventionem horologio- 
rum noftrorum tribuit. Sed'non memor fu. 
iſſe videtur Bernardus eorum, quae de Boe- 
thii invento apud Cafliodoruin (7) ledta paulo 
ante pofuerat : aquarum fcilicet guttis horas 
terminabät. Clepiydra igitur erat, non horo- 
logium rotis ponderibusque agitatum. Eius- 
modi horologiis ideın Cafliodorus ( m) mona- 

Se an ee 7 SE ds 

ck) biſt. Tiein. 1ib.7. c. 17. 

(!) Var. lib. ı in fine. | 

(m) de inftit. div, litter, c. 29. 


158. Geſchichte der Uhren. 


«chos: fuos !Vivarienfes ſaſtruxerat: *horologi- 
„um vobis, uuum, quod folis claritas indicet, 
„praeparäffe eognofsor; alterum vero aquatile, 
„quoddie noduquelborarum, jugiter ingicat 
„yuantitatem; quia requenter nonnullis die- 
„bus ſolis cJacitas abelle cognofgitür”. De ſi- 
milibus horologiis capienda eile videntur, cum 
Seriptorsvitae. S. ‚Leobiai: Ep. Carnotenf. (circa 
a. 556). (n) dieit, , ej (Leobino ſcilicet?) 
temperandi cu jas Aurarum, et vigiliarumg dilj- 

‚gentiam „o1Mm) iſſanm eile, n 
‚Ad — (eptiimum — Occur- 
‚sit: apud Du Presme in Lexico med, et, inf. 
„lat. vox Index , quam desindice horologii ho- _ 
ırario, vel-ipla, quae horas fonitu indicat , | 
campanyla, interpfetatur ; ıcui temere aflenti- 
tur Muratorius Antig. med. aevi difl. 24 p. 
392. Fidem ſuae interpretationi petit Du - 
- Fresne e' Regula, quae dicitur Magifri „ in- 
certi audtoris (0), quem tamen.ante annum 
ſeptingenteſimum ſeripſiſſe contendit Mabillo- 
nius (p). Verba, quibus nititur, capite 54. 
leguntur. “Cum "advenife divipam horam 
„percullus i in oratorio index monflraverit; et 
i ur iumap» 
Oi Wa 1 

(z) ap. , Mabill A. St. O. B. fec. 1 p. 123. 

(0) in Lucae Holſtenii — — Wariſ. 

1663. p- 172. - N 


(p)in Annal. 04m) 


= Geſchichte der uhren. 159 


„cap. 55. Cum fonuerit index; et cap. 95. 

„Cum ad opus divinum oratorii indes fonave- 
si”. Verum ehim vero de horolögio hic 
non ſermonem eſſe, patere potuiflet viro do- 
«to, fi integra verba e capite 55. antiliffer. 
1bi enim non fimpliciter !dicitur, cum fonne- 
rit index, fed, cum fonnerst index ab abbote 
pireufus. - Scilla, Stella, vel etiam tabula for- 
te erat, et rectius accepit vocem Martene(q), 
quando indicem fgnum interpretätur, quo‘ fra- 
irıs vorabantur ad divina of. 


WVulgo etiam in numerum 'horölogiorum 
"noflrorum referri ſolet illud, quod a. 807 "a 
Perfarum rege ad Caroltun M. miffum‘ef. 
Et ſi chronicon Turoneiſe (v) fequamur, fa- 
cile eſt, ‚in eam ſententiam delabi. *Miſit 
rex Perfarum —hordlogium, in quo XIE - 
„horarum curfus cognofcebantur , cymbalo 
"sibi perfonante et”equitibus ʒ- qui per-fingulas 
„„„horas per feneftras exibant, et in ultima bora‘ 
I. p_ Br yerstyrr ı 
"> diet redeuntes; in regreffione ſua ‘feneflras 
„apertas claudebant”. At deſcriptio eius, quae 
in Annulibut Mantorum (5), qui Eginhardo 
| | tri· 


... (g) Indice onomaflico ad To, IV, de antiq. Ecel. 

A RR ET TPTE pe N} Be 

-» (r) ap. Marsene Coll. ampl. To. V. p. 960. 
(5) ad a, 807. C£. Calmes hiſt. de Lorraine, 


‚To. ı P. 582. 


- 


160 1. Befchichte der Uhren 


teibuuntur , extat, fatis clare docet ; donge 
-diverfifimum a noftris horologiis fuiffe. Po- 
namus.verba. ‘*Nec non. et horologium, ‚ex 
„surichalco ‘arte ınechanica- mirifice compoli- 
„tum, in.quo duodecim horarum curfus ad 
„clepfydram vertebatur, .cum totidem aereis 
„pilulis, quae ad completionem horarum de- 
„eidebant, et cafu fuo fubiedtum. fibi eymba- 
„lum.tinuire faciebant. Videtis elepfydram, 
aliis artificiis inſtructam, ceterum nihil com- 
mune cum noftris horelogiis habentem. 


‚Eodem eirciter tempore vixit Pacificus, 
archidiaconus Veronenfis, et ipfe invento ho- 
rologio celebris (t). Inter eius merita, in - 
epitaphio relata, legitur : 


«“Horologium nocturnum nullus ante vi- 
| Ä „derat. j 
„En invenit argumentum et primus fun- 

daverat. 
„Horologioque carmen ſphaerae coeli 
„optimum,. ©, 
'„Plura alia graviaque prudens invenit. 


| pi | 2. Seipio 
(8) Onuphr.- Panvinius Antig. | Veron. Kb, VI, 
p- 153°. Er | 
Scip. Maffei degli ferittori Veronefi lib. p. 32. 
L. A. Murasories Ant, Ital. med, aevi: difl. 24. 
P. 392. .. R , a my 


Ds 


1. Gefchichte der Uhren. 161 
Scipio Moffeius totus in eo eft, ut prober, 
haec de horologio rotis et ponderibus infiru- 
&o intelligi debere; ſed infiimis, ‘ut mihi 
quidem — argumentis. Ait, hoc horo- 
logium, quale namo adhuc viderat, quod 
diverfum erat a folari, et noctu etiem horas 
indicabat, non intelligi pofle aquarium five 
clepſydram, quod hoc genus horologii notum 
‚erat non folum veteribus, fed etiaın poflerio- 
ribus temporibus Italiae incolis, adeoque ni- 
hil ſupereſſe quam horologium noftris ſimile. 
Verum ſi etiam concedamus viro docto, no- 
tas fuiſſe inferiori aetata in Italie clepfydras, 
raras tamen fuiſſe, earumque uſum ad paucos 
pertinuiſſe, negari non poteſt, quod ex iis 
“ firmiter colligitur, quae Caſſiodorus de huius 
„generis machinis tradidit. Maxima pars ho- 
‚minum eas machinas ignorare poterat, neque 
adeo verbis epitaphii, nullus ante viderat ,. ita 
‚ardte, ut Maffeius fecit, adhaerendum eft. 
‚Quin ipfe Maffeius deftruxit fundamentum 
“fententiae fuae. Refert euim, a pontifice Ro- 
mano, Stephano II ad regem Pipinum horo- 
logium nodlurnum miflum efle. Couftat hoc 
‚ex epiflola Papae, in cuius tamen nomine er- . 
‚ravit Maffeius, nam Paulus eft, quem Ste. 
phanum vocat. Epiftola, quae in Codice Ca- 
rolino (1) occurrit, annum 756 prodit, Sed 
putat 


» £n) ap. Bouquet ſeript. rer. Gall, et Franc. Tom. 
V. p. 513.C, 


162 1. Geſchichte der Uhren. 


put diverfae firudurae fuifle, quod precario 
umit. Taceo quod non apparet, tur horo- 
logium, quale Mafleius vult, nodurnum 
Nuncuparetur, cum idem’et per'diem'öfficia 
fiia praeftet, ‘ut ‚redte' nötavit “Murätorius. 
Clepfydram’credo Kic intelligenttamefle, quam 
ad hunc ulum adhibuit Caflfodorus, quam 
feculo fequente nono comiinendavit: Hildema- 
yus monachis, obfervatöribus horarum.. Ile 
enim in-commentario in Reg. S. Bened. c.'g!&) 
ait: qui. haec vationabiliter vult facere, höro- 
Togium illi aquae neceflaritim ef, — 


N ’ „n + — 
wie ze i a 3Ä A. 3 


Caeterum neque tund, neque ſequentibus 
fecylis has clepſydras vülgäres fuifle, rara ea- 
rum mentio apud feriptöres nos eredere iubet. 
In antiquis confuetudinibus monafterä 'S: Vi- 
toni Virdunenfis (y), feculo, ut aiunt, de- 
cimo feriptis, nulla earum mientio occürrif, 
fed:ad galli cantum ordinabant monachi ‘fi 
preces fuas. Ita ibi legimus: *Cum lucem 
„ales nunciaverit, dabunme omnia figha in 
„reſurrectione domini noflri” &c, Nec ſecu- 
lo undeeimo $arum mentionem reperid, "te 
jis quidem locis, ubi praeteriri non poterat, 
fi earum notitia fuiflet, Sic apud Petrum Da- 
miani, in opulculo de perfedtione monachö- 
Ä | er 
(x) ap. Martcne de ritib, eccl. To. IVp. 5 B. 
G6) ap: Martere To, IV p 353. B. 


I 


1, Gefchichte der Uhren. 163 


rum (3), ubi de ſignificatore horarum 1o- 
quitur, ne; velligium:quiden .olepfiydrae de · 
prehenditur.. | Rasitabosipfius verba) bt ande 
difcatis,:quid faceve iubent Ggnificatoiem.:ho; 
raruin. „Non fakulis vacet3 non lungacum 
„aliquo colloquia milceas ‚non demique, quid 
„a. fecularibus agatur,: ingquirat; led-eoumillae 
ſibi curae femper intentus, ſeiuper providus, 
;sfemperque follieitus, volubilis fplaerae ne- 
jeeflitatem,. quielcereuneleientem;:: fiderum 
ꝓtranſitum, is etielabi.ntis. teinporis!imheditgrur 
ſemper excurfum.' Porto: pfallendi, fibi fa- 
„eiat: conluetudinem‘,.füdifcernehdi horas quo» 
„tidianam.: habere.\defiderat; notionem ;: ut, 
quandocunque folis , claritas;- five ‚fellauım 
s‚varietas nubium denſitate non cennitür, illie 
„in quantitate pfalmbdiae, ‚quamitenuerit,. quod- 
„dam fibi velut:horalogium metiatur”«.  :, ; 
a, 30646 PETER 
Sed revocamur ad feculum decimupm, quo 
vixit, qui fui temporis habebatur mathemati- 
coram et: aftronomorum princeps, Gerbertus, 
gui in cathedram pontificiam Romae evectus, 
Sylveſtri II. nomine ufus eft Huic ſunt, qui 
gloriam  inventorusn horologiorum, quibus 
nunc utimur, tribugrunt (aa),  Verum\ine: 
ei ris 


! 


Di (2). 17. ee re ' N Ä 
(aa) Fourn. des Sav. 1734. p. 773. ed. Par. Gou- 
> Jet Etat: des fciences depuis Ja mort'de Char- 

lesmagne, jusqu'a celle du Roi Robert,‘ Pa- 


ris 1737: 8. 


154 . Geſchichte der Uhren. 


ris hariolationibns, iisque oppido vanis, inni- 
tuntur.. :Falfitatem huius fabulae declarat Dit» 
marus(bb), qui, “Gerbertus, inquit, a fini» 
„bus fuis expulſus, Ottonem petiit. Imperato» 
„rein, .et cum eo diu converfatus, in Mag- 
„daburg horologium fecit , illud redte confli« 
„tuens, confiderata per filtulam quadam flella, 
„nautatum duce”. Nihil hie five de rotis 
five de; ponderibus legitur, et horologium fo- 

lare videtur fuiſſe, cuius fitum determinabat 
pofitu flellae_polaris. Neque »aliorum horor _ 
logiorum notitiam habüifle videtur Gerbertus, 
cum qui eius-librum.de aftrolabio, in quo-ho- 
rologiorum quorumlibet climatum ratıones ex» 
plicat, tractarunt (cc), eorum indicia nulla 
inde afferant.. Alii tefte-Kirchero, apud Pa- 
fchium; p. 704, pro horologio feiaterico por- 
tatili habuerunt,: quod magnietis ope tempus 
indicabat. At neque haec fententia praelidium 
in verbis Ditmari habet. ° 2 

. -Seculo undecimo nobis occurrit Wilhelmus 
abbas Hirfaugienps , vir fui (eculi doctiſſinmus. 
De hoc refert audtor vitae anonymus (dd): na: 
turale horologium ad exemplum . cacleflis hae- 
mifphacrii excogitaffe. Quae defcriptio — 
re- 


CG) Chrom. lib.6 p.83 1..50.ed. Frf, 1580 fol. 
> (ee): le Beuf Rec, de div. Ecrits&c, To. II. p. 89. 
(dd) a Car, Stengelio editus Aug; Vind. 1617. 
pr * 


\ | 
1. Gefchichte der Uhren. 165 


vitate valde laborat, ut de machinae Nrudtura ' 
aliquid inde colligi haud poflit; patet tamen 
hoc, nec horologium folare, nec aquarium 
hic fignificari,. fed inſtrumentum defignari, 
quod machinatione qualicungue horas indica- 
bat, et motum etiam folis aliorumque plane- 
tarum oftendebat. Et cum ab eo tempore ho- 
rologiorum crebrior. mentio fiat, et ea verba 
de illis adhibeantur,. quae minus commode vi- 
dentur applicari ad horologia ſciaterica et 
aquaria, indeadducor, ut credam, originem 
horologiorum noflrorum his temp oribus elle 
aflıgnandam. Sic in Confitutionibas Hirfaus 
gienfibus ſeu Gengebacenfibus eiusdem Wilhel. 
mi (ee), de apocrilisrio dieitur, eum horo- 
logium dirigere et ordinare. Similiter Bernar- 
dus Monachus,, eiusdem feculi ſeriptor. in 
Ordine Cluniacenf (ff), apoctiſiarium horo- 
logium dirigere et diligentius temperare, feri- 
bit. Idem in antiquis confuetudinibus, Can. 
reg. monaſt. ð. Victoris Parihienfis (88) eodem 
circiter tempore fcriptis, de matriculario, fa- 
criftae f. apocrifiarii focio, debere horas cano- 
nicas nodte. et die ad divinum celebrandum 
euftodire, figna Be horologium temperarts 
Hanc 

. (ee) lib.2 c. 34. Vet difeiplina ınonaft. p.520, 


(ff) Part.I c. 51 ibid. p. 246. | 
. (gg ) ec ce op. Martene de ant, rit. To. III, p. 


7390 
N 


‘166 1: Gefchichte der Uhren. 


Hanc temperaturam horologiorum ne- 
ceflariam reddebant inaequales horae, quae 
'tunc in ufu erant., Dies nodtefque duode- 
cım horarum erant, fed modo maiorum, - 
modo minorum. Totam eius rei ratio- 
nem breviter explicat cap. 64. earundem 
Confuetudinum, ubi haec habentur: “Ab ae- 
„ſtivali folftitio ufque ad folftitium hiemale ſic 
\„horologium temperetur, quatenus illud no- 
„dis fpatium , quod matutinas praecedat, per 
„fingulos menfes fecundum incrementa no- 
„ctium aliquantulum crefcat, donec paulatim 
„erefcendo, tandem in hiemali fo!fitio fpa- 
„tium illud, quod eft ante matutinas, ad illud, 
„quod fequitur, duplum fiat. Similiter per 
„contrarium ab hiemali ſolſtitio ufque ad aefli- 
„vale folftitium fic temperetur, quatenus fpa- 
„tum, quod praecedit, fecundum nodium 
„decrementum per fingulos menfes decrefcat, 
„donec paulatim decrefcendo, tandem in fol- 
„ſtitio aeftivali ſpatium, quod eft ante matoti- 
„nas, etquod poft fequitur, aequale fiat” Ta- 
lis erat temperatura horologiorum, quae quin 
ad clepfydras commode adhiberi poflit, dubito. 

Horologia haec non horas tantum defigna- 
bant indice fuo, fed etiam fonitus edebant. 
Hoc diſcimus e primariis Iflitutis Canonico- 
rum Praemonftratenfium('hh), ubi conflitutum 

‚el, 
(bb) diff. 2 e. 8 ap, Martene de ant, rit, To. 
Ill p.909C, 


rn Gefchichte der Uhren, 167 


eſt, ſacriſtam debrre temperare horologium. 
et ipſum facere (onare arte matutinas ad fe_ 
excitandum quotidie, Inde. tamen nondum 
aufim colligere, haec horologia fonitu fuo 
horarum numertin ediciffe, fed videntur tan- 
tum tempus furgendi fonitu indicaffe, Corte 
'nondum inveni locum, ubi horae numerus ab 
horologio expreſſus lege etur. Sed auanlo 
legitur ſane aliquid de ſono horologii, illud 
ad excitandum ſacriſtam eſt ad matutinas et 
nocturnes. Atque de hoc horologii adtu ſo- 
nandi intelligo formulam iftam, horologium 
cecidit, quac apud fcriptores adhue citatos fre- 
»quenter occurrit(ü), Du Frefne voce Horo- 
‚.‚Jegium hanc phrafin de ponderibus in imugn de- 
Jdapfis , minus commode mea fententia, acci- 
pit, quod tune quiefcit ma«hina, neque apo- 
criſiarium, vel cui id negotii commiſ- 
fum eſt, monere poteſt, ut facienda faciat, 
ſcillam e g. pulſet, &c. 2 
‘ . Jam reliqua tefimonia afferamus, quae 
ea, quae de incunabulis horologiorum dixi- 
mus, ulterius firmant. Adducir Calmetus in 
Commentario fuo literali Regulae S. Benedi- 
| - | | di 
(ii) Wilb. Hirf. Confuet.-lib. 2. c. 29. 
Bernardus Monach. Ordo Clun. P. 1. c. 52, 


» UdalriciMon. Confuetud. Clun.lib.3c ı 2.ap, 
D’Achery To, IV ed. vet. To. L p. 693 


‚ed. noV, . 
- Ma 


168 1. Geſchichte der Uhren, 


ai (kk), elibro uſuum Ciſtercienſium, tria 
loea, quae tx eius interpretatione ponimus, 
cum liber, e quo-petita funt, haud ad noftras 
manus eſt. Dicit: “On lit au chap. 21. de 
„Ja premiere partie de leurs ufages, compilez 
„vers lan 1120 qu’on ne fera fonner le clo- 
'„ches pour aucun excercice, pas meme pour 
- „lHorloge, depuis la Mefle du Jeudi faint, 
'„jufg’& celle du Samedi faint; et au Chap. 
„rı4 il eft ordonne au facriftain de regler 
-„l’'Horloge, en forte quelle fonne,. et qu’elle 
-‚l’eveille pendant [’hyver avant Matines, ou 
„avant les Nodturnes ; etau chap. 68 et 1:14 
„que , quand on sell levẽ trop 'töt, le facri- 
„ain avertit celui qui lit la derniere lecon, 
„de la prolonger u a ce que }’Horloge 
„fonne, ou qu'on fafle figne au ledteur de 
„‚cefler.” F 


Obtinuit ab eo tempore uſus horum inſtru- 
mentorum, ſi quidem etiam ſeculo decimo 
tertio uſum eorum deprehendimus, in Bern- 
ardi Caſſinenſis Comm. in regul. S. Bened. 
adhuc inedito, ex cuius c. $. llocum attulit 
Martene (11): PFacta autem jam hora odia- 
„va, modicum erit aimplius de media nacte, 
„quando furrexerit, HOROLOGIO EXCI 
„TANTE, qui habet horologium euftodire, 

. F ne 
(kk) To.I p. 280. | 
(ID) zit, ant, To. IV p. 5 D. 


. Geſchichte der ühren. 169 


„et accenfis lucernis ecclefiae, quae poterant 
„propter prolixitatem nodtis fuiffe obfcuratae, 
„ac pulfatis campanis ad dormientium fratrum 
„excitationein, potuit tranfire dimidia odtavae 
„borae, antequam furrexerint fratres” Et 
Chronicon Mellicenfe e. 774 apıd Du Fres 
ne: “Excitabit aliquis a fuperiore deputatus, 
qui HOROLOGIVM EXCITATORIVM 
„habeat, ad omnes quoque cellas lumen 
„deferat.” | 7 x 
Sed ut funt initia artium imperfecta, - ita 
hoc etiam de his horologiis obfervatur, quae 
interdum fallebant. Inde eft, quod in Ordi« 
ne Cluniacenfi Bernardi-Mon. (mm) is qui 
horologium dirigit , iubetur, cum. fieri poflit, 
ut aliquando- fallatur, “ut notet in cereo, et 
„in curfu ftellarum , vel etiam lunae, ut fra- 
„tres furgere faciat ad horam competentem.” 
Idem etiam ia Contlitutionibus Hirfaugienfi- 
bus monetur. (#2). 


Ex his, quae adhuc relata funt, apparere 
fatis puto, horologia rotis ponderibusque 
mota, feculo undecimo circiter in Europa, 
certe in monafteriis, in ufu eflecoepiffe. In- 
de tamem nendum confedium puto, Europae 
eorum inventum deberi, quin videtur a Sara- 
u. M 3 cenis 
‘ (mm) P. Le. st. | 

(nn) lib. 2 c. 34. 


— 


170. I Befchichte der Uhren. | 


cenis eorum origo petenda, a duibus tantum 


non omnes artes mathematicae ad noftras per- 
venerunt.. Juvat conjedturam noſtnam horo- 
logium illud, quod a Sultano Aegyptiorum 
a. ı232.ad Imperatorem Fridericum [ecundum 
miflun commemorst Tri’hemius (00). Eo- 
„dem anno, inquit, Saladınus Aegyptiorum 
‚„Friderico Imperatori dono miſit per fuos 
„oratores tentorium pre'iolum, mirabili arte 
„coimpofitum, cujus pretii acflimario quinque 
„ducatorum millium ptocul valorem exceflit. 
„Nam ad ſimilitud nem ſphaerarum coelefliuin. 


' „intrinfecus videbarur conftrudtum , in quo 


„imagines folis, lunae ac reliquorum plane-. 
„tarum artitc'oßflime. compofitae moveban- 
„tur ponderibus et rotis incitatae; ita videlicet, 
„quod, curfum fuum certis ac debitis ſpatiis 
„peragentes, horas tam noctis quam diei in- 


„failibili demonftratione defignabant, ima- 


„gines quoque XII fignorum zodiaci certis di- 
„ſtinctionibus fuis motae cum firmamento cur- 
„ſum in fe planetarum eontinebant. 


Atque hoc feculo ita loquvntur fcriptores 
de horologiis, ut appareat ea jam fatis. nota 
fuiffe., Sic Gulielmus Alvernus (pp) con 
tıaeos, qui negant animam efle,  prolatis va- 
viis exemplis difputans, removet aliud quod 

R fibi 
(00) Chron. Hirf, ad h. a, 


(pp) de anima c. I p.7 p. 72, 


%: 


1. Gefchichte der Uhren. ıyr 


ſibi poffet opponi. Nec te conturbant , in- 
„quit, motus horologiorum , qui per aquam 
„funt, et pondera, quae quidem ad breve 
„tempus, et modicum fiunt, et indigent reno- 
„vatione frequenti, et aptatione inflrumento- 
„rum fuorum, atque Operatione forinfecus, 
»altrologi videlicet qui peritiam habet hujus 
„artifich. In corporibus vero animalium: vel' 
„etiam vegetabilium totum intus eft, intra ea 
„fcilicet, quod: motus eorum atque partium 
»„fuarum moderatur, et regit, ac modis omni- 
„bus perficit.. Et Danter, pocta Italus (gg): 


E come cerchi in tempra d’orivoli 
Sı giran, fi che’! primo, a chi pon mehte, 
Quieto pare, e T'ultimo che voli, &c. 


Geculo decimo quarto primo loco oceur- 
rit machina Richardi Wallingfordi , quae ad- 
huc pro antiquiflimo horologio spud fcripto- 
tes habita eſt. Defcribam verbis Lelandi(rr): 
Electus in monafterii praefidem — cum iam 
„per amplas licebat fortunas, voluit illuftri 
„aliquo opere non modoingenii, verum etiam 
„eruditionis ac artis excellentis miraculum 
n„oftendere. Ergo talem horologii fabricam 
„inagno labore, majore ſumtu, arte vero ma- 
„xima 

(qq) Parad. cant 24. v. 1%. 
(rr). ap. Taunerum Biblioth, Brit. Hibern, p. 


629, 
| M4 


172 1 Geſchichte der Uhren. 


„xima compegit, qualem non habet tota, mea 
„opinione, Europa ſecundam; ſive quis cur- 
„fum folis ac lunae feu fixa ſidera notet, five 
„iterum maris incrementa et decrementa, feu 
‚„lineas una cum figuris ac deimonftrationibus 
„ad infiaitum pene variis conliderer: cumque 
„opus, aeternitate diguiflimum, ad umbilicum 
„perduxiflet, CANONES, uterat in mathefi 
„ omnium fui teınporis facile primus, edito in 
‚hoc libro, feripfir, ne tam infignis machina 
‚„.errore monachor:'m vilelceret, aut incogni- 
„to ſtructurae ordine fileret”  Albion (all 
by one), firedte ınemini, hoc genus organi 
d 


dictum eft ab auctore. | 


Adhuc horologia in monafteriis quafi erant 
conclufa, nunc eorum 'ufus in commodum 
urbium tranfire coepit, cum, ante id tempus 
nullum huius rei exemplum inveniatur. Pri- 
mum horologium accepit Patavium curante 
Übertino principe Carrarienfi, de quo Petrus 
"Paulus Vergerius in vit. princip. Carrar, ap. 
Muratur. To. XVI p. ı71. A “Horologium, 
„que per diem et noctem quatuor et viginti 
„horarum fpatia fponte fua defignarentur, im 
„fumma turi conflituendum curavit.” Au« 
or ejus dicitur Facobus Dondus, qui inde 
genti [uae cognomen ab Horologio peperit 


U. 


1. Gefchichte der Uhren. 173 
(Y, y9° Cuius rei memoria in eius monumen« 
to fervata eſt his verficulis : | 


Quin procul excelſae monitus de ‚vertice 
E turris 
Tempus, et inflabiles numero quod colligis 

. hora, 
Inventum cognofce meum, gratiflime le- 


ctor. 


Non minorem famam horologio ſibi con- 
ciliavit filius Jacobi, Johannes, maioris longe 
artificii opere, quod ſuis manibus fabrieaverat, 
“in quo erat firmamentum (#2), et omnium 
„planetarum fphaerae, ut fic. fiderum omni- 
„um motus, veluti in eoelo, comprehendan- 
„tur; feſta edidta in dies monflrat,  plurima- 
„que alia oculis ftupenda; tantaque fuit eius 
„horologii admiranda congeries, ut usque mo- 
„do poft eius relitam lucem  corrigere, et _ 
„pondera convenientia aflıgnare fciverit Aftro- 
„logus nemo. _ Verum de Francia 'nuper (u) 
„eftrologus et fabricator magnus, fama höro- 
„logi tanti ductus, Papiam venit, plurimis- 

| M 5 | „que 
([/) Vid. Seardeonius de antig. urbis Patavii, 
lib. 2. claff. 9. p. 205 ed.Baf. 1560 fol. et quos 


citat auctores. Sequitur hunc poft Porsenarium, 
et alios Papadopolus. | 
(er) verba Mich. Savanarolae Comta. de laud, 
Patav.ap. Murator. To. 24 Col 1164 
(un) Sec. XIV. | 
4 


174 1. Geſchichte der Uhren. 


„que, diebus in rotas congregandas elaboravit; 
„tandemque actum efl, ut in unum, eo quo 
„decebät, ordine, ‚compofuerit . motuınque, 
„ut decet, dederit.’ 


Ao 1356 accepiſſe Bononiam horologium 


primum, docet Chronica milce!la Bononien- 
fis (xx): “A di $ di Apnile fu tolta via la 


„Campana groſſa della torre, ch’era nel Pa- 


„lazzo di Meiler Giovanni Signor di Bologna, 
zil qual Palazzo dic-vafi della Biada; e fu me- 
„nata nella Corte del Capitano, etirata e po- 
„fa fulla Torre del Capitano nel Mercoledi 
„Santo; e quelio fu l’Orologio, il quale fu 
„il primo , che avefle mai il Comune di Bolo- 
„gua, e fi comincio a fonare a di 19 di Mag- 
„gio, il quale lo fece fare Mefler Giovanni.” 


Poft annum 1364. Rex Galliae Carolus 
V. fopiens cognominatus, conftruendum in 
turri palatii fui curavit horologium magnum, 


per Henricum de Wyck (yy), quem e Ger- 


mania dicitur accerfiffe, quod Zutetia eo tem- 


pore carebat tali aıtifice , ſtipendio fex folido- 
rum parifienfium fingulis diebus, et habitatic= 
ne libera in turri. 


Seculo exeunte, circa annum 1370 Ar- 
gentina etiam accepit horologium, cujus de- 
| ' CLi= 

(xx) ap. Mara. To. XVII p. 444: D. 
(33) Miurery Didion. v. Horlege du Palais, 


— 


I. Befehichte der Uhren. 175 


fcriptionem praebgt Conradus Dafypodius 
(32). | | 

-  Eisdem, temporibus infigne horologium 
erat Coriraci, quo per Ducem Burgundiae ifta 
urbs a. 1382 privata efl. Narrat rem Froiflar- 
Zus, coaevus feriptor (aaa): “Le Duc de 
„Bourgogne fit ofler un horloge, (qui fon- 
„noit les heures) Pun des plus beaux qu’on 
„ſeuſt trouver desa ne dela la mr: et celui 
„horloge fit tout mettre, par membres et pie- _ 
„ces, fur chars, et la cloche aufli. Lequel 
„horloge fut amene et charroye en la ville de 
„Digeon en Bourgogne : et fut la remis et 
-„aflis: et y ſonne les heures vingt quatre, 
„entre jour et nuict, ' 


A. 1395. horologium Spiras confirudtum 
„refert Lehmannus (bbb). Die Uhr ufm Alte 
„burg Thor gemacht. Die Zeitglock zu den 
„Predigern gegoffen vom Glockengieſſer aus: 
„Straßburg. — Das Uhrwerf zu, der Glod 
| „koſtet 5 I 51. & : 
Interim major tamen numerus etiam nobi- 
liſſimaruin urbium carebat horologiis fonan- 

Ä 2 tibus, 
(zz) in der wahrbaftinen Auslegung des aſtro⸗ 
nomifchen Straßburgifchen Uhrwerks, in 


Far. von Rönigsboven Elſaß. und 
Straßb. Chronik, p. 574. 


444) Vol.2.c. 128 p. 229. 
(bbb) lib.7 c. 69 infin, 


176 1. Geſchichte der Uhren. 


tibus, quae magnis fumtibus comparari debe- 

bant. Hujus rei exeinplum habemus in urbe 
Antifiodorenfi. Ibi magifiratus a. 1483 cum 
“ horologii exfiruendi confilium cepiffer, atque 
ad illud perficiendum major fumma pecuniae, 
publigae iimpendenda eflet, quam ipfe fua au- 
ctoritate impendere pofle credebat, ejus rei 
caufa regen Carolum VIII adibat, veniam 
erogandae ad hoc opus publicae pecuniae pe- 
tens (cc). | 


A. 1462 horologium magnum .Noriber- 
gae in aede D. Mariae Virginis confirudtum 
. elle legitur (ddd). Ä 


A. 1497 horologium publicum Venetiis 
eredtum (eee). 


Eodem feculo etiam Co/mo I. Medicaeo 
a Laurentio quodam Florentino egregium plane 
horologium paratum eft, quod deferibit Poli- 
tianus in Ep. ad Franc. Cafam, 1484 (fff) 


Eo tempote,, fub finem feculi, horologia 
in privatorum inanus venerunt. Hoc conflat 
eX- 


‘ (cec) LeBeufMem. concernant lhift, d’Auzer- 
| re, To. Il p 342. 
"(ddd) Doppelmeyer p. 282. 
“ (Ceee) Thef. Ital. To. III p. 3 p. 308. 


(fff) Politiani opera, Lugduni. 1533 3. * 
p. i2x. 3 


J. Geſchichte der Uhren. 177 
GBR au 
ex epiftola Ambrofi Camaldulenfis. (gge) 


ad Nicolaum , virum dodtum Florentinum: 
“Horologium tuum mox, ut tuas accepi lite- 
„ras, paravi, miſisſemque, fi fuiflet praeſſo, 
„qui afferret. _Ipfam mundari feei, nam erat 
;‚pulvere obfitum, atque ideo, ne libere pof- 
„ſet incedere,. retardabatur. Et quia. ne fic 
quidem recte currebat, Angelo illi illuſtri 
„adolefcenti harum rerum peritifimo dedi.” 


Circa haec tempora etiaım horologia ge- 
ftatoria apud feriptores occurrunt. : Inter car- 
“mina Italica Gafparis Vicecomitis legitur epi- 
gramma, quod hune titulum habet: “Si fan- 
„uno certo Orologii piccioli e portativi, che 
„non poco di artificio fempre lavorano, mor 
„Arando le ore, e molti corfi de Pianeti, 
„e le Fefte, fonando quando il tempo lo-re- 
„cerca. Quello fonetto € fadto in perfona de 
„uno innamorato, ‚che guardando uno delli 
„predidi Orologii, compara fe fleflo a quel- 
„lo, &c.” (hhh).- 


Appa- 
(ggg) Nib. 15 ep. 4. | 
(bhb). Adferibaım epigramma ex Antonii Saxü 
biſt. litterario-typographica Mediolan, quae 
Philippi Argelati bibliutbecae feriptorum Me- 
dielanenf. 1 p. 360 praefixa eſt. 
Hd certa occulta forza in la fecreta 
Parte del cor, qual fempre fi lavora 
De fera a fera, e d’una a l’altra aurora, 
Che non fpero la mente aver mai queta, a 
eg- 


178 1. Gefchichte der Uhren. 


Apparet inde , falli Doppelmeyerum (ii), 


quando horologia haec minora feculo decimo 
fexto a Petro Hele Noribergie inventa efle 
fcribit, quae, quoniam figura ovorum conftrue- 
bantur, inde Nürnbergifihe leberdige Eyer⸗ 
lein vocari folebant. De hoc en'm artifice 
Petro, Fo. Cochus, in fua Germaniae.deferi- 
ptione (ARk — praedicat, “eum, iuvenein 
„adhuc admodum, opera eflicere, quae vel 
„doctiſſimi admirentur mathematic. Nam 


ꝓex ferro, inquit, parva fabricat horologia 


„plurimis digefta rotulis, quae quoeunque ver- 
„tantur, absque u!lo pondere et monftrant et 
„pulfantXL horas, etiam fi in finu marfupiove 


„contineantut.” 
= — —— 
Legger ben mi potria ogni difcreta 
Vifta nel fronte, ove amor colora 
D’affanno e di dolore il punto e l’ora, 
E la cagion, che ripofar mi vieta. 
Uumil fqilletta fona il pio lamento, 
Che fpeffo mando al cielo, e la fortuna, 
Per disfogar cridando il fier tormento, 
De le fefte annual non ne moftro una, 
Ma Pianeti iracondi, e di fpavento, 
Eclipfati col fole, e con la luna. : 
Dominicus Maria Manni in libello: De Floren- 
tinis inventis cap. 29 artificem vocat Lauren- 
tium a Vulparia, Flurentiae natum. 


(iii) Nachricht von den Nürnderaifchen Mathe- 


maticis ind Kuͤnſtlern. Nürnberg 1730 fol, 


* n,28%. 
(kkk) adjundta ejus Comm, in Pomp. Melam, 
cap. de Noriberga. | 


=) 
2. Weinverfaͤlſchnng. 9179 
Ba u DD JE Bee TE 


| 2 | 
Weinverfaͤlſchung. 


yyieteich iſt nicmals eine Verfaͤlſchung einer 
Ä Waare erfunden worden, welche dee 
menfhlihen Gefundheit fo gefaͤhrlich, und 
zugleich fo fehr gebräuchlich geworden ift, als 
die Verfälfchung der Weine mit Bley, und 
wenn ihr Erfinder bereits die fchrecklichen Würs 
kungen gefant hat, fo verdient er für die Be⸗ 
kantmachung mehrere und härtere Vermüne 
ſchungen, als der unbefanre Berthold Schwarz, 
der vermeintliche Erfinder des Schießpulvers. 


Aus dem Moſt, dem ausgepreſſeten Saf. 
te der Trauben, wird durch den erſten Grad 
der Gaͤhrung, der Wein; aber kaum iſt er 
entſtanden, ſo naͤhert er ſich dem zweyten Gra⸗ 
de, den man die ſaure Gaͤhrung nennet. Als 
dann verliehrt er das geiſtige, und ſtat deſſel⸗ 
ben entwickelt ſich in ihm eine Säure, mo. 
Durch er untrinfbar, und überhaupt weniger 
brauchbar wird. Aufhalten Fan die Kunfk 
den Fortgang der Gährung, nämlich durch 
eine forgfältige Wartung, aber fie auf im 
mer abhalten, oder fie wieder zurück führen, - 

| Das 


180 2. Meinverfälfchung: - | 
das: fan fie nicht; denn das Gefeg der Vers, 
gänglichFeit ift ein Naturgeſetz, und leidet ale 

‚fo Eeine Ausnahme. Das betriegliche Mitrel 
hat gleihmwohl die Kuaft nody erfund:n, die 

Säure des verderbenden Weins unmerklid) 

au machen, und unfundigen und unvor ſichti⸗ 

gen Perſonen, verſuͤßten Eßig, ſtat Wein zu 
verkaufen. Gebe es nun keine andere Mittel 
der Verſuͤßung, als Zucker und Honig, ſo 
verdiente der Weinverfaͤlſcher nur die Strafe 
deffen, der Tombaf für Gold verfaufte; aber 
zucerartige Säfte Fönnen bey diefem Getraͤn⸗ 
ke nur im erften Anfange ber Säurung , und 

auch alsdann nur in fehr geringer Menge zus 
gefegt werben; dann fonft verrathen fie den’ 

Berrug durch den fauerfüßlichen Geſchmack, 
und beſchleunigen die Verderbung, die man 
zuruͤck halten will. Man bat eine Berfüßung 

erfunden, melde für den Berrieger ficherer, 
aber für ben Genieffer unendlich ſchaͤdlicher 
iſt, und der Gebrauch dieſes Mittels zieht dem 

Weinkuͤnſtler die gerechte Strafe der fuͤrchter⸗ 
lichften und boshafteſten Giftmiſcher zu. 


Bley und DBlenkalfe löfen ſich in der Säus 
ve, welche den Wein verherbt, auf, geben 
ihm einen gar nicht unangenehmen zucerhafs 
ten Geſchmack, feine neue, wenigfteng, Feine 
verbächtige Farbe, und halten die Gährung 
oder Säulung aufs aber fie verurfachen, nad) _ 

— einem 


4 Meinverfälebung, 181 
einem haͤufigern ober ſparſamern Genuß, auch 
nach Beſchaffenheit der Geſundheit des Trin⸗ 
kers, einen ſchnellern oder langſamern Tod, 
den heftige Koliken, Verſtopfungen und) am 
dere Uebel. anmelden, fo daß man noch zwei⸗ 
feln fan, ob jetzt Mars oder Venus. eode⸗e 
Saturn die meiſten Menſchen anftnbe.": I 

Ich glaube man hat ſchon in — alten 
Zeiten: gewußt, daß Bley den herben Wein 
mildere „- ind wider Saͤure bewahre nicht 
aber daß es ihn vergifte; man hat es alſo lan⸗ 
de Zelt zuverſichtlich gebraucht; zwar ſind bie 
Folgen empfunden worden, aber man hat ih⸗ 
re Urſachen nicht dem Metalle Pfordern ans 
dern. Dingen zugefchrieben und erſt in news - 
ern Zeiten , da— genaue": ‚Beobachtungen das 
wahre Gift verriechen , „und man Bley bey 
der Weinkünft zu vermeiden anfieng, erſonnen 
Boshafte Betrüger die Fünftlihe Weife es an. 
zuwenden, welches dies Geſetze durch bie 
ſchaͤrfſten Strafen nicht gänzlich og oerhin 
bern koͤnnen. — 


Die Griechen und Roͤmer — die Ge⸗ 
— den Moſt bis auf die Haͤlſte, den 
dritten oder vierten Theil einzukochen, vor⸗ 
nehmlich um damit ſchlechtere Weine zuivers 
beſſern. Er bekam, nachdem er dadurch mehr 
oder wenigen, ‚der ällrißten Theile beraubt, 

und 


k 


182 2 Meinverfälfchung, 


und mit Honig und Gewürzen verſetzt war, 
verfhiedene Mamen, als muflum , mulfum, 
{apa, carenum oder caroenum, defrutum u. 
a (1). Noch jetzt verfähre man auf eben 
Biete Weiſe mit den Seften ; den Spanifchen, 
Ungariſchen und Italieniſchen Weinen. In 
Italien hebt man den eingekochten Moſt in 
Flaſchen zu Saladen und Bruͤhen auf, und 
nennet ihn in Neapel muflo cotto, in Florenz 
aber noch jetzt ſapa. Die meiſten, welche die⸗ 
ſes Einkochen gelehrt haben, haben ausdruͤck⸗ 
lich worgeſchrieben, Dazu bleyerne oder zinner⸗ 
ve Gefaͤße zu nehmen, weil dadurch der Wein 
klaͤrer, lieblicher und haltbarer würde. Es 
iſt unleugbarz daß der herbe Wein und Moſt 
unter dem langſamen Einkochen, denn ſchnell 
durfte es, nach ihrer Vorſchrift, nicht ge⸗ 
ſchehn, Theile des gefaͤhrlichen Metalles ha⸗ 
ben auflösen müffen; denn ſonſt waͤre die ver⸗ 
| langte 

0) Vino cognata res — eſt, muſto decodto, 
donec tertia ſuperſit. Ex albo hoc melius.; 
Plin. Lib. 23. e. 2.- fed. 30. f 
Nunc defrutum, cargenum, fapam conficies, 

Cum omnia uno genere conficiantur ex mufto, 

= modus his et virtutem mutabit, etnomina. Nam 
defrutum a.deferuendo dictum, ubi ad fpiflitu-' 
dinem fortiter defpumaverit, effe&tum eft. Ca- 
roenunm, cum tertia perdita, duse partes, re=, 
„. manferint, Sapa, ubi ad terties redacta def-, 
cenderit; quam tamen meliorem facient cydo- 
nia fimul ei, ( et isni ſuppoſita ligna ficul- 
uca. 


2, Weinverfälfchung. 183 


fangte Wuͤrkung nicht erhalten worden (2), 
Einige hatten fogar die Gewohnheit, zu einis - 


‚men. Palladins,O8ob, 18; edit. Gefneri IE 


P- 994. 


(273 Zum Beweiſe werden folgende Stellen bin⸗ 


länglich feyn. . Jpfa autenr vafa, quibus fapa 
aut defrutum-coquitur, plumbea potius guam 
aenea efle debent, nam in codura acruginem 
remittünt aenes, et medicaminis faperem vie, 


‚tiant. Columella de re ruflica lb. 12. c, 20 
‚II P.:794. | 1 


» Mußti quadrantalia XX in aheneum,: aut plumbe- 


‚um infundito, ignem ſubdito. Caro dere 


sufl. 6.105. 1. P- 34. 


; Cura qu que adhibenda ef, utexpr eſſum muſtum 


| f- 85. 


perenne ſit, aut certe uſque ad venditionem - 
durabile; quod, quemadmodum fieri debeat, et 


quibus condituris adiuvari;, deinceps fubjicie. 


mus. . Quidam partem ‚quartam ejus mufli s 
quod in vafa plumbea conjecerunt, nonnulli 
tertiam decoquunt; nee dubium, quin ad dimi- 
dium A quis excoxerit, meliorem fapam factu- 


“, zus fit; eoque ufibus utiliorem, adeo quidem, 


ut etiam vice defruti, fapa, muftum , quod eft 


- ex veteribus vineis, condire pollit, Columella 


Lib. 12 c. 19. Il p. 792. 
Jpfa quoque defruta ac fapas.— coqui jubent = 


plumbeis vafis, non aeneis. Plin. lib, I4c.21 


.. edit.Harduini I. p. 727 
dapae congios VI quam optime infundito ĩn ahe- 


neum, aut in plumbeum. -Uaso c. 107. I 


184 2. Weinverfälfchung. 


gen Weinmifchungen vor bem Kochen, Meers 
waſſer hinzu zu ſetzen, welches. durch fein Salz 
die Auflöfung nothwendig befördern muſte (3 ). 


Daß die Weinfaure das Bley angreift, 
war den alten nicht unbefant; denn wenn.die 
Griechifchen und Roͤmiſchen Weinhaͤndler vers 
fuchen wolten, ob ihr Wein umſchlagen würs 
de, fo ſteckten fie ein bleyernes Blech ins 
Faß; (+) veränderte diefes feine Farbe, fo 

| | | erkan ⸗ 


) Berveife von der Vermiſchung des Weins 
mit Meerwaſſer findet man bey Plinius lib. 
23 c.1. Il p. 303 und lib. 14 c. 20. Ip. 126. 
Eelfus eifert auch damider lib. 2 c. 25. 
Diofcorides lib. V c. 7, 9 &c. Seite 573. in 
der Außgabe: Petri Andreae Matthioli com- 
mentarii in VI libros Diofeoridis de materia 
medica. Venetiisin ofheina Erasmi Vincentii 
Valgrifii 1553 fol. * Gelegentlich merfe ich 
an, daß diefer Ausgabe weder in Halleri bi- 
blioth, botan. I:p. 82, noch in methodo ftudii 
medici p. 14, noch in Linnei bibliotheca bo- 
tanica, noch in Adanfon familles des plantes . 
p- CXL, auch nicht in Oeders Anleitung zur 
Kräuterfunde gedacht ift, wo doch die Vene» 
tianifche Ausgabe von 1554 vorkoͤmmt. 


(*) Vini in vitium inclinantis experimentum eft, 

. laminae plumbeae mutatus in eo color. Plim. 
lib. 14 e. 20. Ip. 727. Umftändlicher. ift die» 
fe Probe befchrieben in Geopon. lib, 7. «15 | 
P. 195. 


2. Weinverfälfebung 185 
erfanten fie daraus ihre Gefahr ;; denn frens 
lid) mufte es fich entfärben, wenn es auf der. 
Dberfläche angefreffen und in Kalk verwandelt 
ward. Man kan aud) nicht fagen, daß ihnen 
‚bie 'gefäsrlihen Würfungen der Bleyauflö- 
fungen unbefant gewefen wären; denn vor 
Bleyweiß u. d. warnen Galen und andere 
Aerzte oft; und fogar mochte man ſich ein 
Bedenken daraus, das trinfbare Waffer in 
bieyernen Röhren herbey zu leiten (5); da 
man doc) noch ißt in Amſterdam, Paris und 
andern Orten, das Waſſer über “Bley weg⸗ 
laufen, und in bieyernen Gefäffen famlen läßt, 
aber auch die fhädlichen Wuͤrkungen von Zeit 
zu Zeiterfähre( 6). DiefeNachläfigkeit neue 

— BR rer 

°C) Ultima ratio ef, plumbeis fiſtulis aquam 
ducere, quae aquas noxias reddunt. Naın ce- 
rufa plumbo creatur attrito, quac corporibus 
nocet humanis. Pallad. Augufl. c. ı. II p, 977: 


Weit umfändlicher handelt Vitruv B.8 8. 7. 
von der Schadlichfelt der bieyernen Waffer- 


röhren. | 
(2) Berfüche, ob Waffer Bley auflöfen koͤnne, 
- findet man In der von mir herausgegebenen 
Uebirfegung von Sage dyemifcher Unterfus 
chung verfchiedener Mineralien. ©. 121, 
und in Medical tranſactions publifhed by the 
college of phyficians in London. I p. 291. Frey» 
lich wird die Aufldfung Faum möglich ſeyn, 
ſo lange das Waſſer ganz rein iſt; aber leicht 


- fan 
Mg 


186 ü a, Weinverfälfhung. | 


rer Zeiten macht e8-begreiflich genug, wie man 
in ältern , bieyerne Weingefäffe har beybehal⸗ 
ten. moͤgen. Aber Nachlaͤßigkeit war doch 
nicht Die einzige Urſache. Man hatte naͤmlich 
ſchon zu des Plinius Zeiten allerley- Weins 
fünfte (7), und darunter war die. gebräuch® 
lichfte, das Abkochen des Weins mir Kalk 


oder Gyps (3); da war es den alten Aerz⸗ 


ten, denen die genaue Kenntniß der Chemie 
fehlte, wahrſcheinlicher, daß die erdichten Zu⸗ 
füge, als daß die Gefaͤſſe, worin. der Moſt 


nur gekocht ward, den, Wein ungefund mad). 


sen (9), und dieß um fo mehr, je augen« 
| ſchein⸗ 


fan es einige Salitheile erhalten, und als⸗ 


dann iſt die Aufloͤſung betraͤchtlich. Hieran 
hat Perrault, der Ausleger des Vitruvs 
nicht gedacht. 

(7) Proprium inter liquores vino, — 
aut in acetum verti; extantque medicinae — 

lumina. Plin. lib 14 c. 20. I p. 727. 
erzählt daſelbſt eine Menge alter einfhnfe 

(?) Africa gypfo mitigat alperitatem, nec non 
aliquibus fui partibus calce, Plin. lib. 14 c. 
19. I p. 725. ber daß dieſes Mittel auch 
‚in oftalien gebräuchlich getvefen, beſtaͤtigt Co⸗ 
lumella lib· 12. c. 20; auch Didymus in Geo- 
pon, lib. 6. c. 18. Theophraſt und Diofcorides 
geben ebenfalls davon Nachricht, 

(?.) Marmore enim et gypfo, aut calce condita, 
quis non etiam validus expaverit ! Plin. lib, 
23«1L.11p. 303. 


— 


2 Weinverfaͤlſchung. 187 


ſcheinlichere Beweiſe ſie von dem toͤdtlichen 
Genuſſe jener Erden kanten (10) Wider 
dieſe haben ſie denn auch ſo nachdruͤcklich ge⸗ 
‚ eifert, daß ſo gar noch neuere. Geſetze, den 
Gebrauch des Kalks und Gypſes, als eine eben 
ſo wahre Vergiftung, als die mit Bley, ver⸗ 
bothen haben. ne, Fr 
Einen Wein, deſſen Verderbniß einmal 
angefangen: bat, fan Kalk nicht völlig wieder 
herftellen: denn mie folte er Die geiftigen Theis 
le, welche dahin ‚find ‚wieder zurück bringen 
koͤnnen? eben ſo wenig: kan er die entwickelte 
Säure wegſchaffen; aber Der Zunge unmerks 
lich) fan er fie machen. indem er ſich mit ipr 
vereinigt, und. ein erdichtes Salz von ſchwa— 
chem Gefhmade bilder, Diefes Mittel, den 
fäuerlihen Wein zu beſſern, iſt noch jetzt auf 
der Inſel Zante (11), in Spanien (12), 
a N4 und 

('°) 3. B. Plin. lib. 36 e. 24: Exemplum il- 
luftre :C. Proculeium Augufti Caeſaris familia- 
ritate fubnixum in maximo ſtomachi dolore, 
gypfo poto, conſciviſſe fibi mortem. 

("") Arvienr Nachrichten von feiner Neffe IIT 
©. 3232 Der Bein von der Inſel Zante iſt 
faft fo ftack al Brandtewein. Man meiner, 
daß folches von dem ungelöfchten Kalfe here 
Fomme, den man darunter zu mifchen pflegt, 
unter dem Vorwande, daß er fich alsdann laͤn⸗ 
ger halten könne, und gefchichter ſey, übers 
Meer verführet zu werben. / | 

("?) Chriflophori a Vega de arte medendi. lib, 
2 c.2 p. 190, mach der Leydener Auegabe 
vom J. 1576+ 


und auf der: afrikaniſchen Küfte CH), und: 
in mehrern Laͤndern uͤblich.· Viele Aerzte und 
Chemiker verdammen es, weil ſie davon al 
lerley Verſtopfungen und andere Uebel bes 
forgen. (14); andere aber erklaͤren es für uns 
fhädlih. (5), und ich muß geſtehn, «daß 
auch ich von fo viel Kalk, als zu jener Abficht 
noͤthig iſt, nichts böſes erwarte. Es wird ein 
Salz entſtehn, was mit dem blaͤtterigen oder 
3J Es | dem 
(*2) Chevenor Reiſebeſchreibung I S. 399 
„nach der: Frankfurter Ausgabe 1693 in 4: 
Niemand verkauft in Tunis Wein-, alg die 
Sklaven, und diefer Wein ift aus dent. Tunes 
ſiſchen Geblerhe.. Sie hun Kalk hinein, das 
mie er voll made. | 
(4) 3.3. Hr. Bergrath Cartheufer in. feinem 
zweyhten Programma S. 5: de quibusdam vi- 
norum adulteratiomibus, quae additamentis mi- 
-; «neralibus peragumntur. 

(75) Bornebmlich gehört hieher der Auffag, 
von ber Würkung des Abenden Kalkes auf den 
Wein, in Webers Phyſikaliſch- chemiſchen 
Magazin, II 5. 112. Man findet daſelbſt 
ungemein wichtige Verſuche, welche Die Sache 
zu entfcheiden fcheinen. In der Anleitung 
zur Verbefferung der Weine in Teutſch⸗ 

. land. Frankf. und Leipzig 1775 8, welches 

Werkchen wohl dad befte feiner, Are iſt, wird 
5.61 der mäßige Gebrauch des Kalks an 
gerathen. Stat des Kalkes thut man in 
Frankreich oft Potaſche in den Wein; man 
leſe: Sage chemiſche Unterſuchung verſchie⸗ 
dener Mineralien S. 128. = 


2. Weinverfaͤlſehung. 18 


dem tartariſirten ·Weiaftein gleiche — 

haben wird, das „N es wird allenfalg etwas 
eröfnen oder abfü —& ſo wie Ktebs augen⸗ 
ſalz, was unſre Aerzte aus Krebsaugen, Ef 
ſig oder Zitronenſaͤure bereiten laſſen. Der 
Kalk, weichen: die Weinſaͤure nicht auflöfen 
fan, wird zu Boden finfen, und den Wein 
flären‘ helfen: wiewohl er in Uebermaaße ges 
nommen, vielleiche-die Verduͤnſtung der noch 
uͤbrig gebliebenen geiffigen Theile: 'befchleuni» 
gen, und alfo den- Wein ſchwaͤchen moͤchte; 
eine Warnung, die ſchon VNeumann den 
Weinkiſtlern gegeben hat. 


Gyps iſt Kalk, der mit der Vieriolſaure 
verbunden iſt. ‚Er töfer ſich in Eßig, fo gut 
als in Waffer, wie ein, andres Erdfalz, auf 
06), "MBäre er nun allemal mit feiner Säus 
re völlig. gefättige , fo würde feine Würfung 
auf. den: Wein wohl ſehr unbedeutend ſeyn; 
aber, die ‚meiften Arten gemeinen Gypſes ha⸗ 
ben noch viele freye. Kalktheile bey ſich, braus 

fen deswegen mit Säuren, löfen-fid) zum Theil 
darin auf, und bilden eben dasjenige Sal, 
welches ich oben für unſchaͤdlich erflärt habe. 

Durch) diefe Theile beffere alſo der Gyps den 
ſaͤuerlichen Wein; eben wie der gemeine Kalf. 
Ich nahm eine halbe Unze desjenigen Gypſes, 
“ | | der 


() S. Baum'e — Chymie I S. 440. 
| 2 — 


190 2. Weinveufälfchung. 


ber zu Oſterode gebrochen, und ‚dere: zum 
Mörtel gebraucht wird,, der feft, weiß, glaͤn⸗ — 
gend und faſt alabaſterartig iſt. Nachdem ich 
ihn zerrieben hatte, ſchuͤttete ich ihn zu ſchar⸗ 
fen. Weineßig in eine glaͤſerne Kolbe, und 
ließ alles einige Minuten kochen. Nachher 
ließ ich alles durch Loͤſchpapier laufen, und 
was in dieſem zuruͤck blieb, wog, nachdem es 
ausgewaſchen und wiederum getrocknet war, 
215 Gran, daß alſo der Eßig 25 Gran.aufe 
geloͤſet hatte, die auch das Alkali niederſchlug. 
Auf gleiche Weiſe verfuhr ich mit einer hal⸗ 
ben Unze gebranten Gyps, fo wie nrm ihn 
bier zum, Eftrich anwendet, und von diefem 
föfeten - 2 Unzen defleiben Eßigs, eine halbe 
Drahma, alio noch etwas mehr, als von 
dem vorigen auf. Kin jeder, den id) dieſe 
Eßige koften ließ, bemerkte, daß beyde ſehr 
viel von ihrer Säure , am meiften aber. der, 
welcher mit dem gebrannten Gyps gekocht war, 
verlohren. hatte, Wenige Gypsarten find 
.. ganz mit Vitriolſaͤure geſaͤtigt, wenigſtens 
bat man doch Feine Urſache zu vermurben, daß 
die Alten eben einen ganz vollfommenen Gyps 
zu ihren Weinfünften ausgefucht haben fole 
ten. Dieſes Mittel ift noch niche auſſer Ger 
brauch. Arvieux (17) erzäßle, daß man es 
auf der Inſel Milo noch jegt anwender, und 
gele⸗ 
6?) Zp IV. S 273, = 


Yy 


2. Weinverfaͤlſchung. 191 


‚gelegentlich merke id an, daß man dort auch 
noch jegt Salzwaſſer zuzuſetzen pflegt. Chri 
opha Vega, ben ih ſchon oben angefuͤhr 
be, wirft auch den Spaniern den Grbrau 
bes, Gypſes vor. So wie die alten Aerzte, 
haben ihn auch viele neuere verdammet; z. B. 
Hr. Cartheuſer (18), vornehmlic aber Har⸗ 
dy, der, ich weis nicht, was für einen Bley» 
‚gehalt ‚oder crfenikalifhe Erde im Gypſe zu 
vermuthen ſcheint (i12). Viellelſcht bat er 
gezweifelt, ob gypſum ber Alten unfer heuth⸗ 
ger, Gyps fey, und in der That muß man al« 
lemal, ehe man ihre Nachrichten von Natu⸗ 
ralten braucht, unterfuchen,, ob fie unter dem 
Namen eben dasjenige gedacht haben, was 
wir darunter denken; und biefes entſcheidet 
nicht Stephanus, nicht Faber, nicht Gefner. 
Allein hier fält diefer Beweis leicht; die Al 
sen bransen ihren Gyps, formten daraus, 

* und. 







ce Am angeführten Orte ©. 7. - 


(+9) A candid examination of what.has been 
“ advanced on the colie of Poitou and Devonfhi- 
re: By James Hardy. London 1778. 8.* 
S. 84: The properties of lead and arfenic are 
‚. well understood; but what thofe ofthe ancient 
gypfums were, will require an explanation ; 
as there feems to be juft reafon to believe, 
fome of them contained a portion of metallie 

‚or arfenical earth. : — 


— 


‚193 2. Weiwerfaͤlſthung. 

und. goffen Bildniffe daraus (29). 

denke, vergiften fan der Gyps den Wein nicht, 
und die Weinfünftler,, die ihn und Kalf braus 
hen, verdienen feine härtere Strafe, als 
Bierverkaͤufer, die auf gleiche Weiſe ihr ſau⸗ 
tes Bier etwas trinkbarer und verfäuflicher er 
machen. | 


PR war alfo hasjenlse, womit ſich die 
Alten die Weine vergifteten, und zwar ohne 
es zu wiffen. Aber wann hat der hoshaftefte 
Eigennutz angefangen, vorfäßlid, Glaͤtte und 
Bleyzucker zu brauchen? Glätte war den Al, 
ten nicht unbefant: Diofcorides und Aetius 
und andere haben fie genant. Bleyzucker iſt 
freylich neuer, ich weis aber von deſſen Erfin«‘ 
dung niche mehr, als daß ihn fon Para⸗ 
celfus, der 1541 ftarb, gefant, und wider 
einige Krankheiten zu verordnen gewagt hat, 
Angelus Sale, einer der erften vernünftigen 
Chemiker, hat ihn auch gefant. In den Rose 
miſchen Gefegen iſt über die Verfälfhung und 
Vergiftung des Weins nichts befonders ver⸗ 
ordnet. Denn was $. 13 Inftitut. deL. A- 
| wi öder. unjuriftifch au eitiven, Inftitu, lib. 
4 


>) Hominis imaginem  gypfo e facie ipfa pri- 
mus omnium expreffit, ceraque in cam formam 
kypſi infuſa emendare inſtituit Lyfiftratus Si- 
eyonius, fiater Lyfippi. Plin. lib. 35. Il p. 710. 


t 


2. Weinverfälfhung 193 


4 tit. 3.$. 13 421) lieſet, ift nur von dem 
Falle zu verftehen, wenn jemand eines andern 
ein verdirbe, und dadurch Schaden antich. 
ter, Diefe Erflätung wird noch mehr durch 
lib. 27 $. ı5 ff, oder Digeftor. lib, y. tit. 2 
leg. a7 $. ı5 (?2) beſtaͤtiget. Die teut⸗ 
ſchen Verbothe der eigentlihen Weinverfäl« 
fhungen fangen erft mit dem funfzehnten Jahr⸗ 
Hunderte an, und find von Zeit zu Zeit er⸗ 
neuere und gefehärft worden. Es ift wahr, 
daß auch in diefem “Jahrhunderte immer nur 
nod) die Klage über die Berfälfchung mir Kalf, 
Schwefel, Mil, nicht aber über die eigent⸗ 
licdye Vergiftung mit Bley worfömt. Ich ver» 
muche aber, daß dennody der Gebraud) ver : 
Glätte im 12ten oder 13 Jahrhunderte auf⸗ 
gefommen ift; nur haben die. Gefeßgeber noch 
nicht das wahre Gift gefant, und anftat. die 
Sache durd) Chemifer, die aber freylicd) da. 
eo | — mals 


»(2") Denique reſponſum eſt, fi quis in alienum . 

. vinum aut oleum, id mifcuerit, quo natura- 

lis bonitas vini aut olei corrumperetur, ex hac 
parte legis Aquiliae eum teneri, ee 


(?2) Cum eo plane, qui vinum fpurcavit, vel 
effudit, vel acetum fecit, vel alio modo vitia- 
vit: agi pofle Aquilias, Celfus ait; quia etiam 

effufum et acetum factum, corrupti appella- 
tione continetur. Die neuern Juriſten nennen 
die Weinverfälfchung ein crimen ftellionatus, 

©. Harprecht xefp, crimin, P.2 p. 2;7 $: 7.) 


194: 23 MWeinverfälfchung. 


mals in ihrer Kunft noch nich weit gefommen 
wären , unterfuchen zu faffen, fuhren fie fort 
zu verbieten, was fie bey den Alten für gen 
| ſaͤhelich angegeben fanden. 


Das aͤlteſte teutſche Verboth, was sich 
kenne, ift vom J. 1475, weldies Datt an⸗ 
‘ führe (3), aber freylicdy mögen wohl noch 
aͤltere kayſerliche Verordnungen verlohren ge«. 
gangen feyn (24), Im J. 1487 lies der 
Kayſer eine Verordnung wegen der Weinver⸗ 
fälſchung an alle Dbrigfeiten in Schwaben, 
Franken und Elſaß ergehn, und auf dem Sand» 
tage zu Motenburg an der Tauber Fam in felbis 
‘gem Jaͤhre diefe Sache auch vor, fo wie auch 
unter Maximilian I auf dem Lanbtage zu 
Worms 1495. Auf dem zu Lindau ward ſon⸗ 
derlich das Schwefeln eingeſchraͤnkt, imglei⸗ 
chen zu Freyburg in Briſgau 1498. Im 
Jahre 1500 ward diefelbe Sache auch zu 
Augsburg vorgenommen, und wiederum 1548 
unter Carl V zu Augsburg; nachher feine 
diefe Sache der Auffiche eines jeden $andes« 
herrn überlaffen zu ſeyn, Die denn auch von 
Zeit zu Zeit jene —— verbothen haben. 


Ae lte⸗ 


(22) De pace imperii publica libri V auctore 
F. P. Datt. Ulinae 1698 fol. * p. 632. 


(24) Galdaft confit. imper, tom. 2 fol. 114. 


! 


2. Weinverfaͤlſchung. 195 


Aeltere und ſehr ‚fcharfe Verbothe findee 
man in andern Ländern, Man hat eine Vera 
ordnung von Wilhelm, Grafen in Hennegau, 

Holland und Zeeland, vom J. 1327, aus 
der man ſieht, daß fchon lange vor diefem 
Fahre gefährliche Berfälfhungen üblich: ge- 
weien find. -Fm.%.1384 hat die Regierung 
zu Brüffel ein ähnliches, noch ftrengeres Ver, 
both gemacht, - worin Vitriof , Queckſilber 
und Galmey genant ſind (25). Sn Frank. 
reich hat man eine alte ordonnanco du prevöt 
de Paris vom 20 Sept, 1371 und vom a Des 
cemb. deffelbigen Jahrs, doc) find feine Mi⸗ 
netalien darin genant; aber in der Werords 
nung, von 3696 wird der Glaͤtte ausdrücklich. 
gedacht (26), ‚nn 


Conrad Celtes, ber im Jahre 1491 ung 
. ter allen Zeutfchen zuerft als Dichter gefröne 


iſt, 


(*7) W. S. Verhoeven Preisſchrift über den 
— Zuſtand der Handwerke und Handlung in den 
NRiederlanden In dem 13ten und 14ten Jahr⸗ 

bunderte, &. 96, und in Analyfe du menioire 
de M. Verboexen p. 17. Beyde Schriften _ 
ſtehn In Memoires fur les queftions proöpofees 
par l’arademie de Bruxelles en 1777. à Bru: 
zelles 1778 in 4. *. In der Verordnung von 
1334 find genant: Coperrofe, quykzelver, 
clemynfteen. 


(°) Traite de la police par De /a Mare, Ame 
fterdam 1729 fol, "UDSIH ©... 


196. Weinverfaͤlſchung 


iſt, hat in feiner Lobrede avf Nuͤrnberg eine 
Nachricht von der Weinverqiftung, aus Det 
man erkennet, daß er fie für eine neue Erfin⸗ 
dung angefehen, und fie einem Mönche, Nas 
- mens Martin aus Bayern, zugeſchrieben 
hat; aber feine: Ausdruͤcke find fo redneriſch, 
' daß man nicht viel daraus herleiten Fan (27). 
rJ 3 | Zel⸗ 
a WVinoruni etiäm corruptores utinam gravio- 
si fupplicio, aficerent, eiijus eorruptelam , ut 
multa alia, noftra faecula excogitavere, ita illa 
quoque adulteratio et execrandum malum; in⸗ 
ventum eſtz nec jam folum per Germaniam,, 
fed et per" Galliam, Pannoniam, Sarmatiam. 
aliasque terras, feelus’illud fe plantavit, dum 
“+. eolorem, faporem, odorem, fubftantiam, pa⸗ 
triam etiam in illis mutant Inventum illud) 
Druidae efle ferunt, Martino Bavaro illi no- 
men erat, in Franciae oppido, qüuod a nigra 
quercu dicunt. Dignus profecto aeternis ſup⸗ 
pliciis, qui liquorem, quo et res facrae fiunt, 
corpori humano gratifimum, peftiferum et 
 lethalem-fecit, naturae munus, et quo non aliud 
praeftantius fidera ipfa ornamentumque mundi 
phoebus excoquit, contaminans et inficiens; et 
quod in gaudium et alacritatem, et curarum 
nofttarum remedium, naturanobiselargita ef, 
ille in tosicum et variarum aegritudinum aus 
. fas mutavit, humani generis extindtor, fangui- 
narius et crudus artifex. Quod fi mercium et 
onetae adulteratores capitali poena apud vos 
ple&untur; quali illum fupplicio afficiendum 
crenſetis, qui tot homines occidit, aut in aegri« 
tudines conjicit, quot hodie vinum bibunt? 
Illi paucioribus corruptelas fuas vendunt; ille 
acla- 


2. Weinverfälfchung. „197 | 


Seller hingegen fagt, man glaube, dieſer ges 


fährliche Betrug ſey zuerft in Frankreich aufe 


gefommen (?8) | 


gemeiniglich die arſenikaliſche Schmwefelleber 


Zur Entdeckung des Metglls in Wein wird | 


‚ans 


aetatem-omnem et utriusque fexus homines in 
varia pericula addueit ; mulieribus fterilitatem 
inducit ; abortus facit, conceptumque foetum 
abigit ; nutricibus lac inficit ac fubtrahit ; ar. 
thriticos dolores corpori immittit; in viris 
autem inteflinorum renumquetormina, quo 
non major dolor corparis eft, et corrofioneg 
vifcerum'inducit; ut paucis dicam, venenum 
inflammat, mordicat, adurit, extenuat, exficcat, 
nec fitim aufert , fed auget, ut natura fulphuris 
eſt, cujus magnam vim priusguam deferbue. 
rint vina, commixtis aliis noxiis et venenofis 
rebus, quae hic docere pudet, addunt, natu- 
. ram transinutantes. Hoc nos fub dulei melle 
venenum, amicis nofris, uxoribus et liberis 
et nobis ipfis (ut magna pluribus annis vini 
caritas fuit) tam magnis pecuniis emimus, na- 
tura tanti feeleris ultrice, quae hunc liquorem, 
per tot annos, propter hos fuos hoftes et uni- 
verfi humani generis exterminatores fubtraxit, 
Quocirca pätres prudentiffimi, non folum eo- 
zum vafis concuilis in fluvium veftrum tale 
venenum effundere debetis; verum etiam hujus 
vinĩ propinatores in rogum et ignem vivos 
praccipitare debetis, non minus hujus toxici, 
quam latrocinii curam agentes, Pirkbeimier; 
opera, Francof. 1610 fol, * p. 126. 


4)2elleri differt, de docimalia vini lithargy- 


rio mangonifati. Tubingae 1707. $. 1. 
9. | 


198 2. Weinverfälfchung. 


angewendet, beren Aufloͤſung liquor probato- 
rius Wurtembergicus genant wird (29). Ich 
denfe, dieſe Benennung ift dadurch entftans 
den, daß fie eine Würtembergifche Verord— 
nung zuerft dazu 'gefeglich vorgeichrieben haf, 
wiewohl andere ihre Erfindung Würtembergie 
fehlen teibärzten zufchreiben (30). Gar ſicher 
ift gleihwohl ihr Gebraudy nicht; nicht füs 
wohl deswegen, weil fie ohne Unterfchied als 
le Metalle ſchwarz niederſchlaͤgt; denn nur 
Bley hat man im Weine zu vermuthen Ur⸗ 
fache, fondern vielmehr weil diefe Probe als“ 
dann zweifelhaft wird, wenn der Betrieger, 
auſſer dem Metalle, auch Kalk hinzugeſetzt 
bat; denn alsdann.wird die Schivärze des 
Niederſchlags durch die mweiffe Erde faft uns 
| merklich (31), 


Das Schmefeln des Weins beſtehe darin, 
daß man Schwefel anzuͤndet, und den Dampf 
davon ins Faß, welches mit Wein gefuͤllet 
werben fol, oder fchon zum Theil gefüllee ift, 

tre⸗ 


(2°?) Sage chemiſche Unterfuchung verſchiede⸗ 
ner Mineralien, S. 132. 

(?°) Anleitung zur Verbeſſerung ber Weine in 
Zeurfhland ©. 32. 

(7) &. meine Pbyfi kaliſch⸗oͤkonomiſche Bi⸗ | 
bliochef IX ©.295. Gmelins Einleitung 
in bie Chemie S. 184. 


2 Weinverfalfhung. 199 


‚treten läßt. Zu. diefer -Abfiche ziehe man 
Stuͤckchen feinen durd) zerlaffenen Schwefel, 
und nennet diefe Schwefelfchnitee. ch weis, 
nicht, zu welcher Zeit diefes Mittel erfunden 
it, aber merkwuͤrdig ift doch, daß ſchon Dli- 
nius erzähle, einige wären ‚darauf verfallen, 
Schwefel beym Weine anzuwenden, Er be 
ruft fi desfals auf Cato, aber in deſſen 
Schriften, die auf uns gefommen find, feh— 
let diefe Stelle, und man. weis. aifo den eigent« 
fihen Gebrauch nicht (32). Grunde und 
Erfahrungen beftätigen,, daß Schwefeldampf 
die nachtheilige Gährung und ihre Folge, bie 
Verderbung, abhalte, und unfere beften Leh— 
rer der Weinkunſt erlauben dieſes Mittel 
ohne Bedenken (33), Der Gefunbheit Fan 
es auch nicht ſchaden, und die Pelizen hätte 
nicht nöthig gehabt, daxuͤber Vorſchriften zu 
ertheilen, fie zu verbierhen, oder die Menge 
des Schwefels dazu vorzufdreiben (34), 
% Br Der 
: 3?) Plin. hit, nat. lib.14 ce. 20. Ip. 727. 
+. CE?) ©. die oben angeführte Anleitung ‚des Hrn. 
Spyrenger, ferner Wiegleb Begriff von 
der Gaͤhrung. Weimar 1776 8. S. 57. ME- 
moire fur la meilleure maniere de faire et de 
gouverner les vins — — par l'abbe Rezier. 
« Paris 1772: 8. 
- C*) Das geſchah z. B. zu Rotenburg an der 
ı Zauber: 1497. E83; folte genommen werden 
zu Beraitung ains Füderigen Faß ain Loth 


lan⸗ 
O 2 


200 -% Weinverfälfchung. 


der weiter nichts wuͤrkt, als daß er die zur 
Faͤulung beförderfiche Luft wegjägt, und viels 
leicht aud) das brenbare Weſen, - oder, neus 
modig zu reden, die darin befindliche fire Luſt 
feft macht. Allenfals Fönnte mit faſt eben fo 
ſchnellem Erfolg eine andere brenbare Sache 
genonimen werden. | 


Einige Weinfünftter haben die Gewohn⸗ 
heit, die Schwefelfhnirte mit Wismurh zu 
beftreuen, und diefer Zufaß foll eine teutſche 
Erfindung feyn (35). Sie ift in Gefegen 
ſcharf verbothen worden, und allerdings Fan 


fie 


fauterd Schwebels. Ein einmal gefchwefelter 
Kein, ſollte nicht noch, einmal gefchwefelt 
werden. | | 

05) In Johann Zornung Ciftamedica, No- 
 -  zimbergae 1625, ſtehn ein Paar Driefe teut⸗ 
fcher Aerzte über diefen Gegenftand. CLiba⸗ 
bius ſchrieb ©. 165: Telam fulphuratam, 
quae Bismuthum capit, non laudo. Minerale 
hoc fumis peftilentibus arſenicalibusque eſt ple- 
num. — Fors inventor ejus putavit facere ad 
defecandum vinum; ficut videuus fieri muſto 
in ftanneis vafis fervato; vel etiam ſtanno eo- 

dem liquato, et in dolia conjedio. | 
Doldins hat dafelbft S. 447 folgendes 
darüber gemeldet: Scis fcopum efle praeci- 
puum fülphuratorum duplicem; tum ad vafa 
tum 'ad vinum, potifimum tamen’ propter vi- 
num excogitaria Germanis haec miftura folet; 


Be. Weinverfähfehung. 207 


fie mit einigen Gründen getadele. werben, weil 
dieſes Halbmetall ein Verwandter des Bleyes, 
fhon für ſich bedenflich ift, zumal da es jel 
ten rein iſt, vornehmlich aber, weil bey einem: 
unvorſichtigen Gebrauche leicht etwas vondem : 
durch den. Schwefel. aufgelöfeten Metall in 
den Wein fallen Fönnte, und, nah Pott 
Bemerfung,. löfen fih Wismurh und fein 
Kelfin Weinfäure auf. Unnuͤtz ift aud) dies 
fer metallifhe Zufag in allem Betracht, wie 
verftändige Weinfünftler ſchon längft erfant 
haben. | ee: ı | 
Eine alte Neichsordnung nennet unfer den 
Meinverfälihungen aud) die Milh. Von 
Rohr, der fie im HaushaltungsRecht 
Leipzig 1716. 4. * ©. 1393 anführt, glaub, 
Milch Fönne dazu nicht. angewender werden. 
Man Ean faft nicht begreifen, ſagt er, wie 
den Geſetzgebern dergleichen in die Gedanken 
fommen Fönnen, indem faft nicht zu glauben, 
daß ein Weinhaͤndler fo einfaͤltig handeln, ' 
| —— | und 
ſeilicet vt vina a putredine defendantur. — Ve- 
teres id tentabant co&tione. — Compendiofius 
Germani in frigidis regionibus id tentarunt per 
telas fulphuratas, vel alia, vim fulphuris ha- 
bentia. — Accidere poteft et illacaufla, quod 
bifmuthutn inter ſtannum et plumbum magnam 
habeat cognationem, quae faporem valde dul- 

cem et faccharinum de fe praebent, forte inde 
aliqui. etiam vino aliquam gratiam conciliare 

ſe pofle crediderunt. i . 
— O 3 


202 2, Weinverfaͤlſchung. | 


und den Wein mit Milch) verfälfhen würde, 
und verdiente ein folcher nicht geftraft zu wer— 
den, weil feine eigene Thorheit, va ſich Feine 
Käufer zu dergleichen fo wunderlich vermiſch⸗ 
ten Weinen finden würden, ihm Strafe ge—⸗ 
nug feyn würde. Aber begreiflich ift die Ans 
wendung der Milch wohl; nämlich fie er. 
regt. einen Schaum, der die Unreinigfeiten 
aufnimt, die hernach mit ihm abgehoben wers 
den, wodurch der Wein freylich klaͤrer werden 
muß. Inzwiſchen ungeachtee diefes, Mittel 
feine Verfaͤlſchung genant werden Fan, fo ift 
doch gewiß, daß das Schönen des Welns noch) 
vortheithafter mit Haufenblafen gefhehn fan, 
welches auch jegt am üblichften ift (30). 


Endlich merfe ih noch an, daß man im 
Jahre 1472 den fo genanten ftummen Wein, - 
als ein ſalſches und ſchaͤdliches Getränf vers 
bothen hat (37). Unter diefem Namen vers 
ſteht man einen Wein, von deffen Moft man 

| | die 
(25) Anleitung zur Verbeffer. der Weine. &. 

163 1. 49. en; 

7) Don Lerſner Chronika der Stadt Frank⸗ 
furt II S. 683. Auch verboth man damals 
Mein, der mit Senf angemacht war, und 
fiir gefottenen Wein ausgegeben ward, ©. 


6384. Gm Jahr 1484 ward Bepfußwein 
verbothen. | 


2. Weinverfälfehung. 203 


die Gaͤhrung abgehalten hat, der deswegen 
füß geblieben iſt, ſchwerlich klar wird,. und 
wenn er auch Flar geworden ift, ſich fogleich 
als er an die Luft koͤmt, wieder erüber, weil 
naͤmlich alsdann die unferbrücfte Gährung 
anfängt (38). Jetzt find Weine diefer Art 
erlaubt, und nicht ohne Beyſall; man nens 
ner fie auch Gefangene, oder verbaltene 
eine, vina muta, fuffocata. » Sie haben 
mit vin en rage, dergleichen jetzt am meiften 
in Bonrdeaup gemacht werden, die größte 
Aehnlichkeit. 


G?) Anleitung zur Verbeſſerung der Weine 
S. 93 128. 2 1 


D 


N 


2304 : 3 Affecuranz 
TE TE HE TE TE TE HH TE TE TEN 


E = 


3 . 
Aſſecuranz. 


ie Aſſecuranz, dieſes vortrefliche Mittel, 
wodurch ein Verluſt, der einen Kauf—⸗ 

mann voͤllig ungluͤcklich machen wuͤrde, unter 
viele vertheilet, und dadurch ertraͤglich, faſt 
unmerklich gemacht wird, wodurch Unterneh⸗ 
mungen, welche das Vermoͤgen einzelner Per⸗ 
ſonen uͤberſteigen, moͤglich, und Waaren der 
entfernteſten Gegenden (1) wohlfeiler gemacht 
werden, ſcheinen die Roͤmer noch nicht ge— 
kannt zu haben, fo nahe fie ihrer Erfindung 
aud) gemefen find. . Unterſucht man die Nach— 
richten, wodurch einige das Gegentheil ha. 
ben bemeifen wollen, genauer, fo findet man, 
daß fie das nicht beweifen, was fie beweifen 


ſollen. 
Puf⸗ 
(1) Weil die Türken keine Aſſecuranz haben, 
ſo Ieiben fie auf Pfand’ nicht anders als zu 
1% bis 20 Procent, und für Schiffarth nicht 
unter 30 Procent. &. Remarques d’un vo- 
yageur inoderne au Levant. Amfierdam 1773. 
8. * — 


3. Aſſecuranz. 205 


pufendorf (?y Barbayrac y Foc 
cenius (4), Rulpis und andere (5) be» 
rufen ſich auf. folgende Erzählung bes Ki 
vius (6). Als die Roͤmiſche Armee in Spa- 
nien Mangel an Getreide, Kleidung und ans 
dern Bedürfniffen harte, erboth ſich eine Ge⸗ 
ſellſchaft, dieſe Zufuhr mit dieſer Bedirgung 
v übernehmen, ut quae in nayes impofuik 
ent, ab hoftium tempeftatisqü®- vi , publico 
periculo effent. Alſo der Staat, folte ihnen 
den Verluſt erfegen, fals ihre Schiffe durch 
Ur gewitter verungluͤcken, oder von den Fein⸗ 


den genommen werden ſolten; und dieſe 50 _ 


derung ward ihnen zuzeftanden. Das war 
freylich eine Schadlosholtung, aber noch bey 
weitem nicht eine Aſſecuranz als wobey die 
Praͤmie nicht fehlen darf. Inzwifchen * 


(2) Pafendorfi de jure naturae et gentium libri, 
cum annotationibus Hertü, Francofurti ad 

Moͤen. 1706. 4 * p. 725. 2% 

(>) Le droit de la nature. A Basle. 1732. 2 
vol, in 2 * 1 p: 9%» Su 

(4) Loccenius de jure maritimo. Holmiae 1650 
12 * p. 151. 

(5) 3.6. de Kulpis collegium Grotianum , edit. 
quinta Francofurti et Lippae. 1722. 4 p. 
4. Conf. Schele differt. de inftrumento afle- 
curationis, vulgo polizza. prael, Werlbofio. 
Helmfladii 1707*  .- | 

(8) Livius lib. 23 cap. 44 
085 


206 2, Affecurans, 


bey diefer Gelegenheit fehon die Betriegerey 
erfunden, welche noch jeßt zumeilen den Aſ— 
fecuranten gefpielet wird; es wurden Schiffs 
brüche angegeben, die nicht geſchehn waren; 
es wurden alte baufällige Schiffe mit nichts— 
würdigen Sachen befrachtet, die man vorfeg« 
lich untergehn lieg, wobey man vieManfchafe 
in Kähnen rettete, und alsdann Erftattung 
vieler Foftbaren Waaren verlangte (7), ' 


Nicht mehr beweifer die Stelle des Sue. 
tonius (8), die Anlpis und andere von der 
heutigen Affecuranz erflären. Er fagt naͤm⸗ 
lich, Kayfer Claudius babe den Kaufleuten 
eine Schadloshaltung verſprochen, wenn ihre 
Schiffe durch Sturm verungluͤcken ſolten. 
Anderſon (9) muß die Stelle nicht ſelbſt 
geleſen haben, fonft hätte er unmöglich er 
zählen Fönnen, daß Suetonius dem K. Clau— 
dius die Erfindung der Aſſecuranz zufchreie 
be; und Aulpis muß den Valerius Marie 
| | mus 

(7) Liv. lib,25 c. 3, 

(?) Lib.V c. 18: Nam et negotiatoribus certa 
lucra propofuit, fufcepto in fe damno, fi cui 
quid per tempeftates accidiffe. Auch Lan» 
genbeck in Anmerkungen über das Hambur- 
giſche Schiff» und See-Recht S. 370 findet 
weder im Livius, noch im Suetonius, Spubs 
ven. der Aſſecuranz. 


(2) Geſchichte deö Handels 1S. 225, 


3. Affecuranz 207 


mus nicht nachgefchlagen haben, fonft hätte er 
nicht das oſte Kapitel des sten Buchs anfüh- 
ren können, wo nichts vorfömt, was ſich auf 
Aſſecuranz deuten lieſſe. 


In Simon Ausgabe von Grotii lib. de 
jure belli et pacis (10) wird S. 375 eine 
Stelle aus des Cicero Briefen (''), als 
ein Beyſpiel Roͤmiſcher Aſſecuranz angeführt, 
die auch ehr als alle vorhergehende davon ver⸗ 
ſtanden werden koͤnnte. Cicero ſchreibt naͤm⸗ 
lich, er hoffe zu Laodicea einen Bürgen zu fin⸗ 
den, durd) den er Gelder der Republik, ohne 
daß diefe bey der Ueberfahrt Gefahr liefe, 
äbermaden koͤnte. Hier, Fönte praedes Aſſe⸗ 
curirer bedeuten; allein ic, glaube doch, daß 
dieſe Stelle vielmehr zu denen von unferm fel. - 
Ayrer geſamelten erſten Spuhren des Wech⸗ 
ſelweſens zu rechnen ſey ('?)- ARE ER us 


Daß übrigens bie alten Gefege, melde 
Kulpis und andere zur Affecuranz zu rechnen 


pfies 
ae Ca 
C*) epifl. ad famil. II ep. 17: Laodiceae me 


praedes accepturum arbitror omnis pecuniae 
publicae, ut et mihi et.populo cautum fitine 
ve&turae periculo 

(*2) Ayreri diatribe de cambialis inftituti vefti- 
giis apud Romanos; hinter der von Uhle bes 
forgten Ausgabe von Heineccii elementis juris 
sambialis, 


(*°) Jenae 1673.4-* 


j \ J 
208 3. Aſſecyranz. 


‚pflegen, nicht von ihr, fondern von ber Bod⸗ 

merey (foenus nauticum ) handeln, und daß 
alſo diefe viel länger als die Affecuranz befant 
gemwefen ift, bat ſchon Stypmann binläng- 
lich bewieſen (13). | | 


Molynes (14), Arderfoa und andere 
verfibern, daß ber Aſſecuranz vereits In den 
Seegefegen der Inſel Oleron gedacht werde, 
Diefe Inſel, welche vor dem Ausfluffe der 
Charente liegt, und jegt zu dem Gouvernement 
von Aunis gehört (15), iſt im 11, 12 und 
folgenden Jahrhunderten wegen der Schif— 
farth ſehr bekant geweſen. Sie gehoͤrte den 
Herzoͤgen von Aquitanien, und kam durch die 


Heurarh der Eleonora, der Tochter des letzten 
| ee Hers 


(3) Styypmanni traktatus de jure maritimo et 
nautico. Gryphiswaldiae 1652.42. *P.4p.19— 
Alſo koͤnnen denn die Streitfcagen über Affe 
euranzgen nicht aus dem Roͤmlſchen Rechte er 
läutert undenıfchieden werden. ©. Samlung 
„Hamburg. Beferze und Verfaſſungen VI 
S. 345. 

(**) Confuetudo vel lex mercatoria, or thean- 
cient Law- Merchant ; by Gerard Molynes. 
London 1656 fol. * p. Iog. 

(5) Man finder diefe Infel auf der Eharte: 

‘Infulae divi Martini et Uliarus, Amftelod. 


apud Foan. Fanffın, undauf der Sentterfchen 
Sharks Les environs de Rochelle. 


3. Afecntanz on 


i Herzogs, mit Könige Heinrich II, an England, 
Unter dieſer Eleonora ſollen auf der Inſel die. 
jenigen Eeegefeße abgefaſſet ſeyn, welche un. 


ter den Namen! Roole d Foleron- Roole des 


jugemens d’Oleron, fo fehr befant geworden 
find , daß fie, wie die Gefege der Rhodiſer, 
auch von Ausländern genußt worden find. 
König Reichard I, Eohn der Elconora, foll 
nachher diefe Gefeße verbeffert und vermehrt 
haben; wenigſtens verfichern foldyes die frans 
zoͤſiſchen Gefchichrfihreiber ; dahingegen Die 
Engländer jene Geſetze den Reichard allein 
zufchreiben. Um die Zrit zu beſtimmen, wann 
dieſe abgefaſſet ſind, kan ich nur erinnern, daß 
Eleonora im J. 1202, und Reichard 1199 
geſtorben iſt, daher denn Anderſon nicht ohe 
ne Wahrſcheinlichkeit ſie ins J. 1194 ſetzt. 
Es ſoll eine zu Rouen gedruckte Ausgabe die 
ſer Geſetze vorhanden ſeyn, worin geſagt ſeyn 
ſoll, daß fie erſt im J. 1266 abgefaſſet waͤ⸗ 
ren, welches aber Franzoſen und Englaͤn⸗ 
der (16) für falſch erklaͤten. Geſchrlieben 
find fie im Franzoͤſiſchen, und zwar im Gaſ— 
cogniſchen alten Dialect. Ich Eenne fie aus 
folgendem feltenen Werke, deflen Verfaffer 
fid) unter der Vorrede Cleirac genant hat: 
Us et coutumes de la mer. à Bourdeaux 166 1 


4 


r 6) .Seldeni mare elauſum feu de dominio maris. 
‚Londini 1636.8.* p. 428. 


210 3. Aſſecuranz. 


4 (17) ©, 1; aber eine Spur von ber Affe 
euranz finde ich. nicht darin. Auch Kleirac 
ſcheint fie nidye darin gefunden zu haben; denn 
©. 218, wo er alles, was er von der Ges 
fhichte der Aflecuranz gewußt hat, erzaͤhlet, 
fehreibt er, ohne der von ihm gut erläuterten 
Oleronſchen Gefege zu gedenfen, den Urfprung 
derfelben, fo wie die' Erfindungsber Wechfel, 
den Juden zu, die davon bey ihren Verttei— 
bungen aus Frankreich Gebraudy gemacht has 
ben follen. Die Ehriften, denen damals noch 
Zinfen zu nehmen Sünde war, follen, nad) 
Cleirac Berfiherung, die Affecuranz fange Zeit 
verabfcheuet haben, und erft die Guelfen und 
Gibellinen follen den Gebrauch der Wechfel und 
der Affeeuranz gemein gemadt ‚haben. Won 
diefem vorgeblichen Werdienfte der Juden um 
die Affecuranz kenne id) Feine Beweiſe. 


Eben | 


017) Don diefen Buche und. von allen alten 
Geegefegen handelt vorzüglich gut: Brevis in- 
troductio in notitiam legzum nauticarum et fcri- 
ptorum juris reique maritimae, Lubecae 1713 
8 *. Struve in bibliotheca juris feledta p. 
119. fagt, ber gefibickte Verfaſſer fey ein 
Doftor der R. Andreas Zang in Lübeck ge» 
weſen. Es mwäre-zu mwünfchen, daß jemand 
die Gefege von Oleron wieder drucken lieffe, 

ſie erklaͤrte, und mit dem, was jetzt gilt, ver. 
glihe. Wäre das nicht ein herrliches Thema 
zu einer Inaugural- Differtation? 


3, Affeeuranz. sin 


Eben fo wenig Fennen die weltberühmten 
Sergefege der Stade Wifty auf der Inſel 
Gottland (18) die Aſſecuranz, fie mögen nun 
jünger oder älter, als die Oleronſchen ſeyn; 
erfteres behaupten Franzoſen, aber leßteres 
ift wahrſcheinlicher. Die Urfchrife dieſer 
Gefege ift nicht ſchwediſch, wie LEſtocq 
fagt (19), fondern platdeutſch. Die hochdeut⸗ 
ſche Ueberſetzung bey Marquard (2°) iſt uns 
getreu, die franzoͤſiſche bey Cleirac (21) iſt 
zu frey und unvollſtaͤndig; beſſer iſt Die hol— 
kändifche in ’t boek der zee-rechten, inhou- 
dende dat hoochste ende oudtste Godtlantfche 
Water - recht, — — Amflerdam 1664. 4.” p. 2. 


Micht einmal zur Zeit der viel neuern 
- Hanfeatifhen Seegefege ift die Affecuranz bes 
kant gewefen, widrigenfalls würde fie gewiß 
barin genant ſeyn. Bon diefem Seegeſetze 
find verſchledene Ausgaben; eine der gebrauch» 
lichften ift die von Kuͤricke, die auch in Ati. 
neccii fcriptorum de jure nautico et maritimo 
fafeiculo. 4 abgedrudt ift. Eine franzöfifche 
Veberfegung hat Lleirac ©, 196 
Noch 
("®) Lang p. 35. | 
(79) Auszug der Hifforie des allgemeinen und 
Preußifchen See» Rechts. Bönigsberg 1747 
4," 1©. 32. | I 
(2°) De jure mercatorum et commerciorum. 


(*") p. 165, 


212 3. Affecuranz, 


Noaoch weniger wird alfo jemand Spuhren 
ber Afecuranz in dem befannten Werkchen: 
- N confolato del‘ mare erwarten, wenn er defs 
ſen Gefchichte kennet. Diefes hoͤchſt merke 
wuͤrdige Seegefeß iſt urfprünglich in Catalo— 
niſcher Sprache, und zwar, mie es fehr wahre 
ſcheinlich iſt, zu Barcelona abgefaffet wor— 
den. Ein Theil ſcheint ſchon aus dem eilf⸗ 
ten, der groͤßte Theil aber aus dem 13ten 
Jahrhunderte zu ſeyn; denn daß es nicht ganz 
von einerley Zeitalter ſey, beweiſet das Buch 
ſelbſt an, mehr als einem Orte. Die getreue⸗ 
fie Ausgabe ift die, mwelhe Abraham We— 
fterveen, nebit einer hollaͤndiſchen Weberfes 
‘gung, zu $eiden 1704. 4. * unter folgendem 
Tirel-beraus gegeben hat: Il conlolato del 
mare, nel quale fi comprendono tutti gli fta- 
tuti et ordini, difpofti da gli anticht per ogn# 
cofa di mercantia et di navigäre. Het confu- 
lat van dezee, Zu den übrigen von Lange 
©. 30 genanten Ausgaben feße ich noch die⸗ 
jenige hinzu, welche man eingerücfe ſindet in 
L. M. de Cafaregis diſcurſus legales de com- 
. mercio. Hlorentias ı719. fol. *. Sie ift- 
Die Urſchrift ſelbſt mit einigen iralienifchen Er⸗ 
-Jäuterungen, weicht aber doch etwas von der 
MWefterveenfhen ab. Schriftſteller, melde 
vorgegeben haben, daß fhon in diefem Gas 
taloniichen Seegeſetze der Aſſecuranz gedacht 
fey, find vermuthlich dadurd verführt wor— 
DE den, 


2 / 


3 Affecuranz. 213 


ben, daß einige gemeine Ausgaben unter ben 
Zugaben oder im Anhange einen Aufſatz haben, 
ber von der Affecuranz, fo wie fie ehemals in 
Barcelona uͤblich gewefen ift, handele (22). 

Diefen Auffag habe ich nicht g:leien, weis alfo 
nit, ob er etwas zur Geſchichte der Affecus 
ranz enthalte: Die ältefien mir jetzt bekanten 
Gefege über Affecuranz find folgende. | 


Im Jahr 1523 d. 28 San. find zu Flo⸗ 
renz von fünf dazu verordneten Perfonen eis 
nige Artifel abgefaffee worden, welche noch 
jegt an der Boͤrſe zu Livorno beobachtet wer. 
den. Magens hat diefe merfwürdige Verord⸗ 
nung, nebft der darin vorgefchriebenen Po» 
lie, welche alfo das ältefte Formular einer 
Polize (23) it, italienifh und deutſch in fei- 
nem Verſuche über Affecuranzen, Have 
reyen und Sodmereyen, Hamburg 1753 
4* ©. 367 geliefert; aber nur in feinem eng. 
liſchen Werke: Au eflay on infurances. Lon- 
don 1755 2 vol. in4*11 ©. ı fagtier, daß 
er fie gefchrieben aus Livorno erhalten babe. 

' | Gern 
(?*) Bange ©. 32. Ä 

(?”?) In dem alten Auffage: le Guidon, den. 

Cleirxrac geliefert hat, findet man Chap Iart. ı. 

die. Anmerkung; daß man in den Altern Zei 

ten auch Aſſecuranzen ohne fehriftliche Abfaf- 

fung gefchloffen bat; fie werden dort Affecu- 
-rances en conflance genant. 


214 3. Affecuranz 


Gern hättte id) von dem Alter dieſer Verord⸗ 
nung ein italienifches Zeugniß haben mögen, 
aber: id) Habe ſolches vergebens gefucht in dem 
Werke : Della decima — e della mercaturg 
de’ Fiorentini fino al fecolo XVI,. Lisbona 
e Lucca 1765-1766. 4 vol. in 4, wo doch 
fonft ungemein fhägbarg Nachrichten zur Ges 
fhichre der Florentinifhen Handlung votre 
fommen; auch in des Meratti ftoria chrono- 
logica della citta di Firenze. In Napoli 1755 
2 vol. in 4 finde ich nichts davon. Inzwi⸗ 
{chen führe auch Stracche eine Slorentinifche 
Perordnung vom 15 Yun. 1526 an, welche 
ſchon die allgemeinen Affecuranzen, die nicht 
über beftimte Waaren, oder Stücke geſchloſſen 
werben, unterfage hat (?4). 
WVWVom Jahre 1537 d. 25 May iſt eine kur⸗ 
ze Verordnung Kapfers Carl V vorhanden: 
nopende de wiflel-brieveu ende affeurantien, 
worin nur die genaue Erfüllung einer überz 
nommenen Affecuranz befohlen wird. Sie 
ſteht in: Placcaeten ende ordonnantien van 
de hertoghen. van Brabandt, 'T’Hantwerpen, 
1648 fol. * [ p. 512. | 
Im J. 1549 gab Kayfer CarlV eine aus. 
führliche Werordnung : op t faict van der wi 
| vaerdt, 


(24) Stracchae aliorumque juris confultorum de 

cambiis, fponfionibus, &c. decifiones et tradta- 
tus. Amftelodami 1669 fol. * In Tradiatu 
de aflecurationibus p. 24. 


* 


vaerdt, worin auch einige Antifel uͤber die Aſſe⸗ 
curanz vorkommen, Sie ſteht in: Ordonr 
pantien ‚ende placcaeten ghepubſiceert in Vlaen- 
deren. T’Antwerpen -ı 662. fol. * I .p.-260, 
Zuſaͤtze zu diefer Verordnung erfolgten 165.1, 
Die ebendafelbft ©. 375 abgedruckt find. Diefe, 
nicht aber die erfte Verordnung, ftehen. auch 
int boeck der zee- rechten p. 20. a 
.. m 3.15 50.8 14 Jul. gab K. Philipp 
II den Spanifchen Kaufleuten eine A echrange » 
Ordnung, welche Magens fpanifd), aber 
mit einer teutſchen Ueberſetzung, in feinen Ver - 
ſuch über Aſſecuranzen &; 426 eingeruͤckt hat, 
Sie enthoͤlt Vorſchriften zu Polizen über 
Schiffe, die nad) Indien gehen. 44 
ImJ. 1563 den letzten October gab Koͤ⸗ 
nig Philipp. II fein. Seegeſetz, worin auch 
eine Vorſchrift zu einer, Polize gegeben ift, 
Man findet es nicht allein in der eben ange 
- führten Samlung Slandrifcher Gefege IT ©. 
307, fondern quch in: Groot placaet-boeck 
der vereenighde Nederlauden, I p. 796, in 
Boeck de: Zee-rechten p. 355: auch in Ma—⸗ 
Gens teutichem Werfe ©. 397 findet ſich ein 
bolländifdyer Auszug aus dieſem Befege. 
Aber im J. 1568 den legten März untere 
ſagte Philipp den Gebrauch der Affecuranzen 
wegen der ‚vielen eingeriffenen Misbraͤuche. 
Dieſes Werborh habe ich richt auffinden koͤn— 
nen, fondern kenne es nur aus ber Werorb- 
'P»2 niung 


— 


Aa 3. Aſſecuranz. 


nung vom 20 Yan. 1570, worin der König 
ausdruͤcklich jenes Verboth mwiderrufet, weil 
inlaͤndiſche und auslaͤndiſche Kaufleute von 
Antwerpen daruͤber wichtige Vorſtellungen 
eingegeben haͤtten. Dieſe letzte Verordnung, 
worin noch verſchiedenes wegen der Aſſecu⸗ 
tanz vorgeſchrieben iſt, findet ſich in der Flan⸗ 
driſchen Samlung II ©. 335, in Groot pla⸗ 
caet-boeck I p. 828 und ein Zuſatz ebenda⸗ 


ſelbſt IE p. 2116. 


Im J. 1598 word ſchon in Amſterdam 
die Kamer von aflurantie errichtet. Die erfte 


WVerfaſſung diefes Affecurations» Gerichts er» 


zähle J. F. Pontanus in Rerum et urbis Am- 
ftelodamenfium hiftori.. Amflerodam 1611 


fol.*p. 255, womit J. fe Long‘ koophandel 


van Amfterdam; negende druck, Rotterdam 
1780. 3 vol. in 8*I p. 47 verglichen werden 
fan (25). | 
Im J. 1600 den 30 Sept. gab die Stadt 
Middelburgh eine Aſſeeuranz · Verordnung, die 
in: Groot placaet · boeck Ip. 867 eingeruͤckt iſt. 

Im J. 1601 ſcheint in England die erſte 


Verordnung wegen beſſerer Einrichtung der 


Aſſecuranzen gegeben zu ſeyn. Anderſon hat 
fie IV ©. 328 eingeruͤckt. Man lieſet darin, 


daß 
. (2°) Die Veränderungen, welche die Amſter⸗ 
damer Affecuranz » Gefellfehaft nach und nad 
erhalten bat, findet man, nebſt Auszügen 
aus ihren Gefegen, in: La richefle de laHol- 
lande. à Londres 1778. 4 ® I p. 81. 


3. Affeeuran. er 


daß fich bie-Affecuranten bis dahin fo betragen 
Hätten, daß man fich auf ihre Treue ganz : 
ſicher haͤtte verlaffen Fönnen, und daher des. 
fals wenige oder feine Streitigkeiten entſtan⸗ 
deu wären. — So viel ich weis, hat Eng. 
* Jand noch eine ausführliche Affecuranz« Orde 
nung. es | 
Vom J. 1604 ift die Ordonnantie opte 
affeurantien van Rotterdam in Groote placaet- 
Vom J. 1610 ift die Genuefifche Ver⸗ 
- ordnung, die Magens in feinem teutfchen 
Werfe ©. 503, 512 aus den Statuten der 
Republik lateiniſch nebft einer teutſchen Ueber 
fegung mitgerfeite hat. | 
Im Ye 1612 erhielt die Amfterdamer Affe: 
curanz⸗ Kammer öffentliche Betätigung und 
Privilegien, die man in Groet placaet -boeck 
1p-843 anteifr, | en 
Ohne Beweis und Wahkfcheintichfeit bes 
hauptet Molynes ©. 105, daß die Antwer⸗ 
per die Aſſecuranz erſt durch die Englaͤnder 
kennen gelernt haͤtten. Erfagt: da die Ver⸗ 
ſamlungen der Kaufleute zu London in Ver 
‚gombardftraffe (die fo genant warb, weil ges , 
wiſſe Itallener aus der Lombardey dafelbft ein 
Verpfändungshaus oder Lombard, fange vor 
‚Erbauung der’ Börfe hatten) gehalten wurden, 
fo iſt dadurch die Gewohnheit entftanden, daß - 
man in bie Polizen, ſo gar noch jetzt (er fehrieb 
— Pz im 


rs 3. Aſſecuranz. 


im J. 1622) einruͤckt, man wolle ſich nad) 
dem richten, was in der Lombardſtraſſe in 
London uͤblich ſey. Der 
Im IJ. 1567 ſchrieb Guitciardini Deferit- 
tione di tutti pacſi baſſiʒ in Anverſa 1567 fol. 
“und in’ der Beſchreibung von Antwerpen 
E. 125 merkt er an, daß die dortigen Kaufe 
leute "gewohnt have, ihre Schiffe zu affecus 
riren. Aber iole har Anderſon IV ©. 6% 
fagen mögen, daß dieſes das ältefte Benfpiel 
einer Seeaffecurany ſey; er, der dieſe Erfin« 
dung im Suetonins und in den Gefegen vor 
Dleron zu finden glaubret 5. | 


⸗ 


Eine heilſame Nachamung der Handlungs⸗ 
Aſſecuranz iſt die Einrichtung: unſerer Feuers 
Aſſeeuranzen oder Brandkaſſen. So viel ich 
weis, ſind die noch daurenden Geſellſchaften 
dieſer Art (denn einzelne Perſonen haben 
ſchon viel-früher die Aſſecuranz der Gebäude 
wider Brand uͤbernommen) erſt nach dem er⸗ 
ſten Viertel des jetzigen Jahrhunderts errich⸗ 
‚set worden, von denen manche in neuern Zei⸗ 
sen umgeaͤndert und verbeſſert ſind. Im J. 
2745 iſt die Pariſer Brandkaſſe errichtet (26), 
1750 unſere Chur⸗Braunſchweigiſche, 175 
Die Naſſau⸗Weilburgiſche, 1753 die Braune 
ſchweig⸗ Wolfenbüceelfche, auch die — 
EL 2 Dee 
© (#8) Journal oeconomique.1758 Fevr. p-70. 
* £ f , B 


\ 


3. Aſſecuranz. 219 


bergiſche (27), 1754 die Anſpachiſche, 1758 
die Baden » Durladyifhe, 1764 die in ber 
Churmark, 1768 die Sachſen-Weimar- und 
Eifenadhifche, 1769 bie Prediger » Gefeflfcyaft 
- An der Churmark Brandenburg zur Affecuranz 
des Mobiliar. Vermögens (28). 


\ 


Aber weniger befant ift, daß fhon jemand 
im Anfange des ı zten Jahrhunderts den Vor⸗ 
fchlag gethan hat, daß der Landesherr die Aſ⸗ 
fecuranz aller Häufer der Unterthanen wider 
Brand übernehmen folte, wenn dieſe ihm 
jährlidy ein Vrozene von dem Werthe, mozu 
ſie ihre Häufer felbft anfchlagen würden, bea 
zahlen wolten. Der Angeber both diefen Ein⸗ 
fall dem Grafen Anthon Günther von He 
denburg im Sy, 1609 an, und zwar. als eine 
‚Sinanz: Operation, dergleichen bis dahin in 
feinen gedruckten aerariis, und Renrgefällen zu 
finden waͤre. Ich will den dem Grafen übers 
gebenen Plan aus J. J. Winkelmann. ÖL 
Oenburgifchen Sriedens- und der benach⸗ 
barten ©errer Kriegshandlungen — 

| ob. 


+» (27) Meifjer Nachricht von ben Seſetzen des 
Herzogthums Wirtemberg. Stutgart 1781 
8* ©. 39. he 
(??) Kruͤnitz oͤkonomiſche Eucyclopaͤdie XIII 
.S. 221, two man auch von den übrigen Ges 
ſellſchaften Nachrichten antrift, 
J 94 


ı \ 


20. 3. Affecurans. 


fol. *..©, 67 einrüden. “Demnach fich jes 
„bands Fleine und groffe Feuersbruͤnſte zutrüs 
„gen, dadurch niancher um feine ganze Wohl« 
„fahre gebrachte würde, als fönte der Hr, 
„Graf folhe Gefahr feinen Unterthanen: und 
„dabey zu Gemürhe führen, daß fie ſamt und 
„fonders ihre Häufer, eigenen ©efalleng, 
„zu Gele feßen, und von jeden tarirten huns 
„dert Ihalern einen Thaler jährlich denen hies 
„zu verordneten Einnchmern liefern folten; 
„fo wolte der Hr. Graf ſich hinwieder gegen 
„fie verbinden: wofern durch Gottes Bere 
„bingniß, ihre Häufer von Feuer. (auſſerhalb 
„feindlichen Ueberzugs) folten in vie Alchen 
„gelegt werden, daß er ſolche Gefahr auf fich 
„nehmen, den Beſchaͤdigten fo viel Öelts, fo 
„hoch fie ihre Haͤuſer felbfien angefchlagen, 
„zur Wiedererbauung auszahlen, aud) alle 
„andere, fo wohl ausländifche als einheimi⸗ 
„ſche, die fih etwan in diefe Vergleichung 
„mit zu begeben, Belieben tragen möchten, 
„hiervon nicht ausgefchloffen haben mwolte, Er, 
„der Künftler, ftünde in guter Zuverſicht, 
„ob zwar der Anfang etmas ſchwer fallen 
„möchte, daß doch allgemach von Jahren zu 
„fahren ein anfchnliches Gele dadurch aufge» 
„trieben, und ein jeder feiner Behauſung, auf 
„den unverhoften Gall, verfichert ſeyn Eönte; 
„deffen eine Probe zu haben, zweifelte er nicht, 
„wann ein Ueberſchlag koͤnte gemacht wer- 
| | „den, 


3. Affecuranz. 328. 


„den, mie viel Häufer Innerhalb 30 Stahren, 
„durch Feuersbrunft diefes Orts verborben, 
„es würde ſich der Schaden bey weitem fo 
„boch nicht erſtrecken, als wohl die Hebung 
„in fo geraumer Zeit, hätte austragen koͤn⸗ 
„men; jedoch wäre es nicht zu rathen, alle 
„Häufer. in den Städten insgemein in diefe 
„Bereinbarung einzunehmen, alldieweil dero⸗ 
„geftalt der Abgang auf einmal zu hoch ab» 
„laufen würde, fondern follten nur etliche und 
Tgewiſſe Häufer zugelaffen werden.” 


AIch will die Betrachtung und den Ents 
ſchluß des Grafen uͤber diefen Vorſchlag aus 
Winkelmann beyfuͤgen. Hiebey, ſagt er, 
„war zu erwegen, was ein jeder Sandeherr 
„für ordentliche Auflagen mit gutem Gewiſſen 
- „heben und einnehmen möge; ob vorgedachte 
„Fefindung, ohne Verſuchung Gottes, Nach—⸗ 
„rede der Benachbarten, Verkleinerung feines 
7graͤflichen Namens und Standes, zu une 
„zwenfelichem Heil der Unterthanen, und mit 
„feinem Vortheil, ehrlicher, unpermweislicher 
und rechtmäßigermeife angeftellet und fortges 
„feßt. werben fönte , ober nicht. In Nebene 
„betradhtung , daß diefes eigentlich fein Mit⸗ 
„tel, Gelt ins Sand zu dringen, viel weniger 
„die Geftalt eines Zolles, Licents, Eontribus> 
tion oder Schägung auf ſich habe, fonbern 
ſey vielmehr eine freymillige Darlage und 

P5 „Uhse 


| 222 “ Aſſecuranz. 


„ungezwungene Erwiederung wegen aufge⸗ 
„nommener Gefahr, wodurch die Haͤuſer deſto 
„eher dur, Erſetzung des Schadens, wieder 
„in vorigen Stand fünten gebracht. werden; 
„hätte in allem Abfehn auf einen, guten End» 
„zweck, wie denn auc gemeine Perfonnen _ 
„unter, fich ſelbſt eine: Öefellfhaft, zur Erfe 
„gung eines oder des andern ſich erregenden 
„Schadens, aufzurichten pflegten, möchte 
„aud) in diefen Landen, wegen. von, einander 
„gebauten und ſtehenden Häufern,. wohl Ins 
„Werk zu feßen ſehn; jedoch made der Hr. 
„Graf den vernünftigen Entſchluß, daß Gote 
„badurc möchte verfucher, feine eigene Untere 
„thanen beſchweret, ungleiche Urcheile darüber 
„gefället,; und ihm der Geig unverfchulderer 
„Weiſe behgemeffen werden; Gott haͤtte ſein 
„uraltes Haus Oldenburg fo viel. hundert 
JJahr Her, ohne diefes und dergleichen Mit. 
„tel, erhalten und begluͤckſeligen laſſen, wür- 
„de aud) forthin, durch feinen Segen demfels 
„ben: beywohnen und feine Unterthanen für 
„geoffe Seuersflammen behüten; lieffe deswe- 
„gen dergleichen Künftler, feiner belobten Frey⸗ 
„gebigkeie nah, nicht unbegabet von fid). 





Be, Tulpen. 


4. Die Tulpe. 223 
ee 


4. 
Die Tulpe. 


Ye mehreften Gartenbiumen haben wir \ 
WW aus der $evante erhalten; nur wenige 
ſind in neuern Zeiten aus verfchiedenen Eur 
‚opälfhen Gegenden und aus andern. Welt⸗ 
.theilen zu uns. gefommen ; und bie. allerwe⸗ 
„nigften haben wir durd) allerley Mittel, aus 
einheimiſchen oder. milben Pflanzen , nad) uns 
ſerer Meynung, dergeſtalt verfchönert., daß 
ſie einen Platz in unſeren Garten verdienen 
koͤnnen. Unfere Vorfahren haben vielleicht 
vor vielen Jahrhunderten die Annehmlichkeie 
der Blumen beobachtet, aber es ſcheint doch, 
daß die orientalifhen Völker, und vornehm⸗ 
lich die Türfen, welche fonft eben nicht fehr 
empfindſam gegen unbefeelte Schönheiten der 
Natur find,  zuerft ein Vergnügen und eine 
Pracht darin gefucht Haben, eine große Man⸗ 
nigfaltigfeit und Menge‘ ſchoͤner Blumen in 
Garten zu erziehen, Aus ihren Garten ſtam⸗ 
 . men wenigftehs die meiften ab, welche jetzt die 
unſrigen zieren, und zu diefen gehören auch 


Be 


224 4. Die Tulpe | 
Wenige Pflanzen nehmen durch Zufälfe, 


. Schwähe und Kranfheiten fo vielerlen Far— 


ben, Zeichnungen und Seftalten an, als diefe. 
Die natürliche ungefünftelte Tufpe iſt fafteins 
färbig, grosblätterig ufd bat einen unver 
haͤltnißmaͤßig fangen Stil;. erff dann, wann 


‚die Cultur fie geſchwaͤcht hat, wird. fie den 


Ä 


DBlumentiebhadern ſchoͤner; alsdann verlieh» 
ren die Blumenblätter die urfprünglichen ſtar⸗ 
fen Farben, werben blaffer, bunter, Eleiner, 
ihr Laub: befömt : ein matteresioder fanfteres 
Grün, und diefe Meifterftüce: der Cultur 
werden deſto ſchwaͤchlicher, je fehöner fie wer. 
den, ſo Daß fie ſich bey aller kuͤnſtlichen Wars 
tung faum fortpflangen, : kaum ſelbſt erhalten 
koͤnnen. So verſchoͤnert die Cultur das vier. 
ſchroͤtige Bauermaͤdgen zur ſchwaͤchlichen 


Prinzeßinn! ſo verfeinert Patis den ſtarken 
Teutſchen .. | — 


Obgleich der Blumenhaͤndler win zahllo⸗ 


ſes Verzeichniß der Tulpenarten ausgiebt, ſo 


kennet der Botaniker doch nur zwo, hoͤchſtens 


drey Arten dieſes Geſchlechts, wovon keine 
„in Teutſchland, und ſchwerlich eine in Euros 
pa einheimiſch ift (') Alle Abarten unfes 


| | rer 

(") Nämlich Tulipa Glvefris Lin, fol im. ſud⸗ 

lichen Theile von Frankreich wachen. Dodo⸗ 
näus fägt in: Florum et coronariarum her 

. rum hiſtoria. Antverpiae 1569. $ * p. 204: 

“: In 


4 Die Tulpe 235° 


rer Garten find Abkoͤmmlinge derjenigen Art, 
- die nach dem um die nuͤtzlichſten Wiſſenſchaf⸗ 
ten hoͤchſt verdienren Gelehrten, dem Linne“ 
des fechszehnten Jahrhunderts, dem Conr. 
Geſner genant iſt, weil er der erfte gemefen, 
der eine botanifche Befchreiburg und Abbils 
bung der Tulpe gegeben, und fie alfo wiſſen⸗ 
fchaftlich befannt gemacht har (2). Er fah 
— die 


In Tracia et Cappadkkia Tulipa exit; Italiae 
et Belgio peregrinus eft-flos. Minores alicubi 
in Gailia Narbonenfi nafci feruntur. Linne⸗ 
— giebt fie‘ ale eine Schwediſche Pflanze an, 
uund Waller nennet fie unter den Schweitzeri⸗ 
feben, fagt aber: Non credo .veram efle ci- 
vem, etfi paflim in pratis circa urbein reperi- 
tur, Hifor. flirp. Ip. 115. Es fcheint dies 
„ſe Urt früher als die T. Gefntriana gemein, 
aber auch bald von diefer verdrängt worden 
zu feyn. Die aus den Garten weggeworfe⸗ 
nen Zwiebeln find vermuthlich vermwildert und -. 
einheimifch geworden, fo mie das Europaifche 
Rindvieh in Amerifa. Man vergleiche hiemit 
Millers Bärtner-Lericon IV ©. 518. 
+.(2) Nämlich in feinen Zufägen zu Valerii Cor- 
ai opera, die 1561 in Follo gedruckt find. 
©. 213: Hocanno a nativitate Domini 1559 
initio Aprilis, Auguftae, in horto magnifici/ 
viri Founnis Heinricbi Herwarsi vidi herbam 
. hie exhibitam, ortam e femine quod Byzantio 
(vel ut alii, e Cappodocia) allatum erat. — 
Tureico vocabulo Tulipam vocant aliqui. Sed 
aliam herbaın in Italia eruditi Turcico Tuli- 
ae nomine demonftrant, cujus picturam Joan. 
entmannus nobis communicavit. — Sunt ex 
Ä Tur- 


4 


26 4 Die Tulpe. 


bie erſte im April 1559 zu Augsburg in dem 
Garten des um Künfte und Wiffenfchaften 
fehr verdienten Rathsherrn Johann Heinrich 
Herwart (3). Die Samen waren aug 
Conftantinopel, oder, nad) anderer Meynung, 
aus Cappadocien gekommen. In Stalien wa⸗ 
ren fie Damals ſchon befant, und zwar ſchon 
unter dem Namen Tulipa oder Tulipant, der 
tuͤrkiſchen Urſprungs ift, und, wegen Aehnlich⸗ 
keit der Blumen mit einen: ‚türfifchen Hute, 
entſtanden ſeyn ſoll. (4) Dach Conſtantino— 
pel ſollen die fruͤhbluͤhenden Arten aus Ca— 
vala, und die ſpaͤtbluͤhenden aus Caffa ges 
kommen feyn, und deswegen bie erſtern von 
ben Türfen Cavala lale, die letztern aber = 

. ie 


Tureis qui Tulipam dicunt nomen habere a 
flore, qui formam refert pileoli Dalmatici, 
Faſt eben diefed wiederholet Geſner in dem 

angehängten Aufſatze de hortis Germaniae p. 

265. Die genante Tulpe der Italiener war 

nur eine Abart der Gefnerifchen. 


- (?) Herr von Stetten ruͤhmt in feiner vortref⸗ 
lichen Runft- Geſchichte der Reichs⸗Stadt 

+ Augsburg. Augsb. 1779: 8 ©. 122 den 
Garıen und S. 309, die Münzfamlung dieſes 

(*) ©. Martini Lexicon philologicum. ' Tra- 
jedti Batav. 1711. 2 vol. fol. *Il p.7$o, u. 
Megiferi Diction. Turcico L. der dag Wort 
Tulbent (ein türkifcher Hut) aus dem Chale 

daiſchen herleitet. Br 


+ Die Tulpe, 227 


fe lale genant werden. Cavala iſt eine Stadt 
am oͤſtlichen Ufer von Macedonien, von der 
Paul Cukas 1714 einige Nachricht geaeben 
har (5); aber Eaffa meis ich nicht zu finden, 
da es niche in der Krimm liegen fell (6), 
Bon Zeit zu Zeit haben hernach die Holländis . 
ſchen Kaufleute und bie reichen Liebhaber der 
Gaͤrtnerey in Wien mehrerley Abarten aug 
Conftantinopel Fommen laffen. Nah Engs 
land find die erfien Zwiebeln gegen Ende des 
ſechszehnten Jahrhunders aus Wien geſchickt 
worden. Dieß erzähle Hakluyt (7), der 

en ur 37 aber 

(?) P. Zufas Reifen. Hamburg 1721. 2 B. 

ing*1S. 21. end, 


(°) Clufi rariorum plantarum hifloria, Antver- | 
pie 1601 fol. * p. 150: Hactenus Tuliparum . 


bulbi nebis Byzantio miſſi funt, praecocisqui- ' 


dem Cafe Jalö, ferotinae vero Cauala lale, a lo- 
eis nimirum unde primum Conftantinopolim 
illati funt, appellatione indita. Caffa urbs eft 
in peninfula Gazaria dicta, quae inter Proponti- 
dem et Euxinum pontum fita eft; Cavalla vero 
in Macedonia urbs maritima. Eben diefe Ins 
ſel Gazaria inter Propontidem et Euxinum pon- 
tum nennet Cluſius ald dad Vaterland der 
Tulpen in Rariorum ftirpium per Pannohiam 
obfervatarunı defcript. Antverpiae 1583. 8 * 
Pp. 169. | 
(7) Safluye fagt: — and now, within thefe 
four years, there have been brought into Eng» 
land from Vienne in Auftria, divers kind of 


8 


228 4 Die Tulpe. 


aber unrichrig dem Elufius. die Ehre beylegt, 
die erften Tulpen nad) Europa verfchrieben zu 
haben; diefer hat nur das Verdienſt, daß er 
alle damals befante Abarten, geſamlet, be« 
ſchrieben (8) und Liebhabern mitgetheilt hat. 


| Diefe Blumen , welche zu nichts weiter, 
\ als nur zur Zierde der Gärten dienen, deren 
Schönheit von mandyen andern Pflanzen weit 
übertroffen wird, deren Dauer fur; und des 
ven Beſitz ſehr mislich ift, iſt in der Mitte 
des fiebenzehnten Jahrhunderts der Gegen⸗ 
ftand eines Handels geworden, ber in der 
ganzen Gefchichte der Handlung nicht feines 
gleichen hat, wobey ihr fheinbarer Preis über 
den Werth des ädelften Metalles hinauf ges 
fliegen ift. Erzähle ift diefer Handel von vie. 
ten, aber wenigftens von allen neuern iſt er 
unrichtig vorgeftellet worden. Man fadyf über 
die Tulipomanie (9), weil man glaubt, die 
Schönheit und Seltenheit der Blume habe die 
tiebhaber zu fo hoben Preifen gereist: man 
| BR denkt, 
flowers called Tulipas, and thofe and others 
procured thither a litele before, from Conftan- 
tinople by an excellent man, called M. Caro- 
lus Clufus. S. Biographbia Bristannica II 
p- I64. \ 
(*) Nämlich in den Anmerkung 6 angezeigteit 
Schriften. 
(?) Diefed Wort fol Menage gemacht haben: 


Pr} % 


4 DiesTutpe, 229 


denkt, die Tulpen wären nur Deswegen fo un» 
‚mäßig. bezahl: worden, um feczur Pracht im 
Garten zu haben; aber :Diefe- Vorftellung ift 


unrichtig, ‚wie id) bald zeigen werde. 


Nicht in ganz, Europa watd die ler Handel 
‚getrieben, ſondern nur in einigen Niederlaͤn- 
diſchen Städten, vornehmlich, zu Anſterdam, 
Harlem, Utrecht, Alfmar, Leyden, Kottere 
dam , Vianen, Hoorn, Enfpunfen und Mees 
denblick. Am ftärkfien war: errin den Jah—⸗ 
ven 1634, 35,.36, 37.%'°) ar 

| nie er,n DA. 


("°) Die: vornehmften Schriften, welche bie 
Geſchichte der. Tulipomanie enthalten, find 
folgende: Eerfte tzamenfpraak tusfchen Waer- 
mondt.en Gaargoed nopens de opkonift en on- 
dergang van Flora, Amflerdam I64. ‚12. 
Meterani novi, das ift Yirwer Yiiederlän. 
diſcher Siftorien vierdter Eheil‘ Amfter- 
-dam 1640 fol.*&.518, woraus Marquard de 
jure mercatorum p. 181 die Nachricht genom⸗ 

men hat. Naauwkeurige beschryving der aard- 
‚ . gewaflen door Abrab Munting. Leyden en 
Utrecht 1696. fol, * p.907. De koophandel 

‚ van Amfterdam ‚door le Long. IL p. 307. Le 
negoce d’Amfterdam - par Jean Pierre Ricard, 

à Rouen 1723..4 p. 11. Breslauer Sam, 
lungvon Vatur⸗ und Runſt ⸗Geſchichten; 
2721 May S. 521. Franciſci Schaubuhne 

Th. 2. 639. Tenzel monatliche linter. 
redungen, 1690 Novem. S. 1039 Année 
literaire 1773. XV p. 16. Marsini Zeiler 


mil- 
2 Q 


230 % DieTulpe, 


hat einige Preife) wofür damals Zwiebeln 
verhandelt find‘, aus den darüber gehaltenen 
Handelsbuͤchern aufgezeichnet, wovon ich 
hier einige anfuͤhren will. Für eine Zwiebel 
derjenigen rt, welche Viceroy hieß, wurden 
dem, der fie‘ zu liefern verſprach, folgende 
MWaaren, HT dem ri bemerkien, Wer⸗ 
the, perfchrieben: — 


2 Saft Weitzen, an Werth * Gutden 

4 sahen, — 558 

4 fette Ichfen, - — 380 

a. s fette Schweine — 240 
2442 fette Schafe, —120 
2 Orhoͤft Wein, — 70 
4 Tonnen acht Guͤlden Bier, 32 

2 Tonnen Butter, — 192 
1000 Pfund Kiel, — 120 

5, Ein vollftändiges Bert, 100. 
: Ein — — Kleid, 80 

Ein ſilberner Becher, 60 


Alſo in allem — 2500 Gulden. 


Nachher ſchloß dach den Handel nach dem 
Gewihhte,der Zwiebeln... Vierhundert AB von 
Admiral Liefken Eofteten 4400. Gulden, 
46 Aß von Admiral von der Eyk A 


Es les p. 29.  Chrif Funcii obi⸗ politi· 
Eus p. 879. 


1 
“4, 


Er en Ft i 


8 # 


4 DieTulpe 231 


‚St: a06 Aß Schilder 1615 Fl. 200 Aß 
demper auguflus 5500 Fl. 410 Aß Viceroy 
3000 Gulden u. ſ. wm. Die Art demper au- 
Zuſtus iſt oft für 2000 Fl. angeſchagen wor⸗ 
den, und es hieß domals, es waͤren uͤberhaupt 
nur zwey Stüce vorhanden, eins zu Amfters 
dam, das andere zu Harlem. Fuͤr eine Zwie⸗ 
bel eben dieſer Art verſchrieb einer dem andern 
4600 Fl. und daruͤber noch eine neue zuge⸗ 
machte Kutſche mit 2 apfelgrauen Schimmeln 
mit allem Zubehoͤr. € 
zwölf Morgen Sand für eine Zwiebel; denn 
die nicht bares Geld. hatten, verfhrieben ihre 
beweglichen und unbeweglicyen Güther, Haus 
und Hof, Vieh und Kirider. Ein. Mann, 
deſſen Namen Munting gewußt, aber vers 
ſchwiegen hat, hat in einer Zeit von vier 
‚Monaten in diefem Handel mehr als 60,000 
Fl. gewonnen. Nicht Kaufleute allein gaben 
fih) damit ad, fondern auch die vornehmften 
Edelleute, Bürger aller Arten, Handwerker, 
Schiffer, Bauern, Torfträger, Schornitein« 
feger, Knechte, Mägde und Trödelmeiber 
u. few. Im Anfange gemonn jeder , - und 
feiner verlohr, die armften gewonnen in wes 
nig Monaten, Häufer, Kutſchen und Pfer- 
den, und famen, wie die Holländer jagen 
als de grootſte Hanfen daher. In allen 
Städten waren Wirthshäufer gewählt, wel⸗ 
ehe ſtat der Boͤrſe dienten, wo vornehme und 
J 092% geringe 


in anderer verfehrieb 


l 


335% Die Tulpe, 


teringe um’ Blumen negotürten, und die 
Contracte fich oft mit den größten Tractas 
menten beftätigeen. Sie hatten unter, fid) 
Geſetze gemacht, hatten ihre Notarien, ihre 


Schreiber. | | 
Wenn man über diefen Handel ein weht 
ernſthaft nadhdenfen will, fo mird man ba 
begreifen, daß der DBefiß der Blumen nicht 
"die Abfiche deffelben geweſen ſeyn Fönne, uns 
geachtet die meiften ſich io die Sache vorftel. 
fen. Der Preis der Tulpen ftieg vom Jahr 
1634 bis zum J. 1637 immer höher; aber 
wäre es den Käufern um den Beftß der Blur 
"men zu thun gemefen, fo hätte er in einem 
ſolchen Zeitraum fallen, nicht fteigen konnen. 
Macht die Waaren der Landwirthſchaſt theu⸗ 
rer, wenn ihr fie wohlfeiler Haben wolle, ſagt 
Noung, under hat recht; denn eine ftärfere 
Eonfumtion bewuͤrkt eine gröffere Repro— 
duction, wie ung die Phnfiofraten überflüßtg 
bewieſen haben, und die Tulpe if, fo gut als 
der Spargel, ein Product der Landwirthſchaft 
im weitläufrigen Verſtande. Seit dem unfer 
Göttingen viele Perfonen' erhalten hat, wel 
he Spargel effen mollen und gut bezahfen 
fönnen,, find viele Spargefbeete angelegt wor⸗ 
den, und der Preis faͤlt. Auf gleiche Weife 
würden in kurzer Zeit in Holland Tulpenplorie, 
tagen entftanden feyn, und in ein Paar Jah⸗ 


4 Die Tulpe, 233. 


ren wuͤrden alle Liebhaber für weit niedrigere 
Preife Blumen haben faufen fönnen. Aber 
dieß geſchah nicht, und der Scyornfteinfeger, 
der feinen Beſen wegwarf, ward Deswegen 
nicht Gaͤrtner, ob er gleich ein wanna. 
ler ward.. Aus weiter Ferne wuͤrde man Zwie⸗ 
bein verſchrieben haben, fo wie man ehemals 
* Spargel: aus Hannover und Braunſchweig 
nad) Göttingen Eommen ließ. Mac) Conſtan⸗ 
tinopel und Cappadocien würde der hohe Preis 
die Leute gejagt haben, um Zwiebeln zu hoh⸗ 
len, fo wie Europäer nad) Golconda und Bis 
fapour reifen, um: Steinchen zu ſuchen und 
zu kaufen, wozu in Europa viele reiche Sieb 
baber vorhanden find; aber der Tulpenhänd» 
ler zechte: in der vaterländifchen Schenfe, ohne 
an folhe mühfame Reifen zu denfen. Ich 
gebe zu, daß «ine Blume: har felten, alfo 
eheurer ſeyn koͤnnen ; aber unmoͤglich haͤtte 
der Preis ſo hoch ſteigen, und ſich noch dazu 
länger als ein Jahr erhalten fönnen. Wie 
laͤcherlich würde es gemefen ‚feyn, nad) dem 
Goldgewichte ungenießbare Zwiebeln zu bes 
Be wenn’ man nur die Blume hätte ha» 
en wollen! Groß ift die Thorheit der Men. 
ſchen, aber ohne allen Grund pflege fie nicht 
zu feyn, mie fie doch in jenem Falle hätte 
ſeyn müffen, | t 
‚Zur Zeit, der Tulipomanie both und be« 
zahlte. ein Speculant geoffe Summen für eine 
= 3 Zwie⸗ 


J 


— 


234 | 4. Die. Tulpe. 


Zwiebel; die er nie erhielt, und nie zu hoben 
verlangte. Ein anderer verſprach Zwiebeln, 


dite er nie gehabt Hatte, nie herbey ſchafte und: 


nie ablleferte. Oft kaufte der Edelmann vom 
Schornſteinfeger für 2000 Gulden‘ Tulpen, 
und verkaufte zu: gleicher Zeit einem Bauern 
‘ für eine: andere groffe Summe ſelbſt Dergleis 
chen , und weder Edelmann noch Schornftein« 
‚feger, noch Bauer. befaffen Zwiebeln, ers 
hielten ober verlangten fie zu erhalten, . Eher 
die Tulpenflor angieng , waren mehr Zwie⸗ 
bein erhandeli und verhandelt, beftellet und: 
veriprochen, als vieleicht alle Holländifche: 
Garten Hatten, und als Semper auguftüs nur 
zweymal vorhanden war, ward vielleicht keine 
Art oͤfterer gekauft und verkauft als eben 
dieſe; ſo wird in Paris in einem Jahre mehr 
Geld ausgegeben, als in ganz Europa exiſtirt. 
In einer Zeit von drey Jahren wurden in ei ⸗ 
ner einzigen Stadt von Holland, wie Mun⸗ 
- ting” erzählt, mehr als zeben — er 
Tulpen umgeſetzt. 


Unm dieſen nee! zu verftehn, darf 
man nur folgendes Beyſpiel ſich vorjtellen, 
Ein Edelmann verfprad einem Raufmann: 
nad: 6 Monaten eine Tulpenzwiebel mit 
1000 Gulden zu bezahlen, für welchen Preis 
dieſer fie zu liefern gelobte. Nach 6 Mona» 
ten war ber Preis dieſer Tulpenart eutweder 

| geſtie⸗ 


4 DieTuipu 235 


geſtiegen, oder ‚gefallen, . ober unverändert 
—5 — Wir wollen annehmen, die Zwie⸗ 
el koſtete alsdenn nicht mehr 1000, ſondern 
1500 Gulden, fo verlangte Der Edelmann, 
die Tulpe nicht mehr, fondern der Kaufmann 
muſte ihm 500 Öulden bezahlen, die alſo die⸗ 
ſer bey dem Handel verlohr, und jener ge⸗ 
‚wonn, „.Gefekt, nach bem abgeredeten Ter⸗ 
. min fey der Preis gefallen ,. fo daß man ein 
Erüd für, gop Gulden. annahm , ſo bezahlte 
der Edelmann dem Kaufmann 200 Fl. die 
diefer als Gewinn einzog. War der Preis 
nach: 6. Monaten nod) wie vorher 1000 Sl. 


” . 3 


fo. hatte Feiner gewonnen, feiner verlohren. 
In allen dieſen Fällen dachte niemand daran, 
Zwiebeln zu liefern, ober anzunehmen. Hein⸗ 

ich. Muntig verkaufte 1636 einem Kaufe 
mann aus Alfmar einige Zwiebeln für 7000, 
Fl. nah. 6 Monaten zu.liefern;; als aber der 
Preis gefallen war, bezahlte der Kaufmann, 
mac) der Verabredung ‚nur zehen Progenks 
fo empfieng ‚mein Vater, fagt. der Sohn, 
700 Bulden freyfich fuͤr nichts; aber noch 
lieber würde. er bie Zwiebeln felbft. für 70009 
Fl. weggegeben haben. Man ſetzte die 
Termine nicht allemal; jo ‚lang, fondern, oft 
viel kuͤrzer, und dadurch ward der Handel 
lebhaftet. Je mehr dabey gewonnen ward, 
deſto mehrere traten hinzu, und derſelbe, wel⸗ 
cher jetzt dem einen Geld zahlen muſte, hatte 

POLE. 4 bald 


2 ” 
« Fa 


236 Die Tulpe: 


bald darauf von einem andern Geld zu em⸗ 
pfangen, ſo wie man in Faro zu gleicher Zeit 
auf einer Charte verliehren, auf einer andern 
gewinnnen fan: Oft fcontrirten auch die Tuls 
penhaͤndler, und jeder wies feiner Gläubiger 
an einen feiner Schuldner; da wurden groffe 
Summen bezahlt, ohne Geld, ohne Wechfel 
und Waaren‘, fo wie bey den Virements zu 
$oon. Der ganze Händel war‘ ein Hazard⸗ 
fpiel, eine Werte, ebendaſſelbe was nachher 
der Mißiſippi⸗ Handel gewefen, und mas in 
unfern Zeiren der Actien- Hänel Alt; was 
jetzt Actie heißt, hieß damals Tulpe oder Zwie⸗ 
bel, haͤtte aber auch jeden andern Namen 
haben koͤnnen, ohne daß die Sache ſonder⸗ 
lich wäre verändert worden, Der ganze Uns 
terſchled dieſer Arten zu handeln, zu wetten 
öder zu pointiren, beſteht darin: die Frage, 
um wie viel iſt jetzt am Termine des Contracts 
die Actle geſtiegen oder gefallen, dieſe Frage 
beanwortend eNachr ichten aus London; aber 
beym T alpenhandel ward fie durch die Preife, 
mozu alsdarn Die meiſten Coutracte gefchlofe 
fen wurden, ausgemacht; ſo wie der Mäfler 
-fih den Wechfeleurs von den an der Boͤrſe 
geforderten und bezahlten Wedhfeipreifen ab» . 
ſtrahirt. Man ‚hatte teure und woßlfeile 
Tulpen» Arten angenommen, damit reiche und 
arme mitfpielen fonten; man wog fie nad) 
Aßen, um das eingebildete Ganze —— 

| ** 


4 Die Tulpe; | 237 


fönnen, um nicht nur ganze, ſondern auch) 
hatbe und Viertel⸗Looſe zu haben. Wer fih 
“wundert, daß ein folder Handel fo allgemein 

bat werden Finnen , der frage nur nady was 
jege gefchieht ; mo das Lotto errichtee ift (21), 
wo einige Gewinne vornehme und geringe, 
reiche und arme zu dieſem öffentlichen Hazard⸗ 
Spiele ziehen, wo alle Gewerbe fchläfriger 
getrieben und von manchen gaͤnzlich verlaffen 
werden, weil man ben Arbeitern ein bequemes 
res Mittel reich zu werden, gewieſen bat, 
Man. Fan den Tutpenhandel fehr gut braus 
dyen, um: dadurch jemanden den Actien Hans 
del zu erklären, von dem fo viele in Zeitun⸗ 
gen lefen, und in Geſellſchaften reden, ohne 
ihn zu verfiehn, und damie will ich mich 
denn altenfals bey dem entſchuldiget haben, 
der jenen Windhandel meiner Erläuterung 
nicht werth Hält, — 


Enndlich fiel der Tulpenhandel ploͤtzlicher, 
als jetzt das Lotto faͤlt, und ſo wie wir die 
Tulipomanie des ſiebenzehenden Jahrhunderts 
verlachen, fo werden unſere Nachkommen 
über die Lottomanie des achtzehnten ſpotten. 

F * —J Unter 
(**) Die Nachwelt wiſſe ed, daß die Lande 

‚unferd Königs, durch die Weisheit unferer 

boben Dbern, von diefem Unweſen frey ge 

blieben find. N 

| +5 


! 


238. 4. Die Tulpe. 


Unter ſo vielen Contracten wurden manche 
nicht gehalten; viele hatten mehr zu bezahlen 
verſprochen, ‚als ſie bezahlen konten; das ſaͤmt⸗ 
liche Vermoͤgen der Spirler ward durch Ver⸗ 
ſchwend ng der Gewinner aufgezehrt; neue 
traten nicht mehr hinzu; vielmehr kehrten die 
geſcheuteren zu ihren gruͤndlichen Gewerben zu⸗ 
ruͤck. Wis auf ſolche Weiſe die Preiſe immer 
tieſer fielen, und niemals wieder fliegen, da 
mwolten die Verkäufer die Tulpen gegen die ab⸗ 
geredeten, Summen den Käufern in Natura 
fieferm ,..wilche doch nie Zwiebeln für fo einen 
Preis gewuͤnſcht hatten, und ſich alfo, fie an» 
zunehmen und zu bezahlen, weigerten. Um 
dieſe Streitigfeiten zu endigen, ſchickten Die 
Plumenhändler der oben genanten Städte im 
J. 1637 Abgeordnete nad) Amſterdam, weldye 
den 24 Februar verabredeten, daß alle Con⸗ 
tracte, welche vor dem legten November 1636 
gefihloffen wären, unverbrüdig gehalten wer⸗ 
den, neuere aber den Käufern nad)gelaffen 
werden folten, wenn diefe den Verkaͤufern 
zehen Prozent bezahlen würden. Inzwiſchen 
kehrten ſich wenige an diefen Abſchied Der aus» 
ſterbenden Geſellſchaft. 


Ben den Obrigkeiten in den Staͤdten mehr: 
ten fich die Klagen, je mehrere bes Handels 
überdrüßig wurden. Als aber die Gerichte 
fi) mit dieſen wunderlichen und grundloſen 

Haͤn⸗ 


* 


4 Die Tulpe, 239 


Haͤndeln nicht aufhalten wolten, giengen die 

- Klagenden an die Staaten von Holland und. 
Weftfriesiand, und bathen um Recht. Diefe 
übertrugen die Sache dem Provinzial » Rarh 
in Haag zur Ueberlegung, nad) defien ertheil⸗ 
ten Gutachten, fie den 27 April 1637 bekant 
machten, daß fie fid) vorbehielten, über die⸗ 
fen Handel, nad) Erfundigung mehrerer Um⸗ 
ftände‘, zu urtheilen, daß bis dahin jeder Wera 
fäufer feine Tulpen dem Käufer ‚anbierhen 
folte, und fals diefer fie niche annehmen würs 
be, ſolche entweder behalten, oder an andere 
verkaufen, und ſich wegen des Schadens an 
ben Käufer balten möchte; übrigens ſolten 
alle Eontracte, bis zur weitern Erfenneniß ._ 
gültig. bleiben, Aber da man hieraus nicht 
voraus ſehen Eonte ; wie die Obrigkeit einmal _ 
über..die Gültigkeit: der - Contracte urtheilen 
würde, fo meigerten die Käufer. nun die Be⸗ 
zahlung noch mehr, als vorher, und die Ver⸗ 
kaͤufer ‚hielten es für-ficherer, ſich zu verglei⸗ 
den , und ihre Hoderungen gegen geringe Pros, 
zente fahren zu laſſen, und damit endigte fich 
dieſes fonderbare Hazardfpie. 


Inzwiſchen ift es auch wahr, daß die Blu⸗ 
menliebhaber, fonderlich in Holland, feltene 
Tulpenarten ſehr theuer bezahle haben und 
noch bezahlen, - wie die Segifvergenhnifte * 

* * 


\ 


240 4. Die Tulpe. 


Blumiſten bewelfen (12). Dieß iſt bie klei⸗ 

ne Tulipomanie, die gleichwohl auch man⸗ 
de laͤcherliche Vorfaͤlle veranlaſſet hat. Als 
Joh. Salt. Schuppe in Holland war, gab 
ein Kaufmann einem Masrofen, der ihm Wan 
ven gebracht hatte, einen Hering. Der Kerl 
nahm von den h:rumliegenden Eoftbaren. Zivies 
bein‘, die er für gemeine hielt, einige unbe⸗ 
mierft, und aß fie zum Heringe. Durch) die 
fen Misgriff Eoftete das Fruͤhſtuͤck des Matro⸗ 
fen dem Kaufmann mehr, als wenn er, den: 
Prinzen’ von Dranten tractirt haͤtte. Laͤcher⸗ 
lich iſt die Geſchichte des Engländers, mit 
welchem Matthews gereiſet hat, der in einem 
hollaͤndiſchen Garten ein Paar. Zwiebeln zu ſich 
ftecfte, woran er eine naturaliftiiche Beobach⸗ 
tung machen wollte, deswegen er als ein Dieb: 
verklagt ward, und endlich eine große Rech⸗ 
nung bezahlen mufte (3) h 


6. | 
(2) Im I 1769 waren in England die theu⸗ 
- reſten Arten Don Quivedo und ‘Valentinier; 
ee foftere 2 Pfund 2 Sch. und diefe 2 Pf. 
2&. 6 Man. fehe, Wefton botanicus 
——— ater Theil, und Phyſikaliſch⸗ 
„dEonomifche Biblioch. m®, 223. In den 
teutſchen Pretsverzeichniffen, 5: B. Im Cueder 
Briefe über Blumengarten. Hannover 
ı "1777: 8*&. 479 find feine fo hohe Preiſe. 
: Der Namen Semper auguftus ſtebt nicht einmal 
mehr in den neuern Berzeichniffen. - 
c"?) Hr. von Blainville Neifebefchreibung. 
Lemgo. 1767, in *VG.5ır 


5. Turmalin. 241 
—— 
—* 5. 
Turmalin. 


hne die Eleftrichtät zu kennen, fanten bie 
ww . Alten den. Bernflein, und wuften, daß 
er gerieben leichte Körper anzieht, eben fo 
wohl tätten fie den Turmalin kennen 5 und 
wiſſen fönnen, daß «r erwärmt gleichfalg 


felchte Körper anzieht und wiederum zurüf | 


ftöße. Denn es härte nur jemand ben Ein« 
fall haben bürfen, das Verhalten dieſes 
Steins, der wegen feiner Härte und. Farbe , 
leicht in die Augen fallen fan, im Feuer zu 
unterfuhen, da würde er den Stein mit der 
Aſche habe ſpielen fehen. ‘ Einige Gelehrte 
glauben auch Spuhren diefer Kentniß in dem, 
was die Alten von Lyncurium, Theamedes, 
und Carbunculus mielden, gefunden zu haben. 
Ich will, was ich durch Unterfuchung diefer 
Nachrichten heraus gebracht habe, bier an⸗ 
zeigen. a ' 


Alles, mas naan zur Beſtimmung des 
Lyncorium bey dert Alten findet, beſteht in 
folgendem: x) es iſt ein fehr harter Stein, 
2 | . der 


. 24% 5. Turmalin. 


der aur mit Mübe bearbeitet wird (1): 2) 


man ſchnitt ehemals Siegel daraus (*). 3) 
er ift durchſichtig, von feuriger Farbe, kart 
mie der gelbe DBernftein (3). 4) er ziehe 
leichte Sachen, als Spreu, Holzſpaͤhne, 
Blätter, Federn, auch dünne Eifen. und 
Kupferbleche, .wie Bernſtein, an fih (4). 

5) die Alten erhielten ihn aus Aethiopien, 
| 2 Plinius Zeiten fante man feinen Stein 

Ä meht unter jenem Namen (5). 


() Thbeopbhraſt. de lapidibus ; edit.‘ Heinfi. 
Lugd. Bat. 1613. fol. p. 395: x Ess segsw- 
Tary nadänee dog, — ylısras di nu) xærae 
yasrlı ric kurs vAtıan 

(2) Theophr.]. ec. 

(?) Theaphr. ETı Im pays rs chÖder xaı de. 


— 


Plin. lib. 37 c.3 edit. Harduini I p. 772: | 


Effe autem qualem in igneis füccinis, colorem, 
und lib. 8 c. 38; I. pag. 462: gemma car- 
bunculis fimilis, et igneo colore fulgens, 

(*) Tbeophr. Trahit ut ‘et fuccinum. Ferunt 
autem non:modo feftucas et lignum 'trahiere, 
verum etiam aes et ferrum, fi tenuia funt, ut 

etiam dicebat Diocles, 

Plin. 1. c. Nec folia tantum et ftranıenta adjjfe 


tapere, fed aeris etiam ac ferri laminas, quod 


Diocles quidem et Theophraftus credit Dioſ- 
Be nennet den Stein ſuccinum pterygo- 


phoron, w 


1°) Plin. — nec vilum in acvo » Hofre gemmanı 
„alla ea appellatione,. 


Diefe 


— 


5. Turmalin. 243 


MDieſe Nachrichten bemeifen, mie ich glau⸗ 
"be, daß Lyncurivm gewiß nicht, mie einige 
ältere Ausleger,: auch noch Woodward, 
behauptet haben, der Belemnit feyn Fann. 
Denn biefer bat eben ifo wenig die gerüßmte 
Härte und Durchſichtigkeit, “als die Eigen⸗ 
ſſchaft leichte: Körper anzuziehen, und fein 
Kuͤnſtler wird Siegel darin ſchneiden wollen, 
Vermuthlich iſt dieſe Meynung auf folgende 
Weiſe entſtanden,;; die Alten bildaten ſich ein, 
“daß Dyncurium der cryſtaluſirte Harn desje⸗ 
nigen Thiers fen ‚ Was fie Lynx nennen; nun 
‘Haven einige Belemniten etwas: bitumindfes 
‚ben -fich; welches fie zu Verwandten der Sau» 
„fteine mache, und da haben denn einige, in- 
‚dem fie gelbliche und etwas Durchfichrige Stuͤk⸗ 
ke der Belemniten gerieben oder erhigt haben, 
noch den erdichteren des 6 Lya acurium 
” riechen geglaubt. 


Nicht ſo abgeſchmackt iſt die Meynung⸗ ei⸗ 
aiger ältern und neuern Schriftſteller, daß 
Lyncuriumn eine Art Bernſtein ſey. Aber 
Theopbraft, der genauefte und gefchicktefte 
Mineralog der Alten, würde dieß gewiß bes 
merkt, und nicht Lyncurium vom Bernftein 
getrennet haben; zu dem fehle ja diefem ‚die 
Härte, und feine Verarbeitung fan man nicht. 
wohl ſchwer nennen, ungeachtet fie, zumal 
in ueuern Zeiten, — genug . 

ift. 


244 5. Turmalin. 


iſt. Des Plinius Urtheil iſt a; von kei⸗ 
nem Gewicht, denn er urtheilte, ſo wie wir 
thu⸗ muͤſſen, nur nach Theophraſts Nachrlcht. 


Epiphanius (6), der die Bibel f üreine 
Mineralogie anſah, ‘aber Lyncurium niche 
darin finden fonte, hatte den Einfall, es 
. „möchte wohl der Hyacinth ſeyn. So laͤcher⸗ 

lich auch die Veranlaſſung zu diefer Bermus 
‚hung ift, fo muß man doch geliehen, daß 
ihr niche alle Wahrſcheinlichkeit rebie, und 
ich fage mit “Job. von Laer: fane defcri 
Lyncurii non male convenit cum hyacintho 
‚neotericorum (7). Wenn man die Anzies 
hung leichter Sachen für diejenige haften will, 
welche unfer Hyacinth, wenn er gerieben wird, 
‚mit allen glasartigen Steinen gemein bat, ;fo 
ſehe ich nidyes, was diefer Meynung widers 
ſprechen und ung bewegen könnte, Lyncurium 
für den Turmalin zu halten. Die Gründe, 
welche Watſon (3) für. diefe Behauptung an⸗ 
gefuͤhrt hat, beweiſen mehr fuͤr den Hyacinth, 
als für den Turmalin. Haͤtte Theophraſt letz⸗ 
teren verſtanden, ſo wuͤrde er auch gewußt und 


ptio 


angemerkt haben, daß die Anziehung erſt 


| nad) 

(6) Epiphanius de xu gemmis. 5 

m J. de Laet de gemmis. Lugdumi Br 1647. | 
8” p. 155. 

(?) Philofophical transa, vol. LI, ı p. 394. 


J 


5 Turmelim 245 


nach der Erwärmung erfolgt: Denn wenige 
ftens noch zur Zeit ift Fein Turmalin bekant, 
der ohne Abmecyfelung der Wärme diefe Wuͤr⸗ 
fung äuffert; ungeachtet es nicht ſehr wunder⸗ 
bar ſeyn möchte, wenn ein Stein, vie der. 
Magnet , feine Kraft lange beybehielte. 


Den Theamedes der Alten hat der Herzog 
von Yloya Caraffa (9) für den Turmas 
fin angegeben. Won jenem Steine finder 
man nur bey Plinius (19) die Erzählung, 
daß er die enrgegengeleßte Eigenihaft des 
Magnets habe, nämlidy daß er das Eiſen 
nicht anziehe, ſondern vor ſich ſtoſſe. Aber 
dieſes beweiſet nur, daß man ſchon damals 
bemerkt gehabt, der Magnet ſtoſſe den feind« 
lichen Pol eines magnetiſchen Eifens von fi, - 
So hat fhon Boot (21) diefe Nachricht 
erklärt. Wenn man den Theainedes für den 
Zurmalin halten folfte, fo hätte Plinius fagen 
= | | muͤſ⸗ 


(?.) Reeueiĩl de memoires fur Ja Tourmaline par 
Aepinus. St. Petersburg 1762. 8 * p. 122. 
(*°) Plin,lib. 36 c. 16. Il p. 747: alius rurfus 
‚in eadem Aethiopia non procul mons gignit 
lapidem theamedem, qui ferrum omne abigit 
reſpuitque. Man vergleiche lib. 20 c, 1; II 
P:137-. | | 
#2) Gemmarum et lapidum hiftoria. Zugdu- 
mi Bat. 1647.8 * p: 441, 459% : 


246 5Turmalin. 


j müffen‘, daß er das Eifen anziehe, und dann | 
es wieder von ſich ſtoſſe. 


Mit viel mehr Wohrſcheinlichkeit — man 
einen Evelftein, den Plinius zu den mannige 
faltigen Carbuneulis rechnet (12), für einen 
Turmalin halten. Denn fo verworren und 
unverſtaͤndlich auch fein Bericht von den Car- 
bunculis ift, fo fehr auch die Leſearten in den 
Handfhriften und gedruckten Ausgaben von 
einander abweichen, fo erfenner man doc, 
daß er einen Stein befchreibt, der fehr hart 
ift, zu Siegeln dient, der purpurfarbig, das 
iſt, dunfelvioler if, der, wenn er von den _ 
Sonnenftrahfen erwärmt oder gerieben. wird, 
Spreu und anbere Fleine Körper anzieht, 
Hätte Plinius gefagt, daß er die Spreu wien 
der von ſich ſtoſſe, ſo — faſt kein Zwei⸗ 

fel 


ee) Plin lib, 37 c.7; II p.780: Et inter. 
has invenio differentiam ; unam quae purpura 
radiat; alteramquae cocco; afole excalfactas, 
aut digitorum attritu, paleas, et chartarum fo- 
lia ad fe rapere. Hoc idem et Carchedonius 
facere dicitur, quamquam multo vilior. prae- 
dictis — So liefet Zarduin; aber Salma⸗ 
fius über den Solinus &. 777, der ſich auch 
auf Handfchriften beruft, will, die Steflemüffe 
beiffen: et inter has invenio differentiam, Una 
| pr rpura radiat, altera cocco, . A fol excale- 
da, aut digitorum attritu baleas et charta- 
zum fila ad fe rapit: 


- 


5. Turmalin. 847 | 


fel übrig feyn, aber das fagt er nicht," auch 
Feiner feinen Ausfchreiber, Solinus und Jfl« 
dorus (3 )s 4 = 
“ Eine weit, neuere Machricht von einem 
‚Steine , der gerieben, wie ein Magnet, atia 
zieht, iſt die mir von Hrn. Prof: Buͤtner ana 
‚gezeigte Stelle des Arabers Joan. Sera- 
pion (14). Man fan fie freylich niche mie 
| RZ groffee 


13) Solinus ©, 52.p. 59 edit. Salmafıi ;.Tra= 

r ( Kai ad Rhenum. —— fol. Pc perinde 

fert India, cujüs lucis vigorem ardor excit: 

Jucernarum, “ua ex caufla Iychniten Graecd 

« _ vocaverunt, Duplex ei facies: aut enim pur- 

purea emicat claritate, : aut.meracius ſuffundi- 

. tur coceirubore, per omne intimum ſui, fiqu 
dem pura fit, inofſſenſam admittens perfpicui- 
taten; at ſi excanduit radiis folis incita, vel 
ad calorem digitorum attritü excitata et, aut 
palcarım eaſſa aut chartariım fila ad’fe rapig 

contumaeiter fcalpturis refiftens. - . 

- ('*) Joan. Serapionis lib, de fimplieibus medi- 
ciniss edit, Otbonis Brunfelfii.  Argentorati 
1531. fol. *p.263: Hager albuzedi- eft lapis 
rubeus, minus tamen quam hyatinthus; nam 
hyacinthi \rubedo eft magis placibilis’homini- 
bus, ‘eo quod non fit in eo obſeuritas aliquaf 

Minera vero hujus Japidis eſt in terris orientis; 
et quando apportatur a minera fua, eft obfcu- 
zus, fed quando excoriat eum aurifex, dete- 
gitur bonitas ejus et apparet et clarificatur. — 

Et quando ifte lapis fricatur fortiter ad capil- 

‚‘ los capitis, attrahit ad fe feltucam palearum;; - 

\  ficut lapis magnetis ferrum. | 


* 


248 5. Turmaelin. 


groſſer Wahrſcheinlichkeit auf den Tutmalin 


deuten, da alle Edelſteine gerieben die ſelbige 
Wuͤrkung haben, aber merfwürdig iſt ſie, weil 
der befihriebene Stein, fo wie Lyncurium der 
Alten, juden Hyacinthen gehört, deren Farbe 
manche wahre Turmaline ebeufalls haben, und 
vielleicht giebt es unter den Zeilonifchen einige, 
die vielmehr zu den Hyacinthen, als u ven 
Schoͤrlen zu rechnen ſind. 


Die wahren Turmaline find * 9 am 
Ende des vorigen oder im Anfange des jekigen 
Jahrhunderts aus Zeylon durd die Hollaͤn⸗ 
der befarit geworden. Gemeiniglich glaube 
man, daß die erfte bavon gedruckte Nachricht 


diejenige ſey, welche in. den Schriften der Pa⸗ 


sifer Akademie vom Fahre 1717 vorfömmt; 
‚aber ſchon um zehn Jahre früher find in:teuts 
fhen Schriften die Eigenfchaften des Steins 
vollftändiger und richtiger, als dort geſchehn 


ift, befchrieben,  : Die äktefte mir jeßt befante 


Nachricht finder ſich in einem Buche, welches 
jegt wohl wenig mehr gelelen wird, und gelee 
ſen zu werden nicht verdienet. Der Titel iſt: 


Curiöfe Speulationes: bey Schlaf + loſen 


Naͤchten, — — von einem Liebhaber, 
der inimer Gern Speculirt. Chemnitz und 
$eipzig bey Conr. Stöffeln 1707; 857 Sei 
ten ing *, Den Namen des Verfaflers, der 
durd) 1. G. 8 angedeutet zu ſeyn ſcheint, — 

ch 


: 5, Turmalin. 249 

’ 
ich nicht zu erraten (15). ©. 269, wo er 
don den harjigen und glasartigen Körpern, 
welche. gerieben leichte Suchen anziehen, tee 
ter, und behauptet, daß diefe Anziehung nicht 
wagnetiſch fen, ſagt er: “Mir hat ohnlaͤngſt 
„der curiöfe Kr. Daumius, jegiger wohlbe⸗ 
„ftalter Stabs; Medicus bey der kön. Polni- 
Iſchen und Ehurf. Saͤchſ. am Rhein ftehens 
„ben Miliz, erzählet, daß anno 1703: die 
„Holländer einen aus Oſtindien von Zenlon 
kommenden Evelftein;- Turmalin oder Tur- 
„male, aud) Trip genant, zum ‚erften mal 
„nad Holland gebracht hätten ‚. welcher bie 
„Eigenfhafe Hätte, daß er die Turff- Afche 
„auf ber Heiffen oder glühenden Turff · Koßle, 
„nicht allein wie ein Magnet das Eifen, an 
„ſich ziehe, fondern auch folche Aſche zu glei⸗ 
Tcher Zeit wieder von ſich ftoffe , welches mit 
Zuͤuſt zu ſehen ſey, bdenn bald ein wenig Aſche 
zbarauf haͤpfte, und gleichſam fich ſtellete als 
„ob>es ſich mit Gewait ‚in den Stein. hinein 
„drehen wolte, bald fprünge dergegen ein we⸗ 
ig wieder davon hinweg, als wolte es gleiche 
JIſam von newen aushehlen wieder darauf zu 
" sfpringen, und wuͤrde deswegen bon Fe 


c(**) Das Buch beftcht aus 4 Dutend Geſpraͤ⸗ 

ben ; jedes Dugend hat ein befondered Titel» 

blatt, ale find 1707 gedruckt Brüdmanı 
hat es In Magnalia Dei S. 302 angeführt: 


7 


R3 


250 5. Turmalin. 


Hollaͤndern Aſchentrecker genant; die Cou- - 


„leur ſey Pomeranzen-vorh mit Feuer» Farbe, 
‚erhöhet. Wenn der Turff kalt fen, Yo thaͤte 
„diefer Stein gar nichts, und brauchte audy 
„Feine Wartung wie der Magnet. — — Ich 
„habe darüber meine Speculationes, ob er 


„nicht fo wohl.auf andern heiffen Kohlen die 
„Aſche an ſich ziehe und von fich floffe, als... 
„nur auf der brennenden Turffs Kohle allein, 


„und zmweifele ich nicht, er werde, menn er 


nerhißt ift, wohl mehr. Dinge als Aſche am 


vſich ziehen, 


Diele ganze Stelle ift woͤrtllch, ohne 
Aenderung und Zufäße, aud) ohne Anzeigung 
der Quelle, in ein vielleicht ſchon eben fo ſehr 
vergeffenes Buch eingerüctt worden, beffen 
Titel ift: Obfervationes curiofo-phyficae oder 
Remarques und Anmerkungen der gebei« 
men und groffen Wunder der Welt, — 
von Selig Maurer, Phyfco et Medico. 
Frankf. und Leipzig bey Buggeln in Nürnberg 
1713; .1039 ©eiten in 8 *. Dieſes dicke 
Werf ift ganz aus vielerley ungenannten Büs 
ern zufammen .gejchrieben. Die Stelle 
ſteht ©. 605. | | 


In dem Verzeichniffe der Naturalien-Sams 
lung des Daul Hermann, die im Sun. 1711 


zu Leyden verfauft ift, finde ich S. 30, unter den 
5 Edel⸗ 


‚5 Turmalin 251 


Edelſteinen: Chryfolithus Turmale Zeylon. 
— 6). Ungeachtet keine weitere Nachricht 

eygefuͤgt iſt, fo fan man doch nicht zweifeln, 
ob unfer Turmalin gemennt fep. Man lernee 
Daraus wenigitens, daß der Namen mit dem 
Steine zugleich aus Zeylon zu ung gefommen 
iſt, wie (don Watſon anaemerfe hat, und 
Daß mir den Sranzofen nicht Tourmaline nach⸗ 
ſchreiben folten. . Man fieht ferner, daß der 
Stein anfänglid für einen Chryſolit h gehalten 
‚It, „und vielleicht koͤmt er unter diefem Namen 
fhon in Altern Nachrichten von Zeyfon vor, 
Hermann, beffen Verdienſte um die Botanik 
allgemein befant find, war in den Jahren 1670 
bis 1677 auf der Inſel, und fein Beobach⸗ 
tungsgeift läßt vermurhen, daß er die Eigen. 
ſchaften des Steing irgendwo. in feinen Schrif⸗ 
ten angemerkt habe. Inzwiſchen finde ich nichts 
davon tn feiner. Cynofura materiae ınedicag (17), 
und in Mufaeum zeylonicum (18), 


357°) ‚Catalogus mufei Indici, — — eolle&i a Pı 
.. Hermauno. Lugduni Bat. 52 &eiten in 8. 

Ix babe dieſes Buch aus des Hrn. Prof— 

Buͤtner Bibliothek vor mir. 
c7)Argentorati. 1726. 4. 

(*5) Edit. fec. Lugduni Bat. 1726. 71 pagg. 
in 8. Es iſt nur ein Verzeichnig Zeyloniſchet 
Pflanzen mit Cingaleſiſchen Namen, und fol 
von Wilh. Sherard herausgegeben feyn, 
welche „aller Biblioth. botan. II p, 16 nicht 
angemerkt h)at. 

Ra 


— 


257 5 Turmalin, 


AIm Jahre 1719 machte die Parifer Aka 
demie der Wiffenidyaften in ihren Schriften 
vom J. 1717 befant, daß ihr Lemery, in 
dem zuletzt genanten Jahre, einen Stein aus 
einem Strohme der Inſel Zeylon vorgezeige 
.. babe, der leichte Körper anzicht und- zurüd 
ftöße (19). Er wird dort ein Fleiner Magnet 
genant, wiewohl man freylich einige Verſchie⸗ 
| | oa | ; Delle 
(79) ch will die ganze Stelle aus Hiftoire de 
PaAcademie 1717,p. 7 einruͤcken: Voiciencore 
un petit Aiman, C'eſt une pierre qu’on trou- 
ve dans une riviere de l'isle de Ceylan, grande 
‘conıme un denier, plate, orbiculaire, &paiffe 
d'environ une ligne, brune, liffe et Juifante, 
fans odeur et fans goüt, qui attire et enfuite 
repouffe de petits corps legers, comme de la 
eendre, de Ih limaille de fer, des parcelles 
de papier, M. Lemery la fit voir. Elle n'eſt 
oint commune, et celle qu'il avoit, cöutoit 15 
—* Quand une aiguille de fer a ete ai- 
mantée, l’aiman'en attire le pole-feptentrion 


par fon pole- meridional, et par ce meme  - 


pole meridional il repouffe le meridional 
de Paiguille, ainfi il attire ou repouffe. dif- 
ferentes pärties d’un même corps felon qu'el- 
les lui font preſentées, et il attire ou repoufle 
‘tolijjours les m&mes..:: Mais la pierre de Gey- 
lan attire et ’enfuite repouſſe le m&me petit 
corps ‚prefente de la. ‚m&me’maniere, et let 
en quoi elle eft fort differente de Faiman. I 
ſenmble qu'elle ait un tourbillon, = — In der 
von Hr. von Steinwehr beforgten teutſchen 
Ueberfegung findet man dieſe Nachricht V 
©. 179, = 


— 


5 Turmalin. 253 


| denheiten zwiſchen beyden Steinen zugab : da 


hingegen der oben aenante teutſche Naturfor⸗ 
ſcher ſchon weit zuverſichtlicher dem Turmalin 


die magnetiſche Kraft abſprach. Aber noch. - 


wunderlicher iſt, daß ungeachtet in den Schrif⸗ 


J 


ten ber Akademie das Anziehen und Zurüde 


Hoffen erzähle wird, dennoch nicht mit einem 


Worte angemerkt iſt, daß der Stein nur 
nad) der Erwärmung oder Erkaͤltuug dieſe 
Wuͤrkung zeiget; welches doch unſer Lands⸗ 
Mahn ausdruͤcklich gemeldet hat. Wer des⸗ 
wegen den Alten durchaus die Kenntniß des 
Turmalins zuſchreiben wollte, der koͤnnte ſa⸗ 


gen: bar der Concipient der Pariſer Akade⸗ 


mie dieſen Umſtand vergeſſen koͤnnen, wie viel 
feichter har ihn Theophraſt bey Lyncurium, 


.. Plinius bey dem Carfunfel, Serapion bey 


— Hyacinth vergeſſen koͤnnen! 
Noch lange nachher muͤſſen die Turmalie 
ne nur ſparſam nach Europa gekommen ſeyn a 


denn als Mußchenbroek die befanten vielen 


Verſuche mit dem Magner anftellete, und kei⸗ 
‚ne Mühe fparte, ſolche vollftändig zu machen, 
kante er,den Turmalin, den er nad) der Parifer 
Nachricht noch für einen Magnet hielt, niche, 
ivie er felbft in der Worrede zu feiner zuerft im 
3. 1724 gedruckten Abhandlung fagt (2°), 
R5— Aber 
(722) PDiſſertatione⸗ phyficae experimentales. Vi- 
ennae 1756, 4.” P. 10: Magnetes m. 


254 s. Turmalin. 


„. Aber ums Jahr 1740 haben fchon deut⸗ 
{he Naturforiher Verſuche mit dem ‚Steine, 
angeſtellet, um die wahre Urfache der Anzies 
bung zu entöschen. Man fiche dieß aus dem, 
Artikel Trip in dem befanten Natur⸗Lexi⸗ 
con, weiches oft mie Huͤbners Vorrede ges 
druck iſt. Man irret, wenn man meynt, 
dieſer Artikel ſey erft in die neue von Zink 
beforgre Ausgabe vom J. 1755 gekommen; 
er fteht ſchon in der Ausgabe von 1741, ja 
er bat fhon 1727 darin geftanden, noch nicht 
aber in der zmeyten Ausgabe von 1714. Eben 
diefen Artifel findee man im -45ften Theite 
des groffen vollftändigen LUniverfal. Leri- 
cons, ‚der zu Leipzig 1745 gedrudt ift, ©. 
840. Vermuthlich har ihn der Samler des 
Natur⸗Lexicons aus einem ſchon gedrucdten - 
Werke genommen, welches ich aber noch niche 
habe auffinden fönnen, und es ift mie alfo 
unbekant, wem die Ehre der erſten Unterfus 
Hung diefes Steins gebührt... Da das $eria 
con überall vorfömt, fo will ich nur wenig 
auszeichnen. Die Oftindienfahrer hätten die 
Steine aus Zeylon, mo fogar der Perlfand bey 
Columbo fehr viele Stückchen enthielte, nad) 
| Hole 


ab .academiae Parifinae fapientibus defcriptog, 

nondum exploravi. Die Differt- de magnete 

iſt zuerſt 1729 zu Leyden, und hernach 1754 
zu Wien einzeln in 4 gedruckt worden : ) 


5 Turmalin. 255 


Holland gebracht, und fie daſelbſt den hod)« 
teutfchen Juden verkauft. Dieſe hätten fie 
dünner. fehneiden laffen, und der Preis fey 
bald auf. 8 und 10 Holländ. Gulden geftiegen 
Cinneuern Zeiten find fie viel theurer gewor⸗ 
den, doch werden fie nun wohlfeiler). Sie 
zögen nicht alfein Afche, fondern aud) metallis 
ſche Kalke an fi, und zwar am ftärfften und _ 
feichteften diejenigen, welche durch Salmiak 
dder deffen Geift gemacht wären. Die Ans 
ziehung erfolge nur nad) einer mäßiger Era 


wärmungz; denn weder ein kalter, noch ei | 


fehr Heiffer Stein habe diefe Wirkung, die 
der Werfafler ex fundamento fulphuris martia- 
is congeniti herleitet. Die inländifchen Chry⸗ 
fofiten und andere Edelſteine hätren dieſe Ei⸗ 
genſchaft nicht. Weil der V. das La- 
boratorium Zeylonicum (?') anführt, fü habe 
ic) ſolches nachgeſehn / aber nichts vom Tur⸗ 
malin darin gefunden. — 


Der erſte, welcher den Einſall Hatte, die 
Wuͤrkung des Aſchenziehers von der elelktri⸗ 
ſchen Kraft herzuleiten, war der groſſe — | 


(>?) Inſule Ceyloniae thefaurus medicus vel 

laboratorium Ceylonicum, a Pielat latinitate 
"donatum. Anmflelod. 1679 167 pagg. in 12 *. 
Der Berfaffer , deſſen Namen der unartige 
eberſetzer verſchwlegen has, ift der Schwede 
5.1. Grimm - 


2356. 5 Turmelini 


Denk: in- ber Vorrede zur Flora Zeylanica; 
Hulmiae 1747. 8 * ©. 8, wo er die Pros 
bufte der Inſel erzähle, nennet er den Turs 
mal'n den elektriſchen Stein, den er damals, 
‚wie er mir ſelbſt gefage hat, noch nicht geſehn 
hatte (22). = | j | 
- Was Linne‘ nur vermuthet hatte, dag 
bat Hr. Aepinus im . 1757. zu Berlin 
Durch genaue Unterfüchungen und Verſuche 
bemwieien, als er zugleich mit Hr. Wilke das 
Verhalten der entgegengefeßten Eleftricitäten . 
zu erforfchen bemüher war, ; Aber die Ges 
ſchichte dieſer Entdeckungen übergehe ich bier; 

denn beffer als ich ſie erzaͤhlen koͤnnte, hat fie 
Hr. Wilke, der vielleicht Die größten Ver⸗ 
dienfte um die Gefeße_der Turmaliniichen 

Elektricitaͤt har, bereits in den Schriften der 

Schwediſchen Akademie erzähle (23 ). 

— | 5 


c(*) Fluvü, quod minime praetereundum, La- 
’ pidem Eledtricum vehunt magnitudine oboli, 
planum, orbicularem, nitentem, levem, brun- 
neum, craflitie unius lineae, inodorum, infi- 
pidum, attrahentem corpora levia, parva, ci- 
neres, limaturas ferri, raments papyri &c. 
eaque dein longius repellentem. Mira certe et 
‚ Inaudita proprietas fi in lapide, neque motu, 
neque tritu calefacta, hic unice dete&to et ob- 
fervato, | | | 
- (??) In der teutfchen Ueberfegung XXVIII S. 
95 XXX &, 1. und S. 105. | 


Scyleichende Gifte, 27 
a nn 77 
a 8 
roudre de Succefion. _ 
Schleichende Gifte 


U diefer Benennung verfteht man ge 
meiniglich afle. Gifte, welche fehr unbe⸗ 
merklich beygebracht werden koͤnnen, und das 
Leben der Menſchen langſam, wie durch eine 
auszehrende Krankheit, verfürzen. Sie find 
nicht erft im vorigen Jahrhunderte in Franke 
‘reich oder Italien erfunden worden, mie doch 


> Diele glauben, fondern. fihon die Griechen und 


Römer haben fie gekant und gemisbraucht; 
ungeachtet ich wohl zugeben will, daß fie in 
feinem $ande und zu Feiner Zeit "gefjickterer 
gemadjt, und geſchickterer und oͤfterer ange⸗ 
wendet ſeyn moͤgen, als in jenen Laͤndern ſeit 
einem Jahrhunderte geſchehn iſt. Wenn es 
wahr iſt, daß man fie daſelbſt jetzt dergeſtalt 
zu verfertigen weis, daß fie den Tod zu einer 
vorher: beſtimmten Zeit bewürfen fönnen, oder 
daß der: Unglücticdhe, dem das Gift benges 
8* iſt, —— einer gewiſſen vorher be⸗ 

ten Zeit hin irbt, ſo muß ich auch ein⸗ 
raͤumen, baß. die alten Biftmifcher von den 
neuern weit uͤbertroffen werden. Aber _ 


238 & Sihleichende' Gifts 
lich wird man dieſen Vorzug fir möglich: Hab 


fen, wenn man die mannigfaltigen ſehr ver- 
aͤnderlichen Umftände überlegt, Die anf die 
Wuͤrkung der Arzneyen und Gifte Einfluß 
Haben; und mie oft hat nicht eine Geſellſchaft 
zu gleicher" Zeit einerley Gift in gleicher Maafe 
fe genofjen, ‚aus der darauf manche früher, 
manche fpäfer, mande gar nicht geftorben 
find! So ftarb Pabſt Alexander Vi-imi 
1503 , und Caͤſar Borgias kam ohne Bew 
luft der Geſundheit davon, als beyde, durch 
Verwechſelung der Flaſchen, das Gift getrun⸗ 
fen hatten, was fie. den andern Gaͤſten allein 
zugedacht hatten. Wenigftens glaube ich, daß 
bie Tophania, wenn fie. den Weibern die 
DBefreyung von unangenehmen Männern bat 
auf Wohen und Tage zuſichern Fönnen, vor 
der Konftitution, der Diät, oder wie Die, 
Aerzte reben, von der Idioſyncraſie derſelben, 
fehr genaue und zuverläßige Nachricht Kat, . 
haben müffen, | | 
Theophraſt (') redet von einem Gifte, 
welches dergeftalt zugerichtee werden ja 
| | | da 


() Tbeophr. hiftor. plant. IX. c. 16. p. 1895 
ich will nur die Inteinifche Ueberfegung her⸗ 
fegen! Componi (venenum ex Aconito) ita 

ferunt, ut certis occidere temporibus pofit; 
videlicet bimeftri, trimichtri, femeftri, anno 
eompleto, non nullum etiam biennio, _ Arie 

08 


5 Schleichende Gifte, | 259 


daß e8, wie man es verlangte, in a oder‘ 3 


"Monaten „’oder nad) einem oder zmenen Jade 


ten würfte, wobey er anmerkt, daß der Tod 
deſto ungluͤcklicher geweſen fey , je langfamer 
er verartaffer worden. Dieſes Gift ward aus 
Aconitum bereitet, einer Pflanze, die deswe— 
gen niemand bin Febenstirafe haben tu.fte, 
Er erzählt, daß Thraſyas aud) aus dem 


Safte anderer Pflanzen ein Gift zu bereiten 


erfunden habe, meldes in der geringen Do— 
fis von einer Drama, inen ſeichten uns 
ſchmerzhaften Tod unausbleiblich bemürfte, 
und lange Zeit, ohne zu verderben oder ges 
ſchwaͤcht zu werden, aufgehoben werden kon⸗ 
te, Diefer Thraſyas, deffen Schüler Alexias 
bie Kunft nod) weiter getrieben hat, war von 
Mantinea, einer Stadt in Arcadien (2), 
uud wird von Theophraft wegen feiner Ge. 
ſchicklichkeit, vornehmlich wegen feiner bo. 
— tani⸗ 


illos de vita diſcedere volunt, qui plurimum 
temporis reſiſtere poſſint. Paulatim enim ta- 
befcat corpus, et languore pereat diuturno 
efle necefle., Facillime illos', qui confefim 
 obeunt. Remedium nusquam efle comper- 
tum — — 


(”) hift. plant. IX c. 17 p. 190. Uebrigens 
iſſt von diefem Thraſyas und. Alexias nichts 
weiter bekant, wie man aus Fabricii biblio- 
theca graeca vol. XIII p. 53 und 437 fieht. 
Diefer erinnert, man müfle bey Theophraſt 
Masrwevs ftar Mayrisvg leſen. Ei 


260 6. Schleichende Gifte, 


tanifhen Kenntniß gerühmt, „aber es iſt ein 
Irthum, wenn ihn einige für den Erfinder 
der fehleichenden Gifte angeben 3). | 
| In Rom murden diefe Gifte ſehr üblich, | 
‚ und zwar feit ungefähr 200 „Jahren vor dem 
Anfange der chriftlichen Zeitrechnung. Denn: 
als damals fehr viele vernehme Prrfonen an 
einerley Krankheit in einem Jahre wegſtar⸗ 
ben, und man nad) der Urfadye forfchte, gab 
eine Magd an, daß Frauen aus den angefes 
benften Familien Gifte kochten und austheil⸗ 
ten, deren auch über anderthalb hundert übers, 
wwiefen und beftraft wurden (4)... Da ſchon 
fo viele diefe gefährliche Kunſt gelernt hatten, 
ſo Eonte fie wohl nicht- mehr ausgerortet wers 
den, und die Roͤmiſche Geſchichte Hat Beweiſe 
genug, daß fie ſich nachher befiändig erhalten 
hat. Sejanus ließ ein folches ſchleichendes 
Gift durch einen Verfchnittenen dem Drufüs 
beybringen, der daran allmälig, wie an eie ' 
ner auszeßrenden Krankheit, wegſtarb (5). 
Als 
(2) Das iſt z. B. geſchehu in der ohne Critik 
zuſammen geſchriebenen Nachricht von Er⸗ 
findungen und Erfindern. Hamburg 1707 
12 *S. 154. Sie macht dad Ende von dem 
geöfneren Ritter. Plage aus. Ahr Verfaſſer 

ift ohne Zweifel Daul Jacob Marperger. 
(*) Livius lib. VIII c. 18: Neque de veneficis 

ante eam diem Romae quaefitum eft. 

C’) Taciti annal. lib. IV. c.g: Igitur Sejanus 
maturahdum ratus deligit venenum, quo pau- 
Iation inrepente, fortuitus morbus adfimularetur. 


6. Schleichende Gifte, a6; 


As die Agrippina den Claudius aus dem 
ege Baben wolte, aber ihn ploͤtzlich umzu— 
bringen nicht wagte, und ihm doch nicht viele 
Zeit zu neuen Anordnungen wegen der Thron⸗ 
folge laſſen wolte, waͤhlte fie ein Gift, wel⸗ 
ches ihm ſeine Bernunfi nehmen und ihn lange 
fam aufreiben follte. Diefes ließ fie durch ei« 
ne geſchickte Giftmiſcherinn Ramen⸗ Loeuſta, 
bereiten, der ſie, als ſie wegen ihrer Kunſt 
zum Tode verdammet war, Das Leben geret⸗ 
tet. hatte, um fie einmal als ein Staats Werk 
zeug brauchen zu koͤnnen. Das Gift ward 
dem Kayſer in einem Gericht ·Schwaͤmme bey⸗ 
gebracht, aber als es bey. feiner. unordentli⸗ 
chen Lebensart nicht ganz nah Wunſch wuͤrk⸗ 
te, ward mit einem ſtaͤrkern Gifte nachgehol⸗ 
fen (6). Eben dieſe Locuſta bereitete das 
a, I Zu 2 Gift, 
K°) Die Erzählung. des Tacitus annal, XII ‘c. 

60 iſt werth gelefen zu werden. Tum Agrip- 


Pina ſeeleris olim terta, et oblatae occafionis * 


propera, nec miniſtrorum egens, de genere 
veneni confultavit; ne repentino et praecipiti 
facinus proderetur; Plentum et-tabidum dele. 
‚giffet „ne admotus 'fupremis Claudius, et dolo 
intelle&o, adamorem Ali rediret; exquifitum 
aliquid placebat, quod turbaret mentem et 
mortem differret. Deligitur artifex talium, 
vocabulo Locuſta, nuper veneficii dampata , 
et diu inter inſtrumenta regni habita, — —_ 
Soluta alvus ſubveniſſe ‚iVidebatur, Igitur ex- 


tere 
S 


262 6. Schleichende Gifte, 


Gift, womit Nero, der Sohn der Agrip- 


pina, den Germanichs, ber feinem, Vater, 
dem Claudius, billig hätte in der Regierung 
folgen tollen, wegraͤumte. Als auch diefem 
das Gift nur einen Durchfall erregte und zu 


langjam würfte, zwang der Kayferdas Weib, 


— — * 


mit 
territa Agrippina, = Xenophontismedici con- 
fcientiam adhibet. Ille tanquam nifus evo- 
mentis adjuvaret, pinnam rapido veneno illi- 
tam faucibus ejus demififfe ereditur Hear. 
I € W. Moͤhſen meynt in feiner vortreflis 
chen Beſchreibung einer Berliniſchen Me⸗ 
daillen⸗Sammlung. Erſter Theil. Berlin 
und Leipzig 1773. 4.* G. 261, Tacitus wie 
derſpreche ſich in ſeiner Erzaͤhlung, weil er 
ſagt, Agrippina babe ein langſames Gift ge⸗ 
wählt, un bernach, es ſey ihr fremd vorge. 
kommen, daß es nicht ſchnell gewuͤtkt habe. 
2a fie verlangte nicht nur eine langſame 
Toͤdtung, fondern auch, und zwar vornehm⸗ 


‚Lich, eine plöglide Verruͤckung des Verſtan⸗ 


des; da dieſt nicht gleich erfolgte, und fie 
nun bey dem, Aufſchub nicht allein. eine-Xendes 
runa der Zöronfolge, fondern auch die Ent. 
deckung der verfuchten Vergiftung zu beſor⸗ 
ger hatte, fo vrautaffere fie ein ſtaͤrkeres 
Gift. Bar Hr -Möbfen zur Vertbeidigung 
des Eonopbens geſogt bat, mögen andere be: 
ustbelen: mir it Die Suverlaßigkeit dei Roͤ— 
miſchen Geſchſchtſchreibers wichtiger als die 

Redlichkeit des Faiferlichen Leibarztes, die, 
ben aller feiner Liebe zum Vaterlande und der 
Freyaebigkeit und dem Zutrauen des Kanferd, 
doch wohl bar wanken können. | 


6. Schleichende Gifte, 263 


. mit Schlägen und Androhung des Todes, ein 
Ttärferes in feiner Gegenwart zu kochen. Dieß 
ward vorher an einem Bode verfuht, - und 
meil diefer erſt nad) fünf Stunden davon ftarb, 
ließ. das Weib es länger einfochen, bis ein 
Schwein, dem davon gegeben ward, augen- 
blicklich ftarb, und diefes tödtete den Britan⸗ 
nicus jo bald er es gefofter hatte (7). Daher 
2 © 2 ſchenk⸗ 


c) Diefe abſcheuliche Geſchichte erzählen Taci⸗ 
: tus annal. XIIL.c. 15, 16 und Suetonius VL 
+ & 33. Von erſterm will ih nur folgende 
—  MBorte bier anführen. Primum venenum ab 
ipfis educatoribus accipit, transmifitque exfo- 
Ita alvo parum validum, five temperamentum 
inerat, ne ftatim faeviret, Sed Nero’ lenti 
fceleris impatiens , jubere. fupplicium venefi- 
cae, — — Fromittenti dein tamı praecipitem 
necem quam fi ferro  vrgeretur, cubitulum 
Caefaris juxta decoquitur virus, cognitis antea 
venenis rapidum; — — quod ita Brittannici 
cunctos artus pervafit, ut vox pariter et fpirie 
‚ tus ejus raperentur. Ded Bueronius Erzäh, 
lung it folgende : Britannicum veneno aggreflus 
ef. . Quod acceptum a quadam Lorufta, vene- 
‘  nariorum indice, cum opinione tardius cede- 
h; ret, ventre modo, Britannici moto; accerfitam 
mulierem fua manu verberavit, arguens pro 
venend remedium dediffe. Excufantemque mi- 
nus datum ad occultandam facinoris invidiam, 
— coegit fe coram in cubiculo quam poffet ve- 
lociſſimum ac praefentaneum coquere. Deinde 
in haedo expertus, poflquam is quinque horas 
protraxit; iterum ac ſaepius recoftum, por- 
| cello 

\ 


264 6. Schleichende Gifte. 


fchenfte der Kayſer der Eocufte Vergebung | 


. und groffe Güter, und gab ihr Schüler, die 


fie in ihrer Kunſt unterrichten muſte, damit 


dieſe nicht verlohren gehen möchte. 


Auch zu Carthago muß man bie Giftmis 
ſcherey dieſer Art wohl verfianden haben, 
Als der von den Carthaninenfern  gefangene 
Römische Feldherr M. Attilius Regulus 
nach Rom geſchickt ward, um den Vorſchlag 
zu thun, daß die Römer die Kriegsgefariges 
nen gegen ibn. ausmwechfeln möchten, hinter 


trieb er diefen Taufh, weil er. wuſte, daß 


man ihm bereits ein Gift beygebracht hatte, 
wodurch ihn doc) der Staat bald verliehren 
würde; er kehrte alio, nad) feiner. gegebenen 
Verſprechung, zu den Feinden.zurüd, die ihn 
auf die graufamfte Weile zu Tode marters 
ten (3). Ä en 

u Alle 


cello objecit. Quo flatim exanimato, inferri 
in trielinium, darique coenanti fecum Britan- 

nico imperavit. Et cılm ille ad primum guftum 
coneidiflet, — — Der Locuſta gedintt auch 
Juvenal fat. I, 1, 71. 


(?) Diefe Nachricht führt Belliug noct. Attic. 
VIc 4 aus den nun verlobrnen Schriften des 
Tuditanus an. Regulus habe gefegt : ve- 
nenum fibi Carthaginenfes dediffe non praefen- _ 
tarium, fed ejusmodi quod mortem in diem 
proferret; eo confilio, ut viveret quidem tantif- 

per 


"6 Schleichende Gifte. 265 


Alle diefe Gifte wurden aus Pflanzen, 
vornehmlich aus Aconitum , Cicuta, Papaver 
(anovırov, RWvsiov , innav ) gekocht, oder 
aus thieriſchen Theilen gezogen. Unter letz⸗ 
tern iſt Feine Are merkwuͤrdiger, als die wels 
he aus dem Meerhafen, Lepus marinus, 
Aaywos SaAarcıos, gemacht ward, womit, 
wie Philoftrams (9) erzähle, Titus vom 
Donntian umgebracht ſehn fol. Ohne bier 
die Simplicia zu den Giften der Alten beftim- 
mern zu mollen, will ich nur anmerfen, daß 
Lepüs marinus, von deffen fürdhterlicher Würs 
fung Diofcorides (10), Balenus, Nican⸗ 
der, Aetius (u1), Aelianus (12), Pli—- 

| F His 
/ s 
per quoad fieret permutatio; poft autem pras- 
fante fenfim veneno cor tabefceret, Cicero 
bat der Edeiniuch des Reaulus oft gedacht; 
z. DB. in der Rede wider Pifo und lib, 3. de 
ofheiis e 27; aber: von ber Vergiftung wel, 
der er nichts. Reguius babe geſagt: capti- 
vos adölefeentes efle et bonos duces fe jam 
confe&tum ſenectute Auch Daler. Maximus 
lib, lc, 1, 14 gedenkt der Vergiftung nicht. 


(2) In vita Apollonii lib.6 p.291. Sueroniug 
hat diefer Vergiftung im Leben des Titus lib. g. 
c. 10, nicht gedacht 

(’°) Lib. 2. c. sg und 6. c. 30. 

(**) lib. 12. 

(‘*) Hiftor. anim. lib. 2. c.45. 

- — S 3 


266 6. Schleichende Gifte, . 
nius (35) und andere ausführliche Nachriche 


gegeben haben, dasjenige Thier iff, was jege 


im Sinne’ifdyen Syſtem Aplyfia depilans heiße 
(14), wie fhon Rondelet vermuthet, wi 
Bohadſch völlig erwiefen hat (15). Dieie 
thieriſche Gife fcheine inzwiſchen feltener ange« 
wendet zu feyn, weil es fid) durch einige ei« 
genthümtiche Symptome leicht verräch. Ari⸗ 
ftoteles ſcheint es nicht gekant zu haben, we⸗ 
nigfteng hat er es nicht genent (16). | 

| | Die 
("?) lib. 9. e. 48 und lib. 32. e. 1. 


(**) In Syftemate nat. ſteht durch einen Schreibe. 
fehler, den ich fchon in Phyſik. okonomiſcher 
Biblioch. VII G. 130 angemerkt habe, Lap-" 
Iyfia, welches Wort nachher allgemein ange» 
nommen iſt Araver« bedeutet eine Unreinige 
Feit, die fich nicht abwaſchen läßt, und, iſt 
beym Ariftoteleg Hiftor. anim. lib, 3.c. 15 
und bey Plinius lib. 9. c. 45. der Namen 
einer Art Schwaͤmme. Auf gleiche Weife find 
mehrere Druckfehler des Linne’ifchen Syſtems 
allgemein geworden; 3. B. Dytifeus für Dyti- 
cus, und Sphex iſt weiblichen Geſchlechts ges 
worden, da man doch 5 o9u& ſagt. 

(”’) $. B. Bohad/ch de quibusdam animalibus 
marinis. Dresdae 1761. 4 * p. 1-53. Man 
findet dafelbft eine vollſtaͤndige Beſchreibung 

-und Abbildung unter dem Namen Lernaca, 
> Ainne! inden Altern Ausgaben gebraucht 
‚hatte. 

(*0) Die Nachrichten der Alten vom Meerba« 

fen finder man gefamlet in Facebi Greyini lb» 
e 


6 Schleichende Gifte. 267, 


Die weit ftärfern ‘und allgemeinen mines 
ralifhen Gifte Fannten die Alten noch nit; 
dem ihr Arfenif war das, was wir Auripige 
mene nennen, und alfo nicht der gefährliche. 
metalliſche Kalk, welcher den Hauptbeftand» 
theil derjenigen ſchleichenden Gifte ausmacht, 
welche in Frankreich und Itelien in neuern 
Zeiten zu einer teufeliſchen Vollkommenheit 
gebracht find (17). | ' 

| = S 4 In 


de venenis, Antverpiae 1571. Grosoctav 
S. 209. In Geſnets Ausgabe des Ste⸗ 
phanſchen Woͤrterbuchs iſt ein doppelter Feh⸗ 
ler; da Lepus marinus durch pifeis ex lacerto- 
rum genere überfege tft. So wenig nugen die 
beiten Wörterbücher. bey Benennungen det 
.  Maturalien! J J 
(*7) Hieher gehört C. G. Stenzelii diſſ. de vene- 
nis terminatis et temporaneis, quae Galli Les 
poudres de fucceflivn vocant; refp. J. G. Ar- 
nuld. . Vitebergae 1730. *. Man findet dar⸗ 
in einige biftorifche Nachrichten , aber oft ſind 
die Leſer auf Schriftfteller verriefen, welche 
dasjenige, weswegen fie angeführt nerden , 
entweder gar nicht, oder doc, anders oder an 
andern Hrten. erzählen, ald dort angegeben 
wird. 3.3. Baien redet lib 2. de antidotis 
7. von Giften, aber obne ber fehleichenden 
befondecs zu gedenken. Avicenna fol indem 
Buche de viribus cordis melden, daß die, Ae⸗ 
gyptiſchen Könige oft biefe Gifte gebraucht 
hatten; aber wenn unter jener Unführung Fen 
undecima de difpofitionibus cordis zu m 
/ 


— 


268 6. Schleichende Bifte, 


In Italien ift niemand wegen diefer Runft 
berüchtigter geworden ‚- als die. Tophana 
ober Toffania, -ein.Weib; welches erſt zu 
Palermo, nachher zu Neapel ſich aufgehalten 


hat. Sie verkaufte die Tropfen, welche von 


ine 


ihr den Namen Aqua tophania, aqua della 
Toffana, Toffanina erhalten haben, und audy 


; oft acquetta di Napoli oder nur acquetta ges 
nant werden, gab aber aud) wohl ihre Waa⸗ 


re als ein Almofen Ehemeibern, die gern.ane 


dere Männer haben wolten. Wier bis ſechs 


Tropfen waren genug, um einen Menfchen 
binzurichten, und man behauptete, daß die 
Dofis auf gewiſſe Zeit eingerichtet. werden 


konte. Als ihe von der Obrigkeit nachgeftellee 


ward , flüchtete fiein eine geiftliche Frenftäce, 


nnd old Keyßler 1730 in Neapel war, lebte 


fie noch, weil man ihr, ſagt er, wegen diefes 
Schußes nice ans Leben kommen Eönnen, 
oder.es nicht gewole hat. — Man bat fie 


doch wohl nicht gar, wie die. Locuſta, als 
ein inſtrumentum regni gehegt! — Damals 


ward 


iſt, ſo Habe ich jene Nachricht darin vergebens 
geſucht. In lib. 4 fen 6 tract. 2.c. 14, Oder 
nach der fchönen Ausgabe: Venetiisapud Jun- 
‚2as. 1608. 2 vol. fol. * Ilp. 210 Tiefer man: 
el canis aqüatici interficit poft hebdomadam, 
Auch Rhodiginus erzähle dag nicht, weswe⸗ 
‚gen ervon Stenzel ©. 7 angeführt wird, 


— 
ei 


6. Schleichende Gifte. 269 


ward fie von vielen Fremden aus Neugierde 
beſucht. Sie war aber nichr die einzige, wel⸗ 
he zu Neapel das Gift zu machen verftand; 
denn es ward noch damals heimlich bereitet, 
und ward, fagt Keyßler, vor etlichen Jah ' 


. ren ein ganzes Faͤßgen voll nah) — — ver— 
ſchrieben (18), Pitaval verfichert, der Vi⸗ 


cefönig, General Thaun, habe die Topha- 
na, ungeachtet des geiftlichen Schutzes, feft 
fegen laffen, und fie fey endlich hingerlchtee 


“worden, welches letztere auch Hr. le Bret 


Im Jahre 1659, unter ber Regierung 


bes Pabfts Alerander VII, bemerkte man 


in Rom, daß viele junge Weiber Wittwen 
wurden, und Männer bald wegftarben, wenn 
fie ihren Frauen unangenehm zu werden an« 
fiengen ; zugleich meldeten die Geiftlicyen, daß 


ſeit einiger Zeic viele Seute Vergiftungen beich⸗ 


teten. Als die Obrigkeit alle Aufmerffamfeit 
anivendete, die Giftmifcherimmen zu entdecken, 


- ward eine Geſellſchaft junger Weiber verdaͤch⸗ 


tig, deren Präfidentinn ein altes Weib zu 
feyn ſchien, welches ſich mit Wahrfagen F | 


(23) Reyßlers Fortſetzung neueſter Reifen. 
| 2 


Sannover 1741.*6, 234. 


©; 


‚270 6& Schleichende Gifte 


gab, und oft. fehr ridytig. den Tod mancher 
Perfonen denen voraus fagte, die ihn zumün. 
fhen Urfache hatten. Um fie des Berbre= 
hens, welches man argwöhnre, überführen 
zu Pönnen, fchiefte man eine liftige Frau, der 
man bas Anfehn einer Perfon von vornehmen 
Stande gab, zu ihr, welde ihre Wertraus 
lichkeit zu gewinnen, ‘und von ihr Tropfen. 
für ihren vorgeblich tyrannifhen Ehemann 
zu erhalten wuſte. Da ward denn die ganze 
Geſellſchaft eingezogen; alle befannten bald, 
nur die Wahrfagerinn, Hieronyma Spare, 
erft vor der Folter. Wo find nun, rief fie 
aus, die Römifchen Fürften, Ritter, Bas 
ronen, die mir bey fo vielen Gelegenheiten 
‚ihren Schuß verfprochen haben! wo find die 
Damen, bie mic) ihrer Gunft verficherten ! 
Wo find meine Kinder, die ich in fo glän« 
zende Umftände verſetzt habe! — Um Furcht 
wider dieſes Verbrechen zu erregen, wurden 
mit vielen ſchreckhaften Anftalten, in Gegen. 
wart unzählbarer Zufchauer gehenfer: Gra⸗ 
tiofa, Handlangerin. der Spara, eine Flei« 
-fherinn, eine Färberinn, eine Fleden » Aus»: 
jieberinn und die halsftarrige Spara, wels. 
che noch bis zulege Hülfe hofte. Einige Mo« 
nate nadıher wurden noch ‚mehrere Weiber 
gehenket, viele geitäupt, viele des Landes vers 
wieſen. Ungeachtet diefer Strenge hat man 
dennoch von Zeit zu Zeit Wuͤrkungen .— 
u.ä Orte 


6. Schleichende Gifte 271 


ſortdaurenden Laſters bemerkt. Hr. le Bret 
(19), dem wir dieſe Nachrichten zu danken 
haben, ſagt, die Spara fey eine Siciliane⸗ 
rinn geweſen, und habe ihr Gewer“ zu Paler⸗ 
mo von der Tophania gelernt. Wenn das 
wahr ift, fo muß leßtere nie nur ſehr 
alt geworben, fondern auch fehr jung Birtuos 
ſinn und $ehrmeifterinn ihrer Kunft geworden 
feyn. Reyßler nannte fie ein kleines altes. 
Weibchen, | | 
In Franfreic hat die Giftmiſcherey nie⸗ 
mals mehr Auffehn erregt, als ums Jahr 
1670 (2°), Marie Marguerite de Au⸗ 
bray, 


(19). 5. le Bret Magazin zum Gebraliche 
der Staaten » und Kirchengeſchichte. Bierter 
heil. Frantf und Leipzig 1774-8. S. 131- 141. 


(2°) Die bier folgende Erzählung iſt vornehm⸗ 
lich aus folgenden Werken zuſammen getragen: 
Caufes telebres et intereffantes par M. Gayot de 
Pisaval. Tome 1.& laHaye 1737. 8* P- 
m. 267- 326. | | 
Recueil des lettres de Mad, la marquife de Sẽ- 
vigne. à Paris 1754 8 Bande in 8. * IV P. 
44-198. | | | 
Hiftoire du regne de Louis XIV. Par M. Rebou- 
Jet. 3 Avignon, 1746. 9 Bande ing.” V. 
p. 159. | 
— Hi- 


273 6. Schleichende Gifte, 


bray, Techter des Civil, tieutenant Dreux 
deAubray, ward im J. 1651 an den Mars 
quis de Srinvillier, Sohn des Gobelin, 
der Prehident en la chambre des comptes war, 
verheurathet, der 30000 Livres jährliche Ein« 
fünfte hatte, und dem fie einen Braurichag 
von 200, 000 Livres zubrachte. Er war mellre 
de champ beym Regiment Normandie, und’ 
batte im Kriege den Godin, genant Sain- 
te⸗Croix (21), einen unehelichen Sohn ei« 

a nes 


Hiftoire de la- vie et du regne de Louis XIV. 
publice par M. Bruzen de la Matiniere, 3 la 
Haye 1740. 1742. 5 Yande in 4.*IV’p.229. 


Le fiecle de Louis XIV (par Voltaire) publie 
ar M. de Francheville. à Berlin. 1751. 2 
ände In ı2. * Ip. 59. — 


‚Memoires et reflexions fur les principaux eve: 
nemens du regne de Louis XIV. par M.L.M. 
‚ D. L. F. äRotterdam. 1716. 8 *p. 209-214. 
Bon diefem Buche, deſſen Berfaffer de /a Fare, 
nicht de 2a Force, mie einige fagen, Capitaine 
ber Garde des Herzogs von Orleans, gewe⸗ 
fen, iſt auch eine keutſche Ueberſetzung vor⸗ 
banden: Nachrichten von den wichtigſten 
Begebenheiten der Regierung Ludwigs 
XIV. Leipzig 1716 8. ©. 128. 
>") Marriniere hat in feiner kurzen Erzaͤh⸗ 
lung verfchiedene Fehler, wozu auch Diefer 
gehört, dag er ben Bodin:-labbe dela Croix 
nennet. wo Nur: 


— 


6. Schleichende Gifte 273 


nes vornehmen Hauſes, als Capital der Car 
vallerie beym Regiment Troffi fernen gelernt. 
Diefer, der damals als chevalier:d’induftrie 
lebte, befuchte den Marquis fleißig, und 
ward in.furzer Zeit der genauefte $iebhaber' 
ber lebhaften Marquifinn, welche ihren Mann, 
nachdem. fie ihm das groffe Vermögen harte 
aufzehren ‚helfen, verlies, um mit jenem des 
fto freyer leben zu: koͤn en. Aber. dieien un. 
anftäntigen Umgang flöhrte ihr Water ‚ber 
ihr den Sainte: Croir, durch eine Jettre de 
cachet, aus dem Wagen vonder Seite nehmen, 
und in die Baflille fegen Mies I(?2). Hier 
lernte diefer einen Ftaliener, Namens Exili 
fennen, der die Giftmifcheren verftand und 
ſie ihn lehrte. Als beyde nach einem Fahre 
frey Famen, behielt Sainte; Croir diefen 
- Erili ſo lange bey fih, bis er feine Kunft 
völlig erlernt hatte, in der er darauf auch die 
Marquiſinn unterrichtete, um folhe zur Ver— 
befferung ihrer bepderfeitigen Umftände zu 
nußen. Als dieſe die Anfangsgründe der 
Kunft begriffen hatte, nahm fie das Anfehn 
einer Betſchweſter an, fpeifere die Armen, 
bediente die Kranfen im Hotel-Dieu, und 
— gab 
(22) Voltaire ſagt, der Vater haͤtte den Sain⸗ 
te⸗Croi nicht in die Baſtille, ſondern zum Re⸗ 


giment ſchicken ſollen; aber dieſer Boͤſewicht 
war damals nicht mehr im Dienſt. 


* 


294 6 Schleichende Gifte, 


aab ihnen Arzneyen, aber nur um an biefen 
Huͤlfloſen die Stärfe ihrer Gifte unbemerfe ver» 
ſuchen zu Fönnen (23). Man fagte in Paris 
aus Scherz, daß fein junger Doftor fo fchnell 
einen Kirchhof gefüllet habe, um Praris zu 
erhalten, als die Brinwillier. Sie erfaufte 
ben Bedienten des Seinte: Croir, der la 
Chauffe'e bies, um ihrem Vater, bey dem 
fie ihn in Dienft brachte, und ihrem “Bruder, 
der Parlements ·Rath war und ben dem Va⸗ 
ter wohnte, das Gift beyzubringen. Dem 
erftern ward zehn mal Gift gegeben, ehe er 
ftarb, gefhwinder ftarb der Sohn, aber die 
Tochter, die Demoifeile »Aubray Eonte die 
Marquifian nicht vergiften, vermutblich weil 
fid) diefe zu febr in Ache nahm; denn der Arge 
wohn, daß Vater und Sohn vergiftet wä« 
ven, entftand bald, wie denn aud) die Feichen 
besfals geöfnet wurden, Inzwiſchen würde 
fie dennoch weggekaͤumt ſeyn, wenn nice die 
Vorſehung das Verbrechen entdeckt hätte. 


Sainte⸗ Croir gest, wenn er Gift. 
kochte, eine. gläferne Maſke vorzubalten, als 
ihm dieſe aber einmal von ungefähr abfiel, 

er⸗ 


(??) Dieſen Umſtand leugnet Voltaite, aber 
nur, wie es ſcheint, um den Pitaval, den 
er un avocat fans cauſe nennet, zu wider⸗ 
ſprechen. 


5. Schleichende Gifte: 275 


erſtickte er gleich,“ und man fand ihn todt in 
feiner Werkſtelle. Die Obrigfeir ließ die 
Sachen diefes Mannes, der feine Familie 
hatte, unterfüchen und aufichreiben, und ba 
fand fich ein Käftgen, woran Sainte Croif 
die jchriftliche Biete geheftet Barte, daß man 


es nad). feinem Tode ungeöfnet entweder der 


Marquifinn de Srinvillier zuftellen, oder 
fals diefe nicht mehr leben follte, es verbrens 
nen möchte (24), Nichts konnte die Eröfs 
nung des Käftgens mehr veranlaffen, als die⸗ 
— | — 
(24) Diefe Bitte lautete fo: Je ſupplie tros 
» humblemeut ceux, ou celles entre les mains 
de qui tombera cette caflette, de me faire la 
grace de vouloir la rendre en main propre & 
. Mad. la Marquife de Brinvillier, demeurant 


rue Neuve Saint Paul, attendu que tout ce 
quelle contient laregarde, et appartient ä clle 


jeule, et que d’ailleurs iln’y a rien d’aucune 
utllit€ A perfonne du monde, fon interdt A 
part; er en cas quelle füt plutöt morte que 
. moi, de la brüler, et tout cequ’il y a dedans, 
fans rien ouvrir ni innover; et afin qu'on n’en 
pretende caufe d’ignorance, je jure für le Dieu 
que jadore, et tout ce quil ya de plus fa- 


ere, qu’on n’impofe rien qui ne foit veritable. 
Et fi d’avanture on contrevient A mes inten- 
. tions, toutes juftes et raifonnables en ce chef, 


j’en charge en ce monde eten l’autre leur con- 
fcience, pour la decharge de la ınienne, pro- 


teftant que c’eft ına derniere volonte, Fait & 


Pacis ce 25 Mai aprös midi 1672: 
ud e De Sainte - Croix, 


\ 


J— 


276 6. Schleichende Gifte 


fe ſonderbare Bitte, und: da fand man denn 
einen groffen Vorrath allerley Gifte mir Zet. 
teln, worauf ihre Würfungen angemerkt was 
ven, die durch Verſuche an Thieren beftäs 


"tige wurden. Als die Srinvillier von dem 


Tode ihres Liebhabers und. Jehrmeifters Nach» 
richt befam;,: verlangte fie das Käffgen, und 
erachtete es fogar Durch Beftehung der Ges 
richesdiener zu erhalten. Als ihr dieß fehl 


u ſchlug, entwich fie aus Frankreich. La 


Chauſſeſe blieb in Paris, machte -fo. gar 
noch Anfpruh an die Machlaffenfchaft des 


Sainte. Croir, ward feft gefeßt, befante mehr 


Verbrechen, als man: vermuthere, und ward 
Daranif 1673 lebendig gerädert. 


Der Brinvillier ward ein fchlauer. Ge 
richtsdiener, Nemens Deſgrais nachgeſchickt, 
der fie zu Lüttich im. Klofter auffand, wohin 
fie aus England geflüchtee war. Um fi fie aus 
diefer Freyſtaͤte, welche die Dumheit den Sa» 
ftern erbauer bat, zu locken, verfleidere fich 
Deſgrais als ein Abbe’, fuchte ihre Befonts 
ſchaft, fpielee die Rolle eines Liebhabers, ver, 
leitete. fie zu einer Luſtreiſe, nahm fie gefan. 
gen und: fand unter ihren Sachen im Kfofter 
eine von ihr eigenhändig aufgefeßfe Beichte, 
die das vollftändigfte Regifter aller ihrer Ues 


belthaten war. Sie befante darin, Feuer 


angelegt und Es als man vermuihe⸗ hat⸗ 
| ee, 


6..Schleichende Gifte 277 


e, bingerichter zu haben, auch hatte fie darin 
angemerft, daß fie bis zum fiebenten Jahre 
ihres Alters Jungſer geblieben ſey. Unge⸗ 
achtet vieler Liſt, die ſie zu ihrer Befreyung 
aufboth, ward fie nad) Paris gebracht, wo 
fie anfaͤnglich alles leugnete, und im Gefäng- 
niſſe, um fi) die lange Weile zu ‘vertreiben, 
Piquet fpielen wolte. Aber fie ward übers 
‘führe, zum Geftändniß ‚gebracht, befehrte 
ſich, wie wenigſtens ihr Beichtvater es nan⸗ 
te, und gieng mit vieler Entſchloſſenheit den 
16 Jul: 1676 zum Gerichte, wo fie ſich über 
die Menge der Zufchauer aufbielt, voila, 
ſagte fie hoͤhniſch, un beau fpedtacle a voir!. 
Eie ward enthauptet und hernach verbrant 
(25); eine viel zu gefinde Strafe für fo eine 
Merbrecherinn! aber man fihonte fie ihrer 
Verwandten wegen, und ließ ihr fogar noch 
die Hofnung zur DBegnadigung, daher fie 
beym Auftritt aufs Blutgeruͤſte ausrief: 
C’eft donc tout de bon (26)! | 

| ; - | Uns 
. (25) Wartiniere ſagt, fie fen lebendig, und 
mit ihr zugleich die ganze Samlung der Akten 
‚serbrannt; aber letzteres iſt unwahrfcheinlich, 
und erflered gewiß falſch, ungeachtet es auch 
in Encyclopedie, nach der Parifer Ausgabe III 

©: 48 gemeldet wird. _ | 
(25) Vieleicht Lönnen unfere Phyſiognomen 
folgende Schilderung der Srinvillier ur 
n 


T 


278 6 Schleichende Gifte. 


. Unter den vielen Perfonen, welche bei dies 
| fer Inquiſition verdädhrig wurden „ war aud) 
ein Teurfiher, ein Apotheker, Nainens Bla. 
fer, der mit Zrili und Sainte⸗Croix eine 
chemiſche Bekantſchaft gehabt hatte, Beyde 
hatten durch ihn die Materialien, welche ſie 
verarbeiteten, erhalten, aber bey genauer Un⸗ 
terſuchung ward Glaſer, der durch eine 1665 
gedruckte chemiſche Schrift bekant ſeyn rel, für 
unſchuldig erklaͤrt. 


Mit der Hinrichtung der franzoͤſiſchen Me⸗ 
dea hörten doch die Vergiftungen nicht auf, 
fondern von Zeit zu Zeit farben nod) Perſo⸗ 
nen unter fehr verdaͤchtigen Zufällen; dem 
Erzbifchofe wurde aus den verfchledenen Kirch⸗ 
fpielen gemeldet, daß immer nöd) diefes Vers 
Rn gebeichtee wurde, wovon man auch 


Spuh · 


Afın de fatisfaire la euriofit€ , qui veut (avoir 
fi une celebre criminelle a ete — — des 
graces de fon fexe, je dirai que la nature ne 
les epargria point & la Marquife; fes traits 

étoient reguliers, je tour de fon vifage, qui 
etoit rond, Etoit tres gracieux. Ce bel exte- 
rieur voiloit une ame extremement neire. 
‚Rien ne prouve mieux que la metopofcopie, 
ou la fcience de la phyfionomie. eft faufle; 
car cette dameavoit cet air fere n et tranquille, 
qui annonce la vertu,  Pisaval p. 269. 


6. Schleichende Gifte 279 


Spuhren in geringen und vornehmen Fami⸗ 


lien bemerkte. Endlich ward im J. 1679 zu 
Aufſuchung, Unterſuchung und Beſtrafung 
der Giftmiſcher ein eigenes Gericht eroͤfnet, 
welches chambre de poiſon oder chambre ar- 
dente genennet ward, Dieſes zog auſſer vie⸗ 
fen andern. Perſonen zwey Weiber ein, die 
mie Gift den ftärkften Handel getrieben hats 
ten, ‚nämlich la Vigoureux und la Voiſin 
(27). Letztere war eine Bademutter; beyde 
‚gaben ſich mit Wahrſagen ab, citirten Gei⸗ 
fter, lehrten Schaͤtze graben, verlohrne Sa⸗ 
chen wieserfinden , geſtohlne wieder erhalten, 
gaben Liebestraͤnke aus, und verkauften Das 
neben. jchleichende Gifte denen, welche fie vor- 
her als; ſichere Perfonen kennen gelernt hatten, 
und weiche dergleichen ‚. fonderlich wider böfe 
Ehemaͤnner und verborbene Liebhaber, zu ha» 
ben wuͤnſchten. Die weibliche Neugierde 
machte daß zu diefen Weibern, ſonderlich zu 
la Voiſin, Damen vom vornemften Stan- 
de ‚auch vom Hofe, famen, die, ohne an 
Gift zu denken, nur gern wiffen wolten, wie 
bald ihr Mann, ihr Hebhaber, der König 

TR oder 


(2*) Von der la Voiſin lieſet man allerley 
Nachrichten in Lettres hiſtoriques et galantes 
par Madame de C -- à Cologne. 1709-1731. 

ı 4 Bände in 12. U p. or und IV p- 376. 
Die Verfafferin diefer Briefe iſt Mad. Noyer. 


280 6. Scyleichende Gifte 


oder des Königs Maitreffe ſterben wuͤrde. 
Bey der la Voiſin fand man rin Verzeich⸗ 
niß aller derer, die ſich ihrer Taͤuſchung über 

laſſen hatten, die nun gefangen genommen 
und vor diefes Gericht gezogen wurden, wel⸗ 
ches, ohne den gemöhnliden freyen Gang 
der Gerechtigkeit zu-beobachten, heimlich Vers 
brechen auffpähere, folche bey verfchloffenen 
Thuͤren beurtheilte, und, nad) der Weife der 
heiligen Inquiſition, zu tyranniſiren anfieng. 
Auf dieſer Liſte ſtanden die vornehmen Namen 
der Gräfin von Soiſſons, ihrer Schweſter 
der Herzoginn von Bouillon, fo gar des 
Marechal du Lurembourg. Erſtere fluͤch⸗ 
tete nach Flandern, um wenigſtens einem be⸗ 
ſchwerlichen und ſchimpflichen Gefängniffe zu 
entgehn, die andere vertheidigte ſich mit Huͤl⸗ 
fe ihrer Freunde, und letzterer ward, nach ⸗ 
dem er einige Monate in der Baftille gefeffen, 
ſcharfe Unterfachung erbuldet und dadurdy 
ſein Anſehn meiftens eingebuͤſſet hatte, als 
unſchuldig entlaffen, So ftürzte der grauſa⸗ 
mie Kriegsminifter Louvois und die Marquis 
fe de Monteſpan Perfonen, die ihren Ab. 
fihten zumider waren. La Vigoureux und 
la Doifin wurden den 22 Febr. 1680 leben« 
dig verbrant, nachdem ihnen die Hand mit einem 
glühenden Eifen durchbohrt und abgehauen 
war; noch viele gemeine Perfonen wurden 
durch den Scharfrichter beftraft; vorneßmere 

wur 


” 


6: 5chkeichende Gifte. 'agı 


murben, nachdem man fie durd) die Inquiſi⸗ 
tion anruͤchtig und unſchaͤdlich gemacht hatte, 
entlaſſen, und darauf die Chambre ardente 1680 
geſchloſſen, die in der That eine politiſche In— 
quiſition für eine Nation geweſen, deren Auf⸗ 
klaͤrung ſeit Franz I fo ſehr gewachſen war, 
daß man ihr keine theologiſche weiter biethen 


durfte. Naͤmlich unter jenem Koͤnige ward 


bey jedem Parlement eine chambre ardente 
errichtet, welche Ketzer machen, und fie als⸗ 
dann ohne Barmherzigkeit verbrennen muſte. 
Das Zimmer, worin dieſes Blutgerichtge— 
halten ward, war überall mie ſchwarzem Boy 
ausgeſchlagen und nur durch Lichter erleuchter. 


Es ift wahr, daß, ungeachtet diefer Stren⸗ 
ge, Das Verbrechen in Italien und Franfreich, 
fo gar in fürftlichen und koͤniglichen Familien, 
ungerechte Succeßionen verurſacht hat; ja, 


daß es auch in den nördlichen Reichen dazu 


verfucht ift. Es ift befannt, daß Graf Core 
fin von Ulfeld in Daͤnnemark, wo nice 
überwiefen, doch beſchuldigt worden, dem 
Könige - Gift: zugedacht zu haben, woran er 
- allmählig, wie im Schlummer, vergehen fol 
te (28). Auch Rarl’Xl, König von Schwer» 
— Ta ben, 
(?3) Leben des Brafen von Ulfeld vond.P. 
aus dem Dänifchen uͤberſetzt. Copenhagen 
und Leipzig 1755. 8 * ©. 200. 


282 6 Schleich ende Sifte 


den, foll an einem ſolchen Gifte geftorben 
ſeyn. Nachdem er durd) Einziehung der Dos 
mainen viele adlihe Familien ungluͤcklich, und 
darauf eine Reife nach Turneg gemadyt hats 
te, verfiel er in eine auszehrende Krankheit, 
wider welche Feine Atzney würfen wolte. Ce 
fragte einmal feinen Arzt ernftlich nach der Urs 
fache, welcher ihm antwortete: Eu: Maj. ha- 
ben zu viel Seufzer auf fich geladen, a, fagte 
der König, molte Gott die Reduction wäre 
nie geſchehn, und ich nie nach Torneä gereifert, 
Nach feinem Tode fand man die Gedärme 
voll Eleiner Geſchwuͤre (39). | 


Je oͤſterer Vergiftungen diefer Art vors 
fonimen, defto mehr ift zu münfchen,, daß 
man VBorbeugungsmittel, Kenzeichen und Ges 
genmittel entdecken möge, welches aber niche 
möglich iſt, fo fange man nicht weis, woraus 
eigentlich das Gift befteht. Inzwiſchen haben 
die Obrigfeiten weislich die Bekanntmachung 
des Recepts aus den Inquiſitions Aeten zu 

verhuͤten geſucht. Pabft Alexander VII ließ 

ſie in der Engelsburg verſchlieſſen; in Frank 
- reich wurden fie, wie man fagt, mit den Ver⸗ 
brecherinnen verbrant; nur in. Meapel fol 

man nicht vorfichtig genug geweſen ſeyn. 3 

| weis 

. (29) Dieſe Anekdote hat mir ‚Hr, Archiater von 

inne’ erzählt, REEL 


6. Schleichende Gifte, 283 


weis nicht, daß Irgendwo Beobachtungen 
‚bie an Leichen Iangfam vergifteter Perfonen 
gemacht wären, gedruckt find; denn was Pi. 
taval davon hat, iſt nicht hinlaͤnglich 30). — 
Man redet von Pulver und Pillen, aber das 
meifte Gift diefer Are ſcheint doc) ein Flares, 
unſchmackhaftes Waſſer zu ſeyn, ‚und das, 
was Tophania bereitet hat, foll ſich nicht eins 
mal in den Leichen durch beſondere Wuͤrkun— 
gen verrathen haben. In Nom verboth man 
eine Zeitlang den Verkauf des Scheidewaſſers, 
daher es einige für einen Beſtandtheil gehal. 
ten haben, welches aber nicht wahrſcheinlich 
iſt. In Paris hatte man einmal den Glau⸗ 
a ben, das Succeßions- Pulver beſtehe aus fein 
| | u T4 ge⸗ 
(?°) Le Lieutenant-Civil-alla toujourt en em- 
pirant; après avoir langui long-tems, etant 
travaill€ d’un grand degoüt pour toutes les vi- 
andes qu’on lui prefentoit, fes vomiflemens 
continuant toujours, et la nature etant enfin 
Epuifee, il mourut fans fievre. Les trois der- 
niers jours il avoit extrömement maigri, il 
eroit fort defldche, et il fentoit ım grand feu 
dans V’eftomac. On l’ouvrit, ou lui trouva . 
cette partie et le boyau duodenum noirs, s’en 
allant /par morceaux, et le foie gangrene et 
brule. — — Le confeiller fut malade trois 
mois, et eut les memes ſymptomes que le Lieu- 
tenant-Civil, il mourut avec les m&mes acci- 
dens. On Pouvrit, et on lui trouva l’eftomac 


et le foie dans le mênie état. pag.274, 275. 


- 


⁊ 


284 6 Schleichende Gifte 


geſtoſſenen Diamanten, Ohne. diefes fuͤr 
wahrſcheinlich zu erflären, fan man doch dem 
Voltaire widerſprechen, der ſich einbildete, 
Diamantpulver fen nicht ſchaͤdlicher als Kos 
rallenpulver; richtiger koͤnnte man es mit dem 
feinen Sande vergleichen, der ſich von unſern 
Muͤhlſteinen abreibt, und im Brode von 
uns genoſſen wird, den wir aber auch als ein 
ſchleichendes Gift erkennen und vermeiden wuͤr⸗ 
den, wenn wir nicht beym Genuſſe der Spei⸗ 
fen, in Abſicht der Geſundheit, hoͤchſt riady» 
laͤßig und forglos wären (31), In dem 
Käftgen des Sainte. Croix fand man Subs 
limat,, Opium, Spiesglasfönig, Vitriol und 
einen guten Vorrath fchon zubereiteter Gifte, 
deren Beftandrheile der Arzt nicht zu beftims 
men wuſte. Manche haben Bleyzucker für 
das vornehmfie Material. angezeben .- ) 
| — | aber 
(3°) In einem Jahre reiben fich von zween 
Muͤhlſteinen wenigſtens 20 Zentner Sand ab, 
der mit dem Mehle verbacen wird. Wenn 
eine Mühle auch nur jährlich 4385 Scheffel 
malt, und man auf einen Menfiden jährlich 
nur 12 Scheffel rechnet , fo verzehrt jeder in 
einem Tabre mehr als 6 Pfund, und monat» 
‚li 3 Pfund pulverifirte Sandſtein, welches 
fuͤr einen fechszigjährigen Menichen eine harte 
RKoſt von dreyen Zentnern ausmacht. Solte 
dag nicht nenug feyn, die Polizey auf diefen 
Umftand aufmerkfamer zu machen ! 
(7?) Folgende merkwürdige Nachricht habe ich 
Din. Profeffor Baldinger zu danken; fie Rebe 


6 Schleichende Gifte. 285 


aber die Folgen des Gifs ſcheinen doch nicht 
auf dieſes Metall zu deuten. Seit einigen 
Fahren har eine ſchuldloſe Pflanze, die nur 
etwas: bitteres und zufammen ziehendes hat, 
das an alten Mauren wachſende Zumbelfrauf, 
(#3) die Machrede erhalten, daß fie das lang» 
fame verdeckte Gift gebe, fie, die von einigen 
Aerzten wegen ihrer Heitfräfte geruͤhmt (34), 
- — Tx aber 
in Chrifiani Henrici Erndl differt. ex veneno 
falutem fiftens; refp. T. Taut. Lipfiae 1701. 
"* 6.27: neque ullum eft dubium lenta illa 
Gallorum kKalorumque venena, quae la poudre 
de fucceflion eommuniter appellantur, faturni. 
nis concretis fuam debere :originem. Novi 
operatorem quendam chymicum, qui in Bohe- 
- „ miae confiniis magnatis cujusdam laboratorio 
praeeft, et juſſu patroni fui, nefcio an lauda- 
bili, multum in exaltandis ac moderandis ve- 
nenis confumfit füdoris et operae; hie ipfe 
faflus eft non femel, ex nominato jam Saturni 
faccharo , additione volatilioris cujusdam cor- 
roſivi, parari poffe lentifiimum venenum, quod 
«anibus e. g. propinatum, eosdem infenfibili- 
ter, citra omnia violentiora fymptomata, poft* 
decurfum aliquot feptimanarum aut menfium, 
enecare valeret. on 
(??) Antirrhinumm cymbalaria. &. Onomato- 
logia medica completa. Ulm 1755 8. Artikel: 
Cymbalaria, | u Ä 
(6(2) J. J. Wepferi hiftoria eicutae aquaticae- 
Acqje ctae ſunt differtationes de Thee Helvetica 
‚ac Cymbalaria, curante T. Zwingero. Lugd. 
Bad. 1733: 8. 


286 6.°Schleichende Gifte. 


‚aber viefleiche zu unfräftig ift, als daß ſie die« 
fe Empfehlung und jene Befchufdigung rechts 
‚fertigen Eönte, Vermuthlich ift fie von den 
Weibern aus Unverftand, oder um andere 
Beſtandtheile zu verlarven, zugelegt, worden, 
Denn daß der in aqua cymbalariae. aufge 
löfete Arfeniffalf (der, wie ich zu vermuthen 
Urſache habe, durch ein leicht zu errathendes 
Salz ftärfer und unfenntlicher gemacht wird ) 
das eigentliche Gift der italienifchen Firce ge= 
wefen fey, bat Kayfer Karl VI, ber damals 
König beyder Sicilien war, feinem erften Leib⸗ 
arzt, dem Hr. von Garelli felbft erzähle, der 
foldyes im  1718,0der 1719 dem berühme 
‚ten Sriedr. Hoffmann in einem von biefem 
bekant gemachten Briefe gemeldee hat (35), — 
Es iſt erfehredlih, daß diefes ſchleichende 
‚Gift von unverſtaͤndigen oder gewiſſenloſen 
Aerzten, Quadfalbern und Weibern, als ein 
Fiebermittel gegeben wird. _ Es ift wahr, es 
vertreibt die hartnädigften Fieber, aber es ift 
nicht weniger wahr, daß es den Tod befchleur 
nigt; — alfo eine Kur, , die unendlidy uns 
glücklicher als das Uebel ift, wider welche Re— 
genten und Aerzte nicht zu viel eifern koͤnnen. 
Es ſey mir erlaubt, legteren dasjenige, was 
| r 


(*) Memorabile eft, quod nuper ad me fcrip- 
fit illuſtr. Garelli, archiatrorum Caefaris prin- 
ceps 


6. Schleichende Gifte «sy 


‚Hr. Möhfen (36) hierüber geurtheift, und 
den Chemifern das, was Hr. Bell (47) zur 
‚Unterfüchung jener: fingifchen Tropfen ange⸗ 
wendet bat, zu empfehlen. In Rom’ if 
durch einen Zufall bemerkt worden , daß Limo⸗ 
nien · Saft und Zitronen: Säure einigermaß 
fen Gegengifte feyn, . und. ein Arze, Paulus 
Srancheletti, von dem ich Feine. Machriche 
auffinden fan, foll ein eigenes Buch von den 
Huͤlfs⸗ 


ceps, his verbis: Oceaſione elegantis tuae die 
fertationis de erroribus circa venena in men- 
tem venit lentum quoddam venenum, quo fa- 
mofa venefica, in carceribus Neapolitanis ad- 
hue vivens, in fexcentorum perniciem ufa ef. i 
Hoc vero nihil-aliud ef, quam arfenici cry« 
ſtallus in larga aquae copia per fimplicem 
decoftionem foluta, addita, nefcio in quem 
finem, cymbalaria herba. Hoc mihi commu- 
nicavit auguftifimus imperator, cui transmif- 
ſus eſt proceflus criminalis propria veneficae 
confeflione confirmatus. Aqua vero vulgari idio- 
mate Neapolitano Aqua del Toffnina appellatur, 
Certifftine interficit et plurimi hoc veneno 0 
subuerunt. Frid. Hoffmanni medicinae ratin-' 
nalis [yßemasicae tomus fecundus. Halac 1729 
4* P.2.c.2. $. 19 p. 185. 


(?°) Beſchreibung einer Medaillen Sanı- 
lung. 16.148. Ä | 


(27) ebendafelbft ©. 186. Bon dem Innerlichen 
Gebrauche des Arſeniks in Baldingerg 
neuem Magazin für Aerzte U S. 418. 


088 64 Schleichende Gifte 


Huͤlfsmitteln wider diefe Tropfen gefchrieben 
haben, . wie Keyßler fagt, der aber hinzu⸗ 


ſetzt: alles, was man bisher dawider erfun. 


ben; :-fegt zum voraus, daß. man die Tropfen 
erſt Fürzfich: zu fic) genommen, oder Gelegen» 
heit habe, fid) noch in verdaͤchtlgen Gelegen⸗ 
heiten zu huͤten, und die angedrohete Gefahr 


7. 


7. Meßverzeichniffe, 389 
BETEN TER TER TEN NR 


5 J Meßverzeichniſſe. — 


e erſten Buchdrucker druckten bie Büs 
cher auf ihre eigene Koſten, und ver* 
handelten fle auch ſelbſt. Dazu gehörte. ein 
fehr groſſes Kapital. Papier nebſt allen Mas 
terialien und alle Arbeiten waren in der Ju⸗ 
gend der Kunft, für die damaligen Zeiten, 
fehr theuer; die Käufer der Bücher aber mas 
ren niche zahlreich, theils weil die Preife zu 
hod) waren, theils weil fid) die Aufklärung 
. mod) nicht ſo weit verbreiter, und Bücher ſo 
nothwendig als jetzt gemacht hatte. Wegen 
dieſer Urſachen verarmeten viele der vornehm⸗ 
ſten Buchdrucker bey aller ihrer Geſchicklich⸗ 
keit und Gelehrſamkeit (1). So gar unſere 
Landsleute Conrad Sweinheim und At- 
nold Pannarz, die erften und lange Zeit 
die einzigen Buchdrucker in Rom, das ift, 
in derjenigen Stadt, die in mandyem "Be. 
eracht, zumal im fechszehnren Jahrhunderte 
die erfte der ganzen Chriſtenheit heiffen Fontte, 
| mu⸗ 
(") Biele waren Verfaſſer, Drucker und Ver⸗ 

leger der Bücher , die fie lieferten. 


! 


290 9 Mleßverseichniffe, | 


muſten, nachdem ihr Waarenlager zu 12475 
Bänden angewachfen war, um leben zu füns 
nen, bie Unterftügung des Pabftes erfle⸗ 
ben (2), Mie der -Zeit theilte fich dieſes 
Gewerb und es entitanden Buchführer. Die 
eriten fcheinen anfänglich Buchdrucker gewe⸗ 
fen zu ſeyn, melde diefe Kunft aufgegeben, 
und den Verlag allein beybehalten haben, 
Wenigſtens gilt -dieß von einem der erſten ber 
Fannten Buchfuͤhrer, dem Johann Rein 
mann, ber von Dehringen gebürtig war, und 
in Augsburg lebte (3). Er mar erſt Buch 
drucker und Schriftgieſſer, wie denn aud) 
Aldus feine Lettern von ihm gekauft haben 
foll, Man findee Bücher feines Verlags vom 
Jahre 1508 bis 1524. Sa manchen wird.er 
teutſcher Nation nahmhaftigſter Buch⸗ 
fuͤhrer genannt. Um eben dieſe Zeit waren 
auch Jos Buͤrglin und Joͤrg Diemar Bud) 
haͤndler. Zuweilen fanden ſich auch reiche 
Perſonen von allerley Staͤnden, vornehmlich 
anſehnliche Kaufleute, welche auf ihre Koſten 
Bücher drucken und verkaufen lieſſen; fo war 

Ä der 

(2) Die klaͤgliche Bittſchrift vom J. 142 hat 

Fabricius in feine Bibliothecam latinam; 

Hamburg: 1722. 8 * Ili p. 898 eingeruͤckt. 

Dan vergleiche auch Heren G:h. I. X. Dürter 
— Buͤchernachdruck S. 29. 

(’) Hr. von Stetten Kunſt⸗Geſchichte ber 
Reichs⸗Stadt Augsburg A —* * 


m Meßverzeichniffe 297 


der groffe Gelehrte, Stephanus, naͤmlich 
Beinrich IT, zu Paris Bucydruder des Ul⸗ 
rich Sugger zu Augsburg, von dem er eine 
DBefoldung hafte, um die vielen Handſchriften, 
welche diefer auffaufte, zu drucken. Fr bat 
in einigen Ausgaben vom Jahre 1558 bis 
1567: Henricus Stephanus, illuftris viri Hul- 
derici Fuggeritypographus unterfchrieben (4). 
Auf gleiche Weife verlegte eine Geſellſchaft 
reicher und gelehrter Augsburger Bürger, 
unter denen der Stadtpfleger Marx Welſer 
der vornehmfte war, im Anfange des voris 
gen Jahrhunderts, eine. groffe Anzahl Buͤ⸗ 
cher, die man mit dem Zufage: ad infigne 
pinus anzuführen pflegt (5). Go entftand 
denn aus der Buchdruckerey ein.neuer wid)« 
"tiger Handel, der Buchhandel, welcher fidy 
in Teutfchland vornehmlich nach Franffurt 
am Mayn zog, wo ‚ fonderlid in den Mef- 
fen, viele groffe Buchladen in derjenigen 
Gaſſe waren, die daher den Namen Buch—⸗ 
gaſſe erhalten har, 2 


Georg Willer, den einige unrichtig 
Viller, andere Walter nennen, ein Bud) 
‚händler zu Augsburg, der einen fehr anſehn⸗ 
lichen Laden hatte und die Frankfurter a 

po 


- (*) He von Stetten. ©. 68. 
(°) von Stetten 8. 42, 


292 7. Meßverzeichniffe 


befuchte, hatte zuerſt den Einfall, jede Meſ— 
fe ein Verzeichniß aller neuer Bücher drufs 
fen zu laffen, worin das Format und die Bere 
leger angezeigt würden. ‚Le Mire, der unter 
dem Namen Miraͤus befanter ift (©), fagt, 
das allererfte Verzeichniß fen im Jahre 1554 
gedruckt worden, aber Labbe (7), Reim 
mann (8), auch Heumann (9),:diedod) 
die Nachricht aus jenem genommen haben, ge« 
ben‘, vermuthlic aus einem DBerfehen, das 
Jahr 1564 an. Willer ſoll dieſe Verzeich⸗ 
niſſe bey dem Frankfurter Buchdrucker Nicol. 
Baſſaͤus bis zum Jahre 1592 haben drucken 
laſſen. Inzwiſchen muͤſſen bald auch andere 
Buchhaͤndler dergleichen geliefert haben, wie⸗ 
wohl das Willerifche, Verzeichniß lange das 
vornehmfte geblieben iſt. | 

I Ä | Uns 


(°) LeWMire, ein Eatholifcher Geiſtlicher, der 
1598-gebohren, und 1640 geftorben ift, hat 
ein Werfchen: de feriptoribus ecclefiafticis fae- 
culi XVI gefchrieben, welches in Fahricii bi- 
bliotheca ecclefiaftica. Hamburgi 1718: fol. * 
abgedruckt if. Die Stelle, welche id ans 
führe, ſteht S. 232. _ Aber folte villeicht, bey 
Fabricius ein Druckfehler feyn, ſo daß dafelbft 
1564, flat 1554, ftehenimüßte ? 

(7) &abbe Bibliotheca bibliothecarum, Lip/ae 
1682. 12 *p. II2. kn 

(?) Einleitung in die Hiftoriani literariam. I 
S. 203. Ä | 

(?) Confpeäus reip, litter. 6,6 $. 2, p, 316. 


7. Meßverzeichniffe _ 293 


Unter den viel. wichtigern Seltenheiten 
. ‚ber Bibliothef des Hrn. Prof. Baldinger, 

„befinder ſich auch eine Samlung alter Büs 
cherverzeichniſſe, unter Denen die beyden ältes 
ften folgende find: Catalogus novus nundina- 
‚rum- autumnelium Francofurtii ad Mocnum, 
‚anno - 1586 celebratarum ; — Flerique apud. 
‚Joan. Georg. Portenbachium et Th. Lutz, 
‚bibliopolam Auguflanum : venales habentur. 
‚Verzeichnuß aller neuwer Bücher, — — 
Gedruckt in. Stantfore durch. Peter 
Schmid. .Alfo vieles Verzeichniß ift zwar 
‚von Augsburgifchen Buchhaͤndlern, nicht aber 
‚von Willer, von dem hingegen folgender ift: 
‚Catalogus novus nundinaruın autumnalium 


_  Fraacofurti ad M. an. 1587. — Plerique in 


‚aedibus Georgii Willeri, bibliopolae Augu- 
‚„Nani venales habentur: Verzeichnuß. feft 
‚aller neuwer Bücher; welche feyther der 
‚nechfiverfcbienen Saftenmeß, biß auff 
Diefe gegenwertige Herbfimeß, in Sffent- 
lichem Truck feyn außgangen. Gedruckt 
zu Stanffurt a. M. durch Nicolaum 
Baſſaͤum. | De 


Alle diefe Verzeichniffe find in Quart 
und ohne Seitenzahlen. In allen iſt die 


Ordnung folgende: erſtlich lateiniſche Bücher, 


unter dieſen zuerſt theologiſche, und zwar, 
vermuthlich weil Willer lutheriſch war, die 


pro⸗ 


* 


294 7. Meßverzeichniffe. 

proteffantifchen, Dann die katholiſchen, naͤchſt 
diefen die juriſtiſchen, mebicinifchen , philg« 
ſophiſchen, poetifchen und mufifalifchen Buͤ—⸗ 
cher; zweptens die teutfchen Bücher in eben 
"derfelbigen Ordnung. Be, | 

Das legte‘ Mefverzeihniß von Miller, 
mas ich in Hrn. Prof. Baldingers Biblio 
thek find, iſt vom Jahre 1597, da doch Te 
Mire ſagt, er habe mit 1592 aufgehört; 
muß vielleicht 97 gelefen werden? Auf, dem 
Berzeichriffe von diefem Jahre ſteht: Pleri- 

e libri in aedibus Elias et Grorgii Willeri, 
alte bibliopolarum Auguftanorum haben- 
tur, Auch diefer iſt noch durch Baſſaͤum in 
Frankfurt gedruckt. Vielleicht ſind dieſer 
Georg und Elias Soͤhne des vorigen. 

Sm J. 1604 ward das allgemeine Meß⸗ 
verzeichniß bereits mit obrigfeitlicher Bewilli⸗ 
gung gedruckt; denn das Eremplar von Dies 
ſem Jahre har folgenden Titel: Catalogus uni- 
verfalis pro‘nundinis Francof. de a. 1614 — 
Derzeichniß aller Bücher, fo zu Srank. 
fort in der Öftermeß 1604, - entweder 
- ganz new oder fonften verbeffert, oder 
auffs new wiederumb anffgelegt, inder 
Suchgaffen verkauft worden.- Franco- 
furti, permiflu fuperioru:n excudebat. Joh. 
Saur. In Peter Ropffen Buchladen zu 
finden, ‚Die Ordnung ift noch fo wie in den 


altern, 
Her 


7 Meßverzeichniffe a95._ 


Hernach fiengen die Seinziger an, niche 
allein: die. Frankfurtiſchen Berzeichniffe nach⸗ 
druden zu laſſen, fondern fie aͤuch mit vielen 
Buͤchern, die auf die dortige Meffe hiche.ge- 
kommen waren, zu vermehren. Sich habe 
aus Hrn. Baldinger Bibliothef vor mir: Ca- 
talogus univerfalis pro nundinis Francofurten- 


Bbus vernalibus de a, 1600. — Das ift, 


Derzeichniß aller Bücher, fo zu Frank. 
fort — — in der Buchgaſſen find ver: 
kauft worden. Auch was für Bücher zu 
Leipzig außgeben, vnd nicht nach Frank. 
fort gebracht worden. Mit Churf. Säch 
fifcher Freyheit derer Bücher, jo zu Frank⸗ 
fort vnd zu Leipzig new aufgeben. Be: 


druckt zu Leipzig durch Abt. Lamberg, 
vnd in feinem Suchladen zu finden. Auf - 


dem Verzeichniß der Herbſtmeſſe deffelben 
2 ftebe, daß es nad) dem Sranffurter 
xemplar nachgedruckt und vermehrt ſey. Das 


kayſerliche Privilegium finde ich zuerſt auf 


dem Frankfurter Herbſt ⸗Meßverzeichniß von 
1616: cum gratia et privilegio fpeciali (. eaeſ. 
maj. Proflat apıd 7. Krugerum Augoftanım, 


“ Aber vielleiche koͤmmt das kayſerliche Priviles 


gium früher vor; Denn bie vollftäntige Folge 


aller Verzeichniffe habe ih nicht durchſehn 


U2 Reim. 


— 


296 7 Meßverzeichniffe 


Reimmann ſagt (10), daß nach Willers 

Tode der Leipziger Buchhaͤndler Henning 
Groſſe, und deſſen Sohn und — die 
Verzeichniſſe fortgeſetzt haͤtten. Rath 
von Frankfurt hat wegen der ——— 
niſſe verſchiedene Verordnungen ergehen laſſen, 
von deren man in (D. Orths) Abhand⸗ 
lung von den Reichsmeſſen in Frankfurt. 
Frankf. 1765. 4* ©. 500 Nachricht findet. 
Nachdem ſich * Buchhandel von Frankfurt 
nach Leipzig gezogen hat, welches wohl die 
vielen Einſchraͤnkungen, die ihm dort von der 
Cenſur gemacht wurden, vornehmlich verur⸗ 
ſacht haben, ſo werden dort jest Feine Meß⸗ 
verzeichniſſe weiter gedruckt, und aus den 
Buchlaͤden der Buchgaſſen find nad) und nach 
Weinſchenken geworden (11). 


Bey Durchleſung dieſer alten Bůcherver⸗ 
zelchniſſe, muß man üher den ſchnellen und 
ftarfen Anwuchs der Bücher erflaunen, und 
wenn man dann bedenft, daß ein groffer 
Theil und vielleicht Der größte Theil gar nicht 
mehr da ift, fo wird man über die Wergäug» 
lichfeie menfdlicher Unternehmungen eben ſo 
gerührt, als ob man auf einem groffen —* 

grab⸗ 

(*0) Dritten Theils drittes Hauptſtůck S. 766. 


() J. A S. ( Joh. Adolph Stock) Frant. 
furter Chronik ©. 77. 


7. Meßverzeichniffe 297 


graͤbnißplatze die Namen und Titel laͤngſt ver⸗ 
weſeter Perſonen lieſet. Im ſechszehnten 
Jahrhunderte waren wenige Bibliotheken, 
und dieſe waren nicht zahlreich, waren in 
Kloͤſtern, und beſtanden groͤßtentheils aus 
geiſtlichen, philoſophiſchen und hiſtoriſchen, 
allenfalls auch aus einigen juriſtiſchen und me⸗ 
dieciniſchen Büchern; dahingegen ſolche, wel⸗ 
che von der Landwirthſchaft, den Handwer⸗ 
ken und andern Gewerben handelten, nicht 
der Beachtung der Gelehrten, und der Auf— 
bewahrung in groffen Bibliochefen werth ges 
halten wurden. Gleichwohl ift die Anzahl 
diefer Bücher nicht gering gemwefen, und we⸗ 
nigftens manche würden noch jeßt nußen, 
oder dody allenfalls, die lehrreiche Geſchichte 
unferer Künfte erläutern Fönnen, Jene Mes 
verzeichniſſe, welche die Auffuchung der etwa 
noch übrig gebliebenen Bücher veranlaffen 
koͤnnten, haben inzwifchen das Schickſal der 
$eichenfteine gehabt, die mit der Zeit unle 
ferlich , zerſtuͤckt und zerflöhre werden. Viel⸗ 
leiche findet man nirgenb mehr die vollftändis 
ge Folge derſelben; ich erinnere mid) nicht, 
fie in irgend einer Bibliothek angetroffen 
zu haben. Ä | 


- Diefen Mangel fönten einigermaffen zwey 
Werke erfegen, wenn nicht auch dieſe fchon 
ſehr felten geworben wären ; ich meyne die 

2 43 Wire 


| 298 | * Meßverzeichniſſe. 


Werke des Cleß und des Draudius, welche, 
vornehmlich auf Veranlaßung einiger Buch⸗ 
haͤndler, die Meßverzeichniſſe, ſo wie in 
neuern Zeiten Georg, zuſammen geſchrieben 
haben. Unius feculi ejusque virorum litteras 
torum monamentis tum forentiſſimi, tum 
ferulifimi, ab a. 1500 ad 1602 nundinarum 
autumnalium inclufive, elenchus- conlumma 
tiſſinus, — deiumtus, partim ex fingularum 
nundinarum catalogis, partim, ex bibliothe- 
cis. Auctore Joanne Clefio, Wineccenfi , 
Hannoio , "philofopho ac medico, Franeos 
furti ex oflic. Joannis Saurii, impenlis Petri 
Kopfii. 1602. 4 * Der erfte Theil hat 563; 
und derrandere, der allein teutſche Werke ent⸗ 
‚hält, 292 Seiten. Aus des Verlegers Vor⸗ 
rede fieht man, daß die erfte Ansgabe ſchon 
1592 gedruckt worden. Die Ordnung ift foft 
Diefelbige , welche Willer eingeführt hatte. 
Weit groͤſſer, vollftändiger und ordentlis 
eher ift des Draudius Bibliothek, welche zum 
erfienmal 16:11, zum anderamal 1625, in 
einigen Quartbänden gedruckt iſt (12). Mod) 
** habe 
(2) &o wohl von des Cleß ald bed Draudius 
Bibliothek findet man einige Nachrichten in 
Reimmanni Bibliotheca hiftoriae litterariae f, 
catalogus bibliochecae Reimmanianae. Hilde- 
fire 1738. 8 * II p. 97-102. Neimmanı 
fagt, die Bibliothek des Draudius fey drey⸗ 
mal zu Fraͤukfurt gedruckt worden, *5 
| 1011 


4 


7. Meßverzeichniffe. 299 
habe ich von Feiner Ausgabe ein bollftändiges 
Exemplar gefehen ; gleichwohl werden den Sieb. 
Babern der Buͤcherkunde folgende Nachrich- 
ten nicht unangenehm fenn. Der eine Theil, 
ben ic) für den erften halte, hat folgenden Tis 
fel?! Bibliotheca claflıca, five catalogus ofhi». 
&inalis, ihn quo finguli fingularum. facultatum 
c profeflionum libri , qui in quavis fere lin- 
gua extant, — recenfentur; usque‘ad an, 
1624 inclufive. Audtore M. Georgio Drau. 
dio. Francofurti ad M. impenfis Balthafaris 
Ofern. 1625. Er enthält die lateinifchen, 
theologifchen, juriftifchen, - medicinifhen, his 
ſtoriſchen, geographifchen und politiſchen 
Schriften. Das Exemplar der Univerficäts« 

Bibliothek endige fi) mit S. 1304, die aber 
noch einen Euftos har, alfo einen Defect ans 
zudeuten fiheint, Der zweyte Theil heiße: 
Bibliotheca claffica, five catalogus ofhcinalis, 
in quo philofophici artiumque adeo humanio- 
zum, poetici etiam et mufici libri, usque ad 
an. 1624 continentur. Diefer fänge mit S. 
1298 an, endigt fih mit ©. 1654, worauf 
ein Regiſter aller in diefer lateinifchen Bibtio, 
thek genanten Schriftfteller folget. Ein Eleis 
ner Band hat folgenden Titel: Bibliotheca 
exotica, five catalogus officinalis librorum 

14 per- 
1617 und 1627 und 1644, welches wohl nicht 


300 7. Meßverzeichniffe. 


peregrinis linguis ufualibus' ſcriptorum. Dier 
fer hat 302 Seiten und fein Regiſter. Ein 
anderer Theil heißt: Bibliotheca librorum Ger- 
manicorum claflica, Des ift Derzeichniß al 
ler Bücher, fo bis aufs Jahr 1625 in teut⸗ 
fcher Sprach in Truck ausgangen. Dies 
fer Hat 759 Seiten und ein Regiſter der Schrifte 
fteller.. Durch dieſe Regiſter und durd) die 
‚ziemlich gute Ordnung nach den Materien, 
ift der Gebrauch dieſes Werfs viel erleichtert. 
‚Man muß aber dabey mwiffen, daß ſchon die 
äfteften Meßverzeichniffe eben diejenigen Feh— 
ler gehabt baden, mweldye die jegigen haben, 
und daß diefe audy in des Draudius Biblio, 
thek ebenfals übergetragen find. Manche Büy 
cher find genant, die niemals gedruckt worden, 
manche Titel, Mamen und Yahrzahlen find 
unrichtig geſchrieben, u. ſ. m. nichts deſto we⸗ 
niger verdient Draudius von denen, welche 
irgend einen Theil der gelehrten Geſchichte 
“bearbeiten wollen, genußt zu werden, fo wie 
ihn aud) Hr von Haller bey feinen Biblio, 
thefen allerdings gebraucht hat. 


Mer uͤbrigens eine angenehme Vergleichung des 
Meßverzeichnilfed von 16179 mit dem vom J. 1780, 
und des damaligen Zuſtandes der Litteratur mit 
dem jegigen lefen will, den vermeife ich auf deg 
Hrn. From michen Auffag im Ceutſchen Muſeum 

1780 St $. ©. 176. | 


nee 


\ 


Beyträge 
zur Gefchichte 


Erfindungen, 


Sohann- Beckmann, 
© ostenttlßem Profeſſor der Oaenomie zu ee 


—S—— — 





Zwote etwas verbeſſerte Ausgabe. 
— — os 
Leipzig, 

im Verlage Paul Gotthelf Kummer, 


178 5. 


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Immo non ab Wis excogisära ifte ſunt, quam a qu 
bus hodieque curantur. 
13 a. Sea, ep, 90. P. 577- 


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Inhalt, 


1. Barrington Geſchichte der Uhren. S. 301 
Schlaguhren kante man ſchon im 13ten 


Jahrhunderte. 302 
Taſchenuhren ſchon im Anfange des r4ten N 
Sabhrhundert& 305 
Ahr des Richard von Welingford. 309 
Aeltefte Uhren in Frankreich. - 310 
: Erfie Uhr in Spanien. 312% 
Marum die — lange Zeit ſelten ge ⸗ 
blieben ſind. 313 
Die — noch jetzt vorhandenen Tas 


ſchenu 314 
Die = Laſchenuhren hatten Saiten 
ſtat der Ketten. 316 
Uhrmacher » Innung in England 1631. 317 
Erfindung der Repetir⸗Uhren. - 318 


2. Hölzerne Blasbaͤlge. 319 
— Anacharſis die erſten Blafebälge er⸗ 
320 
Die . der alteſten Schmelzhuͤtten 


wurden von Menſchen getrieben. 322 
Vergleichung der ledernen ap Pan! 


Baͤlge. | 322 
Befepreibung der hoͤlzernen. 323 
Vorzüge derſelben 325 

Sind in Teutſchland erfunden 326 
Vielleicht von Jans Lobſinger 1550. 326 
Oder von dem Muͤller chelhorn. : 328 


Dover aon cinem Biſchoff von Bamberg 223 


Inhalt. 


——F —— der höffernen ‚Bälge = 
den Harz. . ©. 336 
9. Magnetifche Kuren. oe 331 


Waren ſchon dem Aetius befant. +» 331 
Auch im Töten Jahrhunderte wider Kopf: 


ſchmerzen. 332 
Magnetiſche Zahnſtocher und Ohtloͤffel 

im vorigen Jahrhunderte. — 333 

4 Orſeille, Lackmus. — 334 

Lichen roccella beſchrieben 335 

War ſchon den Griechen bekant. 3 — 


Die Faͤrberey mit Orſeille kam 1300 aus 

der Levante nach Italten 341 
Nachrichten von der Familie der Oricel- 

larii oder Rucellai. 342 
a ber Canariſchen Infeln mit Ds 


| ſellle 345 
Handel der Cap- Berifien Inſeln mit 


Orſeille. 348 
Orſeille en päte. - 349 
Erfindung ned Lackmus. 30 
Tourneſol en drapeau. - 351 
Erdorfeille, orfeille de terre 332 

5. Feldmuͤhlen, Wagenmuͤhlen. 354 
Erfunden von Pompeo Targone. 355 
Ob ſie in Teutſchland erfunden. 357 

6. Flinten, Flintenſchloß. 339 

urfprung der Namen: vuͤchſe, Argue- : 

360 
— der piſtlen. | . 362 
nen, 8 363 


Ob 


Inbeln 
| 9 = —— eine teutſche Er⸗ 
se — — waren Riefe. 1; 


Urſprung des Namens: Flinte. 367 
Ob die Kunft Feue ‚.vine zu bearbeiten, 


verlobren ?. 309 

ie? und wo? unfere ölintenfteine ge 
mache werden, 370 
7 Nnbinglas. . . 373 


Alter der Glasfaͤrberey und’ Stasfüre 374 
- — im gg 


| Buer gab man dem Glaſe die Rorhe 


durch Eiſen. | 373 
» Erfindung des Goldpurpurs. .- 379 
Nachricht von Caßius. 380 
Schon die.alten Alchemiften anten die 
ä Roͤthe des Goldes. —* 382 
Kunkels Rubinglas. 385 
Deſſen — von Grideal gelehrt. 386 
Rothe Farbe zur Gfasmakrey. 338 
Auch zu muſiviſchen Arbeiten.. 389 
8. Kutſchen. - — = 
Bedechte Wagen der Römer. 
Ehemals war es in Teutſchland anflän: 
diger zu veiten, als zu fahren. 392 


Um Ende des 1sten Jahrhunderts fuhren 
. nur Kayſer, Könige und Fürften. 396 


Derbothe des Kutſchen⸗Fahrens. 399 
Waren unnuͤtz. 402 
Vefchreibung der alteſten Stoatswagen 

in Zeutfchland. o 


404 

Auch in Kranfreich ritten Die Wornebmsen, ER 

Die erften bedeckten Wagen in Sranfreich. 410 

Abbildung derälteften Sranzöf. Rutfchen. a 2 
W 


Ynbalnı 


Whitlicotes der Engländer. : S. 414 
: Die eriten Kutſchen in Stallen. 414 
In Spanien, Schweden, Rußland. 415 
Urfprung des Namens: Kurfche. 417 
Erfindung der Berline — 420 
Miethkutſchen, Flakre in Paris. 422 


Les broulettes, roulettes. 424 


Miethkutſchen in London u. a. O. 425 


Fetzige Anzahl der Kutſchen in groſſen 
Staͤdten. 426 
9. Waſſeruhr. — 428 

| Waſſeruhren der Alten, — 428 

Erfindung der jegigen walzenförmigen. 430 
9: Ananas. — 434 
Die erfte Nachricht ded Oviedo. 435 
Nachricht des Benzono. 437 


Nachricht des Thevet und Lery. 439 
Des Hernandez und des Acofta- 440 
Erſte Gewinnung in teutſchen Garten. 442 
In Holland und England. 444 
Erfindung der Lohbeete. * 444 


11. Symphathetiſche Dinte. 446 


Wer ſie zuerſt beſchrieben. 448 
Wann ſie den Namen der ſympatheti⸗ 


ſchen Dinte erhalten. 451 
12 Lederne Tabatieren- — 451 
In Schottland erfunden. 453 


Jehnliche Arbeiten ber Kalmuden. - 455. 








I. 


Des Heren Barringten 
Geſchichte der Uhren. 


Ueberſetzt aus Archacologia, or mifcellaneous tra&ts 
‚.telating to antiquity, publifhed by the focie- 
‚ ty of antiquaries of London, Vol, V. 1779. 4. 

p. 416. | Ze , 


orologia fommen zwar in verfchiedenen 
LA heilen von Europa fehr früh vor, 
aber da diefes Wort in den ältern Zeiten 
ebenfowohl Sonnenuhren,, als Glocken ber 
Deuter ze „ fo läßt ſich nichts daraus fehlief: 
fon , wenn nice Nebenumftände oder befon« 
dere Ausdrücte bemeifen, daß nicht Eon« 
nenuhren , fontern Glocen verftanden wer— 
den muͤſſen. Dante feheine der erfte Echrifte 
ſteller zu feyn, welcher eines Orologio, mels 
ches Stunden ſchlug, alfo Feine Sonnenuhr 
feyn Eonnte, gedacht hat. Die Worte find 
‚ Indi come horologio che ne chiami, 
Nel hora che la fpofa d’Idio furge, 
“ Amattinar lo fpolo, perche l’ami. 
—J Dante Paradifo C. X. 
* Nun 


302 1. Geſchichte der Ubren. 


Nun ift Dante 1265 gebohren, und 57 Jah⸗ 
se alt 1321 geftorben; daher denn die Schlag» 
uhren in Sytalien am Ende des 13ten, oder 
‚Anfange des ızten Jahrhunderts nicht haben 
unbekannt feyn Fönnen. 


Aber der Gebrauch der Glocken war das 
mals nicht auf Italien eingeſchraͤnkt, Denn 
wir haben um eben diefe Zeit einen Künftlee 
in England gehabt, der das befante Glucde 
Haus bey MWeftminfterhall mit einer Glocke, 
die man in den Gerichts. Höfen hören Fonte, 
verfehn hat, wozu die im 1oten jahre Ed⸗ 
werds I. oder im J. 288 einem Richter in 
des Königs Banf (Chief luftice of the King’s 
Bench) zuerfannte Geld » Strafe verwendet 
ward. (1) Blackſtone hat in feinen Com- 
imentaries (2) angemerft, daß diefer Beſtra⸗ 
fung des Radulphus de Hengham zuerft im 
Jahrbuche (?) unter der Regierung Richard 
II. gedacht worden, mo zwar nicht gemeldet 
ift, daß die Strafgelder zu Anfchaffung einer 
Glocke angewendet worden, aber man erfens 
net leicht, daß dort eine Machricht von der 
Anwendung der Etrafgelver unnöthig, ja ts 
ſchicklich geweſen wäre, Man liefee nams 
lich in dem Jahrbuche, daß Nichard III. die 

Richter 
(*).&. Selden in der Vorrede zu Hengham. 
(°) Vol. 3. p. 408. 
(?) Mich, 2, Ric, 3. 


I, Geſchichte der Uhren. 303 


Nichrer in der innern Stern» Rammer ein. 
geſchloſſen babe, um ihre Meynung über 
drey juriftifche Fragen zu geben, wovon die 
zweyte dieſe war, ob ein Friedens-Richter, 
der eine von den Gefdimornen verworiene 
Anklage als gültig eingetragen babe, wegen 
Misbrauch feines Amts beftraft werden koͤn⸗ 
ne. Ueber dieſe Frage waren die Mennuns 
gen der Nichter getbeilt. , Einige behaupte⸗ 
ten, Daß eine Magiftrars- Perfon über dass 
jenige, was fie geiban babe, nicht Eönne beu 
langt werden; andere aber hielten dieß für 
Recht, und führten das Beyſpiel des Heng« 
ham an, der um 800 Marf beftraft worden 
wäre, weil er den Ausſpruch der- Richter geaͤn⸗ 
dert habe, ſo daß dadurch ein armer Deflag« 
ter nur 66. 8 D. fiat 13 ©, 4 D. bezahle 
- Habe. “Ben diefer Gelegenheit brauchte freys 
lich nicht gefagt zu werden, daß die Strafe | 
zur Erbauung eines Glockhauſes verwendet 
fey, (*) weldyes wahrſcheinlich jeder Aufcul 
| - fan 
(*) Wir finden, daß diefe Glocke unter Hein 
rich VL für etwas wichtiges gehalten iff. Der 
König trug die Auffiche darüber dem William 
Warby, Dechant von St Stepban auf wo— 
für er täglich 6 D. aus Exchequer erhielt. 5. 
Stome’s account of Weftminfter vol. II. p. 55. 
Die Glocke zu St. Maria in Drford ward 
1523 von den Strafgeldern der Studenten an» 
gefchaft. Ä 
— 5 2 


504 1. Geſchichte der Uhren. 


cant in Weltminfterhall: wufte, wie denn 
auch noch lange nachher, in den legten Jah— 
ren der Koͤniginn Eliſabet, der Richter 
Southcote erzählt hat, daß Damals noch 
die von den Strafgeldern des Richters ange 
fehafte Glocke vorhanden geweſen fey. (5) 
Edward Locke fest gleichfalls noch Hinzu, 
daß die gOO Mark würflich in den Rechnun- 
gen , die er alfo vermuthlich gefehn hat, vors 
kämen. (6) Dich wir haben. 'nod) jegt eis 
nen wahrfcheinlichen ‘Beweis, daß eine folche 
Glocke aus den Zeiten Edwards I. dagemefen 
ift. An der Seite von New Palace» Yard, 
die gegen Weftminfterhall ift, finder man 
einen Gonnenzeiger mit der merfmwürdigen 
Weberfchrift: Difcite jufticiam moniti, weldye 
fid) allerdings auf die dem Radulphus de 
Hengham zuerfante und zu Anfhaffung der 
Glocke verwendete Geldftrafe zu beziehen 
fiheine.. Man wird zwar einwenden, daß 
jene Worte an einem Sonnenzeiger, nicht an 
einer Glocke ftehen, aber darauf läße fich, 
wie ich glaube, Hinfänglid) antworten. Die 
Glocke aus den Zeiten Edward I. mag wohl 
nicht fonderlich gewefen feyn; man mag fie 
aber, wegen ihres Alters und wegen der 
Nachricht von ihrer Anfchaffung, bis zur Re 
gierung der Königinn Eliſabet beybehalten 
haben, welches die obenangeführten Zeugniffe 

| | bewei. 

(°) 3 Inf. 72. (°) 4 Iuft. p. 255. 





1..Befchichte der Uhren. 300 


beweifen. Nachher, da fie unbrauchbar ges 
morden, mag ftat ihrer, mit Beybebaltung der 
Ueberfchrift, eine Sonnenuhr angebracht feyn, 
und es verdient angemerft zu werden, Daß 
diefe eben dafelbft ift, wo, nad) dem Berich— 
te des Strype, das Glockhaus geftanden 
bat. (7) — F 


Hr. Norris, Secretair der antiquaris 
fchen Gefellfhaft, hat mir folgendes Bey— 
fpiel einer Glocke aus eben diefem Jahrhun⸗ 
derte gegeben: Anno 1292 novumorologium 
magnum in «cclefia (fc. Cantuarienfi) pre- 
tium 30 L. (8) 


Nun will ich auch einen Beweis geben, 
daß man im Anfange des vierzehnten Jahr⸗ 
Hunderts nicht nur Glocken,  fondern aud) 
Uhren ( Tafchenuhren , watches ) gemacht 
hat. Vor fieben oder acht Jahren fanden 
Acheiter bey Bruce, einem Schloſſe in Fifer 
 fhire, eine Uhr nebſt einigen Münzen, weh 
che fie einem Kramer gaben. Diefer ale 

* * 


(7) Weſtwinſter p. 55. in ben Zugaben zu Sto⸗ 
we. Diefes Glockhaus ftand, wiewohl fehr 
verfallen, noch 1715. Antiquarian Repertory 


p. 280. eg 
(®) Dart’s Canterbury, appendix p, 3. ex Bibl- 
Cotton, Galba, E. 4. fol. 103. 
#3 | 


306 | 1. Gefebichte der Uhren. 


die Uhr an ſeinen Bruder nach Sonden, weil 
er fir für ein merfwürdiges Stuͤck bielt. (9) 
Das äuffere Gehaͤuſe ift von Silber, nach 
einem feinen Mufter getrieben mit einem. 
Grunde von blauem Schmeljwerfe, und ic) 
menne an den Ecken, des einaeicyloffenen 
Werks die Buchftaben R. B. erfennen zu koͤn⸗ 
nen. Auf der Ziferplate ſteht: Kobertus B. 
rex Scottorum; darüber ift ein converes durch⸗ 
fichriges Horn, ſtatt des jetzt gebräuchlichen 
Glaſes. Mun fan Robertus B. rex Scottorum 

Fein anderer König von Schottland fenn, als 
Robert Bruce, ver im jahre 1305 die 
Regierung antrat, und 13 8 flarb; denn 
der chriftliche Nemen des Baliol, welcher 
ihm. folgte, war Edward, und auf einen 
fpätern Schortifdyen König laͤßt fi Robertus 
B. niche deuten, Diefe gewiß merkwürdige 
Uor iſt niche gröffer als die, weldye jeßt im 
Gebrauche find, worüber ich mid) fehr gewun⸗ 
dert hahe, bis ich nachher in der Samlung 
bes H. Aſpton Zever und H. Ingham Sors 
ſter verfchiedene Uhren aus dem fechszehns 
ten Jahrhundert geiehn habe, weldye noch um 
ein beträchtliches Eleiner find. ee, 


Um die Gefchichte der Glockenmacherkunſt 
in hronologifcher Ordnung abzubandeln, muß 
ich nun die Horologia, weldye in Rymers 

F Foedera 


6?) Diefe Uhr beſitzt jetzt der. König. 


1. Gefchichte der Uhren 307 


"Foedera vorfommen, nennen, nämlich) in 
dem Schugbriefe, den Edward III. im Jah- 
re 1368 dreyen Miederländern, welche Uhrn 
macher waren, ertheift hat. Die Ueberſchrift 
iſt: de horologiorum artificio exercendo. Ich 
menne doch hinlaͤnglich bemiefen zu haben, 


daß man ſich in den damaligen Zeiten nide 


Sonnenuhrmacher zu verfchreiben nöthig ges 


Glockenmacher fehlten inzwiſchen würfe 
lich noch im vierzehnten Jahrhunderte, mie 
man aus folgenden Zeilen des Chaucer, wo 

er vom Hahnengeichren rebet, abnehmen Fan: 
Fıll fikerer was his crowing in his loge, 
As is a clock, or any abbey..orloge. (19) 
Hiemit will unfer alter Dichter, wie ich we⸗ 
nigftens glaube, fo viel fagen, daß das Hah⸗ 
nengeſchrey eben ſo zuverlaͤßig als eine Glocke 
(a bell) oder Abtey · Uhr ‚abbey - clock ) 
fey. (U) Denn ungeachtet wir jeßt 7 
off, 

(2°) Chaucer war 1328 gebohren, und iſt 1400 


. geitorben. | 
CE) Zur Zeit der Königinn Elifabet wurden die 
Glocken oft orologers genant. 
He’ll watch the horologe a double fet, 
1£ drink rock not his eradle. 
J Ochello act. 2. fe. 3. 
Man ſieht leicht, daß double ſet von einer 
Glocke zu verſtehn iſt. g" eben — 
4 


* 


308 1. Geſchichte der Uhren, 
oft, wenn wir fragen: was ift die Glocke? 
die Uhr verftehn, fo vermuthe ic) doch, daß 
man im vierzehnten Jahrhunderte die Des 
nennung clock von einer Glocke (beil) ges 
braucht Habe, welche zu gemwiffen Zeiten, die 
‚man nad) einer Sand. oder Sonnen: Uhr be- 
flimte, angezogen oder geläutet- ward. Ich 
fan aud) nicht früher, als unter Heinrich VIIT, 
eine Stelle finden, wo das Wort Glocke (a 
elock) in jener Bedeutung gebraucht wär 
re. (5) Die Abtey-Glocke (the abbey 
orloge or clock) muß jedod) damals, "als 
Chaucer jene Zeilen fchrieb , nicht fo gar fel- 
‚ten gewefen feyn, und feit der Zeit, daß ſie 
‚ «gebräuchlich ward , konte man mehr Künftler 
diefer Art brauchen; wiewohl es feheine, daß 
auch ſchon Engländer damals geweſen feyn 
müffen, die diefe Kunft zu verftehn menig- 
ftens geglaubt haben, weil in dem angeführ« 
(ten Srenheitsbriefe von Edward III, gefage 
| | wird, 
ift eine Sonnenuhr ausbrücklich mit ihrem et: 
genthümlichen Namen genant worden :; More 
tedious than the dial eight- fcore times, Ad. 
3. fe 4. Die Uhr der Eathedral : Kirche zu 
Wells wird noch jegt horologe genant. 
2) S. Dugd. orig. jur. Lydgate, der von 
Heinrich VII. fchrieb, fagte deswegen: 
I will myfelf be your orlogere 


To morrow early. 
Prologue to the ſtorye of Thebees, 


2. 0 Geſchichte der Uhren. 309 


wird, daß die: Ausländer in ihrem Gewerbe 


sicht folten beunruhigt: werden (not be mole- 


fted. ) 


Ich fomme nun zu der beruͤhmten aſtro⸗ 
nomiſchen Uhr, welche einer unſerer dands—- 


leute, unter Richard II, verfertigt hat, wo⸗ 
von ich die Nachricht aus Keland nehme. 


‚Richard von Welingford war der Sohn 
eines Schmids, der in diefer Stadt Iebte, 
und ward, wegen feiner Gelehrfamfeit und 
Rendlichkeit, Abt zu St. Alban. Leland jagt: 
cum jam per amplas licebat fortunas, voluit 
illuftri aliquo :opere, non ımodo ingenti, ve- 


‚rum etiam eruditionis, ac artis excellentis, 


miraculum oftendere. Ergo talem horologis 
fabricam magno Jabore, majore fumtu, arte 
vero maxima, compegit, qualem non habet 
tota Europa mea opinione, fecundum, five 
quis curfum folis ac lunae, feu fixa fidera no- 


tet, five iterum maris incrementa et decre- 


menta. (3) Richard von Wealingford 
ſchrieb auch ein Bud) von diefer Uhr, ne tam 
infignis machina vilefceret errore monacho- 
rum, aut incognito ftructurae ordine, file- 
fceret. Diefe aftronomifhe Uhr muß noch 
zu Lelands Zeiten, ber am Ende der Regie⸗ 
rung Heinrich VII. gebohren worden, gegan. 

| gen 

(#2) Leland de feript. Britan. 

ame: © 


‚310 ‚u Geſchichte det Uhren. 


gen haben; er ſagt, man behaupte, daß ber 
Erfinder dieſes berühmte Kunſtwerk Albion 
genant habe. 


Da nun bewiefen ift, daß von Ed 
werd TI, Zeit bis auf Richard II. Ubren in 
Eugland gemadyt worden, fo üts nicht noͤthig, 
"daß ich eben diefes aud) für noch fpätere Zeiten 
beweife ; ich will aber doch anführen, daß 
“auch in andern Theifen von Europa Uhren 
im ı3ten und ı4ten Jahrhunderte befant ges 

wefen find, — 


Die angefuͤhrte Stelle des Dante zeigt, 
‘daß fie um dieſe Zeit auch in Italien nicht fele 
ten gewefen fd; und Salconer berichtet in 
: memoires de litterature, >af im »4ten Jahr⸗ 
hunderte einer Namens "Jacob Dondi von 
einer Uhr, die er für den Pallaſt verferrige 
bat, den Namen Horologius bekommen habe, 
der von den Nachkommen beybehalten fey, 


Bon Frankreich berichtet Froiſſart, (14) 
daß im jahre 1332. Philip der Aühne, 
Herzog von Burgund, eine berühmte Uhr von 
Eourtrai nad Dijon gebradyt habe, weiche 
Stunden gefhlagen hat, und wegen der Fünft- 
lichen Einridytung ſehr merfwürdig gemwefen 
iſt. Eine groffe Uhr zu Paris ward im Jahre 

| 137% 
('*) Sroiffart t, 2. ch. 127. 





r. Gefehichte der Uhren grr 


1370, unter der Regierung Carl V, verſertigt 
und zwar von einem Teuffehen, Carl von 
Mic. (15)  Carpentier führe in feinen 
Supplementen zu Du Cange, eine Entfceis 
dung des Parifer Parlements vom J. 141 
an, worin Aeinrich Bye Gubernator horo- 
logii palatii noftri Parifiis genannt wird. (16) 
Um eben diefe Zeit ward eine Glocke zu Mon— 
targis gemacht, welche die Ueberſchrift erhielt 
Charles le Quint (nämlih won Franfreid)) 
Me fit par Jean de Jowvence. | 


Diefer Name ſcheint einen Franzoſen anzu⸗ 
zeigen. 


u . 


Obgleich ich nicht fo glücklich gemwefen bin, 
einige Machriche von den erften Glocken in 
Teutſchland zu erhalten, fo glaube ich doch, 
wegen der groffen Glocke zu Paris von 1370, 
die durch von Wic verfertige worden, und 
wegen des Schugbriefes, den Edward I, 
dreyen Glockenmachern aus Delft gegeben 
hat, daß auch diefer Theil von Europa nicht 
ohne diefe nügfiche Erfindung geweſen iſt (17), 

| und 

(=) Faleonet mem, de litt. t. 20. | | 

(6) ©. Earpentier, Art. Horologiator. 

(7) 9. Peckett, ein gefchiefter Apotheker auf 
Compton ſtreet, bat mir eine aftronomifche 
Uhr gezeigt, welche dem verftorbenen Fergu— 
fon gehöre hat, uud noch gebt: Die nun 

rbeit 


2 
sı2 1 Befchichte der Uhren, 


und eben dieß glaube ich auch von. Spanien- 
wegen bes.alten Sprichworts: Eflar como ua 
relox. (13) | » ee 


Nachdem ih nun Beyſpiele verfchiedener 
Glocken und fo gar einer Fleinen Uhr (watch) 
aus-verfihiedenen Zeiten des 14ten Jahrhun⸗ 
derts gegeben, auch zu beweiſen gefucht habe, 
Daß fie felbft im 13ten nicht auſſerordentlich 
felten gewefen find, fo wird es nöthig ſeyn, 
Die Urſachen anzuzeigen, warum fie damals 
niche gleic) fo allgemein geworden find, als 
\ * ſie 


Arbeit iſt zierlich, und die Inſchrift lehrt, 
daß ſie 1525. von einem Teutſchen in Boͤhmen 
gemacht iſt: ne 
/ Iar. da. macht. mich, Iacob, Zech. 
Zu. Prag. ift, Bar. Daman. Zalt, 1525. 


Der Durchmeffer diefer Uhr iſt 93 Zoll, und 
Die Höhe 5 Zoll. [Ich babe die Inſchrift heran 
gefeßt, wie ich fie in der Urfchrift finde. Aber 
ftar bar fcheint war zu ſtehn, wenigſtens hat 
Barrington es durch is true überfegt, und 
man wird wohl lefen müffen: 
Da man zäle 1525 Jar, 
da macht mid) Jacob Zedy zu Drag, ift 
j ’ i r wabr. . B. 
(*) Folgende Stelle aus Abridged hiſtory of 
Spain vol. 1. p. 568 bin ich dem H. Bowle, 
Mitgl der K. Gefellfch. fehuldig : die erfte Uhr, 
- welche man in Spanien gefehn bat, ift die, 
welche 1400 auf bie Eathedral» Kirche zu Se⸗ 
‚villa gekgt worden. \ 


1. Gefebichte der Uhren. 313 


fie es, wenigftens nach ihrer jegigen Beſchaf— 
fenheit, zu feyn verdienen. Dafür laſſen fich 
verfchiedene Urfachen angeben. | 


In der Kindheit der Kunft mar ohne 
- Zweifel dies neue, Stuͤck der Mechanik. noch 
fehr unvollfommen; vielleicht gieng, Feines er⸗ 
trägli), und wenn es in Unordnung Fam, 
fo war vielleicht weit und breit niemand, der 
es auszubeflern verfiand. Go: haben noch 
heut zu Tage, fo gar in den vorzüglic) ‚mufir 
Falifhen $ändern, nur wenige Häufer Klav⸗ 
zimbeln, wenn nicht. jemand in der Nachbar⸗ 
ſchaft ift, der fie fimmen fon, Wir finden 
deswegen, daß Heinrich VI. von England 
mid Earl V. von Frankreich Uhrmacher beſtel⸗ 
feten und befoldeten, welde die Weſtmin— 
fter und Parifer Glocden in Ordnung erhale 
ten muften. 


Es ift faum nörhig anzumerfen, daß je 
feltener die Kuͤnſtler damals ‘waren, deſto 
eheurer ihre Arbeit hat feyn müffen, und daß 
alfo nur Könige Käufer einer Ware haben 
feyn koͤnnen, welche nicht fo wohl würflich 
brauchbar, als vielmehr nur Spielzeug war; 
und vielleicht darf marı fagen, daß die Uhren 
größtentheils bis zur Mitte des 17ten Jah . 
hunderts niche viel mehr als Spielzeug ges 
blieben find, | 
u . Hierzu 


314 1. Geſchichte der Uhren. 


Hierzu feße man, daß im 13ten und 
sgten Jahrhunderte fo wenig Handel, Were 
Fehr und Gefellfehaft war, daß ein Stunden» 
glas oder die Sonne hinlänglic) für die ge— 
meinſten Vorfälle fenn Fonten, die nun durd) 
Die Uhren von jegiger Einrichtung viel genau⸗ 
er eingerichtet werden. Zudem brauchten 
Sonnen » und Sand « Uhren Feine Ausbeffer 
ring. 

Dieß ift alles, was ich von erfter Ein 
führung der Glocken habe auffinden koͤnnen; 
nun will ich noch einige wenige Nachrichten 
von den tragbaren Zeitmeſſern, die man Ta— 
ſchenuhten nennet, beyfügen, Die aͤlteſte 
dieſer Art, wenn ich die, welche Robert 
Bruce, König von Schortfand, gehabt hat, 
ausnehme, fcheint diejenige zu fenn, welche 
fih in der vortreflihen Sammlung des M 
Afpron Lever befindet, und die Jahrzahl 
1541 bat. ('9) 


Darham gedenkt in dem 1714 gedruckten 
Artificial clock - maker (*), einer Uhr des 
Hein 


(0) Die älteſſe, noch ertraͤglich gangbare Uhr, 
welche wir in England haben, iſt vom vor 
bergebenden Sjuhre, d. ij. von 1540. Die Ans 
fangsbuchstaben des WVerfertiners find N. O. 
Sie befindet fih im Palafte zu Hampton 
Court. ©. Derhams artificial clock - maker. 

(*) Eine teutſche Ueberfegung diefeg Buchs foll 
binter Welpers Gnomit ſtehn. IB 


a 





I. Gefchichte der Uhren 315 


Heinrich VIII. die nod im Stande war, und ' 
D. Demainbray berichtet mir, daß er fo. 
wohl Iſaac Newton als Demoivre von dies 
fer Uhr habe fnrechen hören. (2°) Dem 
Kaifer Carl V, der zu Heinrichs Zeiten lebte, 
gefielen dieie Zeitmeffer fo fehr, daß er nach 
der Mahlzeit am Tiſche zu figen pflegte, wors 
auf verfebiedene Uhren lagen, zwifchen denen 
feine Flaſche ftand (21); ‚auch als er ſich ins 
Kloſter St. Juſt begeben harte, fuhr er fort 
fi) Damit zu. befchaftigen, feine Uhren in. 
Ordnung zu halten, woben er einmal auf die 
Betrachtung gerathen feyn foll, wie laͤcherlich 
fein Beſtreben, verſchiedene Europaͤiſche 
Maͤchte zu reguliren, geweſen ſey. 


Manche damals gebräuchliche Uhren muͤſ⸗ 
fen Schlaguhren gewefen fenn; wenigſtens 
findet man, daß dergleichen fo wohl Carln V, 
als $udwigen IX. in einem Gedränge, geſtoh⸗ 
len, und die Diebe dadurch, daß die Uhren 
geſchlagen haben, entdeckt worden find. (22) 

In 
(22). H. Walpole beſitzt eine Uhr, welche Heine 
rich VIII, mie die Juſchrift meldet, der Anna 

Doleyn geſchenkt bat. Poynel, Bifchof von 

Winchefter, ſchenkte eben diefem Könige eine 

aſtronomiſche Uhr. Godwyn de praeful, 

(”°) Mem. de litter. t. 20. Auch ſehe man 
Die neulich herausgekommene Colledion of 
State papers, vol. 1. p..53 

(*2) Mem., de litter. t, 20. 


316. 1 Geſchichte der Uhren. 


In den meiften älteren Uhren war ftat ber 
Kette eine Saite (23), dergleichen id) in der 
Samlung. des H. Aſpton Lever und des H. 

Ingham Sorfter gefehn habe; fie waren auch 
Efeinerer als die jegt gebraͤuchlichen, und oft 
enförmig.. (2) st ERS 

Wegen dieſer und vermuthlich noch meh⸗ 

rer AUnvolltommenheiten, waren fie bis zu 

Ende der Megterung der Königinn Eliſabet 

nicht von allgemeinem Gebrauche; wie dent 

auch in Schakeſpears zwoͤlfter Nacht Mals 
volio ſagt: | Ä 

1 frown the while, and perchanfe wind 

| up my | 
waicli, 


(2) Ein hieſiger Uhrmacher verſichert mir, 
daß ibm noch ver ſchiedene Uhren, die eine Sai⸗ 
te ſtat der Kette hatten, zur Ausbeſſerung ge⸗ 
bracht find. J B. | 
(24) Barrington fagt hiebey in einer Anmer⸗ 
kuͤng, Pancirollus berichte, daß man am 
Ende des ızten Jahrhunderts Uhren, die nicht 
Froſſer, als eine Mandel geweſen wärem, ges 
macht babe, und daß der Künftler Myrmeci⸗ 
de geheiffen babe. Erſteres fagt Vancirollug 
freylich, und zwar nach der Frankfurter Aug. 
‚gabe 1646. 4. II. S. 168; aber Myrmecis 
‚des iſt der alte griechiſche KRünftler, deſſen 
FRPRVAARLAET A oder ungemein kleine Kunſt⸗ 
werke, Cicero und Plinius erzaͤhlt haben. 
- Micht Pancirollus, ſondern Salmuth ©. 231. 
tedet von ihm. Vermuthlich ſteht Diefer Nebs 
- fer ſchon in der Eucyclopedie, wenigſtens bes 


ruft ſich Barrington auf ſie. J. D. 


r Gefchichte der Uhren. 317 


watch, or play with fome rich jewel. AD, 2i 
Ferner in ber erften Ausgabe von Herring 
tons Orlando Furiofo (gedruckt ‚1591) ĩſt 
der Verfafler mir erwas vorgeftellet, welches 
wiewohl die Zeichnung gar nicht deutlich ift, 
eine Uhr zu feyn ſcheint, mit der Beyſchrift: 
il tempo pafla. (*5). | 
Im % 1631 brachte Carl I. die Uhrma⸗ 
cher in eine Innung, und verboth die Ein- 
fuhr der Glocken, Uhren und Wecker (alarms), 
welches beweifer, daß - damals bie Uhren in 
allgemeinem Gebrauche gewefen find, und daß 
es auch nicht an Kuͤnſtlern gefehle har, die ſol⸗ 
che zu verfertigen verſtanden. oo. 
Um bie Mitte des ı7ten Jahrhunderts 
verbeflerte Huygens die Uhrmachetkunſt durch 
feine wichtige Erfindung, wodurch auch) einia 
ge Engländer (26) zu neuen Verbeſſerungen 
ver⸗ 
E) Sommer's Canterbury, ſipplement n. 14. 
.  P 36; auch in Erzbiſchofs Parker Teſtament 
vom 5 April 1575; Do et lego fratri meo 
Ricardo epifcopo Elienfi, baculum meum de 
canna Indica, qui Horologium habetin fummi- 
tate. Auch R. 14 S. 39 eine Uhr, an Werth 
54 Pfund 4S. Auch gehört hieher eine Stel 
le in Szowe’s. Chron. P: 878. undin der Sin— 
leitung zu Reuben Burrow Almanach fürg 
Jahr 1778. | 


318 1. Gefchichte der Uhren. 


weranlaffet wurben. Zu den neueften gehören 
die Kepetir- Ühren unter der Regierung Carls 
II, der, wie mir Lord Bathurſt gefagt hat, 
eine der erften diefer Uhren an Ludwig XIV 
geſchickt hat. Carl IT hielt viel auf Uhren 
und eine alte Perfon hat mir erzählt, da 

wenn er fih mit Maill» Spiel beluftigte, ger 
meiniglich Uhrmacher gegenwärtig geweſen, 
weil öft eine Uhr zum Preiſe ausgefegt ward. 
Doch mir haben noch eine merfwürdigere Anek⸗ 
dote von koͤniglicher Neigung zu Uhren, in 
Derhams artificial-clockmaker p. 107. Bar⸗ 
low hatte ſich, durch Huͤlfe des Lord Chief 
Juſtice Allebone ein Monopolium wegen der 
Repetiruhren geben laſſen; als aber Quarn/ 
vor Ausfertigung des Patents, auch eine ſol⸗ 
che Uhr, nach ſeiner eigenen Erfindung ge⸗ 
macht hatte, ſo verſuchte Jacob II beyde, und 


Akante der Uhr des Quarn den Vorzug zu, 


welches in den Zeitungen befant gemacht ward, 


In der Folge wurden die Englifchen Arbeiter 


diefer Art fo geachtet, daß im J. 1698 eine 
Acte gemacht ward, welche den Uhrmachern 
- befahl, ‚ihre Namen auf die Uhren zu fegen, 
damit nicht auffer Sande ſchlechte Stücke für 
Engliſche verkauft werden möchten. (27) 
5) Bornehmlih D. Hooke, Tompion u. 4 
7) 9, & ro. W. IL ch, 28. f, 2. De 


nn ee 


De 


2. Hoͤlzerne Slafebälge 319 
ee 


Hölzerne Blafebälge, 


rd Erfindung des Feuers, denn auch 
; diefes gehoͤrt zu ben: Erfindungen, ( 1) 
wird freylich wohl das erſte Werkzeug, es "an 
zublofen und zu verftärfen, eben dasjenige 
Schilf oder Rohr geivefen feyn, welches bie | 
erfte Schalmey abgab, fo lange bis man die 
Kunft erfunden har, Stäbe zu Röhren auszu⸗ 
hoͤhlen. Der eigentliche Blaſebalg, weicher aus 
ein paar Brettern, die mit Leder verbunden find, 
befteht, vermuchlich eine Nachahmung ver 
‚gungen, ſcheint wenigftens den Griechen früß 
befannt gemwefen zu ſeyn. Inzwiſchen ift mie 
hody Feine Stelle der Alten vorgefommen ‚ 
woraus ‚man bie. ältefte Beſchaffenheit diefeg 
Werfjeugs, welches in neuern Zeiten allerley 
Verbeſſerungen erhalten hat, erkennen koͤnte; 
ich wuͤrde ſie ſonſt zu erlaͤutern geſucht haben, 
weil das ein kleiner Beytrag zur Metallurgie 
der Alten abgeben koͤnnte. Bey Virgils Stelle: 
alii 
()S. Goguet vom Urfprutge der Geſetze, 
Kuͤnſte undWiffenfehaften: uͤberſetzt von Ham. 
— =. 1760. 1762. 2 Bände in 4. 


Da 


320 hölzerne Blaſebaͤlge. 


| alii taurinis follibus auras 
Accipiunt, redduntque, (?) 


lieſſe fich anmerken, daß das Leder von Stie- 
ren wuͤrklich zu Bälgen untauglich fey, und 
daß man dazu nur Kuhleder oder Ochſenleder 
brauchen Fan (3), aber vielleicht ſchickt es 
fih nicht, fo viele Genauigkeit von einem 
Dichter zu verlangen; zudem iſt Virgil 
nicht der erfte, der folles taurinos genant hat; 
ſchon Plautus hat gefage: Quam folles tauri- 
nihabent, cumliquescunt petrae, ferrum vbi 


fit (4) 


Strabo (5) erzähle aus einem alten Ges 
fchichefchreiber, daß Anacharfis, der Scythi⸗ 
ſche Philoſoph, der zu Solons Zeiten lebte, 
die Blasbälge, Caruga, ben Anker und bie 
<öpferfcheibe erfunden habe. Aber dieſe 
Nachricht ift ſehr zweifelhaft, denn Plinius, 
Seneca (5), Diogenes Jaertius (7) =. 

u 


2) Georg IV, 170. | 

() Die Sache braucht Feine Beftätigung 5 doch 

will ich des Agricola Zeugnißherfegen: Co- 

rium eft bubulum vel equinum; fed bubulum 

longe multumque praeftat equino. Dere me- 

all. lib. 9. pP. 294. . Zr 

- +) Sn den Fragmenten. 
Gb. 7. | 


(°) Ep. 90. u 
(”) Lib, I, 8. n. 6. 


a. Hoͤlzerne Blaſebaͤlge. 322 


Suidas, welche der angeblichen Erſindungen 
dieſes Philoſophen auch gedenken, nennen nur 
die beyden letztern, nicht die Blasbaͤlge; zu⸗ 
dem. bat ſchon Scrabo ſelbſt angemerkt, daß 
bereits Homer die Toͤpferſcheibe genant hat, 
und dieſer Dichter iſt doch gewiß aͤlter, als 
Anacharfis. Vielleicht hat dieſer nur jene 
nuͤtzliche Werkzeuge auf ſeinen Reiſen kennen 
gelernt, und fie zuerſt feinen Landsleuten bes 

kant gemacht; wenigſtens ift oft derjenige, 
welcher eine fremde Erfindung einem Volke 
zuerft zugebracht har, für den — ſelbſt 
gehalten worden (3). . | 


Bey den alteſten Schmelzhutten ind bie 

Bälge von Menſchen getrieben worden, des⸗ 
wegen findet man alte Bingen,  Halben 
und Schlafen, in Gegenden, wo man zu, uns 
fern Zeiten, wegen Mangel des Waſſers, kei⸗ 
ne. Hüften anlegen würde, und die Gewalt 
eines oft weit entfernten Waſſers durch Feld⸗ 
geſtaͤnge anzuwenden, iſt eine noch. neuere 
Erfindung. | 
Die 


‚® Ausführliche Nachrichten von Anacharſt & 
findet man in Fabricii biblioth. Graeca lib. 2. 
c. 23, 5: Ip. $ı2, und in Stanleii hiftor. 
philofoph. Lipfiae 1711. 4. * p. 88. und vor. 
uchmlich in Bruckeri hiftor. philofoph, L. p. 


360. 
Y 3 


! 
923. 2, Hoͤlzerne Blaſebaͤlge. | 


Die ledernen Bälge, von denen ich bis— 
- ber geredet habe, haben fehr. viele Unbequem⸗ 
lichfeiten ; fie verlangen eine forgfältige Warr 
fung, viele Foftbare Ausbefferungen , und dau⸗ 
ren dennoch oft nicht über fechs oder fieben 
Jahre (9). Mime man ſchwaches $eber, fo 
käßt folches vielen Wind durchgehen, welches 
durch beftäntiges Schmieren mit Thran oder 
anderm Fette verhütet werden muß, und eben 
diefes ift noͤthig, wenn man ſtarkes Jeder nime; 
namlich !damit diefes nicht in den Falten bres 
che, Man muß allemal Schaden vom Wafı 
fer und Feuer beforgen, und nach jeder Aus⸗ 
befferung,, die ſchon felbft viele. Zeit verlangt, 
müffen die Jeder erft wiederum mit Thran ges 
traͤnkt werden, wodurch viel Zeitverluft vers 
urſacht wird (19), | 


Dieſe Schwierigfeiten find bey den hoͤlzer⸗ 
nen Bälgen theils geringer, theils ganz ver. 
meidlih. Da diefe wuͤrklich, ungeachtet ihr 
rer Gröffe, ganz aus Holz befteben, fo wird 
mancher, der ihre Einrichtung nicht Fennet, 
kaum 
. ©) Dieſe Dauer giebt Calvör an; Grignon 
aber fagt, die ledernen Bälge fönten, wenn 
fie gut gemacht und gewartet würden, auch 
feine Unfälle gefchahen, hoͤchſtens 50 Jahre 
dauren. 
0) Die Einrichtung und Verfertigung biefer 
Baͤlge befchreibt Agricola im gten Buchede 
\ re metallica, auch Swedenborg und andere. 


» 


2. Hoͤlzerne Blafebälge, 323 


kaum die Moͤglichkeit errathen. Ohne Zeich- 
nung laͤßt ſie ſich zwar nicht beſchreiben, doch 
wird folgendes wenigſtens einigen Begriff ma⸗ 
chen. Das ganze Werkzeug beſteht aus zween 
Kaͤſten, deren oberſter ſich uͤber den unterſten 
auf und nieder bewegen laͤßt, ohngefaͤhr ſo wie 
man den Deckel einer Doſe, die ein Gewinde 
hat, in die Hoͤhe hebt und niederlaͤßt, wenn 
man fie auf oder zu machen will; doch find 
hier die Ränder des oberften Kaftens fo breit, 
daß fie, auch bey der ftärfften Eröfnung, den 
ungern zwiſchen ficdh behalten. Beyde Kaften 
find an ihrem fchmiateften Ende, wo die Pfeif- 
fe oder das Windrohr ift, mit einander durch 
einen ftarfen Bolzen verbunden. Man bes 
greift leicht, daß wenn beyde Kaften genau in 
einander paffen ‚ und der obere über den una 
gern ruhenden aufgezogen wird, alsdann bes 
Kaum, den beyde Kaften begrängen, größer 
werden, und besmegen mehr $uft durch Die 
Klappe, welche im Beben des untern Kaftens 
iſt, eindringen. muß, Die, wenn der, gbere 
wiederum herunter geht, Durch die Pfeiffe 
berausgeirieben wird. Die Schwierigfeie 
wird alfo darin beftehn, daß man die einge 
ſchoͤpſte Luft nirgend, als nur durd) die Pfeif⸗ 
fe heraus laffe; denn das iſt nicht zu erwarten, 
daß benbe Kaften fo genau auf einander paffen 
ſolten, daß nicht die Luft zwifchen ihnen durch“ 
gehen koͤnte. Das. finnreiche und. ſehr unge⸗ 


324. 2. hölzerne Blaſebaͤlge. 


fünftelte Huͤlfsmittel dawider befteht"darin, 
baß die Raͤnder des obern oder innern Kafteng 
hoͤlzerne bewegliche Seiften haben, welche durd) 
metallene Federn dicht an die Ränder des äuf 
fern Kaftens angedruft werden, und alfo den 
undermeidlihen Zwifchenroum beyder Wände 
ausfüllen. Weil die langen und dünnen hoͤl⸗ 
jenen Leiſten nicht biegfam genug ſeyn wuͤr⸗ 
den, fich überall ftarf genug andruͤcken zu 
laſſen, und weil fie, wenn fie auch anfänglich 
vollkommen gerade abgehobelt wären, dennoch 
mit der Zeit allerley Krümmungen annehmen 
würden, fo haben fie in ihrer ganzen tänge, 
etwa in Entfernung von ı5 bis 18 Zoll, Ein. 
ſchnitte, die nur einen ſchwachen Span übrig 
loffen, wodurch fie binlängliche Biegſamkeit, 
fi überall genau andrüden zu laffen, er- 


Iten (2), 
ba Die 


) Vollſtaͤndige Beſchreibung und Zeichnung 
findet man: in Schläter Unterricht von Huͤt⸗ 
ten» Werfen. Braunſchweig 1738. Fol.*S. 
51, und daraus aud) in Calvör Befchreibung 
des Maſchinenweſens des Oberharzes. Braun» 
ſchweig 1763. Fol. * Il. ©. 162. Ferner in 
Cramer Anfangsarıinde der Metalurgie. 
Blankenburg und Auedlinburg. 1777. Fol. * 

ILIII, 1 ©. 59. Memoires fur l’art de fabri- 

quier le fer par Grignon. Paris 1775. 4. * 
©. i99. Traite de la fonte des mines par le 

feu du charbon de terre; par M. de Gens/ane. 

Paris 1770, 2 vol. in 4. *.Lp. 96, Pini de 

vena- 


! 


2. Aölzerne Blaſebaͤlge. 324 


Die Vortheile diefer hölzernen Bälge find. 
ungemein groß. Wenn fie von reinen Tanı« 
nenholze ohne Hefte gemacht find, dauren fie 
30, auch 40 und noch mehrere Jahre, obs 
gleich fie jährlid) 46 bis 48 Wochen ohne Un— 
gerlaß im Gange gehalten werden; ja, Pol. 
bem ('2) verfihert, fie fünten, wenn fie 
recht gut gemacht und gewartet würden, wohl 
hundert Jahre dauren. Ihre Wirkung if 
viel ſtaͤrker, gleichförmiger und. laßt ſich nach 
den Umftänden mäßigen. Ihre Bewegung 
ift-leichter zu bemürfen. Mur an den Leiſten 
werden fie fhabhaft, und audy alsdann laffen 
fie fich leicht und bald ausbeflern., Nur alle 
drey oder vier Monate dürfen fie einmal mit 
Unfchlitt, und zwar nur an der auswendigen 
Seite des innern Kaftens und am Bolzen ges 
fihmiert werden. : Rechnet man die Koften 
der Erbauung und der jährlichen Unterhaltung 
zufammen, fo find-folcye bey den alten leder⸗ 
nen Bälgen, nad) Grignon Schaͤtzung, fünf 
mal größer. wi | 

| Daß 


venarum metallicarum exco&tione, Vol. TI. Vin- 
dobonae 1780. 4. *p. 107. Auch die Be 
fchreibung, welche man in der Teutſchen En. 
cyclopaͤdie, I. ©. gır findet, ift fehr gut. 


(?) Schriften der Schwed. Afad. der Wil 
ſenſch. HL. ©. 193. 


5 


326 8: Sölserno Blafebälge, 


Daß die Erfindung diefer hölzernen Baͤlge 
unfern $andsleuten gehört, ift gewiß. Gri— 
anon (33) verfichert es. ausdrücdlich, und zu 
Bechers ('4) Zeiten hatte man fie zwar ſchon 
in Teuefchland, aber noch nicht in Englands 
Genffane, der die Erfindung den Schweizern 
zueignet, irret gewiß, vielleicye nur deswegen, 
weil ein Schweizer fie zuerft in Frankreich bes 
kant gemacht bat (5). Inzwiſchen weiß 
ich den Mamen des Erfinders nie mit Ges 
wißheit zu beftimmen. In der Mitte des 
ſechs zehnten Jahrhunderts lebte in Nürnberg 
sin Künftler, Hans Lobfinger, welcher im 

J. 1550 dem dortigen Rath ein Verzeichniß 

- feiner Kunftwerfe übergab, Aus diefem führt 
Doppelmayr (1%) an, er babe Fleine und 
groffe Blaſebaͤlge ohne Jeder von. purem. Hol⸗ 
ze zu machen verftanden, bie zu Schmelz und 
Ä an⸗ 


() L’ Allemagne eſt la patrie des machines, En 
general les Allemands diminuent la manoeuvre 
confderablement par des machines appropridca 
A toutes. fortes demouvements; ce meftpasque 
nous n’ayons de cetlebres machiniftes, .nous 

. avons le talent de perfeetionner les machines 
inventẽes par nos voilins. p. 200 | 

(4) Bechers närrifche Weisheit und weife Nar⸗ 
keit. Sranffurt 1683. 12* S. 113 

In der Parifer Kunſthiſtorie wird gefagt, 
inan gebe im Delphinat vor ‚. bag ein Schmei« 
ser dafelbft die erften verfertigt habe. 

ee S. 292. 


2, hölzerne Blaſebaͤlge. 337 


‚andern Hüften, auch zu Orgeln dienfich ges 
weſen; imgleichen' fupferne Blasbaͤlge, bie 
beftändig einen gleichen Wind gegeben. Da 
Sobfiager Orgeln machte, fo ift er vieffeicht das 

bey auf diefe Erfindung gerathen, aber worin 
ſie eigentlich beftanden, und ob fie nicht mie 
ihm wicder ausgeftorben fey, varüber finde ih 
nirgend Nachricht. Agricola, der im J. 
1555 ſtarb, hat der hölzernen Baͤlge nirgend 

gedacht. 2 


Sammel Reyher, ehemaliger Profeffor 
in Kiel, bat 1669 in einer dafelbft gehaltenen 
Differtation: De aere (7), einen andern 

| | | Er. 

(*) Die Diffeetation iſt sum erſtenmal in dem 
genanten Jahre zu Kiel auf 10. Bogen gea 
druckt worden, und indiefer Ausgabe hat der 

V. die Zeit der Erfindung fo beſtimt: ante qua- 

‚draginta circier annosz; dag wiirde alfo unges 

fähr- 1629 oder 30 ſeyn. Aber jene Differs 

tation-ift mit vielen Verbefferungen und: Zus 

fägen 1725 in Hamburg auf232 Seiten in 4 

oieder gedruckt worden, und zivar mit dem 

etwas veränderten Titelz D pueumgsica five 
de aere et aerometria. In dieſer Ausgabe 
wird. ©. 67 die Zeitder Erfindung anders an⸗ 
gegeben x Ante XXC et quod excedit, eirciter 
annos, in Franconia in. .pago.quodam Smale⸗ 
buche dicto, in principatu Coburgenfi, nevum 
follium genus isventum eſt, quas meliore jure 
.. arcas pneumaticas vocamus, In illo pago enim 
-bini fratres Martinus et Nicolaus rn. 
EN 


328 a Adlzerne Blafebälge. 


Erfinder angegeben. Er erzählt naͤmlich, 
taß damals vor 40. Sjahren zween Brüder, 
Martin und Nicolaus Schelhorn, bie 
Müller im Eoburgifchen Dorfe Schmalebudhe 
(13) gewelen, zuerft bie hölzernen Baͤlge er» 
funden hätten. - Reyher fagt, die beyden Brüs 
der hielteu die Einrichtung geheim *, Doch 
F meynt 
molitores, occafione alicuius ciftae ab ĩpſis fa- 
ctae, cujus operculum accuratiffime quadrabat, 
tales arcas invenerunt, quemadmodum ipforum 
‚amicus fide dignus mihi retulit. Ejusmodi 
arcae noi' e corio, fed ex mero ligno, clavis 
ferreis combinato, componuntur, In offieinis 
ferrariis praeferuntur reliquis ex corio vel 
pellibus factis, quia majorem et vehementio- 
rem flatum excitant,, quam eoriacei, qui per 

ros pellium fubtiliorem fpiritum amittunt. 
(3) Diefes Dorf finde ich in Hrn. Büſchings 
‚Geographie nicht genant; aber auf der Ho 
mannifchen Charter: Se&tio fuper. Thuring. 
orient., 1747 fteht ver Ramen: Schmale Buche, 
und auf der Homannifchen Eharte von Hen⸗ 
neberg und Coburg 1743 liefet man: In der 
ſchmalen Buche. Aber nach beyden Eharten 
zu urtheilen, fcheint dag Dorfim Schwarz 
burgifchen zu liegen. In den alten Charten 
von Thüringen, z. B. des Blau und Per. 
Schenk tft der Namen jämmerlich verdorben; 

denn da liefet manı In der Schnabelichn 
Piuhe. | 
” Ar manchen Orten hat man die Bälge anfäng- 
lich. in hölzerne Futterale verſteckt, um’ ihre 
Einrichtung nicht befannt werden un ; 
z. 2. 


2, Hoͤlzerne Blafebälge. 329 


meynt er, fie Keffe ſich wohl errathen, und 
er erzähle auch, wie er ſich die Sache vor 
ſtelle. | | e 


Einen viel vornehmern Erfinder Bat 
Schlüter, der vermuthlich die erfte Befchreis 
‚bung der Bälge befant gemacht bat, ange. 
‚geben. Er ſagt nämlih, es fey ein Biftbof 
von Bamberg gemwefen, aber nirgend fan ich 
davon einen Beweis finden (19), und moͤch⸗ 
te ich dieſes Verdienft lieber einem Orgelbauer 
oder Müller, als einem Biſchof zutrauen. Nach 
Schluͤters Bericht, ſind dieſe Baͤlge ſchon 1620 
auf dem Harze, und zwar zuerſt am Unter⸗ 
harze in Gebraud) gewefen, wohin fie zuerft 
durch Leute aus dem Bambergifchen gefoms« 
men feyn follen. Man fieht hieraus, daß 
Kenner allerdings die Erfindung zu jung am 
gegeben hat. Umftändlicher erzähle Calvoͤr 
die Einführung auf den Harz. Naͤmlich im - 
J. 1621 hat Ludwig Pfannenfchmid aus 
Thüringen fich zu Oſtfelde bey Goslar nieder» 
ge⸗ 


B. zu Markirch, mo fie erſt feitno Jahren 
m Gebrauche ſind. S. Meine Beytraͤge zur 
Oekonomie, Technol. IV.©. 149. | 


() In IP. Ludewig Scriptores rerum epiſ- 
wopatus Bambergenfis. Francofurti et Lipfiae 
718. fol, wo jedweder Bifchof neuerer Zeiten 
gelobe ift, finde ich nichts von dieſer nüglie 
chen und finnreichen Erfindung. 


330 2. Hoͤlzerne Blaſebaͤlge. 


gelaſſen, und angefangen hoͤlzerne Blaſebaͤlge 
‚gu machen. Darauf haben ihm die dortigen 
Balgmacher den Tod geſchworen, wider wels 
che er aber von der Obrigkeit gefchügt worden. 
Er wollte feine Kunft niemanden als nur feis 
ven Sohn lehren, wie denn auch noch vor we⸗ 
nigen Jahren fein Enfel die Werfertigung ale 
ler Välge des ganzen Harzes zu beforgen hats 
te. Anfaͤnglich ward für die Wartung -und 
Beſſerung der Bälge auf den einfeitigen 

‚Hirten jährli 50 Rthlr. bezahlt; aber 1641 
muſte Pfannenfhmid mit 40 Rthlr. ‚zufrieden 
feyn, weil man fah, daß er dabey wenig Mit» 
he hatte. Im J. 1651 wurden ihm für ein 
Naar neuer Balge 30 Rthlr. beftimt, jege aber 
werden fie mit 25 , und an einigen Orten bes 
Harzes nur mit 21 Rthlr. bezahlt. Daß die. 
fe Kunſt nach Frankreich, naͤmlich nach Ber 
ty, Nivernois und Franche Comte durch eis 
nen Teutſchen gebracht worden, wird in der 
Pariſer Kunſthiſtorie I ©, 104 verſichert. 





— JR, 


3 


3. Magnetiſche Auren. 331 
EEE 


= 3. | 
Dagnetiihe Kuren. 
De aͤuſſerliche Gebrauch des Magnets 


wider Zahnſchmerzen und andere Krank: 
heiten, iſt allenfalls eine neumodige, nicht 
aber eine neu erfundene Kurart. Schon 
Aetius, der ums Jahr 500 lebte, kante fie, 
Er ſagt, man verfichere, daß diejenigen, wel 
be von Ehiragra, Podagra und Frampfichten 
Zufaͤllen leiden, Sinderung empfünden, wenn 
fie den Magnet in der Hand hielten ( — 
Au 


C*) In der Aldiniſchen Ausgabe: Venetiis 1534. 
fol. *lib.2 c.25.p. 28. b; gu 3, ds xaa 
TEXUnEy TA Xu) av KXeipaygonv xu) mwodas 
yewv : Avmövvoug Avrau deydlsran "Tews 52 
ar eriwovsßonde. Cornarius hat biefe 
Worte fo überfegt? Tradunt (magnetum) de- 
tentuin manu chiragcorum ac podagricorum, 
dolores ipforum fedare. Aeque convulfis opi« 
tulatur. In der lateinifchen Ueberfegung aller 

18 Buͤcher ded Hering‘, Die zu Bafel bey Fro⸗ 
ben 1535. $ol. * gedruckt ift, hatder Ucbers 
eßer Joh. Baptiſta Montanus dieletzten 
orte S. 60 ausgelaſſen; vielleicht fehlen ſie 

in einigen griechiſchen Handſchriften, und ſind 
gar nicht von Aetius. Hr. Rlaͤrich, unſer 
in vorigem Jahre geſtorbene Stadtarzt, hat 
dieſe 


s332°°9% Magnetifche Auren. 


Auf eigene Erfahrung beruft er ſich alfo nichr, 
und es fönte wohl gar feyn, daß er an Nic» 
tigfeit der Erzählung gezmeifele habe. Dieſe 
‚Stelle ift noch zur Zeit die ältefte Nachricht, 
welche .man kennet; denn noch ältere Schrift 
ſteller reden nur von dem innerlichen Gebrau⸗ 
de diefes Eifenfteins, 


Auch hat man diefe Kurart nicht etwa * 
in neuern Zeiten. wieder erfunden; ſondern die 
ältern ‚Merzte haben fie wenigftens einander 
immer nachgefchrieben, fo daß fie niemals 
‚ganz vergeffen worden; fo wie vielleidyt noch 
jegt, in den Verzeichniffen der Arzney » Mit 
tel, manche aufgeführt werden, welche die 
Alten ‘gebraucht oder vorgefihlagen. haben, 
nachher aber nicht weiter unterfucht find. Ges 
gen Ende des fechszehnten Jahrhunderts mel⸗ 
dete "Job. Jac. Wecker (2), daßder Magnet 
Kopfichmerzen lindere, wenn man ihn an den 
Kopf hielte; er jagt: Holler Habe diefes 
aus den Machrichten der Alten genommen 


0) 


diefe Stelle zuerft ee. in Bötting. gel. 
Anzeigen 1766 ©. 1226 


3) F. J. Wecker de fecretis libri. XVII. Bafi- 
leae 1613. 8 *lib. 5. p. 107: Ad capitis do- 
lores: Magnes ipfe capiti admotus dolorem, 
Omnesque querelas eius obliterat. Quod ex 
veterum commentariis fe transtulifle fcribit no- 
fter Hollerius. 


3.” Magnetiſche Kuren. 333 


(3): Auch bey Porta (*) liefetman, daß, 
man ihn wider Kopffehmerzen empfehle, und 
bey Rircher (5) daß man ihm am Halfe wis 
der Krämpfe: und Nerven⸗ Schmerzen trage. 
Gegen Ende. des vorigen Jahrhunderts mach⸗ 
te man magnetifche Zahnftocher und Shrlöffel, 
und rühmte folche wie ein Geheimniß wider 
Zahn; Augen » und Ohren » Schinetzen (6), 
Meuere genaue Verſuche haben allerdings bes 
viefen‘, daß ber Magnet aufthierifche u | 
Urs 


(>) Sch ‘babe mir die Muͤhe gemacht, diefe 
Stelle in Jac. Hollerii lib.de morbis internig, 
Parifiis 1711.,4 * zu ſuchen; aber ich finde 
fie nicht, ungeachtet der Anfang ded Buchs 

. ausführlich von Kopffchmerzen handelt. 
(*) Fo. Bap. Portae magiae naturalis libri XX. 
Francofurti 1591 8 * lib.7.p.332: Legimius 
& capiti admorum magnetem dolores omneg 
auferre. 

( Athan. Kircheri Magnes five de arte magne- 
tiea. Coloniae Agrip. 1643. 4 * lib.3 c. x 
p. 679: Ex collo geſtatus magnes ſpasmum 
fanare, ac nerrorum dolorescompefcere, ma- 

- ‚nuque detentus en accelerare perhibetur. 

(°) Petri Borelli hiftorierum & obfervationum 
medico - phyfic. centuriae IV. Francof. & 
Lipf. 1676. 8 * Centur. 4 obfer. 75. p.376: 
Scalpella magica: Quidam funt qui denti- 
fcalpia auriscalpiaque habent, quae tactu folo 
dolores dentium, aurium& oculorum tollant; 
ego vero’cum, certo acceperim efle tantum 
magnete tacta, id tibi revelare volui.. 


934 4.Örfeille, Lackmus. 


Wuͤrkungen äuffere, mit deren Beftimmung 
fi) noch jegt viele Aerzte und Naturforfcher 
befchäftigen ( 7). 
(7) & 7 D. Reichel diſſ. de magnetismo in 
corpore humano; reſp. C, Ludwig Lipfiae 
> 2 | 


SE TEE ETHERNET Re 


re ur. 
Orſeille, Lackmus. 


nter den Namen: Orſeille, Orceille, Or- 
ſolle, Urſolle, Orcheil, Orchel, im 
Italieniſchen: Oricello (1), Orcella, Roccel- 
la, im Engliſchen: Argol, canary-weed, or- 
chilla- weed; im Hollaͤndiſchen: Orchillie, ver⸗ 
ſteht man ein Moos, was zur Faͤrberey dient, 
‚ ober aud) wohl das daraus bereitete Pigment. 
Bey Linne‘ heiße diefe Art Lichen roccella, 
fpec. plant. p. 1622 n. 77. . Die vollftändig« 
fie Befchreibung und beften Abbildungen hat 
Dillen (2) gegeben. Man ae 
. . c08 


X 


() In Vocabulario degli Academiei della Cru- 
ſea iſt das Wort: Orisellofoerklärt: Tintura, 
eolla quale ſi tingono i panni, che ſi fa con 
orina d'uomo e con altri ingredienti. 

(*) Dillenii hiſtoria muscorum. Oxonii 1741. 


4* p. 120: Coralloides sorniculatum fasci- 
- | culare 


4. Orfeille, Lackmus, 33% 


. Moos häufig auf den Felfen einiger neben Afri⸗ 
ka liegenden Inſeln, vornehmlidy) auf den Cas 
nariſchen, auch auf verfchiedenen Inſeln deg 
"Archipelagns. . Es waͤchſt aufrecht in Fleinen 
‚theils einfachen, theils zweigigen Stielen, vie 
‚ungefähr ein Paar Zoll hoch werden. Im 
hoͤhern Alter erhalten die Stiele kleine theils 
«fugelförmige, theils fchüffelföemige Knöpfe‘, 
‚die Cournefort fehr gut, mit den Erhebuns 
gen an den Fuͤhlſaͤden der Sepia vergleicht. 
"Die Farbe ift bald heller, bald dunffer grau, 
‘Aus diefem Moofe wird mie Ralf, Harn und 
alkaliſchen Salzen ein dunkelrother Teig’ bereis 
tet, der im Handel den Namen des Mooſes 
behält, und von den Färbern häufig gebraucht 
wird; auch wird daraus, wie man nun weig, 

das befannte Lackmus gemacht. = 


Theophraftus (3) Diofeorides (4) 
| und 


culare tindorium, Fuci teretis facie, tab. 17 
‚Sg.4,B,C,D. 


- (?) Hiſtor. plant. IV. c.'7 p. 82. ed. Heinfas 
Alga marina, ‚ro wovrıov Punoc, quam ſpon⸗ 
giarii pelagicam deferunt, in Creta infula 
iuxta terram, ſuper faxa plurima optimaque 
provenit, qua non ſolum vittas, ſed etiam la- 
nas veſtesque inficiunt, & quamdiu receng 
infettio fir, color longe purpuram praeflat. 


-|, 


“ (*) Lib. IV. e. 95: E phyci marini generibus 
tertium  candidum, nalcens in Creta, flori- 
| 2 J dum 


I 


336 4 . Örfeille, Lackmus. 


und ihr Ausſchreiber Plinius (’) nennen 
eine Pflanze Dunos BaAacaıov, über rovrion, 
welche, ungeachtet des Namens, fein Meer- 
‚gras, - fondern ein Moos ift, da es an ben 
Felfen der Inſeln, vornehmlich auf Creta oder 
Canbia wuchs. Es diente ſchon damals zur 
Faͤrberey der Wolle, und die Farbe war frifch 
fo vortreflich vieolet, daß ſie fo gar den Pur- 
pur, der nicht, wie manche meynen, roth, 
fondern violer war, uͤbertraf. Plinius mel 
der, daß man fo gar mit biefem Moofe der - 
Waare, die mit dem theuren Purpur -gefärbt 
werden folte, den Grund ju geben pflegte. 
So verftehe ih wenigſtens mit Hardouin und 
“ andern die Worte: conchyliis fubllernitur, 
welches die Franzoͤſiſchen Faͤrber durch donner. 
le pied ausdruͤcken. | 

| | Uns 


dum valde, quod nulla corruptionis labe pol- 
luitur. — — Hoc fuco quidam putant muli- 
eres ſuum colorem mentiri, cum tamen ft ra- 
dieula eiusdem nominis, qua fefe fucant. 

. (0%) Lib. XXVÄ ce. 10. II. 406: Phycos tha- 

. „ lafüon, ichelt, fucusmarinus, laftucae ſimilis, 
qui conchylüs ſubſternitur. — Tria autem 
genera eius, — tertium crifpis foliis, quoin 
Creta veſtes tingunt; omnia eiusdem vsus, 
Lib. XXXilI c, 6.1 p. 581: Algae maris plu- 
ra genera, uti diximus, longo folio.et latio- 
re, rubente, alıavecrifpo. Laudatiffima quae 
in Creta infula iuxta terram in petris nafci- 
tur; tingendis etiam lanis ita colorem alli- 
gans, vt elui poſtea non pollit. 


4 Orſeille, Lackmus. 337 


Ungeachtet verſchiedene Arten von Moos 
und Steinflechten eine ähnliche rothe Farbe 
geben, fo glaube ich doch mit Dillen,. daß 
Quxoc Yaraaaıov unfere Orſeille ſey. Denn 
noch zur Zeit ift Peine Art befannt, die fovor« 
treflich farbe, und fo fehr des Theopbraft Be⸗ 
richt rechtfertigen Fönte, als diefe; zudem ſam⸗ 
(et man fie noch auf den Griechiſchen Inſeln, 
und es fcheint ihr Gebrauch von den ale 
Zeiten ber bepbehalten zu fon”). 


Tourrefort (7). fand diefe Steinflechte 
auf der Inſel Amorgos, die unter Mayos an 
der öftliben Seite liegt, und jest Nlorgo 

beißt. Zu feiner Zeit ward dafelbft der, Cent⸗ 
ner fir 10 Rthlr. nad), England und. Alexan⸗ 
| drien 


u Zardouin führe Ariftot. hift, nik VIe, 
9. pı 692. edit. Scaligeri an, Aber diefer re⸗ 
det von einem Meergraſe, welches am Helles⸗ 
pont ausgeworfen wurde. Man machte eine 
Farbe oder Schminke, gumov, daraus, nnd 
die Leute, welche am Meere wohnten , glaub⸗ 
ten, dag der Purpur eben von diefem Meer⸗ 
grafe, welches einigen Condhylien zur Tab» 
rung dienen folle, feine ſchoͤne Farbe erbielte, 
Einen Beweis, daß auch Meergräjer (fuci) 
eine rothe arbe geben können, lieſet man iu 
Abhandlungen der Shwedifchen Akade⸗ 
mie IV. ©. 29.. 

(*) Voyage du Levant, Amiterd. 1778. 4 I 


p- 89. 
.33 


338 4 Öifeille, Lackmus. 


drien verfauft, und er merkt dabey ausdrüd. 
fich an, daß fie auch auf den übrigen Inſeln 
nicht felten fen. Er beweiler aus dem Suidas, 
Julius Pollur (8) und andern Altern Schrift⸗ 
ſtellern, daß die Inſel ehemals wegen eines 
rothen Leinens berühmt geweſen ſey, was im 
Handel den Namen der Inſel gefuͤhrt hat, 
und er vermuthet nicht ohne Wahrſcheinlich⸗ 
feit, daß es mit eben diefem Mooſe gefarbe 
‚ worden. Auch Imperati (9) fagt, daß 
man die Koccella, welche er abgebildet bat, 
aus der $evante erhalte. 
Eben diefer Italiener hat * die Abbil⸗ 
dung eines Faͤrbemooſes aus der Inſel Gans 
dia, welches bamals Rubicala hieß, und aud), 
wie man aus Bauhin ("9 ) fiehe, unter dem 
Namen Roccella begriffen ward. Ob diefes 
nur eine Abanderung dieſer Art fen, ift bey. 
den winigen Beobachtungen, worauf die Bes 
flimmung der cryptogamiſchen Pflanzen beru⸗ 
bet, wohl nicht mit ganzlicher Gewißheit zu 
ent⸗ 


(®) Onsmaflicon VII. c. 162 Praeterea Amorgi- 
na, optima quidem in Amorgo fiunt, fed et 
haec e lino efle aflerunt. -Tunica autem 
Aınorgina, etiam amorgis nuncupatur. 

(?) Hißor. natur. Coloniae 1695. 4 * p. 850. 
lib. 27 c. ır. 

('°) Pinax plant. p. 365: Fucus verrucofus 
tin&torius Roccella. 7. Bauh. bifl. plant. III, 
27.796: Alga tindtoria e Candia, qua tin- 
ctores vtuntur nomine Reccellae. 


4. Örfeille, Lackmus. 339 


enffcheiven; aber fhen Dillen (11) und 
Sinne” haben dieſes Moos fiir eine befonbere 
. Are gehalten, die leßterer Lichen fuciformis p. 
1614 n, 38 nennef. Wohrſcheinlich ift aud) 
Diefe Meynung, weil diefe Rubicula nicht, 
wie die eigentliche Roccella, ftrauchförmig oder 
büfchelweife wählt, fondern vielmehr zu den 
blätterförmigen Steinflechten gehört. Dem 
fen aber wie ihm wolle, fo ift doch, wie ſchon 
Dillen angemerft bat,  un‘- ih aus eigener 
Beobachtung weis, gersiß, daß L. fuciformis 
oft der eigentlihen Roccella, vornehmlid) der 
von ven Canarifchen Inſeln, bengemifche iſt; 
ob fie diefer aber in ver Güte gleih fey, dars 
über fehlen noch Brobadytungen (2). | 
. So 
( ) pag. 168 n. 61 tab. 22, A, B, und 23. 
C, D. Lichenoides fuciforme tin&torium, cot- 
niculis longioribus & acutioribus. Geite 169 
fagt er; Roccellae permixtam e Canariis infu- 
lis delatam non raro vidi hanc fpeciem. Fre- 
quens fit, in Indiis orientalibus necefle eft, 
cum plurima in hortis ficcis curioforum eius 
viderim exemplaria inde delata. 
(2) Donati bat im Auszuge feiner Naturges 
fchichte des Adriatiſchen Meer. Halle 1753- 
4* &.26 eine Pflanze unter dem Namen Ce- 
ramiantemum befchrieben und Tab. L abgebil- 
der, die er für die Roccella des Imperatt 
bäft. Aber fie ift Fein Lichen, fondern ein 
fucus, und zwar diejenige Art, welche — 


34 


340 4% ‚Orfeille, Lackmus. 


So viel, glaube ich, aus dem bisher am 
geführten fchlieffen zu Fönnen, daß unfern Or 
feille bereits von den alten Griedyen gebraucht 


ſey; aber warn ift fie zuerft in den Europaͤi⸗ 


ſchen Handel und in die Europälfche Farbe 
rey gefommen? Einige Schriftſteller find der 
Meynung, man babe diefes Material zuerft 
auf den Canarifchen Inſeln, und erft nachher 
in der Levante gefunden; der Gebrauch fey 
alſo nicht älter, ls die letzte Entdeckung dies 
fer Inſeln. Aber daß dieſes falſch ſey, wird 
aus folgendem erhellen. 


Unter den aͤlteſten und vornehmſten Flo⸗ 
rentiniſchen Familien iſt diejenige, welche un⸗ 
ter dem Namen der Oticellarii oder Rueellari, 
Ruszellai oder Rucellai befant ift, woraus ver⸗ 
fehiedene fich als Gelehrte und aa # er 
Ä | | x ekant 


lin Hiſtoria fueorum. Petropoli 1768. 4* ©. 
136. Fueus verrucofus nennet, und Tab. 14. 
f, 1 ſchoͤn abgebildet hat. Dieſes Meergras . 
waͤchſt im Adriatiſchen Meere an Felſen, wo⸗ 
hin kein friſches Meerwaſſer koͤmt. Ob es auch 
roth faͤrbe, iſt nicht bekant. Allenfalls koͤnte 
man mit des Donati Irthum die Alten ent⸗ 
ſchuldigen, welche die wahre Roccella zu den 
Fucis gerechnet baben, worin ihnen Impera⸗ 
fi, Baubin, Chabraus, Rajus, Moriffon, 
und fo gar Tournefort in Inftit, rei herb. p- _ 
568 gefolgt find, wie wohl leßterer ihr in den 

- ‚Corollariis p. 40 eine Stelle unter den Stei 
flecpten angewiefen hat. 


4. Orſeille, Lackmus 341 


bekant gemacht haben (1a4). Dieſe Familie er 


foll von einem Teutfchen Edelmann, Namens 
Ferro ober Federigo, der im Anfange - des 
zwölften Syahrhunderts gelebt haben foll,: ab» 
ftammen (14). . Einer von. deffen -Nachfoms 
men foll ums Jahr 1300 eimen flarfen Hans 
del in der Jevante getrieben, dadurch einen grofa 
fen Reichthum erworben. haben, und mit dien > 
ſem zulegt nad) Florenz zurück gekehrt fen, 
und eben diefer foll zuerft in Europa die Kunft 
mit Drfeille zu färben befane gemacht haben, 
Man erzähle, er babe kurz vor feineg Abreife 
- aus’ der tevante einmal fein Wafler am einen 
Felſen abgefchlagen, und bemerkt, daß die. 
Pflanze, die dorf Reſpio oder Refpo, und in 
panien Orciglia genant würde, durch den 
Harn eine Colombin. Farbe, andere fagen ei— 
ne rothe, angenommen babe, Er habe var. 
‚über verfchiedene Verſuche angeftellet, und 
— — nach⸗ 
() Bayle hat in Dictionnaire hiſtor. & eri- 
wique einige merkwuͤrdige Perſonen diefer Fa⸗ 
milie, einige unter dem Nieren, Oricellarius, 
andere unter Rucellai angeführt. Er bewei— 
fer, daß alle diefe zu einerley Gefchlecht ges 
hören, aber den Urfprung des Namens ſcheint 
er nicht gewuſt zu’ haben. 

79 Andere Nachrichten geben England’für dag 
WVaterland des Frederigo oder Fridrichs an, 
aber felbft der Namen fcheint die teutfche Ab⸗ 

kunft zu beſtaͤtigen · 
a 


242 4: Örfeille, Cackmus. 


nachdem er die Kunſt, Wolle mit dieſer Pflan⸗ 
ze zu faͤrben, zur Vollkommenheit gebracht 
habe, habe er ſie in Florenz bekannt gemacht, 
wo fie zum großen Vortheile des Staats, lan⸗ 
ge Zeit allein getrieben fey.. Von dieſer nutz⸗ 
baren Erfindung foll die Familie den Namen 
Oricellarii erhalten haben, woraus julegt Ru- 
eeilai geworden feyn foll (5). 

Weil 


(7) Eine ausführlihe Nachricht von dieſer 
+. berühmten Familie fteht in Giornale de’ Let- 
terati d’ Italia, Tomo XXXIM, parte I 
p. 231. De diefed weitläuftige Werk wohl 
wenig vorfommen mögte, fo will ich die 
hieher gehörige Stelle ganz einrücen. Tra _ 
le piu antiche e le piu illuftri famiglie ‘+ 
la citeä di Firenze & annoverata quella 
Rucellai, che narrafi eflere ftata cola trapian- 
tata poco dopo I’ undecimo fecolo da un tale 
Capitano e Cavaliere meffer, Ferro o, Fede- 
rigo, venuto di Germania, dove egli era per 
nobilita «ffai ragguardevole., Que’ di quefta 
“ famiglia chiamanfi Iatinamente Oricellarii ; il 
qualcognome poi fu in varie guife volgagizza- 
to, Rucellae, Ruscellai, e piu communremen- 
te Rucellai. Raccontano che tal cognome 
ebbe orieine da uno della ftef!: famiglia, che 
verfo il 1300 tornato di Levante, dove piu 
anni ınercantando avea fatto acquifto di non 
poche richezze, di la portatoavea quella ma- 
niera di tingere i panni lani di pavonazzo, 
che chiamafi tingere a orisello; perche effendo 
in procinto d’itnbarcarfi verfo la patria , poſto. 
fi a orinare fopra cert’ erbe, oflervo che al- 
cune di quelle tocche appena dall’ oriva dive- 
nivan 


4. Örfeille, Lacmus. 393. 
Br Weil viele im Florentinifhen Archive 
nod) jege vorhandene Nachrichten den Are 
fprung dieſes Samiliennamens von der Erfine 
dung mit Orfeille zu färben, beftätigen (16) 


niran pavonazze, di verdi che prima erano, 
Sveltane-dunque una di quell’ erbe, efattala 
osfervare, intefe chiamarfi Re/pio in quelle 
rarti, Orciglia in Ispagna, ed cflere ‚la ſteſſa 
che dagli fpeziali erba corallina s’appella, In 
memoria dunque di tal ritrovato d’ indi innan- 
zi quegli e i fuoi pofteri nömaronfi Oricella- 
‘ril, e poi con voce tronca e alquanto mutata, 
Rucellari, e finalmente Ruecellai. 

:. (9) Diefe Nachrichten aus dem Archive findet 
man in Dominici Mariae Manni de Florentinis 
inventis commentarium. Ferrarise 1731. 4 * 
p: 37, woraug ich fie auch bier beyfügen will 
Dal Priorifta del Sig. Francefo Rucellai. — 
Une di detta —8 anticamente dimoro 
gran tempo nelle parti di Levante per eagione 
di mercantare fecondo Puso della Nazione - 
Fiorentina, Si ritrovo queflo tale una volta 
in campagna, & orinando a calo fopra un’ 

‚erba, della quale gran copia vi era, vedde, 
che in quell’ iftante eila divento oltremodo 
roſſa; onde come uome accorto, difegno fer- 
virfi di quel fegreto della natura, flato per 
infino a quel tempo nafcofto; per il che fatta 
piu !volte esgerienza di detta erba, e trova- 
tala buonaa colorire i panni, ne mando in 
Firenze, dove mefcolata con |’ orina umana, 
& altre cofe, ha fervito fempre a tignere ä 
panni di color paonazzo. Quefta erba, che 
€ detta Reipo nella Spagna & chiamata Orci- 
glia, e dalli fpeziali comunemente Corallina. 


J 


334 4 Orſeille, Lackmus. 


fo glaube ich), daß man ihn! für wahr halten, 


und annehmen fönne, daß Die Europaͤer, und 
zwar zuerſt Die Florentiner, dieß Farbemate- 
rial und den Gebrauch deſſelben im Anfange 
des vierzehnten Jahrhunderts kennen gelernt 
haben. Damals holten die Italiener aus dem 
Orient die Samen zu vielen Wiſſenſchaften 
und Kuͤnſten, die nachher in Europa ausge⸗ 
ſaͤet und. gepflegt, die fruchtbarſten Erndten 
getragen haben, und nichts iſt gemwiffer, alg 


daß audy die Kunft zu färben aus dem Orient 


‚über Itolien zu ung gefommen iſt. Ich glau⸗ 
| * | be 

IH mefcolamento, che fifa con eſſa, fichiama, 
Oricello., il quale ha recaro. urilitäe comodita 
grande all” arte della lana, che in Firenze. 
piu, che in ogni altra citta, fi & adoperata. 
Per la qual! cofa gli uomini di queſta fami-. 
glia come inventori dell® Oricello fono ftati 
detti Oricellai, & amati dal: Popolo. per ca- 
gione disvergli fatto in particolare quefto ber 
nefizio, Cofß ha feritta Giovanni di Paolo, 
Rucellai (Manni fage, diefer reiche und ges 
lehrte Mann habe 145% gefchrieben), ela me- 
defima notizis hanno ancorä nella noftra citra 
vomini fintorf, che nel detto modo la cofa 
‚raccontang & sffermano, che centinara d’an- 
ni i loro antichi hanno efercitata l’arte del 
tignere, e che per tradizione fanno, tal cofa. 
Eine andere Nachricht lautet alſo: Dal prio- 
sifta di Ceftello.. — Uno di queſta famiglia 
per cagione di mercatura efereitata dalli Fio- 
rentini confede, e lealtä, trasferitofi in Le- 
vante , portò quä 4 Firenze il meſtiero, oper 
die meglio il fegreto di tingere in Oricello. 


4. Orſeille, Lackmucg. 343 


be nicht, daß dem Florentiner das Lob, diefe 
Farbe durch jenen Zufall erfunden zu haben; 
gebührt, ſondern daß er fie, welches vielleiche 
fein geringeres Verdienſt Aft, in der Levante 
erlerut, und fie. feine Landsleute nach feiner 
Ruͤckkunft gelehrt habe 17). - Seit dem wer 
den die Italiaͤner Die Drfeille aus der Levante 
eine Zeit fang für fich und nachher fuͤr ganz 
Europa verfchrieben haben. Ich fage, eine 
Zeitlang; denn nach Entdeckung der Canari⸗ 
ſchen Inſeln iſt bey. weirem die größte Mens 


— 
“ 


ge Drfeille von daher geholt worden, | 


Dieſe Infeln wurden, Nachdem fie eine 


geraume Zeit vergeffen und verlohren geweſen 
waren, am Ende des bierzehnten oder Anfan⸗ 
ge des funfzehnten Jahrhunderts wieder ges 

| Ä funden, 

1") In MNori a gen ealogica delle Famiglie nobili 
+ Toscanaet Umbre, deferitta dal P. D. Eugenio 
Gamurrini.\In Fiorenza 1663 - 1673 & vol. ir 


fol. * I, p. 274 finder fih der Stambaum der 


Rucellai, nebft folgender Nachricht, Queſta 
famiglia pigliö il ſuo cafato da una virtu o ſe- 
greto, che portö in Italia vnodi queſta profapia, 
ritorhando di Levante, che fu di ben tignere 
in Oricello, non vfitato ancora in quefte par. 
ti, onde fu poi detta degli Oricellari, come 
in piu feritture di queſti Archivi di Fiorenza 
fi fcorge; e poi corrottamente fu- detta de’ 
Rucellari e Rucellai, Della fua origine mol- 


ti ne parlano, ed i piu concördano, che ve⸗ 


niffe in Toscana dalla Breiagna, — 


346 4 Ötfeille, Lackmus. 


funden, und feit dem von den "Europäern 
fleißig beſucht. Einer der erften, welche fol 
che zu befißen trachteten, war Johann von 
Berbancourt, ‚ein Edelmann aus der Nor⸗ 
mandie, der: 1400, . andere fagen 1417,.auf 
$ancerote landete. Unter den erſten und - vor 
nehmften Waaren, welche diefer und andere 
‚Europäer von Baher zurück brachten, war Or⸗ 
ſeille, welche dort häufiger. und fehöner als ir, 
gendwo gefunden ward, und Bethancourt bes 
rechnete ſchon groffe Bortheile ‚, welche er von 
diefem Handel. zu ziehen bofte (18). Glas 
verwundert fih, daß die Europäer gleich bey 
ihrer Anfunfe auf den Sanarifchen Inſelneben 
fo begierig und gefchicft nad) diefem Mooſe, 
als in Amerifa nach dem Golde, gefucht ha⸗ 
ben, da ihnen doch jenes nicht fo wie das Me⸗ 
zoll, vor Entdeckung der neuen Laͤnder bekannt 
geweſen waͤre. Aber weil dieß falſch iſt, ſo 
faͤlt jene Verwunderung weg. Nach einer 
Nachricht vom Jahre 1731 liefert —— 
li 
6() Die Gefchichte der Canariſchen Inſeln fin. 
det man in Allgemeiner Geſchichte derLän⸗ 
der und Dölker von Amerifa. Halle 1752, 
4*16. 3551. The hiflory of the discovery 
and conqueft of the Canary „Islands. By 
“ George Glas. T.ondon 1764. 4 * von welchen 
- Buche und deffen .teutfcher Ueberfegung ich in 
Phyſikaliſch· Oekonomiſcher Bibliorhek - 
IX ©, 100 Machricht gegeben habe. Was ich 
daraus — angefuͤhrt habe, findet man in der 
Arſchriſt S. 196 und 367. 


4. Orfeille, Lackmus. | 347 
lich jaͤhrlich die Inſel Teneriffa 500 Zentner 


(quintaux), Canaria 400, Fuertaventura 
300, eben fo viel Lancerote, eben fo viel Gos 
mera ‚und 800 Zentner die Inſel Fer, alfo 
zuſammen 2600 Zentner, Auf Canaria, Tes 
neriffa, und. Palma ift das Moos ein Regal, 
welches der König ‚von Spanien in Jahre 
1730 für 1500 Piafter verpachtee hat. Die 
Pächter. bezahlten damals für jeden Zentner 
zu famlen 15 bis 20 Realen. Die übrigen 
Inſeln haben ihre befondere Herren, die dag 
Moos für ihre eigene Rechnung einfamlen; lafr 
fen. Im Anfange diefes Jahrhunderts gale 
der Zentner zu Santa: Cruz, der Hauptftade 
“ auf Teneriffa, an Bord geliefert, nur 3 big 
4 Piofter ; aber jeit 1725 foftere es Mübe, 
welche zu 10 Piafter zu befommen, weil fie 
nad) London, Amfterdam, Marfeille und ganz 
Italien ftarf verlangtward( 9). Im J. 1726 
Foftete die Tonne von 2000 Pfund zu London 
30 Pfund Sterling, wie Dillen ©, 220 an⸗ 


gen 


(479) Diefe Nachrichten liefet man inGellot Faͤr⸗ 

bekunſt, nach der teuſchen zu Altenburg 1765 
in 3 gedruckten Ueberfegung ©. 277. Cie 
find, wie ich aus Didtionaire d’hiftoire na- 
turelle par Valmont de Bomare, Paris 1775 
4, 1V p. 526 weiß, aus einem Auflage ge⸗ 
nommen, den Porlier, Confulauf Teneriffa, 
1731 gefehrieben bat. Ich weis nicht, wo 
diefer gedruckt ſteht; beyde Franzoſen haben 
es verſchwiegen. 


348 4. Öifeille, Lackmus. 
gemerft hat; und noch 2730 bezahlte imanbei 
Zentner mit 4 Pfund Sterling. nn) 
Gegen Ende des %. 1730 brachte ein 
Hauptmann eines Englifhen Schiffes, der 
von den Cap» Verdifchen Inſeln Fam, einen 
Sack Hrfeille nah Santa Eruz zur Probe 
Er entdeckte fein Geheimniß Spanifden und 
Genueſiſchen Kaufleuten, welche fid im Heu⸗ 
monat 1731 entſchloſſen, ein Schiff nad) die- 
fen Inſeln zu ſenden. Sie fegren auf daffelbe 
acht Spanier, welche diefes Moos zu ſamlen 
gewohnt waren. Sie landeten bey der Inſel 
St. Anton und St. Vincent, wo fie in wer 
nig Tagen eine Ladung von etwa 500 Zentnern 
befamen, welche fie dafelbft in Menge fanden, 
ohne daß es ihnen etwas welter Eoftete, als 
dem Befehlshaber dafeibft ein Gefchenf von 
einem Piafter auf den Zentner zu geben. Die 
Drfeille der Cap» Verdiſchen Inſeln fchien 
gröffer, reicher und länger, als die von den 
Canariſchen Inſeln, vermuthlich weil man fie 
nicht alle jahre zu famlen pflegte (2°). Auch 
Adanſon fand 1749 auf der Bann 
| nfe 


(20) Weil die Drfeille auf Afrifanifchen In⸗ 
fein und an Afrifanifchen Kuͤſten waͤchſt, 
fo vermuthet Glas, der Gätulifhe Purpur 
der Alten fey mie biefem Mooſe gemacht wor, 
den; aber diefe Meynung iſt unwahrſcheinlich, 
‘weil Horaz Epilt. 2%, 2 151 Gaetula murice 
tinctas veltes lobt. 


4 Örfeille, Lackmus. 349 


Inſel neben Senegal die meiften Felſen mie | 
diefem Moofe bedeckt (2), Ungeachtet alfo 
jest die meiſte Orſeille von ben Canariſchen 
und Cap» Verdiſchen Inſeln koͤmt, ſo wird 
dennoch auch viele aus der Levante, aus Si⸗ 
cilien, wie Glas ſagt, und von den Barban 
riſchen Kuͤſten geholt; und ſeit einigen Jahren 
haben die Engliſchen Kaufleute in Ävorno dies 
ſes Moos auf der Inſel Elba ſamlen laſſen 
und theuer bezahle (223. 

Unſere Faͤrber kaufen die Orſeille nicht roß, 
fondern den daraus bereiteten Teig, den bie 
Franzoſen Orfeille en päte nennen. Die Des, 
reitung deſſelben ift lange Zeit ein Geheimnig 
der Slorentiner gewefen. Der erfte, welcher 
eg befant gemacht hat, ift, fo viel ich weis, 
Roſetti gewefen, der fi), wie er felbft fagt, 
ber SG..eren wegen in Florenz aufgehalten. 
hat (#3). Nach ihm haben Imperati (24), 

a, und 
(**) Hiftoire naturelle du Senegal. Paris 1757. 
4* 66; in der teutſchen Ueberſetzung Brans 

denburg 1773. 8. &. 95. 
(=) Lettres fur l'hiſtoire naturelle de Pisle 
“ d’Elbe par Koefllin, Vienne 1780. 8 * p. 100. 
Pini Beobachtungen über die Eifengruben ‚bey 
Nio, überfegt von J. F. Gmelin. Halle 1780, 

* 


8 * ©. 97. 
"E?) Von dem tolchtigen, aber feltenen Buche: 
Plictho dell’ arte ’de’ Tentori, Babe Ich in mei⸗ 


uer 
J Aa 


| 350 4. Orſeille, Lackmus 


and der Botaniker Micheli (25) ebenfals 
daruͤber Unterricht ertheilt. In neuern Zeiten 
iſt dieſe Kunſt ſtark in Frankreich, Holland 
und England getrieben worden. Manche Ma: 
terialiſten laſſen dieſen Teig, den ſie mit Harn 
feucht erhalten ſolten, eintrocknen, um ſich 
die ſchmutzige Arbeit zu erſpahren; alsdann 
fieht er mie eine dunkle violette Erbe aus, die 
Bin und wieder meißliche Flecke hat. Davon 
habe ich eine Unze mit 4 Mgr. bezahlt. | 


Die Holländer, melde manche Waaren 
umzuarbeiten, bequemer, wohlfeiler zu ma» 
chen, und dadurch den Ausländern den Hans 
del damit zu verderben erfunden haben, find 
aud) die Erfinder des Lackmus (25), einer 
Bereitung aus der Orſeille, die Orfeille en 
pierre genannt wird, und den Verbrauch der 
Orleille en päte fehr vermindert hat, da daffele: 
be bequemer zu verfahren, aufjuheben,. zu 

en? | ge⸗ 
ner Anleitung zur Technologie S. 98 Nach⸗ 
richt gegeben. Hellot, der viel daraus ges 
fchöpfe bar, führt eine Ausgabe in ı2 am, 
die tch nicht kenne. | 

(2* Lib. 27. €. 9. I 

(25) Nova plantarum genera. Florenciae 1729, 
4 p.78. Hellot bat in feiner Faͤrbekunſt S. 
279 des Roſetti und Micheli Anweiſung wies 


derholet 
125) Einige uͤberſetzen dieſes Wort durch Lacca 


mufica, mußiva, 


4. Orfeille, Cackmus. 351 


gebrauchen, und noch dazu mo nicht wohlfei⸗ 
fer, doch wenigftens nicht theurer iſt. Dieſes 
Kunftftück beftehe ohne Zweifel darin, daß fie 
der Waare eine mohlfeilere Subftang beymis 
fhen, die entweder den Gebrauch verbeffere, 
oder doch nicht fehr verringert, und gleich“ 
wohl das Gewicht vermehrt (27). So reis 
ben fie den Sinnober und die Schmalte noch 
feiner, als andere Nationen diefe Waare lie— 
fern, und verfaufen nichts defto weniger bey« 
de nachher mohlfeiler; fo fieben fie die Cocyen 
nille, und verfaufen die gefiebte wohlfeifer, 
Als die ungefiebre. | 


.  $ange Zeit bat man geglaube,. daß die 
Holländer den Lackmus aus den im füdlichen 
Sranfreich mit dem Safte von Croton tinko- 
Fium getraͤnkten leinenen $umpen, bereiten, 
welches auch dadurdy mwahrfcheinlicher ward, 
weil das meiſte von diefem Tournefol en dra- 
peaux von ben Holländern aufgefauft wird, 
—X da ſie zugleich die groͤßten Weinkuͤnſtler 

n Europa find, fo koͤnnen fie vielleicht dieſe 
gäpchen brauchen, um Pontaf und andere 
| Weine 


" (7) Valentini hiftoria fimplicium, Francof, 

„. . ad Moen. 1716. fol. p. 152: Quoniam Lac- 

mus ficcus multo vilior eft, quam mollis, fa- 

eile inde conjicitur, iftum arena alüsque quis- 

uiliis effe adulteratum. Jetzt Foften 100 

EN Hund Lackmus in Bee 30 bis 55 Fl. 
| 02 | 


852 4. Örfeitte, Lackmus. 


Weine zu färben. Inzwiſchen ift esauch nicht 
unmahrfcheinlih, daß fie anfänglich Lackmug 
Daraus gemacht haben, da dierer Farbeſaft vem 
aus der Orſeille fehr nahe koͤmt. Jetzt meig 
‘ man faft zuverläßig, daß Orſeille en päte ver 
vornehmſte Beſtandtheil der Orfeille en pierre, 
Das ift, des Lackmus ift, und dieſe artige Mache 
richte hat man, wie viele andere, dem Hr, 
Serber zu danfen (23). Aber woher rührg 
der Geruch des Lackmus, der mir den Gerus 
che der Florentiniſchen Iris ähnlich zu ſeyn 
feine? Sollte vielleicht etwas. davon zuge⸗ 
mengt werden? ch meyne auch, einige in 
Waſſer unaufloͤsliche Stuͤckchen zu bemerken, 
die wohl v.n jener Wurzel ſeyn möchten. Zur 
Vermehrung der Farbe möchte diefer Zufag 
freylich wohl nicht nugen, wohl aber zur Ver⸗ 
mehrung des Gewichts, und dem Locke mehr 
Körper zu geben, vielleicht auch um einen uns 
angenehmen Geruch unınerfiih zu machen, 
gu welcher legrern Abſicht dieſe Wurzel würfe 
fi) in mandyen andern Fällen angewendeg 
wird, ] 


Von der Roccella ift ein anderes Farbe⸗ 
moos garz veriwieden, welches unrer dem 
Damen Orfeille de terre, orfeille d’Auveigne, 
Erdorſeille, in den Handel komt, auf alviche 

| Weife 
(2?) Beyträge zur Mineralgeſchichte ver⸗ 
ſchiedener Zander. 1.6. 381. — 


4 Orfeille, Lackmus. 353 


Weife gebraucht wird, aber weit weniger und 
ſchwaͤchere Färberheile enthaͤt. Diefe Art 
heiße in der Botanik‘ Lichen parellus (29), 
und unterſcheidet ſich durch den Wuchs fehr 
von der Roccella, indem fie nur wie eine duͤn⸗ 
ne Rinde am Felfen wählt. Sie wird in 
Auvergne auf Felfen von Granit und vulfanis 
fhen Produften geſamlet, auch in einigen 
Grgenden von fanguedoc; die meifte koͤmt von 
©t. Flour. Der Name Perelle foll vom alten. 
Languedocſchen Worte pere (pierre, ein Fel⸗ 
fen) (39) abftammen , fo wie man Roccella 
von Rocca herleitet, woraus hernach Orſeille 
geworden feyn foll. Der Verbrauch der Pes 
relle ift gering; vielleicht nehmen die Holläns. 
der fie wegen ihres geringern Preifes mit. zum, 
Lackmus. Man hat diefe Steinfledyre auch 
in Norehumberland gefunden, aber man ſam⸗ 
lee jie dort nicht (31)j. 

| 5, 


(29) Linnei mantiffa plantarum I p. 132, 1004 
ſelbſt man Tournefort ausiöfchen muß, der 
am angefuͤhrten Orte die Roccella befchrieben 
bat. Dillen p. 130 tab. 18 fig. 10, Vaillant 
botan, Paris p. 1:6 n. 22. 

c(20) ©. Barcin in des Sevary didtionnaire de 
commerce. III ©. 130. | 

(?') The natural hiftory and antiquities of 
Northumberland. By John Wallis. London 
1769. 2 vol. in 4 * Ip. 279 
| Ya 3 


\ 


354.5. Feldmuͤhlen, Wagenmuͤhlen. | 
a 525 2 nn ne 22 


5. 
Feldmuͤhlen, Wagenmuͤhlen. 


fer dieſen Benennungen verſteht man 
ſolche bewegliche oder tragbare Getreides 
mübhlen, welche, vornehmlich im Kriege, bey 
dem Mangel der Waffer » und Wind: Mühlen 
gebraucht werden, deswegen man fie aud) ehe⸗ 
mals, wie die Feldöfen und Feldſchmieden, 
bey den Armeen gehabt hat. Einige diefer 
Mühlen haben Steine, welche das ‚Getreide 
zermahlen, andere haben yereifte Kegel, mie 
unfere Kaffee-Müblen; einige find fo einge⸗ 
richtee,' daß das Muͤhlwerk durd) die Räder. 
des fortgezogenen Karns in Bewegung gefege 
wird; andere aber, und vielleicye Die meiften, 
welche würflich gebraucht find, merden von 
Pferden und Menfchen getrieben, nachdem 
der Wagen, worauf die Mühle ruhet, in Die 
‚Erde geſenkt, oder auf andere Weiſe befeftige 
worden. | 





Von der legtern Arc ift diejenige Mühle, 
welche Zonce (!) in einem groben Kupfer 
| ftiche, 
(*) Novo teatro di machine ed edificii per va- 


tie et ficure operationi con le loro figure ta- 
gliate 


5. Feldmuͤhlen, Wagenmuͤhlen.· 355 


ſtiche, ohne Beſchreibung abgebildet hat. Cr 
ſagt, ſie ſey von Pompeo Targone, einem 
FJagenier des bekannten Marq. Ambroſ. Spi- 
nola erfunden worden, und er ſcheint die Zeit 
der Erfindung in das Ende bes fechszehnten, 
Jahrhunderts zu fegen (2). Diefe Muͤhle 
iſt eben diejenige, welche Beyer (3) Tab. 
27 abgebildet und S. 79 befchrieben hat, 2 

- | er 


gliate in rame, con la dichiaratione e dis 
moftretione di ciascuno, — — di Vittorio 
Zonca, architetto della magnifica communita 
di Padoua, In Padoua appreflo Franc. Ber- 
telli. 1656. fol. * Diefes feltene Werk hat 
115° Seiten und 42 Kupfertafeln, ohne das 
Sitelfupfer. Unter den abgebildeten Maſchi⸗ 
nen find die meiften Hebzeuge, manche aber 
gehören zu Handwerken, Fabriken und Mas 
nufafturen, und können zur Gefthichte derſel⸗ 

“Ben dienen: Die Zeichnungen find grob: und 
mangelhaft, auch die Befchreibungen And un> 
vollftändig, und erzählen meiftens nur die alla 
gemeine Einrichtung jeder Mafchine. Aus der 
Vorrede des Verleger ſcheint das Buch ſchon 
einmal 1622 gedruckt zu feyn: 

(*) Die Abbildung der Mühle bat. folgende 
Ueberſchrift: Noua inuentione de’ molini per 
macinare et condurre in guerra, inuentatk 
dal Sig. Pompeo Targone ingegniero, deli’ 
eccellentifimo Sign. Ambrofo Spinola, gene- 
rale per la maefta cattolica in Fiandra dietro: 
il numero ottantaotto. Diefe Zeichnung ifk 
die einzige im ganzen Werke, welche feine be⸗ 
fondere Beſchreibung hat. 

Yaq 


356 5. Seldmühlen, Wagenmuͤhlen. 


cher ebenfals anmerkt, daß fie ſchon von Spi⸗ 
nola gebraucht iſt. 


Der Erfinder war, wie ſchon der Namen 
anzeigt, ein Italiener, der ſich vornehmlich 
bey der fuͤrchterlichen Belagerung von Rochelle 
unter Ludwig XIII. bekant gemacht hat, wozu 
er gewaͤhlt ward, weil er ſchon vorher 1603 
unter Spinola, der ſelbſt vor Rochelle zu Nas 
the gezogen ward, in der langweiligen Bela⸗ 
gerung von Dftende, durch einen Damm den 
Hofen hatte fperren helfen (4), Er ward 
in franzöfifchen Dienften Intendant des ına- 
chines du roy doch leifteten feine vielen und 
koſtbaren Unternehmungen niche fo viel als er 
davon hofte (5). Er bat auch eine befondes 

| re 


(3) I. M. Beyer theatrum machinarum mo- 

larium, oder Schauplatz der Müblen - Baus 
Kunft. Leipzig 1735. Fol. * Dieſes Buch ift 
1767 zu Dresden wiederum gedruckt, aber 
ohne Vermehrung, die doch der Tirel ver 
fpricht. Auch inHarsdörfer pbilofopbifchen 
"und matbematifchen Erquickſtunden; dritter 
Shell. Nürnverg 1692. 4 * S. 437 und ©. 
658 finder man Abnliche Abbildungen. 

(+) Toze Befchichteder vereinigten Niederlande, 
Halle 1771. 2 Theile in 4. * 16. 496. 

( 2) Alle diejenigen, welche die Schickfale der Hu⸗ 
genotten, die Geſchichte des Nichelieu und Lud⸗ 
wigs XII. und die Belagerung von Rochelle 
ausführlich befchrieben haben, u des 

| ars 


5 Feldmuͤhlen, Wagenmuͤhlen. 357 


ce Art von Laffeten angegeben, und noch meh» 
rerley Kriegswerkzeuge (6). 


Eine andere alte Abbildung einer folchen 

‚Mühle hat Hr. Proseffor Meiſter mir in dem 

4620 gedruckten Recueil de. plufieurs machi- 
nes militaires (7) gezeigte. Diele wird durch 
Die Räder des Karren umgetrieben; aber ob 

‚fie jemals gebraucht ſey, ift bort nicht augen 
‚merkt worden, | 


Lancelloti (8) fchreibt bie Erfindung 
‚ben Teutfchen zu, und giebt dafür das Jahr 
- 1633.an. Er fagt:: Quefto anno 1633 * in- 
tende di Germania una nuova inventione di 

mo- 


Targone gedacht; 5.3. Hiftoire de Louis XIII 
par Dupleix. Paris 1643. fol. * p. 235 und 
3235 diefe Gefchichte ftebt im vierten Theile 
der Hiftoire generale de France par Dupleix. 
Hiftoire de Louis XIII par /e Vafır. Amfter- 
dam 1757. 4 * ll p. 505: Illp. 159. | 

(°) Hiftoire de la milice Frangoife, par Daniel. 
Amfterdam 1724, 2 Theile in 4 * I p, 332. 

(7) Recueil de plufieurs machines militaires 
et feux artificiels pour laguerre et recreationz 
avee l’Alphabet de Tritemius. — — de la di. 
ligence de Franc. Thybourel et de Fean Ap- 
pier. Au Pont-a-Mouffon 1620. 4 * Livre 
troifieme p. 22. | 

(?) Fa dem fchon gaben ©. 135 angeführten 
Werke S. 457 | 


Yas 


358 3. Setomüblen, Wagenmuͤhlen. 


molino fopra on carro tirato dag cavalli fa- 

cile ad eſſere condottp per monti e valli, che 
caminando macina col giro delle ruote, e ſtan- 
‘do ferıno macina come un molino a vento. 


Leonhardt Sronfperger (?) gedenkt 
ſchon der Wagen zu Seldfchmitten und 
Muͤhlwerk, aber er fagt nicht, ob auf dien 
‘fon Wägen nur das Mühen! Geräth, ober 
eine volllommene, Mühle befindlich geweſen 
ſey. — a 
(?) Kriegsbuch, ander Theil; von Magen. 

burg? umb.die Deldleger. Brankfurt 1596 
Fol. S. ya. | 





6 


6. Slinten, Slintenfchloß.. 359 
a ee 


. 6, ’ | | 
Flinten, Flintenſchloß. 
De erſten tragbaren Feuergewehre oder 


Feuerrohre wurden mit einer funte Gen 
zündet, welche man mit der Zeit an einen Habe 
nen befefligte, um beym Schieffen die Hände 
zu fihern. Nachher fchrob man an den Hah ⸗ 
nen einen Feuerflein, und brachte eine ftähs 
lerne Scheibe oder ein Fleines Rad ans Rohr, 
welches mit einem beſondern Schtüffel geftellee 
oder aufgezogen ward» Diefer Feuerſtein oder 
Buͤchſenſtein war nicht gleich anfänglich ein 
folher glasartiger Stein, dergleichen wir jetzt 
zum Feuerfchlagen brauchen, fondern es war- 
ein derber Kies oder Markafit, der deswegen 
noch lange Zeit jene Namen beybehatten hat. 
Weil inzreifchen ein folches Gewehr oft vers 
fagte, fo hatte man lange Zeit noch, neben dem. 
ade, aud eine Lunte. Weit fpäter iſt 
man darauf verfallen, flat des zerbröclichen 
und der Verwitterung fehr ausgejegten Kicfeg, 
einen glasartigen Stein an den verbefferten: 
Hahnen oder an dag jetzige Feuerſchloß zu 
fhrauben. Bey jeder neuen Worbefferung 
erhielt das Gewehr, deflen Catiber und Sänge. 
. mar 


360 6, Slinten, Slintenfchloß 

man bafd vergröfferte, bald verfleinerte , neue 
Mamen. z. B. Büchfe, Hakenbuͤchſe, Arque- 
bufe, Muffere, Piſtole, Flinte u. |. w. 
Die genaue Beltimmung des Unterfibieds 
überlaffe ich denen, wilche die Geſchichte der 
Artillerie zu fehreiben verfiehen; ich will nur 
folgendes beyfuͤgen. e 


Der erfte Namen ift unftreieig daher ent⸗ 
fanden, weil die älrejten ‚Arten des. tragbaren 
Feuergewehrs einige Aehnlichfeit mit einer 
Büchfe harten. Man hatte lange und Furze 
Buͤchſen, welche legtere, wie Hortleder fagt, 
Meutergefhoß waren. Die langen Arten 
wurden, auch wegen der Aehnlichkeit, Rohre 
genannt; das grobe Geſchuͤtz, welches auf 
Karren oder Laffeten fortgebracht ward, hieß 
Rarrenbüchfe, ward aber bald, auch von 
canna, Kanone genant. Stat Kanonirer, 
Artilleriſt, Artillerie und Zeughaus, fagte 
man ehemals Büchfenmeifter, Büchfenmei- 
fieren, Büchfenhaus u. fe w. Die Hafen- 
büchfen waren fo groß und ſchwer, daß fie 
nicht mit der Hand geführt werden fonnten; 
man muſte ihnen eine Stüge geben, die man 
den Bock nante, weil fie zwey Hörner hatte, 
zwifchen welchen das Geſchuͤtz mit einem Ha⸗ 
fen, der aus dem Scyafte hervorgieng , befes 
ſtigt ward (1). Eben daher entftand der Ma«- 
men Hakenduͤchſe, Hakenbuͤſſe, welchen die 

| Fran 


6. Slinten, Slintenſchloß. 364 


Sranzofen und andere Mationen, fo wie noch 
viel mehrere teutſche Kriegewörter, angenoms 
men und verdorben haben, bis endlich daraus 
Arquebufe, Archibugio, Archibufo u, a. ges 
worden find (2) Aus den Stellen alter 
Schriftſteller, welbe Daniel gefamler hat, 
fan man den wahrfcheinlihen Schluß machen, 
daß diefe Hakenbuͤchſen mit dem Rade, im 
Anfange des fechszehnten Jahrhunderts ia 

| Teutſch⸗ 


CH) Abbildung und Beſchreibung der Hafens 
büchie . des Bocks, des Rades und Schluͤf. 
ſels findet man in Hiftoire de la milice Fran- 
soife; par Daniel. Amfterdam 1724 2 vol. 
in 4 *1.p 34. Zu Dresden fol noch elue 
alte Buͤchſe vorhanden ſeyn, woran ſtat des 
Sedloſſes ein gegen das Zuͤndloch uͤbergelegter 
Hahn mit dem Flintenſteine iſt, über welchen 
eine Feile fo lange bin und ber gezogen wors 
den, bis ein Funke zündere. Der Hahn kan 
ſtaͤrker und gelinder auf die Feile gefchraube - 

. werden. ©. Kevslers Neifen HS. 1080. 
. (?) Raiferd Leo Strategie und Taftit Wien 
‚ 1777. 2 heile ing * II S. 160. Falſch iſt 
alſo die Ableitung , welche in Polyderi Ver- 
ilii lib. de rerum inventoribus. Lugduni 
har. 1634 '2 ” p. 123 angegeben iſt: Alio 
nomine appellatur Arcusbufius, a foramine 
opinor, quo ignis in pulverem fiftula conten- 
tum immittitur; nam Itali Au/sum vulgo fora-. 
men dicunt, et arcus, quod inftar arcus pu- 
_ gnantibus fit; quippe hodie huiusmodi tor- 
menti vfus in primo flatim pugnae loco £ft, 

quem olim fagitteriis dabant, . 


u 2 6. Slinten, Flintenſchloß. 


Teutſchland erfunden find (2). Eben dieſes 
wird durch das Zeugniß des Martin Bellay 
beſtaͤtigt. Da wo er bie Verbindung tes 
Kayſers Carl V mit dem Pabſte Leo X wider 
- Branfreich und die von ihnen’ unternommene 
Belagerung der Stadt Parma im J. ı521 
erzaͤhlt, ſagt er: de cefte heure IA furent in- 
ventées les harcquebouzes qu'on tiroit fur 
une fourchette (4). K * 


Auch die Piſtolen, welche anfangs eben» 
fals ein Rad hatten, fcheinen früher von den 
eufe 


(?) Da ich die Bücher, welche Daniel anfuͤhrt, 
- nicht ſelbſt nachfchlagen Fan, fo will ich feine 
Worte ganz beyfünen. Fabrice Colonne dans 
les Dialogues de Machiavel fur l’art de la 
guerre, parle de cette arme comme d’une in- 
vention nouvelle et de fontems, L’arquebufe, 
die il, qui eft un bäton invent€ de nouveau, 
comme vous fgavez, eft bien neceflaire pour 
le tems qui court. L’auteur de la Disci- 
pline imilitaire attribud au Seigneur de Lan- 
gei en parle de m&@me: la harquebufe, dit il, 
a été trouvee de peu d’ans en ga et eft tres- 
bonne, Il ecrivoit ſous le regne de Frangois 
I. Si nous en croyons Luigi - Collado dans 
fon Trait€ de l’Artillerie imprimé à Venife 
l’an 1586, on ne commenga que de fon tems 
& fe fervir des arquebufes 4 roüet en Allema- 
gene, Nell’ Alemagna etiandio fu ritrovata 
Vinventione de gl’ Archibugi da ruoto, 
(*) Les memoires de mefl. Marsin du Bellay. 
Paris_ 1538. fol. * P. 55. 


6, Stinten, Slintenſchloß. 363 


\ a 


Teutſchen, als den’ Sranzofen gebraucht ‚zu; 
feyn. Bellay nennet fie ſchon unter Franz J 
ben dem Jahre 1544, und unter Heinrich IL 
bieffen die teutfchen Reuter, des reiters, piflo- 
diers._ De Ia Noue, der unter den beyden 
genannten Königen diente, fagt in feinen Dis- 
cours politiques et militaires, nad) der Baſe⸗ 
fer Ausgabe von 1591. 12,* ©, 439, daß 
die Teuefchen ſich zuerſt der Piftolen bedient 
hätten. Ich weis Feine wahrfcheinliche Ab⸗ 
feitung der Benennung. - Srifch vermuthet, 
fie fey aus Piftillo oder Stiopo .entftanden, 
weil die Piftolen groffe Knöpfe am Griffe zu 
haben pflegen. Daniel und andere mennen, 
der Namen fomme von Piſtoia im Toſcani⸗ 
fchen, weil fie daſelbſt zuerft verfertige wären, 
Er fagt, er babe eine alte Piftole gefehn, 
welche, auffer dem Ladeſtock, ganz eifern gewe⸗ 
fen wäre: 


Die Muſketen follen ihren Namen vom 
Franzoͤſiſche mouchet oder dem Sateinifchen 
mufchetus haben, welches einen Sperber maͤn⸗ 
lichen Geſchlechts "bedeuten fol, . Diefe Abs 
leitung ift defto weniger unwahrſcheinlich, je 
gewiffer es ift, daß noch mehrere Arten Ge⸗ 
ſchoß von Raubthieren benant find; z. B. 
Falkonet. Daniel beweiſet, daß man ſie ſchon 
unter Franz J in Frankreich gekant habe. re 

Ä a zw 


364 6. Slinten, Flintenſchloß. 


zwifhen verfihere Brantome (5), daß erſt 
der Herzog von Alba im jahre 1567, als er. 
feine Grauſamkeiten in den Niederlanden trieb, , 
fie bey feinen Kriegevölfern, zum Echreden 
und Schaden der Miederländer, eingeführt 
habe, und daß fie Damals noch nicht in. Frank⸗ 
reich bekant gewefen wären; er faat an einem 
andern Orte, daß erft Hr. von Strozzi fie 
unter Carl XI. in Frankreich allgemein ges 
macht habe- Zu 


Daß das Feuerſchloß in Teurfchland, und 
zwar in Nürnberg 15 17 erfunden fen, ift von 
vielen geſagt worden, auch gar nicht unwahre 
ſcheinlich; aber id) weis doch nicht, ob man 
völlig ermweifen Fönne, daß das Schloß von 
jegiger Einrichtung zu verſtehn ſey. Ich 

| * glau⸗ 
() Oeuvres du feign, de Brantome. à la Have 
1730. 15 Bände in 12 * IV p. 89: il fur le 
peeinier, qui leur donna en main des gros 
motisquets, et que l'on vit les premiers en la 
guerre et parmy les compagnies; et n’en 
avions point veu encore parmy leurs bandecs, 
lorsque nous allasmes pour le fecours de Mal- 
the, dont depuis nous en avons pris l’ufage: 
rmy nos bandes, mais avec de grandes, 
difhicultez à y accoustumer nos foldats. Et 
ces mousquets &stonnerent fort les Flammands, 
quand ils les fentirent‘fonner à leurs oreilles; 
car ils n’en avoient veu non plus que nous; ’ 
et ceux, qui les portoient, on les nommoit 
Mousquetaires 


6. Slinten, Slintenfebloß. 365 


glaube, der vornz;hmfte Beweis beruber auf: 
einer Stelle, weiche Wagenfeil (6) aus ei⸗ 
ner ungedrucften Mürnbergüichen Chronik, de⸗ 
ren Alter von ihm nicht beftimmt iſt, befanne 

emacht hat. Eben diefes Jahr geben uud). 
Top. Öuler von Weineck, (7) Walſer, 
(8) Hr. von Murr und andere an, Es 
ift auch gewiß, daß im fechszehnten Jahrhun ˖ 
berte vorzüglich geſchickte Büchfen» und Feuer⸗ 
ſchloßmacher in Nürnberg gelebt haben; z. B. 
Georg Rühfuß, ber 1600 geftorben iſt, 
und nod) ‚andere, weldye von Doppelmayr 


genannt find, Hiebey muß id) aber nicht une, ' 


angemerft laffen, daß verfihledene die Feuer 
fhlöffer Sranzöfifche Schlöffer nennen, und 
ihre: Erfindung den Franzoſen beylegen; da 

| doch 
- (5) 3. C. Wagenfeilii de eivitate Noribergenfi 


— 


commentatio. Altorſi 1697. 4 * p. 150: in 


chronico quodam mi. legitur: die zu den 
Schießroͤhren gehdrige Feuerfchleffer find erft 
1517 zu Nürnberg erfunden worden. 


(7) Raetia, das ift Befchreibung der dreyen 


loblichen Grawen Bündlen und anderer 
Raͤtiſchen Voͤlker. Gedruckt zu Zuͤrich 1616. 
Fol.* S. 152: Die kuͤnſtlichen feuwrſchloß 
ſeynd hernach Anno 1517 zu Augſpurg und 

Nürnberg auffkommen. 

(?)Babriel Walſer Neue Appenzeller Chronik 
oder Befchreibung des Cantons Appenzelk, 
St. Öallen 1740. 3* S. 194, wo man eben 


dafjelbe, was aus _ angefuͤhrt ift, lieſet. 


366 6. Slinten, Flintenſchloß. 


doch, felbft nad) Daniel Bericht, noch ums 
J. 1658 bie viel unbequemern Räder an ben 
Piftolen in Franfreid gebräuchlich geweſen 
find; vermurhlic Haben unfere Nachbaren die 
teutſche Erfindung, mie gewöhnlich, etwas ver · 
beffere. In der Befchichte der Braun: 
fihweigifchen Regimenter liefet man, daß 
Die Braunſchweigiſchen Soldaten erft im J. 
1687 Flintenſchloͤſſer, ſtat der Luntenſchloͤſſer, 
erhalten haben. Man hat oft geſagt, Kay⸗ 
fer Maximilian I habe die Feuerrohre,, die ſich 
ſelbſt entzünden, zuerft in Böhmen und Mäh- 
ven, und hernach auch im teutfchen Reiche 
bey großer Strafe verbo'hen ; aber in den ver« 
fhiedenen Polizey - Geiegen dieſes Kanfers (9) 
babe ic) noch nichts davon finden fönnen. 


‚+ Daß bie erften Zeuerfteine Kiefe geweſen 
find, erhellet aus vielen Nachrichten, und 
als ſtat ihrer glasarrige Steine eingeführt 
wurden, entftanden nicht felten Verwech elun—⸗— 
gen, fo daf mancher das vom Steine veritand, 
woben die Vorfahren an Kieß gedacht hatten, 
wovon "Henkel Bey piele erzähle hat (1°). 
m größten Theile von Europa ("!) brauche 

| man 


(?) Eine gute Anzahl derſelben enthält ber 
zweyte Theil der Sammlung der Reichsab⸗ 
ſchiede. Frankf. a. M. 1747 $ol;* 


(7) Kieß⸗Hiſtorie. Leipzig 1725. 8.* ©. 72, 
105. 


6. Slinten, Flintenſchloß. | 367 
— | 


man jetzt denjenigen Hornftein, der bey Wal 
lerius Silex igniarius, und bey Sinne’ S, ereta- 
‚eeus genant wird, Er hieß ehemals im‘ Teut⸗ 
fhen Flins oder, welches einige fuͤr rich iger 
halten, Vlynz, und er heißt noch im Schwer 
bifchen, Dänifdyen und Englifhen Flinta, 
Flint. Diefer Namen ift uralt. Denn fchon 
die Wenden hatten einen Abgott diefes Man 
mens, ben fie auf einen Stein, der Flyns⸗ 
ftein genant ward, aufitelleren (w), In 
einigen Gegenden unfers Waterlandes hat ſich 
- bag Wort noch erhalten; 3. B. der weifle oder 
graue Eifenfpat, Minera ferri alba all. heiße 
nod) jegt in Steyermarf, wo er häufig bricht, 
.  $lins 

C) Nicht überall bedient man fich diefer Stei— 
ne zu diefem Gebrauche; z. B. in Tyrol wer« 
ben die härteiten eifenhaltigen Granate, bie 
aus Eörnichten, theils untörmlichen, theilg 
vieleckigen Stückchen beftehen, zu Slinten ges 

braucht, und beiffen deswegen Tyroliſche 
Sliutenſteine. In andern Gegenden ſchleift 
man dazu Jaſpiſſe, dergleichen viele nach 
der Tuͤrkey gehn. 

( *) Don dieſem Abgotte finder man Nachricht 
in Bliae Schedii ſyntagmata de diis Germanis. 
Halae 1723. 8 * p. 726, auch in Albinus 
Meifnische andchronica. Dresden 1589 Kol. 
* &, 149. und in Scripter, Brunfvic. il p» 
236 fieht: De Wenden de-hatten weder up 
oͤren olden Afgot, de het Flyns, mente be 
fiod upp eynen Flynsſteine. | 
— 8ba 


268 6. Slinten, Slintenfchloß. 


Slins oder, wie man oft unrichtig fchreibt, 
ppflinz, und im Bayreuthiſchen heiffen fo gar 
jene Feuerfteine felbft noch Slinsfteine (3). 
Auch in unſerer Macbarfchaft Fennen 
‚die Steinmege diefen Mamen ebenfalls nod). 
Es ift wohl nicht zu zweifeln, daß das Ger 
wehr, weiches durch Hülfe diefes Steins ges 
‚zündet ward, von ihm den Namen Flintge— 
wehr, Flint oder Flinte erhalten bat; 
feit dem man aber den alten Namen des 
Steins vergeflen hat, nenner man diefen ge» 
meiniglich wiederum von dem Gewehr, line 
tenſtein. Wer ſich mit den teurfchen und über» 
‚haupt nordifchen Alterthuͤmern befant gemacht 
‚bat, weis, daß die Alten Opfermefjer und an— 
‘dere Hausgeräthe eben aus dieſer Steinart 
bereitet haben, dergleichen man nicht felten in 
| Ä Grab» 


(3) Eſper Nachricht von neu entdeckten Zoolis _ 
then. Vürnberg 1774. Sol. von weichen 
foftbaren Buche ich inmeiner Biblioth VI. 
©. 349 Nachricht gegeben habe. Hr Eiper 
fagt, man nenne nur diejenigen Feuerſteine 
ling, welche Soßilien oder Verfteinerungen 
enthalten, und es fan wohl feyn, daß die 

. fonderbare Bildung die Urfache iſt, warum der 

abgöttifche Namen ſich dabıy am längften 
erhalten bat; onme eximium diis dicatum, 
fagt Plinius. Auch Hr. Fulda überfigt in 
Samlung u. Abfiammung Bermanifcher 
Wurzel- Wörter. Halle 1779. 4* ©. 337: 
Slint, flex, petra; und Flintern, £ulgere, 


6. Slinten, Flintenſchloß. 369 


Grabhuͤgeln und zwiſchen Urnen antrift (14). 
Dieſes beweiſet, daß die Alten dieſe Steinart 
vorzuͤglich genutzt haben. In England und 
Frankreich findet man auch noch alte daraus - 
aufgeführte Gebäude, woran die Steine auf 
das. genauefte bearbeiter find (75), Diefe 
Geraͤthſchaften, welche länger als taufend 
Jahre in der Erde gelegen haben, und jene 
Gebäude, unter. denen einige in Norvich ſchon 
1403 bewohnt gewefen find, beweiſen die bes 
wunderungsmürdige Dauerhaftigkeit dieſer 
Steinart, Einige bilden ſich ein, die Kunft, 
fie zu verarbeiten, jfey verlohren gegangen; 
aber ungeachtet unfere Künftler ihre Geſchick⸗ 
lichfeit lieber an Steinen von ſchoͤnerm Anfehn 
und von weniger Sprödigkeit verwenden, fo 
ift es ihnen doch gar nicht. unmöglid;, auch 
die Feuerfleine zu bearbeiten. Die Feuermaler 
reiben ihre Schmelzglaͤſer meiftens auf Tafeln, 
welche daraus bereitet find, die fie aber cheuer 
bezahlen müffen (16). Ä 

i — Hie⸗ 


(+) Abbildungen ſolcher Werkzeuge findet man 
in Bedinanns Befchreibung der Marf, und 
fünftem Bande der Archaeologia Brittannica., 

(5) Philofoph. tranf. n. 474. Hamb. Magas 

zin I S. 487. 
(5) Eine geſchliffene Platte von einem Qua⸗ 
dratfuß iſt bey der Wiener ——————— 
uͤn 


Bb 3 


370 6. Flinten, Flintenſchloß. 


Hiebey wird manchem $efer die Feage ein 
fallen , wie denn unfere Flintenfteine zugerichtet 
werden? — Solte man es glauben, daß id), 
ungeachtet des unendlich großen Verbrauchs 
berfelben, Mühe gehabt habe, die Kunft zu 
erfahren! Man würde lachen, wenn ich die 
mancherley Antworten, die ich Darüber erhafs 
ten habe, erzählen wolte. Manche mepnten, 
bie Steine wuͤrden gefchliffen, manche fie wuͤr⸗ 
den mit glühenden Zangen gezwicket, manche 
lieffen fie auf Mühlen fchleifen u. ſ. w. Bey 
einigenn Nachdenken wird man leicht vermus 
then, daß den Steinen die doppelte Feilförmir 


ge Geftalt ohne groffe Kunft gegeben werde, 


weil fie fo fehr wohlfeil find; und da jedes 
Land zu allen Zeiten, es führe Krieg mit wels 
cher Nation es voolle , fie in hinlaͤnglicher 
Menge erhalten fan, fo muß wohl nicht ein 
Sand den Alleinhandel mit diefer Waare haben 
koͤnnen; und nichts defto weniger ift es nicht 
leicht, die Oerter, woher fie fommen, zu ew 
fragen, und in den Schriften, welche die 
Waaren fennen lehren wollen, find fie nicht 
genant. Die befte Nachricht, welche ich noch 
zur Zeit kenne, ift diejenige, welche mein 
“Bruder aufgetrieben, und im Hannoͤver. 
Magazin 1772 ©. 959 befant u 
| it» 

fünf hundert Gulden bezahlt worden. &, 


Beſchaͤftigungen der Berliner YIaturf. 
Geſellſch. U S. 212. 


6, Slinten, Stintenfchloß. Eye 


Hirten und andere $eute, die mit einem ge⸗ 
ringen Verdienft zufrieden feyn müffen, ſchla⸗ 
gen die Flintenfteine, vornehmlich in Cham⸗ 
pagne und Picardie, auf freyer Hand. Vor 
einigen Jahren trieb der Kaufmann Gilbert 
de Montmeau zu Troye den ftärkften Han« 
bel damit, und verfaufte tauſend Stuͤck für 
5 tior, 6 Sous. Die Holländer follen jeder 
zeit einen geoffen Vorrath davon auffaufen, 
um fie verhandeln zu Finnen, wenn Frankreich 
zur Zeit des Krieges, die Ausfuhr verbiethen 
folte. Inzwiſchen meldet Savary, daß die 
‚meiften und beften Steine aus Berry fämen, 
und zwar aus der Machbarfchaft von Saint 
Agnau und Meufne. Ich weis auch, daß ſehr 
viele bey Stevensklint auf Seeland gefchla« 
gen und auffer Sande verfchickt werden. (). 
Im Sabre 1727 foll die Kriegsfanzeley in 
Hannover einige Conftabel ausgeſchickt haben, 
um die Kunſt, Flintenfteine zu ſchlagen, zu 
| erler⸗ 
(7) Gleichwohl giebt Abildgaards Beſchrei⸗ 
bung von Stevens Klint. Kopenhagen und 
Leipzig 1764 8. nicht die geringſte Nachricht 
von diefer Nußung, wiewohl fie ©. 32 ge⸗ 
nant ift. Hr. Chemnitz bedauset inden eben 
angeführten Berliner Beſchäftigungen S. 
213, daß auf Stevens Kline die größten und 
herrlichften Stücke in viel taufend Stücke zer⸗ 
fehlagen, und hernach als Slintenfteine für 

ein Spotgeld verkauft würden. 

Bba 


72 6. Slinten, Flintenſchloß. 


erlernen; fie ſollen aber nach ihrer Ruͤckkunft 
vorgegeben haben, unfere inländifchen Horn« 
keine wären dazu untüchtig, Es Fönnte auch 
wohl feyn, daß Diejenigen Steine, welche als 
Gefchiebe in Flögen vorfommen, ſich teichter 
nad) einer beliebigen Richtung fpalten laſſen, 
als Die, welche einzeln gefunden werden; ſo 
wie aud) legrere mir haͤrterer und feiterer als 
die erften zu ſeyn ſcheinen. — Vielleicht geht 
es mie den Flintenfteinen wie mit dem Mennig, 
deſſen Bereitung wir von Engländern und Hofe 
Tandern zu erlernen fuchten, welche doch feit un⸗ 
denklichen Zeiten beffer als irgendwo, mitten 
In Teutſchland getrieben wird, 


7, Rubin⸗ 


7. Rubinglas. 37 
WIE TE IF TE GERECHT TE TEN 


— 
Rubinglas. 
wiſchen Erfindung der Glasmacherey und 
>) Erfindung der. Glasfaͤrberey, das iſt, 
der Kunſt dem Glaſe allerley Farben zu geben, 
mag wohl Fein groffer Zwiſchenraum geweſen 
ſeyn. Wenn die Fritte, durd) irgend einen 
Zafall nur etwas metallifches erhält, fo nimmt 
die Waare eine Farbe an, und diefes träge 
fich öfterer zu, als nian wuͤnſcht; ja,. man 
bat viele Vorſicht noͤthig, wenn man ein ganz 
farbenlofes Glas darftellen- will, und’ich glaur 
be, daß man dieß erft-fpät, bey dem. Fortgan⸗ 
ge der Kunſt, zu machen gelernt hat, "Eben 
deswegen ſchoͤtzte man zu des Plinius Zeiten 
das ganz farbenlofe durchſichtige Glas, oder 
das fogenannte Cryſtallglas, am hoͤchſten (1). 
Bey den verfchiedenen Farben des Glafes, 
die fi) von felbft darborhen, war es alfo 
leicht, auf den Einfall zu gerachen, ihm die 
Farbe der Edelfteine zu geben, und diefe Kunft 

i 


(*) Plin, lib. 36. c. 26 41. p. 759: Maximus 
tamen honos in candido translucentibus, 
quam proxima eryftalli fimilitudine. 


ab5 


374 , 7. Aubinglee; 


ift in den. alten Zeiten ſchon weit getrieben 
worden. Beweiſe davon findet man bey Plis 
nius (2), der unter andern der Fünftlichen 
Hyacinthe, Eaphire und auch des ſchwarzen 
Glaſes, welches dem Obſidianiſchen Steine 
ſehr nahe kam, gedenkt, und an mehr als ei⸗ 
nem Orte gemmas vitreas nennet (3). Tre⸗ 
bellius Pollio erzähle, wie poßirlich Gallienus 
einen Betruͤger beſtraft habe, der ſeiner Ge⸗ 
malinn Glas fuͤr Edelſteine verkauft hatte (4), 
und Tertullian ſpottet daruͤber, daß man ge» 
| | faͤrb⸗ 
42)] bb. 36. e. 26. 

() lib. 35 c. 26 und Kb. 37 c. 9. Der lapla 
obfidianus, den Obſidius zuerft in Aethiopien 
gefunden und befannt gemacht hat, ift wohl 
zuverläßig dasjenige vulfanifche Glas, was 
zumeilen Islaͤndiſcher Achat, pumex vitreus, 
und von den Spaniern, die ihn aus Amerika 
und Californien erhalten, Galinace genant 
wird. Dice Etücke find undurchfichtig, duͤn— 
ne aber etwas durchfichtig. Die Farbe ift 
gemeiniglich fehr fchivarz, doch in dünnen 
Stüden nur fchwärzlich und faft dem Rauch» 
topafe ähnlich; zumeilen kommen auch blaue 
vor, die im Venetianifchen nicht felten find. 

ey Algier am Meere findet man quch grüne 
Stüce Allerley Abfaͤlle liefern die Garpas 
thiſchen Gebuͤrge, wovon ich in meiner Sanıs 
lung verfchiedene Proben babe. S. Phyſika⸗ 
liſch⸗okon. Biblioth. IV. S. 29. V. ©.214 
und VI. S. 182, 371. 

(*) in vita Gallieni e. 12: — qui gemmas 
vitreas pro veris vendidiffet eius uxori. 


7. Rubinglas. 375 


faͤrbtes Glas fo theuer, als aͤchter Perlen ber 
zahle: tanti vitreum, quanti margaritum. 
Die Glashuͤtten zu Alexandrien hatten in den 
alten Zeiten den Ruhm der größten Geſchick⸗ 
lichkeit; aus ihnen erhielten bie Roͤmer, die 
ſpaͤt die nüglichften Kuͤnſte erlernten, lange 
Zeit ihre Glasgeraͤthe. Der gelehtte Wer 
faffer der Recherches fur les Egyptiens et les. 
Chinois, erzählt zwar von diefen Glashürten 
am Ende des erften Theil mehr, als id) bey 
Ben alten Schriftftellern zu finden weiß; daß 
man aber dafelbft auch fehöne gefärbte Glaͤſer 
gemacht hat, ift gewiß. Dem Kaifer Hadrian 
wurden von einem Aegnprifchen Priefter eini» 
ge gläferne Kelche, "die mit allerley Farben 
‚fpielten, gefchenft, welche er, als Fofibare 
Stücde, nur bey hohen Feften zu gebrauchen 
‚befahl (5). Bey Strabo liefer man, daß 
ihm die Glasmacher in Alerandrien erzähle 
Haben, man fände in Megypten eine Glaserde, 
ohne welche die bunten Foftbaren Gläfer niche 
‚gemacht werden koͤnnten (9). 
| Seneca 
() Vopiſcus in vita Saturnini c. 8. bat den 
Brief des Hadriang, morin diefer fchreibts 
Calices tibi allaffontes verficolares transmißl, 
quos mibi facerdos templi obtulit, tibi et ſo- 
rori meae [pecialiter dedicatos, quos tu ver 
- lim feftis diebus conviviis adlıibeas. 
(°) Straba edit. Amftelod, apud Wolters 
1707. fol. * lib. 16 p, 109911. anal we — 
NS 


Seneca gedenkt in feinem Hoſten Briefe, 


worin er gar zu philoſophiſch, das ift, mit 
zu weniger Weltfenrniß, den Werth der Hands 
werfe beurtheiler , eines Demofritus, der 
fünftliche Smaragde zu: bereiten erfunden har 
be (7); aber nach meiner Vermuthung bat 
diefe Erfindung darin beftanden, dem natuͤr⸗ 
lichen Bergeryſtall durch eine Caͤmentatlon eie 
ne grüne Farbe beyzubringen, und yon diefer 
Kunft haben, denfe id), diejenigen Bücher 
gehandelt, welche Plinius (%), aus übers 
| maaͤßi⸗ 

war” Alyumrov deaalru yav, Ho xmels oux dıow 

78 122 maAUXESVOUG x morursAgıg xæræcxs vacç 
arorsrsadivan Viele halten die hier genans 

te Glaserde für mineralifches Alkali, dag 
freylich in Aegypten war, und zum Glafe 
dient; aber da hier die Rede ausdrücklich von 


gefärbten Gläfern ift, fo glaube ich nicht, 


daß jenes Salz, ohne welches damals gar kei 

Glas gemacht ward, gemeynt ſey, ſondern 

vielmehr eine metallifche Erde, vieleicht eine 
Scher, oder wohl gar Braunftein. 

(7) Exeidit porro vobis eundem Democritum in- 
venifle, quemadınodum ebur polireiur, quem- 
admödum decodtus calculus in fmaragdum con- 
verteretur, qua hodieque coctum inventi lapi- 
des co&tiles colorantur. Edit. Lipfi p. 579. 

(?) Lib. 37. c. 12: Quin immo etiam extant 

_ Fommentarii auctorum, quos non equidem de- 
monftrarim, quibus modis ex le tingun« 
tur finaragdi, aliaeque translucentes, fardonyx 
e farda, etiam ceterae ex aliis, Neque 2 

ulla 


‘ 


2. Aubinglas. 377 


mäßiger Beſorgniß, daß die Betruͤgerey alle 
gemein werden moͤchte, nicht einmal hat. nen» 
nen mögen. Zu dieſer Steinfärberey haben 
in neuern Zeiten Porta (9, und. Meri (1°) 
und ändere VBorichriften gegeben, die aber 
wohl nicht viel gebraucht find, . weil ber Cry⸗ 
ftall dadurch fo vieie Ritzen .befömt, daß er 


ſich nicht gur weiter bearbeiten läßt; doch mag 


fi) dieß, wie auch Meri verfichere, zuweilen 
verhüten laffen, 


Es verdient angemerkt Ju werden, daß 
man nod). jekt in einigen Antiquitäten Sam— 
lungen zu. Rem gefärbres Glas findet, wels 
ches chemals ftatt Edeljteine gediene hat; fo 
zeigt man z. B. in Mufeo Victorio einen Chry⸗ 
ſolith und Smaragd , welche beyde fo gut 
‚gerathen feyn follen , daß fie nicht allein volle 
fommen durdhfichtig und durchaus gefaͤrbt 
_ find; fondern auch weber auswendig nod) ins 
wendig die geringften Bläschen haben, bie 
doch eben nicht leichte verhüter werten Eons 
nen (11), Ä 
| Was 


ulla fraus vitae lucrofior. Bon eben biefer 
Gämentation verfiche ich eine Stelle des Dios 
dorus Sic. B. 2 K. 52. \ 
(?) Magia naturalis, Francofurti apud Wecheli 
heredes. 1591.38 p. 275. 
(70) Kunkels ars vitraria. Nürnberg 1743. 4 
'* 6,99, 101. 


378 2, Rubinglas. 


„Was für Materialien von den Alten zur 
Ölasfärberen gebrauchte worden, das bat nie ⸗ 
mand von ihnen uns aufgezeichnet; aber ge⸗ 
wiß iſt, daß nur metalliſche Kalke dazu dienen 
koͤnnen, weil nur dieſe Pigmente die Hitze 
des Glasofens ausſtehen, und hoͤchſt wahre 
ſcheinlich iſt, daß Eiſenerde, wo nicht das ein⸗ 
zige, doch gewiß das vornehmſte geweſen iſt, 
wodurch nicht nur alle Abfälle der rothen, vio« 
letten und gelben, fondern auch fo gar, wie 
Hr. Prof, Gmelin bewiefen bat, der blauen 
Farbe erfünftele worden find (ie). Won 
der rothen, von der allein ich bier reden will, 
ift defto weniger Zweifel, je Öfterer Dazu noch 
bis jetzt bald eine natürliche, bald eine fünfte 
liche Eifenocher angewender wird. Zu ges 
meiner Arbeit bleibe fie auch noch gut ges 
mug; aber wenn man ein. fehr fauberes, 
Elares, durch und durch gleich ftarf gefärbtes 
Ölas von lebhafter ſchoͤner Rubinröthe, ohne 
Blafen, und noch dazu in etwas groffen Stüfs 
fen verlangt, fo taugt Eifen deswegen nicht, 
weil 

(t) Differtatio glyptographica, five gemmae 
duae vetuftiflimae, — — quae extant Romae 
in Mufeo Vietorio. Romae 1739. 4* pi 105, 

- 106, 

(?) De caeruleo materiarum vitro aemularum 
in antiquis monumentis obviarum colore,) in 
Commentatinnibus focietat feient, Gottingenfis - 
II p: 41. Eine Ueberſetzung ftehe in Crellg 
ehemifchem Journal, im-fünften Stüde. 


— 


pur oder auch mineraliſcher Purpur 2 


n. Rubinglas. 379 


weil feine Farbe in der anhaltenden Hitze, wel⸗ 
che zu fo einem Glaſe nörhig ft, entiveder ganze, 
lic) verfchwinder, oder eine ſchmutzige faſt ſchwaͤrz⸗ 
lihe Farbe wird (13), | 


Erft im vorigen Jahrhunderte erfand man 
in Teurfchland, fiatt des Eiſens, Goid anzu 
wenden, und durch daſſelbe kuͤnſtliche Rubine 
zu mathen, welche, wenn fie gut gefaßt find, 
fo gar das Auge des Kenners, wenn er 
namlich nicht Diamant und Feile. brauchen 
darf, taͤuſchen koͤnnen. Gemöhnlicher Weiſe 
wird dazu das aͤdle Metall in Koͤnigswaſſer 


aufgeloͤſet, und daraus durch Zinauflöfung 


in Geſtalt eines purpurfarbigen Pulvers nies 
dergeſchlagen. Dieſes, welches der beſten Frit⸗ 
te beygemiſcht werden muß, heißt Praͤcipitat 
oder Goldkalk des Caßius, oder Goldpur⸗ 


ie“ 


3) Montamy von den Farben zum Porzellan 
und Emall- raten. Leipzig 1767. 8* ©. 82. 
Sonnen & 16. 


(*) Vorzüglich gute Vorſchriften zur Berel⸗ 
" tung diefes Goldpurpurs, die in der That cta 
was mislich ift, findet man in: L’art de faire 
les criftatıx colores imitans les pierres préci- 
eufes par M. Funtanteu. Paris 177%$* p. 11. 
wovon nun eine Ueberfeßung zu Ulm heraus⸗ 
gekommen iſt: Kunſt durch gefärbte Blase 
Nnuüſſe ächte Edelſteine nachzuahmen. 178 F— 


380 7 Rubinglas. 


Dieter Caßius, von dem es ben Namen, 
bat, hieß Andreas, und weil fein Vater 
und fein Sohn beyde eben diefen Vornamen 
gehabt haben, fo werden fie oft mit einander 
verwechfelt. Der Water war Serzoglicher 
Seercretair in Schleswig, und iſt als Gelehre 
ter nicht befannt, Aber fein Sohn ift eben der» 
 jenige, welcher ſich durd) die Erfindung oder 
DBereitung des Goldpurpurs, fo wie auch 
durch eine Bezoar Effenz, berühmt gemacht 
hat. Diefer iſt 1632 Doctor zu Leyden ges 
worden ,, hat ats Arzt in Hamburg gelebt, 
und den Titel eines $eibarztes von dem Bis 
fchof zu Luͤbeck gehabt. So viel ich weis, bat 
er von feiner Kunſt felbft nichts befannt ges 
macht, fondern dieſes Verdienft bat fein 
Sohn, der zwar zu Hamburg gebobren ift, 
aber als Arzt. zu Süberk gelebt hat. Von ihm 
ift der befannte Tractat, der jegt fehon felren 
geworden iſt: De extremo illo et perfedif- 
fimo natura opificio,ac principe terrenorum 
fidere, Auro, et admiranda eius natura, ge 
neratione, afteclionibus, effertis atque ad ope- 
Tationes artis- habitudine, cogitata, experfi« 
| men- 


8. Lewis Zuſammenhang der Kuͤnſte. Zürich 
1764 8 * J. S. 276. Baume“ Experimental⸗ 
Chemie III. S. 87, 109, 309. Letzterer 
ſchlaͤgt eine andere Zurichtung des Goldes 
vor, die er die Verkalkung deſſelben durch 
Queckſilber nennet. 


7. Rubinglae. 381 


mentis illuftrats, Hamburgi 1685. 8. (5) 
Hieraus wird begreiflih, warum diefer Cafe 
fius fid) nicht felbft für dan Erfinder, wofür 
er Doch taft allgemein gehalten wird , angegen 
ben hat, worüber fi) Lewis wundert. Man 
ſieht auch hieraus, daß Leibnir nicht gang 
richtig den Verfaſſer der angeführten Schrift 
einen Hamburgifchen Arzt nennet, fondern 
daß er vermurplich Vater und Sohn verwech—⸗ 
fele bat (1°), Aber überhaupe ift es fo aus⸗ 
gemacht nicht, daß ein Caßius der wahre Er 
finder des Miederfchlags ſey; denn fchwerlich 
wurde folhes in jenem Tractate unangemerft 
geblieben ſeyn (17); man findet auch) bey vie— 
len altern Chemifern ſchon Nachricht von ber 
Purpurfarbe des Goldes (8), 

| Ohne 


6”) Job. Molleri Cimbria literata. Havniae 
1744. fol. * I. p. 88. 

("°) Mifcellanea Berolinenfia I, p. 94. 

(7) Man liefet nur ©: 205 : Eft tamen modus 
adhuc alius, quique hactenus fecretior fuit, 
quo, per fingularem auri mediante liquore Jo- 
vis praecipitationem, fulphur eius fixum ele- 
ganter extravertitur. Der DB, zeigt nur kurz, 
auf wie mancherlen Weiſe diefer Niederfchlag 
gebraucht werden koͤnne, aber von Anwendung 
deffelben zum Glasfaͤrben meldet er nichte. 

("?) Desmegen möchte ich doch nicht behaup- 
ten, daß die vafa murrhina der Alten ein mit 
| Gold⸗ 

Ce 


382 =. Rubinglas, 


Ohne Zweifel Haben fehon dle alten Al 
&emiften fo etwas gemeynt, wenn fie vom - 
rothen $öwen, von. der purpurnen Seele des 
Goldes und vom goldenen Mantel reden, aber 
ich mag nicht errarhen, was jene unter diefen 
Metaphern zu verſtecken gefucht haben. Als 
Libavius im %. 1606 feine Aldyemie heraus» 
gab, muß inzwifchen die Kunft Rubinglas zu 
machen, noch unbefant gewefen feyn. _ Er 
führe naͤmlich eine alte Vorſchriſt, Nubin zu 
machen, an, und fest feine Vermuthung 
hinzu, daß, meil die aͤchten Steine dieſes 
Namens in goldreichen Gegenden gefunden 
würden, diefe wohl ihre Farbe von. diefem 
Metalle haben möchten, und daß alfo aud) 
wohl die Kunſt, das Glas mit einer Gold» 
auflöfung färben koͤnnte (19). Ungeach— 
tet die neuen Chemiker, z. B. Hr. Achard 

(20) 

Goldkalk gefaͤrbtes Porzellan geweſen waͤren. 

Das iſt nichts weiter als eine nackte aufs 

Papier geworfene Vermuthung, die man in 

Oeuvres de M. Boſe d’ Antic. Paris 1780. 2 

vol. in 12. I p. 230, findet. | 

(’?) Alchymia Andreae Libavii. Francofurti 
1606. fol. * lib. 2. tract. ı1.c. 34 p. 88: Ru- 
binı frequentes funt circa mentem piniferum, 
vbi et auri venae. Confentaneum eft princie 
pia auri ibi degenerare in hanc gemmam. Ex 
tindtura auri ruhea in liquorem feu oleum fo- 
luta, et cryfalli liquore potiſſimum, non in- 
conimode fieri pofle judicaverim, — 


7. Rubinglas; 383: 


(2°) in diefem Edelfteine feine Spuhr des 
aͤdlen Metalles, fondern nur Eiſen gefunden - 
haben, fo ift doch der Vorfchlag, den Kba— 
vius aus einer falfchen Vorausſetzung herleite⸗ 
te, durch die Erfahrung. beftätige worden. 
| Levi, der fat mit Libavius zu gleicher 
Zeit lebte (21), kante den Goldpurpur ſchon 
etwas genauer, doch iſt ſeine Vorſchrift noch 
ſehr mangelhaft. Nach dieſer ſoll man die 
Goldaufloͤſung abdaͤmpfen, und das Ueber— 
bleibſel ſo lange uͤber dem Feuer ſtehen laſſen, 
bis es purpurfarbig geworden. Es iſt frey— 
lich zu glauben, daß dieſe Farbe entſtehen 
werde, aber ſchwerlich wird die Fritte von 
dieſem Pulver gleichmäßig’ gefärbr werben, 
| - viele 
(?°) ©. Börtting. gel. Anzeige 1778. ©. 177. 
(?") €8 iſt befant, daß des Neri Werfchen 
uͤberſetzt in Kunkels ars vitraria ſteht, wovon 
ich die Ausgabe: Nürnberg 1743. 4 bes 
ſitze. Die Lebenszeit dieſes Florentiners iſt 
im Geiehrten Lexicon nicht angegeben, aber 
aus S. 67 der angeführten Ausgabe fiche 
man, daß er. 1601 zu Florenz, und aus ©. 
73. daß er 1609 zu Autwerpen gemefen. 
Die ältefte italienifche Ausgabe, die mir noch 
zur Zeit vorgekommen ift, iſt: L’arte verra- 
ria— del.R. P, Antonio Neri, Fiorentino. In 
‚Venetia 1663 appreflo Giacomo Batti. 261 
Seiten in 12; aber die erſte Ausgabe wird 
noch älter ſeyn. | 
Cec 2 


sr Rubinglen 


vielmehr mödjten ſich wohl im Glaſe Gold» 
fiäubchen zeigen. Runkel hat nicht ohne 
Grund behauptet, daß noch mehr dazu gehöre, 
Glas durch Gold zum Rubin zu madyen; aber 
nicht „ohne Eigennutz hat er ſolches verſchwie⸗ 
‘gen (22). | 
Glauber, der in der Mitte des vorigen 
Jahrhunderts feinen Philofophifchen Ofen 
(233) ſchrieb, ſcheint ſchon mehrere, Verſuche 
mit dem Goldpurpur gemacht zu haben. Er 
loͤſete das Metall in Koͤnigswaſſer auf, ſchlug 
es durch Kiefelfeuchtigfeit nieder, und ſchmolz 
den Miederfchlog, der viel von der glasartigen 
Erde bey ſich hatte, zu Glas (?4). A 
ie⸗ 


) Yieri B. 7. K. 129. S. 157 und 174. 


(22) Ich kenne die Amſterdamer lateiniſche Aus⸗ 
—gabe von 1651, vier kleine Theile in 8. mo 
die Stelle, von der ich rede, IV ©. 78 ſteht. 
Sin der gemeinen teutſchen Ausgabe: Glauberi 
opera chymica, Bücher und Schriften, fo 
viel deren von ibme an Tag gegeben; 
Frankfurt 1658 u. 1659, 28. in g. * II ©. 
125, 242. Lewis fagf, Furnus philofophi- 
cus fen fchon 1648, gedruckt werden. ch 
kenne auch die Amfterdamer Ausgabe von 
1658, die der von 1651 ganz gleich ift. 


(243 Glauber hat zuerft bie Kieſelfeuchtigkeit 
bekant gemacht, und zu mancherley Gebrauch 
empfohlen, wie Ettmuller in Collegio phar- 

1ma- 


‘4 Aubinsfas; 385 


Niemand hat inzwifchen in vorigen Jahr⸗ 
hunderte den Goldpurpur beffer zu bereiten 
und zu nußen verftanden, als Johann Kun: 
Fel, welcher, nachdem er vom Könige in 
Schweden, Karl XI geadelt worden, den Namen 
Toͤwenſtiern erhalten hat. Er erzaͤhlt ſelbſt, 
daß er das Rubinglas in groſſer Menge verfers 
. tigt, und nad) dem Gewichte theuer verfauft ha« 
be. Er habe, fagt er, für den Churfürften von 
Coͤln einen Pofal daraus gemacht ‚ der riche 
weniger als 24 Pfund gewogen, einen ganzen 
Zoll dif, und durchaus von gleidymäßiger 
ſchoͤner Farbe geweſen ſey. Dieſe Kunſt trieb 
er am ſtaͤrkſten, nachdem er 1679 in des 

Ehurfürften von Brandenburg, Friedrich 

Wilhelm, Dienfte getreten war. Er hatte 
damals die Aufficht über die Glashütte bey 
Porsdam, und um dafelbft das Kubinglas 
zur Vollkommenheit zu bringen, fchoß der 
Ehurfürft 1600 Dufaten ber. Man zeigt 
nod) jeßt in Berlin ein Deckelglas von dieſer 
Arbeit *Inzwiſchen hat Kunkel nie⸗ 
mals 

maceut. in Ludovicum erzaͤhlt. S. M. Ert- 
mülleri opera. Genevae 1736. 4 Bände in 

ol.* 11 ©. 179. 

(25) Nicolai Kefehreibung der. Nefidenzftädte 
Berlin und Potsdam. NE. 993. In den 
dafelbft angeführten Büchern habe ich verge« 
bens mehr Nachrichten gefucht 5 doch Ger⸗ 
lachs Nachr. habe nie geſehn. 

3 


* 


386 1: Aubingles, 


mals diefe Kunft vollſtaͤndig beſchrieben, fon« 
dern er hat nur in feinen Schriften zerftreuere 
Anmerkungen dgrüber gegeben, die Lewis ges 
ſamlet hatı.(2° ). Ä 


Im Jahre 1684, alfo ehr als Caßius, 
fchrieb Joh. Chriftian Orſchall fein befans 
tes Werkchen: Sol fine vefte (27,, und hane 
delte darin deutlicher, als jemand vor ihm ges 
than hatte, von der Bereitung des Nubinglas 
fes. Inzwiſchen geftcht er, daß Caßius ihn 
zuerft gelehre habe, das Gold durch Zinn niee 
derfchlagen, daß diefer mit dem dadurd) geA 
färbren Rubinglafe gehandelt habe; auch daß 
es Damals’ viel zu Freyſingen gemacht fey, wie 
wohl. die Kunft fehr geheim. gehalten würde, 
Die Schieffale des Orſchalls verdienten volle 
ftändiger befant zu fern. Er foll, ungefähr 
ums Jahr 1682 bey Job, Heinrich Rudolf 
in Dresden gedient, und von diefem allerley 
chemifche Arbeiten, vornehmlich die Amalgas 
mation erlernt, und damit nachher in Boͤh⸗ 

men 


(2°) Lewis Zuſammenhang der Künfte. Zuͤ⸗ 
rich 1764. 2 B. in 8. LS. 279. 


(?7) Die erfte Ausgabe foll zu Augsburg in 
12, und in felbigem Jahre and) zu Auſter—⸗ 
dam gedruft feyn. Es ift nachher oft wieder 
gedruckt worden; z. B. 1739, auf 3 Bogen 


in 4, ohne Benennung eines Orts und Vers 
kgers, 


7 Rubinglas. 3387 


men Geld verdienet haben. Hernach iſt er 
ein Bergbeamter in Heſſen geworden, ſoll ſich 
aber durch Vielweiberey und andere Aus« 
fehweifungen viel Ungemach zugezogen haben, 
und in Polen in einem Klofter: geftorben 
feyn (28) | 
Wider Orſchall hat Chriftoph Grum⸗ 
met, der Kunkels Handlanger geweſen ſeyn 
ſoll, den bekanten Aufſatz: Sol non fine vefle, 
geſchrieben, der zuerſt in Rothenburg 1685 in 
12 gedruckt feyn foll (?9), fo wie auch ein Uns - 
. genannter wider Orfchall 1684 zu Cöln in 12 
hat deucken laſſen: Apelles poft tabulam obfer- 
vans maculas in fole ſine veſte. Inzwiſchen 
betraf der Streit nicht fo wohl die Bereitung, 
und den Gebrauch des Goldpurpurs, als viele 
mehr die Urfache der Roͤthe und die Verglaſung 
des Goldes. | 
Merk⸗ 


u: 

(23) Diefes Tiefet man In F. A. Rudolfs Dres 
denfis elementa amalgamationis, die zuerft zw 
Arnſtadt 1772. 4. gedruckt, aber auch im 
Roth⸗Scholzen deutfihes- theatrum chemi- 
cum, Nürnberg 1728- 1732, 3 Theile in g* 
U&. 407 eingeruͤckt find. Ä 


(*°) Eine franzöfifche Ueberfekung von Or⸗ 
ſchall und Grummet fteht hinter Art de la 
verrerie de Neri, Merret et Kunkel. Paris 
1752. 4*. Der Herausgeber ift Baron von 
Holbach, welcher fich aber nicht genant hat. 


€Cc4 


⸗ 


388 7. Rubinglas. 


Merkwuͤrdig iſt, daß Kunkel verſicherte, er 
koͤnnte die vollkommene Rubinroͤthe auch ohne 
Gold bereiten, welches jedoch Orſchall und die 
meiſten Chemiker in Zweifel gezogen haben, 
gleichwohl erzaͤhlt man, daß Kruͤger, der un⸗ 
ter Koͤnig Friedrich Wilhelm Aufſeher der 


Potsdamer Glashuͤtte geworden, den Rubin—⸗ 


fluß noch ſchoͤner ohne Gold zu machen erfuns, 
den habe, und daß von deſſen Arbeit nod) feine 
gefchnittene Pofale in Berlin vorhanden feyn 
follen (°). 


Man kann gewiffermaßen die Glasmalerey, 
die Schmelzmalerey und die Bereitung der 
Stifte zu den muſiviſchen Arbeiten als’ Zwei« 
ge der Slasfärberey anjehn, und bey allen 
diefen ift die fchönfte rothe Farbe die ſchwie— 
rigfte, feltenfte und theureſte. Wenn man die 
Meifterftücke ver Glasmalerey aus.ven ältern 
Zeiten unterſucht, fo finder man, Daß die 
Slasfcheiben entweder nur auf. einer Geite 
einen durchſichtigen rothen eingebrannten Fir: 
niß haben, oder daß dod) die Stücfe, welche 
durch und durch gefärbt find, viel dünner als 


die von andern Sarben find (3). Es if 


Daher 

(?°) Nicolai a. a. O. 

(?) ©. Peter le vieil Kunſt auf Glas zu 
malen. Nürnberg 1779. 4* IIE. 25. Dies 
fe8 unvergleichliche Werf muß doch, in Ab» 

ſicht der Gefchichte, fonderlich der Altern, 

vor⸗ 


* Aubinglas, 389: 


baher fehr vermuthlich, daß die Alten, da fie, 
feine dicke Stücde ſchoͤn durchſichtig roch zu. 
färben verftanden haben, nur Eifen oder. 
Braunſtein gebraucht haben, melde Pigmen« 
te, wie ſchon oben gefagt, in flarfem Feuer 
feicht ſchwaͤrzlich und haͤßlich werden (32), 
Auch die Schmelzmalerey har ſich damit lans 
98 Zeit behelfen muͤſſen. Weniger Schwie⸗ 
rigkeit hat die Roͤthe in der Muſiviſchen Ar— 
beit, weil dazu keine Durchſichtigkeit, auch 
kein oͤfteres Umſchmelzen erforderlich iſt. In 
Rom ſchaͤtzt man vornehmlich diejenigen Stif— 
te, welche die ſchoͤne rothe glaͤnzende Farbe des 
feinſten Siegellacks haben. Hr. Ferber be⸗ 
richtet, 
vorſichtig gebraucht werden. Denn ſelten 
hat der V die angeführten Werke ſelbſt geles 
ſen; zuweilen findet man in ihnen dasjenige 
nicht, was doch der Franzos daraus genoms 
men ju haben verfichert, und nicht felten hat 
er die Nachrichten der Alten unrichtig wieder 
erzählt. 
Worin die Erfindung des Nürnbergifchen 
unftlerg, Abraham Selmbad, beitanden 
. hat, weis ich nicht. Doppelmeyr fagt in 
feiner Nachricht von Nürnbergifchen Mathe- 
matieis und Künftlern. Nürnberg, 1730. fol. * 
: ©. 314: er habe das alte rothe lag, deſſen 
- eigentliche Bereitung fhon vor langer Zeig 
unbefant worden, nach. einigen, auf einer 
Glashürte angeftellten Proben, wiederum 
3717 gluͤcklich ang pi gebracht. 
| | ae 


— 


⸗ 


390 | *. Aubinglas: 


richtet, daß ſolche dafelbit ehemals nur von 
einem Manne, Namens Mathioli, gemacht 
worden, und zwar aus einer Kupferſchlacke; 
jeßt find dort mehrere Künftler, welche dieſe 
Stifte verfertigen, doc) follen fie die hohe Far⸗ 
be nicht völlig herausbringen Eönnen (3). 


(?) Serbers Briefe aus Wälfchland. Prag 
1773. 8" S. 114 | | 


KR RR RR RR RR FOR VER ER OR vB 


8. 
Kutſchen. 


Woern man unter dieſem Namen einen jes - 
den bedeften Wagen, worinn man mit 
einiger Bequemlichkeit fahren kann, verftehn 
will, fo iſt wohl das Alterthum eines folchen 
Fuhrwerks nicht in Zweifel zu ziehen. Die 
Arcera, deren fihon in den zwölf Tafeln ges 
dacht iſt, war ein bedeckter Wagen, deſſen 
ſich kranke und ſchwache Perſonen zu bedienen 
pflegten (1). Sie ſcheint eher als die Saͤnf⸗ 
| i te, 
 () ©. Leges XII tabularum illufratae a $. N, 
Funeeio. Rintelii 1744. 4*p.72. Gellius XX. 
I: Arcera vocabatur plauftrum tetum undique 
et munitum, quafi arca quaedam magna veſti- 
mentis inflrata, qua nimis aegri aut-fenes par- 
tari cubantes (olebant, 


— 


8. Kutſchen. 391 


te, lectica, im Gebrauche geweſen, und durch 
dieſe hernad) Daraus verdrängt zu feyn. Eine 
fpätere Erfindung ift Carpentum, | wovon mar 
auf einigen, Münzen Abbildungen findet, die 
eine zweyräderige Karre mit einer gewölbten 
Bedeckung vorftellen, die zumeilen mit Fofte 
baren Zeugen behangen gewefen feyn mag (2). 
Mod) fpäter find die Carrucae aufgefommen, 
‚ beren Namen man zuerft bey Plinius lieſet; 
aber man fennet fie fo wenig, daß die Antis 
quarier ungewiß find, ob fie, wie unſere 
Schiebfarren, nur ein Rad, oder, wie eg 
doch wahrfcheinficher ift, vier Mäder gehabt 
haben (3). So viel weiß mean, daß fie ein 
vornehmes Fuhrwerk gewefen- find, welches 
oft mit Gold und Edelfteinen verberrlichet wors 
den, und daß die Roͤmer eine Ehre darin ge 
fucht haben, in vorzüglich hohen carrucis zu 
fahren (4). m Theodofifchen Gefegbud)e 
| ee ift 

(*) Scheffer de re vehiculari, in Urriusque tber 
Vauri antiquitatum nova fupplementa congefla 


a Poleno. Venetiis 1737. fal.* V p. 1380, 
Spanhers de praeftant. numismatum. Amiftelo- 
dami 1671. 4*p.613. Bey PropertiuslV, 
8, 23. fommen ferica carpenta vor, 

(?) Scheffer }. c. p. 1472. 

(*)- Ammien. \ib. 14: Alii ſummum decus in 
carrucis folito altioribus — ponunt, ch dens 
fe, die Hehe fen vieimehr vom Magenfaften, 
als von den Mädern zu verfichn, wie einige 
gewolt haben. 


ge 8 Autfchem‘ 


iſt den erſten Staatsbedienten der Gebrauch 


der currucarum nicht nur erlaubt, fondern zur 
Bezeidinung ihrer Würde „. :befoblen more 
den (3). ES N 5 E 
Machher ſcheinen die bedeckten Wagen im⸗ 
mer mehr und mehr Gegenſtaͤnde der Roͤmi⸗ 
fchen Pracht geworden zu ſeyn; aber die Den. 
fungsart des Lehenſyſtems hat in fpätern Jahr⸗ 
hunderten den Gebrauch derfelben auf einige 
Zeit zuruͤckgetrieben. Den Schensherren war 
zu fehr daran gelegen, daß ihre Wafallen zu 
allen Zeiten gleich zu Pferde dienen fonnten, 
als daß fie das Fahren in prächtigen Wagen 
hätten begünftigen ſollen. Sie fahen voraus, 
daß der Adel fid) dadurch des Reitens entwöh. 
nen, und zum Dienfte unfertiger und unge: 
ſchickter machen würde. Herren und Diener, 
Männer. und Frauen, Weltliche und Geift- 
lidye ritten auf Pferden oder Maulefeln, und 
Frauen und Mönche noch bequemer auf Efe- 
finnen. Der Minifter ritt zu Hof, und fein 
Pferd gieng allein, ohne Führer, zu feinem 
Stalle zuruͤck, bis es ein Bedienter wieder 
nach Hofe brachte, um den Herrn abzuho 

len 


(5) Codex. Theodos. lib, 14. tit. 12. und God. 
Fuftin, lib. XL tit. 19. Omnes honorati, feu 
eivilium feu militarium, vehiculis dignitatis - 
ſuae, id eft carrueis intra urbem facratifhimi 
nominis femper utantur. | 


\ den (5). Auf gleiche Weife rirten die Raths⸗ 
herren: der Keichsftädte noch im Anfange des 
ısten Jahrhunderts zu Rathe, ſo daß nod) 
im J. 1502 zu Sranffurebey der Römer Thüe 
ein Bortheil zum Auffigen, das ift, eine Fleine 
Stiege aufgemauert. ward (7), Die Mits 
glieber des Raths, welche als Gefandten zu 
Keichstägen und andern Gelegenheiten vers 
ſchickt wurden, bieffen deswegen Rirtmel 
fter (3), und. aus diefen Zeiten ift noch die 
Benennung der reitenden Diener in manchen 
Keichsftädten übrig: geblieben. Die Einzüge 
und Aufzüge. groſſer Herren gefchahen niemals 
in Wagen, fondern zu Pferde, und felbft im 
päbftlichen Cäremoniel ift feiner“ Leibkutſche 
und Feines Seibfurfchers, wohl aber des Leib⸗ 
pferdes und $eibmaulefels gedacht.  Xyenes 
foffte ein Schimmel, und zwar ein Schimmel 
ohne Muthwillen, ein ftiller gutwilliger Gauel 

ſeyn; man follte dem Pabfi eine Stiege oder 
Schemel mit. drey Stufen herbeytragen, um 
auf den Schimmel kommen zu koͤnnen; Kaya 
fer und Könige follten, wenn fie gegenwärtig 
| toären, 

(°) €. A. Geutebrück Gedanken und Anmer⸗ 
tungen über die Einrichtung einer Kammers 
verwaltung. Erfurt 1765. 8.* ©. 11. 
| a Lersner Chronica der Stadt Frankfurt I 
. 22. 
(3) Lehmanns Chroaica der Stadt Speier, 
Frankfurt 1698. fo. ©. 619%. 


— 


* 
\ 


34 8. Autfchen 


wären, den Steigbügel. halten,” das Pferd 

führen u. ſ. w. (9), Biſchoͤfe folten auf eis 
nem Palmpferde oder Palmefel: ihren Einzug 
halten (’°), Bey der Kanferfrönung ift 
den Ehurfürften und Erz» Yemtern des Reichs 
vorgefihrieben, den Einzug zu Pferde zu hal 
ten, und ihre Reichshofdienſte zu Pferde zu 


verrichten (u). Die Belehnungen muften 


ehemals nothwendig zu Pferde gefchehn; der 
Vaſall auf feinem Kitterpferde mußte mit zween 
Mitſtaͤnden nach dem Lehnhof reiten, daſelbſt 
abſteigen und dann die Lehen empfangen. Als 
im Anfange des 16ten Jahrhunderts bedeckte 
Wagen bekanter wurden, bedienten ſich ihrer 


“nur die vornehmen Frauen, aber Maͤnner 


hielten es ſich für ‚unanftändig zu fahren, 
Wenn damals die Ehurfürften und Fürften 
die Neichstäge niche felbft befuchen wolten, 
4 
| | | fo 
° (9) Sacrarim.'caeremoniarum Romanae ecclem ° 
fiaelibri 3. audtore J. Catalano. Romae 1750: 
2vol. fol, * 1 p.13:. u 
" €). 3. P. von Ludewig gelehrte Anzeigen, 
welche vormals den woͤchentlichen Halliſchen 
Anzeigen einverleibt worden, nunmehro aber 
zuſammen gedruckt. Halle 1743. 3 Baͤnde in 
4*1S. 426, wo aus Ceremoniale epifcoporum 
lib. I. e. I1 angefuͤhrt iſt: epiſcopus aſcendet 
mulam ornatam pontificalibus ephippiis et ſtra- 
gula violacei coloris, ac ita equitabit, | 


(") Audewigs Erläuter, der güldenen Bulle. 
Frankf. 1719. 2 Theile in 4. * US, 569. 


j B. Rutſchen. 395 


ſo entſchuldigten ſie ſich dadurch bey dem Kay⸗ 
ſer, daß ihre Geſundheit ihnen das Reiten 
nicht erlaube, und man nahm es für ausge— 
macht an, daß es fich für fie nicht ſchicke, 
wie Frauenzimmer zu fahren (1). Was 
alfo nach damaliger Denkungsart nicht den 
Fürften erlaubt war, Das war noch viel we⸗ 
niger ihren Bedienten erlaubt. Als Graf 
Wolf von Barby von Ehurfürklen Johann 
Friedrich zu Sachſen zur Reife nady Speyer, 
zu dem dajelbft angefesten Neichsconvent im 
J. 1544 gefodert ward, bath diefer um Er— 
laubniß, fih, wegen feiner Unpästichfeir, eis 
nes behangenen Wagens mit vier Pferden 
bedienen zu Dürfen. Als zu des Ehurfürften 
Halbbruders, Herzogs Johann Ernſt Beyla⸗ 
ger die Grafen und der Adel entbothen wurs 
den, geſchah es mit der Erinnerung: was ſie 
von Ehrenkleidern mit zu nehmen Willens 
waͤren, wuͤrden ſie auf einem Waͤgelein wohl 
mitfuͤhren zu laſſen wiſſen (3). Waͤren ſie 
in Kutſchen erwartet worden, ſo waͤre dieſe 
Erinnerung uͤberfluͤßig geweſen. So gar dem 
Frauenzimmer ward der Gebrauch bedeckter 
Wagen lange Zeit erſchwert. Im Jahre 
1545 erhielt die Gemalinn eines gewiſſen Her⸗ 
zogs von ihm nur mit Muͤhe Erlaubniß, zu 

ihrer 


(2) Von Cudolf Electa juris publici. VS. 
417. | 
(?) Don Ludolf a. a. O. 


ihrer Reife ins Bad, wobey doch fonft viele 
Pracht verſchwendet ward, einen bedecften Wa⸗ 
gen zu nehmen, mit der ausdrüdlichen Bedin 
gung, daß ihre Begleiterinnen ſich dergleichen 
enthalten follren (14). Inzwiſchen ift gewiß, 
daß Kayfer, Könige und Fürften am Ende des 
ı sten Jahrhunderts angefangen haben, ſich auf 
Meifen, und bernach auch bey — 
der bedeckten Wagen zu bedienen. Ich will 
die aͤlteſten Beweiſe, die mir jetzt bekannt ſind, 
erzaͤhlen. 

Sm %.1474 kam Kanfer Fridrich III nach 
Frankfurt in einem behangenen Wagen, und 
weil er wegen des feuchten Wetters im War 
gen blieb, fo bedurften die Frankſurter nicht 
das Tuch über ihn zu tragen, als allein von 
Dem Pfareyſen bis in die Pfarre und wieder 
bis in den Wagen. Auch im folgenden abs 
te fam der Kayſer in einem ſehr ftartlichen 
hangenden (foll wohl heißen bebangenen) 
Magen nach Frankfurt (35), In der Bee 
fhreibung des von Churfuͤrſt Joachim zu 
Brandenburg 1509 in Ruppin gehaltenen 
praͤchtigen Turnirs lieſet man ſchon von der 
Churfuͤrſtinn ganz vergoldeten Wagen, und 

12 


| (4) Sattler in biftorifcher Befchreibung des 
Herzogthums Wärtemberg, im erften Theile, 
bey Erläuterung einer Urkunde vom. 1389. 


(”°) Lersner I) S. 106 und 108. 


b. Rutfchen  - 897 


12 andere mit carmoifin befchlagenen Rutfchen; 
ferner von der. mit rothen Sammer belegten 
Kutſche ber Herzoginn von Meflenburg, Bey 
der Krönung des Kayſers Märimiliang im J. 


‚1562, hatte der Churfürft von Coͤln 14 KRuts 


ſchenwagen. Als Markgraf Johann Eigis 
mund im %. 1594. zu Warfchau die Huldie 


gung wegen Preuffen leiftete, hatte er in fein - 


them Gefolge 36 Kutichen mit 6 Pferden (16), 
Graf Khevenhiller fagt von Kayſer Ferdinand‘ 


HI Vermählung mie einer Baprifchen Prinzefs 


* 


ſinn: Die Braut fuhr mit ihren Frauen Schwe⸗ 
ſtern in einem anſehnlichen mit Gold geſtick« 
ten, und ihr adeliches in ſchwarz ſammeten 


und das übrige Frauenzimmer in faubern dee 


dern Wagen ein Eben dieſer meldet von 
dem Einzuge des Kardinals von Dierrichftein 


zu Wien im  ı6ıı, daß ihm 40 Gurfchie 


Wägen entgegen gefahren (7). Ben der 
Wahl des Kayſers Matthias hatte der 
SBrandenburgifhe Gefandte drey Rutſchen 
| | (3) 


CE6) Suite des memoires pour fervir h Phift, 
de Braidenburg. p. 63.; wo der gefronte Vers 
faffer hinzuſetzt: L’ufage commun des carofles 
ne remonte pas plus haut qu’& Jean Sigisinond 


-- (*7) Annal. Ferdi: V p. 2199. und Vir p. 395. 
Don Moſer Teutſches Hofrecht. Frankf. u. 
Leipzig 1755. 4. Il ©: 338. 


od 


398 8. Autfchen. 


(3), Als diefes Kayſers Gemahlin 1601 1. ih⸗ 
ren Einzug zur Vermaͤhlung hielt, fuhr fie in 
einem mit wohlriechenden Leder überzogenen 
Maren (19). Die Infantinn von Spanien 
Maria, Gemaplinn des nachmaligen Kayſers 
Ferdinand IL, fuhr im J. 1631. in Kaͤrnthen 
in einem gläfernen Wagen, darinn nicht mehr 
als zwo Perfonen figen Fonnten (20). Der 
Brautwagen ber eriten Gemahlinn des Kaye 
fers Leopold, einer Spanifchen Prinzeßinn, 
£oftete, nebft dem Pferdegefchirr, 38000 Gul⸗ 
den (eu). Die Kurfche, deren fich dieſer 
Kapfer bediente, hat Rink S. 98 fo befchrie 
ben: Sn den Fanferlichen Kutſchen war fein 
groͤſſer Pracht zu fehn, fie waren über und 
über mit rothem Juchten und ſchwarzen Zwek⸗ 
ken beſchlagen. Die Geſchirr waren ſchwarz und 
an dem ganzen Werke Fein Gold, Die Scheis 
-ben waren cruftallinen, und deswegen wurden 
fie die erpitallinen kaiſerlichen Waͤgen genant, 
Wann es ein Fefttag, war das Pferdegefchirr 
| mit 


, 0°) In dem vorlesten angeführten Werfe ©. 
63, wo noch dabey angemerft ift; C’etoient 
de mauvais scoches compofes de quatre ais 
groflierement joints enfemble. 

(9) Rhevenhiller Annal, I der Portraits ©. 
34 ! 

(2°) Ebendafelbft XIS. 1503. 


(2") Rink Leben K. Leopold ©. 607: 


8. Rutfhben 399 


mit rothen ſeidenen Franzen beſetzt. Die kah⸗ 
ſerlichen Kutſchen harten hierinnen auch erwas 
beſonders, daß die Zugſtraͤnge von Leder wa⸗ 
ren, dahingegen alle Kutſchen, worinnen in der 
kayſerlichen Suite die Hofdames fuhren, nur 
mir Striffen vorlieb neymen mußten. — An 


| dem prächtigen Hofe Herzogs Ernft Auguſt zu 


Hannover ‘waren ſchon im J. 1681. funfzig 
vergoldete Caroſſen mit ſechs Pferder (?*). So 
fruͤh hat alſo Hannover angefangen, aͤhnliche 
Srätaͤdte in der Zahl der Kutfchen zu übertreffen} 
Das erfte mal, daß bey einer Reichsſeverlich⸗ 
keit die Sefandten in Kutſchen erſchienen find, 
foll bey der zu Erfurth im J. 161 3. wegen der 
Juͤlichſchen Sache gehaltenen Fayferlichen Com⸗ 
mißion gewefen feyn '23), 


Anfänglich glaubten die — den 
Gebrauch der Kutſchen durch Verbothe aufs 
halten zu koͤnnen. Im Cyurmarkiſchen Ars 
chive ſoll noch ein Ediet vorhanden ſeyn, in 
welchen dem Lehenadel und den Vafallen die 
Kurfchen fo gar bey Strafe der Felonie verbor 
then worden (#4). Im Jahre 1588. unters. 
| | | fagte 


(22) Länigs theatr, cer, T p. 259. 


(22) Ludolf electa juris publici VS. 416. von 
Moſer Hofrecht 1 ©. 337. 


J Ludewigs gelehrte Anzeigen IS: 426 
Dd.a 


400 8 Rutſchen 


fagte Herzog Yullus zu Braunſchweig den 
adelichen Bafallen das Kutfchenfahren in fo 
altteutichen Fraftvollen Ausdrücken ,. daß ichs 
wagen darf diefe Verordnung bier einzufchaltens- 
“Als wir aus den alten Hiftorien und verlaun 
»fenen gar rikter » ehr» und rühmlichen. Ges 
»fhichten uns zu erinnern, auch felbft in Er⸗ 
 »fahrung haben, wie hiebevor die lieben, bes 
»ftändigen, Feen. und freudigen Teutfchen 
„wegen ihrer mänlichen Tugend; Nedliche. 
„Tapfer · Erbar» und Standhaftigfeit bey allen 
„Nationen dermaſſen berühmt geweien, daß 
„dieſelbe nicht allein in Kriegs » Läuften hervor 
»gezogen,. fondern aud) mit. ihrer Zuchat in 
„dem heil, römifchen Reich Teurfcher Nation, 
„dem geliebten Waterland, tapfere und fehe 
„kuͤhne Thaten verrichtee, und infonderheit 
„dieſes Landes, Leute, ihrer Ruͤſtung und 
„Manheit halber, in: und auſſerhalb Reichs 
„den Ruhm erlangt, daß andere fremde Na⸗ 
„tionen dieſelbe gerne bey ſich gehabt, ihre 
»Rüftung gelobt und ſich denſelben conjungitt; 
„und wir aber deme zuwider eine Zeit hero 
„mit Schmerzen und hoͤchſten Verdruß befuns 
„den, daß folche ruͤhmliche, fapfere und mäns 
»liche nügliche Rüftung und Reiterey in un 
„tern Fürftenthumen, Graf» und Herfchafs 
„ten, nicht allein merflicy abgenonmen, fens 
„dern auch fat gefallen (wie Zweifel ohne 
»auc andere Chur» und Fürften bey ihrer Rit⸗ 
\ „terſchaft 


y 


8. Rutfchen 408° 


„terfchaft dergleichen erfahren) und ſolches 
„fürnehmlic) dahero verurfachet, daß ſich faſt 
„ale unfere Lehen⸗Leute, Diener und Ders 
„wandten, ohne Unterfchied, jung und alt, 
„anf Fauffenzen und KRutfchenfahren zu bege⸗ 
„ben unterftanden, alfo daß ihrer wenig mit 
„guten wohlftaffirten reifigen Pferden, und- 
„wöhlerfahrnen verfuchten wegfündigen Knech⸗ 
„ten und Jungen verfehen ; wann wir nun 
„demfelben länger niche zuſehen Fönnen, fons 
„dern die alte Braunfchweigifche und uns von. 
„unſern Vorfahren angeftanıte und aufgeerbte 
„Reiterey wiederum fo viel an ung herfür zu- 
„bringen gemeinet, als wollen und befehlen 
„wir hiemit allen und jeden obgemeldten un« 
„fern Sehens seuten, Dienern und Verwaud— 
„ten, wes Würden und Standes die feyn, in 
„Gnaden ernſtlich, daß ihr und ein jeder une 
„ferer Angehörigen mit fo viel reifigen Pfer- 
„den, als er. vermöge feiner Sehen und. Ver⸗ 


1 


„wandniß ung zu dienen fchuldig und pflichtig, % 


„jederzeit in guter Bereitfchaft fige, wohl vers 
„ſuchte, geübte, erfahrne, wegfündige Knech— 
„te ben fich habe, desgleichen fo viel möglic), 
„mit blanfer ftahlener Rüftung, und geftäs 
„belten Satteln, daran zwey Feuer » Rohr 
„mit Eifen- Blechen: Jaden und fehmalen Ans 
„ſchlaͤgen, oder mit andern dergleichen Ruͤ— 
„ſtungen bey uns auf Erfordern fich. einftellen 
„koͤnne. Wir wollen auch obgemieldete uns 
Ye DEI SEITE 25.72 DZ — byſere 


2. 8 Rutſchen. 


„tere Sehen» Seute, Diener und Verwandte hie⸗ 
„mit genugfam verwarner haben, wenn wir fie. 
„ſaͤmtlich oder zum Theil in unferm Roß⸗ Dienft. 
„in unrubigen Zeiten, oder fonft nach Gelegens. 


„beit befcyeiden, oder fie ihre Lehen empfaben, 


„oder ſonſt an unferem Hof zu fchaffen haben. 
„iverden,, daß fie alsdann nicht mit Kutfchen,. 
„fondern ihren reiſigen Pferden ericheinen und. 
„anfommen; dann darauf gute Achtung ‚geges 
„ben, und die Kütfch» Pferde oder wer fonft ob⸗ 
„geſetzter maſſe nicht ftaftirt, nicht paßiren, ſon⸗ 
„dern darüber unfer Erfentniß gewärtig feyn 
„follen (25).« Auch Herzog Philipp II von 
Pommern: Stettin erinnerte im Sabre 1608. 
feine Bafallen : daß fie fich nicht fo fehr der Bas 
gen, als der Ritterſchaft bedienen ſolien (29), 


Ale diefe Warnungen haben nichts gehol⸗ 
fen; die Kutſchen find über ganz Teutichland/ 
gemein, und was man Davon beforgt hat, er 

| wurt⸗ 


e) | Lünig eorp, jur. feud, Germ. Il p» 1447. 


(?0) Schwarz In der Pommerfchen Lehen - His 
ftorie S 497. Auch in Ungarn fuchte man 
dem Gebrauch der Kutfchen durch ein Landes, 
gefeß im J. 13523 Einhalt zu thun. Die 
Worte find: Et quod Nobiles unius feflonis 
per fingula capita pariter infurgere et advenire 
teneantur, et non in Kor, prout plerique for 
lent, fed exercitanzium more, vel equites, ve] 

pedites, vt pugnare poflint, venire Ant obligati, 


8: Rutſchen. 493 


würflich, aber nicht fo nachteilig als man 
beforge bat, geworden. Das Kriegsmefen, 
wozu ehemals jeder ftarfer murhiger Reuter 
gut genug war, ift fo kuͤnſtlich geworden, 
daß es mit mancherley Borbereitung erlernt 
werden muß, und Daß jegt dem Staate we⸗ 
nig Damit gedient feyn würde, wenn der gan⸗ 
ze Adel mit weiter nichts, als nur wohlftaffire 
ten reifigen Pferden erfcheinen wollte, Die 
beftändige Kriegsmacht, welche, nachdem fie 
einmal verfucht war, allgemein und unent⸗ 
behrlich werden mußte, bat die Negenten ges 
walerhätiger und eigenmächtiger , die Unter» 
thanen unmächtiger und unthäriger, Städte, 
Dörfer, Heerftraßen und Meere ficherer, die 
Abgaben größer, Die Armuth des Adels ans 
ftändiger, der Unadelichen erträglicher, Die . 
Taugenichte unfchädlicher und braudybarer, und 
das Aufgeborh des Adels entbehrlich gemacht. 
Unfere Pferdezucht, die eine ftarfe Beziehung 
auf den Wehrftand hat, ift, feit Nothwen⸗ 
digfeit der Kutſchen, ehr größer alg Eleiner 
geworden, und wenn diefe im $ande felbft ge« 
macht werden, fo ift diefe Pracht ehr wohl⸗ 
ehätig, als ſchaͤdlich, indem fie den Landwir⸗ 
then mehrere Abnehmer ihrer Produkte, 
und vielen Handwerkern mehr Gelegenheit 
zum Verdienſt verfchaft hat. — Aber, ſagt 
man, ein einziges Pferd verbraucht an Haber 
jährlich den Ertrag von wenigftiens 4 bis 5 
ODd 4 Mor⸗ 


404 8. Rutfehen, 


Morgen Feld, und an Heu den Ertrag von r, 
auch wohl 2 Morgen, und von dem, was 
1000 Prachtpferde brauchen, fönten wohl 
tauſend Mienfchen Unterhalt haben, — Aber 
haben dieſe Menfchenfreunde bewieſen, daß 
biefer Unterhalt da feyn, und den Dürftigen 
zu Theil werden würde, wenn ihn nicht reiche 
‚Perfonen für ihre Pferde bezahlten? Haben 
ſie unfern Vorrath mwüfter Felder gemeffen, 
auf denen für viele taufend Menſchen Brods 
korn gebauet werden koͤnte, wenn dieſe es zu 
bezahlen vermöchten? würden nicht viele Jand« 
wirthe ohne Werdienit und Brod feyn, und 
viele Felder wieder wüft werden, wenn man 
alle Kurfchpferde abfchaffen wollte? — Doch 
fo weit hinaus haben die Regenten wohl nicht 


De 


geſehn, als fie die Kutſchen verbothen. 


Vermuthlich wird man noch Abbildungen 
alter teutfcher Wagen, woraus man ihre Baus 
“art errathen Fan, finden, Weil mir aber feis 
ne bekant ift, fo mägen meine Leſer mit einer 
gercimten Befchreibung eines fürftlichen Braut⸗ 
wagens vom J. 1568. vorlieb. nehmen. ie 
ſteht in: Ordentliche Befchreybung der 
fürftlichen Hochzeyt, die da gebalten ift 
worden, durch dendurchleuchtigen hoch⸗ 
gebornen Fuͤtſten vnnd Seren, Kern 

ilhelm Pfalzgraf beim Abeyn, — mit 
dem hochgebornen Sräwlein Renatte, 
Ges. 


8. Rutfchen, | 408 


geborne Herzogin auf Luttringgen, den 
21 tag. $ebruerii Des 1568 Tars, in der 
fürftlichen Start München, vnd an die 
Faiferliche Maieſtet gefchriebenz; — — 
in teutfche Carmina geftellr durch Hainrie 
chen Wirre, Teutſcher Poet, vnd Obri—⸗ 

ſter Pruͤtſchenmaiſter in Oſterreich. — 
Gedruckt zu Augspurg durch Philipp 
Vlhart. 56 Blaͤtter in Sol * (1568), 


Mie ben Fürften fo rugentrich, 
An Wagen hab gefehen ich, 
Ich Fan nicht unterwegen lan, 
Sein ſchoͤn vnd zier zu zaigen an, 
Die Maiſter die jn haben gemacht, 
Seind lobens werdt hab ich gedacht. 
Dann Sy jr kunſt ſchoͤn dran probiert, 
Vnd jn mit jrer arbait ziert. 
Der Wagnr hat nichts uͤberſehen, 
Der Bildfehniger muß ich jehen,. 
Der Schmid hat aud) fein befts gerhon, 
Den Maler ich onglobe nit fon, 
Den Riemer Goldfhmid und Schneyder, 
Vnd auch andre Handtwerfer mehr. 
- Die da jn arbait hond verbracht; 
Das diefer Wagn ift worden gmacht. 
Dun zaig ich qn zu dieſer frift, 
Wie luftig er gegieret ift. | 
Bier Loͤwen warn fchön uͤberguͤldt, t 
In tatzen yeder hatt ein Schildt, 
Bus: Dd5 Die 


} 


46. 8. Rutſchen. 


Dile zwen die da ftünden herforn, 
Das Bahriſch wappen außerforn. 
Künftlich gemalee that ich finden, 
Die Löwen Die da ftunden binden, 
In jren Schildten was gegiert, 
Ain Wappen wies $uttringen fiert. 
Syh hetten mid) gar nach erſchreckt, 
Mit ainem guldin ſtuck war deckt. 
Der Wagen ordentlich vnd fein, 
Innwendig roten Charmaſein. 
Die Kuͤſſin mit rot Sammat gemacht, 
Sc) hab ſy gnummen fleilfig acht. 
Sechs ſchoͤner Geul die warn fchön weiß, 
So luftig ziert das ich ſy preiß. 
Don rotem Sammat Siln und Strid, 
Es war «in $uft der es anblick. 
Mit guldin Spangen befchlagen, 
Auch guldin range foll ic) fagen. 
Zwen Fuͤrknecht marn gar fchön bekleidt, 
Ganz roten Sammat hond fü treit. 
Ich will bey meinen trewen fagen, 
Das ich Fain folchen zierten Wagen, 
MWarlichen alle meine tag, 
An fainem ort nit gfehen hab. 
Vnd bin vil Fürften hoͤf außzogn, 
. Aber fo luftig vnd geſchmogn. 
Hab ich warſich vor nit gfehen, 
Ich thet felber zu mir jehen, 
Nas mag er auc) geftanden fein, 
Ich rede auff die trewe mein. — 


8. Autfchen, 407 


X — a — ar — 


Man hat jn alſo ſchoͤn geziert, 
Hinauß der Braut entgegen gfiert. 
Wie Ewr kaiſerlich Majeſtet, 
In hie wirt ſehen Cunterfet. 


Die letzten Zeilen ſcheinen zu ſagen, daß der 
Pruͤt chenmeiſter feinen Keimen eine Zeichnung 
des Wagens beygefuͤgt habe, die ich aber unter 
den groben dazu gehoͤrigen illuminirten Holz⸗ 
ſchnitten nicht finde. Der S. 36. abgebildete 
Wagen, worauf der Erzherzog Ferdinand ſeinen 
Einzug gehalten, iſt ein ganz offener Wagen mit 
niedrigen Vorraͤdern geweſen, auf deſſen Hin⸗ 
tertheil in dreyen Reihen uͤber einander Spiel⸗ 
leute geſeſſen haben. Daß uͤbrigens viele Gut⸗ 
ſchen bey dieſer Feierlichkeit geweſen, verſichert 
der Reimer S. 18. 


Als ich im Oetober dieſes Jahrs in Bre⸗ 
men ‚das Rathhaus beſah, fand ich auf der 
fo genannten Schoßfammer an der Wand eis 
ne Abbildung der Stadt, die Johann Land: 
webr 1661, mit Delfarben gemalt hat, Line 
ten linker Hand im Borgrunde fieht man einen 
vierecfigen langen Wagen fahren, ‘ber nichr 
in Riemen zu hängen fcheint, aber einen Him⸗ 
mel hat, ber von vier Eeulen getragen wird, 
woran Feine Vorhänge find, fo daß man F 

12) 


408 8. Rutſchen. 


Perſonen darin fehen Fan. An der Seite iſt 
eine niedrige Thüre, fo wie unſere Jagdwa— 
gen zu haben pflegen, Vorne fcheint ein res 
driges Geſitz oder vielleicht ein Kaften zu feyn. 

Der Kutfcher fise auf dem Pferde. , Daß die 
Perfonen im Wagen die Bürgermeifter find, 
beweiſet ihre Kleidung, Wer dem Wagen 
peiten zween Herrendiener. Jetzt fahren die 

Herren Bürgermeifter mit 2 Pferden, die 
Herrendiener gehen, und man ſieht eg niche 
gern, daß Bürger in der Stadt mit pier Pfere 
den fahren. | 


In der franzöfifchen Gefchichte findet man’ 
viele Beweife, daß in Paris im 14ten, ısten 
und fo gar noch im fechszehnten Jahrhun— 
dere, die Könige gemeiniglich auf Pferden, 
Die Hofbediente “auf Maulefeln, und bie 
Prinzeßinnen nebft dem vornehmften Frauen⸗ 
zimmer bald auf Pferden, bald auf Efeln gerit- 
gen haben. Nicht felten faß die vornchme 
Herſchaft hinter ihrem Stallmeiſter auf, auch) 
ward der Zelter oft von Bedienten geführt, 
As König Carl VI unerfant den Einzug der 
Koͤniginn fehen wollte, fegte er fich hinter 
Savoiſy, der fein Vertrauter war, aufs Pferd, 
mit Dem er aber übel ins Gebräng Fam (?7 2 | 

8 


(?”) Hiftoire des antiquites de Parls par Sauval, 
1 pP: 187. 


* 


8. KRutſchen 4969 


As der Herzog. ven Orleans, Zubroig » deg 
genannten Königs Bruder, im J. 1407. er⸗ 
mordet ward, faflen die zween Ecuyers, mel 
he ihn begleiteten, beyde auf Einem Ptera 
de 23), Im Jahr 1534. befand ſich die 
Königinn Eleonora, nebli den Prinzeßinnen 
bey einer göttesdienjtlichen Feyerlichkeit zu 
Pferde, fur des, haquenees blanches. Daß 


auch Privatperjonen, z. B. die Aerzte, im funf⸗ 


zehnten Jahrhunderte kein Fuhrwerk gebraucht 
haben, bat.,man Damit bewieſen, daß der 
Haupteingang zu.dem Orte, wo die Aerzte ih⸗ 


- re öffentlichen. Schulen haften, der 1472 ers 


bauet worden, nicht weit genug war, daß ein 
Wagen hinein kommen konnte, ob er gleich eis 
ner der meitefien war, die man damals hats 
te (29), Auch in Paris waren an allen öfs 
fentlihen Bebäuden und Pallaͤſſen Stiegen 
oder Tritte, zum Aufjleigen aufs Prerd, ges 
mauert, dergleichen z. B. die Parlemenferär 
the im J. 1599. für fich am Pailafte aufmau⸗ 
ern lieffen, und Sauval fagt bey diefer Ge— 
fegenbeit, daß, ungeachtet die meiſten Sties 
gen 
(28) Sauval, auch Äbrege chronologique de - 
Phiftoire de France par M. de Mezeray, Am- 
fterd. 1696. 3 vol. in 12. Ill p. 167. 

(°°} Varietes hiftoriques, phyliques et litteraire®, 
Paris 1752. 3 vol. in i2. !fp 87. (ine Uea 
berfeßung dieſes Auffaßes findet man im 

Allgemeinen Magazın der Natur Zunft 
u. Wiſſenſchaften. Leipz. 1754. IV © 135. 


46. 8 Rurfchem 


gen in neuern Zeiten weggenommen worden, 
gleichwohl mande noch) zu feiner Zeit an alten 
Gebäuden vorhanden gewefen find, - - F 
Inzwiſchen ſcheinen doch in Frankreich 
Fuhrwerke ſehr früh gebräuchlich geweſen zu 
ſeyn. So gar ſoll ſchon von Ludwig dem 
Schoͤnen, vom J. 1294, eine Verordnung 
vorhanden feyn, worin er die Pracht einzus 
ſchraͤnken, und den Bürgerinnen einen Wa⸗ 
en, char, zu haben, unterfage haben foll (?°), 
Hinter Franz I oder etwas ſpaͤter ums J. 15504 
ſollen doch nur erft dren Kutſchen in Paris 
geweſen ſeyn; eine foll der Königinn, die arts 
dere der Diana von Poitiers, (der Maitrefie 
zweyer Könige, bes Franz I und des - 
| * | 


(20) Der DBerfaffer des zuleßt angeführten 
Aufſatzes fagt: C’eft une ordonnance de Phi» 
lippe le Bel de l’an 1292 qui eſt & la chambre 
des comptes au folio 44, d’un petit livre, le . 
quel contient les ordonnances faites par Saint 
Louis pour la tranquilite duroyaume; et qui 
fe trouve auſſi dans le regiftre noir du chäs 
telet de Paris; elle eft mẽme rapportde dans les 
Notes et obfervations de la Thaumafliere fur 
les coutumes de Beauvoilis page 371. Cette 
ordonnance eft intitulee: L’ordonnanee que le 
roi Philippe le Bel a fait faire des füperfluites 
ofter de toutes perfonnes lan 1294. Le pre 
mier article eft congüi en cestermes! Premieres 
ment nulle bourgeoife n’aura char. Man lies 
fet diefe Berordnung auch in Traite de la po» 

dice par de Ja Mare I pı 418. 


8. Kutſchen. 411 


rxich II, welcher letzterer fie zur Ducheſſe de 
Valentinois erflärte) und die dritte dem Rene 
de Laval, feigneur de Bois» dauphin gehoört 
haben, Letzterer war ein dicker unbehuͤlflicher 
Herr, dem das Reiten unmöglih ward (3'), 
Andere fagen, die erften drey Kurfchen bärten 
ber Catharina von Medicis, der Diana, Hero 
zoginn von Angouleme, der natürlichen Toch⸗ 
ter des Heinrich II, die 1619, im achtzigften 
Jahre geftorben ift, und dem Chriftoph de 
Thou, erftem Präfidenten des Parlements, 
gehört. Segteren habe das Podagra entfchuls 
dige, aber bald wären ihm darin die andern 
Staatsbediente nachgefolgt (3°), Heinrich 
IV ward in einer Carroſſe ermordet, aber ge⸗ 
meiniglih fol er in Paris geritten, und, 
wenn Regen zu beforgen gemelen, einen: grofe 
fen Mantel hinter fid) auf dem Pferde gehabt 
baden, Er foll auch für fi und feine Ges 
mahlinn nur Eine Kutſche gehabt Haben; denn 
es 
(?*) Varietes hiftor. p. 92. Dieſer René de 
Laval, der zweyte diefes Namens, ftarb 1557, 
Sein Sohn ward Marechal de France, Wem 
daran gelegen ift, der Fan mehr Nachricht 
finden in Hittoire genealogique de la maifon 
de Montmorency et de Laval; par Andre du 
Chesne Tourangeau. Patis 1624. fol.* p. 644. 
(??) Valchana ou penfees critiques de M. de 
Valois: Paris 169%. Gro8ı2.* p. 35. Die 
zuerft genante Diana von Poitiers ift 1566. 
geftorben. 


4 8. KRutſchemn 


es ſoll noch ein Brief von ihm vorhanden ſehn, 
darin er einem ſeiner Guͤnſtlinge geſchrieben ha⸗ 
ben ſoll: Jene Igaurais vous aller voir aujour« 
. @hui, parceque ma femıne fe fert de ma co= 
che (3): Nichts defto weniger findet man 
ſchon bey ben ‚öffentlichen Feyerlichkeiten, die 
bey Ankunft des Spanifchen Gefandten, Dom 
Peter von Toledo, unter Heinrich IV, vorfie— 
len, zwo Caroſſen (#4). Diefe Widerfprüche 
bey einer Sache, die Feiner weitern Erörterung 
werth ift, rühren wohl daher, daß nicht alle 
Schriftſteller von eineriey Art Fuhrwerke oder 
Kutſchen reden, und daß jede Werbeflerung 
gleichfam Epoche in der Gefchichte derfelben ges _ 
macht hat, welche vielleicht aus Schiiderungen 
| ‚pie Zeichnungen am beten ergänzte werden 
oͤnte.. = 


Roubo hat in feinem Eoftbaren Werke, 
worin er die Tifchlerfunft abgehandelt bar, 
(35): dreyerley Abbildungen folder Was 
gen, 
(3) Varietes hiftor. p. 96, . 
(4) Sanval I.p.102.: On remarquera en pals 
fant que c’eft Ja premiere fois qu’ils monterent 
en carrofle pour cette ceremonie, (nämlich die 
Abgeordneten an den Grfandten) et que ca 
wer quien ce tems-la quils furent inventes, 

et qu'on cointnenga A s’en fervir. 
(*) L’art du menuifier - carrofiet, premiere 
ſection, de la troifieme partie de PArt du me: 
huilier, 


i 


8 Rutfchen. 04 
gen, chars, als man unter Heinrich IV ges 
Habt hat, aus Zeichnungen, welche auf der für 
niglichen Bibliothef vorhanden find, gegeben. 
Man ſieht darans, daß diefe Kutſchen noch 
nicht in Riemen gehangen, daß ſie einen 
Himmel gehabt, der auf zierlichen Seulen ge⸗ 
ruhet hat, und daß der ganze Kaſten mit Vor—⸗ 
bängen von Zeug oder Leder, welche in die 
Höhe gezogen werden konten, umgeben ges 
weſen. Die Coches, worin Ludwig XIV nor 
ungefähr anderehalb Jahrhunderten feinen ine 
zug gehalten, iſt, nach einer Zeichnung aus 
der föniglichen Bibliothek, ſchon ein bängender 
Wagen gewefen, 


. Das sältefte Fuhrwerk, deſſen ſich in Enge 
fand zuerfi das vornehme Frauenzimmer . bes 
diente, Fömt unter dem nun vergeffenen Mas 
men der Whirlicores vor. Als König Richard 
II in der letzten Hälfte des vierzehnten Fahr, 
hunderts vor den Rebellen flüchten mußte, war 
er und fein ganzes Gefolg zu Pferde; nur ſei⸗ 
ne Mutter, die ſchwaͤchlich war, befand ſich 
in einem ſolchen Fuhrwerke. Inzwiſchen kam 
dieſes etwas wieder außer Mode, als die Ges 
mahlin diefes Könige, Anna, die Tochter 

- u RKay-⸗ 

nuifier. Par M. Roubo le fils, maitre menuiſier 


1771. fol. * pag. 457. planche 171. fig. 1,2, 
und... 
| Ee 


414 % Rutfchen, 


Kaiſers Carl IV, dem Englifchen Srauenzims 
mer zeigte, wie anftändig und bequem es auf 


-einem Quer - Sattel reiten Fönne. Da blieben 


die Whirlicotes nur bey Krönungen und andern 
öffentlichen FeyerlichFeiren (36). ° Rurfchen, 
coaches, follen in England ums Jahr 1580; 


- bekannt aeworden, und, wie Stow fagt, zus 


erft aus Teurfchland gefommen feyn, und zwar, 
durch Fig. Allen, Grafen von Arundel (37). 
Als im J. 1598. ein Englifher Gefandter nach 
Schottland Fam, hatte diefer fchon eine Kut— 
ſche bey ſich. Den Anfang des allgemeinen 
Gebrauchs diefer Wagen fege Anderfon ums 


1605. Mit fechs Pferden fuhr in Sondon 


zuerft 1619. ber bekannte Herzog von Bucking⸗ 
ham, der unmürdige Liebling zweyer Könige, 
Um diefe neue Prache lächerlidy zu madıen, ließ 
der Graf von Northumberland acht Pferde vor 
feinen Wagen fpannen (38).. 


Als in der legten Hälfte des dreyzehnten 
Jahrhunderts Carl von Anjou ſeinen Einzug 
in Neapel hielt, fuhr die Koͤniginn in einem 

| Was 


(5) The Turvey of London by Fohm Stow, 
Lond, 1633. fol. * p. 70. 


(?7) Anderfon Gefchichte des Handele IV. 
&. 150 | 


(?°) The hiftory of Edinburgh by Ang» Arne. 
Edinb, 1779. 4. * P. 596. 


8. Rutfchen, 4135 
Magen ‚ ben der Geſchichtſchreiber Caretta 


nennet, welcher inwendig und auswendig mit, 


himmelblauen Sammet beſchlagen, und uͤber⸗ 
all mit goldenen Klien beſaͤet war, dergleichen 
Pracht die Neapolitaner noch nicht geſehen hat⸗ 
ten Wen dein Einzug Friedrichs II in Padua 
im Jahre 1239. koͤmt aud) noch fein Wagen 
vor, denn das ſchoͤnſte geſchmuͤckte Frauenzims 
‚mer, was ihm entgegen fam, war l[edentes in 
phaleratis et ambulantibus palafredis. Es iſt 
aud) befant genug, daß fich die Pracht über 

Italien von Neapel ab verbreitet hat (9), 


Sn Spanien foll man die erfte Kutſche im 
Jahre 1546. gefehn haben; wenigſtens fage 
dieß Twiß, aber, nach feiner Gewohnheit, oh⸗ 
ne Beweis (40). 


Nach Schweden ſoll in der Testen Hälfte 
bes ſechszehnten Jahrhunderts Johann von 
| Fin 


2) Diefe Nachrichten habe ich genommen 
aus Obfervations (ur P’Italie et fur les Italien 
par M. G. !Grosley). Londres 1774. 4, vol. in 
12. 1p. 326. Der Verfaffte beruft fich quf 
Scriptores rerum Italicarun, und auf Rodan- 

..dino chron. lib. 4. c. 9. 


(*°) Reifen durch Portugal und Spanien. 

Aus dem Englifchen überfeßt: Leipzig 1776, 
8..* ©. 319. — 
Era 


416 8. Rutſchen. 


Finland, bey feiner Ruͤckkunft aus England, 
nebft mehrern neuen Gegenftänden des $urug, 
‚die erfte Kutſche gebracht haben (9). Vorher 
führten aud) in’ Schweden die größten Herren 
ihre Frauen mit ſich auf dem Sattel, wenn fie 
aufs Land reifeten. - Selbft die Prinzeßinnen 
‚reifeten zu Pferde, und nahmen einen Wachs« 
tudymantel um, wenn es regnete. 


Rußland foll in feiner Hauprftade ſchon im 
Anfange des fiebenzehnten Jahrhunderts praͤch⸗ 
tige Kutfchen gehabt haben (#2). 


Aber welcher Marion foll man denn nun 
die Erfindung der Kutſchen zufchreiben? — 
Verſteht man unfer diefem Namen bevecfte 
Wagen, fo find diefe ſo alt, daß ſich jeße 
nicht mehr darüber ftreiten läßt. Ehr Fünte 
man eine Antwort auf folgende Frage erwar— 
ten: wer hat zuerft den Fühnen Gedanken ge 
habt, den ganzen Wagenkaſten in elaflifche 
Riemen zu henfen, wodurch diefes Fuhrwerk 
ohne Zweifel am meiften ift verbeflert worden. 
Aber aud) bierauf finde id) Feine Antwort, als 

I nur 


( )Dalin Geſchichte des Reichs Schweden, 
uͤberſetzt von Daͤhnert. Ill, 1. 390. u. ©. 
402.. 


() Eflai fur la bibliotheque de Pacademie des 


feiences de St. Petersburg par J. Bacmifler, 
1776. 8. * p. 38. 


8. Rutfchen. 417. 


nur etwa die oben angeführte Nachricht, daß man 
wenigſtens unter Ludwig XIV hangende Wagen : 
gehabt hät, | | | 2 
Weil der Namen: Rutfche, nur mit ges, 
ringen Veränderungen, in allen Furopäifchen 
Spradyen vorfömt, fo hat man geglaubt, aus 
„ber Etymologie des Worts das Vaterland der 
Erfindung beftimmen zu fönnen (#). Aber 
gefeßt, daß man den Urfprung des Worts 
auffinden koͤnte, ſo wuͤrde dadurch noch nicht 
ausgemacht ſeyn, welche Art des Fuhrwerks 
eigentlich unter dieſem Nomen zu verſtehn ſey. 
Reulich hat Hr. Cornides (44) zu beweiſen 
| u 


(*) Job. Fhre Gloflarium Suiogothie. I. col. 
1178: Kufk, auriga,. \Preprie ipfum carpen- 
tum videtur denotare. Gall. cacher. Hisp. id, 
Jtal, eoechio. Angl. coacb. Hung. cotezy. Belg. 
Goerfe. Gern, Kutſche; qui vero eiusmodi ve- 
hicula dirigit, Anglis coacbman dicitur, quod 
brevius aliae linguae reddidere, ut Calli Co- 
cher, nos Kufk dicentes.. Cuius.vero originis 
fit, ditu difficile ef, quum ignoremus, euius 
populi inventum fint camerara haec vehicula, 
Latinum facit Menagius, et quidem longo cir- 

euitu a vebiculum forımatum, Junius paulo mi- 
nus operofe Graegcum ab exsw, veho; Wach- 
terus germanicum a. Kutter, tegere , Lye Bel- 
cum a Koet/en, cubare, vt proprie lecticam 
fignificet. - 


(++) Ungriſches Magaz. Erfien Bandes er» 
ſtes Stuͤck. Preßburg 1781. 8* S. 15. 


Ee 3 


418. 8, Rutſchen. 


gefucht, das Wort fey Ungarifchen Urfprungs, 
und flamme von einem Dorfe in der Wicfels 
burger Geſpanſchaft her, welches jetzt Ritſee 
genant werde, ehemals aber Kotſee gebeiffen 
habe, und eben daſelbſt jey dieſes Fuhrwerk 
erfunden worden. Seine Gruͤnde ſind wenig⸗ 
ſtens werth, hier angefuͤhrt zu werden (4), 
und ſcheinen mir doch ſo viel zu beweiſen, daß ei⸗ 
ne Arc bedeckter Wagen, im ſechszehnten Jahr⸗ 
| En "RG hun⸗ 
() Sephanus Broderithus ſagt beym Jahre 
4526. vom, Erzbiſchofe: Ubi exploratum ha- 
bruit, Turecae in Hungariam adventum, non 
contentus id per litteras facpe antea regi figni«- 
“.. . ficafle, confcenfis raptim levibus curribus, quos 
‚nos a loco Koscze appellamus, ad regem ad« 
volat. Siegmund Freyherr v. Kerberftein, 
Geſandter am Hofe des Koͤnigs von Ungern, 
Ludwigs IE, ſagt in Commentario de rebus 
‘ Mofeoviticis. Bafıl. 1571. fol; ©. 145, two er 
gelegentlich einiger Poſtſtationen in Ungern 
erwähnt: — quarta reſpiratio equorum fex 
infra Jaurinmn milliaribus, in pago Cotzy, a 
quo et vectores currusnomen acceperunt, Cot- 
zique adhuc promifcue appellantur. Daß 
Kutſche Ungrifchen Urſprungs ſey, beſtaͤtigt 
auch Fohannes Cuspinianus (Spießbammer), 
Leibarzt Kayfers Marimilian I, in Bell Ap- 
par. ad biflor. Hungariae, Dec. ı. monum, 6. 
pP. 292: Vehebantur multi Hungari in eurribus 
illis velgeibus, quibus nomen eft patria lingua, 
Kottichi. — In des Dav. Czvittingeri ſpeci. 
men Hungariae Jitteratae; Francof. et Lipf, 
1711. 4° find die Verdienfte der Ungern um 
Wiſſenſchaften und Künfte erzählt, aber der 
Kutſchen iſt dort nirgend gedacht. 


8 Rutſchen. 415 


hundert ober’ noch früher, unter dem Namen 
Ungarifcher Wagen, beliebt geweien if. Da, 
man auch in Teurfchland anfänglid) nicht 
Gutſche, fondern Burfcht- Wagen geſagt 
hat, wovon ſchon oben Benfpiele vorgefoma 
men find, ſo ſcheint die Endigungs » Spylbe 
vielmehr einen Ungarifchen als teutfchen Urs 
(prung zu verrathen. Beil Hortleder (46) 


von Earl V_ erzähle, er habe fid), weil ers 


Podagra gehabt, in einen Ungrifchen Gurfche 
Wagen fehlafen gelegt, fo folte man faft das 
eigenehiimliche der Ungarifchen Wagen darin 
ſetzen, daß man bequem darin ſchlafen koͤnnen. 
Diefe Vermuthung koͤnnte man denn allen 
fals damit unterftügen, daß Gutſche ehemals 
auch ein Nuhbette, Faulbette, bedeutet hat 
(7). Weil die von Hr. Eornides angeführs 
ten Schriftfteller. die Ungrifchen Kutſchen bald 
leves, bald- veloces curtus nennen, fo folte 
> (45) vom teutſchen Kriege ©. 612. 
" (47) Beweiſe hat Friſch im Worterbuche. Von 
dieſer Bedeutung fcheint e8 herzurühren, daß 
man noch jetzt die erhabenen Treibbeete, wor⸗ 
auf Tobackpflanzen gezogen werden, Tobacks⸗ 
kutſchen nennet. Sieſer Ausdruck iſt alt, 
denn ich finde ſchon in Per. Laurembergii hor- 
tieultura; Francof. (1631) 4. ©. 43.5 Solet 
a Sıroxyrmgoıg in paratu haberi peculiare ter- 
rae praeparatae genus, quod ipfi praegnans ftra- 
tum, ein ſchwanger Bett oder Gutſche vocant. 


Ee 4 


40. SG Rurfehen 


‚man fie vielmehr für ein beſonderes feichted - 
Fuhrwerk halten. Abır noch merfwirdiger 
iſt, daß fon im Fahre 1457. der Gefandte 
des Ungrifchen und Boͤhmiſchen ‚Königs La⸗ 
dislaus V der Koͤniginn von Sranfreich, auſſer 
andern Gefchenfen, aud) einen Magen mit 
brachte, der in Paris: fehr bewundert worden; 
und von dem der alte Geſchichtſchreiber ſagt, 
er ſey geweſen branlant et moult tiche (48); 
Solte man nicht faft auf die Gedanken kommen, 
daß unter-dem erſten Worte angedeutet werde, 
ber Wagen habe in Riemen gehangen f 


Eine befondere Art von Kurfchen iſt in 
. heuern Zeiten unter dem Namen Derline 
(49) beliche geworden, Der Namen deutet 

| den. 


R *°) Roubo p.457; aber den Geſchichtſchreiber 
> hat er nicht genant. 


) Das eigenthimliche dieſes Fuhrwerks bes 
ſtimmt Roubo ©. 459, alfoz Ces voitures dif. 
ferent des carroffes en ce qu’elles ont deux 
brancards à leur train, au deflus desquels la 
caifle eft füspendue, de maniere que les por- 
tieres qui font renfermees dans la hauteur de 
Ja voiture, oyvrent librement au-deffus des 
brancards. Dans leur origine, les Berlines 
differoient encore descarrofles en ce qu’au lieu 
d’etre füspendues Par les quatre angles, comme 
ces derniers, elles &tient portees, comnte elles 
e font encore, par de foupentes de cuir pla- 
cees horizontale ment etattachees aux deux er. 

trẽmi · 


& Rutſchen. 421 


den. Ort der Erfindung an, wie felkft. die 
Franzoſen geftehen, obgleich. einige ihn ſehr 
unwohrſcheinlich aus dem Sytalienifchen ableis . 
ten wollen (50), Philipp von Chieze, 
gebürtig. aus Piemont, ein Abfömling der 
Italieniſchen Familie Chiefa, war bey. dem. 
Ehurfürften von Brandenburg Friedrich Wil⸗ 
beim, Generalquartiermeifter und. Oberfter; 
bey. welchem er ſich durch. feine Kenntniß det 
Baukunſt ungemein beliebe gemäche hutten 
Als dieſer einmal in Gefchäften feines Herrn 
nad) Frankreich gefchickt ward, ließ er ſich nach 
eigener Erfindung zu diefer Reiſe einen. befons 
er. — dern 
trewitẽs du train; mais depuis que les reſſorts 
aont ete inventes, et qu’ils font devenus com- 
muns; on les a preferes aux longes foupentes; 
“qui, en-fe fechant, perdent toute la leur; c’eft 
pourquoi on a, dis- je, .prefere les reflorts & 
ces dernieres, de forte que l’on a fuspendu les 
Berlines de la meme maniere que les car» 
roſſes. — — Die Erfindung ber fo genanten 
chaifes de pofte ſetzt Roubo ins Jahr 1664. 
Diefo genannten Wurſtwagen, Wourft, Vour: 
ce, nennet Roubo eine teutfche Erfindung. 


(?°) Encyelopedie 1I p. aeg: Berline, efpece de 
voiture tirant fon nam de la ville deBerlin en 
Allemagne, quaique certaines perfonnes en’at- 
tribuent l’invention aux Italiens, et pretendent 
en trouver-l’ötymologie dans berlina, nom que 
ceux-ci donnent A une efpece de theatre fur 
lequel on fait fubir A des coupables une igno- 

-minie publique, 
Ee5 


42% 8: Autfchene 


dern zwehſitzigen Wagen bauen, der in Franfı 
zeich und überall ‚gefiel und Berline genenneg 
ward, Diefer Philipp von Chiege ſtarb * 
Berlin 1673: (51), 

. Die Kutfihen haben ein Gewerb — 
ſet, welches in, groſſen Städten eine Menge 
Menden ernährt, und zu ungemeiner Ber 
quemlichfeir. gereicht; ich meyne die Unterbak 
tung der Miethkutſchen, die unter dem Mas 

men der Siagre bekant find (2). Dieſer 
wenigftens ift Sranzöfifehen Urfprungs, Denn 
ums Jahr 1650, hatte einer, Mamens Nico- 
Ias Sauvage zuerft den Einfall, Wagen 
und Pferde beftändig zum Vermiethen bereit 
zu halten. Den Parifern gefiel dieß, und 
weil der Mann auf ber Straße $. Martin in 
einem Haufe, welches hotel S. Fiacre genant 
ward, wohnte, fo nanten fie Kutſchen, ‚Rute 
fcher und Eigner derfelben Kiacres, Bald 
Darauf verbefferten mehrere diefe Anftaft, und 
ſuchten für ihre neue Einrichtung Freyheits« 
briefe , die fie auch gegen gewiſſe Abgaben 
(3) erhielten. Einige unterhielten Kutſchen 

an 

(*) Nicolai Beſchreibung von Berlin; ‚An 
hang ©. 67. 

» (??) Miethwagen waren doch ſchon in Rom; 
Sueton nennet x Gap. 57. rheda meriteria u. 
IV €, 39. meritoria vehicula, 
2) 4.9. Charles Dillerme begabte 1650. dem 


koͤniglichen Schage für die — ei 
aub⸗ 


8. Butſchen. 43 


on. beſtimten Orten der Straßen, und fuhren 
ſo bald es verlangt ward, don einem: Orte der’ 
Stade zur andern, und. diefe behielten: zulege: 
den’ Namen Fiacre allein, der anfänglich als: 
len: Miethwagen ‚ohne Unterfchieb gemein war. 
Andere hatten Wagen in ihren. Häufern, bie: 
fie auf halbe und..ganze Tage, Wochen und: 
Monate vermietheten, diefe erhielten den Na⸗ 
men carrofles de remife, : Noch andere wol⸗ 
ten täglich zu einer beftimmten Zeit, nach Artı 
der Poften, van einem Viertel der Stadt zum‘ 
andern fahren, und jedesmal, fo. viel oder ſo 
wenig, als ſich melden würden , dahin bringen, 
Noch andere legten im jahr 1662. Wagen 
mit vier Pferden zu, welche jeden, der. wolte,; 
nad) ‚den &uftichlöffern, wo der Hof feyn würde, 
bringen folkten ; Diele hieffen voitures pour la’ 
fuite de lacour. Oft ſtritten die Unternehmer: 
über, die Graͤnzen ihrer Freyheitsbriefe, bald 
wurden .fte Deswegen im eine einzige Geſellſchaft 
vereinigt, ‚bald. wiederum getrennet, Die Por 
lizey gab beilfame Verordnungen, wodurch bie, 
Sicherheit und Neinlichfeit diefer Wagen bes 
wuͤrkt ward. ı Sie gab den Wagen Zeichen und 
Ziefern, um fie zu fennen; verboth unerwachfes 
ne und fiederliche Leute zu Kutſchern zu nehmen, 
uf w. (54) | | | 
| Ms .. Eine 


lanbniß, Miethkutſchen innerhalb Paris zu 
halten, 15000 Livres. nn 


424 8. Kutſchen. 


Eine beſondere Art Miethführwerk iſt dem: 
Pariſern eigen, ſoll aber, wie einige unter 
ihnen glauben, ihrer Urbanitaͤt keine Ehre 
machen; ich meyne die Rrouettes, die zuweilen 
Roulettes, aus Scherz auch wohl Vinaigrettes, 
genant werben, Der Kaften gleicht-faft un⸗ 
fern Sänfien, ruhet aber auf zweyen niedrigen: 
Rädern, und wird von einem Menfchen fort«‘ 
gezogen. "Schon unter Ludwig XIII wolte: 
man dergleichen einführen, aber die Eigner 
der Tragſeſſeln bintertrieben es, weil fie das 
durd) einen Abgang ihres Werdienftes beforge 
ten. Inzwiſchen wurden fie 1669. erlaubt, 
famen 1671. in Gebrauch, wurden aber gleich 
das Fuhrwerk gemeiner Jeute (57). Inzwi- 
ſchen hat ihr Angeber, Mames Dupin, bey 
diefen Brouettes eine wohl ausgedachte Ein« . 
richtung angebracht, wodurch fie bey weiten 
nicht fo fehr foffen, als man vermuthen folte. 
Diefes Kunftftük wußte er fo zu verfiecken, 
daß er. fie lange Zeit nur allein verferrigen 


konte (56). rs 


(?*) Die vollftändige Gefchichte der Parifer 
Fiacres und alle darüber ertheilte Verordnun⸗ 
en findet man in; Continuation du traite de 
a Police. Paris 1738. fol.* p. 435. Mans 
ches fteht auch in Hiftoire de la ville de Paris 
par Sauval. I p. 192. | 
(*) Continuation du trait€ de la police p. 451. 
(39) Ich zweifle, daß man diefe Einrichtung 
fhon in Teutſchland genußt hat, und da . 
weis, 


‘8. Kutſchen. 2435 


In Sonden find die Miethkutſchen im 
Er 1625. eingeführt. Anfänglich waren. 
ihrer nur zwanzig, und fie hielten nicht auf 
den Straſſen, fordern bey den vornehmften 
Gaſthoͤfen; " aber zehn Jahre hernad) waren 
fie fchon fo zahlreich geworden, daß K. Earl I 
‚es nöthig fand, ihre Vermehrung durch eine 
Verordnung einzufchränfen. Sm % 1637. 
wurden in und um $ondon und Weftmünfter 50 
Miethkutſcher angenommen, deren jeber nicht 
uͤber zwoͤlf Pferde halten ſolte. Im Jahre 
1652. ward ihre Anzahl auf 200; im Jahre 
1654. auf 300, wozu 600 0 Pierde gehalten 

i wer⸗ 


weis, daß meine Beytraͤge auch von Kuͤnſt⸗ 
lern und Handwerkern geleſen werden, ſo will 
ich die Beſchreibung aus dem Roubo ©. 588. 
hieher ſetzen: Quant à la maniere dont les 
brouettes ſont ſuspendues, elle eſt fort ingé- 
nieufe; elle conſiſte en un coin de reſſort atta- 
ch€ en deflous du brancard, que l’on prolon« 
ge d’environ un pied plus que le devant de la 
voiture; le petit bout de ce reſſort entre dans 
une boucle forınde ä une tringle de fer attachde 
avec l’efieu, de forte que tout le poids de la 
voiture porte fur le reflort, et * confequent 
fur les roues, par le moyen de la tringle mon- 
tante, qui alors fait l’office de foüpente, Eine 
Abbildung findet man auf der 219 Kupfers 
tafel; auch in Carl Chriſtian Schramm: Aba 
handlung von Porte-chaifes oder Trage⸗Saͤnf⸗ 
ten durch Menjchen und Thiere. Nürnberg 
1737, fol. *. 


426 Be TKutſchem 


werden durften, im Jahre 1694. auf 700, 
und im J. 1715. auf 800 beſtimt (57), 
Edinburgh erhiele die erfien Mierhkurfchen 
1673. und Be zwanzig; weil aber der Ge— 
brauch der gen, wegen der Bauarf der 
Stadt, unbequem ift, fo ift ihre Zahl 1752, 
auf 14, und 1778, gar bis auf 9 gefallen; 
dagegen haben ſich die Saͤnften dort ver- 
mehrt (59), In Warfıhau find die Fiakre erft 
1778. angenommen.‘ > foll 100 
Miethkutſchen haben (59), ie Anzahl ale 
ler Kurfhen in Paris fihägen einige auf 
15000 (%%) Im Anfange -diefes Syabt- 
hunderts fol dort nur ein Zehntel der igigen 
Kurfchpferde geweſen feyn, und in einer Zeit 
von zwanzig Jahren foll ſich ihre Zahl vera 
Doppelt haben (9), In Madrid follen viee 
on Ä bis 


(77) Anderſon Gefchichte des Handels V S 
6, 162, 187, 326, 347% 
C(8) Arnot's hiftory of Edinburgh. p. 598. 
(’?) Baubers Befchreibung von Copenhagen, 
©. 173 F 
(*0) Der Verfaſſer des Tableau de Paris. Ham- 
burg et Neuchatel 1782. 2 vol. $. I p. 37, 
69 rechnet die Anzahl aller Siafre faſt auf 
1800, und verfichert, daß diefe jährlich hun⸗ 
dert Fußgänger lebendig rädern., I 
(*) Traitd politique et Kconomigque des tom» 
munes. Paris 1770. 8. ©, Phyſikal. okon. 
Biblioth. ©. 578. 


"gs Ru tſchen⸗ 427 


bis 000 (62), in Wien 3666 herſchaſtli⸗ 
che und 200 Mierhkutfchen ſeyn. In Ana 
fterdam wurden die Kutſchen auf Raͤdern 
( denn man ſetzt dort die Kutſchen auch des 
Sommers, ſo wie in St. Petersburg nur des 
Winters, auf Schlitten), zur Schonung des 
koſtbaren Pflaſters, im J. 1663. verbothen 
(63). Man bat die Auflage auf Kurfchen 
von Zeit zu Zeit erhöher, dennoch wächft ihre 
Zahl, und in den fieben vereinigten Mieder« 
landen follen. vor einigen Fahrer überhaupt 
25000 Kutſchpferde gemwefen feyn (64), Als 
Fuͤrſt Repnin 1775. in Conftantinopel einzog, 
hatte er achtzig Kurfchen mit 200 $iverenbe« 
dienten bey fih, Wenige Gegenftände des 
Luxus feßen fo viele Handwerker in Arbeie 
und Verdienft, als die Kutſchen; ohne die 
Gewinner der Materialien, ohne die erfien 
Bearbeiter derielben und Kaufleute und Kräs 
‚mer: mitzurechnen, gehören dahin: Tifchler, 
Stellmader, Rademacher, Grobfchmied, 
Kleinſchmied, Schloſſer, Glofer, Mahler, 
Vergolder, Bildfchniger, Pofementirer, Sam 
| ler, 


(°*) Twiß Reifen durch Portugal und Spa⸗ 
nien. u 
(®) Handveften van Awſterdam. II pP.739.) 


(°4) Des Abbe’ Cöyer Keife nach Italien und 
Holland. Nürnberg 1776, 8. 


48 9 Warferupr. 


fer; Rothgieſſer oder Bildgieffer, Ciſileur ober 
-Metallfchneider, Drechsler ua. (5): 
(5) Man vergleiche hiemit: L’art du bourre- 
- Her. et du fellier parM, Garfault. Paris 1774 
fol, * P. 135. 


N 


Waſſeruhr. 
chon die Alten haben Waſſeruhren ge⸗ 
habt, das iſt, Werkzeuge, womit ſie 
durch Huͤlfe des Waſſers die Zeit einigermaſ⸗ 
fen abmeſſen konten. Bitrus (!) giebt den 
Ctefibius von Alerandricn, welcher unter Pto⸗ 
lomaͤus Euergeta, oder ungefähr 245. Jahre 
vor unferer Zeitrechnung, gelebt hat, für den 
Erfinder an. P. Cornelius Scipio Mafica 
führte folhe in Rom ein im 59aſten Jahre 
nach Erbauung der Stadt, oder welches gleich 
iſſt, ungefähr 157 Jahre vor Chriſti Geburth 
u (7). 
- (") Lib,9. e. 9. Les dix livres d’architeture 
de Vitruve par Perrault, Paris 1684. fol, * 
pag. 286. = 
(?) Plin. Mb. 7. 0,60. I p. 420: Scipio Nafica 
eollega l.aenatis primus aqua divifit horas aeque 


noctium ac dierum, Idque horologiun fub 
J tecto 


9 Wafferubr: 429 


(2) Wie diefe Uhren, weoAdyin vderurmd, 
befchaffen geweſen, ob und wie fie von dert 
cleplydris verfchieden geweſen Yind, will ich 
nicht unterfuchen. Verſteht man unrer leßterm 
Namen dasjenige Zeitmaaß, welches man auf 
eine widerfinnige Weiſe in Gerichten brauchte, 
fo ift die clepfydra eine Griechifche Erfindung, 
Die erft unter dem dritten Bürgermeifteramte 
des Pompejus in Nom angenommen ift-(3), 
Wenigſtens die gemöhnlichiten Arten der Waſ⸗ 
ferubren der Alten famen darin überein, daß 
Das Waffer aus einem engen Suche des Grfäffes 
tropfenmeife in ein anderes fiel, worin ein leich⸗ 
ter Körper ſchwam, der die Höhe des Waſſers 
und Dadurch die verfloffene Zeit andeutete. Sie 
batten alle den Fehler mit einander gemein, daß 
das Waffer anfänglich gefchwinder, hernach 
langſamer auslief, daß fie viele Verbeſſerung 
und Aufiihe brauchten u. ſ. w. (4). 

Das 


te&to dicavit, anno urbis DXCV. Tamdiu po- 
pulo Romano indifereta lux fuit. 


c?) Eloquentiam illud forum magis exercebat, 
in quo nemo intra pauciflimas horas perorare 
cogebatur,.et liberae comperendiriationes erant, 

. et modum dicendi fibi quisque {umebat, ec 
numerus neque dierum, neque patronorum 
finiebatur. Primus tertio confulatu Cn. Pom- 
pejus adftrinxit impofuitque velut frenos elo- 
quentiae. Audor dialog. de canfcorr. elog. 38. 


U ya ZB", . Ff 


430 9 Waſſeruhr. 


Das artige Werkzeug, welches wir jetzt 
unter dem Namen der Waſſeruhr haben, 
iſt erſt im vorigen Jahrhunderte erfunden 
worden. Es iſt eine Walze mit vielen innern 
Abtheilungen oder Kammern, welche ſich, 
indem das Waſſer aus einer Kanmer in die 
andere laͤuft, um ihre Axe drehet, woran ſie 
mit einem Faden in einem Geſtelle, an wel⸗ 
chem die Stundenzahlen durch. Verſuche bes 
ſtimt ſind, haͤngt. Das fortrinnende Waſſer 
veraͤndert ſehr langſam den Schwerpunkt der 
Walze, wodurch die Bewegung faſt eben ſo, 
wie bey der von den Chineſern erfundenen 
Queckſilberpuppe (5), erfolge (9). 


Alexan⸗ 


(+) Mehrere Schriften über die Waſſeruhren 
ber Alten findet man angeführt in Fabricii 
Bibliograph. antiquaria. p. ort. Man hat 
fie auch ehemals zu aftronomifchen Beobach» 
tungen anwenden wollen; Schriftfteller,, die 
in diefer Abficht davon gehandelt haben, fins 
det man in Ricciodi almagelt. novo I. p. 117. 
angeführt. 
(?) Musfchenbroek introdudtio in philof. natur, 


I. p. 143. | | 
(5) Ausführliche Nachrichten von diefer Wafs 
| feruhr finder man in Recreations mathemati- 
ques et phyfiques par M. Ozanam. Paris 
1696. 2 vol. 8. *1Ip. 311, 473. 
Sion mathematiſche Werkſchule. Nürnb. 
1741. + IS. 418. | 
Dom 


t 


5. Waſſeru hr. 431 


Alexander ſagt mehr als einmal, daß 
Dom Carl Vailly, ein Benedictiner von der 
Bruͤderſchaft St. Maur, dieſe Waſſeruhr im 
Jahre i690. zu Sens in Bourgogne erfuns 
den, und durch Hülfe eines dortigen Zinngiefe 
fers, Namens Regnard, gu Stande gebracht 
babe Diefe Nachricht wird einige: mafjen 
duch Ozanam beſtaͤtigt; denn er ſagt auge 
druͤcklich, die erſten Waſſeruhren ‚wären aug 
Bourgegne 1693, na) Daris gefommen, und 
er. befchreibe eine, Die zu Gens von Zinn gee 
mache worden (7), Jener Dom Charles _ 
Vailly ift 1646. zü Paris gebohten und 1726. 
geſtorben; er wird wegen feiner mathematis 
hen Kennrniffe geruͤhmt, wiewohl «r-durd) 
‚Feine Schritten befant geworden iſt, indem er 
alle feine Auffäge felbft verbrane har (3) 
I a In · 
Dom Jacob Alexanders Abhandlung 
don den Uhren. Lemgo 1738. 8. * S. 82. 

Abhandlung von Waſſeruhren von M. G. 
. B. Halle 1752. 8. *. 


(7) II p. zı1: Si je fgavois qui eſt l’inventeur 
dune monere fi fimple er fi extraordinaire, je 
lui rendrois ici juftice; je feai feulement que 
‚les premieres qu’on a viies & Paris, en cetre 
annee 1693, ont &t£ apportees de Bourgogne; 
fen ai vü une d’etain, qui avoit été faite Ä 

- Sens, dont je.donnerai ici-les mefurcs, 


6f 2 


432 9 Waſſeruhr. 
Innjzwiſchen fcheint Alerander, ber aud) 
‚ein Benedictiner war, feinem Ordens - Brus 
der eine Ehre zuzufchreiben, die ihm wohl 
nicht zufommen möchte. Denn fehon im Jah⸗ 
re 1663. bat ein Sytaliener, Domimcus 
Martinelli von Spofeto, zu Venedig einen 
ausführlichen Tractat von eben diefen Waf 
feruhren herausgegeben, den Ozanam durch 
einen feiner Freunde ins Franzöfifche hat über» 
fegen, und mit deffen Zufägen abdrucfen >, 

P en, 


; | 
(), Diefe Erzählung von Vailly finde ich in 
Hiſtoire litseraire de la congregation de Saint- 
Maur, ordre de S. Benoit. Bruxelles 1770.4. 
* p. 478. Ce Religieux peut &tre regarde 
comme le reftaurateur de la clepfydre, ou hor- 
loge qui meſure le tems par la chüte d’une 
certaine Quantit@ d’eau renfermee daris un 
vaiſſeau cylindrique, Ces horloges ont eie en 
ufage chez les anciens. On en fait remonter 

‚ Tinvention au tems que les Ptoldmees regnoient 
en Egypte. Dom Vailly, qui-s’ctoit particu- 
lierement appliqu€ aux mathématiques prati- 
ques, remargua les defauts de ces horloges, 
et travailla ſẽrieuſement à les perfedtioner. A 
force d’experiences, de combinaifons et de cal- 
culs, il parvint enfin à leur donner le point de 
perfe&tion, oü elles font à prefent. Dans le 

. seins de leur renouvellement, elles firent tres 
en vogue, du moins en France, — Eben dies 
fer Artikel fteht auch unverändert in Biblio- 
sheque generale des Ecrivains de Dordre de S. 
Benoi. Bouilon 1778. 4. vol. in 4. * UI p. 
718 


9 Waſſeruhr. 433 


fen (9). Dieſer Ueberſetzer erinnert auch, 
daß man in Frankreich die Waſſeruhren mehr 
als zwanzig Jahre fruͤher als Ozanam gemeynt 
hat, gekant habe, Es ſcheint alſo eine Ita⸗ 
iieniſche Erfindung aus der Mitte des vorigen 
Jahrhunderts zu fepn, und Vailly mag fie viele 
leicht nur zuerft in Frankreich verfertige ha⸗ 
ben (10). — — 
(°) Recreations. II pP. 475: 
(7°) Das will Alerander, der des Martinelli 
kurz gedenft, nicht zugeben. Es ift ja mög« 
lich, fagt er &. 85, daß zwo Perfonen von 
durchdringendem Verſtande eine und dieſelbe 
Sache ‚entdeckt haben. 


4. 10. Ananas. 
EEE TEN 
10. 


1X 
* F 
0, J — pe —— nn a - - ET 00 
i 


ine Zweifel lieſſe fich auch eine botaniſche 
Phyſiognomik ausarbeiten. und mit. feis 
nen Kupferftichen ſchmuͤcken, wenn man nur 
dem —20 eben ſo viele Nachſicht, als 
Hr. Lavater vom Pobükum, erhalten har, zus 
geitehen wolte. Go wie tie. flarfe Eindil— 
dungsfrafe diefes Gelehrten in Hallers Bild⸗ 
niß las, was Haller geworden iſt, ſo koͤnte 
man z. B. in der Bildung der benden eßbaren 
Amerifanifhen Pflanzen, der Ananas und 
Zartuffel, die Schickſale, welche fie in Eur 
vopa gehabt haben, finden. Letztere gleiche 
bem traurigen Nachtfcbatten , der in den Gars 
ten nachläßiger Lundwirthe aufwaͤchſt und über 
der Erde wegkriecht; aber die Ananas gleicht 
ber ftolzen Aloe unferer Prachtgarten. Was 
jene für die Beduͤrfniß des armen Volks ges 
worden ift, das Fonte diefe fir den Luxus der 
Neichen werden, Die fünfttiche und Fofibare 
Wartung, melche diefe verlangt, iſt Bürgs 
ſchaft, daß fie niemals fo gemein, als die 
Tartuffel werden fan, die zwar auch ein mal 
an Föniglicher Tafel_vwerfpeifes worden, aber, - 
= i wegen 


ı0. Ananas. 435 


wegen ihrer leichten Gewinnung, nie wieder 
dahin gelangen wird. — | 


Wiewohl es war nicht viele botanifche 
Phyſiognomik nöthig, um die Vorzüge ber 
Ananas zu bemerfen. Sie empfiehlt fich durch 
Geſchmack, Geruch, und fo gar durch Farbe, 
fo fehr, daß fie die erften Europäer, welche 
nach) Brafilien famen, einnahm, als fie noch 
nicht einmal mit Cemordung ber eingebohrnen- 
Amerikaner fertig waren. Man findet ihe 
Lob ſchon in den Älteften Schriften von Ame⸗ 
rika, neben den erften Nachrichten vom Tos 
back, ‚Mais und andern Produkten des neuen 
Welttheils. | 


Bonsalo Hernaudez de Oviedo ift, fü. 
viel id) nod) zur Zeit weis, der-erfte, welcher . 
die Ananas beſchrieben und abgebildet hat. 
Diefer, der 1478, zu Madrid gebohren wor⸗ 
den, ift ſchon 1513. nad) Amerifa gegangen, 
und 1535. Commendant zu S. Domingo ges 
worden. In eben diefem jahr ift auch feine 
Allgemeine Geſchichte von Indien zu Sevilla 
gedruckt worden. Damals fante man ſchon 
drey Abarten, welche in Amerifa, yayama, 
“ boniama und yayagua, von den Spaniern 
aber Pinas genennet wurden, Man hatte fhon 
damals Verfuche gemacht, die Frucht vor ih⸗ 
rer völligen Reife abzufchneiden, und fo gleich 
nach Spanien zu fenden, aber allemal war 
— öf4 fie 


nr. 


436 10. Ananas. 


fie auf der Reiſe verfault. Auch hatte ſchon 
Oviedo Ableger oder Schoͤßlinge dahin geſchickt, 
aber and) dieſe waren auf der Reiſe verdorben; 
dennoch hoſte er, man wuͤrde ſie in Spanien, 
wo man damals ſchon Mais oder tuͤrkiſchen 
Weizen reifen ſah, erziehen koͤnnen, wenn ſie 
nur geſchwind genug uͤberbracht wuͤrden (!) 


(v ! In 

< CE) Zh'wil Hier Gelegenheit nehmen, einige 

Unrichtigkeiten in der Befchichte des Oviedo 

zu verbeſſern. Im Gelehrten Lexicon ſteht, 

Oviedo fey 1535. nach Amerika gegangen, 

und habe erft nach feiner Ruͤckkunft feine Al 

gemeine Gefchichte drucken laffen. Aber diefe 

iſt fchon in dem genanten Jahre gedruckt wor. 

den, und in der kurzen Vorrede derſelben ſteht 

ausdruͤcklich, ihr Verfaſſer ſey damals bereus 

22 Jahre in Amerika geweſen. Dieſes trift 

auch mit dem überein, was man gleich. im 

erften Buche liefet; denn dafelbft fagt er außs 

druͤcklich, er fey 1513. als Berginfpector, 

veedor de las fundaciones del oro ala tierra 

firme, dahin gefchicht worden Im J. 1535, 

da er in Spanien geweſen ſeyn muß, iſt er 

Commendant von G. Domingo geworden, 

wie Antanio in Bibliotheea Hifpana, Romae 

"1672. fol. *1p 424. fagt. Diefer feßt ‚bins 

zu er ſey 10 Jahre hernach wieder zurück 

gekommen, und darauf im 70ſten Jahre feis 

ned Alters von Carl V zum Hiſtoographen 
ernant worden, 

aller fagt in Bibliotheca botanica I pP. 272: 

Mead habe eine Ausgabe der a 

63 


10. Ananas. 437 


In ben: Sahrem ı s4r bis 15585. war ber 
Mayländer Geronimo Benzono in Merico, 
| | und 


Geſchichte, die zu Toledo 1526. in Folio ges 
‚druckt worden, angeführt; aber diefe Nachs 
richt ift falfch. Oviedo felbft fagt gleich im 
Anfange feines Werks, er babe 1525. (nicht 
1526.) zu Toledo einen kurzen Bericht, uns 
ter dem Titel: Oviedo de la natural hyftoria 
oe las Jndias herausgegeben; fagt aber aus⸗ 
drücklich, daß fein grofferes Werk, wovon 
Haller redet, von jenem aanz verfchieden fey. 
Vermuthlich ift diefer kleine Tractat die Re- 
lacion fomımaria, die, wie Xobertſon fagt, in 
des Barcia hiftoriadores primitivos de las In- 
dias occidentales. Madr. 1749. 3 vol. fol. eins 
gerückt if. Gonderbar ift ed, daß Antonio 
diefer Fleinern Gefchichte gar nicht erwähnt 
t 


at 
Das groͤßere und viel bekanntere Werk iſt 
zuerſt 1535 zu Sevilla in Fol. unter folgen⸗ 
dem Titel gedruckt worden: La hiftoria gene- 
ral de.las Indias. Ich habe diefe feltene Aug» 
gabe aus unfrer Univerfitäts + Bibliothef vor 
mir. ‚Cie hat zwanzig Bücher, nicht 27, wie 
Baumgarten in der Borrede zur Allgem. 
Geſchichte von Amerika ſagt; fie hält 193 
Blätter, und hat am Ende einen Brief an 
den Kardinal von Spanien, der in jenen 
Exemplar, wie es fcheint, von Oviedo feldft 
mit der Feder eigenhändig zu Sevilla im 
September 1535. unterfchrieben if. Die 
Beſchreibung und Abbildung der Ananas ſteht 
daſeibſt im 13 Kap. des ficbenten Bude. 
| Sfs5 | Alte 


438 10. Ananas. 


und ließ nach ſeiner Ruͤckkunft die Geſchichte 
der neuen Welt zum erſten mal-zu Venedig 
1568. drucken. In dieſer ruͤhmt er die Pinas 
ungemein, und glaubt, feine Frucht auf Got⸗ 
tes Erdboden koͤnne angenehmer ſeyn. Kranke, 
die vor allen Speiſen einen Eckel haͤtten, koͤn⸗ 
ten fie genieſſen (). I 


Antonio ſagt, dieſes Werk ſey 1547. zu Sa⸗ 
kamanca wieder aufgelegt worden. Es iſt 
aber niemals vollſtaͤndig geworden; denu es 
fpouliten noch 30 Buͤcher in 2 Theilen folgen. 
Soiedo hat aber noch einige fleinere Schrif⸗ 
ten von Amerika drucken laſſen, die Anto⸗ 
mio erzählt, und als Fragmente des groͤſſern 
Werks anfieht- | 
- Man bat eine franzöfifche Ueberfeßung : 
Lhiftoire naturelle et generalle des Indes, — 
traduite de Caflillan en, Francois. Paris 1556. 
£ol,*. Jean Poleur, der fich unter der Vor⸗ 
rede nennet, hat aber nur die erſten zehen 
Bücher überfegt, und auch in diefen manche 
artige Nachricht ausgelaffen: - Die Befrhreis 
bung und Abbildung der Ananas ſteht auf 
dem 109 Blatt. 
€”) Die lateinifche Ueberfeßung heißt: Novae 
novi orbis hiftoriae libri tres, Urb. Calveto- 
nis opera hatini facti et notis illuftrati. Ich 
kenne 2 Ausgaben, beyde in Octav, ohne 
Namen des Orts bey Euflat, Vignon , die 
eine 1578, die andere 1581. gedruct. In 
jetzterer Ausgabe fteht die Nachricht Lib. I. 
© 27. p 125: Man hat au) eine 
eber⸗ 


‚10. Ananas, 439 
Nach ihm bat der Sranzisfaner Mind, 


Andre Thevet, welcher von 1555 bis 1556 


in Brafilien gewefen, die Ananas unter dem 
Namen Nanas beichrieben und abgebildet, 


Damals wufte man fie ſchon mit Zucker einzus 
machen (3) | | | | 


Jean de Lery, der 1557, als Geiſtlicher 


zu einer Hugenotten Cofonie nach Brafilien 
Fam, bat. in feiner Keifebefthreibung zuerſt 
den Namen Ananas gebraucht, der vermutlye 


Hd aus Nanas des Thevet entſtanden 


iſt (4) 
Franc. 


Ueberſetzung, die Nic. göniger aus dem 
kateiniſchen gemacht hat; ſie iſt zu Baſel 
1579. in Folio unter dem Titel: Der newen 
eldt newe vnd wahrhafte Hiſtory* 
gedruckt worden. | 

 (?3 Les fingularitez de la France antaretique, 
- autrement nommee Amerique. Par Andre The- 

ver. A Anvers 1558. 8.* cap. 46, Blatt 87. 
| La cosmographie univerfelle d’ Audr& The- 
‚ vet, Paris 1575.'2 vol, fol. * IL fol. 936, 

Diieſes letztere reichhaltige Werk fcheint Hals 

ler nicht gefant zu haben, fonft würde er es 

Bibl. botan.d. p. 317. genant haben; denn 

es enthaͤlt viele neue botanifche Nachrichten 

| und grobe Zeichnungen. 

(*) Hiftoire d’un voyage faict en la terre du 
Brefil, autrement dite Amerique, Par Jean de 
Lery. Gensve 1580. 8.* p. 188. Die rn 

= a — niiſche 


» 


44a. 1% Ananas, 


Franc. Hernandez that in der Mitte des 
ı6ten Jahrhunderts, ald Marurforfcher, eine 
foftbare, aber faft unnüge Reiſe nad) Mexico; 
denn fie koſtete dem Könige Philipp ll 60000 
Dufaten, und die gefamleren Beobachtungen, 
wozu, als Acoſta in Amerifa war, ſchon 1200 
Zeichnungen fertig waren, find nie vollftändig 
gedruckt worden, und in dem, was gedruckt ift, 
fan man faum des Spaniers eigene Nachricht 
von den fremden. Zufägen unterfcheiden. Er 

at inzwifchen eine etwas beffere Zeichnung der. 
nanas geliefert, die er aber Matzatli oder pi- 


7 


nea Jadica nennet (5). 


Chriſtoph Acoſta in ſejnem 1578 in 
Quart gedrucktem Tractado de las drogas y 
ınedicinas de las Indias orientales, nennet bie 
Pflanze Ananas, und erzählt, fie fey aus 
Santa Crux nach MWeftindien, und hernad) 
nach Oftindien, aud) China verfegt worden, 
wo fie ſchon Damals ganz allgemein geworben 

war. Letzteres verfichere auch “Joh. Hugo 


von 


nifche Ueberfegung: Hiftoria Navigationis in 
Brafiliam, auctore Joanne Lerio. Excudebat 
Euftat. Vignon 1586. 8. * p. 162. 


(°) Rerum medicarum novae.Hifpaniae thefau- 
sus, Remae 1651. fol. * p. 311. Man findet 
diefelbige Befchreibung in Nierembergii hiſto- 
ria naturac, Antverpiae 1635. fol. * p.335. 


19. Ananas. 441 


von Linſchotten, ber von 1594. bis 1595. 
in Oſtindien geweſen iſt —6). * 


Man hat alſo, wie Oviedo verſichert, ſehr 
fruͤh verſucht, die Ananas nach Europa zu ver⸗ 
ſetzen, und da es im Anfange des 17ten Jahr⸗ 
hunderts zur Pracht der Hoͤfe gerechnet ward, 
Orangerien in koſtbaren Glashaͤuſern zu haben, 
ſo hofte man, in dem kuͤnſtlichen Clima dieſer 
Gebaͤude auch jene Frucht erziehen zu koͤnnen; 
aber die Verſuche misgluͤckten lange Zeit über. 
all; es erfolgten Feine Früchte, oder fie reiften 
wenigftens nicht, doch vielleicht nur Deswegen, 
weil-man biefe geliebten Ausländer gar zu gut 
wartete; fo wie aug gleicher Urfache die Lieblin⸗ 
ge reicher Aeltern oft misgluͤcken. Man weiß 


niche gewiß, wer in Europa zuerft die Freude - 


gehabt hat, Ananas in feinem Garten reifen zu 
fehen; es fiheint aber, daß es verfdyiedenen im 
Anfange diefes Jahrhunderts faft zu gleicher 

Zeit geglücde jy. 
Die 


(°). Des Acoſta und Linſchotten Nachrichten 
liefet man in Baubini hiftor. plantarum IHL 
.95. In Kircheri China illuftrata, Amttel, 
1667. fol.* p. 188. lieſet man: Fructus, quem 
Americi et orientalis jndiae populi, quibus 
communis eft, Ananas vocant, et ingenti copia. 
in provinciis Quantung, Chiemfi et Fokien pro- 
venit, putatur primum ex America Peruviana 
in Chinam allatus. 


22 10. Ananas. 


‚ Die’ erften teutſchen Garten; worin bie 
Ananas zur Reife gebracht find, fcheinen fol 
gende zu ſeyn. Erſtlich der Münchhaufenfche 
Garten zu Schwöbber, nicht weit von Ha 
‚men, ber durch die botanifche Kenntniß feiner 
Beſitzer und durch den Reichthum der Pflan 


‚zen alten Liebhabern der Botanik befannt iſt. 


‚sm. Anfange diefes Yahrbunderrs gehörte er 
dem Sthagrarh Otto von Münchhaufen, 
-dem Grosvater des verehrungswürdigen Ver» 
‚Faflers des Aatisvarers. jener ijt vielleicht 
der. erſte gewefen , welcher befonpere —— 
Gebaͤude zur Erziehung dieſer Fruͤchte ange⸗ 
legt, und die aͤdle Gefaͤlligkeit gehabt har, 
‚ihre vortheilhafte Einrichtung öffentlidy befant 
‚machen zu laſſen. Er ſchickte in diefer Abe 
ſicht Befchreibung und Riſſe von feinen. Ana» 
nas · Haͤuſern dem Mürnbergifchen Kaufmann 
DJoh Chriſt. Volkamer, ver ſie in feine 
Tontinuation der Nuͤrnbergiſchen Hefpe- 


ridum; Mürnberg 1714. fol. * einruͤckte, und 


dadurch die Gewinnung diefer Früchte allge⸗ 
meiner machte. Diefer Herr von Muͤnchhau—⸗ 
fin ift eben derjenige, von dem Leibnig (7) 
rübınte: Tous les voyageurs du monde’ ne 
et | nous 


: (9% In Noureaux effais fur Pentendemment humain ' 


p. 256., in Oeuyres philofophiques de M. de 
Leibnitz publices par Ra/pe. Anıfterdam 1765. 

4 *. Diefer Auffag ift wenigſtens vor 1714. 
bereite ausgearbeitet worden. 


:® 


10. Ananas . 443 


nous auroient, ptı donner par leur relations 
ce que nous devons à un gentilhomme de ce 
- pays, qui cultive avec fucces des Ananas à 
trois lieiies d’Hannovre ‚prefque fur le bord 
‚du Weler, et a trouve le moyen de les multj- 
plier en forte ‚que nous les. pourrons avdir 
‚peut-£tre un. jour de notre .‚crü aufli copieylg- 
‚ment que les oranges de Portugal, ‚ quoiqu‘jl 
‚y auroit apparement quelque decher dans le 
‚gout, - Weil, wie Volfamer meldet, der 
Schwoͤbberſche Garten damals, . in Abweſen⸗ 
‚beit des Befißers , von "Joh, Sr. Berner, 
Canonifus des Stifts St. Bonifacius zu 
Hameln, beforgt ward, fo hat diefer vermuth⸗ 
lich Antheil an jenem Verdienſt. 


Ferner haben der Boſenſche Garten in 
Leipzig, der. arten des Doctor Volkamer 
zu Nuͤrnberg, imgleichen der Garten des 
Dect. Sr. Raltfchmid in Breslau fait eben 
fo früh jene Frucht zur Reiſe gebracht, Letzs 
‚term glückte ſolches ſchon 1702, und er fchiche 
te damals die erften Früchte an den Fayferfis 
‚hen Hof (3) In Frankfurt am M, reiften 
- ‚bie erften im Eberhartſchen Garten 1702 (9), 

ER WBG und 
(?) Breslauer Samlung von Natur⸗Ge⸗ 

ſchichten. 1718. Septemb. ©. 1618. und 
1720. Septemb. ©. 302. v 


(?) Lersner Ehronif II ©, 824, 


44 10. Ananas 


und in Caſſel 1715. durch Geſchicklichkeit des 
Hofgärtners Wuͤrſtorfs. | 


Holland Hat die erften reifen Ananas aus 
ben Garten des de la Court, den Wiiller Le 
cour nennet, bey $eiden erhalten. Weil aus 
dieſem Garten eine Menge Pflanzen den Aus⸗ 
laͤndern verfauft wurden, wie denn auch die 
Englaͤnder daher bie erften erhalten haben, fo 
glauben ‘einige, dieſem De la Court und fei«, 
nem Gärtner Wilhelm de Vinck, habe Eu« 
ropa die erſte Gewinnung diefer Frucht zu Dane 
‘fen (39 2 


Ich will bey diefer Gelegenheit noch eine 
Nachricht beyfügen, welche ebenfals zur Ges 
ſchichte der ‚Gärtneren gehört. Schon vor 
Einführung -des Ananas» Baues hattın bie 
Holländer angefangen , ſich der Gerberlohe 
zu den Treibbeeten zu bedienen. Won ihnen 
lernten die Engländer dien Wortheil; Die 
erften Sohbeete in England follen ums Jahr 
1688. zu Blackheat in Kent gewefen und zu 
Erziehung der Pomeranzbäume angemender 
ſeyn. Aber als ums Jahr 719, alſo viel 
ſpaͤter als in Teutſchland, die Ananas allges 

# meiner 


(>) Willers Gärtner » Pericon 1. S. 132. 
Lueder Wartung der Kuͤchengewaͤchſe. Xüs 
beck 1780. 8 * ©, 248, Ä 


‚meiner wurden, fo wurden auch die Lohbeete 
gebräuchliche (").. | 


.. Die Pflanze, deren Gefchichte ich erzähle 
"habe ‚- hat. von Plümier (2), ver. ihre 
Kenzeichen zuerft beftime. hat, den Namen’ 
Bromelia erhalen, und zwar nad) einem 
Schwediſchen; Gelehrten, der es verdient, 
baß ich hier ‚fein Andenfen erneure. Olof 
Bromelius war 1639 zu Derebro ;gebohren, 
wo fein-Water einen Handel trieb, Er fius 
Dirte zu Upfala die Arznenmiffenfchaft, diſpu⸗ 
firte dafelbft 1,667. de pleuritide, befam im 
J. 1668 in Stockholm die Aufficht über die 
Apotheken und den Auftrag die Botanif zu 
lehren. Aber 1672 ward er $egarions- Mes 
dicus in England und hernach in Holland, 
wo er 1673. zu Senden den Doctor » Titel ans 
nahm, und eine Differtation de lumbricis 
schrieb, Nach Ruͤckkunft ins Waterland ward 
er 1674. Mirglied des mediciniſchen Colles 
giums und Practicus zu Stockholm, aber 
1691. Stodtarze zu Götheborg und Provin- 
— | zial⸗ 
() Miller II S. 924 Lueder S. 39. Daß 
bie angefaulte Gerberlobe ein vortreflicher 
Dünger ſey, bat ſchon Lauremberg in Hor- 
ticultura p. 52 angemerkt. | | 
“ ('*) Nova plantarum Americanarum genera, 
Parifiis 1703. 4 * pP. 46. . 
u Ög 


446 10. Ananas. 


zial · Arzt in Elfeborgs und Bahits Lin, und 
in dieſer Bedienung ift- er 1705. gefterbeni. 
Seine botanifhen Echriften find Lupologia 
‘und Chloris gothica (3), Sein Sohn, 
Magnus von Bromell, ift der ER 
‘der Lithographiae fuecanae (14). 


— Halleri bib. botan. I. p. 50. 


(8) Diefe Nachrichten, woraus’ Joͤchers ei 
Lexicon ergänzt werden kan, find genommen 
aus Geerg Gezelius Förfök tilet biographif’kt 
Lexicon öfver lärde Svenfke män. ‘wovon der 


erfte Thell zu Stockholm 1778. in 8. heraus, 
‚gekommen iſt. 


ee 


IL 
Sympathetiſche Dinte. 


M ın hat verſchiedene metaflifche Aufloͤſun⸗ 
gen ohne alle, oder doch ohne flarfe 
Farbe, womit man eine Schrift machen fan, 
welche erft fichtbar wird, wenn man fie mit 
einer andern eben fo farbenlofen Auflöfung 
beſtreicht, ober fie nur den Ausduͤnſtungen 
derfelben ausfeßt; aber unter allen ift feine, 
welche anfänglich mehr Verwundetung erregt, 

und 


/ 


11. Sympatbetifche Dinte. 447 


und aus. welcher der Maturforfcher mehrere 
Schluͤſſe herleiten Fan, als diejenige , welche 
aus einer Bleyaufloͤſung in Pflanzenſaͤure bes 
fteht, und durdy den Dunſt der arſenikaliſchen 
ESchweſelleber, auch ſogar in einer betraͤcht⸗ 
lichen Entfernung, ſchwarz gefärbt wird. 
Dieſe Dinte, welche freylich ort zum Spiel⸗ 
werk dienen muß, beweiſet die Feinheit der 
Ausduͤnſtungen und der Zwiſchenraͤume der 
Koͤrper, indem die Faͤrbung erfolgt, wenn 
auch die Schrift jenſeit einer nicht gar dicken 
Wand. befindfich iſt; fie beweiſet die Gegen⸗ 
wart .des Schwefels im Operment ('), die 
Möglichfeit Metalle auf dem naffen Wege 
wieder herzuſtellen (2); ſie dient zur Ent 
deckung der Weinvergiftung (3), und wird: 
dereinft auch mit Vortheile bey Färberey der 
Zeuge und. der Hölzer gebraucht werden (4. 


| Vielleicht hat ſich diefes Kunftftück einem 
Chemiker einmal von felbft dargebothen; aber 
‚alt 


(') ©. Stahls Bedenken vom Schwefel G. 95- 
(2) ©. Phyſikaliſch⸗ obonomiſche Biblioch. 
41V ©. 345. und ©. 69. 
(2) 5. oben Seite 198. 
(*) Dieß meyne ich durch binlängliche Ger» 
ſuche in Novis commentar. focietat. fcient. 
Gottingenfs VII, p. 77. bewiefen zu baten. 


ine: GR... 


448 ir. Sympatbetifche Dinte. 


alt fcheine .es noch nicht zu fern. Weder, 
der aus Ports, Cardan und vielen alten 
Scrifeftellern fein Buch de fecretis zufams’ 
men trug, und folches zum erftenmal 1582, 
und zum drittenmal 1592. druden ließ, muß 
e8 nicht gefant haben, fonft würde er es ge⸗ 
wiß nicht im 14ten Buche, wo allerley 
Schreibkuͤnſte erzähle find, übergangen has 
ben (5), fo wenig als Caneparius, beffen 
Bud) de atramentis zum erften mal 1619. zu 
Venedig in 4 gedruckt ift. 


Der erfte, welcher die Bereitung dieſer 
Dinte gelehrt hat, ift, fo viel ich finden Fan, 
Deter 3orelin Hiftoriarum et obfervationum 
medico-phyfic, centuriae IV. In diefem Bus 
che, welches zum erſten mal 1653, und zum 
andern mal 1657. zu Paris und nachher noch 
öfter gedruckt worden (©), nennet er fie ein 

| magnes 


(5) Die dritte Ausgabe hat beträchtliche Zu« 
ſoaͤtze, auch PVerbefferungen, und manches, 
mas in derfelben zugefegt worden , ift in den 
noch neuern Ausgaben wieder weggelaflen. 
(°) Die erfte Ausgabe kenne ich nicht ; aber bie 
zwote habe ich aus der Bibliothek des Hrn. 
Prof. Hollmann vor mir ſie ift zu Paris in 
8 gedruckt. in Nachdrud ift 1670. zu 
Sranffurt in 8 * berausgefommen : ebendas 
ſelbſt Ift auch das Buch 1676. in g * wieder 


gedruckt worden, da denn am Ende Rhodik 
obfer 


12. Sympathetiſche Dinte. 449 


magnetiſches Waſſer, welches in die Ferne 
wuͤrket. Naͤmlich nachdem die qualitates oc- 
— Gg3 cultae 


obfervat. Bootii tractat de affectibus und Rofız 
confultat. angehenkt find, In der zwoten 
Eenturie iſt die fechite Beobachtung folgende : 
Aquae magneticae e-longinqguo agentes. Stu- 
pendus effe&ttis profedto ex aquarum fequen- 
tium pugna oritur, fie autem fiunt, Calx viva 
in aqua communi extinguatur, et in eam 
dum extinguitur, auripigmentun iniicidtur, 
(hacc autem fierk debent, calidis cineribus 
fuppofitis per diem integram) deinde illud fil- 
tretur, et fervetur in vafe vitreo bene claufo, 
Poftea lithargyrum aureum tritum cum aceto 
bulliat in vafe aeneo per fesquihoram, et tan» 
dem etiam filtretur per chartam enıporeticam, 
et in vafe vitreo optime obturato fervetur. Sä 
hac ultima aqua aliquid fcribas, penna recenti, 
invifibilis erit feriptura eum ficca erit, fed ft. 
prima aqua defuper imponatur, flatun nigra 
euadet, Sed in hac adtione, non fitum eft mi- 
raculum, af in eo quod licet innumerae char- 
tae, imo tabula lignea, inter fcriptum primum 
inviſibile et vitimamaquanr ponatur, actioneni 
fuam tamen peraget et in nigrum colorem ſeri⸗ 
pturam hanc vertet, feriptu ſuo ligna et char- 
tas fine ullis aftionis fuae veftigiis penetrante, 
quod certe admirandum, fed pravus ador et 
ftercoraceus qui ex aquarum illarum adione 
mutıa-emergit, multos a tali experientia de» 
terret, et non parum huius arcani miraın vir- 
tutem imminuit. Ego autem adhuc exiſtimo 
quod exquifitiore pracparatione chimica, hoe 
fecretum augere potero, adeo ut per an 


450 ın Spympatbetifche Dinte, 


cultae per Scolaftifer abgaͤngig geworden. 
“waren, ward e8 gewöhnlich, Erſcheinungen, 
deren Urfachen man nicht Fannte, vornehmlich 
ſolche, wobey die Urfache ohne. fihtbare Be— 
ruͤhrung zu würfen ſchien, der magnetifchen 
Materie zuzufchreiben, fo wie aud) der Tur⸗ 
malin anfänglich für ‚eine Art Magnet gehale 
ten ward. Andere verſteckten ihre Unmiffen 
jeie hinter der Sympathie; und in neuern 
a ift wohl oft auf gleiche Weife Attra— 
etion und Kfectricität zum. Deckmantel ges 
braucht worden, Borel, der ſich ein Gefchäft 
daraus machte, neue und geheim gehaltene 
Beobachtungen zu ſamlen, fernte die Bereits 
tung dieſes magnetifchen Waffirs von einem 
geſchickten Apotheker in Montpellier, von 
dem er fie gegen andere Geheimniffe eintaufche 
te. Nachher bat der teutihe Chemiker Otto 
Tachen dieſes Verſuchs auch gedacht, und 
hat ihn, ohne Magnet und Sympathie, ſchon 
richtiger erklaͤrt 7). Unter dem Namen 
der ſympathetiſchen Dinte finde ich die Vors 

| ſchrift 


fos parietes actionem ſuam peragere poſſt. Iftud 
auteımarcanumaD. J Broſſonio pharmacopaeo 
Monſpelienſi eurioſo fimul ac erudito, amico- 
que accepi, ei alia viciflim impertitus. 

(7) Tachenii Hippocraticae medicinae clavis 
pag 236. Dieſes Buch iſt im J. 1669 zwey⸗ 
mal in 12, nämlich zu Venedig * und zu 
Sranffure * gedruckt worden. 


ır. Sympatbetifche Dinte. 451 


ſchrift zuerft von Le Mort in Colledtaneis 
“chymicis Leydenfibus 1684 (3) gelehrt, 
"welcher Namen noch bis jegt beybehalten if. 


(3) Collectanea chymica Leydenfa, id eft, Maet- 
fiana, Margraviana, Je Mortiana — edidit 
Chriſt. Love. Morley. Lugd, Bat. 1684. 4. * 
pag 97. In der teutichen Ueberſetzung: Cod- 
le&tan. ehym Leid. oder auserleſene mehr 
als 700 chymiſche Proceffe. Sjena 1700 8 * 

Seite 185. Jene Colledtanea ſtehen auch bins 

ter Jacobi le Mortii chymiae verae nobilitä» 
et, utilitas. Lugd. Bat. 169%. 4 *; aber im 
Diefer Aufgabe fehlt die Vorſchrift zur fompas 
thetiſchen Dinte, fo wie überhaupt alles was 
von le Mort in den Colledtaneis vorkomt. 


BR 


12, = | 
Lederne Tabatieren. 


| an bat oft den erftaunlichen Einfluß, den die 
i Amerikanifhe Pflanze, der Tabaf, auf un- 
fere Landwirthſchaft und auf die Finanzen der 
Landesherren in Europa gebabt hat, bewundert; 
aber ich weis nicht, ob man auch dabey an die 
Künftler, Kaufleute und Krämer gedacht hat, wels . 
tbe durch Verfertinung , Verfchreibung und Vers 
handlung der Schnupftabafdofen , oder galanter 
gu reden, der Tabatieren, Berdienft haben. Wenn 
ſichs berechnen lieffe, fo würde man erflaunen 
über die Summe Geldes u. in dieſer Waare 

84 ums 


452 32. Lederne Tabatieren. 


unngeſetzt wird, und über die Zahl derer, die. da⸗ 
durch Brod haben, feitdem man nämlich uch 
eine neumodige Dofe, durch die Manier fie zu dfs 
‘nen, fie anzubierpen, damit zu fpieten, feinen fet- 
nen Geſchmack, vornehme Sitten, Stand und 
Vermoͤgen bemerklich machen kann; feit dem man 
fie als Belohnungen und Gunſtgewinnungen vers 
ſchenkt, und Pustifche damit anfüllet. Auch find 
wohl menige Gegenfiände des Lupus, die, durch 
den Witz und durch Den Werteifer der Kimftler, 
auf fo mannigfaltige Weife und fo fehnell, veraͤn⸗ 
Dert, verfchönert und vertbeuret werden, ald dies 
fe kleinen Schachteln. Eine chronologifche Sams 
lung derfelben würde zur Gefchichte unferer Künfke 
ler, der Gold- und Gilberarbeiter, der Fumelts 
rer; der Miniatur Maler und Beuermaler und 
vieler andern, dienen fönnen, und würde eben 
dadurch noch wohl einen Vorzug vor den Kupfers 
fanılungen verdienen, Die nur der Befchichte Mir 
ner Kunft gewidmet find. Wäre es zu erwarten, 
daß eine ſolche Samlung auf die Nachwelt kaͤme, 
fo wollte ich wuͤnſchen, daß die gefchickteften Künfts 
ler ihre Namen und die Jahrzahl auf diefe Kunſt⸗ 
werke ſetzten dann würde ihnen der, welcher eins 
mal die Gefchichte der Künfie bearbeiten wolte, 
für diefe Heine Mühe danken. Jetzt ift es zwar 
anftändig , diefe Kunftwerke zu bewundern, aber 
ich weis nicht, ob man nicht fpotten würde, wenn 
man der Nachwelt die neuen Erfindungen, welche 
dabey von Zeit zu Zeit angebracht werden, aufzeich⸗ 
nen wolte. — Gleichwohl fportet niemand, 
wenn ben Ausländern und der Nachwelt gemeldet 
wird, wer einmal auf einem Theater den Hamlet 
gemacht hat. — Ich will alfo einen Kleinen Ver⸗ 
fuch wagen. 

Seit nicht gar langer Zeit macht man Doſen 


kleine Zutterale, Bächer und andere Gefäße — 
e⸗ 


\ 


ı 2. Lederne Tabatieren. 453 


Leder, welches dergeſtalt zubereitet. iſt, daß es 
durch ſeine Feſtigkeit, Feinheit, Farbe, Glanz 


und Durchſichtigkeit den Werken aus Schildpat 


oder. Schildkroͤten⸗Schalen gleich koͤmt. Die Do⸗ 
‚Ten erhalten zuweilen Eindruͤcke von Bildwerk, die 
geſchnitzt zu ſeyn ſcheinen; ſie werden zuweilen 
mit Metall inwendig belegt und auswendig einge⸗ 
faßt. Sogar die Gewinde find von Feder. Ars 
‚nor (") verfichert, daß Thomas Clark und fein 
‚Sohn diefe Kunft zu Edinburgh erfunden, und 
darüber vom Könige einen Freyheitsbrief im J. 
1756. auf 14 Sabre ‘erhalten haben. „ Nachdem 
diefe Zeit verfloffen, hat man auch) in Birmingham 
und in andern Gegenden von England diefe Schott⸗ 
laͤndiſche Erfindung zu nugen angefangen, doch 
ſollen die Edinburghifchen Dofen noch überall den 
Borzug haben. Man machte dergleichen inzwi⸗ 
feden fehon zu Bologna, ald Flachat (2) da mar, 
und man verfertigt fie auch ſchon recht gut in 
Teutſchland. Hätte ich eine Nachricht von diefer 
Kunſt auftreiben können, fo würde ich damit dies 
fen Artikel reichhaltiger gemacht haben, aber vers 
anlafe 
2) Hiftory of Edinburgh. p, s95. _ Ä 
— 2) Obſervations fur le commerce et fur’les arts, par 
Fean Clande Flachat. Lyon 1766.'2 vol. in 12* 1 
B, 122, und in der teutichen Ueberſetzung ı ©. 104. 
iefe iR zu Leipzig 1767. in 2 Theilen ing unter 
dem Titel: Slachat Unterfuhung zur Befördes 
zung der Zandlung und Künfte herausgefommen 
aber ich will gelegentlich meine Leſer warnen, ihe 
nicht zu trauen; der Weberfeger, C. 9. Wilke, ver⸗ 
ftand die Sachen nicht, welche er verteutfchen molte. 
Le poil du chameau nennet er Gemfenhaar, Galbas 
num, Gummi u. f. w. eine Anmerkungen find 
unnuͤtze Spoͤttereyen wider den Verfaſſer, der freys 
lich in gar zu jungen Jahren reiſete und noch zu 

leichtgldubig war. & 

85 


454 “12. Lederne Tabatieren. 


anlaſſet er jemanden, uns ſolche — llefern, ſo 
wird er doch nicht ohne alles Verdienſt ſeyn. 

will nur noch anmerken, daß die Kalmucken aus 
Pferdehaͤuten hornaͤhnliche Gefaͤße, Theekannen, 
die kochendes Waſſer faſſen, ohne zu erweichen 
‚oder dem Waſſer einen Geſchmack zu geben, ver⸗ 
ferrinen. Durch anhaltendes Räuchern follen dies 
ſe. Gefaͤſſe, durchſichtig wie Horn und faſt unver⸗ 
gaͤnglich werden. Vielleicht koͤnnen unfere Rünft- 
ler die. Handgriffe der Kalmucken nugen, deswe⸗ 
gen will ich fie auf Hrn. Pallas Reife ie 320% 
verweiſen. 


- Beyträge 
zur Gefthichte 


Erfindungen, 


Johann Beckmann, | 
ordentlichen Profeffor der Defonomie zu Göttingen. 


Viertes Stüd. 





| Zwote etwas verbefferte Ausgabe. 


me — ——n 





Lei pzig, 
im Verlage Paul Gotthelf Kummer, 
1786. 


- Res multae praeclarae ab antiquis vel in. 
ventae, vel vfurpatae et in eorum vfu pofi- 
tae, ita vel acui fitu fqualidae, vel imeuria tem» 
porum negledtae, vel rerum inclinationibus diu 
defitae fuerunt, vt iterum inueniendas in vfum 
fuum easdem pofteritas habuerit. 


Budaeus de afle in prach, 


Inhalt 





1. Sprachrohr. 


Alter der Blasinſtrumente ©. 455 
Sprachrohr Alexanders des Groſſen 457 
Hoͤrrohr iſt aͤlter als Sprachrohr 461 
Morland und Rircher ſtreiten um Ehre ber 
Erfindung. 462 
Vermeintliches Sprachgemälß des Tyrannen 
Dionyfius zu Syracus. 465 
Alte Anwendung des Sprachrohrs bey der 
Muſik 472 
Neue Ver beſſerungen deſſelben. | 473 


I; Siegellack. 
Alle bisher gebräuchliche Dratertakien zu 


Siegel oder Petſchaften. | 474 
Sieorlete der Alten 474 
Siegelwachs 482 
Gefarbtes Wachs 483 


* Mehl⸗ 


 Inbatle 


Mehlkleifter, Brodteig, Oblaten ©. 484 
Maltha 485 
Siegellack, ob e8 von Rouſſeau erfunden 487 
Ob es in Oſtindien erfunden 490 
Die aͤlteſten Nachrichten vom Siegellack 492 
Aelteſte gedruckte Anweiſung zur Bereitung 


deſſelben | 494 
Woher der Namen cera Hifpanica 496 
IM. Rosfaftanien, wilde Kaſta⸗ 
nien. | 497 
Vorzüge dire Baumg ' 497 
Aeitefte Nachrichten von ihm 498 
Wann er nach Frankreich gefommen 501 


IV. Pantaleon. 


Erfindung des Fortepiano 502 
Neueſte Einrichtung und Verbeſſerung deſ⸗ 
ſelbeennn en | 505 
Beſchreibung des eigentlichen Pantaleons 507 
Rachrichten von dem, Erfinder Pantaleon 
Sebenſtreit | | 


| 508 
a des erſten Inſtruments diefer 
rt | 


513 
V. Pflanzen: Abdräce, 514 
Erfindung der Schattentiſſe 514 


Alter der Pflanzen: Abdrüde | 517 
Botaniſche Werke mie folchen Abdrücken 519 
Anweiſung zu ihrer Verfertigung 523 


.) se VI. 


Inhalt. 


"v1. Taͤucher⸗Glocke. 523 
- Nachricht von den älteften Täuchern 524 

Wie lange Taͤucher unter Waſſer ſeyn koͤnnen 527 

Erftärung der Taucher - Glocke. 29 


5 
Yeitefle Nachricht von ihr bey wißotelee 530 
Ihr Gebrauch ſeit dem 16ten Jahrhunderte. 532 


Alte Erfindungen ähnlicher Are 539 
Taͤucher⸗ Glocke ded galley - 542 
Taucher - Glocfe des Triewald 546 
. Kamele. | 548 

Turs Mittel Schiſt über Untiefen zu Bein, | 
549 

Befehreibung dee Ramele - 5° 


- Db Eoyrnel. Meyer der Erfinder 
Der wahre Erfinder fcheint Bakker zu feyn Re : 
Anwendung der Kamele auffer Holland 555 


VIII. Seignettefalz. 556 
Erſte Nachricht von diefem Galje - 557° 
Bekantwerdung deffelben | 560 


12.4 Canarien ⸗Vogel. 562 


Wann fie in Europa befannt geworden 563 
Die erften Verfuche, fie in Europa zu er 


sieben 554 
Jetziger Handel mit dieſen Voͤgeln 567 
Geſchichte des Canarien-Samen 568 
Jetziger Handel damit 569 


Inhalt. 


x. Verſtaͤrkungsflaſche. ©. 


iſt von einem Hrn. von Rleiſt erfunden. 
nicht von Eunaus 


XI. Preis: Suranten. 
Wechſel⸗Curs Zettel: Gelderpreis⸗Zettel 


Sprachrohr. 
erkzeuge, wodurch die Stimme eines 


| Mienfchen dergeftale verftärfe werden 


Fan, daß fie in einer weit größern Entfernung, 
als fonft moͤglich feyn wuͤrde, gehört wird, 
waren in den älteften Zeiten befant; denn die 
DBlasinftrumente find von allen mufifalifchen 
zuerſt erfunden worden, und ihren Gebraud), 
im Kriege ‚Zeichen zum Angriffe zu geben, 
findet man ſchon bey Hiob (1), Man harte 
aud) ſchon zu des Plinius Zeiten bemerkt, daß 
man die geringfte Berührung eines Balkens 
hört, wenn man das Ohr an das andere En⸗ 
de deffelben lege (2). Gleichfalls wuſte man, 
daß Trompeten deſto flärfer und weiter fchal« 
fen, je größer fie find, Die Griechen harten 
ö | ein 
() Bogner Urſprung ber Gefege und. Künfte, 

I. © 326. 
(*) Plin. lib. 16. c. 38. II. p. 32. Ideo fit ut 
aure ad caput trabis quamlibet praelongae ad- 


mota , ictus ab altero capite vel graphäfentig- 
tur, penetrante rectis meatibus ſono. 


Hh 


46 me Sprachrohr · 


ein Dlasinftrument, durch deffen brüflenden 
Ton die Feldhüter das Wild verfcheuchten 
(3), Aber alle diefe Blasinfirumente waren 
eben fo wenig, als bie ungeheuren Trompeten 
der alten Chinefer (4), Sprachrohre, oder 
Werkzeuge, wodurch Worte, nicht bios ein 
$aut, auf eine gröffete Entfernung, als fonft 
moͤglich, nicht, nur gehört, fondern aud) ver« 
ftanden werden fönnen. Diefe Erfindung ges 
hört. bem vorigen Jahrhunderte; ungeachtet 
einige ſchon Spuhren davon bey den Griechen 
zu finden gemeynt haben, | 


Riv 


) Septalit commentaria in Ariflotelis proble» 
mata Lugduni 1632. fol. * p. 206. Lib. 25. 
probl. 2: Si quis in amphorae ufceolo, aut 

angufta illa parte, quam amphorae collum di- 

cimus, impellat vi et impetu aerem et expel- 

lat, fonum producet horridum, ac timorem 
belluis incutientem; tali inftrumento cuftodes 
vinearum et fru&uum, ad avertendas belltas 
utuntur. Hieher gehört auch folgende Stelle 
des Senecaep. 108, die Hr. Prof, Hollmann 
mir zugeiiefen hat, und ole beym erften Ans 

blick faſt von einem Sprachrohr zu reden 
ſcheint: Nam quemadmodum fpiritus nofter 
elariorem fonum reddit, cum illum tuba per 
longi canalis anguftius tractum, patentiore no- 
vilime exitu effudit ; fic fenfus noftros clario» 
res carminis ardta necefltas efhcit. 


(2) Mat fehe die von Renaudot herausgege⸗ 
benen Anciennes relations des Indes, et de la 
en Chinc, 


I Sprachrohr, 457 


ARircher ift, fo viel ich wels, ber erſte 
geweſen, der aus einer fehr alten auf der Was 
ticanifchen Bibliothek vorhandenen Handfchrife 
von Ariflotelis fecretis ad Alexandrum magnum 
befannt gemacht hat, Alerander habe ein ſehr 
großes Horn gehabt, womit er fein Kriegs— 
beer aus einer weiten Entfernung "habe. zu« 
fammen rufen können. Er hat auch die Zeich« 
nung, welche er in der Handfchrift angetrof⸗ 
fen, beygefuͤgt; und dieſes Horn haben viele 
für das ältefte Sprachrohr gehalten (5), ‚aber 
| | | ohne. 

Chine, de deux voyageurs Mahometans, quiy 

allerent dans le nenviemefiecle. Paris 17:8, 
8°" p. 25. Die dafelbft befchriebenen ſehr 

* Trompeten hat Hr: von Zaller in Ele- 
menta phyfiologiae; vol. 5, Laufannae 1763, _ 
4 * p- 263. unrichtig Sprachrohre genannt. 


E) Arsmagna luciset umbrae, Amfelodani. 1677) 
fol. * p. 102. Hernach hat er diefe Nach- ; 
richt In Phonurgia p. 132. mit einigen neuen 
Umſtaͤnden wiederbolet: Aguntur iam complu- 
ra luftra , quibus in bibliotheca Vaticana, hie- 

/. ‚zoglyphicum agens Oedipum, cafu inciderem in 
librum, eui tituluserat: Secreta Ariftotelisad 
Alexandrum M.; ubi inter caetera de cornı 
‚prodigiofo Alexandri M. haec leguntur: Fa- 
ciebat hoc cornu adeo vehementem fonum, 

ut co exercitum fuum ad centum ſtadia (quos 
rum octo, unum milliare Italicum conficiunt) 
disperfum, convocafle perhibeatur; habebat 
autem, ut libellus monftrat , quinque cubitos 


55 2 
J F * 


u t. ‚Sprach cob#, 
ohne Grund, wie id) glaube, Arifotelis [e- 


‚&retum Tecrtoium ad Alexandrum Magnum 
babe id) niemals zu fehen Gelegenheit gehabt ; 
es fcheint nur ein mal gedruckt zu feyn, und 
iſt, wie alle Bücher, die dem Philofophen 
faͤtflich zugefchrieben werden, felten. Cie 
haben fämtlih das Schickſal gehabt, daß fie 
nicht weiter geachtet worden find, fo bald man 
Darüber einig gewefen, daß fie untergefchoben 
worden. Gleichwohl find diefe Bücher alt, 
manche fehr alt,- und wenn man fich bemuͤ⸗ 
hete ihr Alter zu beſtimmen, ſo wuͤrde man 
ſie doch in manchen Faͤllen nuͤtzlich brauchen 
koͤnnen. Morhof hat. von jenem Buche bie 
Ausgabe. gehabt, welche Alexander Achilli- 
nus, ein Arzt, zu Bologna 1516 beforge 
bat, naͤmlich eine lateinifdye Ueberfegung aus 
dem Arabifchen (6). Erwegt man nun was 
diefer und: Kircher daraus anführen, m wird 
man folgende Schlüffe machen. 
| Erfl 
in diametro;-et fulcri fuspendebatur annulo, 
uti ego reor, cuius tamen figuram non defcri- 
bit. Figuram hic appono, prout in dito li- 
bello impreflam reperi, cum epigraphe: Cornu 
- Alexandri Magni. Hier ſcheint es, als ob 
Bircyer dad Buch gedruckt geſehen habe, aber 
in dem zuerft angefuͤhrten Werke ſagt er aus⸗ 
druͤcklich: reperi in antiquiſſimo⸗ codice. 


(*) Morbafi diſſ. de vitro per vocis ſonum ru- 

Ppto, in Differtationibus academicis. Hamburgi 
1699. 4. *p. 384. Man ſehe auch Fabricii 
biblie.:h, Graeca. vol’ z’lib. 3 p. 167. 


% 


* 


u. Sprachrohr. 459 


Erſtlich iſt es gewiß, daß das Buch ſelbſt, 
alſo die ganze Erzaͤhlung, nicht vom Ariſto ⸗· 
teles iſt, wie man denn auch bey denen 
Schriftſtellern, welche des Aleyanders Thaten 
befchrieben haben, nicht die geringfte Erwaͤh⸗ 
nung eines ſolchen Horns findet. Zweytens 
iſt in jenem Pe nicht ausdruͤcklich geſagt 
worden, oaß Alexander durch dieſes Horn 
geſprochen, ſondern nur, daß er damit ſein 
Heer zuſammen gerufen, habe, welches aber 
in den damaligen Zeiten, fo wie in ben jeßi« 
gen, durch den Schall der. Trompeten, oder 


_ Trommeln geſchah. Es fheint alfo, daß ber 


Werfaffers des Buchs, vielleicht ein Araber, 
die Abfiche gehabt hat, daß feine Leſer ſich ein 
ungewöhnlich ſtark und aufferordentlidy weit 
fehallendes Horn. denfen folten. Drittens 
fömt Kirchers Erzählung und Abzeichnung des 


Horns gar nicht mit derjenigen überein, rel» 


che Morhof in des Achillinus Ausgabe ge: 
funden bat. (7)... Endlich viertens ift Feine 
diefer Zeichnungen fo beſchaffen, daß ein dar⸗ 

a nad) 


(7) Morhof führe aus dem Buche Folgende 
Zeilen an: Hoc aenco cornu mirabili artificio 
fabricato Alexander rex magnificusex LX. mil- 
liaribus exereitum fuum convocavit. Quodob 

illius inaeftimabile artifiium et excedentem 
magnitudinem LX viris ‚regebatur. Verum 
multa refonantium metallorum generain eius 
compofitionem concurrebant. - 


553 


460 1. Sprachrohr! 
nach verfertigtes Werfzeug zum Sprechen Dies 
nen koͤnte. 


Wolf und andere Mathematiker haben 
geglaubt, man mürde‘ die vortheilhafteſte Bil- 
dung des Sorachrohrs fiherer durch Werfuche, 
als durch Theorie finden Finnen; man fönte. 
alfo fragen, ob denn nicht jemand ſich ein 
Jaſtrument nad) jener Zeichnung habe machen 
laſſen. Kircher, der viele noch unwahrſchein⸗ 
lichere Vorſchlaͤge verſucht haben will, ſagt 
ausdruͤcklich, daß er dieſen nicht verſucht hat. 
Aber Duhamel (2) erzaͤhlt, ein Franzos ha⸗ 
be ihn verfucht, und wahr befunden, Allein 
diefer Bericht ift nicht viel wert), Da man 
zweifeln muß, ob der Franzos aud) das Werks 
zeug genau nad) der alten Zeichnung habe mas 
chen laſſen. Denn ich Eenne den angeführten 


(°) De corpore animato Hb. 2. e. 4 In Job. Bap: 
du Hamel opera philofophica. Norimbergae 
1681. 2 vol. in 4*Il p. 560; Atque inter 
complura, quae in hanc rem vir clariff. D'A- 
lance facienda curavit, omitti non debet illa, 
quae Alexandro tribuitur buccina, qya exerci- - 
tum fuum alloqui ſolebat. Cuius figura cum 
iam in veteri codice bibliothecae Vaticanae cf- 
fet exarata, atque aBitino defcripta, an euen- 
tu rem ipfanı comprobaret, vir ftudiofißimus 
voluit experiri, et res ipfa bene proceſſit. 
Nam id genus tubae caetera in hancrem fabri 
cata inftrumenta, fi minus fuperare, acquare 
certe videtur. 








1. Sprachrohbn 461 


Bitinum eben ſo wenig, als ihn Morhof kan⸗ 
te, vermuthe aber, ‚‘Duhamel habe den Mar.- 
Bettinum- gemeyne, aber diefer hat nicht die: 
geringfte Nachricht von Aleranders Horn, 
fondern er Fa nur eine Roͤhre vorgefchlagen,' 
deren eine Ende an den Mund des redenden, 
Das andere an das Ohr veffen, der ſchwer 
Böre, gehalten werben foll (9), Dies war! 
alfo vielmehr ein Hörrohr, als Spradjrohr, 
‚ und ganz gewiß iſt jenes ehr als diefes erfunden 
worden. Er Zur 


Denn dasjenige, was man ben Porta 
lieſet, und was viele ebenfals auf ein Sprad). 
rohr haben deuten wollen, ift offenbar nur 
von einem Hörrohr zu verftehn: Sehr guf 
bat diefer aus der Bildung der Ohren, vor« 
nehmlic) derer Thiere, welche ein fdyarfes Ge⸗ 
hör haben, und die, wie er richtig anmerft, 
fehr ſcheu find, den Schluß gemacht, man 
müffe, um in ber Ferne hören zu Eöhnen, eis 
ne Arc eines weiten Trichters ans. Ohr legen, 
fo wie man, um fein Geſicht zu. verftärfen, 
eine Brille brauche (10). Eben ſo richtig 


ver⸗ 


(©) Apiaria univerfae philofophiae‘ mathemati- 
cae, audtore Mario Bettino. Bononiae 1643. 
fol. * Apiarium decimum pag, 3$. 


(€) Magia natural. lib. 20. c, J. P. 653. 


254 


462 | I; Sprachrobr, 


verfichert er, man koͤnne durch eine fehr lange. 
Roͤhre jemanden, der fehr -weir entfernt waͤ⸗ 
re, etwas ins Ohr fagen (u), und en habe 
felbft den Verſuch auf 200 Schritte angeftel. 
let. Schwenter, der vor. Befantwerdung 
des eigentlichen. Sprachrohrs ſchrieb, hat bey 
des Porta Borfchlag ebenfalls nur an ein Hoͤr⸗ 
rohr gedacht, an deſſen eine Ende das Ohr 
angelegt werden follte (12), | 


Um die Erfindung des eigentlichen Epradh« 
rohrs haben in neuern Zeiten der Engländer 
Samuel Morlend und. Rircher geftritten. 
Jener gab 1671 eine befondere Beſchreibung 
‚heraus, nachdem er ſchon das Jahr vorher 

| mans 


(9) Lib, 16. e. 12. p. 568: Per tubum amicis 
‚. omnia fignificare. Poterimus, fit tubus fidi« 
lis, fed melior plumbeus, vel ex aliqua mate- 
ria optime claufus, ne vox longitudine exina- 
niatur;; nam quidquid loqueris ex una parte, 
vox incorrupta integra, ut ex ore loquenti⸗ 
prodit, ita adalterius aures pervenit, quod 
enim per aliquot milliaria fieri poſſe non dubi- 
. „to. Vox non divulfa, non difipata per lon« 
- giffimum intervallum ferturintegra. Nos per 
bis centum paflus experti fumus, cum alia com- 
moditas non daretur, et verba ita aperte et 
clara exaudiebantur, vt per os loquentis pro- 
lata erant. 


C?) Marhematifche Erquickſtunden I ©. 243. 
IV Aufg. 18. | 


+ 


a. Sprachrohr. 463 


mancherley Verſuche darüber angeſtellet hatte, 
Sein Werkzeug glich einer weiten Trompete, 
die er anfaͤnglich aus Glas, hernach aus 
Kupfer, mit allerley Veraͤnderungen machen 
ließ. Er ſtellete damit, in Gegenwart des 
Koͤnigs, des bekanten Prinzen Robert und 
vieler andern Perſonen, Verſuche an, welche 
alle die Wuͤrkung bewunderten (3). —— 


Als die Nachricht von dieſer Erfindung 
ſich uͤber ganz Europa verbreitete, behauptete 
Kircher, er habe, vor Morland, Sprachrohr 
ve verfertigt, und berief ſich deswegen. Fed 
Br ee De eine 


(®) An account of the fpeaking trumpet, as 
it hath been. contrived and publifhed by Sir 
Sam. Morland Knight and baronet; together 
with its ufe both at fea and land. London 1671. 
Ein Auszug ſteht in Philofoph. transadtions, 
n. 78 pag. 3056. Eine vollftändige Ueber⸗ 

ſetzung fteht in Recueil des memoires et con; 
ferences fur les arts etlesfciences, pendant 
l’annte 1672; par J. B. Denis. Um denen, 
welche diefe Ueberfegung zu leſen wünfchen‘, 
eine Mühe zu erfpahren, merte ich an, daß 
jene Memoires als eine Ergänzung des lour- 
nal des fcavans, welches von 1672. bi8 1674 
unterbrochen worden , indie hollandifche Aus» 
gabe deffelben eingeruct find. Wollte man 
jene Ueberfegung, etwanach Mufchenbro:f’& 
Anführung, im lournal des fcavans fuchen, 
und näbme die Pariſer Ausgabe in Quart, 
fo würde man fie dafelbft nicht finden. 


555 


464 rn. Sprachrobe. 2 


feine älteren Schriften und auf Zeugniffe an- 
derer Schriftfteller. Ich will von jenen zuerft 
reben. Die Ars magua lucis et umbrae iff 
zum. erftenmal 1643 gedruckt worden ; wenig« 
ſtens ſchließe ich dieß daraus, weil in der 
Vorrede der 1673 gedructen Phonurgiae ges 
fagt wird, jenes Werf fey damals ſchon vor 
30 Jahren ausgegeben worden. "Die andere 

Ausgabe ift von 1671. in diefer finde ic) 
tur ©. 102 die fhon angeführte Nachricht 


von Alexanders Horn, und eine Zeichnung. 


von einer Röhre, die fo wie die, welche Det 
tinus angegeben bat, ans Ohr deffen, ber 
hören foll, und an den Mund des redenden ges 
fegt werden follte. | | | 
’ Mehrere Gründe für Kirchers Behaup⸗ 
fung enthält allerdings die Mufurgia, die 1650 
gebrude it (19), Im zweyten Theile S. 
303 befdjreibt er, wie man einen Trichter 
dergeftalt in einem Gebaude anbringen koͤn⸗ 
ne, daß. man in dem Zimmer, wohin die 
enge Defnung deffelben geleitee ift, hören 
fönne, was auſſer dem Gebäude oder in ein 
nem andern Zimmer, woſelbſt nämlich die 
weite Defnung des Trichters befindlich ift, 
geredet wird, Er hat eine Zeichnung beyges 
füge, geftehe, daß er durch die Einrichtung 
= des 


("*) Mufurgia vniverfalis five ars magna confo- 
ni et difloni. Romae 1659. fol, * 


‘ 1 
r. Sprachrohr. 465 
des befannten Gebäudes des Dionyfius (15) 
auf diefen Vorſchlag geleitet fen; fagt aber’ 
| | niche 


() Unter den AUlterthümern von Syrakus in 
Sicilien bewundert man vorzüglich Kammern 
und Gänge, welche in einem feften Selfen 
eingehauen find, und befonderd8 eine weite 
Grotte, aus der ein Erummer Gang oder Ca⸗ 
nal, der oben allmälig enger wird, in die 
‚Höhe geht. Man har cine alte Sage, dag 
dieß ein Gefangniß gemwefen fey, welches der 

' berüchtigte Tyranın, Dionyſius für , feine 
Staarsgefangene habe bauen laffen, damit 
er in feiner Wohnung , weiche über der engen 
Defnung des Canals geitanden haben fol, 

alles bören-und verfichen könne, mag dic Ges 
fangenen etwa unter einander reden oder bes 
ſchlieſſen möchten. Man nennet deswegen 
diefe Grotte Orechio diDionyfio, oder la'grotta 
della favella, auris Dionyfi. Ehemals haben , 
viele Reifende fi und andern einygebildet, alg 
fen jener Canal eine kuͤnſtliche Nachabmung 
des menſchlichen Ohrs, und zwar degjenigen 
Theils, den man die Schnecke nennet, wel 
che der Pythagoraͤer Alcmäon zuerft bemerkt 
haben fol. So ftellet noch Kircher die Sache 
vor in Phonurgia p. 82, wo man auch eine 

. Zeichnung finder; er ift im 9. 1638. felbft 
dort geweſen. —— 


Aber in neuern Zeltenjbaben Männer mit 
weniger Borurtheil, hingegen mis mehr Kent 
nig und Gcharffinn die Grotte unterfucht ; 
und ſeitdem ift das vermennte Wunder viel. 
verringert worden. Der Felſen iſt ein Kalk» 
fein, wenigftens fehlieffe ich die? daraus, daß 
Brydone darin überall Berfteinerungenan a 

e 


466 1. Sprachrohr, 
nicht ausdruͤcklich, daß er Damals ſchon ein fol» 


ches würflid irgendwo angelegt gehabt; uns 


Head)» j 
Die Steine, woraus Syrakus gebauet wor. 
den, find von diefem Felſen gebrochen worten, 
und eben dadurch find jene Weltungen oder 


Kammern entjtanden, dergleichen man neben 


miehrern alten und neuen groffen Städten an⸗ 


B 


— 


’ 


geweſen, nicht bemerken fönnen , wierr aus⸗ 
druͤcklich wider feinen Ocdensbruder in Magia 


trift; z. B. neben Rom, Meapel, auch bey 
Maftriche: Manche find mie der Zeit zu 


* Gefängniffen , manche zu Gräbern angewen⸗ 


bet worden. Der Canal, den man zu fehr ber 


wundert bat, iſt nicht eigertlich ſchneckenfoͤr⸗ 
mig, und ift von der Befchaffenheit, daß er 


gar mohl ein Einfall oder Spielwerk derer 
Arbeiter, welche die Steine gebrochen haben, 


ſeyn fann Die Verdoppelung des Schalls, 
welche Kircher in der Grotte gehört zu ha⸗ 


ben verfichert, hat Schott , der 1645.dort 


natural. II. p. 120. meldet. Unter den Nach» 


richten, die vom Dionyſius vorhanden find, 


mird zwar eines erftaunlichen Gefaͤngniſſes 


“ gedacht ‚weiched Cicero in der fünften Rede 


wider Verres K. 27. gut befchrieben bat. Lau- 
tumjas Syracufanas omnes audiftis, plerique 
noftis. Opus eftingens, mägnificum, regum 
actyrannorum ; totum eft ex faxo in mirandam 
altitudinem depreſſo, et multorun operis pe- 
nitus excifo; nihil tam claufum ad exitus, ni- 
hil tam feptum undique; nihil tam tutum ad 
cuftodias, nec fieri, nec cogitari poteſt Aber 
unerweißlich, und nach des D'Orville Urrbet- 
le, unmabrfcheinlich iſt, daß eben jene Grot⸗ 
te ein Werk dicfes Tyrannen fey; der zu dem 


„ ganz andere Mittel, gefährliche Perfonen zu 


behor⸗ 


- 


1. Sp r achrobr. 467 


geachtet er auf der vorlegten Seiten der Vor—⸗ 
rede zur Phonurgia vorgiebt, er habe jene 


Bor 


beborchen, brauchte, die Plutarch im Leben 
des Dion aufgezeichnet hat. Vulgus tyran- 
ni amicos adortum eſt, et quos appellabant 
emiflarios (veosayayidzg), nefarios homines 
et diis inyifos, corripuerunt; hi permilli ci- 


vibus urbem peragrabant, rimantesque ad ty- 


rannum referebant fingulorum mentes et vo- 
ces. — Alfo fchon Parifer mouches! — Nur 
wegen der Feſtigkeit und mübfamen Anlage, 
nicht wegen einer fo ſehr Fünftlichen Einrich- 
tung, bewunderten bie Alten das Gefaͤngniß 


des Tyranıten. Jetzt foll die oͤbere enge Oef⸗ 


nuug verfchüttet ſeyn, und ohnehin ift fie fo 
hoch; daß nur ein englifcher Schiffkapitain 
vor einigen Jahren Much und Luft gehabt 
bat, hinauf zu Elertern.. Da diefes fo genann⸗ 
te Ohr des Dionyfius oft angeführt wird, fo 
wird vielleicht einigen Leſern nicht unange⸗ 
nehm ſeyn, bier die Schriftſteller angezeigt 
zu finden, twelche davon ausführlich und als 
Augenzeugen gehandelt haben. Petri della: 
Dalle Reifebefchreibung. Genf 1674. fol * 
1V. ©. 214. Travels by fohn Ray. London 
1738. 2 vol. in 8. I pı 245. (des Hrn. von 
Riedeſel) Reifen durch Sicilien und Griechen» 
land. Zurich 1771. 8. *6. 89. Brydone 
Reiſe durch Sicillen und Malta, Reipz. 1774+ 
2 Theile ing * I ©. 231, 233, 234. Delle 
antiche Siracufe, volume primo, che contiene 
i due libri da G. Bonunni. — volume fecondo, 
che contiene gli ferittori anteriori ab Bonanni, 
In Palermo 1717. fol. * Daniel Bartolo del 
{uono e de’ tremori harmonici. Bonon. 1680. 


4, welcher die Sache als Naturforſcher un 
| | tr 


458 I» Sprachr ohr. 


Vorrichtung ſchon 1649. im Jeſuiter⸗- Colle⸗ 
gium wuͤrklich machen laſſen. Aber geſetzt, 
daß letzteres wahr ſey, ſo wuͤrde man ihm 
doch desfals nur einraͤumen koͤnnen, daß er 
ſchon damals der Erfindung des Sprachrohrs 
nahe geweſen ſey, aber doch eigentlich an die 
Verſtaͤrkung des Gehoͤrs, nicht der Sprache, 
gedacht habe, und daß demnach nur halb wahr 
fen, was er 1673 in der Vorrede drucken lafe 
fen, daß er bamals ſchon vor 20 Jahren bie 
Trompete bes Engländers in der Mulurgia bes 
ſchrieben habe. 


In der Phonurgia (16) aber, melde, 
nachdem ſchon Morlands Schrift überall bee 
kant war, gefchrieben ift, handelt Kircher ale 
ferdings S. 111 von dem eigentlichen Sprach⸗ 
rohr, und fagt nur, er fen durch die Aehn⸗ 
lichkeit der Schallftrahlen mit den Licheftrählen 
auf den Einfall’gerarhen, jene, ſo wie Diefe, 
durch Werkzeuge auf eine groffe Entfernung 

zu 


terfuche hat. F. P. D’Orvilie Sieula. Amfte- 
lodami, 1764. 2 vol. fol, * I p. 182, 194, der‘ 
eine doppelte Zeichnung Tab. 15 gegeben, 
und die Meberlieferung als Gefchichtforfcher 
beuetbeilee bat: — Uber niemand leugnet, 
daß diefe Grotte allenfalls den Dienft, den 
man ibr zufchreibt, bätte thun Fönnen, und 
gern will ich alauben, . daß fie den Kiecher 
auf die Erfindung ded Hoͤrrohrs geleitet habe. 


(°) Phonurgia nova. Campidonae. 1673. fol.® 


Er Sprachrohr. 49 


gu verbreiten. Er habe darauf ſchon vor 24, 
Jabren im Jeſuiter⸗ Collegium zu Rom ein 
Hoͤrrohr machen laffen, durch welches ber 
Thürhürer ihm, wenn er in feiner Stube im 
öbern Stockwerke fey, was er wolte, fagen 
fönne. Diefe Einrichtung habe viele Fremde 
herbey gelockt, weldye foldye bewundert hätten. 
Daben ſtellet er alles fo vor, als ob diefes ſchon 
das eigentliche, Sprachrohr gemwefen ſey, und 
füge nur hinzu, daß man zugleich auch über 


die dadurch bemwürfte ungemeine Verftärfung 


. der Sprache erftaunt ſey. Eben deswegen 
fey ihm der Wunſch angefommen, einmal 
zu verfuchen, auf welche Weite man durch 
ein folhes Rohr vernehmlicdy reden fönne, 
Dazu babe er in demfelben Jahre, als er 
die Phonurgia gefchrieben, Gelegenheit erhal 
ten. Don einem auf einem Berge liegenden 
Kiofter rief er 2200 Menfchen aus einer Ent. 
fernung von 2 bis 5 Italieniſchen Meilen zum 
Gortesdienft zufammen, fang aud) durch das 
Rohr Litaneyen. Bald darauf habe der Rays 
fer ein Rohr nach Kirchers Angabe machen 
laffen, durch. welches er, ohne Anftrengung 
der Stimme, von Ebersborf bis Meugebeu 
- habe verftanden werden koͤnnen. So nahe 
alfo auch Kircher der Erfindung des Spray. 
rohrs gemefen iſt, fo fcheint doch aus feinen 
eigenen Schriften nicht erweislidy zu feyn, 
daß er folches eher als Morland angegeben 
| und 
EN. 


J. 


— 


470 Sprachrohr oo 
‚ und verfucht habe, Nun will ic) auch bie Zeu⸗ 
- gen, welche er für fi) anführe, abhören. 


: x Alnter diefen würde Schott der wichtigſte 
feyn, meil er feine Magia naturalis (17) fihon, 
1657, alfo vor Morlands Erfindung, bere 
aus gegeben hat. Aber alles, was man in 
diefer finder, betrift allein das Hörrohr, wie 
denn auch die Zeichnung aus der Mufurgia 
eingerückt ift ; doc) erfährt man hier zuverläfe 
fig, daß Kircher ſchon damals jene trichter⸗ 
förmige Roͤhre in feiner Stube gehabt hat. 
Anwahrſcheinlich ift es alſo wohl nicht, daß 
et einmal den. Verſuch gemacht hat, aus fei- 
ner Stube dem Thürhüter zu antworten, und 
daß er dadurch die Verſtaͤrkung der Stimme 
| * he⸗ 


c) Schotti magia uniyerfalis naturae et artis. 

Herbipoli. 1657- 1659 2 vol 4* Ip. 156: 
Hoc machinamentum excogitatum fuit a Kir- 
chero occafione auris Dionyfii. — Nec mera 
eſt etinanis fpeculatio, fed effeftum infallibi- 
lem habet machina. Nam Kircherus Romae 
curavit fibifieri ex laminis ferreis flanno ob- 
ductis, ingentem et longifimum tubum retum 
inftar infundibuli, eumque intra conclave cubi- 
culo fuo conterminum ita dispofuit, ut orifi- 
cium maius promineret intra hörtum collegü 
Romani, minus orificium intra cubiculum fuum 
defineret. Quoties igitur ianitor collegii eum 
ad portam evocare valebat , ne ſemper afcen- 
dere, aut altumclamare cogeretur, verſus pa- 
tulum infundibuli orificium fe vertebat et quae 


vellet Kirchero inſinuabat. 


| I. Sprachrobt. 4771 


bemerkt hat; denn noch iſt aus Schott nicht 
erweislich, daß er damals ſchon ein tragbares 
Sprachrohr gekant und gehabt habe. 

Der andere, auf den ſich Kircher beruft, 
iſt Harsdoͤrfer; aber auch dieſer redet nur 
von Röhren, die dicht an Mund und Ohr an 
gebracht werden follen, und dabey beruft er 
fid) auf die Mufurgia, ohne des eigentlichen 
Sprachrohrs zu gedenfen, da doch der zweyte 
Theil der mathematiſchen Erquickſtunden 
1677 und der dritte erft 1652 gedruckt ift (18). 
Auffer diefen Zeugen führe Kircher auch Zr- 
chinardi difcurfus de ſono pneumatico p. 10. 
an. Ich kenne diefes Buch nicht; aber da 
es nur Die Mulurgia anführe, fo enrfcheider es 
nichts ; fo wenig als Derham (19), der die 
Erfindung feinem Landsmann abfpricyt, und 
fiedem unfrigen zueignet. 

Wenn ich num alles, was fih für Kircher 
fagen läßt, zufammen nehme, fo ſcheint nur 
fo viel fiher zu feyn, daß er das Hörrohr ehr, 
als das tragbare Sprachrohr gefanf und ges 

F | Ä braucht 


) I. ©. 152. und. III. S. 300.. 
) Phyſikotheologie. Hamburg 1732. 8 * 
S. 257. | 


472 — Sp rachrohr. 


‘braucht hat; daß er zwar der Erfindung des 
letztern fehr nahe! geweſen, aber . wenigftens 
folches niche vor Morland : habe machen laſſen; 
. daher denn dem Engländer die Ehre gebührt, 
daß er zuerft den Einfall gehabt, es zu-einem 
“ernfthaften Gebrauche bequem zu machen. 
So entſcheidet auch der Seht de Lanis dies 
fen Streit 0). 


Als Morlands Erfindung in Feentrih 
bekant war, erfuhr man, daß Salar, ein 
Auguſtiner Moͤnch, ſchon ſieben oder acht 
Jahre vorher dergleichen, Roͤhren ober Trom: 
peten habe machen laffen, um die Stimme di 
‚nes ſchwachen Baffiften dadurch zu verftärken; 
er geftand aber felbft, daß er dabey nicht die 
Abſicht gehabt, durch diefes —— in der 
Ferne zu reden —— 

gm 


>) Magifterium naturae et artis, Brixiae 1684- 
1692: folk * II p. 436: ‚At nofter ‚Kircherus 
in Phonurgia inventum illud iure Gbi tribuit, 
utpofe pluribus ante annisa fe non modo ex- 
hibitum’ in Corollario Romano, verum etiam 
typis cömmiffum ; quod -fane ita effe nos ipfi 
teftes fumus oculati, quamvis, ut verwmfatear, 
'nullus ante memoratum Anglum infrumentum 
illud locutorium ad ufum illum, faltem.adeo 
perfe&tuni revocavefity quem deinde apıidre- 


eentiores obtinere coepit, 
dr 4 4 


ii, 


ei) Mohr des — tome III. wi ber 
angeführten Ausgabe S. 126, 


“ 


a. Sprachrohr. 473 

In Teutſchland ward dieſes Werkzeug 
bald in Nürnberg zum Verkaufe gemacht, fon 
derlich von dem.befanfen Kuͤnſtler Gründler, 
deſſen auch Becher (22) gedenkt, welcher 
ſich aber eingebildet hat, daß zwo Perſonen 
durch Huͤlfe eines Sprachrohrs und Hoͤrrohrs 
mit einander in weiter Entfernung reden koͤn⸗ 
ten, ohne daß andere in ihrer Rachbarſchaft 
‘oder in dem Zwifchenraum etwas davon hören 


koͤnten. 


Von denen, welche ſich mit der Verbeſſe⸗ 
rung dieſes Werkzeugs bemuͤhet haben, will 
ich nur folgende nennen. Caſſegrain, eben 
derjenige, welcher wegen der optiſchen Werk⸗ 
zeuge bekant iſt, ſchlug ſchon 1672 derglei— 
chen vor (3), hm folgte Sturm (24), 
Nachher haben Conyers, (2°), Haſe und 
andere nod) andere- Vorſchlaͤge gethan ( 26), 
Der legte, der die Theorie der Sprachrohre 
a — unter⸗ 


" >). Näcrifche Weisheit ©. 37. 
Eꝝ) lournal des fcavans a.a. O. S. 131. 


A4. Sturm‘ collegium experimentale five 
curioſum. Norimbergae, 1701. 4 * 11p.146, 


E) Philofoph. transadı. 


- 


(°) Differt. de tubis ftentoreis. Lipfiae 1719, 


tg 


(474 a. Sprachtrohr. 


unterſucht hat, iſt Lambert (27), nad) 
deſſen Urtheil die Figur eines abgekuͤrzten Ke⸗ 
gels, wo nicht die beſte, doch wenigſtens eben 
ſo gut iſt, als jede andere, welche man ſtat 
ihrer moͤchte waͤhlen koͤnnen. 


7) Memoires de |’ academie des ſciences a Ber- 
lin. annee 1763. pag 87. Man vergleiche 
auch de la Ehapelle Abhandlung von den Kes 
gelfchnitter, überfegt mie Anmerfungen von 
7.2. Böockmann. Carlsruhe 1771. 3* 8.217. 


ee ee 


2 


gi Lehrer der Diplomatif nennen, auffer 
» den Metallen, noch) fünferley Materias 
‘lien, worinn man bisher‘ Eiegel oder Pete 
fchafte abgedruckt, oder womit man Briefe 

und andere Sachen verfiegelt bat, nämlid) 

Siegelerde, Kütt, Kieifter, Wachs und Sies 
gellack C). Die Eiegelerde war ſchon bey 
den Aegpptiern gebräuchlich, und fcheint des: 
‚wegen diejenige Materie zu feyn, . 

en aller» 


(*) Gattereri elementa artis diplomaticae. Goet- 
tingae 1765.4* p. 285. 


\ 


2, Siegellad.- 475 


allererft zum Biegeln angewendet worden 
ift (2). Die Aegyptiſchen Priefter banden 
an die Hörner des zum Opfer tüchtig bes 
fundenen Viehes ein Stuͤckchen Papier, kleb— 
ten daran etwas Giegelerde und drückten bar. 
auf ihr Siegel, und nur ein ſolches Vieh 
durfte geopfert werden 3) Beym Lucian 
käßt ein Wahrſager dasjenige, mag jeder von 
ihm fragen will, auf ein Zettel fchreiben, fol. 
ches zufammenlegen, und. mit Wachs oder 
Siegelerde oder womit jebweder will, verfien . 
gen. (9. Eine folhe Erde fcheine fo gar 

| noch) 


) Sonderbar ift es doch, daß Piniug den: 

Aegyptiern den Gebrauch der Giegel abges 

ſprochen bat: Non fignat Oriens aut Aegyptus 
etiam nunc, litteris contenta folis /;b. 332. 
1 edit. Hard. II. p. 604; da doch Herodot 
und andere daß Gegeniheil bemweifen, wie 
denn auch Moſes von dem Giegelvinge des 
Pharao redet. S. Boguer J &, 56. 


—* 


is , 


) Herodot. lib.. 2 c. 38. edit. Francofurti 1608. 
fol, * p. 104.: Bovem, fi fuerit his omnibus 
mundus, notatalligato cornibus byblo; deinde 

‚ applicita terra figillari annulo imprefla, abdu- 
citur -- eyualvras Pußru mei TA xboex 
erlssuv.  xoy Freita av eyuavreliz Emımıda 
025, smıßhrrsı Toy Ixnurirov. 


(*) Lecianus in Pfeudomant. Nach der Bafes 
ler Ausgabe von 1563 in 4 Duodezbänden , 


| I. p. 
Si 3 


46. 2 Siegellad, 


noch von den Byʒantiniſchen Kayfern zu Sie. 
geln gebraucht zu ſeyn; ‚denn auf ber zweyten 
Nicaͤniſchen Kirchens Verſamlung wolte jemand 
dadurch den Bilderdienſt vertheidigen, daß 
er erinnerte, niemand glaube, daß derjenige, 
weicher vom Kayfer einen Befehl erhielte, und 
das Siegel verehrte, deswegen die Giegelerde 
oder das Papier oder das Bley andere (5% 
Aber ob Ya onwarrgıs des Herodots und 
enAos des Lucians und: der Byzantiner eis 
nerley Erde geweſen ſey, iſt wohl eben ſo we⸗ 
nig mit Gewißheit zu entſcheiden, als die 
Frage, ob von beyden die creta, welche von 
einigen lateiniſchen ESchriſtſtellern als eine 
Siegelerde genant iſt, verſchieden ſey. 


Cicero 


Ip. .527: Jufit ut quisque quod videretur, 
quodque maxime difcere vellet; id in libello 
confcriberet, eumque obvinctum, cera argil- 
ve, aut fimili re quapiam obfignaret. _ 
Rıfrlov Eyyekbavrı, naraifaben ri, wa) 

— — — POTT „ zur 4 RAM. Toro 


() Is qui —— imperatoris fuscepit, et fa- 
lutavitfigillum, non lutum adoravit, aut char- 
tam, aut plumbum, fed imperatori, adoratio- 
nem et cultum impendit.. Ö xirsusw Pası- 

. Arwg Gesäpevos; nal domaszuevos au edex- 
yldz, H Tov muR0V Eriunde , Yruv xderw, 
4 rev werußlov, ar2 — Al, 4. ap. Bin. 
tom, 3. Concil. part. I, p. 356. 


% 


i 


2, Siegellad 47 
Cicero erzählt, Verres habe bey einem 
feiner Bedienten seinen Brief, der zu Agrigent 
in Sicilien gefchrieben worden, geſehn, und 
auf der Eiegelerde, in cretula, ein Siegel 
bemerft, welches ihm fo -fehr gefallen habe, 
daß er den GSiegelring dem Eigenthümer babe 


wegnehmen laſſen (2). Weil inzwiſchen ei⸗ 


nige nicht in cretula, ſondern cerula leſen, 


ſo will ich eine andere Stelle, welche ſicherer 


und“ lehrreicher iſt, anfuͤhren. Als Cicero 
den Slaccus vertheidigte, zeigte.er-ein in. Aſien 


‚ausgeftelletes Zeugniß vor, und bewies deffen 


Aechtheit damit, daß es mie Afiatifcher Sie— 


gelerde verfiegelt war, womit, fagte er zu ſei⸗ 


nen Zuhörern, wie ihr täglich fehet, alle oͤf— 
fentliche und Privat-Briefe in Aſien geſiegelt 


werden; dagegen erklaͤrte er das von dem Ans 


klaͤger beygebrachte Zeugniß für, falſch, meil es 
mie Wachs verfisgele war, alſo nicht in 
min A Afien 


© Cum-Valentino eins interpreti epiftola Agri- 
gento allata eflet, caſu fignum ifte aniadver- 
‚tit in cretula, placuit ei; exquifivit : unde ef- 
fet epiftola; refpondit, Agrigento; iftelitteras 

, ad quos folebat, mjfit, ut is annulus adfe pri- 
mo quoque tempore aflerretur;; ita litteris ifti- 
us patrifamilias L. Titio cuidam, civi R. an- 
nulus de digito detradtus ef, Orat. in Ver- 
em 4. c. 9. 


314 


478 2. Siegellak | 


Aſien ausgeſtellet ſeyn konte (7). Der 
Scholiaſt Servius erzaͤhlt, eine Sibylle habe 
von Apollo die Verheiſſung erhalten, fo lan⸗ 
ge zu leben, als fie nicht die Erde der Inſel 
Erythräa, wo fie wohnte, ſehen wuͤrde; fie 
fey alfo weggezogen, fey alt und Fümmerlich 
geworden, aber endlid, als fie einen nut 
Erpthräifcher Kreite verfiegelten: Brief erhal 
ten, bey Erblidung des Siegels geftorben 
2) Mehrere Nachrichten babe ic) von diefer 
Siegelerde nicht auffinden Eönnen. 


Nie: 


(”) Haec 'quae a nobis prolata laudatio, obfig- _ 
nata eratcretailla Afiatica, quae fere eſt omni- 
bus nota nobis, qua utuntur omnes non mcdo 
in publicis, fed etiam in privatislitteris, quas 
quotidie videınus mitti a publicanis, faepe 
unicuique noftrum, neque enim teftis ipfe, 

ſigno inſpecto, falfum nos proferre dixit, fed 
levitatem totius Afiae protulit, de qua noset 
libenter et facile concedimus. Noftra igitur 

laudatio — — confignata cretaeft; in illoau- 
teın teftimonio, quod accufatori dicitur datum, 
ceram eſſe videmus. Orat. pre Flacco c. 16. 


E) Sibyllam Apollo pio amore dilexit, et ei 
obtulit pofcendi, quod vellet arbitrium. Illa 
haufit arenam manibus et tam longam vitam 
popofeit. Cui Apollo refpondit, id fieri poffe, 
fi Erythraeam, in qua habitabat, infulam 
relinqueret, eteamnunguam videret, Profecta 
igitur, Cumas temuit; et illic defe&ta corporis 
viribus, vitam in fola voce retinuit, Quod 

cum 


2. Siegellad. 479 


Niemand wird vermuthen, daß fie eben 
diejenige Erde geweſen fen, der wir jet den 
Namen Kreite geben; fondern fie muß, fals 
fie eine natürliche Erde gemwefen iſt, thonichter 
Art gewefen feyn; denn nur Thon nimt eit 
nen Eindrud an, und behält ſolchen, wenn 
er durch Austrocknung erhärter if. Daß auch 
die Lateiner unter dem fonft unbeftimten Mas 
men creta oft einen Thon verftanden haben, 
beweiſen viele Stellen ihrer Schriften. Co- 
Iumella (9) redet von. einer: Kreite woraus 
Weinfaͤſſer und Scüffeln gemacht wurden; 
Virgil (9) nennet fie zäbe, und die alten 
gehrer der Sandmwirthfchaft geben dem Mergel, 
womit ſchon fie den Boden verbefferten, eben 
diefen Namen (u). Nicht weniger gewiß 
ift, daß aud) wnAos eine thonichte Erde be 
Ä Deus 


cum cives eiuscognoviffent, five invidia ‚five 
cominiferatione commoti, ei epiftolant mife- 
runt creta antiquo more fignataın, qua viſa, 
quia erat de eius infula, in mortem foluta eft. 
Serv. ad lib. 6 Aeneid, p. 1037. | 


(2) lib. 12 c. 43: ex ea creta qua fiunt ampho- 
rae, lata vafa in modum patinarum fieri jubebat. 


(°) Georg I. v. 179: et creta folidanda tenaci. 


(") Yarro 1,7, 8: creta foflicia, qua ftereo- 
rantur agri, 


3. 


40 2. Sie gellack. 


deutet. Will man ſich desfalls nicht auf unſe⸗ 
re Woͤrterbuͤcher verlaſſen, ſo darf man nur 
die Griechiſchen Landwirthe nachleſen, welche 
von aggayeı mnAD deyıAAmdsı reden (1*). 
Daß aud) mandye Thonarten, ohne gebrant 
zu werden, ein eingebrüdtes Siegel lange be. 
halten fönnen , bemeifen die gefiegelten Erden, 
welche wir in unſern Apotheken und Minero- 
u: PER aufheben. 


Aber bey allen dem bleibt mir doch die 
Vorſtellung dunkel, wie man Brieſe mit 
Thon verſiegeln konne, indem dieſer weder 
auf Seinen, woraus man in alten Zeiten die 
Umſchlaͤge der Briefe machte, noch auf Pers 
gament feft genug haftet, fehr dick aufgetras 
geh werden muß, mern der Abdruck Fentlich 
feyn fol, ungemein langfam trocknet, leicht 
durch. Naͤſſe wiederum zergeht, und menig« 
ſtens auf unſern Poſten zerſtaͤuben wuͤrde, ehr 
ein Brief von Hamburg nach Altona kaͤme. 
Nun will id) gern glauben, daß die Bothen 
der Römer mit den anverfrausten Briefen, 
vorfichtiger und vernünftiger umgegangen find, 
‚als jegt auf den Poften gewöhnlich if; aber 
eine Reife von Afien nad) Kom ift auch viel 
weiter als die von Hamburg nach Altona. 


Sollte 


('*) Geopon. X, c. 75, 12, Und IX. c. 10,]4- 


2. SiegellaE. 7 


Sollte wohl die Benennung: Aſiatiſche 
Kreite, creta Afıaticı, eben fo wenig Grund 
haben al: les Spanifches Wachs, cera 
Hifpanica ? Sollte jene vielleicht nur eine Ark 
eines - groben Fünftlichen Kuͤtts beoeutet ha— 
ben? — Hierauf Fönten diejenigen antwors 
ten, die figilla cretacea in Antiquitäten, Sams 
lungen zu unterſuchen, oder nur zu fehen 
Gelegenheit - hätten: Man verfichere, daß 
dergleichen noch vorhanden ſeyn follen; we« 
nigſtens findet man bey Sicoroni (3 ) fechs 
Siegel abgebildet, von denen er meldet, daß 
fie. aus dieſer Kreite beftünden, Aber zur 
Aufflärung meines Zweiſels finde ich nichts 
bey ihm; er meldet nur, Daß einige dieſer 
Siegel weiß, andere aſchgrau, andere roth, 
“andere braun wären. Sie fcheinen alle in 
bleyernen Kapfeln eingefchloffen zu ſeyn. Könte 
man bemeifen, daß jeder ‘Brief mit einem 
Faden ummidelt, und biefer nad) Art der 
den Diplomen angehenften Siegel, durdy die 
Kapfel gezogen wäre, fo würde die Schwie— 
rigfeie, die ich bey dem Gebraudye zu finden 
meyne, verfchmwinden (14), Bedenklich ift 

mirs 


(3) 7 piombi antichi opera di Francefeo de 
Ficoroni. In Roma 1740 4” p. 16: Si- 
gillidicreta, tanto piu curioſi, quanto piũ rari. 

E) Heinecciug und andere haben ‚geglaubt, 

“ Die amphorae vitreae diligenter gypfatae bey 

| pi, 


482 2. Sie gellack. 


mirs auch, daß weder Theophraſt noch Plini- 
us der Aſiatiſchen Kreite oder einer Sicgeler⸗ 
de unter den Erdarten gedacht hat, da doch 
beyde ſehr ſorgfaͤltig alle Arten, welche wegen 
irgend eines Gebrauchs merkwuͤrdig waren, 
genannt haben. 


In Europa iſt, ſo viel man weis, ſeit 
den aͤlteſten Zeiten überall Wachs zum Wer 
ſiegeln gebraucht worden; nur darüber find 
die Dipfomatifer nicht einig, ob zu den Die 
plomen das gelbe ober weiffe Wachs zuerft 
gebraudyt worden; aber wegen bes geringern 
Preifes werden wenigſtens Privarperfonen das 
erite zuerſt, und wohl aflezeit am meiften, 
gebraucht haben. Es würden auch vermuth» 
lic) die Siegel der Diplome dauerhafter ge 
wefen fern, wenn fie alle aus gelbem Wachfe 
beftanden hätten; denn es iſt gewiß, daß das 
weiſſe, weldyes einen groffen Theil feines brenn. 
. baren Wefens verlohren hat, ungleich bruͤ— 
iger und vergänglidher it. Es fan. auch 
ganz wohl feyn, daß manche Siegel jegt für 
‚ weiß angefehen werben, die anfänglid) gelb 

| gewe⸗ 


Petronius K. 34,6. waͤren verſiegelt geweſen; 
aber es iſt wohl wahrſcheinlicher, daß fie nur 
mit Gyps aus eben der Urfache übergoffen 
oder vermacht gemefen, aus welchen wir Sla- 
— verpichen; wenigſtens lehrt jene Stelle 
nichts. 


2. Siegellat 488 


geweſen ſind; denn nicht allein das ſehr ſtark 
gebleichte Wach⸗ nimt mit der Zeit wieder ei⸗ 
ne ſchmutzig gelbliche Farbe an, fondern auch) 
das gelbe verliehre, durch die Laͤnge der Zeit, 

fo viel von feiner Farbe, daß es jenem zuletzt 
faft gleich wird, Vielleicht wird hieraus ber 
greiflich, warum die alteften Siegel aus weife 
fem, und die fpätern aus gelbem Wadıfe ge⸗ 
macht zu feyn feheinen. Doch dieß find Ver 
muthungen, welche ic) den gelehrten Diploma 
tifern mit Beſcheidenheit anbiethe. 


Mit der Zeit faͤrbte man das Siegelwachs 
roth, und weit ſpaͤter, wenigſtens in Teutſch⸗ 
land nicht vor dem vierzehnten Jahrhunderte, 
auch gruͤn, zuweilen auch ſchwarz. Ich fin 
de angemerkt, daß in den Diplomen kein blau⸗ 
es Siegelwachs vorkomme; und ich molle 

te wohl ſagen, daß es nicht vorkommen 

koͤnne. Denn die Kunſt, Wachs blau zu 
faͤrben, iſt bis jetzt noch nicht erfunden wor⸗ 
den; auch £rift man dazu in den alten Buͤ—⸗ 
dern, z. B. Weder u. a. feine Vorfihrife 
an. Meue haben zwar dergleichen angegeben, 
aber fie find ſaͤmtlich falſch. Denn Eoftfar- 
ben werden nad) der Bereinigung mit Wachs 
grünlich, fo daß diefes faft dem Mierenftein 
gleicht; und Erdfarben mifchen fich nicht mit 
dem Wachſe, fondern fegen ſich bey dem 
Schmelzen wieder zu Boden. Kin blaues 
| Wad)s: 


Be 


434 Siegellag. 


Wachsſiegel, welches nicht etwa nur auf der 
Oberflaͤche blau bemahlt waͤre, würde eine 
eben ſo groſſe technologiſche, als diplomatiſche 
Seltenheit und ein Problem fuͤr unſere Che— 
miter ſeyn; wiewohl ich noch nicht, die Hof—⸗ 
nung, eine blaue Farbe zu Wachs zu .erler« 
nen, aufgebe, Kanfer Carl V. hat einem 
Nürnbergifchen Doctor Stockamar im Jahr 
1524. das Vorrecht ertheilt, fic) des blauen 
Wachſes zum Siegeln bedienen zu dürfen; eis 
ne Begnadigung, welche berjenigen gleich iſt, 

welche die Gewerke im Fuͤrſtenthum Halber⸗ 
ſtadt und der Grafſchaft Reinſtein noch im 
Jahr 1704. erhielten, naͤmlich, auſſer andern 
Mineralien, auch auf Indig zu bauen, Ges 
wiß der Doctor Fonte eben fo wenig blaues 
Wachs zum Siegeln finden, als jene Gewer⸗ 
fe Indig in der Erde finden konten (5), 


Weit neuer find die in Mehlkleiſter oder 
Brodteig abgedruckten Siegel, und vielleicht 
häfte man aud) davon, bey dem ehemaligen 
Pergament, ober auch bey den leinenen Um⸗ 
ſchlaͤgen 


(5) In I. M. Heineccii ſyntagma de ' veteribus 
figillis. Francof. et Lipf. 1719. fol. * p. 55. 
find aus Thulem. S. 26. folgende Worte ans 
geführt: Ceruleae cerae licet nullus fere ufus fit, 
refert tamen Diecherad Befold d. voc. Wache, 
Carolum V Imp. dodtori Stockhamero Norim- 
bergenfi anno 1524 privilegium tali cera uten- 
di dedifle, 


2. Siegellack. 4865 


‚Schlägen der Briefe, keinen Gebrauch machen 

koͤnnen, ungeachtet ſchon zu Plinius Zeiten 
das damals gebraͤuchliche Papier mit Mehl- 
tleiſter zuſammen geklebt ward (1°), . Eis 
gentliche Diplome find nie mit Hblaten, weh | 
che ihren Namen von dem lirchlichen Gehrau⸗ 
che haben, geſiegelt worden, und in der uns 
wergleichlichen diplomatifchen Samlung unfers 
groffen Diplomatifers, H. H. Gaͤtterer, 
ſcheint kein Oblaten⸗Siegel, welches viel uͤber 
200 Jahre alt waͤre, vorhanden zu feyn, 
Ich habe, zwar aus diefer Samlung ein foldyes 
Siegel vor mir, wo auf dem; ‚ Öepräge Des 
Stempels ſteht: Secretum- civium in. Ulma. ‘ 
3474, aber es ift ein neuer Abdruc- eines 
alten ehrwürdigen Stempels. Inzwiſchen 
follen auch Könige vor Erfindung des Giegel- 
lafs ihre ‘Briefe mit . deeſichen 00 
ben (7) 


. Zeineccius ü. 4. erzaͤhlen, man habe 
— auch Maltha zum Siegeln gebraucht. 
Dieſer Namen bedeutete einen meiſtens aus 
brennbaren Sachen bereiteten Kuͤtt, womit 
man Waſſerbehaͤlter, Roͤhren u. d. waſſerdicht 
machte. Man findet dazu verſchleden⸗ Vor⸗ 
— | \ ſchriften 


J— PIin. lib. 22 e. 25 Farina, qua chartae 
glufinantur. 


2) Te not, in prim, feribendi origin, p. 


‘486 2. Siegellad. 


ſchriften bey den Lehrern der Landwirthſchaft, 
bey Plinius, Feftus (18) und andern Letz⸗ 
'terer Iehre ihn aus Pich und Wachs machen, 
aber weder ben ihm, noch bey andern find mir 
Beweiſe vorgekommen, daß man damit ‘Dries 
fe verfiegefe, oder Diplome unferfiegelt hat. 
Denn die Worte des. Pollur: cera, qua ta- 
‘bella judicum obliniebatur (19) leiden wohl 
‚eine andere Erklaͤrung. Wenn maltha wirf- 
lich zum’ Siegeln gebraucht iſt, ſo koͤnte man 
dieſe Miſchung für das erſte oder aͤlteſte Sie⸗ 
gellack halten, da auch das jetzt uͤbliche aus 
harzigen Dingen bereitet wird. Dieſes iſt 
jetzt wegen ſeiner bequemen Anwendung, we⸗ 
gen ſeines geringen Preiſes und angenehmen 
Anſehns uͤber ganz Europa gebraͤuchlich; un⸗ 
geachtet es zu gar groſſen Siegeln untauglich 
ift, ieicht zerbroͤckelt und ein darein abgedruck⸗- 
tes Petſchaft am leichteſten nachgemacht wer⸗ 
den kan. Einige Gelehrte haben ſeit ein 
Paar Jahren verſchiedene Bemerkungen zur 
Geſchichte deſſelben bekannt gemacht, die id) 
hier ſamlen will, 

| Die 


‚. (48) Fefi et Flacci de verborum Jignificatione 
lib. 20; edit. Dacerii. LutetiaeParifior.1681. 
4° pag. 224.: Maltha dicitur a Graecis pix 
cum cera mixta. Zeſychius nennet diefen 
Kütt keuzayuivov ungdv Pallad. lib, ı.c. 17% 


Plin. Lib. 36, c. 24. Ä 


('?) Lib. 8. c. 4. 


3. Siegellack. 497 


Die Benedictiner (20) behaupten, das 
Siegellack ſey ums Jahr 1640. von einem 
Franzoſen, Namens Rouſſeau, erfunden 
worden, und berufen fi) deswegen auf Les 
beuf :C?"); aber: diefer vermeifee feine ’ $efer 
auf Papillon (22), und dieſer wiederum 
auf. Pomer (23), und legterer ſcheint denn 
aud). der erfie zu feyn, welcher diefe Meynung 
aufgebracht bat. Mach feiner Erzählung iſt 
Stangois Rouſſeau, der in einem Orte 
nicht weit von Aurerres gebohren merden ; 
lange Zeit in Perfien, Pegu, Oſtindien ge 
reifet, und im J. 1692. auf Sr, Domingue 
gewohnt hat, der. Erfinder des ——— 


(2°) Nouveau traite de diplomatique; — par 
°  deuxReligieux Benedi&ins, Tome quetrieme, 
Paris 1759, 4 *p. 33. 


(*”) Memoires cöncernant Phifoire d’Auzerre; 
par Lebeuf. Paris 1743. 2 Theile in 4 * 1II 
pP 517. J— a 
(**) Bibliotheque des auteurs de Bourgogneg _ 

par l’Abbe Papillon. Dijon. 1745. 2 Theile in 
Fol. *IIp.217. Lebeuf führt die Seitenzahl 
des Papillon ganz richtig an, ungeachtet das 
letztere Werk erſt die Jahrzahl 1745 har; 
vielleicht iſt es ſo ſpaͤt erſt geendigt worden; 
denn die Approbation iſt fchon vom 1741. und 
Bas Privilegium von 1742, nn: 
(°?) Hiftoire generale des drogues; par le fieur 
Pomet. Paris 1735. 2 Zheife in 4* Ilpag, 44. 
.22. r | Ä . 


I pag J 
pa RE , 


488 2. Siegellad: 


Er fol, als er in Paris als Kauüfmann ges 
lebt, und. alle fein Wermögen in den letzten 
. Regierungsjahren 8. Ludwig XIII. der. 1643. 
ſtarb, durch Brand verlohren gehabt, auf 
‚den Einfall gerathen feyn; um ſich, feine 
Frau und feine fünf Kinder ernähren zu koͤn⸗ 
‚nen, Siegellack aus Gummi $ad zu bereiten, 
— er in Indien habe machen ſehen. 
Eine Frau von Longueville habe dieſe Waare 
bey Hofe bekant gemacht, und veranlaſſet, daß 
Ludwig XIII, ſich dieſes Lacks bedient, worauf 
denn ganz Paris es gefauft und gebraucht ha« 
be. Auf folhe Weife habe. Rouffeau, ehr 
. ein Jahr yerloffen, 50,000. fivres gewonnen, 
Den Namen: cire d’Espague ſoll er deswegen 
gewählt haben, weil man damals eine Art 
Gummis Lack, was nureinmal jerlaffen, und 
etwas roth gefärbt worden, ‚gire de Portugal ges 
nant baͤtte. EN 
Daß das Siegeffat i in der erften Hälfte 

„bes ſechszehnten Jahrhunderts in Teutfchland 
entweder gar nicht oder noch nicht ſehr befant 
ge⸗ 


(+) Eben dieſer Rouſſeau Eine os in ber 
Geſchichte der Cochenille vor, well er dar 
ber einen Auffag an Pomer gefchict bat, der 
von dem befanten. Plümier tm lournal des 
fcavans 1694 widerlegt iſt. Cabat nenne 
ihn auch, und will ibm 1708 in Rochelle gee 
febn haben; ober damald müfle er a 100 
Fahre alt DDERR feyn. | 


2 Siegellack. 489 


geweſen, ſchlieſſe ich daraus, daß weder VPor- 
ta noch Wecker deſſelhen gedacht haben ; un— 
geachtet bey beyden vielerley Nachrichten von 
Siegelwachs, allerley Vorſchriften und da— 
mals noch wenig bekante Kuͤnſteleyen, die 
zum Schreiben und Verſiegeln dienen, an— 
trift (25). Erſterer lehrt z. B. Seite 669 
die Kunſt, Briefe unbemerklich zuöfnen, man 
fol naͤmlich das waͤchſerne Siegel etwas ere 
waͤrmen, e8 alsdenn mit einem Pferdehaae 
vorfichfig vom “Briefe abfägen, und es, nad) 
dem man den ‘Brief gelefen und wieder jur 
fammen gelegt, bebende wiederum hinauf⸗ 
kleben. Dieſer Handgriff iſt, wie die Diplo— 
matiker bemerkt haben, oft zur Verfaͤlſchung 
der Diplome gemisbraucht worden, und ſie 
haben deswegen Anleitung ertheilt, ſolchen 
Betrug zu entdecken (26), Er ließ ſich aber 

Dr nur 


2?) Herr don Murr ſagt in feiner lehrreichen 
Beſchreibung der YiierFwürdigkeiten im 
Yiürnberg. Nürnb. 1778. * ©, 762,: daß 
vor dem J. 1559 das Spaniſche Wachs noch 
nicht erfunden, oder doch nicht bekam war, 
das erfah Ich aus einem ML, von diefem Jah⸗ 
re, in welchem allerhand gute Kuͤnſte und, 
Arzneymittel gefchrichen ſtehen. Es wird 
das alte gewöhnliche weiche Siegelwachs grün 
oder-roth zu machen gelehrt. 


(2°) Chronie, Godvir. p. 162: Quod üi in Egillo 
antiquiori praetenſo, reperiatur adhuc fua ce- 


Kk 2 


zae _ 


490 


nur 


2. Sie gellack. | 
bey Ciegelwachs, nie Siegellaf, at 


wenden, und wäre leßteres ſchon zu Weckers 


Zeiten gebraͤuchlich geweſen, fo wuͤrde er die—⸗ 
ſer Einſchraͤnkung erwaͤhnt haben (27). 


Ob der Gebrauch des Siegellacks in Oſt⸗ 


indien älter, als in Europa fey, wie die Sram 
‚ zofen meynen, fan ich nicht zuverfichtlidy ents 
ſcheiden. ——— (28) ſcheint doch zu 


ſagen, 


rae pinguedo, magnaque hine eĩusdem vel ali- 
qualis ſaltem mollities et tractabilitas; fignum 
eft, figillum tale partum eſſe ſuppoſititium aevi 
fequioris; ; pari quoque ratione, fi pars figilli 
pofterior, qua diplomati annexum antiquitus 
figillum extitit, fimile vel pinguedinis velmol- 
litiei et traftabilitatis fignusm prae fe ferat, cum 
facies anterior reliquas habeat genuinae aetatis 
antiquitatisquie fuae notas etcharafteres; dubi- 
‚um vix remanet, figillum ex antiquiori diplo- 
ınate defumptum, et a manu recentiori * 
alteri annexum fuiſſe. 


@ Weder lehrt auch, ein Petfchaft mit ge- 


branten Gypſe und Aufldfung von Gummi 
oder Haufenblafen nachmachen. Porta ©. 
366. wuſte fehon, daß dieß noch vollkomme⸗ 
ner mit Amalgama von Queckſilber geſchehen 
koͤnne; ein Kunſtſtuͤck, welches noch jetzt an⸗ 
gewendet wird. 


es Tavernier ſechs Reifen. Anderer Theil. | 


Genf 1681. Fol. * ©. 194 und II S. 63 ſagt 


- er: in Surate gieffe man das Gummikaef in | 


Stangen, wie dag Siegellaf. Dan verglels 
che auch Dapper Aſia, oder ausführlide 
Beſchreibung u. fi w. Nürnberg 1681. fol, 
65, 237: 


* 


| 9% Siegellad. 991 


— fagen, dag man, im Königreiche Afem das 
dort vorfommende, Gummi» Lack nicht allein 
zum Lackiren, fondern aud) zur Verfertigung 
des Spanifchen Wachles anwende. Ich muß 
auch geftehen, daß ich nicht einmal weis, ob 
die Türken oder orientalifchen Voͤlker ſich defr 
felben überhaupt bedienen. In der Matura 
lien « Samlung unferer Univerfität find zwo 
Stangen Siegellaf, die Herr Prof. Buͤtner 
ehemals, unter dem Namen : Türfifches Lack, 
aus Eonftantinopel erhalten hat; fie find eckig, 
krum gebogen, nicht geftempelt, nicht gegläfs 
tet, von. dunkler, aber reiner Roͤthe; zwo 
andere Stangen, die aus Oftindien find, find 
gerade, geglättet, an beyden Enden etwas 
verduͤnnet, nicht geftempeltund von noch dunk—⸗ 
lerer, aber fehmugiger Roͤthe. Alle diefe vier 
Stangen fiheinen leichteter, als bie unfrigen 
zu feyn, und ic) fehe, daß fie durch Reiben 
nicht ſo bald, noch fo ftarf eleftrifch werden, 
als unfer feutfches Lack von mitlerer Güte wird. 
Aber ob erftere von Türken, und legtere von 
Oſtindianern, oder alle vier von uropäern 
verfertigt find, iftunbefant. Daß inzwiſchen, 
wenigitens in Teurfchland, ſchon Hundert 

- Sabre vor des Rouſſeau Zeiten Siegellack ges 
macht und gebraucht worden, und daß alfo 
Das Verdienft des Franzofen vermuthlich nur- 
darin beftanden hat, daß er es überhaupt zu» 
erft, oder nur zuerft vorzüglich gut, in Frank, 

j Kfz veich 


, 
— 


92 2—.Sie gellack. 


reich gemacht hat, wird durch folgende Nach⸗ 


richten gewiß. 


Die aͤlteſte Erwaͤhnung des Siegellacks 
in gedruckten Buͤchern, die ich noch zur Zeit 
bemerkt habe, iſt in des Garcia ab Orto 
befantem Buche von Spezereyen, wo der ©. 
bey dem Gummi: Sad ausdrüclic) angemerkt 
bat, daß daraus die Stangen bereitet würden; 
die man zum Verſiegeln der “Briefe brauche, 
Diefes Buch foll zuerft 2563 gedruckt ſeyn; 
in der Ausgabe des Cluſius, die 1574 zu 
Antwerpen gedruckt ift, findet man die More 
te S. 33 (79). Alfo ums J. 1563 war, 


wenigſtens bey den Portugiefen ‚, der. Gebraud) 
ſchon ganz gewoͤhnlich. Das ältefte Eiegel 


Diefer Art, was man bisher in Archiven ges 
funden hat, ift von eben dieſem Jahre. Nam. 
lich durch die Bemuͤhung des Herrn Archivars 


Ledderhoſe weis man, daß in dem land« 


graͤflichen Archive zu Caſſel zween “Briefe des 
Grafen Ludwigs von Naſſau an Sandgrafen 
Wilhelm den Vierten vorhanden find, wovon 
einer den 3 März mit rothem, und der 
andere den 7 Movember ı 563 mit 

ſchwar⸗ 


E Halleri bibliotheca botan. I P. 332. Aro- 
matum et rmplicium aliquot hifloria,, Garcia 
ab Horto aulore. Antverpiae 1574. 8* p 33: 
Ex ca bacilli illi, quibusin obfignandis epifto- 
lis vtimur, conficiuntur, 


/ 


J 2. Siegellack. 493 
ſchwarzem Lacke gefiegeleift (50). Hr. es 
gationsrath und geh. Archivar Neuberger in 
Weimar hat in dem dortigen herzoglichen Ars 
chive einen zu-Paris den 15 May 1571 ges 
fehriebenen und mit rothem Jade verfiegelten“ 
Brief eines Franzöfifchen Edelmanns, De‘ 
Vülcob genannt, welcher das Jahr vorher’ 
Föniglicher Gefandfer am Weimarſchen "Hofe 
gemwefen war, vorgefunden, wobey nod) dag‘ 
merkwuͤrdig ift, daß ‘eben derfelbe ſchon vor⸗ 
Her neun Briefe mit gemeinem Wachſe, den’ 
zehnten aber mit Spaniſchem gefiegelt bat 
(31). Hr. Oberarchivar P. E. Spies zu- 
Pleſſenburg, der dieſe Unterfuchung durd) 
ſeine Anfrage veranlaflee bat, bat einen mit 
rothem Sacfe verfiegelten Brief:vom J. 1574. 
‚und einen mit ſchwarzem vom Sy. 1620 gefer. 
ben; auch. hat: er in einer alten Rentheyrech⸗ 
nung vom J. 1616 gefunden, daR fir des. 
Marggrafen Chriſtian zu -Brandenbnrg eigene. 
Perfon. ausdruͤcklich Spaniſches Wachs nebft. 
andern Schreibmaterialien von Nuͤrnberg, 
von einem Lackfabrikanten, verſchrieben wor⸗ 
den (32). 

: Die ältefle gedruckte Anweiſung das Sie— 
gellaf zu machen, bat. Hr. von Murr in 
‚einem. 


(?°) Der Geſchichtforſcher herausgegeben von 
Meuſel. Halle in 8. VI. ©. 270, 
) Befbieforgher, IV. &. 254. 


| 0 O 
Kk4 


494 2, Sie gellack. 
einem 1579 gedruckten Buche aufgefunden, 


deffen Titei iſt; New Titularbuech, — 
ſambt etlichen hinzugethanen Gehaim⸗ 
lm vnd-Künften, das Lefen und die 

reiberey betreffendt. Durch Samue⸗ 
len zimmerman Burger zu Augſpurg; 
ohne Vorrede und Regiſter 164 Seiten in’ 
4 Das Eremplar, wag ic) aus der Univer⸗ 
fitäts- Bibliothek vor mir babe, ift am Ende 
vom Berfaffer . eigenhändig unterſchrieben. 
Die Vorſchrift flieht ©. 1ı2 » 108 vorher ro⸗ 
thes und grünes Siegelwachs zu machen gen 
lehrt iſt. Ich will fie bier einruͤfken. 


;  “Härt Sigelwar zu machen ‚ fo man Hie 
„paniſch Wax nennt. Darmit man Brief 
„verſigeliern, die ohne Zerbrechung des Sigils 
„niemandts öffnen fan, das wirbt alfo ges 
„macht: Nembt fchön clar Dannen oder 
. »Spiegelharg, auffs weiffeft fo es zu befom« 
„men, zerlaft es auff geringem Kolfewr, fo es 
. „Mol zergangen, nembt es vom Fewr vnd 
„rührt in ain Pfundt des Hartzes 4 Lot klain 
„abgerieben Maler Zinober ‚ laſſet es alſo 


„mit ainander erfalten, ober gieffets in ain 


»„faltes Waſſer, fo habe ihr ain ſchoͤns rots, 
„haͤrtes Sigelwax. 


“Mole ihr es ſchwartz haben — thut Kühn. 
ruß oder ſchwarzen Augſtain ( 33) dareyn, 
Alſo 


or —4— 


3. Siegellad, 495 
Alſo macht ihrs mit Schmalta oder haſur, 


„blaw, mie Bleyweiß, weiß, mis Bleygelb 
„oder Auripigmento, gelb. | | 


»Möget aud) an flatt des Dannen oder 
»Spiegelharges: geläuterten. Terpentin nem« 
„men, vnd zu ainem Glaß ennfieden, vnd wie 
zuvor gelert, mit einer farb, welche ihr wolt, 
„färben. Dieſes Sigelmar wirdt vil härter 
„und minder bruͤchiger dann das ander. 


Was mir in diefer- Worfchrife an merk, 
wuͤrdigſten ſcheint, ift, daß. darin noch nicht, 
des Gummi + ads gedacht, iſt, welches jeßt, 
wenigſtens zu den guten Arten, ber vornehm⸗ 
fte Beltandtheil ift, daher venn Zimmermanne. 
Siegelwachs dem, was in der. Diplomatif 
maltha genennet wird, ‚fehr nahe koͤmt. Faft 
möchte ich Deswegen vermuthen, daß die Er. 
findung keineswegs aus Dftindien zu. leiten 
fen. Es fcheint auch, "daß der Namen Sie- 
gel» Lack erfi aufgefommen ift, nachdem man 
das Gummi- Sack, flat des gemeinen Harzes, 
zu nehmen angefangen bat, 


Kfz Das 


?) Augſtein iſt Gagat; Spiegelharz ift das 
reinfte weiſſeſte und glanzendjie Harz. Here ' 
Pallas gebenfet in ſeiner Reifel. ©. 167 el. 
nes Gagats, welcher durch einen Zufaß, der ‘ 
die Sproͤdigkeit mindert, zu Siegellack ges 

braucht wird. 


46 2. GSiegellad. 


Das Beywort Spanifch, cera Hispa- 
nica, bedeutet Hier wohl nicht mehr, als in 
Spangrün, Spenifche » Sliege, Spa« 
niſch Gras, - Spanifch- Rohr, Spas 
nifceh- Weis, und mehrern ‚andern Wörtern. 
Es war einmal gewöhnlich, alle neue Sachen, 
fonderlicy die einige Verwunderung erregten, 
und den Unwiſſenden Spaniſch vorfamen, 
Spanifche zu nennen, wenn fie gleid) nichts 
mit Spanien gemein: haften. Auf gleiche 
Weiſe hat man aud) ausländifche oder neue 
Sachen oft Türfifche genannt, 3. B. Türkio 
fcher /Waitzen, Türfifch - Papier u. d. zu⸗ 
weilen benante man fie auch vom’ Meere, 
gleichfam als ob fie jenfeit des. Meers herwä« 
ven, 3. ®. Mieerzwiebel, Meerrettig, 
Meerkatze, Meerfchweinchen u, a. und 
ſchon die $ateiner haben in gleichem Verſtan— 
de das Beywort Marinus gebraucht. — So 
heiſſen jeßt alle fehöne modige Sachen Stans 
3öfifche oder Englifche. — Diejenigen, de 
nen Aehnlichkeit und Möglichfeie Beweiſe der 
Gfeichheit und WürflichFeie find, Fönnen das 
Spanifch in oben angeführten: Benfpielen 
gar gelehrt vom Griechifchen amavov ableiten. 





2 


3. Roßkaftenien. _ 497 
He 


“ 


5 
Roßkaſtanien. 
(Wilde Kaſtanien). 


Ye: allen ausländifchen Bäumen, bie 
bey uns dag Indigenat erhalten haben, 
ift Feiner fchöner als der Koßkaftanienbaum. 
In Furzer Zeit und faft ohne alte Wartung 
erwächft er zu einem hoben Baume, deſſen 
Zweige mit denrmajeflätifchen Laube gemeinig» 
lid) eine vollftändige Krone ‚bilden, welche im 
Froͤhjahr überall mit den weiſſen und röthlis 
chen ppramideaförmigen Blumenfträußen ums 
geben ifl. Er giebt den angenehmften Schat 
ten, leidet die Kälte, verſchmerzt den Ders 
luft derjenigen Aeſte, welche dem Befiger 
nicht anſtaͤndig find, und erreicht nicht. ſelten 
ein Alter von mehr als hundert Jahren. 
Schade ift, daß dieſer Baum, der mir aud) 
deswegen lieb ift, weil ic) unter ihm und mie 
feinen Fruͤchten meine Kindheit verfpielt habe, 
nicht noch mehr Mugen leiſtet; fein Holz iſt 
ſchlecht und nicht einmal zur Feurung gut ges 
nug; feine häufigen Früchte, aus welchen 
man allerley zu erzwingen gefucht bat, find. 
doc) noch nicht mehr, als Futterung für Zies 
| ar Ä Ä gen 


498 3 Roßkaſtanien. 


gen und Wild (1), und ich) I; nicht, ob 
Europäifche Erfahrungen beftärige haben, was 
die Türfen glauben, naͤmlich daß feine Frucht 
den feichenden Pferden eine Arzney fen; mes 
nigitens haben diefe ihm daher ‚den Namen 
gegeben, welhen wir durch Roßkaſtanien 
und Hippocallanum, beybehalten haben, 
Aber daß wir diefen Baum aus der Türfen, 
und zwar in der Mitte des 1 6ten Jahrhun⸗ 
derts erhalten haben, iſt gewiß. 


Die erſte Nachricht, welche ich von dieſem 
Baume gefunden habe, ſteht in des Matthio—⸗ 
Alus Briefen, die zuerſt 1561 gedruckt ſeyn 
ſollen, aber mir groͤßtentheils ums J. 1559 
geſchrieben zu ſeyn ſcheinen. Der Brief, von 
dem ich rede, iſt an Aldrovandi, zu Prag, 
aber ohne Bemerkung des Jahrs geſchrieben 
worden. Auf dieſen beruft ſich Matthiolus 
in feiner Erklaͤruug des Dioſcorides (2), 

wo 


() S. (ded Hrn. Grafen von Mellin) An— 
weiſung zu Anlegung der Bildbaımn. Ders 
lin 1779. 4 * 


(?) Die ältejten lateinifchen Ausgaben von dies 
fm Kommentar, 3. B. die von 1553, beren 
ich oben &. 184. gedacht babe, hat nicht die 
gerißgſt· Nachricht von diefem-Baume. Der 
DB, bar fie alfo-erft in den neuern Ausgaben 
hinzugeſetzt. Ich finde fie In der: Comnicn- 
tarii in Diofcoridem, iam denuo ab ipfo audto- 


, re 


3. Roßkaftanien. 409 
wo er die erfte Abbildung eines Zweiges, ob« 
ne Blume,’aber mit der Frucht geliefert hat. 
Er hatte damals einen Zweig mit einem Blat« 
fe, und aud) die getrocknete Frucht, auf Ver 
anftaltung des Eayferfichen Gefandten am türs 
fifchen Hofe, den er Augericus aus Flandern 
nennet, von deffen Arge Wilhelm Guaccelbe 
nus, ber auch aus Flandern war, erhalten, 
und er meldet weriigftens nicht, daß man da⸗ 
mals fihon Verſuche, diefen Baum in Eu- 
ropa anzuziehn, gemacht babe, 


In Lobelii adverfariis, die 1576 zu Ant- 
werpen in 501. * gedrudt find, ift ©. 433 
des Baums nur Furz gedadye worden. Der 
Berfafer, er fey nun Matthias de P&bel 
oder Dena, fagt, er habe die Frucht bey 
Rondeler gefofter, habe aber nachher felbft 
dergleichen von einem Freunde, nebft andern 
Seltenheiten aus Baruth und Aegypten, 


erhalten. | | 
In 


re recogniti et locis plus mille audti; adjectis 
| See iconibus, fupra priores editiones 
onge pluribus. Venetiis 1570. fol. * pag. 163. 
und in Marthioli opera omnia, editaa Casp. 
- Bathino. Bafileae ‘1674. fol. * p. 183. Die 
Abbildung in diefer Bauhiniſchen Ausgabe 
iſt bon der im der angeführten Venedigſchen 
verſchieden; fie hat Blumen und Früchte, iſt 
aber doch ſchlecht. Der oben angeführte 
Brief ſteht beym Bauhin ©. 125. 


500 3, Roßkaſtanien. 


In den Schriften des Carl de Kclufe, 
dem man gemeiniglic) das Verdienft, dieſen 
Baum nad) Europa verfeßt zu haben, zu: 
fchreibe, finde ich die ältefte Naehricht in dem— 
jertigen Werke (3),. wozu die Vorrede 158r 
zu Wien gefchrieben if. Damals gehörte 
der Baum nod) zu den botanifdyen Selten« 
beiten, und diefer fleißige ‚Rräuterfenner hatte 
weder Blume, noch frifcye Frucht gefehn, 
doch beſchreibt er letztere nach denen Fruͤchten, 
welche 1581 aus Conftantinopel nad) Wien 
gebracht worden. Er bat eine neue Zeid)« 
nung, aber ohne Blüchen, gegeben, doch 
find Daneben Früchte ohne Schale abgebildet. 


In feinem fpätern Werke, deſſen Vorre⸗ 
de zu $eyden 1601 unterzeichnet ift (4), er 
zählt er, daß er erſt 1587 Früchte mit der 
Schale von Chriftoph Wexius, der aus Ace 
gypten und Syrien zurück gekommen, erhal«. 
ten, und daß er 1588 in Wien einen groffen 
zwölfjährigen Baum zurück gelaffen habe, 
der jedoch noch nicht geblühee hätte. Es 

fcheint, 


C) Clufi |rariorum flirpium per Pannoniam, 
Auftriam et vicinas provincias obfervatarum 
hiftoria. Antverpiae. 1533. 8 * p. 5. 


(u Rariorum plantarum hiftoria. Antverpiae, 
1601. fol.*p. 7. Die Zeichnung ift diefel: 
bige, welche das vorher angeführte Buch hat, 
nuc iſt die Abbildung der Frucht mit der 
Schale daneben geſetzt worden. 


% 


3: Roßkaſtanien. 301 


Tcheint ‚Hals wenn diefer, nicht in Wien, mes 
nigftens nicht von Cluſius, gepflanzt wor⸗ 
den; denn fonft würde er foldyes wohl ſchon in 
dem: ältern Buche angemerft haben. | 


Obgleich gewiß ift, da die erfte Kenntniß 
diefes Baums von Conftantinopel nad) Gus 
ropa gefommen ift, fo ift mir. doch unwahr- 
fcheinfich, daß die dortige Gegend das wahre 
Vaterland. defjelben fey. Wäre er Dort 


“von jeher, gewefen, fa hätte er wohl ſchwer⸗ 


lich ſo lange unbekant bleiben koͤnnen; aber 
nicht die geringſte Spuhr von ihm findet man 
bey.den Alten, und ich, erinnere mic) auch 
nicht einmal, daß neuere Reifenden,, welche 
die in ber Levante wild wachfenden Pflanzen 
genannt haben, diefes, Baums gedacht hätten. 


Nach Frankreich muß er, viel fpäter, als 
zu uns gekommen ſeyn; "wenn es nämlid) 
wahr ift, was Tournefort (5), und. nach 
ihm BDübemel (6) gefagt haben,‘ naͤmlich 
daß einer, namens Bachelier, deſſen Blu— 
mens Garten in Paris berühmt geweſen, erſt 


1615 den erften Baum aus den aus Der Ser; ° 
vante erhaltenen Samen, angepflanzt babe. 
| | Als 


) Voyag.II p. 16. 


(6) Abhandlung von Baͤumen, Stauden 
und Sträuchen, Nürnberg. (1762) in 4” 
I. ©. 209. : 


02. 37 Roß kaſtanien? 


As Sauval ſchrieb, zeigte man noch in eis 
nem öffentlichen Garten in Paris einen Roß⸗ 
kaſtanien Baum ,-der nicht allein! ver größte 
und ſchoͤnſte ſeiner Art war, fondern auch 
für den Stammpvater aller andern im ganzen 
Köntgreiche gehalten ward (., 


(°) Hiftoire de Paris. III. p. 45: Au Temple il 
yaun maronier d’Jnde, qui n’eft pas ſeule- 
ment le plus grand et le plus beau du royau- 
me, mais le pere, comme on dit, de tous 
ceux que tous avons enFrance, et l'un des 
plus beaux arbres qu'on puifle voir. 


EHEN HET NE TERERE NT 


4. ! te si ur 2? 
Pantaleın 


Il diefem Namen find jege zwey mufie . 
kaliſche Inſtrumente befant, die aber 
wefentlic) von einander verfchieden find. Das 
eine iſt dasjenige, welches öfterer und richti⸗ 
ger Sortepiano oder Pianoforte, franzoͤ⸗ 
ſich: Clavecin à marteau genanf wird. - Es 
iſt eine Veränderung oder Verbeſſerung des 
Slügels,; mit dem es den Reſonanzboden und 
den Bezug gemein hat, ba hingegen die Kla— 
viatur etwas geändert ift, und flat der Tans 
genten des Flügels, Hammer angebracht find. 
ä Diete, 


4. Kantaleon. ‚503 


Diefe, welche durch die Claves bewegt twer- 
den, find zuweilen von Holz,, zuweilen von 
$eder, zumeilen von Papierteig , Papier ma- 
che, oder aus andern Materialien gemacht. 
Durch den ſtaͤrkern und ſchwaͤchern Anſchlag 
kan der Ton verſtaͤrkt und geſchwaͤcht werden; 
doch erfodert es allemal einen etwas ſtarken 
Auſchlag, daher es auch die Finger ermuͤdet 
und verwoͤhnet 2) 


Die erfte Nachricht, welche von diefem 
Inſtrumente öffentlich befant gemacht iſt, hat 
man dem berühmten Scipio Maffei zu 
danken. Ben feiner Befchreibung, welche 
auch teutſch überfege iſt, ift die Einrichtung 
der Hämmer, durd) eine Zeichnung en Eye - 

ad) 


(*) Die muficalifchen Inſtrumente — ſo 
mannigfaltige Veraͤnderungen, daß kurze 
und doch vollſtaͤndige Erklaͤrungen derſelben 
auch wohl Kennern der Muſik, zu denen ich 
mich nicht zaͤhlen darf, ſchwer fallen muͤſſen. 
Ich will nur noch anmerken, daß auch die 
aufrecht ſtehenden Fluͤgel, die gemeiniglich 
clavicytheria genant werden, ſtat der Docken 

Haͤmmer haben koͤnnen. Mehrere Nachrich« 
ten findet man in Adlungs Anleitung zu der 
mufitalifchen Gelehrtheit. Erfurt 1758. 8. 
*S. 559 - 562. 


(2) Rime e proſe del Sign.' Marcheſe Scipione 
'Maffei, parte raccolte da vari libri, e parte 
non 

A 


504 4 Pantalgon: 


Rad) feiner Verſicherung ift Bartolo Crifto. 
foli aus Padua, der als Clavir » Macher 
im Dienfte des Großherzogs. zu Florenz ges 
lebe hat, der Erfinder, ‚ Inzwiſchen hat Hr. 
Chriſtoph Gottlob Schröter ihm diefe 
Ehre ftreitig gemacht, und in einem 1758 
geſchriebenen Briefe verfichert, daß er bereits 
im J. 1717 zu Dresden ein Modell von ci» 
nem Clavier mit Hämmern, theilsmit, theifs 
ohne Triebfedern, habe verfertigen laſſen, 
worauf man nad) Belieben ſtark und ſchwach 
fpielen Fonte. Er habe ſolches "auch zweymal 
dem Könige von Polen gezeigt, und vdiefer 
habe es, fagt er, gebilligt und es vollfom- 

mener ausarbeiten laffen wollen, welches jes 
doc), nad) Schröters Abreife aus Churſach⸗ 
ſen, von einigen hintertrieben worden, die 
es dagegen in und auſſer Teutſchland bekant 
. — ge⸗ 


non piiftampate, In Venezia. 1719. 4 * 
P. 309. Die Ueberfegung ſteht in Mabeſon 
eriticae muſicae tomusfecundus, d. i. zweyter 
Band der Beurtheilung muſikaliſcher 
Schriften. Hamburg 1725.4 * S. 335. Es 
wird daſelbſt ein Clavecin genant, auf welchen 
das Piano und Korte zu haben. Die jetzt ge⸗ 
woͤhnliche Bauart dieſes Inſtruments findet 
man kurz beſchrieben in Sprengels Hand— 
werfen und Künften- Eilfte Samlung ©. 257. 
und in Jacobſons technologifegem Woͤrter⸗ 
buche 1 ©. 735. Ä 


I 


⸗ 


+:Däntalesom. gay’ 


gemacht hätten (3). Ob Hr. Schroͤter, 
welcher zu Hohenſteia an der Böhmifchen 
Graͤnze d. 10 Aug. 1699 gebohren worden, 
und ſeit 1752 als Organiſt an der Haupt« 
kirche zu Nordhaufen gelebt bat, feine Eıfin« 
dung ausführlich Ne babe, weis ich 
nicht. 


WUUngeachtet dieſes Inſtrument allgemein 
"gelebt ward, fo beklagte man doch gleich an« 
faͤnglich den ftarfen Nachklang, wodurch die 
“Töne undeutlic) und vermorren wurden; aber 
deſto mehr haben die Künftler auf die Ver— 
beſſerung Diefes Fehlers gedacht, und fon 
Criſtofoli felbft erfand dawider ein Mictel, 
indem er an die Hammer - zugleid) Dämpfer 
anbrachte, welche mit einem Stückchen Tuch 
die Saiten berührten, fo bald der Griff Ges 
ſchehn war. Durch eine ähnliche Einrich 
tung empfehlen fich jetzt diejenigen Inſtrumen⸗ 
te dieſer Art, welche der gefchickte Inſtru« 
mentmacher zu Regensburg, Stanz Jacob 
Spath, unter Beyhülfe feines ‚Schwiegern 
ſohns, Schmal, verfertigt. An dieſen iſt 
die Daͤmpfung uͤber den Saiten angebracht, 
die mit den Taſten zugleich ſteigt und faͤllt. 
So lange — der Taſte in der Hoͤhe ge⸗ 
hal⸗ 


(2) Bien Misters muſikaliſche Bibliothek. 
gr 1739-1752. 3 Theile in 8. * ME 
4 


4 


sta 


506° 4. Panteleon. 


halten wird, fo Jange bleibt aud) die Däm- 
pfung von den Saiten entfernt, auf melde 
fie wieder zurück fält, fo bald_der Finger den 
Taſten verläßt. Dadurch iſt diefes Fortepia 
no zu einer folhen Vollkommenheit gebracht, 
daß es den beften Clavichorden gleich geach« 
tet wird, Zu Regensburg ift der Preis vier« 
zig Dufaten. leihen Ruhm haben bdieje- 
nigen Inſtrumente dieſer Art, welche Hr. 
Johann Yeinrich Silbermeann, Orgel—⸗ 
und Inſtrumentmacher zu Strasburg verfertigt, 
und das Stuͤck gewoͤhnlich für 300 Thaler 
verfauft. Die beften, welche Paris bat, 

find von ihm. Dieſer Künftler, welcher den 
37. Sept, 1727 zu Strasburg gebohren ift, 
ift eben derjenige, welcher die Befchreibung 
feiner Vaterſtadt geliefert hat. Zu den neu- 
ern Verbeſſerungen des Fortepiano rechnet 
man die Bemerfung, welche Hr. Graf von 
Brühl, Churfächfifcher Gefandter am Eng. 
liſchen Hofe, zu London gemacht bat, daß 
namlid) die blau angeloffenen Stahlfaiten den 
beiten Ton geben. Den Namen Sortepiano 
führe übrigens diefes Inſtrument mit Recht, 
aber Pantaleon folte es nicht beiffen (4); 
denn an diefem find die Hammer von einer 

ganz andern Art. | Ä 


Der 


( ) Hr. Sprengel und Jacobſon und mehrere . 
geben die beyden Namen für Synonymen an. 


4 Pantaleon, 07 


Der eigentliche Pantaleon ift von gemeis 
nerer Abkunft; er iſt urſpruͤnglich das Hacker 
Brett, worauf die herumziehenden Miufifan« 
ten, die Prager, bald in Dorffcyenfen , bald 
in feinern Gefellfhaften, und zumeilen mit 
Benfall der Kenner, fpielen welches durd) 
die Erfindung eines groffen Künftlers, Das 
vollfommenfte Inſtrument, noch vollfommes 


ner als das Clavecin, und die Bewunderung 


von ganz Europa geworden ift, welches aber 
auc) von feinen Meifter groffe Geſchicklichkeit, 


" vieljährige Uebung und unbefchreibliche Ges 
duld fodert. Noch hat auffer feinem Schoͤp⸗ 


fer, nur einer Namens Voelli, es gewagt, 
mit diefem Inſtrumente zu reifen, um fid) 
hören zu laffen; jedoch rühme Burney auch 
den H. Bumpenhover als einen fehr geſchick⸗ 
ten Pantalonifien (5) Ä J 


Der Panteleon iſt vier mal ſo groß als 


das Hackebrett; hat einen doppelten Bezug 
Saiten von beyden Seiten oder Boden, 
naͤmlich von Stahl» und Meßing » Saiten 
auf der einen, und von Darmfaiten auf der 
andern. Es wird, wie das Hackebrett, mit 

Ä | jiveen 


(5) Earl Burney Tagebuch einer mufifaliichen 
Reiſe durch Frankreich und Italien. Aus 
dem Englifchen überfegt von €. D. Ebeling. 
‚Hamburg 1772, 1773. 3 Theile in g. * I. 
32. 


13 


— 


s08 4 Pantaleon. 


zween Kleppeln oder Schlaͤgeln geſpielt, die 
zuweilen ganz oder zur Hälfte mit Baumwol— 
le oder Tuch bekleidet, und bald ftarf, bald 
ſchwach aufgefchlagen werden. Daß ein Sai- 
ten⸗-Inſtrument von folcher Mannigfaltigfeie 
der Saiten und von folcyer Sange, ſehr öftere 
und fat beftändige Ausbeflerung verlange, 
brauche nicht einmal erinnert ju werden. 


Daß es von einem Teurfchen erfunden 
worden, und daß es feinen Namen von dem 
Vornamen feines Erfinders, des Pantaleon 
Hebenſtreit, erhalten hat, daruͤber iſt man 
einig; aber uͤber die Schickſale deſſelben und 
uͤber die Zeit der Erfindung iſt man nicht ci» 
nig. Die ausführlichfte Nachricht davon hat 
Hr. Staatsrard von Staͤhlin in feiner Ges 
fhichte der Muſik in Rußland (6) gegeben, 
und dieſe war ich gewilt, hier einzurücken; 
aber Hr. Doctor Weiß ımd vornehmlidy une 
fer Hr. Muſik-⸗ Director Forkel „dieſe gelehr⸗ 
ten Kenner der Muſik, haben mir Quellen 
angewiefen, aus denen jene viel berichtigt 

wer⸗ 


() Sie if zum erſten mal gedruckt im zwey⸗ 
ten Theile der Beylage zum YIeuveränders 
ten Rußland. Riga und feipila 1770. 8. ® 
©. 142, welche Hr. Prof. Scy!özer unter 
dem von feinem mürterlichen Großvater ers 
borgten Kamen: Haigold, herausgegeben 
hat. 


A, Dantaleo n. 509 


werden Fan. Dieß ſcheint nicht uͤberftuͤßig zu 
ſeyn, da der Bericht des H. von Staͤhlin be— 
reits in. verſchiedenen Schriften (7), und 
noch neulich im muſikaliſchen Almanach, 
wiederholet iſt. Vielleicht veranlaſſe ich je⸗ 
manden, hieruͤber noch vollſtaͤndigere und 
zuverlaͤßigere Nachrichten zu ſamlen und be— 
kant zu machen, welches ich zur Ehre unſerer 
Nation wuͤnſche. an 


Pantaleon Hebenſtreit foll, wie dem 

Hru von Staͤhlin ehemals im Leipzig erzaͤhlt 
worden, in den Jahren 1713-15 in Leip— 
‚zig Unterricht in der-Mufif und im Tanzen 
gegeben haben, aber von dort wegen Echulden 
zu einem Prediger auf einem Dorfe im Mer— 
feburgiichen geflüchtet und bey deſſen Kindern 
$ehrer geworden fern. Dort habe er verfun 
chen wollen, das Harfebrett ver Dorffchenfen 
zu verbeffern, und mit Hülfe feines Wirths, 
der etwas von der Tifchlerkunft verſtanden, 
habe er es zu ter befanten Vollkommenheit 
gebracht. Im Jahre 1718 habe ein Kam 
merjunfer von Diesfan, bey einer Durch⸗ 
reife durch jenes Dorf, Hedenfireit und fein 
neues 


(7) Sillers muſikaliſche Nachrichten und An— 
merkungen auf das Jahr 1770. Erſter Theil. 
—Leipzig 1770. 4.* S. 199. Muſikaliſcher 
Almanach für Teutſchland auf das Jahr 
‚m 3782. Leipzig. 9. * ©. 28. Ra: 
en RER U 4- Kl 


50 : - 4 Pantaleon. 


neues Inſtrument Fennen gelernt, und fols 
yes dem Könige Auguſt befant gemacht. Dies 
fer Habe, nebft dem ganzen Hofe, des Heben« 
ftreie Erfindung und Geſchicklichkeit bewun- 
dert, habe ihn: zum Kammer» Mufifus ges 
macht und ihm einen jaͤhrlichen Gehalt von 
2000 rthl. gegeben. 


Dieſe Erzaͤhlung leidet folgende Verbeſſe⸗ 
rungen. Hebenſtreit hat zuverlaͤßig ſchon vor 
dem Jahre 1697 ſein Inſtrument verfertigt, 
und iſt ſchon damals desfals bewundert wor⸗ 
den, und damals, alſo viel fruͤher, als jene 
Nachricht meldet, hat er in Leipzig, als ein 
ſehr geſchickter Geiger und Klaviriſt, in der 
Muſik, und auch im Tanzen Unterricht ers 
theilt. Alles diefes wird durch einen Brief 
beftätige, den “Jobann Ruͤhnau, ehemali- 
ger Santor und Mufikdireftor in $eipzig, den 
18 Decemb, 1717 an den befanten Matthes 
fon. gefchrieben bat (8). Diefer Kühnau 
ruͤhmt das Inſtrument, welches er das Pan 
. talonifche Cymbal nennet, und "erzähle, 
fchon 


(*) Mattheſons Critica mufica II S. 236. 
Kuͤhnau Hat felbft ein ſolches Inſttument 
gehabt. Das meinige, fagt er, fangt fid 
vom 16 füßigen E an, continuirt in genere 
diatonico bis ind achtfüßige G, von welchem 
fich die chromatiſchen zugleich mit anfangen, 
und gebt oben big ins dreygeftrichene E. 


4. Pantaleom. 511 


ſchon damals vor ungefaͤhr zwangig Jahren 


habe der Tanzmeiſter Pantalon fi) zu Leip⸗ | 


zig, im Concerte bey dem Grafen Logi, 
der ein vortreflicher $autenift gewefen, dar 
auf zum Erftaunen aller Kenner hören laflen; 
er habe die Tangenten mit Baumwolle verbuns 
den gehabt. ' Ä 


Im J. 1705 hat er fih am Franzoͤſiſchen 
Hofe auf dieſem Inſtrument hoͤren laſſen, 
dem damals K. Ludwig XIV. den Namen Pan- 
taleon gegeben hat (9). Auf feiner Ruͤck⸗ 
reife aus Frankreich im J. 1706 ward er 
als Kapeldireftor und Hoftanzmeifter zu Eifer 
nad) angenommen. Diefes erzähle J. W. 
Hertel im Leben feines Vaters (10), aud) 
Telemann in feiner eigenen $ebensbefchreis 
bung. Letzterer ruͤhmt denz Hebenſtreit wegen 
ſeiner ungemeinen Fertigkeit auf der Violine, 
und ſetzt hinzu, er habe ſich zuweilen zu Ei— 
ſenach ben Hoſe auf feinem bewundernswuͤr⸗ 

| | oo digen 


(2) Critica mufica II S. 248. Burney UIS. 
30. Letzterer ſetzt hinzu, bey dieſer Gelrgens 
heit babe der Abbe Chateauneuf ein kleines 
finteiches Werk herausgegeben: Dialogue fur 
la mufique des anciens, 

(70) Beyträge zur Aufnahme der Muſik von 

S. w. Marperg. dritter Band. Berlin 1757: 
8. * ©. 53. | 


5 


’ 


sı2 4 Pantale om 


digen Cymbal hoͤren laffen ' (1). „Im % 


1708 ift Hebenfireit nad) Dresden ‚gegangen, 


nachdem er den eben genanten Telemann «an 


feine Stelle gebracht hatte (12). Kuͤhnau 
meldet, Pantaleon habe am Churſaͤchſiſchen 
Hofe 1200 rthl. Gehalt gehabt, und doch 
jahrlid) nur etwa ein mal vor dem „Könige ge 
pielt. Im J. 1717 bat er fih zu Wim 
vor dem Koyſer bören laſſen €3), und dies 
fer bat nachher jemanden nac) Dresden ge 


ſchickt, um auf dem Inſtrumente fpielen zu 


lernen (74), In eben diefem Jahre hat 
erh Mathefon das Inſtrument zum erften- 
mal zu Hamburg bey dem Darmitädtifchen 
Kapelmeiſter Grünewald, gefehen; er geftand, 
daß Ihn die muͤhſame Erlernung ſchrecke (15), 
Ich weis nicht, wann Hebenſtreit geſtorben 
iſt, aber im J. 1732 bat er nech in Dres 
den gelebt , wie ausdrüdtich in J. G. Wal⸗ 
thers muſikaliſchen Sericon, Leipzig 1732. 


e 


( ) Mattheſon Grundlage einer Ehrenpforte, 
woran der Tonkuͤnſtler Leben, Verdienſte, 
erſcheinen ſollen. Hamburg 1740. 4. *S. 361. 

('?) Hertel a. a. O. 

CP) TR. Scheibe uber die mufifalifche Com- 
pofitton. Erſter Theil. Leipzig 1773. 4. ® 
Vorrede &. LVII. Zu 

() Reyplers Keifen. Hannover 1741. 4. ? 
S. 1092. | 

("?) Critiea mufica IL S. 248. 


8. *S. 451 geſagt iſt, woraus ich weis, daß 
er der Sohn eines Stadt-Muſikus zu Eisle— 
ben gewefen. Hr. Prof. Diez, der ihn gekant 
bat, fagt mir, er fey zu Dresden in Armuth 
und Mangel geftorben. 


Keyßler, der den Hebenftreie 1750 beſuch⸗ 
te, und fein Inſtrument fich zeigen lich, baf 
vom letztern folgende Befchreibung gegeben: 
diefes Werk liege hohl, dergeltalt, daß man es 
ohne Mühe umwenden, und aufbeyden Geiten 
mit 2 Fleinen Hölzern, als aufeinem doppelten 
Hackbrett, fpielen Fan. eine Laͤnge ijl-ı34 ' 
und die Breite von 34 Spannen, der Boden 

iſt hohl, und auf der einen Seite mit feinen an- 
dern, als überfponnenen Geigen» Saiten, auf 
der andern aber in dev Höhe ver Töne mit ſtaͤh⸗ 
fernen Saiten bezogen. Die Unterhaltung ko— 
ſtete jährlich gegen 100 Thal, weil es aus 195 
Saiten, beftegt. Der Klang ift überaus ftarf, 
und fülfee den größten Saal. — Die Reliquien 
diefes Pantaleon hat ſich Burney vor einigen 
Jahren von dem Organift Binder, einem 
Schüler des Hebenftreit, zeigen laſſen. Er 
fand das Inſtrument über neun Fuß lang und 
faft alle Saiten gefprungen, weil es nicht weis 
ter für ein Hofinftrument gehalten und auf Ko— 
‚ fen des Hofes befaiter ward. | 





514 53. Pflanzen-Ab druͤcke. 
BER KT ET De Te ee ee ee 


5 
Pflanzen-Abdruͤcke. 


Wew es wahr iſt, daß die aͤußetſten 
Graͤnzen aller Dinge in der Welt ſich 
nähern, oder gar an einander ſtoſſen, fo ſol⸗ 
te man faſt auf die Gedanken : fommen, daß 
die Zeichenfunft und Kupferftecherfunft bereits 
dem äufferften Grade ihrer Vollkommenheit 
nahe ſeyn muͤſten. Jetzt da mir Tifchbein, 
Haid und’ andere,groffe Kuͤnſtler unter ung har 
ben, deren Bildniffen denen Perfonen, die 
ſie durd) ihren Pinfel oder Grabftichel ehren, fo 
vollfommen ähnlid) find, daß fie zu Ichen 
ſcheinen, kehren wir wieder zu den erften Ane 
faͤngen der Kunft zurück, zeichnen wieder, wie 
die Erfinderinn der Kunſt, Die verliebte Grie— 
chinn, die Tochter des Dibutades, den elenten 


Umriß des Schattens (1), und glauben 
mit 


(*) Ein junges Mädgen, welches ihr Liebha— 
ber einige Zeit verlaffen mufte, fuchte Mittel, 
fih den Schmerz uͤber feine Abwefenbeit ers 
rraͤglicher zu machen. In diefer Verlegen 
heit ward fie den Schatten ihred Geliebten 
auf einer Wand gewahr, welchen das Licht 

j einer 


5. Pflanzen-Abdröde. sıs - 


mit biefen büftern, blinden, traurigen Schat— 


tenrißen unfere Zimmer und Buͤcher zu zieren, 


und daraus die Seelenfräfte und Denkungsart 
der Perfonen wahrfagen zu koͤnnen. Stat 
den Meiftern nachzuahmen, find unfere jun 
gen Herren und Mädgen zufrieden, wenn fie 
fo gut, als jenes Toͤpſermaͤdgen, zeichnen 
fönnen, und das fünnen fie alle, wenn ſie nicht 
das Chiragra haben. Machdem unfere Lands— 
leute, Ehret, Miller und andere die vollfom- 
menften Abbildungen der Pflanzen, Kupfer- 
ſtiche mit der fhönften Malerey geliefert ha» 


ben, überfcehmieren wir die zuſammengetrock⸗ 


neten Pflanzen felbft wieder mit Kienruß, 
drucken fie auf Papier ab, und fiellen eine 


Samlung folder Schattenriße neben jenen 
| | J Kunfte 


einer Rampe dahin zeichnete. Diefiebe, wel, 
che erfinderiſch iſt, gab ihr den Gedanken en, 
ſich dieſes liche Bild zu verfchaffen, indem 
fie an dee Wand eine Linle zog, die dem Um— 
rig genau folgte. Die Bejchichte fügt hinzu, 
daß der Water dieſes Maͤdgens, vonpem die 
Griechen ibre Zeichenkunft anrechneten, ‚cin 
Töpfer gu Sithon geweſen, und Dibutadcd 
gehelffen habe. Nachdem derfelbe die Zeich- 
nung feiner Tochter betrachtet hatte, gerieth 
er auf den Einfall, Thon auf diefe Züge zu 
bringen! Durch dieſes Mittel machte er ein 
Profil von Thon, das er imeinem Ofen brans 
te, und. daß war der Urfprung der erhabenen 
Bilder in Griechenland. Plin. B. 35. 11.5 
„10, Goguet Il G. 194. | 


316 5. Pflanzen» Abdrüde, 


Kunſtwerken. Ich nenne fie Schattenriffe; 
denn viel mehr find fie doch nicht.  Uebertref: 
fen fie. gleich folche dadurch, daß fie einige in» 
nere hervorragende Iheile, Nibben, Adern 
u. |. w. ausdruͤcken fönnen, fd zeichnen fie da⸗ 
‚gegen nur den Umriß der abgeftorbenen und 
zerquetfchten Pflanzen, da jene hingegen das 
lebende Urbild haben. 


Ich verfenne inzwifchen den Musen dietr 
Abdruͤcke nicht; fie find wohlfeil und ſtellen das, 
was der Botaniker das Anſehen der Pflanze, 
habitum, nennet, ſogut vor, daß ſie keine 
geringe Beyhuͤlſe zur Kenntniß der Gewaͤch— 
ſe abgeben. Ich tadele auch nicht, daß man 
zuweilen zu den erſten Anfaͤngen der Kuͤnſte, 
von denen diejenigen ausgegangen find, wels 
che ſolche zu dem Gipfel der Vollkomnlenheit 
gebrachte haben, - zurückkehrt. - Denn oftmal 
verwirft man, für Vergnügen über Die neue 
Erfindung, die erfte Einrichtung, die doc) 
zuweilen noch gewiſſe eigene Vorzüge beybes 
hält, welche nicht felten durch Verbefferungen 
vergröffere werden koͤnten. Es entftehen auch) 
“wohl mit der Zeit Vorfälle, da die. älteften 
Erfindungen beffer als Die neuern , welche je: 
ne in Vergeſſenheit geftürgt haben, angewens 
bet werden fünnen. So vergaß man die lan 
ge genußte Zubereitung der mefallenen Spies 
gel nach Erfindung der gläfernen, und ſah 

ſich 


5. Pflanzen-Abdrücde sıy 


ſich' nach Erfindung der Telefcope, gezwun⸗ 
gen, burd) viele Verſuche jene wieder zu er⸗ 
finden. Aber für eine neue Erfindung folte 
man jene Pflanzen » Abdrüce nicht halten; 
eher koͤnte man fie die Vorläufer der Kupferſti⸗ 
che nennen. | 


Schon in den älteften Künftbüchern fin⸗ 
“det man eine Anweifung folhe Abdruͤcke zu 
machen, Der Scbriftfteller, der unter dem 
Namen Alerius Pedemontenus (?) ge⸗ 
meynt ift, bat dergleichen bereits im Anfans 
ge des fechszehnten Jahrhunderts befant ges 
made, aus dem fie nachher Wecker () und 
andere wiederholet haben. Sie glaubten, 
man fönne auf diefe Weiſe ganz artige 
Tapeten, auch mit bunfen Sarben, zu Ver— 
zierung der Zimmern machen. Inzwiſchen 
bat man aud) ſchon damals diefe Abdruͤk— 
fe zum Gebrauhe der Kräuterfunde ver— 
fertige, wie denn auch Prof. Baier eine 
foldye Samlung aus dem fechszehnten. Jahr— 
Bunderte gehabt hat (4). Bieronymus 

Cars 


(2) Kunſtbuch des Alerii Pedemontani— in 
Teutſch gebracht durch Weder. 1570. $. * 
©. 423. a 

(3) De fecretis p. m. $29. 

(*) Büchneri mifeellanea 'phyfico- medico - ma- 
thematica. 1730 ©, 1358. 


518 5: Pflanzen-Abdrüde 


Cordanus (5) hat diefe Kunſt ebenfals ges 
lehrt, und daß fie niemals ganz vergefjen wor- 
den, fieht man daraus, daß ihrer von Zeit 
zu Zeit in Schriften gedacht if. Im jahre 
166 + beſchrieb ſie Monconys (°) um 
im J. 1687 Geyer (7). Aber doch erft 


“x in 


- 5) De fubtilitate lib. 13 ©. Cardani opera. 

Lugduni 1663. vo. vol. in Fol. * 1! p. 5gr: 
“Eiusdem argumenti ef} berbas ad vivum, 
yvt dicunt, in chartis pingere, ‚Herba vi- 
„rens aerugine carbonibusque tritis, imbuta 
„pro coloris ratione alterutrum augentes char- 
„tae imprimitur, vt vefligium quafi ichnogra- 
„phiae reinancat., 


(°) lournal des voyages de M. de Monconys. 
A Lyon. 1665, 166%. 3 vol. in 4.* Il p. 
450. In der reutfchen Ueberſetzung von Chris 
ſtian Junker; Leipzig 1734. in 4. *&.880 


(7) $. Dan, Geyer Thargelus' Apollini facer 
diff. 3 de Dictamno. Francof. 1687. pag. vl» 
tima? „Si accuratifime quis velit didtamnum 
„eiusque fperies depingere, tali modo poterit 
y„excellentifimum pi&torem {uperare, nimirum 
fi fumat atramentum impreflorium, Buch 
»drucker Farbe, opeque pilae, Buchdrucker 
„Ballen, fuperillinat folio plantae, acilla vel 

‘ ymanu, vel trochlea, vel fucula leviter im- 
„Pprimat chartae nonnihil madefadtae, egregie 
„depietam habebit plantam, adeo vt vno in 
„moniento vix accuratior ethgies exhiberi pot- 
„erit. Inhoc tamen adeft diiticultas, quod- 


win ſtciatis aliisque Horibus major requiratur 
„la. 


5. Pflanzen⸗-Abdruͤcke. 51 


in ı biefem Jahrhunderte hat man davon eine 
ernfthafte Anwendung gemacht. Mir Ueber⸗ 
gehung derer, die ſolche Pflanzen-Abdruͤcke 
‚nur zu ihrem eigenen Gebrauche verfertigt 
haben, zu denen ich auch den von Linne ges 
nanten Heſſel (8) rechne, will ich hier die⸗ 
jenigen ayzeigen, welche, ganze Samlungen, 
zur Erleichterung. der Kroaͤuterkunde, nad) 
Art der heupferwerde, gelieſert hoben: 


Die erfte Druckerey dieſer Art legte Prof. 
Yo, Hier. Kniphof 1728 ,, unter Beyhuͤl⸗ 
te des Buchhaͤndlers und Buchdruckers am. 
Michael Funke zu Erfurt an. Das‘ 
Werf, was damals geliefert. worden, beſteht 
aus 1200 Abbildungen, aber. es find nur 
wenige vollſtaͤndige Eremplarien vorhanden. 
Eines — ‚he in .. dee zen 


labor ratione colotum, qui bat mo pe= 
.nicitlo debent diftribui, infuperque notan- - 

„dum, in omnihus coloribus vetnite appropria · 
„ta opus eſſe, quemadmodum illi noruns, qüi 
„Almanach inprimunt; Egregium certe ;arti. 

„heium & perquam vtile illis ‚botanophilis;, 
„qui nullam artis pidtoriae notitiaın habent, 


 ghocque.modo egregium Bes fibi compa- 
'„rare herbarium. 


@) inne hat in Philofophia botanica p. 9 
gefaat, Heſſel babe dergleichen Abdrüce im 
%. 1707. in Amerika gemacht ; aber mehr ift 
mie von dieſem Manne nicht bekant. 

Mm 


520 5. Pflanzen -Abdräde 


Der Academiae naturae curioforum in Er⸗ 
furt (9) 


Im %..1727 ward diefe Kunft von dem 

Buchdrucker Trampe in Halle, durch Er 
-münterung des Geh. Raths Büchner, und 
‚mit Beyhülfe des Leipziger Profefiors Lud- 
wig, verbeſſert und in gröfferer Ausdehnung 
getrieben, dergeftale, daß fo viele Exempla⸗ 
rien, als $iebhaber verlangten, verfertigt 
wurden. :' Dadurch entftand das groffe Werk, 
welches aus zwölf Centurien befteht. Die 
‚erfte Hat folgenden Titel: 7. A. Kniphofi 
Botanica in originali feu herbarium vivum, 
‚in quo plantarum tam indigenarum quam 
exoticarum peculiari quadam operofaque en- 
chirefi atramento impreflorio.obductarum no- 
minibusque fuis ad methodum Zinnei & Lud- 
æigii infignitarum elegantiflima ectypa exhi- 
bentur, opera & fludio ‚Joannis Godofredi 
Trampe typographi Halenfis. , Halae Magdt- 
burgicae 1758. Fol.* Die folgenden Gen. 
turien haben auf dem Titelblatte die Jahrzah⸗ 
den: 1759, 60, 61, 62, 63, 64. Die Ab» 
Bildungen haben feine Seitenzahlen, fondern 
‘werden nach ben untergefegren bofanifdyen 
Namen alpbabetifch geordnet, Jede Eenturie 
bat 


(9) S. Büchneri catalogus bibliothecae acade- 
miae naturae curiolorum p 71. 


5. Pflanzen Abdräde. 521 


hat nur ein vorgeſetztes Verzeichniß aller darin ab⸗ 
gebildeten Pflanzen. 


Im Jahre 1741 fieng der Hofbuchdruß, 
ker Henning in Berlin an, eben ſolche Ab⸗ 
bildungen unter dem Titel: Specimen florae, 
Berolinenſis zu liefern. Dieſe wurden her⸗ 
nad) von dem Ober Conſiſtor. Rath und Die 
rector der Realſchule in Berlin, J. J. He 
Fer, doch ohne Anzeige feines Namens, bes 
forge. Ich kenne zwo Centurien mit ſchwar⸗ 
zen Abdruͤcken; der Titel ift: Flora Beroli- ' 
‚nenfis, dasift Abdruck der Kraͤuter und 
DSlumen nach der beiten Xbzeichnung der 
Natur, zur Beförderung der Erkentniß 
des Pflanzen. Reichs veranftalter von der 
Resl Schule in Berlin. »757. ſol.“ es 
bes Blast hat den aufgedruckten Linneiſchen 
Namen, und jede Genturie hat am Ende ein | 
Regiſter aller Tafeln, ee m 


Vom Jahre 1760 bis 1764 gab Tram 
pe, unter Beyhuͤlfe des Prof. Ludwig, eing 
Samlung ausgemalter Abdrüfe von 200 
mediciniſchen Pflanzen heraus, welche den 
Titel hat: Ectypa vegetabilium — ad natu- 
rae ſimilitudinem exprefla. — Nach der 
ratur verfertigte Abdrücke der Gewaͤch⸗ 
ſe, welchezum medicinifchen Bebrauche 
beftime find. — Nebſt einer Eurzen Bes 
ſchreibung deren Wartung u. ſ. w. unter 

Mm2Auf—⸗ 


z22 5. Pflanzen-Abdruͤcke. 


Aufſicht Chrift, Gottl. Ludwigs. Halle, 
verfertigt von Joh. Gottfr. Trampe. Fol. 
Dieſe Samlung beſteht aus acht Faſciculn, 
deren jedem eine lateiniſch und teutſch abge 
faßte Nachricht von den abgebildeten Pflanzen 
vorgefegt if. Das Erempfar, weldyes id 
‘vor mir habe, übertrift an Schönheit alle vor- 
bergenanten Werfe, fo wie hingegen 'diefes 
von demjenigen übertroffen wird, welches 
1777 zu Hamburg unter folgendem Titel in 
Kleinfolio angefangen warb; Icones planta- 
rum: partes, colorem, magnitudinem, Ia- 
bitum earum examusſim exhibentes, adjedts 
nominibus Linneanis ediderunt: P. D. Gift. 
ke, $.D Schultze, A. A. Abendroth & 7. 
N. Buck; opera & fumptibus‘F. von Döhren. 
Es fcheint, als ob man hiebey viel mit dem 
Pinfel nachgeholfen habe. Ob diefe Unter: 
nehmung Fortgang gehabt hat, weis ich nicht; 
alles was mir davon befant geworden, habe 
ih in Phyſikaliſch. oͤkonom. Bibliothek 
VM. ©, 121 gemelder (1°), Es iſt zu ber 
dauren, daß diejenigen, welche diefe Kunft 
VER . im 


. (°) In des Hrnivon Cobres Buͤcherſam⸗ 

lLung zur Naturgeſchichte 1782 8.* S 491 

N. 37. iſt noch ein ähnliches Werk in Klein⸗ 

folio ohne Tirel angeführt worden, melches 
aus 3 Faſciculn, jedes von 25 Tafeln befteht. 
Die erfte Pflanze darin iſt Boerhavia hirfuta, 
und die legte Fucus ſiliquoſus. 


5. pflanzen⸗Abdruͤcke. 523 


_ im groffen getrieben ‚haben, die ihnen befanf 
gewordenen KHandgriffe und Wortheile, nicht 
öffentlich gelehrt haben. Auſſer den oben ges 
nanten Anweifungen, Fenne ich nur folgende: 
F. E. Bruͤckmann Sendfhreiden, ven der 
Art, Kräuter nah dem $eben abzudrucken. 
Rnivbof Sendſchreiben, die Kräuter abzus 
drucken betreffend. Beyde find einzeln ges 
druckt, ftehn aber auch in Buͤchners Mifcel- 
Janea phyfico-medico -mathematica. 1730 
©. 1346, 1353. Obferyations fur la phyfi- 
- que, fur !’hifloire naturelle — par Kozier, 

Tom. 2 part. 2 in 8. 1771, Octob. p. 146. 
Oekonomiſche Nachrichten der patrioti⸗ 
ſchen Geſellſchaft in Schleſien. Erſter 
Band. 1773. 4*S. 84, 91. 


ee 


> Taucher - Glode. 
Re ein fühnes Unternehmen , fih auf 


den Boden des Meers herunter zu 
laffen, um verfunfene Güter zu ſuchen, und 
ihre Aufförderung zu veranftalten! Horaz 
fagte von dem, der fich zuerſt auf die Oberflä- 
he des Meers gewagt : En —— 
3W Mm3 Illi 


24 6. Täucher:Blode, 
Ill robur & aes teiplex 
Circa pedtus erat, qui fragilem truci 
Commifit pelago ratem 


Primus; 


aber was foll man von dem fagen, der zuerft 
fo verwegen gewefen, unter dem Meere, auf 
dem Abgrunde, wohin jener zu verfinfen 
beſorgen miufte, zu wandeln.und zu arbeiten! 
Die erften Täucher lernten ihre Kunſt blos 
durch die frühe und gefährliche Uebung, län 
ger als fonft möglich, ohne zu athmen, aus— 
dauren zu förnen, (!) und man muß geſte⸗ 
. ben, daß fie es darin weit gebradyt haben, 
Das iſt nun freylich Fein ſonderliches tob; 
denn die Täucherfunft verlangt, fo wie die 
Kunft zu laufen, zu werfen und manche 
andere förperliche Faͤhigkeiten, Feine groffe 
Cultur; vielmehr ift gewiß, daß die uncultis 
virten Narionen, die wir Milde nennen, 
darin alle Europäer übertreffen, (2) als wel. 

er | che 


(*) Seneca de ira II, ı2: didicerunt quidanı 
in immenfaın altitudinem mergi, ac fine vlla 
refpirandi vice perpeti maria, 


(7) Zeugniffe von der Geſchicklichkeit der 
Wilden ım Untertauchen und Schwimmen 
findet mar gefamlet in Jens Kraft Sitten 
der Wilden. Kopenhagen 1766. 8. * & 39, 
wozu man noch die Erzählung des Maffe jus 
von den Brafilianern Hit, Indie. ” 2. 
ie 


| 6. Täucher-Glode 525 


ehe durch die Verfeinerung zugleich verzaͤrtelt 
und geſchwaͤchet werden. 


In den aͤltern Zeiten wurden Taͤucher 


auf den Schiffen gehalten, welche Die Anker 


leichtern helfen, (3) und Waaren, welche 
von Schiffen zur Zeit der Noth ausgewore 
“fen waren, wieder 'herauf holen muften (4), 
und die Rhodiſchen ‚Gefege beftimten ihnen 
einen gröffern oder geringern Antheil an dem 
Wrak, nach dem diefer mehr ober weniger 
tief verfunfen gemefen (3). Dfe wurden 


hinzuſetzen mag: Natandi arte ad miraculum 
vsque praecellunt. Sub aquis totas interdum 
horas, vbi quippiam in imo quaerendumeft, 
patentibus oculis vrinantur. | 


er pugna fuit vnusin illa 


Eximius Phoceusanimam fervare fub vndis 
Serutarique fretum, fi quid manfifletarenis, 
Et nimis affıxos vnci 'conveliere ınorfus, 
Adductum quotiens non fenferat anchora 
| funem, 
Lucanus 111 697. 

) Livius 44 c. 10- per vrinatores omne fer- 
me extradtum eft. Maniliz aftronom. V, 428 
‚edit. Argentorati 1655. 4. * pı 122. 

€’) Man findet die (ateinifche Ueberſetzung die⸗ 
fer Geſetze in Marquard de jure mercatorum 
p. 388: „Si aurum vel argentum vel aliud 
„quidpiam ex profundo furfum latum fuerit 

aa eubitis octo; tertiam partem accipiat is, 


„qui 
Mm 4 


5316 6 Taucher⸗Glocke. 


fie im Krieger gebraucht, feindlichen Schiffen 
und Werfen zu ſchaden. Als Ulerander Ty—⸗ 
tus belagerte, ſchwommen die Täucher aus 

. ber Stadt auf weite Entfernung unter -dem 
Waſſer, wie die’ Halloren, fort‘, ‘und riffen 
mit langen Hafen das Bolwerf ein, womit 
bie Belagerer den Hafen zu fperren ſuch— 
ten (©) Auch die Perlen der Griechinnen 
und Nömerinnen wurden von Täuchern mit 
eben der ‚großen Lebensgefahr gefifcht, womit 
‚Diejenigen in benden Indien geſamlet werden, 
— unfere; empfindſame Schoͤnen zum Putze 
Taufen, | 


Ich 


»qui confervat, Sin autem quindecim 'cubi- 
„tis, ſemiſſem confequitur, qui confervat, 
“ , „»Propter periculum profunditatis. Eorum 
vvero, quae a mari reiiciuntur in terram, 
»& ad vnum- cubitum demerfa reperiuntur, 
„deciman partem accipiat is, qui falva ex- 
»„portat“ San veraleiche auch Scheffer de 
militia navali. Upfaliae 1654. 4. * p. 110. 


(9) Curtius IV.c. 3: "Praetipuum auxilium 
erat, qui procul hoftium confpe&tu fubibant 

 „@quam, occultoque lapſu ad molem ‚vsque 
penetrabant; faleibus palmites arborum eimi- 
nentium ad fe trahentes. Eben dieſes er 
zähle auch Arrianüs de expedit. Alexandri 
M. edit. Blancardi. Amftelodami 1668. 8.* 

‚ Mb. 2. p. 138. Go machten: es auch -die 
Syracuſaner, wie Thueydides im zen Bus 
che erzaͤhlt. 





Ich weis nicht, ob jemand uͤber die Fra⸗ 
ge ‚ wie lange geſchickte Täucher unter- Waffer 
bleiben fönnen, Beobachtungen geſamlet 
bat. Ehemals glaubten viele Kenner der Zer⸗ 
gliederungsfunft, daß Perfonen, bey denen 
die ovale Defnung des ‚Herzens (foramen 
ovale) nicht verwachfen wäre, länger als an 
dere, ohne zu athmen, leben, aljo vorzüge 
lich geſchickte Taucher feyn koͤnten; aber Hala 
ler (7.) und andere. haben dieſe Meynung 
widerlegt, indem Leute früh. erftickt find, wel⸗ 
che jene Defnung noch‘ gehabt haben, und 
- Thiere lange unter Waſſer leben fünnen, obs 

ne folche zu haben; zu dem wenn auch dieſe 
Oefnung bey erwachſenen Perſonen noch ficht- 
bar iſt, ſo iſt ſie doch ſo gering, daß ſie zu 
jener Abſicht nicht hinlaͤnglich ſeyn kan; zus 
mal da der ducius arteriofus faft niemals „of 
fen gefunden wid; | 


u Die Aſtrachauiſchen Taucher, welche bey 
der dortigen Fiſcherey dienen muͤſſen, ſollen 
nur ſieben Minuten unter Waſſer ſeyn koͤn— 

nen 


(7) Boerhave praelectiones academicae, edit. 
Halleri Göttingae 1744. 8. V, 2. p. 472, 
474. Halleri elementa phyfiologiae; edit. 
Laufanae 1761 in en il 'P 252, ‚und VIIE, 
2. P- 14 J 


Mm j 


528 6. Taucher Glocke. | 


nen (8); Geſchickter feheinen die Holländis 
ſchen Täucher zu feyn. . Ein Beobachter hat 
unter der. Zeit, daß ein folcher unter Waſſer 
geweien, zum wenigſten zehen mal Athem 
holen müflen (9). Die, welche in Oftindien. 
die Perlmuſcheln famlen, folten ungefähr ei 
ne Biertelftunde unten bleiben; (10) dod) 
wollen andere eine weit längere Dauer mögs 
lich halten, und’ YTerfenne foll einen Täus 
cher, Johann Barrinus, angeführt haben, 
welcher fehs Stunden untertauchen Fön. 
nen (11). Ob dies wahr fen, moͤgen an 
bere beurtbeilen; fo viel ift gewiß, daß man 
fehr früh auf Mittel gedacht hat, ven = 
| - ern 


(?) &.®. Gmeling Reife durch Rußland II 
„ ©. 199. Die Aftrachanifchen Täucher fteigen 
aus der Badftube ins Waffe, wo fie nicht 
- aber fieben Minuten aushalten fönnen, und 
. aus dem MWafler werden fie erfrohren und er⸗ 
ſtarret wieder in die Badſtube gebracht, aus 
der fie wieder ind Waffer zurück kehren müf 
fen. Diefe Abwechſelung von Waͤrme umd 
Kalte wiederholen fie in einem Tage wohl 
fünf mal, bi8 endlich da3 Blue aus Nafen 
und Ohren ſtroͤhmt, und fie halb entſeelt zu: 
rück gebracht werden. | 
(?) Adta philofophica focietatis in Anglia, au- 
&tore O/denburgio. Lipfiae 1675. 4. * p.724. 
(30) Oldenburg a. & D. 
() Scheeps - bouw beschreven door Nie. 
Wirfen. Amfterdam 1671 fol.* p, 288. 


6. Taͤu cher · Glocke. 529 


” N 
chern unter Waffer Luft zu verfchaffen, und 
dadurch die Dauer der Untertauchung zu ver: 
längern. u 


Zu diefer Abſicht hat man die Taͤucher— 
Glocke, campana vrinatoria, erfunden. Wer 
von diefer noch feinen Begriff haͤtte, koͤnte 
ihn feicht durch folgenden Verſuch erhalten. 

- Man tauche ein Trinfglas verfehre in Waſſer 
ein, dergeftalt daß der ganze Rand zugleic) 
die Oberfläche des Waſſers berühre, und man 
wird ſehen, daß das Glas niemals mit Map - 
fer gefüllet werde, wenn man es auch noch ſo 
tief eintaucht; denn da wo Luft iſt, kann kein 
anderer Koͤrper ſeyn, und bey der angezeigten 
Vorſicht, kan jene dem Waſſer nicht auswei⸗ 
chen. Wenn man alſo eine Glocke von Me— 
tall zurichtete, unter welcher ver Taͤucher, 
etwa auf einem angebundenen Schemel, der—⸗ 
geſtalt ſtuͤnde, daß ihn der Rand der Glocke 
ungefaͤhr bis an die Knie reichte, ſo wuͤrde 
ſein oͤberer Theil wider Waſſer geſichert ſeyn, 
und er wuͤrde, auch auf dem Boden des 

Meers, die in der Glocke verſchloſſene Luft ath⸗ 

men Fönnen, J 
Die Erfindung dieſer Glocke ſetzt man 
gemeiniglich ing ſechszehnte Jahrhundert, und 
ich glaube auch, daß ſie vorher wenig bekant 
geweſen ſeyn mag. Aber ſchon bey Ariftote: 
| les 


530-6. Täucheußlade 


[28 fiefet man, daß die Taucher einen Keffel 
sebraucht haben, um fich deſto länger unter 
Waffer Halten zu. Fönnen, Inzwiſchen ift der 
Gebrauch nicht deutlich befchrieben, und die 
Lieberfeger haben vieles hinzugefegt, was im 
Griechiſchen nicht ſteht (12). | 

u | Mod) 


,('2) Arifot. problem. xxxi §. 5 wo uͤber 
die Frage geredet iſt, warum die Taͤucher, 
um ſich das Athmen zu erleichtern, Naſen 
und Ohren auftitzten, ſagt er: Zoe Mr s'uoins 
Qαννο mass Toig woAuußyras Aklyrz α- 
wadevres. ov whurraraı yüo Curos Tau via 
Tos, @AAE TyREı Toy 'dson, kirz Plas yae 
nedeas. dedov Yae Ürioiv wuseyardev Lıseiı, 
Theodor Bazahat dieſes uͤberſetzt: Plerique 
lebete demiflo , refpirandi viam vrinatoribus 
moliuntur; haud enim aqua lebes impletur, 
fed aera fervat ad demerfum hominem vsque; 
quippe qui erefus per vimdimittatur , vt 
vndique aequali nutu defcendat.e. Nam fi 
quamtumlibet inclinavit, humore protinus 
interrumpente impleatur, neceße ef. Sep⸗ 
talius hat in feiner fchon oben angeführten 

Ausgabe der Problematum p. 405 obiges ans 
ders uͤberſetzt: Videtur fimile quid viam 
refpirationi natatoribus fibi parantibus, dum 
lebetem capiti fuo ſupraponunt ore deorlum 
verfo; non enim repletur id aqua, fedaerem 
confervat; fit enim cum viölentia pofitio illa; 
redtum enim quodcungue inclinatum, influit. 
In feinen Anmerkungen hat er folgende Um⸗ 
ſchrelbung oder Erläuterung gegeben, wenn 


fie anders Diefen Namen verdient : Vtquanti 
| | uuo · 





richt vom Gebrauche der- Täucher » Glode: in 
Europa vorgefommen, als diejenige, welde 


4 


6. Taͤucher— GSlocke. 530. 


Noch zur Zeit iſt mir, Feine aͤltere Nach⸗ 


Schott 


momenti fit vrinatoribus, & natatöribts pos- 


‚Se aerem & infpirare & exfpirare, docetviam, 


qua muniti etiam in fundo maris poflint, 
faltem per aliquod temporis fpatium & acrem, 
infpirare, &.halitum expirare; plerique 
enim dum ad libellum recta deorfum ferri 
tentant, capiti lebete demiflo fupra pofito 
fubito, vtaer ab aqua propelli, nequeat, 
viam etiam fub aquis fibi parant; nequeenim 


demiffo lebete repleri aqua poteft, fedaerem. 


fervat, donec demerfus aquis homo caput 
lebeti aeri pleno imponat; cum impetu enim 
aquis ore inferno appofito recta, aer conſer- 
varetur, nec aqua fubingreditur, nifi aliquo 
modo in aliquam parteın inclinaverit; tunc 
enim humore protinus irrumpente implere- 
tur. Ohne auf diefe millfübrliche Verdol- 
metfchung zu arhten, wird mohl das meiste 
auf dad Wort zaragsrre;s ankommen. Daß 
es nomin. plur. aorifti 2 part act. iff, weis 
ich wohl, aber ich möchte gern von dem, 
der eine gröffere Fertigkeit der Griechifchen 
Sprache befigt, ald ich mir babe erwerben 
fönnen, lernen, was man unter dent decom- 
pofito von xerz und zro und denkten foll. 


Dedeutet ed nur, tie zus, fo viel als 


herunterlaffen, oder liegt darin dad, was 
jene Ausleger dabey gedacht haben, daß naͤm— 


lich der Taucher den Keſſel ſich über den 


Kopf Hürzee? ch finde dad Wort xaurapın 
ws Weder in des ans noch er 
Y» 


| 


532: 6. Taucher. Glode. 


Schott aus einem Bude des "Johann Tarife 
nier (15) angeführt hat. Legterer, der 1509 
in 


I) 


Erneſti Wörterbuche, auch nicht in der Enge 
Iifchen Ausgabe ded letztern; auch habe ichs 
vergebens bey andern Griechen geſucht. Du 
Dal bat angemerkt, daß einige suynarzter- 
res leſen, weiches Wort wohl noch feliener 
su finden feyn möchte. 

0”) Schste in Technica curiofa lib. 6. c. 9 
p. 393. führt auß Taisnerz opufculo de motu 
celerrimo folgende Stelle an: Si plebeculae 
ignoranti proponeretur, aliquem pofle in 
ımediis vndis & fluctibus ad fundum Rheni 
defeendere fiecis veftibus, nec madida mini- 
ma corporis parte, ac etiam ignem vivum 
ex aquac fundo fecum deferre, ridiculofum 
omnino videretur & impofübile; quod nihi- 
lo minus an. 1538: in Hifpaniae oppido To- 
leto coram Carolo V imper. cum decem pro- 

‚ pemodum millibus hominum experientia vi 
di. Experientiam fecerunt duo Graeci, qui 
cacabo magnae amplitudinis accepto, orificio 
inverfo, funibus in aere pendente, trabem 
&afleres in medio concavi cacabi afhıgunt, qui- 
bus fe cum igne reciperent; plumbis circum- 
ferentiam cacabi cireumquaque aequaliter & 
eisısdem ponderis ad aequilibrium firmant, 
ne feilicet demiflo in aquas cacabo, aliqua 
pars circumferentiae orificii cacabi citius aut 
fortius aquas tangeret; quia tunc facile eflet, 
aquam aerem in cacabo inclufum vincere, & in 
“humores liquidos ‚refolvere. St vero debita 
proportione lente in ayuas fic paratus caca- 


bus demittatur, ‚aer cacabo inclufus, aqua 
Ie- 


\ 


in Hennegan, gebohren worden, war. Pagen- 
‚Hofineifter bey Kayſer Earl V, mit: dem er 
fo gar die Neife nad) Afrifa gemacht bat. 
Er erzählt, daß er 1538 zu Toledo , in Ge— 
genmwart des Kayſers und vieler taufend Zus 


fhauer, gefehn habe, wie zween Griechen 


ſich in einem. geoffen umgekehrten Kefjel un. 
ter Waffer gelaffen, und mit einem brennen 
den Lichte, ohne naß geworden zu feyn, mic 
der heraufgefommen, Es fiheint, daß die⸗ 
fes Kunftftüct damals dem Kayſer und den 
Spaniern nod neu geweſen, und daß, man 
08 von den Griechen. nur um fid) von Der 
Möglichkeit zu’ überzeugen, babe. verfuchen 
faffen. Seit biefer Zeit ſcheint der Gebraud) 
der Täucher · Glocke immer bekanter gewor- 
den zu ſeyn. Baco (’4) hat fie in feinen 
: | Ä Schrif⸗ 


reſiſtente, locum ſibi facit & violenter. Sic 
inclufi homines ibi et in mediisaquis- tantis- 
er ficci remanent, donec fucceflu temporis 


aer ibidem inclufus faepe reiterata aspiratio- 


ne debilitetur, & tandem in humores refol- 
vatur grofliores, aquae humiditate majori 
confumtus, Sed fi tempore cacabus lente 
extrahatur, remanent ficci homines & illae- 
fus ignis, ee. 
(+) Francisei Baconi opera latine translata, ope- 
ra S. J. Arnoldi. Lipfiae 1694. fol. *— No- 
vum organum lib. 2. $- 50. p. 408: Bonus 


eſt vfus vafisillius, quod adhibitum cft non- 
nun- 


— 


534 6. Täucher-Blode. 


Schriften mehr als einmal befchrieben, "ihre 
Wuͤrkung erklaͤrt, und dabey angemerkt, ſie 
ſey zur Erleichterung der ‚Arbeiten unter Wafe 
fer erfünden, | 8 


In der letzten Hälfte des. vorigen Jahr⸗ 
hunderts’ ift die Taͤucher » Glode einige mal 
zu groſſen Unternehmungen gebraucht worden. 
Als die Engländer im Jahre 1588 die ſo ge⸗ 
ante unuͤberwindliche Flotte der Spanier 
zernichteten, gingen ‚einige. Schiffe derfelben 
bey: der: Inſel Mull, die,auf der weſtlichen 
Küfte von Schottland liegt/ zu Grunde, und 
inter diefen. follte eins, nach Ausſage ver 
Spaniſchen Gefangenen ‚ die größfen Schät- 


nunquam ad operandum fubter 'aquis fuper 
navigia demerfa, vt vrinatores diutius manere 
-polint fub aquis, & per vices ad tempus 
refpirare. Illud huius modi erat. Conficie- 
‚batur dolium ex. metallo. concavum, quod 
demittebatur aequabiliter ad fuperficiem 
‚aquae, atque fie deportabat totum aercm qui 
eontinebatur in dolio ferum in fundum maris. 
Stabat autem fuper pedes tres, inftar tripo- 
dis, qui longitudinis erant aliquanto mino« 
ris fiatum hominis: ita vt vrinator poflet, 
cum anhelitus deficeret, immittere caput in 
cavum dolii, ‘& reipirare & deinde opus 
continuare. Eben diefed erzaͤhlt Baco in 
dem Buche, welches in der Ueberſetzung: 
Phaenomena vniverſi uͤberſchrieben iſt, 
©. 702. | 


\ 


6. Taͤuch er⸗Glocke. | 535 


ze enthalten haben. Dieſe alte Nachricht 
machte von Zeit zu Zeit Leute luͤſtern, und 
veranlaſſete verſchiedene Verſuche, etwas von 
den Koſtbarkeiten herauf zu holen. Im Jah⸗ 
re 1665 gluͤckte es einem Kuͤnſtler einige Ka— 
nonen herauf zu bringen, welche jedoch die 
Koſten nicht hinlaͤnglich bezahlten. Won bier 
fer Unternehmung und von. der dabey ges 
brauchten QTäucher- Glode Bat der Ekhort- 
länder Sincler (15) eine Nachricht geges 
ben; aber ganz falfch.ift, daß Pafchilis (1°) 
und Leupold (17) und andere diefen Ger 
lehrten für den Erfinder dieſer Mafchine ange 
geben haben Er ſchreibt fih auch felbft 
diefe Ehre nicht zu, fondern fagt nur, er har 
be den Künftler gefprochen und die Mafıhine 
gemeſſen. | 


Einige Jahre hernach wurden dieſe Ver⸗ 
ſuche von neuem rege. William Phipps, 
* der 


| (13) 6. Sinclari ars nova et magia gravitatis 
et levitatis Roterodami. 1669. 4 * p. 220. 
Aus dieſem Buche findet man die Befchrets 
bung der Gloͤcke eißgeruͤckt In Seurii eolle: 
pium curiofum, Nofimbergae 1701. 4 *. 
0%) Pafebii Inventa nov - antıqua. Liplae 
— 1700. 4 * PB. 650. Ä — 
(7) Theatri ſtatiei univerfalis pars tertia. Leip⸗ 
zig, 1726. Fol.“ © 242. | 
u Nu 


536 6. Taucher. Glocke: 


der 1650 in Mordamerifa gebohreit ,'' dee 
Sohn eines Grobfcehmidts war, und zu Bo⸗ 
fton die Schiffbaufunft erlernt Hatte, machte 
einen Entwurf, ein auf der Küfte von His 
paniola verfunfenes reiches Spaniſches Schiff 
aufjufuchen und auszuleeren, md mujte fol 
chen fo wahrfcheinlich vorzuftellen, daß König 
Earl I. ihm ein Schiff gab, und ihn zugleid) 
mit allen zu diefer Unternehmung nörhigen 
Bedürfniffen verfad. Er 'reifete alfo im J. 
1683 dahin, war aber unglücflid, kam in 
größer Armuth zurück, doch noch mit-der fer 
ften Ueberzeugung von der Möglichkeit‘ feines 
Vorſchlags. Er fuchte deswegen auch von 
KR. Jacob II, der damals regierte, ein Schiff 
zu erhalten, Als auch diefes fehl fhlug, bei 
mübete er fich fein Vornehmen auf Unter 
flügung einiger Privarperfonen auszuführen, 
und er eröfnete desfalls, nad) der ‚damals here 
fchenden Gewohnheit , eine Unterzeichnung. 
Anfänglid) ward er verlacht, aber endlich) 
nahm der Herzog von Albemarle, der Sohn 
des berühmten Generals Georg Monk, 
daran Theil, und ſchoß eine betraͤchtliche Sum⸗ 
me Geldes ber, um die nörhigen Anftalten 
zu der neuen Reiſe zu machen. Das ütrige 
brachte Phipps bald zufammen, und gieng 
im J. 1687 mit einem Schiffe von zwenhuns 
dert Tonnen unter Segel, um. fein Oluͤck 
aufs neue zu verfuchen, wobey er eine glei⸗ 


che 


che Vertbeilung des Gewinns nach den zwan⸗ 
sig Theilen, aus welchen die Auslage beftand, 
zu machen verſprach. Anfänglich ſchlugen 
wiederum alle Arbeiten fehl, als ihm aber 
endlich. ſelbſt faſt ſchon alle Geduld/ vergan⸗ 
gen war, gluͤckte es ihm, aus einer Tiefe 


‘von ſechs bis ſieben Klafter, fo viele Schaͤtze 


herauf zu bringen, daß er mit einem Werthe 
von drey mal hundert tauſend Pfund Ster 
ling nad) England zurück Fam, Hievon bes 
kam er felbft ungefähr 16,000 , ‚Andere fagen 
20,000 Pfund Sr. und der Herzog 90,000 
Pf. St. Bey feiner Rückkunft wollten einige 
den König bereden, das Schiff nebft der Jar 
dung einzuziehen, wobey man den Vorwand 


brauchte, Phipps habe, als er die Fönigliche 


Erfaubniß gefuht, nicht genaue. Nachricht 


‚von der Sache gegeben. Allein der König an 


wortete grosmürhig, er wiſſe, daß Phipps 
ein redlicher Mann fey, und er wolle, daft 
er und feine Rheder alles hellen follten , wenn 


er auch noch einmal ſo viel mitgebracht. härtei 


&o gar. bezeigte. er ihm dadurch feine Zufrier 
benheit, * er ihn zum Ritter ſchlug. Dies 
fer Phipps ift nachher high [heriff of News 
England geworden, und in noch gröffern 
Würden 1693 zu London geſtorben. Den 
Herzog von Albemarle veranlaffere dieſer gu= 
te Erfolg, fi vom Könige die Sratthaltere 
ſchaft zu Jamaica auszubitten, um von noch 

na meh⸗ 


338. 6 Täucher-Bloce 

mehrern in der dortigen Gegend verunglüc- 
ten Schiffen zu gewinnen. Aber es mag num 
feyn, daß Das Geld entiveder (yon alles herz 
auf geholt worden, oder daß das Meer, nad)» 
dem das Schiff aus einander gegangen, bie 
darinn befihdfichen Sachen zerftreuet gehabt; 
fo ift gewiß, daß man darin. weiter nichts, 


“was die Mühe verlohnt hätte, gefunden 
hat ('3). | 


Nichts deſto weniger machte diefer Erfolg, 
daß in England mehrere Gefellfchaften zuſam⸗ 
men traten, und ſich die alleinige Erlaubniß 
an gewiffen Küften durch) Taͤucher fifchen zu 
laſſen, auswirkten. Das meiſte Aufſehen 
machten diejenigen, welche wiederum bey der 


ZJnuſel Muli im J. 1688 ihr Gluͤck verſuch⸗ 


ten, unter denen ein Graf Argyle der vor— 
nehmfte war. . Die Taͤucher haben ſich da 
mals auf ſechzig Fuß tief unter Waſſer ges 
laffen, blieben zumeilen eine Stunde unten, 
brachten auch wohl goldene Ketten, Geld 
und einige andere Koftbarkeiten herauf, Die 

5 | ' jedoch 


(3) Diefe Nachrichten find genommen aus: 
Hiftory of the Britiſh empire in America by 
M. Wynne. London 1770. 2 vol. in$ * I. p 
131; und aus Job. Campbell Leben der Ad⸗ 
mirale und anderer berühmter Britanifihee 
Seeleute. Leipzig 1755. 2 Theile in 4 "I 
©. 547. 


> 6. Taͤucher⸗Glocke. 539 


jedoch zufammen genommen, nicht viel betra= 
gen haben folfen (19). Ohne mehrere Bey— 
fpiele vom Gebrauche dieſer Glocke anzufüh 
ren, will ich nur noch Diejenigen nennen, wels 
che fie in neuern Zeiten zu verbeflern gefuche 
haben, | 


Daß diefe Mafchine in der erften Hälfte 
des ſechszehnten Jahrhunderts fehr wenig bes 
fant gewefen fen, fchließe ich aus folgendem 
Umitande. Syn den älteften Ausgaben des 
Vegetius von der Kriegsfunft, finder man eis 
nige von einem SSerausgeber beygefügte Zeich⸗ 
nungen, bie in dem Buche felbit nicht erläus 
tert find. Unter dieſen ftellet eine ein Mittel 
por, auf dem Boden des Meers Fifche mit 
den Händen zu fahen; der Taucher bat eine 
Kappe über dem Kopfe, die fo Dicht anfchliefs 
fen fol, daß fein Waffer eindringen koͤnne. 
Dirfe Kappe hat eine lange lederne Roͤhre, 
deren Defnung auf der Oberfläche des Wafe 
fers. ſchwimt. Wenn der Verfaſſer dieſer 
Zeichnungen bereits - die Täucher» Glocfe ges 
Fant hätte, fo würde er ſolche gewiß viel mehr 
als dieſen unmöglihen Vorſchlag abgebildet 
haben 


(9) Martin's defcription of the weftern islands, 
The fecond edition, I.ondon 1716. $* p 253. 
Campbell’s political furvey ofBritain. London 


1774. 2 vol. in 4* p. 604. 
er 03 


40 6. Taucher Glode 


haben (2°). Die ältefte mir befante Abbil- 
dung einer Täucher »- Mafchine , . welche der 
Glocke am nädhften Font, -ift in Bon. Los 
rini Buche: vom Feftungsbau. Diefer bes 
fchrieb einen vierefigen mit Eifen befchlagenen 
Kaften, der mit Fenſtern verfehn feyn, und une 
ter dem ein Scyemel für den Taͤucher anges 
bracht feyn ſollte. Diefer viel vernünftigerer 
Vorſchlag ſcheint doch ſchon älter als dieſer 
Italiener zu ſeyn, wenigſtens giebt er ſich 
ſelbſt nicht fuͤr den Erfinder an (21). 


Inm J. 1617 beſchrieb Stanz Keßler 
ſeinen Waſſerharniſch (22), der zwar auch 
| zum 


(?°) Sch finde diefe Seichnung in folgenden 
Ausgaben; Fl. Vegetii Renati de re milita- 
ri — Lutetiae apud C. Wechelum. 1532. fol, 
* n.180. Flavii Feger. Renati vier Bücher 
von der Rytterſchafft. Gedruct yn der loͤb⸗ 
lichen Stat Erfurt duch Janßen Anappen 
1511. Fol. * Mit Mönchsfchrift. 

In Leupolds theatro pontificali iſt diefe 
Zeichnung auch ©. 11 Tab. 2 Fig. 6 ein 
geruckt. 

(2°) Le fortificationi di Bounainte Larini, 
nuovanıente riftampate. InVenetia 1409. fol, 
*p.232. LZorini fünf Bücher von Veſtung 
Baumen, übergefeßt von David Wormbfer. 
Frankfurt 1607. Fol. * S. 201. Leupold 
0.0.8. S. 7. Tab. 2. Fig. 1. 

(?2) Fran. Kefsteri fecreta. Dppenbeim 1617, 

U. 7.,Bogen in 8 nebſt 7 Kupfertafeln. Rn. 
— 


6. Taucher: Glode, 541 \ 


zum, Unterfauchen dienen felte, aber wuͤrklich 
nicht: dazu dienen Fonte (23), m Jahr 
1671 lehrte Wirfen die Einrichtung und den 
Gebraudy der Glocke richtiger, als feine Bor 
gänger (24), ‚aber darin irret er wohl, Daß 
er ſagt, fiefey in Amſterdam erfunden wore 
den. Sm J. 1679 kam des Borelli befan 
4e8 Werk de ınotu animalium (35) zum er» 


ften 


Merkchen. ift im Anfange diefed Jahrhunderts 
wieder zu Reipgig gedruckt worden. Zeupoid 
a. a O. S. 5 T. 1 Flag. 5 Schott technica cu- 
riofa lib. 6 p. 394. Mehrere Nachrichten von 
dieſem Reßler findet man im Yleuen Same 
burgiſchen Magazin XIX ©. 516; doch viels 
leicht ſteht dieſer Aufiag bereits im Alten 
amb. Wagazinz denn dag neue iſt nicht 
viel mehr als ein verdorbener Nachdruck des 
ältern, nur daß die Abhandlungen im einer 
andern Ordnung folgen, und die Namen der 
Derfaffer und Quellen, fo wie die Kupfertas 
fein, weggelaffen worden. Eine Unverfchämts 
beit des Verlegers, welche beweifet, wie Leicht 
fid das Publikum besrügen laſſe! 


(”?) Bartbolini acta Hafn, 1676. P. ı obſ. 17. 

(+) a. a. O. S. 288. 

(25) Ich habe die Ausgabe, welche im Haag 
1743 In 4 herausgekommen, aus der Bibllo⸗ 


thet des Hrn. Prof. Hollmann vor mir, mo. 
die angeführte Befchreibung I ©. 222 Ex 
ur ie 


ng 


443 6. Taͤucher⸗Gloͤcke. 


ften mal heraus, worin er nicht nur die 
Glocke, fondern :auch einen Vorſchlag bes 
ſchrieb, deffen Unmöglichfeit Jakob Ber 
noulli zeigte (26), Als Sturm im Jahr 
1678 fein Collegium curiofum heraus gab, 
that er einige WVorfchläge zur Verbeſſerung, 
worüber im Journal des fcavans (?7) bey der 
Anzeige jenes Buchs Erinnerungen gemacht 
wurden, welche Sturm im andern Theile des 
Collegii euricfi p. 1. zu heben gefucht bat, 
Aber Fein Gelehrter hat die Verſuche über 
den Gebrauch und die Verbefferung der Täus 
her» Gloce weiter getrieben, als der Eng« 
länder Halley und der Schwede Triewald, 


Die Glocke, welche Edmund Halley, 
Secretair der Londoner Geſellſchaft, machen 
ließ, war oben 3 Fuß, unten 5 Fuß weit, 
8 Fuß hoch, und ihr Inhalt betrug ungefaͤht 

| u 63 


Vielleicht ift e8 manchem angenehm zu tif: 
fen, daß dieſes ganze Werk auch in Mangeri 
bibliotheca anatomica. Genevae 1699. 2 vol, 
fol. * II. p. 895 abgedruckt if. Leupold bat 
des Borelli Zeichnung ©. 17 Tab. 2 Fig. 4 
und in Vaelentini mufeo mufeorum. Frankfurt 

"1714. 3Theile in Fol.* III S. 29 Tab. 24 
Sig. 5 ſteht ie ebenfalls. 


( 26) Ada eruditorum 1683 Decemb. p 553. 
Jac. Bernoulli opera. un FR 

6) Journ des fcav, 1678 Jan, 315 edit, ing 
Pr 21.und 74, 


6. Taͤucher Blode 543 


63 Engl. Eubiffuß. Sie 'war mit Bley 
Aberzogen und fo fchwer, daß ſie zu Grunde 
tank, wenn fie anch ganz leer war; am utiern 
Rande waren Gewichte dergeſtalt vertueilet, 
daß die Glocke beftändig gerade herunter fin 
fen mufte, und in Feine’ fchiefe Sage: kemmen 
fonnte, Ganz oben war ein flarfes Glas eins 
gefegt, Damit Sicht von oben herein fallen 
konte; aud) war oben ein Hahn angebracht, 
um dadurch die Luft heraus zu laffen, welche 
durch das Athmen' des QTäuchers verdorben 
war, Unten im ganzen Umfange der Glocke 
war ein Sitz angebradht, auf welchem bie 
Taͤucher ſitzen; auch hieng unten an Striden _ 
der Etand oder Schemel für die Täucher, 
auf welchen fie ihre Gefchäfte ftehend verrich— 
ten Fonten. Die ganze Mafchine hieng an 


einem am Maftbaum des Schiffes befeitiaten \ 


Duerbaifen, fo daß die Glocke leicht ins Wafe 
. fer herunter gelaffen und wieder herauf gezo⸗ 
gen werden Fonute, Damit die. Glocke unter- 
Waoſſer mit frifcher Luft verfehen werden konnte, 
wurden große Lichte mie Luft angefüflete 
Schläuche herunter gelaffen, welche unten eine 
Defnung batten, wodurch das Waffer die 
eingefperrete $uft zufammen preſſete. Oben 
an den Schlaͤuchen waren [ederne mit Oel ges 
tränfte Röhren befeftige, durch welche ‚der 
Täucher der gepreffeten $uft einen Ausgang 
aus den Echläuchen in die Glocke verſchafte. 
on | Rn5 So 


54. 6 Taͤucher⸗Glocke. 


So bald ein foldyer Schlauch ausgeleert wor⸗ 
den, ward er, nad) dem vom Täucher geges 
benen Zeichen, wieder herauf gezogen und ein 
anderer herunter gelaffen. Die in der Glode 
v.rdorbene Luft drang als die wärmite nach 
oben hinauf, wo fie durch den dafelbft ange— 
brachten Hahn heraus gelaffen ward. Hier 
durch Fonte die Luft beitändig fo friih und in 


ſolcher Menge erhalten werden, daß Halley 


felbjt, nebft nod) vier andern Perfonen, neun 
oder zehn Klafter tief, bis anderthalb Stuns 
den, unter Wafler gewefen, ohne daß ihm 
der geringfte üble Zufall zugeftoflen ift, der 
auch nicht erfolge wäre, wenn er nöd) länger, 
nnd fo lang alser gewolt hätte, unten geblies 
ben wäre. Die Vorficht ift nöthig, daß man 
die Glocke anfaͤnglich ſehr langfam nieder, 
faffe, damit der Taͤucher e8 nach und nad) 
gewohnt werde, die verdickte Luft in fich zu 
ziehen. So oft die Glocke 12 Schub herun« 
ter gelaffen ift, "muß fie flifl gehalten werden, 
um das herein getretene Waffer, durch frifche 
herein gelaffene Luſt heraus zu treiben. Hals 
ley ift auf folhe Weiſe vermögend gemwefen, 
Den Grund des Meers, innerhalb dem Ran— 
be der Glocke, fo trocken zu machen, daß er 
nicht bis über die Schuhe in den Schlamm 
oder Sand getreten if. Durch das Senfter 
der Glocke fällt fo viel Licht ein, daß Haller, 
wenn die See ruhig und ohne Wellen gewe⸗ 
| —— fen, 


6 Tau cher⸗Glocke. 545 


fen ; vollfommen gut unter Waſſer leſen und 
fehreiben fönnen. Wenn die ausgeleerten 
Luftſchlaͤuche hinauf gezogen wurden, ſo ſchick— 
te er zugleich Befehle hinauf, die er mit ei⸗ 
nem eiſernen Griffel auf eine bleyerne Platte 
ſchrieb, und ſo befahl er auch, wenn man ihn 
mit der Glocke an einen andern Dre ſetzen 
ſollte. Bey trüber Witterung und unruhi⸗ 
ger See war es unter der Glocke ftoc fine 
ſtere Nacht; alsdann zündete er Licht an, doch 
‚verehrte ein brennendes Sicht eben fo viel Luft 
als ein Menſch. Die einzige Ungemächlidy« 
feit, worüber Halfey ſelbſt Elagte, war, daß 
er bey dem Herunterlaffen einen Schmerz in 
den Ohren empfand, als ob er dafelbft mit 
einem fpißen Federkiele geſtochen würde, 
Diefer Schmerz entficht jedesmal, wenn die 
Glocke tiefer herunter gelaffen wird, vers 
geht aber jedesmal bald. wieder. Sin Täue 
cher meynte dieſe Ungemaͤchlichkeit dadurch zu 
heben, daß er gefäuetes Papier in beyde Obs 
ren fiecfte; aber die Luft preffete ihm folches 
fo tief hinein, daß der Wundarze Mühe ges 
nug hatte, es wieder heraus zu bringen. Um 
einen Täucher, aus der Glocke auf dem Bo⸗ 
den des Meers auf viele Klafter weit verfchik« 
fen zu fönnen, erfand Halley eine bieyerne 
Kappe, die der Täucher. über den Kopf ded« 
te. Diefe Kappe hatte vorne ein Glas, fafe 
” ſo viel Luft, als fuͤr ein Paar Minuten 


genug 


546- 6. Taucher Blode. 


genug war, und hafte -eine dichte biegfame 
Roͤhre, die mit dem einen Ende in der großen 
Glocke befeftigt war, und die an der Kappe 
einen Hahn hatte, wodurch der Täucher Luft 
aus der großen Glocke kommen laffen Fonnte; 
diefe Roͤhte, die der Täucher um den Arm mine 
den mußte, diente ihm zugleid) zum Leit— 
faden, um fich wieder nach der Glocke zurück zu 
finden (28), 


Die lebte MWerbefferung der Täucher: 
Glocke ift von dem befanten Schweden Trigs 
weld, Er ließ fie aus Kapfer machen, ins 
wendig verzinnen, und viel kleiner, alfo aud) 
wohlfeiler verfertigen. Oben find Glaͤſer eins 
aefest, die mehrerer Gicherheit wegen mit 
Kupfer eingefaßt find, Der untere Schemel 
ift fo angebracht, daß der darauf ftehende 
Täucher mit feinem Kopfe nur eben über vie 
Dberflähe des Waffers- in die Glocke hervor⸗ 
raget. Dieſes iſt viel beffer, als wenn er 
mit dem Kopfe oben in der Glocke waͤre, weil 
‚ nahe über der Oberfläche des Waffers die Luft 
fühler und zum athmen beffer ift, als oben 
in Der Glocke. Damit aber der Täucher aud) 
in dem obern Theile der Glocke bequem ſeyn 
Fönnte, hat Triewald die Einrichtung ge 
mabt, daß, wenn der Taucher in der waͤr⸗ 
| | mern 


(3) I bilofophical transad. 1717 und 1721. 
Ihe art of living under water, by Halley, 


| 6. Taucher. Glode 547 


mern oͤberw Luft jo lange als ‚möglich . Athem 
gefchöpft hatte, er an der Seite der Glocke 
eine rund an derielben umher gewundene kup— 
ferne Röhre, fand, durch welche er auch die 
untere Fühlere Luft, bet der Oberfläche des 
Waſſers in fic) ziehen Fonnte. Diefe Fupferne 
Schlange hatte an der obern Mündung eine 
biegfame lederne Nöhre mit einem: eifonbeis« 
herren Mundftüce, welches der Täucher in 
den Mund nahm, und alsdann. in jeder Lage 
des Körpers frifche Luft einziehen Eonnte (29), 


Uebrigens fol ein Engländer einen garis 
zen Anzug von ſtarkem dichten Jeder erfunden 


haben, welcher ungefähr ein halbes Oxhoͤft 


Luft enrhält, und fo zubereitet ift, daß Feine 
$uft durchdringen kann, und yenau über. Arm 
“und Dein paſſet, vorne aber mit cinem' Gla— 
fe verſehn if. Wenn er diefen Anzug ans 
legt, 16 foll er in demfelben nice nur auf dem 
Grunde des Meers, ſondern auch in die 
Zimmer eines verfunfenen Schiffes geben, 
und aus demfelben nach Gefallen Güter her» 
auf holen koͤnnen. Der Erfinder foll dieſes 
Bewerb über 40 Jahre Hetrieben, und ſich 

| " dadurch 


- (39) Philofophical transact. 1736. Transadtions 
Philofophiques, traduites par M. de Bremond, 
Anne 1736 4 * p- 253. Martin Triewalds 
konft at lefwa under watnet; Stockholm, 174Ks . 
in 4. j - ‘ 2 i “ 


dadurch ein anfehnliches. Vermögen erworben 


haben (?°), 


() Martins philofophia Britannica, ũberſetzt 
von Wilke. Leipzig 1772. 3 Theile in 8 * 

1 &. 224, mo auch die Glocke des Halley 
und Triewalds abgebilder find. 





— Kamele. 


Ru der Süterfee, vor der Mündung des 9), 
—J ungefaͤhr ſechs Meilen von Amſterdam, 
liegen an beyden Seiten Sandbaͤnke, und 
zwiſchen dieſen iſt eine Durchfahrt, die het 
pampus genennet wird, befindlich. Dieſe 
iſt fuͤr kleine Schiffe tief genug, nicht aber 
fuͤr große und ſchwer beladene. Deswegen 
erhalten die ausgehenden dicht vor der Stadt 
nur einen kleinen Theil ihrer Ladung, den 
uͤbrigen aber erſt jenſeit des Pampus, eben 
da, wo die ankommenden Schiffe größten. 
theils entlaftee werden muͤſſen. Dieſes ges 
ſchieht, indem die Waaren in. kleinen Fahre 
geugen, die man lichters nenuet, gefaden, 
und in diefen zur Stade nach. den Waaren— 
häufen der Kaufleute gebracht werden, wors 
auf 


7, Ramele -49 
auf alsdann das große Schiff von Fleinern 
Fahrzeugen (1), woran es mit Tauen befe 
ftige ift, weiter‘ fortgebracht wird. - - H 

Ungeachtet man bereits in der Mitte des 
fechszehnten. Jahrhunderts durch Das Wer 
both, Ballaſt auf den Pampus zu werſen, 
die weitere Werfandung dieſer Durchfahrt zu 
verhüren geſucht hat (?), fo hat das Uebel 
Dennoch aus andern Urfachen fo zugenommen, 
daß dadurdy der Handlung immer: gröffere 
Unbequemlichfeiten  entftanden: find, . und 
Kriegsfhiffen und andern tief gehenden Schif⸗ 
fen es längft unmöglich geworden ift, über 
dieſe Untiefen mwegzugehn. - Ums Jahr 1672 
fante man: Dazu fein anderes Huͤlfsmittel, 
als daß man groffe mit Waſſer angefüllere 
FKiften mir den Schiffen befeftigte, und folche 
nachher auspumpte, worauf: fie das Echiff 
fo fehr erhoben, daß die Durchfahrt moͤglich 
ward. Auf diefe hoͤchſt  befebwerliche Weiſe 
braditen die. Holländer in dem genanten Jah⸗ 
ve ihre zahlreiche Flotte in See (5). Aber 
| | — wenige 


() Dieſe beiffen water-fchepen, und find, 
wenn ich mich recht errinnere, eben diejenigen 
Fahrzeuge, worin dag ſuͤße Waffer nach Ams 
fterdam geholt wird. | 5 


. (2) Amfterdam in zyne opkomft, aanwas, ge- 
fchiedeniffen befchreeven door Jan Wagenaar, 
Anfterdam 1760. 8 * Ip. 258. 


0 Le Long koophandel van Amflerdam I, 
p- 14, 


550 7. Kamele. 


wenige Zeit hernach hat dieſe Einrichtung die 
Erfindung der Kamele veranlaſſet, durch wel 
che dieſe Arbeit ſehr erleichtert wird. 


Dieſe beſtehen aus zweyen Halbſchiffen, 
Die dergeſtalt gebauet ſind, daß fie unter Wafı 
fer an dem Bauche des großen Schiffes ans 
fehliegen koͤnnen. Jedes Kamel bar üben 
auf dem Verdecke viele horizontale Kreuz 
Hafpel, von denen Taue in Roͤhren durch dag 
eine Halbſchiff inter das große: Schiff weg, 
und in den Köhren des. andern Halbſchiffes 
wieder zu deſſen Kreuzhaſpeln binaufgehn, 
Zum-Gebrauche "laßt man beyde ſo weit. nö» 
chig mit Waſſer ‚voll laufen; alle, Taue wer 
bon los gelaſſen; alsdann wirdechas große 
Schiff dazwiſchen gefuͤhrt, worauf Narke Bal. 
ken durch die Stuͤckpſorten gelegt werden, die 
mit. den andern Enden auf den Kamelen ru—⸗ 
hen. Nachdem die Taue ſo feit angejögen 
find, daß fie das große Schiff faffen, werden 
die Ramele leer. gepumpet, die ſich darauf zus 
gleich mit dem großen Schiffe erheben. Ein 
ſolches Halbſchiff hat gemeiniglich eine Fänge 
on 127 Fuß; bie Breite ift an dem einen 
| —F von 22, am andern von 13 Fuß. In— 
wendig iſt der Raum in verſchiedene Kammern 
ahgetheilt, um das ganze Gebäude ben Eins 
laffiina des Waffers im Gleichgewicht erhalten 
zu koͤnnen. Ein Oſtindiſches Scyiff, weldes 
| “ unfs 


7. Aamela 51 


funfzeßn Fuß tief geht, Fann durch Hilfe dies 
fer Kamele bis auf eilf Fuß, und fo aar dag- 
ſchwerſte Kriegsfhiff von go bis 100 Kan» 
nen ſo fehr erhoben werden, daß beyde über | 
alle Untiefen der Suͤderſee ungehindert wege 
gehn (4) u | 


Für den Erfinder der Kamele giebe Leu— 
pold den Cornelius Meyer an, worin ihm 
ein Mitarbeiter an der teutfchen Encyclopäs 
die (5) gefolge ift. Diefer Meyer war ein 
Holländifher Wafferbaumeifter, und mard 
in ber legten Hälfte des vorigen Jahrhunderts 
von der paͤpſtlichen Kammer nach Italien nes 
rufen, um die Tiber zu reinigen und ſchiff⸗ 
bar zu machen (5), Einige feiner Vorſchlaͤ⸗ 

ge 


(+) Eine vollftändige architeetoniſche Beſchrei⸗ 
bung und Abbildung der Kamele iſt mit noch. 
‚nicht vorgefommen; die beften Zeichnungen, 
welche ich Eenne, finden fich in folgenden ers 
fen: NieweHollandfe Scheeps-bouw — door 
Carel Allard, Amſterdam 1705.4* II p. g. tab. 
5. L’art de batir les vaifleaux, Amfterdam 
1719. 4. I1.*p. 93. Encyclopedie, nach der 
Pariſer Ausgabe III. p 67. Planches, fixieme 
livraifon, art, Marine tab, V Sig: 2. Lens 
polds Theatrum machinarium, &. 96 Tab. 24. 


| (3) Th. IV ©. 815. 
(°) Reyßlers Reiſe 1 &. 62%: Volkmann 
Nachrichten von Italien. 1 S. 152 


Do 


— 


52 7% Aamele, 


ge find wuͤrklich ausgeführt worden , aber bie 
meiften und wichtigſten wurden, vornehmlich 
wegen Eiferfucht der Italiener, nicht genußt. 
Um ſich zu vechffertigen, und um zu verhuͤ— 
ten, daß nicht andere feine Erfindungen fir 
die ihrigen ausgeben möchten, befchrieb er 
fie in einem mit vielen fihönen Zeichnungen 
gezierten Werfe (7). In dieſem koͤmt wirk— 
lich ein Vorſchlag, große Schiffe über Uns 
tiefen zu führen, vor, der den Kamelen ſehr 
ähnlich if, Es foll naͤmlich ein Fahrzeug, 
welches dergeftalt gebauet ift, daß das Edhiff 
mit feinem Urtertheile darin, wie in ein Fut⸗ 
teral paffet, unter bdaffelbe gebracht und die» 
jes dadurd) gehoben werden (8) Allein 

| unges 


(7) Larte di reftituire à Roma la tralafciata na- 
vigatione del fuo Teuere, — Dell’ Ingegniero 
Cornelio Meyer, Olandefe. ‚In Roma 1683. 

ol. *. | 

(?) Weil das Buch felten iſt, will ich Die Stel⸗ 
le abfihreiben, ungeachtet fie fich auf eine 
Zeichnung bezieht, die ich nicht beyfüigen mag. 
Con vccafione, che mi & conuenuto parlare 
delli foftegni hö volfuto toccare di paflagio, 
ch’ efli fono fervibili a molti altri ufi, et in 
fpecie quando fi trovano nelli canali, ð nel 
mare fecchi, 6 fcanni d’arena coperti da coll 
poca acqua, che ke naui non poflano paflare 
fopra di effi ne profeguire il loro viaggio. 
Occorrendo dunque prouedere‘ fimile incon- 
ero, accio le navi mon hauecflero da trattenerfi 

con 


7. Ramele. 558 


‚ungeachtet diefer Vorſchlag aus eben den 
Gruͤnden, welche die Kamele moͤglich ma— 
chen, 


con le merci, e d’aspettare ſinche viene qual- 
che crefcente d’acqua, potrebbono farfi nel 
fudetto fostegno alcune viti fermati dentro le 
ınura di eflo, e tenere in pronto vna fcafa 
fatta in forma di cafla, © fodera d’una nave, 
. Ja quale fi pone fotto alle fudette viti, e me- 
diante quefte fi manda tanto fott’ acqua, che 
la navejpuole eflere tirata in efla fcafa, e ral- 
lentate poi dette viti, verr&la medema nave 
ad alzarfi fopra acqua, in modo che fe prima | 
haveva di bifogno per navigare otto, © dieei 
palmi d’acqua, ‚le baftaranno cinque, ©. fei. 
Conciofiache fe un pefo eXempli gratia di cento 
mila libre manda fott” acqua il corpo d’una 
nave da otto in dieci palmi, aggiunto poi & _ 
quefta nave il corpo d’una fcafa, che poffa 
portare. altretanto pefo fegue neceflariamente, 
ch’cfla nave pefcarä aflai meno acqua perche 
viene foftenuta da vn altro corpo, che ricer- 
carebbe altretanto pefo. Il chefi rende anche 
piüi intelligibile con la feguente confideratione: 
fupponiano, che una nave carica di quattro 
cento mila libre vadi fotto acqua palmi dieci, 
fi che pofte nella medema nave due cento mila 
libre folamente, refta indubitato, ch’efla nave 
andarà folamente ſott' acqua palmi cinque, 
perche non porta, che la meta delli fudette 
libre quattro cento mila, et il medefimo opera 
la fudetta fcafa poſta fotto ad una nave perche 
ſoſtenta quella con potenza tale, come fe fuffe 
ımezza carica, con che credo d’hauer à fofh- 
cienza dimoftrato il modo di poter navigare 


fopra 
Oo 2 


554 7. Ramele. 


chen, hergeleitet iſt, ſo iſt er doch von dieſen 
dadurch unterſchieden, daß dieſes Fahrzeug 
„oder Futteral, wie es Meyer ſelbſt nennet, 
aus Einem Stkuͤcke beſteht, und nur in einer 
"Schleufe oder Docke mit Hülfe vieler Schraw 
ben unter das Schiff gebracht werden kan; 
‚denn Pumpen: hat Meyer bey feinem Unter 
Ichiffe, wenn ichs fo nennen darf, nicht an« 
gebracht. Man muß demnach geftehen, daß 
diefer Vorſchlag noch mehr Foflbare Vorrich⸗ 
tungen als die Kamele verlangt, und von viel 
eingeſchraͤnkterm Gebrauche iſt. Auch lieſet 
‚man nicht, daß er jemals verſucht oder aus 
‚geführt worden; vielmehr beweifet diefe Nad)s 
richt, daß damals als Meyer fchrieb, name 
lic) Furz vor dem Sy. 1683, die Kamele noch 
nicht erfunden gewefen; denn fonft würde er 
fie wohl gekant und angeführt haben. 


Mit mehr Wahrſcheinlichkeit ſchreiben die 
Hollaͤnder faſt einmuͤthig die Erfindung der 
Kamele einem Buͤrger von Amſterdam zu, 
der ſich Meeuves Meindertszoon Bakker 
genannt hat. Einige geben das Jahr 1688, 
andere 1690 an. Man hat noch ein Zeuge 
niß, welches Bakker im J. 1692 rauen 

let 


fopra i luoghi coperti da poc’ acqua, per eſſe. 
re quefta propofitione facile d’eflere concepita 
da ogn’vno, e maflime da chi hä pratica, delle 
anaterie di quefto genere, 


7. Aamele. 555. 


let hat , worinn er verſichert, daß er im Ju⸗ 
nius das Kriegsſchiff de maagt van Enkhuy- 
fen genannt, welches 156 Fuß lang gemwefen,- 
in einer Zeit von 24 Stunden bey gewöhnlia 
chem Waſſer mie Hülfe zweyer Kamelen, von. 
Enfbunfer hooft, bis dahin, wo hinlaͤngliche 
Tiefe gewefen, gebracht habe, und daß bieß 
nod) viel geichwinder möglich gewefen wäre, 
wenn nicht eine gänzliche Windſtille geherrſcht 
hätte (9), Sm J. 1693 hat er. mit feinen. 
Kamelen das Schiff de unie ‚genannt, ſechs 
Fuß erhoben und weggebracht. 


In neuern Zeiten hat man dieſe Hollaͤn⸗ 
bir? Erfindung auch in andern Sändern ges 
nußt. So koͤnnen z. B. Die an der Newa 
erbaueten Kriegsfhiffe nicht auf die Rhede 
gehn, weil der Strohm beym Ausfluffe viele 
ſeichte Stellen hat, auf welche fo gar das 
Luͤbecker Kauffarteyſchiff , worauf ich 1763 
dahin kam, anſtieß. Man braucht deswegen 
auch dort Kamele, deren man mehrere von: 
verfchiedener Größe hat. Hr. Bernoufli (19) 
foh dort eines, welches 217 Fuß lang, und. 
defien jede Hälfte 36 Fuß breit war. Auch 
Venedig hat ebenfalls Kamele ("!). | 

— In⸗ 


(2) De Koophandel van Amfterdam. IJ. p. 14-16. 
er Reifen durch Brandenburg u. 


— 
(") * — Reiſe in der. Ueberſetzung vom: 
Blainville en IV ©. 68. 


03 


556 —7. Ramele. 

Inzwiſchen ſo vortheilhaft immer dieſe 
Erfindung iſt, fo fan man doch leicht vermus 
then, daß ſolche groffe und fehwere Gebäude, 
als die Kriegsfchiffe find, eine folche gemalt 
fame Erhebung nicht ohne Nachtheil leiden 
fönnen. Ein ficherer Beweis ift der befante 
Umftand, daß in.emem Schiffe, welches von 
Kamelen getragen worden, die Stücdpforten 
fo fehr verrenfe find, daß fie nicht mehr genau 
ſchlieſſen ®) )J. | 

('*) Musfchenbroek introdu&tioad philofophiam 


natural. II p. 521. 





8. 
Seignetteſalz. 


ieſes Mittelſalz, welches aus dem mine: 

ralifchen Alkali der Sode und aus der 
Säure des Weinfteins beftehr, ift in der letz⸗ 
ten Hälfte des vorigen. Jahrhunderts von ei- 
nem Sranzofen, Namens Seignette bereitet 
und befant gemacht worden. Die Dreiftig 
feit, mit der er es empfohl, und die Sorgfalt, 
mit der er die DBereitung geheim hielt, würfs 
ten, wie gewöhnlich, ſo viel, daß es lieber, 
als andere laͤngſt befante Arzneyen, die * 


8. Seignettefals. | 457 


dahin nicht weniger geleiftee hatten, gebraucht 
ward, wodurch denn der Erfinder den Vor⸗ 
theil, ſich ohne groſſe Muͤhe zu bereichern, 
erhielt. Man muß inzwiſchen geſtehen, daß 
dieſer ein geſchikter Chemiker war, der ſchon, 
durch verſchiedene Arzneyen und auch durch 
einige gelehrte Aufſaͤtze, die Achtung der Aerz⸗ 
ee und Naͤturforſcher gewonnen hatte. Pier: 
ve Seignetre war Apotheker zu Rochelle; er 
hat einige natürliche Merkwürdigkeiten feiner 
Nachbarſchaft theils in den Schriften der Pas 
vifer Akademie, theils in Werfen anderer Ges 
lehrten befehrieben, und ift im J. 1719 den 
ur März geftorben (1). Das Salz, was ihn 
berühmt und reich gemacht bar, empſohl 
er in einigen einzeln gedruckten Aufſaͤtzen, vor⸗ 
nehmlich ums Jahr 16725 er nante es bald 
alkaliſches Salz, bald Polychreſtſalz, bald 
Rocheller Salz, und nach ſeinem Tode haben 
ſeine Soͤhne dieſen Handel noch lange mit dem 
beſten Erfolge fortgeſetzt. — 


— Man 


€) In Bibliotheque hiftorique de la France par 
Le Long , augmentde par Fevres de Fontelte. 
Paris 1778. 5 Bände in Fol. * find einige 
Schriften des Seignette angeführt; 4 DB» 
ein Auffaß in Memoires de lacad. 1707. P. 
115; auch in Hiftoire de la Rochelle par M. 
Arcere. 1 p. 424 > = 


204 


458 "7 Seignetteſalz 


Man hat oft den Kuͤnſtlern ein Mistrauen 
gegen Gelehrte vorgeworfen; aber mir deucht, 
legtere machen es darnach. Jenen bies 
then fih, man muß es zur Demüthigung 
Des menfchlihen Verſtandes geftehn, - uns 
ter den mannigfaltigen LUmftänden,, die 
bey ihren beftändigen Arbeiten enrftehn, bie 
meiften nüglichen Entdecfungen dar, und ihr 
Verdienft befteht vornehmlich darin, ſolche 
Eräuguiffe zu bemerken, gu verfolgen, zu 
erhafchen und anzuwenden. Iſt ihnen diefes 
geglückt, ſo verlange ihr Vortheil, daß fie 
ihre Entdeckung geheim halten, um von dem 


Alleinhandel zu gewinnen. Tadele dieß, wer 


da widerlegen Fann, daß mir das Hemd näher 
ft, als der Rock! kaum. hört der Gelehrte 
von einer neuen Erfindung, fo wuͤnſcht er der 
zweyte zu feyn, der fie entdecft, und zwar 
deſto eifriger, je wichtiger fie ift, und. je mehr 
fie verhelet wird. Hat er fie entdeckt, fo eilt 
er, fie öffentlich befanne zu machen, meil er 
gemeinigli) nur durch die Befantmachung 
von feiner Bemühung gewinnen fan. Der 
Gelehrte hat dabey den großen Wortheil vor 
dem Künftfer voraus, daß viel mehrere feine 
Bemühung begünftigen, daß er ſich dabey 
das Anfihn eines Parrioten, Menſchenſteun⸗ 
des und Welebürgers, der wichtige Vortheile 
allgemein zu machen fuche, geben, und ein 
nacht heiliges Licht auf das Verdienſt des _ 

| te 


8: Seignettefals. 9 


lers werfen fan, Dieß enfgegengefegte Pri— 
vatintereſſe ſtiſtet gleichwohl . einen großen 
Pusen für. die ganze Geſellſchaft, wovon 
beyde Parteyen Mitglieder find, ich meyne, 
für das gerneine Wefen, Wenn der Künfte 
fer Erfindungen / madjt, fo verbreitet fie. der 
Gelehrte, macht fie gemeinnüslih, verbäter, 
daß fie niche durch den Alleinhandel ſchaden, 
daR fie nicht mit dem Kuͤnſtler abfterben, und 
inden er ihre Urfachen unterfucht , und die 
Gefege der Erfindung beſtimt, macht er dem. 
Gebrauch ficherer, und lehrt fie auf vielerley 
andere Gegenftände, an-melche der Künftler 
nie gedacht hätte, anmenden (2). Wenn 
er auf folche Weile das DBerdienft des einen 
fhmälert, fo feßt er Dagegen mehrere andere 
in Verdienft, und mache Unterfuchungen res 
ge, an denen tanfende. Theil :nehmen und 
gewinnen. ; | 


So erfand der Apothefer Eelgnatie jenes 
Polyhreftfalz, als er befchäftige war, auf 
köslichen Weinftein zu machen, und, in der 
olten Meynung, es gebe nur einerley feuers 
beftändiges Alfali, das Salz der Sode, ſtatt 

des 


(*) Nam invenire praeclare, enuntiare magni- 
‚ fice, interdum etiam barbari folent; difponc- 
re apte, figurare varie, nifi eruditis, negatum 
eſt. Plön. epift. 3, 13, 


NT 


560, 8. Seignetteſalz. 


des Alkali des Weinfteins nahm: Da fah 
er unvermutbet ein Salz entftehn, welches 
‚vom gemeinen. auflöslichen Weinftein, ben 
er machen wollte, fo wie von jedem‘ aridern 
befanten Salze, verfchieden war; dieſes vers 
ſuchte er, erfante es für ein neues Laxirmit⸗ 
tel, empfohl es und ward reich. Gelehrte 
unterfuchten dieß geheime. Salz, entdeckten 
die Beftandtheile, machten fie öffentlich be— 
kant, und veranlafferen eine genaue Untere 
ſuchung und Beftimmung bes bis dahin über: 
- febenen Unterfchiebs zwifchen vegetabilifchem 
and mineralifchem Alkali (7), wodurd die 
Chemie eine hoͤchſt wichtige Aufflärung und 
vielerley Künfte erhebliche otgelle erhal⸗ 
ten haben. 


Einer von denen, welche das neue e Sah 
beliebt machten, war Niclas Lemery, dem 
es Seignette in Menge uͤberließ, und der es 
in Paris ausgab, aber die Beſtandtheile 
noch nicht kante (4). Dieſe wurden erſt im 

Jahr 


(?) Wer hat zuerſt den Unterſchied zwiſchen 
dem vegetabiliſchen und mineraliſchen Alkali 
bemerkt? — Auf dieſe Frage hat Hr. Prof. 
Gmelin mir geantwortet: daß wenigſtens 
ſchon Stahl Ihn richtig beſtimmt habe. Yan 
febe: G. E. Stahlii fundanienta chymiae, dog- 
maticae ct experimentalis. Norimbergae 1749. 
3 Theile in * DIE. 268 und 30%. 

(*) Zemery vollkommene Chymiſt. Dresden 
und Leipzig, 1734. 2 Theile in g * 1 &. 521. 


8% Seignettefals. 561 


. fahr 1731 zu gleicher Zeit von zween Fran⸗ 
zoͤſiſchen Chemifern: Boulduc und Geof— 
froi, entdeckt. Erſterer machte feine Des 
merkung in den Schriften der Pariſer Aka— 
demie bekant (5), und letzterer meldete die 
ffinigen dem, Dans Sloane, der fie. in Philo- 
‚ fophical tfansadtions n. 436 p: 37 einrücen 
lieg. Es ift alfo falfh, was Joh. Hein, 
Schulz in feinen Chemiſchen Verſuchen 
‚Halle 1745. 8 S. zo berichtee, nämlich daß 
Tieumenn in feiner Abhandlung vom Gal- 
peter das Geignettefalz entdeckt habe; denn 
Neumanns Polychreftfatz ift von jenem: we— 
fentlicy unterſchieden, und er geſteht felbft 
(6), daß er das Rocheller Salz nicht ken—⸗ 
ne (7). Macher haben Groſſe, Duba- | 
mel, der Schwede Brand und andere die 
Eigenfchaften des Sedeſalzes genauer untere 
fuche (33, 


on — — des — Aunee 


| —* —“ Some nach Keſſels Aus⸗ 
gabe. I, 3 S. 1 

(6(7) Die — Schriften vom Seignette⸗ 
ſalz findet man genaut in Weigels Chemie. 
Greifswald, 1777, 2 Theile in g* I ©. 
225, to jedoch moch hinzugefegt werden fau: 
Georgii Ludev. Enckelmann diſſ. de fale alkali 
de Seignette ejusqug natura et ufu, Argem- 
torati 1756. 4 * 

.. (6?) Weigel a. a. DUE. 144, 147- 


562 9. Canarien-Vögel, 


Canarien-Voͤgel. 


iefe kleinen Virtuoſen, auf deren Wars 
/ tung und. Erziehung. viele, vornehmlich 
finderlofe Perfonen,. alle Zärtlichfeit, welche 
die Natur ‚den huͤlfloſen Kindern, zugedacht 
hatte, verjchwenden; dieſe gefälligen Schwaͤ⸗ 
tzer, die Geſellſchaft derer, welche ſich in 
die menſchliche Geſellſchaft nicht fugen oder 
ihre Unbequemlichkeiten zu groß finden; dieſe 
unſchuldigſten Lieblinge junger Schoͤnen, auf 
die man, wenn man von der Syharitiſchen 
Myſtik nichts wuͤßte, das zweyte und dritte 
Gedicht des Catulls (1) deuten moͤchte, ſind 
Ausländer, und zwar find ſie aus den glüd« 
lihen Anfeln, wovon fie ihren Namen’ erhal: 
ton haben, zu uns gekommen. Da diefe ung 
erft feie dem, funfzehnten Jahrhundert bes 

Fant 
: (*) Paffer, delieiae meae puellae, 
Quicum Judere, quem in finu_tenere, 
Quoi primum digitum dare adpetenti, 
Et acres folet incitare morfus, 

Pafler, deliciae meae puellae, 


Queim plus illa oculis fuis amabat. 


9 Canarien. Vögel, 563 


kant find, fo findet man auch bey den ältern 
Srrithologen nicht die geringfie Machriche 
von diefen "Vögeln. So gar Bellon, ber 
uns %. 1555 alle damals befanten Vögel 
befhrich, hat fie noch nicht einmal genannt, 
Conrad Gesner har fie, wie ich glaube, zur 
erft befchrieben.. Damals wurden fie noch als 
le aus den Ganarifchen Inſeln geboit, und 
waren eben deswegen fo Foftbar, daß fie nur 
in den Häufern reicher vornehmer . Perfonen 
gehalten wurden; und die Käufer wurden 
nicht felten Damit betrogen (2). Man nanrre 
fie Zucervöget,; weil man fagte, daß fie das 
Zuckerrohr lieben, und weil fie Zucker in 
Menge verzehren koͤnnen. Diefer Umftand 
iſt allerdings fonderbar, weil diefes Salz man⸗ 
chen Vögeln ein Giſt iſt. Verſuche haben 
gezeigt, daß eine Taube, der man vier Quent⸗ 
chen Zucker gegeben, nach vier Etunden ge 
fiorben ift, fo wie eine Ente nicht fieben Stun. 
den nachher gelebt hat, nachdem fie fünf 
— verſchluckt hatte. So gewiß iſt, 
daß der Begriff von Gift relativiſch iſt. 


Die erſte Zeichnung dieſer Vogelart hat 


Aldrovandi (3) gegeben, die aber klein 
und 


(2) Gesneri hiftoriae animalium liber tertlus, 
. Tiguri 1555. fol. * p. 234. 


0) Aldrovanii ornithologiae tomus alter. Fran» 
cofurti 1610, fol, * p. 355. tab 14 fig. 31. 


564 9 Eanarien- Vögel, 


und fhlecht iſt. Auch Diefer Italiaͤner rech« 

- nete noch die Canarien- Vögel zu den ſelte⸗ 
nen und koſtbaren, weil fie aus fo entfernten 
Gegenden mit.großer Sorgfalt geholt werden 
mußten. Die erfte erträgliche Zeichnung hat 
Olina (4) geliefert, die fo wohl "Tonfton, 
als Willoughby hat nachſtechen laſſen. 


Schon in der Mitte des vorigen Jahr 
hunderts hat man dieſe Auslaͤnder in Europa 
zu erziehen angefangen, wodurch man allen. 
falls durd) felgenden Zufall, den Olina er: 
zaͤhlt, hat veranlaſſet werden koͤnnen. Naͤm-. 
lich ein. Schiff, welches nebft andern Waaren 
eine Menge Ganarien » Vögel nad) Livomo 
bringen follte, verunglücte neben Italien, 
und die Vögel, die dadurch in Freiheit gefegt 
wurden , flogen nad) dem naͤchſten Lande, 
nach der Inſel Elba, wo ſie ein ſo guͤnſtiges 
Clima antrafen, daß fie ſich daſelbſt, außer 
menſchlicher Aufſicht vermehrten, und viel- 
leicht einheimifch, geworden wären, wenn man 
‚ihnen nicht zu ſehr nachgefieller "Härte; denn 
nun fcheinen fie dort laͤngſt wieder ausgeftor. 
ben zu feyn (5). Dlina ft, isre Nach— 

koͤm · 


() Vecelliera, overo difcorfo della natura di 
diverfi uccelli, — opera di Gio. Pietro Olina. 
In Roma 1622. 4.*p.7 
(5) Wenigftens nennet fie Hr. Boͤſtlin nic: 
er den Vögeln, die er auf Elba bemerkt 
als 


9..Canarien-VOSgel. 565 


koͤmlinge wären dort ba. auggeartet; aber: 
vermutblidy haben die Canarien» Vögel, die 
"wohl alle mänlichen Geichlechts geweſen find, 
es auf Elba fo gemacht, wie die Europäifchen 
Matrofen in Indien; vermurhlid) haben fie mit 
den einheimifchen Vögeln Mulatten erzeugt. 
Solche Baftarte find ſchon in Gesners teufe 
ſchem Thierbuche befchrieben (°). 


Anfänglich Hatte die Erziehung diefer Wie 
gel viele Schwierigfeit, theils weil man die 
Wartung diefer Weichlinge noch nicht Fante; 
theils aber, und wohl vornehmlich deswegen, 
weil man meiftens nur Haͤhne, und feine 
Weibchen nady Europa brachte. Man fagte 
ehemals, die Spanier hätten die Ausfuhr. 
der Mänchen verbothen, um fich dadurch) den 
Handel mit diefen Vögeln zu fichern, und 
die Steller hätten die Weibchen entweder 
wuͤrgen oder fliegen laffen müfjen (7).«. Aber 
Ä . viels 


(°) Gesneri redivivi, audi et emendati tomus 
II, oder Vogel-Buch Frankfurt 1669. Kol. 
* 5. 62. Mehrere Nachrichten von folcben 
Baftarten fin’et man in Ornithologie par 
Briffor. tom. Ill, Paris 1760. 4 * p. 187. 
Hallens Naturgefchichte der Thiere II S. 370 
und Friſch Borftelung der Vögel in Teutſch⸗ 
land, wo Tab. 12 verfehiedene gut abgebils 

det find, 

( 2 Coleri oecononiia ruralis et domeſtica. Sranf« 
fure 1680. Fol * I ©. 621, 


vielleicht iſt ein feshes Verboth unnöthig ge 
weſen; denn da gemeiniglih die Weibchen 
aar nicht, oder fhwächer fingen, fo fuchten 
diejenigen, welche den Handel trieben, nur 
Maͤnchen; fo mie Die, meiften. Papagoyen, 
welche nad) Europa gebracht werden, mänli» 
chen Geſchlechts find, da die weiblichen ben 
weitem nicht. fo fehöne Karben Haben, alſo 
weniger geachtet werden, Vielleicht ift in uns. 
fern Syſiemen manches Weibchen einer laͤngſt 
bekannten Papagoyen- Art für eine befondere 
Art aufgeführte worden, Man. glaubte aud) 
anfänglich , daß diejenigen Vögel, welde 
auf den anarifchen Inſeln erzeugt worden, . 
beffere Sänger wären, als die, welche in 
Europa jung geworden (3); jegt hat man 
aber auch. damider Zweifel gemacht (9). 


In neuen: Zeifen haben wir mancherleh 
Anweriıngen zur Erziehung diefer Vögel in 
verfhiedenen Sprachen erhalten (10), und 
es haben ſich Leute gefunden, dir daraus ein 
Gewerb und feinen. unfruchtbaten Handel ger 

= | — macht 


(2) Allgemeine Geſchichte von Amerika, mit 
Baumgartens Vorrede. 1S. 557. 


(2) &. Barrington Abhandlung in Philoſophl- 
cal transact. 63 p- 249. 


(0) Wenigſtens die meiffen diefer Anweiſungen 

—* man genannt und in einen Auszug ge 

racht, Im Kruͤnitz oͤfonom. Encypciopaͤdie. 
vu S. Gil, 


* 


J 


9 Canarien-Pögel, | 567 


gemacht haben. Es madıt wenigſtens der 
Induſtrie der Tyroler keine Schande, daß ſie 
es darin am weiteſten gebracht haben. Zu 


Muſt iſt eine Geſellſchaft, welche jährlich, noch⸗ 


dem die Brutzeit vorbey iſt, ihre Traͤger weit 
und breit umher ſendet, um die Voͤgel in 
Teutſchland und Schweitz von denen, welche 
Hecken halten, aufzukaufen. Jeder Träger 
bringt gemeiniglich drey bis vierhundert Voͤ— 

l, welche nachher nicht nur durch ganz 
—** wieder herumgetragen und vers 
handelt, ſondern ſo gar zu gleicher Abſicht 
nach England, Außland, fo gar nach Eon. 
ftantinopel, gebradyr werden. Allein nad) 
England bringen fie jährlich Ungefähr 1600 
Stüf, und ungeachter fie die Vögel wohl 
hundert Meilen auf dem Puckel herumtragen, 
aud für die 1600 Stuͤck in England zwan— 
zig Pfund Sterling Zoll erlegen muͤſſen, ver. 
kaufen fiedort den Vogel nur für fünf Edjillin« 
ge. Auch im Schwarzmalde wird diefer. bis. 
‚her überfehene Handel getrieben, und hier in 
Göttingen ft ein Bürger , der jährlich einige 
Canarien » Vögel und abgerichtete Dompfafs 
fen CLoxia pyrrhula) mit nad) England 


nimmt, und Dafür allerley Feine Waaren ein« 


kauft. () | 


Das 


("") Barrington a. a. O undmeine Beyträge 
zur Oekonomie, Technol. Polizey- und Ca. 
p merk 


— 


m 


568 9 Canarien⸗Voͤgel. 


Das vornehmſte Futter. diefer Wögel iſt 
ber fo genannte Canarien-Samen (2), 
welcher, wie allgemein verfichere wird und 
ar wahrſcheinlich iſt, zuerft zu diefem Ge 
brauche aus den Canarifchen Inſeln über Spas 
nien nad) Europa gebracht worden. Nichts 
deftoweniger find die mehreften alten Botanie 
fer der Meynung, daß er von eben derjenigen 
Pflanze fey, welche von Diofcorides (7) 
Dadagız genant worden. Wenn dieß wahr 
wäre, fo müfte man annehmen, daß diefes 
Gras auch auffer den Inſeln, wovon es den 
Namen bat, wild wüchfe, welches auch nich 
unwahrfceinlic) if. Aber wenn man bie 
Nachrichten der Alten von Phalaris zufammen 
liefert, fo wird man, wie ich glaube, bemer— 
fen, daß fie ſich eben fo gut auf nod) mehrere 
Pflanzen deuten laffen, und Plinius (14) ſcheint 
nicht einmal eine Grasart unter diefem Mamen 
verftanden zu haben, | 


Zuvers 


meralwifjenfch. II S. 195, woraus biefer 
Artikel, aber ohne Benenuung der Quelle, in 
vieie Zeitungen gefloffen ift. 

("*) Phalaris canarienfis. Die befte Befchreis 
bung und Abbildung ſteht in Schreberg Pe 

. fihreibung der Gräfer. 1.83 T. X, 2. 

(”?) Lib.3 0.159. " 

('*) Lib. 2% c. 12. 


9. Canarieu⸗Voͤgel. 569 


Zuverlaͤſſger iſt wohl, daß man dieſen 
Samen zuerft in Spanien, ‚nachher. in den 
füdlichen Theilen von Frankreich zu bauen an- 
gefangen hat, feit dem er zur Futterung jes 
ner Vögel gefuche worden. Jetzt find ver 
fehiedene Gegenden, die ihn bauen, und ei- 
nen nicht unbeträchtlichen Handel damit” ereis 
ben. Sonderlich gilt dDieß von der Inſel Sie 
eilien, (15) wo die Pflanze Scagliuola, oder 
Scaghiola genant, und der Samen größten: 
theils an die Franzofen und Öenuefer verfauft 
wird. In England gewinnen die fleiffigen - 
Sandleute auf der Inſel Thanet in Kent, fon= 
deriih um Margate, ſehr viel von diefem 
Produfte, weil fie e8 leicht zu Waffer nach 
London fenden Fönnen. (1%) Daß es auch 
mit geringer‘ Mühe. in unferm Vaterlande 
gebauer werden Fan, beweiſet die jährliche Er» 
fahrung, da verfchiedene din Samen in Gar. 
ten ziehen, und da Ddiefes Gras in einigen 

Ge⸗ 


(*) Agricoltura, prodotti e cammercio della Si- 
cilia, dell’ Ab. Domenico Seflini. 1777. 8. ©. 
Phyſikal. Oekon. Biblioch. X. ©. 331. 
Der Italieniſche Namen iſt vermutblich des, 
wegen von ſeaglia entffanden, meil die Aehre 
aus Schuppen befteht,, Nie artig in die Aus 
gen fallen. 


("°) Millers Gärtner: Lericon III ©. 520. . 


_Mufeum rufticum, nach der teutſchen Ueberſe⸗ 
gung, 1 ©. 46, 
pp 2 


— 


570 9, Canarien: Vögel, 


Gegenden, 3. B. in Heffen (7), fo ‚gar eins 
heimiſch geworden iſt, und ſich auf Wieſen 
felbſt ausſaͤet. Es koͤnte auch der Gebrauch 
erweitert werden, indem der Samen ein gutes 
Mehl giebt, nur laſſen ſich die Koͤrner nicht 
leicht enthuͤlſen. 


Uebrigens iſt unrichtig, was Savary 
(18) berichtet, daß man naͤmlich auf den Ca— 
narifchen Inſeln Orfeille baue, um davon den 
Samen zu DVogelfutter zu verfaufen. Man 
erfennet leicht, daß diefer Fehler durd Ver— 
wechfelung des Farbmooſes mit jenem Grafe 
entftanden ift, und id) würde ihn feiner Er 
waͤhnung werth gehalten haben, wenn er fid) 
niche ſchon aus dem Savary in Ludsvici 
Kaufmammelericon (9) und daraus vermuth- 
lich in noch mehrere Bücher eingeſchlichen hätte- 


('7) C Moeneh enumeratio plantarum Hafliae 
inferioris. Caflellis. 1777: 8. * I. p. 24. 
(3) Di&tionnaire de commerce, Tome V. Co- 
peinhague 1765. fol. * pı 1149. 
(2) in der neueften Ausgabe von 1765. II ©. 


‚142%: ; 


10. 


— — r — 


| 10, Verftärkungeflafche, 578 


en IO, 
Verſtaͤrkungsflaſche. 


—2 jetzigen Zeiten, da Leute, welche den 

Handwerkern aus der !ehre gelaufen find, 

mit einem Worrache elektrifcher Werkzeuge 
von Ort zu Ort ziehen, und die eleftrifchen 
Erfcheinungen ‚, wie Schatrenfpiele an der 
Wand, für. Geld fehen laffen, iſt es wohl 
nicht nöchig, vorher zu melden, daß man un« 
ter diefem Namen eine gläferne Flafche vers 
ſteht, durch deren Propf ein metallener Drat 
geht, deſſen eine Ende in das Waſſer reicht, wo⸗ 
mit Die Flaſche zum Theil angefülfer ift, deffen 
andere Ende aber mit dem eleftrifchen Rohr 
in Verbindung fleht, und da derjenige, wel- 
cher mit der einen Hand die Slafche hält, und 
mit der andern den Drat oder das Mohr be. 
rührt, eine heftige Erfchürterung erhäft, Auch 
iſt es wohl nicht noͤthig zu errinnern, daß man 

dieſe Einrichtung mit der Zeit auf mancher⸗ 
ley Weiſe veraͤndert hat. (1) Aber über 
PP 3 fluͤſſig 


) Prieſtley Geſchichte der Elektricitaͤt, über» 
ſetzt von Kruünitz. Berlin 1772. 4*&. 53. 
Eavallo Abhandlung von der @fecktricität. 

i. 


&tipjig 1779. 8° ©. 4 


572 10 Derftärfungs flaſche. 


fluͤſſig ſcheint es noch nicht zu ſeyn, den Nas 
men des vornehmen‘ Teutſchen zu nennen, 
welcher diefen merfwiürdigen Verſuch zuerſt 
anaeftellee, und durdy feine Freunde befant 
gemacht hat. Denn noch jetzt fchreiben die 
meiften. Ausländer dieſe Bemerkung zween 
Holländifchen Gelehrten zu, denen fie doch) 
nicht zuföme, und die zu reich an Derdien« 
ften find, als daß fie Durch diefe Aberkennung 
etwas verlieren Fönnten; ja, fo gar in Teutſch— 
land fährt man fort, dieſe Flaſche die Leyden— 
ſche zu nennen, da doc) der Ungrund diefer 
Benennung ſchon von einigen, vornehmlid) 
von H. Prof, Tier zu Wittenberg in «is 
nem befondern Programma gezeigt iſt. (?) 


Here von Aleift, Decanus des Dohm⸗ 
capituls zu Camin, ift derjenige, welcher Dies 
fen hoͤchſt merfwürdigen Verſuch zuerft den 
1 Ditobr. 1745 angeflellet hat. Den 4 No» 
vemb. deffeldigen Jahrs fehrieb er bereits dem 
H. Lieberkuͤhn nad Berlin, und den 28 No— 
vemb. dem Prediger Swietlicki nach Danzig, 
fo wie auch bald darauf dem Profeffor Arü« 
ger nach Halle eine ausführlihe Nachricht, 
welche der erſte der Berliner Akademie dee 
MWiffenfihaften, der zweyte der Danziger Mas 

turfor⸗ 
() F D. Titius de electrici experimenti Lug- 


dunentis inventore primo, Wittebergae. 1771. 


4. * 


10, Verſtaͤrkungsflaſche. 573 


turforfchenden Geſellſchaft mirtheilte, und ber 
legte ſchon 1746 druden ließ. (3) In Dans 
zig bemühete man ſich ſchon 1745 diefen Ver: 
ſuch nad) zu machen, und als er niche gleich 
gluͤcken wolte, erhielt man von dem Praͤlaten 
eine ausfuͤhrlichere Anweiſung, die Gralath 
1747 oͤffentlich bekant machte. (4) Alſo 
am Ende des 174ſten Jahrs war dieſe Be— 
merkung ſchon in Danzig, Berlin und Halle 
vielen bekant, und es kan wohl nicht unerwar⸗ 
tet ſeyn, daß von einem dieſer Oerter eine Mache 
richt fehr bald nad) Leyden gefommen: ift, zu. 
mal da man Damals auf neue eleftrifche Be— 


merkungen aͤuſſerſt neugierig war. 


Im Anfangedes Jahrs 1746 ſchrieb Muſ⸗ 
ſchenbroek an Reaumur, wie er auf dieſen 
ſchrecklichen Verſuch gerathen ſey; gleich dar— 
auf wiederholte Hr. Prof. Allaman zu Leyden 
eben dieſes in einem Briefe an IT ollet, und 
im Februar auch in einem Auffage, der an 
bie $ondoner gelehrte Geſellſchaft Fam; oh 

ey⸗ 


(2) J. G. Rrugers Geſchichte der Erde. Halle 
1746. 8. * €. 177. 

(+) Abhandlungen der Naturforſchenden Ges 
ur in Danzig. Erſter Theil 1747. 4 

Ä 2. 

(#) Memoires de Pacadem. des fciences 1740. 
p. 2 


Pp4 


574 10. Verftärkungesflafche, 


beyde aber lieſſen fid) damals nicht merfen, 
daß fie durch einen dritten auf diefen Veriuch 
geleitet worden. Dadurch ward man in Pas 
ris und London veranlaffer, diefes Berftärs 
Fungswerfzeug die Lendenfihe Flafche zu nen 
nen; als man fie aber für eine Erfindung des 
Muſſchenbroek anzufehn anfieng, meldete H. 
Allaman fchon 1746 fo wohl dem Nollet als 
Gralath, daß Cunaͤus, ein angefehener Mann 
in genden, ber fic) zu feinem Vergnügen mit 
eleftrifchen Verſuchen beſchaͤftigte, ſchon 1745 
dieſen Verſuch zuerſt von ungefaͤhr angeſtellet 
habe. (6) 


Wenn man nun auch annehmen wolte, 
daß Cunaͤus, ohne von der Bemerfung des 
Präläten von Rleiſt erwas zu wiffen, folche 
felbft gemacht habe, und dieß ift, bey dem Eis 
- fer, damit man damals allerley Einfälle vers 
ſuchte, niche unwahrfcheinlich,, fo ift doch ges 
wiß, daß Muffchenbroef nicht der Erfinder 
ift (7), und eben fo gewiß, daß der ._ 

J del⸗ 


(°) Abbhandlungen der Danziger Geſellſchaft. 
1 ©. 43:. Der Verfaſſer des dort einge 
ruͤckten Briefes aus Leyden ift nicht genant, aber 
H. Peof. Tietz, der ed wiſſen fan, fagt am 
a. D. er fiy von H. Allaman. - 


(7) Nichts deffo weniger wird dieſes Verdienſt 
dem Cunaͤus abgefprochen, und dem — 
chen⸗ 


10: Verfärkungoflafih 


Edelmann, eher als Cunaͤus, dieſe Verſtaͤr⸗ 
kung erfunden und bekant gemacht hat. Ue— 
brigens hat ſchon H. Prof. Tietz angemerkt: 
daß bereits Gray im J. 1735 dieſe Verſtaͤr⸗ 
fung gefuͤhlt, und dabey den Gedanken ges 
habt har, daß durch fie die Wirkung der Elefs 
tricität dem Blige gleich gemacht werden koͤnte, 
wiewohl er Diefe Bemerfung nicht weiter ver 
folgt er (8 2 
Pps5 


ſchenbroek zugeeignet in Hiftoire generale et 
particuliere. del’ele&tricite, Paris 1752. 3 Theis 
le ing"1& 29. Der Verfaffer diefer Ges 
ſchichte hat ſi 4 nicht genant, aber aus dem 

unguͤnſtigen Urtbeile, was Nollet in Lertres 
fur V’ele&tricite, Paris 1753. 8.* Ip. 217 über, 

dieſelbe gefället bat, folte man faſt febließen, 
es ſey der Abbe‘ Mangin. 


(?) Philoſoph. transact. 436. 


575 


II. 


576 11. Preis. Curanten, 





11. 


Preis: uranten 
Wechſel- und Geld: Eurs: Zettel, 


welche die Preife der vornehmiten Waa- 
ren anzeigen, und in groffen Handelsftädten 
oöchentlich ein oder zweymal, von den dazu 
berechtigten Mäcklern, ausgegeben werden, 
‚Sie fcheinen im. Anfange des »7ten Jahr⸗ 
hunderts aufgefommen zu feyn; menigftens 
ift die ältefte Amfterdamer Verordnung über 
Abfaffung diefer. Zettel, worin audy des Wech⸗ 
felcurs gedacht wird, von 3 1 Jan. 1613. Man 
findet fie in Handveften of te privilegien ende 
odroyen der Stad Amftelredam, 1748. fol. 
* II p. 1064. b. 


——— heiſſen gedruckte Zettel, 


Im Jahr 1634 erhielt John Day, ein 
geſchworner Maͤckler in London, die Erlaub⸗ 
niß, ſelche Preiscuranten, weekly bills of 
the ſeveral rates of prices of all commodities, 
drucken zu loffen, und in dem Privilegium, 
weiches man in Rymers Foedera XIX. p. 
577 licfet, wird ausdruͤcklich geſagt, daß das 

mals 


ır. Dreis- Euranten. "6797, 


mals. folhe Zettel zwar fchon längft in aus— 
wärtigen $ändern gebräuchlich gemwefen, aber 
in $ondon noch nie zur Vollkommenheit ges 
- bracht wären. - _ 


-Wechfel- Curs- Zettel zeigen \ben Curs 
auf auslaͤnd iſche Handelsplaͤtze an. In Ham« 


burg find die eriten im J. 1659 öffentlid) aus; 
gegeben worden. 


PETER NER geben das Agio an, 
welches auf fchlechtere Gelder. oder Münzen 
gegen beſſere bezahle wird. Dieſe find, in 
Hamburg zuerfi. 1687 ansgegebin ‚worden, 
©. Kruſens Hamburgiſcher Contorift. 
Erfter Theil. 1771 4 * ©4657. Jetzt ma— 
chen gemeiniglich alle drey nur ein Zettel aus, 
auf welchem in Amſterdam, Hamburg u. a. 
O. auch die Affecuranzen auf abgehende und 
anfommende Schiffe angemerfe find, 


Ta; Erodvesıs oewusv yıyvoufıas nal ray rex- 
vav, xai Tav Zrrav dravrev, 8 dk Toüg duubre 
Tas Tois wadesuam, Bir I roüg iravopdouvrag, 
nal roruuvdas dsı Tı zıvsiv Tav un arg dxivrum. 


Augmenta artium rerumque aliarum omni- 
um fa&ta effe videmus, non per eos qui vfi- 
tata retinuerunt, fed eorum opera, qui corre- 
xerunt, et qui praua omnia mutare non du- 


bitarunt, 


Jfocrat. in Euagora p. m. 370. 





J 





Erſtes Regiſter 


aller angefuͤhrten Buͤcher. 


Weil von den meiſten angefuͤhrten Buͤchern, 

unter denen viele zu den ſeltenſten gehoͤren, 
von ihren Berfaffern, verfchledenen Ausga⸗ 
ben und Ueberfegungen, allerley Nachrichs 
ten gelegentlich beygebracht find, welche 
den Liebhabern der Bücherfunde und Ge⸗ 
lehrten⸗ Gefchichte angenehm feyn können, 
fo habe ich8 der unangenehmen Mühe wertd 
gehalten, dieſes vollitändige Regiſter zu vers. 
fertigen. In diefem find die anonymifchen 

, Schriften nach dem Hauptworte ihrer Ti⸗ 
tel geordnet worden, 


eg 
A. 


Abbandlung von den Reichsmeſſen 296 
Abhandlung von Wafferuhren 431 ' 
Abildgaard von Stevens Klint 371 
Acofta hiftoria nat. delle Indie 47. 440 


Adanſon familles des plantes 184 


— Hiftoire naturelle de Senegal 3 


Adlungs Anleit. zur mufkalifchen Gelehrtheit 503 
Aeliani hift. animal 265 


Aepinus fur la Turmaline 245 
Aetius 265. 331 


Agricola 


Erſtes Regifter 


Agricola de re metallica 320. 32 

Albinus Meiſniſche Chronika 367 

Aldrovandi hiſtor. avium 563 

Alerapder von Uhren g;1 

Alexius Pedemontanus 517 

‚Allard Scheeps-Bouw 551 

Allmanach, mufifalifcher 509 

Altes aus allen Thellen der Geſchichte 41 

“Alvernus de anima 170 

Avuies typographical antiquities 7. 92 
Ammans von Buchhalten ı2 

Ammiarus Marcelinus 67. 391 ° 

Anderfons hiftory of commerce 2, 58. 92. 130. 
i 20%. 218. 414. 426 2 
Andreae. Biblioth, Belgica 13 

Andreä Driefe aus der Schweiß 124 

Antonii Bibliotheca Hilpana 51. 436 

Antonii introdudio in latinam Grammaticam 94: ° 
Apeltes poft tabulam 387 . _ 

Apothek für den gemeinen Mann 38 

Arcere hift. de la Rochelle 
Archaeologia, or mifcellaneous tradis 301 
Arifioteles 266. 337. 456. 457. 458. 530 

indes Kalender 113 

Arnot hiftory of Edinburgh, 414. 426. 453 - 
Arrianus de expedit, Alexandri 526 

L’art de batir les vaifleaux 550 

Arvieur Reifen. 187. 190. 

Auria: Sicilia inventrice 58 

Avicenna 267 | 
Ayrer (Mary) wie geprant Wein nuß ſey gr 

‚Ayrer de cambialis inftituti veftigiis 207 


25. 


Baconi (Franc.) opera 533 


Bacmeifter eſſay fur la bibliotheque 416 Bail 
- ali- 


der angeführten Bücher, 


Baillet: jugemens des fcavans 96. 102 
Baldingers Magazin 287 deiien Düherfunung 


293 | 

Barba Berg - Büchlein 51. 52 
Barbayrac droit de la nature 205 
Barcia hiftoriadores de las Indias 437 

. Bartholini a&ta Hafn. 541 
. Bartolo del fuono 467 

Baplius 65, 
Baubinus 338. 441 
Baume Cheinie 189. 380 | 
a Geſchichte von America 346. 437, 


566 
Bayle x di&tionaire hift. et critique 120. 341 
Bechers naͤrtiſche Weisbrit 326. 473 
Beckmanns Beichreibung vr Matt 369 
Bedmann pbyfif.öfonom. Bibliothek 60. 198.266 
Beckmann Bepträge zur Oekonomie, Technologie 


329 
Bell apparatus ad hift. Hungar, 418 
- Bellay: 'mempires 362. 36: 
Benzono; novi orbis hiftoria 438 
Bergius Cameral- Magazin 124 
Bernoulli Reifen zı. 543. 555 
Berlin: Memoires de P’acad. 31. 474 
Beſchaͤftigungen der Berliner Geſellſchaft 370. 371 
Defchreibung von Wien 82 
Bettinus: apiaria phil. mathemat. 461 
Beyer theatrum mach, molar. 356 
Beytrage der Thuͤringiſchen Societät 131 
Bibel, ſeltene Ausgaben 100. 119 
Bibliograph. Britannica 228 
Bibliotheca Barbarina 136 
Bibliotheca Petropolit. 143 
Bibliotheca Thuana 6. I 137 
Bibliotheca Vriefiana 127 
Bibliotheque de l’ordre de $. Benoit 432 Sion 

| B 


Frites Regifter = 


>, Sion matbemarifche Werffchule 20 430. 
Biringoccioe pirotechnia 133. 136 
Blainville Refen 240. 555 
Boerhave praele&t. academ, 527 
‚Bahad/ch de animalibus marinis 266 
Bomare di&tion. d’hift, naturelle 
Bonanni delle antiche Siracufe 467 
’t book der zee-rechten. 211 
Boor gemmarum' hiftoria ı2 
Borelli obfervat. medico-phyf. 333. 448 
Borellus de motu animal. 541 
Bose d’Antic oeuvres 382° 
Bouquet fcript. rerum Gall. 161 
Boxbornii inftit. politicae 127 

 Brahchaletti, Paul. 287 

‚ Brantome oeuvres 364 
Braunſchweigiſche Anzeigen 112 
Breslauer Saminluig 75. 132. 443. 
Le Brer Magazin. 271 
Briſſon ornithologie 565 
Bromelius, deſſen ſaͤmmtliche Schriften 445. 446 
Bruckeri hifter. philof. 321 
Brückmann wagnalia Dei 2;9 


Brückmann Sendfehr. von Kräuter Abdrücken 


523 | 
Brüffel. Preisfchriften der dortigen Akad. 195 
Brunner von Buchhalten 12 
av N 467 
Buchneri mifcellanea 517-52 | 
Buchneri catalogus bibl. acad. nat. cur, 533 
Bürnaby Reiſen go 
Burnax muſikaliſche Reifen 31. 507. 511 
Buſchings Geographie 328 





0? N j N \, , 

der. angeführte Bücher. 
j j 30.  gilır IE: ri up! | ar BT; 
Calmet hit, de Lorraine‘ 649 Tre 


. 
Calvoͤr Mafchitenmwefen 32 324 RR 
Eampbell Leben der Admiraͤle 338, Die 5 
Campbell political ſurvey 535° > © 20 
Canneparius de atramentis 4486 * Y Ian 
Capitolinus 16 Sxc cent LI 20 Bun ad 
Caranza fymma conciliorum 10) 122 
Cardanus, Hieronymac 5 wg" - Ph 
Cartheufer de vingrüfn 'adükteraf. 188: 197 19 | 
Cafaregis ‚difeurfus — 2} P SEITE DE 08720 
—* Fi Y 7 u — er 7 er — N 
:  Caflius de auro 380 „x: : eds. 


Catalanus caeremoniae Rowndedgg, —R 
Cato de re ruſtica 183. 199. rad 
Catullus <62 gIn. 4 zIiIEgü ut! a 
Cavallo von.der Eiretricität 57t 

Celtes (Conr * 196%. 


Ceremoniale gporum v ’ 
Chambers RER aedia 155, Rd © et took — - 


. sim? 115 
Chambe ——— sg, Alt in “a 





de la. Chapelle von Kegel ten, 4 Ze. ER 

7? ‚hateaup A fi Hin ** on — 
haucers — Eu * * 
Chronicon G — * A,ser 


Cicero 


0 207. 265 5 
Claridge the ſ —2— 6 AR Ai 118: 


Cleirac us 8 soutyme 3 de * Aner 290. 11 
ge 


Clerhentis fbedimen 
Clement: biblioth. « —* u - 


Cleffii elenchus litteratorum 
2 plantae rariotes 227.509. 
—Se 55%. 
74; 


sy 


.e 


—* police par M.D. 
Codex Auftriacns 82 
Codex Auguftaeus $2 >... 


Colerus Hausduch 565 — 
Qq — Col- 


J 
Lei”, 
re 


* 


Coyer Reifen 427 munmollionor em: — er 


— 


ich —— 


Colle&anea chemiea denſia 451 


Coͤlniſches Woghendlatt nenn. ob Ni 1a) 
‚Columella de re rultiea 189.4 \ Te RN 
Connoiflanie,de, tms 12. 433 mul, en 


Jl confolato det mare 2a) Issiile Wod an) , 
Cordi (Vater) opera, butayica 225 uva geanw) 
Corpus juris 48. 192, 193 392 Grow...) 


dramers re host ommen 
— BED Arsen 37 ya * \EHERIT GE 

hle ner 2168 aıtzundih ae urn 
Euriden Befchreib, von Danig.536,. an) 
Cur ioͤſe ———— 248°". ars ah ua. :) 
Curiofites i 7504 wi. VIRIII89 ud... 
Curtius 526 © 233. Bſtin gi 9. u oA 
Cawistingerd ; Hungaria litter. 4IE oa; ann) 

. 122 Aal — Pr "Rn. 


Dt (KIR AN ı a5) 
Delin een or efhihte gi — 


Dalrymple eifen RX — 
Dani hift. de la her Franc. rer N ü 


Dantes parkd+ 
Danzig: Sarif Ä ie dortlgen gel. Gefruthat 
Er — — 


Datt de pace} en‘ 194.“ SE Beh 

DEHA dediua " Fiorentini arg £ BE 

Denis: Recuäil. des menioifes. 63 — 
Denkwuͤrdigkeilten ton Wien R FE: 

Derham Phufitötheot. E72 GE 

Derham’s clock“ macker 314 

‚Dialogi de cauf. torr; loq. 42 
Dillenius hiftor. Mufcorum 33 339. 353" 

'Dioderus Sicul 377 | 

Diofcorides 18 184 265. 334. 568 

Diflertatio glyptugraphica 378 ' 

Dodonaeus hiftor, forum. 224 





9 


Dol. 


der —— chen 


Doki faſti Ragufiyi 439: ; ER 2 1 1] DU ELTERN 9 

Donart.vom Adriatifchen Meet 939: A ı\ al 

Doppelmayer Rürnbergifche ** ‚176; IR. 
0% Ar 


326. 368.389 | 
Draudii biblioth, claiſiea 298 ° ic. auf: N 
Dreybaupt &aalkreis ga" 23 sun sic —R 


Driyander Mellenzeiger 19 = νν Ws \ 
Duhamel: opera philofoph. 460 & er ne 


Dubamel von Bäumen Sebi jan. hderroie vu air 
‚Dunkel von. Gelehrten gr.i BEE NR 


Dupleix : hift. de France A — no i sıch 


| — Menthrifon.<ph — ao: isinch 4 
chapber ders Kalender wi vi: TC eN 


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Öcv2 "; ee ER 1 
——— — — = 
{ + Fe 9 31 Gulli: I a s 
N . 1. 'p8 z 
4.34 .* z 2 ka J j 
Echardi bibliseh? — gt PR TE OREITHEBEN 
Ectypa vegetabilium saLr 9, u, 3 


Ene kelmann difl, de fale: de: Seigdiette: 561 
Entyclopedie 21. 120. 124. 421 su RL. 
Encyclopaͤdie, teutfche BB. 568... eg Yaaık 
Ephemerides five Almanach gg | 
Epiphanius de gemmis 

Erndl diff. de veneno A 

Efchinardus de fono 471 | 
Eſper von Zoolitben 36 368 205 wu. Ind 
Effai fur les langernes RE —X inte ANA) 
Etat ou tableau de Paris 73: 2 esbeitud zun.u OÖ 


4 


Bimilbari pen 3841; uwunsons, O170hl dos —D 


, PaW ii sb a a Re 
von su: OU it CH TER 
ser, ae ed 
den —X 19 th. 148 n Ay 
Sabers Saats. Canje ey 13T our a 
Fabrgeii biblioth. lat. 290 Ge — — —— 


'Fabricii biblioth. ecelehaft, 292: F 
Fabricii biblioth. Graeca 458. 2 221 er BEE 
" 242. Fa- 


Der 
u A 


— 


Gerlachs an 385. 


Re edle 2 * 


Fabricii bibliographia anti. 430 
de la Fare mem. für le regne de.Kouin xm. . 272 


gafißepiäninag 
‚lien hiftoire de Paris. 71. FI DE 


‚Serber Beytr. zur Mineral, I: * 


Ferber Briefe uͤber Welſchland 0 
Fernelii cosmotheoria 17. 18: nn. — 
Fefßus 36 or. 1. and — Re 
Ficoroni piombi antiehi 481 : anti E 
Flachat obfervat. fur le commerce 43 1 


Flora Berolinenfis ar vi: 


Fontainieu Kunſt elteimne zu Maren > 


La France litteraire 3.13. “dm. nu 


FSranciſei Schaubühne 229 


Sranffurter Chronik von: 16 296 

Srifch. teutfches Wörterbuch 4 as 

Friſch Beſchreibung der Voͤg —E 
en 310 PR bu us 
Stonjperger Kriegsbu 358, Be — 
gulda Wurzelwoͤrter aa 
Funeii orbis politicus a en: 32 u rn 
Funcii leges XII tabul, 90 "N 


Galenus 267 

Gamurrini iftoria — 348° | 
Garces: Lufiadas 48° — 
Garcia ab Horto aromatum hiſtor. 92 


Garcilaj]a de la Vega 
Garfault V’art du bourrejier 42% 


Garzoni piazza 134 
Gattereri ars — 474 . 


Gellius 26 | | 
de 4 traite pr la- fonte des mines 924. 
Geoponici 184. 186,.480 


Ge 


der angeführten Bücher. 


300 ; 38 kun I 
Geſchichte von Amerifa, f. Baumgarten. 
Gesneri.(Conr.) bibl. 5. 38 . — 
Gesneri hiftoria animal, 363. 565 | 
Beutebrüd Gedanken über bie Kameralsersaltung 


Geyer thargelus 51$ mon 
Gezelius biographifk, Lexicon 446 

“ Giornale de’ literati 942 die 
Glas: hiftery-of:. the Canary:islands 346 
Blaubers Schriften 334‘ 5 
Smelins Chemie 198 
Gmelini hiſtor. ſuchrum 3359 — 
Gmelins Reiſen 328 En | 
Gobet: legancienstmineralogiftes.5T. 141-142. 144: 
-Bodar Docimafie 52! u — 
Göttingen: Comimentar. ſoeietat. 447. 3278 
Goͤttingiſche gelehrte Auzeigen *8 de A 
SGoguet Urſprung der: Gefege und Kuͤnſte 319.455 


' 


# 


475. 515, 

 Goldajß confli imperi.194 

Bottlieb von Buchhalten 8 
Goujet Etatides Sciences 763 
Gofe vatalogus librorum 137 ad 
Gregorii IX. Decretal, 120: : ; ee 
Grevinus de venenis 266 ©. 
‚ Griesheim Stadt Hamburg 81 — 
Grignon Vart de fabriquer le fer 324- 326 .. 
Grimm Ceyloniae“thefaurus med, 255 
Grosley obfervs or lItalie 15 000. 
Grotins de jure belli 207° | u 
Grummmet fol non fine vefte 387 
Grundſaͤtze der Rechnungs wiſſenſchaft 15 
von Guden todex diplomat·. io 


rt 


13 launtar un ne 


“ 


Eerſtes Regifkeen 3: 


Ghieciärdin; paefi ’ al arg: 5 1; o Ki, wi * 
Guler Rhaetia 365 EEE — — 
> a 2* did x 
Be ae 245* 


Baigold neuveraͤndertes Rußland sog 
Habluyt's voyages 50. 227. WE a 921 
Hallens Werkſtaͤre der Künike 124: » 

Hallens Naturgefch. der Voͤgel 20. 

Halleri bibliotheea:ibotanica 38, ITGHB4; 456, 
\ 39 $ = ONE BI ey, 
Hallesi hior firpium 225... 003%, - . 
Halleri elementa phyfiol 457. 52227 

Halley: art of living under water. 46 
Farhbergei: niverläffige Nachrichten..:gg EN 
. Samberger Gefchtchte der Uhren tag... 

Damburgifcheg: Magazin 34 Nr ipigaaa 

Handveften de Stade Amftelredanı.! 79: 427. 576. 
a%: Tolic of boitou 191”. ° ” pr I 
Harprecht refp, crimin, 193 : ‚Fr, 
Harsdorfer Erquickſtunden 356.477: . 
Haſe de tuba ftentorea ng tn. 
Hauberg Befchreibung von Kopenhagen 30. 426. 
Hausvater ſ. Muͤnchhauſen. 
Hayın : not. de’ libri raiı137. >. 
Veberers Seifen 46 &r-.. : 
Hecker flora Berolätenfigar > 
Heilbronner hifk mäthel. 6: ..::. 790, 
Heineccij elem. jürik cambial. 207 ;;;... N 
Fleineccii feript. de jüre näuti 211 
Heineccius de ſigillis 484 "ill | 
Hell ephemerides 131: - Rau] 51 5 DE ee ur 
Sellot grnn z3 TERN 
Hendrich pandecia Braddenb, 1450 1... 0 
Henkels leßhiſtorie 366 | 
Herberfein de rehus Mofcovit, 418 
Hermanni catalogus gaylei 251 


— 


Her- 


der angeführten Bücher. 


Hermanni cynofura mat, med. ag Yan 
—  Mufaeum Zeylonicum a u u — 

Hernandez novae Hifpaniae —— F —E 

Herodctus 475 

Heumaun conſpect. reip. liter, 27 

Hieronymi opera 119. 64° 

‚ssillers mufikalifche —— 509 

Hiſtoriae auguſtae ſeriptores edit. Ca fanb. 17:- 

Hiftoria Lombardica 120 

Hiftoire de l'electrieitẽ 375 

Hiftoire litteraire de laocongreg. — St. Maut 2 Ä 

Hofmann von Bücher - Privilegien 85. | 

Hofmanni wmedicina ration. 287 au 

Holbach art de la yerrerie,3g7 en — 

Nollerus de morbis internis 333 2 | J 

Holſteni codex regularum.158- : sa 

- Hövierus 56 > mei 

Heornung cifta medica 200 —X 

Zortleder vom teutſchen Kriege 4 ag u A 

Zuͤbner Natur » ericon 254 ie ee 

Hulfi mechaniſche Inſtrumente 19 lg. 

Hulfi ia vintgrül ı9 Er. aa 


F I | 

Facobilli bibliotheca Uınbriae, a6. 5 

Jacobſon Schauplas ber ent 194 
Jacobſon technologiſches 
lcones — 522 
Ferze: etat de Paris 75 
Ihre gloffarium 417 zer 
Imperati.hiftor. natur. 339. 249°° Ze 7 
Introduetio brevis inanotie..leg: nauticarum 210 4 
Töchers Gelehrten» Kericon 5: 383 \ nd 
Journal des ſcavans 99. 163. 463. 172. 473- 543) 
journal de Pagrieulture 59 vr; N 


Journal lit, et €con. 154 Ber Yan 
'D94 — 





ournal ———— 218 ao 


J Eeoſtes — 


Iidarus 46 

lavenalis‘ 76: 26 

| era ers 
Bun % 


Keyfersberige Qircbtgten a: UN 

Kefsleri fecreta se 

runs Reifen 269. 361. sı2; 313. 551 
Kbesenbiller annales 397. 398 TE 


Kircheri magn& 333 


Kircheri china illuitrat# 441 - =... ıu& 
Kircheri ars magna lucis 457° 464 — 
Kircheri muſurgia 464 x 
Kircheri phonurzia 468: 
Klipftein Grundf. der Wiſſenſch Fesmungen eins 
zurichten 15 
Kniphbofi Botanica. in önginaliig2o | 
Zönigsboven Elſaſſ. Chronit 175 
Roͤſlin Befchreibansider Infel Elba 349 
Kraft Sitten der Wilder 524. 
Brügers Gefipichte der Erde. 573 
Rränig dfon. Encyclopad.- 219 
Kruſens Hamb. Contoriff-577 
Kulpis colleg. Grotianum 205 
ZAönigspergers Kalender 110. 111 
zhtels Seaacettuuſt 383 | 


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' Babat Seifen 488%; ° 


Labbe bibl, bibliorhecarıın 298: 
Laboratorium Zeylonieum:25$ 


Leertius;' Diogenes 320 vi. RR 3; 


- "de Laet novus orbis 49 : — 
de Lee de gemmis 244 E# Er 


st I 2, 7 Lon- 


der anheſnheten Bücher. 
Lancellotti rHogbiaitngs. 25" neilmaatmt‘ ® 


de la Lande voyage d'un Frangois go. 2 
Lang introdudi. hr not: leg. naut. 210 de 
de Lanis. wngifterium rahlet’art yy2°U 
Laurembergii horticultura 419. 445 i 
- Reben des Grafen von Ulfeld agı J 
Lebeuf hiſt. d’ Auxerre 487 ya 
Hebmann Speher ſche Thrönif 1780 395 DER 
Leibnirii Ktiptor. Brähfüie, 367 
Leibnita oeuvres ee a2 
Leipziger Intelig, Blater 133° ° 
keland de feript.‘ Britan. z 
Lemery cours de cheihie 0 — 
Bro Strategie 361° 
Lersners Fraulfurt. ‚Chronit rs 130. 202. 443. 
393. 396. ° 
Lery hift. d’un voyage 439. =: 1 
Leſtocq Preuſſiſch — 
Lettres hiſtor. et gal. par M. é 279 
Leupold prodromus bibl. metall. 53.1 138 
Leupolds theatrum machinar. 19. 535. 540 ssı 
CLewis ——— der Kun nf e 380. 386 
Libanius 63. 64. 66° 
Libavius 382 ne 
Linnei bibl. botan. 184 7° ° 
- Linmei fyftema nat. 266, 0. 
Linnei flora zeylonica 256 Ir 
Linnei Mantifla plantar.‘ 2, r BEEEEEE 
‚Linnei philofoph. botsn, 5I9 | O.  ° 
Cinſchotten Reiſen 441 
Lipenii biblioth. 141. AJS. 
Liron fingularites hifforiques 97) | 
Livius 9%. 265.206. 260, 525 23 Ausgabe von ı sı$. 
58 Y 
Lobelii adverfaria 499° 
Loccenius de jure marit. 204 ° 
Locfebesi 1 — ae » | TE 
€ Dg. 5. ro Le 


ne | 
- 444 


1. Mufteo Kegfepın >= 
L. Long — ya Anterdgm:gu6, 549 


Le Long — .de. France. 5 u, 
Lorin von Seltungöben 549 u 
Lusanus 525 IE —α N „N 
Kucas Nelfen 227 , ** 2 we —— 
Zucianus'475 j nett 
Ludewig feri toxes Bamberge end‘ ar 1.2 Be 
von Audeiöig delehrte Anzeigen-394- 399. £ 
2udemwig Eriauterung. der — 394 
2udoif eledta iuris 395. 399 (rer 
Ludo!pbi de Saxonia vita Chrifti 120... 0% 
Ludovici Kaufmannslexicon 570 

Cueder Br. über Blumengarten 2 

 Zucder Wartung ber Kißmgwinte 444. 

Linags tlıeatr. cerem. 3 


Lünig corp. iuris ſeud. 402 


k Y 


Mabillen 158 - 

Machado biblioth. Lufi tana 48 

Machines et inventions approuvees 2@ - 
Maffeii fevittori Veronefi 160 

"Maffei rime e profe 503 | 

Maffeii hiſtor. Indica 524 Adam. en 
Deagain Hanndverifched 370... x. 

Magazin Hamburgifche : 369. tie i 
Magazin Ungarifches k 
Magazin der Natur, Kunfl...409 P 
Magens über Affecuranzen ei ! 

Maitland hiftory ofxLondon 75 .., 

Mangin: hiftoire de lelekricite, 575. 

Maulii aftronom, 525 - 

Mann, de Floreminis inuentis 343 Ze 

de la Mare traite de la police. 195. 410. 424 

Marius, Simon, deffen Schriften 117 

Warperger Ritter: Platz. „Bon Erfindungen F 
# 


4 


der ngefibeten Bücher, 
— Beytr. zur Aufnahme der Muſik tr | 
Marguard de iure mercat. 2 229. 526144 A Y: —— 
Martene collect. ampl. 159 — 
Aartin defeript of the Weftern — 2 
Martins philofophja Britan. 548. 
"Martin Lex. philolog. 226. 
‚de Martiniere hifk de Louis XIV. 272 
Maskelyne nautical almanac 121 
Matthefon cxitica mufica- 504: 5Io 
Mattheſon — der Zontünßker 512 
Matthioli, opera 498. , 
Maximus Tyrius 66 . 
zuchelli-(cinteri ditalja 13 ss. 

Mecätti ftoria della citta di Firenze 2 214: 
Medigal transadtions 485 - , 
Megijieri ri diction. Torsicum 226 
Mellin von der Jagd 498 - » | 
Mellis inftrution how to keepe bookes 8. | 
Memoires fur le regn& de Louis XIV ıpar: F. 272 
NMemoires pour fervir A. lift. de. Brandenb, 397: 
Mercier fuppl. & Phift. de — 98 
Meteranus novus. 229 _ 
Meurhi opera. 67 
Meuſel Gefhihifofiher 49 493 
‚, Myyer.l'arte di refituire a Roma lanavigatione.552 
Mezeray abrege de Phift. de, France 409 
Micheli nova plant. genera 350 J 
Mieri- handveften der Stad Leyden ı 128 
Willers Gärtner: — 225. 444 569 . 
Milö’s effay on te weather 116 
Mirzens de feriptoribug eceleſiaſt. 292 
 Mifcellanea Berolinenf. 381 
Mizierg mufikalifche Bibliothek 505 Ä 
arrösien Behpreiiuüg einer, allen. Sam 
u ung. 262. 28 

Mönch plantae Hafliae 570 
Molleri Cimbria litterata. 38? 


nt Erſtes Regiſter 


Molynes 'eönfuiet: vel lex miereätorid 208 
Moncellefi Bernardino ar 

Hioncanys —— ebene 
mMmontamy von Fir n Bo — 
Montucla, hitt. des ne - \ 2 
Morhofii diflert. academ. 458 -- 

Morland’s fpeaking trumpet. 463 * 
le Mort collectanea chymi'Leydenf-45ı zer 
‚ von Mofer Hofrecht 357: 399 nalen 
müller fi Regiomontanus.! !- —A 
yon Muͤnchhauſen Hausvater 1 r | 
Münſters Meilenzeiger 19 ns nz 
Munting befchryv, der zardgewaffen 22 229. ar 
Muratorius M 

von Murr Hefchreibung von dieven 4 49° 
Muͤſaͤum, teutſches 300 — 

Mufeum ruſtieum 569 

* Mufeum Victorium. 378 


M:ffshenbroek differt, phyf. 72 > 
Aſchenbrue Kintrod. in phil, u atur. 430. 556 - 


IT. 
nt ,,% . 
11 44 5} 


Medeiihtin der zkonvm. Geſtilſch in Fronfen 110 
Nachrichten von Regierung kLudwig XIV: 272" \ 
Nautical almanac. I2l 
Di ars vitriaria. 3 ‚383. 

Neumanns Chemie 5dı 
Yleuwdörfer von Buchhalten 12: . 
Nicolai — von Berlin. 82. 132. 385. 


Nierembergii es naturae 440 
Toller Kunft Verſuche zu — 68° 
Noorthouck hiftory of London 26. 


Noſce te er 98 
D> /a Noue difcours ———— 363 


—9 


# 
eg 


Noyer 


der: engefährten Bäche. '- 
Noyer lettres hiftoriques, 279 ei en 
j u recefluum | * BT ya 


1; , .. 
7 C. u“ X — J 


.. 


Obfervationes. curiofo -phyficae. 250 
Obfervations-fur Vtalie par G, 415. 
Geders Anleitung zur Ki Auterfunde, 184, 
Oldeafle 8 
„Oldenburg't acta fociet. Angl. —A * MER 
Olına Uccelliera. 564 eh 
Onomatologia medica ‚235 ur 
Onupbhrius Panv. äntig, Veron. 160 
Ordonnantien in Vlaendern 215 ka 
Origine e progreili della Hampa, &., , 
Orlandi origine della ſtampa 6 ee 
Orfchal fol fine vefte. 386 

Orth von den Reichsmeſſen 296 

D’Orville Sicula 468 Re 
Oviedo hit. de.las Indias, und feine übrigen Exit. 

ten 435° 
Ossnan recreations ‚mathemat. 439, | 


— | — 
p. —— 
Pachner wacheſcuie 131 
Palladius de re ruflica 195.486 
Pallas Reife 454: 495 IE 
Pancirollus de rebus deperditis, 153. 316 
Papillon bibl. des auteurs de Bourgogne, 487 
Maris: Memoires de Pacad. des feiene, 252. 248. 
357. 561. 573 | 
Paſchius de invent.\novant. 153. 935: 
-Pasgial bibl. rg al ; 
Peele 7 
„Kerneder tie der geprante Bein nutz fo 41 
Pesro- 


HAiKrſtes xeunn 


penoair aa. ea EEE 
Philoßratus vita Apollonil 2605 


Philoſophical transact. 28. 369. 5 ver sa 


| 575 

—F Pini de venarum excoiöne 32 324 
Pirkheimeri opera 197 
 Pitaval caufes. celebres 271 . . 


ne. v Viaendern 150, 21 VsvP nn 
Groot 5* es Vbok, 13 215 * 
placaetẽn —— 2324 25: Are, AR 1" 


Plautus 320 
Plinii-hit. nat. 43. 45. 132. 183. EI 186, eu 


192. 199. 242. 245- 246. 266. 336: 373. 374 
Be 428. 435- 425- ABS, 436, 515: 568... 
imi . ar 





Pluntier — 
Plutarchus 46 
Polirianus 176 176 

Pollux onom. 338 
| — hift, des dtoguts — 


Gera se, 


de la Porte Science des negocians. 2 
Drieftley Geſchichte dir Eleesrichtät: 571* 
Procopius 66 

Propertius 391 

Prudentius 76 

Piolomäus, die erſten Ynegaheiigt: 98 7: tib⸗ er 
* Puffendorf jus mat \eQ4 | 


Puͤtter vom Zicenagpeud, ss 95: —* 
— — 


ii IR: "zo" io» 

* era 445., * 
„ * RT 

f < 
d s 4H * * 8 ung" 
s . "110: \ 
Kr J C, J h J 


J 


—“ 


Rays trävels 469. 
Reaumur Vart de — ale fer.en riet Me 


— a de Louis XIV. — 


\ derrangefohrten Buͤcher. 


Recherches ſur les Etyptens ga. — le Be 
Recueil des memgizesy: — Desis‘ 43. 


Regiomontamusı 72H xc no’ ae. 
‚Reichel diſſ. de: —— 334 a * a 

| abfeiedy I xkop „50; zum ab Pina. 2 

— Einleit. ‚ui litter. and. 296: % 

Reimanni bibliothees 298 0: ; oh u: J 

’ Relatio hiftor. femeftralis N — 


Anciennes relations des.indes: * Chine 456 
Remarques d’un voyageur au Levantigog). ° 
Renaudot —— => — es. 
Keybercde acıy 37. 


HT ir 3 30 — 
Ricard negoch Maera⸗ 229 
Riccioli geograph. — 18; a1 ab 
Riccivli almageitund 43.1439: allzu ah ARE 


Küghafls de In: Hol MR: u WEFLUTRETAERTGT 
v. Riedefel remarquea dum — 2 
von Riedeſel Reife durch Sicklien 463 
‘Riemer befehryving vans Grayen · — 79* 
Rink Leben K. Lopolss 398 LU ee 
Mitterplag, eröfsıgge. eig wo 52 
Robertfon Geſch. von merifa x. Maar nei”, 
von Rohr Re kungsrechh.aar.: vr £ 
Roſetti arte de’ Fentori,349 man. ni.4 
Roth- Schelzeu; Theastum chemie, 33 a 
Roubo lVart mefiuifier 412. 420. PTY TIER Tu 
Rozier maniere de; faire les vins 199: 2:7 
Ludolfseelementa amalgam. 387. ü;: 
vRymers foedera, m 308. ze ya - 


z we r 
*67 nr J— „On: DT r t — 


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241 
7 no + mazZ — etw 
D . „ii 4 z P 
1 J 


— 


Saccus hift. Ticin. 107 
Gage — Unterſ * nu, 13€ 1 188. 


Saint- — 62 
u 


. | Sam⸗ 


F 


ir tsfrftes Regifter: :ö 


Samlung Hands Mandate %r.'208 :- 
Samlung Dar Neids. Anichide gas : 

Sandwich art of metalls by Barbatsa . .- : 

Satler Beſchreb. des Herzog · Wurtemb. 396. 
Sauval hiſt. de Paris 408. 40.1412. 424. 507 ° 

Savanyıdidion, ‚dei comimerek YERl 576 TE Tea u 

Saverien hift. des progres: de T’efprit humaimy.. 
Sayer map of America 4| Sulkanıcı . Tree 
„Sgandeoniiıes. de antiq. ur is Fatavii ar Sie ir 
ins I ——— . : : 





‚Schakerpean gw6.i : 6 108 er prall 
Schapeerbord Kalender urg si nmis.e = mans 
Schauplatz der Kuͤnſte, Partfa; Gr. 330 


Schedins ſyntagma (deli Gethaniogbr . ua 
Sch-ffer de re vehieulai gg74 HIBTZUSS iontß 
Scheffer de militia nayali-&361 own Aoidaf 
Scheibe über die m | Compohtiow gi 
Schloͤzerriituver aͤnderted Rußlanpızög; is-5l ‚us 
Schlüter won Huͤttenwerken 324232917 una 
Schmieder Polizey von Bachteni 82 "wait 
Schminke Beichreib. vw End 83°’ Snıa 
Schott magia naturalis HEINO 
Schott technica curiola:5 427 6. nr 1X 
Schramasson.Porte-chalfegas-.; . , moe 
Schrebers erſte Sa * Du? Den 
Schrebers Befchreibung Ver Graſer 568 - Kot 
Schrick von geprauterWaffern 34 ı aA 
Schulz chemiſche Verfuche S6r N u ie 
Schwarz Pommerſche Lehen» Hiſt 4/00.. 
Schwediſche Akad, der Wifenfch; 256. 1305. 
— mathem. Erquickſtunden 462 Ha 
| rfer. x | 

von Seelen feleda litteraria 114 
Seldenti mare claufum 209. 


Seneca 70. 320. 376. 456.524 
SeraponasT Sy ro, 
Servius ad Virg. 478 


‚seflini agricoltura della Sicilia 569 





Sevignd 


der angeführten Buͤcher. 


Sevigne lettres gal 271 
Shepheards Calender 115 


Sinclari ars nova 535 
Singularits hiſt et.litter. 98 

 Snellii Eratofthenes Batavus 18 

Solinus 247 

Spanhem. de praeft. numismat. 291 

Specimen florae Berolin. 521 

Spsengel von Verbifferung ber Beine 183. * 

202 

Sprengels Handwerker und Kuͤnſte 504 

Stahl Bedenken vom Schwefel 447 

Stab fundamenta chemiae 560 

Stanley hift. philoſ. 321 

The prefent ıtate-of Great. Brit. 53 

‘ The itatutes,at large 77 / 

Stenzelii diſſ. de venenis 267 

Stsphani lex: latinum 267 


von Stetten Kunftgefchichte von Yugsburg 35. 
226. 2,0. 291 
_ Stevini opera 13 
Stod Sranffucter Ehronif 296 \ 
- Stofflers Kalınder 118 
Stow furvey, of London 76. 303. 317.414 
Strabo 320 
Straccha de cambiis 214 
Struve Biblioth. juris 210 | | 
Ssrype furvey of London 76 4 
Sturm colleg. experim. 473. 535: 542 —— 
Sxypmann de jure — 208 
Suetonius 67. 206. 263. 265.422 
Sulpitins 69 
Summa conciliorum 101 


Supplement & P’hift. de limprimerie de en 


9 
Swertii athenae Belgicae 13 


Re | T. 


— 


Erſtes Regiſter 


T, 


Tableau de Paris 426 

Tacherii Hippocrat. med, clavis 450 

‚Tacitus 69. 26. 260. 263 

Taisnerus de motu 532 

Tannert bibl. brit. Hibern. 1 171 

Tavernier Reiſen 490 

Tenzel monatliche Unterredungen 229 
ertullianus 375 

Theophraqſti hift. plant 242. 258. 259. 335 

Thevenot Reiſe 138 

Mevetr ſingularités de la France antart. 438 

Thesmet cosmographie 438 

Thomas’ Aquin. fumma theol. ſeltene Ausgabe 120 

Thucydides 526 ; 

Thibourel recueil de machines 357 

Tirius de_ele&rici experim Lugdun. inventore. 


572 
Tourangeau hift, de la maifon de Montmorency 
air 
Tournefort voyage 337. 501 
Tournefort init. rej herb. 340 333 
Toze Gefchichte der Niederlande 356 
Traite des communes J 
Trait€ de diplomatique par les Rénédictins. 487 
Trampe Pflanzen» Abdrücde 520. — 
Trebellius Polliv 374 
Treitlinger .de aurilegio 47 
' Triewald konft at lefwa under watnet, 547. 
Trithemii chron. Hirs. 170 
Tretz de feribendi origine 485 
Tyrius, Maximus 66 
Twiß Reifen 80. 415: 427 


| Tzamenspraak tusfchen Waermondt 3 229 


der angefuͤhrten Bücher. 
| u. 


- Unger Entwurf einer Mafchine 30 
Unlverſal⸗Lexicon 254 


Us et coutume de mer 209 
v. 


Vaillant. botan. Paris 353 

Valentini hiftor. fimplic. 351 
Valentini muf. mus. 542 

Valerius Max. 264 

Valefiana 411 

Della Valla Reife 467 

Vannuccio Pirotechn. 133. 136 
Varietes hiftor. phyf. 409 

Varro de re ruft. 479. 

le Vaffor hift. de Louis XIII, 357 
Vega de arte medendi 187 

Vegetius de re milit. 540 

Verdier bibl. Frangoife 142. 143 
Vergilius de rerum inventor, 153. 361 
Vicecomitis poemata 177 ⸗ 
He viel Kuͤnſt auf Glas zu mahlen 388 
Vincentii Bellvv. Speculum 85 
Virzilius 319. 479 

‚ Vitruvins 16. 45. 186. 428 

Grand voecabulaire 71 

“ Vocabulario della crufca 334 - 
Dolfamer Nürnberg. Hefper 442 
Volkmann Nachrichten von tal. 123 
Voltaire de fiecle de Louis XIV. 272 
Vopifcus vita Saturnini 375 

Voſſius de fcient, mathem. 13. 137 
Voyage d’un Francois par Ital, 80 


i —Rr2 


Erſtes Regifter 
> w 


Waddingus cat. fcript. minorum 4 
Wagenaar Amfterdam in zyne opkomft 449 
Wagenfeil de civit. Norimb, 365 . 
Wallis nat. hiſt. of Northumberland 353 
Waljer Appenzeller Chronif 365 
Walthers mufifal. Lexicon 512 
Watin Stafirmahler 61 

Weber phyf. chemifches Mag. 188 
Wecker de fecretis 332. 448. 517 
PWeidler hiftor. aftron. 155 
Meigels Ebemie 561 

von Weineck Raetia 365 

Weislinger catalogus libr. impreff. 35 
Weislinger armamıentarium 98 
Weiffer von BWürtemberg. Gefegen 219 
Weller Altes aus der Befchichte 41 
Welpers Gnomonik 314 J 
Mepferi hiſtor. cicutae 285 

Wefton botanicus univ, 240 - 

Wiegleb von der Gaͤhrung 199 
Wilhelmi ſumma de virtut. 100 | 
Winfelmann Oldenburg. Chronik 219 
Winzenderg Meilenzeiger 19 — 
Wirre Beſchreybung der Hochzeyt 405 
Witjen fcheeps-bouw 528 . 

Wolf von mathemat. Schriften 6 
Wolmer Almanach 116 

Wrigbs Reiſen 555" | 
Wynne britifh empire in America 538 


(2 
Zapf annales typogr. Auguft. 34, 113 
Zeileri wilcellanea 229 . 
Zelleri docimajia vini 197 | 
 Iimmermann NwoTitularbuch 494 
Zonca theatro di machine 354 


Zwep- 


) RRNRua 





Zweytes Regiſter 


der merkwuͤrdigſten Sachen. 


Das Sternchen hinter der Seitenzahl bedeutet 
bier, daß dafelbfk die ausführliche Gefchichte zu 
finden if. - y | 


borůcke der Pflanzen 524 * Anweiſung ſolche 
zu machen 523 

Aconitum, das daraus bereitete Gift 259 . 

Acquetta di Napoli 268 

Actienhandel gleicht dem Tulpenhandel 236 

Ad infigne pinus 29T | 

Aderlaßmaͤnchen in Kalendern, deffen Alter 118 

Agrippina bat den Claudius vergiftet 261 ' 

Albion, eine Uhr 310 | 

Aldus kauft feine Kettern von Rainmann 290 

Alerander VI, Pabit ſtirbt an Gift 258 

Alexander der Groffe, deſſen Spraͤchtohr 457 

Yigebra, wer fle zuerft in Sralien gelehrt bar 3 

Alkali, wer zuerft den Unterfchied der verfchicdenen 

Arten beftimt bat 560 | 
Amalgama, waun es zur Scheidung des Goldes 

angewendet worden 44 

Ananas 454 * 

Anacharfis, deffen Erfindungen 321 _ 

Antirrhinum cymbalaria ſoll zu fchleichenden Sife 
ten Dienen 285 

Antiochia hatte Gaffen » Laternen. 63 

Ap!yfia depilans 266 


Nr Aqug 


-öweytes Regiſter 


Aqua tophania 268 | 
Arcera, ein Fuhrwerk 990 | 
Ariftoceles, deffen untergefhobene Schriften 4:8 
Arfenik dient zu fehleichenden .Giften -286 deſſen 
innerlicher Gebrauch zu verbierhen 286 _ 
Aſchentrecker 250 * | 
Affecuranz der Kaufleute 204 * ward einmal ver 
boten 215 f. Brandaffecurang 
Aſſecuranz⸗ Kammer in Amfterdam 216 
Affecuranz : Police, aͤlteſte 213 
Aflecurances en confiance 21 
Aſtronomiſche Bücher, die alteften gedruckten 120 
Auris Dionyfü befchrieben und erklärt 455 
Autpert, ‘der erfie, der fein Buch cenfiren laffen 
97 Ä 


3. 


Bachelier, deffen Blumengarten 501 

Bakker hat die Kamele erfunden 554 

Randmühle ı22 * 

Baſſäus Buchhändler 292 | 

Belemnit, wie er bey den Alten genant 243 

Berline, wer dieſes Fuhrwerk erfunden 420 

Bernſtein, ob er Iyncurium der Alten fey 243 

de Bethancourt, Befiger der Canarifchen Inſeln 
6 


349 

Bitinus, ein unbefannter Schriftfteller 461 
Blaſebaͤlge, hölzerne 319 * ihre Vorzüge 322. 325. 

ihre Einrichtung befchrieben 323. lederne 320. 
- ob fie von Anacharfis erfunden 320 Ä 

Bleyzuder, wann er erfunden 192. ob er zu fehlels 

chenden Giften gebraucht werde 284 
Bleyweiß, deffen Gift war den Alten befant 195 
Blumen, Gefchichte unferer Sartenbiumen 223 
Bodmeren war fibon den Alten befant 208 
Brandaſſecuranz, ihre Geſchichte 218 





Bran⸗ 


/ 


der merkwördigſten Sachen, 


Brantesein, pa Sept 33 

Braunftein, deſſen Gebrauch zum Glafe i 

graueroagen, alter fürlicher beſtd we 
rautwagen, alter fürftlicher be ticben 397.408. 

[a 408 ' 397.405. 

Brinpilliers,, Giftmifcherin, ihre Gefchi 

Bromelius, deffen Verdienſte 445 färchte 272 

Brouette, ein Parifer Zubrmwert 4n 424 

Brübl, Graf, erfindet die blau angeloffenen Stahl 
faiten 506 

Buͤcher, wann Ni angefangen hat ſchaͤdliche zu 

verbiethen 96 

— 95 ſchadet dem Buchhandel 296 

Hücher : Privilegien, die alteften 95 * 

Buͤchſe, Schleßgewehr 360 * 

Buͤchdrucker, Schickſale der erſten 289 | 

Buchhalten, Stallanifches , deffen 2 ehichte. I. 
fchon den Römern befant 13 deffen Anwendung 
auf Das Cameralweſen 13 die ie Wiener Berfuhe ı 14 

Buchbandler, die erften 290 

Buchftaben, die erften Griechtſchen in den — 
reyen 88 

Buͤrglin, ein Buchhändler 290 

von Budingbam, deffen Luxus a1 


2 


Caboga, Marius, Nachrichten von ihm 139 

Gäfaren hatte Gnffen » Laternen 65 

Caffa, daher Famen die erfien Tulpen 227 

Campana vrinatoria 525 * 

N — Geſchichte deſſelben; Handel | 
damit 

Ganarien: Zohel, ihre Geſchichte 562 * zane 
mit denfelben. 

Canariſche Inſeln, ihre Entdeckung 3 345 


Cana- 


Zweytes Regifter 


Canary-weed 334 

Gap: Berdifche Inſeln liefern Orſeille 348 
Carbünculus der Alten 246 

Caretta, ein Fuhrwert 415 

Carl V. Lebbaber der Uhren 315 . 

Carl XI König von Schweden, vergiftet 281 
Earl der Groffe erhielt eine Uhr aus Perſien 150 
Caroenum, ein Wein 182 


'Carpentum. ein Fuhrwerk 39T 


Carrofles de remife 423 

Carruca, ein Fuhrwerk 391 

Caſſius deffen Goldkalt 379 

Gavala 227 Zr 

Ceiteg, Conrad, Nachricht von ihm 195 
E:niur der Bücher, ihre Geſchichte 95 * 
Cento, deſſen Solofirniß 58 | | 
Cera Hifpanica, Urfprung des Namens 488. 496 
Chambre ardente, chambre de poifon 279. 281 
von Chieze, Nachricht von ibm 421 

Ghriften, Ihre Martern unter Nero 68 


Chromatius, deifen Uhr 150 


Cire d’Efpagne, Urfprung des Namens 488. 495 


_ Clark, Erfinder der Iedernen Dofen 453 


Clavicytheria 503 | 
Clepiydra, ihre Befchreibung und Erfindung 429 
Cochenille, gefiebte, ihr Preis 357 

Coln, Geſchichte der dortigen Buchdruderey 100 


Creed, deſſen Notenſetzer 23: 


Creta der Alten 477. 479 

Ehriftofoli, Erfinder des Fortepiano 504 
Croton tindtorium ob es zu Lackmus diene 35T 
Cryſtalle zu färben 377 

Tunaͤus, deſſen Verdienſte um die Electricitaͤt. 573 
Cuſtodes in Büchern, die aͤlteſten 91 


D. 
Diamantpulver, ob es das ſchleichende Gift ſey 284 
Diana von Poitiers 410 — 
| ic» 


‚der merEivördigften Stellen. 


Diemar, Jorg, ein Buchhändfer 290 
Dinte, re fchtwarze, ibre — 


Dionyſius, d en n Eprachgemölbe 465 \ 
Diplom, wie deren Siegel verfälfcht werden 439 
Dompfaffen, Kandel mit diefen Bögeln 567 
Doppia fcrittura 2 * | 


Dratzieherey, ihre Geſchichte 148 
E. 


Elektriſche Verſtaͤrkung 57 = 

Elektricitaͤt des Turmaling, wer folche zuerſt be 
merft bat 256 ° 

Ephemeriden, die erffen aftronomifchen 120 * 

Erdorſeille erklärt 352 

Erleuchtung der Gaſſen, ihre Gefcbichte und Eins 

richtung in den arößten Städten 02 * 
Eveiyn, fein Goldfirniß 53 
nn ein ——— 273 


S. 


Falot, ein Beast, erflärt 71 
Feld-Geflänge Ift neue Erfindung 321 
eldmuͤhlen 354 * 5 
| a deffen Erfindung 319 
Feuerfteine, ihre Verarbeitung 369 
Fiattes, wer ſolche zuerſt angelegt 422 
Firniß zum Vergolden 56," 
Flins, Namen eines bgotted und einer Stenärt 


Klinten, wann arfamden 359 * 
— 352 
Clintenſteine * Zurichtung 370 


Rr5 ‚ Forsmen 


Zweytes Resifter 
Foramen ovale ob es wider das Erftiden fichere 


Horteplano soz + 
orteplano 502 . 
Fugger, Wir. bat viele Bücher verlegt ErL 


©. 


Gaͤtuliſcher Purpur 348 

Galinacc, eine Steinart 374 

Barces. Nachricht von Mefem Portugiefen 48 

Gaffen > Erleuchtung ihre Gefchichte 62 * wie viele 
Stunden fie dauren muß 78 

Gazaria, Namen der Erimm 227 | 

Gelehrte fuchen Künfte und Erfindungen bekannt 

u machen 558 | 

Gerberlohe diene zu Miftbeeten 444 

Gerbert, feine Uhr ısı 

Geſner, Conrad, hat die erfien Tulpen befchrie- 

‚ ben 225 | 

Gifte, mineralifche waren den Alten unbekannt 
267 ſchleichende, ihre Gefchichte und Bereitung 
257 * 


Glaͤtte, Blevglätte war ben Alten befannt 192 
warn fir zur Berfälfchung des Weins gebraucht 
_ worden 193 
Glaſer, Chemiker in Paris 278 
Glasfaͤrberey 373% 
Glasbuͤtten der Alten 875 
Glockengieſſerey lehrt Diri 
Goldwaͤſchen der Alten 46 
rk 56 * | 
oldfalf des Caſſius 579 * 
Goid färbt Glas roth 379 Scheidung dur Duck 
filber 44 * | 
Guoencabelica, dortige Bergwerke 48 U 
Buftan Adolph K.pluͤnderte die Bibltotheken 119 
Gyps deſſen Würfung auf den Wein 137 feine 


ngoccio 147 


Aufs 


ww u 


\ 


der merkwuͤrdigſten Sachen, 


Aufloͤßlichkeit in Eſſig verſucht 190 daraus form⸗ 
ten die Alten 192 fuche 1901 form⸗ 
Gypfum der Alten 191 J 


u 
Hakenbuͤchſe 350 | 
Halley defen Fäucher- Glocke san " 
Hannover hat viele KRutfchen 399 
Hanſeatiſche Seegeſetze 211 | 
Sebenjireic Erfinder des Pantaleon 308 
Zele, ob er die Taſchenuhren erfunden 152 
Helmhak erfindet ein Rubinglas 389 
Herman, Nachricht von diefem Boranifer 25t + 
SHerwarts Garten in Augsburg 225 | 
Heſſel ein Botaniker 519 
Hippocaftanum, Urjpiung des Nameng 498 
Hohlfeld, deifen Keben 2ı 
Horologium excitatorium 169 | 
Huygens Verbeflerungen der Uhren 317 


J. 


Iris Florentiniſche, Ihr Gebrauch 352 
Juden, ob ſie Erfinder der Aſſecutanz 210 
Rs 

Kalendet, die aͤlteſten gedruckten 108 * 

Kalk dient zur Weinderbefferung 187 

Kamele, Haldfehiffe, ihre Gefchichte 548 * 

Kanonen, ihre Erfindung (46 

Kanpnenfugeln, Erfindung ver eifernnen 147 - 

Kiefelfeuchtigfeit, wer folche erfunden 3854 

Kircher, ob er Erfinder der Sprachrohre 468 

Klaͤrich, Goͤttingiſcher Arzt 331 u 
eiſt, 


Zweytes Regiſter 


Kleiſt, deſſen Verdienſte um die Electricltaͤt 572 

Bnipbof, feine Pflanzen-Abdruͤcke 519 

Rıliger erfindet ein Kubinglas 388 | 

Künfk:er werden megen Geheimhaltung ihrer Erfin- 
dungen getadelt 555. 

Zunfel, deſſen Schickſale 385 

Kutſchen, ibre Gefchichte 390 * Urſprung des Nas 
mens 419 wie viel Handwerke daran arbeiten 


27 
Rurfehferbe, ihre Anzahl in Paris 426 in Holland 
427 ob Ihre Menge ſchade 403 


C. 
Lackmus, deſſen Bereitung und Geſchichte 


350 deſſen Geruch 352 
Lapis obſidianus erklaͤrt 374 
De Laval, Rene, Nachrichten von Ihm 411 
Zaudati, Angeber der Mierhfackeln 72 0° 
Lehnherren, verbothen das Fahren in Kutfchen 403 
Lepus marinus, erflärt 26 | 
Lichen ——— roccella 334 fuciformis iſt der 
roctellae beygemiſcht 339 
Limpi ift natürlicher Zinnober 48 
_ Lint- molens, Bandmühlen 128 
Liquor probatorius Wurtembergicus 158° 
Liquor filicum, deffen Erfinder 384 
2 obfinger, deffen hölzerne Blafebälge 326 
Locuſta, Römiiche Biftmifcherinn 261 
Lohbeete, wann folche erfunden 444 
London, dortige Gaffenerlenchtung 75 * ‚Anzahl 
der Kutfchen dafelbft 425 
Lottomanie 227 
Louvois, deffen Grauſamkeit 280 
Lucas von. Borgo, Nachricht von ibm 3 
Lyncurium der Alten ertlart 241 


der merfwürdigften Sachen, 
m 


| Magnetiſche Kuren, wann ſolche erfunden 332 * 
Magnetifche Materie 450 | 
Mais, warn dieſes Getreide nach Spanien gekom⸗ 


men 1 
Maltha der Alten, was fie geweſen 485 —— 
Martinelli hat zuerſt von Waſſeruhren geſchrieben 


| 432 | 
Martin aus Bayern, Erfinder der Weinvergifs 
tung 196 | 
Maſchine, gar zu vortheilhafte 125 | 
Mauritz, Prinz von Dranien, deffen Cameral⸗Ver⸗ 


faſſung 3 
Mepikleifter, brauchten die Alten ſchon 485 | 
Meer bedeutet in der Zufammenfegung jo viel al$ 
Yuslandifch 495 
Meerhaſe iſt giftig 266 | 
eier, Cornelius, Wafferbaumeifter 551 
Meilenzeiger , die Alteften 19 
Meridian, Grad deffeiben gemeffen 17 
Meifing, altefte Bereitung 145 
Reßverzeichniſſe, Die erften 289 * 
Metalle auf naſſem Wege zu reduciren. 447 
Meynier, deſſen Schrittzähler 20 
Metallurgie, die aͤlteſte Italieniſche 133 
Miethfackeln, Miethlaternen 72 
Miethkutſchen 422 * _ 
Milch dient zur Weinbereltung 201 
- Mühlenftühle, Bandmuͤhlen 122 * | 
zůbiſteine reiben ſich ab und ſchaden der Geſund⸗ 
beit 284 | 4 
Mulfum 182 
Muſiviſche Arbeit der Alten 389 
Muſſkete, woher der Namen 303 
Mufto sotto, Muſtum 182 


Zweytes Regiſter 
Nanas f. Ananas 
Nero deſſen Giftmifcherey 262 
Neri, wann er gelebt 383 


Yioelli, ein Birtuos 507 
| Notenſctzer, wer ſolche erfunden 28* 


O. 


Ohrloͤffel, magnetiſche 333 

Oleron, Geſchichte der Inſel 208 Seegeſetze der⸗ 
ſelben 208 

Oricellarii 340 

Drfeille 334 * ihr Preid 347 

Orjhall, deſſen Schickſale 386 

Ouchier, fein Schrittzähler 2o 

Oviedo, deffen Verdienſte 436 


D. 


Pabft muß in Proceffion reiten 394 

Pacificug, deffen Uhr 150 

Paciolus, Zucag, feine Schriften 3 

Palmeſel 394 | 

Dannarz, erfter Buchdrucker in Rom 289 

Pantaleon 302 * 

Paris, dortige Gaffenerleuchtung 70 

Perelle, eine Are Hrfeille 353 

Peru, Erfindungen der dortigen Bergwerke 47 

—— — Verfertiger der hoͤlzernen Bla⸗ 
ſebaͤlge 32 

Plans Abdruͤcke 514 * 

Phalaris der Alten — 


Phipps, william 535 | | 
Phy- 


der merkwuͤrdigſten Sachen, 


Phyſiognomik, botanifche 434 

Bianoforte, Erfinder deffelben 5o2 * 

Pinas, Ananas 435 

Pinea Indica, Ananas 440 

Piftolen, woher der Namen entftanden 362 
Polizey⸗Lieutenant in Paris, * Beſtallung 73 
Polychreſtſalz 557 

Poftzeiger, die älteften 19 

Poudres de fucceflion 257 * 

Praedes, ob einen Afjecurirer bedeute 207 
Praktika der Kalender ıc9 

Preis: Couranten, wann folche angefangen 57% * 
Privilegia der Buͤcher, die aͤlteſten 85 

Pumex vitreus 374 


Durpur, mineralifsher, wer-ihn erfunden 379 
| ©. 


Queckſilber dient sur Scheidung des Goldes 44 
Queckſilberpuppe von Chinefern erfunden 430 | 
Queckſilberwerke in Peru, wann fie erfunden 47, 


R. 
Rainmann, Joh. einer der erſten Buchhaͤndler 290 
Regiſter, die erſten bey gedruckten Buͤchern 91 
Begulus, ob er vergiftet worden 264 
Reiten, war ehemals mehr üblich 393 
Reitende Diener 393 
Repnin, Zürft, fein Einzug in Conſtantinopel 427 
Reſpio 341 


Reverberir⸗-Laternen 7 
de la — erſter vpᷣi lizey⸗Lieutenant in Paris 


Rittmeiſte der Städte 393 
Rocheller Salj 557. 
Roole 


. öweytes Regifter | 


Roole d’Oleron 209 
‚ Roßfaftanien, ihre Gefchichte 497 * Ihre Nugung 
498 Baterland 501 

Rouſſeau, ob er das Siegellack erfunden 487 

. Rubin zu machen 382 0b er Gold enthalte 383 _ 

Rubinglag, warn erfunden >73 * dasjenige, was 
Kunfel gemacht. 385 

Auccellai, Nachricht von diefer Zamilie 340 


S. 


Saigerheerd, wann erfunden 146 

Sainte⸗Croix, Biftmifcher 272 

Salar brauche das Sprachrohr in der Muſik 472 

Sapa 182 

Suuveur, deſſen Schrittzaͤhler 20 

Schattenriſſe, ihre Geſchichte 514* 

Scheidewaſſer, alte Vorſchrift dazu 146 ob es 
ſchleichendes Gift fey 284 | 

Schelhorn, Erfinder der höfgernen Bälge 328 

Schießpulver, deſſen ältefte Bereitung 144: 148 

Schiffe verfunfene auszuleeren 538 über Untiefen 

twegzubtingen 549 - 

Schloß der Flinten, wann und mo erfunden 364 

Schmelzmalerey der Alten 388 

Schnecke im Ohr zuerft von Alcmaon bemerkt 465 

Gchnurmühlen 122 * | - 

Schriftgieffirep von Biringoccio gelehrt 148 

Schrittzaͤhler, wer folche erfunden 16 * 

Schröter ein Mufifus 504 

Schwefeln des Weins, wer es erfunden 198 

Schwefelſchnitte 19 

Schwoͤbber, — Garten 442 

Sejanus hat den Druſus vergiftet 260 

Seignette-Salz, deſſen Erfinder 556 * 

Siegelerde, was fie gewefen 474 


Ei. 


| er ’ 
der merkwöürdigften Sachen. 


Siegellack, deffen Erfindung 474 * tärkifches und 
oftindifches beichrieben 491. | | 

Sigila cretacea 481 

Signatur der Buchdrucer, warn erfunden 92 

Silbermann, Inftrumentmacher 506 | 

Spanifch, was es In der Zuſammenſetzung bedeufe 


496 
Spara, Giftmifcherinn 270 
Spath, Inſtrumentmacher 505 | 
Spiegel, metallene 514 J 
Spinola 35%, 
Sprachrohr, Geſchichte 455 * 
Stadtuhren, die alteften 151 | 
Stahl, wer folchen durch Eintadchung in geſchmol⸗ 
zenes Eifen zu machen erfunden 146 
Stepbanus, Seins. II. Nachrichten. von ihm 257 
Strengnas, Bibliothek des dortigen Gymnaſium 


Stummer Wein erflärt 202 
GSucceffionspulver 283 * | 
Sweinbeim ,; Buchdruder 289 
Sympathie ift qualitas occulta 450 
Syracus, dortige Felſenhoͤhle 465 


T, 
Taback, deffen politifche Wirfung 451 
Tabadkutfchen 419 f 
Sabatieren, Iederne, wer folche erfunden Ja5ı * 
Tapeten lederne vergoldete 57. CL 
Targone, Pompeo 355 
Tartuffeln waren Scheenbeiten 434 
Zäucher 525 * wie lange fie unter Waffen bleiben 

527 

Zäucher- Glocke, ihre Gefchichte 523 * 
"T heamedes eine Steinart 245 


Thraſyas, deffen Gifte 259 
hraſyas, beff \ 8 Toffa⸗ 


ı 


Zweytes Rexifter ' 


Toffania, Biftmifcherin 268 

Tophana, Giftmifcherin 263 
; Zournefol, deffen Arren und en 351 
Triewald, deſſen Täncher sGlode 546 
Trip, Zurmalin 249° 

Tulipomanie 228 * 

Tulpe, ibre Giefchichte 223 * wer die erfte befchries 
‚ bin 225 Urfiprung des Worte 226 

Turmalin, Geſchichte dieſes Steins 241 * 

Türken haben keine Aſſecuranz 204 

Rn was es in der Zufammenfegung bedeutet 


— Handel mit Canarien Voͤgeln 567 
u. 


Uhren, Geſchichte derſelben 301 * beſonders ber 
Taſchenuhren 149 * Nachricht von einigen alten 
Uhren 306 

von Lilfeld gab dem Könige Gift 281 

Unger, deffen Rotenfiger 29 


V. 
Vailly, deſſen Verdienſte 431 
Vaſa myrrhina 381 
Vergoldung der Alten 56 trockene Vergoldung, 
wann erfunden 55 * 
Verftarfungsflafche, wer folche erfunden 571 * 
Viatorium erklärt 19 
la Vigoureux Siftmifcherinn 279 
Vin en rage 203 
Vinaigrettes, garifer Fuhrwerk 424° 
Vincent, Jac. Nachricht von ihm 143 
Vinum mutum fuffocatum, 203 


la Voiſin, Giftmiſcherinn 279 


der akt zur la Sachen. | 


m. 
— ihre Verfalſchung wird ſpaͤter erfunden 


| Wache, deſſen Gebrauch zu Siegeln 482 gelbes 
wird mit der Zeit weiſſer 483 blaues iſt nicht 
vorhanden 483 

Wagen, Be, Geſchichte der verſchiedenen Ar⸗ 
ten 

gBageneäbten, Feldmühlen 354 * 

MWalinford, feine Uhr 151. 309 

Waſſeruhren der Alten 150 der meuern 428, * 

Water-Schepen 549 

Webeſtuhl Fünftlicher 24 

Wechfel » ur »Zettel, die aͤlteſten 577 

Wegemeffer, deren Erfindung 16 * 
Mein, mie faurer zu verfüffen, 180 wie ihn die 

—Alten zubereitet haben 181 

Weinproben 198 

MWeinverfälfhungen, mer ſolche erfunden 17 

Welſer, Marx, feine Verdienfle um ER 
handel 291 

Whirlicotes, alte® Euglifched Fuhrwerk 413 

Wilhelm, zu Hirſchau, deſſen Uhr 151 

Wilke, feine Berdienfte um die Elektricitaͤt 256 

Willer, Georg, bat die erſten Meßverzeichniife 
drucken laflen 292 

Wiſby, dortige Seegeſetze 211 

Wismuth ſchadet dem Wein 200 

Wurſtwagen, sine teutſche Erfindung 421 


de 


Sinnober wird in Holland umgearbeltet zn 
Zucker iſt vielen Voͤgein Gift 563 
Zuckervoͤgel 


503 
Zymbelfraut ob giftig ſey 285 
63a Ver⸗ 


.- a nn 


Mesmenss 


4 
um 


h “ 4 IAAIS * 
NaldTer: 
% Lzrıe kin; 


a ern, a" 





Verſchiedene Goͤnner und Freunde, ſo 


gar in ſehr entfernten Gegenden, haben 


mie Beytraͤge und Verbeſſerungen zu den 


in dieſem Theile abgehandelten Gegen 
ſtaͤnden mitgetheilt, welche ih in folgen 
dem Bande dankbarlih nugen werden 


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