Die Kunst- und
geschichts-denkmäler des ...
Friedrich Scliiie
Die
Kunst- und Geschichts-Deukmäler
des Grossherzogthums
M ecklen b u rg - Sch w eri n .
Im Auftrage
des Grossherzoglichen Ministeriums des Innern
heraus'^ci^'cbcn
von der
Commission zur Erhaltung der Denkmäler.
IL Band:
Die Amtsgerichtsbezirke
Wismar, Grevesmühlen, Rahna, Gadebusch und Schwerin
hoarbcitt-t
von Prof. Dr. IViedrich Schlie,
Muaeunis«iiit^k'><ir und lluinith.
Schwerin i. M. 1898.
Dnidc and Vertrieb der Bärcns)>runvs> lu n I lofbuchdruckerei.
Kommissionär K. b\ Kühler, I^eipxi^.
Üiyitizeü by v^üOgle
Vorrede.
ic iVfundlichc AncrkenminL,^ , wt lchc ticin Werk
(l<r MtHklfiilmt i^i^choii Kunst- und ( icscliichu-
1 )i iikin;i!< r innerhalb und aiisscrhall) tU:s Lani!<-s
zu 1 h< il i^rwordcn ist, liat dem XCrlasscr Miihf
und Arbeit am zweiten liande erleichtert. Im
Uebrigcn fiihlt er sich auch bei diesem zu mancherlei Dank Air wirk-
same Unterstützung; verpflichtet. Ohne die trcfiTlichen Vorarbeiten
des überaus fleissigcn und (Gewissenhaften Herrn Dr. Friedrich Techen
fiir die .Alterthiimer der Stadt Wismar wäre der zwt^ite Band, welcher
den ersten an l nitani;' ' übertritt, nicht sd schnell trrti;^ m worcK n,
wie es jetzt iler l""all ist. Ausserdem \ trrdankt der \ ertasser I ierrn
Dr. CruU, der durch seine zahlreichen. Üieils in tli ii jahrhiichern für
mecklenburgische Geschichte und Altertliümer und in den Hanseschen
Geschichtsquellen, theils in £inzel.schriften nieder^Iegten gründlichen
Studien zur Geschidite der Stadt Wismar vveithin Ruf und Namen
erworben hat, viele werthvolle Fingerzeijje. Was al>er diese Ixjtden
1 lerren für Wismar bedeuten, das tlen AnfanL,*^ des zweiten Bandes
bildet, das bedeutet tiir seinen .Schlus-i, der dit- Stadt Schwerin
und ihre L iiigegend uinfa.s.st, der vor \ieri:ehn Jalircn verstorbene
Üiyitizeü by LjüOgle
IV
VORREDE.
Grh. Archivnith Dr. Fricdr. Lisch, tU n man mit Rcrht den \'atrr ilrr
mccklriil)uri;isciKMi Archaolo<(ic nennt. Ohne .seine au.sgezeichneien
Studien zur Geschichte des alten Schlo.sses. das er von Juticnd auf
kannte, ebenso aber auch ohne die von Herrn Oberhofbauratli Wille-
brand in seinen Jugendjahren mit peinlicher Genauigkeit ausgeAihrten
Aufrisse und die malerischen Ansichten von der Künsderhand Schlöpke's
wäre es nicht mögtich gewesen, ein solches Bild der Entwicklung
dieses Baues vom Ende des XV. Jahrhunderts bis zur Gegenwart zu
zeichnen, \vi(! es jetzt \t'rsuclu werden konnte.
Aui steinen Reisen ilurch tiie Aint.sijcriclitsbczirkc! Wismar. Grevcs-
nnihlen. Kehna, Gailelnisch und Schwerin zwecks Feststellung des
Denkmäler -Inventars haben den Verfasser die Herren Universitäts-
Bibliothekar Dr. Hofmeister zu Rostock und Archivar Dr. Stuhr zu
Schwerin begleitet Die Zusammenstellung der vorgeschichdichen
Plätze und Altcrthumer hat hier wie beim ersten Bande Herr Museums-
Konservator Dr. R. Beltz geleitet.
Schwerin, im December 1897.
Friedr. Schlie.
Üiyilizeü by LjüOgle
Inhalts - Verzeichniss.
I. Amtsgerichtsbezirk Wismar i-
Seite
Wismar
Geschichte der Stadt
St. Marien -Kirrhg
St. Jürgen -Kirche .
St. Nikolai. Kirrh«.
I— i
Kirche und Hospital zum
Heiligen Cicist ....
Kirclie cies Srhuar/rii Klosttrs
Kapelle St. Marien zur Weiden
Kirche der Cirauen Mönche .
Ehemalige Kapellen . . .
Profanbauten
Fürstenhof . . .
Kleinkunstwerke im Priinthesit/
Kirchdorf auf Poel .
Hornstorf . .
Neuhurg
Goldebee
Zurow
I.iibow
Mecklenburg
Hohen-Viccheln
Beidendorf
Gressow
I lulu-nkirchcti
Troseken
Ueitendorf
Vorgcsrhirhtlirhe Stellen
-22 1
I
u
1 ao
LSI
lÄi
167
1 70
m
20g
115
251 i
»55
265
376
£25 I
^02 I
111
ilSl !
Ul
U2
II. Amt-sccricht.sbezirk Greve.s-
Scitc
mühlen
.1.19
— 422
Grevesmühlen ....
.1.19-
Geschichte der Stadt .
Kirche
.146
Rathhaus ....
.ISI
Bössow
.ISi
Damshagen ....
.157
Flecken Klütz ....
Elmenhorst
.17 S
.179
Flecken Dassow
.192
Mummendorf ....
402
Roggenstorf . .
40 !5
Börzow . .
400
Diedrichshagen
4«2
Frietlrichshagen
416
Vorgeschichtliche Stellen
419
III. Amtsgerichtsbezirk Rehna
Rehna
423-
42,1-
-455
-446
Ges« hichtc der Stadt .
42,1
Kirche
4 10
I.übsce .
447
Gr.inibow
■4? 1
r , • 1 1 Coogle
VI
INHALTS -VERZEICHNISS .
Seite
IV. Amtsgerichtsbezirk Gade-
busch 456 — 5^0
(ladebusch 456 — 487
Geschichte der Stadt . . . 456
Kiichc . . . . . : : a6>A
Kapellen . . 481
Schlflss . . . . . = . aM
Rathhaus 487
Meetzcn 488
Vietlübbe . . 489
Gross -Eichsen 49
Mühlen -Eichsen S03
Gross- Brlitz 50S
Pokrcnt <>io
Gross -Sality. Sia
RoKK«-'nclorl" 517
Vorgeschichtliche Stellen . . 519
Amtsgerichtsbezirk Schwerin
521 — 691
Schwerin 521 — 630
Geschichte der Stadt . . .
Schelf- oder St. Nikolai-Kirche
576
584
Katholische Kirche
596
S>*naßogc
599
Schloss
601
Profan bauten
620
WWke fler Kloinkiinst und
des Kunstgewerbes .
626
Kirch -Stück
Gross -Trebbow . .
Alt-Metdn
6i8
Zickluiscn
640
IVAIIti^vVK ......
Crarnon
Xk^I Ml At^^fl > ......
"'•+3
Retgendorf
649
Zittow
652
I untren -Brülz ....
658
("lorslow
660
Plate
* "«^fc^ : : , : ; ^
66 I
Consrade
664
Peckatel
66
Rnnzknw
1 flUUilall IT . ■ ■ . i
666
668
Goldenstädt
670
Sülte
671
Sülstorf
67 2
Pampow
677
Stralfiulmf . ,
6 7 i>
Wittenfördtn
682
Vorgeschichtliche Stellen
684
VI. Nachträge 688
r , • 1 1 Coogle
Verzeichniss der Illustrationen.
Wismar.
Altes Wismar nach Merian (Kopfleiste) i .
Altes Wismar, erste Hälfte des XVII. Jahr-
hunderts i8.
Urkunde des Herzogs Ulrich 20.
AeltcTC Ansicht (i.SQ';) a».
Schwedische Festung Wismar (17 »6) a%.
Stadtschlüssel (von i8o.^) 6qi.
St. Marien Kirche
Grundriss 26. .
Kirche von Westen gesehen (Lichtdruck) 26.
Von den Chorschranken 27 (Kopfleiste).
3»- '36.
St. Marien -Kirche 27.
I^ingsschnitt 28.
Inneres der Kirche (Lichtdruck) a8.
Querschnitt 29.
Inntrt< Kirche fl.ichtdruck) 30.
Mkilaillons \<>n den Chorschranken .^1.
Neuer Giebel 33.
Chorumgang 35.
Stein in der Mauer des Chorschiffes 36.
Krämer-Altar (Lichtdruck) 37.
Flinte mit (iitter (Lichtdruck) 38.
Taufkesscl 38. 39.
Fünte in St. Marien zu Lübeck 39.
Karow'sches Epitaph 45.
Plcssen-Spcrling-IVcraterschesKpitaph 46.
Ribow'sclics Kpitupli 47.
Böddeker'sches Kpitaph 48.
Eggebrecht' sches Epitaph 49.
Schnohr'sches Epitaph so.
Mevius'sches Epitaph ^i.
Brummer' sches Wappen 52.
Wrangel sches (Grabdenkmal 53.
Initial mit Gicssernamen 54.
Bronzene Grabplatte der Herzogin Sophie
(Lichtdnick) 54.
Banzkow'scher Grabstein s.'i-
Blick von der Orgelempore in die Ka|)ellen
der Nord.seite (Lichtdruck) 56.
Wandgemälde in der Beicht- Kapelle ko
Deckengemälde in der Beicht- Kapelle 6o.
Glasgcmälde 62.
AltarleiK hier und 7wv\ Kelche (Licht-
tlnick) 62.
Schöneich - Stralendorf scher Kronlpuchtgr
Kronleuchter der Advokaten 67.
Zwei Wandarmleuchter 67.
Gitten»'erk der Erich Hansson Ulfsparre'-
sehen Grahstelle 68.
Wappen ebendaselbst 68.
St. Jürgen -Kirche.
Südseite der Kirche (Lichtdruck) 69.
Ornament der Kanaeel 25 (Kopfleiste). 69.
Grundriss 70.
Ansicht von Nordosten (Lichtdruck) 70
I'ortalbuKt'n im nor<lli< hen <.>iiers< hitT 72.
Blick vom Schiff in den C hur ( 1 .ii htdruck)
11:
Durchblick durch das Querschiff (Licht-
druck) 74.
Mittlerer Schrein des Hauptaltars (Licht-
driick) 76.
Uie tx-iden Flügel des Schreins des Haupt-
altars (Lichtdruck) 76.
Gemälde der Flügel und Predell des Altars
(Lichtdruck) 77.
Thomas- -Altar (Lichtdruck) 80.
Marifn ■ Schrein 8 a
Schrein mit Dot>pclflügel 8^.
Flügelschrein mit Passionsbilder (Licht-
druck) 84.
Altar, ehemals im Dominikanerkloster 8^.
Schrein im Südarm des Querschiftes 86.
Kanzel (Lichtdruck) 86.
Thür zum Aufgang der Kanzel 87.
Blick auf die Orgel (Lichtdruck) 88.
Stuhl Wangen 89. 90. 91. f)2. 93. 94. os.
Chorschranken oS- 136.
Taufkessel 99-
Voimht'>i«hcs Kj^itaph loo.
vm
VERZEICHNISS DER ILLUSTRATIONEN.
Gral)stein des Plehnnus dherd Werkmann
Grabstein des Johann Adam 102.
Grabstein des Lambcrtus Schonveit 103.
Grabstein des Priesters und Stadtsekretärs
Gottfried Persevale
Grabstein der Familie Rampe 104.
Wandgemälde 105. 107. 108. 109.
Thür zum friihm-n Sangerrhor i»o.
St. Georg i n .
Kelch I und ; 112.
l'atcnc /.um Kclt h 4 ii -^.
Kanne [tij, Kelche [4 u. 51 (Lichtdruck)
114.
Kelch 6 und 7 iiS-
Schöpflöffel [9.] 116
Kronlruchter iiS.
Thiirklopfcr ii8.
Mittelalterliche Siegel 110.
St. Nikolai Kirche.
(^rundriss 120.
St. Nikolai von Südwesten (Lichtdruck)
St. Nikolai -Kirche (Kopfleiste) 121.
Chor Umgang 12 r.
Inneres dfir Kirche mit dpm MliVlc ntif
den Altar (Lichtdruck) 122.
Giel>cl der siidlichcn Halle 12^.
Portal bogen 124.
St. Nikolai- Kirche 125.
Inneres der Kirche mit dem Rlirlc aus dfm
Mittelschiff (Lichtdruck) 126.
St. Nikolai -Kirche 129.
Querschnitt und Längsschnitt i '^o.
Flügelaltar in einer der nördlichen Seiten-
kapellcn 132.
Flügelaltar (.Vussenseiten) in einer der
nördlichen Seitcnkapellen 133.
Weihurkundc vom 28. Februar 14^9 (Licht-
druck) 136.
Chorschranken 1 36.
Hlick aus dem Chor in das Schiff der
Kirche tl.it litilru< k) 1 ;^6.
Heiligenbilder der Chorschranken 137.
Epitaph des Bürgermeisters Hendericus
Schabbelius 141.
von Deilen'sches Wap|)cn 142.
Unbekanntes Wappen 142.
(;rabstein des l'riisters Kl.ius V^irneholt
und des Priesters Johannes Winter 143.
Grabstein des Priesters Matthias Runghc
Iii
Grabstein des Peter Stolp 144.
Grabstein des Priesters Johannes Stüvc
und der Familie Windt I4S.
(irabstein des Ehei)aars Holdorp 145.
Grabstein der Familie Schwar/kopf 146.
(irabstein des Heinrich von der Luhe 147.
Anbetung der hl. drei Könige (Bildwerk)
ia8.
Wandgemälde 149
Reste von ( 'ihis^ciiialtlen 150 151.
St. Christophorus, Kcce honiu 151.
Kelch 1 und 2 152.
Kelch 3 und 4 153.
Altarleuchter 154.
Wandann n;6.
Zinnen der Südhalle 174.
Kirche und Hospital zum Heiligen Geist.
Heiligengeist- Hof (Lichtdnick) 156.
Vo'h Fries der Nordseite der Kirche
(Ko|)fleiste) JS7.
Kirche nun Heiligen (»eist ig?-
iJrci Standleuchter i^g.
Kirche des Schwar/en Klosters.
Ehemalige Kirche 1 6 1 .
Ehemaliger Vordergicbel 162.
Der alte Clmr der Kirche 163.
CIht der Kirche 164
( K'wtilhesi lu ilie i 66
Siegel des Dominikaner- Konvents i66.
Kapelle St. Marien zur Weiden.
Kapelle 167.
Kirche der Grauen Mönche
Ehemaliges letztes Gebäude des Klosters
168.
Plan des ehemaligen Klosters 169.
Hanzkow'sche Sühn - Kapelle.
Kapelle 170-
Grundriss 170.
Siegel der Kalandsbniderschaft 172.
Siegel der Marien- und Gertruden-Bruder-
schaft t7 2.
Prrtfnnhaiitnn
.Mtc Schule vor der Restauration (Lichtt
druck) 173
Alte S< hule 173.
Kapcllanei unserer lieben Frauen 174.
VERZEICHNISS DER ILLUSTRATIONEN. IX
TnHtfntnnz in finftn Zimmer Aer \lVHpm ' Gefanf,'enthurm beim Altwismar -Thor 20;;.
(Pfarre von St. Nf.irien) lyg. Wassertluirm 20s.
Plarrhaiis von St M.irn.t^ ll.ii hi<lruck) 176. Was^crtiipr (aussen) ao6.
Bude hinterm Rathhaus 177
Bude am Markt 177.
Raths -Apotheke 178.
Portal Papenstr. 2 178.
Lübsche Strasse (Lichtdruck) 178.
Der Alte Schwede 179.
Altwismar-Strasse i.'^ I7Q.
Altwismar-Strns<u- R iRo
Wadekins Haus Altwismar-Strasse 20 180.
Hinterm Chor 6 i8q
Altwismar-Strasse iq i8i.
Altwismar-Strasse i\ i8i.
Dank warts- Strasse n 182.
An der Frischen Grube 182.
Mecklenburger- Strasse 24 (Hintertriebe!)
181,
Spie>;clber^ 50 18.^.
Poeler -Strasse 1 — .3 184.
Lübsche -Strasse 2q 184.
Cirobschmiedc- Strasse i 18.S.
Lübsche -Strasse 2 185.
Hege I 18»;.
Fiirstenhof
Oer l-'iirstcnhof und St. Jür^'c-n iSy.
Altes Fenster vom !• urstenliul" i8<).
Kaiksteinfries auf der Vorderseite 190.
Kalksteinfries auf der Hofseite. iQi.
Hauptportal 192.
Palazzo Roverella in Ferrara 194.
Hinterseite des Fürstenhofes nach d£L
Restauration 195.
Vorderseite des Fürstenhofes im XVIIL
Jahrhundert 195.
Altes Fenster von der Vorderst ile nach
Ltibke 196.
Sandstein -Reliefs nach Scheffers 196. 197.
Frtiheres Portal auf der Hofseite (Licht-
druck) 199.
Kleinstes Portal von der Hinterseite 199
Hofseite vor d. r l^.sl.iiiration aoo.
Alter Fensterj^'icbcl 20t.
Einfassungs-P)laster der alten Fenster 201.
Andere Bauten.
Die Koch'.sche Brauerei (Lichtdruck) 202.
Die Wasserkunst von Philipp Brnndin
(Lichtdruck) 20;^.
Giebel. Meeklenhurgcr- Strasse i6 204-
Von den alten Stadtmauern 204.
) VVasscrthor (innen) 206.
' Das ehemalige Poeler Thor 207.
Bcischlagstein. Pegel'sches Wappen 208.
Bcischlagstein . Mönnick'sches Wappen
208
Kleinknnstwerke.
Willkomm der Krämer (Lichtdruck) 209.
Willkomm der Töpfer 210.
Willkomm der Schuhinachergesellen 211.
Willkomm der Schmiedegesellen 212.
Willkomm der Si hiossergesellen 213.
Willkomm «Icr Hattnac hcr J13.
a Schranke, aus \\\stl)ol' und aus der
Sammlung 'rhoruutnn J15.
^ mittelalterliche Trinkgefasse von Zinn 216.
Siegel der Krämer 217.
Siegel der Kontor- und Kistenmacher 217.
Siegel der Kannen- und (irapengiesser 217.
Siegel der Goldschmiede 218.
Siegel der Kürschner 21 8.
Sict;el der Hutt< her 218.
Siegel der Schmiede 218.
Krstes Rathssiegel der Stadt Wismar 218.
A(|uamanile st 9.
Sicilianisches Gewebe 219.
Ehemalige Thormann'sche Sammlung
(Lichtdruck) 220.
Erstes grosses Stadtsiegel i2t,6 221
Kleines SieL;el der Stadt Wismar 221.
Altes Schloss auf Poel 2 2j>.
Ehemali}.^er Thurm auf dem Walfisch 226.
Eingangsthor unterhalb des Walles 227.
Kirche zu Kirchdorf 22^.
Quer- und Längsschnitt der Kirche 229.
Grundriss 229.
Dienst und Rippen 229.
Inneres der Kirche 230.
Thurm-Portal 231.
Altarschreine 232.
Leuchter 233.
Hlirk vom Srhlosswall auf den Kirchwall
IMi
Kirche /u Hornstorf 2^7.
(jrundriss der Kirche 237.
Längsschnitt und Querschnitt 23S.
Gothische Kelche 239.
Renaissance- Kelch 240.
X
vERZEIC^r^^ss der Illustrationen.
Burgberg und Dorf Neuburg 242.
Plan vom Wall und Dorf Neuburg 24.^.
Kirche zu Neuburg 24';.
Grundriss der Kirche 24s.
Längs- und (Querschnitt 246.
Ostseite des Chors 246.
Friese der Süd- und Nordseite 246.
Altar 247.
Triumphbalken 248.
Epitaph des Daniel von Plessen 24Q.
Stück von der alten Fünte 2. sc
2 Kelche von Goldebee 2!^3.
Kirche zu Zurow 257.
Grundriss der Kirche 257.
Kirche zu Zurow 258.
Querschnitt der Kirche 258.
Vifr ninrkcn])ilfler afio.
Gewoliiciualcrcicn 261.
Wappen der von Stralendorff 262.
Sicyc'l des Kirc hcnj.iratcn 262.
Siegel des Kitters Vii kev. Slralcndorpe 262.
Siegel des (Jhik Stralend(>ri)e 262.
Kelch 263.
Längsschnitt des Schiffes der Kirche 264.
Kirche zu I.ühow 268.
Grundriss der Kirche 268.
Romnnisr he Details 269.
Inneres der Kir< he 270.
Kelch 2 u. 3 »74-
Schiff und Chor, von Süden gesehen 275.
Altar der Kirche zu Mecklenburg (Licht-
druck) 282.
Kanzel der Kirche zu Mecklenburg (Licht-
drin kl
Trimiijilibalken 283.
Fürstliche Knipore 284.
Wall bei Mecklenburg 1847 286.
Kirche zu Hohen- Viccheln 2(><i.
Grundriss der Kirche 2Q0.
Südseite der Kirche 2qi.
Ostseite der Kirche 291.
Querschnitt der Kirche 291.
Inneres der Kiruhe 2()2.
Ritter Flcssen 203.
Alte Fünte 293-
I
Kirche zu Beidendorf 296. '
Grundriss der Kirche 297.
Querschnitt des Qio'rs 298.
Kelch I u. 2 299.
Denkstein zu Saunstorf 301.
Kirche zu Grcssow 304.
Grundriss der Kirche 30a.
Längsschnitt der Kirche 305.
Querschnitt des Chors 305.
Inneres der Kirche 306.
F.|'itaph der Familien von Plcsscn und
Wenksteril ,^07.
F-iiiiaph dos ( iirt Valentin v. Plessen 308.
Kelch 1 309
Kelch 2 u. 3 310.
Oblatenschachtel 311.
Kirche zu Hohenkirchen 314.
Grundriss 314.
Inneres .^IS-
Querschnitt 3I.')'
Tnul'stein 316.
Grabste in des Pastors P. Zacharias Manke
317. _
Kirche zu Proseken 321-
Grundriss 321.
Portal 322.
Querschnitt des Chors 322.
Thurmgiebel 322.
Friese 323.
Negendanck'sches Wappen 323.
Inneres der Kirche (Lichtdruck) 324.
Epitaph des Ulrich Ncgendanck 325.
Kpitaphien der Familie Nc<;endanck. 326.
Iii
Kelch der Kirche (Lichtdruck) 328.
Fuss des Kelches 329.
Kelch «; 32 0.
Denkstein von Wendorf 330.
Horn von \\ isniai
Funde aus der Gegend von Gamehl. 335/
Spätrömische Bronce- Statuette einer Isis
Felicitas 337.
Taufstein von Pobin 338.
Grevesmühlen.
Alte Ansicht von Grevesmühlen, Kopf-
leiste 3.1 Q-
Terrakotta Wappen der Herzogin Anna
von Pommern 343.
VERZEICHNISS DER ILLUSTRATIONEN.
XI
Denkstein in der Htinirerstorfer Forst ;^4;^.
Gnindriss der Kir< h(.- /n ( lic \ csmulilen.
146.
Kirche zu nrevesmühlen .^47.
Aiisscnwand (F.inst! Jetzt!) .^48.
PleilCTunmiiriss .^^8.
Querschnitt
Inneres (Lichtdruck) 348.
Taufstein 349.
Kelch I u. 2 349.
Grabstein des Johannes Storni zu liössow
Fenster des Johannes Storni zu Bössow
Iii
Denkstein des Ludekc Mo/cllenburch 356.
Siesel des Gottschalk Wulf 1 3 1 <>
Marienkirche zu Klütz 363.
Grundriss 364.
Pfeiler- Grundriss 364.
Fussbodenplatten 364.
Inneres der Kirche 365.
Altar .^66.
Kandel 367.
Vom Chorgestühl 368.
Taufgehäusc 369.
Alter Taufstein 369.
Epitaph des Kurt Plessen 370.
Glocke der Kirche 37 t.
Grabstein des Hinrick von Plessen ;^7 2.
Marien Sicficl 374.
Kirche zu Elmenhorst 376.
Grundriss 376.
Längs- und Querschnitt 377.
Altar 377.
Alte Funte 378.
Kirche zu Kalkhotst 380.
Querschnitt 381.
Grundriss 381.
Inneres mit Orgel 382.
Inneres mit Altar 382.
Grabstein des Priesters Schwansee 386.
Grabstein des Jasper Schosse 387.
von Both srhe Srhale und Henkelkanne
(Lichtdruck) 3Rg.
Kelch I und 2 399.
Fuss des Kelche« 2 399-
ye^endanck 'scher Kronleuchter 401.
Blick auf Mummendorf 402.
Kirche zu Muiiiincndorf 403.
Oricntierungs Skizze der Quitzow-fiurg 408.
Kirche zu Börzow 411.
Der alte Thurm und die neue Kirche zu
Diedrichshagen 414.
Inneres der Kirche 4ij;.
Wappen 41«;.
Denkstein mit Bernstorflf'schem \Va|)pen
41b.
Kelch der Kirche zu Friedrichshagen 418.
Burgwall zu Goldbeck 420.
Burgwall von Kuhlenstein 420»
HUncnnral) von Nasrhendorf 411.
Hiincnijral) von Kverstorf 422.
Biilnw'srhfr Altar dpr Kirche 711 Dnssnw
Bfllow'sche Kanzel 397.
Rphna.
Kirche zu Rehna (Kopfleiste) 423.
Kundhogenportal im Thurm 431.
Blende mit Cirkel- und Rosptrensrhmiiclc
Grundriss der Kirche und des Klosters
43»-
Schnitt von Kirche und Kreuzgang 433.
Schnitt von Kreuzgang und Remter 433.
Schnitt von Kreuzgang und Kapitelsaal
Inneres der Kirche mit Orgel 434.
Inneres der Kirche mit Altar 435.
Pfeiler mit (Grundriss 43;;.
Altar 4^6.
Weihurkundc vom lo. Oktober 1456 436.
Fürstenküpfe vom Altar- Aufsatz 437.
Malereien des alten Altars (2 Lichtdrucke)
438. 440.
Malereien des alten Altars 438. 439.
Chorgestühl 440.
Kronleuchter 443.
Kapitelsaal 444.
I Pfeiler mit Grundriss 444.
i 5 Wandkonsolen im Kapitelsaal 444. 445.
oogle
XII
VERZEICIINISS DER ILLUSTRATIONEN.
Zierscheiben 446.
Altes Rehnaer Kloster-Siegel 446«
Alter Flügelaltar von Lübsee 449.
Kelch (1) der Kirche zu Grambow 454.
Rehoaer Bauerntracht 455.
Gadebusch.
Ansicht von Gadebusch (Kopfleiste) 456.
Altes Gadebusch (XVI. Jahrhundert) 462.
Alter (iadebuscher 1 haier 1543 463.
Srhnitzwpric Hpr Chnrfjrhranken in d£L
Kirche zu Gadebusch (Kopfleiste) 464.
Gnindriss 464.
Rlit k in die wrstlirhp Hälftft dgr Kirche
(Lichtdruck) 464.
Portal auf der Südseite 465.
Kapitelle vom Sudportal 465.
Romanische Nische 466.
Bündelpfeiler 466.
Blick von der nördlichen Abseile in die
westliche Hallte der Kiiihe (i,uht-
druck) 466.
Blick auf den Chor 467.
Schnitzwerk vom alten Altar 468. 469.
BUlow'scher St. Annen- Altar, jetzt im
Museum (iJchtdrurk) 468.
Flügel vom ßülow'schcn St. Annen-Altar
470.
Bronce-Fünte (Lichtdruck) 470.
Kanzel der Kirche 47 »•
Grabstein der Königin A^nes 472.
Grabstein der Herzogin Dorothea 473.
Grosses Tritimphkreuz 474.
Alter fürstlicher Stuhl 474.
Rahmenwerk von verschiedenen Resten
Wappen des Bischofs Johannes von
l'reen 47
6 Wangen vom ehemaligen Chorgestühl
476. 477-
Hölzerne Gewölbescheibe 470.
Altaileuchtcr. Jet/.t. Kiust 479.
Wandlcuchter
Altes sicilianisches Gewebe (Lichtdruck)
480.
Vorderseite dos Schlosses zu Gadrhiisch
482.
Rückseite des Schlosses zu Gadebusch 4S2.
Portal des Schlosses (Lichtdruck) 482.
Vom Eichen-Gebälk 483.
Terrakotta-Portal im Innern des Schlosses
484. 48s.
Rathhaus zu Gadebusch 486.
Rathliaus ZU Gadebusch (Seitenansicht)
487.
Kirche zu Vietlübbe 490.
Querschnitt 490.
Friese der Kirche 491.
Aufriss 491.
GrundrisS 491.
Inneres 492.
'rant'l)et:ken 403.
Blick auf Gross -Eichsen 494.
Kirche zu Gross ■ Eichsen 497.
Orgel 498.
Granit -Fünte 499.
Vereinzeltes Kapitell aus Kalkstein 499.
VV^apiientafel des Kanzlers C. von
Schüncich 500.
Kirche und Hof zu Mühlen-Eichsen 502.
Altar und Kanzel 503.
Orgel S04-
Messgewand aus der Kirche zu Gr. Brütz
(Lichtciruck 1 507.
Kelch der Kirche zu Pokrent 512.
Querschnitt des Chors der Kirche zu
Gr. Salitz 514.
Ostseite des Chors 514.
Grundriss si4-
Längsschnitt S'S-
Kirche zu Roggendorf si8.
Tauflass der Kirche (Lichtdruck) 518.
Schwerin-
Ansicht von Schwerin (Kopfleiste) 521.
n.-ts flh«^ Schwerin innerhalb dpr Planken
Das Alte Schwerin innerhalb der Mauer
('■HO) ill^
.\nsicht von Schwerin, 1640, nach Merian
53'.
Altes Bi^chofshaus 1^31.
r , • 1 1 Coogle
VFKZKH IIMSS r»F.I< II.l.l STRATIONRX.
XIII
Der Maiktplau nach dem Hrando vor
»651 532
Die Schelfe von Schwerin 1705 5.^3.
Wetterfahne des alten Schmiedethors sjg.
Der Dnm zu Schucrin.
Grundriss 5;^6.
Dom, vom PfafTenti irh aus (I ,i( hidnirk)
Der alte Dom (Kopfleiste- 537.
Längsschnitt mit dem alten Thurm 53^-
Vereinigung des Querschiflfes von der
Vierung und vom LanKhaus mg.
Portal- Profile S39
Pfeiler Grundri-sc t;4o.
Kapitcllt.- au- den l'i^Klcri Maiien-Ka|ieilf n
540-
Inneres mit dem Hli(k auf dfi\ Altar
(Lichtdruck) 540.
Portal vom alten Dom ';4i.
Romanisierende Kapitelle und Hasen 541.
Portalbildung im südlichen QuerschifT
542.
Innenansicht mit dem Blick auf die Orgel
(Lithtdnu k) 542.
Fenster aus dem Hochschiff des Chors
S43-
Fenster aus dem Kapellenkran/ S43.
Oslscitc des Cliors ^14.
Das innere des Kreuzganges mit neuem
Treppenthiirm 545.
Wappen des Hischof Konrad Loste 549.
Alter Altar des Doms (Lichtdrmrk) j^s^
Findel vom allen Altar des I'>o»iis 55;^.
Hül/x Imit/wirki- \<in Ncl'cu Altaieti 55.,.
Steinornf l afcl \i'n der alten Kar/el S54-
f^ronze Funte des Doms < Lichtdruck) «jf^S.
Giocken- Bilder 555.
Bronze -Flpitaph der Herzogin Helene zu
Mecklenburg (Lichtdruck) 556.
Epitaph des Herzog Albrecht VII S-S?»
Epitaph des Hischofs Magnus III i^t^T.
Epitaph des Herzogs Georg 558.
Epitaph des Hcr/ous Heinrich «15K.
(irabdcnkiiinl tles Her/Oi; Christo) »h l.irht-
(iriuk =;(n.
Epitaph der Ingeborg von Parkentin 561.
Grabstein des Bis< hof Rudoli)h I 562.
Messingene Grabplatte der Bischöfe Ludolf
und Heinrich von Bülow (Lichttlruck)
Oberes Stück der Grabplatte i;6^.
Stuck der (iiai plalle 564.
Messingene Grabplatte der Bischöfe (»olt-
fried und Friedrich von Bulow (Licht-
druck) i;64.
(irabstcin des Bischofs Konrad Loste 565.
Grabstein des foachirn von Blessen i;66.
Grabstein des Jürgen Havcniann t,6S.
Grafen und Herzöge von Schwerin nach
früheren Wandmalereien in der P.l iis
kapelle (Lichtdruck) «;68.
(irabstcin des Hartwig von l'assow ^69.
Wniid^'etnaldt- im Ka]>iteHiaus ^70.
GlasiiiaK Tel W e>iU nsier tkl Mullic.hen
'l'hurmkapelle) S7'
Kelch (1)
Weinkanne 16) 'iT2.
Cartons von IVler von C ornelius /u den
(iillmeisier's< hen Glasgemalden t Licht-
druck) !;7 3.
Wac kerbarth sc her Kronleuchter (10) S7 t.
F^mme'scher Kronleuchter (11) 574.
Steinerne Renaissance- Kartousche S74-
Altes Weihwasser Becken aus dem Dom
■SchelfWirrhe
Grundriss 576.
Schcltkirche. Vorderansicht f;77.
Kirche, von Osten gesehen 578.
Unteres 'i"hwrn)^esc hoss •;7i>
Akanthus- Kapitell t,iq.
Inneres der Kirche bis 1858 s^o-
Innere Flinrichtung. nach dem Vorschlag
von Sturm tjiio.
Inneres. Blick auf deti Ahar 581.
Inneres. Blick auf die Kan/el s^i.
2 Glnc'kenliiMer ^-S:.
Schlosskirche.
Gründl iss ^84.
Portal (Lic htdruck I ';84.
Neuer gothisrher C'lior 585.
Inneres (Lichtdruck) lySö
Inneres, vor der Restauration ^87.
Alter Altar (Lichtdruck) s-^K.
2 M.ii iiiortalelii 5 SS.
Flichene Scimitztalel «,89.
Kanxel ^90.
Kan/cl (Lichtdruck) SQO.
5 (»lockenbilder 591.
2 Maimorreliefs 592. 1,9^
Silberne ( )l)latens( lia( htel n)it l>ec^kel Sp.y
K r ; : I : tl M I s S ' ' 1 ■
oogle
XIV
VEKZEICHNISS DKR ILLUSTRATIONEN.
Pniiklf'trrhp
Grundriss S95-
Inneres so6.
Zeichnuni; nach Baiirath J. Kril^er (Licht-
druck) f,q6.
Katholische Kirche.
Die Kirche 5Q7.
Inneres (Lichtdruck) 5q8.
Silbcrver^oldete Monstranz S99-
Synagotre.
Inneres 6oo.
K rdiik-iiclitcr 6qo.
Annlciu litcr Coi.
Das ?^rhlo<;!>
Alter Cirtindriss 60.» .
Hofseite und Innenseite 602.
Hanptgicitcl der Scuola di San NLnrco
Venedig 604.
H jiiptijicbel der Kirche San Zaccaria
Venedig 6os.
I'iloot'sche Entwürfe 608. 60»;.
Zeichnungen von Schloepke:
Zeughaus 606.
(ialeric-(ichäude 607.
Galerichatis. Hauptsache, Zeughaus 610.
Schlosskirche mit UcberL?.ni 6u.
Zeug-, Hrau- und l'.ackhaiis 6i.^.
Altes Schloss von Nordwesten 6i.'^.
Altes Schloss von Notden 614.
Altes Schloss von Süttwesten 614.
Altes Schloss von Osten ftis.
Altes Schloss von Südosten 615.
2 Pilaster ftifi
Neues Schloss , Vorderseite (Lichtdr.^ 6 1 6.
Neues Schloss. Seeseitc (l.iclitdruck) 618.
Gnindplan des jel/igcti Schlr<ssL-s 619.
Petermannchen 620.
Andere Profrinh:niten.
Hauptmarkt Srhwt rins 1S07 1 1 irhtdritck)
Alter MnuLTthiirm :mu HoIlI dt- Paris 621
Altes Hniis ni» Srhlarhtcrni.irkt 621
Hintere (^it-hel des Rathlmusis 622.
Die alten K !• Häuser 622.
Ackere Hilder vom Alten Garten 62';.
Das ..Neue Gebünde" 624.
Arsenal 624-
Einzelne Kunstwerke-
Mittelalterliche Bronzeschale 626.
Mantelschliessc 627.
Rronzeschale von Krasse w 627.
Willkomin des Hutmarheramies 628.
Kanne des Hutm.ir.heratntes 628
Zunftschild der Schweriner Tischler 629.
(»eldtnsrhe des Martensmann 629.
I.atetnc des NLiitcnsnutm 629.
Fayence -Platte 6^o.
Fayencen von Schwerin nnf! Stieten
(Lichtdruck) 630.
Stadtwappen Schwerins 630.
Blick auf Kirch-Stück (Kopfleiste) 631.
Kirche ö.-^.^.
Altarschrein 6.^4.
Grahstein 6.^4-
2 (xlasgemälde 635.
Gross -Trebbow. Kirche 6.^6.
Alt-Nteteln, Kirche 6^q.
Damheck. Kirche 642.
Damhei k. Fries am t'lior 64 ^.
Bülow'schcr Grabstein 644.
Cramon. Ansicht. 646.
Cramon, Kirche 647.
2 Leichensteine 648.
Retgendorf, Altarschrein 651.
Kelch und Becher 652.
Zittow. Ansicht 6s.'^.
Zittow, Kirche 654.
I
(»rabslein der M.ngdal. vt>n Müliendorf
zu Langen- Brütz 6 sq.
Kirche zu Sülstorf 674. 67s. 692.
Inneres der Kirche 676.
Wendische Burgwallscherben 684.
Peckatel'scher Bronce-Wagen 687.
■Altes Vorlege- Schloss Banzkow 691.
Altes Vorlege Schlu.ss Crivitz 691.
r 1 \ Coogle
Acltere Aü-irlit von Wismnr nach Mcriut).
(2. ilälUc dcü XVII. Jahrhunderts.)
AmtsgeriGhts1)ezirk Wismar.
*) M. U.-B. S8 Das Vorkommen des Namens •Visinar Ilavn < loS^ in der Kiiylliii);^-
Sdge Iwi Gelegenlieit eines Eidcnisaes. das vielleiebt noch 20 Jahre frtther (d. h. in die Zeit des Papstes
Kut;en, 1 145 — II53 gesetzt werden könnte, ist deshalb der Urkiiiid«.- vnn 1167 k' JZ»""'"''
geringerer Bedeutang, weil die Knyüinga-Sage später verlasst ist. Vgl. Kumbit, Halt. Stu>1kn I,
S. 38, 80. Uel>er die Deutung des slavischen Namens Wismar vgl. Kdhncl. M. Jaiiib. XLVI, S. i5<;.
'1 Wir sagen: Gut drcissig Jahre *|i;iier - d.h., wenn die Datierung dieser Abschrift
M. U. H. 100 um ungefähr I200 richtig ist; das Original Ton 1171 tagt nichts vom Wisin«i''scben
Hafen. Vgl. auch M. Ü.-B., Bd. IV, S, 239.
1
Stadt.
Die Stadt Wismar.
'cschichte der Stadt. Es ist im Jahre \iC>j. hei Gt li i^anln it der Geschichte
l'"cMlsct7.ung der Grenzen für das i^isthuni Katzehiirtj dvinli den
liaicrn- tind Sachsen - 1 lerz« IIiinri(li den I.owen, dass der N'anie
w istnar als Bezeichnung des Wassers, das die o.sthchc (irenze des Hihtliunis
bildet, zum ersten Mal urkundlich aus dem vof^chichtlidien Dunkel auf-
taucht (aqua que Wissemara dicitur, ad aquam Wissemaram).') Gut dreisitig
Jahre später, in einer durch Zusätze erweiterten Abschrift der Urkunde über
die Rcuidnuing des .Schweriner Histhums durch denselben Fürsten, wird der
hiafen (mit enfjcr Hcj^ren/nnL,'^ des Heijriffes Hafen . also wieder (las Wasser)
mit dem Namen Wissemer belej^t.*) Zum dritten .Mal wird er 1211 so «ge-
nannt: CS geschieht in einer zu Capua am 4. Januar des genannten Jahres aus-
gestellten Urkunde Kaiser Otto's IV., in welcher Bisthum und Kanonikat von
Schwerin bestätigt werden und ausserdem der Bürgerschaft von Schwerin zur
Üiyitizeü by LjüOgle
3
AMTSOERICHTSBBZIRK WISMAR.
Fördcninc; ihres Handels das Privüej^ crtheilt wird, neben einer beliehit^cn
Zahl kleinerer Fahrzeutje zwei grössere Schifte, so<;. Kot^fjen, im Halen vim
Wismar halten zu dürfen. 'j Urkundhch tritt uns ein wirkHch städtischer
Verband Wismars erst im Jahre 1229 entgegen, als Fürst Johann, der auf Burg
Meddenbui^ residiert, den Büt^rn «n Stüclc Land zwischen dem späteren
St. Jacobs -Hospital und Wendorf überlässt.*) Um diese Zeit muss die Stadt
in einem bedeutenden Wachsthum begriffen gewesen sein. Darauf lässt sowohl
die Wahl Wismars zur Abhaltunc; des =>Einlagers« bei Gelegenheit von Ver-
tragen zwischen den mecklenburgischen luirsten und dem Grafen \'on Schwerin
am 30. October 1230 schliessen, als besonders auch sieben Jahre später die bei
der Bestätigung des Nonnenklosters Rehna durdi den Bischof Ludolf von Ratze-
bttcg am 26. December 1237 au^[esprochene Bestimmung, dass der Kloster-
probst von Rehna die Archidiakonatsrechte (bannuAi) über den weiteren
Znwachs von Kirdu n in Wismar (cccicsiarum ibidem accrescentium) auszuüben
habe.^) Kinen lunblick in die frühesten Verhaltnis.se der Stadt gewahren die
erhalten gebliebenen Aufzeichnungen des ersten Stadtbuches aus der Mitte des
Xm. Jahrhunderts.^) Die darin und audi scmst voi^cmimenden Faniliennamen
weisen ganz ebenso wie die von Rostock auf Einwanderungen aus der Mark,
Niedersachsen, Westfalen und Holstein hin. Um diese Zeit, d. h. um die
Mitte des XIII. Jahrhunderts, giebt es neben der Altstadt eine Neustadt, welche
ungefähr mit dem Kirchspiel von St. Jüigen zusammenfallt.^) St. Marien und
') M. U.-l?. 202. Der Passus lautet hier beinahe ebenso wie in der N.irhin angegebenen
falschen Abschrift und legt daher den Verdacht an, dus dns Schweriner Privileg auf Grund
dieser dem Kracr mBgliebtnicise vori,'elegicri falschen Atecbrift cnchlicfaen worden. Allein die
Suche mag sein wie »ie will, sie iSiai dessenungeachtet den Schluas zu, das^ au Sttllc oder in der
Nähe des heiiii^'eii Wismar um das Jahr 1211 ein mit Ansprüchen auf kochte iiud Freiheiten
zu einer gewi&s über gewöhnliche Dorfverh&linisse hinausgehenden Gemeinde zusammeu^cM:UluS!»ener
Seefiilucr-Verbaiid vorhanden ist. Vgl. Crall, M. Jahib. XU, S. 1190;
*) M. l'.-D. 362. Die Kirchbcrg scho Chr-.tuk (Westphaloi, Mon. ined. IV, S. 763) spridit
von der Gründung der Stadt Wismar mit folgenden Worten:
Der iticnge Hiarieh Bnrwy
dem grofie manhcit was y by,
nach fyn« vettim todc glich
begunde bawen vestiglich
eyne stad tu Rodeftog ofliiipar,
und dy slaJ zur Wyfmar
Ku»t(>cl( wird 1216 zur i>iadl erhoben, der Fürst stirbt am 27. Januar 1227. Nach dieser .'\n{;abc
wli« also Whnar swischen tai8 nnd dam Januar 1x37 und epXtetlens i»%6 gcffrUndet worden.
Besilglich des Landkaufes vgl, d;is Kubrum der Urkunde Nr. 362: »Super caniiiu juxta Icprusariam
et Wentdurpe.« Das ausserhalb der Stadl (extra murus) liegende Jacobs- Hu.s]>iia1 wird als »bospitale
leproaomra« in der zwischen 1260 und 1272 niedergelegten letztwilligen Vertilgung des fna heiltge
Ijiiid ziehenden MUllerknechtes Kunrad zum ersten Mal f^cnaniit : M. L'.-B. 906. In den ersten
Urkunden heisst es schlechtliin «IlospitaU. Der N.imf Si. J.ic- bi tindci sich erst siiäter: Mcckl.
U.>ß. 3143. 2258. 2259. Einen Stadtarzt stellt der Katii au Jalirc 12S1 aii. M. U.-U. 1561.
*) M. U.-B. 381. 471. Die in Urkunde 471 atugesprochene Bestimmung lissl auf eine
Erweiterung der Stadt nach Westen hin schliessen.
*) M. U.-B. 648 (um da» Jahr 1250).
•) M. U. B. 650. 854. 900. 1158. 1181. Vgl. CruU, H. Jahrb. XU, S. 130-134.
Üiyitizeü by Ljü
GESCHICHTB DER STAUT WISMAR.
3
Heiliger Geist sind die ersten Kirchen, welche um die Mitte des XIII. Jahr-
hunderts {genannt ucrdL-ii, daneben picht es aber auch schon auileiv unbenanntc
Kai)ellcn (aUe cappclln.') 1251/5J niiiinit I'ursi Jt^hann, der Thcold^'c, der
damals nocl» auf der alten Uurj^slatle Mecklenburg residiert, die lM.'iiiziskancr-
mönche in Wismar auf. Sie bauen sich eine Kirche zum heihgen Kreuz.
Diese aber wird 1283 niedergerissen und durch einen grösseren Neubau in
eine Kirclie zu IChren des hl. Franziskus verwandelt.*)
Handel und Verkehr zur See sind um die Mitte des XIII. Jahrhunderts
.schon u Lit L^i ntii^' aiist^cdchnt. So erhalten z H 1 :'4''i die liurper von Riga
dieselben Ilafenireiheiten in Wismar, die sie in Lübeck geniessen ; 1251 und
1253 sichern die dänischen Könige den Bürgern von Wismar zum ersten Mal
die Freiheit vom Strandrecht und ausserdem dieselben Privilegien zu» welche
den Lübiscfaen in Dänemark zu Theil geworden sind; 1256 beurkunden Vogt,
Rath und Gemeinde der Stadt Wismar dii; Beilegung eines Streites zwischen
ko.stock und Lübeck; 1259 finden wir die drei j^m nannten Städte im Hunde
i^ei^cn See- und Strasscnrauber ; luid seit l 2^)0 haben die I.iibecker in W ismar
wie auch sonst in den Landen des Fürsten Johann vollige Zollfreiheit. 'j Das
frisch und rührig aufblühende Gemeinwesen der Stadt wird auch den Fürsten
Johann lebhaft angezogen haben, denn er verlegt um 1256 seine Residenz
vom Dorf Mecklenburg in die Stadt.*) Von dem steigenden Wohlstände
Wismars zeugen in der Folge verschiedene Ankaufe von I^ind zur Abrundung
des (irundbesitzes um die Stadt herum und zu Weichbildrecht (jus civile, d. h.
zu lübischem Recht, s. u.), tiie X'ermehrunij ihrer I'ischerei ( jerechtii;keiten,
die Sammlungen von Geld für den Papst gegen die Saracenen, und nicht
zuletzt eine Menge zum Theil recht bedeutender Verfügungen zu Gunsten der
Kirdienbauten, unter denen um 1 260 auch St. Jürgen und St Nicolai genannt
werden.*) Am 14. April 1266 bestätigen die mecklenburgischen Fürsten der
'} M. U.-B. 653. 655. 660—663.
*) D«r Ritter HelmoM von Pleneo bant 1283 den ChcN* neu uif, Fttntia Anasittia 1291
das Schiff tlcT Kirche. M. l\ \l 669. 670. 1656. 2i;6, Crain, M. I.iluti. VI, 99—125 .Sie
bleiU unter dem Namen * Graumönchen -Kirchei bis IÜ16 erhalten. Vgl. CruU, M. Jahrb. XLI,
S. 134—136.
^ .M. U.-H. sSo. 679. 716. 764. 847. 872—874. 934. Die FrirBegien in DXnemark werden
litt! üilrgerii in Wismar auch sp.'iier wi. di'rhi'lt In-^tStif," : M. l".-R. II2I. 1462. 2062. 22<»S I):i/u
werden gegen Ende des Jahrhunderts rriviligK 11 lur ilcii Handel inil Frankreich erwürben. M. L'.-iS.
2283. 3385.
*) Am 13. .April 1254 urkuniltl Ktirst juhann noch auf der Burg zu Mecklenburg: M. U.-B. 730.
Wo er die beiden Urkunden 742 und 760 vom Jahic 1255 ausgesullt hat, kl nicht zu enehen.
Die Urinuide 776 vom 2. Augusi 1256 stellt er im Franiisiuncr- Kloster t« Wismar ans. In
Wismar, ohne genaweie Angabe des Orts, ist auch die Urkunde 791 vom 19. Iklirt 1357 gegeben
worden. »In Castro Wvsmarie« hei«:^! es mm erslen M;\l in der Urkunde 792 vom 27. M;ir,- I2|;7.
Hiermit stimmt die Angabe der Kirchberg'schen Chronik, welche die Erbauung der lUirg in \\ i^niitr
auf 1356 setst. Westphalen, Mon. ined. IV, S. 773. Die Angaben bei Kudl<»flr II, S. 117 vnd
Lisch, M. Jahrb. V, S. 5 sind nicht ganz lichtig.
^) Alle diese Kirchen nehmen z. Ii. an jener frommen Stiftung von Brud und Wein Antheit,
welche Fttnt Heinrich von Mccklenbui;g am 5. Januar 1266 fUr «ine grö&ieie Zahl von Gottes-
!•
üiyiiizeü by Google
4
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Stadt Wismar den Gebrauch des lübischcn Rechtes, dessen Satzuni^en schon
seit langen Zeiten, w ahrscheinlich schon seit der vor 1239 fallenden Anerkennunt^
der Stadt Wismar als Stadl geijolten habc-n werden,') Vier Jahre spater, wohl
gleich nach seiner Ruckkehr vom Krcuz/.iij^e nach Livland, den 22. l'cbr. 1270,
stellt Fürst Heinrich die Kirche St. Jürgen (ccctesiam beatonim Martini et
Georgii in nova civitate nostra Wismaria) unter das Patronat des deutschen
Ordens in Riga, an dessen Bestrebungen das medclenburgische Fürstenhaus
•seit langer Zeit betheiligt ist, und der in der Folge, besonders in der Nähe
von Wismar, zu hrdeutendem Giiterbcsitz in MeckU nhiirg gelangt.*)
Von den lücit^iiisseii, die in die nun fi il^cnile mehr als fünfnndzwanzig-
jahrigc Periode der Abwesenheit und Gefangenschaft Heinrichs des l'ilgers
fallen, sind (ttr Wismar die bedeutendsten das Zustandekommen eines besonders
gegen die norwegische Seeräuberei gerichteten Landfriedensschlusses und
Bündnisses einzelner norddeutscher Fürsten, Vasallen und Städte am 1 3. Juni 1 383
zu Rostock, sowie der daraufliin entbrennende nordische Krieg wahrend der
Jahre 12S4 und 12.S5, woran die Stadt bedeutenden Antheil hat. Der Krieg
endet mit dem Vertrage zu Bergen am 13. Marz 12S5 und führt ferner dazu,
dass für die Folge König Magnus in Schweden am 3. Juli 1285 das Schieds-
blntern im Wismar'sclien Umkreis aus den Auf kDiillen der Mtlh'c 7» Ahwi^mar grllndcl. M.
U.-B. 1059. Vgl. die gleiche StifUmg fUr die Kirchen io di-r Umgegend von Gadebusch, Kclina
imd Grmamahlen : M. U.-B. 1 107. Slmoitliclie Stiftungen oder Corpon piii aber , die in den
folgenden Jahrhumlerten bis ?ur Reformation liin nn.nngrsctzl zmichmcn, hier .iiUVu/fililen, würde-
bei dem ungewöhnlich grossen Urkunden - Material, das iUr die Geschichte der Stadt Wismar zu
Gebote itdit, n viel Raum !n Ansprach nehmen. Si« bleiben daher hier und in der Folge fort.
*) M. U.-B. 1078. 1079. Vgl. ferner Urk. 321 und 873. l^iutl, Die Rathslinie der Stadt
Wi&mar (Hansische GeichicbtS({uellen, Bd. II, 187s). S. XII ff. Cnill schlic>;^i aus der am 15. Febr. 1226
von den in Lübeck anwesenden drei Enkeln Heinrich Burwin's ausgestellten Urkunde Uber die Be-
freini^ Lllbce)« von allen ZoUabgnben in mecklenbo^iaeheo Luiden auf dne gleicbieiti^ bloss
inlindlich vollzogene Anerkenniing Wis-nmi^ al> Siadt. ' Uostt-dt ;ibor ein Zusammenhalt swlschcn dem
Aufenthalte der jungen FUr&ten in Lübeck und den Anfänt;cn der Stadt Wismart SO erklärt sich
auch VRSchwer die Thatsacbe, dass dieselbe keine aogenannte Fnndationsurieundci kein Dokument
besitzt, welches Zeugnis^« ablegte ftlr die Rewidmung der Stadt, sei es mit Lttbischen, sei CS mit
irgend welchem anderen Rechte. Die mtlndliche und förmliche Gutheissung des neuen Unter-
nehmens landesherrlicher Seils war da, und das genügte, um Hand ans Werk su legen in jener
Zeit, in welcher durch schriftliche t'onccssioncn weniger noiie Reel le erworben wurden, als viel-
mehr vorhandene unli.slrtlltMn- Am-rkcniiiinj:j erhirllfii. Eine solche sicli 7U \ erschallen , wird gegen
Uber dem altcrwchwaclien liorwin uiuhuniich, unter der Vormundschaft der jungen Stadtgemeinde
nicht aapsssend erschienen sein, und Aber der unter den Augen des nunmehrigen Landesherrn,
Johann*! des Theologen, so gllicklicli lortschrcitenden Zunahmo ficr vnn ihm iiuiiigiirierten Stifliing,
welche bald, vielleicht 1238, eine Erweiterung des ursprünglichen Beringe» erfordert^ hat man
solche Urkunde sich auszuwirken vermuthlieh achlechthin venfinmt. Uem Fflnten Johann folgte
in Jahre 1364 ^i** Sohn Heinrich, der wie sein Valcr zu Wismar residierte, und erst unter diesem
vernotbwendigtc sich eine Feststellung der rechtlichen Verhältnisse iler Stadt.«
' *) M. U.-B. liSi. 1193. Lisch, M. Jahrb. XIV, S. i If. ^tieschichtc der Bcsiizuiigcn der
Ritloorden Ltvlands und Pieusaen» in Mecklenburg). Zur Verehrung des hl. Martin susammen mit
dem hl. Georg it» derselben Kirche vgl. auch die Urkunde I15S vmn 22. Februar 1269. Die Kom-
ihurei Krankow bei Wismar bleibt freilich nur bis 1355/56 von Bestand. Vgl. M. U.-B. 8139. 8193.
8196. 8336. 8354.
GESCHICHTE DER STADT WISMAR.
s
richtcramt zwisclicn beiden Tarteien übernimmt und im Calmar sehen Vergleich
vom 31. October desselben Jahres ausübt.')
Als Heinrich «k r Vilser im Jahre 1298 zurückkehrt, findet er in Wismar
viele- verändert. .Seinem Immmen .Sinne wird es 7.ii;^'esa<.jt haben, da^s die
geistlichen Körperschaften durch .Aufnahme der Dominikaner vermehrt sind,
die seit fiinT Jahren in der Stadt wohnen.') Aber dennoch ersieht man aus
einem zwischen Ihm und der Stadt vollzogenen Vertrag vom 28. März 1300,
dass während seiner langen Abwesenheit, besonders während der Dauer der
Vormundschaft über seine Söhne, verschiedene Dinge vorgekommen sind, die
ihm sehr mis-itallcn haben: bei aller 1,'ehaltenen Treue von Seiten der Stadt
f^ewisse Rücksichtslosigkeiten, starke Ki^'enmachtigkeiten und selbst arge Aus-
sclireitungcn, die von unfreundlicher Gesinnung zeugen, wenngleich sie die
Rüther theilweise anders gedeutet haben mögen.') So z. B. kränkt es ihn,
dass bei dem Bau der Stadtmauern, die gegen die feindlichen Einfälle des
Brandenburger Markgrafen und der Grafen von Holstein und Schwerin während
der V'ormundseliaftsfehdc errichtet worden sind, die fürstliche Burg aus der
Begrenzunt.,' durch <liese Mauer ausgeschieden ist unii die Stadt (dadurch?)
eine Minderung erfahren hat;*) es missfallt ihm der Verkauf von Dorsten und
Dargetzow an die Stadt, die beide Feldmarken zu Weichbildrecht gelegt hat;
es verdriesst ihn, dass die unter den Schutz des Landesherm gestellten Juden
aus der Stadt vertrieben sind, dass der fürstliche Vogt vergewaltigt worden
und eine Hochzeitsfeier seines Hauses (die seines Sohnes Hemrich im Jahre
1292) innerhalb der Stadt von den HurL;ern nicht zugelas.sen ist.'') Nichts-
destoweniger findet, nachdem der l<'urst schon am 25. Jan. und 22. Febr. 12^
*) Die am Ludtriedenbandniu vom 13. Juni 1283 thdlnduDenden Secstidie siiMl Lttbeek,
Wismar, Rostock, ST;iUiin !, ( '.rcif^wald, Stettin, Üinuniii uikI Anklam; vgl. M. l'.-B. 1682. 1688.
1690. Ein Jahr ;>päter »chiiesMa sich Hamburg, Kiel und eine Reihe östlich gelegener
pommer'icher Stidle bis Colberg hinaof an: M. U.-B. 1749. 1760. 1761. Die in die Zeit da
Krieges fallenden and sich darauf beziehenden Urkunden bind im M. U.-B. 1733. 173S. 1762 64.
1785. 1786. 1806. 1807. 1810. 7214. 1821 (Calraar'ücher Vergleich). Das nutzbringende friedliche
Vcffailtniss, das fulgt, bezeugen die Urkunden: M. U.-ii. 1839. 1916. 1920. 1970. 1972. 2176.
2178. Im Jtitm 1393 drohl ein oaocr Ausbrach, ladcm 4fie Ihnf wendischen Secst<e die Klagen
der Holländer über die Norweger SU ihrer Suche maclien, ul)rr ki<nimt nicht snm Aeuaenten:
M. U.-B. 2223—25. 2237. 224*. 2248. 3294. 2414. Vgl. d;uu 7214 und 7305.
^ M. U.-B. aaoa. 3291.
•) H. Ü.-B. 2603.
*) M. U.-n. 13S2 ;_.\uf;cichnunjjcii dch Wiamar'sclieii Stadtliuclies Uber dir Ziit von 1275 - 7S):
Tunc tcmporis prcdicius marchiu ^Ultu de Brandenburg) iutravit Zwerin cum cuinite Holtsaci« et
intravenint letram Magaopotensem cum comite Zwerinensi et potenter devasiaverant et combusserunt,
et oonventionem fecerunt, dominium Magnopolense, et propter illam tinnorein fiimata fiiit civitas
WUmariensis bccundum oommicsam domiai Henrici Magnopulensis, sicut oretenus locutus l'uit suis
butgensibiu W^natie, iQii et puetia aub ad mamn.
*) II. U.-B. 2603 : dissensionis materia ex emptione Doisten et DaigheUDwe, muri
o lrl^I^uetiolK•, c.x-.tri pxclusionc, civit.Tlis tniiioratione, JudeOfUm expulsionc, advocati vinciiluniin
mancipacione, nupliarum nostrarum in ciuitatc prohibilione Die Mauern, flbcr welche &ich
der FOnt beschwert, sind wahrscheinlich heute noch in betrichtlichcr AusdehnnniK vorhanden. Sie
Üiyitizeü by Ljü
6
AlfTSGERICHTSBBZIRK WISMAR.
weitere Verkäufe von Grund und Boden an die Stadt zugegeben hat,') die
sclion ctenanntc Aussöhnung am 28. März 1300 statt. Der l''ürst steht den
lUirt^platz \ i>r der Stadt an Rath und lUircjerschaft ab. ctuirbt zum Hau eines
neuen Furslcnhofcs innerhalb der Stadt einen i'hiu, wobei im MinzcUien die
Fälle, in denen das lübische Recht statt des mecklenburgischen Landrechts
zur Anwendung kommen sollen, genau vereinbart werden, und verspricht, die
Aufhebung der über die Stadt als Strafe für ihr unberechtigtes eigenmäditlges
Vorgehen verhängten Excommunication bewirken zu wollen.*)
Fürst Heinrich der Pilger stirbt den 2. Januar 1302, die Stadt erneuert
dem Fürstenhausc ihre Ihildigung, untl die nächsten Jahre verlaufen in I-'riedcn ')
Wir hören \on vielen neuen Stiftungen für die Kirchen, die Dominikaner
richten sich einen Ziegelhof ein und kaufen Land,') die Stadt selbst vermehrt
ihren Besitz durch Ankauf der Vogtei und der Fischerei auf dem Altwlsmar-
schen Mühlenteich aus den Händen des Landesherm, der es gestattet, dass
bdde unter das seit 1266 fesler und bestimmter geregelte Stadt- oder Weidi-
bildsrecht, also unter Uibisches Recht, gelegt werden,') der Rath mehrt die
Ordnung, wovon nur Einiges erwähnt sein möge. Nachdem der Katli schon
im Jahre 1295 eine W'illküre aufgerichtet hat, mit welcher gegen den zu-
nehmenden Aufwand bei Taufen, Kirchgängen, Hochzeiten und Begräbnissen
vorgegangen wird, setzt er 1306 die schärfsten Strafen auf die Blutrache,
auch sorgt er u. a. durch besondere Satzungen fiir einen soliden Ziegelbau der
Häuser untl für Ordnung des Concurswesens.') Der Hund der Seestädte aber,
innerhalb dessen Wismar voll und ganz mitzählt, bethätigt sich in erfolf^^reicher
Weise durch festes Auftreten und 1 landein in norwegischen, flandrischen und
anderen gemeinschaftlichen Interessen.') Da kommt es zu einer neuen ICnt-
zweiung zwischen dem Landesherrn und der auf ihre Macht als Mitglied
des wendischen Seebundes sich verlassenden Stadt. Was die Urkunden nicht
sagen, erzählen die ChrcMÜken.*) Wismar weigert sich angeblich abermals, ein
fürstliches Hochzeitsfest, das der Prinzessin Mechttüld, (Ue Fürst Heinrich dem
Herzog Otto von Lüneburg vermählen will, in seinen Mauern zuzulassen. Der
Fürst giebt nach, die Hochzeit wird dalier 1310 nicht in Wismar, sondern in
lanen eifceimen, dns das alte Struiemietz, disaea «insdne Ztige orkHiidUch oft genug vorfcomnien,
utn jene Zeit iin Ganzen vollendet wtr. Vgl. M. U.-B. 13SX, S. S30 (Chronistische Aufieichnnngen
über die Zeit von 1373 bis 127Ü).
') M. t7.-B. 2543. 3546. (Fanf MHhlen und das Dorf Dammhnsen.)
M. f.-B. 2604.
M. f.-B. 2773. 2780.
*) M. U.-B. 30JI. 3056. Auch Si. Jürgen hat seit 129$ sein eigenes Ziegelhaus : M. U.-B. 3322.
Ueber den von den Dominikanern wider Willen des Raths auf den Weberkamp im Jahre 1319
angelegten Ziegclhof vgl. M. U.-B. 4074. Der Ziegelhof von St. Nieulai wird 1333, April 29.,
genannt: M. U.-B. 5416.
*) M. U.-B. 3228. 3338. Vgl. anch 7417.
M. i:.-B. 2315. 305S. 3u5n. :26s.
'■) M. U.-B. 8824. 297Ü. 303" 3260. 3263.
Kirchhcrg, Chr. M., C.i|'. 142.
Üiyitizeü by Ljü
GESCHICHTE DER STADT WISMAR.
7
Stcrnberj;') frcfciert, aber der beleidigte Vater sinnt auf Genugtluiun^. Unter-
stützt \ on den den Seestädten ohnehin nicht wohlgesinnten nordischen l-'ursten,
die zu gleicher Zeit den Stolz kostocks erfahren, dtis ihre Zusammenkunft \n
seinen Mauern ablehnt, unternimmt Heinrich der Löwe am ii.Juli 131 1 einen
Sturm auf die Stadt Wismar unterliegt trots des Beistandes, den Lübeck
und Rostock mit Geld. Schiflen und Mannschaft gewähren; es nimmt unter
Vermittelung des Herzogs Waldemar von Schleswig und des Fürsten Nicolaus
von Werle im Frieden vom i? Dccember 131 i die Bcdinf^un'^en an, die ihm
vom Landcsherrn auferle^'t werden-) Die Stadt verliert Mühlen. Zoll und
Vogtei, die sie erworben hat, auch niuss sie ihren Anspruch auf eine vom
Fürsten bei der Stadt contrahierte Schuld aufgeben.^ Sie muss femer sechs
jüdisdie Familien aufnehmen und in dienstlichen Sadien auf die Anwendung
des lübischen Rechtes gegen die lieamten- und Dienerschaft des Fürsten bei
vorkommenden dienstlichen Rechtsüberschreitungen verzichten, bei nichtdienst-
lichen aber den fürstlichen Vogt als Mitrichter zulassen. Der Fürst baut sich
innerhalb der Stadt einen befestigten Hof, tler einen Durchgang durch die
Mauer nach dem Weberkamp zur Haupt- Hurg hat, die ausseriuüb der Stadt
liegt, und für welche das Mecklenburger Thor jeder Zeit geöffnet sein muss;
endlich grdft er auch in das Verhältniss der Stadt zum Bunde der Seestädte
mit machtiger Hand ein, indem er den Reistand, den die Wismar'schen ihren
Genossen leisten dürfen, zu Lande auf den Raum innerhalb ihrer Mauern und
zur See auf die Stellung v<m einem grosseren und einem kleineren Kricgsschifit
mit zugehorenden Böten (cum quodam navi koggone dicta et suo bolone et
cum una snicka et suo botone) einschränkt.
Man sieht an diesem Vertrage, dass der Fürst die alten Widersetzlich«
keiten und Verletzungen der Landeshoheit, die schon seinen Vater gekränkt
hatten, nicht aus dem Sinne verloren hat. Die Stadt aber mag die ihr zu
Thcil gewordene Demüthigung um so mehr empfunden haben, als sie noch
kurz vorher in einer Fehde gegen Dänemark im Bunde mit Rostock, Stral-
sund und Greifswald (diesmal ohne Lübeck) vollwichtig genug aufgetreten
war und auch jetzt wieder die Dänen, welche den Fürsten von Mecklenburg
von der See her unterstützen wollten, zusammen mit den Genossen aus den
Seestädten abgewiesen hatte.*) Dennoch gewinnt man nicht den Eindruck,
als ob die Fntwickelung der Stadt und ihr Ansehen nach aussen gestört
worden wären und der Wohlstand und die gewohnte Betriebsamkeit von Rath
und Bürgerschaft irgend eine Einbussc crUttcn hätten. Das wäre auch, wie
die Dinge einmal lagen, den Interessen und Wünschen des Landesherm selber
') In Schwerin, der tiauputadl der gleichnamigen Gratschalt, welche dem mccklenburgu>clicn
FOntenlwaK teit 150 Jmhren wie ein Pfkhl im Fleisch Miss, warm Gnf nnd Bischof die Hefien.
Dort komiic die Hochzeit scll>stvcrslün<llith nicht statthaben. Die ganie Gcichichtc ist aber, was
auch Andere schon bemerkt haben, der Art, da» sie fast wie eine Doublette des Erei^'tuNsis vom
Jahre 1292 o. S. 5) mcheint und daher den Verdacht de* Historiken zu erregen (;ecigiict ist.
*) M. U.-b. 347^ Note. 348t. 348a. 3484. 3488. 3501. Kirehberg'sche Cbnmik, Cap. 144*
•) M. f.-H. 3450, 3965
M. L.-li. 3367. 3414. 3574. 3602.
üiyitizeu by v^üOgle
8
AMTSGBRICHTSBEZIRK WISMAR.
nicht entsjjrcclicnd tjcwcscn. In jener Zeit aufstrebenden ScluitTens und
Gestaltens war Wismar ein viel zu bedeutender l'latz an <ler Ostsee in der
Mitte zwischen Lübeck und Rostock, ein l'latz, der von Nah und Kern gesucht
wurde und nach den verschiedensten Richtungen hin seine Anziehungskraft
bethätigte. Mochte doch der Landesfiirst schon Dir sich selber die lebhaft
sich rührende Stadt nicht entbehren, und blieb sie doch seine und seiner Nach-
folger \ ielj^elicbtc Hauptresidenz bis zur l-inverleibung der Grafschaft Schwerin
und der Wiederjjewinnunjj des alten Landcsthciles, in welchem zweihundert
Jahre lan^ ein I-Vcnider gesessen hatte. Am 24. Juni 1312, bzw. 27. Kebr. 1313,
siedelt sich z. 13. das Kloster Doberan mit einem Hof in der Mühlenstrasse
an, der in der Folge öfter genannt wird, elf Jahre später auf der Wismar'schen
Feldmark Besitz gewinnt und innerhalb dessen später (zunächst freilich mit
Widerspruch des Rectors von St. Marien) eine Kapelle zum Gottesdienst ein-
ijerichtet wird: ahnlich wie früher in Rostock.') Ihm folgt am i.Mai 1318
das holsteinische Kloster Cismar mit dem .\nkauf dreier W'orthen an der
I'^aulen Grube (in fos.sa Voghedesgrouenj,-) und diesem am 6. December des-
selben Jahres das Kloster Sonnenkamp (Neukloster) mit Ankauf eines Hofes
an der Frischen Grube (Recens Fossa).") Auch das Domkapitel in Ratzebui^,
zu dessen Sprengel Wbmar gehört, fasst festeren Fuss in der Stadt, seitdem
ihm Fürst Heinrich von Mecklenburg 1321 und 1323 die Kirchen und Pfarren
von St. Marien und St. Nicolai nebst dem Patronat über die Schulen incorpo-
ricrt und dafür die Verpflichtung zur Lesung von Seelenmessen für .seine im
Kampf mit den Dithmarsen im Jahre 1319 gefallenen Mannschaften auferlegt
hat.*) Endlich lässt Heinrich noch kurz vor seinem Tode (2 1 . Januar 1 329)
die Ritter des deutschen Ordens, die seit den Zeiten des Fürsten Johann die
in der Nähe gelegene Konithurci Krankow innehaben, in Wismar zu, indem
er ihnen einen Theil seines in der .Stadt gelegenen Hofes einräumt. Der
Vertrag darüber zwischen Rath und ( hden erfolgt am i I.April I330.'') Der
Wohlstand der Stadt offenbart sich ungeschwachl, thcils in der Vt)rnahme von
Vergrösseningen des Territoriums,*^) theils m zahlreichen Stiftungen, besonders
Errichtungen von Vikarien, Memorien und Messen, die immerfort zunehmen
und in geradezu auflallender Zahl während der Jahre 1347, 1349 und 1350
verzeichnet stehen.^) Man fragt sich, ob diese auffallende Erschemung mit
>) M. U.-K. 3541. 359'- 4«69. 4487. 456«. 4563- S'35- 5«3t>- 5499-
") It Ü.-B. 3977. 5135. 5136. 5907.
*■ M. U. U. 4027.
*) M. U.-H. 4252. 4253. 4416. 4997. 54Ö7. Das Schulpatrunai gicht der Bigchof am
7. September 1331 an den Raih surflck, ^1. Urk. 5265.
») M. U,-B. 1150. 4934. 5019. S«3S- 5 '36. 6S9S. Lisch, M. Jahrb. XIV, .s. 22 (t.
*;; M. t'.-B. 4420. 4452. 5980. 59S1. (Aiik.iuf vun Hufen zu labiscbcm Recht in Kicliards-
dorf im Jahre 1323 und Erwerbung des Durtcs Ucnz im Jahre 1339.)
1) Fttr daa Jslir 1347 vgl. M. U.-B. 6713—15. 6749. 6759. 6773. 6786. 6789. 6795. 6801.
6S05. 6806. 6841. Fur ilx5 Jahr 1348 vgl.: M. L'.H. 68.S7 mi.l f.Syz ; fllr d.i«. Jahr 1349: M.
U.-K. 6957. 6971. 7004. 7007. 7021. 7024; lUr diu Jahr 1350: M. L'.-B. 7099. 7101. 7102.
7110. 7113. 7114, 7115. 7137.
Üiymzeo by Google
GESCHICHTE DER STADT WLSMAR.
9
der ersten Nachricht ühor die in den SccstiKiten auftiuichcndc IV^t zusaninien-
hängen mag. In Wismar sterben im Sommer des Jahres 1350 mehr als J(K»o
Menschen:') »Van pinxtcn bei to sunte MycluicHs daghc do was so grt t
stervent der lüde in allen Dudeschen landen, dat des ghclikes ne was ervaren,
undc het noch de grote dot.«*) Vom Rath zu WUby gelangt nach Rostock
ein Brief mit Nachrichten über die Vert^iftun^' der Christen durch die Juden.
Dieser Hrief wird initt- lst Cojjien von Rostock her aucii an die anderen See-
städte befordert, und mm be^Miinen jene Austn ibiiiv^en und X'crfolgungen des
unj^Uickhchen Volkes, an denen auch Wismar seinen Anthcil hat. In der
l-'tjige ist denn auch von Verträgen zwischen dem I^ndesherra und der Stadt
über die Aufnahme von Juden keine Rede mehr.') Im Uebrigen nehmen
Ordnung und gesetzgeberische Entwickelung während der ersten Hälfte des
XI\'. Jahrliundi rt> auf vielen Gebieten des stadtischen Gemeinwesens unaus-
gesetzt zu. l)a\r)n stehen die in [grosser Zahl erhalten t^ehliebencn Kalh.s-
willkuren (arbilria) und Hur;^rr>j)rar!nrii ilo(iviia) ein an-^chanüches Hild.
Auch von Ordnungen des Schulwesens hören wn/) sowie von der Vollendung
des Chors von St. Marien durch den Baumeister Grote seit dem Jahre 1339
und der Weihe dieses Baues am 3. März 1353.'^) Von der auch sonst hin-
länglich bekannt gewordenen Tüchtigkeit und Solidität des Handwerks im
XIV Jaluliundert zeu<;en in W ismar z. B. einzelne Hurgschaften, welche Maurer
und Steinset/i r tur die von ihnen ausL^'eführten .\rbciten, I lausjjiebel, .Stein-
trciJpen und anderes Mauerwerk, in den Jahren 1345, 1347 und 1349 uber-
nehmen.')
Das Verhältniss der Stadt zum angestammten Filrstenhause bleibt un-
getrübt. Als am 23. Juli 13 13 Beatrix, die Gemahlin Heinrich des Löwen,
stirbt, findet sie ihre Grab.stätte im Clior der Franziskaner Kirche, desgleichen
vier Jahre spater .Anastasia, die Mutter des l- iirsten.') I lemrich selbst macht,
wie bei Rostock, <o auch bei W ismar 1316 eine .\nl< ihe, die er hir seine
lorlw ahrenden kleinen und grossen Kriegszuge notlnvendig hat. Zu diesem
Zweck verkauft er am 22. November 13 18 ausser anderen Dörfern die ganze
Insel Poel, von welcher die Fürstin Anastasia bis zu ihrem Tode einen Theil
ihrer Hinkünfte bezogen, an die von Plessen, Preen und Stralendorff.*) VViilirend
der Regierung des Fürsten Heinrich weilt 11. a. Konig Frich von Danemark
mehrmals in W'ismar 'i Am 11. November 13^'» l.asst Fürst Heinrich die
Stadt seinem Sohne Albrecht huldigen; dieser verspricht, die W ismar'schcn
*) M. U.-n. 7097. 7>o8.
*) Detmar's Chronik zum Jahr IJ50.
^M. U.-B. 7030 Anmkc. 7083. 7096(4'. 7098. Vgl. dazu 5753 und 5762. 6118; auch
5840. S932. 5933- 5997.
♦) M. U.-B. 6017. 6129.
•) M. Ü.-B. 5954. 5955- 6*'4- "639 SS1.7. Cnill. M. J.-»hrh. LVI, .S. JOff.
•) M. U.-B. 6S76. 6731. 6985.
*) M. U.-B. 3714. 3887. All Sttllc der Gräber jcui «in (ixneti.
•) M. U.-n. 3816. 3830. 4025.
*) M, U.-B. 3828 (lo.Jnoi 1316) und 40S7 (S.Juli 1316.
Üiyitizeü by LjüOgle
lO
AMTSGERICirrSBBZRK WISMAR.
Rechte und Privilegien sein Leben lang in Treue anerkennen, bessern und
mehren zu wollen.') Besonders gnädig erweist sich Heinrich gegen das
Heiligengeist -Stift; ferner erneuert er die schon vom Fürsten Boruin im
Jahre 1220 befohlene Aufhebung des Strandrechts.*) Sein letzter bedeutender
Regierungsakt in Angelegenheiten der Stadt Wismar ist der Zollvertiag vom
14. September 1328, der ein anschauliches Bild davon giebt, wieweit die
Handelsbeziehungen der Stadt nach allen Himmelsrichtun^^cn hin reichen, über
See sowohl wie landeinwärts nach Süden, Westen und Osten, und der deshalb
als eines der \\ ahrzeichen ihrer Hlüthe bezeichnet werden kann.')
Das \'erhaltniss der Stadt zu Heinrichs Sohn, dem Fürsten Albrecht,
der bis zur h>wcrbung der Grafschaft Schwerin in Wismar residiert, ist An-
fangs ein besonders gutes. Das beweist der Beistand, den ihm Wismar (mit
diesem auch Rostock) in den Händeln und Fehden gewährt, in die der Fürst
mit einigen seiner Vasallen (besonders den Plessen's) wegen Zurückforderung
der ihnen verpfändeten Schlösser und Vogteien geräth. An dem bald darauf,
am I I . Januar 1338, zwischen den norddeutschen Fürsten und Städten ver-
einbarten sechsjährigen Landfrieden ist auch Wismar bethciligt.*) Doch drohen
im Spätherbst 1339 Misshelligkeiten zwischen dem Fürsten und dem Rath
der Stadt auszubrechen, da sich dieser des in Wismar wohnenden Juden
Danies angenommen zu haben scheint.*) Doch nimmt der Fürst die Ver-
mittelung Herzog Rudolph's von Sachsen und RostOcker Rathmänner an und
lässt sich beschwichtigen") Am 13 October 1342 tritt Fürst Albrecht im
Streit der fünf wendischen Seestädte mit I hjlstein und Schweden zugleich
mit dem Grafen Günther von Schwarzburg als Schiedsrichter auf, und am
19. März 1344 übernimmt Wismar mit Rostock zusammen die Bürgschaft für
Aufrechterhaltung des Friedens, den der Fürst mit den Herzögen von Pommern
gesdilossen hat.^
') M. U.-B. 4781.
^ M. U..B. 4665. 4>ii-
•) M. u.-n. 4973
*) M. U.-B. 5781. 5844. Da&s die Kacklorderung der verpfändeten Schlösser und Vogteien
ihre Sehwierigkeh hktte. tieht man n. a. daran, dast, alt am 15. Juni 1349 Heinrieh von Bfliow
>hus, stad vnde laiid to Ciodchulz« (Gadcixuch) den beiden »cit einem Jahr zu Herzögen ernannten
I^ndesherren All>recht und Juhann «mid gudem willen« zurückgegeben hat, ihm dafür die bis
dahin von Anna von Sachsen, der Mutler der Herzöge, liezogencn Einlcflnfte von Vogtei, Münze,
Wechsel und 2SoU xu Winnar, aowfe Stadt und Land Greveamllhlen wieder aberlasBen werden
müssen: M. f .-B. 6975.
^) Daniel sollte nämlich einen unter lurstlichen Schulz gestellten anderen Juden unterwegs
ahcHtnllen haben. Dabei kommen alte, nir Zeit der VomnmdtclMft des Ponten, (3*9/30 vor-
gcfallcm- Dinge z\ir Sprache, wie der Abbruch von Thurm und Bergfried an dem von seinem
Vater am Mccidcnbarger Thor innerluilb der Stadt ira Jahre 1300 erbauten Hof, den die Stadt am
18. Mirt 13*9, unter ^eiebaeit%er UcberlaMtng des idKm fHÜicr voni ftntli^cn Hause hssesBcnen
Furstcnhofcs öttlidi von St. Jargen tu IttUscbcm Recht, von den Vormlindem des Fttrsien rarUck-
gekauft hatte.
•) M. U.-B. 5038. 5039. 5753. 5997.
Ö M. U.-B. 6«38. 6391-
Üiyitizeü by Ljü
GESCHICHTE DER STADT WISMAR.
II
Das Streben des Käthes, vom Rechte innerhalb der Stadt niclit-^ zu
vergeben, /x-'v^l sich besonders dem Hischof von Ratzeburj; ^'egenuber, der,
nachdem ihm l urst Heinrich m den Jahren 1321 und 1323 mit Schenkung
von Gütern und Incorporiening von Kirchen und Schulen das grösste Ent-
gegenkommen bewiesen hat, nun auch ein Haus in der Stadt zu erwerben
wünscht, diesen seinen Wunsch aber von dem durch sein Stadtrecht, die Will-
küren, gedeckten Rath nicht erreicht Der Hischof Marfiuard ;,i< l)t sich
zufrieden, er weiht am 1 2 ( )ctober 1326 den HochaUar im IKili^^en deist,
am 2. Juh 1329 ebentlasirlbst den Kirehliof, erlaubt am 31. October dessell)en
Jahres in der Kirche des HeiUtjen Cieistes zwei, bczw. drei Messen zu hallen,
entsagt am 7. September 1331 zu Gunsten des Rathes dem ihm von Heinrich
dem Löwen verliehenen Schulpatronat (s. o.) und verträgt sich am 24. Sep-
temher 1331 mit den Rathmaniiern über das auf alten Bestimmungen (s.o.)
beiuliende geistliche Recht des Klosterprohstes von Kehna un«l wegen des
Hauses zum Heiligen (ieist ") Zur Zeit des Hischol's .Mar(]uard hören wir zuerst
von einer Kalandsbruderschaft zu Wismar: es ist am 3. Mai des Jahres 1327.
Diesen Kaland bestätigt Bischof Volrath in einer von religiöser Ikgeisterung
erfüllten Urkunde vom 9. November 1 346. Ab später der grosse Kaland, der
eigentliche Kaland des Landes Bresen und des Archidiakonats von Rchna
(per terram Bresen et archidiaconatuni Kenensem), der schon im Jahre 12H2
genannt wird, am 12. Mai 1413 definitiv nach Wismar verlegt wird (nachdem
er dort bereits eiiu' Zi-it lang seine Sitzungen und Memorii-n abgrlialteii hat),
wird der vorher erwähnte \\ ismar sche Kaland als minderer Kaland bezeichnet
(fratres kalendarum minorum.)')
Unter den auswärtigen Angelegenheiten, welche Wbmar in der ersten
Hälfte des XIV. Jahrhunderts beschäftigen, ist zuerst die Fehde mit Dänemark
zu nennen, die W' ismar und Rostock 1 310/11 gemeinsam ausfechten und wobei
Ihre Koggen bis in den Sund fahren und die danischen Kiisten mit Mord und
Brand heimsuchen. Auch die Städte Stralsund und Greifsuald sind daran
betheiligt, nicht aber Lübeck.'') Die Folge davon ist die im ersten Ikinde des
Denkmäler-Werkes S. 282 erzählte Belagerung Warnemündes durch den König
*) M. U.-B. 4426. 4465. 4770. 5069. 5087. 5265. 5269. IJic KtnkUnltc des Uitchufs in
WinuH- «taicht ntn kw der Tue der Kirchen und geirtliclm I^en vom Jahre 1335 : M. U.-B.
5613. Weitere Erlasse Uber das Ralzcburgcr T.ift'Iijut in \Vi-,inar j;u l)t votn 20. Sc|>tcnil>er 1357
und 13. Januar 1363: M. U.-U. 8393. 9130. Ferner (nach Urkundni, Re^e&ten, gesammelt von
Cmll «nd Tedien) vom 30. Aprit tjSp, 4. Jiiiif 1396, a8. Oeceraber 1398, t. Februar 1399,
1. Mai 1400, 28. April 1403, 12. März 141 1, 22. October 1413, 15. Juli 1414 und 23. Xoveraber
1483. Es kommen Venehiebungen und Uebertiagungen vor, bei denen i> nicht immer friedlich
angeht. Auf Klagen vnd Proaeiae erfolgen Utweilm |>;i|i>iliche EntaeheidnngL-n.
^ M. U.-B. 1594. 4827. 6687. 6845. 8227. 1021t. EraeuernngL-n der Hcsiätigungen der
Kalandshrudctsch.iften giebt es .nii'^sordiin vom 28. Juni 1307. vm 3. Sf[ilcinbcr 1404, von
7. Juni 1417, I. und 12. August 1422. Aucli liurt iii^n s^L^iicr viel vun Krwcrbuiigcn und Siiflungen.
Besonders knnfkflftig emdieinen die beiden Kalande in der cweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts.
Nach angedruckten Urkunden (Tcchcn). Vgl. auch Scbr<)i'.i.r, \V:,ni, Kr^ttiiij^e, S. 119 1S3.
*) M. U.-U. 3414. 3574. 3602. Die Urkunde Ubc-r den t riciicn und die Bedingungen fUr
die einadoen Stidte, die Dänemark vonchreibt, ist nicht vorltanden.
12
AirrSGERICHTSBBZIRK WISMAR.
Erich und tlcsst^ n lUiiulcsj^cnosscn, zu denen Marktjraf W'aldeniar von Brandcn-
buri^ und Heinrich der Löwe von Mecklenburg gehören, und das I'^nde ist
die Unterwerfung der Städte sowie die Heleluiung Heinrich's mit den Rostocker
Landen. Wie Wismar seinem Fürsten gegenüber zu büssen hat, ist oben
bereits erzählt, wie es Dänemark gegenüber davonkommt, ist nidit bekannt.
Vielleicht ebenso wie Stralsund, d. h. mit einer Kriegssteuer. Doch das gute Ver-
haltniss uird wieder hert;cstcllt. Kfinii,' Christoph erneuert 1323 und 1324
die alten l'rivilcijien M {jc<jcn tiic vielen WidL-rsachcT, flie Wismar in llolslein
hat (multos enmlos et persecutorcs de Holt/acia), verspricht Lübeck wiederholt
seinen Beistand,*) Dafür versprechen wiederum Wismar und Rostock im Jahre
1332 der Stadt Lübeck ihren Beistand gegen den Ritter Johann von Bükm,
der auf dem Priwalk, der Landzunge, welche Travemünde gegenüber liegt,
den Liibeckern zum Trotz, einen Bet^ried erbaut hat.^) Auch mit den Grafen
von Holstein werden 1339 Verträge gegen die Seeräuberei und zur I'^rlangung
sicheren Geleits zu I-;inde eingegangen, spater auch mit Dänemark und
Schweden, nachdem eine im Jahre 134.J geführte Fehde der wendischen See-
städte mit Schweden durch das Schiedsgericht des Grafen Günüier von
Schwarzburg und des Fürsten Albrocht von Mecklenburg (s. o.) im Frieden
von Heisingborg am 17. Juli 13.13 fiegliclun ist.*) Auch mit England gicbt
es w^en eines lüiglanders W ilhelm von Lethenay, der angeblich durch See-
fahrer aus tien wendischen Stiidten lieraubl ist. im Jahre 1343 einen Slrt-it,
dessen Ausgang nicht bekannt ist, der aber, nachdem der K.oiug von ICngland
die Güter der letzteren mit Beschlag hat belegen lassen, zu einem Vergleich
gefiihrt haben wird.^) Ja, im Seebunde selber kommen vorübei^ehende Un-
einigkeiten vor, nicht bloss w^en der Grösse von Häringstonnen, wie im Jahre
!1^7. sondern auch ernsterer Art, wie z. H. die Heschwerde Wismars darüber,
dass die Mannschaft Lubischer und Rosbjcker Schifte den Schutz und die Sicher-
heit, welche Rath unil Burgerschaft einer Anzahl danischer, im Jahre 1345 v<in
Lübeck herubergekonmiener Kautleule gewalirt hatten, nicht respektiert hat.')
Doch diese und ähnliche Meinungsverschiedenheiten thun dem Zusammen-
gehen der Seestädte in ihren geroeinsamen Handels-Interessen nur vorüber-
gehend diesen und jenen l-Iintrag. Im Ganzen wächst unter Lübecks Leitung
das Ver-^t;iii(lniss für Vereinigung ihrer Kräfte, und die zweite Hälfte des
XIV. Jahrhunderts ist die Zeit der Hlulhe ihres Huniles, Nachdem Konig
Magnus von Schweden, welcher der Stadl W ismur günstig gesinnt ist,'J die bei
') M. U -Ii. 4411. 4505. 5445.
*) M. U.-B. 4945. Vgl, 6221 und beswadets 6247, wo die Bcraubuiij{t;n durcli die Ucuinivii
und VsMlIen des Grafen von Holstein einzeln au^ezlhlt werden. Dazu Urk. 6239. 6250. 6aji.
M. f. n. 5362. Vy!, 5774.
*) M. U.-H. 5946. 6163. 0141. 6142. 6154. 6337. 6238. 6324. 6339. 6423.
^ M. U.-B. 6325. 6426. 6396.
0) M. U.-B. 5743, 6564.
Am 19, Mrir? 13^4 >v;iril suim- Kri'iii-, ilic er dem W ismar sehen Burf^crtnciiilcr llenn iiiii
W.iimslurl lur 6üO M. Lubi»ch vcr|ifuiuli:l h.iUc, durch \ crutiuluiij; bcincs Suhua^crs ilcrzu}; Albrcchi
von Mccltieoburg eingetöst: H. U.-.B. (S. 521).
üiymzeo by Google
ORSCIllCHTK DER STAIVT WISMAR.
13
einem Brande ihres Rathhauses (thcatrum, consistoriiiin) vernichtete» l 'rkunden
über Privilci^icn in seinen Reichen erneuert hat. treten die Seestatite am
2ij. September 1352 auf zwei Jahre zu einem Hunde zusammen, iler K'^'K''^''^
Diejenigen gcriclilel i.st, welche das Meer unsicher machen, wobei Lübeck ein
Drittel, Rostock und Wismar zusammen das andere Drittel und Stralsund und
Stettin das dritte Drittel der Kosten aufzubringen haben.') Als mecklen-
burgisclie Territoriaktadte vcrpfliditen sich Rostock und Wismar in dem am
16. t)ctober 1351 geschlossenen cntjrreii Landfricdenshuiidniss zur SteHuntj
von einhundert Mann (Rostock CiO, Wismar 40). und in dein zwei Jahre siiati r
erneuerten V'ertrag zur Stellung von fünfzig Gewappneten, zehn Schützen und
zwei Wurfmaschinen (mit enem dryuende werke vndc mit cner blyden vnde
mit weikmesteren, der dartö behöf is).*) Und nun bewähren sich die Städte
ebenso thatkräftig und erfolgreich zu I^nde wie zur See, indem sie die Bulben
der Raubritter brechen und im Laufe eines Jahres eine ganze Reihe der^iHx n
unschädlich machen.*) Immer hoher steii^t <las Anseilen di s Stadtibuiuks,
l"'ürsten und Ritter suchen seine (iuiist und Hülfe ') Der alte Xanic I lan-^a,
der schon von der Zeit der Ustgothen her als liezeichnung für eine Schaar
oder Genossenschaft nachweisbar ist, kommt ab Name fUr den Bund der
Seestädte auf.*) Während des dänisch -holsteinischen Krieges im Jahre 1358,
in dem die Hcrzo<rc Albredit und Johann von MeckK nburg auf Seiten der
gegen König Waldemar von Dänemark verbiindctcn I-'ursten stehen"; und
somit auch \\ ismar als mecklenburgische 'l\-rrit<iria]stadt seine Mannschaft zum
Kriege zu stellen hat, winl der 2. Juli zu einem läge besonderen Ruhmes,
indem es den Wismar'schen gelingt, den danischen Anführer l'eter Dene
gefangen einzubringen.^) Im Uebrigen steht Wismar während der nach-
folgenden Kriege der Hansa mit König Waldemar in unerschütterlicher
Huiulestreue zur gemeinsamen Sache der Hansa und erlebt mit vollem An-
theil alle Wechselfalle dieser die fiuif wendischen Städte stark in .\ns])ruch
nehmenden schweren Zeit, zuerst mancherlei vorübergehende Krniedrtgung,
■) M. U.-B. 7500. 7507. 7513. 7662. 798$. 766s. Ebenso wie der König vun Schwcdvn
bcsiltigt Herzog All>recht von Mecklenburg die Alischrifirii der von sfiitt-ti V'>rf;«liroM \orIielicnen
Oripnalnrlcandeii, dt« beim brande des Kaihhaiuics verloren {{egaiigcn »ind: M. L'.-IS. 7410.
*) M. U.-B. 7524. 7717- 79>i. Verlftngening des Undfriedens im Jalire 1354. Vgl.
M.U.-B.
*) Urkunden und Chroniken nennen aU sulchc von der Hand der Städter in d'.n Jahren
1353 und 1354 ttnicr kriift»g<ter Mitwirkung Wismars b«i!wan|;fene Durgen die von Gmbeithagen,
IjussHi Redcfin, Datzow, Döniit/:, Witdtr, Gorloscn. I.iii/cn, Kuinli>si-ii, Stavcnow, Xt.l>i-lin,
Nciihaiiscn, Wenkstemenlnir^;, Muf,'iH''iliury, Mcyciiimri,' und (;-.i'n.\v. N'^jl. M. l'.-Ü. 77117 Aiinikj;.\
7821. 78aa. 793». 794a. Ditmar, Chronik t. }. 1353. IKimicli vun H.ilice, M. Jahrb. XLIH, S. 184.
*) M. U..B. 785S. 8i$8. 8813.
*) M. r.-H. 2886. 6339. 7143, N. 35. Vj;l. St^Sftr. l>iu ll.lilicvtfidtf nrul K..t.l:; \V;il.l.-nuir.
S. 61. Vgl. I'auh, Auftreten und Uedentung des Wurlca liun&a in England, ilaii^. Geach.'lil. 1872,
S. IS— so. KopitmMR, M. Jahrb. LH. S. 188 (T.
•j M. U.-B. 8441. 8453 S589.
') Hl. U.-B. 8496. Crull, M. J.ihrb, S. 158 ff. XLV, S. 21 ff. Schäfer, Die Hanse-
itldte und K&i^ Waldefluir, S. 159.
Üiyitizeü by Ljü
14
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
zuletzt aber auch jene c^lfinzctule l-rbclKint,' der Städte zum Höhepunkt ihrer
politischen Macht und Hedcutnuij im Stralsundcr l-'ricdcn vom 24. Mai 1370.')
Hei l-'iirstcn und Herren steigt ihr Respekt. Davon zeugt u. a. der Besuch
Kaiser Karls IV., der am 31. October 1375 von Lübeck her in Wismar
anlangt, mit grossen Ehren empfangen wird und eine Nacht in der Stadt
verweilt. *) Aber schlimmere Zeiten brechen wieder herein , als in der
Folgezeit, nach dem Tode Wc.r/o'j; .Mbrecht's von Mecklenburg, der im
Interesse .seiner ticm Norden zugewandten Hausjxilitik die Städte in ihren
Kriegen mit Waldemar unterstützt und dadurch die Hansen in seine eigene
Sache zu verwtciceln gewusst hatte,') dessen Sohn Albrecht im Kampf mit
Waldemar's Tochter Margaretha am 24. Februar 1389 die Krone von Schweden
verliert, in Gefangenschaft geräth (bis zum Jahre 1395) und nun in einem
langdauernden, mit schweren Schädigungen des Handels verbundenen Kriege
von der ! leiniath Irt 0[)fer über Opfer i^cbracht werden müssen. Hierzu
j^^clicn Rostock und Wismar, als in iint-ntwi-i^ter i rc-ui.- /ii iiirnn Landc-sherrn
stehende Ternlonaisladle, Geld und Hlut die ganze Zeit iundurch unverdrossen
her, obwohl die übrigen Hansen den vom Kaiser unterstützten medden-
burgtschen Ideen gar kdne Sjrmpathie entgegenbringen, sondern den Interessen
der Königin Margaretha zugeneigt sind, die sich zuletzt soweit mit ihren
eigenen decken, als die Bedrängnisse der drei nordischen Reiche durch die
von Ro.stock und Wismar zu rmiistcn des gefangeiu n KontL;s Alhrerhl aus-
gestellten verhängnissvollen Kaperbriele eine die Ostseestadte in hohem drade
schädigende Verallgemeinerung der Seeräuberei in solchem Umfange mit sich
(Uhren, wie sie vorher nicht dagewesen war. Da wird es natürlich nachher
schwer, die Geister zu bannen, die man selbst gerufen und in den eigenen
Mauern gehegt hatte/)
') KUr diese Zeit und VerbKltnisse kommen besonders nachfolgende Urkunden in BcUachl :
M. Ü.-B. 8891. 893s— 37- 9043. WS- 9to3. 9138. 9164. 9180. 9*14. WS- 9368. 9370. 9398.
9S»0. 9574. 970a. 9706. 9725. 9734- 9736. 9743 45- 975^ 57 9759 60. 9761. 9817. 9S21. 9825.
9839. 9943. 9947- 9974 9092 93. 10063. 10076, 1024S. 10356. IO434. 10567. 10745. «O?*?.
*) M. L'.-B. 10790. Crull, M. Jahib. XLIII, S. 184.
•) Vgl bcMnden M. U.-B. 977s.
*) M. U.-B. 10834. 10837. 10877. 10884/85. 10914. IO916. 10935, Schlfer, Ilan^rstädte
und König Waldemar, S. 552, 555. Vi;l tcnier von Crull RC>aTnmelte ungedruckte Urkunden
(im Grotoh. Archiv zu Schwerin) vom 9. Januar, 23. Män, 10. April 1377; vom 24. Mai 1381 ;
vom II. Hai 1391; vom J. April 1392; vom 28.J«nnar 1395. Üelier Waflimstillstliide, die von
der H.nisa nnd von Dänemark mit di-n Sccr.äubiTri 13S2 und 13S6 <;L-si;'.b.l(isson werden, xf;!. l!;irl-
hold, Gesch. d. Deutschen Hansa II, S. 210. Dahlmann, Gesch. Dänemarks II, S. 60. Dciroar's
Chronik 1383 (herausgrg. von Kuppmann, I, S. 578). VVdtere Anfseichnnngea Ober das RSuber*
Unwesen in ungcdnicktcn l'rkumien von 1392, 1394, '397 — 1400. Ufl>cT Claus Slijriel>L-kfr in
Wismar vgl. Uurrociiter , M. Jahrb. III, S. 157. Hans. Gesch.- Bl. Vll (1877), S. 48, Anmkg. 5.
Vgl. M. Jahrb. LVlil, Q.-B., S. 7 IT. Ueber die noch im Jahre 1422 ihr Unwesen treibenden
VItalienbmder vgl Lisch, M. Jahrb. XV. 51-69, 249. XXIII. S. i<6ir. Unter dem mecMen-
hitrfjischcn Aik-1 der zur See ^eh[. in.ii; r<\ich Cluiii MicheUtorp genannt Sein, Vgl, UnK<'i'f"*'kte
Urkunden vom 10. A|>ril und II. Nuvcmber 1399. Ferner Mecklenbugilche Knoat- n. GeM:)iiclit»-
Denkm. I, S. 326, Annkg. 1.
Üiymzeo by Google
GESCHICHTE DER STADT WISMAR.
«5
\'on sonstigen Vorkommnissen innerhalb der Mauern Wismars während
der zweiten Hälfte des XI\' Jahrhunderts, die hier interessieren, mo^^en folj^fende
kurz erwähnt werden: die Ijmu eiliunjj der vun der Fürstin Anastasia l)e-
gonnenen und nunmehr ganz vollendeten Franziskaner -Kirche durch den Uischuf
von Ratzebui^; ') die Aufstellung eines von Johann Köster gearbeiteten Altar»
Schreins auf dem Hauptaltar in St Marien zu Weihnachten (24. December)
'357;*) Stiftimj,' eines Armenj^asthauses durch den Bürger Heinrich
Wessel (ijT)- und 1373);") die Ablialtunfj eines Kapitels der Dominikaner
avi^ der Ordens- Provinz Sachsen in Wismar am S Se ptember 13O5; der
Ankauf der Gruben- und Kutermuhle durch die Stadt vom Herzog am iS. April
1 37 1 ; ^) die Aufhebung und der Verkauf des Hofes der Cbmar'schen Mönche
an einen Bürger der Stadt am 8. Juli 1374;') eine arge Wasaerfluth am
3. December 1374;^ die Pest in den Jahren 1376 und 1387 ;") der Münz-
vertrag zwischen Hamburg, Wismar und Lübeck, der des Oefteren erneuert
wird;*) der Ankauf des Dorfes ("ismerstorp durch die Stadt am 3 December
1379»'") der Heginn des CMiotbaues von St. Nicolai durch den Baumeister
Heinrich von Bremen im Jahre 1381;") die l^^inweihung einer neu errichteten
Kapelle in St. Marien durch den Ratzeburger Bischof Gerhard am 9. Sep-
tember 1388 und die des Chors vom Dominikaner-Kloster im Jahre 1397
durch den Bischof Detlev;'*) sowie endlich die I.rthcilung von sog. Amts-
rollen von Seiten des Käthes an die Aemter der (jojdschmiede am 28. November
1380, der Kürschner am 3. Marz i 3S3, der Keifer und Wollenweher am 26. April
1387, der Kannen- und Grapengiesser am 13. Juni 1387, der Kramer am
28. März 1397 und der Schneider am 6. November 1398.") Besonders wichtig
wird es mit den Aemtem der Grapen^esser und Kannengiesser genommen,
deren Ordnung, gleich der der Böttdher, gemdnsamen Städtebeschlüssen unter-
Uegen.
Stillstand im XV. Jahrhundert und Kiickgang, ja man kann sagen ruhm-
loses Ende im XVL Jahrhundert: dieses unabwendbare Schicksal der Hansa,
') M. U.-H. 8501.
^, M. r.-B. 8425. S540.
*) M. U.-B. 9583. 10392.
M. U.-B. 9390.
") M. U.-B. 10186 87.
") M. U.-B, 10590.
») M. U.-B. 10663.
*) M. U.-B. 10825. Drtmaf's Chronik (GrautotT I. S. 340:.
*) Ungodr. Urk. Crull) vom 9. Februar 1 379 (Hansarec. II, S. 187fr.;. 6. April 1381, 1. Mai
1387 (Ilanüarcc. II, S. 399 IT.) und von 1398.
«O) Ungedr. Ück. (Crull).
") Crull. M. Jahrh. XI.VIl, S. 58 fr.
") Crull. M. Jahrb. XLV, S. 27; Tctjheii, M. Jahrb. L.V, S. 179.
'*) Die Rolle der Goldaebmiede »t «bgedmckt bei Crull, Das Amt der Goldschmiede in
\Vi<(m:ir, 18S7, Anl. I. rn$;enaue Dmcke der ttbrifen Rollen bei Burmeisler, Alterlbttmcr d. wism.
SuultrechU, S. 48— 57 ff., 69—71.
") M. a-B, 7904. 8916. 9724.
Üiyitizeü by LjüOgle
i6
AMTSORRICIITSUEZIRK WISMAR.
der es schon in tkr Zeit ihrer l^liithir sclnvcr {^cnug jicwordcn war. innerhalb
ihrer selbst überall hcrvorbrechcnclc Interessen des l-'iijennutzes hinter gemein-
same und höhere Ziele zunickziulaninien. und der e.s in der Folge nicht mehr
gelingt, ihre im Kampf mit den nordischen Mächten errungenen Handels-
privU^en aufrecht zu erhalten, lastet auch auf der weiteren Geschichte der
Stadt Wismar. Vielfaches Missgeschick in auswärtigen Angelegenheiten erzeugt
Verdruss gegen die, welche die l'iihrung in Händen haben, und so kommt
CS zu inneren Fnnihen und Aufstantlen, in denen sich, Niemandem zu Xutz
und kciiKt Saclu- zum l'roiiimen, die Kräfte, Mittel und Iiitcressen tler Hurger
verzehren, wahrend Eitelkeit und Ehrgeiz der l'arleien unter und gegen ein-
ander die treibenden Motive werden. In diesem Licht wollen z. B. die Un-
ruhen im ersten Drittel des XV. Jahrhunderts betrachtet sein, bei denen der
Rathmaim Hinrik van Haren und der Bürgermeister Johann Bantzkow durch
einen Rechtsspruch im Jahre 1427 (31. October und 18. November) das Leben
verlieren, die Herzogin Katharina eine schwankende Rolle spielt, die N'ehme
und der deutsche Kaiser Sigismund zu Ciunsten tler Gerichteten und ihrer
Angehörigen mit grosser Energie eingreifen und zuletzt der Gegenpartei die
schwersten und empfindlichsten Demüthigungen auferl^ werden.')
Ebenso unerirculich, wenngleich einen besseren Au^ng nehmend, sind
die in die zweite Hälfte des XV. Jahrhunderts (1463 — 1467) fallenden Händel
des Bürgermeisters Peter Langejohann, dem es unter vielen Schwierigkeiten
und unter (Jefahr seines Lebens mit Hülfe seiner dem geistlichen Stande an-
gehörenden und unausgesetzt fiir ihn agitierenden Sohne, sowie zuletzt in Folge
tliatkrafligen Eingreifens des danischen Königs Christian gelingt, den lUirger-
mcisterstuhl, auf den er sr. Zt. hatte verzichten müssen, wieder zu erlangen
und bis ans Ende seines Lebens (1475) zu behaupten.') Auch hier werden,
ebenso wie in der Kantzkow'schcn Sache, die Kinmischungen auswärtiger
Gewalten in den Rechtsgang von den einheimischen Instanzen, dem Rath der
Stadl und dem regierenden Herzog des Landes, iibel empfunden und nur mit
Verdruss ertragen. Indessen ist dagegen ebensowenig etwas auszurichten, wie
gcgci\ die Vchmc der Freigrafen, die sich im Laufe des XV. Jahrhunderts
mehrmals mit ihren lästigen Erlassen, z. B. 1439 — 1442, 1470« 1489— 149 1, in
Privatangel^enheiten Wismar'.<wher Biliar meldet, durch die Art ihres Vor-
gehens aber bekundet, dass sie sich iiberlebt hat und daher auch wohl an
ihrem Theile mit dazu beigetragen hai)en wird, dass der Kaiser Maximilian
am 2S. Juni \ \<)^ den Herzogen Magnus und H.illliasar von Mecklenburg das
l'rivileg ertheilt, tlass ihre Lnterthanen nicht vor auswärtigen, insbesondere
westfälischen Gerichten sollen belangt werden können, falls nicht das Recht
geweigert oder »gcfcrlich« verzögert werde.*) Zuletzt sei noch bemerkt, dass
*) \gl. die Ht:3ltiiiiliche (Jl-m:! lichte Uic«vr L'ixuhcti vuii I)r. Fr. Techcii im M. JahrW. I.\r%
S. I — 138.
') Vi;], die an$iHhrliche DanteUung •Uescr llXndcl durch Crull im M. Jahrb. XXXVI,
S. 55— loü.
TeclKR, M. Jahrb. LXl, S. 15—74.
Üiyitizeü by i^ÜOgle
GESCmCHTB DER STADT WISMAR.
17
in die zweite Hälfte des XV. Jahrhunderts die Fortrühriing und Vollendung
der jyrossen Kirch« 11 St. Nicolai und St. Jiirfjen fallt Sie kommen unj^'efahr
bis 7.U dem Stadium, 111 welchem sie sich heute noch behnfien.') In das letzte
Jahr des Jahrhunderts fallt endlich auch eine nicht unwesentliche Vcr^rösserung
des Stadtgebiets durch den Ankauf von Hof und Mühle Dammhusen.*)
Die Reformationsbewegiuig des XVI. Jahrhunderts greift in Wismar
ebenso früh um sich wie in Rostock. Schon im Jahre 1523 predigt der
Franziskanermönch Hinrik Never, der 1525 zum Guardian seines Klosters
bestellt wird, im Sinne der Reformation, findet aber spater wcfjcn caK inistischer
und anabaptistischer Anwandlun^^en in den Augen Martin Luthers keine
Gnade und verliert deshalb bei der ersten grossen Kirchenvisitation im Jahre
1341 die Erlaubniss zu predigen. Zugleich hören im Grauen Kloster Singen,
Lesen und CHorgesang auf, und Kirchhof wie Kirdie werden geschlossen.
Die Schätze des Klosters werden nach und nach vom Rath zum Resten der
Stadt verwendet, und in den Mauern des Klosters blüht seit 1541 die lateinische
Schule auf Wegen Säumigkeit im Zahlen der Renten, womit die Laien der
alten Geistlichkeit vielfach ihre Missachtung und Geringschätzung bezeugen,
übergeben die Kirchen -Prokuratoren von St. Georgen schon im Jahre 1535
das gesammte Vermögen der Kirche dem Rath mit der Bitte» die Geistlichen
daraus zu besolden und die Armen des Kirchspiels zu unterstützen. Der
Rath thut das, wird aber dadurch später in Processe verwickelt 1537 löst
sich auch die mintlere Kalandsbrüderschaft auf, sie ubergiebt ihre F.inkiinfte
(lern Rath zum Besten von Schulen und (ieistlichkeit. auch werden Stipendien
davon gestiftet; jedoch bedingt sie für jedes ihrer Mitglieder bis zu dessen
Tode die Zahlung von 12 Mark jähriich.') 1552 wird der St. Jacobshof zum
Besten der Armen verpachtet. Am längsten hält sich das Dominikaner-Kloster.
Es bleibt unberührt von dem Sternberger Landtagsbeschluss des Jahres 1550,
nach dem das Papstthum in Mecklenburg gänzlich ausgerottet werden soll,
und erhält noch 1552 einen Prior, der bis 1564 im Amte ist*) In diesem
Jahre nimmt ihm der Rath die Verwaltung ab. Den 17. October 1555
beschliesst dieser auch auf Antreiben des Herzogs Johann Albrecht, von
>) CruU, M. Jahrb. LVI, S. 2a ff. Techen, M. Jahrb. LX, S. 179 fr.
*) Ungedrockte Urkanden (Teeben).
*; Im Jahre 1552 werden die bb diU« M die ktsten nodi lebenden ehemaligen KuLiiul^-
mitgltcder gezahlten Aufkttnfte zweier geistlichen I.ehen nur Verbesserang der rredigcrütcllcn
von St. Marien verwendet Ueber Kalandsangck-gcnheilen vgl. »ach Schräder, Wisa. Eniiingc,
S. 119— 183.
'j Kinc Urkunde vom 12. Januar 1476 (Techen) zählt eine Reihe von Kleinodien des Klosters
buf, von denen zur Zeit der Rcformaliontwirren ein Theil durcli den Friur Joh. Brakel und seine
Partei nach LSbeek in Bftnd Hogeveld't Hans gebracht ond 1476 dnieh den Rathmann Bertold
Nygcmann und den Rathssekretär (nittfriLtl Pcr!>L-v:ile nach Wism.ir ^urilckgL'l'.öIt worden, ein
anderer Tbeil aber zor Deckang von Anleiben mit Einwilligung der ubersien Prälaien des Ordens
hefgegeben worden war. Uebriggeblieben waren 1476 noch acht vergoldete Kelche md acht ver-
goldete P.ucncn, eine vergoldete Monstranz, ein nicht vergoKIrtes Kreuz, zwei mit Edelsteinen und
rerkn gcsclimückie Vur^pangeo (vorspanne) Und zwei vergoldete Kusskceose (petiecmoe, paces,
paciticulia, s. u. Ali-tiaarzj,
8
Üiyitizeü by LjüOgle
GESCHICHTE DER STADT WISMAR.
19
sammdichen gdstlichen Einküniten der Stadt ein Veraeichntas aufzunehmen,
um davon Kirchendiener und Scluillehrcr, sowie arme Schüler und Studenten
zu erhalten.') Nachdem das KaiserUche Interim, durch welches dein Lutherthum
eine grosse Gefahr drohte, schon am l. August 1548 auf dem I lansetagc
zu Mölln mit grosser ICntschiedenheit abgelehnt war und ein Jahr später der
mecklenburgische Landtag dieselbe Sache durch gleichen Beschluss unterstützt
hatte, machen die Hansen (Lübeck, Hamburg, Rostode, Stralsund, Wismar
und Lüneburg) Im Jahre 1555 auch das Vorgehen gegen die (in Wismar noch
von Never's Zeit her geduldet gewesenen) W icdertäurer und Calvinistcn (oder
Sakramenticrer) zu einer gemeinsamen Sache l 'nrl nun [gewinnt das Luther-
thum in Wismar durch Ilinberufun^ der SupennteiukiUcn i-'tciler (155^ bis
1562J und Wigand (1562 — 1567), die beide zu den Fiissen der Witlenbcrger
Reformatoren gesessen haben und von denen der zuletz^enannte die ehi-
grdlendste Wirksamkeit in Wismar entfaltet, für alle Zdten die Oberhand.")
In die zweite Hälfie des XVI. Jahrhunderts fMllt femer der der Stadt
zu grosser Zierde gereicfaefide Um* bezw. Neubau des Haupttheib vom Fürsten-
hof im Geschmack italienischer Frührenaissance durch den Herzog Johann
Albrecht I. (1553/54) ') Öie Anerkennung dieses V erdienstes um die Stadt
wird freilich dadurch etwas geiiinnUtt, dass Rath imd Hurt^erschaft spater
(1560) genothigt werden, sich an der ülgung der herzoglichen Schulden mit
dnem erfiebUdien Beitrage zu bedieil^ren und zu diesem Zwedc «ne Acdse
dnzufiihren, die in der Folge zu vielen Undnigkeiten und auch zu Aenderungen
der Stadtverfassung Anlass gicbt (i 583 1600).*) Von nidit geringer Bedeutung
ist auch die Herstellung der noch heute die Stadt versorgenden Metelstorfer
Wasserleitung, welche 1570 vollendet und spater mit einer nach der Be-
lagerung des Jahres 1675 angelegten zweiten Wiisserleitung aus dem Fischer-
teich her verbunden wird.^) Endlich nimmt auch ein Werk um diese Zeit
seinen Anfei^, dessen endgültige Vollendung immer nodi gewünsdit und
erwartet wird: die Wasserstrasse vom Sdiweriner See her oder die sog.
»Viechd'sche Fahrt«. Nachdem es im Interesse Wismars schon vom Jahre
14 12 her eine lange Reihe von Verhandlungen und Verträgen über den für
die Hansa ulicraus wichtigen Salzvertrieb von I.ünebur;^ her j;egeben hat und
ein erster l'ntuurf zum Wismar- Schweriner Kanal im Jahre 1480 auf Befehl
des Herzogs Magnus hei^gestdlt worden, gewinnt später der Gedanke einer
Verbindung der Stadt mit dem Schaalsee die Oberhand.^ Doch dieser
') Avch Syndikus und Physikus sollen davon haben.
*) Cnün, die Reformation der chrütlichen Kirche in Wismar. Denkschrift bei Gelegenheit
der 30ojShrigen JubelAicr der an «9. September 1541 Im ehemal^tn FraiiziilMner{Grsuea>)ICIosler
getUftetcn grossen Stadtschale. Wiümar 1841. Rathsbuchdruckerei.
■) Sarre, Fürstenhuf im Wismar, Tat. XV. Crull, M. Jahrb. L\, QnartallHT. S. iS - 20.
*) Schiöder, kurze Beschreibung der Stadt und llerr^chalt Wismar, S. 21 7 ;,aUc und neue Auflage).
*) SehiBder, I. c, S. 185 (28a). RMbe-Qnade, VamUndikmide I, S. 144s.
*) Die «wischen 1550 und 1560 hergestellte Sude- und Schaalcfahrl ist der Anla^ da: u,
Sie ist Aach Anlu», das sich 1588 die Lübecker um eine Vereiiiicung des Katzcburger Sees mit
8»
Üiyitizeü by LjüOgle
20
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Plan scheitert an Gegenbestrebungcn. Inzwischen hat der Sohn des Herzogs
Magnus, der Herzog Albrccht, mit Hülfe des Wismar schcn Raths den Schiflf-
graben vom Schweriner bis zum Lostener See ziehen lassen, aber auch ihm
fclilts an Geld und an der Zustimmung seines mitregierenden alteren Bruders
Heinrich. Erst die Knkcl des Herzogs Magnus, die beiden thatkräftigen
Herzöge Johann Albrecht und Ulrich, des vorerwähnten Herzog Albrecht's
Söhne, nehmen die Sache allen Ernstes von Neuem auf, stellen von 1 567
bis 1572 mit Hülfe des Mathematikers Stella von Siegen die sog. »neue Eide«
bei Dömitz her und eröffnen 1572 die Schifffahrt von da bis Schwerin. Nach
Johann Albrecht's Tode lässt Herzog Ulrich die Arbeiten im Jahre 1 577 ') bei
i
I*
LLV S T RI S S 1 M V S : ?Rl N C E P S . DN Vi .RIC Y,S.
DVX.MLGAPOL.VT. CON SV LtRET.VTI J-l
TATI.RVORVM.CIVIVM.SAPIENTI.CON^
SIUO^RECTO.SVMPXV. NAVIGATIONEN^ 1
jCOMPLNDIAKIAM.EX.OCCIDINTAU.OCF. '
ANO.AD..MARL. ORirNTALE.Nt.fAVCf&
ANGVSTAS . Ft. PtRlCVLOSAS . LON GlSSIMA.
VlA,AMBIR£wMFJlCATORlBVS.NF.CESS^.W
ßFT. PRIMVS. PATIFtCIT. ACTT5. f OSSIS.
DOMITIO. AB.Al.BI.PFR.tLDAM. VLWIVM.
iN. r.ACVM.SVLRlNKNSEM.tT. INÖE. IN^
MARF . BALTHICVM. ÄD . VCU;MARI AM_-' .
AnMO . Cn. 13 . I.XXIIX .
I
Urkunde des Herzogs Ulrich im Museum zu Schwerin.
Viecheln beginnen. Der Kanal ist 1582 bein.ihc fertig, da weigert .sich 1583
der Landtag, zur letzten X'ollcndung das Nöthige herzugeben. Nichtsdesto-
weniger wird das Werk lang.sam weitergefiirdcrt, und 1594 fahrt zum ersten
dem Schaalscc hcmUlicn, um von der Wakenitz her einen Anschluss zu erreichen. Vgl. Norrmann,
Ucbcr Wismar.'i I landclsla^^c und deren Benutzung in älteren Zeiten. Rostock 1804, S. 64.
') Die hier abgebildete auf Solcnhofcr Stein sauber und zierlich hcrjjcstclllf Urkunde, welche
1840 aus der Naturalieiisnmmlung des Sl'IiIo&so in die A]tL-rthuni!>.v-immlunL'. übcrginf;, <><'tzt stnit
1577 das J.ilir 1578.
Dlgltlzed by v^jt^ju^le
GESCHICHTE DER STADT WISMAR.
21
VbX ein von der F.lbc und Eide hergekommenes Salzscbiff bei Viechein in
den neuen Kanal und gelangt bis Wismar.') Aber der allgemeine Verfall
Norddeutschiands in den '/.nU-n des drcissip^jahrifren Krieges, jener X'erfall,
der, nachdem in Folge Aufljliilieii.s ties hollandischen und englischen Handels
die Beziehungen Wismars zu Narva, Reval und Schweden schon im Jahre 1570
erioschen sind, nun auch den Handel mit Spanien und Portugal vollständig
serstört, verringert sdbstverständUch su gleicher Zdt das Interesse an den
Aellere Ansidit von Wimar (1595).
Auf Befebl des WUmar'scben RaibcB in Knpfer pitocliea.
Wasserstrassen im Innern des Landes und somit auch an der Viechel'schen
Fahrt. Freilich taucht diese von Zeit zu Zeit immer wieder auf, wie z. B. im
Vgl. die Nndtil^t bei NonoMmn, 1. c, S. 69 : «Fut ia allen vorluuidenea Nachrichten
^ileief Schriftsteller wird als ausgemacht ani;iiiiimmcti, dnis soiulcm !iicli!s wcittT f^. vclichcn iiml
der Kanal unvollendet geblieben sei. Der Kanal ward aber wirklich vullcndci und im Jahre 1594
ertübel, indem ein Schilf mit Salt beladen von Lanebuig ans durch denselben gerade nach Wismar
ging. Allein der Theil desselben zwischen dieser Stadl und Viechein ward bald wieder 5c)iadliafti
da die Erde, wegen des Sandbodens anfing naehzuschicsscn. Wismar licSü sich die Ausbesserung
nicht genug angelegen sein, ungeachtet man von Lüneburg aus einigemal darum anhielt und sich
uüA m GddliSlfi eibot.€ Knwfs Gesch. d. Schaalfthrt ia den Annalen der Braunscbweig-Lline-
burgischen Kurlande, St. 2. S. 20 flf hhcIi einer Angabe in der I,Üiiebur^''>Lhen Chronik von Elvers,
der in der ersten iUUfie des XVI. Jahrhunderts Bürgermeister und Syndikus vun LüiieLiurg war.
Üiyitizeü by LjüOgle
33
AMTSGERICHTSBBZIRK WISMAR.
Erbvcrc^Icich von 162 1, in den Wallcnstein'schcn Kostenanschlägen, bei denen
es sich darum handelt, SchifYe von 50 bis 60 Last, nicht blos solche von
20 Last, wie ehemals, hindurcluufuhren, auf den Landtagsverhandlungen von
1723 und 1724, u. s. w.*)
Mit dem drelssigjährigen Krieg verliert die Geschichte Wismars immer
mdir an Literesse. Am 10. October 1637 ergiebt sich die Stadt den
Kaiaerlidien, die sie mit tausend Mann besetzen, und nun b^men jene
Erpressungen (noch im selben Jahr mit nicht weniger als 69000 Thalem aus
den drei Kirchspielen der Stadt), bei denen nach Wallcnstein's eigenem Gc-
ständniss die Bürger verarmen. Sie hören auf, die I lansctage zu beschicken,
deren letzter übrigens bereits 1630 in Lübeck abgehalten wird. Die Sache
wird nicht besser, als 1633 die Schweden als Freunde tinzielien, sie braudien
ebensoviel wie die Feinde und hausen nicht weniger schlimm als diese. Die
Verstärkung der Festung, zuerst unter den Kaiserlichen gleich nach der
Occupation, und dann unter den Schweden in den Jahren 1635 und 1642,
hat zur Folge, dass die Stadt bei den Biokaden, die sie 1631 und 163S
erlebt, um so ärger verwüstet wird. Nach so vielen Drangsalen des Krieges
vollzieht sich der Uebergang Wismars an die schwedische Herrschall nach dem
Osnabrfidcer Frieden von 1648 anscheinend ohne patriotische Beklemmungen,
der Henog empfindet oflenbar mehr dabd als die Bürger, die im Januar 1649
auf Oxenstiema's Befehl aufhören, Sonntags für ihren alten Landesherrn zu
beten, und am 17. Mai 1653 den schwedischen Gerichtshof, das sog. hohe
Tribunal, in den l'^ürstenhof gelassen einziehen sehen. Unter schwedischer
Herrschaft bleibt Wismar — mit Ausnahme zweier kurzer Perioden vom
Winter 1675 bis 1680*) und von 17 16 bis 1720*) — bis zum Vertrag von
Mahnö am 26. Juni 1803. Durdi diesen Vertrag wml es zusammen mit der
Insel Pod und dem Amt Neuldoster um die Summe von issocxx) Thaler
*) Nomuiui, 1. S. 9, 71 fi^ Bnrmeiiter, H. Jahrb. X, S. 198 fl. (Ralhiprotoliolle)^
Unerfindlich bt M, wie der von Nienumd Midcrt tla den Hcrxögcn hcrgettellta Kunl In Mond
der Leute m dem Namen «Wallensteingraben« gelangt ist, denn in der Ttut ist man trihrend der
kur7pn Rcpicnmpipcrioilc di-s FritdlSnders Uber Kostenanschläge nicht hinausgckOaUMO. Y^. Wich
Schröder, I.e., S. 182 183 unil 705;. Ra.ibc Qij.kIc, Vaterlandskundc I, 201.
*) Unter dänischer Herrschaft; nach der Schlacht bei i chrbcUiti rücl^cii erst die Branden-
htagn nnd necbher die Dlaen vor die Stadt, die ab nach heftiger Bcadiieawng em »%. Deoenber
1675 einnehmen. Auf Grund <lcr ViTträ{^c von PoOtaiAebleau und Lwden wird Wismar 1680 an
Schweden zurückgegeben. Wismar wird nun zn einer Fcilung aut achtzehn HauptwUlen, zwei
Rarelini nnd twei Citadellen erboben. V|0. Schrtder, L &> S. syoff. (2740*.).
*) In nordiidien Krif^ eisiebt sieh Wisnar, nachdem es 1711, 171s und 171$ drei
Biokaden erlebt hat, von denen die letzte neun Monate dauert, am So. April 1716 den verbündeten
DSnen, PiensMn und Hannoveranern. Nun werden die starken Festungswerke geschleift, die u. a.
der Czar Fteter der Grosse, der am 26. Mai 1716 in die Stadt Icommt, mit besonderem Interesse
besidit^ La Frieden nh Diacnaric tob 3. Juli 1710 gelangt Wiaaar an Schweden nit da
Bedingung zurtlck, daas es eine ofTene Stadt bleibe, und feiert darauf - wie schon öfter bei
früheren Cclegenhcitea — am 28. März 1721 und 29. Januar 1722 zwei grosse Dank-, Jubel- und
Uvldigitngifeste; Vgl. Sduttder, 1. c, «7301 (3761t) und 236 (ßif).
Üiymzeo by Google
GESCHICHTE UER STADT WISMAR.
23
Abriss der Königl. Schwedischen Festung Wismar, wie selbige 1716 fortificiert gewesen.
Erklärung der Zahlen und nuchttahcn:
1. Bastion Gustav Adolph.
2. Ravelin Horn.
3. Bastion Alcxand. mag.
4. Kavclin de b Garde.
5. CitadcU Dahlberg.
6. Ravelin Stuart.
7. Itastion Carl.
8. Ravelin Prinz Carl,
9 Bastion Cavalier.
10. Bulion Jul. Cäs.
11. Ravelin Banner
12. Ciladcll Güldenstem.
13. Ba«tion Carl Gustav.
14. Bnhtion Aiigustus.
15. Kavelin Kitterhiclin.
16. Bastion Hanniball.
17 Ravclin Ilaggc,
18. Bastion Cyrus,
19. Ravelin Mühen.
! 20, Bastion Gustavp Primus.
21. Bution Graf Konigsmarck.
22. Bastion Graf StcnlK>ck.
23. Bastion Graf Wrangel.
24. Bastion König David.
25. Ba&liun St. Erich.
26. Ravelin Tor&tensuhn.
27. Ua!>(ion Scipio,
28. Bastion Alartcus.
29. liastion Ve:>p.i5ianu$.
30. Grothhiusena Schanze.
31. Place d'Armcs.
32. Defensions- Linie.
33. Tennille, Platter Camp.
34. Gerber- Haff.
a. St. Marien -Kirche.
b. .St. Nicolai -Kirche.
C. St. Georjjen - Kirche.
I d. St. Geist - Kirche.
c. Die Gran - Mönch - Kirche u.
Schule.
f. Das Schwarze Kloster und
VVaLsenhaus.
g, Das Arsenal.
Ii. Der grosse Markt.
i. Das Kathhaus.
k. Das Tribunal oder Fürsten-
haus.
1. Die \\'a.sser- Kunst,
ni. Die Waage,
n. Die Mühle,
o. Das Lubüch« Thor,
p. Das Pöhler Thor,
q. Das alt Wismar-Thor,
r. Die Witidpforte.
s. Das Mecklenburger Thor,
t. Der Bauin.
Nach einer coloricrtcn Federzeichnung im Grossli. Museum zu Schwerin.
Digitized by Google
24
AMTSGERICHTSBBZIRK WISMAR.
Hanibui<;c t Banco vom Henog Friedrich Franz als Pfandbusitz iiir Mecklen-
Von sönstiL^cn Dingen und I'"rciLfni.ssfn, welche Pur die (jcschiclitc der
Stadt in diesen Zeiten nicht uline Bedeutung sind, mögen Iblgende genannt
werden: der Sturz des nodi immer nicht wiederhergestellten Dachreiters auf
dem Thurm von St. Marien durch einen Sturmwind am 4. Januar 1661, die
Explosion dreier I*ulvcrthürme in der Nähe des Lübischen Thors in Folge
Blitzschlages, wobei sowohl das Tlior als auch viele Häuser beschadif^ wurden,
der Sturz des gleichfalls noch nicht wieder hergestellten Nicolai -Thurmes am
Sonnabenti vor dem 2. Advents -Sonntage 1703 in Folge heftigen Sturmes, und
der Aufentlialt des von Kaiser und Reich abgesetzten Herzogs Karl Leopold
in der Stadt von 1735 bis 1741, der während dieser Zeit mitten in seinem
eigenen Lande auf schwecfischem Territorium vor seinen Bedrängern Zuflucht
sucht und findet*)
Dass das im XVIII. Jahrhundert von seiner politischen Höhe immer
mehr henintersinkende Schweden der ihm in unnatürlicher Weise angegliederten
fremden Statlt kein belebendes Blut zufuhrt, kann nicht Wunder nehmen.
Auch ist es nicht im Stande, während des siebenjährigen Krieges die Be-
setzung und Brandschatzung seiner meddenburgischen Territorien durch die
preussischen Truppen zu hindern und überhaupt etwas zum Schutze Mecklen-
burgs zu thun, dessen Landesherr den Verdruss I'riedrichs des Grossen in
besonderer Weise dadurch erregt hatte, dass er, ein Bündniss mit Frankreich
schlicsscnd und seine eigenen Truppen unter die Obhut Schwedens stellend,
auf dem Reichstag in Rcgcnsburg mit alkusclmcllcm Eifer an die Spitze
derer trat, die die Reichsacht über den preussischen König verhängt wissen
wollten. In demselben Maasse, wie das ganze Land durch die mehrmaligen
preussisdien Occupationen belastet wird, leidet auch das als sdiwedischer
Besitz behandelte Wismar, das gleichwie Rostock im Jahre 1757 jjreussischen
Truppen .seine Thore öffnet.') Jahrelang hat die Stadt mit der Abtragung
ihrer Schulden zu thun. Noch ist sie damit niclit fertig, da brcclicn die
*) Zorn VenRlndnl» der Scmnie nag danraf hlngcwieien weiden, du» nedi einer von Von-
mann, 1. c, S. 6 Tnit^i-tlifiltcn .M]ri'chnung vom Jahre 1799 *lic von ein- ond au^j^i'hendin
SchifTen und Wuren erhobenen schwedischen Licent- Gelder jährlich mehr als tiooo Rcicbslhalcr
Spedei, die ans der Stadt erhobenen Kontributionen jios ReichatlMler, ^ Faditgeidcr von den
Fcatongiwerken 6 — 7000 Reichsthaler (I) «nd die EinnaliiBea aus den Aentem Foel and Neu»
kloiter 30000 Kcichsthalor hrtm^n.
^ Schrüder, 1. c, S. 309 (305), 293 (289). liull, Ges-ch. Mecklenburgs II, S. 267 ff.
*) In der Zeit vom Deceaiber 1757 Us xom 1. Jnni 176a bat daa Land MeeUenboig
14864921 ^ 6 JS. l 3^ theils baar, theils in Lieferungen alKr Art gezahlt und 4395 Rekruten
gestellt. Mit den Zinsen erhöht sich die Samtne auf 16 559975 33 JÖC I ^. Vgl. v. Schultz,
M. Jabrb. LIX, S. 67 ff. Nach einer 1763 aufgemachten Abrechnung zahlte die Stadt Wismar, die
sttgleicli die aof die Krone Schweden für Poel und Neakloaler entlidleoden Summen vorschicssen
miUSte, in den Jahren 175S I is 1762 in tlani.ili};<-ni fchUclHcn r.cliU 735300 ^5'- 1 5 jf. 8 Alle
GOler und NSuser der liürgcr mu^istcn, um das Geld aufzubringen, verpfändet weiden. ^Miiihciluiig
von Techen, ans den Stadtakteo.)
bürg zurückcru 1 >rl)cn.')
GESCHICHTE DER STADT WISMAR.
25
grossen Krict^sdrantf^vrilc ik-r Napolcoiiisclu n Zeit lu-rcin und untcrt^raben aufs
Neue den Wohlstand der eben wieder niccklcnbur^isch c^cwordcnen Hür^cr-
schaft.') Nichtsdestoweniger sind Handel und W andel ini XIX. Jahrhundert
langsam, aber stetig gewachsen. Der Seehafen hat vor wenigen Jahren
(1893/94) durch Anlage dnes zweiten Beckens eine bedeutende Vergrösserung
erfahren; die Stadt selbst hijfft in unsern Tagen die seit langem geMrünschte
Landstandschaft zurückzuerhalten und dadurch aufs Neue in einen für beide
Thcile fördersanien enj^eren Verband mit den allgemeinen Interessen des
Laniies zu treten, wenigstens haben die notliw endi^^en X'orverhandlungen hier-
über berdts stattgefunden; und sollte es gelingen, die von verschiedenen
Seiten wieder angeregte Frage der Wasserstrasae vom Schweriner See zur
Ostsee zu dner endgültigen Lösui^ zu bringen und damit reditzeitig em,
wenn auch noch so geringes, Aequivalent gegen die grosse Hegünstigung
Hamburj^s durch den Nordostsee-Kanal und der Scliwesterstadt Lübeck durch
den Ausbau ihres eij^'enen Kanalsystenis zu schaffen, so wiue das die I^rfüUung
jenes testamentarischen Vermächtnisses, das Herzog Johann iAlbrecht 1576 den
Semen hhiteriiss (cf. Norrmann, 1. S. 68) und zugleich eme Aussöhnung
mit dem Genius der Landesgesdiichte, der in dieser Sadie unermüdlidi von
Zeit zu Zeit an <!He Pforten derer geklopft hat, die es angeht
') Vgl. Cniii, WioMHi ScUcliMle «ihicod der fnnsüiiwiMa Kri^ Denkbllticr mr Fekr
de* 19. Ai«ttit i8S3. Wimar, Rathebttchdankketci.
Omuaent
von der Kamel in SujUrgea.
Diyitizeü by LjüOgle
AMTSOERICHTSUKZIRK WISMAR.
Gruudriss der Maxien -Kirche.
Digitized by ^jOO
Digitized by v^uo^Ie
Von den ChorKhranken in St. Marien.
Die St. Marien -Kirche.
|anbeschreibang. Die Marien -Kirche ist ein {^ewalti^er Bau von Hack- Bcschrei-
steinen, die theilweisc nn den Thurm-Kapellen und den dazu gehörigen ^'^K
Pfeilern glasiert sind. Doch finden sich auch Kalkstein Werkstücke, sie sitzen
Baues.
an den Ecken der Thurmmauern und wechseln dort mit Zicgelstcinschichtcn
ab, deren Höhe der ihrigen durchweg gleich ist.') In ihrer Grundform stellt
der
Eine gleichmässige DurclifUhrung des Sockels der Kirche wiitl vermi.<i5t. Kr fehlt an
guuen Westwand, aii der Üstwaud der Sakristei, an der Wutwand der nördlichen Halle und
Digitized by v^jou^le
28
AMTSGERICIITSBEZIRK WISMAR.
sich die Kirche als ein dreischiffiges Langhaus mit erhöhtem MittelschifT und
einem aus dem Achteck construierten Chor dar, dem in späterer Zeit auf
jeder Langseite eine der Kirche halb und halb das Aussehen einer Kreuz-
Kirche') gebende höhere Halle und ausserdem mehrere Kapellen angebaut
sind, die, in das Ganze mithineingezogen, den Raum bedeutend verbreitern.
Die Scitenschific sind etwa halb so hoch wie das Mittelschiff, das eine Höhe
LSngsschiiiu der Marien- Kirche.
von 32,66 m und eine Spannweite von 10,3 m aufweist. Die nördliche Halle,
der Kapcllcnkranz des Chonimgangcs, sowie die beiden Kapellen zwischen
den Hallen und dem Umgänge, haben dieselbe Höhe wie die Seitenschiffe.
Ihnen kommen auch die in anderen Maassverhiiltnisscn ausgeführten Kreuz-
scheint auch an ilcii durch die angclchnlcn Kapcllcnbiiulen ins Innere gezogenen .Strc-I>eprcilern der
elieinalifjcii allen Lainjseilcn nichl vorhanden gewesen zu sein. An «1er Nordwand der Thunn-
Ka|>elle, der Sudhalle und den L'mgangskapellen dagegen ist er vorhanden. Hier hat er zwei
AbwSs^erungen und läuft auch über die I'tciler der zuleuigetiannten An der Nordseitc »uwie an
den Kapellen der Nordseitc (hier mit l'nlerbrechunjjen) hat er nur eine AbwSsserung. Ueber die
ganze Sud:^>eile der Kirclie läi>l sich des hiiher gclc^jten rtl.istcrs wegen nicht* (»cwi!>M.-s sagen.
') Crull, M. Jahrb. XI.VIl, S. 104.
Digitized by Google
Inneres von St. Miiru'i. 711 Wismar.
Digitized by Google
ST. MARIEN KIRCHE ZU WISMAR.
29
gewölbc der r)op|>clkapclIen zu bcitlcn Seiten des Tluirmcs, sowie das der
Kapelle östlich von der Südhallc und das des Thurmes selber ungefähr j;lcich,
die übrigen Kapellen aber sind etwas niedriger, nur tlie Halle auf der Südseite
ist bedeutend viel höher eingewölbt. Schmucklos und einfach erscheinen die
achtseitigen, auf den I-Icken mit dünnen Kundstäben bewehrten l'feiler, welche
das Mittelschiff und die Seitenschiffe trennen und von einem niedrigen Sockel
in entsprechenden Formen aufsteigen, [einfach ist auch der Kapitellschmuck
der Pfeiler, der dadurch gebildet wird, dass unterhalb des Kampfergesinises
ein geputzter, von zwei horizontalen Stäben und Hohlkehlen eingefasster
Fries angeordnet ist, der ursprünglich mit roihen Ringen bemalt war.') Von
den die Gewölbe der Seitenschiffe tragenden Diensten steigen die mit den
inneren Hauptpfeilern sowie den Fcken der Umgangskapellen verbundenen
unmittelbar vom
|'"ussb<Klen
empor, die mit
den äusseren
Iii
-4^
Strebepfeilern
verbundenen aber
beginnen jetzt in
vi.T.schie<lener
I iölic, da v«>m
unteren Theil
mehr otler
weniger hinweg-
geschlagen ist.
Ihre Kapitelle be-
stehen aus Kalk-
gu.ss und sind
mit Blatt -Orna-
menten, in der Südhalle auch mit Menschenköpfen verziert. Die Dien.ste,
welche das Hochgewölbe tragen, sind Ründcldienste, .sie .setzen im Chor,
soweit sie nicht später abgeändert sind, etwas unterhall) tler Kapitcllkränze
auf gestürzten Kegelstüm|>fen an, denen zum Schmuck, ähnlich wie in der
südlichen Halle, phantastisch geformte Menschenköpfc untergelegt sind. Hei
den übrigen Pfeilern der Kirche (und in Folge der .Abänderung auch theilwei.se
im Chor) nehmen sie ihren Anfang höher herauf zwischen den Pfeilerbögen,
theils auf unbearbeitet gebliebenen Steinblöcken, theils, wie im Chor, auf
Kugelsegmentcn mit ausgewickelten ICcken. Oberhalb der Pfcilerbögen läuft
ein von den Bündeldiensten unterbrochener schmuckloser Fries unter einen»
QuencliniU der Marien- Kirche.
') Die beiden westlichen Pfeilerpaare unterscheiden sich von den übrigen dadurch, dass üic
auf ihren acht Seiten mit aufliegenden birnförinig profilierten Verticilbtäben belebt sinil.
*) Von diesen werden vier auf der Nordseite mit untergelegten Küpfcn gcir.ijjcn, die laut
Kirchenrechnnng von der Hand des Philipp Brand in am Ende des XVI. J.ihrhundcriü :iu!>(^efiilirt
sind (vgl. M. Kiiiiiil- u. Gesch.- iJcukni., lid. 1, S. 353).
Digitized by v^jOO
30
AMTSGCRICHTSBSZIRK WISMAR.
ebenso dniaclien Gesimsbnndc entlang, auf das unmittelbar die Fensterpfosten
des erhöhten Mittelschiffes aufsetzen. In dem als Blende behandelten unteren
Theil dieser Fenster sieht man je eine spitzbcij^^ij^c Lichtöffnung, die für den
Dachraum oberhalb der Gewölbe der Seitenschiffe und des Chorumganges be-
rechnet ist. Beachtung verdienen femer die in der Mitte der beiden Hallen
stdienden sdihnken achtseitigen Pfeiler, weldie als Träger von vier Kreuz-
gewölben ausgebildet sind, und von denen der ndrdliche auf seinen Ecken
mit birnförmig profilierten dünnen Stäben, der südliche mit glasierten Rund
Stäben verziert ist. Unterhalb der ("rL-wulhr des erhöhten Mittelschiffes ist die
herkömmliche Verankerung mit rej^elrccht beli.uiencn und bemalten Holzbalken
lückenlos durchgeführt. Die Fenster der Kirche sind spitzbogig und der Mchr-
sah! nach dreitiieilig, jüngere ^dertficilige Fenster finden sidi In der West-
tac^ide und den später angebauten bdden Hallen sowie in der Sakristei auf der
Nordseite, ältere zwcithcilige Fenster dagegen, von den Lichtöffnungen des
Thurmes abgesehen, in je einer (der westlichen) der Thurm -Kapellen auf der
Nord- und Südseite; Rundfenster, die jetzt vermauert sind, gab es ehemals
unter den Fenstern der Thurm - Kapellen auf beiden Seiten der Kirche. Wie
am Pfostenwerk in den Fenstern der Qu>r-Kapellen noch heute kleine Kapitelle
in Kalkgusa vorhanden sind, so fanden sich solche auch an den beiden zwei-
tiieiligen Fenstern der Thurm-Kapdlen.
An die S^e des früheren Lettners ist eine niedrige Schranke mit
Gitterthfir in der Mitte getreten.*) Gegen die SeitensehifTe hin wird der Chor
durch Schranken aus dem zweiten Viertel des XV. Jahrhunderts abgi^;renzt,
die im unteren Thei! atjs einer Holzwand, im oberen aber aus einem schmied-
eisernen (iitter bestehen und mit breiten Bandstreifen verschiccienartigcn
gothischen Schnitzwerks umgeben sind, in welchem mit Ranken verbundene
stilisierte Rosen und Heiligen -Medaillons die Hauptmotive bilden.*) An den
oberen Ecken der Nordost- und Südostsdiranke befinden sich vier gdehnte
Schilde, die mehrmals die Reliefbilder von Schwanen (Böddeker'sches Wappen,
S. M. Jahrb. XXIV, S. 24 ff.) zeigen. Die ehemalige alte Blattbekrönung ist
nur an den den Hallen L^egcniibcrlieL,'ciulen Schranken erhalten. Dem Altar
zunächst jederseits, nach Norden und nach Süden, eine ursprünglich angeordnete
Gitterthür mit gleicher Einfassung, deren innere Seite am oberen Rande eine
Stifter-Inschrift zeigt: tote fltO tmo tlicalfUI B^n**)
') .'\n dem kleinen Altar vor dem Chor, der schon 1349 erwähnt wird (M. U.-B. 6987^', ist
noch 1816 cuDfirmiert worden, nachdem der dazu gehörende Schrein bereits 1567 entfernt und
die Lodto mit GiUcrwctk feachlonni war. 1817 iit er, aaeb An&cidiaiiiiffn da Kfacheuailia
MaaHBann, gieidi «aderm Kirchenadumick, aar Pcier daa Rafannatiomfaliea bimreggeribimt worden.
*" In riiiem dieser Me<laill"n5, /uiinler't ncbrn f!rr .iltcn Thür nach Nordrn, «will, münd-
licher Ucberlieterung su Folge, der Fuclu» den Gänsen predigend dargestellt gewesen, aber auf
Aoordnaaf des Sttperinteadenten Koch weneneitsdt sein.
*} So auf der SOdthttr, auf der NordthUr steht im Namen des Stifters y statt i. Die der
Sakristei gegenüber angebrachte Tliur ist eine rohe Kinlüguiig isp.ntcrer Zeil. Schranken sind
jetzt einfarbig hellbraun Uberuiall, was die \Virkung der Schnitzerei nicht gerade critolit.
Üiymzeo by Google
Digitized by v^joo^le
ST. MARIEN- mCHB W WISMAR.
31
Die Dachgesiinse des Hochschiifes sind schmucklos; unter dem des
Chorumganges ist auf geputztem Grunde ein Klet-hhittfrics aus glasierten
schwarzen Formsteinen anj^cbracht. Der Üachfries der früheren Aussenseite
war, wie die N'ordseite zeigt, von glasierten - Kreuzsteinen« gebildet (Cruli,
M. Jahrb. XLVII, S. 96, Taf. 1, Fig. 1). Derselbe Fries zeigt sich an der
südlichen Langwand, während der an der nördlichen aus Vierpässen zusammen*
gesetzt ist. An den Thurm-Kapellen fehlt der Fries, ebenso bei der dem
vierten Gcw olbcjoch (vom Thurm her) vorgelegten Kapelle der Nordseite und
bei (Irr an die f)st>-citc der SudlialK- angebauten, l'.in an die Fenstergesimse
sich anschlicssendis K.itti;iMms von glasierten Steinen lauft, mit einzelnen
Unterbrechungen, bei der Sakristei und der nördliciten 1 lalle auch über die
Pfeiler weg um die
ganze Kirche
herum, indem es,
bei den östlichen
Portalen an-
steigend, über den-
selben ein recht-
eckiges Feld
einsdiliesst.
Die südliche
I lalle trägt einen
1 )oppelgiebcl , der
durch einen I-'ries
aus glasierten
Formsteben vom
Unterbau ab-
getrennt wird und
d('<;';<n beide
Iheile sich
zwischen je vier
mit glasierten Rundstäben geschmückten Pfdlem entwickeln, die in Fialen
auslaufen. Jeder Giebel ze^ drei nicht ganz S3rmmetrisch abgestufte Blenden,
jede Blende ist unterhalb ihres Spitzbogenschlusses mit einer Rosette von
schwarzglasiertcn Formsteinen geschmückt. Ueber den niederen Blenden sieht
man Stücke von einem Fries aus h'ormsteinen , die .Schr;iguni;i n der Giebel-
mauer sind mit Krabben besetzt. Die nördliche Halle hat gleichfalls einen
Doppclgiebd. Unter ihm ein Dreipass- Fries von glasierten Formsteinen. Jeder
Einzelgiebel enthält drei al^estufte, durch einen Pfosten getheilte Blenden, trägt
eine Art prismatisdien Aufeatzes und wird durch zwei Pfeiler mit Fialen flankiert.
Die Kirche zählt neun Portale. Von diesen sind die in der W .'L .\ and
des Thurmes sich hernulenden, ihrer drei, gründlich \irhant und venlorben.
Die Portale in der ersten und fünften Ka])elle des l ingangs um den Chor
haben eine Laibung von vier birnformig profilierten Stäben und drei weiten
Hdliteii-McdallloM von dm Cbor-Sdmuilwa.
Üiyitizeü by v^OOgle
32
AMTSGEiaCHTSBEZIRK WISBlAR.
und tiefen Hohlkehlen; sie sind ohne Kämpfer- und Kapilcllgiicd entwickelt.
Die übrigen vier nach Norden und Süden sidi öffnenden jüngeren und üppiger
gestalteten Portale haben eine Laibung mit sechs, besw. sieben durch Hohl*
kehlen getrennten birnformig profilierten Stäben. Die gn'xsscrc Breite dieser
Schwingen oder Laibungen ist theils durch Vorrucken über den Mauerkern hinaus,
theil.'^ durch Anlage in einem grösseren stumpfen Winkel ermöglicht worden.
Das durch die bedeutende Höhe des Mittelschiffes mit seinem Ge-
wölbedruck bedingte Strebepfeiler- und Schwibbogen -System') ist mit grosser
Schliditheit, aber auch mit grosser Gleichmässigkeit durchgeführt Da, wo
die Strebepfeiler nicht durch Anbauten ins Innere gesogen sind, verjüngen äe
sidi nach oben durch drei- oder zweifache Abstufungen mit Wasserschrägcn.
F.in machtiger Tliurm mit Seitenkapellen schlicsst die Kirche nach
Westen hin ;ib. Dlt rechts und links durch Pfeiler flankierte untere Theil
der W'estwand schliesst m der Höhe der Gewölbe der Scitenkapellen mit
einem ungleich geformten Kleeblattfries imd wird durdi swei lisenenartige
Wandstreifen in drd Theile getheilt Oberhalb der sdion genannten, durch
Sicherheitseinbauten entstellten Portale dieser Wand sitzen drei hohe spitz-
bogige Fenster, von denen das mittlere gleichfalls verunstaltet ist. Das zweite
Gcschoss des Thurmes, an welches die Pultdächer der Scitenkapellen anii^elchnt
sind, umzieht gleichfalls ein Kleeblattfries, der, soweit dies das Oberschiff der
Kirche gestattet, selbst noch an der Ostwand sichtbar ist. An der Westwand
ist dieser zwdte obere Fries mit dem unteren Fries durch aufsteigende
Kleeblattfriese verbunden, die die Aussenseite der durch die Pultdädier
gebildeten Halbgiebel verzieren. Oberhalb der Pultdacher steigt nun auf
quadratischer Grundlage, breiter als das Mittelschiff, der eigentliche Kern des
Thurmes in tlrei Gescho.'iscn empor, und endigt mit vier dreiseitigen (iiehtln.
Kalksteingesimse trennen die drei Geschosse, und Friese ziehn sich am Kopt
des ersten von ihnen und ebenso am Kopf des letzten (unter den Giebeln)
entlang, der untere Fries mit Gebilden von Ehviblättem, von denen immer
vier mit ihren Stengeln zusammengesetzt sind, der obere als Kleeblattfrics.
Zweithcilige, theils in Blenden umgewandelte spitzbogige schlanke Lichtöffnungen
beleben paarweise die Seiten die.ser drei Geschosse, deren Fxken, wie oben
bereits bemerkt, eine Abwechselung zwischen Ziegelschichlen und Kalkstein-
wcrken aufweisen. Die mit verschiedenartiger Musterung aus glasierten Form-
steinen verzierten Giebel sind in späterer Zeit mit grossen Uhrsdieiben ver-
sehen, die einen erhebltdien Theil dieses Schmuckes leider verdedcen. Der
östlidie trägt überdies ein Schutzdach für die nach aussen gehängten Glocken
der Thumiiilir. Auf der Kreuzung <lcs mit Schiefer gedeckten Thurmdaches
ragte bis zum .Sturm am 4. Januar 1661 ein schlanker Dachreiter empor (s. o.
S. 23). Jetzt sitzt ein solcher auf dem Üstende des mit Monchsziegeln ge-
deckten Mittelschiffes.*)
') In der Wismar'schen Maureniprache hei&>en sie Kebogcn.
*) Er «tHBUt Mu den aecluiger Jaluen uhmki Jakrhnnderli. Der «m 4. Jiinuir liöl
herontergeiUlntc Dnehreilcr dei Thunaes war Mich nicht der «nie wi seiner Stelle. Ein Vorginger
üiyitizeo by Google
ST. MARIEN-KIRCHE ZU WISMAR.
33
Die an die Ostscitc der Nordhallc angebaute Sakristei verdient bc-
soiKiere Beachtunjf. Sie bildet ein mit der äusseren Schmalseite nach Norden
und der äusseren I^angscitc nach Osten liegendes Kcchteck und besteht aus
zwei Stockwerken und einem aufgesetzten, aus glasierten Formstdnen reich
entwickelten hohen Pfeiler-, Blenden- und Flalenbau,*) unterhalb dessen ein
breiter Fries mit KIcel)!attniotivcn entlang lauft (s. Abbildung.) Im unteren
wie im oberen Stockw rik drri s])itzbogigc l'cii^ter, zwei nach Osten, eins
nach Norden gekehrt. In der Ecke nach dem Chor hin ein achteckiger
W endclstcm mit Treppe,
die auf die Gewölbe der
Seitensdiifle und weiter
mittels dnes zweiten
Treppenaufganges, der
vom Dachraum des Seiten-
schiilcs her an die Aussen-
maucr des HochschilTcs
gelegt ist, auf die des
Hauptschifles fuhrt Im
Thurmgemauer zwei
antlere W'entieltreppen,
die auf die (jcwolbc der
Thurm -Kapellen fuhren
(s. Grundplan).
Von einer St. Marien-
Kirche zu Wismar hören
wir zuerst um 1250
(M. U.-B. 660. 661.
662). Aber es ist nicht
glaublich, dass si< h von
dem damaligen liau
irgend etwas erhalten
habe. Die grossartigen
Verhältnisse der jetzigen
Kirche deuten auf eine
neue und sj):itere Bauzeit.
Srhon eine fluchtit,'c Hctrai litung ergieht. dass der Thurm und seine Seiten-
kapcllcn von dem übrigen 15au gesondert werden müssen, und dass die Kirche
nicht von vorneherein in der Breite angelegt wurde, in der sie jetzt erscheint.
Man sieht, dass die äusseren Mauern der I^in^st iten i rst iii -päterer Zeit mit
nicht geringem Abstände vor die äusseren Strebeptcücr gelegt sind. Alte
Theile dkser Ikfouem sind noch bei den später in unmittelbarer Nähe der
Thurm-Kapellen emgebrochenen beiden Portalen zu finden.*) Wie der
Gwbd der Sdmsiei.
von Ulm wuds am 2$. Jnli 1539 vom Blitz getroAbn md bnuinte »b. Vgl. SduOder, weItU Hiitorie,
S. 305 (301X Php. M.» S. 1222.
') Der am 16. Ni>vemlK?r 1660 eingc<;l(ir7te obere Theil wurde 1895 < rneaert.
*) Ucber dem G«wulb« der auf der Sudseite beim zweiten und driUeit Joch (vum Thurm
her) Toisdcftca gleichieit^ gebauten Kapellen ist das alte Manerwerk nit deat Fenstetbosen und
3
Üiyilizgü by ^üOgle
u
AMTSGBRICHTSBBZIRK "WISMAR,
Thurm, so sind auch die fünf Kapellen des Umganges als ein Stück für sich
anzusehen. Man vergleiche nnr die Friese. Geradezu als selbständige Ge-
bäude erscheinen endlich die Nord» und Südhallc, sowie die Sakri^tci mit
ihn iii Di.ikTischcn Uebcrbau. Sie können erst gebaut sein, als das Horli-
schili schon vollendet war. Dabei versteht es sich von selbst, dass dieses
nicht in demselben Jahrzehnt fertig wurde, wie sein Unterliau. Von späteren,
jetzt wieder verschwundenen Anbauten mag hier abgesehen werden.
Als ältesten Theil des Baues werden wir ohne Zweifel den 'i'hurm an-
zttsdien haben, dessen Ausführung den Charakter der Frflhgothilc hat tmd,
da er bei einem Kirchenbau in der Regel der letzte Theil ist, den der
Meister ausfllhrt, auf einen der Zeit des Ueberganges vom romanischen zum
gothischen Stil angehörenden alteren Kirchenbau aus dem XIII. Jahrhundert
schliessen lässt. Die Wismar'sche Marien -Kirche war höchst wahrscheinlich
ebenso eine dreiscbiffige Hallenkirche, wie es die Rostocker alten Kirclien
ursprünglich waren und zum Theil noch sind.') Dies ergiebt sich aus ver-
schiedenen Merkmalen: aus dem Grundriss der Gesammtanlage des Thurmes,
aus der Anordnung dreier Fenster von gleicher Höhe im Krd^tsrlinss, aus
der im Dachraura des Uochschiffes der jetzigen Kirche sichtbaren Spur jenes
Frieses, der das erste Geschoss des Thurmes umzieht, und aus den Abbruchs*
spuren an der östlic hen Ecke beider Thurm -K.apellen. .Man darf daraus
schliessen, dass der Darhtirst der altm Kirche, <Ur die ehemaligen drei
Hallen überdeckte, nicht über den genannten Fries hinausreichte. ^)
Es giebt einige Nachrichten ans der Zeit des Neubaues der jetzigen
Kirche im XIV. Jahrhundert. Die Vorsteher von St. Marien s<h!iessc'n 13,^9
mit Meister Johann Grote einen Vertrag darüber ab, dass er Chor und Kirche
>usque ad consummationem earum« erbauen solle, und der Chor wird am
3. März 1353 geweiht. Von besonderer Wichtigkeit aber ist eine in glasierte
Ziegel vor der («lasur eingeschnittene Bau-Insehrift an der dem dritten Ge-
wölbejoch (vom Thunn her) vorgebauten Kapelle auf der Südseite der Kirche
mit dem Datum 1339,') welche erkennen iässt, da.ss, als Meister Grote 1339
7.U bauen begann, die Mauern der alten l^ngseitcn der Kinhe, wovon bei
den wcsüicheii Portalen, wie schon bemerkt worden, noch c'u\ Stück zu sehen
ist, das als friihgothisch angesprochen werden muss und ohne Zweifel älter
ist, als der ('horumgang, schon vorhanden waren. Denn wie hätten sonst
Kapellen angebaut werden können: Aber auch der Chorumgang mit seinen
beiden Portalen, deren Laibungen die charakteristischen tiefen Hohlkehlen der
Frühgüthik aufweisen, ist vor 1339 und wahischeinlich in den Anfang des
XIV. Jahrhunderts zu setzen, wenn man seine grosse ,\ehnli< hkeit mit dem muth-
maasslich um 13 14 zu datierenden Chor des Domes in Schwerin in Betracht
iddit. »Auch die Ariuden, mindestens die des Chores, hat Johann Grote,
wie Crain gewiss richtig in einer nele^enheitsschrift von 1853 annimmt, vor-
gefunden, und zwar das Mauerwerk oberhalb des Arkadengesimses bis zu
einer Höhe von ein paar Metern, und dann den Bau des Chores zu Rnde
dem Platz für dco Fries unter einem Kundsub« erhalten. Dagc-gcn ist beim vierten Joch das alte
Mauerwerk heimgejclilefea nnd neaes «iter eineiB rtniden EottMlaiicsboeefi eingesetzt, wdMs hier
weder Feuteibogon, ni>ch Rundstab, ntjch die Spuren dr^ Frieses -iichtljar üini!.
Es war dies, wie schon im crsteo Bende der M. KanM- u. Gcschiclilsdcnkmäler bemerkt
worden, jene llanweise, durch welche die deutschen Einwanderer an ihre niedeislehstche niid west-
Olitcbe Heimath erinnert sein wollten. Vgl. Bd. I, S. i$K., »7 ff., 177.
*) Crull, M. Jahrb. I.VI, S. 20 IT.
*} Vgl. M. U.-U. 5954. 5955' 7736 (ächlus.s). Die Inschrift saas ursprünglich in der Austen-
wand der nueh Osten hin anatoetenden Kapelle.
irr. MARIEN- KKCHB ZU WLSMAR.
35
i,'t:Tnhrt. so dnss tlcrsclhe ani,'tf(t lHni rinaassc'n I-ätare 1353 ') geweiht werden
kountf, wobei er aber leider nur, soweit er musste, seinem Vorgänger gefolgt
ist und, wohl im Einverstandniss mit den VoRtehem, u. a. am Hoch-Chore
den schönen Fries des L'nif^aii^cs nicht wiederholt, den Chor SO hoch gefiihrt,
dass der First mitten auf da.» /.weite Storkwerk des 'I hurmcf; trifft, und die
ältere Anordnung der Dieivstc im Chore theilweise verändert hat. Nach
Vollemhing des Chores baute man die Kirche fertig, womit man nach der
Zeit, die man mm Chore braiKhtc. 1367 /ii V.ndv gekommen sein inüsste;
Johann Grote wird auch, wenn sc lion nicht ausdrücklich als bei der Kirche
beschäftigt, am Ende des Jahres 1366 zuletst genannt*) Das Bauen an der-
selben hat aber dann
noch nicht aufgehört.
Dass bereits 1339 eine
der Kapellen an der Siid-
Seite angel)aut wurde, ist
bereits erwähnt; ziemlich
gleichzeitig stiftete auch
der Vorsteher Hinrick
Hogewarde eine solche,
welche die am südöst-
lichen Theile des Um-
ganges belegene sein
mag.'; Ücmnuchsl durlten
die beiden gleichseitig
erbaiiti-n , neben der
Kapelle von 1339 west-
wärts belegenen Kapellen
entstanden sein, die mit
jener glei<:he .\usscn-
architektur zeigen, und
dann die den letzteren
entspre< henden Kapellen
der Nordseite. Später
als diese ist die östlich
daranstosscnde, urkund-
lich 1388 consecrierte
Kapelle errichtet und, da sie mit ihr in Verband steht, auch die nördliche Halle.*)
Wenig später als letztere mag man die Sakristei gebaut haben; 1390 wurde
in ihrem oberen Geschosse eine Messe gestiftet. Die jüngsten der noch
') Vgl. Cnin, Die Bedeatnng des diesjSbrlgen (1853) Ulaie-Sonatigs. Wiimsr. Rtths-
drackerei.
*) Im Lib. parv. dv, Ibl. iSo* findit aA mue Sdiuldvendiicibwig des Job. Grote mA
Lfldeke Gha&t vom Jahre 1366. Feiner kann der in M. U.-D. 9573 (3. Deoeaber 1366; genannte
M.igi^ur Juh.iiines. <|ui fornacem regit et gubernat, kein anderer ala Job. Grote sein. Vgl. daxu die
Urkunde vom 17. April 136I: M. U.-B. 8867.
*) IC. U.-B. 70S4. Mit völliger Sicherbeit itt freilich die von Hinrik Hogewarde gestiftete
Kapelle nicht zu crnvittcln.
*) Am 9. ä«piemb«r 1386 weiht Uischot Gcxhard von KaUcburg in ät. Marien eine Kapelle
mit ihrem Alur (capellalam com sao aluri in honorem beatonim P^etri, Pauli, Andree et jaoobi
majoris apostolonm, triam ri-gum, dccem milium militum, undccim miltuni vir^inum, (i 'irgii et
Chrislofori mnrtiniin ac Dorothcc virgini»;. I>ic Urkunde wurde 17$^ beim Abbruch de» AlUft
gctanden. Vgl. Techcn, M. Jahrb. I.X, S. 179, Anmkg. 2.
Chor- Uiqgaag.
üiyitizeü by Google
36
AUTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
erhaltenen Anbauten sind die der Sakristei correspondierendcn Knochen hauer-
Kapelle und die mit dieser in Veitiand stehende südliche Halle, welche, in
sehr rolicr Weise der Abseite angefügt, 141 4 zuerst als novum edifidum,') dat
nigc buwte, vorkommt, ein Name, der ihr noch lanj>ehin verblieb. Nicht
mehr vorhanden sind die zwischen 1410 und 1420 erbaute Ka|>ellc der
Krflmer und eine Kapelle neben dersdben, welche vielleicht erst dem XVL
Jahrhundert angehörte; sie sind in den dreissiger Jahren abgebrochen. Ihre
Stelle an dem nordöstlichen 'i'heiie des Umganges zeigt der derzeitig aus-
geführte Veischlttis deutlich genug an, weldier, so ungeheuerlich er erscheint,
doch noch ab abuhreckendes Exempel bei Wiederherstellungsarbeiten dienen
kann. Sieht man auch von diesen Kapellen al), so begreift doch die Bauieit
der Kirche einschliesslich des Thurmes über hundert
Jahre, einen Zeitraum, der sich allerdings im Aeusseren
mehr kenntlich macht als im Innern, welches bei
aller \Vürd& und Erhabenheit, die man ihm nicht
absprechen kann, doch bei der flbergrossen Höhe
(114 Hamb. Fuss oder 32',! m) eigentlicher Schon
beit entbehrt. ' (Mit Aendenmgen nach Crull, 1. c)
Der Stein, auf den Dr. Burmeister im hL
Jahrb. IV, B, S. 54 und M. Jahrb. V, A, 23off. auf-
merksam gemacht hat und der hemach vor Lappen-
berg's Eulenspiegel abgebildet ist, findet sich unter
dem Pultdach in der Mauer des Hochschiffes ober-
halb des Gewölbes der zweiten (d. h. südöstlichen)
l 'int;angs - Kapelle in hoher Kante stehend. Solche
Bilder aber bedeuten nicht immer das, was man in
ihnen sucht. £s haben sich u. a. auch im Nicolai-
thurm mehrfach Stdne mit Bildern, Zeichen und
Inschriften gefunden, die vor dem Brennen des
Steines eingeritzt waren. Vgl. Crull, M. Jahrb.
XI. VIII, S. 343 ff. Vor einigen Jahren ist vom
Dach der Marien Kin lu- ein Moiuhsstcin ins
Städtische Museum zu Wismar abgeliefert worden,
in den eine Windmühle eingexdchnet ist.
AUflre. Altäre. Der Hauptaltar ist ein Werk des Barockstils aus dem Jahre
1749. Kr steigt in zwei Stockwerken bis iibcr die Höhe des Arkadenp^esim.scs
der Kirche hinaus und gleicht in der Anordnung seiner Theile den t^rossen
Barock -Altaren der Rostocker Kirchen aus demselben Jahrhundert. Vgl.
Bd. I, S. 20, 76. Das Gemälde der Basis, gleich oberhalb des Altartisches,
stellt das Abendmahl dar, das des mittleren Hauptstockes die Kreuztragung
und das des oberen die Grablegung. Zwischen beiden eine plastische Strahlen*
glorie von Holz mit Kngcigestalten und reicher Vergoldung. Als Bekrönung
die plastisdie Gestalt ( hri.sti in den Wolken. Ausserdem bei der Glorie, sowie
an den Seiten, mehrere grosse Ilolzfiguren, oben l'etrus und Paulus, unten
*) Lib. par\-. civ. fol. Sil* Vicko Rode dsdit et diinillt domino Ludnipho Wiflcuren iAum
lapidein Liululphy \\ ■.ifUiiwen, jacct in nouo e<iifi< io ccclcfie bcatc Marie virginis ante fedem
iutürum p«r umnein luodum, t'icud ad cum racionc hcrcditaxie fucccfsiuiiit pralicti Ludolphi
penrenit «tc. Vgl M. Jahrb. LIV, S. 139 Nr. 295.
üiymzeo by Google
ST. IIARIEN-KIKCIIE ZU WISMAR.
37
Moses und Johannes. Auf der Rüdcseite des Altars liest man den Namen
des Verfertigers mit der Jahreszahl: C F. Beckmann BtldttMUMr Ao 1749.^
Der zweite Altar ist ein SChfioes Holzschnitzwcrk pntlii sehen Stiles aus
dem XV. Jahrhundert,*) der sntj. Krämcr-AIlar. In der Mitte des Schreins,
unter einem breiten drcithcili^aii l^aUiachin, die hl. Maria mit dem Kinde in
einer Strahlenmandorla und auf dem Monde stehend (Otfenb. Joh. XII, i).
Darüber zwd niunderende Engel. Unter dem Baldadim links (vom Beschauer
her) der Ersengel Michael; unter dem Baldachin rechts ein Ritter mit Schild
und (fehlender) Fahnen -Lanze, der statt des Helmes einen Turban trägt, wahr-
scheinlich der hl. Mauritius. Unterhalb dieser Gestalten eine dreitheili^e Basis
mit gothischem Stab- und Maasswerk. Im Flü<;el links unten der Cjruss des
Engels an die Maria, darüber in zwei Scenen die Wrkiindi^ung der Geburt
des Heilandes an die Hirten und die Anbetung des (fehlenden) hl. Kindes
durch die Maria und durch um sie schwebende Engd. Im Flügel rechts
oben die Anbetung der hl. drei Könige und unten die Scene der Besdmeidung.
Oberhalb dieser vier Scenen in beiden Flügeln ein reizvolles gothischcs Formen-
S|)ic1 in je zwei an einander stossenden baldachinartigen Lünetten. die mit
Maasswerk gefüllt sind. Die Fi,L,Mircn heben sich sammtlich von eiiuni mit
der Tunzc gemusterten (joldgrund ab, der auf emer Unterlage von Kreide
hergestellt ist. Von der ehemals vorhandenen Malerei auf den Rücksdten der
Flügel lasst sich nichts mehr erkennen.^
Kanzel. Die Kanzel ist gleich dem Hauptaltar ein Werk des Barock- Kanzel.
Stils vom Jahre 1735, an deren Trcdigtstuhl und Schalldeckel sich eine üppige
Fülle von Statuetten und anderem Sctmitzwerk bemerkbar macht. Am Kanzel-
pfdler in Form eines üppigen Barock» Epits^ihs das Bildniss des Stifters mit
der Inschrift: ZUR EHRE Q0TTE8 UNP ZUM SCHMUCK DER KIRCHEN HAT
DER WOHLEDLE GROSSACHTBAHRE UND WOHLWEISE H JOHANN JÖRGEN
VELTHUSEN WOHLVERDIENTER RATHS VERWANDTER DIESEN NEUEN PRE-
') El feldt du Redinungsjahrbaeh, dm AvSuMam Ober die Korten dei Werkei foben
könnte. In den Urkunden ist schon 1357 und IJjS von einem Altarwerk die Rede, das der Zeit
nach nichts änderet als ein gothischcr FlUgelmlUr gewesen sein kann. Der Verfertiger hies» Hans
Körter. VgL M. U.B. 8425. 8546. W^ea des im XVL Jahrhundert in die Heilige Geist -Kirche
Tcmlstea AltanmfcM vgl. GMl, M. Jahrb. LVm, Onutatber. S. 10—15.
') Criill ?rt/t ihn zwischen 1410 und 1420. M. Jahrb. XXTX, S. 68. Wir unsererseits
worden wegen der autTalieuUen (ileichheit der Baldachine im Mittcl»chrein mit dCB unteren Theil
dem des u* Lflbeek «tamnenden NenMldter Allan im Scbweriner Mmean, der nacbwdelieli im
Jahre 1435 aufgestellt wurde f.olihclimidt. Lubccker M.ilerci und Plastik, S. 5, Antn. 3 [Columnc
rechts]), die Netgang haben, ihn um anderthalb bis zwei Dccennien später anzusetzen. Vergleiche
Taf. VII bei Goldschmidt, 1. e. Ferner Mttnaenberger, Mittelalt. Altib» I, Taf. si «iiid SS. Dar
Allar steht jeut wieder nahe «einer alten Stelle in der nardlichen ICapelle des Choraagaoges,
BScbdem er früher riiie 7iit liiii; in St. Jürgen war. Siehe Crull, I.e., S. 68.
Ein dritter Altar befand sich bis 1816 vor dem Chur. Vgl. Crull, M. Jahrb. LVI, S. 22,
«nd oben S. 30, Annkg. Der Altar der Bapagojeo-Geidlschaft hiitler dem Chor ward 1733 w^
gebrochen : Schröder, Pap. Hecfcl., S. S039. Die PredeU« dci Haheoaltais ans der Zeit von ijoo
ist jetzt im Frivatbesiu.
üiyiiizeü by Google
38
A MTSG F.RICm SB KZI l< K W ISM \ K .
DIGT STUHL VER-
EHRET IM JAHRE 1735
ALS HIESELBST DAS
GÖTTLICHE WORT
LEHRETEN M JA-
COBUS STAALKOPF
PASTOR M DIETE-
RiCUS SCHRÖDER
ARCHIDIACONUS M
JO CHRISTIANUS
STRASBURG Di ACO-
NUS.')
Orgel. Orgel. Die
Orgel hat ein schmuck-
loses Gehäuse im Ge-
schmack moderner
Gothik. Der Anfangs
tlcr vierziger Jahre vor-
gebauteChoristvonclem
vor wenigen Jahren ver-
storbenen Baumeister
Thormann hergestellt.*)
Gestühl. Gesttthl. Von
den Giorstühlcn hat Tauikessel.
sich auf der Südseite eine längere, auf der Nordscitc eine kürzere Reihe
erhalten. Die trennenden Lehnen laufen in Form von Köpfen aus. Das
übrige Gestühl, sowohl das von Eichenholz im Chor wie das von Tannenholz
im Kirchenschiff ist in den vierziger Jahren unseres Jahrhunderts nach Ent-
würfen des Baumeisters Thormann ausgeführt.*)
'Iriumph- Triutnphkreuz. Das Triumphkreuz, ein sehr bcachtenswerthcs Werk
kreuz. der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts, ist sammt den zugehörigen Figuren
des Johannes und der Maria in Folge des Altarbaues von 1749 von seiner
ursprünglichen Stelle in eine der nördlichen Seitenkapcllcn versetzt. Auf der
') Die vor 1749 vorhandene Kanzel war von Tönnies Kvcrs im Jahre 1587 angefertigt. Sie
wnrtlc im Jahre 1749 <lcr Kirche zu Neustadt überwiesen. Vgl. Lt'.ch, M. Jalirb. .XXXVIII, Seite
102—196. Millb. il. Vereins f. lüb. Gesch. II, S. 93. Ueber Vclthuscn vgl. tiansischc ücschichu-
qacUen II, zu Nr. $69. Schrüücr, K. U., S. 166.
Schun im Jahre 1304 war die Kirche im Uesitz einer Orgel. Vgl. M. U.-B. aSgS.
Schröder, P. M, II, S. S85. Der Neubau begann 1839. Vorher halte tlie Kirche zwei Orgeln,
die grossere war iti der nördlichen Halle.
*) Ueber das frühere Gestühl, das mit 2alilri.'ichen \Vaii|H.n geschmückt, aber in Folge
mangelnden Vcrst.'indaiiises an zuständiger Stelle nicht beuchtet und daher verlurcti gegnngeti ist, vgl.
M. Jahib. HI, U, S. 141, Crain, Kclormatiuii, S, 75 Wi^m. Zeitung iSjo, Nr. 46 ,,E.\tra-Ueilage^'.
Dlgitized by Google
ST. MARIKN KIRCIIK ZU WISMAR.
39
Rückseite fand man
früher noch Spuren der
alten Hemalung (griin,
Weinblattcr roth), die
im vorigen Jahrhundert
mit einem geschmack-
losen Oelfarbenanstrich
überdeckt ist. Das
schöne Werk ist 1895
auf Veranlassung des
Kirchenraths fiöt/.e in
alter Pracht erneuert.')
Taufke&sel. Fin Taufkcsscl.
her\'orragendes Werk
ist der dem Knde des
XIII. Jahrhunderts an-
gehörende eherne Tauf-
ke.ssel der Kirche. *)
Drei knieende jugend-
liche Gestalten in
mönchsartiger Ge-
wandung tragen ihn.
FUnte in St. Marien zu Lübeck.
') Vgl. M. Jahrb. .XXIX,
S. 66.
*) Wir müchten diesen
Taufkeuel eigentlich für nicht viel jünger
ansehen, als die aus dem Jahre 1390 stam-
meiide Funie der Marien • Kirche zu Kottuck.
Vergleiche Bd. I, S. 31 ff. Man beachte nur
da» Schwanken in den Kumten der FrUli-
gothik und denen der t'ebergangszeit vum
rumänischen in den golhi^chen Stil bei den
liögen der NiM-hcn der oberen Fit;xirenrcihc.
Freilich es ist zu beachten , da:^ die Wi>>-
mar'sche Funte der Funte von St. Marien in
Lübeck !>ehr ähnlich ist, die Hans Apeiigeler
uth Sassentand im Jahre t.137 gegossen hat.
Allein bei eingehenderem Vergleich sieht man,
trutz derselben Folge von Scenen und Figuren
im oberen wie im unteren Theil, nicht bloss
zahlreiche Abweichungen im Einzelnen, sondern
auch eine ganz andere Hand. Die Hand des
Wismar'schen Giessers — wenn es einer aus
Wismar war — schaltet viel freier, sicherer
und meisterlicher als die des Lübecker GicsMirs,
der eine äng«tlichc Ocbnndenhcit und hic und
da eine schülerhafte Unsicherheit und Ungleich-
Dlgitized by v<jUO
40
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Sein unterer Rand ist mit frcihänj^endcn Hlattern und Trauben verziert. V.in
die äussere Wandung in der Mitte umziehendes breites Band trennt den
reichen Bildschmuck in einen oberen und einen unteren Theil, deren eiiKelne
Figuren und Scenen in Bogennischen oder unter dreiseitigen Giebeln angeordnet
sind, die mit Fialen«, Krensblumen- und Krabbensclimuck versehen sind. Im
unteren Theil folgende Scenen- und Figuren -Reihe: Die Taufe Christi im
Jordan, seine Versuchung auf dem Oclbi-rg, die GcisseUinp; die Darstellunt; der
fünf törichten Junt^frauen mit gebrochenen Kreuzes fahnen und unigekehrten
lumpen; ein Heiliger (Johannes); Christus mit gebundenen Händen, die Dornen-
krone tragend; eine Heilige (Maria); endlich die Darstellung der fUnf Idt^ren
Jungfrauen mit Kreuzesfahnen und brennenden Lampen. Im oberen Theil:
Christus am Kreuz, rechts Johannes, links Maria; Höllenfahrt; Auferstehung;
sechs Apostel : Jacobus, Barthol« )maeus, I'aulus und drei nur durch Bücher be-
zeichnete; Christus als Weltherrscher auf dem Thron, mit ausgebreiteten
Armen und offenen Händen, neben ihm anbetend Johannes und Maria;
Petrus, Andreas, Johannes, ein Apostel mit Baumzweig in der Rechten und
Buch in der Linken, zuletzt zwei weitere Apostel, die nur mit Büdiem be-
sdchnet sind.
Die Fünte ist von einem Uberatis kunstreich gesdimiedeten eisernen
Gitter umgeben, das ein mit Stricken umwundenes Stabwerk darstellt und das
die Sage vom Teufel verfertigt sein iässt*)
Glocken. Glocken. »St. Marien*) hat mit Rinschluss der drei Zeitglocken und
der Chorglocke (»Bimmelglocke«) dreizehn Glocken.
in&ssigkeit rar Schau trägt. Man vergleiche — um nur eins zu nennen — die treffliche Gruppe
lies ihroneiiJcn Christus /wischen Johannes und Maria im oberen Streifen der \\'ismar'.schcn FUnte
mit der entsprechenden Gruppe der Lübecker. Wir stehen daher keinen Augenblick an, die Wts-
mar'selw FOnte «It das weit vollkoaneinn Uten Work eioes nngkieh tflehtigerea «abduuuiteii
Meisters anzusprechen, dem i!cr \veing».T bedeutende Hans Apengeter mit einer schwächeren Copie
im Jahre 1337 folgte. Ueber Apengeier vgl. Hach im Rep, i. K. W. IV, S. 178 ff. — Im XVII.
Jahrlnindert hat die WhnM^Mke FUnte eine Reitauatiion Aber steh eifeben Imen mSaeen. Man liest
neben <Ior Himmelfahrt aurgemalt: ZACHARMS SCHNORLVCRETIA 8CH . . . EHC1.ICHE HAVSFRAW ANNO 16«.
1-erner haben Zacharias Schner und Eva Dreyes einen in mehreren Stockwerken mit SSnlen, Statuen
und Reliefs sich aufbauenden FUntendeckel von demielben C. M. (Christian Möller) anfertigen lassen ,
der du Schnoi^idw «nd des BigBebredit'idie Epitaphinin gemtcht hat (s. «.). Die Nauen der
Stifter und ihre Wappen sind zweimal angebrncht. S. Beschreibung des Grabsteins Nr. 303 im
M. Jahrb. LIV, S. 140 (^CruU und Techeu). Dieser im Geschmack der Spätrenaissance gearbeitete
Oeekel bt }eUt unter den Thnm zarflclqjeitelU. Ob die alte Fttnte ia frfllieter Zeit einen Deckel
von Brunze liatte, i::>t nicht mit Be&timn>theit zu sagen. Wahrscheinlich war er von Holx, da der
Maler 1555 »Abgebrochenes« -/.n repnrieren hatte.
') Topogr. Saxun. inferioris, l-rancfurl 1623; S. 23S. Kcgnorum Succiac etc. dcscripiiu iiuva
(Amsterdam 16$^, S. S4S- v. Bfllow, M. Jahib. LVm, S. S7.
•) Mit Benutzung des in der Beilag* SU Nr. 57 <!tr \\ >uKir:,claii Zeitung von 1859 gedruckten
Aufsatres von Dr. l-"r. CniU «Die nentii n!:-ckt--n zu St. Jurt;<.ri, Mit Niichrichtcn von den Wi»-
marschen Glocken Uberhaupt.« In QuarUurmai bc^undcrs abgezogen in der Kalhsdruckerci (Ocsten
Wwe.), Bacbnumn, kuideskundl. Literatiur, Nr. 5Sot.
Üiymzeo by Google
ST. MARIEN -KIRCIIE ZU WISMAR.
4«
1. Die ^Tossu Glucke hat oben um den Hals in sehr geschnörkelten Erste
gothischen Minuskeln fol-^undc Tn^clirift: Glocke.
%a 15^' Ptli 4irbcu l"^otit üc Oer mi i"^rül).itt Cfior Ülocftcn
Uli MI l)acnini l^aiiiiAu ^cinarfit Cljo Äof Uiib ■Cttn ^att^
ßicft ßoti Dlfli bc Xbbc ai Co 4?Ucfi I^oben Idli ^oc
Die einielnen Wörter sind hin und wieder durch kleine Rosen getrennt
Vorne auf der Glocke ist die Mutter Gottes mit dem Christuskinde in einer
Strahlenglorie dargestellt, auf der hinteren Seite der Gekreuzigte zwischen
Maria und Johannes dem Täufer. Jenes Bild ist nicht übel, aber die Dar-
stellung auf der Ruckseite äusserst roh, auch gehören die einzelnen Figuren
der Gruppe ursprünglich gar nicht zusammen. Ueber dem Kreuze
steht das nebenstehende Zeichen des Giessers. Ueber dem Marien-
bilde liest man in kleinerer Schrift die Namen
Soäfim üetneHt. i^inilcft Mittat.
2. Die mittlere Glocke ist in gleicher Weise wie die grosse Glocke Zweite
ornamentiert Nur fehlen die Reliefbiidchen. Man liest darauf die Inschrift: Glocke.
?Cmio 1.^67 bcr 4!(tliotbt Jc^ Cftrieti Pnfcö Deren 53tii
«i-rircii Vovü] iV.. parnu'u pai'niau
Dazwischen ist auf der vorderen Seite ein Stuck ausgesondert, auf
welchem steht:
1^. iüu j^dfnieftet
jmifate^
tonnie^ ^toidt
Herr Jachim Ilufniester war der sinspector der Kirche und bildete
nach dem Statut vom 11. August 1531 mit J. lleinckc, Ii. Dürjar und T. Swick
den Kirchenvorstand; J. Heincke war »verwaltender Provisor« von 1562 bis
1569. Auch auf dieser Glocke ist das Zeichen des Giessers angebracht
3. Um den Hals der » Wächtcrglockc « läuft in schlecht geformten Dritte
goüiischen Minuskeln folgende Inschrift: Gtocke.
tDOI • bot • l^ott • ben • ftemtn • bet • atmen • bnn • let •
(Idl • rte • not • nid^t • eifiotmen • ben • tail • got •
erlgoren • nldit • in • finctn • fttengen ^ gerid^t ^ m •
bliij ioiljini ftcrucüLTd) •
Der Anfang der Inschrift ist durch einen Kopf auj>gczcichnct. Auf
der vorderen und hinteren Seite der Glocke ist eine schlecht modellierte Figur,
ein Ritter oderdeigl., angebracht; weiteres Ornament bis auf die Reifen fehlt
Jochim Stemberg goss 1553 drei Glocken fiir die Kirche, von denen die
grosseste 28 StT, die zweite — unsere - 1 1 SIT und die kleinste 7 Stt wi^en
sollten. Jochini Slernbcrg hatte aber kein Gluck, denn die gni.sseste Glocke
musstc er dreimal giessen, ehe sie gerieth, und dass auch sie nicht tüchtig
war, zeigt eben das Dasein der 1567 gegossenen grossen Glocke. Ebenso
Üiyitizeü by LjüOgle
42
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Vierte
Glocke.
Fünfte
Glocke.
Sechste
Glocke.
Siebente
Glocke.
Achte
Glocke.
Neunte
Glocke.
wenig erhielt sicli tlic dritte. Auch die hier behandeUe ist nicht gut {jcrathcn.
Unterhalb der Iiischrii't sieht man zwei ziemlich j.;rt)sse \'ertiefuni^cn im Hronze
körpcr der Glocke, welche darthun, dass das flüssige Metall die Furm nicht
ordentlich gefiillt hat Auch scheint es, als ob statt der Punkte durchgangig
kleine Rosetten beabsichtigt waren.
4. Die vierte Glocke hat oben um den I lals in drei Zeilen eine Inschrift
in römischer Schrift, die aber so schlecht modelliert und so sehr verdrückt
ist, dass man sie nicht vollständig lesen kann. So viel ist aber daraus zu
eradien, dass die Glocke von Adam Dankwart hier 1652 gegossen ist. Be-
merkenswerth mochte sein, dass das Ornament derscll)en fast fjenau mit dem
auf den hundert Jahre älteren grossen und Mittel Glocken übereinstimmt.
5. Schlecht modelliert läuft oben um den Hals tler fünften Glocke
halb in gothischen Majuskeln, halb in Minuskeln die Inschrift :
+ ü KHX (iliUHIU xFh VHia OViH PJ^Ull aut niarla
6. I lalb in gothischen Minuskeln, halb in römischer Schrift steht oben
um den Hals der sechsten Glocke:
?Cnno • boniini • 1592 • ba • pacciii • boininc • in • bicbbp •
nostriö • qcxbt • binriic • fccit • maria . wisma .
7. Oben um den Hals der siebenten Glocke licsst man in zwei Zeilen
in romischer Schrift:
SOLI . DEO • GLORIA . AÜ . DOMINI . 1602 . ALEXANDER V. PLES-
SEN • IVROEN V. W0P6|| RSNOWEN • ALBRECHT V. PLES8EN .
CA8PEL JVNKERN • H. GERDT FRIE PASTOR CLAWES BINCKE FECU
Auf der vorderen Fläche der Glocke ist der Wappenschild derer von
Plessen angebracht Daneben steht:
HELMODT / \ V. PLESSEN
MARGARETA \ ^*PP«" ) v. SCHACKEN.
PATRONEN
Auf der hinteren Seite ist eingegraben:
ANNO 1621 HAT DETLEF VON WARNSTEDT DIESE GLOCKE VOL.
LENKOMMEN BEZALT VND ANHERO BRINGEN LASSEN.
Das »Anhero« hcisst: nach Buchholz bei Brücl.
8. Die achte Glocke hat weder Inschrift, noch Ornament, noch Gicsser-
zeichen, aber auch in der Form nichts, was ein besonders hohes Alter verriethe.
9. Diese kleinste der Glocken im Thurme ist zugleich diejenige, deren
Aeusscrcs, wenn auch ganz einfach, am besten von allen Wismar'schcn Cilockcn
gearbeitet ist. In vortrefflich i^cbildcten gothischen Minuskeln hat sie um den
Hals zwischen Reifen die Inschrift :
» anno boniini » niilirfinio 'ii cccc 's^
Unmittelbar darunter steht das Zeichen des Gicsscrs:
AXX
Üiyitizeü by LjüOgle
ST. MARIEN-KIRCIIE ZU WISMAR.
43
10. Die Stundcn^Iocke, sammt der I laibstunden- und der Viertelstunden- /t hnte
glocke aussen am östlichen Thurmgiebcl übel tjenug angebracht, hat um den Glocke.
Hals in ziemlich schloclik'n gothischen Minuskeln folgende Inschrift:
Sfnno i» öni • 15+5 • coiiflatum • cft • Jjoc ^ opiiö • arte •
M^i • nicolai • lt>aii)tcl. « in « locu j capanc • aiina
bni • 1539 >»' in >§: bigilia • Sacobi apli » ictu {uU
minM # tma • cum # tiirtf • tectoii • temvli # canflagcate •
Im Kranze steht:
Donnc buobcfint funt Tjarc biri. .^i nniiS amfiiilatierit in bif
non onritblr nina lucrni huiiiö nninbi liibrc. So^an ]ci. jiXii^
tüte Vea Ocfijcii^ <^copu^ Vitc <Crifttip.
Diese Inschriften und die der beiden folgenden Glocken sind nach
Pausen wiedei|r^ben; es muss somit dahin gestellt bleiben, ob die sedis
lebeten Worte der Kranzkgt ndr fal-f h gelesen, oder ob, wie an den bekannten
messinj^encn Schüsseln, tlic Huciistal»cn bloss ornamental verwendet sind. Der
Brand des Thurnies und Kirchendaches wird in der Inschrift auf St. Jacobi
Abend, den 24. Juli, gesetzt; eine andere anscheinend gleiclucitigc Nachricht
setzt ihn auf den 2$^ eine dritte auf den 22. Juli.')
Mit der Stundenglocke bilden die neun Thum^ocken ein Glodcenspiel,
welches noch heute zu verschiedenen Zeiten gebraucht und durdi eine Tret-
Vorrichtung in Bewegung gesetzt wird. Anscheinend ist es er-( i'lniahlich
auf diesen Umfang erweitert, doch war schon 1592 ein solches vorhanden.*)
11. Die Haibstundenglocke hat um den Hals die Ludirift: Elfte
80U DEO OLORIA Ulocke.
im Kranze:
QEKAUFT DURCH H. D. JOHANNEN OLOENBVRQ PATRONUM H.
JOACHIM TREBBIN IN8PECT0REM DAUIDE DA8UHN PROVISOREN
Auf der vorderen Fläche steht:
M. VIT SIEBENBAUM 00S8 MICH IN SCHWERIN ANNO 1092
') Atitiu dumini iiiv*.x.xxix van demc niidwekL'ii vp den dmiredacb dflS Mcht» vor Wintejacub
in der ame, doii styckede dat wcdder vnsei Icuen fruwcn turn an de spiUe — vnde beende gaiia
•ff rp det narewerck m, Tnde alle klockcn vorbraiden vnde breken entwey. dar tbo brcnde dal
gaiisze spcrth van der kerckcn myt den beyden klenen toriickcn vtide myi dem scycr 11. s. w. Kc};.
S. Spir. d. a. i486. Cup. S. Nicolai fol. 19, dem L.atomuä (Ck-nealochr. ap. Wcstph. Mon. T. iV,
p. 466) folgt, hat *vpp Marya Magdalcne«. Au» jener Nachricht würde folgen, daac alle Glocken,
die Uter dnd als iS39i von mderwSm nach St. Marien gebracht sind, in Wkienpraclie siebt sie
aber mit einem .\nsat/c in der Rechnung tll>cr den GIockcnt^usM vun 1553: -wi] s du wy den
uldcn Svycx cntwcy :>lugcnn<. Crull, M. Jahrb. XLVil, ä. 69 und 83. Cie^cnüber der hier mit-
getbeflMn Nachricht aber den ThumbiiMMl sowie der sie bestittigendea Nachiidit, weldie Techeo
im M. Jahrb. LV, S. 136, veiöirentücht hat, sind die Übrigen miaderwerthig. Das Unglück begab
sieh in der Naehl vom 2j. auf den 14. Juli des Jahres 1539.
1602, Apr. 7, attestieren ttOigenneister und Rath, dass Bartbolomlos Becker seit 10 Jahren
seinen IKenat sn St. Mnrii n nicht allein in den Fest- vndt Sonntagen, sondern auch tSglich
Miit.^s zue 12 Uhren vff den Thurmglocken mitt alkrhaadt nieludeien geullicber FSalmen irUlich
vndt tlciMig bedienet. €
üiyitizeü by Google
44
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Zwölfte 1 2. Die Viertelglocke hat um den Hals folgende Inschrift in gothischen
Glocke. Minuskeln:
0 Ijcnicl «■ \}\\ i" erbe " Uicrt * bor «i ohaii i«' gabcl #
tuort i«t^ bUft in eUiictjcit hs^ in # ta'
Unten im Kranze stdit:
Dreizehnte 13. Die Glocke, welche in dein Dachreiter iibcr dem Chorschlusse
Glocke, hängt, hat um den Hals die Inschrift:
SOLI DEO GLORIA ANNO 1687
Vorne auf der Glocke steht in vier Zeilen:
DAMALS SIND GEWESEN H. B. CASPARVS SCHWARTZKOPF I. V.
D. VND SYNDICVS | H. B. iOACHlMVS PARIS '\ H. lOACHIMVS LEH-
MAN INSPECTOR.
Unten im Kranze steht:
M. VITES SIEBENBAVM GOSS MICH IN SCHWERIN.
An Stelle des Dachreiters befand sich vor Zeiten der Seier- uder
Seigerthurm, in wetdiem (ße Stundei^lodce hing, die wahrscheinlidi mit der
Uhr hinter dem hohen Altare in Verbindung stand.*) Für den grossen Thurm
gab der schwedische Gouverneur General Wrangel eine Zeiger-Uhr, die 1647
fertig war. 1683 ward eine neue Uhr mit drei Schk^locken aufgestellt.
Uhrscheibe. Uhrscbeibe. Hinter dem Altar hat sich eine mittelalterliche Uhrscheibe
sammt einem Planetarium erhalten, ivovon Schröder, P. M., S. 1223 eine aus-
führliche Beschreibung giebt: »Uber dem Altar ist das Uhrwerck welches,
nach dem Chor hinein mit Brettern zugekleidct, auf welchen die H. Drey-
faltigkeit abgemahlet, und zwar auf eine Art die nicht allen L^cnilli^'. Gantz
oben auf diesen (ieriiste sind die Stund- und Halb -Stunden -Gluck. W en jene
schlaget, so stossen sich bey jeden Schlage zwene Hocke, bey dieser aber
stehet ein kleiner Kerl, welcher mit einem Hammer auf die Glocke schlaget,
und bey jeden Schlag 6ea KopflT und rechten Arm rühret, hinter dem Altar,
und also ausser dem Chor, ist unten eine grosse curieuse Gdender- Scheibe,
die jährlich einmahl fimbgehct. An der rechten Seite sitzet ein kleiner Kerl,
welcher mit einen Stecken auf den Tag weiset. Man siebet auch darauf den
.Sontags Buchstab etc. Oben sind, an einer eben so curieuse Scheibe, die
Himmels -Zeichen, die Mond -Wandelungen und andere Astronomica. Diss
gantze Werck ist vermählen gantz accurat herflm getrieben worden, so annoch
im Stande, weil die Uhr aber gar selten aufgez<^n wird, so ist es fast nicht
anders anzusdien, als wenn es nicht mehr vorhanden.«
Die Böcke, die sich beim Schlagen der Glocke stiessen. und das dazu
gehörende Männlcin im CostUm des XVI. Jahrhunderts, beide Thcile also
') Die ente sichere Nachricht von einer Suiixk-nj^luckc in WUinar ist wohl von 14SI, Aonu
domiai mocccxxi üc$ mandaghc« vor wnie Gallco daj;he do de klocke negbene tluch vor msrddagtw.
Lib. pnMcr. \>. 94.
Üiymzeo by Google
ST. MARIEN -KIRCHE ZU WISNfAR.
45
jünger als die gothische Uhrscheiln?, die dem XV. Jahrhundert angehört, sind
seit 1841 entfernt. Sie befinden sich jetzt in der Kapeile unter dem Thurm.
Epitaphien und Grabdenk-
mäler.
I. Das älteste ist das von dem
hcrxo^'l. I^mdrath Balthasar von
Schöneich j;cstiftctc l%pitaph vom
Jahre 1595. Ks befindet sich noch
heute in der alten Kaniilienkapcllc
auf der Südseite der Kirche, die
spater im Hesitz der I lerren von
Ncf^cndank, dann derer von Smith
war und jetzt als Heichtkaj>ellc
dient. Das r'])itaph i.st nicht ^ros.s,
aber eine nicht werthlo.sc Arbeit
aus Schiefer und Alal)aster im
Kenais.sance- (ieschmack. In der
Mitte ein Relief mit der Auf-
erstehung Christi. Oben dasSchön-
eich'schc und da.s Stralendorf.schc
Wappen, und als Hckrönimfi eine
I'"i^ur mit Talmenzweij^, unten die
Fides. Vgl. Schröder, P. .M.,
S. 1226. Usch, M. Jahrb. I, S.67.')
hn Jahre i84<;/so Hess der
damalige Kirrhen • Provisor die
Schnitzerei eines zweiten sehr
grossen Kpitaphiums aus Holz,
das sieh gleichfalls in der Kapelle
befand und mit Malereien ver-
ziert war, die, soweit es die
noch erhaltenen Reste in der
sog. Materialien - Kaunner <]er
Kirche erkennen lassen, von der
Hand des in der ersten Hälfte des
XVII. Jahrhunderts in .Mecklen-
burg thätigen niederländischen
Malers Daniel de Block sein
können (vgl. Bd. I, S. 61), zu
einem Beichtstuhl verarbeiten,
Reste von der Schnitzerei des alten Epi-
Kpitaphien
und (irab-
denkmäler.
Schöneich-
sches
Kpitaph.
Karow'sches Epitaph.
der jetzt in der Kapelle steht,
taphiums im Museum zu Wismar.
2. Da.s zweite ist das 16 14 im Auftrage der Wittwe Engel Tancken
von dem bei der .schönen Kanzel in St. Jürgen bethciligten Bildhauer Görries
') Ueber den Uoinlierrn Balthasar von Schöncich vgl. Lisch, M. Jahib. XXXVl, S. 202.
Karow-
sches
Kpitaph.
Digitized by v^joo^le
46
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
IMcssen-
Sperling-
l'ecratel-
K|)il;iph.
Quade hergestellte
Nicolans Karow.*)
zwei Stoclcwerken
Im Renaissance-
stil. In der Mitte
ein Alabastcr-
rclicf mit dem
Crucifixus und
mit den Gestalten
des Johannes und
der Maria, oben
ein Relief aus
gleichem Material
mit der Dar-
stellung des
Sündenfalles.
Ganz oben als
Hekrönung die
I-'igur des Chri.stus
Rcdemptor. Die
Inschrift des
Epitaphs im Ge-
hänge unterhalb
des ersten Stocks
ist ganz ab-
gedruckt bei Crull
und Tcchen,
M. Jahrb. LVI,
S. 124.
3. Das zeit-
lich nächst-
folgende ist das
von einem un-
bekannten Künst-
ler in Sandstein
hergestellte
Plessen-
Sperling-
Holz- und Alabaster- ICpitaph des R.nthsverwandten Herrn
Ks ist in der Südhalle untergebracht und besteht aus
I'lcüscn - Sperling - l\-ccaicri>ch«»> K|>ila|>ii.
Peccatel'sche in einer der südlichen Seitenkapcllen. Hier .sind die drei
Sandstcinfigurcn, die der Krau und ihrer beiden IChemänner, .sjunmt den
zugehörigen Familienuappcn die Hauptsache, dazu die Inschrift: Anno 1532
— Mali ist der edler gestrenger vnd Ehrenvehster Cort Plesse avf Dameshagen |
') llanikcht Ge:>chtchlB4|uellen U, zu Nr. 454.
Digitized by v^joo^le
ST. MARIEN- KIRCHE ZU WISMAR.
47
rvndeshage vd Tressow Erbsesn GeboreT vnd da er seine • O Jahr erlanget hat er
sich mit des E. G. vnd E. Carins Molten avf Tevtendorp Erbsesn Eheleibliger Doch
ter Katahrinae in dem stände
der H. Ehe begeben, vnd
da sie nach 30 iahren
Todes verbliechen hat er
sich mit des E. G. "vd E.
Cort Speriingk zvm Rvting
Erbses E heleibliger Doch*
ter Jvngkfra Elisabeth ver {
ehliget vnd Leider Gottes
nvr 8 iahr im Eh stände
mit deroselben geiebet vnd
nach sei nem abster? an-
no 1601 den 14 April hin*
terla sener wittiben dero-
massen mit givtern vnd
gelde versorget, dz . sie
ihme billigk dank weis bies
an Ihr Ende. Der Edel
Gestreng, vnd vester Ctavs
VÖ Peccatel Fvr. Mecklen-
bvrgischer avch Pfaltzgraffi-
scher Newbvr gischer vnd
Margraf ischer' Badischer
Rath Obristir 7d MevptmTt
ZV Ivenak zv Lvtkr Viilen
Erbsesn ist doselbst ano
1548 12 Mai gebor ArTo
1572 hat er sich zv krigs
wesn hege'S vorneme Emp-
ter drin bedi net. AläolGOS
1 Dec hat er mit der E.
Ehr vnd Tvget reichen
Elisabeth Sperlings, Weilaid
cort von Plessen hinter-
lassen Witwen, sich in de
stand der ehe begebe* vnd
ist ave f. Havs Ivenak das
bei lager gehalten. In sol-
chen seinen digni taten
geendigt ano 1615 den 14 febrva gestorbn
ben, alda ihme dan eine sehr stat-
Ribuw'schcs Epiiaph.
hat er sein leben zv Ivtken vilen
vnd den 29 Mar., seines alters 67 iahr, begra
lige begre tnvs geschehen. Crull und Tcchcn, M. Jahrb. LV'I. S. 125.
Digitized by v^uo^Ie
48
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Eine hier angebrachte Tafel mit Wappen und Stammbaum l)efindet sich
jetzt im V. Stralentlorfschen Hause zu Gamchl. Die GemaKlc, welche in der
Kapelle waren, sind an
die von üertzen'sche
Familie verschenkt
und theils nach Roji;-
gow, theils nach
pin gekommen. Die
Reste der 'ruml)a und
auch das Porträt der
Herzogin Anna S(»phie,
das Schröder, V. M.,
1226, erwähnt, sind
nicht mehr vorhanden.
Ribow- 4. Da.s Ribow'schc
sches Kpitiph ist ein grosses
Kpitaph. Holzrahmcnwerk im Spat-
renaissanccstil, es befindet
sich in der siidlicljcn Halle.
In allen drei Theilcn Ge-
mälde: in der Mitte da.s
grös.sere, das den I leiland
als Sieger über die Hölle
darstellt; oben das kleinere
mit der Aufcrstehung.s-
sccne, unten im Gehänge
das Hhcpaar, der lUirgcr-
meister Hieronymus Ri-
bow') (•{• 1630) und seine
Gattin Anna Julen. Dazu
ihre Wappen. Ueber diese
und die In.schrift s. Crull
und Techen, 1. c, S. 126.
Büddeker- 5. l-lpitaph des Syn-
sches dikus imd lUirgermeisters
Kpitaph. Böddeker(v 1654)*) in der
nördlichen I lalle. Spät-
renaissancestil, Alles von
Holz. Im Mitlelslück der
Crucifixus mit Johannes
und Maria (fast Voll-
figurcn); im oberen die
nuildekcr'ftchcs Epilaph.
') Hans. Gesch.-Q. II, zu Nr. 4f><), 1>l-7«. 43S.
Hans. Gtsch.-Q. II, 7U Nr, 490.
Digitized by v^jt^jo^le
ST. MARIEN -KIRCHE ZU WISMAR.
49
Auferstehung als Relief. Unten die gemalten Porträts des Verstorbenen und
seiner Gattin Catharin Heins. Inschrift bei CniU und Techen, 1. c., S. 126.
Eggebrecht 'scIies Epitaph.
6. Das Eggebrecht'sche ')
Hpitaph in der nördlichen Halle.
Im Spätrenaissance- oder Barock-
stil, 1655 (noch bei Lebzeiten des
Mannes) errichtet von dem Hild-
haucr C. M. (Christian Möller) in
I lolz angefertigt. Im Mittelstock
der Crucifixus mit Johannes und
Maria in Vollfiguren, oben die
Auferstehung in Malerei, unten im
Cehänne die gemalten Brustbilder
des Ehepaares, des Brandanus
Kggcbrecht (f 1657) und der
Dorothea Clandrians. Die Inschrift
bei CruU und Techen, 1. c, S. 126.
7. Epitaph des Superinten-
denten Heinrich Dinggrav. Im
nördlichen Seitenschi (T. ICs be-
-Steht aus einem (iemnlde in ein-
fachem Rahmen und ist mit einer
langen lateinischen In.schrift im
elegischen Versmaass versehen. Auf
dem (iemälde in der Mitte der
C'rucifi.xus, zu .seinen Füssen der
.schlafende Jacob. Rechts und links
Dinggrav und dessen (lattin. Auf
der einen Seite die Himmelsleiter,
auf tler anderen Jacob, wie er mit
dem lüigel ringt. Vgl. Schröder,
l'ap. M-, S. 1224. Das Kpitaph
wurde 1609 aufgehängt. DieV'ers-
Inschrift bei Crull und Techen,
M. Jahrb. LVI, S. 123.
8. Schnobr'.sches Kpitaph vom Jahre 1657, wie das vorige ein reich
figuriertes üppiges Holzrahmenwerk im Geschmack der Spätrenais.sance mit
drei Gemälden. In der .südlichen Halle der Kirche. Unten im Gehänge das
Ehepaar: Hermann Schnohr und Eva Dreves, im Hinlergrunde das Innere
einer Kirche. Im Vordergrunde des mittleren Hauptfeldes ein zweites Ehepaar
brecht-
schcs
Kpitaph.
Dinjj^rav-
siht-s
Kpitaph.
Schnohr-
sches
Epitaph.
') Hans. Gc!>cb.-Q. II, zu Nr. 487.
Digltlzed by Google
50
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Meviiis-
srhcs
K]>ilaph.
(wahrscheinlich das der I'lltcrn des Mannes, des Zacharias Schnohr und seiner
Gattin), und im Hintergrunde die Himmelfahrt. Ganz oben endlich die Aus-
giessung des hl. Geistes.
Das Mittelfeld wird von
den beiden plastischen
Gestalten des Moses und
des Täufers Johannes
flankiert. DieWappen-
schildc des unteren
Ehepaares sind bei der
letzten Restauration
vertauscht, Rose und
Sterne gehören der
Schnohr'schen , die
Justitia der Dreves-
schen Familie. Be-
zeichnet links unten
C. M. fecit (Chri.stian
Möller) und rechts
unten mit der Jahres-
zahl 1657. Vgl. Crull
u. Techen, I. c, S. 1 27.
9. I'Ipitaph des
Con.sistorialraths und
.schwedischen Vicc IVa
.sidenten David Mevius
(•]• 1670). In einer der
nördlichen Seiten-
kapellen, Ks ist ein
mit l'^n^eln und alle-
gorischen, aus lilättern,
Rlüthen und Trauben
heraussehenden weib-
lichen Ge.stalten in
Rüstenform ausgestatte-
tes Rahnienwerk im
üppigsten Rarockstil,
aus I lolz geschnitzt.
Im oberen Medaillon
das Rildniss des Ge-
nannten als Rrustbild.
Schnohr'sche» Epitaph,
Als Mauptstück in der Mitte eine lange von einem
geschnitzten Hichenblätterkranz cingcfasste Inschrift in lateinischer Sprache.
Unten im Gehänge das von zwei kleinen Hngelfiguren gehaltene Wappen des
DIgitized by Google
ST. MARIEM- KIRCHE ZU WISMAR.
51
Verstorbenen {^jcthcilt, vorne zwei Zweige, hinten über von Schlanj^cn um-
wundener Säule ein Stern in einem Kranz). Vgl. Crull und Techen, 1. c, S. 127.
Mevius'schcs l!|iita])ti.
10. Epitaph des Bürgermeisters Jürgen Schwartzkopff ') (f 1554). im St hwartz-
Jahre 1756 im Auftrage des damaligen Weinhandicrs Ant. Matthias Schwartz- k"i)fl"st:hcs
— - — ■ — - Kpilanh.
') Hans. Geschichts-Q. II, zu Nr. 368.
Dlgitized by v^uo^Ie
5^
AMTS6ER1CHTSBKZIRK WISMAR.
köpf so gründlich erneuert, dass nur noch die Rudera eines Familienbildes
auf Leinwand als alt bezeichnet werden können. Jetzt in der Materialien-
kammer der Kirche. Dieses Bild aber wird sich schwerlich auf den Genannten
beziehen, wahrscheinlich auf spätere Mitglieder der Familie, die der Stadt
noch mehr Bürgermeister und Rathmannen gab. Vgl. Crull, Rathslinie. (Hans.
Geschichtsquellen II.) Inschrift bei Crull und Tcchcn, 1. c, S. 1 28.
Wrangel-
schcs
Kpitaph.
Briimmer-
sches
Wappen.
Ocdächt-
niss -Tafel.
II. Das Wrangerschc Epitaph. In der Kapelle des schwedischen
Generals Wrangel (s. u.). Iis besteht wesentlich in einem geschnitzten, von
Lorbeerzweigen umschlungenen und von sechs Lngeln umschwebten Wappen
(in weissem Felde ein schwarzes Mauerstück mit drei Zinnen, auf dem Helm
das Mauerstück zwischen zwei silbernen Flügeln) mit kurzer laschrift, die bei
Crull und
Techen, I. c,
S. 126, ab-
gedruckt ist.
12. Hier-
her gehört
auch das aus
Holz ge-
schnitzte an-
sehnliche
Wappen des
Reich-sgrafen
Otto Fried-
rich von
Brümmer,
des Erziehers
vom Czaren
Peter III., in
der nördlichen
Halle.')
1 3. Ueber
die Gedächt-
niss -Tafel des
Stifters der
Kanzel s. o.
S. 37- Vgl.
Schröder,
P.M., S. 1225.
BTUmtiMrr'schcs Wappen.
') Vgl. RrUckncr, Katharina II. in Oiicl(«n's Allgem. Gesch. X, 3. Th., S. 24 fr. |!i)bass.»n",
Kalliarina II., Dd. I, .S. 103 flf.
Digitized by Google
ST. MARIEN KIRCHE ZU WISMAR.
53
flrah-
denkmal.
14. Wrangel'sches Grabdenkmal, in der gleichnamigen Kapelle auf Wrangel
der Nordseite der Kirche. Auf einem weit über Manneshöhe sich erhebenden schcs
mächtigen Unterbau, der mit Kupfcrplatten verkleidet ist, die mit Bibel-
sprüchen bemalt sind, und der oben mit einer Halustrade abschliesst, deren
Ecken mit pyramidalen Aufsätzen bewehrt sind, steht ein prächtiger Doppel-
sarkophag, auf dem die aus Holz geschnittenen charaktervollen Gestalten des
bekannten schwedischen Generals (■•• 1647) und seiner zweiten Gemahlin, der
Magdalena von Buchwald, ruhen: er im Harnisch, mit über der Bnist ge-
falteten Händen, das lange Schwert danmter, die Füsse und Beine mit hohen
Krcmpstiefeln bekleidet; sie in einfacher schwarzer Kleidung, die Hemdärmel
an den Händen ht-rausgeschlagcn, über der Brust einen weissen Uebcrfall
Wrangvl'sches Grabdenkmal.
tragend; beide mit Kappe. An den Langscitcn des Sarkophags die Apostel-
gestalten, aus Holz geschnitzt, an seinem Fussende der aus dem Grabe auf-
erstehende Christus, dazu zwei Kriegsknechte als W^ächter, zu Häupten drei
Wappen, in der Mitte das Wrangcl'schc (s. o. unter 11), rechts das der ersten
Gattin des Generals, der Anna Sabina Treusch von Buttlar {auf rothem Grunde
ein silberner Tragkorb mit goldenen Bändern und Riemen, der Helm mit
drei weis.sen Federn besteckt), links das der zweiten Gattin, der Magdalena
von Buchwald (quergetheiller Schild, unten ein weisses Feld, oben auf rothem
Grunde ein gekrönter Bärenkopf, dieser auch auf dem Helm). Auf den Fcken
des Sarkophags die vier Evangelisten -Symbole, und auf angefügten vier be-
sonderen Postamenten vier Engelgestalten als Wächter.
Der Unterbau des Sarkophags schliesst drei Särge ein, den mit einem
aufliegenden Crucifixus au.sgestattetcn des Generals, des.sen Theile aus Kupfer,
Messing und Zinn hergestellt und mit Engelfiguren, Schildern und Spruchen
Digitized by Google
S4
AMTSGERICHTSBEZmK WISMAR.
Mecklen-
burg.
reich verziert sind (mandies ist von fremden Händen weggerissen), den der
zweiten Gattin Magdalena von Buchwald und den des Grafen Brüouner (s. o.
unter 12).
An der Westwand die mit Goldschmuck ausgestattete Rüstung des
Generals sammt Helm und Bein- und Armschienen. Gegenüber das unter II
schon beschriebene Epitaph mit der Inschrift: DER KÖNIQL. MAYt VND
REICH SCHWEDEN VBER DIE CAVALERIE GENERAL MAJOR VND OBRISTER
H. HELM. WRANGEL. HERR ZU SELKIS. 1647. Daneben das Buttlar'schc
Wappen (s ().) mit der Unterschrift: ANNA SABINA geb. TREYSCH BVTLER.
Der mit reichem Barock- und Rococoschmuck ausf^estattetc Portal- und
Gitterschluss der Kapelle stammt laut Inschrift vom Grafen Briimmer (s. c).
Am Grabmal Wrangel's war nachweislich im Jahre 1653 der schon
öfter genannte Bildhauer Christian Möllsr mit Hcntellung der genannten drei
Wappen beschäftigt; ob er anch aUes Uebrig» angefertigt bat, ist Ws jetst
nicht ermittelt.
Grabplatte 15. Bronzene Grabplatte der Ilerzoqin Sophie von Mecklenburg, Ge-
d. Herzogin niahÜn des Herzogs Magnus II., Tochter des Herzogs Krich II. von Pommern,
^»P^ir**" ""'^ Stamnmiutter des heutigen mecklenburgischen Fürstenhauses. Gusswerk
in gothischem Stil. Die schöne Platte lag bis zum Jahre 1884 vor dem Haupt-
Altar der Dominikaner -Kirdie zu Wismar. Als damals die Kkche ab-
gebrochen und der Chor zu Schulzweckcn eingerichtet wurde, übertrug man
das Denkmal in die Marienkirche. Die Platte hat 2 cm Stärke am äusseren
Rande und misst 2,53 X 1,5^^ m. Sie besteht aus fünf sehr sorgfaltig und
sauber zusammengefugten Theilen, dem grossen Mittclstück mit der Figur der
Verstorbenen, und dem aus vier Theilen zusammengesetzten und mittdst der
auf Gehrung berechneten Hohlkehle an das Mittelstfick angesdilossenen Rahmen.
ObeAalb der Figur im Rahmen ein zweimal gedieilter und gespaltener Schild,
in dessen erstem Felde der mecklenburgische Stierkopf angebracht ist, während
die übrigen acht Felder die einzelnen Theile des pommer'schen Wappens ent-
halten, die ein zweites Mal, jeder für sich, in den übrigen acht Feldern des
Rahmens vorkommen. Die fein empfundene lebensvolle Gestalt der Herzogin
ruht auf dner Decke mit schön entwidcdtem Granatapfelblüthen-Muster und
mit ihrem Haupte auf einem Kissenpolster. Auf
dem Ran(l<: der Decke die Namen Jesus Maria
(IhflS iUTilUK). Um das Kissen herum breitete
sich einst ein vollplastischer Baldachin aus, der
wahrscheinlich auf einem Stabwerk ruhte, das
beiderseits von der Gestak In den Hohlkehlen
angebracht war und von unberufener Hand ent-
fernt ist. In ihren Händen hielt die Herzogin
einen Ro.senkranz. In der Initiale .11 der In-
schrift steht der Name des Giessers: t\\t Ijrintlj
oder BruicU otler briutlj oder briUClI. über den
bis heute nichts bekannt geworden ist, dessen imiiiil mit dem Namen da ü
icswrs.
Üiymzeo by Google
Itronzcnc (jrnl)|ilattc lU-r Hcrzojjii» >n[i!iic \<.ii Mci,k]cii1:ut j
in St. M-.irici» \V;«m.ir.
ST. MARIEN -KIRCHE ZU WISMAR.
5S
Name aber auf Niederdeutschland weist. Die Umschrift lautet: .fla • crlfti •
bnfc^ • 5crcn • aljcöart I Pcftrifjübcrt • biib • !Jin • bcrbc • jare • nni •
fribagOc • n.i niifrrko I rblas • bni • 3d • bc • burdiliicfitiglie • Ijo i
ri)g|^c&oni • toorftine • ftnluc • «^oiiljia • gficborn • b.in • ftrtti • bnb*
p ' omeren • 2c • l')crtO'
gnnc • ro • nicftelcfiio _rdi •
Porfliiic • to • Uicbc •
^C^rclilnc • to .^tarrin • lio>
florti \jnb ..^tara ' arbc •
:c • Per • laiibe • fraUic •
borftorb rn • T>rr • .>rlcii •
gab • Biiebicli • bnb •
barm))erticf) • fii • Vgl.
Crull, Zeitschrift für christl.
Kunst I (iSSS), S. 351.
\Vi},'j,'er. M. Jahrb. L, S. 197.
Crull und Techen, M. Jahrb.
LVI, S. 120.
AussuT dieser (>rab|>latte
ist in früherer Zeit noch
eine andere aus der Do-
minikaner-Kirche nach St.
Marien überführt worden,
die als die Platte des 1427
hingerichteten Rathm.innes
Hinrik van Haren (s. o.)
anzusehen ist. Sie ist aber
vom Zahn der Zeit s»> sehr
mitgenoninien, dass es sich
nicht mehr \ erlohnt, davon
eine .Aufnahme /u machen.
16. Banzkow'scher
Grab.stcin mit den Mvan-
fjelisten- Zeichen auf den
Kcken. In der Mitte Schild
uiui Helmzier der Familie
Banzkow im Charakter des
XIV. und XV. Jahrhuntlerts.
Darunter die Wappen des
Bürgermeisters Caspar Schwartzkopff und seiner Gattin Margaretha, einer
geb. Flensborch, vom F.nde des XV'II. Jahrhunderts. Von den Banzkow sehen
Umschriften lautet djc eine: I^IUIO bilT .iH"] : CCCC° I itü ^to : p't : OCtälll :
corjpori^j:)]! I ^ bus I niariitiarbuQ baiir>r1toliic \ 4)CQfu( ■ Die andere:
?fiio : bni : .1X1° : ccc^Iioriic fd": b_ pcntrrofirs • ^ • iiiargarrta [iftoc •
oratc 4J cisl. Die dritte: 5l'iio biii : .Iii \ ccc'pc bi : fi\i : iiii : jit' : fcftu :
Ötl jaCObi Die Unterschriften unter den beiden jüngeren W appen
nanzkow'scher Grsibstein.
Ilan/kow-
scher
(Irabstein.
DIgitized by v^jt^ju^le
56
AMTS6ERICHT8BBZIRK WISMAR.
lauten: ANNO DNI M... OBIIT DNS CASPAR SCWARTZKOPP CONSVL. ANNO
DfU M . . . OBIIT MARGARETA FLENSBORCH CONIVNX.*)
Die übrigen Grabsteine von St. Marien haben unter den Fusstritten
der Kirchenbesucher arg gelitten. Doch würde es sich trotzdem immer noch
verlohnen, die besseren dieser Grabsteine aufzunehmen, ihre Bildwerke und
Inschriften mit dunklerer Farbe kenntlich zu machen, und sie SO an die
Wände zu stellen, wie es in Dargun und Doberan, und jüngst auch in
St. Marien zu Rostock geschehen. Sie würden zur Belebung der Kirche
dienen, deren Wände jetst kahl genug aussdien. Wie die Epitaphien,
können ritu h die (Irabsteine senkrecht aufgestellt werden, von denen ohnehin
die meisten heute nicht mehr auf der Stelle liegen, wohin sie ursprünglich
gelegt wurden. Ihre losduiften sbd, wie die der flbrigen Kirchen zti Wismar,
in sehr verdienstlicher Weise gesammelt von Crull und Techen, M. Jahrb. LIV,
S. 119 tr.; LV, S. 237 flf.; LVI, S. 95 ff. Die Ansieht aber, die im M. Jahrb.
LIV, S. 115, Aumkg. 2, ausgesprochen ist, und welche dahin geht, dass Grab-
steine liegen bleiben müssen, vermögen wir nicht zu theilen. Ueber einsdne
Epitaphien, die nicht mehr da sind, vgl. Schröder, P. M , S. 1222 ff. Es
fehlen die dort beschriebenen Bilder der hl. Dreifaltigkeit, sowie die Bild-
nisse von Luther, Melanchthon, Wiegand, Brandt, und unter den Epitaphien
das Bülow'sche, Sitmann's( he, F.ngellirecht'sche und die Grelle' sehen, ebenso
auch das von Schröder nicht genannte Epitaph eines Owe von Buchwald
(•]* 1635), wovon 1841 ein Relief ins Museum zu Wismar übergegangen ist.
Ein Bild aus dem F.jjitaph, weh hes der Fürstliche Rath Elias Judelius flir
seine Frau .Angela Tanken (vordem Wittwe des Nie. Karow, s. o. S. 45) an-
fertigen Hess, ist z. Zt. in Privatbesitz.. Es fehlen femer die von Schröder
genannten geschnitstat bdden mecklenburgisdien Wappen. Oer im vorigen
lahrhundert erbaute Tribunalsstuhl , der weit ins Mittelschiff vorspmg, ist
1841 in die Kapelle hinterwärts verlegt worden.
Wand- Waiid§MiIld«. Von den unter der Tfindie erhalten gebliebenen alten
gemllde. Wandgemälden der Kirche, auf die Lisch im M. Jahrb. XVI, S. 389, zuerst
aufmerksam gemacht hat, sind im Laufe der Zeit dnige freigelegt und erneuert
worden. Sie folgen hier nach ihren Plätzen.
I. Kapelle oberhalb der SakristeL Von den drei Gewölben,
womit diese Kapelle bedeckt ist, enthält da.s erste in .seinen vier Kappen die
paarweise zu.sammengcstcllten Gestalten von acht Heiligen; Johannes lüangelista
und Antonius, Petrus und Paulus, Andreas und Sebastian, Maria Magdalena
und Katharina. Es folgt das zweite Gewölbe: in der einen Kappe der
hl. Thomas, wie er die Hand in die Wundenmale Giriati legt (Inschrift:
mitte mamim • tramfmtf tiieu# et hta$ mm^ und die hi. Gertrud mit dem
Modell eines Hospitals in der Linken (Insdirift: gUCKtmll fi$ ^if^f tt (00
iiini ffni (?) tUUG Ijofpcs); hinter ihr zwei Pilger; in der anderen der Erz-
engel .Michael, wie er den Drachen spiesst; in der dritten die Gestalten
der hl. Barbara und Dorothea; in der vierten der Besuch der Maria bei
') Die Jahreszahl Ul bei beiden Gatten foitj^, la^^, m. Cnspar Schwartzkopf wurde 167S
BUigcrmeUter und ^tarb den 8. November 1691. Schröder, K. B., S. 31 (49)1 Cmll «nd TecheOi
U. Jabxb. UV, ä. i$o.
Üiymzeo by Google
Digitized by Google
ST. MARIEN -KIRCHE ZU WISMAR.
57
der Elisabeth (Inschrift: [emtltOWt in gflllWo fttfmt$] tü titno tlieo); dazu ein
aus der Wolke herunterschwebender Eii|^l mit Wcihrauchfass. Die Kappen
des dritten Gcu cilbes sind neu, die alten wurden laut Inschrift am l6. November
1660 von den einstiirzenden (iicbcin der Sakristei einf^eschlagcn.
Die Malereien an den Wänden stellen sich dar, wie folgt:
An der nördlichen Wand, östlich vom Fenster, ist das Bild Christi aus
der Apokalypse (Kap. 1) mit dem Schwert im Munde erhalten geblieben. Er
hat in der Rechten sieben Sterne und in der Linken einen Doppdschlussd.
Seitwärts die sieben Leuchter der .\p<ikal\ pse, links drei, rechts vier. Ihm zu
Füssen ein baarhauptif^cr Mann in bltjndcii 1 laaren und schwarzem Gewände
(Johannes). Oben zwei Thcilc einer nicht mehr deutlichen Inschrift in gothischen
Minuskeln. Auf einem Spruchband die Erläuterung des Doppelschlüssels:
l^flltta rMbef mortis et inftxni. Oberhalb dieser Schlussscene des christ-
lichen Heilsplanes sein neutestamendicher Anrang: die hl. Maria am Betpult:
QtlOinobQ fiCt i^tUb qufa blrum non COgnoffO. Oberhalb dieses Bildes als
Abschluss ein Gemäuer, hinter dem man Gott Vater erblickt, im Zwickel
endlich zwei Rauchfässer schwin^^ende ICngcl. (Westlich vom Fenster der
Nordseite ist der Engel der Verkündigung neu hingesetzt.)
Die Ostwand zeigt (von Norden her beschrieben) nördlich vom ersten
Fenster die Gestalt Christi nach der Geisselung, Geissei und Märtyrerpalme
in den Händen, die Domenkrone auf dem Haupte. Darüber die Gestalt eines
Mannes, der ein Glockenspiel schlägt und ein Gewand trägt, das man als
geistlich ansprechen möchte. Hierüber endlich als Abschluss ein Mann mit
nackten Füssen, der eine leere Kiepe auf dem Rücken trägt und mit einer
Stange ein Nest ausnimmt. Auf der anderen Seite des Fensters die Gestalt
des hl. Gregor auf einem Sodcd stehend und somit als gemalte Statue
gedacht. Er trägt eine Tiara und hält in seiner Rechten ein Buch und in
seiner Linken das Papstkreuz. Oberhalb des hl. Gregor, in Rankenwerk ein>
geschlossen, ein Mann, der einen \^)<^el lockt.
An derselben Ostwand, aber unterhalb des anstossenden ^'weiten Ge-
wölbes, mehrere Heilige, nordlich vom Fenster der hl. Laurentius; über ihm
grünes Rankenwerk, darin ein Mann, der einen Bären mit der Keule erschlägt;
südlich vom Fenster der hl. Stephanus und die hl. Ursub. Oberhalb des
hl. Stephanus im Rankenwerk ein AiTe. Weiter, unterhalb des ersten Gewölbes
der Kapelle, das an die Abseite der Kirche angrenzt, die Halbfigur Christi
mit Dornenkrone, Gcissel und Keule, dazu die Darstellunjj der Leiden durch
Marterwcrk/.enijc und symbolische Bilder. Daruber die Anbetung der hl, drei
Könige. Aul dem sich anschliessenden ösUichcn l'feiler (d. h dem ehemaligen
Strd>epfeiler) zwei Darstellungen: auf seiner Nordseite die Gruppe einer Pietas,
die hl. Maria mit dem todten Christus auf ihrem Sdioss, darüber ein musi-
cicrender Engel; und auf seiner Ostseitc der hl. Christophorus, mit dem
Christkind auf seiner Schulter durch das Wasser schreitend.
Gegenüber, am westlichen Pfeiler, in grünem Fehle, die Gestalt einer
hl. Maria (Mater misericordiaej , unter deren weitem Mantel allerhand Volk
üiyiiizeü by Google
58
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Schutz sucht, links Geistliche, rechts Laien Oberhalb der Maria zerbrochene
Spiesse und Sclnvcrter, ferner Inschriften, die keine Hoffnung auf Entzifferung
geben. Auf einem von ihnen sind die W^^rte
mübü mci
ctoTä ptnöicta
m eflcMiimi«
Auf der übrigen Fläche der Westwand, wdklie demnädist die sog.
Miniflteriail-BibUofhek aufndimen soll, befanden sidi einstmals gleidifalls ver-
schiedene Gemälde. Sie sind aber so vollständig verloren, dass dafür nidits
Neues an die Stelle gesetzt werden konnte.
Am Gurt des Scheidebogens zwischen Kapelle und Kirche sind in sechs
spitzovalen Feldern wunderliche Scenen auf grünem Grunde zum V^orschein
gekommen. Das untere Hild (Ostseite) ist unkenntlich. Üas folgende zeigt
eine hockende weibliche Gestalt, die einem aufrecht stehenden Schwein die
Redite auf das Haupt legt Als drittes Bild folgt ein Mann, der eine Frau
mit Kind auf dnem Schiddcarren vor sidi her schiebt. Von den gq^über-
stdienden drd Bildern auf der Westseite zeigt das unterste eine Kampfscenp;
das zweite einen aufrecht stehenden Esel, der .seine Unke einem Narren auf
das H.iii[)t li'Rt, und ausserdem noch einen Mann, der den Narren von hinten
her anfasst; das dritte endlich einen jugendlichen Kelter auf einem F.scl.
Femer finden sich Fresken in den Laibungen des nördlichen Fenslers
der Ostwand, man neht dort in rautenförmigen Feldern, die durch grttne und
rotfae Linien gebildet werden, die Brustbilder von Propheten und anderen
Figuren des alten Testaments (z. B. David und Salomo). Doch fehlt es an
Attributen, durch die sie bestimmt werden könnten. Die Laibungen der
übrigen Lichtöfltiungen sind mit Omamentwerk gefüllt.
Fndlich ist noch zu bemerken, dass sich unten an der Wand, dem
F"u.ssboden zunächst, ein in abwechselnd gelbe und grüne Rechtecke ein-
gethcilter Streifen um die Wand zieht, oberhalb dessen eine niedrige mit
Zinnen bewehrte Mauer aufstdgt, in deren Nischen die Figuren von Spiel-
leuten mit Musikinstrumenten sichtbar werden.
2. Kapelle auf der Westseite der Nordhalle. Sie wurde am
9. September 1388 gewdht (siehe o. S. 35). Man kann annehmen, dass die
Malereien dieser Kapelle entweder kurz vorher oder bald nachher ausgeführt
wurden. Auf der W'estwand sieht man zunächst den Ritter Georg, wie er
den Drachen tüdtct, im Hintergründe die Königstochter. Spruchband: filiil
noli tlUlCrC quia in Clirifti nomine tC jllbafiO,') Rechts davon der heilige
Christophorus, der das Christkind durch das Wasser trägt und dem der Eremit
dabei leuchtet. Sprachband: ego fum Cj^tifhlj rejc tUUj CUi in ÜOC opm
i|lfe lltfecitf f . Oberhalb dieser beiden Bilder dn die ganze Breite der Wand ein>
nehmendes grösseres Bild, das einen Sterbenden auf seinem Bette darstdlt, dem die
*) Die Spnichbjindcr »iiid hier, wie auch ibeilweisc in der «oten Kapelle, von Dr. Crull ergiSiut.
üiymzeo by Google
Üiyitizeü by Ljü
6o
AMTSGERICIITSBEZIRK WISMAR.
Seele aus dem Munde geht. Spruchband: 0 Jljcfu buIcffffltlC pcr tU.llll ffrJCiam
füt Illidjl ynfflO tua f.ltllt.irlS. Am Küssende des Heltes die Gestalt des
Satans mit dem Spruchbande: fj.lt lllllc jUS fUUin niliinatn luaill fpCtO
lllidjj non CrlpiC^. Zu lläupten des Sterbenden der fürbittende Schutzheilige
des Sterbenden und ein I'^nt^el, dieser mit dem Spruchband: babC fatailfl
anima ifta l'pcra niCCUni aftcnbct In corllllll. Zu Füssen des Schutzheiligen
eine Mondscheibe. Als Abschluss des Ganzen oben die heilige Dreieinigkeit
in einer Mandorla und als Spruchband tiabei die Worte: CfCC (VllX llOll
trnirrr qiioiiiam ViaCrr^ per rani rrniiffiouctn prcratonitn.
I>cckcngciDäl(1e in der l)«ichtka|>ellc.
An der Ostwand die Geburt Christi. Man sieht den Stall mit der
Krippe und mit Ochs und Esel. Die hl. Maria liegt im Hett und fa.sst mit
der Linken das Kind, das vor ihr auf tier Decke des Heltes steht und die
Rechte gegen den Heschauer hin segnend erhoben hat. Joseph macht sich
rechts vom Hett bei einem Kessel zu schaffen. Kin kleines Schwein ist aus
dem Stall ins Freie gelaufen und be-schnupi)ert die I''igur eines Heiligen, der
von rechts herangetreten ist. Links, als Hild für sich, das Martyrium des
hl. Sebastian. Den oberen Ilaupttheil der Wand nimmt die Verkündigungs-
.scenc ein, die innerhalb eines architektoni.sch reich entwickelten s))atgothischen
Ilallenbaues vor sich geht, in dessen oberem Stock die thronende (iestalt von
Gott Vater sichtbar wird. In der V'erkundigungsscene zwei Spruchbander:
DIgitized by Google
ST. MARIEN- KIRCHE ZU WLSMAR.
6t
^\it (inacla) grtuia (iileiia) bominul tecum fteneMcta in intafniBuf und
(fum) (indUa boniini (fiat niilii) fccunbuin berbuin tuum.
In den GcwolhekapiK-n Christus ;ils Lehrer der Kirche mit einein lynche
auf einem Kundboj^'cn thronend, neben ihm Johannes und Maria. In den
anderen drei Kappen die zwölf Apostel. Oberhalb des Rundfensters die Sccne
der Darstellung des hl. Kindes im Tempel.
Im Gurt des Scheidbc^ens sieht man in Rundfeldcm die Brustbilder
von zwölf Propheten» mit Namen auf Spruchbändern.
3. Die Wrangel- Kapelle. An der Ostwand der Crucifixus, zu
seinen Seiten knieende Engel, welche Weihrauchfässer schwin^^en. Darüber
als zweite Scene Chri.stns mit ausi;<breitrt( ii Armen auf iK m krL;i'nl)o^en
thronend; ans stincni Munde <;clicn Scliuert und Lilie, und /.u seinen Seiten
knieen links Maria, rechts Johannes, an den von hinten her eine kleinere
Gestalt (ein Engel?; mit einer Lanze und drei Nugcln herantritt.
Gegenüber auf der Westseite der mit dem Christkinde durch das Wasser
schreitende Christophorus. Im Wasser ein Meerweib, Seehund, Häring, Butt
und geflügelter Fisch.
Im (lurt <les .Scheideb«>^ens Christus (diesrr in der .Spit/r) mit den
zwölf Aposteln als Hrustbilder in Run<ireldern. Aus>crdeni, nach unten hin,
auf der einen Seite, der iKSllichen, <lie hl. Gertrud und vier leere Metlaillons,
auf der anderen, der westlichen, die hl. Katharina und drei leere Medaillons.
Oelgemälde. In der Sakristei die Bildnisse folgender Frediger an (Kl-
üt. Marien, mit Heischriften: «emalde.
Du. M. Joachimus Hertzberg Superintend. et Tastor Marianus.
Dn. M. Dan. Springinsguth Archidiac. Mar.
Dn. M. Dieter. SchrSder Archidiac. Marian.
Dtt. M. Jac. Stalkopff Rev. Minist. Senior Pastor Marian, et Consist.
Re<;ii Asse.ss.
Mag. Lhrej^ntt Christian Enghart .Supcreiulend (sie!) St. M.irien.
M. Christian Haupt .Superint. C<insisii>nal. et Pastor Marian, nat. Hutzow
10. Sept. 1728 Uenat. W ismar 7. Ocl. 1806.
Dr. Henn. Job. Gerdes Past Mar. Supenntend (sie!) et Conft. Pracscs.
Dn. M. Daniel Joach. Kühl
M. Ilenricus Pladccius Tast. Mar. et Consist. .isscs.
Dn. M. Joh. Christian Strasbvrg archid. Mar. M. Stra.sbui^ 1742.
l'.in Hildniss ohne Beischrift.
Ein Crucifixus.
Ueber der Thür der Sakristei die Verklärung Christi von St»wr*Diisseldorf.
Glasmalerei. Eine Anzahl kleiner Glasj^emalde, aus der Kapelle ober-
halb der Sakristei stammend (vgl. .M. Jahrb. .WI, S. 2S9 und .\.\I.\, S. 70),
ist 1872 in ilic mittlere Kapelle (U -> Cmij.uüycs um den Chor versetzt worden.
Es sind Scenen aus dem Leben Jesu, Mait} ricn und Heilige.
Üiyitizeü by LjüOgle
62
AMTSGERICI ITSKEZIRK WISMAR.
Kleinkunst-
werke von
Metall.
I
iii
II Jj !
Kleinkunstwerke von Metall.
1. Silbcrvergoldeter gothischer Kelch mit scchspassigem Fuss
sechsseitigem Schaft, Der Knauf ist mit graviertem Maasswerk und
Blumen statt Zapfen geschmückt. Ueber
ihm, am Schaft, das Wort QrdCia, unter
ihm in spaterer, eine Reparatur anzeigender
Schrift der Name IHESVS. Als Signacu-
lum ein aufgclötheter vollplastischer Cruci-
fixus. Am Rande des Fusses die Um-
schrift in spätgothischcr Schrift: tlCf^Cll
TfrlTi Ijrft't gljctbget Ijcc itxu efffc o
iiiatcr bei intincnto itic nc (sie!) il]cgfli^
niaria O ') Keine Wcrkzcichcn. Patcnc
fehlt.
2. Silbervcrgoldetcr Kelch mit scchs-
passigem Fuss und sechsseitigem Schaft.
Seine Cupa ist in ein durchbrochen ge-
arbeitetes Geschlinge von Weinlaub ein-
gesenkt, das vom oberen Rande ungefähr
2V» cm zuriickbleibt. In den Rotuli des
Knaufes, der mit gleichfalls durchbrochen
gearbeitetem Maasswerk verziert ist, steht
der Name IhUSVS auf blauem Schmclz-
grund. Wie der Schaft, so ist auch der
Fuss mit naturalistisch behandeltem und
durchbrochen gearbeitetem Laub- und
Rankenwerk verziert, zu dem als weiterer
Schmuck an seinen Kanten aufgesetzte
Krabben und an seinen Finziehungen
sechs kleine unter spätgothische Giebel in
Frauenschuh form gestellte Fngelfigurcn
hinzukommen, die die Marterwerkzeuge
Christi tragen. Säule, Kreuz und I^nze
sind noch zu erkennen. Von eigenthüm-
lichcr Art ist das Signaculum: man sieht
auf einem aufgelegten Blatt ein in Silber
gefasstes Kreuz von Kry.stall, an dessen
Fassung sowohl der Crucifixus wie rechts
und links die Gestalten des Johannes und
der Maria befestigt sind. Den oberen Theil
und
mit
n
! mm \
1 1: .t: 3
I . l I
^1:
i
Glasgem&lde.
') Da ein Ralhmann oder Priester Jürgen Kske nicht bekannt ist, so wird fUr Elske zu lesen
•ein Kksc;'n"!; JUrgen Ekscn oder Kxcn sass im Rath 1491 bis 1524, und dieser Zeit ents|iricbt
auch der Stil de» Kelches ;Crull, Amt der Goldschmiede i» Wismar, S. 37). Das entschieden
dastehende ne vor dem Jcsusnaracn ist auf ein Vci-Nclicn de» Ouldschmicds zurückzuführen.
Digitized by Google
Digitized by v^joo^le
ST. MAKIEN'KIRCHB ZU WISMAR.
63
des Kreuzes fleckt ein {j^riiner, den unteren Theil ein blauer Stein, und als Unter-
Ligc dient ihm die Darstclhinf^ eines lierj^es mit einer Kinzaununp, die durch
ein .Schli>ss gesichert ist. Zwei ^herhält) der Kreuzcsarmc angebrachte stern-
förmige Rosetten mit je einer l'erle mögen Somie und Mond bedeuten sollen.
Die übrigen fünf Felder des Fuases zeigen eingravierte Figuren» die von
Rankenwerk und mldbewq[ten Spruchbändern im Geschmack der SpäÜ^othik
unngeben sind. Auf dem ersten Felde sieht man einen mit einer Kappe und
lanj^cm Priestergewande bekleideten Heiligen, der mit seiner Rcchttn eine
Mandorla cniporhalt, in der das Christkind als Wclthcrrschcr auf niuin
Kcgcnbugen thrunt, und dessen herniederhangendc Linke ein Buch tragt.
Auf dem Spruchband des Feldes die Buchstaben ffSffß*)a. Das zweite Feld
zagt im oberen Theil Christus, der in seiner Linken drei abwärts gekehrte
I-.anzen hält, und im unteren Theil drei betende Mönche, die durch Nimbcn
als Heilige charakterisiert sind. Auf dem Spruchband die Minuskeln inifft*
ind bcfu?) *) Im dritten l'elde stei^'t von einem schlafenden Mönch eine Ranke
aufwärts, in der die Halbfignren von Mönchen über einander angebracht .sind,
von denen der untere Buch und Schwert, <ler obere aber in der Rechten eine
Säge und in der Linken eine Art Beutel zu halten scheint Hier fehlt das
Spruchband. Das vierte Feld zeigt wieder wie das an das Signaculum an-
Stossende erste Feld einen (kistlichen mit Kappe und Priestergewand, der an
einem Pult sitzt und schreibt. Auf dem .Spruchband dieses I-'eldes die Worte
fancta niiir. or.l pro noÖ. Auf dem sechsten Felde ein Mönch nut .\inii)us,
der in der Rechten einen mit einem Crucilixus bekrönten Stab und in der
Linken ein Buch ISit Auf dem Spruchlnnd liest man in Majuskeln IiIQ
OR T (P) SX hVKT. Auf der Unterseite des Fusses steht die eingravierte
Inschrift: iftj maffi 6n b lOt IC Ol (ss 1501). Die zu diesem Kelch gehörende
Patene zeigt ausser einem Signaculum, das reicher als gewöhnlich behandelt
i.st, in der Mitte ihres in .Sechspassform vertieften Rodens das Lamm, wie es
auf dem Buche mit den sieben Siegeln ruht. Keine W'erk/.cichen, weder am
Kelch noch an der Patene. (Vgl. Crull, I. c, S. 38, Taf I, 3.)
3. .Silbervergoldetcr Kelch auf .sechseckigem Fu.ss, dessen unteres Rand-
ghcd fehlt. Am Knauf der Name lUUÜVS, und in seinen Kerben die Bilder
des Christuskopfes mit der Dornenkrone. Auf dem Fuss ein eingravierter
Schild, der unten gespitzt ist und die drei Räder des Kalsow'schen Wappens
zeigt.*) Werkzeichen weder am Kelch, noch an der zugehörigen Patene.
4. SUbervergoldeter Kelch. Sein Fuss ist wie der des vorigen sechs»
eckig. An ihm ist aber das von Vierblättern durchbrochene untere Randglicd
erhalten, das jenem fehlt Knauf und Schaft sind mit Maasswerk verziert.
') Umgekchne« 61.
^ mifmfc nci teas.
' Der Rathmann Joh. K.ilsow stiftete 1340 eine ^■ik:lric in St, M;iricn. Vj;l. M, f -H. 6078.
Indeaten der Kelch ist ohne Frage gut 150 Jahre später gc-irbciiet, als diese Siiltung gcächah.
VgUCndl, Lc, S.38.
Digitized by Google
64
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Die Zapfen oder Rotuli des Knaufes tragen auf blauem ICinailgrund den
Namen lijcfb|§- Das Signaculum besteht aus einem vollplastischen Crucifixus
mit den Figuren des Johannes und der Maria. Keine Werkzeichen. Die
Patene fehlt.
5. Hoher silbcrv crgoldeter Kelch in spätgothischen Formen. Der Rand
der Cupa ist oben mit heraiutretendem getriebenen Reifen-, Perl- und Blätter-
strdfen und unten mit «ngraviertem Band- und Blattwerk venEiert. Ent-
sprechender Schmuck ( fx rlialb und unterhalb des Knnnfes am sechsseitigen
Schaft. In den Rotuli des Knaufes die Initialen V D M I /t 1568 in blaues
Email eingelassen: Verbum dei manet in aeternuni. Auf dem ersten der
sechs Felder des I'usscs in Vollplastik der Crucifixus mit Johannes und Maria
(Signaculum), es folgen in den übrigen fUnf Feldern als eingravierte Bilder
die Grabl^ng, Auferstehung, Himmelfahrt, Ausgiessung des heiligen Gdstes
und das Weltgericht. Am Rande des Fusses der Stadtstempel (bestehend im
Stadtwappen, s. Bildtafel auf S. 21, oben, in der Mitte) untl das Meister-
zeichen H, welches wahrscheinlich dem zwischen 1541 und IS''>9 nachweisbaren
Goldschmied Hans Heine II. gehört. Die Patene (ob ursprimglich dazu ge-
hörend?) ist ohne Werkzeichen. Vgl. Crull, 1. c , S. 39, 32. Tat, I, 4.
6. Silbervergoldcter Kelch auf .scchspa.ssigem Fuss. Auf den Rotuli
des Knaufes der Name IHESV8. Auf den sechs Feldern des Fusses die ein-
gravierten Figuren der CARITAS, JV8TICIA, FIDES, TEMPERANCIA, PORTI«
TVDO und SPES. Um den Rand des Fusses läuft die Inschrift: ENSSE«
KELCK . IS GEMAKET . VAN DEM . SVLVER . VT . SVNT . ANEN . BRODER .
SCHOP . SINT . PATRON . DAT . AMPI . DER . CRAMER . VND GOLT . (I\.rt
.Setzung auf dem unteren Rande) SMEDE . MIT . NAMEN • HANS • RODE*
PETER . HÄRDER • HIN RICK . lOST • GOOER • BERCHOLT • NV • TOR • TIT •
OLDERLVDE • ANNO • 15 • 7 • 7 lAR • An der Cupa ein deutlicher Stadt-, aber
undeutlidier Meister-Stempel. Patene ohne Werioseichen.
7. Silberne runde Oblatenachachtel. Auf dem Deckel ein dngravierter
Crucifixus, auf seiner Unterselte der von Schöneich'schc Schild (Kranz von
acht l'.ichenblattern) und die dariiber gesetzten Initialen B V S. Auf der
Unterseite der .Schaclikl ein Rahmen mit den Initialen C A V S und der Jahres-
zahl 1517. Arbeit und Initialen weisen auf das XV'II. Jahrhundert, den Land-
rath Baltzer von Schöneidi (f 1603), dessen Vater Caspar hiess und dessen
Gattin Catharina von Stralendorf (f 1609) war. Aber wie ist das Refonnations-
jahr 15 17 damit zu reimen? Ohne Werkzeichen.
8. Längliche silberne Oblatenschachtel mit aufgraviertem Laub- und
Handwerk im Stil der Spätrenaissance, dem XVII. Jahrhundert angehörig.
Ohne liedeutung, auch ohne Werkzeichen. l'"s ist höchst wahrscheinlich, dass
dieser Behälter ursprünglich gar keine üblatenschachtel, sondern — sit venia
verbo — eine Tabaksdose war.
9 u. 10. Zwei siltierne Altarleuchter im Baroclcstil, mit einer massiv
geari>eiteten, wahrscheinlich einem älteren gothischen Kirdienschmuck ent-
Digitized by Google
St. MAiUEN'KIRCHE ZU WISMAR.
lehnten Muttergottcsfig^ur als Schaft, nach einem daran bcfesti^^ton Schilde von
H. B. BRANDANVS EGGEBRECHT und seiner i:hefjattin F. DOROTHEA CLAN-
DRIANS 1672 gestiftet. Indessen, da jener bereits 1657 starb, so stammt die
Stiftung ausschliesslich von der Gattin her. Mit dem Stadizeichen und dem
Meisteraeichen P • W • E • (Friedrich WUhelin Emmerich).*)
11. Ein aus dem Fuss eines Qboriimu von vergoldetem Kupfer gc
bildeter Krankenkddi mit eingesetzter silberven^ldeter Cupa. Am Rande
der Cupa die Inschrift: OfT • KARR (siel) • 18 • VON . OLDE • BONSACKESKEN*
WEGEN • GADE . THO . LAVE • VNDE • DEN • 8EKEN . THO • DEN • EREN J9.
12. Grosse silberne Weinkanne von 1836, laut Werlczeichen von <fem
Wismar'schen Goldschmied Denker gearbeitet.
13. Grosser silberner Oblatenkastcn mit Kococo ■ Ornamenten. 1857
zum Andenken an I. C. THORMANN gestittct von I. D. Thormann.
14 u. 15. Neue Taufschiissel. BerUner Waare von 1856. Desgleichen
aus Zinn.
16. SUbervergoldeter Löffel mit dnem GrüT in modemer Golhik.
17. Schmuckloses silbernes Weinsieb.
18 — 22. Vier mächtige silberplattierte Leuchter und em Crudfixus,
gleichralls dem XIX. Jahriiundert angehörig, stdien jetzt auf dem Altar. In
classicierendem Stil von 183S. gestiftet von Frau 8U8ANNA FRIEDRIKE OCKEL,
geb. HAHN.
23 — 25. Zwei Bronze - Leuchter und ein Crucifixus in der Sakristei
(nach Entwürfen von G. Hamann vom Hofmetaligiesser Leheten gegossen).
Was die St. Marien -Kirche im Jahre 1297 an kostbaren Gebrauchs-
gegenstifnden oder Kleinodien besass, ist aus der Urkunde »439 des Mecklb.
Urkundenbuches zu ersehen. Sie nennt, ausser Büchern und GewäniUrn,
quinque calices et duas arapuUas. Dieser Schatz vermehrte sich naturlich
bald. Vgl. M. U.-B. 6987, 22. Juli 1349. Zweihundert Jahre später, den
6. August 1530 werden schon nicht weniger als siebeniindvicr/ig Kelche mit
Patcncn, neun Pa< ilikalien (Paces. Pezzekru/e, Kusstafcln, Kusskreuze) u. a. m
aufgezahlt. Aber es kam die Zeit, in der diese Schätze den Weg alles Fleisches
gingen. Im Laufe des XVI. Jahrhunderts mussten die Kirchen ihr Bestes
hergeben. Es war das erste Mal im Marz 153S» ab die vom Herzog
Albrecht begünstigten Wullenweber sehen Unternehmungen gegen Dänemark
Gdd erforderten. Damals lieferte St Marien 45 Maifc SSbers an Gewicht,
im Herbst dessdben Jahres 30 Mark; in späterer Zeit, am 6. und 28. August
1579, an vergoldetem Silber 50 Mark 2 I.oth und an weissem Silber 59 Mark
12 Loth, am 3. üctober 1581 an vergoldetem Silber 64 Mark 9 Ix)th und
an weissm Silber i Mark 8 Loth, 1584 an Gold 26 Loth 3 Quentdien, an
vergoldetem Silber 12 Mark 5' « I.oth und an weissem Silber 4 .Mark 11 Loth,
zuletzt noch im Jahre 1587 94 Loth Silbers, die für 93 Mark 10 ß. verkauft
wurden. V^. CruU, das Amt der Goldschmiede, S. 98 und 32 ff.
26 — 30. Die Kirche hat lunf Kronleuditer, unter denen der von BAL>
THA8AR VON 8CHÖNEICH und KATHARINA VON STRALENDORF geschenkte
>) Vgl. CruU, l. c, S. 39, 5a.
6
Digitized by Google
66
AMTSGERICirrSBEZIRK WISMAR.
und mit Wappen und Jahreszahl (1598) ausgestattete der bedeutendste ist.
Ein zweiter ist laut Inschrift von den Advokaten des schwedischen Tribunals
gestiftet; er trägt auf den Flügeln des Adlers die Inschrift: DON AT. | ADWO-
CATORVM I ORDINÄR . S . R . 1 TRIBVN . WISMAR. . Einen Adler unter dem
Ringe haben auch der dritte und vierte Kronleuchter. Der fünfte dagegen
ist an dieser Stelle mit einer als Doppclgestalt gebildeten und von einer
Glorie umgebenen Maria geschmückt und hat die Inschrift: ACT 1652 HAT
ZACHARIAS SCHNOER VND SEINE HAVSFRAV EVA SCHNOERS DIESE KRONE
GOTT ZV EHREN DIESER KIRCHEN VEREHRET.
Schoneich -Stialcndurf 'scher Kruiilcuchtcr.
Die Kronleuchter sind umgehängt. Der Schöncich'schc von 1598 be-
findet sich jetzt im sudlithcn Seitcnschifl', im nördlichen der, den die
'rrilninalisten gaben. Der .Schnor'schc ist noch an seiner Stelle, im Haupt-
schiff vor dem Chor. Der Jarchow'sche ist um 1648 gestiftet. 1576 wurde
eine Krone von 20 I."G; S 1t für 100 .Mark von dem Rothgiesser Franz Holte
iu Stralsund gekauft, sie ist nitlit mehr da. 1695 erhielt Thomas Riedeweg
56 Mark nebst einer alten Krone für eine neue; auch diese ist nicht mehr da.
31 — 40. Zehn grösstentheils ganz vortrefflich erfundene, gut ciselicrtc
Wand-Armleuchter aus Rothguss oder Messing strecken sich von den Pfeilern
Google
ST. MARIEN -KIRCHE ZU WISMAR.
^7
in das Mittelschiff hinein. Davon gehören drei (im Westen angebrachte) als
eine (iruppe zusammen; sie stehen auf einer senkrecht emporstehenden Stange,
Krunicuclitcr der AUvokatcn.
die unten in Schlangenkopfform endet und
von einer zur W'and laufenden Querstange
gehalten wird. Von den iibrigen ist der
älteste 1 598 gestiftet. Hr trägt einen
Schild (quer getheilt, unten vorne eine
Wand - Armleuchter.
5«
68
AMTSGERICHTSBEZIRK WISXfAR.
Rose, hinten zwei Bäume) mit der Inschrift: BALSER SMIDT. BRANDT SMIDT,
ENGEL SMEDES THO EWIGER GEDECHNIS 1598. An einem anderen eine
Sclicerc mit der Inschrift: JACOB TEISSEN, PAGEL HADLER, JOCHIM WARNCKE,
JOHAN CHRISTIAN WARNCKE FABER ANNO 1685. Ein dritter ist als Leib
einer Nixe gestaltet. VV^elche von den übrigen jene vier sein mögen, die (nach
Schröder, Kurtzc Beschr., S. 64) der
1641 verstorbene Gouverneur JOHANN
LILIESPARRE gestiftet hat), entzieht
sich der Kenntniss.
41 — 43. Zu ihnen kommen
noch drei aus Zinn gegossene Wand-
leuchter. Auf dem Schilde des einen
dieser Leuchter ein Mann, der einen
Hammer schwingt, daneben die Ini-
tialen E J (Llias Judelius. M. Jahrb.
LIV, S. 129. No. 90).
44. Lin mit Schlangenköpfen
verzierter Thürring an der 1841
angefertigten Thür der Sakristei, in
durchbrochener Arbeit. Ehemals an
der Thür eines Privathauses.
Gitterwerk
um die Grabstelle des Erich Hanison Ulfsparre.
45. Treffliches altes Gitterwerk von Schmiedeeisen in der Südhalle um
die Grabstellc des Gouverneurs ERICH HANSSON ULFSPARRE, von 1652.
fk.. . Jl , JA
Wappen vom GiUerwerk der
t'lfspure'schen Gnibstelle.
Google
Digitized by Google
Vra der Kwiael tu St. jHicen.
Die St Jürgen- Kirche.
(St Georg.)
IHBaubeschrcibong. Ein zweiter ge\valti^,'cr Zicji^elbau im Kathedralstil, Bcsrhrei-
im Mittelschiff 119 Fuss hoch, ist die nahe hei St. Marien gelegene ^^ng des
St. Geoi|;en*Kirdie. Ihre Beschreibung kann kurz ab^^cmacht werden, da die ^^u^*
beigegebenen Lichtdrucke von den Aussenseiten sowie von dem inneren
östlichen und westlichen Theil, und endlich auch der genau ausgeführte
Hamann'«iu- r.rundriss von den X'erhältnissen des Ganzen ein ausreichendes
Bild f^cwahreii. Diese Aufnahmen sind so ausi^'efallen, dass wir auch tlcs
Eingehens auf Einzelheiten, /.. H. auf die i*enstcr, i'fciler und Gewölbe, Dienste
der Kapitell- und Kämpferglicder, I^^riese und andere Zierrathe glauben uns
überheben zu können. Doch m^e Einiges, das sich mdir oder weniger dem
Blidc entzieht, im Folgenden erwähnt werden.
Der glatt abschliessende ältere Chor lic^jt sammt dem mit ihm ver-
bundenen Joch des neueren Baues jetzt fnach der Restauration vom I'"nde der
achtziger Jahre) um zwei Stufen, ursprunglich um drei Stufen höher als tlie
übrige Kirche. Man beachte, dass hier die Dienste, soweit sie nicht un-
mittelbar vom Fussboden aufsteigen, ebenso wie ihrer viele fan Westbau, auf
Konsolen mit menschlichen Kopfbildungen aus Kalkguss aufsetzen. Wie in
St Marien, so ist auch in St Jürgen der Chor von Schranken mit gothischem
Schnitz und Gitterwerk umgeben; doch ist dieses nicht überall von gleichem
Werthe.') In der Bemalung der Gewölbe, die dem XVI Jalirhundcrt angehört
imd l887/8<S u jeder hergestellt ist, wechseln (irau, Grun, (ielb, Schwarz
und Roth mit einander ab. Von den beiden l'ortalcn des älteren Chorbaues
ist nur das nach Süden führende dn ursprünglich zugehöriges. Wie der
Kleeblattbogenfries oben an der Mauer, in der dieses Portal angebracht ist
so weist auch dieses Portal selber gleiche Bildung mit dem im Umgangsbau
*) Die Schranken gehören simmtlieh der Spätgotbtk nm «nd nach 1500 an. Dass auch
hinler dem Altar ursprttnglich eine gleiche Schranke war, die der Ulirbcklciiiung gewichen ist, hat
Dr. Crnll im M Jahrb \'I IX. s 66, I. I>emcrkt. Ein StUck Cboischranke mit aller iiolychromer
Uemalung kann man im Dachraum avhcn.
Digitized by Goüjgle
ST. JORGEN-KIRCHE ZU WISMAR.
7«
von St. Mari»n auf und Riebt damit einen Fingerzeig für die Zeit kurz vor
Auftreten des Juliann ( ii otc (so, S. 9 und 34ff.). ') \'on den Strebebogen,
die auch liier wie bei St. Marien zum System <;c!iören, fehlen die Ix iden
äusscrsten auf der Südseite. Unter den drei unrcgclmässig angebauten Kapellen
auf der Nordsdte des Chors ist die östliche ein mit glasierten Ziegeln, zier-
lidien Blenden, Fialen, Galerien, eckigen und halbrunden Pilastem geschmückter
anmuthiger gothischer Bau.") Die anstossende, muthmaasslich 15 16 gebaute
Kapelle xerföllt in zwei je von einem Kreuzt;e\volI)e überspannte Geschosse,
deren oberes als herzoglicher Chor diente und durcli einen i^eiU rkten dang
über che .Strasse iiin, sowie durch die erste Kapt lU hmdurch mit dem I' urstenhof
verbunden war.') Wegen der Geschichte des Baues vergl. Lisch, M. Jahrb. V,
S. 13 AT., 268 flf. CruU, M. Jahrb. LX, Der. S. 33. Die dritte Kapelle, die ab
Sakristei dient, ist ein voi^neschobener Posten des Neubaues, der 1404 vom
Thurm her in .Angriff genommen ward. Auch auf der Südseite des Chors
gab es Kapellen, noch vor sechzig Jahren waren zwei, licute i.st es nur eine;
von der anderen sciiauen die einstmals den Gewölberippen untergelegten
Kopf - Konsolen aus dem Gemäuer.
Der im XV. Jahrhundert ausgeführte Neubau einer richtigen Kreuzkirche
beruht auf einem Plan, der einer gewissen Grossartigkeit nicht entb^rt und
besonders m den Armen des Querschifles zu einer wahrhaft imponierenden
Breite mit prächtigen malerischen Durchblicken gelangt.*) Doch ist dieser \ on
Westen her ins Werk gesetzte Hau nach l"ertit;.stellung des ersten Joches
jenseits i](:< ( Juerschitles ins .Stocken L'.i iathen, Dass man ihn aber weiter zu
fuhren gcdaclUc, beweisen die Verzalniungen am Hoch-schifte und an der letzten
Kapelle auf der Südseite. Die Seitenschiffe des Langhauses (das Querhaus
ermangelt ihrer) sind ungefähr halb so hoch wie dieses, haben aber eine so
aufTallende Breite, dass man hierin den Einfluss der ursprünglich auf eine
Hallenkirche mit drei gleich hohen Schiffen berechneten Thurmanlage erkennt,
die mit der von St. Marien auiTallend übereinstimmt und von dem Baumeister,
^ Da» «ndete Poctal in dir eralen Kapelle der Nofdadie gehfirt der sweiten Hüfte d«
XVI. Jahrhuiiclrrli- an, währetu! tür Knptüi- «rll noch dvvi XI\'. lalirlaitKleft eOl»!aiiini:. F.in
Kundbogcn Uber:>pannt die rechtwinklig uhiic Schmiege in die Mauer bincinj^ebrocbciM TbUrulTmiiig,
deren einsiger Schmuck in rwei tanfbrmig gerdtelen Wublen besteht. Crull, M. Jalirb. LX, Ber. 35.
Die des Herder Kempt (später der Vieke): *ad aquilonem rciro chorucn« , ri]>araturbedurftig
1487. Die Vicarei H. Kempe's wird »chon 1394 omnium Sanct. erwähnt. Vgl. die Sammlung
angedruckter Uirkanden im GroMh. Archiv. Crull, M. Jahrb. LX, Ber. S. 34.
*) Die Lage darf nicht befremden. DamaU war die Metae, nidit die Pcedtgt das HanptslOck
des Gollestlicnstcs. Nur indem er das aus*cr Acht Mess, konnte I.i-.ch im M. Jahrb. V, S. 14, auf
die mit dem mecklenburgischen Wappen geschmückt ;ii SlUble zustrebend, vum hohen Chor reden,
«Ibfcnd die Spuret» der wirklichen Anlage nodi klar genug sind. Ueber die Anlage des (UntUclien
Stuhles vgl. C rull, M. Jahrb. I.X. Her. S. 34.
*) Diese Durcliblicke haben freilich durch Sichcrlieitseinbauten (Vcrsi&rkungcn der vier
llaupIpfeQcr in der Vierni^ «nd der ihnen jederseits gegenüber stehenden beiden Pfeiler) eine Ein»
boiae erlitten. Von den tiesonder<< starken .Ankerbalken, welche in der Vierung auf dem Dcck-
geshns der Pfeiler auflagen, sind die das MiiiclschilT krcuxcnJru 1 . i il( r Ictiion Restauration der
Kirche fortgeschafft. Die KesUuration kostete rund 60000 .Mark.
Digitized by Google
72
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
welcher die basilikale Kreuzkirche mit OberschifT ersann und ausführte, ohne
Zweifel bereits vorgefunden wurde. VAnc weitere Beachtung verdient die
Anlage der Seitenkapcllen, welche mit der in St. Nikolai übercin.stimmt. Ks
fällt an ihnen eine streng durchgeführte Gleichmässigkeit und selbst eine gewisse
Eleganz angenehm auf, und man sieht, dass die an den älteren Kirchenbauten
gemachte Erfahrung mit ungleichmässigen Ein- und Anbauten, durch die die
Wirkung des Hauptkörpers nicht selten arg beeinträchtigt ward, den Ge-
danken eingab, in dieser Beziehung von vorneherein nach einheitlichem Plane
alles zu thun, was bei einer dreischiffigen Anlage der Kirche möglich war,
ohne dass der Ge.sammteindruck dadurch einen Schaden erlitte. V^on be-
sonders guter Wirkung ist die malerische Gestaltung des durch horizontale
glasierte Sims- und Friesbänder .schön gegliederten Querschifics mit Portalen,
Portalbogcn im nördlichen QucrschifT.
hohen und breiten Mitteifcnstern, schlank aufstrebenden spitzthürmigcn Windel-
steinen, prachtvoll ausgeführten Giebeln und mit Dachreiter auf der Vierung.
Hier mag ferner das mehrfach verwendete Hand von l-'omizicgein mit Dar-
stellungen von Löwe, Drache und Menschenkopf her\-orgehoben werden, des-
gleichen am nördlichen Arm des Querschililes, auf der Ost- wie an der
Westseite, die Anbringung der glasierten Figuren der Madonna und des
hl. Nikolaus, die beide an der St. Nikolai -Kirche eine so reichliche Verwendung
gefunden haben.
Der Glockcnthurm im Westen ist leider ebenso unvollendet geblieben,
wie der grosse Neubau des XV. Jahrhunderts. Der Anblick der N'crkümmenmg
entspricht dem auf der Ostseite des ebengenannten Neubaues, wo man
einen vorläufigen Abschluss mittels nothdürftigcn Fachwerkbaues gewahr wird.
Dagegen hat man dem oberen Räume des Hochschiffcs eine massive, durch
Google
ST. JORGEN- KIRCHE ZU WISMAR.
73
Blenden belebte Wand vori^czorrcn nnd diesen Tiicbel, der die Jahreszahl 1594
zur Schau tragt, sogar mit Kral)ben und fünf Pfeileraufsatzcn geschmückt.
Die dem dritten Joche des alteren ("horbaues vorgelegte und in zwei
Gesdiosse zerfallende Sakristei steht mit dem letzten Juch des Neubaues in
einem flüchtig ausgeluhrten Maudrvcrband. Da aber ihr innerer Abschluss
mitten in das Joch der Abseite des Neubaues vorspringt und zugldch noch
fast eine Meterbreite (genau 0,8s m) von der äusseren Flucht der Nordmauer
des älteren Chorbaucs zurückbleibt, so macht es den l'Iindruck, als ob die
Sakristei erst angelegt sein könne, als man die X'ollendung des Neubaues der
Kirche bereits aufgegeben hatte. Zu dieser Annahme passt denn auch üire
aUeriei Nachlässigkeiten aufweisende spätgothischc Bauweise.
Wie zwei Ablassbricfen jüngerer Zeit, einem des liischofs Johann von
Ratsebuig vom $. November 1447 und einem andern des Bischofs Nikolaus
von Schwerin vom i. Februar 1449, zu entnehmen ist, war die in der Neu-
stadt begründete Pfarrkirche nicht weniger als sieben Heiligen, Su Georg,
St. Stephan, St. Simon, St. Judas, St. Martm, St. Elisabeth und St. Agnes
geweiht') Da aber die hl. Elisabeth erst im Jahre 1335 kanonisiert wurde,
so kann die Kirche nicht vtir dieser Zeit worden sein.*) Nun
wird aber ihr i'lcban .schon ui emer Urkunde vom 2. Marz 1255 mit Namen
genannL') Also rouss die Gründung der Kirche in den zwanzigjährigen
Zeitnium fidlen, der »wischen den eben .inj;efiihrttn beiden Daten lie>;f, In
der Urkunde des Jahres 1255 hcisst der Pfarrer ^tiodiridus plebanus sancti
Martini«, in einer Urkunde des Jahres isS7 »domimis Godcfiidus plebanus
sancti deorgii in Wismaria ; tmd vierzehn Jahre später wird er bei (le-
legenheit der Ordnung der Privilegien der hl. (ieist- Stiftung durch Bischof
Ulrich von Ratzeburg als > plebanus sanctorum Martini et Georgii in nova
dvitate« urkundlieh aufgeführt.*) »Ecclesia beatorum Martini et Georgii in
nova ( ivitate- heisst die Kirche auch in jener l>ereits auf Seite 4 erwähnten
Urkunde vom 22. Februar 1270, in welcher sie von Purst Heinrich dem
Pilger unter das Patronat des deutschen Ordens m Riga gestellt wird.')
Daraus ersieht man, d.iss der hl. Cieorg und der hl. .Martin die Hauptpatrone
der Kirche waren. Dazu stimmt auch ihre Bevorzugung in den Bildwerken
des Hauptaltars und in den Wandgeroittden der Kirche, die dem XV. Jahr^
hundert angehören. Jedoch gewinnt die Benennung der Kirche mit dem
Namen St. ('Corg, niederdeutsch St. Jürgien, schon frühe, d. h. bereits im
Xlll. Jahrhundert, die überhand.^)
') Vgl. Techen, ungadr. Urk. mid Kcgwtm ta Gfoadi. Arebhr ra Schwerin. F«tBcr Ctall,
M.Jabrb. XLIX, S. 71.
*) CraU, M. Jahrb. XLI. S. 131.
•) M. U.-B. 744.
*) M. L-.-B. 788. II 58.
») M. U.-B. 1181,
^ M. U.-B. 906. 1366. 1501. IS39. 160s. 1603. 1S3S. l<83. 1908. 195a. 1991. S096w
2143. 2196. 2254. 2258. 2259, 2260. 2261. 2322. 2374. 2425. Dem rntsprcclipnd rc-gt <1a»
Kircbensiegel die Cc»talt des hl. Georg. Das KcktoraUsiegel hat dagegen einer Coinpatronin den
Vomi; gegeheB, der U. Eliaiheth nliiilich. Ei iit im M. U.-B. S19* abgebildet. Das Kirdicii-
Siegel (an einer Urk. vom 24. September I442 und vom I. März 1477': nur in zwei Abdrücken
vorhanden. Die Stempel beider sind verschwunden. Den älteren Chorbau im G«^eosaU sam
jüngeren NBohan ab Hartiiul»n oder Martinskircbe sa hewichncn, wie et schon In duronlitiadmi
Digitized by Google
74
AMTSGERICHTSBBZIRK WISMAR.
Vom ersten und ältesten Kirchenb.iii, dessen Thurm 1286 und dessen
Ziegelbof (tegelhus) 1295 zum ersten Mal genannt wird,') ist nichts mehr
eriülten. Vom zweiten Bau, dessen Beginn wir in die ersten Dezennien des
XIV. Jahiliunderts zu verlegen haben, steht heute noch der Chor mit seinen
Anbauten. Wieviel von dit-sem V,:n\ fertig wurde, ob man ihn ganz vollendete,
oder nur einen Theil davon fertig brachte: alles das weiss man nicht.') Aber
was davon da ist, das stimmt in vielen Punkten mit den entsprechenden
Theilen von St. Marien. So hat der Chor von St. Jürgen mit dem Umgänge
von St. Marien den Fries gemein, ebenso die Gliederung der Portal- und
Fensterlaibungen, die Sttttzung des Hochsdiiffes durch Strebebögen, das
Fehlen des Frieses am HochschifT und selbst das Mauergefüge, indem hier
wie dort di-r sog. wcndisrhc Verband (zwei Läufer, ein Binder) zwar als
herrschender hervortritt, aber nicht mit voller Kon-scijuenz durchgeführt ist.
Diese Stilverwandtschaft weist aber auf die erste Zeit des XIV. Jaluhunderts
hin. Dazu wird es auch stimmen, dass zwischen dem 24. August und
21. October 1332 ein Kontrakt über Holzlieferungen an die Ziegelöfen von
St. Jürgen vereinbart wird, der auf Bauthitigkeit bei der Kirche sdiliessen
lässt, und dass am 18. März 1360 zu Gunsten von St. Jürgen ein Ablass
ausgeschrieben wird, in welchem den Tagen der übrigen Schutzheiligen der
Kirche (ausser dem des hl. Georg denen des hl. Stephanus, des hl. Martinus
und der hl. Elisabeth) und ebenso der Beisteuer cum Bau und Schmuck der
Kirche besondere Wichtigkeit beigelegt wird.')
Aber das ist auch bis heute alles, was sich zur Geschichte der zweiten
Bauperiode beibringen lässt
Die dritte Bauperiode beginnt 1404. In diesem Jahre wird der jetzt
stehende Neubau der Kirche in weit grösseren Dimensionen vom Thurme her
in Angriff genommen. Es ist das ja die Zeit der grossen Kraftentfaltung
der Haue sat 1370.^)
9ii • teme • pate^^ teniie • fctef • tn* ccrc S iiij • ipot • In •
Iiiart tat fiinlietittt btffej totnej upleilt.
So tautet die bschrift an der nördlichen Thurm •Kapelle.
Uebcr den ausführenden Meister dieses ersten Nciilinucs ist nichts über-
liefert. Ist CS der KaUisnuurcrmeister Hinrik von Bremen, mit dem wegen
des Baues von St Nikolai 1381 ein Kontrakt abgeschlossen wird (s. u.)?
Oder ist es ein anderer? Gewiss ist nur, dass der Thurmbau nach Vollendung
seines ersten Geschosses ins Stocken geräth und dass, wenn am 24. .August
1408 in einer Urkunde, in der es sich um Memorien handelt, eines
Glockcnthurmes von St. Jürgen (cloktom) Erwähnung geschieht, dies ebenso
ein interimistischer Hau pewcsen sein muss wie der, welcher heute vor-
handen ist und als verkümmertes Glied unmittelbar neben dem stolz em|>or-
ragenden Mittelbau der Kirche den Eindruck des Ganzen stark beeinträchtigt.
Aufzeichnungen des XVI. (?) »nd XVII. Jahrhunderts geschieht 'lübüuthck iler Ritter- iiml F.and-
Bchaft, M. 247, 16), und gleichlautend bei Latomus in »einem Gcnealuchrunicon Mcga}>oliunum
(WcslplMlen, Mon. ined. IV, S. 335) sich findet, entbehrt jeden Gnndes. Vgl. SchrOdcr, Ftp.
Medtl., S. 1757. Crull, M. Jahrb. LVI, S. «3. Techen, M.Jilirb.LX, S. iSali;
') If. U.-U. 1833. 3333.
*) Alle Penilnnente fluiden sieh tat der SUdwite bis über das KreuachUT hiaeas.
M. U. U. 5349. 873'.
l'm diev;lb« Zeit sind die Kostocker mit Butm groMen Neabau von St. Muien beacbift^
Vgl. M. Kunst- u. Gesch. -Denkm. I, S. 16.
Digitized by Google
St. Jürgen 711 Wismar. DurchMick «liirch thi QuericUilT.
Google
ST. JÜRGEN-KIRCHE ZU WISMAR.
75
Das Stocken des Thurmbaues ist freilich weniger verwunderlich, wenn man
sich die bürgerlichen Unruhen in den ersten De/cnnien des XV. Jahr-
hunderts vergegenwärtigt (s. o. S. i6). Es scheint aber auch im dritten
Jahrzehnt nicht weitefgelMUit zu sein, wenn die durch Urkunden ms den
drcissi^'CT jalirrn rift genug bezeugte Anlegung des Kirchenvermögons in
Renten einen Schluss gestattet. Dagegen ist von 1442 bis 1449 Hermen
von Münster, ebendenelbe, den wir fttnf Jahre früher, 1437, bei St Nicolai
besch.aftigt finden, als Werk- und Baumeister \ i)n St. Jürgen bezeugt. Dass
die Fortsetzung des Baues damals thats-lchlit h beim Thurm wieder ansetzt,
beweist die Auffindung eines Werk/eichens an der (vom i'hurm her ge-
rechnet) zweiten Arkade der nördlichen Seite des Hochschiffes.
Es ist dies das von einem am S. Nfai 1442 eint-r Trhunde an
gehängten Siegel her bekannt gewordene nebenstehende Merkmal
des Meisters.*) Ausserdem ist eine Urkunde vom 17. Februar
1449 erhalten, nach wdcber Konrad B4fddeker, der Bruder des
Bischofs Nikolaus Böddeker, mit dem Werkmeister Hermen von Münster die
Abkunft trifft, dass er ihm für eine auf der Südseite der (alten) Kirche
niciU rgerissene Kapelle eine andere auf der Nordscitc iK-im 1'hurm (der neuen
Kin hi-;. und zwar eine geweihte, !>cs( li.-iffcn soll Die Kai)elle war aber
damals nicht fertig, und auch sechzehn Jahre spater noch nicht geweiht, wie
aus einer Urkunde vom 18. Dezember 1465 tu ersehen ist. 1448 kauft
das Wollwel)cranit eine Kapelle ^iklHch neben dem Thuim, 1449 das Pelzenunt
die daran stossende, und 1454 gründet Heinrich Ltschow eine Vikarei »in
ca|>ella der Hagemeister olim nuncupata jam dirupta atque denuo erigenda in
ecdesia S. Gemgil«.') Zum Bau der Sakristei (jerkamer) vennacht der Bäcker
Hans Griidcr am 2. April 1460 seinen besten braunen Rock. Endlich
bestätigen die oben bereits erwähnten Ablassbncle der Bischöfe von Ratze-
bivg und Schwerin aus den Jahren 1447 tmd 1449, die zu Gunsten
der Kirche St. Jürgen in Wismar erlassen sind, die Stcigenmg der Bauthätigkeit
um diese Zeit. Wie weit Hennen von Münster seine Aufgabe ausführt, und
ob und wie lange er beim Bau ttber 1 449 hinaus thätig bleibt, ist unbekannt
Man weiss nur, dass im Jahre 1464 d.xs erforderliche (leid durch Einsammeln
von Gaben zu erlangen gesucht wird, und dass zuletzt der im Jahre 1497
verstorbene Hans Mertens, der Erbauer des Nikolai -Thurmes, zu zweien Msjen
sein Werkzeichen in St. Jürgen zurückgelassen hat, das eine Mal sanmit
seinem Namen in einer der Kappen des äussersten nc)rdlichen Ciewölbes im
C^uerschiß', und das andere Mal, anders gestellt, mit den initialen seines
Namens im eisten Gewölbe des Hodnchiffes vor dem Thurm:
QuerscliitT, Ict/tcs GcwStbe, Hwhschiff, erstes Gfwülbe,
nach Norden. nach Nurilcn, vor der Orgel.
Dies berechtigt zu dem Schluss, dass er, und nicht Hermen von Münster
derjenige ist, der die Wölbung des Neubaues vollendet, sowie, dass dies vor
. •) Die Umschrift <lcs sirj^vts lautet: 0 berinan VAtt mvnftttt»
*) Vgl. Schröder, Pap. Mcckl., S. 2049. 2058. 3079.
Digitized by Google
76
AMTSGERICHTSBBZIRK WISMAR.
1497 i^'rsrltchiTi sein muss.'} 1516 wird die fürstliche Tribüne östlich von
der Sakristei (s. o. S. 71) erbaut. Die Jahreszahl 1594 aber draussen am
Schhus der Ostwand des NeubMies oberhalb des älteren Chorfintes Usst
erkennen, dass man damals den Gedanken einer Vollendung des grossartigen
Planes aufgiebt und zugleich gewillt ist, einen Theil des Fachwerkbaues,
womit ursprünglich doch ohne Frage nur ein vorläufiger Schluss beabsichtigt
irar, dauernd von Bestand tu lassen. So ist St. jUrgen zu einem Wahr-
zeichen des Auf und Niedetgaoges der städtischen Verhältnisse während des
Mittelalters geworden.
Vgl. Crull, M. Jahrb. LVl, S. 23 — 25, Ungedruckte Urkunden im
Giosdi. Archiv, gesammelt von E^. Fiiedr. Tedien.
Hochaltar. Ho^alttr. Der Hauptahar trägt einen gotiüschen Sdiran mit Doppel-
fliigeln, der sich auf einer Predella erhebt und oben mit einer Bekrönung
endet, die aus Blättern und Knospen gebildet wird, welche mit einander
abwechseln und in horizontaler Linie neben einander stehen. Die beiden
Seiten der Aussenflügel und die Aussenseiten der beiden Innenflügel sind
bemalt, die Innenseiten der Innenflfigd aber und der Schrein sind mit bemalten
und vergoldeten Holzfiguren in Niadien und unter Baldadiinen geHillt. Wenn
die Flügel geöfThct sind, beträgt die ganze Breite des Werkes nicht iiren^;er
als 10,67 m. Die Hohe betr.igt. Predt.-lla uml Hekrönunjj eingerechnet, 4i42 m,
der Kern des Schreins bleibt also nur um Weniges unter 4 ni 1 i<)lie.
In der Mitte des Schreins die Krönung Mariac; Maria beugt betend
das Haupt, während der Hcilarul die Rechte ihr zum .Setzen erhebt. In .seinem
Nimbus die Um.schrift: (iVj^irfll? - (jcp)S -\- XtX ° (r)cgu I tt ° (bll)Ö +
(tio)mi(njiciu +• Vgl. Tim. I, Kap. vi, V. 15 und Apokal., Kap. XIX, V. i6.
Im Nunbus der Maria ^ie thdlweiae etwas entstellte Umsduift: 0e(o) o
(iii)atec o p(ttli9)te *> t!lüttiA{f) o et » tfmnrlf <> et (mMgna o. Richtig ge-
schrieben hcisst es: ega iiister puldjre bUcctioni^ cttiiiiorl^ et agnitionf^
et fanttC fpef. Vgl. Jesus Sirach, Kap. XXIV, V. 24. In der Basis dieser
Haui)tpruppe drei kleine I-"ißuren: in der Mitte der unbekannt gebliebene
Stifter mit einem Wappenschilde, auf dem eine Hausmarke angebracht ist, und
mit der Band -Umschrift: jlldi(fcre)re • mti • beu^ • fecuiibü • (iiiagnaiti
mtfectrwrMani tuam). Vgl. P^. LI, V. i. Links eine nach Art der alt-
teatameritlicfaen Propheten gestaltete Halbfigur mit dem Spnidibande: SPftitit •
rcgina • a • bcrtrO^) • tui| (nämlich: in brftitu br.nir.ito, circuinbata
b.irirtatr). vgl i's xi.i\', V lo; rechts eine mit: %a • t^cufaicin • pottilaj •
C)Uji • Vgl. Jesus Sirach, Kap. XXI\', V. 15.
Die Heiligen, welche die Mittelgruppe von beiden Seiten her in zwei
Reihen Uber einander einfassen, sind von links (im Flügel oben) angefangen:
*) Hh dicKT AoMbnie Minnit nwh das, m» aber den MuttmerlMiMl m bmeiken ist.
Dir<ifr zeigt in den Winden der Alöcilcn und der unlfrtn llälftc c^(■^ nucrschiffes rcgclmä^'.iKen
Wechsel «wischen L&ufer md Binder, ist dag^n ein ganz unn^lm&süiger im HochscbifT und in
der obeicii HlUle des Qnencliife. S. u. NÖtolsi-Xjfcbe.
Digitized by Google
Google
ST. JÜRGEN-KiRCifB ZU WISMAR.
77
St. Jürgen, St. Martin, St. Lukas, St. Bartholomaeus, St. Philippu.s,') St. Matthaeus,
St. Judas Thaddaeus,*) St. Thonia.s,') St. Andrca.s und St Petrus. Die Reihe
.sct/t .sich jenseits der Mittelgruppc fort wie folgt : St. Jolianncs Bajit., St. Paulus,
St. Johannes LLvang., St. Jacobus major, St. Simon, St. Jacobus minor, St.
Madiias, St. Marcus, St Stq>lianii8, St Elisabeth. In der unteren Reihe,
wieder von links (im Flttgd) her angefangen: St Mauritius, St Olav, St Vin>
centius, St. Laurentius, ein nicht zu bestinunender hl. Bischof, St. Leonhard,
St .Ambrosius, St. Augustinus, .St. I ncron\ mus, St. Gregorius, .St. Anna selb-
dritt (mettercia), St. Maria Magdalena, St. Katharina, St. Agatha, .St. Agnes,
St. Ursula, St. Dorothea, St. Barbara, eine unbestimmbare Heilige (iianna, die
Prophetin?) und St. Brigitta oder St. Clara. Vgl. CruU, M. Jahrb. XLIX, S. 310.
Klappt man die inneren Flügel zu, so erbliclct man sedisdin Bilder,
die auf Kreid^rund gemalt und in zwei Reihen über einander angeordnet
sind, jede Reibe abo ndt acht Soeoen. Beide Reihen werden durch ein mit
goldenem Eichenlaub auf abwechselnd grün und roth lasiertem Grunde be-
maltes 40 cm breites Band von einander iM-trennt, in welchem zwanzig Medaillons
(je fünf in einem Flügel) mit grosstcntliuils niclit mehr zu bestinniiendea Malb-
figurcn und zugleich mit Spruchbandern angebracht sind. Jedoch sind deren
Legenden so lückenhaft, dass es sich hier nidit verlohnt, auf ihre Reste ein-
zugdien.^
Die vier Bilder des Flügels links behandeln das Martyrium von St Jüigen,
d. h. des Ritters St. Georg aus Kappadocicn. I3as erste Bild links, von dem
nur noch wenige Reste vorhanden sind, enthielt wahrscheinlich das Hekenntniss
sdnes Christenthums vor dem Kai.ser Diokletian; tlas zweite zeigt .seine
Marterung mit Schnittwunden, Fackeln, Knitteln und Salzeinreibimg, das dritte
das Sieden in geschmolzenem Blei und das vierte seine Enthauptung. Diesen
vier Bildem entsprediend enthält der andere Flügd die Geschidite vom
hl. Martin, der, in Pannonien geboren und in Pavia erzogen, unter Cbnatantius
und Julianus als Kriegstribun im Heere diente. Noch vor seinem Uebertritt
zum Christenthum giel)t er einem nackten Armen seinen lialhen Mantel, worauf
ihm der Heiland, angethan mit dem weggegebenen halben Mantel, in der
Nacht erscheint und die Worte spricht: Martinus adhuc cathecuniinus hac me
veste contexit Dies das erste Bild; das zweite enthält seine Erhebung zum
Anf der Rückseite der Figur enüiält freilich ein aufgeklebtes Pcr^amentblättcben den
Namen (ymon. Indeawn hstte die Figur dm Rest eines Doppellcrenses. Vgl. Cmll, M. Jahrb.
XUX, S.47- Z. Zt. triCgt die Figur ein Beil.
•) Auf der RUcks«ite rälsclilich ein ZeUelcheii mit dem Namen fvh'pp. Vgl. ("ruU, 1. c.
■) Auf der Rückseite fälschlich ein Zettelchen mit der Aufschrift \a<op mfltOIT. Vgl.
Crall, 1. e.
*) Vgl. Crtill, !, c, S. 53 — 56. Mütiienlwrger, MittcLilterl. .Miäre, S, 78: »Die iiiittKren
Medaillons auf den vier Flügeln lassen die Gestalten der vier lateinischen Kirchenväter erkennen.
Die aedisdin flbr^|en enthalten irahneheinlich ebemovide Propheiengestallen, bei denen aber, wie
wir dies in jener Zeit öfters finden, keineswegs immer nur an die in der hl. Schrift vorkommenden
Propheten zu denken ist. David und Salomen bat man hier in den Kreis der Propheten hinein-
gezogen.« Vgl. Altanchrein im Wclfenmosean in I'Iannover.
7«
A1IT8GBRICHTSBEZIRK WISMAR.
Bischof von Tours; das dritte zci^, wie Engel vom Himmel kommen und die
Arme des iielcnden, welche lici ihrer Krhebung cntblösst worden waren, mit
dem Gewände (nach anderer Version mit edclstcingcschmuckten Ketten) zu-
decken; das vierte zeigt den Tod des hl. Martin, wie er jede weidiere Bettung
zurückweist und dabd Iteharrt, in gewohnter Weise auf einer Haardecke und
auf Asche zu liegen.
Von den zwei Innenflügeln enthält der eine die Scenen der Bcgrüssung
der hl. Maria durch den Engel (3I\JC gracikl j^IeiUl), die Anbetung des neu-
geborenen Kindes durch Maria und die Engel (glocitl itl tJiCt\fi$ öto), die
Anbetung der hl. drei Könige und die Darbringung des Kindes im Tempel
mit der G^enwart des alten Simeon; der andere die Scenen der Geisselung,
Doraenkrönung, Kreuztragung und Kreuzigung {IBttt fHfttf tei ttSA ifte)-
Die vom Zahn der Zeit acg mitgenommenen Bilder auf den Aussen-
seiten der Innenflügel enthalten zusammen zwölf Heilige in zwei Reihen über
einander, jeder Flügel somit deren sechs, von denen, streng genoninu n, nur
eine, die hl. Agnes, zu bestimmen ist. Jedoch werden die mit ihr verbundenen
beiden anderen wdblichen Gestalten wohl die hl. Mardia und die hl. Elisabeth
sem und aus diesen drei Compatronmnen der Kirche wiederum Schlüsse auf
einen Theil der anderen Figuren als die ütHrigen Schutzpatrone von St Jürgen
(s. o. S. 73) gemacht werden dürfen.*)
Auf der Predella neun Halbfigurcn, auf Kreidegnind gemalt, mit zinnober-
rothem Hintergrunde, der mit goldenen Sternen belegt ist. In der Mitte
Christus als Ecce homo mit den Marterwerkzeugen. Im Nimbus die eingepunzte
Inschriit: €ctt >g(n)up hei, tcu i|(tU) Mit pecmt« tnöfad). Rechts von
ihm die vier lateinischen Kirchenväter, eben&Us mit Inschriiten in den
Nunben. zuerst der hl. Gregor (^(tnCtU^ 40te9Oti(u|) papa tt{l)t hOCtOt);
dann der hl. Cardinal Hieronymus (^anctU^ f!jcroniimi5 boctor); darauf der
hl. Bischof Augustinus ^aiirtU^ au(gu)ftinus boctor); zuklzt <icr hl. Bischof
Ambrosius (^atlCttl^ aillhCOtiu^ boctor)- Von den Spruchbändern dieser
Figuren ist nur das des hl. Ambrosius zu lesen, es lautet voll ausgeschrieben:
per pafdonem dgtifU tt motte ah bttam toaratt fuiiui^.*) Auf der anderen
Seite, links von Christus, sehen wir zuerst den König David mit dem Spnidi:
Weite in 0CiitiliUö riui.i boniinus rrgiuiblt, Ps. XCV, V. 10; darauf folgt
Salomo mit dem Spruch: bilcctu^ mcus cinblbus ct rubicunbus rlcctu^ er
mili<S, Höhel., Kap. V, V. 10; dann der I'roijhet Jesaias mit dem Spruch:
% jplanta pcbi^ u^qiie ab berticein uon cft in eo (anita^ pi^optec ini^uitate^
noftra^i Jes., Kap. I, V. 6; zuletzt der Prophet Jeremias mit dem Spruch:
hehit hflectam anhnam fuam tn manifiui^ Hiimironim fiionim» Jerem.,
Kap. XII, V. 7.
Zuletzt sind die Bilder zu erwähnen, welche einen Theil der Rückseite
d,es Mittclschrcins bedecken, den nämlich, welcher die Krönung Mariae in der
Crull, 1. c, S. 62, will auch die hl. drei K&tige «n dieser Stelle crkeraieii. Aadeis
MUnzenberger, I. c, S. 78.
^ Vfl. Spraddilndcr der KiidMovIter in Bd. I, S. 181 and 189 (Altar in der KIrIm mm
U. Krens in Roripck}.
Digitized by Google
ST. JORGEN-KIRCHB zu WISMAR.
79
Mitte einschlicsst und in Ful^c der grösseren Tiefe dieser (iruppe kastcnartiij
weiter nacli hinten /.urucktritt. Ivs sind Bilder in drei Abtlicilungen iibcrcin.imU r,
die durch rothc, mit gelben Röschen belegte fingerbreite Bander von einander
getrennt werden. »Die erste Abdidlui^, die oberste« enthielt drei Figiiren,
von denen die rechte vollständig abgekratzt ist; nur das diesdbe b^leitende
Spruchband mit setner Au&duift hat sich erhalten, welche lautet: «15a tQ
VjooTjr f\trt länbc !cue md) bcr tarrlbc bii .iTIc binrs fjrrtni
6C0^Ctt. Diese I .ef,'en(k-, zusammen {^ehalten mit ficn beiden folf^cnden Hildern,
lässt nicht bezweifeln, da.ss es der Teufel gewesen ist, den die abgekratzte
Figur dargestellt hat. Die mittlere I'igur bildet ein jüngerer Mann, bartlos
und mit hngem blondem Haar, das Haupt mit einem roüien Barette bedeckt,
in «nem kurzen, mit weissem Pelze besetxten, faltigen Brokatrocke und die
Füsse mit nnlicn lanKscIinabcligen Sdluhen bekleidet. Die Aufschrift seines
Spruclihandes lautet: %fi biil tcv ii.irfi iniiicr ioQfjct fitg,\}erc
roftCIl bp bat Olbcr gäbe faftcn. Um den Hals des jungen Mannes
ist eine goldene Kette befestigt, welche der 1 eufel hielt, um die Leibesmittc
eine eiserne, welche die linke Figur, ein Kngel in weissem Gewände, und mit
röthlidien Flägetn in der Hand hat. Neben Letzterem flattert gldchfalls ein
Spruchband, dessen Aufschrift lautet: MMoS^t j^Ott inine tab fteTC tif tO
0ilbC UllbC tat ban b Die mittlere Abtheilung cnth.ült vier
Fi}.[urcn. Rechts erkennt man die Reste eines Teufels, der roth gefiedert war
und Vogelfüsse hat, und dessen Heisclirift lautet: tlid^t bOt ftftC
bolg^e tnine lere be bot bi uoc^ becne. Dann folgt zunächst ein Mann
in eng ansdüiessendem kurzem Rocke, mit braunem Hute, einer Tasche am
Gürtel und mit rodien Schnabdschuhen. Die Legende seines Spruchbandes
ist nicht mehr lesbar. Neben ihm steht wieder der Engel, von dessen Bei-
schrift nur zu entziffern ist: bn 6eb bllQ Voctlt bu
fiifl (lanz an der linken Seite sieht man in einer Kapelle einen
l'riester vor einem mit einem Marienbilde geschmückten und mit zwei l^euchtern
besetzten Altare knieend beten; ein Spruchband ist demselben nidit bei«
gegeben. Auf dem dritten und untersten Bilde steht an der rechten Seite
wiederum ein Teufel, der hier aber grasgrün sich zeigt und einen langen
Schwanz hat. In der Hand hat er die goldene Kette, die aber nicht mehr
an einer zweiten Person befestigt ist. Auf einem Spruchhande neben ihm
erkennt man: ObJC tf ÜJOl ... teil Ün HU fdjataC TU
bec bebe 0l)CIiaiue. Dann folgt der Engel, dessen Legende auf dem Spruch-
bande völlig unlesbar ist, und darauf ein Knieender, eben noch erkennbar,
von dessen L^nende gleich&lls nichts erhalten ist. Er kniet vor einem
sitzenden Priester, der ein Spruchband neben sich hat, auf dem man noch
liest: . . . . Ün mit bicfjt bifhl e . löf Was diese Hildcr
anzeigen sollen, ist handc^reiflich: die Möi^lichkeit aus den Banden des Teufels
gerettet zu werden uml tlcr We^j dazu. 4')
') Wörtlich nach CruU, M. Jahrb. XLIX, S. 65 und 66. Vgl. ferner MUnzenberger,
MittdatlerL Altlie, S. 79.
Digitized by Google
8o
AMTSGERICHTSBEZIRK \VISM.\k.
Schnitzerei und Malerei weisen beide auf die Zeit van 1430, Icttrz vorher
und nachher.') Wer aber der Donator und wer der Verferti^er war, ist
bisher nicht zu finden gewesen. Dass es um diese Zeit neben sehr be-
mittelten Herren auch hinreichend befähigte Bildaduritier md Maler in
Wismar gab, und somit kein zwingcmlLT Anlass vorhanden war, um ein
solches Werk von auswärts, etwa von l ulH-ck kommen zu lassen, hat Dr. Crull
im M. Jahrb. XLIX, S. 69 ff. dar^jethan. Seine ausführliche Üeschreibung,
bei der alle technischen Eigenthttmlichlceiten eingehendste Berücksichtigung
erfahren haben, ist ein Fundament, auf welches man in Zukunft bei allen
wieder vorkommenden Fragen über Erhaltung und Wiederherstellung mit
Vortheil zuiflckkommen wird.
Neben- Nebenaltäre. Es folgen nun die in der Kirche erhalten gebliebenen,
altare. oder von anderswoher dahin versetzten Nebenaltare.
I. Thomas-Altar. Schrein mit Doppclflügeln, z. Zt. in der dem Thurme
zunächst liegenden Kapelle des nördlidien Seitenschiffes, i ,39 m breit, ehemals
in der Kirche des Schwarzen Klosters. Im Hauptschrein drei Heilige des
Namens Thomas als vollninde Schnitzfiguren auf damasdertem Goldhinter-
grund, links der Apostel, in der Mitte der von Aquino, rechts der von Canler-
bur)'. Zu beachten ist die Rischofsmütze zu Füssen des als Dominikaner ge-
kleideten Thomas von Atjuino und der aus Sternen gebildete Schmuck am
Saum seines Gewandes; ferner das Sudarium am (fehlenden) Bischofsstabe in
der Rediten des hl. Erzbischols Thomas von Canterbury, die Kirche in seiner
Linken und der grosse Monile- Schmuck (Anbetung der hl. drei Kön^) auf
seiner Brust. Endlich verdienen auch die Buchstaben in den r Ii fartig be-
handelten Nimbcn der drei Heiligen theilwcisc unsere Aufmerksanikcit, insofern
ihre Form ebenso wie der Kunstcharakter der Schnitzerei auf die zw eite 1 lalfte
des XV. Jahrhunderts weist (c = B, m = H, q — C)- Die sechs H0I2-
reliefs, welche die Flügel und die Predella flUlen, beziehen nch aämmtlidi auf
das Leben des Thomas von Aquino: links oben die Gefangennehmung des
Heiligen durch seine Brttder Landulfus und Rainaldus, nachdem er schon
Dominikaner geworden; unten seine Rückkehr zu den Dominikanern in Neapel;
vor ihm, dem knieenden, sitzt der Prior des Ordens; rechts oben die Ab-
legung seiner Gelübde (er kniet vor dem Prior, tlcm leider der Kopf fehlt,
hinten sieht man Kardinäle, iiischöfe u. a. m., die an dem Akte thcilnehmen);
unten seine Darstellung als grosser Kirchenlehrer auf einer Kathedra; ganz
unten endlich, in der PredeUa, sein Tod*) und seine Bestattung in einem
Sarkophag mit der Aufschrift: SÄNBTVS ÜOHÄS Dt ÄCVMO Auf der
äusseren Seite der Innenflügel und auf beiden Seiten der .^\ussenfliigel befinden
sich Gemälde. Wenn der Altar vollstaiidi;^^ zugeklappt ist, sieht man auf den
Aussenseiten der äusseren l'lügel vier Hildcr in rothcr, mit schwarzen Orna-
'} Man vergleiche nur <lie in süli aiM U< r Uczichuiig vielfach verwamlten, mit I435 dAtierten
Altäfc aus Hamburg und Ncusladl im GroMhcrzoglichen Mu&cuin ru Schwerin : Kalal. d. Grossh.
Genildccalcrie, Nr. 73S— 743> S. 433—443. Goldichmidl, Labccker Malerei und Phttik bis
1530, Taf. 7, S. Sb und 9 b.
*) Neben dem Ijttohnq'n da Heiligen sieht man auch Kiueu Kcilcscl lodl am Boden liegen.
Digitized by Google
ST. JÜRGEN -KIRCHB ZU WISMAR.
8t
inentcn vcr/icrtcr l*',inf;issung: es sind Scencn aus dem Leben des hl. Thomas
von Aquino mit niederdeutschen Unterschriften in gothischen Minuskehl. Üben
links empfangen Dominikaneniiöndie einen schwarz gddeidelien Knaben mit
Heiligenschein aus den Händen v<mi Frauen, es wird die Scene sein sollen,
in der der hl. Thomas von Aquino den Mönchen auf Monte Cassino cur
Krziehun^ uher^uhcii wird Von der Unterschrift ist noch erhalten:
t tDin.15 flU tor tit niaclj nale i? Unten hnks:
Vor einem Altar mit der Gruppe des Crucifixus, Johannes und der Maria
kniet der hl. Thomas als Dominikanermönch, die Engel vom Himmel kommen
hernieder und rühren sein schwarzes Gewand an^ Von der Unterschrift ist
noch SU lesen: tan ter nbe t$ {tam}tt tin|aitt ta np? tm tDslke la . .
,,,,,, Oben rechts die Verjagung eines Weibes, das den hl. Thomas
von Aquino verRihren wollte, mit brennendem Scheit, worauf ihm Gott
in der folj^enden Nacht den Keuschheitsgürtel verlieh. \'<)n der Unter-
schrift noch lesbar die Worte: tiü tuif Icp CII ßljelC OOttiel \jtit
l^c gfyc'kttQtn* Unten rechts die Krankheit des hl. Thomas von Aquino in
Magena und die Verwandlui^ der Sardinen in die von ihm gewttnschten
Hechte, die er dann aber verschmähte, weil er seinen Wunsch fiir unrecht
hielt. Man sieht ihn auf dem Krankenbett liegen und einen Arzt neben ihm
stehen, der ihm den Puls Tühlt. Von der Unterschrift i.st das Nachstehende
erhalten: (^11 i^ntr ftoMcÖ^it |^e(ft c)m 00t liiffie fallt be bc arfle Iii
taiubet tant. Werden die äusseren Flügel aufgeklappt und bleiben die inneren
Flügel geschlossen, so stellen sich dem Blick acht Bilder dar, von denen die
vier nur Unken auf den hl. Apostd Thomas, die vier zur Rechten auf den
hl. Erzbischof Thomas von Canterbury zu beziehen sein werden. Auf der
Aus.senseite des inneren Flügels oben rechts tlic Inthronisation de s I Icilii^en,
unten der Krzbischof mit zwei Diakonen. Dahinter kleinere Sceuen aus seinem
Leben. Rechts oben auf der Innenseite des äusseren Flügels die von vier
ei^lischen Rittern ausgeführte Ermordung des Enbischols, unten die vom
Papst auferlegte Busse des Königs am wunderdiuenden Sarge des Heiligen.
Auf der Innenseite des äusseren Flügels oben links die Darstellung, wie der
hl. Thomas seine Hand in die Wundenmale des Herrn legt, unten, wie er drei
Könige tauft. Auf der Aussenseite des linken Innenflügels unten eine Abend-
mahlsscenc, der hl. Thomas theilt den Leib des Herrn aus, und oben mög-
licherweise — das Bild ist nicht deutlich genug — das Martyrium des Apostels.
Die oberen vier Bilder werden von den unteren vier durch ein Band getrennt,
das dn Goldomament auf blauem Grunde darstellt.
Leider sind die Bilder dieses werthvoUen Schreines vom Zahn der Zeit
arg mitgenommen, immer aber noch in soh hcni ("-r.nle erhalten, <l;iss rine
vorsichtige Restauration, wie sie Münzenberger bei Gelegenheit der Besprechung
dieses Altan in seinem Werk Ober niittelalteiliche Altfire auf S. 1 34 empfiehlt,
am Platze sein würde, und zwar je eher, je lieber, da der Kreidegrund,
worauf sie gemalt sind, in Folge der Einwirkung von l.,icht und Luft auf
die Kndemittel im Zerbröckeln begrififen ist Von diesem Altar sind noch
zwei ehemals an der Wand befestigt ^wesene Tafeln erhalten, die gleich*
6
Digitized by Google
82
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
falls Scenen aus dem Leben des Heiligen mit niederdeutschen Inschriften
darstellen. Sie sind gegenwärtig in Verwahrung bei dem Restaurator Krause.
2. Marien - Schrein, ehemals auf dem Hochaltar des Schwarzen
Klosters, wohin er wahrscheinlich erst bei Einrichtung des Klosters als
Waisenhaus versetzt worden, während er ursprünglich jedenfalls einem Ncbcn-
altar der Kloster- Kirche angehörte. Jetzt in derselben Kapelle auf der
Nordscitc von St. Jürgen wie der vorhcrgcliende Schrein. Sieben aus Holz
geschnitzte heilige Frauen füllen den Mittelschrein und seine beiden I'^lügel,
alle auf kastenartigen Basen stehend, die aus dem Achteck construiert und
mit durchbrochenem Maasswerk gefüllt sind. In der Mitte Maria mit dem
Kinde, in einer Strahlenmandorla und auf dem Halbmonde stehend. Auf
Marien - Scliicln.
dem Gewandsaum die Worte: (SAN)ETÄ MARIA ORÄ PRO NOB0$). Nach
links hin folgen die hl. Katharina (ini Mittclschrcin), die hl. Barbara und
die hl. Magdalena (diese beiden im Flügel); die drei weiblichen Gestalten
auf der anderen Seite der Maria ermangeln der Attribute und sind daher
nicht zu bestimmen. Die Innenseiten der äusseren und die Aussenseiten der
inneren Flügel zeigen in guter Malerei auf Goldgrund acht Scenen aus dem
Marienleben: Abweisung des hl. Joachim, Begegnung des Joachim und der
hl. Anna an der goldenen Pforte (und Geburt Mariac?), Tempelgang Mariae,
der Gruss des Fugels an die hl. Maria, Geburt des hl. Kindes, Anbetung
der hl. drei Könige, Darstellung im Tempel, der Tod der Maria.
Die Malereien auf den Aus.senseiten sind grösstentheils unkenntlich
geworden. Man sieht noch zwei bärtige Heilige und anscheinend auch den
hl. Sebastian.
Google
ST. jOrckk-kirchk zu \visMar.
83
Die Schrift und die architektonischen Formen des Maasswerkes weisen in
gleicher Weise wie bei dem vorigen Schrein auf die zweite Hälfte des XV. Jahr-
hunderts. Auch dieser Schrein verdient die grösste Aufmerksamkeit.
3. Schrein mit ÜoppclflüKcIn , an der Westuand der zwischen dem
nördlichen Arm des Querschiffes und der Sakristei liegenden Kapelle. Statt
architektonischer Formen spielt gerade wie im Thomas- Altar ein freier gc-
.sUiltctes I^iubwerk in dem Zicnvcrk der Baldachine und Hasen. Im Mittel-
.schrein drei aus Holz geschnitzte (jcstalten, in der Mitte Maria mit dem
Kinde, auf der Mondsichel stehend; neben ihr, links, der hl. Bi.schof Martin
mit einem Krummstab, an dem das Schwcisstuch angebracht i.st, zu .seinen
Kü.s.sen ein bettelnder Krüppel; rechts die jugendliche Gestalt des hl. Georg, der
Schrein mit Doppel Ii (igeln.
den Drachen tödtet, Der Hintergrund ist golden und dama.scicrt, die Gewänder
sind mit polychromer Musterung bedeckt. So auch bei den zwölf kleineren
Gestalten auf den Innenseiten der Inncnflügel, deren Namen in den Nimben
stehen. Es sind links oben der hl. Johannes Kvangelista, die hl. Anna
selbdritt, der hl. Bischof Nikolaus; unten der hl. Antonius, die hl. Barbara,
der hl. Johannes Raptista; rechts oben der hl. Hieronymus, die hl. Katharina,
der hl. Bi.schof Erasmus; unten der hl. Matthaeus, die hl. Dorothea und der
hl. Laurentius. \'on den acht Bildern auf den Ausscnseiten der Innenfliigcl
und den Innenseiten der Aussenfliigel sind nur noch sieben zu erkennen, es
sind: die Zurückweisung des hl. Joachim vom Opfer, Begegnung an der
goldenen Pforte und die Geburt Mariac, der Tcmpelgang Mariae, die Botschaft
des Engels, die Geburt Christi, die Anbetung der hl. drei Könige und die
Darstellung im Tempel. Das vierte unten ist nicht mehr deutlich. Es mag
«4
AMTSGBRICHTSBEZIRK WiStlAK.
der Tod Mariac dari^cstellt gewesen sein. Die bilder auf den Aussensciten
der AussentlLiycl si:ui unkenntlich geworden.
Das Werk gehört dem Ende des XV. Jahrhunderts an. Vgl. Münzen-
beiger, Mittelalt. Altäre, S. 134. Taf. 20.
4. Einfacher Flügelaltar, in der (vom Thurm her gerechnet) zweiten
Kapelle auf der Südseite der Kirche, 1,20 m breit. Kr ist im Innern mit
geschnitzten, anscheinend im vorigen Jahrhunderl übermalten Figuren besetzt,
die Aussenseiten der Flügd sind bemalt Neu ist die Kreuzesgruppe im
Mittdtheil, alt aber sind die drei Baldachine in der Form spätgoüiisdier
Eselsrttcken und die mit Maassweik gefüllte Basis. Die quergethciltcn Flügel
zeigen acht Figuren unter Kundlxigcn und auf schmalen Hasen mit Maasswerk-
lullung; oben links St. Mauritius (vielleicht auch St. l^ustachius) und ein
benedicierender Bischof, unten St Georg und St. Katharina; oben rechts
St Erasmus ui^ St Petrus» unten St Antonius und ein nicht zu bestimmender
Bischof.
Vor der Restauration der Kirche von 1887/88 bewahrte ilci .\lt.ir
noch einen leistenartif;en Aufsatz oberhalli des Mittels( hreins mit der <lurr!i
brechen eingeschnittenen Aufschrift: fignum CCUCi^ lUirabüC pct OrÜeiH
retitlCI^ mCCCClCdiij, Aebnliche Angaben hat man auf sldniicheD und
thüringischen Altären bemerkt Vgl Münzoiberger, Mittebdt AU., S. 125.
5. In derselben Kapelle ein anderer, jetzt einfacher, ehemals aber
doppelflügeliger Altar, 1,20 m breit In der Mitte, unter drei spatgothischen
Eselsrficken, über denen niedrige Baldachine mit MaasswerkfttUung angebracht
sind, drei Heiligengestalten, Anna selbdritt zwischen St Martin und St Georg.
Im Maasswerk ihrer Basen drei Figuren mit Spruchbändern. In den Flügeln
im Ganzen acht kleine Heiligenfiguren, die in früherer Zeit derartig ergänzt
und bemalt sind, da.ss keine Bestimmung der einzelnen unternommen werden
kann. Auf den Aus.sen.seiten die Gestalten von St. Georg und St. Martin.
Vgl. Alunzenbergcr, Mittclalt. AU., S. 125.
6. In der östlich anstossenden Kapelle gleichfaUs zwei Altäre. Der
eine zeigt auf breiter Mittcltafcl ein grosses Mari\ riuiii, nämlich die Pfahlung
gei.stlicher und weltlicher Männer, wahrscheinlich eine ."-^cene aus dem .Mart\ rium
der zehntausend Christen unter König Sapor von ret.-.ien, jene Scene, von
welcher u. a. Dürer ein weltberühmtes Gemälde hinterlassen hat. Die Keiter-
gruppen werden den König Sapor und seine Grossen darstellen sollen. Ueber
der grauenvollen Scene schweben himmlisdie Gruppen als Halbfiguren in einer
Blattumfassung, ehemals deren drei, jetzt zwei: rechts ein Engel, iler eine
Gruppe von iiinf Seligen umfasst, in der Mitte Christus zwischen zwei Engeln.
Die nicht mehr vorhandene Gruppe links wird derjenigen, welche rechts
erhalten ist, entsprochen haben. Von der Bemalung der beiden irlügel hat
sich nichts orhatten, sie ist gänzlich abgefallen, vielleicht audi zuletzt abdchdich
entfernt worden. Der Altar befand sich ehemals im Dominikanerkloster.
Digitized by Google
E
ST. JCROKN- KIRCHE ZU WISMAR.
85
7. Dem eben beschriebenen Schrein gegenüber hängt ein gleichfalls
dem ICnde des XV., vielleicht «luch schon dem Anfange des XVI. Jahrhunderts
angehörender Schrein mit Malereien in einem iiberaus zierlichen Rahmcnuerk,
2.55 ni breit, 1,66 m hoch. In der Mitte die Kreuzigung auf Goldgrund, der
mit plastischen kleinen Rosen besetzt war und spater schwarz übermalt worden
ist, daneben acht Bilder aus der Passion: das Gebet in Gethsemane, die
Gefangennehmung, das Verhör, die Geissclung, Dornenkrönung, Kreuztragung,
Kreuzabnahme und Grablegung. Die Malerei auf Goldgrund ist vielfach zerstört,
dazu kommen Uebermalungen aus .späterer Zeit. Kin eigenartiger, jetzt gelb
Altar, ehemals im Dominikanerkloster (s. unter 6.).
Überschmierter Ornamentstreifen trennt die oberen Bilder von den unteren:
Blätter in Gold und Silber auf rothem und goldenem Grunde wechseln mit
kleinen Brustbildern von Kngeln und Propheten in herzförmiger l^infassung.
Fast ebenso interessant ist die Umrahmung der drei Haupttheile: zwischen ge-
.schnitzten Ornamentstreifen sieht man eine Reihe kleiner konkaver Medaillons,
die höchst wahrscheinlich ebenfalls mit gemalten 1 leiligenbildchen gefüllt
gewesen sein werden. Die Malerei der Aussenseite ist leider schon ganz
abgeblättert.
Vgl. Münzen berger, Miltelalt. .\lt., S. loi und 124: .-Bei einer hoffent-
lich nicht allzu lange aiisstehentlen Restauration des l-lügclaltars wird man
durchaus auch diesen kostbaren Rahmen wieiler herstellen müssen. < Ein
ähnlich eingerahmter .Altar aus Soest im l'rovin/ialmuscum /.u Münster. Vgl.
Münzenberger, I. c., S. 15.
86
AMLSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
8. Zuletzt ist ein im Südami des Querschiflfcs in die Wand eingelassener
Schrein zu beachten, über dem man einen Baldachin angebracht hat. Der
Mittelschrein ist 2,27 m breit und 1,94 m hoch. In ihm unter vier Baldachinen
mit gutem, den Beginn der Spätgothik im XV. Jahrhundert anzeigenden
Maasswerk die Anbetung der hl. drei Könige in derben Holzfiguren. Die
Malereien auf den Seitentafeln (Verkündigung, Anbetung der Hirten, Flucht
nach Aeg>'pten, Taufe) und die grosse Kreuzigungsscene am Baldachin stammen
aus späterer Zeit, man findet auf der Aussen.seite eines der Flügel die Jahres-
zahl 1743. Dieser Zeit ge-
hört auch die Bekrönung
des Flügelschreines an. Da-
gegen ist das trefflich ge-
schnitzte Maasswerk am
Baldachin als hochgothische
Arbeit anzusprechen und
demgemäss der Zeit nach
früher anzusetzen als das
der Baldachine über den
drei Königen.
Ein ähnlicher AUar
mit Baldachinen befindet
sich in der Nicolai-
Kirche zu Stralsund.
Vgl. Münzenberger, I. c,
S. 134.
Uhr- Uhrgehäuse. Das
gchäuse. Uhrgehäuse hinter dem
I lauptaltar (jetzt ist es nur
noch eine unansehnliche
Verkleidung) w urde l 590/91
von dem Kunsttischler und
Bildschnitzer Samuel Regen-
fart angefertigt.
Schrein im Stttlann des Qucrschiffcs,
Kanzel. Kanzel. Die Kanzel,
zu der Katharina von Stralendorff (7 8. October 1609), die Frau des
Balthasar von Schöneich (f 14. December 1603),') das erste Geld gab, i.st
ein schönes Werk der Hoch-Renai.ssance vom Jahre 1608.*) Die Arbeit an den
Statuetten, den hermenrörmigcn Pilastern, den Kartuschen, Friesen und Ge-
simsen ist von grosser Zierlichkeit und Tüchtigkeit. Oben auf dem Schall-
deckel der Erzengel Michael, in den Kartuschen darunter die Ilalbfiguren
') Vgl. den Grabsttin bei Crull und Tcchen, M. Jahrb. LIV. S. 151. Landrulh naltha.sar
war ein S<>hn des bckatinteti Kanzlcri K.ispar von Schöneich,
'} Vgl. die Abbildungen vieler I>claits bei SchcfTcrs, Dlsch. Renaissance. Ilefi 59.
Google
Google
ST. JORGEN KIRCHE ZU WISMAR.
87
des Heilandes und der vier Evangelisten in Relief. Unten am PredigLstuhl
die geschnitzten Figuren des Salvator nnindi und der Apostel. Im Fries
oberhalb der Figuren
die Inschrift ANNO
1608 An der Thür
zum Aufgang zwei-
mal die Wappen
der Stifter, in der
Hekrönung und im
Fries ; im oberen
Rahmen der Thür
auch die Namen der
Sliftcrin und ihres
Mannes.
Die Namen sind
dieselben, die mu h
in St. .Marien durch
ein Kpitaph und
einen Leuchter ver-
ewigt sind. Vgl.
oben S. 45, 65 ff.
Katharina von
Stralendorff, die
Wittwe des Land-
rathes Balthasar von
Schöneich giebt
1607/S 500 Mark
und 1608/9
Mark zur Her-
stellung der Kanzel.
Hans Böhle und
Görries Quade')
sind tlie beiden
'I'ischlermeisler,
welche , nat hdein
Antonius Evers, der
Meister der
> Kriegsstube« in
Lübeck, 1605/6
sein Gutachten
darüber abgegeben,
mit der .\usfiihnmg
betraut werden und
1606/7 damit be-
ginnen. Jacob
Regenfart arbeitet als Geselle und Bilds< hnitzer bei jeren und erhält ebenso
wie die beiden .Meister nach .Vufriehtung der Kanzel im Jahre 1607, 8 ein
Trinkgeld von 4 Mark, das in» Ret hnungsbu« h der Kin he von i6gS/9 ver-
ThCir znm Aufgang ck-r Katizet.
') Güriics Quadc !>>( der Vcrfcrligcr lUs Karow'sclicn K|>ila|iliü in St. Miiric i, s. o. , S. 45, 46.
88
AHTSGBRICHTSBBZIRK WISMAR.
zeichnet steht. Als Maler der Kanzel wirtl Ulrich Tesche genannt. Uchrigcns
sind in jüngster Zeit an der Thür unpassende Veränderungen gemacht worden.
An SteHe der Wappen, die frflher vonie «n der lUmid angebracht waren,
las man am Fries der Thür die Namen der Stifter. Vgl. die Abbildungen
in der Renaissance von Scheffers.
OrgeL Orgel. Der durch Risalite, einen stärkeren in der Mitte und zwei
minder kräftige auf den Ecken, belebte Prospekt der Orj^cl entspricht im Stil
der Kanzel. Auf dem mittleren Risalit die Gestalt des Heilandes in oner
Strahienglorie, auf den anderen bciilcn je ein l*"npel,
1503 gab es eine Orgel im südlirhcn Arm des Querschitfes. 161 1
worde ein neues Weik, zu dem man einen Orgelbauer aus Gttstnm verschrieb,
auf dem neu erbauten Bogen unter dem Thurm aufgestellt. Es ist die jetzt
vorhandene Orgel. Man findet an diesem Mauerbogen noch heute die Zahl
MDCXI. Sie wurde 1614 fertig. Der Kunsttischler, der den Prospekt her-
stellte, ist derselbe Görriea Quade, der die Kanzel verfertigte. Die sog.
»kleine Orgel« wurde 1613/14 nach (loldberg verkauft. 1687/88 ist noch
von bemalten Orgelflügeln die Rede, die jetzt nicht uieiir vorhanden sind.
Auch die Brüstung der Orgel hat ihre Gesdiichte. Sie ist ein Werk des
Samuel Regenfart vdn 1500 1600, gehört aber ursprünglich zu dem mit dem
ehemaligen Lettner verbundenen und oberhalb des Chorgitters angebracht ge-
wesenen SSngerchor, su welchem Herr Nikolaus Holste 1614/15 von dem
Tischler Görries Quade eine schöne Thür machen Hess, durch welche man vom
südlichen Seitenschiff her mittels einer Wendelstiege auf den Chor gelangte,
und die jetzt die Treppe zum Gewölbe der südlichen Abseite des alten
Baues schliesst. Der SÜngerchor ward sammt dem Lettner im Jahre 1833
abgebrochen und die Brüstimg des erstgenannten 1)ei der leisten Restauration
der Kirche 1887/88 für die Oigeleraporc verwandt.
Triumph- Tfiraipbknas. Das Triumphkreuz mit den Nebenfiguren des Johannes
kreuz, und der Maria, das jetzt oberhalb des Hochaltars angebracht ist, wurde 1833
von seiner ursprünglichen Stelle über dem damals abgebrochenen Lettner
entfernt. Es ist roth und grün bemalt und mit vergoldeten Weinblättern ver-
ziert. Auf der Ruckseite ist das Symbol des Matthaeus, statt am Fuss, in
der Mitte des Kreuzes angebracht
Gestühl. Gestühl.') St. Jürgen hat im Gegensatz zu St. Marien und St, Nikolai
das Glück gehabt, dass ein grosser Theil seines wertbvollcn alten (iestuhls
sowohl im Chor wie im Schiff der Kirche bewahrt geblieben ist. In seinem
heutigen übefans wertiivollen Bestände lässt es erkennen, wieviel St. Marien
durch Beseitigung des ihrigen, das ohne Zweifel von gleicher Bedeutung war,
verloren hat Leider sind aber bei der letzten Restauration verschiedene
Wangen, die zusammengehören, auseinander gerissen. Ein Theil der Stühle
in St. Jürgen gehört noch dem XV. Jahrhundert an, der grössere Theil dem
XVI. Jahrhundert.
') Ein TTieil des Gestühls ütamtntc aus dem Schwarzen Kloster, v<>n wo o, 1575 nach
St. Jtttgea veiseUt wurde. Von diesem ist aber nichts mehr da. Uen Keti davon erwarb der
KaofiMun Dmd ThonMUiB, «m dsait sdn GurtSMfaaMwr m sdnUdceB.
Digitized by Google
90
AMTSGERICl ITSUEZIRK WISMAR.
Google
StuhlMrangen.
ST. JÜRGEN-KIRCHE ZU WISMAR.
9$
96
AirrSGBRtCHTSBBZtRK WlSttAlt.
Zwei Chorstuhhvangen mit den sitzenden Gestalten der hl. Elisabeth
und des hl. Stephan sind mit Wappenschiidcn versehen, \ün denen der eine
(gespalten: vorne ein III, hinten eine halbe Lilie) unbekannt ist, der andere
aber (auf einem rechten Schrägbalken zwei halbe Löwen] dem am 8. Mai 1442
zuerst ab Kirchherr von St. Jürgen vorkommenden, am 10. Juli I4<S4 aber
verstorbenen Gerd Werkmann angehört,') weisen auf die Mitte des XV. Jahr-
hunderts. Mit dieser Zeitbestimmung ist, wie man gleich sehen wird, auch die
fiir die übrigen beiden Wanc^en von der Hand desselben Schnitzers gegeben:
es sind die mit den Gestalten des Iii. Judas Thadilaeus und eines anderen
Apostels, der als saldier durch «las Huch ijekennzeiclinet ist.
Etwas jünger als diese derb gcscluütztcn sitzenden l iguren sind die
mit den stehaiden Gestalten der hhl. Petrus, Paulus, Georg und Martin be*
krönten Chorstuhlwangen, denn sie zeigen auf den Rücksdten das Wappen
des Jaspat UHlde, der am 3. November 1483 sowie am 28. Juli 1495 urkundlich
als Pfarrherr bezeugt wird und über dessen Nachlass am 4. Mai 1496 eine
Aufnahme stattfindet.
Zeitlich nicht weit davon getrennt sind die erst vor wenigen Jahren aus
der Kirche zutn hl. Geist nach St. Jürgen versetzten Chorstuhlwangen, welche
den hl. Bartholomaeus mit der abgezogenen Haut, den hl. Mathias und die
beiden hhl. Johannes Evangelista und Baptista in ganzer I^gur als Rdiefe
vor die Augen stellen. Vielleicht sind sie etwas jünger als jene.
Dassdbe mag von den beiden Wangen mit den Gestalten der hl. Elisa-
beth und des hl. Stephan gelten, über deren Rdiefs ntzende Propheten als
VoUfiguren angebracht sind.
Dagegen werden die unter einem Esclsrücken stellenden beiden Ge-
stalten des hl. Simon und des hl. Judas Thaddaeus wühl jünger sein, d. h.
dem IükIc des XV. Jaiulnituierts ani^ehören.
Den reichsten gothischen Schmuck entfalten vier hohe Wangen, die
dem Anfange des XV. Jahrhunderts, vielleidit aber auch noch dem XIV.
Jahrhundert zugeschrieben werden können. Die Darstdiungen zeigen Adam
und Kva am Baum der Erkenntniss; den Teufel als ,piger, der nach einem
Hirsch schiesst, welcher einen geängstigten und von allem Rösen verfolgten
Menschen versinnbildlichen soll; den Löwen Juda, aus dessen geöffnetem
Rachen der W'ein.stock herauswächst, mit dem Christus gemeint ist; den hl.
Stcphanus und die hl. Elisabeth unter dem Weinstock, sowie die hhl. Georg
und Martin üt>er einander, auch sie mit aller Kreatur unter dem Sdiutz des
Weinstodces. Oben an diesen Wangen sieht man die Einsatzfugen für die
ehemaligen Deckbretter der Baldadiine.
Unter dem übrigen Kirchengestühl gehören zwei Wangen, welche St
Martin und St. Georg zu Pfcnlr d u trüen und heidi im Chor Aufstellung
gefunden haben, wahrscheinlich der Mitte des XV. Jahrhunderts an.
*) Cmll und Techen, M. Jahrb. LVI, S. I14 (Nr. 311). Gnbiteia «bg«U14et «uf S. lot.
Digitized by Google
ST. jORGEN-mCHB ZU WISMAR.
9;
Etwa derselben Zeit entstammen auch s( chs mit Bekrönui^n in ein*
iacher Kleeblatt form f^eschnnickte Wangen, die St. Christ<)j)horus, St. Tieon;-,
St. Laurentiu.s, St. Johannes iiai)li.sta, St. H.irbara und aussenlem noch einen
Heiligen zeigen, der auf einem Luwcn steht und mit der Linken einen Stab,
mit der Rechten aber ein Kirdienmodell trägt. Es sind die Reste des tÜM^
maligen alten Leinweber-GestUhb.
Der ersten Häl.le des XVI. Jahrhundert werden auch apf Grund ihrer
alten Schildformen, ol)wohl die Bekrönung in spaterer Zeit theilweise um-
gearbeitet und sie dcmgemäss mit Daten {/.. B. 1606) versehen sind, die
Stuhlwangen der Bäcker (ai°, 38", y)")*) der Schmiede (öc«), der
Segler (63*), der Wcillcnweber (63"), der Familie Malchow (64°) und
einer Familie mit unbekanntem Wappen (^»4*) (St hiki vierfach getheilt, im
oberen Felde vorne, im unteren hinten drei (Querbalken; auf dem Helm drei
Aehren) zuzuschreiben sein.
Die übrigen Wangen entstammen meistentheils der zweiten Hälfte des
XVI Jahrhunderts, wie Jahreszahlen und S( hilde, bezw. Wappen, beweisen.
Man tindet die Familien F-i.\en, 1 rendelburg, Schetfel, von der Fehr, Schwar/.-
kopf, Kröger, Ltttkehennefce, Buraw, Kock, Kladow, Peters, Stflve, Kruse,
Smoic, Klmhof, Blckcr, TedCf Niebur, Baumann. Heine, Rathke, lUirmester,
Stenfeld und andere, die nicht bestimmbar sind, mit Wappen vertreten.
Zum grössten Theil sind die Wangen einfach gehalten, cum l'heil aber auch
mit reicher Schnitzerei ausgestattet. An mehr als dreissig von ihnen findet
sich die Gestalt des hl. Georg zu Pferde, bald den Lindwurm tödtend, bald
nur die Kreuzesfahne schwingend. An einer Wange auch die (lestalt Christi.
I).xs Zeichen der Kirche, die l ahne,*) ist fünfmal zu bemerken. Das mecklen-
burgische Wappen') (in beiderseits geschweiftem Schilde ein Stierkopf mit
King, auf dem gekrönten Helm ein halber Stierkopf mit Pfauenfedern darüber)
findet man an einem Stuhl im Chor, zweimal dort auch den Wismanchen
Schild {einmal gespalten, vorne ein halber Stierkopf", hinten die Farben weiss
roth, weiss rothj das andere Mal nur gestreift), .\ndere werden durch Schifi,
Beil, Wecken mit Hörnchen (und drei Wecken auf dem Helm), durch
Tonne und Beil, Scheere u. dergl. m. als K.igenthum von Aemtem, die meisten
durch Si bilde mit Namen, Initialen und Hausmarken*) als Paf;enthum von
Privaten au>gevs lesen, wobei nur zu bedauern ist, dass jetzt die alle Ordnung,
nach der die Stühle auf der Südseite den Männern, und die «tf der Nord-
seite den Frauen zukamen, willkürlich gestört und Somit manches Zusammen-
gehörige getrennt worden ist. Auch die Thttren dieser Stühle, die man
entfernt hat*) und die der Mehrzahl nach mit den der Gothik entlehnten,
noch lange in die Zeit der Renaissance hinein Ijeliebt yebliebenen Motiven
des Roll- und Faltenwerks verziert waren,") haben in Wappen und Haus-
marken Manches enthalten, das zur Bestimmung der Eigenthämer dienlich
war. Einzdne der eingeschnittenen Buchstaben lassen sich mit Httlfe der
') Die Nammern sind die jeut j'cgebeiien, die Iwigesetzten Buchstaben beieichnen die
Hiniodsiiditng«
•) M. Jahrb. MV, S. I15. Anmkg. I.
•) Vgl. CruU, M. Jahrb. LX, üex. S. 35.
^ BMinmen lusen sieh Haas Heine, Asoras Tede, Thomu Trendeleiiboreh.
Einige dieser TliUrcn bewahrt du Mateum in Wismar.
') Eine Thür, die in das untere Geecboas der östlich an die Sakristei anstosaenden Kapelle
fUut, weilt noch heaie eolclies RolW nnd Faltenwerk »«f.
7
Digitized by Google
98
AMTSGBRICHTSBEZIRK WISMAR.
beigegebenen Wappen und Werk7x*ichen als Namen lösen, bei anderen ist es,
wenn man auch die Namen selbst nicht angeben kann, wenigstens sicher,
dass sie Anttnge von Namen sein sollen. Aber eine ganze Reihe scheint
auch als Andeutung von Sprüchen aufgefasst werden zu müssen, wobei freilich
nur in einzelnen Fällen wirklich annehmbare Lösungen zur Verfugung stehen,
wie z. B. fär Q 8 V 0 0at fp uii^ gnetiid^,') nir H G V N Ijcij^i got
ttt notj^.*) für G w B E gabe^ tnort blifc etnicg,') fUr 8 N i d fpp$
noftr.i in öco,*) für v h i g unfe ijopcn in gat, für h g a t ijdji
got Alle tit, rur G S M R got min catÜ- Andere müssen z. Zt. noch
unerklärt bleiben wie G G M T, B 0 A 8 A H J G
Bahre. Bahre. Eine kolossale Bahre des XVII. Jahrhunderts mit figQiücbem
Schmuck ist ins städtische Museum versetzt worden.
Tauf- TaafkeiMl. Die Fünte ist dn runder Bronzekessel, dessen äussere
kcssd. Wandung mit Ausnahme des untern Randes, der mit zdm Löwenmasken
verziert ist, des sonst üblichen Reliefschmuckes entbehrt Er steht auf vier
Füssen, denen sitzende I.övven als Schildhalter vorgesetzt sind. Oberhalb des
Kessels ein aus Holz «^osclinitzter hoher achtseiti^cr Deckel, der sieb in
mehreren Absätzen aufbaut. Im Haupttheil die Taufe Christi als plastische
Gruppe; im kleineren Theil darüber ein schwebender Engel; oberhalb des
letzten, mit Kartuschen versdienen Aufsatzes ein Kreuz mit dem Crudfixus
auf der Vorder* und auch auf der Hintersdte. In den Kartuschen ditf Namen
iwd Wappen des Stifters und seiner Gattin, des Pastors JOH. DINGGRAV
und seiner Gattin SOPHIE PANITZ vom Jahre 1649 *) Auch die hölzerne
Umgittcrunj^ der Taufe ist achtscitif^ und in demselben Schnitzstil der Sj>at-
rcnaissance ausgeführt wie der Deckel. Nach den Inschriften ist diese Ein-
fassung eine Stiftung verschiedener Gemeindemi^lieder aus dem Jahre 1651.
Unter ihnen auch wieder der Name des Pastors Dinggrav.
AafraUend ist das Formen -Verhihniss zwischen Kessel und Deckel,
Polygonale Aufsätze aus späterer Zeit auf runden Taufkesseln aus frflherer
Zeit finden sich öfter, aber sie pflegen nicht, wie hier, des l'cberganges aus
dem Rund ins Polygon zu ermangeln. Man vgl. i. B. die l unte in der
Marien -Kirche zu Lübeck, wo für den Uebergang eine sehr geschickte Lösung
gefunden ist. Uebrigens ist die l^ronze- Fünte von St. Jürgen zu Wismar
kein sehr altes Werk, wie die Schildhalter beweisen. Der Kessel scheint
ursprunglich ztt einem Brunnen gedient zu haben. Man sieht im Innern die
Verlöthung von ehemaligen Ausflussiöchem. Es hat sich ferner eine Na< bricht
geftmden, dass 16.8 zum Zweck der Taufe ein messingenes Becken auf
dem Jahrmarkt gekauft wurde, doch kann hieraus sdtMtverständlich kdn
Schluss auf den l'autkessel selber gemacht Werden. Das Becken befindet
sich jetzt im Museum zu Wismar.
') Fttnfmal.
^ ZweioMl.
Fttn&elinaiid.
SielMninal.
Vgl. Crttll tutd Techcn, U. Jahrb. LIV, S. lao, Nr. 8 und Ums. Ge*ch.-Qn. K, 447-
Digitized by Google
ST, Ji RGKN- KIRCHE ZU WISMAR.
99
Glocken. St. Jürgen hat sechs Glocken, darunter (i. und 2.) zwei neue,
die im Herbst 1858 von dem Meister P. Martin Hausbrandt gegossen sind, und
von tlcnen die eine mit den Flaclircliefs
des hl. Georg und des hl. Martin, die
andere mit denen des hl. Stephan und der
Iii. Mlisabelh geschmückt ist.')
3. Auf einer der vier alteren Glocken
ist St. Jürgen mit dem Lindwurm vier-
mal in .Medaillons angebracht. Um den
1 lals dieser (ilocke läuft in zwei Zeilen
die In.schrift: btlj • bCIll • flirc • 6in •
irli • acfldncu • Qcvbt • fiinrftc lieft •
Uli • niiti) • Qotirs • Ijiilpc • grgjtcn •;
Orr • ni.ni)ic6 • filccftcr • borprriibcr •
.111110 • boniiiii • m • cctcc • Inxxi • ?it
• uoiiini doiuini • birncbictlim. Die ge-
IMm^W^\ nannten vier Medaillons (einmal eins, das
^9 andere Mal deren drei zusammen) und
69|^=^SIjl|^ ausserdem zwei (Gesichtsmasken unter-
"^m^ unfi^K brechen diese Inschrift.
II V Zürn (luss dieser Glocke wurde ein
II F U 'l'heil des alten messingenen Sakraments-
II ' B 11 '1| Häuschens (Ciborium, 'l'abemakel) ver-
H JD Q A wandt, das einstmals im hohen Chor
^^^^ ^ftltt stand und ein Gewicht von 6 Schitf-
^B^^^^S^v fifund und 17' * Liespfund hatte.
"^^^St^l^F^ ^' kleinste Glocke hat am Hals
^^^^ die Inschrift: H.CYRIACVS» BVRMEISTER.
BVRGERMEISTER . PATRON H. CHRI-
STOFFER . GROENING . RATSE:VER.
WANDTER . INSP. ECTOR HANS SCLIE-
MAN . JACOB . KOLTZE . DANIEL PIER-
STORPF PRO . VISORES • M'. ABRAHAM*
GROT . ME . FVQIT . ANO . 1670.
5. Die Stundenglocke im Dachreiter
der Kirche hat in gothischen Minuskeln
'; Vgl. Crutl, Die neuen Glocken zu .St. Jür-
gen. Mil Nachrichten von den Wismar' ächcn Glocken
<ibcrh.tupt. Beil. Nr. 57 z. Wism. Ztg. vom Jahre
1859. ]<.ichnunn, lande&kundl. Lit. 5501 . Bei Crull
siiiil iiebt.li den neuen auch die alten Inschriften ab-
({cürtickt, womit die Vorg.ängcrinncn dieser Glucken
ausgestattet waren. Die eine stan.mte au& dem Jahre 1710 vom Stetliner Glockeiigiesser Joh. Heinr.
Schmidt, die andere a-js dem Jahre 1703 vom Gluckengicfser Caspar llcinr. Cailcll aus Frank-
furt a. M.
('•locken.
Krste und
zweite
(ilocke.
I )rittC
(Uocke.
Vierte
(il<M:ke.
I''iinftc
Cilorkc.
TaufkcsscI.
Google
too
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Sechste
( flocke.
am Hals die Inschrift: aiiiio boiiiiiii iiicccctljrioci bcrBiiiii boiiiini nianct in
rtrrnuni Vier iiMtljie^ Iblrclicr borftrubtr iii • grttit fiinrftc fit iiomrn
bni bcncbictuni.
6. Um den Hals der
Minuskeln die Inschrift:
anie atlO bui m(tCti%X%ix. Auf der Glocke das Giesserzeichen:')
Kpitaphien.
Vooght-
s<hes
Epitaph.
Dirnicr uorirniorr 111 • griDC Dinnic \ii iionirn
ler V'icrtelstundenglocke lauft in jjothischen J
+ 0 rcj: olorie iljU jrpc Ucni cu patc 1
cIJl. Auf der Glocke das Giesserzeichen:') I
Epitaphien.
I. Das Kpi-
taph des Obersten
Joh. Vooght,
nach der Inschrift:
Dero Königl. Mayt
Zu Denemari^ck
vnd) I Norwegen
Christian! des
5<« wölbe ftalterj
Obrifter zu Fues
vnd Commendent
der veftung ; Wilz-
mar Her Joha"
Vooght ist ge-
bohren Anno 1621
den 6 January vnd
[hier geltorben
Anno 1679 den
8'~ May. Den
1 lauptschmuck
des Ivpitaphs
bilden Wappen-
schild (gespalte-
ner Schild, vorne
ein von einem
Hliithenzwcig,
hinten ein von
einer VVeinranke
umflochtener
') Vgl. Mcckl.
Kunst- u. Ge&cliichts-
deiikm., Bd. I, S. 153.
Da«u die verwandlet!
Giesserzeichen des A.
Kivc auf Seile 109
und 567.
Vooghl'schcs Epi(ai)h.
Google
•ST. JORGEN-KIRCHE zu WISMAR.
lOI
Stab) und Hclmzicr (zwischen Hörnern ein vc^n einer Weinranke umflochtener
Stab). Um Schild und Hehn herum eine im üppij^'sten Barockstil au.sgeführtc
Einfassunjj, die aus Genien, Blumen und Blättern und Kricg.s\verkzcugen aller
Art gebildet wird.
Die übrigen xier Kpilaphien der Kirrhe, von denen sich die drei ersten
/ur Zeit in der Rumpel-
kammer von St. Marien
(unter dem Thurm) befinden,
scheinen keiner eingehen-
den Beschreibung zu be-
dürfen. Es sind die des
schwedischen Obersten
Keinhold von Jordan
(7 1654), des schwedischen
Oberstlieutenants Hermann
Sabbel (7 i6()4), des Fastors
und Consisiorialassessors
Joachim Heinrich Sprengel
(••• 171 1) und des Vice-
Präsidenten am Königl.
fchwcdischen Triljunal Sa-
muel von Palthen (•]- 1767).
Vgl. Crull und Techen,
.M. Jahrb. LVI, S. 129 u.
130. Im Jahre 1643/44
wird ein Epitaph des .An-
dreas Giese hinter dem
.Altar aufgehängt, welches
nicht mehr zu finden ist.
Sollte es das jetzt der
Ins<hriflen ermangelnde
Kpitai»h mit dem Bilde
der Himmelfahrt und mit
Spätrenaissance - Um-
rahmung sein?
Grabsteine.') Nur (Irabstcinc
.sehr wenige Steine sind so
erhalten, dass es sich ver-
lohnt, eine Abbildung davon
zu geben. Die Steine 2 — 5
sind aus der Kirche des
Schwarzen Klosters hierher
versetzt.
1. Der Stein des Tlebanus Gherd Werkmann zeigt die ganze Figur des Werkmann-
Verstorbenen als Priester mit dem Kelch und der Hostie. Sein Kopf ist scher
mit dem sog. Superpellicium bedeckt.*) Zu seinen Füssen der Schild: Schräg- ^^•'^1^*^*-''"'
') ^'gl- Auticicliiiunt; säininlliolicr Steine bei Crull u. Techen, M. Jalirh l.VI, S. 95 — !l6.
*) Vgl. Meckl. Kunst- u. Gc&L-hicht&denkm. I, S. 214, 213. Stin Cliuislulil o. S. 91,
(iralistein des Plcbanus Ghenl Werkinanti,
Google
\02
A M I SÜ KUICI n SU KZI K K W ISM A K .
balkcn mit zwei steigenden I-ö\ven. Die Inschrift lautet voll niisgcschricbcn:
^nno boinini tncrrrljciii I in ftria tcrcfn ante nmroarrtc') oCiiit tominuj^
gljrr.irbtts lucrTmi | an nrchnn liürraliinn I niagiftrr ac nicbiciuanini
lirructatus rrcror !jii|u5 rrdcfic • oratc pro ro. Kinc zweite Inschrift lautet:
<(5obcni anno in bic abbon et iVnnni'l • obiit tliib.ft: Vucrlinian fratrr
ejus ♦ oratc yrO ca. Mine dritte Inschrift lautet: JOHANN CHRISTOPH PÖ-
RING . ANNO 1795.'j
Adam's« her 2. Die Steine, welche jetzt folgen, sind, wie S. lOi bemerkt wurde, aus
(.'•rabsiein. jjcr Dominikaner- Kirche hierher versetzt worden.'') Der älteste ist der des
Grabstein des Johannes Adam.
Schonvelt-
scher
Urabslein,
Pcrsevale-
scher
(»rabstein.
Johannes Adam mit der Inschrift: + hl(l R 1 ü(^f(lS<lI5 lOhTvIMMlS ;
HllilVS DOSWIin I ÄDH.*) Kine zweite Inschrift lautet: HANS HELMES DE
WOLLENWEVER. lunc dritte: LAFRENS BOEKHOLDT V. S. E. ANNO 1645.
3. Stein des Lambertus Schonveit. Wappenschild (Hoot) mit Helm-
zier (Boot, aus dem eine Rose an einem Stengel wächst). Die l'l.ittc war,
wie die fünf Weihekreuze beweisen, einstmals ein Altarstein. Die Inschrift
lautet voll ausgeschrieben: 'Pl'nnO bonilni incCC I IXXiX Olnit laniOcrtUG
fctioncuclt in boniinica pxinu nioft ottabant pafcljc: cujus aninia
rcquicfcat in pacc • amen.")
4. Stein des Stadtsckrelärs Gottfried Persevale. Unter einem Haldachin
tlic ganze Gestalt des Priesters mit dem Kelch. Zu seinen Füssen ein Schild
') »(. biem 13. Juli).
*; 0^. llb^on et Sennen (30. Juli).
*) CruU und Techen, M. Julirli. I,V1. S. 114.
*) Crull und Ttchcn, M. Jahrb. LV'I, S, 117, Annik^j.
Lisch, M. Jahrb. XIV, S. 27.
") Crull und Techen, M. Jtliib. I.VI, S 119.
Google
ST. JCRGEN- KIRCHE ZU WISMAR.
103
Grabstein des Lunbertus Schonveit.
mit einem wachsenden
Manne. Die l^uschrift Inulet:
?Cniia boiuini mctccxcij:
Dominica ^ubilatr obiit
boniinus et luagiflrr oot^
fribUQ ptr I frbiilc yrcf«
btitrr ac ((irrtabili^ (aii>
fularus Viiijiis oppibi tDif-
nuxk frcrctariiis • aratc
bciim yro co,')
5. Stein der Familie Grabstein
Rampe mit Wappenschild ^l^'r Kamilic
und Hclmzicr. Die Inschrift
lautet: ^11110 boillilli
iiirrrrjriiii | in \)igilia na=
tiuitatiö iiiarir obiit bonii>
iiiifi jalianntö rampe |
canfui • i ?liina boniini
inrccrpta | in bic cli.viliirt
oblit ginricu^ ranipc •
aratc pro ci^ • | ?lnna
boniini nucrcjtcij I fcria Uj
ante bartVjoIoniri o&iit
') Crull und 'IVchen, M. |.ihr-
bucli I.VI, S. IIS.
Google
104
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
taOfebeAc granrifllö flUa I Ijhirid ratllpeil. Vgl. Cmll und Tcchen, M. Jahr-
buch LVI, S. 119.
Noch ein zweiter Fa-
milienstein der Rampe mit
gleichem Wappen- und Hehn-
schmuck ist vom Schwarzen
Kloster hierher gebracht.
Die Inschrift lautet: ^llllO
boniini nircccU in 1 yro
fcfto f.iliiaiil et frljafti«
ani obiit ob&rrtus raiiipc
et cobcin anno in bic
... 1 ... . oüiit cfftcr-
triibis uxav boniiiii jo^
Ijanni^ rampcii confulis
?lnno bomini iiKrccib
in I bic ngat))c liirginis
obiit alliritbip iirar io-
fjaniiiä ranipni rt anno
bomini nirrct
obiit iicrniannus
ranipc . . oratc.
Wand- Wandgemälde. Die
ficniälde. Kirche hat eine Reihe von
Wangemäldcn, welche grosse
Flächen bedecken. Sie stammen
durchweg aus der zweiten Hälfte
des XV. Jahrhunderts und sind
bei der letzten Restauration in ge-
.schickter Wei.se von Michae'sen
und Krause erneuert worden.
1. An der Ostwand des
Chors, im Zwickel oberhalb
der beiden Fenster: Christus
in einer Mandorla als VVelten-
richter auf einem Regenbogen
thronend, mit Schwert und I.ilic, die aus .seinem Munde gehen. Zu seinen
Seiten zwei Heilige, Johannes ßaptista und Maria, beide anbetend. Unter-
halb des Heilandes der im Wasser versinkende Petrus.')
2. In der südlichen Thurmkapelle, und zwar auf der Thurmwand:
Maria mit dem Kinde zwischen der hl. Barbara (Kclcli mit Hostie)
und der hl. Dorothea (Korb mit Rosen). Unter der hl. Dorothea ein
Schild.*) (Abbildung s. S. 109).
Grabstein der Familie Rampe.
') Ueber andtrc: Bilder (licscr Art vg], Ottc. Haiidb. I, S. 514 ff.
Vgl. Crull, Zeiischr. f. chmll. K. VII (1894,, S. 173 ff.
Google
ST. JÜRGEN -KIRCHE ZU WISMAR.
105
3 u. 4. Ebendort, auf den Pfeilern und dem aufsitzenden Gurtbogen
zwischen Kapelle und Abseite, zwei grosse Gemälde, welche die ^^^genüber-
liegcnden Wände sammt dem breiten Gurtbogen füllen,
der sie verbindet. Jederseits ein Mann mit grotesken
Zügen, der einen Blumentopf trägt, aus dem ein
Rankengewächs aufsteigt. Das auf der Süd.seite
ciuligt mit dem Xcst eines Pelikans, und darüber
erscheint, auf einem Thron mit hohem Baldachin
sitzend, der hl, Bischof Severus, durch einen Woll-
.•fUl liiT?*^--- bogen als Schutzpatron der Weber charakterisiert,
ilcnen die anstosscndc Kapelle gehörte. Gegenüber
endigt da.s Topfgewächs mit einem ICulennest, und
darüber erscheint
der hl. Chri.sto-
phorus mit dem
Kinde.
5. Dem Bilde
der drei I'Vauen
gegenüber in der
Kckc an einem
Pfeiler: die hl.
Katharina mit
dem Kaiser
Ma.xentius zu
ihren Füssen.
Dazu der Schild
des Stifters:
'7 '
Wandgemälde.
6 u. 7. Den
unter 3 und 4 ge-
genannten Ge-
mälden ent-
sprechen zwei
grosse Dar-
stellungen auf
der Nordscite
der Kirche in
der vom Bi.schof
Nikolaus Böddeker gestifteten Kapelle der Marienzeiten (Tidckapelle). Zunächst
unten zwei einander gegenübergestellte Inscliriftcn. Die auf der Südseite ist
niederdeutsch und lautet: T>C ^rtalCrbloTlC 43ob Uilbcr UllbC l)Cr !
I^cr .Cicolau^ !2>obtii:i{cr Uiaiibngcs bc %% iii 1 ^>if|i1)opp bei: tkrlicu
io6
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
^tnerin Wtf^ct «Capellrn Inibc ! bnfer Iciini froiihiF tibc bat J[nne
tDontllfR to fin0cnbe ficflebianc bar ua 3Cl;c \]c br ftcrltcn bn bc
bjffdjopp ! bocni tljo ^tncrin bomun iaxt landi laflilitu fiabbe borftan
linb getegeret Ijeft fe bociatcn bitb n]^a bec J_ 6ott «Ctifti bnfc^ leue
9nt State 9ufeii »et l^unkeit Jlegen bnli Iraftfd^ Slii? brubben
tage fetj I JOftaitttl j6t9ttiäM$ 3n toen» Beten botftottten bnb Slit
bcr bocmfietiieti Inbefte enrr CapelTen | fi^ bei (C^enirrinincrc
boTccrrn ürtyrau" $mtt Ztltn bt almccljtfBC <6ob tooHc gnebici) linb
barniticrtiil) fini. I Die gegenüberstehende lautet latcinischj ttCUerenbU^
%n Crißa yater et bn^ bn^ J^iroIau| Xobbeltei; oltm 45pit5 ^stuecinefs
]C)rfH' nueto |uii9 rapeUe 91c Soratu brate matte (P b'0ini^ JEnfItt tieci^
tati folttatü fiibatot JM^m ecdfan ^jlneiHien ac febMiHpäleni einfbej
tut airil laiitaftilKt*) tejtit [a&|](ef[f]it eifbes necnö ano a natf** bni
1^79 * 3 ^tpttmfnii olbiit • in qiiabain CapeTIa pcnr^' armadiiiii etdefie
majori^ Iiibken «$epultit^ • Ornte beuni pro co • amen.')
Uebcr der niederdeutschen Inschrift ein aus dem schlafenden Adam ge-
wachsener Baum, dessen Stamm, Acste und Blätter die Sccncn des Sündcnfalis
mit der Erlösung von Tod und Teufel durch den Tod am Kreuz und die
Auferstehung zu einem Ganzen verbinden, das oben im Gurtbogen von der
Darstellung des Drachentödters St. Jürgen bekrönt wird. ' Unten, links von
der in herkömmlicher Weise gegebenen Scene des Sfindenlalls, der die Mitte
einnimmt, die knieende Gestalt des Bischofs mit seinem Wappen, dem Schwan,
über den ein Bischofsstab gelegt ist. Hinter dem Bischof (d. i. neben cler
Gestalt des Adam im Sündcnfall) eine weibliche I Icilij;e, welche einer kiiieenden
und zwei stehenden Personen, deren Haupter ein ICngel durch Händeauflegen
segnet, eine Traube reicht Dieser Gruppe . gegenüber (also neben der Gestalt
der Eva im Sttndenfall) eine andere, in welcher eine nackte Frau, die wie
eine zweite Eva erscheint, einer knieenden und zwei stehenden Personen,
auf deren Häupter der Teufel seine Hand gelegt hat, einen Todtenkopf
hinhält. Beide Bilder sind als Gegensätze vom Tod aus der Sunde und dem
Leben aus dem blute Christi, das durch die Traube versinnlicht wird, ohne
Weiteres verstandlich. Die Gegensätze setzen sich oberhalb der Scene des
Sündenfalls fort: über Adam das dem Blick geöffnete heilige Grab mit dem
darin ruhenden Leichnam des Herrn und den dabei stdienden Gestalten des
Engels und der bdden Frauen, über Eva der offene Sarg eines in der
Sünde Gestorbenen, 7n dem der Teufel Mann und Weib hinanzerrt. Uebcr
diesen beiden Bildern links die Auferstehung, rechts die Holle. Hierüber, in
einem Blumenkelch liegend, das schialcndc Christkind, und über diesem die
Kreuzesgruppe mit Johannes und Maria, wobei in den Ecken die einander
gegenüber gestellten zwei Medaillons eines Teufels und eines Heiligen zu
beachten «nd. Endlich ganz oben, anscheinend als Sinnbild für den duist*
') Ueb«r Bischof Böddekcr's Leichensleiii in Lübeck vgl. Decke, M.Jahib. X, ä. 195. Dazn
LiMb. M. Jahrb. XVI, S. 175. Croll, M. Jalub. XXIV, S. 24-43. XL, S. 138 IT.
Digitized by Google
ST. JCRGEN- KIRCHE ZU WISMAR.
107
liclicn Hcilsplan, die Befreimifj der Könitjstochtcr durch den hl. Georg, im
Ilinterfjriinde die Kiniifjsbur},'. von der aus Vater und Mutter zuschauen, wie
der heilige Ritter flic 1 oclitcr vom Ungeheuer errettet.
Wandgemälde
Dicscni Biltle gegenüber, obcrlialb
der hiteini-schcn Inschrift, ein aus dem
schhifenden Jesse eruach.scnder Baum mit
zwölf mcdaillonartig von Ranken und Blättern
umrahmten Brustbildern. Alle mit einander
tragen Kronen, sie halten theils Bücher, theils
Wandgemälde. Sceptcr, der eine unten links auch eine
Harfe. Diese weist auf den König David,
den prophetischen l'salmistcn des alten Bundes, und das Ganze .stellt somit
den königlichen .Stamm Davids dar, von welchem die hl. Maria kommt. Ihre
hohe Gestalt in einer Mandorla, das Christkind auf dem Arme tragend, bildet
dcmgemäss den oberen Abschluss dieses Bildes im (iurtbogen. Neben ihr
der knicejide und anbetende Bi.schof Böddeker, auf der andern Seite sein
io8
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Wappenschild (Schwan mit Rischofsstab) und seine Hclmzicr (Rischofsstab und
Flug). Unten am Raum ein Rischof und drei andere Gestalten mit Spruch-
bändern, deren Legenden vergangen sind.
8 u. 9. An den Wandflächen, welche den
Raum zwischen den niedrigeren Gewölben des
älteren Chorbaues und denen der Seitenschiffe des
neueren Raues schliessen, sind zwei gro.sse Reiter-
bilder angebracht: im südlichen Seitenschiff der
hl. Georg, wie er den Drachen tödtet, Königs-
Wandgemäldc.
tochter und Konigsburg im Hintergründe; im nörd-
lichen Seitenschiff der hl. Martin, wie er vom
Ross herunter den Mantel theilt, um ihn den> WamiEcmäide.
Rettier zu geben, und neben ihm, in einem ab-
getrennten Rüde, der hl. Chri.stophorus, mit dem hl. Kinde durchs Wasser
schreitend, im Hintergründe der Eremit mit der Leuchte.
Tafel- Tafclgemälde. Von den Oelgemälden der Kirche bieten eigentlich
gcmälde. (jj^ j], der Sakristei aufgehängten rredigerbildnissc ein Interesse, Es sind
Google
ST. JÜRGEN- KIRCHE ZU WISMAR.
109
Job. Gerdes (f 1673), Wilke (f 1776),') ein Bild ohne Namen. Snsemihl
(7 i«83), Weese (f 1869), Job. Dietr. Breithor (f 1756), Joach. Heinr.
Sprengel (7 171 1), M.Joachim Köcker t (7 1693), M. Joh. Gottlieb Hahn
(t '77'*^). Joach. Clinthius (7 1699), Victor Hager (f 1833), Theodor Götze
(t 1869).
Wandgemälde.
Glasgemälde. Von älteren Werken dieser Art ist nichts mehr vor- (ilas-
handen. Die im mittleren Thurmfenster angebrachten Milder (yXnljetung der gemüldc.
Hirten, l'lucht nach Aegypten, der Christusknabe im Temjjel, die Taufe
Christi, lasset die Kindlein zu mir kommen, Kinzug in Jerusalem) sind neu
und stammen aus der Werkstatt von C Michaelsen und Krause.
Gitter und Thiiren der Kapellen. Die meisten Kapellen stehen jetzt Gitter und
offen, nur wenige sind durch Scliranken von den Seitenschiffen getrennt. Zu '1 hurender
beachten sind Thür und Gitter in der dem Thurm zunächst liegenden Kapelle ^*P*^"^"-
auf der Nordseite. In der Einfassung der mit Renaissance-Ornamenten ge-
schmückten Thür findet sich das Datum 1652. Das eiserne Gitterucrk ist
thcils mit kleinen Kngelsköpfen, theils mit Rosetten verziert. Ebendort auch
zwei Wappen, das Jordan'.sche (im .Schild drei mit den Mundstücken in ein
Schächerkreuz zusammengestellte llieniörner, roth auf Silber; auf dem ge-
krönten Helm zwei silberne Horner) und das Knobelsdorf 'sehe (im Schild auf
rothem Feld ein blaues Querband mit drei silbernen Schrägstreifen; auf dem
') Joh. Cerdis ging 1666, Wilke 1739 nach Stockholm.
Google
[ 10
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
St. Georg. St. Georg. Als ein-
zelnes Denkmal ist die aus
Holz geschnitzte lebensgrossc
Reitergruppe des hl. Georg
mit dem Drachen in der
Wollenwebcr -Kapelle zu
nennen.
Ein kleineres Biki
dieser Art ist aus der
Kirche ins Museum
vcrsct/l worden. Heide
Iii,
Helm ein silberner Flug). — Die gegenüberliegende Rülcw sche Kapelle hat
bei der Restauration i88S ein auf gemauerter Brüstung stehendes gefalliges
Gitterwerk erhalten. — Die
einzige Kapelle auf der Süd-
seite des älteren Qiorbaues
ist mit altem Tafelwerk aus
der Zeit der Renaissance ge-
schlossen. Noch werthvoller
als dieses ist die oben be-
reits erwähnte anstossende
Thür, die ursprünglich dem
im Jahre 1833 beseitigten
Sängerchor angehört und
neben dem Datum MDCXIV
die Inschrift hat: CRVCIS
SILENTIO GLORIA * LAETOR
IN DEO DOMINO MEO. —
Auch die Thür der Orgel-
treppe verdient Beachtung.')
— Die Palthensche Kapelle,
im westlichen Neubau die
vierte auf der Nordseite, ist
durch eine Fassade im Ro-
cocostil geschlossen. Gute
Schmiedearbeit besonders in
der Lünette. In ihrem durch-
brochen gearbeiteten Giebel
ist das oben genannte Epitaph
(S. 10 1) angebracht.
TliUr am fruhcicii Säiigcrclkur.
Gruppen wurden 1599 von Ulrich Tesche renoviert, wobei der Riemer 5
10 Schill. 9 Pf. und der Gürtler für liuc:kcl 6 Mark 2 Schill, erhielt.
Murk
Vgl. die Abbildungen bei Scheffers, Ociilschc Renaissance, Hell 59, liblt 10—13.
Google
ST. JÜRGEN -KIRCHE ZU WISMAR.
1 1 1
Schiffs-
modell.
Kleinkunst-
Schiffsmodell. Ein aufgetakeltes altes Kriegsschiff mit zwei Reihen
Kanonen über einander hängt im südlichen Seitenschiff.
Kleinkunstwerke von Netall.
I. Silber\'ergoldeter Kelch auf rundem Fuss, dessen aufrecht stehender ^^^^^ J""
Rand von Vierpässen durchbrochen ist. Der Schaft ist rund und ober- w ie
unterhalb seines Knaufes mit Ringen (Annuli) geschmiickt, die mit getriebenen
Ranken- und Blattwerk verziert sind. Auf den Rauten des Knaufes der Name
IhöSVS in Majuskeln auf dunkelblau emailliertem Grunde. Als Signaculum
am Fuss ein plastischer Crucifi.vus; ihm entgegengesetzt ein unten zugespitzter
Schild, der auf dunkelblauem Grunde einen Arm zeigt, der einen Kirschbaum
hält. Die Gewerkzeichen fehlen. Auf der Unterseite: N. 6. W. 31 • L Auf
der nicht zugehörigen, aber
später diesem Kelch zugewie-
senen Patene das Stadtzeichen
(Wappen) und das Meister-
zeichen [igJ (Jochim Gade).
Von i4 ;o bis i4Sg kommt
ein Rathmann Johann Kcrse-
l)om vor, der 1442 Vorsteher
zu St. Jürgen war.
2. Desgl., auf sechsecki-
gem Fuss mit aufrecht stehen-
dem Rande, der von Vierpässen
durchbrochen ist. Der Schaft
ist rund und mit Laubwerk
verziert. Am Knauf abwech.selnd
Christusköpfe und Rauten, auf
diesen in hellblauem Email der
Name il)Cfo(')^ Am Fuss als
Signaculum ein plastischer Cruci-
fi.xus; ihm gegenüber die In-
schrift; beiic • Urlft I l^ort •
ta • j.icop crafes • liicficr
iOe. Unten: W. 33 L. Werk-
zeichen weder am Kelch noch
an der Patcnc.
St. Georg.
Die Almissen oder Eleeomosynen des Jakob Kras werden am 25. Januar
1419 begründet. Ob die am 29. Septemb.ar 1449 erwähnte Vikarei dieselbe
Stiftung ist, lässt sich nicht ersehen, .Am 3. Mai 1406 wird Jakob K^is in
einem Testament bedacht. Vgl. Ungednickte Urkunden im Grossh. .Archiv.
3. Desgl., auf sechspassigem Fuss mit von Vierpässen durchbrochenem
Rande. Auf den Rauten des mit eingraviertem Maasswerk verzierten Knaufes
Google
112
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
der Name jljaO)fb^. Der Name lljcfb^ ein zweites Mal oberhalb des Knaufes
am sechsseitigen Schaft, unterlialb des Knaufes der Name llliiria. Am^Fuss
ein plastischer Crucifixiis, dazu in zwei Absätzen die Inschrift: DISSEN X
R OELCK ANNO X 1559 X LETEN X REIMER X KRVSE X VND X IOC')IM X
SWARTE X KOP || VOR X NIEREN X DEN X DE X NAMHAFTIG X IVNCK-
FROW X ARMEGART X PLOVKOV X HEFT X DER X KERKEN X SINT X
lORGEN X t'D.E.G.G. (in de crc gadcs gegevcn). Kelch und Patene
ohne Werkzeichen.
Der Kelch ist, wie auch die Inschrift zeigt, schon lange vor 1559 an-
gefertigt. Der Numc Plovkow wird wohl l'hiskow hvissen sollen.
K«lcli Nr. I. Ketcl) Nr. 3.
4. Desgl., auf scch.scckigcm Fuss mit aufrecht stehendem, von einer
stilisierten I.aubkante durchbrochenen Rande, der ausscrdeni auf den Kcken
mit vorstehenden kleinen Cylindern versehen ist; von hervorragender Schönheit.
Auf den Rauten des Knaufes der Name iljt|'Up in blauem Kmail, und zwischen
ihnen, viereckig eingefa.sst, das Hild des hl. Georg als Ritter zu Fuss in durch-
brochener Arbeit. Statt des sonst üblichen Maasswerks findet man auf den
übrigen Theilen des Knaufes Krucifi.xgruppen (mit Johannes und Maria) als
Zierrathe verwendet, auch diese durchbrochen gearbeitet. Dem Knauf entspricht
die reiche Gestaltung des .sech.sseiligen l'"usscs. Auf jeder seiner sechs zum
Schafte hin aufsteigenden Flachen ein Tlättchen mit blassblaueni Schmelz, aus
dem sich unter einem wimpergartig gestalteten Baldachin ein schöner Figuren-
Google
ST, JCRCFA-KIRCHF- zu WISMAR.
schmuck erhebt. Neben dem Criicifixus mit Johannes und Maria auf einer
dieser Flächen erkennt man auf den anderen fünf die Gestalten von St. Martin,
St. I^li.sabeth, St. An.sverus (Gestalt eines Abtes mit Steinen), St. (ieorfj und
St. Katharina. Als weiterer Schmuck kommen auf den Kanten, welche diese
.sechs Flächen trennen, kleine abwärts j^'ekehrte I-öwcn mit langgestreckten
Schwänzen hinzu. Die Cupa zeigt die neben.stehcnden Werk-
zeichen des Goldschmiedes Andreas Reimers. In der Patene
die eingravierte Darstellung des Abendmahls. .Sie hat <lic-
.selben Werkzeichen wie der Kelch. Unten: No. 2. W. 70 L. 3 Q. Das alte
Gewicht: ütt iiiarft i lot iiihi.
Piit«nc zum Kelch N'r. 4.
5. Dosgl , gross und von hervorragemler .Arbeit, ebenfalls auf sechs-
eckigem Fuss mit aufrechtstehendem Kande, der eben.so wie die vorgesetzten
sechs kleinen Cylinder einen durchbrochen behandelten Rautenschmuck mit
Vierblattkreuzen aufweist und auf seinen oberen .sechs Flächen, gleich dem
vorigen Kelch, einen reichen I'iguren.schnuick in gothischer Spitzbogen-
Umrahmung «luf farbigem lünail enthält: nämlich neben der Kreuzesgruppe,
dem Signaculum, die zwölf Apostel in (iruppen zu je zweien oder dreien
(3 -f 2 -|- 2 2 -|- 3). Zw ischen der Kreuzesgnippc und der links folgenden
114
AMTSGERICHTSBBZIRK WISMAR.
Apostelfjruppc die beiden Wappcnschildc der Stifter. Von ihnen zeigt der
heraldisch rechts angebrachte drei j^oldene Rosen in Silber, der heraldisch
links liegende in schwarzem Felde einen silbernen Querbalken mit einem
waduenden goldenen Löwen, der von tvni goldenen Sternen begleitet wird.
Diesem Wappenschmuck entspricht auf der entgegengesetzten Seite dn hell-
blauer Schild mit der Gestalt des heiligen Ritters Georg zu rferde; der
Drache neben ihm hat grün emaillierten (irund. Ausserdem eine plattdeutsche
und zwei lateinische Inschriften. Die lateinische lautet: LIBERALITATEX
PATRONORVM X DNI X FRANCISCI X A X STITEN X ET X SPECKÜ X
FRVERE X POSTERITAS • ANNO X DN X M X D X LXXVIII >) X. Nun folgt
die niederdeutsche Inschrift: VNDE X WE8 X DE X KEtXK X WECHT X
BAVEN X XLVill X LODT X DAT X HEFT X HER X REIMER X KRV8E X
VAN X WeOEN X DES X GADESHVSES X SANCTE X GEORGEN X DAR X
THO X GEDAN . . Auf der Unterseite des Fiis^es die zweite lateini.sche
Inschrift: M X HINRICO X MIDDENDORPIO X PASTORE X ET X MX HEN-
RICO X RVGIO X AEDIS X GEORGIANAE X MI X NISTRO X ARAE X IBI-
DEM X HIC X CALIX X DEDICA X TVS X C0NSECRATV8QVE X EST X ■
Dem Schmuck des Fusses entspricht der des Knaufes, welcher ähnlich gestaltet
ist wie der des vorhin beschriebenen Kelches, nur sind statt der Gestalten
des Ritters geflügelte Engel und statt der Cruci6xe Rosetten mit Fischblasen-
muster gewählt worden. Zu beachten ist ferner die Ausbildung der Annuli
oder Ringe oberhalb und unterhalb des Knaufes, zu denen der Schaft sechs-
seitig vom Fuss her emporsteigt. Die Cupa trägt gleich der des vorhin auf-
geführten Kdches die Werioddien des Goldschmiedes AndrtM Reimers, ebenso
auch die zugdiörige Patene, in deren Boden, ganz ebenso wie in der des
vorigen Kelches, das Abendmahl eingraviert ist.
6. Desgl., mit scclaspas.sigem Fuss und sechsseitigem Schaft. Am
Knauf der Name IHE8V8. Auf der Unterseite des Fusses die Inschrift:
GABRIEL SCHRÖDER VND SEIN FRAV ILSEDE SCHRÖDERS AO 1646. Am Fuss
des Kelches die nebenstehenden Werkzeichen des Wismarschen
Goldschmiedes Balzer Cato. Die Patene ist ohne Zeichen.
Auf der Unterseite des F'usses: W. 31j L.
Balzer Cato lebte 40 Jahre später und «chhig daher möglicherweise bei
einer Umänderung oder Reparatur seinen Stempel ein.
7. Desj^l., auf sechscckij^em l'uss, dessen auficchtstehcndcr Rand von
Rauten mit offenen Vierblättern durciibioclu-n ist, I )as Sig^naculuni ist ein
plastisclu r Christus auf einL;ra\ ierleni Kreuz. Die Kotuli des Knaufes sind mit
stilisierten i\.o.sen verziert, ebenso die .■'\nnuli über und unter ihm. Auf der
Siiten und Speck »ind zwei Rath&ramilicn. Vgl, Crutl, Kathsliilie der Stadt Wismar,
kegi'ter. Um 1550 findet sich hii der Kapelle des Speck in St. Nikciiai die Ang.ihe: .et noi.i
pio d. Fraiicifco Stitent cujus beneticium». Francilcus v. Stilen!, j u. lic, aus WUmar, »asä von
1564 bil 1590 im I.Ubjckcr Kaik.
Digitized by Google
ST. JÜRGEN-KlkCHK ZU WISNfAR. II5
Unterseite des Fusses die Inschrift: aUgZUftf^p beiicbictll^; ausser-
dem das nebenstehende eingeritzte Stifter- oder auch Meisterzeichen.
Im Uebrigen sind Kelch und I'atcne ohne Werkzeichen Mit illiguS'tC
ist wihrscheinhch aoilll^ Ijif gemeint.
8. Desgl., aber nicht von vergoldetem Silber, sondern von vergoldetem
Kupfer. Fuss sech.seckig, Schaft sechs.seitig, die Rotuli des Knaufes glatt.
Auf dem Fuss als Signaculuni ein plastischer Crucifi.NUs mit Johannes und
Maria. Ohne Patenc.
9. Silbervergoldeler Schöpflöftel aus der Zeit des Harockstils. Der
mit zwei Köpfen in Medaillon-Finfassung (einem dornengekrönten Christuskopf
und einem andern Manneshaupt) verzierte Stiel endigt mit der plastischen
Figur eines Mannes, tler sich auf .sein Schwert stützt. Iis ist der Apostel
Paulus. Aufschrift auf dem Stiel: ST. PAULUS. Das Meisterzeichen ähnelt
einem Greif Hin Geschenk des Rechtsanwalts THORMANN an die Kirche.
10. Xoch ein Schöpflöfiel, silbervergoldet. Ohne Zeichen.
11. Silberne Deckelkanne in Cylinderform. l-'uss und Deckel sind mit
getriebenem HIatt- unti HlunK-nwcrk verziert, der Mantel des Cylinders dagegen
AMTSGERICHTSB£Z11UC WISMAR.
zeigt in Gravierarbeit den Gekreuzigten mit den Figuren des Johannes und
der Mar», darüber und ckmmtw Laub- und Banddwerk im Stil der Reitaisaance.
Auf der Unterseite ist St. Jürgen als Reiter eingraviert Auf dem Deckel die
Inschrift: IM • lAHR • MDCXXIV • IST • DIESE • KANNE • ZV • GOTTES |
EHREN • GEMACHT . DA . INSPECTOR • GEWESEN . D . MICHAEL . FVCH-
SIVS . BVRG . VND . M . lOACHIMVS . BANSOVIVS . PASTOR • AVCH . HEIN-
RICVS . DINGRAVIVS DIACON | VS. Unten am Mantel in modernen Buch-
staben die Inschrift: SEINT . VORWESER • GEWESEN . H . IVRQEN x GAM-
MEUCARN NICOLAVS i OODE • MARTEN i 8CHEPEL • lOCHIM i LE8TE-
BERO • WOZV • DIE • FLEI8CHAWER LXXXII • LOT VEREHRET • HABEN.
Erneuerte alte Inschrift. Kreiu oben neu. Mdsteneidien fehlen.
12. Ob]atenp)rxi8 in Kastenform. Die Mitte des Deckels ist nach Art
eines halbierten Cylinders erhöht. Inschrift: DIESE . LADE . HABEN ETLICHE.
CHRISTLICHE . LEV | TE . GOTT . WOL BEKANT . IHM . ZV . EHREN . VND .
DEM . ALTAR . ZVM . ZIRATH . MA : CHEN . LASSEN . ANNO . 1625. j — ^
WIGET 24 LOTT J Q. Datiert mit 1625. Nebenstehendes Mci.stcr- (Gi^
zeichen (Conrad Wlllera). ^^-v-^
13. Desgl., aber rund und ganz gleich der oben S. 64 unter 7. be-
sduiebenen Dose von St Marien. C«A*V«8« 1517.
14. Desgl., rund. Auf dem Deckel der Crudfixus,
auf der Unterseite des Fusses das Agnus Dei, beide ein-
graviert. Gegeben 1699 von DOROTHEA DITZE 1S09.
Stempel des Baltzar Cato (s. o ).
15. Kleines glattes Kännchen. Auf der
Unterseite der nebenstehende Stempel (Friedrich
Wilhelm Emmerich). Oben auf dem Deckel eine
Fahne und die Angabe: 17 J L.
Ueber das Silber von St. Jürgen vgl. Crull, Das
Amt der Goldschmiede zu Wismar, S. 41 — ^43. Auf
S. 51 und 53 die Namen der VVismar'schen Gold-
schmiede von 1288 bis 1793.
Wie bei St. Ilifarien, so berichten auch bei St. Jürgen
schon die alteren Urkunden gelegentlich von Stiftungen
in Silber und Gold. Am 6. December 1340 schenkte
z. 6. Hinricus de Molne in seinem Testament einen Kelch
für St. Jürgen,') desgleichen am 12 l ebniar T421*) der
Rektor der Pfarrkirche zu Garz, Johannes Clet/eke, für
die von ihm in St. Jürgen zu Wismar begründete N'ikarci,
ausser einem Superpeliidum (b.o. S. ioi) einen vergoldeten
Kel( h. Am ,^0. März 1428 vermacht der Vikar Konrad
Sadcnbckc ein Monilc deauratum; am 4. Mai 1450 der
Vikar Nilcolaus Krage su seiner Vilcarei drei omati» und
einen vergoldeten Kelch; am l. September 1464 Magister
■) M. U..B. 60S6.
^ Techen, Ungedr. Utk. im Gratdi. Afdiiv ca Schwerin.
SehSpfUHfel Nr. 9.
Digitized by Google
ST. J0RGEN>KIRCHE ZÜ WISMAR.
117
Konrad Böddekcr fdtr Bnider des Bischofs) zu seinem Altar ein goldenes
Kreuz, in dem ein Stiu k Holz vom hl. Kreuz verborgen war; 1447 besass
die Kirche an Kciii|iiicn: caput unttin integnim XI milium virginum cum
reliquiis inclusis in c;i|)itc Orsule Katherine Barbare et Dorothee. similiter
Caput X milium niililum integrum, in t\un sunt incluse reliquit- Petri et Pauli
Johannis Babtiste Steffani et .Mauricii. in .summo altari sunt rcliquie sancte
Anne sancte Elyzabeth sancti Georgii sancte Katherine et de ligno cnicis
cum quo datur pax et multe alie quarum noininn nnn hahentur. Eine am
7. August 1530 ausgeführte Inventaraufnahme zu ät. Jürgen ergab als
Eigenthum der Kirche vier Kelche mit Patenen, vier Appellen (Ampullae
(;efa'^'^e für Wein und Wasser), sechs Monstranzen, ein Räurherfass, ein
Weihrauchbecken, vier Pacifikalien (Kusstäfelchen), fünf Knjcifixe, ein Viati-
kum (Gefliss för das hl. Oel), acht Bilder von Heiligen, ein Haupt der
xehntausend Rit cr und viele k'eine Gegenstände, anscheinend Opfergaben
und Weihgesrhenkc, ferner als Kigenthum von Vikarcicn tlcr Kirche nicht
weniger als dreissig Kelche mit Patenen, sechs PaciAkalien, sechs Kreuze
und sedtt Monstranzen, während noch zwölf Kelche bei Patronatsinhabem
vorhanden waren. Aber aiuh in St. Jurj^'cn j,'inK es zur Zeit der Refor-
mation und später mit dem Üold und Silber ganz ebenso wie bei
St. Marien (s. o.. S. 65). Am 7. März 1555 wttrdea aus St. Jürgen an
Gewicht .^o Mark 13 Loth Silbers verkauft, gleich darauf im Herbst zum
zweiten Mal 40 Mark 27 Ldtli Am 14 Scptrmber 1581 verkaufte man an
die Goldschmiede .Andreas Reimers und Hein Jost 122 Mark 11 Loth
3 Quentchen vergoldeten und weissen Silbers fUr 1583 Mark 7 Schill,
und 495 Mark 7 S( hü! 6 Pf, später noch eimn;il eine kleinere Quantität
für 131 Mark 5 Üchill. Vgl. Crull, Amt der Goldschmiede, S. a8 und 33.
j6. Eine aus dem Heiligengeist-Stift hergegebene Deckelkanne mit
Griff und drei kuj^clartifjen I'iissen, die als aulbrechende Granatapfel geformt
.sind. .Auf dem Deckel ein eingravierter Hlumen- und Hlättcrrand im Barockstil.
Inschrift: DOROTHEA DITZEN HAT ZV GOTTES EHRE DIESE KANNE IN | DER
H c; GEIST : K : AUF DEM ALTAR [ VEREHRT WISMAR Dt 22 OCTOBER 1 1692.
Meisterzeichen (h][A) zweimal.
17 -20. Kronleuchter. St. Jürgen besitzt drei scctizdmarmige (2 x 8)
Kronleuchter. Die Arme des im Chor hängenden Leuchters enden in der
Form von Hundeköpfen; als Bekrönung dient die schwere Doppelbüstc eines
bärtigen Mannes, der Hand und Arm wie lehrend erhebt. — Ucbcr dem
zweiten, dessen Anne zu Adlerköpfen gestaltet sind und den ein Adler be-
krönt, ist als Rest eines älteren mittdalterlichen Kronleuchters ein in harten
Formen gegossener und ciselierter Cniciüxus angebracht — Der dritte, welcher
dem Thurm zugewandt ist, ist der reich-ste; er ist zwischen seinen Armen
mit posauncnblasenden I-'ni^eln aust^estattct und tratet die Inschrift: DIESE
KRÖN GOT ZV EHREN DIESER KIRCHEN ZVM ZIRAT ANNA SETTEGASTN
HANS BROCKMANS WITWE VND IHRE KINDER VEREHRET HAT 1649 DEN
30 SEPTEMBER. — Seit einigen Jahren ist ab Geschenk der ERBEN DAVID
THORMANNS hinter dem Hodialtar der frQhere Amtsleuchter der Zimmerleute
aufgehängt. Er ist sechsarmig. Seine Inschrift lautet: ANNO 1608 18 DI88E
Digitized by Goo'^K
I I8
AMISÜKRICIITSUKZIRK WISMAR.
KRONE VMMEGATEN . OLDERMAN CORT HOVIER, BISITTER | BOflCHART VAN
OER LVTHE lACOB HARBRECH MARTEN SCHOMAKER THO | SEG.G.ER*
Die Inschrift auf dem oberhalb der Krone angebrachten Schilde ist von unten
nicht lesbar.
21 — 39. Wandleuchter. Au.sser dem in der Sakristei aufgehängten
Wandleuchter, dem ein getriebener gebuckelter Blaker beigegeben ist, besitzt
die Kirche achtzehn Wanclarme von Messing, grössere und kleinere, von denen
mehrere nach gleichem oder doch
sehr ähnlichem Modell gearbeitet
sind. Der hlteste ist hinter dem
Chor angebracht und trägt einen
Schild (zwei gekreuzte Wollbogen,
1581, G P, I G K,') DES AMPTES
LVCHTER), ein anderer zeigt die
Zeichen der Böttcher, Zirkel und
Tonne, und die Jahre.szahl 1616;
ein dritter gehört nach Inschrift und
Emblemen, Wecken, Hörnchen und
Kringeln, dem Amte der Bäcker und
Tlitlrklupfer.
Kronleuchter.
.stammt von 1696; ein vierter trägt den Xamen und die Hausmarke von
HANS SCHOMAKER; ein fünfter ist 1706 von JOHANN WILHELM LENTZ und
ANNA CATHARINA MEINEKEN gestiftet; ein sechster mit der Abbildung von
D. h. Cü-org Pelers, Jucliim (jammclkcm, vgl. 'l'echen, M. Jahrb. I.VIll, .S. 34, Anmkg.
Google
ST. jt*RGEN- KIRCHE ZU WISMAR.
119
Schuhniachcrfjeräth 1759 von MARTIEN HERRMANN PEITZNEII. Ein Wand-
leuchter mit zwei Armen (von der Kanzel?) jetzt im Museum zu Wismar.
40. Thflrkloprer. An der Sakristeitfaiir ein Thürklopfer in Form
eines durchbrochen gegossenen Vierpasses mit einem Löwenkopf.
41, 42. St. Jürgen ist
die eituigc Kirche in Wis-
mar, von der sich zwei mit
telalterliche Siegd erhalten
haben, das runde Kirchen-
siegel mit der Gestalt des hl.
Drachentödters und dvr Um-
schrift ^f0' fancti flforijii
taci^ • ') und das spitzuvale
des Plebanus oder Rektors
der Kirche mit der Figur der
hl. Elisabeth und der Um-
schrift S' PIjHHUWI <
mi ■ ('(ntiiKii . lu <
WVSiUÄHlA.»)
') An Urkunden von» 24. Septagnber 1443 und l. MSn 1477. Das ( in georgii iieht tuH
wie ein f) aus.
*) An einer L'ckunde vum 39. Januar I356_\M. U.-Ii. 819a).
Von der Kuuel u St. JOtgen,
Digitized by Google
AMTSG E R ICI rrSD F.Z 1 RK W ISM AR.
St. Nikolai -Kirche.
Die St. Nikolai -Kirche.
|aubeschreibung. Als dritte grosse Kathcdralkirchc der Stadt tritt uns
St. Nikolai entgegen. Sie ist eine der mächtigsten Backstein -Kirchen
des Ostseegebietes und gehört mit Ihrem bis 1 29 Fuss oder 37 Meter
emporsteigenden Mittelschiff, das gut dopiwlt so hoch ist wie die Seitenschiffe,
überhaupt mit zu den höch-
sten Kirchen in Deutschland.
Wie von Kiesen Tür Kiesen
gebaut« : hat irgend Jemand
einmal gesagt. In ihrer drei-
schiffigen Anlage mit Ka-
pellenkranz um den aus dem
Achteck konstruierten Chor
unti mit ihren nicht von
Anfang an in den Plan mit
aufgenommenen beiden
Hallen, von denen die eine
der Südseite und die andere
der Nordseite vorgelegt ist,
erscheint die Kirche, was sie
thatsachlich ist, als eine Kopie
von St. Marien; in ihren
gleichmässig angelegten
Scitenkapellen aber erinnert
sie an den zur selben Zeit
mit ihr geforderten stolzen
Hau der Kreuz -Kirche von
St. Jürgen. Wie bei die.ser,
Choruntgaiig. SO überheben uns auch bei
Beschrei-
bung des
Baues.
Google
122
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
St. Nikolai der Haniann'sche Grundriss und die Francke'schen Liciitdriickblättcr
des Eingehens auf alle Einzelheiten, sodass nur auf Weniges aufmerksam ge-
macht zu werden braucht.
- Wie am Thurm von St Marien, so finden wir auch bei dem von
St Nikolai <fie Anwendung von grossen Kalksteinquadem auf den Kanten.
Die im Kern achtseitig gebildeten heiler der Kirche steigen von einem Sockel
auf, dessen Sims mit glasierten Steinen fjcschmückt ist. Mit ihren zur Hälfte
durch Stabbi!dun<,'cn t:efj;licdcrten , ^ur Halflc mit breiter todtcr Mache dem
Auge sich darbietenden acht Seiten kennzeichnen sie sich als Erzeugnisse be-
ginnender Spätgothik, gewähren aber dennoch von viden Punkten <ter Kirche
aus eine Falle malerisdier Bilder.') Nicht ohne Interesse sind die vielfach
wahrzunehmenden Stempel der Formziegel, wie das Vierblatt, das Kleeblatt,
ein runder fächerförmiger und ein hausmarkenartiger Stempel, welche in Ver-
bindinig mit den sonst vorhandenen Nachrichten über den Kirchenbau gewisse
Fingerzeige geben. ^) In den Kapitell - I' riesen der Pfeiler fallt es auf, dass
neben gleicharmigen liegenden Kreuzen, welche den Hauptschmuck bUden,
zahlrdche Wappenschilde verschiedenster Art zur Verwendung gelangt sind.^
Die Entwickelung an Diensten beschränkt sich im HodischiiT wie in
den Sdtenadiiflen und an den Kapdlaii^^eni auf ein verfaaltnissBiäas^ dfinnes,
grösstentheils dreigliedriges Stabweik» das, mag es immerhin die Pfeiler und
Wände vortheilhaft beleben, im (»an/en doch, der bekannten glänzenden Ent-
wickelung dieser Banglieder in der Hocligt itliik gegenüber, als Minderung eines
sonst sehr wirksamen Schmuckes anzusehen ist. Die aus Kalkguss hergestellten
Kapitdle dieser Dienste zeigen theils Köpfe, theils Blattwerk, sind, aber viel-
fach auch nur sdiUchte Polygone. Als schlanke, von oben bis unten bunt
bemalte Pfeiler besonderer Art treten uns gerade wie in St Marien die ^^ittel-
pfeiler beider I lallen entgegen. Ihre Dekoration wird von verschieden gefärbten
Zickzackbändern «jder von rothem und grünem Laubwerk, das sich, ein sehr
beliebtes Motiv der Gothik, um einen Stab herumwindet, beherrscht. Braunroth
bemalte dünne Stabbündcl beleben die acht Kanten dieser Pfeiler, und ein
ganz oben horizontal dazwischen gesetzter schwan^lasierter Stab bildet unter-
halb des Kämpfergliedes den Abschluss dieser Dekoration.
Die Laibungen der Arkadenbögen sind ähnlich g^liedert wie die ihnen
entsprechenden schrägen Pfeilerseiten, stimmen aber nicht immer ganz genau
überein. Der Arkadenfries ist mit Laubwerk bemalt, doch .stammt er wie
die Dekoration des Hochschiffes vom Jahre 18^7. Sehr hübsch und an-
sprechend ist in den Kapellen des Umgangs ein unterhalb der I-ensterbänke
entlang geführter, aus glasierten Steinen in durchbrochener Arbeit hergestellter
') Vielleicht sind sie theilweU«, wie ein vor mehreren Decennien gcburstencr I'teiler, der
vorletzte im Chor anf der Nordaeite, gezeigt hat, im Inncm nicht gldchnlssig genug aiugemanert.
Deshalb mögen <ic auch enger an einander gerUckt sein als die in St. Marien, wi« denn anch 3ii«
Arludcn an Spannweite hinter ck-iu-ii in (lit«er Kirche lurtlckstehen.
Vgl. Cnill, M. Jahrb. XLVII, S. 59, 61. Techen, M. Jalirb. LX, S. lüi.
*) Vgl. Cntl, 1. c, S. 109. Avdi ebendort, Tafel I, 1.
Üiymzeo by Google
S>. Niki.ihii, liiiKTL-^ Kiil ilciu lilick auf den AlMr
Digitized by Google
ST. MKOI,AI-KIRCI[E ZU WISMAR.
Fries, der aus Dreiblättern in zwei Reihen iiber einander gebildet wird. Auf
der bei der Restauration der Kirche im Jahre 1880/81, soviel es die Mittel
erlaubten, wieder hergestellten Schranke zwischen Chor und Gemeinderaum,
die sammt dem 1470 errichteten vergoldeten Tnumphkreuz und dem kleinen
Giebel (kr »Uil liehen Halle
Altar durch den Thurmsturz am 8. Ücccmber 1703 (s. u.) vernichtet worden
war, steht jetzt ein gutes Triumphkreuz, das sammt den beiden Figuren des
Johannes und der Maria der Kirche des Schwarzen Klosters entnommen ist.')
Was sonst noch von Schranken um den Chor erhalten ist, stimmt im Ganzen
in seinen Resten mit den ziemlich gleichzeitigen Schranken von St. Marien
und St. Jürgen überein. Die bei dem erwähnten Thurmsturz durchbrochenen
0 Vgl. CruU, M Jahrb. XLVII, S. 64.
Digitized by Google
124
AMTSGKRICHTSHKZIRK WISMAR.
Gewölbe des HochschiflTes sind erst im Jahre 1867 wieder erneuert worden.
Die Bemalung der Rippen der Abseiten Gewölbe mit Roth, Grün und Schwarz
entspricht der ursprünglich gegebenen RcniaUing. Unter den Fen.stern, an deren
Pfosten man zum Theil noch Nascnbildung bemerkt, überwiegen an Zahl die
drcitheiligcn. Die Anlage mehr als drcithciligcr Fenster gewahrt man unten
im Thurm und in den beiden 1 lallen der Nord- und Südseite. Wie die Ab-
bildungen zeigen, ist am Aeu.ssern der Kirche mit dem sonst üblichen Schmuck
von Friesen sehr gespart worden. Ausscrortlentlich reich belebt er.-^cheint
dagegen der Giebel der südlichen Halle, nur gewahrt man auch hier an dem
beim ersten Anblick sehr überraschenden reichen l'igurenschmuck recht bald
den nüchternen Charakter der Spatgothik, die sich darin ofTenbart, dass die
Figuren des hl. Niko-
l.ius und der Mal
donna immerfort '
wiederholt werden.
In den horizontalen
Bändern zwischen
ihnen erscheinen
Löwe, Drache und
Menschenkopf ganz
ebenso wie im Ziegel-
schmuck von St.
Jürgen und wie sie
auch an dem jetzt
abgebrochenen Brau-
hause des Burg-
klosters zu Lübeck
sich fanden. Von
schöner Wirkung Fortalbogcn.
aber ist ohne Frage
die grosse Rosette in der Spitze des Giebels. Für die entsprechende nörd-
liche Halle dagegen sind zwei von achteckigen fialenartigen Pfeilern flankierte,
mit einem entsprechenden Aufsatz bekrönte und mit Krabben besetzte ein-
fachere Giebel beliebt worden, die mit schlichtem Blendenschmuck belebt sind.
Bemerkenswerth sind die Krönungen der östlichen Seitenfassaden der beiden
Hallen — auf der we.stl.chen Seite werden solche gewiss ebenfalls angebracht
gewesen sein — durch Bogcnstcllungen, unter denen das Dach durchschiesst.
An der südlichen Halle erheben sich auf ihnen kleine ornamentierte Giebel
und Fialen, an der nördlichen Halle aber sind die Bogen flach abgedeckt.')
V'on den sieben Portalen der Kirche verdienen die der Süd.seite, besonders d;is
im Westen und das in der I lalle, die grössere Beachtung. I-'.in Band von
Drachen und Panthern, abwechselnd auf gelben und dunkeln Steinen (nicht
'} Vgl. E&scnwein, Norddculiclilaiids BaLkaU-inbau, Tal. .WVII.
d by Google
ST. NIKOLAI KIRCHE ZU WISMAR.
125
ZU verwechseln mit den nach Art von Hochreliefs stark ausladenden Form-
ziegeln am Giebel der Halle und denen am Querschiff von St. Jürgen) umzieht
als schmückende Kinfassung in Flachrelief die Ik»genlaibung dieser beiden
Portale. Das System ticr Strebepfeiler und Strebebögen (Rebogen) ist, wie
St. NiVoLii-Kirclie.
es fiir den riesigen Hau notln^cndig war, in glcichniässigcr Weise durch-
gefiihrt. Hcsontlcrs s(»ringcii dit- grossen Pfeiler der Westfassade in die Augen,
noch mehr aber die straff aufsteigenden Strebepfeiler des malerischen Chor-
umganges auf dem O.stende der Kirche.
Ein massiger viereckiger Thurm von zwei durch einen l-'ries getrennten
Geschossen mit sich anlehnenden Ilalbgiebcln der Thurmkapcllen, deren Dächer
DIgitized by Google
136
AMTSGEiaCirrSBBZIRK WISMAR.
aus Schönheits{;nindcn ebenso wie bei St. Marien und St. Jürgen die l'ultdacher
der Seitenschiffe um ein nicht unbeträchtliches Maass überragen, deckt die
ganze westliche ^itsdte der Kirche. Von seinen vier Schildgiebeln sind nur
noch zwei, der südliche und der nördliche, erhalten. Sie werden von glasierten
Ziegelstreifen in rautenförmiger Anordnung sowie von Rosetten belebt, die
auf die oberen und unteren Schnittpunkte dieser Rauten pclcgt sind. Der
westliche Schildgiebel i.st gleich dem ö.stlichen am 8. Uecember 1703 dem
stürzenden Melm in die Tiefe gefolgt. Oberhalb der obersten Lichtöffnungen
auf der Südseite des Thurmes ist eine Kapsel eingesetzt Im Innern des
Thunnes finden sich viele Bau-Inschriften auf Zi^lsteinen aus den Jahren
1485 und 1487, in denen, ausser den beiden Heiligen St Michael und St
Katharina, Dominus Johannes Winter als Priester, Dominus Michael Hloedorn
als Dekan (Kaplan von St Marien), die Rathmannen V'icke Sasse, Nikolaus
Hurmeistcr, Hermann Hagedorn, Jacob Questin und Hans Schröder als Provi-
soren, Joliann Oehlcnschlägcr als Gluckenläutcr und Hans Mertens als .Maurer-
meister genannt werden und femer das Jahr 1487 als das Jahr der Thurm-
errichtung, d. h. des betr. Stockwerks bezdchnet wird :
bon • taatt • tcffe •
tonie • ol^embcet
Vgl. Crull, M. Jahrb. XLVII, S. 88 ff. und XLVIII, S 342 ff.
Auf dem Ostende des Hochschiffes ein Dachreiter, der sog. Seiger-
thurm, der ums Jahr 1890 erneuert ist.')
Ab inrq^ärer Ausbau erscheint auf der Nordseite der Kirche die
Sakristei. Jedoch lassen die Ziegelstempel (Kleeblatt) dieses Baues, welche
mit denen an den hlti rcn Theilcn der Kirche übereinstimmen, erkennen, dass
er von Anfang an im Plane lag Die Sakristei zerfallt in zwei von je zwei
Kreuzgewölben überspannte Geschosse.
Die von Dr. Fr. Cnill im M. J;ilul) III, S. 53 03 mit zahlreichen
treffenden kritischen Ikmerkunxen herausgegebene und im M. Jahrb. XLVUL,
S. 34s — 346 mit einem Nachtrag versehene Chronik des Michael Koptnann,
der in der /weiten Hälfte <les XV. Jahrhunderts als (leistli< htT .in St. Nikolai
thätig *} war und auf seinem von Dr. Fr. Techen hoch oben im 'i'hunn wieder
') Neben dem allen Thttrmclien slMid eine Pisur von Hob, die mit ihrem rechten Arm die
im Thürmchen hängende Stundcn(;lccke an.iclilu);. Sie st.-iiniute. wie ein im Kopf f^cfuiiclcncr ver-
moderter Papicrieuen vermulhen liew, auf dem vun einer Reparatur iui Jahre 1778 su lesen war,
ans dem vorigen Jahrhundert. Uebrigcns war eine loiche Figur schon im Kontrakt mit lünrik
Ncvcr vorgesehen. Oer Meri.nn &che Man aoirie die ältere Federieichnung, die oben auf S iS ab*
•;cbilik-t isi, iiinl ilio t rslL' Aliljüihiiig von 1595 (o. S. 211 zeigen j-wei Dachreiter auf dem FiXt
des llucliachilfes. Doclt g^ebt es im L'ebiigeii keine Nachricht von dem zweiten Dachreiter.
*) Nachweislich von 1470 an. Noch am Leben am 19. Juni 1509 nnd damals als Senior
der Vifcai« «einer Kirche beseichnet. Cinll, 1. c, S. 55 und $6.
9lnb • iml •
tat • Im^ii
üiymzeo by Google
Digitized by Google
ST. NIKOLAI-KIRCHE ZU WISMAR.
127
aufgefundenen Grabstein bicatflll Iii ttrlefia ffltlCti nkolai genannt wird,
giebt uns die Moj^lidikrit, fini- Ri'ihe von N'a< hri( hten über den KirchenbftU
zusanuncnzusti Hin, wie i-s xinst nur in wenigen hallen möglich ist.
Von der alten Nikolai • Kirc he, die in einer nic ht bestimmt zu datieren-
den, aber zwischen 1260 und 1272 zu setzenden l'rkunde xum ersten Mal
und in der Kol^e l)ei Stiftungen und I.e|,':itrn <les Ocfteren genannt wird,')
ist kaum noch ein Stein nachzuweisen, wenngleich sie im Neubau alle mit
einander vorhanden sein und der Unteri>au des Thurmes alt sein wird. 1381
(nicht 1386)') s{ hliessen die Vorsteher der Kirche, der Bürgermeister Johann
Darghetzowe, der Kathmann Johann von Clene und der Werkmeister Heiden-
rick von Lukow mit dem Maurermeister Hinrich von Bremen einen Vertrag
zwecks Fertigstellung di^ 1 1 -onnenen neuen Chors der Kirche.") Bereits
am 27. Mai 1403 werden t hör und Hochaltar vom Bi»^« hol" Detlef von
Ratzeburg geweiht.') 1406 tritt (joslik vuu der Kulcn als Werkmeister ein.
Er Iflsst das neue Werkhaus bauen und den Chor decken, wird aber unter
der Herrschaft des Neuen Käthes untreuer Führung angeklagt und 1414
oder 1415 seines .\mtcs entsetzt. Der Hau ruht nun lange Zeit, wahr-
M. U.>B. 906. Um 1370 wird an der tlien Kifdie febmi: M. U.-B. iao$, wo von
40000 Steinen die Rede ist. Sic wircl, wenig«.Icii» llieilweisc, mit IJIei gedeckt l;<"i>cti sein;
M. U.-B. 1209. Vom Kirchhof von St. Nikolai i«t 1278 die Rede: M. U.-U. 1456. Im zweiten
Stadtbodi itrten 1x78— ia8a wiederum ttber 40000 Steine für St. Mikobi vcmakt: H.
1476. Vemlchtiittse dir die all« Kirche: M. U.-B. ioS9. tsoi. 1539. 1603. 1908. 1950. I95s.
1991. 3055. 2143. 21(16 2258. 2259 — 2j6i. 2425. 2957. 3168, 3410. 4405 47o6ri. 5705. 5714.
5717' 59*8. 6038. 6330. 0353. 6429. 6442. 6759. 7007. 7110. 7514. 7S00. 10249. IJcsgl, am
1$. Juni 1377, 5. December 1379. 14. October 1380, 14. Angtut 1381 Q}. Ihr Negelhof wird
■333 genannt M. U. Ii. 5416; rr I.ig vor dem WaMCfthor: Crall, U. Jahrb. XLVII, S. 58;
als Werkmeister 1339 Juh. HtcktT M. l'. H. 5928.
*) V^l. Ciull, M. J.ihrb. .\LViI, S. 58 If., S. K4. Im Testament des Rathmaiinet Uult-
■ehalk Witte vom 4. Oeccnber (S. Barlmra) 1383 keimt es: celennn oampuravi unam capellam
per . . ' proviioreä eccleiii.' sjncli Nicolai in Wismcr supra armarium in novo choro con-
slruendam et cdificandam, qua bicud cum cisdem provisoribus conveui cunslructa et edificala provi-
Mcet tertaneoti mei ücneMra* vilreat et ledilia ad eaaden necaMfias et ncceuaria de mcic boai«
eomparabnnt. Vgl. UqgB^* Utk. in GfOMh. Ardiir tn Schwerin. M. Jahrb. LX. S. 181.
•) Cnill. 1. c., S. 84, Anhang A.
*) Vgl. Techen, M. Jahrb. LX, S. 179 ff. Der tiisckof weihte den Chor mit seinem Hoch-
aluw in Ehren des hl. Märtyrers Amverus, des hl. Biichoft Nikolaus, der hl. Katharina, des
Eriengeb Michael» alier Engel und der hl. Anna. Die Kopmaa'aehe Chnmfk (Cmll XLVIl,
S. 73) aennt da^jegen hundert Jahre später statt des hl. Ansvirus den hl. Bla&ius und
Hbogeht neben den Engeln auch die hl. Anna. Ls ist das wieder ein Beweis dafür, da&s der
eine oder andere Sehntspatrun mdir oder adnder fai VetfONahek kam, wie bei St Jlbgea
der hl. Martin (s. u. S. 73), and neue Heiligandiemte in den Votdeisrand traten. Vgl. Techen,
1. c, S. 182, 183.
^) Crull, 1. c, S. 60 und 84 If., Anh. Ii. Daraus, doM üunlik vun der Kulen den Chor
dedite, lehiieMt Dr. Techen, dies mUne vor der Weihe im Jahre 1403 geaehehen «ein nnd folglieh
•ei die Angabe Kopman's von seiner Dcmfiiiif; im I.ilirc 1406 falsch: M. Jahrb. LX, S. 182. Uas
schciat uns aber zu weit gegangen zu sein. Denn erstens hinderte nichts, fUr die Weihe des Chors
im Jahre 1403 eine proviMriacbe Dcckang anzunehmen, wenn sie überhaupt nftthig war; und
zweiteni ist die Angabe in der Anklageschrift »van dcmc kure dat hc hcft decken lateu' ao
allgemein, dats es nicht aussnauchen ist, ob niclit am Hude a\ich die Eiiidcckung mit Gewölben
gemeint sein künnto, wie sie im Schiff d.r Kirche c;st vic! später eintrat.
Üiyitizeü by Ljü
138
AMTSGBRICHTSBEZIRK WISMAR.
scheinlirh wcj^cn fehlender Mittel. Als al)er <lcr Werkmeister Peter Stolp,
ein früherer Grobschmied (f 1456),') eintritt und die Arbeit mit dem uns
von St. Jürgen her bekanot t|[ewordeiien Maurermeister Hermen Mttnster
wieder aufnimmt, geht es rasch vorwärts. 1434 wird d.is nurdlidic Seitvn-
schiff mit seiner Halle gebaut,') 1437 das südliche Seitenschitf und seine
Halte (likhus), jenes mit einem sa Foss tief liegendem Fundament,*) und
endlich 1439 Schiff der Kirche mit Ausschluss der Wölbung. Aber die
Weihung findet erst 1459 statt, sie wird durch den Ratzcburger Bischof
Johann Preen voll/ogen. Damach erst erfolgt die Wölbung des Hochschitfcs.
Die nächsten Jahr/.ehnte geben mit Beschaffung der inneren Ausstattung hin,
Orgel, Glocken, Triumphkreuz und [«"linte werden aufgestellt^) Von i
bis 1487 werden die oberen beiden Geschosse des Glockenthurms durch
den Maurermeister Hans Martens (Mertens) soweit hergestellt, dass er das
Gebälk für Glocken aufnehnuii kann,'') i48f) wird der Uhrthurm gebaut,*)
1508 der Helm des Glockenthurms repariert und 1568 gedeckt.^) 1534
stürzt ein Hieit des nttrdlichen Seitensdiiffes beim Thurm ein, 1544 wird
er wieder eingewölbt. Mit ihm wird auch der anscheinend ebenfalls ein-
gestürzt gewesene entsprechende Theil auf der Südseite gewölbt ") Am
8. Deccmber 1703 wirft ein heftiger Nordwests! urm den Thurm um. Er
durchschlägt die Gewölbe des HochschifFes.') Diese werden erst im Jahre
jST); gleichzeitig mit <ler Dekoration des Hochschiflfes wieder hergestellt.
1880/S1 wird die erst im vorigen Jahrhundert aufgetragene Kalktünche im
nnteren Theil'") entfernt und die alte Wandmalerei wieder heigestellt. 1890
wird ein neuer Dachreiter gebaut
') Pteler Stolps unlen al>gebildeter Grabstein bei CiuU und Techcn, M. Jahrb. LV, S. 2^6
(Nr. 233).
*) Crull, M. Jahrb. XLVII, S. 60. Jedenfalls war sie 1451 ktög, da es in einer Urkande
vom 19. November 145 1 heisst, dass der Schusteraltar t|«Mi ante jammtn dotw in stmcliua noua
gelten habe. Teeben, Ungedr. Urk. im Grossh, Archiv.
•> Vgl. die Steiiiimchrift na Fv» des sHdweuIicben WiadebteiM: Cmll. M. Jahib. XLVU.
S. 87 (Anhang C).
«) Crull, M. Jahrb. XLVII, S 60 ff. 72. 73. 74. 75.
*) Cmll, M. Jahrb. XLVil, S. 76 §. 21). Das Scherwerk fttr die Glocken zimmerte
Hinrik Never.
•) CruII, M. Jahrb. XI. VII, S. 77 23). Auch hierbei war Hiarik Never der Zinaier»
fliana. Vgl. die Uik. vum Tag nach Neujalir i486 bei Crull, 1. c, S. 87 (Anh. D).
^ Crall, M. Jahib. XLVII, S. «9 «id 83 44).
•) Crull, M. Jahrb. XLVII, S. 83 (§.46. 48. Vgl. die Inschrift am Gewölbe der südliche»
Thurmabteite : ^no • bttt • 1544 • fint • bcffe • wclftc • Vit | ba^T • wcbbcr • 0CfIarT*
warben • in • bcc I nocrber • pä • «n • btt • fubcr • ^bt : CmU, 1. c, S. 91 (Anb. f).
*) Et in das denelbe Stnna, der aniaer vielen andeien ThOniien eiKh die Nikolai-ThOfme
zu Kostork und Schwerin zu Fall bringt. Vpl. Mi-ycnn, M. Jahrb. LX, Her. S. 31. Crull,
M. Jahrb. XLVII, S. 91 (Anb. G u. H^, wo zwei zeitgenössische Berichte Uber den Thurmstoiz ab-
gedruckt «Ind.
Die TüiM In- -v^nl k.Tum hundert Jahre auf dem Mauerwerk gesessen hal>cn, denn Thomas
Nagenti Rdicn in Deutschland und vorzüglich durch Mecklenburg (bei Nikolai, Stettin und Berlin
178t und 178a) I, S. 130, nimmt im Jahre 1766 noch Anstuss daran, da» die Pfeiler nicht Über-
tüncht wann, aondera die natttrilcha lleschafTenheit der Mauenletne »eben lieaien. Nach Aaf-
Zeichnungen des Kirchenrathc« Mavsm.iun wurde die Kirche erst im Jahre 1833 ausgewcissl. Für
alle Fragen der Restauration ist der Aufsatz von Crull im M. Jahrb. XLVII, S. 94 — iio (Die
DekoiBtion da Innern der Kirche St. Nikolei ni Wiarnar) eine aneolbehrliehe Grandluce.
üiymzeo by Google
I30
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Qwndmitt and Ungswbnitt der St. NtkoIia.Kirclw.
Üiyitizeü by Ljü
ST. NiKOLAl-KiRaiB ZU WISIfAlL
Hier ;ui( h eines Werkzeichcns gedacht werden, das sich an einem
der Curtbogen des schlanken Mittelpfeüers in der südlichen Halle der Kirche
(namlicb an dem nach Norden hin vom Kämpfer des Pfeilers
her aufsteigendt 11 I < fu. lct. Es ist aber raQ^kb, dass man es bei
der Restauration der Kirche nicht ganz genau wieder so hergestellt
hat, wie es ursprünglich war. Vielleiclit ist es das Zeichen des
Poliers, unter dessen Aufsicht der schlanke Mittelpfeiler emporstieg.
Bezüglich des Mauerverl)andes (s. o. S. 76, Anmkg. i) macht man an
St. Nikolai die Wahrnehmung, dass die von Hinrich von Bremen und Her-
mann von Monster erbauten Thdle den polnischen Verband zeigen (ein Läufer,
ein Rinder), während Hans Martens LSufer and Binder am Thurm unregel*
roässig wechseln lässt.
Schliesstich ma^ hier noch die am Fusse des südwestlichen ') Wendel-
steins der Kirche auf einer Platte von gothländischem Kalkstein angebrachte
Minuskelinsrhrilt Platz finden, die von der Errichtunj; der südlic hen Abseite
unter Peter Stolps Leitung Nachricht giebt. .Sie lautet: IUI • brr • bort •
biifej • f^ftc • bu[ent • cccc »Jar • ta «Jicinc • i }fa\di)t'
t0 • toarc tatttooBe • toffe • af^yb^« ton • trat • ßtametit • Inait •
gj^eteigt * \ tjH • toote • lieep j tm • toart • tqpgSefiiitaet • T •
brme • jmtxt • tacntc * boue • be • boren • I peter • |tol|i •
fatoc • iqpemr • |^ui* eccie • Vgi. CmU, M. Jahrb. XLVU, s. 87.
Altlra. Aliiie.
I. Der Hauptaltar von .St. Nikolai ist gleidi dem Altarbau von
St. Marien ein grosses Werk des Ikirockstils mit eint^criit^'^tcn (jcmaldcn In
der Hasis das Abendmahl, im Hauptstock die Kreuzabnahme nach Rubens
von Benjamin Block 1653, im Oberstock eine Uhrscheibe: alle drei Theilc mit
Rokoko- Ein&ssung. Als Bekrönung der Name Jehovah in einer Strahlenglorie
und darüber die aus Hobs gesdinitzte Statue des triumphierenden Giriatus
mit der Siegesfahne. Rechts und links vom Altar eine Thür, die einen
kleinen, kaum zu besonderem Zweck dienenden Raum hinter dem Altar
abschlicsst. Oberhalb jeder Thür eine Scliildzier, in der zur linken Hand da.s
Bild des Stifters, in der zur rechten .sein \\ a])pen: ye.spaltener Schild, vorne
auf grünem Feld ein Hund, hinten drei Zipfelmützen; auf dem Helm ein
wachsender Mann mit Zipfelmütze zwisdien einem Horn und Pfeil mit
drei Sternen dnersdts und einem Flügel andererseits. Den Schild umschliessen
2wci Ordensketten; auf dem Band der einen die Inschrift: AMANTIBUS
JUSTITIAM PI ET ATEM Fl DEM, auf den Gliedern der anderen russische Buch-
.staben. Aul der Ruckseite des Altars die Inschrift: ANNO 1774 IN DER
WOCHE lUDICA IST DAS ALTE ALTAR DIESER KIRCHE ABGEBROCHEN
UND DARAUF DI8 NEUE ALTAR AUS DEM CHRtSTMILDCmN VER-
MÄCHTNIS SEINER EXCELLENCE DES WEILAND HOCHWOLQEBORNEN
HERRN FRIEDERICH WILHELM VON BERCKHOLTZ*} GROSSFORSTUCH
Nicht «a FoM da nordweatlichn Weodebteim, wie inthflmUeh in M. Jafarb. XLVn,
S. 87, steht.
*) Obcrkammerherr von Bcrckholz hatte in seinem Testament 3000 Thaler dazu an-sgesetzt.
Dm Altvgemilde der Abaahme vom Kreiu hing vorauüs in St. Marien. Um es dem Altaibau
1* St. Nlltolal cinnputeiit Uu> man ei unleo und oben vetgrtiMni.
9«
Üiyitizeü by G'
'32
AMTSGKRICHTSBEZIRK WISMAR.
RUSSISCHEN UND HERZOGLICH HOLSTEINISCHEN OBER CAMER HERRN
UND DES ST. ALEXANDER NEWSKY UND ST. ANNEN ORDENS RITTERN
ERBAUET. ANNO 1775 DOM. 4 POST TRINIT. IST DIS NEUE ALTAR EIN-
GEWEIHET. ES WAREN ZU DER ZEIT PATRONUS DIESER KIRCHE DER
HERR BÜRGERMEISTER UND SYNDICUS HERR lOHANN EHRENFRIED DAHL-
MANN, DIRECTOR DIESES BAUES WAR HERR DOCTOR lOACHIM CHRI-
STOPHER UNGNADE, PREDIGER AN DIESER KIRCHE WAREN HERR MAT-
THIAS DANIEL BEHRENS PASTOR UND HERR MAGISTER CHRISTIAN HAUPT
DIACONUS, INSPECTOR BEI DEM GEBÄUDE WAR HERR RAHTS VER-
WANDTER NICOLAUS DAVID LEMBCKE UND PROUISOR AN DEM GEBÄUDE
HERR HINRICH CHRISTIAN FISCHER. HERR LAS DEINE AUGEN OFFEN
STEHEN ÜBER DIS GEBÄUDE TAG UND NACHT, DENN HIER IST DEIN NAME.
Die Weih- l'rkunde des alten Hochaltars von St. Nikolai, die am
27. Mai 1403 zugleich mit der des Chors lin honorem sancti .Answeri mar-
l'lüffcIaltAr in c.'tn«r der nördlichcti Seiienknpcllcti.
tyris Nicolai cpisropi Catherine beate virf'inis Michaelis archangeli angeloram
omnium et .Anne vidue« durch den Rischof Detlef von Parkentin vollzogen
wurde, hat Dr. Techen aus einer alten l'redigt wieder an das l-icht gezogen.
Vgl. M. Jahrb. T.X. S. 180.
2. In einer der nördlichen Seitenkapellon ein Flüj;elallar. Im Mittcl-
schrein die hl. Maria, von einer Slrahlenniandorla uni},'eben und auf einer
Mond.sichcl stehend. In ihrem Nimbus die Inschrift: SÄ N ETA HÄR>Ä
ORA PRO NOBJS D^LCETVH .... Link.s steht St. Jacobus major bar-
hhuptij^, mit Filgerstab und Muschel, rechts der Bischof Nikolaus. Alle drei
DIgitized by Google
ST. MKOI.AI- KIRCHE ZU WISMAR.
Figuren sind in späterer Zeit grau iibennalt, nur in ihren mit Laubwerk ge-
füllten Basen ist noch etuas von der alten Polychromie und Vergoldung
zu erkennen. Mehr davon in den Flügeln. In den Flügeln kleine Figuren in
zwei Reihen über einander, links oben die hl. Barbara und Johannes der
Täufer, unten die hl. Elisabeth und ein Papst (Clemens?), im Flügel rechts
oben der Fvan-
gelist Johannes
und eine ge-
krönte weibliche
Heilige, unten
der hl. Bischof
Leonhard und
eine zweite ge-
krönte weibliche
Heilige. Die
vor einigen
Jahren von dem
.Maler C. C.
Michaelsen er-
neuerten Aussen-
.Seiten zeigen
vier Scenen: die
I leimsuchung
Mariae, die Ge-
burt Christi, die
Darstellung im
Tempel , den
Ik'thlehemiti-
schen Kinder-
niord und die
Flucht nach
Aeg>ptcn. V'gl.
FlUgelaltar (Aiisscnscilcii) in einer <ler iiürdlichcn Seiienkapelleti. CVull, M. Jahrb.
XLIX, S. 42.
Münzenberger, MittclaltcrI. Altäre, S. 125. Der Schrein stammt ohne Zweifel
vom ehemaligen Schiflferaltar.
3. In der mittleren Umgangska|)elle hinter dem Hochaltar eine alte
steinerne Mensa, die in jüngster Zeit untersucht worden ist, aber keine Funde
von Reliquien und Urkunden ergeben hat.
In einem Nebenaltar fiind .sich 1795 ein schönes .iltes (Haschen mit
Keli<|uicn und einer Weihurkunde, nach deren Wortlaut der Altar den drei
•Aposteln Petrus, Paulus, Nhitthacus, dem hl. Mauritius und seinen (Genossen
sowie dem hl. .\ugustinus Kpiscopus et (. onlcssor und der Iii. Agnus gewidmet
Digitized by Google
134
AMTSGERICHTSBEZHIK WISMAR.
war. Lisch, M. Jahrb II II, S. 122; III, S. 241;; III B, S. 90. Glas,
Reliquien und Urkunde werden im Grossh. Museiun aul bewahrt: 28. Februar
>4S9. Zwei andere Wdhiukunden, deren Fundort tmbekannt ist, die eine
vom 2- N'ovcmhtr 1441, die andere vom 24. Octol)t'r 1467, giebt es im
Wismar'schen Rathsarchiv. Vgl. Techen's Sammlung ungedr. Urkunden im
(konlu Archiv tn Schwerin.
KanseL Kaucel. Die Kanzel ist gleich dem Altar ein Werk des Barockstils;
Blumenc^ewinde, Engelsköpfe und Kartuschen mit Bibelsprüchen bilden ihren
Hauptschmuck. Ueber der Kingangsthür zur Kanzcitrcppc das Bild des
Stifters mit dem Spruch aus Chronik. I, Kap. XXX, V. 17 und 18: ICH
WEISS MEIM OOTT. DASS DU DAS HERZ PROFEST, UND AUFRICHTIGKEIT
IST DIR ANGENEHM • DARUM HAB ICH DIES ALLES AUS AUFRICHTIGEM
HERZEN FREYWILLIG GEGEBEN HERR GOTT SCHICKE MEIN HERZ EWIG-
LICH ZU DIR Dazu der Zusatz: SO SPRICHT MIT DAVID lOCHIM RAHTE.
Auf den Tafeln, welche die Schrägseiten des Pfeilers verkleiden, an dem die
Kanzel befestigt ist, die Inschrift: ANNO 1703 DEN 6. DECEMBER IST DIE
VORIGE CANTZBL*) DIESES ORTS DURCH DEN HERABFALLENDEN THURM
UND GEWÖLBE RUINIRT WORDEN, DA BEVDE PREDIGER DIESER KIRCHE
VERSTORBEN WAREN. ANNO 1708 IST DURCH QOTTUCHE GNADE UND
WOLLTHÄTIGE FREYGEBIGKEIT GEGENWERTIGE NEUE CANTZEL WIEDER
AUFFGERICHTET WORDEN ALSS ALHIER DAS WORT PREDIGTEN SUPERINT.
DR. HENNING lOH. GERDES, FAST. DIESER KIRCHE M. CHRISTIAN BENJA.
OTTO. ECCLESIAST DANIEL lOACHIM MOKE.
FOnte. Fünte. Eine alte Fünte von Granit steht in einer der Seitenkapellen
auf der Nordseite^
Diese Fünte, ähnlich denen in vielen unserer T.andkinhen, gehört der
ältesten christlichen Zeit an, aber sie stammt aus Privatbesitz und ist erst
vor wenigen Jahren in die Nikolai -Kirche gelangt. Ueber die frühere durch
den Thurmstur?, von 1703 vernichtete Fünte heisst es in Michael Eopmanns
Chronik 20: Annn doniini mcccclxxxiiij jare, don wart de nigc vorguldede
funte geuen van eneme ratmanne to Lubeke. Sin nanie ys her Hrant Höge-
uelt vnde was ghebaren tor W'ismer vnde heft ok ghegeuen de besten roden
Auwels korkaiipen, vnde franie lüde, bi)rghere, de leten tlat schranf:k dar
vmme maken vmme de funte. Aus dieser Beschreibung ist nicht zu ersehen,
aus was für einem Material diese FOnte hergestellt war.
Tarif- Taufumgang. Der jetzige Taufumgang ist ein nmder Ilolzbaii im
Umgang. Barockstil, dessen oberen Theil sechs unkannelterte uinthische Säulen tragen.
Der Fries über ihnen ist mit Sprüchen bemalt, ebenso sind es die Tafeln,
welche zwischen ihren hohen laubbehangcnen Basen angebradit sind. Auf
den Verkröpfungen des Architravs, Frieses und Gesimses oberhalb der Säulen-
kapttelle finden wir sitzende Gestalten von ^pheten und Genien. Die Be-
') Die durch den Thurmsturz vernichtete frühere Kaiucl war 1592 von Markos Pe(cr»bagen
errichtet worden.
Üiymzeo by Google
Weihurkundc vom 28. Febr. I459.
Digitized by Google
ST. NIKOLAI-KIRCHE ZU WISMAR.
krönung des Ganzen bilden Blumengewinde, die volutcnartii; .uifsU iq:cii und
sich zu einer Bluflie vereinigen, unterhalb deren ein Engel schwebt, der eine
Muschel halt.
Nach Zerstörung des im Jahre 1484 (s. o. unter Fünte) errichteten Tauf-
gchäuses durch den l'hurmsturz des Jahres 1703 Hess Joh. Jürgen Vclthusun,
derselbe, der die Kanzel in St. Marien stiftete (s. o. S. 37) und sich durch
weitere Verm.uhtni'ist- um liie Stadt verdient machte, im Jahre 171«), kurz
vor seinem Ableben, das vorstehend beschriebene Taufgehäuse aufstellen.
Vgl. Schröder, Kunte Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar, S. 166.
Hans. (»esch.-Qu. II, S i 1 v 5 ^'9- Sollte vielleicht unter dem Weiss und
Schwarz, womit Kanzel und 1 auf^chäusc bedeckt sind, die sonst nicht seltene
Polychromie von Gold, Roth, Hiau und Weiss stecken, die z. B. am Stuhl
der Mandelslohc (im Museum /u Schwerin) angewendet wurde und die den
Barockstil ungleich günstiger erscheinen lässt?
Triumphkrcox. Ueber das 1 riumphkrcuz ist schon üben S. 123 be- Triumph
merkt worden, dass es dem Schwarzen Kloster entnommen worden ist. Auch kreuz,
die im Uebrigen zu dem schönen Krudfixus nicht recht passenden minder-
werthigen Figuren des Johannes und der Maria sind aus dem Schwarzen Kloster
hierher venietzt.
Von dem durch den Thunnsturz des Jahres 1703 vernichteten älteren
Triumiihkreii/ lurithtet die Kopm:inn'sche t'tironik in ji}. 14: Anno domini
mcccclxx dominica Cantatc, don wart dat nye vorguldede grote crucc ge-
settet bauen deme vromissen altare myd den apostelen vnde loueren.') Dat
stunt to h()]H- hauen hundirt vnde XXX m I>nr) was Hans Koster*) wenk-
niestere vnde was bauen wj iarc werckmesterc. Don suiuest des sundaghes
sanck her Michel Kopman van gades gnaden sine ersten missen, scriuer
des gadeshuses (s. o. S. 126).
Schranken. \'<>n den Schranken, die denen in St. Marim imd St. Jiirijcn Schranken,
sehr ähnlich sind, giebt die umstehende Aufnahme ein ausreichendes Hild.
Vor einer der Umgangskapellen eine ähnliche Schranke, die erkennen
Uisst, wie ehemals auch die Umgangskapdlen in ähnlicher Weise wie noch
heute sämmtliche Kapellen der südlichen Abseite und die westlichste auf der
Nordseite, mit Schranken versehen waren. Bei der Restauration von 1881
sind die Schranken theilweisc gleichmässig hergerichtet worden.
*) Sind die Worte «mjpd den liposiclen« ein iltlchtiger Ausdruck für die sonst zagehörigen
Figuren des hl. Johannes und dtr Ii!. M.iria, oder sind die Symbole der Apostel am Kreuze <«lbst
gemeint? Louere bedeutet, wie schon Crull, M. fshib. XLVII, S. 64, Aiimkg., richtig vcnnuthet
bat, dM Lanbwerk, womit der KreoiesaUiami, t. B. der an den beiden Trianphkrenien in St.
Milien and St. Jürgen, verziert i.st. Crull citiert dazu einen Satj aus der Tischlcrrollo vun 1508;
Nenant (ansser den Tiiciilern) . . . wball . . . naken gelymelh wcrck, aharetatclen, banghende
krtmen, tteelte nde wei dar to beboiet, louar, Uonen, puneUiiigbe, anyddewerk vnde masiei-
rigen. Bei der Dannger Uhr ist 1464 von Blumen md Lfifem die Rede: Hincb, St. Matia in
Dansig I. S. 363.
') Der N.ime wird iins unten auf einem .Stop der Zimmcrieute b^egnen. Sein Grabstein
bei Crull und Tcchen, M. Jahrb. LV, h. 254, Nr. 203. Bezeugt i»t er noch im Juhrc 1478.
136 AMTSGERlCmSHKZlRK WISMAR.
Orgel. Der Orgel-
prospckt ist ein Komposit-
Wcrk.
Er wird von Hans
Hantelmann aus Lübeck
stammen, der die Orgel
nach dem Thurmsturz
des Jahres 1703 wieder
herstellte. Die Empore
und der Seitenschmuck
rechts und links von
den Orgelpfeifen erinnern
an Bautheile der Kanzel.
Aber in der Bekrönun^
der Pfeifen wird es ältere
Theile jenes Gehäuses
gelK'n, das vor dem
Thurmsturz vorhanden
war. Eine Nachricht
aus dem Jahre 1617/19
giebt an, dass dieser
ältere Orgelbau von
Henning Kröger stamme.
Von der ältesten Orgel,
von der naturlich nichts
Digitized by v^joo^le
St. Nicolai zu Wismar. Blick aus dem Cliur iiii HchiiT Jcr Kircfu-,
Digitized by v^joo^le
ST. NIKOI.AI KIKCIIK ZU WISMAR.
«37
mehr vorhanden ist, berichtet die Kopmann'sche Chronik in S). 1 1 : Anno
domini mcccc*Ixiij, don wart dat j^rote nyge orgclwerck vullentoghen vnde
rede maket, vnde de meyster hetc her Andreas Hagclsten, prester, vnde was
van Brunswick vnde was wol dree jare dar aiier to makcnde myd sinemc
kumpane, genomet Tilc, dede dar na straff vnde ys bograucn vnder den
groten orgclen, vnde
kregen bauen twc
hundert gülden dar
vore vnde vrye kost,
(iert Sasse des en
houetman. Jüngere
Orgel - Reparaturen
gab es in den Jahren
1737 und 1862. Mit
der Reparatur von
'737. von
C. E. Engel aus-
geführt wurde, mag
der Bau der zweiten
Empore, die unter-
halb der Orgel an-
gebracht ist , in
irgend einem Zu-
sammenhange stehen.
Vgl. Crull, M. Jahrb.
XLVII, S. 64 und
74. S
Ausser der
grossen Hauptorgcl
war noch ein zweites
kleineres Werk vor-
handen. Michael
Koj)mann's Chronik
sagt darüber in |J. 15:
Anno domini
mccccixxviij, don
wart dat lutke nige
orgelwerck ghemaket,
als me na der we-
deme geit. Dat
makede de sulueste
meyster, her Andreas
vorscrcuen, vnde straflf dar auer in groter amimot vnde straff anno Ixxx epi-
phanic domini vnde ys bograuen vnder den suluesten lutken orgelen. God
gnade siner sei« etc. Clawes Hoppener prouisor. Die kleine Orgel war
wie die Worte vals me na der wedeme geit ' ergeben, im nördlichen Theil
der Kirche angebracht, gerade wie die in St. Marien, während die kleinere
Orgel von St. Jürgen in den südlichen Transsept gesetzt war. Vgl. Crull,
M. Jahrb. XLVII, S 65.
Heiligenbilder von den Schranken.
Gestühl. \'on dem alten Gestühl dos X\'. Jahrhundert.s hat sich nur (JestühK
wenig erhalten. Iis steht thcil.s hinter dem Altar, theils zwi.schen den Pfeilern
Digitized by Google
13«
AMTSOERICHTSBEZIRK WISMAR.
des mittleren Joches vom Chor und ist einfachster Art Das übrige Kirchen«
gestühl ist 1 880/81 angefertigt.
£inige Thüren und Wangen des früheren Gestühls befinden sich im
Musettm zu Wismar.
Glocken. Glocken. St. Nikolai hat gegenwärtig sieben Glocken. Von diesen
gehören drei der Zeit vor dem Thurmsturz des Jahres 1 703 an : nämlich
ausser denen, die in den beiden Dachreitern der Kirche hingen und vom
fallenden Hauptthunn nicht getroffen wurden, eine kleinere Glocke des Haupt*
Urarmes mit der goüiisdien Minuskelschrift um den Hals:
fBM • mfn • (fielt • tantfi • lieft • bteciaten • tet • ij •
oltD • male • tn tut • ifim • Mfm • Hetn • •')
Diese Glodce, an Grösse die vierte von denen im Hauptthurm, war die ein-
zige weldie unbeschäd^ blieb. Alle anderen mussten umg^ossen werden.
Mit dem Umguss wurde Thomas Riedeweg von Hannover, gebürtig aus
Wismar, betraut. Von seinen (ilockcn aber sind nur noch zwei vorhanden,
deren Inschriften hier an zwcitt-r und dritter Stelle crfolLjcn, es sind die zwcit-
grösste und die klemstc im 1 lauptthurm. Die zweitgrösstc hat drei Inschntten,
am Hals, ein lateinisches Distichon:
EXCEL« REPETO LAUDE8 CIVESQVE SALUTO,
HI8 AB ENIM NOMEN 8UM NOVA NACTA NOVUM.
Die zweite Inschrift unten im Kranz ist ein deutscher Spruch: ICH BIN AUF
GOTTES LOB VON NEWEN NUN BEDACHT, NACHDEHM DER MEISTER MICH
HAT WIEDER NEW GEMACHT | ICH GROSS DIE BÜRGERSCHAFFT UNO
WERTHE CHRISTGEMEIN, MEIN NÄHME SOL HINFORT DIE BÜRGER-
GLOKKE SEYN. Mittin im Feld die drille Insdirift Sie lautet: ANNO
MDCCV IST AUCH DIESE GLOKKE ij VON MEISTER THOMAS RIDEWEG
0BQ086EN.*)
Die kleinste der Glocken hat am Hals die Inschrill: ANNO 1705 •
M • THOMAS RIEDEWEG.
Die noch übrigen zwei Glocken des Hauptthurmes, die sog. grosse
Glocke und die Wächtei^locke, melden nichts mehr von Riedewegs Namen.*)
') Ob die Zahl fVJß =^ XXV sein »oll oder nicht, kann Niemand wissen. Mit *tur lars«
wird »Ibfluen« ganebt tehi. Sonttige Glocken des Gieasen «eisen nuf die Mittt des XVI. Jahr-
bnnderts. Vgl. oben S. 41 und Crull, Die neticn Glodten *00 St. Jür^'cn, mit Nachrichten ton
den Wismanchen Glocken ttberhaupt. Beilage zur Wisnuaebeii Zig. Nr. 57 (1859). Bacbanno,
bmdesknndt. litentar 550t.
*) Nach einem .Manuskript in der Bibliothek der Kittrr- und Landschaft (M, 847 '*) ward
(iicsc I!tir^(!ri;Iuckc S Tage vor Martini 1705 gegasten und 8 Tag^ nach Martini srnn ersten Mal
gelautet, ^Tcchcn.)
*) Mnn weiss sber, dsas Riedeweg aoeh die >gfosse« Gloeke goss, nnd man kennt die
InschfiOen, die er ihr gab. /•:.•-' i;;- ,; i^^-'i.'',
TURRE CADENTE LOCO SILUI TURBATA, SED ECCE
LAETA HAC POST RESONO JAM RESTITUTA DEO.
Üiymzeo by Google
ST. NIKOLAI- KIRCHE ZU ¥nSMAR.
139
Sie tragen den des Lübecker Gicssers Laurentius Strahlborn, der die eine im
Jahre 1727 und die andere im Jahre 173:? !^rt^< »'^scn hat, Die i:^rossc Glocke
hat im vorderen Felde die Inschrift: CONSVLE ET SYNDICO . DN. DR. CHRI-
STOFF QRÖNINQ CONSVLE ET PATRONO i, DN. HERMANNO CA8PAR0
VOtOT II SENATORS ET INSPECTORE || DN. HINRICH BRVNINOK 1| ET || PRO-
VI80RIBV8 II CARL CHRI8T0FF BVRMEISTER |1 ET || fOCHIM ERNST GLA-
SER. Im hinteren Feld: PASTORE DN. CASPARO CHRISTIANO MVLLER
ET ECCLESIASTE DN. ADAMO OTTONE ENGHARD. Ferner: SO OFT DV
MEINEN KLANG O WISSEMAR WIRST HÖREN SO DENK, ES IST NVN
ZEIT Ii DICH RECHT ZV GOTT ZV KEHREN. MICH GOSS LAVRENTZ STRAHL-
BORN IN LViEK ANNO 1732. Ucber der ersten Inschrift: ICH bIn zV GOTTES
EHR VnD nVtz Der pfarroenossen ;i VONS I(VN8TLeR8 hanD aLso
aVs harten ERTZ gegossen.') Um den Hals noch: SOLI DEO GLORIA.
Die Wächterglocke*) hat oben am Hab die Inschrift: SOLI DEO
GLORIA; im vorderen Felde die Inschrift: PATRONVS H. BVRQERMEISTER
Dann :
MICH STURTZ DER UNGLÜCKSFALL DES THURMS UND HIESS MICH SCHWEIOEN
BIS MICH DES MEISTERS HAND MACHT WIEDER EMPOHRSTEIQEN
DRUM HEB ICH AN AUFS N«» ZU PREISSEN UBCRAU
den HERREN ZEBAOTH MIT MEINEM KLANO UNO SCHALL.
Endlich:
ZU DIESSER ZEIT SIND BEI DER KIRCHEN GEWESEN PATRONUS H. BURGER-
MEISTER JOACHIMUS PARIES mSPECTOR H. CHRISTOFF VOIGT PROVISORES
JOCHIM CHRISTOPH STIEFFE JACOB BOEGH FRIEDRICH ROLAND. ANNO
DOMINI MDCCV HAT M. THOMAS RIEDEWEG VON HANNOVER AUS WISMAR
SCSOimG DIESE OLOCKE 0EQ088EN.
Die Riedeweg'flcbe Glocke wo^ 43 SV 7 LV t V. Aber sie hielt nicht hangt vor, dem
schon 17 10 verliandclle man wieder über l'mj;uss. Sie war am 5. Juli 1 705 gcgn&iCi) uiid
Michaelis desselben Jähret zum ersten Mol geläutet worden. MaiMukript der Bibliothek der Kitter-
«ad Lndidwft U 247**.
' Ihn Vorfingerin, die Blndte'scbe »Crosae« Glocke wog a7</t SV 7 LV. Sie war i6ia ge-
genen and hatte füllende Inn hrifl--ii :
WAN EVCH MEIN KLOCKENKLANCK AN DIESSEM OHRT FODERT ZU HÖHREN
GOTTES WORT SOLT IHR BILLICH ALLES LASSEN STEHEN UND FREUDIG ZUM
HAUSSE DES HERREN OEHEN i: DAMIT IN EUREN MAUERN PRSYLQOTTiS HAND
UND SEEGEN BEI EUCH SEY. — CHRISTE VENI CUM FACE. SOLI DEO OLORIA.
GERT BINCKE FECIT 1612.
Von Umguss der »grossen« Glocke giebl es noch ältere Nachrichten: 1453 war es Meister
Von, der «ie goss; nnd aidiea Jnhie apUsr, 1460, ntiate lie aslioB von neum wieder om-
gejr,>«seii wrrdcn. Es geschah iliirrh Ntri'ifi r Vtiici'nr aus Rostock. Vgl. Michael Kopmann's
Chrunik §. 10. Sie zersprang am 30. August 1610 während des Tiauergclauts lUr den Herzog
Carl von Gtütiow. Vgl. Sehrfider, Kurae Beschr., S. 34$.
*) ICIWDVDWUN.V = 1732.
*; Ucber ein VerhSitniss Riedewcg's zu dieser Glucke ist hicIun überliefert. Ahcr man
kennt ihre alte Inschrift vor 1703: CONSOLOR vivA . FLEO MORTVA . PCLLO NOCIUA. Vgl. Mcckl. K.-
a. GeKh.-Deakm. I, S. 34, 89. Mit Bezug aut das PEUO NOaUA theilt Crull, I.e., aus dem
üiyitizeü by Google
I40
AHTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
gabriel lemke : inspector h hinrich brvning i, pastor cl. cl.
mVller ecclesiast. a. o. enghart i; provisores iochim ernst
GLASER VND CARL BURMESTER; und im hinteren Feld die Figur des
hl. Nikolaus. Unten im Kranze: GLORIA IN EXCEL8I8 DEO. LAVRENTIV8
8TRAHLB0RN ME PVDIT LVBBCAE ANNO 1727.
Es kommen nun noch die beiden Glocken im Dachreiter') der Kirche,
dem sog. »Seigerdiurm«, hinzu. Die Stundenglocke hat in guten gottiischen
Minuskeln umjlen Hals die Inschrift: *f *f 4* teiC glOtiejpr bnii Cbm
pace 9xm bni matlpAtt ante feftbin pentecttftef j^elp motfa anna
amen.
Die Viertelstundeni^odce hat eine Inschrift» von der nur die drei ersten
Buchstaben klar sind, die übrigen aber ein Rätiiscl ,u:f^".bcn. das mit der
Aiinaliii:c der Beabsichtigung dnes blossen •omamcatalen äclimuckes nicht
gelöst wird: K
iSS m mb)clm ^3;ttati|iii pSCpeiiie ')
Epitaphien. Epitaphien.
1. Das Epitaph des Bärgeirmeisters Hendericw Schabbelfa» {f 30.
Schab- December 1600) und seiner Gattin Amin Dar^nn (f am Himmeirahitstage« den
belius'sches ,5 jj^^ 1596). Im Hauptfelde die Auferstehung der Todten, Gottvater in der
Epitaph. Grabern rufend. Im Aufsatz die Geburt des Heilandes
im Stall zu Retiilchem, daneben die Wappen des l",lici)aars. Im unteren Ge-
hänge dessen Bildnisse. Gute Renaissance vom Jahre 1605.')
2. (k-schnitzte \\'ai)i)en desselben F.hepaars in der T.ifelung der zweiten
Kapelle auf der Südseite der Kirche (von Osten her gerechnet).
Jabie 1570 eine Notiz mit: vQ e. geuen tln bdeicn jcgen dath weder dem klocltenliider vp
JoluumiB.
') Der 'Seiger» wird im Jahre i486 dreimal gegossen, che er luifriedigend gerieth. Vgl. M.
Jahrb. XLVll, S. 77 23)1 Anno dumini mcccctxxxvj jarc des winters, don wart de nige aeyger-
lonie ghebawet in der iceiekeii. Dat leten don de vramen, «rlUcen lade aiae her Jdian Mant,
prcster, her Jolian Hoppetiackf Iiorgermesterr, her Vicke S.T^sr, her Hermen Slilent, ratmannen,
vnde geoen deme tymmennanne Hinrik Neuer xlv m. vndc buwedc den tonie rede vnde heoghede
den Myger dar yn. Vnde de aeyger efte de klocke wart drye gkegaien, twye baten dem« LvbeKken
dorc bij siintc Jurien tcgelhauc, wand.ighcs cn kerckhoflT gheweset, so lue »echt, t»» der dmddea
njse wart sc gaten up des Mecklenborges haue, dar van de vonlendere grote Mighe hadden, dat
se drye gaten wart. Vielleicht war es der Meister Andreas Rive von Roetock, der sie goss, denn
i486 wurde der Seigertbuioi erl»nt, und 1494, October 28, empfahl Herzog Magiuis dem K»th,
der fllr St. Marien gicsscn Ias«;rn wollte, jenen, der bereits für St. Nikulaiis gute Glocken hergestellt
habe. Vgl. Crall, I. c, Glocken, S. 8, Anmkg. 16. Vgl. Meckl Kunst- u. Gesch. >Denkm. I,
S. 109, 153, $67. ]Qne Chorglocke von 1 S9 i8>/i L% wurde 1549, eine andcn von 1 i/b SB
18 Mi^ wurde 1555 gegossen: Kopmaon's Chronik §.51.
*) So nach Tcchen'?; I.csiing, etwas anders bei ("rull, I. c.
*) Vun C. C. Michaelsen erneuert. Vgl. Crull nnd 'iechen, M. Jahrb. l.VI, S 128. Nach
dem lalianitchen Kalender flUlt der Himmelfiüirtstag 1596 auf den 80. Maii
Üiymzeo by Google
ST. NIKOI-Al- KIRCHE ZU WISMAR.
141
3. In der von Osten her an die südliche Halle anstossendcn Kapelle v Deilen-
zwei Wappen, deren Abbildung uns der Beschreibung überhebt; das eine sches
ist das von Deilen'schc, das andere aber ist unbekannt. Wappen.
IT
Epitaph des BUrjjermetsters Ilendericu» Schabbelius.
4. In der nördlichen Halle eine Dcnktafcl der in den Hefreiungskriegen Denktafel.
18 13/ [4 Gefallenen.
Ein Verzeichniss, das noch vor dem 'i'hurmsturz 1703 angelegt ist und
sich in dem 1643 angefangenen 'l'aufregister der Kirche befindet, nennt drei
Epitaphien, das Schabbcl'sche, ein Dargun'sches und ein ungenanntes.
Digitized by v^jt^jo^le
Digitized by v^jOU
ST. NIKOLAI- KIRCH K ZU WISMAR.
»43
Gnbftlcin des Priesters Klaus Varncholt und des Pricülcrs Johannes Winter.
Grabsteine.
1. Stein des Priesters
Ktans Varneholt und des
Priesters Johannes Winter. Mit
Kelch und Schild. Erste Um-
schrift: ?(nna bomini mcccc I
in bic bUfü ohiit clatu^ bar«
iiriioit funbator Ijuiii^ I tap'
prllc et tritim | bcnrfüriarum.
Zweite Umschrift: ^11110 bo^
niitil mbx , .') ofitit bominus
jaliannr^ tuiiitcr patronii^
Uiijiis rappcllir rt benefüri-
orum • oratc betini pro eis.*)
2. Stein des Priesters
Mathias Runghe. Geistlicher in
ganzer Fi^ur Inschrift: ^ClIllO
boiuiiii nicrcc rlij in bir
(ancti bcncbicri abbatis obiit
boiniiiiiQ I inatliias rungt)r ,
Inijiis rcrirjtc ptrprtuus bi^
carius • oratc bcum pro co.')
Die letzte Zahl ist noch nicht
hii>zil};cfUgt.
'j Crull und Techen, M. Jahrb.
LV, S. 2S7 (^'r- <>•). Vgl. M. Jahrb.
LIV, .S. 112.
Crull und Techen, M. Jahrb.
LV, S. 237 [Kr. 3).
Grabsteine.
Varneholt-
scher und
Winter-
scher
Grabstein.
Rünthe-
scher
(Grabstein.
Grabstein des Priesters Mathias Runghe.
Dlgltlzed by Google
'44
AMTSCERICHTSBEZIRK WISMAR.
Stolp 'scher
Grabstein.
St üve' scher
und Windt-
scher
(Irabstein.
Holdor}»-
scher
(Irabslein.
Schwarz-
kopfscher
(irabstcin.
3. Stein des Peter Stolp, des Werkmeisters, der sich in der ersten
Hälfte des XV. Jahrhunderts um den Bau von St. Nikolai besonders verdient
machte.') Schild mit Hammer und Zange. In.schrift: SCllllO bomilli mcfcclbj |
ferfa iiii ante feftum pentccofte^ oüiit pctni^ ftolp iirabifor l^uju^ tcclcflc.
Zweite Inschrift: ^11110 tlOlllini IlUCCCiV) ] fCQUCIItt tlic ))ant]gelCD11t$^ ObÜt
orttftc ujcor cju? • oratc pro ei^.
Dazu der Name eines späteren Besitzers
FRANS SCHUTTE V . S . E . Aö.t630.»)
4. Stein des I'riestcrs Johannes
StÜve und der Familie Windt. Bild
eines Gei.stlichen mit Kelch. Metall-
cinsätze, besonders zu beachten der
Schmuck unten an der Alba (Parura,
Paratura). ICr.ste Inschrift: ?llltlO bo*
mini | niccccl^ feQurnti bir tpnplianic
obiit bominu^ : ioijanncs ftn(lic) | bi-
rarius f)uiii^ rccicfir cuju^ anima
rrqniefcat in pacc. Die zweite Inschrift:
?lnn0 boniini bic 7 nicn | fis
^iigufti l'>&iit I>oniinuB jiP.aoiftcr
v(3rorgius ITinbt paftor Ijuju^ ^c-
clrfic. Die dritte: ?tnno ^oniinl i^Cn
bic : iV^cn fi? Dfanuarij Obiit Clarr
lOintits canjuni; cju^/)
5. Stein des Ehepaars Holdorp.
Die Kheleute in ganzer Figur, zu ihren
Füssen gelehnte VVappcnschilde. Krstc
Umschrift: ?lnno boniiui mccccxW
tt^ binirtcbaoi'S in brm pinjrtru ftarf
tJ?mib Vidi borp. Zweite Inschrift:
?lnna xmccc Ijcpnii bei fonbagcc bor
niaricn niagbalcncn ftarf | ^'nntTtr
Üjn Ijuffroubie bat cn gobt gnebig
f|t. Dazu die Xamcn späterer Besitzer
des Steins: Si EUGEN) FRANTZ KRO-
GER und JACOB BOCH (1671).^)
6. Stein der Familie Schwarzkopf (.Swartekop). Mit Hausmarke, Schild
und Helmzier. Von der zugehörigen ältesten Umschrift nur noch wenig zu
lesen: i * . . bartljoTonid apli (i)o\}\^ fluartccQps | . . .
Grabstein d<is Peter Stolp.
') S. i). .S. 128.
*) Criill und Tfchcii. M. Jahrb. l.V, S. 256 (Nr. 233),
») Crull und leLhen, M. Jahrb. LV. S. 238 (Nr. 7',
*) Cnill und Techeii, M. Jahrb. LV, S. 238 Nr. 10;.
Digitized by v^joo^le
146
AMTSGERICHTSBKZIRK WISMAR.
Grabstein
des Hein-
rich von
der Lühe.
Kinzelne
Bildwerke.
Die zweite Inschrift lautet voll ausjjcschricbcn : ?Ciino boillilli mtttctci% QUillta
frria \ poft boniniiram Ictaxe obiit ücrrolbu^ fUiartcltop, cuju^ aniina
rcquicfrat in pacc.*)
7. Stein des Hein-
rich von der Lühe und
seiner Gemahlin Lucretia
von Perkentin. Beide in
ganzer Figur in Relief,
mit Wappen zu den
Füssen. Erste Inschrift :
ANNO 1595 DEN 31 JA-
NUARI STARF DER EDLE
VNO ERNVEST HENRICH
VON { DER LVHE ERB-
GESESSEN ZV BVSCHE-
MVL. Zweite Inschrift:
ANNO 1601 DEN 6 MARTY
STARF DE EDLE VND
VIELDOGETSAME 1 LV-
CRETIA VON PERKENTIN
HENRICH VON DER
LVHE EHELIGE HVS-
FROW.*)
Einzelne Bildwerke.
1 . Anbetung der
hl. drei Könige. Hcmaltes
und vergoldetes gothisches
Holzrelief aus der Mitte
des XV. Jahrhunderts in
einer Pfeiler- Nisclie der
zweiten Kapelle auf der
Nord.seite der Kirche (von
Osten her gezahlt).
2. II«)lzcrnc Ge-
Wölbescheibe in der
Schifferka pelle, der zweiten
Grabstein der Familie Schwarzkopf.
Kapelle auf der Sütlscite der Kirche (von Westen her gerechnet). Auf einer
runden Scheibe, die einst mit sechs, jetzt mit vier gothisch stilisierten Hliittern
be.steckt ist, sieht man die Darstellung eines Schiffes.')
*) Vgl. Crull und Tcclicn. M. Jahrb. LV, S. 253 (Nr. 184).
»; Crull mul Techon, M. J.^hrh. LV. S, 258 1 >'r. II*).
Vgl. Crull, M. Jahrh. XI.VII, S. J06. Anmkg.
Digitized by v^ji^jo^le
ST. NIKOLAI -KIRCHE ZU WISMAR.
U7
GemMlde. Gemälde.
I. Lebensgrosses gutes Rildniss des Pastors M. Christian Benjamin
Otto in ganzer Figur mit gereimter Inschrift.
Von diesem Bilde hat der Superintendent Gerdes eine Aufzeichnung
gemacht, womach Ottos Wiitwc für den Platz zum Aufhangen 6 Thaler ge-
Grabstein des Heinrich von der Lühe und seiner Gcmahtin
Lucretia von I'erkLMitin.
geben, was ihr Bürgermeister Lembke inscio senatu eingeräumt habe. Als
sie dann weitere »unverschämte! .\nspriiche gemacht, sei sie damit /.uriirk-
10^
Digitized by Google
148
AMTSGERTCIITSBEZIRK WISMAR.
Wand-
gemälde.
gewiesen und ihr bedeutet worden, dass sie in diesen) Fall 25 Thaler für
den Platz werde zu geben haben.
2. Martin Luther in ganzer Figur. Auf Leinwand. Von geringerem Werthe.
3. Christus auf Wolken, Mittelbild
eines guten Renaissance • Epitaphs, dem
die Unterschrift fehlt, sodass eine nähere
Bestimmung zur Zeit nicht möglich ist.
In der Sakristei die Bilder von
fünf Pastoren und fünf Diakonen:
4. Dn. M. Anton Hertzberg, Fast.
Nicol. stirps Hertzb. Wism. {1597 — 1625).
5. M. Joachim Schmidius, l'ast.
Nicol. et cons. ass. (1640 — 76). Dazu ein
Wappen. Schild getheilt, oben in blauem
Felde ein Arm, anscheinend mit Schwert
und Stern, unten roth. Hclmschmuck:
Engel mit zwei Palmzweigen. Nach seinem
Grabsteine in St. Nikolai, M. Jahrb. LV,
S. 241, Nr. 45 (wo aus Versehen die An-
gabe über das Wappen fehlt), sollte auch
der Arm einen Palmzwcig halten.
6. Dn. M. Georg Dan. Colberg,
Fast. Nie. et cons. a.ss. (1694 — 8).
7. Dn. M. Christian Benjamin
Otto, Past. Nicol. et consist. reg. a.ssessor
(1703—25).
8. Dn. Casp. Christ. Müller, Pa.st.
Nicol. et reg. cons. assessor. Nat. Wismar
d. 23. Sept. 1687, Denat. d. 29. April 1751.
9. M. Johannes Crttdopius, Diac.
Nicol. (1629 — 49).
10. M. David Clinthias, Diac.
Nicolait. (1659 — 80). Darüber Wappen.
Schild getheilt. Oben in rothcm Felde drei goldene Lilien, unten in .silbernem
Felde eine rolhc Rose. Hclmschmuck: drei Pfauenfedern. Daneben: H. N.
David Clint, nat. 1633 d. 9. May, denat. 1680 d. 18. November.
11. Dn. Henricus Plageman, Diacon. Nicol. (1681 — 94).
12. Adam Otto Enghart, Diaconus an St. Nicolay (1722 — 40).
Wandgemälde.
I. Darstellung der Wurzel Jesse und der Geschlechtsfolgc von Adam
bis auf Christus in zwei Weinstöcken mit eitler grossen Zahl von Brustbildern.
Anbetung der hl. drei Künige (Bildwerk).
Digitized by Google
ST. NIKOLAI -KIRCHE ZU WISMAR.
«49
Im Innern der Kirche an der südlichen Thurmwand, Die Wurzel Jesse (zur
Rechten des Beschauers) schlicsst mit einem Mutterj^ottc-sbildc, die Geschlechts-
folge von Adam bis Christus (zur Linken des Beschauers) mit einem Kruci-
fixus. Die unteren Theilc waren vcrj^an^cn; die ergänzten Figuren sind
dadurch gekennzeichnet, dass
ihre Namen niclit .schwarz,
sondern rothbraun gegeben
sind.')
2. Der hl. Christopherus
und ein ICccc homo, beide
36 Fuss hoch. Im Innern
der Kirche an der nörd-
lichen Thurmwand. Um das
I'"cce homo eine Anzahl von
Halbfiguren , die den I^ib
des Heilandes mit I-anzen-
spitzcn beriihren. *)
3. Unterhalb dieser bei-
den Figuren eine nicht wieder
hergestellte Todtentanz-
I'olge, welche ohne zwingende
Cirimdc erst vor kurzer Zeit
durch Uebertünchung un-
sichtbar gemacht worden ist.*)
4 — 7. Die Kreuzes-
gruppe in der Leinweber-
Kaj)clle. llironendcr Christus
mit Lilie und Schwert in
der Lo.ste'.schen Kapelle.
Krönung Mariae in der Vot schen Kapelle. Darstellung der Dreieinigkeit in
der Schonenfahrer - Kapelle. *)
In diesen Kapellen noch andere Bilder und Bildchen, von denen ein
thronender Christus mit Buch, die Leidensge.schichte in acht Scenen, ein
') Eingehendere Hesclircibung dieser liildcr vur itirer Kestaurattun bei Crull, M. Jitlirb.
XLVIl, S. 100 ff.
*) Crull, I. c, S. 101 vulneraius est prupter intquitaies noslras ....
*) Crull, 1. c, S. 102. Nicht dieser, sondern ein anderer Todtentanz scheint es zu »ein
(auch nicht der, welcher sich im Pfarrhause von St. Marien befindet) den im Jahre 1616 Jakob
Mittag, wühl ein Nachkomme des gleichnamigen Arztes, welcher 1 565 :^!) an der Pest starb, mit
zweiundzwanzig Personen in St. KiVulai ausführen liess. I>avon ist nichts übrig geblieben als eine
Abschrift der darunter gc^t^ten schlechten Verse. Sie findet sich im Taulregister der Kirche.
Vgl. Crull, Nachricht von einem ToiltciUan/ zu Wismar. Cclcgenheits'chrift zu Lisch 's 5ojährigtm
Jubiläuni.
•) Crull, I. c, S. 106.
ISO
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Glas-
gemälde.
kleiner Christophonis, St. Dorothea, St. Michael, St. Katharina, St. Maria,
Christus, St. Nikolaus, St. Barbara, prophetenähnlichc Haibfiguren mit Spruch-
bändern, St. Marcus, St. Olav, St. Gertrud und St. Nikolaus sowie St. Jakobus
genannt sein mögen.
GlasgemSide. Gerettete Reste aus St. Nikolai. Es sind damit fünf
ziemlich gleich grosse Rahmen gerüllt,') In der Sakristei von St. Nikolai sind
Reste von Glasgcmäldcn aus St. NikoUi im Grossh. Musenm zu Schwerin.
1888 neuere Glasbilder von dem Hofdckorationsmalcr Michaelsen angebracht
worden. Sie zeigen die Scenen der Verkündigung, der Geburt Christi, der
Kreuzigung und Himmelfahrt und sind eine Stiftung des Rentners C. W. HERMES,
des-selben, der 1895 das Fenster im Thurm und 1881 den Altarschmuck in
der Sakristei (treffliche Lei.stungcn vom Gelbgiesser Lehsten, nach Entwürfen
vom Landbaumeister Hamann) geschenkt hat.
*) Vgl. Crull, M. Jalirb. .\I.VII, S. 109, Anmkg. Sammlung Thormatm.
Digitized by v^joo^le
152
AMTSGERICHT.SRF.ZIRK WISMAR.
Kleinkunst-
werke von
Metall.
Kleinkunstwerke von Metall.
1. Sehr schöner silber\'ergoldeter Kelch, mit der Kreuzcsgnippc und
den zwölf Aposteln auf dem sechseckigen Fuss in sechs aufgelegten Feldchcn
von durchbrochener Arbeit. Ausserdem auf dem l-'uss ein gelehnter, unten
gerundeter, quergetheilter Schild, der oben viermal von Weiss und Roth schräg-
rechts gestreift ist und unten eine silberne Rose in Blau zeigt. Daneben ein-
gegraben: fjllC Cfllicc — tllhcricilG Uicntorpc. Oberhalb und unterhalb des
Nodus getriebene Annuli. Am Nodus wechseln Rauten und Quadrate mit
einander, in jenen der Name IhöSVS auf blauem Email, in diesen umschichtig
Maria mit dem Kinde und Engel. Auf der Unterseite: T>cffc ftclft tilUCljt
Kelch Nr. i.
Kelch Nr, 2.
lobige niarrll UllbC 2 lotlj - 50 Uotl). Werkzeichen fehlen, sowohl am
Kelch wie an tler l'atcnc.
Der Kdc-.h ist vor 1438 zu setzen, da Diderick Wcntor|) am Juni 1438
bereits verstorben war. An diesem Tage gestattete nämlich Nikolaus Stal-
köpcr den 'l'estamcntTrien jenes, in seiner Kapelle zu St. Nikolai zwei Vikare icn
zu errichten.') Aber sollte er von A. Reimers (s. S. 103) umgearbeitet sein?
2. Desgl., auf .scch.scckigem Fuss, dessen Ecken mit kleinen Cylindcrn
besetzt sind. Auf dem Fuss als Signaculum ein Knicifixus und ihm entgegen-
gesetzt ein gelehnter, unten gespitzter Schild mit zwei kreuzweise gelegten
Garben auf blauem Grunde. Zwi.schcn tlen mit dem Namen IhHSVö auf
schwarzem Emailgrunde besetzten Rotuli des Knaufes sind kleine Chri.stusköpfe
angebracht. Keine Werkzeichen. Auf der Patene: G. H.
',1 Cruli, Das Aiiu der ijultUchmiudc zu WistiKir, S. 40.
Dlgltlzed by v^jt^jo^le
ST. NIKOLAI -KIRCHE ZU WSMAR.
«53
3. Desgl., höher als die vorigen. Auf seinem sechseckigen Fuss ein
plastischer Krucifixus als Signacuium. Die Rotuli des Knaufes, der weder
eingekerbt noch durchbrochen gearbeitet ist, enthalten in Minuskeln den Namen
njefb^. Die Annuli über und unter ihm sind durchbrochen gearbeitet. Unten
am Rande des Fusscs das bekannte Stadtwappen von Wismar, aber ein nicht
ganz deutlicher Stempel des Meisters, anscheinend |^ (Hans Poreiba, um 1632).
Vom oberen Theil der Ligatur ist etwas verloren gegangen, wie es scheint.
Auf der Patcne, die aber ursprünglich wohl kaum dazu gehört, das Wismar'sche
Stadtzeichen und ein undeutliches Meisterzeichen.
Kelch Nr. 3. Kelch Nr. 4.
4. Desgl. Der mit durchbrochen gearbeitetem gothischen HIattwcrk
verzierte Rand seines sechseckigen Fusses ist dem des vorhergehenden Kelches
gleich. Auf dem Fu.ss als Signacuium ein Krucifi.vus. Knauf und Ringe
denen des vorigen Kelches ähnlich, nur ist der Jesusname nicht aus Minuskeln
sondern aus Majuskeln gebildet (IIiSSVS). Auf der Unterseite des Fusses
eingraviert der Name lOHANNES . H . I . F . CRVDOPIVS . A . 1657 .
N 56 LOT. Als Stadtzeichen das Wappen von Wismar und das Meisterzeichen
fpl\ (Peter Jost). Patene ohne (iewerkzeichen.
5. Desgl., auf sechseckigem, leider aber unvollständigem Fuss, dessen
aufrecht stehender Rand mit Maasswerk verziert ist. Hinter dem als .Sig-
nacuium aufgelegten Christus ist das zugehörige Kreuz mit seinem Titel ein-
Digitized by v^juo^le
154
AMTSGERTCIITSnEZlRK WISMAR.
graviert; ihm entgegengesetzt ist ein gelehnter Schild angebracht, der einen
Baum in Gartenplanken zeigt. Darunter die Inschrift: !11C flCti fcdt | jotjcs
botngarbe et UJLÜt ei^ I aratC pro Ci^. Werkzeichen weder an der Patene
noch am Kelch.
Joh. Bomgard lebte zwischen 1430 — 40.')
6. Silberne Oblatendose auf vier
Kugelfüssen, achtseitig, mit spitz zu-
laufendem Deckel, auf dem ein Agnus
Dci angebracht ist. Laut Inschrift auf
der Unterseite Geschenk des Rathmannes
GABRIEL RÜGE und seiner Khefniu
MARIA JULE im Jahre 1646. Gewerk-
zeichen nicht zu finden.
7. Desgl., sechseckig. Laut In-
schrift auf der Unterseite Geschenk des
Bäckers JOCHIM GOLDSTEDE und seiner
Ehefrau MARGARETHE BURMEISTER
im Jahre 1646. Auf dem flachen Deckel
in Plastik die Kreuzesgruppe: Jesus,
Johannes und Maria.
8 u. 9. Zwei silberne Altar-
leuchter im Barockstil. Den Ständer
bildet die Figur des hl. Bischofs Niko-
laus. Beide Leuchter sind denen in St.
Marien sehr ähnlich (s. o. S. 64) und
ein Geschenk aus derselben Familie.
Nach der Inschrift sind sie nämlich
eine Gabe des DOMINUS BRANDANUS
EGGEBRECHT I. V. CAND. vom Jahre
1666. Ausser der Inschrift ist das
Eggebrecht 'sehe Wappen in ovalem
Schilde angebracht. Oben auf der
Platte eines der beiden Leuchter, unter-
halb des Bischofs, das Hamburger Stadt-
wappen und ein undeutliches Bild (viel-
leicht ein fliegender Schwan).
10—14. Vier silberpl.'itticrtc Leuchter und ein Krucifi.xus auf dem
Hauptaltar, 1834 gestiftet von SUSANNA FRIEDERIKE OCKEL, geb. Hahn.
15 u. 16. Weinkanne und Kranken- Kommunion sind neu und ohne
künstlerische Bedeutung.
Altarleuchter.
') Crull. Das Amt der Gol<lschmie«le zu Wiwnar, S. 41. Vgl. M. Kunst- nnd Getch.-
Denkm. I, S. 217.
Digitized by Google
ST. MIKOLAI-KIRCHB ZU WISMAR.
I5S
Als das SUImt von St. Nikolai arn 8 Aiigiist 1530 invcnticrt wurde,
fand man als Eigentbum der Kirche sechs Kelche, zwei AppoUen, ein Paci-
fikale, vien^ Moastianzen, swei Kreuze, zwei Viatiken, dne Konserve
zwei Räuchergefasse, ein Oelgeftss, drei Bilder von Heiligen und viel kleines
Getchmeide, ausserdem dreizehn Kelche mit Patenen, die zu den Vikarekn
der Kirche gehörten, und nicht weniger als techsundzwanzig Kelche in den
Hinden venchiedcner Patrone oder Vikare. Die erste Leerung des Schatzes
am 7. März 1535 ergab aus St. Nikolai an (Gewicht 33 Mark 14 Loth Sill>ers,
die zweite im Herbst desselben Jahres 55 Mark 15 Luth, die dritte im Winter
158s «OS 53 Mark $ Loth 3 Quentchen vergoldeten und 45 Mark 3 Lotfi
unvergoideten Silbers die Summe von i^ioo Mark, wo/u norh 06 Mark
3 Schill. 6 Pfg. kamen, die der V^erkauf einiger Ringe und Koralien brachte.
Von den Kondkn wurde das Loth mit 5 Schill, bezahlt. Vgl. Crull, Das
Amt der Goldschmiede, S. a8 tmd 33 und oben S. 63 und 116. Im Jahre
1706 gab es, nach einem Verzeichniss im Taufrepister der Kirche, acht
Kelche mit Patenen, zwei Oblatendosen, zwei Kannen, eine Flasche und
iwei Leuchter. — Im Jahre 1527 ward in Rostock Hans Brinck prozessiert,
der u. a. aus St. Nikolai in Wismar vier Kelche gestohlen zu hal)en bekannte.
Vgl. Kopmann, die Kriminalgehchtsbarkeit in Rostock, Hans. Geschichts-
Die Kirche hat fünf Kronleuchter. Die drei ^Tö.s.sten hhnj^cn im Mittel- 'cucnie
schiff und haben zwei Reihen Arme (2 X 10 der im Chor, 2 x ^ die im Schiff
der Kirche). Der mittlere hat unter dem Ringe, an dem er schwebt, einen
auf einem Adler sitzenden Knaben, die beiden andern haben den vielfoch
üblicben doppdkSp^en Adler. Reste einer Inschrift (die Inschriften sind
durch Putzen verloren gegangen) giebt es noch an dem zuäusserst nach
Westen angebrachten Kronleuchter, welcher der Träger •Compagnie gehört.
( . . . orAgercompagni ihre krohn y.
Von der Krone der Träger waren nach <ler Wism. Ztg. von 1811,
Nr. 69, acht metallene Puppen und mehrere Kleinigkeiten gestohlen.
Kinc achtarmige (niclit 2 x Kmne, unter deren Ringe zum zweiten Mal
der auf dem Adler sitzende Knabe erscheint, hangt im nördlichen Seitenschiff.
Auf ihrer Kugel die Inschrift: GOTT ZU EHREN UND DEN KIRCHBfl ZUM
ZIBRAHT IST DIESE KNOHNE VON SEHL | lURGEN lUHLEN W UND ERBEN
VEREHRET WORDEN ANNO 1707. Auf einer dariiber befestigten Metalltafd Ut
zu lesen: DIESE KROHN GEHÖRET DER SCHOREN BRAWERN COMPAGNIE.
Auf der anderen Seite über einem beiderseits gcscliweiften Schild mit zwei
übereinander gelegten Seliöpfkelleii. zwischen denen ein Werkzeug ztini Kuhren
aufrecht steht, liest man: AL (= Aelterleute) lACOB BRANDT, darunter LEN-
HARDT REHNNE. Zu Seiten des Schildes: 1604. Eine in der südlichen
Halle aufgdiängte Krone ist sechsarmig.
Wandarme. Die Nikolai-Kirche zählt deren zehn. Kinzelne entbehren Wand
jedes Ornaments. Andere sind mit angegossenen Schilden ausgestattet, wie ■™*'
z. B. der der Leinweber im Chor (getheilter Schild, oben eine Blume zwischen
Uitter XVI (1887), S. 104.
Kronleuchter.
Kron-
leuchter.
üiyiiizeü by Google
IS«
ABITSGBRICHTSBEZIRK WISMAR.
drei W'obcrscliiffcn, darüber Krone, darüber Hluine, nelien der Krone die
Initialen D S CA B; unten die Inschrift: DAS AMPT DER LEIN EN WERKER
ANNO 1678) Heini Wandarm der Hacker ist der Schild (^n^kronter Kringel,
Wecken und Hörnchen) an einem hölzernen Halter in Form eines Löwen-
kopfes angebracht. Diesem ähnlich ist
der Wandarm der Sdineider; an seiner
das Licht haltenden Muschel die Inschrift:
ALTERLEVTE HINRICH RÖTGER lOHAN
WARNCKE DAVID BARSDOW HINRICH
LENTE NISSEN SCHASERS FRIORICH
DVNCKE lOCHIM PIEHL. Der älteste Arm
ist der v<m H. Augustin Diigar gestiftete:
H OVSTIN DVRIAJt A D 1600, dabei ein
sedisstrahliger Stern, das Schildzeichen
seiner l^miilie. An einem anderen, der
künstlich komponiert, aber nicht fein aus-
geführt ist, liest man unter dem Teller:
MARGARETA lUHLEN SELD (1) DAVID
CLINTHEN WIT HAT ANO 1060 DIESEN
LEUCHTER VEREHRET | DAS GELD ZUM
LICHT ALS 40 ß. WIRD lAHRLICH UMB
WEINACHTEN VON DER ACCISEKAMMER
BEZAHLET. V.x ist mit der l-"igur des
schlüsscltragcnden Petrus verziert. Eine Nachbildung dieses Leuchters hat das
Datum des 27. OCTOBER 1783.
Wandarm.
Nach einem noch vor der Katastrophe von 1703 angefertigten Vcr-
seichniss des im Jahre 1643 angefangenen Taufiregisters besass St. Nikolai
sechs Kronen und einundzwanzig Arme. Von einer 1655 in dir Kirche
gelangten Krone, die i STT 12 I.IT 6 'S schwer war, ist der damalige Preis
zu berechnen: es kostete nuniiich jedes ® einst hliesslich des Muchclolins
\(> ß. Zur selben Zeit als Jürgen JuMs Wittwe tmd Erben ihre aus »8 grossen,
8 kleinen .Armen, 8 grossen ^Kssen , 5 klciiu n 1 )opiu la(lIcm und 3 Kngels-
köpfen« bestehende Krone in die Kirche schenkte, also im Jahre 1707,
stiftete auch die Wittwe des Rathsherm Johann Schatte eine Krone in den
Chor. Ks wird eine von denen sein, deren Schrift jetzt nicht mehr zu
lesen ist. Von einer 1573 beschafften Krone giebt Schröder, £v. AI. III,
S. 181, Nachricht.
Üiymzeo by Google
Vom Fries Ruf der Nurdsrite der Heiligengeisi- Kirche an der Wesimaaer der dort «ngebauten
Kapelle.
Kirche und Hospitai zum Heiligen Geist.
ißS aubeschreibttng. Die auf der Scheide zwischen Alt- und Neustadt ge- ^^''p'-
— * le^ene Kirche zum Heili^'cn (ieist Hcj;t mit ihrer sinllichcn Langscitc ^^^^
unmittelbar an der Strasse und stellt sich - — was eine Koljje der erst im
Wll. Jahrhundert an},'esct7.ten vielen schweren Strebepfeiler ist — als ein
<=z —
Kirche zum Heiligen C>L-i:>t.
massiger schmuckloser Ziej^elbau dar. Vortheilhafter wirkt <lie Nordseite.
Hier ist, trotz der Anbauten (Kapellen im Osten und Hospitalhaus im Westen)
allerlei architektonisches Detail in seiner Ursprünglichkeit erhalten, z. B. das
Pfostenwerk der Fenster, die Schmiege oder I.aihung des in einem vortretenden
viereckigen Mauerkern hineingelegten Portals, der romanische Bogcnfries oben
an der Portalwand, die beiden Friese an der We.stmaucr <ler angebauten
Kapelle,') von denen der untere ein von l-jchenbliittern und Ivicheln gebildetes
') Eine Stiftung <lcs Werner I.iskow vom Jiihre 1371 licziciit .sich vemiiitlilich auf diese
Kapelle. Vgl. Schrmler, r.i|i. .Mcckl. II, .S. 1454. M. L'.-U. 10219.
Digltlzed by ^jOO
15«
AMTSGBRICRTSBBZIRK WISMAR.
Baad ist, wie es sonst wohl in Holz geschnitten wird, u. a. m. Die Grund-
fomi der Kirche ist die eines län^^lichcn Vierecks, in dem der Chor, obwohl
um eine Stufe gegen das Schiff erhöht, baulich in gar keiner Weise hervortritt.
Eine bemalte flache Balken- und Bretterdeckc breitet sich über den langen
Raum der Kirdie, in den man unmittelbar von der Strasse her eintritt Ausser
der schon genannten Kapelle, die sich dem Innern der Kirche mit zwd durch
einen Pfeiler getragenen SpitzbogenöflTnungen anschliesst, gtebt es noch zwei
andere minder bedeutende Kapellen auf derselben Nordseite sowie das später
angebaute Ffriindncrhans, dessen ICinrichtung, frcihch nur in kleinerem Maass-
Stal>e, der des Heiligen (icist Stiftes in Liibeck ahnhch ist.
Auf dem mit einem vcrschlie.ssbaren (lelass versehenen und mit einer
Altar. Platte aus Guss bedeckten Altar steht ein mittelalterlicher Flügelschrein, der
diemals mit Bildschnttaeereien und Malereien versiert war, gegenwärtig atier
mit gerii^n'iwrdiigen Oehnalereien auf Ldnwand ttberspannt ist. Das bessere
Bild ist das mittlere, nämlich ehie Copie der bekannten Kreuaesabnahme von
Rembrandt.')
Die laut Inschrift am unteren Rande des Predigtstuhls am 13. Juli 1585
Kanzel, gesetzte achtseitige Kanzel ist ein schlichtes Rcnaissancewcrk, deren vier durch
korinthische Säulen von einander getrennte und der Kirche zugewandte
Füllungen die Tafelbilder der Evangelisten enthalten, während am Treppen-
aufgange die vier »grossen« Propheten und auf der Eingangsthür die Figur
des Täufen Johannes angelMracht sind.
Gestühl. Nidit ohne Interesse ist das GcaMhl der Kirche, von dem ein grosser
Theil aus den siebensiger und achtziger Jahren des XVI. Jahrhunderts stammt.
Hier sind, im Gegensatz zu St. Jürgen, die Thürcn bewahrt geblieben. Das
Zeichen des hl. Geistes, eine über dem Kreuz emporfliegende Taube, findet
man viermal, ausserdem sehr viele Zeichen von Gewerken, z. B. denen der
Bäcker, Sdinnede, dnmal auch denen der Böttcher, der Barbiere und der
Träger (nidit aber auch der Zimmerleute und Schiflszimmerleute, obwohl beide
') Was n«h an Spuren von alter Kunst zu erkennen ist, hat CruU im M. Jahrb. I.VIII,
Q.-B. 2, S. 10—15 fc»tgcsleUt. Zugleich hat er nachgewiesen, dass dieser Schrein der Rest
janet mllm Altorwoto bt, du Jolunii Kdtler Ar den HuptalUtf von St. Mwiea mfeftigte
uiiil \Veiht;ac!i!et: 1357 aufMclIte, das aber, nach Eintritt der Refocaution, im Jahre 1563
aui Uetreibeii des bupchnlcndenten Wigand mit dem MHCeblich viel achfinercn Allarschrein
in Heiltgen Geiit verUnicht wwde. Dieter sdiflnere Sebnia ist veraehwunden, mit der jetzige
grosse Barockaltar zu St. Marien im Jahre i 749 nu einem VeraSchtniss des Bürgermeisters Caspar
V«fgt nofgerichtet wurde, der lUcter'sche Altar »on 1357 aber ist iti Folge des Tausches auf die
Nndiwelt gelangt, wenngleich in einem bedanernswürdtgen Zustande. Vgl. M. U.-B. S425. 8546.
Schröder, Evangel. Meckl. II, S. 434. Der dagegen ans dem HeO^cn Geilt nach St. Marien ver*
setzte Altarachrein war nach Schröder, Pap. MccVl., S. 1378, ein Werk vcim Jahre 1493. In
diesem Fall wSte er also nicht identisch gewesen mit dem im Jahre 1326 zu Ehren der bhl. Bar-
Utokwueni, Matthaeva und Itokaa Ja Hettigen Geitt anfgerichteiea AlUv: ir^. M. U.*B. 4770.
Schröder, Pap. Meckl., S. 1062. — Von einem etwa 1850 weggerSumten Altar wird die Reliquien-
kapscl mit dem Sii^l des Bischöfe Detlev vun Ratzcbotg (1395— 1419) im Museum xa Wismar
aufbewahrt. Vgl. Teeben, M. Jahri». LX, S. 179 ff.
Üiymzeo by Google
KIRCHE UNI) HOSPITAI. ZUM HEILIGEN GEIST ZU WISMAR.
Sundlcuchter.
Acmtcr im Heiligen Geist ihre Vikarie hatten).
Auch Wappenzeichen von Wismar'schen Familien
und Initialen, welche kurze Sinnsprüche andeuten,
sind hier ebenso wie in St. Jürgen angebracht
worden. Die Abbildungen aller vier Seiten eines
erst kürzlich nach St. Jürgen versetzten Stuhl-
wangcnpaares findet man oben auf S. 90.
Von dem sonstigen Bildwerk der Kirche
mögen drei Standleuchter (lichtebome), zwei holz-
geschnitztc gothische, die i\cr Mitte des X\'. Jahr-
hun<lcrts angehören, und ein schmiedeiserner im
Barockstil vom Jahre 1 7 1 l , als etwas Besonderes
hervorgehoben werden. Ihre Abbildung überhebt
uns der Besclireibung. Doch ist zu bemerken,
dass deren Schäfte, von denen auf der Photo-
graphie nur die An.sätze erscheinen, gut Mannes-
länge haben. Unter den gothi.schen ist der eine
architektonisch besonders reich entwickelt. Beide
gehörten den »Trägern an deren Stuhl sie bcfe.stigt
sind; der schmiedciscrnc aber ziert den Stuhl der
Schmiede. Diese
1 Lichtbome«
dienten als Pro-
ces.sionsicuchter.
Die im Dach-
reiter der Kirche
angebrachte
Glocke hat ausser
cIlt Inschrift
mrrrrl]r][ij| das
Gies.serzeichen:
Standleuclxer.
Im Museum
zu Wismar wird
eine gute ,
1,25 in hohe, voll-
runde , ehemals
Stand-
leuchter.
("1 locke.
DIgitized by v^joo^le
i6o
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
fjanz vergoldete Madonna aufbewahrt, die hierher gehört, und ebendort ein
gleichfalls dem Heiligcngeiststid entnommenes flaches Bronzebecken, welches
zur Aufnahme eines Kohlenfasses gedicnt_ haben wird und auf dessen Rand
folgende Inschrift eingespart ist: 9tnna • tini • Itl • tta •Ifi* j^flltflk fttUlÜefTe •
l^cft • beffcn □ fd^apen • oatcn • bnbc • bordj • oot • bc • Bleuen • ban •
ffll □ ncmant • bni • Ijc • Uan • Ijir • ncnicn • oratc • bciim • i) • cd •
An den mit □ bezeichneten Stellen waren ohne Zweifel einstmals die
Hängsei des Feuerbeckens angebracht.
Inschrift. Auf eine nidit mdu- vorhandene alte Hexameter -Inschrift, betr. eine
»mildec Stilhing des Rathmannes Heinrich von Kquerstorp und seiner Gattin
Kunigunde vom Jahre 1321, die im Mecklenb. Urkundenbuch abgedruckt ist
(4302), sowie auf eine in der Kirche angebradUe Tafid, wdche von einer
Erneuerung der Kirche im Jahre 1737 Zeugniss giebt, mag mit diesen
Worten hingewiesen sein.
Schon um die Mitte des Xlll. Jahrhunderts wird der Sanrtus Spiritus
ZU Wismar urkundlich genannt und mit einem eigenen Gottesacker sowie mit
der Derechtiguog zu eigenem Gottesdienst vom Bischof zu Ratzeburg aus-
gestattet.') Dass dif jetzige Kirche in ihrem Kern dem Anfange des XIV.
Jahrhunderts angehöre, wird man schon daraus schliessen dürfen, dass ihr
Hauptaltar am is. October-1526 vom Bischof Man)ttard von Ratzebarg ge-
weiht wurde.') Die Unterschiede ihrer Baudctails zeigen aber, dass daran
zu verschiedenen Zeiten geändert wurde. Die jetzige Gestalt der beiden
Giebel stammt aus dem Jahre 1665.^) Zahlreiche Urkunden' des Mittelalters
zeugen von der Vorliebe der Bürger filr diese ihre Stiftung, es wird kaum
eine Kirche so reich iiudaclit wie die vom Heiligen Geist. Doch würde es
zu weit fuhren, wenn hier sämnUlichc Vermächtnisse aufgezahlt werden sollten.
Auch der Be«tz an Gold* und Silberkunstwerken war einstmals nicht un-
bedeutend. .Mlein auch hier begann l)ald na( h der Reformation das Ein-
schmelzen dieser Schätze ganz ebenso wie in den übrigen Kirchen. Vgl.
Cntll, Das Amt der Goldsdimiede, S. 38 und 33. Zwei von den Stacken,
die sich ehemals im Heiligengeist - Sti t befanden, sind schon oben S. 117,
Nr. 16 und S. 116, Nr. 14 erwähnt. Von der Deckelkanne ist es sicher,
dass sie daher stammt, von der Pyxis ist es höchst wahrscheinlich. - Wie um
St. Nikolai, so hat sich der oben S. 150 erwähnte Rentner C. W. HERM18
auch um das HciligengL-ist-Siift bereits durch Spendung schöner bronzener
Leuchter von der bewährten Hand des Gclbgiessers Lehsten sehr verdient
gemacht Auch der Kronleuchter stammt von ihm, ebenso die Wieder^
herstellung der schönen Standleuchter.
•) M. ü.-B. 653. 744.
*) M. U.-B. 4770.
•) Vgl. Cmll, M. Jahrb. LVI, S. 26.
Üiyitizeü by LjüOgle
KIRCHE DES SCHWARZEN KLOSTERS ZU WISMAR.
i6i
Die Kirche des Schwarzen Klosters.
(Dominikaner- Kirche.)
jaubeschretbung. Von der Kirche der Schwarzen Mönche, Dominikaner Beschrei-
odcr Predigerbrüder, steht heute nur noch der Chor als stattlicher ein- '*ung des
schiffiger Ziegelbau mit einem aus dem Achteck konstruierten Schluss und ß*"es.
mit Strebepfeilern. Treffliche Kreuzgewölbe decken den im Jahre 1880, nach
Ehemalige Kirche des Schwarzen Klosters.
Abbruch des baufällig gewordenen Hauplschiftcs (im Jahre 1S79), mit dem neuen
Bürgcrschulhau.sc in V'crbindung gebrachten Kaum. Ihre Kij)pen entwickeln
sich aus Diensten, die in I''orni \on drei um ein Polygon gruppierten Rund-
stäben auf Konsolen aufsetzen, die etwas höher als die Fenstersimse aus den
Wänden herausragen, und denen man die Gestalt von Köpfen gegeben hat.
Draussen auf der Südseite des Chors ist noch ein W'indelstein erhalten ge-
blieben. ')
') Vgl. Crull, M. Jahrb. I.VI, .S. 25 fr. Lisch, M. Jahrb. XVI, S. 289. Der abgebrochene
Haupttheil der Kirche war drei-ichiffig. Per Vurdcrgiebc! der Kirche war in den Zeiten der
Renaissance (um l68o'i .lo verändert worden, dass er wie der Giebel eines grossen Wohnhauses
aussah. Das Mittelschiff der Kirche rähltc fünf GewülbejiMrhe. Ebensoviele Kapellen lagen an
der Nordscite.
11
Dlgltlzed by v^jOO^Ic
102
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Es ist oben S. 5 bereits erwähnt worden, dass sich die Dominikaner
seit Beginn des letzten Dezenniums vom Xlll. Jahrhundert in der Stadt be-
fanden.') Aber der von ihrer Kirche erhaltene Chor ist erst Ende des
XIV. Jahrhunderts von Martin Kremer erbaut und 1397 vom Bischof Detlev
von Ratzeburg geweiht worden. Ueber Martin Kremer berichtet sein 1879
aus der Schwarz -Mönchen Kirche in den nördlichen Kreuzarm von St. Jürgen
versetzter Grab-stein, dessen Inschrift lautet wie folgt: ^nilQ bOlllilli mccccb
Ehemaliger Vordergiebel der Kirche.
feriki ii poft | boininicam iialiimrum obiit inartimi^ | Itrrnicr t[u\ tft
iji£ fcpiil(tiiä) I rjui iiriiiuiQ erat incrptor et | fuiibator Ijujus lijori,
CUjug aninui | rcquieffat in pncc • amen.") Und über die Chorweihe
berichtet eine jetzt nicht mehr vorhandene, aber durch Abschrift und Druck
bewahrt gebliebene Nachricht, die ein Theil jener umfangreichen in nicht
') M. U.-B. 2148. 2202. 2291. Crull, M. Jahrb. .\LV, S. 24 ff.
*) Crull und Techen, M. Jahrb. LVI, S. ii8. Der Stein i»l erst bei der leuten Restauration
von Sl. Jürgen bei Seite gebracht worden. Hoffenllieh kommt er bald wieder ir^jendwo zum
Vorschein I
Digitized by v^joo^le
KIRCHE DES SCHWARZEN KLOSTERS ZÜ WISMAR.
t6i
weniger als vierzehn Paragraphen eingetheilten Inschrift ist, welche bis zur
Restauration des C^hors im Jahre 1879 zu sehen, aber angeblich nicht länger
zu erhalten war.') Der elfte Abschnitt oder Paragraph dieser Inschrift lautet:
%imo bomiiii in''rcc''l):jc)C)cbii boininira priiim poft octaua^ — boniinu^
I>ctlcuu6 ßat^rmiracnfls rpifropiiö confcrt.iuit djoruni ifhim | tt
altarc iiiajus in ^anottnx faiictoriim apoflolormn pctri et Pauli
trtuiii rcauin tccciii milluin iiiartiiruiii Unbcciiii milium Uirginum et
oft rcuercntiain rcliquiaruni laiiftorum innocciitum cunbciii riionim
in fjanorcm eonim et prcbfttorum fanctoriiiii ccfam canfccrauit ac
copbem faiutop i in*
nocrnte^ rum preno'
tati^ faiicti^ fn patro^
110s l^aberi concefflt.
Kirche und Kloster
bleiben den Domini-
Iäd ^^^^^ '^^^^ I Vi All 'A ^^^^ ^'^ ^^'^
Iii ^^^IP« *9P^^ Iii f M'^. Reformation hinaus.
l^^^^^^ae^i**ü»«:=^^'^"Tj'Sl ; Als der Franziskaner-
rrM^ ^V^vMlfia 1 Guardian Heinrich Never
im Sinne der neuen
Lehre zu predigen be-
ginnt, sind die Domini-
kaner auf Seiten der
Gegenpartei.*) 1533
nehmen die Mönche die
bereits eingestellt ge-
wesenen Gottesdienste
unter Schutz des Herzogs
Heinrich wieder auf.
Ihre Klage an den Herzog
Albrecht vom 4. Juni
'5.? 3 g't^bt ein anschau-
liches Bild von den Zu-
ständen jener Zeit.*) Im
Jahre 155a wird noch
ein neuer Prior Namens
Hoppener erwählt. Aber
er ist der letzte. Zwölf
Jahre darauf, 1564, wird
ihm die V'erwaltung <les
Klosters vom Rath ab-
genommen, dabei aber
das Versprechen gegeben, dass er und sein letzter Mitbruder bis an ihren
Tod verpflegt werden sollen. Höppcner stirbt als treuer Katholik im Jahre
Der alte Chor der Kirche.
'} D\£ schon von M. Dietrich Schröder in seinem Pap. Meckl. abschnittweise veröffentlichte
Inschrift ist vor ihrer Zerstörung von Crull aufs Gewissenhafteste abgeschrieben, mit den Schtikler-
sehen Abschnitten vcr}jlichcn und im M. Jahrb. XLV, S. 21 — 32, mit einem sehr wenhvollen
kritisch -exegetischen Kommentar abgctiruckt worden.
Vgl. das lateinische Gedicht des Dominikanermönchs Matlhaeus su Wisnur vom Jahc«
1523 bei Schröder, Kirchenhist. d. evang. Mccklenb. I, S. 66.
*) Im Grussh. Archiv zu Schwerin. Vgl. Crain, Die Reformation der christlichen Kirche tu
Wismar, S. 13 — 1$.
Digitized by Google
164
AMTSGERICirrSBEZTRK WSMAR.
1575.') 1689 wird die Kirche als Waisenhaus eingerichtet, der Chor aber
für Gottesdienste reserviert. Mit Errichtung der Bürgerschule an Stelle der
alten Kirche im Jahre 1880 wird der Chor quer durchgetheilt und dient
seitdem im unteren Theil als Turnhalle, im oberen als Aula.
Altar- Die Altarschreine der Kirche sind nach St. Jürgen versetzt (s. o.
Schreine, S. Soff.);«) die Kanzel, ein Werk vom Ende des XVII. Jahrhunderts, in das
Kanzel.
Chor der Kirche des Schwänen KloMcrv
mit der von Brunswig crbauleti HUrj^nichulc.
Triumph- Andachtszimmer des Hospitals zum Schwarzen Klo.stcr; das Triumphkreuz
kreuz. jiiit den Figuren des Johannes und der Maria auf den Triumphbalkcn in
') Crain, 1. c. , S. 47.
*) Von einer K.T|iellc der hl, Jungfrau nnd des hl. Thomas ist in eintr Urkunde vom 5. Mai
1407 die Kede; von einem Altar des hl. Kreiires in einer Urkunde vom 6. Jnnunr I429. Vgl.
'IVcheii's S.immliing iingcitruckter Urkunden im Gro^h. Archiv in Schwerin.
Digitized by v^joo^le
KIRCHE DES SCHWARZEN KIjOSTKKS ZU WISMAR.
St. Nikohi (s. o. S. 1 25); Ueberbleibsel des Uidlweise barbarisch verstümmelten
Levitcnstuhls in da. städtische Museum; die bronzene Grabplatte der Herzogin GrabpUtte.
Sophie nach St. Marien (s. o. S. 54);') ein vermuthhch fiir Ilinrick \()n Haren
bereiteter und ehemals mit Metall ausfjelcgter Grabstein ebenfalls tiach Grabstein.
St. Marien, und zwar in die Nordhalle;*) die übrigen, die noch lesbar waren,
aadi St. Jürgen;') drei Dcnkttcioe, die zu Ehren von Wohlthiitern des Klosters Denksteine.
errichtet waren, des Dietrich von Mummendorp,^) des Johann Moydke*) und
des Gerd Werkmann^ ins städtische Museum.
Glocken. Das Kloster besass — nach alter Ordnung von l'apst Glucken.
Johann XXII. im Jahre 1329 — nur eine Glocke. Sie ist erhalten geblieben.
An ihrem Hals die Inschrift: + C> • tey « ölotle • ^ * TPt • belli •
CU • ]»ce • atlO • taltt • ni*crcccj • \ bmice • or • — Eine zweite kleine
Glocke im Waiaenhause hat die Inschrift: be fegCII ttf ^tttn malet tlie
soe moie 1593.
KldalnuiatwcriE«. Kldnkunst-
1. Silbervergoldeter gothischer Kelch auf rundem Fuss. Der aufrecht
stehende Rand des Fusses ist v«)n Vierblättem durchbrochen. Als Signaculum
auf dem Fuss ein plastischer Krucifixus mit dahinter eint^raviertem Kreuz. In
den I-'inkerbuni^'cn des Knaufes das Haupt Christi als Zierrath. Kelch und
Patene ohne Werkzeichen.
2. Desgl., auf sechseckigem I'^uss, dessen Rand gereift ist. Fuss und
Schaft sind mit magerem gothbchen Maasswerk verziert. Am Knauf der
Name IbOSVS. Auf der Unterseite des Fusses die Inschrift: artlO|bb|
ffgff >C ton I fU X Iniftine | beblt. Der Kelch hat zwei Stempel, einen
Doppeladler und einen querliegenden Anker, ist also lübische Arbeit')
3. Gothischer Kelch mit vergoldetem Fuss von Kupfer, auf rundem
Fuss und Schaft und sehr einfach gehaltenem Knauf. An der Kupa die
Inschrift: DIT . KARR . IS . VON . OLDE . BONSACKESKEN . WEGEN •
GADE • THO . LAVE . VNDE . DEN . SEKEN . THO • DEN . EREN
') Der Stein ihrer Schwesicr Margaretha, der G-m-ihlin des Herzogs RalthaMr, welche 1536
•twrb und ebenfalls im Schwarzen Kloster beigesetzt wurde, ist verloren gegangen.
*i VsL Croll and Tcdwn, M. Jabcb. L1V, S. 144 (*(). LV, S. ita und 118, Aaakc.
n Z. 27.
•) Crull and Techcn, M. Jahrb, LVl, S. 117—120. S, 121, Nr. 2, 4, 7.
^ M. U.-B. 6t 5S (Stiftung sa einer ewigen Lampe un 11. October 1341).
•) M. U.-B. 7870 fStiftung einer Messe im Jahre 1354).
*) Crrrl Werkmann stiftet den BrUdern im Jabie 1403 jährlich 12 Mark »ad eoran prebendom
in olleciba^ duplicandam«,
^ VgL Hoch. z. Gesch. d. Lttb. Goldidimiedeknist, Lttbeek 1S93, S. 8. Arnold Slois
MM von 1508 bis 15 28 im R.ith.
*) Durch VerMshen unter den Va^ sacra von St. Marien (:>. o. S. 65, Nr. Ii) aufgctuhri.
Kur, kar, kan: nd. = Gell». Nach einem Inventar des Heilen Gebtes voa 1676 wfre dieser
Kelch für die Siechen in der I epro-^cric m St. Jakob (^rbnnicht worden, was afaer vielleicht nur
eine Venauthonx ist; Cru— ' Amt d. Ouldscbmicdc, S. 40.
Üiyitizeü by LjüOgle
i66
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
4. , Schlichtes Oblatenkästchen von 1693, mit dem Stempel des Baltzer
C«to (s. o. S. 1 14).
Der nicht unbedeutende Sill)erschat/ des Klosters musste schon im
Jahre 1476 herhalten, um die bei (Jclegenhcit der Reformierung des Klosters
im Jahre 1467 beim Rath der Stadt gemachte Schuld zu tilgen. Der
Prior Johann Brakel hatte einen in einer Urkunde vom 12. Januar 1476
näher bezeichneten Theil des Klostersilbers nach Lübeck in Verwahrung
gegeben. Der Rath liess das Silber mit Einwilligung des obersten Prälaten
vom Dominikaner- Orden holen und verwendete es. (Vgl. Techcn's Sammlung
ungedriickter Urkunden im Grossh. Archiv zu Schwerin.) Nichtsdestoweniger
ergab die Inventur von 1527 noch einen bedeutenden (iold- und Silber-
vorrath : vierzehn vergoldete Kelche mit Patenen, sechs Appollen, elf Paci-
fikalien, zwei Räucherfässer, ein Weihrauchschiffrhen, sieben Monstranzen,
zwei silberne und ein mit vergoldetem Silber beschlagenes hölzernes Kreuz,
drei silberne Köpfe (Reliquiarien), zwei silberne Arme (ebenfalls Reliquiarien),
zwei Marienbilder, eine Krone und allerlei Geschmeide. Im Herbst 1535
nahm der Rath aus dem Kloster an Gewicht 8 1 Mark 7 '1 Loth und löste
dafür 1264 Mark 7 Schill. I.übisch, wovon dem Prior 150 Mark abgegeben
wurden. Weitere Leerungen des Schatzes erfolgten 1558 und 1571. Vgl.
Crull, Amt der Goldschmiede, S. 28 und 33,
Gewölt>escheibe.
Gewölbe- Ueber die schönen alten bemalten und
Scheiben, vergoldeten hölzernen Gewölbescbeiben der
Kirche vgl. den Aufsatz von Crull in der
Zeitschr. f. christl. Kunst V (1892), S. 201 ff.
1.
m
Siegel
des Dominikaner- Kunvetits.
Siegel. Siegel. An einer Urkunde vom 20. März 1469 hat sich das spitzovale
Siegel des Dominikaner- Konvents erhalten. Die Umschrift lautet: S' QOM-
VQHT' RKffi PRHDiaffTOR' 1« WISflRTfKIJ?.
Digitized by Google
KAPEIJ.E ST. MARIEN ZUR WEIDEN ZU WISMAR.
167
Baues.
Die Kapelle St RNarien zur Weiden.
(St. Maria sub salice.)
|aabeschreibung. Die Kapelle St. Marien zur Weiden ist ein kleiner, auf Bcschrci-
der sudwcsllichen ICckc des Marien -Kirchhofes errichteter und mit hung des
Strcljcpfcilcrn bewehrter gothischer Hau, dessen Grundformen ein längliches
Viereck mit von Norden nach Süden gerichteter Längenachse bilden. Sein
Acusseres ist ganz und gar
aus glasierten Ziegeln her-
gestellt und zeigt Formen
und Verhältnisse, die an den
Chor von St. Marien und
damit an die beste Zeit der
I lochgothik erinnern. Ihr
Inneres war mit geputzten
Wandflächen ausgestattet und
einst mit tirei Kreuzgewölben
uberdeckt. Die Dienste,
welche ihre Rippen trugen,
sind erhalten, es sind aus
drei Kundstäben gebildete
Hündcidienste, die auf Kon-
•solen in Form von Köpfen
aus Kalkguss aufsetzen.
Die Veranlassung zur
Krri< htun>; dieses zierlichen
feinen Haues, für dessen
würdige Wiederherstellung
hnffentlich einm.il eine
glückliche Stunde schlagen
wird, ist unbekannt. Die
Kapelle wird mit ihrem
Vikar, Jordanus, im Jahre 1324 zum ersten .Mal genannt.') Wahrschein-
lich war sie damals erst kurz vorher erbaut worden. Etwas über hundert Jahre
später wird die Kapelle, in der »lie Bantzkow'sche Familie .Altar und CJruft besass,
wiederum bei einem Trauerakt in der Stadtgeschichte genannt. Sie nimmt
nämlich die I.«ir-he des hingerichteten Biirgenneisters Johann Bantzkow auf.
Doch ist sein Grabmal nicht mehr erhalten. Eines Glockengusses wegen
') M. U.-H. 4551.
K«p«Ilc S(. Marien zur Weiden.
Dlgltlzed by Google
i68
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
wurde die Kapelle ausgeräumt und der Leichenstein nach St. Marien ge-
bracht, wo er nicht mehr zu finden ist. Vgl. die Chronik des Joh. Werk-
mann im M. Jahrb. LV, S. 120 mit Anmkg. zu Z. 9. Schröder, Pap.
Meckl-, S. 1778. Gegenwärtig ist die Kapelle durch eine Scherwand in
zwei Theilc getheilt und dient, ihren einstmaligen Zwecken entfremdet, als
Schuppen zur Aufbewahrung von allerlei Geräth.
Die Kirche der Grauen Mbnche.
ßeschrei- BE^aubeschreibung. Die Kirche der Grauen Mönche, minderen Brüder,
bung des "'"^ Minoritcn oder Franziskaner, von der heute, ausser spärlichen Resten
Baues. südlichen Chorwand, nichts mehr vorhanden ist, war eine dreischiflige
Kirche mit angesetztem einschiffigen und polygonal geschlossenen Chor. Der
Ehemaliges letztes Gebäude vom Kloster der Grauen Mönche:
Die lateinische, besser Grosse Stadt -Schule, abgebrochen 1891/92.
schlichte Wcstgicbel der Kirche war auf jeder Seite durch einen Windelstein
flankiert.*) Heute ist der Platz, auf dem sich ehemals der Chor erhob und
in dem sieben Mitglieder des mecklenburgischen b'ürstenhauses ihre letzte
Ruhestätte gefunden hatten, ein Garten.
Die Franzi-skaner kommen im Jahre 1251 nach Wismar imd bauen
sich eine Kirche. Diese wird 1283 durch eine neue ersetzt, wobei der
Ritter Helmold von Plessen die Mittel zum Chor und die Fürstin .Anastasia
die zum Schiff der Kirche hergiebt. Vgl. olicn S. 3, .\nmkg. 2. Seinen
Abschluss aber findet dieser Bau erst im XIV. Jahrhundert, wenn eine zu
kritischen Erörterungen Anlass gebende Nachricht bei Latomus (Wcstphalen,
Mon. ined. IV, S. 302 und Schröder, Pap. Meckl., S. 1386) richtig ist, nach
') Crull, M. Jahrb. I.VI, S. 25. Hier muss 1816 für 1810 gelesen werden. Auch ist die
Angabe Uber den Abbruch des Krcurganges ein Versehen. Vgl. die folgende Seite und Crain,
M. Jahrb. VI, S. 101^, Anmkg. t.
Digitized by v^joo^le
KIRCHE DER GRAUEN MÖNCHE ZU WISMAR.
169
welcher der im Jahre 1.555 K'fstorbene Bischof Volrath von Ratzcburg diese
»jetzt völlig ausgebauetc« Kirche einweihte. An der Thatsache selbst braucht
nicht gezweifelt zu werden, nur kann sie dann nicht nach 1355, wie Latomus
und Schröder angeben, stattgefunden haben, sondern muss vorher vollzogen
sein.') Später hört man von KaiK-ll( ii;iii!i;iiiten auf der Südseite derKinhc.*)
In der Zeit der Keformation erhebt hier der Guardian Heinrich Never seine
Sthnme im Simie der neuen Lehre, wie oben S. 17 erzählt worden ist Vgl.
auch, was dort Uber den Schluss des Klosters, der Kirche und des Kirch-
hofes bemerkt worden ist. Die latemische Schule blüht in den alten Mauern
Mlf. Im Jahre 1809 wird, angeblich wegen Baufälligkeit, der Konsens zum
Abbnich der Kirche erwirkt Uld dieser sieben Jahre später, 181 6, durch-
geführt. Der Rest des Kreii/ganges fällt 1839.') Die einzige Glocke, die das
Kloster hatte, war schon 1819 an die Kirche zu Proseken verkauft worden.*)
Wie die Kirche des Schwanen Klosten, so hatte auch die Kirche der
Grauen Mönche einst-
mals ihre historischen
Intdbfiften. Es waren
Nachrichten vom Jahre
7751 bis zum Jahre
1 3 1 8. Das Kirchen-
buch des Klosters hat
sie in Abschriften be-
wahrt, und sie sind
abgedruckt bei Crain,
M. Jahrb. VI, S. 100 ff.
sowie stückweise im
M. Urkundenbuch
669. 1656. 2022.
2126. 3714. ;,S,S7.
Auch nahm die Kirche
noch nach 1590 das
Epitu])!! des um Jo-
hannis des genannten
Jahres ventorbenen
Otto von der Lfihe
auf. 1840 war es
im Privatbesitz , ist
seitdem aber ver-
schwunden. Vgl. die Abschrift seiner lateinischen Distichen bei Crull und
Techen, M. Jahrb. LVI, S. 130.
Von den ehemaligen f&ntlidien GrSbem giebt es keine Spur . mehr. Es
rvhten hier Johann m., Sohn Heinrichs I. (des Pilgers) von Mecklenbuix,
Pisa des ebenuli^ Gnoen Kloaten.
Graumönchen-Kirchhof.
Directorhins.
C. (Irosae Stadt-Schule.
D. Gewcrb«-Schulc.
K. Tiuiiplats.
F. Garten.
') Vielleicht 1348, wonuu Latomus 1358 und 1360 gemacht haben könnte, während
Sd»5d<r tm dem Zwfaspah des Lstoem twisehen 1358 und 1360 die Zahl 1359 acfaoC
*) Vgl. Tcchen's Sammlnog ungednickter Ufkttnden im Gmeab. Aichhr, Urk. von 3. Min
I4II, II. März 1414 und 4. Scptcmbor 1416.
*) Vgl. Crain, M. Jahrb. VI, S. 99 If., besonders S. 109, Anm. I.
*) Verbandlungen 1827. Tit. IV, Vol. 35 [T]' I" Verhandlungen kt bezeugt, dau
Altargerith, Ktonlenchter, Wandanne und andere Leuchter bei Abbrach da Kind» niebt nebr
vorhanden waren. Der Verkauf der Glocke nach Proeeken ergiebt aicb ans den Redinangen
1818/19.
üiyitizeü by Google
AMTSmiCaiTSIIBZIRK WISMAR.
-7-37. Mai 1389; Beatrix von Brandenburg, erste Gemahlin Heinrichs II. (des
I-öwen), •}• 33. Septeml)er 1314', Anastasia von Pommern, Wittwe Heinrichs des
Pilgers, 15. März 1317; Heinrich, f 1321 und Anastasia, f 133 1 (oder
bald nachher), beide Kinder HdnridM des Löwen; Anna von Sachsen,
zweite Gemahlin Heinrichs dos T öwen, -j- 32. November 1327. Ltitgard,
Tochter Johanns III. von Mecklenburg, Wittwe des Grafen Gunther III. von
Lindow- Ruppin, f 1353. Vgl. Crain, M. Jahib. VI, S. 107 — »4. Wigger,
M. Jahrb. L, S. 343.
Das Verzeichniss des rioldes und Silbers im Kloster, das 1530 auf-
genommen wurde, ist verloren gegangen. Doch waren nach Heinrich Never's
Angabe 1535 noch neun Kddie, swet Appollen, zwei Pacifikalien, ein
Weihraurhfass, zwei Monstranzen, ein grosses silbernes Marienbild auf silbernem
Fuss und eine silberne Maria Magdalena vorhanden. 1535 und 1545 gingen
auch diese Schätze in den Schincktiege]. Vgl. Cntll, Das Amt der Gold-
schmiede, S. «9 und 33.
Ehemalige IDeber die ehemalige Bantzkow'sche Siibnkapelle (s. o. S. 1 6) ') geben
Kapdien. m^M wir hier den ebenso lesenswerthen wie beherzigcnswerthen Abschnitt
von Dr. Crull in I)r Techens Abhandlung über die Wismar sehen Unruhen
im ersten Drittel des XV. Jahrhunderts, M. Jahrb. LV, S. 59 ff., Anmkg. 4:
iDie St. Maria, St. Elisabeth, St.
Benedict und AUen Heiligen ge-
weihte, '433, März i, als gebaut
beseogte Kapelle lag im Nord-
westen der Marienkirche nach Negen»
Chören zu, dem Hause Lübsche
Strasse Nr. 28 gegenüber, so dass
zwischen diesem und der Kapelle
ein Hof war. Von dem Grundstück
lAibschc Strasse Nr. 30 ging ein
Garten an der Westseite der Kapelle
Us rar sQdlicheD Fassade derselben
auf den Kirchhof hinaus. Ein
neuerdings gelegter Granitkubus be-
stimmt die Ostseite. Die Kapelle
bildete ein richtig orientiertes Ung-
lirhes Rechteck von zwei (|ua-
dratischcn Gewölben mit einem ab-
gewalmten Satteldache. Der ösülche
('.ewölbfraum hatte allein drei Seiten-
fenster und zwar dreipfostige, der
westliche nur an der Schmalsdte ein
Fenster, während nach Süden und
Norden Pforten waren, l^nter dem
Dachgesimse war ein Fries von
glasurten Vierplssen (»Kreussteinenc)
') Im Vollumund hiess sie: Bantschowen-
Kapdr. Thalslelilieh ww m lagleich «adi
Sshiikapelle zu Ehren des hingniditaten Hinrlk
van Haren. S. oben S. 16.
Banltkow schc äUhnkapelle.
Üiyitizeü by Ljü
EHEMALIGE KAPELLEN ZU WISMAR.
171
angebracht. Die Schmiegen der Fenster und Pforten waren mit Stäben ge-
gliedert Die Dienste bestanden aus drei Stäben, von denen der mittlere
etwas vurtrat^ ihre Kapitale, Kupte aus Kalkguss, werden nuch im Museum
aufbewahrt. In dieser Gesbüt hat die Kapelle, an der Ostseite allerdings
geborsten, sonst jedoc h in Iiaulichcm Stande, bis i S50 gedauert. Der S( baden
war nach dem Gutachten sowohl des Landbaumeisters Schumacher wie des
Baumeisters Thormann mit 50 Thalem zu reparieren, wahrend der Sach»
verständige des Departements der gcistlirhen Hebungen, Maurer -Aeltester
Sorger, die Kosten auf 500 Thaler .ans( hing tind ein iK tiat hbarter Industrieller,
welchem sie im Wege war, die Baufälligkeil der (nachher nur mit schwerer Mühe
niedergelegten) Kapelle nicht aufhlhrte aussurufen. Der Bau sollte fallen und
fiel trotz der ]'.Lrmi!umgcn sämmtlirher Prediger und einer Anzahl namhafter
Bürger und i:jnwohner und zwar ohne oberbischöfliche Einwilligung, weshalb
der hodisefige Grosshersog der Behörde sein AllerhAdistes Mfoällen m*
verhalten sein Hess. — »433» März i, wurden dem Vertrage gemäss jährlich
40 Mark Lüb. für die Vikare auf die Kämmerei angewiesen. 1436, Juli 2,
bestätigte Bischof Paridam von Ratzeburg Kapelle und Vikareien und be-
stimmte zugleich das Verhältniss der Vikare zu dem Pfarrhcrm zu St. Marien.
— Eine Reihe der Vikare findet man in Anschhi'^s an die Chronik. — Bei
der Inventarisierung 1530, August, (CruU, Goldschmiede, S. 28) fand man in
der tBandnchowen Cappellen« t kdch mid i patenen, voisuldeLc V^.
dazu M. Jahrb. LV, S. 45, Amnkg. i.
. Die vnn dem Rathmann Gottschalk Witte gestiftete Kapelle zu Ehren
des Leidens Christi, der hl. Jungfrau, des hl. Nikolaus und der hl. Katharina
«if den Kirclilwf St. IfflioM (Testament vom 4. Deoember 1383)') stand
noch um die Mitte des XVL Jahrhunderts: Vebenicht iil>or die Lehne in
St Nikolai: in der cappelle vppem kerchaue . possesaor olim D. Erasmus
Vedderman, modo filius l'laten.
Ucbcr die mit dem Doberaner Huf verbunden gewesene Kapelle
(M. U.'B. 4563. 5499) ist nichts mehr zu ermittehi. Der von den Hersögen
s.'tkularisierte, zeitweise an Ritter Sj)cdt vergebene, sjjater an Ulfsparre (s. o. S. 68)
und Mevius (s. o. S. 50}, endlich 1670 an die Stadt verkaufte Hof lag im
Kirchspiel St. Nikolai an der Mflhlenstrasse (M. U.-B. 3541, Anmkg.). Im
Jahre 1320 hatte das Kloster mit dciii Pfarrherm von St Marien wegen
Baues einer Kapelle einen Streit. \ gl. M. U.-B. 4169.
Die ehemalige Kirche in dem nicht mehr vorhandenen Ort Alt-
Wismar und die im letzten Viertel des XV. Jahrhunderts an ihrer Stelle
erbaute und dem Piarrherm zu Hornstorf zugewiesene Kifalle snm hl. Kreuz
hat Olli! im Jahrb. XLI, S. 120 — 126, 130 — 150, erschöpfend be-
handelt. Vgl. auch M. Jahrb. LV*^!, S. 26. Die Kapelle wurde 1563 ab-
gebrochen, und mit Genehmigung des Hersogs Ulrich verwandte man iiue
Materialien zum Bau dvr t rsu-u W n^st-rkunst • vor dem Altwismar-Thor.
Alt-Wismar hat, nach CruU's Untersuchungen, in dem Winkel gelegen, der
sOdÜch von der vordoen Vlöte und wesdidi vcmi Müfaltdch begrenzt wird.
Mit der Parochie Hornstorf verbunden gehärte es mit zum Bisthum Schwerin.
Vgl Crull, l. c, S. 125.
Länger hat si( h <!ic zu der T eproserie gehörige, dem .Apostel Jacobusd. \.
geweihte Kapelle vor dem Lübschen Thor erhalten. Iiis ^um Jahre 1631,
in dem sie eingeäschert wurde, hielt man in ihr Gottesdienst. VgL Crull,
M. Jahrb. XLI, S. 125, Anmkg. 43 und LVI, S. a6.
*) Bd Schrtider, Pap. Meckl., S. 1540, unter üUsebcr Jahresuhl.
173
AMTSGBRICHTSBEZIRK WISMAR.
Siegd.
Die Klause vor dein Merklcnburgor Thor gehörte na(
Urkunde vom a. November 1467 zum Kirchspiel Lübow.
gebiradien woid^ ist nidit bekannt. In dem
Eirdien-Visitatioiisprotokoll von 1542 wird sie
noch als zu Lübow gehörig aufgeführt; in dem
vom 24. April 1583 kommt sie nicht mehr
vor. Vfl^ Crull, H. Jahrb. XLI, S. 118; S. 125,
Anmkg. 43; S. 137.
Siegel.
I. SpUzovales Siegel der minderen Kalands-
brudersdutft mit der Umsdirift: S* * RRKTRVSQ »
An Urkunden vuni 22. Mur;c 1419 und
16. AogOBt 1456.
Ausweis einer
Wann sie ab*
Sb|d.
2. Spitzovales Siegel der Marien- und
Gertruden- Bruderschaft mit der Umschrift: i fcat*tlitati# * fitt l tlMde *
et ggectctititl : b*gni^ -f
An dner Urkunde vom ao. December 1481«
Diyitizeü by LjüOgle
AUf J>i:l.ulc 711 \\ |-r:i;»r (vor Oer Kt^'Un'.tJUii'H .
Digitized by v^joo^le
rROFANBAUTEN ZU WISMAR.
Profanbauten.
|ic in Rostock, so haben sich auch in Wismar verschiedene IVofanbauten
aus der Zeit des Mittelalters erhalten, von denen jetzt, nachdem überall
in Magistraten und Hür{^erschaften das Hcwusstsein der V^erpflichtung zur
Rettung dieser kostbaren Dokumente erwacht ist, hoffentlich keine mehr ver-
loren gehen wird.
Allen voran steht
die Alte Schule bei .\ltc Schule.
St. Marien, die geradezu
als ein kleines Juwel
des hochgothischen
Stiles bezeichnet
werden kann. Ks ist
ein Hack.steinbau aus
rothen und dunkelgrün
glasierten Ziegeln mit
reicher Anwendung von
l'^ormsteinen. Leider
Ist vor vierzig Jahren
dem jetzigen Musi-
kantenhause zu Liebe
ein Theil des merk-
würdigen alten Mau.ses
abgebrochen worden.
Der jetzige Ostgiebel,
der dem westlichen
Hauptgiebel des trotz
seiner Verkürzung
immer noch lang ge-
nug erscheinenden alten
I lauscs etwas mehr ent-
spricht, hatte früher
eine andere Gestalt,
er war ein schlichter
dreiseitiger Giebel mit
flinf einfachen Blenden
im Spitzbogenstil. An der südlichen l-'assade ein I'Vies von vier in ein Quadrat
zu.sammengcfiigten Dreiblättern, wie man ihn ganz so am ersten Geschoss des
noch ins XIIL Jahrhundert zu setzenden Thurms von St. Marien sieht, auf
der Nordscite ein anderer, der eine Reihe neben einander aufrecht gestellter
Alte Schule.
Dlgltlzed by Google
AMTSGERICHTSnEZIRK WISMAR.
J
I «
Uli
Kleeblätter zeigt.') Dem XIII. Jahrhundert wird somit auch die Alte Schule
angehören. Abgesehen von den .schönen Verhältnissen der Spitzbogenblenden
und ihres Maasswerks im westlichen Giebel liegt auf den Langseiten ein grosser
Reiz in der Ordnung der durch Stichbögen verbundenen Pila.ster, ferner in
dem schmuck-
reichen Fries
zwischen Unter-
und Oberstock,
sowie ganz be-
sonders in der Be-
krönu ng des Ober-
stocks mit einem
Zinnenschmuck,
der auf offenen
Stichbögen ruht,
unter denen das
Dach nach unten
hin vorstrebt und
durch.schiesst.
Vgl. den ähn-
lichen Schmuck
an St. Nikolai
o. S. 124. Seit
der im Jahre 1 8M0
durch den I^nd
baunieister Ha-
mann in Magenow
geschmackvoll
durchgeführten
Restauration de.s
Baues, der in eine
arge Verwil-
derung gerathcn
war, nachher aber
als Museum der
Stadt eingerichtet
worden ist hat Kapellane! unserer lieben Frauen,
der Eindruck des Ganzen ausserordentlich gewonnen.*)
Kapellanei Von ähnlichem Reiz ist die Kapellanei unserer lieben Franeo.
unserer >fur wechseln hier rothc und schwar/glasierte Ziegel. Der Kleeblattfries,
lieben _^
Präuen.
') So auch in einer weniger schünen Form naclißebildct von Hermann von Münster «n
St. Nikolai und St. Jttrgen. — M. U.-U. 2444.
*) Vgl. Crull, M. Jalirb. LVI, S, 27. Wochenblatt f. Arch. «. Ing. IV, m 48.
3fti
Digitized by v^joo^le
PROFAMBAUTEM ZU WISMAR.
Zimm der Sndhall« u St. NIkohi.
welcher beide Stockwerke trennt, ist den von Hermann von Minister bei
St. Nikolai und St. Jürgen angewendeten Friesen ähnlich und gestattet somit
den Schluss, dass das Haus
der Mitte des XV. Jahr-
hunderts angdUkt. Leider
musste bei Gelegenheit der
im Jahre 1885 mit grösster
( iewissenhaftif^keit durch-
geführten Restauration, bei
der sidi atidi fiir die Ge-
staltung des ZinnenschmuclKs
die sichersten Anhaltspunkte
ergaben , der Hintergiebel
des Hauses wegen fehlender
Mittel unberücksichtigt
bleiben.')
Architektonisch nicht so bedeutsam, aber in hohem (irade poetisch
wirksam ist die aus drei stufenweise an einander gesetzten 1 läusern bestehende
Pfarre von St. Marien. Der vorspringende gothisclie Ilauptbau. der von Pfarre von
grosser Einfachheit ist, dessen bauliche Behandlung aber auf die Spatgothik St. Manen,
um die Wende vom XV. zum XVI. Jahrhundert hinweist, ist mit einem zurttdc-
0 Vgl. Crall, M. Jalub. LVI, S. aS.
Digitized by Google
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
stehenden jüngeren Bau von 1576 verbunden, dessen Giebd durch tiorizontale
Gesiiii^nder ab Erzeugniss der Renussance gekemuachnet ist Der dritte
Theil des Pfarrhauses ist ein Fachwerkbau. Im Saal des Haupthauses ein
unter Tünche verborgener, jetzt aber durdi Kraufe hergestellter Todtentanz.
Der Stifter dieses Todtentanzes ist, wie CniU vermuthet, der im Jahre 1494
als rfarrherr zu St. Marien erscheinende Doctor Dccretorum (Doctor des geist-
lichen Rechtes) Johannes Brügge, Sohn eines W'ismar'schen Rathmannes und
vorher Professor zu Greifswald. Er war ein wohlhabender Mann, dessen
Mittel es gestatteten, sdnem Hause eine kttnstlerisdie Ausstattung zu geben.
In seinem Testament (er starb 1515, vgl. Grabstein bei Crull und Techen,
M. Jahrb. LIV, S. 120, Nr. 11) ist wiederholt von einer antiqua domus der
Wcdem die Rede. Das setzt, wie Tcchcn richtig bemerkt, eine nova domus
voraus. Diese nova domus kann damals nur der hier genannte gothische
Hauptbau sein.')
Rathhaus. Von dem Rathhaus des Mittelalters ist nicht mehr viel sichtbar. Das
ganz alte Rathhaus (consistonuni, theatrum) brannte 1350 nieder. S. o. S. 13.
Das darauf wieder aufgebaute Haus bestand, wie die alten gestodtenen Stadt*
ansichten nothdfirftig erkennen lassen, aus dnem vermuthlich zweigeschossigen
Hause, dessen Langseite der Marktseite zugekehrt war und bei dem der
Schwerpunkt architcktouisclicr Kunst, wenn die Zeichnungen nicht trügen, in
die Giebel verlegt gewesen sein muss. Der ganze westliche Theil, der markt-
wärts vor der Langenfassade vorsprang, war wie in Lübeck ganz aus schwarz-
glasierten Ziegeln hergestellt. Sein Erdgcschoss bestand aus einer Halle von
zwölf Kreuzgewölben in zwei Reihen. Diese Halle ist noch völlig erhalten,
aber ginzlidi verbaut. Auch der schöne Keller unter dem Langsbau ist,
wenn auch durch Barca's Neubau bednträchtigt, erhalten geblieben. Der bc
deutendste Theil des alten Rathhauses wird übrigens die Westseite mit Halle
und i'Lövemng« gewesen sein. Als besondere Lokalitäten mi Keiler werden
1458 das «neue Gelage und 1465 die ^^Rose^ genannt. Um iOoo finden
bauliche Veränderungen statt, wobd dem Gesdunadc der Zeit durch Um-
. Wandlung gothischer Giebel in Renaissance -Giebel Rechnimg getragen wird.
Die heutige Fas.sade, ein etwas schwerer Bau classicierenden Stils von Barca
aus den Jahren 1817 19 hat mit allem Alten gründlich aufgeräumt. Wa.s
noch an Gewi »Iben uiul aiuU rem Mauerwerk im westlichen Theilc erhalten ge-
bUcbcn ist, lässt die Tüchtigkeit und Schönheit des Ganzen ausreichend ahnen.
Das Rathhaus umfasst ausser anderen Räumen einen grossen, von
Michaelsen dekorierten Audienzsaal, femer birgt es das Archiv, die Raths-
bibliothek, sowie dne Sanmilung Wismar'scher Münzen, die von Andersen
angel^ ist")
Kaak. Der KMk auf dem Maikte ward 1799 w^gebrochen.
') Vgl. Crull, M. Jahrb. LVI, S. aS. — Derselbe, N«chricht von einem TmItcnUnz in
Wbinor, S. 3 ff., 7.
>) Vgl. Cnill. M. Jahfb. XXXm, S. 4« ff. «ml LVI, S. S9.
üiymzeo by Google
Digitized by Google
PROFAN BAUTEN ZU WISMAR.
»77
Bude hinter dem Kaihbaut.
Hude am Markt.
(Ehemalige Kärainereidicncr - Wuhnung.)
Von den alten
Budenreiben, die
einst die Nord-
und Westseite
des Marktes ein-
säumten, von der
Stadt vermiethct
wurden und später
nach und nach in
Privatbesitz über-
gingen, ist wenig
erhalten : von
einer noch die
dem Hof des Rath-
hauses zugekehrte
Rückseite. Sic
gehört zu den
»Schusterbuden«.
Westlich an die.se Buden,
nur durch den sog. Schwib-
bogen, einen Durchgang, von
ihnen getrennt, stösst die
ehemalige Wohnung des
Kämmereidieoers, gleich-
falls eine liude, die ein
besseres Bild von dem ehe-
maligen Zustande dieser
kleinen Räume giebt als die
erstgenannte.')
An diese stös.st die
Raths-Apotheke, ein mo-
tlernisicrtes, ursprünglich aber
sehr hübsches Giebelhaus, das
die alten Formen noch er-
kennen lässt.
Von gothischen Giebel-
häu.sern, deren Dr. Crull
seiner Zeit noch fiinfund-
dreissig zählte, giebt es heute
') Vgl, Crull, 1, c, S. 30, wo
auch vort aiiiltrren «Buden« die Rede
ist, die erst in unserer Zeit ver-
ächwiiixlcn siitd.
18
Buden-
reihen.
Schwib-
bogen.
Kämmerei-
diener-
wohnung.
Raths-
.A|M)theke.
(lothische
Giebel-
häuser.
Digitized by v^joo^le
178
AMTSGERICHTSUF.ZIRK WISMAR.
Portale
kaum noch die Hälfte. Aber auch die noch vorhandenen zeigen ihre ursprüng-
liche Gestalt nicht mehr ganz. Von gleiclicr Kon.struktion, die an die der
Häu.scr am Schilde in Rostock anklingt (Hd. I, S. 259), sind der sog. »alte
Schwede« am Markt (Sr. 20,
21) und das Wädekin'sche
Haus in der Altwismar-
ätrasse (Nr. 20). Die An-
ordnung acht.seitigcr Pfeiler
am Giebel und die liin-
spannungvon wimpergartigen
Lichtöffnungcn zwischen
diese Pfeiler sind das Cha-
rakteristische beider Häuser,
die in dieser Beziehung mit
den dem Ende des XV^.
Jahrhunderts angehörenden
beiden sclimuckrcichcn An-
bauten von St. Marien und
St. Jürgen übereinstimmen.
Weiter sind zu nennen
die Häu.scr: Altwistnar-
Strasse 8, 19, 23; Dank-
wart's- Strasse 8, 15;
LUbsche Strasse 29, 68,
70; Hinterm Chor 6;
Bor- Strasse 13 (mit gutem
i lintcrgicbel); Mecklen-
burger Strasse 12 und 24
(beide mit gutem Hinter-
giebel); Sptegelberg 50;
Hinterm Rathbaus 5^ 21.
lunen sehr schönen,
wenngleich einfach ge-
haltenen Giebel halle das
Haus Nr. 13 in der
Altwismar - Strasse; er ist
vor einigen Jahren nieder-
gelegt.
Min mächtiges spitz-
bügigcs, jederseiLs von einer
schlanken .Nische begleitetes
Portal mit einem \'ierpass-
Fries darüber findet man
Papen - Strasse 2 (Hof der
Raths- Apotheke.
l'orinl Piijicn- Strasse 2.
DIgitized by v^jt^ju^le
LUbsche Strasse /u \N isin^^r.
Digitized by Google
Digitized by v^jt^jo^le
i8o
AMTSG F.RI r I ITSBF.ZI R K \V ISNf A R.
AkwUniar- Strasse
Wädokin'sches Haus (AUwismar- Strasse 20^. ]{interm Chor 6.
Digitized by v^j
Digitized by Google
l82
AMTSGEKICHTSBEZIRK WISMAR,
Dankwan's» Strasse 15.
An der Frisclien Cirulic.
Digitized by Google
PküFANBAUTEN ZU WISMAR.
Lubsche Süra;>se 29.
Digitized by v^jOO
PRüFANHAU l EN ZU WISMAR.
185
Digitized by v^jOO
i86
AMTSGERICHTSBBZIRK WISMAR.
Antonitcr von Tempzin), ein anderes {jotliischcs Portal sieht man noch
Schütting - Strasse 2. Einen prächtigen alten I-Vies von den > Laucnbudenc
(Leinweber -Buden) an der Westseite des Marktes hat der verstorbene Bau-
meister Heinrich Thormann seiner Gartenmauer eingefügt.
FibBtenhof. Unter den Bauten des XVL Jahrhunderts steht der Plntenhof obenan.
Er besteht aus zwei Haupttheilen, dem altes und dem neaen Hof.
Alter Hof. Unter dem alten Hof ist der der Kirche St. Jürgen zugewandte west-
liche l'lugcl zu verstehen, ein noch in jiingsler Zeit nicht gerade verständniss-
voU umgeänderter zwdstöckiger Bau, den Herzog Heinrich bei Gel^nheit
seiner Vermählung mit der Prinzessin Helena von der PTalz von i$ i2 auf 1513
auffuhren Hess.') Ob und wieviel noch von dem alteren l'ürstenhof» der
von den Zeiten Heinrich's des Pilgers allerlei Schicksale erlebte, z.B. 1 3 1 1
eine Verwüstung durch die feindlichen Ko.stocker, in diesen Bau aufgenommen
worden, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Statt des alten Windelsteins
fuhrt jetzt eine mächtige gerade Treppe von einem der beiden gesonderten
Eingänge auf der Ostseite her in den oberen Stock. Das alte Gesims,
welches das äusserlidi besser erhaltene obere Stodcwerk vom unteren schied,
ist ohne zwingende Gründe abgehackt worden. Auch hat man die letzten
Spuren gothischcr Fensterbögen bei dieser Gelegenheit verwischt. Nicht
ohne Interesse aber bleibt noch heute eine Reihe schöner Kreuzgewölbe im
unteren Stock, nur ist ihre Wirkung durch Einbauten leider stark beeinträchtigt
wofden. Dieser ahe Hof VfSüt es, von dem ans der oben S. 71 genannte
verdeckte Gang, der 1743 abgebrochen wurde,") zum fürstlichen Chor nach
St Jüigen hinüberfiihrte.
Die Aufsicht über den Bau, über den Lisch, 1. c, alle Nachrichten
gesammdt hat, filbrte der Priester Hemrich Stolp, Vikar an St. Marien, fürst-
lidier Kaplan und Pfarrlu-rr \on T-iibow. Der in den fürstlichen Rcnterci-
rechnungen bei dieser Gelegenheit genannte »neue Bauiueisterc heisst immer
kurzweg nur Georg, der Maurermeister Ertman oder Ertroar Boeth oder Bot.
Die Fenster lieferte der Glaser -Meister Gerdt zu BUtzow und die Steine
kamen aus der Ziegelei des Frohstes von Neukloster.
Neuer Hof. Den neuen Hof, der sich an den el>en erwähnten alten Hof in rechtem
Winkel ansdiliesst und dessen Hauptfassade nach Norden gerichtet ist, baute
der Henog Johann Albrecht von 1 553 auf 1 554 Air seine bevorstdiende Ver
mählung mit der preussischen Prinzessin Anna Sophie, die er am 24. Februar
1555 heimführte Der Platz war nicht frei, siindcrn es stand hier ein im
Jahre 1506 von Herzog Heinrich aufgeführter gothischer Festsaalbau, dessen
*) Liaeh, G«9di. d. flintl. RerideaiKUflHer in Wiamu, Scbvrarin und Gadebnadi. Mecikl.
Jsbrb. V, S. 12— 14.
*> Vgl. M. Jahrb. LX, Q.-U., S. 36.
Üiymzeo by Google
PROFANBAUTEN ZU WISMAR.
187
Mauern beim Neubau mit benutzt wurden, und der wahrscheinlich nur zwei
Stockwerke hoch war.')
Das »lange, neue Haas«, wie es in den Invcntaricn immer heisst, langes,
ist drei Stockwerk hoch. Durch die Mitte des Gebäudes geht eine schön neues Haus.
Der Furstcnhof und St. JUrgen.
gewölbte Auffahrt auf den I lof; links vom Eingänge war die Hofstube, rechts
der Pförtner und anderer Diener Wohnungen; im zweiten Stock war der
»lange Tanzsaal«, im dritten Stock (von welchem man eine reizende Aussicht
hat) der gro.s.sc Kss-Saal, daneben der Herzogin Gemach und die Rathsstubc.
An die östliche Ecke auf dem Hofe ist ein viereckiger W'indclstein (Trcppen-
•,i|Vgl. Schäfer, Haii»i.riLC!«,c V, S. 213. Crull, M. Jahrb. l.X, Her S. iSfT.
Digitized by Google
i88
AMTSGERICHTSBBZIRK WISMAR.
haus) angesetzt, der zu den obcrn Gemächern führt; die Gemacher im Erd-
geschosse haben Eingänge vom Hofe. Vor dem Jahre 1574 war das Ge-
bäude mit einem »Schraubdache in Kalk« gedeckt und unterm Dache
standen Giebd mit kleinen Gemädiern; beide wurden 1574 abgebrochen, weil
unter der Last dieser Gemädier das ganze GelMtude gesunken war. Mit Aus-
nahme der alten Giebel steht noch heute das Gebäude in seinen Ringmauern,
mit den Gewölben und mit den Verzierungen der Ausscnseite, so wie auch mit
dem Windelstein.') Das Interessanteste an dem alten Hau ist der auf italienische
Vorbilder zurückgehende Skulpturenschmuck, theils in 1 laustetn, theils und
noch mehr in gebrannten Steinen. In dieser Beziehung verdienen die Ein-
fassungen der Portale und Fenster sowie besonders die langen Friese mit
Daretellungen aus der troischen Sage (vorne) und aus der Geschichte des
verlorenen Sohnes (hinten) die eingehendste Beachtung.
tBci dem so ganz persönlichen V'erhältniss vieler Bauherren zu ihren
Bauten, welche bisweilen als Hauptlebenszweck und als Garantien des Nach-
ruhms behandelt wurden, mtisste sich eine eigene Kennerschaft und ein
Dilettantismus entwickeln, welcher hie und da die wahre Urheberschaft
zweifelhaft macht. Der Bauherr wird stellenweise zum Baumeister.»*) So
wird es auch beim Fürstenhof zu Wismar gewesen .sein. Dazu stimmt, was
Caselius in seiner Leichenrede auf den Herzog Johann Alhreeht') sagt:
»Er war in der Kunst selbst bewandert und bediente sieh bei seinen Aus-
führungen der auserlesensten Meister; auch folgten die Architekten seinen
Anordnungen und loteten danach das Tagewerk.« Ware es anders gewesen,
so würden wir auch wahrscheinlich ül)er die Baumeister und Künstler des
Fiirstenhofes mehr Nachrichten haben, als uns bis heute zu Gebote stehen.
Gewiss ist nur, dess der »Steinbrenner, Ziegelbrenner oder Ziegelmeister <
Statins von Düren aus Lübeck, der noch 1557 in des Hcr/oLjs Diensten
war, die gebrannten Fornisteine für tien dekorativen SehnuKk des I'iirsten-
hofes zu liefern hatte, sowie dass der Baumeister Valentin von Lyra, s Maurer-
meister des Raths in Lübeck«, bis zu Ende mit seinen Leuten am Bau
thätig blieb, während ein zweiter Maurermeister aus Lübeck, ("»abriel van Aken,
der schon im Jahre 1552 für den Herzog Steine aus den Brüchen von Rull
in Schweden beschafft hatte, sich mit dem Rentmeister Andreas Bessel sowie
mit dem Valentin von Lyra überwarf, in Folge davon bereits im November
1553 den Bau verliess und nachher selbst durch den Herzog nicht zur
Rückkehr zu bewegen war. Es ist femer überliefert, dass noch andere
Maurermeister wie >. Meister .Michel und sein Sohn«, auch einer Namens
Hans Vorring btim Bau thätig waren, dass Meister Jakob Strauss aus
Berlin die Decken der Säle und Stuben mit auf Leinwand gemalten ver-
goldeten Rosen bekleidete, und dass der Name Hans Bermann mit der Zahl
1563 — 1565 auf einzelnen der Medaillon Steine des Frieses im dritten Stock
vorkommt. Aus der Jahreszahl geht her\'or, dass die Dekoration nicht gleich-
zeitig mit dem eigentlichen Hausbau zusammen vollendet wurde, oder aber,
') Wurilich nach Lisch, M. Jahrb. V, ü. 16.
'j y^U BurckhardI, Gesch. d. Renaissance in Italien (SiuttKart 1878) und Sarre in seinem
httbsch atüig'rstaitelen nnd nach vielen Richtungen hin sehr vcnlicn.sdklicn l!ui.I> ' Der Fltrslcnhof
f\\ \Vi<,inar und die norddenlsche Terrakotta •Archilcktar im Zeitalter der Keiiaissance« (Uerlin
1890^ S. 13.
*) Oratio fmoebris in Joannem Albertum diicem.
PROFAN BAUTEN ZU WISMAR.
1S9
dass zehn Jahre nach vorläufiger flüchtiger Vollendung des Ba.ues Inreits
Krga.n2ungcii nüthig wurden. Alle weiteren V'erniuthungen aber, welche bisher
Alles Fcnsit-r vom l-ursleiihot (Hofseite). Gebnitintc Formsteiiie.
angestellt sind, um noch andere Künstler, die in des Herzogs Diensten waren,
mit in die S.iche zu ziehen, fuler um gewisse unläugbare Verschiedenheilen
in der Dekoration zu erklären, entbehren ausreichender Begründung.') Da-
') Vgl. Luckow, Rrstnuration ilcr Fxs.sade des Fürstetihofes iRüsioirk 1882). Sarre. Fürsten-
hof zu Wismar etc. ISt-idc gehen in ihren Vcimutliungtii zu weil.
Digitlzed by Google
Digitized by Google
Digitized by Google
192
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
gegen ist es ohne Zweifel richtig, fiir die dekorativen Gebilde am Haupt-
portal der Durchfahrt und an den ehemaligen Fenstereinfassungen der vorderen
Hauptfassade (auch auf der Hofseite gab es vor der Restauration von 1878
Ilauptportal vom FUrsteithof vor der Restauration. Snndslcin- Arbeiten.
solche Fenster) auf Einflüsse des niederländischen Groteskenstils aus der
.Mitte des XVI. Jahrhunderts hinzuweisen, wie sie in den Stichen der Kor-
nelis und Jakob Floris vorliegen und an den Grabdenkmälern friesländischer
Fürsten in Emden und Jever gefunden werden.') Ebenso richtig ist es, wenn
') S.irre, I. c, S. 19. Auch die Bläiter At^ Kornctis Do-s ;>ind hier in Betracht zu riehen.
Digitized by v^jt^jo^le
mOPANBAUTEK ZÜ IVlSlf Alt.
«93
für die Figuren -Friede und für die mit Blumen und BlAttcm in Relief be-
deckten ehemaligen drei Portale der Hofseite auf die Einwirkungen der Früh-
Renaissance und besornicrs auf die Fassade und die Hofe der Certosa bei
l*a\ia hingewiesen worden ist.') Zu vergleichen sind auch die Mednülons des
Grau Usi>cdale in Mailand und die Pilaster am Chor der Kirche Santa
Maria delie Grazie, die bekanntlich mit ebenso reichen und achfinen Tbon-
vcrzicrungen (besonders hübs<hen Monianten) gefilllt sind wie die Pilaster^
Pfeiler und Zwickel in den Hufen der CertO!>a bei i'avia. Aber in Bezug auf die
Konstnikttonsprinzipien der genannten Portale in der HofTaasade des FOrsteif-
hofes,") in Bezug auf die Art, wie ihre Pilaster den Portalbogen mit seineit
Zwickeln in die Mitte nehmen und mit den darüber liegenden Rautheilen,
Architrav, Fries, Ciesin>s und LUnette, in Verbindung gesetzt sind, verweisen
wir besonders auf die vielen schönen Bauten der Architekten -Familie !x>lW-
bardi in Venedig, die mit ihren S< hulern und Nachfolgern in der zweiten
Hälfte des XV. Jahrhunderts einem grossen i'heile ihrer Vaterstadt eine be-
sondere Signatur gegeben hat.') Im Punkte der Anlage des Ganzen freilich
ladet mit seinem Bilderfries sowie seinem Biisten- und Pilastcrsrhmuck kaum
ein Gebäude so zum Vergleich mit dem Wismar' sehen Fürstenbof ein wie
der 1508 erbaute Palazzo Roverella (jetzt dei Negozianti) in Fetrara. Von
der Gestalt der Fenster freilich und dem im Will, oder XIX. Jahrhundert
ungeschickt eingesetzten Frker oberhali) des Portals muss abgesehen werden.
Im Ucbrigen aber ist die Verwandtschaft so gross, dass es bei dem be-
kannten Verhältniss des Herzogs Johann Albrecht «um Honog Ereole von
Ferrara, mit dem er 1558 ausser Anderem auch über Bauangelegenheiten
korrespondiert, sehr schwer fällt, hier mit besonderen Vermuthungen zurüdc-
xuhalten.*)
0 Loekow, 1. c, S. 7 und 8.
Vor 1878 gab ei hier drei vetsehledene Portale, dn grOeeerct im Flllcd, dne ven nitl*
lerer Grösse (dieses zweimal) und ein kleineres auf drr Langseite des Hoff^ I)ic»-es kleinste und
das zuerst genannte grosste I'ortal sind verschwunden. Dafür siebt man nun das miulere Purtal
nicht weniger als dreianl »nf der Hofteite des HauM*.
' Icli eriiMiLTc liior an die Scuola di San Marco neben der Kirche San Giovanni e Paolo,
auf deren Giebclbildung beim Schlnss zu Schwerin surUcktukocnmen sein wird; an Santa Maria
dei Miracoli, diese innen und aus&en als ein Juwel der FrUhrenaissance zu bezeichnende, verhlltnias-
ndtarig addidite Ideine Kirche; aa die priditige Paaide von San Zaccaria; att nrd Pönale in
San Giov. Crisostnmo ; an das l'ortal der kleinen Kirche de' Gestiati, gegemiher der Giudecca, und
an zwei kleine Eingänge in dwi damit verbundene Ürfanolrufio ed Insliluto dei Sordi-Muti; an
das in der Antichicaetta im Innern des Dogenpalasles und an enuelne CralMlenlnalter in S. Maria
glofiosa de! Frari besonders an das des Dogen Niccolo Tron. f 1473. In zahlreichen Bilder-
rahmen, bronzenen Plaketten u. dergl. m. wenden nachher Kunstler und Handwerker diesdbe
aidiitelitoniiehe Behandlung aa.
*) In der Terrakotta-stadt Ferrara — so könnte sie lieissen, da hier der Ziegelbau mit An-
wendung reichen Schmuckes in sulchom (iradc (iominierl wie kaum irgciiiiuii in ltali!-'i ^»ieiit
es einen liau aus jüngster Zeil, den I'alazzo Gulmclii ^in der Surasse, die vom Castell num Ivlaxzu
Diamant! Ouhrt), der nadi Illerer Wdte von vnten bis oben mit Tenahotten gescbmMcht ist.
Auch an der Ziegdkildie San Hencdetlo sowie am Pata-zu Schifanoja daselbst findet man Formen,
die zum Vcrgleidl hsraogetQgen werden könnten. Auch in Ravenna, auf der SUdostseite von St.
Vitale, finden sidi twd lehOne Prahrenaitsance-Poctale, die den Stil der Lombardi afhmen wid
mit den Wismar'schen Hofportalen verglichen werden konnten. Kine ähnliche architektonische
Bildung sieht man in der zweiten Kapelle von San Francesco daselbst und in dem Sepolcro
di Dante, das allerdings durch spSiere Restaurationen von seinen frllheien Feinheiten sehr viel
dngebOmt hat.
18
üiyitizeu by Ljü
194
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Auf die Arrhitektiir in der" [Stadt Wismar selbst hat der Bau des
Fürstenhofes weiter keinen Kinfluss gehabt. Ausser an den Schlössern
zu Schwerin und Gadebusch finden wir Spuren desselben Dekorationsstiles
in Bützow und Ulrichshusen, Lüneburg, Stralsund und Kiel, dagegen eine
etwas reichere Entfaltung gleichen Geschmackes im Schloss Frcyenstein in
der Priegnitz und ganz besonders an einigen interessanten Lübecker Häuser-
fassaden. Vgl. Sarre, 1. c, S. 2.; — 28, Taf. X — XIIL
Als die Schweden im XV IL Jahrhundert Herren der Stadt wurden,
legten sie ihr höchstes (iericht für ihre deutschen Fiesitzungen, das sog. Tri-
bunal, in den Fürstenhof. Und nun begann die Venmstaltung der Fassade,
Palazzo Ruvcrella in Fcrrara, erbaut 1508.
Mit Friesen and Pilasterti von gebrannten Formsteinen.
besonders ihrer Fenster, bis zu dem Grade, den die vor der Restauration
im Jahre 1877 78 davon genommenen photographischen .Aufnahmen darthun.
Die Restauration der Fassade im Jahre 1K77 und 1878 durch den
Landbaumeister Luckow hat wieder ein ausscrlich ansehnliches Gebäude
daraus gemacht, aber sie fordert zu Bemerkungen über das Verhältuiss des
Neuen zum Alten auf.
Abgesehen davon, dass die s«:hon im XVL Jahrhundert geschwundenen
ehemaligen fünf Giebel, die den Terrakottagiebcln des Schweriner Schlosses
ähnlich gewesen sein werden, nicht wiederhergestellt wurden,') muss besonders
') I.ucknw lM;zcic1inet diese Giel>el seltsamer Weise als > überflüssige • Zutliaten und
vertheidigt ilmcn ({cp<rnubcr mit Berufung auf Rrnmante ein au» Arclütrav, Fries mit Konsolen
Hängeplatte und RiniilcLstcn bestehendes Gesims, liegen letzteres ist gewiss nichts einzuwenden,
wenn es, wie am Palazzo dci N'egozianii in Ferrnra das ursprungliche ist. Das war es aber nicht
Digitized by Google
PRüFANBAUlEN ZU WISMAR.
Digitized by Google
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
die Behandlung der Details angegriflen werden, wenngleich sonst zugestanden
werden kann, dass die durch die Restauration erzielte Gesammtwirkung für
den, welcher den Fürstenhof zum ersten Mal sieht, etwas Ueberraschendes
hat.') Der Restaurator hat zwar den Umstand, dass die Portale und Pilaster-
fullungen auf der Hofseite des Gebäudes von anderer Hand gefertigt waren
als die Fenstereinfassungen auf der Vorderseite, nicht übersehen, im Gegen-
theil aufs Beste erkannt, aber er hat nachher subjektive ästhetische Em-
pfindungen über die Treue siegen lassen, die er seiner Sache vom Standpunkt
des Konservators aus schuldig war. Die Fenstereinfassungen auf der Vorder-
seite, deren eine soweit erhalten geblieben ist, dass sie an den wailand von
Lisch in richtiger F.rkenntniss ihres Werthes gesammelten und jetzt im Gross-
herzoglichen Museum zu Schwerin auflKwahrten Resten vollständig erkannt
werden kann, zeigen einen den Sandsteineinfassungen der Durchfahrtsportalc
entsprechenden skulpturalen Charakter, den man, nach einem im Jahre 1556
erschienenen niederländischen Sammelwerk von Vorlagen des Comelis Floris,
in der Kunstgeschichte als Floris-Stil bezeichnet. Man versteht darunter ein
auf italienische Muster zurückgehendes Grotteskenspiel, das in Gegensatz zu
Altes Fenster von der Vorderseite des Farstenhofes
(nach Lubke).
römischen Gebilden einer gröberen und kräftigeren Ausdrucks weise Platz ge-
macht und an Stelle der Zierlichkeit die Derbheit auf den Schild erhoben
hat, dabei aber in der Erfindung origineller Gebilde eine Mannigfaltigkeit
aufweist, die an monumentaler Wirkung trotz aller Hässlichkeit und Fratzen-
in Wismar. Bei einem steilen Dache , wie es der Fürstenhof hat , ist ein Bramantcscher Gesims-
abschluss nach Art iuüienischcr Palast • Fassaden gar nicht angehr.icht. Denn das hoch Uber dem
Gesims erscheinende Dach hebt die beabsichtigte Abschlusswirkung des Gesimses fast ganr wieder
auf. Wenigstens giebt es schon in geringer Entfernung vom Gebäude Standpunkte des Beschauers,
von denen aus dies der Fall ist. Weil unsere Ahvordern von dem hohen, durch den vorher-
gehenden gothischen Stil sogar zu steilster Höhe geführten Dach aus klimatischen Grtlndcn nicht
lassen wollten, empfanden sie, Baumeister und Bauherren, die Anbringung schmuckreicher, die
grosse Dachfläche unterbrechender Giebel als eine Noihwcndigkeit , und nichts scheint uns weniger
am Platze, als dies Verhältniss der Sache für ein Zugcsiändniss d<;s Baumeisters an sein Publikum
halten zu wollen odrr gar von überflüssigen Zuthaten und Mängeln der Harmonie zn sprechen.
') Der Verfasser verweist hier auf einen von ihm in den »Mecklenburger Nachrichten* vom
J. Januar ißeil. 2} und 4. Januar ^Beil. 3) 1893 vcruflentlichteii Aufsatz.
Vv-r'
Üiyitizeü by v^üOgle
198
AMTSGERICIITSBEZIRK VnSMAR.
haftigkeit der dabei auftretenden Büsten und Hermen nichts zu wünschen
flbrig lässt. Nimmt man die Zeichnung eines der alten Fenster der Vorder*
Seite, wie es in der Geschichte der Architektur von Lübke II, S. 487 und
darnach auf einem der Seemann'schen Bilderbogen, Nr. 139, abgebildet ist,
zusammen mit den glücklicher Weise erhalten gebliebenen photographischen
Aufoahmeplatten des alten Baues von Michaelsen -NN ismar vor die Augen, so
kann man sich von den eigenartigen hängenden Fnii htlnindi ln, schoten-
ähnlichcn Blattbildungcn und der Verbindung dieses niederländischen Grot-
teskenwerics mit Bttsten und Satyrhermen einen Begriff machen.
Diese alten Fenster nun, die während der schwedischen Occupation
thcihvcisc beseitigt oder doch liei vorkommenden Reparaturen verändert
worden waren, stimmten zu den derben Sandsteinportalen der Durchfahrt aufs
Alleibeste. Sie hätten deshalb in alter Weise wieder hergestellt werden
sollen. Der Restaurator aber glaubte sie beseitigen ni müssen. Zwar wurden
die Grimdfurmen, ilie \ertikale Drcitheilung durch steinerne Pfosten für den
Aufbau mit Hermen i)ilastem zur Seite, sowie Gesimse und Giebel beibehalten.
Allein statt der I^ekoration und Ausbildung dieser Theile im Floris-Stil,
welcher dem Restaurator nach seiner eigenen Angabe imkiinstlerisr.h hart,
trocken und dach« erschien, wurde eine lornigtbung gewählt, die sich der
eleganteren, aber auch einförmigeren Omamentation in den Portalen und
Pilasterfülhmgen des Hofes anschl oss. Statt der derben Satyrhernien, wie
sie zu den erhalten gebliebenen grossen, in Sandstein ausgeführten Doppel-
pilastem der Durchgangsportale passten, wurden elegant geschniegelte und
gebügelte Männer- und Frauenhermen in classiderenden» Stil angebracht. Ja
der classicierende Stil gewann sogar eine weitere Stärkung durch alternierende,
von Kränzen und Ranken eingefasste Zeus- und Athene-Büsten in den
Feldern der Fenstergiebel, wo eheilem ein derber niederländischer Frauen-
kopf die Mitte rullte und rechts und links lustige Satyre zwischen Frucht-
bUndeln und Schotcnblättem ihr Wesen trieben. Und zuletzt kamen noch
Eck-Akroterien in Pabnettenform oberhalb des vorgekröpften Gesimses Aber
den Hennen als etwas ganz Neues hinzu.
Das Resultat dieser radikalen Restauration war somit dies, dass von
der gan/.en alten Hauptfassade, ausser den Grundionnen der Fenster und
ausser der Einfiusimg der Durchgangsportale, nichts übrig blieb, und dass
man /wisrlu-n den alten floresken Finfassungen der letzten uii<l den neuen
Fensterdekorationen ein ästhetisches Missverhältniss herausbildete. Niemand
kann das leugnen, mag er den FOrstenhof im Uebrigen noch so schfin und
wirkungsvoll finden.
F.benso schlimm wie die l'etiandlung der Vorderseite des Fiirstenhofes
war eine auf der Hinterseitc desselben vorgenommene Aenderung. Hier
bildeten, ausser den Fensterdnfassimgen, PUastem, Friesen und der Sandstein»
Kinrahmung der Durchfahrt, vier in höchst eigenartiger Weise reich mit
Reliefschmuck in gebranntem Thon geschmückte Portale eine Hauptzierde
des Ganzen, ein grösseres im Anbau, also in dem Windelstein oder Treppen-
hausc des Schlosses, und drei andere, ein kleineres und zwei der (>rÖBSe
na< h zwischen beiden stehende mittlere Portale, auf der Fanuseite des Hauses.
Von diesen lagen zwei, das kleinere und ein mittleres, retiits von der Durch-
fahrt tmd zugleich unmittelbar neben dem grossen Hauptportal in dem recht-
winklig anstr>ssenden Windelstein, das andere \on mittlerer Grösse befand
sich links von der Durchfahrt. In der Hauptanlage gleich, wiesen sie im
Detail klebe Verschiedenheiten auf, die für das Auge etwas sehr An-
ziehendes hatten. AUe drei zeigten aber über einer im Stichbogen gewölbten
Niclit mehr \ui1i-niili.'iiii f^ross-cns iNiiiul auf der IKiiiciic, (iobrannte Foi mslcinc.
Digitized by v^joo^le
I'ROFANBAUl KN ZU WISMAR.
•99
Thüröffnun^f einen zwischen zwei scharf profilierten horizontalen (lesimsen
liegenden hohen Fries, der auf jeder Seite von zwei I'ilastem getragen wurde,
von denen sich die des Portals links von der Durchfahrt als ächte Pilaster
der Frührenaissance mit vertiefter Räche und mit Relieffiillungen darstellten,
die anderen al>er in den drei Portalen rechts von der Durchfahrt als Pilaster
mit auf- und anliegenden reich reliefierten schlanken Halbsäulen vor das
Auge traten. Die Friese ober-
halb dieser Pilaster enthielten
theils Medaillons mit Männer-
und Frauenköpfen, denen ähn-
lich, welche sich unterhalb der
Fenster des Oberstockes be-
finden (daneben auch heraldisch
stilisierte I.owen), theils, wie
im kleinsten Portal, nur Ranken-
schmuck. In den Zwickeln
gab es wieder Medaillons mit
Kankenwerk, und die Ciesimse
waren mit Rundgiebeln uber-
dacht, von denen einer die
Inschrift trug:
IS • COT • MIT • VNS • WOL •
KAN • WIDOER • VNS •
Statt nun diese ent-
zuckende Mannigfaltigkeit zu
erhalten, wurden zwei Portale,
das grosse und das kleine,
vollständig beseitigt und von
den beiden Portalen mittlerer
(irösse nur die Fonnen des-
jenigen l>eibchalien, welches
unmittelbar neben dem Win-
delslein zwischen beiden lag.
Dieses Portal findet sich heute
nicht weniger als dreimal auf
der Hofseite, und zwar jedes-
mal in ganz gleicher Weise
ausgeführt. Ausserdem ist es,
ähnlich wie die FVnster der
Hauptfassade, mit nicht hin-
gehörigen griechischen Mittel-
und Kck-.Vkroterien verziert.
An die Stelle reizvoller Mannig-
faltigkeit ist somit eine weniger
reizvolle Kinförmigkeit ge-
treten, und die Restauration
des Gebäudes hat demgemäss
den Werth des Alten nicht
Kleinstes Portal von der Hintcrsciic des Fürstenhofes. vermehrt, sondern verringert.*)
Gebrannte Form&leine. .
') Die in der Luckow' sehen
Schrift, S. II, anf diesen Wkl sich beziehenden Worte lauten ; >VolUtSndig erneuert, jedoch
strenge nach den alten Modellen, sind die auü l'err.ikottcn aufgebauten Portale der Iluflassaden.
Digitized by Google
200
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Digitized by Google
PROFANBAUTEN ZIT WISMAR.
20 1
Digitized by v^oosjle
202
AMTaGBRICHTSBEZIRK WISMAR.
Aus den vor der Restauration aufpenommenen Photographien von
Michaelsen •Wismar und denen des Architekten Haupt in Hannover, sowie
aus den teider nidit voUstIttdig ins Museum gelangten Resten des grossen
und kleinen Portals und eines der Fenster der Hauptfassade (zahlreiche
andere Reste sollen an verschiedenen Stellen des Fürstenhofes vermauert sein)
kann man den eigenartigen ehemaligen Charakter des Hauwerks ersehen.
Nichts ist mehr zu bedauern, als dass das grössere Portal verschwunden ist
Es war in architektonischer Beziehung eine Art Prachtstück mit Anklängen
an das Portal des Fiastenschlosses in Brieg, das in der Zeit zwischen 1547
bis 1575 erbaut wurde (vgl. Dohme, G^ch. der dtscfa. Baukunst, S. S96)
tmd wobei ein Jakob Par th<ätig ist, zwar nicht derselbe Jakob Par, der
spater in Mecklenburg arbeitet, aber höchst wahrscheinlich doch ein Ver*
wandter desselben (vgl. Saire, Der Fürstenhof zu Wismar, S. 42 ff.). Wer
die Reste des grossen und Ueiaen Portals, die jeän im Kdleigeschoss des
Schweriner Museums so zusammengelegt sind, dass man sich von ihrer
ehemaligen architektonischen Wirkimg ein Bild machen kann, mit Aufmerksam-
keit ttbcrUidtt, der kann Uber ihre Beseitigong nur von Bedauern erfiUlt
weiden.
Ein zweiter Renaissancebau, der besondere Aufmerksamkeit verdient, ist
Kuch'sche die an der Schvveinsbrücke gelegene Koch'sche Brauerei. Sie wurde während
Bianerei. der Jahre 1569 bis 1571 von dem aus Utredit nach Meddenburg ge-
kommenen SteinmebE und Baumeister Philipp Biandln ab Wohnhaus filr den
Ratimiann und späteren Bürgermeister HInridi Schabbelt (oder S^bbel)
erbaut. Die Jahreszahl 1571 steht am Giebel des Hauses, der leider durch
den Sturm am 12. Februar des Jahres 1894 stark beschädigt wurde, und das
Kathsarchiv bewahrt noch den Kontrakt, welchen Baumeister und Bauherr im
Jahre 1569 darüber schlössen. Der Schwerpunkt der Kunst ist in die mit
nisdcierten Filaatem veraehenen Pottale dar Vwderseite sowie in die mit
Pilastera und kräftigen Gesimsbändem belebte Seite und in den auf diese
gesetzten, mit Statuen, Belastungspyramiden, Voluten und Randwerk ver-
zierten Giebel gelegt. Auf der Vorderseite interessieren besonders die beiden
Portale mit den Wappen von Mann und Frau.') Stücke von einem Kamin
des Hauses beßnden sich im Museum zu Wismar.
Sie wsiM nklit gus mit «tmodcr SbcniaitiinmBd, •ornkm iriglm rimdm VoMiUedtidieitcii,
welche bst dtr Rcstanraiion aus malericllcn (irtincicn nich'. litrrlicksichtigt werden konnten; der
Hanptmilenchied xdgte «ich an den i'itiuterbildungcn ; die einen halten flach vorliegsnde
Püitlcr, die «nderen tterlc vorspringende ecMsalte Hsllainleii; kttiefe wnden mgen ihnr
origiaellcn Komi erneuert und dieselben Focmen aa den dritten Portale vermuidt. Die fehlendes
Mittd- und Kck - Akroterien wurden ergänzt.«
Aus diesen Worten allein wUrde man nicht eiKhen, wie das alte Veibältniss war, jedoch
iit der Leeer im Stende, imch dem mi voilier weiter eofefOlirt werde, dei crfiuderlidie äkil dSi
wo «t BOthlg itt, im Gmuen nlmlieh nermel, aelbcr dnmchidwi.
■) Vgl. Hees. Gcadiiclitw|e. II, Nr. 419. Grebeieni In St. Nioolei, M. jelub. LV. S. «$9,
Nr. •20. Epitaph, M. Jahrb. LVI, S. 128, Nr. 11. Vgl. o. S. 141. Ferner die Abbildungen
bei SchciTcn, I. c , Taf. 33 — 25. Nach Miiiheilung des Herrn Prof. Dr. üaupt in Hannover iat
der Giebel de* Scbabbd'achen Ilantea von Pb. Itrandin den Tafeln E und F dea Jan Vredeauw
Digitized by Google
PROFANBAUTEN ZU WISMAR.
»3
Ks wäre nicht untnöf^lich, dass dieser Brandin' s«bo (iielx.-! für die
VeriLndenuii^cn, welche sich viele der älteren Giebel im XVI. Jahrhundert
fefallen lassen musstcn, maassgebend wurde.')
Von IS79 bis 1582 bcsass Brandin das Haus an der Frischen Grube
zwischen 15 und 15 a. An dem Tortal sind zwei Wappen zu beachten,
das von Wolf Ranitzc {Hans. ('Hs<h. -Qu II, Nr. 447) und das Sasse"sche,
das int Schild und auf dem Helm drei nach oben züngelnde Flammen zeigt.
Vgl. Crull, M. Jahrb. LX, Q.-B., S. 4. Das bei Scheffers abgebOdete Portal
ist nicht das l'.randin's( fu-, sondi-rn erst töio intstandcn Das von Brandin
herstammende Portal, da« an dem abgebrochenen Hause Nr. 15a der
Frischen Grabe angebracht war, wurde von J. D. Thonnami aagekanft und
von ihm in etwas verilnderter Gestalt wieder verwendet.
Ein drittes bcachlcnswcrthcs Hauuerk der Renaissance ist die sog.
»WaMerkmat« auf dem Markte, die, wie &chun bemerkt wurden, gleichfalls Wasser-
dn Werk des Philipp Bnmdin ist. Er übemimmt die Arbeit 1580.') Es Ist ^uiut.
ein zwölfaeitiger Bau mit schlanken Hermenpfeilem auf den Ecken und mit
glockenförmiger Hodachung, die mit einer entsprecheiuicn Laterne bekrönt ist.
Durchbrochene luscngittcr gestatten einen Hlick ins Innere. Zwei kleine
Bronzefiguren, .\ix und Ni.xe, vom Volk aber Adam unti l.va gmannt, die
früher im Innern als Wasscrleiter in dem dort aufgestellten liecken befestigt
waren, befinden sich jetzt im Museum der Stadt. Lange Inschriften umziehen
die Felder ober- und unteriialb der Eisengitter. Die obere Inschrift lautet:
2YN 9MO 8. P. Q. W. lOHANNES FRITZE DK HEIDER8TORP MISNIAC
OPPIDO ORIVNDVS FONTEM FELICITER APERVIT I ANNO DOMINI NOSTRI
lESU CHRISTI CID lOLXXI STRVCTVRA HAECCE EXSTITIT ANNO DoMInICo.'j
Im drillen l'cldc f"Igt nun (la> St.uit\v,i])])cn, im vierten beginnt eine lange
Inschrift in lateinischen Jamben und Uistichen die der Stadt mit dieser Leitung
erwiesene Wohlthat auszumalen.^) Die untere deutsche Inschrift vom Jahre
1861 erzählt in schlichter deutscher Prosa die Geschichte der Wasserleitung
von 1571 bis zum Jahre 1861. Vgl. o. S. 19.
de Vfja^Mbcii Weihes tibtt die ioniaclie md dorhdw Ordnung il. Cook excudctMU i5t>3, entlehnt,
d. b. mit deren Httlfe susamiiienkoiiipoiiiert.
') Weitete Werke von dj;m zwischen 1563 und 1594 in Mecltlenlmr;; nacliwei!.h.-ircn l'trcchtcr
Meister lind dat grosse Epitaph des Herxoga Bnrwin im Dom zu GUsU-ow, die Marmor- und
Alatauterdenkmller des Herzogs Ulrich nnd seiner beiden Cemahtinnen ebendaselbst, die gleich
ausführlicher zu besprechende > Wasserkunst« auf dem Markte zu Wismar, drei (uraprtliiglich vier)
Kün^Lilcn in St. M:iricn l-Iji tHlasolljÄt , das I)ordini;'«clie Hpila|di in Sl. Marien ru Knxtuck i'nicht
mehr vorhanden;, da^ IJasscwitz sehe Kpita{)h in der Kirche zu Ua!>sc vum Jahre 1592, das I^enk-
nal der Heraogin Uisuhi in der Klosterkirche t» Ribniu a. «. m. Aasteidm ww er asibr vkl in
und an den Sohlüssern von Schwerin Und Gibtrow bc.<ichäftigt. Vgl. Ssrre, 1. c. S. 35—37.
') Von einer N ollcndiing is» or>t 1602 die Ke<ie, alicr es ist iiirht /u ersehen, wns damit
des NShercn gemeint ist. Was Philipi» Itrundin ai» Ktlnstler daran zu maclien hatte, wird wahr-
scheinlich viel eher fertig gewesen sein. Vgl. Czull bei Sarrr, I. c, S. 36.
•) = 1602.
' Als Verfas^T dieser lateinischen Inschrift wird Grcgorius Jnle angesehen. Hans« Gesch.«
Quellen 11, Nr. 428.
Dlgitlzed by Google
204
AMTSGERICI ITSBEZIR K WISMAR ,
Giebel-
haus.
Fach werk-
bauten.
Mauern,
Thore und
Befesti-
gungen.
Mecklenburger Stra&se i6.
Von der Behandlung der Giebel in der Zeit des classicierenden Stils giebt
das Haus Nr. 16 in der Mecklenburger Strasse vom Jahre 1680 ein Beispiel.
Fachwerkbanten.
Speicher an der Frischen
Grube abgebildet bei
Scheffers. Der, welcher in
der Neustadt war und das
Datum 1575 trug, ist 1895
einem »Bauunternehmer« in
die Hände gefallen. Hof im
Heiligengcist Stift. Vgl. auch
oben Wcdcm von St. Marien.
S. 175.
Mauern , Thore ttnd
Befestigungen.
Von den alten, zur
Zeit der Regentschaft
während der Abwesenheit
Fürst Heinrichs des Pilgers
erbauten Stadtmauern, in denen, wie zu beachten, der altwendische Verband
(zwei Läufer, ein Binder) als Regel erscheint, ist ein erheblicher Theil erhalten.
Wir nennen die Züge
von der Mühlenstrasse
bis zum Altwismar-
Thor, hinter derKlo.ster-
kirche und in der
Gegend des Mecklen-
burger Tliors von der
Papenstrassc bis zum
Liib.schcn Thor, und
zuletzt noch ein Stück
neben der Wippbrücke
am Strande, l^is 1865
war der Ring lückenlos.
Spuren von Zinnen
findet man neben der
Mühlenstrasse und dem
Krankenhause, und
auch beim Mecklen-
burger Thor. Der Wchrgang ist am deutlichsten neben der Papenstrassc zu
sehen. Reste von Wiekhäusem sind im I.indengartcn zwischen Mühlenstrasse
und dem Altwismar -Thor und in der Nähe des Mecklenburger Thors. Von
Von* den alten Stadtmauern.
Digitized by Google
PROFANBATTEN ZU WISMAR.
205
den Mauerthürmen ') stehen nur noch zwei, der, welcher seit seiner Vcrw endung
für die Zwecke der Wasserleitung im Jahre 1682 den Namen «Wasscrthumi«
flihrt, und der gleich zu erwähnende (iefangcn-
thurm neben tlcni Altwismar -Thor: alle übrigen
sind verschwunden. ICbcnso steht auch von den
alten Thoren nur noch eins: das grosse Wa&ser-
thor, ein stattlicher Hau mit biendengeschmücktcn
Giebeln; besonders stattlich erscheinen die
Blenden der Innenseitc. An der Innenseite sind
Ende der fünfziger Jahre zwei Stadtwappen aus
dem X\'I. Jahrhundert, und an der Aussen-
Seite vor wenigen Jahren zwei neue Wappen
sammt einem Friese, der früher nicht da
war, eingesetzt. ICin Stein mit der Inschrift
ANNO 16.4 (nach Schröders kurzer Beschrei-
bung, S. 309, die Zahl 1644) sa.ss früher in der
Wouerthurm.
Stadtmauer. » Das thurm-
artige Lübsche Thor ging
beim Auffliegen der Pulver-
thürme 1699 zu Grunde,
das hausahnliche Mecklen-
burger Thor nahm ein Ende
bis auf die Durchfahrt, als
diese beim letzten Festungs-
bau verlegt wurde , das
gleiche Altwi.smar-Thor
') Nach einem Veneichniss
aus dem XV. Jahrhundert enthielt
die Stadtmnner ausser dem Grossen
Wasserthor, dem PDSler Thor uiul einer un1>enann(en Stelle in dessen Nähe fUndunddreissig
Ucrchfriede und das Schmicdchäuschen, Vgl. 'I'cchcn, Hans. Geschichtsbl. XIX. (1890/91, S. 86.
Schröder weiss noch von achtundiwanzig, Kiir/c Ilcschr. S. J74. Die Wiekhäuser vom Altwismar-
Thor Ins »um W,isscrthi>r siml in dem Merian'sfhcu (ituni1|>laii genau wiedergegeben.
(fefangemhurm neben dem Alcwbmar - Thür.
Digitized by Google
206
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Wauerthor (aussen).
wurde in Folge des Schadens, den es in der Franzosenzeit nahm, abgebrochen,
und das Poeler Thor folgte ihm 1870, angeblich, weil es den Verkehr be-
hindere. Es war
ein mit einem
achteckigen Helm
versehener an-
sehnlicher Thurm,
welcher feldwärts
ganz schlicht,
stidtwärts mit
zwei Doppcl -
nischen und einer
Rosette darüber
geschmückt war
und unterhalb des
Daches einen
Fries von Drei-
blättern zwischen
Rundstaben hatte.
Das Thor hatte
grosse Aehnlichkeit mit dem Gefangen-
thurm am Altwismar Thorc und gehörte
mithin wie dieser dem Ende des XIV.
Jahrhunderts an. Das hausartige Gro.ssc
Wasserthor, die Ilöllenpforte, verdankt
seine Erhaltung dem Um.stande, dass
es in Lübke s Gesch. der Architektur
abgebildet worden war. Der dem Hafen
zugekehrte Giebel, welcher urspriinglich
fiinf Stufen und ebenso viele einfache
schlichte Blenden zeigte, ist um 1600
einfach dreiseitig zurcchtgcmt-xcht und
die.se Form, aus Sparsamkeitsriicksichtcn
vcrmuthlich, sowohl bei der Reparatur
von 1859, wie bei der gegenwärtigen
beibehalten. Das ehemalige Neue Thor,
spätere Fischer -Thor , wie auch das
kleine Wasserlhor. ist in unbekannter
Zeit untergegangen. Nach Crull, M,
Jahrb. EVI, S. 30. Als ehemalige
Doppelthore sind bezeugt das l'oeler
Thor (1498 in Kopmann's Chronik §. 36, \Vai*crtl.or (innen).
M. Jalirb. XEVH, S. 80) und, wie man
einem Grundriss des XVIL Jahrhunderts entnimmt, auch das .Mecklenburger
Digitized by Google
Digitized by Google
20S
AMTSGERICHTSBBZliaC WISMAR.
Thor,') dessen innerer (nicht äusserer) Theil derjenig^e gewesen sein wird, der
im XV^I. Jahrhundert mehrfach das jhohc« Thor genannt wird. Kine sehr
alte, übrigens schlichte Thor Ocft'nung in der iMauer südwärts von dem Schwarzen
Kloster, dat ttbrigens mittlerweile weggebrochen ist, wird das aus der Ge-
schidite Hdnrfdi's des Löwen bekannt gewordene Thor aim Weberkamp ge-
wesen sein. Vgl. o. S. f.
fiefestf- Von den mehrfach umgestalteten alten Befestigungen (vgl. o. S. iitt.)
gungen haben sich, trotz ihrer Demolierung im Jahre 1718, zwischen dem Altwismar-
hren*^ Thor, dem Mecklenburger und Lübschen Thor Wälle und Gräben noch erhalten,
ebenso gicht es noch Reste von den alten Landwehren bei der seit mehr als
zwanzig Jahren eingegangenen Hornstorfcr Burg Anderswo finden sich nur
noch Spuren, oder es weisen noch die Namen darauf hin, wie z. B. Kritsower
Burg» Libadie Borg, Müggenburg und Botheatlmr.
Beischlag- Beischlagsteine, l'.s haben sich deren in
steine. Wismar mehrere erhalten, aber sie gehen theil-
weise ihrer Zerstörung entgegen, wenn sie nicht
anderswohin geborgen werden
können.
I. Mit dem Wappen
der Pegel. Aus der Mecklen-
burger Strasse, jetzt als
Pflasterstein in der nördlichen
Halle von St. Marien. — 2.
Mit dem Wappen der Mön-
nik. Von der EcIm Huiterm
Rathhans und Altböterstrasso.
jetzt als Pflasterstein in der
nördlichen Halle von St.
Marien. — 3 und 4. Mit dem
Schilde der I:Iggcbrecht und
einem unbdcannten (gestärzte
Pflanze) an der Alten Schule.
5. Mit der Inschrift
igC)\](|^) in der Thürtreppe
des Hauses Nr 22 der T.üb-
schen Strasse, früher nebst
einem anderen, der die Auf-
schrift imria hatte, aur dem
Hofe des Hauses Nr. 7 in
BeischUgsteiii
Pcgd'adie» Wappen.
Z. Zt. in St. Marien.
Beiachlagitein
MSnnik*tehn Wippen.
*) Vgl. M. Jahrb. LVIII, S. 87. 1483 *dat nige doer vorme Mekelcnburger dor». Der
Rot des »alten« liecklenimqer Thon ist 1S94 «fnem »Brnrantern^mer« geopfert wanden.
Digltized by Google
Digitized by Google
PROFANBAUTEN ZU WISMAR.
209
<ler I.iil)scli<n Strasse, der Büttelei gegenüber. Mit «1cm Sclulde der
Drolsliagcn i},fctlu ilt: i>lK-n ein halber Hirsch, uiitcii zwei ^'ckrcuzto Schucrter)
und der lu-schrift ficrftcil brui^tj^agCUj, als Schwelle im Hause \r. 67
der Lübschen Strasse. — 7. Mit der Inschrift PAGEL WIRKE8 1681 und
der nebenstdienden Hausmarke« im Museum.
Im Museum auch noch die Köpfe von anderen Beischlagsteinen.
Eingemauerte Wappen und Schilde, die l'.rhaltiinL,' \ tT<li<nt>n , finden
sich an der KrUliKap<>tlieke (Stadtwappen mit dfiii hatmii ANNO 1621); destfl.
zwei Stadlwappen am Giebel des Zeuj^diauscs (sie stammen vom alten Mecklen-
bttf|rer Thor); in einem Pfeiler des giebelseitig umgebauten Hauses Schweins«
brücke 11, nach der Grube hin (Schilde der Familien Gamatze und Vrame,
mit dem Datum 1627); am Hause Nr. 6 der Lübschen Strasse (die Wappen
der I'amilien Hurmeister und l-'lmhof, beide aus dem Krönkenhagen stammend);
am Hause Xr. 8 in dir Horstrassc | Tiiv^LTsclics? Wappen und ein anderes
von 1732); am 1 h<>rwci,'e des ll.inscs Nr. 16 in der rai)enstrassc (Schwan im
Schild und aut' dem Helm, darüber D. B.); am Schabbel schen Gasthause
Nr. 14 der Schulstraase (vorne das \Va]»pen der Schabbel, s. o. S. 140, hinten
im Schilde ein Bär mit Halsband in einem Boot, das er schiebt, auf dem
Helm wachsender Bär); im Hause Nr. 38 am Spiegelberg die Wappen der
Familien vom Have und Stiten; am Hause Nr. 30 der Blidenstrassc- der
Schild der Familie V'elthusen (neu).
Aiisserdt iii bc-walirt das Miisiniin /ahlrt it he , mm Theil sehr schöne
Wappenschilde, die von Hausern der Stadt herstannnen.
Kleinkuostwerke in Privatbeaitz. Kleinkunst-
werke in
Von den silbernen Festpokalen oder - Willkomms i der Aemter haben Privat-
sich nicht weniger als neun erhalten. Vgl. Crull, Amt d. Goldschm., S. 43. besitz.
1. Der Willkomm der Krmu, hat die Inschrift: WEIL DIE VORIGE
HENSE IST ALS EIN GLAS ZV BROCHEN, HABEN WIR DIS SILBERN GE-
SCHIR LASSEN WIDER MACHEN. DAMIDT ES SEINE VVLLE STERKE MOCHTE
BEKOMEN, II SEIN DAR 8 AMTES BECHER ZV GENOMMEN. GESCHEN BEI
GODTHARDT BARCKHOPP VND HANS HÄRDERS LEBEN. QODT WOLDE VNS
FERNER SEINEN SEGEN GEBEN. ANO 1600. REPARIERT • lOHANN x "
BALEMANN < lOHANN « HINRICH LATENDORFF « CARL FRIEDERICH »
AHRENSTORFF * * ÄLTESTN ANO 1767 Di r Stempel des VerfertiL:( r-^
ist ein zungenfiirmiger Schild mit tlen Initialen I E, d. i.
Jakob Eggeier, welcher an Machlohn für das Luth 4 Schill. 6 Pf.
erhalten hat.
2. Der W lilkomm ties Amtes der Töpfer ist v om Jahre 1650. Aul
dem Deckel eine Töpferscheibe, auf der ein Blumentopf steht, doch sind
beide, Sdielbe und Topf, neu. David Thormann Hess, nachdem er den Will-
14
Digitized by Google
210
AMTSGBRICHTSBEZIRK WISMAR.
komm erworben hatte, einen Putto als Hckrönung aufsetzen. Ucr Willkomm
der Töpfer war einstmals mit Inschriften von Namen aus den Jahren 1659,
1682, 1736 und 1763 bedeckt, von denen Dr. Crull kurz vor ihrer Ver-
häminerufig, die im Auftrag David Thormann's geschah, den die Namen
störten, eine genaue Aufzeichnung nahm. Die Inadiriften folgten von oben
nach unten so wie sie hier gedruckt sind: M. GÖRIES WESTFAHL ELTSHTER.
M. DANIEL BARG. M. BALTZER WAHL. M. JACOB
HOLTFRED. JACOB HOLTFRED ANDREAS IRMSCHER.
JONAS HOLM. JOHAN KAHRAV. DANIEL KAHRAV.
CHRISTIAN WEGNER. RVBERECHT PINGERLOS. JVR-
GEN MÖLLER. MICHEL JANSEN. - ANNO 1763 D. 7
APRIL HAT DASZ AMPT DER TÖPFER MEISTER UND «tte T3plaschcil>e
GESELLEN DIESEN UMLAUFFER WIEDER AN SICH ••'""'«"«opfvon .6S2.
GEKAUFFT. DIE MEISTER SIEND GEWESZEN ELTESTER CASPAR HIN. ZEI-
SIG, MEISTER JÜRG. DETLOFF BEECK. DIE GESELLEN SIND GEWASEN
ALTGE8EL JOACHIM HINRICH WAGENER. JOHANN
DANN. HINRICH CONRAHT WEYOEMANN MITZUGE-
NOMMEN. M. C. KAUFFMAff. PETER BIBAU. DANIEL
ZANDER. LORENZ STAHLBERG. H. MÜLLER. J. F.
LANGE. J. G. G. PET. DAHLBERG. PET. GRAMBAU. M.
C.MÄHL. JÜR. STOSS. PAUL FRIED. BIBAU. J.F.EWALD.
C. P. GRÖPLER. .Stempel SB. — ANNO »659 BEI VOR-
FERTIGUNG DIESEN SILBER WILKOM DAMAHLS IM
LEBEN ALTERMAN M. PETER SCHRÖDER. M. BALIZER
LEMCKE. M. CLAV8 HACKER. M. PETER KASZVBE.
M. MICHEL PETERS. DIE GESELLN JOHAN TÜM. AN-
TONIUS WILDE. ANNO 1736 HABEN WIR DIESEN
WIHLKOM REPARIREN LASEN. DIE MEISTER M. JO-
HAN WAHL ALTERMAN. M. OAVIED WAGNER. M.
CASPAR HINRICH SANDER. DIB GESELLEN JOHANN
JORGEN BEHCK ALS ALTQESELL. ANDREAS /g\
HARDNACK. HANS BALTZER MÖLLER. Stempel ^J-
Hiemach hätten wir in dem au.s T B B zusammen-
gesetzten Stempel den des .Mei.sters Timctheus Bilenberg
zu erkennen, der zwi.schen 1656 und 1684 nachweisbar
ist. Kr ist der Verfertiger des Willkomms. Dagegen
mag der Stem]>el S B, der zur Inschrift von 1763 ge-
hört, auf AndiMS Julius Stmburff passen, der 1736 ins Amt trat und daher
recht wohl noch siebenundz\\ anzi<^ J.dire spiiter die Reparatur gemacht
haben könnte. Vgl. Crull, das Amt d. Goldschm., S. 52.
Willkomm der Tupfer
von Timutheus Bilenbeig.
3. Am Willkomm der Sclüffcrkumpanie, 1672 von S B, d. i. von
pban Bomemann, bildet eine Figur den Ständer und trägt den Kelch, dessen
unterer Theil sammt Fuss und Deckel in gespitzten Buckeln ausgetrieben ist.
Digitized by Google
KLEINKUNST UND KUNSTHANDWBRK.
211
Am Kelche sind beideraeits Henkel angebradit Der Fuss steht auf drei
sitzenden Löwen, welche mit ihren I'ranken flösse Kuf^eln rollen. Der
Trauer der Kupa ist eine Art Neptun, der mit einem Beine kniet, und
unterhalb dessen ein Delphin sich windet. Auf dem Deckel eine nackte weib-
liche Figur als Fahnentriigcrin, die mit Wimpel und Schiffsmodell ausgestattet
ist. Die Inschrift lautet: ANNO 1673 IST DIESEII WILKOM VON NACH-
GESETZTEN BNVdER DER EHRLIEBENDEN SCHIFPENOOMPAflNIA VEREHRET
WORDEN VND SEIND DAMAHL ELTESTEN GEWEST CLAVS HANE CLAVS
MÖLDT lACOB WESTPAL HINRICH WESTENDORF IVRGEN SCHÖNFELT MAR-
A TEN SCHRÖDER | BARTOLDVS EGBRECHT HIN-
RICH MAKE lOCHIM SASSE lOCHIM VAGET PETER
BADENDICK IVRQBN KAtSOW | CLAVS GVNTER
Jtj lOCHIM WILCKEN IACOB BAMPOW OHLOFF ARNS
^^J4 DIDERICH FISCHER lOCHIM KNVPPEL | PETER KLVN-
DER HINRICH FINCK lOCHIM KÖHEN ANDREAS
LULCKE lOCHIM GREBBIEN MATTIAS HÖRMAN
IVRGEN HAER ANDREAS HAMM MICHEL WITTEN*
BORO IVRQEN MEHLER CLAVS KAL80W BEH-
RENDT ALBRECHT { lOCHIM SCHMIDT DANIEL
WITHON BBNT PETERSEN lOCHIM QEHRMAN HIN-
RICH BUSCHE HANS HANE HANS WESTPHAL IVR-
GEN WAERNER MATTIAS MATTZEN HÄRMEN VAGET
lOCHIM WITTENBORG lOCHIM IVNGE CLAVS BICKE
lOCHIM LEGGETOW HINRICH HINRICHSEN DANIEL
WITTENBORO PAVEL HINRICHSEN HANS MOLOT •
lOCHIM DREWSEN lOCHIM DEDOW
PETER lEGER. Stadtstempel und
Meisteracichen des Stsffon Bomemann.
Willkomm
der SchahoMcbefSVwUeii
von TinotlMVi Bllenbcrg.
4. Der Willkomm der Schuhmachergesellcn
ist von 1677 und hat den Stempel des /g\
TlmoltMut Bilanberg. Der Stadtstempel ist
verkümmert, aber immer noch zu erkennen. Man
sieht beim Vergleich diesem Willkomms mit di-m
der Töpfer sofort, dass sie von einem Meister
sein müssen, aber die Arbeit \on 1659 ist flotter, frischer, kräftiger, die von
1677 ist flauer, lahmer, langweiliger, der Mdster ist 18 Jahre älter und nicht
besser, sondern schlechter geworden. Der Schild der Deckelfigur ist von 1708,
er hat die Inschrift: • VORSTEHER . | STEFFEN • MAAS : - | ERNST . PEITZ-
NER . ALTGESEL | IACOB KOBO • V • WISMAR | MICHAEL ENGEL : VON |
BERLIN . SCHREIBER :- i lOHAN PAGELS • VON WISMAR 1708 Um den
Rand des Pokals die Umschrift DIS . IST . DER . EHR . BAREN SCHV-
MACHERGESELLEN . IHR . WILKAHM . ZV . DER • ZEIT . ALTER • LEVTTE •
M . HANS TEDE . M • IACOB UNDTWOLT j VOER STEHER lOCHIM • TEDE •
14*
Digitized by Google
313
AMTSGERICHTSBBZIRK WISMAR.
VND IVRGEN «x lARMER • ALT • GESELL BALTZER HASMVLLER HINRICH
LIGNER ANNO 1677.
5. Der Willkuniin der Schmicclcf^csellcn ist von 1602 und 2ei[,'t als
Stempel (Hl- Ikichstabcn d. i. Joh. Georg Beitz Die Krone auf dem Deckel
ist später, anscheinend im Anfange des vorigen Jahrhunderts, hinzugefugt.
Der Willkomm ist ungewöhnlich hoch, er misst mit der Figur 79 cm. Treib-
arbeit in schrägen Rundfalteit am Deded, GdSss und Fuss. Oben auf dem
Deckel eine Laterne mit sechs gedrehten Säulen. Oben eine Kugd, auf der
der Fahneatriger steht. Inschrift: ANNO 1602 IST 0I8ER WILLKOMMEN
VON DENEN GEGEBENEN SILBEREN SCHILDEN DER HUEFFSCHMIEDEN
GESELLEN GEMACHET WORDEN : VND HABEN DIE DAHMALIGEN ELTESTEN
lOCHIM ZANDT CASPAR LIEBERT | ERICH HUMPE lOCHIM VOS AUS FREIEN
WILLEN DAS IHRE NAHMEN DARAUF GESTOCHEN
WORDEN EIN lEDER VEREHRET EINEN Rthlr. ES BLEI.
BET ABER DER WILLKOMMEN DER QESELLEN EIGEN-
THOMUCH I LADEN MEISTER SEIN \ GEWESEN lOHAN
SCHMIDT lOHAN VALENTIN OLKERSSCHAFFER lÜRGEN
BUCHTIEN VND HANS HANSEN. .Ausserdem aiil tleii
oberen Kundfaltcn des Gelasses die Namen von zum
Thdl aus der Fremde zugereisten Gesdlen von 1695
bis 1713. Auf dem Fuss die Inschrift DAMAHLEN
LADENMEISTER lOCHIM POELB PAUL
MEYER. Stadtzeichen und Meisterzeichen
des Joh. Georg Beitz. ,\uf der einen .Seite
der Kahne die Jahreszahl 1785; auf der andern Seite
der Stadtstempel und der Meister- I^Q
Stempel des Johann GetH. TerfMeehar. >a7 ^
6. Der Willkomm der .Schlossergescllen ist dem
der .Schift'erkumpanie ähnlich, aber kleiner, nach dem
Stempel von demselben Meister und aus dem Jahre
1604, hat jedoch keine Henkel, und der Poseidon (wenn
es dner ist) ermangelt des Delphins. Auf dem Deckel
ein Putto, welcher in der linken Hand einen Sdilüssel
und in der Rechten eine Fahne hält Auf der einen
Seite des Kelches das Schlosserwappen, auf der
andern die Inschrift: ANNO 1694 IST DIESER WILKOM-
MEN VON DEN GEGÄBENEN | SILBERN SCHILDERN
DER SCHLOSSERGESELLEN GEMACHT j WORDEN BLEIBET DER GESELLEN
IHR EIGENTUHM j UND SIND ZU DER ZEIT ALTERLEUTE GEWASEN | CASPAR
LIEBELT ERICH HUMPKE | lOCHIM VOSS DAUIT BENECKE | UND HABEN DiSE
4 ELTESTEN 4 REICHST: AUS FREIEN WILLEN DAZU GEGEBEN | LADEN-
MEISTER I HAN lÜRGEN GRAFF V. ALBECHT FRANCK j SCHAFFERS | lOCHIM
WUlklMBBI
der Scfamiakgesdlen
von Joli. Georg Bdu.
Digltized by Google
KLEINKUNST UND KUNSTHANnWFRK.
213
MAAS (ein folfjcndcr zweiter Schaffemamcn ist ausradiert). Dieselben Stempel
wie am Willkomm der Schiffer.
7. Der Willkomm der Häckcrßcsellen von 1704 ist gemäss den Ini-
tialen des Stempels H B von Heinrich Böttcher. Schöne Treibarbeit. Die
Inschrift lautet: DIS IST DER BECKERGESELLEN IHR WILKOM A© 1704 D. 21
SEPT. FERFERTIGET ZU DER ZEIT SIND GEWESEN DER BECKER BÜCHSEN-
SCHAFFER ELIAS WINSCHEFFEL UND DIEDERICH TEITCKE KRUGSCHAFFER
HANS RÖHL UND CHRISTIAN SCHOMAN. Hackervvappen.
Stadt-stcmpel und Mcister.stempel des Heinrich Böttcher.
Mit einem Behang von vierundzwanzig ovalen .Schilden,
die ebenfalls durchweg gute Treibarbeit zeigen.
8. Der Willkomm der Ilut-
macher ist nach «Icm Merk I Q
von Jochim Gada 1719 verfertigt.
Die In.schriftcn in den drei Kar-
tuschen des Hauptfeldes lauten:
DAS LÖBLICHE | AMPT UND
HANDTWERCK | DER HUTMACH
ER MEISTER LJß | GESELLEN IHR
WIL KOM GESTIFFTET ANNO
1719. I ALTERMAN lOHAN HIN :
BOHN 1 SACK .y** ALTERMAN
lOCHIM SCHLICHTING HINRICH
HENCK i ALBRECHT HENCK | DA-
VID HENCK. , GESELLEN < MAT-
TIAS KRVGER ; VON GOLWITZ
JOHAN BOHNSACK | VON WIS-
MAR lOHAN FRIED. HANNE
VON BRICK IVRGEN BOHNSACK
VON WISMAR. II Zwischen der
ersten und letzten Kartusche die
Inschrift RENOVATVM ANNO 1825.
9. Der Willkomm der Keifer
war, nach dem Stempel I G, eben-
falls von Jochim Gade verfertigt
und in seinen Umris.sen dem Will-
komm der Hutmacher ähnlich.
Er ist verkauft worden.
Willkomm
der Schlusstrgesellen
von S(e|>han Bomemann.
Willkomm
der Ilutmacher
von Jochim Gade,
10. Den Willkomm der Knochenhaucr von 1736 hat, nach den Initialen
des Stempels F R, ticr Goldschmied Friedrich Rahm gearbeitet.') Hin mit
') Die unter 2, 4 und S aufgefulirlen Pokale sind mit der Erwerbung der Thormann'schen
Sammlung im Sommer 1S91 im den Besitz des Gros&herzoglichen Museums übergegangen. Der
Digitized by Google
314
ABITSGBRICHTSBEZIRX WISMAR.
vertikaler Fältclung belebter Pokal, dessen put auArebaiitc Konstruktion der
Grundlage seines Fusses folgt, der aus dem Zwolfeck gebildet ist. Die
Ornamentierung ist die des französischen Geschmacks in der Zeit der
R^gence. Die Inschrift lautet: DAS LÖBUCH AMBT DER FLEI8HAUER
UND QAHRBR6TT1R HABEN ANNO 1736 DEN 16. APRIL DI8EN SILBERN »
WILLKOMMEN MACHEN LASSEN . SEIND MEISTERS ZU DER ZEIT GE-
WESEN I M . lOCHIM D . DONAHT ALTERMANN . M . lOHANN H . TIMM AL-
TERMANN . M . THEODORIUS RABE IST LADENMEISTER BEY DIE GESELLEN
GEWESEN . M . MICHAEL GOYERT IST AUCH ZU OER ZEIT LADENMEISTER
BEY DIE GESELLEN GEWESEN • M • BART0L0MU8 HOFFMANN GEORG A •
LANGHOFF ZU OER ZEIT ALTGESELL GEWESEN • M • Hl NRICH TÖHL AUS
LÜBECK lOHANN H QUATUOR AUCH ZU DER ZEIT ALTGESEL GEWESEN
lOHANN SULTMANN ANTHON S KÖNIG lOACHIM lEHMLER . . (Eine
vierte Reihe ist durch den umgelegten Schildcrring verdeckt )
Innerhalb der Inschrift das Schlächterwappen. Die Stempel:
(Frtedr. Rahm).
II. Der Willkomm der Müller, der 1889 bei Auflösung der Acmter
zum Vorschein kam , war von plumper Form , mit Rokokoverzierungen ohne
Zusammenhang bedeckt. Ohne Inschrift. Nach dem Stempel A Z war er von
A. & M. Z«itor angefert^ Für 315 Mark an einen Händler verkauft.
Schränke. SchrUke. Der S. 215 rechts abgebildete Schrank ist am der Sanun-
lunf; Tliormann 1S91 ins Grosshcrzoßliche Museum gekommen. Er repräsen-
tiert jenen iypus der Sjxitrenaissance oder des Barockstils um die Wende
vom XVII. zum XVIII. Jahrhundert, den wir um die Ostsee herum 6nden,
von Holstein bis in die russlsdien Ostseeprovinaen, md der gewöhnlich als
»Danziger Schranke beseidinet wird. Er stammt aus Wismar, der zweite,
links abgebildete aber aus der Nachbarschaft der Stadt, aus Westhof bei Neu-
bukow; er wird also auch wohl von einem Kunsttischler in Wismar gemacht
sein. Sehr verwandt sind verschiedene Schränke im (Irossherzogl. Museum
aus der Gegend von Marne in Holstein und von der Insel Fehmarn.
decken
tmd Wand
He
Täfelung, Grosse Stücke der Tlfelnng aus dem diemaligen Hause der Schiffer-
Hnlz Gesellschaft findet man im Hau.se Hinterm Chor Nr. 9. Decke und Wand«
bekleidnng aus der ersten Hälfte des XVI Jahrhunderts im Hause Mecklen-
burger Strasse Nr. 16; sie stammen aus dciii .Seluvarzcn Kloster. Hoixdecke
kleiduogen. ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderls (mit Wappen der Dargun und
Stüve im Flügel des Hauses Altwismar- Strasse Nr. 10 (am ursprünglichen
Platz). Audi im Hause Nr. 17 der ABC- Strasse dne Holzdecke, dnfoch.
uiMr I gemimte Mul der Kflner befindet sidi cbenfrili in llawin n Schwerin, er wnrde im
l.ihre 1894 flirrkt von der Krarncrkiimji.inic erworben. Der Wülkninni der Schniifdcf^fsellcn sowie
derjenige der Schloss(.rgeäelIcn sind in Privatbesitz; die Übrigen sind, mit Ausnahme von Nr. 9
und tti noch in den Hinden der Innungen.
Digltized by Google
Digitized by Google
2i6
AMTSGERICHTSBKZIRK WISMAR.
Mittelalter- Mittelalterliche TrinkgefÜsse von Zinn (im Besitz von Dr. Crull).
'"Ivf^""'^ I. Ohne Ilcnkcl. Schild in der Form des XV. Jahrhunderts, schräg
gciässc von ■' '
Zinn. gethcilt, vorne zwei (oder drei) Fische in Wellen, hinten drei Sterne. Dann
in zwei Reihen (die obere auf Spruchband) die Inschrift: bllS rf«lCOCiUÖ firVj*
ftVic Mit II 3(^inu ftaiiiicb pottbin intoribbc rib^ nia Jn parc r^q.
Später ist vorne hineingraviert: DIS IST DER TRÄGER COMPAGNY IHREN
WILLKOMM; hinten JACOB HADELER, JOHANN REPPIEN 18 {Trägerzeichen) t4.
Das Geräth ist 22 cm hoch und fasst 2 Liter.
Ein Priester Jacob Briiseke ist unbekannt. Kin Johannes B. war 1489
Pfarrherr zu Zurow und Vikar in St. Nikolai, seit 1463 Mitglied des grossen
Kalands.
Mittelalterliche Trinkgefässe von Zinn.
2. Umschrift: l^lnrlft iiiciifc gjf : bcffeii ftoji || \}e\p (bitte anna.
I V« Liter fassend. Höhe 16' »cm.
Ein Hinrik Mense ist nicht bekannt. Hans M. findet sich 1511
Unter der Inschrift sind Beil, Winkclmaass und l.oth eingraviert.
3. Umschrift, vorzüglich in der Form der Huchstaben: ^CIliA < ÖOlRc*
bat <^ iod||iin = banTibrr.
Mit einem Pegel, 19 cm hoch und genau 2 Liter fas.scnd. Sehr kräftig.
Ohne Vornamen begegnet ein lk)lkebar 1475 und 1477, Hans B. 1505
bis 15 19, ein Zimmermann Jochim Dankwart 1475 M??-
Die vorstehend beschriebenen sind die hier abgebildeten, .\usserdcm sind
noch vorhanden aus dem Mittelalter: einer mit der Inschrift bcffttl ftop Ict
ni.iVini \him lioftcr ün i IcninicHc niciocr bar Icbbcn U iiij f fto');
ein zweiter mit der Iiis* liriü bcffCll > ftop ■ (jaf < TjCnnCll * IllCttCIl *
feil « bat nn got « gnrbid) fi ailir il n: und ein dritter niedriger; und
weiter einer, auf dem nur der Natiie lllOd)oU steht, an den sich ein Band-
Dlgitized by Google
klunkunst und kunsthandwerk.
217
oniatnent anschliesst. - Kin Hans Köster kommt vor 1461 — 1478. Auf
keinem dieser CicOissc findet sich «in Merk^ ein solches erscheint erst auf
einem von 1553.
Du Zinngclassc Uurcli den Gebrauch stark abgenutzt werden, so wurden
früher, als Zinngeschirr noch üblich war, unansehnlich gewordene oder be-
schädigte (icräthe beim Giesser gegen neue mit einem Aufgeld umgetauscht.
In den letzten hundert Jahren ist aber das Zinn im Haus^jebrauch völlig
abgekommen, so dass im Privatbesitze nur wenig, und aus ganz alter Zeit gar
nichts mehr sich findet. Nur bei den Handwerksämtem waren not h I rink-
gefHssc aus Zinn vorhan«len, die aber auch meist den beiden letzten Jahr-
hunderten angehörten und in pokallormigen sogenannten Willkomms zum
Ehrentnulk, oder in Kännchen, den sogenannten Röhrehen, oder in Deckel-
kriigen bestanden. Einzig und allein bei den .\emfem «ler Träger (Bierträger)
und der Hauszimmerleute hatte sich eine Anzahl 'rrinkgefässe von höherem
Alter erhalten, der Form nach jenem gleich, welches nach einem Exem*
plarc auf dem Rathhause in Mölln im KtUIStgewerbeblatt III (1887), S. 112,
1 1 4 abgebildet ist. Die alteren haben die Gestalt eines irdenen Blumen*
topfes, ruhen auf drei hockenden Löwen und sind mit zwei glatten ziemlich
weiten Henkeln VCfSetieilt die jüngeren alier aus der zweiten Hälfte des
XVI. und der ersten des XVII. Jahrhunderts wi rfirn u.k Ii dir Mundung
hin schnell weiter, haben kleinere Henkel mit ornamentaler liehandlung
und ermangehi m istentheils der Ldwen als TrXger.
Siegel. Siegel.
Ausser den sdion bei St Jürgen und dem Schwarzen Kloster auf-
geßihrten Siegeln haben sich noch folgende mittelaltertiche Stempel erhalten:
I. Rundes Siegel der Kranicr niil der Halbbgur des hl. Michael
und der Umschrift: SIGHjüVSD * lltSmORVSQ * m • ^ISfiOnRIK •.
Skgel der Kfinwr. Siegel der Kontor- and Siegel der Kannen- nnd
Xistenmiicher. Crapcngicster,
2. Rimtics Sicf^fcl der Kontor- und Kistenuiachcr mit der Umschrift:
bc • UontDrniacliirQ : Uiftcni.idic : b • Vuifma :
3. KuikU-s Sici^i-l tler Kannen- vind f irapcn!.;ic^ser mit der schlecht
gestochenen Umschrift: ^ cauCIlflCtcr gratJCßCtCr' Ülif (oder III lU?)-
Digitlzed by Google
3l8
AMTSGERICHTSBEZIIUC WISMAR.
4. Rundes Sieg:el der Böttcher mit der Umschrift: lip bat "^^^
amilt • ber läobbrfter •
5. Rundes Siegel der ( ioldschmicde mit der Ticstalt des hl. JCligius
und der Umschrift: btt goitflUßbC tljo bct Vui|mct. Vgl. CruU, Amt
der Goldschm., Titelblatt.
Siegel der KttrKboer. Siegel der Böttcher. Siegel der Schmied«.
Secrelum oder erstes Rathssiegel der Stadt Wismar.
Im Anfange da XIV. JehrfanndeitB gebnecbt, vgl. II. U.-B. 764,
«ber wohl dem XIII. Jahrirandert «ngehörijg.
Ivundfs SicL;<l (Ur KiirschntT mit der Umschrift: \ bCö \ AlltCiS
bet liUrtrclucrrrrc Imii ber Uiirnifr (r in der (k-ltunj; eines verkürzten ()•
7. Rundes Siegel der Schmiede, das noch bei der Innung der Schmiede
und Schlosser im Gebrauch ist, mit der Umschrift >^ S HRBRORV$ß > III •
WISVttÄRlÄ.
Digitized by Google
KLEINKUNST UND KUNSTHANDWERK.
219
Aquamanile.
Sicilianisches Gewebe.
Verschiedenes.
Aquamanile von Hronzc in
Gestalt eines Lowcn, auf dessen
Riicken ein Drache sitzt, der als
Griff dient.
Ehemals im Besitz des
Konsuls (). Lcmbke und In
dessen Familie mindestens
seit 1817. Im Jahre 1882
an einen Händler für 1350
Mark verkauft. Herkunft leider
nicht zu ermitteln. Anschei-
nend aus der zweiten Hälfte
des XIII. Jahrhunderts, späte-
stens aus der Zeit der Wende
vom XIII. zum XIV. Jahr-
hundert. Nach einer Photo-
graphie in Dr. CnilKs Besitz.
Siciliani.schn Clewchc
im Museum zu Wismar.
Ver-
schiedenes.
•\<jua-
manile.
Das hier abgebildete Ko]ddur<:hwirkte Damast- und Seidengewebe gehört
nicht zu den ältesten Stücken dieser (lattung, deren Thier- und Pflanzen-
formen auf uralte textile, zum 'I'heil selbst
in die altgriechische Kunst eingedrungene
Vorbilder des Orients zurückgehen, es ge-
hört vielmehr zu den jüngeren Geweben des
XV. Jahrhunderts, die nicht bloss von
Palenno, sondern auch von Lucca, Horenz,
Bologna, (ienua, Mailand, Venedig und auch
aus Spanien kamen, wo sie el>enfalls alt-
heimisch und zur Maurenzeit l>esonders be-
liebt waren. Vgl. Meckl. Nachri(hten, Beil.
zu Nr. 14 (17. Januar i8t)2). Wir werden
unten bei Gadebusch und im III. Bande bei
Ketschow und Kühn ausführlicher auf diese
seltenen und werthvollen (Jewandstücke zurück-
kommen. Gute Beispiele für die Zeit von
500 bis 1650 na<h Chr. sind abgebildet
bei Kssenwein, kunst- u. kulturgesch. Denkm.
des Germ. Nat Mus., Taf. 2, 7, 13, 28, 32, 40,
44» 45. 55. '03- Vgl. Bulletin de rE.\cursion
de la Gilde le St. Thomas et de St. Luc,
1888, S. 89.
Sicili-
anisches
Gewebe.
Sammlungen. Samm-
Auf den Inhalt des Wuseums för Kunst- und Alterthtimer in Wi.smar '""K^*"
können wir hier ebenso wenig einfachen wie es im ersten Hände für Rostock Museum
geschehen; jedoch maj^ hier, nachdem .schon wiederholt einzelne W'i.smar'sche zu Wismar.
Alterthümer von Bedeutung als dort befindlich genannt worden sind, darauf
hingewie.sen werden, dass dort noch ein Altarschrcin von St. Jürgen aus der
Digitized by Google
320
AUTSGERICHTSBEZIRK WISMAK.
zweiten Hälfte des XI\'. Jahrhunderts ruifbewahrl wird, ferner ein laut Inschrift
im Jahre von V)jnrili brulurfK i;c}(ossener sog. »Schapen«, d. h ein
aus dem Heiligen Geist dahin gelangtes Metallbecken, in das ein Feuerbecken
mit gluiienden Kohlen gestellt wurde.') Man findet dort ausserdem vide Werk-
stücke von Wismar'schen Bauten, femer Oefen, Kacheln,*) Schlösser, Thür-
beschläge, Zinngeschirr von den im Jahre 1890 aufgehobenen Aenitern der
Stadt, Amtsladen, Kuchcnfornicn, ein Messgewand, zwei Leibzeichen (Todten-
hände) in hölzernen Schiissehi,') Rüstungen des Rostocker Schusteramtes u. a. m.
Brunswig- Aus der Sanmlnng des Herrn Baumeisters Brunswig sind an Wis-
schc maricnsicn zu nennen ein silberner Pokal der Schlusser mit Schilderbehang
Sammlung. ^ ^ 212); ein zinnerner Willkomm des Böttchcramtcs von 1655, ebenfalls
mit Behang, ein anderer desselben Amtes und derselben Zeit, aber neu auf-
gearbeitet 1785; ein zinnerner Willkomm der Bauleute von 161 7, der Schiffs-
«immerieute von 1624, der Pantofielroacher von 165 1 und eine sog. Vexierkanne
der Böttcher von 1679; femer Alterüiümer von Rostock (zinnere Kanne und
Wandleuchter); bemalte Glasscheiben aus der Kirche in Dorf Nfccklenburg,
eine messingene Knme aus der Kirche zu Kavelstorf vom Jahr 1693» u. a. m.
Dr. Cnill- Die SammlttOf des Hemi Dr. Cmll enthält u. a. ein Staflfelbild vom
sehe Haken-Altar aus St. Marien, verschiedenes altes Zinngeschirr der ehemaligen
Sammlung, ^pn^jj,^ der Stadt (s. o. S. 216), zwei alte Messingkronen, femer gute Laden
und Schranke, treffliche Gläser u. a. ni.
Mann'srho Die Sammlung des Rentners Herrn Mann zählt ebenfalls einige
Sammlung. VVismaricnsia, luitt r (k-nen besonders ein Stoop der Hauszimmerleutc von 1578
(abgebildet bei Schtltcrs, LIX, Bl. 30, 1) zu nennen ist. Auch enüiält die
Sammlung manche vorgeschichtliche Funde von Wertli.
Wir schliesscn hicmit unsere Aufzeichnungen über die Kunst- und
Geschichts- Denkmäler zu Wismar.
Wismar's Ruf und Ruhm beruht heute wesentlich auf seinen Schätzen
aus dem Mittelalter Sich diese zu erlialten, ist von t^rosscrcm V'ortheil für
die Stadt als jene glauben, welche leichten ilorzcns IjctlmI sind, deren Zahl zu
verringern. Der äussere Anblick der Stadt hat freilich unter der Verkümmerung
') Vel. Kopmann's Chronik von 1485, §. SS im M. Jmhrb. XLVn, S. 79: »to kakn np
den Schapen«. Am II. November 1457 stiftet zu einem gleichen Schapen »in porticu« von St.
Juigcn Lorenz Manderow die crfurdcrltchen Kohlen. Vgl. Techen, Ungedruckte Urkunden im
Grooh. Afchitr.
*} Daninter aocli eine mit dem Namen Ilem Beimean IS63, f. o. S. 188.
*) Vgl. Clikkltr, M. J.ihrb. III, 11, S. 94. IX, S. 485 — 87 CHmm, Kcchtsallertliüiner
S. 627. l'yl, Bcitr. z. PumincrKhcn Kcchtsgcsch. II, S. 78. äictie M. Kunst- u. Gesch.-
üenkm. I, S. 433.
Digltlzed by Google
KLEINKUNST UND KUNSTHANDWBRK.
321
der Kirchthürmc gelitten, der von St. Jürgen ist überhaupt nicht zur Vollendung
gelangt, und die beiden von St. Marien und St. Nikolai haben verloren, was
sie hatten, der eine seine Spitze und der andere ausser seiner Spitze auch
zwei seiner Schildgiebel. Zugleich sind die bdden erhalten gebliebenen Giebel
des zuletzt genannten in störender Weise verkürzt Die Thürme wieder«
herzustellen und somit der äusseren Eradieinung der Stadt alten Glanz zurück-
zugehen, wäre erstens eine würdige Aufgabe ftir {Mtriotisch gesinnte Männer,
weit In- die Mitte! dazu besit/cn oder zusammenzubringen verstehen, und zweitens
die beste \'orbcreitunj,' für die in Aussicht stehende Jubelfeier des Jahres 1903.
Quod Ueus bene vertat!
Entet graiMs Stadtiiegd v«a Wfamw, abgebildet If. U.>B. 764
(vom Jahi« 1256).
Kleine» Siegel (Signum) der Stadt Wisow
Vgl. M. U.-B. 7911.
Dlgltlzed by Google
222 AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Du Pfivrdorr Kirchdorf auf PmI.
Geschichte
der Insel
und des
Kirch-
dorfes.
jon der Insel Pocl (Pocle, I'öle, Pole, Pule, Pule, soviel wie »flaches Feld«)
hören wir urkundlich zum ersten Mal in den sechziger Jahren des XII.
Jahrhunderts. Im Juli (163 bestätigt nämlich i'Irzbiächof Hartwig von Hamburg
dem Domkapitd xa Lübeck die Schenkungen des Sadisen« und Baieni>Henog8
Heinrich des Löwen» darunter die Zehnten von der ganzen Insel (dedmam
cum censu totius prouinde in P61e) sowie den Besitz eines Dorfes ebendaselbst,
und sieben Jahre später erfolgt die Beurkundung derselben Sache durch den
Kaiser Barbarossa.') Dass dieses Dorf das jetzicje Fährdorf (Vere, Vera,
vulgo Fähr) ist, erfahren wir aus zahlreichen späteren Urkunden des Xill. Jahr-
hunderts.*) Man hat diesen Akt des Weifen-Herzogs auflallend gefunden, weil
doch die mecUenburgisdien Bisthttmer Ratzeburg und Sdiwerin näher gelegen
gewesen seien als das von Lübeck.*) Es fdüt auch an Angaben von Grttnden
für diese Massrcgel, aber es darf nicht die gewaltige organisatorische Macht
und Kraft der alten Kirche übersehen werden, tlic es im Hinblick auf ihre
civilisatorischen Aufgaben für richtig hielt, dem weltlichen Arm des Landes-
herrn möglichst viele geistliche Autoritäten gegenüberzustellen. Zu den bischöf-
ttchen Sprengein von Camin, Havelbeiig, Schwerin und Ratsebuig ward audi der
von Lübeck gesellt, um Antheil an den mecklenbuigischen Territorien zu haben.
Die Folge davon war, dass diejenigen, welche später für das lübische Dom-
kapitel sowie ßir Vikareien und Hospitäler in der alten Stadt an der Trave
Stiftungen zu machen wünschten, auch auf der Insel Poel Besitz und Rechte
zu erwerben suchten und somit eine Menge von Beziehungen Lübecker Bürg^
zu der kleinen fruchtbaren mecklenburgischen Insel hinüber entstanden.*) Im
Besonderen war es das Heiligengdststift zu Lübedc» das auf Poel un Jahre 1344
nicht weniger als vier DGrfer von den Herren von Stralendorfl* erwarb, nämlich
Seedorf mit Neuhof, Brandenhusen, Weitendorf und Wangern.*) Doch finden
wir, nachdem <lii- iiisj>riinglich auf PdcI wohnenden W enden durch deutsche,
schon vom Fürsten Heinrich Burwin herbeigerufene Bauern'') immer mehr in
■) M. U.-B. 7*. 91. Vgl. rcfMT 8j. Sa. 167.
*) M. u.-n. 791. 980. 1003. 1542. 1703. soBs. «381. S480. S536.
•) Wiijgcr, M. Jahrb. .XLVm, S. a.
*} H. U.-B. 3t3. 59s. 730. 79t. 795. 80s. 1003. 1004. 1098. 1541. 8o8a. 8757. 3089.
3446. 3472. 3668. 3839. 4178. 4179. 4180. 4182. 4433. 4435. 4525. 4692 4919. 4924. 4927.
4981. 4998. 5031. S°33- $09^- S^oo. 5404. s6ij. 5671. 5866. 6114. 6208. 6360. 6379. 6460.
6469. 6555. 6730. 6734. 6735. 6857. 6925, 7497. 7609- 7788. 79S*. 8599. 874«. 8890.
10338.
») M. U.-B. 6469. 6470. 6857.
*) Es begegnen uns in dcu Lfkun<len des XIII. und XIV. Jahrhunderts die BancrMUneil
Abbo, KfM, Gowke, Herder Witt, Winter, Eier, Timme, Weitendorf, Bode, Solde, Techd, Wii-
Digitlzed by Google
PFARRDORF KIRCHDORF AUF FOEL.
233
den Ilintcrgnind fjedrängt waren und zwischen dem I^-indesPiirstcn und dem
Liibcckcr Hiscliiif t ine Tlieilunf» der Kornzehnten im Jahre 1210 vereinhart
worden,') auch die Kloster Doberan") und besonders Cismar*) sowie einzehie
begüterte Private vom benachbarten Festland her mit Anrechten oder mit
kleinerem oder grösserem Grundbesitz auf der Insel vertreten. Unter Privaten
ist CS, soweit die Zalil der Urkunden den Au-sschlag giebt, in erster Reihe
die Familie Körneke in Wismar, die auf l'oel den meisten Misitz cr\virbt.^)
Auch die Fürstin Anastasia, die (Icniahhn FIcinrich s des Pilf^-^crs, der die
Insel mit ihren landeshcrrhchen lankiuilten als Lcibgetlinge vcrscluiebcn
war, hatte hier mitten zwischen den liaucmdörfcrn einen Mof >üp deme
Velde«, der vom Vogte Willekinus und seiner Gattin Ghese verwaltet wurde
und der Fürstin zu gelegentlichem Aufenthalt diente.*) Ein Jahr nach ihrem
Tode aber, der auf den 15. Marz 13 17 scheint angesetzt werden zu müssen,")
vollzieht sicli ein l-'reigniss, das l'nr <iic niittelaltcriichen Verhältnisse der Insel
Poel als das einschneidendsf 0 hczi K hnet w erden nniss. Am 22. November 13 18
nämlich verkauft Fürst Hcmrich Ii. von Mecklenburg unter dem Druck seiner
Sdnitden (urgcntibus nos oneribus debitorum nostrorum), in die er durch seine
zwar durchw^ glücklich geführten, aber auch sehr kostspielig verlaufenen
Kriege gestürzt worden war, und unter Zustimmung seiner Nichte Luitgard,
der Krbin des I.eibgedinges der Anastasia, die ganze Insel l'oel und sieben
Dörfer des benachbarten Festlandes sammt allen fürstlichen Beden und Dienst-
forderungen für eine Summe im Gewicht von 321 50 Mark wendischen Geldes
zu vollem Kigenthum an die Ritter Melmold von Plessen, I3erthold und Gott-
schalk von Preen zur einen Hälfte und an Friedrich von StralendoHT nebst
den Söhnen des weil. Ritters Heine von StralendoHT d. j. zur andern Hälfte,
von denen diese bereits in früherer Zeit einen Theil ihres Vermögens in Poeler
Renten und Hebungen an<,'c!eq^t hatten ') Fs bedeutete dieser Akt eine Fin-
schränkung der landesholicitliclun Rechte. Denn in der Folge sind es die
drei genannten Ritterfamilien, welche, wie dies viele der bereits angeführten
Urkunden darthun, jeden Kauf, Verkauf und Tausch von Grundbesitz und
überhaupt alle hiemit vorgehenden geschäftlichen Veränderungen in erster
'Linie urkundlich gutheissen und bestätigen. Doch unterlassen sie es als
getreue Lehnsmänner niemals, gletclizeitig auch die landesherrliche Konfirmation
zage, Huck, Batk, Timme von ili r Möhltn, Laiigi wirdiT. IIoIiIl-, Riüjjrr, Schuh, Hurmeistcr,
Wiide, Wend, Kneese, CruUvit?, PuUckow, Langckrügcr und andere aus Vornamen wie Hermann,
Nikoliu, Friedrich, Hartwig. Michael, Henning ti. s. w. enWandene FunilltiMWimn. Unter den
Bauern des XIII. Jahrhunderts wnr Abbo von l'ucl der «nfeadicnste. Vell» iiiin* tun COloous
heiait er in einer Urkunde von laSo (M. U.-B. ISS4)-
•) M. U.-B. 197.
■) M. U.-B. S779. 1319.
») M. U.-B. 4255. 4257 46:3. 4653. 4827. 49>9"2i. 4924^26. 5031. 5037.
*) M. U.-B. 4690. 4693. 4695. 48S7 — 89. 5584 86. 5603. 5604. 5705. 5714. 57"7-
5767. sMa.
') M. U.-B. 2297. 2757. 3089. 3446.
•) M. U.-B, 3887.
^ M. U.-B. 4025. Vgl. dazu 3219.
324
AMTSGBRICHTSBBZIRK WISMAR.
einzuholen, wie es im Jahre 1318 fest.Ljc.stellt worden war. Mit diesen weit-
gehenden welthchcn Rechten zusammen legt der I^ndcshcrr auch das jus
patronatus Ober das Kirchlehn in ihre Hände. Trotz späteren Wiederverkaub
einzelner Dörfer und Hufen, wie z. B. an das Hetligengeiststift zu Lütieck (s. o.)
hatten die genannten Rttteigeschlechter ihre Rechte Jahrhunderte lang gew.ihtt.
Dies ersieht man u. a. daraus, dass der um 1594 das Amt führende Pastor
Stephan Köhne von den Herren von Stralcndorff" cintjesetzt war, während sein
V^orffänger, der Kirchherr Laurentius Wüsthol, im Jahre 1553 von licrnd
von Plcssen auf Damshagen berufen w urde. ) Dass der 1 lerzog Johann Albrecht
den Versuch gemacht hatte, ehemalige Redhte wiederzugewinnen, ergiebt das
Kirchenvisitationsprotokoll von 1594, welches lautet: »Das jus patronatus soll
mit den Stralendorffen zu Goldebec und unserm gnädigen I'ürst und Herrn
streitig sein-. Den ersten vorsichtigen Anfang dazu machte der Herzog im
Jahr 1553 mit einem Hricf an <len alt gewordenen Kirchherrn IVanz Werk-
meister, in dem er ihn aufforderte, die Herren von Stralcndorff dazu zu ver-
anlassen, dass sie Lorenz Wüsthof, der ein sehr geeigneter Mann sei, als seinen
Nadifolger einsetzen möchten. Das geschah denn auch, wie bereits bemerkt,
durch die mit den Herren von Stralendorf zu gleichen Rechten gehenden
Herren von Plesscn. Aber ein förmliches Aufgeben des jus patronatus hat
nicht stattgehabt. Auch Versuche anderer Art, in l'ocl wieder festen Iniss
zu fassen, wie sie Johann Albrecht's Vater, Herzog Albrccht der VII. mit
einem Haus auf der Drenow und dem Projekt eines andern bei Gollwitz
gemadit hatte, schlugen fehl.') Nachdem aber der Herzog in Folge der
Säkularisation wieder in den Besitz der geistlichen Güter gelangt war, soweit
sie nicht Hospitalgüter waren, erbaute er 1562 südlich von der Kirche im
damaligen Flcckenhagen ein Haus, das zwar nach dem Tode des Herzogs
1576 wieder verfiel, später aber der Anlass wurde, dass der Herzog Adolf
Friedrich an derselben Stelle von dem Haumeister Gerhard Kvert Pilooth aus
Emden ein vollkommen befestigtes Schloss aufYuhren Hess, das mit einem
Aussenwerk verbunden war, dessen Mitte die von Anfang an, wie es scheint,
ausserhalb des Dorfes angelegt g^ewesene Kirche einnahm, ein Sddoss, in das
nachher kein Geringerer als König Gustav Adolf von Schweden zu zweien
Malen (1620) einkehrte, in dem der Herzog mit seiner Gemahlin Anna Marie,
der das Amt l'uel als Leibgedinge verschrieben war, in den folgenden Jahren
manche glückliche Tage verlebte, das aber am 21. November 1627 den Kaiser-
lichen übergeben werden musste und bei ihrem Abzüge am 9. October 1631
in einem so verkommenen Zustande befunden wurde, dass der Fürst keine
Freude mehr daran haben konnte.^ Vollends zu Grunde richteten es dann die
Vgl. die KiidienviiiUtionsprotokoIIe von 1553 und 1594 im Grauh. Arciüv.
*) Wigger, Die Pettvng Poel, M. Jahrb. XLVIll, S. 4 und $■ Vgl. dam Usd, Ueber
die Drenow auf Poel. M. Jnlirb. XLI. S. iio — 112.
*) Vgl. die ausführliche HtschroibuiiK <ii-s Schlosses von Wigger im M. Jahrb. Xl.VItl,
S. nach einem erh»lienen Inventar von 1633 und nach Haureclinungen , die im Grossh.
Arcbtv «itbewahrt werden.
rPARRDORF KIRCHDORF AUF POBL.
22$
Schweden, Hie, seitdL-ni Mccklcnhut!^ l'^.^5 niit flcni Kai-^cr srinen I'"rir(U'n
gemacht halte, als Heinde im Lande hausten und dazu die Insel l'oel und das
feste Haus darauf 1638 noch einmal den Kaiserltcfien für kurze Zeit überlassen
mussten. Als 1648 Wismar, l'oel und Neukloster an die Krone Schweden
abgetreten waren, verlieh die Königin Christine die Einkünfte von Poel ihrem
späteren Nachfolger Karl X. Im Jahre 1662 finden wir den schwedischen
Reiterobersten Graf Anton von Steinberg im Pfandbesitz der Insel, die aus
Digitized by Googje
226
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
den Händen seiner Wittwc Katharina Ribbing erst 1692 in den Besitz der
Krone zurücligelangte. Die Schweden legten Poe! als Festung keine Bedeutung
mehr bei. Dafür machten sie Wismar seit 1680 zu einer starken Festung
(s. o. S. 23) und eibauten auf dem Walfisch jenen hohen festen Thurm, den die
Dänen und Brandenburger am 2. Februar 17 18 in die Luft sprengten. V^om
Schloss, das als »Gräflich Steinberg" sches Schloss« bezeichnet wurde, hei.sst es
in einem Amtsbericht von 1700, es .sei ein schönes, mit einem hohen schlanken
Thurm versehenes Gebäude gewesen; der eine Theil sei bereits eingestürzt,
der andere dem Einsturz nahe, nur die unter dem Walle befindlichen Pferde-
stalle seien wohl erhalten. ')
EheniaHgcr Thurm auf dem Walfisch zwischen Wismar und Poel.
Einige Dezennien später gab es nur noch Ruinen, und heute ist von
der alten Herrlichkeit nichts weiter als die hohe fünfstrahlige Sternschanze
erhalten, in der das Schloss einstmals .stand, und dazu das Vorwerk, aus
des.sen Mitte sich die Kirche mit ihrem Thurm einsam erhebt.
Ob und wie sich Schweden 1648 mit dem Patronatsrecht der Kirche
abfand, darüber fehlt es bis heute an Akten. In der Folge waren es schwe-
dische Superintendenten, die die Prediger auf Poel ins Amt wiesen. Als aber
l'oel 1803 wieder mecklenburgisch wurde, übernahm der Herzog von Mecklen-
burg das Patronat. Ferner wurde durch den Reichsdcputationsschluss vom
23. November 1802 festgesetzt, dass der Herzog die Rechte und das Figen-
thum des Lübecker Hospitals sowie freie Hand in Hinsicht der Admini.stration
') Vgl. den sehr leseniwerthen AufsaU vi>n Wigger im M. Jahrb. XLVIII, S. i ff.
d by Google
PPARR]X)RF KIRCHDORF AUF POBL.
327
erhalten solle, wogegen den m urti Unterthanen die ungestörte ICrhaltung der
zur Zeit der Abtrctiinj^ nt)\\ allt iuli n politiscluii X'crfnssiing, soweit solche auf
giilti}^en \'crtra}:jeii /.wischen dem Rej;enten und dem Lande, auch anderen
reichsgesetzlichen Normen beruhe, zugesichert wurde. Nichtsdestoweniger kam
es sofort zwischen den tlöbischen« Bauern auf der einen Seite und Kammer
und Amt Redentin, oder besser gesagt, dem Herzog auf der anderen Seite
w^en Eintreibung einer ausserordentlichen Hufensteuer zu einem Prozess, der
zwar den Bauern im Jahre 1806 eine vorläufig günstige KnLscheidung durch
das Rcichskamnieri^cricht in Wetzlar einbrachte, aber in Folge der Aufhebung
dieser obersten Instanz in demselben Jahre, nicht zum Abschluss gelangte,
EiqgMgitlior nnlcflMdb des Wallei tum Schlou.
sondern bei den mecklenburgischen (lerithten weiterspielte und erst vor
wenigen Jahren zur /utricilenheit beider riieilc Ixi iuk t uurde. Die Hufen
und Gehöfte der lubischen«' Bauern werden demnach jetzt im Gegensatz zu
denen der eheiualigen »schwediscfaenc Bauern, die in anal<%;er Weise wie im
übrigen Mecklenburg in Erbpächter umgewandelt sind, im Mecklenb. Staats-
Kalender als »Eigenthum« bezeichnet*)
Kirche. Wie die meisten Kirchen, so ist auch die zu Kirchdorf auf Kirche.
Peel, wie mit den Augen deutlich wahrgenommen werden kann, das Ergebniss
eines älteren Baues aus der Periode des Ueberganges vom romanischen zum
gothischen Stil und das eines jüngeren Baues mit Aenderungen und Zusätzen
'} Vgl. Kaabe-Quade, M. Vaterlandskunde I, S. 805. In der älteren Ausgabe I, S. 639.
16*
Digltlzed by Google
228
AMTSGERICl ITSliKZIRK WISMAR,
aus der gothischen Zeit. Als man die alte Kirche abbrach, liess man die
westliche Gicbclscite sowie die W ände des I-nnghauscs bis ungefähr zur halben
Höhe der alten Fenstereinfassungen stehen, ebenso auch das Mauerwerk des
KiTclic zu KircliJurf auf I'ocU
alten 'Ihurnies, dessen östliche Seite auf der westlichen Mauer der Kirche
ruht. Heim Xeubau setzte man dem Langhanse Strebepfeiler und Dienste an,
erhöhte die Wände, spannte Gewölbe ein und wandelte die alten Schlitzfenster
in zwei- und dreitheilige Spitzbogenfenstcr mit je einem oder zwei Pfosten um.
Digitized by Google
PFARKDOKF KIRCHDORF AUF POEL
229
Der Chor aber wurde in der inzwischen üblich gewordenen Konstruktion aus
dem Achteck von Grund aus neu aufgebaut und zu diesem Zweck die einst-
Querschnitt nnd I.änKs^schnitt «Icr Kirche za Kirchdorf auf PocI.
Ix]
1
Dienst und Rip])en.
Gruiidriss der Kirche-
mals zweifellos glatt abschliessende Ostwand der
Kirche fortgebrochen. Kin eigenes Interesse
erweckt der Thurm tiiit seinen romanischen
Anklangen aller Art, besonders mit seinen Kck-
lisencn. die oberhalb des zweiten Stockes an
der S(id- und Westseite durch einen Kundbogen-
fries, an der Xord- und Ostseite aber durch
einen Zick-fackfries (Stronischicht) mit einander
verbunden werden. Von diesen Friesen ist frei-
lich nur der auf der Ostseite erhalten, die
andern sind in roher Weise abgehauen worden,
als man bei tlem erwähnten Neubau den Thurm
mit vier Schildgiebeln und einem hohen, von
der See her weit sichtbaren achtseitigen Helm
versah. Nicht ohne architektonische Reize sind
ferner die rundbogigcn Schallöffnungen im Ober-
stock mit kleinen, leider nicht aberall erhaltenen
Runtlpfeilcrn in der Mitte, die als Träger zweier
Digitized by Google
230
AMTSGKRICIITSBEZIRK WISMAR.
kleinerer Bogen erscheinen, welche vom Hauptbogen überspannt werden. Sehr
ansprechend ist auch die mit Basis und Kämpfersims versehene stattliche
I^ibung des spitzbogig im Uebcrgangsstil geschlossenen Thurmportals, das
den jetzt leider zugemauerten Pforten des alten Schiffes gleichgebildet ist.
An den Schlusssteinen der Gewölbe waren, vor der Restauration der
Kirche in den sicbenzi^jcr Jahren unseres Jahrhunderts, noch alte geschnitzte
Scheiben vorhanden, eine mit dem \ (= Jesus), eine andere mit dem Bilde
des guten Hirten, eine dritte mit dem der hl. Maria. Sie sind verschwunden.
KI)cnso ist damals ein schön geschnitzter Chnrstuhl mit dem hl. Nikolaus
und der hl. K,itharina liber dem Wappenschildc der Herrschaft Mecklenburg
Inneres der Kirche.
liesciiigt worden. .\u(h nahm «lan das 'rriinnphkrciiz au.s der Mitte der
Kirche und befestigte es an der Wand, die bcitlcn zugehörigen Figuren der
Maria und ilcs Johannes aber that man fort. Kiner tler tlrabsteine zerbrach
beim Tmlegen aus dem Innern der Kirche in die Halle, und es fehlt jetzt
das untere \'iertcl. Auch überzog man die ge.s« hnitzten und vergoldeten
Altarschreine mit grüner Oclfarbc. Vgl. Cnill, M. Jahrb. XM, S. 205.
Dazu XV, S. 306 tr.
Dass die Kirche im Jahre 12 10 noch nicht stand, darf man daraus
schlicssen, dass sie in der Urkunde, in der sich Fürst Heinrich IJorwin I.
mit dem Bischof Dietrich von Lübeck wegen des Zehnten auseinandersetzt,
und in der vnn der geringen und unfähigen wendischen Völkerschaft sowie
von der Her E inziehung deutsc her Kolonisten die Rede ist (.M. U.-B. 197),
gar nicht erwähnt wird. Wäre sie dagewesen, so halle sie bei der Zehnten-
Digitized by Google
I'FARRDORF KIRCHDORF AUF l-OEL.
231
Ordnung nirht iiherganRen werden können. Sie wird in einem Verzcichniss
der Kin hen und Kloster des Hislhunis L(il>eck vom Jahre 1259 zum ersten
Mal genannt (M. L'. B. 851), wahrend ihr l'leban als solcher erst 1270
(M. U.-H. ti«3) vorkommt. Üie alte Kirche auf Peel wird somit zwischen
12 10 und 1258 erli:iut sein. Wenige
Jahre darauf, den 5. Januar 1266, wird
sie bei der Wein -Stiftung Ileinrich's
des Pilgers genannt (M. U.-R. 1059,
2622). Von ihrem Neuhau im XIV.
Jahrhundert gieht es freilich kein Dalum,
aus dem wir auf einen bestimmter zu
iK'grenzenden Zeitraum schlicsscn
könnten.
Die ältesten Plehane von Poel,
soweit sie im Urkundenbuch envähnt
werden, sind (lottschalk (1270 und
1270, vielleicht schon früher), Heinrich
von l)a.ssow (um 130H und 1309),
später Propst von Kehna, (lencral-
vikar und (_)ffi/.ial lies Krzbi.s<:hofs von
Bremen, und zuletzt Domherr von Lübeck,
Konrad von Wamekow {13 14 — 2.1),
(ierd Wlome (um 1349) und sein Ver-
treter als Vicepfarrer Hermann von P«h'I.
Aus dem XV. Jahrhundert scheinen
.Angaben darüber ganz zu fehlen.
In der Zeit nach der Reformation
finden wir, nach Akten, Kirchen-
visitationsprotokollen und Kirchenbuch,
als Kirchherm von Poel bis zum Jahre
'553 Franz Werkmeister, von 1553 an bis 1590 I-orcnz Wüsthof, um
1594 Stephan Kühne, um 1616 Matthaeus Randow, von 1627 bis 1633
seinen Sohn Johannes Randow, um 1646 den Knkel Matthaeus Randow,
zwischen 1676 und »689 (vielleicht war er noch länger dort) den Martinus
Cassius, um 1709 Jakob Holweck, um 1724 Joachim Röhn, um 1733 Joh.
Christoph Sponhol/, um 1738 Joh. Kngclbert Schliemann, um 1789 Pastor
Zastrow, um 1811 Pastor Susemihl. l'eber die weiteren Nachfolger bis zur
('•egenwart vgl. Walter, Unsere Landesgeistlichen von 1810 bis 1880.
Den Altar schmücken zuci alte gothischc Kißurcn.schrcinc des XV. Jahr- Altar,
hundcrts. von denen der kleinere als Aufsatz auf den grösseren gesetzt
ist. In diesem bilden Jesus als .Salvator nnindi mit der Weltkugel und
Maria, die von ihm gekrönte Kepra.sentantin der trinmphircndcn Kirche, die
Hauptgnippe in der Mitte. Heide sind sitzend darge.stellt. Dem Heiland
zunächst ein Bischof, wahrscheinlich der hl. Nikolaus, dem als Patron der
Seefahrer die Kirche gewidmet gewesen sein wird. Ihm folgen nach rechts
hin der Apostel Paulus und fünf andere Apostel. Auf der anderen Seite, der
Maria zunächst, Johannes der Täufer mit dem Lamm. Ihm folgen sechs
Apostel: Petrus, Johannes Evangelista, Jacobus major und drei andere. Unter
diesen Figuren eine lange Reihe von Nischen, im Ganzen sechzehn, die mit
Digitized by Google
232
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Krucifixus.
Orgel-
prospcct,
Triumph-
krcuz,
(Hocken.
sitzenden uc blichen Heiligen gefüllt sind. — Der zweite Schrein enthält in
der Mitte die hl. Maria mit dem Kinde in einer Strahlenglorie imd in den
Ecken oben und unten vier I-lngelgestalten. In den Flügeln die vier Scenen
der Verkündigung, Geburt, Beschneidung, dazu die der Anbetung der hl. drei
Könige. — Auf dem Altarti.sch ein vergoldeter Krucifixus mit der Widmungs-
inschrift: CHRISTIAN POOSE 1851 ZVR EHRE GOTTES. — Die Kanzel i.st
ncugothischen Stiles, der Orgel prospekt zeigt den Harockstil und stammt aus
dem Jahre 1740. - - Das alte Triumphkreuz der Kirche (.s. o.) ist oberhalb
der Sakristei angebracht. — Im Thurm drei Glocken, von denen zwei keine
Inschriften haben, die dritte aber, und zwar die grössere, die kurze Zeile
Aluiscbreine.
enthält. GEGOSSEN 1396, VMGEGOSSEN DVRCH P. M. HAVSBRANDT 1864.*)
Von den Glocken ohne Inschrift ist die eine ohne jede Verzierung, die andere
hat an der Krone ein Flechtmuster und i.st ausserdem mit einfachen Linien
(Irabstcinc. belebt. — Grabsteine. A In der Sakri.stci: l. ANNA MAGDALENA, TOCHTER
DES KGL. SCHWED. AMTMANNS ZU POEL CHRISTOFFER JUNGE 18. JANARY :')
1682 IN DER GEBURT GESTORBEN. 2. ZWEI KINDER DES KGL. SCHWED.
CAPITÄNS HENRICI WALTERS. GEST. 1650. 3. NOV. UND 1656, — ^
14. SEPT. — B. In der Fingangshallc: 3. Stein mit erhaben aus- Cfd
gehauenem Kreuz mit Schaft (unten abgebrochen), ohne Schrift. *rr
4. Stein mit_Minu^el- Umschrift: ?lno • bni • IllCtCC I I (Lücke) ^ •
iifcola*' • imit • or • 4) • ro ?lna • öiTi • incccc i l (Lücke) ^ •
') Da» Inventar von 1811 gesuUet keine Rückschlüsse.
Digitized by Google
PFARRDORF KIRCHDORF AUF POBL.
tiUKgareta «Jirar ef • or f> ri^ jjmojini mccrcli tfn • bie 6t?* itm*
ntml e • iofiti • niiint • fill9 [ cor • or 4) ra. C. In der Kirche, vor
der Treppe zur Orgelempore, die Hälfte eines sehr grossen Steines, dessen
oberer Rand durch das (iestuhl verdeckt ist. Ursprünglich zeigte er unter
mit Krabben besetzten Bogen vier Figuren, von denen nur die beiden oberen,
eine weibliche und eine männliche, in betender Stdlung, erhalten sind. Von
den unteren sind nur noch die Obertheile der Köpfe (Kopfbedeckungen) zu
erkennen. Umschrift in Minuskeln: 9no • bnf mcttlXXX . .Mtl bie • Iiicie •
Ij'a^ • o Ijintif' • BuR I 5Cno • tKi • (nie cc)cl)[):)tbl(ii) • In • bic • bii(onffij) •
• Iliert]tjIbiÖ • bjror • Cl'' • or • p Ci^. In den Eckm ICvangeliston-
Symbole. Vgl. Crull , .Mcckl. Jahrb. XV, .S 30.S. — Kleinkunstwerke. Kleinkunst-
I. Vergoldeter Kelch. Inschrift am I'iiss des Kelches (Unterseite des Kusse-s): werke.
DONO DEDERUNT HUNC CAUCEM J : C : V . H 8 • E : H •:• ANNO 1788.
Wtsmar'sches Stadtzeichen. Dazu {Sjg (*« BaHzar Jochim Gate.) Ganz
ebenso die dazugehörige Patene. — 2. Desg^. (mitteigross). Inschrift: JÜRGEN
HINRICH STANGE . . ANNA SOPHIA STANGEN HABEN DIESEN KELCH ZUR
EHRE GOTTES AUF DEM ALTARE GESCHENKT . ANNO 1735. Wismar'schcs
Stadtzeichcn iiiid [b^ ( — Baltzer Cato). Uie Fatene von einem andern
Meister | q G H |- — 3- P<-*sgI. (klein) zur Kranken -Kommunion. Inschrift
auf der Unterseite des Fusses: — • ASMV8 X
LEMCKE X ZV X MALECHOW X ANNO X
1X6X4X5. Keine Gewerkzeichen an
Kelch und Patene. • 4. Noch eine I'atcne,
silbervergoldet, ohne \\ crkzcichcn. 5 .Sil-
berne Oblatenschachtel mit den Initialen
J«C«V>H>8*E«H« und dem Datum
1758. Wismar'schcs Stadtzeichen. Meister-
zeichen wie beim Kelch unter i. — 6. Silbernes
Taufbecken. Inschrift: GEHET HIN IN ALLE
WELTetc und »LASSET DIE KINDLEIN etc.*
Neu. Stempel: BERNER . 12 . (ca. 1.S50).
— 7. Neue hübsche silberne Weinkanne,
gothisch. Von dem Goldschmied Bemar, der
als Wismar'scher Bürger
durch das beigesetzte Wis-
mar'sche Wappen gekenn-
zeichnet wird. — 8. 9. 10. 11. \'icr zinnerne
Leuchter, alle gleich. Zeichen nicht gefunden,
aber ohne Zweifel Wismar'sche Arbeit, ähnlich
denen in den Ostseekirchen zwischen Wismar
und Kröpelin. — 12. Im Langhause hängt
ein Kronleuchter mit 16 Armen aus Me.ssing.
I!l^rh^ift: GOTT ZU EHREN UND DER
Leuchter. KIRCHE ZU PÖHL ZUR ZIERDE HAT PETER
BERNER
Digltlzed by Google
234
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
EVERS V. BRANHU5EN DIESE GRONE VEREHRET . ANNO 1656. Kine zweite
In.sclirift .sagt, das.s DANIEL HINRICH EVERS sie 1719 hat renovieren lassen.
Kino dritte enthalt den Namen: J. H. EVERS BRANDEN HUSEN 1836. Jetzt
15 Arme, 7 unten, 8 oben, unten fehlt einer.
Das von dem Pastor SusemihI verfasste Inventar von 181 1 nennt kleine
Glasbilder vom Jahre 1688 mit Familiennamen, die heute noch auf der
Insel zu Hause sind: z. H. Hans Steinhagen, Hinrich Steinhagen, Claus
Winter, Hinrich Kwers u. s. w. An der späteren Kinfassung des .Altars die
Namen Asmus Lenibke, Hinrick Steinhagen, Jochim Hemitt, Hans Diekmann,
Andreas Hamm, mit dem Datum 1594. Von einem nicht beschriebenen
Gemälde biblischen Inhalts wird angegeben, dass es im Jahre 1604 von
Hans Runge und Jasper Hamme dem im Jahre 1590 verstorbenen Pastor
Ehm Laurentio Westhoven (Wiisthof), der 36 Jahre lang in Kirchdorf Pastor
gewesen, gestiftet worden sei. r)ie Orgel wurde 1704 von Neukloster her
angekauft. Die alte Kanzel war 1736 von dem Pastor Johann Christoph
Sponholz geschenkt.
Blick vom Schlosswall «uf den Kirchwall.
Digitized by Google
KIRCHDORF HORNSTORF. 33$
nmm Ml — — m ^--^
UM lurcnooTi mritivri.
nfflj i^ rfarrdorf Hornstorf, in den Urkunden des Mittt !.ilti ts auch Ilornstorp, Geschichte
' Hornistori), I lornestorj» und Ilornostorpe {reschnebcn und vermuthlich
eine (inindiing der l""amilie Horn, (K ren N'anun wir in unseren beiden See-
Dorfes.
Städten finden, liegt gut 6 km östlich von Wismar. ICs gehört im Mittel-
alter lur Schweriner Diöcese und daher wahrscheinlich zu deren nächst»
gelegenem Archidiakonat Rützow.') Die Kirche von Hornstorf wird im Jahre
1327 zum ersten Mal bei Gelegenheit einer geistlichen Streitsache genannt.')
Ihre Gründung maj^ aber immerhin einer früheren Zeit angclv rrn \arli
Ausweis des Wismar sehen Weinrcijistcrs vom lahre 1479 nimmt >k' mit
jahrlich drei Stübchen Wein an jenen W einlicferungen Thcil, welche »ler
Rathskeller auf Grund der oben S. 3 Anmkg. 5 bereits genannten alten
Stiftung Fürst Heinrich's des Pilgers vom Jahr 1266 übernommen hatte.*)
Doch kann hieraus kein Beweis für das Alter der Kirche hergeleitet werden,
da verschiedene Umstände denkbar sind, durrh iWc sie auch in sjjatercr Zeit
zu diesem Antlici! i^danj^t sein kr>nnte. Als I'lebani ckUt Kirchherrn von
Hornstorf bc^Li;iun uns Johannes Stulteer I33>, ein zweiter Johannes, fler
1376 stirbt, und im folgenden Jahrhundert ein Nikolaus Mowc, der im Jahr
148 1 den Dienst in der neu wieder aufgerichteten Kirche oder Kapelle zum
Heiligen Kreuz in Altwismar übernimmt.^) Zur Zeit der Reformation versieht
Peter Francke den Dienst an beiden Stellen.*) Zwischen 1589 und 1618 ist
Hektor Sigfrid Pastor in Hornstorf, von 1619 bis 1638 Heinrich Thile, 1647
wird Joli. Conradi, l6=;3 Christian Kopenius (Koppe). 167S Daniel K>>nrad
Zander, 1695 Joh. Kenz,") und 1697 Joh. Christian Höh.sch berufen. Ihm folgt
1732 sein Sohn Adam Heinrich Höfisch, der 60 Jahre im Amte bleibt und
von seinem Sohn Christoph Heinrich abgelöst wird.') S. Walter, a. a. O. Das
Patronat über die Kirche ruht von ältester Zeit her in den Händen des
Landesherm.
'} M. U.-U. 454$. l>cr noch näher gelegene Archuiiakun %'on Kru|>clin war der Vertreter
der den Abt von Doberan {Bnerh«lb seines Sprengvls verliehenen Archidtakonatsrechle. Vg:1.
RudlofT, M Jahrb. I.XI, S. 266. I chrijjcns halte <tcr lum ArthidiaUon Ixsicülc Cicisiliche
nicht immer seinen SiU im Mittelpunkt des Arcbidiakonats. nach dem er btess. Vgl. M, U.-B.
»512. 4923.
•) M. U.-B. 4789, 8 u. 9.
•) Cnill, M. Jahrb. X.XXIII, S. 64. M. U. U. 1059. 2622.
*) M. U.-Ii. 5400. Bunncister, M. Jahrb. III, S. 57. S47. Cnill, M. Jahrb. .XLI, S. 124.
^ Vgl. die KifcbenvMtationsprotoliolle von 1534 and 1541/43. Funcke hat einen .Streit
Bit dem Provisor der Kapelle zum Heiligen KreiUi Jochim Kr.imer.
*) Vgl. die Kircbenvisiialionsprotokolle von 1593, 1648, 1653 lowie Akten von 1695.
*) Akten im Gtoidi. Atdiiv.
Digitized by G
2$6
AHTSGERICIITSBEZIRK mSUAR.
Mit Besitz und Rechton finden wir in Hornstorf 1282 Nanno de
Crukoywe fKnikoue). Kr verkauft damals dem Gcrbcrt von Warendorf
zwecks Stiftungen Tür die Wismar sclicn Hospitaler zum Heiligen Geist und
zu St. Jakob vier Hufen, welche acht Jahre später Fürst Heinrich von
MecIdenbuTS übemimnit« indem er dafür dem Heilig Geist fiinf und eine
halbe Hufe in Martensdorf überweist.') 1333 pachtet Arnold Witte in Wismar
den I'farracker.*) Auch noch andere Wismar"schc liur^cr luilien Besitz und
Rechte in Hornstorf, wie Heinrich Körncke (1336I, lUrtliold Kalsow. Joh.
Gogclow ([366) und Hennine; Wulf (13.S.S). 1366 wohnen u. a. in Hornstorf
die Kleinbauern Tydeke und Eghard I'^nghelkens, Ilcnneke Willckens, der
Krugwirth Wython, die Wewer'sche (textrix), die Klunder'sche und ein
Poysekendorp.^ 1404 verkaufen die Negendanck's Pacht und Bede aus Horn-
storf an Henneke l^asscwitz und seine Rrbcn. Diese Anrechte der Herren
von Hassewitz führen noch im Jahre 1609 zu Streitit^keiten mit den Stralen-
dorfTs, die nachweislich seit 1431. vielleicht aber schon in noch früherer
Zeit, von ihren benachbarten Gutern aus das L'ebergewicht in Hornstorf
erlangt haben. So kaufen z, B. die Herren von StralendorflT auf Goldebee
und Preensbcrg noch 1574 vom Domkapitel in Schwerin den Zehnten in den
Dörfern Hornstorf, Kritzow und Strümkcndorf Nach der Mitte des XVIL
Jahrhunderts treten die Herren von Fersen mit Besitz und Rechten in Horn-
storf ein, 1689 und 1690 cjiebt es anscheinend die letzten Akten über
V'erplaiKiiinj;en zwischen ihnen und denen von Stralendorfif. Die erst-
genannten erhalten ein Jahr darauf den herzoglichen Konsens über das dem
Major und späteren Oberst Karl Friedrich von Wrangel ßir 1700Q Tlialer
auf 20 Jahre verpfändete Gut Rohlstorf c. pert. in Hornstorf, Kalsow und
Kartelow und treten den »4. August 1710 diesen ihren Besitz ^'anzlich ab.*)
Hie Wrangel'sche Familie behalt die Hiunk- darüber bis in die Mitte des
XV'III. Jahrlum<lerts. Ihr folgt die l'amilie vm Both, die fast hundert Jahre
lang im Besitz bleibt, bis 1849 die l'amilic von der Lühe an deren Stelle
tritt Diese hat auch gegenwartig die Herrschaft über Rohlstorf, Hornstorf und
Kalsow.^)
Kirche. Die einschiffige kleine Kirche ist ein auf cinrm ( iranitfundament ruhLtidi r
Backsteinbau. Wie Thurm, Schiff, Chor, Sakristei und Vorhalle an einander
geschlossen und Pfeiler und Fenster zu einander geordnet sind, veranschaulicht
der beigegebene Grundriss. Den Rinfluss der Nachbarschaft Wismars wird
man besonders an dem recht hübsch mit einer Zic^'clrosctte und einem Vierpass-
fries verzierten Giebel der Vorhalle gewahr. Auch die Sakristei hat einen
*) M. tVB. 1600. 2069.
•) M. Ü.-B, S400.
•) M. U.-It. 5704. 9547. 9551. Schröder. Wimwr'tche EKlIingc, S. 198.
*^ VelKt die ilterc Veibindung der Ftmiltafi von Wrangel nnd von Fersen s. a. Anmkg.
zu den Glocken.
*) Vgl. Akten im Grocsh. Archiv.
Digltlzed by Google
KIRCHDORF HORNSTORF.
solchen Fries in ihrem Giebel, der im Ucbri^'cn mit Blenden belebt und mit
Gesimssteinen als Krabben besetzt ist. Die (iewölberijjpen im Innern steigen
Kirijhc /II lluriiaturl.
von K()nsolen mit Köpfen aus Kalkj^iiss auf. Alles das läs.st auf einen Hau
schliessen, den man nach Maassgabe der Geschichte der W'ismar'schen Kirchen
(irundriüs der KirL-|ie.
lieber der zweiten als tler ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts /.u.schrcibt,
und für den man deshalb eine altere Kirche voraussetzen muss.
23$
AMTSGSiaCHTSBEZtRK WISMAR.
Altar. An dem im Jahr 1828 errichteten Altar ist nur der oben angebrachte
vergoldete Krucitixiis von einiger Bedeutung, er scheint alteren LVsprunges
zu sein. Weit \vcrthvi>llcr ist die rcicli mit Schnil/.werk im RenaissancestU
Kanzel, verzierte Kanzel vom Jahre 165 1. An den Füllungen ihres Predtgtstuhles die
LiqgHchiillt der Kiitbe so HocaMoif.
Milder der vier Hvangelistcn , und in ihrem Treppcnaurgaiige die von Moses
und Aaron. Der Schaildeckel stammt aus dem Jahre 1663. — Die beiden
Glocken. Glocken der Kirche nnd jüngeren Datums, sie sind 1878 von dem Hof-
glockengiesser Ed. Albrseht aus eroberten franzö»
sischen Geschützen von 1870/71 gegossen wor-
den und tragen den Xamcn des (in^ssherxogs
FRIEDRICH FRANZ II.') Von den im (. hör
der Kirche liegenden Grabsteinen verdienen
Grab-
steine.
*) Die voraufgchenUcn ülockfn warrn vmi Eisiti: ein
Ei^bniit UnMres Jahrhundert*. Nach Ausweis des Invcutaiä
von iStl gab CS duuilt noch zw« alle broiuene Glocken,
die beide von Adam Dankwerl isr Zeit des Pastors
Cbristianiis Copponius (;egoicen waren, und voa denen die
eine da* Datvm 1552 und die Namen des Hermann von
Kciscn und seiner Claitin Macilalen» vuti Houcliwaldl, der
nacli i^^r nen Witlwe ilts (-icnerals Wranj^cl tni^ ;'s_ <>.
ä. 54). stimmt eine Angabe im Kirchenvisiuiiuiis-
protokoll von 1653, fbl. 176. welche sagt, dass diese Glocke
ein Gt-ichcnk des olM'nf^rn.inntcn auf k< Vi!'l »rf wohncndm Khrpaars soi und 500 Gulden gekostet habe.
Vorher l>cgnUgle sich die Kirche mit einer kleineren Glocke, die damalti gc&prungen war und nach
Angabe des Klffchcnvisitationsprotokoll« vom Jahre 1648« fol, 78, einen ungenügenden EfUls bild«le
Quer:M:hnitt der Kirche.
Dlgltlzed by Google
KIRCHDORF HORNSTORF.
zwei eine Fnvähniinff: der eine hat die Umschrift + ÄHHO • ÜKI
IP. U<*U"U". X^XX I PVKIHIÜ [ KaiülMS ! U/ÄHIH . & .
YSUSmi . im . PKO . tlTT . Dazu am Fussrande noch drei Tarallclrcihcn
ObÄlVS {K)()U(W)HKH 1" VKilH. Sic sind aber nicht ohne
Lücken. Jn der Mitte des stark zcrsphttcrtcn Steines eine
Art Johanniter • Kreuz. ') Der andere Stein hat die ln.schrift:
SCmio • bni • ni • crc • lyj: 1 bi «T» craltöc fcc • rriic' • • bni'
joljc^ ...... plc&a^.") Die iibri^jcn in der Kirche hc},'endcn Grabsteine der
Familien Siefrid, Huchhulz und liohlt aus dem XV'II. und XVIII. Jahrhundert
sind ohne Bedeutung. — Kin Oetgemälde neben der Kanzel, das die Aus- ücl-
giessung des hl. Geistes dar.stclh, ist ein Geschenk des Christiaous Prenger ««-'»»älde.
vom Jahre 1633. Interessanter sind die aus der Zeit der Spatrenaissance
Gothüche Kelche.
stammenden Gewölbemalereien, Kngel mit Spruchbändern, und oberhalb des
Altars die Geburt Christi. Von Kleinkunstwerken motten folgende erwähnt
werden: l — 3. Ürci silbervergoldete gute Kelche mit Tatenen, zwei gothische
für die in den Kriegszeiten etilwcniletcii beiden (»luckcn, welche vordem das (ieläut der Kirche
gaben. Aus die>er kleineren Glucke wird die 7\veile, im Jahr 1654 vun demselben (liesser
Dankwert geyo^ene Glocke, die iSll tiuch vorhanden war, durch l'ni};u^s licr};eslellt sein. Sie
trug ausser dem Namen des I'asiurs Coppenius die Kamen der Vorsteher Barih, Holz, Kode, Dahl
und den Natnen des Kusters Flemmin};.
') Die Wismar'sche Fatnilie Kurneke (s. Register des l'rkundenbuches) hat nezichungcn 7U
Hornstorf (s. 0.).
*) Vß'- Crull. M. Jahrb. X.WH, S. 3t 1. Die Insclirifien sind neu nachgesehen von
Dr. F. Techen, der es in Abrede nimmt, d.-»ss bei der zweiten an den 1333 genannten Pfarrherrn
Johannes Stolteer {gedacht werden künne.
( Ic wölbe-
nialereicn,
Kleinkunst-
werke.
Digltlzed by Google
240
AMTSGERICHTRBKZIRK WISNfAR.
und einer im Renaissancestil, aber allcsammt ohne Meisterzeichen. Von den
beiden gothischen Kelchen hat der eine auf seinem Fuss einen
Tartschenschild mit dem Wappen der Hantzkow's, ist also eine
Stiftung dieser Familie, über deren Beziehungen zur Kirche zu
Hornstorf freilich bis jetzt nichts bekannt geworden ist. Der
Knauf dieses Kelches ist ohne Namen, nur mit Christusköpfen und Blumen
verziert. Aber oberhalb des Knaufes am Schaft der Name tf|Cf\)|^ und unter
dem Knauf der Name lliaria b {= biroo). Der andere gothische Kelch
dagegen trägt den Jesusnamen in Minu.skcln
am Knauf Der Renaissancekelch ist reich
mit Maskarons, Laub- und Bandclwcrk aus-
gestattet. Von den Patenen zeigt die eine
als eingraviertes Bild den Heiland als
«Schmerzensmann« «m seinem offenen Grabe
sitzend und von den Marterwerkzeugen um-
geben, die andere auf ihrer Unterseite in
einem l-'lammcnkreisc das Jesusmonogramm
I H S mit Kreuz darüber und pfcildurch-
bohrtem Herzen darunter, die dritte ist oluie
liild. 4. Kine längliche Oblatendo.se von
Silber i.st nach ihrer Inschrift von JOCH.
CHRISTOFFER HANSEN und seiner l^hefrau
MARIA MARGARETHA SCHWARTZ zu
Kritzowburg (Kritzauer Burg)
am 6. JAN. 1746 gestiftet. Die f^W [iTcj
Werkzeichen sind die neben- >sP^
stehenden (Baltzer Jochim Cato).') 5 6. 7. Das
Kranken- Kommunion Geräth, Kelch, l'a-
tenc und ryxis, ist von Zinn. Kelch
und Patene haben das nebenstehende [H'Jsj
Wcrkzciclicn. 8. 9. 10. 11. Auf dem ^— ^
Altar vier gute Leuchter von Me.ssing, von
denen drei mit In.schriften ver.sehen sind:
l) TOMES HAVEMANN ANNO 1630; 2) TONNIES FELHERING . 1648 -
3) DETLOF HASE . MARIA HASEN . 1648 . 12. 13. 14. I.in getriebenes
altes Messingbecken mit dem Sündenfnil in der Mitte und mit Trauben und
Blattern auf dem Rande. Hin zweites mit der Umschrift: TONI ES STADE-
MAN . CLAWES BOLE . IVRGEN NIEBVR . lASPER MAKE . ANNO 1566 .
Min drittes ist neu und ohne Inschrift.
Der alte Silbcrhestand im Visitationsprotokoll von 1541/42 nennt u. a.
eine Monstranz, eine l'acifuale und ein Viaticum. Der alte Altar war eine
Stiftung von Joachim Schomann, Vater und Sohn.
RenaUrancc - Kelch .
') Crull, Amt d. CoMschmietle. S. 5z.
Dlgltlzed by Google
mCROORP NBUBURG. Ut
Das Kirchdorf NeuburQ»
as zum Redentiner Amt gehörige Pfarrdorf Neuburg (Nienburg, Kien- Geschichte
borch, Nyenborch, Nigenborch, Novum Castrum) liegt 141cm nordöstlich des
von Wismar. Seine im Mittelalter zur Schweriner Diöcese') und zur Biitzow^ Dorfes.
Präpositur*) gehörende Kirche ist eine der ältesten des Leindes. Sie erhält
schon 1229 eine Toclitfrkirrlu- in der fiir die Hcvr.lkcrunR an der See
errichteten Kirche zu (iardeskendorp, das spater ( )ed( skerketi heisst und
zulct2t, durch Korruption dieses iNamcns, in Drcvc.skirchcn verwandelt wird,
und hat nachher an den auf die Stiftung Heuirich's des I'ilgcrs im Jahre
1266 zurückgehenden Weinlieferungen aus dem Wismar'schen Rathskeller ihren
Anthcil.*) Ab Pfarrer oder Kirchherrn von Neuburg begegnen uns 1219
Fridericus, 1231 Arnoldus, 1270 riieodericus , 1306 Liidolfus de Jesewitz,
1334 Hinriciis. 1355 l-'ylardus.*) Ferner meldet ein Cirabstcin in der Doberaner
Kirche einen l'leban Hermanniis von Nicnborch, der nach 1460 starb und
Sekretär der Doberaner Kirche genannt wird.*) Die Bestattung des letzteren
in der Doberaner Kirche kann seines Amtes halber nicht auffallen. Denn
schon 1306 waren Kirche und Pfarre in ein engeres Verhältniss zum Kloster
Doberan getreten: Fürst Heinrich von Mecklenburg hatte nämlich bei Ge-
legenheit eines Landumtausches am 22. Mai 1 306 dem Abt Johannes von Elbinj^»^
das Kigcnthum von vierzehn im Kirchspiel zu Neuburg zu crwt ri)( n(!Lii Hufen
und zugleich das Tatronat über die dortige I'farre mitsainini iliren i-Uialcn
übergeben.*) Von einem Uebergange der Kirche aus der l'rapositur oder dem
Ardiidiakonat von Bützow an das Kröpeliner Archidiakonat, welches die Juris-
diktion über die zum Doberaner Klosteri^ebiet gehörenden Kirchen ausübte,
ist bei dieser Gelegenheit keine Rede. Das erklärt sich aber vielleicht daraus,
dass das zuletzt genannte Arciiidiakonat tlamals in den I landen der Dom-
herren von Schwerin oder liülzow ruhte.') In dieser Beziehung ist auch zu
beachten, dass, als am 17. December 1318 Bischof Hermann von Schwerin
') Vsl. M. u.-B. 248a.
*) M. U.-B. 3088.
*) Lisch. M. Jahrb. XVII, S. 370. M. U.-B. 4033. Annkg. Crnll, M. Jalirb. XXXIII,
S. 64. M. U.-B. 1059.
«) M. U.-B. 24s. 255. 386. iiüj. 30S2. 30S8. 4033. 5267. 5315. 5417. 5424. 8051,
*i Liaeh, M. Jahrb. IX. S. 440.
^ M. U.-B. 309^' Was für Filialen ausser Drcvtskirchcn vorhanden waren, vcr.schwci^rn
die Urkunden. Auch die von Neubiug handelnden s(»iUmn Kirchenvititationaprotukolle (1597,
1603, 1656, 1695) enthalten nichts davon.
^} So war z. H. 1298 ein Schweriner Kanonikus Architliakunus von Kröpelm; und 1328 der
Dekan tles Uuuower Stifter Inhaber der Kröpeliner Fiäpositnr. M. U.-B. S512. 4923. Vgl.
Rudioff. M. Jahrb. I.XI, S. 266.
16
Digitlzed by Goqgle
242
AMTSGF.RICHT.SHEZIRK WISMAR.
die Filiale zu Dreveskirchcn von der Neiibiir^icr Mutterkirche abtrennt und ihr
einen ei{;encn Rektor ^icbt, der Prapositus Johannes und der Domherr Gerhard
zu Hützow die einzigen beiden Zeugen sinti, die in der darüber ausgestellten
Urkunde namhaft gcmaclit werden.') Zu den genannten Plebancn des Mittel-
alters kummt endlich am Knde des XV. Jahrhunticrts noch Arnoldus Ruchou
(Buchow, Bukow) hinzu (s. u. dessen Grabstein). Im Uebrigen lernen wir die
mittelalterlichen Verhältnisse zu Neuburg nirgends besser kennen als in jener
Urkunde vom 3. .Marz 1331, in welcher Fürst Albrccht von Mecklenburg dem
Lübecker Bürger Volmar von Atendorn das Figentluim von elf Hufen mit den
dazu gehörigen I löfen und Kathen verleiht, die dieser von ihren bisherigen
Besitzern, den Herren von Preen luul von Storm. zwecks l-lrrichtimg einer
Lübecker DoinherrnpiVünde aus deren Finküuften, gekauft hat, und bei deren
Bargberg und Dorf Neuburg,
Besetzung und Nutzniessung, seine, des Stifters, Familie in erster Reihe berück-
sichtigt werden soll.') Ausser dem I^ndesfürsten sind, wie man .sieht, die
obengenannten ritlermassigen Cieschlechtcr die alten Besitzer von Neuburg. V^on
Georg Prccn kauft Atendorn fiir 450 Mark Liibisch sieben Hufen, die die Bauern
Stockfisch, Krighe, Manjuard Borchwal, Andreas Kirchhof (apud cimiteriuni),
Hinceke und Heyneke \'okke bewirthschaften. Die bciticn erstgenannten haben
jetler zwei Hufen, der dritte und vierte eine, der fünfte und .sechste eine halbe.
Zu diesen Bauernhofen gehören sechs Kathen, in ihnen wohnen Thi<lerikus
Pythyt, Hinceke Swarte, der Weber lioitin, Johann Budden.ster, Albert VVestfal
•5 M. U..15. 4033-
*) M. U.-H. $2it. 522J. Die j.'ihrlichen AbgaU.'ii an Geld uml Naturalien aus den von
Atendorn ijck.iiiftcn lii'^cndcn Grllndon mit ihren lli'tcii und Kathen hclaufen sich insgr-vamml auf
21 Driitnt H.ifcr. 13' p Dninit Koggoii, 13' 0 Drümt Goriti-, 112 llulmtr und auf 30 Schilling
Wendisch und 16 .Schillin|; LtiLi&ch.
Digitized by Google
KIRCHDORF NSUBURG.
243
und Hasard. Von Godschalck Preen (dictus Stenhus) kauft Atendorn um
250 Mark Lübisch zwei Hufen, auf denen der Hauer Johannes Schoke sitaet,
desgleichen für 100 Mark I-iibisch von den Hrüdcrn Johannes, Godschalk und
Hermann Sturm zwei Hufen mit dem Hauern Ludolf Hever. Zu diesen letzt-
genannten Hufen gehören vier Kathen; in ihnen wohnen der Schuster Martin,
femer Timmo Melker, Detlev und die Wittwe von Johann Trendel. Auch
die Schmiede (fabrica) wird im Zusammenhang mit dieser Erwerbung genannt,
nicht aber ihr Inhaber. Zuletzt kauft Atendorn für 300 Mark Lübisch vom
Herzog den unmittelbar beim Dorfe liegenden Burgwall (locum vuigariter
Plan vom Wall und Dorf Neuburg,
dictum borchwal, adjacentem dicte ville Nienborch) und einen unterhalb (d. h.
am Fuss des Hügels, casam sub predicto borchwal jacentemi lit-^aiulen Kathen,
in dem der Kathncr Schneider wohnt, dazu Gericht und Hede. Das sind
V'erhiiltnisse, die im Kern auch heute nacii über 500 Jahren dieselben sind.
Nur die Namen haben sich verändert, aus den Bauern sind Krbpächter
geworden, und die Neuzeit hat sog. Häusl«neien geschaffen, die es früher
nicht gab. Aus jener Urkunde geht femer mit Bestimmtheit hervor, dass der
Neuburger Burgwall, des.sen ungewöhnliche Höhe schon aus der Feme auflallt,
und der bis dahin fiirstliches Kigcnthum geblieben war, im Jahre 1331 seine
ehemalige Bedeutung bereits verloren hatte. Der erste, der die Sngc erzählt,
dass ihn Fürst Johann clet I heologe für seine (lemahlin Lutganl vim Henneberg
errichtet habe, damit sie durch die Hohe des Herges und die Schönheit des
18»
Digitized by Google
*44
AMTSGBRICHTSBBZIRK WISMAR.
Ausblickes an ihre alte Heimath erinnert werde, ist Kirchberg in seiner Reim*
Chronik vom Jahre 1378 Kap. 138 (Wcstiilialcn Mon. incd. IV, S. 786).
Ihm folgen Latonius in seinem Gcncaloclironicon mc^ap. (Westph., a. a. O.,
S. 223) und Chemnitz in seiner im (irossli. Archiv als Manuskript auf-
bewahrten Chrontk. Bd. I und II, S. 537.'} Dass Johann der Theologe in
Neubui)gf (Novunn Castrum) gelegentlich weilte, wird durch die dort von ihm
ausgestellte Urkunde vom 9. Juli 1231 bewiesen.*) Es ist somit nic^t unmfigtich,
dass die Sage bei Kirchbei^ einen gewissen geschichtlichen Grund hat. Auch
sind auf dem Rcrf[e Spuren einer mittelaltcrHchen Niederlassung gefunden
worden. Aber sicher ist Johann der Theologe nicht der erste Mrbauer der
Burg. Denn wie der Name in den beiden Urkunden von 12 19 beweist, war sie
schon 2U Heinrich Borwin's IL Zeiten vorhanden, und man kann daher ohne
Bedenken der von Lisch ausgesprochenen Vermuthung beipflichten, dass das
in der Bewidmungsurkunde des Schweriner BisÜiums von 1171 der Diöcese
zugewiesene benachbarte Alt-Ilow (Antiqua Ylowe) auf ein schon damals als
Ersatz dafür vorhandenes Neu-Iiow schliesscn lasse und dass dieses, da es
sonst nirgends nachweisbar sei, in dem Novuni Castrum von Neuburg ge-
sucht werden müsse. Zu dieser Annahme stimmen auch die neben mittel-
alterlichen Resten ebendasdbst gefundenen älteren Burgwall-Scherben u. a. ro.')
Aber wann und bei welcher Gelegenheit die mittelalterliche Burg aufgegeben
worden, bleibt unbekannt, und man weiss nicht, auf w elcher Quelle die Nach-
richt beruht, rlass Xna-^tasia, die Gemahlin Heinrich s dos Pilgers noch 1275
dort gewohnt habe, und dass nachher die Steine der Burg zum Bau der
Neuburger Kirche verwandt seien.*)
Von den späteren protestantischen Predigern lassen sich aus Kirchen-
akten und Visitationsprotokollen, soweit sie im Grossh. Archiv vorhanden sind,
folgende ermitteln: Joh. Drescher von 1 588 bis 1 596. Sein V^orgänger, dessen
Name nicht genannt wird, war 35 Jahre im Amt. Kaspar Tabbert von 1597
bis 1626. Balthasar VV'ilhelm bis 1628. Joh. Nigrinus bis 1632 Joh. Engelke
von 1632 über 1653 hinaus, wahrscheinlich bis 1664. Johannes Finhagen
(Vinliagen) von 1665 bis 1695. Joh, Höfer bis 1708 (schon 1704 emeritus).
Joh. Ratiike, Anfangs Substitut liir Vinhagen, dann bis 1742 Fastor, Enoch
Püschen Zander von 1743 bis 1747. Jakob Henrich Neumann von 1748 bis
1794. Friedr. Ludwig Slichert von 1795 an. Ueber ihn und seine Nadl-
folger s. Walter a. a. O. Die Verzeichnisse von Schrikler und Cleemann sind
lückenhaft.
Kirche. Die Kirche ist ein Zic\t;elbau, f Kranit ist nur am Chor als Sockel
verwandt. Das .Schitl" hat eine tlaclu- llol/<iecke, der «gewölbte und um eine
Stufe erhöhte Chor tritt etwas zurück, ist niedriger und .schlie.sst im Osten
platt ab. Die Fenster haben, mit Aionahme derer des später erbauten
') Vgl. Lisch, M. Jahrb. VII, S. 169 ff.
*) M. U.-B. 386.
*) Vgl Lisch, I. c, S. ijt.
*) Vgl. Schröder, Wism. Enll., S. 214 und LimIi, 1. c, S. 170,
Digltlzed by Google
KIRCHDORF NEUHURG.
245
Kirche t.» Neuburg.
LT
Grundriss der Kirche.
Digitized by Google
246
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Thurmes, die einer ausgesprochenen Golhik .mgehören, die bekannte Schlitz-
form aus der Zeit des Ucberganges vom romanischen zum gothischen Stil.
LSngsMrhnict der Kirche zu Ncuburg.
'n|. 'in. (MI
Querschnitt des Chors.
Ostseite des Chor».
Unterhalb der Fenster im I^nghau.sc sieht man beiderseits vier zugemauerte
Arkaden, welche auf Seitenschiffe schliessen lassen, die entweder einstmals
vorhanden waren,
oder deren Anlage
wenigstens beab-
sichtigt wurde.')
Auf beiden Seiten
des Chors, sowie au(
der Nord- und auch
auf der Westseite des
Langhauses, sind
Kmporen errichtet. Als au.sscrer Wandschnuick erscheinen auf der Nordseite
Strom.schicht- und Zahnfriese, auf der Süd.scitc aber ein einfacher Kundbogen-
») Vgl. Crull, M. Jahrb. XVIII. S. 287 gegen Lisch, M. Jahrb. VII, B, S. 73.
Fri«s der Südseite.
Fries der Nordjciie.
d by Google
KIRCHDORF NEUBURG.
247
fries. Der Thurm, dessen Helm sich mittels vier Schilcltiiebel zu einer acht-
seitif^en Pyramide gestaltet, kann als drei},'eschossig bezeichnet werden. ICr
ist gleich dem grössten Theil des Kirchcndachcs mit Mönchszicgcin gedeckt.
Altar.
Die Sakristei auf der Nordscite der Kirche ist gewölbt. Ausser dem Haupt-
eingang vom Thurm her giebt es noch einen zweiten lüngang durch eine
Vorhalle auf der Südseite.
Der Altar, ein Werk des Barockstils, ist 1703 von DANIEL VOLLRATH Altar.
VON PLESSEN und seiner Frau SOPHIE DOROTHEA VON BÜLOW gestiftet
Digltlzed by Google
248
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
worden, wie Inschrift und Allianzwappen bezeugen.') In der Basis das Abend-
mahl (Oelbild); im Hauptstock zwischen vier gewundenen Säulen der Krucifixus
(Holzplastik); im Aufsatz ein von Kngelsköpfcn durchsetztes Wolkennmd, in
dem der zum Himmel fahrende Christus verschwindet (es i.st nur der untere
Theil seiner Figur sichtbar). Zwischen den Säulen links die Figur des Moses,
Kanzel, rechts die des Aron. — Dem Stil des Altars entspricht die Kanzel.*) Auf
den Füllungen ihres Predigt-stuhles allegorische Darstellungen: ein Herz, ein
Bnmnen, ein Kreuz in Wolken, ein Herz mit Schlüssel und Taube darüber,
das höllische Feuer. Dazu die Unterschriften GRATIOSUS AUDIENTIBUS,
BENIGNUS POENITENTIBUS, BONUS SPERANTIBUS. CLEMENS OBTEM-
Triumphbalken.
PERANTIBUS. SEVERUS RELUCTANTIBUS. — Aufs Beste erhalten ist der alte
Triumph- Triumphbalken aus vorrcformatorischcr Zeit mit den Figuren des Knicifixus,
halkcn.
') Daniel Vullralli von Plcsscn mss damals auf Steinhauseti (.Steenhus) bei Neuburg und
war vermühlt mit Ann.-i Dorothea von Hulow a. d. Il.iuse Wicscliendorf. Vgl. geiieal. Verzeichnisse
von Iloinckhuscn, Pcntz, Gamm.
*; Im Visilalion.sprotokoll der Kirche vom I. September 1696 wird die Kanzel als neu und
zugleich als Geschenk des Hnuplmanns von Warnstedt be7eichnet. Die Warnstedl's sassen seil 1607
auf dem benachbarten Gute Vogelsang c. pcrt. Lischow und KIcin-Slrumkendorf. Jtlr^en von Warn-
stedt war Inhaber dieses Lchns und hatte als Amishauptmann von Redentin einen Stuhl in der
Kirche zu Neuburg, Kr könnte somit der Stifter der Kanzel sein. Es ist aber fraglich, ob sie,
da er 1678 starb, in» Jahre 1696 noch neu genannt worden wäre. Sein Sohn, Hans Valentin
von Warnstedt , wohnte ebenfalls auf Vogclsanfj, war aber Amtiihaupimann von Ncubukow und
nicht von Redentin, und starb 1C95. Auch er konnte die Kanzel in Folge irgend eines uns
unbekaiml gebliebenen Verhältnisses gtstiflct hal>en, wenngleich wir sonst keine engeren Beziehungen
zwischen ihm und der Kirche zu Neuburg haben fmdcn können.
Digitized by Google
KZRCHDORP NBUBURG.
349
"^^fA N NO - I f 9 8 X
liMy^RTH ISTÜ/^NltlU
HPLESS£?>! ERB^,C5StN ZVM ,
'S f r f K H ÄV ^ r i fj 1 C K Ü ! DOR F F
?A Hl ti V [J ü j t«i K EN DÜIU F VÜN
DfEStflWELTSEL/CHLICHGt
■iCHFiDFJi V, DHATlMütlNE
iNACHCELASSEN WI T Wt' .
7ElCh£REHRlM WtRENDEH
^£STi4MD£ 1^ KtNDHRCEZEV
CHT DIESEN STEl
:DECHTNVSßEJ SlVi
-CRAßSTEn StTZEMLASSEHl
MmMl SEIN T C EW ESENj ^
V<11UT VALTIN AOA^\ lüCHlHj
H^SÄEIMERlOCHiM DAWlil
•/AHfe^REMSÄ ELISABET
^EVJEKE BVA ALI.'^VOK PLESSEH '
WÄM 191CH WEiSDASMElg ,
ERLÖ^RUBETVNDEHR^IRP'
. . WIGHSBRNACH avs DLR ER DEN! m]
t>S!?\ WERDE ÜAF^ACHJ^i rplE.^ElJj/^
des Johannes, der Maria und zweier gefli^elter Engel. — Drei Glocken: die Glocken.
hltcste, ohne Datum und Gicsscrzciclicn . hat in potliischen Majuskeln die
Inschrift (lOI/SÜLÜR VlVn VI AU) SVüKTVK PHLLO WOUIVTT. Die kleinere
ist laut langer Inschrift unter dem Grossherzog Paul Friedrich zur Zeit des
PräpositusTöppcl 1839
von P. M. Hnnbnmdt
in Wismar g^joasen
wurden, die kleinste
1820 von Val. Schultz
in Rostock. -- Vor
der Kanzelthür liegt
der Grabatcin des Grabstein.
Priesters Bnchow mit
den vier Evangelisten-
zcichen in den Ecken
und mit <Ut l'mschrift
?lnno : dni l \
bii^ : arnoib : bu«
d^on : ^leftamil : I
Qt£^: eccie : oitaif :
a'fl : rcquiefcat :
in : paCC ') — An der
Nordwand der Kirche
ein grosses in Stein
gehauenes Epitaph
des am 15. März 1598
verstorbenen Daniel
von Plenen, ihm zu
Ehren von seiner Gattin
Margareta von Krosigk
gesetzt. Das Ehepaar
hatte kut Inschrift fHaf-
zehn Kinder, die Söhne
\'olrad, Valtin, Adam,
Jochim, Hans, Reimer,
Jochim, Daniell und die
Töchter Leveke, Mar-
grcta, Anna, Dorothea,
Elisabet, Leveke, Eva. — Kleinknnatwcrke: i — 6. Drei silberveigoldete Kelche Kldnkunst-
mit Patenen. Der älteste hat auf seinem Fuss ausser dem Knicifixus als werke.
Signaculum einen Tartschensdiild mit dem «ngravierten Bilde der hl. Katharina
') Die Verbindung rtniachw wid «nbiscilcr Zeichen in der Jahraanlil tat adtea, Usst lich
aber mii Beispielen belogen.
V. Plessen*
sches
Epitaph.
Eptt.iph des Dniel von Plessen.
Digltlzed by Google
2$0
AMTSGBRICRTSBEZIRK WISMAR.
ein unl^ckanntcs
CD,
in Ilalbfigur, dazu die Aufschrift des Stifters: h'J TtSWVS . PHTHRS WK-dU-
BUKCIh TkUUO 8r (= 1481). Von den sechs Huchstabcn des Jcsusnamcns
am Knauf sind noch drei erhalten: ^ U • • V • Die dazu gehörende Patene
ist gleich dem Kelch ohne Werkzeichen. — Der xweite goditsche Keldi ist
besser erhalten. Er ist nach seiner langen Inschrilt am Fuss eine Stiftung
der MARGARETHA BRACKEN, Jochim Siggelkow's nachgelassener Wittwe,
und trägt, wie die zugdl^ge Patene, das Datum des 17771 ')
9. Au^ii-^t 1636. Dazu an beiden die nebenstehenden
Werkzcichen. Der dritte Kelch hat sannnt seiner l'atene
Alhanzwappen *) und die nebenstehenden Werkzeiclien (Joh.
Dtotrich Gad«). — 7. Ausserdem noch ein vereinzelter sil'
bemer (nicht vergoldeter) Kelch mit der Aufschrift NIENBORCH.^ 8. Kunde
silberne Oblatendose, mit dem Plessen'schen Wappen verziert. Die Umschrift
lautet ABEL . MAGDALENA . VON . PLESSEN . WITTWE . VON . WETHEN .
ANNO 1701.' Als Werkzeichen der liibische Do|)])ela{ller un<l der Meistcr-
stempcl H V. — g. Silbernes Taufbecken, neu, von J. GIESE-SCHWERIN. —
10. II. 12 13. Kranken -Kommunionsgciaih, Kelcli, Patene, Dose, Flasche,
neu, ohne Stempel. — 14. In der Kirche noch erhalten ein hölzerner Belt mit
der Gruppe der Maria mit dem Kinde.')
Ueber das ehemalige steinere Tanfbei ken der Kirche, das leider seit
langem zertriimmcrt ist, handelt Lisch in M. Jalirl) XXI, S 27.1. l>iirih
die Fürsorge von Lisch sind seiner /eir vier Stucke dieses alten Ikckens,
das ohne Frage einstnuils eine der werthvoHstcn steinernen FOnten war,
gerettet worden.
Sie werden im
Grossherzoglichen
Museum auf-
bewahrt. Das In-
ventar von 1 8 i I
nennt dies Werk
nicht mehr. Ks
wild daher wohl
schon damals als
S( hwclle für den Kingang in den Thurm verarbeitet gewesen sein Dagegen
ist im Kirchenvisitationsprotokoll von 1597 von einem steinernen Taufslein
mit eingemauertem grossen Kessel die Rede, el>enso 1603. — • Das Inventar
von 1811 fuhrt u. a. auch noch ein Bildniss des Paston Vinhagen (geb. 1 636)
auf. S. oben.
Siflck von der allen FUnte Im Gtoftfli. Mucenm.
') Nicht Ittfi Criill, Amt il. noldschin., S 51. Die Lijjaiur H timt R i»i 7\vfifcltt)s vorlunuicn.
*) Das Wappen des Mannes zeigt ein Siadtllior, da» dem de.« Hamburger Wappcrs ähnlich
ist) du der Frsu einen geihctiien Schild, der unten ohne Dildwerk tei, oben aber drei Bienen (?)
zeigt, oder sollen es Blumen sein?
*) Abel Magdalena von PIcssen war eine Tochter des Augast Friedrich von Flesten auf
Kfichebtorf, Barnekow n. «. w. nnd seintr Gemahlin Anna, geb. v. KanUau. Sie vcrroihlte skfa
i68s mit dem in den Adebtand erhobenen Thomas von Wctken (Wethen) auf Treathocrt, Wnlienow
and SchulenViiiri; und wurde 1695 Wittwe.
*) Ein zweiter Bell mit dem hl. (icorg wurde vtir einigen Jahren gestohlen.
Dlgitlzed by Google
KIRCHDORF GOLDBBEB.
251
Dit nr
Itrf Mtobaa.
as zum Amt Hiikow {^chorcndf Kirchdorf (loldcbcc, in ältester Zeit auch (icsrhichte
ostlich voll W isin.ir und fjchort von Alti rs her zur Schwrrincr 1 )i«icfsc.') Uic
Kirche ist mit unter denen, die auf Grund der Stiftung Heinrich s des Pilgers
vom Rathskeller in Wismar her mit Wein versorgt werden. Dodi ist aus
diesem Umstände kein Schluss auf ihre Bauzeit xu maehen.^) Das jetzige
Gotteshaus ist ein um 100 oder 150 Jahre später anzusetzender Hau, über
den nichts Näheres bekannt pcwordrn ist. .\us späteren Kirchcnvisitations-
Protokollen wissen wir, dass Kirche und (iottcsdienst um 155S arcj vernach-
lässigt waren, dass aber 1594 unter Pastor I.ucae eine gute Ordnung herrschte,
und dass 1653 durch den Tod des Pastors Joachim Jastcr, der 31 Jahre lang
das Amt inne gehabt hatte, eine Vakanz eingetreten war. Ueber die zwei
Pastoren aus der Wismar'schen Familie Otto s. unten. Aus den Akten efgiebt
sich ferner, dass das Patronat wahrend des Mittelalter in den Händen der
Herren von Stralendorff ruhte. Kin im Jahre 1481 von den Hcrzöt^en Magnus
und Balthasar geschlichteter Streit zw ischen di-nen auf Gamehl und denen auf
Goldebcc und Preensberg über die Ausnutzung einer Hulzung lässl erkennen,
dass die Familie schon seit Generationen im Besitz von Goldebee war. Sie
bleibt darin bis weit ins XVII. Jahrhundert hinein. Im Jahre 1651 (26. Juni)
überlassen Dietrich von Stralendorff* und seine Khcfrau Elisabeth Negendank
ihrem Schwiegersohn, dem Obcrsthcutcnant Niels Rothe fs. u.), der mit ihrer
Tochter Anna I"'lisabeth vermahlt war, für 7CXXJ Gulden auf 2^ Jahre den
Niessbrauch iles (iutes. Niels Rotlie ist 1659 niclit mehr am I.eben, aber
seine Kinder bleiben Inhaber von Goldebee, und ihre Vormünder erhalten
am 7. November 1676 für 8500 Gulden den herzoglichen Konsens zu einer
neuen Periode von 20 Jahren. Aber noch vor Ablauf dieser 2^it, nämlich
bereits im Jahre 16S6, finden wir H irtuin; von Flotow, der mit Jlsabe Katharina
von StralendorlT vermählt war. als Inhaber von Goldebee. l'iul als dieser
neun Jahre spater, den ; Marz l'')')^, das ganze Gut (»oldebee an di ii 1 laiipl-
mann und späteren iMajt^r Hartwig von Lutzow für 15600 (julden verkauft,
verzichtet der damalige Hofgerichtspräsident Ulrich von Stralendorf auf die
Rduition. 1703 ist der Oberstlieutenant von Bornfeldt (s. u.) nahe daran, das
Gut von der Wittwe des Majors von Lützow zu erwerben, doch der Kauf
wird rückgan;,^ig gemacht, und Rornfcldt Übernimmt dafiir das benachbarte,
nach Goldebee eingepfarrte und später in den Hesitz des Heiligengei.st-
Stiftes zu Wismar übergegangene Preensberg, von wo aus er mit seiner Gattin
'] M. U.-U. 4255. Ktlhnel. M. Jahrb. XLVI, S. 53.
*) M. U.-B. 1059. 2622. Crull, M. Jahrb. XXXUI, S. 64. Vgl. oben S. 235 (HornstorQ.
C holdehu und GoUlcbu (Ort des (iokleba) geschrieben, liegt IG km
des
Dorfes.
Digitized by Gocgle
253
AMTSGBR1CHTSBEZIRK WISMAR.
17 12 den Altar stiftet. Auf Goldebee aber, das seit 1696 zum Allod erhoben
war, finden wir nachher fast ein {janzes Jahrhundert lanj; die Hobc's. In der
Zeit von 1729 bis 1733 strengt der Kapitän Adam Ulrich von Stralendorff
gegen den Landraiii von Hobe vergeblich das jus rcvocationis an. Die
Hobe's bleiben bb 1800 auf Goldebee. 1801 tritt der Kommerzienrath Köster
an ihre Stelle. Die Familie Köster bleibt bis 1893 im Besitz des Gutes. Ihr
Rechtsnachfolger ist seit 1894 Herr Hans Hosselmann.
Von den späteren Pastoren nach der Reformation sind aus Akten und
Kirchcnvisitationsprotokollcn folgende zu ermitteln: um 1594 Pastor Lucac;
zwischen 1624 (vielleicht ist er schon viel länger da) und 1627 Martinus Leo;
zwischen 1633 und 1653 Joachim Jaster. 1654 wird David Otto berufen. Ihm
1690 sein Sohn Ulrich Friedrich Otto; diesem von 1715 bis 1733 Emst
Kaspar Martens; 1724 bis 1737 Franz Georg Wasmuht; 1737 bis 1778 Jakob
Bernhard Birkenstedt; 1780 bis 1 8 ( 7 Otto Wilhelm Schrcgel. Ucber ihn und
seine Nachfolger s. Walter, a. a. O.
Kirche. Die Kirche ist ein Mauersteinbau mit einem aus dem Achteck kon-
struierten Chor. Eine Scheidunc; zwischen Chor und Langhaus macht sich
in keiner Weise bemerkbar. Heide bilden einen iiberall gleich lii)hen und
gleichmässig gcunlblen Kaum. Lin im Westen vor etwas über fünfzig Jahre
vorgebauter neuer Iluirni endet oben mit vier niedrigen Schildgiebeln in
klassiderendem Stil und trägt statt eines Helmes eine Anzahl grosser ci.scrncr
Kreuze, die den Eindruck der Seltsamkeit machen.
Akar. Der Altar ist ein Werk des Barockstils vom Jahre 1713 mit drei
Gemälden. Unten die Einsetzung des Abendmahls, darüber die Kreuzigung und
oben die Grablegung. Hinter dem Altar die Angabe, dass der .Mt.ir 1712 am
15. Sonntage nach Trinitatis von dem Pastor Ulrich Friedrich Otto geweiht
worden.
In der Sakristei gicbt es /.wei in Holz geschnitzte und bemalte Wappen,
das des Obersten von Borafeldt und das der Sophie von Bartels. Es sind
dies dieselben \Va])pen, die nach Angahe des bnentars von 181 1 rechts um!
links vom Altar angebracht waren. Nach diesem Inventar hing damals links
neben der Kanzel ein zweites Wappen desselben Obersten (in blauem Felde
ein Reiter in voller Rüstung auf weissem Pferde) und daneben sein Kiban
und seine Sturmhaube. — Hinter dem Ahar noch ein anderes Wappen von
einem Kriegsmann, nämlicli dus des Obersten J. Niels Rothe. Es stellt in
grünem Felde den hl. Georg dar, der den Lindwurm tOdtet, und hat die
Unterschrift l. NILS. HÖHT WOLBEDINTCR OBRISTCR UCVTENANT.
Kanzel. Die Kanzel ist ein schlichtes Werk; sie stammt vom Jahre 1666 und
war einst mit vielen Wappen der Stralendorflf'schen Familie verziert.
\a< dl dem Inventar von iSii waren drei Füllungen bemalt, man sah:
1) die Wappen des V ictor vrm Stralendorf' und der Margaretha von Biilow;
7) die Wappen des Ulrich von Stralendorff und der Elisabeth von Grabow,
Margaretha \nn Haiherstadt, Klisabeth von Hurhwald un<l der Dorothea von
Stralendorf!; 3) die Wappen von Paul Ulrich von StralendorlT und Ursula
von Stralendorf.
Digitized by Google
KIRCHDORF COLDEnEE.
Zu beachten ist eine im Innern der Kirche stehende alte Fünte von Fünte.
Granit und in ihr eine Mcssingschüsscl mit ticr Unischrift: ZVM TAVF c§j
BECKEN ^ IN r§.. DIE KIRCHE ZVE r^^ GOLOEBE VOR SCHAFT cg>
ES 4> OER PASTOR lOACHIMVS 4' lASTER <^ ANNO 1650 cgi DEN
20 cgj IVLIVS.
Von den drei Glocken ist die grösstc durch Hausbrandt in Wismar Glocken.
1H57 umfjcfjosscn worden. Die mittlere ist ohne Schmuck und
Inschrift. Die kleinste hat die Minuskelinschrift: >0 tC% Qlt Jpt Vlflli
eil pilCC iinno IlKfffjrd . . , , ^, dazu das nebenstehende Gicsserzcichcn.
Grabsteine. Als Schwelle zur Thurmhalle dienen drei zu zwei Leichen- («rahsteine,
.steinen f;ehurifie Platten, von denen «lic eine zwei Wappen zci}»t, das Stralcn-
dorflf'.sche und ein anderes, das unkenntlich j;eworden ist, dazu das Datum
5t* IlKCCCi . . . Die beiden anderen gehören zu einem Stein, der einen ge-
rü.steten Mann und eine I'Vau zcij,'tc. Von der Umschrift nur wcnij,'es erhalten:
. . . tont pcen^bar(at) rlirt) glisfroüir. oratC. An einem dieser
Stücke anscheinend n»)ch ein Rest älterer Schrift.
\, ismar
Kleinknnstwerke.
I. 2. Hin silber\erßo!detcr }^othi.scher Kelch mit Kleinkunst-
dem Jesusnamen in Minuskeln am Knauf werke,
und einem plastischen Krucifi.xus als
Kelche.
Signaculum auf dem Fu.ss, und ein .schöner, ebenfalls silbcrvcrgoldeter
Kelch im Renais.sanccstil vom Jahr 161S mit ähnlichem Signaculum und mit
Digitized by Goo
254
AMTSGERICHTSBBZIRK WISMAR.
aswci Wappen auf dem Fuss, dem Stralcndorft"schcn und dem Grabow'schen,
dazu eine Inschrift des Inhalts, dass ULRICH VON STRALENDORFF und
ELISABETH VON GRABOW diesen Kelch zu Gottes ührc i6uS gestiftet
haben. Meisterzeichen weder beim einen noch beim andern. — 3. Patene
mit dem Wismar'schen Stadtzetdien und dem Mdstetstempel [Tc] (Jochim
Oade 17 10 bis 1728).*) — 4. Ovale silberne Oblatenpysds. Auf dem Dedcd
ein vergoldetes getriebenes Relief mit der Halbfigur des Heilandes und mit
Martoruerkzcugfcn. Unten die Tm lirift: GODT ZV EHREN VEREHRTS AN
DER KIRCHEN ZV GOLDEBEHN MICHAEL HÜNEMÖRDER 1689.^) Innerhalb
der Umschrift ein Wappen;
— 5. 6. 7. Krankcnkonimunionsgeräth: Kelch, Patene uiul Oblatendose von
Zinn, erstere beide mit dem Stempel des englischen Zinns (Hlngcl mit Hammer
und darüber ENGELS TIN) und den Meister- Initialen W H Q. — 8. 9. Zwei
zinnerne Leuchter. Gewerkzeichen sind nicht vorhanden. — 10. tt. 12. Desgl.
von Silber, neu. Fabrilavaare von Humbart A Sohn. — 13. 14. Grosser runder
Oblatcnbchaltcr und grosse silberne Kanne, neu. Fnbrikwaare von Emst-
Merlin. In den P'enstern noch ( jla.snialcreien mit den W ajjpcn derer von
StralcndorfT, Dcchow, llelow und Knövenagel; auch noch andere, die im
Laufe der Zelt unkenntlich geworden sind.
Nach dem Inveptar von 1 8 1 1 war die grosse Glocke 1 683 unter dem
Patronat der Frau Jlsabe von N egendank, verwittweten von StralcndorfT, und
unter dem Pastor David Otto von VHm SMwnlNMim in Schwerin gegossen
worden.
*) Gnril, Aat d. GoUheimiede, S. $<•
*) Bd Wesiphalen, Tab. 18 ad T. IV, ist dtt Wappen der IlUnemordcr, die bürgerlicher
Herkunft sind, ein wilder Maao mit äntn Baam. Sie (Übren dies Wappen aeit 1704: vgl. Lisch,
M. Jahrb. XI, S. 447. Ueber das hier genannte Mitglied der Familie llHnemOider, die in den
IlanaestSdten Lübeck und Hambwg vorkommend, im XVII. Jahihnndert durch dänische nod
schwedische Kriegsdienste zu Vennngeii iitul Ansehn gelangte, war aus .\kten bisher nichts 7U
ermitteln. l>as unbekannte Wapiieii mit den Initialen S C M läsat vermuthen, dass die Oblatcn-
pyxis nnpranglich andenwobin gehOrt.
Digltlzed by Google
KIRCHDORF ZUROW.
Du KMidurf Zurow.
as während des Mittelalters zur Schweriner Diöcese pfchörcndc Kirrlulorf (beschichte
Zurow jZurowe, Tziirouc. Cznrowe, Surouc, Suruw, als Ort der Cura, des
oder auch als Grünau, Cirunhof, Grunhagen gedeutet')] liegt 10 km süd- I^orfe*.
östlich von Wismar und wird am 1$. Juni 1303 zum ersten Mal urkundlich
mit neun anderen Dörfern zusammen bei Gelegenheit eines Vertrages zwischen
Fürst Heinrich von Mecklenburg und Willekinus Mancnzagel (oder Hanenstert)
über die Hede aus diesen I)t)rfern genannt.*) Sclion damals mögen die
StrnlcndortT's, von denen einer zu lien Schwiei^ersöhnen des eben {^'enannten
reichen W ismar sehen und auch Lübecker Hurgers Hanenzagel gehörte, in
Zurow begütert gewesen sein.^) Nachweislich ist dies seit 1336 der Fall.^)
1 390 hören wir von der Stiftung einer Vikarei ih der Kirche zu Zurow, deren
Gewölbemalereien ausserdem das Wappen der Familie in einer Form enthält,
die nicht über <\\c zweite Iliilftc <les XIV. J:ilulninderts hinausdatiert werden
kann. Zahlreiclic Akten des X\'., XVI und aucli noch aus der ersten Hälfte
des XV'II. Jahrhunderts erweisen, dass Zurow im HiMtz der StralciuiorK 'seilen
Familie bleibt, wenngleich es gelegentlich von euiem Zweig zum andern
hinüberwechselt. 1637 erwirbt Berthold von Bulow, der mit den StralendorflT's
verwandschaftlich verbunden ist, das Gut als erblichen Besitz für die Summe
von 7100 Gulden. Im lksitz der Bülow'schcn Familie erhält es .sich bis über
die Mitte des XVIII. Jahrhunderts hinaus. Dann folgen als Inhaber Friedrich
Wilhelm Boye, dessen Gläubiger das Gut bis 1781 administrieren, von 17X2
bis 1792 Landratli Otto Christoph von Raven, 1793 und 1794 Carl Wilhelm
Michelsen, von 1795 bis 1810 ein Herr von Krügsheim, von 1810 bis 1828
Joh. Konrad Wädeldn, von 1839 bis 1841 Joh. Ludwig HUlmann, von 1841
bis 1886 Albrecht Lange, und von 1886 an Karl von Sittmann.
Schon von weitem erweckt die Stattlichkeit der Kirche und ihres
Tliurnies <lie \'<^rstelkmf^ . als ob das ITarrdorf einstmals eine mehr als ge-
wöhnliche Hedeutun^' gehabt haljcn nuisse. Das ist in der That der Fall
gewesen. Als im XV. Jahrhundert die Stande der einzelnen 1-andesihcile noch
gesonderte Landtagsversammlungen abhielten, war auch Zurow gelegentlich
der Sammelpunkt fUr den mecklenburgischen Landestheil. Wenigstens fand
hier im Jahr 1488 ein solcher Landtag statt, als es sich um die Bewilligung
verschiedener ausserordentlicher Reichsanlagen, darunter um 3000 Gulden zum
*) Ktthml, M. Jahrb. XLVI, S. 168.
•) M. u.-i;. 2S70. 4241.
*) Cnill, M. Jahrb. XXXIV, S. 153 {T. (das Geschlecht det llahnstcrt uüer Haliiietizagd).
*i II. U.-U. 5640. Vgl. auch 6115.
Digitized by Google
2$6
AllTSGeRICIfTSBBZfRK WISMAR.
Türkenkrieg in Gemässheit des Nürnberger Reschlusscs von 1487 handelte.']
Ferner war Zurow der Mittelpunkt einer angeselicnen Kalandsbruderschaft im
XV. und XVI. Jahrhundert, die erst 1553 aufgelöst wurde, und bis zum Jahre
1542, vidleicht andi heimlich noch länger, ein Wallfahrtsplatz mit einem
berühmten Marienbüde, das fär den Inhaber des Kirchlehns, welches die
Herren von Stralendorff zu vergeben hatten, dne er^etHge Quelle von Ein-
künften war.*) Bei Gelegenheit der niecklenburgisclien Kirchenvisitation von
1541/42 wurde dem Kirchherrn Joachim Wintorshagen verboten, die Kapelle
mit dem Marienbüde fernerhin aufzuschlicsscn und »Gotteslästerung« darin
zu lehren.*)
KIrcfae. Chor und Schiff der aus Ziegelsteinen erbauten Kirche, ersterer um
eine Stufe erhöht und mit .Schluss aus dem Achteck, stellen einen von
Kreuzgewölben in glcichmässiger Weise gedeckten stattlichen Raum dar. Die
Gurte und Rippen der Kreuzgewölbe steigen von fünfseitig aus dem Achteck
gebildeten, kapitdlartig gestalteten Kragsteinen auf, die auf klüftigen Diensten
ruhen. Doch erheben sich diese Dienste nicht vom Fussboden, sondern
von höher liegenden Auskragungen her, die an einem im Innern der Kirche
entlanglaufenden Kaffgesims angebracht sind. Zu beachten ist ferner die
gleichmässige, die Strebepfeiler mit einschliessendc Durchfuhrung von Sockel-
und Kaffgesinis an der Aussenscite der Kirche und die eigenthümliche Bc-
hamHung dnes Thdies der Querbalken, welche die Dachsparren tragen ; einige
von ihnen ragen nämlidi soweit über die Aussemnauem hinaus, dass sie mit
herunteigreifenden Klotz -Ansätzen versehen werden konnten, die das Mauer-
werk nach Art von Klammem festhalten. Der Thurm steht in keinem Mauer-
verband mit der Kirche und ist etwas jünger als diese; er schliesst mit einem
Satteldach ab, das zuischcn seinen beiden (liebeln eingespannt ist, vuid öffnet
sich in seinem obersten Stockwerk nach allen vier Seiten mittels eines Paares
spitzbogiger Luken, an denen dch dn aus abwechselnd rothen und Räderten
Ziegeln gebildeter Stab-, Band- und Rad- oder Rosettenschmuck entfaltet.
Auch die beiden Giebel sind mit solchen Rädern und Bändern aus glasierten
Ziegeln, welche \'ierpässe bilden, reich und schön, wenngleich in etwas derber
Weise, gcschmiickt/) Der gothische .Stil, in dem der ganze Bau ausgeführt
ist, passt recht wohl für die zweite Hälfte des XIV'. Jahrhunderts, auf die wir
auch weiter unten noch aus anderen Gründen hinweisen werden.
Wenn die oben ausgesprochene Vcnuuthung richtig ist, die auch dadurch
gestützt wird, dass es nichts giebt, was auf das frOhere Vorhandensein einer
») Lisch, M. Jahrl.. X, S. 192.
") Crull, M. Jahrb. .XX.KVl, S. 224 fr.
*} KirclienvisiutiomprotokoU von 1541 4.2 im (J[Ub<iU. Aichiv.
*) Der Thann htite bU 1638 eine SpiUe (Hein oder Daditciter?). die ducli den BliU
nictlergeworfen wurde. Vgl. M. Jahrb. XXIX, S. 2o6. Die alte Sakiistci ist im vorigen Jahr-
hundert (u einer Crablcapclle fttr die Familie von Raven zurecht gemacht und dafür ein Raum im
Innern der Kirche ab Sakristei eingerichtet worden.
Digltlzed by Google
KIRCHDORF ZUROW.
älteren Kirche sr.hlicssen lasst, und dass , wie Crull s. Z. l)Cmerkt hat, die
l)C!>chrankte Grösse der hier neben einander liegenden Kirchspiele Goldebee,
. . — I TH' I I ' I r '■ I I ' T 1
Grundrisft der Kirche.
Zurow, Jesendorf darauf hindeutet, dass sie nicht der ersten Circumscription
der l'arochien ihre K,ntsichiinf{ verdanken, sondern 1 heile ursprunglich
anderer, grösserer waren, ') wenn es also richtig ist, dass wir die Zurower
•) Crull, M. Jahrb. XXXVI, S. 217.
II
Digitized by Google
258
AMTSr.ERlCHTSBEZIRK WISMAR.
Kirche in die zweite Hälfte des XIV. Jahrhunderts zu setzen haben, dann
können wir uns auch nicht dartiber wundem, dass sie uns in den Urkunden
nicht eher als am 4. September 1393 bcge^<net, an welchem Tage Ritter Hen-
Kirche xu Zurow.
ning von Stralendorff auf Begehren seines seligen
Bruders Vicke von Stralendorff zu Ehren der
heiligen Jungfrau und /um IJesten aller ihm
theuer gewordenen Seelen und besonders seiner
Eltern in der Kirche zu Zurow eine Vikarei
stiftet.*) Damals ist Joh. Wet/.ell l'leban daselbst.
') Vfib Uiigedruckte Urkunde im Grosshcrtogl . Archiv zu
Schw«uriii. Im Kirchenvi&iialioi«>prolokoU von 1534 Rillt unter
den Beinerkunpen Uber testierende Lieferungen an die Kirche zu
l.ilbow eine Nachricht über eine Abgabe auf, welche »van
Surow der Kercken wegen« Herr Heinrich von StralendortT
dahin zu leisten hat, womit er aber rückständig geblieben. Un-
willkürlich kommt man damit auf den Gedanken, dsai Zitrow
einstmab vor Errichtung seiner Kirche zu der l'nrocliie I.üIjow
gehört hal>eii mU^se, die in allen Zeiten nachweisilicli üchr viel
jf^^. i^r
Querschnitt der Kirche.
d by Google
KIRCHDORF ZUROW.
»59
1418 wird in einer Urkunde des /;ir(nv'schen Kalands ein Pfarrherr Deitmer
von Zuruw genannt, l'ur die tulgcnden Jahre fehlt es an Angaben, und
zwar bis 1541 hin. Um diese Zeit ist Joachim Winterhafen Pfonherr;
n.K liwcisli« h /wischen 15«)' und 1601, vielleicht auch länj^er, Joat hini
Munstennann; um 162» Johann Schröder; zwischen 1640 und 1646 Johann
Brauer (Rrawer); von 1647 bis 1694 Christian Grabins; von 1695 bis 1725
Karl Ceoig \ irke: von 1727 bis 1736 Joh. (lötz; von 1738 bis 176t (?)
Fri( h Jr)l). linist haiiir; von 1762 Ms i7i»6 |oh. Ciotthard Hornemann und
de-ssc-n Sohn, dieser freilich nur wahrend des Gnadenjahres 1796, gegen
dessen Ende bin er stirbt; von 1797 an Pastor WolfT. Ueber die Geistlichen
des XIX. Jahrhunderls siehe Walter, Unsere LandesgeistUchen.
Der Altar besitzt noch sein altes gtithisches Tr iptN rlion. In der Mitte Altar,
die Jungfrau .Maria neben dem Herrn, der mit erhubciicr Hand nach oben
zeigt. Beide sitzend. Rechts von ihnen die Gestalt des Johannes Evangelista
mit Kelch, links die heilige Annaselbdritt-Gruppe. In den FlUgeln die
Figuren der Apostel; links oben Petrus, Johannes und Paulus. Die Attribute
der übrigen sind bei der in tlen drcissiger Jahren vorgenommenen sog. Restau-
ration abgehauen, und tlarauf ist alles mit Oclfarbc ulierstrichen worden.
Miner fehlt ^anz. Die Haldachine sm<l li(raiisi;il)rifi-lHii. Die alte Altar-
prcdella ist verscluvuntlen, davor hangt eine Malerei mit dem Lccehomo, und
ZU beiden Seiten ein Wappen, links das des BERTHOLO VON bOlOW. rechts
das der EUSABETH DORB VON 8TRALEND0RPF, beide mit Beischriften. Auf
der Rückseite der Fliigel Reste alter Bilder. Zwei von ihnen zeigen die
Gcisselung und I'ilati I lantlwaschung. ') UeIxT dem Altar die Worte: O •
flarcna • rofa • iii.itrr • bamiiii • fprcrofa • 0 • birga • niitis • 0 •
frcUllbifflllia • llitiS • Clarior • aurora • Auf den Altar.schranken eine
Inschrift: ANNO 1644 HEFT STEFFEN GREVE SCHEFER ALHIR NEBEN SINER
FROUWEN TRINE ARN8 OIDT TO GOTTES HEREN (!) QEFEN. — Die Kansel Kanzel,
ist eine gute Renaissancearbeit des XVI. Jahrhunderts mit arg mitgenommenen
Malereien in ihren Füllungen. - Die Orgel hat einen guten Barock-Prospekt. Orgel.
\'on den in der Kirche liegenden Grabsteinen, die .sammtlich einer jüngeren Grabsteine.
Zeit angehören , moijen folgende genannt werden: i (jrabstein der Frau
Obcrstlieutenant CHRISTINA DOROTHEA VON BASSEWITZ, geb. VON BÜLOW,
geb. 1693 in Zurow, gest. 1755 zu Tarchim. — 2. Im Eingang ein Stein mit
der Aufschrift: EINGANG IN DAS H. V. BASSEWITZ VON P00R8T0RF(sche)
gitaer war und iiocli in sp.'itricr Zeil zu verschiedenen Malen verkleinert wnrde : to t. B. in
den aecbzig« Jahren de« XVI. Jahrliurxlcrtj um die Ortschaften Rosenthal, Karow und Steffin,
die nir Kirche in Dorf Mecklenburg gelegt wurden, und noch viel später (erst 1885) um RUggow,
dai in Homalocf eingepfarrt «mrde. Vgl. bcionden die ViiitelionsprotokoUe der I.ttbower Kirche
von 159203 und l6$;\ im Cri>s«l>. Arcliiv l'cbcr iJcn Anihcil der Zurowcr Kirche an den jibr-
liclieil Woiiilieferungen aus licin K^uliskellir zu NVisniar vgl. Crnll, M. Jahrb XXXVI. S. 227.
') Ueber der rilaliis-Sccne sah man früher die 'l'hcilung de<> Ruckes unter die Kricgskuechte,
nnd oof der andeien Sehe unierhalb der Ceisselung die Krenttngnng. Vgl. Cmll, M. Jahrb.
XVI, S. 3oa.
17*
Digitized by Google
260
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
ERBBEGRÄBNISS.
— 3. u. 4. Zwei Hillmann'sche Grabsteine, der des
JOH. LUDWIG HILLMANN (geb. 1/7 1, gest. 1853) und seiner Gattin DOROTHEA
PHILIPPINE, geb. WITTE (geb. 1783, gest. 1843}, und der seines Sohnes
HEINRICH CHRISTOPH LUDWIG (geb. 1810. gest 1828). — 5. Grabstein des
Oberamtmanns NICOLAUS SEELER, Erbherra auf Fahren und Wakendorf (geb.
1741. gest. 1809).
Glocken. Die Kirclic hat zwei Glocken. Die kleinere vom Jahre 1462 hat die
Minuskelinschrifl: ® ü tcj: ' glocte • nrffte • toenf • CHI» • pacc »Ji iljcfu^ •
9be msaia gc^sria • glotia • pstto • (0 4* ^Iniio Iramini • mccctijcf} •
Darunter die Namen der heiligen drei Könige als Wetterherm: ifl \9fpM '
tllflldiCiir • ftaId)Cf«ir • Uie Krone (k t Glocke ist mit tauartig gewundenen
Streifen, Ihr Kranz mit einer altcrüiümlich modellierten schönen Wein-
ranke verziert. Im Felde der Glocken allerlei eingeritztes Bildwerk: die
Mutter Gottes mit dem Kinde auf dem Arm; vor ihr ein Fuchs, der eine
') Vickc vun liassewit/. erwirbt 1453 das Gut Pourstorf im Amte Bukow, das nach Passet:
liin eingepfarrt b>i; aber zehn Jahre früher erwirbt Joh. Basewitz mit anderen Gutern «l«n Hof
cum Calenberse (Kahlenberg), der zum Kirchspiel Zurow gehört. Das hier angelegte Erbbcgräbniis
ist also nrspiOngneh ein BmmwIU« Kahlenberg^achet. Da aber aelHNi Mlie eine Vcrbinduic bdder
F.irnilienzweige und ihrer Ouicr c. ]mt:. entsteht, nachweislich schon am Ende "K'> XVT. Jahr-
hunderts (Jürgen von Basscwiu auf Pourstorfl* und Kahlenberg), so wird aus dem Kahlenl>erg'schen
Begrlbni» ein BMtewits-Kahlenbeig>Piiorslorf'sdies Begffimics. Der Poontorfcr Zweif benntet
CS wenigstens ungehindert. Jedoch kommt es im Jahre 1749 nach Ausweis von Akten zu Miss-
helligkeitea Uber «iic Sache. Dem KcchUnachfulger der Herren von Baaiewiu auf Kahlenberg,
Obent Ilans Jorgen von Schack, der seit i 742 auf Kahlenberg wohnt, itt die Boimranf dei Erb-
beigiibnisses mit dem Namen Kahlenberg unangenehm. Das wird hSdiat wabiaeheinlich Anlass
geweien sein, da^s der N.imc Kahlcnherg fllr die Kapelle in WcKfal! gekommen und durch den
Namm Poorstorf'schcs Erbbegräbnis» er^lzt wordeu ist. Auf Kahlenlierg und Pourslurf bleibt die
Familie von Bamwiti bis gegen die Mitle des vorigen Jahrfaundena.
Vier GlockenbOder.
KIRCHDORF ZUROW,
Gans im Maule trägt; auf der andern Seite ein heiliger Bischof und ferner
Hammer und Zange, um die sich eine Schlange windet. Dazu nicht
weniger als zweimal das Zeichen des (jjockengiesscrs, einm.i! zuisclun
der Maria und dem Fuchs mit der Gans, das andere Mal zu i.-.chen dem
hl. Bischof*) und dem Hammer-, Zangen- und Schlangcnbilde. —
Die grössere Glocke ist im Jahre 1864 vom Meister Hainbrandt in Wismar
gegossen worden und trägt ausser dem Namen des damaligen Pastors A> KÖPKE
die Namen von A. LANGE ZV ZVROW. CHR. KOSTER ZV RAVEN8RVH und
& FRATSCHER ZV KALENBERG.
Ihre Vorgängerin war 1782 geg()sscn (von wem, wird im Inventar von
181 1 nicht gesagt) und trug ausser dem Namen des i'astors Job. Gotthard
Hornemann das Wappen und den Namen des Patrons der Kirche Otto
Christoph von Raven auf Zurow und Schmakentin faus dem Stammharsc
Hohen-Lukow in der Ukennark) und den seiner Gemahhn Doruthea Blondina
Cliristiana, geb. von Hopfen (aus dem Hause Schlotheim in Sachsen).
An plastischen Werken, die die Kirche besitzt, mag noch ein in Hok Wappen,
geschnitztes Reventlow'achca Wappen hinter dem Altar genannt werden.
GewBlbeiiialeKieii im Cbor.
Gemälde. Bei der Restauration der Kirche im Jahre 1862 fanden sich Gemilde,
am Gewölbe oberhalb des Altars im Chor, unter der Tünche, sehr beachtens-
werthe Gemälde. Es waren die drei inneren Kappen, die man damit verziert
hatte. In der mittleren: Christus als Salvator muiuli mit erhobenen beiden
Händen, die Lilie der Gnade und das Schwert des Gerichts im Munde, inner-
halb einer Mandorla auf einem Regenbogen thronend und umgdien von den
Symbolen der vier Evangelisten. Auf der inneren Hälfte der anstossenden
nördlichen Kappe eine weibliche Heilige mit Nimbus, die Mutter Gottes; und
') Cmll, M. Jahtb. XXIX, S. 206 hat Neigung, in dem Bischof den hl. Nikolaus zu erkennen.
Digitized by Google
262
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
neben ihr, in der andern Hälfte derselben Kappe, ein kniecndcr Ritter mit (Il-iii
Stralcndorff sehen Schilde und dem Spruchbande: ICUC lllObcr O.lbCö biÖCt.
Beide, Schild und Schrift, stehen verkehrt, von rechts nach links, und mögen
daher mit einer Schablone aufgetragen sein.') Auf der
inneren Hälfte der südlich an den Heiland anstossenden
Kappe ein heiliger Bischof mit Nimbus, Mitra und Stab,
und in der andern Ilalftc derselben Kappe eine knieende
weibliche Gestalt mit dem Hülow'schen Wappen und
dem Spruchbande ICUC \}tve fiibft bor Ullj. Ausser-
dem noch unterhalb des Hildes mit dem knieenden
Ritter ein Q mit einer Krone, zu dem der Restaurator
unterhalb des Bildes der Frau ein ^ mit der Krone
ergänzt hat: Alpha und Omega, Anfang und Ende bist
Du o Herr!
Es kann j^nr keinem Zweifel unterlieffcn, dass,
wie Cruil im M. Jahrb. XXIX, S. 204, bereits aus-
einandergesettt hat, in diesem mit einer von Balow
vcrheiratheten Ritter von Stralrndorf der Griindcr der
Kirche zu erkennen ist. Beide, Mann und Frau, sind
mit ihren and gewiss auch der Kirche Schutzpatnmen,
der hl. Maria und den> Bischof Nikolaus (?) dargestellt,
in diesem Fall also mit denselben bciilen Heiligen,
welche die alte Glocke zeigt. Crull verniuthet Heinrich
von Stralendorff, einen der drei Söhne jenes Heino,
der st hon i .^^6 im Besitz von Zurow war, als den Stifter der Kirt lic, wenngleich
von seiner Gattin nichts bekannt ist. Nur ist es sicher, dass von den Söhnen
des Heinrich zwei die Nunen Hans und Henning föhren, welche bis dahin
in der StralendorflT'schen Familie nicht vorkf)inmen. wohl aber in der Bülow'-
schen Familie üblich waren. Uie hl. Mutter Maria als Schutzpatronin der
Stralendorff's erscheint auch auf dem alten Kirchensiegel von Zurow, das
Wappen
der von Stralendorff
in der Kirche cu Zurow.
(Dcckengemildc.)
Skgel der Kiichen-Jarsleii
in 2<w0w«
(1515. April IS.)
Siegel des Ritters
Vicke von Stralendorpe.
(1320. Min 30.)
Siegel
des Olrik Slralendorp.
(1460. Novoaber 19.)
den Stralendorff" sehen .Si:hild in derselben verkehrten Weise zeigt wie die
Gewölbemalerei in der Kirche und daher diese zum Vorbilde genommen
haben wird. Die richtige Anordnung findet sich schon auf dem Siegel des
Vicke vom Jahre 1^20.
«) Vgl. Crull, M. Jahrb. XXIX. S. aoj.
^ Cnill, M. Jahrb. XXXVI, S. ss6. Die
StfskadkMp vm 1460.
elbe AnordBnng auch anf dem Siegel de» Olrik
Dlgltlzed by Google
KfRCHDORF ZUKOW.
262
Auf der Kmporc der Südseite Wappenmalerei aus der Zeit des Land- Wappen-
raths Otto Christoph von Raven (s. o.).
In der Mitte das Wappen des genannten mecklcnb. I^andraths mit
dem seiner (iemahlin Dorothea Blandina Christina von Hopfgarten aus dem
Hause Gustävel. Links das der Kitern des Mannes: Emst I riedrich von Raven
auf Nossentin, Sparow und I^öck und seiner Gemahlin Maria Juliana von
Hacke aus dem Hause Kut/. Rechts das der Kitern der Frau: Kriedr.
Wilh. Emst v«m Hopfgarten auf (lustavel aus dem Hause Schlotheim und
das der Magdalena von S( hack aus dem Hause Gustävel.
Auf der \ordscitc der Kirche Glasbilder mit Allianzwappen.
Man erkennt das Weltzien srhe Wappen, dieses ohne IJeischrift, danelK;n
das Stralenddrfl ' s« he, dieses mit dem Namen Melige von StralendorfT. Ferner
das Bassewit/ sehe, auch dieses ohne Namen, daneben aljer das 'J'arnewitz'schc
mit dem Namen Dorothea Tarncwit/.. Üeber die in Mecklenburg aus-
gestorbene Familie von Tamewitz vgl. Lisch, M. Jahrb. XL, S. 136.
Vasa Sacra und sonstige Kleinkunst.
I. 2. Silbcrverfjoldeter gothischer Kelch vom Jahre 161 7 auf .sechs-
passigem Fus.s. An den .sechs Kotuli des Knaufes der Namen IHESVS. Auf
dem Fu.ssc des Kelches vorne der Krucifi.vus, rechts davon das Stralendorflf-
.schc Wappen mit den Buchstaben H . V . S . ; ihm folgt <las j'ressentin'schc
mit der Unterschrift M • P darauf die
Jahreszahl; dann uicilcr das StralendorfT-
sehe Wappen mit den Huchstaben I • V • S •,
und hieran sich an.schlies.send das Wacker-
barth sehe Wappen mit den Huchstaben
E. W. Ausserdem am b'iiss die Inschrift:
BEIDERSITZ X OLDERN X ZUN X
EHREN X UNDT X ZUR X GEDECHT-
NISS X MACHEN X LASEN J X WECHT
37 LOT. Auf der zu
gehörigen I'atcnc dicsclbei
Zeichen (Jochim Poreibe
3. 4. Silbervergoldeter spätgothi.scher
Kelch mit den Buchstaben iilffb? in
') Joachim von StralendorfT auf Trams und
ZuroNV, der mit seinen UrUdern Henning und Christoph
in .'\klen der Jahr« 1569 und 1601 (1619) mehrfach
vorkommt, war mit £lii«b«th von WAckerbarlh, einer
Tochter des Geh. Raths Georg von Wackerbarlh auf
Kalclbogei), Moisal, Steinhagcn und Nienliagen ver-
mählt. Er stirbt 1597 und hinterliisst mehrere Kinder.
Ihm lulgt im Tude 159S »ein Hruder Christoph, der
mit llsche (nicht Ev.i) von Moltke verm.ihlt war und keine Kinder halse. Der dritte Krudcf
Henning, der nach dem nntrU^^lichcii Zciiguisä des Kelches mit einer M. von rre>scntiii vermählt
malerei.
Glasbilder.
Vasa Sacra
und
sonstige
Kleinkunst.
Kelch.
Digitized by Google
2«4
AMTSCERICHTSBEZIRK WISMAR.
Minuskeln am Nodus. An den Annnli Rosen und hänpfcndc Tnipcn. Der
Fuss ist spater (in der Zeit des klassicierenden Zopfes) angesetzt. Am Kelch»
wie an der /.ufjchörij^en Patenc keine Werk/xiclien.
5. Längliche silberne Oblatcnschachtel mit der Inschrift am Rande:
8ACRUM t DEO TRINUNO ET ECCLESliE ZUROVIEN8I • AO t MDOCX. Auf
dem Deckel getriebene schrigUqnende Rund<en. Stadtzeichen von Wismar
mid Meisterstempel (Joh. Martin Printe).
6. Kleiner silberner Kelch zur Kranken •Kommunion, mit rundem ver>
goldcten Nodus. Am Fuss I. F. WOLFF: WAILAND PREDIGER ZU ZUROW
1841. Stadtzeichen von Wismar. Meistcrzcichcn undeutlich.
7. Silberne Oblatcnschachtel zur Kranken ■ Kommunion, (iute Treib-
arbeit im Barockstil. Sie zeigt ein W appen mit neunzinkif;er Krone und mit
einem Baum im Schilde. Als W'erkzcjchen ein springender gekrönter Löwe.
LünetMiiigische Arbeit
9. In Messing getriebene Taufschale vom Jahre 17 16. Inschrift: DER
ZUR0WI8CHEN KIRCHEN ZUM TAUF-MCKEN OESCHENKET VON H. JOHANN
JORGEN VELTHU8EN KAUFMANN ZU WISMAR ANNO 1716.
Das Inventar von 181 1 nennt drei zinnerne Altarlcuchter mit dem
Biilow'schcn Wappen. Kine aus nuhrcnii TliciU-n von alten Messpew.indem
(grüner Samniet mit au.sgcschoreneni C>ranatbluthenniuster gothischen Stils)
bestehende Decke der Kirche zu Zurow befindet sich im Grossh. Museum
zu Schwerin, desgl. ein 1S62 an einer dortigen ehemaligen Kirchenthür
befestigt gewesener vortrefflicher eiserner ThUrldopfcr in geschmiedetem Flecht-
muster. Vgl. M. Jahrb. XXIX, S. 206.
wSTi den aber die gencalogiKhcn Tabellen von Iloinckhiuen, Pente und Gamm milsammt leineni
Nwliwaelui gwu abcTsehen und aosgelasscn haben, stirbt im Sommer 1607. Gemäss der Inadirift
des Kelches «BeidersiU olderen« Utniwn dkher im Jahre 1617, und in Uebereinslimnanng mit
Akfoii des Gro*shcrz(^l. Archivs, in erster Reihe nur die Söhne Joachims, Joachim und Georg auf
Ttuas und Zurow, sowie der Sohn Hennings, Karl Christoph auf Uarnin, als Stifter des Kelches
ia Balndik koauBca.
LIngsschnitt des Sclüfles der Kitdie m Zumr,
Digltized by Google
KIRCHDORF LÜBOW.
265
Das Kirchdorf LUbtw.
as Kirch<lc)rf I.iibow (I.ubowc, (Vt des Lubo) liegt 6 km südöstlich Geschichte
von W ismar und mag einst ganz oder theilweisc den Herren von
Lübow gehört haben, die in der ersten Hälfte des XIIL Jahrhunderts sur
Gefolgschaft der Fürsten von Mecklenburg und des Bischofs von Schwerin
zählen, spater aber nicht mehr vorkommen.') Auch der als Chronist bekannt
•gewordene Hischof Rofjuphal von I'oscn. der nm diese Zeit lebt, kennt den Ort
Lijbt)u , spricht aber in seiner Chronik \ ()n einer bei diesem Dorfe hetzenden
Burg dieses .Namens, die Niklot gegründet habe und die mit Mecklenburg
identisch sei, während wir doch aus dem im Jahre 1880 aurgefundenen Reise-
bericht des Ibrahim ibn Jakub, der zur Zeit Kaiser Otto's des Grossen lebte,
erfahren hd>en, dass Burg Mecklenburg schon im X. Jahrhundert vothanden
war, damals aber noch den Namen Wilifjrad führte.*) Wie im Jahre 1 297
der lül)ische Vogt ("l-uis Lindow auf seiner I'ahrt in s Wendcnland im Dorf
»to Lnbowe«; erschlagen ward, erzählt der C hronist Detniar. Ms war das ein
I-all, der die Seestädte in .Aufregung und Tljeilnahnie versetzte.') Haid darauf
lernen wir die in der Umgegend begüterte Ritter&milie von Preen mit Besitz
und Rechten in Lübow kennen/) Auch werden die Namen der Bauern
genannt, die den Preen's verpflichtet sind: Meinrich, Sohn des Heinrich Pelzer,
Joh. Hrunsing, Heinrich Ledege und Gerhard Pelzer. Berthold Preen zu Wietow
stiftet aus den Aufkünftcn von vier Kletzincr Rauerhufen am 7. December 1323
eine Vikarei in der Kirche zu Lübow.*) Dabei hat es den Anschein, als wenn
die Herren von Preen zu dieser Zeit das ganze Dorf besitzen. 1369 sind es
die auf Greese ansässigen vier Brüder Gottschalk, Tideke, Berthold und
Henneke Preen, die mit Anrechten an drei Bauerhöfen in Lübow urkundlich
genannt werden. Es sind die Höfe des Johann Kienemann, Johann Krüger
und Hinrich Schmidt.") In der h'ülge aber bleibt nicht immer das ganze Dorf
in Preen'schem besitz. So z. H. verkaufen im Jahre 1452 die Gebrüder
Dietrich und Klaus Bützow, die zu jener Zeit die Rechtsnachfolger der Preen's
auf Greese geworden waren, der Pfarre zu Lübow ftir ein Kajutal voa 70 Marie
Lübisch einen Betrag von 4 Mark Rente aus »ihrem« Hof zu Lübow.*) Die
') M. U.-B. 255. 283. Sil. Dazu Lisch, M. Jahrb. XI, S. 451; XIV, S. 18. 197.
*i Utcb, M. Jahrb. IX,' S. 407. Wigger, M. Jahib. XXVH, S. 124; XLV, S. IS. 13.
») Vgl. M. U.-B, 2427.
*) M. U.-B. 3400, 4347. 4348.
*i M. U.-B. 4490.
•) M. L". 11. 9892. 9895.
^ Akten im Grossh. Archiv. Vgl. daju l.iücli, M. Jahrb. III, S. 163; XI, S. 435. Cnill»
Wappen, M. Jahrb. LU, S. 48 (7}, S. 89 (150), S. 124 (320).
Dlgitlzed by Google
266
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Rechtsnachfolger der Bützow auf Greese werden nachher im XVI. und XVII.
Jahrhundert die Herren vfin Finckc, Hehr und Reventlow. Weitere Rechts-
an.sprüche an I,ub<m muinnt die W'ismar'schc Familie Pegel auf (jrund
verschiedener Schuldverschreibungen der auf dem benachbarten Moidentin
sitzenden Herren von Preen, die bis 1430 zurückreichen und sich später,
gegen die Mitte des XVH. Jahrhunderts, auf den Dr. Heinrich Schuckmann
vererben. Auch von Anrecliten der zu jener Zeit auf dem eingepfarrtcn Gut
Mas.slow ") sitzenden Herren von Hassewitz an den Lübow'schen Krug ist in
Akten von 1626/28 die Rede. Alle diese Sonderrechte. <lic von den bis in's
XVII. Jahrhundert hinein im Hesitz von Lübow und Moidentin bleibenden
Herren von Preen veräu.sscrt worden waren, löst Herzog Adolph Friedrich in
den Jahren 1640 und 1648 ab, nachdem Dorf Lübow und Hof Moidentin,
dessen Inhaber im Jahr 1636 Heinrich von Barner war, in seine Hände über-
gegangen und von ihm dem Amte Mecklenburg beigel^ waren.
Das Kirchdorf Lübow gehört zu denjenigen Parochien, die bei ihrer
ersten Grenzumschreibung nachweislich sehr viel grösser waren als heute.
Schon W igger hat bei luörtcrung der Hoguphal sehen X'erbindung von Lübow
und Mecklenburg (s. o.) die Verniuthung ausgesprochen, dass das letztgenannte
in der ersten christlichen Zeit, als es selber noch keine Kirche hatte, nach
Lfibow hin eingcpfarrt gewesen sein möge.*) Dass Zurow, welches jetzt dne
selbständige I^rochie darstellt, wahrschdnlich am Ende des XI V. Jahrhunderts
von I.übow abgetrennt wurde, ist oben S. 25S Anmkg. ausgesprochen worden.
Vielleicht ist auch die kleine Parochie (ioldebee ein ehemaliger Theil der
grossen alten Parochie Liibow. Gewiss aber ist, dass I.ubow noch in spaterer
Zeit zweimal einzelne Dörfer anderswohin abgegeben hat, so (nach Angabc
im mecklenbui^ischen Kircfaenvi^tionsprotokoll von 1592/93 zu Anfang der
sechziger Jahre des XVI. Jahrhunderts an die Kirche zu Mecklenbui^ die
Dorfer Karow, Rosenthal und Steffin, sowie in noch viel späterer Zeit das
Dorf Rüggow, das erst 1885 der Kirche zu Hornstorf zugetheilt worden
ist.') Ob vmd was für Schlüsse auf die Wichtigkeit und Bedeutung des
(Jrtes in alter Zeit daraus gezogen werden konnten, da.ss der Landesherr
ZU zweien Malen, 1305 und 131 5, in Lübow Urkunden vollzieht,^) mag dahin
gestellt bleiben. Doch ist dieser Umstand nicht ganz zu übersehen. Schon
1192 wird ein Priester Marsilius von Lübow in der Bewidmungsurkunde des
Doheraner Klosters genannt, dessen Existenz selbst dann nicht durchaus in
Abrede genommen werden könnte, wenn die Unächtheit dieser in Zweifel
gezogenen Urkunde unbestreitbar erwiesen würde 1219 bis 1222 kommt ein
Priester Ove oder Owe als Pleban von Lubow vor, 1270 ein Konrud, 1285
*) Bla<u]üw (;clii>rt <.]>äicr, mmi 1 69 j 1>n 1768, dcT Schick'achen Pmiiiiie.
*) Vgl. auch M. Jahrb. .WVIII. S. 191.
*) Dagegen kam 1877 der *Klctziiicr Antheil« von der Mecklenburger tur Lul>ower Parochie.
Dm Roggow einst eine eigene Kirche gehabt habe, wie Schröder, Wtstn. ErslI. S. 205 angteht,
ist ein Irrthum, (1< r »11 f Vcrwechsinng mit Kuchow beruht. Vgl. M. U.>B. 7666.
*) M, U.-ü. 2999. 3757.
Digltlzed by Google
KIRCHDORF LCBOW.
267
Hermann von Buckow, 1314 Fridericus de Schepcnstcde, 1331 Johannes
Hannover» 1355 Heinrich Fridagh.') 1382 stirbt der Lübow'sclu- Kirchherr
Hermann Tbodr.*) Wie dieser, so hat auch noch < iii anderer (ieistlicber mit
Namen Nikolaus I'zyltkuue seinen (Irah^tein in der Kirche; er i^ehort wahr-
scheinlich dem XV. Jahrhundert an, doch verdeckt z. Zt. noch in unpa-S-scndcr
Wdse ein Kirchenstuhl denjcnigeu Theil des Steines, der die Jahreszahl enthält
Aus dem XV. Jahrhundert nennt Schröder, Wism. Erst!. S. 305, um 1443 einen
Priester Joh. Weitendorp, der bis dahin Vicahus perpetuus an St Nikolai in
Wismar war und in diesem Jahr an Hermann Schulte's Stelle nach Liibow
kam, \\:diren<l cheser dafür von I.iibow nach Wismar ^'\r\^ und in Weitcndorp's
.Stelluni^ eintrat, l'.in sehr praktischer Mann scheint der sp.itere I.ubow sehe
Kirchherr Heinrich Stolp (7 1526) gewesen zu sein, der zugleich lurstlicher
Kaplan Ist und u. a. 1 507 die Einnahmen der Vogtei Mecklenburg zu berechnen
sowie auch 15 12 und 1513 die Bauten des Herzogs Heinrich in Wismar zu
beaufsichtigen hat.') Bei Beginn clcr Reformation ist Clemens Timme Kirch-
herr in Lübow. Ihn lost 1528 Konrad Pegel ab, den Herzo.i; Heinrich beruft.
Kr wird auch 1534 dort noch antjetroften.*) 15.}- ist Johannes Wantjelin
l'astor in Lubow. Nach ihm wird der von Schräder, Wism. ICrstl. S. 206,
genannte Joachim Köpke einzuschieben sein, für den es z. Zt. an festen Daten
fehlt 1583 finden wir Joh. Warkentin (Verchentin) daselbst; 1601 Joh. Medard! ;
1603 (bis 1624) Michael Hoflfmann; 1648 (seit 1625) Hermann Voigt (f 1666);
1668 Johann Nann (7 1^)93); von i i I):s 1708 Heinr. Gottfried \'icke (7 1708);
von 1709 bis 1716 (ieori; Christi i[ih .SelireL^el 17 1716); im (jna<lenjahr seiner
Wittwc, 1717, die Ihilfspredi^er Hoyer und Kehn; 17.22 (\'on 1717 bis 1739)
i-ranz Heinrich Brandt (7 1739); im Gnadenjahr seiner Wittwe, 1740, die
beiden Hülfsprcdiger luioch P^hen Zander und Joachim Prüssing; 1771
(von I740bb 1782) Mathias I»renz Hafemeister; während seiner Emeriticrung
1781/82 die Httlisprediger Franck und Simonis; darauf ein Jahr lang Karl
Joachim Kaysei (7 17S4); nach ihm die Hülfsprcdiger Hommel und We^cner;
von 1785 bis iSio I.e\in Wilhehii (iieseke; von 181 1 an Jakol) Aw^. («kie-
vekc.^) Die weiteren Geistlichen des XIX. Jahrhunderts .siehe bei Walter,
Unsere I .an d esL,' e i s t H c Ii e n .
Ausser dem trelt liehen Material grosser fester Ziegel, aus denen die
Lübower Kirche erbaut ist, interessieren am meisten ihre auf ein verhältniss- Kirche.
') M, U.-B. 15a, 254. 255. 260. 282. iiSj. 1285, 371711. 3584. 5873. 8040. 8053, 8054.
^ Liidi. M. Jahrb. VII, B, S. 69. Cnill, M. fahrh. XXXIV, 8. 166.
^ Lisch, M. jiilirl. III, S. 163. V, S. 13. .\. .S. 3S1.
*) Ks wird liies ilirsi-lln- .M. Koiirad i'i/^'i'! stin, der s|i.'«ter l»>inilicrr iiiul Profös'xjr zu Rosiock
wurde und in der Kcfotniatioii^gcäcliichic keine uiibcdtulendc koUe spielte. Vgl rersonenregisicr
da M. Jahrb. Sein Dialog de poenilentia ist abgedruckt bei Schröder, Pap. Mecitl. S. a8$7ff'.
*; I>ic lilckcnh.iflcn \'i r/ricbtii*<io der LtlSuw-T (."cisttii-lun hei Sclitoder, Wism. Er-.!]., S. 905
und 206, sowie bei Clecniaiiii, luiuhclirifi. Nachrichten im (jnxt&li. Archiv, werden durch die
Kirdnnvisitatiofuprolokolle von 1534, 1542. 1583, 1592, 1601, 1648, 1653. sowie durch Glocken-
iaachrifteo von 166S, 1722, 1771 im Inventar \un iSii, ferner durch Angaben auf den erhalten
gebliebenen Grabsteinen der Kirche ergänzt und ihvilweise berichtigt.
Digitlzed by Google
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Digitized by Google
KIRCHDORF L( BOW. 269
massig hohes Alter, d. h. auf den Anfanp des XIII. Jahrhunderts hinweisenden
romanischen Bauformen, wie sie sich in der runden Chorapsis, an den
Südseite (KcliilT).
Rnm.inischc FMails ilcr Kirche zu LUbow.
hübsch fjebildcten und tlabei im lünzchien doch verschieden gestalteten Por-
talen mit tiefen Laibungen, an den entsprechenden kleinen I'enslern, an den
Digitized by Google
270
AMTSfJKRTCHTSBEZIkK WISNfAR.
Altar.
'l'a^lfeM^^^•I.
Friesbändern der Kirche und ferner in dem nocli heute am Grundriss zu
erkennenden Gedatiken oflenharen, auch die Abseiten des Scliifles im Osten
mit runden Absiden zu scliliessen, Selbst der massige Thurm, der immerhin
etwas jünger sein mag als Schiff und Chor, wird von ticr alteren Formenwclt
beherrscht, wennt^leich sein westliches Fingangsportal spitzbogig geschlossen
ist. Als gothische Bauformen sind eigentlich nur die Strebepfeiler der Kirche
anzusprechen, die sich neben
der Helebung <ler Wand-
flächen durch I.iscnen etwas
fremdartig ausnehmen. Zu-
gemauerte Arkaden oder
Scheidebögen auf beiilcn
Seiten der östhchen I lälfte
des Schiffes la.ssen auf die
schon erwähnten Seiton-
schiffe .schhessen, welche
den Grundriss kreuzförmig
gestalteten, ohne dass tkunit
ein elicmaliges wirkliches
Ouerschi ff entstanden wäre.
Der Chor ist spitzbogig ge-
wölbt, auch die Apsis, tleren
Fenster in späterer Zeit Ver-
änderungen ihrer ursprüng-
lichen l""orm erfahren haben,
lehnt sich mit einer Art I lalb-
kuppcl an dieses, aber tlas
Schiff der Kirche hat eine
flache Decke von Hohgebälk.
Die Sakristei auf der Nord-
scitc i.st gleichfalls flach
gedeckt, war aber einstmals
gewölbt. Durch den Anbau
der (irabkapelle des Gutes Gree.se auf der Südseite wird der ICindruck des
Haues sehr beeinträchtigt.')
Der Altar hat einen in der herkiinimlichen Wei.se des llarock.stils mit
Säulen und Statuen von 1 lolz sowie mit den Hildern des Abenilmahls, der
Kreuzigung und Grableginig in <lrei Absätzen über einander ausge.stattetcn
Aufsatz. Hinzugefugt sind noch zwei kleine Hildcr, auf der einen Seite die
Sccne in Gethsemane, auf (ler andern <las Verhör vor Kaiphas. Stifter und
Verfertiger .sind nicht genannt, <l;is Werk mag zwischen 1700 und 1720 an-
gefertigt sein. — Im Ch«>r vor dem Allar schwebt ein hölzener Taufengcl. —
Inneres der Kirche za LUbow.
') Vgl. Lisch. M. lahtli. VII. Ii, S. 66 - 70. Cnill, M. Jalirl». Will, S, 287. Anmkg.
Dlgltlzed by Google
KIRCHDORF LOBOW.
271
Wohl erhalten ist der Triumphbalken mit dem Krucifixus, Johannes und Triumph-
Maria; es ist ein gutes Holz.schnitz\verk. — Die Kanzel ist olinc Bedeutung, balken,
das Inventar von 181 1 nennt 1769 als das Jahr ihrer Herstelkm^. - Als ein ^^^1-
Werk der Renaissance von 1585 ist die Empor« des Gutes Greese zu be- Emporen,
achten, die sich seitwärts im Gior befindet, doch ist ihr Schnitawefk nidit
mehr ganz erhalten; man fiml« t noch das Oldcnhurj^'sche (CLAVES FAN 1,
das iMncrkc'schc (zueimal. SEFFIGE und lASPAR), tlas rcntz'sche (MARGRET
PENSEN), das 1 JriclKT^' sche (CHRISTOFFER) und das \'icrcL;t;< 's. in- (SO-
PHIA) Wappen.') — libendasclbst die Empore des Gutes Masslow, im liarock-
stil, von 1729, mit den beiden Namen HANS jVROEN und FR. CATHARINA
HIPPOLYTA VON SCHACK.*)— Minter der Masslow'schen Empore ein statt-
liches Epitaph aus Sandstein und Alabaster, das vom Jahre 1626 stammt und Bosscwitz-
zu Ehren des LUDOLPH VON BASSEWITZ, ICrbhcrrn auf Liilihurg um\ Mas lou , hcs
errichtet ist ") Ausser den beiden Sprüchen MEMENTO MORI und HODIE i*'!"'^!**»-
MIHI CRAS TIBI fällt das in lateinischen I lexanK tern ab^cfasste Zwiegespräch
zwischen dem Wanderer (Viator) und der Fama auf, welches die Mauptinschrill
des Epitaphs bildet und fiir jene Zeit sehr charakteristisch ist:
F. HEV8] HVNC QVi TRANSI8 TVMVLVM • SVB8I8TE • VIATOR!
V. SISTO QRADVM. SED QVI8 CVBAT HiC? F. MEGALAEPOUS HEROS.
V. QVALE EST NOMEN El? F. LVDVLPH COONOMINE BASVITZ.
V. QVIS GENITOR? F. CVN. WOLFRADVS PATRI/t CONSVLTOR.
V. AST EIVS GENETRIX QVAENAM? F. BREVITER TIBI OlCAM:
ANNA SOPHIA LVZOVV FACIE ET VIRTVTE OECORA.
') I)ie Atwrdnung iit Ib1|«ende (mit Eigliuung der leeren Felder dnrdi Ilem Archiver
von Meyenn):
ver-
deckt
leer
leer
r Anna "1
LFinckcJ
Clawci
Olden-
borcb
Scltigc
Fineken
Mar^jrcl
Pensen
Chri-
sloffer
DrybATcli
teer
r Claus 1
[FinekoJ
Jaspar
Kiiieke
^Grcesej
Sujibia
Vicr-
Nach den genealo^-ischcn Tabcllfn im Gruish. Archiv 'IIuinckhiiMMi, IV-ntz. Gamm) WM
Klaus von Oldenburg auf Gremmetin, Watimannshagen und Eichhorst 1396) vermählt mit Anna
von Fineice au» den Hanse Katsow; jaspar von Fineke auf Gnemem, Greese und Giidiow
(t 1577') mit Sophia von Vieregge, die aich später mit Batthold von Pcntz vermShlte; Christoph
von r>ricl)crf^ auf Lit'tfn - Sprcji? mit Sophia von Fineke aus dem Ilaii^c Greese; und Claus
von Fineke aut Greese mit Mar};arcliic von Pcntz aus dem liausc Kcdelui, weiche 1591 starb.
Anflallend ist die Stellnpg der Wappen, sie iSsst auf Versetzuigen einsetner Fttllancen in
späterer Zeit srhliesscti, wie solche nicht selten von I lanfl werkern oline An&icbt Und Leitung in
versländnissliiscr und leiclitferliger Weise vorgcnommeii wurden virul.
*) Masalow ist thcitweise schon 1661, ganz seit 1693 in den Händen der F'amilic von Schack
«nd bkibt in ilirem Besits bis 1777.
*) fkbon in der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts tu Herzog Heinrtch's Zeit fassen die
Ritter von Hassewit?, Fu^< in Madlow, Sie verpländen es 1658 an die von Mellendorf, <lenen
1680 als Rechtsnachtolgcr der Obersilieutenanl von Licvcnz folgt (s. u. Oblaten - P^xis). I^n lösen
nachher die Heiren von Sduck ab (s. Anmkg. a).
Digitized by Google
272
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
V. QVIO PRIMO lAM FLORE VIGENS • EGIT? QVIO ADVLTVS?
F. A TENERIS MV8A8 COLVIT. PVNDAMINE lACTO,
VXOREM DVXIT, VIRTVTVM > NOBILE LVMEN
VR8VLA NOMEN El PRISCVM COQNOMEN AB OSTEN.
V. ANNOS QVOT • VIXIT? QVA TANDEM MORTE PEREMTV8T
F. SEX ET VIGINTI PRAETER SPEM VVLNERE FACTO
MORTVVS EST PLACIDE VERA PIETATE FIDEQVE.
V. QVI FVNVS DEFLENT? F. EIVS CHARISSIMA CONIVX
ET QVATUOR TRISTES NATI PATRIIQVE RENATES.
V. ERGO PVIT? F. FVrr HIC ET • ADHVC • EST CORPV8 • IN VRNA
ILLIC PROMISSA FRVITVR MENS ALMA SALVTE.
V. NVNC QVID VIS? F. NIL. CHARE VIATOR, ABITO, SED AVDI:
VNVM TE MONEAM : TVMVLO MORITVRE PARA TE.':
Darunter: OBIIT VVISMARIAE NONO DIE OCTOBRIS ANNO 1610. Ganz oben
die Inschrift: 1626 • EPITAPHIVM NOBILIS ET FORTIS VIRI LVDVLPHI BASVIZY
DOMINI HEREDITARY IN LVBVRGK ET MASLOW. — An derselben Wand ist
Harauch. ein Haroisdi angebracht (Bruchstück und Theil von einem Hehn) sowie ein
Fahnen* Pahncnatakcfl (Fahnenstodc). Daneben, in Metall getrieben, das Uevem'sche
staken, Wappen (s. Pyxis). — Grabsteine. Unter dem Triumphbogen zwei mittel-
^Wappen, aUerliche Steine mit den Bildern von Geistlichen. Die Umschrift des einen
Siabsteine. j^^^^^^. ^-^ , [ . j„ . . : fl- : bnj : j^eiman' •
tObbC I OratC |l cd. Der andere Stein hat die Inschrift: ^IlUlD '
fc'ifl : üi : ante • inUcncjöiJ : fcc • cruci? | oWt bng | nicolau^ :
t3i)ItfioUlC • Öuf • CCCC Vllrati' or. 4) '•.') — Den Grabstein des Todde
hatte sich hiut Inschrift MICHAEL HOFMANN HUJU8 ECCL. PASTOR ab anno
1601 — 16 . . zum Grabstein erkoren, doch hat eine AnsfiUlung des Datums
nicht stattgefunden. Er starb angeblich 1624 (S. o.). — Unter einem kleinen
mit Engelsköpfen, Rose, .Santhihr in den T'ckrii vorzierten Stein vor den
Grcescr Stühlen ruhen ERICH CHRISTOFFER NANN und ELISABETH DORO-
Giocken. THEA NANNEN ANNO 1680. Ueber Pastor Nann s. o. — Glocken. Im Ihurm
hängen drei Glocken, t. Die grösste Glocke. Inschrift: FRIEDRICH FRANZ III.
1884 I VIV08 VOCO M0RTU06 PLANGO | ED. ALBRECHT, HOPQLOCKEN-
QI^MER WISMAR. (Düc GUxke ist 1884 umgegossen worden, weil sie einen
Riss bekommen hatte). T^ir umgegossene Glocke liatte nach dem Inventar
von iSi I die Iiisclirift: SIT NOMEN DOMINI BENEDICTVM . BIN ICH VM-
GEGOSSEN WORDEN BEY ZEITEN HN. PASTOR • lOHANNES NANNEN • VND
HEINRICH LAUDE DAVID FRESE PETER WILDE SIND IVRATEN ZV LVBOW
ANNO 1688 • lOACHIM MEHLER ME FECIT ZV SCHWERIN • Herzogliches
') A. Graf vun Itas&ewiU, Aus dem Lclwii des Kcichsgnifen II. F. v. B., S. 27, versetzt
dies Epitaph irfOiOmlicli in die Kirche sn Bmm.
^, IJvcli, M. Jahrb. VII, U, 69, lisst den N«Bicn Todde (Toile, Totti fort, er «teht aber
deutlich da. Den Namen Tzijltkowe vereinfacht er au Zittow. Er trifft aber damit nicht das
Richtige. Sildekow liegt nSher, und selbst Siggelkow könnte eher angenommen werden als Zittow.
Das I vor t iat lieher.
Digltized by Google
KIRCHDORF LÜBOW.
273
Wappen. C.L*D«Q«D*M (sc CHRISTIAN LVDWIG V • G • G • H • Z • M).
— 2. Mittlere Glocke, l if)A>o cm pjross. Inschrift: SOLI DEO GLORIA | V .
G.G. FRIEDERICH • HERTZOG • ZU • MECKLENBURG ANNO 1777 ; MAT-
THIAS LOHRENTZ HAFEMEISTER . PASTOR | AUGUST RICHTER KÜSTER ,
ADAM WILDE • SCHULZE IN LOBOW | JOHANN 8AT0W SCHULZE IN TRI-
WALK I KIRCHENJURATEN | VON J. V. SCHULTZ IN ROSTOCK GEGOSSEN.
— 3. Kleine Glocke, 77/59 cm gross. Inschrift: SOLI DEO GLORIA | HEIN-
RICH FRANTZ BRANDT PASTOR. Piitrn .ui <kr ('.locke rini^sum: GLORIA
IN EXCELSIS DEO 1 LAURENTIUS STRAHLBORN ME FUDIT - LUBECAE
ANNO 1722.
Gemälde. Im C hor der Kirche ein schmales Hild nuf ni>l/.: Christus Gemttlde.
mit entbl« isstcni nijtrkurjRr, eine (ieissel in der Hand haltend. Das Bild
wurde in einem W amUchrank der Kirche aiifi^cfiinden.
Beschreibung jüngerer U andinalcreicn des X\ll. oder -Will. Jahr-
hundertt, unter denen möglicherweise ältere Malereien vorhanden sind, siehe
bei Lisch, M. Jahrb. VII, B, S. 68.
Kleiakvnatwcrke. i. Silberner, mit schrägen Rundfaiten am runden Kleinkunst-
Fuss verzierter Kelch, mwendig ganz vergoldet, auswendig nur an den Rändern, werke.
Bliicher'sches und Bassewitz'sches Wappen. Inschrift an der Kupa: GOTT
ZU EHREN UND IHREN BESTÄNDIGEN ANDENCKEN HABEN DER HOCH-
WOHLGEBOHREN HERR ULRICH HARTWIG VON BLÜCHER ERB. UND EIGEN-
THUMS HERR DES GUHTES WIETOW UND DESSEN FRAU GEMAHLIN DIE
HOCHWOHLGEBOHRNE FRAU DOROTHEA ELISABETH GEBOHRNE VON
BASSEWITZ DIESEN KELCH DER KIRCHE ZU LOBOW GESCHENCKET •
ANNO 1759. I A L K |. Patene mit eingraviertem Allianzwappen und
den zugehörigen Initialen : U«H*V«B* D»E«V*B» 1758. Dieselben
Werkzeichen. — 2. Silberner Kelch, ganz verK(»ldet. auf 1 hspassigem Fuss,
mit ^'othischem Knauf, der oberhalb und unterhalb der Rotuli mit durch-
brochenen, schon in willkürliche Renaissaiiccfiirnien nni^;csctztcn Rosetten (je
sechs unten und oben) verziert ist. An der Kupa eingra\ ierte Renaissance-
muster. Die Annuli ohne Schmuck. Ohne Werkzeichen. Inschrift am Fuss:
P • H « (darunter Hahn'sches Wappen); K • V • B • (darunter Bülow'sches
Wappen); K • W • B • (darunter Hassewitz sches Wappen): DIESER . KELCH«
IST . NACH . SELIGEN • PARIS • HANEN • WEILAND . AUF • BASDOW • UND •
LIPS . ERBSESSEN • GODTSELIGEN • ABSTERBEN • DURCH • SEINE • LIEBE.
MUTTER • CATRINA • VON • BULOW . KHVNE • WOLFRAOT • BASSEWITZEN •
AUF • MASLOW • ELICHE • HAUSFRAU • IHREM • HERTZUEBEN • SOHN .
ZUM • GEDECHTNI8 • DIESER • KIRCHEN • ZU • LOBOW • VOREHRET • WOR-
DEN • ANNO • 1 • 5 • 8 • 7 • DEN • 6 • AUGU8TI • Auf dem Knauf stehen
die Buchstaben IHESVS Dir da.^u j^rl'.' t !■ ;f l^itiin- hat auf der l Unterseite
dieselbe Inschrift. Nur stilit LIFE statt LIPS. In du- Mache- (ks rellers ein
Krucifixus eingraviert, damhcr ilu- dn i Wappen, die oben bereits t^Hn.miU
sind. — 3. Vergoldeter gotluaciicr Kelch auf sechseckigem I'uss, auf die.-^eui
16
Digitized by G(
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
274
ein plastischer Krucifixus. Am Knauf in gothischen Majuskeln der Name
IhHSVS. An den beiden Annuli Weinblättcr. Fatene mit vier Weihekreuzen.
Kelch Nr. 2.
Kelch Nr. 3.
— 4. Oblatcnschachtcl von Silber, innen vergoldet, vorne das
nebenstehende Lievcns'.sche Wappen , auf dem Deckel ein vüll-
plastischcr Krucifixus und die Inschrift: HANS GEORG VON HE-
VENS HAT DIESE LADE GOTT ZU EHREN UND IHME ZUM GEDÄCHTNIS
DER LUBAVSCHE KIRCHEN GESCHENKT • ANNO 1683.')
Nebenstehende Werkzeichen. — 5. Kanne im Rokoko -
Geschmack. Mit eingraviertem Schack'schen Wappen und den drei Namen:
B. H. V. SCHACK. F. J. V. SCHACK. A. D. V. SCHACK. 1758. Dieselben Werk-
zeichen wie am Kelch unter 1 : <^ [ALK
kommunionsgcrathen von Silber. Von Prüfer • Berlin,
von Zinn. Kleiner Kelch auf achtscitigem Fuss, ohne Meisterzeichen. An
der Kupa ein aus F V K gebildetes Doppelmonogramm mit der Jahreszahl
1719. ralene ohne Schrift und Zeichen. — 8. Im Chor ein achtarmiger
Kronleuchter aus Messing. Ohne In.schrift. — 9. 10. Zwei zinnerne Leuchter
in klassicicrcndcni Stil von 1835, mit den drei Namen ADAM CASPAR
HAACKER. JOH. CHRISTOFFER SCHÖNFELD, ERNST SIED-
FRIED NEUTMANN • VI/ISMAR. — 11. 12. Zwei vergoldete
Zinnleuchter und ein Krucifixus aus gleichem Material. Hei
— 6. Ktui mit neuen Kranken-
7. Krankcngcräth
W ®
') ^'ß'- S. 272. II, G. von I.icvcns (Licwens), dfiiiiscli - iiorvscg. Ober?.!, vcrmSlilt mit IIm
Mar|;aretha von Scliack, war zwischen 1680 und 1687 iui Besitz vun Masslow.
Dlgltlzed by Google
klRCHDORF LÜBOW.
275
Gelegenheit der Uebcrfuhrung der Leiche des Prinzen Alexander im August
1859 von Doberan nach Schwerin und ihrer Aufbahrung während einer Nacht
in der Kirche zu Lübow vom QROSSHERZOG FRIEDRICH FRANZ II. und
seiner ersten Gcmahhn, der GROSSHERZOGIN AUGUSTE, an die Kirche ge-
schenkt. — 13. Velum. Gclbscidenes (ehemals weiss?) Kelchtuch mit Silber-
flittern gestickt. Inschrift im Kranz: M. R. ARO 1814.
Das Inventar von 181 1 erwähnt zwei reich gestickte Messgewänder
vom Jahre 1581 mit dem Wappen des Lüdeke von liasscwitz und dem der
Anna von Quitzow.
Auf der Pfarre eine Urkunde vom 1. Juni 1586: Ulrich, Herzog von Pfarre.
Mecklenburg, verleiht der Pfarre zu Lübow eine Hufe von drci.ssig Morgen
Acker. Original -Pergament mit Siegel.
Heber die Vernichtung einer grösseren Zahl alter Dokumente auf der
Pfarre im Jahre 1715 berichtet Schröder, Wism. Erstl., S. 207.
Im Pfarrgarten eine achtseitige Granitsäule mit Fuss und Kapitell, Pfarrgarten,
vielleicht einstmals der mittlere Träger der nicht mehr vorhandenen vier Ge-
wölbe in der Sakri.stei der Kirche.
Im herrschaftlichen Wohnhause zu Greese zwei Zimmer in gothischem Herrschaft
Stil, die in alter Zeit als Kapelle gedient haben können, wenn sie nicht als liches
Wohnräume anzusehen sind. Vgl. Crull, M. Jahrb. XLII, S. 4.
Wohnhaus
zu (Ireesc.
Herr Keding - Masslow ist im Resitz einer Sammlung von Altcrthiimern Sammlung
verschiedener Art. , von Aller-
ihümem.
Schiff und Chor der I.übower Kirche, von .Süden gesehen.
(^Nach Ilamann.)
Digitized by Google
2^6 AirrSGSRICllTSBBZIRK WISMAR.
Das Kirdidorf MecklMburg.
Geschichte uB|]ä^ uns unter den mecklenburgischen Ortsnamen der des Stammsitzes
des unseres Herrscherhauses, welcher 6 km südlich von Wismar liegt und
dem heutigen Kirchdorf MecMenburg seinen Ursprung g^ben hat, in den
ältesten Urkunden über das Land als einer der ersten begegnet, kann keine
Verwunderung erregen. Es ist um 973, wie wir annehmen dürfen, fast zwei-
hundert Jahre vor Niklot's Zeit, im letzten Regicrunirs- und Lebensjahr des
sächsischen Kaisers Otto L, als einer jener arabischen Reisenden, die damals
als Kaufleute oder auch in anderen Eigcnsclialicn die germanischen und
davisdien Nordländer durchstrditen und die geographische Literatur der
Araber durch ihre Berichte in werthvoUer Weise bereicherten, auch in die
Gegend von Wismar gelangt und den Hauptburgplatz des Landes betritt. Der
Name dieses anscheinend aus Spanien stammenden Mannes, eines Israeliten,
war Ibrahim ihn Jakub oder, was verstandlicher ist, Abraham Jakobsen.')
Aber die Burg liiess damals noch nicht Mecklenburg, sondern Wiligrad,^) wie
er berichtet, und ihr von Ibrahim ihn Jakub als gleichwerthig mit den Königen
Mieako von Polen und Boleslav von Böhmen hingestellter Burgherr ist Nakun
oder Naklum, <ter audi durch deutsche GeschiditsqueUen jener Zdt als
Herrscher der Wenden ausreichend bezeugt ist,') den wir aber jetzt, nachdem
er durch den genannten Araber als Burgherr von W'ilitjrad oder Mecklenburg
enviesen ist, als zweifellos zum Hauptstammbaum unseres Fürstenhauses gehörig
ansprechen dürfen. Zweiundzwanzig Jahre später treffen wir für den slavischen
Namen Wiligrad zum ersten Mal den dasselbe bedeutenden deutschen Namen
Meddenbüig, d. 1. »Grosse Bürge. Es ist bd Gelegenhdt des femdlidien
Zuges, den Kaiser Otto HI. im Jahre 995 gegen die Slaven unteminmit und
wobei es besonders auf die Obodritcn und Velotaber abgesehen gewesen zu
sein scheint. Kv dringt so weit vor wie kein anderer König seines Stammes
und crlässt am 10. September 995 von Burg Mecklenburg (»actum Michelen-
') Vgl. Wigger, M. J.nhrb. XLV, S 3- 20 (Bericht Jes Ilir:itnm ihn Jaküb lihrr rfie Slawen
am dem Jahre 973. Nach dem von Prof. M. J. de Goeje in Leiden aufgefandcnen und 1880
wrOffefitlicIrten Bericht in der Ibndielirift des Geographen AM Obeid «UBekrl «ns der twcitaa
Hilfic des XI. Jahrhunderts). — ■ Ueber andere arabische Quellen fUr die Geographie OMenr
DOfdischcn IJinder rgl. Dr. Geoi^g Jakob, Studien in arab. Geographen. Berlin 1891.
*} Schon üat vierzig Jahre frtther, all de Goeje seinen Bericht Uber Ibrahim ibn Jakub
veröflientliehte, Ii den der alte alavitehe Nane der Bug Meekknbnrg eihalteii ist, hatte Bdl, in
einem Aufsatz über <!ii- VMRs>prache der nordwestlichen Slaven, M. Jahrb. IX 'i844\ den Namen
Welikogord als Vcrmuthung ausgesprochen. Ihm folgte beinahe dreissi^ Jahre später Beyer in seinem
AnteU ober die Hanptgotiheiten der «ettwendischen Völkendiaften, M. Jahrb. XXXVII, S. 14«,
mit dem Namen Wiligrml. Vgl. die auf diesen Ortsnamen zunlckgehendeni noch jetat in Mecklea«
bürg vorkommenden Familiennamen Willgroih, VVillroUi, Willrath.
') ^^'■gg«i', MecUenb. Anoalen, S. 32 (954).
Dlgitized by Google
KIRCHDORF MECKLENBURG.
277
but|f«), die damals von ihrem rechtmässigen Herrn verlassen j^cucscn sein
wird, eine rrkiindt-, deren Inhalt hier nicht interessiert.') Dass ilicscr Platz
hundert oder einhundcrtfünfzi^ Jahre später, in der Zeit der Christianisierung;
des Landes, anfänglich zum liiscliolssttz auserkoren war und als solcher auch
wohl einige Jahre hindurch bestand, beweist erstens die am der Hdmold*
sehen Chronik herauskonstniterte Urkunde des Erzbischofs Hartwig von Ham-
burg vom 10. October 1149» in der er die Wiederaufrichtung der von den
heidnischen Slaven verwüsteten drei Histhümer Aldenbur};, Ratzeburg und
Mecklenburg ankündigt und I-lmmehard als Bischof nach Mecklenburg schickt
»in terrain ei^u-statis et famis, ubi erat sedes Satane et habitalio oinnis
Spiritus imniundi , und zweitens die Urkunde über die Grenzbestimmung des
Bisthums Ratzeburg durch den Welfenheraog Heinrich den Löwen im Jahre
1167, wo von einer bereits stattgefundenen Verlegung des Bischofssitzes von
Mecklenburg nach Schwerin ausdrucklich die Rede ist: ... . »propter
papanorum barbarieni scdcm cpiscopalcm, r|ue ab antiquo fuerat in Magno-
I>'»li, de uoluntate et pcrniissionc doniini l-Viderici inijjeratoris in Zwerin
transtulimus.t*) In der drei Jahre nachher erfolgenden Hestatigungsurkunde
des Kaisers Barbarossa wird Burg Mecklenburg (castrum Magnopolense) aus-
drücklich als zum Bisthum Schwerin gehörig bezeichnet') In der Folge ist
es daher der Probst (Archidiakon) von Schwerin, der hier wie in den östlich
benachbarten Kirchen (die westlich gelegenen gehörten zum Ratzeburger
Sprengel) die Einsetzung der l'lebanc vollzieht is, u ). Die \on Xikint ii^io
beim Anrücken des Welfenhcrzogs nicdcrgel)rannte, vnn Heinrich dem I.ouen
an Heinrich von Schalen (Schota, SchotenJ überwiesene und 1164 von
Pribiskiv zerstörte Burg baut derselbe Pribislav um 1169/70 wieder auf,^)
nachdem er mit dem G^^er seinen Frieden gemacht; und nachdem Schwerin
l&r den von Heinrich dem Löwen eingesetzten deutschen Grafen und zugleich
für den Bischof Regierungssitz geworden war, dient die Burg der mecklen-
burgischen Fürstenlinie als Ilauptsitz, der als solcher seine Bedeutung auch
dann niclit einbusst, als Wismar zur Residenz erwählt wird. Als Burg
Mecklenburg (urbs Magnupolis, Castrum Magnopolitanum), auch bloss mit dem
Namen Mecklenburg (Magnopolis), dessen übliche Schreibweise sich aus den
alten niederdeutschen Formen Mikilen-, Mikelen-, Mdcelin-, Mekelenborch (oder
burch) herausbildet, erscheint sie in den Urkunden des -XIU. und XIV. Jahr
hunderts, deren viele von Borwin's Zeiten her von ihr aus erlassen werden.*)
Eine Kapelle zu Mecklenburg*^) giebt es schon 1246, nicht die jetzige Kirche,
>) M. U.-B. 99. Vgl. dun Lisch, M. Jmhrb. XX, S. 933. 946.
*) M. U.-l!. 49. 65 vgl. bcsütulers Atiriikg. auf S. 6i Uber dfe Verlegunf det WlthinM
iwiichcn I155 und 1159), 88. I.Lsch, .M. Jrthrb. XIII. S. I46.
*) M. U.-B. 91. Wigger, M, Jahrb. X.WIII, S. 181.
*) Vgl. Lfaeh, M. JOub. VH, S. 156. IX, S. 91.
») Vgl. M. Ü.-B.998. 999- 5". 543. 544. 553« 57». 578- S*»- 59«. ««7. 7»». 73«». «943
3189. 3694. 3S42. 3934-
*i M. U.-B. 578. M. Jahrb. XUI, S. 339.
Dlgltlzed by Google
2/8
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
die ein Bau aus jüngerer Zeit ist, sondern die Burgkapellc, die nach Ausweis
eines Kirchenvisitationsprotokolls, das wahrscheinlich dem Jahre 1553 an-
gehört, von dem aber nur ein Bruchstück vorhanden ist, erst vom Herzog
Johann Albrccht abgebrochen wurde. Dieser, der im Protokoll einfach Herzog
Johans heisst, verwendet die Steine cum Bau des »twuen Hauses« in Wismar
(s. o. S. 186 ff.). Als Fflist Joliann der Theolt^ 1256 seine Residenz nach
Wismar verlegt (s. o. S. 3), hört Medclenbnrg auf» ein fester Platz zu sein.*)
Zur Zeit des Vormundschaftsstreites aber, während der Jahre von 1275 bis
1278, macht die eine der beiden Parteien (die Herren von Werle und der
Graf von Schwerin) Burg Mecklenburg auf's Neue zu einer Festung und
unterniamit von hier aus ihre Raub- und Beutezuge in das umliegende Land,
das die Vormundschaft ßir die Söhne Heinrich's des I'ilgcrs und für deren
Mutter, die Fürstin Anastasia, verwaltet.") Als nachher im Jahre 1298 Hein-
rich der Pilger aus seiner langjährigen Gefangenschaft im Morgenlandc zurück-
kehrt, giebt der V^erdruss, den er über allerlei Vorkommnisse in W'ismar
empfindet (s. o. S. 5), Anlass dazu, dass er Mecklenhurt,' wieder aufljaut imd
dort wieder Herr wird.') Auch sein Sohn, Fürst Heinrich der Löwe, weilt
hin und wieder auf Mecklenburg, wie die schon in Anmkg. 5, S. 277 auf-
gezählten Beurkundungen aus den Jahren 1304, 1307, 1314, 1316 und 1317
beweisen. Aber noch einmal hören wv von dner Zerstörung der Burg
Mecklenburg. Es ist im Jahre 1328, als Fürst Heinrich der Löwe von
Mecklenbur},' mit den Herren von Werle und Pommern im Kric<^' '"(-".Ut. Da
werden Vorburc: und Burg, die von Führer und Mannschaft verlassen worden
waren, von den Feinden verbrannt.*) Aber keineswegs verliert sich der
Platz nun schon aus der Geschichte. Denn es giebt kernen Grund zu der
Annahme, dass z. B. das mehrfache Zusanunentreffen des Henogi Albredit
mit seinen Vasallen un Herbst und Winter 1358 in Mecklenburg, als um die
Grafschaft Schwerin gekämpft wurde, nicht auf dem Burgwall, sondern auf
dem anscheinend schon in alter Zeit vorhandenen grösseren Hofe, der neben
dem eigentlichen Bauerdorf liegt, stattgefunden habe. Im Gegentheil. Es
heisst in einer der Schadensrechnungen damaliger Zeit: »Tunc {27. August
1358) Ptttzela>we equitavit versus Mdcelleborch Castrum cum L armatis.«")
Frdlidi war Mecklenburg sdion seit läi^rer Zeit der Mittelpunkt einer
Vogtei und der Sitz eines fürstlichen Vogtes.*) Ein Dorf Mecklenburg muss
schon in ältester Zeit neben dem l>efestigten ButgwaU mit seinem fiirstlichen
*) Alt Sdildlonf d«r Faton^, nidit ab dne vBtlige Zattütaag werden wir die Worte
Kirdlbcig't, Kap. 130, zu verstelifn haben: .jjebrochin wart MeVelnburg nidcr«.
^ M. U.-B. 1382. Vgl. dasu BurmeUtcr, M, Jahrb. III, S. 44 und 46. Lisch, M.
Jebib. VI. S. 84.
' n< tmar'e LSb. Cluroaik (ed. Xoppnwmi), I, S. 381. Vj^. dem Uidi, H. Jahrb. VI,
S. 85, Anmkg. 2.
*) Kirchberg, Kap. 168.
■) M. V.'B. 8453 (S. 863). 8509 (5. 34s and 345).
' M. U.-B. 6115 (KrUtijahr 1341). 6278. 6758. 7773. 8073. 8210. 8919 (la JähiC I361).
Ferner Akten vom Jal.re 1448 im Gros»herzogl. G«b. und HanpUrchiv.
Digltlzed by Google
KIRCHDORF HECKLBNBURG.
279
Hause oder Schloss vorhatulon gewesen sein. 1308, zur Zeit des F-iirsten
Heinrich's des Löwen, sitzt ICckhard von Quitzow auf dem Hmi;l(.hn zu
Mecklenburg (phcudum castrense in caslro Michclburch), lasst sich aber sechzehn
Jahre später von der früher eingegangenen N'erptlichtung bcfireien, auf dem
Castrum zu wohnen.') Bei «ner Bürgschaft, wdche die mecklenbui^chen
Vasallen für ihren Fürsten der Stadt Rostock f^cj^enüber am i. Juli 1316
übcnu hmon. wird fiir oinii^e unter ihnen Mecklenburg als (Vt «Ics »l'jnhigcrsü
bestimmt. *) ]'.\n paar Jahre später finden wir dort Joliann Rosendal von
Piessen als Besitzer eines der Höfe, den er an das Heihgengcist- Spital in
Wismar verkauft.") 1328 «halten die Brüder Johann und Hclmold von Dessen
u. a. auch den Hof zu Mecklenburg als Pfandbesitz (den hof to Mekelen-
borg).') In demselben Jahr finden wir hier femer die Ritterfamilie Storm mit
Grundbesitz und Rechten, von ihr erwirbt der Wismar'schc Bürger Richard
von Minden zwei Hufen und zwei Höfe.'') .\us einer s[)ateron Urkunde vom
17. J.muar 1347 und aus einer anderen vom lO. Mai 134S .i;elit hervor, dass
auch der Ritter Gerhard Hasenkop .sowie der Knappe und W ismar sehe
Hürger Heine Bersse einstmals Anrechte an drei Plessen'schcn Hufen gehabt
Diese drei Hufen werden es sein, die vier Wochen später vom Kaland
zu Wismar gekauft werden. Die Bauern, die sie bebauen, sind Claws Kuhle
und Tydemnn (letzterer hat ihrer zwei).") 1360 besitzt auch der Knappe l ive
von Zernin einen Kathen zu Mecklenburg. Kinigc Jahre spater, vor 1372
(wieviel vor 1372, i.st nicht zu .sagen), wird die Dorfkirche zu Mecklenburg
erbaut sein, für welche Helniold von Plessen zu Müsselmow und sein Bruder
Johannes am 5. December 1 372 eine Vikarei stiften, die sie mit einem Kathen
und sechs Morgen Ackers in Mecklenburg sowie mit dem zum Dorfe
gehörigen, eine Viertelstunde nordöstlich davon gelegenen *}lof( tho dem
diiuelscrs.se r (dem s]iätcren neuen Hof ) <iotieren.') Dies wird die Zeit
sein, in der Mecklenburg, wie bereits öfter vermulhet worden, aus der l'aroeliie
Lübow abgetrennt und nut der ehemaligen l'ilialkirche in Moidenlin zusammen
zu einem eigenen Kirchspiel gemacht wird.^) 1386 verbessern Lütke Negen«
') M. U. B. 3247- 43IS- M. Jahrb. VIII. S. a6l, 26^.
*) M. U.-B. 3X30.
^ M. U.-B. 3983. 4303.
" M. U.-l!. 4939. Dies mn^ der healige grössere F&chiiiof aein, der SiU der spl leren
Vogtei und des »och späteren Amtes.
■) M. U.-B. 497a. 497*-
*) M. U.-li. 67 1'). 6728. 6774. 6935. Vgl. «neb 10496.
M. U.-U. 10374. Der Namen < HofT xnm Tcnfeltaf««« kommt noch im KirchenvisiUrtiont-
protokoll vom 28. October 1592 vor. Der Name Neuliof wird xnr Zeit des Henoga Adolpli
Friedrich üblich und in Akten vom Jahre 1625 geradezu als Er&aiz genannt. Vgl. Scliildt,
M. Tahrh. LVI, (_>.-!!. i, S. 12. Die SchSfcrci Ntniliof erscheint iiaciitur aK IVriitien« vom Gute
Dlumenhot, das schon vum Lndc des XVI. Jahrhunderts her im licbllz der Famiiio Schabbel ist.
1645 ^ 1^'- Heinrich Schablwl in Wismar der EigenihUmrr.
^^ •KK"'''' Jnhrb, XXVIII, S. 191. -Moidc-ntin im Kir' lis].Hl Mi.'cVl. r.l.iiip • hi is«! rs
a. B. in einer Urkunde des Wismar'schcn Archivs vom 17. Nuvcmber 1434. i^»^ Kapelle oder
Kirdi« m Moidentin ist erat im Jahre 1755 abgcbroctien. Ibre beiden docliea Icamen nach
28o
AMTSGERICHTSBBZIRK WISMAR
danck, der zu Mecklenburg wohnt, und Hinrik Bersse, der dort ebenfalls
bo;4iitcrt ist, die 1-Vinkünftc von Kirche und I'farrc.') Am 13. April 1455
machen sich auch die hier und in der Umj^ej^end begiiterten Gebrüder Hans,
Gerd, Ludeke, Klaus und Vickc von Bassewitz in dieser Richtung verdient.*)
Die grösste Rolle aber spielt hier unter den Adelsfamilien die der Herren
von Stralendorf. Sie bleiben. Jahrhunderte lang, nachweislich von 1341 her,
im Besitz der Voi^tt i Mecklenburg und sind seit 1355 auch Herren in der
Vogtei Kriwitz,^) bcj^'cben sich aber zeilweise eines Thcils ihrer Rechte, so
z. H. 1434, als Ilemukc Bassewitz den Wall und das höchste Gericht zu
Mecklenburg für 60 Mark Lubisch erlangt, der wieder vier Jahre später beides
der Herzogin Kadiartna und deren Söhnen für dieselbe Summe überlässt.
1438 löst die Herzogin Katharina den dem Henneke Bassewitz verpfändet
gewesenen ganzen Hof zu Mecklenbui^ für 1500 Mark Lttbisch wieder aus.
144S t riicuert sie ihren Kontrakt bcziiglich des Walles und des höchsten
(ierichtes mit den tiebrudern llintik, Ulrich und Vicke StralcndorfT, Im
XV. Jahrluindcrl treffen wir ferner mit Besitz und Hechten in Mecklenburg
die Familien Hoppenrot (um 1400), Haversack (um 1451) und Knut (um 1477)
aus Wismar. Dem Bürger Hinridi Knut bestreitet freilich am 13. Februar
1477 Henog Heinrich den Anspruch auf Bede aus Mecklenburg, den er
erhoben hat. Durch Uebertragung vom Gute Rosendal, das die Herzöge
Heinrich und Albrecht 1513 aus Plesscn'schem Besitz*) erwerben, gewinnt
die Wismar'schc I-"amilie 'rrendclburg (l)rendenborch) Anrechte in Mecklen-
burg, und 1591 treft'en wir den Wismar sehen Bürgermeister Heinrich Schabbel
(sein I-^pitaph, s. o. S. 141) als Besitzer eines Hofes im Dorf und Amt
Mecklenburg. Diesen Schabbd'schen Hof sammt dem Hofe »Blumenhof«
(s. o. S. 279, Anmkg. 7) erwirbt Herzog Adolph Friedridi taut F6rmutations>
kontrakt vom 30. Mai 1645 für das Dorf Hinter- Wendorf bei Wismar und ein
Kapital von 14000 Gulden. Das Interesse des fürstlichen Hauses für den
Mecklenburg. Vgl. Akten im Grosth. Archiv. Noch im Jahre bstte Herzog Adulph Friedrich
ihrem Verfall wieder aufgeholfen.
': Vj;!. Abschrift *lcr Urkunde ttn KirchenvisitationsprutokoU von 1591. Vpl. auch .\ktcn
Uber Mc(;klcnburg vun 1438 im Grus&lierzogl. Archiv. Die KiUcrfamilie Kenae finden wir nachher
auf Rambow. Am 24. November 1438 verlcaufen die Brüder Bertae ni Ramko« 8 Muk jlhrUdier
Kenic «an pacht, horOi richte, dcnstc in doinc ackere katcn und katenlandc in deme gaataoi
dorpc tlio MeklenboTch«. Lorenz licrs&e zu Kanibow ist auch 1599/1600 noch in Mecklenlnng
Vgl. M. Jahrb. VIII. S. 266.
'j M. l'.-ll. 6115 8073. 8210. Vgl. auch Lisch. M. Jahrb. VI, S. 86 Schon am
6. Januar 13S9 verkaufen die Gebrüder kodenl>ek dem Ritter Henning von StraleiidortT ihren Hof
SU Mecklenbttijt mt den dazugehSrigen vier Kalben und doer wUsten Hobtelle: H. Jahib. XV,
S. 247 fr 1473 eracbeint freilich an Stelle der Ilorreti von Stralendorff Herr T'>rp\vcs Berndes als
Vogt von Mecklenburg, und, nach Wismar'schen lirieten zu schliessen, zwischen 1492 und 1495
Herr Hans BevemeBt.
*) Jochim vuii riesücn zu l'..uii' ' lirsit/t noch bis in die Zeiten des drcissigj ihrigen
Krieges hinein drei HobiAUen in Mecklenburg, die in Akten des Jahres 1637 als wüste SUUten
bezeichnet werden.
begfltert.
KIRCHDORF MECKLENBURG.
historisch merkwürdigen alten Platz war anscheinend schon früher wieder leb-
hafter erwacht. So erlassen z. B. die Herzöge Magnus und Balthasar am
14. April 1482 eine Urkunde von Mecklenburg^ ans, so ist ferner der Brief
des Herzogs Heinrich, in dein er am 11. Au^'ust 1526 das l)ronzene I-.pitaph
der Herzogin Helena bestellt, welches 1527/28 aus l'eter X'ischers tiiesserei
hervorgeht, von Mecklenburg aus datiert.') Wie Herzog Job. Albrecht das
Material der alten Burgkapelle 1553 verwandte, Ist oben bereits erzählt worden.
Schade, dass wir bei dieser Gd^nheit über den Zustand des alten Walles
nichts erfahren. Im Jahre 1620 ist Mi cklenburg mehrmals I")urchgangspunkt
fiir den Knni^ Gust.u Adolph von Scliu ^-den , seine Braut, die Prinzessin Marie
l"]conf)ie von Brandenburg, und lur das (jetoli^'e beider.*) Min besonderes
Interesse wendet Herzog Adolph Friedrich der Kirche zu, wie Kanzel und
Altar beweisen, die von ihm gestiftet sind. Nach und nach schwindet wieder
langsam das Interesse für die alte Stätte. Wie in den Zeiten der Herzig
Christian Louis und Friedrich Wdhelm die Bauern von Mecklenburg über
allzugroase Ausnützung des Strassen rechtes durch das Amt, das die Dorfwege
mit Flachs besäen lässt, Klage führen, erweisen Akten aus den Jahren 1685
und spater.') Bis zum Jahre 1854 beackern die Bauern den Burgwall und
pflügen dessen Ränder alljährlich immer mehr in die Tiefe hinab, in diesem
Jahre aber wird er zur Forst gelegt. 1856 wird ein vom Mödentiner Felde
geholter Granitblodc oben in seiner Mitte als Denkstdn aufgerichtet, und seit
1870 dient der Wall dem Kirch.spiel Mecklenburg als Kirchhof.*) Damit sind
alle weiteren c,'ründlichen Untersuchungen des Platzes leider auf lange Zeit
hinaus unmöglich gemacht.
Der erste Geistliche, der zu Mecklenburg genannt wird, ist Alphcus;
er steht als Zeuge unter einer Urkunde Borwin's vom 29. December 1333.
Von seinen Nadifolgem im XUI. Jahrhundert kennen wir nur einen Johannes
um 1327.*) Zwar stosaen wir in den Urkunden auf mandie fiirstliche Kaplane
und Notare die, wie Alpheus und seine Nachfolger, entweder alle oder doch
zum Thcil in der Kapelle von Burg Mecklenburg Dicn.stc gethan haben
mögen, allein es fehlt an sicheren Narluicliten dariiber. länen festeren
Charakter gewinnt die Sache anscheinend erst mit dem Bau der Dorfkirche,
die vermuthlich in der zweiten Hälfte des XIV. JahrhuiKlerts entstand (s. o.).
Um 1373 ist Nikolaus Schacht Kirchherr von Mecklenburg.^ Aber es ver-
gehen wieder über einhundert Jahre bis zum nächsten Namen.^ Von einem
*) LiKh. M. Jahrb. XXVH, S. 266.
») Y. Luuow, M. Jahrb. I, S. 137. Wigger, M. Jahrb. XLVm, S. a«.
*) (Ilöckler, Sir i>^eiip«;rechlij,'keil. M. Jahrb. X, S. 395. 401. 401.
*) Lisch, M. Jahrb. .\XI, S. 58. Kaabc-Quade, Vaierlandikuiide 1, S. 799.
•) Ii. U.>B. S99. 48a6. $613 (S. i4»}.
•) M. l'.-H. 10374.
*) Clecmann, handschrifil. Notizen im GrcKtsh. Archiv, nennt um 1400 einen Ilcnnann
de Gnerits, «b«r er Aihrt seine Qndia nicht an. Ob die in der Urkuide von 1389 (M. Jahrb. XV,
S. 248) erwihnMo beiden Priester Hinrik VIeschhower snd Gerdt Sternebeiig Kirchherren von
Mecklenbnif waieiii mllMa wir dnhingeaieUt «ein fanaen«
Digitlzed by CiOpgle
282
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Feuerschaden, den der P&rrer Gregor Haue eriitten hat, erfahren wir alleriet
aus einem Brief, den er am 24. Februar i486 an den Rath zu Wismar richtet.
1534 ist Johann Höppener im Besitz des Kirchlehns, und zw ar sdion seit seiner
Berufung durch llcrzoi; Heinrich im Jalire 1505, in welchem der Probst \'on
Schwerin ihn einsetzt. 1542 ist Heinrich Lütkchenniiig i'astor. Er wolint in
Wismar und versieht von dort aus den Dienst; es wird ihm aber 1553 auf-
gegeben, sdnen Wohnsitz in Mecklenburg zu nehmen. Er ist damals zugldch
henoglicher Küchenmeister (kokenscriuer). Bald nachher wird das Kirchspiel
Mecklenbui|[, das bis dahin ausser dem eigenen Dorf nur noch Mödentin mit
umfasst, um mehrere Dörfer aus dem Lübowcr I'farrsprengcl vergrössert
(s.o. S. 266). 1573 folgt Michael Möller, er ist auch 1583 noch dort. 1589
folgt Joachim Schröder; 1622 sein Schwiegersohn H. VVardenhoven ; 1627
Lukas Hein; 1657 Michad Feddermann; 1673 Lorenz Mauritius; 1676 Joadiun
Kothe (Cohtenius); 1725 dessen Schwiegeraohn Felix Michael Blanck (f 1749);
1763 Helm; 1771 Hommcl; 1773 Gotthilf Heinrich Seidel; 1783 W. Pauli;
1799 Chr. Karl Klotz.') Die weiteren siehe bei Walther, Unsere Landes-
geistlichen.
Kirche. Die Kirche ist ein schlichter Bau, der im Osten aus dem Achteck
schliesst und mit einer kassetticrten flachen Holzdeckc überspannt ist. Im
Westen ein Thurm mit pyramidalem Helm.
Die spit7.1)ngige CiCstaltiinK der Fenster ist jüngeren Datums;')' vorher
hatte die Kirche grosse quadratische Lüchten mit rechteckig etngefassten
Scheiben, die wiederum theilweise mit Wappenmalerden und Kamenstnschriften
in ovaler Form gefüllt waren (s. u.). Xon diesen Wappen trug eins das
Datum 161 5 und das andere den Namen des Wismar'sclu-n Prfdijji-rs M.
Petrus .^ledanus, welcher 16 17 starb. Man wird daher den jetzigen Bau,
wenn auch nicht als einen vöUigen Neubau aus dem zweiten Deoenniam des
XVII. Jahrhimderts, dot h 7um Mindesten als eine sehr starke Veränderung
des Ganzen in dieser Zeit anzusehen haben, wobei von dem älteren Bau gewiss
nur wenig übrig blieb. Zu dieser Annahme stimmt auch die Ausstattung der
Kirche mit Altar und Kanzel vom Heizog Adolph Friedrich.
Altar. Der Altar hat einen eigenartigen, selir zu beachtenden Aufsatz im
Stil der Spätrenaissance von 1622, mit reicher Figuren- und Omament-
schnitzerei, bei welcher der bekannte Knorpel- und Ohrenstil (das sog. genre
auriculaire) bereits sehr stark zur Geltung gelangt. Er setzt sich zusammen
aus Predella, Hauptstock und Oberstock mit Hckrönung. In der Predella das
Abenfhiialil, rechts Sj)es, links Fides. Im Ilauptstock oben: links Gethsemane,
das (iebet am Oelberg (die Hä.schcr dringen an); oben rechts: Judaskuss,
Petrus und Malchus; unten links: die Gerichtsscene, Geissclung^ und Domen-
') Vgl. die Kirchenvi&itationsprulukollc utul andere Akten im (iro&sh. Archiv zu Schwerin.
Schröder, \V. £., S. 200, nennt vor Wardcnliovcn auch noch Michael Havcmann und Johannes
Poberlns, tber sie sind nns in den durchgesehenen Akten nicht begegnet.
Nach Mittheilung von Dr. Crull ia Wismar etwa ans dem Anlang der «chtsiger Jahre
vnaeres Jahrhunderts.
Dlgltlzed by Google
Alur Oer Kirche zu Mecklenbiiij;.
Digitized by Google
Kanifl Oer Kirche zu NKxklciil>uri;.
Digitized by Google
KIRCHDORF MECKLENBURG.
283
krönung; unten rechts: Pilatus seine Hände waschend, dann die Krcuztragung.
Im Scitcnschmuck alttestamentliche Vorbilder: links Isaak's Opfer, rechts die
Erhöhung der Schlange in der Wüste; rechts und links davon die vier
Evangelisten, je zwei übereinander. Im überstock die figurcnrcichc Sccnc
auf Golgatha mit den drei Kreuzen; als Scitenfiguren rechts Daniel, links
David mit der Harfe, beide knieend. Im Aufsatz ebenfalls ein figurcnrciches
Holzrelicf, die Anbetung der Hirten; als Scitenfiguren rechts und links ein
FIngcl. Ganz oben der triumphierende Christus als Jicsiegcr des Todes. — Die
Kanzel ist ein rcichgcschnitztcs Renaissancewcrk von 1618, mit dem Mecklcn^ Kan/il.
burgischen Wappen im Deckel. Am I'redigt.stuhl die vier I'.vangelisten, von
links nach rechts: Matthaeus, Marcus, Lucas und Johannes, mit ihren Sym-
Triumphbalken.
bolen. Unter dem Evangelisten Marcus die Inschrift; AUGUSTINUS: PRAE-
DICATOR DOCEAT UTI LITER. NON SU BTI LITER. Unter Lucas: JES 40. VER-
BUM DOMINI MANET IN AETERNUM. Unter Johannes; GREGORIUS: GLORIA
PRAEDICATORIS EST FRUCTUS AUDITORIS. Uebcr Lucas steht die Jahreszahl
1618; über Johannes: RENOV. 1851; iibcr Matthaeus: WIR PREDIGEN DEN
GEKREUZIGTEN CHRISTUM. Die Hinterwand des Predigtstuhls zeigt die
Kreuzigung Christi. — Im Chor ein jüngerer Tauftisch von Gu.sseiscn. — Taiiftisch.
Die Figuren des Triumphbalkens sind 1633 vom Hofmeister HANS SCHMIDT Triumph-
gestiftet. - Im Thurm ein der Renaissance- Kanzel entsprechendes becher- halkcu.
förmiges, achteckiges, aber arg beschädigtes Taufgehäuse. — Im Westen Tauf-
die alte fürstliclic Stuhlempore, die jetzt den Höfen Mecklenburg und Peters- gehäusc,
dorf dient. Reiches Renaissancewcrk mit den herzoglichen fünf Wappen- ^j)^^^p^^^^
Digitized by Google
284
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Müiden-
tincr
Kiiipore,
Roscn-
thaler
Stuhl,
Grabsteine,
fcldem. Aus derselben Zeit wie die Kanzel, — Die mit vielen Wappen {ge-
schmückte Empore daneben an der Nordscite ist die Moidentiner Empore;*)
im Chor auf der Südseite der Rosenthaler Stuhl, beide gute Renaissanceuerke.
— Grabsteine. Die in der Kirche liegenden Grabsteine gehören sammtlich
dem XVII. und XVIII. Jahrlumdcrt an. Folgende mögen erwähnt werden:
I. Der des fürstlichen Hauptmanns auf Mecklenburg und Ncukloster Cordt
Scharffenbcrgk (•■• 1610); 2. der des Joachim Schröder, der drciunddreissig
Jahre in herzoglichen l^ien.sten stand (MECKLENBVRGI PRAECO FIDELIS ERAT
PER SEX LVSTRA ET TRES CIRCITER ANNOS. NVNC PRAESENS
CHRISTI VIVIT IN ARCE POLI [f MDC . . .]); 3. der, welchen der fürstlich
mecklenburgische Küchenmeister Christoph Junge im Jahre 1675 seiner 1669
Fürstliche Empore.
verstorbenen Gattin gestiftet hat, deren Name aber nicht genannt wird; 4.
der der Frau Amtmännin Sophia Elisabeth Brüning, geb. Steuenvald (••• 1763).
') Die Wappen sind mit Untcrschriflcn verschen und stehen in der Ordnung des l>ei-
gegebenen Planes an der Empore. Es iit al«T an der H.ind der genealogischen Tabellen nicht
(gelungen, irgend einen Stammbauantheil damit aufzubauen. Auf Moidentin sitrcn bis ans Ende des
XIV. Jahrhunderts die Herren von Modentin. Vom XV. bis gegen die Mitte des XVII. Jahr-
hunderts ftiiden wir dort einen Zweig des Geschlechtes der Herren von Precn. Von ihnen geht
Moidentin 1639 an den Herzog Adolph Friedrich Uber. Die Empore aber stammt, wie die Wappen
erkennen lassen, aus der Zeit der Preene (Preine), vielleicht aas der Moidentiner Kirche.
Mui dentiner Empore.
der von
der Slois-
der Knute
der Harolde
der Winter-
der Thüne
dcr.*5cheruc jdcr B.irkow
RestorfT
lofTe
leide
1
ICH BIN CCWISS,
OASS WEDER
TOD NOCH IXBEN U. S. w.
(Römer VIT!. V. 38. 39).
DIESE WAPPEN SIND VON DER MODER WEGEN.
der
von dt-r
der I 'reinen
(k'rPreinen
der Bame-
der Oster-
der Zickcr | der von
Weisin
Luhe
kowc
wülde
der Luhe
Digitized by Google
KIRCHDORF MECKLENBURG.
2^5
— Der Thurm beherbergt zwei Glocken, die tur Zeit des Pastors HEIDEN8* Glocken.
LEBEN im Jahre 1859 von Hautbrandt- Wismar aus älteren umgego»en sind.
Die iltcren GtodKen stammten aus Moidcntin. Die grosse war mit
Reliefs verziert und hatte die Aiifsr hrift: rgo l&artofomirl)^ Ijclf gV]at Unb
inariai dazu das Datum 1415- M. Jahrb. Vi, ä. &2. Die folgendu steht
im Inventar von x8ii ohne Inschrift. Das Inventar von 1811 erwähnt
noch eine Ueineie dritte Glocke mit der Aufschrift peter LUISTE. CASPAR
FACKLAM. DREYES HADELER. HANS BRANDT BAVERSMANN ZV M£CKLEN8VR0.
1672 BEY ANDREAS ERNESTIN.
In der südlichen Chorccke ein Steinrelicf in Holzrahmen mit dem Steinrelief.
Datum 1623, darstellend den Heiland, das Kreuz; umfassend, eine Stiahlen-
glorie um das Haupt. — Auf dem Altar stellt ein linlzernes Kreuz mit
silbernem Krucihxus. - Gemälde. Auf dem Chor rechts hangt ein Ge- Gemälde,
mälde, darstellend Christus mit den beiden Emmaus -Jungem. Ueberschrift:
VE8PERA JAM VENIT NOBISCfUM CHRI8TE MANETO. Unterschrift: 1624
EX8TINGUI LUCEM NEC PATIARE LUCEM. G. W. Rechts von der Kanzel
ein nemalde, das die Taufe (1iri-;li darstellt und die l'nterschrift erillialt:
NOS SERVANDOS HAC RATIONE DOCENS; und die L ebcrsclirift : OBLUITUR
NULLO FOEDATUS CRIMINE CHRISTUS. l)aueben ein drittes Hild: Luther
mit der Bibel in ganzer l igur. An der Nordwand des südlichen Chors
hängt ein Bild, darstellend das Weltgericht. Ueberschrift: GOTT UND DER
GEMEINDE ZUR ZIERDE HAT DIESES GEMALDE GEGEBEN: JOACHIM HIN-
RICH HOLTZ, wohnhaft auf der SOGENANNTEN LIEBISCHEN BURG
ANNO 1757 (Lübschc Burg links am Wege von Wismar nac h l'n»-.eken). —
An der Decke des Langhau.ses die Bilder der zehn Juuj^frauen; Christus als
Bräutigam in der Mitte. Ueberhaupt ist die ganze Decke der Kirche mit
Malereien versehen, von denen manches vergangen ist. Hie tmd da noch
Engelsköpfe.
Glasgemälde. Die bei Renoviition der Fenster verkauften kleinen
Gbsgemäkle, die oben bereits erwähnt wurden, sind jetzt im BetiU des Bau-
meisters Brunswig zu Wismar. Unter den Wappen befinden sich rollende
Unterschriften: i. Hans Christuft v. Jasniundt Hoflrat. 2. VoUrath (v. d. Lühe)
Canmitt(juncker). 3. Arendt v. Mdllendorff H. aulT Schwerin. 4. Hugoldt
Behre 16 15. 5. Clavs (v. Feckatel). 6. (M. Petrus) Siedanus.
Kleinkunstwerke. 1. Gros.scrcr silberner Kelch in gothi.scher Form, ganz Kleinkunst-
vergoldet, auf sechspassigem Fuss. In den Koluli des Knaufes, der unten werke,
und oben von Fensteröffnungen durchbrochen ist, die Buchstaben I H E 8 V S.
Inschrift unten: IN DIE KIRCHE ZU MEKELNBURGK • ANNO •
CHRISTI I6I4> 8t LOTH. Kein Signaculum. Nebenstehendes Meister-
zeichen (Elias Giese -Wismar). Stadtzeichen fehlt. Die Patene mit
dem nebenstehenden Meisterzeichen, das sich zweimal findet (Wil-
heim Friedr. Emmerich). — 2. Kleiner sühmu-i Kelch mit vcri^oldeter Kupa.
Von gleicher Form wie der vorige, aber nul Signaculum. Umschrift um den
Digltlzed by Google
286
AMTSGERICHTSBEZIRK WiSMAft,
Kelch: WEIL DIESER KELCH DURCH PLÜNDERUNG DER SOLDATESCA AUS
DER KIRCHEN GENOMMEN, IST ER VON DEN EDLEN VESTEN JOACHIM
MATTHIAS VON KLEINOW RÖM : KEYSERL. MAYST. UNTER DEM LÖB-
LICHEN NASSAUISCHEN DILLENBURGISCHEN : REGIMENT BESTALTER
OBRISTER LEUTENANT GEKAUFFET VND IN DIESELBIGE KIRCHE GOTT
ZU EHREN VI/IEDERGESCHENCKET. GESCHEHEN DEN 22 JANUAR ZU
VICHELL Ao 1638. In.schrilt uiUcn: IN DIE KIRCHE ZU MÖDENTIN ANNO
CHRISTI 1620. 30 LOTH. Meisterzeichen I E, zweimal (Jakob Eggeler-Wis-
mar?). Kein Stadtzeichen. I'atcne mit vertieftem Scchspass. — 3. Desgl.,
mit Tatcnc. Von demselben Meister wie der erste, aber ohne Wcrkzcichcn.
Inschrift: IN DIE KIRCRE ZU MECKELNBURGK ANNO CHRISTI 1614. 30 LOTH.
— 4. Schön getriebene länglich ovale üblatenschachtcl von Silber. Auf dem
Deckel eine im Garten sitzende Frau mit zwei Kindern. An der Wandung
Blumen und Vogel. Auf der Riick.scitc des Hodens steht in jüngerer Schrift
J. L. W. BRÜNING. L. F. W. BRÜNING 1812. Stadtzeichen von Wismar.
Neben-stehendes Meistcrzcichcn (Joh. Martin Printz). 5. Silberne Altar-
kannc, innen vergoldet, ohne Zeichen. Vorn: < EV. MATTHr26. V. 28.
Unter dem Fuss: HEINRICH BOCK GR. WELZIN D. 24. DEC 1883. — 6.
Schwere messingene Taufschale. Umschrift in Minuskeln + ^C|^Ct • •
Icljrrt • alle • \]4>lVirc • u • taufet • fic :T : naniT : b : Vj : b : f : u : b :
Ij : Oi^if^^^ • Ohne weitere Zeichen, nicht alt. — 7. Kleine, desgl., ohne
Schrift und Zeichen. — - 8. Messingener Teller, ohne Schrift und Zeichen, neu.
— 9. 10. Zwei messingene Kronen, neu. — 11. 12. 13. Drei zinnerne Leuchter,
zwei gleiche auf drei Klauenfüssen, einer auf Löwen ruhend. Von ensteren
der eine 1665 von JOH. KÖKE geschenkt, der andere von JOH. AUG. BRENNE
(Jahreszahl nicht sichtbar, auch keine Zeichen gesehen), der dritte auf Löwen
1799 vom Zimmermeister J- H. HAMBURG, mit dem Stadtzeichen von Wismar
und einem undeutlichen Mci.stcrzeichen.
Wall bei Mecklenburg im Jahre 1847*
(Nach I.isth, M. Jahrb. Xlf , S. 451.)
Dlgitized by Google
KIRCHIX>RF HOHEN -VIECHEUI.
2«7
Das Kircliiiorf Hohen -Vieclielii.
as am Nurdcndc des Schweriner Sees, 13 km sudlich von Wismar, gc- Cicschichte
l^ene Kirdidorf Hohen -Viecheln heisst in alten Urkunden Vichele, des
Viehle (auch y fiir I, und g, gg oder gh fiir ch). Da dies im Slavischen
soviel wie Gestrüpp oder Busch bedeutet, lässt «ch der Name mit Buschdorf
übersetzen. Ks gehört im Mittelalter zur Schweriner Diöcese, und sein erster
PricstiT ist S\'mnn (de X'IcIicIl-). der im Jahre 1178 im geistlichen Stahe des
liischofs Herno von Scliw eriii er>ch(.'iiit und iiu-r dit> ( >i uii(11( |.miiil; chrisilicher
Kultur in seine I lande nimmt.') An der Grenze tles l^uidcs Mecl^lenliurj;, der
Grafschaft und des ffisthums Schwerin gelegen, erlangt das Dorf sehr bald
als Hätz fiir Zusammenkünfte grosser und kleiner Herren, und später auch
als eine Art Kmporion für den Wasserverkehr eine j^ewissc W ichtigkeit. *) Die
Schweriner I^ischöfe legen dort schon im Xlll. Jahrhundert für ihre Korn-
Zehnten einen Spciclier (<,'ranarium| an, die I'ürsten \on Mecklenburg im
XV'I. Jahrhundert für ihre Hauten ein Kalk -Haus, und noch im Jahre 1G76
nehmen cfie Wismar 'sehen Kaufleute für den Fall, dass der damals verfallene
Kanal» die sog. Viediersche Fahrt nach Wismar, wieder in Gang komme, die
Anlage eines Komhauses bei der Viechder Sdianze in Aussicht *) Die Grün-
dung der Kirche wird schon ins XII. Jahrhundert zu setzen sein; urkundlich aber
wird das Gotteshaus, das manche glänzende V'ersammlung von Fürsten und
Prälaten in seinen Mauern gesehen, nicht eher .iN im 2.\. April 1310 genannt.
Iis ist bei Gelegenheit der Hestaligung emer vom Knappen Ludolf von V'iechelii
und seiner Schwiegermutter Atheidis gestifteten Vikarei durch Fürst Heinrich
von Mecklenburg.*) Dabei darf nicht übersehen werden, dass, als am 13.
September 131 1, also beinahe anderthalb Jahr später, der fürstlichen die
bischöfliche Bestätigung folgt, der I"aini!ie von Plessen in nachdrücklich.ster
Weise das Patronatsrecht til)cr diese Stiftung eines Andern gewahrt wird.'')
Das könnte befremden, wenn nicht aus einer Urkunde des spateren Herzogs
Albrecht vom 19. Februar 1351 zweifellos hervorginge, dass dem Plessen-
schen Stamm von alter Zeit her eine Reihe von Grundrechten, wie Bede,
Wagendienst »mit deme kerklene in deme dorppe thä Vigle alse he vnde
') M. U.-U, 125, — Vyl. Kuhnel, M. Jahrb. XLVI, S. 150.
■j M. U.-B. 1S70. 4001. 4208. LUch, M. Jihrfo. XII, S. 176. liier war auch die De-
<^( r Fiir^r[:i Anavn,: i niii ihrem aus langjShriger Ge&nBetMcliaft inrttclc^kehrten Gemahl,
ticin Fürsten Heinrich. Kirchberg, Kap. 133.
*) M. U.-B. 609. 870. — Liach, IC Jahrb. ni, II, S. 14$. — Bnnneister, M. Jahrb. X,
Seite 199.
*i M. L.-n. 3394.
M. U.-B. 3485.
Dlgitlzed by Google
AMTSGktttcirrsBfizmK wisuail
sine clderen van vnsen ekleren dat vris^ost hcbben hat.« g^ehörte.') Offenbar
waren aber die Herren von IMcsscn zu jener Zeit, als Ludolf und dessen
Schwiegermutter Alheydis die gen. Vikarei stifteten, nicht bereit, von ihrem
Pütronatsrecht aach nur das Mindeste herzugeben. Auch bethätigten sie
bald darauf, in den Jahren 1313 und 1316, ihr Interesse durch weitere
kirchhche StiitunjTcn.*) Alles das bewdst, dass einer ilirer Ahnherren Gründer
und Krbam r tli-r Kirche war, und darum erscheint es verständhch, wenn alt-
gewohntem liraiiche tjemä.ss, die h'amiHe an den ihr erwachsenen Rechten nicht
die geringste Beeinträchtigung oder Sclimalerung erleiden wollte. Krwägt
man femer, dass die hochgotliischen Formen der Kirche auf die letzte Zeit
des XIII. Jahrhunderts oder auch auf die Wende von XIII. zum XIV.
Jahrtiundert hinweisen, sowie dass in der Kirche noch heute eine swdfdlos
dem Xin. Jahrhundert angehörende hölzerne Ritterstatue aufbewahrt wird,
welche von alter Zeit her') als jener Ritter von Plesscn gilt, der die Kirche
gegründet habe, und nimmt inan hinzu, dass di'e schon angeführte bischöf-
liche Urkunde. vom 13. September 131 1 unter den damals lebenden älteren
Gebrttdem den Ritter Bernhard v<m Piessen in auflbUender Weise hervorhebt,
so ist es, wie wir glauben, nidit zu weit gegangen, wenn wir, unbeschadet *
der Betheiligung der übrigen Familienmi^lieder, ihn ab den dgenüidien
Erbauer der jetzt stehenden Kirche ansehen. Dabei mag es dahin gestellt '
bleiben, wie vielen Werth die ältere Tradition hat, nach welcher schon
der erste mit Heinrich dem Sachsenherzog ins Land gekommene Helmold von
Piessen der Gründer nicht bios der Kirche von Hohen -Viechein, sondern auch
derer von Brüel, Müsselmow, Holzendorf, Herzberg, Wahmkow und Bibow war.
Immerhin mag dieser die erste Kapelle in Viechdn gebaut haben, in ihr be-
graben sein und später von seinen Nachkommen in der grösseren Kirche des
XIII. Jahrhunderts durch Aufstellung eines Grabdenkmals mit der jetzt noch
vorhandenen Ilolz.statue als Ahnlictr besonders geehrt worden sein. Denn
ihrem Kostüm nach passt diese Ritterfigur so ziemlich für die ganze Zeit des
XIII. Jahrhunderts, für den Anfang wie für den Schluss.
Bis zum Jahre 1437 bleiben die Herren von Piessen im Besitz vtm
Hohen -Viecheln, das ihnen, nach durchaus glaublicher alter Ueberlieferung,
schon von Herzog Heinrich von Sachsen und Baiem gegeben war. Da ver-
pfänden sie ihr ganzes Dorf und Gut für die Summe VOn 2300 Mark
Lübisch an Berthold Barsse (Bersse) auf Kambow, und von nun an mdirt
') M. U.-B. 742t.
*) M. U.-B. 3teT. 3843. 3878. 3879. In einer tpiteren Urkunde von Jabie 1451 lumdelt
e> silIi nicht um eine alwrmalifjc Su'ftung, wie Lisch, M. Jahrb. VI, S. 192, berichtet, MMldciD
um Vcilfiliung der s*;li<)n vorhatificncn. Vgl. Akten im Clrussh. Artliiv 711 Schwerin.
*) Im Kircheitvisitatiuniiprotuküll von 1648 heiäst es: «Ein hölzern bildt Mannes Lange
•ol de* Fmdatoren dieier Kirchen nahmen« Piesaeni Bildtnns lein*. Die Sllefe Tradition pAt
ihm den N.imeii Ilelmold: z. B. M. Beruh. Latomi orifjitie» Plessi.icac Megnpolcnsei CoDtCtae
Anno 1611 b«i \Vcst|>halen, Mon. Incd. III, S. 1922. Mit Abbildung. — Wehner, Freimltb.
Abendblatt, 1831, Nr. 647. Lisch, M. Jahrb. in. B, S. 14$.
Digitized by Google
KIRCHDORF HOHEN -VIECHELN. 2S9
sichf nach Ausweis zahlreicher Akten, die Anle|TiinjT von Privat-Kapitalien in
Renten aus dem alten riosscn schen Kirchdorf, l'^nter (U iion, w eicht' Viechcl
sehe Kenten kaiifiii, mutzen ausser dem Kloster Mari^enuoldc in I.auen-
burg, das schun unter den ricssen'.s seine Anreclite erworben hatte, die
Papagoyen-Getellschaft 2u Wimiar, die Vorsteherschaft von St. Marien eben-
daselbst, die Antoniter zu Tempzin und die Kalandsbruderschaften von Zurow
und Bibow genannt werden. Dazu manche angesehene Privatpersonen. Zwar
gicbt die PIcssen'sche Familie den Gedanken an eine WieiU r I jnlMsinit; V'iechelns
nicht auf. Sie ven^öniU« das ihr seit 1377 zustehende Recht der (iesammt-
hand ') im Hesundern atn 1.} April 1 504 dein Heinrich von IMessen auf
Bruel (••■ 1510), ist aber aucli zu gleicher Zeit damit einverstanden, wenn die
Herzöge einstweilen die Wieder- Einlösung übernehmen und der Familie ihr
altes Recht reservieren wollen. Indessen drei Jahre später, den 26. August 1 507,
haben sich die Verhältnisse dahin geändert, dass die Herzöge Heinrich und
Albrecht Cut und Dorf Viechein mit Ziistimmun[,' des weitaus gnissten Tlu ils
der h'amilie (ein kleiner Thcil j)ri »testiert n>>ch im Jahre l 50<>) erb und eiijen-
thümlich für 3200 gute Mark ubernehmen. Mit the.sem Akt ist die tjrundlagc
zu dem heutigen domanialcn Rechtszustande des Dorfes gegeben. Erwähnt
mag noch werden, dass es schon im Jahre 1551 ein recht grosses Dorf
gewesen sein muss. Denn bei der Verleihung eiiws Kirchcnbeneficiums im
November dieses J ihres gebraucht Herzog Heinrich den Ausdruck in ecclesia
parrochiali oppiduli nnstri X'ichelt. Das erinnert an den im X\'II und
XV'III. Jahi hundert für das Dorf Rocknit/. gebrauchten Ausdruck Stadtlein»
im ersten Bande der M. Kunst- und (icschichts-Denknuder, S. 560, Anmkg.
Wie im Mittelalter unter der Vogtei Mecklenburg, so steht Viechein gegen-
wärtig unter dem daraus hervorgegangenen Amt Mecklenburg, das 1828 mit
Wismar- Peel und 1831 auch mit Redentin zu einem Verwaltungskörper ver-
bunden worden ist
Ausser dem schon genannten Priester Simon (Symon) um 1178 finden
wir in den älteren Urkunden: 1306 einen Tlebanus Bernhard ( lot. um 131 l
einen Kector Henricus, von 13 19 bis 1326 einen I'lei)anus lliidericus. um
1340 einen Vicarius perpctuus Heinrich Mund, sodann in den jüngeren Kirchen-
visitationsprotcdcollen und Akten: 1534 Johannes Karstede (berufen 1530);
1541 Job. Gripe; 1580 bis 1593 Jochim Bressmann (Brisemannus), der auch
die Kirche zu Rubow bedient, wo 1580 noch ein eigener Pastor, Lazarus
Schlüter, war; von 1C03 bis 1617 Pastor Joh. Rüther (Buter), der Rubow als
»Filialkirche^ von X'iecheln zu verwalten hat. (Rubow bleil>t bis zum Abbruch
der Kirche im Jahre 1782 bei V'iecheln, kommt dann aber zu Kctgendorf,
von wo es schon im X\'I. Jahrhundert durch den Pfarrer Jürgen Kumpell
(1542) vorübei^ehend bedient worden war); 1625 bis 1650 Joadiim Nelius;
1650 bis 1684 Joh. Rieder; 1685 bis 1691 Konrad von der Wettering; 1692
Petrus Calander; 1693 bis 1720 (?) Helm. Joachim Siggelkow (f 1742); 1720
') Vgl. M. U.-B. II 033.
19
Digltlzed by Google
290
AMTSGERICITTSBEZIRK WISMAR.
bis 1762 Julius Krnst Heino; 1763 bis 1791 Andr. Vincenz Friedcrici; von
1792 an Pastor Guntlicr. Ucber ihn und seine Nachfolger vgl. Walter,
Unsere Landesgeistlichen.
Kirclie zu 1 lohen - Vieclielri von Südosten gesehen.
Kirche. Die Kirche ist eine aus Ziegeln erbaute, gewölbte dreischiffige Hallen-
kirche auf (jrundlage eines länglichen V'ierecks. Alle drei Schiffe sind gleich
lang, gleich breit und gleich hoch. Ihre Scheidung wird durch säulenartig
aufgemauerte ninde Pfeiler bewirkt, je vier auf jeder Seite, aus denen sich
(irundriüs der Kirche,
Digitized by Google
KIRCHDORF HOHEN - VIECHELN.
291
Gurten lind Rippen frei, d. h. ohne Unterlager von Kämpfer- und Kapitcll-
glicdern entwickeln. Eine in die Augen springende grössere bauliche Trennung
von Chor und Schiff ist vermieden, doch ist jener um drei Stufen gegen
dieses erhöht. Wie Mauer A'erzahnungen auf der westlichen Aussenscite bc-
Südseite der Kirche zu Hohen -Viechcin.
weisen, war ein Thurm einstmals geplant; er ist aber niemals zur Ausfiihnmg
gelangt, und ein Theil der \'crzahnungen ist spater gewaltsam abgeschlagen
worden. Mit ihren hohen dreitheiligen Fenstern macht die Kirche von aussen
OsUeitc. Querschnitt des Chores.
einen vornehmen Kindruck, im Innern aber erscheint fiir die vcrhältni.ssma.ssig
geringe Weite untl Tiefe des Raums der Aufwand von Säulenpfeilern und
Gewölben allzu gross.
Altar. Der frühere Altaraufsatz, der hinter dem jetzigen neueren Aufsatz .\ltar.
steht, ist ein altes polychromes Renaissanccwerk aus der Zeit des Herzogs
Adolph Friedrich, eigenartig, verwandt dem Werk in der Kirche zu Mecklen-
burg und gleich diesem schon von dem bekannten Knorpel- und Ohrenstil
beeinflus.st. Alles ist aus Molz geschnitzt. In der Mitte die Kreuzigung, unter
ihr das Abendmahl und über ihr die Auferstehung. In der lickrönung die
19*
Digitized by Google
292
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Kanzel und
Orgel.
Leichen-
steine.
V, Plessen-
sehe
Holzfignr.
'rriimi)»h-
balkcn-
gruppe.
Halbfigur von Gott Vater als Welthcrrschcr, darüber Christus in kleinerer
Figur als triumphierender Salvator mundi. I.ngcl rechts und links. Noch
tiefer, in Nischen, Moses mit den Gesetzestafeln und der Kngel der Gerechtig-
keit mit der Waage, welche .sonst links und rechts als Seitenschmuck an-
gebracht waren. Der neue Altaraufsatz enthält ein Oelgemälde von Theodor
Fischer, das die Himmelfahrt Chri.sti darstellt. Darunter ein älteres Schnitz-
werk, das Abendmahl,
das vielleicht einem
Triptychon vom An-
fang des XVI. Jahr-
hunderts entlehnt ist.
— Ueber Kanzel und
Orgel ist nicht.s He-
sonderes zu bemerken.
— Leichen&teine. Im
Chorraum drei Leichen-
steine: der des Kon-
sistorialraths Siggel-
kow, geb. 1668, gest.
1742; der des l'a.st()rs
Friederici, geb. 1730,
ge.st. 16. November
1791; und hinter dem
Altar der des Con-
radus Wettering,
pastor hujus ecclcsiae,
anno 1695 (s. o.). —
An der nördlichen
Aussenwand steht auf
einer Konsole die in
Holz geschnitzte Figur
des Gründers der
Kirche, des Ritters
von Plessen. Gute
Figur in Lebensgrösse
aus dem XIII. Jahrhundert (s. o.). I^in Ki.ssen unter dem Kopf, das man
thörichter Weise entfernt hat, weil es für die jetzige Aufstellung nicht zu
pas.sen schien, deutete einstmals an, dass die Figur liegend ein Kcnotaphium
oder einen Sarkophag deckte. Abgebildet bei Westphalen, Mon. Ined. III,
Taf. zu S. 1922 und im Freim. Abendblatt, 1831, S. 647. — Auf dem Orgel-
chor .steht in sehr altem Schnilzwerk eine der gothi.schen Zeit des XV. Jahr-
hunderts angehörende gro.ssc Triurophbalkengruppe (Krucifixus. Johannes,
Maria), alle drei l'"iguren über Lebensgrösse. Lbendurt auch zwei Madonncn-
bildcr, ein Diakon und die Figur der hl. Katliarina.
Inneres der Kirche su Hohen Vicchcln.
Dlgltized by Google
KIRCHPORI- HOHEN • VIECHF.LN.
Im Kinfjangc zur Kirche nordwestlich die ehcmalifjc alte Flinte aus Küntc.
Granit.
nie Kiinlc stand fniher im l'farrgarten. Die in der Döpe» gefundene
Fünte, an \vc-I( lie si» h die bekannte Sage von der gewaltsanien 'I'aiife der
wendischen BevDlkeriing knupft, ist nach Biitzow gekommen und dort in den
(iarten des Professors Dr. Stötzer gerathen. Vgl. die vor/,üghche Abhandlung
von Lisch über den Namen des See.s im M.
Jahrb. V, S. 123, und die neue Erklärung des
Fundes bei Kaabe-Quade, Vaterlandskunde I, S. 8 1 2.
Glocken. Im filockcnstuhl zwei (Hocken. Die
j^ni.ssle i.st von 1679. Ihre Unischrifl lautet: KOMM,
KOMM JA KOMM DOCH BALD UND HÖRE GOT-
TES WORT. SO WIRST DfU GLÜCKLICH SEIN, JA
SELIG HIE UND DORT. Auf einer Seite das mccklen-
burj^ische Wappen, darüber die Initialen C • L •
( lUx'kcn.
Kitt«r rieäaeti.
H • Z • M • des Hcrzoj^s Christian I.ouis zu Mecklenburg. Darunter die Worte:
DIENET DEM HERRN MIT FURCHT. PS. 2. Auf der anderen Seite: JOHANNES
RIEDER. PASTOR ZU VICHEL, KOMMET HER. HÖRET MIR ZU, ICH WIL;L)
EUCH DIE FURCHT DES HERRN LEHREN. PS. 34. Dazu der Name des
Gies.sers: JOCHIM MEHLER ME FECIT ANNO 1679. Die zwcitgrös.ste Glocke
ist von 1723. Auf der einen Seite das mecklenburgische Wappen mit der
Uebcrschrift: V. G. G. CAROL. LEOPOLD H. Z. M. JULIUS ERNST HEINO
SUERINENSIS MEGAPOLIT. PASTOR VICHEL ET RUBAU. M. BEGUN HAT
MICH GEGOSSEN ANNO 1723. .Auf der anderen Seite das Sperlinc^ schc
Wappen mit der L'mschrift: H. JOCHIM ULRICH VON SPERLINGK. ERBHERR
Digitized by Google
394
AMTSGBRICHTSBBZIRX WISMAR.
ZU RUBAU. — Unter dem Kirclicntlach liän^'t itn (Xstcn dir dritte Glocke.
Auf der einen Seite; SIT NOMEN DOMINI BENEDICTUM ANNO 1567; auf der
andern Seite: HANS BRANDT.
GemlUde. Gemälde. An der Ost^\ aiul di r Kirche zwei Oelgemälde in Rriistbild-
form, Piirtraits des Pastf>r^ Friederici, f 16. November 1791 und des Prä-
positus Müller, f 29. September 1859.
Kleinkunst- Kleiofanntwcrke. i. Kleiner gothischer Kelch, aur sedueddgem Fuss
werke, und Schaft, mit kräftig entwickeltem Nodus. Auf den RotuU der Jesusnamc
(ibcfFld) in lüiiaii (V) und Ii sind versetzt). An den Annuli Blumen und Ranken.
Das Signaculuni ein \ («llplastischcr Krucitixus. Die zutjehörigc Patene zeigt
einen vertieften Vicrpass. Heide ohne W rrkzeichen. Inschrift am Fuss des
Kelches: Vtfftn * XtelH * Ijcft * oljcbcu § tjcr § Diiirift § IDefeBom, deme
^^ttt unttoid^ fi**) — 2. Grosser Kelch, auf rundem Fuss, mit bimförmtgem
Nodus und einem in eine Rococo- Kartusche hineingravierten Krucifixus. Am
Fuss das Wi.smar'sclie Stadtzeichen und der Meistersteni]» ! fTc^ (Jochim Gade).
.An der Kupa der Spruch: JESU LASS DEIN THEURES BLUT KOMMEN
MEINER SEEL ZU GUT. Dazu die Worte: DAS WAS VON DIEBEN WAR
ENTWAND ERSETZET FROMMER CHRISTEN HAND. ANNO 1720 FAST.
NEUN. JOACH. SIQQELKOW. Patene ebenso gestempelt — 3. Oblaten-
schachtel, herzförmig. Meisterzeidien B {Baltnr CMo), zweimal. In der Mitte
des Deckels ein D<)ppcUva])pen mit der Umschrift: S. 8. HINRIK SPERLINGK.
FRAU URSULA DOROTHEA NEGENDANKEN 1704 .j. 5. 6. Neues Gcräth
zur Kranken -Kommunion, bestehend aus Kelch, Dose und l'atene, von /
Silber (l'atcnc vergoldet). Nebenstehendes Zeichen. — 7, Neue silberne [a
Altarkanne, ohne Inschrift.. — 8. 9. Zwd neuere Taufbecken, beide von
Messing, das eine aber versilbert — 10. 11. 12. 13. Vier zinnerne Leuchter,
zwei grössere mit der Inschrift: DER KIRCHE ZU HOHEN-
VtCHELN GEHÖRIG. 1841. Im Fuss drei Stempel; dazu
zwei kleinere Leuchter, der eine mit der p^leichen Inschrift
w ie die vorit^en untl den folgenden /eiclu n: W'ismar'sches Wappen im Kreise,
daneben rechts und links ein Kreis, der das Bild einer Kirche mit Thurm und
dazu die römische Zahl XIII entiiält; der andere Leuditer ist ohne Schrift
und Zeichen. — 14. IS- 16, 17. 18. 19. Weiteres zinnernes Geräth: Ein Kdch
ohne Schrift und Zeichen, auf rundem Fuss. Hin anderer mit der Inschrift:
DER KIRGEN ZV RVBAV. Ein dritter auf viereckigem Fuss, als Werkzeichen
ein fliegender llngel, I'jne grössere Patene zum ersten Ziniikeleh, ohne
Schrift, als Werkzeichen fünf lllattcr, Rose unter Krone, in der Krone F P.
') Tiber Herrn llinril; Wfüclwm, RathsVierrn von Wistnnr im XV. Jahrlinridcri, s. u. (be-
schichte ilcs Kirchdorfes Beidendorf. Ferner Crull, Raihslinie Nr. 24S. Testament vom 22. Aug.
1441. Er vermschte 8 «wegheae mark van mjrme tefeUmyde ao lepelen vnde an sealen« adner
Wiuwe Cicbbckc für liio Zeit ihret I.ebens. Nach ihrem Tode sollten arme rioitcbhäuser davon
Kelche crhiUfii. Je cinci) grossen ■•ilbrrncri 'Kopf« ^ab er ZU Abcndmahlskelchen an MUhlen»
Eixen und Beidendorf. Vgl. Schröder, l'ap. M., S. 1993.
Digitized by Google
KIRCHDORF BEIDENDORF.
29$
Eine kleine Patenc, als Werkzeichen ein fliej^ender I'.n^el. I'"ine sechsseitige
Schraubflasche mit der Inschrift: KIRCHE ZV VICHELN 1679; Werkzeichen
fehlen.
Im Westen des norfcs, an dem Kirchsti iL;, (k r von Kleinen komnit. S. Invcden-
bcfinden sich an einer Stelle ui ^tlich vom SchilTL;r,il)eii l 'i hcrre^te einer ehe- schanze.«
maligen Hefotij^un}^. l.s ist rinc Anlaj^e in ilcr I'<nin eiiu-. UmiVtrahlim n
Sterns. Sie hcisst im V'olksmunde >die Scbwedeoscbaozc und niaj^ auch
wohl nicht älter sein ab das XVII. Jahrhundert. Aber es sind bis heute
keine Nachrichten darüber gefunden, wann und von wem und zu welchem
Zweck sie angelc^jt worden, vidi« Icht /um Scluitz, bczw. zur Verhinderung
von Aus- und ICinfahrt auf ilem Kanal I )ass sie l<>74 bereits vorhanden
war, beweist ihre I .rw ahnung in emcm \\ i-smar schen RatlisprotukoU dieses
Jahres. Vgl. M. Jahrb. X, S. 159.
Dorfes.
Das KIreMorf BeMemhirf.
fit Beidendorf (Bcgcnth'<r]) . Hr\ cikIi .qie , Heyt,'end<)rpc), das 9 km süd- Geschichte
westlich von Wismar liej^t und unter de^^t-n Hcwohnern zwischen 1230 des
und 1234, gleich beim ersten Mal, wo es genannt wird, auch ein Mann liege
oder l^cyc vorkommt, dessen Name mit dem des deutseh bezeiclmetcn Ortes
ohne Zweifel in engem Zusammenhange steht, verlassen wir innerhalb des
WIsmar'schen Amt^richtsbezirks die alte Schweriner Diöcese und betreten
wiederum die Katzeburgcr sowie das Gebiet des Archidiakonats zu Kehna.
Kirche und Pfarre sind um 1230 bereits vorhanden, tler I'leban heisst
Dietrich ( Theodericus).') Hundert Jahre spater wird Heidendorf in der Taxe
der Katzcburgcr Kirchen und geistlichen Lehne mit L'msetzung aller Natural-
lieferungen in Geld auf XXX Marie Silbers veranschlagt. Um diese Zeit
gehört der Ritter Johannes Storm mit zu denen, die in Beidendorf begütert
sind.*) Wieder ungefähr sechzig Jahre später, nämlich 1396, finden wir
einen Kirchherm Nikolaus Dargetzow und als Kirchenvorsteher einen Hermann
Karow sowie den Xikoluis Dünnebik uml Konrad Diinnebik. deren Namen
acht niediTsncli^i-icl) (bramischweigisch} klingen, AU ( iruiulluTrcn alier tret'fen
wir hier untl in Scharistorf während des XV. Jahrhunderts die Herren von
Ijohe, die in Urkunden und Akten oft genug genannt werden. Doch der
mächtigste in Beidendorf, dem mittelalterlichen Sammelpunkt der Stände
«) M. f .-H. .575. ^ 374 4-1.
») M. L.-b. 4277. 427s, 5Ü13.
Digitized by Google
296
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
des alten I^-intles Mecklenbiirj^, ') n ie überhaupt in der ganzen alten Mccklen-
burj;cr Vo^ci, ist Hinrik von Stralendorf, der besonders in den drcissif^er Jahren
des XV'. Jahrhunderts bald grossere, bald kleinere Minkünfte aus Heidendorf
und anderen benachbarten Gütern an den Wismar'schen Rathsherrn Ilinrik
Wesebom für entsprechende Kapital -Zahlungen abgiebt. Die Verhältnisse
ändern sich, als ungefähr hundert Jahre später, nämlich 1524. Herzog Albrecht
zu Mecklenburg seinem Rath
und Ritter Matthias von
Oertzcn das Dorf Bciilcndorf
und zwei 1 löfe zu Scharfstorf
als Gnadenlehn übergiebt. In
Oertzen'schem Hesitz bleibt
Beidendorf bis 1609. Da
werden die Hrüder Hartwig
und Joachim von Hiilow auf
Plüschow die Rechtsn:ich-
folgcr der Herren von Oertzen
und treten damit zugleich
den ehemaligen Lehnbesitz
der Herren von dem I.oe
(I,ohe) in Reidendorf und
Scharfstorf an. Sie halten
sich hier und auf I.utterstorf
bis in die siebenziger Jahre
des vorigen Jahrhunderts.
Die Akten über die Debit-
masse des letzten Kammer-
herrn von Rülow auf I,ut-
terstorf und Beidendorf rei-
chen von 1768 bis 1787.
Ihm folgen als Iiigenthumer
auf Beidendorf 17S5 Hein-
rich SuscmihI, 1790 Lieute-
nant Martin Jakob Pentzlin,
1799 t'hristoph Aug. Hart-
meyer, 1S04 Hauptmann Ludwig Heinrich Phil, von Ramdohr, 1810 der
Kanunerjunker Hans Jaspar vt)n Both und 1816 Heinr. Andr. Wilh. I'cdder.sen.
Sein Sohn \V. Theodor wohnt bis 1875 auf Beidendorf Ks folgen bis 1886
tlic Gebriuler Brockmüller. Im Jahre 1886 kauft Friedr. Ad. Rodde aus Lübeck
das Gut und lässt es im December desselben Jahres allodificieren. Zur Zeit
ist Peter Adolf Rodde der Besitzer von Beidendorf
Mehr vorreformatorischo Plebane als die, welche oben bereits genannt
sind, geben die älteren l'rkunden bis jetzt nicht her. l^m 1542 ist Johannes
') M. Ji.lirb. Ml S. 176. XXX, S. III.
Kirche zu HeiJciidurf.
Dlgltlzed by Google
KIRCHDORF BETOENDORF.
297
Schulte Inhaber des Kirchlehns; zwischen 1573 und 1603 Joachim Glupe
(filiibcns, GKibaius); zwischen 1614 und 1653 ist Ilinriciis \'n]^t (V'a^ctius)
nachweisbar; von 1654 bis 1691 Albertus Kruj:,'cr; zwischen 1693 (vielleicht
schon früher) und 1727 Joh. Georg Tolchow (I'olcitovius), von 1727 bis 1732
Christiaii Giesc; von 1733 bis 1737 Joachim Christoph Plancke; von 1737 bis
1741 Pastor Nann; von 1743 bis 1755 David Ulf. Schregell; von 1756 bis
1764 Herrn. Christ. Rhades; ihm folgt Joh. Fricdr. Hintie (bis 18Q4). Die
Pastoren des XIX. Jahrhunderts s. bei Watter, Unsere LandesgeistUchen.
Die Kirche ist ein gothischer Backsteinbau, mit Verwendung von Granit Kuvbe.
am Fundament. Der Chor, welcher glatt abschlicsst und gegen das Langhaus
Gfiiödiia$ der Kirdie s« Beidcn<iorf.
um eine Stufe erhöht ist, zeigt eine reichlichere Verwendung behauener Granit-
steine. Beide Theile, Schiff* und Chor, sind mit je zwei Kreuzgewölben ge-
schlossen, ebenso die an die Nordostecke des C^hors gesetzte niedrigere
Sakristei. Im Chor gewahrt man eine gute Aiisl>ildung von Rippen und
Dien.sten. Die Dienste, deren Basen unter dem neuen Zie^'elpflastcr der Kirche
hegen, haben die Form halbrunder Pilaster und trageti würfelförmige Kapitelle.
Die auf ihnen aufsetzenden Rippen sind birnenförmig profiliert und haben
jederseits einen Rundstab neben sich. Weniger schön sind die Detailbildungen
in den Gewölben des Schiffes, die ausser den Diagonalrippen auch eine Längs-
rippe aufweisen. Hier fehlen die Dienste, die Dia^onalrippen steigen von
ansc^ckragten rohen Steinen empor. Chor und .Schiff sind somit aus ver-
schiedener Zeit, jener mat; dem XIII. Jahrhundert auj^^eh» iren, in dcssi-n /weiter
Hälfte der frühgothische Stil bereits mit einer gewissen Entschiedenheit
Digitized by Google
298
AMTSGEUCHT8BEZIRK WISMAR.
herrschte, dieses ist erst viel später erbaut. Der mit in die Kirche <:^ezo{Tenc
Raum des riiurmcs, der als junt;slc-r Theil der Kirche angesprochen werden
muss, und in dem die Orgel aufgestellt ist, hat eine flache Decke. Die
Wiricung der spitzbogigcn Fenster der Kirche wird zur Zeit durch ihr wenig
ansprechendes hölzernes Pfosten-
werk beeinträchtigt. Am Chor,
als dem älteren Theil der Kirche,
sind Lisenen zu bemerken , wie
sie dem rumanisclicn Stil eitlen
sind; auch findet sich dort ein
Fries, dodi ist seine Gestaltung
im Guunkter späterer Zeit (ab-
getreppte Zickzacklinie, darunter
eine Ziegellage in P'orm der Strom-
schicht). Das massige Mauerwerk
des Thurmes tragt einen Helm,
der sich mit Hülfe von Schild-
giebehi aus dem Viereck des
Thurmgemäuers m dne achtseit^ Pyramide umsetzt Auf der Südseite des
Chors eine Voihalle, das sog. Leichenhaus, und auf der Nordseitc, an der
Sakristei, eine aus Feldsteinen aufgebaute Grabkapelie des Präpositus Hinze.
Vgl. M. Jahrb. XIX, S. 408 ff.
Altar, Altar, Kamel (diese oberhalb des Altars) und Gestflhl sind ohne künst-
Kajuel und Icri.sche Bedeutung. — Glocken. Die grössere Glocke ist laut Inschrift 1838
von dem Gicsscr P. M. Hausbrandt zu Wismar unter dem Ciro.ssherzoi; PAUL
FRIEDRICH und zur Zeit des l'astors HEINRICH GRAPENGIESSER gegossen
worden; die kldnere in demselben Jahre von demselben Giesser. Ihre Insdirift
entiiält die Angabe, dass, nachdem am 26. Juni 1836 die Thurmspttze durch
Blitzstrahl vernichtet und die bis dahin vorhandenen drei Glocken durch das
Feuer geschmolzen worden waren, die beiden jetzigen Glocken aus dem Metall
der drei alten hergestellt worden seien.
Kleinknnatwerke. i. Silbervergoldeter gothischer Kelch auf sechs-
eckigem Fuss, ohne Signaculum, das auch nie dagewesen zu sein scheint.
Am Knauf sechs mit verschiedenfarbigem limail gefüllte Kotuli ohne den sonst
üblichen Jesusnamen. Auf dem Fu.ss sechs eingravierte Wappen (viennal das
Barssc'sche [Bersse], einmal das Blttcher'schc, einmal das Preen'sche). Dazu
die Inschrift: GEBRVDER WOLFF • BASSE LVEPER • BASSE • MARGARETA •
PREN • GEBRVDER ADAM • BASSE • WOLFF BASSE • BRANDANVS • BASSE •
SOPHIA BLVECHER . ANNO 1587 HAT LVEDER BASSE DISEN KELCK IN
DISSE KIRCHE G EG EVE ZVNER GEDECHNIS. Auf der Unterseite dc^ Fusses
das Wismar'schc Stadt/.eichen inid der Mcisterstempel ||yj| — J. M. (Hans
Möller? trat 1558 ins Amt.) Die dazu gebrauchte Patene ohne Werkzeichen.
— 2. Kleiner gulhischcr Kelch von Silber, innen vergoldet, auf sechspassigem
Gestühl,
Glocken.
Kleinkunst
werke.
Digitized by Google
KIRCHDORF BF.IDENDORF,
299
Fuss, mit einem Signaculum, dessen Krucifixus der Arme beraubt ist. Auf
den Rotuli des Knaufes die Minuskeln d & C b C f. Am Fuss die Inschrift:
BIDOET GOT VOR . CLAWES VITES SELE . DE DISSEN KELCK GeVe HEFT*
ANNO 1511. Dahinter das nebenstehende Meisterzeichen. Das Stadt- , |>v
zeichen fehlt. Die dazu verwendete Patcne ist ohne VVcrkzeichcn. —
Kelch Nr. i. K«lch Nr. 2.
3. Silberne Oblatendose, viereckig. Inschrift: H. ADAM VICTOR DE BARSS
FVRSTL : HESS : DROST . ERBHER AVF RAMBOW F. METTA MARGARETHA
VON BARSSEN GEBOHRNE VON PLESSEN. An der Schachtel
drei Werkzeichen, nämlich der Zickzackstrich des War-
deins, das Meisterzeichen G H und das Stadtzeichen von
Ca.ssel. — 4. Krankenkclch. .Auf der Unterseite die In-
(D
Schrift: HUNCCE . CALICEM DE USURIS LEGATI • BÜLOVI CONFICIENDUM
CURAVIT .D.U. SCHREGELL FAST • BEYD . 1749 • ANI • An der Kupa da.s
Biilow'sche Wappen mit den Initialen D W V B Am Fuss das Meisterzeichen
[bTcJ; ebenso an der I'atene. W'isniar'sche Arbeit, von Baltzer Jochim Cato.
— 5. Neue Taufschale (?) | I FRESi~| Schweriner Arbeit. — 6. Neue
Weinkanne von 1864, {rcstiftct ziun Andenken an MATHILDE VON BRANDEN-
STEIN zu Niendorf - 7. 8. Im Schift" der Kirche zwei nicht mehr ganz
vollständige Kronleuchter aus Messing. Der grössere ist scchzehnarmig und
Digitized by Google
300
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
trägt die Inschrift: DER WOLGEBOHRNE HERR . HERR . HANS • GEORG •
VON BVlOW . FVRSTL . BR • LVNEB • OBERSTER ZV HANNOVER • lEZT •
IN • MOREA • HAT • OISE • KROHNE • GOTT • ZV • EHREN • VNND • DIESER •
KIRCHEN • ZVM • ZIERDE • ANHERO - MENGEN • LASSEN • ANNO 1687. VON
8CHARFST0RF. — Der kleinere Kronleuchter ist swöl&rmig und hat nach-
stehende Inschrift: CVNO • HANS • VON • bVLOW • FtfRSTUCHER •
MECKLENB • LANDRAHT - ELISABETH • VON • BVLOW • GEBORN • VON DER
LVHE • ANO 1671. — 9. lo. Zwei sehr schön [getriebene silberne Altarleuchtcr
mit dreiscitij^er liasis. Auf der einen Seite der Sprucli: SIEHE, DAS IST
GOTTES LAMM, WELCHES DER WELT SÜNDE TRÄGT. Mit dem Bilde dcs
Lammes darunter. Auf der andern Seite: HERR HARDTWIG VON BV1.OW
FRAU DEFnOYA L. LEODT, ENGELISCHE FAMILIE CHURFL. BRAUNSW.
LONEB. OBERHAUBTMANN. Darunter die eingravierten Wappen von Mann
und Frau (dreigetheilter Schild, nbcn zwei Pferdeköpfe; in der Mitte ein
srhreitendiT Ijiwe; unten ein l'ferdekopf, alle Thiere nnch rechts. Auf der
dritten Seile HERR HANS lOCHEN GOTTFRIED VON BVLOW ERBHERR
AU FF SCHARFSTORFF iCtXtBtH D>IN BLECKDE C • H • V • BVLOW •
G • V • BHERN • V • HOYA. Dazu die eingravierten Wappenbilder. Ausserdem
das Stadtzeichen von Lüneburg (springender Löwe) und das Meisterzeichen
(gcg) (vielleicht C statt Q).
Nach den vorhandenen Pfarrpapieren sollen diese Leuditer von dem
Prost von Biilow cij^enmächtiK ex usuris legali Btiloviani in den J.ihren 170S
bis 1 7 1 1 angeschafft sein. Daher die von Bülow'schen Namen und Wappen.
Von der Ol^behdrde wnrde die Anschafliinf? dieser Leuchter moniert, mit
der Weisung, dieselljcii /u m 1- lukn und das Geld besser ZU verwenden.
Doch sind die Leuchter der Kirche erhalten geblieben.
II. Messingbecken mit getriebener Schrift: DI8ES • BECKEN • VND •
DAS • STVNDEGLAS • HAT • MARCVS • CHRISTOFER KRÖGER • VND SEIN •
EFRAW • MARIA • DORATEA KRÖGERS • ZVM • GEDETNIS(l) • VER • EHERTT •
ANNO • 1734 • C • H •
Nach dem Inventar von 1 8 1 1 war der alte Altar eine Stiftung der
.Herren von Bülow auf Scharft>torf und die Kanzel aus dem Jahre 1615
eine von ihnen und denen von Barsse auf Rambow. Unter den alten drei
(Hocken waren zwei von I^iirentius Strahlixtrn .ms l.iilierk 1722, z. Zt. des
Pastors Joh. Georg Polchovius, und eine von J. V. Schulz aus Rostock 1785,
z. Zt. des Pastors Joh. Friedr. Hinze, gegossen worden. In den Fenstern
sasscn kleine Glasmalereien, die Wappen der Familien von Barsse, von
Lützow, von der Lühe und von Zülow. In der Mitte der Kirche war noch
der Triumphbalken mit der Kreuzcsgrup|>e vorhanden. An den Wänden
hingen vier Prediger- Bildnisse: Albertus Krüger, 7 1691; joh. Georg Pol-
rhoviiis. •"• 1727; Chr. Giese, 7 17.^2 und Joh. Kriedr. Hin/c, 7 1807;
ferner zwei Kpitaphicn: ein steinernes und ein hölzernes^ das steinerne zum
Gedächtniss der Frau Maria Devidia Elisabeth von Both, geb. v<hi der Lühe
(geb. 1748. ,uc<-t. i7^^2, boeraben zu Kalkhorst!, gesetzt von Carl Anton
von Roth, Krbhcrrn auf RanUiow und (irapcn -Stietcn; das hölzerne zum
Gedäditniss der Frau Hedwig von BUlow, geb. von der Lühe, gesetzt 1674
Digitized by Google
KIRCni>f)RF BEIDENDORF,
SOI
von Cuno Hans von liiilow auf Srharfstorf. Kndlirh erwähnt noch das
Inventar eine kleine sill)cme ( )hlatens(:harhtel, die 1683 von tlertrud von
l'lessen, geb. von Adelepsen, gestiftel war, und aus gothischer Zeit die
hölzerne Statue einer sitzenden Maria mit dem Christkind. Davon ist nichts
mehr da. Auch der vom Wismar'schen Rathsherrn Hinrik Wesebom 1441
vermachte Kelch ist verloren gc^^'ingen. Hei der letzten Renovation ist somit
gründlich tabula rasa gemacht.
Denkstein von Saunstorf.
Nicht weit hinter Ik-idendorf, an der
Land.stra.sse von Wismar nach (jadebusch,
link.s am Wege, dem Hofe Saun.storf Kcgen-
Uber, sieht der hier abj^ebildete Denkstein.
Auf einer Seite des Steins, in vertiefter
Flache, der Krucifixu.s in erhabener Arbeit.
Die Schrift bej^innt am Fu.ss des Steines,
Man liest : IH • CCCC^JX^if ') • fc'fa • Ü j •
.111 • fcflu • oKriifiDir • bni • • jotjMic^ •
ftrcniiorb • | ciiiis • Vuiimia | ric'* or'« 4^ •
ant.i • i ci9 • l)aiic • crurr | pofiiit • Vjic . .
. . . ftiltcr Cjllö. Zwi.schen den stark aus-
einander geris-senen Zeilen die Umrisse eines
Betenden, denen auf der Rückseite ein Schild
mit einem Hau.szeichen entspricht.
Der ,\ame Stenvord ist vom XIV. Jahr-
hundert an in Wismar nicht selten. 1421
vertragen sich Herman Stenvord und sein
Sohn Jt)hannes wegen des mutterlichen
Krbiheils, das diesem zufallt, femer wegen
verdienten l.f)hnes und alks bis dahin ge-
habten Iladeis und l'nwillens. Das Denk-
mal wird in der Inschrift cru.\ gcn.innl.
obwohl es keine Kreuzesform hat. Das ist
zu beachten. Auch der Denk- und Suhnestein für Bürgermeister Johann
Hantzkow heisst ^eyn stenene <ruce-, obwohl ihn Rcimar Kock in
(irantoff's I.üb. Chronik, 1kl. II, S. 6S4, als eine stcncn docke kennt.
Wahrscheinlich ist die herkömmliche Abbildung des Cekreuzigten auf diesen
Denksteinen die Ursache ihrer I5unennung mit cru.v. Vgl, Crull, M. Jahrb. XXIII,
S. 356. l-'emer M. Kunst- u. Ceschichtsdenkmäler I, S. 271.
«
') Nicht siclicr, vielleicht nur pe%V.
*) 12. Mai 1439 oder 1435.
I>rnk!>tt:in von .S«uni>torf.
Denkstein
von
Saunslorf.
Dlgltlzed by Google
302 AMTSCERICHTSBEZUUC WISMAlt.
Das Kirchdorf Gressow.
Gesdiichte bENas im I^nde Bresen (Brizen) gelegene Kirchdorf Gressow (Gressowe,
des Mäsa Grisowe), welches ii km südwestlich von Wismar entfernt ist, wird
Dorfes, schon im Jahre II 58 vom Sachsenherzog Heinrich dem Löwen dem Bischof
von Katzcburp; als curia episcopalis zugewiesen unci, damit er sich dort eines
ruliigcn Besitzes erfreue (in (juietam posscssioneni), dreizehn Jahre spater von
der Heerfolgc, dem Markding und Burgwerk befreit. »Nur das Kecht über
Leben und Tod (Judicium colli et manus) behält sich der Herzog vor.') Eine
schärfere Bestimmung, besser gesagt Aenderung und Einschränkung von Besitz
und Rechten, erfolgt aber ein halbes Jahrhundert spater, den S. Juli 1222, in
jenem Vertrage, den Fürst Heinrich Borwin und seine .Sohne im I'reien unter
einem Baume, nahe hei Grcs.sow, zwischen sich und dem Bischof aufrichten.
Darnach besitzt dieser von nun an in Gressow nur vier Hufen, welche aller
Lasten und Abgaben völlig ledig bleiben, von den übrigen aber müssen
Heerfolge sowie Buigwerks- und Brückenwerksdienste geldstet werden. Nur
die landedienüdie Bede fäUt w^. Femer erhält der Bisdiof von allen
gerichtlichen Strafgeldern zwei Drittel, während ein Drittel der landesherrUche
Vogt in Kmpfanc: nimmt ") Dieses N'erhaltniss, das von der Bestätigxings-
Urkunde Kaiser l-rieth ich's II im Jahre 1236 nicht eint;ehendcr berührt, aber
unter der Regierung des Fürsten Johann am 7. März 1 260 auf's Neue fest-
gestellt wird,*) währt bis zum Jahre 1307. Am 29. September 1307 löst
nämlich Bischof Hermann von Ratzeburg mit einer Geldsumme von 6'/i Mark
Pfennige^ pro Hufe den Brücken- und Burgwerk.sdien.st auch von den übrigen
9';s Hufen des Dorfes Gressow ab und empfängt dafür vom Fürsten Heinrich
von Mecklenberg die Zusicherung völliger Freiheit des ganzen Dorfes von
den ebengenannten Servituten.
Die im Ratzeburger Zehntenregister zwischen 1230 und 1234 zum
ersten Mal erwähnte Kirche zu Gressow wird am 26. December 1237 unter
das Archidlakonat des Rehnaer Propstes gestellt und erhält am S.Januar 1266
ihren Antheil an der schon oft berührten Stiftung von Brod und Wein <hit ( Ii
Fürst Heinrich den Tilger.*) Sie kommt auch sonst noch in ilen Urkunden
des XI\^ Jahrhunderts vor.*) Was die jetzt stehende Kirche betrifft, so weisen
ihre gothisclien Formen auf das XIV'. Jahrhundert hin. Sie wird daher als
') M. U.-B. 65. 101. 113.
*) M. V.-H. 284. Vgl, dazu ürk. 7451.
■) M. U..B. 448. 8S9. Vg^l. Micb die BeatitigimB der Urkandeo all4 and 859 dnicih den
BiachoC von Lttbcck am 32. April 1351 in der Urk. 7451.
*) M. Ü.-B. 375. 471, 1059.
■) M. U.-B. 4092 n 4tai. 5613.
Digitized by Google
KIRCHDORF GRES80W.
Ersatz für einen älteren Bau des XIII. Jahrhunderts anzusehen sein. Von den
Namen ilircr I'lcbane im Mittelalter sind bi.s jetzt nur zwei auf un.s j^ekommen :
der des l'tarrers Konrad im Jahre 1 237 und der des rcctor ccclesie Hermann im
Jahre 13 19.') Dagegen erfahren wir desto mdir von dem ersten evangelischen
Prediger zu Greasow, dem Thomas Aderpul, welcher, dem bischöflichen
PatrcMUltsrecht ent^ej^cn , durch Berend von Plessen auf Tressow, der das jus
patronatus iilier drei V'ikanien der Kirche zu Oes.sow bcsass und dessen
I''amilie dort ihre (irabkapelle hatte, an Stelle eines einau^i^en hülflosen
Priesters mit Zustimmung der Gemeintie im Jahre 1526 gewaltsam eingesetzt,
dann aber von Reitern und Reisigen des letzten Bischofs Georg von Ratze-
burg im December 1529 nächtlicher Weile gefangen genommen und nach
Schönberg ins Gefangniss abgefiihrt worden war. Wie dieser Akt nachher
zu einer Fehde der Ritterschaft des ganzen »KUitzcr Ortes« wider den Bischof
fuhrt und die Annahme der Kirchen - Reformation beschleunigt, das hat
Lisch im M. Jahrb. XV'I, S. 56 bis 97 ausruhrlich und anschaulich ir/.ahlt
sowie mit Akten und Urkunden ausreichend belegt. Mit dem Jahre 1540 ist
die Reformation in dieser Gegend durchgeführt und damit auch das Fbtronat
über die Gressower Kirche vom Bischof auf die Herz^^ Übergegangen.
So bleibt es bis zum Jahre 1640. Da verkauft der Herzog Adolph Friedrich
fiir die Summe von 8000 Gulden das Gut Gressow nebst der I'ischerci auf
dem Gressower und Tressower See als erbliehes Allod an die Brüder Kurt
Valentin und Ik-lmold von Tlessen auf Müsselmow. Auch geht das gleich-
zeitig mit abgetretene l'atronatsrccht über die Kirche, wie aus dem Kirchen-
visitationsprotokoll von 1647 zu ersehen ist, auf Kurt Valentin von Plessen
über und bleibt von da an bis zum Jahre 1830 am Gute Gressow haften. Die
Familie Plessen bdialt Gressow bis zum Jahre 1774. Ihre Rechtsnachfolger
sind von 1774 bis 1770 Rittmeister Gideon lliomas Daniel du Puits, von
I7(>4 bis iMfX) Kammerherr Ad<)lj)h l'Viedr. v. Wilzendorf, \on iSoo bis 1803
Anjlsrath Schonberg, von 1803 bis Joh. licinr. Rodde, lüi^ Hofrath
Masius als Vertreter der Rodde'schen Gläubiger, von 18 14 bis 1818 die
verwittwete Geheimrathin von der Asseburg und von 181 8 bis 1832 der
Kcmunissionsrath Ihlenfeld. Dieser ist es, der dem Grossherzog Friedrich
Franz I. im Jahre 1829 das Kirchenpatronat aus eigenem Antriebe anbietet
und ein Jahr später in aller l'orm Rechtens abtritt Von iSp folgt der
IlDfrath Karl Joh. Konrad Hennemann im Besitz von Gressow eine laii^e Zeit
hnidurch. Von seiner W iliwe kauft es am 5. Juli 1889 das Grosslierzogliche
Finanzministerium und Überweist es dem Kammer* und Forst-Kollegium zur
Verwaltung. Somit ist Gressow in die Reihe jener Höfe mit eingetreten,
welche von der Kammer verpachtet werden.
Von den Nachfolgern des Thomas Aderpul, der, nachdem er über ein
Jahr lang im bischöflichen Gefangniss zugebracht, als Prediger nach Malchin
*) M. U.-B. 471. 4121. Vicke Ilancmann und Juh. Uolekc nennt um die Mitlc des XV.
Jalirhiuideiti das Biieh des groBaen Kalsnds la WiamM'.
Digitized by Google
304
AMTSf : KR IC I ITSBEZl R K WIS M AR,
und später, 1548, nach Bützow berufen ward, wo er 1556 starb, mögen
folgende genannt werden. 1531 bittet die Gressower Gemeinde den Herzog
Heinrich, ihr den Knisnuis Hermens zum Prediger zu setzen.') Ks ist aber
nicht zu ermitteln, ob daraus etwas geworden. 1541 finden wir dort (nach
Visitationsprotokollen und Kirchenrechnungen) den Johannes Pabst (Pawest),
zwi-schen 1558 und 1585 den Jakob Hoth {Roct) um i6cx) den Pastor Johannes
Schröder, um 1606 Paulus Schirlentius (Schicrientz), um 1647 und 1653 Samuel
Koch und um 1688 Jacob Pistorius. Diese Nachrichten ergänzt das spätere
Gressower Kirchenbuch, das 1654 angelegt ist, aber die Angaben erweisen
Kirche zu Gressow.
sich als nicht ganz zuvcriä.ssig. So wird z. B. Joh. Schröder von 1562 bis
1604 und Joh. Lüning von 1672 bis 1698 datiert, während Hoth und Pistorius
gar nicht genannt werden. Zuverlässiger mögen die folgenden sein: Christian
Crull (1699 bis 1740), Anton Attelmcycr (1744 bis 1773), K. Ludw. Fr. Tren-
delcnburg {1774 bis 1783), und Joh. Alb. Ernst Kindler {1784 bis 1816).
Ucber die Geistlichen des XIX. Jahrhunderts vgl. Walter, a. a. O.
Im vorigen Jahrhundert war auch die Kapelle von Gross -Krankow, die
1609 gc^;nindet wurde, mit der CJrcssowcr Kirche und Pfarre verbunden.
Vgl. Schröder, Wism. Erstl., S. 196. 1751 war sie noch vorhanden, 1790
aber nicht mehr. Sie muss also innerhalb dieses Zeitraumes eingegangen sein.
') M. Jahrb, XVI, S. 93.
Dlgitized by Google
KIRCHDORF GRESSOW.
Uebcr Hexenverbrennungen bei Gressow in den Jahren 1673 und 1675
vgl. M. Jahrb. V, B, S. 146.
Grundriss der Kirche tu Gressow.
Die Kirche ist von unten auf aus Ziegeln erbaut und stellt ein läng- Kirche,
lichcs mit Strebepfeilern bewehrtes Rechteck mit poljgonalcm Chorab.schluss
i
i
Längsschnitt der Kirche.
Querschnitt des Chores.
bestehendes Sciten.schiß"
an,
und
(aus dem Achteck) dar, ohne dass .Schiff
und Chor baulich von cinaiulcr ge-
schieden sind; nur ist der Chor um
?.wci Stufen erhöht. Schöne Kreuz-
gewölbe decken den ganzen Raiun, der
durch zwei- und drcithcilige spitzbogigc
I'^enstcr erleuchtet wird. Auf der Süd-
seite des Schiffes lehnt sich an die
dem Thurm zugewendeten letzten drei
Joche ein aus ebensoviel Kreuzgewölben
auf der Xordscite, ziemlich die Mitte
Digitized by Google
3o6
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
einnehmend, ist eine Eingangshalle errichtet. Den im Westen angebauten
Thurm deckt ein vierseitiger Pyramidenhelm. ')
Altar. Altar. Aufsatz im Barockstil; ausser verschiedenen Holzstatuen (Moses,
Aaron, vier Kvangelisten, Engelgestalten) die Gemälde des Abendmahls und
der Kreuzigung. Als Bekrönung die Figur des triumphierenden Christus.
Erbaut 1718 von Wilde, und erneuert 1867. Von den verschiedenen Sprüchen,
Innerei der Kirche zu üressow.
wttmit er ausgestattet ist, mag einer angefiihrt werden: »STIMMT MOSES
MIT AARON ÜBEREIN. SO GEHT ES WOHL GOTTES GEMEIN«.
Nach dem Inventar von 1811 war Frau Catharina Lukretia von Plesscn,
gel), von Hiilow, nachgelassene W'itiwe des Curt Valentin von Plessen, Erb-
herrn auf Clressow, als Patronin der Kirche die Stiftcrin dieses .Altars. Dies
geschah zur Zeit «It-s Pastors Christian CYull. - — Die alte Kanzel war 1703
von verschiedenen Mitgliedern der tlenieinde gestiftet worden, ihre V^-rzierung
') V|;]. Lisch, M. Jahrb. VIII, Ii, S. 147. 148.
Dlgitized by Google
KIRCHDORF GRESSOW.
und Bemalung stammte von demselben Joh. Fr. Wilde, der beim Altar
fjenannt worden ist.
Epitaphien. Ks sind ihrer zwei vorhanden. Das älteste, eine j^ute Kpitaphicn.
Arbeit im Kcnai.ssanccstil, stammt aus dem Anfang des XVII. Jalirhundcrt.s
und ist in grauem Sandstein gearbeitet. Im Mittelfelde, das seitlich von
Säulen cingcfa.s.st wird, sieht man das Relief der Auferstehung Christi. Un-
mittelbar vor dem Relief eine knieende männliche l'igur, der Verstorbene,
ganz oben die Wappen der Familien von Plessen und Wenkstcm.
Epitaph der Familien von Plcsscn und Wenkstern.
Unter diesem Relief eine lange Versinschrift, welche so eigenthümlich
ist, dass sie nicht iil)crgangcn werden kann:
Tausend vierhüdert 90 neu
man schreib als Reier Pless ich mei
geborn ist lebte auch wie wahr
christlich sieben und achzig jähr
Behrendt sein Bruder mit bar gelt
Damshagen undt Grudshage zait
2Ü»
Digitized by Google
3o8
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
brüderlich sich verglichen han
dass Reier pless nam Tressow an
nicht Ehelich ward doch keu&ch er lebt
adllch nach Er undt ruh er strebt
im glauben fest an Jesum Christ
zu Tressow Er gestorben ist
undt ist allhie begraben auch
löblich nach adliche braug
nach seinem todt Curdt Behrendts söhn
ernantes gutt Erblich gewan*
der mit Elisabeth sperlig
solch gutt vermacht zu leibgeding
sibsig drei das alter sein
als er tausend sechs hundert eT
mit todt abgink undt adlich zwar
Das jüngere Epi-
taphium , ein stehendes
Oval, stammt aus dem
Ende des XVII. Jahr-
hunderts, ist eine gute
Arbeit aus Holz im Barock-
stil (genre cichoresque)
und enthält eine In.schrift
mit Angabc über den
Ix'benslauf des ehemaligen
Hofgerichts ■ Präsidenten
Curt Valentin von
Plessen in lateini.schcr
Sprache. Unter ihr fol-
gende deutsche Inschrift:
IM SECHSEHN HUN-
DERT UND DRITTEN
JAHR
DER ANFANG MEINES
LEBENS WAR
TAUSEND SECHSHUN-
DERT UND SIEBZIG
NEUN
SCHLIEF ICH IM HERRN
SELIG EIN.
zum Damshage begrabe war
von der Zeit ich mit Sorg undt mühe
das gutt Tressow besitzen thue
ich dank dyr hertzen Jesu Christ
weill du der witwen richter bist
bey güst undt gutte nähme mich
beschützet hast so väterlich
dei reich dei macht dei herrlichkeit
ich preise will in Ewigkeit
dis Epitaphiu ich zwar
da ich war 8 undt 40 Jahr
de Edle Reymer Plesse weiss
zu ehre ich nach setzen liess
im jähr da man schreib auch hiebey
Tausend sechs hundert zwanzig drey.')
Epitaph des Gurt Valentin von Plessen.
IXt lateinischen
Inschrift ist zu ent-
nehmen, dass er die Rechte studierte, weite Reisen machte, nach seiner
') Vgl. Lisch, M. Jahrb. X.\, S. 364 bis 366.
Dlgitized by Google
KIRCHDORF GRESSOW.
Rückkehr ins Vaterland in landesherrliche Dienste trat, in erster Ehe mit
Afjatha von Hiilow und in zweiter Ehe mit Anna Sophia von Fentz vermählt
war, sowie dass er von jener 1 1 und von dieser 7 Kinder hatte.
Im Thurm hängen zwei Glocken, von denen die grossere unter dem
Patronat der vcrwittwetcn Frau A. E. VON PLESSEN 1771 zur Zeit des Pastors
ANTON ATTELMEYER von Valentin Schulz in Rostock, und die kleinere 1893
von Oberg in Wismar gegossen ist.
Die kleine Glocke erfuhr ihren vorletzten Umguss im Jahre 1800 von
Valentin Schulz. (Inventar von 1811,)
Kleinkunstwerke.
I. Silbcrverguldctcr gothischcr Kelch vom Jahre IS57. •i"'^ sechseckigem
Fuss, mit Signaculum (plastischem Knicifixus) und der Aufschrift: lOHAN. VAN •
PLESSEN . ARF . SETEN • TO • BARNNEKOW . Ausser dem Signaculum findet
man auf dem Fuss fünf Wappen:
heraldisch links vom Signaculum
das Rarner'schc Wappen (l'Vau) mit
den Initialen M»P»,') heraldi.sch
rechts vom Signaculum das I'lessen-
sehe Wappen (Mann) mit den
Initialen I • V • P • Dann dreimal
das Plesscn'schc Wappen mit den
Initialen K . V • P ., I • V • K. (r),
M • V • P • An der Kupa die
.spätere Inschrift: DANIEL . CHRI-
STIAN . VON . PLESSEN • ERB-
HERR ZV BARNEKAU . EIN SOHN.
VON . ENGELCK.VON PLESSEN.
ERBGESESSEN. ZU BARNEKAU #
ABER . AUS N • HAUSE . STEIN-
HAUSEN . Am Knauf der Name
iljcfbi^ Auf der Unterseite des
Fusses die Angabc : XXX LOT.
Keine Werkzeichen. Die zu dic-
.sem Kelch gebrauchte Patenc hat
auf der Unterseite das Plessen-
sche Wappen mit der Umschrift:
VON • PLESSEN ERBHERR AUF BARNEKOW. Werkzeichen :
Also Schweriner .Arbeit, wahrscheinlich von dem Goldschmied
Kelch Nr. I.
ENGELKE
© OB
Jakob Menckin
(ilocken.
Kleinkunst-
werke.
2. Silbervergoldetcr Kelch, auf .sechspassigem Fuss, mit plastischem
Signaculum (Krucifixus mit allen Marterwerkzeugen rechts und links). Daneben
') Nicht M. B., wie man erwarten sollte, sondern M. P,
Dlgltlzed by Google
3IO
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
eingraviert heraldisch rechts das von Plessen'schc Wappen, links das Rantzau-
sche Wapptn. und darunter die Inschrift: AUGUSTUS FRIEDERICK VON
PLESSEN. ANNA VON PLESSEN GEBOHRNE RANTZOW. Den Knauf bildet
ein Todtenkopf auf gekreuzten licinknochcn. An der Kupa ein eingraviertes
Allianzwappcn . niimlich zweimal das Plessen'schc, darunter die Inschrift:
REPARIERT UND NEY VERGULDET AO |740 VON FRAU SOPHIA DOROTHEA
VON PLESSEN VERMELTE VON PLESSEN VON HAUSSE BARNEKOW. Werk
zeichen: Lübecker doppelköpfiiger
Adler. .Meisterzeichen undeutlich
^ (r). Die I'atenc hat auf dem
Rande oben die In.schrift: ELISA-
Kelcli Nr. 2. Kelch Nr. 3.
BEHTA MARGAREHTA VON ZÜLOW • VERMÄHLTE VON PLESSEN VON DEM
HAUSSE BARNEKAU • ANNO 1730. Danchen das Wismar'.schc
Wappen und nebensteiicndes Werkzeichen (Johann Friedrich
Rahm).
5. F.in kleiner Krankenkelch, ohne Inschrift, mit Patene. Neu.
4. Ovale Obiatenschachtel von Silber. Auf dem Deckel der Name
imd das Wappen der ANNA CHATARINA VON PLESSEN • AUS DEM HAUSSE
BARNEKOW • 1732. Auf der Unterseite ein Allianz\vapi>en, das sich aber nur
auf eine Person bezieht, wie die Inschrift angicbt, nämlich auf die SOPHIA
DOROTHEA VON PLESSEN GEBOHRNE VON BÜHLOWN. Stadtzeichen von
Wi.smar und Uh\ (Jochim Gade).
^ EH
Digitized by Google
KIRCHDORF ORF-SSOW.
5. FAnc zweite ovale Oblatcnschachtel in sehr schön {getriebener Arbeit.
Auf dem Deckel ein Blumenfcld im Genre cichoresqiic, das von schrägen
Rundfaltcn mit vier Muscheln ein}:,'cfasst wird. Am Fuss der Schachtel gleich- *
falls Rundfalten mit Muscheln. Auf der Unterseite des Kusses die Inschrift:
SACRIS HISCE AEDIBUS DICAVIT J. A. E. KINDLER . PASTOR 1786.
(Nikolaus Schmidt).
Die .\rlH'it gehört nicht dem Jahre 1786 an, sondern ist sehr viel
früher angefertigt, wie der Stil zeigt. Nikolaus Schmidt ist nachweisbar von
1718 bis 172K. Vgl. CtuII, (loldschniiede, S. 52.
6. 7. 8. Kelch, I'atcne, Kanne, geschenkt von Frau Hofräthin
HENNEMANN auf Wolde 1883.
9. 10. Auf dem Altar zwei vergoldete zinnerne Leuchter in klassi-
cicrcndem Stil.
Das Inventar von 1 8 1 1 erwähnt drei zinnerne Leuchter, die im Jahre
17 18 von Joh, Kr. von Ple.ssen und Sophia Dorothea von Plessen gestiftet
waren; ferner einen KUngeheutel des Jahres 1801 von dem Amtsrath Schon-
berg Dort wird .luch <lic Tressow'sche Empore besonders erwähnt, an deren
Stelle ehemals eine Ka|)elle war. Diese Kmpore war eine Stiftung derselben
Elisabeth Sperling, die wir schon auf dem grossen Kpitaph in St. Marien zu
Wismar kennen gelernt haben, und zwar vom Jahre 1726. Vgl. o. S. 46.
Wie bei dem Kpitaph, so gedenkt sie auch bei dieser Kmpore in der Inschrift
ihrer beiden Männer Kurt von Plessen und Klaus von Peckatel.
Oblatenschichtel.
Dlgitized by Google
312
AMTSGERICHTSBBZIRK WISMAR.
Das Kirehdorf HoliMiklrciien.
Geschichte flfin|a''> I^ori Hohenkirchen, welches ii km westlich von Wismar liegt, hcisst
des PiB> xij JahrlnitKlcrt Malianlc.') Oh der Name, der an den noch heute
Dorfes. vorhandenen alten holsteinischen Ortsnamen Malente erinnert, nnt anderen
slavischen Bezdchnungen wie Mallin und Mallentin auf eine und diesdbe
Wurzel (Malina Himbeere, serbisdi W^pedorn) zurttckgeht, muss dahingestdlt
bldben. Mit dem dainsdien Dorf finden wir aber schon gleich bei seinem
ersten Auftreten die deutsche Ansiedlung Lubimarsdorf (Lubimari villa) ver-
bunden. Hieraus maj» sich der Name Mirisdorp gebildet haben, der nach-
weislich bereits im Jahre 1222 an die Stelle von Maliantc tritt.') Als dann
auf Geheiss des Bischofs von Ratzeburg die hochgelegene Kirche erbaut wird,')
mit der eine weitere Niederlassung deutsdier Kolonisten verknüpft gewesen
sein wird, da kommt der Name Hohenkirchen (Honkerken, Alta ecdesia) auf,
und schon im Jahre 1260 wird es urkundlidi ausgesprochen, dass er an dir
Stelle von ^Tirisd<irf getreten sei (Myristorp que nunc Honkerken vocatur).*)
NichLs(lestowenii4er werden beide als Feldmarken noch 15 19 im I lehcregisti r
der Vügtei ürevesmühlcn neben einander aufgeführt.*) Seit den Zeiten des
Baiem- und Sachsenhensogs Heinrich des Löwen gehören diese immer mit
Gressow zusammen genannten Feldmarken zum Tafelgut des Bischöfe von
Ratzeburg und bleiben es, mit Ausnahme von Lubimarsdorf, wofiir der Bischof
schon im Jahre 1222 das Dorf Mandcrow von Fürst Borwin und dessen
Söhnen eintauscht, bis zur Zeit der Reformation ") Vgl. Geschichte von
Gressow auf S. 302 flf. Bald nachher aber finden wir die Herren von Ouitzow,
die auf V^oigtshagcn sitzen, im Besitz von Hohenkirchen, wo sie .schon im
Jahre 1308 mit Anrechten an der Bede Fuss gefässt haben. ^) Das Kirdien-
patronat aber übernimmt, wie überall an Stelle des Bischofs, der Landesherr.
Von den Quitzow's kommt Hohenkirchen im XVII. Jahrhundert an die Herren
von Plessen, welche seit Mitte des XV. Jahrhunderts auf Hoikendorf angesessen
') M. U.-B. 65. 101. 113.
M. U.-B. 284. Zu Tcrgleidien mit 6$. lOl. I13.
*^ Eine Kirche gielit durt «clion um I230,'34. Vgl. M. l'.-B. 375. Lisch, M. Jahrb. XI,
S. 412, Anmkg, 5. Ucbcr Maliante, Miristorp und Lubimarsdorf vgl. Schildl, Untergc|{angcnc
Dttrfer, M. Jahrb. LVI, S. 197. 19«.
') M. Ü,.B. 859.
') Nüch heute iSsst sich auf der Fhirkartc die den eben angedeuteten VcrhältniMen ent-
sprechende Mehrlheiligkcit des Dorfes erkennen.
*) If. U.>B. 375. 448. 859. 1059. a64i. tafo. 3189. 56x3. 7459. M. Jabrb. XI,
S. 4». 4' 5
*) M. V.'B, 3247. Akten im Grosah. Archiv.
Digitized by Google
KIRCHDORF HOHENKIRCHEN.
313
sind: 1635 ersdieint es ab Pertineiiz dieses Gutes in den Akten, und swischen
1647 und 1653') gelangt auch das Kirchenpatronat in die Hände des Guts-
herrn. Das bleibt so unter den Rechtsnachfolgern der Herren von Plessen,
Baron Kricdr. Amadeus von Schmettau (seit 1723), Bahhasar Dilmar (seit 1749),
Landrath Ernst Friedr. von Bülow (seit 1783), L. J, A. Kossei (seit 1804), Karl
Brackewagen (seit 1808) und dem Kammerherrn Emst Graf von BemstoHT (seit
18 Ii). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Hohenkirchen von Hoiken-
dorf wieder abgetrennt und schon 1809 in dem Drost Leonhard von Dassel
seinen eigenen Gutsherrn erhält. Als aber 1S2S der Kirchenrath Georg Joh.
Simon Drewcs l^csitzcr von Hoikcndorf wird, in de.s.scn Familie es noch heute
ist, bietet er aus freien Stucken dem Lande.sherrn das Tatronat von Hohen-
kirchen am 28. Oktober desselben Jahres an, und dieser ubernimmt es am
II. Februar 1829. In Hohenldrchen folgt auf die Familie Dassel der Dr. Iwan
von Glöden (seit 1847), auf diesen der Forstmeister Otto von der Lühe (seit
1852). dann Bernh. Karl von Bülow (seit 1865), und 1877 Oberst a. D. Helm.
Aug. K. von Buch. Gegenwärtig ist Premieriieutenant Leopold von Buch der
Besitzer.
Von den vorreformatorischen Plebancn der Kirche werden nur Dietrich
(um 1237), Hermann (1275 bis 1300), Joh. Ketel (1321 bis 1326) und Joh.
Strieptcrock (um 1340) genannt. Im Buch des grossen Kaiands zu W^ismar
treffen wir als Geisdiche zu Hohenkirchen vor und nach der Mitte des XV.
Jahrhunderts (genauere Daten fehlen) die Namen Hinrich Tzitkow, Joh. Sechgher,
Joh. Knies und Joh. Moire. Um 1527 i.st Curt Wolfskop Kirchherr, um 1540
Kra.snnis Hermens (vgl. M. Jahrb. .S. 171). 1 56S Matthäus h"ischcr, 1573
Joh. Durcrus, der nur ein Jahr dort amtiert; von 1574 bis 161 5 Joh. Kolc
(Röle, Kulcniu.s); 161 5 bittet sein gleichnamiger Sohn um die Nachfolge;
1621 wird, nadi Absterben des jungen Predigers, Henricus Krevet empfohlen;
1647 finden wir dort den Zacharias Manke (Manike, Manichius, s. Grabstein);
167 1 bis 1682 (wohl noch länger) Georg Mdtzer; 1686 bis 170$ Hermann
Wolf; 1706 bis 1728 Joh. Gottfried Prizelius (Epitaph); 1731 bis 1773 Heinr.
Christ Crull (s. Grab.stcin); von 1774 bis 1787 Aug. Joach. Kodcler (s. Grab-
stein); \on 17S9 an Joh. Christ. Grimm. Ueber ihn und seine Nachfolger
s. Walter, a. a. O.
Dil j( tzigc Kirche, die eine ältere Vorgängerin gehabt haben wird, ist Kirche,
ein gewölbter gothischcr Racksteinbau mit einem um eine .Stufe erhöhten Gior,
der einen Schluss aus dem Achteck hat. Dadurch, dass die Strebepfeiler des
Schiffes weit ins Innere hineingezogen sind, Hessen sich dem mit drei Kreuz-
gewölben gedeckten Sdiiff jederseits drei Kapellen hinzufügen. Sie sind eben-
fiills mit Kreu3^;ewÖlben gedeckt und erhöhen nidit unbedeutend die Wirkung
des Ganzen. Die mit einem Spitzbogen geschlossenen Fenster der Kirche sind in
*) Im Kirchenvisitatiömprotolcoil ▼on 1647 iit noch der Heri^K als rutioii der Kirdw l>e-
scichnet; in dem von 1653 daj^e^nn hci'^t CS, da» der Herng dtsFutronat den LMdnUh Daniel
von Pleasen «of Hoikendorf »bgeUvten habe.
Digitized by G(
3«4
AMTSGKRK.inSBK/.lRK WISMAR.
der Mehrzahl drcitheiliji und weisen ebenso wie die rormcn der Kreuzgewölbe
und Strcbci)fcilcr auf die Gothik des XV. Jahrhunderts hin. Aeusserc Fries-
Kirche zu Hohenkirchen.
Cirnndri» der Kirche.
vcrzicninf^cn fehlen. Die KipjK-n der Gewölbe steigen von ausgekragten Kon-
solen auf. Der Thurm, welcher im Westen angebaut ist, tragt auf massigem
Digitized by Google
KIRCHDORF HOHKNKIRCIIEN.
3'5
Gemäuer ein WaliiKlach und zeigt über seinem lCinganj,'.s{K>rtal zwei kreisrunde
Blenden. F.r soll früher einen steileren Helm fjetratjcn haben, der bei einem
Windsturm zu Fall kam.
Inneres d«r Kirche 211 liv>hvnkirt.)ic n.
Quenchnitt.
Mas fhvmalifje alte Kirtbhofs-
thor, wcirhfs V(in dein Sturm des
12. Februar i8«M ui"S<.'worfcn wurde,
war mit «Icnsdbcn btidt-n Figuren
der hl. Maria und des hl. Nikolaus
au-s fii-branntcm und glasiertem Thon
verziert, die uns so oft an den
Kir<hcn St. lürgcn und St. Nik«>lai
in Wismar begegnet sind, und die
wir auch noch an der Kirche in
Neubuknw antreffen werden. Ks war
also ein Hau aus dem XV. Jahr-
hundert.
Altar. Der Altaraufsatz ist ein
Werk des Barock- und Rokokostils.
Kr enthält in der Mitte einen Krucifixus,
darüber eine Tafel mit der Inschrift:
DEO TRINUNO CONSECRATUM A. 1749;
links davon die Statue des Jesnias
.Altar.
Digitized by Google
3i6
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
mit einem aufgerollten Metallblatt in der Hand, welches den Spruch zeigt:
FÜRWAHR ER TRUG UNSERE KRANKHEIT etc.; rechts Moses mit dem
Buch des Gesetzes; beide, Jcsaias und Moses, zwischen je zwei Säulen, welche
den oberen Theil des Aufsatzes tragen, lieber dem Knicifixus der Auf-
erstandene mit der Siegesfahne, links und rechts Engel als Verkündiger,
darüber auf der Weltkugel Jesus zur Rechten Gottes des Vaters; über beiden
endlich ein Dreieck, in dessen Mitte die Taube des heiligen Geistes sichtbar
ist. Links und rechts anbetende ICngel. Unter dem Knicifixus ein Gemälde
aus den siebziger Jahren dieses Jahrhunderts, darstellend die Hinsetzung des
heiligen Abendmahls. — An der Rückseite der Altarwand befindet sich
folgende Inschrift: DURCH GOTTES GNADE UND UNERMÜDLICHEN FLEISS
HR. O. H. CHRISTIAN CRULL, PASTORS HIESELBST IST DIESE KIRCHE
A. 1735 VERMAHLET. ANNO 1739 EINE NEUE CANTZEL UND A. 1749
DIESSER NEUER ALTAR ERBAUET WORDEN. GOTT ERHALTE ALLES IN
SEGEN.
Kanzel. Die Kanzel ist ein Werk desselben Stils wie der Altar, ihr I*ult wird
von einem Pelikan mit Jungen getragen. Der Schalldcckel mit der Taube auf
der Unterseite schlies.st oben mit Kugel und Kreuz ab.
Ah ehemalige K.inzcl-
dekoralionen werden im
'l'hurm vier hölzerne
Kngel mit Kreuz, Taube,
Herz, Kelch und Hil)oI,
und auf dem Kirchen-
boden ein hölzerner
Wnlkenkranz mit vier
Engeln, in der Mitte ein
Schild mit unlcserli( her
Inschrift, aufbewahrt.
Taufstein. Taufstein. Im Thurm-
eingang ein grosser ro-
manischer Taufstein von
Granit mit Spuren von
eisernen Ilaken zur Hefesti-
gimg des Deckels. In dem
Taufstein .steht eine kleinere
steinerne .Schale, die viel-
leicht einst ein Weihwasser-
becken war.
Epitaphien, Epitaphien in Form einfacher Gedenktafeln, i. Unter dem Orgelchor
an der Wand: Holztafel zum Andenken des Pastors Joh. Gottfr. Prizelius,
geboren 1669, gestorben 1728. 2, Gedenktafel auf Georg Heinrich Dethlof
Calsow, gestorben 1804. — 3. Trauerschild (in zwei l-lxemplaren) über dem
Klein -Walmstorfcr Chor für Carl August Heuckendorf, gestorben 18 14.
Digitized by Google
KIRCHDORF HOHENKIRCHEN.
Triumphkrens. Hinter dem Alt.ir, an der Chnrwand angebracht, ein Triumph-
alter bemalter, mehrfach beschädigter Krucifixus, das ehemalige Triumphkreuz. kreuz.
An dem Triumphbalken war nach dem Inventar von 181 1 eine In-
schriftf welche besagte, dass Hans Kossei aus Annabrürk im Kiirfürstonthum
Sachsen und seine Gattin Hedwig vun Baick
aus Kiel in Holstein den Krucifixus mit
den Figuren der Maria und det Johamm
1675 reparieren Hessen.
Grabstdae. Vor dem Altar der Grab» Grabsteine,
stein des P. ZadiariM Manke und seiner Frau
in halbrunden Fi<,nircn, er mit der Rechten einen
Kcicli und mit der Linken eine Bibel fassend,
sie die Hände laltend. In den iCcken die vier
Evangclistcnzcichen mit Namen und den Zu*
Sätzen: HOMO FL08 (Matthaeus). FL08 PERIT
(Marku»), HOMO REDIBIT (Lukas), MUNDU8
PERIBIT (Johannes). Umschrift in drei Zeilen,
von flcnen an der einen Schmalseite zwei durch
die Kancelleii des Altars verdeckt sind. Der
lesbare i heil besagt, daäs der i'astor Zacharias
Manke 1661 im 67. Jahre seines Alters aus dem
Leben schied, und dass seine Gattin Dorothea
W'oserius ihm am 10. Februar 1666 folgte. —
ICbenfalls vor dem Altar der Grabstein des
Prctlij^ers August Joachim Rodeler, <;eb. 1733,
gest. 1787. Unter der Kanzel der Stein des
Pastors Crull (nebst I-"rau und Sohn) vom
Jahre 1774.
Gemälde. Neben der Kanzel das Hild Gemälde,
der lansetzunj; des iieili^en Abeiulniahls. 1- ruher
im Allaraufsatz. Die jetzigen Malereien an
den Gewölben sind grösstcntheils neu.
Gmbstem
da FSuton P. Zaeharias Manke. Rfistung. Neben der Kanzel an der Rüstung.
Wand ein Harnisch, eine Sturmhaube, ein
D^en und ein lAihncuätakcn , darunter das Wappen des CARL ADOLPH
VON PLESSEN.')
'} 1674 kommen in <len Akten Karl Ado1|<h und Chri.slian Siegfried als rScsiizer von
Hoikendorf vor. Sie aind zwei der Söhne des Landraths Daniel von Plcuen, welcher 1673
verstorben aein loll. Die Genealogien haben den Karl Adolph, der 1674 zum Kapidin in
mecldenburgischen Diensten ernannt wurde, Übersehen. Da sein jttngerer Bruder Christian Siegfried
schon in den Akten von 16S6 als aüeitiiijer Inh.nbcr von Hoikendorf erscheint, so wird jener vor
diesem Jahr ver»torl>cn sein. Er wird der Uc:>itter der in der Kirche aufgehängten RUstung
Digitized by Google
3ld AMtSGfiRICItTSBfiZIRK WISitAlt.
Glocken. Glocken. Im Thurm hängen drei Glocken. Die grössere ist eine alte
Glocke mit reich verzierter Majiiskclschrift, die wir wohl nicht über das
XIV. Jahrhundert hinaus datieren dürfen. Ihre leonmischc Inschritt enthiilt
offenbar mehrere Fehler, durch welclje eine richtige ücbersetzung erschwert
wird. Sie lautet: ifl V7(S DSVS hOQ SimüK PHLB SKUVK ST
B6aiGD3C.*) — Die mittlere Glocke i$t 1861 zur Zeit des Pastors STRECKER
umgegossen worden. — Die kleine Glocke, welche 1890 tstagegosoea. wurde,
hat die Inschrift ihn-r \'( ir<.;an<,a-rin bcibehaUen: GOTT ALLEIN DIE EHRE.
MEIN HELLER THON STIMMT AUCH MIT EIN. GIEB GOTT DIE EHR DU
LIEB GEMEIN.
Nach dem Inventar von 1 8 1 1 waren die mittlere und die kleinere
Glocke 1764 zur Zeit des ^tors O. H. C. CruU v<m V. J. Sehuh in
Rostock gegossen worden.
Kleinkunst- Kleinkunstwerke, i. 2. 3. Zwei silberne Kelche, der eine \crj,'oldet,
werke, beide in klassicierendem Stil. An der Kupa eingraviert der Krucihxus als
Signaculum. Meisterstempel [brockmann | (Wismar). Beide mit den Fatenen
zusammen 1830 auf Kosten der Gemeinde angesduUll; desgleidien auch die
auf vier Füssen ruhende silberne Oblatenschachtel, die denselben Stempel hat.
— 4 \cut,'othische Kanne von Silber mit dem Stempel SCHEEL. — 5. Silberner
Kranketikelch mit Patcne, laut Inschrift 1649 von dein Dorfe (JD { 1
VV'ohlenhagen geschenkt, IJ22 repariert. Stempel (Jochim Gade,
17 10 bis 1728). Wenn die Stempel richtig gedeutet sind, so beziehen sie
sich nicht auf den Verfertiger, sondern auf den, der den Kelch reparierte. —
6. 7. 8. Drei Altarleuchter, auf dreiseitigem Fuss. — 9. Kronleuchter, sechs-
zehnarmig, aber nicht mehr cjanz erhalt r;, mit der Aufschrift: ULRICH
NEGENDANCK. AGNES OOROTHEE BEEHREN 1682. Vgl. Proseken.
■ein und ut dnher nicht mit dem gleichmmieea Sohn Chriatim Siegfried'» n verwechteln,
^solc^ll-r im JaVirc 1733 },'!tiLli sciiutn Vater in dinisciien Dienaien war nnd wie ditaer den Titel
Cichciinci Rath utid Exccllcru. führte.
*) Versciiicdenc Erklärungävcrauchc tiiuU-t man bei Erfurt, M. Julirb. III, Ii, S. 182 bis 1Ü5
«ad Iwi LiMli, M. Jahrb. XXIII, S. 356. 357. Von diexn iat alieb anndinbar der, welchen
Lisch mit Hinweis auf tlie Inschrift der Glocke tm Wirictiburg bei Bchig aufgestellt hat. Die
WIesenbnrger Inschrift lautet: Vas, tlcus, hoc signa; plebs sancia et aura benigna. Danach mim
die Inschrift der Glocke an Hohenkirchen lauten: Vas, deu, hoc aigna; pleha Bihra ait, anra
benigna.
Digitized by Google
KIRCHIX)RF PROSBKEN. 31$
Dorfes.
Das KirdMtorf Prosaken.
jTEjroseken fProcek, Proceka, Procckcn, auch tz, sz (Ur c, und u fär o, wahr- Geschichte
sclR-inlich f^'lciclien Stammes mit Presrk \on proseka, Ilaj^, wcnnj^lficli des
es auch als Haujitort des [.andcs Hn-sfii iiml .ils Sit/. <iius I .an(Uliii<;cs für
diesen Bezirk vuni Namen Hiescn abgeleitet wurden ist,'); liegt 7 km westnord-
westlich von Wismar und enthält, wie schon im frühen Mittelalter, auch heute
noch nicht viel mehr als Kirche, Pfarre, Schule und Krug. Es stellt daher
nur eine winzige Feldmark dar. Vielleicht war es bei der firündun^r der
schon ini I ihrc ]222 f^'ciiannten Kirclic durch den Hischof von Ratzebiirj,,', der
sie 1237 unter das Architliakonat des Klosterprofjstcs von Kehna stellte, sowie
ferner bei der Ortswahl für das Landding eine wohlerwogene Absicht, das zu
erbauende Gotteshaus nicht in eins jener grösseren Dörfer des Landes Rresen
zu verlegen, die nachher das Kirchspiel bilden.*) Nachdem die Herrschaft
des Krummstabes aufgehört hat (s. o. S. 303), Übernimmt der Land^herr das
Patronat über die Kirche. Schon bei fielcjj^enheit der zweiten Kirchenvisitation
im Jahre 1541 wird im Protokoll A ^tf,'fstt llt, da.ss der Kriicj dem .Achim
Ne^eiulanck zu Ziennv, wo dessen l'"aniilie seit hei^utert i^t.') /(ikommt;
und im i'rotokoll von 1550 heisst es, dass Xegendanck den Krug an sich
gebracht, seinen Acker dazugelegt habe, und dass ihm der Krüger dafiir
dienen und Pacht geben müsse. Daraufhin begehren nun im Jahre 1590 die
Herren von Xegendanck auci) die Jurisdiktion im Kruge, doch dringen sie nach
Ausweis der Akten, die in dieser Sache bis 1617 laufen, dem Landesherrn
gegenüber mit ihren Ansprüchen nicht durch. Dies ihr \'erh;dtniss zum
Kruge ist aber die L'rsache, dass noch heute ein llieil ticr l'eldmark von
I'roseken mit Pflichten gegen Zicrow und Wcitcndorf behaftet ist.*)
Kühticl. M. Jahib. XIA I, S. 110. II«. Btyer, M. Jaliil.. XIV, S. 114. Ann kg. Schröder,
WUm. Erstlini^, S. 2S8. Die Fal>eleien Ulxr Karls des Grussen Zug in diese Gegend und die
Weodentaufii mit dem Kuf »proieiiuefe« länd iklit mit Emst tu beliaiid«ln. Sdirtkier, «. « O., S. 44.
* M. l . n. ZS4. 375. 47t. 617. 859 2728. Vgl. anch 264a und 5613.
») M. U.-B. 8142.
*) Vfl. Rmbe.Qnnde, Ytterlandsicnnde I, S. 795. Seit 1888 hat der mecklenbttitfiKhe
Sualskalender die hierauf bezügliche Soxit f>irigcl.i>scn. Gcgcntilicr den ol>en mitgetheillen sicheren
Nachrichten in den Kirclienvisitationsprolokollen von 1541 nnd 1550 mu» der Versuch Schrüder's
in aeinai Wismar'schen Eistlingen, S. 29 t fT., die Abgabe von Htlenehaflliebem Acker durch Achim
TOD Ncgendanck auf Zierow nach Proseken hin als eine Folge der bekannten grosaen Fehde zwischen
dieirm und Heinrich von Stnekcr auf \VU?tenfflde (vgl. Meckletib. Kiin«t- u. Geschichtsilenkm.
Bd. I, S. 474i Antnkg. I, und 476, Antnkg. 2) und als eine Art Sühne daizuMellen, at>gewie&en
«erden. Die vom XVI. Jahrhundert her bis in unsere Tage von dem einngen Prosdccncr Bauern
(der zugleich Krüger und jeitt Erbpächter ist) nach Wcitt-iiJürf hin eolrichletcn Abgafen lassen
in Verbindung mit jenen Quellen, die Schröder nicht zur Hand gehabt liaben wird, deutlich
, VerhUlnim eine Stiftung in Form efates ftat alle Zeit bindenden Konttaktet an
Digitized by G
320
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Nach der Gcmcindcordnunfj vom 29. Juni 1869 ist Proseken gegen-
wartig mit <leni benachbarten Dorf Gägelow im Amte Wismar- Poel- Mecklen-
burg - Redentin verbunden worden.
Die Uricunden nennen schon 12 10 einen Fleban Alverich, nachher von
1255 bis 1259 den Priester Heinrich, der zugleich bischöflicher Notar war,
um 1298 Johannes Schack, um 1343 Wilke von Stade, um 1346 Lüdekc und
um 1355 Ludolf.') Im XV. Jahrhundert begegnen uns Johannes Helmstede
(s. Grabstein), Hinrich Sasse (um 1412) und Gerhard Hechel (um 1459),*) ferner
im lUich des grossen Kaland zu Wismar ausser dem letztgenannten noch Joh.
Päpke, der zwischen 1465 und 1474 nachzuweisen ist. Als 1534 die erste
Kirchenvisitation naidi der Refonnation statthat, sind Jochim Danned (Danndl)
und Kaspar Frederik die Inhaber zweier gastlichen Lehne in der Kirche, der
erstgenannte seit 1509, der andere seit 1530; wer aber der eigentliche .Kirch-
herr ist, wird nicht gesagt, vielleicht ist es Jochim Danneel. Um 1540 ist
Valentinus ICverdes Pastor in Proseken, um 1568 Martin Kluck, um I5<S5
Johannes Rheder (s. u. Kelch), um 1595 Johannes Gisenhagcn, zwischen 1616
und 1631 Paulus von Seggern, von 1632 bis 1647 Friedr. Koch, zwischen
1647 und 1667 Melchior Wassermann, zwischen 1669 und 1689 Nikolaus
Blanck, zwischen 1690 und 1729 J<üuuines Conradi, zwischen 1729 und 1780
Kaspar Christoph Rlanck. Sein Nachfolger wird 178I W.O. Wendt. Ueber
ihn und die Geistlichen des XIX. Jahrhunderts s. Walter a. a. O.*)
Kirche. Die Kirche ist em dnschtfiiger Backsteinbau mit platt abschliessendem
Chor, der gegen das Schifif um zwei Stufen erhöht ist. Beide, Schifl* und
Chor, gehören der Zeit des Ueberganges vom romanischen zum gothischen
Stil an und mögen schon am Anfange des Xlll. Jahrhunderts erbaut sein.
Zu beachten sind freilich die mancherlei Veränderungen, die besonders der
Chor sowohl im Mittelalter wie in der Neuzeit erfahren hat.*) Ein schwerer
Grunde gelegen halKn muu. Nach Schröder'« Miltheilang aus ciiictn üolsprotokoil von 1559
hatten der Vollhufiier Jurgcn WLIdewaier daauilt jihrlich T3 Mark Padit, 1 Randdrahn und i «Wcyel'
SluUcn« lu cntrichlcn, der Käthncr Heillfi^ Witten! ' i^: alu r ü.ir 3 Mark und I Kauchhuhn. Herr
Präpositus Dr. Gcriach schreibt dem Verfasser hierüber Fulgemics : »Der Krüger Schacht in Pro-
seken gicbt auch jetzt noch Abgaben (>Pracbe<} an das biechcnhaus zu Weitendorf, und zwar
jlbrilcb *A SdieBel WdiM (itett des frHbcmi Stvten*) und s ScbdEd Roggm, «bar kda Gdd wd
kein Kauchhuhn. Kincn Käthncr giebt es hier nicht ndir: die jMtt vorhandene Hfaricid ilt der
frühere, im Jahre 1872 verk.-iuftc Ptarrkathen.«
*) M. U.-B. 197. 744. 775. 800. 846. 1706. «SSI. 635s. 6358. 6690. 813S.
*] Schröder, Wism. Erstlinge, S. 294.
*) Die Verzeichnisse bei Schröder, a. a. O., und Cleemann, a. a. O., haben Lacken.
*) Der iltere wendische Ziegelverband hemcht auf der Nurdseite des Chors wie am ganun
ScUff and webt anf glaiehaeitige EAamuig beider hin. Dana aber iet snent, wie es acheint, die
Ostwand veilndert worden, als man die alten 'wahrscheinlich dreil LichiMfTnunjjen in ein einziges
gtOiMa Fensler verwandelte. Der ganze Giebel uberhalb dieses Fensters zeigt einen ungleich-
miasjgen Verband, wie er schon hs der sweiten Hüfte det XV. Jahrhnndata hemdit». Endlieh
hat man in neuerer Zeit die Schlitzfenster des Chors gussetsernen Kähmen • Einsätzen angep.ib-t, ilic
achlechl geralhen waren, denen zu Liebe aber die alte liogenwölbtuig durchaus zum Opfer falien
mvarte. VgL Brockmann'sches Manuskript auf der Pfam.
Digitized by Google
KIRCHDORF TROSEKEN.
ßoclriickter frühgothischcr Triumpliboj^cn trennt sie von einander. Die Ivin-
uirkungen des früheren romanischen Stils zeigen sich auch an dem äusseren
^
Kirclic zu Froseken.
Gruiidri&s der Kirche.
:!1
Digitized by Google
322
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
Rundbogen fr ies des Schiffes, die Friihgothik aber offenbart sich an dem
kapitellartigen Kämpfergliede und
überhaupt an der ganzen I^iibung
des jetzt zugemauerten Portals auf
der Nordseite des Schiffes. Als
weitere gotliischc Zuthatcn sind
endlich die zwei Strebepfeiler an-
zusehen , womit der Bau jetzt
bewehrt ist. Jüngeren Datums da-
gegen ist der 1668 mit ins Innere
der Kirche gezogene Thurm, der
nach Schröder, Wism. Erstlinge,
S. 289, 293, von einem Ncgen-
danck erbaut worden ist und
dessen kleineres Ziegelformat
keinen Verband mit dem Schiff
der Kirche hat. Auf der Südseite
des Langhauses ein Ausbau, der
im unteren Theile ein Grab-
gewölbe und im oberen Theile
das im Jahre 1655 renovierte Ge-
stühl der Herren von Negcndanck
auf Weitendorf enthält. Nicht
ohne Interesse ist ferner der ver-
schiedenartige Schmuck aus Form-
steinen in den Schildgiebeln des
Thurmes, insofern man darin
ebenso wie an den Kirchen zu
Hornstorf und Zurow den Ein-
fluss der Wismar'schen Hauten
des XV. Jahrhunderts erkennt.
Mit diesen spätgothischen Formen
Norden,
Portal.
Querschnitt des Chors.
AML Mk
Westen.
Süden.
Thurm - Giebel.
korrespondiert auffallender Weise das viertheilige I-'cnster mit neuem Pfosten-
Einsatz in der Üstwand des Chores, der doch gleich dem Schiff dem XIII. Jahr-
hundert angehört. W"ic sind diese Widersprüche zu erklären?
Digitized by Google
KIRCHDORF PROSEKEN.
523
Schröder, Wism. Krstl., S. 289 (vgl. auch S. 293}, bezeichnet die Herren
von Negendanck als die Erbauer des Thurmes wie des Chorgebäudes; er
setzt jenen in du XVI. und dieses in das XIV. Jahrhundert, fpcbt »ber seine
Quellen nicht an. Mit seiner Angabe über den Thurm ina^ er der Wahrheit
nahe kommen, wenngleich aus den Zierformen der (liebcl mehr das XV.
als das XVI. Jahrhundert zu uns spricht. Mit seiner Annahme über den
Chor aber ist er, wie wir glauben, im Unrecht. Die ganze ursprüngliche
Anlage dieses Theils, der niedriger ist als das Schiff, im Osten glitt .nh-
schliesst, und dessen Fenster einstmals alle ohne Ausnahme spatromanische
oder firOhgothisdie ScMitsfenster gewesen sein werden, weist mit Entschieden-
heit auf den Aafiung des XIIL Jahrhunderts. Wenn aber dennoch die Herren
von Negendanck im XIV'. Jnhrhiindert .im Chor gebaut haben sollten, so
kann sich das nur auf üm.'inderungen oder Restaurationen beziehen. Als
eine spätgothische UmXndemng ist z. B. ohne Bedenken das vfertheilige
Fenster in der Ostwand des Chores zu bezeichnen, ebenso das /-.u itlieilige
Fenster auf der Siidseite des Chores. Heide, l)esonders aber das ustliche,
weisen weit mehr auf d.-is XV. als auf das XIV. Jahrhundert. Auch der
ganze Giebel oberhalb des Fensters der Ostwand mag glachseitig mit dem
I'enster veninderf worden sein, entbehrt er doch
des in der Zeit des Uebcrgangcs vom romanischen
ra, zum gothischen Stil flberall flblidien aufirtdgenden
W^y* Fries- und Blendenschmuckes. Xocli mehr berechtigt
ll'^'^a^flpArf die Ungleichmässigkeit des Ziegelverbaudes zu diesem
^^^^ Schluss. Nichts desto weniger mdgen die Herren
C^-] [ von Negendanck am Bau der Kirche von jeher be-
»J^^'^-'M- deutenden Antheil gehabt liaben. Darauf lässt ein
dem XIV. Jahrhundert angehörendes Wappen eines
yA. Eckhard Negendanck scMiessen, das früher in der
^ südlichen Kappe des Chores /;i >:ehcn war, alitr
^K^'^'^J letzten Restauration der Kirche unverständiger
^ Weise übertüncht wurde. Die nebenstehende Ab-
Negsodanck'MlMt W«ppm. bildung verdank en wir Herrn Dr. Crull - Wismar, der
rechtzeitig eine Skizze davon nahm. Es sc heint nichts
im Wege zu stehen, um dies Wappen auf den zweiten Eggert oder Eckhard
81*
Digitized by Google
3»4
AMTSGERICHTSBBZIRK WISMAR.
Negendanck des MecklcnburKis« hen Urkundenbuchea ZU beziehen, der um
die Mitte des XFV. JahrhiindLTts Ic-htt-.
In baulicher Beziehung ist aucli eine Inschrift auf dem (jluckenstuhl
ZU beachten: QCBAVET IM JAHR CHRISTI iaB5, da PASTOR GEWESEN MI] JO-
HANNES o CONRADI o VND JVRATEN o HINRICH KÖ HILER o HINRICH o SEGEBADE O
JOACHIM KLVSSENOORFF. Vgl. auch Lisch, M. Jahrb. VlU, B, S. 144 ff.
Altar. Altar. Der Aufsatz des Altars ist ein Werk des Barockstils aus dem
Jahre 1733, sehr verwandt mdcrcn scIkui ht-<chriebencn Werken dieser Zeit,
und eine Stiftuni^ des BARTHOLD DIETRICH VON NEGENDANCK und seiner
zweiten Gemahlin D. C. VON PENTZ. Der Stifter war in erster Ehe vermählt
mit Catharina Elisabeth von Bülow. In Folge davon fmden wir am Altar
sein und seiner ersten Gemahlin Wappen auch mit dem der zweiten verbunden.
Ausserdem finden wir des Stifters Wappen noch zweimal vereinzelt an der
Ostwand des Chores. Als Altarplattc dient der mit runf Weihekreuzen ver-
sehene Grabstein des alten riohaniis Johannes Helmstede. Seine riiisclirift
lautet: ?Ciiiio lni[i) : 1 3 )oljcG : Ijrliiiitcbc : rrctor : Vjui'» : rrrlrfiü : ciii piccrat:
):IUiij : Allii^ : or. PXO CO. Kine ^anzc Lang.scitc der Inschrift des Steines ist
von dem .Mtaraufsalz verdeckt. ')
Kanzel. Kanzel. Die Kanzel i.st ein Werk der .Spatrenaissance vom Jahre 1656
mit reicher Schnitzerei im (^hrenstil {ijenre auriculaire). Auf der Kanzclthür
das Negendanck -Reveiitlow .sehe Allianzwappcn. - Vgl. Grabstein Nr. 2.
Taufttein. Taufstein. Gute alte Steinfüntc aus dem XII. oder Anfang des XIII.
Jahrhunderts unter der Treppe zur Orgel, ganz versteckt in einem Verschlage
stehend.
Glocken. Glockea. Im Thurm hängen drei Glocken, i. Grosse Glocke. In-
schrift: SOLI DEO GLORIA. Die Glocke ist laut Inschrift 1876 unter der
Regicrunjj des Grosshcrzoj^s FRIEDRICH FRANZ II. und zur 7eit des Pastors
BROCKMANN aus einer alteren umf^ei^us^cii worden. — 2. Die miltK rc (jlockc
wurde laut Inschrift 1819 unter der Regierung des Gro.s.sherzogs FRIEDRICH
FRANZ I. und zur Zeit des Pastors RHADES von V. Schultz ui Rostock ge-
gossen. Auch sie trägt die Inschrift: SOLI DEO GLORIA. — 3. Die kleine
Glodce hat oben dieselbe Inschrift wie die beiden vorbeigehenden. Sic wurde
17 19 unter der Re;^ierun<^ des Herzogs CARL LEOPOLD und zur Zeit des
Pastors JOHANNES CONRADI von Laurentius Strahlborn in Lübeck gegossen.
Die V'orgSngcrinm n i]<-v beiden grösseren Glorken w.aren von Joh. Val.
Schultz in Rostock gegiiN>cn worden, die mittlere 1760 zur Zeit des l'astors
Caspar Christoph Blanck, die grössere 1799 zur Zeit des Paston W.
O. Wendt. Die Vorf^ängcrinnen dieser hatte im Jahre lyor der Glocken-
giesscr Hans Siebenbaum in Schwerin umgegossen. Die grosse Glocke, die
er unuugiessen hatte, trug ein Marienbild mit dem Jesuskinde und die Auf-
schrift: FVNOE PRECES QNATO SANCTISSIMA VIRGO BENIGNO • ANNO DOMIM
Helnstede itt, nach Ausweis einer Urkunilc, am I2. Mai 1412 noch am Leb«.
Digitized by Google
KIRCIinORF PROSEKEN.
MDXV . Pazii die Namen HANS PLATE. FITKE SCHACHT. HANS HAFFMEISTER.
REINEKE KRUSE.
Epitaphien. Im Chor drei l'^pitaphicn aus der Zeit der Renaissance- Kpitaphien.
Holzscliiiitzerci mit Malerei, i. Das der besseren Zeit der Renaissance an-
gehörende l'Li)itaph des Ulrich Negendanck (7 1622), gestiftet 1623 von seiner
Wittwe Elisabeth Walsleben (7 1665), mit dem Relief der Auferstehimg.*)
2. Das zweite ICpitaph, wel-
clies der Spätrenaissance
angehört und schon Ein-
flüsse des Ohren- und
Knorpelstils verräth, er-
mangelt genauerer An-
gaben und ist daher nur
im Allgemeinen als der
Familie Negendanck an-
gehörig zu bezeichnen.
Als Hauptdarstcllung ein
Gemälde : Die knieenden
Mitglietler der Familie;
iiber ihnen, aus den
Wolken kommend, die
rfeilc des Hosen, die der
Fngel mit dem S< hild
des Glaubens abwehrt.
Dariiber ein zweites Hild
mit der Darstellung der
.Auferstehung. Rechts und
links vom Mittelbilde
Wappenschilde, auf jeder
Seite zweimal acht, dem
Stil nach ungefähr in die
Zeit von 1650 zu setzen.
Epiiaph .iis ftrich NctjetiJanck. Iliemit .stimmt eine Auf-
zeichnung des verstorbenen
Pa.stors Hrtickmann über den Durchbau der Kirche im Jahre 1856, nach
welcher das grosse I-ljjitaphium über dem Weitendorfer Stuhl, das cben.so wie
das vorhin beschriebene ein \egendanckA\'alsleben'schcs sei, auf dem unteren
Gemälde die Jahreszahl 1632 enthalte. Diese Zahl sei beim Herausnehmen
des Hildes zwecks Rcstaur.ition v<in dem Hofmaler Lenthe gefunden worden:
H. fecit 1632. Die Wittwe Ulrich s, IClisabeth von Walsleben, wohnte bis zu
') Ulrich Negendanck, geb. 1579. b^s.iss Eggerstorf und Rethwisch, sp.Hter auch unler-
pfändlich die .Xcmlcr Tcmpzin und Eldena. Seine Gcin.ihlin war eine Tochter des Otto von Wals-
lebcn auf Leistcnow.
Dlgitized by Google
326
AMTSGERICHTSBEZIRK WSKL\R.
Grabsteine.
ihrem Tode am 5. April 166$ in Eggerstorf. Von einer Inschrift, die das
Kirchenbuch erwähnt, ist nichts mehr zu sehen. — 3. Das dritte Epitaph, das
den Ohren- und Knorpelstil in üppigster Hlüthe aufweist, ist über der Sakristei-
thür angebracht. Das Mittclbild zeigt die Familie Negendanck knieend und
betend, die Männer auf der einen, die Frauen auf der anderen Seite. Ringsum
zwanzig Wappenschilde. lieber diesem Bilde als zweites Bild die Darstellung
der Himmelfahrt.
Da sich an diesem
Epitaph dieselben
Hauptwappen
finden, mit denen
die Kanzel ver-
ziert ist, so wird
es auch wie diese
der Zeit bald vor
1669 angehören.
Vgl. Grabstein
Nr. 2. — 4. Ge-
denktafel von
Marmor am süd-
lichen Pfeiler des
Triumphbogens
für den am 14.
September 1852
auf der Jagd ver-
unglückten Wilh.
Aug. Moritz von
Biel. geb. den
27. December
1S33. 5. Desgl.
unter den süd-
lichen Chor-
fenstern für Wil-
helm Julius Aug.
Heinr. Freiherm
von Biel (geb.
18. Februar I7«S9, gest. 16. Mai 1876) und seine beiden Gattinnen Sophie,
geb. Powlett- Thomson (f 1827, 32 Jahre all) und Mary, geb. Blake (7 1873,
74 Jahre alt).
Grabsteine, i. Der des alten Pleban Helmstede ist schon oben
beschrieben.
2. Ein alter Stein mit Resten einer Minu.skel- Inschrift: ..... fll^C •
Uoc • Ufer • V>rolu7 • 6att • flatf • t^UlC • 6af : , Auf dem Steine
EpiUph ilcr Familie Negendanck.
Dlgitized by Google
KIRCHDORF PROSEKKN.
Wappen der N'cgendanck und Reventlow. Darunter: PASCHEN NEGENDANCK
ILSCHE REVENTLOWEN. DIESE ERBBEGREBNVS GEHÖ . RET ALLEIN NACH
DEM I ADELICHEN GVTHE ZIROW 1 ANNO 1669 Daruber: H. PASCHEN
NEGENDANCK ERBHERR AVF SIROW G. KRANCKOW VNDT WISCHENDORF
OBIIT ANNO 1656 DEN
8 SEPT. Die Huchstaben
sind aus};cspart.')
3. Ein Stein mit der
Inschrift: H. ULRICH VON
NEGENDANCK ERBHERR
AUF EGERSTORF GRAM-
KOW UND NAUDIN 1 F.
AGNES DOROTHEA \ GE-
BOHREN VON ! BER[N1.
DIESES ERBBEGRÄBNIS
GEHÖRET DEM HAUSE
EGERSTORF ALLEIN ZU j
UND IST BESCHLOSSEN
NACH BEGR .... DIESER
BEIDEN LEICHEN IN 50
JAH REN NICHT ZU ERÖFF-
NEN.',
4. Sehr grosser, aber
stark abgetretener Stein mit
den Wappenschilden tier
Negendanck und Hülow.
Von der Inschrift ist nur
noch ein Theil derjenigen
zu cntziftcrn , welche der
Frau gehört: CATHARINA
BARBARA VON BÜLOW AUS
DEM HAUSE CAMIN GE-
BOHREN 1. NOVEMBER
1672, GESTORBEN DEN
29. SEP. 1720.
5. Grabstein des Pastors Nikolaus Albrecht Blanck (••• 1689).
6. Stein des Pächters Job. Fr. Hass zu Zicrow vom Jahre 1783.
') Dieses Ehepanr ist mit der Stiftung der Kanzel und dem dritten Epitaph in Zusammen-
hang zu bringen. N.ich einer Angabe im Kirchenbuch war dem Paschen Negendanck gestattet,
ein Epitaph in die Kirche zu bringen, wenn er zugleich eine neue Kanrcl stiften wolle. Die
Jahreszahl 1668, die man früher darauf las, 'ut wahrscheinlich bei der letzten ungeschickten
Restauration Ubermalt worden.
*) Vgl. die Anfjabe bei Schröder, a. a. O. Uber Conradi's Leichen predigten vun 1695 (betr.
Ulrich von N.) und 1 702 (betr. Agnes Dorothea, geb. von Belir).
Epitaph der Familie Negendanck.
Dlgltlzed by Google
328
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
7. Stein der Frau Fried. Anna Cath. Engel, geb. Nehlsen (f 1798).
Der Gralistcin des Gerh. Bccliel, von dem Schröder, Wism. Erstl.
S. 2i)4 spricht, ist nicht mehr da. Er verwechselt femer Helmstede mit
Helmold.
Gemälde Gemälde. BUdniss des P. Conrady (über dem Wtsch'er Stuhl) f 1729.
und Wand' — In den vier Fenstern des Chors: die vier Evangelisten (von MIchMtoen-
malereien. wisnuu-). — Die Malereien an Decken und Wänden und einer früheren
Empore unter dem Oigelchor sind bei dem Durdibau 1856 beseitigt , virorden.
Ueber alte Wandmalereien, deren Reste (neutestamcnfli<he Büdo*,
Kiivlu nväterbilder) vnr der Restauration im Jahre 1856 zum Vorschein kamen,
berichtet das Kirchenbuch.
Wappen- Wappenschildc. Am Thuriii;)lV;K ; dif des Hinrich Ulrich von Negen-
schilde. danck und der Catharina Barbara von Bülow ') sowie die des Bartbotd
Dietrich von Negendanck und der Catharina Elisabeth von Bülow ; ^) sodann
am Weitendorfer Gior die des Detblev Negendattd mit der Jahreszahl 1580
und des Paachen Negendanck mit derselben Jahreszahl 1580.^
Kleinkunst' Kleinkunstwerke. 1. Gros.scr silbervcrgoldetcr spätguthischcr Kelch auf
mxk»- sechseckigem Fuss. An der Kupa eingeätzt das Bild des Gekreuzigten mit
den Figuren der Maria und des Johannes. In der Höhe der Brust des
Heilandes ringsum laufend der Si»ruch: DAT BLODT JISV CHRISTI DES
SONES GADES MAKET VNS REINE VAN ALLER SVNDE. JOH. I. An den
Rotuli des Knaufes der Name IHESVS, die einzelnen Riirlistabcn in ^Tjriinem
lüiKiil, «getrennt durch kleine f »uadratc, welche in Reliefphistik den hl. Cieorg
mit dem Drachen enthedten; über und unter den Quadraten je eine kleine
durchbrochene Rosette, den Gdcreuzigten mit Maria und Johannes in sidi
schliessend. Unten am sechseckigen Fuss, in aufgenieteten halbrunden Figuren,
zweimal der Krucifixus mit Maria und Johannes (einander gegenüber in Feld
dtlS und vier), dazwischen je zwei der luans^elisten. Auf den .sechs Knuten
je ein ausi^estreckter I.ilwe Dai unter die In.schrift: ZV EINLÖSVNG DISES
KELCHES HAT S. HANS ALBRECHT NEGENDANCK VON EGGERSTORF DER
(weiter an dem unteren Rande] KIRCHEN ZV PROSEKEN 50 ß. VEREHRT.
1648.«) Auf der Innenseite des unteren Randes die Inschrift: HVNC CALICEM
COENAB DIVINAE DICATVM MAGNO CONATV MVLTOQUE LABORE EXTINCTA
*) Hinrich Ulrich von Negendanck auf Eggentorf und Reihwiscli, geb. 1666, vemtähUe
«idi 1693 nüt Katharina Barbara von Bolow atw dem Hau« Cunmin. Vg;l. Gfahttefai Kr. 4.
*) Barthold Dietrich von Negendanck auf Zierow, Eggeiatorf, Kaudin. RcihwUch u. h. \r,,
geb. 1697, vermählte sich in erster Ehe 1725 mit Katharina Elisabeth von Uulow aus dem Hause
Gudow; in zweiter Ehe 1731 mit Dorothea Katharina von IVntz aus dem Hause besendorf; und
in dritter Ehe 1737 mit Maria Chrisüana von Negendanck. Er ist der Stifter des Altan («. o.).
*) P;iüchen und Detlev sind Söhnc <Ies <1iirL')i sciiic Fehde mit Heinridi Smdur auf WOatCB-
felde berühmt gewordenen .\cliim von Ncfjcndaiick. S. Bd. I, S. 474.
'*) Der Kelch war von dem später abgesetzten Pastor Koch bei dem Goldschmied Asmus
Runge b Wismar vcractit gewcMn.
Digitized by Google
KIRCHIMDRF FROSEKEN.
JAM PIETATE EX SORDIDA PLEBE AEGRE EXTORQVEBAT JOHANNES RHE-
DERVS ECCLESIAE CHRISTI QVAE EST IN PROSECA MINISTER CI3.I0.XIC.
Stadtstempcl von Wismar und Mcistcrstcmpel des Andreas Reimers: l^U
— 2. Die dazu gehörige silbervergoldctc Patcnc zeigt in der Mitte Mir Kly
als eingraviertes Bild die ICinsetzung des heiligen Abendmahls; rechts und
links von den Pfeilern des Saales Durchblick auf stiultische Gebäude. Um
den Rand die Inschrift: VOR TIEN BRVKEDE MEN HOLTENE GESCHIER.
DARBI WAS GVLDENE HARTENSBE-
GIER : NV ALLES UMGEKERET IS :
DE GEFETE SIN GOLT DAT HERTE IS
HOLT. Kelch und I'atene sind gleich-
Fuss des Kelches (l).
Kckh (3).
werthig den besten Arbeiten desselben Goldschmiedes Andreas Reimers in den
Wismar'schen Kirchen. Siehe S. 112, 113 (Xr. 4 und 5). ■ — 3. Kleiner silbcr-
vergoldeter Renaissance- Kelch auf .sechspassigem I'iiss. An der Kupa drei
barocke I^ngelfiguren in Relief, dazwischen ornamentale l^lumen (Lilien) auf-
gelöthet. Am Fuss abwechselnd drei ICngelköpfe und drei Fruchlbiindcl in
getriebener Arbeit. Ohne Inschrift. Nebenstehender .Stadt-
und Meisterstempel. Hamburger Arbeit. — 4. Die dazu ge-
hörige silberx'ergoldete Patene hat den Wismar'schen Stadt-
stempcl und den Mcistcrstempel des Joh. Martin Printz. — 5.
Silberne Oblaten.schachtel mit getriebener Hlunienvcrzicrung.
Auf dem Deckel das ,\llianzwa|)pcn der Negendanck und Hehr. Inschrift über
dem Wappen: U.N» A.D.B», darunter 16.72. Ohne Werkzeichen.
(S. Grab.stcin Nr. 3.) — 6. 7. Kleiner silberner Kelch mit Patene. Inschrift
auf dem Kelch: DIESER KELCH GEHÖRT DER KIRCHE ZU PROSEKEN .
Digitized by Google
330
AMTSGERICl nSRKZlRK WISMAR.
I )cnkstcin
von
Wendorf.
1804. — 8. Neues T.-iufbecken von 1856 (aus Liebesgaben der Gemeinde
zu Prosckcn). | C. BUSCH~| (Wismar). — 9. 10. Silberner Kelch mit l'atene,
dem Siechenhause zu Wcitendorf gehörig. Auf dem Kelch das Negendanck-
sche Wappen, unten die Inschrift: DEISE X KELCH X GEHÖRET X IN X DAS X
HOSPITAL X THO X WEITENDORP. — In der Kirche hängen drei Kronleuchter:
II. Zunächst dem Thurm. Eine lange Reihe von Namen aus der Gemeinde
als Inschrift, darunter H : MELCHIOR WASSERMANN • PASTOR und BAR-
THOLOMEUS MOLLER CVSTOS, u. s. w. GOTT ZU EHREN DER KIRCHEN
ZU PROSEKEN ZUM ZIERAT HABEN DIESE KRÖN VEREHRET ANNO 1653
DEN 8. OCTOBER. — 12. In der Mitte. Inschrift: ULRICH NEGENDANCK.
ELISABETH V. WALSLEBEN neb.st Allianzwappen und der Jahreszahl 1663. —
13. Am Altar. Inschrift: ULRICH NEGENDANCK. AGNES DOROTHEA BEEH-
REN nebst Allianzwappen ANNO 1669. 14. 15. 16. Drei Hronzcleuchtcr,
zwei von gleicher Form, der dritte, der in der Mitte steht, von anderer Form.
Von ersteren hat einer oben an der Tülle die Umschrift: ANNA KLADOWEN
BASTIAN TEDELS HAVSFRA.') Der mittlere hat am Fuss die Umschrift:
ANNO 1648 DEN 1 APRILIS. Die Leuchter
sind 1861 leider vergoldet.
Deokstein von Wendorf.
Der Stein steht links an der Chaussee
von Wismar nach Grcvcsmühlcn, nahe der
Gägclower Scheide, früher etwas davon ent-
fernt. Nordischer Kalkstein von granitartiger
F'cstigkeit. Die eine Seite ist mit einem ein-
gerissenen Kreuz verziert, die andere Seite
i.st glatt. Auf den Schmalseiten des Steines
eine In.schrift in zwei Hälften, von denen jede
oben am Kopf des Steines beginnt: [KifUÜ
DOiRiiM] (HD . aaa . lx . iin . lu di«
HHrmhHUÜ«) [OBÜT]
LBDDH6 .... ORKTO . DQUSR . PRO •
HO .
Die Familie I.ed<k'Khc, oder l.cdeghc,
Leedeghe, wird in Wismar während des
XIV. Jahrhunderts oft envähnt. Der hier
Genannte ist aber nicht /.u ermitteln.
Vgl. Crull, M. Jahrb. XXXIII, S. 350 ff.
Denkstein \on Wendorf,
') Rastiati Tcilel. nürRcr in Wismar. Vgl. M. J.-ihrI>, LIV, S. 134, Nr. 231.
*) 12. Mai 1364.
Digitized by Google
KIRCHDORF WEITBNDORF.
331
Das Kirchdorf Weitendorf.
M^citendorf (Woytentiiorp), 7<A km westlich von Wismar gelegen, besttet Geschichte
von alter Zeit her neben einem dem hl. Georg geweihten Siechenhaus des
(domus leprosaria) eine diesem Krankenhause angeschlossene kleine Kapelle l^o^fcs.
und gehört jetzt zum Kirchspiel Prosekcn. Dass die Stiftung heider auf einen
Vorfahren der Herren von Negendanck zurückgeht, die mit den Perkentin s und
Plüskow's dasselbe Siegel führten und anscheinend zur Zeit der Germanisicrung
Mecklenburgs aus Holstein dnwanderten,') kann, nach dem späteren Verfaähntss
der Familie zur Sache, ab ndier angenommen werden, wenngleidi ein dgent-
Hoher Fundationsbrief nicht vorhanden ist Daflir aber gid>t es Vermächtnisse
aller Art von ihnen in ^Tösscrcr Zahl, von 1395 an bis zum Aussterben des
Geschlechts in der zweiten Hälfte des vorit^en Jahrhunderts. Ks darf freilich
nicht übersehen werden, dass sich auch viele andere Personen als Wohlthater
des Stifts wid der Kapelle verewigt haben.*) Als ältester Kolonist des Dorfes
Weitendorf, das zur Ratzebutger Diöcese und mit Frosdcen zum Rdinaer
Archidiakonat gehört, wird Johannes Fläming genannt.*) Später werden die
Herren von ManteufTel (Manduvel), von Plessen und v<in Femen neben denen
von Negendanck mit Hesitz und Rechten in Weitcmlorf genannt, zuletzt aber
werden diese die Herren <lcs i^anzen Dorfes. Doch ist dies keine lan^e
I'criode gewesen. Schon 1764 wird Hartwig Gotthard Hans von lioth, der
die Negendanck'sche Erbtochter heimflihrt, Rechtsnachfolger auf den Gütern
Zierow, ^[gerstorf, Rastorf, Rethwisdi, Stoflerstorf, Weitendorf, Krönken-
hagcn, Naudin und Glashagen. 1766 folgt ihm der Hofrath Jakob Poel, 1775
dessen Schwiegersohn, der Agent Adr. Wilhelm Pauli, und 1784 die Familie
von Biel, die noch heute im Besitz des schönen grossen Güterkomplcxes ist.*)
Die Kapelle zu Weitendorf ist ein kleiner mit Strebepfeilern bewehrter Kapelle,
gothischer Bac ksteinbau des XV. Jalirhunderts roiC einem Chorschluss aus dem
*) Lfadi, II. Jahrii. XXXVm, S. sai.
*) Schröder, Wism. Entliiifa, S. 347'. Aktm im Gnoh, Aidihr.
•) M. U.-B. 37S.
*) Dis sehoB im Xin. Jihiliiiiidert ab necklmlnirgüche Vuftllen genaiuitea N^enduek't
finden wir, soweit Urkunden darüber Auskunft geben, in der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts
zuerst auf Wendisch -Tarne witz , dann in Vorwerk und Fährdorf auf Poel, auf Rethwisch im
Kltttzer Ort, und auch im Lande Boizenburg; später in Walmstorf; und um die Mitte des XIV.
J«hrlnmdcrti in Zieimr und KrOnkenluigeB. Die N^gvndBnek's anf Ztennr und ^fantorf hatten
das Erbpafronat der Kapeüe und des Sicchenhauses und kennten tiie Sacra dort besorgen lassen,
von wem sie wollten. Beide, Kapelle und Sicchenhaus, waren somit de jure nicht in Prosekcn
eingepfitrrl, ao knge jent mf ihren «Iten Sitsen sKssen, thatilehUdi aber haben de diese wohl
kaum einmal von anderen als vun den Geistlichen zu Proseken Tcnoisen lassen. Vgl. Schröder,
Wism. Erstlinge, S. 361. Mit dem Aussterben der jttngeren Deisenower Linie im Jahre 1767 geht
der Name Negendanck auf die Familie Belir Aber. Vgl. G. v. Lehsten, Der Adel Mecklenburgs.
Digitized by Google
33«
AMTSGBRICKTSBEZIRK WISMAR.
Achteck. Den schlichten cinschifFie;cn Raum, der durch zwcithcilißc Spitz-
bo|^enfenster erleuchtet wird, überspannt eine flache Balkendecke. Das Dach
ist ganz und gar mit Mönchsziegeln gedeckt; an dem östlichen Ende des
Firstes erhebt sich als Sdimudc ein Kreuz; Thurm und Anttauten anderer
Art sind nicht vorhanden. Oberhalb des Einganges zur Kapelle an der
Aussenwand sind folgende .Mlinnzuappen elnfjcmaucrt: das des Ulrich Negcn-
danck und der Elisabeth Walsleben vom Jahre 1623,') das des Paschen
Negendanck und der Ilsche Reventlow vom Jahre i'')2 5,*) das des Ulrich
Negendanck und der Agnes Dorothea Behr,'*) sodann ein vollständig ver-
wittertes und zuletzt ein vereinzeltes Wappen des Hans Albrecht Negendanck.')
An der Front des im Jahre 1849 neu erbauten Siechen Hauses, welches
unmittelbar neben der Kapelle li^, rieht man em Sandstein «Relief mit den
drei neatestanientlichen Darstclhingen der Engelsbotschaft, der Geburt und der
Anbetung der heiligen drei Könige.
Altar und Altar nod Kanzel sind mit einander verbunden und im Barockstit aus-
Kanxet. gefiihrt. Die Kanzel hat das Datum 1731. Beide »nd, nach den an den
Schranken angebrachten Wappen zu schliessen, von demselben BARTHOLO
DIETRICH NEGENDANCK gestiftet, von dem der Altar in der Kirche zu Pro-
sckcn .stammt. \'or deni Altar ein von der Decke licrunterhim^ander
1 .uiicngel. Taufengcl. — Die auf einer lünporc im Westen der Kapelle stehende kleine
Orgel. Orgel stammt aus dem XVII. Jahrhundert. — Auf dem Dachstuhl eine Glocke
ohne Inschrift.*) — Als weiterer Schmuck des kleinen Raumes sind zwei an
Wappen, der Wand angebrachte Allianz - Wappen zu bezeichnen, von denen das eine
eine Wiederholung des alten NEGENDANCK« BÜLOW sehen ist und das andere
der I'amilie VON BIEL angehört, die seit etwas über hundert Jahre im Besitz
von Zierow mul W'eitcndorf c. p. ist. — Au.sserilem mag noch ein wiedcrht)lt
Bild. (1627 und 1860) erneuertes Bild des hl. Georg, des Schutzpatrons der Siechen-
häuser, genannt werden, dem die Kapelle gewidmet war. — Die der Kapdle
Vasa Sacra, gehörigen Vaaa aacra sind bei der Besdireibung von Proseken aufgeßihrt
worden.
') Vgl. Pioaeken, erstes Epitnph von 1623 und Kronlenchter (Kleinknattwttke la).
Vgl. Proseken, Kanzel von 1656, driUes Epitaph und Grabstein 2.
*) Vgl. Proseken, Grabstein 3 und Kronleuchter (Kleiokuntwerke 13).
*) Vgl. Proseken, Kelch (Kleinkunstwerk« l).
*) Sollte dies die Graumöncben- Glocke sein, welche 1819 an die Kirche n FlroMken v«r-
k.^iift wurde? S. o. S. 169. Sie ist ja mit keiner der drei Glocken, welche dort genannt sind,
zu identilicicreii.
Digitized by Google
VORGESCmCHTUCHB STELLEN.
333
Die wicJitig8ten vorgeschichtlicheil Stellen
im Amtsgerichtsbezirk Wismar.
n^itmar. Das Stadtgebiet hat voi^;eichichttiche Funde aus allen Perioden
in grosser Zahl geliefert. Linter ihnen raj^t der bronzene Ik-Nclila:;
eines Homes, der 1836 an das Tageslicht kam, besoiuicrs hcrx nr. Vgl. Li.sch,
M. Jahrb. III, H, S. 48ff. An wichtigen l"\indstatten .sind folgende zu nennen:
I. Pfahlbauten im »I.attmoor bei der Maj^i^enburger Ziegelei, ungefähr
2 km nordöstlich von der Stadt: 1864 entdeckt und in den folgenden Jahren
Horn von Wismar.
schrittweise au.sgebeutet Pfahle kreisrunder Hutten standen o,C>o m tief in
dem Grunde des ursprunglieli etwa 3 m liefen Sees. Auf dem alten .See-
boden fand sich eine starke Kulturschicht von 1 hicrknochen und Arte-
fakten, welche die zeitliche Stellung über jeden Zweifel erheben.') Einige
wenige Gegenstände aus späteren Kulturperioden sind als hier verlorene ein-
zelne Dinge anzusehen. Die gros.se Mehrzahl der Fundstücke befindet sich
') Die Fälschungen eines nngetreuen Mannes, dem Lisch ein zu weit pchi iulrs Vertrauen
schenkte, haben nur in nebensächlichen ZUgen ilas Gcsammibild vorübergehend entstellen kcinnen.
334
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
im Grossh. Museum zu Schwerin. V^l. die {grundlegende Abhandlung von
Lisch im M. Jahrl;. XXX, S. i ff I-Vnu r XXXII. S. i6i ff. Dazu die fol-
genden Jahrgänge, bis zur Erschöpfung des Moores im Jahre 1872: M. Jahrb.
xxxvm, s. 112 fr.
2. Südwestlich vom Lübschen Thor, 1,8 km entfernt, rechts vom
Wege nach Dammhusen, sieht man in freiester Lage ein grosses, leider stark
besdiäcUgtes Kegelgrab, den »Wischberg«, ähnlich den Gräbern von Gagzow
und Martensdorf (s. u.).*)
3. Beim Bau der Wismar- Karower Bahn wurde 1882 ein UmenTeld
durchschnitten, von dem einige Urnen und Kldngeräth von Bronze und Eisen
(provinzialrömischen Charakteis) in das Grossh. Museum gebmgt smd.
Redentin. Im grossen Torfmoor des Dorfes Redentin sind wiederholt
Bronzen von trefflicher Erhaltung gefunden. Eundstijcke im Museum zu
Schwerin. Vgl. Lisch, M. Jahib. XXXVm, S. 123 AT. — In der Wiesen*
niedening südwestlich vom Hof sind 1868 verschiedene Steinsachen, Reste
von Pföhlen und Thierknochen gefunden worden, die auf Pfohlbauten hm-
weisen. — Aehntiche Beobachtungen sind 1869 im »Müllermoor« gemächt
Gagzow. Oestlich vom Dorf, am Wege nach Neu-i'urpcn, ein grosses
Kegelgrab mit dner Grundfläche von 20 bis 22 m Dm. und dner Höhe von
9 m, der »Trfllling^rg«.
Kmsenhagen. Nördlich vom Ort, nahe der Redentiner Scheide, ein
an.schcincnd zum grösseren Theile noch unberührtes Urnenfeld der jüngeren
Bronzezeit. Vgl. Beltz, M. Jahrb. LXI, S. 200. lieber einen Moorfund bei
Krusenhagen vgl. Lisch, M. Jahrb. XXXVII, S. 206.
Nea-Farpen. Ein Kegelgrab im Holz »die Schar«.
Neatarg. Ueber 6ta odttdalteriidien Burgberg s. o. S. 243. — In der
Forst, am Wege nach Kalsow, ein erhaltenes Kegelgrab »der Theerberg«.
Nicht weit davon, im »Drönpöls, sind 185 1 Urnen mit Gegenständen aus der
I-a Tcne-Zeit gefunden: im Museum zu Schwerin. Vgl. CruU, M, Jahrb.
XVUI, S. 262. XX, S. 294.
Ilow. Südlich vom Hof der aus dem Anfange der mecklenbuigischen
Geschichte bekannt gewordene wendische Burgwall N'iklot'.s, jetzt in Adcer-
kultur. Vgl. Lisch, M. Jahrb. VII, S \^f>ff. — Sudwestlich vom Hof, in den
beiden Waldungen am Wege nach Zarnekow bedeutende Umwaliungen, auf
*) Eil» AimU gigMeiei und kletnetw Hllgd, gegen zwaniig', hat, iMdi ScfaiMar*» ««••
fHbliicher BeKfareibang der Sl.i<lt Wismar, .S. 569, vor dem Altwismar-Tlior (zwischen den Schiess-
Itlnden und der Cluuuaee) beuammen gelegen. Zwei dnvon sind 1710 geöffnet, gegenwürtig »ind
lie dngeebnet.
Digitized by Google
VORGESCmCHTUCHE STELLEN.
335
der Höhe: ganz im Charakter dos VV'allcs auf der i Molicn ]\ur<^ hei Hützow
und des im ersten Band dieses Werkes, S. 435, behandelten Liepener Walles.
V'gl. Lisch, M. Jahrb. XXXVIII, S. 163. Ms fehlt an zwingenden Gründen,
um darin durchaus germanische Anlagen aus der Zeit vor den Wenden zu
erkennen.
Tatow. Auf dem 102 m hohen 'Patower l^ergc die Reste eiiu i kleinen
UmwallunL^, die mot^üclier Weise mit der gegenüberliegenden llowcr iluchburg
im Zus^immenliange stehen.
Ganebl. Auf einer sandigen Anhöhe, 1 km nordwestlich vom Ilof,
wurde 1892 ein Graberfeld entdeckt und in den folgenden Jahren von Dr. Beltz
ausffcbeutet. Auf demselben rirnndstück lagen neben einander ein Urnenfcld
der Bronzezeit und ein \ven«.hsches Skelettgräbcrfeld, das durch seine zeitlich
(gegen 1 1 50 nach Chr.) zu bestimmenden Funde zu grosser wissenschaftlicher
Bedeutung gelangt ist Vgl. Beltz, M. Jahrb. LVUI, S. 226. LX, Q.-B.,
S. 60. LXI, S. 201.
Dr. Beltz, der die Ausgrabung geleitet hat, bemerkt dazu l'olgendes:
»Die zeitliche Bestimmung des Gnibfeldcs ergiebt sidi durch einen Denar
Heinrich's des Löwen, j^^esrhlagen in Bardowiek um 1150. Die hier ab-
gebildete Zierscheibe (Silber auf Bronze) lag auf der linken Schulter eines
Beerdigten, der aoaser ihr «nen ScMlfenring bei ndi trag. Analoga sind
mir nicht bekannt. Die auf der Rflckseite angebracht gewesene Nadd ist
nicht erhalten. Die ebenfalls hier abgebildete (joldmedaillc fand sich in der
Mundhöhle eines Beerdigten, der auch sonst reich ausgestattet war (mit
Si liläfenrinp, durtelhaken, Messer und dem oben erwähnten Denar). Sie ist
eine Nachbildung vom Revers eines Münztypus des angelsächsischen Königs
Ethelred II. (976 — 1014). In der (verwilderten) Legende wird der Name
Funde aus der Gegend wn Gamelil.
336
AMTSGERICHTSBBZIRK WISBCAR.
des NfUnzmcisters (von monetarius erkennbar ON) stecken, ferner auch die
Prägungsstadt, doch sind die Bodistaben anscheinend ohne Verständniss und
Bedeutung gewählt. Durch einen kleinen beweglichen Ring ohen und eine
Nadel auf der Rückseite (beide von Bronce) ist die Medaille zum Srhmiirk-
stuck gemacht«. Die Deutung der Zierscheibe macht keine Schwierigkeit:
Chr&ttits, das Licht des Evangelismus, ang^dfiert von Drachen oder Dämonen
der Finstemiss des Heidenthums.
Preeosberg. Mittelalterliche Burgstelle an einer moorigen Niederung.
Es ist noch zu untersuchen, ob sie ursprünglich wendisch war.
Triwalk, l .in f^Kisscrcs Kegelgrab, der »Loyenbergc bei Hof Triwalk,
ein anderes bei Dorf Triwalk.
Mecklenburg, lieber den dorti}^en Burgwall s. o. S. 276 ff. \'L,d. Lisch,
M. Jahrb. \T, S. Jf)ff. Kinc Al)l)ilduni,' des Walles \iir seiner Hef()rstung in
Lithographie zum M. Jahrb. XII, .S. 451. Uebcr die Graber auf dem Pingds-
bcrg vgl. M. Jahrb. IV, B, S. 71. VI, S. 82, 83.
Hohen -Viechein. An dem Wege nach Kleinen, im Holze ö.stlich von
dem Abflüsse des Lostener Sees, ein noch nicht naher untcrsuclites Urnen-
feld aus der älteren provinzialrömischen Periode. — Ueber den benachbarten
Buigwall an der Döbe (Dobbin) s. bei Flessenow, Amtsgerichtsbezirk Schwerin.
.Vgl. Usch, M. Jahrb. V, 123 bis 134.
Ködelstorf. Ein Urnenfeld im Charakter der La Tcne-Periode er-
wähnt Lisch, M. Jahrb. XXXm, S. 144.
Nen-Scietui. An der Grevesmühlener Landstrasse, etwa i km vom
Hofe, ist 1865 ein au^edehntes Urnenfeld ausgebeutet worden, dessen Ergeb*
nisse, interessante La Tdie' Sachen, im Grossh. Museum aufbewahrt werden.
Vgl. Lisch, M. Jahrb. XXXm, S. 139 mit Nachtrag XXXVII, S. 237.
Martenadorf. Nahe der Kliissendorfer Scheide ein grosses Kegelgrab,
ähnlich dem von Gagzow, mit einer Grundfläche von etwa 30 m Durchmesser
und II m Höhe, der »Triwallc auch »Tridamsberg« oder »Tritonsbei^«
genannt.
Bamekow. In dem ausgedehnten Moor zwischen Bamekow und Gross-
W'oltcrsdorf ist 18S0 eine grössere Anzahl schöner älterer Bronzen geiunden:
Vgl. Lisch, XLVI, S. 300.
TrcMOW. Ein Burgwall wird von Lisch im M. Jahtb. XVIII, S. 268,
erwähnt
AIt-Ja58«wits. Ein im Jahre 1877 entdecktes Urnenfeld (vgl. M. Jahrb.
XOV, S. 84) ist bisher nicht weiter untersucht worden.
Proseken. Ein zum Theil zerstörtes Hünengrab auf dem Pfarracker
wird im M. Jahrb. III, B, S. 1 19, erwähnt.
Digitized by Google
voRGEScmcHTUCHE stellp:n.
337
Mandcrow. Im Jahre 1852 wurde im Torfmoor bei Mandcrow die
0,16 m hohe Bn»n7.est.itucttc einer Isis- Felicitas gefunden und von Lisch für
die Altcrtluims- Sammhing erworben. Die Gfittin tragt eine lange Gewandung
(Chiton und Himation) und hält mit der
Linken ein grosses, mit Früchten, Trauben
und Achren gefülltes Füllhorn und in der
Rechten eine runde Schale. Das Haupt-
haar i.st mit einem Diadem geschmückt
und über tlcm Scheitel zu einem aufrecht-
stehenden Wulste zusammengefasst, dessen
Form an die der Loto.sblume auf den
Köpfen der Isis erinnert. Spätrömi.sche
Kunst. Die abwechselnd gebrauchten
Namen Ubertas, Felicitas publica, Tyche
oder Isis- Tyche kommen auf dasselbe
hinaus. Vgl. Lisch, M. Jahrb. XXI,
S. 256. XXXVII, S. 235.
Gägelow. Hier wurden 1863 in
einem kleinen Moor die ersten steinzeit-
lichen Pfahlbauten (die ersten in Nord-
deutschland) entdeckt und von Lisch aus-
gebeutet. Vgl. be.sonders M. Jahrb. XXIX,
S. 120; ferner M. Jahrb. XXX, S. 4 ff.;
XXXII, S. 217. — An der Chaussee
nahe Froseken ein stattliches Kegelgrab.
Vgl. M. Jahrb. II, S. 109, 137.
Spätrömische BronzestataeUe
einer i»is- Felicitas. Gross - Woltcfsdorf. In einem
kleinen Moor, links vom Wege nach
Dammhusen, i.st 1868 eine Anzahl sehr interessanter Knochen- und Stein-
geräthe gefunden. V'gl. Li.sch, M. Jahrb. X.XXIV, S. 2ii. — Links vom
Wege nach Stoffersdorf, unmittelbar an dem grossen Moore, in dem der
Bronzefund von Barnekow gemacht ist (s. o.), sieht man einen au.sgedchnten
wendischen Hnrgwall, der .seine Form in Folge von Beackerung theilweise ver-
loren hat. I'-ine zweite Ikirg.statte am südlichen Knde des Ortes ist mittel-
alterlich.
Die l'm^fegend von Wismar ist an vorgeschichtlichen Kunden reicher
als alle anderen Landsrhafttii Mccklcnlnirgs Dank der .Aufmerksamkeit der
Herren Dr. Crull und Rentner Mann ist hier weit mehr gerettet und geborgen
worden als anderswo. Die l'fahlhauten aus den Steinzeiten bei Wismar und
(lugelow sind bis jet/.t die einzigen gehlielKJn, die in ausreichender Weise
erforscht werden konnten. Die Gräber der Steinzeit aber (Hünenbetten) sind
jetzt zum grösstcn Theil leider zerstört, so z. B. schon 1689 eins zwischen
(Iross -Woltersdorf unel Kliissendorf (vgl. Schröder, Ausführl. Beschr. d. Stadt
Wismar, S. 568 ff.), ebenso eins bei Hohen-Wieschendorf im Jahre 1836
29
Digitized by Google
AMTSGERICHTSBEZIRK WISMAR.
(Funde im Musctim zu Schwerin: vgl. M. Jahrb. III. H, S. 36), eins bei
Lübow (s. ebendaselbst), eins bei Masslow (1851, i-unde im Museum zu
Schwerin, vgL M. Jahrb. XVII, S. 364), eins bei Moidentin (iSjjS, vgl. M.
Jahrb. IV, B, S. 7 2 ff.). Hie Ikon/.c/A-it ist durch htichst stattlirhc Kogel-
gräber vertreten, die gewöhnlich isoliert auf hohen Punkten liegen und,
indem sie meistentheils einen weiten ßlick über die See darbieten, in ersicht-
licher Weise zugleich als Denkmäler dienen sollen. S. ( Gagzow u. s. w.
Früher war ihre Z.ihl noch grösser. Ucber zerstörte (Iräber vergleiche m.nn,
ausser bei Schröder a. a. O., ,M. Jahrb. IV, B, S. 71; VI, S. 8 2 ff. (ringels-
berg bei Dorf Mecklenburg); IX, S. 354 (Kartlöw); XIX, S. 390 (Kritxow);
XI.V, S. ?fi() fHe< kerwitz). Ah hers orraj^i-ndo nnmzcfunde sind die von
Redentin und Üarnekow zu bezeichnen. Zahlreiche Reste von Skeletten aus-
gestxurbener Thierarten der gesdiichtlichen Zeit» wie vom Remitkier, Elch tmd
Urstier, haben die Moore ergeben.
Taufsteiri von Dobin, jjefundcn in der Döpe.
(M. Jahrb. IB. S. 33. IIB, S. 115. UI B. S. 195. Vgl. o. S. 393.)
Z. Zt. in GsrtcB des Htm Piof. Dr. SMtlier
in Banow.
Digitized by Google
Alle Ansicht von Grevcsmtlhlen. (Nach C. F. L. Riesenberg.)
Amtsgerichtsbezirk &revesinühleiL
Die Stadt GrevesmUhlen.
leschtchte der Stadt. In der Schreibweise des Namens der Stadt Geschichte
besitzt das {janzc Mittelalter hindurch die mit Gncwcsmolen und der
ihren Varianten (Gncwismolcn. Gnewesmoinc, Gnewismiilne u, s. w.) Stadt,
ein so grosses Ucberj^ewicht über die in neuerer Zeit zur Geltung gelangte,
in welcher das r nach dem Anfangs -G die Herrschaft gewonnen hat, dass
nur jene für die Frage nach dem Ursprung des Namens in IJetracht gezogen
werden kann, diese .iber sammt ihrer von Klüver') wahrscheinlich aus dem
I^itcin der Humanisten hervorgeholten Uebersetzung mit Comitis mola (Grafen-
Mühle) abzuweisen und auf eine unabsichtlich sich vollziehende sprachliche
V^ertauschung der einen Litjuida mit der anderen zurück/.urührcn ist.*) Wir
halten daher die Kühnel'schc Deutung des alten slavischen Namens Gnewes-
mulne, Gncwesmolne als -Mühle des Gnev, Gnevis« für die einzig richtige.')
Da aber die Wurzel dieses l'ers«jncnnamens. das alLslavische Wort gnevu,
soviel wie »Zorn* oder ■ Grimm t bedeutet, diese deutschen Wurzeln aber
') BeschreibiinfT <1es Herzogthanu Mecklenburg, II, S. 209. Vgl, Barmeistcr, M. Jahrb. III,
S. 158. Beyer, M. Jalirb. XXXII, S. 121, Anmkg,
•) Im MiUelaller erscheint dos r nur ganr vereinzelt, im XIII. Jahrhundert z. B. nur in den
Urkunden 1706, 2045 2I0I. Dic<w;n drei Urkunden stehen sechzehn desselben Jahrhunderls
g^entiber, in denen Gn geschrieben wird,
*) Kuhncl, M. Jahrb. XLVl, S. 57.
22*
Dlgltlzed by Google
340
AMTSGEiaCHTSBBZIRK GREVESMORLBN.
ebenfalls zu Personennamen verwendet worden sind, so heisst Gnewesmulne
zu deutsch nichts anderes als Grlmmsmühlen oder, wenn man mag, auch
Zornesmühlen. Die Anlage einer Mühle in altwendiscfaer Zeit ist es smtnt
gewesen, die dem Ort sdion vor der Ankunft der deutschen Kolonisten Namen
und Bedeutung veriiehen hat
Um 1230 wird der Name zum ersten Mal urkundlidi im Ratzeburger
Zehntenregistcr genannt. Es giebt dort eine Kirche, über die sieben Jahre
später der Klosterprobst von Relina die Oberaufsicht erhalt; deutsche Kolonisten
bebauen die Ackerfluren, und es wird neben der alten Feldmark, den agris
antiquis, das Feld des Wenden Radimer besonders namhaft gemacht, das
damals einen Deutschen mit Namen Konrad und hundert Jahre später dnen
Vasallen des Bisdiofs von Ratzeburg, den Bruno Luscus, als rittermässigen
Mann ernährt.*) Wann der Ort zur Stadt erhoben und mit lübischem Redite
bewidmet worden, steht nicht fest, doch wird auch dieser Akt spätestens im
Anfange des XIII. Jahrhunderts stattgefunden haben, wenngleich die Stadt als
solche nicht vor 1262 und Rath und liürgerschaft nicht vor 1267 genannt
werden.*) Da Grevesmühlcn auf der wichtigen alten Landstrasse zwischen
Lübeck und Wismar ebenso wie Dassow oder Sdiönbcrg einer der Dreidieil-
punkte des Weges ist, so hat es besonders fiir den Verkdir von Lübeck her
eine Bedeutung, dass sich die mecklenburgischen Fürsten nach Zerstörung der
alten Raubburg l")asso\v im Jahre 1261*) verpflichten, dt n Aufbau einer neuen
Rurg zwischen hier und Grevesmühlen nicht wieder ;:u gestatten.*) Von der
Regsamkeit der Bevölkerung im Handel und Verkehr zeugt die Erwerbung des
*) M. U.oB. 375. 471. 1107. S6is. Der Niuae ItademenneU wird im Laufe von himdert
JallKn in Railcmanncsticldc verdorben, • Die Stadt halte Mauern, die mit Thtlrmcn verschen waren,
Tbore und Wälle. Das Wismaische Thor, das in Folge der Fcucrtbrunst von 1659 zu einer Ruine
(•worden wwt winde ent iSiS «bfetiageii, da* Lulxdie Thor ttaitd bb i8*S. Aaner den giceeeii
Brande von 1659 sind auch in den Jahren 1583 und 1587, 1672 lind 1725 verheerende BrSade
SU vmeichnea. Vgl. Albrecht, Grevcsmilhlcner Wochenblatt 1878, Nr. 80 und loi. Dani Lalonma«
GtnealocbronieoB bei Weitpbalso, Hon. iaed. IV, S. $07.
^ Vgl. M. U.-B. 963. 967. Die erele Beatilignne de* Iftbiadieii Redils, die dardi Hcrtog
Albrecht von Mccklcnburf,' geschieht, Ist vom 1 1. Januar 1359. M. l'.-P. 8560, Vgl. LatomiM,
Gencalochronicon bei Wc&tpbalen, Mon. incd. IV, S. 302. Wdlere Bestätigungen erfolgt«ii t$85
dwrdi Hettof Ulrich «od 1606 dudi Hern« Karl. Vgl. Albiedit, Greresm. W.-BI. 1879, Nr. t.
GmeemUhlen hatte audl mIhmi in alter Zeit neine eigene Münzprägung. Aber Uber diese alte Zeil
itt wenig bekannt. Mehr weiss man von den Grevesmtlhlener Munzmei»lern des XVI. fahrhunderts,
beeonden von denen aus der Zeil des Herzogs Heinrich und der l>eiden Herzöge Johann Albrecht
und Ulrich. Vgl. die eingdtenden Beaducilmngen dieser MMnwn bd Albraditt m. «. O.« 1879»
Nr. 10. If. 13. 14. Herzog Heinrich dtr Friedfertige scheint ^ich ftlr (trcvesmühlen licsondcis
interessiert zu haben. Er Hess hier u. a. auch einen Weinburg anlegen: vgl. Lischt M. Jahiba
xvn, s. 144.
") Vgl. Iber den Fall der Burg Danow die Anmhg. fan M. U.-B. n Nr. 939. Auflkllig
ist es, dass Htr/og Albrccht in einer Urkunde vom 12. November 1353 den Gebrlldern Parkentin
den Wiederaul bau der liurg gestattet. Vgl. M. U.-B. 7839. Die Urkunde wird Übrigens im Register
ab verdlditv bdaichnet.
0 M. U.'B. 9«9. 963. 967. 74S5. Vgl. 9749.
Digitized by Google
GESCmCHTB DER STADT GREVESMOHLBN.
Zolles zu Grevesmühlen, zu Börzow und auf der Stepnitz am 12. Juni 1267,')
und vom Steigen des Wohlstandes in der Bvirj,'crschaft der Ankauf des Dorfes
Viiebeke, dessen Feldmark dem Stailtj^cbiet hinzngcfuj^t wird.') Die Anlage
eines Siechenhauses oder St. Jürgenstil'tcs, das schon in früher Zeit mit Ver-
mächtnissen nicht blos aus Grevesmühkn selber, sondern auch aus Wismar
und vor allen aus Lübeck bedacht wird, ist gleichralls als ein Fingerzeig
in dieser Richtung anzusehen.*) Ihm gesellt sich als zweites das Ileiligen-
geisthaus hinzu, das 1335 zum ersten Mal genannt wird.*) Alles das läs.st auf
gute Verhaltnisse des Ortes .schliessen. Deshalb siedeln sich dort auch zwei
Kloster an, die Franziskaner oder (irauen Monclie von Wismar bereits 1326,
die Cistercienser von Reinfeld in liolstcin elf Jahre später, der Rath aber
achtet dabei auf Erhaltung seiner Rechte.*) Nicht ohne Bedeutung fiir das
Auftreten gdstlicher Körperschaften in der Stadt ist femer die sdion 1284
geschehene Inkorporation der dem hl. Nikolaus geweihten Pfarrkirche in das
Tafelgut des Ratzeburger Kanonikats durch den Bischof Konrad.") Dieser
Steigerung des Ansehens di r .Stadt in geistlicher Beziehung entspricht nach
weltlicher Richtung hm die Anlage emes fürstlichen Schlosses, das urkundlich
zwar 1345 genannt wird, höchst wahrsdieinlich aber schon sdir viel früher
vorhanden gewesen sdn wird.*) In Folge dieser Verhältnisse, welche die
Zusammenkünfte weltlicher und geistlicher Herren erleichtem, wird Greves-
mühlen im Mittelalter zu einem Platz zahlreicher grösserer und kleinerer Staats-
aktionen.') Andererseits aber sind auch eben diese Verhältnisse die Ursache,
dass die Stadt in den Fehden di r I K-rrt-n mit einander bisweilen L'nbill und
feindliche Angrifle, ja selbst Belagerungen über sich ergehen lassen muss, so
z. B. in den Kriegen der Werle'schen Vettem wider die Meddenbui^er während
*)M. U.-B. 1133.
*) M. U.-B. 1385. 1693. W«ilm VetyiOMeniBgen der FeldiiMik erlulgcn 1397 duidi
Ankauf yon Hof Poischow, und 1307 durch Erwerb voo Acker auf WotenHaer Gebiet. Beide
TlieUe werden zu lukischem Recht e<-!»-Rt. V\'l. M. U.-Ii. 7236. 7255.
*) M. U.-B. 1706. 1952. 2045. 5613. 7446. 7514. 7526. 7642. 9675. 1051 1.
M. U.-B. 5613. 7744. D«8 alte Siedwnhaiw oder St. Jllisen-Stift Ug, wie es die Rcfd
war, eine Viertelstunde ausserhalb der Sl.ult, an der I.tll>cckcr T.andstrasse. S. u. Kirche, Zu'.at.'.
Es brannte am 18. Oclober 1863 total ab. Nach diesem Brande wurde am jetzigen Sedaiiplatz
ein aeaes Gebinde tnr Anfnebme bfllfsbedOrfl^er PerMnen errichtet and als St. Geoigs-Stift be-
seichnet, wilirend an an lcn r s..'!!l- 1886 87 ein gut ein^ertchteMt Knnicenluras ewtanden ist.
Vil^. Albtccht, a. e. O. 187S, Nr. 91. Kaabe-Quade, S. 378.
*) M. U.-B. 4688. 5652. 6036. 8219. 10200.
•) M. U.-B. 1746. »758. 4113. 4190. 5467. 5613. 8360. 8394. 913a 10730.
' M. r.-B. 6538. 6860. 8534. 8541. 8585. l>;is alie Sclil<i-> Mand an der Stelle des
jetzigen Amtsgebäudes, das, in der Zeit zwischen 17S6 und 1790 als für^itliches Ilauj neu aufgebaut,
im Jahn 1821 dem von Santow hierher ttbcf^gesicdelien Grasdiertogliclien Amt tnr Benatmng
illw-r\vics<rn wurde. l!oim Xeiil>au de« Hauses ani Ende des vorigen Jahrhunderts fand man beim
Reparieren der Fundamente viele Reste des mittelalterlichen Schlosses. Albrecht, a. a. O. 1887,
Kr. 119.
M. U*-B. 982. 1246. 2101. 264t. 5646. 5774. 6334. 6758. 8599(31 . 96SV 9687. 9734.
9748. 10620 10707 Vj^I. M. la'irl). Will, S. 202 (f. Auch als Ort dcs Einlagcrs wird die
i>tadt uichrtAcli vun 1- ür:>len und Herren erv^alill: M. U.-B. 3603. 9495.
34«
AMTSGBRICHTSBEZIRK GREVESMOHLBN.
der V'orniiindschaftsperiodc der Anastasia (1275 - 127S), wobei die Mühlcnwerke
verbrannt werden.') Am i. Januar 1291 wird von den Fürsten von W'crlc
und Mecklenburg sowie vom Grafen zu Schwerin und von den Lübeckern in
Grevesmfihlen der BescUuss gefasst, die Raubburgen xu Klocksdorf, Karlow,
Schlagsdorf» Borsdorf, Mustin, Linau und Nannendorp zu brechen und zu
schleifen.*) Eine glänzende Fürstenversammlung zwecks Bündnissschlusses zu
allgemeiner Aufrechtcrhaltung von Ordnung und Frieden unter dem Schutze
Dänemarks sieht die Stadt am 9. Januar 1314 in ihren Mauern.') ICine andere
glänzende Versammlung sieht sie am 21. Januar 1376, als norddeutsche Fürsten
ein gemeinsames Vorgehen gegen Dänemark besciiliessen/) Weitere Zusammen«
Iriinfte dieser Art giebt es im Jahre I4<S4, als die Langjohann'schen Händel
die Stadt Wismar in Aufr^^ui^ eihahen,*) im Jahre 1487, ab es sich um
eine Versöhnung zwischen der Stadt Rostock und dem schwer erzürnten
Herzog Magnus handelt (bei welcher (Gelegenheit die von Pa]).st Innocenz
an I Icrzog Magnus geschenkte {jjoidcne Rose zuijleich mit der geweihten
Hostie, dem Venerabile, in feierlicher l'rocession durch die Stadt getragen
wird), und im Jahre 151 1, ab die Herzöge den vergeblichen Versudi machen,
zwischen der heftig erzürnten Geistlldikeit und der hartnäddg ihr g^nüber-
stehenden Rittersdiaft, die ihre Schulden nicht bezahlt, Versöhnung und Frieden
zu stiften.")
Die Stadt aber ist auch andererseits im Jahre 1323 Zeuge der stolzesten
und übernuithigstcn F.rhebung geistlicher Macht wider den Fürsten Heinrich
von Mecklenburg bei Gelegenheit der Beilegung langen Streites mit dem
ßischof von Ratzeburg und dem holsteinischen Kloster Rcinfeld, das ihn in
den Bann gethan hatte.^ Am 2. März 1327 versucht dersdbe Fürst das von
uratoer Zeit her tief eingewurzelte Strandrecht, gegen das sein Vor&hr Borwin
zuletzt im Jahre 1220 voigegangen war, durch einen neuen Erlass von Greves-
mühlcn aus zu bekämpfen (prauas et abhoniinahiles consuctudines penitus
abolere et radicitus exstirpare).*) Um diese Zeit ist der Kitter Gottschalk Storni
Inhaber der beiden Vogteien Grevesmühlen und (iadebusch, ein paar Jahre später
ut es die Familie von Bülow.*) Die Eintreibung der fihfstlldien Bede aber
hat im Jahre 1338 der Marschall des Herzogs, Dominus Johannes Kröpelin,
auf Händen.**) Auch ab Leibgedinge für mecklenbutgisdie Fürstinnen gelangt
•) H. U.-B. 138a. S. 531.
*) M. U.«B. aioi.
•) M. U.-B. 3670.
*i Vgl. M. U.-B. 41. Vgl. auch 1084a.
^ S. o. S. t6.
*) V(;I. l atumi, Gcneralchr. bei Wotphalcn, Mm. imd. IV, S. 419. SduMcr, Fq>. M.,
S. S415. Lisch, M. Jahrb. XVI, S. 61.
') M. U.-B. 4426. 4427.
*) M. U.-B. 4811. In der Bocwhi'mIwii Urkimde a68 heiiit et: • . ' MtomMbSk» «tq[M
Jltwttbilea a predccessoribas meis a paganismo iletcntaü cunsuetudiaei In IMlfau mMlN dtCNSi.
*) M. U.-B. 5198. $646. 6975. 9013. 9040. 9078. 10309.
<^ M. V.-B. sM.
Digitized by Google
GESCHICHTE DER STADT GREVE.SMf MLEN.
343
die Vogtei Grevesmiihlen mehrfach zu besondern Mhren, so z. H. in Verträgen
von 1352, 1355, 1360, 1362, 1377, 1473, 1556 und 1603.') Nicht ganz ohne
Bedeutung ist ferner die
Stellung Grevesniühlcns
zu <lcn Hansestädten,
die auf Verbindung mit
der Stadt Werth legen
und aus tlicscm Grunde
z. H. in der Zeit zwischen
13^)3 und 1366 sehr un-
zufrieden darüber siml.
dass einzelne lUirger in
(irevesnuihlen wie in
Kibnilz uiihrcnd des
Krieges mit Dänemark
das vtin den Hansen
erlassene X'erkehrs und
Handelsverbot mit
Sclionen unbeachtet ge-
lassen haben.') Im Fall
eines Aufgebotes durch
die Herzoge hat die
Terrak'itta.\Va|i[icii 0.25 • 0,32 ilcr IUt/ul;!'! Anna vun l'ntiiniirrn.
7.wcilcti tJc-tnnhliii »Il's lIctiK^Jj L'lricli vi. 11 MockKiibiirj».
im (itii^Kh, Miisnim ?n Srliwrrin.
Stadl zehn Mann zu •stellen, imd l)i-i den Heschhissen
': M. U.-l!. 7'>70. Si2f>. S776 ooOj. 11 027. 11030. Vj;l,
H. F. Albrcchl, (Irevr.'.m. Wucht-iihl. 187S, Nr. S<) iui<l 95. Aus
der Zeit Her Herzogin Kli^aUetli. (ienuililin IKt/o^ einer
(Innischcii friitzessin, iltr die Voijtci al» I.cilii;cil:iijj«: vcrsclirk-licti w.u
ntu] <lif sich für alli-s, W4s das (iL-Liaii'le iltr Vojjtei
aiißinjj , lihhatt inleri-siii-rU? , s^ainml /. Ii. .•■«wulil der
bckarinli' 1 ►i'rikst<.-:ii in der IIinigers'.utfiT l'Vjf-l rcchii
vdii (ItT ("lnusscc, die Von '•ri.'vi'smülilen n.ith Wismar
fiihrl, als niicli <l-is däniöilic W.ipjx-n, d.Ls im K;i(li!i.n:.s
aufbcualirt wird uiul ehemals über der Liiijjaiig&liiur ba:>6.
— Aus der Zeit der Herrogin Anna, der »weiten Ge-
mahlin de» Herzogs Ulrich, Tochter des Herzogs Philipp I.
von Poinmcrn, hat sich ein schönes Terrakotta ■ Wappen
erhatten, das sich im Museuro ru Schwerin befindet. Die seit 1603 verwittwclc Herzogin lebte
bis 1626. Das hier abgebildete Wappen befand sich auf dem Amtshause zu Grevesmühlen.
') M. U.-B. 9138-
Denkstein in der Hungerstorfer Font.
344
AMTSGERICHTSBEZIRK GREVESMOHLEN.
über den Landfrieden im XIV. Jahrhundert tritt ihr Rath als mitbeschl lassender
Theil auf.') Auch bleibt Grevesmühlcn nicht zurück, als es sich im Jahre 1391
um Brfreiung des Königs Albreclrt von Schweden handelt; am 18. Mai dieses
Jahres gdien sich nämlidi der damalige Vogt von Grevesmfihlen, Vicke Vek-
hove, die Ritteischaft der ganzen Umgegend, sowie Rath und Bürgerschaft der
Stadt in einer grossen Versasnmlui^, die zu Grevesmühlcn abgehalten wird,
das Versprechen, niclit eher zu ruhen, als bis sie den König und Herzog aus
der Gefangenschaft, die die Königin Margan-thc \nt\ Norwegen über ihn
verhängt hat, frei gemacht haben. Dies dir Vcrsprcclien verbriefen und
besiegeln sie mit vierundvieizig Siegebi in einer Urtnwde, die das Rathsarehiv
zu Wismar aufbewahrt hat*) Durch persönlichen Muth hatte schon über
siebenzig Jahre früher ein Bürger der Stadt, .Nikolaus Schrapentrog, der in
der Schlacht bei Gransee 13 16 nahe daran war, persönlich den Markgrafen
von Brandenburg gefangen zu nehmen, Ansehen und Ruhm über seine Vater-
stadt gebracht. Ein weniger ruhmreiches, aber von kurzer Entschlossenheit
und rascher That zeugendes tolles Unternehmen ist es, als im Jahre 1 57 1 die
Bürgerschaften von GrevesmUhlen und Rdma, von ihren eigenen Oberhäuptern,
dem Vogt und dem Bürgermeister, dazu ai^;etrieben, gegen drohundert Mann
stark, zu Ross und zu Fuss, nächtlicherweile das Gut und Sdiloss Harkensee
überfallen, dessen Inhaber Vickc von Hiilow sich seit langem geweigert hat,
eine Schuld der Vogtei und dem I.andeshcrrn gegenüber zu begleichen, und
nun mit gewaltthätigcr Entführung von Hab und Gut eine Auspfändung voll-
sidien. Es Inrnimt zur Klage beun Reidiskanmiergericht zu Speier, aber es
fehlt, wie gewdhnlidi, das Schlussurtheil.
Von dem schnellen Vollzug der Reformation im ganzen »Klützer Orte
ist schon oben S. 303 das Nöthige bemerkt worden.') Im Uebrigen ist von
der Neuzeit weniger zu berichten als vom Mittelalter. Der dreissigjährigc
Krieg war selbstverständlich auch für Grevesmühlcn eine Plage. Wie oft und
wieviel die Stadt mit Truppcndurchmarschen und Einquartierungen wahrend
der Zeit von 1627 bis 1638 heimgesucht worden, erzählt Albrecht aus Raths-
akten in sehr anschaulicher Weise,*) ebenso die Verplandung von Stadt und
Amt an das KurfÜrstenthum Hannover von 1734 bis 1768, als die Kosten
aufgebracht werden müssen, welche die bekannte kaiserliche Kommission
gegen den Herzog Karl Leopold verursacht hatte. Grössere und kleinere
hannöversche Garnisonen sind damals über Stadt und Land vertheilt. •'^) Als
in der Zeit des siebenjährigen Krieges, in dem der Herzog Friedrich dem
König von Preussen gegenüber eine feindselige Haltung einnimmt, eine von
') M. U. B. 7524. 7717. 791 1. 8001.
*) M. Juhrb. X}(1II, S. 202. Spiter enrent der König von Schweden den Bttrgern von
GnwMnlihlen u. n. wine Gntde damit, das er an die Kragwtrtlie de« Laadea GmeaaShleD dai
Gdwt ergchen ISsst, nur GrevcsmUhlencr Bier zu acheidten: H. Jahrb. XXXIII, S. I061,
•) Vgl, Lisch, M. J«hrb. XVI, .S. f(.
*) Grevesmdhlciier Wochenblatt 1886, Nr. 70 und 71.
^ Gmean. W..B1. 1878, Nr. 9$. H. Jahrb. XVII, S. 240.
Digitized by Google
GBSCHXCHTB DER STADT GRCVESHÜHLEN.
345
preussischcr Seite befohlene Kontribution aufgebracht werden soll, wird der
»Steinbrink^ . ein ansehnliches stadtisches Gehölz, v<»n I-'.ichen um\ Huch« n frei
gemacht, die verkauft werden.') In der Napoleonischen Zeit erlebt (ircves-
uiuhlen von 1805 an eine Menge von Truppendurchzügen und Einquartierungen,
18 13 üt die Stadt eine Zdt Uu^ Hauptquartier der Divisicm V^esadE.*)
Nicht weniger ab zwanzig Söhne der Stadt ziehen nachher, als der Aufruf
ans Volk erfolgt, freiwillig in den Kampf fiir das Vaterland. Ein anderer
Sohn, auf den die Stadt stolz zu sein Ursache hat, ist der Dichter Ludwig
(]..ttliarii Kosegarten (geb. i. I'ebruar 1758) dessen Vater von 175a bis 1803
i'aslor und Pr.ipositus in (irevesmühlen war.
Um die Sammlung von Nachrichten uIkt Cirevesmiihlcn liat sich
Niemand so verdient gemacht, wie der dortige Hiirger H. F. Albrecht, der
in der Zeit von 1878 bis 18S7 nicht weniger als fünfunddrdasig grössere
und kleinere ;\ufsiit/c im Orevesmühlener \Vo( henblatt veröffentlicht und
diese Blätter in einem Sainmclbande dem Grossh. Archiv zu Schwerin zur
Verfügung gestellt Hat. Ebenderselbe hat bei Gelegenheit des fOnfund-
zwanzigjährigen Dicnstjubilaums des Kirchenrathes Löscher im Jahre 1886
eine Schritt über die Kirche und ihre Prediger verfasst, die aber bis heute
Manuskript get)liehen ist. Eine tnpographist he Heschreibung der Stadt (Ireves-
mUhlen ist im crstin, 1792 herausgcj.!tl>enen Stück der Neuen Monatsschrift
von und für Mecklenburg von ('. I'. L. RiescnlnTg erschienen, die noch im
selben Jahr melucre Zusätze erhalten hat. Vgl. bachmann, Landeskundl.
UL, 4757 ff.
Hier muss eine Nachricht aufgenommen werden, die von Masch in
seinem Buch >Beiträge zur Ccschichtc merkwürdiger Bücher , I'.nt/ow imd
Wismar, bei Berger und Boedner, S. 76 ff., als schriftliche Eintragung in eine
alte Ausgabe des Augustinus de Gvitate Det (Baseler Ausgabe von 1490)
mitgetheilt wird. Ks ist eine Nachricht aus der Zeit zwischen 1533 und
1550. Anno 15 18 gab es in GrevosmühUn /ihn \ ikare (miissepopcn ),
einen Pastor, einen Schulmeister, einen Küster: lauter rite legitimeque ordi-
nierte Geistliche. Der Schulmeister hiess Nikolaus Dene, der KOster Valentin
Evers, der Pastor Jochim Tribbow; die Vikare waren Hinrick Stein (au< h
Notar und Stadtschreiber, gewesener Prediger), Pctcr Gammelkam (Notar und
Prediger), Jochim Danneel (auch Notar), Huirick Koch, Jochim Auerberg,
Hinrick Kop, Hinrick Smachthagen, Georg Everdes, Nikolaus Smachthagen,
Antonius Greve . . . .: »itt weren domal tuelft" altar in der karcke, dar
weren ock fös Capellen: eine to S. georgen, dar de meierhoff is; eine vor
dem lubschen dor, het S. hiilpe (vgl. M. Kunst- u. Geschichtsdenkm. I, S. tös),
an dem Ih ndamme, alfc fick schedet de lübsdie weg un de cpiestiner weg,
mit euer ilarken mur umringett, vnde eine tom billigen geiAe, welches nu
ein komhufs is. de arme lüde wanden up des hilligen geistes houe. dat
armhufs w.as am ende der hilligen gcistcs kircke, vnd gingen vt vnd in
dorch de kercke. dat hus wart anno (15)31 ncddcr gebracken, de arme
wurden in de fchole gewiset, de fchole wart in de Capelle, de vp deme
karckehaue fleit, gewiset. noch eine Capelle tor wemow het tom hilligen
>) Albrecht, a. 1. O. 1881, Nr. 61.
*) Albrecht, a. a. O. 1881, Nr. 61. Vgl. auch die anOauiten Episoden, urdche von dem
lia1t>toIlen Kommtssioiurath Heinrich Wende an Wotenita tn Beginn dieser Zeit herbrigelfehrt werden :
Grevesm. W.-Bl. 1878, S. 79.
34«
AMTSGERICHTfflBZlRK GRBVESHOHLEN.
crutz. vnd eine ca])cllc vp dem hcr<i, alfe mc na der wifiner gcit am wegc,
de het S. Caluaric. de pastor musstc jarlich dem biffchoppe to Kottfsborch
twelif mk vor de kercke tor hör vnd de wedem vnde fchttne, tunen vnd
flallc erholden vp fine vnkost. de vorstender binve en de haliie wedem vnd
nicht nier. de anderen vicarien buweten ehre waninge vp ehre eigen vnkofl.
h. Peter gammclkame heft anno 1517 de fchole gebuwet vp fine eigene
vnkost na finem dode met (?) it tor fchole lu diisse vicarien hebben
ein dusent marck lübeckcr penninge vp rente beiecht by bcrnstorpe, basse-
wiizen to torstorpe vnd stralendurpc to kraiickow. des geucn fegel vnd
Iweue tucheniflTe. ock is domal mer alfe vor twe dusent mk fliliiergolt an
a5 bec.ker, 1 1 muflrant/cn, füluern krüt/^cn, fpangen vnd was des mer is,
gewesen, doruon is verkoftt vor 1250 mk vnd bcy den rath to Lübeck vp
lente gedan. dat ander ftlluer is vormal verkofft, an fpangen, paelde, bin-
deken, krallenfnor. dar de bilde mit gefclim.u ket wurden, vnd was des mer
is. ein jeder anipt hedde ver liirhier in der kercke. deft;li(kcn ein jeder
dorp line vcr lüchtcr niith lichten befettet, de sc holden nmlle. diifse
kerckendener ftmptlich hedden eene froawen allene. anno 1553 nemen
etliche froiiwe. vnd wen diifTer einer starf, 80 hcTte der kercken dat haloe
gude, de andere hellite den fründen.«
Die Kirdw.
Beschrci- B^Maubeschreibung. Der Kirche /u Grcvcsmühlen ist es ähnlich ergangen
bung des vvie der in Kirchdorf auf Poel: man hat in der Zeit von 1870 bis 1872,
als es sidi zwecks Gewinnung von Sitzplätzen um eine Vei^grSsserung des
Raumes handelte, ihren alten Chor fortgenommen (der nach der Weise der
Uruiidrisü der Kirche zu Grev&>iuulileii.
Digitized by Google
KIRCHE ZU GREVESMÜHLEN.
347
Zeit des Uebcrgangcs vom romanischen zum gothischcn Stil im Osten platt
abschloss und hier durch drei neben einander liegende rundbogig geschlossene
Schlitzfcnster ') erleuchtet war, von denen das mittlere die andern beiden um
W eniges überragte), darauf das Schiff verlängert und diesem einen aus dem
Achteck konstruierten ge\vi>lbten neuen gotliischen Chor angesetzt, der gegen
das I-inghaus um drei Stufen erhöht ist. Das I^mghaus oder Ciemeindehaus
ist ein wahrscheinlich der
ersten Hälfte des XIV'.
Jahrhunderts angehörender
drcischiffiger gothischer
llallcnbau mit Kreuz-
gewölben, die von acht
Hundelpfeilern (vor der
Restauration waren es
deren sechs) mit alten
und jungen Diensten ge-
lragen werilen. Der im
Westen vorgebauteThurm,
dessen Spitze im grossen
Hrande des Jahres 1659
verloren ging, hat die
Hreite des Mittelschiffes.
Strebcj)feiler giebt es
nur an den angebauten
jüngeren Thurmkapellen
und an der nördlichen
Vorhalle. Den älteren
Hau beherrscht überall
das I.i.senen • System. .
Zuar ist von den spät-
romanischen Bau -Ver-
zierungen bei verstand-
Kirche zu CrevcsmUhlen. "'«slos ausgeführten
Restaurationen und Ver-
änderungen späterer Zeiten V'ieles verloren gegangen, aber es sind noch einige
Reste von Rundbogen- und Kleeblattbogen- Friesen vorhanden und ausserdem
auf jeder Seite des Langhauses drei charakteristische Blenden mit Kleeblatt-
bogen.schluss, die einst mit Malereien gefüllt gewesen sein mögen. Ferner
fallen auf der Nord- und Südseite des Thurmcs als Schmuck hübsche Händer
von Vierblattpä.ssen, sowie an der Westwand eine grosse Ro.sette an-
genehm auf
Nach Lisch, M. Jahrb. VIII, S. 143, nili$sen es s«hr hübsch profilierte Fenster gewesen
•ein, bei denen glasierte Ziegel verwandt waren.
Dlgltlzed by Google
348
AMTSGERICIITSBEZIRK GREVESMÜHLEN.
Es ist oben schon angedeutet worden, dass die Kirche seit 1284 zum
Tafelgut des Ratzeburger Domkapitels gehörte. Weitere Nachrichten über
dies bis ans Ende des Mittelalters dauernde Verhaltniss finden wir aus den
Jahren 1301, 1319, 1320, 1333, 1335, 1356, 1357, 1363. 1375. Vgl.
oben S. 341, Anmkg. 6. Als Pfarrer, Plebane oder Kirchherren werden in
Aussen wand.
Einst!
Jetzt!
den Zeiten vor der Reformation folgende genannt: Dietrich {um 1237),
Heinrich (zwischen 1261 und i26<)), Heinrich von Hillerbcck (1319 bis
1332), Friedrich von Malt/^n (1344), Bernhard Goldowe (Goldoghc, um
1358) und Eghardus Hrasche (um 1376).
Ausserdem sind zahlreiche Vikare und
Altaristen bekannt, deren Namen hier
nicht aufgezählt zu werden brauchen.
Um 1540 werden Anthonius Ebberth
und Ludenis Dressburch genannt (vgl.
M. Jahrb. XII, S. 171). Ihnen folgen
als erste Prediger (nachdem sie grössten-
theils vorher die Stelle des zweiten
Predigers gehabt haben) : Heinrich
1561 und 1563), Joh. Bul-
1590), Hermann Tamow
Joachim Holdebuch (-f 1644), Joh. Müller (7 165 1), Joh. Tarnow
Jakob Pistorius 1700), Nik. Pet. Pistorius (f 1706), Joach.
Stoefl" (7 1721), Joh. Christ. Schuster scn. (•)• 1745), Joh. Christ. Schuster jun.
("h i755)> Hernh. Christ. Kosegarten (f «803). Ucl>er ihn und seine Nach-
folger vgl. Walter, Unsere 1-andesgeistlichcn.
Pi|)er (um
tenius {-^
(t ißii).
et '664),
Querschnitt.
Mobiliar Altar, Kanzel, Orgelempore und Gestühl sind in neugothischcm Stil
l^«-'' au.sgcfuhrt. Auf dem Altar ein Oclgcmalde von Theodor Fischer (f 1873),
Kirche, ^jjg j^j^ Gekreuzigten darstellt. — In der Vorhalle ein aus Sand.stcin ge-
Taufstein. haucncr vortrefflicher mniani.schcr Taufstein mit schmucklo.scr Messingschale.
Glocken. - Glocken. Im Thurm befinden sich zwei Glocken mit gleichlautenden
Inschriften. Heide sind im Juni 1666, nachdem ihre Vorgängerinnen durch
den grossen Hrand des Jahres 1659 vernichtet waren, zu Wismar durch den
Glockengiesser Adam Danckwardt auf Befehl des Herzogs CHRISTIAN LUDWIG I.
gegossen und von diesem der Stadt Grcvesmühlen geschenkt worden. — Die
(Jrabstcinc. wenigen Grabsteine, welche unter dem Gesliihl der Kirche liegen, sind so
sehr abgetreten, tlass sie kaum noch ein Interesse einflössen. Man erkennt
auf dem einen noch das .Allianzwappcn des Heinrich Rantzau (■]• 1598) und das
der Margarethe Reventlow, und auf einem andern den Namen des Prapositus
d by Google
Digitized by Google
KIRCHE ZU GREVESMÜHLEN.
349
Nikolaus Petrus Pistorius (f 1706) und seiner Gattin Elisabeth. Oelgemälde. Gel
An der östlichen Wand ties I-angschiffes ein Oelgemälde, ca. 2 m hoch, gemälde.
1,30 m breit, die Kreuzigung dar-
stellend, vom Mndc des .WII. Jahr-
hunderts, mit der Unterschrift: ICH
HIELT MICH NICHT DAFÜR. DAS
ICH ETWAS WÜSTE, OHN ALLEIN
JESUM CHRISTUM, DEN GE-
KREUZIGTEN. 1 COR II. V. 2.
Ao 1690. L. S.
Klcinkunstwerke. 1. Silber- Klcinkunst-
vcrgoldeter gothi.scher Kelch auf .sechs- >verkc.
j)assigem Fuss. Das Signaculum ein
aufliegender vullpla.sti.scher Krucifixus.
Tan Ts lein.
Kelch (11.
Kelch (2).
Daneben eingraviert Johannes und Maria in gedrungenen Figuren. Am Knauf
sechs liegende Rotuli mit dem Namen iljcfUö .Am oberen Schaftthcil Ij C r §
ia CO Ü in Kmail, am untern ebenso III U 11 ft C r§ . Auf der Unterseite des
Fusscs 1555 12 JANVARI • FRIDRICVS DESBORH (eingeritzt). — 2. Silber
Digitized by Google
350
AMTSCBRICHTSBEZIRK GREVESMOHLEN.
vergoldeter Kelcli im Renaissance -Geschmack, aber noch auf sechspassigem
Fuss. Als Signaculum die Kreuzcsgruppc : der Heiland, Johannes und Maria,
eingraviert. Darüber die Jahreszahl 1566 und eine Art Wappenschild mit
den Initialen A 0 und M G. Die übrigen fünf Pässe des Fuasses sind mit
leidien Ornament-Gravierungen bedeckt Der Knauf ist rund, hat aber «n
scharf heraustretendes Mittelband, darunter und darüber geflügelte Engels-
köpfe mit Laub- und Handelwerk. Am unteren Theil des Schaftes zwei-
mal als Stadtzeichen der liibische Adler, dazu das Meisterzeichen:
— 3. Silbervergoldeter Kelch auf sechsseitigem i' uss. Auf den kaum
hervortretenden Rotuli des sechsseitigen Knaufes der Name IHESVft. Um
den Fuss die Umschrift: IN DER QREVESMOHIjBCHEN KIRCHE OEHÖRIO.
a H- V. L(BPBU M. 8. V. P(LE88EN).>) Lfibedeer Arbeit Meisterzeichen ver-
wischt; da.sselbe ' wie auf der Oblatendose (s. u. Nr 8) 4 Kleiner silber-
verL'oldcter Kelch mit der l'mschrift: DIESER . KELCH . IST . VEREHRET .
VON • L • J • VON • SEE • UND DESSEN • SEEL • EHE - FRAU . A • C •
SCHÜTZEN : 1740. VVismarsche Arbeit, Meisterzeichen C A F (Caspar. Aug.
Falk). — 5. SUbervei^ldeter kleiner Krantenkdch auf rundem Fuss, ohne
Inschrift. Wismar'sche Arbeit Meistetxeichen BIG: Jochim Baltaar Calo,
um 1733. Dazu Patene mit Schraubdose daran. Dasselbe Zeichen. —
6. 7. Zwei Patenen, einfach silbern, ohne Schmuck und Inschrift. Die eine
(neu) mit dem Mcisterstcmpel P F H. - 8. SillH-rne runde Oblatendosc mit
dem LEPEL- PLESSEN sehen Allianzwappen, ohne Initialen. Als Stadtzeichen
der lübische Doppeladler, dazu als Meisterzeichen ein Monogramm ^
aus D L (oder P L?). — 9. Silbernes Wdnfläsdichen, ohne Zeidien, ganz
neu. — 10. II. Auf dem Ahar stdien zwei getriebene Messingleuchter auf
achteckigen Füssen. Gestiftet von JACOB ÖUDEKN ECHT 1716. — 12. An
dem südlichen Pfeiler des Chores ist in neuerer Zeit eine getriebene Messing-
schale zur .Aufnahme des Abendmahlsopfers angebracht. Auf dem Rande
I rucht- und Blatt- Ornamente. Gestiftet von JOCHIM FINCKE ANNO 1707. —
13. Rothseidenes Vclum mit Silber- und Goldstickerei (Plattstich): D. C DÜRING
GEB. V. SEE. 1700.
.\us dem Inventar von 18T1 mag er\»'ahnt werden, dass der alte Altar
ein Werk de.s Barockstils von 1737 war, sowie dass die Kirche damals noch
ein Sandstein -Epitaph mit Alabaster- und Marmor -Verzierxmgen besass, das
dem im J.nhre t6ii 52 jahiv .n!t \ t rstorlH-mn Christoph von Hagen,
Mecklenburgischem Rath und Amtshauptmann zu Gadebusch, Erbhcrm auf
Hanshagen und Gemahl der Marsaretha von Zepeltn, mit der er sechs
Kinder hatte, von seinem Sohn Gottlieb, der sich Archiepiscopt Bremensis
Constlijuius et Praefectus Eutinensis nennt, im Jahre 1625 errichtet worden
war. — Die alte Orgel war von 1681.
') Hurcliard Hartwig YOn Lepd auf Grambow, Ilcrzogl. Mcckicnb. Amtsliauptmanri zu Greves-
mUhlcn fgfb. 1640, pc-it. 1703), war in fwciler Ehe (i^>92) mit Mafjdalciui Sophia von PlesKii,
einer Tochter des Kutn. Kaiser!. Obersten der Kavallerie Helm, von Plessen auf Camba, verm&hlt.
Vgl. HoinckbuMii, geneal. Tabellen.
Digitized by Google
KIRCHDORF BÖSSOW.
Das RathhaM ist ein ganz schlichter zweistöcki|;er Zici;« Ih.ui auf einem
Fundament von machtif^cn Granitrjiiadcm, mit abf^cwalmten Uaoh 1 )ie schmale
Nordseite wendet sich dem Markte, <lie iiher zwiimal so breite Ostseite der
Lübiüchcn Stra:>se zu. An letzterer liegt der jetzige Ilaupteingang, ein ein-
faches, mit flachem Bogen umwölbtes Portal, über dem sich als einziger
Schmuck des Gebäudes drei rechteckige Blenden befinden, in denen auf
blauem Grunde das Stadtwappen mit der Jahreszahl 1585, das mecklen-
buri,Msche W appen in der im X\'I. Jahrhundert üblichen fiinfleldrigen Form
und der (ohne Schild freistehen<le) anf^ericlitete ]><)mmersclie {goldene (ireif
(s. o. S. 343, Anmkg.) darj,'estellt sind. Hin zweiter kleinerer geradlinig ab-
geschlossener Eingang geht nach der Marktscitc zu. Vor beiden befinden sich
Freitreppen. Das Erdgeschosa der Nordseite öflhete sich früher in einer
grossen, von drei jetzt vermauerten Rundb(^;en (der mittlere enthält den
jetzigen Eingang) getragenen Halle nach dem Markte. Zwei jetzt ebenfalls
vermauerte, mit neuen Fenstern durchbrochene grosse Stichbögen trugen diese
Laube an der Ost- und Westseite.
An der Eisenbahn, nahe bei der Stadt, vor der Callies'.schen Fabrik,
findet sich ein grosser halb in die l""rde gesunkener Grenzstein mit der Inschrift
anno 157 . , der aber wohl kaum mehr auf seinem ursprungliclien Platze steht.
Indessen mag er hier genannt werden, damit der in der Stadt verbreitete
Glaube an Runenschrift beseitigt werde.
Das Kirchdorf BBttow.
as 7 km nördlich von Grevesmuhlen gelegene Dorf Hössow [Hvrissowc, Geschichte
Borsowe, Borzowe, Bo.ssaw, Ort des Boris, vom altslavischcn borii des
» Kampf')], im XIII. Jahrhundert noch zur Farochie Daroshagen gehörend, I^'*«*-
und somit gleich diesem im Gebiet des alten Klützer Waldes liegend,*) wird
zwischen 1 309 und 1 3 1 1 durch den Ritter Johannes Storm zu einem Kirchdorf
erhoben. Er baut mit Genehmigung des Bischofs Marquard von Ratzeburg,
der 1309 den Stuhl besteigt, das noch heute .stehende kleine Gotteshaus und
stattet die I'farre mit einer Hufe Ackers und einer jährlichen Hinkunft von
24 Solidi aus. Dafür darf er das erste Mal den Pfarrer dem Bischof zur
Wahl präsentieren, während (Ur die Zukunft der Bischof allein das Patronat
haben wird.*) Aber die Tage der Storme in Meddenburg dnd gezählt, der
*) KOhmt, M. jHbrb. XLVI, S. sS.
«) M. U.-B. 375 (S. 375).
*) M. U.-B. 3491. Es ist möglich, dan mit diesem Kirchenbao die io den Jahren 1354
ttiid 1361 vom Ritler Gotiscbalk Storm und seinen dentschcn Milbeiilzern nnd Bauern aufgestellten
Digitized by Google
352
AMTSGERICHTSBBZIRK GRBVESMOHLEN.
letzte, der im ersten Viertel des XV. T:ilirhundcrt.s genannt wird, ist Ludoke
Storni. ') An ilire Stelle tritt ein Zweig der l""amilie \oii Ha.ssewitz, den wir
schon im Jahre 14UO auf Huf Thorstorf und Thorstorfer Mühle sowie mit
Besitz und Rechten in Bössow antreffen, und der später noch bis über die
Mitte des XVII. Jahrhunderts hinaus auf dem benachbarten, ebenfalls nach
Bössow hin cingcpfarrten Klein -Walmstorf ansässig ist. Wie sie, so besitzen
aber auch die Herren von Plessen auf Steinhausen, Parin und Hoikendorf
(nachweislich vom XVI. Jahrhundert an) einzelne Hauerbcn oder Höfe in Rössow.
Durch vorübergehende Vcri)rtindung im Anfange des XVII. Jahrhunderts
komoicn die Bassewitz'schen liauerben an das Gut Naudin, das Heinrich
von Sperling innehat, und an Grossenhof, wo Volrath von Plessen sitzt, sowie
an die Kirche zu Grevesmühlen. Die Grevesmiihlener Kirche fiberlässt ihre
Rechte 1618 an Lttder von Stralendorf, und dieser tritt sie 1630 an Herzog
Johann Albrecht von Mecklenburg,' (in.strow ab. Herzog Atlolph Friedrich
von Mecklenburg Scinverin aber erwirbt neun Jahre spater drei lUifencr und
einen Kossäten von Daniel von Plessen mittels i'erniutationskontraktes gegen
das Dorf Manderow und die Summe von aooo Gulden. Doch behalten die
von Plessen wie die von Bassewitz auch neben dem Herzog immer noch
Besitz und Rechte in Bössow. Diese verschiedenen Verhältnisse muss man
im Auge behalten, um zu verstehen, wie es hat konimen l nnen, dass Bössow
heute aus einem zum Grevcsmühlen Plüschower Domanialanit gehörigen Bauern-
dorf und aus zwei zum ritterschaftlichen Amt (Irevcsmühlen zahlenden L^lm-
giitern Bössow -Osthof und Hössow- Westhof, besteht.
Ebenso bunt, wie mit dem Grundbesitz, geht es mit dem Kirchen-
patronat zu. Dieses wird nicht, wie man envartet haben würde, mit dem
Aufhören des Risthums Ratzeburg vom Herzog übemonimcn, sondern nach
Ausweis der Kirchenvisitationsprotokolle von 1541 und 1568 haben es die
Herren von Rassewitz auf Thoi.storf auf (jrund ihres Antheils an Rössow.
Als nachher, um 1610, die Herren von Ahlefeld eine Zeit lang in Thorstorf
ihre Rechtsnachfolger werden und die von Bassewitz sich auf Klein- Walmstorf
und Bössow beschränken, theilen beide, nach Angabe einer der Inschriften der
Gla.sgcmäldc, das Patronat mit einander. 1647 aber, nachdem der Herzog
Adolph Friedrich Miteigenthümer \ on Rössow geworden, sind der Herzog und
Kar! IHrich von Rassewitz auf Klein -Wahiistorf. nach Angabe des Kirchen-
visitationsprotokolls vom selben Jalire, Inhaber des Patronats. Hun<lert Jahre
später, als Christoph von Lowtzow Resitzcr von Klein -Walmstorf geworden,
ist er der Kompatron (s. Grabstein und Kirchen -Akten). Als aber 1802 der
WalmstorTsche Antheil von Bössow, den der seit 1780^) auf Klein>Walmstorf
Schukiverschreibunf;cn iM. U.-II. S855; Crull im M. Jalirli. XXVIII, S. 186) zusÄmmenhängen.
Die mit (Juttsclialk Storm in drei Urkunden genannten EigenlhUmcr und Bauern sind Marquardus
4e Lo, Conndiu Assel, Johaones Kerkbof, Vidte Clatte (de Bonoire), Hintkns Wlttdraoed, Goddw
Danqiuirdes, I{eiintk<- Rlkr. und nach Ausscheiden dei M. de Lo Mcb Jotuuince Wenen.
«) Vgl. Lisch. M, Jahrb. XI, S. 456.
*) Fttr die Zeit von i«56 Ui 1780 fcliU es u Akten aber den BetiUweduel.
Digitized by Google
KIRCHDORF BOSSOW.
3S3
sitzende Major von Schräder innegehabt hat, an den Schweriner Regierungs-
rath von Kudloff übergeht, ist das Streben dieses und seines Nachfolgers, des
Majors von Rudloff') zu Berlin, darauf gerichtett das Kompatronat an den
Hmog abzutreten. Der Grosshenog Friedrich Franz nimmt es im Jahre 1833
an, nachdem es Uber zwanzig Jahre früher sehr entschieden von ilmi ah
gelehnt worden war. So ist jetzt der Landesherr der alleinige Patron der
Bössower Kirche.
Von den vorreformatorischcn (leistlichcn ist keiner mit Namen auf uns
gekommen. 1535 finden wir, nach Angabc von Visitationsprotokolien und
Akten, in Bössow einen Pfarrer Curd, über den kein gutes UrtfieO gefällt
wird,*) IS41 Martinus Krakow, nach ihm (ohne genauere Zatangahe) Nikolaus
Schutte,^ um 1625 Adam Brunshwig (featioschweig), um 1639 Zacharias
Manichius, um 1642 Joh. Höfer, um 1658 Joh, Krüger, um 1666 Jakob
I'olchovius, um 1715 Georg Friedr. Susemihl, um 1766 Jakob lioysen, um
17S2 Pastor Mussäus, um 178.S Friedr. Gabriel Strempel. üeber ihn und
seine Nachfolger s. Walter, a. a. O.
Kirdic. Die Kirche ist ein verhältnissmässig sehr kleiner mit Strebe» Kirche,
pfeileni bewehrter schlichter Ziegelbau, dessen Ostende einen Schluss aus dem
Achteck hat, und dessen mit steilem Walmdach versehener Thurm sich gegen
das Innere des Schiffes hin in weitem Hogcn öffnet. Der flachgedeckte Kaum
des Schiffes wird von sechs kleinen zweitheiligen Fenstern mit Spitzbogen-
schluss erleuditet.
Der ncugothischc Altar und die im Jahre 1674 von HENNEKE VON Altar
PLESSEN und SOPHIA VON STRALENOORFF gestiftete Kanzel sind ohne Kan/.el.
hervortretende Bedeutung. Auch von der einzigen Gtocke der Kirdie ist Glocke,
nicht mdir zu sagen, als dass sie 1840 an die Stelle einer mittelalterlichen
Glocke trat, über welche Übrigens audi das Inventar von 181 1 nichts enthält.
Dagegen sind die Grabatcine der Kirche, die vor Kurzem noch an ihrer alten Grabsteine.
Stelle vor <lem Altar lagen, jetzt aht-r aufrecht an den Wänden stehen, nicht
ohne Interesse. Die l^nschrift des einen, der mit dem .Storm'schen Wappen
und den vier livangelistenzeichen in den Mcken verziert ist, lautet voll aus-
geschrieben: STona • boniinf : m* : tccicctai I in : bie : 6eatf : bponffp : tpip
copi : aftiit : bomimif : (aj^amir^ : ftonn : mllej • | 9^ft |oc : oftfenint
l^ennannu^ I breblruu^ : toj^anitP!^ : filii : rju^ : oratt : bruin - pro : iyfo^
nim ^ anafmabll^ |/) — Die Umschrift des andern, der ebenfalls die vier
Evant^elistensymbolo in den l'xk. ii hat. lautet; $l'no Ölli '. 111 ! rrr l):)Ci t
7: hic : »Wmi : et : icobi • « • iogc^ • hetctjaf • 1 ^no : bni : m : at •
Auf BSnow-Ostbof n« sclion ni Zeiten der Radloff die Fe^Ke Büniw. die ce noch
lieate besitzt. Rü«swvv -^V>^sth..f ist seit 1889 im Beiits des Scbniedemeiilen Ki^ter.
") Lisch, M. Jahrb. VIII, .S. 50.
*) Lisch, M. Jahrb. XII, S. 171.
*) Dieter J0I1. Storni Ist aatttdich aidit mit dem GrSnder der Kifdie n venrcdadn.
Digitized by Google
354
AMTSÜERICHTSBEZIRK GREVESMÜriLEN,
(Lücke für das Datum gelassen) ^ • tualfniroi^ * bjOt t\9 .') — Die Inschrift
eines dritten Grabsteines lautet: ALLHIER RUHET IN GOTT HERR CHRI-
STOPHER V. LOWZOW, ERBHERR AUF LÜTTEN WALMSTORF V(ND) COM-
PATRONUS VON DIESER KIRCHE ZU BÖSSOW, GESTORBEN DEN 20. MAJI
ANNO 1755. — Fast noch fesselnder,
als diese Grabsteine ist das mit
Glas- alten Glasmalereien gefüllte Fenster
maiereien, hinter dem Altar. In der Lucht
links oben ein Stechhelm mit einfach-
bogig ausgeschnittener rother Decke,
der ein Rad trägt, das mit drei Paar
wcissgrauen Federn besteckt ist. Die
Nabe und die Felgen des Rades sind
roth. In der Lucht rechts oben ein
unten spitz zulaufender weis.ser Schild
mit drei sechsspeichigen rothcn
Rädern: in beiden Lüchten haben
wir .somit die Helmzier und das
Wappen der Storm vor uns. Von
den sechs übrigen Tafeln des Fensters
haben sich vier mit figürlichen Dar-
stellungen erhalten, eine links, drei
rechts. Man sieht die Anbetung der
hl. drei Könige auf zwei Kumj)arti-
mente des h'ensters vertheilt, die
Apostel Petrus und Paulus sowie den
hl. Georg und den hl. Christopherus.
Au.sserdem bemerkt man als ein-
geflicktes Stück linkiä oberhalb der
hl. drei Könige die Figur des
Heilandes aus der Scenc der Taufe,
womit eins der jetzt leer gewordenen
Felder des Fensters geschmückt ge-
wesen sein wird. Die Figuren sind
weiss auf blauem Grund, die Glorien,
Kronen , Attribute u. s. w. gelb
gefärbt. Ucber St. Georg und St. Christophorus die Ucberschrift: l^it •
WxftCV • ri)lft • iof} (f)tO'ni • in (bt • Cre gitbt|$). Ks ist somit keinen
Augenblick daran zu zweifeln, dass wir in diesen Gla.sma]crcicn eine Stiftung
jenes jüngeren JOHANNES STORM vom Ende des XIV. Jahrhunderts vor uns
Grabstein des Jobannes Storni.
') Der hier begrabene Johannes Kirchhof ist einer von denen, die die Schuldverschreibungen
des GolLschalk Storm mitunterieichnen. Vgl. M. U.-B. 10194. M. Jahrb. XXXVIII, S. 188. Auf
«las mittelalterliche Verhähniss der Bauern zu dem ihnen Ubergeordneten Ritter wirft es ein Licht,
dass in Rössow der Grabstein des einen neben dem des andern vor dem Altar liegt.
Dlgitized by Google
KIRCHDORF BÖ8SOW.
355
haben, der im Jahre 139''' starb, und dessen Grabplatte erhalten geblieben ist.
Zu beachten ist, wie der alte Glasmaler in der Architektur- Minfassung seiner
]}ildchen romanische und fruhgothische Formen beiljchalten hat. Das Fenster
rechts vom Altar enthält auf kleinen Scheiben die Wappen eines Hcnaeke
VM PIcwcB, eines zweiten von Plenen und einer vm BMow; drittens ein
von Ahlefeld'sches und ein von Bassewits'sches. Die beiden letzteren tragen
dit I nterschrift: JVRQEN V. ALEFELT PATRON DIESER KIRCH MORTV*
Ao 1588 und OOROTHEIA V. BA88EVITEN (1) MOTVA (i) Ao 1810. S. o. S. 3S2.
Kleinkunstwerke, l'.iii j:,'rnssrrcr ncu-
guthischcr Kelch mit I'atcnc, und ein kleinerer
Krankenkdch, beide vtMi SSSbect sind, nach
dem Stadtzeichen mit seinem Jahresbuclistaben
(A und B) zu schliessen, Hamburger Arbeiten,
jener vom Meister j I F B |, dieser von |l M |.
F.inc viereckige Oblatendcsc von Zinn ist
gleichfalls aus jüngerer Zeit, sie hat den
Stempel lA.SCHÜfzl. liinc neue messingene
TaufschUssel nennt den Schweriner Hofgraveur
A. Lenthe als ihren Verfertiger. Aelteren
Datums sind allein zwei Leuchter, der eine
mit der Aufschi ift am I-\iss: ANN
TICHEN SEHL lOCHIM KUMMEROW KÜSTER
ZU BÖSSOW WITWE 1727; der andere mit
der Aufschrift . HANS BAUMANN lURAT UND
EVERMAN8 1727. Beide Leuchter haben das
Wismar'sche Stadtzeichen und
das nebenstehende Meister-
zeichen.
Kleinkunst-
wette.
Fenatcr de» JoIimim* Sutrai.
Auf dem Kirchenboden ein sechs»
seitiges Holzgestell im (leschmack guter
Renaissance zur Aufnahme eines Tauf-
beckens. Das Inventar von 18 11 gieht
an, dass der nlte Altar im Jahre 1670 von Ulrich Kail von Hassewitz
und Margaretha von Bülow renoviert worden war, und dass auf den ihn
einschliessenden Schranken die Namen des Kihie v. Fies und der Lucretia
V. Bitlow mit der Jahreszahl 1597 standen. Ein älterer silbervergoldeter
Kelch (Itr Kirche tnig die Namen des erstgenannten Ehepaars und die eines
zweiten, des Joachim von Bassewitz und der Agnes Hedwig von Krackewitz
mit dem Datum 1694. Ein anderer Kelch trug den Namen des Hemicus
von Wosden und die Jahreszahl i^ii-. Statt zweier /innener Leuchter \fi;n
Jahre 1727 gab es 181 1 noch deren vier; die beiden nicht mehr vorhandenen
waren 1727 von Asmus Reymers und Kadiarina Elisabeth Rqrmersen gestiitet
woiden. Kin Klingebeutel von 1737 trag die Initial» D. H. t. B(ehr) und
D. E. D. V. B(Ulow}.
Digitized by Goo
35Ö
AMTSGERICHTSBEZIRK GREVESMÜHLEN.
Mozellen-
burch.
Denkstein Denkstein. Auf dem zum Kverstorfcr Forsthof gehörigen Acker, da
desLudeke wo er am Hoikcndorfcr Wege beginnt, rechts vom Everstorfer Wege, somit
in dem durch diesen und den Hoikendorfer gebildeten rechten W^inkel, steht
eine 2,14 ^ hohe Steinplatte, etwa 0,5 m breit, mit fast kreisrundem Kopfe.
Der Stein ist stark verwittert. Gesetzt zum Andenken eines im Jahre 1391
an der betreffenden Stelle erschlagenen Wismar'schen Bürgers Ltideke
Mozellenbuch (= Mozellenburch). Auf beiden Seiten ein Krucifixus, mit
den Armen in der Mitte des Kopfes des Denksteins. Auf der östlichen Seite
kniet zur rechten Hand des Krucifixus ein unbewaffneter Mann in kurzem Wams
und mit unbedecktem Haupte, zur Mnken Hand lehnt ein Schild, der einen
Denkst ein des Ludckc Mi<zellcnburch.
Thurm oder irgend ein anderes Gebäude mit Zinnen und darüber eine Mu.schcl
zeigt. Auf der westlichen Seite stehen neben dem Krucifixus rechts Maria,
links Johannes. Darunter kniet derselbe Hürger wie auf der Ostseitc, und
zwar unterhalb der Maria, vor seinem Wappen. Auf der östlichen, der Stadt
Wismar zugekehrten Seite, zu Hauptcn des knicenden Mannes auf dem Spruch-
bände die Worte: lllifcrcrc llicl. Unter der ganzen Darstellung: ?lno : blli :
m : rcc : jrri : ipo : bic btce : miliüj IiibcVie : 1110 : .^cllcburfi : ciui^ : i :
talöincc : '. iV fcct' : rft. or : bcu : 41 : CO : — Auf der westlichen, der
Stadt Grevcsmühlen zugekehrten Seite zwei Spruchbänder. Vor dem knieenden
Manne die Worte: 0 : Iliatcr I hci I lltciurto inei : Unter dem Manne:
moscncnljbrri) or : 4) : CO : Vgl. Usch, M. Jahrb. XI, S. 483. Crull,
M. Jahrb. XX, S. 300.
Digitized by Google
KIRCHDORP DAMSHAGBN.
357
Das Kirchdorf Oamshageii.
HEBlaiiMluigai, 7 km nordwestlich von Grevesmählen gellten, ist, wie sein
ältester Name in den Urkunden, Thomashs^en, Thomediagen, Thomes-
haghen, beweist, eine deatsdhe Grandunp[ aus christlicher Zeit. Bereits um
1230 erscheint es als eine von den vier alten Parochicn des Klützcr Waldes.')
\'(m seinen im ZchntcnrcL^istcr dicsf^ Jalircs Ljenannten acht Dörfern hat das
Kirchspiel nur eins verloren, namlich das im Jahre ijii durch den Ritter
Johannes Storm zu einer eigenen Parochie erhobene Dorf Bössow (s. o. S. 351),
alle übrigen umfasst es noch beute und überdies eine Reihe anderer Gründungen
aus jüngerer Zeit. Der Name 1 ).ini-ha|Ten erscheint 1370 zum ersten Mal,
und zwar in der I'orm Dammeshaj^en,') bis dahin herrschen die Formen des
älteren Namens.') Mit Hcsitz und Rechten finden wir dort im Mittelalter
ausser den Glessens, von denen einer, der Knappe liernd, schon 1336 einen
Verkaufskontrakt im Dorfe vollzieht, ohne dass er dabei freilich als ansässiger
Besitzer genannt wird, die Herren von Parkentin, Storm und Kulebuss. Am
Ende des XIV. und Anfange des XV. Jahrhunderts aber sind die von Plessen
schon die alleinigen Herren des Dorfes, das sie bis heute in Händen haben.
Ausserdem aber sind sie zu Anfans^ des XVI. Jahrhunderts die eij^entlichen
Herren des weitaus ejrossten Thcils vom Klützcr Wink'cl, sie besitzen hier
neben Damshagen die Ciuter Klütz, Hahlen, Arpshagen, Grundeshagen, Ganten-
beck, Brandenhof, Grossenhof, Hoikendorf, Tressow, Zierow, Bamekow, Parin
und Hohen-Schönberg.^)
Auf die Bedeutung dieser alten Adelsfamilie in der Geschichte der
Reformation des Kliit 1 r W inkels ist oben, S. 303, bereits hingewiesen worden.
Die l'olge davon scheint die gewesen zu .sein, dass die Herren von PIcs.sen
nach dem schnellen l^ntergang des Ratzeburger Histhums auf eij^ene Hand
die Besetzung der l'farrcn in ihrer Bcgütcrung zu betreiben und dabei stellen-
weise das herzogliche Pätronatsrecht zu usurpieren suchten. Das war z. B.
in Damshagen der Fall. Darüber kam es 1579 zwisdien Kurt von Plessen
und dem Herzog Ulrich zu lang sich hinziehenden Auseinandersetzungen.
Kurt berief sich darauf, dass sein Vater von Anno 26 (1526) her nicht wenicjer
als fünfzehn Pastoren ins Amt t^'ewiesen habe, von denen mehrere noch am
Leben wären und daher als Zeugen aufgerufen werden konnten. Zwar kam
•) M. V. B. 375 375\
*) M. U.-B. 10004. Auch 1371 heiMt es Dameshagen: M. U.-B. 10203.
M. U.-B. 375 (S. 375). 859. 1109. S613 (S. 54I)l 5696. 6168. 8789. 9106. Auch in
spStorer Zeit , natlulcni bereits der Name Damshageti vorgekommen ist, bleibt der ur-^prüngliclie
Nune noLh lange Üblich: vgl. M. U.-B. 10211. 10812. 10819. I0824. 10912. II053.
Vgl Lisch, M. Jahrb XVI, S. 63.
35«
AlfTSGBItlCHiiSIUSZIRK GREVESUOHLBN.
CS zwischen ihm und der Herzogin Elisabeth als Inhaberin der Vogtei Greves-
mühlen (s. o. S. 343) im Jahre 1585 zu einem V^ergleich, worin die Herren
von Plessen auf das Patronat zu Damshagen verzichteten und nur in Bezug
auf Präsentation und Wahl der Prediger einige Koncessionen erreichten^ aber
Streit und Verdruas hörten deshalb nicht auf.*) Da geschah es, dass am
31. März 1693 der Herzog Friedridi Wilhelm der Bitte des Königl. Dänischen
Geheimrathes Christian Siegfried von l'Icsscn, Besitzers des genannten Güter-
Komplexes, nachgab und das Patronat über die Kirche in Damshagen in aller
Form Rechtens abtrat. Doch erfreute sich der Geheime Rath dieses Vorrechtes
mcht aehr lange. Sdurn 1708 vericaufle er die Gfiler Patin c. p., Rolofs-
hi^;en, Küssow und Gutow an den Oberstallmeister von Bfilow, und mit den
Gütern zugleich das Patronat von Damshagen. Die herzoglidie Bestätigung
des Kontraktes erfolgte 17 12. Als zehn Jahre darauf die aus Hannover ins
I^nd gekommenen beiden Brüder Hans Kaspar Graf von Bothmer und Friedrich
Johann Freiherr von Bothmer die Rechtsnachfolger der Herren von Plessen
auf deren übrigen Gütern wurden und zu dem von ihnen aus diesen Gütern
gebildeten Fidei>Kommiss, das im Jahre 1732 Hans Kaspar Gottfried, der
Sohn des Johann Friedrich, als Erbe antrat, auch der obengenannte Güter-
besitz des Obel Stallmeisters Hartwig von Bülow, mit dessen Tochter Christine
Margarethe der junge Graf vermählt war, hinzugelegt wurde, da ging auch das
Patronat von Damshagen an den Besitzer des Gräflich Bothmer'schcn Fidei-
Kommisses über.
In den Urkunden des Mittelalters werden folgende Flebane genannt:
Gottfried (um 1327), Bertram von Kramon (um 1329/34), Reymer (um 1.349)
und Bdatthias deBlüclier (um 1371/77). Zur Zdt der Reformation ist Kaspar
Brügge (um 1541) Kirchherr;*) ihm mag alsbald Asverus Becker gefolgt sdn
(M. Jahrb. XII, S. 171) diesem 1553 Lorenz Wüsthof (s. o. S. 231); um
1568 Nikolaus Lütke; um 157.S Jakob Riese; um 1585 Hektor Siegfried
(s. o. S. 235); um 1588 Mauritius Wacenius; um 1595 bis 1611 Thomas Lowe;
um 162 1 Joliann Gade; 1639 wird Johann lademann berufen, 1674 Joachim
Hinridi Taumann, 1703 Heinrich Schaub, 1717 Bernhard Raupach, 1726
Christian Albrecht Ideler, 173 1 Andreas Gottfried Schmidt,') 1754 Joh. Daniel
Jörges und 1808 F. E. Groth. Ueber Um und seine Nachfolger s. Walter a. a. O.
Kirdie. Die Kircbea ein im Osten aus dem Aditeck gesdilossener pfdler-
bewduter gothischer Bacicsteinbau mit modernisierten Spitzbogenfenstem und
Resten eines at^jetreppten ^ckzadcfrieses erweckt von aussen den Eindrude,
') V^. beioaden Akten Aber du Avftratea da Johami ma Plenen in der Kfaclw sa
Damahsgen im Jahre l6l3. Ferner Akten von 1589, 1616 und 1673.
*) Die Namen der fttnfxehn Plebane, die Kurd von Plesaen in seiner Schrin an den Herzog
Ulrich vom Jshre 1579 nennt und auf die Zeit von 1536 bis dehin (also auf gut 50 Jahre) verüieilt
«iaen «ül, biaea wir hier fint, da aie dnDwtlia nklit ddier aeln werden. Es mögen nunche
herumzielicnde Pritiükanien von zweifelhafter Voganteaheit dazwiachen geweien edn, die bald hier,
bald dort auftraten und wUd darauf los redeten.
•) Vgl. Luch, M. Jahrb. XXXIX. S. 61.
Digitized by Google
KIRCHDORF DAHSHAGEN.
3S9
riN müsse man in einen mit Kreuzgewölben jjcdecktcn Innenraum eintreten.
Statt dessen findet man einen mit einem Plafond im Geschmack des vorif»en
Jahrhunderts ausgestatteten nüchternen Saalbau, in dem die Scheidung von
Schiff* und Chor ausschliesslich darin besteht, dass dieser um zwei Stufen
gegen jenes erhöht ist Am Pbübnd drei Wappen in der Folge: von Bülow,
von Bülow, von Reventlow. Im Westen ein Thurm mit vierseitigem Pyramiden*
heim und einem Radfenster über der westlichen Eingangsthür.
Altar und Kanml, mit einander zu einem Körper verbunden, sind eine Altar and
haaltang des Barockstils vom Jahre 1724. Derbe Holzsäulen, geschnitzte KanceL
Engel und allegorische Figuren sowie die Kinsctzung des hl. Abendmahles als
Bild unmitte]l>ar ül>er dem Altartisch bilden den Schmuck des Werkes.
n 1^ Invcnt.it \ II 181 1 hat den Namen des Vurfertigcrs bewahrt:
Hieronymus Hatsenberg Iccit 1724. Das Werk kostete 313 Thaler 16 Jl
TavfatetD. Im Thurm die alte Steinfünte der Kirche aus dem XIII. Jahr- Tanfttein.
hundert, ihr Fuss liegt auf der Südseite der Kirche.
Grabsteiae. Auf dem nördlich vom Altar gelegenen sieht man die Grabsteine.
Bilder eines Mannes uiul einer I'rau, jenen in ciiu r Ritterrüstung. Die Insclirift
lautet ?lno i6oi bc 1+ ?lprll bc «libbclc biT »Crcntliiiffti: Con
b • pictK • • ^* ^'rff gi^fctc to T^anicffiaoc ' \m to trrffoüi a."^c&arc
%^ 32 Up 1 luaio I sOot ^nt)laiiic2 be 31 decr i 2^ be >(5bt>c(e
bä belebogetfame Cattcine JUalfile ftatfn^ bodgttr to tatttn*
bOIp in ^Ot €tltflA|ietl. Zwischen den beiden Figuren die ZaU 1586. Vgl.
oben S. 47, 308, 357, 360 und unten bei Klütz. Dazu M. Kunst- und Gesch.-
Denkm. I, S. 326, 337 ff. Auf dem südlich vom Altar gelegenen Stein eiicennt
man das Plcssen'sche und Suckow'sche Wappen und die Zahl i5Si*
Steimirge. In einem Anbau auf der Nordscite der Kirche stehen zwei Steinsärge.
Steinsärge ans einer Art Sandstein, dem man da-^ Ausgehen von Marmor
gegeben. W ie \\'a])|)en und Inschriften zeii^eii, sind es die Sarkopliage von
Hartwig von Bülow und Christina von Bülow, geb. von Reventlow, beide
gestorben am 4. Januar 1729 (s. o. S. 358).
Glocken. Im Thurm drei Glocken: die grö.sste Glocke vom Jahre 1469 Glocken,
zeigt auf der einen Seite einen Bischof mit Stab und Griffel, auf der andern
Seite die hl. Kathanmt. Dazu die Inschrift: 9na bnl m* CCCC* l]ei)C Q bthf
0 njc 0lQcle vl^Oi p^t bent c? pace et moria ante. Unter dem Bischöfe-
bild findet sich das nebenstehende Zeichen.
Viil. die ('.1n<kcn /ii Dierhagen, Bd. I, S. 380. Eine der Glocken
zu Pctschow, IJd. I, S. 421.
Die 7v, citgrösste Glocke vom Jahre 1S15 hat nachfoli^cnde Inschrift:
DAMSHAGEN IM JAHRE MDCCCXV. DER KIRCHE PATRON CHRISTIAN LUDE-
WIG GRAF VON BOTHMER AUF BOTHMER GEBOREN DEN XXiX AUGUST
MDCCLXXIII PREDIGER FRIEDRICH EMIL QROTH JURATEN N. J. B0ES80W
Digitized by Google
AMTSGERICHTSBBZIRK GREVESMOHLBN.
Glas-
gemllde.
Kleinkunst-
werke.
J. H. L. LUCKMANN J. W. GERBBIN (statt GREBBIN) Auf der andern Seite:
DIE GLOCKE VOM JAHRE MCCCLXXVIII UMGEGOSSEN VON J.G.W. LAND-
REIN LÜBECK ICH RUFE DIE LEBENDIGEN ZUR BUSZE UND DIE TODTEN
ZUR RUHE. — Die kleinste Glocke ist ohne Inschrift.
Glasgemälde. In einem Fenster der Nordseite ein Hildclicn, das einen
Mann und zwei Frauen zeigt: jener ist mit Zusdumden von Leinewand be-
schäftigt, diese nähen. Darunter CLAUS WARDMOND 1600. In einem Fenster
der Südsdte dne Anzahl von Wappen, die aber nicht mehr in ihrer ursprüng-
lichen Zusammenstellung vorhanden und daher ftir die Genealogie der Familien
kaum noch von Bedeutung sind. Man vermag aus den Unterschriften in
niederdeutscher Spraclic nur zu erkennen, dass es eine Fhrcntafel war, die
eine Wittwe von Plessen ihrem verstorbeneu Manne zu Ehren anfertigen Hess,
man sieht aber aus der Vergleichung der Daten in dem steinernen Epitaph
der Marien-Kirdie zu Wismar,
s. o. S. 46, und m dem der
Kirche zu Gressow, o S }0^,
dass CS ELISABETH VON
SPERLING war, die. dies
Fenster ihrem ersten Manne
Kwrd VM Pinea (f 1601)
aus dem Hause Damshagen
zu Ehren stiftete. Im mitt-
leren Chorfenster das Bild des
I Icilandes als Salvator mundi,
in der linken Hand Kugel mit
Kveuz; die rechte Hand mit
der Siegesltdme fehlt.
Das Inventar von
1 8 1 1 fügt die Jahreszahlen
1601, 1603 und 1603
hinsu. Zur Zeit sind die
Wappen untergebracht wie
sie nebenstehend folgen.
Kleinkunstwerke.
Silbervcrgoldetcr Kelch
I.
PlMten'wlMt W«p^. I PleMen'tehw Wappen.
Bernd v. Plesen ' Johan 7. Plesse ....
vom Hausse Oamshagen|
Wcnckjlcrn'sche* Wappen.
ries»en'sclies Wappen.
H. Berd v! Plesse
Mines Seligen Mans
Elter Vader
StnlmdorfraelMS Wappen.
Anna Stralendorp
min ieue grot vader van
der Moder
«on Baeliwald'adies Wappen.
Spcrliiifj'sclics \Va[i[icti.
Elisabet Spätling
Sin Priuve Mines Selifan
Mans Schwester
Sin hinterlaten
BediDvade widewe 1603
LfltMnr'idMt Wappen.
Sophie Lützow
mines seligen mans
Elter Moder
Sndcow^achcs Wappen.
Ottho Gadedorp mines
I Seiigen Mans Grotvade
van siner Moder wogBn
von 1804 auf rundem h'uss
mit einem Doppelmonugramm, das aus den verschnörkdten Budistaben
JF c D besteht Wismarsche Arbeit (nebenstdiender Stadtstempd).
Meisterzeichen |l G T| (Joh. Gotllieb TorfMsoher). Die dazu gehörige \P
Patene trägt dieselben Werkzeichen. — 2. Grosser silbcrvcrgoldeter Kelch,
26 cm hoch. Als Signaculum am Fuss eingraviert Chri.stus am Kreuz mit
Johannes und .Maria. Darüber die Zahl 1621. Am gerundeten Knauf ge-
triebenes Laub-, Bändel- und Muschelwerk sowie geflügelte Engelsköpfe.
Darunter, am Fuss, dreimal die nebenstehende Hausmarke. Auf der
Digitized by Google
FLECKEN KLOTZ.
Unterseite des Fusses die Xamcn : C • lOHAN . GADE . PASTOR . CLAWE8
FELDT • KORT WARMUNDE • HANS BVCK • VORSTENDER • 73 • LOT • 3^
In der Mitte noch einmal der Xamc des Pastors. Die dazu gchorif^e I'atcne
ist ohne Schrift und Zeichen. — 3. Silberner Kelch auf scchspa^sigem Fuss
mit der Umschrift: KASTEN TRETOW IN MOHR OS 17tO. Am Knauf der
Name JESUS und eine Blattverzierung. Als Stadtaseichen der Ittbische Doppel-
adler mit Stern diarttber und ab Meisterzeichen (SFS). Silberne Patenc
mit denselben beiden Zeichen, aber ohne Inschrift. 4. Oblatcnschachtel
von Silber, r>hne Irischrift. Als Stadtzeichen der lübischc Adler.
Nt henstelicndc-; Meisterzeichen 5. l )blalenscliachtel. Der Deckel
zeigt als eingravierte Figuren den Krucifixus mit Maria und Johannes. (3 und
5 dienen zur Kranken- Kommunion.) — 6. Silberae Altarkanne, neu, von
foiESEl IHchwwIn. Geschenkt von I • BOSSELMANN VONS TELLSHAOEN
1S68. — 7. Auf dem Altar ein Lesepult mit hübschen Intarsien.
Das Inventar von 1811 erwlhnt ferner vier Leuchter von Zinn mit
der Inschrift: CHRISTIAN 1ÖRSSEN WITTWE 1762; eine .Mtardci ke mit dem
Bothmer- Buluw bellen Allian/.wappcn von 1735 einen ebenso geschmückten
und bezeichneten silbernen Klingebeutel von 173s.
Fledcens.
Der Flecken KiUtz.
|ilva Cluiz oder Cluz, Chitsc, Clutze (vom slavischen kljiiM Sehl is rl) Cevibichte
heisst im XII. und XIII. Jahrluintlert der heutige ^Klüt/er -Winkel» . ^
Der Kaiser Friedrich Harbaro.ssa weist die Lübecker im Jahre 118.S an,
nicht nur ihr Hrennhol/, sondern auch ihr Hauholz für Schiffe und Häuser
den Dassower, Klützer und Brotfaener Waldungen zu entnehmen, soweit sie
dessen fUr eigenen Gebrauch benöthigt sind, nur sollen sie keinen Handel
damit treiben; K(>nig Waldemar von Dänemark bcstätit^t ihnen vierzehn Jahre
später dies Trivilegium, und der zwanzig Jahre nach dieser danischen IVkimde,
am 8. Juli 1222, abf^eschlossene Vertrag zui.schcn dem Bischof Heinrich von
Katzeburg und dem Fürsten IJorwin über die Zehnten in den Landen IJresen
und Dassow sowie in der Klützer und Tamewitzer Forst (sUua Clutze,. «lua
Tarnewiz) lässt erkennen, dass damals eine planmassig betriebene Entwaldung
dieser Gegenden bestand, mit der man noch nicht fertig war, mit der man
aber Platz zu neuen Anstedlungen gewinnen wollte ') Xrich heute wei.scn die
vielen deutschen Dorfnamen im Klützer Winkel^ oder Ort t auf diesen Gang
der Kntwickelun^ hin, wahrend die weniL^en alteren slavischen Ortschaften
und Xamcn wie Dassow, Pötenitz, lanicwitz mit der Lieps, IJössow, Parin
und Küssow die Grenzen der ehemaligen Waldr^onen, die Plätze Gutow,
Welzin und Klütz aber einzelne ursprüngliche Wiesenniederungen und natürliche
'J M. U. U. 143. 173. 284.
Digitized by
362
AMTSGERICHTSBEZIRK GREVESMtHLEN.
Lichtungen innerhalb dieses Waldkomplexes andeuten ') Um 1230 ^icbt es
schon vier rarochien im Klützer Wald (in Clutsc ncmorc): Klütz, Damshagen,
Elmenhorst und Kalkhorst, deren Patronat der Ratzeburger Bischof hat und
behält, bb es ihm durch die Refoniiation aus der Hand genommen wird.*)
Bald wird Klütz, das schon im Anfange des XIV. Jahrfaundorts Ober- und
Niederklütz nebin sich hat, der Hauptort der Gei, nd; die Bevölkerung
sammelt sich in besonderer Weise, wie daran r.u ersehen, dass es bereits um
1288 ein Hospital ^iebt, welches u. a. von (lerbert von W'arendorp zu Wismar
mit einem Legat bedacht wird.*) Mit Besitz und Anrechten an den vielen
Idaneren und grösseren Höfen, die sich hier gebildet haben, treffen wh* im
XIV. Jahrhundert ausser dem Rehnaer Kloster, dessen Probst als Archidiakon
im Namen des Bischofs die Oberaufsicht über die Kirche fuhrt, die alten
Geschlechter der Bernstorfif, PIcsscn, Tarnewitz und Negendanck, die auf den
benachbarten (liitern sitzen Vnw ihnen machen sich besonders die Herren
von .Tarnewitz, <leren Slannn im W II. Jahrhundert erlischt, durch Stiftung
von Vikareien und Verbesserungen der Kirchcneinkunfte verdient.*) Bald aber
gewinnen die Herren von Plessen auf Arpshagen und Grundshagen das Ueber-
gewicht, wie schon in der Geschichte des Dorfes Damshagen erwähnt ist.
(S. o. S. 357.) Das zeigt sich u. a. auch daran, dass sie das Kirchcnpatronat
Rir sich allein zu erlant^en wissen, welches sie Anfangs, d, h. in der ersten
Zeit nach der Reformation, mit den Tarnewitzcn gemeinsam ausüben,') wiihrend
es im V'isitationsprotokoll von 1 56S bereits eine Andeutung darüber giebt,
dass die Tamewitze ihre Ansprüche (stillschweigend, wie es scheint) aufgegeben
haben. Zugleich wird bei dieser Gelegenheit konstatiert, dass auch die Plessen
keine urkundlidien Ausweise hierüber vorzubringen im Stande seien. Trotzdem
lassen die Herzöge die Usurpation dieses ihres Rechtes zu. Daher kommt es,
dass, als nachher im Jahre 1722 die Familie von Bothmer die Recht'^narhfolge
der Herren von I'le.s.sen antritt, auch das I'atronat der Kirche von Klutz in
ihre Hände gelangt. (S. o. S. 358.)
Als Pfarrer von Klütz treten uns, au.sscr Vikaren und Attariaten, die
wir hier übergehen, in den Urkunden entgegen um 1237 ein Magister Cono,
um 1266 der Pleban Joham. , um 1319 Gott.schalk Wulf (Lupus),*) um 1340
Wilke von .Stade. \ach ihm lolme j^enaucre Jahresangabe)
ist .Siei^fried von Kranrnn Rcclor der Kirche zu Klütz
zur selben Zeit als Heinrich von larnewitz dort V'ice-
rector ist. Um 1372 ist Marquardus rcctor ccclesie
') Vgl. Lisch, zur Topographie der Pfarre KlUiz im M. J.ihrb. XUI,
S. 393—98. MH Naehtrlgen im M. Jahrb. XV, S. 281. s88. XL,
S. 136. 137.
*) M. U.-B. 375 (S. 375). 471. 776. 859.
^ M. U.-U. I9S3. Siegel des Gotuchalk
^ M. Ü.-B. 2627. 3843. 4070. 4071. 5530. 10378. 10549. ^"'^ >3»9)'
*^ Vgl, KirclienvisitationsprntoVolI von 154I.
'^j V){l. de»s«n Siegel bei Wigger, Spuren der Thien>age auf miuclallerlichen Siegeln, im
H. Jahrb. XXXVIII, S. 209 IT.
Digitized by Google
FLECKEN KLÜTZ.
parochialis in Cliitze. Ferner ergeben sich für spätere Zeiten des XV'. Jahr-
hunderts aus dem Ruch des grossen W'isniar'schen Kalands noch zwei (ieist-
lichc, Werner Jesewitz und Johann Struve, doch ist über ihre Zeit, wieviel
vor oder nach 1450, nichts (lenaueres anzugeben. Zur Zeit der Reformation,
um 1534, ist Pfarrer Henricus, um 1541 Dietrich Wollcmann (Thcodoricus
Marien-Kirche zu KlUtz.
Wahnan) Kirchherr zu Klütz, zwischen 1568 und 1594 Friedrich Desburg,
um 1598 Urban Hovel, um 1610 Paul Augustin, um 1614 Martin Kriiger, um
1650 dessen Sohn Joachim Kriiger, zwischen 1674 und 1709 Friedlieb Ansei
(Ansclius), zwischen 1710 und 1743 Heinrich Westerhcyde, zwischen 1745 und
1789 Ludwig Frich Mcllmann, von 1789 bis iSioJoh. Chr. Fhrenreich Duliring.
Die Marien -Kirche zu Kliitz repräsentiert jenen Typus aus der Zeit Kirche,
des Uebcrgangcs vom romanischen zum gothischen Stil, der besonders in der
Digitized by Google
364
AMTSGERICHTSBEZIRK GREVESMÜHLEN.
Umgegend von Wismar angetroffen wird, jedoch gehen die Dimensionen von
Chor und Schiff über das gewöhnliche Maass der Landkirchen weit hinaus.
Grundriss
der Marien- Kirche zu KIttU.
H
Der Chor hat eine aulTallende I-angc, die doppelte
der herkömmlichen, und das Langhaus ist wie das
der Kirche zu Grcvcsmühlcn eine drcischiffigc Halle.
•1^
Pfeiler* («rundruiä.
Rftsluck.
Kliitz.
Die mit abwechselnd rothcn und grün glasierten Ziegeln gesetzten Fcn.stcr-
schlitze und Torlale des Chores haben vieles von ihrem ursprünglichen
Digitized by Google
FLECKEN KLOTZ.
spätromanischen oder früliKothischen Charakter bewahrt, ebenso die Portale
des Schiffes, dagegen sind die Fenster des Schiffes mannigfaltigen V^er-
änderungcn späterer Zeiten ausgesetzt gewesen. Die Gewnibc sind nicht
die ursprüngHchcn, sie sind neueren Datums, aber dem (ianzen so angepas.st,
dass man über ihre Zeit beim ersten Anblick leicht getäuscht werden kann.
Sie .sind nämlich in der Zeit vom März bis zum August des Jahres 1701 ein-
gespannt worden, und zwar liegen sie tiefer als die ehemaligen alten Gewölbe,
wie man daran .sehen kann, da.ss die Ansätze dieser oberhalb der jüngeren
Kappen erhalten geblieben sind. Zu bedauern ist be.sonders, dass die Tilaster
Iiiucrcs tli^r Kircliu KlUU,
un<l Dienste, auf denen die Schild- und Gurtbögen der Chorgewölhe ansetzten,
in späterer Zeil theilwcisc \ crsliiinmclt sind, um Platz für das Gestühl zu
gewinnen. Das alte Schiff hatte ein .schön entwickeltes Pfeiler- und Pilaster-
systom mit Diensten, die Pfeiler (ihrer vier) hatten einen vierseitigen pris-
matischen Kern, und die Pilastcr entwickelten sich als Halb- und V'iertel-
Rundsäulen aus den Wänden und ICcken. Hei der Restauration von 1844
aber veränderte man dies Sy.stem in das der jetzigen Hündelpfeiler. Am
besten hat verhältnissmässig die Nordostecke des Schifi'es ihren ursprünglichen
Charakter bewahrt. Schliesslich mag hier auch noch eine Probe von dem
alten Plattenbelag der Kirche gegeben werden, wie er sich unter dem Gestühl
der Kirche im nördlichen Seiten.schiff erhalten hat und auch son.st noch in
gleichen oder verwandten j^olhischen Mustern anderweitig, z. B. in der Petri-
Digitized by Google
366
AMTSGERICHTSBEZIRK GREVESMÜHLEN.
Altar.
Kirche zu Rostock und iin hcr/.oglichcn Scbloss zu Güstrow, gefunden worden
ist. In den V'citiefunfrcn ist von der festen grünen Glasur, womit einst der
ganze Stein übcrz«jgen
war, noch reichHch zu
sehen Vierfach zu-
sammengelegt, bilden
die.se Steine hiib.sche
Kreisniustcr verschie-
dener Art.
Am Thurm fallt
das auf eine jüngere
Bauzeit hinweisende
kleinere Format der
Ziegelsteine auf \'gl.
l isch. M. Jahrb. VIII,
S. 1 39. X , S. 300.
Crull. XXIX, S. 55.
Aber nicht St. Nikolai,
sondern St. Marien
hei.sst die Kirche. Vgl
Siegel.
Altar. An dem
BanKk - Aufsatz des
Altars von Anfang des
vorigen Jahrhunderts
intere.ssicrt besonders
die Kopie des Kruci-
fixus nach A. van Dyck,
die das Mitlelstück ein
nimmt. ')
Aliar.
Kanzel. Hie Kanzel ist ein gutes Kenaissancewerk von 15S7 mit Wappen ver-
ziert. I'olge der W'appcn vom Aufgange her:
BERND • V •
lOHAN- BERNER •
WIBERT • V • PLES-
SOPHIA V •
ARMEQART •
PLESSf- ANNA
MAOLENA
SE • MARGRETA
BVLOW • ANNA
BHOTE-CATRINA
VÄ • PENTZE
PENZEN
BERNER
RAVEN
WELTZIN
1 5 ■ 87 •
') Ausser ihrem II.Tuptalur bcsass die Kirche lu KlUti nnchwcUIich iwci gut fundierte
Ncbcnaltäfc, einen, der 1319 von WoMei und J:ikob Tarnewiti dem heiligen Evangelisten Johannis
geweiht war, und einen anderen, den Heinrich von laruewitz, einst Vicerektor der Kirche,
Dlgitized by Google
FLECK F.N KLCTZ. 3^7
Gestühl. An der Südwand des Cliors ein gut geschnitztes ncunsitzigcs (lestiihl.
Chorgcstühl der vorreformatorischen Zeit und daher » Komerstiihl genannt.
Ks ist sehr gute Arbeit gothisclien Stils vom Kndc des XIV'. oder Anfang
des XV. Jahrhunderts, leider aber mit Oclfarbe dick übcrschniicrt. Von den
mit Wimpergen und Fialen gekrönten Seitenwangen zeigt die eine einen Bischof
mit Stab und Much, neben ihm die hl. Katharina mit Rad und Schwert, und
über beiden die phantasti.sche l^iklung eines 'l"hierleibes mit tonsuriertem
Menschenkopf; die andere Scitenwand die Verkündigung des Kngels an die
Maria und darüber ein Thier mit Schlangenleib und Menschenkopf Phan-
tastische Hildungen
dieser Art hat schon
der romanische Stil,
ebenso liebt sie be-
sonders die Spät-
golhik als Zierrath,
ohne damit jedes
Mal einen beson-
deren Sinn verbinden
zu wollen. Die Leh-
nen der zwischen
d i CSC n Sei t e I iw ii n den
befindlichen neun
Sitze laufen in
Mcnschcnköpfc mit
verschiedenem Ge-
sichtsau.sdruck aus.
Unter den Sitzen
die herkömmlichen
» Miserikordien«
(Stützen beim Stehen,
nachdem das Sitz-
brett aufgeklappt ist). \*or den Sitzen eine geschnitzte Brüstung mit zw-ei Thüren.
lieber dem Gestühl lauft ein mit sauber geschnitzten Ro-settenfullungcn und mit
Zinnen geschmückter Baldachin hin. — An der Xordwand des Chores eine im
Jahre 1844 angefertigte geschickte Nachbildung dieses Gestühls. Hier fehlen
aber die Mi.serikordien. Auch die Abgrenzvmg des Altarplatzes gegen die übrige
Kirche wird durch ein in ähnlichem Stil au.sgeführtes Holzschnitzwerk ge-
bildet. — Ausserdem hat die Kirche mehrere gewi>hnliche Kirchenstühle mit
geschnitzten Wappen, wie B. v. P. 1564 mit dem von lMes.scn sehen Wappen; und
A. V. P. mit dem von IVntz sehen Wappen ; die Zahl atino • blli • Itl • b • I •
gesüflel und Bischof Wiperl von Ratzeburg (1367 bis 1388^ zu Ehren der hl. drei Könige, des
hl. Marlin, des hl, Olav und der hl, Maria Magdalena, Katharina und liarbara geweiht hatte.
Vgl. M. U.-B. 4070, 4071. 10377. 10549.
Dlgltlzed by Google
368
AMTSGKRICHTSBKZIRK GREVESMCHLEN.
Taiifstein.
mit dem von Tarncwitz schen Wappen (Schild mit gewässertem Querbande),
daneben das von Tcntzsche Wappen; HINRICK TARNEVITZ mit dem ge-
wässerten Bande auf dem Schilde und am Helme
zwei Flügel mit demselben Rande, DOROTE
BROCKTORPT mit einem fliegenden Fische auf
Schild und Helm.
Taufstein. In der Thurmhalle eine alte
Flinte von Granit, deren Aussenwand mit zwölf
Vcim Clii>rgc»iUlil.
Rundfalten verziert ist. Sie wurde 1844 unter dem Schutt des Kirchhofes
wieder aufgefunden.
Tauf- Taufgehäuse. Zu beachten ist ein aus r.icltcnholz geschnitztes Tauf-
gehäiise. gehause im Stil der Spätrenaissance vom Jahre 1653. Der auf vier stehenden
Engelgestalten ruhende achteckige hölzerne Unterbau zeigt in vollständig aus-
Digitized by Google
FI-KCKFN KI.ÜTZ.
gearbeiteten Figuren auf der Vorderseite den Heiland mit der Weltkugel
zwischen iVtrus untl Paulus, denen sich weitere Apostel oder Kvangclisten
anschliessen. In diesem Gehäuse eine getriebene nu-ssingcne Schüssel mit
einer Darstellung der Taufe Christi und
der Inschrift: HINRICH MOELLER ANNO
1661- Der hohe pyramidcnfi>rmigc Deckel
des Gehäuses besteht aus drei Absätzen
und zeigt im untersten Theil die aus
Holz geschnitzten \Vap|>cn der Familien
riesscn und Ahlcfeldt, darunter die Namen:
CLAUS JOSUA VON PLESSE" 1655 und
METTE VON AHLEFELDT 1655. Darüber
als zweiter Absatz ein ungefähr 50 cm
hoher achtseitiger Säulentempel von
sauberer Arbeit. In diesem Icmpel zwei
mit einander ringende Figuren, Jakob und
der ICngel: >HERR ICH LASSE DICH
NICHT. DU SEGNEST MICH DENN.« Dann
folgt ein dritter, kegelstumpfartig gebildeter
Absatz mit Zierrathen, und den Abschluss bildet die Darstellung der Taufe
Christi: der Heiland kniecnd neben dem Täufer. Ueber dieser Gruppe schwebt
als unterstes Glied einer herunterhängenden, mit vier messingenen Kugeln ver-
zierten Kette eine vergoldete Taube, das Bild des heiligen Geistes.
24
Digitized by Google
370
AMTSGERICHTSBEZIRK GREVESMÜHLEN.
Die im Ganzen gut erhaltene Holzschnitzerei ist leider mit weisser und
schwarzer Farbe übermalt. Hoffentlich gelingt es in nicht zu femer Zeit,
dieses schöne Denkmal davon zu befreien.
Epitaphien. Epitaphien, i. An der Nordwand des nördlichen Seiten-schifiTes ein
grosses Kpitaph im Barockstil, das von AUGUST EBERHART VON PLESSEN
seinen Eltern gewidmet ist.
Der Vater, Conrad Joachim
von Plessen, starb den 6.
März 1728, die Mutter, Marga-
retha Elisabeth von Lepel,
den 8. April 1740. - 2. An
der Südwand des Chors ein
gutes Renais.sance - Kpitaph
aus Sandstein vom Jahre 1622.
In der Mitte die Darstellung
des Weltgerichtes, darunter
eine vor einem Todtcnkopf
knicendc betende (Jestalt mit
der Unterschrift: FAMA SOLA
VIRTUS. Ganz unten eine
schwarze Schiefertafel mit
langer In.schrift, in welcher,
nachdem man wenige Zeilen
gelesen hat, alsbald die
eigenartige Dichtkun.st der
ELISABETH VON SPERLING
zu erkennen ist, die, wie in
Wismar, Gressow und Dams-
hagcn, so auch hier ihrem
Gemahl Kurt Plessen vor
aller Welt ein Denkmal ihrer
Liebe und Wcrthschiitzung
hinterlassen hat. Die In-
schrift lautet: »Berend von
Ples, der edler Herr und Doro-
thea Gadendorf, sein Haus-
Ehr kaufft haen aus adlichen Gemüth Damshagen und Grundshagen Gutt, In der
Herren von Plessen Geschlecht, die Kurdt von Ples mit Gott und Recht In aller
werden Herrlichkeitt erhalten hatt zu seiner Zeitt. In ihrem Ehestandt lobesaon der
Sönne vier gezeugett haen: Kurdt, Helment, Berendt und Heinrich, so all erblos
storben sehlig. Kurdt vom Vater fleissig neun Jahr zum Studieren gehalten waer,
Tugent und Rittermessigkeidt zu hoffe an ihm man spürt al Zeitt. Im acht und
zvi/anizigsten Jahr ginck, als er die erste Ehe anfingk, Darin er ein und dreissig
Jahr midt Katrin Molten lebet zwar; Als man hernach schrieb neunzig zwei, gab
Epitaph des Kurt Plessen.
Dlgltized by Google
FLECKEN KLCtZ.
er sich in die ander Ehe, Und nam nach Gottes Willen gleich die edell, viell
Ehr und Tugendreich Elisabeth, so Kurdt Sperling eliche Tochter zum Rüting: Mit
ihr gelebet er al Zeitt in Lieb', in Fried' und Einigkeitt. Anno sechshundert und ein
Jahr den vierzehenden Aprilis dar Zum Damshagen gestorben ist selig und sanfft
in Jesu Christ. Siebenzig Jahr in Ehrn und Werden er hatt gelebet auff dieser
Erden. Die Wortt er offt gebrauchet hatt in seinen Leben frue und spatt: Herr,
meinen Glauben mir vermehr, ein selig Stündlein auch bescher. Zum Damshagen
sein Grefnus die Wittwe traurich richtet aus, Sie auch dis Epitapium hieher zur Ge-
dechtnus aller würdigen Ehr Aus Lieb' und Trew hatt setzen lan, weill diser edler
sehlger Man Des Gutta Gruntshagen wegen alhie ein Mitpatron gewesen. Und ich
Elisabeth gemelt danck ihm für Gott und aller Welt, Das ehr nach des Aposels
Rath so reichlich mich versorget hatt. Aus Lieb' und Trew mich woll bedacht
Tressow zum Leibgeding vermacht Gott gebe auch mir die Herrlichkeidt, so mir
durch Jesum Christ bereidt Anno 1622.« — 3. An der Nordwand des alten
Chors ein von Bassewitz'schcs Wappen aus stark versilbertem Kupfer. Treib-
arbeit. I Ier\'<)rragcndes Stück. Unterschrift: H • DETLEF • VON • BATZE*
VITZ • IHR t KÖNIGL : MAYEST t ZV : DAINEM • NORWEG • GEWES 1 RIDT-
MESTER Ao 1685 . DEN 15 • OCTOBER. — 4. Auf dem Kirchenboden ein
Stralendorff 'sches und ein Plessen-
.schcs Wappen mit verwischter Unter-
-Schrift, anscheinend zu einem Kpitaph
aus dem vorijjen Jahrhundert gehörend.
Glocken. Im Thurm vier (ilorken.
Glocken, üie grös.ste zeichnet sich
durch ihren vollen Ton aus. Inschrift
am oberen King: I/iaOL/tHS (§,
BIW ^ lUK trh« t§j htITüU
i)H ^ VÄ» '^uyum^dLVCH ^
IjüTHU @ Sm GhHTHI/ hjp
hHRlQK @ VRU ^ KKSRPdU
ÄUHO o iß» ^ V ig, VIII (§1
STCWTTH 81 WiaOLT^H ^ ORT? ^,
PRO nORIS ^. Darunter die
hl. Katharina mit Schwert und Rad,
die den Kaiser Maxcntius, ihren V^crfolgcr, unter die Füssc tritt; al.s
zweite Figur der hl. Nikolaus, beide als Flachrelief behandelt. An der
Krone der Glocke bärtige Männergesichter als Masken. — Die zweit-
grösste Glocke hat am oberen Ring die Inschrift: SOLI • DEO • GLORIA •
ANNO 1 • 6 • 8 • 8 • , und am unteren: M • VITES • SIEBENBAUM • GOS •
MICH • IN • SCHWERIN. — Die drittgrösstc Glocke hat am oberen Ring
die In.schrift: i5] ü C-COr0fi @ ittatit !^ iiulitt @ Gc @> bccct ^
Laug et Gloria Foror laljaniiE^ ^ Siiiniljonia «(t ^
^ üulci^ KnilO ^ Uni ^ iR» ^ U' 4^ Xiii f. Nun folgen
»4*
Digitized by Google
^^^^ I
37»
AMTSGERICHTSBEZIRK GREVESMOHLEN.
Vcmerungen, und darunter die zweite Inschrift; SailCtC <©> .lO^aniie^ +
Bajitifte Bfbbc Vor ^ I ns ^anctc tup irtoxQc ^ 0 + Bibbc (§>
Vor <S$> Un^ ^® . Bei 7 ein kleiner, bei 4^ je ein grosser stehender hl. Georg
mit dem Drachen, bei 0 Doppeladler in einem Schild Q. An der Krone
Löwenköpfe. — Die kldnste Glocke hat am oberen Ring die Inschrift:
80U DEO QLORIA. ANNO 1760, darüber und darunter schmale Lambrequtn-
sowie am unteren Rande Akanthus-Verzieningen.
Grabsteine. Gntetein«. i. Im
südlichen Seitenschiff ein
Stein mit den Bildnissen
eines Ritters und adner
Gattin in fjanzer Fitnir:
Arib 1585 dT 27. Feberuarii
de klocke 10 is de Eddele
vm EranthusAs HImriek van
Plass« barsndM^ Ion Erft-
gefeten tom Qrundefhagen In
Godt Entriapen. — Ano | (leer)
de (leer) Is de Eddele vn"vele-
Dogetoame anna Negendanck
fine Eliche huffrow pasche
Dochlsr to Efioralorp In Qodt
Entnapan. — In den Ecken
vier Wappen, die der Plesscn,
Bülow und Negendanck (dies
zweimal). Der Stein ist,
laut Jahreszahl zwischen den
Köpfen der Gatten, 1586
gesetzt — 2. Vor dem Altar
dn Stein mit der aus-
gegründeten Figur eines
Priesters unter gothischem
Baldachin. Kr hat einen
Kelch in der Hand, der als
Bronzeplatte eingelegt ist. Die Jnsdirift lautet: SlmtO • tamilll • m* | CCCjiC
fetifi • fectnitiE • ante • feftü • natiiiftad^ • ma*ie • 0 • bdnetalHifj
llOinitmIO 0 . ecc • . . . — 3. Ebendaselbst ein Stein, der die ganzen
Figuren eines Ritters mit dem Negendanck'schen und einer Frau mit dem
Pentz'schcn Wappen enthalt. Von <1<t /.um TlK-il durcli Gcstiilil verdeckten
l^mschrift ist zu erkennen: .... Vjilirii' lU'rilirnbauÜ • anulgcr • ?l'unO
biii • III • cccc • jji (nicht au.sgefuüij ^ • biia • gct • truöi^ .... —
4. Ebendaselbst der Stein des Pensionarius Joli. Steplun Kavlfeldt zu Wich-
mansdorf, f 25. Juli 1791. — 5. An der südlichen Kirchenthttr eui Stdn mit
GiBbatain des Hinzkk von
Digitized by Google
FLECKEN KLOTZ.
373
Stark abgetretener Minuskelschrift, in der der Name Qtttrubi^ stecken könnte.
— 6. GrDSser Stein, westlich von dieser Thür in der Wand, mit dem
Plcsscn'schen Wappen. Die Umschrift lautet: 5lllO • III • b • fJC • bCII •
%%Hi • apdli^ * iß * be * (Furtsetzung durch einen Treppcnpfusten und weiter«
hin durch das Gestühl verdeckt) (|^)IefF • tO • fßättf^mt • bacHon» •
Ii * tot • genabe • Daneben hängt eine WaHfisch-Kinnlade an eiserner Kette.
— 7. Vor der Thür zum Thurm, .schon in diesem liegend, eine Vj^
abgetretene Platte aus der Harockzcit — 8 Am Nord- Eingang
(irahstcin mit einem Allianzwappcn, dem der PlcMCn und der
(Name unleserlich) sowie mit der Jahreszahl 1677.
WaadgenlMe. Von alten Malereien im Chor sind bei der letzten Wand-
Renovation der Kirche einige Reste aufgefunden worden, darunter die lebens- gemälde.
grosse Figur des hl. Markus, sowie allerlei lilatt- und Rankenwerk in gefälliger
Form. Die Figur des hl Markus stellte sich aber als eine spätere wcrthlose
Uebermalung einer ursprunglich in bunten Farben ausgeführten Apostclgcstalt
heraus.
In der Sakristei befindet sich ein Oelbild, das ein un benanntes l'astoren-
portrflt aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahihunderts darstellt
Kleiiikniiitwcrk«. i. Silbervergoldeter gothischer Kelch auf sechs- ICleinkunst-
paasigem Fuss, mit einem vollplastischen Krucifixus als Signacuium: »1 • N • R • I • werke.
Heraldi.sch rechts davon eingraviert das Plesscn'sche W.ippen inid darüber die
Inschrift WIPERT . VAN • PLESSE. heraldisch links das Hariu t >clic Wappen,
dariiber die Inschrift MARGRETA BERNERS. Dem Sii;ii,iculum entgegen-
gesetzt ein eingravierter geflügelter Kngelkopf. Am Knauf sechs Kutuli
• l>E*8«W«8«8* An den Ännuli oben und unten eingravierte Wein-
blätter. Keine Werkzeichen. An der zugehörigen Patene das Datum ANNO
1679. — 2. Schwerer grosser Keldi auf einem die Barockschwingungen des
XVIII. Jahrhunderts zeigenden Fuss, mit entsprechendem Knauf Am Fuss
ein volliilastischer Krucifixus als Signaculum. Die Unterseite des Fusscs zeigt
den lubischen Adler und ein undeutliches Meister/.eichcn, ebenso die L'nter-
seitc der zugehörigen l\ilenc. Das neben.stehendc Meisterzeichen sieht
aus wie ein gebuckelter Pokal. — 3. Grosser silbervergoldeter Kdch wP
von 28 cm Höhe, oberer Durchmesser 135 mm. Fuss achtpassig,
Knauf hirnRirmig, glatt; an der Kupa ein Mon< ii^iMnun imter Krone, aus
J II D. Am >>luT-rn Kaiirlc ilic /.il-' i üinl I, ('..r. XI, 25: DIESER
KELCH IST DAS NEUE TESTAMENT IN MEINEM BLUT V l-.ben-
dort nebenstehende Werkzeichen. Patene dazu mit denselben
Zeichen. Wismar'sche Arbeit, («loh. Friedr. Rahm). — 4. Silber-
vergoldeter Kelch von einfacher gedrungener Form auf sechspassigem Fuss,
mit glattem Knauf und schwach ausgeschweifter Kupa. Eingravierte Figur
eines Betenden mit der Umschrift: GEDENCKE MEINES MEIN GOTT IM BESTEN.
Digitized by Google
374 AHTSGERICHTSBEZntK OREVBSMOHLEN.
An der Kupa und am Fuss der Doppeladler und ncbcnstolicndcs Zeichen:
Lübecker Arbeit. Die dazu passende I'atene ist Wismar'sche Arbeit f*^^
(Jochim Gade). — 5. Üblatenscliachtcl von Silber, länglich, einfacl». flc^
Unten die Zahl 17B4, dazu das Wismar'sdie Stadtzeidien und
der Meisterstempel (Andrea« Julius SInnburf). — 6. Silbervergoldeter
durchbrochener Schöpflöffel mit der ZaiA 1754 und dem doppelt eingeschlagenen
Zeichen des Wtsmar'schcn Meisters Andr. Julius Strasburs. — 7. Im Piarrhause
femer noch silbervergoldetes Geräth zur Kranken -Kommunion und ein Zinn-
kelch. — 8. 9. Zwei Klingebcutcl- Einfassungen von Silber mit dem ein-
gravierten Bothmer - Bülow'schen Allianzwappen. Neben- /^^^ ^""S^k.
stdiendeWeikceldien. Atbett eines Hannover'schen Meisters.
— 10. Grosse achteckige Messingschüssel mit getriebenen Buckeln am Rande
und in der Mitte. — 11. 12. 13. Im Chor drei schöne getriebene messingene
Wandicuchter. — 14. 1$. Zwei silberne Leuchter. Am Fuss des einen die
Inschrift: KUNO AMALASUNTHE D. 5t.n SEPTEMBER 1844. Am andern alles
ebenso. Beide im Geschmack der französischen Spätrenaissance. Für 1844
auflallcnd. Ohne Werkzdichen. — 16. 17. Noch zwei jüngere grosse silberne
Leuchter in gotisierendem Geschmack. Ohne Inschriften. — 18. 19. 20. 21.
Vier alte ausser Gebraudi gesetzte stilvoll gearbeitete sinneme Altarleuchter
mit schwerem Rarockfuss, der von drei Kugelklauen getrj^n wird. Als Stadt-
zeichen der Stempel Wismar und als Meistcrzcichen
ein stehendes Oval mit drei Rosen und den Initialen
A R V F. — 22. Im SchiflT der Kirche eine scchs-
armige Messingkrone (zu achtzehn Lichtem), neu. —
25. Sdiönes altes bemerkenswerthes Kirchrasiegel. —
24. 35. Zwei Vela. Eins mit dem Doppelmom^^ramm
Ii M D unter Krone, in Silber und Gold auf rothem
Seidendamast gestickt, dazu die Zahl 1756; das andere
mit vergoldeter Silbers|nt/e und mit rothen Blumen in Minfea Sic|yL
Plattstich auf weisser Seide.
Grab- Grabkapelle. In der Grabkapelle neben der Kudie stehen einige mit
kapelle. Biidliauerarbeit verzierte Marmor* Sarkophage.
Kapelle. Vor der dem Schloss Bothmer gegenüberliegenden Kapelle, nahe an
der Chaussee, liegen zwei Grabsteine. Die Inschrift de» einen ist abgetreten.
Man erkennt nur noch die Majuskeln KR WO • \ )U\ »II Die Inschrift des
zweiten Steines ist besser erhalten. Sie lautet: 'Jl'nno 15H4 b. 14. ituguftf
ifi liw de l)cre «Cntflape bc \uecbi0c T^omiiia .iVlcttc iiiounicp gcUici'c
efititffln ttuffe^ l'iloftet lo ^are oljic^ olher^ 76. Auf dem Stein ein
Wappen (rechter Schrägbalken mit drd Sternen) und Hehn (offener Adlerfli^
in einer Bogennische). Woher? Aus Zarrentin? Aus Rehna nicht Vgl
M. Jahib. XV, S. 304.
Digitized by Google
KIRCHDORF ELBCENHOR8T.
375
Das Kirchdorf ElHiMiliortt
jlmcnhorst, schon um 1230 ebenso geschrieben und gesprochen wie heute, Ciest lue htc
ist, gleich Kalkhorst, eine von den beiden kleineren Pärochien des des
alten Klützer Waldes, während Klütz und Danishagen die beiden grdsseren
sind.') Die Entfernung von Grevesmühlen beträgt 17 km, die von Klütz 6 km.
Bis zur Zeit der Reformation fuhren der Bischof zu Ratzeburg und der Archi-
diakon von Kehna die geistliche Oberherrschaft.') Aber von den Namen der
ric{);aic des Mittelalters sind nur zwei bewahrt geblieben, der des Johann,
welclicr um 1237, sowie der des Gerhard, welcher um 13 19 Kirchherr war
und 1337 nicht mdir lebte.*) Schon damals besteht das Dorf aus mdureren
Höfen. Ritser von Elmenhorst besitzt einen, den 1359 Hermann Dönkendorf
kauft. Einen anderen, oder auch mehrere, hat die Familie von Tarnewitx.
Die grösstc Wichtigkeit in der Gcscliichte des Dorfes erlangt der Hof, den um
1354 Margarethe Smckers bewohnt und bebaut, die in erster Klic mit Ulrich
Clawe und in zweiter mit Henning Voss verheirathet war.*) Mit diesem liof
nämlich belehnt Herzog Albrecht am 28. März 1363 auf den Todesfall der
genannten Wittwe den Heinrich von Bttlow, und von hier aus gewinnt die
Familie von Biiktw bald nachher das Uebergewicht. Um 1563 besitzt sie im
»Klützer Ort« und in nächster Nachbarschaft ausser Elmenhorst die Güter
und Dörfer Harkensee, l'tldlniscn, Rosenhagen, Mummendorf, Friedrichsha^cn,
Hoienhagen und Testorf bi l'llnienhorst selbst aber NcrfuLjen noch uni 1646
und 1647 Kurt von Sperling und Kurt Bcrend von Ple.ssen über je ein Bau-
erbe, und 1695 erwirbt dort der OberstaUmetster Hartwig von Bülow, der
Schwi^iervater des Grafen Hans Kaspar Gottfried von Bothmer» die letzten
kleineren Höfe, die noch nicht in seinem Besitz waren, zwei Vollbauern und
zwei Kossäten, von Klaus Joachim von Both auf Gühlenhorn.') Mit seinem
Tode 1729 geht I-Ümenliorst sammt dem übrigen Bulow'schen Besitz in das
Gräflich Holhincr'sche I*"iilcikoninuss über.
Das l'atrunat der Kirche lial nacli dem Erlöschen des Katholicismus
in Mecklenburg der Landesherr, dem es hier von keinem seiner Vasallen
bestritten wird. Die nachreformatorischen Geistiichen sind folgende: um
1541 Nikolaus Grimm, nach ihm David Prenzlow (Printzlow), den die Pest
himafft; um 1584 erbittet die Gemeinde den Daniel Ritzerow. Bis 163 1
») M. Ü.-B. 37J (S. 375 )
*) M. U.-B. 471. 859 1107. 5613 S. 541
•) M. U.-B. 471. 41 19. 5796. M. J:«lirb. XXXVIII, S. ao9.
^ H. U.-B. 8oao. 8654. 10378. V^;!. M. Kniut- und Geadiichtadenkin., Bd. I, S. 307.
474 Amnlig.
" Dr r NiTTif GilMc-nhorn ist auff^cgebcn. Das Dorf hcisst jelzt Cluristinenbld Ood ist mit
Tiirnewitzerhot zusammengelegt. Vgl. Schildt, M. Jaiirb. LVI, S. 197.
Dlgitlzed by Gopgle
376
AMTSGERICHTSBEZIRK GREVESMCHLEN.
ist Nikolaus Zink ihr Seelsorger. Ihm folgt Mauritius Wackc (Waccnius) bis
i66o. 1661 wird David Alexander Hrockmann berufen, um 166S Joh. Fohl-
mann, um 1677 1 lart-
wig Gerstenkorn, der
lange im Amte ist.
Ihm folgt 17 19 Joh.
Gerh. Reichentrog,
diesem 1723 Kaspar
Brück. 1737 tritt
Thomas Gottfried
Croon sein Amt an,
'753 Joh. Christoph
Mussaeus und 1797
Karl Heinr. Birken-
städt. Ueber ihn
und seine Nachfolger
s. Walter a. a. O.
Kir« he. Die Kirche i.st
ein massiger Ziegel-
bau von eigenthiim-
lich centraler An-
lage. Um das mit
einem einzigen
Kreuzgewölbe ge-
deckte Schiff
gruppieren sich,
durch wuchtige Ün Kirche xu Elmenhorst,
gedrücktem Spitzbogen ausgeführte Scheidebögen davon getrennt, der gleich-
falls mit einem Kreuz-
gewölbe versehene Chor,
zwei mit länglichen
Backofengewölben ge-
schlossene Seitenschiffe
und das mit zum Schiff
gezogene Innere des
Thurmes, das gleichfalls
einstmals ein Kreuz-
gewölbe getragen zu haben
scheint, jetzt aber flach
gedeckt ist. Klf schmale
Fen.sterschlitzc aus der
Zeit des Ueberganges vom
romanischen zum gothischcn Stil, auf der Nordscitc vier, auf der Südseite
fünf und im Osten und Westen je einer, erieuchten den Raum. Nicht ohne
ünmdris» der Kirche zu F.lmenhorsi.
Google
KIRCHDORF ELMENHORST. 3/7
Interesse ist femer das hübsch gegliederte Wcstportal. Sonst fehlen äussere
Verzierungen, einige Stronischichtbandcr abgerechnet, die die Stockwerke des
mit achtseitiger Helmspitzc bekrönten Tliurnics scheiden.
LSngsschniu Querschniu
der Kirche zu Klmcnlium.
Altar. Der Fliigelaltnr ist ein gutes altes Werk im hochgotliischcn Altar.
Stil und anscheinend lubische Arbeit von feiner Zierlichkeit. In tien Hai-
Altar.
dachinen ein schönes edles Maasswerk. Im oberen Theil des Mittelschreins
der Heiland mit der Weltkugel in der Hand; links von ihm die hl. Dorothea
und Johannes Baptista, rechts die hl. Agnes und der hl. Hartholomaens. Im
unteren Theil die hl. Maria und der Hngel der Verkündigung; links die
Digitized by CjOOqIc
378
AMTSGERICHTSBEZIRK GREVESMÜHLEN.
Kanzel.
Fünte.
Weih-
wasser-
becken.
Elmen-
horster
Empore.
Glocken.
( ;r;il)stfine.
hl. Magdalena und die hl. Katharina, rechts die hl. Margaretha und die
hl. Gertrud. Die beiden Flügel enthalten in zwei Reihen über einander die
zwölf Apostel. Den Altartisch bedeckt eine Steinplatte mit cingenieisselten
Weihekreuzen. Die Predella, jüngeren Datums, etwa von 1699, ist mit dem
Hilde des Abendmahls geziert. Oberhalb des Schreins ein Krucifi.\us.
Die Kanzel ist neugothi.schen Stiles vom J.ihrc 1850.
Im nördlichen Quer.schiff steht eine sehr alte steinerne Fünte, vier
Fuss hoch, von drei Fuss Dm.
Neben der nördlichen Fingangs-
thür ein steinernes Becken , das als
Weihwasserbecken gedient haben wird.
An der Westseite des südlichen
Querschiffes die Elmenhorster Empore
vom Jahre 1697, mit dem Hülow'schen
Wappen.
Glocken. Im Thurm hängen
drei Glocken. Die grosse i.st 1865 zur
Zeit des Fastors PLAGEMANN von
P. M. Hausbrandt in Wismar gegossen
worden. • — Die rings um den Rand
der mittleren Glocke laufende Inschrift
lautet: ANNO 1661 UFF HIMMELFART
MORGEN IST LEIDER GOTT DIESE
KLOCK AUSSEN STUEL GEFALLEN
UND 1662 NACH WISMAR ZU GIESEN
NACH ADAM DANKWART GESENDET DA PASTOR WAR H. DAVID ALEXANDER
BROCKMANN. KIRCHENGESCHWOREN HANS RUNGE, JOACHIM BUECK. —
Die kleinste Glocke ist wie die grosse 1865 von P. M. Hausbrandt gego.ssen
worden.
Die Vorgängerin der grossen Glocke war nach dem Inventar von 181 1
laut Inschrift im Jahre 1726 zur Zeit des Herzogs Karl Leopold und des
Pastors Kaspar Brück von Laurentius Strahlborn in Lübeck gegossen worden.
Von der kleinen ist nichts bekannt. Wohl aber ist von einer (»locke die Rede,
die gleiche (irösse mit der vorbeschriebenen hatte und ohne Inschrift war.
Grabsteine. Von den in der Kirche liegenden Grabsteinen ist der des
Joachim von Reventlow vom Jahre 1674 der älteste.') Ausser ihm ist nur
noch ein im südlichen Qucrschiff liegender Stein mit dem Bülow'.schen und
Stralendorfi" sehen Wappen vom Jahre I70(.'), ') zu beachten, der aber keine
Namen aufweist.
Alte Fünt«.
') Im Jahre 1613 übernahm Inchim von Rcvenllow «las liülow'schc Gut Elmenhorst anli-
chretice auf acht Jahre.
Nach dem Inventar von trug d«r Stein die Zahl 1701,
Digitized by Google
KIRCHDORF KALKIIORST.
379
G«BlUk. Im Chor hingt dn Ideines, i6 cm hohes Bild: die GemJllde.
Kreuzung Christi.
KlcfaikmMtwcrlic. i Silbcrvctigoldeter Kelch, ohne Inschrift, mit den Kleinkunst»
Schweriner \\V '» / ichcn s |^j§r |; die zugehörige Patcne hat keine Werk« wert»,
zeichen. — 2. Kelch und Patene von Zinn zur Kranken -Kommunion (ohne
Hcdriituii};). 3, Neue Altarkatnu- ans weissem Metall, mit vcri^oldetem
Kreuz auf dem Deckel. — 4. Sclioplluftcl von Silber, neu. — 5. Oblalendose
von Silber, rund, neu. — 6. Taufschale von Silber, 26 cm im Durchmesser,
mit der Randumschrift des Spruches Matth. Kap. XXVIII, 18 bis 20. Auf
der unteren Seite des Bodens stehen die Worte: KIRCHE ZV ELMENHORST.
Neu. I GIESeI (Schwerin). - - .7. 8. 9. \'on drei messingenen Sammel-
becken ist eins ohne In.schrift. Das zweite hat in der Vertiefung die Inschrift:
ADAM GIELAUW. Die Kandiimschrift des dritten Beckens lautet: CLAS
HACKE A • 1654 • ANNA HACKE ER SELIGEN VAOER NA TO GEVEN AO 16SS.
— '10. II. 13. Von drei messingenen Altarleuchtern hat der erste die Inschrift:
DOROTHEA BUTZ, 1625; der zweite die Inschrift: DOROTHEA BUTZ, 1636;
der dritte die Inschrift: HANS BUNO. 1662. — 13. Ein alter Klingebeutel,
Silberstickerei auf Sammet — 14. 15, Im Pfarrhausc «wei Vcla, eins mit den
gold- und silberi,ft>tic kten Alli.m/wapjien der lUiIow und (jeismar und den
Unterschriften: H • BARTEL • HARTWICH • VON . BVLOW . F . ANNA • AGNES.
LVCIA • LOViSA • VON • GEISMAR • 1697; das andere mit ßiunien und V ögeln
in fiirbiger Seide auf Weiss, mit Gold- und Silberstickerei, auch mit Silberrand.
In der Kinhe stand früher die Reitcrfigur des hl. (Icorg mit dem
Lindwurm, aus Holz geschnitzt. Seine einzelnen 'l'heile sind noch vorhanden :
der Reiter in der Kirche, das Pferd auf dem Thunnboden, der Lindwurm
im Oiganistenhause.
Das KlrclHlirf Kalkhsrst
it Kalkhor.st betreten wir die letzte iler I'arochien des alten Kliitzer Geschichte
Waldgebietes, über welche der Hischof von Katzeburg und der Archi-
diakon und Klosterprobst von Rehna das Scepter führen.*) Das Kirchdorf
liegt 16 km nordwestlich von Grevesmfihlen und 8 km westlich von Klüts.
Schon 1 3 14 sitzen hier als Vasallen des bischöflichen Stiftei die Ritter Heinrich
und Jiihann von Roth Sie iibcrlas.scn am 14. Deceinber dieses Jahres dem
Lübecker Joliannis- Kl' »''trr 7' 1 Hufen ihres Dorfes unter dem \'(trbehalt eines
zehnjährigen Rückkaufsrechtes.') Aber die Lübecker Anrechte gewinnen längere
') M. U.-B. 374, S 375. 471. 859. 1107. 4118. 5613.
M. U.-B. 3726. 5613.
des
Dorfes.
Digltized by Google
38o
AMTSGERICHTSBEZIRK GREVESMÜHI.EN.
Dauer bis ins XVI. Jahrhundert hinein und sind, wie es scheint, Anlass zu
fjewaltthätigen Ucbergriflfcn von liürfjcrn der Travcstadt, über welche sich der
I-andesherr, Herzog Albrecht von Mecklenburg, am l6. Juni 1361 beim ICrz-
bischof von Riga beschwert.') Erst um 1560 kommen die Hufen des genannten
Lübecker Klosters wieder in die Hände der Both's zurück, die von alter Zeit
her auf verschiedenen Höfen des Dorfes Kalkhorst wohnen, sich, gleich den
mit ihnen auch in Kalkhorst begüterten Herren von lirok auf Hrook (Proke, in
Palude), durch Stiftungen
für die Kalkhorster Kirche
verdient machen,*) und
um diese Zeit auch das
benachbarte Rankendorf
besitzen. Doch fühlt sich
Hermann von Roth über
den vonv Kloster mit Bal-
thasar, Peter und Hans
von Both am 7. Juni 1 563
vollzogenen Kontrakt be-
schwert, und es kommt zu
Streitigkeiten in der
Familie. ') Die Herren
von Both bleiben bis 1849
im Besitz von Kalkhorst,
in diesem Jahr werden die
Freiherrn von Biel ihre
Rechtsnachfolger. Seit
mehr als dreissig Jahren
verschönert jetzt ein von
Thomson Freiherrn von
Biel erbautes Schloss in
der Nähe des I.enoren-
waldcs die Gegend, welche Kalkhorst,
hier an der Küste der Ostsee mit einer seltenen Fülle malerischer Reize aus-
gestattet ist.
Von den alten PIcbanen der Kirche im Mittelalter sind nur wenige auf
uns gekommen; um 1319 Lüder, um 1367 Joh. Schwansee und um 1450
Jakob Kalchorst, der Mitglied des Gros.sen Kalands in Wi.smar war.'*) Reich-
licher dagegen fliessen die Quellen der nachreformatorischen Zeit. Um 1541
ist Hinrich Blafferl Kirchherr, zwischen 1568 und 160.S Jakobus Sernekow
(Sternekow), um 1612 (1637 noch am Leben) Slephanus Schreiber, um
*] M. u.-n. 8912.
*) M. U.-ü. 9124. 9338.
*- ^'b'- Akten im Gr<>.ish. Cichcimcn und llaiipt.irchiv. M. Jalirli. XXI, S. 213.
Auücicli Hungen von Krictlr. Tcchcn,
Digitized by Google
KIRCHDORF KALKHORST.
1637 Hinrich Pirstorf, von 1639 bis 1665 Joh. Cyriacus Höfcr, von 1667 bis
1704 Joh. (iucrikc, von 1705 bis 1747 (vielleicht noch länger) Joh. KleeKC,')
nach ihm bis 1770 J. (». Voijjt, von da ab bis über 1800 hinwcj,' der Pastor
Immanuel Friedrich Kaddatx. Uebcr seine Nachfoljjcr vjil. Walter, Unsere
I^ndcsgcistlichen.
Das I'atronat, das mit tlcr Refor-
mation vom Hischof auf den Landes-
herrn iibcrgegangcn war, verkauft der
Herzog Adolph Friedrich am 12. Mai
1634 für 1000 Gulden an licrcnd von
(iüldener auf Nienhagen. An diesem
zwischen 1230 und 1332') angelegten
und zur Parochie Kalkhorst gehörenden
Gut imd Dorf haftet das Patronat bis
1<S24; seit diesem Jahr i.st es wieder
Cirundtks Jcr Kirche zu Kalkliorst.
Die Kirche') ist ein durch viele Anbauten in .seiner Gesammtwirkung Kirche,
beeinträchtigter unrcgelmassiger Ziegelbau zum Thcil des XIII. Jahrhundcrt-S,
zum Theil des XIV. Jahrhunderts, mit einem aus dem Achteck konstruierten,
von Strebepfeilern bewehrten Chor, und einem I^nnghaus, das sich als eine
■) Vgl. M Jahrb. XXXIX, S. 6i.
»} Vgl. M. U.-Il. 37S. S- 37S- S327
*) Lisch, M. Jahrb. Vlll, B, S. I47 und 149.
Digitized by Google
382
AM'ISGERICHTSBEZIRK GREVIÜSMCHr-EN.
Altar.
dreitheilige Halle mit höherem Mittelschiff und zwei niedrigeren Seitenschiffen
darstellt. Den Chor deckt ein scchstheiliges Gewölbe, das Langhaus und die
Seitenschiffe schliessen je vier Kreuzgewölbe. Dass crstercr um 1350, wahr-
scheinlich an Stelle eines älteren, errichtet ist, bewei.st die Grabschrift des
Kalkhorster Kirchherrn Johannes Schwansee, der als Urheber, origo hujus
chori, bezeichnet wird. Kigcnthümlich nehmen sich drei kleine Rundfen.ster
über dem nach
Westen geschobe-
nen Portal des
südlichen Seiten-
schiffes aus; jedes
dieser Fenster hat
einen Durch-
messer von etwas
über I m. Sie
sowohl wie auch
die mit Wülsten
eingefas.sten
Laibungen der
Portale auf der
Süd.scite deuten
an , dass das
Schiff dem XIII.
Jahrhundert an-
gehört und der
ältere Theil des
Ganzen ist. Auch
der in drei Ge-
scho.s.<!en auf-
steigende, von
Friesbändern be-
lebte massige
Thurm mit etwas
eingezogenem Inneres «Icr Kirche zu Kalkliurst.
.spitzen Helm .scheint älter als der Chor zu .sein. Ivr .steht der Zeit nach
wahrscheinlich zwischen beiden. Die letzte innere Restauration der Kirche
gehört dem Jahre 1892 an.
Der Altaraufsatz ist ein Werk des Harockstils vom J.ahre 1708
(renoviert 1779 und 1838). Auf seiner Mensa eine Steinplatte, die zwei ein-
gemeisselte Weihekreuze zeigt. In der Predella das Gemälde des alttestament-
lichen Passahmahls, im I lauptstock ehemals das Gemälde des neutestamentlichen
Abendmahls, jetzt ein neues Mild: der auferstehende Christus. Zwei korinthische
Säulen, auf deren Seiten die Statuen Moses. Johannes des Täufers, Matthaeus
und des Markus angebracht sind, tragen mit ihrem Gebälk (Architrav, Fries
Digitized by Google
KIRC!II»ÜRF KAl.KHükST.
und Gesims) einen Aufsatz mit dem (Jemälde der Grablegung Christi. Neben
diesem oberen Hilde auf der einen Seite der ICvangelist Lukas, auf der andern
der Kvangelist Johannes. Darüber ein Feld mit dem Namen Jehovah, und
zu Seiten dieses l'^eldes der König David mit der Harfe und eine zweite
Gestalt, die wahrscheinlich den Salomo darstellt. Ganz oben auf der Spitze
der triumphicraidc Christus mit der Siegesfahne. Sämmtliche Statuen sind
aus Holz ge-
schnitzt.
Auf der Rück-
seite des Allars
(nach dem In-
ventar von 1 8 1 1 )
die Aufschrifl:
DIESES ALTAR
HAT INVENTIRET
VND VERMALET
lOH. FRIEDR.
WILDE.
ANNO 1708.
Die Kanzel Kanzel,
ist gleichfalls ein
Werk des Barock-
stils vom Jahre
1714, 1814 reno-
viert. Reiches
Schnitzwerk mit
den Figuren des
alttestament-
lichen I lohen-
prieslers Aaron
und des neu-
testanientlichcn
guten Hirten als
Hild für den
Innere» der Kirche zu Kalkhorst. Heiland Den
Schalldeckel schmückt diis von Dorne'sche Wappen. Auf der Spitze des
Schalldeckels ein Kngcl mit einem Kranz in der Hand. An der Kanzel die
nachstehende Inschrift: VON DEM WAYLAND HOCHWOHLGEBOREN HERREN
HERMANN VON DORNE ERBHERRN AUF NIENHAGEN UND WILMSTORFF
UM DIESER KIRCHEN DURCH EWIGE ANSEHNLICHE STIFTUNGEN HOCH-
VERDIENTEN PATRONE, WELCHER Ao 1713 D. 24 MAY SELIG VERSTORBEN
IST DIESE KANTZEL VEREHRET UND AUS SEINEM NACHLASS ERBAUET 1714.
Das Gehäuse der Orgel, gleichen Stils wie die Kanzel, ist mit einem Orgel,
flach gehaltenen Rankcn.schnitzwcrk geziert. Die erste In.schrift unter dem
von Dorne'schen Wappen lautet: ANNO 1732. AUS DES WOL SEELIGEN
Digitized by Goo
384
AMTSGERICHTSBBZIRK GREVESMOHLEN.
HERRN PATRONI HERMANN V. DORNE STIFTUNG HAT JETZIGER PATRONUS
HERR HERM. V. DORNE AUF NIENHAGEN. WILMSTORFF UNO WESLOHE
DIESE NEUE ORGEL BAUEN LASSEN. Die zweite: ANNO 1860 IST QQTT ZU
EHREN, DER KIRCHE ZUR ZIERDE UND DER GEMEINDE ZUR ERBAUUNG
AUS DBS BEL. HERRN HERMANN V. DORNE STIFTUNG UND AUS FREI-
WILLIGEN BEITRAGEN DER HERREN El NQEPFARRTEN UND DER GEMEINDE
DIESE NEUE ORGEL ERBAUET WORDEN.
Empmen. Kalkhontcr Empore. Die Brüstung der im Barockstil erbauten Li^
ist aus Eichenholz geschnitzt. Oben das \ l^oth'schc Wappen, daneben
das von lUiIow'sclic Auf di ni Wappenband als Inschrift: HARTWIG VON
BOTH, HEDWIG SOVIA VON BÜLOW. Nienhägener Empore mit der Jahres
zahl 1715. In der Brüstung einfaches Tafehverk. Üben das von Dornesche
und von Brömse'sche Wappen. Auf dem Wappenband als Inschrift: HER-
MANN FRIEDRICH VON DORNE AUF NIENHAGEN UND WESLOHE. MARGA-
RETA VON BRÖMSEN AUS DEM HAUSE CROMESS UND NIEMARK. — Raakea-
dorfer Empore mit der Jahreszahl 1715 In de r Hriistung einfaches Tafehverk.
Oben das von l^oth'sche und von der I.uhc'sche Wappen. Auf dein Wappen-
band die Inschrift: HARTWIG ULRICH VON BOTH. MARIA JULIANE VON DER
LÜHEN. — Brooker Empore mit der Jahreszahl 17 14. Zvvi.schen den Tafeln
Karyatiden mit jonischen Kapitellen. Oben das von Plessen'sdie und das
von Parkentin'sche Wappen. Inschrift: VON PLESSEN. SOPHIA
MARIA VON PARKENTIN. ANNO 1714.')
Gestühl. Mitten im Schiff vortreffliches, theihveise ergänztes RenaiaMocc-Gesttihl
mit Intarsien (1620 bis 1630).
Beichtstuhl. Beichtstuhl. Zu der hinter dem Altar befindlichen Sakristei fuhren
zwei mit dem Altarwerk verbundene l'hüren. lieber der siidlichen steht ein
Schild mit der Inschrift: ZUM G01TSEUGEN GEDÄCHTNIS SR. EXCELLENZ
DES WEYLAND HOCHWOHLQEBORENEN HERRN HERRN JOACHIM HARTWIG
VON BOTH HERZOQL. BRAUNSCHWEIG-LONEBURGISCHEN GENERALLIEUTE-
NANT8 UND COMMANDANTEN DER VESTUNG BRAUNSCHWEIG, WELCHER
ALLHIER zu KALCKHORST IM JAHRE 1686 DE 21 JULII GEBOHREN UND ZU
BRAUNSCHWEIG DEN 7. FEBRUARY 1762 IN GOTT SELIG GESTORBEN, ER
WAR DER LETZTE SEINES STAMMES, INDEM ER UNVERMÄHLET GEBLIEBEN
UND SEIN BRUDER HERR DANIEL FRIEDRICH VON BOTH, DER DAS EINE
GUTH KALCKHORST. DAS ADLIGE 8TAMMGUTH DES WOHLSELIGEN IM
JAHRE 1729 AN DEN HERRN HARTWIG VON BOTH ERBHERRN DES ANDERN
ADLICHEN GUTHES KALCKHORST VERKAUFT, GLEICHFALLS OHNE MÄNN-
LICHE ERBEN VERSTORBEN, HAT HERR ULRICH VICTOR VON BOTH JETZI-
GER BESITZER UND ERBHERR DER BEIDEN VEREINIGTEN ADLICHEN
') Kurl l)fi]c-v von Plcsscn auf F'.rook :'f 1726"! war in crMri F.hc nii; TiifTcllMirp Marga-
retha von Kernstorfl' aus dem Haiue Beriistorf und ia zweiter Ehe mit Sophie Marie von Parkentin
(Berkeatin) aui dem Hmim Zecbtr vannihlt. (HoiackbuieB, Fmti, Gaidib, genedog. Tabdln»)
Dlgitized by Google
KIRCHMRP KALKHORST.
QOtHER KALCKHORST auch OER GÜTHER SCHWAANSEE UNO OÖNCKEN-
DORFF, HERZOQUCH BRAUN8CHWEIQ • LÜNEBURG. OBERHAUPTMANNES
ANN0 1763 VON OEM VERMACHTNISS DES W0HL8ELI0EN HERRN QENERAL-
UEUTENANT8 VON BOTH DIESEN BEICHTSTUHL ERRICHTEN LASSEN. DAS
GEOACHTNISS DER GERECHTEN BLEIBT IN SEGEN JEDERZEIT; WENN
AUCH DIESE WELT VERGEHET, BLÜHET ES IN EWIGKEIT.
Kirchtllttren. Kine Tafel iil)rr der dem Altarraum ziinarlis} [;t l<-frcnrn Kirch-
siidlichen F.iI1^^^n^'st1nir hat f.)lj,rcnde Inschrift: ZU DER EHRE GOTTES UND thuren.
DER KIRCHEN ZUM NUTZEN HAT DER CHRISTLICH GESINNTE UND EHR-
SAME HAUSWIRTH GLAS JOCHEN RUBIEN IN NIENHAGEN DIESE UNO ALLE
OBRIGEN KIRCHTHOREN KRAFT EINES QELOBDES VON 100 GLL. WELCHES
ER BEI DER ANTRETUNG SEINER HAUSWIRTHS8TELLE DA ER NOCH
NICHTS HATTE DEM LIEBEN GOTT GELOBET, WENN DERSELBE IHN IN GNA-
DEN GESEGNEN WÜRDE, VERFERTIGEN LASSEN. PS. 128. V. 4. SIEHE ALSO
WIRD GESEGNET DER MANN. OER DEN HERRN FÜRCHTET. ANNO 1767
D. 27. APRILIS.
Leber den (iiirtbi »jr^n des Mittelschiffes hänfnen f;r:issere geschnitzte Wappen.
Wappen, in der Reihenfolge von Osten nach Westen: da.s von Dorne'sche
Wappen mit der Jahreszahl 1 703 ; das tos B^A'sdie Wappen mit der Jahres-
zahl 1705; das voa B«tfc'sche Wappen mit der Jahreszahl 1577.
Im Thurm vier Glockeii. Die grösste hat die Inschrift: GLORIA DBO Glocken.
IN EXCELSIS. ANO ORt 1S77 FRIEDR. FRANZISCO II MAGNO DUCE PATRONO
PASTORE HUJU8 ECCL. HERM. ROMBERG EX PIA HERM. DE DORNE FUN-
DATIONE HAEC CAMPANA DE NOVO EST REFUSA PER ED. ALBRECHT.
Die zweite Glocke hat die Inschrift: vlllO • blli • IlirrcC'Xbil • i • fcfto •
iacobi • Ijcc • oi'aii.i ') • rft • fra • per • ö.utl)Qloiurmii » at> « xtx gPie
xpt • Uciii • cum • pacc • cum • nmxia • bicginc j omib^ • fci^ •
Im Feld dieser Glocke drei Bilder: die Krönung Mariae durdi Gott Vater;
die hl. Maria mit dem Christkinde auf dem linken Arm, einen Lilienstengel
in der rechten ffaiid h;iltend; der hl. Georg, den Drachen tödtend. — Die
dritte Glocke ist olme Inschrift. ■ Die kleinste filncke hat (he Inschrift:
Grabsteine, i In di r sutllichen Vorhalle der Stein des Priesters Schwansce, Grabsteine,
später vom P;isti.r Blaffert l>rmit/t ?lllO • blli • m° • CCCUtbÜ • flfl • •
poft • caibii • i> • biiö • ial)i'<i • 1 fUi.ia.sc • Ijui' • rctor • crrc • pu^ •
bomcftiC^ • Origo • djori • 13'^ • Or • p • — Unter der V\^m die jüngere
Inschrift: 91* 1557 am bagc micgacU^ tnart ücgrabcn Ij' Ijiuridj tjlaffert
l^fr getaieTrn 49 Vgl. M. jahri>. vni, B, S. 150. M. U. B. 9681. ~
2. SikUich vom Altar der Stein eines Priesters. Der Kelch in der Mitte ist
*) i>f«mM Name fUr die Gloeice. Aoeh lonat MnKilen. Uaeh, M. Jalirb. Vni, B, S. 149,
Aankg. Otte, ClockenVunde, S. 22.
*) Nola mitlelaherlicher Name für eine kleine Glocke. VkI. LiM:h, M. Jahrb. VIII, Ii,
Seite 150. Otte, Gloekenknide, S. to.
Digltized by Goo^
386
AMTSGEiaCBTSBEZIRK GREVESMOHLEN.
noch erkennbar, die Umschrift jedoch nicht mehr. — 3. Stein des Baltzer
Ton BoHi nüt dem von Botii'adwn und von RastorfTschen Wappen in den
Ecken. Umschrift: TÜn 1573 ttn 31 liecember ftacff toe Qttec unH extm*
ftfte Baltjer Wfy arffeten RammriknitlOCIl. Inschrift unter den Wappen:
Änna if> . . ftarff bfc erüflt
Ofltfiarina U.i Rafl:orff
n.iir^cr itaBclatcnc Uic-
bciUC. — 4. Nördlich vom
Altar der Stein des Jasper
SchoMe (Schosse — Schötze)
auf Schwansee. In den
Ecken vier Schilde mit
Wappen. In der Mitte die
Gestalten eines Ritters und
seiner Frau. Umschrift:
Knua 1582 ti7 12 julii (tarff
toe Qdkat tonti fltentfrfte
Jafliet fd^offc ctffeten t^vm
ßeicnBagen btGot gnalie.
Diefe^ Bcgrcbnis gehöret
liad^ SciiltaanfCC. Inschrift:
Änno ir>74- tic 9 .lami.irii
ftatf he tthat uiib bogcub^
fante Oatdii BtnItetU
Jafpet fd^ofe feltge ^up
froUir. 5. Hinter dem
Altar der Stein des Chim
von Brock, 7 1586, mit dem
Brock'schen und liiilow'schcn
Wappen in den Ecken, nach-
her benutzt von dem Pastor
Fleege, f 1750, seiner Gattin
Barbara Elisabeth Fischer
und ihren Krben. — 6. Stein
des Ulrich Friedrich von Both-
Kalkhorst mit dem von Hoth'schen und von Bernstorff'.schcn Wappen. In-
schrift neben dem Wappen: SCllllO 1576. Darunter: itllid) ir richridl) ^of^U
Mf^ ^o^ratgea ban %nnfttttff, Slnb feinen €cfien Itallfl^orft
SPima 1680. — 7. Vor dem Altar der Stein der Geseke von Wickede mit
der Inschrift: QE8CHE CATHARINA VON WICKEDE AUS DEM HAUSE MGIS-
LING 1710.
8. Leichenstein des DetlofT von Plessen mit dem von Plessen'sdien,
von BemstorfTschen und von Parkentin'schen Wappen.
GraiMtein dci Prie»lenk ijcbwaiuce.
Digitized by Google
KIRCriDOKF KALKHORST.
Inschrift: DETLOF VON PLESSEN VON DEM HAUSE BRUCK.
INGEBORG MARGARETE VON BERN- 1 SOPHIA MARIA VON PERCKENTIN
STORFF VOM HAUSE BERNSTORFF | VOM HAUSE BOLTZ.
DIESER STEIN: BEGRÄBNISS GEHÖRET NICHT ZUM GUTE BROCK, SONDERN
IST VON DER KIRCHEN GEKAUFT UND VON DEM HERRN DETLOF VON
PLESSEN RICHTIG BEZAHLET FÜR SICH UND SEINE ERBEN NEU GEMACHT
WORDEN ANNO 1720.
WENN DU AN JENEM TAG
DIE TODTEN WIRST ER-
WECKEN
SO THU AUCH DEINE HAND
NACH MEINEM GRAB
AUSSTRECKEN,
LASS HÖREN DEINE STIMM
UND MEINEN LEIB WECK
AUF
UND FÜHR IHN SCHÖN
VERKLÄRT ZUM AUS-
ERWÄHLTEN HÄUF.
9. 10. In dem Gange
des Mittelschiffes liegen noch
einige Leichensteine der
Diihring'schen Familie, die
früher Gräber dieser l*amilie
auf dem Kirchhof bedeckt
haben. In.schriften: HIER
RUHET JOACHIM DAVID
DÜHRING EIN 73JAHRIGER
FROMMER GREIS GESTORB.
ZU BROOCK D. 3. FEBR.
1804. GATTE, VATER
FREUND MENSCH UND
CHRIST ALLES IN VOLLER
KRAFT DIESER NAMEN.
FRIEDE SEY MIT SEINER
ASCHE. AN DES GATTEN
SEITE. DEM SIE GANZER 42 JAHRE DIE TREUESTE LEBENSGEFÄHRTIN WAR
RUHET HIER ANNA FRIEDERIKA DETLOFIN DÜHRING GEB. EFFLANDT. SIE
STARB 76 JAHRE ALT D. 19. FEBR. 1816. UND FRIEDE AUCH MIT IHR DER
HEIMGEGANGENEN. RUHESTÄTTE DES HERRN CHR. JOH. HEINRICH
DÜHRING MEHRJÄHRIGEN PÄCHTERS ZU ELMENHORST GEB. D. 8. APRIL
1763, GEST. D. 3. MAI 1812.
Gewölbe -Malereien. l?ci Gelegenheit der jüngsten Restauration tler Ciewölbe-
Kirchc sind \erschiedene Malereien zum Vorschein gekonmien und wieder- Müllereien.
25»
Gr.tbstein des Jasper Schosse.
Digitized by Google
388
AMTSGBRICHTSIIBZIRK GRBVBSMOHLBN.
hergestellt worden. Von den sechs Kappen im Chor sind fünf mit Gemälden
gefüllt. Die östliche zeigt die Auferstehung der Todten, den Ruf der Engel
nun Wdtgeridht und den fhronenden WdlrMitar, am denen Munde swei
Sdiwerter gdien und dessen Fttsse auf der Weltki^ ruhen. Von den sidi
anacMiesaenden enüiih die nach Süden sidi wendende die Wanderm^ der
Seligen zu den Thoren des himmlischen Jerusalem, und darüber und darunter
die Zeichen der Evangelisten Johannes und Lukas, den Adler und den Stier;
die nach Norden sich wendende die Wanderung der Verdammten in den
Hülicnrachen und drei Teufel als ihre Treiber, dazu die Zeichen der Evan-
gelisten MatÜiaens und Markus, den Engd und den Löwen. Die ganz nach
Norden gewandte Kappe zeigt die Auferstehung des Heilandes, und um diese
Scene herum alle Marterweilczeuge, zwischen ihnen auch die Gewänder der
drei Gekreuzigten. Die ganz nach Süden gewendete Kappe enthält die Dar-
stellung der Dornenkrönung. In der Nordost -Ecke der Kappe mit dem
llöllendrachen erscheinen Schild und Hchnzicr der Familie von Both. Die
vier Kappen des dem Chorgewölbe sich anschhesscnden ersten Gewölbes im
Sdüff zeigen vier Heiligcngestalten, zwei Männer und zwei Frauen, deren Attri-
bute nicht zu erkennen waren; das zwdte Gewölbe vier Thiere, zweimal änen
stilisierten Adler, dem heutigen Reichsadler ähnlich, und je einmal den Löwen
und den Pelikan: die Symbole der königlichen Kraft und Macht wie der sich
selbst aufopfernden Liebe Christi. — Auch an den Wanden sind alte Wand-
bilder zum Vorschein t,'ckommen: so z. H. an der W'e-slwand des nördliclien
Seitenschiffes die Darstellung der hl. Dreieinigkeit, Gott Vater hält das Kreuz,
an wekhem der Sohn hängt, darüber die Taube des hl. Geistes; an der
Westwand des südlidien Kreuzes die Auferstehung Christi; im MittetschiAT an
dem der Orgelempore zunächst stehenden Pfeiler die Dornenkrönung Christi,
ausserdem der Krucifixus (der auch noch an drei anderen Pfeilern gefunden
ist) und die Ciestalt des jüngeren Jakobus; an dem gegenüberstehenden sütl-
liehen Pfeiler der hl. Laurentius mit dem Rost. Dazu weiter nach oben hinauf
noch eine besondere Abbildung des Rostes. An demselben Pfeiler femer die
Gestalt des' älteren Jakobus.
Neben dem Rost des M. Laurentk» will num die 7M 1418 lesen.
Indessen bei näherer Besichtigung erweist sie sich in hohem drade als
zweifelhaft. Wäre sie richtig, so könnte Hermann von Both, der durch
eine Urkunde vom Jahre 14 14 als damaliger Besitzer von Kalkhorst sicher
gestellt ist (vgl. Schröder, Pap. M., S. 1771), zu diesen Verzierungen der
Kirche beigetragen haben.
.'\ndcrc Andere Malereien. Auf der Empore der Kalkhorster Ciutshcrrschafl
.Malereien, befindet sich ein in Gel gemalter Stammbaum der von lioth'schen l*'an\ilie,
gut erhalten, mit 126 Wappen; ferner sind dort zwei imitierte Gobelins, nach
Entwürfen von Overbeck gemalt von Thomson Freiherm von Biel auf Kalk*
hörst. Es sind die Darstellungen der hl. Taufe und des hl. Abendmahls.
Kleinkunst« Klcinkunatwerke i. Grosser silbervergoldeter Abendmahlslceldi auf
sechspassigem Fuss mit der Umschriit aus I. Joh. I, V. 7: DAS BLUT JESU
Digitized by Google
Digitized by Google
KIRCHDORF KALKHORST.
389
CHRISTI DES 80HNE8 Q0TTE8 MACHT UNS REIN VON ALLER SONDB. 1724.
KALKHORST. KIRCHE. Als Stadtzeichen der lübische Doppeladler, und als
Meisterzeichen der Stempel I W. Die dazu gehörige Patcnc hat keine
VV'erkzcichcn. — • 2. Desgl., kleiner, auf scchspassigem I'uss. mit dem
von Büth'schen Wappen, dazu die Initialen l*H*v*B* H>B*L*G«L*
u>C«t«B* MDCCL • Als Stadtceichen der aufgerichtete Lüneburger
Löwe» und als Meisterzetdien der Stempel L S. Neben dem Stempel auch
das Waideinzeichen A M<f*MiM^^if0fißfi^. Die zi^hörige Patene hat dieselben
Stempel. Die Initialen stimmen vollständig zu den Namen und Titeln des in
der Inschrift am Beichtstuhl genannten Joachim Hartwig von Hoth, Hcrzogl.
HrnunschweigischLiineburgischen General -Lieutenants und Conimandantcn zu
Braunschueig 1762). — 3. Desgl., auf rundem Fuss, aber sehr viel
grösser (gut 26 cm hoch), von einfachen Formen. Am Fuss ein Stadt-
zeichen, das ein springendes Ross vor einer Säule mit reder-
wedelartigem Kapitell zeigt. Dazu das nebenstehende Meister-
zeichen. — 4. Desgl., auf scchspassigem Fuss. An der Kupa ein Wappen
mit einem steigenden Widder. Dazu die Initialen J • D • W • ANNO 1724. Als
Stadtzeichen der lübi.schc Doppeladler und als Meisterzeichen der Stempel fTT).
— 5. Ovale silberne Oblatendose. Auf dem Deckel der Krucifi.xus als ein-
graviertes Bild; ebenso am Haupttheil. Auf der Unterseite ein Wappen (Anker
im Kreis). Darüber die Initialen J • C • 8 • AÖim. Als Stadtzeichen der
lübische Doppeladler und als Meisterzeichen der Stempel QJ). — 6. Noch
eine zweite Oblatenpyxis, ohne Insclirift — 7. Silhervergoldeter Teller. Auf
der Unterseite die Initialen A . M • P • 1724 ♦ KALKHORST. KIRCHE • Lubischer
Adler als Stadtzeichen. Das Meisterzeichen undeutlich. — 8. 9. Grosse silber-
vergoldete Prunkscfaale (Taufschale) mit Kanne.*) Im mittleren Kreisrund der
Schale die Darstellung der Ferseus* und Andromeda-Fabel als cisdiertes
Vollguss- Relief. Um das Bild herum hübsdie Randverzierungen im Gesdunack
der .Spätrenaissance, dabei das eingravierte von Roth'sche Wappen. Auf dem
Rande acht Medaillons in Kreisform mit Gestalten von Frauen. Kindern,
Thieren und I'flanzen, welche als Repräsentation der Welttheile und Meere
aufgcfasst werden können. Auch diese Darstellungen sind ciselicrtc Guss-
Rdfefs. Von glddher Arfodt die Henkelkanne. An der Sdiale die Inschrift:
ZVM ANDENKEN DES WEVLAND OBERHAUPTMANNS VLRICH VICTOR
VON BOTH 1777. An der Kanne die Inschrift: HERR HILF VN8 DVRCH
DEIN BLVT VND WVNDEN IM LEBEN VND IN TODESSTVNDEN • 1724 • KALK-
HORST . KIRCHE • Beide Stücke tra<;en als .Stadtzeichen den Augsburger
I'inienzapfen und das nebenstehende Zeichen tles bt kannten Meisters
Joh. Engelbrecht, der 1748 starb. Vgl. M. Rosenberg, Der Gold- Q^)
sdmriede Zdchen, S. 106. 107. — 10. Der Klingebeutel fai Fonn eines «Ibemen
Cylindets hat die Inschrift: CHARLOTTA AMALIA VON PLES8EN ANNO 1721.
') Midi dem bvcntir ven 1811 n ctnen steinernen Taufelein innerhalb der Kirche auf-
bewahit. Jelst aldit ma dacmer Tanfbehltlar adt knpioBcr Sdiale m uaam Zeit in der
Kifdie.
Dlgltlzed by Google
390
AHTSGBRICHTSBBZIRK GREVESMÜHLEN.
RENOVATUM 1798. 1880.— ii. Im Mittelschiff li:int,'t ein Kronleuchter von
Messing' mit der Inschrift: CATARINA HARTIGS HAT DIESE KRONE GOTT ZU
EHREN UNDT DIESER KIRCHEN ZUR KALKHORST ZUM ZIERRAT VOR-
EHRET ANNO 1669. — 12. 13. 14. Auf dem Altarti-sche stehen drei Leuchter,
von denen der eine (1852 geschenkt) aus Silber, die bdden andern aus
legiertem Metall hei^gestellt sind. Klassiderender Stil/) — 15. Der frühere
kupferne Wetterhahn des Thurmes befindet sich im Ffarrhause.*)
*) Du InTentir tqd 18t 1 erwähnt einen ulbemen Lenchteri den, nach seiner Imcbrifli
Jondlim HoinriA Wm iSoj «n die Kalkhonter Kbchs Khenkte; uaamäum swci nniienie
Lencbter ohne weiten Angaben.
Der jetzige Tluirmkniipf enthält drei Denksclirific-n, eino VOn 16861 die .iinlerc von 1790
md die dritte von 1866. Alle drei und gedruckt und auf diese Art in Pfiunurcbiv erhalten wurden.
Sie sind s« elurakteristlich, um hier ntelit betchtel c« werden.
Die von 1686 lautet: Im Namen Gottes sei hicmit kund gemacht zu wifien, das alß man
gc.schricl>en 1686 dieser Thurmb «l.is lloltzwcrck hctrcffcntit fjan/ Neu wieder anfTf^ebauet u. hat
Regieret Leopoldt der Römische Kayser, ilerltugk Christian Zu Mecklenburgk, ohne 1,/eibes
Erben «. Clwtolisdier Religion. Der FMraa ist Sehl. Hertnan von Domen Weylandt Z« Nien-
Ittgen Erblirrrii ii.achgclalietie Kituler Namens Ilcrm.mn, w. Ootlh-irdt, der Herr Pastor ist Johan
Geridc, der (JrganiM u. Kirchen-Diener llinrich Ilöfer, die Kirchen Vonteber sindt Claus Keymcrs
in Nienhagen, Erich Lagenan ans Kaldthorst, Jochhn TOette ans Schwansee, n. Claus Dttcker in
RamkeiidurflT. Des Kirchspiels Jnnekem sindt HE. Danicll Friedrich von PleOen Zu Dönkcndorff,
IIE. Hans Ulrich von Bohttc 7« Ramkeiidorff. ScM. IIE. Ulrich Bohlten Weylandt Erbhcrm
Zar Kalckhorst Wittwe (^ibarina von Lutzauca. IIE. Victor Christian von Uehi zum Nienhagen.
HE. Ulrieh FMedrieh Bohtie mr Kaldchotst, Herr Dellov von PleÜen Znn Bradt. Sehl. Hem
Wilhelm \on Moiüiij; Erl>herrii vom Grüßen Schwansee tiacliyelaßene Frau Witiwe Fr. Ida Margareta
von Langerecken. Der Zimmer Meister Hans Wfide. Der l'hurm Decker Ilermau Kock aus der
Stadt Ltbeek.
Die von 1790: Anno post Christum Natum 1790 wude der Thurm zu Kalckhorst gantz
neu gedeckt, von einem Gesell Schultz, den Herr Neumann als HErr und Meister in Lttbec dazu
beranigeschickt hatte. Es sind zu diesem Bau gerade 30000 Sp&ne gebraucht, und hat der Kirche
«iniga Hundert Thaler gekostet. Dar gtgwiwrirtlgo ftXma der kircbe HErr H. C. Seotter von
l.oetZL-n ]\:\'. mit Zuziehung des iVslor HErr J. F. Raddatz und der 4 Juraien den Bau dirigirct,
welcher 4 Wochen nach Michaelis vollendet ward. Gerade zu dieser Zeil wurde zum Römischen
Ki^MT erwflhit nnd gdcr6nt t« Fhmckfurt an Mayn Leopold II. hishei^*er IcBtd^ von Ungarn und
von Böhmen. Der gegenwärtige Herzog im Lande Mecklenburg ist: Friedrich Frantz. Die hier
eiogepCuTten Nobile» sind folgende: l) Zu Kalckhorst der Camer HErr F. Wilh: von Both. a) Zu
Schwantee der Graf von BrockdodT. 3) Zu Broock et Schonberg der Graf von Bothmer zu Bothner.
4) Zu Nienhagen als den PMronat Gut, HErr M. C. Seutter von LoeUen als Patronus der kircbe
aus Ulm gebürtig. 5) Zu Ramckendorff der Liccntiat J. V. Wilckcn ans l.ülieck. 6) Zu Doncken-
dorff, der EigenthUmer N. N. Vorbeck. Die kirchendiencr sind pro tempore 1) Pa^itor; 1mm:
Frkderieh Raddatz Ndrinberga-Neonafdiiois a) Organist Mich. Georg Brahns 3) DI» 4 Jaraten
als: Peter GarfT zu Kalckhorst. Herman WiadMndorlT zu Nienhagen. H. Hinr. SdnOder ca
Sehwansee. Jochem Wigger zu Broock.
Die von i8d6: In Nsanen Gottes wird dwdi diese Sdirift anf könnende Zeiten kund
gemacht, dass im g^enwSrtqien Jahre des HEtm, da naa achridi Ein Tausend Acht Hundert
Sechs und .St chszig — 1866 — am 30. August die Hclmstange dieses Thurmes s.ammt Knopf nnd
Wetlcrhahn herabgenommen wurde, um theils rcnovirt, thcils rcstaurirt zu werden. Palron der
Kirche war in dem genannten Jahre Seine Kdniglichr Hoheit der regierende Graashersog Priedridi
Franz II. von Mecklenburg- Schwerin ; Pastor der Präpositus Hamann Romberg; Organist uad
Kirdiendiencr Johann Ahrens; Kirchenjurateii der Schmied und Krüger Christian Jung zu Kal<k>
KIRCHDORF KALKHORST.
Das jetzige Pachterliaaa, im vorigen Jahrhundert als Pferdestall erbaut, Pächter
kommt in HctraclU ui-qen eines an der Südseite desselben gelej^encn Tlior- haus,
wrja s, an dem sicli ein I Ii )l7,schnitz\verk befindet. Inschrift: ULRICH VICTOR
VON BOTH . CHRISTINE LOUISE VON SPÖRKE • ANNO 1751.
An dem von Kalkhorst nach Hohen Schi inbcrg fuhreiulen Wege, etwa Stein.
( km von Kalkhor.sl entfernt, am sog. KapelK-niK-rge. sti-ht in der den Weg
auf der Sudostücitc begrenzenden Hecke ein Stein von Granit, etwa 75 cm
hoch, mit der Inschrift: ANNO 1691.
Im Hesit7.e des I'"ieihcrrn von Biel auf Kalkhorst befindet sich eine Chronik
von Hartwig und Ulrich Victor von H<:ilh auf Kalkhorst geschriebene kurze ^von
Chronik von Kalkhorst {S Fohoblatterj, die Jahre 1722 bis 1767 umfassend.
(Eine Abschrift auf der Pfarre.)
Kalkhorst.
Herrschaftliches Wohnhaus zu Schwansee. Die Hauptfassade zeigt Herrschaft-
im Spitzgiebelfelde drei neben einaiuler stehende, aus Stein gearbeitete Wappen: liehe»
in der Mitte das von 13oth"sche, links (vom Beschauer her) das von Plessen- W**'*"^"*
sehe, rechts das von Dome'sche. 'Unter diesen Wappen ein Wappenband, g^^wansee
Auf ihm die Inschrift DEO DUCE und die Initialen: M. A. v. P. W. L. H. v. B.
D. M. V. D. Die erste Buchstabenreihe unter dem von Plessen'schen Wappen
soll den Namen der Frau Marie Amalie von Both, geb. wa Plessen (f 1724)
tiont, der Kither Jeaehim Sebwm n NienlMfra, der KItber Chrieloph MTietdieadoif n ScbwaatM
um! lii-r Hii-iswirtli um! Schulze Joachin Block lU I lohenschön 1)crg. Dir riltrrschaftlirhon cin-
gepfarrtcn Gutsherren des Kirchspiels wmtea Herr Freiherr Thotnsun von Biel suf Kalkhont nnd
Borkenhagen, Herr Frtedrich HettcVendoHf asf Nienbsgen, Hcit Dietrich von llecklcnbiu]^ auf
Wicschcndorf für Nienhagen Wieschcndorfcr Anthcils, Herr Johannes Heinrich Schröder auf
Schwansec, Herr Graf Felix von Huihmcr für Brook und Hohcnschrinbcrg, Herr Johannes Vorbeck
auf Dünkendorf, Herr Kamincrdircktor Adolf von Muller auf Rankendurt. Die Seelenzahl der
Gemdoe betrag in Sviniin 1374« damoter 969 Enraehaene, 405 Kinder. Die Repanbir warde
unter Leitung des Herrn Landbaumeisters Severin am GrevesmUhlen von dem Ziminermei5tcr
W. Gandlach aus Uassow, dem Kupferschmied Martens aus Crevesmtthlen, dem Schmied Jung in
Kalkhorst, dem Klempner Meier ans Grevcsmühlen, dem Dachdecker Frits Kloth ans D6nkendor{
md dem Zimmergesellen Rocksien aus Dassow wohl ausgeführt.
Alle drei Denkschriften ichliessen mit zum Theil recht ausfuhrlichen historischen Retrachtungen,
ftlr die hier luin Plals ist, so charakteristisch sie auch sind. Der Verfasser der ersten, Daniel
von FlcMen auf DSokendotf, freat sieb dartlber, daas die Tarken in Ungarn anb Kanpt geschlagen
lind) aber er beklagt <lie Aussaugunp des Landen Mecklenburg durch dKi i^che und bran'!cii1iurf^iM:he
Emkittionen im Streit der Herzoge mit den Ständen. Der Verfasser der zweiten, l'astor J. F. Kaddau,
iprieht von Frieden mit den Türken, den nach Kaiser Joseph's Tode KMg Friedrich Wilbdm
von Preussen dem Kaiser Leopold II. durch Rückgabe von Itrlgrad und anderen Eroberungen an
die Ttirken vermittelt habe. Er beklagt aber besonders die Zerrtiitung Frankreichs und den Streit
der Theologen und Philosophen im Reiche Gottes, man sei der geofTenbarten Religion müde und
«olle äbt dnrdi dne Natarreligion cnetm. Der Verlnaiar der dritten, der Mpoätua Hermann
Romberg, rühmt das atlantische Telegraphen -Kabel und den gew.iltipen .\ufschwung Preossens zur
Grossmacht, es sei auf dem Wege zur Kaiserkrone, wenngleich Bismarck es noch schwer haben
werde, die ewoplisehe Ptolitik diesem Ziel snnlilhran. Er l^t Zengniss ab von der segemieidieo
Regierung seines Landc^therrn und schliesst mit Wümchen für die Einigkeil Dentadilaiids nnd die
Erstarkung der lutherischen Kirche.
Digltized by Google
39«
AMTSGERtCHTSBEZIRK GREVESMDHLEN.
andeuten. Die zweite unter dem von Roth'schcn Waf^n bedeutet: Wilhehn
Ludwig Hartwip^ von Roth. Die dritte unter dem von Dorne'schen Wappen
bezeichnet Dorotliea Marpfarete von Dorne, die zweite (iemalilin des Wilh.
Ludwig Hartwig von Hoth auf Scliwanscc. — Darunter eine Stemplatte mit
folgendem Chronugramm f
Das Chronogramm enthalt die Zahl 1745, die auch über der Eingangs-
thür der Hinterseite des Hauses angebracht ist.
le den Klfitzer Ort, so deckte auch* einst die fruchtbare Gegend an der
^^^^ liinncnsee südlich und östlich von der Landzunge Priwall ein dichter
Wald,') dessen dornreiches L^ntergchölz (altslavisch drari = Dornstrauch) ihm
und dem an seinem Rande gelegenen, 1 5 km westlich von Grcvesmuhlen
entfernten Dorf Dartszowe, Dartsowe, Darsowe den Namen gegeben haben
wird.^ Der westlidie Zipfel dieser Binnensee (stagnum Dartzowe) nimmt die
Gewässer do* Trave mit ihren NebenflOssen der Steckenttz und Wakenitz auf,
der östliche die weniger bedeutende Stepenitz mit ihren Verstärkungen durch
die Maurine und die Radcj^ast. Aljer so winzig auch heute dies kleinere
östliche Wasserstrassengebiet erscheint, so war es doch in jener 7xit, in der
sich die Landstrassen in einem durchweg äusserst mangelhaften Zustande
befanden,") iUr den Lübecker Binnenhandel auf kleinen Kähnen und Böten von
solcher Widitigkdt, dass sowohl grosse wie kleine Herren der anstossenden
Landgebiete durdi Wahrnehmung von Zöllen und anderen Rediten aller Art
ihren Vortheil daraus zogen und diese Flüsse mit ihren Brücken in den
Verträgen jener Zeiten oft genug eine Rolle spielen.*) Am meisten schädigt den
') M. U.-B. 143. 173. DarUchowe (ilva. Die gwue G«gend iUirt den Namen, wie lahl*
reiche Urkun<li-n iK^wt-iVin . \'^\. M. U.-R. 65. 81 n., «gd twehcrdic Kcgirter. Dcsgl. die BinMaaeet
stagnum DarUowe, Dartzowcnse. M. U.-B. 5642.
*) Kahnd, U. Jahib. XLVI, 8. 38. V(l. aadi Deftsbv, S. 39, Die eana alle Beieichn«iig
■chcint Deritlisowc cnler Dcrithsewc gewesen zu sein, wenn das einst in Slavia dem Tii&chof Ton
AUenlmig zugewiesene Tafelgttt dieses Namens mit Daaow identisch war. Vgl. Wigger, Annaica,
S. 61. 124. 134.
^ Ueber die bfiam Wcs« mid Stmeen bei Dimoir vgl. bcsonden M. 1867 («aiio iaS4()
und 2017 (anno 1289).
*) Vgl. M. U.-B. 250. 269. 929. 963. 967. 7425. Nachdem der KaUcbuxger Bischof den
Labeekern im Jahn tai9 wiiMn Aatbeil am Dassowtr Braekeiaell «riamen, tbat ca ein Jahr qilter
auch «l' T iriccklcnl)UTE Ische Landesherr ... ob absoliitionem peccaminutn nostrorum et eterne flla
consulaiiuncm. Und nnn halten die Lübecker ia der Folge fest, was ihnen sugestanden ist.
faVente • IehoVa • ereXI •
faVeat • DoMInVs • IehoVa •
CVSTOS • ereCtI •
Der Flecken Dassow.
Digitized by Google
FLECKEN DASSOW.
393
Handel die Dassower Burg (cnstrum Dartzou c), deren Inhaber, die holsteinischen
Herren von Dcr/owc (de Dartzowe), sobald es ihnen passend erscheint, die
Kaviflcute überfallen iinii berauben. Doch nach einem Vcrtrapc mit den mecklen-
burgischen Landesherren am i8. October 1261 gelingt es den Lübeckern, die
Burg^ zu erobern, ihre holsteinischen Herren zu vertreiben und von den Mecklen-
bui^em daa Versprechen zu erhalten, dass weder diese noch überhaupt eine
Burg auf der Strecke von Dassow bb Gffevesmtthlen aufgebaut werden solle.*)
Hiemit steht es freilich in keinem Einklänge, wenn noch nicht. ganz hundert
Jahre später (und zwei Jahre nach I^rncucninjj des den 1 uheckcrn fyct'jebcnen
Versprechens) der Ilcrzog Albrecht von Mecklenbur<^ den Herren \<in Parkentin
den VViederautbau der alten Uurg gestattet.*) Die aus dem Lauenburgischen
gekommene Familie von Parkentin hatte seit 1301 die Hemchaft ttber
Dassow. Die Brüder Marquard und Dethtev von Parkentin sind es, denen
Fürst Heinrich der Jüi^jere von Mecklenburg am 19. Februar 1301 das Dorf
Dassow verkaul\. Die Familie breitet sich in der Dassower Gegend überhaupt
bald aus Als am 23 April 1332 alle ihre Mitj^Iicder wcj^cn I->schla^ung
zweier Angehori^fen in einer Fehde mit dem Katzebiir},'er Stift dem Hischof
Marquard auf dem l'riwall bei Dassow um 1 500 Mark Lub. Tf. Urfehde schworen,
sitzen sie ausser in Dassow bereits auf den Gütern Prteschendorf, Wendisch»
Ummendorf, Niendorf und Behlendorf.*) Und am 8. Deoember 1351 belehnt
Herzog Albrecht von Mecklenburg die Brüder Nikolaus, Mako, Hinricus und
Hc\-nekinus mit dem höchsten Gericht und iler Hede de.s Dorfes Dassow.*)
Diese Privilegien machen sie zu den eigentlichen Herren des Ortes, wenngleich
sie nicht die einzigen sind, die dort Güter und Rechte haben. Die Kdlen
von Dartzowe sind um diese Zeit verschwunden, von holsteinischer und lauen-
burgischer Seite war der Zerstörung ihrer und anderer Burgen im Frieden
vom I. Juni 1307 auf Herrenßihre, zugestimmt worden,*) aber die Lübecker
Familie von Attendorne*) ist in Dassow schon in der ersten Hälfte des
XIV. Jahrhunderts bej^iitert vind hat dort noch 1372 die Muhle und einen Hof)
Auch die Komthurei Kranckow bezieht von dort eine Zeit lang Einkünfte/)
*) M. U.-n. 929, besonders die Note. 963.
*) In der den Lttbeckcrn gegebenen Urkunde vum 85. Februar 1351 hci>!>t es; .... con-
firmainus: primo videlicet ilUm libcrtalem, quod nec in ipso loco DarUowe nec in lertninis nec in
coofinb «joi nqne «d opidiim Gntwcsmolen vmquaoi ■ mImstcI a nosträ heredibna «li<|ua munkiu,
forfalicinm aut Castrum cdificari qunniodolihcl (lcl>cat nc<]itc pos^it .... In tlrr den Parkciilinen
am 12. November 1353 gegebenen Urkunde aber steht: Insuper jam dicli i'arkcntync et ipsorum
hendes cntran in Dartzowe ieedi6care posaunt In loco, VU prio* Aurat sitvatm, cmn hoc ipm»
Tisom fnerit conuenire, et ad hoc nos rt nostri hcredes ac successorcs ipsis volumus astantcs c»e
ab eis requisiti. Vgl. M. U.-B. 7435. 7839. Ueber die Lage der Burg vgl. Lisch, M. Jahrb.
XXVII. S. 195. Wi{;cer, necklenlk Aim., S. 124.
•) M U.-B. 5327.
*) M. U.-B. 7S43.
*) M. U.-B. 3167. 3402.
*i M. Kunst- u. GeKhicblsdenkiD. I, S. $43.
M, i'.-n. 6917. 10313. «0367.
*) M. U.-B. 8254.
Dlgltlzed by Google
394
AMTSGERICHTSBEZIRK GREVBSIfOHLBN.
Sehr lebhaft ist ferner das Interesse, das die Lübecker mit Stiftungen für das
St. Jürgen -Haus bcthätigcn.') Aber die Familie Parkentin behält die Ober-
herrschaft über Dassow, das sich iii/.wischen vor den übrigen Dörfern der
Umgegend zu solcher Grösse entwickelt hat, dass es nach der Mitte des
XIV. Jahrhunderts nidit mehr als vilb, sondern als oppidum (kleine Stadt,
Markt, Flecken, Weiler) bezdchnet wird.") Die Herren von Parkentm behalten es
über 400 Jahre lang, bis 1746. Sie werden in der Folge oft genug in der Landes*
geschichte genannt und machen sich nach verschiedenen Richtungen hin
bemerkbar. Im Jahre 1391 stehen sie sammt der ganzen Ritterschaft in der
V'ugtei Grcvesmühlen mit Gut und Hlut für den gefangenen Herzog und König
von Schweden ein.') Zwei Mitglieder ihrer Familie besteigen im XIV. und
XV. Jahrhundert den biscbörUchen Stuhl zu Ratzeburg.^) Selbstverständlich
betheiligen sie sich nachher auch an der berühmten Lttbedcer Fehde des
Jahres 1505, welche aus einer Verkettung von Irrthümern entsteht, aber zu
crn.sten N'erwicklungen fuhrt und weite Kreise zieht. •"') Sie sind aber auch
eifrige Verfechter der Reformation.'') S{):iter ist Barthold von Parkentin auf
Bolz einer von den Wallenstein sehen Vertrauensmännern.') Etwas über hundert
Jahre später verkauft der Königl. Dänische Gdieime Konferenzrath von Plaricentin
die Güter Lütgenhof, Prieschendorf, Kaltenhof und Dassow c. p., audi das
Gut Schönfeld, an die Frdherni von Eyben und bestreit damit den Unteiigang
seines Geschlechts in Mecklenburg.*) Rechtsnachfolger dieser sind seit 1816
die Kdlen von Paepkc auf Lütgenhof Der vom (irosshcrzoglichen Ministerium
des Innern auf Vorschlag des Besitzers bestellte Ortsdirigent ist zuu;li-'ich Be-
vollmächtigter der Lütgenhofer Gutsherrschaft, und Dassow ist somit als
ritterschafÜidier Flecken zu charakterisieren. Seit 1859 ist der Flecken mit
einer Kommunalordnung und mit eigener Kämmerei bewidmet.*) Das lange
von Lübeck und Mecklenbui^ umstrittene Hoheitsrecht über die Dassower
Binnensee ist durdh reich^riditliche Entscheidung vom 21. Juni 1890 der
Stadt Lübeck zugesprochen worden.")
Die älteste kirchliche F.ntwicklung des Fleckens vollzieht sich unter dem
Krummstab des Bischofs von Ratzeburg, aber nicht wie die der Parochien
*) M. U.'B. 1706. 1951. ao4S. 7446. 7467. 7514. 7S>6> 9675. lojii. Der Name
St, Georg in Urk. 9742.
*) M. U.-B. 9742. 10313. 10367. Köckniu (Dargun) und Viccheln.
M. Jahrb. XXTIT. S. aos.
*) M. Jahrb. XXI. .S. 47.
I'r.nnk, .\!u <^ u. Ncucs Mecklenburg IX, S. l6ff. Boll, Gesch. v. Meklenbaig I, S. 340.
*} Liich. .M, Jahrb. XVI, .S. 63. 80.
M. J«hrb. XXXV. S. 84-
'} Als letzte ihres CJfschlcchts jjilt die in Kibnitz im Jahre 1775 vcrstorhcnc Konvtntualin
Muia Christina Ilsabe von Parkentin. M. Kunst- u. Geschieh tsdcn km I, S. 355. M. Jahrb. XI,
S. 452. XXIX, S. 273. XXXVIII, S. 330.
*) RMbe-Qwute, VnterUmddi. I, S. 914.
Vgl. H.1SSC, K.iiscr I riedricli s I. Freibrief für Lübeck vom 19. ScptPmbcr I188 (l.ttbedl,
E. TeadorflT) S. 5. Uas Unheil selbst isl 1890 bei Borchers -Lübeck im Druck crschieneo.
Digltized by Google
FLECKEN DASSOW.
39S
des Kliitser Waldn unter dem Ardiidiakonat des Probstes von Rehna, sondern
unter dem des Probstes von Ratzeburg.') Hin auffallendes Ereigniss des Mittel-
alters aber ist die Ueberweisunjij des ratronals der Kirche an das weit ent-
fernte Kloster Ribnitz durcli l'urst Alhrecht vt»n Mecklenburg; im Jahre 1339 *)
Mit grosser Gewissenhaftigkeit waltet das Kloster über die Zeiten der letzten
Aebtissin Herzo^nn Ursula (f 1 586) hinaus, wie zahlreiche Urkunden und Akten
beweisen, dieses seines Amtes bis 1632. In diesem Jahre bringt Herzog Hans
Albrecht II. zu Güstrow mit den Gütern des Klosters auch dessen Patronats-
rechte an sich.') Von da an ist also der Landesherr Patron der Kirche.
Unter den mittelalterlichen Plebancn werden genannt um 1237 Heinrich, um
1257 Kot^'er, zwischen 1275 und 1295 Heinrich, um 1320 Nikolaus I'n en (zur
selben Zeit als V'icepfarrer der schwer angeklagte Heinrich von Dartzow/j um
132 1 Johannes Vogel, und um 1356 Mathias Lasche.*) Gleidi nach der Refor*
mation, um 1541, ist Christianus Ringelstede Kirdiherr,^ um 1568 Joh. KoHze,
um 1578 Georg Ziegelmeister, zwischen 1588 und 1610 Joh, Schregel, von
161 1 bis 1636 Christoph Schultz, von 1636 bis 16^)9 Hermann Tarnow, von
1^)70 bis 1673 Johann Marci, von 1675 bis 1692 Joh. Hackmeister, von
1693 bis 1704 (.') Joh. Turlag (nach Cleemann Samuel Lutkemann), von 1705
bis 1730 J. Severus, von 1730 bis 1769 Christoph Siegfried Severus, von 1771
bis 1803 Merian.^ Ueber dessen weitere Nachfolger ^1. Walter, Unsere
Landesgeistlichen.
Das Schifl* der Kirche von Dassow ist ein Granitbau, bei dem man
sich Itir die Herstellung der Portal- und Fensterschmiegen nicht die Mühe
verdriessen Hess, den harten spröden Stein mit sorglichster Bearbeitung den
gewünschten Formen anzupassen. Auf jeder Seite drei I.ichtöflTnungen, die mit
Ausnahme des mittleren I''ensters auf der Südseite, das als funftheilit^cs Rund-
oder Raiifenster ijebildet ist, den Spitzi)<)[^enschluss der hViili^i "thik halurn.
Unterhalb des Rundfensters, sowie unterhalb des ihm entsprechenden Spitz-
bogenfensters auf der Nordseite, ein Portal. Eine flache Decke ist über den
Raum des Sdiifles gespannt. Ob einst, wie man nach Ansätzen im Innern ver-
muüien könnte, Gewölbe vorhanden waren, die möglicherweise bei dem grossen
Brande von 1632 zusammenstürzten, ist heute nicht mehr zu ermitteln. Der
um eine Stuff erhöhte, aus Zietjel.steinen erbaute Chor ist schmaler und
niedriger als das Schiff, schliissl nach Osten t^latt ab und trafst ein auf vier
Ecksäulcn mit Laubkapitellen aufsteigendes Gewölbe. In der Ostwand die
') M. U.-B. 375 (S. 371). 471. 47a. I>er Probst von Ralzeburg hat an den von Kehna ver-
loren Rehna und Wedeinlorf. I)aftir hat er I").Ti.sow und Mimunrniinrf crli.iltfn. Ferner M. U.-B«
800. 1107 (Wein- Stillung Heinrich s des Pilgers). 1594. 3851. 4117. 4193. 5613,
*) U. U.-B. 5948. M. Kanit- v. GesdiiehtadenkB. I, S. 3B9.
•) Vgl. l ott, Gesch. d. Slidt ROmitt. S. 174. 175.
*) Vgl. M. U.-B. 4193.
^ Vgl. Register zum M. Urknndenbueli.
^ Vgl. M. Jahrb. S. 171. Kirchcnvisitatiunsprotokoll von 1541.
^ Vgl. Kirchenakten nnd V»iutiOQ»|»olokotle im Crosah. Aicbiv.
396
AMTSGERICHTSBEZIRK GREVESMÜIILKX.
Altar.
herkömmlichen drei Fcnsterschlitze aus der Zeit des Ueberganges vom romani-
schen zum gothischcn Stil, von denen der mittlere höher ist als die beiden
seitlichen. Wie
der Chor, so
ist auch der
Thurm aus
Ziegelsteinen
erbaut, aber
Uber seine ur-
sprüngliche
Form lä.sst
sich nach dem
Urande von
1632,') der ihn
arg mitnahm ,
nicht mehr
recht urtheilcn,
jetzt deckt ihn
ein zweiseitiges
Satteldach mit
einem Dach-
reiter Thünn-
chen.
Der Altar
ist ein Werk
der Spät-
renaissancc
und eine
Stiftung der
Wicschcn
dorfer *) BÜ-
LOWs nach
dem gro.ssen
Brande von
1632. Die
Kunstlischlerei
daran verdient ebensoviel Aufmerksamkeit wie die Gemälde, die jüngeren Datums
sind und von dem verstorbenen Maler Griebe in Grcvesnuihlen herstammen.
Ulilow 'scher Altar.
') Eine ausführliche Rcschreihunp «licses Rrandes, der das ffcsammte Mobiliar der Kirche
zerstörte und bei dem der grusstc Thcil des Fleckens in Flammen auffing, findet sich in den
Kirchciiaktcn des üros«h. Archivs in Siltwcrin.
Hartwij; von Bülow (f 1650) auf Wiesclieiidorf und Elmetihurst war i-crmählt mit Godel
von Uuluw, einer Tochter des DeilofT :iuf lluiidorl au& der Linie Wcdendürf.
Digitized by Google
FLECKEN DASSOW.
397
Die Kanzel, eine Stiftung der Familie VON BÜLOW auf Harkensee, ist
ein sehr zu beachtendes Kunstwerk der Renaissance vom Jahre 1633, mit
reichem Fij^uren- und Int;irsienschnuick. Der Schalldcckel tragt die Inschrift:
ZU GOTTES EHREN DIESEN PREDIGTSTUHL VEREHRT DER WOHLEDEL GE-
STRENGE U. VESTER JÜRGEN VON BVLOW, ANNA VON DER LÜHE, MAR.
GRETA VON
BVLOW, CORD
JÜRGEN VON
BVLOW.
AGATA VON
BVLOW, VICKE
VON BVLOW.
Unten an der
Kanzel steht
die Jahreszahl
"^^33-
Im Jahre
i884J>ei(;c-
Icgenhcit der
Reslau-
rierung des
Innern der
Kirthe,
wurde unter
der dick auf-
getragenen
Oelfarhe eine
Kiillc der
schönsten In-
tarsien gefun-
den. Sie sind
durrh den
Kiinsttis<hler
Petersen in
I)asst)\v aufs
Heste wic<ler-
hergestellt
\vf)r(U'n.
Kanzel.
Billow'achc Kaiii!t:l.
Taufe.
lim in derber liaucrn-Renais.sance geschnitzter .sechsseitiger Taufbecken«
Behälter vom Jahre 1672. eine Stiftung der Herren VON PARKENTIN auf
I-ütgenhof, steht jetzt im Grossherzoglichen Mu.seuni zu Schwerin. Die dazu
gehörige Schüssel, eine gute Treibarbeit in Messing, enthalt das Parkentin'sche
Wappen und darunter die Inschrift: •: DER VON •: BERKENTIN
Dazu das Datum ARO 1672.
Gestühl. Die Sakristei enthielt ehemals einen von den PARKENTIN S Gestühl,
auf Liitgenhof im Jahre 1633 gestifteten, jetzt im Museum zu Schwerin
Google
39«
AMTSGERICHTSBBZIRK GREVESIIÜULEN.
stehenden Sit« für den Pastor, der einen auf ^geschnitzten Säulen ruhenden,
reich im Spätrenaissance -Stil gezierten Baldachin über sich hat. Von den
mit Wappen geschmückten Aufsätzen der Stuhlwangen trägt die eine die
Namen: MARQVAROT • V • BARKENTHIN und IDA • HEDEWICH • V • BARKEN-
THIN (darüber das Parieentin'sche und Rantaau'sche Wappen), die andere die
Namen: BARTOLT • V • BARKENTHIN • DETLEF • V • BARKENTHIN • CASPAR.
V« BARKENTHIN. Darüber dreimal dns Parkentin sehe Wappen. - In der
Sakristei noch erhalten die geschnitzte Wand des früheren Prcdigcrstuhles,
welche mit den Bildnissen des Heilandes und seiner drei Hauptjünger sowie
mit Ueineren Gruppcndaistellungcn von Vorgängen aus der altteatamentHclien
Geschichte geschmückt ist — Als Rückwand des WietdiMdorflte Chor« ist
die frühere Vorderwand des alten Hofstuhls mit dem Bülow'schen Allianx>
Wappen (Wappen von Bülow doppelt mit dem Datum 1712) angebracht. —
In der Nordostecke des Chors befindet sich der Prediger -FraveoatnU mit
guter Renaissance -Schnitzerei von 1633.
Glocken. Im Thurm hängen drei Glocken. Die gröaste giebt als Inschrift die
Geschichte ihrer Entstehung in folgenden Versen: DAS SECHS [ZEHN] HUN-
DERT DREI UND DREISSIGST JAHR DER ANFANG UNSERES KLANGES WAR.
HANS ALBRECHT. FÜRST ZU MECKLENBORCH, TRUG DAMALS ALS PATRO-
NUS SORG. - IM KIRCHSPIEL CASPAR BARKENTIN BARTOLD SEINEM BRU-
DER GEHOLFEN FIEN. JORGEN >) UND HARTWIG VON BOLOWN UNS
AUCH MIT REICHER GABAN8CHAWN. MATTHIAS UND BOCKWOLD'N ERBEN*)
UE8SEN UNSER WERK AUCH NICHT VERDERBEN. CHRISTOFFER 8CHUL2E
WAR PASTOR, DURCH DESSEN FLEISS GING ALLES VOR. - Die mittlere
Glocke träirt du- Inschrift: ICH UND DIE LIEBSTE SCHWESTER MEIN, ZU
EINER ZEIT GEGOSSEN SEIN, ARENT KLEINMANN DER MEISTER WAR. DES
KUNST MACHT UNS SO FEIN UND KLAR, GOTT GEB, SO LANG DIE WELT
NOCH STEH. DASS UNSER KLANG MIT FREUDEN GEH, IHM. ALS DSM
ALLERHÖCHSTEN HERRN, UND CHRISTEN FROMM ZU LETZTEN EHRN.
Auf der andern Seite des Feldes die Namen der Juraten: A8MU8 SÖVEN»
MARK. CLAUS STERLIE. FRANZ MEYER. HEINRICH KLINCKEBIEL. ^ - Die
dritte und kleinste Glocke tra^n die Inschrift: SOLI DEC GLORIAI M. ADAM
FLAUER GOSS MICH IN LÜBECK ANNO 1769.
Gemälde. Sämmtliche Genllde der Kirche gdiören der neuesten Zdt an, mit
Ausnahme eines Oelgemäldes über dem Rosenhäger Stuhle, welches den
früheren Dassowcr Pastor Hermann Tarnovtus in I.chcnsjjnisse darstellt.
Inschrift: HERMANN TARNOVIUS. NATUS GREVISMOUVE 1605, PIE DENATUS
1609. TEMPLI HUIUS DASSOWIENSIS PER 34 ANNOS PASTOR MERI-
TISSIMUS.
') Auf Ilarkcn&cc.
Auf Wicschcndorf und Elmenhorst.
*) Auf JölunnMotf.
Digltized by Google
FLECKEN DASSOW.
399
Kleinkanstwerke. i. Hoher (0,31 m) silbervergoldeter Friihrenaissancc- Kleinkunst-
Kelch auf scchspassigem l'"u.ss mit auf- werke,
{jelöthetem Krucifixus als Signaculum und
den beiden Namen: JÜRGEN V. BÜLOW und
ANNA VON DER LÜHE (sammt den ent-
sprechenden Wappen). Die Wappen .sind als
hochovale Silbcrplatten behandelt und mit
blauem Eimail gefüllt. Sie werden von ein-
ander und vom Signaculum durch je ein
Feld mit eingravierten Frucht- und Hlätter-
bündcln getrennt. Die unteren Glieder des
Fujises sind ebenfalls mit Hlätter- und Frucht-
bündeln belebt, desgleichen in hervorragend
schöner Weise auch der untere 'llieil der
Kupa. Am Knauf, der die Grundform einer
Kugel hat, i.st Treibarbeit mit Gravierung
vereinigt. Der Fracht des Kelches entspricht
die 19 cm im Durchmes.ser haltende Patene,
deren Rand zwölf cinpassigc Vertiefungen
hat. Als Werkzeichen beider der lübi.schc
Doppeladler
und der
Stempel
Vom An-
fange des
W'II. Jahrhunderts, die Gravierungen freilich
Kelch Nr. t.
Kelch Nr. 2. Fuss des Kelchi» Nr. 2.
noch im Charakter der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts. — 2. Renais.sancc-
Kelch, silber\'ergoldet, auf .sechspassigem I'\)ss, mit reicher Treibarbeit. Höhe
0,23 m. Um die vergoldete Kupa eine ausgeschnittene Silberverzicrung, die
Digitized by Gooole
406
AMTSGeftlCHTSBfiZlRK GRBVESMÜHLEM.
den unteren Thcil bedeckt. Der sechsseitige Knauf hat die Form eines ICies.
Von den unteren sechs Feldern des Fusses sind vier niit den zu Gruppen
gusammengeatellten Marterwerleaeugen gefflUt. Das ^nSbt hat dn Monogramin
(s. Abbildung), das sechste ein Allianzwappen. ■ Am Fuss die eingravierte
Inschrift: OB t HELM WRANGBL • MARIA V • BOCKWOLT 1643. Auf der
Unterseite des Fusses sind eingraviert die Buchstaben H.W. M. v. B.
1643. Als Wcrkzcichcn nebenstehende zwei Stempel. Tatene ohne
Zeichen.') — 3. Kleiner silhervergoldeter «^othischer Kelch auf sechspassigem
Fuss. Das früher aufgenietete Signaculum fehlt. Die kleinen Ruutenfcldcr
des Knaufes zeigen den Namen 1 Ii 6 S V S in blauem Email. Oben
und unten am Knauf spitsbc^enfensterartige Verzierungen, an seinen Ringen
Weinranken. Um den Rand des Fusses zieht sich ein Perlstab. XV. Jahr-
hundert. Keine Patene. — 4. Oblatendose von Silber, an den Riintlern ver-
goldet, schlicht rund. Inschrift auf dem Deckel: GERTH QUIZKE AÖ 1667.
ELISABET QUIZKE. Als VVerkzeichen der Lübecker Doppeladler und r--|
der nebenstehende Meisterstcmpcl. — 5. Silbervergoldete Abendmahls-
kanne im Spätrenaissance-StU. Schöne Treibarbeit am Deckel und Fuss.
Griflf und Kanne gegossen und ciseliert. Stempel undeutlich, aber dennoch
als Lübecker Arbeit nach ähnlichen Arbeiten anderswo zu bestimmen. Der
Griff ist mit einem M»)hrenkopf verziert, des Ausguss stellt einen Dclphins-
kopf dar. Auf dem Deckel ein I'iiiienzapfcn. Die Kanne tragt das von Schack-
Buchwald sehe Allianzwappen und die Inschrift: SEL. CLAUS SCHACK.')
MARGARETE BUCHWALTEN. 1682 IST DIEBE KANNE DER DA8SAUER KIR-
CHEN FOREHRET. — 6. Silberner Klingebeutel in Form einer cylindrischen
Dfichse von 0,18 m Höhe und 0,10 m Durchmesser, von trefflicher Treibarbeit.
Die Vorderseite zeigt das von Fngeln getragene l^nlow'schc Wappen mit
Schild und Helmzier. Die I lelmdecken verbreiten sich m reichen gekräuselten
Blattwindnngen (genre cichorcsque) .seitwärts vom Wajipen. Die (Gegenseite
füllt ein Hlumengewinde, das von Bandwerk im Spatrenais.sance - Geschmack
durch/.ogcn ist. Auf der Unterseite hübsche Fruditbttndel. An der Einlassung
oben die Initialen O. W. V. B. D. E. V. B.*) An den beiden Glöckchen der
') Statt MMM niua MMOAUIM tfehen. Der Goldadiinied halt lich liier mrwhen. Auch die
Zetchnung des Monogramms auf dem Kelchfuss weist auf Magdalena, nicht auf Maria hin. Vgl.
Cliristl. I.eichi>rp<Iif;i auf den K. Schwetl. Gcneraltnajor Helm. Wrangel, verwundet 12. Auf^ust 1647
bei l'fibal in Bühincn, 13. August gestorben, 15. December in Wismar beigesetzt. Rede vun
Joachim Hartiberg. Gedndtt hei Joh. Rieheln 1648 in Ruatoeli. — Datmieh war H. W. 1600 ia
Licvlaml j^ebon-n. Nach dem Tode seiner ersten (laiiin Anna Sabina, geb. Ticusch von Butlar,
im Jahre 1641 vermählte er sich in «weiter Ehe mit Magdalena von Backmld. Von ihr erhielt
er «inen Sohn, Kart Ftiedricb, and vier TSdiler: Dofolbea EUnbcth, Anna Matdalena, Sophia
Eitlier, Anna Margaretha. Ucgdalena von BuchwaM venaihlte «ieli tplter mit Htm. von Fcnen.
S. o. S. 238. Da/u S. 54.
*) Auf JohannsUorf bei Uassow, dem alten Erbüitz derer vun ISuchwald, von dem Klaus
von Sehaclc aa 9. Oetoher 1644 pfandweise dnen Antheil tfbeniahm.
') (Jeorg Wiüiclm vun liiilnw, vnii der Linie Wchnin^jcn, hiditeinlschcr niK-rstlicuIenailti
auf Harkensce, vermählt mit Dorothea Cleunorc von liUlow aui» dem llause llarkcnsee. Er
1691 das Gat Harkeatce von Kutt Chrialopli von Bttio» aatlduetice tat swanxig Jahre.
Dlgltized by Google
FI.KCKKN DASSOW.
401
Lübecker Doppcladler in achteckigem Felde und das Zeichen: (^o)- —
7. 8. im I^nghausc der Kirche hanj^cn zwei Kronleuchter aus Messing.
Der grösste trägt die Inschrift: JOCHIM NEGENDANK (Wappen) ELISA-
BETH MARIA VON PERKENTIN (Wappen) 1660 ') Der kleinere Kron-
leuchter tragt die Worte: S. (Sei.) CHRISTIANS SITHMANN KATHARINA
OHMCKEN (zwei Wappen) 1625. — 9. Auf dem Altar ist ein gegen Knde
des vorigen Jahrhunderts gestiftetes Lesepult aufgestellt, das mit hübschen
Hlumen-Intarsien geschmückt
ist und oben ein Krucifix
trägt, das auf schwarzem
Kreuz einen versilberten
Christus zeigt.
Das Inventar von
1811 nennt ausserdem zwei
zinnerne Leuchter mit dem
Hülnw'sthcn Wappen, den
Initialen (I. W. v. B. und
I>. K. V. Ii., und dem
Datum 1708 (vfjl. den
Klin^jeheutel). - - Der'l'auf-
l)e( kenhehahcr hatte einen
Pyramiden förtuig auf-
steigenden Deckel, der die
Namen und \V;i|)pen von
liarthold von Parkentin ,
Manpiard von Parkentin
und der Helwig von 'I hinen
trug (vgl. den IVediger-
stuhl). — Die Kin hc l»c-
sass ferner ein (lemaide,
d;Ls den Herzog Friedrich
Wilhelm darstellte; das
Bildniss des Pastors jakobus
Severus; ein Kpitaph des
Christian .\ugust von Parkentin und der Ida Hedwig von Parkentin mit dem
Datum 1707; ein Epitaph des Obersten Christoph Otto von Schack (-f- 1680)
und ein Epitaph der Familie von Eyben mit dem Datum 1787.
Herrenhaus zu Johannstorf. In der Mitte des Giebelfeldes der Fas.sade Herrenhaus
ein aus Sandstein gearbeitetes Wappen der Familie von Ikichwald, die schon Johann-
im X\'I. Jahrhun{lert auf Johannslorf erbge.scsscn war (M. Jahrb. XVI, S. 63). storf.
Oberlialb des Wajjpens das Wort AMANTIBUS. Der übrige Kaum des Giebel-
feldes ist mit Sandstein -Ornamenten ausgefüllt. Dazu eine mit Titeln gefüllte
lange lateinische Inschrift des Inhalts, dass Herr Schack von Buchwald auf
Jühannstorf das Haus im Jahre 1743 erbaute.
') Jochim von Ncgeiidanck erhielt von :äeinera Schwiegervater Kaspar von Parkentin
Pricwhcnilorf und Schmachlhagen. Er starb 1667 (Hoinckhusen).
Nfi'cncl.inck's.cher Kronleuchter.
'2Ü
Dlgitlzed by Google
402
AMTSGERICFITSBEZIRK f;REVESM('IILEN.
Das Kirchdorf Mummendorf.
Geschichte
des
Dorfes.
as 9 km westlich von Grevcsmiihlen gelegene Kirchdorf Mummendorf
(Munimcndorpe) gehört zu den alten Tarochien der Ratzeburgcr Diöcesc,
die im Register von 1230 verzeichnet sind, und steht, wie bereits bei Dassow
bemerkt ist, unter tiem Archidiakonat des I'robstcs von Ratzeburg.') V^on
den Dörfern, die damals dazu gehören, ist Roggenstorf (villa Rcinwardi,
Reynwarstorpe, Roluenstorpe) später, zwischen 13 18 und 1335, zu einem
Blick auf Mummendorf.
.selbständigen Pfarrdorf erhoben worden.*) Wie Dassow und alle andern
Kirchdörfer der Umgegend, .so nimmt auch Mummendorf an der Weinstiftung
Heinrich s des Tilgers Theil.') Um 1237 ist dort Ludolf, um 1299 und 1300
Johann, zwischen 1319 und 1335 Heinrich und um 1376 Rernardus de Hrokc
ricban oder Kirchherr.*) Der erste evangelische Pfarrer, gegen den der
liischof von Ratzeburg mit kirchlichen Strafen vorgeht, ist Klaus Lütke (Lut-
kcns).*) Ihm folgt Joh. Schönfeld (um 1541),") zwischen 1553 und 1568
Jürgen Scherving, zwischen 1582 und 1596 Burkhard Hencke. L'm 1599 wird
Tilt-mann Hilers und um 1625 Daniel Maa.ss in den Kirchenakten als Pa.stor
genannt; 1640 wird Johann Seedorf (bis 1656), 1657 Benedikt Burchardi
») M. U.-n. 375 (S. 3721. 471. 472. 4« 16. 4092 n. 5613 (S. 541).
*) M. V.-K. 4029. 4030. 5613 :S. 541).
») M. U.-B. 1107.
*) Vfjl. Register de» M. UrkutKleribuche»,
'•') M. Jahrb. VIM, S. 50. XVI. S. 79.
") M Jalirb. Ml, S. 171.
Digitized by Google
KIRCHIX)RF MUMMENIKJRF.
(bis 1684), 1685 Joachim Rüdinger, 1734 Andreas Wilhelm Rüdinger, 1772
H. L. n. Monich berufen. Ucbcr seine Nachfulger s. Walter a. a. O. 1686
ist in den Kirchenakten auch von einer Kirche /u Mallcntin, das nach Mummen-
dorf hin cingcpfarrt ist, die Rede; aber es verlautet weder vorher noch
nachher etwas dariiber.
Als Besitzer von Mummendorf werden um 1442 die Gebrüder Hartig,
Hans, Sterten und Andreas von liülow zu Wehningen genannt, die damals
auf Wieschendorf, Ilarkensce, Rosenhagen, Elmenhorst, lioienhagen, Testorf
und anderen Gütern der Umgegend von alter Zeit her sitzen ') um! bis 1832
tiarin bleiben. Mummendorf im Besondern ist eine I'ertinenz von Wieschendorf.
Die Rechtsnachfolger der Bülow's werden die Herren von Basscwitz. Sie
Ihcilcn 1835 Mummendorf in Hof- und Kirch -Mummendorf, treten aber crstercs
1846 an Wilhelm Fratzschcr und letzteres 1854 an den spater in den Adel-
stand erhobenen Eduard von ürevcs ab. Die Familien I'Vatzscher und Dreves
sind auch heute noch im Besitz beider Theile.
An der Kirche interessiert am meisten die Ostseite des in frühgothischem Kirche.
Stil (mit Beibehaltung romanischer I.isenen inid Rundbogenfriese) erbauten ge-
wölbten Chors und der dem Chor entsprechende Thurm, der aber keinen Helm,
sondern ein Satteldach (mit First von Osten nach Westen) trägt. Das mit
flacher Decke geschlossene breitere Schiff dagegen ist ein durch Restaurationen
') In Her Mitte des XIV. Jahrhunderts besitzt die Familie in der Naclibarschaft von Mummen-
dorf die Guter Rwlcnbcrg, Menzcndorf, niUsson, Grieben, LUbscc und Rüschenbeck. Vgl. M. U.-B.
10929. 10959. Vor der Mitte des XIII. Jahrhunderls finden wir sie auf r.ülow, Victlübbc und
sonst im Lande Gadcbu&ch und Hukow; im Anfange des XIV. Jahrhundert.* auf Ncsow, Wetlen-
dorf, ()then.s|iirf, Rniiibeel, Benzin, Uörzow, Graml>ow u. s. w.
Kirche zu Mummendorf.
26"
Digitized by Google
404
AMTSGERICHTSBBZIRK GREVESMÜHLEM.
arg entstellter Hau, an dem nichts mehr gelobt werden kann Zu wünschen
wäre, dtxss hei einem L'inbau dieses Thcils für die I.iclitortnunf^en die mit
Wülsten verzierte Schmiege des Imbschcn iVuhgothischen Fensters in der Ost-
wand des glatt abschliessenden Chores zum Vorbild genommen würde.
Altar. Der Altaraufsatz ist ein Werk des Barockstils von 1 749. I> enthält
jetzt einen von Theodor Fischer gemalten Krucifixus, zu dessen l'iissen Maria
und Johannes knien. Darunter das heilige Abendmahl. Zu den Seiten des
Mittelfeldes zwei allegorische Figuren, Glaube und Hoffnung.
Kaiuel. Die Kanzel ist ein gutes W'erk der Spätrenaissance mit den geschnitzten
Figuren des Salvator mundi und der vier IwangelLsten.
TaufsleiD. In dem jetzigen Taufstein beendet sich eine getriebene Messing -Tauf-
schale vom Jahre 1648 mit der Inschrift: ASMUS WIGER ANNO 1648 THO
RUSCHELBECK. — Der erste Taufstein der Kirche aus dem XIV'. Jahrhundert,
ein in der Grundfurni eines gothischen Vierpasses aus Granit gemeisseltes Hecken
auf rundem Fuss, ist noch erhalten.
Grabstein. Vor dem Altar der Grabstein des 1S3S gestorbenen Pastors Monich
mit gut erhaltener Inschrift: GRABMAL DES 66JAEHRIGEN PREDIGERS DIE-
SER GEMEINDE WEIL. H. C. MONICH GEST. 8. APRIL 1838 ALT 96 JAHRE
20 TAGE. NEBEN IHM RUHEN SEINE BEIDEN GATTINNEN J. A. GEB. 8LANCK
GEST. 1786 E. C. S. GEB. BOTTNER GEST. 1826.
Glocken. Im Thurm drei Glocken. Die grösste ist laut Inschrift zuletzt im
Jahre 1730 umgegossen worden und tragt ausser einer langen Versinschrifl
die Namen des Herzogs und Kirchenpatrons CARL LEOPOLO, des Pastors
ANDR. WILH. rODINGER und des Lübecker Giessera LmiraoU Sfndbom sammt
dem Datum 1730. Als Hauptschmuck zeigt die eine Seite des Feldes das
mecklenburgische Wappen. Die zw eite Glocke vom Jahre 1 597 hat die
Inschrilt: MITH GOTTES HÜLFE HAT MICH CLAWES BINCKE GEGOSSEN.
DURCH DAS FEUER BIN ICH GEFLOSSEN. Unterer Rand: ^ GOTT -f
VATTER ^ SON + VND ^ HEILIGER -|- GEIST ^ VNS + HIR ^ VN +
DORT ^ SEINE + GNADE ^ LEIST + ZU ^ GOTTES + ER ^ VNOT +
80N8TEN ^ NICHT -f IST ^ DISE + GLOCKE ^ NEV -f ANGERICHTT ^
IM -1- JAREf^lSOT^ — Die klein.stc Glocke vom Jahre i »25 hat am
oberen Rande eine zweireihige Inschrift. Die erste Reihe lautet: SCllllO -j-
boinini -f m 4 (((( + rrU + 0 rcr -f gloric t riiftr f bnii 4 cuin -f
pacc. Die unlere Reihe lautet: CriftC 4 flli 1 ÖCi 1 lUil'CCC'C ■{- mtl -f
iljcfuö -f crifliiö -f ti -\- matia -\- amen. Darunter ein itl.
Kleinkunst Kleinkunstwerke. i. .Silberner Kelch auf rundem I'uss , in kla.ssi-
werkc. cierenikin .Stil Am Rantle lies I'usses der lubi.sche Doppeladler und daneben
das .Meisierieichcu Die dazu gehörende vergoldete l'atene hat keine
Werkzeichen. — 2. Kleiner silberner Kelch zur Kranken- Kommunitm. Werk-
Digitized by Google
KIRCHDORF ROGGENSTORF.
40s
leichcn wie bei l. — 3. Neue Weinkanne auf achtpnssi^em Fuss, 1871
geschenkt von Herrn VON DREWES- Mummend' >rr Am I*"uss die Steni])el:
FRIEDEBERG[ Berliner Arbeit. 4 Zinnerner Keleli auf rundem
Fuss, mit der Umschrift am Fu.ssc: CATRINA WIGGERS 1727. Als W erk-
zeichen der lübische Dupixrladlcr und ein undeutlicher Stempel: K (oder R)
M 33. — 5. Zinnerner Kelch, ohne Inschrift, gleich dem vorigen. — 6. 7. Auf
dem Altar zwei unneme dreifussige Leuchter. Ab Meistendchen ein Engel
mit den Initialen P. M.
Denkttda vm Tnunn* Auf dem ritterschaftlichen, nach Ltttgenhof Denkstein
gehörenden Antheile des Bauernfeldes von Tramm steht, nahe an der Chaussee von
von Grcvesmiihlcn nach Dassow, rechts, ein Denkstein oder ein »steinernes Tramm.
Kreuz« [vj,]. M Jalirb .Will, S. SSofif.) aus verwittertem Kalkstein, stark um!
fest mit I'Icchten ul>! rziis^r^n, ca. l' « m hoch, wahrscheinlich znm Andenken
eines liicr llrmordclcn. l-,s ist noch ungefähr die Gestalt eines Kriicifi.\cs /u
erkennen und die Umschrift ist gothische Minuskelschrift. Jedoch ist der Stein
so sehr verwittert, dass es kaum möglich sdn wird, die Inschrift zu entziffern.
Das KirchdiNf Roggenstorf.
BBjer ursprüngliche Name des 10 km nordwestlich von Grevcsmühlen ge- Geschichte
Icgenen Dorfes ist Reinwardsdorf. Als Reinwardi villa gehört es nach
dem Ratzebuiger Zehnten -Register von 1230 zur hirochie Mummendorf und ^<>i^f<B**
bleibt dabei, wie .schon oben Seite 402 erwähnt worden ist, bis über 1318
hinaus.') Doch bald darauf wird es zu einem Kirchdorf erhoben sein, denn
es tritt mis als solches benits im Jahre 1335 In-i Gele'^enheit der Auf-.tellun<.[
der Ratzeburger Kirchen- und Lehnta.xe entgegen.*) Herren des Dorfes sind
damals die Ritter Ulrich und Heinrich von Rarnekow sammt dem Knappen
Reimar von Bamekow. Aber wir lernen auch die übrige Einwohnerschaft
kennen, unter der uns kein slavisdier Name begegnet. Da sind die Bauern
Johann Mechtildis, Make (Markwart) Gerold, Heinrich Wesel, I^ehr, Johann
und Heinrich Wiese, Nikolaus Krei. Richard, lüiLreUH rf . Gcorq;, Peter, Hannes,
Wolf. Heinrich Schepel. Gerhard \on Bciikcndi af, 1 )!ctricli \(in Klütz, der
Schmied Volkwin und der Schuhmacher Dietrich. .Auch eine vereinzelte
Wittwe ohne Namen wird aufgeftihrt.') Um diese Zeit sagt man noch Reyn-
werstorpe. Aber bald darauf folgt die unbegreiniche Korruption des Namens in
Roluenstorpe (1335), dann heisst es wieder Renwerstorpe (1343, 1379)» darauf
entsteht die noch unbegreiflichere Umänderung in Rowerstorp (1401, iS^S»
•) M. U.-B. 375 (S. 37a). 4030.
«) M. u -n 5613.
M. U.-B. 4039. 4767.
Digitized by Google
4o6
AICTSGERJCHTSBBZIRK GREVBSMOHLBN.
1548), und 1550 findet sich zum ersten Mal der bis heute üblich p[el)Ucbcnc
Name Rog^enstorf. Die Herren von Barnekow behalten bis ins XV. Jahr-
hundert die Herrschaft, Herzog Albrecht von Mecklenburg belehnt am
17. December 1343 die Gebrüder Raven, Ulrich und GottschaHc mit dem
höchsten Geridit und der Bede, audi haben de das Kirchenpatronat, wie sich
aus einer Urkunde vom II. October 1402 ergiebt Ihre Vorfahren, Ulricht
Heinrich und Rcimar von Rarnckow, dürfen daher als Gründer und Erbauer
der Kirche bezeichnet werden. Aber schon mit dem Rcjjinn des XV. Jahr-
hunderts werden die Herren von Quitzow auf Voigtshagen durch einen Kauf-
kontrakt, den König Albrecht von Schweden am 7. April 140 1 und Bisdiof
Detlev von Rataeburg am 11. October 1402 bestätigen, ihre Rechtsnachfolger
auf Roggenstorf und Grevenstein. Und von nun an erscheint Ro^^nstorf
als Pertincnz zu Voigtshagen. Selbstverständlich geht damit auch das Patronat
auf den Besitzer von Voij^tshai;en über. Dies Vcrhältniss währt 350 Jahre
lang. Mit dem Krwcrl» von V^oigt.shai^iMi durch die her/.ogiiche Kammer in
den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ') tritt der Landesherr in alle
jene Rechte ein. Zugleich gehen Voigtshagen und Roggenstorf aus dem
ritterschaftlichen Verbände des Amtes Grevesmühlen in das Domanium über.
Kirche. Die Kirche ist ein schlichter Backsteinbau fruhgothischen Charakters,
als dessen älteste Theile das im Innern flachgcdedtle Laiq;haus und der mit
einem aus vier Giebdn entwickelten achtseitigen Pyramidenhetm versdiene
Thurm anzusprechen sind. Dessen jfingerer Thal aber, der mit einem Kreuz-
gewölbe geschlossene, im Osten mit glatter Wand endigende Chor, ist, ab-
gesehen von allem Anderen, scUdh dadurcli als sixiU rer Anbau gekennzeichnet,
da.s.s sich an seine Nordseite keine Sakristei anlihnt. Diese befindet sich
vielmehr auf der Nordseite des Schiffes und ist somit ein Beweis dafür, dass
dessen östlicher Theil einstmals als Chor- und Altarraum diente. Auf der
Ostseite des Chors kein Fenster, sondern drei gothische Blenden, von denen
die mittlere höher ist als die bdden andern. An der Ostseite des höheren
Langhauses sieht man dagegen nur die Köpfe jener alten Blenden, deren
tjrösscrer Theil durch den niedrigeren Choranbau \crdeckt wurde. An diescin
auch kein Frie.sschmuck, am Langhausc aber Boc.(i-nrriese mit untergelegtem
Stromschichtbandc. Die l'^enstcr des Langhauses (jederseitü drei) haben auch
nodi etwas von dem Charakter der früheren Schlitze, die im C6or (auf Nord-
und Südseite je eins) nnd breiter und weiter.
Altar nnd Altar und Kanzel, ein zu einem Körper verbundenes Werk ncugothischcn
Kanzel Stils, sind ohne Bedeutung.
Das ]x:scpult trägt die Jahreszahl 1707. Die mündliche Ueberlieferung,
dass in diesem Stück eine Sittmann'sche Stiftung und zugleich ein Rest des
alten Barockaltars vorliege, ist glaut>lich.
Taufe. Taufbdiälter (Gusseisen) und Tanftcbale stammen aus jüngerer Zeit
') Acta canMnil. dood. i7S>/54<
Digltlzed by Google
KIRCHDORF ROGGENSTORF. 40/
Im Thurm drei Glocken, alle drei von gleicher Höhe {0,78 m), und Glocken.
zwei auch vnn [gleichem Durchmesser (1,03 m), wahrend die dritte, die von .
1759, nur 0,95 ni Dm. hat. Die älteste stammt vom Jahre l.}^.}. Sic hat
die Inschrift: SCliiio + biii III 1 ctcc H ^jjiiii [ iia 4 i)a^|'cl)cn H
fn 4^nntr + iO|^aniie# + m. — Die folgende Glocke, vom Jahre 1730.
hat die Inschrift: AV8 DER GEMEINDE VNK08TEN IST DIESE GLOCKE VM-
GEGOSSEN AUFF BEFORDERUNG DES PASTORS ERDMAN HINTZEN • ANNO«
1730 . CONRADT . KEYMAN . ME • FVDIT . LVBECK • 1 )i( <lrittc Glocke vom
Jahn- 1759 hat die Inschrift: AVF • DER • GEMEINE • KOSTEN • HAT . DIESE •
GLOCKE • GIESEN • LASSEN • ERDMAN • HINTZE • PASTOR • ET • P «T • PRE-
PO8m(!)B*1780 • LOBET • DEN • HERRN • DENN • VNSERN • GOTT • LOBEN •
IST • EIN • KOSTUCH • DING • PS. 147 • ME • FVDIT • lOHANN • HINRICH •
ARMOWrrZ • IN • LVBECK.
Wand- «ad Dcckeamalcreieii. Die alten Wandgemälde der Kirche Wand- und
sind bd Gelegenheit einer früheren Restauration übertüncht worden. Auch die ' >ei ken-
dunkelhraun und grün gclarbte Glasur in den Schmiej^en und I^ibungen der '"*'^'reicn.
PortaK- und I-'enstor hat dies Schicksal iibcr sich erflehen lassen müssen.
Ks ist aber noch die j^an/e alte bemalte Decke vorhanden, nur ist sie durch
eine zweite gctunclUc Decke verdeckt. Jene liegt nämhch über dem Gebälk,
diese unter ihm.
Kleinkunstwerk«. 1. 2. \'on tk n beiden silber\ er^oldetcn Kelchen Kleinkunst-
gleicher l'^orni hat der eine an der Kupa eine vertiefte huschrift: DIESSEN wcikc.
KELCH HATT DER WOLGEBOHRNE HERR WOLDEMAR SITTMANN PATRON
HIESIGER KIRCHEN ZUR EHRE GOTTES VEREHRET ANNO 1S8S. Am
Fuss als Werkzeichcn der lübische Doppeladler und der Meisterstcmpcl :
Der andere ist ohne Inschrift und Zeichen. Die dazu gebrauchte Patene ist
neu und ^gleichfalls innen und aussen vergoldet. Schweriner .\rbeit: L GIESE|.
— ■ 3. Silberner kleiner Kelch auf sech-.])assit;em l' uss mit .SiLjiiaculum. Daneben
die Initialen SMS. Als Werkzeiclun der lübische Doppeladler und Q
als Meistcrstempel. Die dazugehörige Pktenc hat dieselben Zeichen. Beide
für die Kranken • Kommunion dienenden Gcräthe haben eine gemeinsame
Inschrift, auf der Patene: DEN SO OFPT IHR VON DIESEN BROD ESSET.
SOLT IHR OES HERN TOD VERKÜNDIGEN, auf dem Kelch: UND VON DIE-
SEM KELCH TRINCKET, SOLT IHR DES HERN TOD VERKÜNDIGEN, BISZ DAS
ER KOMT. A : 1717: D. 12 APRIL. ROGGENSTORF. Oflenbar ein (ieschenk
aus der V. SITTMANN sehen l'amilic auf V'oigtshagcn. — 4. Silberne Oblatcn-
dose, rund, mit Vorstedcer an einer Kette, ohne Zeichen. Inschrift am Boden:
PETER • CLASSEN • JOHANN • HENNINGES • ANNO 16S4 • ROGGENSTORF. —
$. Eine xtnneme Oblatenschachtel hat die Inschrift: PETER LISEBARG HAT
DIESES ZU GOTTES EHRE DER KIRCHEN ZU ROGGENSTORFF VEREHRET
1691. .Auf der l^iter-^i ite des Bodens der bekannte Stempel mit dem I^ni^el;
daneben ein /.weiter .Sit nipcl mit einer fiMifbl,atlirit.^cn Rose unter einer Krone.
— 6. Gro.sse neue Altarkannc von wei.sscni Metall. Auf ilcr Unterseite des
Digitized by
408
AMTSGEiaCHTSBBZIRK GREVESMÜHLEN.
Knochen.
Hexen-
kuhle.
Quitzow-
Bttrg.
Fangel«
thiirm.
Hodens: O. W. Kurtz • Stuttgart. - 7. Alte mcssinf^ene raufscluisscl ohne Ver-
zierungen und Zeichen. Aussen die Spuren einer alten Inschrift in Kartouche.
— 8. In der Mitte der Kirche ein sehr schöner bronzener Kronleuchter mit
Krone, dne SITTMANN'sche Stiftung aus dem XVIL Jahriiundert
Im I hiirm, über dem liingang in das Schiff der Kirche, ist ein Knochen
befestigt, der ungefähr i m Länge und Breite hat und angeblich auf dem
benachbarten Gebiet von Grevenstein gefunden ist. Kenner behaupten, es sei
das Schulterblatt eines Walfisches.
Als dne historisch bemerkenswerthe Stätte ist hier die im Süden des
Dorfes belegene »Hcxeokiible« zu erwähnen, jetzt dn mit Pappdn bepflanzter
Gnmd. Zu der unzweifelhaft auf Wahiiieit beruhenden Volkstradition, dass
hier die »He.xem des Kirchspiels verbrannt worden seien, sind folgende Ein-
tragungen des Koi,'-i^<'nstorfer Kirchenbuches zu vcrtjleichcn : '-25. Febr. 1689
ist Grete Dcrmans, si» 45 Jahr allhie Cüstersche gewesen, \vej;cn der Hexerei
verbrand.« — »4. Dccbr. 1689 Incke Suerbehren, ein Weib von 40 Jahren,
wegen der Hexerd verl>rand.c
Die Quitzow-Borg. In nordwestlicher Richtiint; von dem (irossherzoj;-
lichcn Hausgutc Gross-Voigtshagcn, ungefähr t km entfernt, liegt ein Hu rg-
wall von oblonger Form,
der sich fast 8 m über die
umliegende Wiesenniederung
erhebt. Der innere Raum
des Walles liegt 5 m niedriger
als der Kamm des Walles
und hat von Osten nach
Westen eine Länge von 40 m
und von Süden nach Nmtlen
dne Länge von 30 m. Die
aus Felsen in Mortd auf-
geführten I'iindanienlniauern
der alten Hurg sind noch
voihanden; sie bilden dn
Rechteck von 34 m Länge und 28 m Breite. Ein Graben umgiebt den
Wall im W'esten: auf den übrigen Seiten wird der Wall von Wiesen be-
grenzt. Ein Teil des im We.stcn und Süden an den Wall stossenden Ackers
ist von einem nunmehr verschütteten, aber noch deutlich erkennbaren zweiten
Graben uniflussen gewesen. Auf dieser Hurg haben im .W'I. Jahrhundert
und später die Quit/.ow's (M. Jahrb. XVI, S. 67, 85, 94) gewohnt, von
denen noch heute die Volksüberlieferun^ zu erzählen weiss.
Westlich \<)n dem von Klein -V'oigtshagen nach Gross -\'oigt.shagen
fahrenden Wege, hart an demselben und einige hundert Schritt von der
Grenze beider Güter entfernt, wird auf einer ßodenerhöhung die Stelle gezeigt,
IS ' ' I --f
^ . * . 4 4.
Orimtieniiig«>Skiste der Quitiow-Barg.
Digltized by Google
KIRCHDORF BÖRZOW.
409
wo in friiluTcr Zeit ein so^. Fangelthnrm « stand. Zahlreicho Schiittrcstc,
die aus alten, zum Thcil {^lasierten Mauersteinen und Hohlziegeln bestilun,
bestätigen diese Ueberiieferung. VV'csliich davun, ganz in der Nähe, lici;« n
die Reste eines Walles, der eine Länge von 16 m und eine Breite von 1 3 m
hat und von einem Graben, dessen Breite 4'/i m betrügt, umgeben ist. Wall
und Graben werden jetzt beackert Noch vor einigen Jahrzehnten sind sie
deutlich zu erkennen gewesen.
Du Kirchdorf Bttrzow.
|m Jahre 1230 gehört das 5 km westlich von Grcvcsmühlen gelegene Dorf Cicschithte
Hörtzow (Hartsowe, Hortsowe, auch mit z statt s und ohne t geschrieben,
Ort des BorC) ebenso vde R<^genstorf (Reinwardsdorf) zur Parodiie Mummen* es.
dorf. Aber 1299 ist es bereits ein Kirchdorf, dessen Patronat die Landes-
herren (Heinrich d. Ä., Heinrich d. J. und Johann) am I. Mai dieses Jahres
der Kalandsbruderschaft in der Rehnaer I'robstei übertrafjcn. Die Fürsten
erscheinen damit neben den (leistlichen dieser Bruderschaft als diejenigen,
welche die Mittel zum Hau und zur Fundicrung der Kirche (ccclcsic ex
novo fundate) hergegeben haben. Dies um so mehr, als sie sidi vorbehalten,
das Patrmiat im Fall des Eiiösdiens der Bnidersdiaft in ihre Hände zurück-
zunehmen.') Die Höfe und Grundstücke des Dorfes sind in alter Zeit in
verschiedenen Händen, wir treffen als Besitzer im XIII und XIV. Jahrhundert
die Familien von Hülow, von Preen, von dem Lo (l ohe) und von Ik-riistorf.*)
Aber es widirt nicht laiij^t-, da ^u-uinnt das holsteinisclie C'istercienser- Kloster
Reinfeld hier die Überhand. Mit Genehniit^ung des Landeshcrru erwirbt es
1258 von dem Panzerschmied (Flatenschläger, platensleghere) Arnold in Lübeck
die Mühle, wdche diesem in früherer Zeit von den Büiow's mit Reservierung
ihrer Herrenrechte überlassen worden war, 1259 vom Ratzeburger Bischof den
Zehnten, den er bis dahin von den Klostergütern erhoben hatte, 1280 sieben
Hufen, die das Doberaner Kloster von Konrad von Preen her in Hesitz t^eliabt
hatte, 13 18 Hof inid Hufen des Man|uard von dem Lohe und das niedere
Gericht, das hieran und an den Hüluw'schen und l'rccn'schen (iJobcraner)
Hufen haftet, und 1371 bestätigt Herzog Albrecht dem Kloster neben anderen
Gütern auch das Dorf Börzow als Eigenthum. Das schliesst nun freilich den
Besitz und die Anrechte Anderer nicht aus.") So z. B. überlässt der Bischof *
Detlev von Ratzeburg 1404 den Zehnten aus Hörzow an die Quitzow s, 1440
treten die Herzöge Heinrich und Johann die Bede an das Lübisclic Domkapitel
') M. i:.-r. 375 372). asSS.
*) M, U 1!. SiS. 1523. 1524. 2513. 2778. 400S. 4018. 8240. 8644.
*) M. U.-B. 817. 846. S49. 1523. 1524. 4008. 4018. loaoo.
Digltized by Google
AMTSeERICHTSBBZIRK GREVESMOHLBN.
und 1475 die Herzöge Hinrich, Balthasar, Albrccht und Magnus ebendieselbe
an die Vorsteher und Vikareien der Frauenzeiten in der Kapelle zu Greves-
mühlcn ab.*)
Durch die Refonnatioii werden die Besitzverhältnisse geändert, wenn*
gleidi erst in verhältntssmässig später Zeit. Das Kloster Rdnfeld erhält noch
1565 von Kaiser Maximilian II. die Bestätigung seiner Privilegien, und erst
1582 dankt Johann Kuhle, der im Jahre 1567 erwählte letzte Abt, ab. Hörzow
verwandelt sich aus einem Klostcrgut in ein Domanialdorf, doch bleiben
einzelne ritterschaftliche Anrechte an Borzow vom Gut und Dorf Bernsturf
her noch lange von Bestand.*)
Der erste nebon der Kirche im Mittelalter ist Johann (um 1299); um
1318 und 1319 heisst der Kirchherr Walter; um 1368 Hermann Haringwascher;
ihm folgt, und zwar bis 1383, Nikolaus Ketelhod; diesem, von 1383 an,
Johannes Wynold; um 141 5 ist Heinrich Bartscherer Kirchherr zu Börzow.
Weitere Geistliche des X\^ Jahrlunulerts nennt das Wismar'sche Kalandsbuch,
aber es ist wegen der gleichen Schreibweise der Dorfnamen nicht sicher zu
ttsehen, welche von ihnen nach Bössow und welche nach Börzow gehören.')
Zur Zeit der Reformation, um 1540, ist Peter Gammelkam Pastor; um 1568
Joh. Jabel (wohl dersdbe, der um 1540 In Ro£^nstorf ist); swisdien 1578
und 1 590 Joachim -Schröder; seit 1589 Joh. Nesenus; seit 161 1 Kaspar Blank;
seit 1649 Jüh. Blank; seit 1674 Joh. Xcumann; seit 1713 Joachim Bimse; seit
1746 Peter Fricdr. ilesslcr; seit 1784 Tastor Schulz. Ucbcr ihn und seine
Nachfolger siehe Walter a. a. O.
Kirche. Die Kirche ist ein unscheinbarer nietlrij^cr kleiner Feld- und Backstein-
bau von der {Irundfut in eines läns^lichen V ierecks, dessen nstlidier Theil als
Chorraum gewölbt, dessen wesllicher Iheil aber als Schiff eine flache Decke
hat. Der Hdm des Thurmes ist wie eine Art Haube über den unter ihm
stehenden Mauerkem gestülpt Auf der Südseite des Schifles eine Vorhalle
und auf seiner Nordseite eine Grabkapelle.*)
Altar. Der Altar, eine Stiftung des ANDREAS VON BERN8TORFF und der
HEDWIG MARIA VON BERNSTORFF, geb. von Wenkstem, vom Jahre 1718, ist
') Ungedniekle Urkunden. Akten im Onmä», Archiv.
') Die Owsiicn'schc Chronik, welche aaf der PfwTc /n r. r.ow .lufbcwahrt wird, isi eine
sorgfältig aii'ig»-filhrlc Arlx-it. Die Vcrlcgutif; <lcs Sihw<r])iinktcs ihrer lokalRcscliichtütlicn Dar-
stellung in späterer Zeit nach Bcrnitorl', dem bcücutcndslcn Dorf und Gut der l'aruchic, hängt
mU dem Aufidiwaag der BermtorirKlien Fnallie In den Zeiten nncli der RefomuUioa nmimmen.
Als eine ihrer Grundlagen dient dabei ein Nf;in\i«kript, das von jenem Andreas von Bemtorff
(geb. 1646, gest. 1693) ausgearbeitet ist, dem sein Bruder Eggerd Detlev das ihm im Jnhre 167a
dnrdi du Loo« «ifeMkiM Gut Bemtlorf abtritt.
*} Bortzow: Gotlfir. Kroger, um 1450; Peter Re<lewi^c1i, zwiadun 147t und 1483;
Mathias, zu'i<(chrn 1490 und 1506. — BortMOw(e): Nik. Luceborch, um 1450; Joh. Woltem,
nach 1483. Nach Tcchcn's Mitihcilung.
*) Die Grabkapelle lies* Hedwig Maria von BemstorfT auf Otheoilorf 1738 etbanen; ne
selbst wurde am 26. Januar 1743 darin hcijr.-^rt/t. Zuletzt, am 3. Juni 1776, wurde der KamBWr-
junkcr von Bcritstorff aul Ulhen&torf und Ilansiiagoa darin beigesetzt.
Digitized by Google
KlRCIlIiüRF Bt)RZüVV.
411
ein Werk des Barockstils mit den Gemälden des Abendmahls, der Kreuzigung
und Grablegung innerhalb eines Säulenbaucs, dem geschnitzte Statuen (Moses,
Johannes der Täufer, die vier Evangelisten und der triumphierende Christus)
als weiterer plastischer Schmuck hinzugefügt sind. — Die Kanzel hat keine Kanzel.
künstlerische Bedeutung. — Im Thurm drei Glocken, von denen zwei im Glocken.
Jahre 1854 von Hausbrandt-Wismar aus älteren Glocken umgegossen sind, die
dritte, zugleich die kleinste, noch intakt ist. Sie zeigt als kleine Bilder auf
ihrem Felde die heilige Kreuzesgruppe (den Krucifixus mit Johannes und Maria)
und sechs weitere heilige Figuren von ungefähr 12 cm Höhe.*) — Die Vata Vasa sacra.
aacra sind neu: zwei silberne Kelche mit Patcncn, von dem Goldschmied
Kirche zu Böriow.
Giese in Schwerin gearbeitet, sind Geschenke von ARTHUR GRAF VON BERN-
STORFF und seiner Gemahlin; eine grosse silbervergoldetc Kanne, eine Oblaten-
dosc und ein Ciborium. sind laut Inschrift Geschenke von WERNER GRAF
VON BERNSTORFF und seiner Gemahlin ELISABETH geb. Riedesel Freiin zu
Eisenbach aus den Jjihren 1883 und 1886.*) - Von sonstigen Kleinkunst- Kleinkunst-
werke,
') Ihre Vorgängerinnen waren eine Marienglocke von 1452 mit der Aufschrift Qittlfti» ItlAtia
bin irf : tn<.lH\\\ »md eine noch ältere von 1420 mit der Aufschrift UnitO : 6ni 1 mtiCCpf : irf :
rhomne : wrinan : mit : 6cr 1 hulpe ; 0^o^r0 i hrbbc : gr^boten t ^e)T'(r : vat t
Von der dritten Glocke ist in der Chronik des Pastors Joh. Friedrich Owstien (1848 zum
Pastor berufen) 1622 zum ersten Mal die Rede. Auffallend ist der Gebrauch des Wortes
>vat< für Glocke. Als Hczeichnung für das Tauffass oder die Flinte ist er verständlicher. Indessen
erinnert er an die lateinischen Inschriften der Glocken zu Hohenkirchen, Wiesenburg und anderswo:
V'as, deus, hoc signa, plelis salva sit, aura benigna. S o. S. 318. Vgl. Otte, Glockenkunde,
Seite 123.
*) Mit ihrem früheren .Silberschatz hat die Kirche viel Unglück gehabt. 1639 rauben die
Schweden den Abendniahlskelch. Darauf schenken Joachim von UcrnstorfT auf Bernstorf (seil 1630)
Digitized by Google
412
AMTSGBRICHTSBEZIRK GREVESMÜHLBN.
werken mögen noch zwei mcssin^jenc Leuchter auf dem Altar cfcnannt werden,
von denen der eine 1745 von AVGVST IVLiUS BIMS (zu Lübeck) und der andere
1746 von CLAE8 PAVL FRIEDRICH VÖLCKER und ANNA SOPHIA MAA8SEN
ZU Bemstorf gestiftet ist, ferner ein Messingbecken mit dem Namen lOCHIM
BORCH 1673, ein neues Taufbecken vom Schweriner Ho^g^veur Lsnih«,
ein hölzerner alter Opfer -Bett mit dem Hilde der heiligen Familie und ein
hölzerner Krucifixus links vcm der Kanzel.
Das Kirchdorf Diadrichshagen.
Geschichte Qfifila das 7 km suiUich von Grevesmühlen gelegene Dorf Thidcrikeshagcn
des mmm (Dhiderekeshagcn) in dem um 1230 aufgestellten Zehntenregister gar
Dorfes. ,^1^^ genannt wird, in der vom Fürsten Johann und seinen Söhnen revidierten
Ordnung vom 7. März 1260 aber bereits als Kirchdorf auftritt, so müssen
beide, Dorf und Kirche, zwischen 1230 und 1260 entstanden sein, und
möglicherweise ist jener deutsche Kolonist Theodericus, der sich um 1230 auf
der alten Grevesmiililener Fcldflur angesiedelt hat (in agris aiUiquis Grcwes-
mulne) der Gründer.') Kür die Anlegung des Dorfes lässt sich sogar noch
eine engere Zeitbegrenzung finden. Aus dem am 19. Mai 1291 vom Bischof
Konrad von Ratzebui^ erneuten Prtvit^enbrief des mecklenburgischen Klosters
Eldena erfahren wir, dass Rischof Gottschalk das Kloster mit dem Zehnten
von vier Hufen in Thidcrikeshagen ausgestattet hatte. Da nun Hischof G(jtt-
schalk (U li bischöflichen Thron zwischen 1229 und 1235 innehatte, so ist das
Dorf zwischen 1230 und 1235 «ingclegt worden. Die Kirche erhält wie alle
anderen Kirchen der Umgegend ihren Antheil an der W^einspende Heinrich's
. des Pilgers vom Jahre 1267 und steht wie die übrigen unter dem Archi-
diakonat von Rehna.*) Das Piatronat aber haben später die der Ordensregel
md Mine Gemahlin Ilsabe von Parkentin (geb. 1620, -f 1688) der Kirche 1653 einen neuen Kelch
und dne Krane von Silber. Ein nreiter Kelch Icomint 1733 nb Geschenk Ton Andreis von Bern*
storfT auf Bernstorf hinzu. Auch hat vierzehn Jahre vorher die Wiltwe des I'a^tors Neumann einen
kleinen si]l>ernen Krankenkelch gestiftet. Aber auch diese drei Kelche gehen wieder verloren; tie
werden am Abend des K. November 1806 von swei herumstreifenden Els&Sbcrn gestohlen, die auch
die silberne Oblatendosa von 1678 mitgehen hdssen, dasu ein gesticktes Kelchtnch und etwat
Am 9, NuvemlMT findet cinr- rrjjcirechte I'IUiulcrunfj des Dorfes %'on der iiachrllckendeti
fraiuuslschen Armee statt. Aus der zurückgebliebenen filberncn Kanne macht 1815 Goldschmied
Friedbelm an GrevesrnShlen einen Kelch, aber die Owstien'sche Chronik bezeichnet ihn als an»
braachbar.
M. U.-H. 37S (S. 375) «$9.
•) M. U.-B 1107. 4>I2. 5613 (S. 541).
1 "
Digitized by Google
KIRCHDORF DIEDRICHSHAGEN.
413
des hl. Benedikt unterstellten Kloster Juni^fraucn von Eldena, doch wann und
von wem es ihnen verliehen wurden, darüber fehlt es bis jetzt an einer
Urkunde. Ivs lasst sich nur sagen, dass sie es erst nach l2yi crlialten haben
werden, denn sonst wäre dessen in der Privilegien- Erneuerung dieses Jahres
durch den Rischof Konrad sicher Erwähnung geschehen. Sie behalten es bis
zur Säkularisierung des Klosters im Jahre 1556. Im Visitationsprotokoll von
1568 wird bereits der Herzog Ulrich als Patron der Kirche zu Diedrichshagen
aufgeführt.')
Von den l'lehaiu-n des Mittelalters ist nur der \ame eines einzigen
auf uns gekommen, der dos llartwicus um 1319. Reichlicher flicsscn die
Quellen der späteren Zeit. 1341 ist Stephan Prutze Kirchherr, 1568 Hermann
Schröder, 1595 Joachim Lucae, 1610 Theodor Loste, von 1623 bis über 1647
fort Balthasar Meyer, 1651 wird Valerius Fiedler berufen, 1657 Petrus Schulz,
1675 Heinrich Susemihl. r*^")«) Jakub Willi. I'istorius, 1717 Gottl. Wilh. Horno-
mann, 1769 Joh. Konr t hrisiian Riedel und 1782 Jakob Boysen. lieber ihn
und .seine N'aclifol^u r x j^l. W alter a. a. O.
In der zweiten Hallte des Xlll. Jahrhunderts begegnen uns in Diedrichs-
hagen die deutschen Bauern Ditmar, Bole und Lüdeke.*) Die landesherrlichen
Einkünfte verpföndet Herzog Albrccht am 1 5. Mai 1 356 an die Herren von Bülow,
in erster Reihe an Klawes von Hülow auf Wedcndorf^) .Sudann ersehen wir
aus unj^edruckten Urkunden und Akten des X\' Jahrlunxierts, dass die Herren
von Uuitzow auf N'uiijtslia^en Hesitz und Rechte tler adeligen I-'amiiien Xegcn-
danck (1423/24J und Scharfenberg (1433, 1448, 1457) in Diedrichshagen an sich
bringen. Auch erwerben sie dort im Jahre 1455 von Herzog Heinrich IV.
das höchste Gericht. Demgemäss erscheint Diedrichshagen um 1590 als
Pertinenz von Voigtshagen. Es bleibt bis um die Mitte des XVII. Jahrhunderts
im Besitz der Familie Quitzow, inAn aber nachher mit Cro.ss- Walmstorf
zusammen aus ihren H.inden in die der Prälaten, Ritter- und Laii<ls( haft des
Herzni;thums Hraunschweig - Lüneburg über. 1 705 kauft es von diesen Herr
Joachim von iiernstorff auf Bernstorf. Bernstortif sches Gut bleibt es bis 1798.
1799 übernimmt es die herzogliche Reluitions- Kommission.
Die Kirche i.st ein .stattlicher Neubau aus tieii fuufzij^er Jahren. Ihre Kirche.
Euiweihun;; fand i>S6i statt. Alt i.st nur der aus trettlich gebrannten
grossen Ziegeln aufgcfuhi te gothische Thurm, der mit seinem aus vier hübschen
Giebeln entwickelten achtscitigen Helm eine Höhe von ungefähr 60 m hat.
Die Giebel sind ebenso verschieden wie die des Kirchthurms zu l'rosckcn
unti i>nenbareii gleich ihnen den Kinflu.ss der Wismar'schen Bauten des ,\V. Jahr-
hunderts. Zu diesem l'ingerzeig für die Zeitl>est:mmung gesellt sich als zweiter
die grösstc der drei (jlocken mit dem Datum Illi'i'Clii.
In der Kirche ist von dem Mobiliar der alten nichts zurückgeblieben. Mobiliar.
' Vgl. die Vi!>italiomprotokolle von 1541 und 1568.
M r -H. 2677.
•J .M. L.-I5. S220.
Digltized by Google
414
AMTSGfiRICI nSBEZIRK nREVESMÜHLEN.
X
Glocken. Im Thurm hängen, wie schon bemerkt worden, drei Glocken. Die
grösste hat die Inschrift: O • XC% • 0Otie • djrlftc • Ucili • CUIII pate
Ofanna • anilO bni in" • CCCC**!"!; dazu das nebenstehende Giesser-
zeichen. Die zweite Glocke hat keine Inschrift; die dritte, die kleinste,
vom Jahre 1653 hat hübsche Renaissance -Verzierungen (Kngelsküpfe,
Blumen, Blätter, Ranken, Trauben) im flachen Relief und die Inschrift: MAGISTER
VALERIUS FIDLER PASTOR. HANS FRAME KVESTER HANS BODEKER HIN-
RICH LVNOW HANS
LVDER HINRiCH
SCHWARTE VOR-
STEHER GOTT Gl EB
FRIEDE IN DEINEM
LANDE. GLVCKVND
HEIL ZV ALLEM
STANDE. ANNO
1653. M. STE-
FAN EVS WOILLO
VND NIKOLAVS
GAGE LOTRIN.
HulzblUi. Holzbild. Im
Tluirm ein altes Bild
auf Holz, CA. 1,25 m
hoch und 0,75 m
breit, darstellend
den Krucifixus mit
Maria und Johannes.
Glas- Glasmalereien.
malcreien. L)as I lauptfenster
hinter dem Altar
enthält vier kleine
aus der alten Kirche
herüber genommene ^'«^^ '"^"^ KircUc.
Gla.sbildcr, nämlich ein Wappen mit der Linterschrift HANS LÜDERS und drei
Bilder, welche neutestamcntliche Vorgänge, die Taufe im Jordan, die Berufung
des Matthacus und Jesus und die Samaritcrin (?) darstellen. Ausserdem noch
einige Scheiben mit Namen aus der Gemeinde und der Jahreszahl 601 (= 1601).
Kleinkunst- Kleinkunstwerke. l. 2. 3. Kin silbervcrgoldetcr Kelch, mit dem Berliner
werke. Bären und der Legierungszahl 14 als Stadtzeichen und dem Meisterstempel (cc).
I''inc silbervcrgoldcte Patene mit dem Schweriner Stadtzeichen und dem
Meisterstempel | FINCK . Km silbernes Ciborium für Oblaten mit dcn.selbcn
Stempeln. Alle drei Gefässe haben die Jahreszahl 1798 und das gleiche neben-
stehende Wappen. — 4. Silbervergoldeter Kelch auf sechspassigem l''uss, mit
Digitized by
KIRCnnORF DtEDRlCIlSHACEN.
41$
der Inschrift FR. SOPHIA RIECKEN WITTWE KLÜVERN 1721. An der Kupa
da.s Hild eines Pelikans, der sich die Hm.st öffnet, um seine Jungen mit seinem
Blut zu speisen; darüber eine Taube mit Oclzwcig im Schnabel. Schweriner
Arbeit ^ JTh^. — 5. Kine .silbcrvcrgoldetc Patcne ohne Werkzeichen, mit dem
Ji
i
r r-'r
m
I
Inneres tier Kirche zu hicdrichshngen.
Spcrüng schen und Slralcndorff schcn Wappen und den Beischriften CORDT
SPERLINCK und METTA STRALENDORPES
1585.') 6. 7. 8. Zur Krankenkommunion
ein kleiner silberner Kelch mit l'atene und
Oblatenschachtel. Vom Jahre 1830. Am Kelch
die Zeichen [s] | L M | - 9. Auf dem Altar
eine grosse seidene Decke, vergilbt und auch
zerrissen, aber mit thcihveisc gut erhaltener
Seidenstickerei, darstellend Biiume und Baum-
zwcigc mit Wurzeln. Dazu ein aufgenähtes
Wappen mit drei Blumen und den Initialen
D und K. Die Kliiver'sche Familie hatte
früher das jetzige Hausgut .Schildberg im
Besitz, das nach Diedrichshagen eingepfarrt ist.
') Die Herren von Sperling wütinten vom XV.
bis ins XVII. Jahrhundcris anf dem benachbarten Rüting. Vgl. M. Jahrb. I, S. 223. S. 486.
Der hier genannte Curl Sperling »tom Rtitinff« erwirbt 1598 einen Hof und eine halbe Hufe
tn dem nach Diedrichshagen ciiigcpfarrlen Schildberg. Er und Mette von StralendurfT, Vickc
von Stralendorn''5 Tochter von Guldebce, waren die Eltern jener Elisabeth S|ieriing, die un-^ auf
den Epitaphien in Wismar, Gressow, Kltiti und Danibcck begegnet ist.
Digitized by Google
4i6
AMI'SßERICHTSBBZnUC GREVESMOHLBN.
»Bot- Zwei >Bot- (Hiissc) Steine^ in der Form ab-
Steine.« gestumpfter Kct^cl, ca. ni Imcli, die in der alten
Kirche als Hussersteine für tjefallcnc (stuprator und
stuprata) im Gebrauch gewesen sein sollen, befinden
sich jetzt der eine auf dem Küstergehöil, der andere
im Garten des Pfarrkri^rs.
Denlestem. Deaktteta. In einem Wäldchen beim Hofe Bern-
storf (früher, bis zum Jahre 1829, an der Kirchhofsmauer
zu Börzow) ein 1,75 m hoher Kalkstein in Form einer
Docke mit der Inschrift: %m • blli • Hl • CCC • | li^
i • bic • ab ♦ bimuLi : Ui • pttti • • Uicrncr'
üernftorp • antiigcr : ovatc • pro : co • Daruber,
im Kopf der Docke, das Ikrnstortil 'sehe Wapiien. Auf
der Fläche, die innerhalb der Inschrift liegt, das Bild des
Gekreuzigten und zu dessen Füssen das des Verstorbenen,
welcher kniet und anbetet. Ueber ihm ein Spruchband
mit der Inschrift: O l^df» • rP^* lllffcrcrc • llici •
Auf der Riirkscite oben im K()])f der Docki- d.is Hild
des (jekrcu/i|^'ti.'ii und j^leich unter diesem das des Ver-
storbenen in gleicher Stellung wie auf der V^orderscite.
Auf dem Spruchbande die nicht mehr ganz deutlidi zu
lesende Inschrift:
^ ' maxtt • bei • tniferrte * mei •*)
Das Kirchdorf Friedrichshagen.
Geschichte p^MI redebernesh a e n (I'rcdcberni indago) ist der Name des Dorfes, aus dem
des HMl jjij.)., spjiter l*'ii bhersli;iL,'cn unti zuletzt l'ricdrichshatjcn entwickelt. Wer
der deutsche Kolonist iMcdeborn (Wrctleljern) ist. der um 1230 liie I'eldflur
bebaut, ob er derselbe ist, der in IJcckcruitz, Reimannsdorf, Wieschendorf
und Meierstorf Besitz hat, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, wohl
aber dies, dass der Name zu jener Zeit in den Familien Barsse, Huskummer und
Ketclhodt und im XIV. Jahrhundert auch in den Familien Fliemstorf, Pekkatel,
Woostcn, Kabold und Fahrenholz vorkommt. Das 10 km südöstlich von
(rrevesmühlen gelegene Dorf ttehört um 1230 noch zum Kirchspiel (iressow,
erhalt aber schon zur Zeit seines (Iründers eine Kirche, die dieser selbst mit
dem nöthigen Ackerland ausstattet, und der nachher im Jahre 1265 Fürst
*) Diese letzte Lesung schlügt ( rull vor. Anders das L'rkundenl)uch Nr. 8644. M.
Jkhrb. II H, S. 167. T>ie im Jahrbuch II ^'e^^eliene Abbfldung ist nicht ganz richti{;. Das \\a|>|>cii
zu den I ii-^on tlrs ViiMurlnnci). iter 1351 im Zweikampf von Detlev von Gadenstedt Kclödtet
sein soll, enthält nicht ein, sondern drei KleeUiUer, gans ebenso wie das grössere Wappen üben
im Kopf der Vorderseite.
Digltized by Google
KIRCHDORF FRtBDRICHSHAGEN.
417
Heinrich, mit Wahrung des Patronats der Kirdie fiir den Bisdiof von Ratze*
bürg, in Bezug auf ihr Ei^cnthum dieselben Rechte beilegt, welche die übrigen
Kirchen seines Landes haben.') ICs geschieht dies im Hcsoiulern dem in den
Urkunden aus der Zeit Heinrich's des Pilgers, der Anastasia und der Vormund-
schaft so häufig genannten Ritter Ilinrik de Stralendorpc zu Gefallen, dessen
Besitzinteressen es erfordert haben werden. Es 1^ die 2^it, in welcher der
Deutsche Orden (die Gottesritter vom Deutsdien Hause, gadesrittere van dem
dudesghen huse) im Kirdispid sich ansiedelt, in Fredebemeshagen selber den
Besitz von sechs Hufen gewinnt und in dem benachbarten Gross - Krankow eine
Komthurci begründet. Als diese im Jahre 1355 eingeht, erwirbt Martjuard
von Stove ihren «ganzen ( iuterbestand für 1000 Mark reinen Silbers,*) Aber
schon 1381 geht die.ser Hcsitz durch Kauf auf die Herren von Stralendorfif
über. In Friedrichshagen aber, wo ne 2 Vi Hufen (nicht soviel wie die
Komüiuret besass) erwerben, sind neben ihnen die Herren von N^ndanck
und später auch als Rechtsnachfolger dieser die Herren von Bassewitz begütert
(seit 1404), und von 1442 an treffen wir dort die Herren von Bülow von der
Linie Wehningen. In ihren Händen und nachher in denen der Elmcnhorstcr
mul Wieschendorfer Linie bleibt Friedrichshaj^en langer als dreihundert Jahre,
bis über die Mitte des XV'llL Jahrhunderts hinaus. Sic haben auch, nach-
weislich seit den Zeiten der Reformation (vgl. Visitationsprotokoll von 1541),
das Fatronat der Kirche. 1763 erhält Kammerherr Philipp Heinrich Baron
v<m Stenglin auf Plüschow den Lehnbrief auch über Frebbershagen als Pertinenx
von Testorf. Sein Rechtsnachfolger ist .seit 1803 der Erbprinz Friedrich Ludwig,
der sich der Hew irthschaftung seiner Cjütcr w idmet und mit Vorliebe auf
l'luschow residiert. Ilun folgt 1819 der Lrl)^'ro.ss]urzi)g Paul Fnetirich. Aber
schon 1823 ist die Grossherzogliche Reluitions- Kommission hier thätig, und
sdt dieser Zeit gcltört Friedrichshagen zum furstlidien Domanium.
Von den Namen der Geistlidien im Mittelalter ist ein einz^[er über*
liefert, es i.st der des Heinrich Teskow (oder Teschow) um 1357. Um 1541
ist Johannes Kannegeter') Kirchherr, um 1568 Henricus Burmeister (.seit 1567),
zwischen 1647 und 1666 Jakob Schetzovius, 171S wird Christoph Hermann
Hoyer erwählt, um 1745 Heinrich FViedrich Mussehl, um 1760 Peter Christian
Neumann, um 1786 der Pastor Stein. Ueber ihn und seine Nachfolger siehe
Waher a. a. O.
Die Kirche ist ein schlichter gothischer Backsteinbau mit Chorschluss Kirche,
aus dem Achteck. Langhaus und Chor, dieser um eine Stufe gegen jenes
erhöht, bilden einen einzigen Raum mit flacher Holzdecke, den acht gleich-
') M. U.-B. 375 (S. 373). 1028. Das K^ister des Urkundenbucbs idenUriciert den Vredebern
nit den der Familie Ketelhodt. Vgl. die Uricunden 776. 1024 «nd besonders 1491.
*) M. U.-B. 6898. S139. S196. Es »iiul ilic GültT : Gros«, und Kletn-Krankow, Harmslugietli
Friedrichshagen, Quaal, l'eteradurf, Cimersdorf und Gebckendurr. Die beiden zuletzt genannten
sind ihrem Namen nach nicht mehr da, stecken aber in Meierstorf und Neuhof. Vgl. Lisch,
M. Jahrb. XIV. S. 21. Schndt. M. Jalirb. LVI, S. 196, 197. Anmkc.
>) Liacb, M. Jahrb. XU, S. 17>.
37
Digltized by Google
4i8
AMTSGERICHTSBBZIRK GREVESUOHLEN.
geformte iweitheilige Fenster mit Spitzbogenschluss erleuchten. Den im
Westen voi^bauten Thurm deckt ein Satteldach mit abgewalmten Giebeln.
Ahar. Altar. Der Altar-Aufsatz Ist ein Werte des Barockstib mit Halbsäulen,
die ein minderwerüiiges Gemälde der Krenz^ung einsdiliessen, und neben
denen die gesduiitxten Gestalten des Moses und Aron als Seitenschmuck
angebracht sind.
Triptychon. Auf dem Orgelchor steht noch das Mittd-
stüdc eines alten gothisdien TriptydMMis.
Kanzel.
Die Kanzel ist im Rokokostil ausgeführt.
Knieiiii»
H.
Katha-
mit Johannes
Niko-
rina.
und Maria.
laus.
Im Mittelfeld des Prcdigtstuhis eine Lutherbüste von Papiermache.
Glocken. Im Thurm hängen zwei Glocken. Die grössere ist vom Jahre 1724,
hält 1,25 m Durchmesser und hat die Inschrift: HR. HANS JOCHIM VON
BVLOW • VND DIE GESAMTTEN ERBEN DES SELIGEN HERRN LANDRATHS
COROT OETTLOF VON BVLOW : BEIDERSEITS PATRONI ZU FRIEDRICHS-
HAGEN • CHRISTOPHER HERMAN HÖVER PASTOR. Als Giesser nennt sich
Laurentius SMilbom aus Lübeck 1724. Ab BSid ein Kruciftxus. — Die zweite
Glodce hat über dem unteren Kranz die Inschrift:
SONO CLARA VOCE GLORIAM DEI TER SANCTI. " ^
ME FUDIT P. M. HAUSBRANDT WISMARIAE
MDCCCLVI.
Die Vorgängerin der zweiten Glocke
hatte eine lange lateinische Inschrift, die
dem AnfUnkfii iks Philipp Tlcinrich Baron
von Stenglin als Erwerber der Herrschaft
FlCiscbow und Patron der Kirche von seinem
Sohn Konrad Philipp gewidmet war. Sie war
iSoi von J. V. sichulz - Rostock gegossen
worden.
Kleinkunst- Kleinkunstwcrke. i. Silhervergoldeter
werke. Kelch auf .sechspassigem Fuss. Unten am I-'uss
ab Signaculum ein plastischer Kruci6.\us.
Rechts und links davon das Bülow'sche Wapi^cn.
Darüber dreimal das Meisterzeichen ^^AN -
Dazu die Inschrift: X HARTWICH XVX /T K
BVLOW X PATRON X DISER X KIRCHEN X JO-
HAN X V X BVLOW X 1614 X. Die da/u <^v-
hurige l'atcne olinc Zeichen. — 2. Kleiner
silberner Kelch mit Patene, zur Kranken -Kom-
munion, ohne Inschrift t beide mit den neben-
stehenden Wismar'schen Stempeln. Wahrscheinlich von dem
Goldschmied Heinrich Böttcher, der 1701 ins Amt eintrat. —
3. Silbervergoldeter Kelch auf rundem Fuss. An der Kupa die Inschrift:
Digitized by Google
VORGBSCHICIITUCHB STELLEN.
419
a s. VON bOlow aus dem hause plOschow 1751. ^G^i) Scbwe>
riner Arbeit. Die zum Kelch t,'ch(>rij^c I'ateno träpt dieselben Zeichen. - ~
4. Oblatenciose von Silber. Auf ficni Deckel ein eingravierter Krucilivus. Auf
der Unterseite des Fusses zwei bürgerliche Wappen mit den ünterschrillcn AiSi
HORNEMANNEN und A i D > AVEN • PENSIONAIRE 1760. Oberhalb der
Wappen die Inschrift: GOTT ZU EHREN DER FREDEBERTS- ^ ^
HAGER KIRCHE. Wismar 'sehe Werkzeiehen (Joh. Ditlr. Qade): W \ä
5. Abcndmahlskanne aus Zinn, mit dem Stempel | A sch'vtz]. Auf der
Vorderseite eingraviert ein Krucifivu.s, ein t^Ieicher plastisch am Deckel.
Unter dem Hoden: KIRCHE ZU FRIEDRICHSHAGEN 1864. 6. Tauf-
becken von Messing. Aul dem Fu-sä J. MEYNE 186«. — 7. 8. 9. Im
Schür der Kirche drei Kronkiiditer» der eine aus Messii^, der andern aus
Eisen und der dritte aus Holz. — 10. 11. Zwei gleiche Leuchter von
Zinn, auf drei Füssen. Der eine hat die Inschrift: DfiTLOF ERTHMAN «
DIESEN LEÜCHTER • GEHÖRT ZUR FRIEDRICHSHAAGEN • 1730 • ^ZS
Dazu die ncben.stelienden W ismar'.schen Werkzeichen Der andere \^/
hat die Inschrift: DETELOF . FERTENS • FORER ET • DIESEN LVCHTER • ZV .
GOTTES • ERE • SV • FRIRICHHAGEN • IN DER KIRGE • 1683 • |^ rjc] *)
Dazu die nebenstehenden Wismar'schen Werkzeichen. — 12. 13. \^ >^
Zwei desgleichen, gross, in Idassicierendem Stil: dorische Säulen auf vier-
seitigem Fuss. Ohne Inschriften. Wismarsche Werkzeichen: IwNol*
— 14. 15 Zwei schöne Vela. das eine ein Rrokatgcwebe im vIÄl/
Stil der Spiitrenais.sancc, das andere eine Stickerei in Plattstich auf Seide:
Blumen mit naturalistischer Behandlung, im Geschmack des XVIIi. Jahrhunderts.
Die wtehtigtten vorgeschichtlichm Stellen
Im Amtsgerichtsbezirk Grevesmühlen.
oldbeck. In dem Lenorenwalde ein kleiner Burgwall von 5 bis 6 m
Höhe und 15 m Durchmesser, geschützt durch einen WaUgraben und
herumfliessenden Bach; anscheinend wendisch.
Kfiblenstein. Links vom Wege nach Borkcnhagcn im Walde ein be-
deutender Burgwall, ein Oblonf^um von 150 m I.äni:^e und 70 m Breite, an
drei Seiten von sumijfigem Terrain umgeben; anscheinend wendisch, aber
auch im Mittelalter bewohnt.
Rankendorf. In di r Xalic des Hofes ein noch nicht n.'iher imtersuchtes
Urncnfeld der La Tene-Zeii, von dem einige Funde im Grossh. Museum
sind. Vgl. Lisch, M. Jahrb. XU, S. 168.
*} Der erste BnchiUbe in McUtetseichen ist fraglicli.
27»
Dlgltlzed by Google
420
AMTSGERICHTSBBZIRK OREVKSMÜHLEN.
Peldlittsen (zu Wiesdiendorf). Der »Harkenwalls ein grosser Burg»
wall aus wendischer Zeit, einer clor schönsten und best erhaltenen im
Lande. Vgl. u. a. Wigger, M. Jahrb.
XXVlll, S. 43.
Die Gegend um Üassow war
firOher reich an Hünengräbern, die jetzt
verschwunden zu sein scheinen. Im
Grossh. Museum befioden sich Funde
von Haticensee (Steinkamroer, zerstört
vor 18.(1, vgl. M. Jahrb. VI B, S. 29);
Wieschendorf (zwei grosse Steinkammem,
ausgegraben 1836, vgl. M. Jahrb. IIIB,
S. 117); Tankenhagen (eine unter-
irdische Steinkammer und ein Hiinen-
bett, ausgegraben 1876, vgl. M. Jalub.
XXXVII, Seite 197); Prieachendorf
(Ilünenbclt, ausgegraben 1836, vgl.
M. Jahrb. IIB, S. 25); ein Hüncnhett
von Holm erwähnt: M. Jahrb. II B,
S. 107.
Bugmll von GoUbeck.
Daaaow. Auf dem Stepnitzufer,
an der Brücke vor dem Ort, ein erhöhter Platz, in dem Lisch, M. Jahrb. XXVII,
S. 194, das schon 1020 bis
1022 erwähnte ca.strum Derith- >>^%ir^*^^^^i!$Sk
.scwe, welches durch die Zer- ie>/^i 9^^^^
.storiin»; der Burg 1262 fast
unkenntlich gemacht sei, vcr-
muthet. S. o. S. 392.
Roggenstorf. Hei der
Grevenatieiner Mühle ein Skelett-
gräberfeld, wahrscheinlich wen-
dischen Ursprungs; untersucht
1895 von Dr. Beltz.
B9n»w. In den Tannen
an dem Wege nach Greves-
mühlen ein Urnenfeld aus der
älteren römischen iVtiode (vgl.
WüteniLc und Janiel); Funde
im Grossh. Museum. Vgl. Lisch,
M. Jahrb. VIUB, S. 91.
Wotenits. In den Mühlen-
tannen ein noch nicht erschöpftes
Urnenfeld aus der älteren r^tnisrhen Periode; sehr schone Funde (zierliches
KIcingerath aus Gold, .Sillier, lironze, l'.isen und Knochen) im (iros.sh. Mu.seum.
Vgl. Lisch, M. Jahrb. XXXUI, S. 143; XXXV, S. 105; XXXVII, S. 230.
liurgwall von Kühlcnstein.
Dlgitlzed by Google
VORC ESC HICHTLIC 1 1 E ST ELLEN .
421
Kaatahn. An der Stcpnit/. ein kleiner sehr geschützter Burjjplatz mit
Resten mittelalterlicher Benutzung, vielleicht schon aus wendischer Zeit
stammend.
Upahl. Oestlich vom Ort zwei beträchtliche Hügel, der »Twaschcn-
berg« und der »Ramberg«, anscheinend Kegelgräber; eine von Dr. Beltz 1894
vorgenommene Untersuchung hat keine Funde ergeben.
Burgreste bei Upahl. Auf dem Gehöft des lirbpächtcrs Johann Kruse
(Buschkrusc) giebt es in unmittelbarer Nähe der Hofstelle einen ungefähr
4 m hohen, mit Gebüsch bestandenen ICrdhügel, der sich bei näherer Be-
sichtigung als kreisflirmigcr l*>dwall mit innerer Vertiefung ausweist und noch
llUnciigrati von .Salchendorf.
vor einigen J.'ihrzchnten alte Backsteinfundamente einschloss. Jetzt ist er an
der dem Gehöft zugekehrten Seite durchbrochen. Die Steine dieses ursprünglich
vierseitigen Mauerbaues sind von früheren Hauswirthen fortgenommen und auf
ihrem Gehöft verwendet worden. Gegenwärtig sieht man nur noch in einer I'^ckc
geringe Ueberreste davon. Nach aussen ist diese Burg von zwei koncentrischen
Wallgräben geschützt gewesen, einem sich eng an den Krdwall anschliessenden
und einem in weiterem Bogen umlaufenden, wie das (ielände noch heute zeigt,
obwohl die Betriebsamkeit der Besitzer alles gethan liat, um durch Abtragung
des Bodens eine dem Pfluge bequeme Ackerfläche zu bekommen. Die natür-
liche Befestigung dieser inmitten von Wiesen gelegenen Burg muss bedeutend
gewesen sein, zumal noch heute diese Wiesen bei anhaltender Regenzeit selbst
im Sommer wochenlang unter Wa.sser stehen.
Gross -Pravtshagen. Das im M. Jahrb. XV'III, S. 246 erwähnte schöne
und gro.ssc Kegelgrab ist jetzt bis auf gcringfiigigc Reste abgetragen; Funde
sind angeblich nicht gemacht.
Digitized by Google
422
AMTSGERICHTSBEZIKK GREVESMCHLEN.
Plüscbower Mühle. Auf dem Müllcracker früher zahlreiche niedrige
Stcinkcgcl, ein Hcgräbnissplatz der jüngeren Bronzezeit; vgl. Beltz, M. Jahrb.
LXI, S. 218.
Sternkrug (zu Meierstorf). An der Chaussee zwei stattliche Kegel-
gräber, oben abgeplattet, .son.st anscheinend wohl erhalten.
Jamel. Im Janielcr Revier befinden sich einige Hünengräber, an Grösse
und guter Erhaltung wohl die schönsten im Lande: vgl. darüber Beltz in den
Protokollen der Generalversammlung des Gesammtvcreins der deutschen Ge-
Schichtsvereine in Schwerin 1890, S. 176, wo die ältere Litteratur angegeben
ist. Wir nennen hier folgende: i. Hünenbett von 38 ni Lange und 9 m
Breite, umstellt mit 50 Steinpfeilern; am östlichen Ende die scheinbar un-
HUnengrab von Evcrstoif.
berührte Grabkammer mit vier Decksteinen (gewöhnlich als Grab von Naschen-
dorf bezeichnet). 2. Steinkammer mit einem Deckstein auf zwei Trag.steinen,
umgeben von einem rundlichen Hügel (gewöhnlich als Grab von Everstorf
bezeichnet). 3. Stcinktimmer mit vier grossen Decksteinen auf einem rundlichen
Hügel. — In der Kiesgrube an der Chaussee sind zahlreiche Steinartefakte
(Keile, Beile, Mes.ser u. s. w.) gefunden, die in Privatbesitz gekommen sind. —
Südlich von der Chaussee ein ausgedehntes L'rncnfeld aus älterer römischer
Zelt, 1889 und 1890 durch Dr. Beltz ausgebeutet. Die zahlreichen und
schönen Funde, ganz im Charakter der bei Wotenitz gemachten, befinden
sich im Grossh. Museum.
Andere Gräber in der Jameler Porst und den angrenzenden Feldmarken
sind zcrslörl. Sie scheinen einer grosseren (»nippe von Hünengräbern an-
gehört zu haben. Im (irossh. Ahiseum befinden sich Punde von Hoikendorf
(Hiincnbc'tt, zerstört 1845, vgl. M. Jahrb. X, S. 269) und Barendorf (Stein-
kammer, zerstört 1852, vgl. M. Jahrb. XVIIi, S. 229).
Digitized by Google
Kirche zu Rchna.
Amtsgerichtstezirk Itehna.
Die Stadt Rohna.
jeschichte der Stadt. Die (beschichte von Rchna ist gleich tlcr von Geschichte
Darj^'un (im ersten liamlc der Kunst- und Geschichtsdenkmäler der
Mecklenburgs) die Geschichte seines Klosters, das zwischen 1230 ^'J**!*-
und 1236, als der Ort noch ein Kirchdorf war, von einem Frater (Mönch)
Ernestus als Nonnenkloster nach der Regel des hl. Benediktas gegründet, vom
Ritter Henricus de Roxin mit dem Dorfe Roxin, von Gottfried von Hülow,
einem Vasallen des Fürsten Johann, mit zwanzig Hufen Landes bei Lübsee
(genauer: oberhalb des Dorfes, super IJpcssc), von Otto von Kogel (Kowalc),
einem Ratzcburger Vasallen, mit zehn Hufen ebendaselbst, und vom Fürsten
Johann am 16. Mai 1236 mit landesherrlichen Rechten, die ihm in den ge-
nannten Gebieten gehörten, ausserdem aber auch mit denselben Privilegien
bevvidmet wurde, die dem schon im Jahre 1219 gestifteten Kloster Sonnen-
kamp (Neukloster) verliehen worden waren.') Vier Monate später, den 6. Scp-
') M. U.-B. 254. 375 (S. 362 und 369). 453. Die Grundlage zw der Geschichte des
Klosters hat in der ersien Hälfte des vorigen Jahrhunderls der Archidiakonus Dietrich Schröder in
seinen Wismarschen Erstlingen, S. 238 bis 268, gelegt und nachher in sein »Pap. Mecklenburg«
aufgenommen. Darauf hat Lisch weiter gebaut mit verschiedenen Mittheiltingen in den Mcckl.
Jahrbuchern, besonders in X, S. 180, XV, S. 287 bis 305, XX, S. 333 bis 357 und XLII,
S. 153 bis 156. Vgl. ausserdem M. Jahrb. V, S. 214 bis 218. Yllji, S. 71 und 62. X, Seite
180 bis 182.
Dlgitlzed by Google
4^4
AMTSGSRICKTSBEZIRK REIINA.
tember 1237, erfolgen weitere Schenkungen und Gnadenerweisungen. Dieselben
Ritter, und andere in der Umgegend wohnende dazu, wie Johann von Biilow,
Hdnridi von Ardenburg, Detlev von Gadebuadi, Gottfried von Briitzkow')
und Heinrich von Schwerin vennehren die Hegenden Grunde des Klosters in ganz
erheblicher Weise, der Fürst giebt seine Bestätigung und verzichtet zu Gunsten
der Nonnen auf sein Patronat und Vcricihungsrecht in der Marien -Kirche
(beate Marie virgini.s) zu Kehna und in der zu Wedendorf. sowie auf seine
landesherrlichen Rechte in den neu hinzugeschenkten Ländereien in Lubsee,
Tankenhagen, Faikenhagen, Woitendorf, Vitense, Frauenmark, der alten Mühk
in Rehna, Roxin, Benzin, Löwitz (Lutfizithse) und Vorfoek.*) Eins der widitigsten
Klosterdokumente aber ist die in Gegenwart und mit Theilnahme einer grossen
Zahl geistlicher und weltlicher Herren, der Fürsten Johann, Nikolaus, Heinrich
Borwin und Pribislav, der BegnuKlcr der vier ähestcn Linien des Mecklen-
burgischen I lauses, des ganzen Ratzeburger Domkapitels und zahlreicher
Ritter und Priester vollzogene grosse Bestätigungsurkunde des Ratzeburger
Bisdiofs Ludolph vom 26. December 1237, in weldier er, nach einer sdiwung-
voUen Emleitui^ über die hohen Pflichten und die schwere Verantwortung
eines Bischofs, das neue Kloster als junge Tochter der Ratzeburger Kirche
dem himmlischen Bräutitjam zufuhrt. Der \'orwurf der l'nfruchlbarkeit könne
die Mutter nicht mehr tretf'en, nachdem schon eine solche Tochter von ihr
in den Kampf gegen die tumultuose Menge der Dämonen gestellt sei;') nun
habe sie aber auch ihre andere Tochter glücklich zur Welt gebracht und
schreite einher mit zwei Geschwadern wohlgeordnet als furchtbare Schlacht-
reihe g^en die Sdiaaren der bösen Geister (cum duabus turmis, drcuamicta
varietate, contra catcruas demonum tcrribilis ut castrorum acics ordinata).
Mit Zustimmung des l->zbischofs (Jerhard von Bremen und beider Domkapitel,
des Bremer und des Ratzebmxjer, iiiul mit Genehmigung der vier mecklen-
burgischen Landesherren weiht er das Kloster und seine Kirche zu Ehren
Gottes, der hl. Mutter Maria, der hl. Ellnbeth und aUer Heiligen, weist
weiteren Landbesitz in Benzin und Rdina an, sdienkt femer die Hälfte vom
Zehnten in Gletzow, Roduchelstorf, in dem zum Land Gadebusch gehörenden
Theil von Lübsec, Tankenhagen, Grieben, Herbordeshagen,*) Bernstorf, Hans»
hagcn und Picx erstorf und bestimmt, dass der Probst des Klosters vom Ratze-
burger Donikaiiitel t^ewähU und als solcher den Bann oder die Archidiakonats-
rechte in den Parocliicn Kehna, Wedendorf, in den Kirchen zu Wismar und
in denen des Landes Bresen, d. h. in Proseken, Hohenkirchen, Beidendorf,
^ Ueber die Stammverwandlschaft der von Bulüw und BrUtzkow vgl. Lisch, M. Jahrb. XXXtll,
Sdte 88 ff.
•) M. U.-H 467. Zu Lvtluiase v^l. «duKl! , M. jahrb. LVI, S. 193. l>ie Vcmulhung,
dass Luüuilhse idenüach <ei mit LOwitz, wird dadurch gesiuut, da» in Zukunft der Klostcrbcsitz
in Lathtithw nicht wieder TUtkooimt, wohl «iier viedobolt der in LSwitz, c B. 1257, 1267, 1325.
Der HiMrhuf meint dos unter seinem Voigiilfer Gott.schalk (1229 bis 123$) gegründete
Benediktiner- Nonnen - KIo«.!fr KMenn , ohne es zu nennen. Vgl. M. U.-ll. 2 II 8.
*) Nicht mehr vurhan Jen , hig im Xlll. Jahrlmndcrt bei ÜtUensdorf. Vgl. Schildt, M.
Jahrb. LVI, S. 193. Nii«li dem Urkandenbueh (2874) bt es der Bauhof bei Rdtn«. Ferner 338s.
Digltized by Google
GESCmCHTB DER STADT REHNA.
42$
Gressow, Grevesmiihlen, Klütz, Damshagen, Elmenhorst, Kalkhorst und Rüting
ausüben solle.') Zu diesen l'atronatcn gesellt sich im Laufe des XIII. Jahr-
hunderts auch das von I.ubsee.')
Schröder berichtet in se inen Wismar'schcn Erstlingen, S. 240, dass die
Vollendung der Klostergebäudc sehr langsam vor sich gegangen sei, und dass
der Cardinall^t Petrus habe eingreifen müssen, um im Jahre 1254 endlich
deren Einweihung tu erreichen. Leider ist die Urkunde hierttber verloren
gegangen, allein die Sache wird durch eine Urkunde desselben Legaten, die
von Cambray aus am 25. October 1254 im Interesse des Rützower Collegiat-
Stiftes erlassen ist und von besonderem Interesse für tlie kirchlichen Verhalt-
nisse in Mecklenburg zeugt,') durchaus glaublich j,'rmacht.
Es mehrt sich der weltliche Besitz, thcils in <len schon genannten
Ortschaften, theils in antlcren, die hinzukommen, wie in Tarnewitz, Uemcrn,
Käselow, Wölschcndorf, Mundorf, I'arbcr, Goostorf, Martensdorf, Zehmen,
Deutsch- und Wendisch-Nesow, Ourdshagen, Rosenow und Pokrent, und das
Kloster erwirbt ganz und gar die Dörfer Woitendorf, Schindebtädt, Volkens-
hagen, Brützk(»w und Zweendorf.*) Dabt i e rfreut es sich ausser <ler Gunst
seiner Hischofe auch derer der Eürsten Johann, Heinrich s des Pilgers und
dessen jüngeren Hruders Johann, der in der vaterländischen (k-schichtc als
Herr zu Gadebusch bekannt ist. Am meisten aber interessiert sich der
Adel in der Umgegend dafür, wie die Herren von Bülow, Wittenburg, Lang-
wedel, Bresen, Wackerbart, Maltzan, Hoktein, Blücher und Eckemförde
(Ekelenvorde), die es cum Theil mit ganz bedeutenden Stiftungen bedenken.
Auch die Namen bürgerlicher Lelmmanncr begegnen uns bei diesen Anlässen,
wie Werner Mrasche und Johann Railuchel. I''bensowenig fehlt es an kleineren
Vermächtnissi-n aller Art.*) Das Kloster ehrt sich selbst in (Kr Zeit von
1260/61 durch die Aufnahme der Gra6n Audacia von Schwerin mit den
Ihrigen in seine Fraternität^ Den 8. Juli 1270, nach seiner Rückkehr vom
Kreuzzuge gegen Livland, übergiebt Fürst Hdnrich der Pilger ein von ihm
als Tochter adoptiertes kleines dreijähriges Heidenmädchen', das er aus der
Schlacht gerettet hat, dem Kloster zur Erziehung lur den Nonnenschleier, fugt
aber auch als Geschenk vier Hufen in dem schon genannten Dorfe Färber
hinzu (ut ex ejusdem ancille introitu claustruni Rene solacium acciperet, non
■) M. U.'B. 471. 473. 78$. IS94> 'SSS- 3440. 3'Si> S*^- '^73$' >o7S9> ^ Kirchen
M Wedend Orf und Rüting sind eingegangen. Dassow und Mummctulorf werden an Stell« VM
RdniB und Wedendorf dem RaUebnrger Probst zugewiesen, s. o. S. 395, ADmkf. I.
•) M. V. U. 971.
•) M. U..B. 736.
« M. U.-B. 553. 575. 578. 674. 741. 742. 1056. 1108. 1155. 1163. 1226, 1354. 1870.
2c6o. 306 i. 22li. 2296. 2450. 2456. 2627. Von SchindeUtädt giebl es beute nur noch den
Namen nb Peldnaik in der Nlhe da Dorfn Wykenhegmi. Vgl. SchiUt. H. Jnkrb. LVI, S. 194.
Der Bcsiu in Zweendorf geht 1307 an Kloster Doberan Uber: M. U.-B. 3149.
*; M. U. Ii. 910. 1706. 1952. S017. S045.
•; M. XJ.-li. ^»4.
Digltized by Google
426
AMl-SGERICHTSBEZIRK KEHNA.
gravamen).*) Eine andere Khre, die der Fürst dem Kloster erweist, ist die,
dass er 1267 seine schon oft erwähnte Brud- und Weinstiftung für die
Kirdwn des Landes Gadebusch und des Kttttzer Winkels In die HSnde des
Frobstes legt*) Inzwischen haben sich audi die Baulichkdten des Klosters
veigrSsseit; schon 1254 hören wir davon (cum .... monasterium ipsum,
quod est novclla ])]antatio, inccpcrint cdißcarc de nouo opere sumptuoso), des-
gleichen damals und später von Ablassertheilungcn zu diesem Zweck/') Mit
diesen Verhältnissen sciicint es nicht zu stimmen, wenn Fürst Heinrich der
Pilger in einer Urkunde vom i. Mai 1269 von der Armuth des Klosters redet. ^)
Man mädite diese Aeusserung um so weniger ernst ndunen, wenn man sieht,
wie der gute Kredit, den das Kloster geniesst, schon früh zur Entwickdung
eines in Kapitalanlagen aller Art, in Gewährung von T^ibrenten und Anldhen
sich äussernden Geschäftsbetriebes Rihrt, flcr hier wie anderswo lohnend {^cnujT
gewesen sein wird. Acht Procent Zinsen zahlt selbst der junge F'ürst Heinrich,
der Sohn des Pilgers, als er am 27. Juni 1299 ^in^'r Anleilie wegen mit dem
Kloster einen Kontrakt schliesst.*)
Die Enverbung von grösserem und kleinerem Grundbesitz, von Zclintcn,
Hebungen von Antheilen an höherer und niederer Gerichtsbarkeit, Wdde- und
Fischerdgerechtigkdten u. s. w. steht hn XIV. Jahrhundert nidit still.*) Es
konunen luttsu die näher an GrevesmUhlen ab an Rehna gel^enen ganzen
Dörfer Wotcnitz und Büttlingen, die im Besitz der Familie von Maltzan waren,
ebenso die Dorfer Vitense, Henzin und Gletzow, wo das Kloster grössere und
kleinere Antheile schon von früherer Zeit her besessen hatte, und das Dorf
Botclsdorf, dieses freilich noch nicht gleich mit allen seinen i£inkünftcn.^) Am
28. Juni 1312 verpfändet Fürst Heinridi dem Kloster das höchste Geridit in
allen seinen Gütern.*) Von der Beschränkung der Dispositionsbefugnisse der
Priorin gegenüber denen des Probstes, und zugleich von der Genauigkeit in
der Behandlung von Kinnahmen und Ausgaben, zeugt die Urkunde vom 8. Ok-
tober 13 12, in welcher der Probst bezeugt, dass die Priorin zwei Mark jähr-
licher l'"inkünfte aus Hutelsdorf zum Pesten kranker Nonnen für die Summe
von zwanzig Mark gekauft hat.") Die dritte Vikarci, soweit wir urkundlich
darüber Kunde haben (die erste hatte Ritter Gottfried von Bük>w am Ahar
«) M. U -B. 1193.
*) M. U.-B. II07.
M. U.>B. 73$. tl37. 1717- I9S<-
♦) M. U.-B. 1163.
M. U.-B. 2564. Vgl. dazu 1155. 1330. 2187. 3lS8. 3545. 6283. 7977. 8068. 9246.
984s. 10213. 10529. 10590. 1059S. II080.
•) M. U.-B. 2874. 3169. 3284. 3289. 3305. 3382. 3397. 339«. 3450. 3486. 35*3. 354«.
3S43- 3556. 3619. 3786 (halbe Mulile zu rimiow' .•5844. 3946. 4032. 4040 (S. 407). 41 29. 4244.
4383 4384. 4501. 4510. 4610. 4866. 5194. 5916. 6608. 6658. 6856. 6889. 6917. 7760. 7804.
S014. 8h<w 8736. 8S08. 9613.
*) H. U.-B. 3150. 3153. 33S1. 3398. 354a (v^L bierta 4384X 984$.
^ M. U.-B. 3543. 3544.
<) M« U.-B. 3369. y^. dam 4243- 4677. 10329.
Digitlzed by Google
GESCmCHTB DER STADT KEHNA.
der hl. I^lisabctli und die zweite der Lübecker Bürger Heinrich Sprinkintgut
am 24. Februar 1299 am Maricnaltar der Kirche gestiftet), errichtet der Ritter
Johaon von Bülow aus den Einkünften von aVa Hufen in Grieben und 5 Vi
Hufen in Pätrow zum Gedäditniss der Familie von Bülow am Altar der lieiUgca
Apostd F^nis» Faulus und Johannes.*) Indessen gdit hierfiir der Bedts von
Benan in die Hände des T.andesherm zurück in Gemässheit eines Versprechens,
welches dem Johann von Hulow fjegeben worden war.*) Später, am 9. Sept.
1346, erfalircn wir auch von einciti Altar des hl. Jakobus.')
In einer Urkunde des Papstes Johann XXII. vom 14. März 13 19 wird
das Kloster zum ersten Male als »Premonstratensis ordinis« bezeichnet. Wann
und warum es aber die Ordnung des hL Bene^ld verlassen und zu der des
hl. Norbert abei^^;angen, bleibt unbdcannt, vielleicht nur zwedcs engerer Ver^
bindung mit dem Ratzebuiger Doralcapitd, das aus dem PrSmonstratenser-
Orden hervorgegangen war und den Rehnaer Klosterprobst zu wählen hatte.*)
Dass auch dieser als I'crsönlichkeit bisweilen zu wünschen übrig Hess, beweist
das Beispiel des Heinrich von Dartzow, gegen den am 2. Mai 1320 wegen
vieler Hegangenschaftcn, u. a. auch wegen grausamer Behandlung einzelner
Nonnen in Rehna, eine Klage beim päpstlichen Stuhl angestrengt wird.*) Auch
herrscht in späterer Zeit nicht immer Einiglnit zwischen dem Ardiidiakon
und den Kirchherren seines Archidiakonats. 14 14 weicht ein Probst dem
anderen auf bischöflichen Befehl.*) Am 10 Mai 1333 kaufl das Kloster von
Johann Bcrmann dessen ganzes Gut und Dorf Hresen für 1250 Mark Lübisch
und lasst sich am 16. April 1334 vom Fürsten Albrecht die dortigen Dienste
verpfänden.^) Der Wohlstand des Klosters hat inzwischen so zugenommen,
dass in der Taxe der Kirchen und gcistlidien Lehne des Bisthums Ratzeburg
von 133 S/44 der Werth aller Einkünfte und Erträgnisse aus den kirchlichen
Benefizien des Klosters Kehna die höchste Ziflfcr erreicht, indem er gleich
denen des Klosters Zarrentin auf 500 Mark eingeschätzt wird, während der
Werth iUis den lüdenaer Benefizien auf 330 Mark veranschlagt ist, und sich
ferner die Nothwendigkcit ergiebt, für einen llieil der Güter am 3. Juli 1341
in der Person des Priesters Arnold Westphal einen besonderen Schaffner und
Verwalter emzusetzen.*) Von gutem Ruf und Ruhm des Klosters zeugt es.
') Vgl. M. U.-B. 2547. 3594. 3599. 3600. 3768. Weitere Vikareien-, Memorien- und
Mcssenstiftungen : M. U.-B. 4431. 4(38. 5164. 532S. 6417 (vgl. 5613, S. S43)> So"* ^^S'-
9851, und im Gtonh. Archiv vorhandene Urkunden, die nodi «niedradu liDd, t. B. von 1388
(Bttlow'sche Stiftung) und von 1422 (l.iibcckcr Stiftung); eheiiM Nadiricbten bei Schräder, Win.
Ecitlinge, aus den Jahren 1406, 143 1 und 1461.
») M. ü.-B. 3696. Vgl. dazu 3399.
^ M. U.-B. 6678^
' M. U.-B. 4062. Vgl. das« 471 und SduBder, Wim. End., S. s65ff. ASeh S. 240.
Lisch, M. Jahrb. XV, S. 287.
^ U. U.-B. 4m-
M. U.>B. to73S. I07S9. Unfedrockl« Uricanden in GnMdi. Archiv.
M. U.-B. 5420. 5514.
*) M. U.-B. 5613, S. 541. 6140.
Dlgltlzed by Google
428
AMTSGBRICHTSBBZnUC KEHNA.
dass ausser dem genannten Adel des Landes, dessen Gunst unentwegt dieselbe
bleibt, besonders angesehene und wohlhabende Bürger und Bürgerinnen der
Stadt Lübeck ihr Interesse bisweilen in nachdrücklichster Weise bethätigen. ')
Am 30. Juiü 1353 kauft das Kloster das ganze Dorf Sievershagen mit dem
höheren and niederen Gericht, der grossen und der kleinen Bede von den
beiden Boite Hasenkop, dem älteren und dem jüngeren, um die Summe von
1000 Mark Lübisch.*) Zwei Jahre spater, den 20 März 1355, kommt das
ganze Dorf Picverstorf hinzu, an dessen Ländcrcien es bis dahin nur einen
Antheil hatte. ^) Von den Maltzan's werden 1378 deren Güter und Dörfer
Törlier und Zdimen erworben^) Weitere Erwerbungen von Grundbesitz finden
statt in Benzin 1388, 1398 und 14 13, in Torisdorf (Vitorigesdorf) im Schön-
bergschen zwischen 141 3 und 1438, sowie in Kneeae liei Rog^rendorf in den
Jahren 1489 und 1502; und Vermehrungen von Hebungen giebt es 1400 in
Frauenmark durch König Alhrccht von Schweden, 1406 in Küssow bei Harns
hagcii (hirch Bischof Detlev von Parkentin, 1439 Vitense, Brützkow, SchiiiiU l
Stadt und Volkenshagen auf Grund eines Vertrages mit der Herzogin Katiia
rina und deren Söhnen, 1457 in Schwerin, Botelsdorf (Botlevesdorf) und 1474
in Frauenroark auf Grund von Verträgen mit Herzog Heinrich und Herzogin
Dorothea von Meddenburg.
Unausgesetzt erfreut sich das Kloster, dessen streng und gewissenhaft
aufrecht erhaltene Ordnung ebenso berühmt gewesen zu sein scheint wie die
des Ratzehurger Domkaiiitels, das ein Carcer ordinis*) genannt wurde, der
Gunst des fürstlichen Hauses.'') 1480 ertheilen ihm die Herzöge Magnus und
Balthasar einen Schutzbrief, und von 1490 bis 1532 steht wieder eine Herzogin
EUsabetii, die Tochter }ienog Ulrich's II. und letzter Spross des Hauses
Mecklenburg-Stargard, als Priorin an der Spitze. Schröder beriditet in seinen
Wismar'schcn Erstlingen, S. 241 und 242, dass auch im Jahre 1318 und 1350
zwei mecklenburgische Fürstentöchter im Kloster Rehna als IViorinnen gelebt
hätten, um 131H I.uitgardis, die Tochter des l'iirstcn Juhann und Nichte des
Fürsten Heinrich von Mecklenburg, und um 1350 lüisabeth, die Tochter des
Fürsten Johann zu Gadebusch. Allein er irrt beide Male. Luitgard war um
131 8 bereits zum zweiten Male Wittwe, und Elisabeth tiegegnet uns in einer
') M. U.-B, 6329. 6678. 6680. 6689. 6917. 7446. 7526. 8021. 8433. 85!7. 9353. 9675.
9851. Ucbrigens scheint gej^n Ende des XV. Jahrhunderts der Andrang zum Kloster Rehna,
aocb der rain Kloster Zancntin, von answbts, beaonden von Lübeck her, so xogenoamien n
haben, dass Herzog Miignai es für angc7cigt hiell, zweimal dagegen aufzutreten, 1485 und 1501,
das erste Mai mit geringerem Nachdruck, du zweite Mal mit grösserer Entschiedenheit. Die
Lübecker richteten in Folge davon eine eigene Erziehungsanstalt für ihre Tfichter ein. Vgl.
ScbriSder, Pap. lt. m, S. 3383. IV, S. s66i.
•) M. u.-n. 7793. 783'. 7926. «o6a. 9763.
*) M. U.-B. 8058. Vgl. 471.
*) M. U.-B. 11089.
^ Vgl. Sclirüder, Pap. H., S. 584.
*^ V};1. Ungedruckte Urkunden im Grossh. Archiv. Lisch, M. Jahrb. XV, S. 304.
XXII, .S. 303.
Dlgltized by Google
GESCmCHTB DER STADT RBHNA.
Urkunde vom 2. August 1353 nicht als Priorin, sondern als Nonne, ist aber
wahrscheinlich identisch mit der am 20. Deccmber 1354 j^enanntcn Priorissa
Elisabeth. Auch die vorhin schon {genannte ]\cr7.o^\n Dorothea, die GemahUn
Heinrich s des I)icl<en, verlebte als Wittwc ihre letzten läge im Kloster zu
Kehna (J- 149 !)• Jahre 1452 ihre lochter, die Prinzessin Katharina,
als siebenjähriges Kind durch Sturz von einer Treppe verunglückt war.*) Die
letzte Priorin, von 1543 an, ist Katharina von Sperling, sie wird im Juli 1552
sammt anderen acht Personen, die noch im Kloster bleiben, mit einem
De[)vitat auf Lebenszeit abgefunden. Mit diesem Akt erlischt somit das alte
Kloster nach einem Bestände von rund dreihundertzuanzlL; Jahren.
Das Interesse für das Kloster und den Ort Kehna, der sich seit langer
Zeit aus einem Dorf zu einem Städtchen entwickelt hatte [die Hezeichnung
oppidum findet sich zum ersten Mal in einer Urkunde vom Jahre ii62*)\,
bethätigt sich aber auch nach der Säkularisierung im herzoglichen Hause
nodi lange Zeiten hindurch. Im Jahre 1576 werden die Aemter Kehna, Lttbe
und Wittenburg als Iril>i;edinge der Herzogin Anna Sophia, der Wittwe
Herzogs Johann Albrecht und geb. Prinzessin von Preussen , zugewiesen.
Nach deren Tode (1591) fallen sie an die Herzogin Sophie, die (leniahlin
Herzogs Johann \T1. und Prinzessin von Holstein, die am 22. März 1592
ihren Gemahl verliert.*) Sie ist die Erbauerin des einstmals mit Porträts
und Wappen ausgeschmückt gewesenen Rittersaales, von dem seiner Zeit viel
Rühmens gemacht worden.'*) Nach ihrem Tode im Jahre 1634 erbt ihre
unvermählt gebliebene Tochter Anna Sophie das Haus Kehna mitsammt seiner
Einrichtung. Sie stirbt im Jahre 164S.*) Von 1734 bis ij6S gehört das Amt
Kehna mit zu den an Hannover verpfändeten Aemtern. Seit 1819 ist es mit
Gadebusch \ ereinigt. ")
Die Stadt, ehemals lugenthum des Klosters, bleibt von dessen Säkulari-
sation bis zum Jahre 1791 hin amtssässig und erhält erst am 30. Mai des gen.
Jahres eine Stadtordnung und ein landesherrliches Stadtgericht. Aeltere Privi-
legien scheint es nicht gegeben zu haben. Wold aber weist ein Pericht von
1752 nach, dass in Handels.sachen mit Lübecker lunwuhnern das lübische
Recht, sonst aber das sächsische Kccht in Geltung war. Die Ordnung von
0 M. t7.*B. 7804. Söst. Wigga, M. Jihib. L, S. 163, 167, I93> 199* Vgl. dan
Usch, M. Jahrb. XV, S. 299 (T. \X, S. 356. XXXIX, S. 6.
*) M. U.-B. 858311. Im Jahre 142J werden neben Bauern auch Rath und BUigcr ge-
nannt. Vgl. Uscli. M. Jahrb. XV. S. »89.
*) M . Jahrb. XV, S. 84 ff. : Antobiographie and Tolament der Hmocin Sophie von
Mecklenburg.
*} Schröder. Wism. Krstl., S. 244.
^ Dan auch den beiden Hersoginnen Sophie Agnes (f 1694) and Jalisae Sibylle (f 1701),
Töchtern des Ilerzugs Adolf Friedrich und Acblissinncn von Rtthn, das Amt Rebiia »ugcwiesen
wäre, wie Schröder, Wisin. ErsU., S. 245, behauptet und auch Lisch angenommen hat (M. Jahrb. XV,
S. 301). wird auf einer Verwcchselong von Rühn and Kehn (Rdine, Kehna) berohen. Beide
Starlifti ii.K-h weiblich in Kuhn. Vgl. Wigger, M. Jahrb. L, S. 298 and 299.
°; .M. Jahrb. XVJI, S. 240.
Digltized by Google
430
AMTSGERICHTSBEZIRK KEHNA.
1791 stellt die Stadt unter das gemeine Recht, genehmigt aber für die Güter*
gemeinschafl der ICheleute und deren Mrbfolge das lübische Recht.')
In Bezug auf die Pröbste, Priorisscn und Nonnen der vorreformatorischen
Zeit möge hier theils auf das Personenr^ister des Mecklenburgischen Urkunden-
baches, theils auf die von Lisdi veröfienlliditen Usten verwiesen werden.^
Zm Zeit der Reformation verwaltet Herr Fabianus das Predigeramt des
Klosters, an dessen Statt die Nonnen im Jahre 1534 einen andern erbitten.*)
Aber schon 1541 tritt das V'crhältniss ein, das sich bis heute erhalten hat:
nämlich zwei Prediger neben einander. Nach Ausweis der Visitationsprotokollc,
soweit sie vurlianden, sind es 1541 Johannes Koch (Coche) und Dionysius
Oldenburg (Oldenborch), 1603 Job. Erasmus und Hartwig Schermer, 1653
Bartfioloro. Höfisdi und Samuel Monich, 1699 Joh. Luder und Heinrich Müller.
Ein weiteres Verzeichniss aller Namen, deren es hier zu viel werden wOrde»
findet sich bei Schröder, Wism. Erstl., S. 248 AT., das vollständigste aber in
Qecmann's Rcpert. universale, Parchim 1809, S. 163, 164. Für die Geist-
lichen des XIX. Jahrhunderts vgl. Walter, a. a. O., S. 235 ff.
Die Kirche.
Beschrei- H B^nbeachrelbiiBg. Die Kirche ist ein Ziqjelbau, dessen äussere und innere
bung des UeI Entwicklung sofort seine über das gewöhnliche Maass von Stadt* und
Landkirchen hinausgdiende Bedeutung erkennen lässt. Das Innere erscheint
wie ein einziger langer hoher und lichter Raum, i.st aber nicht von Anfang
an als solcher angelegt gewesen, sondern stellt sich als das Krgebniss ver-
schiedener Umbauten dar. Fünf gleichartig gebildete einfache Kreuzgewölbe
dedcen ihn, ihrer zwei den Chor und drei das Schiff. Diese Gewölbe, und
mit ihnen die hohen spitzbc^;igen Fenster, sind es, welche jetzt dem hoch- und
spä^^othischen Kindruck des Ganzen das Uebergewicht geben. Dass aber der
ehemalige alte, schon in frühester Zeit von Kat/eburg her beeinflusste Bau
romanisch angelegt war, beweist weniger die glatt abschliessende Ostwahd des
Chors wenngleich sie mit der Bauweise der alteren Kirchen in Mecklenburg
übereinstimmt — als vielmehr der mit einem abgewalmten Satteldach ver-
sehene Thurm, dessen untere Hälfte in ihrer Ursprünglichkeit erhalten ist
Es ist ein mächtiges Gemäuer von ungew^nlich grossen Ziegeln, als dessen
Hauptzierde das in einen vorspringenden Mauerkern eingelassene, reich und
schön gegliederte Rundbogenportat zu bezeichnen ist. Die Laibung dieses
>) Vgl. LiKh, M. Jahrb. XV, S. 289. RMbe-Qmde, Valcrlmdtkvnd* I. S. 374.
*) Lisch, M. Jahrb. XV, S. 302, 304. XX, S.346.
•) Lisch, M. Jahrb. VIII. S. 49. 50.
Digitized by Google
KIRCHE ZU REHNA.
Portals ist mit drei kräftigen Riindstäben, drei rechtwinkelig gebildeten scharfen
Kanten und einer Hohlkehle (zwischen den beiden inneren Rundstäben) belebt,
und seine ent-
sprechend ge-
gliederte Bogen-
laibung ruht auf
einem aus einer
Platte und einem
(sie tragenden)
steigenden Kar-
nies bestehenden
hübschen Käm-
pferbande, dessen
Abstufung der
wohlgegliederten
Laibung des Por-
tals folgt. Grün,
gelb und weiss
glasierte Steine
wechseln mit
rothenab.') Dazu
passen aussen der
Rundbogenfries,
welcher den
Thurm in Kirchendachhöhe umfasst, und im
Innern ein von vier Pfeilern aufsteigendes
niedriges Gewölbe, dessen vier Kappen mit
schlichten Kanten, nicht mit Rippen, zu-
sammcnstosscn. Jüngeres Mauerwerk macht
sich oberhalb des l-ricses bemerkbar. Dass
auch die Gcuölbe des alten Schiffes einst-
mals niedrig waren, ist noch heute an dem
nur bis zur Hälfte der jetzigen Höhe hinauf-
reichenden älteren Mauerwerk der Seitenwände
zu erkennen. An der Südwand, theils im
Freien, theils durch den Dachboden des an-
geschlossenen Kreuzganges verdeckt, aber
vom Dachboden her noch zu sehen, hat sich
jener Fries, der ehemals unterhalb des alten
Daches entlang lief und mehr als ein Meter
unter dem genannten Rundbogenfrics des
'l'hurmes liegt, noch erhalten: er besteht aus
zwei sich schneidenden Zickzackbandern und steht mit zwei Lisenen in Ver-
4
1.M.|i.n||
KundliDjjenpurlal im 'niunn.
Tllll|lJI)
mit Cirkcl- uiul kn'-i'ttcn-.chrmick.
•) l-isch. M. Jahrb. VII H, S. 72.
Digitized by Google
Digitized by Google
KIRCHE ZU KEHNA.
433
bindung, von denen die westliche in Freien sichtbar, die östliche dagegen,
welche einst den Abschluss der ahen Kirche anzeigte, jetzt aber SchifT und
ant^csct/tcn Chor verbindet, nur
\ I nn Kreiiztjanj^c her siclitb.ir ist.
Unterhalb des Frieses sind auch
noch an einem Bdspiel die
nindbogigen Fensterschlitze des
alten romanischen Baues in Form
von Blenden mit eingeritztem
eigenartigen Cirkcl und Kosetten-
schniurk zu erkennen. Von die-
sem alteren Bau stximuien auch
zwei kräftige Pilaster in Form
von runden Halbsaulen, die im
Innern der Kirche die Ecken der
Thurmscite füllen.
Mit dem in der zweiten
Mälftc des XIII. Jahrhunderts be-
ginnenden Aufbau des Klosters
und seines Kreuzganges, woßir der
Kardinallegat Petrus (s. o.) thätig
war, wird ohne Zweifel, wie schon
von Anderen bemerkt worden ist,
der Neubau oder Umbau der
Kirche zu.sanuncnhängen.') Sollte, wie es geschehen ist, der Kreuzgang ge-
wölbt und mit einem dazu passenden Dadi versehen werden, so mussten die
Kirche und Kren
A
QtterfchDitte.
\
JL
Kreuigang und Remter.
Kreazgang und Kapileiitaal.
Seitenmauem der Kirche erhöht werden. Das wurde beschlossen, und nun
wurden die Fenster der Südseite des Schifles zugemaueri und alles Licht, das
nöthig war, von der Nordwand licr gesucht und c^cfundcn. Man konstruierte
in der um das Doppelte der früheren Höhe emporgehubenen Nordwand grosse
■) VgL die treffliche Baubesehreibiang von Usch im M. Jahrb. XV, S. 287 ff. 291.
Dlgltlzed by Google
434
AMTSGERICHTSBEZIRK REHNA.
Spitzbogenfenster, welche den im Westen der Kirche angelegten oberen
Nonnenchor') erleuchteten, gewann aber für die unter dem Nonnenchor
sitzende Gemeinde die erforderlichen Lichtöflfnungen damit, dass man von
aussen her starke Strebepfeiler an die alte Scitenwand ansetzte und, sobald
dies geschehen war, die dazwischen liegenden Theilc der alten nördlichen
Scitenmaucr ganz wegbrach. Als Träger der oberen Mauer spannte man
flache Stichbögen ein,
schloss darauf nach
aussen hin die Strebe-
pfeiler mit einer von
kleinen Fensterchen
durchbrochenen Wand
und deckte zuletzt die
so entstandenen, das
Schiff vergrössernden
Seitenräume mit Ge-
wölben. So entstanden
auf der Nordseite des
Schiffes drei von je
zwei Fensterchen mit
Stichbogenschluss er-
leuchtete Kapellen.
Gleichzeitig mit diesem
Umbau des Schifies,
wozu ein kleineres
I""ormat von Ziegeln
verwendet wurde, wird
der ebenso hohe neue
Chor erbaut .sein, an
dessen Stelle ein an-
derer kleinerer vor-
handen gewesen sein
wird, vielleicht einer,
der mit einer halb-
kreis- oder segmentförmigcn Apsis wie am Dom zu Ratzeburg geschlo.ssen
war. Die hohe Ostwand des Chors n)it ihrem grossen fünfthciligen Spitz-
bogenfenster i.st von Grund aus neu aufgeführt. Hei seinen Scitcnwänden will
man Reste von alten Grundmauern gefunden haben.
Für eine annähernde Zeitbestimmung dieser Bauten gicbt es einige
Anhaltspunkte. Da der Umbau der Kirche durch den um 1254 beginnenden,
*) Die alte Kirche wird eine solche Nonnen -Km]iorc nicht gehabt hahcn. Sic wurde erst
durch die tJcmeinsiMulidt des Kloster- und (Jenieindcjjottcsdlcnstes ]>cdingt. In alter Zeit dagegen
wird die Gemeinde die Zeit 7.nni Gottesdienst nur d.mn wahrgcnonimen hn1>en, wem» die Nonnen
keine Andacht abhielten. Vgl. ].i-.ch, 1. c, S. 291.
Inneres der Kirche in Kehna.
Digitized by Google
KIRCHE ZU KEHNA.
435
wahrscheinlich nur langsam fortschreitenden Neubau des Klosters bedingt
wurde, so muss die alte romanische Kirche wenigstens bis dahin gestanden
haben, erbaut aber ist sie vor 1230, denn damals ist Kehna schon eine
Parochie (s. o.), jedoch auch nach 1154, dem Gründungsjahr der Kirche von
Ratzeburg, die ihre Mutter war (M U.-B. 59 und 375: Lisch, M. Jahrb. XV,
S. 288). Fur die Zeit der Vollendung des spateren gothischen Kirchenbaues
(für mehr aber auch nicht) geben die Wappen unter den vier Konsolensteinen
der (lewölberippen des
Schiffes einen Fingerzeig.
Zwei von ihnen haben
den gleichen Wappen-
schild: ein gcschachtcs
Andreas ■ Kreuz und in
ITciler mit ('runi]ri^->.
dessen oberen Winkel
einen bärtigen Kopf :
CS ist das Wapj»cn der
Liil>ecker l'atricierfamilie
von Darzow (l)arMow,
Dassow); der dritte Stein
zeigt als Schild einen
geästeten Zweig mit zwei
Blättern und darüber
zwei Rosen; der vierte
endlich führt einen
Löwen. Lisch hat es
nun in hohem Cirade
wahrscheinlich gemacht, dass diese vier Schilde mit einer nicht unbedeutenden
Lübecker Stiftung zum Besten des Baues int Jahre 1430 zusammenhängen
und stützt darauf seine Annahme von der Wölbung des Schiffes bald nach
dieser Zeit (M. Jahrb. XV, S. 295 ; XX, S. 342). Dass aber auch der Chor
nicht all/u lange nachher fertig und vollendet sein nuisste, das lässt sich
erstens den l)eiden Wappen eines genau in eine Mauernische hineingepassten
Chorstuhls auf der Südseite des Altars entnehmen, von denen das eine das
des Bischofs Johann Proel (Johann IL) darstellt, der von 1440 bis 1450
auf dem Ratzeburger Stuhl sass, das andere dagegen das des Rehnaer Probstes
Andreas Stallknecht, der zwischen 1441 und 1448 als Probst nachweisbar
ist, 1453 aber schon einen Nachfolger hat; und zweitens ergiebt sich diese
annähernde Zeitbestimmung auch aus der im Jahre 185 1 aufgefundenen, von
28*
liiiu?rc's der Kirche tu Kclina,
Digitized by Google
436
AMTSGERICHTSBEZTRK KEHNA.
Masch im M. Jahrb. XX, S. 344, veröffentlichten und im Grossherzoglichen
Museum aufbewahrten Weih- Urkunde des Hochaltars und der Kirche vom
10. October 1456, welche folgendcrmaasscn lautet: Johannes dei gratia epis-
copus Raceburgensis presentibus publice protcstainur, i|uod de anno domini
M^CCCCl^ sexto, dominica proxima post festum beali Dyonisii martiris,
Presens altare et hanc ecdesiam in honore omnipolentis dei suecjue gloriose
matris virginis Marie et in conimcmoratione sanctorum Mychaelis archan-
geli, Eustachi], Candidi et Virtoris, Lamb[crti], martirum, Bene-
dicti abbatis, (Jhcrtrudis, Romane Agnctis, virginum, ac Elizabeth
vidue dedicando consccrauimus, cooperante nobis gratia saluatoris. In cuius
rei tcstimonium secretum nostrum presentibus est appensum.
Altar. Altar. Der bei der letzten Restauration im Jahre 185 1 gründlich um-
geänderte und seiner Tafelmalereien gänzlich entkleidete Altar Aufsatz war
Digitized by Google
Wciliurkiiiulc i1i-> lli>o)ialinr> iiikI ilct Kirclic n\ KehiiA
vom lo. Octi>bcr I456.
Digitized by Google
KIRCHE ZU KEHNA.
437
ein spätgothisches Werk in der Form eines Schreines mit Doppelflügeln. In
seiner jetzigen Gestalt ist er ein mit Fialen, Wimpergen und Maasswerk ge-
fülltes nciigothischcs Kompositwerk, das über den Bestand des alten Werkes
sehr leicht tauschen kann. Dem alten Werke gehören nur die Schnitzfiguren
des Mitteltheils und der beiden Seitcntheilc an, nicht aber auch die Gruppe
der Krönung Mariae in der spitzbogigen Lünettc: diese Gruppe ist zwar
eine alte gothische Schnitzerei , aber wie die ganze Lünette mit ihrem
Fialen -Zu.satz eine Neuerung ist, so gehört auch .sie nicht ursprünglich zum
alten Altar, sondern ist von anderswoher in das Kompositwerk eingesetzt.
Selbst die Hinterwände der Schnitzfij^urcn sind neu. Die alten Wände mit
Die KUrstcnkfipfe vom Altar -.Nufsatz.
ihren gemalten Rückseiten, die mit den Malereien des zweiten Flügelpaarcs
korrespondierten, sind sammt diesen entfernt und vor nunmehr bald fünfzig
Jahren der Alterthums- Sammlung in Schwerin überwiesen. Mit dieser sind
sie in einem zum grössten Theil recht fragwürdigen Zustand ins Museum ver-
setzt. Glücklicherweise aber hat Lisch im XX. Bande des M. Jahrb., S. 333 ff.
eine ausdihrlichc Beschreibung davon hinterlassen, welche sammt den Resten
eine eingehende Würdigung verdient. Wir beginnen zunächst mit den an Ort
und Stelle in der Kirche zu Rchna gelassenen Schnitzereien.
Im Mittel.schrein die figurenreiche Kreuzigung, unter deren Neben-
personen rechts in der Ecke jener Schreiber zu beachten ist, den auch die
Rostocker Schnitzwerke in St. Nikolai und im Kloster zum hl. Kreuz (s. Bd. I,
S. 135 und S. 183) aufzuweisen haben, und der auch sonst in norddeutschen
Schreinen des XV. Jahrhunderts vorkommt.') Daneben rechts und links die
') M. Kunst- u. (icscliichlsdenktiiälcr I, S. 135 und 183. Ferner SchniUwerke im Crossh.
Museum zu Schwerin. Der Schreiber hat das für das Kreuz liesliiiinitc ISl.itt llbers Knie gelegt
Dlgitlzed by Google
43«
AMTSGERICHTSBEZIRK REHNA.
durch ehemalige Rcischriftcn sowie durch Attribute sicher gestellten vier
Fraucngcstaltcn der heiligen Katharina, Margaretha, Dorothea und Harbara,
auf jeder Seite eine über der andern. Al.s ihre Fortsetzung in den Flügeln,
ebenfalls in zwei Reihen über einander, erscheinen die zwölf Apostel (Mathias
als zwölfter, nicht Paulus). In den Fckcn des über die Flügel hinwegragenden
Obcrtheiles vom Mittelschrein aber finden wir rechts wie links eine kleine
quadrate Nische und darin die Rüste eines gekrönten weltlichen Herrschers.
Wer diese beiden Regenten sind, muss vor der Hand fraglich bleiben.')
Ueber der Kreuzigungsscenc endlich, somit auch höher als die ebengenannten
beiden Büsten, steigt jene spitzbogige Lünette mit der Darstellung der Krönung
Mariac empor, von der schon die Rede gewesen ist. Die hl. Maria thront in
der Mitte, Gott Vater und der Heiland sitzen zu ihren Seiten.
Abweisung des Opfers. V'erktiiulifpin^ des Engels At\ den hl. Joachim.
Es folgen nun die Theilc, die im Grossh. Museum zu Schwerin auf-
bewahrt werden.
Schloss man früher den Mittelschrcin zu, d. h. klappte man ihn mit
dem ersten Flügelpaar zu, so zeigten sich auf deren Rückseiten und auf
den Vorderseiten der äusseren Flügel im Ganzen acht Felder mit Malereien,
von denen einige noch gut zu erkennen sind. Man sieht die hl. Maria als
Kind auf ihrem ersten Tempelgang, dann ihre Vermahlung,*) die Verkündigung
und seUt die Feder an, um den Titului auf/uvchrciljeii. Vgl. .Mtin):cn))crgor, .Mt.Tre (llochahar lu
Mcldorf, Krciiz.nUar in der Nikol.ni • Kirche zu Slr.-dsund, Hochaltar ru Sej^eUcrj»). In Ottc-
Wcrnickc's Handhuch der christl. Archäologie, Hd. I, S, 539 (Nclictitlgureti der KreuzigiingNSCene)
uird er nicht erwähnt.
') Lisch, .NI. J.ihrb. XX, S. 336, will in ihnen die beiden mucklcnbiirnischcn Herzö^je
Heinrich II. d, ä. von Mecklerdiurg • Starj;ard (1423 — 14'»'') und Heinrich III. d. j. von Mecklen-
burg-Schwerin (1436 — 1477) erkennen.
') Die Tracht einer Thcilnchmerin recht» hinten erinnert .in «Ire der Nonnen des I'rS-
moDstraten^ec • Ordens.
Digitized by Google
Digitized by Google
KIRCHE ZU KEHNA. 439
des F^ngcls, die Heimsuchung, die Geburt des Christkindes, die Beschneidung,
die Anbetung der hl. drei Könige und die Darstellung im Tempel. Auch die
vorhin erwähnten Hüsten waren ehemals in bewegliche kleine Flügel ein-
geschlossen. Sobald man sie umwandte, sah man auf ihren Rückseiten und
zugleich auf den Vorderseiten der äusseren Flügel vier kleine Bildchen aus
der Legende des hl. Joachim und der hl. Anna, wie auf dem alten Gadebu.schcr
Altar (s. u.). Joachim s Abweisung vom Opfer (Joachim entfernt sich von
einem Tisch, von dem ein Priester das gebrachte und abgewiesene Opfergeld
hinunterwirft; an der Wand des Gemaches ein kleines Bild in Goldmalerei
mit der Opferung I.saaks); die Verkündigung des Kngels an Joachim; die
Begegnung Joachim's und der Anna bei der goldenen I'forte und die Geburt
der Maria. Auf den Aussenseiten des zweiten oberen Flügelpaares sah man
All der goldenen rfdrte. (Jclxirt der hl. Maria.
die Brustbilder eines I'cce homo und der hl. Elisabeth.') Auf den Aussen-
seiten des unteren Mügelpaares und den Rückseiten des Mittelschreins finden
wir, der oben erwähnten Urkunde von 1456 entsprechend, die acht Heiligen,
denen der Altar geweiht war. Von ihnen waren St. Candidus, St. Lambertus
und St. Victor, ebenso St. Gertrud durch Bei.schriften sichergestellt, die andern
aber, St. Michael, St. Eustachius, St. Bencdictus, an der Tracht und den Attri-
buten zu erkennen; und als hl. Agnes war somit eine einzige noch übrig
bleibende weibliche Figur anzusprechen: die nämlich, welche das mit einem
Rosenkranz spielende Chri.stkind auf ihrem Arm hält.')
Das Bild der Predella zeigt in der Mitte die thronende Maria und
jederseits knicende und anbetende Personen, Geistliche und Laien. Auf der
*) Lisch li.it die I >.ir>lelltm{; der I.ckciuIc dcx hl. Jo.-iciiini iiiid der hl. Anna nicht erkannt.
Kr >u1>sliliiiert <l:ifUr den hl. Joseph und die hl. Maria.
') Lisch, a. n. < >., sieht in «ÜLScr X crhinduiii; die Kczeichnung einer Uraut Christi.
Dlgitlzed by Google
440
AMTSGERICHTSBEZIRK REHNA.
einen Seite sind dargestellt: Papst, Kardinal, Krzbischof, Hischof, zwei Priester,
ein Probst (mit weissem Mantel und schwarzem Unterkicidc), ein Prior und
zwei Prämonstratenser- Nonnen; auf der andern Seite: Kaiser, König, Mann
mit Bart, Barett und Ordenskette, ein Jüngling ohne Bart, wieder ein Mann
mit Bart und Barett, eine jugendliche Frau, ein alter Bürger, ein junger Bürger,
drei jugendliche Frauen.
T.isch weist l)ci diesem Altar auf Lübecker Kunst hin. Die beiden
Rüslcnköpfe, hei denen sich der Sclinilzjy besondere Mühe gegeben hat,
widersprechen dieser Annahme durchaus nicht. Auch ist nicht zu leugnen,
dass zwischen dem bekannten Porträt des Kaisers Kriedricli III. (1440 bis
1493) Kaisers der Predella eine auffallende Aehnlichkcit statt-
findet. Im höchsten Grade zu bedauern Iileibt es aber, dass diese Werke
der Schnitzerei und Malerei, deren völlige Wiederherstellung, wie aus der
Beschreibung von Lisch geschlossen werden kann, im Jahre 1851 ohne allen
Zweifel leicht möglich gewesen wäre, nun aber, wenn sie noch unternommen
werden sollte, ausserordentlich viel mehr Mühe und Kosten verursachen
würde, von einander getrennt worden sind.
Kanzel. Die Kanzel
ist ein ncugothi-
sches Werk aus
der Zeit der
Restauration in
den fünfziger
Jahren.
Gestühl. An der
Südseite des
Chors steht ein
sicbensit/igcr
alter Cborstuhl
mit trefflichen
Baldachinen im
Stil der Hoch-
gothik. Auf den
Innenseiten der
beiden Wangen
je ein Wappen:
das des Ratze-
Choryesiühl.
burger Bischofs Job. Proel (1441—54) und das des Rehnacr Klostcrprobstcs
Andreas Stallknecht (1441, 1448). S.o.') — Ucbcr diesen Chorstühlen ist
Triumph- das alte hölzerne Triumpbkreuz der Kirche angebracht. Unter dem Triumph-
kreuz.
') Lisch, M. Jahrb. .\V, S. 295, 29G. Der Schild des lüschofs r.eigt iwei nach Art einer
Lilie umgebugene >!'lii>;cl«, wenn nicht zwei iinii;cl)<>Kcne .Vni^cln sind, wie auf den \Va))j>en
der Familien .Miistckc. Marin, Cntln (vj;!. M. Kunst- u. Ccschichtsdeitkni. I, S. 5S2), — Der
Schild des l'rwb?.tcs c Ubält einen auf^czäunUen Pferdcko]if,
Digitized by Google
Digitized by Google •
KIRCHE ZU RBHMA.
441
bogen noch der Balken, an dem es einst hinp Die dazu gehörigen Figuren
des Johannes und der Maria Hegen jetzt auf dem Hoden des Kreuzganges.
Grabsteine. Von den Grab.stcinen der Kirche verdiont ci-^'ciuüch mir Grabsteine,
der eine I'ru alinvmt^, welcher als Platte des Altartischcs verwandt iiml mit
fünf Weihekreuzen verschen ist. Auf ihm zwei unter gothisclien Haldachincn
stehende Gdstliche mit dem Keldi in der Hand. Seine Umsdtrift tautet:
RÜO • DUT • SQ*:aaa*« XX* (was nun folgt, wird durch den Altaraufsatz
veixleckt, Ist aber sr. Zt., als die Restauration statthatte, von Masch gelesen
worden) Pir?Oj_ | VllI» ._\)U\ . lOp . Bpfö . ^ . lOTT . SÖÜ'S .
PFOSir' . (KKIH . Kdl/miLS . nU . üVmiKH . HTvTVS . Nun folgt
die zweite Inschrift <lesselben Steines: 71Ü{) . 1)77] . SÜ . (1(1(1 . X°II • f»
DIÖ . I l»KAXUÜli> . VIRGIS • ^ . MlllM/^' . FFüSlG' . OÜÖk •
RenSiaiS • OR • p • eis |. in den Si>itzbugen über beiden Figuren
zwd leottinische Hexameter:
issi • PROPosi^ • DUO • m • Bena • Kam • mmurHSi-
üon • 8106 • Deposisi . see • Raeai • saePTRR • RaRonses. ')
Es mögen nodi genannt werden die Steine der Jntta Barbara rom Bawe-
wits (f 1703, im achtzehnten Lebensjahr), des Oberhauptmanns von Müller
(f 1785), der Pastorin SMderahaaaea (f 1797) und der des Pastors Riedel
(t 1816).
Im Thurm hängen vier GlMkra. Die grässte Glocke von 1758 hat Glocken.
einen Durchmesser vm 1,53 ni. Ihre Inschrift besagt, dass sie 1758 zur Zeit
des Herzogs FRIEDRICH, ih-- rraj)<>situs JOHANN JOACHIM SUSEMIHL und
der beiden Pastoren JOHANN NICOLAUS BANDELIN und ANDREAS BRINCK-
MAN sowie der Vorsteher CARL CHRISTOPHER VICK und ANDREAS FRIEDE-
RICH FRANCK von Johann Heinrieh Amowitz*) in Lübeck gegossen worden sei.
An der G^enseite der Insdirift das mecklenburgische Wappen. — Die zweite
Glocke von 1653 hat einen Durchmesser von 1,33 m. Die von kleinen Hildern
aller Art (es sind da ein Telikannest mit Jungen, Vordertheil eines Pferdes
mit einem Drachcn.schwanz, Vase mit Hlume, Stern, zwei gegen einander ge-
kehrte Hände, Renaissance Ornamente und das Bild eines .Salvator nnindi)
theils umgebene, theils unterbrochene Inschrift giebt an, dass die Glocke 1653
zur Zeit des Herz(^s CHRISTIAN und der nachfolgenden Amts- und Kirchen-
bedienten, des auf Rambow erbgesessenen Hauptmanns LEVIN V. BAR8E, der
Pastoren BARTHOLD HÖFISCH und SAMUEL MONiCH, sowie der beiden Kirchen-
Ockonomi HINRICH VOSS und HANS WARNEKE von den beiden lothringischen
Glockengicssern Stephan Woillo und Nikolaus Gage gegossen worden sei. —
Die dritte (ilocke von 1622 hat einen Durchmcs.ser von 1,20 m. Die Inschrift
enthalt das Datum ANNO ^ M ^ DC ^ XXII ^, dazu den Spruch: VERBUM
DEI MANET IN ETERNUM; und zuletzt in einem Kranze die Angabe: MIDT
') VgU Lisch, M. Jalirb. XX, S. 345. l>azu XV, S. 298. M. U. B. 3549.
NB. ohpe r, sonst auch Annowiu.
Digltized by Google
443
AMTSGBRICHTSBBZIRK KEHNA.
GOTTES HVLFE GOS MICH HINRICH OLDENDORF ZV SCHWERIN ANO 1622.
— Die kleinste Glocke hat einen Durchmesser von 60 cm und ist ohne jede
Verzierung und Inschrift.
W.ippen. Am Amtsgerichts- und am l'orstmeisterstuhl befindet sich je ein aus
H0I2 geschnitztes funftheiliges mecklenbui^sches Wappen, das von der
Herzog SvpUe von Holstein^ Gemahlin Herzog Johann's VII. von Medden-
burg, hefstammt und das Datum 1617 trägt. — Ueber der Kirdithür im
Norden das holsteinische Wappen derselben Herzogin, aber im Mittelschild
sieht man den mecklenburgischen Stierkopf. — An den Konsolsteinen der
(jew()lbcripi)Ln des Schiffes auf der Nordsoitc sieht man erstens den Schild
der FamiUe Darzow (geschachtcs Andreaskreuz mit einem Menschenkopf in
der obmn Gabelung); zweitens dnen Sdiild mit einem laufenden Pferd (Bär?);
drittens einen Schild mit einem Kleeblatt Ebenso an der Südseite einen
Schild mit Kleeblatt, den Darzow'sdien Schild und einen dritten mit Eichen-
zweig und zwei Rosen oben in den Ecken. — Im Thurm endlich ein altes
Kapitell, von dessen vier Seiten jede das Darxow'sche Wappen zdgt
Epitaph. Ein von dem meddenburgischen Hauptmann zu Rehna, Zarrentin und
Stintenburg, dem auf Rambow erbgesessenen LEVIN BARSSE im Jahre 1653
seiner Ehefrau Anna Elisabeth von Viereck (7 22. Januar 1653) gestiftetes
Epitaph im Stil der Spät-Renais.sance. In der Mitte ilas (lemälde der Kreuz-
abnahme, darüber das der Auferstehung und darunter die aus drei Männern,
zwd Frauen und einem Kind bestehende Familie des Stifters.
Tafel- In der Kirche neben dem Altar zwei an die Wand gehängte Tafel-
gemälde. gemilde: Das Opfer Isaak s, von Joh. Joach. Qrunsberg, 1760. Luther, Kopie
nach Lukas Kranadi, vor einigen Jahren vom Hufenpachter Heitmann in
Fatkenhagen gemalt — Das Abendmahl, späteres Bild der Ptedella des Altars.
Kleinkunst- KlciakHiiatwerkc. i. Silbervetgoldeter gothischer Kelch auf sechs-
^f«*^' eckigem Fuss. Als Signaculum ein aufgenieteter Krucifixus; ftir die dnstroab
damit verbunden gewesenen, jetzt fehlenden bdden Figuren der hl. Maria und
Johannes sind noch die Nietlöcher vorhanden. Am Knauf der Name VR7tRIK+.
Ohne Wcrkzcichcn. 2. Silbcrvcrgoldctcr Kelch auf sechsseitigem Fuss, im
Geschmack der Renaissance. KiKuif mit geflügelten Engclskopfen verziert, ein
plastischer Krucifixus als Signaculum. Inschrift: 1583. i. JOH. 1 : DAT BLODT
JHE8V CHRISTI DES 80NES GOTTES MAKET VHS REINE VAN ALLEN 8VNDBN.
Ohne Werkzeidien. — 3. Krdsrunde silberne OblatenschachteL Treibatbdt
im Barockstil. Auf dem Dedcel ein Krucifixus, sdtwärts Blumen und Blätter.
Inschrift: MATTHIAS HOVISCH • MARIA ELISABET BULLEN • ANNO 1685 •
- 4. 5. Zwei silbervcrgoldcte Patenen. Eine mit der In.schrift: H * ■ S •
ANNO 1686 * Als Sladtzeichcn der lübische 1 )()i)|)cla<llcr, dazu das Mcister-
zeichen (Tp.M Die andere ohne Inschrift und ohne Zeichen. — 6. Grosse
') Das Inventar vun 181 1 nennt einen dritten Kelch, der dieselben Initialen H S und
auch du Datum 1686 hatte. Dieser Keldi ist nicht mehr vorhanden.
Dlgltized by Google
KIRCIIK ZU KEHNA.
443
silberne Kanne, gestiftet von W. DIESTEL-OTHENSTORF. 1889. Neu};<.thisch.
Lübecker Arbeit. — 7. 8. Taufschale von Messing' aus dem XVII. Jahrhundert,
ohne Hesonderheitcn. i:inc zweite kleinere Schale von Messing hat die
Inschrift: SEHL. H. JÜRGEN TIEDEN NACHGEL. WITWE ANNO 1714. — 9. Im
Schiff der Kirche ein guter Kronleuchter mit der In.schrift: JOCHIM HOOFEIN,
BVRGER VNDT SCHVSTER IN HAMBURG, ALHIR IN REHNE GEBOREN, HAT
GOT ZU EHREN DISE KRONE IN DISE KIRCHE VEREHRET 1666. — lO. II.
12. Auf dem Altar drei schone in Mes.sing gegossene schwere Leuchter. Am
FU.S.S des einen die Inschrift: 1592 W • ANNE REDINGES HEFT DEN •
< VCHTER GEGEVEN •
Am andern: BARTHOLT
FRAMM . ANNO • 1700 •
Am dritten: MARX •
SIENKNECHT • ANNO •
1698- — 13- in
Messing getriebener Wand-
armleuchter, ohne W erk-
Zeichen und ohne Inschrift.
Links am Kinf^anj-c
in den '1 hurm <his alte
Weihwasser- llc< ken der
vorrelbrinatnrist hen
Zeit, von Kalkstein, in
die Wand ein^jemauert.
Ucr beigegebene Der alte
Grundri.ss veranschaulicht Kreuzhang,
bes.ser als jede Beschrei-
bung die Lage und da,s
V'erhaltniss des alten
Kronleuchter. Krcuzganges zur Kirche.
Er besteht seit langer Zeit nur aus drei mit Kreuzgewölben geschlossenen
Armen. Wohl aber will man wi.sscn, dass er einstmals im Westen durch
eine Mauer geschlos.scn war, die von dem an seinen südlichen Arm an-
stossenden Amtshause, welches wahrscheinlich die Stelle der alten Probstci
einnimmt, zur Kirche führte und zusanimen mit den drei Armen des Kreuz-
ganges den alten Kirchhof der Klo.sterzeit einschloss.') Ls haben sich aber,
wie zu erwarten war, Ansätze von Gewölben und antlerc Spuren gefunden,
welche darthun, dass auch diese vierte Seite des Kreuzganges einst mit einem
gewölbten Gange geschlossen war.
An die Ostseite des Kreuzganges sticss einstmals, nach Auswci.s eines
alten Inventars von 157^, ein gros.ses Gebäude, das Refektorium, das mit der
') Vgl. Lisch, M. J.ihrb. XN, S. 347.
Google
444
AMTSGERICHTSBEZIRK REHNA,
Küche, dem Brauhaus und dem Schlachthausc verbunden war. Diese Gebäude
Kapitelsaal.
aber sind in unbekannter Zeit abgebrochen
worden. Was davon noch gefunden worden
ist, wie Kragsteine als Stützen
fiir ansetzende Spitzbo^enrippcn
und Nischen, Ziegel - Mosaik
vom Kussboden, Blöcke und
Platten von Granit, Säulcnkapi-
tcllc, eins mit dem Darzow-
schcn Wappen (s. o.), behandelt
Lisch M. Jahrb. XX, S. 349.
Haurcste und Beschreibung zu-
.sanimen geben den zwingend-
sten Anla.ss, den Grundplan .so
zu rekonstruieren, wie es von
Herrn Landbaumeister Hamann
in der bcigcgcbencn Zeichnung
i'fdicr geschehen ist.
mit (^irundriss.
Verhaltnissmiissig am
besten erhalten ist ausser den drei Armen
n
1
W.iiidkonsolc im K apitcl • Saal.
des z. Zt als Schuppen verwendeten Kreuzganges der Kapitclsaal, welcher zu
Digitized by Google
KIRCHE ZU REHNA.
445
ebener Erde an die Westseite des südlichen Kreuzganges stösst und bis in
unsere Zeit als W'agenschaucr diente. Zu diesem Zweck waren in die VV'est-
\V,inilkon^<ik n im Ka]>ilcl - S;t;il.
wand des Saales, in der sich früher seine einzigen LichtöfiTnungcn befanden,
zwei Thoröffnungen eingeschlagen worden. Zwei achtseitige Monolithe von
Granit mit vierseitigen, an den Ecken aber abgeschrägten Basen tragen die
44Ö
AMTSCERICHTSBEZIRK REHNA.
aus sechs stattlichen, mit zierlich profilierten Gurtbögen und Rippen belebten
Kreuzgewölben bestehende Decke dieses Raumes. Während die Kapitelle
dieser Monolithe mit einer den l'ormen der Hasen entsprechenden Einfachheit
auftreten, zeigen die mit ihnen korrespondierenden zehn Wandkonsolen, von
denen her die Gurlbögcn und Rippen aufsteigen, eine reichere Formen-
Zierschciljcn.
entwicklung, in der sich Blätter, Hüsten {die fünf klugen und die fünf thörichten
Jungfrauen) und Platten mit Rundperlen -Verzierung schmuckreich vereinigen.
F.ben.so interessant sind die Zierschciben an den
Schlusssteinen der Gewölbe, von denen eine
den Kopf Christi, die andere seine segnende
Hand, die vier übrigen aber Wappenschilde
zeigen, den Darzow'schen, Hülowschen, Mölen-
knecht'schen und den der Herren vom Lohe,
die alle mit einander auf jene Zeit im ersten
und zweiten Viertel des XV. Jahrhunderts hin-
wei.sen, in welcher der Probst Johann Mölen-
knecht (1422 bis 1423), die Priorin Adelheid
von Külow (1430 bis 1439) und die Lübecker
l'amilie von Darzow ihr Interesse für das Kloster
Rehna und .seinen weiteren Ausbau bethätigten.*)
Das »lange gemauerte Haus«, wovon das
Inventar von 1576 redet, hat Lisch in einem
Theil der jetzigen Amtsgebäude wiedergefunden;
dieses Haus diente nach der Säkulari.sation lange Zeiten hindurch als Residenz
für Mitglieder der für.stlichen Familie. Auch werden hier erwähnt »das
Kornhaus auf dem Hofe, der Marstall und das Pforthaus «.
Lisch, M. Jalirl.. XV, .S. 293. .\X, S. 355. XLll, S. 153 l.i- 156.
.Mtcs Kchnacr Kloster- .sicRcl.
Dlgitlzed by Google
KIRCHDORF L
447
Das Kirchdorf LiU»Me.
H^Hipcssc, Lipisse, Lipse, Lipzee (auch c, sz und tz (&r S und z, und y für i), Geschichte
d. h. Insel» ist der alte Name des 6 1cm nördlich von Rehna entfernten ^^'^
Dorfes Lübsee im XIIL und XIV. Jahrhundert, der durch die I-age der von
Wiescnnicdcriinf^cn inselartig eingeschlossenen Uiiif^ct^cnd (wonn man die nahe-
licf^onden Kcldniarkcn von Zcliiiieii, Törber und LiibscLTliaf^'cn hinzunimmt)
gcrL-chtfL'rti<;t wird. Durch Schenkung von dreissi<; Hufen, die Gottfried
von Hulow und Utto de Koualc in dieser Gegend besitzen (niansos super
Lipesse sitos), gewinnt das Kloster Rdma hier schon im Jahre 1236 Grund
und Boden, und 1263 erhält es auch das Pätronat der inzwischen erbauten
Kirche.') Vier Jahre später wird die Kirche unter denen mit aufgeführt, die
an der Urod- und W'einstiftung des Fürsten Heinrich theilnehmen.*) Schritt-
weise vermehrt nun das Kloster seinen Hesitz in I.ubsci-: 1394 kommt durch
Schenkung vom Fürsten Johann zu Gadebusch aus verschiedenen von dem
Lübecker Hürger Gherardus l-'riso erkauften Gütern eine Hufe in Lübsee hinzu
(cum quibttsdem casariis qui vulgariter dicuntur kotere); 1300 in ähnlicher
Weise durch Schenkung der beiden Fürsten Heinrich d. ä. und Hdnrich d. j.
von Mecklenburg eine Hufe (cum judicio ville et piscationibus ibidem).') 13 10
kauft das Kloster dort frewisse Spanndienste, anderthalb Hufen, die
Hcrthold von I orl)i i- l)esessen hat, und 1360 erhalt es zu Gunsten der I'farrc
in Lübsee von den ( iebriidern Storni die Hede von anderthalb Hufen, worüber
diese bisher zu verfugen gehabt hatten.*) Jedoch erwerben am 8. Mai 1341
die in der ganzen Umgegend reich begüterten Herren von Bttlow ausser in
andern Dörfern auch in Lübsee das höchste Gericht und die Bede»*) und wir
erfahren nicht, ob sie sich dieser Rechte jemals »1 Gunsten des Klosters, dem
sie im Ucbrij^en ausserordentlich \ iel Zuncigimg und Gunst erweisen, ent-
äussert haben. Mit der .Sakulaii'-iennit,' des Klosti rs Ixeluia i^cht Lübsee ins
Domanium und das I'atrunat auf tlie Person des Landesfursten über.
Der erste l'leban, der genannt wird, ist um 1313 Conradus, rector
eodesie in L ip.sc, er wird auch 13 19 gelegentilch der ersten Pfarrtaxe ge-
nannt') Zwischen 1356 und 1368 ist es Nikolaus Gützkow.^ Um 1541 ist
es Bernd Storm, damals haben noch >die Jungfrauen« das Patronat Von
') M. U.-B. 453. 467. 971.
*) M. U.-B. 1107.
•) Vgl. M. f. !!. 22')r,. 2627.
*) M. U.-B. 3jyS. 3844. \^\gl. d.uu 3180}. 8S0S.
^ M. Ü.-B. 6130.
•) M. V. U. 3619. 4111.
') M. U.-B. 8252. &&0&. 9648. 9845.
Digitlzed by Google
44^
AirrsOBtUCÜTSBlSZtRK RE^A.
1583 an ist Joh. Heidtmann Kirchherr, berufen von der Herzogin Wittwe
Sophie fs 0 ); unter ihm ist sein {rlcichnamit^er Solin Küster und 7.ugleich
iJorfschneider. Um 1626 ist Johann Kuclienmeister, von 1630 an bis 1674
ist Daniel Suckow l'astor. Ihm wird 1674 sein Schwiegersohn Joachim
Krolow adjungicrt; ihm folgt 1680 der zwdte Schwiegersohn des Daniel
Suckow, Dedev Johann Wassermann, indem er dieselbe in Akten viel ge*
nannte Lucia Suckow heiratet, die Krolow als Wittwe hinterlassen. Ihm
folgt 1687 Petrus Neumann, diesem 1723 sein Sohn Petrus Samuel Neumann
und 1727 der andere Sohn Christian Friedr Neumann. 1749 ist Johann Heinr.
Meyer im Amt. Ihm wird 1786 sein Schwiegersohn Emst Christoph Burchard
adjungicrt. Vgl. Walter, a. a. O.
Kirche. Die Kirche ist ein auf einer Grundlage von Granit errichteter ein-
schifTif^cr Ziegelbau mit flach abschliessendem Chor, der um eine Stufe gegen
das Langhaus erhöht ist. lüne flache Heizdecke überspannt den ganzen, von
modernisierten ') gothischen Fenstern erleuchteten Raum. Im Westen ein
hölzerner Thurm, dessen achtscitigcr l'yramidcnhelm mit Schindeln gedeckt
ist Im Thurm eine Bau-Inschrift: ANNO 1729 VNTER DER PNEISWORDIQEN
REGIERUNG DES DURCHLEVCHTIQSTEN FVR8TEN VND H. H. CARL LEOPOLD,
H. Z. M., IST DIESER TVRM GEBAVET WORDEN. DER PASTOR DER GEMEIN
ZVLVBSEEWAR CHRISTIAN FRIDERICH NEVMANN, DIE KIRCHENVORSTEHER
PETER EICKMANN, CLAVS RENTZOW, JOHANN TÖRPER; DER ZIMMER-
MEISTER CASPER HERTZLIEB.
Was Lisch über den IJau der Kirche vor ihrer jüngsten Restauration
im M. Jahrb. XI.II, S. i75ft", bemerkt, lässt erkennen, dass von der Herr-
schaft des alten romanischen Baustils am Gemäuer früher mehr 711 sehen war
als heute; es ergiebt sich aber aiirh /.ugleich, dass schon im .Mittelalter
erhebliche Umänderungen in gothischem Geschmack stattgefunden hatten.
Altar. Der Altar ist ein neugothisches Werk aus dem Anfang der sieben-
ziger Jahre unseres Jahrhunderts; er enthält ein Gemälde der Kreuzigung von
Th. Raeher.') Das übrige Mobiliar ist solide und gut, aber ohne Bedeutung.
Der von Lisch im M. Jahrb. XLH, S. 177 ff. beschriebene alte Flügel-
Altar der Kirche, ein spätgothisches Triptyehon, il:i-< diirch l^eberinnsiliing
im Jahre 1741 gelitten hat, auch im Ucbrigen niclu gerade zu den hervor-
ragenderen Schnitsereien dieser Gattung gehört, befindet sieh jetzt im Grossh.
Museum zu Schwerin. Im Mittels( hrein die KrOnung Mariae in der her-
kömmlichen Weise: Christus setzt der Maria die Krone auf; darüber ein
Wolkenbogen mit sieben kleinen musicierenden Engeln. Zur Linken St, Anna
selbdritt, St. Stephanus, St. Nikohuis(?) und St. Christina, zur Rechten St. Georg,
St. Kath.arina (?), St. Johannes Baptistn und St. Maria Magdalena. In den
Flügeln je sechs Apostel, alle sitzend dargestellt.
*) Gdegendleb einer Restauratioo im Jahre 1874.
*) Vf>1. Bewbretbang: Veixeieluiin der Werke neaerer Meister der GroMh. Geullde»
Qalerie, S. 23.
Digltized by Google
KIRCIIIMJRF LÜHSEt:.
449
Digitized by Google
450
AMTSGBRICHTSBBZIRK KEHNA.
Glocken. Es sind drei Glocken vorhanden. Die grösstc Glocke hat einen Durch-
messer von 1,31 in. Ihre Inschrift lautet; 1708 ZUM ERSTEN MALE UM-
GEGOSSEN. EHRE SEI GOTT IN DER HÖHE! ANNO iX>MIN1 1867 REGNANTE
SUMMO DUCE FRIEOERICO FRANCISCO II FUSA EST HAEC CAMPANA. -
GEGOSSEN VON P. M. HAUSBRANDT IN WISMAR.*} — Die mittlere hat einen
Durchmesser von 1,16 m. Ihre Inschrift lautet: SOLI • DEO • GLORIA • GOTT
ALLEIN ZU EHR UND LOB IST UNTER DER PREISWÜRDIGEN REGIRUNG
DES DURCHLAUCHTIGSTEN FÜRSTEN UND HERRN, HERREN CHRISTIAN
LVDWIGS, HERTZOGEN ZU MECKLENBURG ETC • UND GNÄDIGSTEN PATRON!
DIESER KIRCHE AUFF VERANSTALTUNG DES PASTORIS DER KIRCHE ZU
' LObSEE JOHANN HEINRICH MEYERS AUS SWERIN GEBORTIG UND DERER
lETZIGEN JURATEN JOCHIM BRUHN AUS GRIBEN UND ASMUS ECKMANN
AUS DUCHELSTORFF DIESE GLOCKE UMGEGOSSEN WORDEN ZU LÜBECK
DURCH LAURENTZ STRAHLBORN IM JAHR 1749. Als Hildschnnick ist das
mecklenburgische Wappen angebracht. — Die kleinste Glocke hat einen
Durchmesser von 87 cm. Die Inschrift lautet: 1461 ZUM ERSTEN MALE GE-
GOSSEN • FRIEDE AUF ERDEN • ANNO 8ALUTI8 1867 • GEGOSSEN VON P. M.
HAUSBRANDT IN WISMAR.
Die kleine Glocke hatte vor ibrem Umguss im Jahre 1867 das Datum
in 4 Wii + VjUnbcrt + cn bnbC + It Dazu den Spruch: X}dp -\-
gOC o Vintie o inarya- Vgl. Lisch, M. Jahrb. XUI, S. 17s bis 179. —
Siehe dort auch die Beschreibung des ahen Predigtstuhls von i6a8 mit den
Namen des Pastors Joh. KüchenmcisUT iiml seiner (lattin Klisabeth, mit den
Bildern der Hochzeit zu Kann, des Abendmahls, des KrucifixUS, KU dessen
Füssen das genannte F.ln paar kniet, und der H i in niel fahrt.
Wand- und Wand- und Glasmalereien. Zu beachten .sind die int Sommer 1888
Glas- am Triumphbogen ausgeführten zwölf Apostelbilder und an den Wänden des
Chors die der vier Evangelisten. Femer die schon Trüher hergestellten neuen
Doppelfenster an der Südsdte des Chors mit den Glasbildern der Apostel
Petrus und Paulus.
iClemkunBt- KteinkiUMtwcrlce. i. 2. Zwei silbervergoldete Kelche auf sechspassigero
werke. Fus.s. Auf dem Fusse des einen die Inschrift: SOLCHES DVET ZV MEINER
GEDECHTNIS • H • JOHAN HVCHMEISTER • ELISABEDT HEITMANS • ANNO
1636. Auf dem des andern die Inschrift: AUS MILDEN BEYTRAG DER GE-
MEINE HAT JOH : HINR : MEYER PASTOR ZU LÜBSEE UND JOCH : BRÜHN
UND ASM ■ ECKMANN JURATEN DIESEN KELCHE VERFERTIGEN LASSEN •
Ao 1749. Als Werkzeichen der Lübecker Adler. Als Meisterzdchen der
Stempd HPK mit einer undeutlichen Hausmarke. Der erste Kelch ist
ohne WerkzciclKü. Von den zugehörigen .silbcrvcrgoldeten Patenen hat die
eine keine und die andere die fjenannten Lübecker Steni|)el. — 3. Kleiner
Kraiikeiikelch mit r.iteiu-, oi-stiftet \on T • L • S • 1801 • Iß) (Kehna, Ratze-
burj,') I I G |. - 4. \'iere( kii;e silberne Üblatendose, neu, ohne Inschrift und
') Ucr Giesncr der (jlockc von 1708 vmr CasiOLr lletnr. Cahlell aus Frankfurt Vgl.
lavenuur von 181 1.
Digltized by Google
KIRCHDORF GRAMROW.
Wcrkzcichcn. 5. Aclitcckij^c silberne Oblatcndosc, hübsche Ircibarbcit:
Hlumtn uiul Blatter. Die Inschrift lautet: ABEL JUDITH NEUMANN ANNO 1707.
W erk/eichen nicht vorhanden. Al>er zu beachten ist als Stempel das Mono-
gramm — 6. Ein altes Taufbecken von Messing hat die In.sdirilt;
(l>OCHEN BHVN • 1093 • — 7. Ein neues, 1881 von RoM-Schwerin gefertigtes
Taufbecken von Silber zeigt auf dem Rande die Namen der zwölf Apostel
lind im Innern ein Kreuz mit den Symbolen der vier l''vangelistcn. S. I-!in
Kronleuchter von Messini^ in der .\i)sis hängend; oben auf einem Adler reitend
eine menschliche Fi<;in mit einem Schut-rt in der Rechten und i-iiu r l'ackel
in der Linken. Ohne Inschrift. 9. 10. 11. An den beiden Hronzeleuchtern
auf dem Altar findet sich weder Inschrift noch Werkzeichen. Ein dritter
grösserer im Pastorhause. — 12. Ein aus Hohe geschnitzter Belt mit dem
Bilde der hl. Katharina. — 13. Hin Velum von rother Seide mit Goldborten
y.r\'^t in der Mitte ( iM ! i( l.rrei und unter einer Krone den Namen der M. M.
C. WITTEN. 6EB0RNE SCHRÖOERN. GESTORBEN D. & DECEMBER 1781.
Im Pfarrfaitcn ein alter Taufstein. Pfannarten.
Das Kirchdorf Grambow.
ie ältesten Nachrichten über das 5 km siidöstlidi von Rehna entfernte Geschichte
Dorf Grambow, dessen Name schon im Jahre 1256 so geschrieben und ^^'^
gesprochen wird wie heute, beziehen sich auf kirchliche Angelegenheiten, J^orfes.
Zehntentausch u. dergl.') Die Kirche wir l 1 ^' ^ zum ersten Mal genannt, und
bei "{jclcgenhcit der ersten reformatorischen Kiichen\ i-^itatinn im Jahre J54I
erlahrt man. di-s (he > Jungfrauen das jus pattonatus hal)en. Damals
existiert die alte Kirche in dem benachbarten Wedendorf nicht mehr, deren
Patronat dem Kloster Rehna schon bei seiner Gründung eingeräumt worden
war. Die Wedendorfer Kirche wird 1263 noch genannt, aufTallendcrweisc
aber nicht mehr 1267 bei Gelegenheit der Stillung des Fürsten Heinrich,
auch nicht mehr in den spateren L'rkun«len , welclie Wedendorf betreffen.*)
li^ ist daher anzunehmen, dass sie innerhalb des Zeitraumes von 1263 und
') M. r.-K. 775. 1107. 1747. 4110. 5613.
' I >ic WioiliTludimj; iK r in» J.iliri- 12 ?" aii-t;i-.tfllti'n I rkiincii- llher «lie l'alronrviskirchen
tIcN kl<>»lcT> Kcliiia im Jahre 131 1 ^.M. L .11. 3440 lirauclil iiiclit al> durchaut» yllhij-cr *ict;en-
bewei« genommen lu werden, da die am Ende des Wedendorfer Sehlott^porkes gelegene Kirche
10 CraiiiliD« ^choit tlntnnl> (janz cl>cnso wie heute als Kirche vim Wcdiinlnif und al^ l"r>alz fvir
die erste Kirche im Dorfe xclbst angchehen werden ktmnte. /u Ucachioii i>i auch, dsh» die
Herren von ItUlnw auf Wedendorf den Scbwer|>unkl ihrer gct»tlichen Stiftui^>en vom Reginn lic*
NI\ . hiliiliiiiidiTis hiT nach « ;adct>u>ch und Kehna verlegen: Vgl. M. LVl). 33<»''. .?5<ii. 522S.
.\uch k-hh <lh Wedendorfer Kirche in den Pfarrtaxen, die 1319 md I335 von KaUeburg her
augeurdncl uuideii.
29*
Digltlzed by Google
453
AMTSGBRICHTSBEZIRK KEHNA.
1267 eingegangen und die Anrechte des Klosters durch einen Kontrakt der
auf VVcdendorf erbangesessenen Herren von Bülovv auf Grambow übertragen
worden sind. Denn daas ihnen noch dieses Dorf getiört, eiiidit ans einer
Urlcunde vom 21. Januar 1349.') Sie bldl)en in diesem Besitz bis zum Jahre
1679. Als damals der Geh. Rath Andreas Gottlieb von Berastorlf Weden-
dorf c. p. kauft, geht auch Grambow auf ihn über und der Landesherr schenkt
ihm zugleich das Patronat über die Kirche. W'edcndorf mit Grambow ist
heute bekanntlich eines der Hauptgüter des grossen Gräflich Bernstorff' sehen
Grundbesitzes.
Während von Wedendorf nur ein einziger Kirchherr, der Pfarrer Florenz
im Jahre 1237, bdcannt ist, sind uns von Grambow doch wenigstens drei
Geistliche des XIV. Jahrhunderts mit ihren Namen erhalten geblieben: die
Pfarrer Gerhard {13 13 bis 13 19), Johann von Oldenburg (1334) und Dietrich
von Crivitz (1342 bis 1345).*) Zur Zeit der Reformation ist nach Ausweis
des KirchcnvisitationsprotokoUs von 1541') Joh. Meyering Kirchherr zu Gram-
bow. 1578 ist es Andreas Gicelius, 1589 Joh. Gusmar. Diesen finden wir
dort audi noch 1603, er war von der Herzogin Anna Sophie, der Wittwe
des Herzogß Johann Albredit berufen worden (s. o. S. 429). 1636 ist MatÜiias
Höfisch Pastor in Grambow. Ihm folgen 1 639 Jakob Nelius, 1657 Joh. Fromm,
1672 joli. Höfcr, \6g6 Gottfr. Aug. Fhilippi, 1715 Laur. Friedr. (nitzmcr,
1719 David Heinr. Quandt, 1769 Joh. Gcrh. Lohrmann, 1794 J. B. J. von
Konigslöw. Uebcr ihn und seine Nachfolger vgl. Walter a. a. O.
Kirche. Die Kirche ist ein im I^aufe der Zeit gründlich verrestauriertes Zicgel-
maucrwerk auf einem l-Y-Idstcinfundamcnt, das im Chor zu besonderer Höhe
aufsteigt. Am wenigsten berührt sind zwei alte Spitzbogenportale auf der
Südseite, sie allein haben noch ihre alten Schmiegen und Laibui^;en bewahrt
Von den Fenstern hat keins mehr seine urqMrfini^iche Formengebung. .Der
g^en das Schiflf um zwei Stufen erhöhte Gior schliesst im Osten glatt ab.
Eine flache Decke überspannt den ganzen Raum, der sich als ein langes
Viereck darstellt. Im Westen ein in den beiden unteren Stockwerken von
Ziegeln aufgcmaucrter. im dritten Storkwerk aus Holz kon.struiertcr Thurm,
dessen achtseitiger Pyraniidcnhelm mit Schindeln gedeckt ist.
Altar. Der Altar ist ein reich geschnitztes Harockwerk vom Jahre i69i.'') In
der Basis des Aufsatzes ilas (iemäldc des hl. Abendmahls. Im mittleren
Ilauptthcil die Krcuzcsgruppe (Krucifixus mit Johannes und Maria) als ein
ohne Hintergrund frei dastehendes Schnitzwerk, durch welches das Fenster
der Ostwand Undurch siditbar ist. Rechts davon die Figur des Aaron, links die
des Moses. Darüber als Gemälde die Aufcrstehung.sscene. Neben diesem rechts
die geschnitzte Figur Joiuuines des Täufers, links die des Elias. Ganz oben
>) M. u. a 6909.
*) M. U. U. 47'- 3''"9- jf'.??- 1"" ".?7- 6580.
•) Vgl. auch l.iM:h, .M. Jahrh. .Ml, 171.
*) Du Inventar von 181 1 giebt statt 1691 die JahressaU 1685 an.
Digltized by Google
KIRCHDORF GRAMBOW.
453
geschnitzte allegorische Gestalten, Fides und Fama (?). Der Altar ist eine
Stiftun<; des eluiiinlij^'cii Kuriiannovorschcn Staatsministers und Geh. Rathes
ANDREAS GOTTLIEB VON BERNSTORFF (geb. 1649, gest. 1726).
Die Kaaiel gdiöit derselben Zat tuid Geschmacksrichbifig an wie der Kanzel
Altaraufsatz, ebenso der hökeme Tanfbehälter mit den gemalten Figuren der
l'rudcntia, Fortitudo, Tempcrantia, Spes, Carit.is und Justitia. Das dazu ge-
hörende in .Messing gctriclx-ne Taufbecken zeigt in einem Ring von Hirschen
als Mittelbild den üru.ss des Engels an die Maria. Auch der Rand des
Beckens ist mit Hirschen verziert,
Emporan. Auf der Südseite der Kirche, dem Altar zunächst, die alte JEmporen.
Wedendorfer Empore in gutem Rcnaissanc<-stil. mit zahlreichem Wappen-
und Inseln Ilten -Sciiinuck. .\ls Hauptwappen in der Mitte stt lk-n sich dar
heraldisch rechts das des Adam von Bttlow und der Ilse von Halberstadt,
und links das des Hartwif von Bfttow und der Harfaretha von Haltfta.
Das Datum »ANNO 1623« ist ab Unterschrift auf beide Wappenpaare ver
theUt*)
Der Wedendorfer schliesst sich die Groaa-Hmidorfer Enp«re an, eben-
falls ein gutes, mit VV\appenmalereien bedecktes Werk der Renaissance. Als
Hauptwappen in der Mitte stelli-n sich dar das des Baithold VOn Bftlow und
seiner Gemahlin Gudel ((lodel) von Dannenberg.*)
Auf tiie Hundorfer lünpore folgt die Hindenbcrgcr Empore mit nur drei
Wappen, dem der Ida Ranach, des H. von Behr (in der Mitte) und der
Thcda ITM Knippbausen.')
Auf der Nordseite der Kirche die Haiablger Enpare mit dem BcfB-
atiNrir'sdien und Bilaw'schen Wappen und den Initialen A. F. v. B. 1728.
a E. V. B.«)
Grabsteine. An der Nordwand der Kirche ein Bülow scher Grabstein Grab-stcine.
mit der Inschrift: ANNO • DOMINI . 1 . 5 • 8 • 6 • HEBBEN • DE • EDLEN*
UNDE • EDLEN • EHRENTVE8T • BARTHOLDT • UNDE • ADAM « GEBRVDR •
DE • WAN • BVLOVWEN • DI88E • BEGRAFNIB • BWEN • LATEN • B • V • B •
') Adam vuu liulow auf Wedendorf, Veelbükeu und WebeUfelde , mecklenb. üeheimrath,
Ilofimrwbdl «ad Aatalmipliiiuin, geb. 1535, geat. ISSA v*' vennlhU mit Ibabe von Halber»
stndt aus dem Ilatisc Itrür/. Sviii Sotin Kattuig, TOD den die VenieniDg derEnporL- :tn^'L-ordnet
.«ein wird, »a^s auf Wcdendurf und Vccibuken, war necklenb. Kammeijiiiiker and AnUahauptmann.
(1609, 1(28) und vemUilte sich mit Margaretha von Mahsan ans dem Hause Ulrichshnsen.
FanriUeabttch der von Blllow, S. 48.
*\ Harthold vnn IKilnw auf Holdorf und Ihindorf. f^oti. ISI'i g'^'"*' 1^21, in erster Khc mit
Anna von Lüttow, in zweiter mit Güdel von l)aunenl>erg vermählt. Vgl. BUiow'sches Familien-
buch, S. jaff.
*) Die Familie von Behr hat Hindenherg und Veelböken von 1827 bis 1897 in Besitx gehabt.
*) Andrea*- FriLMlridi von Remstorfl* aur Han»h,a;,'eii war vennIhk mit Clara Eleonora
von Bttlow aus dem llau-^u .Scharbow. llOlow'sches Familienbuch, S. 38.
Digltized by Google
454
AMTSGERICHTSBEZIRK REHNA.
A • V • B • Darunter zwei Wappen.') — Am Haupteingang auf der Südseite
ein Stein mit der nicht mehr ganz erhaltenen Inschrift: CATHARINAM ELISA-
BETHAM I PIGNORA CHARA MIHI BINAS ANNAM JOHANN SALOMO
HATTENBACH MC
Glocken. Ks sind zwei Glocken vorhanden. Die grössere hat einen Durchmesser
von 1,32 m. Ihre lange Inschrift gicbt an, dass sie im Jahre 1736 zur Zeit
des Kammerherrn JOACHIM VON BERNSTORFF. l->hhcrrn auf Wcdendorf, des
Pastors QUANDT (s. o ), des Verwalters KLAUS ADOLF ECKERMANN und der
Juraten HANS OLDENBURG und JOCHIM JAPP von Laurenz Strahlborn in
Lübeck umgegossen worden sei. —
Die kleinere Glocke hat einen Durch-
messer von 1,22 m. Ihre Inschrift
meldet, dass sie im Jahre 1749, als
der Königlich Dänische Gesandte
am französischen Ilofc, Kammerherr
JOHANN HARTWIG FREIHERR VON
BERNSTORFF Patron der Kirche war,
von Dietrich Strahlborn in Lübeck um-
gegossen wurde. Dazu die Namen
des Pastors QUANDT, des Verwalters
ECKERMANN .sowie der Juraten PETER
REIMER in (irambow und GUST.
SCHMIDT in Pieverstorf.
Kleinkunst- Kleinkunstwerke. l. Silber-
werke, vergoldeter gothi.schcr Kelch auf
sechs.seitigem Fuss mit vorgestellten
Cylindem auf den 1-xkcn. Auf einem
der Felder ein vollplastischer Christus
als Signaculum. Die beiden anstossen-
den Felder sind leer. Dann folgen
heraldisch rechts der Rülow'.sche, links
der Huchwald'sche Schild in Tartschenform. Am Knauf der Name IhHSVS.
Darunter in Minu.skeln noch einmal der Name il)C^\]|^ Keine Wcrkzcichcn,
auch nicht auf der zugehörigen Patene. — 2. Starkvergoldeter Kelch in ge-
rundeten und abgeschwächten gothischen Formen. Auf dem ganz runden
Fuss die Inschrift: DER GESEGNETE KELCH . WELCHEN WIR SEGNEN • IST
DER NICHT . DIE GEMEINSCHAFFT DES BLVTES CHRISTI? I • COR • 10 • CAP.
Min eingraviertes Allianzwappen mit den Umschriften: CORDT RESTORF
INGBORCH SCHACKEN • Unten am Fuss als Stadtzeichen der Lübecker Adler
und als Meisterzeichen der Stempel qVjj). Dieselben Werkzeichen auf der
') n.irthnld um\ .\<Lim wnron Sölmc drs llrirtwijj von iSlllow auf Wedendorf, rol<rent.
Itiildorf, Ihindnrf und Klndnim (1506, 15^2). der mucklonl». Rath und I^indrMli war und »ich mit
Anna von l'crkciuin au» dem Ilauae Zecher vcrmühlt halte. lUllow'>chcs Familienbuch, S. 32, iJ.
Digitized by Google
KIRCHDORF GRAMBOW.
455
Patcne, dazu der Spruch: DAS BRODT DAS WIR BRECHEN . IST DAS NICHT
DIE GEMEINSCHAFT • DES LEIBES CHRISTI? I'CORINTIO CAP . — 3. 4.
5. Geräthe zur Kranken • Kommunion: Kelch, Tatene und I'yxis. Auf der
einen Seite der Kupa ein Kreuz mit kleinem B darüber, auf der andern ein
gothisches unter neunzackiger Krone. Ohne Werkzeichen. Die ursprüng-
lich nicht zugehörige Patene hat ein verdrücktes Stadtzeichen und als Meister-
zeichen den Stempel W G. Auf dem Deckel der runden Pyxis die Initialen
J : W. — 6. Getriebene ovale Oblatcndose von Silber, mit dem Augsburger
Pinienzapfen und dem Meisterzeichen H R. — 7. Neugothischc silberne Altar-
kanne, geschenkt von ARTHUR GRAF VON BERNSTORFF AM CHRISTFEST
1893 • A}^fl — 8. Taufschüssel (s. o. beim Taufständer). - 9. 10. Zwei neue
zinnerne Sammelteller (C.W. Kurtz- Stuttgart). — Ii. 12. Zwei gros.se Messing-
leuchter. Auf beiden das Allianzwaj)pcn Hülow-Schack und die Inschrift:
♦ DETLOF V BVLOW - MARGARETA ^ SCHACKEN 1625 . ';
helluf von Hulow nuf llinidorr, I »cch.inl zu l<.itzclturi; {ISO^- t vcrtnShIto «ich
1608 mit .M.ir(;.-trctha von Scliack au> dem II.iu>«: .Miis»L-ii (^cU. 1592, yuNl. 1658:.
Vorgeschichtliches
s. hinter Amtsgerichtsbezirk Gadebusch.
n
Ü.iiuTiitr.icli!
aus der l'niK<-'K*-''"' KL-Inia um liic Mille des J,ihrhundorl>.
N.ich l.i>ch'?> .Mecklenburg in liilderi).
Dlgitlzed by Google
Ansicht von GiMlcbu»ch.
Amtsgericlitsbezirk &adel)usch.
Die Stadt Gadebusch.
Geschichte
der
Stadt.
eschichte der Stadt. Rci Gelegenheit der Einverleibung des Landes
Gadebusch in den Hczirk des Ratzcburgcr Bisthums in den fünf-
ziger Jahren des XII. Jahrhunderts taucht sein Name zuerst auf,
und zwar in der das ganze Mittelalter hindurch herrschenden Form Godcbuz,
die als Ort des Godebud gedeutet wird.') In der That giebt es hier im
XII. Jahrhundert eine nachweislich wendische Adelsfamilie der Herren von Gode-
buz, von denen die Hiirg und die Wiek ihren Namen bekommen haben
können, aber etwas Sicheres ist über das ursprüngliche Verhältniss nicht zu
ermitteln (s. u.). Herr des I^indes ist bis zum Ende des XII. Jahrhunderts der
Graf von Ratzeburg, doch ist zu beachten, dass der vom Sachsenherzog
Heinrich dem I.öwcn als erster Inhaber der Grafschaft eingesetzte Heinrich
von Badewide nicht vor 1146 den Titel »Comes« führt.') Wie schon zur
') M. f. n. 59. 88. Kuhiiel. M. Jahrl». XLVI. S. 46. God«biid = frUh w.ich. Gelegent-
lich einmal Gh oder Cli, auch K fur (j, iz, dz, ss, sk stall z, ein aus^elnNsenes e, angehängtes c,
bölsc statt buze : alles das i>l nicht entscheidend. Die Deutung >()rt des. guten Wesens«, dann
die als >C:ottesliusch< »der ><iiitteshainc und ferner der ltu>ch im Stadtsieget beruhen auf will-
kilrlichen Annahmen. Wigger, M. Jahrb. XX.WIII, 217.
*) M. U.-H. 4;. Vgl. dazu 40. 48. 59. 65. 71 n. 74. 75. 7S. 79. S2. 83. 86 (Denkstein in
Kalzebiirg). 87 (Denkstein bei Waschow).
GESCmCHTB DBR STADT GASBBUSCH.
457
Zeit der Grafscliafl Kat/.cburg die Burg Gadebusch im Jahre Ii8l eine
Zerstörun«; durch den Haiern- und Sachsenherzog Heinrich den Löwen erleidet,
der sich mit Graf Ik-rnhard, dem Sühne des langst verstorbenen Grafen Heinrich,
erzürnt hat, erzählt die Slaven-Chronik des Arnold von Lübeck. Nach der
Schlacht von Waschow aber, am 25. Mai 1200, in welcher der Graf Heinrich
von Dassel, der als zweiter Gemahl der Gräfin Adelheid von Ratzeburg nach
dem ICrlnschen des Stammes der liadewide die Grafschaft innc hat, den Danen
unterliegt, und in Folge tleren er sein Land und seine Herrschaft verlässt,
tritt l^oruin, wahrscheinlich als dänischer Vasall, die Herrschaft im Lande
Gadebusch an:') er trifft dort nachweislich bald nachher verschiedene Ver-
fügungen und beschenkt Stadt und Bürgerschaft auf deren Gesuch, und
zugleich dankbar für ihm geleisteten Beistand (wahrschemlidb m der Sdihcht
bei Mölln gegen den Grafen Albrccht von Orlamünde im Jahre 1225), mit
verschiedenen Privilegien, wie sie die Bürger von Lübeck und Mölln besassen.*)
Da aber in dieser Heu idnuingsurkunde die Titel civcs und civitas als etwas
bereits V'orhandencs aiitlreten, so ist es wahrscheinlich, dass den Bewohnern
der Wiek vor der Burg (dem schon damals gen. Castrum) von dem Herzog von
Schleswig und späteren König Waldemar, dem Bruder König Kanut's, seines
Voi^ängers, schon bald nach der Einnahme von Katzeburg und der damit
zusammenhängenden Besetzung \on Gadebusch und Wittenburg, Privilegien
gi^;eben wurden, welche jene Titel wirklich begründeten oder doch zu be-
gründen schienen.'} Um 1230 stellt Gadebusch bereits eine wohlgeordnete
Parochie dar, deren Kirche in einer Urkunde von 1290 als ecclcsia sancti
Jacobi, noch später aber, am 15. Deccmbcr 1364, als ecclcsia sanctorum Jacobi
apostoli et Dionysii martiris et ponti6cts bezdchnet wird. Wie alle Kirchen
des Landes Gadebusch steht sie unter dem Krummstabe des Ratzebufger
Bischofs und wird von diesem höchst wahrscheinlich in Betreff der Archi-
diakonatsrechte dnii l'roljst des Ralzeburger Kapitels zugetheilt gewesen sein.*)
l'.ine teste Ueberlieferung fehlt freilich, gewiss ist nur, dass der Rehnaer Probst
hier nicht mehr zustandig ist.
Wie noch im selben Jahr, in dem Fürst Bor^vin die Stadt nnt Privi-
legien beschenkt, sein zweiter Sohn, der Fürst Nikolaus II., auf der Bui^ zu
Gadebusch durch einen unglücklichen Sturz ums Leben kommt, erzählt das*
Doberaner Nekrologium und ist ausserdem bezeugt.*) Auch seinen ältesten
Sohn, den Fürsten Heinrich Borwin, sieht der Vater vor sich sterben. Nach
*) Gleichseitig erlangt der (iraf üunzclin von Schwerin dos lti.<. dahin der Graf:ichaft
lutzebarg ebenfalls einverleibt gewesene Land Witlenburg. Vgl. M. LVB. 171, Aninkg. Rtwlie,
(.csch. d. ('.r-^fschaft Schwerin, Lndwigdatt 1893 (Kober), S. ti. WiQEer, M. Jahrb. XXXIV.
8. 106, Anmkg. 4.
*) M. U.-B. 171. 192. 315. Wigger, M. Jahrb. .XX.XIV, S. 105.
*) Vgt die Anmkg. zu Urk. 171.
*) M. U.-B. 375, S. 371. 2088. 9313. Vgl. ferner 154. 441. 471.
'1 M. t . IS. 316. Lisch, M. Jahrb. I, S. 131 ff. XIX. S. 358. Wigger, M. Jahrb. X.\X1V,
S. 105. L, S. 146.
Dlgltlzed by Google
458
AMTSGERICHTSBBZIRK GADEBUSCH.
tli in alten Horn in ist es dessen ältester I-Jikcl, Fürst Johann der Theologe, zu
dcs-scn I crrituriuni das Land Gadcbusch gehört und der in Folge dcüscn oft
dort weilt.') Die angesdienste Familie des Landes sdietiit die der Herren
von Gadebusch (s. o.) gewesen zu sein, su denen u. a. der von 1192 bis 1238
regierende Bischof Brunward gehört, der, w ie eine Urkunde vom 18. Juni 1195
unzweifelhaft darthut, ein Wende war.*) Indessen, nachdem der Burggraf
Detlev von (jadebusch das Land Luiz in Pommern als Herrschaft erlangt
hat, verlegt diese Familie ihren Schwerpunkt aus dem Westen nach dem
Osten,') Als am reichsten begüterte Familie der terra Godebuz aber tritt uns
bald darauf die der Herren von Bülow entgegen, von denen schon in den
Urkunden aus der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts häufig die Rede ist
Sie sitzen als Vasallen des Fürsten um diese Zeit auf Biilow, Vietlttbbe,
Briitzkow, Löwitz, Kosenow, RocUichelstorf, F'alkenhagcn, sowie an vielen
anderen Stellen des Landes, gewiss auch schon auf Wedenclorf, figurieren
als Zeugen bei zahlreichen weltlichen und geistlichen Beurkundungen und
breiten in der Folge ihren Besitz immer weiter dort aus.*) Der Nachfolger des
Fürsten Johann, dessen Sohn Fürst Heinrich der Pilger, beweist der Stadt seine
Gunst sowohl bei der oft genannten Brod- und Weinstiftung, an welcher
alle Kirchen des Landes Gadcbusch theilnehmen, als besonders durch An-
erkennung des liibisclu n Rechtes in seinem ganzen Umfange.'^) Und nun folgt
für die Stadt wahrend der langen Vormundschafts -Periode zur Zeit der Ge-
fangenschaft des Fürsten Heinrich eine Periode, m der sie zum ersten Mal
fürstliche Residenz wird. Es ist dies von 1283 bis 1299, während welcher
Zeit der Bruder Heinrich's, der Schwager der Anastasia und einer der Vor-
münder ihrer beiden Söhne, als Herr von Gadebusch auf der Burg residiert
(Johannes dei gratia Magnopolcnsis dominus in Godebuz),"') Freilich waren
die Jahre vorher keine Zeiten der Ruhe und des Friedens. In dem vorauf
gehenden l)lutit;cn Streit um die \'ormundschaft ist die Hurg zu Gadebusch
mehrmals das Standquartier der Gegner der Vormundschaft, und noch 1284
gicbt es eine Schlacht zwischen der Stepnitz und Gadebusch, in welcher die
letztgenannten unterliegen.^ Als F'ürst Johann den 14. Octobcr 1299 stirbt,
behält seine Wittwe Richardis, eine Tochter des Grafen Ludwig von Ams-
i)crg, gewisse Witthumseinkünfte in Gadebusch (dotalicium in castro et domo
Godebuz).'') Später weilt H'ürst Heinrich der Löwe oftmals auf der Burg, und
die Stadt sieht unter seiner Regierung manche glänzende Zusammenkünfte
'] M. f . Ii. ^-jf,. $53. 467. 528.
*) M. l . It. 158.
M. r.-lt. $64. Vgl. Aaza die anziehende Ahhandlnni; von Ijucli, M. Jahrb. XIV,
S. 83 Itis 94. Schlie. M. Kun»!- u. < ieschichtodenkn. I, S. 388.
*i «lie kcyiNtcT zum M. t'.-H.
M. l . U. II07. 1216.
*) M. l'.'H. 1686. Vgl. dun 1510. 1543. 1870. 3296. Wi(s;er, M. Jahrb. L, K. 155.
' M. t 1'.. I ;S3. 17190. Kurmehtcr, Wiitm. Chronik, M. Jahrb. III, 8.348*. Crain, M.
Jahrb. VI, .S. loi, iii.
•) M. V..I1. a8»3.
Digltized by Google
GESCHICHTE DER STADT GADEBUSCH.
459
wcltlicFicr und j^eistlicher Herren, die sich tlurt 7ur N'ullzichiinfj von Staats-
aktionen verbinden.') Der l'urst vereinij4t im Jalin- i die xon si incm
Vater in der Hiirj^kapelle j;e.stiftctc Vikarei mit der Sladtkirclic, überweist der
Stadt im März 1309 das zur Vergrösscrung ihrer Feldmark von ihm gekaufte
Dorf Zwemin zu lübischem Recht, verschreibt beide, Stadt und Land, am
6. Juli 1315 seiner zweiten Gemahlin Anna von Sachsen -Wittenberg als Leib*
gcdingc und sichert sie ebenso am 24. Juli 1321 der Herzogin Kuphemia von
Schweden al> M< n ■•i iv.'abe für die in Aussicht t'enommene Vcrmahhinr seines
Sohm s \ll)rr( ht mit liir Dir \'erkaut der beiden (jadef»usclier Nhihlen, der
Stadtniuhlc und der Muhle auf dem Kiez, im Jnhrc 1302 an einen Lübecker
Privatmann, aus dessen Händen sie an das holsteinische Kloster Reinfeld
gelangen, bringt den Fürsten in unangenehme Verwickelungen und acht ihm
zuletzt, im Jahre 1 323, den Bannstrahl des Abtes zu. Der Fürst giebt nach.*)
I-'in Versuch der laibecker Duminikaner und Franziskaner, in der Stadt die
Ausubun^^ eines Thciles der Sacra zu erlangen, war dagegen schon 1299
gescheitert.*)
Dass in (ladebusch ein I^ej^uinen- Konvent mit einer Domina an der
Spit/.e schon in <ier ersten llalftc des XIV. Jahrhunderts l)estand, erfahren wir
aus W'ismar'schen Kaninierei-Kechnunyen, besonders aus einer vom Jahre
1333/34-^) Heiligcngeist- Haus und Georgen -Hospital werden 1327 zum ersten
Mal genannt, aber als etwas bereits Bestehendes.*) Bis zur Erwerbung der
Grafsdiaft Schwerin im Jahre 1358 fuidcn wir sodann auch den rürsten und
späteren Hcrzoi; Albrecht bisweilen auf (jadebusch, und vornehme geistliche
und weltliche Herren onlneii hier nach wie vor nicht selten ihre Ant^ele5.jen-
hciten.') Zur Zeit des Anfan<;es von Albrccht's Regierung ist Kitter (Jott-
Schalk Storm iurstlicher V'ogt zu (iadebusch. Später ist Heinrich von Hülow
Pfandbesitzer der Vogtei, die bis 1349 in seinen Händen bleibt.*) Darauf
folgt als Pfandbesitzer der Vater der Gräfin Klisabeth von Schwerin, Herr
Wedekind von dem Hert^he.") Wahrscheinlich hängt es mit der Ilerrii lituti.;
und \*er-.cliönermv.; <lrr Hur!.; zur X'ermahluni; Fürst Albrecht s mit l .uphemia
von Schweden zusammen, dass sich am 31. Mai Holte- lla-^enko]) ver-
pflichtet, ein Haus niederzureissen, das gerade vor der fürstlichen Hurg auf
fiirstlkhem Grund und Boden steht (edificium coram castro Gadebuz erectum
• M. r. lt. 3123. 3131. 3534. 3542. 3704. 3«Jo. 3«9*. 4««7- 43««. 4i77' 450i. 45t>»-
4936. V^l. zu 3299 auch 4843,
*) M. f.». 3123. 3299. 3771. 4.'S5. 4jSf.. Vul. .b/u 5592.
•) M. r.-H. »777. 4427. Die licUlen Mühlen de* KliMcrn i.'vhcn »|Witcr. den 7. Mai 1371.
in den Tt ii Kl Herren r»n Itfilow lilter: M. V.-tt. 10197. IOI98.
♦) M. l . lt. 2 5''i<).
') M. L . H. 5422. Sic hei-^t-n .nicli MmiMlt-^ : J.ilirl.. .n. S4.
*) M. r.-B. 4866. 4869. 4875. Vßi. auch 5129. $3^8. 8760. 8925.
M. I i;. 50S6. 5198. 6353. 6359. 6631. 8t2o. 9020. 9031.
.M. 1 . 11. 6975.
•) M. U. B. 7051.
Digltized by Google
460
AMTSGBRICRTSBBZtRK GADSBUSCH.
in area ejusdem domini, i. e. Alberti Magnopolensis).') Die Hochzeit findet
am I. April 1336 statt. Gelegentlich der Beilcf^ung des Streites zwischen
Holstein und Mecklenburg am 26. September 1343 (die Ursache zum Streit
war eine Einmisdiung Fürst Albrecht's in einen Zwist zwisdien Lübeck und
Holstdn, welches Strassenräuber geduldet hatte) hören wir von Gefallenen
aus Gadebusch, die die Holsteiner zurückzu<jeben bereit sind.*) In den
späteren Verträgen über den I^ndfriedcn wird die Stadt zur Stellung von
zehn Mann verpflichtet.') Als eine Art von Iluuiitquartier dient Gadebusch
vielfach im Jahre 1358, als Herzog Albrecht im dänisch -holsteinischen Kriege
auf Seiten der Holstetner Grafen steht') Mit dem Erwerb der Gra&chaft
Schwerin am 8. Decerober 1358*) wendet sich das landesherriiche Interesse
selbstverständlich der alten Veste im Mittelpunkt des Landes wieder zu, die
zweihundert Jahre lang dem fürstlichen Hause verloren gewesen war, aber der
malerisch gelegene Burgberg wird nicht vergessen, und (jadebusch behält
auch in den nachfolgenden Zeiten die Bedeutung einer oft und gerne auf-
gesuchten Nebenresidenz. Als Herzog Albrecht's Sohn, der König Albrecht
von Schweden, die Notii der Gefangenschaft erleidet, die seine Gegnerin, <fie
Königin Maigaretha von Dänemaric über ihn verhängt hat, da tfiun sidi, wie
anderswo im Lande, auch in Gadebusch Ritterschaft, Vogtei und Stadt
zusammen, um bei der Befreiung des Landesherrn mitzuhelfen.*) Im Jahre 1400
begründet die Königin Agnes das bis zum Jahre 1834 bei Bestand gelassene,
dann aber zum Besten der Armenkas.sen von Stadt und Amt aufgelöste
Gertruden -Stift zu Jarmstorf, und elf Jahre nach des Königs Tode, den 12.
März 1423, stiftet sie drei Vikareien an zwei Altären in der von ihr erbauten
Marien - Kapelle auf di r Nordseite der Kirche. Später erwählt sie diese Stätte
ZU ihrer Gruft, obwohl ihr Gemahl, der König, in der Abteikirche zu Doberan
beigesetzt worden war.') Der dieser Kapelle .seit langen Zeiten anhaftende
Name Königs -Kapelle darf daher nicht irre fuhren. Üiesclbe Kapelle nimmt
naddier, im Jahre 1491, die Herzogin Dorothea, Gemahlin Herzog Heinridi^s III.,
auf, deren Ldbgedinge die Vogtd Gadebusdi gewesen war.*) Eine sehr an-
schauliche Vorstellung von der Art des Reisens und des ganzen Aufwandes
bei Ankunft und Verweilen der fiirstlichen Herrschaften mit ihrem Gefolge
gicbt die Gadebuscher Amts- und Schloss- Rechnung aus der Zeit von 1451/52,
als hier Lüdeke von Bassewitz als herzoglicher Vogt seines Amtes waltet
') .M. r. 15. 5594.
*) M. f. l!. 6348. kiullolT, M. Gesch. II, 2, S. 287.
•) M. U.-H. 7524. 7717. 791 1. Sooi.
*) M. U.-B. 8S09. VgL Anmlig. lu 8524.
•) M. r. R 8541,
•) M. Jahrb. XXIII, S. 191.
^ M. Jahrb. in. S. 239 ff. B, S. 133, 135. V/igges, M. Jahrb. I., S. 174 bin 177.
") M. J.-ihrb. \V, S. 299. Wigger. M. Jahrb. I-, S. 192. Haus, 5>tadt und T.an<l ('..idcbiisch
hatten auch .schon früher, in der Zät von 1436 bis 1447, xum I«il>gedtiige der Herzogin Anna,
Tochter llertog Kiminir's VI. von Stettiii und Gemahlin lleraog Johannis V. von Mecklenburg-
Schwerin ifehSit: rgU Kvdloff. M. (iesch. IL, S. 763. Wigger, M. Jahrb. L, S. 194.
Digitized by Google
GESCHICHTE DER STADT CADEBUSCH.
461
Damals weilt König Christian I. von Dänemark mehrere Taf^e und Nächte
auf dem Sciiloss. Von dem lebhaften V^erkchr hierher im Jahre 1452 zeugt
es, das-s die l- ursicn in der Zeit vom i. Februar bis /.um 10. September sechs-
mal eintreflTen, das erste Mal mit 144, dann mit 90, 9t, 116, 60, und das
letzte Mal sogar mit 320 Pferden.*) Eine grosse Versammlung anderer Art
sieht die Stadt am 6. December 1512 in ihren Mauern: den Adel des Klützer
Winkels und die Geistlichkeit, besonders die von Lübeck, unter Vorsitz der
Herzöge Heinrich und Albrecht, denen es gelingt, einen Vergleich, wie er in
ürevesmühlcn am 17. Juni 1511 gescheitert war, zu Stande zu bringen, durch
den die Sdiuldforderungcn der Geistlichkeit einstweilen in etwas beschwichtigt
werden.^ Zur Zeit der Reformation macht der Pfarrlierr Joachim von Jetze
viel von steh reden. Ab IddenschafUicber Fkpist erbittert er aber zuletzt das
ganze Kirchspiel in solchem Grade, dass sich dieses am 29. Juni 1 547 mit
einem Gesuch wider ihn an den Herzog Johann Albrecht wendet,') Wie dann
nach ihm, also in vcrhaltnissmassig spater Zeit, die Reformation in (iadebusch
von den Pfarrern und Pradikanten Heinrich Storbeck, Andreas Hussuw und
Johann Wunne durchgeführt wird, hat Usdi des Weiteren dargestellt.^) Die
^tazendste Zeit erlebt Gadebusch in der zweiten Hälfte des XVL Jahriiunderts,
als im Jahre 1569 Herzog Christoph, der Bruder der Herzöge Johann Albrecht
un<I L'lrich, nach vielen triiben I'"rfahrungen, Leiden und ()])fern den erz-
bischöflichen Stuhl I jvlands verlasst, sein Histhum Ratzeburg in Hesitz nimmt
und, zu besserem Auskommen mit den Aemtern Gadebusch und Tempzin
ausgestattet, auf Schloss Gadebusch seine Residenz aufiidilägt Da entiAdit
jener den Schlössern seiner Brüder künstlerisch ^ichwerthige, wenn audi
kleinere und bescheidenere Bau, der die Freude Aller ist, die für die deutsche
Renaissance Interesse haben, dessen vom Zahn der Zeit mitgenommene Fronten
aber noch bis heute ihrer verhältnissmässig leicht zu bewirkenden Wieder-
geburt harren.*) Herzog Christoph ist es auch, der 1583 der Schützenzunft
in Gadebusch ihr Privilegium gicbt. Besonders lebhaft ist sein Interesse fiir
die Gewinnung von Erzen auf vaterländischem Grund und Boden.*^ Nadi
Cluistoph's Tode (f 3. März 1592)*) eriiält seine nachbleibende Gemahlin
Elisabeth, Ti rlid r König Gustav's I. von Schweden, die genannten Aemter,
welche scht>n Christoph's erster Gemahlin, der danischen Prinzessin Dorothea,
verschrieben gewesen waren, zum Leibgedinge. Aber mit ihrer Kuckkehr
nach Schweden, am 20. November 1597, fallen sie an das mecklenburgische
Fürstenhaus zurück. Einige Jahre später, im Jahre 1608, tritt Herzog Hans
Albrecht II. die Erbschaft der Aemter Gadebusch und Tempzin an, wie sie
') M, Jahrb. XXXIX. S. 7.
*) M. Jahrl.. XVI, S. r.i.
») Kogouky und Lis<h, M. Jahrb. X.Wl, S. 41.
*) Lisch, Die Keformation zu Gadebusch, M. Jahrb. XXVI, S. SOtf.
*) Usch. M. Jahrb. V, S. 31. 61 bis 67. XVII, S. 388 fr. Sarre, FUrstenhof t« Wtimar
nnd die norddeutsche Termkoitn Architektur, S. 24, 40. Taf. XL
•) Lisch, M. Jahrb. VU, S. 60 fl.
^ Eia scbSnes Grabnial tod ihm im Item su Schwerin (s. ■.).
Digitized by Google
462
AMTSOKRirUTSllEZIRK CADEBUSCH.
vor ihm I Icrzog Christoph hatte, und residiert in Folge dessen mit seiner
Gcmaliiin Margaretha IClisaheth, der Tochter tlcs Ilcr7.ogs Cliristopli, die er
sich aus Schwellen geholt hatte, auf dem Schloss zu Gadebusch. Das währt
bis zum Vertrag von I-'ahrenhfilz am y. Juli 1611, durch den die Acmter
(iadebtisch und Tempzin, wenngleich sie, wie sie es von alter Zeit her ge-
wesen waren, VVitthunisamter bleiben, zu dem Schwcrin'schcn I^ndcstheil ge-
legt werden.')
Sonst scheint es um tliese Zeil und auch spater nicht viele Ereignisse
gegeben zu haben, welche als ilcnkwiirtlig für die Stadtgeschichtc bezeichnet
Aht' < ii«lfl>ii^Lh von ilir Miilixesisciu- i^W'l. Jalirliiiiulcrt .
werden könnten — ()der aber es fehlt an Nachrichten. Man weiss, dass 15S5
die Pest wie anderswo auch in (iadebusch ihre Opfer forderte,-) dass am
27. August 1600 ein auffallend grosser Münzschal/, in) Tlnirm der Kirche ge-
funden wurtle,"*) und dass 1659 ein verheeren<ler Brand wuthete,*) dagegen
scheint es an Nachrichten über tlie Zeit <les dreissigjahrigen Krieges zu fehlen.
Dafür wuchern in tier zweiten Hälfte des WTI. Jahrhun«lerts die scheusslichen
Jlexenproces.se desto ergiebiger.*) Interessanter aber i.st die Miltheilung, dass
' Kniiik. Aliis II. Ncta« M»vkll-. .MI. .s. Si. Sj, S<>, 1;;;, K.S.
■ .Vtir«<|,'r. Wi^iii. I*ri<li;;< r IHM., S. loS. I riitiunh. \. Iii. v.mi Juni iS.JJ, Nr. S59.
'1 l.i>cli, l.ihil.. \.\IX. S. 2ih.
' Klimi, Ki-^uhi. il. IKiv.iL;t1i. Moikll>. II, .S loS.
!• ruMimiili, AI'CiiiiM. vom 5. Juni jS ;5 .\r. S57 .
GESrillCHTE PER STADT GADKUUSCJI.
4^3
im August des Jahres 1675, zur Zeit des bekannten Bündnisses der Branden-
burger und Danen wider die Schweden, in Gadebusch ein ZusamnicntrctUen
des Grossen Kurfürsten von Brandenburg mit dem Dhncnkonig Christian V.
stattfindet, der mit vielem Kricgsvolk in die Stadt gerückt ist.') Bekannter ist
die siebenunddreissig Jahre spater, am 20. December 1712, bei Wakenstadt
(5 km südlich von Gadebusch) geschlagene Schlacht zwischen Schweden und
Uänen, in welcher «licse unterliegen und König I^Viedrich IV'. zur Flucht von
Gadebusch über Ratzeburg nach Oldesloe genöthigt wird. Die gefallenen
Offiziere werden in der Kirche zu Gadebusch vor dem Altar begraben, die
Gemeinen an der Westseite der Kirche vor dem Thurm.*)
Von 1734 bis 1768 gehörten Stadt und Amt Gatlebu.sch mit zu den
in ]*olge der Wirren unter Herzog Karl Leopold an das Kurfürstenthiun
I lannover verpfändeten Lande.stheilen und haben in Kolge davon hannover'.schc
Garnisonen aufzunehmen und zu erhalten.') Am 5. November 1X06 erlebt
Gadebusch eine PIiin<lerung durch die l'Vanzoscn, die die Blucher'sche Ab-
theilung des preu.ssischen Heeres verfolgen, und bald darauf dient tlie Kirche
als Gefangniss für die bei Lübeck gefangen genonmiencn l'reus.sen imd nachher
als Magazin, sodass während dieser Zeit kein Gottesdienst darin abgehalten
werden kann. Linter den erfreulicheren Kreigni.ssen der Neuzeit ist besonders
das Hiihn'.sche V'ermachtniss von iSyi hervorzuheben, das dem Sta<!tchcn für
die Zukunft ein Vermögen von mehr als einer Million Mark zu wohlthatigen
Zwecken sichert.
' ' Krank, .\. u. .N. Mi'ckll». \1V, S. 2S 5 cr/ähll, ciass l»fi<lc I li-rr-.i-hcr ihre I icmnhliniu-n
l>oi Mch |;elialit hätten, iter zeit(;<:r)<>«>iNche Archivar Joli. Schult? Iicrichlct hiLTvon in <>citK-n
un^otlruckt ^cliheliencn .\nn.tlc> .Mcklenliur^^onM"« nicht'«. Kr Nchrcilil : il in nun >\i\> aii|;cf:in)*t'ni'
Werk «Hier Schwellen mit vollkoiiiiiiener hUrce fiiri/nfilhren, «ar iler Kunin vnn It.Hneni.irk
ChiiMinnus V. rn (latlelm^ch mit »einen \iilkern in Kukki .Mann .ini^elnnuvt, welchen il.-itin tli-r
( 'hurfürst Fric<lrich Wilhelm \i>n Schwaan mit 3000 alliLi l»e>iichel unti ticni kcndczviniN 1>ei-
jjewohnel. hat aber unterlle^^en einige seiner Truppen einen \'er-uch thun l.n-»en auf iler lii>el
Tuel. welche >ie bis an den Waltisch uhne Verlust eines .Manne» uliUniret. wamli kich viel ver-
\%un«lert haben.«
') Kreiinllth. Al>en«llil. a.a.O., .\r. 85S. I'l.ine der Sehlaeht ijleieh/eitif^e lland/eiehnnn^
uml s|iätcrcr Stich) ir» <l. Snmnil. d. Vereins f. .M. tieseh. u. .Mterlhunisk., vj;l. Li-cli, M. Jiihrli. III H,
.Seile 114.
■) Lisch. .M. Jahrli. XVII, .S. 240.
Alter Gadcbuschcr Thnlcr von 1543 niil dem ISildniss Albrecht's VII.
Dlgitized by Google
Schnilzwerk von den ehemaligen l^horschrankcn in der Kirche lu (iadeliusch,
jetzt in der Küni};!« ■ Knpelle.
Die Kirche.
Beschrei- DE^aubeschreibung. Die Kirche ist ein fester alter Ziejjelbau auf einem
biing des I'\indament von Granit, das stellenweise über Manneshöhe emporragt.
Baues, besteht aus einem älteren romanischen Theil, dem westlichen Schiff, und
K . 1 1 . f M 1 1 r
(Irunilriss d«rr Kirche 7U (iadcl>u.->ch.
einem jüngeren Rothischen Theil, dem östlichen Chor mit Schluss aus dem
Achteck. In beiden Theilen aber herrscht die älte.ste Weise des Ziegel-
verbandes, der wcndi.sche V^erband, in dem zwei Läufer und ein Binder mit
einander abwechseln. Die Anlage einer drcischiffigen Hallenkirche i.st in
beiden Theilen durchgeführt. Die schlichten Kreuzgewölbe des Schiffes ruhen
auf Bündelpfeilern mit vierseitigem Mauerkern und vorgesetzten Halbsäulen,
. ^ y Google
. ^ ^ , y Google
KTRCTFE ZU GAnEBUS< fI.
465
wie sie dem Finde des XII. und dem Anfang des XIII. Jahrhundert.^ cnt
sprechen, die des gegen das Schiff um zwei Stufen erhöhten und aussen mit
Strebepfeilern bewehrten
Chors auf achtscitigen
rfeilerprismen, wie sie
in der Gothik des XV.
Jahrhunderts herrschen.
Dieser architektonischen
Verschiedenheit beider
I lälften entsprechen die
leider zum Theil nicht
mehr in ihrer v«)llen Ur-
sprünglichkeit erhalten
gcblicl)enen Fenster: im
Schifl'die bekannten Rund-
bogenschUtze, im Chor
die mehrtheihgen Spitz-
bogenfenster. Das inter-
essanteste von allen
Fenstern aber ist das
gros.se Radfenster in der
Westmauer, dessen Kon-
struktionstheile, Speichen
und Felgen, als ein ein
zigcs Ganzes gegossen
sind. Zu den werthvollsten
romanischen Mautheilen
gehört ein Tortal auf der Südseite, das, nach der Weise der alten Zeit, in
einem aus der Wand herausgeschobenen Mauerkern liegt, welcher für Schmiege
und Laibung die nöthigc Tiefe ge-
wahrt. Leider sind hier wichtige
alte 'ITieile, wie die Kapitelle, theil-
weise zerstört worden. Nicht minder
zu beachten sind die mannich-
faltig gebildeten, mit ITiier- und
Menschenköpfen belebten Kapi-
telle der romanischen Ründel-
pfeiler im Innern der Kirche. Sehr
hübsch ist auch eine kleine ro-
manische Nische in der Nordwand
l'urlal auf Uor SütUcitc-.
Ka]<itc1tc vom Stid • I'orial.
oberhalb der Empore auf dem Westende der Kirche. Auf der äusseren Süd-
seite des Schiffes ist endlich auch der alte Rundbogenfries erhalten. Die Nord-
seite der Kirche dagegen hat einen Zuwachs von nicht weniger als vier an ein-
ander stossenden, aber von einander getrennten geräumigen Kapellen erhalten,
SO
466
AMTSr.ERiniTSRF.ZIRK CADKIUJSCIF.
von denen die als Materialienkammcr
einen Zugang von der anstoii.sonticn
Kapelle, der K<)nigs- Kapelle (s. «.), hat,
die anderen beiden aber, tlie eben-
genannte Kapelle der Königin Agm-s,
und die folgende l.iitzowen- («Icr Hol
dorf'sche Kapelle nach dem Schiff hin
sich öffnen, die dritte endlich, die jetzt
als Tauf- Kapelle dient und friiher die
St. Annen • Kapelle hiess, njit <kni
g«)thischen Chor in Verbindung gesetzt
ist. Die Kapelle des (lUtes Holdorf
zeigt nach aussen hin den Renaissance-
stil des XVI. Jahrhunderts. ') Der Tliurni,
welcher die Trager des letzten westlichen
MitteKschiffgew ölbes zur Hasis hat, w .ichst
aus dem den ganzen drcischifilgcn Hau
überdeckcntlen .Satteldach mh einen)
Stockwerk heraus und trügt einen aus
vier Schildgiebeln entwickelten acht-
seitigen Tyramidenhelm.*)
Ks fehlen alle 15aunai lu ichtcn.
Mass der romanische Tlieil der Kirt he
katzehurg, also in das XII. JahrhundiTl,
s]>atestens in den .\nfanR des .\!Ii jalir-
huntlcrts, fällt und din< h <len roiiKUii-
schen Dnmbau in Kat/.ebiir^ hak! na< h
1154 lieeinflusst sein wird, ist /.n
f;Iaul>cn. Auch fiir den üstlichcn 'I heii
ist es der Stil allein, der einige Kinger-
zeige giebt, wie schon in der IK*s« lin i-
hung .mgedeutet worden. Man sieht,
d;iss die ersten heiden Mittcl|)feiler des
(!hors ans der östlichen Schhissinauer
der alten Kirche, die in der Mitte wahr-
scheinlich eine runde .Npsis hatte, heraus-
gehauen und darauf verstärkt worden
sind. Die von der Königin .Agnes
erbaute Königs- Kapelle hiess ehemals
Marien -Kapelle uml war, wie aus der
Stiftungs-rrkunde vom 12. Marz 1423
ersehen wer<len kann, kurz vorher fertig
geworden. Sie besass zwei Altäre.
Die Holdoifer Kapelle wir«! schon
in einer Urkunde vom Jahre 1466 als
') Vijl. Kririiniilh. .Mh-ikII)!. vom 12. J\iivi lS,;j
*) Li-ch und Mn,eli. .M. Jahrb. III.
dienende Kapelle neben dein Thurm
Kcttn.iiiivL'lit.- .XimIio.
in die /-eil der alten tirafschaft von
]UnuU'l|>fcilcr.
Ni. S5S , S. 5<)i.
j ^ y Google
KIRCIIK ZU OADEHUSCH.
467
Lützowen- Kapelle bezeichnet.') Sie w.ir ein Tx?hen der Herren von T-iitzow
zu I.iit/ow, Salitz »in<l (latlebusrh. I'emer hat Lisch darauf hingi-wicscn,
dass aus dem mitten vor «lern Ahar im hohen Chor hcj^endcn (lral)stt*in des
1406 verstorbenen IMcbanus Henning Schröder geschlossen werden dürfe, dass
der hohe Chor damals s< hon vorhanden war. Ist dies aber richtig, dann ist
vielleicht die St. .\nncn- Kapelle für die älteste unter den drei nach der Kirche
hin sich öffnenden Kapellen zu halten. Es fallt nämlich auf, dass der in
ihr vorhandene Altar in
der Reihenfolge der im
Kirrhenvisitationsprotokoll
v(m 1554 ausführlich mit
ihren Ili-ilipjen, Patrom-n,
Inhabern un<l Kinkünften
aufgezahlten neunzehn
Altäre als se( hzehntcr, der
in der anstosscnden Lützow-
Ka|x-Ile als neunzehnter und
die in der Marien -Kapelle
als siebenzehnter und acht-
zehnter Altar genannt
werden.*) Das lüsst an eine
Ixrabsichtigtc historische
Reihenfolge in dieser Auf-
/.ihlung denken. Indessen
kommt hierauf nicht viel an.
Im (lanzen wenlen wir
nicht fehl gehen, wenn wir
annehmen , dass der
gothische Chorbau als \'cr-
grösserung der Kirche aus
den letzten Zeiten der Re-
gierung des Königs .Mbrec ht
(••- 1412) herstammt, und
die Kapellen auf der Nord-
seite als bald darauf nach-
folgende Anbauten an-
zusehen seien, sowie dass
der äussere Renaissance -
(iiebel der Lützow- Kapelle
auf eine Krneuerung des ursprünglich gothischen Baues in der Zeit des XVI.
Jahrhunderts zurückgeführt werden müsse.
Die grosse Zahl von .Mtären wird es begreiflich erscheinen lassen, dass
neben «lem Re« tor ecciesie wahrend des ganzen Mittelalters eine betrachtliche
Zahl von N'ikaren und Altaristen oder Messpriesteru vorhanden sein musste.
lilick auf den Chi>r,
') Lisch. M. Jahrl.. III |t, S. 136. Amnkg. 4.
Oh ilii'M- .VniH'ti • Kiipcllc auf eine Stifninj; oincr ilcr mecklcnluirpischcn I Icrroijinncn
dioso- .\;^n^c•tl^, 7. 1;. auf lYw oln-n fji ii.iunli- < ieuinliliti Jiiliaun"s \'.. /urüukzufilhrfn >fi. nuU-cn
«ir <)nliiii;;f.tfllt sein l.-i>-.cu. I »n^s «li-r M. .\nitcii Kultus im W. JalirhunUcrt 7U Uestuidercr
Uliiiho t;tl;ini;(c, i-i schon liftiT rnirUrl worden, .\lwii» Schult?, I.e<;ende vom l.elieii der Jung-
frau .Mari.i. S. 3S. Schaunikell, Kultus der hl, Anii.i, S. 1 1 ff. \'t;l. auch M. Kunst- u. Ge'ichichta-
l)etikni. I. R. 75, 5^7,
30«
468
AMTSGERICHTSBEZIRK GAnEBUSCH.
Das war. denn auch so. Sie können hier deshalb nicht aufgeführt werden.
Man vergleiche aber die Rcpster des Mecklb Urkundenbuches, der Mecklb.
Jahrbücher und für die nachrefoniialorisc:he Zeit besonders das Cleemann'sche
Kepertoriun» universale sowie die mit biographischen Kachrichten versehenen
Verzeichnisse im Freimüth. Abendbl. von 1835, ^59> S'S und Nr. 860,
S. 543 ff- Ausserdem Walter, a. a. O.
Der Altar Ist ein neues Werk von dem Maler Karl Georg Christian
Schumacher (f 1869): die Verklärung Chri.sti auf dem IJerge Tabor.
Schnitzwerk vom ajien Allar, jcl« im Mu>cum zu Schwerin.
Der alte Altaraufsatz war ein hervorragendes Schnitzwerk aus der Zeit
der Hochgothik. Leider ist liei seiner Ersetzung durch das Srhumacher'sche
(lemalde nicht das ganze Werk ins ehemalige Anti-
(juarium zu Schwerin versetzt, sondern nur eine An-
zahl einzelner Figuren mit ihren Baldachinen und
Basen. — Ausserdem ist ein vielleicht der St. .\nnen- .
Kapelle entstammender zweiter Altar-.Aufsatz, ein Tafel -
werk mit Mügeln, ins (»rossh. Museum versetzt worden,
dessen Gemälde die liegende vom hl. Joachim und
der hl. .Anna darstellen.') .\uf dem Mittclbilde drei
stehende heilige (icst.ilten von dreiviertel Lebens-
grosse. In der Mitte Maria als Himmelskönigin mit
der Krone, das Christkind auf dem Arme tragend.
Es greift nach einem Apfel, den ihm die hl. Anna
hinreicht. Dieser gegenülier, auf der andern Seite
von Maria, der hl. Joachim mit einem Lamm auf dem
linken Arm und mit der Rechten auf das Christkind
weisend. Im Hintergründe eine flachhügelige frucht-
bare Gegend und eine Stadt mit Doppelthürmcn:
die Stadt Lübeck. Auf dem Flügel links oben
die Abweisung des Opfers, das Joachim und Anna
bringen wollen ; mit dieser Abweisung soll die .
Im Museum zu Schwerin.
') Im Jahre iSlI, und auch nnch 183S, iK-fanil sich <lic> Tri)H>chon an einem ckr l'feiler
des westlichen ThciU der Kirche, iinmitielhar nclten der Kan/el. I.i.sch, M. Jidirli. III II, S. ijg.
iJie Darslelliint; der l.cRcndc vom hl. Ja.ichim und der Iii. Ann.i, die auch auf dem .\ltar von
Kehna falsch geileulci wurde, war vollständi^j in \'ergessenheit gcraihcn. Sie blich unerkannt, wie
. j ^ . 1 y Google
KIRCHE ZU GADEBUSCH.
469
LI nfrmht barkeit ihrer Ehe gestraft werden. Unten der Trost des Kngcis an die
hl. .Anna:
Oob • • bin • traftcr • (in •
bu • frfjolt • tclcti • inaticn • infaethi •
Auf dem Fkif^el rec hts oben die Hoisi haft des Kn}{cls an den hl. Joarhiin, der
aufs Feld zu seinen Heerden gejjangen ist, um in der Kinsanikeit zu beten:
jCiA • bcr • onlbfii • portcn • friial • tu • ofl" •
aiuia > fdjal • liaii • bii • ctitfaii -
Schltitzwerli vom altL-ii All.ir im Mii>-i'iim Sch«criti.
Unten die Ue>;ejjniin^ des Khej)aars hei iler fjoltk-nen Pforte. Hier wiederum
die Stadt l.iilieek im Hinlernrunde. .Auf der Predelhi das von Kn>;eln ge-
haltene Sehweisstueh der hl. Veronika und zweimal das IJülow'sche Wappen.
.\uf den Riirkseiten der Flügel vier Heilige,
je zwei über einander: der hl. .Andreas, der
hl. (leorg, <ler hl. .Apostel Philippus und die
hl. .Maria .Magdalena. — Der .Mtar ist oflTenbiir
eine Stiftung der Familie VON BUlOW. Ueber
die Beziehungen dieser Familie /urCIadebnscher
Kirche s. o. S. 451 Anmkg., 45Sfr. Um 1445
ist ein Priester Heinrich v<m Itulow in
(ia<lebus( h nachweisbar. Nach tlen> Inventar
von 1547 und dem Kirchenvisitationsprotokoll
von 1554 hatten die von Rülow zwei .Altäre
in der Kirche zu (Jadebusch, der eine war
ein Lehen der von Bülow auf Wedendorf und
Pokrent, der andere ein Lehen der von Biilow
auf Raduhn. Bei den Kinkiinflen eines
dritten Altars sind sie mit einer wesentli« hen
Stiftung betheiligt. Leider giebt es keine
Beschreibungen dieser .Altilre. Has hier be-
schriebene Triplych(m gehört ohne Zweifel
dein letzten Viertel des XV. Jahrhunderts an
und ist höchst wahrscheinlich als lübischc Kunstarbeit anzusprechen. \'gl.
Im Museum zu Schwerin.
Schnilzwcrk vom alten AUar.
die Hehiindlung licidcr .Mt.Hre im Invent.ir von iSii und in den Jnhrbdchern d. Vereins f. meckl.
<K-Hch. u. .Mtorthiimsk. sichtltar werden iSsst.
470
AMTSGERICHTSBEZIRK GADEBUSCH.
A. Goldsrhmidt, Lübecker Malerei und IMastik, S. 15, Taf. XVI. Schlie,'
Katalog der Grossh. Gemäldegalerie, Nr. 745.
Kanzel. Die Kanzel ist ein Werk der Renaissance vom Jahre 1607 mit der
Inschrift: IN TRINITATIS HONOREM SVGGESTVM HVNC DONAVIT lOACH •
WIECHMANN A • C • 1607 • RENOVATVM 1843 •
Orgel. Die Orgel ist ein neues Werk. Die alte war 161 3 '15 vom Orfjelbauer
Henningk in Wismar auf-
gestellt wurden.
lufkessel, Taufkessel. Ein
hervorragendes Hronzc-
werk ist die I'"iintc mitten
in der Kirche. Der Kessel
ruht auf drei kniccnden
ICngcln. Um seine Wan-
dung laufen zwei Reihen
einzeln für sich gegossener
und nachher avifgenictcter
Hochreliefs mit Dar-
stellungen aus dem neuen
Testament. In der oberen
Reihe folgende Hildcr:
I . Kinzugjesu in Jcru.salcm.
2. Tcmpcircinigung.
3. Abendmahl. 4. Iniss-
waschung. 5. Gebet am
Oelberg. 6. Kuss desJudas.
7. Jesus vor dem höhet»
Rath. 8, Jesus vor Pontius
Pilatus. 9. Jesu Ver-
spottung. 10. Geisselung.
I I . Dornenkrönung. In
der unteren Reihe: l. Eccc homo. 2. Pilatus wa.scht seine Hände. 3. Kreuz-
tragung. 4. Kreuzigung. 5. Hild des kniccnden Stifters HEINRICH KOPPELMANN
mit seinem Wappen. 6. Abnahme vom Kreuz. 7. Mutter Maria mit «lern
Leichnam des Heilandes (Gruppe der Pietas). 8. Grablegung. 9. Wache am
HUkcI v(ini Hllhiw'-chot» Si. .\iinei) - .Mtar.
Grabe. 10. Auferstehung,
unteren Reihe die Inschrift:
fii^' • cfl • inj Ijoiior' •
nifii • ct_ • oiiii • frorti
ninn • fiibAtorc - cuiiiri •
1 limniel fahrt.
fliHio • _öiri ;_nr • cccf° • iftr • foti^ •
iljii • jrpi • Jjtc • liiraiö_ • ici • iaroöi • tio'
oratr • bru • p j_ öiia • Viiiiriro • roppti-
aiii • rcriiiifffat • I • pacc • iiiiic • Auf dem
Spruchbandc des kniccnden Stifters die Worte luifcrrrc llici bru^. und auf
seinem Schilde die in einander verschlungenen Initialen seines Namens |^ und ft.
Zwischen der oberen und
. ^ . y Google
KIRCHK zu GADKIUJSLH. 47 1
Heinrich Ko|»pdm.inn war nach einer Urkunde vom 6. Aiißust 1458 »prcs-
bytcr, in ecciesia Gotlebusse perpetvuis vicarius^ .')
Das Inventar von iSii t-rwalint aiu h einen reieh im Barockstil ge-
s< hnitzten und mit Kn^elkö|)fen verzierten Deekel der l'iinle, der von Krau
ELISABETH kXhlER, geh, Karen, im Jahre 1 739 ijestiftet war. Kr steht Jetzt in
tler Materialienkainnu'r auf der Nordseite des 'l'hiirmes. l'm die Kiinte herum
war ein hölzernes ( litierwcrk im («esihmack der .Spatrcnaissance v<)n i<>5().
Weibkessel. WVihkessd.
An zwei I-Iinf^ani^cn
zur Kirclie, im Nor-
den und Südosten,
haben sich alte cin-
j,'eniaucrlc Weih-
Wasserbecken (iin
Kirchenvisitations-
protokoll von 1554
i Wijjelstcinc* ge-
nannt) erhalten,
deren h'ornien »m«l
\'erzierun^en denen
der schon oft ge-
nannten alten Stein-
funtcn ahnlich sind;
der südlich an-
gebrachte ist kleiner
als der antlerc.
Glocken. \'<>n ( 'docken,
den drei Cilocken
ist ilie grösste zu-
gleich die älteste;
sie ist laut Inschrift
am 10. Mai 1753
unter der Kegieriuig <les Herzogs CHRISTIAN LUDWIG und zur Zeit iler
Pastoren DETLOF VINCENZ FRIDERICI und HEINRICH STEPHAN WESTPHAL
von Otto Gerhard Meyer in Rostock aus dem Material einer idteren (docke
geg<)s>cn wurden. Khcn^o ist es tSjJ mit «len antlern beiden (docken durch
den (iiesser F. M. Hausbrandt in Wismar geschehen.
N"a»h dc-in bivenlar von iSii, <I,is \ itr C.I'k ken .nnf/ahlt. w.ir <lie eine
ikr beiden kkineren lyi«" \<>n D. Kreische (Kii(.<.< lu ) in I.ülieck uml die
andere 1752 von Adam Planer in Lid)eck gegossen wonlen. l'el)er die
vierte ("docke findet sieh «lie Angabe, dass sie bei ihrem Umguss im Jahre
17.17 niissrulhi-n sei.
' i.i-iii. \i. JiImI.. Uli;. >. i2>). \\\\\ s. 2o<>.
,j ^ . y Google
472
AMTSGERICHTSBEZIRK GADEBUSCH.
Epitaph.
rabsleine.
Epitaph. An der Südseite des Chors ein im Barockstil ausgeführtes,
mit Porträt und Wappen ausgestattetes Epitaph des Hinrich Rassow, geboren
anno 1670, den i. Juni,
Rathsherr zu Gadcbusch
seit dem 2. April 1702,
Bürgermeister seit dem
15. Octobcr 171 5, ge-
storben den 17. April 1743.
Das Inventar
von 1811 zählt sechs
K|)itaphicn auf, näm-
lich ausser dem vor-
stehenden das des
Pastors Schreccius mit
dem Datum 1654; das
der Familie Spangen-
berg mit den Jahres-
zahlen 1585 und 1586;
das des Bürgers I. ang-
pappe, auf dem an-
scheinend nicht das
Jahr der Stiftung, son-
dern nur das der Er-
neuerung, 1763, an-
gegeben war; das des
Israel Denke und
seiner Hausfrau Anna
Schcppcrs, die ihre
Verlassenschaft zur
Kanzel vermachte,
mit der Jahreszahl
1657; und endlich
ein Kpitaph , dessen
Inschrift schon ver-
gangen war, auf dem
aber noch eine betende
Familie als bildliche
Darstellung zu er-
kennen war. ^^^^^^^^
_ , ,^ 'Irabstcin der Ki'inißin Acnes.
Grabsteine. Der
bedeutendste ist der grosse Stein in der Kiinigs ■ Kapelle , der auf seinen
vier Pxken in Mcssingplattcn die Sj'mbole der vier I-lvangelisten und in der
Mitte eine ebenfalls in Messing eingegrabene Frauengestalt zeigt, deren Um-
risse bereits stark abgetreten sind, die aber als die Figur der Königin Agnes,
Tochter des Herzogs Magnus II. von Braunschweig, durch die in Messing-
platten beigegebenen Schilde, rechts den mecklenburgisch -schwedischen und
links den braunschweigisch- lüneburgischen, hinlänglich sicher gestellt wird. Die
KIRCHE ZU GADEBUSCH.
473
sich um diese Figur ehemals herumziehende Inschrift sollen die Dänen 17 12
mit sich gehen geheissen haben. Nach dem, was darüber bekannt geworden
ist, lässt sich annehmen, dass sie
ehemals die Jahreszahl 1434 (das
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^1 der enthalten
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^1 — In derselben Kapelle,
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^B zu eben
^^^H^^^^^^^^^^^^^^^^^H der der
^^^H^^^^^^^^^^^^^^^^^^B Kurfürsten
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^B von
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^H den gegrabene ganze
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^H An
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^B der
^^^^^^^^^^^^^^^^^H • • • ' armen-
^^^^^^^I^^^^^^^^^H • • ta • rtne •
^^^^^^^^^H^^^^^^^^^^^^H ' den
^^^^^^^I^^H^^^^^^^^^^^H — Vor
^^^^^^HI^U^^^^^^^^^^H dem Altar der des Kanonikus
^^^^^^^^^^^^^^^^^P III (ccc ' ' ' pnffe •
^^■^^^■iHi^^^^^^M ffliionic' race . . . c et pleöan' \]uV
Gralistcin ikr Herzogin Domthüa. Cffle • QV ' ff • tO '*) Auf die
baugcschichtliche Wichtigkeit dieses
Steines ist oben S. 467 aufmerksam gemacht.
Das Inventar von 181 1 nennt ausserdem noch den Grabstein des
herzoglichen Miinzmeisters Hcrenilt |iin>;clink und seiner (lattin Dorothea mit
•) l.iscli, M. Jahrl). III U, S. 132 Iiis 134; S. 136, Anrnk«. 3- VrI. WiKKcr, M. Jahrb. I..
S. 174 1>is 177, 330, 331.
*) I>ic Ihinticrtz.ihl ist .iiisRclasscn ((Cff). Vj;l. Lisch a. a. O. S. 135, Anmlcf;. 2.
*) Lisch, M. Jahrl.. III 11. S. 135. WlRger. M. Jahrh. L, S. 192. 193. !s. o. S. 429.
•) Lisch, M. J.ihrli. III K. S. 126, 127, macht ihn zu einem Kanonikus von Schwerin.
Indessen das rflfC . . . (racdiurjjcnsis cccIcmc) ist zweifellos u« erkennen.
474
AMTSGERICHTSBF.ZIRK CADEBUSCH.
Triumph-
kreuz.
(Gestühl.
der Jahreszahl 1565 (Im Kirchenvisitationsprotokoll von 1554 kommt er als
Kirchenvorslchcr vor) und den
(irabstein des Gottfried Aug.
von Lützow, Erbherm auf Hol-
dorf, Metzen und Carow, und
seiner Gemahlin Lucia Anna,
geb. von Gamm, mit der
Jahreszahl 1749.
Triumphkreuz. Das alte
Triumphkreuz der Kirche, an-
scheinend ein nicht \vcrthlo.scs
Schnitzwerk, hanj^t an der dem
Hochaltar zugekehrten Überwand
des Chors, die Uber das SchitT
hinausragt.
Gestühl. In der Königs-
Kapcllc verschiedenes altes Kirchen-
gestühl, das thcilwcisc ursprünglich
anderswo angebracht war. Man
sieht u. a. einen trefiflich in Eichen-
holz geschnitzten viersitzigen Stuhl
mit hohen Wangen, mit Haldachinon
und einer niedrigen vorderen
Brüstung. An den Wangen Figuren
in dreiviertel
Lcbensgrössc ,
eine hl. Maria
mit dem Kinde
und ein hl. Joseph
(oder auch hl.
Joachim) der ein
I-amm streichelt;
an der Hrüstung
aber dasWappen
des Königs Al-
brecht vf)n
Schweden und
das .seiner Ge-
m<ihlin, der Her-
zogin Agnes von
Hraunschwcig. —
Aus.scrdem in
derselben Ka- .\ltirr fiir>ilichLr StuM.
pelle Theilc von anderen Stühlen mit Hildcrn von Aposteln und Heiligen. —
. ,j ^ . y Google
KIRCHE ZU GAÜEBUSCH.
475
Hier hängt auch ein Rahmenwerk, das eine holzgeschnitzte Strahlenmandorla
mit vier kleinen Kckfiguren ausserhalb des Spitzovals enthält. Darüber ein
grosser Baldachin, und darin eine der fiinf I'igurengruppen (Verkündigung des
Engels an die Maria) aus der Predella des ehemaligen Hauptaltars, von der die
anderen vier Gruppen (sammt den Aposteln der beiden Flügel und der Sccne
des Todes der Maria) nach Schwerin gekommen sind. (S. 468. 469.)
Ucber das alte Chor-
^esUihl vgl. Lisch Im M. Jahrb.
III n, S. 127, 128: Zu den
ausKCzi'ichnet.sten Kunstwerken
im I-mde gehört das Schnirz-
Kahmcnuerk iiiii vcrNchicdeiien Konten.
\Vii|>|)cn
Jes Hi*>ch«>fs Johannes von l'recn.
werk an den .Xussenseiten der
fhorschranken zu beiden Seiten
des .Mtars, vor welchem nach
dem Altar hin Sit/e angebracht
sind. So sehr sie auch von
Alter, Un\erstand und .Mulhwillen mitgenommen sind, sind die Reste dennoch
ausgezeichnet schon, namentlich die Rosetten, welche den berühmten Rosetten
in der Kirche zu Doberan gar nichts nachgeben, vielmehr mit denselben
v«)IIig gleich sind, so da.ss sich diese K«m5twerke in beiden Kirchen in der
(»es( hi( htc der Kunst wechselseitig unterstützen. Zu beiden Seiten des
Durchganges durch die südlichen t'horschranken zum Altar, der südöstlichsten
Kirchthür gegenüber, ist in die äussern Wände der Seitenlehnen dieser Chor-
stühle das Wappen des verdienten Bischofs Johannes Preen von Ratzeburg')
') l>cT Hi^chnf Jiih.inne^ Prcen konfirmierle 1458 eine ewige MeNNe in «1er Kirche n\
(;.^||el>u^ch : Masch. Ili-ih. kat/cluirK. 353. — I437 war ein iG«rd l'ren knape wonafüch lo
Godcbus«, nach einer l'rkumle im Grossh. Archiv.
476
AMTSGERICHTSBEZIRK GADEBUSCH.
(1454 bis 1461) geschnilzt: ein Schild mit drei neben einander stehenden
Pfriemen, Uber welchen ein Bischofsstab hervorragt. Durch diesen Durch-
gang ist der Chorstuhl links vom Altar (vom Altar nach dem Schifte hin
gesehen) in zwei Theile getheilt. Der üusserste östliche Thcil rechts vom
Durchgange trägt an der
St. Jakolni-i inajiir. St. i'ctnis, St. Andreas.
Wanden vom chcmalijjuti Chor^ollihl
schnitzt; jede l.chne dieses ostlichen Stuhls tragt an der Innern Seite einen
Schild, von denen der eine den Ihn listabcn h, der andere den Buchstaben (]
in grossen gotliischcn Zügen in Holz geschnitzt zeigt Der zweite
südliche Stuhl links vom Durchgange tragt auf der Rückseite der Chorschranken
einen geschnitzten Schild mit dem Buchstaben I|. .Auf den Lehnen <lcs davor
stehenden Stuhls stehen rechts und links zwei Schilde, der eine mit dem
mecklenburgischen Stierkopfe ohne Nasenring (kein Kopf eines Götzenbildes,
vvüfür die Stierköpfe in der Gadebuscher Kirche wohl oft angesehen sind),
Digitized by Google
KIRCHE ZU GAFiEBUSCH.
477
der andere mit der (ladcbuscher Linde: diese Schilde zeigen also getrennt
die l)ei<U-n 'l'heilc des (iadel)uscher Stadtwappens. An der rei hten, nörd-
lichen Seite des Altars steht ein gleicher Stuhl, jedoch ohne Trennung in
zwei Theile. An der Rückwand steht ein Schild mit einem ft, an der Ausscn-
wand der Lehne ein Schild
mit einem (j, an der Binnen-
wand der l^hne an der einen
Seite ein Schild mit einem
Stierkopfe, an der andern Seite
ein Schild mit einer Linde.
In der Wand, der Lehne dieses
letztem Stuhls gegeniiher. steht
ein kleiner Schrein mit hiih-
schein alten Schnitzwerk.«
V
I • I
;!■
.si. r.-iuiiis.
St. .Mathia!^.
Wangen vom chomaligcn rhorgcslUhl.
St. Dionysiu'i marlyr.
Jeder Freund kirchlicher Altcrthümer wird Ichhaft bedauern, dass dies werth-
volle (lestiihl nicht an seiner alten Stelle bleiben konnte. Lisch hat sr. Zt.
Neigung gehabt, die an dem Ciestühl mehrmals vorkommenden Initialen I|
und h auf die Herzogin Katharina (-p 1438) und deren S<^hn Herzog Hein-
rich IV. {f 1477) 2" beziehen. Vgl. a a. (). Doch liegt es nach unserer
Meinung viel näher, für dieses (lestiihl den Urhcl>cr und Stifter in demselben
»Presbyter und Vicarius per|»etuus in ecclesia («odebussei Heinrich Koppel-
mann zu suchen, der dem (jotleshause die noch viel werthvollere, ebenfalls
47«
AMTSGERICHTSBEZIRK GADEBU8CH.
Gemälde.
Gewüll»e-
scheiben.
Glas-
gemllde.
Wand-
gemälde.
Kleinkimst-
werke.
mit den Initialen seines Namens versehene Fünto vorehrte und der recht
wohl die .Absicht gehabt haben kann, durch Verzierung des (icstuhls mit
den vertdiiedenen Wappen der LandeBhemchaft, des ihm vorgesetzten Ratze*
burger Bischofs Johannes Preen und der Stadt (ladebusch nach drei Seiten
hio einen wohlangebrachtcn Diener zu utachen und auch sich selbst dabei
nicht zu vergessen, indem er hier das ^ und dort dos in einen be-
sonderen Schild daneben stellte.
Genildc An der Nordwand der Königs-Kapelle hängt in einem
Rahmen ein grosses Tafelbild auf Holz mit den beiden lebensgrossen Bildern
des Schwedenkonifjs Albrccht ) und seines Sc»lines Alhrccht \' , links der
altere bartif^c Konifj mit I"".ihne. koinbiniertein sclnvcdiscli-mecklciil)ur|^ischem
Wappenschild und der Unterschrift: KONICK ALBRECHT THO SCHWEDEN
HERTOCH THO MEKLENBORCH GRAVE THO SCHWERIN VND HER THO
ROSTOCK; rechts der jttngere unbärtige Herzog mit dem alten dreischildigen
mecklenburgischen Wappen und der Unterschrift: ALBRECHT HERTOCH THO
MEKLENBORCH GRAVE THO SCHWERIN VND HER THO ROSTOCK.*)
Hier mögen auch die geschnitzten und bemalten Gewölbescheiben
(l Vi ni Dni.) derselben Ka|)elle genannt werden, beide mit dem kombinierten
schwedisch • mecklenburgisch • braunschweigisch - liineburgischen Wappen der
Königin Agnes.
Glasgemälde. In einem «ler l-\iister <lcr Konii^s K;i])elle nccli Reste
von alten Malereien: eine bunte Kusctte, eine Maria mit dem Kinde und ein
bärtiger Kopf, der defekt ist Die Malereien des grossen Radfensters in der
Westwand der Kirche sind neu.
WmdgenlMe. In jüngster Zeit sind Spuren unter der Tünche ge-
funden. Weitere Ergebnisse müssen abgewartet werden.
Das Inventar von 1811 nennt swei Bilder von Luther und Melanchthon,
die» nach Ausweis des Visitationsprotokolls von i6q8, schon damaK in der
Kirche waren; es beschreibt ferner mehrere Glasmalereien, besonders fürst-
liche und andere Wappen, die seitdem verschwanden sind. ' In der Künigs-
Kapelie gab es vor Zeiten auch einen Stammbaum des fUrstltchen Hauses,
den Herzog Ulrich im Jahre 1579 hatte einrahmen lassen, von dem aber
schon 181 1 nur noch der Rahmen übrig war. Ks ist /.u glauben, dass dies
der im Jahre 1578 von dem Formenschneider und lUiehdrucker Jakob Lucias
her^'eslelltc Staniiiibaum war. Vgl. Liseh, M. Jahrb. III, S. 136, Anmkg. 2.
W icchmann-Kadow, M. Jahrb. XXiii, S. 121 flf. Auch waren die früheren
Eroporen der Kirche mit Darstellangen iron Bihelbildem geschmttckt
Kleiakmttweffke. i. Silbervergoldeter gothisdier Kelch mit rundem
Fuss, auf dem Fuss als Signaculum ein eingravierter Knicifixus. Am Knauf
statt des Jesus-Namens zweimal das von Bülow'sche Wappen. Es ist fraglich,
ob der Fuss ursprünglich ist. Keine Werkzeichen, auch nicht an der Patene. —
2. Ganz neuer silberner Kelch auf scchspassigem Fuss mit eingravierten lilumcn,
') Fin ähnliche* Itihl von \';iler und Sohn tiiir sinil c> nicht Herzog .Mhiccht III. untl IV.,
sondern ilcrzag .Mlirccht II. und III.) als MiniaUir in der Ckrunik des Erni»t von Kirchl>erg. Lisdl,
M. Jahrb. lUB, S. 135. Teske, Die Wappen des GrossherzagUohen Havses, T«f. VII*.
Digitlzed by Google
KIKCIIE ZU CADEBUSCIl.
479
I löl/crnu ( Icwi'illiescheiUe,
vom Goldschmied
L Giese- Schwerin.
iJio dazu verwendete
I'atene ist alt. —
3. Hübscher kleiner
Krankenkclch von
Silber, mit einem am
l''iiss anj^ebrachten
abschraubbaren Be-
hälter für I'atene und
üblatenschachtcl
und mit der Auf-
schrift: GADE-
BVSCK X ANNO X
15 X 90 . Dazu
noch eine zweite
kleine I'atene. —
4. Runde silberne
Oblatcntlose mit
stehendem Kreuz auf
dem (neu an-
gebrachten) Deckel
und mit den Initialen // ü 1) als Heischrifl zu einem Wappen. Lübischer Adler
und ein Löwe als W'crkzcichen. 5. Alte in Messing ge-
triebene achteckige Taufschalc. — ö. Vor der den Schmieden
gehörenden I'lmporc im Westen der
Kirche ein Kothguss- Kronleuchter,
der als Hekrönung die Figur eines
ha m m e rsch w i n gcnden Schmiedes
zeigt. Auf dem Schilde, den seine
Linke fasst, stehen die .\amen:
HANS KAVEN • CLAVES SILKEN-
DAL • lOCHIM BOLDEWIN •
KASTEN BUEK • ANDREAS GRO-
NEWOLDT • HINRICK LVCAS •
HINRICK TIDEMANN • lOCHIM
LVFFE . 1582 . - 7. 8. Auf dem
.Altar zwei treflfliche Rothguss-
Leuchter mit der In.schrift: Ordtt
pro biiö tjiiirita l)aiinrnian rt
pro bciirfactoribiis. ') — 9. 10.
') feber den Vik.ir Heinrich Hanne-
Jet«. AlMrlciicliter. j...^^^^ ,„atin vgl. Crull um! Lisch, M. Jahrb. X.\-\L\,
S. 209. .\iif ilcn lieiden I lannemann' sehen
-stehen z. Zt. zwei kleinere I.euchler vun ■.ehr viel geringerem Werth als Aufsätze.
48o
AMTSGKRICHTSRKZIRK GAOKHUSCH.
Im Chor zwei Wandarmc mit prächtigen in Messing getriebenen Doppelblättern,
der eine rechts, der andere links vom Altar. — ii. Auf dem kleinen Altar
der Königs - Kapelle ein Knicifixiis, dessen Korpus ein Silbergewebe ist.')
Das Inventar von i8if nennt im Ganzen fiinf silberne Kelche, dazu
auch eine silberne Kanne. Von diesen Kelchen hatte der eine die Aufschrift:
T>iffcn ftfllirtj ijcft latcii maditrn Xüilif il'iiribcii biibc .in.irten
^ftcppCndlC. der andere die N uincn des l'>ard)i)ld Heinrich I,iit/o\v und der
Dorothea Maria von Billow, der dritte den drs Jnaclnni Wie hniann (vgl.
Kanzel), der vierte gar keinen Namen,
und der fünfte war der oben be-
schriebene Krankenkclch. Die Kanne
aber war eine Stiftung verschiedener
Gemeindeniitglieder aus dem Jahre
1590. - - Das (Jrossher/ogliche Mu-
seum bewahrt aus Gadebusch ein
grosses wcrlhvolles Stück eines alten
sicilianischen golddurrhwirkten I >a-
mast- und Seiden -(Icwebes mit di-n
Bildern der Sonne, des Adlers und
des Hirsches. Diese Hilder gehen
auf uralte orientalische Vorbilder
zuriirk, wie man sie schon viele hun-
dert Jahre vor Christus kannte und
deren Einflüssen man z. H. auf alt-
griechischen Vasenliildem, Ix-sondcrs
solchen von der Insel Mclos aus dem
VI. Jahrhundert vor Chr. begegnet.
Unverän<lert, so scheint es, pflegte
der Orient diese alten in Hildem von
Löwen, Panthern, Stieren, Hir^ichen,
Adlern, Schwänen u. s. w. bestehenden
Muster seiner textilen Kunst, um sie
später im Mittelalter, als die Kreuz-
züge eine neue, tief einschneidende
Berührung mit dem Westen herbei-
führten, abennals der Kultur F.uro|>as
zu vererben. \'on Byzanz aus nahm
die textile Kunst ihren Weg nach
Sicilien und Spanien und gelangte hier im XII. un«l XIII. Jahrhundert
zu hoher lilüthe. Noch heute ist eine grosse Zalil solcher alter Stofle
vorhanden. Sic wanderten weit in den Norden hinauf. Und an der Hand
alter Ornate und \ieler in den Fiirstengräbern von Palermo gefundenen
Stücke hat sich ein Theil dieser Oewcbe zeitlich genau bestimmen lassen.
Bei der l)esonderen Gestaltung der Muster ging das Streben dahin, das
fast immer im Kampf mit einander begrift'ene altorientalische Thierwerk
im Sinne christlicher Symbolik umzugestalten, der l-öwe wurde zum Ixiwen
Juda, der geängstigte Hirsch zum Hirsch, den nach der Quelle dürstet, Schwan
und Schwalbe zu Vögeln, die zum Neste eilen, der angreifende Adler zum
Adler, der sich zur Sonne schwingt, u. s. w. Derartige biblische Umdeutungcn
in Gewändern, welche keineswegs bloss für kirchliche Zwecke erfunden, sondern
1
Wancllcnchtcr
') Im JaliTL- 1770 von einem alten Mess[;cw.mde ab^^elu.'.t, Vj;!. Inventar von iSlI.
Altc> Mcilianisches Gewebe aus (.Indebusch im Ciro»6herzoglicheii Museum.
. ,j ^ . y Google
SCHL06S ZU GADEBUSCH.
ebensosehr auch zu weltlicher Tracht verwendet wurden, dürfen übrigens
nicht als ausscMiessltch chrisdiche Anfbssttngen angesprochen weiden. Es
ist namlirh nicht zu übersehen, dass muh (Ut Islam die Psalmen Davids,
denen die meisten dieser Bilder entnommen sind, zu seinem Eigenthum ge-
macht hat. Uebrigcns ist die altheidnische Vonldlungsweise vom Kampf der
Thicro mit einander nicht immer ganz geschwunden. Auch auf dem Cade-
Inisdicr llewandstü« k hat man den Kindnick, wie wenn der Hirsch angstlich
zu dem in Sonnenstrahlen schwimmenden Adler emporachaue. In Sicilien
war Palermo im XII. und XIII. Jahrhundert eine Hauptstätte textikr Kunst,
1348 wird anrh I-urra genannt, na» h dem Sturz der Maurenherrsehaft in
Spanien, wo ebenfalls an verschiedenen Orten die textile Kunst in hoher
Blathe stand, werden Florenz, Venedig, Genua, Mailand und Bologna zu
Hau|)tplützen der Weberei, jedoch kommen diese Städte für die I'rovenienz-
hestimmung des Gadebuscher Gewandstückes kaum noch in Betracht, dieses
gehört einer früheren Zeit des XV. Jahrhunderts, vielleicht sogar noch dem
Ausgange des XI \ . Jaltrhunderts an. Vgl. Es.senwcin, IcOOSt- und Icultur-
geschiehtliehe Decken des ("<erm. Nat. - Museums, Taff. 2, 7, 13, 38, 38, 40,
44i 45. 55» »03- i'crner üben S. 219.
Ausser den schon oben S. 459 genannten beiden kirchlichen Stillungen Kapellen,
des Heiligengeist -Hauses und des St. jQrgen- Hauses, die beide mit beson-
deren Kapellen verbunden waren, gab es noch zwei andere Kapellen, die von
St. Gertrud und die Zum hl. Kreuz, aber wir erfahren, mit Ausnalune des
Hauses von St. Gertrud, das vor den Thoren der Stadt in Jarmstorf lag (s. o.
S. 460), nichts über ihre Lage, während die des Bcgaiara-HrnMcs mit dem
ehemaligen Bobsien'schen (früher Brasch'schen) Hause am Jungfemstieg identi-
fi i ri u ird Da die Kapellen St. Gertrud und Zum hl. Kreuz in den Uikunden
des Jalithunderts norli nicht xorkommcn, so sind sie als Stiftungen des
XV. Jahrhunderts anzusehen. .Mle vier werden in den Visitations[)r()tok»)llen
des XVI. Jahrhunderts wiederholt genannt, zuletzt in dem vom Jahre 1603.
In dem nächstfolgenden Visitationsprotokoll, dem von 1626, wird nur noch
des mit dem Heiligengeist-Stift von jdier, wie es scheint, verbunden ge-
wesenen Armenhauses gedacht, ebenso in allen späteren Protokollen. Daraus
muss man schliesscn, dass die drei anderen Häuser, St. Jürgen, St (krtaid und
Zum hl. Kreuz, in der Zeit zwischen 1603 und 1626 eingegangen sind.
Das SdiloM zu Gadebusdi in seiner jetzigen Gestalk ist ein Bau des Sdikws au
Herzogs Christoph aus dem Jahre 1571. Der Baumeister war Christoph Gadebusch.
Haubitz, der schon 1549 unter dem Herzog Johann Albrecht gedient hatte
und nachher noch 1584 im Dienste des Herzogs Chri.stoph nachzuwei.sen ist.
In drei Stockwerken aufgerichtet, stellt es sich als ein ausgedehntes Ohlongum
dar und zeigt sofort die Anlehnung an die auf norditalienische Hauten der
Frtthrenaissance zurückzuführenden älteren Fürstenhöfe in Wismar und Schwerin.
Portale, Friese, Pilaster, Gesimse und Fen8ter-Einfii»ui%;ea haben den gleidien
oder ähnlichen Schmuck gebrannter Formsteine wie jene. Hier wie dort die-
selben Rundbilder mit Männer- und Fraucnbrustbildern in der Tracht der
Renaissance. Besonders ausgezeichnet ist in dieser Beziehung das gewölbte
81
Digitized by Google
482 AMTSGERICHTSBEZIRK GADEBUSCH.
Treppenhaus oder, wie es in .iltcr Zeit hiess, der Windelstein, dessen oberer,
Vorderseite des Schlos««s zu Gadel»UM:h.
ohne Zweifel auf drei Lünetten berechneter Ahschluss durch den jetzigen
Giebel verkümmert
ist. Wappen und
Inschriften fehlen.
An dem Eingangs-
Portal fallen drei
Thon- Reliefs auf:
der Siindenfall, die
Kreuzigung und die
ICrlösung; und im
Innern, ausser hüb-
.sehen Hiumcn, Ran-
ken und .Masken an
den Gewölben des
Treppenaufganges,
wie eine Art von
Supraj)ortcn-
Schmuck die Reliefs
der Krciizcsgruppe
und des guten I lir- ... , j . . ■ - , ,
^ Kuckscitc des Schlosses zu ( laacbusch.
tcn. Mächtiges
altes Eichengebälk mit gothischer Profilicrung durchzieht der Länge nach das
SCHLOSS 2U GADEBUSCIl.
4*3
untprc Stockwerk, und mehrere hübsche Terrakotta- Portale fiiKlen sich amh
im fnncrn des zweiten Stockes. V.\m- Wiederherstelhin^f des in einzeliun
i heilen durch vcrstandnisslosc Ikhandlung späterer Zeiten sehr geschadigten
schönen Baues würde Stadt und Land zu grosser Zierde gerdchen.
_ Nach den Inventarien hatte »das neu ge-
rmcurte Haus, drei gemecher hoch« folgende Etn-
richtunjf: »Unter dem Hause war ein gewölbter
Keller.') Am Ende des Haiipti;fl)äudcs stand ein
massiver gewölbter Windelstein mit einer Windel-
treppe. Im ersten Stock war ein Vorgemach mit
drei ThQren: zum Eingange, zum Sekret und zum
grossen Saale, alle mit thönemen Ornamenten ver-
ziert. Dann folgt der lange grosse Saal ohne
Zwischenwände im Innern des Gebäudes, mit sech-
zehn h'ach I'enstern, welche nach beiden Stitrn
hinaus gingen, mit drei messingenen Kronen, mit
dnem Schenktisch und einem Trompeterstuhl. Hier
hingen acht Bilder, wahrscheinlich fürstlicher Per-
sonen, und die »Feldreuterfahne, so Herzog Giri-
stofler in Leiflandt führen lassen«. Im zweiten
Stock w aren die Zimmer der I lerzo^Mn : zuerst ein
Vorgcmach, dann der Herzogin (lemach mit vielen
Bildern auf Leinwand und Kupfer, und der Herzogin
, Schlafkammer, ebenfalls mit Bildern in Rahmen.
, .,, Im dritten Stock waren die Zimmer der Prinzessin
Vom Eichen -(icbalk.
fdes »Fräuleins«) Margarethe l'lisabeth und der
Hofdamen, ursprünf:;lich die Zimmer ilcs Herzogs Christoph. Hier war: ein
X'orgemach. des Krauleins (iemach, ilabei neben einer Küche ein Badcstübchcn,
zu welchem eine Treppe von der Herzogin Schlafkammer aus dem zweiten
Stock hinaufnihrtei des Fräuleins Kammer und der Frauenzimmer (Hofdamen)
Stube und Kammer, zu weldien Gemächern ebenfalls eine Treppe von der
Herzogin Gemächern hinanfruhrte Im Giebel auf dem Boden war der »Alt-
frauen Kammer«." Lisch, M. Jahrb. V, S. 64.
Lisch fuut l ine Besehrcibiinp aller alten S< hl<>ss;,'el).äiulc. wie ';i<- ni« h
im XVII. Jaluliundert standen, hin/.u, die hier angeschlossen werden inuge.
>Im Aufgange stand ein Pforthaus mit einem Ziegeldache (»doppeltem
Klumdarh ) und zwei Schornsteinen, mit einer uewnltuen .\ulT:il)rt. mit zwei
GiviM:ln, nach ausücn und nach dem ächloüsliole hin; in diesem l'forthause
war Aber dem Gewölbe die Kanzlei, bestehend aus Kanzleistube, Kammer,
Vorgeinarh und zwei (langen. An jeder Seite <les l'forthauses stand ein
runder Zwinger, von Grund auf gemauert, mit einem spitzigen Ziegeldache.
') In diesem Keller w^inli-n noch vnr filnf iL; Jaliri-n S|niren von Schriü-l.^. fcn i.'«-?:i'it;1.
Vom MUnzmeister Rernharti Jüngling ist svchon ol>cn die Kode gewesen. .Soit ii>oo und t0i2
mttnsten hier die Mflnzmeister Cltus laebein und Cliriatopli l.fldein«nn. Kurz vor 1606 sUnd die
Mttnzpresse noch in dem cheniachen Laboratorinm de» Ilerzogü Christoph.
Digltized by Google
484
AMTSGERICHTSIIEZIRK GADEBUSCII.
,j ^ . y Google
SCHLOSS ZU GADEBUSCH.
48s
In jedem Zwinger war oben ein Gemach, zu welchem man von dem Vor-
gemacht' der Kanzlei gelangte. In dem einen Zwinger war unten des
Pförtners Wohnung. Vor dem Pforthause war eine Brücke und eine Zug-
brücke. Nach dem Schlosspiatze hin, mehr aufwärts, war noch ein j'rhor
vorm Hause oder Platze« mit zwei Hügeln. Rechts vom Pforthause stand
l'ortal ini Initern <le» Schlu>S(;s.
auf dem Platze in glei< her Richtung mit dem noch stehenden neuen CJebäude,
dort wo jetzt die \Virthschaftsgfl)autlc stehen, das alte fürstliche Haus, vier
Stockwerk hoch, die zwei untern massiv, die zwei obem in Holz gemauert,
mit Ziegeldach (von doppelten >Hohldachstcincni) und wahrscheinlich mit
(liebeln, da das neue Schloss im (Icgcnsiitze der übrigen Gcbiiude ein Qucr-
gebäude genannt wird. Im ersten Stock war die gewölbte Hofkapelle, im
zweiten Stock Herren -(Icmächer, im dritten Stock der kleine Saal mit Tischen,
486
AMTSGERICHTSBEZIRK GADEBUSCH.
hölzernen Bänken an den Wänden, hölzernen Stühlen, einer messingenen
Krone und Bildern an den Wänden, im vierten Stock Wohnungen für das
Hofgesinde. Zwischen diesem alten und dem neuen Hause stand ein kleineres
Gebäude,') in Verbindung mit dem alten Hause, unten massiv, oben in Holz-
werk gemauert; im ersten Stock war die Hofstubc, welche in alten Schlössern
im ersten Stock nie fehlt. Dann folgte in gleicher Flucht das noch stehende,
oben beschriebene neue Schloss, zunächst dem Windelstein vor der Hofstube.
Hiemit hörte die Reihe der fürstlichen Wohnungen auf. Im rechten Winkel
daran lag stadtwärts das Querhaus, zwei Stockwerke hoch, mit Bretterdach;
um das Dach war ein Gang mit gedrehten Pfosten und mit zwei geschnitzten
Rathhaus tu Gadcbusch. Vorderansicht.
Bogen; zu dem Gange führten zwei Treppen. In diesem Hause war ».wei-
lajidt Hertzogk Christof! Dieslelier- Gemach«; darin stand ein Hcerd mit
einem Schornstein mit mehreren Ausmündungen, eine kupferne Pfanne und
eine eiserne Münzpresse mit Zubehör, welche vom Herzoge Christoph wohl
als pharmaceutische Presse benutzt ward. Den Schlossgebäuden gegenüber
an der andern Seite des Hofes, wo jetzt der Ringang zum Garten ist, standen
die Wirthschaftsgebäude: zuerst stadtwärts das Brauhaus und daneben in der
Ecke zwischen demselben und dem Querhause ein Brunnen, den 1546
Herzog Albrecht gral}en Hess; dann fcldwärts: die Küche, die alte Küchen-
meisterei, die neue Küchenmeisterei und das Backhaus, alle massiv und ein
Stockwerk hoch. In der Mitte des Platzes vor dem jetzigen Schlosse stand
ein massiver grosser, hoher, runder Thurm, oben ein Gemach hoch in Holz-
werk aufgemauert und hier mit einem Umgange mit einer Galeric; auf dem
') Von diesem (fcbätidc Mcht noch Alt dem neuen Schlüsse die (iicliclmaucr mit vcrmaucrlen
Snitibogei).
RATH HAUS ZU GADEBUSCH.
487
Thurmc stand ein spitziges Dach mit Blech gedeckt, mit zwei Krkem, in
deren einem die Uhr mit Zifferblatt war; die Schlageglockcn hingen in der
Spitjse des Daches. In dem obem 'l'heilc von Fachwerk war eine Thürmer-
wohnung. In dem massiven Theile waren drei Gewölbe übereinander über
der Krde und ein Gewülbe unter der Krde; letzteres war ein Gelangniss
(Burgverliess); in den beiden folgenden (Jewölben stand (Jeschütz, im vierten
Gewölbe war das Obergefängniss; zu diesem obenstehenden Gefängniss ging
auswendig eine hohe Treppe.') Früher ging um das Schloss auch eine Mauer,
welche bei dem Brunnen
stand, noch 1546. Um
das Schloss war ein
Wall; an diesem stand
stadtwärts noch ein
massiver runder Zwinger,
mit einem hölzernen
Mannesbilde auf dem
spitzen Dach, und durch
den Wall ging ein Ge-
wölbe zudiestMu Zwinger.
Wo noch jetzt der Garten
ist, warder »Lustgarten
autTm Hause mit einem
J.usthäuschen, vier
Stockwerk hoch, mit
einem spitzen Dach mit
Spanc-n geduckt; dieses
Haus war aus gedrehten
l'fosten mit vielen
Feigstem und einem Um-
gange, und im Millei-
theile waren der Herren
und Hofjunker« Wappen
gemalt. *)
Als zweites profanes Raihhaus.
Gebäude von Interesse ist
hier das Rathhaas vom
Jahre 1618 zu nennen,
KnthhaiiN zu (ia<lc1>us<:h. Scitcnnnsichl.
dessen Schmalseite sich mit einer offenen Halle oder l^iubc im Krdgeschoss
nach dem Marktplatz hin öffnet, dessen mit hübschem Backstein -Detail be-
handelte Langseitc aber einer schmäleren Scitenstrasse zugewandt ist.
') I'Ucscr Thurm ist erst seit .Menschengedenken abgetragen. Hs war ein sogenannter
»l!er|;frit« des Mittelalters, <l. h. ein hoher emporr.-ipcndcr •Thurm, der keinen King.mj; zur ebenen
ICrde hatte, sondern in den man dnrch eine aussen anfjehr.ichtc .Sliejjc <dicn hineinstiej;; er stand
frei von anstosscndcn (icbäudcni. Vgl. I.co iili«r Iturj^cnbau in von K.iunier's llistur. 'I'aschen-
Imch VIII. 1837, S. 178 und 196 IT. rij>er. Huri^enkunde. S. 194 Iiis 272.
Lisch, .M. Jahrb. V, .S. 61 ff. Sarre, KUrstenhof zu Wismar und die norddeutsche Terra-
kolta -Architektur, S. 24, 39.
,j , i y Google
488
AMTSGBRICHTSBEZIRK GADBBUSCH.
Das Kirchdorf ■oetzen.
Geschichte IKUm 1230 wohnt in dem 6 km westlich von Gadcbusch entfernten Dorf
<Jc* " ~ MectzL-n (Mctscii, Mrt/.en, Ort des Meccn, deutsch etwa Schwertau,')
Dorfes, ^jj^^ i<>au Gisela als ZchiUenbesilzerin, und hundert Jahre später finden wir
dort die Familien von Salitz (Sadewdtze), von Karlow und von Maltzan. Am
9. Februar 1362 erkennt Herzog Albrecht von Mecklenburg den Brüdern
Berthold und Flcinrich von Maltzan das ganze Gut Meetzen mit allen Freiheiten
und Gerechtigkeiten ausser dem Rossdienst zu. Doch behalten die von Karlow
ihre Anrechte noch bis zum 26. November 1367.*) l^rhcr <lie nächstfolgenden
Zeiten fehlt es an Nachrichten. Als Pcrtincnz von lioldorf, das nachweislich
seit dem XVI. Jahiimndert, wahrsdietnlidi aber adboa von Sliaerer Zdt her,
zu den Haup^ütem der Herren von Bfilow gdiört, erscheint Meetzen in Akten
von 1689, als Holdorf bereits in Händen des Oberst Johann von Melle ist,
der seit 1682 an die Stelle der Bülow's getreten war.') l's folgen im XV^III. Jahr-
hundert als Hcsitzcr Baron von Löwendahl, Haron Karl l'ricdrich von Schmcttow
(Schmettau), Familie von Lützow und Präsidentin von VValmodcn; seit 1803
Domänenrath Steinmann; seit 1830 Gräfin von Schwicheldt und seit 1839
Bodo Emst Leon Friedrich von Steinberg, in dessen Familie es noch heute ist
Kapelie. Die Kapelle ist ein auf Grundlage eines länglichen Achtecks errichteter
Fachwetldau und stellt dnen dnztgen flachgedeckten Raum dar, in. dem
Altar und Kamel zu einem Körper veibunden sind und eine Kopie nach dem
Abendmahl des Lionardo da Vinci den einzigen Schmuck bildet Die in einem
kleinen Dachreiter oberhalb des Einganges angebrachte Glocke ist nicht gut
zu erreichen. Deshalb ist uiclit zu sagen, ob sie eine Inschrift hat oder nicht.
Unter den Abendmablsgerathen ist ein silbervergoldeter Kelch mit der In-
schrift: G»A«B»V« LÜTZOW 1750 und den Schweriner Werkzeichen /e^ [mH
das älteste Stück. Die dazu gehörige Patene ist ohne Werkzeichen. ^ ^
Die übrigen StUcke, eine Oblatcndoae und eine von ANNA und ELISABETH
OEHLERKING 1891 gestiftete silbervergoldete Abendmahlskanoe sind neu und
ohne W'erkzcirhen. Zu nennen sind auch ein iSSo von AUGUSTE CÖLLE
gestiftetes Taufbecken und eine 1883 von MARTHA CÖLLE gestiftete Tauf-
kanne von poliertem Messing.
•) KUhnel, M. Jahrli. M A I, S. 92.
•) M. Ü.-U. 375 (.S. 371). 5612. (Ein Kaplan Johann SoMU kommt 1364 vor: M, Ü.-B, 9309).
68s6. 8999. 10135.
*) .\us den .\kfen von JftSo jjcht hervor, cins^. «Iii- Kajwllr. wie mich heute noeh. eine rar
Kirche in (iailcimsch gehörige Filiale i.-.t. .Sic wird d.imal» alt und zerfallen bezeichnet. 1690
UtMt sie der Oberst voa Melle wiedcrherttetlen. Aber 1751 i^hrt Fr. von LttUow auf Iloldotf
den jetzt flehenden Ran von Grund ans nen auf.
Digitized by Google
KIRCHDORF VIETLOBB&
489
Das Kirchdorf VietlUbbe.
ictiubbc [Vitelube, auch mit bb und tt geschrieben, Ort der Familie Geschichte
Vitolub, deutsdi Gewinner, besser Gewinn liebend')], li^ 6 km östlich
von Gadebusdi und ist bereits um 1230 eine Parochie. 1267 nimmt die
Kirche an (Kr bekannten Hrod- und Wein spende des I-'ürstcii 1 frinricli von
Mecklenburg; theil. Mit Besitz und Rcclilen wcrilen dort um 1230 Gottfried
und Juhunn von liulow genannt,") und hundert Jahre später, um 131 1 und
1328, zwei Mitglieder der Fanulie Vietiübbe, deren Vornamen dieselben sind
wie die der genannten beiden von Bülow. Gleichzeitig mit ihnen erwirbt auch
das Ratzeburger Domkapitel dort Grund und Boden.*) Wir dürfen ferner an-
nehmen, dass dessen Probst hier die ArchidiakonaLsrechtc ausgeübt haben
wird, wennj^Ieich es nicht ausdrücklich bezeugt ist.*) Diese Rechte oder, was
dasselbe sagt, den Bann wird er auch behalten haben, als das liie\(>n un-
abhängige Patronat der Victlübbcr Kirche am 2. August 1353 durch Herzog
Albrecht von Mecklenburg auf das Kloster und den Probst von Rdma über*
tragen mrd.') Mit dessen Säkularisierung (s. o. S. 429) nunmt es der Landes-
herr ia die Hand.
Im Anfange des XVI. Jahrhunderts sitzt auf Vietlübbe die Familie
Kordshagen (Curdeshagen, Churdcshagen, Khtirdeshagcn). später ist auch der
fürstliche Kanzler Joh. von Lucka kurze Zeit (bis 155S) dort begütert.*"') Den
Herren von Kordshagen folgen am Lude des X\'l. oder im Anfange des
XVIL Jahrhunderts die von Halberstadt und 1637 die von Hobe, während
das Kirchlehen 1639 Andreas Hundt auf Frauenmark, Hindenberg und Rüting
durch Kauf vom Herzog Adolph I'ricdrich an sich bringt Den Hohes folgen
1^75 die von Harse.") Durch Ankauf des (nitcs Frauenmark im Jahre 1694
erwirbt der Major Jürgen I linrich von Harse (Harsse) das Kirchcnpaln >nat, und
von nun an bleibt es ani dut N'ietlubbe hängen. Hier folgen als Besitzer 1751
die von Witzendorf, 1784 der Justizrath Christian Ludwig Friedr. Schmidt
und 1786 der fiinf Jahre später in den Adelstand erhobene Geh. Finanz- und
Domänenrath Leers, dessen Nachkommen noch heute im Besitz des Gutes sind.
') KUhnel, iM. Jahrl.. I, .S. 151. Dagegen Wigger, M. Jahrb. X.W III. S. 40, Anmkg.
Er ist für den GSUen Vitelubbe ti% »gnden Lobbe« eingenonuBen, den mtu 1463 noch bei Halle
kannte. IScycr. M. Jahrb. X.XXVIl, S. isa
') M. l .-B. 375 (S. 370). II07.
■) M. U.-B. 3479. 4843. 489a.
*) M. IM!. 5613. Vsl. Wigger, U. Jahrb. XXVin, S. 192 (Sprengelgreosen).
*) M. U. U. 7804.
^ Liaeh, H. Jahrb. I. .S. 61. 62. 225.
^ liach, M. Jahrb. XIV, 42.
Digltized by Google
490
AMTSGKRICHTSBEZIRK GADEBUSCH.
Kirche.
1237 regiert Pfarrer Jonathan die Kirche, 13 13 der Plcban Berthold
und 1376 Herrn. Hymiann. 142 1 giebt es einen Vikar Hermann Oldenburg.')
Inden späteren Visitations-
protokollen und Kirchen-
akten finden wir um 1 539
Pastor Christian Bundis,
1 540 Martin Schmidt, 1 548
Johann Corverius, 1578
Benedictus Pauli (bis 1608),
dann Theodor Manstein
(schon 1604 vociert, bis
163 1); nach ihm Wilhelm
Wacker (bis 1680), darauf
Fricdr. Günther Lcopoldi,
171 1 Johann Jakob Pagen-
kop (bis 1740), und von
1741 an dessen Sohn Joh.
Matthias Pagenkop, Die-
sem folgt 1 777 I'. C. HIanck
(f 1801). Ueber die Geist-
lichen des XIX. Jahr-
hunderts vgl. Walter a.a.O.
Die Kirche *) ge-
hört, so klein sie auch
ist, zu den allerinteressan-
tcsten Gotte.shäu.sern der ^"''^^ ^" VietUihbc.
ältesten Zeit. Die in Mecklenburg äusserst selten vorkommende centrale An-
lage auf Grundlage eines griechischen Kreuzes mit vier gleich langen Armen,
die runde Apsis am Ostarm, die niedrigen mächtigen Rundpfeiler der Vierung
mit schlichten,
aber wirkungs-
vollen Kapi-
tellen, die rund-
bogigen Por-
tale und
Fenster-
schlitze, das
prächtige alte
Qiierschniu der Kirche.
Stein- und Kalkmatcrial, über dessen ältere Theile sich eine koloristisch fein-
gestimmte moo.sgraue Patina ausgebreitet hat, ähnlich der auf der Nordseitc
der Doberaner Abteikirche, die sich kreuzenden hübschen Bogen- und Rauten-
') V>;l. kcKistt-T zum l rkuiulenliuch. Ferner Kepertoriiim universale von Clccniann.
Vj;l. Li,ch, jMirb. IV, .S, 82 IT. VII. f.5.
j ^ . i y Google
KIRCHDORF VIBTLOBBB.
491
friese: alle diese Kennzeichen des
ausgesprochensten romanischen Stiles
haben etwas ungemein Anziehendes
und lassen die enge Verwandtschaft
dieser kldnen Dorfkirdie mit den
ältesten Theflen des RatsebucfKer
Domes aus der zw^en Hälfte des
Friese
Attfrisn der Kirche.
Grmdrin der Kirche sv Vieüübbe.
XII. Jahrhunderts deut-
lich in die Augen
springen. Das Minzige,
was als nicht konform
aufläUt, ist die in
späterer Zeit ge-
schehene Anbringung
desThurmes mit seinem
spitzen achtseitigen
Helm oberhalb des
westlichen Kreuzarmes.
Er hätte entweder auf
der Vierung stehen oder,
was wohl der alten Zeit
besser entspricht , als
gesonderter Glocken-
thurm neben der Kirche
aufgerichtet werden
sollen.
Die Einrichtung der Kirche ist durchweg neu. Sie entstanunt zinn
grössten Theil der Restauration von 1865. — Zwei alte Glücken im Thurm Glocken.
Gopgle
492
AMTSGERICHTSBEZIRK GADEBUSCH.
Triumph-
krcuz.
Tauf-
becken.
Steinfünte.
Glas-
malereien.
III ' r J l m 7
m.
• I ' •
sind ohne Inschriften. — Der alte Triumphbogen- Christus mit Maria und
Johannes (dieser mit dem Buchbeutel) befindet sich zur Zeit im l'astorhausc. —
l^in in Messing getriebenes grosses Taufbecken aus dem Jahre 1697, von
86 cm im Durchmesser, zeigt in der Mitte das Wappen und den Namen
H «JÜRGEN « HINRICH * VON ♦ BARSEN. * Auf dem Rande die Inschrift:
LASSET DIE KINDLEIN ZU MIR KOMMEN UND WEHRET IHNEN NICHT,
DENN SOLCHER IST
DAS REICH GOTTES.
ANNO 1697. Dieses
prächtige Becken ruht
in der alten romani-
schen Steinfünte der
Kirche, die jetzt vor
dem Altar steht, früher
aber im Westen der
Kirche ihren Platz
hatte.') — In zweien
der Kirchenfenster,
welche sämmtlich bei
der Renovation von
1865 erneuert wurden,
sind mehrere alte Glas-
malereien mitverwandt
worden : zwei Stücke
von elliptischer Form
(das eine von 18, das
andere von 10 cm Höhe)
mit den Wappen und
Namen des AUGUSTUS
DE HUNDT PATRON
DER KIRCHE ZU VIT-
LUB 1662 und der
AGNETA HUNDES,
GEB. BUSMANS,
ANNO 1662; ferner zwei Stücke von viereckiger Form (das eine 14, das
andere 10 cm haltend), die ebenfalls Wappen mit den Unterschriften zeigen:
ENGEL OLDENBORGS 1710 und ASMUS OLDENBORG.») — Unter den Vasa
') l'cbcr Jürgen Iliiirieh v. H.irsc .luf Victl(l1)l»c s. ü.
I clicr die Kamilie llmidl auf Krauocimark , Hiiiilcnlitrg und kdliny s. o. S. 4S9. Die
l-'ai)iilie von Oldenburg war vun 1671 an eine Zeit lang im Itesitz des in Vielliiblic eiiigcpfarrten
.Mlotlialgutes Vecllnikcn. Aber nur tlas eine \Va]i]>en, «las der Engel < >ldenlnirg-., Minimt zu
dem der adligen Familie. Das des .\smiis Oldenburg aber ist ein Wappen, das im KeMe eine
lUirg mit drei 'niürmen und reeht-s wie links vom Eingang in die üiirg einen Kittcr als Wächter
zeigt. Die bürgerliche lamilie Oldenburg hat sonst ein Thorgebäude mit zwei Thlirnicn tum
Wappen.
Inneres der Kirche i\\ Victltlbbe.
KIRCHDORF (JROSS - F.ICHSKN.
493
Sacra ist ausser einem Zinnkcich des vorip;en Jahrhunderts mit der bekannten Vasa sacra.
I''ii^elsmarkc als ältestes Stück ein kleiner silberner Krankenkelch mit Patene
vom 1. April 1787,
vom Schweriner
Goldschmied Finck
(®)' nennen.
Alle anileren Stücke
sind neu, danmter
ein 1856 von G»v L
((iustav von Lccrs)
gestifteter Kelch.
Nach alten Mustern
sind die beiden
Leuchter mit roma-
ni.schen Drachen-
fü.ssen hergestellt.
Der frühiTc
Barock - Altar
stammte aus dem
Jahre 1728, als
Joh. Jakol) Pagen-
kop Pastor war.
Der ahe Beicht-
stuhl von 17 13 trug
Heinrich von Barse und .seiner Gattin Fr. Kathar.
Die Kanzel war ein Werk von 1685 mit den Namen
und seiner l'Vau Anna Margaretha, geh. Biichholt/.
Taiif licckcn.
die Namen des Jürgen
Dorothea von Plüskow.
des Matthias Oldenburg
Vgl. Inventar von 181 1
Die Kirchdörfer Gross-Eichsen und MUhlen-Eichsen.
Das Kirchdorf Gross-Eichsen.
ro.ss-I'jchscn, im XII. und XIII. Jahrhimdcrt einfach Richsen, d. h. ohne Geschichte
Zusatz von »Gro.ss« und Mühlen«, geheis.scn, [lixem, Kkesscm, lixcn, der beiden
ICixen, nach Kühnel mit dem polnischen Wortstamm kc?, kciec, keimen, j^"^''
spries.sen, zu verbinden und zu vergleichen mit dem Ortsnamen Kczewo,
deutsch Kxau,')] gehört schon im Jahre 1194 zu den Parochien der Ratze-
burger Diöcese, steht aber als ein Stück von der »prouintia Szucrin« unter
') .M. Jalirl». S. 44. l'cliLT <lcii Ziis.iiiinieiih.nif; der iillcii niccklenlmr(;i>chcii .\dels-
familic vi>n Ki\en mit Dorf timl <!ul Cniss ■ KicIim-ii yiclii die l'rkuiiile 2J(I im M. L'.-H. einen
Kingcryeiy. Keriier die Kes^'islcr <le> t'rkuiidL-iihuches. V(;l. Crull, M. Jahrl». 1^11, !>. 48 (lo).
494
AMTSGERICHTSBEZIRK GADEBUSCH,
der weltlichen Herrschaft der Grafen von Schwerin.') Damals und noch lange
nachher scheint das angrenzende nahegelegene Kirchdorf Mühlen-Richsen nichts
weiter als ein Mühlengchöft (molcndinum) gewesen zu sein, dessen Name Mol-
necsen urkundlich am 2, April 1283 zum ersten Mal vorkommt, während Gross-
Eichscn als Magna Eixen, das dann wieder Tür Molnccsen den freilich nicht
zu rechter Geltung gelangten Namen Lütken- oder Klein -Eichsen her\'orgerufen
hat, am 13. Januar 1357 zum ersten Mal genannt wird.*) Wie nun um das
Jahr 1 200 durch eine Schenkung der Grafen von Schwerin der Johannitcr-Orden
von Werben in der Altmark her ins I^nd kommt und die Dörfer Sülstorf,
Goddin, Eichsen und Moraas gewinnt, tlcncn dann weitere Erwerbungen folgen;
wie darauf der Orden die Hcu irthschaftung seiner Güter so gestaltet, dass sich
der Schwerpunkt von Sülstorf nach Kraak verschiebt und hier der Sitz eines
Klick auf (ir<»s- Eichsen.
Komthurs entsteht, nachdem die Verwaltung von Werben aus zu schwierig ge-
worden; wie dann schon vor 1283 auch Mühlen l%ich.sen ein Kirchdorf geworden,
und sich über die Patronatsrechtc zwischen dem Ratzcburger Bischof und dem
Orden ein Streit erhebt, der am 2. April 1283 dahin geschlichtet wird, dass
der Orden über beide Kirchen dauernd das Patronat gewinnt; wie dann
(entweder bald darauf, oder vielleicht auch schon vor diesem Streit) unter
dem Komthur in Kraak das überaus malerisch hoch oben am Ufer eines der
waldbegrenzten Stepnitz -Seen gelegene Dorf Gross- Eichsen zum Sitz eines
Priors und eines Theils der Rruderschaft des Ordens erwählt wird; wie hier,
nahe der schlichten Dorfkirchc in Mijhlcn - luch.sen, eine vornehme grosse
Kirche entsteht, deren angebaute Hallen schon von weitem den Schein einer
Kreuzkirchc erwecken, ja die sogar im XVI. Jahrhundert als »Münster zu
Gross -Eixen« bezeichnet wird, und in der täglich die Horae canonicae »de
') .M. l'. l!. 154. 24S. kischc, (Icsch. d. CrafNchafl Scliwcriii, S. 60.
»; .M. V. U. 375 (S. 370). S305. M. J.nlir1.. .\.\. S. 260.
KIRCHDORF GROSS- EICKSEN.
495
szoven ^r^ten tj den aise bcnoniclikcn Mette, Iruulcs l'rinu-, Tcrtic, Sexte vnd
hochmy.sse, None, Vesper vndc Nachszanck alle daghe tho evvygen tyden
inc^cn gesungen vnde holden werdenc; wie ^diaen allnrilhUdi za mem weit
und breit berühmten Wallfahrtsort wird, dessen hohe Feste, nach dem Ueber
gange der Grafschaft an die Landesherren, auch von der herzoglichen I'amilie
oft besucht werden, und wie besonders der Prior Johann Wulff im Heginn
des XVI. Jahrhunderts ein ausgezeichnetes Regiment fuhrt; wie nacliher aber
zur Zeit der Reformation die Auflosung kommt, bis zum Jahre 1552 der
Schweriner Domherr Paschen Gustave!') eine 2^it lang Inhaber von »Pnor-
Eixenc wird und nachher der herzogliche Kanzler und Rath Johann Lucka
das Gut Gross-Eichaen mit Ablager und alten Gerechtigkdten erhält und der
Flerzog Johann Allwecht sich nur die hohe Obrigkeik, Steuer, I><'indfolge und
Jagd, sowie einige zum Amt Schwerin gehörige Hauern vorbehält, sechs Jahre
spater aber mittels eiiirs IVrimitationskontraktes mit seinem Kanzler das Gut
zurücknimmt und 1560 seiner Gemahlin Anna S»>phic von Hrandenburg (7 1591)
als Privateigenthum verschreibt: — alles das hat Usch in einem seiner vielen
vorzüglichen Aufsätze zur Landesgeschichte in urkundlich gut hegründtier und
anschaulicher Weise erzahlt: M. Jahrb. I, S. I — 80, 197 — 229: Gesch. d.
Konithurei Kraak und der Priorei Mixen.*)
I'iir die weitere (leschichte beider Dörfer, Gross- und Mühlen lüchscn,
ist hmzuzufügen, dass Gross-Eichsen c. p., d. i. dem ÜurfGuddin, dem wüsten
Erbe zu Seefeld und dem kleinen See daselbst, sowie mitsammt dem Kirchlehn,
im Antoni-Termin des Jahres 1592 vom Herzog Johann zu Mecklenburg unter
Zustimmung der Herzöge Ulrich und Sigismund August als Allod Pur die
Summe von 10500 fl. an Kurt von Sperling auf Kiiting, Mühlen luchsen aber
nebst Hauleuten und Kossäten, und ebenfalls mitsanmit dem Kirchlehn, am
Michaelis -Tage 1639 vom Herzog Adolf Friedrich an den Gadebuschcr Amt-
mann Andreas Hundt und dessen Erben als Allod liir die Summe von 8650 fl.
verkauft werden. Die Familie von Sperling bleibt bis 1659 auf Gross-Eichsen.
Ihr folgt Herr Joachim von Rantzau bis 1670. Von 1671 bis 1728 aber finden
•) M. Jahrb. V, S. 270.
*) Nelien dem Johmraiter-Orden haben auch AikUtc im XIII. und XIV. Jahrhundert Besitz
in Gro^v Kk-|i>-»'ii : ») um 1217 und RpXter t\:\- ÜiMbiini in k.atri'lMir-,'. welclios jenen Besitz antritt,
den lleiorich von Eixcii (;clial>t hat; ferner um laSO und >i)iiter das Ratzcburgcr Domkapitel.
Am 13. Januar 1357 vemchfeilit Oho Graf von Scbwenn seinem Marschall und Buismann IfenninK
Ilallier>.|.id( für t-inf Srhiild ilio llcdi- ans niohit-rfn Iti'itferii, ilanintcr niu-h die au^ ( Iro-is Eich'^en.
l'm 1497 hat auch Matthias von Ocrtzuii ein Erbe daselhbt, um 150Ü verkauft er aber alle seine
Guter und Iliife an den IVior Johannes WulflT. Jedoch 1571 erhebt die Familie von Oertzeo
AnspriiclH' auf Aiilluilo .111 (Iro-.- ICichscn beim Ilc r. oi,' Johann Alhrcclit , der dii- Sache 15/2
reguliert und dc>scn Naclifolj^or >ie 1591 mit Cicld abiindct. Vgl. M. U.-lt. 231. ^3^5*
Lisch, M. Jahrb. I, S. 56. 62. 63. — Auch in MUhlen- Eicksen giebt es verschiedenen Privatbesiti
in alter Zeit. Um 1335 trelTea wir dort den Bolto llasenkopf als Vasall des Bischofs \ on kotze-
barg und um 139S den (lerold !la-ink<>i>f, dfm Horf und Miihle von (»Ito Hejenflied vcrjifändet
waren. Gerold lla$cnko|>f ülicrlä.ssl al)cr beide im Jahr 139S dem Koniu Albrecht von Schweden.
Dieser veipOndet sie daranf smnmt dem Dorf Rogahn ta Gttmpert von Ltttzow md liiet sie im
Jahre 1407 wieder dn. Vgl. U. U.-B. 5613. Akten im Grossh. Arehhr von 1398 und 1407.
496
AMTSGBRICUTSBBZIRK GADEBUSCH.
wir dort die Herren von Stralendorf, und nachher von 1728 bis 1781 die Familie
von Schwartz,') die auch schon seit 1680 im Besitz von Mühlen -Eichsen ist,
wo ne die Familie Hundt abgelöst hat. Auf die Herren von Sdiwartz folgt
im Bentz beider Güter der Gelieimrath von Thienen*) bis zum Jahre 1790,
dann von 1791 an der Drost Franz Julius von Könemann, von dessen Ert>en
beide Güter im Jahre 1817 an die Familie von Lcers gelangen, die sie auch
heute noch innc hat.
Ueber die Tfarrcr des Mittelalters in Eichsen erfahren wir gar nichts.
Hier flieasen die Quellen erst von der Reformationsaeit an in den Kirchen-
visitationsprotokollen und sonstigen Kirchenakten etwas reichlicher. In der
Zeit zwischen 1534 und 1542, wahrscheinlidi audi schon vorher und nachher,
ist Kurt Schulte Kirchherr im Sinne der neuen T.ehre. Damals verleiht noch
der l'rior Matthias Kole (der letze Prior) von Gross -Eichsen die Pfarre in
Mühlen -Eichsen.') 1572, zur Zeit der Herzogin Anna Sophie (f IS91) als
Besitzerin und I^tronin, ist Christian Wartenberg Pastor m Grosa-Eiduen.
Sein Nachfolger ist Johannes Müller bis Ostern 1591. Diesem folgt fiir kurze
Zeit Joachim Schcrff (Scharffius). Nach ihm kommt 1604 Paul Marckmann, der
als Pastor beider Kirchen seinen Wohnsitz nachweislich in Mühlen - Eichsen hat.
Ohne Zweifel ist das auch schon mit seinem Vorcjänfjer der Fall.*) Auf
Marckmann folgt Johann Hägen von 1624 bis 1668 (oder 1669). Von 1670
bis 1700 ist Joachim Viccius Pastor, von 1701 bis 1741 Nikolaus Ad. Frieling,
von 1743 bis 1762 Job. Karl Petersen, von 1764 bis 1782 Karl Christoph
SchlaafT, von 1783 bis 1801 Samuel Emst Boccius. Ueber ihn und sdne
Nachfolger im XIX. Jahrhundert vgl. Walter a. a. O. Seit 1728 ist das Patronat
in einer Hand; vorher waren fiir die Kirche zu Gross -Eichsen die zwischen
>593 ""d 1728 genannten Besitzer des Gutes Gross Michsen die Patrone und
für die Kirche zu Mühlen- Eiclisen die zwischen 1639 und 1728 genannten
Besitzer. Vor 1593 und beziehungsweise 1639 waren die Patrcmate als Erb-
schaft des Priorats in den Händen der landesherrlidien Familie.
Kirche. Die Kirche zu Gross - Eich.scn ist ein mit Strebepfeilern bewehrter gothi-
scher IJackstcinbau auf Grumllage eines länglichen einschiffigen Vierecks mit
') Von den .'^trak-iulnrir-.chcii Krlieii kcIiI (;ni<.s ■ Eichten nicht direkt an die Herren
von .Schwarti Uber. Der Käufer ist der (.>l»er.«tlieutenant von Wiuendorff auf VccHwikcn und
Webelafelde, der du Gut gleich wieder weiter giebt. — Nicht ein Herr von Kantzau ist es, der,
\\\c knnln' unii nach ihm (Juaile in ■«finer M. N nturland'-kuiiiU' an^i<-1>l . >-ich 175' AHoili.iütäl
von (iross- Eich.scn bolüligcn läsal, sondern die l'amilic von Schwartz. Major Hermann Uideun
von Sehwatrtz sucht darum nach, stirht aber vorher; »ein Sohn, der Major Heinrich Peter
von Schwärt/, UiMi l 1752 d-is lloma^ium.
*) Auch dieser kauft die lieidcn Guter nicht direkt au» der Schwartz'&chen Debitma&üe.
AU ZwisehenkSnrer, der nie gleich weiter giel»t, tritt hier der Amtmann Hennings auf.
*) Lisch, .M. Jahrb. I. S. 56. 57. XXXVIII, S. 24.
*) Vj^l. die Kh-^e do-. ]. SchrrfT im K!rch<Mn i-il:ilii>n^lirii(<>ki ill vim I i^rh. M. Jahrb. 1.
S. 58, Anrnkg. 3. 1594 war •.äninitlichc-. Priorei (iut >iikidari-iert und auch die l'l'arrc aufjjehoben
und tn der in Mtlhlen-EichMn gelegt. In Cleemann's Kepert. universale werden Christian Waiteo-
berg, Johannes Mutier, Joachim Scherff und Paul Marckmann nicht genannt
Digitized by Google
KIRCHDORF GROSS - KICIISEN.
497
einem Chorschhiss aus dem Achteck, mit je einer angebauten Halle auf der
Nord- und Südseite, wodurcli das (ianzc von aussen her den Anschein einer
Kreuzkirche erhalt, und mit einem im Westen vorgelegten Thurm, dessen
abgcwalmtcs Satteldach gleich oberhalb des Firstes der Kirche ansetzt. Auf
dem westlichen I'.ndc tlieses Thurmdach -Firstes ein Hahn, auf dem östlichen
ein grosses Johanniter -Kreuz. Den inneren, von zueithciligen Spitzbogen-
fcn.stern erleuchteten Räumen der Kirche, dem Chor, dem Langhause und den
hiemit in gleicher Hohe aufgeführten beiden Hallen') fehlt die steinerne
Wölbung, wohl aber gicbt es Ansätze dazu an den Wänden. Ob sie inde.s.scn
einst vorhanden war, oder ob man blos die Absicht hatte, sie herzustellen.
Kirche zu Ciro^s-Eichscn.
sobald die Umstände dazu gegeben sein würden, ist nicht zu sagen. Nur
die Thurmhallc besitzt ein Kreuzgewölbe, unter dem die Orgel steht. Die
.südliche I lalle hat eine die Breite des ganzen Raumes einnehmende Fmpore,
die nördliche hat sich den Finbau einer Sakristei gefallen lassen müssen, ist
im Ucbrigcn von innen her tkirch eine Mauer geschlossen un<l hat dadurch
ihre ehemalige Bedeutung als nördliche Fnveiterung des Schiffes im Wesent-
lichen verloren. Immerhin aber macht der ganze Raum den Findruck einer
über gewöhnliche Verhältnisse hinau.sgchenden Kirche.
Altar. Dir im Jahre 1698 errichtete Altar- Aufsatz ist ein Werk des
Barockstils mit einer Basis und zwei Stockwerken. Die Basis zeigt das Ge-
mälde der Abendmahlscinsctzung und daneben heraldisch rechts das W'appen
'i l>tc ntif iler .VnnlHcitc h.it eine im ( icNclimai.:!; «Icr Keiüti.Nsaiici: mit KaiiLcti- uiui
blaUwcrk in (ir.iu tind .S.'hwar/ Itcmallc Hobilcckc.
32
498
AMTSGERICHTSBEZIRK GADEBÜSClI.
Kanzel.
des Stifters ULRICH VON STRALENDORFF, links da.s von des.sen Gattin
MARGARETHA VON PLESSEN. Im Hauptstockwerk drei Rildcr: in der Mitte
die Kreuzigung, als seitliche Einfassungen aber die Bergpredigt und die Gesetz-
gebung, sowie zwei geschnitzte Figuren, l'aulus mit dem Schwert und Johannes
der Täufer mit der Krcuzcsfahnc. Im zweiten Stockwerk die Himmelfahrt,
und als Einfa-ssung wieder zwei geschnitzte Figuren, Petrus mit dem Schlüssel
und Johannes Evangelista mit einem
Spruchband. Als oberste Bekrönimg
endlich eine geschnitzte Engclgruppc.
— Die Altarschranken sind von 1691
und dementsprechend auch etwas
.strenger im Stil als der Aufsatz,
obwohl auch dieser als ein gutes
Werk des gemässigten Barockstils
zu bezeichnen ist.
Die Kanzet ist ein Werk im
Spätrenaissancestil von 1680. An
ihrer Brüstung die Bilder der vier
Evangelisten sowie die der erhöhten
Schlange des Moses, der Kreuzigung
Christi, der Darstellung von Gesetz und
Evangelium in den beiden Gestalten
des Moses mit der Gcsctzestafcl und
des Heilandes als triumphierender
Salvator mundi, als auch endlich
dieselben \\ ai)pen, die der Altar hat.
An der Hinterwand des IVedigtstuhls
das etwas verwischte Bild eines «'rgel zu (;ross>Eichs«:n.
Seraphs mit Zange und Kohle, die er einem Betenden in den Mund giebt.
Orgel. Orgel. Ilüb.schcr Orgelprospekt im Spätrenai.s.sance - Stil , mit vor-
springcn<lem Unter- und zurücktretendem Ober -Prospekt. In den acht Feldern
der Brü.stung allerlei gemaltes Bildwerk von verschiedenen Musikinstrumenten,
und aasserdem das Wappen des BERENT JOCHIM VON STRALENDORFF, der
nach Angabe des Kirchenbuches von 1671 an Patron der Kirche war. An
der Treppenthür und Treppe zur Orgel vier gemalte musicierendc Engel.
Chor- Chorgestühl. Zwei massiv aus P'ichcnholz hergestellte Sitzreihen mit
gestiihl. je acht Platzen zieren den Chor der Kirche, die eine auf der nördlichen, die
andere auf der südlichen Seite. Ihre Baldachine zeigen durchbrochenes
gothischcs Schnitzwerk, das aus dem Anfange des XVI. Jahrhimderts stammt.
Auf das XVI. Jahrhundert führt auch das den Prior Johannes Wulff (s. o.
S. <J95) andeutende Bild des Wolfes, den wir auf der Nordscite als Gegenbild
Digitized by Google
KIRCHIXJRF GROSS -EICHSEN.
499
ZU dem Johanniterkreuz finden, und zwar so, dass Kreuz und Woli als Ver-
zierungen der innern Wangen erscheinen (das eine Hild im ersten, das andere
im achten Sitz). Ausserdem kommt das Hild des Wolfes auch im Schnitzwerk
der Baldachine jeder Seite je einmal vor. Im Gestühl der Südseite die aus
Holz geschnitzten Wappen des Kirchenpatrons Moritz von Leert und seiner
Gattin Lcontine von Langenn -Steinkeller. Die Hrüstungen der Stühle stammen
aus neuerer Zeit.
Triumphkreuz. Hinter dem Altar das alte Triumphkreuz mit den
Hvangelisten- Symbolen, von denen eins, das des Matthacus, verschwunden ist.
Anscheinend späte Arbeit vom Ende des XV. oder Anfang des XV^I. Jahr-
hunderts.
o.tf
Fttnte. Im Innern der Kirche,
an deren Nordwestendc, der alte
Triumph-
kreuz.
Füntc.
(iranit - Fttnte.
Vereinzeltes Kapitell aus K.alksti!in.
Granit -Taufstein aus den ersten Zeiten der Priorei, dreiviertel Meter im Durch-
nicsscr haltend und ruhend auf einer Itasis, die mit biirtigcn Men.schen- und
V\'iddcrköpfen verziert ist
Glocken. Im Thurm zwei Glocken. Beide Glocken tragen die Namen und Glocken.
Wappen dos ULRICH VON STRALENDORFF und seiner Gattin MARGARETHE
VON PLESSEN. Die grö.sserc hat dazu die Inschrift; IN lESV NOMINIS SANC-
TISSIMI GLORIAM HAEC CAMPANA EX AERARIO TEMPLI RENOVATA EST
FINIBVS 1680 und das Chronogramm :
paX aVrea DenVo fLorere CoepIt In gerManIae fInIbVs.
Dann folgt ein Spruch aus Psalm 79. Als Giesser nennt sich auf dieser wie
auf der zweiten Glocke Joachim Mehler- Schwerin. Diese zweite kleinere Glocke
ist ein Jahr früher, 1679, aus einer älteren umgegossen und enthält ausser den
schon genannten Angaben Sprüche aus Psalm 2S und 29.
32»
j , i y Google
500
AMTSGERICHTSBEZIRK GADKBUSCH.
Wappen- Wappentafel. Xeben der Kanzel eine in die Wand eint^emauerte
tafcl. steinerne Tafel mit dem Schöne ich 'sehen Wappen (Rosette mit acht b.ichen-
blättern). Eine dariibcr angebrachte Inschrift ist durch mehrfache Kalk-
übertünchung so undeutlich {jewordcn, dass sie nicht mehr zu entziffern ist.
Eine zweite, und zwar eine schönere steinerne Wappentafel des Kanz-
lers C. von Schöncich bewahrt das (Irossherzoglirhe Museum. Nach münd-
licher Ueberlieferung hat I-isch die.se im Jahre 1536, elf Jahre vor «lern
Tode des Kanzlers an-
gefertigte Tafel in der
llauhüttc, welche früher
auf dein Museums-CIrund-
stück stand und worin
die Pläne für den
Schlossbau bearbeitet
wurden, aufgefunden.
Die Anordnung der
Wappen und ihre Ver-
theilung erinnert lebhaft
an das schöne bronzene
Kpitaph der Herzogin
Helene im Dom zu
Schwerin, das Ende der
zwanziger Jahre des XVI.
Jahrhimderts von Peter
Vischer in Nürnberg ge-
gossen wurde, und wozu
der Kanzler von Schön-
eich den Auftrag gab.
Golhischer Stil noch in
den Helm decken, in
allem Uebrigen aber, in
den Kartouschen mit
Spruchen , den Engcl-
putten und den Formen
der Wappenschilde kün-
digt sich bereits die
Renaissance an. Die oberen Sprüche lauten:
.^i btu^ pro notjiä ph\\^ roiitr.i iiop > Xät ürpiingc iTofrnn •
C • b • ..^iljoiicidj 511 ^rtjomifclt •
Die unteren Sprüche lauten:
jlilor? bltfliH fl Mino, rcjcit • ^)|JCÖ nica in bco • C • Ii • ^ •
In derselben Bauhütte war auch der schimc Marmor -Altar aufgestellt, der
beim Anbau des gothischen Chors an die Schlosskirche aus dieser entfernt
imd später dem Museunt überwiesen worden war. Es ist deshalb die Frage
bcrerhtigt, ob nicht auch das daneben aufgestellte Wap|>en ein Srhmuck der
Schlosskirchc war. Dass auch noch andere Tafeln der Kenaissance ehemals
der Schlosskirche angehörten, wird sich weiter unten (Schwerin) zeigen.
Grabsteine. Grabsteine, i . Stein des herzof^lichen Kanzlers Caspar von Schöneich
und seiner Gattin. Der Stein enthalt aus.«;er dem Schöncich'schen und Parkentin-
schen Wappen die Inschrift: MEMORIAE . DEFVNCTORVM . CASPAR . VON •
Digitized by Google
\Va]>|>ciil;ifel tle> KaiizlcrN C von .Schüiieich.
(Im (irossh. Museum.)
KIRCHDORF GROSS -EICKSEN.
501
SCHONEICH • ELSA • PARCKENTIN • BALTASAR • DE « SCHONEICH • PATRI •
ATQUE • MATRI • HOC • MONVMENTVM . POSVIT • ANNO 1603 •
»Caspar von S< huiit-K Ii und seine Kinder l>esassen diirt Ii die Dankbar-
keil der Herzoge Heinrich und Albrccht in der Gegend von Eichsen die Güter
Schönfeld (als Hauptgut), Seefeld, Santow und Wieschendorff und Antheil
in Wcbclsfelde und WiKtcnniark. Xf^l, \tm I,iif/fi\v, Mecklenb. Gesch. II, S. 510
und 331 und Iii, S. 91. In den Kir< hspielen Eixcn famten also die thätigsten
Minister des XVI. Jahrhunderts (Caspar von Schöneich und Johaim von Lucka)
ihren Lohn in Gütern, welche kaum schöner im Lande gefunden werden.«
Lisch, M. Jahrb. I, S. 67.
2. Stein des B. J. von Bfilow mit Hülow'schem Wappen: Inschrift:
VIRO GENEROSSIMO • BERNHARDO • JOACHIMO • VON BOLOW • CAMMINI •
DUSSINI.WENDELSTORFII • DOMINE. HAEREDITARIO • TRIUM • FILIORUM •
FILIARUMQUE • PATRI • AMANTISSIMO • NATO • A • R • S • MDCCIV • '
DENATO • MDCCLXXIX HOCCE • SEPULCRI • MONUMENTUM • FlUUS • NATU •
MINIMUS • BERNHARDU8 • JOACHIMUS • 8ER • DUCI8 • MEQAPOL • CLA-
VIGER • WENDELSTORFIi • 0YNA8TA • PONENDUM • CURAVIT •
Wendelstorf gehört zu den nach GrosS'Eichsen hin eingepfarrten Gatem.
3. Stein des Ulrich von StralendorfT und seiner dcmaliliii Margaretha
von Plcaaen, mit dem Wappen beider und der Inschrift: HIER RVHET SEELIQ
IN GOTT OER WEILANO HOCHWOLLGEBOHRNER HERR HERR ULRICH VON
STRALENDORFF HOCHFORSTUCH MECKLENBVRG8CHER GEWESENER LAND-
RATH VND HOFGERICHTSPRAESIDENDT AVCH DER KIRCHEN PATRONVS
ERBHERR AVF GROSSEN EICHSEN GREVEN VND GAMEHL GEBOHREN ANNO
1641 DEN 21 OCTOBER GESTORBEN 1699 DEN 12 NOVEMBER NEBST DESSEN
SEEUGER EHELIBSTE DIE AVCH WEILAND HOCHWOLGEBOHRNE FRAVW
FRAVW MARGARETA VON PLESSEN VOM HAV8E DAMSHAGEN GEBOHREN
ANNO 1645 DEN 19 DECEMBER GESTORBEN 1708 DEN 10 JVNY WELCHE
DIESES ERBBEGRÄBNIS ZV EINER RVHESTETTE VOR SICH VND DIE IHRIGEN
HABEN VERFERTIGEN VND ERBAVEN LASSEN DEREN GEDÄCHTNIS BEY
ALLEN FROMMEN MVS EIN SEGEN SEIN. Dazu oben und seitwärts Bibel-
üpruclic und die Aufforderung, die Ruhe nicht /u stören.
Eine Störung hat dennoch stattgehabt, denn diese drei jetzt in die üst-
wand der SQdhalle eingemauerten Grabsteine lagen früher vor dem Altar über
Gral >ge wölben, welche bei der Restaurierung der Kirdie im Jahre 1867 zu-
geschüttet wurden.
4. Stein des J. J. v»n Leen und seiner Gemahlin. Vgl. S. $04.
Glasmalereien. In ein kleiui , in der Wand zwischen Sakristei und Glas-
I.anghaiis befindliches I*"enstcr sinti dixi Scheiben mit Glasmalereien ein- maiereien,
gelassen, die sich vor der Restaurierung der Kirche in einem der Fenster auf
der Südseite des Langhauses befanden. Man sieht auf einer der drei In Bld
gefassten ovalen Scheiben (0,13 x 0,10) die Justitia mit Waage und Schwert;
Digitized by Google
502
AMTSGEklCHTSBEZIRK GADEBUSCH.
Kieinkunst-
wcrkc.
auf der andern einen Hirten mit Schafen, darunter die Inschrift: ANTONIUS
LEHMKVHL 1673; :uif der dritten in einem Kranze die Inschrift: ANTONS
LEHMKVHL ANNO 1680.
Kleinkunstwerke. Die Vasa sacra werden nicht hier, sondern in
Mühlen -I-ichsen aufbewahrt. Aber an Ort und Stelle sind l. eine in Messing
getriebene Taufschale mit einfachen Randverzierungen und der Inschrift:
ELSE :• TRIN HALVER j- STAT j- ANNO -i 1670 : '); 2. und 3. zwei 59 cm
hohe Zinnleuchter, deren Basis auf drei Löwenklaucn ruht, deren Stempel
aber nicht zu finden waren ;
4. eine vom Kammerjunker
VON LEERS-Schönfcld
(Oktober 1890) gestiftete
silberne VVeinkannc und
5, und 6. zwei Altardccken,
eine vom Jahre 1706 aus
grüner Seide mit dem
STR A LE N DO R FF sehen
Wappen und eine vom
Jahre 1776 aus blauem
Sammct mit dem BÜLOW-
schen Wappen.
:<Im Anfange des
XVII. Jahrhundert.s
war in (Iross-Ei.xen
noch ein Wohnhaus
mit vier Gemächern
und dabei ein langes,
schmales Haus,
zwei Stock hoch und
elf Gebinde lang.
Diese Gebäude waren
wohl die Ritter-
Kirche und Hof i>u Mühlen -Eichsen.
Wohnungen, sie waren jedoch im Jahre 1604 schon alt und baufällig.«
Lisch, M. Jahrb. I, S. 68.
') Die hier ),'cn.innlc Ilsal»c (EUe) Katharina von llnIherstatU ist wnhrscheinhch eine (in
den (ieneah)(;icn vtin IIoinckhiiNcn iinri l'ont)'. nicht erwähnte) Tochter tlcs Joachim Friedrich
von I lall>er>l;itU auf ilcm nach t iross- Eichsen ein>{cpfarrton WcndcKlorf, ilcr .sich am 10. Juni 1668
mil Katharina Maria, Tochter t\es Johann von S^erUnj; auf Kul>ow und der Il>abe Sophia von Hüluw
aus (]cm flanke \\'cdcn<|orf, vcrin.-nihc. l'ie Tochter JK;ider hatte in diesem Kall die Namen der
.Mutter und < Iros^niuttcr erhalten. L'tn 1670 lelite der Vater als Kanmierjunker und t »herschenk in
Halle. Das würde es erklären, wurum die llsalie Katharina im Kirchcnhuch vun Gro^s-Eichscn
nicht zu finden ist.
Google
KIRCHDORF MÜHLEN • EICKSEN. 503
Das Kirchdorf Mühlen - Eichsen.
|ie Kirche in Mühlen - Kichscn ist ein auf der Griindlago eines länglichen
Vierecks errichteter einschiffiger Ziegelbau, dessen Inneres von einer
einzigen flachen Halkcncleckc überspannt ist und von spitzbogigcn Fenstern
erleuchtet wird, (jewölbe waren
nie vorhanden und auch nicht
beabsichtigt, wie die Anlage
<ler Mauern ohne Strebepfeiler
zeigt. Auch fehlt jeder äussere
Schmuck. Der dem westlichen
I'.nde vorgebaute Thurm der
Kirche tragt wie der in Gro.ss-
l'"ich.sen ein abgewalmtes Sattel-
dach. Durch ihn ein Fingang
zur Kirche. Zwei andere ICin-
giinge auf der Südseite, vor
dem östlich gelegenen eine
Vorhalle.
Kirche.
Altar. Der Altaraufsatz Altar,
ist gleich dem in Gross- Kichsen
ein Werk des Barockstils und
eine Stiftung des naui)tmanns
GEORG VON SCHWARTZ und
seiner (iattin, einer geborenen
VON SU HM, aus dem Jahre
1 7 1 I . Die Bilder des Abend-
malils in der Basis und der
Kreuzigung im mittleren Ilaupt-
stock, dazu die holzgeschnitzten
Statuen des Moses, Aaron, der
vier l-".vangelistcn und des Sal-
vator nuindi als oberste Hc-
kronung (unter diesem ein von Kngcln gehaltener Kranz mit der bekannten
hebräischen Jehova- Inschrift) bilden den 1 lauptschmuck des Werkes. Natür-
lich fehlen auch nicht die Wappen des gcnannteti Rhcpaars.
Kanzel. Am IVedigtstuhl die Schnitzfiguren des Christus als Welt- Kanzel,
hcrrscher mit der Erdkugel, des l'etrus und des Paulus.
Der Orgelprospekt ist dem in Gross • Kichscn ähnlich. Orgel.
Glocken. Von den beiden (ilocken hat die ältere und grössere die Cllockcn.
Inschrift: ?lniia bomiiii m'ccrc % tianicn cjup 03.111119 ^ 0 xtx sloric
Aliar um) Kanzel.
j , i y Google
AMTSGERICHTSBEZIRK GADEBUSCH.
rriftc belli cum liaCC. ') Sie hat das nebenstehende Zeichen:
V^gl. o. S. 414. Die kleinere ist 1846 aus einer älteren von 1480
durch P. M. Hausbrandt umgegossen worden.*)
Gcsluhl. Gestühl. Als Schmuck des Gestühls mag hier das von kriegerischen
Emblemen umgebene Schwartz'sche Wappen über der Webelsfelder Empore
genannt werden; ferner dasselbe
Wappen (des Georg von Schwartz)
und das seiner Gattin Abigail
Dorothea Maria von Suhm, suwie
auch das des J. J. von Leers und
der A. T. S. Louise von Bischofs-
hausen an der I'atronats • Fmiiore
auf der Südseite und endlich das
des Joachim von BernstorflT vom
Jahre 17 ii an der Küting'schcn
ICmpore auf der Nordseite der
Kirche.
Grabstein. Grabstein. Mitten im Gange
der Kirche ein leider sehr stark
abgetretener Grabstein mit der
Sccne der Auferstehung Christi aus
dem von drei Hütern bewachten
Grabe. Um dies Bild herum acht-
zehn Kreise mit Wappenschilden. ^}
Kleinkunst Kleinkunstwerke, i. 2. 3.
werke. 4. Kelch, Tatene und runde Oblaten- pjBMBIMi^^^^^^^^^^™*™
dose sind ein Geschenk des Pen- Muhii-n-Kichscn.
sionärs STEINMANN in Rüting (J«J«C»G»S«) vom Jahre 1798. Schweriner
Arbeit von | FINCK| (?). Auch ein kleiner silberner Krankenkelch aus dem-
selben Jahre gehört hierher.^) — 5. 6. 7. Neu sind eine messingene Taufschüssel,
geschenkt 1861 von MORITZ VON LEERS (Arbeit von Lenthe-Schwerin), und
eine silberne Kanne, auch ein silberner Kcichlöffel. — 8. 9. Zwei grosse zinnerne
Leuchter. Als Werkzeichen ein gekröntes Kreuz, links und rechts ein l'alm-
bäum, dazu die Initialen I M K und die Jahreszahl 1755. — 10. Altardecke
von rothem Plüsch mit den Wappen der Familien VON SCHWARTZ und
VON SUHM.
') L'cl>cr <lcii .Namen ojAnna v^^l. «ntc l Hiickeiikuml»;, 21. 22.
») Lisch. M. Jahrb. I, S. 68.
V(jl. o. S, 2.^9 den Stein dos I )aiiiel von TMc-i^cn in Neuhiirg \'on 1 5<)S. I Vr Stein in
Mühlen -Kich>.cn scheint im l'elirigcn aSer der ersten ll.ilfte des XV'Il. J.ihrhuiulcrts .nnzuRehiircn.
*) nie .iltcti vasa s.tcra wurden 1798 th<irtchtcr Weise verkauft: zwei Kro.>sc vcrjjoldctc
Kelche nel»t I'.ilenen. Fin dritter Kelch von MiUc];;r(isse wiinle ni)ch 1874 verkauft, tiesgleichen
eine i'atciie mi Jahre 187K.
KIRCHDORF GROSS-BROTZ.
SOS
Das Kirchdorf Gross -Briitz.
]^ am 15. Januar 1357 Graf Otto von Schwerin und Tecklenburg aeinem Geschichte
llofmarschall und Bur^mann Henning Halberstadt aus mclircrcn I^orfcrn
die Hi-di- verschreibt, da nennt er unter ihnen auch Slavi^ch- oder Wendisch
Hruscwitz (Slavica sc. vilia Hruzciiitze).') Das setzt nach Analogie zahlreicher
anderer l'"alle inner- und ausserhalb Meclcicnburgs das Vorhandensein von
Deutsch- oder Gross-Bruzeuitze und zugleich die Identität von Wendisch* und
Klein*Brüsewitz voraus.") In der That erscheinen beide neben einander in
zahlreichen Urkunden und Akten des XV. Jahrhunderts; und an dieser T1iat
Sache wir rin jeiuii SchUissen «gewinnen wir nun einen Anhalt lur <he He-
Ziehung der übrigen L'rknnden des XIII. und XI\'. Jaluhunderts, in dein n von
keiner Scheidung zwischen viila slavica und vilia teutunica, dem wendischen
und dem deutschen Dorf, Gross- und Kldn- Brüsewitz, sondern nur von
Bruseuitze (Bruscuizce, Bruseuizdhorp ves Stdndorf, Stdnhagen) ohne Zusatz die
Rede ist,') obwohl doch beide Dörfer seit der Kulonisierung des Landes durch
deutsche Anbaucr im XII. Jahrhundert neben einander dagewesen sein werden.
Wenn z.H. am 35. Mai 1220 der Graf Gunzchn auf Hittcn seiner Gemahlin
Ulla ficn in Bruseuitzdhorp wolincnden Wenden deutsches Recht zugesteht
und den dort wohnenden drei Brüdern Vitus, Bacharus und Darchwi sowie
dem Sohne des Vitus, Heinrich, drei Hufen und eine Mtthle verieiht, so ist
dabei selfastverständUch nur an das slavische Dorf zu denken.*) Wenn aber
am 12. April 1313 Ghcrardus Rauen de Rrüseuizce, den 18. Oktober 1345
Ilennekinus Hohnsack de Hnizeuitze und am 2.}Mai I VM Klaus Knop to
Hruseuisse genannt wer<ii-n, die zu drei aucli sonst vorkoniincnden deutschen
Vasidlen-Familien des Landes gelioren, so giebt es keine Veranlassung, die 1 lofc,
auf denen sie sitzen, in einem andern als dem deutschen Brüsewitz zu suchen.*)
Denndass auch das heutige Dorf Gross »Briitz, um das es ach hiebei handelt,
noch im XV. Jahrhundert kurzweg Bruseuitze genannt wird, geht aus einer
») M. c-B. 830s.
*) Die Ausnahmen, wii- 7. H. Cirn.ss • Kussewitz soviel «ic \Vcn<li-.ch - Ku-i'-cwit/ und Klein-
Kussewitz, soviel wie Deutsch - Kussewitz, sind so auiuerordenllich .«eilen, disu dadurch die an-
j^cKcbcnc Kct;e1 im Ganzen und Grossen nictit cfschattert werden kann. Vgl. Orts • Kcgt»ter im
M. IM!., 11,1. XVU.
') Fal»rtcius, M. Jahrli. S. 28. 29. S. 262. Vj^l. Wort- und Sachregister /um M.
l . H. unter: Slavicus, SKivicalis (l!d. I\'), \Vci)di>che Dorfer, Deut.^che Dürfer (Ud. X) und (iross-
BeUU = Dttdecchen Bdiz (Bd. Xl>
♦) M. f. lt. 268.
») M. f.-li. 3605. 6572. M. J«1irl).V, S. 128. M. Jahrb. XXIII, S. 207. Die Verfasser
des Registers ran M. IVB. machen diesen Unterschied freilich nicht; «nseres Bedenitens aber
muss darauf hingewiesen werden, wenngleich sachlich nicht viel dabei heraitskoaunt.
Digitized by Google
506
AMTSGERICUTäBEZIRK GADEBUSCH.
bisher noch ungedruckt gebliebenen Urkunde vom 23. Juni 1456, in welcher der
Bischof Nikolaus von Schwerin den Herren von Halberstadt das ihnen vom
Herzog Heinrich verlidhene Patranat der Kirche bestätigt, unzweiTdhaft hervor.
Dort heisst die Kirche in Gross -BrUtz ecciesia parochialis in Rruscuitse.
Dagegen sind anscbeinciKi die Rczcichnun{,'cn Grotcn Bruszciiitze niclit vor
1497 und Grotcn Brüse nicht vor 1505 nachzuweisen,') während in späterer
Zeit die Namen Gross- und Klein- oder Lütten -Brütz herrschend werden und
för Kldn- Brütz der Name Brüseiritz, wie bekannt, erat seit 1830 wieder ein-
gefiihrt worden ist.*)
Von 1422 her finden wir die schon genannte Familie von Halberstadt
erbangesessen auf beiden Plätzen, die sie, wenn auch nicht ganz und gar, so
doch theilwcisc schon lange vorher innegehabt haben mag. Zu Gross -Brütz
gab es z. B. in alter Zeit, wie hinläns^lich bekannt ist, eine grosse Zahl von
Höfen. Die an<;L.schenc Familie von Halberstadt wird auch, wie aus ihrem
Fatronatsrecht zu schliessen ist, die Stifterin der Kirche in Gross -Brütz und
der Kapdle in Lütten -Brütz gewesen s«n. Aber nur bis zur Mitte des
XVII. Jahrhunderts erfreuen sich ihre Mitglieder des ungestörten Besitzes
ihrer Guter. Verschiedene Schuldverschreibungen, unter ihnen als be-
deutendste eine von 36000 Mark an den Lübecker Bürger Jakob Crivitz,
fuhren zum Ucbergang beider Güter an die Familie Crivitz, die ihren Adel
erneuern lässt und bis zur Mitte vorigen Jahrhunderts in deren Besitz bleibt.')
Die Versuche des Oberstlieutenants Balthasar Gebhard von Halberstadt, die
Güter wieder zu gewinnen, auch die Muthungen ihrer Lehne durch seine
Nachkommen am 11. Juli 1693, 35. Juli 1714 und in der Zeit von 1749
bis 1758, haben kein praktisches Ergebniss, da die Reluition ausbleibt. Der
Familie von Crivitz fol^t in der zweiten Hälfte des XVIIF Jahrhunderts die
von Platen.^) Sie hält sich auf den (intern Gross- und Klein - Hrutz bis 1784,
wenngleich die Kreditoren des lernst Joachim von Platen schon 1768 mit
Nachdruck aufbeten. Aus dem von Platen'schen Debitwesen erwirbt 1784
der Hofmarschall Konrad Ignaz Franz Wilhdm von Lützow beide Güter, ver*
kauft aber 1795 Klein -Brütz an Frau Katharina Maigaretfaa Bethmann.
W'aluend die Familie von Lützow (Sigismund Baron von Lützow) bis 1863
auf (iruss ■ Hnitz bleibt und es in diesem Jahr an die Familie Bock abtritt, die
es noch heute innehat, folgt in Klein -BrüLz 1803 auf Frau Bethmann der
Domi>robst und Kammerherr Adolf Friedrich von WitzendcMfT. Von dessen
Eri>en kauft es 1820 der Kanzlei -Vicedirektor Adam Reimer ChristofTer
von Schack, der den alten urkundlichen Namen Brüsewitz wieder einfuhrt, und
') Kühncl. M. J.ihrl). XI.VI. S. 30.
*) Vgl. Kaabe - Quadc, M. Vatcrland.skimde I, S. 1047.
*) lisch, M. Jahib. XI, S. 460. XIV, S. 42. l'yl, XXXIII, S. 96 bis 98 (Stammbuch des
Gottfried TOD Crivitz). XXXIX, S. 95*
*) Ueber die nordJeutNchen F;iniilieii von I'Inton vf;I, Lisch. M. J.ihrb. XXIII, S. 41 ff.
Nicht seit 1731 (i. Lehsten, Der Adel Meckleuburg>), sondern seit 1751 auf llrüu.
Digitized by Google
. ^ ^. 1 y Google
mCHDOKF OR06S-BR0TZ.
$07
heute besitzt es Rudolf Graf von Schack in Vereinigung mit Rosenberg
und Zülow.
Die Tarochic lirütz i^t die einzige im Gadebusdier Amtsgerichtsbezirk,
die nidit rar Ratzeburger Diöcese gehört. Sie zählt zur Schweriner Diöcese*)
und gewiss auch cum Schweriner Archidiakonat, wenngleich in dieser Be-
ziehung nur die eine urkundlich beglaubigte Nadiricht aus dem Mittelalter
überliefert zu sein scheint, dass die Kirche am 23. Juni I4?^> vom I^ischof
Nikolaus der hl. Jungfrau Maria geweiht wurde, (icwiss {.jcht auch die jetzt
vorhandene Kirche auf keine frühere Zeit zurück, obschon ohne Zweifel
dne ältere Kapdie oder Klrdie voraufgegangen sein wird. Die Sage von der
Erscheinung der Madonna über dem Haupte des Bischöfe während des Aktes
der Grundsteinlegung, die Anlass zur Aufstellung eines wundcrthätigen Marien-
bildes gab, erzählt das VMsitationsprotokoll vom 13. Februar 1694 ausfiihrlich,
ebenso ausfuhrlich die Sage von den Rrdmännchcn, vom Gesundbrunnen
und vom Puck, der sich auf dem Kapcllcndach in Klein -Hrütz zu schaffen
machte und schliesslich durch den Schweriner Franziskaner -Guardian von
dort nach Schwerin gebracht wurde, bis er hier nadi dem Tode dnes Dom-
herrn ins Wasser gesprungen sn.*) Um 1527 ist Joh. Krfiger (Kroger) Kirdi-
herr »des Dorpes Grotcn Brufeuitzt. Einer seiner Nachfolger am Ende des
XVI. Jahrhunderts ist Nikolaus Paschen. Dessen W'ittui- heirathet nachher
der Pastor Georg Lautcnbcrgk (Lautcnbcrj^cr), der zwischen 1602 und 1622
nachzuweisen ist. Um 1626 ist bereits Christianus Alberti Pastor; 1672 bittet
er darum, dass ihm senk Sohn zum Nachfolger gegeben werden möge. That«
sädiUch wird es von 1675 an der Pastor Joh. Hennings. Von 1689 bis 1707
ist Joh. Holm Pastor. Zu seiner Zeit, 1694, spielt ein Prozess des Fiskals
wider die Herren von Crivitz wegen MissljratHhts ihrer ratronatsj.a*\valt,
insofern sie sich ein kostbares rothes McssL;c\\and angeeignet und zcrsclinittcn
hätten, das noch vom Pastor Alberti getragen worden sei, u. a. m Dieses
Messgewand, dne kostibare Gold- und Seidenstickerei mit Heiligengestaiten
und dem Halberstadt'sdien Wappen, ist auf der Schweriner Justizkandd liegen
geblieben und nachher ins Grossherzoglichc Museum gekommen.')
Auf Holm f()l.t^ 1707 Harth. Prüssing {•]• 1727), 1730 Ern.st Zacharias
Evcrs (bis 1744), 1744 bis 17S4 Joh. Gu.stav Schniittcrlow und 1784 Eriedr.
Ludwig Coelzow 1816). lieber ihn und seine Nachfulger vgl. Walter a. a. O.
Das Patronat der Kirche haftet seit der Trennung der Güter Gross-
und Klein -Brütz (s. o.) am Besitz von Gross -Brtttz.
Die Kirche ist dn mit Strebepfeilern bewehrter, im Uebrigen aber alles Kirche,
äusseren Schmuckes entbehrender gothischer Ziegdlnu, dem auf der Nord*
') Ciru.s» - iirütz ist von .Schwerin 10 km entfernt, ebenkovicl vun Gailebu!>c)i.
*) V|^. Butach, Si^efl and Gebriuch« ant MeeUenlnirg I, S. 74 bis 79, wo die Sage Doch
andere Versionen hat.
*) Liitch, M. Jahrb. XXXVllI, 239 vennnthet richtig, da»s das von der Justizkanzlei ge-
komowne Gewand von GroMen-BrHti iierstannne, aber die Akten Aber den genannten Process
bat er nicht in HInden gebebt
Digitizeü l> ^oogle
508
AMTSGERICHTSBBZIRK GADEBUSCH.
Altar.
Kan/.el,
Tauf-
bfliiiltiT,
l'unlc,
Tauf-
Btänder.
Orgel.
Glocken.
Gestühl.
Halher-
stadt'sche
Grab$telle.
und Südseite einzelne wilde Granitblöcke eingemischt sind. Sie stellt einen
einzigen Raum mit fladwr Decke dar, schliesst aber im Osten mit einer Kon-
struktion aus dem Achteck ab und bildet liier durch Erhöhung des Fussbodens
um zwei Stufen einen Chor. Der Innenraum des Thurmes, der einen niedrigen
vierseitigen Pyramidenhelm trägt, ist mit zum Schiff f^c/oLnn Verhältniss-
massig kleine I'cnstcr mit gedrücktem Spitzbogen erleuchten den bei (ielcgcnhcit
der letzten Restauration im Anfang iler ncnn/iger Jahre wieder freundlich her-
gestellten, reichlich mit Emporen gefüllten Kaum. Auf der Südseite zwei Grab-
kapdlen, die der Familie von Lepel ') am SchüT, die der Familie von Flessen *)
am Hiurm; Auf der Nordseite, nahe dem Chor, eine Vcnhalle. In der Be-
dachung haben sidi Reste von Mönchsziegeln erhalten.
Der Altar -AufiuitB ist neu. Er enÜ^ eine Kopie nach dem PTannen-
schmidt'schen Altaibilde m der Kirche zu Serrahn, gemalt von Louis« Schmidt
Der frühere Altar war der Rest eines alten t^othischen Triptychons mit
Schniufiguren, dem man 1735 als Mittclstück ein Gemälde mit der Dar-
stellung der Scene im Garten Gethsemane eingefügt hatte. Dieses Bild
schenkte der holländisehe Adniiral von Paulsen, ein Hruder der damaligen
Kirchenpatronin, der 1 rau ( )berlbrstmeister Margaretha Friederike von Crivitz.
Es ist jetzt im Thurm aufgestellt.
Die Kanzel ist ein Werk des Barockstils vom Jahre i6()(j. Vgl. Inventar
von 1811. Aus derselben Zeit ein hölzerner Tanfbchälter mit Deckel. Die
alte Fttote aus Granit dient jetzt als Blumenbecken auf dem Kirchhof, nicht
weit vom Thurm. Ein jüngerer achtseitiger Tanfitinder von dunklem Marmor
mit dem LOTZOW'schen Wappen wird gegenwältig in der Kirche gebraucht
Die Orgel ist neu.
Glodtcn* Von den beiden Glocken der Kirdie ist die eine neu ge-
gossen. Die andere ist 1622 zur Zeit des Pastors GEORG UVUTENBERGER
aus einer älteren Glocke von 1474, welche KARSTEN VON HALBERSTADT
schenkte, von dem (ilockcngicsscr Jochim Gravert nnnjegossen worden und
trägt die Namen des Vaters CHRISTOFFER VON HALBERSTADT mit seinen
beiden Gattinnen »ANNA VON LEVZENc und »EUSABET GÖTZEN«, sowie des
Sohnes HANS JORQEN VON HALBERSTADT mit seiner Gattin »DOROTHEA
MOLKEN.«
Das Inventar von 181 i enthält keine Resclireilning der Vorgängerin der
anderen Glocke, sondern giebt nur an, dass sie geborsten war.
Gestühl. Unter den ICmporen mag die prunkvollste mit den Wappen
der Familien von Biilow, von Plessen, von Behr und von Schuckuiann ge-
nannt werden.
Halberstadt'sche Grabstelle. V'or dem Altar an Stelle der alten
Familiengruft eine neue gusseisemc Platte mit dem Halberstadt'schen^ Kalb-
mond, neu gestiftet von Graf SCHACK auf Briisewitz.
') Auf flrambovr.
*) Auf üouesgabc.
Dlgitized by Google
KIRCHDORF GROSS-BROTZ.
KIcinkunstwerke. i. Silberver^oldctcr {jothisclicr Kelch :uif sechs- Kleinkunst-
passigem I'"u.s.s. Am Knauf der Name lEHSVS. An der Kiipa die Insclirilt: werke.
MAGDALENA BROCKES HAT DIESES DER BRUZER CAPEL- KIRCHEN VOR-
EHRET ZU GOTTES EHREN ANNO 1055 DEM 20. OCTOBER. Dazu das
Brockes'sche Wappen. Am Fuss ein Kradfixus als Relief. Ohne Werloeidien. —
2. 3. Silbervergoldeter Kelch im Barockstil mit dem Wappen des OTTO
VON DER DECKEN. Als W'erkzeichen das Hamburger Wappen und der
Stempel (r?).') Zum Kelch eine einfache l'atcne ohne Werkzeichen. 4 5
Silbervergoldetcr kleiner Krankenkelch mit dem eingravierten Wapixin sowie
mit den Initialen des Kammerherrn Baron SIGISMUND VON lOtzOW. Beide,
Kelch und Patene, ohne Werkxeichen. — 6. Neue silberne Kanne. Schweriner
Arbdt mit undeutlichem Stempel.*) — 7. Messingbecken mit der Umschrift:
GROSEN BROZER TAVFBECKEN AffO 1783.«)
Die alte Kapelle von Brüsewitz stdit noch. Sie dient jetzt als
Gewächshaus.
Das Inventar von 181 i erwähnt noch einen Kelch (Ks Üullliasar (leb-
hard von Halberstadl und der Frau Margaretha iridenkc \un Crivitz, geb.
von Paulsen. Beide wurden am 5. November 1806 von darchziebenden
französischen Truppen der Corps Hemadottc, Soult und Murat mitgenoninien,
»An dem mit Laubwerk bemalten inwendigen Boden der Kirche oben, von
Brettern, steht: ANNO 1700 HAT AUEIN ZU DER EHRE QOTTES HERR RERENO
HARTWIG VON PLESSEN, ERBHERR AUF QOTTESQABE, DIESEN BODEN NEU MACHEN
UND MALEN LASSEN.«
In der Nähe von liosenberg, an der Chaussee von Schwerin nach Obelisken.
Gadebusch, zwei von dem verstorbenen Gutsbesitzer C. GRIEPPENHAGEN ge-
setzte Obaliakaa, der eine vom Jahre 1882, unmittelbar an der Chaussee, mit
der Aurschrift: »HOCH DEM LIEBEN DEUTSCHEN VATERLANDE ; der andere
von 1850, weiter ab auf der Gegenseite, eine Viertelstunde ins Holz hinein,
an der Stelle, wo Körner am 26. August 1813 den Heldentod starb. Mit
enlsprcchcndea Inschnlten.
') Unprtti^ich olTentMr in der eingfcan^'cncn Kapelle zu BrOsewiiz {gebraucht.
An|«eblich um der zu Anfang diene» JohrhundeiU eingegangenen Kapelle zu Gnunbow
Htiunmcnd.
Angeblich ms zwei ehemab der Kapelle in Grambow angebSrenden Leocbtem gemacht.
* KiiiL- andere ehcmaK hier •^'i wf^rni- t;>-irir1»-iu- Mi-^singseblUsel mit der Inschrift iwwoi
V. MARCARCTA RiKCN bewahrt da» üru!>sh. .Museum zu Schwerin.
Dlgltized by Google
5IO
AMTSGERICHTSBEZIRK GADEBUSCH.
Das Kirchdorf Pokrent
Gesctttchte i^okrent, deutsch soviel wie Krummendorf,') ist schon um 1230 ein Kirdn
spiel der Ratzcburgcr Diöcese mit den Dörfern Pokrent, Alt Pokrent,
Käselow, Liitzow, Hlcese und Renzow, zu denen später Ncucndorf, Sclila^fort
und Alt -Steinbeck hinzugekommen sind, und hat Anthcii an der Hrot- und
Weinstiftung des Fürsten Heinrich vom i. Januar 1267.*) Als Grundbesitzer
finden wir hier im Anfange des XIII. Jahrhunderts den Ritter Detlev von Gade>
busch. Ihm folgen in späterer Zeit die Herren von Lfitzow, Hasenkop und
Bülow. Die von Liitiow fiissen hier bereits im XIV. Jahrhundert Fuss*) und
haben, nach Ausweis von Akten, an Alt Pokrent, wo auch das Kloster Kehna
am 24. Juni 1297 8' j Hufen gewonnen hat,'') bis in die jüngsten ZL-iti n einen
Antheil zu behalten gewusst. Die von Hasenkop sind bis ins XV. Jaht hundert
hinein mit Be»tz in Pokrent nachzuweisen.*) Im XVL und XVII. Jahrhundert
und Anfange des XVIII. Jahrhunderts haben es die Herren von Rtilow. Auch
erwerben sie das Patronat der Kirche, das vorher den Herren von Blüdier auf
Rcnzow gehört hat.") Ks giebt aber bis jetzt keine Anhaltspunkte, um aus
diesem späteren Verhiiltniss auf das frühere mittelalterliche Verhaltniss irgend
einen Schluss zu ziehen. Vorübergehend gelangt in Folge von Schuld-
forderungen auch die Domkirche zu Schwerin in den Besitz von Pokrent
Aber die Wiederdnlösung erfolgt durch Hartwig von Bfibw laut dessen Mit-
theilung in 'einem Briefe vom 32. Januar 1684. Von 1725 bis cur Mitte des
XVIII. Jahrhunderts hat die Familie von Schmettau die Gutsherrschaft» dann
(nachweislich 1754 und 1760) Georg W'ilhelm von W'itzcndorflT, weiter (nach-
weishch 1777 bis 1785) die Familie von Lützow. Ihr folgt als Besitzer Joh.
Fricdr. Scelcr, 1820 der Obcramtmann Christian Albrccht 'llücssing, 1835 die
Landdrostin von Wrisberg und 1860 Heinrich Geotig Howits, dessen Familie
noch heute im Besitz des Gutes und auch des Kirchenpatronates ist.
Aus dem Mittelalter «nd die Namen zweier Plebane überliefert: Reddag
(Rendagus) um 1237 und Johannes um 13 19. Um 1540 ist Sebastianus N.,')
1585 ist Israel Pentze auf ganz kurze Zeit Kirchherr. Ihm folgt 1586 Caspar
>} Vgl. Kflhnd, M. Jähib. XI.VI. R. 108.
*) M. U. lt. ^75 S. 370). 1107, 4107. 5613.
*) M, U.-U. 6S52.
^ M. V.-B. «45«. »6a7.
') l isch, M. J.ilirl.. VII. S. 30.
*) Nach einem N'crhür am a. August 1669 in einem Frozen wegen N'erändcrung von (jrab>
gewfliben wird au>^'ev.n;;t, dxts Matthiu von Bolow, weiland Erbherr aaf Pokrttit, dw ju& patro.
nalUH vun «Ion Itliichem m keii/ow gekauft habe.
') Vgl, M. Jahrb. SU, S. 171.
Digitizeü l> ^
oogle
KIRCHDORF POKRENT.
5"
Calovius; um 1615 ist Georg Lembke l'astor in I'okrent, zwischen 164 1 und
1652 VVilh. Wacker, zwischen 1652 und 1672 lernst Jüchter; 1673 wird Jakob
Härder benifen, 1678 Joh. Heinr. Franck, 1695 Franz Joachim Donnings-
hausen (f iToS). Ihm folgen Vater und Sohn Hdnridi Gustav Susemihl,
letiterer von 1738 an bis 1764, dann Georg Ludwig Neirfiauer, von 1764 Ins
18 16. Ueber ihn und seine Nachfolger s. Walter a. a. O.
Die Kirdie ist dn ziemlich sdmiuddoaer Ziegelbau mit gewölbtem Kirche,
gotiuschen Chor aus dem Achteck und mit einem SdüiT« ^—
dos mit einer der Konstruktion des Satteldaches folgenden
neuen Holzdecke j^cschlosscn ist. ]\t im Wistcn vor-
gesetzte Ihurm, bei dessen Fundamenten auch Ciranit
verwandt ist, trägt gleichfalls ein Satteldach und erhebt Verbindang
sich nicht viel über den First des Langhauses.*) von Chor und schiir.
Altar, Kanzel, Orgel und Gestühl sind in neu^i )thisclK-ni Stil aus- Hinrichtung
geführt. Am Altar, dessen Haupttheil von einem Gemälde mit der (irablegung <i«
gebildet wird, sind zwei Figuren von einem alten gothischen Triptychon als Kirche.
Seitenschmuck mit zur Verwendui^r gelangt. Das alte Trinaiphkrens ist in
die Rumpelkammer versetzt. Zu beachten ist die alte Granitfllnte mit spater
eingesetzter achtsciti<.;(T MessingschUssel von guter Treibarbeit. Aehnlich den
Fünten in Hohenkirchen, Viechein und aus der Döpe, mit vier Köpfen am Fuss.
Glocken. Von den beiden Glocken ist die grössere 1760 von Johann Glocken.
Hinrich Armowitz in Lübeck zur Zeit des Patrons QEORG WILHELM VON
WITZEN DORFF gegossen und mit dessen Wappen fjeschniiickt worden. —
Die kleinere ist durch Herrn von Stciif^lin aus Kenzow nach I'okrent {ge-
kommen. Sie zeigt das liassewitz'sche Wappen mit den Initialen C • V • B •
Die Inschrift lautet: 4f 1710 HAT DER WOHLQEBORNE HERR CHRISTOFF
VON BASSEWfITZ ERBHERR ZU HOHENLUCKO DIESE GLOCKEN QESTIFFT
ZUM ANDENKEN.
Klebünoitwcrke. 1. Silbervergoldeter gothisdwr Kelch. Am Fuss die Kleinkunst-
Inschrift: Im) rontabul lanoe i>9fiii et gefteBe n%at ei9 toehmt anno rcb
(— 1495). Dazu die Wappen beider in Tartsrlieuschilden. Der Schild des
Mannes i.st gespalten: wachsender Hund nach links, tinrch beide Fehler. Der
Schild der Frau ist .schr.agrcchtst^etluilt : im <il)iTcn l-ildc Barenkopf nach
rechts. Zwischen den Wappen das Rcliclbildchen eines Krucifixus. In den
Rauten des Knaufes der Name II16SVS. Oberhalb des Knaufes am Schaft
abermals der Name fj^efb^i unterhalb des Knaufes der Name niaria.
Als Werkzeichen der lübische Doppeladler ^ und das Mdsterzeichen
Auf der Unterseite die Inschrift: OONATVS . a . F . G . SCHOTZ 1793 . ^
Patene von demselben mit den Stempeln: C 12 ^ Ii h ic I. — 2. Einfacher
') Vgl. Lisch, H. Jahrb. VUB, S. 72.
*) F. G. SehiiU, Bürgermehter von Lüneburg, war d. Zt. Eigeiilbaiiier von Gron -Renzow.
Dlgltized by Google
512
AMTSGERICI ITSUKZIRK G ADEBUSCH.
silberner Kelch auf rundem Fuss, mit rundem Knauf. Spuren ehemaliger Ver-
goldung. An der Kupa das Wappen der Familie VON FABRICE sowie ein
Monogramm unter ftinfzackiger Krone mit den Initialen G R L VF (Geh,
Rath Ludwig von Fabrice auf Dutzow).
Das Stadtzeichen fehlt. Als Meisterzeichen
zweimal der Stempel <T?s)- ICbcnso ist
die Patcnc gestempelt , die dasselbe
Wappen zeigt, welches der Kelch hat.') —
3. Silberner Kelch von l/ll mit dem
Bülow'schen Wappen, Dazu eine Patcnc
mit dcm.sclben Wappen. — 4. Noch eine
vereinzelte silberne Patenc mit der Um-
schrift: CREDO SALVTARI : SIMB : GRATIA
CHRISTI.») — 5. Runde .silberne Oblaten-
dose, auf dem Deckel das Bülow'sche
Wappen und die Zahl 1710. An der Seite
M • V • B • im Kranze. Stadtzeichen S,
Meisterzeichen undeutlich. — 6. 7. Auf
dem Altar zwei silberne Leuchter von
J. Giese (Schwerin) mit dem Wappen der
Familie VON WRISBERG. — 8. Neue sil-
berne Taufschale. Berliner Fabrikwaare
von F. G. Heinersdorff. — 9. Aelteres Kelch
tuch von weissem golddurchwirkten Br(jkat.
10. Koihseidcnes Kelclituch mit reicher
Cioldätickerci und mit Gold.spitzcn.
Kelch (i
Das Kirchdorf Gross - Salitz.
Ck'srhichte
dfs
Dorfes,
ross- Salitz, in alter Zeit Zadewalz, Sadcwalz, Saduiz, Zadewitzc, Sade-
wclz, Zadelwitze (= Gartendorf) geheis,sen und im Kirchcnvisitations-
protokoll von 1534 Grotcn Sadeweltz geschrieben, während Klein -Salitz in
der ältesten Urkunde von 1230 als Slavicum Sadewalz aufgeführt wird, ist
schon um 1230 ein l'farrdorf und bereits im Anfange des XIV. Jahrhunderts
') Hie r.nnilic vn» Faliricc hcsass im (i.nlebuscher Amt seil 1^194 die CUter üulzow,
k<n;yciiflorf, M.irienthnl, Dorotheenhof und Klein • .Salitz (s, u. Kopgendorf) und im (ircvesmUhlener
Amt viin 1737 Iiis 173.S .luch die Ollter M.irkeiisee «nd Rn'icnhafjcn.
') Im Inventar von iSii wcrdrn die unter 2 1>i> 4 .■»«fj^ofuhrlcn SlUcke nicht genannt. Sic
mü<><;cn aUo cr<.t später in die Kirche jjL'Linfjt sein. Wohl alicr ist dort ein kleiner NilhervcrKoldcler
Kelch mit dem HlllcherSchen Wappen und den Ucickn Nnnieii BrRFND BLVCHER un<l JtXIANA BAW«R
verzeichnet, der nicht mehr vorhanden ist.
. j ^ . y Google
KIRCHDORF GROSS -SALITZ.
SI3
als Gut (Ut Familie Lützow nachzuweisen.') In ihren Händen bleiben Gross-
und Klein -Sahtz bis in unser Jahrhundert hinein vereinigt. Aber 1782 ge-
winnt die Familie Fabrice auf Roggendorf einen Anthcil an Klein • Salitz, der
zuerst als Pertinenz von Roggendorf, dann (bis 1809) als Pertinenz von Dutzow
behandelt wird, ein Jahr lang (18 10) Besitz des Joh. Wilhdm Bock auf Dutzow,
Thurow imd Sandfeld wird, 181 1 aber wieder an die Herren von Fabrice
zurückgelanj^^t und nun bis 1887 eine Pertinenz von Roggendorf und Maricn-
thal darstellt. Iiis 1887 behalten auch die Herren von I.iitzow ihren An-
theil an Klein -Salitz, der als Tertmenz von Gross -Salitz aufgeführt wird.
Mit diesem Jahre treten beide Familien ihre AnUidle an Klein •Salitz an
Karl Hermann Theodor Haase ab,') der das Dorf als Allod seinen übrigen,
nun ebenfalls allodifizierten Gütern Roggendorf, Marienthal und Dorotheenhof
hinzufügt. Gross -Salitz l)leibt Hesitz der Herren von LtttZOW und ist Z. Zt.
mit Kadegast und Schönwolde zu einem Lehn vereinigt.
Als Kirchherren treften wir um 1237 einen Ulrich (Ulricus), um 13 19
Hinricus Brant, und als Ahariaten 1335 einen Dietrich (Tidericus) in Salitz,
das zur Ratzeburger Diöcese gehört und gewiss auch keinem andern als dem
Ratzeburger Archidiakonat unterstellt gewesen sein wird.') Das Patronat über
die Kirche fuhrt im Mittelalter nach Ausweis des Visitationsprotokolls von
1534 der Kirchherr zu Gadebusch. Wie dies Verhaltniss entstanden ist, lasst
sich nicht nachweisen, ebensowenig ist etwas vom Uebergange des Patronats
auf die Gutsherrschaft, die es nachweislich seit 1653, vielleicht aber schon
früher in Händen hat, bekannt. Als protestantische Pastoren sind in Gross-
Salitz thätig gewesen zwischen 1565 und 1585 Bernhard Hücker, um 1623
Jochim Müller, zwischen 1644 uiv] 167 1 Joachim Mevius (Mebis, Moebis),
zwischen 1^71 und 1683 Michael Wildegansz, zwischen I<^84 und 1721
Joachim Severin, von 1721 bis 176c:) Joh. Joach. l'raefkc Vater, \nn 1761 bis
1791 Joh. Joachim l'raefkc Sohn, von 1792 bis 1839 O. C. Elfrcicli. Leber
ihn und seine Nachfolger s. Walter a. a. O.
Kirche. Die verhältnissmässig kleine, aber als dreischiffigc Basilika mit Kirche.
erhi>htciii Mittclschifil" angelegte Kirche zu Salitz gehört nüt zu den an-
ziehendsten l^ndkirchen und verdient in höchstem Grade eine den ursprüng-
lichen Absichten des Baumeisters entsprechende Wiederherstellung der zum
Theil jetzt fehlenden (durch einen Thurmsturz am 1 5. Februar 1648 vernichteten)
Gewölbe und des nach aussen und innen nicht zu voller Geltung gelangenden
Obergadens im Mittelschiff, der chirch die allzu hohen, mit dem Satteldach
des Schiflfes zu.sammonwachsondcn I'ultdiicher der Seitenschiffe seines ihm zu-
gedachten Lichtes beraubt wird Die beigegebenen Hamann'schen Aufnahmen
überheben uns einer eingehenderen Beschreibung dieses eigenthümlichen Ziegel-
baues, sodass nur Weniges zu bemerken bldbt. Die inneren Pfeiler sind
') .M. l .-H. 4738.
') .Kpäter geadelt
^ M. U.-B. 375 (S. 371). 471. 1107. 1746* 4108. 5467. 5613 (S. S4it 54a).
88
Digitized by Google
514
AMTSOERICHTSBEZIRK GADEBirSCH.
unterhalb ihrer Kapitelle mit kleinen Baldachinen in Klecblattbogcnform ver-
ziert, unter denen auf einer Konsole eine (jetzt mit Kalk überweisste) Heiligen-
figur angebracht ist. Den gleichen Schmuck finden wir an den inneren
Querschnitt des (.'hors. (»stscitc des Chors.
Wanden und an den äusseren Strebepfeilern des Chors. Im südlichen Seiten-
schiff drei neue Glasfenster mit den (iestalten der Apostel Johannes, Petrus
und Jakobus. Am Dach des Chors haben sich noch alte Mönchszicgel erhalten.
Der im Westen an die
Kirche gesetzte hölzerne
Thun« hat eine pyra-
midale Spitze, die mit
Schindeln gedeckt ist.
Zuletzt sei bemerkt,
dass der südöstliche
Theil der Kirche als
LütJtow 'seile Grab-
kapelle abgetrennt ist,
und dass in der N'ord-
wand des Chors ein
ins Mauerwerk ein-
gelassener spitz-
giebcliger F'.ucharistie- <:nm.lns, «kr Kirche ni Crot*- Saliu.
Schrank mit seinem ur-
sprünglichen hölzernen Thürverschluss erhalten geblieben ist.
rnih^^nthische Verhaltnisse und Kornun in den Schiffen und hoeh-
gothischc in dem /ierlirh gebildeten Cliois^hluss aus dem .\rhteek weisen
die Theile dieses Baues in «len Anfing und in die Mille des XIV. Jahr-
humk-rts. Vj^I. Lisch, M. Juhrb. VIJ, S. 7S i.is cSo. Criill, Jahrb. XXIX,
Seite 56.
KlkCHDüRF GROSS -SALITZ.
5iS
Per Altaraufsatz ist ein Werk des Harockstils und eine Lützow'schc
Stiftim^ vom Jahre 1736. mit rcichliclicr Veruendun^ von Säulen und plastischem
Schmuck aus Ihtiz. l'ntcn in elcr Hasis tlas Aln-ndmalil in Reliefschnitzerei.
I )arül)er als Mittel - unil I laupt-
stiick der Krucifixus mit den
Gestalten des Johannes und
der iMaria, alle drei in voller
Figur. Als Seitenfifjuren links
Moses, rechts Aaron. Im
zweiten Stock des Aufsatzes
die Grablcjjunji und ganz
oben der auferstandene
triumphierende Christus. An
der liasis das Lützow'schc
und liulow sche Wappen, —
Kanzel imd Taufgehäuse sind
iüiij,'s-.chiim. iiii Renaissance - Geschmack
aus};efuhrt. Am Gestühl Reste von alten Inschriften, in denen die Buchstaben
durch neben einander eingeschlagene Nägel gebildet werden.
.Altar.
Kanzel,
Tauf-
gehäuse,
(iestühl.
Epitaphien An der Südwand zwei in Stein gehauene Kpitaphien. Kpitaphien.
Auf dem einen knieen Mann und l'Vau im (iebet. Darunter das Lützow'.sche
und liülow'sche Waijpcn nebst Bibelsprüchen. Zuletzt die Angabe: ANNO
1599 DEN 19 lANVARY IST DER EDLE GESTRENGE VND EHRNVESTE LVDER
LVTZOW ZV DVTZOW VND NEINDORF ERBGESESSN VON DIESER WELT
SELIG GESCHIDEN VND HIR EIRLIG BEGRABEN SEINES ALTERS IM 75
JAHRE. ANNO 1603 DEN 8 APRILIS IST DIE EDLE EHR VND VIEL TVGEND-
REICHE FRAW MAGDALENA VON BVLOW LVDER LVTZOWEN EHELICHE HAVS-
FRAW VON DIESER WELD SELIG GESCHIEDEN VND ALLHIE EHRLICH BE-
GRABEN IHRES ALTERS IM 74 JAHR. SEINE MUTTER HAT GEHEISEN BEKE
VON DER HUDEN. IHRE MUTTER HAT GEHEISEN ANNA VON PARKENTIN.
In der Nahe das zweite ICpitapli. Auf ihm sieht man den Vater mit sieben
.Söhnen und die Mutter mit fiinf Tttchtern unter dem Kreuze knieen. Die
Inschrift lautet: ANNO 16 . . DEN IST DER E • G • VND EHRENVHSTER
MAGNVS LVTZOVy^ F • HEUBTMAN ZV DOMZ AVF NEWENDORP ERB • S •
VERSCH . ANNO 16.. IST DIE EDLE VIEL EHR VND TVGENDREICHE
DILLIANA BEHREN S • ENTSLAFEN .
Jahreszahl inul Datun« siiul narlizutra^^en vergessen. Die 'i'afel ist somit
schon liei l.eii/.eiten tler (lenanntcn geuKicht worden.
Glocken. Zwei (INicken. 1. Die grossere (ilocke hat oben imtcr der (ilocken.
Haube die Inschrift: VENITE AD ME QVI LABORATIS ET ONERATI ESTIS ET
EGO REFICIAM VOS • MATH • XI. 28 • HÄRMEN HARTWICH • V . W . T • SA-
LITZ • Im langen Felde auf der einen Seite der Kruciti.vus, auf der andern
Digitized by Google
5i6
AMTSGERICHTSBEZIRK GADEBUSCH.
der Name M • BVRN HEMMINCKHV8EN • Unten, uberhalb des Schlagringes,
die Inschrift: ANNO DOMINI 1604 HEBBEN MI LATEN GETEN MARTEN PIN-
NOW « HINRICH LVBBEKE • lOCHIM WVLF • IVRGEN BECKER > QODE TO
LAWE VND OEM KASPEL TO EHREN • PAVEL PITTS • K •
Diese (>l()( ke ist 1845 umgegossen, al>cr man hat die Inschriften der
alten Glocke beibehalten. Vgl. Inventar von 181 x.
2. Die kleinere Glocke ist 1 879 durch den Giesaer 6. Albiwdit in Wismar
iimg^cf^^ossen worden. Auf der einen Sciti- des Feldes die Inschriil: KOMMT,
DENN ES IST ALLES BEREIT 1 LVC • XIV. 17 • Auf der andern Seite der Name
des Giessers.
Früher hatte die Glocke oben unter der Haube die Inschrift: lOACHIM
MEV1VS PASTOR • BARTHOLD THONAOEL • HANS COLER • HANS WEIOEMANN •
KIRCHENIVRATEN • Darunter: STEFFAN WOLLO VND NICOLAVS GAGE AVS LOT-
TERENG HABEN MICH QEGOSfiEN • SALITZ ANNO 1056 • Im langen Felde auf
der einen Seite das Latzow'sche Wappen und die Inschrift: HARTWIG LVTZOW
VOLRATHS SOHN DIESER KIRCHEN PATRON; auf der aodeill <e: ELISABETH
8PARUNQS HARTWIG LVTZOWEN ZV SALfTZ EHELICHE HAVSFRAVW 1666.
Kleinkunst- Kleinkoottwerke. i. Silliemer, inwendig vergoldeter Abendmahl^eich,
werice. von K. FR. VON LOTZOW zur Zeit des Pastors ELFREICH gestiftet Dazu
eine schöne verf^nldete Patene mit der Zahl 1817 zur Frinnerunf^ an die drci-
hundertjährifre Jubelfeier der Reformation. Beide von dem Schweriiur (»old
Schmied |finck| |T]. — 2. Neue silberne Kanne, von OTTO VON LÜTZOW
1894 gestiilet, zur /xit des Pastors HUGO BERNHARDT. Arbeit vom Gi>id-
schmied Rose •Schwerin. — 3. Eine neugothische Kanne, inwendig vergoldet,
ohne Werkzeichen. — 4. Grosser zinnerner Keldi auf rundem Fuss, von 1728,
mit dem Namen HANSS • lOCHtM . SANDBERG, ohne Werk/eichen. — 5. Kleiner
zinnerner Kelch auf tiuadraU in I "u.>s, uline Inschrift, mit dem Hilde eines ICn^^els
als Stempel. d Grosse j^etriebene Me.ssin^scluissel, in der Mitte die Sceiie
der Verkündigung, auf dem Rande eingepunzte Ornamente in l'"orm von
Kreuzen und Zungen, dazu zwei Wappenschilde mit den dariiber gesetzten
Initialen J B M und R M. Beide Schilde gespalten, der von J 8 M ist vorne
viermal getheilt (zweite und vierte Theilung schraffiert), hinten nichts; der von
R M ist vorne schraffiert, hinten leer. - 7. Neue Messin.Lfschiissel. - - 8. Kleineres
Messingbecken, 1727 von JOCHGEN SCHRÖDER j^eschenkl. — 9. lo. Zwei
grössere in Messing getriebene Leuchter, der eine mit der Inschrift: HANS
DÖPKE ANNO laei; der andere mit der Fortsetzung: VON KREMPS ;
GEBOREN > AVS DEM KRVCH HAVE • — II. Ein etwas kleinerer mit
gewundenem Schaft, ebenlalls in Messing getrieben, ohne Inschrift.
Digitized by Google
KIRCHDORF XOGGBNDORF.
517
Das Kirchdorf Roggendorf.
it dem N.iinen Kot^entorp kommt das 7 ktn westlich von Gadebusch Geschichte
{gelegene Kirchdorf RogRcndorf schon im Jahre 1 194 unter den Ratze-
burtjcr Stifts^nitcrn vor. Um 1230 ist es ein Kirchdorf mit deutschen Kolo- 'Dorfes,
nisten, der Name hat sich inzwischen zu der Form Rokkcnthorp ab^^cschliffen.')
Zu den historischen Ereignissen des Mittelalters gehört der Sieg des Herzogs
Albrecht von Mecklenburg bei Rc^endorf über den Herzog Magnus von Lüne-
burg am 29. November 1 369, wovon die zettgenösuadien Chroniken berichten.*)
Mit di-m Hej^inn i\r^ KV. Jahrhunderts finden wir in Roggendorf die Familie
von I.iitzow als (»iitshcrrschaft. Sic bleibt darin bis 164 1. Damals verkauft
Asmus von Lutzow das (»ut für 20000 (iuldcn an I'eler von VHc\ auf Dut/.ow.
Am 13. November 1693 verkauft es Dominicus von üfi'el für 9000 Thaler an
Hinrich Detlev von Plessen, macht aber den Kauf wieder rückgangig und giebt
das Gut fiir dieselbe Summe am 23. Juni 1694 an den mit ihm verschwägerten •
Hofrath von Fabrice. In dessen Familie bletiA es bis 1887. Seitdem ist es
eins der I lauptt^iitcr der I'amilie von I laasc fjcworden, die es als All<ul mit
den Il if< n und Dörfern Maricnthal, Durothcciütof und Klein -Salitz ver-
bunden hat.
Ucber die vom Arcliidiakon iles Hischofs von Kalzeburg eingesetzten
GcisUichen des Mittelalters wissen wir ^ar nichts. Auch aus der Reformations-
zeit scheint es keine besonderen Nachrichten von hier zu geben. Das Patronat
der Kirche hat wahrscheinlich seit dieser Zeit, nachweislich weni^'stens seit
1653, die (jutsherrschnft, und als protestrintischc IVedij^er fmden wir dort bis
1650 lohi.is Brüse, zwisclicn 1650 und 1658 Georg Decker, von i6vH bis
1712 Chri.siian Vogel, zwi.schen 1712 und 1718 l^'ranz joacliim Burchard,
zwischen 1718 und 1738 Adam Joachim Eckhard!, zwischen 1739 und 1776
Joh. Albr. Hermes, von 1776 bis 1818 Aug. Wilh. Albr. Woenigcr. Ueber
ihn und seine Nachfolger s. Walter a. a. O.
Die Kirche ist ein mit wenigen gothischcn Mauerstcinijkiicrn bewehrter Kirche.
Feldsteinbau mit platt abschliessendem gewölbten Chor und mit flachgedecktem
einschiffigen Langhaus, an dessen spitzbogigen Fenstern und Eingangsportalen
scharfkantig g^ederte Schmiegen und Laibungsbogen in die Augen springen.
Der im Westen vorgesetzte Thurm ist ein Holzbau mit einem schindelg^eckten
Pyramidenhelfn.
•) .M. L.-U. 154. 375 ^-^^ J7I)-
*) H. U.-B. 9991.
Digitlzed by Google
518
AMTSGERICHTSBEZIRK GADKHUSCH.
Altar. Der Altaraufsatz ist ein Werk des Barockstils mit den beiden Gemälden
des Abendmahls und der Krciizij;ung und mit Sclinitzwcrk. Als Bekrönung
die Gestalt des triumphierenden Christus mit der l'ahne.
Tauf- Von der übrigen I'-inrichtunj^ der Kirche verdient der Taufbehälter,
hehältcr, eine prachtif^c Sandstein -Arbeit im Geschmack der Renaissance, besondere
Messing- Erwähnung. S. die Abbildung. Von grossem Interesse ist auch der prächtig
deckel
getriebene grosse Messingdeckel dieses Behälters. Auf ihm die Inschrift:
KEY FRAM ANNO 1699 DEN 29 SEPTEMMER. )
Kirche zu Ko(;;;uiuli>rf.
Glocken. Glocken. Die grös.sere ist von P. M. Hausbrandt in Wismar 1S51 um-
gego.ssen worden. Ihre Vorgängerin war 1796 von G J. W. Landre in l.iibeck
imigcgos.sen worden und trug die Namen des damaligen Patrons AUG. GEORG
MAXIMILIAN VON FABRICE und seiner (Jemahlin DOROTHEA MAGDALENA
CAROLINA VON LÜTZOW. Die zweite kleinere Glocke ist 1771 von Joh.
David Kriesche in Lübeck gegossen und trägt die Namen «Urs CHRISTIAN
VON RANTZAU und seiner als Patronin bezeichneten Gemahlin ADELA VON
FABRICE.
Klcinktuist- Kleinkunstwerke. 1 — 4. Kelch, I'atene, ( )hl;ik-ndi»se, Weinkanne neu.
werke. neugothischem (leschmack von H. Fickert • Dresden gearbeitet. Gestiftet
1858 von dem danialigen Besitzer von Koggendorf, OSWALD AUGUST FRIED-
RICH VON FABRICE. 5. Kleine silberne Patene mit der .Aulschrift: PETER
') Oic schwere C"eiiieiitli:i«.i>. wclclio <li'ii {^rii-iiTi-n 'l'liril ilor l.imoii vcrhllllt. «liu <tle
eigentlichen 'IVfitjcr «U'> (innruii viiul, .-.rli.'ülii^t «Kmi I'!iiir1iiic1< «U-> Kll«i'»l«i;jke'>. Sie ^clieinl
I\e(i.ira1uren, wirlchc 1 •hIhij uarcii. zu venlfrUfii.
VORGBSCHICHTUCHB STELLEN.
SI9
LEVERS Ao 1708 • MARTINVS VON DER HEYDE Stadtzdchcn g JT^ — ^
6 8. Sill)friK' Kranken ■ Kl 'mniunii in'-c^^LiatliL'. neu, mit denselben Aiitscht üten
wie 9 und 10. — 9. 10. Silberne getrieljene Taufschüssel und Wasscrkanne,
von einem Augsburger Goldschmied (Twl.*) nach der Aufschrift ein Geschenk
des A. F. O. VON FABRICE und seiner Gemahlin H. W. A. VON FABRICE, geb.
Gräfin Rcichenbach-Lessonitz, an die Kirche zu Rc^gendcnf im Jahre 1886.
Aelterc Arbeiten. Auf der Unterseite auch Wappen, das Lützow'sche und das
Fal>rice'sche. - - ir 12. Zwei silberne I,euchter, im Stil passend zu I --4,
auch von demselben Stifter. - 15. 14. Zwei zinnerne Leuchter. Aufschrift des
einen: LECKES • WICH MANN • ALHEIT • WICH MANN • 1646; des andern:
PETER • RVTINQ • CLAVS • WARMER • HANS • HAGEMAN • lOCHIM • DETMER.
Keine Werkzeichen.
Das Inventar von 181 1 erwähnt einen nicht mehr vorhandenen silbernen
Kil( 1 mit i!rr \iifs<hrirt: EX DONATIONE PETRI VON VFFELE. HAERED. IN
DVTZOW, TVROW, ROGOENDORF ET BASTHORST, ON. VEDOELIAE ET QREVEN-
HOFF leso CAL. JANVAR.t und einen zinnernen Kelch mit dem Namen
DAVID lOHANN LVTHER IfO«.
Die wichtigsten vorgeschichtlichen Steilen
der /Xmtsgerichtsbezirke Kehna und Gadebusch.
I. Amtsgerichtsbezirlt Rehna.
IBfiehna. 1. iJas Stadtgebiet, besonders die Moore l>ei Kehna, sind reich
■** an voi^cschichtlichcn Alterthümern der Steinzeit, von denen sowohl
früher (vgl. Lisch, M. Jahrb. XI B, S 21) als neuerdings durch die Bemühungen
des Kaufmanns Rohile in Rehna eine grössere Anzahl in das CJrossh. Museum
gekommen ist. — 2. Im Postamts Clarten ein Burgwall, nach Form und l.age
wahrschcinhch wemlisclum IVsprungs.
Vitense. Mehrere trcfi'lichc Steinsachen ans einem Moore befinden Sich
im Gni^sli Museum; v[,d. Lisch, M. Jahrb. XXl.X, Ü. 134.
Bülow. Die I'"rl(lmark ist untjemein reich an steinzeitlichen AUer-
ihiinieiii; zwei .Stellen (in den Muoren >>llen Hulou x untl l.anj^e Rieh")
.sind Spuren von riahibaulen beobachtet; untersucht ohne abschhes-sendes
Resultat von Dr. Beltz 1896. Die Funde im Grossh. Museum.
Hof Nesow. I. Line Steinkanmier unter der Lrde, ausgegraben 1864;
vgl. Li.sch, M Jahrb. XXX, S. 131. — 2. Im Jahre 1841 ein Umenfeld früh-
römischer Provinzialzcit (vgl. Möllin, Amtsgerichtsbezirk Gadebusch) ausgegraben ;
Funde im Grossh. Mu.scum; vgl. Lisch, Erster Bericht über das Grossh. Anti-
quarium, S. 16.
') VgL Kusenberg, Merkzeichen, i>. 63.
Digitlzed by Google
530
AMTSGERICHTSBEZIRK GADBBUSCH.
Gross-Hundorf. l. An der Südseite des Wedendorfer Sees eine kreis-
runde Umwallung, wohl wendischen Ursprungs. — 2. An der Grenze nach
Gnunbow eine vierseitige Schanze, deren zeitliche Stellung unsicher ist
Klein -Hnndorf. In dem Gehök an der Rad^ast bei der Landmühle
drei lang^treckte Steingrflber (»HOnenbettenc) mit theilweise erhaltenen
Grabkaminem.
Bensin. Zwei Httnenbetten, 1806 vom Hauptmann Zinck untersucht
(jetzt verschwunden; oder identisch mit denen von Klein-Hundorf?). Lisch,
Friderico-Frandsceum, S. 77.
It-Pokraat. I. Aus einem im Jahre 1846 geöffneten Hünei^;rabc (Stein
p^ss kammcr mit drei Decksteinen) besitzt das Grüssh, Mu«nim eine Anzahl
Stcin^erathe; vgl. Lisch, M. Jahrb. XII, S. 403. — 2. Am Sonnenbrille, nahe
der Funkenkiihle, befindet sich ein ausgedehntes Grabfeld der jüngeren lironze-
zeit (niedrige Ilugcl mit Steinkisten), das schon 1806 vom Hauptmann Zindc
untersudit ist, aber nodi neuerdings Umenfunde eiigeben hat; vgl. Lisdi,
Friderico-Frandsceum, S. 69; Bdtz, M. Jahrb. LXI, S. 218.
Steinbcck. Aus dnem schon zur Zeit des Grossherzogs Friedrich
Franz I. ausgqrral>enen Kegelgrabe befinden sich im Grossh. Museum mehrere
schöne Bronzen; vgl. Lisch, Friderico-Frandsceum, S. 54.
Holdorf. Bei der Ziegelei nahe der Radegast ist wahrend des Bahn-
baues im Juni 1897 ein l^rncnfcld angeschnitten, das nach den bisher bekannt
gewordenen Fundvcrhaltnissen aus der älteren l-j.senzeit stammt.
Möllin. Bei dem Jägerberge ist 1840 ein l'rnenfeld friihrömischer
Provinzialzeit ausgegraben; Funde im Grossh. Museum; vgl. Lisch, M.Jahr-
buch VI B, S. 74.
Güstow. In der Sandgrube ein noch nicht naher untersuchtes Skelett-
gräberfeld.
Bnchholz. Nahe dem Eilerholze aui dem Acker drei Hache Mrliebungen,
der Hardenberg, der Silberberg und der Riesenberg, anscheinend nieder-
geackerte K^^lgräber.
IL Amt&narichttbezlrk Gadebusch.
Digitlzed by Google
Amtsgericlitsbezirk Schwerin.
Die Stadt Schwerin.
eschichte der Stadt. Der erste Akt der Schweriner Orts^oscliichte,') {'icscltic litc
in welcher Schloss und Dom die Anjjclpunkte sind, ist der in ''^'i"
Vernichtung durch Feuer bestehende Abscliied des Landesherrn von ^t^*''-
seiner hier gele<jenen Hauptburj». Als der Obotritcnfürst N'iklot nach lan^^e
wahrender hartnäckifjer Gejjenwchr die I'jnsicht jjcwinnt, dass es ihm nicht
{gelingen werde, den Ansturm der neuen Zeit, die der Weife Heinrich der
Löwe als siegreicher Vorkämpfer Tür die Ausbreitung des ChristenUunns und
der deutschen Kolünisati<m ins Land bringt, auch weiterhin noch aufzuhalten,
entschlicsst er sich zu einer That der Verzweiflung: er verbrennt .seine vier
grossen Hurgen Schwerin, Dobbin, Mecklenburg und Ilow und zieht sich nach
der weiter abgelegenen Feste Werle bei Schwaan zurück. Bald darauf, e.s i.st
im Augii.st I löo, wird er bei Gelegenheit eines Ausfalles von seinen I'^einden
erschlagen, und der Sachsen- und Uaiemherzog hat nun freie Hand. Kr baut
die Burg Schwerin wieder auf. macht ihre Wiek zur Stadt, sowie zum I laupt-
Stutzpunkt eines grossen Theiles des I^mdes, den er dem Krbe der Sohne
Niklot's ohne Umstände entzieht, setzt den (trafen Gunzclin von Hagen als
*) Kine frühere vcrcinzeUc Krwühnun^; von Schwerin im J:ilirc lolS limlct >icli l)ci <li-ni
(.'hroiii>tcn Thietitiar von Mer.>.el)ur{; VIII, 4. Er erzählt, «l.i>s sich ttcr ( >l*i)trilenf(lr.>t Mi><ti>1.-ir
(Mi<>islav, Mie/tsl.iv) währciul cino Krieges niit den l.euliyen (l.iulici) in seitic Kesle .S;h\verin
(intr,i ZuitriiKie civitatis, inunicioneni) zurllckj^ozojjen halwi. V(>l. Wi^jßcr, Mocklcnl), .'\iinnlen, S. fk>,
IV-lior tlie l>euiuti}^ (le> N.-inioti^ Lisch, Jahrl». II, S. 17.S. \', S. 225. Itcycr, FHc wcnrtisclien
.Schwcrinc, .M. Jahrb. .\\.\II, S. 581!. KuhncI, S\av. Ortsnamen, M. Jahrb. XI.VI, S. 131.
522
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
Herren dieses zur (irafschatl Schwerin erhobenen Landeslbeiles ein und leitet
einen ganzen Strom dcutsciier Kolonisten in alle 1 heile Mecklenburgs. Ferner
bewidmct er die Bisthümer Ratzebui^, Lübeck und Schwerin und stellt ihre
Sprengctgrenzen fest, während ßir die ct>enra1ls tief in die Landesverhältnisse
einj^'reifendcn Histhumer Camin und Havelberg Fürst Kasimar von Pommern
und Markgraf Otto von Brandenburg mehrfach als weltliche Schutzherren
auftreten. ')
Zweihundert Jahre lani,f bleiben nun tüe neu fjcschalTenc Grafscliaft und
ihre Hauptstadt den nu-eklenburger i^nde.sherrn entfremdet. Iis i.st dies jenes
Gebiet, das ausser der Statlt Schwerin und einem grossen Theile ihrer Um-
gegend die Landschaften Crivitz (Silesen), Hagenow, Wittenbui^, Boizenburg,
Lübtheen und Redc6n mit ihrer Nachbarschaft umfasst Zwar kommen mehr-
mals im Laufe der ZJeit Verbindungen zwischen der gräflichen und der fürst-
liehen h'amihc vor, die durili 1 Icir.itlien herbeit^fefiihrt werden,*) aber die
Mecklenburj^er hören tn>tzdt iii nicht auf, das N'erhiiltni-^s der ( irafsclKift zum
Lande als l'fahl im Fleisch zu emplnuien, und im Ganzen giebt es mehr Streit
als Frieden zwischen beiden. So belagert z. B. Herzog Albrecht, der Ende des
Jahres 1358 die Grafschaft durch Kauf an sich bringt, nicht weniger als
zweimal, 1351 und 135S, die Stadt Schwerin und errichtet 1358 ZU diesem
Zweck sugar eine burgartige Verschanzung auf der Schelfe.'*)
h'iir die eij^entHehe ( "irschiclite der Grafen von .Schwerin bis zum J.ahre
1358 ist hicT elx'usowenig der l )rt wie t'ur die nachfolgende (icscliithte der
Bischöfe und der Herzöge von Mecklenburg. Aber für die Zwecke, die wir
im Auge haben, sind folgende Momente zu beachten.
Der erste Graf Gunzelin, Edler von Hagen, baut an derselben Stelle,
wo Niklot's Buig gelegen hatte, eine feste Steinbutt auf und schafft damit die
Grundlage des heutigen Schlosses von .Schwerin. Hahl nachher, ticn 9. .Scp-
teml)er 1171, beginnt ;uuh der Dombau in lv>nore domini nostri Jhesu
Christi et sancte dei genitricis Marie et sancti Johannis evangeliätec.^)
•) llelmold, Chron. Slav. 1. t ap. I \\X\ II. M l . lt. S. 56. 57. Ci. 65. 71. X2. 83. 88.
90. 94. 95. 96. icx>. IIJ. Fricdr. Wtlh. I.i>cli, M. Jaliili. S. 41. t citcr il.xs .SchwcrinVche
Kecbl vgl. Fromm, Chronik, S. S bi.i 23. Wcntphalcn, Mun. iticd. III, S. 165t (T. F. Fabricius,
Iliuis. (.eschichtftbUtter XXII (1894), S. 3 bis 46.
*) Wigger, Stammtafd der Cirafeii, M. lahrli. KXXIV, S. 71. 133. 136. 138 Imb 14a
•) Kischc, CiciiChicbtC <1> 1 C.r.irsrhnri Siliw rrili iSo;, >^ i""' 55- M- ' . ü. 7581. 842!.
8495. Weimar- Chronik von K. K<)ii|)iiiann, .s. 5^4 Iiis 32(>. M. l .11. S453 (S. 26S ..
*) M. r.-It. 100. Am Schtnss der Itcwidmiintxsurkunde des KiKlhums Schwerin vom Sachsen-
hcrxog Heinrich dem l.owm lu-issi o-.: .Nri.-i Mint hcc V" idus Septembris, in <lorlic.->(ionc cjii»dem
CCclcsic :iiin<> tldtiiiii!« 1- iiii :irii,nliiiiiis M • ( ' • I • XXI • » I '.ihcr « ird niicli nii ilii -c-ni Taj^c
(9. Sc|»lctiilicr) alle /.t iii-n liiii<liircli «la-. Kircli»cil>ii''>l jjcfcicrt und daher auch noch in Ucn Icl/tcii
drei prote«(antitichen Jahrhunderten lii.H znm Jahre 1^46 ein Jahrmarkt f^hahen. welcher unter
<l< ni NniniMi Kirolmii-ß mit (U-ni KirclnM-ilifi -ti- \crl niniirn rv. >' Im |itl> ;;lt'; iiotli ini vnriijcii lahi
liiMulcrt hcl der er>le .Markttag auf .Mari.ic (icburt ^9. Se|>icinlier}, in den neue>(üu Zeiten war
freilich der J.ihrmarkl schon vom 9. 5M.>|>tcmher anf den 19. Kc|>tember verlegt« Linch, M. Jahrb.
Xlll. S. 147.
GESCHICHTE DER STADT SCHWERIN.
\'<>n (kr alten Wciulcnbur;^, die sich vorher hier erhoben hatte, sind
jene ^lol) ^'ckiicteten nnd rauh verzierten Hurjjwallscherben , die als Kenn-
zeichen -slavischer Niederlassungen gelten, in grosser Zahl zu Tage gefördert
worden; was und wieviel aber von der nachfolgenden sächsischen Steinburg,
in welche 1359 der erste Heneog einzog, in den Unterbauten des heutigen
Schlosses erhalten geblieben, hat sich nicht ermitteln lassen.') Gewiss aber
ist CS, tlass noch Steine von dem ältesten Dombau in dem, der jetzt vorhanden
ist. stecken geblieben sind (s, u ). Von Interesse ist es ferner, 7.11 wissen, dass,
obwohl der Sit/, des Hisehofs schon vor 1 167 (wahrscheinlich zwischen 1155 und
1 1 59) vom Dorf Mecklenburg nach Schwerin verlegt worden war,') es dennoch
bis 1238 fiir den Bischof kein Haus in der Stadt giebt und selbst die Domherren
erst in diesem Jahre feste Wohnungen auf der Schelfe angewiesen erhahsn.*)
Fiir l)eiile Theilc, den Grafen wie den Bischof, niusste es sclion früh wünschens-
werth erscheinen, dass die (ieIe<;(Miheit zu Konflikten /wisclun der weltlichen
iintJ tjeistlichen Macht, iiml ancii zwischen Hisclmf und Kapitel, wie sie in
vielen l'allen auf die Dauer nicht zu vermeiden waren, auf das mindeste Maass
gebracht würde. Deshalb sehen wir in der Folge Bütxow und Warin, die
beide in jenen Gebieten lagen, welche Pribiskv bei Gelegenheit des Dombau-
festes am 9. September 1171 als Geschenk aus seinen Landen dem Tafelgut
des Hisehofs zugewiesen hatte, sich zu besonderen geistlichen Residenzen ent-
wickeln,*) und noch heute sind «lort Spuren und Reste von den alten Schlössern
und \\ allen des Bischofs erhalten geblieben.
Als Anlauf zu einer sdbstindigeren städtischen Entwicklung nach Art
von Rostock und Wismar lassen sich die beiden von Kaiser Otto IV. mit
Hinweis auf die Verdienste seines Vaters, des Baiem- und Sachsenherzc^s
Heinrich s des I.öwen, in den Jahren 1209 und 121 1 bestätigten IVivilrgien
auffassen, in welch< n den lUirgcrn von Schwerin Handelsfreiheit im Hafen zu
Wismar und Theilnalinie an der Schiftfahrl daselbst sowie Zollfreiheit im
ganzen Herzogtliuin Sachsen gewälirt werden.'") Allein bei dem blossen Anlauf
bleibt es, da die örtlichen Bedingungen, vor allen aber die Gestaltung der
staatlichen Verhältnisse einem weiteren Aufschwünge in dieser Richtung ent-
^ei;( nstehen. Zu grossem Ruf und Ruhm dient es tier Stadt, als der kühne
(iraf Heiinich von seiner Reise ins heilige Land als kostbaren Schatz einen
in ein Jas])is;^erass eini;eschlossenen Hlutstropfen des Heil.indes mitbrmi;! und
ihn am (jrundi>nnerstage des Jahres 1222, den 31. Marz, in Gegenwart seiner
beiden Brüder, nämlich des Frohstes Hermann von Hamburg und des Dom-
'J Kr. U-ich, Zur liescliichte ik* .Schlo-st-s, M. Jahrh. XV, ,S. i6oir. Frictlr. Wilhelm LiMih,
Schwerin hm tum Uebergange der CmTochaft Schwerin «n dm Hau» Mecklenbui;^, M. Jahrb. XLII,
S. 39n'. \Ml7, 1 >ie Wc-mleii in M< cklonli\iri;, 1S93, S. 15 liK 17.
*) S. o. S. 277. AI. L'.-It. 49. 65 ^.\nmkg. auf S. 61), 88.
^ M. l'.-ll. 486.
*) M. l'. H. 124. 141. 149. lAz. Vgl. SchOdt. Itiicthnm Schwerin. M. Jahri». XI.VII.
.s. 148 ff., 153 fr.
*^ M. l'. H. 1S9 iiikI 302. Vgl. Iie>i<imlt>rs ilic .\iimk|;. zu 202 Ulicr die weitere Kedeutunu
dieser l'ricunde in den Jahren 1481 und IS17>
524
AMTSGBRICHTSBEZIRK SCHWERIN.
herrn Friedrich von Hildesheim. sowie vieler anderer hoher Herren, wie fies
Abtes von Doberan, der I'i obste von Lübeck und Neuklostcr u. a. ni., durch
den Bischof Brunward in der graflichen Gniflkapcile des Domes, die von nun
an die heilige Blutskapelle heisst, aufstellen und zu einem Gegenstand öflent-
licher \'erelirung weihen lässt.*) Aus allen Ländern strömen Gläubige herbei,
ihre Gaben (ordern den Dombau, der am Sanct Veitstage, den 15. Juni 1248
oder 1249 (s. 11.) von Hischof W ilhehn geweiht wird, und dessen weitreichende
Hetlcutiing daran zu erkennen ist, dass König Ludwig IX. von Frankreich, der
Heilige, einige Jahre nach der Einweihung einen Dorn aus der Dornenkrone
Christi, und der Ersbischof Johann V. von Riga un Jahre 1396 ein Stück
vom Kreuze Christi mit einem Ablass sendet")
In die Zeit des Grafen Hdnrich fällt anschemend die zwdte Kirchen-
sdftung von Schwerin, die von St. Nikolai aur der Schelfe. Zwar giebt fs
schon 1217 einen »saccrdos sancti Nicolai«, und dieser ist ohne ein Gotteshaus
gleiclien Namens nicht denkbar.') Aber wenn hicniit auch die in allen Chro-
niken der Stadl sicli findende Sage von der Gründung der Kirche durch den
Grafen Heinrich im Jahre 1228 hinfällig wird, so ist doch nicht zu übersehen,
dass mehrere Nachrichten, mögen sie immerhin irrig wiedergegeben sein, mH
Bestimmtheit auf ein besonderes Verhältniss des Grafen Heinrich zur St Nikolai-
Kirche schüessen lassen, und dass diese Kirche zehn Jahre nach des Grafen
'I"ode, nämlich im Jalire 1238, als eine neue Kirche (novella ccclesia) be/eiclmet
wird.'') Ms ist deshalb durchaus niclU nnw ahrscluinlich, dass Graf Heinrich
in Anlass des grossen Sieges über die Dänen bei 15ornliovcd am 22. Juli 1227,
durch den er und seine norddeutschen Bundesgenossen der dänischen Ober-
lehnsherrlichkeit auf lange hin einen äusserst empfindlichen Stoss versetzen,
die genannte Nikolai Kirche, die in der Folge als eine Tochter der Domkirche
angesehen und behandelt wird, kurz vor seinem Tode, am 17. I'Vbruar 1228,
in besonderer Weise bewidmete und mit MiUelii zu einem Neubau ausstattete,
.sowie dass die Abtretung von zwölf Höfen auf der Schelfe durch seinen Sohn
Gunzelin an die Schweriner Domherren am 26. Mai 1238 hiemit im Zusammen-
hange stand. Dies um so mehr, als Niemand grösseren Anlass hatte, dem
Himmel für den Si^ bei Bomhöved dankbar zu sein als Graf Heinrich.
Denn hätten ^e Dänen gcsic i^'t, so wäre es sicher um ihn geschehen gewesen;
Kfinig W'oldemar würde sich ohne Zweilel scliwer gerächt halx ii für den von
aller Well zwar liewunderten. aber auch äusserst bedenklichen Handstreich,
den der Graf vier Jahre früher, in der Nacht vom 6. auf den 7. Mai 1223,
ausgeführt hatte, indem er ihn und seinen Sohn Christoph bei Gel^nheit
' M. r. I! 2S0. I i.ch, M. Jahrb. NIII, S. 14 5 \<h 187. Wigger, M. Jahrb. XL, S. 37,
Aniiiki;. I riL.lr. Wilhelm l \-ch. M. Jahrb. .S. 55 bi* 58.
*) I.inch, Meckleub. l ikun.lcii III, S. 93. — M. Jahrb. XIII, S. 154, Anmkg. i bis 4.
XIV, S. 67, »6j.
•) .M. l'. l». a35.
*) M. U.-R. 346. 350. 486. Lisch, M. Jahrb. XIII, S. l6l, Anmkg. I.
Digitized by Google
GESCHICHTE DER STADT SCHWERIN.
525
eines Jagdverf^nii<:^ons auf der Insel l yoe nlu rlistcte und gcfant^cn setzte, ihn
so zu Zu};cst;iM(lnissen zu inj^rend, tlic er sonNt nicht erreiclit lial)cn würde ')
Um diese Zeit ist die Schelfe noch eine Insel, welche von der Stadt
durch einen breiten Wasserarm getrennt wird, der vom i'faffcntcich zum Beutel
läuft und in der Niederung zwischen der heutigen Friedrichstrasse und der
Burgstrasse (ehemalige Scharfrichterstrasse) überbrüclct ist.*) Wie nun die
Geistlichkeit, Bisthum und Kapitel, die nach der ßewidmung durch den Raiern-
und Sachscnherzof» ausser Dom iintl Pfarre (wenngleiih liieriibcr keine iirkund
helle l'cstsetziin'f hinterlassen worden ist) V(in der eit^entlichen Stadt Srhwc-rin
nichts besitzt, durch weitere Hestatigunjjsurkunden auf Grund von Abschriften,
in denen bald etwas hinzugesetzt, bald etwas weggelassen wird, schrittweise*)
dahin gelangt, allmählich auch einen nicht unerheblichen Theil der Stadt zu
ihrem Gebiet zu machen, und wie die Schelfe, auf welcher die Geistlichkeit
sich ant^esiedelt hat, als Neustatlt mit einen) I)esonderen Recht bewidniet wird,
das alle diejenigen zur Niederlassung veranlasst, denen -die eni^e alte Stadt
und ihr zünftiges Wesen« nicht zusagen mochte, das hat Friedrich Wilhelm
Lisch in seinem lesenswerthen Aufsatz »Schwerin bis zum Ucbergang der
Grafschaft an das Haus Mecklenbui^« anschaulich auseinandergesetzt^) Die
ursprüngliche Gestaltung des Strassennetzes aber und den Uebergang von
einer l'lankenbefestigung der Altstadt zu einer I^linschliessung mit Mauern im
Jahre 1340, wobei zugleich eine Vcrgrösserung des einzuschliesscnden Theiles
stattfindet, hat Hautiirektor I lübbe mit zwei vorzüglichen l'länen klargemacht,
denen er eingehende l>läutcrungen auf Grundlage seiner bei der Kanalisation
der Stadt ausgeführten Aufgrabungen und Entdecicungen anschliesst, und
wobei zugleich eine wichtige alte Karte des im Jahre 1651 al^brannten Stadt-
theils (vom damaligen Baumeister Wedel) erfolgreich benutzt wird.*) Hieljci
sind besonders die V'er.anderungcn der Strasscnnamcn zu beachten, n)it di-nen
man in neuester Zeit allzu freigiebig war, ohne zu bedenken, wie sehr dadurch
die l'eststellung älterer topographischer \*erhaltnisse erschwert wird.
Vor allen ist zu beachten, dass die iieutige Konigstrasse auf der Strecke
von der Schlossstrasse bis zum Markt »Filterstrassec und auf der Strecke vom
Markt bis zum ehemaligen Schelfthor »Steinstrasse« hicss. Wann diese beiden
Namen aufkamen, ist nicht zusagen; dass die Strasse aber (anscheinend ohne
Namen) \2<^yj vorhanden war, crgiebt sich aus einer Urkunde dieses Jahres, in
der sie als ])latea <]ua itur versus Schilnionem (Schelfe) bezeichnet winl.'')
Die heutige Schlo.ss.stra.sse hatte auf ihrem ö.stlichcn luulc, das zur Burg
(lihrte, den Namen Burgstrasse, und auf dem westlichen Ende den Namen
n .M, r. Ii. 287. 2S8. 290 his 297. 307, Annili^'.
*} Uas ^cliclühur wird 1313 zum ersten Mal (genannt; M. L.-H. 3582.
*) Bis zoni Vertfleich vom 6. Deceinber 1284. VgL Sehildt, a. «. 0„ M. J&hrb. XLVU,
S. ISSflT. Fromm. .\rch. f. I.an(1eskim<le XIV 'iSr.,\ S. 250fr.
*) M. Jahrb. XI.II. S. 33 bis 128, besonders .S. 58 bis 83.
II. \V. C IlUbbe, Zur Topognipliie des alten Schwerin, M. Jnhrb. LXt, K. 1 bw 14.
<) M. U.-B. 1766. F. W. Lisch. «. a. S. 86. 87.
Digitlzed by Google
f
526 AMTSGBRICHTSBBZIRK SCHWERIN.
Muhlctistrassc; denn liit-r riuK tc sie In-i der Muhle des ( iiafen, die an der von
ihr und der heutigen Kaiser -Wilhehilstrasse gebildeten sudhclien Kckc lag und
von einem aus dem Bui^iaee kommenden Wassertauf getrieben wurde, mit
dem sich die aus dem Ostorfer See kommende Sedce zu dem unter der Kaiser-
Wilhelmstrasse entlani^laufenden Fliessgraben vereinigt, jenen Rest einstmaliger
grösserer WasserverbiiulnnL^ zwischen dem Ostorfer und dem Zie^elsec oder
dem von ilmi al)t;ctrenntL-n I'taftciitcich.') Die heutige Hurgstrasse hiess bis
in die neueste Zeit hinein Scharfrichterstrasäc, war aber zur Zeit der Grafschaft
ebensowenig eine
Strasse, wie die erst
Ende vorigen Jahr-
hunderts entstandene
I-'ncdrichstrasse; in der
Richtung beider hef,
wenn auch nicht ganz
sich damit dedcend, an
der ehemaligen Stadt-
mauer der Stadtgraben
entlang , \\ clcher die
(irafenstadt von der
bischöflichen Schelfe-
Stadt trennte. Endlich
führte die jetzige
Wladimirstrasse den
Namen Faule Grube»,
die, wie Urkunden er
weisen,') durch Schleu-
sen-Werlw auls Beste
reguliert wurde. Von
den übrigen kleineren
Strassen, die hier inner-
halb des Mczirks der
alten Stadt sich an-
schliessen , wird nur
noch die Schmiedestrasse im Jahre 1284 insoweit urkundlich bezeugt, als ihr
Thor genannt wird.*) Ks ist femer zweifellos, dass es auch schon im XIH.
Jahrhundert eine Neustadt g^eben hat, die nicht mit der jetzigen Sdielfe-
') Mit ttirem Namen wird die CrafcnmUhlc am lo. AiiguiU 1328 zum ersten Mal urkundlich
[M'ii.iiint. imd die l'.i-oliof^niülilc, welche "eit ;i»i~^erhall> der alten Stadt nnrilue'-tlicli muh Tfaflen-
tcich \.\.^, aui 3u. M;ii 1331. M. l . ü. 4<>(i3. 5349. 6<>o9. Ohne ihren Nnnici) kommt die lüschofs-
mUhle jichon im XII. Jahrhundert vor: Nf. l'.-lt. 141.
\\. IMI. 5264. 5"V..
') M. l'.-IJ. 1766. :uich 35.S2. 5905. l'ehcr die Vcrsehiclmnjj der Schusterstra^jiC
nnch Weisen in Kul^e des (;ri»<.«n Itrandes von 1651 linterrichtet der WederMhe Man (s. u.
S. 533) am besteo.
Digitized by Google
a. da> Sciu-lfihor, l>. das Schmiedethnr , c. das Muhlenthur.
d. da» Uuri^hor, e. der alte IlegrSlmi«splatz, f. das ilcUige
Ceist-llaus (vorher Fi«cher Sack), g. das alte Rathhans,
f— c. die (irenie swiachen dem Bräfitclien und bischöf
liehen Stadtthcil, h — e. dtisgl. die .sjiätcrc Grenze,
i. die Marktpumpe.
Nach Hubbe.
GESCHICHTR DER STADT SCHWERIN.
$27
Nciistailt \ crwichsclt ui-nlcn darf.') iJas-. nur <iujfni;^cn Thcilc tler Stadt,
welche südwärts von tlcr (iriincn Strasse, der Hader- und Kittcrstrassc Ingen,
diesen Namen führten » und nicht auch die gleichfalls ausserhalb der alten
Stadt gelegene Mühlen- (Schluss-) Strasse sowie die l'lätzc neben, vor und
hinter dem sich nach Südosten hier anschliessenden Kloster, erj^iebt sich
sowohl aus <ior ('rkiinde vom Jahre 12C>^>, in welcher das W'ortchon >aut«
zwischen »apiid iVatres und in no\ a rivilalt' sirim- zuiiiLjfnde Hedeutnnj»
hat, als auch aus der alten L eberlielerunj;, nach welcher tlie am 2. April l 32Ö
vom Kloster Rein-
feld auf der Neustadt
zu Schwerin ge-
kauften Scheunen
und Speicher auf
dem Glaisin lagen,
und zwar auf jenem
Räume, den jetzt
die beiden Glaisin-
Strassen einnehmen.*)
Noch heute lassen
die Strassenzuge er-
kennen , dass die
östlichen und süd-
lichen Theile der
Altstadt . die cist-
lichcn von der V'er-
(irusseii Mooics an
und die südlichen
von den drei
" I'ngcn « Strassen
her. jinit^'ere Theile
sind als die .iiidcrcn.
Nach IlüUlic. Das an Steile
des heutigen Regierungsgebäudes einstmals gelegen gewesene und noch 1640
als KornhauH vorhandene Franziskaner- Kloster wird am 24. April 1236 zum
ersten Mal in kundlich erwähnt. Das Ilciligengeisthaus, welches auf der von
der Faulen Grube (Wladiinirstrasse) und siidlichen Seite der langen Strasse
gebildeten l'.cke lag, knnnnl am 3. März l-i^,> zum erstt-n Mal V(tr; an eben
diesem Tage auch das liosi>ital von St. (ieorg (ilomus leprusorum), welches
' Iir-r N.itiir NLC-ti h fiM .lir -.rlH.M im Jalirliumlcrt «ifl iliniii; f;i'naiinlc Sclu-Ife
iiniict .-'teil ui kiiii<ilu-li r.um ci^ioii Mnl nin JJ. Jiiiii 134<>. AlH.'r e* ixt nicht f.u U)icr>chcn, ila^n es
in einem rrkunilcn-Aujurug de* rkinilri.iii aus dem .\VI. Jaiiriiumlert KCHcliichl: M. l'.-lt. 6977.
•) M. V.-ll. 1089. 3582. 4713 mit AnmkK. Fricdr. Wilh, I.i'.ch, a. a. (>. S. 85. Der Ab-
nähme von llubke, a. o. O. S. 9 können wir niclit beipflichten.
Schwerin 1 .;'**
innerhalb der Mauer Vv., . '
«•dl im V
V-^»''^"- -V^V -' 'zj/f'' '~ ~-
dM Schdfe
«• %•■ Meter
a. «iaii SchelTlhor, Ii. das Schniicdethor, c. das Miihtunthiu.
d. der l'lötrcnlhnrm, e. der alte nv|;rälmisK|ilalz, f. fl.i» lleili};«:
lieiitt-IlauK, g. da» nhe Kathhau:«, i. die Markt|ium|ie.
538
AMTSGBRICHTSBEZIRK SCHWERIN.
dem Hurgsce gegcnti!>cr jenseits der Seeke lag. Der liischofshof endlich,
welcher in der Gegend des heutigen Keichspostgcbäudes lag, begegnet uns
als curia zum ersten Mal am 8. September 1343« wenngleich die Anlage des
Sitzes schon im Jahre 1238 verdnbart worden war (s. o.), und das Rathhaus
(sicher wohl auf demselben Platz wie das heutige) am 7. September 1371 mit
dem Namen consistorium.')
Von den sonst noch fiir die (icschiclile der Stadt in Hetraclit komiiiciiden
Ereignissen in der Zeil der Grafenhei rscliaft mögen erwähnt werden die üeber-
wdsung der Dörfer Medewege und Rubow sowie einer Hufe in Warsow und
verschiedener Einkünfte aus der Schweriner Mühle und dem Dorfe Stück an
den Dom durch Graf Gunzelin und seinen Bruder am 2. Juli 12 17; die
von Stadt we^eii c^esohehcnde Ivrwcrbunj^ drr Dörfer Zii)j)end()rf, Göhren und
Ostorf (mit Ausnahnu' des Halses) und einzelner Cjerechtij^keiten im Ikichholz
am 8. Uecember 1 282 zur Zeit der beiden Hürgermeister Johannes Fischer und
Heinrich Marquard; die durdi die Bürger gut abgewehrte Belagerung der
Stadt im Jahre 1322, als Graf Heinrich auf Sdten des Fürsten Heinrich von
Mecklenl)urg wider dessen Feinde, die Fürsten von Werle und Pommern, stand;
die schon erwähnte Hefestigimg der Stadt mit Mauern, welche die Folge der
Belngerune:^ war und erst 1339 vollendet wurde; der Ankauf des zur Stadtfeld-
mark gelegten (später eingegangenen) Dorfes 'riuirow am 17. Mai 1330 und
die Schenkung des Radclandcs Bollbruck innerhalb der Stadtfeldmark an die
Stadt durch den Grafen Heinrich am 34. At^;a8t 1340; endlich auch die
schon oben S. 522 berührten, von keinem rechten Erfolge gekrönten beiden
Belagerungen der Stadt durch den Herzog Albrecht in den Jahren 1351
') M. r.-B. 450. 1672- 5956. C>9S-- '',>.»^'- 7505^- flii'inalijje Kranzi-kancr - Kirche soll
ein bc&onder» .schüncs (jcbäude gewesen KCin. Sie iitcht bis zum Jalire 1554, nachdem &ic, ohne
du* die Gotteiidtenirte der MSnehe dadurch behindert gewesen wiren, zeitweise, besonders 1531
und 1532, als lu-li 'iiM:he Kirche m Art SalzMras^e ali(;cbraniit war. ^ur \'LM'kiiiuligung der
neuen keforniatinii^lchrcn gedient hatte. In der Zeit der kriegerischen Wirren des Jahres 1554
aber, al» während des zwischen Herzog Johann Albrecht und Herzog l.'lrich wegen der Erbfolge
entstandenen ittreites das Einriieken der Urannsehweiser vnd die Mögliebkeit eber Besebiesraas
des Sctilo^vo^ vom Frnn/i-.k.im'r-KIo>ter her ln-fllrchtet wird, wird die Kirchei um dem TOr-
subcugcn, in eine Ruine verwandelt, und 1557 werden ihre Steine zum Dan des Schlosses ver-
wandt (IJsch, M. Jahrb. XTII. S. 155). Eins der Klostergebtode aber dient ab Borg- und Fürsten-
schule, ein anderes als Koridmus, bis 1825 diis KolletjiiMinchäiiilc an die Stelle tritt. — (leschichtc
und Ue»chretbung des alten Uiitchofshofcs s. Iici lIofTmann, I'ust und Telcgraphiei Denkschrift zur
Einweihung des neuen Post- und Tele^'r.iplicii;;et)Sudei>, S. 55 IT.
Auch die St. ( ;cor(;i, • Ka|H;lle wini t>",i zinn lutherischen Gotteüdlenitt verwendet. ,\K
aber in einer stürmischen Nacht dicM-s Jahres d.is i;,in?e S)iitalKel>Sudc einslltrzt und nur die
Ka]>cUc stehen bleibt, beschlicsst man, auch diese alizuhrcchcn und ihre Steine 7.um Wiederaufbau
der am *4J2$. Juli desselben Jahres abgebrannten lutherischen Kirche in der Salzstrasse (s. v.)
zu verwenden.
*) M. t°.-K. 235. 1650, 5143. 5264. 5956. 6or>5. Kircbbcrg, Kap. CI.XVI (Westphalen,
Mon. ined. IV, S. 818). Ueber daa frühere l'Iankenwerk vgl M. U.-B. I131. 1766. 3582. Fr. W.
Lisch, n. n. O. S. 9off. — Die lateinische Chronik des Hederich (Westphalen, Mon. Ined. III,
pag. 1652) nennt auch Muess mh unter den Dörfern, welche 1282 erworben wurden. Indessen
und 1358.")
GESCHICHTE DER STADT SCHWERIN.
529
Eine neue Zeit beginnt fiir die Stadt mit dem Aufhören der Grafschaft
im Jalire 1358') und mit dem Einzufre des Herzogs Albrecht I. in die alte
Burg seiner X'orfahreii, die von nun an die Hauptresidenz der mecklen-
burgischen Herzuge wird und sicii im Laufe der Zeiten zu einem der
malerischsten Schlösser Deutschlands entwickelt. Den Grund dazu legt am
Ende des XV. Jahrhunderts der tüchtige Herzog Magnus. Er lässt »das
grosse neue Hause, jenen nordöstlichen Theil des Schlosses, der na(~h dem
See zu gelegen ist, ausfiihrcn (s. u.), erneuert auch die Hurg- Kapelle und i^iebt
damit seinen Xaclifolgern im XV\. Jahrhundert den Ansloss zur Ausführung
der sich anschliessenden grossen Bauten, wie sie vom Beginn des dreissig-
jalui^cii Krieges her bis zum Jahre 1843 hin im Wesentlichen unverändert
dastanden (s. u.). Nach dem Henog Magnus ist es sein Sohn, Herzog
Heinrich, unter dessen ruhiger und vorsichtiger Leitung die Reformation auch
in der Stadt Schwerin zur Geltung gelangt. Die Nothwcndigkeit einer ge-
wissen Zurvickhaltiui«; im Anfange ergiebt sich für ihn freilich auch aus dem
Vcrhaltniss zu seinem minderjährigen Sohne Magnus, der, noch nicht ganz
mAcn Jahre alt, im Jahre 15 16 nach dem Tode des Bischofi Peter Wollcow
zum Bischof postuliert worden war, fiir den aber der Vater dem Domkapitel
den Hischofseid abgelegt und Schutz und Hülfe geschworen hatte. Das hindert
freilich nicht, der neuen Lehre Raum zu gelien Als die Kapelle des St. Georgs-
Hospitals (so) vor dem Mühlenthor nicht mehr ausreicht, wo seit 1526 der
auf Luther s lüiipfehlung nach Schwerin berufene Prädikant Martin Oberländer
ist das ein Irrthuni, «leii die Atinilv;:;. tu L'.-B. 1650 richtig aufj;iikl.=»rcn scheint. Das Dorf
Muess ist stets in L-iitUcIterrlichem Hesiu gewesen, und um jene Zeit sitzen dort die Herren
TOD lliisenkop ab grifliche VastUen: M. U.-R. 2926. 3350. Aach d«s Dorf Ostorf nius tcbon
frlihe wiedtT ili-m st.ndti'ifhiTi Ifcsit? aii^'^cichiodoii -irin. <!i-nn im jnhri' I >57 i^t f<. lHTcit<i
wieder landcsherrhch, d. h. im Itc.Mtz des (irafcn Nikolaus vun Schwerin, w ie eine L rkunde vum
15. Angast des gen. Jahres unwiderieglich ertretst: M. U.-R 8379. Vgl. Lisch, Mecklenhnrg in
Bildern 11, S. 11. Nicht-<lo-.iowenij;er werden ^k\\ .\iiN|iruchc 'natürlich imbcrcchtltjii') vcm St.idi
wegen darauf crh.ihen haben. Denn in dem der Stadt im Jahre 1590 vom Ilerzug Johann ge-
gebenen PriviK-^ ist ausdrücklich die Rede davon, da.« die Stadt nnnmehr ihren Ansprachen an
die IKirfcr Muess und ( Istorf s.itntnt dem < Ntorfcr See, .in das Ilaadhok Utul Huchhoiz, ferner
011 ileii \ i>i;ellicerd i ;ini sitdlichen .\lih:in<^e des jetzij;en Schlnssgartens hei der »Terrasse«, auf
ehemaligem < >>torfer Gebiet), an die W em- und Ileideberije, an den Jägerhof und l'ro|>stkrug
(Ileideixige und Propstkmg westlich vom alten Lanf der Siecke) su entsagen habe. Vgl. Pramm,
Chronik, S. 1^7, d.i?« S. 153. l'elicr weifer«- Ahtrelungcn nn ilcn Herroj; ('hri>itian im Jahre 1660
vgl. ebendaselbst S. 236. 2J7; dazu S. 250. 231. 263. Leber Anthcile der Stadt an der Saline zu
Lüneburg und tiber spAtere Erwerbungen von Ackerland westlich auf Lankower und Klein -Brfltzer
(iehict vgl. ebenil.isellist S. i_^9. 170. 17J. 183. 204. I>ie weiteren Landbesitzer« crbun}jen für
den Dom können hier nicht ausfuhrlich erwShnt werden. Siehe Verzeichniss der KapiteUdörfer
liei Sehildt, M. Jahrh. XLVII. S. 199 IT. Veber die Minderung des Besitzes hn XVI. Jahrhnndert
v);l. Schildt, M. Jahrb. .\LL\, S. 237. LI, S. 144 153. Medewege, d.xs wichtigste unter den
KapiteNgtltern, jjehurt mit K.ini|ie, Warkstorf und dem H;iuh<>f .-»uf der Schelfe zusammen SU dem
letzten Itcsitzslande, den sich das Kapitel liewahrt. .\m 27. Februar 1649 giebt Hersag Adolph
Friedriehl der die Ihm verhassten Knpitulare als »hiutilia terrae pondera« bezeichnet, den Befehl,
die genannten drei Cuter ztt inventarisieren, w«il er sie in Besits nehmen woU^. Schüdt, M. Jahrb.
XLIX. S. 242. LI, S. 243.
'} VgL M. Ü.-B. 853s. 8537. 8538, 8541. 854a. 8581 bb 8587. 8592 bis 8S9S.
84
Dlgltized by Google
530
AIITSGBRICHTSBBZIRK SCXIWBRIN.
(aus dem sächsischen Oberhindc) prcdif^t, Avird eine Kanzel unter den Huden
des Rosengartens (auf der heutigen Reüerbaluir) errichtet. Haid aber, schon
1538, entstellt im Untentode eines Hansa auf der von der Salzstraaae und
Ritterstrasse geluldeten westlichen Ecke eine lutfaerisdie Kirche und im Ober*
stock ebendesselben Hauses eine lutherische Sdiule. In jener predigt seit 1529
der Magister Aegidius Faber, Luther s Freund und Schüler, gebürtig aus Ungarn,
in dieser lehrt der iVinzen-Instruktur Cornelius Arnemius, der seines Glaubens
halber vom Herzog Alba aus (leldcrn vertrieben war.') l*,in grosser Brand,
der in der Nacht vom 24. auf den 25. Juh 1531 die Sudt heimsucht und
innerhalb vier Stunden den grössten Theil davon in Asche legt, vernichtet
auch die neue Kirche in der Sal»trasse. Eine energischere Wendung zur
Reformation aber tritt erst ein, als mit dem Tode des Herzogs Heinrich
(6. Februar 1552) Johann Kükenbieter und ICrnst Rottmann als erste lutherische
Pre<lij4( T am Dom angistcllt uerdt-n. Der Herzog Johann Albrecht beschenkt
den Dom 1560 mit einer sclir schönen Orgel, deren Haumeister Anton Mors
(Tod) aus Antwerpen ist, 1570 auch mit einer neuen Kanzel und 1574 mit
einem neuen fiirstlichen Stuhl. Mit ihm beginnt überhaupt ein lebhafteres Bauen
in der Stadt, nachdem ihm durch den Ruppin'schen Machtspruch vom Jahre
1556 Schloss und Amt Schwerin zugefallen sind. l*> lä.sst 1558 das Schloss aufs
Neue durch Francesco a Hornau befestigen, erbaut 1560 bis 1568 die Schloss-
Kirche, an welcher der Haumeister Johann Haptista Parr thätig ist, und stiftet
in dem Refektorium des Domes, das 1 384 von Bernhard von Plessen errichtet
worden war, die Domschule, mit welcher 1576 die Burgschule vereinigt wird.
Ein am 21. August 1558 hi Fo^ von Blitzschlag ausgebrodiener Brand trägt
seinerseits durch Vernichtung des Rathhauses und eines halben Hundert Häuser
zur Erneuerung eines Theiles der Stadt bei; das Rathhaus wird 1567 wieder
neu aufgebaut und 1575 mit einen) Thurm und Uhrwerk versehen. (Vgl. die
Merian sehe Abbildung.) 1509 richtet der Herzog in einem steinernen Fck-
hause neben dem Franziskaner-Kloster, das sich 1600 in ein Komhaus ver>
wandelt, die Justizkanzlei ein. Mit dem Tode des Herzogs Johann Albredit
am 29. Februar 1 576 tritt eine Pause in der baulichen Entwicklung der Stadt
*) Die Schul« wird 154t am der SalzKtrasse ins KatMunia »Uber dem Schwibbogenc verleg
im'! konini! ein Jnhr >|i.'it!-i in ilic »runde K:i|iellL'i auf der SltiKcile des l>(>nics: Krnniiii, a. ;i. (».,
S. 104. — ' Da»i Uildiii^.> des Aegidius Kaber ist nach einem ehemaligen Uelgemälde im Uoni ab.
gebfldet bei Wesiphalen, Mon. Ined. IV, nd |)ng. 1705 (III}. — Die Stitte, mnf der einit der erste
IntheriKlie Gottcsdieiist stalthaltc, ist dii-sidl)c, auf welcher jelzt das Ilciinsoth'sche 'früher MilatX-
seile) llras stellt: Salzstrasüc 2 a (272). Die Cicschichtc dieitCit Ilamcs vor und nach dem grossen
Brande des Jahres 1651 crzShIt lisch in einem Aufsatz, der als Manascript hegen (^ehheben ist
und jetst im Grosshersoglidicn Aidiiv mflieuahri wird. Das Haus war aber ehemals grösser als
jel^t, deUB es umfa^^to nucli «.rundsUick clcs anstosscndcn Hauses iler Kitterstrasse (damals
> llundestrasse« genanntj. uährcnd als >Kittcrstras.sti< ein Thcil der heutigen Konig.stravsc auf der
Schelfe beceichnct wurde, der nSmlich, welcher vom XenstXdtisehon Palais bis stim Schelfinarict
reicht. IlnfTenUich findet sich <UTnn;ich>t die ( •elcj^cnhoil , dfn '^eiiaiintcn Aufsalz des ahcn
lisch zu vcrüfTentliehcn. — I runim, in »einer Chruiiik, S. 77, Anmkg., erzählt, da.ss die erste
lutherische Schule sammt der Pred^rwohnung in dem gegenaberatehenden Hanse an der Sab-
und Uaderstrasse untergebracht gewesen sei.
Digitlzed by Google
GtSCHICHTE DER STADT SCHWERIN.
531
ein, doch hören wir 1572 und 1584 von der Anlegung eines fürstlichen Gartens
(des späteren ') Alten Gartens) und in den neunziger Jahren des XVI. Jahr-
•^13^ » '*f r'iem
A-ThmKin-h'/. \D.M<iAi(u>u^ 'r.fC^/^ii'ni^ |>/. /L-nAo^^ \k
MuhU
hunderts von einem Neubau des Bischofshauses*) sowie des Schmiede- und
_ Mühlenthürs. t589 erhalt die
Schelfgemeinde zum ersten Mal
einen eigenen Prediger, doch
verbleibt noch die Darreichung
der Sakramente beim Dom.
Unter dem I lerzog Adolph
Friedrich beginnt eine neue
Bauperiode am Schloss, die im
Gegensatz zu der italienischen
Friihrenaissance des Herzogs
Johann Albrccht als die nieder-
ländische bezeichnet werden
•) Der N.imc •Alter Garten c fUr
den I1a(7 vnr (Icm Schlnss entsteht
nnch .Vnlajjc di;!» Schlos>};artciis im
VrI. Lisch. McckknhurR in Itildcrn II, S. 14. III. S. 31 und 32.
J.ihrc 170S (s. u.)
*} SchiUU. M. Jahrh. .\IAII. S. 16
34»
53«
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
kann, und als deren technischer Leiter Gert F.vert Piloot aus Hmdcn im
zucitcn und dritten Dcccnniuni des XVII. Jahrhunderts auftritt (s. u.). Jedoch
hintlern che Unruhen des drcissigjährigen Krieges eine vollständige Verwirk-
lichung der Pläne. Kauserliche Truppen besetzen am i6. März 1628 das
Schloss, der Herzog verlässt es, und Wallenstein niount das Land in Besitz.
Mit Hülfe der Schweden beschiesst der Herzog, der bis dahin in Lübeck eine
Zuflucht gefunden hatte, den 19. Juli 163 1, seine eigene Hauptstadt und zwingt
die kaiserliche Besatzung zur Kapitulation. Aber der Krieg verzehrt Geld, /.eit
und Kräfte und hindert die Werke des Friedens. Das folgenschwerste Ergcbniss
am Ende des Kri^es ist der Verlust der Stadt Wismar an die Schweden, ein
Verlust, der durch den Gewinn der Bisthttmer Schwerin und Ratzeburg nicht
wettgemacht
wird. In
Adolph Fried-
rich's lange
Regierungs-
periode ßUlt
auch der
grösste Brand,
den Schwerin
erlebt hat, es
ist der vom
10. Juli 165 1,
durdi den 160
Häuser in
Asche gelegt
werden und
der von der
Altstadt kaum
mehr als
Sdiloss und Domkirdse übrig lässt')
Die wichtigsten F.reignisse unter seinen Nachfolgern in der zweiten
Hälfte des XVII. Jahrhunderts, soweit sie für die Stadtgeschichte in Betracht
konunen, sind die Wiedereinführung des katholischen (lottesdienstes in der
Schlosskirche von 1665 bis zum Jahre 1692, dem Todesjahr des Herzogs
Chrbtian Ludwig I., die Verlegung der früher beim Kornhause befindlich ge*
wesenen Münze im Jahre 1669 nach Dömitz, die Errichtung eines Ballhauses
1697 an der Stelle, wo das heutige (richtiger das alte) Theater stand, und
die Herstellung eines Dammes ein Jahr spater zwischen dem PfaflTenteich und
Ziegelsee, wo es früher eine Fahre gegeben hatte, später aber (1705) ein
eigener Weg (Spielthun weg) erötlhet wird.
'} L'eber den Wiederaufbau dec Kathhauses nach diesem Brande vgl. Stnhr, M. Jahrb. LXI,
Q.-B. .S. 22 e.
Wedel'scher Man, nach Hsbbe.
Digltlzed by Google
GESCHICHTB DER STAm SCHWERIN.
533
In die erste Hälfte des XVIII. Jahilimulcrt^. und zwar in das Jahr 1705
fidlt die Krlu.'l)iin<4 der Schelfe zu einer eij^eruii Stadt mit eigenem Rathhaus,
eigenen Predigern und einem besondern Gerichtshof. Die Schelfe erfreut sich
überhaupt der besonderen Gunst des Herzogs Friedrich Wilhelm, er ist es
auch, der 1708 den Schlossgarten anlegt sowie im selben Jahr die alte Schdf*
kirchc, die liurch den grossen Sturm des S. Decembcr 1703 gleich anderen
Kireluii des Landes, Ijesonders den l)ei<lrn L;Ieirhnamigen Niki'lai Kiiclicn in
\\ i>niar und Rostock (s. Hd, I, S. 1^3 und II, S, I2S|, ihres I hurmes beraubt
war, nicderreissen und hier die jetzige Schelf kirche erbauen iasst.') Hier
findet denn auch Herzog Friedrich Wilhelm 1713 seine letzte Ruhe^tte.
ViH. ScbiMt. M. Jahrb. XLVIt, S. 162.
Aus Herzog Karl Leopolds unruhiger Regierungszeit sind grössere und
bedeutendere Veränderungen in der Stadt nicht zu verzeichnen, aus der seines
Bruders, dcs Herzogs Christian Ludwig die \'erlegung der Landesregierung
itii Jahre 1750 nach dem Hischofshof, die Lrrirhtung des Ilofmarschallamtes
1752, die ICrweiterung tier Schelfestadt durch Anschluss und Anlegung der
Apothekerstrasse an die FfafTenstra&se, der Bergstrasse an Stelle des ehemaligen
Weinbeiges und der Werderstrasse oder Werderallee, sowie der Bau des
Galertehauses auf dem Schloss. Unter dem im Jahre 1756 nachfolgenden
Herzog Friedrich aber verschiebt sich der Schwerpunkt baulicher und künst-
lerischer Interessen von Schwerin nru li I.uduigslust, und das bleibt auch so
unter dem Grossherzog Friedrich 1* ranz I. Zu erwähnen sind nur die Errichtung
*) VgL Koch, M. Jahrb. LVI, S. S41 ff.
Digltized by Google
S34
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
des jüdischen Tempels im Jahre 1770, die V^ergrösserung des Marktes und
der Hau des »neuen Gebäudest 1780, der Bau der katholischen Kirche, die
1795 vollendet wurde, die Umgestaltung der Domkirche im Innern 1809 und
1817, <fie Verlegung der Justizkandei aus dem Biadiofshaus in der Pfoflen-
Strasse nach der Schelfstrassc 181 3, die Rückgabe der im Jahre 1806 aus der
hcrzojTlichcn Gemälde -Galerie nach Paris überführten Kiinstschtätzc am 20. Sep-
tember und 16. ( )kti»ber 1S15, der Abbruch des Schmiedethors 1820, die
Errichtung des Kullcgicn- oder Kcgieruni^'s ( icbäuUcji und dcrlrrcn-Hcilanbta.lt
Sachsenbei^ 1825, der Brand des Sdiauspiclhauses in der Nacht vom 22. auf
den 23. April 1831 sourie die Errichtung der jetzigen Rathhaus-Fassade 1854
und eines neuen Theaters 1836.
I''inc j^Ianzcndcre Bauperiode für die Stadt Schwerin bej^innt unter dem
Grossherzo<; Paul I'riedrich und findet ihre Fortsetzung wie ihre Hluthe unter
dem (jrossherzog Friedrich I'ranz II. Sie hebt 1837 mit den Erdarbeiten zur
Anlegung eines neuen StadttheiLs am Pfallenteich an, und es folgen nun 1838
der Bau eines grossen Marstalls auf der Wadewiese, 1841 der des Arsenals
in der neuen Päiulsstadt und der des Päulsdammes vom Werder her durch den
grossen See. Die Stadt verliert aber audi im sdben Jahr ihr altes Mühlenthor.
Den 23. Februar 1842 beginnt der Bau eines neuen Schlosses auf dem Alten
Garten. Doch der Tod des Grossherzogs Paul Friedrich, kaum vierzehn Tage
später, nämlich den 7. März 1842, tritt diesem Plan entgegen, und der Ge-
danke, das alte Schloss der Väter, das verlassen worden war, zu einem Pracht-
bau zu eiheben, den sein Sohn und Nadifolger Friedridi Franz II. im Herzen
hegt, gewinnt 1843 festere Gestalt Es folgt bis 1857 die der deutschen
Kunstgeschichte angehörende glänzende Periode des Schlossbaues, und auf
den h'iMidamcnten des vom Grossherzog Paul Friedrich begonnenen Palais-
baues entsteht in der Zeit von 1877 bis 1882 das jetzige Museum.') Aber
auch andere Werke von monumentaler W irkung sind zwischen beiden eben-
genannten Bauten schnell hinter einander gefolgt, wie die Artillerie •Kaserne
(1856 bis 1862), die Päulskirche (1862 bis 1869), das Militär- Lazareth (1865
bis 1869), das Friedrich-Franz-Gyninasium (1868 bis 1870). Ihnen schliessen
sich die unter der Regicrungsperiode b riedrich Franz III. vollendeten Gebäude
an, wie das nach einem Brande von Grund auf neu erstandene Theater (1S82
bis 1886), das Realgymnasium (18S3 bis 1885), die mit letztgenanntem gleich-
zeitig auf der Grundlage des alten Kreuzganges beim Dom hergestdlte
R^erungs-Bibliothdc, der neue DomAurm (1888 bis 1890), das neue Bahn-
hofsgebäude (1888 bis 1890) und die den allerletzten Jahren angehörenden
Bauten der Vcrsicherungs- Anstalt sowie der Eisenbahn- und Post- Verwaltung.
') Du wo das GrnndKtack des Museams an den nehon Anfang des XV, Jahrhundert« ge-
nannten »TappcniMgen« stösst, lag in alter Zeit >L-in Rittcrhof, nuf welchem im XIV. Jahrhundert
die Heycnrtct, um die Split fSulilshof), darauf die Raven auf Stlik (KavciisUurj;) wuhnten,
und vor welchem um 1570 der Itaumeister des Schlosses, l rotiz l'arr, sich ciu Haus bauete<.
S. lisch. Mecklenhurg in Bildern n, S. 14. M. Jahrb. V, S. 24, Amnkg. 3. — Ilttbbe, Zar Topo-
graphie des alten Schwerin, M. Jahrb. LXI, S. 13.
Digltlzed by Google
GESCHICHTE DER STADT SCHWERIN.
535
Sie alle haben zur Hebung der Stadt beigetragen, desgleichen die unter den
letzten beiden Grossherzögen entstandenen Denkmäler, unter denen die des
Grossherzogs Paul Friedrich und des Grossherzogs Friedrich Franz II. sowie
das Kriegerdenkmal von 1870/71 die bedeutendsten sind.
Alle diese neueren und neuesten Kunstschöpfungen bleiben ebenso wie
die an anderen Orten des Landes einer besonderen Behandlung und Dar-
stellung vorbehalten.
Vgl. M. Bemhardi Hede-
rici, Chronicon Sucrinensc
(1140 bis 1598) bei Wcst-
phalcn, Mon. Incd. IJI,
S. 1648 ff. — Dieselbe
Chronik deutsch : Schwcrinisrhc
Chronica von M. Bemanio
Hedcrico, Rcctorc der St hulcn
zu Schwerin, treulich zu-
sammengezogen. Rostock, ge-
druckt durch Christoff Reussner
Anno 1598. Von ehen-
derselbcn Chrtinik eine jüngere,
vielleicht zu Schwerin gcdnu kte
Ausgabe mit Fortsetzungen bis
ans Knde des XVII. Jahr-
hunderts. — - Chronik der Stadt
Schwerin, bis auf die neueste
Zeil (1842) fortgeführt von
{^hr. Dehn. Zum Besten der
Abgebrannten von Hamburg. —
Lisch, Mecklenburg in Bildern I
(1842), S. I bis 8. 33 bis 36.
47 bis 52. 68. II (1843),
S. 9 bis 16. III (1844), S. 25
bis 32. — Chronik der Ilaupt-
und Residenzstadt Schwerin.
Mit Benutzung der neuesten
Fo rsch u ngen z usa m m en gestel It
von L. Fromm. Schwerin,
Oertzen & Comp , 1862. —
Hachmann, l^ndeskundl. Lite-
ratur, S. 457 bis 464 (Nr. 5243
bis 5339). — Register zu den
M. Jahrbüchern. — M. Ur-
kundenbuch 1 bis XVIII.
■
■
NVelterfahne «Ics alten .Schmiedethors,
bronzene Kugel und Keiter l>is zur Ilelmspitze
0,72 m hoch.
Im (irosshcrzagl. Museum.
536
AMTSGBRICHTSBBZIRK SCHWERIN.
Die kaum lünihiiliiin^ ilfs ü^dicheti
Flügels üt jetzt eine andere. Avich
Uikk aaf dem nn der neiieTrcpiicn-
thuToi im Hof. V^. S. 545.
j i ,J 1^
r ) 0 ( ! <»•
4^
4.
CniDdrias des Domes ta Schwerin.
Digitized by Google
I>er alte Dom zu Schwerin!
Der Dom.
ig^aubeschreibung. Der Dom zu Schwerin, ein mächtiger gothischer Ziegel-
^ — ^ bau mit einem vorgeblcmletcn Fundament von behauenen Granitsteinen,
in dessen älteren östlichen Thcilcn der vvcnthsche Verband vorherrscht, während
in den etwas jüngeren westlichen Theilen wendischer und polnischer Verband
mit einander gemengt sind, hat die Anlage einer drcischiffigen Kreuzkirchc
mit erhöhtem Mittelschift" und einem Querschiflf, das gleichfalls als ein drei-
schiffiges Haus mit erhöhtem Mitteltheil gestaltet ist. Der lange Chor, welcher
jetzt, nach Abbruch des alten Thurmcs (von dessen südlicher Seitenkapelle
nur wenige Mauerthcilc stehen geblieben sind, auf die wir noch zurückkommen
werden), der älteste Tlu il der Kirche ist, hat einen Oberstock oder Obergaden,
der niedriger ist als der des Quer- und I^'inghauscs, welche beide jüngeren
Datums sintI; doch beeinträchtigt dies Verhältniss in keiner Weise den
harmonischen I-jndruck des weiten hohen Innenraumes. Vielmehr dient das
mit wirkiujgsvollen Hildern belebte si)itzbogigc Mauersegment, welches durch
Zusanunentreffen des letzten westlichen Chorgewölbejoches mit dem letzten öst-
lichen Joch des MittcIschifTcs gebildet wird, in Verbindung mit dem malerischen
Sterngewölbe der Vierung ganz wesentlich zur ICrhöhung iler Wirkung des
Ganzen. Min funftheiligcr Kapellenkranz umgicbt den aus dem Achteck ge-
schlossenen hohen Chor. Mr verbindet sich auf der Nord- wie auf der Süd-
.seite mit Abseiten, die bis an die des Oucrschiffes führen und in Höhe und
Breite .so ziemlich diesen sowie den .'^eiten.schifien des westlichen Langhauses
entsprechen, wenngleich, wie der Grundriss darthut, eine mathematisch genaue
Beschrei-
bung des
Baues.
538
AMTSGERICFITSBEZIRK SCHWERIN.
Uebereinstimmung
in den Abständen
von Pfeilern und
Arkaden nirgends
vorhanden und wahr-
scheinlich auch von
Anfang an nicht be-
absichtigt worden
ist. In der nord-
östlichen wie in der
südöstlichen Ecke
des Querschiffes ist
durch niedrige
Uebcrwölbung und
darauf gesetzten
Ueberbau einer
steinernen Empore je
eine Kapelle ge-
bildet, von denen
die eine den Namen
»Zu Marien Himmel-
fahrt« und die andere
den blossen Namen
» Marien - Kapelle«
führte. ') Zu be-
achten sind die
Glicdenmgcn der
Wand- und I'feiler-
dienste. An denen
des Chors und seines
Umganges herr-
schen , soweit sie
die Rippen der Ge-
wölbe aufnehmen,
ausschliesslich die
Ilalbcylinder der
') Eine sichere Untcr-
!>cheiduiig beider Kapellen
fehlt. Vgl. Lisch, M.
Jahrb. XXXVI, .S. i68,
Anmkg. 5 «nd S. 169,
Anmkg. I (» Verrcichnus
der Ah.tr im Thuinh zu
Schwerin 21 Augiisti
Anno IS53«)-
a.
n
3.
s
a.
<»
3
DOM ZU SCHWERIN.
539
Frühgothik mit fiinf als Dreiviertclkörper vorgesetzten Rundstäben; soweit sie
aber zur Verzierung der Arkaden dienen, sind sie bereits in jenem Formen-
spiel ausgefiihrt, das als Vorbereitung auf die Hoch- und Spätgothik bezeichnet
werden darf. An den Diensten der Pfeiler des Quer-'und Langschifics aber
herrschen ausschliesslich die birnformig profilierten Stäbe der Hoch- und Spät-
Fi"- * ~~
W Mw\ (^A^
1;.
AOL» ^81»
Tortal - Profil«:
gothik mit jenen zurückliegenden Zwischengliedern, deren leise Aus- und Ein-
ziehungen eine grosse Zahl von Kanten bilden und dadurch für das Auge das
540
AMTSCKRICIITSHEZIRK SCHWKRIN.
vertikale Linienspiel am Pfeiler bedeutend vermehren. Wo die Dienste nicht
unmittelbar vom Fiissbodcn aufsteij^en, finden .sich iiaufii; halbkegelförniige
I ] I I I I I I I I I I
r
Im Schifif.
Im Chor.
l'fcilL-r-lirunilrisse.
Konsolen, von denen aus sie emporwachsen. Hie imd da .sind diese freilich
abgemeisselt, die unter der östlichen Querrippe der Vierung zeigen kriiflig aus-
geführte Halbfiguren in Brustbild-
form, und unter den Rippen in
den Ecken des südlichen Quer-
schiffes sieht man als Träger
kräftig modellierte Köpfe in Kalk-
stuck mit farbigem Schmuck. Die
Kapitelle der Dienste im Haupt-
schiff wie in den Seiten.schiffen
und im Chorumgang sind mit
Blattwerk auf abwechselnd blauem
und rothem Grunde geschmückt.
Kopf- und Blattschmuck zusammen
findet sich an den Kapitellen in
den obengenannten beiden niedri-
gen Rckkapcllen der ö.stlichen Ab-
seiten des Quenschiffes. Auf den
westlichen Hnden der beiden Seiten-
schiffe des I^mghauses, ebenso
auch an einer Stelle im nördlichen
Arm des Querschi ffcs findet man
Kapitellblöcke, welche unbehauen
.stehen geblieben sind oder höch-
.stens eine Vorzcichnung des be-
absichtigten Laubwerkes enthalten.
Kapilcllc an-. iKn ln-i<lfii Mnricn - Ka])L-llL-ii.
I'^infache Kreuzgewölbe decken die Joche <les Inncnraimies mit Ausnahme des
Obergadens im Querschiff. Wahrend niimlich hier tlie Vierung mit einem
DOM ZU SCHWERIN.
schönen Stcmpcwölbc geschlossen wird, deckt je ein sechzchnlheilif^cs Netz-
jjcunibe den nördlichen wie den südlichen Krcnzarni. Minderwerthi}^, und
damit als Krzeugnisse des XV.
Jahrhunderts i;ekennzeichnct, stellen
sich im Vergleich zu den Gewölbe-
Jochen des Chors die des westlichen
Langschiffes dar.
Den theils fri.ih- theils hoch-
und .spatgothi.schen Hililungcn der
Dienste entsprechen die Laibungen
iler Portale. Sie sind somit gleich
an<leren Stilkritcricn au.sschlag-
gebend für die zeitliche lic.stim-
niung der Itautheilc (s. u.). Von
besonilercm Interesse aber ist ein
beim Neubau desThurmeszum Vor-
sclu--in gekommenes zugemauertes
Portal in der Aus.scnmauer der
siicllichen Thurmkapellc. Seine
Laibung ist ganz in der malerischen
Weise des grossformigen romani-
schen Stils ausgeführt und gehört «kr ältesten Mauperiode des Domes an.')
I'ort.il vom allen I>i>m
in ik-r Au>'>ottl»a«it;r iler «UiiliclK-ii rliiiiiiika|i(.-llo.
Isnlk^lL'lii. '('L-rrukoUn.
Kiini;i)ii>ii'roii<U' K;ii>tli-llo «tu) I!:I'L'H all* KalkNlcin iiiul nfliraniUeni Stein (im Mu>ciiiii zu Schwerin).
Die Laibungen dieses und auch der übrigen mit starker Betonung der Haupt-
'i \V.i> viiitsi iioL'h an Kciinr.t.-iL'ht.-ti <lc> r(miaut>L-ht:ii SliK n\u allen 'i'liurm vorhanden war,
hat l.i^cli im M. Jaliiti. \l.\, .v>S niul .>W znNammeiine»(ellt. im Mii>euni zu Schwerin l»c-
liiuleii Meli eiiil.:;e r<>maiii'^iei'en<le Ka|iilelle und lki>eii au^ KalkMeiii und auch aus (;el>rannlcm
.>i< iii. ilie dem rtiten I »mn aii-'t-tiui l 1).\1>cn.
S43
AMTSGERICHTSBeZIRK SCHWERIN.
^licdcr trctTlicli «gebildeten reinp[otliisclu-n I'ortalc .siml aus iqjebrannten Form-
steinen hergestellt, I'fosten und Sturz des südlichen C hnrpoi tals aber weisen
profilierte Ciranitquadern auf, die denen des alten I'\nidanicntsockels völlig
gleich sind und wahrscheinlich als Ueberschuss an Material hier eine Ver-
wendung fanden. Auch sieht man hier im Bogenfelde oberhalb des Sturzes
eine Blattverxier^ii^ aus Stnck, die den übrigen Bogenfeldem fehlt. Endlich
kann man an diesem Portal wahrnehmen, dass es einst mit einem kräftifjen
Kapitell und Kampfergliedc i^eschmückt war, wie es der ersten Periode der
Gothik von alter Zeit her noch eigen ist, später aber leider schwindet. Auch
zeigt sich hier ein Wechsel in der Anwendung der gelnwinten Formensteine:
in dem unteren Theil der östlichen Laibungshälfte ist bis ungeßihr zum Ansatz
des Bogens ein älteres und grösseres
Material von Steinen verwandt, von
da ab im Hoj^'eii und in der westlichen
Laibungshai Ite ein jüngeres und
kleineres, wie es im Portal des nörd-
lichen Querschiflarmes auftritt (s. u.).
Zu beachten sind femer die Sockel
in der Laibung des südlichen < 'u< r
schifiTportales ans anscheinend goth-
ländischem Kalkstein. Es ist an-
zunehmen, dass dieses Baumaterial
auch bei den Sockeln der übrigen Pörulbiidmig im siidliehen Quenehir.
Portale einstmals zur Anwendung kam. Zur Zeit aber sind fÖr diese, wahr-
scheinlich von der Witterung /erstört gewesenen Sockel überaus roh gcbiltlcte
Sockel von Hackstein zur Anwendung gekonmicn, die nichts von der Form-
schonheit der älteren Sockel aufzuweisen haben und als schlimme Zeugnisse
des Unvermögens unserer Zeit dringend zum Lrsatz mit etwas Besserem nach
jenem Muster aulTordem, das sich in so überaus trefflicher Gestaltung im sfid-
lidien QuerschifT darbietet
Eine auffallende, nicht angenehm berührende Abueichimg von dem
sonst herrschenden Spitzbogen in der einfach (d. h. ohne Anwendung von
Maasswerk) gehaltenen, aber gut und mit Geschmack durchgefiihrten Bildung
der Fenster zeigen jederseits die Lichtöfinun;4i. n im Obergaden des westlichen
Hauptschiffes. Sie ermangeln gänzlich des Hugenschlusscs und haben statt-
dessen einen Schluss aus der Spitze eines flachen gleichschenkligen Dreiecks.
Die Sache findet ihre Erklärung darin, dass diese Fenster in ihrer, wie man
weiss, an Stralsunder Kirchen erinnernden Wei.se ein F.rgebniss kirchlicher
Strafverfügungcn sind und zusammen mit den Gewölben des westlichen Ober-
schiffcs von Stralsunder Haunieistcrn und Arbeitern am Anfange iles XV. Jahr-
hundcrt.s au.sgeluhrt wurden (s. u.). .Sie repräsentieren somit die letzte Bauperiode
des Hochschtffcs. Besondere Beachtung verdienen in der äusseren Laibung
der Fenster des hohen Chors als Kennzeichen der Frühgothik die theib breit
abgefas'tcn, theils (und zwar am Aussenrande) unverändert gelassenen scharlisn
Digitized by Google
I>OM ZU SCHWERIN.
543
Kanten, sowie als cntsprccbcndc ICrscheinun},' der Krüli<^othik die an einer
ganzen Anzahl der Pfosten in den l''cnstern des Choriimganj^es {glücklicher-
weise noch erhalten ^gebliebenen kleinen Kapitelle, wie sie in der spateren
Zeit der Hochgothik nicht mehr \'orkonin)en.
Abgesehen von den poIygonen und spitzbehelmten Treppenthürmen mit
steinernen Wendeltreppen, von denen jetlerscits das QuerschitT flankiert wird
(ein fünfter Trcppenthiirm steigt aus dem Dach des ScitcnschifTcs an der Süd-
wand lies Obergadens vom Chor empor), abgesehen auch von den (iiebel-
blenden der (Juerschifl'e und von den Strebej)feilern, unter denen die des
westlichen I^nghauses mit Strebebogen
belastet sind, beschränkt sich der iiussere
Schmuck des Domes im Wesentlichen auf
wenige Verzieriuigen mit schwarzglasierten
Ziegeln, so z. H. auf den abgeschrägten
Sohlbiinken der Kenster, am Kaft'sims
unterhalb der l-'enster der Seitenschiffe und
des Cliorumganges, sowie am Kleeblatt-
bogen-Fries, der unter <len oberen und
auMtn
Mit 7wci alten uiiii ciiiciii ik'ucii l'fo^tcti.
unteren Dachgesimsen entlanglauft. Am
anziehendsten wirkt dieser Fries in .seiner Fortfülirung an den als scheit-
rechte Bögen au.sgcführten Mauerlatten oberhalb der flachen Kappen, womit
die Einziehungen zwischen den Kapellen des Umganges der Art überdeckt
sind, d.iss dieser Kaj)ellenkranz gleich denen in Dargun, Wismar u. s. w. auch
äusserlich als ein unter ein einziges Dach sich zusammcn.schlies.sendcs einheit-
liches Ganzes erscheint.
Als Anbauten finden wir zwischen dem südlichen Theil des QuerschifTcs
und dem Kapellenkranz das » Kapitelhaus «, das aus einem alteren unteren und
einem jüngeren oberen Stock besteht und gegenwärtig als Sakristei dient,
sowie auf der Nordseitc ties Domes den jetzt als Regierungs-Hibliotliek ein-
gerichteten zweige.schossigcn Kreuzgang, dessen Thcile nicht zugleich angelegt,
sondern der aus dem unmittelbar an den Dom si(Ks.senden, .seit 1S34') .seiner
Gewölbe beraubten östlichen Refektorium und westlichen Donuitorium hervor-
gegangen ist (s. u.). Auch der der Kirche zunächst liegende Raum des
Refektoriums wird gleich dem Ihiterge.schoss tles Kapitelhauses jetzt als
Sakristei verwandt.
") l.l>cli, M. J.-ilirh. MII, S. IsS, .Viimk-;. I.
544
AMTSdERICIIT.snF.ZIRK SCHWERIN.
Der Thurm ist ein von dem verstorbenen Arthur Graf von Ikrnstorff
gestifteter und noch bei seinen Lebzeiten von 1889 bis 1892 durch den Geh.
Obcrbaiirath Daniel aufgeführter Neubau von 117,5 Meter Höhe. Der alte
Thurm, de.sscn Spitze nur wenig über den First des Hochschifies hinausragte,
der ferner nicht genau in der Langenachsc tles Haupt.-ichifics lag und schon
mit diesem Verhältnis:; auf einen älteren Kirchenbau hindeutete, hatte im Laufe
der Zeiten manche
Veränderungen er-
fahren , trug aber
noch Spuren der
älteren romani.schen
Periode an sich.
Die Kapelle auf der
südlichcnThurniseite
bewahrt nämlich
ausser dem in ihr
aufgefundenen
ältesten Portal noch
Reste des Rund-
bogen - Friese.s , wo-
mit auch der I laupt-
körpcr des Thurmes,
wie alte Abbildungen
zeigen, geschmückt
war.
Um die (vc-
schichte des
Domes hat sich
Niemand ver-
dienter gemacht
als Frietlrich
Lisch, unter
dessfnKrössiren
und kii-incrett
s( hrittwcise die
Sache klar-
stellenden A w f-
Sätzen über dicsies TliLiita die in den Jahrbüchern XIII, S. 143 bis 187,
31;^ bis 325 (desrh. d- Heiligen- Hliits • Kapelle), XI.\, S. 31)8 bis 403 {l\'ber
<lie Mauperiodcn <lcs Domh.s) und .\.\X\ 1, S. 147 bis 203 (fkr Dom zu
Sc hwerin) eine grundlLgendc Ue<letituiig haben, besonders \vi« htig ist der
^ulet/l genannte Aufsatz, da er aurh auf das Kunstinventar des Domes ein-
geht unfl unwiderleglich darthut, wie manrlie werthvulle Alterthiimer selbst
nf»< h bei der Restauration im Jahre 1S67 verloren gingen. .Ms vierte Dar-
stfllung kommt dann ein .Aufsatz von lTic*lri< h W'ilhilm l.ist h, dem Sohne
Friedricirs, in seiner (iescliirhtc tler Statlt Sc hwerin bis zum Uebergang der
(italseiiaft Si tiwLtin an das Maus Mecklenburg (.M. Jahrb. Xl.ll, S. 33 bis 128)
• »>t>vil<,' lies Chors,
Digitized by Google
DOM ZU SCHWERIN.
545
auf S. 42 bis 58 (Der Horn) hinzu, der als Zusammenfassung der Kaugeschichte
des Domes mit neuen kritischen F-rurterungen zu bezeichnen ist.')
Wir geben hier die wichtigsten Momente aus der Geschichte des Baues
so kurz wie möglich, können aber nicht umhin, unsere Ansichten, soweit sie
von den bisherigen Annahmen abweichen, durch Bild und Wort ausführlicher
zu begründen.
Ks steht urkundlich fest, dass der Dom am 9. September 1171 »zu
Khren des Heilandes, der heiligen (iottesmutter Maria und des heiligen
Kvangclisten Johannes vom Baiem- und Sachsenherzog Heinrich dem Löwen
in Gegenwart der Fürsten
von Pommern und
Mecklenburg, Kasimar
von Demmin und
Pribislav von Kessin ,
der Grafc-n (iunzelin
von Schwerin, Bernhard
von Ratzeburg, Heinrich
von Ravenslwrg , Otto
v<m Bentheim, Conrad
von Regenstein. C<mrad
von Roden, Hermann
von Lüchow sowie der
Bischöfe F^-emiod von
Ratzeburg und Bemo
von Sc hwerin und vieler
anderer geistlicher und
weltlicher Herren ge-
grüntlet wurde. *) Wo
Bischof Bemo vorher und
ebenso auch während
des Baues der neuen
Stiftskirche seine Gottes-
dienste hielt , ist un-
bekannt geblieben. Rund
achtzig Jahre später, am
1 5. Juni des Jahres i 248
oder i2 4r(,') weiht
Bischof Wilhelm die
neue Kirche. .\ber das
Bauen hat damit nicht
aufgehört, wie der zu Gunsten des Schweriner Dombaues gewährte Ablass
des Frzbischofs Konrad vom Jahre 1249 vermuthen lässt.*) Diese älteste
Domkirchc steht heute nicht mehr, aber der uns allen noch bekannte alte
'Ihurui wird dazu gehört haben, und ohne Zweifel auch das von einem
gedrückten Spitzbogen geschlossene Portal mit romanischer Laibung in dem
') I>ie Ul)rijjc Literatur Ul)cr tien l>oin -iclic Itci U.ichmann, lanilcskundlichc Literatur 5305
Iiis 5325- '*'<^ neueste Schrift von ()uaiie. Oer \h>m zu Schwerin, Schwerin 1891, i>t eine Fest-
schrift zur Krbauung (te> neuen 'l'hurnies.
») M, U.-H. 100. Wißßcr, M. Jahrb. XXVIII, S. 28.
*) M. V. U. 6.^1. Annikg. Vßl. Lisch, NL Jnhrh. XIIL S. 147. XX, S. 236. 235. WiRRer.
M. Jahrh. NXVIil, S. iSS, .\iimki;. 2. Wahrscheinlich 1249. nicht 1248.
*) M. V. M. 625.
as
Pas Inncrc <lcs Krcii7f;.inRi.-s mit neuem Tre{i])cnlhurm.
546
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
unregeltnflssig mit Granitsteinen gemischten alten Mauerwerk in der Seitenwand
der siidlirlicn Thuniikapclle: s. S. 541. Wie weit sich diese erste Kirche nach
Osten erstreckte, ist heute nicht mehr zu sagen: nach Maassgabe der Ver-
hältnisse des alten Thtirnies vielleicht nur bi« zum Beginn des jetzigen hohen
Giores oder, was dasselbe sagt, bis in die \'ierung von Quer- und I^ngschiff.
r)n<js sie al>er schon dieselbe I^änpe gehabt haben sollte wie die heutige,
können wir nicht glauben. Wenigstens vermögen wir die Unterbringung
des heiligen Blutes in der sdion vier Jahre (rtther, nämlich iai8, genannten
Grabkapellc der Graten von Schwerin ') als kein aiisschl.irm liendes Moment
in dieser Frage anzuerkennen. Diese Sache hätte nur dann eine iiedeutung,
wenn unwiderleglich bewiesen werden könnte, dass die Kapelle, um welche
es sich in der Urkunde des Bischofs Brunward vom 3. Mai 1218 handelt,
mit der späteren Heiligen Blutskapellc und GrabkapcUe der (Irafcn, der
heutigen Grabkapelie der Landesherren im Umgange des Chors , identisch
wäre. Es giebt aber keine zwingenden Gründe, welche der Annahme einer
Verl(!,nmt,' dieser Kapelle in späterer Zeit an einen anderen l'latz in der
Kirche entgegenstanden. Denn Verschiebungen dieser Art kommen auch im
Mittelalter vor,') und die Nachricht in Hederich*s Chronik vom Jahre 1400
über die Aussi himu kiing der Heiligen Bliitsk.ipelle mit den Bildnissen der
Grafen zu Schwerin, welche Lisch in den Jaltren 1^39 und 1S40 wieder auf-
ftnd, die aber später der neuen Anlage zu Gefallen verschwanden, giebt
sogar die Vermutlumi; an die Hand, es kfinne um jene Z.eit eine solche
Verlegung stattgefunden hahen.') Aber, wie gesagt, über alle diese Dinge
fehlt es an festen Ueberlieferungen, und dieser Mangel macht sichere Schlüsse
unmöglich.
Dagegen gewinnen wir am 25. März 1327 an einer Erklärung des
damaligen Schweriner Dom- Schatzmeisters Heinrich von liülow in einer Trozess-
sache, welche die Besetzung der Pfarre zu Stmlsund betrifft, den nächsten
baugeschirhtlichen Fixpunkt. Damals, 156 Jahre n.arh der feierlichen
Gründung des Donus durch den Baiern- und Sarhsenlui /^^ Heinrich den
Löwen ist zum ersten Mal von einem neuen Chor die Rede.*) Leider aber
erfahren wir «neder nicht, wievid Jahre vorher er fertig geworden ist, auch
nicht, wer ihn gebaut hat.*)
Mit diesem neuen Chor kann nur der jetzige hi>he Chor gemeint sein,
und zwar der ganze Chor mit seinem Umgang und auch mit seinen
Seitenschiffen bis zum hohen Querschiff hinan, also bis Qber die
östlichen Seitenschiffe beider .Arme des Querschiffes hinaus. Das behaupten
wir auf Grund der keineswegs »ganz gerade und glatt eingehenden«, son-
dern vielmehr im Giarakter frtther Hochgotbik (mit einer grossen scharfen
Aussenkante und einem durch breite Abfasung einer zweiten scharfen Kante
») M. U. U. 241. Vgl. 1 r. W. Lisch, .M. Jahrh. S. 43.
*) Vgl. den Handel der Fronleichnams -RniderNcliaft mit der EngUndJifahrer-GeKclhehaft
im l.ilire I435 um eine K.-tpcllc in der J<ih.innis - Kirclie 7.11 llaiiiliurg bei StaphorRt, lluib. Kirchen-
(iesch. I, Iki. 3, S. 672 (llamlnirg, lici Kdgcncr, 1723 bi» 1731}.
*) Hederich, SchweriniMlie Chronica (Rostock 1598), .S. 18. Wcstpbalen, Mon. ined. III
(Ilolerici Chronicon Suerinenu), S. 1654. Fr. lisch, M. Jahrb. XHl, S. 159 ff. XX, K. 234 ff.
XXXVI, S. ir.x. .\nml<^. 2,
*) .Schi,.dcr, l-np. .Vcckl. I\ , N. 30. 3.S. M. l .1!. 4809 (.Ii). I r. Lisch, Jalirb.
S. 399. Fr. W. Lisch. M. Jahrb. XI.II, S. 44-
') Kiric l rkunde vom t Xiivembcr t?;? lutint einen bmder Wemems als •nagister
u|>«risc beim liuui. M. L'.-U. 1260. ^Nach Ciaiidriaii.)
DOM ZU SCnWERlN.
547
gebildeten nachfolgenden Gliede) profilierten Fensterlaibungen im Obergaden
des hohen C'hors, ferner auf Grund der die gleiche Stilepoche andeutenden,
mit kleinen Kapitellen versehenen Fensterpfosten des Umganges und 'endlich
auf Grund des durch alle diese Ttieüe gleichmässig dun hgelührten und bis
an die üstwand des hohen Querschitü'es festgehaltenen Systems der Dienste
in den Arkaden und unter den Rippen der Gewölbe. In diesen Theilen
haben wir ohne allen /wiitVI einen gothischen Hau aus einem Gusse vnr
uns. Aus diesem Grunde vermögen wir uns nicht mit der Anfangs nur als
Vermuthung, s|)ater aber ab Ueberzeugung ausgesprochenen Lisch'schen An-
nahme zu befreunden, nach welcher der hohe Chor zuerst ohne KapellenknUM
und Seitenst hiffe erbaut und diese beiden integrierenden Thcile des (Janzen
erst in der Zeit von 1366') bis 1375 unter Bischof Friedrich von Büiow
hinzugefügt seien.') Die wenigste Beweiskraft aber scheinen uns die beiden
Biilow"s< ben Me».singschilde oberhalb des südlichen ( hi >rportals /u haben
Zwar stimmen sie mit den beiden gleichen Wappenschilden oberhalb des
Portals im südlichen SeitenschtiT des Langhauses überein, und sie könnten,
wenn diese Gleichheit entscheidend wäre, inmu rhin dem Bis< Imf Friedrit h
von Biilow angehören; aber das Störende für eine sichere Behauptung ist
dies, da» es schon von 1292 bis 1314 einen Bnchof Gottlned von l^ow»
dann von 1331 bis 1339 einen Bischof Ludolph von BüIow, und von 1339 bis
1347 wieder einen Hischnf Hrinrii h von Biilow giebt, sowie d.iss es mit
dieser l'forte eine eigene Bewandtniss hat, insofern sie durch die auffallende
Verschiedenheit ihrer Formsteme auf eine ytrgtötmemag in derselben Zeit
hinweist, in der das formverwandte Portnl im N'orrlarm des Ouersrhiftes erbftUt
wurde. Jedenfalls haben die Wappen oberhalb dieses I'ortals ihre jetdge
Stelle eist nach diesem vermutheten Umbau erhalten. Es ist somit aus ilmäi
allein kein sicherer Schluss auf die Bauzeit des sQdlichen Seitenschiffes am
Chor zu gewinnen, und es steht daher nichts im Wege, sie auf den ersten
Bischof aus dem Geschlechtc der Herren von Bülow, den Bischof Gottfried,
au beziehen, der den Neubau des Chors recht wohl schon während seiner
zwanzij^iaiiriu'i n Keyiernnpsperifide Ix-j^'onnen und sfij^ar vollendet Indien könnte,
zumal an Ludulph und ileinricli von Bulow deshalb nicht gedacht zu werden
braucht, weil der neue Chor schon 1337 als vorhanden erwähnt wird. Für
den Frbauer wenigstens des holu t) Chors hat auch Lisch schon den Gottfried
von Bülow gehalten: M. Jahrb. XIX. S. 400.
Dagegen darf nicht übersehen werden, dass, wenn, wie angenommen
worden ist, aus dem Haupte des hl. Johannes auf dein Siegel des Dom-
thesaurarius und späteren Bischofs Hermann von Maltzan (1314 bis 1322)
und aus dem gemalten grossen heiligen Haupte am Triumphbogen des hohen
Chors auf einen Zusannnenhang geschlossen werden dürfte,') auf eine wenig-
stens um 1,^22 bereits im Bau begriffene Anlage des hohen OuerschitTes mit
einem durch das Vorhandensein von Seitenschi tfen oder Seitenmauern be-
dingten (jegendruck geschlossen werden könnte. Indessen ist auch hierauf
ni( ht allzuviel Gewicht zu legen. Die Malerei am Triumphliu^en wird nicht
eher ausgeführt worden sein, als bis wenigstens das ganze Querschitt' und
wahrscheinlich auch das Fangschiff fertig waren. Beide aber weisen mit ihren
Baufonnen (das hohe Querschifl' im Besonderen mit denen an seiner West-
wand) auf eine spätere Zeit In bestimmtester Weise thun dies die eine
») M. r. 11. 0.(4'
.M. J.-»hrb. .\. S. 306. XIII, S. 155. 156. .\IX. S. 401. XLIl, .S. 446-.
■) Vgl M. U. B. 3153. Note. Fr. Lisch. M. Jahrb. XXXVI. & 174. Fr. W. Litch, M.
Jahrb. X1.1I, S. 4$. Doch M. Jahrb. VIII, S. 13. Taf. lU. 5.
8Ö*
54«
AMTSGEKICHTSBEZIRK SCHWEiaN.
stärkere Ausprägung des Vertikalismus bethätigenden Pfeiler- und Arkaden-
diemte, in denen das schlankne Bimprofil der späteren Hochgothik herrsdit,
ferner die Laihun^cn der Portale, die den ebengenannten Formen entsprechen
und endlich auch die Stern- und Netzgewolbe des QuerschitTes sowie die
schlaffer gespannten GewÖlbejochc des LangschifTes. Vgl. S. 539.
Aber es fehlt auch hierfür wieder an sicheren Nachrichten. Aus einer
Urkunde vnm 26. Juni 1328 erfuhren wir, dass es damals noch kein Refek-
torium und auch kein Dormitorium für die Kapitclhcrren gab, dass man aber
einen Bau beider Thdle bocits ins Auge gefasst hatte, und dass auf dem
dazu ausersehenen Platze ein (anj^ehlich in unscrm Jahrhundert wiederaufL't fun-
dener) Kalkofen steht, den das Domkapitel unter der Bedingung des Rück-
kaufes einstweilen ehiem Privatmann überlässt') Dass 1366 am Dome ge-
baut wird, erhellt atis einer Urkunde vom 3. Juni 1366.*) 13S0 zahlen »die
Baumeistere der Kirchen zu Zwerin« die für jene Zeit auffallend grosse
Summe von 231 Mark Lübisch • wegen Meister Peter Pet/.els Steinmetzen«
an den Steinhauer Daniel, und wieder zwölf Jahre darauf, 1392, erbaut Bern-
hard von Plessen das längst projcktitrtc Refektorium, dessen Inschrift noch
1S34 im nördlichen Theilc des Kreuzganges vorhanden war, nachdem Bischof
Friedrich II. (1360 bis 1375), wie »glaubwflrdige Archivnachrichten« darthun,
auf der Siidscitc de- I^ hiks I>en.it> das Kapitelhaus« hergestellt hatte; und
1396 gicbt die Sendung eines Stückes vom heiligen Kreuzholz zu Riga An-
lass XU einem abermaligen gewinnbringenden grossen Ablass.') Femer erfohren
wir aus einer unverdächtigen alten (Quelle, der Chronik des Reimar Kock,
dass im Jahre 1416*) die Kinwölbung des westlichen Hochschiftes der Kirche
auf Grund einer vom Papste angeordneten Sühne für den im Jahre 1407 be-
gangenen bekannten Priestermord auf Kosten der Stadt Stralsund durch von
dort gekommene Werkmeister ausgeführt wurde. Dazu kommen nun Wapjien
und Bau -Inschriften: die Bülovv'schen Messingschildc über dem Portal im
südlichen Seitenschiff des Langhauses und die Zahlen (inrrcl)rftttt ((13)74]
(links neben dem letzten oder westüi li-;t n vierten Fenster in der südlichen
Oberwand des Langhauses) und uucff ("3Jo) (mit einer willkürlich auf
1342 angenommenen Krgänzung),*) die sammt den beiden Namen niqlbe'')
und t|Ünrik reimrrs') sowie unzweifelhaften Resten der auf die Stralsunder
Wölbung sich beziehenden Inschrift (an der \Ve>twaiuI des Langhauses, hoch
oberhalb der Orgel) bei Gelegenheit der Restauration vtm 1866 auf 1867
von Lisch gefunden, aber unverständigerweise von der damaligen Bauleitung
ohne Gnmd und .Xnlass aufs Neue übertüncht wurden. Endlich giebt es
noch zwei Indicicn aus den Zeiten des Hischofs Werner 1458 bis 1473) und
des Bischofs Konrad I.oste (1489 bis 1503), welche sich auf den Kreuzgang
beziehen, erstens einen Urkundenauszug des Clandrian, nach welchem Bischof
Werner den Personen des Domkapitels, »so einen Umbgang an der Kirche
>) M. l . Tt. 49.^S. Vgl M. Jahrb. XVI, S. 183 ff. XIII. IS7. i»S' XIX, S. 40a
*) M. U. U. 9487.
*) Vgl. DMiel dandrian's Verzeichnisse von Urkunden im Grossh. Archiv. Hederich*«
Chronik, zutn J.ilirc 1400. Lisch .M. Jahrb. XIII, S. 154, Anmkg. 1; S. 157. S. 401.
*) Nicht 1430, wie man frtther annahm, sondern 1416 : vgl. Lisch, M. Jahrb. XXXVI,
.Seite 187.
^ Weiter unterhalb der Siraljtunder Inschrift an der Westwand des Langhauses.
•) {"■Ifich t)l>or1inll) <!i'r /liIiI i't ' 74 ^" ''fi" --il'llicJu'n ' >l)cr« .iiid ^\c•^ I.ant;linuscs. Diese
Inschrift hat .sjütur (<l. h. nach ihrer Autriiidutig und l'etjertUiictiung im Jahre eine Erneuerung
erfahren und i»t daher wieder aufzufinden.
*) Noch etwas tiefer ab die Zahl 1310 an der Westwand des Langhauses.
DOM ZU SCHWERIN.
S49
zu bawen angefangen vntl allen, so dazu helPfcn, 40 'läge Ablass, anno
1463 sabbato ante tloininicam Judira' verleiht, und zweitens findet sich
►an einer Verbindun{,'Sthiir« im nimilichen 'I'heil des Kreuzhanges') ein in
Stein gehauenes Wappen des Bischofs Konrad Loste (halber Widder mit
t|uer gelegtem Bischofsstab).
Welche Schlüsse lassen sich nun aus diesen dürftigen Nachrichten und
Indicien kombinieren?
Krstens: Da das südliche Seitenschiff am Portal die Bülow'schen
Wappenschilde aufweist, Bischof Friedri«h II. (1366 bis 1.175) aber «1er letzte
Bischof aus Bülow'schen Geschlechte ist, so kann dieser Theil nicht nach
seiner Zeit erbaut sein. Wenn die Zahl 1.174 an der südlichen Oberwand
des l^ingschiffes richtig gelesen und angcnouuiien ist, so wird der genannte
'l'heil ebenso wie das liohc MittelschilV des westlichen Langhauses (dies
freilich nur bis zur Wölbung, die erst 1416 fertig wurde) von dem Maurcr-
meister Wylde zur Kegiemngszeit
des Bischofs Frie<lrich vollendet sein.
Zu diesem Bau des westlichen Lang-
hauses mit seinen Nebentheilen
scheint auch die grosse Rechnung
der Steinhauer vom Jahre 1380 zu
stimmen, wenngleich sie erst fünf
Jahre nach Bischof Friedrich 's Tode
bezahlt wurde. Aber (lewisses ist
auch hier nicht zu behaupten. Kher
als dies westliche Langhaus wurde
wahrscheinlich der Bau des hohen
QuerschifTes begonnen. Da aber
über seinen Portalen die Itülow'schen
Wapi>en fehlen, vielleicht von keinem
der Bischöfe dieses Hauses (s. o.).
.\ber von wem? Von Heinrich
von Maltzan (13 14 bis 1322)? Von
Johann L (»ans von I'utlitz (1322
bis 1331)? Von Andreas (1348 bis
1356)? Von .Albrecht von Stemberg
(«357 '»is 1364): Von Rudolf ((Jraf von Anhalt), 1364/65? Ks ist nicht zu
sagen. Der Zeit nach kann jeder von ihnen in FVage kommen, denn die Bau-
formen der Ho« hgothik, welche im Quers« hifl" und seinen westlichen Seiten-
schitTen zur .\nwendnng gekommen sind, p.assen re« ht gut auf das ganze halbe
Jahrhundert, das zwis« hen dem ersten und letzten Bist hof von Bülow, dem 1314
gestorbenen (iOttfried, dem Flrbaucr des hohen C'hores mit .seinem Kapellen-
kranz und seinen Seitenschiften, und dem von 1365 an regierenden und
'375 gestorbenen F'riedrich von Bülow, dem Erbauer des westlichen Lang-
hau.scs mit seinen Seitenschiffen. Diese Formen sind, mit .Ausnahme der
(lewölbe des hohen Quer- und Langhauses, sogar zeitlich nicht allzu weit
von denen des ("horraumes entfernt. .Aber bedenklich ers<heint es uns, auf
(Irund des Siegels, welches Bischof Hermann von Maltzan als Dombau-
Schatzmeister führte, einen Schluss zu machen. Ist es denn wirklich das
Haupt des Johannes, welches auf diesem und dem Mauersegment des Triumph-
bogens erscheint? Wir dürfen ni«:ht vergessen, «hiss hier «las grosse Triumph-
Wappon des Hiscluifs Kour.-nl l,c»».tc.
') Kür «Icn, der dt-n Krou/};an(j von der K;)nij;»Irris>e her bctritl, iicitcn «ler zweiten 'l'liür
recliLs, und zwar nicht im Innern des (ianges, sondern nuf seiner nördlichen .\usseti>eite.
y Google
550
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
kreuz hing.') Wenn oberhalb dieses noch in Riesengrösse ein heiliges Haupt
enchdot, so kann es nach iinseier Meinung nar das von Gott Vater sein.
Ob mit diesem Bilde und dem Triumphkreu/. zusammen auch noch die Taube
des heiligen Geistes an irgend einer Stelle den (ledanken an die üreieinig-
keit erweckte, ist heute natürlich nicht mehr aus7.uniarhen. Gänzlich weg
fällt aber die Beziehung der Sendung des Rigaer Kreuzsplitters im Jahre 1396
auf den Bau der Kreuzarme des Querschifles.*) Wenn wir die im Sc heitel
etwas niedriger als die des Langhauses liegenden Gewölbe dieses Theiles
und femer die korrespondierenden Fensterformen der hohen Ost- und West*
wand mit den entsprechenden Ausführunt^cn im hohen l.angschiff vergleirhen,
so tritt uns eine offenbare Venvandtschaft beider entgegen. Derselbe Mangel
an Korrektheit und Gleichmässigkeit, dieselbe Flauheit in der Behandlung
der Kappen und Rippen, dieselben unschönen f1a( hdreieckigen FcnsterschKisse
irie die von St. Marien und St. jakohi in Stralsund: es ist daher schon mit
den Augen zu sehen, dass auch die \\ ulbung des Querschiffes erst im zweiten
Decennium des XV. -Jahrhunderts von den Stralsundem vollendet ist.*)
Fraglich erscheint es auch, ob den Naehrichten aus der Zeit dcs
Bischofs Werner und des Konrad für die letzte Vollendung de« Kreuzganges
die Bedeutung gegeben werden kann, welche ihnen bisweilen gegeben worden
ist Lisch selbst scheint daran zu zweifeln. Er bemerkt im M. Jahrb. XXXVl,
S. 403, mit Recht, dass die Bauformen des Kreuzganges einen viel zu edlen
hohen Stil haben, um noch dem Ende des XV'. Jahrhunderts zugewiesen
werden zu kjhmen. Man wird daher wohl der Wahrhdt am nächsten kommen,
wenn man den westlichen Arm und den ihn mit dem östlichen .Arm ver-
bindenden nördlichen Theil in dieselbe Zeit setzt, in welcher Bernhard von
Flessen den «stüchen Arm ah Refektorium erbaute, dessen im Jahre 1834
herausgeschlagene Gewdlbe in unserer Zeit dun h einen der ganzen Archi-
tektur nicht angemessenen ncurnmanisrhen Einbau ersetzt sind. ITnd man
wird wohl nicht irren, wenn man der Betheiligung der Bischöfe Werner
Wohners und Konrad Loste dne nebensftchliche Bedeutung beilegt.
1663 besass der Dom in seinem Innern noch ein reiches mittelalter-
liches Inventar, obwohl schon 1585*) Eingriffe stattgehabt hatten. Das
XVIII. Jahrhundert geht mit KalkübertUnchungen vor. .Auch der alte Dom-
prediger Georg Westphalen (-J- 1728), der Vater des bekannten Kanzlers und
Schriftsteller.s Knist Joachim von Westi)lialen, des Herausgebers des grossen
vierbändigen Werkes der Monumenta inedita rcrum germanicarum, hat eine
lateinische Aufzeichntmg des Dom-Inventars hinterlassen, die in dem ge-
nannten Werk des Sohnes, III, S. 1704 bis 173a, abgedruckt ist und nicht
*) Kaeh dem InTcntsr des Domes von 1663. Vgl. LiMb, M. Jahrb. XXX VT, S. ijo. 156.
Dazu Westphalen a. .i. o. III, S. 1714 (X\XI\ V^;l. .noch die fttnf Siegel des Hermann von M.-ili?<in
bei Lisch, .M. Jahrb. VIII (Geschichte des bischöflich .Schwerin'achcn Wappens), S. 13. 14. Taf. III.
XXXVI, S. 174.
*) M. Jahrb. XIX, S. 401.
•) r>ies erhellt Uberdiess ans der in Iledench's Chronik «ind in des Latomus Ceschichte
der Bischöfe gleichmässig enthaltenen N'oti?, welche l.^uret, d:iss die Sund ischen die Domkirche
vom Chor an bis tum Clockenthurm in die hunderlfunfzig Schuhe Ltng rn wSlben
hatten (templum Suerinenfe cathedrale ab ea parte qua chorns exstructus est
ttsqne ad turrim campnn.irum nd 150 pcdes fornicilni'; i n ru c n d 11 m Vgl. West-
phalen a.a.O. III, .S. 1655, und IV, .S. 573. Daiu Hederich in seiner liisch.itl. lli>iorie, .S. 449
(Cerdcs'sche Saromlang).
*) Vgl Ilederich't Chronik. Dazu Lisch, M. Jahrb. XXXVI, S. ■$> «md S. 154 ff.
Digitized by Google
DOM ZU SCHWERIN.
übersehen werden darf. 1806 ist der Dom ein I.azarcth und 181;? dient
er ab Futter- Magazin. 1815 beginnt eine grundlirhe Aufräumung mit den
vielen •Kleinigkeiten und störenden Zierrathen der papistischen Zeit«. Damals
werden am h die Cliorstiilile der Domherren fortgeschafft. Von diesen und
anderen werthvollen Alterthümera der Kirche, die z. Th. auch noch bei der
zwdten Restauration 1867/68 venchwunden sind, handeln aufs AusführHrhste
die beiden grösseren Aufsätze von Lisch im M. Jahrb. XIII, S. 171 bis 17 8,
besonders X.X.XVI, S. 147 bis 20;?. auf die wir hier verweisen müssen. Kinen
Anblick der nüchternen stillosen Einrichtung seit 1815 (vom Baumeister liarka),
die bis zu der jetzigen (vom Baurath Krüger seit 1868) diente, giebt der
WiUebrand'sche Längsschnitt, der S. 538 reprodudeit ist.
Altar» Kamd, Orgelgehäuse, Geattthl und auch der grüüälc Theil der Innere Kin-
Wiadfliiige vor den Eingängen sind neugothische Arbeiten. Der Altannfban richtung
wurde Anfang der vierziger Jahre vom Baukondukteur (späteren Oberhofbauratb) ^ Domes.
Wiilebrand entworfen und vom Bildhauer Peters und Tisclilcrtnci.ster Chrislinna«n
aiisp^t-riilirt Da.s darin enthaltt iu' riesen<Trosso Gemälde der Krriizii^ninf:^, J^egen
7 m hoch iiiul ni breit, malte Gaston Lenthe in den Jaliien 1S4:; und 1844
unter i!^intlusä und Ikirath von Cornelius. An der Kanzel und am Geatühl,
besonders am PflntenatvM, arbeiteten die Tischlermeister Chritliantan, Kaasuba,
Kanl« Jr. und Sehwarx, am Orgelgehäuse der Hoftischler Patora und an den
Windfängen die Tischlermeister Meier und Reinhold. Die On|et selbst baute
Orgdbaumeister LadagMt aus Weissenfela.
Der alfe Haupt- .Mtar, jetzt im Museum, ist ein spätgotliis( hcs rrijjfychon,
in welchem seltsamer Weise Holzschnitzerei und Steinbildhauerei, beide nicht
von gidcher Hand, mit einander verbunden sind. An Stelle des Schrdns
finden wir ein tiefes Steinrelief mit dichtem Figurengedn-lnge, in wdcher die
Kreuztragung, Kreuzigung sowie da.s Grab und die HöUenfalut Christi die
architektonisch gar nicht von einander abgesonderten, sondern fast ineinander
hineingesehobcncn Hauptgruppen bilden. Bis jetzt kennt man noch zwei
solcher Werke, die sich in der N;i( libars( haft, in Rat/eburg und in Schwartau,
befinden und offenbar von derselben Hiuid sind. Vgl. A. Goldschmidt,
Lübecker Malern und Plastik, Taf. XII und XIII, S. 11 und 13. Das gleich
diesen l)eiden angeblieh aus Hnumlierger Stein (in der Nähe von Münster)
gearbeitete Schweriner Werk, welches nach den Trachten zu urthcilen, zwischen
1430 und 1440 entstanden sdn mag, ist entweder tn dnen späteren gothi-
sehen Holzschrein hineinge8choI>en und hat aus diesem den Inhalt an Schnitz-
figuren bis* auf zwei, die rechts und links noch Platz behielten (die Madonna
mit dem Kinde und der Kvangehst Johannes) verdrängt, während die beiden
Flügel von Bestand blieben, oder aber es sind die genannten zwd Figuren
sammt den Flüf;eln imd der auffallend grossen Predella eigens dazu gemacht
worden. Jedenfalls repräsentieren die Holzschnitzereien und Malereien eine
dem Stdnwerk nachfolgende Stufe der Spätgothik. In den Flügeln finden
wir die zwölf .\])osfel und vier andere Heilige, nämlich St. Stephan und
St. Georg sowie zwei Bischöfe: St Medardus (?) mit einem Krüppel und
St. Leonhard (?) mit dnem Ketten- und Schltesswerk für Gefangene (?). Die
Tiedella enthält in tiefen Nischen sieben alltestamentliche Halbfiguren mit
Spruchbändern, deren Schrift bereits abgefallen ist, darunter I'ropheten und
anscheinend auch den König David. Unter der ersten eine zweite Predella
mit zwei Gemäldestreifen über einander, im oberen Chris us und die zwölf
Digitized by Google
552
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
Apostel, im unteren in der Mitte eine durch ein Gitter verschlossene Nische
zur Aufstellung einer Relicjuie und zu deren Seilen links die Gehurt Christi
und die Anbetunf( der hl. drei Könige, rechts die Taufe Christi und das
.■\bendniahl. Auf den Rückseiten der Flügel sieht man Scenen vom Marien-
Leben: Anna und Joachim an der goldenen I'forte, den 'l'enipelgang der
hl. Maria, die Verkündigung des Engels, die Heimsuchung, die Verlobung
mit Joseph, die Vermahlung, den 'l"od der hl. Maria und ihre Krönung.
Dazu trug der Alüir einstmals eine wahrscheinlich an einer Uekrönungsleistc
Flügel vom alten Ilaupl-Altnr (im Orossh. Museum).
angebracht gewesene, seit langen Zeiten aber verschwundene Inschrift des
Inhalts:
?l'nno boinhii incccc)ccb rclicrcnbii^ in ^Ztjrifto patcr rt bomi^
mi5 V, Comabw^ JCoftc cpipcopii^ J>ucriiicnfi5 Ijanc taliulam
bt iitoyriis fui^ botiabit.
Vgl. Westphalen a. a. Ü. lU [S 1708 {VIII)]. — Die Gemälde der Predella
sind kaum noch zu erkennen. Lisch, M. Jahrb. XXXVI, S. 155. iSSbisiQi.
Ausser diesem Haupt -.Altar haben sich noch zwei heilige Marien, eine
sitzende und eine stehende, erhalten, die von Neben -.Altären stammen werden.
Vgl. Lisch, M. Jahrb. X.XXVI, S. 156, Anmkg. i und S. 157, .Anmkg. 2.
Die alte Kanzel stammte von 1570 und war eine Stiftung der Dom-
herrn laut .Angabc einer noch heute an ihrem Platze gebliebenen steinernen
Tafel, die ausser den Wappen von neun Domherren die Inschrift enthält:
DEO OPT . MAX . TRINO ET VNI DOCENDI PROPAGANDIQVE SALV-
TIFERI VERB! ERGO CANONICI HVIVS ECCLESIAE HOC SVG-
GESTVM SVIS SVMPTIBVS POSVERVNT ANNO MDLXX.
n t ! 1 1 / Google
DOM ZU SCHWERIN.
553
Die Wappen sind, aussiT (lern Kapitelwappen in der Mitte, die der Dom-
herren Heinrich von der Lühe (oben in «ler Mitte), Joachim von Wopersnow
(herahhsch r. o.), Halt/er von Schöneich (herald. 1. o.), Amd von der Weyhe
(herald, r. u ), Bernd von Dannenberg (herald. 1. u.), Otto von Wackerbart
(imter dem Kapitel wappen in der Mitte), weiter oben an der Inschrift -Tafel
herald, r. l-iidolf von Schack, in der .Mitte Richard von Wolde und heral-
di.sch links Georg Hübner. Als Hatmieisler der Knnxcl wird Joh. Baptista
Parr und als Hauherr Burchard Schmidt genannt.')
Die frühere (Jr^el war ein Werk des Antonius Mors (Tod, Tode) aus
Antwerpen vom Jahre 1560. Kine kleinere ()rf{el befand sich iilMir einer
der beiden Marien -Kapellen, die im Inventar
IIolzNchiiitz werke von Neben -Alläreii (im Grossh. .Museum).
von 1553 als Capeila Assumptionis Mariae sub organis minoribus bezeichnet
wird. *)
Den früheren fürstlichen Stuhl gegenüber der Kanzel erbaute 1574 (nach
Hederich's Chronik) der Baumeister Christoph Parr, der Hrudcr des vorher
genannten Johann Parr. Kr stand bis 1866 und war, nach der Beschreibung
von Lisch, »eine oben offene Kmpore (Chor) anf einem (lewölbe über den
') VrI, Lisch. M. J.ihrt]. .\.\XVI, S. 159. 2ol bi-* 203. I kvk-rkh'N Chronik unter 1570.
Wcstphalcn a. a. O. III. .S. 1714 (XXXir.
*) Lisch, M. Jahrl». V, S. 54, 4. XX. S. 71, .\tm)».R. 1. XXXI I. S. 159- l'i»?
Iii-rlirifl (Ut jjnis^cn .^lu•n l.uili tc ii;u-li Chyti.ai )!-, Iti lii i:n-. S. 505: Df 0 OPT • MAX • INSTAV-
RATA£ SAC • SANC • RFLICIONIS AVTORI lOHAN • ALPERTVS DVX MECAPOIFNSIS INSICNE HOC OPVS MVSICVM
PlETATIS ERGO POSVIT • AM40 M • 0 • LX •
luji i^uj Ly Google
554
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
Stühlen und war auf den Brüstungen mit Verzierungen aus Kalk und Relief-
bildem aus (lyps geschinücktt. Wo seine Reste geblieben siml, ist ebenso
wenig bekannt wie, wo 1813 das ohne Zweifel sehr kostbare alte Gestühl
der Domherren blieb.') »Wo die grosse Menge schöner Arbeiten geblieben
ist, mag der Himmel wissen« — sagt Lisch im M. Jahrb. XXXVI, S. 154.
Von dem Ersatz aller dieser Herrlichkeiten durch dürftige Zopfgothik nach
1815 zeugt noch heute ein Windfang im Südwesten des Domes.
Fünte. Ftinte. lün wcrthvollcs altes
Werk ist die Bronze -Füntc, eine
Arbeit des XIV. Jahrhunderts, wie
die Minuskelschrift und die gothischcn
Formen darthun. l-ls ist ein grosser
1,24 oben im Durchmcs.scr haltender
achteckiger, 1,10 hoher Bronzckcsscl,
der auf acht 34 cm hohen Trägern
niht, die als gepanzerte Ritter ge-
bildet sind. Auf jeder der acht
Seiten ein Doppclbaldachin mit zwei
damnter angebrachten Heiligen von
26cm Höhe. Diese Doppelbaldachine
werden durch gothische Pfeiler auf
den acht Kanten des Kes.scls, an
die sie sich anlehnen, zu einem
grossen gothischen Ringbildwerk zu-
sammcngcfasst. Doch sind von ilcn
sechzehn Figuren nicht inehr als die
Schutzheiligen des Domes, die heilige
Jungfrau mit dem Kinde und der
hl. Kvangelist Johannes, sow ie Christus
in der Taufe des Jordan und Jo-
hannes der Täufer zu bestimmen.
Die übrigen zwölf stellen heilige
Männer und Frauen in unrcgclmässiger
Abwechselung dar. Oberhalb dieser steinerne [".ifcl von der alten Kanzel.
Baldachine läuft ein durch die Pfeiler " '
und Baldachine zusammen in zwciundtlreissig Felder zerlegtes Band einer
Inschrift. Auch hier wieder eine Begrenzung jedes Feldes durch zwei kleine
Figuren von fa.st S cm Höhe. Doch fehlen von tlen zweiunddrcissig Figuren,
welche Platz haben, nicht weniger als sieben. Man erkennt die Apostel unter
ihnen, Ihut aber gut, mit weiteren Deutungen inne zu halten. Die aus dem
Propheten ICzechiel, Kap. .XIA'II, \'crs i und 9, genonuiiene Inschrift lautet:
bibf anii.ini rgrcbfcutcm bc tniiplo a latcrr brrtro • ?lUrliija, allrliiia et
hes^en IkvchrfilMHi}; im Inwnt.ir von lici l.iM'h, .M. J:ihrl>. XX.WI, S. 155^. 158.
Vjjl. auch \VoN(j>)uileii .1. a. (). III. S. 1670 und 1713 (.\XI.\).
Google
DOM ZU SCHWERIN.
55S
ich ab- Ij,
1.») -
Otnne^ atl quo? prrbrnit .iqiia • if • Vgl. Usch, M. Jahrb. XXXVI, S. 191
bis 194. (if = ifrftiel. Hisekiel, ilesckiel.)
Glücken Der Dom hat iänf Glocken. Als älteste tritt uns die dritt-
grösste von 1,20 ni Dm. entgegen. Sie hat eine von golhisclicn Ranken,
Kreuzen und architcktonisdu-n (jjortalartij^cn) Hildrhen unterbrochene Inschrift:
5Cbe • rfgliia • crlorinn • iiiatcr • rcot5_ anacloru • .jVlaria • ?tiia •
linl • 111" • CCC£° • IjCJC • Unter dem \\ orte btli btchi eine Figur ohne Heiligen-
schdn, dn Geistlicher mit dem Kelche,
ganz so wie sie Bischof Werner (1458
bis 1470) im Siegel fiihrt. Unter dem
Worte m.ltft (he Fi^nir ck-r hl Maria
mit dem Kinde un<l darunter das sclmn
im ersten Hände mehrfach
{gebildete Giesserzeichen.
Die Zweitälteste Glocke ist die viert-
grösste (Dm. 0,91 m). Sie hat die
In.schrift: FVDIT . LAVRENTIVS .
STRAHLBORN • ANNO • 1733. Die
dritte und vierte (ilucke, von denen die
eine einen Durchmesser von 1,55, die
andere einen von 1,83 hat, sind bdde
laut Inschrift unter der Regierung des
Herzo.r FRIEDRICH FRANZ von J. G.
Landre in LulKck }:jcp[ossen. Von ihnen
wird die kleinere (hirch ihren .Sj)riu h SACRA PRECES FLAMMASQVE ANNVNTIO
FVNERA PLANGO sowohl als IJet- und Sturmglocke wie auch als zum 1 rauer-
gclaut gehörig charakterisiert Hierzu dient die grösste Glocke ebenfalls, ihrer
Inschrift nach soll sie aber auch die Festtage einläuten: FE8TA • MAONI*
80NANS • DOLORES • ET • GAVDIA • PRODO • ■) — Die k]< in (1! >< ke (Dm.
o.iSi m) ist iSKo von Ed. Albrecht in Wismar jTerr.wsen und liat die Inschrift:
ASSVRGE • D0RMIEN8 • CHRISTVS • TIBI • AFFVLGEBIT.
Glocken -Rilder.
Glocken.
Grabdenkniler, EpttapUca, PUttca, Stdne.
Bronze- l4>itaph der Herzogin Helena zu Mecklenburg, geb. Fühgräün
bei Rhein, der zweiten Gemahlin Herzog Heinrich's V., des Friedfertigen,
•) Vgl. Pierbagcn, S. 3S0, IVt-chow. h. 421. l erner in I5<1. II 1 )am!>hat;en, .S. 359.
Glocke tn Damshagen ist von 1369. die andern beiden halten kein IhUum.
Die
Grab-
denkmaler,
Epitaphien,
Platten,
Steine.
'1 jL,'.'it>;;LM rii 'Ici Hol iiiul Sliirni^lucke ^(.iminlf wie
■r
i.il'tvflihrtc
Glocke aus dem Jahre 1470 un<l h.-iUo die .AufKchnft: "^tf • Jfloi'ic • ^bcfO • Cl)rti}e • VCItl •
tvm • p«n • QÄiicra • tnaria • or« • pro • n«ln» • iatrn • )ltto bnf In^ •
war daher gewiss von «knoc-DKH (iiesKer wie jene und wahrscheinlich auch mit demselben /eichen
ver-.ehcn. l>ie grosMe Glucke cla^<->;i'n war wie die liier .in « itcr Stelle aiifj^'eftlhrtc znlftzt von
l..iurentiuii Strahlliorn in Lttlicck 1733 umgej;o-.>cn wotiicn. \ gl. Itart.Mrh, M. Jahrb. IV H, S. 96.
Uaza lisch, M. Jahrb. III II, S. 393.
Digitized by Google
556
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
welche den 4. August 1524 aus dem Leben schied. Arbeit von Peter Vischer
in Niirnbcrg (2, lö m hoch, 1,53 ni breit). In der Mitte das kombinierte
meddenbur^sch-pföhdache Wappen. Feld i: Stierkupf, wegen Meddenburg.
Feld 2: Gekrönter Löwe, wegen der Pfalz. Feld 3: Greif, wegen Rostode.
Feld 4: schräg gerautet, wegen Baiern. Mittelschild getheilt, wegen der Graf*
schalt Schwerin. Darüber ein gekrönter Helm, dessen Kleinod in einem un-
gekrönten Löwen und Hörnern besteht, die mit einer schrät^^en Rautung über-
zogen sind. Ais Wappcnhalter auf der mecklenburgischen Seite des Wappens
der pfalzgräfliche Löwe, auf der bairisch- pfälzischen Seite der mecklenburgische
Grdf. Am Rande heraldisdi rechts die Wappen aus väterlichem Gesdüedit
(Pfalz, Savoyen jüngere Linie, Savoyen ältere Unie, Burgund), heraldisch links
die Wappen aus mütterlichem Geschlecht (Baiern, Oesterreich. Sachsen, Oester-
reich). Oben die deutsclir In chrift: H-lffl aTVirifti llUfcrö Ijcmi OClJUrt
15^4 ?Cni *C>onncrftag ihul) ]?crri ab Piiuui.i ift bic Pitrdilcii:titlgc Dodj-
gc&orune iFurfliniuc linnb Jrraüic i-ralu Oclcua Qcüormic Pfalt^grAffiiii
^e|i iSj^efne l^cttsooiu 511 Jßcdfieln1iiic0ii jrurflin su lOenitbeu «Graffiti
SU ^tperpn üdftodl brnili ^taroatbt bet Xmmbe JFtatD toeffcgeiibcnii
l^nnti alli^ir (irgrabciin ^ec feien ber Sflnied^tfge gott ^^entutilg tinb
!X5aniiTjcrt3io frlii tualle. Die untnc Tafel, welche von zwd Genien ein-
gefasst wird, enthält eine lateinische Inschrift im elegischen Versmaass:
ALTA PALATINIS HELENAM ME NORICA CASTRIS
DUCI OBETRITEO FORS VOLVERE THORO
QUOD POTERAM FECI. VETVERVT PLURIMA PARCAE
PRESTABUNT PROLES QUAEQUE NEGATA MIHI
PROLES» QliK JWENEM CHARO COÜENDO MARITO
ME QRATAM 8VPERIS, LECTOR AMICE. FACE.
Die Uebcrsetzung dieser auf Stelzen einherschreitenden Verse, welche
auc h Nathan Chytracus 1594 in seine Dc!i( iac , S. 505, mit der \'ariante
von SORS für FORS aut|{enonimen hat, giebt die deutsche Hederich' sehe
Chronik von 1598 mit folgenden Worten:
Dass aus der Pfalz ich Helena | Eins Olictriten hin Ciemahl,
Das hat die Londschafil so bedacht | Dar/u der Wille Gotts gemacht.
Ich hal» ROthan, was irh gckundt | Viel Ding hat mir der Tod missgunt.
Was aber mir versagt ist nun j Dasselb mein Kinder werden thun,
Welcher das ein noch jung tmd klein | Ich befehl dem lieben Ehmann mein,
Dass meiner Gott erbarme sich | O gütger Leser bitt fiir mich.
Vgl. Lisch. M. jahrl). XXVII, S. 257 bis 267. Teske, Der Deutsdie Herold,
1891, Nr. 5. Dir luT/'>^li( 1k- Rath Ni<:<t]aiis Maix halcus Tluirius ist der
Verfasser der lateinisciien insiclirilt. Den tntwurt dazu von seiner Hand be-
wahrt noch heute das Grossh. Archiv. Vgl. auch Westphalen a. a. O. III,
S. 1709 (X).
Vier aus Holz geschnitzte und bemalte ICpitnphien an den Innenseiten
von Pfeilem des hohen Chores, auf Mitglieder des Fürstenhauses »ch be-
ziehend, alle vier gesetzt von Herzog Johann Albrecht I. Das Wesentliche
Digitized by Google
liruilZL'- K|iila|ih der Herzogin lluteiia r\\ NU'ckk'iiWt'g itii l>uiii zu Schwerin.
Arbeit von Peter V'ischer in Nürnberg.
DOM ZU SCHWERIN.
557
bei ihnen ist Wappen und Unterschrift und eine beabsichtigte Verschiedenheit
in der Behandlung der l'-infassimg von Schild und Insclirift. Die eine Tafel,
die mit dem Adler unter der Inschrift, bezieht sich auf Herzog Albrecht VII.
^i' '547)j andere, mit dem ICngel unter der Inschrift, auf Herzog und
Bischof Magnus III. {f 1550); die dritte, die mit Panzer und Waffen unter
der Inschrift, auf den vor Frankfurt gefallenen Herzog Georg (7 155-); die
vierte, die mit dem Bären unter der Inschrift, auf lli-rzog Heinrich den i'"rie«I-
fertigen (7 1552). Die V'erse stehen auch in den Deliciae des Nathan Chy-
I.|>il,i|>li de- llii/.tj;» AÜTLclit \ rj>il.-ij>li »Ic-i Iti'.chofs Maj;iius III.
traeus, S. 499 bis 301, desgleichen in der Beschreibung dieser Tafeln bei West-
phalen. a. a. O. III, S. 1708 (IV bis VI, IX).
Ks ^;iLl)t keiiK-n Anliall fiir di».- IJc.inlwortung der Frage, ob und von
weichem der Künstler, tlie ;uu Hofe des Her/.ofjs Johann Albrct ht I. namhaft
jjcmacht werden, diese K|iitai>hien entworfen und ausgeführt sein können.
Vgl. Tcske, Wappen des Grossh. Hauses, Taf. XlV'a, XIV b; S. 72 und S. 91.
Grabdenkmal des I Icrzogs Christoph von Mecklenburg (7 4. Marz i 592)
und .seiner Gemahlin Elisabeth von Schweden (f 20. Xovcmbcr 1 597) in der
nördlichen Kapelle des Umganges um den hohen Chor, auf einem dreistufigen
Unterbau von schwarz übcnnaltem Kalkstein, welcher unten 2,92 m hing.
Digitized by Google
558
AMTSGKRICHTSBEZIRK SCHWERIN.
1,73 m. breit und im Ganzen (d. h. die drei Stufen zusammengerechnet) 0,93 m
hoch ist. Auf seinen lücken vier Karyati<len mit ionischem Kapitell, die eine
auf einem vierseitigen Sandstein -Unterbau ruhende und mit einem Gesims ab-
schliessende, 0,20 m dicke Architravplatte tragen helfen. Die Oberfläche
dieser Platte hat die vor einem Hctpult knicenden Marmorgestalten des Herzogs
und der Herzogin, sowie auf den ICcken vier kleine hingelagerte Genien mit
F,j>i»a|>h <lcs Ik-r/uj'^ ( Icorj;. Kpitaph di-s llcr^o^;» Heinrich.
Stundenglas, l''ackel und Todtcnkopf aufgenommen. Die rings um die Platte
angebrachten Ahnenwappen sinii nicht mehr vollständig vorhanden. An der
dem lieschauer zugekehrten Lang.siite des Unterbaues zwei .Manuor- Reliefs, das
eine mit dem aus dem Rachen des Fisches geretteten Jonas, das andere mit
dem Heiland als TriumphrUor und Richter der Welt. Von den Schmalseiten
zeigt die westliche den Sündenfall, die östliche die Grablegung Christi, beide
Scenen gleichfalls aus Marmor gearbeitet. Die der Wand zugekehrte Langseite
Digitized by Google
DOM ZU SCHWERIN.
5S9
enthält die Wappen des herzoglichen Ehepaars und eine grössere Inschrift.
Am Betpiilt die Gestalten der Fides auf der einen und der Spcs auf dci
anderen Seite, auf der dazwischen liegenden Aussenseite die Zahl 1596. Die
Inschrift auf der Nordseite des Denkmals lautet: CHRISTOFFER DEI GRATIA
ADMINISTRATOR RACEBVRGENSIS DVX MEGAPOLITANORVM PRINCEPS VAN-
DALORVM COMES SVERINENSIVM ROSTOCHIENSIVM STARGARDIORVMQVE
DOMINVS • ELISABETHA DEI GRATIA REGIA SVECORVM WANDALORVMQVE
PRINCIPiSSA NECNON MEGAPOLITANORVM PRINCIPISSA WANDALORVM OV-
CI88A SVERINENSIVM COMITISSA ROSTOCHIENSIVM STARGARDIORVMQVE
OOMINA.
Am oberen Aufsatz der Basis eine Reihe Uteinischer Verse el^ischen
Metrums, deren Inhalt sich auf die Bildreliefs bezieht. Unter dem Sündenfall :
EVA PRIOR VETITA DECERPIT AB ARBORE FRVCTVM
ET DAT ADAE VESCENS : HOC HIC ET ILLA PERIT.
Unter dem Jonas:
EJICIT INCOLVMEM OELPHINES VENTER lONAM
QVEM SBRVAT DOMINVS, P6RDERE NEMO P0TE8T.
Unter dem triumphierenden Christus:
SVMMA RESVRQENTIS DVCIS EST VICTORIA CHRISTI
VNDE REDIT NOBIS GLORIA VITA 8ALVS.
Unter der Grablegung:
NOSTRA SEPVLTA TVO SVNT CRIMINA CHRI8TE SEPVLCRO
CORPORA QVI NOBIS GLORIFICATA DABIS.
Innerhalb der Darstellung iler ( jral)li t;uiii; liot man den Namen des Hildhauers
ROBERTCOPPENS und im Jonas Hilde seine Initialen R und C.
Die Stiftcrin des Denkmals, die Her^^ugiu hlisabeth, ruht nicht hier
neben ihrem (Jemahl, sie starb in Schweden und wurde im Dom zu Upsala
betgeset/t. \\'i;:^er, M. Jahrb. 1.. S. 2(ji- 341. Da^'i^^tn ist hier in
S|iätercr Zeit neiien dem Herzog (■hristni)h die Herzogin Anna Sophia,
Tochter Herzogs Johann VII. (7 1648) heigesetzt worden, wie eine Tafel aus
jangerer Zeit meldet, die an einer der Wände angebracht ist.
Dass die Künstlerfamilie Coppens in llelgien, speziell in Ant\veri>en
und in Mecheln, beheiiiiathet war, erweisen die I,ij.'geren der l.ucasgikle zu
Antwerpen und die \ er/eiehnii>se bei Em. Neefs, Histoire de la seulpture et
de la pcinturc ä. Malines. Auch spricht dies der zeitgenössische Schweriner
Chronist Hed« ri* Ii direkt aus. Doc h ersieht man ans Quittungen und Rech-
nungen vom 35. l'ebruar 1594 bis zum 30. August 1596, deren (iesamnU-
betrag 1230 Thaler ausmacht, dass der Verfcrtiger des Denkmals im I>oro
«hunals /u I .iilvj;k \\anliatTti«;k war. Ks ]ässt sieh aber ni< ht sagen, ob
alle Rechnungen, die der Kammersekretär der verwittwelen Herzogin KHsa-
beth zu begleichen hat, erhalten gebliclwn sind. Wir erfahren auch die
Namen der Mitarbeiter von Robert ('o]»pens: es sind Mi ist. r |.ik 1., Hans
von Münster, Lorenz und t'hini I )alK !stein. Hinri< h von .Mi « kcllauj^k, Hans
W inckelmann, Hannen Koenemann, M<)rit/ Heitmann, Hans der l'Heger
( Pflegeßmann«), der Schmied Jochim Segewclz, der Kletnschmied Jochim
Degtow (Üegedaw), der Zimmermetster Pauli und der Maurermeister Clawes
Digitized by Google
AMTSGERICRTSBBZmX SCHWERIN.
Koeneke. Hederich eraählt in seiner Schweriner Chronik, dass der Kent-
mdster der Heraogin» Tobias Skopperus. als Straktuarii» des Denkmals
thatig gewesen sei, dass neben dein Bildhauer R Coppens der Maler und
Conterfeyer Georgias Strachen aus l'ommem mitgewirkt und er selbst (Hede-
rich) die Verse gemacht habe. Vgl. Westphalen a. a. (). III, S. 17 lo (XIV).
Grosse Marmorvase, 2,50 m hoch, im I' undamcnt 0,62 breit, von einem
vergoldeten Feston umwunden, oben mit einer Krone abschliessend, die auf
einem Kissen ruht
Dieses da* Zeit des Uassicierenden Stils am Ende des vorigen Jahr*
hiinderts angehörende Denkmnl steht jet/t in der südlichen Chorkapelle. Ob
CS hier von Anfang an stand, ist ungewiss. Anlass und Bedeutung sind in
Vergessenheit gekommen; ohne Zweifel aber soll die Vase ganz allgemein
den Begrabnissplatz derjenigen Mitglieder des Türstlichen Hauses andeuten,
deren Namen auf den .Marmortafeln an den Wänden der Kapelle verzeichnet
stehen. Auf der einen Tafel stehen die Namen von Herzog Heinrich V.
(7 '55')'^ Herzogin Anna., Gemahlin Albrecht's VII. (•]• 1567); Herzog
Johann Albrccht I. (•]- 1576); Herzogin .\nna Sophia, dessen (Jemahlin
(t '590i Herzog Georg {f 1552); Herzog Johann Vll. (f 1592); Herzog
Sigismund August (f 1600). Als swdte Tafel folgt eine grosse mit 1576
datierte l:itripisrhe Laudatio auf den Herzog Johann .-\lbreclit, besonders
über seine Verdienste um die Refonnation und die humanistischen Studien;
darunter als dritte Tafel eine kleinere, welche sagt, dass dem Herzog Johann
Albrecht I. die eben erwähnte Huldigung von seinem Sohne Johann VII. dar-
gebracht sei (vgl. Chylraei Deliciae, S. 501 fT.; als vierte Tafel macht hier
ein Verzelchniss von Kindern des Herzogs Adolph Friedrich 1., ihrer fünf
von neun/elm, den Beschlttss. Es smd Kinder, die in frühester Jugend
starben. Vgl. Westphalen a. a. O. III, S. 1704 (I. XI bis XUI).
Epitaph der Ingeborg von Parkentin, geb. Halberstadt (f \6 5), im
nördliclu-n Seitenschiff des holicn Chores. Als I fau])tdarstc]lvin<j in der Mitte
ein Marmor- Relief mit der Krc uziijunt^ssccne. Dazu reiclicr W'ajipcnschmuck
und unten eine lanjjc deutsche Inschrift, welche besagt, dass Domherr Hartwig
von Parkentin zu Ratzeburg und dessen Bruder Jürgen von Parkentin dies
Denkmal ihrer Mutter aus Dankbarkeit und kindlicher Liebe errichten liessen.*)
Kleines wappengeschmücktes Epitaph des Lukas Hansen und seiner
Gattin Magdalcoa Cenpen, datiert mit 1646.
Jetzt im Museum, vormals im westlichen Theil des sadlichen Seiten-
schiffes.*)
Grabstein des Bischöfe Radolph l. (f 1261), 1,93 hoch, 1,51 breit
Hier ist die in leoninischen Versen gegebene Inschrift interessanter als die in
') Vgl. W«Stph.ils-n .a.a.O., S. 1715 (.WXV). Iiier auch eine latcini>clie Vers -Inschrift.
*) Eine Reihe weiterer Kpitaphicn und Denkmfiler nennt Westphalen a.a.O., S. 1703fr.
(VII, XV, XVI, XXtV bis Xt.VI und M), auf die hier aber nicht ansfllhrncher eingegangen
werden kann. Lisch wird dies Ver^cichniss gewis> ^i<k.innt hat>en, .nbcr er kommt in seinem
letzten Aufsatz tlher die Denkmäler des Domes, .\!. JuIuIj. .WW I, S. 147 bis 203, wo vielfach
Anlass dazu gewesen wäre, nicht darauf zu ».precheii. Ein Thcd dieser iJcnkmäler, darunter die
Bilder des itaperintendenten Lucas Olthof, des Pastors Geof|; Westphalen und des Sehnirektors
Joachim Bannehr, steht s. Z. in der MateriaUenkanuner anf der Nordaeite des Ummes.
Digitized by Google
DOM ZU SCHWERIN.
etwas über LebensgrÖssc in den gothländischen Stein eingegrabene ganze Figur
des Bischofs. Die Inschrift lautet:
tlxW l^ic antifte^ l^uju^ ftTtu^ timuilatur
ßobotfus txiftH ofcurfu^ non jpatiat(iir) •
(tf)mpenf[^ fibi stotrinenfl^ ^^obefribi
prcfuU^ octjui tuiii&ii paratur aiii •
i>üi Tobolfus oliiit anna bni nmlxü • frl • ^eceinb^ •
Deutsch würde das ungefähr
heissen: »Hier das Grab
Rudolfs, der der sechste
Bischof (antistcs) dieser Stadt
war. Unbill (tristes occursus)
soll ihm nicht widerfahren.
Auf Kosten Gottfried's des
treugesinnten achten Bischofs
(presul) von Schwerin (f 1314)
ist ihm das Grab bereitet.
Rudolf starb den 18. No-
vember 1262.C
Die gothischen Minus-
keln, die hier angewandt
sind, erweisen unwiderleglich,
dass die Inschrift in ihrem
jetzigen Zustande weder der
Zeit des Bischofs Rudolf I.
noch der des Bischofs Gott-
fried I. angehört, denn da-
n«als gab es noch keine
Minuskeln. Immerhin aber
machen die Iconinischen
Verse den Kindruck des
XIII. und XIV. Jahrhunderts.
Die Inschrift ist daher höchst
wahrscheinlich eine Er-
neuerung der ehemaligen
alten Inschrift, welche ab-
getreten sein konnte, und
zwar, wie man glauben
möchte, eine recht spate
Emeiienmg vom Ende des
XV. Jahrhunderts. Sie kann
femer sehr wohl den Anlass
zu der seit dem Mittelalter
bis auf unsere Tage in Geltung gewesenen fals< hen Annahme gegeben haben,
dass dieser Bischof Rudolf zum Geschlechtc der Herren von Bülow gehörte,
indem man das Wort »avus« all/.u wörtlich und nicht bildlic h nahm. In bild-
lichem Sinne kann ja der sechste Bischof immerhin als i>avus« des achten
bezeichnet werden. Lisch hat sich in seinen Aufsätzen über die Denkmäler
m
Kpiln|ih der In);c1><)ri; von Parkctilin.
562
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
des Domes auf diesen Stein gar nicht weiter eingelassen. Vgl. M. Jahrb.
XXXVl, S. 166, Anmkg. i. Dazu M. U.-B. 968. 2665. Schröder, Pap.
Mecklenburg!, S. 635 fr. 698. 699. Westphalen a. a. O. III, S. 171 1 (XVIII).
Messingene, aus mehreren Theilen zu.sammengesetzte Grabplatte der
Bischöfe Ludolf (f 1339) und Heinrich von Biilow (•}• 1347), jetzt eingelassen
In die Nordwand des Querschiffes, 3,10 m hoch imd 1,80 m breit, mit einer
Üarstellung in der
Technik des Messing-
schnittes. ') Zwei
weit über lebens-
grosse Bischofs-
gestalten in vollem
Ornat , die rechte
Hand zum Segen
erhoben , mit der
linken den Krumm-
.stab haltend, machen
den llaujjtinhalt des
Bildwerkes aus.
Man beachte den
reichen Wappen-
schmuck in der
Gewandung; ScliiUl-
und Helmzier ober-
halb der Nischen;
die dreigicbcligen
Baldachine, unter
denen jederseits in
der Mitte Gott Vater
sichtbar ist, wie er
thronend eine Seele
in der Gestalt eines
kleinen nackten
Kindes in den
Schooss nimmt, und
neben ihm zwei
(Jrabslein des Bischufs Rudolph I.
Stehende Engel mit Weihrauchfasschen; die auf die Stockwerke der fialen-
tragondcn Pfeiler vertheilten acht Propheten, zwölf Apostel und an ihren
Schreibpulten sitzenden Evangelisten, dazu die vier Evangelisten -Symbole in
den Ecken.
*) Lisch. M. Jnhrb. XII. S. .}79. XVI. .S. 303. XX\ II, S. 267. XXXVI, S. 19$ ff. VgL
Milde und Dcrckc, Kcnkmälcr bildender Kunst, Heft I, Taf, I bis 5. Wilh. Bremer, Hans. Ge-
schiclitsblätter, Jnhrßanfj 1883, S. 13 fT, H.ich, Der Dom zu Lübeck, S. 32, Tof. XVIII.
i-.iuji.i^uj Ly Google
tX)U zu SCHWERIN
Die Insclirift Luitct:
+ Tiin/O ji; DWI -r 4U + a(IU + XXXIX + ' (?ÖORC'II f
ifiKKTIHlb + ÜBIIT + LVDULPIiVij i- DÜ + BVLüWti +2WUK1-
ßemsis <8> eaaijesie +'5F3 + avivs + acaisax +jpeR +sniseRi-
aoRDiRflz + ORiSTi | ReQviesaKT+ m + raaa + nsnan <§>
ÄliHO + DMIGB + limKRiaTIOinS + SU + üda-hXLVII I RÖKIK +
QVÄKTJT f PDST + KHTORIUU +VlKCrlWLS ^-QHIIT 4-hI»Rl(IVS4-
IM + BVliüWa + 2WQRlttäaS + ÖUULHSIH + HHS r HRÄT6R +
Oberes Slilck «ler iiievsiii^;eiien (ir.ibplaue der Itischofe Ludolf und Heinrich von KUlow.
nnRnÄLis 4- LiVDoiiPhi + svi + vmm \ aessORis + QVi +
ÜVUQTl + TRKttSlTIb + ÜRÄTÖ + PRO -h BIS +
Measii^ne, aus mehreren Theilen zusaininengesetzte Grabplatte der
Bisch ifr Gottfried von BUlow 13 14) und Friedrich von Bfilow (f 1375),
4 m hoch und 1.94 m breit. Neben der v<iri;>en an der Nordwand des Quer-
schiffes. Schmuck und DarstelUin^sweisc haben hier im Gegensatz zu der
vorigen Iiochgulluschen Platte einen spätgothischen Charakter. Die beiden
Bischofsfigiiren sind nicht als Lebende in Aktion, sondern als schlafende und
liegende Gestalten dargestellt, die Hände über einander gdegt und ihre
Häupter auf Kopfkissen ruhend, die von Engeln gehalten werden. In den
86*
Digitized by Google
564
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
Baldachinen oberhalb beider Bischöfe und in den Pfeiler- Stockwerken ein
ähnlicher Figurenschmuck von Propheten, Aposteln, Heiligen und Engeln wie
auf der vorigen Platte. Ebenso wie in den Baldachinen offenbart sich der
spätgothische Charakter der Darstellung in dem sich drehenden und ge-
wundenen Bande der Minuskel-
Inschrift, das von VVcinrankcn mit
Blättern und Trauben umzogen ist
und über und unter welchem als
kleine sitzende Gestalten zweiund-
zwanzig Könige mit Kronen auf
ihren Häuptern auf Musikinstrumenten
der verschiedensten Art spielend
dargestellt sind. Ganz unten aber
ruht in der Mitte der Platte, unter-
halb des In.schriftenbandes, eine grosse
schlafende Männcrgcstilt, die ebenso
an den schlafenden Jesse ') in den
bekannten mittelalterlichen Dar-
stellungen der Wurzel Jesse erinnert,
wie die Könige an den gekrönten
Psalmi.sten König David. Die In-
schrift lautet:
5CnnD : # : bni : 111 ; cc[c :
%iHi : in :] bic : oim : ianc^
tonini ; otiiit : bcitc(a)r.iöili^ :
\n : icpo : iiatcr : et : bn^ :
gobfdbUG : bc : 6uIohie :
ftacrlncfi^ : ecdcflc : cp^ :
falii' : nntina : ejii^ : _rc'
quicfcat : in : parc : anic x
ühiit : bcncraOilip : in :
jcpo : pater : bominU^ : frrbr>
ricui^ : bt : buIoUir : fVucci^^
ncnflö : cccleflc : rpi^copus :
: anno : bni : ni : rcc :
in bie protTji rt iadncti fanc*
toruni niactinnn :
StUcV der nK'•>^in^;'2ncn < «r.ibpl.itie «Itr lUschufe
Ludolf lind Heinrich vuri Mtliow.
Auffallend ist die Darstellung unter den Füssen beider Bischöfe. \"m wilder
zottiger Mann zu Pferde hat ein kleines weibliches Wesen geraubt und ein
geharnischter Ritter ist hinter ihm her, um ihm die Beute wieder abzujagen,
') l isch ncipt dazu, darin den liaiiiiieisler Wylde zu crlfcnnen. S. o. S. 548 und 549.
M. Jahrb. XXXVI, .S. 198.
Digitized by Google
Image
not
a vailable
DOM ZU SCHWERIN.
565
die anscheinend einem König zugerührt wird, der unter einem Zeltdach sitzt.
Dieser Scenc folgt dann eine zweite, die ein von zottigen Menschen ein-
genommenes
Gastmahl dar-
stellt, bei welchem
rechts von der
Tafel aus einem
Fass Getränk ge-
zapft und links
aus einem Koch-
gcfass Speise
herangeholt wird.
Auch fehlt nicht
ein kleiner Braten-
wender mit einem
Braten auf dem
Drehspiess. länd-
lich sind noch in
den Rasen der
Ivckpfciler sechs
Gestalten in welt-
lichem Kostüm zu
erkennen, drei
Männer und drei
Frauen , welche
offenbar keine
Hciligengestalten
sind. Ob hierin
Mitglieder der
Familie v. Bülow,
wie angenommen
worden ist, dar-
gestellt sein
sollen, muss un-
entschieden
bleiben.
Auf dem Grabe
des Bischofs Gott-
fried, den Fried-
rich mit sich unter
eiiKT Platte vereinigte, lag früher eine grosse Uron/.c- Figur, welche nach dem
Inventur von i66j{ zu .Anfang des XVII. Jahrhunderts verschwunden sein
nuiss. »Noch eine Rischöflfliche Bcgräbnuss mit einem I.eichstein, worauff,
wie annoch bekandl, vor diesem ein in .Mcüing gegossenes Bischoffsbiide,
Mciischensgrösse, in der mitte gelegen, auch vmbher uff den Stein Meßing
Grabstein des lSi»chofs Konrad Loste.
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
gewesen, NB. welches, des Kirchen Maurmeisters Jochim Stollen bericht nach,
für vngefehr 50 Jharen, weiln zu der Zeit die Communion fürm grossen
Altar gehalten werden sollen (dan Sie vorhin fürm kleinen Altar allemahl
verrichtet) Vnd daßell^e dazu behinderlich gewesen, hinwegk genommen vnd
hinterm Chor zur Seiten in der Maur aufgesetzet und befestiget, Nachgehents
aber, etwa für 11 Jharen, solches wieder heraufgenommen, aufs Schlos ge-
liefert vnd zu Stücken oder
geschützen verbraucht wor-
den.« Vgl. dazu Anmkg. 3
auf S. 165 des M. Jahrb.
XXXVI. Das Grabmal des
Bischofs Gottfried wird so-
mit in seinem ursprüng-
lichen Zustande dem des
Bischofs Bockholt im üom
zu Lübeck ähnlich gewesen
sein. Vgl. Hach, Der Dom
zu Lübeck, Taf. XX, S. 32.
Femer zu allen drei Bülow-
schen Denkmälern West-
phalcn a. a. O. III, S. 17 1 1.
1712 (XVII, XXU).
»Messingsteine« war
die alte niederdeutsche Be-
zeichnung für solche Grab-
platten , wie die der vier
Bischöfe aus der Familie
von Bülow sind. Dass sie
im XIV. Jahrhundert als
ursprünglich flandrische
Kunstwerke angesehen wur-
den, beweist die bekannte
Stelle im Testament des
Bürgermeisters Hermann
Gallin vom Jahre 1365:
Flamingicus auricalcius
figurationibus bene factus
lapis funeralis; heisst er
dort, und in Schlesien wird
er noch gegen Knde des
XV. Jahrhunderts als ^flan-
drense magisterium« be-
zeichnet, in Fngland da-
gegen als »Gullen plate
= Kölner Platte«. Mit diesen Bezeichnungen ist der Ursprung dieser Art
Kunst aus jenen alten Stätten der nicderrhcinischcn und belgischen Land-
schaften, in denen die hehre gothische Kunst ihre höchste Blüthe erlebte, im
Ganzen als festgestellt zu erachten. Das schliesst ja aber die Möglichkeit
einer Herstell'mg an Ort und Stelle selbst durch angesessene niederrheinische
und flandrische Künstler nicht aus. Vgl. das Beispiel von Coppens oben
S. 55Q. Lisch. M. Jahrb. XXVII, S. 267 ff. Schnaase, Gesch. d. bild. K. VI,
S. 497. Ott«., Hdb. II, S. 602 bis 604.
Cirabstcin des Joachim von Plessen.
DOM ZU SCHWERIN.
567
• Grabstein des Bischofs Konrai Lotte (f 1503). Bis zur letzen Re$tau-
ration 1866/67 war der Stein noch ganz vorhanden, jt-tzt L^'icht es davon nur
noch die obere Hälfte, die in der wcstUchcn Ixke des »rdlichcii OucrschitTcs
ihren Platz gefunden hat, wahrend der ganze Stein früher neben anderen
Bischofs -Steinen vor dem Hochaltar lag. Bei der Abhebung des Steines
1866/67 zerbrach er, und als später nach den Stücken gesucht wurde, war
die eine Hälfte nicht mehr aufzufinden. Usch, M. Jahrb. XX.W'I. S. 200,
meint, dass die untere Hälfte als Sockel für die neuen Churstuhle benutzt
worden sei. I-ünc Abbildung des ganzen Steines findet sich schon 1707 in
einem Kostocker ünivcrsitäUj-i'rogramm von Köpken mit der Disputation des
Gerhard Berling: Memoria Cooradi Lostü ei^iscupi Sverihensis, Rostock 1707.
Die hier gegebene Abbildung ist eine Wiederholung der von Lisch a. a. O.
genannten Tuschzetchnung, welche 183$ von dem längst verstorbenen Bau-
kondukteur \cin Motz angefertigt und dem Verein (ur meckicnb. Geschichte
unti Alteitluiinskundc geschenkt wurde. Durch sie findet eine schon von
Usch in früherer Zeit aufgenommene Lesung der Inschrift ihre Bestätigung.
Sic lautet:
Slno • bni • 111° • b • üi • in • tiigilla • natiif • e- • ficucrcb' •
in • xjio • par' 1 Corah9 • *^ Cjig • ^Uiecitr \ ut'uß • lut' • ^oc«
tor • T fui • etriaj • Iat59 . iSf •
Der Name loftc ist später nach oben liin «.ingclugt werden, lieber
sein Wappen am Kreuzgang s. o. S. 549. Vgl. Westphalen a. a. O. III,
S. 1711 (XX).
Was Lisch, M. Jahrb. XXXVI, S. 199, über den Stein des Kisrhofs
Marqnard Beermann (-j* 1378) sagt, der bis 1866 im Mittelgange des
hohen Chores lag, dessen in Hederichs Chronik der Bischöfe mitgetheilte
Inschrift aber schon vergangen war, auf dem man aber noch den Wappen-
schild f/.wci j,'Lkrcu/tf Schlüssel) erkennen konnte, hat heute keine praktische
Bedeutung mehr, da der Stein angeblich schon bei der vorletzten Rcblauration
zerschUgen war und b« der letzten der Rest, den man bis dahin wahr-
nehmen konnte, mit atvleren Uebcrbleibselii von Steinen unter die neuen
Kirchenstühle gelegt wurde. Schon im Inventar von 1663 werden nicht
mehr als die vorhin genannten Bischofsplatten aufgeführt: ein Beweis dafür,
dass man in früheren Zeiten ebensowenig Sinn und Verständniss für diese
Denkmäler hatte wie in den nachfolgenden und vor Kurzem auch noch in
unseren Tagen.') Von den übrigen (Irabsteinen der Kirche, noch gut vierzig,
verdienen eine kurze Erwähnung die Steine: des Johannes von Ketzedorp
(•J* 1455) und seiner Ciattin Margaretha; der eines Priesters Johannes
(f 149^)); der des Joachim von Plessen (7 15-.) mit seinen beiden
Gattinnen Ursula Birkenfeld tmd Elisabeth Polemann; der des Clawc» Daltt
(*{* 1599) und seiner Gatdn Anna Buches mit der Unterschrift: fttom j^CttC
*) Westphden 1.«. 0.111. S. 1712 (XXI) nennt freilich auch noch den Stein des Uibchofs
Gottfried Lange, wdeher der vienindzwaniigste Bisehof wir nnd 1458 tm dem liehen schied;
fcrtu-r S. I7I4(X\XI\"' den I)enk>.|cin imd Fpit;>|>h <!e>. HiM-liofs NikoUu* H«"!iifl<LT l.j";')).
der bis 1457 sds dreiundzwaiizightcr ISiNchuf im Amte war; und endlich S. 1716 (XLIV) den
Stein des Bisdiob Ilenumn KAppen, der als sweiandzwanaigsler Bischirf 1444 starb.
568
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
^Ijefb ftbm; der des Jttrgen Havemann und seiner Gattin Anna Sechas
mit der Jahreszahl 1658; der des Hartwig von Passow (f 1644) und
seiner Gattin Oelgard von Pcniz; der des Simon Gabriel zur Nedden
(f '657) und der des Bürgermeisters Hermann Kütemeyer mit der Jahres-
zahl 17 19.
Wand-
gemälde.
Wandgemälde. >)
1. Am Triumphbogen ein von zwei Enpeln getragenes heiliges Haupt.
Gottvater? Johanesd. T.? Vgl. S. 550.
2. An den der Heiligen Bluts-
Kapelle zugewandten Flächen der beiden
östlichen Pfeiler die Reste von vier
schwer zu bestimmenden Heiligenfiguren.
Man erkennt so eben noch die Köpfe.
Lisch, M. Jahrb. XXXVI, S. 108,
meint die Figuren von St. Johannes
dem Ev. , St. Johannes d. T., St.
Katharina und St. Michael zu er-
kennen.
Bedeutender als diese waren
einst in der Bluts -Kapelle selbst
die den Marmorwänden zum Opfer
gefallenen Gestalten der Herzöge und
Grafen von Schwerin, die im Jahre
1839 von Lisch unter der Tünche
entdeckt und 1841 auf Befehl des
Grossherzogs Paul Friedrich wie<ler
hergestellt, 1847 aber bei P^inrichtung
der Grossherzoglichen Begräbniss-
Kapelle weichen mussten und jetzt
nur noch aus den zuverlässigen
Kopien, welche das Grossh. Archiv
besitzt, kennen zu lernen sind. Nach
diesen Kopien sind sie veröffentlirht
bei Teske, Wappen des Grossh.
Hauses. Taf. 7 c. Vgl. Westphalcn
a. a. O. III, S. 1705 (II). Zu G.
Westphalcn's (f 1728) Zeit waren
diese Bilder noch nicht übertüncht.
Dort auch noch andere Bilder genannt .S. 17 13 (X.\X),
(ir3li<.lcin [Ick Jürgen Ilavcmann.
3. In der nördlichen Marien -Kapelle. Der Grund des Gewölbes ist
dunkelroth. Ueber ihn breiten sich Ranken mit grossen grünen Weinblättern,
und in diesen Ranken sind kreisrunde Scheiben mit grünlicher Kinfassung an-
gebracht, von denen die, welche dem Schlussstein am nächsten ist, die grösste
ist, während die übrigen, die in der Richtung auf die Gewölbczwickcl sich
') Lisch, M. J.ilirb. X.XXVl, S. 172 bis 174.
i^uj Ly Google
K..nl;; AlLridit 141:;. Il.p.-..v; |..|i;iim IJ').; «»i:.
(H.ifiii iiiiil Ili>r/..:;n v(.i> S.hucrin n;irh frillificii \V;inilmi>li'roi<;n in 'Ici l!Jiit>- Kapelle
Doni^ ?ii Sfliwrrin.
Digitized by Google
DOM ZU SCHWERIN.
569
anschliessen , immer kleiner werden. Auf diese Art gelangt jede der vier
Gewölbekappen dazu, sieben Scheiben zu tragen. Alle diese Scheiben sind
bemalt. Die obersten vier, welche um den Schlus.sstein herum gruppiert sind,
enthalten die vier geflügelten l£vangelisten - Symbole: den Menschen des
hl. Matthaeus, den Löwen des hl. Markus, den Stier des hl. Lukas und den
Adler des hl. Johannes. In der östlichen Gewölbekappe ist ausser dem
Adler des hl. Johannes (eigentlich nur dessen Flügel) nichts erhalten. In der
nördlichen, zunächst ab-
wärts von der Scheibe mit
dem Menschen des heiligen
Matthaeus, zeigt die östliche
Hälfte der Kappe die ge-
krönte hl. Maria auf einem
Thron sitzend, die daneben
stehende Scheibe in der
westlichen Hälfte den Hei-
land, der sich segnend der
hl. Maria zuwendet. Von
den übrigen Scheiben in
dieser Kappe ist nur noch
eine zu erkennen, die näm-
lich, welche in der west-
lichen Hälfte den Schluss
bildet: .sie zeigt einen I'eli-
kan mit zwei Jungen als
Sinnbild Christi , der sein
Blut für die Seinen vergo.ss.
In der westlichen Kappe
folgt auf die (oberste Scheibe
mit dem Löwen des heiligen
.Markus in der Reihe gegen
Norden zuerst der Iii. Bai-
tlia.sar mit der Unterschrift
BALTASAR REX ,') also einer
der hl. drei Könige. Die
in dieser Reihe folgenden
sind undeutlich, nur auf der letzten erkennt man noch Sim.son, wie er den
Löwen bezwingt. In der Reihe gegen .Süden folgt zuerst eine Scheibe mit
einer weiblichen Figur, die beide Hände erhebt, und zuletzt die Gestalt eines
Mannes, derein kurzes und breites Schwert .schwingt. Die südliche Gewölbe-
•) Lisch, M. Jahrh. .\.\XVI, .S. iSi, ork.nnnte an anileren Stellen auch ncM-h .meiere l'nier-
•ichriflen wie lOAlna oder MCL und IGRICCOfilVS, woraus auf tlie I ».irstclIunKcn von I'iophed'H
(wenn nicht M€L auf den anderen der hl. drei Könige weist) und von Kirchenvätern tjesehlosscn
werden mil^ütc.
(JrabMein des Hartwig von l'a^sow.
570
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
kappe hat in ihrer westlichen Scheibenreihe abwärts vom Stier des hl. Lukas
zunächst den König David, dann den König Mclchisedek mit dem Kelch, und
den Propheten Jonas, wie er aus dem Rachen des Walfisches errettet wird
(Vorbilder auf das Abendmahl und die Erlösung von Tod und Hölle).
Die Schriftcharaktere sowie der Stil der Figuren weisen diese Malereien
in die Zeit vor Mitte des XIV. Jahrhunderts.
Wie am Gewölbe, so gab es auch an den Wänden ganz ähnlich an-
gelegte und durchgeführte Scheibenbildcr mit weissem Gnmde, auf den in
feinen hellrolhen Umrissen kleine biblische Geschichten aufgetragen waren.
Die Nordwand zeigte z. B. zwanzig solcher Scheiben, je zwei rechts und
links vom Radfenster und zwei Reihen von je acht Bildern unterhalb dieses
Fensters, theils alttestamcntliche, wie Adam- und Kva-Geschichten, theils neu-
testamentlirhe Darstellungen aus dem Leben Christi und der hl. Maria. In
dieser Kapelle stand auch lange Zeit der ahe Hochaltar, der sich jetzt im
Museum befindet. — Wie diese nördliche Marien- Kapelle, so hatte auch die
südliche ihre Malereien, doch war hiervon 1867 ausser einigen Weihekreuzen
nichts Ordentliches mehr zu erkennen. Nach dem Inventar von 1663 war
diese Kapelle die Hegräbnissstätte der Familie von Behr. Vgl. Lisch, Meckl.
Jahrb. XXXVI, S. 183.
4. Im Ka])itelhaus, auf der Südseite des Seitenschiffes vom Chor,
haben sich im Jahre 1875 mehrere Figuren über Febensgrö.s.sc gefunden. In
der Nische oberhalb des Hinganges die thronende hl. Maria mit dem Christ-
kinde, zu ihren Füs.sen, aber im Felde der Wand, zwei knicende und anbetende
Gestalten, rechts ein Bischof, links eine vornehme Fraucngestalt, beide indessen
ohne besondere Kennzeichen. Lisch will darin Bischof Friedrich II. von Bülow
(1366 bis 1375; und die Gemahlin des Schwedenkönigs Albrecht, die Königin
Digitizeu i.^ oogle
4
DOM ZU .SCHWERIN.
57'
Richardis (7 1377), erkennen. Im Gurtbogen dieser Ni.sche sieht man die
Hüftbilder von sechs Propheten mit Spruchbändern, deren Schrift nicht mehr
zu lesen ist. Auf den übrigen Wänden des gewölbten Raumes gicbt e,s
noch drei grosse Gestalten, die hl. Katharina, den hl. Johannes Evangclista
und den Apostel Paulus. Dem Stil nach
passen diese Mguren recht wohl zu dem dritten
Viertel des XIV'. Jahrhunderts.
Dass es hier einstmals noch mehr solche
(lestalten an den Wänden Rah, bewiesen ver-
schiedene Spuren bei tler .Aufrtndiing, doch waren
sie nicht mehr /.u hcstimmen. Vgl. Lisch, M.
Jahrb. XI,, S. i6y bis 174. Im Oberstock des
Kapitelhauses, in welchem jetzt das Archiv der
Superintendcntur aufgestellt ist, wurden einst
wichtige Pergamente aufbewahrt, darunter eine
Ilulle Papst Lco's X. vom Jahre 1521, in welcher
unter anderen Ketzern und Sündern auch Luther
und seine Anhänger in den Hann gethan werden;
femer ein Indulgen/en- oder .Ablass-Verzeichniss
des Schweriner Doms für alle Monate des Jahres;
ein Verzeichniss der Heiligenfeste; eine Ordnung
über die Verehrung des heiligen Blutes; und
endlich zwei grosse Starnn)baunuollen des fürst-
lichen Hauses. Vgl. Westphalen, Mon. ined. III,
S. 17 17 bis 1732.
Ausser den hier aufgeführten Wandmalereien
gab es auf der Südwand des Querschifies noch
einen riesengrossen hl. Christophonis mit einer
langen Unterschrift. Das Bild wurde aber 1867
wieder übertüncht. Ihm gegenüber an der Nord-
wanti des Querschiffes gab es ebenfalls grosse
(Jestaltcn, anscheinend Bischöfe, und an der
Wand hinter der Orgel ein ricsengrosses Marien-
bild. Auch in den Seitenwänden des Oberschiffes
fanden sich Spuren von Bildern. Von den Namcns-
Inschriften ist oben an der Südwand die des
Heilandes zweimal erhalten geblieben: XVi-
Vgl. Lisch, M. Jahrb. XXX VI, S. 177. Vgl.
auch Westphalen a. a. O. III. S. 17 13 (XXVIII).
Bei Westphalen ist die V'ers- Unterschrift unter
dem Hilde des hl. Christophorus , von welcher
Lisch a. a. O. nur noch einige Reste zu erkennen vermochte, vollständig
erhalten. Damals war dieses Bild also ebensowenig übertüncht wie die
Reihe der Grafen- und Herzogsbilder in der Heiligen Bluts- Kapelle.
Cl.nMn.nlorci ; Wc^tfL-tistcr tlor
sUiltichcn 'rhHnnkn|>olIc),
Glasmalereien.
I. Im Hauptfenster der südlichen Chorkapelle das pfälzische Wappen,
mit Beziehung auf das Epitaph der Herzogin Helena.
Glas-
malereien.
y Google
572
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
2. In der nach Osten hin anstosscnden Chorkapelle zwei Lützow'sche
Wapi>en, tlas eine mit der Unterschrift HANS LVTZOW 1612, das andere mit
der Unterschrift VEIT HINRICH LVTZOW 1612.
3. Auf der Nordseitc des Chors, west-
lich von der nördlichen Chorkapelle, Malereien
von geflügelten Engelsköpfen; auch ein Petrus
mit dem Schlüssel, als Hüftbild. Endlich noch
eine kniccndc Figur in brauner Gewandung.
4. Im Oberstock des Chors, auf des.scn
Nord.scitc, im westlichen Fenster: Gelbe Früchte
auf grünen HIattern, darunter eine Inschrift,
die die Titel des Herzogs CHRISTOPH, des
Admini.strators vom Stift Ratzeburg, enthält.
Auch eine Inschrift, die den VICKE VON OERTZEN
auf Gammclin und Stralendorf nennt.
5. In dem nach O.stcn hin anstosscnden
oberen Chorfcnster die Halbfigur eines Ritters
mit der Unterschrift: ^crcilbt ÜOIl picfe ^rflOC^
neu rrBgrfcftc ibm Ooljf.
6. Im folgenden hohen Chorfenster ein ^'^ ^' ^'^^^^
bärtiger Kopf in rother Kreis.schcibc, umgeben von schwarzem Rankenwerk
7. Allerlei Reste von Architekturmalereien,
Ranken etc., darin auch die In.schrift;
.... 1615 MAXIMO ....
8. h:ine Inschrift: BARTELT VON PAR-
KENTIN ERBGESESSEN ZV PRITZENDORP •
9 — 15. In den Fenstern oberhalb der
Fürstengruft im Chorumgangc grtwsc Glasbilder
von E. Gillmeister 18S7) nach Kartons von
Peter von Cornelius (aus den Jahren 1843/44)
Ende der vierziger Jahre au.sgcführt. ICs sind
die Gestalten des zum Himmel auffahrenden
Christus, der hl. Maria, des hl. Johannes Evan-
gelista und je zweier Repräsentanten des alten
und des neuen Hundes, des Moses und Je.saias
sowie des Petrus und Paulus.
Die jetzijcc .Aufstellung im Dom ist nicht
die ursprünglich vf)m Künstler ^'cwollte, sie
verstösst gegen d;i5 (.lesetz einer in sich al>-
Kfsclilosst-nen Komposition. Diese kommt ß / I''" ^- 574- Wcink.nnnc (6).
erst in Ordnung, wenn .Moses und lesaias die l'lat/e lauschen und wenn sie so
stellen, wie es die Aufstellung der Kartons im (»rosshcrzogl. .Nhiseum zeigt:
Jes;ii;is, Petrus .Maria, Christus, Johannes. Paulus, Moses.
Digitized by Google
DOM ZU SCHWERIN.
573
Auch die Farbenharmonic fordert diese Aufstellung. Auf eine wailand an
Gillmeister gerichtete mündliche Anfrage, worin diese Abweichung von der
ursprünglichen Absicht des Künstlers ihren (Irund habe, erhielt der Verfasser
die Antwort, es sei die jetzige Anordnung dem Wuns« h des damaligen Ober-
kirchenrathes entsprechend gewesen; al>cr aus welchen Gründen es geschehen
war nicht in Krfahrung zu bringen.
16. In dem Westfenster der südlichen Tluirmkapcllc die Anbetung
der Hirten, von Gillmeister nach G. Lenthe. Die ubere und untere gothische
Einfassung des Hildes ist neuesten Datums und stammt aus der Zeit des
'I hurmbaues durch Arthur Graf von Bcrnstorff, das Hild selbst aber ist ein
gemeinsames Geschenk der Grossherzoglichen I''amilic, der !"jnu<>hncr Schwerins
um! des Dom-Aerars vom Jahre 1848. Vgl. Fromm, Arch. f. I^mdcskunde \IV
{1S64), S. 285.
I. .SilbcrviTgoldctcr Kelch, laut Insclirift geschenkt von dem fürstlichen
Mundkoch ULRICH KOCH 1676. j-rncuert 1869 und dabei vollst.indig im Stil , 1^^"",^^^^,
der Ncngothik umgewandelt. Desgleichen die 1 'ateno. Vtm alten Werkzeichen
keine Spur mehr. ')
') Fromm, .Arch. f. I..-inileskundc XIV (iS<m)i 275.
WilckcrUnrth'scliLT Krimlcuclitcr (lo).
Werke der Kleinkunst und des Kunstgewerbes.
Werke der
Kleinkunst
574
AMTSGERICHTSBKZIRK SCHWERIN.
2. Grosser silbcrvergoldctcr Kelch, laut Inschrift 1801 geschenkt vom
Herzog FRIEDRICH
FRANZ. Klassicierender
Stil , Werkzeichen
[s] IFICKI- Patene ebenso
gestempelt.')
3. Silbervcrgoldeter
Kelch, aus freiwilligen
Gaben der Domgemeinde
hergestellt 1869. Voll-
ständig gleich Nr I. Ohne
VVcrkzeichen. Ebenso die
Patene.
4. Schöner ver-
goldeter Schöpflöffel von
'777- ^ |WILW|. Un-
deutlich !
5. Silberne Oblaten-
schachtel, in der Fabrik
von Wagner- Berlin
neu umgearbeitet aus
einer älteren vom Jahre
1801, die der Herzog
FRIEDRICH FRANZ ge-
schenkt hatte.
F.mmc'.schcr Krnnlcuchicr (ll).
6. Silberne Weinkanne, in klassicierendem Stil, mit Hcnutzung eines
Vorbildes aus älterer Zeit, 1801
hergestellt und geschenkt von
Herzog FRIEDRICH FRANZ.
Mrinnert in der Form sehr an
die Kanne zu Kalkhorst. Die-
selben Werkzeichen wie in Nr. 2.
7. Desgl., neu, von Sy
u. Wagner.
8. Kranken-Kommunions-
Geräth, neu.
9. Silberne Taufschüsscl,
neu, 1869.
10. Messingener Kron-
leuchter, im hohen Chor, mit
achtzehn Armen (2 x 9), laut Inschrift geschenkt im Jahre 1616 von dem
Steinerne Kenaiüs.mcc- Kartniische.
•) Kronnot, Arch. f. Landeskunde XIV (t8«'>4), S. aSc.
DOM ZU SCHWERIN.
575
Dechanten ULRICH WACKERBARTH und seiner Gattin MARGARETHA BROCK-
OORFF. Bereits im Inventar von 1663 envahnt: M. Jahrb. XXXVI, S. 160.')
II. Desgl., in der Mitte des Querschi fies hängend, mit achtzehn Armen
(8 -|- 10). Laut Inschrift im Jahre 1641 geschenkt von dem Fürstl. Mecklenb.
Bauschreiber JÜRGEN EMME und dessen Gattin ILSABE, geb. REHM. Bereits
im Inventar von 1663 erwähnt: M. Jahrb. XXXVI, S. 160.')
12 und 13. Desgl., neu, einer im Chor, der andere im Schiff, ohne
Inschrift.
14. Steinerne Renaissance • Kartuuschc an der Nord.scitc eines der
Pfeiler in der nördlichen Hälfte des Langschifies mit der Inschrift:
QUI SEMINANT IN LACRYMIS IN EXULTATIONE METENT •
PSAL . CXXVI .
') Fromm, Arch. f. Landeskunde .\1V (1864), S. 274.
Altes \Vcihua>ser- ISccken aus dem Dom,
jetrt im .Museum.
L.iujui^uj Ly Google
576
AMTSGERICHTSBBZIRK SCHWERIN.
Die Schelf- oder St Nikolai-Kirche.
Beschrei-
bung des
Baues.
janbeMhrdkHag. Die Schelfldrche ist ein auf einer Basis von behauenen
Granitsteinen errichteter und im Stil der Spätrenaissance oder, wenn
man will, in gemas^it^tom Barockstil ausgeführter Hacksteinbau mit Verwendung
von bildhaucrisch bearbeitetem Haustein an den Gesimsen, in den Einfassungen
der Portale und
Fenster sowie bei
den Kapitellen der
Aussen-Pilaster. Die
Grundform ist ein
Kreuz mit stark
abgekürztem Fuss
und vorgesetztem
Tliurm im Westen,
indessen haben die
Anne, von denen
die im Osten, Norden
und Süden aus dem
Achteck {geschlossen
sind, während der
im Westen mit
platter Wand vom
Thurm geschieden
ist, eine so geringe
Lange, und ist der
Mittelraum ver-
hältnissmässig so
gross, dass der Grundriss HigUch fast als eine Centralanlage im Sinne einer pro-
testantischen Predigtkirche bezeichnet werden darf, in welcher die Kanzel von
jedem Sitzplatz hex sowohl unten im Schiff wie oben von den breitangelegten
Emporen bc(]uem t^rschen werden kann. Der Finfachhcit der äusseren
Erscheinung, in uelchi-r neben t;iiten X'crhaltnissen besonders die kräftig nisti-
eierten und deshalb von vornherein auf Ausschluss einer Kalküberputzung
angelegten Ziegelpilaster römisch -dorischer Ordnung angenehm aulTaUen, ent-
spricht der flachgewölbte helle Innenraum, dessen Wände durch glatte Pilaster
mit ionisch -korinthischen Komposit-KapitelUn und dariibcr liegendem gross
und breit entwickeltem Ziergesims, sowie durch eingelassene breite und hohe
pu-ixi f.
Grnndriss der Schclfkirche.
Digitized by Google
SCHKl.F- UDKR ST. NIKOLAI - KIRCHE ZU SCHWERIN.
577
flachbogig geschlossene Fenster gegliedert werden. Hübsch ist auch der
maassvoll auftretende bildnerische I'uttcnschmuck oberhalb der Aussenportale,
und ferner nicht ohne Reiz
der in drei Geschossen
aufsteigende und in jedem
Geschoss mit Pilastern be-
lebte, oberhalb des zweiten
Geschosses auch mit einer
Galerie versehene Thurm,
dessen kupfergedecktcr,
hinter vier flachdreieckigen
Giebeln aufsteigender
Helm in seinem unteren
Theil glockenförmig und
im oberen Theil als eine
achtseitige Spitze mit
Kugel, Hahn und Wetter-
fahne gestaltet ist. Die
Pilaster des unteren Thurm-
geschos.ses zeigen ein auf
den Kopf gestelltes
Akanthus- Kapitell, hinter
dem sich, wenn man es
so ansehen will, ein auf
einem Halse ruhender
dorischtoskanischer Wulst
zu verstecken scheint, die
Pilaster des mittleren
Stockwerks sind ionischer,
Schelf «kr s», Nikolai Kirche *u Schwerin. ^ie des oberen korinthi-
scher Ordnung. Die hierzu
und sonst zu den dekorativen Theilen erforderlichen Werksteine kamen aus
Sachsen.
Ueber dem Hauptportal eine Inschrift:
ANNO 1711 HAT VNSER DVRCHLAVCHTIGSTER LANDES t VATER
VND HERZOG FRIEDRICH WILHELM DIESES GOTTES t HAVS
GOTT ZV EHREN SEINEN VNTERTHANEN ZV VBVNG DER
GOTTSELIGKEIT . SEINEN CÖRPER ZVR RVHE GESTIFTET.
Ueber die ersten kirchlichen Verhältnisse auf der Schelfe im dreizehnten
Jahrhundert ist oben S. 524 dxs NiUhifje bereits bemerkt worden. Vom Jahre
1553 an, in welchem das Domkapitel reformiert wird, bis zum Jahre 1589
steht die Kirche leer und ist dem Verfall preisgegeben. 1589 aber findet
eine Wiederherstellung statt. Von dem äusseren Ansehen dieser alten Kirche
geben die Mcrian'schen Stadtbilder und von ihrem Grundriss der Plan der
Ö7
57«
AMTSGRRICIITSHE7.1RK SCllWFRIN.
alten Schelfe aus dem Jahre 1705 eine genügende Vorstellung. Sie verliert
ebenso wie die Nikolai -Kirchen zu Rostock und ^\'isn1ar durch den grossen
Windsturm des 8. Üecember 1703 ihren spitzen Thurm, steht aber bis zum
Jahre 1708, Da beschlicsst Herzog Friedrich Wilhelm einen Neubau. Am
6. Mai 1708 findet eine feierliche Grundsteinlegung statt. Die Bauleitung
ruht in den Händen des Ingenieur- Kapitäns Jacob Reut/, (nicht Renz oder
Rentz) und die Ausführung in denen des Maurermeisters Georg Winklcr.
Neben dem Herzog ist es somit Rcutz, dem die Feststellung des Grundrisses
zuzuschreiben sein wird, nicht der nach dem Tode des Reutz als Nachfolger
benifene und in der deutschen Kunstgeschichte hinlänglich iKrkannte Bau-
meister l^eonhard Christoph Sturm, der von 17 11 bis 17 19 im Dienst des
Herzogs stand, ein Anhänger der Central- Anlagen war, und, nach Koch's
Annahme, auf den
Reutz'schen Kirchen-
plan bereits Kinfliiss
ausgeübt haben
soll.') Allein es ist
nicht zu übersehen,
dass, als Reutz im
Oktober 1710 starb
und in der Mitte
der Kirche bei-
gesetzt wurde, die
Kirche bis auf die
inneren Verzierungen
fertig war. Und
femer sprechen
einige Merkmale des
Baues, die Gurlitt
bereits in seiner
Geschichte des Ba-
rockstils III (1889),
S. 75 und 76, zu-
sammengestellt hat,
gegen die Kech'sche
Annahme: nämlich
sowohl die Kreuz-
form, welche Sturm
als ungünstig ver- . .n i. . u
- 7 ^. , Schcllkirchc, von Oslcn gesehen,
warf, als auch das
Barockgesims im Innern, welches er, wie Gurlitt meint, kaum geschaffen
haben würde. > Nichtsdestoweniger ist in dem .Aufbau, in der kräftig bürger-
lichen Haltung der äusseren ionischen Ordnung, in der Ausbildung des
Thurmes, in der stattlichen Gestaltung des Hauptthorcs ein Sturm zum min-
desten nahe stehender Künstler zu erkennen. Hier ist überall das Profil
derb, aber gesund und einfach, sind namentlich durch die geschickte Mischung
von Backsteinrohbau mit den in Sandstein ausgeführten Gliederungen hübsche
Wirkungen erzielt.« So sagt Gutlitt ; doch muss hier Kinigcs richtig gestellt
werden.
Die -äussere ionische Ordnung« beschränkt sich auf die Pilxster des
mittleren Thurmgeschosses. Der Pilasterbau am eigentlichen Kirchenkorper
.M. Jahib. LVI. S. 243.
Digitized by Google
SCHELF- ODER ST. NIKOLAI KIRCHE ZU SCHWERIN.
S79
dagegen folgt, wie schon oben bemerkt worden ist, sowohl in seiner Rusti-
cicrung wie in seiner Kapitcllbildung den Principien der toskanisch- oder
römisch - dorischen Ordnung.
Ein weit vortretendes, von
kräftigen Konsolen ge-
tragenes starkes Dachgcsims
überspannt in ansprechen-
der Weise diese Pilaster-
gliederung an den Aussen-
wänden der Kirche. Und
wenn die Angabe der
Chronik richtig ist, dass,
als der Ingenieur- Kapitän
keutz in der Milte der
von ihm erbauten Kirche
bestattet wurde, alles fertig
war, nur die Innendekoration
ausgenommen, so müssten
wir seinem Nachfolger
Sturm ') gerade dasjenige
zuschreiljcn, was Clurlitt ihm
abzusprechen geneigt ist,
nämlich die innere römisch-
dorische Kompositordnung
und die darüber liegende
Kries- und (lesimsanordnung.
Gewiss ist, dass Sturm
sich auf Rcfchl des Herzogs
,. . . , c I in L >n einem Vortrag Uber die
L ntercs 1 hunni'c»chuss der Scuelf ktrcnc. ,- , ,
rortführung des Baues zu
äussern hatte und dass dieser Vortrag 1712 bei Benjamin Schiller zu Ham-
burg gedruckt wurde. Kr führte den 'i'itel :
»I.,eonh. Chr. Sturms Fürstl. Mecklenbl.
Bau-Directoris .■\rchitectonisches Bedcncken
Von Protestantischer Kleinen Kirchen-
Figur und Einrichtung. .-\n eine durch-
lauchtige Person über einem gewissen Casu
gestellet Und als eine ofTtmahls vor-
kommende Sache zum gemeinen Nutzen
im Druck gegeben. Mit dazu gehörigen
Rissen.« Der Schrift sind neun Pläne
beigegeben. Sturm tadelt darin den Reutz-
schen Bauplan mit vielem Selbstbemisslsein.
Da die Mauern nun einmal ständen, meint
er, so müsse man zusehen, ob und wie
man die innere Einrichtung liesser machen
könne. Er beschliesst die Verlegung der
Kanzel von dem Platz an der nordöstlichen
Ecke (zwischen Chor und Schiff), den
Reutz dafür bestimmt hatte, mitten in den Eingang zum Hauptchor und stellt
sie somit vor den Altar. Weil es femer >gar übel stehen würde, wenn die
Akanthus- Kapitell von den IHlastern
des unteren Thumigcschosses.
') VrI. Koch. M. Jahrb. I.VI. 241.
87«
5 So
A MTSG ERI C H TS I ! K/ 1 KK St : II \V i: RIN.
iltlllllülllttllii -.^iitltlllttlltllli
mm
Kanzel so ganz allein vom an dem Chor stände^, findet er es für gut,
»eine (untere) Colonnnta dabei anzuordnen, welche Durchsicht genug in den
Chor lässct, zumal
man eben so viel
aus der Einsicht in
den Chor und nach
dem Altar nicht
machet.« Endlich
legt er auch ober-
halb der Kanzel
und des Altars
eine (obere) » Co-
lonnatat für den
Schülerchor an, zu
dem auf beiden
Seiten neben dem
Altar wohlverklei-
dete Wendel-
treppen empor-
fiihren. Und von
dieser ganzen Zu-
Inneres der Schelfkirche Li» zum Jahre 1858.
sammenstellung hofft er, sie werde ein gar prächtiges und schönes Aus-
sehen haben.
Man sieht also, dass das V'crhiütniss von Sturm zu Reutz genau das
gerade Gegenthcil
von dem ist, wel-
ches sich Koch im
M. Jahrb. LVI,
S. 243, ausgedacht
hat. Wenigstens
kann von einem
Einfluss Sturni'sauf
Reutz durchaus
keine Rede sein.
Auch wird man
beide, Reutz utu!
Sturm , nicht als
einan^ier nahe-
stehende Archi-
tekten bezeichnen
können.
Der Herzog,
damals schon
kränklich, lo-sst die
Sturm'sche Aus-
fiihrung zu ; er geht
im Frühling 17 13
nach Schlangcnbad
und stirbt am 31.
Juli desselben Jahres zu Mainz im 39. Lebensjahr. Als am 24. September 1713
die ncjie Kirche geweiht wird, steht seine Leiche in Dömitz, wohin sie nach
ihrer I-'-inbalsamierung gebracht worden wnr. Wahrscheinlich war die (Jruft
Inncrc rinricliliitig der Kirche nach dem Vorschtap
von Sdirm.
p it 1 1 1 / Google
SCtlELF- ODER ST. NIKULAl- KIKCIIK ZU SCHWKUIN.
581
Inneres der Schelf kirchc nach der Kest.iiiralion.
Dr. Friedr. Lisch den AnUiss
^ci^cben, in dc-ni dieser die
j-anz-Iithe IVseitiRung des höl-
zernen ("ohmnaden- iJuiics von
Sturm forderte.
Am 6. April 1S58 la
p;.'inn der innere Umbau unti r
der Leilimg des I,antl-I5au-
meisters Voss und des lJ;iu
meisten» (spateren Hauruthes;
Kriij^er, und si hon am 24. Ok-
t<)l)er 1858 fand die Kin-
wcihung statt. .Als Mitarbeiter
mögen hier genannt \ver<len
fiir die Ausführung des Altars
der'l'ischlenncister Richter d.j.,
für die der Kan/el der Tischler-
meister Christiansen und für
die Rildhauerarbeiten an beiden
der Bildhauer Retters; ferner
bei der (jrossherzogli«:hen Km-
pore der Tischlermeister Möhrer
in der Schelfkirche noch nicht fertig.
P-rst am i t^. März 1714 lässt der
Herzog Karl Leopold die sterblichen
Ueberreste seines Bruders in dem
neuen Gruftgewölbe feierlich bei-
setzen.
Bis ins Jahr 1858 hat der
Sttirm'sche Colonnadenbau in der
Kirche gestanden. Der .\ltar war
freilich schon zu Anfang des Jahr-
hunderts durch Pastor Studemund d.a.
aus dem Dunkel hinter den ("o-
lonnaden hervorgezogen und vor die
Kanzel geruckt worden. In dieser
Cicstalt ist das Innere der Kirche
in einem Bilde erhalten geblieben,
das im nördlichen Nebenraum der
(irossherzogli( hen Kmpore hängt und
hier im Abdruck wiedergegeben
wir<l. ')
Zu der jetzt itu Sinne des
Krbauers der Kirche, lies Ingenieur-
Kapitäns Reut/, ausgeführten neueren
Hinrichtung der Kirche hat ein vom
(irossherzog Friedrich Franz IL im
Jahre 185^ befohlenes Krachten von
'} In Sturm's l»ckann(em l'ruilrmnu'i
vim 1714 sind unter VIII zwei 'I^ifein ilor
Schelf kii'Clic |;c»idiiiet.
Inneres der Schclfkirchc nach der KeMnuration.
n; ,1 1 od by Google
S83
AMTB6BRICIIT8BEZIRK SCHWBSIM.
UQd der Kidhauer Schoiinus suwic für die Kirchenstühle die Tischlermeister
Sehefl und Vaal.^)
Ztdetzt mag noch nachgetragen werden, dass die Sdielfkirche durch
ein herzogliches Patent vom 14. Au^nist 1754 von der Domkirchc, (leren
Filiale sie bis dahin war, abgesondert worden war und zwei eigene Frediger
erhalten hatte. Auch ward ihr damals die Gandion der Stadt zugewiesen,
die noch heute ihre Gottesdienste darin abhält
Altar- Das Altargemälde, die Himmelfahrt Christi, ist eins der hervorragenderen
gemllde, Werke von Qaaton Lenthe, die Glasfcnater stammen von E. Giilmaieler und
^^?£llf*"' ^ ^^'V^ ^ j""e*^ verstorbenen Oi^el-
bauer Frleee au^efUhrt
Oigel.
Glocken.
Glocken. Die grösste Glodee hat
Durdimesser von 0,96 m. Ihre Inschrift lautet:
lieqp • gttt * *
ift • fiei^ine • hat •
ft_- cnc •jj]^"*»? •
tüt • taiiic • —
Die mittlere Glocke
hat emen Durch-
messer von 0,86 m.
Die obere Inschrift
lautet: + 6aptl*
^anbo #• milji
nomeii # nie ofaf ^'
bahatut #> Cljatc-
eine # mil^f <%>
nonten <8> vn*
hulcc # bicatiir
Auf dem Feld der
(»locke Schrift und
Bildwerk gemischt,
von besonderem
^itetesse nnd die beiden Halbfiguren des hl. Nikolaus und der hl. Katharina
mit unteifiesetztem mecklenburgischen Wappen. Zwischen kleinen FlgUrchen
von 8 cm I.änfje und Brustbildchcn, die nicht grösser als die Buchstaben sind,
die Namen ..üßartcii ,^Tonc, f^Mirlilf bao Tianipcn und lf>fnrifft ttcnticRcn.
Heinr. von Kampen war nachweislich 1 507 bis 15 17 (iiesser zu Gadcbusch.*) —
Die kleinste Glocke hat auf ihrer Vorderseite das mecklenburgische Wappen
mit der Umschrift in latemischen Majuskeki: V • G • G • CHRISTIAN • LUDE.
WICK • REGIERENDER • HERTZOG • ZU • MECKLENBURG • Darttber die
GloekenbOder.
*) VgL Norddeutsch. Correspundcnt Nr. 250 vom 25. Oktober 1858 (Die Nikolai-Kirche M
Schwerin. Zw Geseliiehte tmd Reatanration. Die Einweilmiig am 34. October 1858).
*} Lisch, M. Jahrb. HIB. S. 192 bis 194. IV B, S. 96. XV. & i6a. VeL o. S. 371.
Digitized by Google
SCHELF- PDER ST. NIKOLAI- KIRCHE ZU SCHWERIN.
583
Worte: SOLI DEC GLORIA« Auf der Rückseite in lateinischen Majuskeln:
O • G • MEIER IN ROSTOCK • ANNO 1751 •
Gemälde: Auf der inncrn Seite des Einganges zur fürstlichen Empore
eine alte Kopie nach einem Gemälde der Grosshcrzoglichcn Galerie Nr, 1014:
Hcfrciung I'ctri aus dem GeHingniss, von Hendrik Tcrbrügghen. — An der
Seitcnwand ein liildniss des Herzogs Friedrich Wilhelm. — Unten in der
Kirche, auf der Westseite, die Bilder von Luther und Melanchthon, beide
über Lebensgrösse.
Werk« der Klciakmnt md dca KnwtfiaadwerlM. VN'crkc der
Kleinkunst
I. Silbervergoldeter Kelch, 24 cm hoch. Inschrift auf dem Fuss: und des
UNT • DER • REO • HERTZOQ • CARL > LEOPOLDS • D . NEUSTADT • KIRCHE* Kunst-
ZU SUERIN • VERFERT : 1733 • Werkzeichen: ^ Patene mit drei handwerla.
Werkzeichen: [s] [T2] | madaus | 2. Desgl., 18,5 cm 1i >rh Auf dem
Fuss die Inschrift: UNT . DER • REG • HERTZOG • CARL LEOPOLDS • D •
NEÜSTADT . KIR I ZU SUER : VERFERT i 1733 c^. Werkzeichen wie bei l.
Patene: Ojoit^^ (undeutlich). — 3. Krankcnkommunion: Kelch, Patene
und Oblatenschachtel von Silber. Weiicseichen: <^ WäM^ (undeutlich). —
4. Desgl., ohne irgend welche Inschriften und Stempel. — 5. Kleiner Schöpf-
löffel von Silber: |T| | FiCK | — 6. Kreisrunde Oblatenschachtcl von Silber,
vom Jahre 1858, vergnUlcl, mit einem Kreuze auf dem Deckel. — 7. Eine
ältere krcisrurule 01)lati-nscliaclitcl. Oliuo Sclimuck und Werkzeichen. ■ —
8. Deckelkannc von Silber, inwendig ganz, aussen zum Theil vergoldet, 29 cm
hoch. Als Inschrift nur das Datum 1760. Werkzeichen \J\ xnMUim (un-
deutlich). — 9. Silberne Taufschale in Form einer Suppenterrine <Aaiit Deckel,
mit vier Füssen und zwei Henkeln Inschrift: TAUFBECKEN DER ST. NICO-
LAI KIRCHE . GESCHENKT 1766 • ^ [mUM}. — lO. Silberne Taufschale:
ST. NICOLAI - KIRCHE, vom Jahre 1855. — I I ^ 16 Sechs zinnerne Leuchter
im Barockstil, einer davon alt, zwei neu. Ohne Wcrkzeiclien. 17. Kelch-
tuch mit Sciden.stickercicn im Renaissancestil mit den Initialen M « H 1629. —
18. Schloss und Eisenbeschlag auf der Inneos^e der westlichen Eingangsthür
im Barockstil.
Gedenktafel mit den Namen aller Mitglieder des Grossherzoglichen Gcdenk-
Hauses, die in der Gruft unter der Kirche ruhen. Nach der Inschrift sind es: tafel.
Maria Catharina , Gemahlin des regierenden Herzogs Adolph
i-Viedrich I., f 1. Julii 1665. — Friedrich, f 28. April 1688. —
Christine Wilhelmine, höchstdessen Gemahlin, f 16. Mai 1722. —
Friedrich Wilhehn, regierender Her»^, f 31. Julii 1713. — Sophia
Charlotte, höchstdessen Genuhlin, f 30. Mai 1749. — Christian Lud-
wig, regierender Herzog, f 50. Mai 1756. — Gustave Caroline, höchst-
dessen GemaliUn, f 13. April 1748. — Todtgeborner Sohn des
Digitized by Google
584
AMTSGERICHTäBEZlRK iiCHWERIN.
Hemgs Friedrich, f i8. April 1684. — Sophie Louise, Königin von
Preussen, f 29. Julii 1735. — Ulrike Sophie, f 17. Sept. 1813. —
Ludwig, f 12. Sept 1778. — Charlotte Sophie, liödistdesscn Ge-
mahlin, f 2. August 18 10. — Louise, f 12. Junii 1730. — Amalie,
•f- 24. Sept. 1775. Todtgcbornc Tochter des Hcr/of^s Friedrich
Franz, 7 7. Mai 1776. — Todtgcborncr Sohn des Herzogs Friedrich
Franz, f 11. Mai 1777.
Die SchlMskirclM.
Bescfaiei- IBBaMbeictreibna. *Die Schlosskirche ist ein der Nordseite des Grossherzog»
bong des liehen Schlosses eingeßigter Bau, der als soldier nur mit seinem sdtlich
stehenden Glodcenthurm und dem erst bei dem grossen Neutmu in dal vier»
ziger und fünfziger Jahren unseres Jahrhunderts hinzugelegten, mit drei Selten
Gnmdriss der SchlMstdrche n Sdnveriii.
vom Achteck konstruierten Chor nach aussen hin hervortritt Mit ihren auf
beiden Langseiten und ebenso auf der westlidien Schmalsdte sich erhellenden
steinernen Emporen, die sich an die Träger des Innenbaues, an kräftige
Sandstein ■ Säulen von frei behandelter dorischer Ordnung anlehnen und mit
flachen Netzi^ewölben über- und untcruölbt sind, macht sie den l'-indruck
einer drcischifTigcn Hallenkirche, in welcher sich die ebenfalls flach gespannten
Digitized by Google
Pönal der ifchlosfikirche.
Digitized by GoO'
SCHLOSSKIRCHE ZU SCHWERIN.
und im Stile der Spatgothik reich entwickelten Sterngewölbe des Mittelschiffes
von den (iewölben der limporcn in bestimmter Weise scheiden und abheben.
Der neue Chor dagegen, der mit zwei slcilcr aufsteigenden Gewölben, einem
sechstheiligcn oberhalb seines Schlusses und einem diesem vorgelegten ein-
fachen Kreuzgewölbe, gedeckt ist, hat nur auf der Südseite eine Iimporanlage,
untl zwar gleichfalls eine steinerne. Kr folgt den Formen der Hochgothik,
wahrend das ältere dreitheilige Schiff der Kirche vom Standpunkt des Stils
als ein Kompromiss zwischen Renaissance und Spätgolhik zu bezeichnen ist.
Die altere Burg- oder Schlosskapelle lag ehemals auf der Südwestseitc
des Schlosses in dem mit D bezeichneten Thcil des Schloss- Planes, und zwar
nach dein heutigen Schlossgarten
hin. i486 und 1503 ist von
Indulgenzbriefen zu Gunsten dieser
Kai)elle die Rede und bald nach
1503, unter Herzog Heinrirh,
fmdet ein Neuhuu des CJottes-
hauses statt, das 1507 vom
Ratzeburgcr Kischof als Vertreter
lies abwesenden Schweriner
Bischofs geweiht wird. Aber
1514 stürzt das Gewölbe ein.
Die Kolge davon ist der gänz-
liche Abbruch der alten Kapelle
und die Krrichtung einer völlig
neuen Kapelle von 1515 bis 1520
durch den Maurermeister Andreas
lerhel, der damals bei der
bischöflich Havelberg' sehen Resi-
ilenz zu Plassenburg und der
Kir<:he zu Wilsuack als Bau-
meister thatig gewesen war. Die
neue Kapelle dient bis in die
se( li/iger Jahre des XV'l. Jahr-
hunderts. Da beschliesst der
Herzog Johann Albrecht den
jetzigen Bau, der nach Angabe
zweier Inschriften, einer griechi-
schen und einer lateinischen, die
noch heute an ihrer alten Stelle
Neuer gothiücher Chor der Schlos&kirchc. sitzen, 1563 in der Hauptsache
vollendet wird.
eE<Jv iii:.\Tii:T'jt te km Mi-rirrü» lu.xNNiii: aaiuci'tos nri:Mt>\ me
rAHOAmii: TMS A.XHBlNIir H[>Hi:KEI.\i: I:M:K.\ ütKlUOMUIE TK K.M
KAeiEP'JXEN ETEI «v^Y-
und
OEO OPT • MAXIMO lOANNES ALBERTVS DVX MEGAPOL • VERAE RELICIONIS
ERGO CONSTRVXIT DEDICAVITQVE ANNO MDLXIII -
Als Baumeister wird Joh. Baptista l'arr genannt, der noch 1568 mit der
letzten Vollendung der Kinhe beschäftigt ist. Unter seiner l^itung arbeitel
der Maureniieister und spätere Baumeister Christoph Haubitz, tlleichzeitig
Digitized by Google
586
AMT8CERICHTSBBZIRK SCHWERIN.
hören wir aber auch von italienischen Meistern und Gesellen, z. B. seit 1557
vom Baumeister Francesco a Bomau von Brescia und dessen Arbeitern aus
Trient, sowie von Berathungen, die in Schwerin mit dem von Spandau
herübergekommenen kurfürstlich braiKii.nliurt,'ischen IJaimieister Francesco
Chiaraniela und dem zu Ciustrow in Dicnätcn des Herzogs Ulrich stehenden
Baumeister Franciscus Parr statthatten. Doch erfahfcn wir nicht genug, um
anf,'(.'l)cn zu können, was von al'cn (K'n Hocb und Tiefbauten, Wall- und
Wasseranlagen, diesem oder jenem zugetheilt gewesen sei. Die thönemen
Gewölberippen, und Oberhaapt die thönemen Verzierungen, mag der Ziegel-
brennrr Statius von Düren, der 1552 vom Niederrhein gekommen war,
modelliert und gebrannt haben. Die Werksteine von Sandstein kamen aus
Pirna die Elbe herunter, die Steinmetzen Jürgen Fues und Joachim Fungk
zu Pirna hatten damit zu thun. Das ganz im Sinne venctianischer Früh-
Kenaissance ausgeführte schöne l*ortal der Schlosskirche mit den Engeln und
Marterwerkzeugen in der Lünette und mit der Darstellung der Kreuztragung
im Felde der Attiica unterhalb der LUnette, fertigte der Bildhauer H«w
Walther '1 in Drcstkn an, den herrlichen alten Marnioraltar (jetzt im Mitsriim)
der Bildhauer Georg Schröder in Torgau, die in der Kirche verbliebene
Kanzel der Steinmetz (oder Bildhauer) Simon Schröder zu Torgau. Aber
überall war der Herzog selber immer mitten dazwischen, er reiste von einem
Platz zum andern und betrieb die Herstellung der Werke aufs Leibhafteste.
Als er im Jahre 1562 zur Krönung des Kaisers Maximilian nach Frankfurt
reiste, besuchte er am S.Oktober d. J. den neu entdeckten Alaba-ster- Stein-
bruch zu Uslar und kaufte dort Blöcke, aus denen ihm die niederländischen
Steinmetzen Philip]) Brandin und Conrad Floris Bildwerke verfertigen sollten.
Andere »alabasterne Historien« kamen aus den Niederlanden, ein »alabasternes«
Knie ifix kaufte der Herzog zu Rostock. Als Maler von einzelnen Tafel-
bildern in der Schlosskirchc wird Peter Bökel und als Deckenmaler Peter
. Orbach genannt. An dem Gestühl arbeiteten die Kldschnitker Clwistian
von Veithofen aus Hamburg und der Uschlermeister (»Schnitzkermeistarc)
Christian aus Parchim.
Wie die Schlosskirche vor ihrer Restauration in den fünfziger Jahren
aunah, zeigt ein damals aufgenommenes Oelbild, von dem hier eine Ab-
bildung gegeben wird. Man erkennt bald, dass es der Kin Iie im Cysten an
einem richtigen Abselihiss fehlt, imd man versteht es, dass tler Herzog
Friedrich Wilhelm, welcher von 1692 bis 1713 regierte, auf einen weiteren
Ausbau bedacht war. An seinem frühen Tode scheiterten die Flftne; Gross-
herzog Friedrich Franz II. war es, der sie wieder aufnahm und in seinem
Sinne zugleich mit dem durch die .Vrchitekten Demmler, Stüler und Wille-
biand ausgeführten Neubau des SchkMBcs zur Vollendung brachte. Dem
gotliischen Chor, durch welchen die Kirche im Osten verlängert wurde, liegen
Zeichnungen und Angaben von dem Kölner I )ombaimieister Zwimer zu
Gnmde. Die Statuen an der Wandung unterhalb des neuen Triumphbogens
sind von dem Bildhauer Wiligoha gemacht worden.
Jetzt ftthlt der Eingang durch eine kleine V'orhaUc zur Kirche, früher
ging CS von ihm geradezu hinein. £s ist daher das schöne alte Portal von
') Lisch Iis Walcher. Allein auf einem Rechnunesbei^. der diesen KUnMler betrink, steht
niclit vr.n s. iner cii^ein ti, iiirnlern von andcriT .^Ifich/cili^cr duutlicli : \V.\ltcr. l>ios und
was weiter von der Kun&Ucrfaniilic Waither in .Sachsen bekannt i.st (v^;!. Allgem. 1). Hiogr., Ud. Xl.I),
lisst cricenoen, dius der an andern Stellen der Renterei •Kechnungen vor dem h des Nauens
stehende Bnchstalie nicht als c, sondern als t sn lesen ist.
SCHLOSSKIRCHE ZU SCHWERIN.
seiner früheren Stelle etwas weiter westwärts gerückt. Die unteren Emporen,
die sammt dem (icstühl den nüchternsten Klassicismus des vorigen Jahr-
hunderts vertreten, den man sich vorstellen kann, sind entfernt worden, und
der untere Raum mit seinen Steinsäulen hat dadurch dieselbe Freiheit und
I.uftigkeit wiedergewonnen, die der alte hatte. Neu dagegen ist die Ordnung
und das Verhältniss der fürstlichen Knipore und der ( )rgel • Empore auf der
westlichen Schmalseite der Kirche. Die Hinterwand der fürstlichen Empore
schmückt ein Gemälde von Karl Gottfried Pfannschmidt: die Taufe des
Fürsten Pribislav.
Die Einweihung der Kirche fand am 14. Oktober 1855 statt.
Inneren der Schlu»kirchc vor ihrer Restauration.
Altar und Taufstein .sind neu. Das auf dem Altar stehende Marmor- Altar und
kreuz ist von dem Hildliauer Steinhäuser (weiland in Rom) angefertigt worden, laufstem.
Der alte Altar des Georg Schröder, welcher seit über vierzig Jahren in
der .Mterthümtr- Sammlung des .Museums steht, ist seinem Stil nach ein Werk
der Hochrenaissan«:e, oflVnbart aber trotzdem in seinen beiden Hügeln, die
als schwere Marmortafeln unverrückbar mit dem Hauptkörper des Werkes
verbunden sind, die Nachwirkungen des mittelalterlichen Triptychons. Im
linken Flügel als Mannor- Relief die den .Vntitypus des Sündenfalls bildende
Erhöhung der Schlange in der Wüste (IV. Mos. Kap. 21, 8 und 9. Joh.
Kap. 3, 14). In der Mitte die grosse figurenreirhe S«-ene der Kreuzigung
auf Golgatha, und im rechten Flügel die .Auferstehung Christi. Unten am
Fuss des Altartisches die vier Evangelisten, durch doris«:he Tilaster von ein-
ander getrennt, auf der Vorderseite deren zwei, auf den Schmalseiten je einer.
Digitized by Google
S88
AMTSCERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
Im Aufsatz Uber der Mitte die Halbfigur von Gott Vater, und zwischen den
vorgesetzten Säulenpaaren korinthischer Ordnung (an der zurücktretenden, aber
mit .Mittelbild und Seiten-
flügel in gleicher Fläche
liegenden Marmorwand)
links die Figur der Fides,
rechts die der Justitia,
beide zwischen korinthi-
schen Pilasterpaarcn, die
den Säulen gleicher Ord-
nung entsprechen. Die
Jahresz.ahl 1562 wieder
holt sich mehrfach, im
Aufsatz oben rechts das
Monogramm des Meisters,
das aus den Huchslabt-n
G und S verschlungen ist.
Wie der Altar, so
sind auch zwei Mamior-
tafeln , von «lenen die
eine Lot und Töc:hter,
und die andere das
Gleichniss vom barm-
herzigen Samariter dar-
stellt, vor über vierzig
Jahren in die Alter-
thümer - Sammlung ver-
setzt, desgleichen eine treffliche, nach .Art von Kpitaphien gebildete eichene
Schnitztafel mit dem Relief der Anbetung der Hirten zwischen ionischen
.Mamiort.ifcl: l.ot und 'riiclilur. (Im ('ii-i»'.h. Mumiuiii.)
Marmort.ifcl : (ilciL-hniNs vuin l*ami)ier/ii;cn .Samarilcr. (Im (iru><Nh. Mu>euni.)
l'ilastem und mit den bei<len Wappen *Ies Herzogs Johann .\lbrecht und
seiner («emahiin .\in»a Sophie, Toi hier des Herzogs .\lbre«:ht von I'reussen.
.Man kennt aber nicht die Verfertiger dieser drei Werke; die zuletztgenannte
i-.iuji.i^uj Ly Google
StllLOSSKIKCIII-: zu SCHWKKIN.
5«9
i
1
Tafel hat das Datum 1563; auf dem alten Hilde vom Innern der Kirche
ist sie links vom Altar an der Ostwand an^clmir.ht.
Die Kanzel des Simon Schröder aus Tor{i;au, welche mit drei figiiren-
reichen neutestanicntltchen Darstellungen (l. »Wer unter euch oluic Sünde ist,
werfe den ersten Stein
auf sie« (Joh. VII, Vers 7).
2. »Wer mein Wort höret
und glaubet dem, der
mich gesandt hat. der hat
das ewige Leben und
kommt nicht in das Ge-
richt, sondern ist vom
Tode zum Leben hindurch-
gedrungen»' (}ob. V,
Vers 24). 3. »Mein Haus
soll ein Rethaus heissen«
(Matth. XXI. Vers I3).j')
in tief zurücktretenden
Hochreliefs von Marmor
verziert ist, bildet mit
dem an der Nordseitc
stehenden Pfeiler, aus
welchem sie hervortritt,
einen einzigen Steinblock,
sodass die zu der Kanzel
führende Treppe durch
den Pfeiler gehauen ist.
Sie passt in ihrem Stil
aufs Trefflichste zu dem
Altar des Georg Schröder.
Kanzel.
.\la-
F.iclicnc Sch»it7tafcl. (Im («rossh. Miiscnm.)
Mit der Kanzel sind
auf der nördlichen Empore basteme
zugleich sechs Marmor- Historien.«
Reliefs alabasterne
Historien s.o.) erhalten
geblieben, welche den
Sündenfall, die Erhöhung
der Schlange in der Wüste,
die Geburt, die Kreuzigung, die Auferstehung des Herrn, sowie seine Wieder-
kunft zur AuferstcluMig und zum Gericht darstellen und durchweg vortrefiflich
gearbeitet sind. Als Umrahmung dient ihnen eine Art Tempelnische von
•) Die S]irllclie solli>t stellen nicht th, aUer die lK"ivsteUtini:;cii schlicsscn sich «Icn genannten
Kn(MtL-lii <Ut Hiltcl an. D.ii rwcito ltil<l i>« vülKicht «-im- • |•'.CL•U'^^a (Iis|mlans<.
Digltlzed by Google
590
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
abwechselnd itahenisch- dorischer und ionischer Ordnung, von ungefähr 0,8o m
Höhe und Breite. Aber auch hier fehlt, wie bei den oben genannten Reliefs,
die Scheidung nach den Händen ihrer Verfertiger.
Glocken« Glocken. Die Kirche hat vier Glocken, von denen drei in dem Nord-
thurm auf der Vorderseite des Schlosses untergebracht sind. Die älteste
(Dm, 0,56 m) hängt
im alten SeitenÜiurm
der Kirche und hat
die Inschrift: 0 rC)[
Qlarie crifte Unii cu
pace III cccc IxM -
In ihrem Felde auf
der einen Seite die
Figur der heiligen
Maria , auf der
andern die der heiligen
Barbara. Dazu das
Zeichen:
00^
Die zweitgrösste
Glocke hatte die In-
schrift: Hf« iiiiiria #
inatet <%> grade (%>
matcr c§j mifcri*
corbie#tu #nDÖ<#>
a6 # Ijoftc (%> pro*
teat # in # ijora <%>
mortis c§j fufclpe #
an • ni • b'iil" •
Darunter in kleiner
Schrift : # fjcnridt <%>
tjan rainpcn # *)
Sie ist umgegossen
worden und ist nun Kanzel.
mit den beiden anderen Glocken im Nordthurm auf der Vorderseite des
Schlosses vereinigt. Alle drei Glocken zeigen die Namens -Initialen des Gross-
herzogs FRIEDRICH FRANZ II. unter einer Krone und .sind von dem Glocken-
giesser lllies in Waren 1856 gegossen worden. Die eine (Dm. 1,34 m) enthält
im Felde das charakteristische Bild des Apostels Petrus und neben ihm da.s
Bild des liahncs. Sie liat den Namen POENITENTIA, die andere (Dm. 0,88 m)
zeigt als Bild einen .schwebenden Kngcl in langer Gewandung, der die Hände
') Vgl. Lisch, ,\t. Jahrb. XV, S. 162.
Digitized by Google
1 >ic Kan/el der Schlosskirclie 7M Schwerin.
Digitized by Google
SCHLOSSKIRCHB ZU SCHWERIN.
zum fk-hrt faltet, und tra<;t ikn Namen PRECATIO Die dritte (Dm, 1,05 ni)
hat als liiid eine Drcihcit von Engeln, in der Mitte einen grosseren Engel
in langer Gewandung, der dankend und lobpreisend die Arme nadi oben hin
ausbreitet und von zwei kleineren Engeln in nackter Gestalt b^Ieitet wird, von
denen der eine aus einer Notenrolle singt und der andere eine kleine Laute
I'recatio. l'ucnitciUia.
GlockeDbuder.
spielt. Sie heisst GRATIA. Nach diesen drei Namen sind somit die drei
Hauptglocken der Schlosskirche als Buss-, Bet- und Dankglocke zu bezeichnen.
GcmXIde. Zu besonderem Schmuck gereichen der Kirche die Plann- Gemälde,
•chmidl'schen Wandgemilde an den jederseits zwischen Säule und Wand ein<
geschobenen Scheidewänden der Emporen. Es sind ihrer zwölf, von denen
Digitized by Google
592
AMTSGEKICl ITSBKZIKK SCIIVVEKIN
je zwei zusammen einen Abschnitt der Kirchengeschichte illustrieren. »Die
Reihenfolge hebt bei dem Arcus triumphalis an und schreitet nach dem West-
ende der Kirche zu so fort, dass immer die beiden einander parallel liegenden
Gemälde auf beiden Kmporen 7,usammen gehören. Die beiden ersten Bilder,
den Märtyrer Stcphanus (Aiwstelgcsch. VI, 8 ff.) und den auf dem Scheiter-
haufen gestorbenen Bischof Tolj'karp von Smyrna darstellend, repräsentieren
die apostolische Kirche. In den zwei folgenden Bildern stellen der Bischof
Chrj'sostomus von Constanti-
nopel, der grösstc Prediger des
ganzen Alterthums , von der
praktischen Seite, und der
Bischof Athanasius von Alexan
drien, der Bekenner der Lehre
von der heiligen Dreieinigkeit,
von der dogmatischen Seite
die griechische Kirche dar. Die
weiteren zwei Bilder gelten der
römischen Kirche: der .schrift-
gelehrte Mönch Hieronymus,
und der Bischof Augustinus
von Ilippo Regius in Afrika,
dessen Lehre von Sünde und
Gnade für dje ganze kirchliche
I'jitwickclung des Abendlandes
grundleglich geworden ist. Das
nächste Bilderpaar, der Kai.scr
Karl der Grosse und der
Apostel der Deutschen, Boni
facius, stellen uns den Eintritt
des Christenthums in die ger-
manische Welt tlar, und reprä-
sentieren zugleich die mittelalter-
liche Kirchengestaltung. In
Luther und Mclanchthon, auf
dem fiinften Bililerpaar, tritt uns
dann die Reformation und die
lutherische Kirche entgegen. Endlich holt das letzte Bililerpaar die kirchliche
lüitwicklung Mecklenburgs nach, in dem Bischöfe Berno von Schwerin die
Missionicning Mecklenburgs, in Johann Albrecht I. die Reformation der mecklen-
burgischen Kirche und zugleich den ICrbaucr der Schlosskirche darstellend.«
Mnnnur - Kclicf (>.\l.nl>.islcrnc lli!.toric«).
{'•las- Glasgemälde. Den von Gillmeister ausgeführten Glasgemäldcn liegen
urmalde. Kartons von Gaston Lenthe zu Grunde, in denen «1er ganze alt- und neu-
testamentlichc Ilcilsplan vom Sinulenfall der ersten Litern bis zur Himmelfahrt
i-.iuji.i^uj Ly Google
SCHLOSSKIRCHE ZU SCHWERIN.
593
Christi dargestellt wird. Die kleinen Kngelgestalten in den Bogenzwickeln
rechts und links von den die Emporen tragenden Säulen der Kirche, sind
Arbeiten von Theodor Fischer.
Vgl. die mit Tafeln ausgestattete
anonyme Prachtschrift: Die
Schlosskirchc zu Schwerin und
ihre Einweihung am 14. Ok-
tober 1855, S. 10 bis 13.
Kleinkunstwerke.
I. Silbcrvcrgoldeter Kelch
auf sechspassigem Fuss und
mit stark entwickeltem Knauf,
dessen acht Rotuli aber ihrer
alten Bildchen (Chri.stusköpfe)
beraubt sind. Am Fuss ein
plastischer Krucifixus als Sig-
naculum. Ohne VVcrkzeichen.
Tm Uebrigen in später Zeit
umgearbeitet. Auch die zu-
gehörige Patenc ohne Werk-
zeichen. — 2. Desgl. auf acht-
seitigem Fuss, mit plastischem
Krucifi.xus an der Kupa: fsl
I ROSE j. Ebenso i.st die Patcnc
gestempelt. — 3- In Silber ge-
,, . - . tricbene runde Oblatenschachtel,
M.irnior - Kcliut ( > .Mnlia-Mcrnc Ilistono l.
im Geschmack der Spiit-Renai.s-
sance. An der äusseren Wandung die Marterwerkzeuge zwischen geflügelten
lüigeln. ebenso auf der Oberseite des Deckels. Auf der inneren Unterseite des
Kleinkunst-
werke.
Silberne Ohlatcnschachtcl (3). Innen -Seite des Ik-ckels der
Oblaten Schachtel.
38
S94
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
Dedcds die Scene, wie Christus am Kreuz mit dem Speer in die Seite ge-
stochen wird. Dazu Johannes, Maria: und andere Figruren. Als Hintergrund
die Landschaft von Jerusalem.
Nebenstehendes Werkzeichen :
— 4. Silbcrvcrgoldete Wein- ^
kannc mit Henkel. .'Xuf dem Bauch
des Gelasses die Wappen des Her-
zogs und Erbprinzen LUDWIG
(f 1778) und seiner Gemahlin CHAR>
LOTTE SOPHIE, Tochter des Hereogs
Franz Josias von Sachsen - Coburg -
Sa.ilfeld. Oben am Rande ein
un(ieutlichcr Stadtstempcl und
Meisterstempcl. — 5. Desgl., mit
Henkd und GriiT, zu dem Kelch
unter 2 gehörig. Von demselben
Goldschmied. — 5. Ein vergoldeter
Schöpflöffel, neu. 7 — 9. Kranken-
Kommunion: silbcrvcrj^oldcter ^ethi-
scher Kelch mit I'atene, ohne Werk
zeichen. Kleine silberne längliche
Oblatendose. — 10. Taufschale, neu. —
1 1. Silberner Krucifixus an »Ibernem
Kreuz auf silbergetriebenem rundem
Fuss. Im Stil (it-r Spätrenaissance,
von dcmsclln 11 Meister, von dem
die Oblatensciiaclilcl ist. Au.s.ser dem
Meisterstempel auf der Rückseite des
Kreuzes oben am Arm links ein
rechts ein undeutlicher Buchstabe. >) — .
12-15. Vier in Silber {getriebene
Leuchter, anscheinend von dem.sclhen
Meister wie der Krucifixus, wenig-
stens in demadben retchen Spät*
renaissance-StU. — 16. 17. Zwei in Messing getriebene Deckel-
becken. — 18. 19. Zwei Zinnteller, der eine mit den Wcrkzeidien :
Kndfixiu.
') L'nzwcifclluift Parüer Arbeit. Kinc ganze Reihe nahe verwandter ZcicheD b« Roiadmg,
Der Goldschmied« Wertoeichen, S. 415 ]>■.■. 417. Ebendort, S. 403 bis 404, Uber den Bicbitibeii A.
Digitized by Google
PAULSmCHB ZU SCHWERIN.
S95
Die Putakinte
ie Pftulakirdw ist aammt der Paylsgememde eine Neugründung des Groas>
hemofs Friedrich Franz II. (f 1883). Der Bau der Kirche, welche zu
den hervorragendsten Schöpfurif^cn des verstorbenen Raiiraths Krüger gehört,
fällt in die Jahre 1862 bis lüOy. Eine eingehendere Behandlung liegt daher
Gnmdriu der Paviskircbe sn Schwerin.
Z. Zt. ausserhalb des Rahmens unseres vorliegenden Werkes. Doch mag
erwähnt werden, dass sie als Kreiizkirche mit drcischiffigcr I lallenanlage des
Langhauses entwickelt ist und durch geschickte Verbindun^^ von bildnerisch
behandeltem Haustein sowie von rothen und gelben Terrakotten mit dem
Ziegelmaterial, aus dem sie aofgeluhrt worden, in den norddeutschen gothi-
sehen Backsteinbau den Charakter einer gewissen Sertidikeit hineinträgt,
welche diesem sonst nicht «gen ist, aber zu der Anmuth aller Verhältnisse,
wovon das Auge aussen wie innen erfreut wird, aufs Beste passt und zt^leidi
an mittel« und süddeutsche Kirchenbauten anklingt
Als lieachtenswertlie Kunstwerke sind hervorzuheben der im Südportal
angebrachte domengdcrönte Christuskopf vom Bildhauer Robert Causr in Kreuz-
88*
Digitized by Google
596
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
nach; das dreitheilige Altarwerk von Pfannschmidt mit der Kreuzcsfjmppo
in der Mitte, der
Geburt Christi im
nördlichen und der
Begegnung zwischen
dem auferstandenen
Christus und der
hl. Maria Magdalena
im südlichen Flügel ;
der »Zinsgroschen«
von Gaston Lenthe in
der Sakristei und
die Glasgemalde im
hohen Chor und im
südUchen Querschifü'
von E. Gillmeister
nach Kartons von
Stever- Düsseldorf.
Zwei von den drei
Glocken der Kirche
hat der Hofglocken-
giesser Jllies in
Waren gegossen, die
eine 1867 (mit dem
Namen »DIE
RUFENDE«), die
andere 1869 (mit
dem Xamen »DIE
DANKENDE«:); die
dritte aber, welche '""'-^'^ I'aul.kirche zu Schwerin.
den Namen »DIE BETENDE« führt, ist 1875 von dem Hofglockengicsser
Albrecht in Wismar gegossen worden.
Die katholische Kirche.
Beschrei- OS«^aubeschreibung. Die der hl. Anna (ad sanctam Annam) geweihte katho-
bung des !*=^ ügche Kirche ist ein auf Grundlage eines länglichen Vierecks errichteter
liauts. einschiffiger, mit einem hölzernen Tonnengewölbe gedeckter und von rundbogig
geschlos.senen Fenstern erleuchteter Hau im Geschmack des nüchternen klassi-
cicrendcn Stils vom l"!nde des vorigen Jahrhunderts. Auf der Südseite findet
man vier erst in späterer Zeit angesetzte Strebepfeiler. Auf dem Ostende des
p t ! 1 1 / Google
Digitized by Google
KATHOLISCHE KIRCHE ZU SCHWERIN.
597
Daches sitzt ein kleines Thürmchen in Form einer von vier ungefähr 2 Meter
hohen Säulchen getragenen kvipfcrbedeckten f^lockcnartigen Kuppe!. Auch die
vier Sauiclun s\m\ mit Kupferblech beschlaj^en. Das westliche Kndc der
Kirche enthalt einen thorwegartigen Durchgang von der Strasse zum Hofraum,
das östliche Ende dagegen die Sakristei, mit welcher ein an die südöstliche
Ecke der Kirche angesetzter Vorraum verbunden ist.
»Der katholische Gottesdienst, welchen der Herzog Christian Louis I.
in der Schlonkirche eingeführt Hatte (s. o. S. 532), war sedis Wochen nach
dessen Tode wieder aufgehoben, doch halte Friedrich Wilhelm einzelnen vor-
nehmen T'ersonen, dein (Irafen v^n Horn und der Frau von Bibow, erlaubt,
bis zu ilireiii 'lüde katholischen Privatgottesdienst halten zu dürfen. Als die
Frau von Bibow starb, gestattete Carl Leopold stillschweigend, dass der
Jesuiten-lülissionar Gerhard Dflmont jenen Gottesdienst fortsetzte. Es war
nun (1730) der Jesuiten*
pater Carl Burchardios
nach Schwerin gekommen
und kaufte fiir seinen
Orden den ]Kbow'scdien
Hof in der ScUossstrasse-
vom Herzoge, wo er eine
Kapelle mit Kanzel,
Orgd und Glocke ein-
richten Hess und öffent-
lichen Gottesdienst zu
halten begann. Carl
Leopold erlaubte dies
nicht geradezu, that aber
auch nichts dagegen, ja
er duldete, dass man in
der neuen Kapelle Pro-
cessioncn hielt und nicht
nur neue Wohnungen Rtr
die I'riestcr, sondern auch
ein Semin.or für Missions-
zöglinge einrichtete. Erst
.luf Beschwerden der jirotestantischen Geistlichkeit wurde im Jahre 1738 das
Kinhuiten des katholis(hen Goltesdienstes unters.igt und eine Vergrosserung
der Bauanlagen verboten. Im Ucbrigen blieb es bei der bisherigen Duldung
und fanden von dieser Zeit an, besonders unter der niederen VolksUasse,
isahlreiche Uebertritte zum Katholidsmus statt, c
Im Jahre 1792 wurde »den Katholiken der Bau einer Kirche mit
Thurm un<! t'.l<i< ke erlaubt und derselbe begonnen. Die katholische Mission,
welche unter den Herzogen Christian Louis und Friedrich Wilhelm in Schwerin
Fuss geßusst hatte, und von Christian Ludwig II. geduldet worden war, hatte
tinter dem Herzoge Friedrirli 177;^ neb>t dem von ihr gegründeten Seminar
eingehen müssen, weil der Papst Clemens XIV. den Jesuiten -Orden, sowie
der Kaiser Josef II. das nordische Missions -Institut su Linz, von welchem
das Schweriner abhing, aufgehoben hatte. Die von jetzt an erbaute katho-
lische Kirche ist nun diejenige, welche noch heute in der Schlossstrasse
tiesteht«. Wörtlich nach Fromm, Chronik, S. 271 und 319.
Katholische Kirche zu Schwerin.
Digitized by Google
598
AIITSGESICHTSIIEZIRK SCHWERIN.
Altar. Die innere Einrichtung der Kirche ist einfach und ansprechend. Der
Altar steht in einer hohen flaclu ii Nische. Ucbcr ihm drei die ganze Wand
füllende Fresko -Gemälde, gut gemeint, aber weniger gut ausgcfiihrt : in der
Nische der betende Heiland in Gethsemane, links die Aufrichtung des Kreuzes
and redits die Auferstehung Christi.
Tau&tein. In der Mitte des Gai^es dn aus rodieni Granit auf der ehemaligen
Schweriner Schldfmühle hergestellter Tanfiiteln mit gut geschmiedetem Unter-
satz klasäicierenden Stils, ähnlich denen in den Kirdien zu Ludw^lust und
XU Grabow.
Glocke. Glocke im Dachreiter oberhalb des Kirchendaches Dm. 0,57 m. Sie
hat die Inschrift: DIVINO • SACRA • CVLTVI • 1794 • ME FECIT • I • G • W •
LANDRE IN LVBECK.
.<Vlte Bild* Alte Bildschnitzereten gothischen Stils: i. Annasclbdntt, angeblich
whnitxe* Gnadenbild aus der Kirche zu Steraberg. 0,36 m hoch. 2. Gruppe der Pietss
'*'^* (der Heiland im Sdioosse der hl. Maria), angeblidi ebenfaUs dsdier, 0,58 m
hoch. 3. Krudfixus, 0,78 m hoch, desglddien aus Stemberg; das Kreuz
aus jüngerer Zeit
Kleinkunst- Kleinkunstwerke, i. Silbervergoldeter Kelch. An der Kupa die In«
werke, achrift: 3[c(i, ;r>cjii toart fft 0ctoif; linb taaljr,
Vdn <cftamcnt beuttUd) Unb lilabc«
^ruinfi faljr lihi Criifcl <Caliifni^,
)0iiti tDCC iiicljc vCljrifti lueifter ift
Slttftn fteOdl mehif ^tttn ^f^eute$ blut,
meint feelni fd^tij tmli ^»^M sutfi,
initt frrub hnh bgith id^ ^rintür bnh Jlel|iii,
tDcr ^nbtt^ füQt, fid) €tDig fdfjej^m.
Auf der unteren Seite des Fusses .stehen die Namen: CLAVS BELOW • ANNA
WELZIN und ausscrtiem die Gcwichtsiingabe 22 LOT 1': Q. — 2 3 Zwei sil-
berne Kelche aus dem XVII. Jahrhundert, der eine mit dem Doppelmunogramm
des Herzogs Christian Louis und dem Orden des hl. Geistes; der andere mit
einem Wappen (goldenes Feld mit rothem Schrägrechtsbalken, bdegt mit drei
Rosen; Helm mit Flug und drei Rosen). Ohne VVerkzeichen. — 4. 5. 6. Drei
neuere, jetzt im Gebrauch befindliche Kelche in der Kirche. — 7. 8. Zwei
silbervert^oldete Mi mstranzen, die altere ist Augshur{:(er Arbeit, 1794 gestiftet
von BERNHARDINE VON KURZROCK, eine Mischung von Barock- und klassi-
cierendem Stil, vortr^icfae Trdbarbeit: (|^(^- — 9. Eine silbervei^ldete
Marienkrone mit Rutünen. — 10. 11. Zwd in Silber getriebene Köpfe, der des
hl. ^natius und der des hl. Aloysius. — 12. Ein in Messing getriebenes
Weihwasserbecken vom Jahre 1775, 0,22 m hoch. — 13. 14. Zwei in Messing
getriebene Wandarme, 0,38 ni lang. — 15. F.ine Kasula von rothgcbUimtem
Damast mit eingesticktem mectclenburgischen Wappen und ebenso ein-
gcsticlvtem Bande des französischen Ordens vom Heiligen Geist (Kette
von Lilien, gemischt mit Waflentrophäen und L- Buchstaben] , ohne Zweifel
Digitized by Google
Google
SVNAGOCiK ZU SCHWERIN.
599
ein Geschenk des Herzogs CHRISTIAN
LOUIS i., der diesen Orden be-
sass. — lö. Desgleichen, von
roth und gelb gemustertem Sammet
mit dem mecklenburgischen und
schwedischen Wappen, der Jahres-
zahl 1582 und den undeutlich ge-
wordenen beiden Namen des I lerzogs
CHRISTOPH VON MECKLENBURG
und der I lerzogin ELISABETH, Tochter
des Königs Gustav Wasa. — 17.
Dcsgl , von blauem Seidendamast mit
grünen Blumen, mit Silbertressen und
dem Hilde eines auf drei Hälse und
drei Köpfe angelegten schwarzen
Adlers, dem aber die drei Köpfe
abgeschlagen sind. Darüber ein ge-
mauerter Querbalken. — 18. Vorsatz-
Velum , gelragen von einem holz-
geschnitzten I'^uss in Gestalt eines
l'elikan, der drei Junge unter .sich
hat und mit seinem Hlute speist.
Das Velum selbst ist mit dem Agnus
Dei geschmückt Jüngere Stickerei
des XIX. Jahrhun<lcrts.
SilUcrvcrfrohlvtc Mnn>tranz. Auj;Nl»urfjcr .Nrlieit.
Die Synagoge.
i£9|aubeschreibung. Die Synagoge ist ein einfacher Fachwerkbau auf Grund- Beschrei-
läge eines länglichen Vierecks und stellt einen einschiffigen, mit einem h"ng des
hölzernen Tonnengewölbe überdeckten Raum dar, der auf drei Seiten mit I^aues.
limporen au.sgestattet ist, wahrend die vierte Seite, wo sich das Allerheiligstc
befindet, davon frei ist. Die l'enster, von denen zwei mit einem Rundbogen
geschlo.ssen sind, bieten nichts Besonderes. ^
Kleinkunstwerkc. Kleinkunst-
Armleuchter zur Feier der Tempelwcihc, von Messing, auf vier Füssen werke,
stehend, auf jeder Seite vier Arme über einander, 1,20 m hoch. Kr erinnert
an die Abbildung des siebenarniigen Leuchters auf dem Titus- J?ogen in Rom.
Geschenkt von H. SÜSSKIND im Jahre 1765. Auf ihm eine Ijinge, sprachlich
nicht besonders gute hebräische Inschrift, welche (nach Angabe von Herrn
Landesrabbiner Dr. F'eilchcnfeld) ungefähr folgenden .Sinn hat: »O Fwigcr,
mein Gott, Dir spende ich Lob und Treis, zu Deiner Fhre habe ich diesen
L.iyui^uj Ly Google
6oo
AMTSGERTCHTSBF.ZIRK SCHWERm.
Leuchter gespendet, dass da
rauf das heilige Licht angezün-
det werde. O mögest Du
stets mit Deiner Gnade mich
umgeben, sowie ich stets
demüthig in andächtigem Ge-
bete Dich anrufe. O möge
es mir vergönnt sein, am
Lichte der Thora und der
götthchcn Gebote mich zu
freuen und einst mich zu
weiden im Licht Deines An-
gesichts, c — Achtarmiger
messingener Kronleuchter
aus dem XVll. Jahrhundert ;
oberhalb der Arme ein Kranz
von Bhmien und Früchten und
als Bckrönung ein gro.sser
doppclköpfiger Adler,
während als unterer Ab-
schluss eine Traube ange-
bracht ist. — Noch sechs
andere Kronleuchter. Einer
davon hat die Inschrift:
lACOB • BARS • ANDREAS •
HONERLAGE • KALEMEISTERE «
ANO • 1650.
Zwischen den beiden Namen ein
Hufelsen mit drei Nägeln. Wie
alle übrigen Kronleuchter ist auch
dieser, wie man sieht, ursprünglich
für einen andern Raum bestimmt
gewesen. Höchstwahrscheinlich
hing er einst in einer christlichen
Kirche. — Von geringerem Inter-
esse vier weitere Kronleuchter von
Messing und ein silberner Leuchter,
der für gewöhnlich im Hause eines
Vorstandsmitgliedes aufbewahrt
wird. — Vier Wandarme von
Messing. — Thiirdrücker an der
Eingangsthür, von Messing, des-
gleichen imRococostil. — Aufsätze
Inneres der Synagoge.
Kronleuchter.
Dlgltlzed by Google
GROSSHERZOGLICHES SCHLOSS ZU SCH>VERIN,
6oi
und Schilder von Silber zu
Armleuchter.
den Thora • Rollen, letztere mit hebräischen
Sprüchen geziert.
* ♦ *
Von den übrigen kirchlichen und
gei.stlichen Gebäuden, die oben im
Abri.ss der Stadtgeschichte erwähnt
wurden, sind unseres Wi.s.sens keine
Spuren irgend welcher Art, Ansichten,
Grundri.sse u. dergl. m., auf uns ge-
kommen, auch nicht von jenen einzeln
stehenden Kapellen, die in der Nähe
des Domes erwähnt werden. So ist
z. B. 1541 von einer »runden Kapelle«
auf der Südseite des Domes die Rede,
1657 von einer anderen Kapelle auf
der Nordostseite des Domes und 1693
vom Abbruch einer alten Kapelle auf
der Südo.stscite des Domes zwischen
diesem und dem Markt, die möglicher-
weise mit der zuerstgenannten identisch
ist. Aber wir erfahren weder von der
cincn noch von der anderen etwas.')
Baues.
Das Grossherzogliche Schloss zu Schwerin.
I »azu l'lan und Aufrisse des alten Schlo.s.s«.s mit den Al>thcilun(;en A bis II.
I^flattbcschreibung. Wie n»)ch heute, so wird die Burg oder das Schloss Beschrei-
von jeher eine Zusaninienfugung verschiedener Bauten zu einem grösseren bung des
(janzen gewesen sein. Wahrscheinlich aber haben sich die alten Theile, soweit
tias der Kntwicklung.sgang der letzten vier Jahrhunderte erkennen lässt, mehr
von einander geschieden, als es die jetzigen Theile thun. Doch können wir,
wie oben S. 523 bereits bemerkt worden ist, weder von der alten wendischen
Burg des Niklot, noch von der der späteren Grafen von Schwerin angeben,
wie sie ein.stmals aus.sahen und beschaffen waren.*) Alles, was bei Gelegenheit
') Vgl. Krumm, Chronik, .S. 104. 234. 247.
') Iteyer, M. J.nhrb. X.XXII, S. 78, hSlt die Hurgstätto filr eine ursprüngliche Tcmpclstätte.
\ M. Jahrli. .X.X.W'II, .s. 142. .Solitc auch — worauf in jüngster Zeit hingewiesen i*t — die
alte Hurg Schwerin mit jenem »Svarins - Ilaugr« identisch sein, in welchem, wie eine nordische
Saj;e erzählt, im V. Jahrhundert n. Chr. der Sitr der Nillungar war? Dr. Hofmeister hält es nicht
fUr undenkbar, da.ss sich im Norden die Kunde des Zuges der Hurgimdionen - Nibelungen von
üurgundarholm nach Südwesten, mit /.eitwciligcn Ke.stsitzcn in unscrm I^onde vor dem l'eber-
schreiten des Elbstronies, erhalten h.al)cn könne und später der Redaktor der Sage im XI. Jahr-
hundert den N.-xmen der derzeitigen llauptfestc des Landstriches dafUr einsetzte. Vgl. Englische
Studien, herausg. v. Kulbing, lid. Will, ü. 23,^/34. 240.
Google
603
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
des t^rosscn Umbaues in den vicrzipjiT und ftinfzicjcr Jahren unseres Jahrluiiiderts
an Spuren aus der Wendenzeit und dem nachfolgenden Mittelalter ^'efunden
wurde, hat Lisch im M. Jahrb. XV, S. 159 bis 164 aufgezählt, aus der V'orzeit
die Dolche von Feuerstein, die Burgwallscherben und allerlei Thierknochen,
aus der Grafenxeit die EUem- und Eichenschlete, mit denen der Wall erhöht
war und die als Grundlage fiir die nachher aufzubauenden Steinfundamente
dienten, sowie die Scherben blaugrauer Töpfe und weissgclber Krüge des
Mittelalters. CJothische Nischen Hotten und Wölbungen fanden sich an ver-
schiedenen Stellen, so fünf Nischen am südwestlichen Giebel des Zeughauses (B),
andere anderer Art an den Thüren und Fenstern des anstossenden Brau- und
Badehauses (E) und in den Kellera des Bischofshauses (A 2). Indessen sind diese
höchst wahrscheinlich ebenso der Zeit der Henögc nach 1358 zuzuschreiben,
wie mit Gewissheit die vielen, zum Thcil recht interessanten und jetzt im
Museum aufbewahrten grün, gelb und schwarz glasierten Ofenkacheln, die
zum Vorschein kamen. Am zuverlässigsten erwiesen sich die (irundarbeilen,
l'fahl- .und Mauerwerke des Rvert Piloot (s. o. S. 532) aus dem Jahre 1617;
sie konnlen beim Neubau benutzt werden, während «ch die der übrigen Bau-
meister durchweg als unbraudibar erwiesen. Es darf deshalb bei der Be-
urtheilung von Alt und Neu im (iri)ssherzoglichen Schloss nicht übersehen
werden, dass auch die für alt geltenden Fass.ulen des Schlosses auf der Hurg-
gartenseite und ebenso ihre Gegenseiten im Innern des Schlosshofes stellen-
weise neu aufgeführt oder doch stark verändert worden sind, freilich aber überall
im engsten Anschluss an die alten Vorbilder. Wie sich diese zu jenen heut-
zutage verhalten, lässt sich aus den überaus gewissenhaft ausgemessenen und
aufgezeichneten Aufrissen des altm Schlosses von der Hand des Oberhof bauraths
Willebrand bis in die kldlnsten Einzelheiten bestimmt und deutlich erkennen.
Genau aber auf Alles einzugehen, i.st hier nicht der Platz. Die Wiedergabe
der Willcbrand'schcn Aufrisse muss als ausreichender l'.rsatz tlafur angesehen
und auigenommen werden. W eitere iXngaben darüber finden sich in dem von
Dr. Ed. Frosch geschriebenen Text zu dem Stüler-Willebrand'schen Pracht-
werk über den Neubau des Schlosses.
Die nun folgenden Ausfuhrungen gehen im Wesentlichen auf den inhalt.s-
reichen und die .Sache genuk zu erschöpfenden Aufsatz von Lisch im Meckl.
Jahrb. XV^ S. 20 bis 60 zurück, der auf dem grundlichsten Studium alles vor-
handenen Aktcnmaterials beruht und beim Neubau des Schlosses die wich-
tigsten Dienste geleistet hat.
Von den jetzt stehenden Thcilen des Schlosses haben wir den im Plan
mit Ai bezeichneten ab den ältesten anzusehen; er heisst in den Akten der
Lande.stheilung von 1520 das »grosse neue Hause und gehört damals
Herzog Albrecht VII. ]•> wird aber weder von diesem noch von dessen
älterem Bruder, Herzr>g Heiin ich \' , (•rl)aut sein, der zu jener Zeit ein anderes
illaus« auf der liurg bewohnt. Denn wenn er von einem dieser Brüder
erriditet wäre, würde es unverständlich sein, wie er, was wirklich geschah,
schon im Jahre 1553 einem durchgreifenden weiteren Ausbau unterzogen
Digitizec Ly ^oogle
GR0S8HBRZ0GUCHES SCHLOSS ZU SCHWERIN.
603
werden konnte. Deshalb hat bereits vor Lisch's Zeit der weiland Ilofmarschall
von Ocrtzcn mit Berücksichtigung des eben angedeuteten (irundcs und der
Bezeichnung »grosses neues Haus«, s(>ui<- auch deshalb, weil eine Hauthatigkcit
des Herzogs Magnus (f 1503) urkundlich bezeugt ist, die Vcrmuthung aus-
gesprochen, dass dieser der Erbauer des »grossen neuen Hausesi war. Als
aber Hmog Johann Albredit I. drei Jahre nach dem Antritt seiner Regierung
in Schwerin seine Vermähhing (24. Februar 1555) mit Anna Sophie, der
Tochter des Herzogs Albrecht von Preussen, vorbereitet, da lässt er diesen
Bau im Geschmack norditalicnischer l-'ruh ■ Renaissance so ausstatten, wie er
bis in die vierziger Jahre unseres Jahrhunderts dagestanden liat. Kr verwendet
dazu theiis denselben, theils einen ahnlichen Terrakotta - Schmuck , wie kurz
vorher am Fttrstenhof zu Wismar (s. o. S. 186 ff.). Als Bewds dafiir besitzen
wir sein hoch oben in einem der Giebel auf der Seeseite angebracht gewesenes,
jetzt im Museum bewahrtes Wappen aus Terrakotta mit der Inschrift: 30'
TinuG ?lltirri-lit Uon ootö 0iiabcn fjcr;aa il'^rHrfnfturD • furft 5U tneil«
heu • grnf ftuirrin • roftodi ftaroacb bcr latitie ^cr * i55"i * ')
Den Ausbau selbst besorgen der Maurermeister Michel und sein Sohn,
auch arbeitet Maurermeister Hans X'oringk mit acht Gesellen im Jahre 1554
am Schloss zu Schwerin.-) Wie un l""urstcnhuf zu Wismar, so begegnet uns
auch hier jenes zierliche Terrakottaportal mit dem Sprudi: 18 •GOT« MIT*
VN8 • WOL • KAN • WIDDER • VNS • .>) Vergleicht man aber die dreitheUigen
Giebel an der Seescite mit dem Hauptgiebel an der Scuola di San Marco
(jetzt Hospital) und dem der Kirche San Zaccaria in Venedig, und vor allen
Dingen das 1560 und 1561 fertig gewordene rurtal an tler Schlosskirche mit
den Hauptportalen dieser beiden veiietianisclun (jebaude, denen sich auch
noch andere aus der Lagunenstadt be<.|uem hinzufügen liesscn, dann weiss man,
welche Vorbilder dem kunstsinnigen Herzog vor Augen schwebten. Was die
venetianische Friihivnatssance in dem fmuhtvollen Material iles Marmors hin-
gesetzt hatte, das wollte er in ähnlicher Weise wenigstens in dem bescheidener
auftretenden Material der Terrakotta und des Sandsteins an seinem Schloss
verkörpert sehen. ^)
Nach Invirntarien des .W'I. Jahrhunderts war unten im grossen neuen
Haus« der gewölbte Weinkeller, darüber die »grosse Hofdornitz« (jetzt Wati'en-
saal), worin sich der Adel de.s Landes bei besonderen Gelegenheiten ver-
sammelte, und welche deshalb auch »der Edelleute Dömitz« genannt wird,^)
') Der Herzog zahlt dem Steinhrenner Stalins von Ditrcn am 9. Decemhcr 1552 für drei
sokher Wappen sechs Thalcr. Ictier den Vcrl>lcib weiterer \V.-ii)pcn dicücr Art ». Lisch, M.
Ja^lk V, S. 36, Anmltg. i.
Uesc Namen sind nm schon vom Fttrstenhof in Wismar her bekannt (s. o. 8. 188}.
^ VgL o. S. 199.
Vgl. Lisch, M. Jahrb. XV. S. 26. 37.
'1 l eher die Dömitz v^]. liL-.i)n(lcr> l.i^cli. M. J.ihrli. XV, S. ^4. Aiiinkt; 2. Atn AnsiMItt
der ilofdomitz arbeitet noch 1567 der Mmircrnici^ter Clhri.stuph llaubiu, dessen Name uns schon
beim Schloss zu Gadebusch begegnet ist (s. o. S. 4S1). Da hier die Gewtäbevenieningen dieselben
604
AMTSGBRICHTSBBZIRK SCHWERIN.
über der Dömitz der Tanzsaal mit der griechischen Inschrift: MHT' ASENor
MHTF. noAYZENOS 1555 (nvcdcr ohne Gästc noch mit zuviel Gästcrur), darüber
im dritten Stock der j^rossc Ivsssaal, der aber schon 1576 zu Wohnzimmern
Air die Wittwe des Herzogs Johann Albrecht I. eingerichtet wird, und endlich
im vierten Stock um das Jahr 1576 die Wohnung der Herzogin Anna von
Kurland, der Schwester des Herzogs Johann Albredht I.
Gleichzeitig mit der Ausschmückung des s grossen neuen Hauses« findet
auch die des vorgelegten Treppenhauses oder WnidL-Istcins (der jctzif^en
(^botritentrcppc) statt (auf dem Plan A 3), dessen J lauplschmuckstucke die
Wappen des Herzogs Johann Albrecht und seiner Gemahlin mit ihren \\ ahl-
sprttdien (dem »preroente cruce
tollimurt des Herzogs und dem
»Alles nach Gottes Willcnc der
Herzogin) sammt der Grundungs-
inschrift: lOANNIS ALBERTI DVCIS
MEGAP • INDVSTRIA • SVMPTU
BV8QVE«1964* bei der Er-
neuerung des Bauweites durch
Glossherzog Friedrich Franz II.
erhalten geblieben sind.
Auch das anstossendc
»Bischofshaus« (A 2), wahrschein-
lich so genannt, weil es zuerst
vom Biscliof Magnus, dem Sohne
Herzog Heinridi's, der von 15 16
bis zu seinem Tode 1550 Bischof
von Schwerin war, und nachher
vom Herzog, Bischof und Admini-
strator Ulrich zu Güstrow be-
wohnt wurde, wird um diese Zeit
seinen Terrakottaschmuck erhalten
haben, wahrscheinlich wenigstens
die beiden unteren Friese, die mit denen des »grossen neuen Huusesc
die j,dcichc Fluchtlinie innehalten. Aber die niedrigere Anlage und die ab-
weichende Anordnung der Giebel lassen erkennen, dass beide Bauten nicht
zu gleicher Zeit enipor^efiihrt uuiden Dies wird auch datlurch bestätigt,
dass, als es beim letzten Neubau des Schlosses naher untersucht wurde, sich
eine von der des »grossen neuen Mausest abweichende Bauweise, nämlich
eine viel bessere und solidere, herausstellte. Das Bischorshaus »zeigte sich
beim Abbruche der angrenzenden Mauern als ein eigenes, mit den andern
nicht zusammenhängendes und als das tüchtigste Gebäude im ganzen Schlosse,
sind wie in der SkliloHkirche, welch« «klenkumli- vmi 15^^.0 Ith ijftj erbut wird, so wird auch
die flirMlichf Ausstattung dicscs lUames dem llerxo); Johann Albrecbt sn verdanken sein. Vgl.
Lucli a. a. t>. S. 35-
Iluptgiebel
«I der Scnolii di S$n Marco in Vened^*
Digitized by Google
GROSSHBR20GUCHB8 SCHLOSS ZU SCHWERIN.
605
und hat zum tj^rössten Thcilc crlialtcn werden können. Nachdem der im Jahre
165 1 vorgebaute verdeckte (iang abgebrochen war, war der Zugang klar zu
übersehen. In das Gebäude führte eine enge, mit Thon- Reliefs verzierte Pforte,
über welcher folgende bis dahin vermauert gewesene Inschrift stand:
TERRA DOMVS NON EST ANIMIS ACCOMMOOA NOSTRIS
ALTIV8 IT N08TRAE CONDITIONIS HONOR •
Durch die IMurte trat man in eine gewölbte Halle, welche in den letzten Jahr-
hunderten als Spdsdcammer benutzt war. Im Kdkrraume war das Haus gegen
den Wall hin mit zwei Spitzbogen ge>
öffnet, welche zu den Fundamenten
eines Gebäudes führten, auf denen
später das Hadchaus( l I 5I, in neueren
Zeiten zur C onditurci cinj^frichtet,
aufgeführt ward. An diesem
Blschofshause entlang, von dem
Burgverliesse unter der ehemaligen
Bleikammer (welches erhalten und
in die Souterrains des neuen Hauen
aufj^'cnommcn ist) schloss<^arlen-
wärts vor dem Badehause entlang,
vorzüglich da, wo jetzt der grosse
neue Schlossthurm seewärts steht,
lag didit an den Mauern eine
Brandschicht, welche tief hinab
ging. In dieser Hramlschicht fan-
den sich viele zerhiocheiu-, j^'riin ^
oder gelb glasurtc Ofenkacheln
mit- adur guten Reliefs, auch
^elen Pörträts, z. B. des Kaisers
il«.pteiebel » der Kirche S«. Z«c«i. h. Venedig, ^^«'l ^ ' Kurfürsten Johami
I'riedrich von Sachsen und anderer
Zeitgenossen derselben, aus der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts. In
der Nähe waren die Hefcstigungsmauern gesprengt und die Gewölbe in den
Soutenains eingestürzt. Es ist also wahrschdniich, dass das ganze alte Ge-
bände an der Stelle des Bischofshauaes abbrannte und bei dem Neubau die
Grundmauern sowohl des Biachoßhauses, als des Badehauses stehen blieben.«')
Der jetzt nidit mehr voihandene Anbau auf der dem Wasser zu-
gekehrten Seite des »grossen langen Hauses« (auf dem Plan A4) ist der alte
Zwinger, der das unterirdische Gefangniss oder das Burgverliess enthielt*)
*} Wörtlich nach Li$ch. M. Jahrb. XV. S. 163 und 1O4.
*) In dieten Bingverliera stud der Sige nach eine Hinrichtongamuehine, die »eisenie
Jnngrnn«. In der Tbat find man hier 1839 fOnf geweltjge sweischneidige Schwerter, «dehe
Digltized by Google
6o6
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN,
In den ältesten Zeiten war «auf ihm ein kleines Gärtchen, i 576 aber wurde er
mit Blei gedeckt und hiess in Folge davon später die » Bleikammer c (so
z. B. 1626 und 1705). Er lag rechts von dem neuen grossen Thurm und der
ihm vorgelegten jetzigen Gartentreppe. Dieser grosse Thurm veränderte die
Fassade des »grossen neuen Hauses« nach der Secseite u. a. auch dadurch,
dass er zur Wegnahme des vierten Giebels, der in demselben Winkel ge-
brochen war, in dem das »grosse neue Haus« mit dem >Bischofshause« zu-
sammenstiess, Veranlassung gab.')
Wie das Bischofshaus, so wurde auch das »Zeughaus« (B), das im
Jahre 1520 als das »neue*) Büchsenhaus« bezeichnet wird, auf Befehl des
Herzogs Johann Albrecht I. 1553 mit Thonverzierungen geschmückt;') noch im
/eu(;haus (n. Scliloiikf).
Jahre 1567 baut der Maurermeister Christoph Haubitz an diesem Hause. Als
Erbauer aber werden wir entweder den I Icrzog Magnus (•]• 1 503) oder dessen
früher in einer Maschine gesessen h.iln-n müssen. Sic wurden damals <lcr AUtrthümcr- Sammlung
ülicrwicsen, al>i.'r am 13, März 1S5S an die WaftVnsammlung im Schlos.s zurUckgcgcUcn. Vgl.
Lisch, .M. Jahrl). V, S. 41. Ferner MuM-unis - .Akten.
') l>ic;.cr (lielifl war winklig gcUrcichcn, das sütlöslliche T>rittel von ihm f«>lgtc schon der
l'luclillinic dos Hischt)f>hauses. Vgl. das Mudcll des alten Schlosses im (irossh. Museum.
*) I>.ts »he liitohscnhaus lag am See: Lisch. M. Jahrb. V. .S. 41.
') Zu den hier verwondelen Terrakotten gehören u. a. die Itildnisse der Propheten Joel
und haiiiel (JOCHEL und DANKUS). doroi» Ücischrifton in l-'olge eines Vorsehens vom Mndcllcnr in
S|»iogclschrift erscheinen nn«! in l' olge ilavon dem, der flüchtig hinschaut, kälhsel aufgehen können,
die nicht il.T sind: ^gl. .M. Jahrh. V, S. 32. X. S. 320. Sarrc. M. Renaissance, .S. 23, Tafel IV,
I und V
Digitized by Google
gkossherzcxiijcuks sciii^oss zu schwekin.
607
Söhne, die Herzöge Heinrich, F>ich und Albrccht anzusehen haben. Denn
1506 werden die Fensterrahmen eingesetzt, 1507 die Haken zum Aufhängen
der Harnische gemacht, und 1515 und 15 16 wird von Herzog Heinrich ein
dritter Stock mit Wohnzimmern (Dornitzcn) aufgesetzt. 1553 werden die beiden
oberen Geschosse als »Rüstkammern« und das ICrdgeschoss als »Zeughaus« be-
zeichnet. In diesem stehen die schweren Geschütze (Rüchscn), in jenen werden
die Harnische und Handwaffen aufbewahrt. Zwischen 1608 und 1622 werden
die Räume der Rüstkammer zu einem Saal und zu Wohnzimmern um-
geschaffen.') Als solche haben sie noch der Prinzessin Ulrike (f 181 3) und
1837 dem Herzog Gustav (f 1851) gedient. Mit dem Neubau des Gross-
Galerie •(■cUäudc (n. Schliipke).
herzoglichen Schlos.ses i.st das Zeughaus, dessen Fundament sehr mangelhaft
war,-) vollständig verschwunden.
Ebenso sind die Gebäude, welche auf dem Grundplan mit C i bis C 5
bezeichnet sind, beim letzten Neubau des Schlosses von ihrem Platze ge-
kommen, ein Theil davon sogar schon in der Zeit von 1617 bis 1622, soda.ss
in der Willebrand'schen Aufmcssung nur noch das unter dem Herzog Christian
Ludwig (1747 bis 1756) über der gewölbten Auffahrt und dem Kü.sterhause
errichtete Galerie -Gebäude zur Aufnahme gelangen konnte (C l und C4),
Zwischen dem hohen und breiten Fachwerk bau der Hilder- Galerie (Ci) und
dem Zeughause (B) standen nämlich in den Jahren 1576, 1592 und 1610
I »er Itodcii (ÜL-nt 17 15 aJs Kornbuden,
*) Lisch, .M. Jahrl». .\V, S. 162.
6o8
AMTRGERICHTSBF.ZIRK SCHWERIN
verschiedene Gebäude, deren Abbruch, wie p^esagt, im Jahre 1617 begann, als
Herzog Adolph Friedrich mit seinem Baumeister, dem Kapitän Ghert Evert
Piloot, der i6i2 von Emden her in die herzoghchen Dienste getreten war
und im Jahre 1617 auf der Insel Poel wohnte, wo er die dortigen Bauten des
Herzogs leitete,') die Pläne zu einem grossartigen Umbau des Schlosses ent-
warf. Allein diese Pläne sind, wie wir nachher sehen werden, nur theilweise
zur Ausfuhrung gekommen. Hier aber, an der Stelle des spater erbauten
Galeriehauscs (C 1) und auf dem Zwischenraum zwischen diesem und dem Zeug-
hause (B), geräth der grossartige Entwurf des alten niederdeut.schen Bau-
meisters in Folge der hereinbrechenden Ereignisse des dreissigjährigen Krieges
ins Stocken, und als Herzog Adolph Friedrich in den Jahren 1635 bis 1643
»3
l'iloot'schcr Entwurf.
den Bau wieder aufnimmt, da ist Piloot nicht mehr am Leben (er starb im
Februar 1629). Aus den Abbruclvsruinen, die hier seit dem Jahre 1617 liegen,
steigen nur die Fundamente des späteren Galerichauses, d. h. die gewölbte
Auffahrt und die Küsterwohnung, empor (C i und C4).*)
') S. o. S. 224.
Lisch boschreibt a.a.O. V, S. 42 fT. die in den Jahren 1617 bis 1622 abgebrochenen
Gebäude mit folgenden Worten; >l)iese Gebäude, welche wohl tu den alten lläu.sern des Castrum
y^ucrin gehört und vielleicht die letxtcn Keste des alten Schlosses gebildet haben, da sie vorzugs-
weise >dic Iturg« genannt wurden, w.-ircn:
I. Des Ilerrog^ Heinrich (1503 bis 1552) »altes Haus«, zunächst an der jetzigen Kirche,
viereckig, drei Stock hoch, im Krdgc^icho.ssc gcwülbt, noch im Jahre 1520 die Wohnung des
lk'izii;;>. K-i enthielt in jcilnii Stuck ein (icm.-ich und einige Kammern; im ersten Stock waren
i-.iuji.i^uj Ly Google
GKOSSHKkZUGLlCHKS SCHI.OSS ZU SCHWERIN.
609
Dagegen gelangen Piloot's Pläne an zwei anderen Stellen zu glänzender
Ausgestaltung, erstens in dem Gebäude über der Schlossküche, das in einen
südlichen und in einen südöstlichen Theil zerfallt (Plan Fi und F2), und
die > Krief-Kanxlci -('Cwölb«« (Archiv), im »weiten de^ Herings, im drillen der Herzogin Co
niächcr. Vor «lern llnu-.c im llofc stand ein Windclstcin in ilolz (;emaucrl. Im Jahre 1576 war
dic'fs llau> schon sehr wüst.
2. her neue l'hurui Ulier idem Thür« {C 2), zunächst am /eughnuse. »ladtwürts, viereckig,
vier Stock hoch Ulier dem I hor. Das Thor war gewölUt ; ülier dem Cewolbe waren vier Stock ■
I'iloot'schcr Kntvvurf für die norJx*esthche Kcke des Schlosshofes.
werke, in Hol/ ^emanei t, .iiifj;vruhrt ; im I >ache hing die Schlafpihr. Dieser Thurm war von
den» Iler;u;^e Johann Allirecht I. au der Stelle eines alten neu auf^eliaiit, jedoch im Jahre IS7fi
noch nicht vollendet; crM die Vormund>chaft seiner Sühne (157^ t»^ f'ihrte den Hau im
Dache ^nn; nu>. Die .AufTahrl 7uni Schlosse, von der noch die (irundmauern stehen, halte, nach
der l.a};e dieses Tluirmes, ihre Kichtuni; durch die jetzi(;e Reitbahn gerade in der V'erlJSngerung
der Schlossstrasse. -- Nach dem Hurjjsee hin st.md ein sieinernes .äusseres Pforthaus zum Ein-
>;anj;c und die Aiifrahri also durch zwei (;cv»i>l1>e. /wischen iKiiden stand ein grosses 'llior
vim gehauenen .Steinen, in welchem Flilgelihore, stark mit Eisen heschlagcn, hingen; dieses Thor
liaiite im J.nhre 1558 der Steinmetz ('hristo]>h l'arr. Im .\ufgange war ein 'Ilior mit (jittcrflilgeln,
mit starken .Nägeln lieschlagen und mit einer S|>errkette versehen; darUlter stand das mecklen-
burgische und das preussische Wappen. Alles die:» scheint hiernach vom Herzoge Johann
39
Digitized by Google
6io
AMTSGEKICinSKKZIRK SCHWKRIN.
zweitens in dem Hause oberhalb der von Herzog Johann Albrecht I. erbauten
neuen Schlosskirchc (s. o. S. 585, G). Hier entfaltet sich im Sinne nordischer,
besonders niederdeutscher Renaissance ') jenes reiche und lustige, an die Wim-
perge und Fialen der Gothik anklingende Spiel hoher und steiler Schnecken-
giebel mit zierlichen Helastungspyraniidcn , auf deren Spitzen kleine Sterne,
Monde und Sonnen erglänzen und deren von Balustraden gestützte Fenster
jene Einfassungen erhalten, die man in der Baukunst als Diamantverzicrungen
Alhrecht I. gcitaut zu sein, der <.cit dem Jahre 1558 durch den italienischen Kaumeister France&co
a Hornau dcis Schloss stark Itefestl^en licss. Am Wasser standen Blockhäuser; die HrUcke hatte
zwei ZughrÜcken. \ur der Hurj; stand ein lanjjer Stall. — Nach aussen hin war neben den»
neuen Thurme eine Anlehnung an das Zeughaus fur die l'fürtnerwohnung und zum Wachthause.
Ctalcriehaus, Hauptsache und Zeughaus (n. Schlö|»kcX
vier ClcKchossc htH;h, aufgcfülirt. — i Im Tlatzei stand am neuen Thurme «Ins I*forthaus, auch die
kleine IlDfslulH; (;*^nannt. zwei Cemächer hoch, in jedem eine StulJC und eine Kammer für das
<M-sindi-. im Jahre I57<» ^fhr ))aufü1li(;. In iliesem Iforthausf lajj in der zweiten Hälfte des
XVI. Jahrhiiiiderl» cnie lie>tiin<ligc Wache von sechs > l^aiit/knecliten < .
3. Z»i>c1ien dem neuen Thurme und iIcs llerz4)i;s Heinrich altem Hause stand (l'j). un-
gefähr an des Stelle der jetzigen SL-hlo»wache iC K,). als Schlu^-^tein »das lläuslein mit dem
s|>ii/igen Dach- (oder: .<iii.lH:l< >. vier Stock hoch, jeder mit einem tlcmachc. Dieses f.eliäudc
enthielt 1520 <lie Kan/lei: im Jahre 1576 war im ersten j;ewi>ll>ten Stuck die Silherkammer, im
zweiten Stock dc^ kentnieister^ tiemach, vvej die [..-»ndregisier und Hriefe aufbewahrt wurden;
dam.ils war es sehr baufällig, ward aber gebessert.«
Das in Mosing getriebene und vergoldete fürstliche Wappen, welches Lisch in der Anmkg.
auf .S. 43 a. a. < ». aN ^püteren Portalschmuck ans dem Jahre 1705 erwähnt, Itrfindel sich jetzt im
( IroxsliLTzogl. .Museum, rlicnso die \on ilun S. 47 ;..;ui)aniHe -teinernc Inschrift des Iler/ngs Adolph
Friedrich mit den Initiali ii: A • F • H • Z • M • *nno • i647 •
') Man denke nur die Kathh.tusUauten in l eiden. Mllnster, Itrenicn, I.Ubcck, an üo.«
Zi-ii'.,'haii- in I luiui:,'. :m ,ille Itjiiten in Ilaniliurg uml HitHii, u.a.m.
Dlgltized by Google
(;KCM>SllliKZoai.lCHKS .SCHr<OSS zu SCIIWKKIN.
bezeichnet. Ihnen entsprechen hoch aus dem Dach aufsteigende bissen mit
glockenthurmartigen Aufsätzen und gleichen IJelastungspyraniiden, wie sie die
Giebel haben. Und so gut werden alle diese im niederdeutschen Renai.s.sance-
Stil erbauten Theile des alten Schlosses fundamcnticrt, dass. als es .sich um
den letzten gro.ssen Neubau handelt, an diese l'fahl- und Grundwerke durchweg
keine Hand angelegt zu werden braucht. ')
') Vgl. Usch, M. Jnlirb. .\V, .S. 165. Lisch Ih; schreibt a. a. <>. \', .S. 49, <lcn ehemaligen
Bau (liier der SchlosNkuche mit folgenden Worten : >nieser neuere (d. h. vun Ilirr7«>(; .\<I<t1ph
Friedrich .iuf(»o schmückte) llaupttheil de> SchloNses in der s(ldii>tlicheit Ecke, zwischen dem lan(;cn
llausc mit <lcm Portale und des llcr/ojjs Heinrich llaiise n»it dem Thiirnie (I)), vor welchem
die (Valerie von dem Portale l)i> zur verdeckten Treppe vorheifUhrt. ist, nachdem »chon der Herzog
Schlii^-Titrciie mit l elieiliau. Ilildorgalerie. (Nach Schlüpke.)
Alltrecht der Schöne im Jahre 1546 mit dem .\nsgral>en «ies (iriindv!^ zur Ktiche den Anfang hatte
inachen lassen. v<»n dem Herzoge Johann .Mlirechl I. von (irund aus neu geliaul und wird das
• neue <iel>äude Herzog Jidiann .Mlirecht'« tllter der llofkuchc genannt, l>ieses (ichäude scheidet
sich in zwei Theile :
1. In den siidlichcn Theil (Kl), welcher mit der Atissenseite dem Schlossgarten ztigcwamlt
ist; dieser 'l'hed ist wohl an clcr .Stelle der ehemaligen, in der ersten Hälfte des NVT. Jahr-
huntlerls zwei .Mal neu (»cliantcn Ka|K-lle unil «les alten (iel»äu<les für tlie I'riesler und ('horschtilcr
aufgeführt und ward nitch vi>n «Icni Herzoge Johann .Mlirecht I. voll^tiitKlig zu fürstlichen (ie-
milcllern eingerichtet ;
2. in den östlichen Theil (K2), welcher mit der Aussenseile dem grossen .See zugewandt
ist; dieser Theil. welcher auch vor dem .N'eubau zur KUchc und zum l-'leischhoden bestimmt war
und an die .Spoikek.inmiern in dem langen Cclüudc sticss, ward von ilem llcrz<^e Johann
Albrecht I. im Innern nicht viillig ausgebaut, sontlern im Krdgcschusse, wie noch heute, zur Hof-
kUclie und in den oiwrcn Thcilen /u \\ irthschaftlichen tledürfnissen eingerichtet. Noch im Jahre
6l2
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
Gleich dem »neuen grossen Haus«, dem »Rischofshaus« und dem
»Zeughaus«, von denen die beiden ersten, wie sich das an den Piloot'schen
Entwürfen erkennen lässt, mitsammt dem grossen Treppenhause im Innern des
Hofes planmä&sig keine Veränderung erfahren sollten, bleiben noch zwei andere
Theile des Schlosses in Folge der Zeitereignisse unbeiührt, obgleich es sich
aus Zdchnungen und Akten ersehen lässt, dass sie mit dem Zeughaus zu-
sammen dem niederdeutschen Renaissancestil weichen sollen, sodass, wenn die
Piloot'schen Entwürfe ganz zu ihrem Rechte gekomnicn wären, dorn Anblick
dessen, der von der Stadt kam, ein vollständig gkiclmi.issi^cs Arcliitcktnrbild
entgegengetreten sein würde. Diese beiden älteren Theile sind das »Haus mit
der Schlossuhr« und das »Brau- und Badehaus« (D, D i und E). Ein Blidc
auf die Zeichnung und auf das Modell genügt, um zu sehen, dass das Haus D
und D I mit seinen drei Giebeln nach der Secscitc und seinen zwei Giebeln
und dein Zwiebclthurm nach der Hofseite liin dem XVI. Jahrhundert angehört.
Als sich die Herzöge Heinrich und Albrccht im Jahre 1520 die Gebäude an
der Südseite des Schlosses theilen, da fällt dem Herzog Heinrich die nach
dem Bui^see hingewendete Hälfte zu, und er baut nun hier, wo vordem
neben dem stehen bleibenden Back- und Brauhaus (E) und der im südlichen
lüio hieNN das goiize Haus das >KUcheii(;t:niach< ; den inneren Ausbau führte crüt der Ilerzug
Adolpli Friedrich I. durch.
Als die ResUnrieniiK der alten Gebinde sich ihrem Ende nSherte. begwuien im Jshre
Ii;";} 'lie \'orai)>citeii mit dem Auf^raheti rles f'.riirule*; 7ur Kfietu-. His rvm Ende des Jahre»
1550 leitete der Maurermeister Valentui von Lira den liau. liald darauf koni der Maurermeister
Cttpar Behn ns Wismu-, der fan Jthre 1567 «uch ein fUrsHiches Geblude mf der Insel Pbel
l'iiutc, lind führte, in ( '.oineinschaft mit >le :ii /iniiiK i ni> i^t< i l'aul Hreifjel, den l!;ui lii'^ 711111 Tahs e
1564 fort, bis im Jahre 1569 ein Maurermeister Uuminicus nach Schwerin geholt ward, um den
Bmi zn vollenden. Ueber diesen Bau ajnd nnr weni^ Nachrichten mehr tu finden, als dass
t. 11. i'.i i lli ivog im Jahre 1 557 deniscll>cn die Sumnu- vim unj^ffiihr lotxx) riinlrni licr^ah,
und das« die Ciesimsstcinc und andere (gedruckte Steine z» <len Küchcnpfeilcrn auf dem KattiN-
tkgelhofe tu Schwerin gemacht wurden. Der Herzog L irich schlug bei dieser Gei^nheit vur,
die Giehd nuaaiv aufbauen su huaen. Uer Baumeister dieses Gebindes war seit 1557 ohne
Zweifel Johann Hai>ti>t:i l'nrr. Kiii H.uiiiifivlt r I\iiihii> Nicvoran ktmimt mit iiniti.itlicher Itesoldung
im Dienste des Herzogs Juhann .Mbiecitt »i\ Julite I5(>4, aber son>l nicht weiter vur. Steine
wurden swar auch zu Schwerin gebrannt, doch kamen wohl viele noch von den beiden Kirchen
vor den altwismarschcn und dem Itihschen Thore zu Wismar und der Kirv-hc zu \aken>ti>rff bei
Neuklotter, welche wüst »tanden und im Jahre 1554 abgebrochen wurden; der grössere llieil
der Steine von der letzten Kirche ward freilich nun Bau des FSrstenhofes su Wismar genommen.
Zu den Hauten zu .Schwerin und Dömits wurden vorsVglich wohl Steine von der KIii>terkirchc- zu
Schwerin unil von dem Kl^vter zu Tcmprin genommen, «i/lclie flebäude im Jahre 1 557 ab-
gebrochen wurden. |)ic Ikrcchnung führte im Anfange der Keiitinci&ler Andreas Uessel und nach
dessen Tode (1560) der Hauptmann Stellan Wakenits. — Im Jahre 1592 war dieses ganze Ge-
hSnde, wie des Herzoj;s Heinrich neues Haus, schwarz und wt jss niit Historien bemalt.«
Das Haus Uber der von Herzog Johann Albrecht I. ei lauten Schlosskirche (G), dessen
Aeusseres gleichfalls von Herzog Adolph Friedrich im Geschmack niederländischer Renaissance um-
gestaltet wurde, hatte Herzog Johann Albrecht I. als Wohnung fttr sich einrichten lassen. 1563
sind der Strinmel/ ('hii'«tr>ph l'aiT, der italienische Maurer Jacoli l'lali'n und der niedei I-iii Jische
Maler l'ctcr lk>kcl von .Antorf (.Antwerpen) damit l>e!iClUilftigt. 1392 wohnt hier die Witlwc des
Herzogs Johann Albreeht. Vgl. Lisch, M. Jahrb. V, S. 5S>
GROSSHEKZOGLICHES SCHLOSS ZU SCHWERIN. 613
/cu(;haus, Itrnu- und Kackhaii.s und llau«> mit der Schlossuhr (n. Schlüpke)
Gebäude über der Küche (!•" i) unterj^'ebrachten Kapelle, die erst im Jahre 1560
als grössere und stattlichere Schlosskirche nach der Xt)rdseite des Schlosses
Ahe» Schloss von Nordwesten gesehen Schlüpke).
(G) verlegt wird (s. o, S. 585), ein neues Haus') mit einem Uhrthurm, das 1525
') |).-is alte > Heinriche -llaus< lag ja ehemals auf der Nurdscitc an Stelle von C (s. o.
Seite 608, .\nnikg. 2}.
6i4
AMTSGEKICHrSUKZIKK SCHWERIN.
unter Dach gebracht und vom Tünclicr Hans auf der inneren Hofseite gleich
dem Gebäude über der Schlossküche schwarz und weiss mit Historien bemalt
wird. Der Thurm, dessen Fundamente den Bierkeller einschliessen, erhält
Altes .Schloss, von Norden gesehen (n. Schlüpke).
17 15 einen neuen Glockenstuhl für seine Schlaguhr. 1752 und 1792 ist von
Reparaturen die Rede.
Altes Schloss, von Stldwesten gesehen (n. .Schlftpke).
Das Brau- oder Backhaus (auf dem Plan E), das zwischen dem »neuen
Hatisc« lies Herzogs Heinrich und dem Zeughause als eingeklemmter schmnler
Bau erscheint, wirtl nur wenige Male in alten Nachrichten genannt: 1513 w'rd
n t ! 1 1 / Google
GKOSSHERZOGLICMES SCHLOSS ZU SCIINVKRIN. 615
am »neuen« Brauhause gebaut, 15 14 wird das »B<ickhaus daselbst gedeckt«,
1576 heissen beide ein »alt gemauert Gebäude«, 17 16 stehen noch Hacköfen
im Brauhause.
Altes Schlos-s, von Osten gesehen (n. Schlöpkc).
Von der Schlosskirche (auf dem Dan G) ist oben S. 584 bis 594 be-
sonders die Rede genesen.
w ' I
Altes Schloss, von Südosten gesehen (n. Schlüpke).
Von geringerer Bedeutung fiir unsere Zwecke .sind die unter H auf dem
Plan verzeichneten Nebengebäude, wie das Komödien- und Gewächshaus (M 1 ),
das I^boratorium (112), die Münze (H 3), die Schlossapothcke (II 4) und die
Digitized by Google
6i6
AMTSGERICH TSBEZlkK SCHWERIN.
B.idcstiibc (I I 5). Die Befestigungen des alten Schlosses gehen zum grössten
Theil auf die Zeiten des Herzogs Johann Albrechl, unter dessen Leitung die
Haunieistcr Francesco a Hornau,') Francesco Chiaramela und Christoph Haubitz
dabei thatig sind, und zum kleinsten Theil auf I Icrzog Adolph Friedrich zurück,
der 1647 den vorderen nördlichen Wall er-
richten lässt: Lisch, a. a. O. Seite 5$ bis 58.
Im Hurggarlen sieht man als Einfassung
am Ausgang eines aus dem Kellergeschoss
des Schlosses kommenden verdeckten Kanals
zwei I'ilastcr mit den derbe ausgeführten
Hochreliefs von weit uberlcbensgrosscn hermen-
lörmigen Satyr - Karyatiden im (leschmack
jenes Stiles, tlen wir bei (ielegenhcil der He-
sprechung des Wismar'schen Fürstenhofcs an
dessen mittlerem Hauptportal und ehemaligen
Fenster - Finrahmungen als niederländischen
rir»)tteskenstil aus der Mitte des XVL Jahr-
hunderts charakterisirt haben. S. o. S. nj2
bis 201. Wer der L'rlicber dieser Steinskulp-
tmen ist, lässt sich nicht feststellen. Sarrc,
l'*ürstcnh(»r, S. 1 l , spricht die V'ermuthung
aus, dass es Statius von Düren gewesen
sein könne,
Bei dem grossen Neubau des Schlosses
unter dem (ir«>s.shcrzog I'riedrich Franz II.
von 1843 bis 1857, dessen ICntwicklung in
dem bekannten l'rachtwerk von Stuler. Wille-
brand und Fro.sch naher dargelegt ist, sind
nicht blo.ss alle die eben erwähnten Neben-
bauten unter 1 1 verschwunden, sondern mit
ihnen auch fast die Hälfte der Hauptbauten
des alten Schlosses: zuerst auf der Nordseite
das Galeriegebaude. die alte Durchfahrt, die
Wache und die dahinter liegenden Abbruch.s-
Pilo-ster ruincn von 1617 22, also alles, was auf dem
Plan mit C bezeichnet ist, .sodann auf der
Nordwest-, West- und Südwestseite (d. h. nach dem Burgsee und der Schloss-
gartenbrücke zu) das Zeughaus, das Brau- und Backhaus, das » neue« Haus des
Herzogs Heinrich mit der Schlossuhr und bis in die Südostecke hinein ein
t
hm
•) Der .inj;fl)lich ilaliL-nischc Name l"rance<co a Hornau (Hressensis.) fSllt auf. V'fjl. bc-
Nomlcrs Lisch. M. Jnlir1>. V, S. 27 utui 28, iiiit Aiimorkunj;cn. Sf)lltc er auch tvohl • — worauf
I l<>fmci>.lcr hhiwi-ist — iirs])v1ln{jli<'h ans lliinia Kochlilz stammen, wo einst eine lierUhmtC alte
liaiihiiilc lK-staiiil? — (.'htavaiiicia lici'-st auch <.'hiaranK'lli>, Cinunclla uiul .Xrchiatnarel.
Dlgitized by Google
GR06SHERZ0GUCHES SCHLOSS ZU SCHWERIN.
617
Thcil des riloot\chcn Baues,') also alles, was auf dem Plan mit H, I', D und
V I be/.cicluKl ist, endlich auch auf der Xordostseite, ciiu r der heutiy;c n Burg-
gartcnscitcn, der Zwinj^cr unter A4. Der Platz, den dieser letztgenannte ein-
nahm, wurde zur Vcrgrusscrung des Burggartens verwandt; an Stelle von C,
B, E, D und F i aber entstanden jene neuen Fassaden im Stil der französischen
Frührenaissance, die in Frankrnch unter dem Stil>Namen »Frangois premierc
bekannt ist und durch eine Reihe stattlicher Schlösser, wie Chantilly, Gienon-
ceau, I?lois, das ehenialij^e Scliluss Gaillon und besonders Chanibord in
glänzender W'eise vertreten wird Dieser Stil war ein neues Hlcnient, das dem
alten thcils italienischen, theib niederländischen Bestände des Schlosses hinzu-
gefugt wurde. Da aber seine Grundformen ebenso gothisch sind, wie die der
beiden anderen Stile, so stellt er keinen eigentlichen Gegensatz dazu dar.
Mit ihnen in geschwisterlicher Weise auf der gemeinsamen Basis eines unregel-
mässigen Fünfecks entwickelt, erhöht er die schon durch diese Basis h. (!:ngte
malerische Wirkun;^ des Ganzen in ausserordentlicher Weise, und es kann
daher kaum ein Kunstwerk erdacht werden, das besser in die sch(>nc wie
eine l'ulie blauer und grüner I£delsteinc darum ausgebreitete Wald- und
Wasseriandschaft hineinpasst, als dieser mit Thürmen. Kuppeln, Erkern,
Galerien und Bildwerk aller Art gefüllte Bau, der Jedermann beim ersten Blick
wie ein Märchen entzückt und, wenn man ihn umschreitet, nicht aufhört,
immerfort neue Reize zu enthüllen: eine wundervolle Schöpfung, die es werth
ist, wie ein Kleinod gehütet und bewahrt zu werden.
Von grossem Interesse ist es, an den Zeichnungen und Batwürfini zum
Neubau des Sehiosses von 1842*) die Kntwi« kiiin;,' des Werkes zu verfolgen
Doch ist das Aufgabe einer bcsundcrca Cicüchichtc des Schlossbaucs und
kann deshalb hier nur angedeutet werden.
Die ersU-n I >emmIer'sGhen Entwürfe vom Jahre 184a') gehen in den
neuen 'l lieilen des Sc hlosses auf englisc lie Vorbilder zurück. Die Hinfahrt
erinnert an den l uwer in London, die beile nach der hinleren Schlossbrucke
tu hat drei Krosse neben einander liegende dreitheilige gothische Fenster mit
htiri/niitalem Sturz, die alle Sfickwerke dnrehsehneiden, atif der Bui;ggarten-
.seite werden die im italienischen Fruhrenaissance-Stil mit Terrakotten ge-
schmUckten Giebel vollständig beseitigt und durch holländische Schnecken«
giebel im Sinne des Piloot ersetzt, und endlich tritt dort an die Stelle des
grossen 'i'htirmes eine ungleich niedrii,'ere Flalb Rotunde, wie sie am Palais
in Doberan und am Museum /.u bchwcrin erscheint und wie sie auch für
das an Stelle des Museums geplant gewesene Palais des Grossherzogs Paul
Friedrich vorgesehen war.
') Auf der loKseraB wie anf der uimreii Seite wurden je zwei Filoot'adie Gieitd hinweg-
genommen, sodass auf der Gartenseite von fflnfen drei und auf der Hofseite von vieren iwel
ttbriggelassen wurden.
*) Der grösste Theil dieser /Zeichnungen ist seiner Zeit von den Hofbauiithen Demmler
und WQlebrand dem Grossher20(>lichen Mnaewn fliierwiesen worden; ein anderer TheO befindet
sieb im Bau>BUrean des Grosshersogliehen Schlosses.
*) In drei t;ro^son /eichmin^^cn von Willelirand : Vorderansicht nach der Stadt zB, Ansicht
nach der hinteren Schlos^brUcke und Ansicht nach dem Burggarten hin.
6i8
AMTSGEKICHTäBEZI KK SCHWERIN .
Unmittelbar darauf eisdiemt dn zwdter Plan, in dem die englische
Gothik verschwunden ist Und alle Theile ohne Ausnahme im Stil des Evert
Piloot erdacht sind.')
Aber auch dieser zweite Entwurf findet weder den Beifall des Gross-
hensogs noch den des kunstsinnigen Königs Friedrich Wilhelm IV., auf dessen
Rath und Beistand in dieser Sache der junge Grossherzog gmnen Werth
legt und dem er wiederholt porsfinlich die Pläne und Zeichnungen in Berlin
vorlegt (nach mündlichen Mitlhcüungcn von Ober- Hof baurath Willcbrund).
Als der xweite Entwurf abgelehnt wird, tritt Demmler selbst daf&r
ein, das8 ein Architekt berufen werde, der mit frischem und unbefangeneni
Auge auf die Sache losgehe. I'nd nun fällt die Wahl auf keinen («eringeren
als Gottfried Semper. Semper liefert im Jahre 1 843 elf grössere und kleinere
Blätter, und man ist verpflichtet, zu sagen, dass in seinen Entwürfen bereits
die Gnindzügc des houtigon Baues ersrheincn,*) Er lässt die Burggailenseite
des alten Schlosses im VV'esenÜicheD unangetastet stehen, setzt hier aber
statt der Halb- Rotunde einen hohen runden Thurm, der in seiner Grund-
fläche bereits der des heutigen Schlossthurnies entspricht, dessen Helm alur
als steile achtseitige l'yr^imide im Charakter des Mittelalters emporsteigt.
r)al)ei entwickelt er eine grossartige Garten- Architektur,'') von der vieles
später angenommen wird, und indem er diese Garten- Architektur symmetrisch
mit drei grossen Hauptseiten .inlegt und ganz ehcn'>n symmctriseh die der
Stadt zugekehrten drei Seiten des Schlosses mit Anklängen an den französischen
Frährenaissancestil gestaltet, schafft er das unregelmftssige FQnfeck des alten
Grundrisses in ein reguläres Sechseck um. Indessen die der Stadt zugekehrten
drei Seiten seines Entwurfes machen den Eindruck des Schweren und Massen-
haften, und es ist zu begreifen, dass sie keinen Beifall fanden. Höchstwahr-
scheinlich aber sind sie es gewesen. l)ei deren .Anblick KOnig Friedrich
Wilhelm IV. an die herrlichen Schlösser der Fnihrenaissanre an der Loire
erinnert wurde, sodass er den Rath gab, diese zu studieren und für die neuen
Theile des Schlosses zum Vorbild zu nehmen. Sein Rath wird befolgt.
Demmler und Willebrand gehen nach Frankreich und schöpfen selber aus der
Quelle, auf die der König hingewiesen hatte.
Bereits im Jahre 1 844 erscheinen die drei der Stadt zugekehrten Seiten
des Schlosses auf einer Skizze von Willebrand im Wesentlichen so, wie sie
heute aussehen. Was diese Skizze aber besonders interessant macht, das ist
die Idee der grossen Mittel -Kuppel, die hier zum ersten Mal als domi-
nierender Thcil des Ganzen auftritt. Die Skizze hat die Unterschrift: »Erste
Idee zur äusseren Ansicht des Schlosses zu Schwerin von der Stadtseite aus,
in ca. einer Stunde skizziert von H. Willebrand. 1S44.-
Doch in den nun folgenden Zeichnungen der Jahre 1846 bis 1849,
denen alle Seiten des Schlusses so ausgestaltet werden, wie sie Jetzt sind,^)
*) DieKlt»cn .\nsichlL-n wie in Anmkg. 2 in drei geoBUCtrischcii AuTrissen von WiSebrand,
dun iwci p<;r--|ifkli\ ischi- Aiisiititi-n vdii i;l)en<lcni-.o11»L-n.
') KU' Hl.-illfi III lifMitidoter M:<|i|ie. Im H.iuHureau ^U'^ l iio^^hcr?«)!,']. I iMfni.-ir^cliallarnlfs.
*) Iki ilcn («arten -.\nlagcn wuiUc der Kiinigl. (»artcndircktor Lenne au* lierlin mit /u
Raihe gesogen.
*) Dem Verfasser liegen vor: fünf jjrosse auf Ixinwaml -^^'L/n-^ene Kotten mh geometrischen
Aiifri^^un vcm 184^ und vier nicht aufgerollte kleinere perspektivische /eichniinijen aus dem Jahre
1849, alte \on Willcbrand au.'^gcfuhrt, da/u eine grosse Map])c mit zahlreichen I >ctail-/eichnungcn. —
Endlich zwölf von Demnder durchgepauste und auf Pappe gezogene Zeichnungen, welche er von
, Cooßle
GROSSHERZOGUCHES SCHL0S8 ZU SCHWERIN.
619
tritt die Kuppel, mit welcher sich Demmler nicht zu befreunden vermochte,
wieder zurück, und statt ihrer herrscht in allen Zeichnungen der dem
Schlofis Chambord entlehnte hohe Donjon (irisch dunion — Berchfrit) in
jenem durchbrochenen Aufbau, der sich als Tradition der Ciothik verräth.
Dabei erscheinen auf der dem Burgsee zugewendeten Seite Dacherker, welche
spAter in Wegfall gekommen, in den Zeichnungen aber ebenso «osgebiklet
sind wie die auf den Dächern der Nordseitc. Femer sehen wir auf der
Vorderseite an Stelle der offenen Halle mit der Reiterstatue des Fürsten
Niklot eine die ganze Breite zwischen den EckthUrmen einnehmende offene
'"^ *
Grundploo des jetsigen Schloaaes vod des Bain*'teii>-
Säulen- Loggia, und endlich ist der vierseitige Vorhof zierlicher, niedriger und
weniger monumental gestaltet als der jetzige.
Zuletzt erscheint 185 1, na< b neniinler s bekannter Kntlassung, unter
Stuler's Leitung auf einer von VVillebrand ausgeführten grossen Rolle auft
Neue die Kuppel in «wei verschiedenen Ausführungen, von denen die eine
über die andere gelegt werden kann und die obere zur Ausführung gelangt
ist. Zugleich wird auf diesem Entwurf die Demmler' sehe Loggia durch die
eleich grossen Willcbrand'schen Zeichnungen nehmen Hess, die, mdi Denanler's nHodlklwr An«
Rnhe dein \'t'rr.i^<.c r f;egenttber, Hl die llenogin von Orleans geschickt wurden, «ber von dofther
nicht zui Uckürful^tcn.
Digitized by Google
620
AMTKOBRICHTSBEZIRK SCHWEKIN.
jetzige N ikiot - Halle ^) und
Gesammtbaa zu schmlchtig
und zu winzig erscheint,
durch den jetzigen
Vorhof mit prachtvollen
koumthischen CdoonadeD
eraetst
Alle diese Zeichnungen
sind Oberaus wichtige Doku-
mente zur Geschichte des
Schlossbaues. Vielleicht
nahm man diejenigen,
wdcbe die VorsUifen der
der Demmler'sche Vorhof,
der im Vergleich zu dem
Entwicklung enthalten, des-
halb nicht in das grosse
Stüter - Willebrand - Prosr.h-
sche Prachtwerk mit auf,
weil es des Guten zu viel
geworden wäre, indessen
verdienen sie ebenso eine
Veröffentlichung wie jene;
mit ihnen natürlich auch
alle alten Pläne und Ent-
würfe des Gerhard Eberhard
Piloot.
I'itormSnnchcn,
der Burggebt des ScIiIoüsch.
de Paris.
Andere Profanbauten.
[n alteren Prufanbauten von irgend welcher Bedeutung ist die Stadt arm.
Es sind folgende m erwähnen:
Hof des Der Hof des hentifcn Hotel de Paris Ilr gehört in alter Zeit dem
.^n!ü!. Domkapitel, das ihn am Ende der sechziger Jahre des XVI. Jahrhunderts mit
Bewilligung des Administrators und Herzogs Ulrich dem Joachim von Halber-
stadt auf Klein-BriitE für 200 Gld. Müm» verkauft. Später heisst er der
»Minetsche« Hof, noch später erhält er seinen jetzigen Namen. An einem
der Balken des angesetzten Flügels steht die Insel 1 11
O HERR § ERBARME § DIR § VNSER § QO VNDE $ WES § VNSf
GNEOICH § ANNO g 1 § 5 § 7 § 4 •
Auf der Nordseite des Hotels ist noch ein alter Mauerthurm erhalten geblieben.
Strasse).
Ahe Hauser Zwei' alte HauMr an der Ecke SchlachteratraMe und Schlachternarkt
{S< hl.u hter gothisch profiliertem Holzverband werden gleichfalls dem XVI. Jahrhundert
angehören.
') Eine Ihidiche Reherhidle httte das eheamli|«e Schtoss Gaillon. Vgl. das Praehtwvrk von
Mllller. Sketches of the age of Franci'. Ihf t'ir<>t. I.ondon, Henry (Iraks \ Comp., Taf. 22. Die
ReiterHtittue des Niklot isi (gleich den ticidcn nUutriti^chen Koüsebändigem am Eingänge der
vorderen iichlü^sbrUcke ein Werk von Gcn.schow- lierlin-
Digitized by Google
Digitized by Google
ANDERK PROFANBAUTEN ZU SCHWERIN.
Alter Mancrthiirm
iln der Nordseitc tlo Hotel de l'aris.
Alles Haus am Schlnchtcrmarkt.
Ebenso die benachbarten hin- Rathhaus-
teren Giebel des Rathhauses. (jiebel.
Geschwunden dagegen ist das Haupt-
alte Bild des Hauptmarktes, welches markt,
in einem (Jemälde des (iro.ssherzog-
liehen Museums von Joh. C. Wilck
den Hinzug des Herzogs und späteren
Grossherzogs Friedrich Franz I. am
1 1 . Juli 1 807 unter dem Geleit von
französischen und spanischen Truppen
darstellt.
Diesem Gemälde mögen aus ,\ltcr
alter Zeit hier auch zwei Bilder des tlartcn.
Alten Gartens angereiht werden,
von denen das eine nach einem
schlechten alten Oelbilde auf dem
Grcsshcrzoglichen Archiv das alte
Ballhaus und tlas andere nach einem
jüngeren Bilde das alte Theater dar-
stellt. Beide sind zum ersten Mal
bei Li.sch, Mecklenburg in Bildern II,
S. 13 ff. veröffentlicht.
Von den drei alten FF- FFHäuser.
Häusern,') d. h. den drei Gro.ss-
herzoglichen I läusern, an deren
Stelle erst vor wenigen Jahren da.s
neue Kcgicrungsgcbäude getreten
ist, wird das hxkhaus, das ehe-
mals dem alten Regierungsgebäude
gegenüber lag , in der Stadt-
geschichte oft erwähnt: 1553 wird
der Kanzler Joh. von Lucka Be-
sitzer des liau.ses. 1563 bewohnt
CS abgabenfrei der herzogliche
Rath Andreas Mylius. 1620 kauft
es der Herzog Adolph Friedrich
und bestimmt es zur Wohnung
fiir den Stadtkommandanten, von
dem es seinen Namen bis in
unsere Tage geführt hat. Im
') yy = Friedrich Franz.
, Goos
022
AMTSGERICHTSBHZIRK SCHWERIN.
Kollegien-
Gebäude.
Horn'schen ') Nachbarhause befand sich von 1833 bis 1886 die Regierungs-
Bibliothek. 1890 werden die drei FK- liäuscr, das Stadtkommandanten Haus,
das Horn'sche und das zwischen
beiden liegende Hofmarschallamts-
Haus abgebrochen.*)
Unter den jüngeren Ge-
bäuden ist das 1825/26 unter der
Oberleitung des Obcr-I^ndbau-
meisters Wünsch von dem Bau-
kondukteur J. A. Demmler im
ionischen Stil erbaute Kollegien-
Gebäude, eines der vornehmsten
aus der klassicierenden Zeit unseres
Jahrhunderts.') Ks ist deshalb zu
begreifen, dass die Meinung auf-
kommen konnte, der Plan sei von
Schinkel entworfen. Als 1865 das
Innere des Hauses durch Brand
zerstört wurde, gingen die Wand-
Gcmäldc, mit denen es von C.
Schumacher und Gaston Lenthe ge-
schmückt worden war, zu Grunde, ')
und nach der Wiederherstellung
bü.sste die Ilinterseite des Ge
bäudes theils durch einen Anbau,
theils durch Erhöhung des obersten
Stockwerks die stilistische Reinheit
und Feinheit ein, die sie vorher
besessen hatte. Auch die noth-
wendig gewordene Verbindung des
Kollegien - Gebäudes mit dem
neuen Regierungs- Gebäude, die
mittels eines triumphbogenartigen
Ueberbaues der zwischen beiden
Hintere Giebel üe.s Kath hausen.
Die alten FF -Häuser.
') So genannt von 'seinem einstigen
Itcsitzcr, dem Grafen [lurn, Minister des
Herzogs Friedrich Wilhelm.
*) Vgl. Lisch, Mecklenburg in Hil-
ilcni II, .S. t6. — Schröder. Die (ircissherzugl. l\cgicrungs-Hil»lio(hck zu Schwerin (ütatt Manu-s-
kri|it gedruckt, Schwerin 1893), S. 6.
*) Hier standen vielfach veränderte I läiiserreste des alten Franziskaner - Klosters. Vgl.
Lisch, .Mecklenburg in Itildern II, .S. 15.
■*) Vgl. deren Beschreibung in Fruiniii s Chronik, .S. 362.
ANDERE PKÜFANBAUTEN ZU SCHWERIN.
623
Acllcicv Itiltl vom Alten Cailcn mit <lcni chcmali{;cn Hallhaus.
himUirchfiilircndcn Strasse bcwcrk.stellitrt ist, hat die Wirkung des crsteren von
der Seite her etwas beeinträchtigt.
Acltcrcs Bild vom Alte» (•arten mit dem früheren Schnuspielhaus.
Kin älteres Gebäude der klassicierenden Zeit ist das vom Hof- Bau- »Neues
dircktor Husch in l-ud\vigsUist unter der Kcgieriinf; des Herzogs Friedrich von («eljätide.«
Digitized by Google
624
AMTSGFRICHTSHEZIRK SCHWERIN.
1783 bis 1785 als dorische Kolonnade mit dahinterliegenden Verkaufsläden
errichtete >Neue Gebäude« auf dem Markt der Stadt.
t)n> iNcuc (!el)iiutlc( uiii .Markt.
Arsenal. Das Arsenal ein vom llofbauratli Demmlef unter faul l'"ricdrich's
RcjTicrunfT 1840 begonnener und 7.\vei Jahre nach dessen Tode vollendeter
Das Arsenal.
gro.sscr Hau von nicht gewöhnlicher monumentaler Bedeutung, zeigt in seiner
Zinnenbekrcinung. .seinen ICckthiirmen und bcsojulcrs in den liogenschlü.ssen
seiner Lichte »flnungen die Einflüsse florctUinischen Palast -Stils im XIV. und
W. Jahrliundert.
Digitized by Google
ANDERB PROFANBAUTEN ZU SCHWERIN.
625
Das N«MtidtiMlie Palafa hat seine letzte Umwandlung im Sinne des Neu-
französischen Mansardenstils, wie er im XVII. Jahrhundert besonders beliebt städtisches
war, in den Jahren 1878 und 1879 erfahren. Der Kern des Baues aber
stammt aus dem Jahre 1779; damals lässt Herzog Friedrich hier für tiie
Herzogin Charlotte Sophie, die Wittwe seines Bruders, des Herzogs Ludwig,
dn Palais errichten. Dieses liegt auf der Stelle des alten Prinz* Ludwigs-
Hofes, der aber seinen Namen nidit von dem ebengenannten Prinzen Ludmng
fiihrt, sondern von dem Vater des Herzogs Friedridi, dem Herzog Christian.
Ludwig II., der den Hof, als er noch Prinz ist, von seinem Bruder, dem
Herzog Friedrich im Jahre 1708 geschenkt erhalt, nachdem ihn dieser von dem
Kammerrath Schulz gekauft hat. Auf der Karte von 1705 (s. o. S. 533) ist
an seiner Steile em Bauhuf verzeichnet, dessen Grundfläche gut doppelt so
gross erscheint wie die des heutigen Palais.
Ueber das Verhaltniss unseres Tjüches zu den übrigen Neubauten von Stand-
monumentaler Bedeutung haben wir uns oben S. 534 und 535 bereits geäussert, Denkmäler,
ebenso auch über die Standdeokmäler aus dem letzten Jahrhundert, unter
denen das des Grossherzogs Panl FViedrich von dem Berliner Bildhauer Pro-
fessor Christian Rauch, ein vornehmes Werk aus edler Bronze, das älteste ist
Der Beschluss, em solches Werk aufzustdien, wurde am 12. März 1842, sechs
Tage nach dem Tode des Grossherzogs, von der Schweriner Bürgerschaft in
einer Sitzung auf dem Stadthause gcfasst. Den schönen Sockel, dessen eigen-
thümliche Formbildung mit denen übereinstimmt , welche Michelangelo für
eine grosse Zahl seiner statuarisch empfundenen Gestalten an der Decke der
Sixtinischen Kapelle erdadit hat, lieferte die ehemalige Sdiweriner Schleif-
mühle aus einem grossen Granitfindling, den der Graf von Basaewitz von
seinem Perliner Felde her als Geschenk gespendet hatte. Das Modell war um
0.stem 1846 und der Guss der Statue im Juli 1848 in Lauchhammer voU-
endct. Die Aufstellung auf dem »Alten Garten« verzögerte sich bis zum
23. Februar 1849.*)
Aus der Zahl der übrigen frei stehenden Denkmäler sei nur noch die Sonstige
im Jahre 1874 errichtete schöne Säule des Krieger -Denkmals mit poliertem DenkmÄlcr.
Granilschaft und korinthischem Kapitell aus Bronze hervorgehoben. Sie ist in
ihrer Anlage und in ihren Grössenverlialtnisscn eine Nachbildung der I'hokas-
Säule auf dem l'orum in Kom und tragt die in Bronze gegossene Megalopolis,
deren Modell von dem Bildhauer Wlllgohs ausgefiihrt wurde. Auch das schöne
ovale Postament der, Brunemr'schen Reiterstatue des Grossherzogs Friedri^
Franz II. im Schlossgarten, deren künstlerische Würdigung an anderer Stelle
eingehend von uns versudit worden ist,*) geht auf ein römisches Vorbild aus
') Fromm, Chrunik, S. 385. 407. 410 bi.s 412. •
*) Das Denknil des Grogshenogs Friedrich Frant II. Zw Brimienng an den 24. Ausist
1893. StiOer'sche Hofbuchhandlnng. — Ueber ebe «]te Wohostttte an Stelle des Deokmab in
vorseschichdicher Zeit v^. Liich, M. Jalirb. XXXVUI, S. S33.
40
Digltlzed by Google
6x6 AMTSGERICHTSBBZIRK SCHWERIN.
der Zeit des Michelangelo zurück, nämlich auf die immer noch viel zu selten
angewandte Form jenes Postaments, welches 1538 die Statue des Kaisers
Marcus Aurelius aui dem Kapitol erliielt. Diesen drei Werken gegenüber
treten die an ufl'entlichen IMatzen aufgestellten BiUten von Kttcken (Professor
Bninow) und Schlienaan Bildhauer Bwwald) u. a. m. in die zweite Reihe.
Einzelne Werke der Kleinkunst und des Kunstgewerbes.
I. Beim Auaschachten des Untergrundes vom heutigen Reichspost-
gebäude, das auf dem Platz des alten Bischofehauses steht, wurde die Hälfte
Mittelalterltche Bronieicbale. . Dm. 27 cm.
einer Mantelschliesae (Fürspange, Furspann, Vorspange) von stark kupfer-
haltigcr Bronze gefunden. Man sieht auf der kreisrunden Hälfte in durch-
brochener Arbeit die bekannten phantastischen Drachenbildungen des romani-
schen Stils mit kunstreichen Verschlingungen, anscheinend vom Ende des XII.,
Digitized by Google
KLEINKUNi»T UND KUNSTGEWEKBB.
627
Mutebchliesae. Dm, 8 cm.
Bronieseluile von Krauow bei Wtmtar.
Dna. 24 cm.
wohl spätestens vom An»
fang des XIII. Jahrhu nderts.
Jetzt im GrossherzogUchen
Museum.
2. Auch wurde hier
bei derselben Gelegenheit
eine mittelalterliche
Bronzeschale mit ein-
geritzten Flügelgestalten
gefunden, der man ein
hohes Alter zuzuschreiben
hat. AehnlicheSchalensind
in Schlesien, in Lübede,
an verschiedenen Orten
in Ostpreussen, in Olmütz
und in Worms zum Vor-
schein gekommen, und
man meint, sie in das
XI. und XII. Jahrhundert
setzen zu müssen. Ob
unter den Figuren Engel
oder Tugendgcstaltcn (wie
sie auf einigen dieser
Schalen durch Beischriften
zu erkennen sind) ver-
standen sein sollen, kann
dahingestellt bleiben. Vg^.
besonders die Abhand*
hingen von W. Grempler
in Schlesiens Vorzeit in
Bild und Schrift, V(i894),
S. 271 ff. und von Beltz,
M. Jahrb. LX. Q. B. i,
S. 2 1 flf. — Eine verwandte
Sehlde , wenngleich von
anderer Art, ist die von
Krassow bei Wismar. Sie
zeigt aufgenietete ßronze-
bledütreifen, in. wdche
die Figur des Petras ein-
gestempelt ist. Vgl. Lisch,
M. Jahrb. IIB, S. 82.
Beltz, a. a. O. S. 25.
40*
Oigitized by Goosle
628
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN,
3. 4. Willkomm und Kanne des Schweriner Ilutmachcramtes, beide
von Zinn und in guten Formen, von 1653 der Willkomm, von 1657 die Kanne.
Auf dem Willkomm die Namen: VALENTIN . BAVMAN . ALTERMAN - PETER
PREVeL - HEINRICH PREYEL ~ HANS LOFERENS - HANS
MARCKWAT — 1653 • Dazu die nebenstehenden Zeichen:
— Die Kanne hat auf ihrem Deckel den Namen DIDERICH BECKMAN.1657.
An ihrem Griff Hndcn sich die drei nebenstehenden
Zeichen. Beide im Grossherzoj^jlichen Museum.
m
Vom silbcrvergoldcten Pokal der Schwe-
riner PosamentiiT- Zunft, den der Rostocker
Goldschmied Caspar Hornemann (gestorben
nach 1620) verfertigte, ist im ersten Bande
der M. Kunst- und Geschichtsdenkmälcr,
S. 278, die Rede gewesen.
5. Zunftschild der Schweriner Tisch-
ler. Treffliche Schmiedearbeit in Rokoko -
Formen. Bis vor wenigen Jahren an der
Herberge Nr. 49 auf dem gro.ssen Moor,
jetzt im Grossherzoglichen Museum.
Willkoniiii. U. <)5 cni. Kanne. II. 35 cm.
des Schweriner Ilutniaclieramtcs.
6. Laterne und Geldtasche, die weiland der Lübecker »Martensmann«
führte, der den Herzog bis zum Jahre 1817 jährlich von der Stadt Lübeck ein
Ohm guten Rheinweines zu überbringen hatte.
, Cc
KLKINKUNST UND KUNSTGEW EKBE.
629
/unfc»child der Schweriner Tischler. lün^je: 2,90111.
Die Ursache dieser Leistung ist unbekannt. Ueber die dabei herr-
schenden alten Bräuche vgl. Fromm, Chronik, S. 132 bis 137. Im Jahre
1817 fand ein Vergleich zwischen dem (irossherzog Friedrich Franz I. und der
Stadt Lübeck statt, und der »Marlens-
mann« kommt nun nicht mehr.
( leldta.sche.
Laterne. Ilühe; 0,80 ni.
630
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
7. Schweriner Fayencen aus der vom Herzog Christian Ludwig privi-
legierten Werkstatte des Töpfers Appelstädt (Rostocker- Strasse 24, Hinter-
haus), in der nachher die Nachfolger Malm
und Pribbenow , letzterer bis vor wenigen
Jahren, ihr Gewerbe trieben. Vgl. Seemann-
sches Kunstgewerbeblatt I (1885), S. 12. V
(189 1), S. 87 bis 90.
Nicht ohne Interesse ist die neben-
stehende Platte. Nachdem die Inschrift
richtig eingebrannt war, deckte man sie,
die Ecken mit den aufgemalten Kreuzen
ausgenommen, mit einem Schutz gegen
eiiun zweiten stärkeren Brand. Dieser
zweite Hrand hatte zur Folge, dass die
kobaltblauen Kreuze sich in ein .schlackiges
und schnuitziges Grün verwandelten.
Unter den Schweriner Privat -Sammlungen verdient die des Herrn
Generals von Haeseler (Ale.xandrinenstrasse 6), welche u. a. mehrere gute alte
holländi.sche sowie moderne Bilder verschiedener Schulen aufweist, eine Er-
wähnung; ebenso die kunstgewerbliche Sammlung des Herrn Ritterguts-
besitzers und Muscumsconscrvators Carl Bolten (Gustavstrasse 16); ausserdem
die Sammlung des Herrn Hoflieferanten Ernst Cohen, gleichfalls verschiedene
kunstgewerbliche Gegenstände enthaltend, bcstmders Porzellane.
Siejjcl der l^t.iilt Schwerin.
Blick auf Kirch -Stuck.
Das Kirchdorf Kirch • Stück.
irch- Stück. 6 km nördlich von Schwerin, ist ein Thcil der alten Feld- Geschichte
fluss ab};clcitct worden ist.') In der That pa.sst dazu die Beschaffenheit des
Geländes. Höchst wahrscheinlich aber wird auch die im XV. Jahrhundert
ausgestorbene alte Adelsfamilie von Stuke oder von Stück irgend einen Zu-
sammenhang damit haben.*) Kincn ricisthchcn, Bernardus de Stuke, gicbt es
hier .schon zur Zeit des Bischofs Berno im Jahre II 78.'') 12 17 gewinnt der
Dom zu Schwerin eine jährliche Kornhebung aus Stück, wo, wie es noch
heute der alte gothische Altar zeigt. St. Georg in besonderen I'-hrcn gehalten
wird.') Als aber am 6. December 1284 Bischof und Graf von Schwerin sich
über ihr I.andgebiet auseinandersetzen, da tritt der praktisch denkende geist-
liche Herr das Dorf Kcrkstuke an den die Oberherrlichkeit über den übrigen
Theil des Dorfes von Alters her besitzenden Grafen als derzeitigen I-andesherrn
ab. 1356 treten uns (iross- und Klein -Stück (Magna Stuke, Parva Stuke) zum
ersten Mal urkundlich entgegen und in ihnen oder auf ihnen mit Anrechten
verschiedener Art die graflichen und, von 1358 an, herzoglichen Vasallen
Henning Knop. Johann Bcrchtehcile .sowie Krich und Werner Bonsack.*) An-
scheinend aber gewinnt hier bald die auch sonst in der Umgegend angesessene
hamilic Knop das Uobergcwicht. Dazu erwirbt sie Klein -Trebbow, später
auch (iross -Trebbow und legt somit den Grund zu einem Güterverband, wie
er heute noch besteht.") Aber schon 1418 treten die Herren von Raben oder,
wie sie in den Urkunden kurzweg hcissen, die Raben (nicht zu verwechseln
mit von Raven) an ihre Stelle. Am 24. April 1418 erhandelt Heinrich
') Kohnel, M. Jahrb. XI.VI, S. 139.
') V};l. PersDiienreyiNter zum M. l'.-H. I'cTncr Lisch. M. Jahrb. XI, S. 456.
*) M. r. n. 125.
♦) M. r. H. 349. 1217. 1228.
M. l .-H. 6572. 8216. S217. 88S3.
•) Vgl. M. Jahrb. 1, S. 178. V, .S. 127. 128. 261, \l, S. 450. XXIII, S. 207.
mark Stuke, deren Name von dem slavischen Wort Stok = Zusammen-
des
Dorfes.
633
AMTSGERiarrSBEZIRK SCHWERIN.
Raben die ehcnp;cnaiintcn Gvilcr von Klaus von Ocrt/eii, dein (icmalil der Erb-
tochter Margaretha von Knop. Und nun kommt bald nachher für ihren Sitz
in Gross-Stttdc jensdts des kleinen Sees, der ihn vom Kirchdorf trennt, der
Name »Raben-StOckc auf.^) Das währt so bis 1720. Als in diesem Jahr der
Generalmajor Graf von Schmettau Rechtsnachfolger der Raben wird, da
kommt (so z. R. in Akten von 1762) der Name »Grafen -Stück« auf; jetzt
aber hcisst die alte Mafjna Stuke » Harner- Stück , nachdem der Landrath
Magnus l'rjedrich von Harner 1775 flie Schmettairsclitm (niter durch Kauf an
seine Familie gebracht hat, die sie mit Ausnahme des zum Grossherzoglichen
Hausgut gelegten Fadithofes in Kirdi- Stück auch heute noch besitzt.
Bis in die Zeit des drdssigjährigen Knegea hinein, nämlich bis 1641,
hat Kirdi-Stück seinen eigenen Pastor. Aber von den vorreformatorischen
Kirchherren werden ausser dem bereits erwähnten Hernardus. der zur Zeit des
Bischofs Hcrno lebt, nur wenige genannt: um 1371 Hcrnt Mallyn und um 1541
Joachim Hasse. Um 1568 ist es Peter Sachs, nach ihm Joh. Struve, und um
1593 Franz Wüsthof. Diesem folgt sein Sohn Adam bis 1622.*) Von 1623
bis 1641 folgt als letzter Joh. Rossow. Den 18. August 1643 bitten die
Raben, die Vettern Christoph und Vicke, den Herzog Adolph Friedrich, er
möge doch in Anbetracht des Umstandes, dass das Pfarrhaus in Kirch -Stück
durch Krieg verwüstet sei, dass nicht hundert Leute im Kirchspiel wohnen
und das Haus zu bauen in dieser beschwerlichen Zeit unmöglich sei, dass
aber in Gross-Trebbow kein Prediger sei, wohl aber ein Predigerhaus stehe,
das bewohnt werden könne, den von ihnen als l'atronen der Kirche erwählten
Pastor Coppinus (Cuppcnius, Koppen) in Trebbow wohnen und von da aus beide
Kirchen verwalten lassen. Das geschieht und bleibt nun so auch in der Folge,
obwohl die Sache als ein Interimszu.stand von beiden Seiten aufgcfasst wird.
Erst 1679 erfolgt durch den Herzog Christian Louis eine feste Regelung dieses
Verhältnisses, wobei das herzogliche Patronatsrecht iiber Treblww ausdrücklich
gewahrt bleibt. Aber 1719 sind die Raben zu Stück, die V'cttern Johann
Otto und Ulrich Wilhelm, im Besitz des Patronats von Gross •Trebbow, das
somit innerhalb der vorhergehenden vierzig Jahre von ihnen erworben sein
muas. Ueber die kirchliche Jurisdiktion des Mittelalters ist nichts Besonderes
überliefert. Hier wird, wie der für das Schweriner Domkapitel und Bisdium
ausgestellten Hestatigungsurkunde des Papstes Coelestin vom 24 < Oktober II91
zu entnehmen ist, der Probst von Schwerin die Archidiakonatsrechtc aus*
geübt haben.')
') I )eii>.cU>eii Zusatz erh< da» (Iiit Slciiifolil, rln^ tmch hi-iitc nach ihnen K.ibcn -StcinfoM
genannt wird. .Sie dehnen in der Folge ihren licbiiz weiter au> .luf Rogahn, Kederank, Multenow
und Wanow.
*) l'ni 1619 lic^chwi rt sich ("i.ibricl NViislhof, I'.istor in Schwerin um! llruder deS PaStOTt
Adam Wü&thof in Kirch-StUck, da.ss die Kabcn »ich die Fischerei auf dem Kirch -Stfleker See
amnaassen, die dem Füstor inkonmie. Sie bitten das schon xu seines Vaters Zeit gethu, der
darüber klagte, dass »die Raben die Almosen des Kirchherrn nuH dem See frassen«.
•) M. t'.-l!. 15t! .Ii! preiMisitiir.tni bnnntim fooins /verinen^is (irnuincinr per omnc«;
ecclvhias et in ipsa ciuit.itc /wcrinunsi Indcssoii wird hievon gelcgcuüich abgewichen.
Digltlzed by Google
KIRCHDORF KIRCH -STCCK.
Kirche. Die Kirche, ein einschiffiger Ziegelbau, besteht aus dem glatt Kirche,
abschliessenden gewölbten älteren Chor, an dem sich noch das romanische
Lisenensystem bemerkbar macht, und aus dem neugebauten jüngeren, mit
einer Bretterdecke überspannten Schiff. Sämmtliche Fenster sind spitzbogig
geschlossen. Gemeinsam ist beiden Theilcn ein äusserer Stromschicht -Fries,
in doppelter Reihe am Schiff, in einfacher Reihe am Chor. Zu beachten ist
auch der Schmuck gla.sicrtcr Ziegel an der Pforte auf der Südseite des Chors.
Der im Westen vorgebaute Thurm der Kirche ist zweistöckig und trägt ein
abgewalmtes Satteldach. Am Thurm herrscht der polnische, am älteren Chor
der wendische Verband.
Der Altaraafsatz ist ein gothisches Triptychon, dessen Mittelschrein in Altar,
sechs Fächer getheilt i.st, von denen die drei oberen (von links nach rechts
gezählt) das Leiden im Garten Geth.semane, die Kreuzigung auf Golgatha und
die Gcisselung, die drei unteren aber (in derselben Folge) die Kreuztragung,
die That des hl. Georg und die Dornenkrönung enthalten, während die beiden
Flügel die Gestalten der zwölf Apostel, je drei in der oberen und drei in der
unteren Reihe, in sich aufgenommen haben.
Von der übrigen Ausstattung der Kirche mag noch das alte Triumph- Triumph -
kreuz erwähnt werden, das jetzt an der Südwand des Schiffes aufgehängt ist. — kreuz.
So erfahren wir 7.. 15. aus einer Ifrkunde vom Jahre 1248 (M. l'. l!. 602), dass der Lübecker
Probüt Siegchod von Sch.ick zum .Vrcliiili.ikünus von Schwerin l)esteUt ist. l'eber die spätere
Schweriner Klerus -Ordnung vom Jahre 1370 ist zu vergleichen M. 10 128.
Kirche zu Kirch-Stück.
Digitized by Google
634
AMTSOERICHTSUE7.IRK SCKWERIN.
Weih-
wasser-
becken.
(iral)stt'i'n.
Glocken.
AUarschrcin.
Ein Weihwasserbecken von Granit, das
einst in das Maucnvcrk eingelassen war,
liegt jetzt draussen neben der Kirchthiir;
CS ist eine alte Kornqiietsche. — Erhalten
ist auch die romanische Basis der Stcin-
(linte; sie ist rund und hat vier Eck-
blätter. — V()r dem Altar ein Grabstein
mit dem Relicfbilde einer Frau und der
Inschrift: DE . EDLE . VND • VE ] LE . DV-
GETSAME • ANN A • HANEN • JORG EN .
RAVEN • ELIGE . HV , SFRVWE . IS • GE-
STORVEN . ANNO . | 1573 • DE • 21 • JA-
NVARII . DER • GOT • GNAD ICK. WETH .
DAT . MIN . ERLOSER • LEVET . VND
HE • WERT • MI • HER • NA * VTH • DER.
ERDEN . VP . WECKEN . VD . WERD .
IN . MT . FLESC . GOT . SEN . HlOB .
XIX • ETC . In seinen Ecken die vier
Wappen der Familien von Hahn, Glessen,
Sperling und Pentz.
Drei Glocken: Die grcisste (Dm.
1,14 m) ist, nach ihrer Inschrift, im Jahre
1703 von M. Hans Siebenbaum in Schwerin
unter dem Kirchen |)atronat des JÜRGEN
VON RABEN luul ULRICH WILHELM,') zur
Zeit des Tastors GEORGIUS PELE, gegossen
') Wobei >vun knijciic zu ci'i^äiizcn ist.
üraUMcin.
KIRCHDORF KIRCH -STÜCK.
635
worden. — Die mittlere (Dm. 1,13 ni) hat die Inschrift: + VHS o DQVS o
hOa o SIWGUT^ o FHLSB o SÄLVK SIT o ÄVHÄ o RH o «IGHÄ o.')
Im Feld dieser Glocke das Bild des hl. Georg im Netzpanzer und mit Schild
und I^nze. — Die dritte Glocke (Dm. 0,59 m) hat weder Inschrift noch Hilder.
Das Fenster in der Ost-
wand des Chors zeigt als
Glasgemälde einen Christus-
kopf in der Art der van
Eyck'schcn Schule, ungefähr
von 1440, das an der Süd-
seite die Apostel Petrus und
Paulus (neu, von 1858), end-
lich eins an der Nordseite
die Gestalten der hl. Katha-
rina und der hl. Elisabeth
mit Korb und einer Rose,
eines hl. Bischofs und des
Apostels Philippus , sowie
eine Scene der Kreuzigung
und auch noch den hl. Georg
in neuer Einfassung: alles
dies in zwei Hälften neben
einander, A und B.
Kleinkunstwerke.
I. Silberner Kelch, 1714
gegeben von lOHAN NIE-
CLAVS BVHRING, dazu eine
Patene ohne Inschrift.
Schweriner Arbeit:
Glasgemälde
auf der Nordseile (A).
Glasgemälde
auf der Nordseitc
Glas-
j^eniälde.
Kleinkunst-
wcrkc.
Die Patene hat un-
deutliche Stempel. — 2. Sil-
berne Oblatcnschachtel, ge-
schenkt den 1. Februar 17 50
von E. F. G. w. S. (Schmeltau). Schweriner Arbeit. Werkzeichen :
— 3. Taufbecken von Messing, neu. — 4 — 6. Drei gegossene
Mcssinglcuchter, zwei davon im Jahre 1619 geschenkt von JOCHIM WENTE,
einer von ASMUS WENT.
') Vgl. o. S. 318, Anmkg. 2. Kichtit; wUrde es heisscn : Vas, dcus, hoc signal l'lcbs
salva .sit, aura beni};na!
Google
636
AMTSGERICIITSBEZIRK SCHWERIN.
Geschichte
des
Dorfes.
Das Kirchdorf Gross -Trebbow.
ic die Herren von Stukc mit Stück, .so mögen auch ein.st die von Trcbbtnv,')
die uns in den ersten Jahrhunderten der I-ande.sge.schichte oft genug
beim Bischof wie beim Grafen von Schwerin begegnen, nach 1400 aber an-
scheinend nicht mehr vorkommen, einen Zu.sammenhang mit dem gleichnamigen
Dorf gehabt haben. Auch hier
finden wir den Schweriner Dom
mit einem Antheil, es ist im
Jahre 1262.*) Bei dem be-
kannten Vergleich am 6. Dccem-
bcr 1284 nimmt der Graf Klein-
Trebbow als Lehen vom
Bischof.^) Wie nachher, z. Zt.
der Herzöge als Rechtsnach-
folger der Grafen von Schwerin,
die Familie Knop in beiden
Trebbow Fuss fasst, ist oben
S. 631 bereits erzählt worden.
Von da an findet hier derselbe
Besitzwechsel wie in Stück statt.
Von den Geistlichen des
Mittelalters in Trebbow ist keine
Kunde auf uns gekommen.
Wir wissen aus dem Visitations-
protokoll von 1541, dass die
Kirche dem hl. Pankraz ge-
widmet war, und das I'atronat
in den Händen des I^ndes-
herrn ruhte. Um diese Zeit ist Hermann Oldewan Kirchherr in (iross-
Trebbow und Johann Lübbe (Lübbe) Merccnarius daselbst. Auch hat damals
noch Herzog Albrecht einen Hof zu Gross -Trebbow. Von 1585 bis 1622
ist Nikolaus Bartholdi Pastor in Gross -Trebbow. ') Um 1643 giebt es dort
keinen Pastor, aber Joachim Coppenius verlegt .seinen Wohnsitz von Kirch-
Stück nach Trebbow. Dort folgen nun als Pastoren von ^Trebbow und
') Kühncl, M. Jahrb. XI.Vl, S, 146, ul»er?>ct/l den Namen Trebbow (Tribbowe) mit »kode-
ort< oder <*rt des Treba.
*} M. U. n. 948. 1487.
») M. I'.-Il. I7ft6.
*) Vor ihm werden in einem Itricf der >K.')ben< die Pastoren Cliristoffer Mocsekc, Jürgen
VU11 der .NLuche und Nikolaus Gronau genannt.
Kirche zu Gross -Trebbow.
Digitized by Google
KIRCHDORF GROSS -TREBBOW.
637
Stück 1653 Albertus Massdorf, 1682 Georg Pclc (Fehle), 1721 dessen Sohn
Ulrich Matthias l'chlc, 1745 1 'rn st Zacharias ICvcrs und 1775 Heinrich Christian
Wietz, der 1823 sein Jubiläum feiert. Ueber die Nachfolger im XIX. Jahr-
hundert s. Walter a. a. O.
Kirche. Die Kirche ist ein reichlich mit Strebepfeilern bewehrter Kirche,
gothisdier Ziegelbau, der, obwohl er nur einen einsdiiffigen flachgedeckten
Raum darstdit, dennoch im Osten einen vielseitigen Absdiluss aus dem
Zwölfeck hat, der als ungewöhnlich bezeichnet werden kann. Die Fenster
sind swdthdl^ und haben sämmtlich spitzbogigen Schluss. Unterhalb des
Daches ein Fries in Form einer Stromschicht. Statt des Thurmes ein hölzerner
Glockenstuhl. In der Hcdaclning der Kirclic überall »Mönche« und »Nonnen«.
Im Mauerwerk herrscht der wendische Verband.
Die ältere Einrichtung der Kirche stammt aus der Barockzeit und ist Einrichtung
von geringer Bedeubu^. ^ Kirche.
Die dnzige Glocke der Küche hat die Inschrift: IM 8ECHTEHN HVN- Glocke.
DER8N ACTEHEDEN IHAR • GROS KRIQE VNRVH IN BOMEN WAR • BRACH
DORCH INS GANZE R0MI8KE REICH * VERHEERT VERWV8T REICH ARM ZV-
GELICH . WEHRET BIS VERFLOSEN VIERZIGK NEVN • SO LA(N)G MVSTEN
WIHR IM ELEND SEIN • DA GOT DER HERE AVS LAVTER GNAD • DEN LANG
QEWVNSKTEN FRIEDEN GAB . Dazu die Titel des Landesherrn: V . G • G •
ADOLF FRIEDRICH H*Z*M*F*Z«W-A«D*S*S>}«D*L«R*V*S«
H • Unten am Schlagring die Inschrift: IN GOTTES NAMEN BIN ICH GE-
FL08EN • HEIN VAM DAM HAT MICH GEGOSSEN • ANNO 1 • S • 50 • RENO-
VATAE SVNT HAE CAMPANAE SVERINS. — Vor dem Altar der Gratoteta Gtabstein.
des Pastors Ulrich HatthMus Pete (geb. 1689, Sterbedatum fehlt) und seiner
vor ihm gestorbenen Gattin Margarethe Eleonore Christine Frielingen
(7 1733) - - Von gerin^'cr Bedevitun^' noch ein Gemälde der Dornenkrönunf^ (Icinälde.
aus dem Jahre 1712 von Joh. Fr. Wilde. — Auf der Südcckc des Chors drei Glas-
kleine farbige GlaabiMte. büdchen.
KIdnkunaCwette. i. Silberner gotiiischer Kddi auf sechseckigem Fi»s. Kleinkunst-
Am Knauf der Name IhSSVS. Am Fuss die Inschrift: HANS « SEHASE X werke.
HEFT X DISEN X KELCK THO X GODTTES X ERE X GEVEN X ^ t— jn
A0. 1627. Wisniar'sclic Arbc-it. 2. Silberne Oblatenschachtel. W Ifi/
laut Inschrift 1757 geschenkt von E, F. G. v. S.^) Schweriner Arbeit:
- 3. Silberne l'atene von demselben Geber, von dem die Oblaten-
schachte! ist. Schweriner Arbeit. Nebenstehende Werkzeichen: ^Bk
— 4. Kleiner zinnerner Kelch, ohne Inschrift und Werkzeichen. — ^ ^"'^
5. Silberne neugoUiische Kanne, Berliner Fabrikarbeit von Emst — 6. Schüssel
von Messing, neu.
'} Die Sigla A. 0. 8. s. werden anf einem Versehen beruhen nnd daAlr A. 0. Z. S. (= meh
Graf zu Schwerin) halten stehen Millen.
*) A H am wahri>chciiilich.stcu. In l r,i^e kann kuuiuicu A B udcr A R oder zuletzt A D.
*) Em Mitglied der Familie von Schmetten.
Digltized by Google
638
AHTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
Das Kirchdorf Alt-Meteln.
Geschichte
des
Dorfes.
jas 14 km nördlidi von Schwerin entfernte Kirchdorf Alt-Meteln (Metle,
Metele) gehört mit zu den Dörfern, welche der Graf von Schwerin am
6. Deceinber 1284 vom Bischof zu Lehen nimmt.^) Mit Anrechten verschiedener
Alt, theils auch mit Besitz auf den grösseren und kleineren Höfen, die sich
hier im Laufe der Zeit entwickeln und zur Scheidunpj von Alt-Meteln, Metein
und Neu-Meteln fuhren, trclTcn wir in Urkunden und Akten um 1316 die
Herren von Eckernförde und Johann von Verden, um 1356 Henning Knop
und Joh. Berchtdieile, um 1420 Jochim von Fleaaen und Harquard Dambdc,
um 1424 Gherd Bonsack, sowie Joachim und Hartig von Bttlow, um 144 1
Gottschalk Preen, um 1456 Karsten Zamekow, um 1490 Karsten Preen und
die Herzöge Magnus und Baltliasar und im XVI. und XVIL Jahrhundert be-
sonders die auf dem benachbarten Dambeck wohnenden Herren von Rülow.
Um die Mitte des XVIII. Jahrliunderts aber bezeichnet es der damalige Pastor
Stapel (ein unordentlicher und zügelloser Mann, der 1756 Frau und Kinder
verlässt und nach Anwyl in Holland geht) in dner Eingabe an den Herzog
als einen Vorzug» dass innerhalb sdner Parochie kein Eddmann wolme.*)
Ueber die GeistUdien des Mittebüters ist nichts bdcannt. Die ersten
Namen finden wir im XVL Jahrhundert: um 1534 Rudolph Spick, der 15 18
von den Herzögen als Patronen der Kirche eingesetzt ist, und um 1541
Bartholomaeus Fett. Schon damals ist die »Kapelle- Zickhusen eine Filiale
von Metein. Von 1577 bis 1589 ist Anton .Steinert Pastor von Metein und
Zickhusen, um 1591 bis 161Ö Alberti, der früher Prinzcninstruktor am Hof
des Herzogs Ulrich war; von 1620 an fiihrt Samuel Langhans das Amt, von
1624 an Elias Cr^novius, von 1639 an der aus Bössow (s. o. S. 353) dahin
berufene Johann Grontz^.") Ihm folgt 1675 sein gldchnamiger Sohn, diesem
*) M. U.-B. 1766. Den Namen des Dorfes veibindet Ktthnel, M. Jahrb. XL VI, S. 93, mit
dem Wort metU =s Ruthe.
*) Schliein.nnn, Die I<-t7'>- Kirchrnvi>;it.ition m Metein. Ein KttltnrcemUde Mit der MUle
de» vorigen Jahrhunderts. W.ircn iiSH8. Kaibel's Nachfolger.
*) Zur Zeit dcR ersten Johann Gmntzig ist anch die Kirche zu Dombcck sechs Jahre lang,
von 1643 bis 1648, mit Metehi kombiniert. Dagegen hat Gallentin, das jetzt in Metein eingepCurt
i^t, von alter Zeit bi'^ in <!ie /eiton de< dreissi(jj:ihri^;L-ti Krie^;es hinein nicht bloss eine oii^ene
Kirche, i>oi)dern auch einen cii;eneu l'astor. Der letzte l'astor scheint Joh. Wiüius gewesen zu
sein, der sich 1633 aber Schmilemngen setner- Wirksamkeit and Binkflnfte durch die Pastoren su
Metein, Vieeheln und Gross -TrcUlnnv beschwort, die -ieine ItciilitkiiHlcr an sieh ziehen. 1685
werden Steine von der Kirche zu (iallcntin bereits zur Reparatur der Kirchen zu Metein und
Zickhusen verwandt, 1703 ebenso fUr die Kirchen zu Lübow und Neuburg; 1705 steht noch der
Digltized by Google
KllvCIIDORI- AL I - MKTKI.N.
1708 Michael Lentz, 1744 Kaspar Michael Stapel (s. o.), 1758 Johann Fricdr.
Kramer und 1795 Joh. Samuel Rattig (f 1821). Ueber ihn und seine Nach-
folger s. Walter a. a. ü. Im Mittelalter gehört Metein zur Schweriner Diöcese.
Vgl. S. 632, Anmkg. 3.
Kirche. Die Kirche ist ein mit Strebepfeilern versehener, im Innern
aber nicht gewölbter, sondern flach gedeckter gothischer Backsteinbau. Die
Aussenwände des glatt abschliessenden Chors weisen eine Abwechselung von
glasierten und niclugh-usierten Ziegcischichten auf. Oben unter dem Dach ein
Stromschicht-
Fr ics. Am Giebel
drei spitzbogige
Blenden. Die
F"cnster sind spitz-
bogig, haben
aber durch
Ncucnmgcn ihre
Ursprünglichkeit
eingebiisst. Die
Laibung des Por-
tals auf der West-
seite zeigt derbe
und breit ab-
gefas'te Kanten,
das auf der Süd-
seite hat feiner
ausgebildete
von der Kirche ab-
Kirche tu Alt Metein.
Kirche.
birnenfiirmige l'rofilierungen.
getrennter Glockenstuhl.
Statt des Thurmes ein
Altar, Kanzel, Taufstetn und Orgelprospekt gehören der jüngsten
Zeit an und sind neugothischen Stiles. Den Altar schmückt eine Kopie nach
dem Krucifixus des y\nton von Dyck von Bertha Albin. - Die Kirche hat
drei Glocken. Die grösste ist laut Inschrift am 4. April 1663 zur Zeit des
Herzogs CHRISTIAN LOUIS und des l>astors JOHANNES GRÜNTZIUS vom
Erzgies.scr Andreas Wulf gegossen worden; die mittlere von Otto Gerhard
Meyer in Rostock im Jahre 1750, zur Zeit Herzogs CHRISTIAN LUDWIG II.,
als JACOB BERNHARD POLCHOW Superintendent und Magi.ster CASPAR
MICHAEL STAPEL Pastor waren; die dritte und die älteste trägt die Inschrift:
+ Cf)aterjiic ♦ mü)i * tionicn * pcrbulcc * bicatur * anno ♦ bul ♦ 111" *
b" * JcUi • Dazu ist .sie mit dem Hilde der hl. Katharina und mit einem
Innere Rin-
richtung
tler Kirche.
(] locken.
(;.inze riiunii zu ( LillL-niin. — l'e!>er tlas, einstmals bei Meteln gelegen gewesene Dorf MoiNnll
(daher noch ilic M.iis.ilirr Ihifc Uei Meiein) vgl. Schililt, M. Jahrb. l.VI, S. aij. Nach dem
KeichtkitulLT-Vcrzcichniss von 1703 zählt Moi>all damals iiuch ilreizehu Einwuhner.
Digitized by Google
640
AMXSGBRICHTSBBZIRK SCHWERIN.
Tartschcnschilde verziert, der mit einem nach rechts schauenden Adlcrkopf
als Wappenbild gefüllt ist.
Kleinkunst- Kleinkunstwerke, i. Silbervergoldeter Kelch ohne Inschrift und Werk-
werke. zeichen. Die dazu gehörige Patcnc enthält die Initialen WCS, das Datum
1801 und den Stempel 1 1 m B |. — 2. Silberne Oblatenschachtel, schöne Treib-
arbeit im Barockstil; mit denselben Initialen wie vorau^eführte Fätene,
aber mit anderem Stempel. — 3. Silbervergoldetes Geräth zur Kranken-
Koniniiinion (Kelch, Patene, Py.xis), 1857 von JOHANN EHLERS und EMMA
EHLERS, geb. NÖLTING, geschenkt — 4. Taufbecken von Messing, neu.
Das Kirchdorf Zickhusen.
Geschichte HH"^ Jahre 1284 ist Zickhusen [Tsikhu.scn ')] unter den Dörfern, die der
^ ■■■■ (jraf vom Bischof zu Lehen nimmt.'} Sitz der erloschenen alten Adels-
Dorfes, fajiij];^ von Zickhusen bleibt es bis ins XVL Jahrhundert hinrin. 1489 ver-
kauft noch Hdnridk von Zickhusen eine Rente aus seinem Hof an die Kalands-
bruderschaH: zu Schwerin. Ein ungefähr um 1520 aufgenommenes Verzeichniss
aller aus Zickhusen verpfändeten Pachte lässt auf den Niederf^anfr der alten
Familie scliliesscn Am Anfang des XV'II. Jahrhunderts hndcn wir denn auch
die Herren von Sperling als die Rechtsnachfolger derer von Zickhusen, aber
schon um 16 18 kauft Herzog Adolph Friedrich den Meierhof zu Zickhusen
von Hdnrich von Sperling um 9000 Gulden.
Im frühen Mittelalter hatte Zickhusen sdne eigenen Geistlidien. Als
soldie finden wir um 1320 Heinridi Lüneborch und Heinrkii Spizelechelen.*)
Aber im Anfange des XVI. Jahrhunderts ist die Kapelle zu Zicldiusen bernts
Filiale von der Kirche zu Alt-Meteln.
Kirche. KIrdie. Die Kirdie ist dn im Jahre 1827 unter dem Grossherzog
Friedrich Franz I. ausgeführter, im Innern flachgedeckter Neubau klassiderenden
Stils in Form eines länglichen V^icrecks mit einem im Westen vorgesetzten
?i in hohen drei.stöckigen Thurm, dessen niedrige vierseitige Haube mit einem
Kreuz bekrönt ist.
Altar, Kannl und Orgel sind hintereinander auf dem Ostende auf-
gebaut. Al.s .Altaraufsatz dient ein rieniäldc von R. Suhrland (Gebet Christi
am Oclberge). Die mit einem F • F • (- ii drich Franz I.) in einem Lorbeer-
kranz geschmiickte Glocke ist 1830 zu Lübeck gegossen worden.
•) VV'l. Kiihncl. M. jArb. LVl. S. 166.
*) .M. l .-U. 1766.
') M. U. U. 4241.
Altar,
Kanzel,
Orgel,
Glocke.
Digitized by Google
KIRCHDÖRFBR 2ICKHÜSBN ÜND t»AMBfiCk.
\eben der Kirche eine in gleichem Stile mit Benutzui^ aegyptischer Lolchen-
Motive erbaute Leichenhalle. haUe.
Ungefähr zwanzig Schritt von der Südseite der Kirche entfernt ein Granit»
Cranitblock init eingelassener eiserner Tafel, deren Inschrift dem Grossher7.og block.
FRIEDRICH FRANZ I. als I'rbauer des (iotteshauses den Dank der Gemeinde
ausdruckt. Dazu das Dalum: M • D • CCCXXX.
Kletnkuaatwerke. i — 3. Silbervergoldetcr Kelch in schweren klassi- Kleinkunst-
derenden Formen, mit dem eingravierten Bilde des Lammes Uazu eine werke.
Patenc. Schweriner Arbeit: [Tj | F G |. Mine gleichzeitig; mit Kelch und
Patenc beschaffte silberne Oblatenschachtel, aber ohne Vergoldung.
Schweriner Arbeit: [T] | f g |. Auf Kdch, Pätene und Oblaten-
dose eine Krone mit zweimal fiinf Federn und seitwärts hervor-
sehenden Rädern. — 4 — 6. Ein gusseiserner Krucißxus und zwei gussdseme '
Altarleuchter, alle drei Stucke in klassicierendem Stil.
Das Inventar von i8ti enthält keine Beschielhinig der alten Kirche,
wohl aber allerlei Angaben über das ehemalige Inventar. Hierunter war das
älteste Stück eine Glocke aus dem Jahre 1651, die von Heine van Dam ge-
gossen war. Es gab in den Fenstern alte Glasmalereien von 1665; Altar
und Kanzel, auch schon in der ahen Kirche ein zusammengebautes Werk,
stammten von 1701. Endlich waren da eine Altardecke von 1720, zinnerne
Leuchter von 1733, ein Kelchtuch von 1743 und ein Klingebeutel von 1746.
Das Kirchdorf Dambeck.
as 20 km nördlich von Schwerin und 16 km südlich von Wismar gelegene Geschichte
Kirchdorf Dambeck '1 hat 1230 noch keine Kirche, sondern gehört
damals zur ParDchie lieidcndorl und mit ihm zur alten Ratzeburger Diöcese. Do^^fc*-
Aber hundert Jahre spater ist es bereits ein Kirchdorf, dessen mit glasiertem
Fries und Kalifsims ausgestattetes zierliches Gotteshaus an die besten Wismar-
schen Bauten dieser Zeit erinnert und durch einen Baumeister von dortlier
errichtet sdn m^.*) Nach dem Personenregister des Meddenburg. Urkunden-
buches zu urthcilen, ist die erst am Ende des XVI. Jahrhunderts erloschene
Adelsfamilic der Herren von Dambeck von Anfang an hier ansassit;, wenn-
gleich die Dambecker Linie als solche erst am 25. Mai 1356 genannt wird,
als sich die Rathsherren zu Wismar hier die Ausnützung eines Torfmoores
') N.ich Kilhnel XI.VI. S, 36, von dalui - F.iche, koUekt. dabOn c= KehwaUort; »|L
die Dörfer Kichhnf, F.ichhnlz, Kickhof. Kicktlherjj. Kichenthal.
«j M. L.-ll. 375 (.S. 374;. 5613 (.S. 541). 8223.
41
Digitized by Google
642
AMTSGKKIt ll'ISHKZIKK SCIlWKRIN.
sichern. 1488 machen sich Vickc und Burchard von Danibcck durch Stiftung
von Acker-, Wiesen- und Weideland mit weiteren Gerechtigkeiten von l^ülz-
nutzung und Fischerei um ihre Kirche verdient, doch haben sie nicht das
Patronat. Dieses ruht in der Hand der Fürsten. Den 20. September 1587
stirbt der letzte seines Stammes, Joachim von Dambeck. Das heimgefallene
Lehn verleiht der Landesherr an V'icke von liülow auf Rensow, der seit 1 583
die Anwartschaft darauf besitzt und 1591 auch um Ueberla.ssung der hohen
Gerichtsbarkeit hier in Dambeck luid in Dalliendorf bittet. Sein Gesuch muss
nicht erfüllt worden sein. Denn als Dambeck am 25. September 1610 von
sei. Vicke von Bülow's
Gläubigern Pur die Summe
von 28000 Gulden als erb-
licher Besitz auf Dietrich
von Bülow zu Kritzow
übergeht, da werden das
jus patronatus .sowie das
den I lerzögen in Dambeck,
Dalliendorf und Webcls-
fclde zustehende höchste
Gericht ausdrücklich aus-
genommen. Auch Dietrich
von Bülow bittet 1614 um
diese Privilegien und ist
erbötig, eine flir die da-
maligen Verhältnisse be
trächtlich enscheinende
Summe dafür zu zahlen,
doch genügt sie nicht
1626 geht Dambeck für
3000oGulden auf Joachim
von der Lühe über. ICr
erhält dazu am 10. Decbr.
desselben Jahres den her-
zoglichen Konsens und Lehnsbrief und besitzt das Gut bis 1653. Von 1654 bi.s
1694 hat es Andreas von der Lühe, von da an bis zum Jahre 1710 Hans
Friedrich von der Lühe. Dieser verkauft es im genannten Jahre an den
Herzog Friedrich Wilhelm, lässt sich aber versprechen, dass an ein anderes
Lehen für ihn und seine Kinder gedacht werden solle.') Seit 1710 gehört
nun Dambeck zum fürstlicher» Domanium und zum Amt und Stiftsamt Schwerin
sowie seit 1849 zu den Domänen des Gro.ssherzoglichen Hau.sguts.
Ucber die Gci>^tlichen des Mittelalters in Dambeck, die unter dem
Archidiakonat des l'rob.stcs von Katzeburg stehen, gicbt es keine Nachrichten.
Ktrchu IM Damlieok.
') Nuch 174S criuiicrt hieran »ein Sohn Johann l-VicJrich von der Luhe.
, Cc
KtRCHDORP UAMftECK.
643
1534 ist Heinrich Pysell der von Herzog Heinrich eingesetzte Kirchherr; 1541
ist es Nikolaus l'ctri; von 1592 bis 1599 Daniel Mester; von 1599 bis 1632
raul Harring; von 1633 bis 1639 Nikolaus Bctcnds. Nach dessen Tode wird
Dambeck mit Alt Mcteln kombiniert und bleibt in diesem V'erbande bis zur
Berufung von Samuel Mass (Maaus) im Jahre 1653. Nach Mass folgen 1658
Joachim Stange und 1695 Dietrich Markendorf (f schon 1709). Wiederum
findet eine kurze Kombinierung mit Metefal statt. Von 1713 bis 1731 ist
Daniel Granz I'astor, von 1731 bis 1750 Georg Christian Krüger; von 1751
bis 1774 Georg Jonas Heiidler; von 1775 bis 1779 Maxim. Gotth Georg Neu-
bauer; von 1780 bis 1798 Jüh. Chr. Frahm und 1799 folgt Karl Traugott
Hilhgcr (f 1827). Ueber seine Nachfolger
s. Walter a. a. O.
Kirche. Die Kirche, ein mit Strebe-
pfeilern bewdirter zieriicher Ziegelbau auf
Feldsteinfundaroent, ist ein einziger ungetheilter
und flachgedeckter Kaum mit Chorschi uss aus
dem .Achteck und mit spitzbogigen I'"enstern.
Der I hurin iüt von gleicher Hreite und auch
von gleichem Mauerwerk wie das Schiff,
aber sein oberstes Stockwerk, in welchem
die Glocken untergebracht sind, ist ein Holz-
bau mit einem im Westen al^walmten
.Satteldach. Be.sonders hübsch ist ein aus
-^chwarzglasierten I'ormsleinen gebildeter Fries,
fltr die Aussenseiten des Srhilies und des
Chores ziert. Auch das Kaffgesims an der
Basis des Mauerwerks, das Schiff und Chor
IEl^&i^ ;^ ;iM umzidit und gleichfalls schwarz glasiert ist,
BCSg ^SirlTi« Beachtung.
Altar und Kaasel, mit einander ver-
bunden , gehören der ersten (fiilfte des
vorigen Jahrhunderts an. Einzelne I-'iguren des alten Triptychons, welches
einst deren Stelle einnahm, finden sich noch anf der Xordseite der Kirche. —
l'nter dem Gestühl mag der (iross Krankower Sil/ mit den geschnitzten
W appen der l amilicn von Stralendorf (D v S) und Revcntlov (D R) genannt
werden.') — Das alte Triamphkrens mit den vier Evangdisten-Symbolen ist
auf den Kirchenboden versetzt — Im Thurm zwei Glocken, von denen die
grössere in ihrem Kranze die Inschrift hat: ^ atmo + hoitllnf + ntflTcfinia +
cccc 4- %xx\i -h funhntar + VjbliiG + opcri^ -I- erat + tfinmo +
icgijcr. Dazu zweimal das nebenstehende Zeichen. Die kleinere
war 1824 von F. W. Hirt in Lübeck aus einer älteren umgegossen, hat aber
Fries an der Au»t^n»eite des Chors.
Kirche.
Altar und
Kanzel.
Gestühl.
Triumph-
kreuz,
Glocken.
xx
') I fltcr die chcnu-iligc, 1609 erbaute und xwiachea 1751 und 1790 engcgmgeiie Kirehe
lu Uro»s-Krankow vgl, oben S. 196.
41»
Digitized by Google
644
AMTSGERICHISHRZIRK SCIIWKRIN.
Glas-
malereien.
Grabsteine. 1879 wieder einen Uniguss erfahren. Der Name des Gics-scrs fehlt. — Grab-
steine. Der bemcrkensvvcrtheste ist ein dem I-!nde des XVI. Jahrhunderts an-
gehörender Stein mit den Reliefbiidcrn de.s Vicke von Btilow und seiner
Khefrau Ursula von Below. Er ist noch bei Lebzeiten des Khepaars gelegt
worden, man hat aber nachher aus irgend welchen unbekannten Gründen die
volle Au.sfuhrung der Inschrift unterlassen. In jeder Ecke ein Wappen. Es
sind die der Familien VON BVLOW, BELOW, VON DER LÜHE und VON GOL-
CEN.*) Au.sserdem mag noch
genannt werden der Stein
des Pastor Jochim Stange
mit dem Datum 1672. —
In einem der F'enster auf
der Südseite des Chors sieht
man verschiedene Glas-
malereien aus dem Jahre
166 F. darunter das Wappen
des JOACHIM VON DER
LÜHE und das .seiner Gattin
LUCIA MARIA PREEN;
weitere Wappenmalereicn
finden sich hier zu den vier
Namen ERNST und SALOME
PETERSEN, HINRICH KOCH
und HARTIG BENEKE. In
einem der Fenster gegenüber
auf der Nordscitc findet man
Reste von den W^ippen des
ANDREAS^) und der ANNA
VON DER LÜHE, der ELISA-
BETH ZEPELIN und des
HINRICH BARG.
Kleinkunstwerke.
I. Silbervergoldetcr Kelch
auf sechspassigcm F"u.ss vom
Jahre 1696, dem ersten Jahr,
Kleinkunst-
werke.
Bülow'schcr <iral»tein.
in welchem laut Inschrift A. D. MARCKENDORFF Pastor war; am Fuss die
Angabe, da.ss ihn der Amtmann TÖPPELL 1753 neu vergolden Hess. Auf
der zugehörigen Patene eine In.schrift von 1696, nach welcher CLAUS Vk^AR-
NEKE, furstl. meckl. Ambt Schreiber» zu Schwerin, der Geber EH ')
war. Wismarsche Arbeit. Nebenstehende Zeichen. — 2. Silberner
') Vickc von RUlow auf KciisdW hcirntliclc l'rMila von Helow von Klinken, 8«ine Mutter
war Clara von der I.ilhc von l.ic])cn, ihrt- .MiUIlt war i*uriia \on (iolcen.
') Andreas ist der Valcr «los vorj;«"n.innicn Jo-ichim von der I.Uhc.
'1 I'if Inilialt:!! tlfirkfii ^wU nicht mit tiiu-m der X.unon 1>ei Oull. .\nit d. ( ioldscltm,. S. 52.
Google
KIRCHDORF CRAMON.
645
gothischer Kelch auf sechseddgem Fuss mit einem plastischen Krucifixus als
Signaculum. Auf den Rauten des Knaufes der Name iljcfliQ Keine W'rrk
zeichen, auch nicht auf der Patene. — 3 /Zinnerner Kelch, laut Inschrift 1762
geschenkt von ELEONORE CATHARINA STANG (»nee Possehlen u). Ohne
Marke. — 4. Zinnerne Oblatendose von 1754 mit einem aus M E s B ge-
bildeten Doppehnonogramm. — 5. Zinnerae Abendmahlskanne,
laut Inschrift 1752 geschenkt von CHRISTIAN HOLOÖRFF. Wis
marsche Arbeit. 6. 7. Zwei zinnerne Altarleucbter in klassi»
cierendem Stil, i>eide ohne Werlueichen.
Auf der DamWcker Pcldmark, nahe der Landstrasse die »Siebenteia««. »Sieben-
Vgl. Niederhöfler I, S. 229. steine, c
Das Kirclidorf Cramon.
chon am Ende des Xlf. Jahrhunderts zu Bisdiof Bemo's Zeit, um 1178, (leschichte
gid»t es im Dorfe Cramon, das 13 km nordwestlich von Schwerin
liegt und dessen Name mit dem attslavischen Wort kremy (kremenl — Kiesel, I^orfes.
Feuerstein) in Verbindung gebracht worden ist.') einen Geistlichen, den
Dominus Frnncn de Cremun, drr mit seinen Anitshrüdern Symon zu Viechein
und Hernharcl zu Stuck zusanmu-n zu di-n t-rstcn ( llauhensboten des L.miles
gehört.*) Die heutige Kirche freilich wird damals noch nicht gestanilen haben;
sie ist offenbar ein jüngeres gothisches Bauwerk und frühestens in den Anfang,
wahrscheinlich aber in die Mitte oder in die letzte Hälfte des XIV. Jahr-
hunderts zu setzen.*) Ob die alte Adelsfamilie der Herren von Cramon, von
denen ein Zweig während des XIII. Jahrhunderts in der Schweriner Grafschaft
vorkommt, ein.st auf Cramon und ("ranionshagen .sass, Irisst sich urkundlich
uiclit feststellen, ist aber anzunehmen, l'ndc des XIII. Jahrlumderts erwirbt
das Domkapitel Grund und Boden in Cramon, doch reservieren sich hier die
Grafen von Schwerin das höchste Gericht') Im XVI. Jahrhundert finden wir
ausser der Sternbeiger Priesterschaft die Familien von Drieberg, von Schön-
eich, von Oertzen. von Pentz und ausserdem auch die Herzöge mit Besitz und .
Rechten verschiedener Art in Cramon, im XVII. Jahrhundert auch die Familien
von der Lühe und von Hundt. Doch verstehen es in der Folt^e die Herren
von Drieberg, Cramon als Pertinenz von Cramonshagen und (iottmaniisforde
bis an das Fndc des vorigen Jahrhunderts festzuhalten. 1781 verlieren sie es
aus ihren Händen, 1782 wohnt auf Cramonslu^n der Oberstlieutenaot Ulrich
') Ktthnel, M. Jahrb. XLVI. S. 75.
*) M. U.-B. tas.
*) Lisch, M. Jahrk XLI, S. sio.
*) M. U.-B. 1473. 1787.
Digitized by Google
644
A M TSC ERIC H TS ISEZI R K SC 1 1 W V. R I N .
Glas-
malereien.
Grabsteine. 1879 wieder einen Umguss erfahren. Der Name des Gicssers fehlt. — Grab-
steine. Der bemerkenswertheste ist ein dem ICnde des XV'I. Jahrhunderts an-
gehörender Stein mit den Reliefbildcrn des Vicke von BUlow und seiner
Ehefrau Ursula von Below. Er ist noch bei Lebzeiten des Ehepaars gelegt
worden, man hat aber nachher aus irgend welchen unbekannten Gründen die
volle Ausfuhrung der Inschrift unterlassen. In jeder Ecke ein Wappen. Es
sind die der Familien VON BVLOW, BELOW, VON DER LÜHE und VON GOL-
CEN ') Ausserdem mag noch
genannt werden der Stein
des Pastor Jochim Stange
mit dem Datum 1672. —
In einem der Fenster auf
der Südseite des Chors sieht
man verschiedene Glas-
malereien aus dem Jahre
1661, darunter das Wappen
des JOACHIM VON DER
LÜHE und das seiner Gattin
LUCIA MARIA PREEN;
weitere Wappenmalercien
finden sich hier zu den vier
Namen ERNST und SALOME
PETERSEN, HINRICH KOCH
und HARTIG BENEKE. In
einem der P'en.ster gegenüber
auf der Nordseite findet man
Reste von den Wappen des
ANDREAS*) und der ANNA
VON DER LÜHE, der ELISA-
BETH ZEPELIN und des
HINRICH BARG.
Kleinkunstwerke.
I. Silbervergoldeter Kelch
auf sechspassigem Fuss vom
Jahre 1696, dem ersten Jahr,
in welchem laut Inschrift A. D. MARCKENDORFF Pastor war; am Fuss die
Angabe, dass ihn der Amtmann TÖPPELL 1753 neu vergolden Hess. Auf
der zugehörigen Palenc eine In.'ichrift von 1696, nach welcher CLAUS WAR-
NEKE, Rirstl. nicckl. Ambt Schreiber«^ zu Schwerin, der Geber ERQ /seX
war. Wismarsche Arbeit. Nebenstehende Zeichen. — 2. Silberner
') Vicke von Htilow auf Ki-n-nw heir.-xtlicle I rsulii von llelow von Klinken, seine Mutter
war dar.! \on der I.lllie von I.icpcn. ihre .\Iuttcr war Murtin v«m (iolcen.
') AndrciLs ist der Vater des vorseiLinnten Jn-ichim von der I.Ulic.
"i I11C liiilialcn dcokfn «.iefi nicht mit fiiiom der N'amcn Itti CrHll, .\ml tl. (!old<«clim.. S. 52.
Kleinkunst-
werke.
BUlow'üchcr (iraUslein.
KIRCHDORF CKAMON.
645
gothischer Kelch auf sechseckigem Fuss mit einem plastischen Krucifixus als
Signaculum. Auf den Rauten des Knaufes der Name jljcfllö- Keine Werk-
zeichen, auch nicht auf der l'atene. — 3. Zinnerner Kelch, laut Inschrift 1762
geschenkt von ELEONORE CATHARINA STANG (»näe Possehlen«). Ohne
Matice. — 4. Zinnerne Oblatendose von 1754 mit einem aus M E s B ge-
bildeten Doppelmonogramm. 5. 2Unnerne Abendinahbkanne,
laut Inschrift 1752 geschenkt von CHRISTIAN HOLDÖRFF. Wis
manche Arbeit — 6. 7. Zwei zinnerne Altarleucfater in klassi-
cierendem Stil, beide ohne Werkzeichen.
Auf der Dambecker FcMmark, nahe der Landstraaae die »Siebeaatetncc^ »Sieben-
Vgl. Niederhöfler I, S. 229. steine, c
Das Kirchdorf Cramon.
:hon am Ende des XII. Jahriiunderts zu Bischof Bemo's Zeit, um 1178, (beschichte
giebt es im Dorfe Cramon, das 15 km nordwestlich von Schwerin
liegt und dessen Name mit dem altslavischen Wort kremy (kremen! = Kiesel, l^orfes.
Feuerstein) in X'crhindui^ gebracht worden ist.') einen Geistlichen, den
Dominus Franco de Cremnn, der mit seinen Amtsbrüdern Symon zu Viechcln
und Hi rnliard zu Stück zusammen zu den ersten ( ilaubcnsboten des Landes
gehört.-) Die heutige Kirche freilich wird damals noch nicht gestanden haben;
sie ist offenbar ein jüngeres gothisches Bauwerk und frfihestens in den Anfang,
wahrscheinlich aber in die Mitte oder in die letzte Hälfte des XIV. Jahr-
hunderts zu setzen.') Ob die alte Adelsfamilie der Herren von Cramon, von
denen ein Zweig während des XIII. Jahrhunderts in der Schweriner Grafschaft
vorkommt, einst auf Cramon und Cramonshagen sass, lässt sich urkundlich
nicht festst<'llen, ist aber anzunehmen. Fnde des XIII Jahrhunderts erwirbt
das Domkapitel Grund und Boden in Cramon, doch reservieren sich hier die
Grafen von Schwerin das höchste Gericht.') Im XVI. Jahriiundert finden wir
ausser der Stemberger Priestersdiaft die Familien von Driebei^, von Schön-
eich, von Oertzen, von Pentz und ausserdem auch die Herzöge mit Hesitz und
Rechten verschiedener Art in Cramon, im XVII, Jahrhundert auch die Familien
von der Lühe und von Hundt. Doch verstehen es in der Folge die Herren
von Drieberg, Cramon als IVrtiiu iiz \ on Cramonshagen und Gottmannsforde
bis an das Fnde des vorigen Jahrhunderts festzuhalten. 1781 verlieren sie es
aus ihren Händen, 1 782 wohnt auf Cramonshagen der Oberatlieutenaiit Ulrich
•) Kuhnel, M. Jahrl». XLVI, S. 75.
*) M. Ü.-B. ISS.
•) Lisch, M. Jahrb. XU, S. 210.
*) M. U.-B. 147s. 1787.
Digltlzed by Google
646
AM ISÜERICH r.SHK/.IRK SCHWKKIN.
Karl Adolph von Bassewitz, und auf Gottniannsfbrde der Hofrath Gottlieb
Schnelle. Dem Krstgenannten folgt 1784 Jakob Aug. Schönberg als Hositzer,
und auf diesen 1799 Johann Friedrich Böhl, der iSiS von Kaiser Franz in
den Adel.sstand erhoben wird und 1829 auch das (nit Gottmannsfördc erwirbt
Heute haben .seine Naclikommen diese Güter in Hiinden.
Au.sser dem Namen des hVanco de Crcmun erfahren wir von den (ici.st-
lichen des Mittelalters nur noch dcti des Johannes Cleveheu aus .seinem Grab-
stein. Kr ist von 1381 bis 1416 Rektor der Kirche zu Cramon und hat
vielleicht .schon damals die Kirchen oder Kapellen zu Dricberg und zu Herren-
Steinfeld zu verwalten, die zum ersten Mal im Visitation.sprotokoll von 1541
und nachher oft genug bis ins XVII. Jahrhun lert hinein in den
nannt werden.') Um 1541 ist Nikolaus Hanc Kirchherr, von 1559 an Joachim
Kirchner, von 1590 an Joh. Montanus, von 161 8 an Ale.vander (iypsiu.s, von
1666 an als Adjunkt des vorigen Nikolaus Suhr, von 1676 an Friedr. Ulrich
Reppenhagen, von 1701 an Christian Gotthard Turlach, von 1710 an Hierony-
mus Nieper, von 1746 an Phil. Karl Friedr. Laudahn, von 1752 an Karl
') In seinem Pcichlkinder-Vorzeichniss vom Jahre 1705 ;jit'l»t Pastor Turlach an, Jass beide
Kilialen nicht mehr vorhanden seien. Die Kirche zu l>riclKr(i wäre Imufalli}; gewesen und »vor
einit;eii J.-ihrcn« ahgcliiochcn wortlen ; «lit; Kirche in HcrrcnMcinfcKI aber sei umgefallen, und
darauf habe man das hierher eiin;e|ifarrt ^jewc^ene Dorf Warnitz zur l'farre ii» Trcl>bow gelegt
und dadurch die Cranioncr l'farrcinkilnfle geschniiilert. - Von beiden Kilialkirchen scheint die
/« IIcTrcnstciiifeld die be<l. »tendcrc gewesen «u .-iein. Hier «ar «och bis zum Jahre l622 sonn-
läi,'lich fiouesdienst, von da an aber mir vierteljährlich auf landesherrliche Verfügung.
An.sicht von Cramon.
KIKCHOURF CkAM(JN.
647
Christian Gardclin und von 1783 an Christoph Daniel Wiechel (f 1815).
Ueber ihn und seine Nachfolger s. Walter a. a. O. Das Patronat der Kirche,
die im Mittelalter zur Schweriner Diöcese gehört, übt von alter Zeit her der
I-;indesherr aus. Demgcmäss gehören Kirche, Pfarre und Küsterei zum
Domanialamt und Stiftsamt Schwerin, das übrige Cramon aber, soweit es
Pertinenz von Cramonshagen ist, 7um ritterschaftlichen Amt Schwerin.
Kirche. Die Kirche, ein mit Pfeilern bewehrter und im Innern flach- Kirche,
gedeckter gothischer Backsteinbau, hat im Osten einen Chorschluss aus dem
Achteck und im Westen einen an Stelle eines früheren hölzernen Glocken-
stuhls im Jahre 1.S44 errichteten neuen Thurm mit Satteldach. Die Hedachung
der Kirche zeigt noch das alte .schwere Material der »Mönche« und »\onnent.
Hei der Restauration im Jahre 1823 sind von dem alten Inhalt zwei Grab- Cirabstfine.
steine übrig geblieben, «lic Bedeutung haben. Der eine dieser beiden Steine
lag vor dem Altar und zeigt in eingegrabenen Umrissen das Bild eines
Priesters mit dem Kelch. Auf den vier locken die Evangelisten Symbole.
Zwischen ihnen die Inschrift: ailO : bnl • III : CCCC \ )CUi • fcgucilti • b\t •
pf • fcfhi fiarrljolomci äpü • 4y • hn| | ioljcs clEiicljcu | qiii rcor • Ijiii' :
CCCle' : nnniS )[)[J:Vj • flltt : Or • bCII • ;p • CO • ') Der andere Grabstein
liegt hinter dem Altar. Er enthält als Bild Wappen und I lelmzier der
Familie von Drieberg und die Inschrift: 15 | 72 bc 7. .iKflrtij ftarff •
*) Der (IrahMein sCeht jclzt an der Waml. Uci <lcr I ritL-rsuchun^; des .Namens an» 7. i)ec.
IÄ97 durch die Herren .Archivr.ith I >r. (iroicfcn«!, I»r. .Stuhr iiiul dun Vt:rfaN;.er Idieh l'nsicherheil
«larllltcr, oh statt h wolil I» uiul statt <lcr l>eiilen v wohl n zu Ic^.-ii >ei. Kiiie sichere Kiit-
Kchetdung Uber Klcuehcu und KleneKen ist vorläufig nicht zu erzielen.
Kirche von C ramon.
648
AMTSGERICHTSHEZIRK SCHWERIN.
bt ttttlt bnbc I €tent \ fcflc tfacftlm brißatd^ bc_ ^ot "^nabe • Unter
dem Wappen der Spruch Joh. 19^ iJcH tuet bat ini | \JOClofcr leuct | bn
tacrt ml !jct | na btlj bCt 'Cr | bc bptUCfftC • In den Ecken die Wappen
der DRIBERG, BÜLOW. LINSTOW.
SMEKER. — Ausserdem ist noch
der jetzt zurückgestellte obere
(iranit- Theil einer alten GranitfUntc cr-
fünie. halten geblieben. — Endlich ver-
Glockcn. dienen auch die Glocken eine
Erwähnung, von denen die eine
1827 von F. W. Hirt in Lübeck,
zur Zeit des Pastors MARTIN
HEINRICH FRIEDRICH STOLTE,
und die andere 1844 von P. M.
Hausbrandt in Wismar, zur Zeit
des Pastors F. MÖLLER, um-
gegossen worden ist.
Nach dem Inventar von
1 8 1 1 waren die Vorgänj^erinnen
der beiden (»locken 1788 von
Landre in Lübeck gegossen
worden.
Kleinkunst- Klcinkunstwerke. i. Sil
werke, berner Kelch, inwendig vergoldet .
175 1 geschenkt von FRANZ
HENGFOSS. Dazu eine Patene,
in demselben Jahr geschenkt von
HANNA DOROTHEA HENG-
POSSEN. Schweriner .Arbeit.
Werkzeichen: (s) (2")- —
2. Silberne Oblatcn.schachtel
von 1760 mit den Namen des
HANS REUTER und der ELISA-
(JrabMein
des Joh. Kleiiehcu.
Grabstein
rlcs Jochini von Oriher^;.
BETH MARIA HENGPOSSEN. Schweriner Arbeit. Werkzeichen: 0 (TtT). —
3. Kleiner silberner Krankcnkcich von 1764 mit dem Namen des RUDOLF
FRIEDRICH CHRISTIAN HENGVOSS. Wie 2 und I gestempelt. — 4. Silberne
W'cinkanne von 1834 mit dem Namen des J. F. VON BÖHL. Schweriner
Arbeit: [|] |ZEPPL1N|. — 5. Ein In Seide gesticktes Kelchtuch mit den
Initialen L. C. H. und der Jahreszahl 1749.
Google
KIRCHDORF RBTGBNOORF.
649
Du Kircbdorf Retgendorf.
m Jahre 1241 begegnet uns zum ersten Mal urkundlich das 13 km nord- Gechichte
nordöstUdi von Schwerin auf der andefen Seite des Grossen Sees ge*
legene Dorf Reigendorf [Retekendorp *)) als dn zur Schweriner Diöcese ge-
hörendes Kirchdorf, das sich besonderer nunst der Gräfin Audacia von
Schwerin erfreut und dessen Kirche vom Bischof I Dietrich (1240 bis 1247) v;r-
wciht ist. Der Pfarrsprengcl umfasst (he Dörfer Flessenow, Schlagstorf,
Licssow, Tcssin und Buchholz, von denen das letztgenannte schon damals,
wie noch heute, eine besondere Filialkapelle besitzt. Um 1350 gehört das
Kirchlehn zu Reigendorf mit zum Leit^edinge der Grüfin Elisabeth von
Schwerin« und um 1370 erfahrt die Pbrochie eine Vergrösserung durch Ein-
pfarrung des Dorfes Holdorf. Die letzte Vermehrung aber erfolgt 1782 durch
Hinzufiigung von Rubow, das schon einmal in der Reformationszeit vorüber
gehend zu Retgendnrf gehört, dann wieder bis ans ICndc des XV'I. Jahrhunderts
ein selbständiges Kirclulorf darstellt, vom XVII. Jahrhundert an aber bis /.um
Jahre 1782 als Filiale mit Viecbeln veriumden ist (S. o. S. 289 und 294).*)
Schon frfih sitzt hier das alte Geschlecht der »Speriinge« oder der
Herren von Sperling, auf Rubow und Schlagstorf finden wir sie in der ersten
Hälfte des XIV. Jahrhunderts,') und später, im XVI. Jahrhundert, sind sie
hier die Inhaber eines stattlichen Güter -Komplexes, zu dem auch Reitzendorf pe-
hört. Als sie in den sechziger und siebenziger Jahren des XVI. Jahrlumderts
mit ihren Retgendorfcr Bauern in Streit gerathen sind, rufen sie zwar die
oberste Gerichtsbarkeit des Herzogs Ulrich an, verwahren üch aber dabei f&r
sich und ihre Rechtsnadifolger gegen jede Sdunälerang ihrer eigenen Gerichts^
barkeit Um 1753 erhält der Oberst von Sperling den herzoglichen Konsens
zu Geldanleihen auf seine Güter Rubow, Ventschow, Flessenow, DSmelow,
Retgendorf, Thurow, Schlagstorf und Buchholz.') Aber um 1785 sind alle
diese Guter in den Händen vXntlcrcr. Auf Thurow wohnt I'etcr Gabriel
von Rosenschanz, und auf den andern sieben Adolf Ludwig von Spörken.
1793 folgt eine weitere Zersplitterung dieses Komplexes, Retgendorf, Flessenow,
Neu-Schlagstorf und Ventschow erwirbt der Reisemarschall und Kammerherr
KShnel, M. Jahrb. XL VI, S. 119, erinnert an den altslavischen Stamm rati = Krieg und
ndA SB frob, iiiid «benctst den NaBWn orit Dorf des Ratik oder Radik. Efaie alte Adelafanilie
von Retchendorf giebt es in Wiaoar. Vgl. Register zum M. U. B.
*) Vgl. M. U.-B. 533. 7051. 10006. 10254. Ferner Akten im Grouh. Archiv zu Schwerin.
*) M. U.'B. 4791. $$93. 6187.
*) Um 1690 gehSrt aneh Km an den Citteni der Sperliiice. Vgl. Uaeh, If. Jahrb. XXXV,
S. 108, Aonkg. t.
des
Dorfes.
Digitized by Google
650
AMI'SGERICHTSBKZIRK SCHWERIN.
Kirche.
Altar.
Triiimph-
krcuz.
Christus«
bfld.
Bernhard Jochini von Bülow, während Major von Spnrkcn auf Riibow und
Hiichholz bleibt. 1832 fol^'t im Mesitz von Retgendtjrf und Flessenow Mrnst
Karl Christoph von Schuck, die hamilie von Bülow aber bleibt auf Schlagstorf
sitzen. 1887 aber werden auch Retgendorf und Flessenow von einander ge>
trennt. In Retgendorf tritt als Besitzer Ludwig Diestel ein, dessen Familie es
noch heute hat
Von den Geistlichen des Mittelalters begegnet uns nur dner um 1370/71 :
Hcrderii-s de Ukermunde. Um 1 534 und nocli um i 54 5 (vielleicht noch länger)
ist JürjTcn Kanii)ell ITarrhorr in Retgendorf und auch in Rubow, um 1 572
Gcorgius .Staiiuncr iSlaiiur). zwischen 1592 und 161 7 Kaspar Scheller. von
1637 bis 16S0 Daniel Kt:i)penhagcn. Ihm wird 1675 Jakob Leopoldi adjungicrt,
der nadiher sein Nachfolger wird. 1698 wird Chr. Stier berufen; 1705 Joh.
Jakob Gäthke, dem 1743 Otto Friedr. Susemihl adjungiert wird; 1747 Joh.
August Hermes, 1759 Christ. WUh. Schmidt, 1782 Joh. Jakob Prosch. Das
Patronat ist unausgesetzt in landesherrlichen Händen gewesen. Demgemäss
gehören Kirche, I'farrc und Küstcrei zum Domanialamt und Stiftsamt Schwerin,
wahrend das l ehn Retgendorf von jeher zum ritterschaftlichen Amt Mecklen-
burg gehört hat.
Kirche. Die Kirche ist ein mit Strebepfeilern versehener gotliischer
Backsteinbau mit C'hor.schluss aus dem Achteck. Das St hiti hat zwei (icwolbe-
jochc, der Chor eins. Auch die Sakristei ist gewölbt. Im Westen ein zwei-
stöckiger Thurm mit einem Satteldach, da« auf der Westseite abgewalmt ist.
Am Chor und Schiff herrscht der wendische, am Thurm der polnische Verband.
Der Altaraufsatz ist ein durch die letzte Restauration seiner Urspning-
lichkcit (besonders in den Hintergründen) verlustig gegangenes Triptychon mit
beachtenswerthen Schnttzerden: im Mittelschrein die Scene der Kreuzigung,
im Flügel links die Verkündigung des Engels an die Maria und im Flügel
rechts die .Anbetung der heiligen drei Könige Auf dem Altartisch als Platte
ein alter Grabstein mit fimf Weihekreuzcn. - Das alte Triumphkreoz mit den
vier I\\angelisten-. Symbolen ist jetzt an der .Südwand der Kirche oberhalb der
Thür zur Sakristei untergebracht, es hat eine Hohe von ungefähr 4 m. —
Ausserdem sind zu erwähnen ein kleineres ChriatMWld aus Holz in der
Sakristei und ein kreuztragender Christus von dreiviertel Lebensgrösse ober-
halb der Eingangsthür in der Nordwand der Kirche.
(irabsteine. Unter den Grabsteinen im Innern der Kirche verdienen drei genannt
zu werden: i. Stein mit Wappen und Helmner der Familie von Plcasea und
der Umschrift: ANNO DNI 1678 18 MAU STAItFF 8ELICHUQK MADALENA
VAN PLESSEN DER 8EELEN GOTT QNEOIG 8IJ. In den Ecken die vier Evan-
gelisten-Symbole. — 2. .Stein mit acht stark abgetretenen Wappen und mit
leider ebenso verletzten Inschriften, die .sich auf einen flcrrn von Sperling und
dessen (iattin beziehen l'a k(iin!)ar ist das Datum 1607 (S.o.). 3. .Stein
des Oberhofmarsehalls Bernhard Joachim von Bülow (geb. 8. Juli 1747, gest.
Digitized by Google
KIKCIIDOKF KETGENDüRF.
651
30. Aufjust 1826) und seiner Gattin Charlotte Louise Caroline von Billow,
pcb. von Oertzen (geb. 17. April 1764, f 22. Februar 1833). Als Bildschmuck
die Wappen beider Familien.
biii
ric
Von den drei Glocken hat die grösste die Inschrift: ?Cuno •
• galll • ba • pacciii • xcf • Bio-
Dazu das nebenstehende Gicsscr-
cccc" • l%x%i\ • ante
ofanna • bocor •
Altarschrein.
zeichen. Statt der Punkte stehen kleine I leiligenfigürchen zwischen den ein-
zelnen Wörtern. Die kleinste Glocke hat die Inschrift: SÜIino • hni
IllCfCrIto • Zwischen den Buchstaben allerlei kleines Bildwerk, zwei
Heiligenbilder, zwei Antoniuskreuze und ein heiliger Bischof. Auch
diese Glocke hat ein Gies.serzeichen. — Die dritte Glocke ist 1848
von P. M. Hausbrandt-Wismar umgegossen worden.
Glocken.
Kleinknastwerke. 1. Silbervergoldeter gothischer Kelch auf sechs- Kleinkunst-
eckigem Fuss, der mit den eingravierten Namen und Wappen des JOHANN werke.
SPERLING und der SOPHIA JLSE VON BÜLOW, sowie mit der Jahreszahl 1629
versehen ist. In den Rauten des Knaufes der Name il^cfbS- An der Kupa
ein plasti.scher Krucifi.xus, wie er sonst als Signaculum am Fusse zu
sein pflegt. Nebenstehendes Meisterzeichen. Kein Stadtzeichen. An der
Digitized by Google
652
amts(;krk:htshk/.ikk sciiwkkin.
Patene keine Stempel. — 2. Grosser sübervergoldeter Kelch mit getriebenen
Rococo- Mustern. Oben an der
Kelch (i).
Kupa die Inschrift: D • J • WETSTEIN AN
DER BUCHHOLTZER KIRCH • 1764 .
Schweriner Arbeit. Neben-
stehende Werkzeichen. Pa- |mÜM^
tone ohne Zeichen. 3. Silbervergoldeter
Hecher von 9,5 cm Höhe, auf niedrigem
getriebenem Fuss, der mit Maskarons,
liechcr (3).
Laub- und Handelwerk verziert ist. An <lcr Kupa eingravierte Mu.ster des
Spätrenaissance- und Harock.stils, welche den Mindruck machen, als ob sie
nicht ursprünglich zum Fuss gehört haben. Der Iniss ist Nürnberger
Arbeit. - 4. Silberne runde Oblatcnschachtel mit dem Memo- ^-^
gramm 1^^^ Unterseite des I-'usses der Stemj)el:
(ieschirhte
des
I)i)rfes.
Das Kirchdorf Zittow.
|m 1251 hat das Schweriner Domkapitel bedeutende Hesitzrcchtc am Dorf
Zittow ') (Zuttecowe, Cithecowe. Zittekowe u. s. w.) und dessen See,
den zwei ilcm Dom veri)flichlcle Fischer in seiner ganzen Ausdehnung be-
fischen. Der Domherr Sinnen ist zugleich Pleban von Zittow. Aber das
I'atronat der Kirche .schenkt Graf riunzelin III. dem Domkapitel zu Riga, dem
es in Folge dessen im Jahre 1 2S6 von (iraf Nikolaus I. aufs Neue zuerkannt
') N'.ich Kilhnel, M. Jahrb. \I.VI, Ort des Suteli.
, Google
KlkClinOKI- ZITTOW.
653
wird.') Allerlei Streit über Privilegien und Rechte, auch über das Patronat,
giebt es 1 326 zwischen dem Grafen Nikolaus von Schwerin auf der einen und
dem Bischof, Probst, üekan und Kapitel auf der anderen Seite. Aber die
Urkunde, die davon berichtet, geht nicht in solchem Umfange auf alles \i\n-
zclnc ein, däss es möglich wäre, die Zittower Verhältni.s.se in diesem Jahre
völlig klar zu legen.') Ausser dem Domkapitel, das seinen Uesitz zu mehren
trachtet, finden wir dort im XIV'. Jahrhundert die Herren von Lützow und im
XV. Jahrhundert die von StralendorflT, welche um 1444 ihre vornehmsten Privi-
legien an die Herren von Halberstadt verpfänden, zu rleren Hauptsitxen im
Lande damals die benachbarten (iüter Cambs, langen -Hrütz und (iörslow
gehören.') Im XVI. Jahrhundert folgen ihnen mit Besitz und Rechten die
Pcntzc und Stücker Raben (s. o. S. 632), denen damals u. a. auch das am
Schweriner See gelegene Dorf und Gut Stcinfeld (daher Raben -Stcinfeld) gehört.
Kirchdorf /iuow.
David von Raben auf Steinfeld verpachtet 1642 zwei wüste Hauerstellen und eine
Kossäten Stelle zu Zitlow auf zwölf Jahre für 2400 Gulden. 1666 aber schenkt
der Herzog Christian I.ouis dem Oberst Hclmuth von Plessen auf Cambs, wo
früher die von Halberstadt sasscn, zwei Hufen in Zittow. Auch Rabenstein-
fehl wird vorübergehend Ples.sen 'scher Besitz, 1683 aber überlässt es der ge-
nannte Oberst Helmuth v<in Plessen auf Cambs dem Herzog Christian I.ouis,
und 1701 wird auch <las Dorf und Gut Zittow eine herzogliche Domäne,
indem es der I^xmdrath Dietrich Joachim von Plessen mittels Tausch- Vertrages
dem Herzog Friedrich Wilhelm für das nahegelegene Dorf Brahlstorf abtritt,
das bis dahin eine fürstliche Domäne gewesen war und von nun an in den
') M. f. 11. 672. iS«io. 4790.
') M. l . U. 4790,
') M. l . H. 6309. Ferner .Wien im (Iro-i-li. Archiv. 1474 hatieti die StralcndorfT's noch
.\iircchlc an I.nn^cn • Itriltz jhelegcii im Kiri.rh>|>icl Silknw im I.anilc /cIcsl-m, der N'oj^tei Krivitzi.
4
654
amts(;f,richtsbezirk Schwerin*,
Verband der ritterschaftlichen Güter eintritt. Doch behalten die Herren von
IMessen auf Cambs das Patronat über die Kirche zu Zittow, und in Folge davon
haftet dieses noch heute am Besitz von Cambs.')
Von den Namen der Geistlichen des Mittelalters ist nur einer auf uns
gekommen, der des vorhin erwähnten Schweriner Domherrn Simon. Im
Kirchenvisitation.sprotokoll von 1587 wird Gerhard Piel als Vorgänger dos
damaligen Pastors Knickenberg genannt. Knickcnbcrg s Nachfolger i.st 1623
Heinrich Schomann. Es folgen 1632 Johannes Koch, 1639 Joachim Wulff
(Wolf), 1673 Joachim Siggelkow, 1704 Friedr. Wetzstein, 1730 Thomas Mathias
Sprengel, dem 1754 dessen
Sohn Dietr. Helm. Joachim
Sprengel adjungicrt wird, und
1 792 J. C. Höffler. lieber ihn
und seine Nachfolger s. Wal-
ter a. a. O.
Kirche. Kirche. Die Kirche
ist ein Feldsteinbau mit sorg-
faltig behauenen Eck- und
Kantensteinen. Beide Thcilc,
Chor und Schiff, sind ge-
wölbt, jener mit einem, dieses
mit zwei Jochen. Die beiden
äusseren Ostcckcn des Chors,
ebenso die beiden Westecken
des Schiffes, sind in späterer
Zeit durch Strebepfeiler ver-
stärkt worden. Die Fenster
des Chors sind spätromanische
Schlitzfenster, im Osten drei,
im Norden und Süden zwei,
die des Schiffes sind in
jüngerer Zeit stark verändert
und haben nichts mehr von
ihrer Ursprünglichkeit. Der I^ibung des Portals der Südseite fehlt nicht das
der frühgothischen Zeit und diesem Stil eigenthümliche Kämpfer tuul Ka})itell-
glied, welches später fortgela.ssen wird. Der in der I -äng.sach.sc des Schiffes
') In alter Zeit verfügt, wie wir gesehen haben, der I^ndcshcrr Ulicr «las I'atronat. indem
er ei im XIII. Jahrhundert dem iJom zu Kiga zuerkennt. 1520 ülierlissrn Krzl>i>chüf und l)«m-
kapitel von Kiga das l'alrunat von /.ittow ai\ die .\iitoniter Tr-neceptorci zu Tempzin (M. Jahrb. .\IV,
S. 26S). 1587 hat Ihrzog Christoph zu ( iadclnisch, .Vdministrator des Stiftes Katzctiurff, das
Patronat; aber 1632 behaupten die Herren von llalbersl.ndl auf C.-unbs dem I.andeshcrm jjegen-
über .luf (irund eines Kaufbriefes die rochtniäs^igcn Inhaber zu sein, und Herzog .Adolph Friedrich
räumt ihnen das Kccht bei Gelegenheit der Berufung des Johannes Koch zum Prediger in Zittow
thatsächbch ein. Von den Herren von Halberstadt gelangt das l'atr<»nat an <Ue von l'lesscn.
Kirche zu /.tttnxv.
, Google
KIRCHDORF ZITTOW.
fingcbaiite Thurm ist aus Hacksteinen aufgeführt, drei Stockwerk hoch, und
trägt einen vierseitigen Tyraniidcniichii, der mit Zungensteinen gedeckt ist,
während ach in dem Dach der Kirche an mehreren Stellen Mönchsziegel er-
halten haben. Oberhalb des im Spätrenaissancestil ausgeführten Thunnportals
ein in die Mauer eingelassener» mit Waffen und Inschriften geschmückter
Sandstein vom Jahre 1698. Ks stehen nebeneinander die Wappen derer
VON PLESSEN. VON OERTZEN. VON PLE88EN» VON LEPEL. (Vgl die Empore
in der Kirche.)
Der AltarwiCMU ist ein von JOHANN PETER HEINRICH DIE8TBL 1832
geschenktes Werk mit neutestamentlichcn Darstellungen auf einer hoch auf-
gebauten Holzvvand, die mit vurtrcsetzten Säulen in klassiricrcndcni Stil ge-
schmückt ist. — Der Orgelprospekt ist drei Jahre früher von ebendemselben
Geber geschenkt worden, dagegen ist die Kanzel ein älteres Werk aus dem
Jahre 1669 mit ganz denselben sechs Wappen der Familien von Halberstadt,
Holstein, Plessen, Oertzen, Plessen und Lepel, die sidi an der Empore auf
der Nordseite des Chors aus demsdben Jahre 1669 finden und denen fol-
gende Initialen hinzugesetzt sind: IC • V • H, I • V • H, l€ • V • B, OL • V • CR,
0*l>V*e, G'E>V>L. Hierunter die noch durchscheinenden Namen emer
älteren (Jeneratiun.'J
Ef Haphien. An der Südwand des Chors ein sehr grosses aus Holz Epitaphien,
geschnitztes Epitaph (im »Genre cichoresque«), theils über, theils unter der
Ramper Kmpore. einst mit vielen Wappen geschmückt, von denen aber jetzt
nur noch ein kleiner Theil vorhanden ist. Ausser Spruchen und Versen eine
Inschrift, von der nicht viel mehr zu lesen ist. Es handelt sich um den
sdion üfter genannfeen Oberst Helmntii won Pleaaen, Erbherm auf Cambs und
Buchhok, Patron der Kirche, im Alter von 81 Jahren gestorben, und um
seine Gemahlin Oelgard vm PttMca, geb. von Oertzen aus dem Hause Roggow,
gestorben 171 1 im 76. Lebensjahre. — An der Nordwand des Chors vier
weitere Gedenktafeln, drei mit Inschriften, von denen die eine auf Helmuth
von Plessen (ijcb 1666, ucst. 13. Juni if'>S5), die andere auf Eleonore
von Plessen, Ehefrau des Emst Cbristoffer von Koppelow (geb. 24. März
167 1, gest. 3. März 169 1), und die dritte auf Ludwig Reimar von Pletten
^b. 13. Juli 1674, gest 13. Oktober 1691) verfasst ist, während die vierte
keine Inschriften hat und dafür nur mit sieben kleinen Schilden von Eisen-
blech bededct ist.
*) Nach von lIoinckhu^eD's Tabellen: Henning von llalberstadt auf Cambs, hcrzogl. M.
Geh. Rath, lebte am die Wende vom XVI. inm XVII. Jahrhundert und war vennKhh mit lUabe
von Holstein, iler Tochter des Amtshauptniannes Henning von Holsteio auf Ankershagen. —
Der Oberst Hehnuth von l'les&en, vermihit mit Oelgard von Oeitaeiii der Tochter des Jasper
von Oertzen auf kugguw, starb im Jahre 1694. Ihm folgte als BesitBer voB Canba aein Sohn,
der Kpatere Geh. Rath Dietrich Joachim von l'lcssen, der mit Eleonore Gertmd von Lepel,
einer Tochter des Burchard Hartwig von I.eiiel auf (irorobow, vermihit war und im Jahre
1733 »tarl».
Digltlzed by Google
656 AMTSGBRICHTSBBZIRK SCHWBtON.
Grabsteine. Grabtteloe. I. An der Südseite des Altars ein Stein mit dem Bilde
dnes Geistlichen, der den Kelch hält und mit den Evangelisten -Symbolen in
4eii Ecken. Die Inschrift ist nicht mehr m entziffern. — 2. Vor dem Altar
ein Stein mit dem Bilde der Aufersbehung unter dnem Rundbogen. Jederadts
vom Bilde vier Wappen, von denen aber nur noch das Bülow'sche und
Plessen'sche zu erkennen ist. Der abgetretenen Inschrift lässt sich entnehmen,
das» im Jahre 1606 Chim Berner und seine Hausfrau Anna Sperlinpf diesen
Stein ihrem seligen Vater Johann Berner zu Khren haben legen lassen —
3. Stein des Pastors Dietrich Helmuth Joachim Sprengel, der in Zittuw und
Langen-Brütz 38 Jahre lang Päistor war und am 15. Januar 1792 starb.
Glocken. Glocken. Von den beiden Glocken hat die grössere einen Durchmesser
von 1,19 m. Sie ist laut Inschrift 1819 zur Zeit des Patrons JOH. PETER
HEINRICH DIESEL und des Faatan J. C HÖFFLER gegossen und hat ausser
dner Anrufimg des Schuties Gottes vor Feuersgefahr den latdnischen Spruch:
PRECES JUBEO I FESTUM ANNUNCIO | FUNERA PLANGO |. — Die zwdte
Glocke hat einen Durchmesser von 1,05 m. Sie ist in demselben Jahre ge-
gossen wie die grosse und enthält in lateinischer Sprache die Mittheilung,
dass beide Glocken im Jahre 18 10 durch Blitzschlag vernichtet wurden: NOS
CAMPANAE I I6NE FULMINIS DISSOLVTAE 1610 | RENOVATAE 1819 | .
Kleinkunst- Kleinkanstwerke. i. Silberxergoldeter Kelch auf achtpassigem Fuss
vom Jahre 1732. Auf seinem Fuss die Inschrift: MAQDALENE SOPHIA VON
PLE8SEW, wmWE VON LEFEL Die Pätene ohne Inschrift. Rostocker Arbeit:
5r7 I ' ^ ^J**) ■^^'^ ^ Untersdte das Allianzwappen des Ehepaars. Patene
^"''^ohne 2Sddien. — 2. Silberner Kelch vind Patene der Langen- Brützer Kirche
vom Jahre 1694, auf sechseckigem Fuss. Am Knauf des Kelches der i^Ä^/JS
Name J»H»E»S«V»S» Lübecker Arbeit. Patene mit denselben
Werkzeichen. — 3. Silbernes Oblatenkästchen, laut Inschrift 1856 geschenkt
von CHRISTINE DIESTEL. GEB. RUSCH. Ohne Werkzeichen. — 4. Silbernes
Geräüi zur Kranken-Kommunion, Keldi, Patene und Obbtenschaditel, zwischen
1866 und 1870 vom Goldschmied Oltse in Sdiwerin angefertigt — $. Silber-
vergoldete Abendmahlskanne vom Jahre 1886, in neugothischem Stil. Leip-
ziger Arbeit — 6. Taufschale von Messing, Treibarbeit, 1659 geschenkt von
OELGARD VON PLESSEN, geb. von Oertzen. — 7 — II. Fünf zinnerne Kelche,
von denen vier das Datum 1676 tragen, zwei der Zittower, je einer der
Cambser und Langen -Brützer Kirche angehören, der fünfte aber keine An-
gaben enthält Dazu fünf zinnerne Patenen, von denen dne den Namen
H • <l • 8 • RAST • (Siggelkow, s. o.) enthält — 12. Ein kleiner zinnerner
Krankenkelch, 1683 von OTTO BEHNCKE geschenkt. Dazu eine Patene. —
13 — 16. Vier zinnerne Leuchter, der eine von 1633 mit dem Namen JOCHIM
FRÖVKE, der andere von 1644 mit dem Xamen AGNETA SCHLOWES, der
dritte und vierte ohne Inschrift. Werkzeichen nicht gefunden.
') Jacob von Stade. «
Digitized by Google
KIRCHDORF CAMBS.
657
Das Kirchdorf Cambs.
,11 der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts haben die drei Preene (Johann,
Georg und Gottschalk) sowie Albern Honsack und Hartwig:; I^ameken-
dorp (Rankcndorf) Besitz und Rechte im Dorf Kamptze, das 1 1 km nord-
ostlich von Schwerin an einer Uucht des C.inibscr Sees Hej^t.') 1504 finden
wir hier und auf den bcnaclil)arti ii ( liitcm I .ee/en und I .an^en- Brut/, die
Herren von llalberätadt. Aber sie halten sich auf diesem Besitz nur bis
etwas über die Mitte des XVII. Jahrhunderts. 1659 leistet der Oberst Helmuth
von Plessen den Lehnseid über das von ihm lur 48552 Gulden von den
Halbcrstadt'schen Gläubigem erstandene Lehngut Cambs, und 1696, zwei Jahre
nacli d( III Tode des Obersten, gehören zu Cambs als Nebengüter Karnin,
Zitlow, die Meierei I.icssow, ein Antheil in Buchholz, die Mühle in I.antjcn-
Brütz und ein sonst mit Rabensteinleld verl)Uii(KiU'r Hauerhof in Zittow.*)
Ucbcr das seit dem XV'il. Jahrhundert an Cambs haltende l'atronatsrecht s. o.
S. 653. Bis 1795 bleibt Cambs Plessen'scher Besitz. Von 1795 bis 18 15 ist
Hofrath Bernh. Jak. Daniel Neumann Rechtsnachfolger. Von den Neumann-
sehen Gläubigern erwirbt Joach. Heinr, Ncucndorff das Gut, 18 18 aber ist
Joh. Heinrich Diestel der Besitzer, dessen Familie es noch heute innehat.
Die Kapelle zu Cambs ist von jeher Filiale von Zittow j^'ewesen, mit
ihr die Kapellen von Idingen -Brut/., Zaschendorf und Bruhlstorl, von denen
die letztgenannte eingegangen ist. Vgl. das Visitationsprotokoll von 1653.
Kapelle. Als Kirche finden wir eine kleine von 1S55 auf i.S5r) erbaute
Fachw erkkapelle mit einem Thiirmchen auf dem W'e.stende des 1 )aches. Der
Innenraum ist ein rcchtwinkliches Oblongum mit flacher Bretlerdeckc.
Das scldichte Mobiliar der Kapelle giebt zu Bemerkungen keinen .\nlass.
Den Altar ziert ein hölzerner Krucifixus. — Die einzige kleine Glocke im
Thurm hat einen Durchme.s.scr von 0,68 m und ist laut Inschrift 1855 zur Zeit
des Patrons JOHANN PETER HEINRICH DIESTEL von J. C. Haaek u. Sohn zu
Rostock (Eisengiesserei) hergestellt worden. — Ein silbervergoldeter Kelch
mit dem Jesus -Namen am Knauf enthält auf der Unterseite des Fusses die
Angabe, dass er 1694 von DIETRICH JOCHIM VON PLESSEN geschenkt worden
sei. Dazu eine Tatcne, .Auf dem .Mtar zwei zinnerne Leuchter >IO
Geschichte
des
Dorfes.
in Topf- Form mit dem nebenstehenden Monogramm = O. v, Tlessen.
') .M. f. n. 5213. A. 1!. K.-ini|.a .ulcr kctnpa ^ Flusrfiwel. S. Kflhnet, M. Jahrb. XLVI,
S. 64. Der See hcis»t im VolksmunUc auch /iUuwcr See.
.Vusserdetn haben die Erben des Obersten von Hessen das jus rdnenifi von Kevbof und
Ventachow.
Kapelle.
Mobiliar
der
Kapelle.
Glocke.
42
Digitized by Google
658
AMTSGERICHTSBBZIRK SCHWERIN.
Geschichte
des
Dorfes.
Kirche.
Das Kirchdorf Langen - Brütz.
in Jähre 1335 fuhrt das Dorf Langen •Brütz, das nadi beiden Richtungen
hin, über den Paulsdainin uic iiber Rabensteinfeld, 15 km östlich von
Schwerin entfcrul ist, wälirnul die i^Liadc Luftlinie über den See nur 8 km
betragt, noch den Namen Uruseuitz in terra Selesen , ebenso 134" l^ni
zeuisse in deme lande to Tzelesen.«') Damals sind die Herren von Dricberg
hier als Gros^Tundbeützer angesessen. Von ihnen ermrbt das Schweriner
Donikapitel zwei und dreiviertel Hufen, und zugleich erfahren wir die Namen
von (linf Bauern, die hier ihre Aecker pflügen: es sind Reimer, Gerhard
Dobbin, Abel Schlichtint;, Martin und Make Gallcntin Neben oder nach den
Drieberg's kommen die .StralendnrtT'K auf, die auf C'aiiibs sitzen, mit ihnen
aber auch schon im Anfange des X\'l. Jahrlumderls die von Ilalberstadt.
von Helpte, von Sperling, von l\-nty. und von Kabcn, die hier und in der
Nachbarschaft bald kleinere und grössere Höfe, bald auch nur Zins- und Pacht-
zahlungen auf kürzere oder längere Zeit erwerben. Im XVII. Jahrhundert,
besonders in der zweiten Hälfte, sind es die von Halberstadt, welche hier den
Hauptbesitz haben und 1666 und 1685 in Langcn-Brütz, Leetzen und Panstorf
Allodialrechtc gewinnen. Manchen Streit <^\c]){ es zwischen ihnen und den
Herren von Plessen auf Cambs, denen die Muhle in I .antuen ■ Hriit/. Ljehorl und
die auch Anrechte am See haben. Auf den 1730 beginnenden /usannncn-
bruch des Halberstadt'schen Vermögens erfolgt eine Verwaltung durch die
Gläubiger, die später mit den Langen -Brützer Bauern in einen Prozess ver-
wickelt werden. 1745 kauft der Geh. Rath von Laffert die ebengenannten
Halberstadt'.schen Güter, von 1782 an ist Gerd Karl von Dessin der Rechts-
nachfolger der l'amilic von I.affert. von 1792 an Joh. Wilh. von I'ressentin.
Pur dessen Ilrl)en \<in 1S13 bis 1S24 der Ju>ti/rath I-lrnst Joh.inn von .Schack
die X'crwaitung fuhrt. Von 1825 an übernehmen Kegicrung.srath von Schack
und Regierungsräthin von Schack, geb. von ßülow, den Besitz, den die letzt-
genannte bis 1866 behält. 1867 finden wir an ihrer Stelle Emst Albrecht
von .Schack und verehelichte von .Schulz, geb. von .Schack. 1868 tritt Ludwig
Dicstd den Besitz an, und heute haben ihn dessen Erben.
Kirche. Die Kirche ist ein im Jahre 1859 auf der Grundlage eines
länglichen Vierecks ausgeführter einschiffiger Backsteinbau mit flacher Bretter-
decke und mit Spitzbogenfenstern. Ihr im Westen vorgebauter Thurm ist
.schmaler als das Schiff und tragt eine achtseitige niedrige Kappe, die sich
aus vier Scliildgiebeln entwickelt.
') M. l . Ii. 557''- ''757. l>i;rvcllu- Nanu- mit <Kni /u^.ti/. »twIeKcn im Ktrebspiel SKkow
im l.aiidc ZcIcacii, der Vugtei Kriviu« finU«l .sich noch in Akten von 1474»
Digltlzed by Google
KIRCHDORF LANGKN - BRCTZ.
6s9
Kirche.
Die Einrichtung ist einfach, der Altar hat als Schmuck einen ähnlichen Einrichtung
hölzernen Krucifixus wie die Kapelle in Cambs und zeigt wie dieser die der
Initialen seines Stifters JOHANN PETER HEINRICH DIESTEL.
Vor dem Altar ein alter Grabstein mit den Wappen der Familien
von Möllcndorf und Halbcrstadt vom Jahre i66\. Er deckt die Ruhestätte der
FRAW MAGDALENA, GEB. VON HALBERSTADT, DES HOCHEDLEN HERREN
JOCHIM VON MOLLENDORF WEILANDT AUF
DARGLVETZ ERBGESESSEN NACHGELASSEN
FRAW W^ITTIBE.
><k
Von den drei Glocken des Thurmes hat Grabstein,
die grösste einen Durchmesser von 0,93 m
und zeigt ausser der beistehenden Meister-
marke die Bilder der hl. Maria mit dem
Kinde und eines Bischofs, dazu die Inschrift:
^mio bnl * 111 * ccrc • Ipil * f^tlp * got ♦
bllbc ♦ (ni)nria- — Die mittlere Glocke hat
einen Durchmesser von 0,79 m und ist 1859
von P. M. Hausbrandt in Wismar zur Zeit des
Patrons JOHANN PETER HEINRICH DIESTEL
und des Pastors HERMANN PENCKOW gegossen
worden. — Die kleinste Glocke hat einen Durch-
messer von 0,40 m und in gothischen Minuskeln
die Inschrift: jl^cfb^ crifl:\j^ ttX
jbbcortain • birgo inaria • Dazu
nebenstehendes Zeichen.
Kleinkunatwerke. i. Kelch s. bei Zittow. —
2. 3. Auf dem Altar zwei Leuchter von Messing,
der eine mit der Inschrift: TÖNNIES REIMERS
ANNO 1614, der andere mit den beiden Namen
JOCHIM STRUCK, HANS STRUCK, aber ohne
Jahreszahl. — 4 — j. Am Langen • Brützer Stuhl
sind drei Allianz- und ein einfaches Wappen
von Zinn befestigt , das Schack - Bülow'sche
.Grabstein der Magdal. von Möllcndorf, („lit der Unterschrift: Frau REGIERUNGS-
ßch. von Halbcrstadt. p^^^,^ SCHACK, geb. von Bülow, geb.
13. Juni 1788, gest. 5. Mai 1866), das Pressentin- Dessin'schc (mit der Untcr-
.Hchrift: Herr JOHANN WILHELM VON PRESSENTIN auf Prestin und Frau
MARGARETHA KATHARINA ELISABETH VON PRESSENTIN, geb. von Dessin),
noch einmal das Schack -Bülow'sche mit derselben Unterschrift wie oben, und
endlich das einfache Pressentin'sche Wappen (mit der Unterschrift: Herr JO-
HANN WILHELM VON PRESSENTIN auf Prestin und Langen -Brütz). Vgl. S. 658.
Kleinkunst-
werke.
42*
Google
66o
AMTSGERtCHTSBEZIRK SCHWERIN.
Das Kirchdorf Gürslew.
(lesrhiditc DB]'^-'' östlichen Ufer des Schweriner Sees gelegene, in gerader
des l»sfl I.utllinic 5 km, auf dem Landwege um das Südende des Sees herum
Dorfes, ^^j^^ j^j^^ ^^j^ Schwerin entfernte Dorf und Gut Görslow ist ein alter
Hauptsitz der Herren von Halberstadt. 1337 wohnt hier der Ritter Johann
von Halberstadt, der am 20. Januar d J. dem Kloster zu Eldena fiir seine
dort als Nonne lebende geliebte Tochter Margaretha aus seinem Hof eine
jährliche Präbende von 5 Mark stiftet. Mit Langen-Brütz und dem übrigen
Landl)csitz in dieser Gegend bleibt Görslow bis 1740 in Halberstadt schem
sowie nachher bis 1782 in Laffert' schein und bis 1791 in I )i ssin si licni Hesitz
(s. o. Langen -Brutz, S. 658). 1791 scheidet es aus dem alten (iulerverbandc
aus und wird Eigenthum des Georg Adolph von Winterfcid. 1798 ist Ober-
hofmarschall C. J. Baron von Ltttzow dessen Rechtsnachfolger, 1804 der
Niederländer (spaterer Kammerherr) Jan Jakob von Herzeele, 1806 Joh. Niko-
laus Böhl gen. von Faber, 18 17 wieder der obengenannte Holländer, 18 18
Cornelius von Iler/ccle, und 1S20 (leorg von liehr. Seit 1867 hat die Linie
von Hehr- N'egendanck das scliön <^cli.',4cne (nit.
Die Kapelle zu Görslow ist eine Filiale der Kirche zu Pinnow. S. Bd. III.
Kapelle. Die Kapell« ist ein 1842 begonnener aber erst 1846 eingeweihter, mit
Kalk übertünchter Ziegelbau auf Grundlage eines länglichen Vierecks mit
einer im 0.sten angesetzten fast rund erscheinenden, in Wirklichkeit aber aus
dem .Sechzehneck gebildeten inwtndiLj i^fniiulctfn Apsis. Die Muschcl-
wölbung dieser Apsis ist blau bemalt und mit goldfarbigen Sternchen reich
besäet Das mit kleinen Rundbogenfenstern erleuchtete Langhaus ist flach
gedeckt und hat einen El(^;ang von der Halle des Thurmes her. Der Thurm
erhebt sich ungefähr ein Stockwerk hoch mit sdnem Gemäuer über das
Dach der Kapelle und ist oben mit einer über niedrige Schildgiebel gelegten
Kappe geschlossen, auf welcher sich mehrere Kreuze in Form von Grab-
kreuzen erheben.
Altar und Altar und Kanzel sind am Ostende der Kapelle hinter einander auf-
Kanzel, gestellt Die übrige Einriditmig ist nicht weiter bemerkenswert!!.
Der Thurm ist ohne Glocken. DaiUr aber giebt es auf dem Kirch*
hof des Dorfes in einem einfachen hölzernen Glockenstuhl eine kleine
.i;nthi';che Glocke \'on 0,60 m Durchmesser, welche die Inschrift hat: RAttO «
uumui ♦ SQ ^ auaa ^ lvii
Digltlzed by Google
KIRCIIIKJRF GÖRSLOW.
661
Unter den Kleinkuastwerken der Kapelle ist nur ein silber\'ergoldetcr Kleinkunst
Kelch mit rundem Fuss zu nennen, der die Wappen der Familien
von Halberstadt und von Thun :
und dazu die Namen: H. BALTZ. GEB-
HARD VON HALBERSTADT. F. HEDWIG
CLARA VON THUNNEN enthält. Die dazu
gehörige Patenc zeigt die Initialen der-
selben beiden Namen: B. G. v. H. — H. C.
V. T. Schweriner Arbeit:
Ausserdem ist noch eine
mit in Silber getriebenen Rundfalten ge-
schmückte üblatcnschachtcl vorhanden,
welche auf der Unterseite das Parkentin-
sche Wappen mit den Initialen S. M. v. P.
enthält. Ohne Werkzeichen.
Im Garten des Hofes die Grab-
kapelle der l'amilie von Behr, welche
als Umbau der alten Görslow'er Kirche zu
bezeichnen ist. Man erkennt noch den
ehemaligen Chorschluss aus dem Achteck
und einen Theil des Langhauses mit sjjitz-
bogigen Lichtöffnungen. Hin paar Schritte
siullich davon eine zweite kleine gewölbte
Grabkapelle der Frau Margarethe Magda
lena Dorothea von Winterfeld, geb. Freiin
von Kielmannseggc (geb. 17. Mai 1750 zu Sternberg, gest. 3. Dec. 1800 zu
Güstrow).
werke.
Grab-
kapclle.
Das Kirchdorf Plate. )
as 10 km südlich von Schwerin an der Stör gelegene Kirchdorf Plate Geschichte
(Plotc) wird schon frühe genannt, nämlich den 24. Oktober 1 191 in
jener Urkunde des Papstes Cociestin III., durch welche Domkapitel und l^o^f^s.
Bisthum Schwerin aufs Neue bestätigt werden. Da heisst es, dass die Fin-
künfte aus dem SchifiTahrtszoll in Plotc zur HeschafiTung von Lichtern in der
Kirche zu Schwerin dienen .sollen: ad luminaria ecciesie Suerinensis.*) Das
Domkapitel erwirbt in der I'olge nicht unbedeutenden Landbesitz in Plate.')
') Von Kuhnel, M. J.ihrl». XI. VI. S. 109 mit dem nltslavi^chen Wort plotA-Z.nun in Ver-
liiml ßcbr.-icht.
«) .M. V. U. 151. Lisch, M. Jahrb. XXVIII, S. 222.
=•) M. f. II. 628. 1369.
Cc
662
AMTSGERICHTSBBZIRK SCHWERIN.
Doch ist CS m(ij;lich, dass dieser schon in der vorreformatorischen Zeit wieder
aufgerieben wurde. Denn in der evangelischen Zeit ist von Plate als (k-bict
des Domkapitels keine Rede mehr.'} Im XIV. und wahrscheinlich auch schon
im XUL und XH. Jahtlntmkrt ist Plate ein fester Platz, der s. B. im Kriege
des Jahres 1323, als Graf Heinrich von Schwerin auf Seiten des mächtigeren
Fürsten Hebrich des Löwen von Mecklenbui^ steht, den Gegnern l>eider
(Pommern, Warle, Rügen, Bischof Hermann von Schwerin und Graf Nikolaus
von Wittenburg) einen Angriffspunkt bietel und Mitte Juni des Jahres 1326
bestürmt und cingenoiiimen wird.*) Als Feste wird I'latc mit Schwerin und
Redeßn zusammen im Bündniss- und Erbverbruderungsvertrag vom i. December
1358 zwtsdien den Henögen von Mecklenburg und dem Grafen Nikolaus von
Tecklenburg und Schwerin hervorgehoben*); und von einem Buiglehn in Plate
hören wir noch im Jahre 1506. Damals verleihen es die Herzöge ihrem Rent-
meister Klaus Trutmann nnd dessen Leibeserben; ausser etlichen Aeckern
und Wiesen, gehören auch -der kleine Zoll«, die I-"ischereigerechtigkeit und
im Besondern zwei Aalweliren dazu. Meute aber, nachdem Plate ein zum
Domanialamt und Stiltsamt Schwerin gehörendes Bauern- und Büdncrdorl ge-
worden, ist von allen diesen Besonderheiten keine Rede mehr.
Das Kirchlehn scheint von Anfang an in der Hand des I^ndeshcrrn
gewesen zu sein. Nach Ausweis der Kirchenvisitation von 1334 sind es die
beiden Herzöge Heinrich und Albrecht, die 15 18 den Johann Flomhelt zum
Kirchherrn von Plate, Banzkow und Consrade berufen und durch den Probst
zu Schwerin einsetzen lassen.^) 1541 ist Briccius (Brix) Haneke Kirchherr zu
Plate. 1553 folgt Doniinicus Joh. Hahn (7 1576), welcher spater erblindet
und dem daher Matthias l-xkhorst '') schon im Jahre 1573 adjungiert wird.
Eckhorst's Nachfolger ist Mathias Körner. Aber bei der Kirchcnvisilation
d» Jahres 1596 (30. Juni) ist schon Joadiim Koltzovius Pastor von vier
Kirchen. Er stirbt 1604. Ihm feigen 1605 Georg Hinzpeter (f 1665), 1662
Jakob Thiele (f 1676), 1676 Joachim Foege (+ 17 10), 17 10 Joh. Albert
Forck (f 171 1), 1712 Joachim Christ. Aeschen (•;- 1751). Noch vor Aeschen,
aber im seihen Jahre, stirbt sein ihm zu Hülfe gegebener .Schwiegersohn Jakob
Carmon. Dessen Wittwe heirathet der Nachfolger Bernhard Calander (1752,
f 1762); 1763 folgt Joh. Benjamin Loefller {7 1785), 1786 Chr. Vollrath
Haue (t 1799), am 10. März 1799 Emst Beust (f 1836). Ueber ihn und
seine Nachfolger s. Walter a. a. O.
Nachdem schon 1709 em Diebstahl in der Kirche zu Plate stattgefunden,
den angeblich zwei Juden, eine Jüdin und eine Christin zusammen verübt
■) Vgl. Schildt, M. J.nhrh. XLVII, S. 197 ff. Ueber die im XVII. Jehrirandert aiiBeUieli
nach Däncm-irk (gebrachten und vielleicht udi udenwoliin TertettdteD Urkvndeii des Domlutpitd»
vgl. Lisch, M. Jahrl). XXVII, S. 8v ff.
*) Kirchberg, Chronik, Kap. 166. — Kische, Gesch. d. Itrafschaft Schwerin, S. 4I.
^ M. LVR. 8534.
*) I'cck.-itel wird dniiKiK nicht niit^'t-nnnnt. .luch 1541 noch nicht, wohl über nacUlCr IS96>
^) Vgl. unten die Patene mit seinem und der Kirchenvorsteher Namen.
Digltized by Google
KIRCHDORF PLATE.
663
hatten, die nachher in Weitendorf fjefasst wurden.') crrf»lt;tcn später in der
Zeit Vf>n 1725 bis 17 nicht \vcni<;er als sieben unentdeckt ^^elihebene I'-in-
brüciic mit Diebstahl, davon vier in der Consrader, zwei in der l'later und
einer in der Banzkower Kirche, über welche das Kirchenbuch eingehendere
Angaben enthält.
Die Kirche /.u Tiatc ist ein neugothischer Bau von 1848 und 1849. Kirche.
In Folge einer Feuersbrunst hat sie seit 1874 keinen Thurm mehr. Ihre
beiden Giocken hängen in einem besonderen Glockenstuhl auf dem Kirchhof.
Der Altar-Attfsats enthält ein Hild vom Maler PommsrBnck«*): Christus Altar,
in Gethsemane, 1862.
Der alte Altar-Aufsatz, ein guter spfltgothischer Schnitzschrein, steht in
einer Scitcnkanimer der Kirche. Ebendaselbst findet sich auch das grosse
alte Triumphkreuz.
Glocken. Reide Glocken, die eine von 0,94 m, die andere von 0,77 m Glocken.
Durclimcsser. sind laut Inschrift atts dem Metallj^iit von eri>Iii rten fran7:<isischen
(Jesciuitzen. die der Tatron der Kirche. ( JrossherzoR FRIEDRICH FRANZ II.,
schenkte, .sowie ans dem von der gro.ssen l'"euer.sbrunst de.s Jahres 1874
geschmolzenen Metall der beiden älteren Glocken vom Glockengiesser Albracht
in Wismar gegossen worden.
KleinkuDstwerke. 1. Silbervcrgoldeter Kelch, ohne Inschrift, im Kleinkunst-
Rokoko.stil jüngerer Zeit. Ohne Wcrkzeichen 3 Des^l., ohne Inschrift, werfte,
in klassicierendem Stil. Schweriner Arbeit: |T| 1 1 f d j. - 3. 4. Zwei silberne
Patencn, von denen die eine die Inschrift hat: ER • MATTHIAS « ECKORST*
CLAWES * MiROW * MICHEL » LEISZOW « ANNO *1*5*7»4«, die andere
aber ohne Inschrift ist. Keine W'erk/.eiclicn. 5, KU iner silberner Krankcn-
kelch mit l'ateiie Neu. \'<«n L. Giese Scliueriii. Lani^liclie silberne Oblateii-
schacluel mit ilen nebenslehenilen Werkzeichen (Schweriner Arbeit); äol >Ok
— 7. Kleiner Krankcnkclch von Zinn mit Patene. Ohne Werk-
zeichen. — 8 — 13. Sechs zinnerne Leuchter, von denen vier mit Inschriften
versehen sind, nämlich: i. J. MiSSFELOT 1742. 2. J. 8IEVERT 1742. 3. A. E.
SIEVERTEN 1742 4 S • K • H • DER REGIERENDE GROSSHERZOG VON
MECKLENBURG SCHWERIN FRIEDRICH FRANZ IL. PLATE 26. APRIL 1857.
') IHe Iwiden Weilwr wurden cnlhaaplet, der Siterc Jude gerSdert und der jiint;crc {gehängt.
*) Der Maler Poimnerencke war von llate eehUrtig.
Digltlzed by Google |
664
AMTSGERiaiTSBEZlRK SCHWERIN.
Das Kirchdorf Consraile,
tieschichte ^^1^^ 8 kin südlich von Schwerin am wcsthclien Rande des breiten Wiesen-
des Uma iiiales der Stör gelegene Kirchdorf, das sich durch die ältere Fassung
Dorfes, seines Namens [Conradesrothe (1260 und 1270), Cordesrode (1371)')] ab
deutsche Gründui^ kennzeichnet, zählt im XIII. und XIV. Jahriiundert mit zu
den Besitzungen des der Lübecker Diöcese angehörenden Holsteinischen
Klosters Rcinfcld, das hier im Jalire 1 260 gegen zehn Hufen in Pinnow zehn
andere Hufen von den graflich Schwerin'schen Vasallen Heinrich und Jakob
von VVotwerc eintauscht und zehn Jahre später sechs weitere Hufen gegen Ab-
gabe des Dorfes Wendeistorf im Kirchspiel Gross- Eichsen an die Grafen
Gunzelin und Helmold von Schwerin gewinnt^ Dass dies nicht der emzige
Beätz des Klosters in dieser G^end ist, erhellt aus einer Urkunde vom 10.
Mai 1371, in welcher Herzog Albrccht dem Kloster allen liesitz in seinen
l anden bestätigt.^) Damals tjeliort ihm das fj^anze Dorf Consrade. Mit dem
lüngchen des Klosters in I'^olf^e ticr Reformation (s. u bei Wittenförden) wird
Consrade aus einem Klosterdorf zu einem fürstlichen Domanialdorf, also das
geworden sein, was es heute ist
Als Filia oder Tochter der Mutterkirche zu Plate kommt die Consrader
Kirche, die bald Kirdie, bald Kapelle heisst, schon im Kirchenvisitations-
Protokoll von 1534 vor, wird aber eine sehr viel frühere Stiftung sein und
vielleicht schon in ältester Zeit nach Plate hin eingepfarrt gewesen sdn. Die
ältere Gloclce hat das Datum 1543.
Kirche. Kirche. Die Kirche ist ein im Jahre 1831 renovierter Fach werkbau
und stellt einen ungetheiltcn und flach gedeckten Raum dar. der im Osten
aus dem Achteck geschlossen ist und von stillosen viereckigen Fenstern er-
leuchtet wird. Sic hat keinen Thurm, statt dessen steht ein hölzerner Glocken-
thurm auf dem Kirchhof.
Einrichtunfr Die Einrichtung der Kirdie bietet /.u Bemerkiini,ren keinen Anlass,
jedoch fällt auf, dass auf dem Altar neben einem Krucih.xus zwei andere aus
Holz geschnitzte, ungefähr i m hohe Figuren aufgestellt sind, welche einem
alten gothischen Triptychon entnommen zu sein scheinen, nämlich der Evan-
gelist Johannes mit dem Kelch und die hl. Maria mit dem Kinde. — Das
bemerkenswertfaeste Alterthum der Kirche ist die 0,87 m im Durchmesser
der
Kirche.
') Spiter, 1534 Chnrrzrade; 1541 Cnfrade; 1596 Coourode; 1603 Cnrfsnide. V^. Liaeh,
M. Jahrb. S. 74, Amnkg. 3.
*) M. I . IJ. 1039 und I186.
•) .M. l'.-lt. I0 200.
Digltized by Google
KIRCHDOKF PECKATEL.
665
haltende <;rössere Glocke mit der Inschrift: "ilnilO : bOIllilli . 1 . jj_ Glocke.
buicnt U ljunbrrrli iii ii.i iicrtirij • .iV^ati.icf Otlj&rert) •
Dazu zwei verschiedene Glockenzeichen. Ais weiterer Schmuck
Blumen verschiedener Art, Lilien und grosse Medaillons mit der Darstellung
der Verkündigung des Engels an die hl. Maria. — Die zweite, kleinere Glocke
von 0,77 m Dm. ist 1874 von P. M. Hautbrandt in Wismar aus einer älteren,
die ohne Inschrift war, umgegossen worden.') — Kleinkunstwerkc. Kelch Kleinkunst-
und Patenc, beide von Silber, .sind neu liS'63;) und ohne Inschrift, \'on werke.
I. GIESE-Schwerin. I-".in alter zinnerner Kelch mit dem bekannten Mnt^lisch-
Zinn-Zeiclien enthält die Mamen: J • P • GÖRSS .J.B. HELMS • J • H •
HELN8 • (I) <f - J • HELMS • Ein silberner Klingebeutel, gestiftet von MARIA
MARGARETHA VON RANTZAV ANNO 1710. Endlich sind noch zu nennen drei
zinnerne Altarleuchter mit den Namen JOCHIM BALTZER
HELMS HANS HEINRICH HELMS 1744 und den Zeichen:
Das Kirchdorf Pecfcatel.
as kaum i km östlich von Plate gelegene Kirchdorf Peckatel^ ist in Geschichte
' alter Zeit ein gräfliches Lehn, auf dem die Herren von Hasenkop
sitzen, die von hier aus im XIV. Jahrhundert den Dom in Schwerin und die ^**rfe8'
Kirche zu Sternber^; mit froniM; n "Stiftungen bedenken. Zu einer Vikarei im
Dom giebt der Ritter hVicdrich ll.isenknp nicht weniger als zehn Hufen in
Pcckatel, doch wahrt sich der (iraf xun .Sciuvcrin als oberster Lehnsherr das
höchste Gericht umi auch das l'atronaLsrecht über die Stiftung. Und Bulle
Hasenkop weist 1357 (Ur ein Lehn in der Kirdie zu Stemberg «usser sechs-
undeinhalb Huren im Dorf Klinken auch 16 Mark Wendisch im Dorf
Peckatel an.') Im XV. und XVI. Jahrhundert treffen wir hier die Herren
von Plesscn als Nachfolger der Herren von Hasenkop. Den 18. Januar 1584
erhalten die (nbriider Henneke imd Kurt von I'lessen den herzoj^lichen Konsens
zu einer \'eri)achtun<;^) des Cutes IVckatel an Kaspar Adebar auf dreissig Jahre.
Aber schon 1591 gehen (jut und Dorf Peckatel für 9500 Mark Lübisch aus
den Händen des Kuno von Plessen an den Herzog Johann und somit aus
dem ritterschaftlichen in den Domanial-Verband des Amtes Schwerin über.
Zwar macht Barthold von Peutz 1626 bei der Wallenstein'schen R^ierung
') Lisch, M. Jahrb. XL, S. 202.
*) Zur Namendeutung vgl. Kühnel, M. Jahrb. XLVI, .S. 105. Einige l«it«fl den Namen von
kotol Kessel ab: KcijistiT den M. Jahrbüchern WXI — XL, S. jS. — fcber die gleich-
namige Familie ». .\L Jahrb. IX, S. 477. X, .S. 209. X.MII, S. 44. l'erNoncnregistcr zum M. L'.-lt,
*) M. U.-B. 5846 nnd 8301 A. Zur Stiftung im Dom kommen nachher auch Einkünfte ans
Muess und Pelersberg.
*) Eigentlicli eh einem antichrctischen V'erliauf.
Digltized by Google
666
AMTSGERICHTSBBZIRK SCHWERIN.
und 1O38 bei der lierzoglichen Rci^ierun^ den Versuch, in den Gcnuss des
geistlichen Lohns zu kommen und beruft sich dabei auf eine Verleihung von
dem dänischen und norwegischen Herz<^*Bi8chof Ulrich, aber bei der be-
kannten Eingenommenheit des Hem^ Adolph Friedrich gegen die Domherren
als »inutilia pondera terraec wird ihm diese Bewerbung nicht viel genützt
haben. ')
In den Kirchcnvisitations]jrotok<)llen von 1534 nnd 1541 wir«! l'eckatel
noch nicht mit einer Kapelle aufgeführt, \\uh\ aber sclidu i 5')6. Die Kapelle
muss also zwischen 1541 und 1596 gegründet sein. Ucber einen der merk-
würdigsten Funde auf der Feldmark von Peckatel s. u. Voi^eschichtliche Plätze.
Kapsle. Kapelle. Die Kapelle ist ein l'achu erkbau .Sie hat einen im Westen
vorgebauten sclmialen Tiuirni, der sich mir wenig über den First des Kapellen-
daches erhebt und mit einem .Satteldach geschlossen ist.
Einrichtimg Die Einrichtung der Kapelle i.st unbedeutend. Altar*) um\ Kanzel
tlc stammen aus der klassicierenden Zeit vom l'.iuie \orii;tn luul .Anfang die.ses
Kapelle. Jahrhunderts. Am Altar zwei Bilder, das Abendmahl und darüber die Auf-
erstehung, beide angefertigt von dem Zimmermann Slaht in Peckatel. Als
Kanzelsdirouck finden wir die Bilder des Heilandes und der vier Evangelisten;
am Beichtstuhl die Bilder von Moses und Johannes dem Täufer.
Glocken. Im Thurm zwei GlodieB, welche zur Zeit des Grossherzogs FRIEDRICH
FRANZ II. und des Pastors G. A. FR. KUEFOTH von Ed. AlbrwM in Wismar
umgegossen sind. Die Vorgängerin der einen von beiden filockcn hatte die
Inschrift: 4!> tCJC gloriC )CpF bCIli CÜ parc anno biTl mbiX\ tlazu ein Giesser
zeichen, das einem aufgerichteten Pfeil gleich sah. an dcsseii uuteiein I jide sich
schräg links ein Dolch mit der Spitze anschluss: vgl. t rull, M. Jahrb. .S. 203.
Kleinkim.st- Kleinkunstwerke. \'on zwei Ziiuileuchtern ist der eine ohne Werk-
werke, zeichen mit dem Namen J • BEUTVÜR 1833. »In .ludt-re ein Flickstück ver-
schiedener Zeiten mit dem Namen C • OLDENBURG 1858.
Das Kirchdorf Banikow.
(beschichte BBn dem 16 km sudlieh \on .Schwerin an der .Stor gelegenen Dorf Hanzkow
des ■■■■ [Hancekoue,^) Hansekowe, Hantcekowe, Hanscekowe, Bantzkow, Bant-
Dorfes, schow] giebt es zur Zeit der Grafschalt einen Gutshof, der als Nebenresidenz
dient und von dem aus auch Urkunden erlassen worden sind.') Am 12. März
'j Vgl. .Sclulilt, M. Jahrb. 202. 1.1, 153. 157.
^1718 btuen sämmllicbe Einwohner von l'eckatel um Schenkung des Altars nod der
Kantel der Kirche zu Moitlentin, die niedergelegt wenU-n snll.
•) Nnch K.-Iuu-I. M. I.itirli. XI.Vl. S. 2',. «»tt tlc* ll.uicck.
*) M. L .-l!. 2633. 2634. 3171:. 4721. 4859. Wigger. M. J.ahrb. XXXlV, .S. 117.
Digitized by Google
KIRCHDORF BANZXOW.
667
1350 verpfändet Graf Otto zu Schwerin dem Ritter Ulrich von Drieberpf. seinem
Vogt 7,11 Neustadt, das Dorf, den Hof und die Muhle zu Bantzccowc mit der
Lcwitz wiederlöslich für 1000 Mark.') Wie die Grafen, so weilen dort nach
Erwerb der Grafschaft gelegentlich auch die Herzöge in Kriegs- wie in
Friedenszeiten.*) Bandcow scheint schon früh ein grosses Dorf gewesen zu
sein. Zur Zdt Herzog Heinrich's des Dicken, 1417 bis 1477, giebt es hier,
wie in der mccklcnbur^jischen Gcs( Iii« htc seit Ianj^< :ii hek.mnt ist, Schnitzler
und Drechsler, welche alle möglichen (iefässe aus Holz anfertif^cn, Kannen,
Schalen, Teller, Hecher, die nachher bemalt und vergoldet werden, und die
der Herzog scherzweise seine »Banzkow sehen üläsert nennt. Im XVI. Jalir-
hundert besitzt das Kloster Zarrentin noch verschiedene Anredite an Banzkow.*)
Seit dem Erlöschen der Klosterrechte aber giebt es in Banzkow keinen Grund
und Boden mehr, der nicht zum landesherrlichen Domanium gehört
Am 21 Juni 1733 werden bei Banzkow die Truppen des Herzogs Karl
Leopold von den Li.uicburgern gcsclilatjen
Bis 1856 triebt es hier einen l)amm7.oll.
Wie Consrade, su zählt auch Banzkow nachweislich seit 1534, gewiss
aber schon viel früher zu den Filialen der Mutterkirche zu Plate.
Kirche. Die Kirche ist mit ihrer ganzen Einrichtung ein Neubau Kirche,
gothischen Stiles aus der Zeit von 1872 bis 1875. Die Orgel, ein Werk von Orgel.
Friese -Schwerin, stammt von 1884.
Reste des alten Altar -'i'riptychons, eine Maria mit dem Kinde im
Strahlenlnanz, befinden sich im Thann. Die Beschreibung dieses Werkes
und die der Kirche findet sich bei Lisch, M. Jahrb. XXVII, S. aoa ff.
Glocken. Die grössere Glocke hat einen Durdimesser von 0,84 m und Glodcen.
ist 1806 von J. O. W. Landrs in Lübeck gegossen worden. Die kleinere Glodce
hat einen Durchmesser von 0,69 m und die Insdirift: Hh I|elp4<f0t HhlnilieHh
fbtite 4* Sltina »i* fhlf httihtie HF* m 4* Ii HE* i)E >i<.
Epitaph. Auf dem Thurm eine Gedftchtnisstafd der Familie BatfWMk Kpitaph.
mit der Inschrift: DIE EHRENUE8TE UORACHTBAR UNOT MANHAFFTE RAT-
SACHtt SO IN BANSCHOWW OEWONETT HABEN NAMEN8 1 FETTER R • AUS
BEIDENDORFF BE1I DER WISMAR GEBURTICH A • 1216 . DURCH DER HER-
ZOCH ZU MECKLENB • FYR EIN ERBE SCHMITT IN BANSCHOUW EINGE-
SETZETT SEINES ALTERS • 79 • JAHR DESSEN SOHN LENHART R . SEINES
ALTERS 77 JAHR DESEN SOHN HENNRICH R • SEINES ALTERS • 61 • JAHR
DE8EN S • JOCHIM R • SEINES ALTERS • 83 • JAHR DESEN SOHN HANS R •
EIN SEHR WOLLUERSVCHTER MAN • 16 • JAHR IN DER FREMDE GEWESEN
fiTU IN TIROLN MEHRN OESTEREICH IN UNSR FYR EIN FAHNSCHMITT GE-
DIENETT ALS DEN IN BANSCHOUW GEWONNETT SCHMITT UND JVRAT SEI-
«) M. U..B. 7057.
*) M. i'. n. 7988.. 10292.
•) M. Jahrb. .\XXIV, S. 12.
Digitized by Google
668
AHTSGBRICKTSBEZIRK SCHWERIN.
NES ALTERS • 82 • JAHR DESEN SOHN JOCHIM • R • DER • 6 • SCHMITT
UND ZÖLNER ALHIR LEBET IN SEINE • 78 . JAHR HATT DISES EPITAFIUM
SEINE UORUETTERN SICH UND SEIN NACHCHOMEN ZU EHRE GEOECHTNIS
UERFERTICHEN LA8H? • 1696 • SEINES ALTERS • •)
Kleinkunst- Kletnkunstwerke. i. Silberner Kelch mit Pateno, t^leicli denen in Cons-
werke. nidc Von I GIESE Sclnverin. — 2. Zinnerner Kelch aus dem XVUl. Jahr-
hundert. Da/u eine I'atcnc. — 3. Desgl., aber /.erbruclicn, mit der Inschrift:
HARTWIEG JOCHIM RÖBCKE • 1728. — 4. Taufschale von Messing von 1683,
mit den Initialen J • S • K • F«, H • L • B • 8 • BANSKOV • 1683 • — 5—8.
Vier zinnerne Altarleuchter, davon drei auf Löwenfussen, der eine 1695 ge-
stiftet von JOCHIM PASSAV. der andere 1696 von JOCHIM PAHN, der dritte
1705 von JOCHIM RAHTSACK (mit zwei älteren Namen von 1637, denen von
TIES TECHENTIN und ANNA RÖNCKENOORF), der fünfte 1767 von HEINRICH
CHRISTIAN WÖSTEN BARG.
Das Kirchdorf Mirow.
Geschichte
des
as 17 km südlich am westlichen Ufer des Thaies der Stör gelegene
Kirchdorf Mirow besitzt schon im XIII. Jahrhimdert eine Kirche, und
Dorfes. j^jn- ^.\^]^. Mutterkirche, deren Kirchspiel die I)orfer Lübesse und LleHtz mit-
umfasst.-) .Auch l^clitz hat damals seine Kirche, aber diese ist Tochterkirche
von Mirow. Doch den 25. März 1270 wird diese Kirche dem Kloster Reinfeld
zu Liebe, das im Thal der Stör .seinen Güterbesitz zu mehren beabsichtigt und
um dieses Besitzes willen auch das Pätronat der Kirche zu Uclitz zu erlangen
wünscht, zu einer selbständigen Kirche erhoben, der nicht bloss das Dorf
Uelitz, sondern auch das genannte Lübesse einverleibt wird. Im weiteren
Verlauf des Mittelalters nur lässt sich dieser Verlauf nicht durch Urkunden
feststellen - kehrt sich das X'erhältniss so um. dass die alte Mutterkirche zu
Muow l'iliale der Kirche zu (ioldenstadt wirtl. Das ist sie z. B. nachweislich
von 1534 bis in die zweite Hälfte des XVH. Jahrhunderts hinein. Als dann
aber auch Goldcnstädt aufhört, seinen eigenen Pastor zu haben, wird Mirow
zugleich mit Goldenstädt dem Pfarrsprengel von Uelitz zugewiesen, und so
kommt CS, dass seit mehr als zweihundert Jahren das kirchliche Verhältniss
das umj^ekehrto von dem des XIII. Jahrhunderts ist.
Weniger noch als über die kirchlichen \'trhiillnisst> erfahren wir über
die weltlichen. Am 1. Mai 1356 begleicht Graf Otto von Schwerin gewisse
') l>le .\nKali«, wie hoch er !«ciii .-Mter gehracht halic, fehlt.
*) .M. l . K. II SS. lojoo. t eber die Kesit/ungcn von Keinfeid vgl. auch Usch, M. Jahrb. I,
S. 12. 13. XIV, S. 72. 7J. 75. X.VXIV, S. 5. II.
Digltlzed by Google
KIRCHDORF MIROW.
669
Schuldforderungen, die Henning Knop und Joh. Berchteheile an ihn haben,
mit Anweisungen auf Hinkünfte aus verschiedenen Dörfern, darunter auch
solche aus Miruw. Dasselbe thut Herzog Albrecht von Mecklenburg am
20. Juni 1361, indem er ICinkiinfto aus Mirow und Plate zwei Schweriner
Bürgern, Gerold und Helmoid Rampe, auf so lange zuspricht, bis eine
Forderung von 200 Mark Lübisch, die diese an den Grafen Otto von Schwerin
haben, von ihm abgehoben sein wird.') 1373 giebt es ausserdem einen
Arnold Rampe zu Mirow, und 1380 verfugt ein Johannes Rosenhagen über
Finkiinftc aus Mirow. Die Anwesenheit eines herzoglichen Vogtes zu Mirow
las>t darauf schlicssen, dass aurli die lierzogc hier besonderen Grundbesitz
hal)en Dass sie diesen durch Hrucibung von 5'; Hufen, welche Arne! von
der M(iicn besessen, aber vorlaufig an Vicke Swysowc und Kulof Balge ver-
pfändet hat, vermehren, ergiebt sch aus Urkunden des Jahres 1404. Endlich
hat auch das Kloster Zarrentin noch im XVI. Jahrhundert Einkünfte aus Mirow
zu beziehen.') Wann und wie die heutigen Domanialverhältni&se eingetreten
sind — wahrscheinlich bald nacli der Reformation, — entzieht sich unserer
Kenntniss. In dem ältesten \'er/eichiiiss der mecklenburgischen Ortschaften nach
AenUern, dem von 1739, wird Mirow als furtliches Domanialdorf aufgeführt.
Kirche. Die Kirche ist ein im Stil der Neugothik von 1842 bis 1845 Kirche.
ausgeführter Neubau auf I-Vldsteinfutulament. Altar und Kanzel sind zu einem Altar und
Körper verbunden. Die Orgel, ein Werk von Friese Schwerin, stammt aus Kanzel,
den sechzii/er Jahren. Im Thurm zwei Glocken, von denen die «'rössere ^fS^^li
einen Durchmesser von 0,89 m hat und 1845 zur Zeit des IVapositus
FRIEDERICHS von P. M. Hausbrandt in Wismar aus einer älteren umgegossen
ist, die kleinere aber von 70 cm Durchmesser eine alte Glocke ist, welche die
Inschrift hat: • leib') • got • bulre • fanctft • 9nna • folf • berbe • —
Kleinkttastwcrke. i. Zinnerner Kelch mit Patenc ohne Inschrift. — 2. Tauf* Kleinkunst*
becken von Messing: MARIA : SCHMILLEN : HANS : LVBAHN : ANNO r 1709. werke.
3. Vier zinnerne Altarleuchter ohne Inschrift, aber mit neben-
stehenden Werkzeichen.
mm
Nach dem Inventar von 181 1 war die eine Glocke von 1689 und
die andere von tSot. Auf dem Boden des Langhauses ein alter holzemer
Krucifixus.
' M. 11:. S216. S<)i4. 10424. Lisch, M. Jahrb. V, S. 127.
«) .M. J.iliil,. X.XXIV, .S. 12. 13.
*) Nicht ttclp.
Digltized by Google
670
AltTSGBRICHTSBEZIRK SCHWERIN.
Das Kirchdorf Goldenstädt.
Geschichte BSih wenig wie bei Mirow, erfahren wir auch bei Goldenstädt, das 19 km
des \Tin südlich von Schwerin in demselben Thal der Stör li^, auf welche Art
Dorfes. ^-^^^^ sowohl zum Domanialdorf als auch zum Kirchdorf entwickelt hat,
dem die ältere, weiland selbständif,'e Muttrrkirche zu Minnv untergeordnet
wird. Das KirchenvisitationsprotokoU von 1534 zeigt, dass das am 25. März
1270^) beurkundete ältere Verfaflttniss nidit mehr besteht. Damals ist Kirch-
herr der drei mit einander zu einem Pfarrsprengel verbundenen Kirchen Golden-
städt, Mirow und Ra.stow*) der Golden.stadter Pastor Rarthold Sabelmann.
Um 154! ist es Paul Schüler. Nach ihm finden wir dort in der zweiten Flälftc
des XVI. Jahrhunderts Alexius Wilde, dann um 1594 Wolfgang Sigfried, bis
1602 Heinrich Meizendorf und .seit 1602 Joachim Pingel, der bis gegen 1653
im Amte ist. Nach der Vakanz von 1653 scheint Goldenstädt keinen eigenen
Pastor mehr gehabt zu haben. Denn der schon 1654') amtierende Uelitzer
Pastor Christian Delius bezeichnet sich in Akten und Briefen als Pastor zu
Uelitz und Goldenstädt.
Kirche. Kirche. Die Kirche in Goldenstädt ist dn im Innern fladigedeckter
winziger alter gothischer Bau von Feldsteinen und Zi^elsteinen mit Strebe-
pfeilern und einem Chorschluss aus dem Achteck. Kleine .stillose Fenster
erleuchten das Innere. Hingewiesen mag werden auf zwei spitzhogige Pforten
mit kantig profilierten Laibungen, die aber zugemauert sind. Statt des
Thurmes ein von der Kirche abgesonderter hölzerner Glockenstuhl.
Einrichtung Die Einrichtung der Kirche, Altar, Kanzel und zwei Emporen, gehört
der Jer Zeit des Barockstils an, i.st aber nicht von Bedeutung. Die einzige Glocke
Kirche. ^ ,j j^.^ In.schrift 1681 unter dem Herzog CHRISTIAN LOUIS
2ur Zeit des Pastors CHRISTIAN DELIUS (s. o.) von M. Viatos SIetMnbnim in
Sdiwerin gegossen worden.
Kleinkunst- Kleinknnstwerke. i. Silbervergoldeter neugothischer Kelch, 1887 von
werke. CHRISTINE PETERSON. GEB. SCHLEIFF. geschenkt. Von Heinmntorf- Berlin. —
2. Zinnerner Kelch mit Patene, ohne Inschrift, aber mit der Marke des eng-
lischen Zinns. — 5. TauftMcken von Messing mit der Inschrift: CATARINA
ELISABET RÖNKENDORBS ANNO 1718. — 4 Zinnerne Taufschale mit der
Inschrift: HANS HINRICH RAHTZACK KIRCHEN-GERAHT 1770. ^^j^ j^T^
Nebcnätchcnde Werkzeichen. — 5 — ^8. Vier zinnerne Altarleuchter,
') M. U.-B. 1188.
k.t..tow hat seit dem XVIt. Jahrfaundert keine Kirche mehr.
.Siehe Leachter in SUlte.
Digltlzed by Google
KIRCHDORF SOLTE.
671
der eine 1672 ^'cschenkt von CHRISTIAN BADE, der andere 167- ■ Ii 'il l
von ARNDT WITTENBORCH . mit nchLnstLhcndcn Meisterzeichen: /'^N
der dritte 1705 von HANS SCHNEIDER, der vierte 171 5 von tjy K^ff
DAVIED KLVDT.
Werkzeichen am dritten Leuchter: Werkzcichcn am viLttcn Leuchter:
0 ® 0
Dorfes.
Das Kirchdorf Sülte.
|ährend des XIV. Jahrhunderts giebt es in dem 1 5 km südlich von Schwerin Geschichte
gelegenen Kirchdorf Sülte (to der Suiten) einen mit vier Hufen Landes
ausgestatteten Rittcrhof, »Minrikos Ilofi in der Zeit der Grafen geheissen, mit
dem der Herzog Albrecht im Jahre 1362 den Gerhard Schütte belehnt, der
aber schon drei Jahre sjxiter dem Johann Hercliteheylc fjehört und 1373 von
dessen W'ittwe Mccluildis iiiul ilircm Sohne, dem Kanonikus Johann Rerclitchc\ le
für das Seelenheil des verstorbenen Gatten und Vaters und zum Lrlass ihrer
eigenen Sünden an den Doin zu Schwerin verschenkt wtn).*) Im Jahre 1565
hat Achim von Halberstadt auf Brütz Besitz und Rechte in Sülte, während
von denen des Domes, deren Zahl in der Zeit der Reformation zum Leid-
uesen der Üomliernn fortwahrend abnimmt, keine Rede mehr ist.*) Am
uS. November 1627 gehen Halberstadt'sche Anrechte auf den Herzog Adolph
Friedrich über. Deren X'erlassung auf den letztgenannten wird mit der völligen
Einverleibung des Dorfes in das landesherrliche Domanium gleichbedeutend
gewesen sein. In dem Verzeichniss der Ortschaften des Landes vom Jahre
1739 zählt Sülte zum damaligen Schwerin -Tempziner Amt
Wie Goldenstädt und Mirow« so hat auch Sülte im Mittelalter sein
eigenes Kirchspiel und seinen eigenen Pleban oder Kirchherrn. Dahin cin-
gejifarrt ist nm 1541 das Dorf Lübcsse, das bis 1270 zur Mirower Kirche
untl von da an zur L'elitzer Kirche gehörte. ') l'.s nniss somit spater wieder
von Ueiitz getrennt worden sein. Nur wissen wir nicht, wann dies geschah.
Der Geistliche, den das Vi.sitationsprotokoll von 1541 als Kirchherm von
') V({1. M. l .-1*. 9470. 1040;. Im l rkiinileiil)iich i^t durcli ein Vcr.'^ehen in iIlt
l'rkunde 9083 der N.-)inc Sttik fUr Schutte und in der l rkundc 9470 .Suiten bei UrUel fur .Suhc
hei Schwerin g«»eut. IJer Vergleich alier drei Urkunden erweist nnwiderief^ieh, dus sie sieh auf
c'iuf •inil ilif'.rlNc Snelio liL'/iolioii. rcluit;eti> liattt- ilor alte I.i>ch il:f in /iisuniniL-nli.inj^ scIidii
richtig crkntuit. .\\>l-t tu l rk. 9470 slail 1366 da.<< falsche Jahr 1356 an(;unuiiinicn: Vgl. M. Jahrb. V,
fi. 127, Anmk^'. $.
*i Vgl. Schil.li. M. Jahrb. XLVII. S. iQgflT.
■) M. l .-ll. 1188.
Digltlzed by Google
672
AMTSGBRICHTSBBZIRK SCHWERIN.
Sülte nennt, hcisst Hcinricli Klilers ') Das Kirchlehn aber hat der Abt des
holsteinischen Klosters Rcinfcld bei Lübeck zu vergeben, dem seit 1270 auch
(las Patronat tlcr rditziM- Kirclic zusteht, und dessen Kloster, wie wir oben
gesehen haben, schon frühe im l iial der Stur Güter und Dörfer erwirbt.*) Ob
es auch in Sülte durch Kauf od«* Tausch noch weiteren Landbentz gewonnen
hat, vermögen wir nicht nachzuweisen. Am Ende des XVI. Jahrhunderts tritt
an Stelle der Klosterherrlichkeit die dänisdie und um 1605 ^ roecklen-
burgische l^ndesherrlichkeit. S. u. Wittenförden. Die Pfarre in Sülte geht
ein und die Kirche wird Filiale von Uelitz.^)
Kirche. Kirche. Die Kirche in Siilte ist ein kleinerer gothischer Neubau aus
den Jahren 1870 und 1871 mit einem vortjesctzten schmalen Thurm. Den
Altar. Innenraum iibersi)annt eine flache Holzdccke, den Altar schmückt das Gemälde
eines Krucifi.xus \ <>n Fischer- Poisson - .Sclnverin. Die im Thurm hänj;eiule
Glocke, einzige Glocke ist schwer zu besichtigen, nach dem Inventar von 181 1 hat
Kleinkunst- sie die Inschrift: 80U DEO QLORIA 1792. — Kleinltuistwerke. i. Kelch
werke, und Pätene von Zinn. Beide mit schon vergangenen Werkzeichen, von denen
das eine die Marke des englischen Zinns mit I S und die andere ein bekröntes
Wappen mit einer fünfblättrigen Rose zeip^. 2. 3. Zwei zinnerne Altar-
leuchter, beide ohne Wcrkzeiclieii, aber mit Inschriften: ALS MAN SCHREIB
TAUSEND SECHS HUNDERT FVNFZICH VIR ZVR SVLT MUTWILGE TATREN
KAMEN MIR ZVR KIRCH SICH MACHTEN UIER LEVCHTR STOLLEN HINAVS
ACHT PFERDE SIE MVST ZALEN HERAVS • CHRISTIAN DELIUS PASTOR
HINRICH EDS JVRAT DEN 19. SEPTEMBER 1654 - *) 4. Zinnerner Leuchter
auf Löwenfüssen mit der LS R- Marke wie die &>ldenstädter. 5. 6. Zwei
Leuchter auf rundem Kuss, von HINRICH JDE 1699 gestiftet, beide mit der-
selben Marke F L S und J6)99 wie die in Goldenstädt.
Das Kirchdorf Sülstorf.
Geschichte
des
Dorfes.
ie Geschichte des 15 km südlidi von Schwerin entfernten Kirchdorfes
Sülstorf (Szulowe, Zulow, Zulistorp, Zulestorp, Sulestorpe, Tzulestorpe)
ist ein Theil von der Geschichte des Johanniter -Ordens in Mecklenbuig, die
uns Lisch im ersten M. J.dirb , .S. i bis 80 nach Urkunden und \kten
anschaulich erzahlt Im Jahre \21J schenken die Gnifen von Schwerin,
Gebrüder Gunzelin 11. und Heinrich L, sowie Graf Nikolaus von Hailand, der
') Der ciii/ii,'i- ( ;ci>tlu-lic, *K'r (llioi1iaiii>t vcin Slllto liek:iiiiit i,'i'\V(iriU'n ist.
*) lisch, M. Jahrb. XIV. S. 72. 73. 75. XX,\IV, ü. 5 und n. — M. U.-B. 10200.
*) Das ergicbt sieh ans dem VMttations|>rotokoU von 1603.
*) In der IiMchrift iIl^ /»t-iten Leuchters einige kleine orthographische Abwachangen,
sonst ist sie der des ersten gleich.
Digltized by Google
KIRCHDORF SOUSTORF.
673
Schwiegersohn Gunzelin's II., zusanuncn mit ihren Gemahlinnen den seit 1200
schon in Goddin und Eichsen stationierten Brüdern des überseeischen Johannes-
Baptista-Hospitals in Jerusalem das Dorf Szulowe, Üieils von Frömmigkeit
dazu getrieben, theib aber auch, um in emer damab und noch viel spater
von Wenden bewohnten, von der Natur vernachlässigten wüsten und unweg-
samen Gegend lange gewünschte deutsche Ansiedln nt;en mit Kraft und Energie
in Gang zu bringen.') Die Komthurci von Werben in der Altmark wird hier
ebenso wie in Cioddin und Eichsen in den Besitz eingewiesen. Die Ritter
bauen sich in Sülstorf eine Kirche, jenen wundersamen alten Bau in honorem
divi Laurencü, der noch heute steht, und worin sie mit Messen und Litaneien
unter der Führung ihres Magister und Frater Heinricus de Zulistorp, wie er
in den Urkunden genannt wird,*) die Dämonen der Heide ZU vertreiben und
für sich und deren Bewohner das Seelenheil zu erringen suchen. 1227 kommt
das Dorf Moraas theils durch Kauf, thcils durch Schenkung vom Grafen hinzu,
und nun umfassen die Besitzungen der Ritter, wie sich das aus den Angaben
über die Grenzen in dieser zweiten Urkunde ersehen lässt, bereits das heutige
Kirchspiel Sülstorf.*) Innerhalb der ausserordentlich ausgedehnten Feldmarken
von Sülstorf und Moraas entwickelt sich aus der Mühle Crake das Dorf Kraak,
und in der Nachbarschaft von Sülstorf findet sich nachher d is Dorf Hoort.
Diese vier Dörfer stellen den Besitz der Komthurci im Thal der Stör dar.
Nicht lange widirt es. da geben Muhle und W'asserläufc Anlass zu Streit
zwischen den Rittern und den in ihrer Nachbarschalt (s. o. S. 664. 668) an-
gesiedelten Reinfdder Klosterbrüdern. Aber der Graf Helmold von Sdiwerin
schlichtet den Streit am 8. Mai 1275. Bei dieser Gelegenheit hegtet uns
zum ersten Mal der Utel eines Komthurs von Sülstorf: Frater Conradus,
commendator sive magister curie in Zulestorpe.*) Wie lange aber im XIII. Jahr-
hiuulert Sülstorf der Sitz des Komthurs bleibt, ob bis ans Ende oder noch
eine Zeitlang über 1 300 hinaus, ist nicht festzustellen, Um 1315 finden wir
nicht mehr Sülstorf, sondern das Dorf Kraak als dessen Sitz, wo eine Kirche
in honorem sancti Johannis Baptistae errichtet wird.*) Loch bleibt die Kirche
zu Sülstorf Mutterkirche, und zu ihr gehört das Dorf Hoort, während zur
Tochterkirche in Kraak das Dorf Moraas gel^ wird.*) Patron der Kudie
■) M. r.-lt. 2jo. o. S. 494. 495. Lisch, a.a.O. S. 6, Anmlcg. 4.
«) M. f. I! 3)5. ;>s.
*) M. U.U. J40, II 72. l.i.sch, a.a.O. S. 12. Hie Kirche zu Kraak war deu> hl. Juhannes
Baptist» gewriht. Die Angab«n der Kirclienvisilatioo von 1603 alwr die beiden KirdaenheüiBen
werden von Lisch filr falsch pcf^-'''''^" c^ciccniüicr (Utu'ii ik-s IViituknUs vii:i 1 5S0 , welche den
M. Laurentius anscheinend nach Kraak und den hl. tia)>ü»ta nach Sülstorf versetzen. Ich sage
anscheinend. Denn die Kofis Uber die beiden Heilten hn Visitatjonsprotoltoll von 1580 itt nadi-
iräglich an «Icn Kanil geschrielicn und ISsst. genau genommen, gar keine Ijeslinmite Uetiehnng
auf die eine oder andere dct licidLii Kirchen zu. Dagegen beweisen die beiden Kijjuren des
Joh. liapt. und des Juh. Lvan(;elista nct>cii der hl. Maria im Altar zu Kraak unwiderleglich, dass
die Angaben des Ptotolcolk von 1603 die allein richtigen sind.
*) M. L'. K. 1358.
*} 8. Kraak im Band III d. M. Kunst- u. Gesch. -Denkm.
*) Ltteh, a. a. O., S. 15.
43
Digitized by Google '
674
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
ZU Sülstorf ist der Komthur zu Kraak. Was fiir sonderbare Dinge trotz dieses
Verhältnisses zwischen dem Komthur als Patron und seinem Kirchherrn zu
Sülstorf vorzugehen vermochten, lehrt die Geschichte vom Komthur Otto
Warborch und dem Pfarrer Johannes Leppin, der von dem erstgenannten über-
fallen und beraubt wird, nachher aber (um 141 3) mit Hülfe des päpstlichen
Stuhles sein Recht erlangt.')
Um 1541 ist Simon Schmidt Kirchherr zu Sülstorf Auf der schlecht
dotierten Pfarre folgen nachher bis zum Jahre 1578 fünf Geistliche: Simon
Rösike, Asmus Stübing. Simon Schröder, Johann Gördell und VVoIfgang
Sigfrid.*) Sic alle haben, wie ihr Nachfolger Jacobus Pauli klagt, mit Kreuz,
Armuth und Elend zu kämpfen. Auf Jacobus Pauli folgt 16 14 Joachim Lobes,
der 1658 .stirbt (s. u.). Die spateren Kirchherren sind von 1658 an Joh. Alb.
Kirche tu Siil»torf, -SaiUcitc.
Elwcrs (s. u ). von 1675 an Jeremias Hesse, von 16S9 an liernh. Joh. Scharfen-
berg, von 1728 an Chr. Stunn, von 1760 an Karl Ludwig Paschen, von 1767
an Ernst Hermes, von 177:» an Karl Christian Brandenburg, von 1780 bis 1804
Ernst Daniel Wogener. l'cbcr ihn und .seine Nachfolger vgl. Walter a. a. O.
Der Komthur von Kraak behält das Patronat bis zur Einziehung der
Güter des Ordens in der zweiten Hälfte des XV'I. Jahrhunderts, und Sülstorf
gehört ihm mit allen Gerechtigkeiten. Dien.sten, mit Zu- und Abfluss, mit Geld-
pächtcn. Zehnten und Rauchhuhnern, während der I^mdeshcrr bis dahin ini
Dorf die Stra.>scngcrochiigkoit, Kiuiigsbede, den Munzpfcnnig, das Ablager,
den Hedehafer, sowie von jedem Hauern auf vier Tage im Jahr die Holzfuhren
1 i>L-li, a. a, O.. S. u>.
Dlgitized by C^oo^Ic
KIRCHDORF SÜLSTORF.
675
ZU be.mspruchen hat. Mit dem Kingehen der Komthurei tritt der Landes-
herr in alle Patronatsrechte ein; und seitdem ist Sülstorf ein zum Amte
Schwerin gehörendes Domanialdorf.
Kirche. Die Kirche, ein auf Kelsenfundament errichteter Ziegelbau, Kirche,
besteht aus einem einzigen länglichen Raum, einem Chor, der im Osten mit
fünf Seiten aus dem Zwölfeck geschlossen ist und fast rund erscheint. Diese
Anlage hat durch einen später ausgeführten Anbau auf der Südseite eine Ver-
änderung erfahren. Auch auf der Xordseite giebt es eine hinzugefügte Kapelle,
doch ist deren Raum nicht gleich dem des Anbaues auf der Südseite mit
Kirche zu SuUtorf, von Südosten gesehen.
der Kirche in Verbindung gesetzt worden. Die vcrhältnissmässig hoch an-
gebrachten kleinen Kenster sind theils Rund-, theils Spitzbogen ■ Kenster, ebenso
die Aus- und ICingangs- Portale, deren I-aibungcn kantig profiliert sind. Im
Innern des Schifies fallen an jeder Seite zwei grosse Rundbogen -Nischen auf,
die unterhalb der kleinen, sehr verbauten Kcn.ster auf viereckigen Wandpfeilern
ruhen und fast darauf schliessen lassen, dass ursprünglich Seitenschiffe beab-
sichtigt waren, deren Ausführung später unterblieben ist. Diese Bogenöfilhungen
sind jedoch nach aussen hin nicht schlicht zugemauert, sondern so gestaltet,
dass jedem grösseren Bogen im Innern zwei bedeutend niedrigere kleine Rund-
bogen-Xischen auf der Aussenwand entsprechen und somit das Schiff am
unteren Thcil der Mauer wie mit Arkaden verziert erscheint. Ueber diesen
Arkaden stehen die Kensterschlitze paarweise zusammen. Der obere Theil
des MauerAverks, das in Kolge dieser Konstruktion nur von geringer Stärke
4S»
Google
676
AMTSfJEKlCHTSBKZlRK SCMWKRIN.
Altar-
aufsatz,
Kanzel,
Ständer.
Glocken.
sein konnte, ist in späterer Zeit erneuert worden und zeigt daher nichts mehr
von seiner Ursprünglichkeit, wenn man die vertieften viereckigen weissen
Felder abrechnet, welche sich oberhalb jedes Fensterpaares in der Aussen-
mauer befinden. Auch hat dieser Aufbau zur Folge gehabt, dass, obwohl
das alte romanische Liscnensvstem an den Ecken noch sichtbar ist, dennoch
niedrige, nach oben hin sich verjüngende und in die Ausscnmaucr übergehende
Strebepfeiler als Stützen an die Aussenwände des Schiffes gesetzt wurden.
Im Innern überspannt eine flache Hrcttcrdccke den ganzen Raum. Im Westen
ein hölzerner Thurm mit einem vierseitigen schindelgedeckten Pyramidenhelm.')
Altaraufsatz, Kanzel und Taufständer sind Werke des Barockstils vom
Jahre 1692 und bieten kein Interesse. Nur mag bemerkt werden, dass am
Altaraufsatz zwei Schilde vorhanden .sind, von denen der eine das mecklen-
Inncrcs der Kiri:)ii: /u SUl^torf.
burgische Wappen und der andere das aus F und W gebildete Monogramm
des Herzogs Frictlrich Wilhelm zeigen, dem die Initialen H«Z«M»B«Ao
1692 hinzugesetzt sind.
Glocken. Von den drei Glocken der Kirche hat die grösste einen
Durchm. von 0,97 m und die Inschrift: O rC)C + gloric + Xpj (?) + Ucill +
cbni pacc • bliffin • Ucr • V)biibcrt • in • bemc • tUc • Unbc • Unftt-
fcftClI • 'Sxtt ' Hinter dem Wort p.lCC ein kleines Heiligenbild.
Zu der In.schrift das neben.slehcnde Glockenzeichen. - Die zweite
Glocke hat einen Durchme.sscr von 0,88 m. Sic ist im Jahre 1669
von Jochim Mehler in Schwerin zur Zeit des l'a.stors JOHANNES ALBERTUS
ELVERUS (s. o.) umgegossen wijrdcn uml zeigt aus.scr der In.schrift, welcher
X
') Vj;l, I.i-Lh. .M. Jiilirb. 1. S. i>S- NXVII. S. 201.
Dlgltlzed by Google
KIRCHDORF PAMPOW.
677
diese Angaben entnommen sind, das «Crosse mcckIcnl)Mrü:i -rln- Wnppcn des
Hcrzonjs Christian Louis mit den Initialen C»L«D-G«D«M« — Die dritte
Glocke hat einen Durchmesser von 0,55 ni und ist ohne Inschrift.
Grabsteine. In der Kirche liegen die (Irabsteine des Pastors J oachimus GratMtdne
Lobes, t;est den 4, Marz 1658 nach 41 jahriger Amtsthatigkcit in der Ge-
meinde, und der des Pastors J. K. Paseben (Sohn des Karl Ludwig P., s. o.),
geb. 9. December 1758, gest. 17. November 1830.
Waodmalereieii. Es sind Reste davon an einer Wand der Kirche VVand-
zum Vorschein gekommen. malereien.
Glasmalereien. Kleine ovale Bildchen mit den Unterschri^n PETER Glas-
HARTMANN und H. PAVEL RANDT haben sich erhalten. nudereien.
Kleinkunstwerke. Die in der Kirche gebrauchten Abcndmahlsgeräthc Kleinkunst-
gehören der Kirche zu Kraak. Sie sind von dort herübergenommen worden, werke,
nachdem die silbernen Gelasse im Kriegsjahre 1806 geraubt worden waren.
I. Stlbervergoldeter Kelch auf aditpassigem Fuss, dem XVIII. Jahrhundert
angehörifT. auf dem I'uss die Inschrift: HANS • CHRISTOFFER • HAUSCHILDT«
ANNA • BARBARA • HAUSCHILDTEN • VERWALTER ZU CRAACK ^ ^
15 • JUNIJ 1743. Nebenstclu ndc VVcrkzeichen. Patenc ebenso be- © W
zeichnet. — 2. Desgl., auf rundem Fuss, mit der Inschrift: HANS ALBRECHT
KLENZ VERWALTER ZV KRAAK iMt. Werkzeichen: [s] Dazu gehörige
Pätene, gestiftet von CHRISTOFFER HENNICH ILSABE FENZAN8 ANNO 1891.
Ohne Zeichen. — 3. Längliche silberne Oblatendose: MATTHIAS DIEDERICH
HAUSCHI LDT AGNETA EUSABET HAUSCHILOTEN VERWALTER ZU CRACK
1755. I B B H F T — 4. 5. Zwei zinnerne Heclier. Beide mit der be-
kannten Marke des engüschen Zinns und mit der Jalireszalil 17 10. — 6. 7.
Zwei zinnerne Leuchter, 1862 von Pastor HEIDENSLEBEN gestiftet. — 8. Tauf-
becken von Messing, neu, ohne Inschrift.
Das Kirchdorf Pampow.
Dem Anschein nach ist das <S km .südlich von Sc hwerin j,'ele,L,'ene Kirch- Geschichte
dorf Pampow') von jeher ein Hauerndorf in landesherriiciieni Besitz des
gewesen. Ein besonders anschaiihches Bild in dieser Beziehung gewährt eine I^orfe«.
Urkunde vom 8. September 1336, in welcher die ganze Einwohnerschaft des
Dorfes mit ihrem Hufenstande namentlich aufgeführt wird.*) Man sieht daran,
dass die nicht niher genannten Besitzungen, wdche im XIII. Jahrhundert der
Dom zu Schwerin in I'in)p<)\v gewonnen hatte, und die in Folge von Schuld-
verschrcibunp^en durch die (trafen van Schwerin an einzelne ihrer V'as;dlen
wie Burchard von Lützow und nachher Henning Knop und Joh. Berchteheile
'1 r>.inii«)w, Pampowe TgL KOlinel, M. Ji]irb. XL VI, S. loa: Ort dea Fkpa.
*) M. U.-B. $691.
Digitized by Google
678
AMTSGBRICHTSBBZIRK SCHWERIN.
im XTV. Jahrhundert ahgetretenen Geld- und Naturalienabgaben mf das Gnind-
verhältnLss keinen Einfluss «ausübten.')
Dementsprechend steht auch die Kirche von Anfang an unter landes-
herrlichem Patronat.^) Sic hat bis zum Ende des XVI. Jahrhunderts als Filiale
eine Kapelle in Gross^Rogahn, Uber deren Verfall das Kirchenvisitationsprotokoll
vom 20. Februar 1603 Klage' führt*) und die 1610 schon als einstmab ge-
wesen aufgeführt wird. In der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts finden
wir dort als Kirchherrn einen Geistlichen, Namens Ketteier (von 1528 bis
über r 54r hinaus) und 1541 als Vikar oder Morcenarius ilen Johann Wilde,
wahrend der Kirchherr selber zu Schwerin wohnt. Von 1576 an wirkt dort
Jochim Karsten als l'rcdiger, von 1593 bis 1628 der aus Holstein gebürtige
Johannes Matthiae, von 1639 bh 1676 Friedrich Cranus (f 1679), der m
seinen letzten Jahren an Joh. Vinhagen einen Substituten hat, von 1676 bis 17 15
oder 1716 Paschasius Simonis,') von 1717 bis 1751 Christian Rohr, von 1751
bb 1768 sein Sohn Konrad Hermann Christian Rohr, und von 1769 bis 1808
" Karl Georg Gaden. Ueber ihn und seine Nachfolger v '! Walter a.a.O.
Kirche. Kirche. Die Kirche ist ein Steinbau von 1897. Auch ihre innere
Innere Ein- Einrichtung ist eine völlig neue. Alt sind nur die drei Glocken. Die grösste
lichllUkg. jj^^ einen Durchmesser von 1,20 m. Sic ist laut Inschrift im Jahre 1753 unter
Olocken. „^^^g CHRISTIAN LUDWIG II. zur Zeit des Pastors CHRISTIAN ROHR von
Johann Valsntln SohuHz in Rostock g^[08sen worden. Die zweite Glocke hat
einen Durchmesser von i m und ist im Jahre 1781 unter Herzog FRIEDRICH
von demselben Rostocker Giesser gegossen worden, der die grosse Glocke goss.
Die kleine Glocke hat einen Durchmesser von 66 cm. Sie stammt wie die
Kleinkunst- grosse aus dem Jahre 1753 und von demselben Ciiesser. — Kleinkunstwerke,
werke. i — 6. Kelch, Patene und Oblatcnschachtel , alle drei silbcr vergoldet, sind
jüngere Arbdten von J. G1«M-Schwerin aus dem Jahre 1812, als CARL MOller
Pastor war. Ebenso die drei Geräthe zur< Krankenkommunion vom Jahre 1867.
7 — 9. '^wei zinnerne Kelche und ein zinnernes Taufbecken, daran die be-
kannte Marke des hjigels mit dem Datum 1777 und dem Meisterzeichen G S.
10 — 12. Drei zinnerne Leuchter vom Jahre 1826 13 14 Seitdem sind 1889
ein silbernes Taufbecken und 1897 eine silberne Abendmahlskanne hinzu-
gekommen, Arbeiten von G. Herbert- Berlin.
') M. IM!. 1844. 8216.
*) Eine lic.schrcibung der alten Kirche findet sich bei Li!>ch, M. Jahrb. XLI, S. 209.
*) »Denen vom Adel gehSrifr, daaelbst wohnet efn Kirchspieljankher mit Nahmen Heinrieh
Rabenc.
*) Bei ihm verweilt im Dcccmbcr 1713 der Czar Peter d. Gr. (ebenso im Januar 1713).
Vgl. M. Jahrb. XVI, S. 166. Es war dies nach der Schlacht bei Gadebuach am 30. December
17 12, in vvL'Iclicr sich I »Kticn iinil Sachsen vorzeitig, noch vor dem Zweite der Russen, mit den
SchvL<!on in eine Schlaclit cingela>.»en haUen. Im Kircht-nrcchnunRsbuch zu Pampow steht:
>Anno 17 13. Van Neujahr bis ().<>tern. Ist wegen Kin<|uarticrung, auch Hin uud Her Marsch
der SXchsischen und Mosqnitischen Armeen nicht geprediget and folgend nichts edligiKt worden.
Und hat der Zaar im Pfarrhanse 3 Tag nnd 3 Nichte logiret«
Digltized by Google
KIRCHDORP STRALENDORF.
679
Das KlrclHlorf Stralendtrf.
as 10 km südwestlich von Schwerin g^elcpjcnc Kirchdorf Stralendorf wird Geschichte
am 7. Januar 1334 zum ersten Mal i^fcnaimt. als Ritter Heinrich von
Bülüw mit einer an den Dom zu Schwerin geschenkten Hufe, die er in
Stralendorf besessen hat, zur Ehre Gottes; Marien und Johannis eine Vikarei
stiftet und bewidmet, die gleich darauf vom Bischof Ludolf bestätigt wird, und
der auch später die landesherrliche Zustimmung vom Grafen von Sdiwerin
nicht versagt wird.') Von einem Kirchspiel Stralendorf aber ist 1345 zum
ersten Mal in Hern bekannten ICrbvcrtrafjc zwischen den beiden mccklen-
burj^isclicn I'ursten Allirecht und Johann einerseits und dem (irafen Nikolaus
von Sclnverin andererseits die K^ede. Es werden nämlich die Kirchspiele
Hagenow, Warsow und Stralendorf >dat it lant tu Egypten heitt vorkommen»
den Falles mit zum Leibgedinge der gräflichen Wittwe gel^^t*) Als dieser Fall
fünf Jahre später, und wenige Monate nach der Vermählung des Grafen mit
der Elisabeth, Tochter des V-dlen Wedekind vom Berge, eintritt, übernehmen
die Herzöge die Vormundschaft in den ebengenannten drei Kirchspielen, und
einen Tag später übcrlässt ihnen die junge Wittwe für eine Geldsumme ihr
ganzes Leibgedinge, nämlich Stadt und Land Crivitz mit Zeliesen, Haus und
Kirchspiel Hagenow, sowie die Kirdispiele Stralendorf und Warsow »med der
manscap de dartu hören, dat dar het dat lant tu Egyptenc. Nur das Patronat
über die drei Kirchlehen zu Crivitz. Pinnow und Reigendorf behält sie sich vor.^
Als später die ganze Grafschaft Schwerin nach zweihundertjähriger
Entfremdung an die mecklenburgischen I^mdcsherren zurückgelangt, gicbt es
in Stralendorf noch verschiedene Anrechte der Ritterschaft. So erhält 1443
des Wedege Zülen Hausfrau als >Leibzucht« 70 Mark Lüb. im Dorf Stralen-
dorf angewiesen,*) und 1454 verfugen 13eke, des Claus von Oertzen Wittwe
und ihre Söhne sammt Detlof von Züle über bedeutende Einkünfte aus dem
Dorf Stralendorf.') Audi die Domherren erwerben dort durch Kauf von den
') M. U.-li. 5485. S486. 6322.
*) M. U.'B. 6538. 6S44. 6S4$. Wie diese drei Kirchspiele s«m Niunen »Egypten« kommeo,
ist nicht nachr.uweissen. Vemathen Übst sich in dieser Betiehnng allerlei von dem, der die
Gegend kennt.
•) M. U.-B, 7050. 7051.
*) Derselbe Wedige Zilie. <k-r durch >eine lioutezUgc in die Mlirk s. Zt. Herzog lldnricll's IV. *
beluDDt geworden ist. Vgl. Lisch. M. J.ihrh. \VI, S. 1.S0.
*) Die Namen beke und Detlof (Detlef, l»ctlevj kuniinen auch Nchon in früherer Zeil l>ci
den Ellies vor. VgL M. Jahrb. II, B, S. t2i. XIII, S. 349. Die Zfiies sind nicht zn verwechsehi
mit den von hniicr Zeit her iitu! t>iv 1764 .-luf dem beoodibarteD ZUlow at^eseiseocn Herrn
von Zulow. Vgl. Lisch, M. Jahrb. S. 431.
Digltlzed by Google
68o
AMTSGERICHTSBBZmK SCHWERIN.
I
Herzögen in den Jahren 1456 und 1462 Renten und Bichte verschiedener Art.
I-'ncllich hckhncn dort im Jahre 1481 die Herzöge Magnus und Balthasar mit
einem an sie lieimgcfallcnen Hofe den I'ctcr (ilaftasen (Glavatz). Amtmann zu
Walsmühlen, dessen Nachkommen ihn naciiueislich auch noch 1 547 bewohnen.
Wann dieser an die Herzöge zurückgelangt ist und wann überhaupt Stralenj
dorf wieder ganz und gar in das fürstliche Domaniiim des Amts Schwerin
zurückgekehrt ist, haben wir bis jetzt nicht ermitteln können. 1654 besteht
dies Verhältniss bereits.
Die Kirche zu Stralendorf erhält am 21. November 1377 in einer
Urkunde, die sich in einer Reihe \on Abschriften erhalten hat, die Schenkung
einer Hufe und eines Katens zu Gross- Rogahn durch Otto von Beycnflet') zu
Watsmühlen. Als Pfarrer finden wir dort zwischen 1509 und 1541 einen
Hdnrich von Hagen (Hafe?), nachher von 1583 bis über 1600 fort den
Joachim Kaven (Cavenius), darauf, aber noch vor 162 1, den Joh oder Henning
Rabe, um 1627 Christoph Günther, um 1628 den von Wallenstein bestellten
Hartwig Kuphal,*) zwischen 1641 und 1646 Nikolaus Capclius, von 1646 bis
1653 (ieorg Hahn, von 1654 bis 1677 Joachim Alstorf. 1679 wird Daniel
Beck berufen, 1692 Christian Heinr. Hill, 1697 Jakob Hindcnburg, 1708
Philipp Strahl, 1709 Joh. Heinr. Döbel (7 1743), 1740 Joh. Heinrich Lemke,
1752 Christian Friedr. Hast, 1761 Konrad Christoph- Ebefbard Eckers, 1764
Wilhelm Fuhrmann (f 1804). Ueber die folgenden ^^1. Walter a. a. O.
Kirche. Kirche. Die Kirdie*) ist ein von Strebepfeilern gestützter schwerer
Feldsteinbau mit Anwendung von Backsteinen im Innern und mit einem
Chorschluss aus dem Achteck. Der Innenraum, der sich als ein ungetheiltes
Ganzes darstellt, ist mit einer flachen Bretterdecke überspannt und wird von
spitzbof^itjen I'enstern erleuchtet. Statt des Thurmes ein von der Kirche
gesonderter Glockenstuhl. Im Westen angebaut die Wachcnhusen'sche, im
Grab- Nordwesten die Zttlow'sche; auf dem Kirchhofe die Schack'sche Grabkapelle
kapelle. „it dem Sai^ des Dichters Adolf Friedrich Graf von Scback, ein Bau fUr sich.
Altar und Altar und Kaoxel. Beide im Barockstil, diese über jenem, süid an
Kanzd. der Ostwand des Chors untergebracht. Unter der Kanzel ein in Holz ge-
schnitztes Hoch* Relief, welches das Abendmahl darstellt.
Glocken. Glocken. Von den beiden Glocken ist die grössere (Dm. 1,02 m) laut
Inschrift im Jahre 1753 unter Herzog CHRISTIAN LUDWIG II. zur Zeit des
Pastors CHRISTIAN FRIEDRICH HAST von Johann Valentin Schultz aus Rostock
gegossen worden 1 >!e kleine (jlocke (Dm. 59 cm} hatte di^' Inschrift;
IN GOTTES NAMEN BIN ICH GEFLOSSEN • HEIN VOM DAM HAT MICH GE-
GOSSEN • ANNO 1046. Sie ist 1894 von dem Glockengiesser C- Obsrg-Wismar
umgegossen.
') Gewiss derselbe Otto von licyenflct, der 1399 in den I'fandhc^itz von MUhlen-£ich»en
eintritt Vgl o. S. 495, Anmlcg. s. Lisch, M. Jahrb. I, S. 5a, Anmkg. l.
") M. Jahrb. XXXVII, S. 7.
*) VgL Lisch, M. Jahrb. XLI, S. 309.
Digltized by Google
KIRCHDORF STRALENDORF.
68l
Gemälde: Die Grablegung Christi von Friedrich Lange 1858. Gestiftet Gemälde.
I86> von ADOLF FRIEDRICH GRAF VON SCHACK auf Zülow.
Glasmalereien. In dem I*'onster hinter der Schack'schen Empore auf Glas-
der Nordseite sechs Wappen: 1. Ziilow'sches Wappen mit dem Namen JOCHIM raalcreien.
V • ZVLOVW SELIGER. 2. Desgl. mit dem Namen HANS JOCHIM ZVLOW IM»,
3. Schack'sches Wappen mit dem Namen RUDOLF VON SCHACK 1878 auf
Briisewttz. 4. Bennigsen'Khes Wappen mit dem Namen EU8E VON SCHACK,
GEB . VON BENNIGSEN, 1878 5. Zülow sches Wappen mit dem Namen
BARTELT V. ZVLOVW SELIGER. 6. Dcsf^l mit dem Namen CHRISTOPFER»
ZVLOW DER ELTER. - In der Bckrönung dieser I'^mpore befinden sich drei
Wappen: 1. Schack sches Wappen mit dem Namen CHRIST • VON SCHACK
1852. 2. Zülow'aches Wappen mit dem Namen CHRiSTIAN FRIEDfllCH BART-
HOLD VON ZOlOW. 3. Höfel'sdies Wappen mit dem Namen ANNA • SOPHIE.
GEB • VON HÖFEL mid der Jahreasahl 1784. — Im südöstlichen Fenster des
("hurs zui'i kliine merklenhiirf^i'^clic Wappen, das eine das der Herzogin
SOPHIA AGNES, das andere das der Herzogin CHRISTINA.') Oval, spater in
ein Sechseck eingisctzt, Dcsj;! zui i Wappenbildchen im l'enster auf der
Nordseite des Schiffes, das des MAGNUS SCHULT und des D • DORIVS FUCHS.
Kleinknnstwerke. i 4 Kelch, Patc-ne, Oblatenschachtel, Kanne, silber- Kleinkunst-
vergoldct, sind neu; tler Kelch ist ein (ieschenk des jet/.it,'en RUDOLF GRAF VON werke.
SCHACK auf Briisewitz, die Kanne ein Geschenk des Grossherzogs FRIEDRICH
FRANZ II.; I^tene und Oblatenschachtel sind von der Kirche angeschafft; alle
vier Stücke haben das Datum 1880 und sind von Wagn«r u. Sy-6erUn. 5 — 7.
Geräthe zur Krankenkommunion, Kelch, Patene und Oblatenschachtel, silber-
vergoldet, sind 1882 von der Gemeinde angnchafft, ohne Werkzeichen. —
8 — 10. Zwei f^rris.serc und ein kleinerer zinnerner Becher mit der Engels-
markc, der Jahreszahl 1750 und ihrm Namen CFBA SVEN. Dazu drei Patenen.
— II — 13. Drei holic zinnerne Altarleuchter, auf einem der Name J»C»
WIENCKE • 1756, die anderen beiden ohne Inschrift, alle drei
von gleicher Form und mit den nebenstehenden Werkzetdien:
') Iteide Ilerzugiuneii sind Töchter de:» Herzogs Adolf Friedrich. VgL Wigger, M. Jahrb. L,
S. 298 und 299. Sie werden wahracheinUcli mit Eiakanften aus Stiakadorf MUgesttttet gewesen
wan, oder 10011 irgend welclie Beiieliungen tnr dortigen Kirche geliebt haben.
Dlgitized by Google
683
AMTSCERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
Das Kirchdorf Wittenförden.
Geschichte
des
Dorfes.
irche und Kirchhof werden in dem 6 km westlich von Schwerin entfernten
Dorf Wittenförden im Jahre 12 17 vom Schweriner Domkapitel angelegt.')
So erklärt es sich, dass das Fatronat über die Kirche, unabhängig von allen
Wandelungen des Besitzes im Dorf, bis zur Mitte des XN'II. J.ihrluinderts
beim Domkapitel bleibt und erst um diese Zeit in die I lande des Landesherrn
übergeht. Im XIII luid XI\'. Jalirlnindert trctil'cn wir dort verschiedene Adcls-
familicn mit Besitz und Rechten. Gerd von Hagen genannt von l'lüschow
(Gherhardus de Indagine dictus de Plozcowe) verpfändet neun Hufen an die
Lübecker Familie von Parchim, die der Graf Heinrich von Sdiwerin 1323
wieder einlöst, und ein Jahr später kauft derselbe Graf das ganze Dorf Witten-
förden von Benedicta von Rülow, deren verstorbener Gemahl Klaus von Bttk>w
CS von dem obgenanntcn Gerd \<m Hatten erstatidin hatte.*) Aber nur acht
Jahre lang") befindet sich das ehenialif.;c Kitter^nst mi Hesitz fies (Jrafen. da
verkauft er es an das holstcinisclic Kloster Rcinfeld bei Lübeck.') Und nun
bleibt es bis 1582 (die letzten Jahresrechnungen des Klosters sind 1583
schrifUich niedergelegt) unter dem Krummstabe des Abtes. Der letzte Abt,
Joh.,Kule, zieht 1582 nach Hamburg, das Kloster sammt der Kirche wird
zwischen 1599 und 1^0^ .i1>l^( brocKcn, und als Erben seiner mecklenburgischen
Begüterungen, auf uelciien schon .seit langer Zeit Kloster- und lande.shcrrlichc
Rechte in scharfe Konflikte mit einander qerathen waren, finden wir bis zuin
Jahre 1605 die dänischen Könige, die dabei nur einen Gedanken haben, den
nämlich, ein gutes Geschäft zu machen. Endlich kommt am ersten Tage der
Osterwoche des Jahres 1605 zwischen König Christian IV. und Herzog Karl
von Güstrow, dem Vormund der jungen Herzöge Adolph Friedrich und
Johann Albrecht II., ein Kontrakt zu Stande, auf Grund dessen die Rcinfeld'-
schen Klostcrgüter, darunter Wittenförden, für die Summe von 15000 (lulden
mecklenburgischer Währung in den liesitz der Herzöge übergehen.*) Seit
dieser Zeit gehört Wittenförden zum Domanialanit Schwerin.
Die Geistlichen lassen sicli nur bis 1567 zuruck\ erfolgen. Von 1567
bis 1580 ist Johann Grotesoen Kirchherr; von 1580 bis 1593 (oder länger)
Georgius Comenis; bis 1609 Martinus Berahardi; um 1609 Georg Lehemann;
gleich darauf bb 161 1 Heinrich Ziegler; von 161 1 an Daniel Cassubius, der
*) M. U.-B. 237. Ueber die Ffirden-lKSrfer vgl. Ikycr, M. Jahrb. XXXVII, S. 54. ^1 cber
die I^-tndwehren und Grenz -lleiligtbOmer des Landes der Redxrier).
*) M. r. n. 4.jr.2. 45or,.
*) Während dieser /,eit i>^t Wittenförden l.eili};edin}'eN{{Ut der («riltn LlivalKith von Scliwenn.
*) iU t'.-B. S363. 5365. 5366. $398.
^ V|^. Akten im Grasah. Archiv tu Schwerin.
Digitized by Google
nRCHDORF WITTENFÖRDEN.
683
auch 1625 noch im Amte ist; zwischen 1633 und 1645 Balthasar Sturm; von
1645 Melchior Blanck (f 1670); von 1671 bis 1700 Joh. Nik. Leopoldi;
von 1700 an Joachim Böhm; von 1704 bis 1722 Karl Stahl; von 1723 bis
1771 Joh. Aug. Krüger; von 1771 an J. D. Locpcr; von 1775 bis 1818
J. J. J. Meinshausen. Seine Nachfolger bei Walter a. a. O.
Kirche. Die Kirche ist ein gothischcr Neubau aus dem Antanjj der Kirche,
fünfziger Jahre (1853 bis 55) unseres Jahrhunderts und besteht aus Chor,
Langhaus und Thurm. Der Chor schliesst mit drei Seiten aus dem Achteck
und ist gewölbt, das Langhaus hat eine dem Dadistuhl angepasste Bretter-
decke, der schlanke Thurm trägt emen sechsseitigen Pyramidenhelm.
Die gesammte innere EiarichtMig ist im neugothischen Stil au^eführt.') Innere
Einrichtung
Glocken. Von den drri Glocken der JCirche hat die grösste einen der Kirche.
Durchmesser von 0,94 m, und die Inschrift: attO o ftnl ifl IR T tat o Inciti o Glocken.
%t\p tnarit o Hinter dem Wort motta das kleine Bild eines Krucifixus,
ebenso hinter annO. Ausserdem auf dem Felde die vier Evangelisten-Symbole.
Die mittlere Glocke hat einen Durchmesser von 0,84 m, die kleinste einen
Durchmesser von 0,47 m, beide sind ohne Inschrift.
Kleinkonstwerke. I. Silbervergoldeter Kelch, nach der Inschrift am Kleinkunst-
Fussrande im Jahre 171 3 zur Zeit des Pastors CARL STAHL geschenkt von werice.
SIMON HINRICH JÖRNS |> Architccturae militaris capitaneus«). Werkzeichen:
zweimal ^). Patcnc ohne VVerkzeichen. — 2. Silberne Oblatenschachtel,
laut Inschrift 1787 geschenkt von dem Pächter AUGUST HEINRICH CARSTENS
ZU WANDRUM. Schweriner Arbeit: (|| iWMcm. — 3. Silbervergoldete Kanne,
Berliner Arbeit, von Sy u. Wagner, geschenkt laut Inschrift am 9. April 1885
vom Pastor Dr. t1u< I JOHANNES EDUARD HUTHER und dessen Ehefrau
CHRISTIANA HUTHER GEB . STOCKFLETH. — 4. Ebenso ein silbernes Tauf-
becken von denselben (jebcrn und aus derselben Fabrik, \om Jahre 1873. —
5. Zinnerner Kelch mit Patcnc, für die Krankenkommunion, ohne Inschrift
') lU-schrcibung der alten Kirchi- hei l isch, M. J.ahrb. Will. S. 288. 289. — Das Inmtu:
von iSii erwähnt ein kleines Glasbild mit der Interschrift: Otto, Abbas in Keinefelde.
Digltlzed by Google
684
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
Die wichtigsten vorgeschiclitlichen Stellen
im Amtsgerichtsbezirk Schwerin.
Schwerin:
I. Steinzeitliche Funde: Die Seeufer bei Schwerin haben eine un-
gewöhnlich grosse Anzahl von Steinartefakten ergeben, z. Th. Rinzelfunde,
7.. Th. sog. »Feuersteinmanufakturent. Der grösste Fund derart ist 1877 auf
der Insel im Ostorfer See gemacht (vgl. Lisch, M. Jahrb. XLIII, S. 193.
XI-IV, S. 69); nächstdem kommen die Höhen am Ostorfer See, der Kalk-
werder, der Kaninchenwerder, das Rabcnstcinfeldcr Ufer (besonders der Garten
der Villa Lenthe) u. s. w. In dieser Beziehung in Betracht.
IL Bronzezeit: i. Bei Zippendorf (in der Wiese hinter der Restau-
ration) und bei der Leimsiederei an dem Wege nach Neumühle sind 1865
Bronzegegenstande unter nahezu gleichen Umständen gefunden, die auf bronze-
zeitliche Wohnstätten schliessen lassen. Vgl. Lisch, M. Jahrb. XXXL S. 60
und 63. — 2. Bei dem Weinberg, der tlen Wa.sscrthurm trägt, rechts von
dem Weg nach Neumühlen, liegt ein auflallender, mit Buschwerk bestandener
Hügel, »I-äuschenberg« (auch >Mühlcnbcrg«) genannt. Fr kommt an Form
und Grösse den grossen Kegelgräbern nahe; doch muss noch dahingestellt
bleiben, ob er vorgeschichtlichen Ursprungs ist. — 3. Links von der Chaussee
nach Wismar, auf dem Gebiet der Idiotenanstalt, wurde 1886 ein Urnenfeld
jüngerer Bronzezeit entdeckt und von Dr. Bcltz untersucht. Funde im Gros.sh.
Museum. Vgl. Bcltz, M. Jahrb. LXI, S. 196.
Wendische Ihntjwallschfrlicn vc»n tlcr .SthlosMu-fl ni Schwerin.
III. Wendische Zeit: Die meisten Reste wendischer Zeit sind aul
dem Striche längs des Sees zwischen Regierungsgebäude und Marstallwiesen
gefunden; hier lag vielleicht der alte Wendenort (vgl. Beltz, Zur ältesten
Geschichte Mecklenburgs. 1893, S. 26). Ihm gegenüber auf der Schlo.ssinsel
der Burgwall, der 1018 zuerst als Fürstcn.sitz erwähnt, seitdem fast ununter-
VORGESCHICHTUCHB STELLEN.
68s
brochen ein landesherrliches Haus getragen hat (vgl. über den wendischen
Wall tind seine Funde Lisch, M. Jahrb. X\', S. i6o). Eine Grabstätte aus
älterer wendischer Zeit ist nicht bekannt geworden; der letzten Wcndenx.eit
gehört (nach Beltz, M. Jahrb. lA'III, S. 228) das vetus cimeterium der Be-
widinungsiiilciuide des Bisthums (vgl. F. W. Lisch, M. Jahrb. XLII, S. 71) an,
welches 1892 zum Theil aufgedeckt ist Spätwendische Gerftthe, besonders
keramisclie. sind mit frühniittelalterlichen auch bei dem Postneubau auf der
Stelle des alten Bischofssitzes gefunden. Vgl. Beltz, M. Jahrb. LV, Quartal-
berichte S 21.
Gallentin und Ltibstorf. In dem Walde zwischen Gallentin und Lübstorf
befand sich früher ein ausgedehntes (iräberfeld jüngerer Bronzezeit: niedrige
Krd- und Steinhugel mit Urnen. Au.sgrabungen haben kSjC), später gelegent-
lich, stattgefunden. Funde im Grossh. Museum. Vgl. Lisch, M. Jahrb. IIB,
S. 35 ff. IVB, S. 34 ff. XXI, S. 248.
Hundorf. Auf dem Seehofer Felde zwischen Tannenberg und Schweriner
See, vom Hofe aus etwa in der Richtung nach Osten, eine »Burgstellc«.
Metein. .An dem Wege nach Ziclvluisrii . etwa halbwegs rechts, zwei
bedeutende Kegelgräber. Noch nicht untersucht
Zickhusen. Im Jahre 1810 wurde hier em grösserer Begrabnissplatz
aufgedeckt, der zahlreiche Stcin.sachcn (jetzt im Grossh. Museum) enthielt.
Vgl. Lisch. M. Jahrb. VIB, S. 138.
Fltssenow. l. Burg l)obin. Auf I'^iessenow er Gebiet, zwischen dem
See »Uuwe und der nördlichsten Zunge des Schweriner Sees, eine Hurgstätte,
früher Wallbcrg, jetzt (weil eine Mühle darauf liegt) » Mühlenberg < genannt.
Vgl. Lisch, M. Jahrb. V, S. 123 ff. An den inneren Wallböschungen zaMreidie
Reste von Wohnstätten, in denen Thierknochen» die bekannten Burgwall-
scherben, Spindclsteinc, einmal auch ein »Schläfenring« gefunden worden sind.
Fin Theil der Fundstücke wird im Grossh. Museum aufbewahrt. — 2. Ein
zweiter Wall im Klamp-Moor- (auf dem Messtischhlatt fälschlich »Kamp«
benannt). — 3. Ein dritter im Gehölz zwischen dem »Trien-Seec und dem
»Faulen See« in der Mitte.
Retgendorf. In den Tannen Kegelgräber: Lisch, M. Jahrb. IIB, S. 109.
Leezen, h'-ine Anzahl Kegelgräber jüngerer Bronzezeit sind hier nieelcr-
geackert, deren Inhalt (kleine Bmnzen) in das Kgl. Völkermuseum in Berlin
gelangt ist. Vgl. Beltz, M. Jahrb. LXl, S. 217.
Langen -Brttts. Einige bedeutende Kegelgräber: Lisch, M. Jahrb. VII fi,
S. 26 und 56.
Görslow. .\uf dem Acker mehrere, scheinbar unberührte Kegelgräber.
Muess. Am (irossen See ein kleiner Burgwall, der sog. »Reppina, durch
Scherbenfundc als wendisch gesichert. V^gl. Lisch, M. Jahrb. XXXVHi, S. 169.
Digltized by Google
686
AMTSGERICHTSBEZIRK SCHWERIN.
Kralnförden. i. Zwischen dem Dort und dem See ein ausgedehntes
Urnenfeld aus der ältesten Eiseiueit, untersucht von Dr. Belts 1890. — 2. In
dem sandigen Hügel (als Sandgrube benutzt) rechts von dem Wege von
Schwerin nach Krebsförden ein Umenfdd der - jüngeren la T^ne-Zeit, 1889
von Dr. Beltz ausgegraben. Funde von beiden im Grossh. Museum.
CooMrade und Plate. Im Störthal, besonders den genannten Orten,
werden bei Flussregulierungen u. s. w. sehr zahlreiche Steinsachen gefunden,
die auf eine starke Besiedelung schliessen lassen (Pfahlbauten?); eine ^össere
Anzahl sind in das Grossh. Museum gekommen. Vgl. Lisch, M. Jahrb.
xxxxm, s. 198.
Peckatei. Die Kegelgräber, in denen sich der bekannte Bronze- Wagen
des Grossh. Museums {gefunden hat. licf^en auf dem Felde des Krbpächters
Kempke. Ks waren wenigstens vier Kegelgräber. Das (iräberfeld schlics.st
sicli an den am Kempke sehen Felde entlang fuhrenden Weg an, 140 Schritt
vom Wege und 174 Schritt vom Bahndamm. An der Bahn, in der Nähe dieses
Feldes, smd Urnen gefunden. Das Gräberfeld li^ auf dem Rummelsbeiig.
Ueber die 1843 stattgehabte Ausgrabung vgl. Lisch, M. Jahrb. IX, S. 369.
Beim Bahnbau 1889 ist ein Hügel durchschnitten, in dem ein nnbcerdigter
Leichnam, Urne und Bronzerin<re sich befanden; die Funde im Grossh. Museum.
Pampow. Auf dem Hofidde befand sich em Hünengrab. Vgl. Usch,
M. Jahrb. IIB, S. 34. Ebendort wird ein Kegelgrab erwähnt: M. Jahrb. IIB, S. 42.
Stralendorf. Bei den Katbenhäusem, g^;enüber.dem Zttlower Hünen-
grabe, ein Urnenfeld aus der älteren römischen Periode, 1894 von Dr. Bdtz
untensudit; Funde im Grossh. Museum.
Zlllow. I. Auf der Zttlower Feldmark ist zu beachten rechts und
links vom Wege, der von Zülow nach Stralendorf liihrt, je ein Hügel. Der
eine wird als Buchberg, der andere als Silberberg bezeichnet. Beide erinnern
an Kei^elgräber. Inline lintcrsuchung fehlt noch. — 2. Grosses, mit Granit-
(indiinL^cn hedeektes (iräberfeld, der ^Stuerbusch*, links am Wege von Wals-
mühlcn nach Rogahn, dem Stralcndorfcr Hofkalhcn gegenüber, 23 m lang,
5 bis 6 m breit. Im Volksmunde das iFranzosengrab« geheissen, nach ^aub-
würdigerer Ayssage aber das Grab der im Gefedit bei Walsmühlen in der
Nacht vom $. zum 6. März 1719 Gefallenen. Ursprünglich wohl ein Hünen-
grab, etwa 5 m vom östlichen Ende sind noch Reste der (eingesunkenen)
Grabkammer zu erkennen. Vgl. auch Lisch, M. Jahrb. IIB, S. 108.
Wittenförden, i. Steinringe im Rabenhom, dnem furstl. Forstrevier,
fünf oder sechs Ringe, etwa 3 m im Durchmesser. Noch nicht unter-
svicht. 2. Hingwall in der Wiese, südwestlich vom Dorfe, etwa 600 tn
entfernt, 120 Schritt Durchmesser. Der Ringgraben noch meistens gut erhalten.
Die Böschung etwa 3 m hoch. In der Mitte erhebt sich der Wall hügelartig.
Noch nicht untersucht. Aber unzweifelhaft wendischen Charakters.
Digitized by Google
VORGESCHICHTLICHE STELLEN.
687
Lankow. Am See hinter dem Gehöft des Krbpächters Raumann ein
ausgedehnter Burgviall, wendischer Herkunft, wie Scherbenfunde erweisen.
Vgl. Lisch, M. Jahrb. VII H. S. 57.
• BrUsewitz (früher Klein -Hrütz). Die Feldmark war früher, ebenso wie
die der benachbarten Orte, reich an Hünengrabern. Eines ist schon 17^2,
zwei andere 1839 aufgedeckt. Die Funde im Grossh. Museum. Vgl. Lisch,
Friderico Francisccuni, S. 77. M. Jahrb. IVB, S. 23. VB, S. 100.
Rosenberg. Ueber zwei 1804 ausgegrabene Hünenbetten, deren Inhalt
sich im Gro.s.sh. Mu.seum befindet, vgl. Lisch, I*'riderico-Francisccum, S. 75.
Gottmannsförde. »Kunkelmaucr* , beginnend bald hinter dem Währ-
holzkaten, ging bis dicht an den Liilcnkrug vuimittclbar an der Liindstrasse
entlang; Grenze zwischen Gottniannsförde und Brüsewitz. M. Jahrb. IVB, S. 79.
letzt leider abgetragen.
l'tckalcr>cher Urutijie Wagen.
688
NACHTRÄGE.
Nachträge.
S. 80. Den Thomas- Altar hat Herr Rentner C. W. Hermes, der sich
schon seit Jahren viele Verdienste um die Pflege der Denkmäler seiner Vaterstadt
erworben, inzwisrheh auf seine Kosten wieder herstellen lassen. Dabei sind die
auf Seite ii mitgctheilten Reste von Inschriften durch Herrn Dr. Techen ergänzt
wie folgt:
[balt toina^ flft tor lere niiicf) nalc, i$ f\t enc a6[Yictr &]rimlen.
Uan tier erbe ii tonui^ borljaiie, bo eiie Vuoltie Iab[e|ii.
ein taif lep [iior fineii fiegrjenl, ber ciigf)cle garbel fjeft f^e 0]direg\}cn.
[in] ftrandjcit j^eft [ejm got biffte fant, br be arfte ba tunber bant.
S. 85. Dem Wunsche Münzenbcr^er's, Mittclalt. Alt. S. lot und 1 24,
entsprechend hat Herr C. W. Hernies auch den Cassionsaltar, der unter Nr. 2
beschrieben ist, wiederherstellen lassen.
S. 13Ö. Durch ein Versehen des Zeichners ist die Nordhalle der Nikolai-
Kirche mit einem Dach verschen, welches ebenso hoch ist wie die Siidhalle. Die
Nordhalle ist mit zwei neben einander liegenden niedrigeren Satteldächern gedeckt.
S. 134. Herr Dr. CruU weist in einem demnächst zu veröftentlichenden
Aufsatz über den auf S. 1^2 Lü allgebildeten .Mtar der Schifter, der inzwischen
ebenfalls auf Kosten des Herrn C. W. Hermes wiederherge-stellt ist, den Zusammen-
hang zwischen diesem Altar und der z.u S. 1.^4 abgebildeten Weihurkunde vom
2^ Februar 1459 nach.
S. L42. Die beiden hier abgebildeten Wappen hat Herr Hermes el)enfalls
aufs Beste wieder herstellen lassen.
S. UK XIV. Jahrhundert (nicht XV.). Vgl. S. ^3 und u.
S. 181. Das Wädekin'sche Haus ist vor Kurzem stilgemäss erneuert. Sein
Besitzer, Herr Wädekin, hat den patriotischen Kntschluss gefasst, in der Art auf
das Haus eine Servitut zu legen, dass der Giebel niemals abgenommen oder auch
nur verändert werde. Kr giebt damit seinen Mitbürgern ein Beispiel, das Nach-
ahmung verdient.
S. Zu den hier im Text und in den Anmerkungen j und 4 auf-
geführten formverwandten Bauten in Norditalien sind die Fassade der Kirche
S. Maria Istrada in Monza und das l'ortal des Palastes Ragnoli in Brescia hinzu-
zufügen.
S. 205. Die Unterschriften der beiden Thürmc sind verwechselt. Statt
Gefangenthurm ist zu lesen Wasserthurm, und statt Wasserthurm Gefangenthurm.
j Google
NACKTRilGB.
689
S. 231. 235. 241. Mitlelalterliche (Jeistlichc. AufPoel: Um 1456 Johann
Wcilendorf, um 1532 Joh. Brunow. — Zu Hornstorf: Am 30. Mai 1456 vermacht
der Priester Joh. vod Herverde der Kirche des hl. Laurenthis zu Hornstorf >dtio
pana c.mdilabra de stanno riim uno omamento ad missam-. — l'm 1435 wird
der i'lcl>an Kruse zu Hornstorf als verstorben bezeichnet. Aus einer Urkunde vom
aj. September 1401 ergiebt sidi; dass die Kirche zu Hornstorf damals imter dem
Probst von Schwerin stand- — 7ai Neuburg: Um 1447 ist Herr (iottschalk vim
deme Zode Pfarrer zu Neuburg. (Aus ungedruckten Urkunden, Dr. Techen.)
S. 232. Die ehemalige grosse (Hocke auf Poel ist von Dr. CmU im
M. Jahrb. XL, S. 194, beachriebea.
S. 251. Als 1521 in Benz, das nach Golddiee eingepfarrt ist, eine Kapelle
•^i'uriiivk-t wird, erhalt der Abt in Doberan das Patroaat. Kiichhecr von Goldebee
ist damals Johannes Maes.
S. 254* Vorübergehend, vom 1476 bis 1483, sitzt Hartich von Piessen
auf Zurow.
S. 259. Um 1450 ist \ik Stemeberch Pfarrer zu Zurow, um 1473 ist
Heinr. Junge Vikar. Zwischen 14^0 und 1489 wird Johannes Hruseke mehrfach
als Plelian von Zurow genannt. Er ist 148a (iHelleicht auch schon vorher) Dekan
des Zurower Kalands. Der letzte Senior und Principal des Zlirower Kalands.
Mag. Nik. Kggebrecht, Vikar imd Domherr zu Lübeck, weist (vermuthlich um 1550)
mit Bewilligung seiner Midvfider die geringen Einkünfte der Almosenstiftung des
Magister Konrad ßöddeker in St Jürgen zu Wismar ztL (Dr. Techen, aus un-
gedruckten Urkunden.)
S. 267. Zwischen 1404 und 1435 Joh. Haversark und um 1450 ist
Dictr. Stu\e Pfarrherr zu I.ubow. l ebcr Joh. \Veiteadorp und Hermann Schulte
ist eine l'rkunde vom 26. Juli 1443 zu vergleichen.
S. 271. Liideke von Bassewitz sitzt schon 1459 auf Maslow (Dr. CruU,
aus ungedruckten Urkunden).
S. 273. Der Kcce lionv)« in der Kirche zu L4ibow saas früher auf der
Innenseite eines Eucharistie - Schrankes.
S. 289. Um 1507 ist Erasmus Hermes Pleban in Hohen-Viecheln (Dr. CruU).
S. 295. 301. 305. Zwischen 1447 und 1462 ist xNik. Plote (Plate) Pleban
zu Beidendorf; um 148a Joh. Stalkdper, 4tr 147 a Vikar von St. Nikolai zu Wismar
ist: um 1533 Heinrich Rensze; nach ihm Joh. Magerfleisch (f 1576). Die
Renovation der Kirche n\ Tieidendorf ist die Folge eines Brandes gewesen. —
Der auf S 305 gegebene u icrschnitt ist dn Querschnitt durchs Schiff der Kirche,
nicht durch den Chor.
S. 311. (Inventar der Kirche zu Greasow von 181 1): Nicht 1726,
sondern i6a6.
S. 320. Um 1505 ist Jfirgen Erdmann Ktrchherr zu Proseken.
S. 331. Zur U eitendorfer Stiftung haben sich noch einige, bis jetzt nicht
veröffentlichte Urkunden gefunden: vom 3. Mai 1406, 15. Deccmber 1438,
44
Digitized by Google
690
NACHTRÄGE,
a>. August 1441, 13- Mai 1445, 19. und 37. Juli 1451, 30. Mai 1456, 12. April
1460, 17. Oktober 1480, 15. November 1484« *g. November 1500. Jedoch sind
sie nicht von solcher Bedeutung, daas es sich veilohnte, hier auf ihien Inhalt
einzugehen.
S. 335. Dr. Oiill und Dr. 'l echt-n hallen die £rdaufwerfungen in Tatow
für das Krgcbniss der .\nltgung einer Mergclkuhle.
S. 353 unten mcokt sutt Uobi.
S. 358. In den achtziger Jahren des XV, Jahrhunderts ist Vicke Runge
Kirchherr 2U Proseken.
S. 373. Wappen der holsteinischen Familie von Tinen.
S. 374. Kuno Graf von Rantzau und Amalasuniha, geb. von Bothmer,
waren vorübergehend im Besitz der Gra6chaft Bothmer.
S. 395. Das Maaswerk des Rundfensters der Kirche zu Dassow ist Kalk-
guss. Mit solchem waren in den dreissiger Jahren auch die beiden Nordfenster
des Schiffes versehen.
S. 413. Um 1450 ist Otto Yesevisse Kirchherr in Diedrichshagen«
S. 416. Zur Familie Banse vgl. M. Jahrb. LH, S. 129, Anmkg. LXI,
S. 267, Anmkg i. — Ebendort in Anmkg. 1 nicht »Kleeblätter«, sondern »See-
bUttter«.
5. 417. Um 1450 ist Konrad Burmester Kirchheir in Friedrichshagen.
S. 496. Zwischen 1464 und 1475 ist Gert Vilsbeke als Prior von Gross-
Eichsen nachzuweisen.
S. 509. Die Kapelle zu Grambow war noch in unserem Jahrhundert vor*
lianden. 1803 nhernimmt der Käufer von (irambow die Verpflichtung, für die
monatlich in der K.ipelle zu Grambow zu haltende Fredigt eine Zahlung an den
Pastor zu Gross-Brüiz zu leisten.
S. 551. Es ist öfter bezweifelt worden, ob der Dom zu Schwerin, wie
dies auf den alten Hildem der Stadt von der Familie Merian zu sehen ist, auf
seiner Viernng ein Dachreiterthninichen gehabt habe. Mit Unrecht: der Dom hat
in der That einen sokhen Klingfhiirm« gehabt, und noch heute befindet sich,
wie Herr Gel). Ober-Baur.ith Daniel dem Verfasser mittheilt, das Untergebälk, dazu
auf dem Bodenraum der Vienmg. Aus Akten im Grossh. Archiv ergiebt sich, dass
dieses 'rhilrmchen bis /.um Jahre 1703 von Bestand war. her Stnu tuariiis des
Domes bezeichnet es damals als baufsülig. .\ber Anfangs ündet sich wegen der
damit verbundenen Gefahr Niemand, der es niedernimmt. Endlich geschieht es.
Darauf -- aber erst iiu lirere Jahre spater, nämli< h am 16. Januar 170Q - - giebt
Herzof.; rriedric h W ilhelm durc h seinen Geli. Rath \\ Olfrath den Befehl zur Wieder-
aufrichtung. Doch ist aus den .Akten nicht zu ersehen, ob es wirklich dazu
gekommen ist, und aus einem späteren Stich, der zur Zeit des Herzogs Karl
Leopold erschien und auf dem das Thürmchen sichtbar ist, kann deshalb kein
Schluss gemacht werden, weil das Bildchen eine Kopie des Merian' sehen Bildes
von 1640 ist. Interessant ist aiKh ein den Akten beigelegter Entwurf zu dem
Thürmchen, durch den die Holzkonstraktion veranschaulidit wird.
Digitized by Goo<?I
NA( HTKÄGK.
S. 648 (Zu Cramon). Verschiedenen Angaben im Kirchenl>uch zu Cruinon
läsM sich entnehmen, dass 1717 und 1721 in Gottmannsförde eine (ilashütte bestand.
S. 667. Aus der alten Kirche /u Banzkow ist ein schön patiniertes
bronzenes V'orlegeschloss ins Museum gelangt, dessen Kormcngebung auf die
romanische Periode des XII. und XIII. Jahrhunderts hinweist. Lange 7,6 <in.r —
Kin kleineres Schloss ganz gleicher Art, sodass man auf einen und denselben Ver-
fertiger schliessen niüchte, ist aus Crivitz ins Museum gelangt: Lange 5,4 cm.
Am Schlüsse geben wir hier die Abbildung eines 19 cm langen von dem
Wismar'schen (loldschmied J. J. Zeller angefertigten silbernen Schlüssels, welcher
laut eingravierter Inschrift im Jahre 1803 bei Verpfändung der Stadt Wismar durch
Schweden an Mecklenburg dem damaligen Herzog und spateren Grossherzog
Friedrich Franz I. vom Rathc der Stadt ul)ergeben wurde. Uie .\ufschrift auf dem
S<haft des Schlüssels lautet: d 29^:5 August 1803 • ZELLER. Auf beiden Seiten
der Schlüsselraule das Wismar' sehe Wappen.
Sta<ltschlii»sel von Wismar, Uberreicht am 29. .\u(;iisl 1S03.
Ii» Gros^herzo^lichcn Museum.
Google
SfJH?^ Si'S^.y'-ATION DEPARTMENT
TO«^ 202 Main Librarv
LOAN PERIOD 1
HOME USE
2
3
4
5
6
ALL BOOKS AAAY BE RECALLED AFTER 7 DA YS
l-monfh loans may be ronewed by colling 642-3405
6-month loons moy be recharged by bringing books fo Circulotion Desk
Kenewa Is and recharges may be made 4 days prior fo due dafe
DUE AS STAMPED BELOW
mt? ^
FORM NO. DD 6, 40m 10 '77 UNIVERSITY OF CALIFORNIA, BERKELEY
^ BERKELEY. CA 94720