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Full text of "Bd. Die Amtsgerichtsbezirke Wismar, Grevesmühlen, Rehna, Gadebusch und Schwerin"

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Die  Kunst-  und 
geschichts-denkmäler  des ... 

Friedrich  Scliiie 


Die 


Kunst-  und  Geschichts-Deukmäler 

des  Grossherzogthums 

M  ecklen  b  u  rg  -  Sch  w  eri  n . 

Im  Auftrage 

des  Grossherzoglichen  Ministeriums  des  Innern 

heraus'^ci^'cbcn 
von  der 

Commission  zur  Erhaltung  der  Denkmäler. 

IL  Band: 
Die  Amtsgerichtsbezirke 

Wismar,  Grevesmühlen,  Rahna,  Gadebusch  und  Schwerin 

hoarbcitt-t 
von  Prof.  Dr.  IViedrich  Schlie, 

Muaeunis«iiit^k'><ir  und  lluinith. 

Schwerin  i.  M.  1898. 

Dnidc  and  Vertrieb  der  Bärcns)>runvs>  lu  n  I lofbuchdruckerei. 
Kommissionär  K.  b\  Kühler,  I^eipxi^. 

Üiyitizeü  by  v^üOgle 


Vorrede. 


ic  iVfundlichc  AncrkenminL,^ ,  wt  lchc  ticin  Werk 
(l<r  MtHklfiilmt i^i^choii  Kunst-  und  ( icscliichu- 
1  )i  iikin;i!<  r  innerhalb  und  aiisscrhall)  tU:s  Lani!<-s 
zu  1  h<  il  i^rwordcn  ist,  liat  dem  XCrlasscr  Miihf 
und  Arbeit  am  zweiten  liande  erleichtert.  Im 
Uebrigcn  fiihlt  er  sich  auch  bei  diesem  zu  mancherlei  Dank  Air  wirk- 
same Unterstützung;  verpflichtet.  Ohne  die  trcfiTlichen  Vorarbeiten 
des  überaus  fleissigcn  und  (Gewissenhaften  Herrn  Dr.  Friedrich  Techen 
fiir  die  .Alterthiimer  der  Stadt  Wismar  wäre  der  zwt^ite  Band,  welcher 
den  ersten  an  l  nitani;' '  übertritt,  nicht  sd  schnell  trrti;^  m  worcK  n, 
wie  es  jetzt  iler  l""all  ist.  Ausserdem  \  trrdankt  der  \  ertasser  I ierrn 
Dr.  CruU,  der  durch  seine  zahlreichen.  Üieils  in  tli  ii  jahrhiichern  für 
mecklenburgische  Geschichte  und  Altertliümer  und  in  den  Hanseschen 
Geschichtsquellen,  theils  in  £inzel.schriften  nieder^Iegten  gründlichen 
Studien  zur  Geschidite  der  Stadt  Wismar  vveithin  Ruf  und  Namen 
erworben  hat,  viele  werthvolle  Fingerzeijje.  Was  al>er  diese  Ixjtden 
1  lerren  für  Wismar  bedeuten,  das  tlen  AnfanL,*^  des  zweiten  Bandes 
bildet,  das  bedeutet  tiir  seinen  .Schlus-i,  der  dit-  Stadt  Schwerin 
und  ihre  L  iiigegend  uinfa.s.st,  der  vor  \ieri:ehn  Jalircn  verstorbene 


Üiyitizeü  by  LjüOgle 


IV 


VORREDE. 


Grh.  Archivnith  Dr.  Fricdr.  Lisch,  tU  n  man  mit  Rcrht  den  \'atrr  ilrr 
mccklriil)uri;isciKMi  Archaolo<(ic  nennt.  Ohne  .seine  au.sgezeichneien 
Studien  zur  Geschichte  des  alten  Schlo.sses.  das  er  von  Juticnd  auf 
kannte,  ebenso  aber  auch  ohne  die  von  Herrn  Oberhofbauratli  Wille- 
brand  in  seinen  Jugendjahren  mit  peinlicher  Genauigkeit  ausgeAihrten 
Aufrisse  und  die  malerischen  Ansichten  von  der  Künsderhand  Schlöpke's 
wäre  es  nicht  mögtich  gewesen,  ein  solches  Bild  der  Entwicklung 
dieses  Baues  vom  Ende  des  XV.  Jahrhunderts  bis  zur  Gegenwart  zu 
zeichnen,  \vi(!  es  jetzt  \t'rsuclu  werden  konnte. 

Aui  steinen  Reisen  ilurch  tiie  Aint.sijcriclitsbczirkc!  Wismar.  Grevcs- 
nnihlen.  Kehna,  Gailelnisch  und  Schwerin  zwecks  Feststellung  des 
Denkmäler -Inventars  haben  den  Verfasser  die  Herren  Universitäts- 
Bibliothekar  Dr.  Hofmeister  zu  Rostock  und  Archivar  Dr.  Stuhr  zu 
Schwerin  begleitet  Die  Zusammenstellung  der  vorgeschichdichen 
Plätze  und  Altcrthumer  hat  hier  wie  beim  ersten  Bande  Herr  Museums- 
Konservator  Dr.  R.  Beltz  geleitet. 

Schwerin,  im  December  1897. 

Friedr.  Schlie. 


Üiyilizeü  by  LjüOgle 


Inhalts  -  Verzeichniss. 


I.  Amtsgerichtsbezirk  Wismar  i- 


Seite 


Wismar 


Geschichte  der  Stadt 

St.  Marien -Kirrhg 
St.  Jürgen -Kirche  . 
St.  Nikolai. Kirrh«.  


I— i 


Kirche  und  Hospital  zum 
Heiligen  Cicist  .... 
Kirclie  cies  Srhuar/rii  Klosttrs 
Kapelle  St.  Marien  zur  Weiden 
Kirche  der  Cirauen  Mönche  . 
Ehemalige  Kapellen    .    .  . 

Profanbauten   

Fürstenhof    .     .  .   

Kleinkunstwerke  im  Priinthesit/ 

Kirchdorf  auf  Poel  .  

Hornstorf    .   . 


Neuhurg 


Goldebee 


Zurow 


I.iibow 


Mecklenburg 


Hohen-Viccheln 


Beidendorf 


Gressow 


I  lulu-nkirchcti 


Troseken 


Ueitendorf 


Vorgcsrhirhtlirhe  Stellen 


-22  1 
I 

u 

1  ao 

LSI 
lÄi 
167 

1 70 

m 
20g 

115 

251  i 

»55 
265 

376 

£25  I 
^02  I 

111 

ilSl  ! 

Ul 

U2 


II.  Amt-sccricht.sbezirk  Greve.s- 

Scitc 

mühlen  

.1.19 

— 422 

Grevesmühlen  .... 

.1.19- 

Geschichte  der  Stadt  . 

Kirche 

.146 

Rathhaus  .... 

.ISI 

Bössow  

.ISi 

Damshagen  .... 

.157 

Flecken  Klütz  .... 

Elmenhorst  

.17  S 

.179 

Flecken  Dassow 

.192 

Mummendorf  .... 

402 

Roggenstorf              .  . 

40  !5 

Börzow   .  . 

400 

Diedrichshagen 

4«2 

Frietlrichshagen 

416 

Vorgeschichtliche  Stellen 

419 

III.  Amtsgerichtsbezirk  Rehna 

Rehna  

423- 
42,1- 

-455 
-446 

Ges«  hichtc  der  Stadt  . 

42,1 

Kirche  

4 10 

I.übsce  . 

447 

Gr.inibow 

■4?  1 

r  ,  •    1 1  Coogle 


VI 


INHALTS  -VERZEICHNISS . 


Seite 

IV.  Amtsgerichtsbezirk  Gade- 

busch  456 — 5^0 

(ladebusch  456 — 487 

Geschichte  der  Stadt  .    .    .  456 

Kiichc  .  .  .  .  .  :  :  a6>A 

Kapellen  .    .  481 

Schlflss  .  .  .  .  .  =  .  aM 

Rathhaus  487 

Meetzcn  488 

Vietlübbe    .    .  489 

Gross -Eichsen  49 

Mühlen -Eichsen  S03 

Gross- Brlitz  50S 

Pokrcnt  <>io 

Gross -Sality.  Sia 

RoKK«-'nclorl"  517 

Vorgeschichtliche  Stellen    .    .  519 


Amtsgerichtsbezirk  Schwerin 

521 — 691 

Schwerin  521 — 630 

Geschichte  der  Stadt  .    .  . 


Schelf-  oder  St.  Nikolai-Kirche 

576 

584 

Katholische  Kirche 

596 

S>*naßogc  

599 

Schloss   

601 

Profan  bauten  

620 

WWke    fler    Kloinkiinst  und 

des  Kunstgewerbes  . 

626 

Kirch -Stück  

Gross -Trebbow             .  . 

Alt-Metdn  

6i8 

Zickluiscn  

640 

IVAIIti^vVK  ...... 

Crarnon 

Xk^I  Ml  At^^fl  >  ...... 

"'•+3 

Retgendorf  

649 

Zittow  

652 

I  untren -Brülz  .... 

658 

("lorslow  

660 

Plate 

*   "«^fc^   :  :  ,  :  ;  ^  

66  I 

Consrade  

664 

Peckatel  

66 

Rnnzknw 

1  flUUilall  IT   .  ■  ■  .  i  

666 

668 

Goldenstädt  

670 

Sülte  

671 

Sülstorf  

67  2 

Pampow  

677 

Stralfiulmf  .  , 

6  7  i> 

Wittenfördtn 

682 

Vorgeschichtliche  Stellen 

684 

VI.  Nachträge  688 


r  ,  •     1 1  Coogle 


Verzeichniss  der  Illustrationen. 


Wismar. 

Altes  Wismar  nach  Merian  (Kopfleiste)  i . 
Altes  Wismar,  erste  Hälfte  des  XVII.  Jahr- 
hunderts i8. 
Urkunde  des  Herzogs  Ulrich  20. 
AeltcTC  Ansicht  (i.SQ';)  a». 
Schwedische  Festung  Wismar  (17  »6)  a%. 
Stadtschlüssel  (von  i8o.^)  6qi. 

St.  Marien  Kirche 

Grundriss  26.  . 

Kirche  von  Westen  gesehen  (Lichtdruck)  26. 
Von  den  Chorschranken  27  (Kopfleiste). 

3»-  '36. 
St.  Marien -Kirche  27. 
I^ingsschnitt  28. 

Inneres  der  Kirche  (Lichtdruck)  a8. 

Querschnitt  29. 

Inntrt<         Kirche  fl.ichtdruck)  30. 
Mkilaillons  \<>n  den  Chorschranken  .^1. 
Neuer  Giebel  33. 
Chorumgang  35. 

Stein  in  der  Mauer  des  Chorschiffes  36. 
Krämer-Altar  (Lichtdruck)  37. 
Flinte  mit  (iitter  (Lichtdruck)  38. 
Taufkesscl  38.  39. 
Fünte  in  St.  Marien  zu  Lübeck  39. 
Karow'sches  Epitaph  45. 
Plcssen-Spcrling-IVcraterschesKpitaph  46. 
Ribow'sclics  Kpitupli  47. 
Böddeker'sches  Kpitaph  48. 
Eggebrecht' sches  Epitaph  49. 
Schnohr'sches  Epitaph  so. 
Mevius'sches  Epitaph  ^i. 
Brummer' sches  Wappen  52. 
Wrangel  sches  (Grabdenkmal  53. 
Initial  mit  Gicssernamen  54. 
Bronzene  Grabplatte  der  Herzogin  Sophie 

(Lichtdnick)  54. 
Banzkow'scher  Grabstein  s.'i- 
Blick  von  der  Orgelempore  in  die  Ka|)ellen 

der  Nord.seite  (Lichtdruck)  56. 
Wandgemälde  in  der  Beicht- Kapelle  ko 


Deckengemälde  in  der  Beicht- Kapelle  6o. 
Glasgcmälde  62. 

AltarleiK  hier  und  7wv\  Kelche  (Licht- 
tlnick)  62. 

Schöneich  -  Stralendorf  scher  Kronlpuchtgr 

Kronleuchter  der  Advokaten  67. 

Zwei  Wandarmleuchter  67. 

Gitten»'erk  der  Erich  Hansson  Ulfsparre'- 

sehen  Grahstelle  68. 
Wappen  ebendaselbst  68. 

St.  Jürgen -Kirche. 

Südseite  der  Kirche  (Lichtdruck)  69. 
Ornament  der  Kanaeel  25  (Kopfleiste).  69. 

Grundriss  70. 

Ansicht  von  Nordosten  (Lichtdruck)  70 
I'ortalbuKt'n  im  nor<lli<  hen  <.>iiers<  hitT  72. 
Blick  vom  Schiff  in  den  C  hur  ( 1  .ii  htdruck) 
11: 

Durchblick  durch  das  Querschiff  (Licht- 
druck) 74. 

Mittlerer  Schrein  des  Hauptaltars  (Licht- 
driick)  76. 

Uie  tx-iden  Flügel  des  Schreins  des  Haupt- 
altars (Lichtdruck)  76. 

Gemälde  der  Flügel  und  Predell  des  Altars 
(Lichtdruck)  77. 

Thomas- -Altar  (Lichtdruck)  80. 

Marifn  ■  Schrein  8  a 

Schrein  mit  Dot>pclflügel  8^. 

Flügelschrein  mit  Passionsbilder  (Licht- 
druck) 84. 

Altar,  ehemals  im  Dominikanerkloster  8^. 

Schrein  im  Südarm  des  Querschiftes  86. 

Kanzel  (Lichtdruck)  86. 

Thür  zum  Aufgang  der  Kanzel  87. 

Blick  auf  die  Orgel  (Lichtdruck)  88. 

Stuhl  Wangen  89.  90.  91.  f)2.  93.  94.  os. 

Chorschranken  oS-  136. 

Taufkessel  99- 

Voimht'>i«hcs  Kj^itaph  loo. 


vm 


VERZEICHNISS  DER  ILLUSTRATIONEN. 


Gral)stein  des  Plehnnus  dherd  Werkmann 


Grabstein  des  Johann  Adam  102. 
Grabstein  des  Lambcrtus  Schonveit  103. 
Grabstein  des  Priesters  und  Stadtsekretärs 


Gottfried  Persevale 


Grabstein  der  Familie  Rampe  104. 
Wandgemälde  105.  107.  108.  109. 
Thür  zum  friihm-n  Sangerrhor  i»o. 
St.  Georg  i  n . 

Kelch  I  und  ;  112. 
l'atcnc  /.um  Kclt  h  4       ii  -^. 


Kanne  [tij,  Kelche  [4  u.  51  (Lichtdruck) 


114. 

Kelch  6  und  7  iiS- 


Schöpflöffel  [9.]  116 


Kronlruchter  iiS. 
Thiirklopfcr  ii8. 
Mittelalterliche  Siegel  110. 

St.  Nikolai  Kirche. 
(^rundriss  120. 

St.  Nikolai  von  Südwesten  (Lichtdruck) 

St.  Nikolai -Kirche  (Kopfleiste)  121. 
Chor  Umgang  12  r. 

Inneres  dfir  Kirche  mit  dpm  MliVlc  ntif 
den  Altar  (Lichtdruck)  122. 

Giel>cl  der  siidlichcn  Halle  12^. 

Portal  bogen  124. 

St.  Nikolai- Kirche  125. 

Inneres  der  Kirche  mit  dem  Rlirlc  aus  dfm 
Mittelschiff  (Lichtdruck)  126. 

St.  Nikolai -Kirche  129. 

Querschnitt  und  Längsschnitt  i  '^o. 

Flügelaltar  in  einer  der  nördlichen  Seiten- 
kapellcn  132. 

Flügelaltar  (.Vussenseiten)  in  einer  der 
nördlichen  Seitcnkapellen  133. 

Weihurkundc  vom  28.  Februar  14^9  (Licht- 
druck) 136. 

Chorschranken  1 36. 

Hlick  aus  dem  Chor  in  das  Schiff  der 

Kirche  tl.it  litilru<  k)  1  ;^6. 
Heiligenbilder  der  Chorschranken  137. 
Epitaph   des  Bürgermeisters  Hendericus 

Schabbelius  141. 
von  Deilen'sches  Wap|)cn  142. 
Unbekanntes  Wappen  142. 
(;rabstein   des   l'riisters  Kl.ius  V^irneholt 

und  des  Priesters  Johannes  Winter  143. 
Grabstein  des  Priesters  Matthias  Runghc 

Iii 


Grabstein  des  Peter  Stolp  144. 
Grabstein   des   Priesters  Johannes  Stüvc 

und  der  Familie  Windt  I4S. 
(irabstein  des  Ehei)aars  Holdorp  145. 
Grabstein  der  Familie  Schwar/kopf  146. 
(irabstein  des  Heinrich  von  der  Luhe  147. 
Anbetung  der  hl.  drei  Könige  (Bildwerk) 

ia8. 

Wandgemälde  149 

Reste  von  ( 'ihis^ciiialtlen   150  151. 

St.  Christophorus,  Kcce  honiu  151. 

Kelch  1  und  2  152. 

Kelch  3  und  4  153. 

Altarleuchter  154. 

Wandann  n;6. 

Zinnen  der  Südhalle  174. 

Kirche  und  Hospital  zum  Heiligen  Geist. 

Heiligengeist- Hof  (Lichtdnick)  156. 
Vo'h    Fries   der    Nordseite    der  Kirche 

(Ko|)fleiste)  JS7. 
Kirche  nun  Heiligen  (»eist  ig?- 
iJrci  Standleuchter  i^g. 

Kirche  des  Schwar/en  Klosters. 

Ehemalige  Kirche  1 6 1 . 

Ehemaliger  Vordergicbel  162. 

Der  alte  Clmr  der  Kirche  163. 

CIht  der  Kirche  164 

(  K'wtilhesi  lu  ilie   i  66 

Siegel  des  Dominikaner- Konvents  i66. 

Kapelle  St.  Marien  zur  Weiden. 
Kapelle  167. 

Kirche  der  Grauen  Mönche 

Ehemaliges  letztes  Gebäude  des  Klosters 
168. 

Plan  des  ehemaligen  Klosters  169. 

Hanzkow'sche  Sühn  -  Kapelle. 

Kapelle  170- 
Grundriss  170. 

Siegel  der  Kalandsbniderschaft  172. 
Siegel  der  Marien-  und  Gertruden-Bruder- 
schaft t7  2. 

Prrtfnnhaiitnn 

.Mtc  Schule  vor  der  Restauration  (Lichtt 

druck)  173 
Alte  S<  hule  173. 

Kapcllanei  unserer  lieben  Frauen  174. 


VERZEICHNISS  DER  ILLUSTRATIONEN.  IX 


TnHtfntnnz  in  finftn  Zimmer  Aer  \lVHpm  '  Gefanf,'enthurm  beim  Altwismar -Thor  20;;. 

(Pfarre  von  St.  Nf.irien)  lyg.  Wassertluirm  20s. 

Plarrhaiis  von  St  M.irn.t^  ll.ii  hi<lruck)  176.     Was^crtiipr  (aussen)  ao6. 


Bude  hinterm  Rathhaus  177 

Bude  am  Markt  177. 

Raths -Apotheke  178. 

Portal  Papenstr.  2  178. 

Lübsche  Strasse  (Lichtdruck)  178. 

Der  Alte  Schwede  179. 

Altwismar-Strasse  i.'^  I7Q. 

Altwismar-Strns<u-  R  iRo 

Wadekins  Haus  Altwismar-Strasse  20  180. 

Hinterm  Chor  6  i8q 

Altwismar-Strasse  iq  i8i. 
Altwismar-Strasse  i\  i8i. 
Dank warts- Strasse  n  182. 
An  der  Frischen  Grube  182. 
Mecklenburger- Strasse  24  (Hintertriebe!) 
181, 

Spie>;clber^  50  18.^. 
Poeler -Strasse  1 — .3  184. 
Lübsche -Strasse  2q  184. 
Cirobschmiedc- Strasse  i  18.S. 
Lübsche -Strasse  2  185. 
Hege  I  18»;. 

Fiirstenhof 
Oer  l-'iirstcnhof  und  St.  Jür^'c-n  iSy. 
Altes  Fenster  vom  !•  urstenliul"  i8<). 
Kaiksteinfries  auf  der  Vorderseite  190. 
Kalksteinfries  auf  der  Hofseite.  iQi. 
Hauptportal  192. 

Palazzo  Roverella  in  Ferrara  194. 
Hinterseite   des    Fürstenhofes  nach  d£L 

Restauration  195. 
Vorderseite  des  Fürstenhofes  im  XVIIL 

Jahrhundert  195. 
Altes   Fenster  von  der  Vorderst  ile  nach 

Ltibke  196. 

Sandstein -Reliefs  nach  Scheffers  196.  197. 

Frtiheres  Portal  auf  der  Hofseite  (Licht- 
druck) 199. 

Kleinstes  Portal  von  der  Hinterseite  199 

Hofseite  vor  d.  r  l^.sl.iiiration  aoo. 

Alter  Fensterj^'icbcl  20t. 

Einfassungs-P)laster  der  alten  Fenster  201. 

Andere  Bauten. 
Die  Koch'.sche  Brauerei  (Lichtdruck)  202. 
Die   Wasserkunst   von   Philipp  Brnndin 

(Lichtdruck)  20;^. 
Giebel.   Meeklenhurgcr- Strasse  i6  204- 
Von  den  alten  Stadtmauern  204. 


)  VVasscrthor  (innen)  206. 

'  Das  ehemalige  Poeler  Thor  207. 

Bcischlagstein.  Pegel'sches  Wappen  208. 
Bcischlagstein .    Mönnick'sches  Wappen 
208 

Kleinknnstwerke. 

Willkomm  der  Krämer  (Lichtdruck)  209. 

Willkomm  der  Töpfer  210. 

Willkomm  der  Schuhinachergesellen  211. 

Willkomm  der  Schmiedegesellen  212. 

Willkomm  der  Si  hiossergesellen  213. 

Willkomm  «Icr  Hattnac  hcr  J13. 

a   Schranke,   aus  \\\stl)ol'  und   aus  der 

Sammlung  'rhoruutnn  J15. 
^  mittelalterliche  Trinkgefasse  von  Zinn  216. 
Siegel  der  Krämer  217. 
Siegel  der  Kontor-  und  Kistenmacher  217. 
Siegel  der  Kannen-  und  (irapengiesser  217. 
Siegel  der  Goldschmiede  218. 
Siegel  der  Kürschner  21 8. 
Sict;el  der  Hutt<  her  218. 
Siegel  der  Schmiede  218. 
Krstes  Rathssiegel  der  Stadt  Wismar  218. 
A(|uamanile  st 9. 
Sicilianisches  Gewebe  219. 
Ehemalige  Thormann'sche  Sammlung 

(Lichtdruck)  220. 
Erstes   grosses  Stadtsiegel    i2t,6  221 
Kleines  SieL;el  der  Stadt  Wismar  221. 

Altes  Schloss  auf  Poel  2  2j>. 

Ehemali}.^er  Thurm  auf  dem  Walfisch  226. 

Eingangsthor  unterhalb  des  Walles  227. 

Kirche  zu  Kirchdorf  22^. 

Quer-  und  Längsschnitt  der  Kirche  229. 

Grundriss  229. 

Dienst  und  Rippen  229. 

Inneres  der  Kirche  230. 

Thurm-Portal  231. 

Altarschreine  232. 

Leuchter  233. 

Hlirk  vom  Srhlosswall  auf  den  Kirchwall 

IMi   

Kirche  /u  Hornstorf  2^7. 
(jrundriss  der  Kirche  237. 
Längsschnitt  und  Querschnitt  23S. 
Gothische  Kelche  239. 
Renaissance- Kelch  240. 


X 


vERZEIC^r^^ss  der  Illustrationen. 


Burgberg  und  Dorf  Neuburg  242. 

Plan  vom  Wall  und  Dorf  Neuburg  24.^. 

Kirche  zu  Neuburg  24';. 

Grundriss  der  Kirche  24s. 

Längs-  und  (Querschnitt  246. 

Ostseite  des  Chors  246. 

Friese  der  Süd-  und  Nordseite  246. 

Altar  247. 

Triumphbalken  248. 

Epitaph  des  Daniel  von  Plessen  24Q. 

Stück  von  der  alten  Fünte  2. sc 

2  Kelche  von  Goldebee  2!^3. 

Kirche  zu  Zurow  257. 
Grundriss  der  Kirche  257. 
Kirche  zu  Zurow  258. 
Querschnitt  der  Kirche  258. 

Vifr  ninrkcn])ilfler  afio. 

Gewoliiciualcrcicn  261. 

Wappen  der  von  Stralendorff  262. 

Sicyc'l  des  Kirc  hcnj.iratcn  262. 

Siegel  des  Kitters  Vii  kev.  Slralcndorpe  262. 

Siegel  des  (Jhik  Stralend(>ri)e  262. 

Kelch  263. 

Längsschnitt  des  Schiffes  der  Kirche  264. 

Kirche  zu  I.ühow  268. 

Grundriss  der  Kirche  268. 

Romnnisr  he  Details  269. 

Inneres  der  Kir<  he  270. 

Kelch  2  u.  3  »74- 

Schiff  und  Chor,  von  Süden  gesehen  275. 


Altar  der  Kirche  zu  Mecklenburg  (Licht- 
druck) 282. 

Kanzel  der  Kirche  zu  Mecklenburg  (Licht- 
drin  kl 

Trimiijilibalken  283. 

Fürstliche  Knipore  284. 

Wall  bei  Mecklenburg  1847  286. 

Kirche  zu  Hohen- Viccheln  2(><i. 
Grundriss  der  Kirche  2Q0. 
Südseite  der  Kirche  2qi. 
Ostseite  der  Kirche  291. 
Querschnitt  der  Kirche  291. 
Inneres  der  Kiruhe  2()2. 
Ritter  Flcssen  203. 

Alte  Fünte  293- 

  I 

Kirche  zu  Beidendorf  296.  ' 
Grundriss  der  Kirche  297. 


Querschnitt  des  Qio'rs  298. 
Kelch  I  u.  2  299. 

Denkstein  zu  Saunstorf  301. 

Kirche  zu  Grcssow  304. 

Grundriss  der  Kirche  30a. 

Längsschnitt  der  Kirche  305. 

Querschnitt  des  Chors  305. 

Inneres  der  Kirche  306. 

F.|'itaph  der  Familien  von   Plcsscn  und 

Wenksteril  ,^07. 
F-iiiiaph  dos  (  iirt  Valentin  v.  Plessen  308. 
Kelch  1  309 
Kelch  2  u.  3  310. 
Oblatenschachtel  311. 


Kirche  zu  Hohenkirchen  314. 
Grundriss  314. 
Inneres  .^IS- 
Querschnitt  3I.')' 
Tnul'stein  316. 

Grabste  in  des  Pastors  P.  Zacharias  Manke 
317.    _ 

Kirche  zu  Proseken  321- 
Grundriss  321. 
Portal  322. 

Querschnitt  des  Chors  322. 
Thurmgiebel  322. 
Friese  323. 

Negendanck'sches  Wappen  323. 
Inneres  der  Kirche  (Lichtdruck)  324. 
Epitaph  des  Ulrich  Ncgendanck  325. 
Kpitaphien  der  Familie  Nc<;endanck.  326. 
Iii 

Kelch  der  Kirche  (Lichtdruck)  328. 
Fuss  des  Kelches  329. 
Kelch  «;      32  0. 


Denkstein  von  Wendorf  330. 
Horn  von  \\  isniai 

Funde  aus  der  Gegend  von  Gamehl.  335/ 
Spätrömische  Bronce- Statuette  einer  Isis 

Felicitas  337. 
Taufstein  von  Pobin  338. 


Grevesmühlen. 

Alte  Ansicht  von  Grevesmühlen,  Kopf- 
leiste 3.1  Q- 

Terrakotta  Wappen  der  Herzogin  Anna 
von  Pommern  343. 


VERZEICHNISS  DER  ILLUSTRATIONEN. 


XI 


Denkstein  in  der  Htinirerstorfer  Forst  ;^4;^. 
Gnindriss  der  Kir<  h(.-  /n  ( lic \  csmulilen. 
146. 

Kirche  zu  nrevesmühlen  .^47. 
Aiisscnwand  (F.inst!  Jetzt!)  .^48. 

PleilCTunmiiriss  .^^8. 
Querschnitt 

Inneres  (Lichtdruck)  348. 
Taufstein  349. 
Kelch  I  u.  2  349. 

Grabstein  des  Johannes  Storni  zu  liössow 

Fenster  des  Johannes  Storni  zu  Bössow 

Iii   

Denkstein  des  Ludekc  Mo/cllenburch  356. 


Siesel  des  Gottschalk  Wulf  1 3  1  <> 
Marienkirche  zu  Klütz  363. 
Grundriss  364. 
Pfeiler- Grundriss  364. 
Fussbodenplatten  364. 
Inneres  der  Kirche  365. 
Altar  .^66. 
Kandel  367. 
Vom  Chorgestühl  368. 
Taufgehäusc  369. 
Alter  Taufstein  369. 
Epitaph  des  Kurt  Plessen  370. 
Glocke  der  Kirche  37  t. 
Grabstein  des  Hinrick  von  Plessen  ;^7  2. 
Marien  Sicficl  374. 


Kirche  zu  Elmenhorst  376. 

Grundriss  376. 

Längs-  und  Querschnitt  377. 

Altar  377. 

Alte  Funte  378. 


Kirche  zu  Kalkhotst  380. 

Querschnitt  381. 
Grundriss  381. 
Inneres  mit  Orgel  382. 
Inneres  mit  Altar  382. 
Grabstein  des  Priesters  Schwansee  386. 
Grabstein  des  Jasper  Schosse  387. 
von  Both  srhe  Srhale  und  Henkelkanne 
(Lichtdruck)  3Rg. 


Kelch  I  und  2  399. 
Fuss  des  Kelche«  2  399- 
ye^endanck 'scher  Kronleuchter  401. 

Blick  auf  Mummendorf  402. 
Kirche  zu  Muiiiincndorf  403. 

Oricntierungs  Skizze  der  Quitzow-fiurg  408. 

Kirche  zu  Börzow  411. 

Der  alte  Thurm  und  die  neue  Kirche  zu 

Diedrichshagen  414. 
Inneres  der  Kirche  4ij;. 

Wappen  41«;. 


Denkstein  mit  Bernstorflf'schem  \Va|)pen 
41b. 


Kelch  der  Kirche  zu  Friedrichshagen  418. 

Burgwall  zu  Goldbeck  420. 
Burgwall  von  Kuhlenstein  420» 

HUncnnral)  von  Nasrhendorf  411. 
Hiincnijral)  von  Kverstorf  422. 


Biilnw'srhfr  Altar  dpr  Kirche  711  Dnssnw 

Bfllow'sche  Kanzel  397. 


Rphna. 

Kirche  zu  Rehna  (Kopfleiste)  423. 
Kundhogenportal  im  Thurm  431. 
Blende  mit  Cirkel-  und  Rosptrensrhmiiclc 

Grundriss  der  Kirche  und  des  Klosters 
43»- 

Schnitt  von  Kirche  und  Kreuzgang  433. 

Schnitt  von  Kreuzgang  und  Remter  433. 
Schnitt  von  Kreuzgang  und  Kapitelsaal 

Inneres  der  Kirche  mit  Orgel  434. 
Inneres  der  Kirche  mit  Altar  435. 
Pfeiler  mit  (Grundriss  43;;. 
Altar  4^6. 

Weihurkundc  vom  lo.  Oktober  1456  436. 

Fürstenküpfe  vom  Altar- Aufsatz  437. 

Malereien  des  alten  Altars  (2  Lichtdrucke) 
438.  440. 

Malereien  des  alten  Altars  438.  439. 

Chorgestühl  440. 

Kronleuchter  443. 

Kapitelsaal  444. 
I  Pfeiler  mit  Grundriss  444. 
i  5  Wandkonsolen  im  Kapitelsaal  444.  445. 


oogle 


XII 


VERZEICIINISS  DER  ILLUSTRATIONEN. 


Zierscheiben  446. 

Altes  Rehnaer  Kloster-Siegel  446« 

Alter  Flügelaltar  von  Lübsee  449. 

Kelch  (1)  der  Kirche  zu  Grambow  454. 

Rehoaer  Bauerntracht  455. 


Gadebusch. 

Ansicht  von  Gadebusch  (Kopfleiste)  456. 

Altes  Gadebusch  (XVI.  Jahrhundert)  462. 
Alter  (iadebuscher  1  haier  1543  463. 
Srhnitzwpric    Hpr    Chnrfjrhranken  in  d£L 

Kirche  zu  Gadebusch  (Kopfleiste)  464. 

Gnindriss  464. 

Rlit  k  in  die  wrstlirhp  Hälftft  dgr  Kirche 
(Lichtdruck)  464. 

Portal  auf  der  Südseite  465. 
Kapitelle  vom  Sudportal  465. 
Romanische  Nische  466. 
Bündelpfeiler  466. 

Blick  von  der  nördlichen  Abseile  in  die 

westliche    Hallte    der    Kiiihe  (i,uht- 

druck)  466. 
Blick  auf  den  Chor  467. 
Schnitzwerk  vom  alten  Altar  468.  469. 
BUlow'scher   St.  Annen- Altar,  jetzt  im 

Museum  (iJchtdrurk)  468. 
Flügel  vom  ßülow'schcn  St.  Annen-Altar 

470. 

Bronce-Fünte  (Lichtdruck)  470. 
Kanzel  der  Kirche  47  »• 
Grabstein  der  Königin  A^nes  472. 
Grabstein  der  Herzogin  Dorothea  473. 
Grosses  Tritimphkreuz  474. 
Alter  fürstlicher  Stuhl  474. 
Rahmenwerk   von  verschiedenen  Resten 

Wappen    des    Bischofs    Johannes  von 
l'reen  47 

6  Wangen  vom  ehemaligen  Chorgestühl 

476.  477- 
Hölzerne  Gewölbescheibe  470. 
Altaileuchtcr.     Jet/.t.     Kiust  479. 
Wandlcuchter 

Altes  sicilianisches  Gewebe  (Lichtdruck) 
480. 

Vorderseite  dos  Schlosses   zu  Gadrhiisch 
482. 

Rückseite  des  Schlosses  zu  Gadebusch  4S2. 


Portal  des  Schlosses  (Lichtdruck)  482. 
Vom  Eichen-Gebälk  483. 
Terrakotta-Portal  im  Innern  des  Schlosses 

484.  48s. 
Rathhaus  zu  Gadebusch  486. 
Rathliaus   ZU   Gadebusch  (Seitenansicht) 

487. 


Kirche  zu  Vietlübbe  490. 
Querschnitt  490. 
Friese  der  Kirche  491. 
Aufriss  491. 
GrundrisS  491. 
Inneres  492. 
'rant'l)et:ken  403. 

Blick  auf  Gross -Eichsen  494. 
Kirche  zu  Gross ■  Eichsen  497. 
Orgel  498. 
Granit -Fünte  499. 

Vereinzeltes  Kapitell  aus  Kalkstein  499. 

VV^apiientafel     des     Kanzlers     C.  von 

Schüncich  500. 

Kirche  und  Hof  zu  Mühlen-Eichsen  502. 
Altar  und  Kanzel  503. 
Orgel  S04-  


Messgewand  aus  der  Kirche  zu  Gr.  Brütz 

(Lichtciruck  1  507. 

Kelch  der  Kirche  zu  Pokrent  512. 


Querschnitt  des  Chors  der  Kirche  zu 

Gr.  Salitz  514. 
Ostseite  des  Chors  514. 
Grundriss  si4- 
Längsschnitt  S'S- 

Kirche  zu  Roggendorf  si8. 

Tauflass  der  Kirche  (Lichtdruck)  518. 


Schwerin- 
Ansicht  von  Schwerin  (Kopfleiste)  521. 

n.-ts  flh«^  Schwerin  innerhalb  dpr  Planken 

Das  Alte  Schwerin  innerhalb  der  Mauer 

('■HO)  ill^ 

.\nsicht  von  Schwerin,  1640,  nach  Merian 

53'. 

Altes  Bi^chofshaus  1^31. 


r  ,  •    1 1  Coogle 


VFKZKH  IIMSS  r»F.I<  II.l.l  STRATIONRX. 


XIII 


Der    Maiktplau   nach   dem   Hrando  vor 

»651  532 
Die  Schelfe  von  Schwerin   1705  5.^3. 
Wetterfahne  des  alten  Schmiedethors  sjg. 

Der  Dnm  zu  Schucrin. 
Grundriss  5;^6. 

Dom,  vom  PfafTenti  irh   aus  (I  ,i(  hidnirk) 

Der  alte  Dom  (Kopfleiste-  537. 
Längsschnitt  mit  dem  alten  Thurm  53^- 
Vereinigung   des   Querschiflfes    von  der 

Vierung  und  vom  LanKhaus  mg. 
Portal- Profile  S39 
Pfeiler  Grundri-sc  t;4o. 
Kapitcllt.-  au-  den  l'i^Klcri  Maiien-Ka|ieilf n 

540- 

Inneres    mit   dem    Hli(k  auf  dfi\  Altar 

(Lichtdruck)  540. 
Portal  vom  alten  Dom  ';4i. 
Romanisierende  Kapitelle  und  Hasen  541. 
Portalbildung    im    südlichen  QuerschifT 

542. 

Innenansicht  mit  dem  Blick  auf  die  Orgel 

(Lithtdnu k)  542. 
Fenster  aus    dem  Hochschiff  des  Chors 

S43- 

Fenster  aus  dem  Kapellenkran/  S43. 

Oslscitc  des  Cliors  ^14. 

Das  innere  des  Kreuzganges  mit  neuem 

Treppenthiirm  545. 
Wappen  des  Hischof  Konrad  Loste  549. 
Alter  Altar  des  Doms  (Lichtdrmrk)  j^s^ 
Findel  vom  allen  Altar  des  I'>o»iis  55;^. 
Hül/x  Imit/wirki-  \<in  Ncl'cu  Altaieti  55.,. 
Steinornf  l  afcl  \i'n  der  alten  Kar/el  S54- 
f^ronze  Funte  des  Doms  < Lichtdruck)  «jf^S. 
Giocken- Bilder  555. 

Bronze -Flpitaph  der  Herzogin  Helene  zu 
Mecklenburg  (Lichtdruck)  556. 

Epitaph  des  Herzog  Albrecht  VII  S-S?» 

Epitaph  des  Hischofs  Magnus  III  i^t^T. 

Epitaph  des  Herzogs  Georg  558. 

Epitaph  des  Hcr/ous  Heinrich  «15K. 

(irabdcnkiiinl  tles  Her/Oi;  Christo) »h  l.irht- 
(iriuk  =;(n. 

Epitaph  der  Ingeborg  von  Parkentin  561. 

Grabstein  des  Bis<  hof  Rudoli)h  I  562. 

Messingene  Grabplatte  der  Bischöfe  Ludolf 
und  Heinrich  von  Bülow  (Lichttlruck) 

Oberes  Stück  der  Grabplatte  i;6^. 

Stuck  der  (iiai  plalle  564. 


Messingene  Grabplatte  der  Bischöfe  (»olt- 
fried  und  Friedrich  von  Bulow  (Licht- 
druck) i;64. 

(irabstcin  des  Bischofs  Konrad  Loste  565. 

Grabstein  des  foachirn  von  Blessen  i;66. 

Grabstein  des  Jürgen  Havcniann  t,6S. 

Grafen  und  Herzöge  von  Schwerin  nach 
früheren  Wandmalereien  in  der  P.l  iis 
kapelle  (Lichtdruck)  «;68. 

(irabstcin  des  Hartwig  von  l'assow  ^69. 

Wniid^'etnaldt-  im  Ka]>iteHiaus  ^70. 

GlasiiiaK Tel  W  e>iU  nsier  tkl  Mullic.hen 

'l'hurmkapelle)  S7' 

Kelch  (1) 

Weinkanne  16)  'iT2. 

Cartons  von  IVler  von  C  ornelius  /u  den 
(iillmeisier's<  hen  Glasgemalden  t  Licht- 
druck)  !;7  3. 

Wac  kerbarth  sc  her  Kronleuchter  (10)  S7  t. 

F^mme'scher  Kronleuchter  (11)  574. 

Steinerne  Renaissance- Kartousche  S74- 

Altes  Weihwasser  Becken  aus  dem  Dom 


■SchelfWirrhe 


Grundriss  576. 

Schcltkirche.  Vorderansicht  f;77. 
Kirche,  von  Osten  gesehen  578. 
Unteres  'i"hwrn)^esc  hoss  •;7i> 
Akanthus- Kapitell  t,iq. 
Inneres  der  Kirche  bis  1858  s^o- 
Innere  Flinrichtung.  nach  dem  Vorschlag 

von  Sturm  tjiio. 
Inneres.  Blick  auf  deti  Ahar  581. 
Inneres.  Blick  auf  die  Kan/el  s^i. 
2  Glnc'kenliiMer  ^-S:. 


Schlosskirche. 

Gründl iss  ^84. 

Portal  (Lic  htdruck  I  ';84. 

Neuer  gothisrher  C'lior  585. 

Inneres  (Lichtdruck)  lySö 

Inneres,  vor  der  Restauration  ^87. 

Alter  Altar  (Lichtdruck)  s-^K. 

2   M.ii  iiiortalelii   5  SS. 

Flichene  Scimitztalel  «,89. 

Kanxel  ^90. 

Kan/cl  (Lichtdruck)  SQO. 

5  (»lockenbilder  591. 

2  Maimorreliefs  592.  1,9^ 

Silberne  ( )l)latens(  lia(  htel  n)it  l>ec^kel  Sp.y 

K  r ; :  I  : tl M I  s    S ' '  1  ■ 


oogle 


XIV 


VEKZEICHNISS  DKR  ILLUSTRATIONEN. 


Pniiklf'trrhp 

Grundriss  S95- 
Inneres  so6. 

Zeichnuni;  nach  Baiirath  J.  Kril^er  (Licht- 
druck) f,q6. 

Katholische  Kirche. 

Die  Kirche  5Q7. 
Inneres  (Lichtdruck)  5q8. 
Silbcrver^oldete  Monstranz  S99- 

Synagotre. 

Inneres  6oo. 

K  rdiik-iiclitcr  6qo. 
Annlciu  litcr  Coi. 

Das  ?^rhlo<;!> 

Alter  Cirtindriss  60.» . 
Hofseite  und  Innenseite  602. 
Hanptgicitcl   der  Scuola  di  San  NLnrco 

Venedig  604. 
H  jiiptijicbel    der    Kirche    San  Zaccaria 

Venedig  6os. 
I'iloot'sche  Entwürfe  608.  60»;. 

Zeichnungen  von  Schloepke: 
Zeughaus  606. 
(ialeric-(ichäude  607. 
Galerichatis.  Hauptsache,  Zeughaus  610. 
Schlosskirche  mit  UcberL?.ni  6u. 
Zeug-,  Hrau-  und  l'.ackhaiis  6i.^. 
Altes  Schloss  von  Nordwesten  6i.'^. 
Altes  Schloss  von  Notden  614. 
Altes  Schloss  von  Süttwesten  614. 
Altes  Schloss  von  Osten  ftis. 
Altes  Schloss  von  Südosten  615. 

2  Pilaster  ftifi 

Neues  Schloss ,  Vorderseite  (Lichtdr.^  6 1 6. 
Neues  Schloss.  Seeseitc  (l.iclitdruck)  618. 
Gnindplan  des  jel/igcti  Schlr<ssL-s  619. 
Petermannchen  620. 

Andere  Profrinh:niten. 
Hauptmarkt  Srhwt  rins  1S07  1 1  irhtdritck) 

Alter  MnuLTthiirm  :mu  HoIlI  dt-  Paris  621 

Altes  Hniis  ni»  Srhlarhtcrni.irkt  621 

Hintere  (^it-hel  des  Rathlmusis  622. 

Die  alten  K  !•  Häuser  622. 

Ackere  Hilder  vom  Alten  Garten  62';. 

Das  ..Neue  Gebünde"  624. 

Arsenal  624- 


Einzelne  Kunstwerke- 
Mittelalterliche  Bronzeschale  626. 
Mantelschliessc  627. 

Rronzeschale  von  Krasse w  627. 

Willkomin  des  Hutmarheramies  628. 

Kanne  des  Hutm.ir.heratntes  628 
Zunftschild  der  Schweriner  Tischler  629. 
(»eldtnsrhe  des  Martensmann  629. 
I.atetnc  des  NLiitcnsnutm  629. 
Fayence -Platte  6^o. 

Fayencen    von    Schwerin    nnf!  Stieten 

(Lichtdruck)  630. 
Stadtwappen  Schwerins  630. 


Blick  auf  Kirch-Stück  (Kopfleiste)  631. 

Kirche  ö.-^.^. 

Altarschrein  6.^4. 

Grahstein  6.^4- 

2  (xlasgemälde  635. 


Gross -Trebbow.  Kirche  6.^6. 


Alt-Nteteln,  Kirche  6^q. 


Damheck.  Kirche  642. 
Damhei  k.  Fries  am  t'lior  64  ^. 
Bülow'schcr  Grabstein  644. 

Cramon.  Ansicht.  646. 
Cramon,  Kirche  647. 
2  Leichensteine  648. 


Retgendorf,  Altarschrein  651. 
Kelch  und  Becher  652. 

Zittow.  Ansicht  6s.'^. 
Zittow,  Kirche  654. 


I 


(»rabslein   der   M.ngdal.  vt>n  Müliendorf 
zu  Langen- Brütz  6 sq. 


Kirche  zu  Sülstorf  674.  67s.  692. 
Inneres  der  Kirche  676. 


Wendische  Burgwallscherben  684. 
Peckatel'scher  Bronce-Wagen  687. 
■Altes  Vorlege- Schloss  Banzkow  691. 
Altes  Vorlege  Schlu.ss  Crivitz  691. 


r       1  \  Coogle 


Acltere  Aü-irlit  von  Wismnr  nach  Mcriut). 
(2.  ilälUc  dcü  XVII.  Jahrhunderts.) 


AmtsgeriGhts1)ezirk  Wismar. 


*)  M.  U.-B.  S8     Das  Vorkommen  des  Namens  •Visinar  Ilavn  <  loS^  in  der  Kiiylliii);^- 

Sdge  Iwi  Gelegenlieit  eines  Eidcnisaes.  das  vielleiebt  noch  20  Jahre  frtther  (d.  h.  in  die  Zeit  des  Papstes 

Kut;en,  1 145 — II53    gesetzt  werden  könnte,  ist  deshalb  der  Urkiiiid«.-  vnn   1167  k'  JZ»""'"'' 
geringerer  Bedeutang,  weil  die  Knyüinga-Sage  später  verlasst  ist.    Vgl.  Kumbit,  Halt.  Stu>1kn  I, 
S.  38,  80.   Uel>er  die  Deutung  des  slavischen  Namens  Wismar  vgl.  Kdhncl.  M.  Jaiiib.  XLVI,  S.  i5<;. 

'1  Wir  sagen:  Gut  drcissig  Jahre  *|i;iier  -  d.h.,  wenn  die  Datierung  dieser  Abschrift 
M.  U.  H.  100  um  ungefähr  I200  richtig  ist;  das  Original  Ton  1171  tagt  nichts  vom  Wisin«i''scben 
Hafen.    Vgl.  auch  M.  Ü.-B.,  Bd.  IV,  S,  239. 

1 


Stadt. 


Die  Stadt  Wismar. 

'cschichte  der  Stadt.  Es  ist  im  Jahre  \iC>j.  hei  Gt  li  i^anln  it  der  Geschichte 
l'"cMlsct7.ung  der  Grenzen  für  das  i^isthuni  Katzehiirtj  dvinli  den 
liaicrn-  tind  Sachsen  - 1  lerz«  IIiinri(li  den  I.owen,  dass  der  N'anie 
w  istnar  als  Bezeichnung  des  Wassers,  das  die  o.sthchc  (irenze  des  Hihtliunis 
bildet,  zum  ersten  Mal  urkundlich  aus  dem  vof^chichtlidien  Dunkel  auf- 
taucht (aqua  que  Wissemara  dicitur,  ad  aquam  Wissemaram).')  Gut  dreisitig 
Jahre  später,  in  einer  durch  Zusätze  erweiterten  Abschrift  der  Urkunde  über 
die  Rcuidnuing  des  .Schweriner  Histhums  durch  denselben  Fürsten,  wird  der 
hiafen  (mit  enfjcr  Hcj^ren/nnL,'^  des  Heijriffes  Hafen  .  also  wieder  (las  Wasser) 
mit  dem  Namen  Wissemer  belej^t.*)  Zum  dritten  .Mal  wird  er  1211  so  «ge- 
nannt: CS  geschieht  in  einer  zu  Capua  am  4.  Januar  des  genannten  Jahres  aus- 
gestellten Urkunde  Kaiser  Otto's  IV.,  in  welcher  Bisthum  und  Kanonikat  von 
Schwerin  bestätigt  werden  und  ausserdem  der  Bürgerschaft  von  Schwerin  zur 


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AMTSOERICHTSBBZIRK  WISMAR. 


Fördcninc;  ihres  Handels  das  Privüej^  crtheilt  wird,  neben  einer  beliehit^cn 
Zahl  kleinerer  Fahrzeutje  zwei  grössere  Schifte,  so<;.  Kot^fjen,  im  Halen  vim 
Wismar  halten  zu  dürfen. 'j  Urkundhch  tritt  uns  ein  wirkHch  städtischer 
Verband  Wismars  erst  im  Jahre  1229  entgegen,  als  Fürst  Johann,  der  auf  Burg 
Meddenbui^  residiert,  den  Büt^rn  «n  Stüclc  Land  zwischen  dem  späteren 
St.  Jacobs -Hospital  und  Wendorf  überlässt.*)  Um  diese  Zeit  muss  die  Stadt 
in  einem  bedeutenden  Wachsthum  begriffen  gewesen  sein.  Darauf  lässt  sowohl 
die  Wahl  Wismars  zur  Abhaltunc;  des  =>Einlagers«  bei  Gelegenheit  von  Ver- 
tragen zwischen  den  mecklenburgischen  luirsten  und  dem  Grafen  \'on  Schwerin 
am  30.  October  1230  schliessen,  als  besonders  auch  sieben  Jahre  später  die  bei 
der  Bestätigung  des  Nonnenklosters  Rehna  durdi  den  Bischof  Ludolf  von  Ratze- 
bttcg  am  26.  December  1237  au^[esprochene  Bestimmung,  dass  der  Kloster- 
probst von  Rehna  die  Archidiakonatsrechte  (bannuAi)  über  den  weiteren 
Znwachs  von  Kirdu  n  in  Wismar  (cccicsiarum  ibidem  accrescentium)  auszuüben 
habe.^)  Kinen  lunblick  in  die  frühesten  Verhaltnis.se  der  Stadt  gewahren  die 
erhalten  gebliebenen  Aufzeichnungen  des  ersten  Stadtbuches  aus  der  Mitte  des 
Xm.  Jahrhunderts.^)  Die  darin  und  audi  scmst  voi^cmimenden  Faniliennamen 
weisen  ganz  ebenso  wie  die  von  Rostock  auf  Einwanderungen  aus  der  Mark, 
Niedersachsen,  Westfalen  und  Holstein  hin.  Um  diese  Zeit,  d.  h.  um  die 
Mitte  des  XIII.  Jahrhunderts,  giebt  es  neben  der  Altstadt  eine  Neustadt,  welche 
ungefähr  mit  dem  Kirchspiel  von  St.  Jüigen  zusammenfallt.^)    St.  Marien  und 

')  M.  U.-l?.  202.  Der  Passus  lautet  hier  beinahe  ebenso  wie  in  der  N.irhin  angegebenen 
falschen  Abschrift  und  legt  daher  den  Verdacht  an,  dus  dns  Schweriner  Privileg  auf  Grund 
dieser  dem  Kracr  mBgliebtnicise  vori,'elegicri  falschen  Atecbrift  cnchlicfaen  worden.  Allein  die 
Suche  mag  sein  wie  »ie  will,  sie  iSiai  dessenungeachtet  den  Schluas  zu,  das^  au  Sttllc  oder  in  der 
Nähe  des  heiiii^'eii  Wismar  um  das  Jahr  1211  ein  mit  Ansprüchen  auf  kochte  iiud  Freiheiten 
zu  einer  gewi&s  über  gewöhnliche  Dorfverh&linisse  hinausgehenden  Gemeinde  zusammeu^cM:UluS!»ener 
Seefiilucr-Verbaiid  vorhanden  ist.    Vgl.  Crall,  M.  Jahib.  XU,  S.  1190; 

*)  M.  l'.-D.  362.  Die  Kirchbcrg  scho  Chr-.tuk  (Westphaloi,  Mon.  ined.  IV,  S.  763)  spridit 
von  der  Gründung  der  Stadt  Wismar  mit  folgenden  Worten: 

Der  iticnge  Hiarieh  Bnrwy 

dem  grofie  manhcit  was  y  by, 

nach  fyn«  vettim  todc  glich 

begunde  bawen  vestiglich 

eyne  stad  tu  Rodeftog  ofliiipar, 

und  dy  slaJ  zur  Wyfmar  

Ku»t(>cl(  wird  1216  zur  i>iadl  erhoben,  der  Fürst  stirbt  am  27.  Januar  1227.  Nach  dieser  .'\n{;abc 
wli«  also  Whnar  swischen  tai8  nnd  dam  Januar  1x37  und  epXtetlens  i»%6  gcffrUndet  worden. 

Besilglich  des  Landkaufes  vgl,  d;is  Kubrum  der  Urkunde  Nr.  362:  »Super  caniiiu  juxta  Icprusariam 
et  Wentdurpe.«  Das  ausserhalb  der  Stadl  (extra  murus)  liegende  Jacobs- Hu.s]>iia1  wird  als  »bospitale 
leproaomra«  in  der  zwischen  1260  und  1272  niedergelegten  letztwilligen  Vertilgung  des  fna  heiltge 
Ijiiid  ziehenden  MUllerknechtes  Kunrad  zum  ersten  Mal  f^cnaniit :  M.  L'.-B.  906.  In  den  ersten 
Urkunden  heisst  es  schlechtliin  «IlospitaU.  Der  N.imf  Si.  J.ic-  bi  tindci  sich  erst  siiäter:  Mcckl. 
U.>ß.  3143.  2258.  2259.    Einen  Stadtarzt  stellt  der  Katii  au  Jalirc  12S1  aii.    M.  U.-U.  1561. 

*)  M.  U.-B.  381.  471.  Die  in  Urkunde  471  atugesprochene  Bestimmung  lissl  auf  eine 
Erweiterung  der  Stadt  nach  Westen  hin  schliessen. 

*)  M.  U.-B.  648  (um  da»  Jahr  1250). 

•)  M.  U.  B.  650.  854.  900.  1158.  1181.   Vgl.  CruU,  H.  Jahrb.  XU,  S.  130-134. 


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GESCHICHTB  DER  STAUT  WISMAR. 


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Heiliger  Geist  sind  die  ersten  Kirchen,  welche  um  die  Mitte  des  XIII.  Jahr- 
hunderts {genannt  ucrdL-ii,  daneben  picht  es  aber  auch  schon  auileiv  unbenanntc 
Kai)ellcn  (aUe  cappclln.')  1251/5J  niiiinit  I'ursi  Jt^hann,  der  Thcold^'c,  der 
damals  nocl»  auf  der  alten  Uurj^slatle  Mecklenburg  residiert,  die  lM.'iiiziskancr- 
mönche  in  Wismar  auf.  Sie  bauen  sich  eine  Kirche  zum  heihgen  Kreuz. 
Diese  aber  wird  1283  niedergerissen  und  durch  einen  grösseren  Neubau  in 
eine  Kirclie  zu  IChren  des  hl.  Franziskus  verwandelt.*) 

Handel  und  Verkehr  zur  See  sind  um  die  Mitte  des  XIII.  Jahrhunderts 
.schon  u  Lit  L^i  ntii^'  aiist^cdchnt.  So  erhalten  z  H  1  :'4''i  die  liurper  von  Riga 
dieselben  Ilafenireiheiten  in  Wismar,  die  sie  in  Lübeck  geniessen ;  1251  und 
1253  sichern  die  dänischen  Könige  den  Bürgern  von  Wismar  zum  ersten  Mal 
die  Freiheit  vom  Strandrecht  und  ausserdem  dieselben  Privilegien  zu»  welche 
den  Lübiscfaen  in  Dänemark  zu  Theil  geworden  sind;  1256  beurkunden  Vogt, 
Rath  und  Gemeinde  der  Stadt  Wismar  dii;  Beilegung  eines  Streites  zwischen 
ko.stock  und  Lübeck;  1259  finden  wir  die  drei  j^m  nannten  Städte  im  Hunde 
i^ei^cn  See-  und  Strasscnrauber ;  luid  seit  l  2^)0  haben  die  I.iibecker  in  W  ismar 
wie  auch  sonst  in  den  Landen  des  Fürsten  Johann  vollige  Zollfreiheit. 'j  Das 
frisch  und  rührig  aufblühende  Gemeinwesen  der  Stadt  wird  auch  den  Fürsten 
Johann  lebhaft  angezogen  haben,  denn  er  verlegt  um  1256  seine  Residenz 
vom  Dorf  Mecklenburg  in  die  Stadt.*)  Von  dem  steigenden  Wohlstände 
Wismars  zeugen  in  der  Folge  verschiedene  Ankaufe  von  I^ind  zur  Abrundung 
des  (irundbesitzes  um  die  Stadt  herum  und  zu  Weichbildrecht  (jus  civile,  d.  h. 
zu  lübischem  Recht,  s.  u.),  tiie  X'ermehrunij  ihrer  I'ischerei  ( jerechtii;keiten, 
die  Sammlungen  von  Geld  für  den  Papst  gegen  die  Saracenen,  und  nicht 
zuletzt  eine  Menge  zum  Theil  recht  bedeutender  Verfügungen  zu  Gunsten  der 
Kirdienbauten,  unter  denen  um  1 260  auch  St.  Jürgen  und  St  Nicolai  genannt 
werden.*)   Am  14.  April  1266  bestätigen  die  mecklenburgischen  Fürsten  der 

'}  M.  U.-B.  653.  655.  660—663. 

*)  D«r  Ritter  HelmoM  von  Pleneo  bant  1283  den  ChcN*  neu  uif,  Fttntia  Anasittia  1291 

das  Schiff  tlcT  Kirche.  M.  l\  \l  669.  670.  1656.  2i;6,     Crain,  M.  I.iluti.  VI,  99—125  .Sie 

bleiU  unter  dem  Namen  *  Graumönchen -Kirchei  bis  IÜ16  erhalten.  Vgl.  CruU,  M.  Jahrb.  XLI, 
S.  134—136. 

^  .M.  U.-H.  sSo.  679.  716.  764.  847.  872—874.  934.    Die  FrirBegien  in  DXnemark  werden 

litt!  üilrgerii  in  Wismar  auch  sp.'iier  wi.  di'rhi'lt  In-^tStif,"  :  M.  l".-R.  II2I.  1462.  2062.  22<»S  I):i/u 
werden  gegen  Ende  des  Jahrhunderts  rriviligK  11  lur  ilcii  Handel  inil  Frankreich  erwürben.  M.  L'.-iS. 
2283.  3385. 

*)  Am  13.  .April  1254  urkuniltl  Ktirst  juhann  noch  auf  der  Burg  zu  Mecklenburg:  M.  U.-B.  730. 
Wo  er  die  beiden  Urkunden  742  und  760  vom  Jahic  1255  ausgesullt  hat,  kl  nicht  zu  enehen. 
Die  Urinuide  776  vom  2.  Augusi  1256  stellt  er  im  Franiisiuncr- Kloster  t«  Wismar  ans.  In 
Wismar,  ohne  genaweie  Angabe  des  Orts,  ist  auch  die  Urkunde  791  vom  19.  Iklirt  1357  gegeben 

worden.  »In  Castro  Wvsmarie«  hei«:^!  es  mm  erslen  M;\l  in  der  Urkunde  792  vom  27.  M;ir,-  I2|;7. 
Hiermit  stimmt  die  Angabe  der  Kirchberg'schen  Chronik,  welche  die  Erbauung  der  lUirg  in  \\  i^niitr 
auf  1356  setst.  Westphalen,  Mon.  ined.  IV,  S.  773.  Die  Angaben  bei  Kudl<»flr  II,  S.  117  vnd 
Lisch,  M.  Jahrb.  V,  S.  5  sind  nicht  ganz  lichtig. 

^)  Alle  diese  Kirchen  nehmen  z.  Ii.  an  jener  frommen  Stiftung  von  Brud  und  Wein  Antheit, 
welche  Fttnt  Heinrich  von  Mccklenbui;g  am  5.  Januar  1266  fUr  «ine  grö&ieie  Zahl  von  Gottes- 

!• 


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AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Stadt  Wismar  den  Gebrauch  des  lübischcn  Rechtes,  dessen  Satzuni^en  schon 
seit  langen  Zeiten,  w  ahrscheinlich  schon  seit  der  vor  1239  fallenden  Anerkennunt^ 
der  Stadt  Wismar  als  Stadl  geijolten  habc-n  werden,')  Vier  Jahre  spater,  wohl 
gleich  nach  seiner  Ruckkehr  vom  Krcuz/.iij^e  nach  Livland,  den  22.  l'cbr.  1270, 
stellt  Fürst  Heinrich  die  Kirche  St.  Jürgen  (ccctesiam  beatonim  Martini  et 
Georgii  in  nova  civitate  nostra  Wismaria)  unter  das  Patronat  des  deutschen 
Ordens  in  Riga,  an  dessen  Bestrebungen  das  medclenburgische  Fürstenhaus 
•seit  langer  Zeit  betheiligt  ist,  und  der  in  der  Folge,  besonders  in  der  Nähe 
von  Wismar,  zu  hrdeutendem  Giiterbcsitz  in  MeckU  nhiirg  gelangt.*) 

Von  den  lücit^iiisseii,  die  in  die  nun  fi  il^cnile  mehr  als  fünfnndzwanzig- 
jahrigc  Periode  der  Abwesenheit  und  Gefangenschaft  Heinrichs  des  l'ilgers 
fallen,  sind  (ttr  Wismar  die  bedeutendsten  das  Zustandekommen  eines  besonders 
gegen  die  norwegische  Seeräuberei  gerichteten  Landfriedensschlusses  und 
Bündnisses  einzelner  norddeutscher  Fürsten,  Vasallen  und  Städte  am  1 3.  Juni  1 383 
zu  Rostock,  sowie  der  daraufliin  entbrennende  nordische  Krieg  wahrend  der 
Jahre  12S4  und  12.S5,  woran  die  Stadt  bedeutenden  Antheil  hat.  Der  Krieg 
endet  mit  dem  Vertrage  zu  Bergen  am  13.  Marz  12S5  und  führt  ferner  dazu, 
dass  für  die  Folge  König  Magnus  in  Schweden  am  3.  Juli  1285  das  Schieds- 

blntern  im  Wismar'sclien  Umkreis  aus  den  Auf kDiillen  der  Mtlh'c  7»  Ahwi^mar  grllndcl.  M. 
U.-B.  1059.  Vgl.  die  gleiche  StifUmg  fUr  die  Kirchen  io  di-r  Umgegend  von  Gadebusch,  Kclina 
imd  Grmamahlen :  M.  U.-B.  1 107.  Slmoitliclie  Stiftungen  oder  Corpon  piii  aber ,  die  in  den 
folgenden  Jahrhumlerten  bis  ?ur  Reformation  liin  nn.nngrsctzl  zmichmcn,  hier  .iiUVu/fililen,  würde- 
bei  dem  ungewöhnlich  grossen  Urkunden  -  Material,  das  iUr  die  Geschichte  der  Stadt  Wismar  zu 
Gebote  itdit,  n  viel  Raum  !n  Ansprach  nehmen.   Si«  bleiben  daher  hier  und  in  der  Folge  fort. 

*)  M.  U.-B.  1078.  1079.  Vgl.  ferner  Urk.  321  und  873.  l^iutl,  Die  Rathslinie  der  Stadt 
Wi&mar  (Hansische  GeichicbtS({uellen,  Bd.  II,  187s).  S.  XII  ff.  Cnill  schlic>;^i  aus  der  am  15.  Febr.  1226 
von  den  in  Lübeck  anwesenden  drei  Enkeln  Heinrich  Burwin's  ausgestellten  Urkunde  Uber  die  Be- 
freini^  Lllbce)«  von  allen  ZoUabgnben  in  mecklenbo^iaeheo  Luiden  auf  dne  gleicbieiti^  bloss 
inlindlich  vollzogene  Anerkenniing  Wis-nmi^  al>  Siadt.  '  Uostt-dt  ;ibor  ein  Zusammenhalt  swlschcn  dem 
Aufenthalte  der  jungen  FUr&ten  in  Lübeck  und  den  Anfänt;cn  der  Stadt  Wismart  SO  erklärt  sich 
auch  VRSchwer  die  Thatsacbe,  dass  dieselbe  keine  aogenannte  Fnndationsurieundci  kein  Dokument 
besitzt,  welches  Zeugnis^«  ablegte  ftlr  die  Rewidmung  der  Stadt,  sei  es  mit  Lttbischen,  sei  CS  mit 
irgend  welchem  anderen  Rechte.  Die  mtlndliche  und  förmliche  Gutheissung  des  neuen  Unter- 
nehmens landesherrlicher  Seils  war  da,  und  das  genügte,  um  Hand  ans  Werk  su  legen  in  jener 
Zeit,  in  welcher  durch  schriftliche  t'onccssioncn  weniger  noiie  Reel  le  erworben  wurden,  als  viel- 
mehr  vorhandene  unli.slrtlltMn-  Am-rkcniiiinj:j  erhirllfii.  Eine  solche  sicli  7U  \  erschallen ,  wird  gegen 
Uber  dem  altcrwchwaclien  liorwin  uiuhuniich,  unter  der  Vormundschaft  der  jungen  Stadtgemeinde 
nicht  aapsssend  erschienen  sein,  und  Aber  der  unter  den  Augen  des  nunmehrigen  Landesherrn, 
Johann*!  des  Theologen,  so  gllicklicli  lortschrcitenden  Zunahmo  ficr  vnn  ihm  iiuiiigiirierten  Stifliing, 
welche  bald,  vielleicht  1238,  eine  Erweiterung  des  ursprünglichen  Beringe»  erfordert^  hat  man 
solche  Urkunde  sich  auszuwirken  vermuthlieh  achlechthin  venfinmt.  Uem  Fflnten  Johann  folgte 
in  Jahre  1364  ^i**  Sohn  Heinrich,  der  wie  sein  Valcr  zu  Wismar  residierte,  und  erst  unter  diesem 
vernotbwendigtc  sich  eine  Feststellung  der  rechtlichen  Verhältnisse  iler  Stadt.« 

'  *)  M.  U.-B.  liSi.  1193.  Lisch,  M.  Jahrb.  XIV,  S.  i  If.  ^tieschichtc  der  Bcsiizuiigcn  der 
Ritloorden  Ltvlands  und  Pieusaen»  in  Mecklenburg).  Zur  Verehrung  des  hl.  Martin  susammen  mit 
dem  hl.  Georg  it»  derselben  Kirche  vgl.  auch  die  Urkunde  I15S  vmn  22.  Februar  1269.  Die  Kom- 
ihurei  Krankow  bei  Wismar  bleibt  freilich  nur  bis  1355/56  von  Bestand.  Vgl.  M.  U.-B.  8139.  8193. 
8196.  8336.  8354. 


GESCHICHTE  DER  STADT  WISMAR. 


s 


richtcramt  zwisclicn  beiden  Tarteien  übernimmt  und  im  Calmar  sehen  Vergleich 
vom  31.  October  desselben  Jahres  ausübt.') 

Als  Heinrich  «k  r  Vilser  im  Jahre  1298  zurückkehrt,  findet  er  in  Wismar 
viele-  verändert.  .Seinem  Immmen  .Sinne  wird  es  7.ii;^'esa<.jt  haben,  da^s  die 
geistlichen  Körperschaften  durch  .Aufnahme  der  Dominikaner  vermehrt  sind, 
die  seit  fiinT  Jahren  in  der  Stadt  wohnen.')  Aber  dennoch  ersieht  man  aus 
einem  zwischen  Ihm  und  der  Stadt  vollzogenen  Vertrag  vom  28.  März  1300, 
dass  während  seiner  langen  Abwesenheit,  besonders  während  der  Dauer  der 
Vormundschaft  über  seine  Söhne,  verschiedene  Dinge  vorgekommen  sind,  die 
ihm  sehr  mis-itallcn  haben:  bei  aller  1,'ehaltenen  Treue  von  Seiten  der  Stadt 
f^ewisse  Rücksichtslosigkeiten,  starke  Ki^'enmachtigkeiten  und  selbst  arge  Aus- 
sclireitungcn,  die  von  unfreundlicher  Gesinnung  zeugen,  wenngleich  sie  die 
Rüther  theilweise  anders  gedeutet  haben  mögen.')  So  z.  B.  kränkt  es  ihn, 
dass  bei  dem  Bau  der  Stadtmauern,  die  gegen  die  feindlichen  Einfälle  des 
Brandenburger  Markgrafen  und  der  Grafen  von  Holstein  und  Schwerin  während 
der  V'ormundseliaftsfehdc  errichtet  worden  sind,  die  fürstliche  Burg  aus  der 
Begrenzunt.,'  durch  <liese  Mauer  ausgeschieden  ist  unii  die  Stadt  (dadurch?) 
eine  Minderung  erfahren  hat;*)  es  missfallt  ihm  der  Verkauf  von  Dorsten  und 
Dargetzow  an  die  Stadt,  die  beide  Feldmarken  zu  Weichbildrecht  gelegt  hat; 
es  verdriesst  ihn,  dass  die  unter  den  Schutz  des  Landesherm  gestellten  Juden 
aus  der  Stadt  vertrieben  sind,  dass  der  fürstliche  Vogt  vergewaltigt  worden 
und  eine  Hochzeitsfeier  seines  Hauses  (die  seines  Sohnes  Hemrich  im  Jahre 
1292)  innerhalb  der  Stadt  von  den  HurL;ern  nicht  zugelas.sen  ist.'')  Nichts- 
destoweniger findet,  nachdem  der  l<'urst  schon  am  25.  Jan.  und  22.  Febr.  12^ 


*)  Die  am  Ludtriedenbandniu  vom  13.  Juni  1283  thdlnduDenden  Secstidie  siiMl  Lttbeek, 

Wismar,  Rostock,  ST;iUiin  !,  ( '.rcif^wald,  Stettin,  Üinuniii  uikI  Anklam;  vgl.  M.  l'.-B.  1682.  1688. 

1690.  Ein  Jahr  ;>päter  »chiiesMa  sich  Hamburg,  Kiel  und  eine  Reihe  östlich  gelegener 
pommer'icher  Stidle  bis  Colberg  hinaof  an:  M.  U.-B.  1749.  1760.  1761.  Die  in  die  Zeit  da 
Krieges  fallenden  and  sich  darauf  beziehenden  Urkunden  bind  im  M.  U.-B.  1733.  173S.  1762  64. 
1785.  1786.  1806.  1807.  1810.  7214.  1821  (Calraar'ücher  Vergleich).  Das  nutzbringende  friedliche 
Vcffailtniss,  das  fulgt,  bezeugen  die  Urkunden:  M.  U.-ii.  1839.  1916.  1920.  1970.  1972.  2176. 
2178.   Im  Jtitm  1393  drohl  ein  oaocr  Ausbrach,  ladcm  4fie  Ihnf  wendischen  Secst&lte  die  Klagen 

der  Holländer  über  die  Norweger  SU  ihrer  Suche  maclien,  ul)rr  ki<nimt  nicht  snm  Aeuaenten: 
M.  U.-B.  2223—25.  2237.  224*.  2248.  3294.  2414.    Vgl.  d;uu  7214  und  7305. 

^  M.  U.-B.  aaoa.  3291. 
•)  H.  Ü.-B.  2603. 

*)  M.  U.-n.  13S2  ;_.\uf;cichnunjjcii  dch  Wiamar'sclieii  Stadtliuclies  Uber  dir  Ziit  von  1275  -  7S): 
Tunc  tcmporis  prcdicius  marchiu  ^Ultu  de  Brandenburg)  iutravit  Zwerin  cum  cuinite  Holtsaci«  et 
intravenint  letram  Magaopotensem  cum  comite  Zwerinensi  et  potenter  devasiaverant  et  combusserunt, 
et  oonventionem  fecerunt,  dominium  Magnopolense,  et  propter  illam  tinnorein  fiimata  fiiit  civitas 
WUmariensis  bccundum  oommicsam  domiai  Henrici  Magnopulensis,  sicut  oretenus  locutus  l'uit  suis 
butgensibiu  W^natie,  iQii  et  puetia  aub  ad  mamn. 

*)  II.  U.-B.  2603 :  dissensionis  materia  ex  emptione  Doisten  et  DaigheUDwe,  muri 

o lrl^I^uetiolK•,    c.x-.tri    pxclusionc,    civit.Tlis    tniiioratione,   JudeOfUm  expulsionc,    advocati  vinciiluniin 

mancipacione,  nupliarum  nostrarum  in  ciuitatc  prohibilione  Die  Mauern,  flbcr  welche  &ich 

der  FOnt  beschwert,  sind  wahrscheinlich  heute  noch  in  betrichtlichcr  AusdehnnniK  vorhanden.  Sie 


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AlfTSGERICHTSBBZIRK  WISMAR. 


weitere  Verkäufe  von  Grund  und  Boden  an  die  Stadt  zugegeben  hat,')  die 
sclion  ctenanntc  Aussöhnung  am  28.  März  1300  statt.  Der  l''ürst  steht  den 
lUirt^platz  \  i>r  der  Stadt  an  Rath  und  lUircjerschaft  ab.  ctuirbt  zum  Hau  eines 
neuen  Furslcnhofcs  innerhalb  der  Stadt  einen  i'hiu,  wobei  im  MinzcUien  die 
Fälle,  in  denen  das  lübische  Recht  statt  des  mecklenburgischen  Landrechts 
zur  Anwendung  kommen  sollen,  genau  vereinbart  werden,  und  verspricht,  die 
Aufhebung  der  über  die  Stadt  als  Strafe  für  ihr  unberechtigtes  eigenmäditlges 
Vorgehen  verhängten  Excommunication  bewirken  zu  wollen.*) 

Fürst  Heinrich  der  Pilger  stirbt  den  2.  Januar  1302,  die  Stadt  erneuert 
dem  Fürstenhausc  ihre  Ihildigung,  untl  die  nächsten  Jahre  verlaufen  in  I-'riedcn  ') 
Wir  hören  \on  vielen  neuen  Stiftungen  für  die  Kirchen,  die  Dominikaner 
richten  sich  einen  Ziegelhof  ein  und  kaufen  Land,')  die  Stadt  selbst  vermehrt 
ihren  Besitz  durch  Ankauf  der  Vogtei  und  der  Fischerei  auf  dem  Altwlsmar- 
schen  Mühlenteich  aus  den  Händen  des  Landesherm,  der  es  gestattet,  dass 
bdde  unter  das  seit  1266  fesler  und  bestimmter  geregelte  Stadt-  oder  Weidi- 
bildsrecht,  also  unter  Uibisches  Recht,  gelegt  werden,')  der  Rath  mehrt  die 
Ordnung,  wovon  nur  Einiges  erwähnt  sein  möge.  Nachdem  der  Katli  schon 
im  Jahre  1295  eine  W'illküre  aufgerichtet  hat,  mit  welcher  gegen  den  zu- 
nehmenden Aufwand  bei  Taufen,  Kirchgängen,  Hochzeiten  und  Begräbnissen 
vorgegangen  wird,  setzt  er  1306  die  schärfsten  Strafen  auf  die  Blutrache, 
auch  sorgt  er  u.  a.  durch  besondere  Satzungen  fiir  einen  soliden  Ziegelbau  der 
Häuser  untl  für  Ordnung  des  Concurswesens.')  Der  Hund  der  Seestädte  aber, 
innerhalb  dessen  Wismar  voll  und  ganz  mitzählt,  bethätigt  sich  in  erfolf^^reicher 
Weise  durch  festes  Auftreten  und  1  landein  in  norwegischen,  flandrischen  und 
anderen  gemeinschaftlichen  Interessen.')  Da  kommt  es  zu  einer  neuen  ICnt- 
zweiung  zwischen  dem  Landesherrn  und  der  auf  ihre  Macht  als  Mitglied 
des  wendischen  Seebundes  sich  verlassenden  Stadt.  Was  die  Urkunden  nicht 
sagen,  erzählen  die  ChrcMÜken.*)  Wismar  weigert  sich  angeblich  abermals,  ein 
fürstliches  Hochzeitsfest,  das  der  Prinzessin  Mechttüld,  (Ue  Fürst  Heinrich  dem 
Herzog  Otto  von  Lüneburg  vermählen  will,  in  seinen  Mauern  zuzulassen.  Der 
Fürst  giebt  nach,  die  Hochzeit  wird  dalier  1310  nicht  in  Wismar,  sondern  in 


lanen  eifceimen,  dns  das  alte  Struiemietz,  disaea  «insdne  Ztige  orkHiidUch  oft  genug  vorfcomnien, 

utn  jene  Zeit  iin  Ganzen  vollendet  wtr.  Vgl.  M.  U.-B.  13SX,  S.  S30  (Chronistische  Aufieichnnngen 
über  die  Zeit  von  1373  bis  127Ü). 

')  M.  t7.-B.  2543.  3546.   (Fanf  MHhlen  und  das  Dorf  Dammhnsen.) 

M.  f.-B.  2604. 

M.  f.-B.  2773.  2780. 

*)  M.  U.-B.  30JI.  3056.  Auch  Si.  Jürgen  hat  seit  129$  sein  eigenes  Ziegelhaus  :  M.  U.-B.  3322. 
Ueber  den  von  den  Dominikanern  wider  Willen  des  Raths  auf  den  Weberkamp  im  Jahre  1319 
angelegten  Ziegclhof  vgl.  M.  U.-B.  4074.  Der  Ziegelhof  von  St.  Nieulai  wird  1333,  April  29., 
genannt:  M.  U.-B.  5416. 

*)  M.  U.-B.  3228.  3338.   Vgl.  anch  7417. 
M.  i:.-B.  2315.  305S.  3u5n.  :26s. 

'■)  M.  U.-B.  8824.  297Ü.  303"  3260.  3263. 
Kirchhcrg,  Chr.  M.,  C.i|'.  142. 


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GESCHICHTE  DER  STADT  WISMAR. 


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Stcrnberj;')  frcfciert,  aber  der  beleidigte  Vater  sinnt  auf  Genugtluiun^.  Unter- 
stützt \  on  den  den  Seestädten  ohnehin  nicht  wohlgesinnten  nordischen  l-'ursten, 
die  zu  gleicher  Zeit  den  Stolz  kostocks  erfahren,  dtis  ihre  Zusammenkunft  \n 
seinen  Mauern  ablehnt,  unternimmt  Heinrich  der  Löwe  am  ii.Juli  131 1  einen 
Sturm  auf  die  Stadt  Wismar  unterliegt  trots  des  Beistandes,  den  Lübeck 
und  Rostock  mit  Geld.  Schiflen  und  Mannschaft  gewähren;  es  nimmt  unter 
Vermittelung  des  Herzogs  Waldemar  von  Schleswig  und  des  Fürsten  Nicolaus 
von  Werle  im  Frieden  vom  i?  Dccember  131  i  die  Bcdinf^un'^en  an,  die  ihm 
vom  Landcsherrn  auferle^'t  werden-)  Die  Stadt  verliert  Mühlen.  Zoll  und 
Vogtei,  die  sie  erworben  hat,  auch  niuss  sie  ihren  Anspruch  auf  eine  vom 
Fürsten  bei  der  Stadt  contrahierte  Schuld  aufgeben.^  Sie  muss  femer  sechs 
jüdisdie  Familien  aufnehmen  und  in  dienstlichen  Sadien  auf  die  Anwendung 
des  lübischen  Rechtes  gegen  die  lieamten-  und  Dienerschaft  des  Fürsten  bei 
vorkommenden  dienstlichen  Rechtsüberschreitungen  verzichten,  bei  nichtdienst- 
lichen aber  den  fürstlichen  Vogt  als  Mitrichter  zulassen.  Der  Fürst  baut  sich 
innerhalb  der  Stadt  einen  befestigten  Hof,  tler  einen  Durchgang  durch  die 
Mauer  nach  dem  Weberkamp  zur  Haupt- Hurg  hat,  die  ausseriuüb  der  Stadt 
liegt,  und  für  welche  das  Mecklenburger  Thor  jeder  Zeit  geöffnet  sein  muss; 
endlich  grdft  er  auch  in  das  Verhältniss  der  Stadt  zum  Bunde  der  Seestädte 
mit  machtiger  Hand  ein,  indem  er  den  Reistand,  den  die  Wismar'schen  ihren 
Genossen  leisten  dürfen,  zu  Lande  auf  den  Raum  innerhalb  ihrer  Mauern  und 
zur  See  auf  die  Stellung  v<m  einem  grosseren  und  einem  kleineren  Kricgsschifit 
mit  zugehorenden  Böten  (cum  quodam  navi  koggone  dicta  et  suo  bolone  et 
cum  una  snicka  et  suo  botone)  einschränkt. 

Man  sieht  an  diesem  Vertrage,  dass  der  Fürst  die  alten  Widersetzlich« 
keiten  und  Verletzungen  der  Landeshoheit,  die  schon  seinen  Vater  gekränkt 
hatten,  nicht  aus  dem  Sinne  verloren  hat.  Die  Stadt  aber  mag  die  ihr  zu 
Thcil  gewordene  Demüthigung  um  so  mehr  empfunden  haben,  als  sie  noch 
kurz  vorher  in  einer  Fehde  gegen  Dänemark  im  Bunde  mit  Rostock,  Stral- 
sund und  Greifswald  (diesmal  ohne  Lübeck)  vollwichtig  genug  aufgetreten 
war  und  auch  jetzt  wieder  die  Dänen,  welche  den  Fürsten  von  Mecklenburg 
von  der  See  her  unterstützen  wollten,  zusammen  mit  den  Genossen  aus  den 
Seestädten  abgewiesen  hatte.*)  Dennoch  gewinnt  man  nicht  den  Eindruck, 
als  ob  die  Fntwickelung  der  Stadt  und  ihr  Ansehen  nach  aussen  gestört 
worden  wären  und  der  Wohlstand  und  die  gewohnte  Betriebsamkeit  von  Rath 
und  Bürgerschaft  irgend  eine  Einbussc  crUttcn  hätten.  Das  wäre  auch,  wie 
die  Dinge  einmal  lagen,  den  Interessen  und  Wünschen  des  Landesherm  selber 

')  In  Schwerin,  der  tiauputadl  der  gleichnamigen  Gratschalt,  welche  dem  mccklenburgu>clicn 
FOntenlwaK  teit  150  Jmhren  wie  ein  Pfkhl  im  Fleisch  Miss,  warm  Gnf  nnd  Bischof  die  Hefien. 
Dort  komiic  die  Hochzeit  scll>stvcrslün<llith  nicht  statthaben.  Die  ganie  Gcichichtc  ist  aber,  was 
auch  Andere  schon  bemerkt  haben,  der  Art,  da»  sie  fast  wie  eine  Doublette  des  Erei^'tuNsis  vom 
Jahre  1292      o.  S.  5)  mcheint  und  daher  den  Verdacht  de*  Historiken  zu  erregen  (;ecigiict  ist. 

*)  M.  U.-b.  347^  Note.  348t.  348a.  3484.  3488.  3501.  Kirehberg'sche  Cbnmik,  Cap.  144* 

•)  M.  f.-H.  3450,  3965 

M.  L.-li.  3367.  3414.  3574.  3602. 


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AMTSGBRICHTSBEZIRK  WISMAR. 


nicht  entsjjrcclicnd  tjcwcscn.  In  jener  Zeit  aufstrebenden  ScluitTens  und 
Gestaltens  war  Wismar  ein  viel  zu  bedeutender  l'latz  an  <ler  Ostsee  in  der 
Mitte  zwischen  Lübeck  und  Rostock,  ein  l'latz,  der  von  Nah  und  Kern  gesucht 
wurde  und  nach  den  verschiedensten  Richtungen  hin  seine  Anziehungskraft 
bethätigte.  Mochte  doch  der  Landesfiirst  schon  Dir  sich  selber  die  lebhaft 
sich  rührende  Stadt  nicht  entbehren,  und  blieb  sie  doch  seine  und  seiner  Nach- 
folger \  ielj^elicbtc  Hauptresidenz  bis  zur  l-inverleibung  der  Grafschaft  Schwerin 
und  der  Wiederjjewinnunjj  des  alten  Landcsthciles,  in  welchem  zweihundert 
Jahre  lan^  ein  I-Vcnider  gesessen  hatte.  Am  24.  Juni  1312,  bzw.  27.  Kebr.  1313, 
siedelt  sich  z.  13.  das  Kloster  Doberan  mit  einem  Hof  in  der  Mühlenstrasse 
an,  der  in  der  Folge  öfter  genannt  wird,  elf  Jahre  später  auf  der  Wismar'schen 
Feldmark  Besitz  gewinnt  und  innerhalb  dessen  später  (zunächst  freilich  mit 
Widerspruch  des  Rectors  von  St.  Marien)  eine  Kapelle  zum  Gottesdienst  ein- 
ijerichtet  wird:  ahnlich  wie  früher  in  Rostock.')  Ihm  folgt  am  i.Mai  1318 
das  holsteinische  Kloster  Cismar  mit  dem  .\nkauf  dreier  W'orthen  an  der 
I'^aulen  Grube  (in  fos.sa  Voghedesgrouenj,-)  und  diesem  am  6.  December  des- 
selben Jahres  das  Kloster  Sonnenkamp  (Neukloster)  mit  Ankauf  eines  Hofes 
an  der  Frischen  Grube  (Recens  Fossa).")  Auch  das  Domkapitel  in  Ratzebui^, 
zu  dessen  Sprengel  Wbmar  gehört,  fasst  festeren  Fuss  in  der  Stadt,  seitdem 
ihm  Fürst  Heinrich  von  Mecklenburg  1321  und  1323  die  Kirchen  und  Pfarren 
von  St.  Marien  und  St.  Nicolai  nebst  dem  Patronat  über  die  Schulen  incorpo- 
ricrt  und  dafür  die  Verpflichtung  zur  Lesung  von  Seelenmessen  für  .seine  im 
Kampf  mit  den  Dithmarsen  im  Jahre  1319  gefallenen  Mannschaften  auferlegt 
hat.*)  Endlich  lässt  Heinrich  noch  kurz  vor  seinem  Tode  (2 1 .  Januar  1 329) 
die  Ritter  des  deutschen  Ordens,  die  seit  den  Zeiten  des  Fürsten  Johann  die 
in  der  Nähe  gelegene  Konithurci  Krankow  innehaben,  in  Wismar  zu,  indem 
er  ihnen  einen  Theil  seines  in  der  .Stadt  gelegenen  Hofes  einräumt.  Der 
Vertrag  darüber  zwischen  Rath  und  ( hden  erfolgt  am  i  I.April  I330.'')  Der 
Wohlstand  der  Stadt  offenbart  sich  ungeschwachl,  thcils  in  der  Vt)rnahme  von 
Vergrösseningen  des  Territoriums,*^)  theils  m  zahlreichen  Stiftungen,  besonders 
Errichtungen  von  Vikarien,  Memorien  und  Messen,  die  immerfort  zunehmen 
und  in  geradezu  auflallender  Zahl  während  der  Jahre  1347,  1349  und  1350 
verzeichnet  stehen.^)   Man  fragt  sich,  ob  diese  auffallende  Erschemung  mit 


>)  M.  U.-K.  3541.  359'-  4«69.  4487.  456«.  4563-  S'35-  5«3t>-  5499- 
")  It  Ü.-B.  3977.  5135.  5136.  5907. 

*■  M.  U.  U.  4027. 

*)  M.  U.-H.  4252.  4253.  4416.  4997.  54Ö7.  Das  Schulpatrunai  gicht  der  Bigchof  am 
7.  September  1331  an  den  Raih  surflck,  ^1.  Urk.  5265. 

»)  M.  U,-B.  1150.  4934.  5019.  S«3S-  5 '36.  6S9S.    Lisch,  M.  Jahrb.  XIV,  .s.  22  (t. 

*;;  M.  t'.-B.  4420.  4452.  5980.  59S1.  (Aiik.iuf  vun  Hufen  zu  labiscbcm  Recht  in  Kicliards- 
dorf  im  Jahre  1323  und  Erwerbung  des  Durtcs  Ucnz  im  Jahre  1339.) 

1)  Fttr  daa  Jslir  1347  vgl.  M.  U.-B.  6713—15.  6749.  6759.  6773.  6786.  6789.  6795.  6801. 
6S05.  6806.  6841.  Fur  ilx5  Jahr  1348  vgl.:  M.  L'.H.  68.S7  mi.l  f.Syz ;  fllr  d.i«.  Jahr  1349:  M. 
U.-K.  6957.  6971.  7004.  7007.  7021.  7024;  lUr  diu  Jahr  1350:  M.  L'.-B.  7099.  7101.  7102. 
7110.  7113.  7114,  7115.  7137. 


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GESCHICHTE  DER  STADT  WLSMAR. 


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der  ersten  Nachricht  ühor  die  in  den  SccstiKiten  auftiuichcndc  IV^t  zusaninien- 
hängen  mag.  In  Wismar  sterben  im  Sommer  des  Jahres  1350  mehr  als  J(K»o 
Menschen:')  »Van  pinxtcn  bei  to  sunte  MycluicHs  daghc  do  was  so  grt  t 
stervent  der  lüde  in  allen  Dudeschen  landen,  dat  des  ghclikes  ne  was  ervaren, 
undc  het  noch  de  grote  dot.«*)  Vom  Rath  zu  WUby  gelangt  nach  Rostock 
ein  Brief  mit  Nachrichten  über  die  Vert^iftun^'  der  Christen  durch  die  Juden. 
Dieser  Hrief  wird  initt-  lst  Cojjien  von  Rostock  her  aucii  an  die  anderen  See- 
städte befordert,  und  mm  be^Miinen  jene  Austn  ibiiiv^en  und  X'crfolgungen  des 
unj^Uickhchen  Volkes,  an  denen  auch  Wismar  seinen  Anthcil  hat.  In  der 
l-'tjige  ist  denn  auch  von  Verträgen  zwischen  dem  I^ndesherra  und  der  Stadt 
über  die  Aufnahme  von  Juden  keine  Rede  mehr.')  Im  Uebrigen  nehmen 
Ordnung  und  gesetzgeberische  Entwickelung  während  der  ersten  Hälfte  des 
XI\'.  Jahrliundi  rt>  auf  vielen  Gebieten  des  stadtischen  Gemeinwesens  unaus- 
gesetzt zu.  l)a\r)n  stehen  die  in  [grosser  Zahl  erhalten  t^ehliebencn  Kalh.s- 
willkuren  (arbilria)  und  Hur;^rr>j)rar!nrii  ilo(iviia)  ein  an-^chanüches  Hild. 
Auch  von  Ordnungen  des  Schulwesens  hören  wn/)  sowie  von  der  Vollendung 
des  Chors  von  St.  Marien  durch  den  Baumeister  Grote  seit  dem  Jahre  1339 
und  der  Weihe  dieses  Baues  am  3.  März  1353.'^)  Von  der  auch  sonst  hin- 
länglich bekannt  gewordenen  Tüchtigkeit  und  Solidität  des  Handwerks  im 
XIV  Jaluliundert  zeu<;en  in  W  ismar  z.  B.  einzelne  Hurgschaften,  welche  Maurer 
und  Steinset/i  r  tur  die  von  ihnen  ausL^'eführten  .\rbciten,  I  lausjjiebel,  .Stein- 
trciJpen  und  anderes  Mauerwerk,  in  den  Jahren  1345,  1347  und  1349  uber- 
nehmen.') 

Das  Verhältniss  der  Stadt  zum  angestammten  Filrstenhause  bleibt  un- 
getrübt. Als  am  23.  Juli  13 13  Beatrix,  die  Gemahlin  Heinrich  des  Löwen, 
stirbt,  findet  sie  ihre  Grab.stätte  im  Clior  der  Franziskaner  Kirche,  desgleichen 
vier  Jahre  spater  .Anastasia,  die  Mutter  des  l-  iirsten.')  I  lemrich  selbst  macht, 
wie  bei  Rostock,  <o  auch  bei  W  ismar  1316  eine  .\nl<  ihe,  die  er  hir  seine 
lorlw  ahrenden  kleinen  und  grossen  Kriegszuge  notlnvendig  hat.  Zu  diesem 
Zweck  verkauft  er  am  22.  November  13 18  ausser  anderen  Dörfern  die  ganze 
Insel  Poel,  von  welcher  die  Fürstin  Anastasia  bis  zu  ihrem  Tode  einen  Theil 
ihrer  Hinkünfte  bezogen,  an  die  von  Plessen,  Preen  und  Stralendorff.*)  VViilirend 
der  Regierung  des  Fürsten  Heinrich  weilt  11.  a.  Konig  Frich  von  Danemark 
mehrmals  in  W'ismar  'i  Am  11.  November  13^'»  l.asst  Fürst  Heinrich  die 
Stadt  seinem  Sohne  Albrecht  huldigen;  dieser  verspricht,  die  W  ismar'schcn 

*)  M.  U.-n.  7097.  7>o8. 

*)  Detmar's  Chronik  zum  Jahr  IJ50. 

^M.  U.-B.  7030  Anmkc.  7083.  7096(4'.  7098.    Vgl.  dazu  5753  und  5762.  6118;  auch 

5840.  S932.  5933-  5997. 

♦)  M.  U.-B.  6017.  6129. 

•)  M.  Ü.-B.  5954.  5955-  6*'4-  "639  SS1.7.    Cnill.  M.  J.-»hrh.  LVI,  .S.  JOff. 
•)  M.  U.-B.  6S76.  6731.  6985. 

*)  M.  U.-B.  3714.  3887.    All  Sttllc  der  Gräber  jcui  «in  (ixneti. 

•)  M.  U.-n.  3816.  3830.  4025. 

*)  M,  U.-B.  3828  (lo.Jnoi  1316)  und  40S7  (S.Juli  1316. 


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AMTSGERICirrSBBZRK  WISMAR. 


Rechte  und  Privilegien  sein  Leben  lang  in  Treue  anerkennen,  bessern  und 
mehren  zu  wollen.')  Besonders  gnädig  erweist  sich  Heinrich  gegen  das 
Heiligengeist -Stift;  ferner  erneuert  er  die  schon  vom  Fürsten  Boruin  im 
Jahre  1220  befohlene  Aufhebung  des  Strandrechts.*)  Sein  letzter  bedeutender 
Regierungsakt  in  Angelegenheiten  der  Stadt  Wismar  ist  der  Zollvertiag  vom 
14.  September  1328,  der  ein  anschauliches  Bild  davon  giebt,  wieweit  die 
Handelsbeziehungen  der  Stadt  nach  allen  Himmelsrichtun^^cn  hin  reichen,  über 
See  sowohl  wie  landeinwärts  nach  Süden,  Westen  und  Osten,  und  der  deshalb 
als  eines  der  \\  ahrzeichen  ihrer  Hlüthe  bezeichnet  werden  kann.') 

Das  \'erhaltniss  der  Stadt  zu  Heinrichs  Sohn,  dem  Fürsten  Albrecht, 
der  bis  zur  h>wcrbung  der  Grafschaft  Schwerin  in  Wismar  residiert,  ist  An- 
fangs ein  besonders  gutes.  Das  beweist  der  Beistand,  den  ihm  Wismar  (mit 
diesem  auch  Rostock)  in  den  Händeln  und  Fehden  gewährt,  in  die  der  Fürst 
mit  einigen  seiner  Vasallen  (besonders  den  Plessen's)  wegen  Zurückforderung 
der  ihnen  verpfändeten  Schlösser  und  Vogteien  geräth.  An  dem  bald  darauf, 
am  I  I .  Januar  1338,  zwischen  den  norddeutschen  Fürsten  und  Städten  ver- 
einbarten sechsjährigen  Landfrieden  ist  auch  Wismar  bethciligt.*)  Doch  drohen 
im  Spätherbst  1339  Misshelligkeiten  zwischen  dem  Fürsten  und  dem  Rath 
der  Stadt  auszubrechen,  da  sich  dieser  des  in  Wismar  wohnenden  Juden 
Danies  angenommen  zu  haben  scheint.*)  Doch  nimmt  der  Fürst  die  Ver- 
mittelung  Herzog  Rudolph's  von  Sachsen  und  RostOcker  Rathmänner  an  und 
lässt  sich  beschwichtigen")  Am  13  October  1342  tritt  Fürst  Albrecht  im 
Streit  der  fünf  wendischen  Seestädte  mit  I  hjlstein  und  Schweden  zugleich 
mit  dem  Grafen  Günther  von  Schwarzburg  als  Schiedsrichter  auf,  und  am 
19.  März  1344  übernimmt  Wismar  mit  Rostock  zusammen  die  Bürgschaft  für 
Aufrechterhaltung  des  Friedens,  den  der  Fürst  mit  den  Herzögen  von  Pommern 
gesdilossen  hat.^ 

')  M.  U.-B.  4781. 

^  M.  U..B.  4665.  4>ii- 

•)  M.  u.-n.  4973 

*)  M.  U.-B.  5781.  5844.  Da&s  die  Kacklorderung  der  verpfändeten  Schlösser  und  Vogteien 
ihre  Sehwierigkeh  hktte.  tieht  man  n.  a.  daran,  dast,  alt  am  15.  Juni  1349  Heinrieh  von  Bfliow 
>hus,  stad  vnde  laiid  to  Ciodchulz«  (Gadcixuch)  den  beiden  »cit  einem  Jahr  zu  Herzögen  ernannten 
I^ndesherren  All>recht  und  Juhann  «mid  gudem  willen«  zurückgegeben  hat,  ihm  dafür  die  bis 
dahin  von  Anna  von  Sachsen,  der  Mutler  der  Herzöge,  liezogencn  Einlcflnfte  von  Vogtei,  Münze, 
Wechsel  und  2SoU  xu  Winnar,  aowfe  Stadt  und  Land  Greveamllhlen  wieder  aberlasBen  werden 
müssen:   M.  f  .-B.  6975. 

^)  Daniel  sollte  nämlich  einen  unter  lurstlichen  Schulz  gestellten  anderen  Juden  unterwegs 
ahcHtnllen  haben.  Dabei  kommen  alte,  nir  Zeit  der  VomnmdtclMft  des  Ponten,  (3*9/30  vor- 
gcfallcm-  Dinge  z\ir  Sprache,  wie  der  Abbruch  von  Thurm  und  Bergfried  an  dem  von  seinem 
Vater  am  Mccidcnbarger  Thor  innerluilb  der  Stadt  ira  Jahre  1300  erbauten  Hof,  den  die  Stadt  am 
18.  Mirt  13*9,  unter  ^eiebaeit%er  UcberlaMtng  des  idKm  fHÜicr  voni  ftntli^cn  Hause  hssesBcnen 
Furstcnhofcs  öttlidi  von  St.  Jargen  tu  IttUscbcm  Recht,  von  den  Vormlindem  des  Fttrsien  rarUck- 
gekauft  hatte. 

•)  M.  U.-B.  5038.  5039.  5753.  5997. 

Ö  M.  U.-B.  6«38.  6391- 


Üiyitizeü  by  Ljü 


GESCHICHTE  DER  STADT  WISMAR. 


II 


Das  Streben  des  Käthes,  vom  Rechte  innerhalb  der  Stadt  niclit-^  zu 
vergeben,  /x-'v^l  sich  besonders  dem  Hischof  von  Ratzeburj;  ^'egenuber,  der, 
nachdem  ihm  l  urst  Heinrich  m  den  Jahren  1321  und  1323  mit  Schenkung 
von  Gütern  und  Incorporiening  von  Kirchen  und  Schulen  das  grösste  Ent- 
gegenkommen bewiesen  hat,  nun  auch  ein  Haus  in  der  Stadt  zu  erwerben 
wünscht,  diesen  seinen  Wunsch  aber  von  dem  durch  sein  Stadtrecht,  die  Will- 
küren,  gedeckten  Rath  nicht  erreicht  Der  Hischof  Marfiuard  ;,i<  l)t  sich 
zufrieden,  er  weiht  am  1 2  ( )ctober  1326  den  HochaUar  im  IKili^^en  deist, 
am  2.  Juh  1329  ebentlasirlbst  den  Kirehliof,  erlaubt  am  31.  October  dessell)en 
Jahres  in  der  Kirche  des  HeiUtjen  Cieistes  zwei,  bczw.  drei  Messen  zu  hallen, 
entsagt  am  7.  September  1331  zu  Gunsten  des  Rathes  dem  ihm  von  Heinrich 
dem  Löwen  verliehenen  Schulpatronat  (s.  o.)  und  verträgt  sich  am  24.  Sep- 
temher  1331  mit  den  Rathmaniiern  über  das  auf  alten  Bestimmungen  (s.o.) 
beiuliende  geistliche  Recht  des  Klosterprohstes  von  Kehna  un«l  wegen  des 
Hauses  zum  Heiligen  (ieist  ")  Zur  Zeit  des  Hischol's  .Mar(]uard  hören  wir  zuerst 
von  einer  Kalandsbruderschaft  zu  Wismar:  es  ist  am  3.  Mai  des  Jahres  1327. 
Diesen  Kaland  bestätigt  Bischof  Volrath  in  einer  von  religiöser  Ikgeisterung 
erfüllten  Urkunde  vom  9.  November  1 346.  Ab  später  der  grosse  Kaland,  der 
eigentliche  Kaland  des  Landes  Bresen  und  des  Archidiakonats  von  Rchna 
(per  terram  Bresen  et  archidiaconatuni  Kenensem),  der  schon  im  Jahre  12H2 
genannt  wird,  am  12.  Mai  1413  definitiv  nach  Wismar  verlegt  wird  (nachdem 
er  dort  bereits  eiiu'  Zi-it  lang  seine  Sitzungen  und  Memorii-n  abgrlialteii  hat), 
wird  der  vorher  erwähnte  \\  ismar  sche  Kaland  als  minderer  Kaland  bezeichnet 
(fratres  kalendarum  minorum.)') 

Unter  den  auswärtigen  Angelegenheiten,  welche  Wbmar  in  der  ersten 
Hälfte  des  XIV.  Jahrhunderts  beschäftigen,  ist  zuerst  die  Fehde  mit  Dänemark 
zu  nennen,  die  W' ismar  und  Rostock  1 310/11  gemeinsam  ausfechten  und  wobei 
Ihre  Koggen  bis  in  den  Sund  fahren  und  die  danischen  Kiisten  mit  Mord  und 
Brand  heimsuchen.  Auch  die  Städte  Stralsund  und  Greifsuald  sind  daran 
betheiligt,  nicht  aber  Lübeck.'')  Die  Folge  davon  ist  die  im  ersten  Ikinde  des 
Denkmäler-Werkes  S.  282  erzählte  Belagerung  Warnemündes  durch  den  König 

*)  M.  U.-B.  4426.  4465.  4770.  5069.  5087.  5265.  5269.  IJic  KtnkUnltc  des  Uitchufs  in 
WinuH-  «taicht  ntn  kw  der  Tue  der  Kirchen  und  geirtliclm  I^en  vom  Jahre  1335 :  M.  U.-B. 

5613.  Weitere  Erlasse  Uber  das  Ralzcburgcr  T.ift'Iijut  in  \Vi-,inar  j;u  l)t  votn  20.  Sc|>tcnil>er  1357 
und  13.  Januar  1363:  M.  U.-U.  8393.  9130.  Ferner  (nach  Urkundni,  Re^e&ten,  gesammelt  von 
Cmll  «nd  Tedien)  vom  30.  Aprit  tjSp,  4.  Jiiiif  1396,  a8.  Oeceraber  1398,  t.  Februar  1399, 
1.  Mai  1400,  28.  April  1403,  12.  März  141 1,  22.  October  1413,  15.  Juli  1414  und  23.  Xoveraber 
1483.  Es  kommen  Venehiebungen  und  Uebertiagungen  vor,  bei  denen  i>  nicht  immer  friedlich 
angeht.   Auf  Klagen  vnd  Proaeiae  erfolgen  Utweilm  |>;i|i>iliche  EntaeheidnngL-n. 

^  M.  U.-B.  1594.  4827.  6687.  6845.  8227.  1021t.  EraeuernngL-n  der  Hcsiätigungen  der 
Kalandshrudctsch.iften  giebt  es  .nii'^sordiin  vom  28.  Juni  1307.  vm  3.  Sf[ilcinbcr  1404,  von 
7.  Juni  1417,  I.  und  12.  August  1422.  Aucli  liurt  iii^n  s^L^iicr  viel  vun  Krwcrbuiigcn  und  Siiflungen. 
Besonders  knnfkflftig  emdieinen  die  beiden  Kalande  in  der  cweiten  Hälfte  des  XV.  Jahrhunderts. 
Nach  angedruckten  Urkunden  (Tcchcn).    Vgl.  auch  Scbr<)i'.i.r,  \V:,ni,  Kr^ttiiij^e,  S.  119  1S3. 

*)  M.  U.-U.  3414.  3574.  3602.  Die  Urkunde  Ubc-r  den  t  riciicn  und  die  Bedingungen  fUr 
die  einadoen  Stidte,  die  Dänemark  vonchreibt,  ist  nicht  vorltanden. 


12 


AirrSGERICHTSBBZIRK  WISMAR. 


Erich  und  tlcsst^  n  lUiiulcsj^cnosscn,  zu  denen  Marktjraf  W'aldeniar  von  Brandcn- 
buri^  und  Heinrich  der  Löwe  von  Mecklenburg  gehören,  und  das  I'^nde  ist 
die  Unterwerfung  der  Städte  sowie  die  Heleluiung  Heinrich's  mit  den  Rostocker 
Landen.   Wie  Wismar  seinem  Fürsten  gegenüber  zu  büssen  hat,  ist  oben 
bereits  erzählt,  wie  es  Dänemark  gegenüber  davonkommt,  ist  nidit  bekannt. 
Vielleicht  ebenso  wie  Stralsund,  d.  h.  mit  einer  Kriegssteuer.  Doch  das  gute  Ver- 
haltniss  uird  wieder  hert;cstcllt.    Kfinii,'  Christoph  erneuert   1323  und  1324 
die  alten  l'rivilcijien  M    {jc<jcn  tiic  vielen  WidL-rsachcT,  flie  Wismar  in  llolslein 
hat  (multos  enmlos  et  persecutorcs  de  Holt/acia),  verspricht  Lübeck  wiederholt 
seinen  Beistand,*)   Dafür  versprechen  wiederum  Wismar  und  Rostock  im  Jahre 
1332  der  Stadt  Lübeck  ihren  Beistand  gegen  den  Ritter  Johann  von  Bükm, 
der  auf  dem  Priwalk,  der  Landzunge,  welche  Travemünde  gegenüber  liegt, 
den  Liibeckern  zum  Trotz,  einen  Bet^ried  erbaut  hat.^)    Auch  mit  den  Grafen 
von  Holstein  werden  1339  Verträge  gegen  die  Seeräuberei  und  zur  I'^rlangung 
sicheren   Geleits  zu   I-;inde    eingegangen,    spater  auch   mit  Dänemark  und 
Schweden,  nachdem  eine  im  Jahre  134.J  geführte  Fehde  der  wendischen  See- 
städte mit  Schweden  durch  das  Schiedsgericht  des  Grafen  Günüier  von 
Schwarzburg  und  des  Fürsten  Albrocht  von  Mecklenburg  (s.  o.)  im  Frieden 
von  Heisingborg  am  17.  Juli  13.13  fiegliclun  ist.*)    Auch  mit  England  gicbt 
es  w^en  eines  lüiglanders  W  ilhelm  von  Lethenay,  der  angeblich  durch  See- 
fahrer aus  tien  wendischen  Stiidten  lieraubl  ist.   im  Jahre  1343   einen  Slrt-it, 
dessen  Ausgang  nicht  bekannt  ist,  der  aber,  nachdem  der  K.oiug  von  ICngland 
die  Güter  der  letzteren  mit  Beschlag  hat  belegen  lassen,  zu  einem  Vergleich 
gefiihrt  haben  wird.^)  Ja,  im  Seebunde  selber  kommen  vorübei^ehende  Un- 
einigkeiten vor,  nicht  bloss  w^en  der  Grösse  von  Häringstonnen,  wie  im  Jahre 
!1^7.  sondern  auch  ernsterer  Art,  wie  z.  H.  die  Heschwerde  Wismars  darüber, 
dass  die  Mannschaft  Lubischer  und  Rosbjcker  Schifte  den  Schutz  und  die  Sicher- 
heit, welche  Rath  unil  Burgerschaft  einer  Anzahl  danischer,  im  Jahre  1345  v<in 
Lübeck  herubergekonmiener  Kautleule  gewalirt  hatten,  nicht  respektiert  hat.') 
Doch  diese  und  ähnliche  Meinungsverschiedenheiten  thun  dem  Zusammen- 
gehen der  Seestädte  in  ihren  geroeinsamen  Handels-Interessen  nur  vorüber- 
gehend diesen  und  jenen  l-Iintrag.    Im  Ganzen  wächst  unter  Lübecks  Leitung 
das  Ver-^t;iii(lniss  für  Vereinigung  ihrer  Kräfte,   und   die   zweite  Hälfte  des 
XIV.  Jahrhunderts  ist  die  Zeit  der  Hlulhe   ihres   Huniles,    Nachdem  Konig 
Magnus  von  Schweden,  welcher  der  Stadl  W  ismur  günstig  gesinnt  ist,'J  die  bei 

')  M.  U  -Ii.  4411.  4505.  5445. 

*)  M.  U.-B.  4945.    Vgl,  6221  und  beswadets  6247,  wo  die  Bcraubuiij{t;n  durcli  die  Ucuinivii 
und  VsMlIen  des  Grafen  von  Holstein  einzeln  au^ezlhlt  werden.    Dazu  Urk.  6239.  6250.  6aji. 

M.  f.  n.  5362.   Vy!,  5774. 
*)  M.  U.-H.  5946.  6163.  0141.  6142.  6154.  6337.  6238.  6324.  6339.  6423. 
^  M.  U.-B.  6325.  6426.  6396. 
0)  M.  U.-B.  5743,  6564. 

Am  19,  Mrir?  13^4  >v;iril  suim-  Kri'iii-,  ilic  er  dem  W  ismar  sehen  Burf^crtnciiilcr  llenn  iiiii 
W.iimslurl  lur  6üO  M.  Lubi»ch  vcr|ifuiuli:l  h.iUc,  durch  \  crutiuluiij;  bcincs  Suhua^crs  ilcrzu};  Albrcchi 
von  Mccltieoburg  eingetöst:  H.  U.-.B.         (S.  521). 


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ORSCIllCHTK  DER  STAIVT  WISMAR. 


13 


einem  Brande  ihres  Rathhauses  (thcatrum,  consistoriiiin)  vernichtete»  l 'rkunden 
über  Privilci^icn  in  seinen  Reichen  erneuert  hat.  treten  die  Seestatite  am 
2ij.  September  1352  auf  zwei  Jahre  zu  einem  Hunde  zusammen,  iler  K'^'K''^''^ 
Diejenigen  gcriclilel  i.st,  welche  das  Meer  unsicher  machen,  wobei  Lübeck  ein 
Drittel,  Rostock  und  Wismar  zusammen  das  andere  Drittel  und  Stralsund  und 
Stettin  das  dritte  Drittel  der  Kosten  aufzubringen  haben.')  Als  mecklen- 
burgisclie  Territoriaktadte  vcrpfliditen  sich  Rostock  und  Wismar  in  dem  am 
16.  t)ctober  1351  geschlossenen  cntjrreii  Landfricdenshuiidniss  zur  SteHuntj 
von  einhundert  Mann  (Rostock  CiO,  Wismar  40).  und  in  dein  zwei  Jahre  siiati  r 
erneuerten  V'ertrag  zur  Stellung  von  fünfzig  Gewappneten,  zehn  Schützen  und 
zwei  Wurfmaschinen  (mit  enem  dryuende  werke  vndc  mit  cner  blyden  vnde 
mit  weikmesteren,  der  dartö  behöf  is).*)  Und  nun  bewähren  sich  die  Städte 
ebenso  thatkräftig  und  erfolgreich  zu  I^nde  wie  zur  See,  indem  sie  die  Bulben 
der  Raubritter  brechen  und  im  Laufe  eines  Jahres  eine  ganze  Reihe  der^iHx  n 
unschädlich  machen.*)  Immer  hoher  steii^t  <las  Anseilen  di  s  Stadtibuiuks, 
l"'ürsten  und  Ritter  suchen  seine  (iuiist  und  Hülfe  ')  Der  alte  Xanic  I  lan-^a, 
der  schon  von  der  Zeit  der  Ustgothen  her  als  liezeichnung  für  eine  Schaar 
oder  Genossenschaft  nachweisbar  ist,  kommt  ab  Name  fUr  den  Bund  der 
Seestädte  auf.*)  Während  des  dänisch -holsteinischen  Krieges  im  Jahre  1358, 
in  dem  die  Hcrzo<rc  Albredit  und  Johann  von  MeckK  nburg  auf  Seiten  der 
gegen  König  Waldemar  von  Dänemark  verbiindctcn  I-'ursten  stehen";  und 
somit  auch  \\  ismar  als  mecklenburgische  'l\-rrit<iria]stadt  seine  Mannschaft  zum 
Kriege  zu  stellen  hat,  winl  der  2.  Juli  zu  einem  läge  besonderen  Ruhmes, 
indem  es  den  Wismar'schen  gelingt,  den  danischen  Anführer  l'eter  Dene 
gefangen  einzubringen.^)  Im  Uebrigen  steht  Wismar  während  der  nach- 
folgenden Kriege  der  Hansa  mit  König  Waldemar  in  unerschütterlicher 
Huiulestreue  zur  gemeinsamen  Sache  der  Hansa  und  erlebt  mit  vollem  An- 
theil  alle  Wechselfalle  dieser  die  fiuif  wendischen  Städte  stark  in  .\ns])ruch 
nehmenden  schweren  Zeit,  zuerst  mancherlei  vorübergehende  Krniedrtgung, 

■)  M.  U.-B.  7500.  7507.  7513.  7662.  798$.  766s.  Ebenso  wie  der  König  vun  Schwcdvn 
bcsiltigt  Herzog  All>recht  von  Mecklenburg  die  Alischrifirii  der  von  sfiitt-ti  V'>rf;«liroM  \orIielicnen 
Oripnalnrlcandeii,  dt«  beim  brande  des  Kaihhaiuics  verloren  {{egaiigcn  »ind:  M.  L'.-IS.  7410. 

*)  M.  U.-B.  7524.  7717-  79>i.  Verlftngening  des  Undfriedens  im  Jalire  1354.  Vgl. 
M.U.-B. 

*)  Urkunden  und  Chroniken  nennen  aU  sulchc  von  der  Hand  der  Städter  in  d'.n  Jahren 
1353  und  1354  ttnicr  kriift»g<ter  Mitwirkung  Wismars  b«i!wan|;fene  Durgen  die  von  Gmbeithagen, 
IjussHi  Redcfin,  Datzow,  Döniit/:,  Witdtr,  Gorloscn.  I.iii/cn,  Kuinli>si-ii,  Stavcnow,  Xt.l>i-lin, 
Nciihaiiscn,  Wenkstemenlnir^;,  Muf,'iH''iliury,  Mcyciiimri,'  und  (;-.i'n.\v.  N'^jl.  M.  l'.-Ü.  77117  Aiinikj;.\ 
7821.  78aa.  793».  794a.    Ditmar,  Chronik  t. }.  1353.   IKimicli  vun  H.ilice,  M.  Jahrb.  XLIH,  S.  184. 

*)  M.  U..B.  785S.  8i$8.  8813. 

*)  M.  r.-H.  2886.  6339.  7143,  N.  35.     Vj;l.  St^Sftr.   l>iu  ll.lilicvtfidtf  nrul  K..t.l:;  \V;il.l.-nuir. 

S.  61.  Vgl.  I'auh,  Auftreten  und  Uedentung  des  Wurlca  liun&a  in  England,  ilaii^.  Geach.'lil.  1872, 
S.  IS— so.    KopitmMR,  M.  Jahrb.  LH.  S.  188  (T. 

•j  M.  U.-B.  8441.  8453  S589. 

')  Hl.  U.-B.  8496.    Crull,  M.  J.ihrb,  S.  158  ff.   XLV,  S.  21  ff.    Schäfer,  Die  Hanse- 

itldte  und  K&i^  Waldefluir,  S.  159. 


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14 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


zuletzt  aber  auch  jene  c^lfinzctule  l-rbclKint,'  der  Städte  zum  Höhepunkt  ihrer 
politischen  Macht  und  Hedcutnuij  im  Stralsundcr  l-'ricdcn  vom  24.  Mai  1370.') 
Hei  l-'iirstcn  und  Herren  steigt  ihr  Respekt.  Davon  zeugt  u.  a.  der  Besuch 
Kaiser  Karls  IV.,  der  am  31.  October  1375  von  Lübeck  her  in  Wismar 
anlangt,  mit  grossen  Ehren  empfangen  wird  und  eine  Nacht  in  der  Stadt 
verweilt.  *)  Aber  schlimmere  Zeiten  brechen  wieder  herein ,  als  in  der 
Folgezeit,  nach  dem  Tode  Wc.r/o'j;  .Mbrecht's  von  Mecklenburg,  der  im 
Interesse  .seiner  ticm  Norden  zugewandten  Hausjxilitik  die  Städte  in  ihren 
Kriegen  mit  Waldemar  unterstützt  und  dadurch  die  Hansen  in  seine  eigene 
Sache  zu  verwtciceln  gewusst  hatte,')  dessen  Sohn  Albrecht  im  Kampf  mit 
Waldemar's  Tochter  Margaretha  am  24.  Februar  1389  die  Krone  von  Schweden 
verliert,  in  Gefangenschaft  geräth  (bis  zum  Jahre  1395)  und  nun  in  einem 
langdauernden,  mit  schweren  Schädigungen  des  Handels  verbundenen  Kriege 
von  der  !  leiniath  Irt  0[)fer  über  Opfer  i^cbracht  werden  müssen.  Hierzu 
j^^clicn  Rostock  und  Wismar,  als  in  iint-ntwi-i^ter  i  rc-ui.-  /ii  iiirnn  Landc-sherrn 
stehende  Ternlonaisladle,  Geld  und  Hlut  die  ganze  Zeit  iundurch  unverdrossen 
her,  obwohl  die  übrigen  Hansen  den  vom  Kaiser  unterstützten  medden- 
burgtschen  Ideen  gar  kdne  Sjrmpathie  entgegenbringen,  sondern  den  Interessen 
der  Königin  Margaretha  zugeneigt  sind,  die  sich  zuletzt  soweit  mit  ihren 
eigenen  decken,  als  die  Bedrängnisse  der  drei  nordischen  Reiche  durch  die 
von  Ro.stock  und  Wismar  zu  rmiistcn  des  gefangeiu  n  KontL;s  Alhrerhl  aus- 
gestellten verhängnissvollen  Kaperbriele  eine  die  Ostseestadte  in  hohem  drade 
schädigende  Verallgemeinerung  der  Seeräuberei  in  solchem  Umfange  mit  sich 
(Uhren,  wie  sie  vorher  nicht  dagewesen  war.  Da  wird  es  natürlich  nachher 
schwer,  die  Geister  zu  bannen,  die  man  selbst  gerufen  und  in  den  eigenen 
Mauern  gehegt  hatte/) 


')  KUr  diese  Zeit  und  VerbKltnisse  kommen  besonders  nachfolgende  Urkunden  in  BcUachl : 
M.  Ü.-B.  8891.  893s— 37-  9043.  WS-  9to3.  9138.  9164.  9180.  9*14.  WS-  9368.  9370.  9398. 
9S»0.  9574.  970a.  9706.  9725.  9734- 9736.  9743  45-  975^  57  9759  60.  9761.  9817.  9S21.  9825. 
9839.  9943.  9947-  9974    9092  93.  10063.  10076,  1024S.  10356.  IO434.  10567.  10745.  «O?*?. 

*)  M.  L'.-B.  10790.    Crull,  M.  Jahib.  XLIII,  S.  184. 

•)  Vgl  bcMnden  M.  U.-B.  977s. 

*)  M.  U.-B.  10834.  10837.  10877.  10884/85.  10914.  IO916.  10935,    Schlfer,  Ilan^rstädte 

und  König  Waldemar,  S.  552,  555.  Vi;l  tcnier  von  Crull  RC>aTnmelte  ungedruckte  Urkunden 
(im  Grotoh.  Archiv  zu  Schwerin)  vom  9.  Januar,  23.  Män,  10.  April  1377;  vom  24.  Mai  1381 ; 
vom  II.  Hai  1391;  vom  J.  April  1392;  vom  28.J«nnar  1395.  Üelier  Waflimstillstliide,  die  von 
der  H.nisa  nnd  von  Dänemark  mit  di-n  Sccr.äubiTri  13S2  und  13S6  <;L-si;'.b.l(isson  werden,  xf;!.  l!;irl- 
hold,  Gesch.  d.  Deutschen  Hansa  II,  S.  210.  Dahlmann,  Gesch.  Dänemarks  II,  S.  60.  Dciroar's 
Chronik  1383  (herausgrg.  von  Kuppmann,  I,  S.  578).  VVdtere  Anfseichnnngea  Ober  das  RSuber* 
Unwesen  in  ungcdnicktcn  l'rkumien  von  1392,  1394,  '397 — 1400.  Ufl>cT  Claus  Slijriel>L-kfr  in 
Wismar  vgl.  Uurrociiter ,  M.  Jahrb.  III,  S.  157.  Hans.  Gesch.- Bl.  Vll  (1877),  S.  48,  Anmkg.  5. 
Vgl.  M.  Jahrb.  LVlil,  Q.-B.,  S.  7  IT.  Ueber  die  noch  im  Jahre  1422  ihr  Unwesen  treibenden 
VItalienbmder  vgl  Lisch,  M.  Jahrb.  XV.  51-69,  249.   XXIII.  S.  i<6ir.   Unter  dem  mecMen- 

hitrfjischcn  Aik-1  der  zur  See  ^eh[.  in.ii;  r<\ich  Cluiii  MicheUtorp  genannt  Sein,  Vgl,  UnK<'i'f"*'kte 
Urkunden  vom  10.  A|>ril  und  II.  Nuvcmber  1399.  Ferner  Mecklenbugilche  Knoat-  n.  GeM:)iiclit»- 
Denkm.  I,  S.  326,  Annkg.  1. 


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GESCHICHTE  DER  STADT  WISMAR. 


«5 


\'on  sonstigen  Vorkommnissen  innerhalb  der  Mauern  Wismars  während 
der  zweiten  Hälfte  des  XI\'  Jahrhunderts,  die  hier  interessieren,  mo^^en  folj^fende 
kurz  erwähnt  werden:  die  Ijmu eiliunjj  der  vun  der  Fürstin  Anastasia  l)e- 
gonnenen  und  nunmehr  ganz  vollendeten  Franziskaner -Kirche  durch  den  Uischuf 
von  Ratzebui^; ')  die  Aufstellung  eines  von  Johann  Köster  gearbeiteten  Altar» 
Schreins  auf  dem  Hauptaltar  in  St  Marien  zu  Weihnachten  (24.  December) 
'357;*)  Stiftimj,'  eines  Armenj^asthauses  durch  den  Bürger  Heinrich 
Wessel  (ijT)-  und  1373);")  die  Ablialtunfj  eines  Kapitels  der  Dominikaner 
avi^  der  Ordens- Provinz  Sachsen  in  Wismar  am  S  Se  ptember  13O5;  der 
Ankauf  der  Gruben-  und  Kutermuhle  durch  die  Stadt  vom  Herzog  am  iS.  April 
1 37 1 ;  ^)  die  Aufhebung  und  der  Verkauf  des  Hofes  der  Cbmar'schen  Mönche 
an  einen  Bürger  der  Stadt  am  8.  Juli  1374;')  eine  arge  Wasaerfluth  am 
3.  December  1374;^  die  Pest  in  den  Jahren  1376  und  1387  ;")  der  Münz- 
vertrag  zwischen  Hamburg,  Wismar  und  Lübeck,  der  des  Oefteren  erneuert 
wird;*)  der  Ankauf  des  Dorfes  ("ismerstorp  durch  die  Stadt  am  3  December 
1379»'")  der  Heginn  des  CMiotbaues  von  St.  Nicolai  durch  den  Baumeister 
Heinrich  von  Bremen  im  Jahre  1381;")  die  l^^inweihung  einer  neu  errichteten 
Kapelle  in  St.  Marien  durch  den  Ratzeburger  Bischof  Gerhard  am  9.  Sep- 
tember 1388  und  die  des  Chors  vom  Dominikaner-Kloster  im  Jahre  1397 
durch  den  Bischof  Detlev;'*)  sowie  endlich  die  I.rthcilung  von  sog.  Amts- 
rollen von  Seiten  des  Käthes  an  die  Aemter  der  (jojdschmiede  am  28.  November 
1380,  der  Kürschner  am  3.  Marz  i  3S3,  der  Keifer  und  Wollenweher  am  26.  April 
1387,  der  Kannen-  und  Grapengiesser  am  13.  Juni  1387,  der  Kramer  am 
28.  März  1397  und  der  Schneider  am  6.  November  1398.")  Besonders  wichtig 
wird  es  mit  den  Aemtem  der  Grapen^esser  und  Kannengiesser  genommen, 
deren  Ordnung,  gleich  der  der  Böttdher,  gemdnsamen  Städtebeschlüssen  unter- 
Uegen. 

Stillstand  im  XV.  Jahrhundert  und  Kiickgang,  ja  man  kann  sagen  ruhm- 
loses Ende  im  XVL  Jahrhundert:  dieses  unabwendbare  Schicksal  der  Hansa, 

')  M.  U.-H.  8501. 

^,  M.  r.-B.  8425.  S540. 

*)  M.  U.-B.  9583.  10392. 

M.  U.-B.  9390. 
")  M.  U.-B.  10186  87. 
")  M.  U.-B,  10590. 
»)  M.  U.-B.  10663. 

*)  M.  U.-B.  10825.    Drtmaf's  Chronik  (GrautotT  I.  S.  340:. 

*)  Ungodr.  Urk.  Crull)  vom  9.  Februar  1 379  (Hansarec.  II,  S.  187fr.;.  6.  April  1381,  1.  Mai 
1387  (Ilanüarcc.  II,  S.  399 IT.)  und  von  1398. 
«O)  Ungedr.  Ück.  (Crull). 

")  Crull.  M.  Jahrh.  XI.VIl,  S.  58  fr. 

")  Crull.  M.  Jahrb.  XLV,  S.  27;   Tctjheii,  M.  Jahrb.  L.V,  S.  179. 

'*)  Die  Rolle  der  Goldaebmiede  »t  «bgedmckt  bei  Crull,  Das  Amt  der  Goldschmiede  in 
\Vi<(m:ir,  18S7,  Anl.  I.  rn$;enaue  Dmcke  der  ttbrifen  Rollen  bei  Burmeisler,  Alterlbttmcr  d.  wism. 
SuultrechU,  S.  48— 57  ff.,  69—71. 

")  M.  a-B,  7904.  8916.  9724. 


Üiyitizeü  by  LjüOgle 


i6 


AMTSORRICIITSUEZIRK  WISMAR. 


der  es  schon  in  tkr  Zeit  ihrer  l^liithir  sclnvcr  {^cnug  jicwordcn  war.  innerhalb 
ihrer  selbst  überall  hcrvorbrechcnclc  Interessen  des  l-'iijennutzes  hinter  gemein- 
same und  höhere  Ziele  zunickziulaninien.  und  der  e.s  in  der  Folge  nicht  mehr 
gelingt,  ihre  im  Kampf  mit  den  nordischen  Mächten  errungenen  Handels- 
privU^en  aufrecht  zu  erhalten,  lastet  auch  auf  der  weiteren  Geschichte  der 
Stadt  Wismar.  Vielfaches  Missgeschick  in  auswärtigen  Angelegenheiten  erzeugt 
Verdruss  gegen  die,  welche  die  l'iihrung  in  Händen  haben,  und  so  kommt 
CS  zu  inneren  Fnnihen  und  Aufstantlen,  in  denen  sich,  Niemandem  zu  Xutz 
und  kciiKt  Saclu-  zum  l'roiiimen,  die  Kräfte,  Mittel  und  Iiitcressen  tler  Hurger 
verzehren,  wahrend  Eitelkeit  und  Ehrgeiz  der  l'arleien  unter  und  gegen  ein- 
ander die  treibenden  Motive  werden.  In  diesem  Licht  wollen  z.  B.  die  Un- 
ruhen im  ersten  Drittel  des  XV.  Jahrhunderts  betrachtet  sein,  bei  denen  der 
Rathmaim  Hinrik  van  Haren  und  der  Bürgermeister  Johann  Bantzkow  durch 
einen  Rechtsspruch  im  Jahre  1427  (31.  October  und  18.  November)  das  Leben 
verlieren,  die  Herzogin  Katharina  eine  schwankende  Rolle  spielt,  die  N'ehme 
und  der  deutsche  Kaiser  Sigismund  zu  Ciunsten  tler  Gerichteten  und  ihrer 
Angehörigen  mit  grosser  Energie  eingreifen  und  zuletzt  der  Gegenpartei  die 
schwersten  und  empfindlichsten  Demüthigungen  auferl^  werden.') 

Ebenso  unerirculich,  wenngleich  einen  besseren  Au^ng  nehmend,  sind 
die  in  die  zweite  Hälfte  des  XV.  Jahrhunderts  (1463 — 1467)  fallenden  Händel 
des  Bürgermeisters  Peter  Langejohann,  dem  es  unter  vielen  Schwierigkeiten 
und  unter  (Jefahr  seines  Lebens  mit  Hülfe  seiner  dem  geistlichen  Stande  an- 
gehörenden und  unausgesetzt  fiir  ihn  agitierenden  Sohne,  sowie  zuletzt  in  Folge 
tliatkrafligen  Eingreifens  des  danischen  Königs  Christian  gelingt,  den  lUirger- 
mcisterstuhl,  auf  den  er  sr.  Zt.  hatte  verzichten  müssen,  wieder  zu  erlangen 
und  bis  ans  Ende  seines  Lebens  (1475)  zu  behaupten.')  Auch  hier  werden, 
ebenso  wie  in  der  Kantzkow'schcn  Sache,  die  Kinmischungen  auswärtiger 
Gewalten  in  den  Rechtsgang  von  den  einheimischen  Instanzen,  dem  Rath  der 
Stadl  und  dem  regierenden  Herzog  des  Landes,  iibel  empfunden  und  nur  mit 
Verdruss  ertragen.  Indessen  ist  dagegen  ebensowenig  etwas  auszurichten,  wie 
gcgci\  die  Vchmc  der  Freigrafen,  die  sich  im  Laufe  des  XV.  Jahrhunderts 
mehrmals  mit  ihren  lästigen  Erlassen,  z.  B.  1439 — 1442,  1470«  1489— 149 1,  in 
Privatangel^enheiten  Wismar'.<wher  Biliar  meldet,  durch  die  Art  ihres  Vor- 
gehens aber  bekundet,  dass  sie  sich  iiberlebt  hat  und  daher  auch  wohl  an 
ihrem  Theile  mit  dazu  beigetragen  hai)en  wird,  dass  der  Kaiser  Maximilian 
am  2S.  Juni  \  \<)^  den  Herzogen  Magnus  und  H.illliasar  von  Mecklenburg  das 
l'rivileg  ertheilt,  tlass  ihre  Lnterthanen  nicht  vor  auswärtigen,  insbesondere 
westfälischen  Gerichten  sollen  belangt  werden  können,  falls  nicht  das  Recht 
geweigert  oder  »gcfcrlich«  verzögert  werde.*)   Zuletzt  sei  noch  bemerkt,  dass 

*)  \gl.  die  Ht:3ltiiiiliche  (Jl-m:! lichte  Uic«vr  L'ixuhcti  vuii  I)r.  Fr.  Techcii  im  M.  JahrW.  I.\r% 

S.  I  — 138. 

')  Vi;],  die  an$iHhrliche  DanteUung  •Uescr  llXndcl  durch  Crull  im  M.  Jahrb.  XXXVI, 
S.  55— loü. 

TeclKR,  M.  Jahrb.  LXl,  S.  15—74. 


Üiyitizeü  by  i^ÜOgle 


GESCmCHTB  DER  STADT  WISMAR. 


17 


in  die  zweite  Hälfte  des  XV.  Jahrhunderts  die  Fortrühriing  und  Vollendung 
der  jyrossen  Kirch«  11  St.  Nicolai  und  St.  Jiirfjen  fallt  Sie  kommen  unj^'efahr 
bis  7.U  dem  Stadium,  111  welchem  sie  sich  heute  noch  behnfien.')  In  das  letzte 
Jahr  des  Jahrhunderts  fallt  endlich  auch  eine  nicht  unwesentliche  Vcr^rösserung 
des  Stadtgebiets  durch  den  Ankauf  von  Hof  und  Mühle  Dammhusen.*) 

Die  Reformationsbewegiuig  des  XVI.  Jahrhunderts  greift  in  Wismar 
ebenso  früh  um  sich  wie  in  Rostock.  Schon  im  Jahre  1523  predigt  der 
Franziskanermönch  Hinrik  Never,  der  1525  zum  Guardian  seines  Klosters 
bestellt  wird,  im  Sinne  der  Reformation,  findet  aber  spater  wcfjcn  caK  inistischer 
und  anabaptistischer  Anwandlun^^en  in  den  Augen  Martin  Luthers  keine 
Gnade  und  verliert  deshalb  bei  der  ersten  grossen  Kirchenvisitation  im  Jahre 
1341  die  Erlaubniss  zu  predigen.  Zugleich  hören  im  Grauen  Kloster  Singen, 
Lesen  und  CHorgesang  auf,  und  Kirchhof  wie  Kirdie  werden  geschlossen. 
Die  Schätze  des  Klosters  werden  nach  und  nach  vom  Rath  zum  Resten  der 
Stadt  verwendet,  und  in  den  Mauern  des  Klosters  blüht  seit  1541  die  lateinische 
Schule  auf  Wegen  Säumigkeit  im  Zahlen  der  Renten,  womit  die  Laien  der 
alten  Geistlichkeit  vielfach  ihre  Missachtung  und  Geringschätzung  bezeugen, 
übergeben  die  Kirchen -Prokuratoren  von  St.  Georgen  schon  im  Jahre  1535 
das  gesammte  Vermögen  der  Kirche  dem  Rath  mit  der  Bitte»  die  Geistlichen 
daraus  zu  besolden  und  die  Armen  des  Kirchspiels  zu  unterstützen.  Der 
Rath  thut  das,  wird  aber  dadurch  später  in  Processe  verwickelt  1537  löst 
sich  auch  die  mintlere  Kalandsbrüderschaft  auf,  sie  ubergiebt  ihre  F.inkiinfte 
(lern  Rath  zum  Besten  von  Schulen  und  (ieistlichkeit.  auch  werden  Stipendien 
davon  gestiftet;  jedoch  bedingt  sie  für  jedes  ihrer  Mitglieder  bis  zu  dessen 
Tode  die  Zahlung  von  12  Mark  jähriich.')  1552  wird  der  St.  Jacobshof  zum 
Besten  der  Armen  verpachtet.  Am  längsten  hält  sich  das  Dominikaner-Kloster. 
Es  bleibt  unberührt  von  dem  Sternberger  Landtagsbeschluss  des  Jahres  1550, 
nach  dem  das  Papstthum  in  Mecklenburg  gänzlich  ausgerottet  werden  soll, 
und  erhält  noch  1552  einen  Prior,  der  bis  1564  im  Amte  ist*)  In  diesem 
Jahre  nimmt  ihm  der  Rath  die  Verwaltung  ab.  Den  17.  October  1555 
beschliesst   dieser  auch  auf  Antreiben  des  Herzogs  Johann  Albrecht,  von 

>)  CruU,  M.  Jahrb.  LVI,  S.  2a  ff.    Techen,  M.  Jahrb.  LX,  S.  179  fr. 
*)  Ungedrockte  Urkanden  (Teeben). 

*;  Im  Jahre  1552  werden  die  bb  diU«  M  die  ktsten  nodi  lebenden  ehemaligen  KuLiiul^- 
mitgltcder  gezahlten  Aufkttnfte  zweier  geistlichen  I.ehen  nur  Verbesserang  der  rredigcrütcllcn 
von  St.  Marien  verwendet  Ueber  Kalandsangck-gcnheilen  vgl.  »ach  Schräder,  Wisa.  Eniiingc, 
S.  119— 183. 

'j  Kinc  Urkunde  vom  12.  Januar  1476  (Techen)  zählt  eine  Reihe  von  Kleinodien  des  Klosters 
buf,  von  denen  zur  Zeit  der  Rcformaliontwirren  ein  Theil  durcli  den  Friur  Joh.  Brakel  und  seine 
Partei  nach  LSbeek  in  Bftnd  Hogeveld't  Hans  gebracht  ond  1476  dnieh  den  Rathmann  Bertold 
Nygcmann  und  den  Rathssekretär  (nittfriLtl  Pcr!>L-v:ile  nach  Wism.ir  ^urilckgL'l'.öIt  worden,  ein 
anderer  Tbeil  aber  zor  Deckang  von  Anleiben  mit  Einwilligung  der  ubersien  Prälaien  des  Ordens 
hefgegeben  worden  war.  Uebriggeblieben  waren  1476  noch  acht  vergoldete  Kelche  md  acht  ver- 
goldete P.ucncn,  eine  vergoldete  Monstranz,  ein  nicht  vergoKIrtes  Kreuz,  zwei  mit  Edelsteinen  und 
rerkn  gcsclimückie  Vur^pangeo  (vorspanne)  Und  zwei  vergoldete  Kusskceose  (petiecmoe,  paces, 
paciticulia,  s.  u.  Ali-tiaarzj, 

8 


Üiyitizeü  by  LjüOgle 


GESCHICHTE  DER  STADT  WISMAR. 


19 


sammdichen  gdstlichen  Einküniten  der  Stadt  ein  Veraeichntas  aufzunehmen, 

um  davon  Kirchendiener  und  Scluillehrcr,  sowie  arme  Schüler  und  Studenten 
zu  erhalten.')  Nachdem  das  KaiserUche  Interim,  durch  welches  dein  Lutherthum 
eine  grosse  Gefahr  drohte,  schon  am  l.  August  1548  auf  dem  I  lansetagc 
zu  Mölln  mit  grosser  ICntschiedenheit  abgelehnt  war  und  ein  Jahr  später  der 
mecklenburgische  Landtag  dieselbe  Sache  durch  gleichen  Beschluss  unterstützt 
hatte,  machen  die  Hansen  (Lübeck,  Hamburg,  Rostode,  Stralsund,  Wismar 
und  Lüneburg)  Im  Jahre  1555  auch  das  Vorgehen  gegen  die  (in  Wismar  noch 
von  Never's  Zeit  her  geduldet  gewesenen)  W icdertäurer  und  Calvinistcn  (oder 
Sakramenticrer)  zu  einer  gemeinsamen  Sache  l 'nrl  nun  [gewinnt  das  Luther- 
thum in  Wismar  durch  Ilinberufun^  der  SupennteiukiUcn  i-'tciler  (155^  bis 
1562J  und  Wigand  (1562 — 1567),  die  beide  zu  den  Fiissen  der  Witlenbcrger 
Reformatoren  gesessen  haben  und  von  denen  der  zuletz^enannte  die  ehi- 
grdlendste  Wirksamkeit  in  Wismar  entfaltet,  für  alle  Zdten  die  Oberhand.") 

In  die  zweite  Hälfie  des  XVI.  Jahrhunderts  fMllt  femer  der  der  Stadt 
zu  grosser  Zierde  gereicfaefide  Um*  bezw.  Neubau  des  Haupttheib  vom  Fürsten- 

hof  im  Geschmack  italienischer  Frührenaissance  durch  den  Herzog  Johann 
Albrecht  I.  (1553/54)  ')  Öie  Anerkennung  dieses  V  erdienstes  um  die  Stadt 
wird  freilich  dadurch  etwas  geiiinnUtt,  dass  Rath  imd  Hurt^erschaft  spater 
(1560)  genothigt  werden,  sich  an  der  ülgung  der  herzoglichen  Schulden  mit 
dnem  erfiebUdien  Beitrage  zu  bedieil^ren  und  zu  diesem  Zwedc  «ne  Acdse 
dnzufiihren,  die  in  der  Folge  zu  vielen  Undnigkeiten  und  auch  zu  Aenderungen 
der  Stadtverfassung  Anlass  gicbt  (i  583  1600).*)  Von  nidit  geringer  Bedeutung 
ist  auch  die  Herstellung  der  noch  heute  die  Stadt  versorgenden  Metelstorfer 
Wasserleitung,  welche  1570  vollendet  und  spater  mit  einer  nach  der  Be- 
lagerung des  Jahres  1675  angelegten  zweiten  Wiisserleitung  aus  dem  Fischer- 
teich  her  verbunden  wird.^)  Endlich  nimmt  auch  ein  Werk  um  diese  Zeit 
seinen  Anfei^,  dessen  endgültige  Vollendung  immer  nodi  gewünsdit  und 
erwartet  wird:  die  Wasserstrasse  vom  Sdiweriner  See  her  oder  die  sog. 
»Viechd'sche  Fahrt«.  Nachdem  es  im  Interesse  Wismars  schon  vom  Jahre 
14 12  her  eine  lange  Reihe  von  Verhandlungen  und  Verträgen  über  den  für 
die  Hansa  ulicraus  wichtigen  Salzvertrieb  von  I.ünebur;^  her  j;egeben  hat  und 
ein  erster  l'ntuurf  zum  Wismar- Schweriner  Kanal  im  Jahre  1480  auf  Befehl 
des  Herzogs  Magnus  hei^gestdlt  worden,  gewinnt  später  der  Gedanke  einer 
Verbindung  der  Stadt  mit  dem  Schaalsee  die  Oberhand.^    Doch  dieser 


')  Avch  Syndikus  und  Physikus  sollen  davon  haben. 

*)  Cnün,  die  Reformation  der  chrütlichen  Kirche  in  Wismar.  Denkschrift  bei  Gelegenheit 
der  30ojShrigen  JubelAicr  der  an  «9.  September  1541  Im  ehemal^tn  FraiiziilMner{Grsuea>)ICIosler 
getUftetcn  grossen  Stadtschale.    Wiümar  1841.  Rathsbuchdruckerei. 

■)  Sarre,  Fürstenhuf  im  Wismar,  Tat.  XV.    Crull,  M.  Jahrb.  L\,  QnartallHT.  S.  iS  -  20. 

*)  Schiöder,  kurze  Beschreibung  der  Stadt  und  llerr^chalt  Wismar,  S.  21  7  ;,aUc  und  neue  Auflage). 

*)  SehiBder,  I.  c,  S.  185  (28a).   RMbe-Qnade,  VamUndikmide  I,  S.  144s. 

*)  Die  «wischen  1550  und  1560  hergestellte  Sude-  und  Schaalcfahrl  ist  der  Anla^  da:  u, 
Sie  ist  Aach  Anlu»,  das  sich  1588  die  Lübecker  um  eine  Vereiiiicung  des  Katzcburger  Sees  mit 

8» 


Üiyitizeü  by  LjüOgle 


20 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Plan  scheitert  an  Gegenbestrebungcn.  Inzwischen  hat  der  Sohn  des  Herzogs 
Magnus,  der  Herzog  Albrccht,  mit  Hülfe  des  Wismar  schcn  Raths  den  Schiflf- 
graben  vom  Schweriner  bis  zum  Lostener  See  ziehen  lassen,  aber  auch  ihm 
fclilts  an  Geld  und  an  der  Zustimmung  seines  mitregierenden  alteren  Bruders 
Heinrich.  Erst  die  Knkcl  des  Herzogs  Magnus,  die  beiden  thatkräftigen 
Herzöge  Johann  Albrecht  und  Ulrich,  des  vorerwähnten  Herzog  Albrecht's 
Söhne,  nehmen  die  Sache  allen  Ernstes  von  Neuem  auf,  stellen  von  1 567 
bis  1572  mit  Hülfe  des  Mathematikers  Stella  von  Siegen  die  sog.  »neue  Eide« 
bei  Dömitz  her  und  eröffnen  1572  die  Schifffahrt  von  da  bis  Schwerin.  Nach 
Johann  Albrecht's  Tode  lässt  Herzog  Ulrich  die  Arbeiten  im  Jahre  1 577 ')  bei 


i 


I* 


LLV S  T  RI S S 1 M  V  S : ?Rl  N C  E  P S .  DN  Vi  .RIC Y,S. 
DVX.MLGAPOL.VT.  CON  SV  LtRET.VTI  J-l 
TATI.RVORVM.CIVIVM.SAPIENTI.CON^ 
SIUO^RECTO.SVMPXV.  NAVIGATIONEN^  1 
jCOMPLNDIAKIAM.EX.OCCIDINTAU.OCF.  ' 
ANO.AD..MARL.  ORirNTALE.Nt.fAVCf& 
ANGVSTAS .  Ft.  PtRlCVLOSAS .  LON  GlSSIMA. 
VlA,AMBIR£wMFJlCATORlBVS.NF.CESS^.W 
ßFT.  PRIMVS.  PATIFtCIT.  ACTT5.  f  OSSIS. 
DOMITIO.  AB.Al.BI.PFR.tLDAM.  VLWIVM. 
iN.  r.ACVM.SVLRlNKNSEM.tT.  INÖE.  IN^ 
MARF  .  BALTHICVM.  ÄD .  VCU;MARI AM_-'  . 
AnMO  .    Cn.  13  .  I.XXIIX  . 


I 


Urkunde  des  Herzogs  Ulrich  im  Museum  zu  Schwerin. 


Viecheln  beginnen.  Der  Kanal  ist  1582  bein.ihc  fertig,  da  weigert  .sich  1583 
der  Landtag,  zur  letzten  X'ollcndung  das  Nöthige  herzugeben.  Nichtsdesto- 
weniger wird  das  Werk  lang.sam  weitergefiirdcrt,  und  1594  fahrt  zum  ersten 

dem  Schaalscc  hcmUlicn,  um  von  der  Wakenitz  her  einen  Anschluss  zu  erreichen.  Vgl.  Norrmann, 
Ucbcr  Wismar.'i  I landclsla^^c  und  deren  Benutzung  in  älteren  Zeiten.    Rostock  1804,  S.  64. 

')  Die  hier  abgebildete  auf  Solcnhofcr  Stein  sauber  und  zierlich  hcrjjcstclllf  Urkunde,  welche 
1840  aus  der  Naturalieiisnmmlung  des  Sl'IiIo&so  in  die  A]tL-rthuni!>.v-immlunL'.  übcrginf;,  <><'tzt  stnit 
1577  das  J.ilir  1578. 


Dlgltlzed  by  v^jt^ju^le 


GESCHICHTE  DER  STADT  WISMAR. 


21 


VbX  ein  von  der  F.lbc  und  Eide  hergekommenes  Salzscbiff  bei  Viechein  in 
den  neuen  Kanal  und  gelangt  bis  Wismar.')  Aber  der  allgemeine  Verfall 
Norddeutschiands  in  den  '/.nU-n  des  drcissip^jahrifren  Krieges,  jener  X'erfall, 
der,  nachdem  in  Folge  Aufljliilieii.s  ties  hollandischen  und  englischen  Handels 
die  Beziehungen  Wismars  zu  Narva,  Reval  und  Schweden  schon  im  Jahre  1570 
erioschen  sind,  nun  auch  den  Handel  mit  Spanien  und  Portugal  vollständig 
serstört,  verringert  sdbstverständUch  su  gleicher  Zdt  das  Interesse  an  den 


Aellere  Ansidit  von  Wimar  (1595). 
Auf  Befebl  des  WUmar'scben  RaibcB  in  Knpfer  pitocliea. 


Wasserstrassen  im  Innern  des  Landes  und  somit  auch  an  der  Viechel'schen 
Fahrt.    Freilich  taucht  diese  von  Zeit  zu  Zeit  immer  wieder  auf,  wie  z.  B.  im 


Vgl.  die  Nndtil^t  bei  NonoMmn,  1.  c,  S.  69 :  «Fut  ia  allen  vorluuidenea  Nachrichten 

^ileief  Schriftsteller  wird  als  ausgemacht  ani;iiiiimmcti,  dnis  soiulcm  !iicli!s  wcittT  f^.  vclichcn  iiml 
der  Kanal  unvollendet  geblieben  sei.  Der  Kanal  ward  aber  wirklich  vullcndci  und  im  Jahre  1594 
ertübel,  indem  ein  Schilf  mit  Salt  beladen  von  Lanebuig  ans  durch  denselben  gerade  nach  Wismar 
ging.  Allein  der  Theil  desselben  zwischen  dieser  Stadl  und  Viechein  ward  bald  wieder  5c)iadliafti 
da  die  Erde,  wegen  des  Sandbodens  anfing  naehzuschicsscn.  Wismar  licSü  sich  die  Ausbesserung 
nicht  genug  angelegen  sein,  ungeachtet  man  von  Lüneburg  aus  einigemal  darum  anhielt  und  sich 
uüA  m  GddliSlfi  eibot.€  Knwfs  Gesch.  d.  Schaalfthrt  ia  den  Annalen  der  Braunscbweig-Lline- 
burgischen  Kurlande,  St.  2.  S.  20  flf  hhcIi  einer  Angabe  in  der  I,Üiiebur^''>Lhen  Chronik  von  Elvers, 
der  in  der  ersten  iUUfie  des  XVI.  Jahrhunderts  Bürgermeister  und  Syndikus  vun  LüiieLiurg  war. 


Üiyitizeü  by  LjüOgle 


33 


AMTSGERICHTSBBZIRK  WISMAR. 


Erbvcrc^Icich  von  162 1,  in  den  Wallcnstein'schcn  Kostenanschlägen,  bei  denen 
es  sich  darum  handelt,  SchifYe  von  50  bis  60  Last,  nicht  blos  solche  von 
20  Last,  wie  ehemals,  hindurcluufuhren,  auf  den  Landtagsverhandlungen  von 
1723  und  1724,  u.  s.  w.*) 

Mit  dem  drelssigjährigen  Krieg  verliert  die  Geschichte  Wismars  immer 
mdir  an  Literesse.  Am  10.  October  1637  ergiebt  sich  die  Stadt  den 
Kaiaerlidien,  die  sie  mit  tausend  Mann  besetzen,  und  nun  b^men  jene 

Erpressungen  (noch  im  selben  Jahr  mit  nicht  weniger  als  69000  Thalem  aus 
den  drei  Kirchspielen  der  Stadt),  bei  denen  nach  Wallcnstein's  eigenem  Gc- 
ständniss  die  Bürger  verarmen.  Sie  hören  auf,  die  I  lansctage  zu  beschicken, 
deren  letzter  übrigens  bereits  1630  in  Lübeck  abgehalten  wird.  Die  Sache 
wird  nicht  besser,  als  1633  die  Schweden  als  Freunde  tinzielien,  sie  braudien 
ebensoviel  wie  die  Feinde  und  hausen  nicht  weniger  schlimm  als  diese.  Die 
Verstärkung  der  Festung,  zuerst  unter  den  Kaiserlichen  gleich  nach  der 
Occupation,  und  dann  unter  den  Schweden  in  den  Jahren  1635  und  1642, 
hat  zur  Folge,  dass  die  Stadt  bei  den  Biokaden,  die  sie  1631  und  163S 
erlebt,  um  so  ärger  verwüstet  wird.  Nach  so  vielen  Drangsalen  des  Krieges 
vollzieht  sich  der  Uebergang  Wismars  an  die  schwedische  Herrschall  nach  dem 
Osnabrfidcer  Frieden  von  1648  anscheinend  ohne  patriotische  Beklemmungen, 
der  Henog  empfindet  oflenbar  mehr  dabd  als  die  Bürger,  die  im  Januar  1649 
auf  Oxenstiema's  Befehl  aufhören,  Sonntags  für  ihren  alten  Landesherrn  zu 
beten,  und  am  17.  Mai  1653  den  schwedischen  Gerichtshof,  das  sog.  hohe 
Tribunal,  in  den  l'^ürstenhof  gelassen  einziehen  sehen.  Unter  schwedischer 
Herrschaft  bleibt  Wismar  —  mit  Ausnahme  zweier  kurzer  Perioden  vom 
Winter  1675  bis  1680*)  und  von  17 16  bis  1720*)  —  bis  zum  Vertrag  von 
Mahnö  am  26.  Juni  1803.  Durdi  diesen  Vertrag  wml  es  zusammen  mit  der 
Insel  Pod  und  dem  Amt  Neuldoster  um  die  Summe  von  issocxx)  Thaler 


*)  Nomuiui,  1.  S.  9,  71  fi^  Bnrmeiiter,  H.  Jahrb.  X,  S.  198  fl.  (Ralhiprotoliolle)^ 
Unerfindlich  bt  M,  wie  der  von  Nienumd  Midcrt  tla  den  Hcrxögcn  hcrgettellta  Kunl  In  Mond 
der  Leute  m  dem  Namen  «Wallensteingraben«  gelangt  ist,  denn  in  der  Ttut  ist  man  trihrend  der 

kur7pn  Rcpicnmpipcrioilc  di-s  FritdlSnders  Uber  Kostenanschläge  nicht  hinausgckOaUMO.  Y^.  Wich 
Schröder,  I.e.,  S.  182    183  unil  705;.     Ra.ibc  Qij.kIc,  Vaterlandskundc  I,  201. 

*)  Unter  dänischer  Herrschaft;  nach  der  Schlacht  bei  i  chrbcUiti  rücl^cii  erst  die  Branden- 
htagn  nnd  necbher  die  Dlaen  vor  die  Stadt,  die  ab  nach  heftiger  Bcadiieawng  em  »%.  Deoenber 

1675  einnehmen.  Auf  Grund  <lcr  ViTträ{^c  von  PoOtaiAebleau  und  Lwden  wird  Wismar  1680  an 
Schweden  zurückgegeben.  Wismar  wird  nun  zn  einer  Fcilung  aut  achtzehn  HauptwUlen,  zwei 
Rarelini  nnd  twei  Citadellen  erboben.  V|0.  Schrtder,  L  &>  S.  syoff.  (2740*.). 

*)  In  nordiidien  Krif^  eisiebt  sieh  Wisnar,  nachdem  es  1711,  171s  und  171$  drei 
Biokaden  erlebt  hat,  von  denen  die  letzte  neun  Monate  dauert,  am  So.  April  1716  den  verbündeten 
DSnen,  PiensMn  und  Hannoveranern.  Nun  werden  die  starken  Festungswerke  geschleift,  die  u.  a. 
der  Czar  Fteter  der  Grosse,  der  am  26.  Mai  1716  in  die  Stadt  Icommt,  mit  besonderem  Interesse 
besidit^  La  Frieden  nh  Diacnaric  tob  3.  Juli  1710  gelangt  Wiaaar  an  Schweden  nit  da 
Bedingung  zurtlck,  daas  es  eine  ofTene  Stadt  bleibe,  und  feiert  darauf  -  wie  schon  öfter  bei 
früheren  Cclegenhcitea  —  am  28.  März  1721  und  29.  Januar  1722  zwei  grosse  Dank-,  Jubel-  und 
Uvldigitngifeste;  Vgl.  Sduttder,  1.  c,  «7301  (3761t)  und  236  (ßif). 


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GESCHICHTE  UER  STADT  WISMAR. 


23 


Abriss  der  Königl.  Schwedischen  Festung  Wismar,  wie  selbige  1716  fortificiert  gewesen. 

Erklärung  der  Zahlen  und  nuchttahcn: 


1.  Bastion  Gustav  Adolph. 

2.  Ravelin  Horn. 

3.  Bastion  Alcxand.  mag. 

4.  Kavclin  de  b  Garde. 

5.  CitadcU  Dahlberg. 

6.  Ravelin  Stuart. 

7.  Itastion  Carl. 

8.  Ravelin  Prinz  Carl, 
9   Bastion  Cavalier. 

10.  Bulion  Jul.  Cäs. 

11.  Ravelin  Banner 

12.  Ciladcll  Güldenstem. 

13.  Ba«tion  Carl  Gustav. 

14.  Bnhtion  Aiigustus. 

15.  Kavelin  Kitterhiclin. 

16.  Bastion  Hanniball. 
17    Ravclin  Ilaggc, 

18.  Bastion  Cyrus, 

19.  Ravelin  Mühen. 


!  20,  Bastion  Gustavp  Primus. 

21.  Bution  Graf  Konigsmarck. 

22.  Bastion  Graf  StcnlK>ck. 

23.  Bastion  Graf  Wrangel. 

24.  Bastion  König  David. 

25.  Ba&liun  St.  Erich. 

26.  Ravelin  Tor&tensuhn. 

27.  Ua!>(ion  Scipio, 

28.  Bastion  Alartcus. 

29.  liastion  Ve:>p.i5ianu$. 

30.  Grothhiusena  Schanze. 

31.  Place  d'Armcs. 

32.  Defensions- Linie. 

33.  Tennille,  Platter  Camp. 

34.  Gerber- Haff. 

a.  St.  Marien -Kirche. 

b.  .St.  Nicolai -Kirche. 
C.  St.  Georjjen -  Kirche. 

I  d.  St.  Geist  -  Kirche. 


c.  Die  Gran  -  Mönch  -  Kirche  u. 
Schule. 

f.  Das  Schwarze  Kloster  und 
VVaLsenhaus. 

g,  Das  Arsenal. 

Ii.  Der  grosse  Markt. 

i.  Das  Kathhaus. 

k.  Das  Tribunal  oder  Fürsten- 
haus. 

1.  Die  \\'a.sser- Kunst, 
ni.  Die  Waage, 
n.  Die  Mühle, 
o.  Das  Lubüch«  Thor, 
p.  Das  Pöhler  Thor, 
q.  Das  alt  Wismar-Thor, 
r.  Die  Witidpforte. 
s.  Das  Mecklenburger  Thor, 
t.  Der  Bauin. 


Nach  einer  coloricrtcn  Federzeichnung  im  Grossli.  Museum  zu  Schwerin. 


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24 


AMTSGERICHTSBBZIRK  WISMAR. 


Hanibui<;c  t  Banco  vom  Henog  Friedrich  Franz  als  Pfandbusitz  iiir  Mecklen- 


Von  sönstiL^cn  Dingen  und  I'"rciLfni.ssfn,  welche  Pur  die  (jcschiclitc  der 
Stadt  in  diesen  Zeiten  nicht  uline  Bedeutung  sind,  mögen  Iblgende  genannt 
werden:  der  Sturz  des  nodi  immer  nicht  wiederhergestellten  Dachreiters  auf 
dem  Thurm  von  St.  Marien  durch  einen  Sturmwind  am  4.  Januar  1661,  die 
Explosion  dreier  I*ulvcrthürme  in  der  Nähe  des  Lübischen  Thors  in  Folge 
Blitzschlages,  wobei  sowohl  das  Tlior  als  auch  viele  Häuser  beschadif^  wurden, 
der  Sturz  des  gleichfalls  noch  nicht  wieder  hergestellten  Nicolai -Thurmes  am 
Sonnabenti  vor  dem  2.  Advents -Sonntage  1703  in  Folge  heftigen  Sturmes,  und 
der  Aufentlialt  des  von  Kaiser  und  Reich  abgesetzten  Herzogs  Karl  Leopold 
in  der  Stadt  von  1735  bis  1741,  der  während  dieser  Zeit  mitten  in  seinem 
eigenen  Lande  auf  schwecfischem  Territorium  vor  seinen  Bedrängern  Zuflucht 
sucht  und  findet*) 

Dass  das  im  XVIII.  Jahrhundert  von  seiner  politischen  Höhe  immer 
mehr  henintersinkende  Schweden  der  ihm  in  unnatürlicher  Weise  angegliederten 
fremden  Statlt  kein  belebendes  Blut  zufuhrt,  kann  nicht  Wunder  nehmen. 
Auch  ist  es  nicht  im  Stande,  während  des  siebenjährigen  Krieges  die  Be- 
setzung und  Brandschatzung  seiner  meddenburgischen  Territorien  durch  die 
preussischen  Truppen  zu  hindern  und  überhaupt  etwas  zum  Schutze  Mecklen- 
burgs zu  thun,  dessen  Landesherr  den  Verdruss  I'riedrichs  des  Grossen  in 
besonderer  Weise  dadurch  erregt  hatte,  dass  er,  ein  Bündniss  mit  Frankreich 
schlicsscnd  und  seine  eigenen  Truppen  unter  die  Obhut  Schwedens  stellend, 
auf  dem  Reichstag  in  Rcgcnsburg  mit  alkusclmcllcm  Eifer  an  die  Spitze 
derer  trat,  die  die  Reichsacht  über  den  preussischen  König  verhängt  wissen 
wollten.  In  demselben  Maasse,  wie  das  ganze  Land  durch  die  mehrmaligen 
preussisdien  Occupationen  belastet  wird,  leidet  auch  das  als  sdiwedischer 
Besitz  behandelte  Wismar,  das  gleichwie  Rostock  im  Jahre  1757  jjreussischen 
Truppen  .seine  Thore  öffnet.')  Jahrelang  hat  die  Stadt  mit  der  Abtragung 
ihrer  Schulden  zu  thun.    Noch  ist  sie  damit  niclit  fertig,  da  brcclicn  die 


*)  Zorn  VenRlndnl»  der  Scmnie  nag  danraf  hlngcwieien  weiden,  du»  nedi  einer  von  Von- 

mann,  1.  c,  S.  6  Tnit^i-tlifiltcn  .M]ri'chnung  vom  Jahre  1799  *lic  von  ein-  ond  au^j^i'hendin 
SchifTen  und  Wuren  erhobenen  schwedischen  Licent- Gelder  jährlich  mehr  als  tiooo  Rcicbslhalcr 
Spedei,  die  ans  der  Stadt  erhobenen  Kontributionen  jios  ReichatlMler,  ^  Faditgeidcr  von  den 
Fcatongiwerken  6  —  7000  Reichsthaler  (I)  «nd  die  EinnaliiBea  aus  den  Aentem  Foel  and  Neu» 
kloiter  30000  Kcichsthalor  hrtm^n. 

^  Schrüder,  1.  c,  S.  309  (305),  293  (289).    liull,  Ges-ch.  Mecklenburgs  II,  S.  267  ff. 

*)  In  der  Zeit  vom  Deceaiber  1757  Us  xom  1.  Jnni  176a  bat  daa  Land  MeeUenboig 
14864921  ^  6  JS.  l  3^  theils  baar,  theils  in  Lieferungen  alKr  Art  gezahlt  und  4395  Rekruten 
gestellt.  Mit  den  Zinsen  erhöht  sich  die  Samtne  auf  16  559975  33  JÖC  I  ^.  Vgl.  v.  Schultz, 
M.  Jabrb.  LIX,  S.  67  ff.  Nach  einer  1763  aufgemachten  Abrechnung  zahlte  die  Stadt  Wismar,  die 
sttgleicli  die  aof  die  Krone  Schweden  für  Poel  und  Neakloaler  entlidleoden  Summen  vorschicssen 
miUSte,  in  den  Jahren  175S  I  is  1762  in  tlani.ili};<-ni  fchUclHcn  r.cliU  735300  ^5'-  1 5  jf.  8  Alle 
GOler  und  NSuser  der  liürgcr  mu^istcn,  um  das  Geld  aufzubringen,  verpfändet  weiden.  ^Miiihciluiig 
von  Techen,  ans  den  Stadtakteo.) 


bürg  zurückcru  1  >rl)cn.') 


GESCHICHTE  DER  STADT  WISMAR. 


25 


grossen  Krict^sdrantf^vrilc  ik-r  Napolcoiiisclu  n  Zeit  lu-rcin  und  untcrt^raben  aufs 
Neue  den  Wohlstand  der  eben  wieder  niccklcnbur^isch  c^cwordcnen  Hür^cr- 
schaft.')  Nichtsdestoweniger  sind  Handel  und  W  andel  ini  XIX.  Jahrhundert 
langsam,  aber  stetig  gewachsen.  Der  Seehafen  hat  vor  wenigen  Jahren 
(1893/94)  durch  Anlage  dnes  zweiten  Beckens  eine  bedeutende  Vergrösserung 
erfahren;  die  Stadt  selbst  hijfft  in  unsern  Tagen  die  seit  langem  geMrünschte 
Landstandschaft  zurückzuerhalten  und  dadurch  aufs  Neue  in  einen  für  beide 
Thcile  fördersanien  enj^eren  Verband  mit  den  allgemeinen  Interessen  des 
Laniies  zu  treten,  wenigstens  haben  die  notliw endi^^en  X'orverhandlungen  hier- 
über berdts  stattgefunden;  und  sollte  es  gelingen,  die  von  verschiedenen 
Seiten  wieder  angeregte  Frage  der  Wasserstrasae  vom  Schweriner  See  zur 
Ostsee  zu  dner  endgültigen  Lösui^  zu  bringen  und  damit  reditzeitig  em, 
wenn  auch  noch  so  geringes,  Aequivalent  gegen  die  grosse  Hegünstigung 
Hamburj^s  durch  den  Nordostsee-Kanal  und  der  Scliwesterstadt  Lübeck  durch 
den  Ausbau  ihres  eij^'enen  Kanalsystenis  zu  schaffen,  so  wiue  das  die  I^rfüUung 
jenes  testamentarischen  Vermächtnisses,  das  Herzog  Johann  iAlbrecht  1576  den 
Semen  hhiteriiss  (cf.  Norrmann,  1.  S.  68)  und  zugleich  eme  Aussöhnung 
mit  dem  Genius  der  Landesgesdiichte,  der  in  dieser  Sadie  unermüdlidi  von 
Zeit  zu  Zeit  an  <!He  Pforten  derer  geklopft  hat,  die  es  angeht 

')  Vgl.  Cniii,  WioMHi  ScUcliMle  «ihicod  der  fnnsüiiwiMa  Kri^  Denkbllticr  mr  Fekr 
de*  19.  Ai«ttit  i8S3.   Wimar,  Rathebttchdankketci. 


Omuaent 
von  der  Kamel  in  SujUrgea. 


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AMTSOERICHTSUKZIRK  WISMAR. 


Gruudriss  der  Maxien -Kirche. 


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Von  den  ChorKhranken  in  St.  Marien. 


Die  St.  Marien -Kirche. 

|anbeschreibang.    Die  Marien -Kirche  ist  ein  {^ewalti^er  Bau  von  Hack-  Bcschrei- 
steinen,  die  theilweisc  nn  den  Thurm-Kapellen  und  den  dazu  gehörigen  ^'^K 
Pfeilern  glasiert  sind.    Doch  finden  sich  auch  Kalkstein  Werkstücke,  sie  sitzen 


Baues. 


an  den  Ecken  der  Thurmmauern  und  wechseln  dort  mit  Zicgelstcinschichtcn 
ab,  deren  Höhe  der  ihrigen  durchweg  gleich  ist.')    In  ihrer  Grundform  stellt 


der 


Eine  gleichmässige  DurclifUhrung  des  Sockels  der  Kirche  wiitl  vermi.<i5t.  Kr  fehlt  an 
guuen  Westwand,  aii  der  Üstwaud  der  Sakristei,  an  der  Wutwand  der  nördlichen  Halle  und 


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28 


AMTSGERICIITSBEZIRK  WISMAR. 


sich  die  Kirche  als  ein  dreischiffiges  Langhaus  mit  erhöhtem  MittelschifT  und 
einem  aus  dem  Achteck  construierten  Chor  dar,  dem  in  späterer  Zeit  auf 
jeder  Langseite  eine  der  Kirche  halb  und  halb  das  Aussehen  einer  Kreuz- 
Kirche')  gebende  höhere  Halle  und  ausserdem  mehrere  Kapellen  angebaut 
sind,  die,  in  das  Ganze  mithineingezogen,  den  Raum  bedeutend  verbreitern. 
Die  Scitenschific  sind  etwa  halb  so  hoch  wie  das  Mittelschiff,  das  eine  Höhe 


LSngsschiiiu  der  Marien- Kirche. 


von  32,66  m  und  eine  Spannweite  von  10,3  m  aufweist.  Die  nördliche  Halle, 
der  Kapcllcnkranz  des  Chonimgangcs,  sowie  die  beiden  Kapellen  zwischen 
den  Hallen  und  dem  Umgänge,  haben  dieselbe  Höhe  wie  die  Seitenschiffe. 
Ihnen  kommen  auch  die  in  anderen  Maassverhiiltnisscn  ausgeführten  Kreuz- 

scheint  auch  an  ilcii  durch  die  angclchnlcn  Kapcllcnbiiulen  ins  Innere  gezogenen  .Strc-I>eprcilern  der 
elieinalifjcii  allen  Lainjseilcn  nichl  vorhanden  gewesen  zu  sein.  An  «1er  Nordwand  der  Thunn- 
Ka|>elle,  der  Sudhalle  und  den  L'mgangskapellen  dagegen  ist  er  vorhanden.  Hier  hat  er  zwei 
AbwSs^erungen  und  läuft  auch  über  die  I'tciler  der  zuleuigetiannten  An  der  Nordseitc  »uwie  an 
den  Kapellen  der  Nordseitc  (hier  mit  l'nlerbrechunjjen)  hat  er  nur  eine  AbwSsserung.  Ueber  die 
ganze  Sud:^>eile  der  Kirclie  läi>l  sich  des  hiiher  gclc^jten  rtl.istcrs  wegen  nicht*  (»cwi!>M.-s  sagen. 
')  Crull,  M.  Jahrb.  XI.VIl,  S.  104. 


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Inneres  von  St.  Miiru'i.  711  Wismar. 


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ST.  MARIEN  KIRCHE  ZU  WISMAR. 


29 


gewölbc  der  r)op|>clkapclIen  zu  bcitlcn  Seiten  des  Tluirmcs,  sowie  das  der 
Kapelle  östlich  von  der  Südhallc  und  das  des  Thurmes  selber  ungefähr  j;lcich, 
die  übrigen  Kapellen  aber  sind  etwas  niedriger,  nur  tlie  Halle  auf  der  Südseite 
ist  bedeutend  viel  höher  eingewölbt.  Schmucklos  und  einfach  erscheinen  die 
achtseitigen,  auf  den  I-Icken  mit  dünnen  Kundstäben  bewehrten  l'feiler,  welche 
das  Mittelschiff  und  die  Seitenschiffe  trennen  und  von  einem  niedrigen  Sockel 
in  entsprechenden  Formen  aufsteigen,  [einfach  ist  auch  der  Kapitellschmuck 
der  Pfeiler,  der  dadurch  gebildet  wird,  dass  unterhalb  des  Kampfergesinises 
ein  geputzter,  von  zwei  horizontalen  Stäben  und  Hohlkehlen  eingefasster 
Fries  angeordnet  ist,  der  ursprünglich  mit  roihen  Ringen  bemalt  war.')  Von 
den  die  Gewölbe  der  Seitenschiffe  tragenden  Diensten  steigen  die  mit  den 
inneren   Hauptpfeilern  sowie  den   Fcken  der  Umgangskapellen  verbundenen 

unmittelbar  vom 

|'"ussb<Klen 
empor,    die  mit 


den  äusseren 


Iii 


-4^ 


Strebepfeilern 
verbundenen  aber 
beginnen  jetzt  in 
vi.T.schie<lener 
I  iölic,  da  v«>m 
unteren  Theil 
mehr  otler 
weniger  hinweg- 
geschlagen ist. 
Ihre  Kapitelle  be- 
stehen aus  Kalk- 
gu.ss  und  sind 
mit  Blatt -Orna- 
menten, in  der  Südhalle  auch  mit  Menschenköpfen  verziert.  Die  Dien.ste, 
welche  das  Hochgewölbe  tragen,  sind  Ründcldienste,  .sie  .setzen  im  Chor, 
soweit  sie  nicht  später  abgeändert  sind,  etwas  unterhall)  tler  Kapitcllkränze 
auf  gestürzten  Kegelstüm|>fen  an,  denen  zum  Schmuck,  ähnlich  wie  in  der 
südlichen  Halle,  phantastisch  geformte  Menschenköpfc  untergelegt  sind.  Hei 
den  übrigen  Pfeilern  der  Kirche  (und  in  Folge  der  .Abänderung  auch  theilwei.se 
im  Chor)  nehmen  sie  ihren  Anfang  höher  herauf  zwischen  den  Pfeilerbögen, 
theils  auf  unbearbeitet  gebliebenen  Steinblöcken,  theils,  wie  im  Chor,  auf 
Kugelsegmentcn  mit  ausgewickelten  ICcken.  Oberhalb  der  Pfcilerbögen  läuft 
ein  von  den  Bündeldiensten  unterbrochener  schmuckloser  Fries  unter  einen» 


QuencliniU  der  Marien- Kirche. 


')  Die  beiden  westlichen  Pfeilerpaare  unterscheiden  sich  von  den  übrigen  dadurch,  dass  üic 
auf  ihren  acht  Seiten  mit  aufliegenden  birnförinig  profilierten  Verticilbtäben  belebt  sinil. 

*)  Von  diesen  werden  vier  auf  der  Nordseite  mit  untergelegten  Küpfcn  gcir.ijjcn,  die  laut 
Kirchenrechnnng  von  der  Hand  des  Philipp  Brand  in  am  Ende  des  XVI.  J.ihrhundcriü  :iu!>(^efiilirt 
sind  (vgl.  M.  Kiiiiiil-  u.  Gesch.- iJcukni.,  lid.  1,  S.  353). 


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30 


AMTSGCRICHTSBSZIRK  WISMAR. 


ebenso  dniaclien  Gesimsbnndc  entlang,  auf  das  unmittelbar  die  Fensterpfosten 
des  erhöhten  Mittelschiffes  aufsetzen.  In  dem  als  Blende  behandelten  unteren 
Theil  dieser  Fenster  sieht  man  je  eine  spitzbcij^^ij^c  Lichtöffnung,  die  für  den 
Dachraum  oberhalb  der  Gewölbe  der  Seitenschiffe  und  des  Chorumganges  be- 
rechnet ist.  Beachtung  verdienen  femer  die  in  der  Mitte  der  beiden  Hallen 
stdienden  sdihnken  achtseitigen  Pfeiler,  weldie  als  Träger  von  vier  Kreuz- 
gewölben ausgebildet  sind,  und  von  denen  der  ndrdliche  auf  seinen  Ecken 
mit  birnförmig  profilierten  dünnen  Stäben,  der  südliche  mit  glasierten  Rund 
Stäben  verziert  ist.  Unterhalb  der  ("rL-wulhr  des  erhöhten  Mittelschiffes  ist  die 
herkömmliche  Verankerung  mit  rej^elrccht  beli.uiencn  und  bemalten  Holzbalken 
lückenlos  durchgeführt.  Die  Fenster  der  Kirche  sind  spitzbogig  und  der  Mchr- 
sah!  nach  dreitiieilig,  jüngere  ^dertficilige  Fenster  finden  sidi  In  der  West- 
tac^ide  und  den  später  angebauten  bdden  Hallen  sowie  in  der  Sakristei  auf  der 
Nordseite,  ältere  zwcithcilige  Fenster  dagegen,  von  den  Lichtöffnungen  des 
Thurmes  abgesehen,  in  je  einer  (der  westlichen)  der  Thurm -Kapellen  auf  der 
Nord-  und  Südseite;  Rundfenster,  die  jetzt  vermauert  sind,  gab  es  ehemals 
unter  den  Fenstern  der  Thurm  -  Kapellen  auf  beiden  Seiten  der  Kirche.  Wie 
am  Pfostenwerk  in  den  Fenstern  der  Qu>r-Kapellen  noch  heute  kleine  Kapitelle 
in  Kalkgusa  vorhanden  sind,  so  fanden  sich  solche  auch  an  den  beiden  zwei- 
tiieiligen  Fenstern  der  Thurm-Kapdlen. 

An  die  S^e  des  früheren  Lettners  ist  eine  niedrige  Schranke  mit 
Gitterthfir  in  der  Mitte  getreten.*)  Gegen  die  SeitensehifTe  hin  wird  der  Chor 
durch  Schranken  aus  dem  zweiten  Viertel  des  XV.  Jahrhunderts  abgi^;renzt, 

die  im  unteren  Thei!  atjs  einer  Holzwand,  im  oberen  aber  aus  einem  schmied- 
eisernen (iitter  bestehen  und  mit  breiten  Bandstreifen  verschiccienartigcn 
gothischen  Schnitzwerks  umgeben  sind,  in  welchem  mit  Ranken  verbundene 
stilisierte  Rosen  und  Heiligen -Medaillons  die  Hauptmotive  bilden.*)  An  den 
oberen  Ecken  der  Nordost-  und  Südostsdiranke  befinden  sich  vier  gdehnte 
Schilde,  die  mehrmals  die  Reliefbilder  von  Schwanen  (Böddeker'sches  Wappen, 
S.  M.  Jahrb.  XXIV,  S.  24  ff.)  zeigen.  Die  ehemalige  alte  Blattbekrönung  ist 
nur  an  den  den  Hallen  L^egcniibcrlieL,'ciulen  Schranken  erhalten.  Dem  Altar 
zunächst  jederseits,  nach  Norden  und  nach  Süden,  eine  ursprünglich  angeordnete 
Gitterthür  mit  gleicher  Einfassung,  deren  innere  Seite  am  oberen  Rande  eine 
Stifter-Inschrift  zeigt:  tote  fltO  tmo  tlicalfUI  B^n**) 


')  .'\n  dem  kleinen  Altar  vor  dem  Chor,  der  schon  1349  erwähnt  wird  (M.  U.-B.  6987^',  ist 
noch  1816  cuDfirmiert  worden,  nachdem  der  dazu  gehörende  Schrein  bereits  1567  entfernt  und 
die  Lodto  mit  GiUcrwctk  feachlonni  war.  1817  iit  er,  aaeb  An&cidiaiiiiffn  da  Kfacheuailia 
MaaHBann,  gieidi  «aderm  Kirchenadumick,  aar  Pcier  daa  Rafannatiomfaliea  bimreggeribimt  worden. 

*"  In  riiiem  dieser  Me<laill"n5,  /uiinler't  ncbrn  f!rr  .iltcn  Thür  nach  Nordrn,  «will,  münd- 
licher Ucberlieterung  su  Folge,  der  Fuclu»  den  Gänsen  predigend  dargestellt  gewesen,  aber  auf 
Aoordnaaf  des  Sttperinteadenten  Koch  weneneitsdt  sein. 

*}  So  auf  der  SOdthttr,  auf  der  NordthUr  steht  im  Namen  des  Stifters  y  statt  i.    Die  der 

Sakristei  gegenüber  angebrachte  Tliur  ist  eine  rohe  Kinlüguiig  isp.ntcrer  Zeil.  Schranken  sind 

jetzt  einfarbig  hellbraun  Uberuiall,  was  die  \Virkung  der  Schnitzerei  nicht  gerade  critolit. 


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ST.  MARIEN- mCHB  W  WISMAR. 


31 


Die  Dachgesiinse  des  Hochschiifes  sind  schmucklos;  unter  dem  des 

Chorumganges  ist  auf  geputztem  Grunde  ein  Klet-hhittfrics  aus  glasierten 
schwarzen  Formsteinen  anj^cbracht.  Der  Üachfries  der  früheren  Aussenseite 
war,  wie  die  N'ordseite  zeigt,  von  glasierten  -  Kreuzsteinen«  gebildet  (Cruli, 
M.  Jahrb.  XLVII,  S.  96,  Taf.  1,  Fig.  1).  Derselbe  Fries  zeigt  sich  an  der 
südlichen  Langwand,  während  der  an  der  nördlichen  aus  Vierpässen  zusammen* 
gesetzt  ist.  An  den  Thurm-Kapellen  fehlt  der  Fries,  ebenso  bei  der  dem 
vierten  Gcw  olbcjoch  (vom  Thurm  her)  vorgelegten  Kapelle  der  Nordseite  und 
bei  (Irr  an  die  f)st>-citc  der  SudlialK-  angebauten,  l'.in  an  die  Fenstergesimse 
sich  anschlicssendis  K.itti;iMms  von  glasierten  Steinen  lauft,  mit  einzelnen 
Unterbrechungen,  bei  der  Sakristei  und  der  nördliciten  1  lalle  auch  über  die 

Pfeiler  weg  um  die 

ganze  Kirche 
herum,  indem  es, 
bei  den  östlichen 

Portalen  an- 
steigend, über  den- 
selben   ein  recht- 
eckiges Feld 
einsdiliesst. 

Die  südliche 
I  lalle  trägt  einen 
1  )oppelgiebcl ,  der 
durch  einen  I-'ries 

aus  glasierten 
Formsteben  vom 

Unterbau  ab- 
getrennt wird  und 
d('<;';<n  beide 
Iheile  sich 
zwischen  je  vier 

mit  glasierten  Rundstäben  geschmückten  Pfdlem  entwickeln,  die  in  Fialen 
auslaufen.  Jeder  Giebel  ze^  drei  nicht  ganz  S3rmmetrisch  abgestufte  Blenden, 
jede  Blende  ist  unterhalb  ihres  Spitzbogenschlusses  mit  einer  Rosette  von 
schwarzglasiertcn  Formsteinen  geschmückt.  Ueber  den  niederen  Blenden  sieht 
man  Stücke  von  einem  Fries  aus  h'ormsteinen ,  die  .Schr;iguni;i  n  der  Giebel- 
mauer  sind  mit  Krabben  besetzt.  Die  nördliche  Halle  hat  gleichfalls  einen 
Doppclgiebd.  Unter  ihm  ein  Dreipass- Fries  von  glasierten  Formsteinen.  Jeder 
Einzelgiebel  enthält  drei  al^estufte,  durch  einen  Pfosten  getheilte  Blenden,  trägt 
eine  Art  prismatisdien  Aufeatzes  und  wird  durch  zwei  Pfeiler  mit  Fialen  flankiert. 

Die  Kirche  zählt  neun  Portale.  Von  diesen  sind  die  in  der  W  .'L  .\  and 
des  Thurmes  sich  hernulenden,  ihrer  drei,  gründlich  \irhant  und  venlorben. 
Die  Portale  in  der  ersten  und  fünften  Ka])elle  des  l  ingangs  um  den  Chor 
haben  eine  Laibung  von  vier  birnformig  profilierten  Stäben  und  drei  weiten 


Hdliteii-McdallloM  von  dm  Cbor-Sdmuilwa. 


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32 


AMTSGEiaCHTSBEZIRK  WISBlAR. 


und  tiefen  Hohlkehlen;  sie  sind  ohne  Kämpfer-  und  Kapilcllgiicd  entwickelt. 
Die  übrigen  vier  nach  Norden  und  Süden  sidi  öffnenden  jüngeren  und  üppiger 
gestalteten  Portale  haben  eine  Laibung  mit  sechs,  besw.  sieben  durch  Hohl* 

kehlen  getrennten  birnformig  profilierten  Stäben.  Die  gn'xsscrc  Breite  dieser 
Schwingen  oder  Laibungen  ist  theils  durch  Vorrucken  über  den  Mauerkern  hinaus, 
theil.'^  durch  Anlage  in  einem  grösseren  stumpfen  Winkel  ermöglicht  worden. 

Das  durch  die  bedeutende  Höhe  des  Mittelschiffes  mit  seinem  Ge- 
wölbedruck bedingte  Strebepfeiler-  und  Schwibbogen -System')  ist  mit  grosser 
Schliditheit,  aber  auch  mit  grosser  Gleichmässigkeit  durchgeführt  Da,  wo 
die  Strebepfeiler  nicht  durch  Anbauten  ins  Innere  gesogen  sind,  verjüngen  äe 
sidi  nach  oben  durch  drei-  oder  zweifache  Abstufungen  mit  Wasserschrägcn. 

F.in  machtiger  Tliurm  mit  Seitenkapellen  schlicsst  die  Kirche  nach 
Westen  hin  ;ib.  Dlt  rechts  und  links  durch  Pfeiler  flankierte  untere  Theil 
der  W'estwand  schliesst  m  der  Höhe  der  Gewölbe  der  Scitenkapellen  mit 
einem  ungleich  geformten  Kleeblattfries  imd  wird  durdi  swei  lisenenartige 
Wandstreifen  in  drd  Theile  getheilt  Oberhalb  der  sdion  genannten,  durch 
Sicherheitseinbauten  entstellten  Portale  dieser  Wand  sitzen  drei  hohe  spitz- 
bogige  Fenster,  von  denen  das  mittlere  gleichfalls  verunstaltet  ist.  Das  zweite 
Gcschoss  des  Thurmes,  an  welches  die  Pultdächer  der  Scitenkapellen  anii^elchnt 
sind,  umzieht  gleichfalls  ein  Kleeblattfries,  der,  soweit  dies  das  Oberschiff  der 
Kirche  gestattet,  selbst  noch  an  der  Ostwand  sichtbar  ist.  An  der  Westwand 
ist  dieser  zwdte  obere  Fries  mit  dem  unteren  Fries  durch  aufsteigende 
Kleeblattfriese  verbunden,  die  die  Aussenseite  der  durch  die  Pultdädier 
gebildeten  Halbgiebel  verzieren.  Oberhalb  der  Pultdacher  steigt  nun  auf 
quadratischer  Grundlage,  breiter  als  das  Mittelschiff,  der  eigentliche  Kern  des 
Thurmes  in  tlrei  Gescho.'iscn  empor,  und  endigt  mit  vier  dreiseitigen  (iiehtln. 
Kalksteingesimse  trennen  die  drei  Geschosse,  und  Friese  ziehn  sich  am  Kopt 
des  ersten  von  ihnen  und  ebenso  am  Kopf  des  letzten  (unter  den  Giebeln) 
entlang,  der  untere  Fries  mit  Gebilden  von  Ehviblättem,  von  denen  immer 
vier  mit  ihren  Stengeln  zusammengesetzt  sind,  der  obere  als  Kleeblattfrics. 
Zweithcilige,  theils  in  Blenden  umgewandelte  spitzbogige  schlanke  Lichtöffnungen 
beleben  paarweise  die  Seiten  die.ser  drei  Geschosse,  deren  Fxken,  wie  oben 
bereits  bemerkt,  eine  Abwechselung  zwischen  Ziegelschichlen  und  Kalkstein- 
wcrken  aufweisen.  Die  mit  verschiedenartiger  Musterung  aus  glasierten  Form- 
steinen verzierten  Giebel  sind  in  späterer  Zeit  mit  grossen  Uhrsdieiben  ver- 
sehen, die  einen  erhebltdien  Theil  dieses  Schmuckes  leider  verdedcen.  Der 
östlidie  trägt  überdies  ein  Schutzdach  für  die  nach  aussen  gehängten  Glocken 
der  Thumiiilir.  Auf  der  Kreuzung  <lcs  mit  Schiefer  gedeckten  Thurmdaches 
ragte  bis  zum  .Sturm  am  4.  Januar  1661  ein  schlanker  Dachreiter  empor  (s.  o. 
S.  23).  Jetzt  sitzt  ein  solcher  auf  dem  Üstende  des  mit  Monchsziegeln  ge- 
deckten Mittelschiffes.*) 

')  In  der  Wismar'schen  Maureniprache  hei&>en  sie  Kebogcn. 

*)  Er  «tHBUt  Mu  den  aecluiger  Jaluen  uhmki  Jakrhnnderli.    Der  «m  4.  Jiinuir  liöl 
herontergeiUlntc  Dnehreilcr  dei  Thunaes  war  Mich  nicht  der  «nie  wi  seiner  Stelle.  Ein  Vorginger 


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ST.  MARIEN-KIRCHE  ZU  WISMAR. 


33 


Die  an  die  Ostscitc  der  Nordhallc  angebaute  Sakristei  verdient  bc- 
soiKiere  Beachtunjf.  Sie  bildet  ein  mit  der  äusseren  Schmalseite  nach  Norden 
und  der  äusseren  I^angscitc  nach  Osten  liegendes  Kcchteck  und  besteht  aus 
zwei  Stockwerken  und  einem  aufgesetzten,  aus  glasierten  Formstdnen  reich 
entwickelten  hohen  Pfeiler-,  Blenden-  und  Flalenbau,*)  unterhalb  dessen  ein 
breiter  Fries  mit  KIcel)!attniotivcn  entlang  lauft  (s.  Abbildung.)  Im  unteren 
wie  im  oberen  Stockw rik  drri  s])itzbogigc  l'cii^ter,  zwei  nach  Osten,  eins 
nach  Norden  gekehrt.    In  der  Ecke  nach  dem  Chor  hin  ein  achteckiger 

W  endclstcm  mit  Treppe, 
die  auf  die  Gewölbe  der 
Seitensdiifle  und  weiter 
mittels  dnes  zweiten 
Treppenaufganges,  der 
vom  Dachraum  des  Seiten- 
schiilcs  her  an  die  Aussen- 
maucr  des  HochschilTcs 
gelegt  ist,  auf  die  des 
Hauptschifles  fuhrt  Im 

Thurmgemauer  zwei 
antlere  W'entieltreppen, 
die  auf  die  (jcwolbc  der 
Thurm -Kapellen  fuhren 
(s.  Grundplan). 

Von  einer  St.  Marien- 
Kirche  zu  Wismar  hören 

wir  zuerst  um  1250 
(M.  U.-B.  660.  661. 
662).   Aber  es  ist  nicht 

glaublich,  dass  si<  h  von 

dem  damaligen  liau 
irgend  etwas  erhalten 

habe.  Die  grossartigen 
Verhältnisse  der  jetzigen 
Kirche  deuten  auf  eine 
neue  und  sj):itere  Bauzeit. 

Srhon  eine  fluchtit,'c  Hctrai  litung  ergieht.  dass  der  Thurm  und  seine  Seiten- 
kapcllcn  von  dem  übrigen  15au  gesondert  werden  müssen,  und  dass  die  Kirche 
nicht  von  vorneherein  in  der  Breite  angelegt  wurde,  in  der  sie  jetzt  erscheint. 
Man  sieht,  dass  die  äusseren  Mauern  der  I^in^st  iten  i  rst  iii  -päterer  Zeit  mit 
nicht  geringem  Abstände  vor  die  äusseren  Strebeptcücr  gelegt  sind.  Alte 
Theile  dkser  Ikfouem  sind  noch  bei  den  später  in  unmittelbarer  Nähe  der 
Thurm-Kapellen  emgebrochenen  beiden  Portalen  zu  finden.*)   Wie  der 


Gwbd  der  Sdmsiei. 


von  Ulm  wuds  am  2$.  Jnli  1539  vom  Blitz  getroAbn  md  bnuinte  »b.  Vgl.  SduOder,  weItU  Hiitorie, 
S.  305  (301X  Php.  M.»  S.  1222. 

')  Der  am  16.  Ni>vemlK?r  1660  eingc<;l(ir7te  obere  Theil  wurde  1895  <  rneaert. 
*)  Ucber  dem  G«wulb«  der  auf  der  Sudseite  beim  zweiten  und  driUeit  Joch  (vum  Thurm 
her)  Toisdcftca  gleichieit^  gebauten  Kapellen  ist  das  alte  Manerwerk  nit  deat  Fenstetbosen  und 

3 


Üiyilizgü  by  ^üOgle 


u 


AMTSGBRICHTSBBZIRK  "WISMAR, 


Thurm,  so  sind  auch  die  fünf  Kapellen  des  Umganges  als  ein  Stück  für  sich 
anzusehen.  Man  vergleiche  nnr  die  Friese.  Geradezu  als  selbständige  Ge- 
bäude erscheinen  endlich  die  Nord»  und  Südhallc,  sowie  die  Sakri^tci  mit 
ihn  iii  Di.ikTischcn  Uebcrbau.  Sie  können  erst  gebaut  sein,  als  das  Horli- 
schili  schon  vollendet  war.  Dabei  versteht  es  sich  von  selbst,  dass  dieses 
nicht  in  demselben  Jahrzehnt  fertig  wurde,  wie  sein  Unterliau.  Von  späteren, 
jetzt  wieder  verschwundenen  Anbauten  mag  hier  abgesehen  werden. 

Als  ältesten  Theil  des  Baues  werden  wir  ohne  Zweifel  den  'i'hurm  an- 
zttsdien  haben,  dessen  Ausführung  den  Charakter  der  Frflhgothilc  hat  tmd, 
da  er  bei  einem  Kirchenbau  in  der  Regel  der  letzte  Theil  ist,  den  der 
Meister  ausfllhrt,  auf  einen  der  Zeit  des  Ueberganges  vom  romanischen  zum 
gothischen  Stil  angehörenden  alteren  Kirchenbau  aus  dem  XIII.  Jahrhundert 
schliessen  lässt.  Die  Wismar'sche  Marien -Kirche  war  höchst  wahrscheinlich 
ebenso  eine  dreiscbiffige  Hallenkirche,  wie  es  die  Rostocker  alten  Kirclien 
ursprünglich  waren  und  zum  Theil  noch  sind.')  Dies  ergiebt  sich  aus  ver- 
schiedenen Merkmalen:  aus  dem  Grundriss  der  Gesammtanlage  des  Thurmes, 
aus  der  Anordnung  dreier  Fenster  von  gleicher  Höhe  im  Krd^tsrlinss,  aus 
der  im  Dachraura  des  Uochschiffes  der  jetzigen  Kirche  sichtbaren  Spur  jenes 
Frieses,  der  das  erste  Geschoss  des  Thurmes  umzieht,  und  aus  den  Abbruchs* 
spuren  an  der  östlic  hen  Ecke  beider  Thurm -K.apellen.  .Man  darf  daraus 
schliessen,  dass  der  Darhtirst  der  altm  Kirche,  <Ur  die  ehemaligen  drei 
Hallen  überdeckte,  nicht  über  den  genannten  Fries  hinausreichte. ^) 

Es  giebt  einige  Nachrichten  ans  der  Zeit  des  Neubaues  der  jetzigen 
Kirche  im  XIV.  Jahrhundert.  Die  Vorsteher  von  St.  Marien  s<h!iessc'n  13,^9 
mit  Meister  Johann  Grote  einen  Vertrag  darüber  ab,  dass  er  Chor  und  Kirche 
>usque  ad  consummationem  earum«  erbauen  solle,  und  der  Chor  wird  am 
3.  März  1353  geweiht.  Von  besonderer  Wichtigkeit  aber  ist  eine  in  glasierte 
Ziegel  vor  der  («lasur  eingeschnittene  Bau-Insehrift  an  der  dem  dritten  Ge- 
wölbejoch (vom  Thunn  her)  vorgebauten  Kapelle  auf  der  Südseite  der  Kirche 
mit  dem  Datum  1339,')  welche  erkennen  iässt,  da.ss,  als  Meister  Grote  1339 
7.U  bauen  begann,  die  Mauern  der  alten  l^ngseitcn  der  Kinhe,  wovon  bei 
den  wcsüicheii  Portalen,  wie  schon  bemerkt  worden,  noch  c'u\  Stück  zu  sehen 
ist,  das  als  friihgothisch  angesprochen  werden  muss  und  ohne  Zweifel  älter 
ist,  als  der  ('horumgang,  schon  vorhanden  waren.  Denn  wie  hätten  sonst 
Kapellen  angebaut  werden  können:  Aber  auch  der  Chorumgang  mit  seinen 
beiden  Portalen,  deren  Laibungen  die  charakteristischen  tiefen  Hohlkehlen  der 
Frühgüthik  aufweisen,  ist  vor  1339  und  wahischeinlich  in  den  Anfang  des 
XIV.  Jahrhunderts  zu  setzen,  wenn  man  seine  grosse  ,\ehnli<  hkeit  mit  dem  muth- 
maasslich  um  13 14  zu  datierenden  Chor  des  Domes  in  Schwerin  in  Betracht 
iddit.  »Auch  die  Ariuden,  mindestens  die  des  Chores,  hat  Johann  Grote, 
wie  Crain  gewiss  richtig  in  einer  nele^enheitsschrift  von  1853  annimmt,  vor- 
gefunden, und  zwar  das  Mauerwerk  oberhalb  des  Arkadengesimses  bis  zu 
einer  Höhe  von  ein  paar  Metern,  und  dann  den  Bau  des  Chores  zu  Rnde 

dem  Platz  für  dco  Fries  unter  einem  Kundsub«  erhalten.  Dagc-gcn  ist  beim  vierten  Joch  das  alte 
Mauerwerk  heimgejclilefea  nnd  neaes  «iter  eineiB  rtniden  EottMlaiicsboeefi  eingesetzt,  wdMs  hier 
weder  Feuteibogon,  ni>ch  Rundstab,  ntjch  die  Spuren  dr^  Frieses  -iichtljar  üini!. 

Es  war  dies,  wie  schon  im  crsteo  Bende  der  M.  KanM-  u.  Gcschiclilsdcnkmäler  bemerkt 
worden,  jene  llanweise,  durch  welche  die  deutschen  Einwanderer  an  ihre  niedeislehstche  niid  west- 
Olitcbe  Heimath  erinnert  sein  wollten.    Vgl.  Bd.  I,  S.  i$K.,  »7 ff.,  177. 
*)  Crull,  M.  Jahrb.  I.VI,  S.  20 IT. 

*}  Vgl.  M.  U.-U.  5954.  5955'  7736  (ächlus.s).    Die  Inschrift  saas  ursprünglich  in  der  Austen- 
wand  der  nueh  Osten  hin  anatoetenden  Kapelle. 


irr.  MARIEN- KKCHB  ZU  WLSMAR. 


35 


i,'t:Tnhrt.  so  dnss  tlcrsclhe  ani,'tf(t  lHni  rinaassc'n  I-ätare  1353  ')  geweiht  werden 
kountf,  wobei  er  aber  leider  nur,  soweit  er  musste,  seinem  Vorgänger  gefolgt 
ist  und,  wohl  im  Einverstandniss  mit  den  VoRtehem,  u.  a.  am  Hoch-Chore 
den  schönen  Fries  des  L'nif^aii^cs  nicht  wiederholt,  den  Chor  SO  hoch  gefiihrt, 
dass  der  First  mitten  auf  da.»  /.weite  Storkwerk  des  'I  hurmcf;  trifft,  und  die 
ältere  Anordnung  der  Dieivstc  im  Chore  theilweise  verändert  hat.  Nach 
Vollemhing  des  Chores  baute  man  die  Kirche  fertig,  womit  man  nach  der 
Zeit,  die  man  mm  Chore  braiKhtc.  1367  /ii  V.ndv  gekommen  sein  inüsste; 
Johann  Grote  wird  auch,  wenn  sc  lion  nicht  ausdrücklich  als  bei  der  Kirche 
beschäftigt,  am  Ende  des  Jahres  1366  zuletst  genannt*)  Das  Bauen  an  der- 
selben hat  aber  dann 
noch  nicht  aufgehört. 
Dass  bereits  1339  eine 
der  Kapellen  an  der  Siid- 
Seite  angel)aut  wurde,  ist 
bereits  erwähnt;  ziemlich 
gleichzeitig  stiftete  auch 
der  Vorsteher  Hinrick 
Hogewarde  eine  solche, 
welche  die  am  südöst- 
lichen Theile  des  Um- 
ganges belegene  sein 
mag.';  Ücmnuchsl  durlten 
die  beiden  gleichseitig 
erbaiiti-n ,  neben  der 
Kapelle  von  1339  west- 
wärts belegenen  Kapellen 
entstanden  sein,  die  mit 
jener  glei<:he  .\usscn- 
architektur  zeigen,  und 
dann  die  den  letzteren 
entspre<  henden  Kapellen 
der  Nordseite.  Später 
als  diese  ist  die  östlich 
daranstosscnde,  urkund- 
lich 1388  consecrierte 
Kapelle  errichtet  und,  da  sie  mit  ihr  in  Verband  steht,  auch  die  nördliche  Halle.*) 
Wenig  später  als  letztere  mag  man  die  Sakristei  gebaut  haben;  1390  wurde 
in  ihrem  oberen  Geschosse  eine  Messe  gestiftet.    Die  jüngsten  der  noch 

')  Vgl.  Cnin,  Die  Bedeatnng  des  diesjSbrlgen  (1853)  Ulaie-Sonatigs.    Wiimsr.  Rtths- 

drackerei. 

*)  Im  Lib.  parv.  dv,  Ibl.  iSo*  findit  aA  mue  Sdiuldvendiicibwig  des  Job.  Grote  mA 
Lfldeke  Gha&t  vom  Jahre  1366.  Feiner  kann  der  in  M.  U.-D.  9573  (3.  Deoeaber  1366;  genannte 
M.igi^ur  Juh.iiines.  <|ui  fornacem  regit  et  gubernat,  kein  anderer  ala  Job.  Grote  sein.  Vgl.  daxu  die 
Urkunde  vom  17.  April  136I:  M.  U.-B.  8867. 

*)  IC.  U.-B.  70S4.  Mit  völliger  Sicherbeit  itt  freilich  die  von  Hinrik  Hogewarde  gestiftete 
Kapelle  nicht  zu  crnvittcln. 

*)  Am  9.  ä«piemb«r  1386  weiht  Uischot  Gcxhard  von  KaUcburg  in  ät.  Marien  eine  Kapelle 
mit  ihrem  Alur  (capellalam  com  sao  aluri  in  honorem  beatonim  P^etri,  Pauli,  Andree  et  jaoobi 
majoris  apostolonm,  triam  ri-gum,  dccem  milium  militum,  undccim  miltuni  vir^inum,  (i  'irgii  et 
Chrislofori  mnrtiniin  ac  Dorothcc  virgini»;.  I>ic  Urkunde  wurde  17$^  beim  Abbruch  de»  AlUft 
gctanden.    Vgl.  Techcn,  M.  Jahrb.  I.X,  S.  179,  Anmkg.  2. 


Chor-  Uiqgaag. 


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36 


AUTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


erhaltenen  Anbauten  sind  die  der  Sakristei  correspondierendcn  Knochen  hauer- 
Kapelle  und  die  mit  dieser  in  Veitiand  stehende  südliche  Halle,  welche,  in 
sehr  rolicr  Weise  der  Abseite  angefügt,  141 4  zuerst  als  novum  edifidum,')  dat 
nigc  buwte,  vorkommt,  ein  Name,  der  ihr  noch  lanj>ehin  verblieb.  Nicht 
mehr  vorhanden  sind  die  zwischen  1410  und  1420  erbaute  Ka|>ellc  der 
Krflmer  und  eine  Kapelle  neben  dersdben,  welche  vielleicht  erst  dem  XVL 
Jahrhundert  angehörte;  sie  sind  in  den  dreissiger  Jahren  abgebrochen.  Ihre 
Stelle  an  dem  nordöstlichen  'i'heiie  des  Umganges  zeigt  der  derzeitig  aus- 
geführte Veischlttis  deutlich  genug  an,  weldier,  so  ungeheuerlich  er  erscheint, 
doch  noch  ab  abuhreckendes  Exempel  bei  Wiederherstellungsarbeiten  dienen 
kann.  Sieht  man  auch  von  diesen  Kapellen  al),  so  begreift  doch  die  Bauieit 
der  Kirche  einschliesslich  des  Thurmes  über  hundert 
Jahre,  einen  Zeitraum,  der  sich  allerdings  im  Aeusseren 
mehr  kenntlich  macht  als  im  Innern,  welches  bei 
aller  \Vürd&  und  Erhabenheit,  die  man  ihm  nicht 
absprechen  kann,  doch  bei  der  flbergrossen  Höhe 

(114  Hamb.  Fuss  oder  32',!  m)  eigentlicher  Schon 
beit  entbehrt. '     (Mit  Aendenmgen  nach  Crull,  1.  c) 

Der  Stein,  auf  den  Dr.  Burmeister  im  hL 
Jahrb.  IV,  B,  S.  54  und  M.  Jahrb.  V,  A,  23off.  auf- 
merksam gemacht  hat  und  der  hemach  vor  Lappen- 
berg's  Eulenspiegel  abgebildet  ist,  findet  sich  unter 
dem  Pultdach  in  der  Mauer  des  Hochschiffes  ober- 
halb des  Gewölbes  der  zweiten  (d.  h.  südöstlichen) 
l 'int;angs  -  Kapelle  in  hoher  Kante  stehend.  Solche 
Bilder  aber  bedeuten  nicht  immer  das,  was  man  in 
ihnen  sucht.  £s  haben  sich  u.  a.  auch  im  Nicolai- 
thurm mehrfach  Stdne  mit  Bildern,  Zeichen  und 
Inschriften  gefunden,  die  vor  dem  Brennen  des 
Steines  eingeritzt  waren.  Vgl.  Crull,  M.  Jahrb. 
XI. VIII,  S.  343  ff.  Vor  einigen  Jahren  ist  vom 
Dach  der  Marien  Kin  lu-  ein  Moiuhsstcin  ins 
Städtische  Museum  zu  Wismar  abgeliefert  worden, 
in  den  eine  Windmühle  eingexdchnet  ist. 

AUflre.  Altäre.    Der  Hauptaltar  ist  ein  Werk  des  Barockstils  aus  dem  Jahre 

1749.  Kr  steigt  in  zwei  Stockwerken  bis  iibcr  die  Höhe  des  Arkadenp^esim.scs 
der  Kirche  hinaus  und  gleicht  in  der  Anordnung  seiner  Theile  den  t^rossen 
Barock -Altaren  der  Rostocker  Kirchen  aus  demselben  Jahrhundert.  Vgl. 
Bd.  I,  S.  20,  76.  Das  Gemälde  der  Basis,  gleich  oberhalb  des  Altartisches, 
stellt  das  Abendmahl  dar,  das  des  mittleren  Hauptstockes  die  Kreuztragung 
und  das  des  oberen  die  Grablegung.  Zwischen  beiden  eine  plastische  Strahlen* 
glorie  von  Holz  mit  Kngcigestalten  und  reicher  Vergoldung.  Als  Bekrönung 
die  plastisdie  Gestalt  (  hri.sti  in  den  Wolken.  Ausserdem  bei  der  Glorie,  sowie 
an  den  Seiten,  mehrere  grosse  Ilolzfiguren,  oben  l'etrus  und  Paulus,  unten 

*)  Lib.  par\-.  civ.  fol.  Sil*  Vicko  Rode  dsdit  et  diinillt  domino  Ludnipho  Wiflcuren  iAum 
lapidein  Liululphy  \\  ■.ifUiiwen,  jacct  in  nouo  e<iifi<  io  ccclcfie  bcatc  Marie  virginis  ante  fedem 
iutürum  p«r  umnein  luodum,  t'icud  ad  cum  racionc  hcrcditaxie  fucccfsiuiiit  pralicti  Ludolphi 
penrenit  «tc.   Vgl  M.  Jahrb.  LIV,  S.  139  Nr.  295. 


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ST.  IIARIEN-KIKCIIE  ZU  WISMAR. 


37 


Moses  und  Johannes.   Auf  der  Rüdcseite  des  Altars  liest  man  den  Namen 
des  Verfertigers  mit  der  Jahreszahl:  C  F.  Beckmann  BtldttMUMr  Ao  1749.^ 

Der  zweite  Altar  ist  ein  SChfioes  Holzschnitzwcrk  pntlii sehen  Stiles  aus 
dem  XV.  Jahrhundert,*)  der  sntj.  Krämcr-AIlar.  In  der  Mitte  des  Schreins, 
unter  einem  breiten  drcithcili^aii  l^aUiachin,  die  hl.  Maria  mit  dem  Kinde  in 
einer  Strahlenmandorla  und  auf  dem  Monde  stehend  (Otfenb.  Joh.  XII,  i). 
Darüber  zwd  niunderende  Engel.  Unter  dem  Baldadim  links  (vom  Beschauer 
her)  der  Ersengel  Michael;  unter  dem  Baldachin  rechts  ein  Ritter  mit  Schild 
und  (fehlender)  Fahnen -Lanze,  der  statt  des  Helmes  einen  Turban  trägt,  wahr- 
scheinlich der  hl.  Mauritius.  Unterhalb  dieser  Gestalten  eine  dreitheili^e  Basis 
mit  gothischem  Stab-  und  Maasswerk.  Im  Flü<;el  links  unten  der  Cjruss  des 
Engels  an  die  Maria,  darüber  in  zwei  Scenen  die  Wrkiindi^ung  der  Geburt 
des  Heilandes  an  die  Hirten  und  die  Anbetung  des  (fehlenden)  hl.  Kindes 
durch  die  Maria  und  durch  um  sie  schwebende  Engd.  Im  Flügel  rechts 
oben  die  Anbetung  der  hl.  drei  Könige  und  unten  die  Scene  der  Besdmeidung. 
Oberhalb  dieser  vier  Scenen  in  beiden  Flügeln  ein  reizvolles  gothischcs  Formen- 
S|)ic1  in  je  zwei  an  einander  stossenden  baldachinartigen  Lünetten.  die  mit 
Maasswerk  gefüllt  sind.  Die  Fi,L,Mircn  heben  sich  sammtlich  von  eiiuni  mit 
der  Tunzc  gemusterten  (joldgrund  ab,  der  auf  emer  Unterlage  von  Kreide 
hergestellt  ist.  Von  der  ehemals  vorhandenen  Malerei  auf  den  Rücksdten  der 
Flügel  lasst  sich  nichts  mehr  erkennen.^ 

Kanzel.  Die  Kanzel  ist  gleich  dem  Hauptaltar  ein  Werk  des  Barock-  Kanzel. 
Stils  vom  Jahre  1735,  an  deren  Trcdigtstuhl  und  Schalldeckel  sich  eine  üppige 
Fülle  von  Statuetten  und  anderem  Sctmitzwerk  bemerkbar  macht.  Am  Kanzel- 
pfdler  in  Form  eines  üppigen  Barock»  Epits^ihs  das  Bildniss  des  Stifters  mit 
der  Inschrift:  ZUR  EHRE  Q0TTE8  UNP  ZUM  SCHMUCK  DER  KIRCHEN  HAT 
DER  WOHLEDLE  GROSSACHTBAHRE  UND  WOHLWEISE  H  JOHANN  JÖRGEN 
VELTHUSEN  WOHLVERDIENTER  RATHS  VERWANDTER  DIESEN  NEUEN  PRE- 


')  El  feldt  du  Redinungsjahrbaeh,  dm  AvSuMam  Ober  die  Korten  dei  Werkei  foben 

könnte.  In  den  Urkunden  ist  schon  1357  und  IJjS  von  einem  Altarwerk  die  Rede,  das  der  Zeit 
nach  nichts  änderet  als  ein  gothischcr  FlUgelmlUr  gewesen  sein  kann.  Der  Verfertiger  hies»  Hans 
Körter.  VgL  M.  U.B.  8425.  8546.  W^ea  des  im  XVL  Jahrhundert  in  die  Heilige  Geist -Kirche 
Tcmlstea  AltanmfcM  vgl.  GMl,  M.  Jahrb.  LVm,  Onutatber.  S.  10—15. 

')  Criill  ?rt/t  ihn  zwischen  1410  und  1420.  M.  Jahrb.  XXTX,  S.  68.  Wir  unsererseits 
worden  wegen  der  autTalieuUen  (ileichheit  der  Baldachine  im  Mittcl»chrein  mit  dCB  unteren  Theil 
dem  des  u*  Lflbeek  «tamnenden  NenMldter  Allan  im  Scbweriner  Mmean,  der  nacbwdelieli  im 
Jahre  1435  aufgestellt  wurde  f.olihclimidt.  Lubccker  M.ilerci  und  Plastik,  S.  5,  Antn.  3  [Columnc 
rechts]),  die  Netgang  haben,  ihn  um  anderthalb  bis  zwei  Dccennien  später  anzusetzen.  Vergleiche 
Taf.  VII  bei  Goldschmidt,  1.  e.  Ferner  Mttnaenberger,  Mittelalt.  Altib»  I,  Taf.  si  «iiid  SS.  Dar 
Allar  steht  jeut  wieder  nahe  «einer  alten  Stelle  in  der  nardlichen  ICapelle  des  Choraagaoges, 
BScbdem  er  früher  riiie  7iit  liiii;  in  St.  Jürgen  war.    Siehe  Crull,  I.e.,  S.  68. 

Ein  dritter  Altar  befand  sich  bis  1816  vor  dem  Chur.  Vgl.  Crull,  M.  Jahrb.  LVI,  S.  22, 
«nd  oben  S.  30,  Annkg.  Der  Altar  der  Bapagojeo-Geidlschaft  hiitler  dem  Chor  ward  1733  w^ 
gebrochen  :  Schröder,  Pap.  Hecfcl.,  S.  S039.  Die  PredeU«  dci  Haheoaltais  ans  der  Zeit  von  ijoo 
ist  jetzt  im  Frivatbesiu. 


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38 


A MTSG F.RICm  SB KZI l< K  W  ISM  \ K . 


DIGT  STUHL  VER- 
EHRET IM  JAHRE  1735 
ALS    HIESELBST  DAS 

GÖTTLICHE  WORT 

LEHRETEN    M  JA- 

COBUS  STAALKOPF 

PASTOR  M  DIETE- 

RiCUS  SCHRÖDER 

ARCHIDIACONUS  M 

JO  CHRISTIANUS 
STRASBURG  Di  ACO- 
NUS.') 

Orgel.  Orgel.  Die 

Orgel  hat  ein  schmuck- 
loses Gehäuse  im  Ge- 
schmack moderner 
Gothik.  Der  Anfangs 
tlcr  vierziger  Jahre  vor- 
gebauteChoristvonclem 
vor  wenigen  Jahren  ver- 
storbenen Baumeister 
Thormann  hergestellt.*) 

Gestühl.  Gesttthl.  Von 

den    Giorstühlcn    hat  Tauikessel. 

sich  auf  der  Südseite  eine  längere,  auf  der  Nordscitc  eine  kürzere  Reihe 
erhalten.  Die  trennenden  Lehnen  laufen  in  Form  von  Köpfen  aus.  Das 
übrige  Gestühl,  sowohl  das  von  Eichenholz  im  Chor  wie  das  von  Tannenholz 
im  Kirchenschiff  ist  in  den  vierziger  Jahren  unseres  Jahrhunderts  nach  Ent- 
würfen des  Baumeisters  Thormann  ausgeführt.*) 

'Iriumph-  Triutnphkreuz.    Das  Triumphkreuz,  ein  sehr  bcachtenswerthcs  Werk 

kreuz.  der  zweiten  Hälfte  des  XIV.  Jahrhunderts,  ist  sammt  den  zugehörigen  Figuren 
des  Johannes  und  der  Maria  in  Folge  des  Altarbaues  von  1749  von  seiner 
ursprünglichen  Stelle  in  eine  der  nördlichen  Seitenkapcllcn  versetzt.   Auf  der 

')  Die  vor  1749  vorhandene  Kanzel  war  von  Tönnies  Kvcrs  im  Jahre  1587  angefertigt.  Sie 
wnrtlc  im  Jahre  1749  <lcr  Kirche  zu  Neustadt  überwiesen.  Vgl.  Lt'.ch,  M.  Jalirb.  .XXXVIII,  Seite 
102—196.  Millb.  il.  Vereins  f.  lüb.  Gesch.  II,  S.  93.  Ueber  Vclthuscn  vgl.  tiansischc  ücschichu- 
qacUen  II,  zu  Nr.  $69.    Schrüücr,  K.  U.,  S.  166. 

Schun  im  Jahre  1304  war  die  Kirche  im  Uesitz  einer  Orgel.  Vgl.  M.  U.-B.  aSgS. 
Schröder,  P.  M,  II,  S.  S85.  Der  Neubau  begann  1839.  Vorher  halte  tlie  Kirche  zwei  Orgeln, 
die  grossere  war  iti  der  nördlichen  Halle. 

*)  Ueber  das  frühere  Gestühl,  das  mit  2alilri.'ichen  \Vaii|H.n  geschmückt,  aber  in  Folge 
mangelnden  Vcrst.'indaiiises  an  zuständiger  Stelle  nicht  beuchtet  und  daher  verlurcti  gegnngeti  ist,  vgl. 
M.  Jahib.  HI,  U,  S.  141,    Crain,  Kclormatiuii,  S,  75     Wi^m.  Zeitung  iSjo,  Nr.  46  ,,E.\tra-Ueilage^'. 


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ST.  MARIKN  KIRCIIK  ZU  WISMAR. 


39 


Rückseite  fand  man 
früher  noch  Spuren  der 
alten  Hemalung  (griin, 
Weinblattcr  roth),  die 
im  vorigen  Jahrhundert 
mit  einem  geschmack- 
losen Oelfarbenanstrich 

überdeckt    ist.  Das 
schöne  Werk  ist  1895 
auf  Veranlassung  des 
Kirchenraths  fiöt/.e  in 
alter  Pracht  erneuert.') 

Taufke&sel.  Fin  Taufkcsscl. 
her\'orragendes  Werk 
ist  der  dem  Knde  des 
XIII.  Jahrhunderts  an- 
gehörende eherne  Tauf- 
ke.ssel    der    Kirche.  *) 
Drei  knieende  jugend- 
liche   Gestalten  in 
mönchsartiger  Ge- 
wandung  tragen  ihn. 


FUnte  in  St.  Marien  zu  Lübeck. 


')  Vgl.  M.  Jahrb.  .XXIX, 
S.  66. 

*)  Wir  müchten  diesen 
Taufkeuel  eigentlich  für  nicht  viel  jünger 
ansehen,  als  die  aus  dem  Jahre  1390  stam- 
meiide  Funie  der  Marien  •  Kirche  zu  Kottuck. 
Vergleiche  Bd.  I,  S.  31  ff.  Man  beachte  nur 
da»  Schwanken  in  den  Kumten  der  FrUli- 
gothik  und  denen  der  t'ebergangszeit  vum 
rumänischen  in  den  golhi^chen  Stil  bei  den 
liögen  der  NiM-hcn  der  oberen  Fit;xirenrcihc. 
Freilich  es  ist  zu  beachten ,  da:^  die  Wi>>- 
mar'sche  Funte  der  Funte  von  St.  Marien  in 
Lübeck  !>ehr  ähnlich  ist,  die  Hans  Apeiigeler 
uth  Sassentand  im  Jahre  t.137  gegossen  hat. 
Allein  bei  eingehenderem  Vergleich  sieht  man, 
trutz  derselben  Folge  von  Scenen  und  Figuren 
im  oberen  wie  im  unteren  Theil,  nicht  bloss 
zahlreiche  Abweichungen  im  Einzelnen,  sondern 
auch  eine  ganz  andere  Hand.  Die  Hand  des 
Wismar'schen  Giessers  —  wenn  es  einer  aus 
Wismar  war  —  schaltet  viel  freier,  sicherer 
und  meisterlicher  als  die  des  Lübecker  GicsMirs, 
der  eine  äng«tlichc  Ocbnndenhcit  und  hic  und 
da  eine  schülerhafte  Unsicherheit  und  Ungleich- 


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40 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Sein  unterer  Rand  ist  mit  frcihänj^endcn  Hlattern  und  Trauben  verziert.  V.in 
die  äussere  Wandung  in  der  Mitte  umziehendes  breites  Band  trennt  den 
reichen  Bildschmuck  in  einen  oberen  und  einen  unteren  Theil,  deren  eiiKelne 
Figuren  und  Scenen  in  Bogennischen  oder  unter  dreiseitigen  Giebeln  angeordnet 
sind,  die  mit  Fialen«,  Krensblumen-  und  Krabbensclimuck  versehen  sind.  Im 
unteren  Theil  folgende  Scenen-  und  Figuren -Reihe:  Die  Taufe  Christi  im 
Jordan,  seine  Versuchung  auf  dem  Oclbi-rg,  die  GcisseUinp;  die  Darstellunt;  der 
fünf  törichten  Junt^frauen  mit  gebrochenen  Kreuzes fahnen  und  unigekehrten 
lumpen;  ein  Heiliger  (Johannes);  Christus  mit  gebundenen  Händen,  die  Dornen- 
krone tragend;  eine  Heilige  (Maria);  endlich  die  Darstellung  der  fUnf  Idt^ren 
Jungfrauen  mit  Kreuzesfahnen  und  brennenden  Lampen.  Im  oberen  Theil: 
Christus  am  Kreuz,  rechts  Johannes,  links  Maria;  Höllenfahrt;  Auferstehung; 
sechs  Apostel :  Jacobus,  Barthol« )maeus,  I'aulus  und  drei  nur  durch  Bücher  be- 
zeichnete; Christus  als  Weltherrscher  auf  dem  Thron,  mit  ausgebreiteten 
Armen  und  offenen  Händen,  neben  ihm  anbetend  Johannes  und  Maria; 
Petrus,  Andreas,  Johannes,  ein  Apostel  mit  Baumzweig  in  der  Rechten  und 
Buch  in  der  Linken,  zuletzt  zwei  weitere  Apostel,  die  nur  mit  Büdiem  be- 
sdchnet  sind. 

Die  Fünte  ist  von  einem  Uberatis  kunstreich  gesdimiedeten  eisernen 
Gitter  umgeben,  das  ein  mit  Stricken  umwundenes  Stabwerk  darstellt  und  das 
die  Sage  vom  Teufel  verfertigt  sein  iässt*) 

Glocken.  Glocken.    »St.  Marien*)  hat  mit  Rinschluss  der  drei  Zeitglocken  und 

der  Chorglocke  (»Bimmelglocke«)  dreizehn  Glocken. 


in&ssigkeit  rar  Schau  trägt.  Man  vergleiche  —  um  nur  eins  zu  nennen  —  die  treffliche  Gruppe 
lies  ihroneiiJcn  Christus  /wischen  Johannes  und  Maria  im  oberen  Streifen  der  \\'ismar'.schcn  FUnte 
mit  der  entsprechenden  Gruppe  der  Lübecker.  Wir  stehen  daher  keinen  Augenblick  an,  die  Wts- 
mar'selw  FOnte  «It  das  weit  vollkoaneinn  Uten  Work  eioes  nngkieh  tflehtigerea  «abduuuiteii 
Meisters  anzusprechen,  dem  i!cr  \veing».T  bedeutende  Hans  Apengeter  mit  einer  schwächeren  Copie 
im  Jahre  1337  folgte.  Ueber  Apengeier  vgl.  Hach  im  Rep,  i.  K.  W.  IV,  S.  178  ff.  —  Im  XVII. 
Jahrlnindert  hat  die  WhnM^Mke  FUnte  eine  Reitauatiion  Aber  steh  eifeben  Imen  mSaeen.  Man  liest 
neben  <Ior  Himmelfahrt  aurgemalt:  ZACHARMS  SCHNORLVCRETIA  8CH  .  .  .  EHC1.ICHE  HAVSFRAW  ANNO  16«. 
1-erner  haben  Zacharias  Schner  und  Eva  Dreyes  einen  in  mehreren  Stockwerken  mit  SSnlen,  Statuen 
und  Reliefs  sich  aufbauenden  FUntendeckel  von  demielben  C.  M.  (Christian  Möller)  anfertigen  lassen , 
der  du  Schnoi^idw  «nd  des  BigBebredit'idie  Epitaphinin  gemtcht  hat  (s.  «.).  Die  Nauen  der 
Stifter  und  ihre  Wappen  sind  zweimal  angebrncht.  S.  Beschreibung  des  Grabsteins  Nr.  303  im 
M.  Jahrb.  LIV,  S.  140  (^CruU  und  Techeu).  Dieser  im  Geschmack  der  Spätrenaissance  gearbeitete 
Oeekel  bt  }eUt  unter  den  Thnm  zarflclqjeitelU.  Ob  die  alte  Fttnte  ia  frfllieter  Zeit  einen  Deckel 
von  Brunze  liatte,  i::>t  nicht  mit  Be&timn>theit  zu  sagen.  Wahrscheinlich  war  er  von  Holx,  da  der 
Maler  1555  »Abgebrochenes«  -/.n  repnrieren  hatte. 

')  Topogr.  Saxun.  inferioris,  l-rancfurl  1623;  S.  23S.  Kcgnorum  Succiac  etc.  dcscripiiu  iiuva 
(Amsterdam  16$^,  S.  S4S-   v.  Bfllow,  M.  Jahib.  LVm,  S.  S7. 

•)  Mit  Benutzung  des  in  der  Beilag*  SU  Nr.  57  <!tr  \\  >uKir:,claii  Zeitung  von  1859  gedruckten 
Aufsatres  von  Dr.  l-"r.  CniU  «Die  nentii  n!:-ckt--n  zu  St.  Jurt;<.ri,  Mit  Niichrichtcn  von  den  Wi»- 
marschen  Glocken  Uberhaupt.«  In  QuarUurmai  bc^undcrs  abgezogen  in  der  Kalhsdruckerci  (Ocsten 
Wwe.),  Bacbnumn,  kuideskundl.  Literatiur,  Nr.  5Sot. 


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ST.  MARIEN -KIRCIIE  ZU  WISMAR. 


4« 


1.  Die  ^Tossu  Glucke  hat  oben  um  den  Hals  in  sehr  geschnörkelten  Erste 
gothischen  Minuskeln  fol-^undc  Tn^clirift:  Glocke. 

%a  15^'  Ptli  4irbcu  l"^otit  üc  Oer  mi  i"^rül).itt  Cfior  Ülocftcn 
Uli  MI  l)acnini  l^aiiiiAu  ^cinarfit  Cljo  Äof  Uiib  ■Cttn  ^att^ 
ßicft  ßoti  Dlfli  bc  Xbbc  ai  Co  4?Ucfi       I^oben  Idli  ^oc 

Die  einielnen  Wörter  sind  hin  und  wieder  durch  kleine  Rosen  getrennt 
Vorne  auf  der  Glocke  ist  die  Mutter  Gottes  mit  dem  Christuskinde  in  einer 
Strahlenglorie  dargestellt,  auf  der  hinteren  Seite  der  Gekreuzigte  zwischen 
Maria  und  Johannes  dem  Täufer.  Jenes  Bild  ist  nicht  übel,  aber  die  Dar- 
stellung auf  der  Ruckseite  äusserst  roh,  auch  gehören  die  einzelnen  Figuren 
der  Gruppe  ursprünglich  gar  nicht  zusammen.  Ueber  dem  Kreuze 
steht  das  nebenstehende  Zeichen  des  Giessers.  Ueber  dem  Marien- 
bilde liest  man  in  kleinerer  Schrift  die  Namen 

Soäfim  üetneHt.  i^inilcft  Mittat. 

2.  Die  mittlere  Glocke  ist  in  gleicher  Weise  wie  die  grosse  Glocke  Zweite 
ornamentiert   Nur  fehlen  die  Reliefbiidchen.   Man  liest  darauf  die  Inschrift:  Glocke. 

?Cmio  1.^67       bcr  4!(tliotbt  Jc^  Cftrieti  Pnfcö  Deren  53tii 

«i-rircii  Vovü]  iV..  parnu'u  pai'niau 

Dazwischen  ist  auf  der  vorderen  Seite  ein  Stuck  ausgesondert,  auf 
welchem  steht: 

1^.  iüu  j^dfnieftet 
jmifate^ 

tonnie^  ^toidt 

Herr  Jachim  Ilufniester  war  der  sinspector  der  Kirche  und  bildete 
nach  dem  Statut  vom  11.  August  1531  mit  J.  lleinckc,  Ii.  Dürjar  und  T.  Swick 
den  Kirchenvorstand;  J.  Heincke  war  »verwaltender  Provisor«  von  1562  bis 
1569.   Auch  auf  dieser  Glocke  ist  das  Zeichen  des  Giessers  angebracht 

3.  Um  den  Hals  der  » Wächtcrglockc «  läuft  in  schlecht  geformten  Dritte 
goüiischen  Minuskeln  folgende  Inschrift:  Gtocke. 

tDOI  •  bot  •  l^ott  •  ben  •  ftemtn  •  bet  •  atmen  •  bnn  •  let  • 
(Idl  •  rte  •  not  •  nid^t  •  eifiotmen  •  ben  •  tail  •  got  • 
erlgoren  •  nldit  •  in  •  finctn  •  fttengen  ^  gerid^t  ^  m  • 

bliij  ioiljini  ftcrucüLTd)  • 
Der  Anfang  der  Inschrift  ist  durch  einen  Kopf  auj>gczcichnct.  Auf 
der  vorderen  und  hinteren  Seite  der  Glocke  ist  eine  schlecht  modellierte  Figur, 
ein  Ritter  oderdeigl.,  angebracht;  weiteres  Ornament  bis  auf  die  Reifen  fehlt 
Jochim  Stemberg  goss  1553  drei  Glocken  fiir  die  Kirche,  von  denen  die 
grosseste  28  StT,  die  zweite  —  unsere  -  1 1  SIT  und  die  kleinste  7  Stt  wi^en 
sollten.  Jochini  Slernbcrg  hatte  aber  kein  Gluck,  denn  die  gni.sseste  Glocke 
musstc  er  dreimal  giessen,  ehe  sie  gerieth,  und  dass  auch  sie  nicht  tüchtig 
war,  zeigt  eben  das  Dasein  der  1567  gegossenen  grossen  Glocke.  Ebenso 


Üiyitizeü  by  LjüOgle 


42 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Vierte 
Glocke. 


Fünfte 
Glocke. 


Sechste 
Glocke. 


Siebente 
Glocke. 


Achte 
Glocke. 

Neunte 
Glocke. 


wenig  erhielt  sicli  tlic  dritte.    Auch  die  hier  behandeUe  ist  nicht  gut  {jcrathcn. 
Unterhalb  der  Iiischrii't  sieht  man  zwei  ziemlich  j.;rt)sse  \'ertiefuni^cn  im  Hronze 
körpcr  der  Glocke,  welche  darthun,  dass  das  flüssige  Metall  die  Furm  nicht 
ordentlich  gefiillt  hat   Auch  scheint  es,  als  ob  statt  der  Punkte  durchgangig 
kleine  Rosetten  beabsichtigt  waren. 

4.  Die  vierte  Glocke  hat  oben  um  den  I  lals  in  drei  Zeilen  eine  Inschrift 
in  römischer  Schrift,  die  aber  so  schlecht  modelliert  und  so  sehr  verdrückt 
ist,  dass  man  sie  nicht  vollständig  lesen  kann.  So  viel  ist  aber  daraus  zu 
eradien,  dass  die  Glocke  von  Adam  Dankwart  hier  1652  gegossen  ist.  Be- 
merkenswerth mochte  sein,  dass  das  Ornament  derscll)en  fast  fjenau  mit  dem 
auf  den  hundert  Jahre  älteren  grossen  und  Mittel  Glocken  übereinstimmt. 

5.  Schlecht  modelliert  läuft  oben  um  den  Hals  tler  fünften  Glocke 

halb  in  gothischen  Majuskeln,  halb  in  Minuskeln  die  Inschrift : 

+  ü  KHX  (iliUHIU  xFh  VHia  OViH  PJ^Ull  aut  niarla 

6.  I  lalb  in  gothischen  Minuskeln,  halb  in  römischer  Schrift  steht  oben 

um  den  Hals  der  sechsten  Glocke: 

?Cnno  •  boniini  •  1592  •  ba  •  pacciii  •  boininc  •  in  •  bicbbp  • 
nostriö  •  qcxbt  •  binriic  •  fccit  •  maria  .  wisma  . 

7.  Oben  um  den  Hals  der  siebenten  Glocke  licsst  man  in  zwei  Zeilen 
in  romischer  Schrift: 

SOLI  .  DEO  •  GLORIA  .  AÜ  .  DOMINI  .  1602  .  ALEXANDER  V.  PLES- 
SEN  •  IVROEN  V.  W0P6||  RSNOWEN  •  ALBRECHT  V.  PLES8EN  . 
CA8PEL  JVNKERN  •  H.  GERDT  FRIE  PASTOR  CLAWES  BINCKE  FECU 
Auf  der  vorderen  Fläche  der  Glocke  ist  der  Wappenschild  derer  von 
Plessen  angebracht   Daneben  steht: 

HELMODT    /  \   V.  PLESSEN 

MARGARETA   \  ^*PP«"  )  v.  SCHACKEN. 
PATRONEN 
Auf  der  hinteren  Seite  ist  eingegraben: 

ANNO  1621  HAT  DETLEF  VON  WARNSTEDT  DIESE  GLOCKE  VOL. 
LENKOMMEN  BEZALT  VND  ANHERO  BRINGEN  LASSEN. 
Das  »Anhero«  hcisst:  nach  Buchholz  bei  Brücl. 

8.  Die  achte  Glocke  hat  weder  Inschrift,  noch  Ornament,  noch  Gicsser- 
zeichen,  aber  auch  in  der  Form  nichts,  was  ein  besonders  hohes  Alter  verriethe. 

9.  Diese  kleinste  der  Glocken  im  Thurme  ist  zugleich  diejenige,  deren 
Aeusscrcs,  wenn  auch  ganz  einfach,  am  besten  von  allen  Wismar'schcn  Cilockcn 
gearbeitet  ist.  In  vortrefflich  i^cbildcten  gothischen  Minuskeln  hat  sie  um  den 
Hals  zwischen  Reifen  die  Inschrift : 

»  anno      boniini  »  niilirfinio  'ii  cccc  's^ 

Unmittelbar  darunter  steht  das  Zeichen  des  Gicsscrs: 


AXX 


Üiyitizeü  by  LjüOgle 


ST.  MARIEN-KIRCIIE  ZU  WISMAR. 


43 


10.  Die  Stundcn^Iocke,  sammt  der  I  laibstunden- und  der  Viertelstunden-     /t  hnte 
glocke  aussen  am  östlichen  Thurmgiebcl  übel  tjenug  angebracht,  hat  um  den  Glocke. 

Hals  in  ziemlich  schloclik'n  gothischen  Minuskeln  folgende  Inschrift: 

Sfnno  i»  öni  •  15+5  •  coiiflatum  •  cft  •  Jjoc  ^  opiiö  •  arte  • 
M^i  •  nicolai  •  lt>aii)tcl.  «  in  «  locu  j  capanc  •  aiina 
bni  •  1539  >»'  in  >§:  bigilia  •  Sacobi      apli  »  ictu  {uU 
minM  #  tma  •  cum  #  tiirtf  •  tectoii  •  temvli  #  canflagcate  • 

Im  Kranze  steht: 

Donnc  buobcfint  funt  Tjarc  biri.   .^i  nniiS  amfiiilatierit  in  bif 
non  onritblr  nina  lucrni  huiiiö  nninbi  liibrc.  So^an  ]ci.  jiXii^ 
tüte  Vea  Ocfijcii^  <^copu^  Vitc  <Crifttip. 
Diese  Inschriften  und  die  der  beiden  folgenden  Glocken  sind  nach 
Pausen  wiedei|r^ben;  es  muss  somit  dahin  gestellt  bleiben,  ob  die  sedis 
lebeten  Worte  der  Kranzkgt  ndr  fal-f  h  gelesen,  oder  ob,  wie  an  den  bekannten 
messinj^encn  Schüsseln,  tlic  Huciistal»cn  bloss  ornamental  verwendet  sind.  Der 
Brand  des  Thurnies   und  Kirchendaches  wird   in  der  Inschrift  auf  St.  Jacobi 
Abend,  den  24.  Juli,  gesetzt;  eine  andere  anscheinend  gleiclucitigc  Nachricht 
setzt  ihn  auf  den  2$^  eine  dritte  auf  den  22.  Juli.') 

Mit  der  Stundenglocke  bilden  die  neun  Thum^ocken  ein  Glodcenspiel, 
welches  noch  heute  zu  verschiedenen  Zeiten  gebraucht  und  durdi  eine  Tret- 
Vorrichtung  in  Bewegung  gesetzt  wird.  Anscheinend  ist  es  er-(  i'lniahlich 
auf  diesen  Umfang  erweitert,  doch  war  schon  1592  ein  solches  vorhanden.*) 

11.  Die  Haibstundenglocke  hat  um  den  Hals  die  Ludirift:  Elfte 

80U  DEO  OLORIA  Ulocke. 

im  Kranze: 

QEKAUFT  DURCH  H.  D.  JOHANNEN  OLOENBVRQ  PATRONUM  H. 
JOACHIM  TREBBIN  IN8PECT0REM  DAUIDE  DA8UHN  PROVISOREN 

Auf  der  vorderen  Fläche  steht: 

M.  VIT  SIEBENBAUM  00S8  MICH  IN  SCHWERIN  ANNO  1092 


')  Atitiu  dumini  iiiv*.x.xxix  van  demc  niidwekL'ii  vp  den  dmiredacb  dflS  Mcht»  vor  Wintejacub 
in  der  ame,  doii  styckede  dat  wcdder  vnsei  Icuen  fruwcn  turn  an  de  spiUe  —  vnde  beende  gaiia 
•ff  rp  det  narewerck  m,  Tnde  alle  klockcn  vorbraiden  vnde  breken  entwey.  dar  tbo  brcnde  dal 
gaiisze  spcrth  van  der  kerckcn  myt  den  beyden  klenen  toriickcn  vtide  myi  dem  scycr  11.  s.  w.  Kc};. 
S.  Spir.  d.  a.  i486.  Cup.  S.  Nicolai  fol.  19,  dem  L.atomuä  (Ck-nealochr.  ap.  Wcstph.  Mon.  T.  iV, 
p.  466)  folgt,  hat  *vpp  Marya  Magdalcne«.  Au»  jener  Nachricht  würde  folgen,  daac  alle  Glocken, 
die  Uter  dnd  als  iS39i  von  mderwSm  nach  St.  Marien  gebracht  sind,  in  Wkienpraclie  siebt  sie 

aber  mit  einem  .\nsat/c  in  der  Rechnung  tll>cr  den  GIockcnt^usM  vun  1553:  -wi]  s  du  wy  den 
uldcn  Svycx  cntwcy  :>lugcnn<.  Crull,  M.  Jahrb.  XLVil,  ä.  69  und  83.  Cie^cnüber  der  hier  mit- 
getbeflMn  Nachricht  aber  den  ThumbiiMMl  sowie  der  sie  bestittigendea  Nachiidit,  weldie  Techeo 
im  M.  Jahrb.  LV,  S.  136,  veiöirentücht  hat,  sind  die  Übrigen  miaderwerthig.  Das  Unglück  begab 
sieh  in  der  Naehl  vom  2j.  auf  den  14.  Juli  des  Jahres  1539. 

1602,  Apr.  7,  attestieren  ttOigenneister  und  Rath,  dass  Bartbolomlos  Becker  seit  10  Jahren 
seinen  IKenat  sn  St.  Mnrii n  nicht  allein  in  den  Fest-  vndt  Sonntagen,  sondern  auch  tSglich 
Miit.^s  zue  12  Uhren  vff  den  Thurmglocken  mitt  alkrhaadt  nieludeien  geullicber  FSalmen  irUlich 
vndt  tlciMig  bedienet.  € 


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44 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Zwölfte  1 2.  Die  Viertelglocke  hat  um  den  Hals  folgende  Inschrift  in  gothischen 

Glocke.  Minuskeln: 

0  Ijcnicl  «■  \}\\  i"  erbe  "  Uicrt  *  bor  «i  ohaii  i«'  gabcl  # 
tuort  i«t^  bUft      in      eUiictjcit  hs^  in  #  ta' 
Unten  im  Kranze  stdit: 

Dreizehnte  13.   Die  Glocke,  welche  in  dein  Dachreiter  iibcr  dem  Chorschlusse 

Glocke,    hängt,  hat  um  den  Hals  die  Inschrift: 

SOLI  DEO  GLORIA  ANNO  1687 
Vorne  auf  der  Glocke  steht  in  vier  Zeilen: 

DAMALS  SIND  GEWESEN     H.  B.  CASPARVS  SCHWARTZKOPF  I.  V. 
D.  VND  SYNDICVS  |  H.  B.  iOACHlMVS  PARIS  '\  H.  lOACHIMVS  LEH- 
MAN INSPECTOR. 
Unten  im  Kranze  steht: 

M.  VITES  SIEBENBAVM  GOSS  MICH  IN  SCHWERIN. 

An  Stelle  des  Dachreiters  befand  sich  vor  Zeiten  der  Seier-  uder 
Seigerthurm,  in  wetdiem  (ße  Stundei^lodce  hing,  die  wahrscheinlidi  mit  der 
Uhr  hinter  dem  hohen  Altare  in  Verbindung  stand.*)  Für  den  grossen  Thurm 
gab  der  schwedische  Gouverneur  General  Wrangel  eine  Zeiger-Uhr,  die  1647 
fertig  war.    1683  ward  eine  neue  Uhr  mit  drei  Schk^locken  aufgestellt. 

Uhrscheibe.  Uhrscbeibe.    Hinter  dem  Altar  hat  sich  eine  mittelalterliche  Uhrscheibe 

sammt  einem  Planetarium  erhalten,  ivovon  Schröder,  P.  M.,  S.  1223  eine  aus- 
führliche Beschreibung  giebt:  »Uber  dem  Altar  ist  das  Uhrwerck  welches, 

nach  dem  Chor  hinein  mit  Brettern  zugekleidct,  auf  welchen  die  H.  Drey- 
faltigkeit  abgemahlet,  und  zwar  auf  eine  Art  die  nicht  allen  L^cnilli^'.  Gantz 
oben  auf  diesen  (ieriiste  sind  die  Stund-  und  Halb -Stunden -Gluck.  W  en  jene 
schlaget,  so  stossen  sich  bey  jeden  Schlage  zwene  Hocke,  bey  dieser  aber 
stehet  ein  kleiner  Kerl,  welcher  mit  einem  Hammer  auf  die  Glocke  schlaget, 
und  bey  jeden  Schlag  6ea  KopflT  und  rechten  Arm  rühret,  hinter  dem  Altar, 
und  also  ausser  dem  Chor,  ist  unten  eine  grosse  curieuse  Gdender- Scheibe, 
die  jährlich  einmahl  fimbgehct.  An  der  rechten  Seite  sitzet  ein  kleiner  Kerl, 
welcher  mit  einen  Stecken  auf  den  Tag  weiset.  Man  siebet  auch  darauf  den 
.Sontags  Buchstab  etc.  Oben  sind,  an  einer  eben  so  curieuse  Scheibe,  die 
Himmels -Zeichen,  die  Mond -Wandelungen  und  andere  Astronomica.  Diss 
gantze  Werck  ist  vermählen  gantz  accurat  herflm  getrieben  worden,  so  annoch 
im  Stande,  weil  die  Uhr  aber  gar  selten  aufgez<^n  wird,  so  ist  es  fast  nicht 
anders  anzusdien,  als  wenn  es  nicht  mehr  vorhanden.« 

Die  Böcke,  die  sich  beim  Schlagen  der  Glocke  stiessen.  und  das  dazu 
gehörende  Männlcin  im  CostUm  des  XVI.  Jahrhunderts,  beide  Thcile  also 

')  Die  ente  sichere  Nachricht  von  einer  Suiixk-nj^luckc  in  WUinar  ist  wohl  von  14SI,  Aonu 
domiai  mocccxxi  üc$  mandaghc«  vor  wnie  Gallco  daj;he  do  de  klocke  negbene  tluch  vor  msrddagtw. 
Lib.  pnMcr.  \>.  94. 


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ST.  MARIEN -KIRCHE  ZU  WISNfAR. 


45 


jünger  als  die  gothische  Uhrscheiln?,  die  dem  XV.  Jahrhundert  angehört,  sind 
seit  1841  entfernt.    Sie  befinden  sich  jetzt  in  der  Kapeile  unter  dem  Thurm. 

Epitaphien  und  Grabdenk- 
mäler. 

I.  Das  älteste  ist  das  von  dem 
hcrxo^'l.  I^mdrath  Balthasar  von 
Schöneich  j;cstiftctc  l%pitaph  vom 
Jahre  1595.  Ks  befindet  sich  noch 
heute  in  der  alten  Kaniilienkapcllc 
auf  der  Südseite  der  Kirche,  die 
spater  im  Hesitz  der  I  lerren  von 
Ncf^cndank,  dann  derer  von  Smith 
war  und  jetzt  als  Heichtkaj>ellc 
dient.  Das  r'])itaph  i.st  nicht  ^ros.s, 
aber  eine  nicht  werthlo.sc  Arbeit 
aus  Schiefer  und  Alal)aster  im 
Kenais.sance- (ieschmack.  In  der 
Mitte  ein  Relief  mit  der  Auf- 
erstehung Christi.  Oben  dasSchön- 
eich'schc  und  da.s  Stralendorf.schc 
Wappen,  und  als  Hckrönimfi  eine 
I'"i^ur  mit  Talmenzweij^,  unten  die 
Fides.  Vgl.  Schröder,  P.  .M., 
S.  1226.    Usch,  M.  Jahrb.  I,  S.67.') 

hn  Jahre  i84<;/so  Hess  der 
damalige  Kirrhen  •  Provisor  die 
Schnitzerei  eines  zweiten  sehr 
grossen  Kpitaphiums  aus  Holz, 
das  sieh  gleichfalls  in  der  Kapelle 
befand  und  mit  Malereien  ver- 
ziert war,  die,  soweit  es  die 
noch  erhaltenen  Reste  in  der 
sog.  Materialien  -  Kaunner  <]er 
Kirche  erkennen  lassen,  von  der 
Hand  des  in  der  ersten  Hälfte  des 
XVII.  Jahrhunderts  in  .Mecklen- 
burg thätigen  niederländischen 
Malers  Daniel  de  Block  sein 
können  (vgl.  Bd.  I,  S.  61),  zu 
einem  Beichtstuhl  verarbeiten, 
Reste  von  der  Schnitzerei  des  alten  Epi- 


Kpitaphien 
und  (irab- 
denkmäler. 


Schöneich- 
sches 
Kpitaph. 


Karow'sches  Epitaph. 

der  jetzt  in  der  Kapelle  steht, 
taphiums  im  Museum  zu  Wismar. 


2.  Da.s  zweite  ist  das  16 14  im  Auftrage  der  Wittwe  Engel  Tancken 
von  dem  bei  der  .schönen  Kanzel  in  St.  Jürgen  bethciligten  Bildhauer  Görries 

')  Ueber  den  Uoinlierrn  Balthasar  von  Schöncich  vgl.  Lisch,  M.  Jahib.  XXXVl,  S.  202. 


Karow- 
sches 
Kpitaph. 


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46 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


IMcssen- 
Sperling- 
l'ecratel- 

K|)il;iph. 


Quade  hergestellte 
Nicolans  Karow.*) 

zwei  Stoclcwerken 
Im  Renaissance- 
stil.  In  der  Mitte 

ein  Alabastcr- 
rclicf    mit  dem 

Crucifixus  und 
mit  den  Gestalten 
des  Johannes  und 
der  Maria,  oben 

ein  Relief  aus 
gleichem  Material 

mit   der  Dar- 
stellung des 
Sündenfalles. 

Ganz  oben  als 

Hekrönung  die 
I-'igur  des  Chri.stus 
Rcdemptor.  Die 

Inschrift  des 
Epitaphs  im  Ge- 
hänge unterhalb 
des  ersten  Stocks 

ist  ganz  ab- 
gedruckt bei  Crull 
und  Tcchen, 

M.  Jahrb.  LVI, 
S.  124. 

3.  Das  zeit- 
lich nächst- 
folgende ist  das 
von   einem  un- 
bekannten Künst- 
ler  in  Sandstein 
hergestellte 
Plessen- 
Sperling- 


Holz-  und  Alabaster- ICpitaph  des  R.nthsverwandten  Herrn 
Ks  ist  in  der  Südhalle  untergebracht  und   besteht  aus 


I'lcüscn  -  Sperling  -  l\-ccaicri>ch«»>  K|>ila|>ii. 


Peccatel'sche  in  einer  der  südlichen  Seitenkapcllen.  Hier  .sind  die  drei 
Sandstcinfigurcn,  die  der  Krau  und  ihrer  beiden  IChemänner,  .sjunmt  den 
zugehörigen  Familienuappcn  die  Hauptsache,  dazu  die  Inschrift:  Anno  1532 
—  Mali  ist  der  edler  gestrenger    vnd  Ehrenvehster  Cort  Plesse  avf  Dameshagen  | 


')  llanikcht  Ge:>chtchlB4|uellen  U,  zu  Nr.  454. 


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ST.  MARIEN- KIRCHE  ZU  WISMAR. 


47 


rvndeshage  vd  Tressow  Erbsesn  GeboreT  vnd  da  er  seine  •  O  Jahr  erlanget  hat  er 
sich  mit  des  E.  G.  vnd  E.  Carins  Molten  avf  Tevtendorp  Erbsesn  Eheleibliger  Doch 

ter  Katahrinae  in  dem  stände 
der  H.  Ehe  begeben,  vnd 
da  sie  nach  30  iahren 
Todes  verbliechen  hat  er 
sich  mit  des  E.  G.  "vd  E. 
Cort  Speriingk  zvm  Rvting 
Erbses  E  heleibliger  Doch* 
ter  Jvngkfra  Elisabeth  ver  { 
ehliget  vnd  Leider  Gottes 
nvr  8  iahr  im  Eh  stände 
mit  deroselben  geiebet  vnd 
nach  sei  nem  abster?  an- 
no 1601  den  14  April  hin* 
terla  sener  wittiben  dero- 
massen  mit  givtern  vnd 
gelde  versorget,  dz  .  sie 
ihme  billigk  dank  weis  bies 
an  Ihr  Ende.  Der  Edel 
Gestreng,  vnd  vester  Ctavs 
VÖ  Peccatel  Fvr.  Mecklen- 
bvrgischer  avch  Pfaltzgraffi- 
scher  Newbvr  gischer  vnd 
Margraf  ischer'  Badischer 
Rath  Obristir  7d  MevptmTt 
ZV  Ivenak  zv  Lvtkr  Viilen 
Erbsesn  ist  doselbst  ano 
1548  12  Mai  gebor  ArTo 
1572  hat  er  sich  zv  krigs 
wesn  hege'S  vorneme  Emp- 
ter  drin  bedi  net.  AläolGOS 
1  Dec  hat  er  mit  der  E. 
Ehr  vnd  Tvget  reichen 
Elisabeth  Sperlings,  Weilaid 
cort  von  Plessen  hinter- 
lassen Witwen,  sich  in  de 
stand  der  ehe  begebe*  vnd 
ist  ave  f.  Havs  Ivenak  das 
bei  lager  gehalten.  In  sol- 
chen seinen  digni  taten 
geendigt  ano  1615  den  14  febrva  gestorbn 
ben,  alda  ihme  dan  eine  sehr  stat- 


Ribuw'schcs  Epiiaph. 


hat  er  sein  leben  zv  Ivtken  vilen 
vnd  den  29  Mar.,  seines  alters  67  iahr,  begra 
lige  begre  tnvs  geschehen.    Crull  und  Tcchcn,  M.  Jahrb.  LV'I.  S.  125. 


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48 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Eine  hier  angebrachte  Tafel  mit  Wappen  und  Stammbaum  l)efindet  sich 
jetzt  im  V.  Stralentlorfschen  Hause  zu  Gamchl.  Die  GemaKlc,  welche  in  der 
Kapelle  waren,  sind  an 
die  von  üertzen'sche 

Familie  verschenkt 
und  theils  nach  Roji;- 
gow,  theils  nach 
pin  gekommen.  Die 
Reste  der  'ruml)a  und 
auch  das  Porträt  der 
Herzogin  Anna  S(»phie, 
das  Schröder,  V.  M., 
1226,  erwähnt,  sind 
nicht  mehr  vorhanden. 

Ribow-  4.  Da.s  Ribow'schc 

sches  Kpitiph  ist  ein  grosses 
Kpitaph.    Holzrahmcnwerk  im  Spat- 

renaissanccstil,  es  befindet 

sich  in  der  siidlicljcn  Halle. 

In  allen  drei  Theilcn  Ge- 
mälde:   in  der  Mitte  da.s 

grös.sere,  das  den  I  leiland 

als  Sieger  über  die  Hölle 

darstellt;  oben  das  kleinere 
mit  der  Aufcrstehung.s- 

sccne,  unten  im  Gehänge 

das  Hhcpaar,  der  lUirgcr- 

meister  Hieronymus  Ri- 
bow') (•{•  1630)  und  seine 

Gattin  Anna  Julen.  Dazu 

ihre  Wappen.    Ueber  diese 

und  die  In.schrift  s.  Crull 

und  Techen,  1.  c,  S.  126. 


Büddeker-  5.  l-lpitaph  des  Syn- 

sches  dikus  imd  lUirgermeisters 
Kpitaph.  Böddeker(v  1654)*)  in  der 
nördlichen  I  lalle.  Spät- 
renaissancestil, Alles  von 
Holz.  Im  Mitlelslück  der 
Crucifixus    mit  Johannes 

und  Maria  (fast  Voll- 
figurcn);    im   oberen  die 


nuildekcr'ftchcs  Epilaph. 


')  Hans.  Gesch.-Q.  II,  zu  Nr.  4f><),  1>l-7«.  43S. 
Hans.  Gtsch.-Q.  II,  7U  Nr,  490. 


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ST.  MARIEN -KIRCHE  ZU  WISMAR. 


49 


Auferstehung  als  Relief.  Unten  die  gemalten  Porträts  des  Verstorbenen  und 
seiner  Gattin  Catharin  Heins.    Inschrift  bei  CniU  und  Techen,  1.  c.,  S.  126. 


Eggebrecht 'scIies  Epitaph. 


6.  Das   Eggebrecht'sche ') 

Hpitaph  in  der  nördlichen  Halle. 
Im  Spätrenaissance-  oder  Barock- 
stil, 1655  (noch  bei  Lebzeiten  des 
Mannes)  errichtet  von  dem  Hild- 
haucr  C.  M.  (Christian  Möller)  in 
I  lolz  angefertigt.  Im  Mittelstock 
der  Crucifixus  mit  Johannes  und 
Maria  in  Vollfiguren,  oben  die 
Auferstehung  in  Malerei,  unten  im 
Cehänne  die  gemalten  Brustbilder 
des  Ehepaares,  des  Brandanus 
Kggcbrecht  (f  1657)  und  der 
Dorothea  Clandrians.  Die  Inschrift 
bei  CruU  und  Techen,  1.  c,  S.  126. 

7.  Epitaph  des  Superinten- 
denten   Heinrich    Dinggrav.  Im 

nördlichen  Seitenschi  (T.  ICs  be- 
-Steht  aus  einem  (iemnlde  in  ein- 
fachem Rahmen  und  ist  mit  einer 
langen  lateinischen  In.schrift  im 
elegischen  Versmaass  versehen.  Auf 
dem  (iemälde  in  der  Mitte  der 
C'rucifi.xus,  zu  .seinen  Füssen  der 
.schlafende  Jacob.  Rechts  und  links 
Dinggrav  und  dessen  (lattin.  Auf 
der  einen  Seite  die  Himmelsleiter, 
auf  tler  anderen  Jacob,  wie  er  mit 
dem  lüigel  ringt.  Vgl.  Schröder, 
l'ap.  M-,  S.  1224.  Das  Kpitaph 
wurde  1609  aufgehängt.  DieV'ers- 
Inschrift  bei  Crull  und  Techen, 
M.  Jahrb.  LVI,  S.  123. 


8.  Schnobr'.sches  Kpitaph  vom  Jahre  1657,  wie  das  vorige  ein  reich 
figuriertes  üppiges  Holzrahmenwerk  im  Geschmack  der  Spätrenais.sance  mit 
drei  Gemälden.  In  der  .südlichen  Halle  der  Kirche.  Unten  im  Gehänge  das 
Ehepaar:  Hermann  Schnohr  und  Eva  Dreves,  im  Hinlergrunde  das  Innere 
einer  Kirche.    Im  Vordergrunde  des  mittleren  Hauptfeldes  ein  zweites  Ehepaar 


brecht- 
schcs 
Kpitaph. 


Dinjj^rav- 

siht-s 
Kpitaph. 


Schnohr- 

sches 
Epitaph. 


')  Hans.  Gc!>cb.-Q.  II,  zu  Nr.  487. 


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50 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Meviiis- 

srhcs 
K]>ilaph. 


(wahrscheinlich  das  der  I'lltcrn  des  Mannes,  des  Zacharias  Schnohr  und  seiner 
Gattin),  und  im  Hintergrunde  die  Himmelfahrt.  Ganz  oben  endlich  die  Aus- 
giessung  des  hl.  Geistes. 
Das  Mittelfeld  wird  von 
den  beiden  plastischen 
Gestalten  des  Moses  und 
des  Täufers  Johannes 
flankiert.  DieWappen- 

schildc  des  unteren 
Ehepaares  sind  bei  der 

letzten  Restauration 
vertauscht,    Rose  und 

Sterne  gehören  der 

Schnohr'schen ,  die 

Justitia  der  Dreves- 

schen  Familie.  Be- 
zeichnet links  unten 

C.  M.  fecit  (Chri.stian 
Möller)  und  rechts 
unten  mit  der  Jahres- 
zahl 1657.    Vgl.  Crull 
u.  Techen,  I.  c,  S.  1 27. 


9.  I'Ipitaph  des 
Con.sistorialraths  und 
.schwedischen  Vicc  IVa 
.sidenten  David  Mevius 
(•]•  1670).    In  einer  der 

nördlichen  Seiten- 
kapellen,   Ks    ist  ein 
mit    l'^n^eln  und  alle- 
gorischen, aus  lilättern, 
Rlüthen   und  Trauben 
heraussehenden  weib- 
lichen Ge.stalten  in 
Rüstenform  ausgestatte- 
tes Rahnienwerk  im 
üppigsten  Rarockstil, 
aus    I  lolz  geschnitzt. 
Im   oberen  Medaillon 
das   Rildniss  des  Ge- 
nannten als  Rrustbild. 


Schnohr'sche»  Epitaph, 


Als  Mauptstück  in  der  Mitte  eine  lange  von  einem 
geschnitzten  Hichenblätterkranz  cingcfasste  Inschrift  in  lateinischer  Sprache. 
Unten  im  Gehänge  das  von  zwei  kleinen  Hngelfiguren  gehaltene  Wappen  des 


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ST.  MARIEM- KIRCHE  ZU  WISMAR. 


51 


Verstorbenen  {^jcthcilt,  vorne  zwei  Zweige,  hinten  über  von  Schlanj^cn  um- 
wundener Säule  ein  Stern  in  einem  Kranz).    Vgl.  Crull  und  Techen,  1.  c,  S.  127. 


Mevius'schcs  l!|iita])ti. 

10.   Epitaph  des  Bürgermeisters  Jürgen  Schwartzkopff ')  (f  1554).  im  St  hwartz- 

Jahre  1756  im  Auftrage  des  damaligen  Weinhandicrs  Ant.  Matthias  Schwartz-  k"i)fl"st:hcs 

—  -  — ■ — -  Kpilanh. 

')  Hans.  Geschichts-Q.  II,  zu  Nr.  368. 


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5^ 


AMTS6ER1CHTSBKZIRK  WISMAR. 


köpf  so  gründlich  erneuert,  dass  nur  noch  die  Rudera  eines  Familienbildes 
auf  Leinwand  als  alt  bezeichnet  werden  können.  Jetzt  in  der  Materialien- 
kammer der  Kirche.  Dieses  Bild  aber  wird  sich  schwerlich  auf  den  Genannten 
beziehen,  wahrscheinlich  auf  spätere  Mitglieder  der  Familie,  die  der  Stadt 
noch  mehr  Bürgermeister  und  Rathmannen  gab.  Vgl.  Crull,  Rathslinie.  (Hans. 
Geschichtsquellen  II.)    Inschrift  bei  Crull  und  Tcchcn,  1.  c,  S.  1 28. 


Wrangel- 

schcs 
Kpitaph. 


Briimmer- 

sches 
Wappen. 


Ocdächt- 
niss -Tafel. 


II.  Das  Wrangerschc  Epitaph.  In  der  Kapelle  des  schwedischen 
Generals  Wrangel  (s.  u.).  Iis  besteht  wesentlich  in  einem  geschnitzten,  von 
Lorbeerzweigen  umschlungenen  und  von  sechs  Lngeln  umschwebten  Wappen 
(in  weissem  Felde  ein  schwarzes  Mauerstück  mit  drei  Zinnen,  auf  dem  Helm 
das  Mauerstück  zwischen  zwei  silbernen  Flügeln)  mit  kurzer  laschrift,  die  bei 

Crull  und 
Techen,   I.  c, 

S.  126,  ab- 
gedruckt ist. 


12.  Hier- 
her gehört 

auch  das  aus 

Holz  ge- 
schnitzte an- 
sehnliche 
Wappen  des 
Reich-sgrafen 
Otto  Fried- 
rich von 
Brümmer, 
des  Erziehers 
vom  Czaren 
Peter  III.,  in 
der  nördlichen 
Halle.') 

1 3.  Ueber 
die  Gedächt- 
niss -Tafel  des 

Stifters  der 
Kanzel  s.  o. 
S.  37-  Vgl. 
Schröder, 
P.M.,  S.  1225. 


BTUmtiMrr'schcs  Wappen. 


')  Vgl.  RrUckncr,  Katharina  II.  in  Oiicl(«n's  Allgem.  Gesch.  X,  3.  Th.,  S.  24  fr.  |!i)bass.»n", 
Kalliarina  II.,  Dd.  I,  .S.  103  flf. 


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ST.  MARIEN  KIRCHE  ZU  WISMAR. 


53 


flrah- 
denkmal. 


14.  Wrangel'sches  Grabdenkmal,  in  der  gleichnamigen  Kapelle  auf  Wrangel 
der  Nordseite  der  Kirche.  Auf  einem  weit  über  Manneshöhe  sich  erhebenden  schcs 
mächtigen  Unterbau,  der  mit  Kupfcrplatten  verkleidet  ist,  die  mit  Bibel- 
sprüchen bemalt  sind,  und  der  oben  mit  einer  Halustrade  abschliesst,  deren 
Ecken  mit  pyramidalen  Aufsätzen  bewehrt  sind,  steht  ein  prächtiger  Doppel- 
sarkophag,  auf  dem  die  aus  Holz  geschnittenen  charaktervollen  Gestalten  des 
bekannten  schwedischen  Generals  (■••  1647)  und  seiner  zweiten  Gemahlin,  der 
Magdalena  von  Buchwald,  ruhen:  er  im  Harnisch,  mit  über  der  Bnist  ge- 
falteten Händen,  das  lange  Schwert  danmter,  die  Füsse  und  Beine  mit  hohen 
Krcmpstiefeln  bekleidet;  sie  in  einfacher  schwarzer  Kleidung,  die  Hemdärmel 
an  den  Händen  ht-rausgeschlagcn,  über  der  Brust  einen  weissen  Uebcrfall 


Wrangvl'sches  Grabdenkmal. 


tragend;  beide  mit  Kappe.  An  den  Langscitcn  des  Sarkophags  die  Apostel- 
gestalten, aus  Holz  geschnitzt,  an  seinem  Fussende  der  aus  dem  Grabe  auf- 
erstehende Christus,  dazu  zwei  Kriegsknechte  als  W^ächter,  zu  Häupten  drei 
Wappen,  in  der  Mitte  das  Wrangcl'schc  (s.  o.  unter  11),  rechts  das  der  ersten 
Gattin  des  Generals,  der  Anna  Sabina  Treusch  von  Buttlar  {auf  rothem  Grunde 
ein  silberner  Tragkorb  mit  goldenen  Bändern  und  Riemen,  der  Helm  mit 
drei  weis.sen  Federn  besteckt),  links  das  der  zweiten  Gattin,  der  Magdalena 
von  Buchwald  (quergetheiller  Schild,  unten  ein  weisses  Feld,  oben  auf  rothem 
Grunde  ein  gekrönter  Bärenkopf,  dieser  auch  auf  dem  Helm).  Auf  den  Fcken 
des  Sarkophags  die  vier  Evangelisten -Symbole,  und  auf  angefügten  vier  be- 
sonderen Postamenten  vier  Engelgestalten  als  Wächter. 

Der  Unterbau  des  Sarkophags  schliesst  drei  Särge  ein,  den  mit  einem 
aufliegenden  Crucifixus  au.sgestattetcn  des  Generals,  des.sen  Theile  aus  Kupfer, 
Messing  und  Zinn  hergestellt  und  mit  Engelfiguren,  Schildern  und  Spruchen 


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S4 


AMTSGERICHTSBEZmK  WISMAR. 


Mecklen- 
burg. 


reich  verziert  sind  (mandies  ist  von  fremden  Händen  weggerissen),  den  der 
zweiten  Gattin  Magdalena  von  Buchwald  und  den  des  Grafen  Brüouner  (s.  o. 
unter  12). 

An  der  Westwand  die  mit  Goldschmuck  ausgestattete  Rüstung  des 
Generals  sammt  Helm  und  Bein-  und  Armschienen.  Gegenüber  das  unter  II 
schon  beschriebene  Epitaph  mit  der  Inschrift:  DER  KÖNIQL.  MAYt  VND 
REICH  SCHWEDEN  VBER  DIE  CAVALERIE  GENERAL  MAJOR  VND  OBRISTER 
H.  HELM.  WRANGEL.  HERR  ZU  SELKIS.  1647.  Daneben  das  Buttlar'schc 
Wappen  (s  ().)  mit  der  Unterschrift:   ANNA  SABINA  geb.  TREYSCH  BVTLER. 

Der  mit  reichem  Barock-  und  Rococoschmuck  ausf^estattetc  Portal-  und 
Gitterschluss  der  Kapelle  stammt  laut  Inschrift  vom  Grafen  Briimmer  (s.  c). 

Am  Grabmal  Wrangel's  war  nachweislich  im  Jahre  1653  der  schon 
öfter  genannte  Bildhauer  Christian  Möllsr  mit  Hcntellung  der  genannten  drei 
Wappen  beschäftigt;  ob  er  anch  aUes  Uebrig»  angefertigt  bat,  ist  Ws  jetst 

nicht  ermittelt. 

Grabplatte  15.  Bronzene  Grabplatte  der  Ilerzoqin  Sophie  von  Mecklenburg,  Ge- 

d.  Herzogin  niahÜn  des  Herzogs  Magnus  II.,  Tochter  des  Herzogs  Krich  II.  von  Pommern, 
^»P^ir**"  ""'^  Stamnmiutter  des  heutigen  mecklenburgischen  Fürstenhauses.  Gusswerk 
in  gothischem  Stil.  Die  schöne  Platte  lag  bis  zum  Jahre  1884  vor  dem  Haupt- 
Altar  der  Dominikaner -Kirdie  zu  Wismar.  Als  damals  die  Kkche  ab- 
gebrochen und  der  Chor  zu  Schulzweckcn  eingerichtet  wurde,  übertrug  man 
das  Denkmal  in  die  Marienkirche.  Die  Platte  hat  2  cm  Stärke  am  äusseren 
Rande  und  misst  2,53  X  1,5^^  m.  Sie  besteht  aus  fünf  sehr  sorgfaltig  und 
sauber  zusammengefugten  Theilen,  dem  grossen  Mittclstück  mit  der  Figur  der 
Verstorbenen,  und  dem  aus  vier  Theilen  zusammengesetzten  und  mittdst  der 
auf  Gehrung  berechneten  Hohlkehle  an  das  Mittelstfick  angesdilossenen  Rahmen. 
ObeAalb  der  Figur  im  Rahmen  ein  zweimal  gedieilter  und  gespaltener  Schild, 
in  dessen  erstem  Felde  der  mecklenburgische  Stierkopf  angebracht  ist,  während 
die  übrigen  acht  Felder  die  einzelnen  Theile  des  pommer'schen  Wappens  ent- 
halten, die  ein  zweites  Mal,  jeder  für  sich,  in  den  übrigen  acht  Feldern  des 
Rahmens  vorkommen.  Die  fein  empfundene  lebensvolle  Gestalt  der  Herzogin 
ruht  auf  dner  Decke  mit  schön  entwidcdtem  Granatapfelblüthen-Muster  und 
mit  ihrem  Haupte  auf  einem  Kissenpolster.  Auf 
dem  Ran(l<:  der  Decke  die  Namen  Jesus  Maria 
(IhflS  iUTilUK).  Um  das  Kissen  herum  breitete 
sich  einst  ein  vollplastischer  Baldachin  aus,  der 
wahrscheinlich  auf  einem  Stabwerk  ruhte,  das 
beiderseits  von  der  Gestak  In  den  Hohlkehlen 
angebracht  war  und  von  unberufener  Hand  ent- 
fernt ist.  In  ihren  Händen  hielt  die  Herzogin 
einen  Ro.senkranz.  In  der  Initiale  .11  der  In- 
schrift steht  der  Name  des  Giessers:  t\\t  Ijrintlj 
oder  BruicU  otler  briutlj  oder  briUClI.  über  den 


bis  heute  nichts  bekannt  geworden  ist,  dessen   imiiiil  mit  dem  Namen  da  ü 


icswrs. 


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Itronzcnc  (jrnl)|ilattc  lU-r  Hcrzojjii»  >n[i!iic  \<.ii  Mci,k]cii1:ut j 
in  St.  M-.irici»  \V;«m.ir. 


ST.  MARIEN -KIRCHE  ZU  WISMAR. 


5S 


Name  aber  auf  Niederdeutschland  weist.    Die  Umschrift  lautet:  .fla  •  crlfti  • 

bnfc^  •  5crcn  •  aljcöart  I  Pcftrifjübcrt  •  biib  •  !Jin  •  bcrbc  •  jare  •  nni  • 
fribagOc  •  n.i  niifrrko  I  rblas  •  bni  •  3d  •  bc  •  burdiliicfitiglie  •  Ijo  i 
ri)g|^c&oni  •  toorftine  •  ftnluc  •  «^oiiljia  •  gficborn  •  b.in  •  ftrtti  •  bnb* 

p  '  omeren  •  2c  •  l')crtO' 
gnnc  •  ro  •  nicftelcfiio  _rdi  • 
Porfliiic  •  to  •  Uicbc  • 
^C^rclilnc  •  to  .^tarrin  •  lio> 
florti  \jnb  ..^tara  '  arbc  • 
:c  •  Per  •  laiibe  •  fraUic  • 
borftorb  rn  •  T>rr  •  .>rlcii  • 
gab  •  Biiebicli  •  bnb  • 
barm))erticf)  •  fii  •  Vgl. 

Crull,  Zeitschrift  für  christl. 

Kunst  I   (iSSS),  S.  351. 
\Vi},'j,'er.  M.  Jahrb.  L,  S.  197. 
Crull  und  Techen,  M.  Jahrb. 
LVI,  S.  120. 

AussuT  dieser  (>rab|>latte 
ist  in  früherer  Zeit  noch 
eine  andere  aus  der  Do- 
minikaner-Kirche nach  St. 
Marien  überführt  worden, 
die  als  die  Platte  des  1427 
hingerichteten  Rathm.innes 
Hinrik  van  Haren  (s.  o.) 
anzusehen  ist.  Sie  ist  aber 
vom  Zahn  der  Zeit  s»>  sehr 
mitgenoninien,  dass  es  sich 
nicht  mehr  \  erlohnt,  davon 
eine  .Aufnahme  /u  machen. 

16.  Banzkow'scher 
Grab.stcin    mit    den  Mvan- 

fjelisten- Zeichen  auf  den 
Kcken.  In  der  Mitte  Schild 
uiui  Helmzier  der  Familie 
Banzkow  im  Charakter  des 
XIV.  und  XV.  Jahrhuntlerts. 
Darunter  die  Wappen  des 
Bürgermeisters  Caspar  Schwartzkopff  und  seiner  Gattin  Margaretha,  einer 
geb.  Flensborch,  vom  F.nde  des  XV'II.  Jahrhunderts.  Von  den  Banzkow  sehen 
Umschriften  lautet  djc  eine:  I^IUIO  bilT  .iH"]  :  CCCC°  I  itü  ^to  :  p't  :  OCtälll  : 
corjpori^j:)]!  I  ^  bus  I  niariitiarbuQ  baiir>r1toliic  \  4)CQfu(  ■  Die  andere: 
?fiio  :  bni :  .1X1° :  ccc^Iioriic  fd":  b_  pcntrrofirs  •  ^  •  iiiargarrta  [iftoc  • 
oratc  4J  cisl.   Die  dritte:  5l'iio  biii :  .Iii  \  ccc'pc  bi :  fi\i  :  iiii  :  jit' :  fcftu  : 

Ötl     jaCObi   Die  Unterschriften  unter  den  beiden  jüngeren  W  appen 


nanzkow'scher  Grsibstein. 


Ilan/kow- 

scher 
(Irabstein. 


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56 


AMTS6ERICHT8BBZIRK  WISMAR. 


lauten:  ANNO  DNI  M...  OBIIT  DNS  CASPAR  SCWARTZKOPP  CONSVL.  ANNO 
DfU  M  . . .  OBIIT  MARGARETA  FLENSBORCH  CONIVNX.*) 

Die  übrigen  Grabsteine  von  St.  Marien  haben  unter  den  Fusstritten 
der  Kirchenbesucher  arg  gelitten.  Doch  würde  es  sich  trotzdem  immer  noch 
verlohnen,  die  besseren  dieser  Grabsteine  aufzunehmen,  ihre  Bildwerke  und 
Inschriften  mit  dunklerer  Farbe  kenntlich  zu  machen,  und  sie  SO  an  die 
Wände  zu  stellen,  wie  es  in  Dargun  und  Doberan,  und  jüngst  auch  in 
St.  Marien  zu  Rostock  geschehen.  Sie  würden  zur  Belebung  der  Kirche 
dienen,  deren  Wände  jetst  kahl  genug  aussdien.  Wie  die  Epitaphien, 
können  ritu  h  die  (Irabsteine  senkrecht  aufgestellt  werden,  von  denen  ohnehin 
die  meisten  heute  nicht  mehr  auf  der  Stelle  liegen,  wohin  sie  ursprünglich 
gelegt  wurden.  Ihre  losduiften  sbd,  wie  die  der  flbrigen  Kirchen  zti  Wismar, 
in  sehr  verdienstlicher  Weise  gesammelt  von  Crull  und  Techen,  M.  Jahrb.  LIV, 
S.  119  tr.;  LV,  S.  237  flf.;  LVI,  S.  95  ff.  Die  Ansieht  aber,  die  im  M.  Jahrb. 
LIV,  S.  115,  Aumkg.  2,  ausgesprochen  ist,  und  welche  dahin  geht,  dass  Grab- 
steine liegen  bleiben  müssen,  vermögen  wir  nicht  zu  theilen.  Ueber  einsdne 
Epitaphien,  die  nicht  mehr  da  sind,  vgl.  Schröder,  P.  M  ,  S.  1222  ff.  Es 
fehlen  die  dort  beschriebenen  Bilder  der  hl.  Dreifaltigkeit,  sowie  die  Bild- 
nisse von  Luther,  Melanchthon,  Wiegand,  Brandt,  und  unter  den  Epitaphien 
das  Bülow'sche,  Sitmann's(  he,  F.ngellirecht'sche  und  die  Grelle' sehen,  ebenso 
auch  das  von  Schröder  nicht  genannte  Epitaph  eines  Owe  von  Buchwald 
(•]*  1635),  wovon  1841  ein  Relief  ins  Museum  zu  Wismar  übergegangen  ist. 
Ein  Bild  aus  dem  F.jjitaph,  weh  hes  der  Fürstliche  Rath  Elias  Judelius  flir 
seine  Frau  .Angela  Tanken  (vordem  Wittwe  des  Nie.  Karow,  s.  o.  S.  45)  an- 
fertigen Hess,  ist  z.  Zt.  in  Privatbesitz..  Es  fehlen  femer  die  von  Schröder 
genannten  geschnitstat  bdden  mecklenburgisdien  Wappen.  Oer  im  vorigen 
lahrhundert  erbaute  Tribunalsstuhl ,  der  weit  ins  Mittelschiff  vorspmg,  ist 
1841  in  die  Kapelle  hinterwärts  verlegt  worden. 

Wand-  Waiid§MiIld«.  Von  den  unter  der  Tfindie  erhalten  gebliebenen  alten 

gemllde.  Wandgemälden  der  Kirche,  auf  die  Lisch  im  M.  Jahrb.  XVI,  S.  389,  zuerst 
aufmerksam  gemacht  hat,  sind  im  Laufe  der  Zeit  dnige  freigelegt  und  erneuert 
worden.  Sie  folgen  hier  nach  ihren  Plätzen. 

I.  Kapelle  oberhalb  der  SakristeL  Von  den  drei  Gewölben, 
womit  diese  Kapelle  bedeckt  ist,  enthält  da.s  erste  in  .seinen  vier  Kappen  die 
paarweise  zu.sammengcstcllten  Gestalten  von  acht  Heiligen;  Johannes  lüangelista 
und  Antonius,  Petrus  und  Paulus,  Andreas  und  Sebastian,  Maria  Magdalena 
und  Katharina.  Es  folgt  das  zweite  Gewölbe:  in  der  einen  Kappe  der 
hl.  Thomas,  wie  er  die  Hand  in  die  Wundenmale  Giriati  legt  (Inschrift: 

mitte  mamim  •  tramfmtf  tiieu#  et  hta$  mm^  und  die  hi.  Gertrud  mit  dem 

Modell  eines  Hospitals  in  der  Linken  (Insdirift:  gUCKtmll  fi$  ^if^f  tt  (00 
iiini  ffni  (?)  tUUG  Ijofpcs);  hinter  ihr  zwei  Pilger;  in  der  anderen  der  Erz- 
engel .Michael,  wie  er  den  Drachen  spiesst;  in  der  dritten  die  Gestalten 
der  hl.  Barbara  und  Dorothea;    in  der  vierten  der  Besuch  der  Maria  bei 

')  Die  Jahreszahl  Ul  bei  beiden  Gatten  foitj^,  la^^,  m.  Cnspar  Schwartzkopf  wurde  167S 
BUigcrmeUter  und  ^tarb  den  8.  November  1691.  Schröder,  K.  B.,  S.  31  (49)1  Cmll  «nd  TecheOi 
U.  Jabxb.  UV,  ä.  i$o. 


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ST.  MARIEN -KIRCHE  ZU  WISMAR. 


57 


der  Elisabeth  (Inschrift:  [emtltOWt  in  gflllWo  fttfmt$]  tü  titno  tlieo);  dazu  ein 

aus  der  Wolke  herunterschwebender  Eii|^l  mit  Wcihrauchfass.  Die  Kappen 
des  dritten  Gcu  cilbes  sind  neu,  die  alten  wurden  laut  Inschrift  am  l6.  November 
1660  von  den  einstiirzenden  (iicbcin  der  Sakristei  einf^eschlagcn. 

Die  Malereien  an  den  Wänden  stellen  sich  dar,  wie  folgt: 

An  der  nördlichen  Wand,  östlich  vom  Fenster,  ist  das  Bild  Christi  aus 
der  Apokalypse  (Kap.  1)  mit  dem  Schwert  im  Munde  erhalten  geblieben.  Er 
hat  in  der  Rechten  sieben  Sterne  und  in  der  Linken  einen  Doppdschlussd. 
Seitwärts  die  sieben  Leuchter  der  .\p<ikal\  pse,  links  drei,  rechts  vier.  Ihm  zu 
Füssen  ein  baarhauptif^cr  Mann  in  bltjndcii  1  laaren  und  schwarzem  Gewände 
(Johannes).  Oben  zwei  Thcilc  einer  nicht  mehr  deutlichen  Inschrift  in  gothischen 
Minuskeln.  Auf  einem  Spruchband  die  Erläuterung  des  Doppelschlüssels: 
l^flltta  rMbef  mortis  et  inftxni.  Oberhalb  dieser  Schlussscene  des  christ- 
lichen Heilsplanes  sein  neutestamendicher  Anrang:  die  hl.  Maria  am  Betpult: 
QtlOinobQ  fiCt  i^tUb  qufa  blrum  non  COgnoffO.  Oberhalb  dieses  Bildes  als 
Abschluss  ein  Gemäuer,  hinter  dem  man  Gott  Vater  erblickt,  im  Zwickel 
endlich  zwei  Rauchfässer  schwin^^ende  ICngcl.  (Westlich  vom  Fenster  der 
Nordseite  ist  der  Engel  der  Verkündigung  neu  hingesetzt.) 

Die  Ostwand  zeigt  (von  Norden  her  beschrieben)  nördlich  vom  ersten 
Fenster  die  Gestalt  Christi  nach  der  Geisselung,  Geissei  und  Märtyrerpalme 
in  den  Händen,  die  Domenkrone  auf  dem  Haupte.  Darüber  die  Gestalt  eines 
Mannes,  der  ein  Glockenspiel  schlägt  und  ein  Gewand  trägt,  das  man  als 
geistlich  ansprechen  möchte.  Hierüber  endlich  als  Abschluss  ein  Mann  mit 
nackten  Füssen,  der  eine  leere  Kiepe  auf  dem  Rücken  trägt  und  mit  einer 
Stange  ein  Nest  ausnimmt.  Auf  der  anderen  Seite  des  Fensters  die  Gestalt 
des  hl.  Gregor  auf  einem  Sodcd  stehend  und  somit  als  gemalte  Statue 
gedacht.  Er  trägt  eine  Tiara  und  hält  in  seiner  Rechten  ein  Buch  und  in 
seiner  Linken  das  Papstkreuz.  Oberhalb  des  hl.  Gregor,  in  Rankenwerk  ein> 
geschlossen,  ein  Mann,  der  einen  \^)<^el  lockt. 

An  derselben  Ostwand,  aber  unterhalb  des  anstossenden  ^'weiten  Ge- 
wölbes, mehrere  Heilige,  nordlich  vom  Fenster  der  hl.  Laurentius;  über  ihm 
grünes  Rankenwerk,  darin  ein  Mann,  der  einen  Bären  mit  der  Keule  erschlägt; 
südlich  vom  Fenster  der  hl.  Stephanus  und  die  hl.  Ursub.  Oberhalb  des 
hl.  Stephanus  im  Rankenwerk  ein  AiTe.  Weiter,  unterhalb  des  ersten  Gewölbes 
der  Kapelle,  das  an  die  Abseite  der  Kirche  angrenzt,  die  Halbfigur  Christi 
mit  Dornenkrone,  Gcissel  und  Keule,  dazu  die  Darstellunjj  der  Leiden  durch 
Marterwcrk/.enijc  und  symbolische  Bilder.  Daruber  die  Anbetung  der  hl,  drei 
Könige.  Aul  dem  sich  anschliessenden  ösUichcn  l'feiler  (d.  h  dem  ehemaligen 
Strd>epfeiler)  zwei  Darstellungen:  auf  seiner  Nordseite  die  Gruppe  einer  Pietas, 
die  hl.  Maria  mit  dem  todten  Christus  auf  ihrem  Sdioss,  darüber  ein  musi- 
cicrender  Engel;  und  auf  seiner  Ostseitc  der  hl.  Christophorus,  mit  dem 
Christkind  auf  seiner  Schulter  durch  das  Wasser  schreitend. 

Gegenüber,  am  westlichen  Pfeiler,  in  grünem  Fehle,  die  Gestalt  einer 
hl.  Maria  (Mater  misericordiaej ,  unter  deren  weitem  Mantel  allerhand  Volk 


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58 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Schutz  sucht,  links  Geistliche,  rechts  Laien  Oberhalb  der  Maria  zerbrochene 
Spiesse  und  Sclnvcrter,  ferner  Inschriften,  die  keine  Hoffnung  auf  Entzifferung 
geben.   Auf  einem  von  ihnen  sind  die  W^^rte 

 mübü  mci 

 ctoTä  ptnöicta 

m  eflcMiimi« 

Auf  der  übrigen  Fläche  der  Westwand,  wdklie  demnädist  die  sog. 
Miniflteriail-BibUofhek  aufndimen  soll,  befanden  sidi  einstmals  gleidifalls  ver- 
schiedene Gemälde.  Sie  sind  aber  so  vollständig  verloren,  dass  dafür  nidits 
Neues  an  die  Stelle  gesetzt  werden  konnte. 

Am  Gurt  des  Scheidebogens  zwischen  Kapelle  und  Kirche  sind  in  sechs 
spitzovalen  Feldern  wunderliche  Scenen  auf  grünem  Grunde  zum  V^orschein 
gekommen.  Das  untere  Hild  (Ostseite)  ist  unkenntlich.  Üas  folgende  zeigt 
eine  hockende  weibliche  Gestalt,  die  einem  aufrecht  stehenden  Schwein  die 
Redite  auf  das  Haupt  legt  Als  drittes  Bild  folgt  ein  Mann,  der  eine  Frau 
mit  Kind  auf  dnem  Schiddcarren  vor  sidi  her  schiebt.  Von  den  gq^über- 
stdienden  drd  Bildern  auf  der  Westseite  zeigt  das  unterste  eine  Kampfscenp; 
das  zweite  einen  aufrecht  stehenden  Esel,  der  .seine  Unke  einem  Narren  auf 
das  H.iii[)t  li'Rt,  und  ausserdem  noch  einen  Mann,  der  den  Narren  von  hinten 
her  anfasst;  das  dritte  endlich  einen  jugendlichen  Kelter  auf  einem  F.scl. 

Femer  finden  sich  Fresken  in  den  Laibungen  des  nördlichen  Fenslers 
der  Ostwand,  man  neht  dort  in  rautenförmigen  Feldern,  die  durch  grttne  und 
rotfae  Linien  gebildet  werden,  die  Brustbilder  von  Propheten  und  anderen 

Figuren  des  alten  Testaments  (z.  B.  David  und  Salomo).  Doch  fehlt  es  an 
Attributen,  durch  die  sie  bestimmt  werden  könnten.  Die  Laibungen  der 
übrigen  Lichtöfltiungen  sind  mit  Omamentwerk  gefüllt. 

Fndlich  ist  noch  zu  bemerken,  dass  sich  unten  an  der  Wand,  dem 
F"u.ssboden  zunächst,  ein  in  abwechselnd  gelbe  und  grüne  Rechtecke  ein- 
gethcilter  Streifen  um  die  Wand  zieht,  oberhalb  dessen  eine  niedrige  mit 
Zinnen  bewehrte  Mauer  aufstdgt,  in  deren  Nischen  die  Figuren  von  Spiel- 
leuten  mit  Musikinstrumenten  sichtbar  werden. 

2.  Kapelle  auf  der  Westseite  der  Nordhalle.  Sie  wurde  am 
9.  September  1388  gewdht  (siehe  o.  S.  35).  Man  kann  annehmen,  dass  die 
Malereien  dieser  Kapelle  entweder  kurz  vorher  oder  bald  nachher  ausgeführt 

wurden.  Auf  der  W'estwand  sieht  man  zunächst  den  Ritter  Georg,  wie  er 
den  Drachen  tüdtct,  im  Hintergründe  die  Königstochter.  Spruchband:  filiil 
noli  tlUlCrC  quia  in  Clirifti  nomine  tC  jllbafiO,')  Rechts  davon  der  heilige 
Christophorus,  der  das  Christkind  durch  das  Wasser  trägt  und  dem  der  Eremit 
dabei  leuchtet.  Sprachband:  ego  fum  Cj^tifhlj  rejc  tUUj  CUi  in  ÜOC  opm 
i|lfe  lltfecitf f .  Oberhalb  dieser  beiden  Bilder  dn  die  ganze  Breite  der  Wand  ein> 
nehmendes  grösseres  Bild,  das  einen  Sterbenden  auf  seinem  Bette  darstdlt,  dem  die 

*)  Die  Spnichbjindcr  »iiid  hier,  wie  auch  ibeilweisc  in  der  «oten  Kapelle,  von  Dr.  Crull  ergiSiut. 


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6o 


AMTSGERICIITSBEZIRK  WISMAR. 


Seele  aus  dem  Munde  geht.  Spruchband:  0  Jljcfu  buIcffffltlC  pcr  tU.llll  ffrJCiam 
füt  Illidjl  ynfflO  tua  f.ltllt.irlS.  Am  Küssende  des  Heltes  die  Gestalt  des 
Satans  mit  dem  Spruchbande:  fj.lt  lllllc  jUS  fUUin  niliinatn  luaill  fpCtO 
lllidjj  non  CrlpiC^.  Zu  lläupten  des  Sterbenden  der  fürbittende  Schutzheilige 
des  Sterbenden  und  ein  I'^nt^el,  dieser  mit  dem  Spruchband:  babC  fatailfl 
anima  ifta  l'pcra  niCCUni  aftcnbct  In  corllllll.  Zu  Füssen  des  Schutzheiligen 
eine  Mondscheibe.  Als  Abschluss  des  Ganzen  oben  die  heilige  Dreieinigkeit 
in  einer   Mandorla  und  als  Spruchband   tiabei  die  Worte:   CfCC  (VllX  llOll 

trnirrr  qiioiiiam  ViaCrr^  per  rani  rrniiffiouctn  prcratonitn. 


I>cckcngciDäl(1e  in  der  l)«ichtka|>ellc. 


An  der  Ostwand  die  Geburt  Christi.  Man  sieht  den  Stall  mit  der 
Krippe  und  mit  Ochs  und  Esel.  Die  hl.  Maria  liegt  im  Hett  und  fa.sst  mit 
der  Linken  das  Kind,  das  vor  ihr  auf  tier  Decke  des  Heltes  steht  und  die 
Rechte  gegen  den  Heschauer  hin  segnend  erhoben  hat.  Joseph  macht  sich 
rechts  vom  Hett  bei  einem  Kessel  zu  schaffen.  Kin  kleines  Schwein  ist  aus 
dem  Stall  ins  Freie  gelaufen  und  be-schnupi)ert  die  I''igur  eines  Heiligen,  der 
von  rechts  herangetreten  ist.  Links,  als  Hild  für  sich,  das  Martyrium  des 
hl.  Sebastian.  Den  oberen  Ilaupttheil  der  Wand  nimmt  die  Verkündigungs- 
.scenc  ein,  die  innerhalb  eines  architektoni.sch  reich  entwickelten  s))atgothischen 
Ilallenbaues  vor  sich  geht,  in  dessen  oberem  Stock  die  thronende  (iestalt  von 
Gott  Vater  sichtbar  wird.    In   der  V'erkundigungsscene  zwei  Spruchbander: 


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ST.  MARIEN- KIRCHE  ZU  WLSMAR. 


6t 


^\it  (inacla)  grtuia  (iileiia)  bominul  tecum  fteneMcta  in  intafniBuf  und 

(fum)  (indUa  boniini  (fiat  niilii)  fccunbuin  berbuin  tuum. 

In  den  GcwolhekapiK-n  Christus  ;ils  Lehrer  der  Kirche  mit  einein  lynche 
auf  einem  Kundboj^'cn  thronend,  neben  ihm  Johannes  und  Maria.  In  den 
anderen  drei  Kappen  die  zwölf  Apostel.  Oberhalb  des  Rundfensters  die  Sccne 
der  Darstellung  des  hl.  Kindes  im  Tempel. 

Im  Gurt  des  Scheidbc^ens  sieht  man  in  Rundfeldcm  die  Brustbilder 
von  zwölf  Propheten»  mit  Namen  auf  Spruchbändern. 

3.  Die  Wrangel- Kapelle.  An  der  Ostwand  der  Crucifixus,  zu 
seinen  Seiten  knieende  Engel,  welche  Weihrauchfässer  schwin^^en.  Darüber 
als  zweite  Scene  Chri.stns  mit  ausi;<breitrt(  ii  Armen  auf  iK m  krL;i'nl)o^en 
thronend;  ans  stincni  Munde  <;clicn  Scliuert  und  Lilie,  und  /.u  seinen  Seiten 
knieen  links  Maria,  rechts  Johannes,  an  den  von  hinten  her  eine  kleinere 
Gestalt  (ein  Engel?;  mit  einer  Lanze  und  drei  Nugcln  herantritt. 

Gegenüber  auf  der  Westseite  der  mit  dem  Christkinde  durch  das  Wasser 
schreitende  Christophorus.  Im  Wasser  ein  Meerweib,  Seehund,  Häring,  Butt 
und  geflügelter  Fisch. 

Im  (lurt  <les  .Scheideb«>^ens  Christus  (diesrr  in  der  .Spit/r)  mit  den 
zwölf  Aposteln  als  Hrustbilder  in  Run<ireldern.  Aus>crdeni,  nach  unten  hin, 
auf  der  einen  Seite,  der  iKSllichen,  <lie  hl.  Gertrud  und  vier  leere  Metlaillons, 
auf  der  anderen,  der  westlichen,  die  hl.  Katharina  und  drei  leere  Medaillons. 

Oelgemälde.    In   der  Sakristei  die  Bildnisse  folgender  Frediger  an  (Kl- 
üt. Marien,  mit  Heischriften:  «emalde. 
Du.  M.  Joachimus  Hertzberg  Superintend.  et  Tastor  Marianus. 
Dn.  M.  Dan.  Springinsguth  Archidiac.  Mar. 
Dn.  M.  Dieter.  SchrSder  Archidiac.  Marian. 

Dtt.  M.  Jac.  Stalkopff  Rev.  Minist.  Senior  Pastor  Marian,  et  Consist. 

Re<;ii  Asse.ss. 

Mag.  Lhrej^ntt  Christian  Enghart  .Supcreiulend  (sie!)  St.  M.irien. 

M.  Christian  Haupt  .Superint.  C<insisii>nal.  et  Pastor  Marian,  nat.  Hutzow 

10.  Sept.  1728  Uenat.  W  ismar  7.  Ocl.  1806. 
Dr.  Henn.  Job.  Gerdes  Past  Mar.  Supenntend  (sie!)  et  Conft.  Pracscs. 

Dn.  M.  Daniel  Joach.  Kühl  

M.  Ilenricus  Pladccius  Tast.  Mar.  et  Consist.  .isscs. 
Dn.  M.  Joh.  Christian  Strasbvrg  archid.  Mar.  M.  Stra.sbui^  1742. 
l'.in  Hildniss  ohne  Beischrift. 
Ein  Crucifixus. 

Ueber  der  Thür  der  Sakristei  die  Verklärung  Christi  von  St»wr*Diisseldorf. 

Glasmalerei.  Eine  Anzahl  kleiner  Glasj^emalde,  aus  der  Kapelle  ober- 
halb der  Sakristei  stammend  (vgl.  .M.  Jahrb.  .WI,  S.  2S9  und  .\.\I.\,  S.  70), 
ist  1872  in  ilic  mittlere  Kapelle  (U  ->  Cmij.uüycs  um  den  Chor  versetzt  worden. 
Es  sind  Scenen  aus  dem  Leben  Jesu,  Mait}  ricn  und  Heilige. 


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62 


AMTSGERICI ITSKEZIRK  WISMAR. 


Kleinkunst- 
werke von 
Metall. 


I 


iii 


II  Jj  ! 


Kleinkunstwerke  von  Metall. 

1.  Silbcrvergoldeter  gothischer  Kelch  mit  scchspassigem  Fuss 
sechsseitigem  Schaft,  Der  Knauf  ist  mit  graviertem  Maasswerk  und 
Blumen  statt  Zapfen  geschmückt.  Ueber 
ihm,  am  Schaft,  das  Wort  QrdCia,  unter 
ihm  in  spaterer,  eine  Reparatur  anzeigender 
Schrift  der  Name  IHESVS.  Als  Signacu- 
lum  ein  aufgclötheter  vollplastischer  Cruci- 
fixus.  Am  Rande  des  Fusses  die  Um- 
schrift in  spätgothischcr  Schrift:  tlCf^Cll 
TfrlTi  Ijrft't  gljctbget  Ijcc  itxu  efffc  o 
iiiatcr  bei  intincnto  itic  nc  (sie!)  il]cgfli^ 
niaria  O ')  Keine  Wcrkzcichcn.  Patcnc 
fehlt. 

2.  Silbervcrgoldetcr  Kelch  mit  scchs- 
passigem Fuss  und  sechsseitigem  Schaft. 
Seine  Cupa  ist  in  ein  durchbrochen  ge- 
arbeitetes Geschlinge  von  Weinlaub  ein- 
gesenkt, das  vom  oberen  Rande  ungefähr 
2V»  cm  zuriickbleibt.  In  den  Rotuli  des 
Knaufes,  der  mit  gleichfalls  durchbrochen 
gearbeitetem  Maasswerk  verziert  ist,  steht 
der  Name  IhUSVS  auf  blauem  Schmclz- 
grund.  Wie  der  Schaft,  so  ist  auch  der 
Fuss  mit  naturalistisch  behandeltem  und 
durchbrochen  gearbeitetem  Laub-  und 
Rankenwerk  verziert,  zu  dem  als  weiterer 
Schmuck  an  seinen  Kanten  aufgesetzte 
Krabben  und  an  seinen  Finziehungen 
sechs  kleine  unter  spätgothische  Giebel  in 
Frauenschuh  form  gestellte  Fngelfigurcn 
hinzukommen,  die  die  Marterwerkzeuge 
Christi  tragen.  Säule,  Kreuz  und  I^nze 
sind  noch  zu  erkennen.  Von  eigenthüm- 
lichcr  Art  ist  das  Signaculum:  man  sieht 
auf  einem  aufgelegten  Blatt  ein  in  Silber 
gefasstes  Kreuz  von  Kry.stall,  an  dessen 
Fassung  sowohl  der  Crucifixus  wie  rechts 
und  links  die  Gestalten  des  Johannes  und 
der  Maria  befestigt  sind.    Den  oberen  Theil 


und 
mit 

n 


!  mm  \ 


1 1:  .t:  3 


I  .  l  I 


^1: 

i 


Glasgem&lde. 


')  Da  ein  Ralhmann  oder  Priester  Jürgen  Kske  nicht  bekannt  ist,  so  wird  fUr  Elske  zu  lesen 
•ein  Kksc;'n"!;  JUrgen  Ekscn  oder  Kxcn  sass  im  Rath  1491  bis  1524,  und  dieser  Zeit  ents|iricbt 
auch  der  Stil  de»  Kelches  ;Crull,  Amt  der  Goldschmiede  i»  Wismar,  S.  37).  Das  entschieden 
dastehende  ne  vor  dem  Jcsusnaracn  ist  auf  ein  Vci-Nclicn  de»  Ouldschmicds  zurückzuführen. 


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ST.  MAKIEN'KIRCHB  ZU  WISMAR. 


63 


des  Kreuzes  fleckt  ein  {j^riiner,  den  unteren  Theil  ein  blauer  Stein,  und  als  Unter- 
Ligc  dient  ihm  die  Darstclhinf^  eines  lierj^es  mit  einer  Kinzaununp,  die  durch 
ein  .Schli>ss  gesichert  ist.  Zwei  ^herhält)  der  Kreuzcsarmc  angebrachte  stern- 
förmige Rosetten  mit  je  einer  l'erle  mögen  Somie  und  Mond  bedeuten  sollen. 
Die  übrigen  fünf  Felder  des  Fuases  zeigen  eingravierte  Figuren»  die  von 
Rankenwerk  und  mldbewq[ten  Spruchbändern  im  Geschmack  der  SpäÜ^othik 
unngeben  sind.  Auf  dem  ersten  Felde  sieht  man  einen  mit  einer  Kappe  und 
lanj^cm  Priestergewande  bekleideten  Heiligen,  der  mit  seiner  Rcchttn  eine 
Mandorla  cniporhalt,  in  der  das  Christkind  als  Wclthcrrschcr  auf  niuin 
Kcgcnbugen  thrunt,  und  dessen  herniederhangendc  Linke  ein  Buch  tragt. 
Auf  dem  Spruchband  des  Feldes  die  Buchstaben  ffSffß*)a.  Das  zweite  Feld 
zagt  im  oberen  Theil  Christus,  der  in  seiner  Linken  drei  abwärts  gekehrte 
I-.anzen  hält,  und  im  unteren  Theil  drei  betende  Mönche,  die  durch  Nimbcn 
als  Heilige  charakterisiert  sind.  Auf  dem  Spruchband  die  Minuskeln  inifft* 
ind  bcfu?)  *)  Im  dritten  l'elde  stei^'t  von  einem  schlafenden  Mönch  eine  Ranke 
aufwärts,  in  der  die  Halbfignren  von  Mönchen  über  einander  angebracht  .sind, 
von  denen  der  untere  Buch  und  Schwert,  <ler  obere  aber  in  der  Rechten  eine 
Säge  und  in  der  Linken  eine  Art  Beutel  zu  halten  scheint  Hier  fehlt  das 
Spruchband.  Das  vierte  Feld  zeigt  wieder  wie  das  an  das  Signaculum  an- 
Stossende  erste  Feld  einen  (kistlichen  mit  Kappe  und  Priestergewand,  der  an 
einem  Pult  sitzt  und  schreibt.  Auf  dem  .Spruchband  dieses  I-'eldes  die  Worte 
fancta  niiir.  or.l  pro  noÖ.  Auf  dem  sechsten  Felde  ein  Mönch  nut  .\inii)us, 
der  in  der  Rechten  einen  mit  einem  Crucilixus  bekrönten  Stab  und  in  der 
Linken  ein  Buch  ISit  Auf  dem  Spruchlnnd  liest  man  in  Majuskeln  IiIQ 
OR  T  (P)  SX  hVKT.  Auf  der  Unterseite  des  Fusses  steht  die  eingravierte 
Inschrift:  iftj  maffi  6n  b  lOt  IC  Ol  (ss  1501).  Die  zu  diesem  Kelch  gehörende 
Patene  zeigt  ausser  einem  Signaculum,  das  reicher  als  gewöhnlich  behandelt 
i.st,  in  der  Mitte  ihres  in  .Sechspassform  vertieften  Rodens  das  Lamm,  wie  es 
auf  dem  Buche  mit  den  sieben  Siegeln  ruht.  Keine  W'erk/.cichen,  weder  am 
Kelch  noch  an  der  Patene.    (Vgl.  Crull,  I.  c,  S.  38,  Taf  I,  3.) 

3.  .Silbervergoldetcr  Kelch  auf  .sechseckigem  Fu.ss,  dessen  unteres  Rand- 
ghcd  fehlt.  Am  Knauf  der  Name  lUUÜVS,  und  in  seinen  Kerben  die  Bilder 
des  Christuskopfes  mit  der  Dornenkrone.  Auf  dem  Fuss  ein  eingravierter 
Schild,  der  unten  gespitzt  ist  und  die  drei  Räder  des  Kalsow'schen  Wappens 
zeigt.*)   Werkzeichen  weder  am  Kelch,  noch  an  der  zugehörigen  Patene. 

4.  SUbervergoldeter  Kelch.  Sein  Fuss  ist  wie  der  des  vorigen  sechs» 
eckig.  An  ihm  ist  aber  das  von  Vierblättern  durchbrochene  untere  Randglicd 
erhalten,  das  jenem  fehlt   Knauf  und  Schaft  sind  mit  Maasswerk  verziert. 

')  Umgekchne«  61. 

^  mifmfc  nci  teas. 

'  Der  Rathmann  Joh.  K.ilsow  stiftete  1340  eine  ^■ik:lric  in  St,  M;iricn.  Vj;l.  M,  f  -H.  6078. 
Indeaten  der  Kelch  ist  ohne  Frage  gut  150  Jahre  später  gc-irbciiet,  als  diese  Siiltung  gcächah. 
VgUCndl,  Lc,  S.38. 


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64 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Die  Zapfen  oder  Rotuli  des  Knaufes  tragen  auf  blauem  ICinailgrund  den 
Namen  lijcfb|§-  Das  Signaculum  besteht  aus  einem  vollplastischen  Crucifixus 
mit  den  Figuren  des  Johannes  und  der  Maria.  Keine  Werkzeichen.  Die 
Patene  fehlt. 

5.  Hoher  silbcrv  crgoldeter  Kelch  in  spätgothischen  Formen.  Der  Rand 
der  Cupa  ist  oben  mit  heraiutretendem  getriebenen  Reifen-,  Perl-  und  Blätter- 
strdfen  und  unten  mit  «ngraviertem  Band-  und  Blattwerk  venEiert.  Ent- 
sprechender Schmuck  (  fx  rlialb  und  unterhalb  des  Knnnfes  am  sechsseitigen 
Schaft.  In  den  Rotuli  des  Knaufes  die  Initialen  V  D  M  I  /t  1568  in  blaues 
Email  eingelassen:  Verbum  dei  manet  in  aeternuni.  Auf  dem  ersten  der 
sechs  Felder  des  I'usscs  in  Vollplastik  der  Crucifixus  mit  Johannes  und  Maria 
(Signaculum),  es  folgen  in  den  übrigen  fUnf  Feldern  als  eingravierte  Bilder 
die  Grabl^ng,  Auferstehung,  Himmelfahrt,  Ausgiessung  des  heiligen  Gdstes 
und  das  Weltgericht.  Am  Rande  des  Fusses  der  Stadtstempel  (bestehend  im 
Stadtwappen,  s.  Bildtafel  auf  S.  21,  oben,  in  der  Mitte)  untl  das  Meister- 
zeichen H,  welches  wahrscheinlich  dem  zwischen  1541  und  IS''>9  nachweisbaren 
Goldschmied  Hans  Heine  II.  gehört.  Die  Patene  (ob  ursprimglich  dazu  ge- 
hörend?) ist  ohne  Werkzeichen.    Vgl.  Crull,  1.  c  ,  S.  39,  32.  Tat,  I,  4. 

6.  Silbervergoldcter  Kelch  auf  .scchspa.ssigem  Fuss.  Auf  den  Rotuli 
des  Knaufes  der  Name  IHESV8.  Auf  den  sechs  Feldern  des  Fusses  die  ein- 
gravierten Figuren  der  CARITAS,  JV8TICIA,  FIDES,  TEMPERANCIA,  PORTI« 
TVDO  und  SPES.  Um  den  Rand  des  Fusses  läuft  die  Inschrift:  ENSSE« 
KELCK  .  IS  GEMAKET  .  VAN  DEM  .  SVLVER  .  VT  .  SVNT  .  ANEN  .  BRODER  . 
SCHOP  .  SINT  .  PATRON  .  DAT  .  AMPI  .  DER  .  CRAMER  .  VND  GOLT  .  (I\.rt 
.Setzung  auf  dem  unteren  Rande)  SMEDE  .  MIT  .  NAMEN  •  HANS  •  RODE* 
PETER  .  HÄRDER  •  HIN  RICK  .  lOST  •  GOOER  •  BERCHOLT  •  NV  •  TOR  •  TIT  • 
OLDERLVDE  •  ANNO  •  15  •  7  •  7  lAR  •  An  der  Cupa  ein  deutlicher  Stadt-,  aber 
undeutlidier  Meister-Stempel.   Patene  ohne  Werioseichen. 

7.  Silberne  runde  Oblatenachachtel.   Auf  dem  Deckel  ein  dngravierter 

Crucifixus,  auf  seiner  Unterselte  der  von  Schöneich'schc  Schild  (Kranz  von 
acht  l'.ichenblattern)  und  die  dariiber  gesetzten  Initialen  B  V  S.  Auf  der 
Unterseite  der  .Schaclikl  ein  Rahmen  mit  den  Initialen  C  A  V  S  und  der  Jahres- 
zahl 1517.  Arbeit  und  Initialen  weisen  auf  das  XV'II.  Jahrhundert,  den  Land- 
rath Baltzer  von  Schöneidi  (f  1603),  dessen  Vater  Caspar  hiess  und  dessen 
Gattin  Catharina  von  Stralendorf  (f  1609)  war.  Aber  wie  ist  das  Refonnations- 
jahr  15 17  damit  zu  reimen?  Ohne  Werkzeichen. 

8.  Längliche  silberne  Oblatenschachtel  mit  aufgraviertem  Laub-  und 
Handwerk  im  Stil  der  Spätrenaissance,  dem  XVII.  Jahrhundert  angehörig. 
Ohne  liedeutung,  auch  ohne  Werkzeichen.  l'"s  ist  höchst  wahrscheinlich,  dass 
dieser  Behälter  ursprünglich  gar  keine  üblatenschachtel,  sondern  —  sit  venia 
verbo  —  eine  Tabaksdose  war. 

9  u.  10.  Zwei  siltierne  Altarleuchter  im  Baroclcstil,  mit  einer  massiv 
geari>eiteten,  wahrscheinlich  einem  älteren  gothischen  Kirdienschmuck  ent- 


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St.  MAiUEN'KIRCHE  ZU  WISMAR. 


lehnten  Muttergottcsfig^ur  als  Schaft,  nach  einem  daran  bcfesti^^ton  Schilde  von 
H.  B.  BRANDANVS  EGGEBRECHT  und  seiner  i:hefjattin  F.  DOROTHEA  CLAN- 
DRIANS  1672  gestiftet.  Indessen,  da  jener  bereits  1657  starb,  so  stammt  die 
Stiftung  ausschliesslich  von  der  Gattin  her.  Mit  dem  Stadizeichen  und  dem 
Meisteraeichen  P  •  W  •  E  •  (Friedrich  WUhelin  Emmerich).*) 

11.  Ein  aus  dem  Fuss  eines  Qboriimu  von  vergoldetem  Kupfer  gc 
bildeter  Krankenkddi  mit  eingesetzter  silberven^ldeter  Cupa.    Am  Rande 
der  Cupa  die  Inschrift:  OfT  •  KARR  (siel)  •  18  •  VON  .  OLDE  •  BONSACKESKEN* 
WEGEN  •  GADE  .  THO  .  LAVE  •  VNDE  •  DEN  •  8EKEN  .  THO  •  DEN  •  EREN  J9. 

12.  Grosse  silberne  Weinkanne  von  1836,  laut  Werlczeichen  von  <fem 

Wismar'schen  Goldschmied  Denker  gearbeitet. 

13.  Grosser  silberner  Oblatenkastcn  mit  Kococo  ■  Ornamenten.  1857 
zum  Andenken  an  I.  C.  THORMANN  gestittct  von  I.  D.  Thormann. 

14  u.  15.  Neue  Taufschiissel.  BerUner  Waare  von  1856.  Desgleichen 
aus  Zinn. 

16.  SUbervergoldeter  Löffel  mit  dnem  GrüT  in  modemer  Golhik. 

17.  Schmuckloses  silbernes  Weinsieb. 

18 — 22.  Vier  mächtige  silberplattierte  Leuchter  und  em  Crudfixus, 
gleichralls  dem  XIX.  Jahriiundert  angehörig,  stdien  jetzt  auf  dem  Altar.  In 
classicierendem  Stil  von  183S.  gestiftet  von  Frau  8U8ANNA  FRIEDRIKE  OCKEL, 

geb.  HAHN. 

23  —  25.  Zwei  Bronze  -  Leuchter  und  ein  Crucifixus  in  der  Sakristei 
(nach  Entwürfen  von  G.  Hamann  vom  Hofmetaligiesser  Leheten  gegossen). 

Was  die  St.  Marien -Kirche  im  Jahre  1297  an  kostbaren  Gebrauchs- 
gegenstifnden  oder  Kleinodien  besass,  ist  aus  der  Urkunde  »439  des  Mecklb. 

Urkundenbuches  zu  ersehen.  Sie  nennt,  ausser  Büchern  und  GewäniUrn, 
quinque  calices  et  duas  arapuUas.  Dieser  Schatz  vermehrte  sich  naturlich 
bald.  Vgl.  M.  U.-B.  6987,  22.  Juli  1349.  Zweihundert  Jahre  später,  den 
6.  August  1530  werden  schon  nicht  weniger  als  siebeniindvicr/ig  Kelche  mit 
Patcncn,  neun  Pa<  ilikalien  (Paces.  Pezzekru/e,  Kusstafcln,  Kusskreuze)  u.  a.  m 
aufgezahlt.  Aber  es  kam  die  Zeit,  in  der  diese  Schätze  den  Weg  alles  Fleisches 
gingen.  Im  Laufe  des  XVI.  Jahrhunderts  mussten  die  Kirchen  ihr  Bestes 
hergeben.  Es  war  das  erste  Mal  im  Marz  153S»  ab  die  vom  Herzog 
Albrecht  begünstigten  Wullenweber  sehen  Unternehmungen  gegen  Dänemark 
Gdd  erforderten.  Damals  lieferte  St  Marien  45  Maifc  SSbers  an  Gewicht, 
im  Herbst  dessdben  Jahres  30  Mark;  in  späterer  Zeit,  am  6.  und  28.  August 
1579,  an  vergoldetem  Silber  50  Mark  2  I.oth  und  an  weissem  Silber  59  Mark 
12  Loth,  am  3.  üctober  1581  an  vergoldetem  Silber  64  Mark  9  Ix)th  und 
an  weissm  Silber  i  Mark  8  Loth,  1584  an  Gold  26  Loth  3  Quentdien,  an 
vergoldetem  Silber  12  Mark  5'  «  I.oth  und  an  weissem  Silber  4  .Mark  11  Loth, 
zuletzt  noch  im  Jahre  1587  94  Loth  Silbers,  die  für  93  Mark  10  ß.  verkauft 
wurden.   V^.  CruU,  das  Amt  der  Goldschmiede,  S.  98  und  32  ff. 

26 — 30.  Die  Kirche  hat  lunf  Kronleuditer,  unter  denen  der  von  BAL> 
THA8AR  VON  8CHÖNEICH  und  KATHARINA  VON  STRALENDORF  geschenkte 

>)  Vgl.  CruU,  l.  c,  S.  39,  5a. 

6 


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66 


AMTSGERICirrSBEZIRK  WISMAR. 


und  mit  Wappen  und  Jahreszahl  (1598)  ausgestattete  der  bedeutendste  ist. 
Ein  zweiter  ist  laut  Inschrift  von  den  Advokaten  des  schwedischen  Tribunals 
gestiftet;  er  trägt  auf  den  Flügeln  des  Adlers  die  Inschrift:  DON  AT.  |  ADWO- 
CATORVM  I  ORDINÄR  .  S  .  R  .  1  TRIBVN  .  WISMAR.  .  Einen  Adler  unter  dem 
Ringe  haben  auch  der  dritte  und  vierte  Kronleuchter.  Der  fünfte  dagegen 
ist  an  dieser  Stelle  mit  einer  als  Doppclgestalt  gebildeten  und  von  einer 
Glorie  umgebenen  Maria  geschmückt  und  hat  die  Inschrift:  ACT  1652  HAT 
ZACHARIAS  SCHNOER  VND  SEINE  HAVSFRAV  EVA  SCHNOERS  DIESE  KRONE 
GOTT  ZV  EHREN  DIESER  KIRCHEN  VEREHRET. 


Schoneich -Stialcndurf 'scher  Kruiilcuchtcr. 


Die  Kronleuchter  sind  umgehängt.  Der  Schöncich'schc  von  1598  be- 
findet sich  jetzt  im  sudlithcn  Seitcnschifl',  im  nördlichen  der,  den  die 
'rrilninalisten  gaben.  Der  .Schnor'schc  ist  noch  an  seiner  Stelle,  im  Haupt- 
schiff vor  dem  Chor.  Der  Jarchow'sche  ist  um  1648  gestiftet.  1576  wurde 
eine  Krone  von  20  I."G;  S  1t  für  100  .Mark  von  dem  Rothgiesser  Franz  Holte 
iu  Stralsund  gekauft,  sie  ist  nitlit  mehr  da.  1695  erhielt  Thomas  Riedeweg 
56  Mark  nebst  einer  alten  Krone  für  eine  neue;  auch  diese  ist  nicht  mehr  da. 

31 — 40.   Zehn  grösstentheils  ganz  vortrefflich  erfundene,  gut  ciselicrtc 
Wand-Armleuchter  aus  Rothguss  oder  Messing  strecken  sich  von  den  Pfeilern 


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ST.  MARIEN -KIRCHE  ZU  WISMAR. 


^7 


in  das  Mittelschiff  hinein.  Davon  gehören  drei  (im  Westen  angebrachte)  als 
eine  (iruppe  zusammen;  sie  stehen  auf  einer  senkrecht  emporstehenden  Stange, 


Krunicuclitcr  der  AUvokatcn. 


die  unten  in  Schlangenkopfform  endet  und 
von  einer  zur  W'and  laufenden  Querstange 
gehalten  wird.  Von  den  iibrigen  ist  der 
älteste  1 598  gestiftet.  Hr  trägt  einen 
Schild  (quer  getheilt,   unten  vorne  eine 


Wand  -  Armleuchter. 


5« 


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AMTSGERICHTSBEZIRK  WISXfAR. 


Rose,  hinten  zwei  Bäume)  mit  der  Inschrift:  BALSER  SMIDT.  BRANDT  SMIDT, 
ENGEL  SMEDES  THO  EWIGER  GEDECHNIS  1598.  An  einem  anderen  eine 
Sclicerc  mit  der  Inschrift:  JACOB  TEISSEN,  PAGEL  HADLER,  JOCHIM  WARNCKE, 
JOHAN  CHRISTIAN  WARNCKE  FABER  ANNO  1685.  Ein  dritter  ist  als  Leib 
einer  Nixe  gestaltet.  VV^elche  von  den  übrigen  jene  vier  sein  mögen,  die  (nach 
Schröder,  Kurtzc  Beschr.,  S.  64)  der 
1641  verstorbene  Gouverneur  JOHANN 
LILIESPARRE  gestiftet  hat),  entzieht 
sich  der  Kenntniss. 

41 — 43.  Zu  ihnen  kommen 
noch  drei  aus  Zinn  gegossene  Wand- 
leuchter. Auf  dem  Schilde  des  einen 
dieser  Leuchter  ein  Mann,  der  einen 
Hammer  schwingt,  daneben  die  Ini- 
tialen E  J  (Llias  Judelius.  M.  Jahrb. 
LIV,  S.  129.  No.  90). 

44.  Lin  mit  Schlangenköpfen 
verzierter  Thürring  an  der  1841 
angefertigten  Thür  der  Sakristei,  in 
durchbrochener  Arbeit.  Ehemals  an 
der  Thür  eines  Privathauses. 


Gitterwerk 

um  die  Grabstelle  des  Erich  Hanison  Ulfsparre. 


45.  Treffliches  altes  Gitterwerk  von  Schmiedeeisen  in  der  Südhalle  um 
die  Grabstellc  des  Gouverneurs  ERICH  HANSSON  ULFSPARRE,  von  1652. 


fk..  .  Jl ,  JA 


Wappen  vom  GiUerwerk  der 
t'lfspure'schen  Gnibstelle. 


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Vra  der  Kwiael  tu  St.  jHicen. 


Die  St  Jürgen- Kirche. 

(St  Georg.) 

IHBaubeschrcibong.    Ein    zweiter    ge\valti^,'cr   Zicji^elbau    im    Kathedralstil,  Bcsrhrei- 
im  Mittelschiff  119  Fuss  hoch,  ist  die  nahe  hei  St.  Marien  gelegene   ^^ng  des 
St.  Geoi|;en*Kirdie.   Ihre  Beschreibung  kann  kurz  ab^^cmacht  werden,  da  die  ^^u^* 
beigegebenen  Lichtdrucke  von  den  Aussenseiten  sowie  von  dem  inneren 
östlichen  und  westlichen  Theil,   und  endlich  auch  der  genau  ausgeführte 
Hamann'«iu-  r.rundriss  von  den  X'erhältnissen  des  Ganzen  ein  ausreichendes 
Bild   f^cwahreii.    Diese  Aufnahmen   sind  so  ausi^'efallen,   dass  wir  auch  tlcs 
Eingehens  auf  Einzelheiten,  /..  H.  auf  die  i*enstcr,  i'fciler  und  Gewölbe,  Dienste 
der  Kapitell-  und  Kämpferglicder,  I^^riese  und  andere  Zierrathe  glauben  uns 
überheben  zu  können.   Doch  m^e  Einiges,  das  sich  mdir  oder  weniger  dem 
Blidc  entzieht,  im  Folgenden  erwähnt  werden. 

Der  glatt  abschliessende  ältere  Chor  lic^jt  sammt  dem  mit  ihm  ver- 
bundenen Joch  des  neueren  Baues  jetzt  fnach  der  Restauration  vom  I'"nde  der 
achtziger  Jahre)  um  zwei  Stufen,  ursprunglich  um  drei  Stufen  höher  als  tlie 
übrige  Kirche.  Man  beachte,  dass  hier  die  Dienste,  soweit  sie  nicht  un- 
mittelbar vom  Fussboden  aufsteigen,  ebenso  wie  ihrer  viele  fan  Westbau,  auf 
Konsolen  mit  menschlichen  Kopfbildungen  aus  Kalkguss  aufsetzen.  Wie  in 
St  Marien,  so  ist  auch  in  St  Jürgen  der  Chor  von  Schranken  mit  gothischem 
Schnitz  und  Gitterwerk  umgeben;  doch  ist  dieses  nicht  überall  von  gleichem 
Werthe.')  In  der  Bemalung  der  Gewölbe,  die  dem  XVI  Jalirhundcrt  angehört 
imd  l887/8<S  u  jeder  hergestellt  ist,  wechseln  (irau,  Grun,  (ielb,  Schwarz 
und  Roth  mit  einander  ab.  Von  den  beiden  l'ortalcn  des  älteren  Chorbaues 
ist  nur  das  nach  Süden  führende  dn  ursprünglich  zugehöriges.  Wie  der 
Kleeblattbogenfries  oben  an  der  Mauer,  in  der  dieses  Portal  angebracht  ist 
so  weist  auch  dieses  Portal  selber  gleiche  Bildung  mit  dem  im  Umgangsbau 

*)  Die  Schranken  gehören  simmtlieh  der  Spätgotbtk  nm  «nd  nach  1500  an.  Dass  auch 
hinler  dem  Altar  ursprttnglich  eine  gleiche  Schranke  war,  die  der  Ulirbcklciiiung  gewichen  ist,  hat 
Dr.  Crnll  im  M  Jahrb  \'I  IX.  s  66,  I.  I>emcrkt.  Ein  StUck  Cboischranke  mit  aller  iiolychromer 
Uemalung  kann  man  im  Dachraum  avhcn. 


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ST.  JORGEN-KIRCHE  ZU  WISMAR. 


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von  St.  Mari»n  auf  und  Riebt  damit  einen  Fingerzeig  für  die  Zeit  kurz  vor 
Auftreten  des  Juliann  (  ii  otc  (so,  S.  9  und  34ff.). ')  \'on  den  Strebebogen, 
die  auch  liier  wie  bei  St.  Marien  zum  System  <;c!iören,  fehlen  die  Ix  iden 
äusscrsten  auf  der  Südseite.  Unter  den  drei  unrcgclmässig  angebauten  Kapellen 
auf  der  Nordsdte  des  Chors  ist  die  östliche  ein  mit  glasierten  Ziegeln,  zier- 
lidien  Blenden,  Fialen,  Galerien,  eckigen  und  halbrunden  Pilastem  geschmückter 
anmuthiger  gothischer  Bau.")  Die  anstossende,  muthmaasslich  15 16  gebaute 
Kapelle  xerföllt  in  zwei  je  von  einem  Kreuzt;e\volI)e  überspannte  Geschosse, 
deren  oberes  als  herzoglicher  Chor  diente  und  durcli  einen  i^eiU  rkten  dang 
über  che  .Strasse  iiin,  sowie  durch  die  erste  Kapt  lU  hmdurch  mit  dem  I'  urstenhof 
verbunden  war.')  Wegen  der  Geschichte  des  Baues  vergl.  Lisch,  M.  Jahrb.  V, 
S.  13  AT.,  268  flf.  CruU,  M.  Jahrb.  LX,  Der.  S.  33.  Die  dritte  Kapelle,  die  ab 
Sakristei  dient,  ist  ein  voi^neschobener  Posten  des  Neubaues,  der  1404  vom 
Thurm  her  in  .Angriff  genommen  ward.  Auch  auf  der  Südseite  des  Chors 
gab  es  Kapellen,  noch  vor  sechzig  Jahren  waren  zwei,  licute  i.st  es  nur  eine; 
von  der  anderen  sciiauen  die  einstmals  den  Gewölberippen  untergelegten 
Kopf  -  Konsolen  aus  dem  Gemäuer. 

Der  im  XV.  Jahrhundert  ausgeführte  Neubau  einer  richtigen  Kreuzkirche 
beruht  auf  einem  Plan,  der  einer  gewissen  Grossartigkeit  nicht  entb^rt  und 
besonders  m  den  Armen  des  Querschifles  zu  einer  wahrhaft  imponierenden 
Breite  mit  prächtigen  malerischen  Durchblicken  gelangt.*)  Doch  ist  dieser  \  on 
Westen  her  ins  Werk  gesetzte  Hau  nach  l"ertit;.stellung  des  ersten  Joches 
jenseits  i](:<  ( Juerschitles  ins  .Stocken  L'.i  iathen,  Dass  man  ihn  aber  weiter  zu 
fuhren  gcdaclUc,  beweisen  die  Verzalniungen  am  Hoch-schifte  und  an  der  letzten 
Kapelle  auf  der  Südseite.  Die  Seitenschiffe  des  Langhauses  (das  Querhaus 
ermangelt  ihrer)  sind  ungefähr  halb  so  hoch  wie  dieses,  haben  aber  eine  so 
aufTallende  Breite,  dass  man  hierin  den  Einfluss  der  ursprünglich  auf  eine 
Hallenkirche  mit  drei  gleich  hohen  Schiffen  berechneten  Thurmanlage  erkennt, 
die  mit  der  von  St.  Marien  auiTallend  übereinstimmt  und  von  dem  Baumeister, 

^  Da»  «ndete  Poctal  in  dir  eralen  Kapelle  der  Nofdadie  gehfirt  der  sweiten  Hüfte  d« 

XVI.  Jahrhuiiclrrli-  an,  währetu!  tür  Knptüi-  «rll  noch  dvvi  XI\'.  lalirlaitKleft  eOl»!aiiini:.  F.in 
Kundbogcn  Uber:>pannt  die  rechtwinklig  uhiic  Schmiege  in  die  Mauer  bincinj^ebrocbciM  TbUrulTmiiig, 
deren  einsiger  Schmuck  in  rwei  tanfbrmig  gerdtelen  Wublen  besteht.  Crull,  M.  Jalirb.  LX,  Ber.  35. 

Die  des  Herder  Kempt  (später  der  Vieke):  *ad  aquilonem  rciro  chorucn« ,  ri]>araturbedurftig 
1487.  Die  Vicarei  H.  Kempe's  wird  »chon  1394  omnium  Sanct.  erwähnt.  Vgl.  die  Sammlung 
angedruckter  Uirkanden  im  GroMh.  Archiv.    Crull,  M.  Jahrb.  LX,  Ber.  S.  34. 

*)  Die  Lage  darf  nicht  befremden.  DamaU  war  die  Metae,  nidit  die  Pcedtgt  das  HanptslOck 
des  Gollestlicnstcs.  Nur  indem  er  das  aus*cr  Acht  Mess,  konnte  I.i-.ch  im  M.  Jahrb.  V,  S.  14,  auf 
die  mit  dem  mecklenburgischen  Wappen  geschmückt ;ii  SlUble  zustrebend,  vum  hohen  Chor  reden, 
«Ibfcnd  die  Spuret»  der  wirklichen  Anlage  nodi  klar  genug  sind.  Ueber  die  Anlage  des  (UntUclien 
Stuhles  vgl.  C  rull,  M.  Jahrb.  I.X.  Her.  S.  34. 

*)  Diese  Durcliblicke  haben  freilich  durch  Sichcrlieitseinbauten  (Vcrsi&rkungcn  der  vier 
llaupIpfeQcr  in  der  Vierni^  «nd  der  ihnen  jederseits  gegenüber  stehenden  beiden  Pfeiler)  eine  Ein» 
boiae  erlitten.  Von  den  tiesonder<<  starken  .Ankerbalken,  welche  in  der  Vierung  auf  dem  Dcck- 
geshns  der  Pfeiler  auflagen,  sind  die  das  MiiiclschilT  krcuxcnJru  1  .  i  il(  r  Ictiion  Restauration  der 
Kirche  fortgeschafft.    Die  KesUuration  kostete  rund  60000  .Mark. 


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AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


welcher  die  basilikale  Kreuzkirche  mit  OberschifT  ersann  und  ausführte,  ohne 
Zweifel  bereits  vorgefunden  wurde.  VAnc  weitere  Beachtung  verdient  die 
Anlage  der  Seitenkapcllen,  welche  mit  der  in  St.  Nikolai  übercin.stimmt.  Ks 
fällt  an  ihnen  eine  streng  durchgeführte  Gleichmässigkeit  und  selbst  eine  gewisse 
Eleganz  angenehm  auf,  und  man  sieht,  dass  die  an  den  älteren  Kirchenbauten 
gemachte  Erfahrung  mit  ungleichmässigen  Ein-  und  Anbauten,  durch  die  die 
Wirkung  des  Hauptkörpers  nicht  selten  arg  beeinträchtigt  ward,  den  Ge- 
danken eingab,  in  dieser  Beziehung  von  vorneherein  nach  einheitlichem  Plane 
alles  zu  thun,  was  bei  einer  dreischiffigen  Anlage  der  Kirche  möglich  war, 
ohne  dass  der  Ge.sammteindruck  dadurch  einen  Schaden  erlitte.  V^on  be- 
sonders guter  Wirkung  ist  die  malerische  Gestaltung  des  durch  horizontale 
glasierte  Sims-  und  Friesbänder  .schön  gegliederten  Querschifics  mit  Portalen, 


Portalbogcn  im  nördlichen  QucrschifT. 


hohen  und  breiten  Mitteifcnstern,  schlank  aufstrebenden  spitzthürmigcn  Windel- 
steinen, prachtvoll  ausgeführten  Giebeln  und  mit  Dachreiter  auf  der  Vierung. 
Hier  mag  ferner  das  mehrfach  verwendete  Hand  von  l-'omizicgein  mit  Dar- 
stellungen von  Löwe,  Drache  und  Menschenkopf  her\-orgehoben  werden,  des- 
gleichen am  nördlichen  Arm  des  Querschililes,  auf  der  Ost-  wie  an  der 
Westseite,  die  Anbringung  der  glasierten  Figuren  der  Madonna  und  des 
hl.  Nikolaus,  die  beide  an  der  St.  Nikolai -Kirche  eine  so  reichliche  Verwendung 
gefunden  haben. 

Der  Glockcnthurm  im  Westen  ist  leider  ebenso  unvollendet  geblieben, 
wie  der  grosse  Neubau  des  XV.  Jahrhunderts.  Der  Anblick  der  N'crkümmenmg 
entspricht  dem  auf  der  Ostseite  des  ebengenannten  Neubaues,  wo  man 
einen  vorläufigen  Abschluss  mittels  nothdürftigcn  Fachwerkbaues  gewahr  wird. 
Dagegen  hat  man  dem  oberen  Räume  des  Hochschiffcs  eine  massive,  durch 


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ST.  JORGEN- KIRCHE  ZU  WISMAR. 


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Blenden  belebte  Wand  vori^czorrcn  nnd  diesen  Tiicbel,  der  die  Jahreszahl  1594 
zur  Schau  tragt,  sogar  mit  Kral)ben  und  fünf  Pfeileraufsatzcn  geschmückt. 

Die  dem  dritten  Joche  des  alteren  ("horbaues  vorgelegte  und  in  zwei 
Gesdiosse  zerfallende  Sakristei  steht  mit  dem  letzten  Juch  des  Neubaues  in 
einem  flüchtig  ausgeluhrten  Maudrvcrband.  Da  aber  ihr  innerer  Abschluss 
mitten  in  das  Joch  der  Abseite  des  Neubaues  vorspringt  und  zugldch  noch 
fast  eine  Meterbreite  (genau  0,8s  m)  von  der  äusseren  Flucht  der  Nordmauer 
des  älteren  Chorbaucs  zurückbleibt,  so  macht  es  den  l'Iindruck,  als  ob  die 
Sakristei  erst  angelegt  sein  könne,  als  man  die  X'ollendung  des  Neubaues  der 
Kirche  bereits  aufgegeben  hatte.  Zu  dieser  Annahme  passt  denn  auch  üire 
aUeriei  Nachlässigkeiten  aufweisende  spätgothischc  Bauweise. 

Wie  zwei  Ablassbricfen  jüngerer  Zeit,  einem  des  liischofs  Johann  von 
Ratsebuig  vom  $.  November  1447  und  einem  andern  des  Bischofs  Nikolaus 

von  Schwerin  vom  i.  Februar  1449,  zu  entnehmen  ist,  war  die  in  der  Neu- 
stadt begründete  Pfarrkirche  nicht  weniger  als  sieben  Heiligen,  Su  Georg, 
St.  Stephan,  St.  Simon,  St.  Judas,  St.  Martm,  St.  Elisabeth  und  St.  Agnes 
geweiht')  Da  aber  die  hl.  Elisabeth  erst  im  Jahre  1335  kanonisiert  wurde, 
so  kann  die  Kirche  nicht  vtir  dieser  Zeit  worden  sein.*)  Nun 

wird  aber  ihr  i'lcban  .schon  ui  emer  Urkunde  vom  2.  Marz  1255  mit  Namen 
genannL')  Also  rouss  die  Gründung  der  Kirche  in  den  zwanzigjährigen 
Zeitnium  fidlen,  der  »wischen  den  eben  .inj;efiihrttn  beiden  Daten  lie>;f,  In 
der  Urkunde  des  Jahres  1255  hcisst  der  Pfarrer  ^tiodiridus  plebanus  sancti 
Martini«,  in  einer  Urkunde  des  Jahres  isS7  »domimis  Godcfiidus  plebanus 
sancti  deorgii  in  Wismaria ;  tmd  vierzehn  Jahre  später  wird  er  bei  (le- 
legenheit  der  Ordnung  der  Privilegien  der  hl.  (ieist- Stiftung  durch  Bischof 
Ulrich  von  Ratzeburg  als  >  plebanus  sanctorum  Martini  et  Georgii  in  nova 
dvitate«  urkundlieh  aufgeführt.*)  »Ecclesia  beatorum  Martini  et  Georgii  in 
nova  (  ivitate-  heisst  die  Kirche  auch  in  jener  l>ereits  auf  Seite  4  erwähnten 
Urkunde  vom  22.  Februar  1270,  in  welcher  sie  von  Purst  Heinrich  dem 
Pilger  unter  das  Patronat  des  deutschen  Ordens  m  Riga  gestellt  wird.') 
Daraus  ersieht  man,  d.iss  der  hl.  Cieorg  und  der  hl.  .Martin  die  Hauptpatrone 
der  Kirche  waren.  Dazu  stimmt  auch  ihre  Bevorzugung  in  den  Bildwerken 
des  Hauptaltars  und  in  den  Wandgeroittden  der  Kirche,  die  dem  XV.  Jahr^ 
hundert  angehören.  Jedoch  gewinnt  die  Benennung  der  Kirche  mit  dem 
Namen  St.  ('Corg,  niederdeutsch  St.  Jürgien,  schon  frühe,  d.  h.  bereits  im 
Xlll.  Jahrhundert,  die  überhand.^) 


')  Vgl.  Techen,  ungadr.  Urk.  mid  Kcgwtm  ta  Gfoadi.  Arebhr  ra  Schwerin.   F«tBcr  Ctall, 
M.Jabrb.  XLIX,  S.  71. 

*)  CraU,  M.  Jahrb.  XLI.  S.  131. 

•)  M.  U.-B.  744. 

*)  M.  L-.-B.  788.  II 58. 

»)  M.  U.-B.  1181, 

^  M.  U.-B.  906.  1366.  1501.  IS39.  160s.  1603.  1S3S.  l<83.  1908.  195a.  1991.  S096w 

2143.  2196.  2254.  2258.  2259,  2260.  2261.  2322.  2374.  2425.  Dem  rntsprcclipnd  rc-gt  <1a» 
Kircbensiegel  die  Cc»talt  des  hl.  Georg.  Das  KcktoraUsiegel  hat  dagegen  einer  Coinpatronin  den 
Vomi;  gegeheB,  der  U.  Eliaiheth  nliiilich.  Ei  iit  im  M.  U.-B.  S19*  abgebildet.  Das  Kirdicii- 
Siegel  (an  einer  Urk.  vom  24.  September  I442  und  vom  I.  März  1477':  nur  in  zwei  Abdrücken 
vorhanden.  Die  Stempel  beider  sind  verschwunden.  Den  älteren  Chorbau  im  G«^eosaU  sam 
jüngeren  NBohan  ab  Hartiiul»n  oder  Martinskircbe  sa  hewichncn,  wie  et  schon  In  duronlitiadmi 


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AMTSGERICHTSBBZIRK  WISMAR. 


Vom  ersten  und  ältesten  Kirchenb.iii,  dessen  Thurm  1286  und  dessen 
Ziegelbof  (tegelhus)  1295  zum  ersten  Mal  genannt  wird,')  ist  nichts  mehr 
eriülten.  Vom  zweiten  Bau,  dessen  Beginn  wir  in  die  ersten  Dezennien  des 
XIV.  Jahiliunderts  zu  verlegen  haben,  steht  heute  noch  der  Chor  mit  seinen 
Anbauten.  Wieviel  von  dit-sem  V,:n\  fertig  wurde,  ob  man  ihn  ganz  vollendete, 
oder  nur  einen  Theil  davon  fertig  brachte:  alles  das  weiss  man  nicht.')  Aber 
was  davon  da  ist,  das  stimmt  in  vielen  Punkten  mit  den  entsprechenden 
Theilen  von  St.  Marien.  So  hat  der  Chor  von  St.  Jürgen  mit  dem  Umgänge 
von  St.  Marien  den  Fries  gemein,  ebenso  die  Gliederung  der  Portal-  und 
Fensterlaibungen,  die  Sttttzung  des  Hochsdiiffes  durch  Strebebögen,  das 
Fehlen  des  Frieses  am  HochschifT  und  selbst  das  Mauergefüge,  indem  hier 
wie  dort  di-r  sog.  wcndisrhc  Verband  (zwei  Läufer,  ein  Binder)  zwar  als 
herrschender  hervortritt,  aber  nicht  mit  voller  Kon-scijuenz  durchgeführt  ist. 
Diese  Stilverwandtschaft  weist  aber  auf  die  erste  Zeit  des  XIV.  Jaluhunderts 
hin.  Dazu  wird  es  auch  stimmen,  dass  zwischen  dem  24.  August  und 
21.  October  1332  ein  Kontrakt  über  Holzlieferungen  an  die  Ziegelöfen  von 
St.  Jürgen  vereinbart  wird,  der  auf  Bauthitigkeit  bei  der  Kirche  sdiliessen 
lässt,  und  dass  am  18.  März  1360  zu  Gunsten  von  St.  Jürgen  ein  Ablass 
ausgeschrieben  wird,  in  welchem  den  Tagen  der  übrigen  Schutzheiligen  der 
Kirche  (ausser  dem  des  hl.  Georg  denen  des  hl.  Stephanus,  des  hl.  Martinus 
und  der  hl.  Elisabeth)  und  ebenso  der  Beisteuer  cum  Bau  und  Schmuck  der 
Kirche  besondere  Wichtigkeit  beigelegt  wird.') 

Aber  das  ist  auch  bis  heute  alles,  was  sich  zur  Geschichte  der  zweiten 
Bauperiode  beibringen  lässt 

Die  dritte  Bauperiode  beginnt  1404.   In  diesem  Jahre  wird  der  jetzt 

stehende  Neubau  der  Kirche  in  weit  grösseren  Dimensionen  vom  Thurme  her 
in  Angriff  genommen.  Es  ist  das  ja  die  Zeit  der  grossen  Kraftentfaltung 
der  Haue  sat  1370.^) 

9ii  •  teme  •  pate^^  teniie  •  fctef  •  tn*  ccrc  S  iiij  •  ipot  •  In  • 
Iiiart  tat  fiinlietittt  btffej  totnej  upleilt. 

So  tautet  die  bschrift  an  der  nördlichen  Thurm  •Kapelle. 

Uebcr  den  ausführenden  Meister  dieses  ersten  Nciilinucs  ist  nichts  über- 
liefert. Ist  CS  der  KaUisnuurcrmeister  Hinrik  von  Bremen,  mit  dem  wegen 
des  Baues  von  St  Nikolai  1381  ein  Kontrakt  abgeschlossen  wird  (s.  u.)? 
Oder  ist  es  ein  anderer?  Gewiss  ist  nur,  dass  der  Thurmbau  nach  Vollendung 
seines  ersten  Geschosses  ins  Stocken  geräth  und  dass,  wenn  am  24.  .August 
1408  in  einer  Urkunde,  in  der  es  sich  um  Memorien  handelt,  eines 
Glockcnthurmes  von  St.  Jürgen  (cloktom)  Erwähnung  geschieht,  dies  ebenso 
ein  interimistischer  Hau  pewcsen  sein  muss  wie  der,  welcher  heute  vor- 
handen ist  und  als  verkümmertes  Glied  unmittelbar  neben  dem  stolz  em|>or- 
ragenden  Mittelbau  der  Kirche  den  Eindruck  des  Ganzen  stark  beeinträchtigt. 


Aufzeichnungen  des  XVI.  (?)  »nd  XVII.  Jahrhunderts  geschieht  'lübüuthck  iler  Ritter-  iiml  F.and- 
Bchaft,  M.  247,  16),  und  gleichlautend  bei  Latomus  in  »einem  Gcnealuchrunicon  Mcga}>oliunum 
(WcslplMlen,  Mon.  ined.  IV,  S.  335)  sich  findet,  entbehrt  jeden  Gnndes.  Vgl.  SchrOdcr,  Ftp. 
Medtl.,  S.  1757.    Crull,  M.  Jahrb.  LVI,  S.  «3.   Techen,  M.Jilirb.LX,  S.  iSali; 
')  If.  U.-U.  1833.  3333. 

*)  Alle  Penilnnente  fluiden  sieh  tat  der  SUdwite  bis  über  das  KreuachUT  hiaeas. 

M.  U.  U.  5349.  873'. 

l'm  diev;lb«  Zeit  sind  die  Kostocker  mit  Butm  groMen  Neabau  von  St.  Muien  beacbift^ 

Vgl.  M.  Kunst-  u.  Gesch. -Denkm.  I,  S.  16. 


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St.  Jürgen  711  Wismar.    DurchMick  «liirch  thi  QuericUilT. 


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ST.  JÜRGEN-KIRCHE  ZU  WISMAR. 


75 


Das  Stocken  des  Thurmbaues  ist  freilich  weniger  verwunderlich,  wenn  man 
sich  die  bürgerlichen  Unruhen  in  den  ersten  De/cnnien  des  XV.  Jahr- 
hunderts vergegenwärtigt  (s.  o.  S.  i6).  Es  scheint  aber  auch  im  dritten 
Jahrzehnt  nicht  weitefgelMUit  zu  sein,  wenn  die  durch  Urkunden  ms  den 
drcissi^'CT  jalirrn  rift  genug  bezeugte  Anlegung  des  Kirchenvermögons  in 
Renten  einen  Schluss  gestattet.  Dagegen  ist  von  1442  bis  1449  Hermen 
von  Münster,  ebendenelbe,  den  wir  fttnf  Jahre  früher,  1437,  bei  St  Nicolai 
besch.aftigt  finden,  als  Werk-  und  Baumeister  \  i)n  St.  Jürgen  bezeugt.  Dass 
die  Fortsetzung  des  Baues  damals  thats-lchlit  h  beim  Thurm  wieder  ansetzt, 
beweist  die  Auffindung  eines  Werk/eichens  an  der  (vom  i'hurm  her  ge- 
rechnet) zweiten  Arkade  der  nördlichen  Seite  des  Hochschiffes. 
Es  ist  dies  das  von  einem  am  S.  Nfai  1442  eint-r  Trhunde  an 
gehängten  Siegel  her  bekannt  gewordene  nebenstehende  Merkmal 
des  Meisters.*)  Ausserdem  ist  eine  Urkunde  vom  17.  Februar 
1449  erhalten,  nach  wdcber  Konrad  B4fddeker,  der  Bruder  des 
Bischofs  Nikolaus  Böddeker,  mit  dem  Werkmeister  Hermen  von  Münster  die 
Abkunft  trifft,  dass  er  ihm  für  eine  auf  der  Südseite  der  (alten)  Kirche 
niciU  rgerissene  Kapelle  eine  andere  auf  der  Nordscitc  iK-im  1'hurm  (der  neuen 
Kin  hi-;.  und  zwar  eine  geweihte,  !>cs(  li.-iffcn  soll  Die  Kai)elle  war  aber 
damals  nicht  fertig,  und  auch  sechzehn  Jahre  spater  noch  nicht  geweiht,  wie 
aus  einer  Urkunde  vom  18.  Dezember  1465  tu  ersehen  ist.  1448  kauft 
das  Wollwel)cranit  eine  Kapelle  ^iklHch  neben  dem  Thuim,  1449  das  Pelzenunt 
die  daran  stossende,  und  1454  gründet  Heinrich  Ltschow  eine  Vikarei  »in 
ca|>ella  der  Hagemeister  olim  nuncupata  jam  dirupta  atque  denuo  erigenda  in 
ecdesia  S.  Gemgil«.')  Zum  Bau  der  Sakristei  (jerkamer)  vennacht  der  Bäcker 
Hans  Griidcr  am  2.  April  1460  seinen  besten  braunen  Rock.  Endlich 
bestätigen  die  oben  bereits  erwähnten  Ablassbncle  der  Bischöfe  von  Ratze- 
bivg  und  Schwerin  aus  den  Jahren  1447  tmd  1449,  die  zu  Gunsten 
der  Kirche  St.  Jürgen  in  Wismar  erlassen  sind,  die  Stcigenmg  der  Bauthätigkeit 
um  diese  Zeit.  Wie  weit  Hennen  von  Münster  seine  Aufgabe  ausführt,  und 
ob  und  wie  lange  er  beim  Bau  ttber  1 449  hinaus  thätig  bleibt,  ist  unbekannt 
Man  weiss  nur,  dass  im  Jahre  1464  d.xs  erforderliche  (leid  durch  Einsammeln 
von  Gaben  zu  erlangen  gesucht  wird,  und  dass  zuletzt  der  im  Jahre  1497 
verstorbene  Hans  Mertens,  der  Erbauer  des  Nikolai -Thurmes,  zu  zweien  Msjen 
sein  Werkzeichen  in  St.  Jürgen  zurückgelassen  hat,  das  eine  Mal  sanmit 
seinem  Namen  in  einer  der  Kappen  des  äussersten  nc)rdlichen  Ciewölbes  im 
C^uerschiß',  und  das  andere  Mal,  anders  gestellt,  mit  den  initialen  seines 
Namens  im  eisten  Gewölbe  des  Hodnchiffes  vor  dem  Thurm: 


QuerscliitT,  Ict/tcs  GcwStbe,  Hwhschiff,  erstes  Gfwülbe, 

nach  Norden.  nach  Nurilcn,  vor  der  Orgel. 

Dies  berechtigt  zu  dem  Schluss,  dass  er,  und  nicht  Hermen  von  Münster 
derjenige  ist,  der  die  Wölbung  des  Neubaues  vollendet,  sowie,  dass  dies  vor 


.  •)  Die  Umschrift  <lcs  sirj^vts  lautet:  0  berinan  VAtt  mvnftttt» 
*)  Vgl.  Schröder,  Pap.  Mcckl.,  S.  2049.  2058.  3079. 


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76 


AMTSGERICHTSBBZIRK  WISMAR. 


1497  i^'rsrltchiTi  sein  muss.'}  1516  wird  die  fürstliche  Tribüne  östlich  von 
der  Sakristei  (s.  o.  S.  71)  erbaut.  Die  Jahreszahl  1594  aber  draussen  am 
Schhus  der  Ostwand  des  NeubMies  oberhalb  des  älteren  Chorfintes  Usst 
erkennen,  dass  man  damals  den  Gedanken  einer  Vollendung  des  grossartigen 
Planes  aufgiebt  und  zugleich  gewillt  ist,  einen  Theil  des  Fachwerkbaues, 
womit  ursprünglich  doch  ohne  Frage  nur  ein  vorläufiger  Schluss  beabsichtigt 
irar,  dauernd  von  Bestand  tu  lassen.  So  ist  St.  jUrgen  zu  einem  Wahr- 
zeichen des  Auf  und  Niedetgaoges  der  städtischen  Verhältnisse  während  des 
Mittelalters  geworden. 

Vgl.  Crull,  M.  Jahrb.  LVl,  S.  23  —  25,    Ungedruckte  Urkunden  im 
Giosdi.  Archiv,  gesammelt  von  E^.  Fiiedr.  Tedien. 

Hochaltar.  Ho^alttr.  Der  Hauptahar  trägt  einen  gotiüschen  Sdiran  mit  Doppel- 

fliigeln,  der  sich  auf  einer  Predella  erhebt  und  oben  mit  einer  Bekrönung 
endet,  die  aus  Blättern  und  Knospen  gebildet  wird,  welche  mit  einander 
abwechseln  und  in  horizontaler  Linie  neben  einander  stehen.  Die  beiden 
Seiten  der  Aussenflügel  und  die  Aussenseiten  der  beiden  Innenflügel  sind 
bemalt,  die  Innenseiten  der  Innenflfigd  aber  und  der  Schrein  sind  mit  bemalten 
und  vergoldeten  Holzfiguren  in  Niadien  und  unter  Baldadiinen  geHillt.  Wenn 
die  Flügel  geöfThct  sind,  beträgt  die  ganze  Breite  des  Werkes  nicht  iiren^;er 
als  10,67  m.  Die  Hohe  betr.igt.  Predt.-lla  uml  Hekrönunjj  eingerechnet,  4i42  m, 
der  Kern  des  Schreins  bleibt  also  nur  um  Weniges  unter  4  ni  1  i<)lie. 

In  der  Mitte  des  Schreins  die  Krönung  Mariac;  Maria  beugt  betend 
das  Haupt,  während  der  Hcilarul  die  Rechte  ihr  zum  .Setzen  erhebt.  In  .seinem 
Nimbus  die  Um.schrift:  (iVj^irfll?  -  (jcp)S  -\-  XtX  °  (r)cgu  I  tt  °  (bll)Ö  + 
(tio)mi(njiciu  +•  Vgl.  Tim.  I,  Kap.  vi,  V.  15  und  Apokal.,  Kap.  XIX,  V.  i6. 
Im  Nunbus  der  Maria  ^ie  thdlweiae  etwas  entstellte  Umsduift:  0e(o)  o 
(iii)atec  o  p(ttli9)te  *>  t!lüttiA{f)  o  et  »  tfmnrlf  <>  et  (mMgna  o.  Richtig  ge- 
schrieben hcisst  es:  ega  iiister  puldjre  bUcctioni^  cttiiiiorl^  et  agnitionf^ 

et  fanttC  fpef.  Vgl.  Jesus  Sirach,  Kap.  XXIV,  V.  24.  In  der  Basis  dieser 
Haui)tpruppe  drei  kleine  I-"ißuren:  in  der  Mitte  der  unbekannt  gebliebene 
Stifter  mit  einem  Wappenschilde,  auf  dem  eine  Hausmarke  angebracht  ist,  und 

mit  der  Band -Umschrift:  jlldi(fcre)re  •  mti  •  beu^  •  fecuiibü  •  (iiiagnaiti 
mtfectrwrMani  tuam).  Vgl.  P^.  LI,  V.  i.  Links  eine  nach  Art  der  alt- 
teatameritlicfaen  Propheten  gestaltete  Halbfigur  mit  dem  Spnidibande:  SPftitit  • 
rcgina  •  a  •  bcrtrO^)  •  tui|  (nämlich:  in  brftitu  br.nir.ito,  circuinbata 
b.irirtatr).  vgl  i's  xi.i\',  V  lo;  rechts  eine  mit:  %a  •  t^cufaicin  •  pottilaj  • 

C)Uji  •    Vgl.  Jesus  Sirach,  Kap.  XXI\',  V.  15. 

Die  Heiligen,  welche  die  Mittelgruppe  von  beiden  Seiten  her  in  zwei 
Reihen  Uber  einander  einfassen,  sind  von  links  (im  Flügel  oben)  angefangen: 

*)  Hh  dicKT  AoMbnie  Minnit  nwh  das,  m»  aber  den  MuttmerlMiMl  m  bmeiken  ist. 

Dir<ifr  zeigt  in  den  Winden  der  Alöcilcn  und  der  unlfrtn  llälftc  c^(■^  nucrschiffes  rcgclmä^'.iKen 
Wechsel  «wischen  L&ufer  md  Binder,  ist  dag^n  ein  ganz  unn^lm&süiger  im  HochscbifT  und  in 
der  obeicii  HlUle  des  Qnencliife.  S.  u.  NÖtolsi-Xjfcbe. 


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ST.  JÜRGEN-KiRCifB  ZU  WISMAR. 


77 


St.  Jürgen,  St.  Martin,  St.  Lukas,  St.  Bartholomaeus,  St.  Philippu.s,')  St.  Matthaeus, 
St.  Judas  Thaddaeus,*)  St.  Thonia.s,')  St.  Andrca.s  und  St  Petrus.  Die  Reihe 
.sct/t  .sich  jenseits  der  Mittelgruppc  fort  wie  folgt  :  St.  Jolianncs  Bajit.,  St.  Paulus, 
St.  Johannes  LLvang.,  St.  Jacobus  major,  St.  Simon,  St.  Jacobus  minor,  St. 
Madiias,  St.  Marcus,  St  Stq>lianii8,  St  Elisabeth.  In  der  unteren  Reihe, 
wieder  von  links  (im  Flttgd)  her  angefangen:  St  Mauritius,  St  Olav,  St  Vin> 
centius,  St.  Laurentius,  ein  nicht  zu  bestinunender  hl.  Bischof,  St.  Leonhard, 
St  .Ambrosius,  St.  Augustinus,  .St.  I  ncron\  mus,  St.  Gregorius,  .St.  Anna  selb- 
dritt  (mettercia),  St.  Maria  Magdalena,  St.  Katharina,  St.  Agatha,  .St.  Agnes, 
St.  Ursula,  St.  Dorothea,  St.  Barbara,  eine  unbestimmbare  Heilige  (iianna,  die 
Prophetin?)  und  St.  Brigitta  oder  St.  Clara.  Vgl.  CruU,  M.  Jahrb.  XLIX,  S.  310. 

Klappt  man  die  inneren  Flügel  zu,  so  erbliclct  man  sedisdin  Bilder, 
die  auf  Kreid^rund  gemalt  und  in  zwei  Reihen  über  einander  angeordnet 
sind,  jede  Reibe  abo  ndt  acht  Soeoen.  Beide  Reihen  werden  durch  ein  mit 

goldenem  Eichenlaub  auf  abwechselnd  grün  und  roth  lasiertem  Grunde  be- 
maltes 40  cm  breites  Band  von  einander  iM-trennt,  in  welchem  zwanzig  Medaillons 
(je  fünf  in  einem  Flügel)  mit  grosstcntliuils  niclit  mehr  zu  bestinniiendea  Malb- 
figurcn  und  zugleich  mit  Spruchbandern  angebracht  sind.  Jedoch  sind  deren 
Legenden  so  lückenhaft,  dass  es  sich  hier  nidit  verlohnt,  auf  ihre  Reste  ein- 
zugdien.^ 

Die  vier  Bilder  des  Flügels  links  behandeln  das  Martyrium  von  St  Jüigen, 

d.  h.  des  Ritters  St.  Georg  aus  Kappadocicn.  I3as  erste  Bild  links,  von  dem 
nur  noch  wenige  Reste  vorhanden  sind,  enthielt  wahrscheinlich  das  Hekenntniss 
sdnes  Christenthums  vor  dem  Kai.ser  Diokletian;  tlas  zweite  zeigt  .seine 
Marterung  mit  Schnittwunden,  Fackeln,  Knitteln  und  Salzeinreibimg,  das  dritte 
das  Sieden  in  geschmolzenem  Blei  und  das  vierte  seine  Enthauptung.  Diesen 
vier  Bildem  entsprediend  enthält  der  andere  Flügd  die  Geschidite  vom 
hl.  Martin,  der,  in  Pannonien  geboren  und  in  Pavia  erzogen,  unter  Cbnatantius 
und  Julianus  als  Kriegstribun  im  Heere  diente.  Noch  vor  seinem  Uebertritt 
zum  Christenthum  giel)t  er  einem  nackten  Armen  seinen  lialhen  Mantel,  worauf 
ihm  der  Heiland,  angethan  mit  dem  weggegebenen  halben  Mantel,  in  der 
Nacht  erscheint  und  die  Worte  spricht:  Martinus  adhuc  cathecuniinus  hac  me 
veste  contexit   Dies  das  erste  Bild;  das  zweite  enthält  seine  Erhebung  zum 

Anf  der  Rückseite  der  Figur  enüiält  freilich  ein  aufgeklebtes  Pcr^amentblättcben  den 
Namen  (ymon.  Indeawn  hstte  die  Figur  dm  Rest  eines  Doppellcrenses.  Vgl.  Cmll,  M.  Jahrb. 
XUX,  S.47-    Z.  Zt.  triCgt  die  Figur  ein  Beil. 

•)  Auf  der  RUcks«ite  rälsclilich  ein  ZeUelcheii  mit  dem  Namen  fvh'pp.    Vgl.  ("ruU,  1.  c. 

■)  Auf  der  Rückseite  fälschlich  ein  Zettelchen  mit  der  Aufschrift  \a<op  mfltOIT.  Vgl. 
Crall,  1.  e. 

*)  Vgl.  Crtill,  !,  c,  S.  53  —  56.  Mütiienlwrger,  MittcLilterl.  .Miäre,  S,  78:  »Die  iiiittKren 
Medaillons  auf  den  vier  Flügeln  lassen  die  Gestalten  der  vier  lateinischen  Kirchenväter  erkennen. 
Die  aedisdin  flbr^|en  enthalten  irahneheinlich  ebemovide  Propheiengestallen,  bei  denen  aber,  wie 
wir  dies  in  jener  Zeit  öfters  finden,  keineswegs  immer  nur  an  die  in  der  hl.  Schrift  vorkommenden 
Propheten  zu  denken  ist.  David  und  Salomen  bat  man  hier  in  den  Kreis  der  Propheten  hinein- 
gezogen.«   Vgl.  Altanchrein  im  Wclfenmosean  in  I'Iannover. 


7« 


A1IT8GBRICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Bischof  von  Tours;  das  dritte  zci^,  wie  Engel  vom  Himmel  kommen  und  die 
Arme  des  iielcnden,  welche  lici  ihrer  Krhebung  cntblösst  worden  waren,  mit 
dem  Gewände  (nach  anderer  Version  mit  edclstcingcschmuckten  Ketten)  zu- 
decken; das  vierte  zeigt  den  Tod  des  hl.  Martin,  wie  er  jede  weidiere  Bettung 
zurückweist  und  dabd  Iteharrt,  in  gewohnter  Weise  auf  einer  Haardecke  und 
auf  Asche  zu  liegen. 

Von  den  zwei  Innenflügeln  enthält  der  eine  die  Scenen  der  Bcgrüssung 
der  hl.  Maria  durch  den  Engel  (3I\JC  gracikl  j^IeiUl),  die  Anbetung  des  neu- 
geborenen Kindes  durch  Maria  und  die  Engel  (glocitl  itl  tJiCt\fi$  öto),  die 
Anbetung  der  hl.  drei  Könige  und  die  Darbringung  des  Kindes  im  Tempel 
mit  der  G^enwart  des  alten  Simeon;  der  andere  die  Scenen  der  Geisselung, 
Doraenkrönung,  Kreuztragung  und  Kreuzigung  {IBttt  fHfttf  tei  ttSA  ifte)- 

Die  vom  Zahn  der  Zeit  acg  mitgenommenen  Bilder  auf  den  Aussen- 
seiten  der  Innenflügel  enthalten  zusammen  zwölf  Heilige  in  zwei  Reihen  über 
einander,  jeder  Flügel  somit  deren  sechs,  von  denen,  streng  genoninu  n,  nur 
eine,  die  hl.  Agnes,  zu  bestimmen  ist.  Jedoch  werden  die  mit  ihr  verbundenen 
beiden  anderen  wdblichen  Gestalten  wohl  die  hl.  Mardia  und  die  hl.  Elisabeth 
sem  und  aus  diesen  drei  Compatronmnen  der  Kirche  wiederum  Schlüsse  auf 
einen  Theil  der  anderen  Figuren  als  die  ütHrigen  Schutzpatrone  von  St  Jürgen 
(s.  o.  S.  73)  gemacht  werden  dürfen.*) 

Auf  der  Predella  neun  Halbfigurcn,  auf  Kreidegnind  gemalt,  mit  zinnober- 
rothem  Hintergrunde,  der  mit  goldenen  Sternen  belegt  ist.  In  der  Mitte 
Christus  als  Ecce  homo  mit  den  Marterwerkzeugen.    Im  Nimbus  die  eingepunzte 

Inschriit:  €ctt  >g(n)up  hei,  tcu  i|(tU)  Mit  pecmt«  tnöfad).  Rechts  von 
ihm  die  vier  lateinischen  Kirchenväter,  eben&Us  mit  Inschriiten  in  den 
Nunben.  zuerst  der  hl.  Gregor  (^(tnCtU^  40te9Oti(u|)  papa  tt{l)t  hOCtOt); 
dann  der  hl.  Cardinal  Hieronymus  (^anctU^  f!jcroniimi5  boctor);  darauf  der 
hl.  Bischof  Augustinus  ^aiirtU^  au(gu)ftinus  boctor);  zuklzt  <icr  hl.  Bischof 
Ambrosius  (^atlCttl^  aillhCOtiu^  boctor)-  Von  den  Spruchbändern  dieser 
Figuren  ist  nur  das  des  hl.  Ambrosius  zu  lesen,  es  lautet  voll  ausgeschrieben: 

per  pafdonem  dgtifU  tt  motte  ah  bttam  toaratt  fuiiui^.*)  Auf  der  anderen 

Seite,  links  von  Christus,  sehen  wir  zuerst  den  König  David  mit  dem  Spnidi: 
Weite  in  0CiitiliUö  riui.i  boniinus  rrgiuiblt,  Ps.  XCV,  V.  10;  darauf  folgt 
Salomo  mit  dem  Spruch:  bilcctu^  mcus  cinblbus  ct  rubicunbus  rlcctu^  er 

mili&ltS,  Höhel.,  Kap.  V,  V.  10;   dann  der  I'roijhet  Jesaias  mit  dem  Spruch: 

%  jplanta  pcbi^  u^qiie  ab  berticein  uon  cft  in  eo  (anita^  pi^optec  ini^uitate^ 
noftra^i  Jes.,  Kap.  I,  V.  6;  zuletzt  der  Prophet  Jeremias  mit  dem  Spruch: 

hehit  hflectam  anhnam  fuam  tn  manifiui^  Hiimironim  fiionim»  Jerem., 

Kap.  XII,  V.  7. 

Zuletzt  sind  die  Bilder  zu  erwähnen,  welche  einen  Theil  der  Rückseite 
d,es  Mittclschrcins  bedecken,  den  nämlich,  welcher  die  Krönung  Mariae  in  der 

Crull,  1.  c,  S.  62,  will  auch  die  hl.  drei  K&tige  «n  dieser  Stelle  crkeraieii.  Aadeis 
MUnzenberger,  I.  c,  S.  78. 

^  Vfl.  Spraddilndcr  der  KiidMovIter  in  Bd.  I,  S.  181  and  189  (Altar  in  der  KIrIm  mm 
U.  Krens  in  Roripck}. 


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ST.  JORGEN-KIRCHB  zu  WISMAR. 


79 


Mitte  einschlicsst  und  in  Ful^c  der  grösseren  Tiefe  dieser  (iruppe  kastcnartiij 
weiter  nacli  hinten  /.urucktritt.  Ivs  sind  Bilder  in  drei  Abtlicilungen  iibcrcin.imU  r, 
die  durch  rothc,  mit  gelben  Röschen  belegte  fingerbreite  Bander  von  einander 
getrennt  werden.  »Die  erste  Abdidlui^,  die  oberste«  enthielt  drei  Figiiren, 
von  denen  die  rechte  vollständig  abgekratzt  ist;  nur  das  diesdbe  b^leitende 
Spruchband  mit  setner  Au&duift  hat  sich  erhalten,  welche  lautet:  «15a  tQ 
VjooTjr  f\trt  länbc  !cue  md)  bcr  tarrlbc  bii  .iTIc  binrs  fjrrtni 

6C0^Ctt.  Diese  I  .ef,'en(k-,  zusammen  {^ehalten  mit  ficn  beiden  folf^cnden  Hildern, 
lässt  nicht  bezweifeln,  da.ss  es  der  Teufel  gewesen  ist,  den  die  abgekratzte 
Figur  dargestellt  hat.  Die  mittlere  I'igur  bildet  ein  jüngerer  Mann,  bartlos 
und  mit  hngem  blondem  Haar,  das  Haupt  mit  einem  roüien  Barette  bedeckt, 
in  «nem  kurzen,  mit  weissem  Pelze  besetxten,  faltigen  Brokatrocke  und  die 

Füsse  mit  nnlicn  lanKscIinabcligen  Sdluhen  bekleidet.    Die  Aufschrift  seines 

Spruclihandes  lautet:  %fi  biil  tcv  ii.irfi  iniiicr  ioQfjct  fitg,\}erc 

roftCIl  bp  bat  Olbcr  gäbe  faftcn.    Um  den  Hals  des  jungen  Mannes 

ist  eine  goldene  Kette  befestigt,  welche  der  1  eufel  hielt,  um  die  Leibesmittc 
eine  eiserne,  welche  die  linke  Figur,  ein  Kngel  in  weissem  Gewände,  und  mit 
röthlidien  Flägetn  in  der  Hand  hat.   Neben  Letzterem  flattert  gldchfalls  ein 

Spruchband,  dessen  Aufschrift  lautet:  MMoS^t  j^Ott  inine  tab  fteTC  tif  tO 

0ilbC  UllbC  tat  ban  b  Die  mittlere  Abtheilung  cnth.ült  vier 

Fi}.[urcn.  Rechts  erkennt  man  die  Reste  eines  Teufels,  der  roth  gefiedert  war 
und  Vogelfüsse  hat,  und  dessen  Heisclirift  lautet:  tlid^t  bOt  ftftC 

bolg^e  tnine  lere  be  bot  bi  uoc^  becne.  Dann  folgt  zunächst  ein  Mann 
in  eng  ansdüiessendem  kurzem  Rocke,  mit  braunem  Hute,  einer  Tasche  am 
Gürtel  und  mit  rodien  Schnabdschuhen.  Die  Legende  seines  Spruchbandes 
ist  nicht  mehr  lesbar.  Neben  ihm  steht  wieder  der  Engel,  von  dessen  Bei- 
schrift nur  zu  entziffern  ist:  bn  6eb  bllQ  Voctlt  bu 

fiifl   (lanz  an  der  linken  Seite  sieht  man  in  einer  Kapelle  einen 

l'riester  vor  einem  mit  einem  Marienbilde  geschmückten  und  mit  zwei  l^euchtern 
besetzten  Altare  knieend  beten;  ein  Spruchband  ist  demselben  nidit  bei« 
gegeben.  Auf  dem  dritten  und  untersten  Bilde  steht  an  der  rechten  Seite 
wiederum  ein  Teufel,  der  hier  aber  grasgrün  sich  zeigt  und  einen  langen 
Schwanz  hat.  In  der  Hand  hat  er  die  goldene  Kette,  die  aber  nicht  mehr 
an  einer  zweiten  Person  befestigt  ist.     Auf  einem  Spruchhande  neben  ihm 

erkennt    man:    ObJC  tf   ÜJOl  ...  teil  Ün  HU  fdjataC  TU  

bec  bebe  0l)CIiaiue.  Dann  folgt  der  Engel,  dessen  Legende  auf  dem  Spruch- 
bande völlig  unlesbar  ist,  und  darauf  ein  Knieender,  eben  noch  erkennbar, 
von  dessen  L^nende  gleich&lls  nichts  erhalten  ist.  Er  kniet  vor  einem 
sitzenden  Priester,  der  ein  Spruchband  neben  sich  hat,  auf  dem  man  noch 

liest:   .  .  .  .  Ün  mit  bicfjt  bifhl  e   .  löf  Was  diese  Hildcr 

anzeigen  sollen,  ist  handc^reiflich:  die  Möi^lichkeit  aus  den  Banden  des  Teufels 
gerettet  zu  werden  uml  tlcr  We^j  dazu.  4') 

')  Wörtlich  nach  CruU,  M.  Jahrb.  XLIX,  S.  65  und  66.    Vgl.  ferner  MUnzenberger, 
MittdatlerL  Altlie,  S.  79. 


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8o 


AMTSGERICHTSBEZIRK  \VISM.\k. 


Schnitzerei  und  Malerei  weisen  beide  auf  die  Zeit  van  1430,  Icttrz  vorher 

und  nachher.')  Wer  aber  der  Donator  und  wer  der  Verferti^er  war,  ist 
bisher  nicht  zu  finden  gewesen.  Dass  es  um  diese  Zeit  neben  sehr  be- 
mittelten Herren  auch  hinreichend  befähigte  Bildaduritier  md  Maler  in 
Wismar  gab,  und  somit  kein  zwingcmlLT  Anlass  vorhanden  war,  um  ein 

solches  Werk  von  auswärts,  etwa  von  l  ulH-ck  kommen  zu  lassen,  hat  Dr.  Crull 
im  M.  Jahrb.  XLIX,  S.  69  ff.  dar^jethan.  Seine  ausführliche  Üeschreibung, 
bei  der  alle  technischen  Eigenthttmlichlceiten  eingehendste  Berücksichtigung 
erfahren  haben,  ist  ein  Fundament,  auf  welches  man  in  Zukunft  bei  allen 
wieder  vorkommenden  Fragen  über  Erhaltung  und  Wiederherstellung  mit 
Vortheil  zuiflckkommen  wird. 

Neben-  Nebenaltäre.    Es  folgen  nun  die  in  der  Kirche  erhalten  gebliebenen, 

altare.      oder  von  anderswoher  dahin  versetzten  Nebenaltare. 

I.  Thomas-Altar.  Schrein  mit  Doppclflügeln,  z.  Zt.  in  der  dem  Thurme 
zunächst  liegenden  Kapelle  des  nördlidien  Seitenschiffes,  i  ,39  m  breit,  ehemals 
in  der  Kirche  des  Schwarzen  Klosters.  Im  Hauptschrein  drei  Heilige  des 
Namens  Thomas  als  vollninde  Schnitzfiguren  auf  damasdertem  Goldhinter- 
grund, links  der  Apostel,  in  der  Mitte  der  von  Aquino,  rechts  der  von  Canler- 
bur)'.  Zu  beachten  ist  die  Rischofsmütze  zu  Füssen  des  als  Dominikaner  ge- 
kleideten Thomas  von  Atjuino  und  der  aus  Sternen  gebildete  Schmuck  am 
Saum  seines  Gewandes;  ferner  das  Sudarium  am  (fehlenden)  Bischofsstabe  in 
der  Rediten  des  hl.  Erzbischols  Thomas  von  Canterbury,  die  Kirche  in  seiner 
Linken  und  der  grosse  Monile- Schmuck  (Anbetung  der  hl.  drei  Kön^)  auf 
seiner  Brust.  Endlich  verdienen  auch  die  Buchstaben  in  den  r  Ii  fartig  be- 
handelten Nimbcn  der  drei  Heiligen  theilwcisc  unsere  Aufmerksanikcit,  insofern 
ihre  Form  ebenso  wie  der  Kunstcharakter  der  Schnitzerei  auf  die  zw  eite  1  lalfte 
des  XV.  Jahrhunderts  weist  (c  =  B,  m  =  H,  q  —  C)-  Die  sechs  H0I2- 
reliefs,  welche  die  Flügel  und  die  Predella  flUlen,  beziehen  nch  aämmtlidi  auf 
das  Leben  des  Thomas  von  Aquino:  links  oben  die  Gefangennehmung  des 
Heiligen  durch  seine  Brttder  Landulfus  und  Rainaldus,  nachdem  er  schon 
Dominikaner  geworden;  unten  seine  Rückkehr  zu  den  Dominikanern  in  Neapel; 
vor  ihm,  dem  knieenden,  sitzt  der  Prior  des  Ordens;  rechts  oben  die  Ab- 
legung seiner  Gelübde  (er  kniet  vor  dem  Prior,  tlcm  leider  der  Kopf  fehlt, 
hinten  sieht  man  Kardinäle,  iiischöfe  u.  a.  m.,  die  an  dem  Akte  thcilnehmen); 
unten  seine  Darstellung  als  grosser  Kirchenlehrer  auf  einer  Kathedra;  ganz 
unten  endlich,  in  der  PredeUa,  sein  Tod*)  und  seine  Bestattung  in  einem 
Sarkophag  mit  der  Aufschrift:  SÄNBTVS  ÜOHÄS  Dt  ÄCVMO  Auf  der 
äusseren  Seite  der  Innenflügel  und  auf  beiden  Seiten  der  .^\ussenfliigel  befinden 
sich  Gemälde.  Wenn  der  Altar  vollstaiidi;^^  zugeklappt  ist,  sieht  man  auf  den 
Aussenseiten  der  äusseren  l'lügel  vier  Hildcr  in  rothcr,  mit  schwarzen  Orna- 

'}  Man  vergleiche  nur  <lie  in  süli  aiM  U<  r  Uczichuiig  vielfach  verwamlten,  mit  I435  dAtierten 
Altäfc  aus  Hamburg  und  Ncusladl  im  GroMhcrzoglichen  Mu&cuin  ru  Schwerin :  Kalal.  d.  Grossh. 
Genildccalcrie,  Nr.  73S— 743>  S.  433—443.  Goldichmidl,  Labccker  Malerei  und  Phttik  bis 
1530,  Taf.  7,  S.  Sb  und  9  b. 

*)  Neben  dem  Ijttohnq'n  da  Heiligen  sieht  man  auch  Kiueu  Kcilcscl  lodl  am  Boden  liegen. 


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ST.  JÜRGEN -KIRCHB  ZU  WISMAR. 


8t 


inentcn  vcr/icrtcr  l*',inf;issung:  es  sind  Scencn  aus  dem  Leben  des  hl.  Thomas 
von  Aquino  mit  niederdeutschen  Unterschriften  in  gothischen  Minuskehl.  Üben 
links  empfangen  Dominikaneniiöndie  einen  schwarz  gddeidelien  Knaben  mit 
Heiligenschein  aus  den  Händen  v<mi  Frauen,  es  wird  die  Scene  sein  sollen, 

in  der  der  hl.  Thomas  von  Aquino  den  Mönchen  auf  Monte  Cassino  cur 

Krziehun^  uher^uhcii  wird     Von  der  Unterschrift  ist  noch  erhalten:  

t  tDin.15  flU  tor  tit  niaclj  nale  i?    Unten  hnks: 

Vor  einem  Altar  mit  der  Gruppe  des  Crucifixus,  Johannes  und  der  Maria 
kniet  der  hl.  Thomas  als  Dominikanermönch,  die  Engel  vom  Himmel  kommen 
hernieder  und  rühren  sein  schwarzes  Gewand  an^  Von  der  Unterschrift  ist 

noch  SU  lesen:  tan  ter  nbe  t$  {tam}tt  tin|aitt  ta  np?  tm  tDslke  la  . . 

,,,,,,  Oben  rechts  die  Verjagung  eines  Weibes,  das  den  hl.  Thomas 
von  Aquino  verRihren  wollte,  mit  brennendem  Scheit,  worauf  ihm  Gott 
in  der  folj^enden  Nacht  den  Keuschheitsgürtel  verlieh.  \'<)n  der  Unter- 
schrift noch  lesbar  die  Worte:  tiü  tuif  Icp  CII  ßljelC  OOttiel  \jtit 

l^c  gfyc'kttQtn*  Unten  rechts  die  Krankheit  des  hl.  Thomas  von  Aquino  in 
Magena  und  die  Verwandlui^  der  Sardinen  in  die  von  ihm  gewttnschten 
Hechte,  die  er  dann  aber  verschmähte,  weil  er  seinen  Wunsch  fiir  unrecht 
hielt.  Man  sieht  ihn  auf  dem  Krankenbett  liegen  und  einen  Arzt  neben  ihm 
stehen,  der  ihm  den  Puls  Tühlt.    Von  der  Unterschrift  i.st  das  Nachstehende 

erhalten:  (^11  i^ntr  ftoMcÖ^it  |^e(ft  c)m  00t  liiffie  fallt  be  bc  arfle  Iii 
taiubet  tant.  Werden  die  äusseren  Flügel  aufgeklappt  und  bleiben  die  inneren 
Flügel  geschlossen,  so  stellen  sich  dem  Blick  acht  Bilder  dar,  von  denen  die 
vier  nur  Unken  auf  den  hl.  Apostd  Thomas,  die  vier  zur  Rechten  auf  den 

hl.  Erzbischof  Thomas  von  Canterbury  zu  beziehen  sein  werden.  Auf  der 
Aus.senseite  des  inneren  Flügels  oben  rechts  tlic  Inthronisation  de  s  I  Icilii^en, 
unten  der  Krzbischof  mit  zwei  Diakonen.  Dahinter  kleinere  Sceuen  aus  seinem 
Leben.  Rechts  oben  auf  der  Innenseite  des  äusseren  Flügels  die  von  vier 
ei^lischen  Rittern  ausgeführte  Ermordung  des  Enbischols,  unten  die  vom 
Papst  auferlegte  Busse  des  Königs  am  wunderdiuenden  Sarge  des  Heiligen. 
Auf  der  Innenseite  des  äusseren  Flügels  oben  links  die  Darstellung,  wie  der 
hl.  Thomas  seine  Hand  in  die  Wundenmale  des  Herrn  legt,  unten,  wie  er  drei 
Könige  tauft.  Auf  der  Aussenseite  des  linken  Innenflügels  unten  eine  Abend- 
mahlsscenc,  der  hl.  Thomas  theilt  den  Leib  des  Herrn  aus,  und  oben  mög- 
licherweise —  das  Bild  ist  nicht  deutlich  genug  —  das  Martyrium  des  Apostels. 
Die  oberen  vier  Bilder  werden  von  den  unteren  vier  durch  ein  Band  getrennt, 
das  dn  Goldomament  auf  blauem  Grunde  darstellt. 

Leider  sind  die  Bilder  dieses  werthvoUen  Schreines  vom  Zahn  der  Zeit 
arg  mitgenommen,  immer  aber  noch  in  soh  hcni  ("-r.nle  erhalten,  <l;iss  rine 
vorsichtige  Restauration,  wie  sie  Münzenberger  bei  Gelegenheit  der  Besprechung 
dieses  Altan  in  seinem  Werk  Ober  niittelalteiliche  Altfire  auf  S.  1 34  empfiehlt, 
am  Platze  sein  würde,  und  zwar  je  eher,  je  lieber,  da  der  Kreidegrund, 
worauf  sie  gemalt  sind,  in  Folge  der  Einwirkung  von  l.,icht  und  Luft  auf 
die  Kndemittel  im  Zerbröckeln  begrififen  ist  Von  diesem  Altar  sind  noch 
zwei  ehemals  an  der  Wand  befestigt  ^wesene  Tafeln  erhalten,  die  gleich* 

6 


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82 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


falls  Scenen  aus  dem  Leben  des  Heiligen  mit  niederdeutschen  Inschriften 
darstellen.    Sie  sind  gegenwärtig  in  Verwahrung  bei  dem  Restaurator  Krause. 

2.  Marien  -  Schrein,  ehemals  auf  dem  Hochaltar  des  Schwarzen 
Klosters,  wohin  er  wahrscheinlich  erst  bei  Einrichtung  des  Klosters  als 
Waisenhaus  versetzt  worden,  während  er  ursprünglich  jedenfalls  einem  Ncbcn- 
altar  der  Kloster- Kirche  angehörte.  Jetzt  in  derselben  Kapelle  auf  der 
Nordscitc  von  St.  Jürgen  wie  der  vorhcrgcliende  Schrein.  Sieben  aus  Holz 
geschnitzte  heilige  Frauen  füllen  den  Mittelschrein  und  seine  beiden  I'^lügel, 
alle  auf  kastenartigen  Basen  stehend,  die  aus  dem  Achteck  construiert  und 
mit  durchbrochenem  Maasswerk  gefüllt  sind.  In  der  Mitte  Maria  mit  dem 
Kinde,  in  einer  Strahlenmandorla  und  auf  dem  Halbmonde  stehend.  Auf 


Marien  -  Scliicln. 


dem  Gewandsaum  die  Worte:  (SAN)ETÄ  MARIA  ORÄ  PRO  NOB0$).  Nach 
links  hin  folgen  die  hl.  Katharina  (ini  Mittclschrcin),  die  hl.  Barbara  und 
die  hl.  Magdalena  (diese  beiden  im  Flügel);  die  drei  weiblichen  Gestalten 
auf  der  anderen  Seite  der  Maria  ermangeln  der  Attribute  und  sind  daher 
nicht  zu  bestimmen.  Die  Innenseiten  der  äusseren  und  die  Aussenseiten  der 
inneren  Flügel  zeigen  in  guter  Malerei  auf  Goldgrund  acht  Scenen  aus  dem 
Marienleben:  Abweisung  des  hl.  Joachim,  Begegnung  des  Joachim  und  der 
hl.  Anna  an  der  goldenen  Pforte  (und  Geburt  Mariac?),  Tempelgang  Mariae, 
der  Gruss  des  Fugels  an  die  hl.  Maria,  Geburt  des  hl.  Kindes,  Anbetung 
der  hl.  drei  Könige,  Darstellung  im  Tempel,  der  Tod  der  Maria. 

Die  Malereien  auf  den  Aus.senseiten  sind  grösstentheils  unkenntlich 
geworden.  Man  sieht  noch  zwei  bärtige  Heilige  und  anscheinend  auch  den 
hl.  Sebastian. 


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ST.  jOrckk-kirchk  zu  \visMar. 


83 


Die  Schrift  und  die  architektonischen  Formen  des  Maasswerkes  weisen  in 
gleicher  Weise  wie  bei  dem  vorigen  Schrein  auf  die  zweite  Hälfte  des  XV.  Jahr- 
hunderts.   Auch  dieser  Schrein  verdient  die  grösste  Aufmerksamkeit. 

3.  Schrein  mit  ÜoppclflüKcIn ,  an  der  Westuand  der  zwischen  dem 
nördlichen  Arm  des  Querschiffes  und  der  Sakristei  liegenden  Kapelle.  Statt 
architektonischer  Formen  spielt  gerade  wie  im  Thomas- Altar  ein  freier  gc- 
.sUiltctes  I^iubwerk  in  dem  Zicnvcrk  der  Baldachine  und  Hasen.  Im  Mittel- 
.schrein  drei  aus  Holz  geschnitzte  (jcstalten,  in  der  Mitte  Maria  mit  dem 
Kinde,  auf  der  Mondsichel  stehend;  neben  ihr,  links,  der  hl.  Bi.schof  Martin 
mit  einem  Krummstab,  an  dem  das  Schwcisstuch  angebracht  i.st,  zu  .seinen 
Kü.s.sen  ein  bettelnder  Krüppel;  rechts  die  jugendliche  Gestalt  des  hl.  Georg,  der 


Schrein  mit  Doppel  Ii  (igeln. 


den  Drachen  tödtet,  Der  Hintergrund  ist  golden  und  dama.scicrt,  die  Gewänder 
sind  mit  polychromer  Musterung  bedeckt.  So  auch  bei  den  zwölf  kleineren 
Gestalten  auf  den  Innenseiten  der  Inncnflügel,  deren  Namen  in  den  Nimben 
stehen.  Es  sind  links  oben  der  hl.  Johannes  Kvangelista,  die  hl.  Anna 
selbdritt,  der  hl.  Bischof  Nikolaus;  unten  der  hl.  Antonius,  die  hl.  Barbara, 
der  hl.  Johannes  Raptista;  rechts  oben  der  hl.  Hieronymus,  die  hl.  Katharina, 
der  hl.  Bi.schof  Erasmus;  unten  der  hl.  Matthaeus,  die  hl.  Dorothea  und  der 
hl.  Laurentius.  \'on  den  acht  Bildern  auf  den  Ausscnseiten  der  Innenfliigcl 
und  den  Innenseiten  der  Aussenfliigel  sind  nur  noch  sieben  zu  erkennen,  es 
sind:  die  Zurückweisung  des  hl.  Joachim  vom  Opfer,  Begegnung  an  der 
goldenen  Pforte  und  die  Geburt  Mariac,  der  Tcmpelgang  Mariae,  die  Botschaft 
des  Engels,  die  Geburt  Christi,  die  Anbetung  der  hl.  drei  Könige  und  die 
Darstellung  im  Tempel.    Das  vierte  unten  ist  nicht  mehr  deutlich.    Es  mag 


«4 


AMTSGBRICHTSBEZIRK  WiStlAK. 


der  Tod  Mariac  dari^cstellt  gewesen  sein.    Die  bilder  auf  den  Aussensciten 

der  AussentlLiycl  si:ui  unkenntlich  geworden. 

Das  Werk  gehört  dem  Ende  des  XV.  Jahrhunderts  an.    Vgl.  Münzen- 
beiger,  Mittelalt.  Altäre,  S.  134.  Taf.  20. 

4.  Einfacher  Flügelaltar,  in  der  (vom  Thurm  her  gerechnet)  zweiten 
Kapelle  auf  der  Südseite  der  Kirche,  1,20  m  breit.  Kr  ist  im  Innern  mit 
geschnitzten,  anscheinend  im  vorigen  Jahrhunderl  übermalten  Figuren  besetzt, 
die  Aussenseiten  der  Flügd  sind  bemalt  Neu  ist  die  Kreuzesgruppe  im 
Mittdtheil,  alt  aber  sind  die  drei  Baldachine  in  der  Form  spätgoüiisdier 
Eselsrttcken  und  die  mit  Maassweik  gefüllte  Basis.  Die  quergethciltcn  Flügel 
zeigen  acht  Figuren  unter  Kundlxigcn  und  auf  schmalen  Hasen  mit  Maasswerk- 
lullung;  oben  links  St.  Mauritius  (vielleicht  auch  St.  l^ustachius)  und  ein 
benedicierender  Bischof,  unten  St  Georg  und  St.  Katharina;  oben  rechts 
St  Erasmus  ui^  St  Petrus»  unten  St  Antonius  und  ein  nicht  zu  bestimmender 
Bischof. 

Vor  der  Restauration  der  Kirche  von   1887/88  bewahrte  ilci  .\lt.ir 
noch   einen   leistenartif;en  Aufsatz  oberhalli  des  Mittels(  hreins  mit  der  <lurr!i 
brechen  eingeschnittenen  Aufschrift:   fignum  CCUCi^  lUirabüC  pct  OrÜeiH 
retitlCI^  mCCCClCdiij,   Aebnliche  Angaben  hat  man  auf  sldniicheD  und 
thüringischen  Altären  bemerkt    Vgl  Münzoiberger,  Mittebdt  AU.,  S.  125. 

5.  In  derselben  Kapelle  ein  anderer,  jetzt  einfacher,  ehemals  aber 
doppelflügeliger  Altar,  1,20  m  breit  In  der  Mitte,  unter  drei  spatgothischen 
Eselsrficken,  über  denen  niedrige  Baldachine  mit  MaasswerkfttUung  angebracht 
sind,  drei  Heiligengestalten,  Anna  selbdritt  zwischen  St  Martin  und  St  Georg. 

Im  Maasswerk  ihrer  Basen  drei  Figuren  mit  Spruchbändern.    In  den  Flügeln 

im  Ganzen  acht  kleine  Heiligenfiguren,  die  in  früherer  Zeit  derartig  ergänzt 
und  bemalt  sind,  da.ss  keine  Bestimmung  der  einzelnen  unternommen  werden 
kann.    Auf  den  Aus.sen.seiten  die  Gestalten  von  St.  Georg  und  St.  Martin. 
Vgl.  Alunzenbergcr,  Mittclalt.  AU.,  S.  125. 

6.  In  der  östlich  anstossenden  Kapelle  gleichfaUs  zwei  Altäre.  Der 
eine  zeigt  auf  breiter  Mittcltafcl  ein  grosses  Mari\  riuiii,  nämlich  die  Pfahlung 
gei.stlicher  und  weltlicher  Männer,  wahrscheinlich  eine  ."-^cene  aus  dem  .Mart\  rium 
der  zehntausend  Christen  unter  König  Sapor  von  ret.-.ien,  jene  Scene,  von 
welcher  u.  a.  Dürer  ein  weltberühmtes  Gemälde  hinterlassen  hat.  Die  Keiter- 
gruppen  werden  den  König  Sapor  und  seine  Grossen  darstellen  sollen.  Ueber 
der  grauenvollen  Scene  schweben  himmlisdie  Gruppen  als  Halbfiguren  in  einer 
Blattumfassung,  ehemals  deren  drei,  jetzt  zwei:  rechts  ein  Engel,  iler  eine 
Gruppe  von  iiinf  Seligen  umfasst,  in  der  Mitte  Christus  zwischen  zwei  Engeln. 

Die  nicht  mehr  vorhandene  Gruppe  links  wird  derjenigen,  welche  rechts 
erhalten  ist,  entsprochen  haben.  Von  der  Bemalung  der  beiden  irlügel  hat 
sich  nichts  orhatten,  sie  ist  gänzlich  abgefallen,  vielleicht  audi  zuletzt  abdchdich 
entfernt  worden.    Der  Altar  befand  sich  ehemals  im  Dominikanerkloster. 


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E 


ST.  JCROKN- KIRCHE  ZU  WISMAR. 


85 


7.  Dem  eben  beschriebenen  Schrein  gegenüber  hängt  ein  gleichfalls 
dem  ICnde  des  XV.,  vielleicht  «luch  schon  dem  Anfange  des  XVI.  Jahrhunderts 
angehörender  Schrein  mit  Malereien  in  einem  iiberaus  zierlichen  Rahmcnuerk, 
2.55  ni  breit,  1,66  m  hoch.  In  der  Mitte  die  Kreuzigung  auf  Goldgrund,  der 
mit  plastischen  kleinen  Rosen  besetzt  war  und  spater  schwarz  übermalt  worden 
ist,  daneben  acht  Bilder  aus  der  Passion:  das  Gebet  in  Gethsemane,  die 
Gefangennehmung,  das  Verhör,  die  Geissclung,  Dornenkrönung,  Kreuztragung, 
Kreuzabnahme  und  Grablegung.  Die  Malerei  auf  Goldgrund  ist  vielfach  zerstört, 
dazu  kommen  Uebermalungen  aus  .späterer  Zeit.    Kin  eigenartiger,  jetzt  gelb 


Altar,  ehemals  im  Dominikanerkloster  (s.  unter  6.). 


Überschmierter  Ornamentstreifen  trennt  die  oberen  Bilder  von  den  unteren: 
Blätter  in  Gold  und  Silber  auf  rothem  und  goldenem  Grunde  wechseln  mit 
kleinen  Brustbildern  von  Kngeln  und  Propheten  in  herzförmiger  l^infassung. 
Fast  ebenso  interessant  ist  die  Umrahmung  der  drei  Haupttheile:  zwischen  ge- 
.schnitzten  Ornamentstreifen  sieht  man  eine  Reihe  kleiner  konkaver  Medaillons, 
die  höchst  wahrscheinlich  ebenfalls  mit  gemalten  1  leiligenbildchen  gefüllt 
gewesen  sein  werden.  Die  Malerei  der  Aussenseite  ist  leider  schon  ganz 
abgeblättert. 

Vgl.  Münzen  berger,  Miltelalt.  .\lt.,  S.  loi  und  124:  .-Bei  einer  hoffent- 
lich nicht  allzu  lange  aiisstehentlen  Restauration  des  l-lügclaltars  wird  man 
durchaus  auch  diesen  kostbaren  Rahmen  wieiler  herstellen  müssen.  <  Ein 
ähnlich  eingerahmter  .Altar  aus  Soest  im  l'rovin/ialmuscum  /.u  Münster.  Vgl. 
Münzenberger,  I.  c.,  S.  15. 


86 


AMLSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


8.  Zuletzt  ist  ein  im  Südami  des  Querschiflfcs  in  die  Wand  eingelassener 
Schrein  zu  beachten,  über  dem  man  einen  Baldachin  angebracht  hat.  Der 
Mittelschrein  ist  2,27  m  breit  und  1,94  m  hoch.  In  ihm  unter  vier  Baldachinen 
mit  gutem,  den  Beginn  der  Spätgothik  im  XV.  Jahrhundert  anzeigenden 
Maasswerk  die  Anbetung  der  hl.  drei  Könige  in  derben  Holzfiguren.  Die 
Malereien  auf  den  Seitentafeln  (Verkündigung,  Anbetung  der  Hirten,  Flucht 
nach  Aeg>'pten,  Taufe)  und  die  grosse  Kreuzigungsscene  am  Baldachin  stammen 
aus  späterer  Zeit,  man  findet  auf  der  Aussen.seite  eines  der  Flügel  die  Jahres- 
zahl 1743.  Dieser  Zeit  ge- 
hört auch  die  Bekrönung 
des  Flügelschreines  an.  Da- 
gegen ist  das  trefflich  ge- 
schnitzte Maasswerk  am 
Baldachin  als  hochgothische 
Arbeit  anzusprechen  und 
demgemäss  der  Zeit  nach 
früher  anzusetzen  als  das 
der  Baldachine  über  den 
drei  Königen. 

Ein  ähnlicher  AUar 
mit  Baldachinen  befindet 
sich  in  der  Nicolai- 
Kirche  zu  Stralsund. 
Vgl.  Münzenberger,  I.  c, 
S.  134. 

Uhr-  Uhrgehäuse.  Das 

gchäuse.      Uhrgehäuse  hinter  dem 

I  lauptaltar  (jetzt  ist  es  nur 

noch    eine  unansehnliche 

Verkleidung)  w  urde  l  590/91 

von  dem  Kunsttischler  und 

Bildschnitzer  Samuel  Regen- 

fart  angefertigt. 

Schrein  im  Stttlann  des  Qucrschiffcs, 

Kanzel.  Kanzel.  Die  Kanzel, 

zu  der  Katharina  von  Stralendorff  (7  8.  October  1609),  die  Frau  des 
Balthasar  von  Schöneich  (f  14.  December  1603),')  das  erste  Geld  gab,  i.st 
ein  schönes  Werk  der  Hoch-Renai.ssance  vom  Jahre  1608.*)  Die  Arbeit  an  den 
Statuetten,  den  hermenrörmigcn  Pilastern,  den  Kartuschen,  Friesen  und  Ge- 
simsen ist  von  grosser  Zierlichkeit  und  Tüchtigkeit.  Oben  auf  dem  Schall- 
deckel  der  Erzengel  Michael,  in  den  Kartuschen  darunter  die  Ilalbfiguren 

')  Vgl.  den  Grabsttin  bei  Crull  und  Tcchen,  M.  Jahrb.  LIV.  S.  151.     Landrulh  naltha.sar 
war  ein  S<>hn  des  bckatinteti  Kanzlcri  K.ispar  von  Schöneich, 

'}  Vgl.  die  Abbildungen  vieler  I>claits  bei  SchcfTcrs,  Dlsch.  Renaissance.  Ilefi  59. 


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ST.  JORGEN  KIRCHE  ZU  WISMAR. 


87 


des  Heilandes  und  der  vier  Evangelisten  in  Relief.  Unten  am  PredigLstuhl 
die  geschnitzten   Figuren  des  Salvator  nnindi   und  der  Apostel.    Im  Fries 

oberhalb  der  Figuren 
die  Inschrift  ANNO 
1608  An  der  Thür 
zum  Aufgang  zwei- 
mal die  Wappen 
der  Stifter,  in  der 
Hekrönung  und  im 
Fries ;  im  oberen 
Rahmen  der  Thür 
auch  die  Namen  der 
Sliftcrin  und  ihres 
Mannes. 

Die  Namen  sind 
dieselben,  die  mu  h 
in  St.  .Marien  durch 
ein  Kpitaph  und 
einen  Leuchter  ver- 
ewigt sind.  Vgl. 
oben  S.  45,  65  ff. 

Katharina  von 
Stralendorff,  die 
Wittwe  des  Land- 
rathes  Balthasar  von 
Schöneich  giebt 
1607/S  500  Mark 
und  1608/9 

Mark   zur  Her- 
stellung der  Kanzel. 
Hans    Böhle  und 
Görries  Quade') 
sind     tlie  beiden 

'I'ischlermeisler, 
welche ,     nat  hdein 
Antonius  Evers,  der 

Meister  der 
>  Kriegsstube«  in 
Lübeck,  1605/6 
sein  Gutachten 
darüber  abgegeben, 
mit  der  .\usfiihnmg 
betraut  werden  und 
1606/7   damit  be- 
ginnen. Jacob 

Regenfart  arbeitet  als  Geselle  und  Bilds<  hnitzer  bei  jeren  und  erhält  ebenso 
wie  die  beiden  .Meister  nach  .Vufriehtung  der  Kanzel  im  Jahre  1607,  8  ein 
Trinkgeld  von  4  Mark,  das  in»  Ret  hnungsbu«  h  der  Kin  he  von   i6gS/9  ver- 


ThCir  znm  Aufgang  ck-r  Katizet. 


')  Güriics  Quadc  !>>(  der  Vcrfcrligcr  lUs  Karow'sclicn  K|>ila|iliü  in  St.  Miiric  i,  s.  o. ,  S.  45,  46. 


88 


AHTSGBRICHTSBBZIRK  WISMAR. 


zeichnet  steht.  Als  Maler  der  Kanzel  wirtl  Ulrich  Tesche  genannt.  Uchrigcns 
sind  in  jüngster  Zeit  an  der  Thür  unpassende  Veränderungen  gemacht  worden. 
An  SteHe  der  Wappen,  die  frflher  vonie  «n  der  lUmid  angebracht  waren, 
las  man  am  Fries  der  Thür  die  Namen  der  Stifter.  Vgl.  die  Abbildungen 
in  der  Renaissance  von  Scheffers. 

OrgeL  Orgel.   Der  durch  Risalite,  einen  stärkeren  in  der  Mitte  und  zwei 

minder  kräftige  auf  den  Ecken,  belebte  Prospekt  der  Orj^cl  entspricht  im  Stil 
der  Kanzel.  Auf  dem  mittleren  Risalit  die  Gestalt  des  Heilandes  in  oner 
Strahienglorie,  auf  den  anderen  bciilcn  je  ein  l*"npel, 

1503  gab  es  eine  Orgel  im  südlirhcn  Arm  des  Querschitfes.  161 1 
worde  ein  neues  Weik,  zu  dem  man  einen  Orgelbauer  aus  Gttstnm  verschrieb, 
auf  dem  neu  erbauten  Bogen  unter  dem  Thurm  aufgestellt.  Es  ist  die  jetzt 
vorhandene  Orgel.  Man  findet  an  diesem  Mauerbogen  noch  heute  die  Zahl 
MDCXI.  Sie  wurde  1614  fertig.  Der  Kunsttischler,  der  den  Prospekt  her- 
stellte, ist  derselbe  Görriea  Quade,  der  die  Kanzel  verfertigte.  Die  sog. 
»kleine  Orgel«  wurde  1613/14  nach  (loldberg  verkauft.  1687/88  ist  noch 
von  bemalten  Orgelflügeln  die  Rede,  die  jetzt  nicht  uieiir  vorhanden  sind. 
Auch  die  Brüstung  der  Orgel  hat  ihre  Gesdiichte.  Sie  ist  ein  Werk  des 
Samuel  Regenfart  vdn  1500  1600,  gehört  aber  ursprünglich  zu  dem  mit  dem 
ehemaligen  Lettner  verbundenen  und  oberhalb  des  Chorgitters  angebracht  ge- 
wesenen SSngerchor,  su  welchem  Herr  Nikolaus  Holste  1614/15  von  dem 
Tischler  Görries  Quade  eine  schöne  Thür  machen  Hess,  durch  welche  man  vom 
südlichen  Seitenschiff  her  mittels  einer  Wendelstiege  auf  den  Chor  gelangte, 
und  die  jetzt  die  Treppe  zum  Gewölbe  der  südlichen  Abseite  des  alten 
Baues  schliesst.  Der  SÜngerchor  ward  sammt  dem  Lettner  im  Jahre  1833 
abgebrochen  und  die  Brüstimg  des  erstgenannten  1)ei  der  leisten  Restauration 
der  Kirche  1887/88  für  die  Oigeleraporc  verwandt. 

Triumph-  Tfiraipbknas.   Das  Triumphkreuz  mit  den  Nebenfiguren  des  Johannes 

kreuz,  und  der  Maria,  das  jetzt  oberhalb  des  Hochaltars  angebracht  ist,  wurde  1833 
von  seiner  ursprünglichen  Stelle  über  dem  damals  abgebrochenen  Lettner 
entfernt.  Es  ist  roth  und  grün  bemalt  und  mit  vergoldeten  Weinblättern  ver- 
ziert. Auf  der  Ruckseite  ist  das  Symbol  des  Matthaeus,  statt  am  Fuss,  in 
der  Mitte  des  Kreuzes  angebracht 

Gestühl.  Gestühl.')    St.  Jürgen  hat  im  Gegensatz  zu  St.  Marien  und  St,  Nikolai 

das  Glück  gehabt,  dass  ein  grosser  Theil  seines  wertbvollcn  alten  (iestuhls 
sowohl  im  Chor  wie  im  Schiff  der  Kirche  bewahrt  geblieben  ist.  In  seinem 
heutigen  übefans  wertiivollen  Bestände  lässt  es  erkennen,  wieviel  St.  Marien 
durch  Beseitigung  des  ihrigen,  das  ohne  Zweifel  von  gleicher  Bedeutung  war, 
verloren  hat  Leider  sind  aber  bei  der  letzten  Restauration  verschiedene 
Wangen,  die  zusammengehören,  auseinander  gerissen.  Ein  Theil  der  Stühle 
in  St.  Jürgen  gehört  noch  dem  XV.  Jahrhundert  an,  der  grössere  Theil  dem 
XVI.  Jahrhundert. 

')  Ein  TTieil  des  Gestühls  ütamtntc  aus  dem  Schwarzen  Kloster,  v<>n  wo  o,  1575  nach 
St.  Jtttgea  veiseUt  wurde.  Von  diesem  ist  aber  nichts  mehr  da.  Uen  Keti  davon  erwarb  der 
KaofiMun  Dmd  ThonMUiB,  «m  dsait  sdn  GurtSMfaaMwr  m  sdnUdceB. 


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AMTSGERICl  ITSUEZIRK  WISMAR. 


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StuhlMrangen. 


ST.  JÜRGEN-KIRCHE  ZU  WISMAR. 


9$ 


96 


AirrSGBRtCHTSBBZtRK  WlSttAlt. 


Zwei  Chorstuhhvangen  mit  den  sitzenden  Gestalten  der  hl.  Elisabeth 
und  des  hl.  Stephan  sind  mit  Wappenschiidcn  versehen,  \ün  denen  der  eine 
(gespalten:  vorne  ein  III,  hinten  eine  halbe  Lilie)  unbekannt  ist,  der  andere 
aber  (auf  einem  rechten  Schrägbalken  zwei  halbe  Löwen]  dem  am  8.  Mai  1442 
zuerst  ab  Kirchherr  von  St.  Jürgen  vorkommenden,  am  10.  Juli  I4<S4  aber 
verstorbenen  Gerd  Werkmann  angehört,')  weisen  auf  die  Mitte  des  XV.  Jahr- 
hunderts. Mit  dieser  Zeitbestimmung  ist,  wie  man  gleich  sehen  wird,  auch  die 
fiir  die  übrigen  beiden  Wanc^en  von  der  Hand  desselben  Schnitzers  gegeben: 
es  sind  die  mit  den  Gestalten  des  Iii.  Judas  Thadilaeus  und  eines  anderen 
Apostels,  der  als  saldier  durch  «las  Huch  ijekennzeiclinet  ist. 

Etwas  jünger  als  diese  derb  gcscluütztcn  sitzenden  l  iguren  sind  die 
mit  den  stehaiden  Gestalten  der  hhl.  Petrus,  Paulus,  Georg  und  Martin  be* 
krönten  Chorstuhlwangen,  denn  sie  zeigen  auf  den  Rücksdten  das  Wappen 
des  Jaspat  UHlde,  der  am  3.  November  1483  sowie  am  28.  Juli  1495  urkundlich 
als  Pfarrherr  bezeugt  wird  und  über  dessen  Nachlass  am  4.  Mai  1496  eine 
Aufnahme  stattfindet. 

Zeitlich  nicht  weit  davon  getrennt  sind  die  erst  vor  wenigen  Jahren  aus 
der  Kirche  zutn  hl.  Geist  nach  St.  Jürgen  versetzten  Chorstuhlwangen,  welche 
den  hl.  Bartholomaeus  mit  der  abgezogenen  Haut,  den  hl.  Mathias  und  die 
beiden  hhl.  Johannes  Evangelista  und  Baptista  in  ganzer  I^gur  als  Rdiefe 
vor  die  Augen  stellen.   Vielleicht  sind  sie  etwas  jünger  als  jene. 

Dassdbe  mag  von  den  beiden  Wangen  mit  den  Gestalten  der  hl.  Elisa- 
beth und  des  hl.  Stephan  gelten,  über  deren  Rdiefs  ntzende  Propheten  als 
VoUfiguren  angebracht  sind. 

Dagegen  werden  die  unter  einem  Esclsrücken  stellenden  beiden  Ge- 
stalten des  hl.  Simon  und  des  hl.  Judas  Thaddaeus  wühl  jünger  sein,  d.  h. 
dem  IükIc  des  XV.  Jaiulnituierts  ani^ehören. 

Den  reichsten  gothischen  Schmuck  entfalten  vier  hohe  Wangen,  die 
dem  Anfange  des  XV.  Jahrhunderts,  vielleidit  aber  auch  noch  dem  XIV. 
Jahrhundert  zugeschrieben  werden  können.  Die  Darstdiungen  zeigen  Adam 
und  Kva  am  Baum  der  Erkenntniss;  den  Teufel  als  ,piger,  der  nach  einem 
Hirsch  schiesst,  welcher  einen  geängstigten  und  von  allem  Rösen  verfolgten 
Menschen  versinnbildlichen  soll;  den  Löwen  Juda,  aus  dessen  geöffnetem 
Rachen  der  W'ein.stock  herauswächst,  mit  dem  Christus  gemeint  ist;  den  hl. 
Stcphanus  und  die  hl.  Elisabeth  unter  dem  Weinstock,  sowie  die  hhl.  Georg 
und  Martin  üt>er  einander,  auch  sie  mit  aller  Kreatur  unter  dem  Sdiutz  des 
Weinstodces.  Oben  an  diesen  Wangen  sieht  man  die  Einsatzfugen  für  die 
ehemaligen  Deckbretter  der  Baldadiine. 

Unter  dem  übrigen  Kirchengestühl  gehören  zwei  Wangen,  welche  St 
Martin  und  St.  Georg  zu  Pfcnlr  d  u  trüen  und  heidi  im  Chor  Aufstellung 
gefunden  haben,  wahrscheinlich  der  Mitte  des  XV.  Jahrhunderts  an. 

*)  Cmll  und  Techen,  M.  Jahrb.  LVI,  S.  I14  (Nr.  311).    Gnbiteia  «bg«U14et  «uf  S.  lot. 


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ST.  jORGEN-mCHB  ZU  WISMAR. 


9; 


Etwa  derselben  Zeit  entstammen  auch  s(  chs  mit  Bekrönui^n  in  ein* 
iacher  Kleeblatt  form  f^eschnnickte  Wangen,  die  St.  Christ<)j)horus,  St.  Tieon;-, 
St.  Laurentiu.s,  St.  Johannes  iiai)li.sta,  St.  H.irbara  und  aussenlem  noch  einen 
Heiligen  zeigen,  der  auf  einem  Luwcn  steht  und  mit  der  Linken  einen  Stab, 
mit  der  Rechten  aber  ein  Kirdienmodell  trägt.  Es  sind  die  Reste  des  tÜM^ 
maligen  alten  Leinweber-GestUhb. 

Der  ersten  Häl.le  des  XVI.  Jahrhundert  werden  auch  apf  Grund  ihrer 
alten  Schildformen,  ol)wohl  die  Bekrönung  in  spaterer  Zeit  theilweise  um- 
gearbeitet und  sie  dcmgemäss  mit  Daten  {/..  B.  1606)  versehen  sind,  die 
Stuhlwangen  der  Bäcker  (ai°,  38",  y)")*)  der  Schmiede  (öc«),  der 
Segler  (63*),  der  Wcillcnweber  (63"),  der  Familie  Malchow  (64°)  und 
einer  Familie  mit  unbekanntem  Wappen  (^»4*)  (St  hiki  vierfach  getheilt,  im 
oberen  Felde  vorne,  im  unteren  hinten  drei  (Querbalken;  auf  dem  Helm  drei 
Aehren)  zuzuschreiben  sein. 

Die  übrigen  Wangen  entstammen  meistentheils  der  zweiten  Hälfte  des 
XVI  Jahrhunderts,  wie  Jahreszahlen  und  S(  hilde,  bezw.  Wappen,  beweisen. 
Man  tindet  die  Familien  F-i.\en,  1  rendelburg,  Schetfel,  von  der  Fehr,  Schwar/.- 
kopf,  Kröger,  Ltttkehennefce,  Buraw,  Kock,  Kladow,  Peters,  Stflve,  Kruse, 
Smoic,  Klmhof,  Blckcr,  TedCf  Niebur,  Baumann.  Heine,  Rathke,  lUirmester, 
Stenfeld  und  andere,  die  nicht  bestimmbar  sind,  mit  Wappen  vertreten. 
Zum  grössten  Theil  sind  die  Wangen  einfach  gehalten,  cum  l'heil  aber  auch 
mit  reicher  Schnitzerei  ausgestattet.  An  mehr  als  dreissig  von  ihnen  findet 
sich  die  Gestalt  des  hl.  Georg  zu  Pferde,  bald  den  Lindwurm  tödtend,  bald 
nur  die  Kreuzesfahne  schwingend.  An  einer  Wange  auch  die  (lestalt  Christi. 
I).xs  Zeichen  der  Kirche,  die  l  ahne,*)  ist  fünfmal  zu  bemerken.  Das  mecklen- 
burgische Wappen')  (in  beiderseits  geschweiftem  Schilde  ein  Stierkopf  mit 
King,  auf  dem  gekrönten  Helm  ein  halber  Stierkopf  mit  Pfauenfedern  darüber) 
findet  man  an  einem  Stuhl  im  Chor,  zweimal  dort  auch  den  Wismanchen 
Schild  {einmal  gespalten,  vorne  ein  halber  Stierkopf",  hinten  die  Farben  weiss 
roth,  weiss  rothj  das  andere  Mal  nur  gestreift),  .\ndere  werden  durch  Schifi, 
Beil,  Wecken  mit  Hörnchen  (und  drei  Wecken  auf  dem  Helm),  durch 
Tonne  und  Beil,  Scheere  u.  dergl.  m.  als  K.igenthum  von  Aemtem,  die  meisten 
durch  Si bilde  mit  Namen,  Initialen  und  Hausmarken*)  als  Paf;enthum  von 
Privaten  au>gevs  lesen,  wobei  nur  zu  bedauern  ist,  dass  jetzt  die  alle  Ordnung, 
nach  der  die  Stühle  auf  der  Südseite  den  Männern,  und  die  «tf  der  Nord- 
seite den  Frauen  zukamen,  willkürlich  gestört  und  Somit  manches  Zusammen- 
gehörige  getrennt  worden  ist.  Auch  die  Thttren  dieser  Stühle,  die  man 
entfernt  hat*)  und  die  der  Mehrzahl  nach  mit  den  der  Gothik  entlehnten, 
noch  lange  in  die  Zeit  der  Renaissance  hinein  Ijeliebt  yebliebenen  Motiven 
des  Roll-  und  Faltenwerks  verziert  waren,")  haben  in  Wappen  und  Haus- 
marken Manches  enthalten,  das  zur  Bestimmung  der  Eigenthämer  dienlich 
war.   Einzdne  der  eingeschnittenen  Buchstaben  lassen  sich  mit  Httlfe  der 


')  Die  Nammern  sind  die  jeut  j'cgebeiien,  die  Iwigesetzten  Buchstaben  beieichnen  die 
Hiniodsiiditng« 

•)  M.  Jahrb.  MV,  S.  I15.  Anmkg.  I. 
•)  Vgl.  CruU,  M.  Jahrb.  LX,  üex.  S.  35. 

^  BMinmen  lusen  sieh  Haas  Heine,  Asoras  Tede,  Thomu  Trendeleiiboreh. 

Einige  dieser  TliUrcn  bewahrt  du  Mateum  in  Wismar. 
')  Eine  Thür,  die  in  das  untere  Geecboas  der  östlich  an  die  Sakristei  anstosaenden  Kapelle 
fUut,  weilt  noch  heaie  eolclies  RolW  nnd  Faltenwerk  »«f. 

7 


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AMTSGBRICHTSBEZIRK  WISMAR. 


beigegebenen  Wappen  und  Werk7x*ichen  als  Namen  lösen,  bei  anderen  ist  es, 
wenn  man  auch  die  Namen  selbst  nicht  angeben  kann,  wenigstens  sicher, 
dass  sie  Anttnge  von  Namen  sein  sollen.  Aber  eine  ganze  Reihe  scheint 
auch  als  Andeutung  von  Sprüchen  aufgefasst  werden  zu  müssen,  wobei  freilich 
nur  in  einzelnen  Fällen  wirklich  annehmbare  Lösungen  zur  Verfugung  stehen, 

wie  z.  B.  fär  Q  8  V  0  0at  fp  uii^  gnetiid^,')  nir  H  G  V  N  Ijcij^i  got 
ttt  notj^.*)  für  G  w  B  E  gabe^  tnort  blifc  etnicg,')  fUr  8  N  i  d  fpp$ 
noftr.i  in  öco,*)  für  v  h  i  g  unfe  ijopcn  in  gat,  für  h  g  a  t  ijdji 
got  Alle  tit,  rur  G  S  M  R  got  min  catÜ-  Andere  müssen  z.  Zt.  noch 
unerklärt  bleiben  wie  G  G  M  T,  B  0  A  8      A  H  J  G 

Bahre.  Bahre.   Eine  kolossale  Bahre  des  XVII.  Jahrhunderts  mit  figQiücbem 

Schmuck  ist  ins  städtische  Museum  versetzt  worden. 

Tauf-  TaafkeiMl.   Die  Fünte  ist  dn  runder  Bronzekessel,  dessen  äussere 

kcssd.    Wandung  mit  Ausnahme  des  untern  Randes,  der  mit  zdm  Löwenmasken 
verziert  ist,  des  sonst  üblichen  Reliefschmuckes  entbehrt    Er  steht  auf  vier 

Füssen,  denen  sitzende  I.övven  als  Schildhalter  vorgesetzt  sind.  Oberhalb  des 
Kessels  ein  aus  Holz  «^osclinitzter  hoher  achtseiti^cr  Deckel,  der  sieb  in 
mehreren  Absätzen  aufbaut.  Im  Haupttheil  die  Taufe  Christi  als  plastische 
Gruppe;  im  kleineren  Theil  darüber  ein  schwebender  Engel;  oberhalb  des 
letzten,  mit  Kartuschen  versdienen  Aufsatzes  ein  Kreuz  mit  dem  Crudfixus 
auf  der  Vorder*  und  auch  auf  der  Hintersdte.  In  den  Kartuschen  ditf  Namen 
iwd  Wappen  des  Stifters  und  seiner  Gattin,  des  Pastors  JOH.  DINGGRAV 
und  seiner  Gattin  SOPHIE  PANITZ  vom  Jahre  1649  *)  Auch  die  hölzerne 
Umgittcrunj^  der  Taufe  ist  achtscitif^  und  in  demselben  Schnitzstil  der  Sj>at- 
rcnaissance  ausgeführt  wie  der  Deckel.  Nach  den  Inschriften  ist  diese  Ein- 
fassung eine  Stiftung  verschiedener  Gemeindemi^lieder  aus  dem  Jahre  1651. 
Unter  ihnen  auch  wieder  der  Name  des  Pastors  Dinggrav. 

AafraUend  ist  das  Formen -Verhihniss  zwischen  Kessel  und  Deckel, 

Polygonale  Aufsätze  aus  späterer  Zeit  auf  runden  Taufkesseln  aus  frflherer 
Zeit  finden  sich  öfter,  aber  sie  pflegen  nicht,  wie  hier,  des  l'cberganges  aus 
dem  Rund  ins  Polygon  zu  ermangeln.  Man  vgl.  i.  B.  die  l  unte  in  der 
Marien -Kirche  zu  Lübeck,  wo  für  den  Uebergang  eine  sehr  geschickte  Lösung 
gefunden  ist.  Uebrigens  ist  die  l^ronze- Fünte  von  St.  Jürgen  zu  Wismar 
kein  sehr  altes  Werk,  wie  die  Schildhalter  beweisen.  Der  Kessel  scheint 
ursprunglich  ztt  einem  Brunnen  gedient  zu  haben.  Man  sieht  im  Innern  die 
Verlöthung  von  ehemaligen  Ausflussiöchem.  Es  hat  sich  ferner  eine  Na<  bricht 
geftmden,  dass  16.8  zum  Zweck  der  Taufe  ein  messingenes  Becken  auf 
dem  Jahrmarkt  gekauft  wurde,  doch  kann  hieraus  sdtMtverständlich  kdn 
Schluss  auf  den  l'autkessel  selber  gemacht  Werden.  Das  Becken  befindet 
sich  jetzt  im  Museum  zu  Wismar. 


')  Fttnfmal. 
^  ZweioMl. 

Fttn&elinaiid. 

SielMninal. 

Vgl.  Crttll  tutd  Techcn,  U.  Jahrb.  LIV,  S.  lao,  Nr.  8  und  Ums.  Ge*ch.-Qn.  K,  447- 


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ST,  Ji  RGKN- KIRCHE  ZU  WISMAR. 


99 


Glocken.    St.  Jürgen  hat  sechs  Glocken,  darunter  (i.  und  2.)  zwei  neue, 
die  im  Herbst  1858  von  dem  Meister  P.  Martin  Hausbrandt  gegossen  sind,  und 

von  tlcnen  die  eine  mit  den  Flaclircliefs 
des  hl.  Georg  und  des  hl.  Martin,  die 
andere  mit  denen  des  hl.  Stephan  und  der 
Iii.  Mlisabelh  geschmückt  ist.') 

3.  Auf  einer  der  vier  alteren  Glocken 
ist  St.  Jürgen  mit  dem  Lindwurm  vier- 
mal in  .Medaillons  angebracht.  Um  den 
1  lals  dieser  (ilocke  läuft  in  zwei  Zeilen 
die  In.schrift:  btlj  •  bCIll  •  flirc  •  6in  • 

irli  •  acfldncu  •  Qcvbt  •  fiinrftc  lieft  • 
Uli  •  niiti)  •  Qotirs  •  Ijiilpc  •  grgjtcn  •; 
Orr  •  ni.ni)ic6  •  filccftcr  •  borprriibcr  • 
.111110  •  boniiiii  •  m  •  cctcc  •  Inxxi  •  ?it 
•  uoiiini  doiuini  •  birncbictlim.   Die  ge- 

IMm^W^\  nannten  vier  Medaillons  (einmal  eins,  das 

^9  andere    Mal   deren  drei  zusammen)  und 

69|^=^SIjl|^  ausserdem    zwei    (Gesichtsmasken  unter- 

"^m^  unfi^K  brechen  diese  Inschrift. 

II  V  Zürn  (luss  dieser  Glocke  wurde  ein 

II   F        U  'l'heil  des  alten  messingenen  Sakraments- 

II  '  B  11 '1|  Häuschens  (Ciborium,  'l'abemakel)  ver- 

H  JD  Q  A  wandt,    das  einstmals  im  hohen  Chor 

^^^^  ^ftltt  stand   und  ein  Gewicht  von   6  Schitf- 

^B^^^^S^v  fifund  und   17'  *  Liespfund  hatte. 

"^^^St^l^F^  ^'         kleinste  Glocke  hat  am  Hals 

^^^^  die  Inschrift:  H.CYRIACVS»  BVRMEISTER. 

BVRGERMEISTER  .  PATRON  H.  CHRI- 
STOFFER  .  GROENING  .  RATSE:VER. 
WANDTER  .  INSP.  ECTOR  HANS  SCLIE- 
MAN  .  JACOB  .  KOLTZE  .  DANIEL  PIER- 
STORPF  PRO  .  VISORES  •  M'.  ABRAHAM* 
GROT  .  ME  .  FVQIT  .  ANO  .  1670. 

5.  Die  Stundenglocke  im  Dachreiter 


der  Kirche  hat  in  gothischen  Minuskeln 

';  Vgl.  Crutl,  Die  neuen  Glocken  zu  .St.  Jür- 
gen. Mil  Nachrichten  von  den  Wismar' ächcn  Glocken 
<ibcrh.tupt.  Beil.  Nr.  57  z.  Wism.  Ztg.  vom  Jahre 
1859.  ]<.ichnunn,  lande&kundl.  Lit.  5501 .  Bei  Crull 
siiiil  iiebt.li  den  neuen  auch  die  alten  Inschriften  ab- 
({cürtickt,  womit  die  Vorg.ängcrinncn  dieser  Glucken 
ausgestattet  waren.  Die  eine  stan.mte  au&  dem  Jahre  1710  vom  Stetliner  Glockeiigiesser  Joh.  Heinr. 
Schmidt,  die  andere  a-js  dem  Jahre  1703  vom  Gluckengicfser  Caspar  llcinr.  Cailcll  aus  Frank- 
furt a.  M. 


('•locken. 

Krste  und 
zweite 
(ilocke. 


I  )rittC 
(Uocke. 


Vierte 
(il<M:ke. 


I''iinftc 
Cilorkc. 


TaufkcsscI. 


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too 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Sechste 
( flocke. 


am  Hals  die  Inschrift:  aiiiio  boiiiiiii  iiicccctljrioci  bcrBiiiii  boiiiini  nianct  in 
rtrrnuni  Vier  iiMtljie^  Iblrclicr  borftrubtr  iii  •  grttit  fiinrftc  fit  iiomrn 
bni  bcncbictuni. 

6.  Um  den  Hals  der 
Minuskeln  die  Inschrift: 

anie  atlO  bui  m(tCti%X%ix.    Auf  der  Glocke  das  Giesserzeichen:') 


Kpitaphien. 

Vooght- 

s<hes 
Epitaph. 


Dirnicr  uorirniorr  111  •  griDC  Dinnic  \ii  iionirn 

ler  V'icrtelstundenglocke  lauft  in  jjothischen  J 

+  0  rcj:  olorie  iljU  jrpc  Ucni  cu  patc  1 

cIJl.    Auf  der  Glocke  das  Giesserzeichen:')  I 


Epitaphien. 

I.  Das  Kpi- 
taph  des  Obersten 

Joh.  Vooght, 
nach  der  Inschrift: 
Dero  Königl.  Mayt 
Zu  Denemari^ck 
vnd)  I  Norwegen 
Christian!  des 
5<«  wölbe  ftalterj 
Obrifter   zu  Fues 
vnd  Commendent 
der  veftung  ;  Wilz- 
mar  Her  Joha" 
Vooght   ist  ge- 
bohren  Anno  1621 
den  6  January  vnd 
[hier  geltorben 
Anno  1679  den 
8'~  May.  Den 
1  lauptschmuck 
des  Ivpitaphs 
bilden  Wappen- 
schild (gespalte- 
ner Schild,  vorne 
ein    von  einem 

Hliithenzwcig, 
hinten    ein  von 
einer  VVeinranke 
umflochtener 

')  Vgl.  Mcckl. 
Kunst-  u.  Ge&cliichts- 
deiikm.,  Bd.  I,  S.  153. 
Da«u  die  verwandlet! 
Giesserzeichen  des  A. 
Kivc  auf  Seile  109 
und  567. 


Vooghl'schcs  Epi(ai)h. 


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•ST.  JORGEN-KIRCHE  zu  WISMAR. 


lOI 


Stab)  und  Hclmzicr  (zwischen  Hörnern  ein  vc^n  einer  Weinranke  umflochtener 
Stab).  Um  Schild  und  Hehn  herum  eine  im  üppij^'sten  Barockstil  au.sgeführtc 
Einfassunjj,  die  aus  Genien,  Blumen  und  Blättern  und  Kricg.s\verkzcugen  aller 
Art  gebildet  wird. 

Die  übrigen  xier  Kpilaphien  der  Kirrhe,  von  denen  sich  die  drei  ersten 

/ur  Zeit  in  der  Rumpel- 
kammer von  St.  Marien 
(unter  dem  Thurm)  befinden, 
scheinen  keiner  eingehen- 
den Beschreibung  zu  be- 
dürfen. Es  sind  die  des 
schwedischen  Obersten 
Keinhold  von  Jordan 
(7  1654),  des  schwedischen 
Oberstlieutenants  Hermann 
Sabbel  (7  i6()4),  des  Fastors 
und  Consisiorialassessors 
Joachim  Heinrich  Sprengel 
(•••  171 1)  und  des  Vice- 
Präsidenten  am  Königl. 
fchwcdischen  Triljunal  Sa- 
muel von  Palthen  (•]-  1767). 
Vgl.  Crull  und  Techen, 
.M.  Jahrb.  LVI,  S.  129  u. 
130.  Im  Jahre  1643/44 
wird  ein  Epitaph  des  .An- 
dreas Giese  hinter  dem 
.Altar  aufgehängt,  welches 
nicht  mehr  zu  finden  ist. 
Sollte  es  das  jetzt  der 
Ins<hriflen  ermangelnde 
Kpitai»h  mit  dem  Bilde 
der  Himmelfahrt   und  mit 

Spätrenaissance  -  Um- 
rahmung sein? 

Grabsteine.')  Nur  (Irabstcinc 
.sehr  wenige  Steine  sind  so 
erhalten,  dass  es  sich  ver- 
lohnt, eine  Abbildung  davon 
zu  geben.  Die  Steine  2 — 5 
sind  aus  der  Kirche  des 
Schwarzen  Klosters  hierher 
versetzt. 

1.  Der  Stein  des  Tlebanus  Gherd  Werkmann  zeigt  die  ganze  Figur  des  Werkmann- 
Verstorbenen   als  Priester  mit  dem  Kelch  und  der  Hostie.     Sein  Kopf  ist  scher 
mit  dem  sog.  Superpellicium  bedeckt.*)    Zu  seinen  Füssen  der  Schild:  Schräg-  ^^•'^1^*^*-''"' 

')  ^'gl-       Auticicliiiunt;  säininlliolicr  Steine  bei  Crull  u.  Techen,  M.  Jalirh   l.VI,  S.  95 — !l6. 
*)  Vgl.  Meckl.  Kunst-  u.  Gc&L-hicht&denkm.  I,  S.  214,  213.    Stin  Cliuislulil  o.  S.  91, 


(iralistein  des  Plcbanus  Ghenl  Werkinanti, 


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\02 


A  M  I  SÜ  KUICI  n  SU  KZI  K  K  W ISM  A  K . 


balkcn  mit  zwei  steigenden  I-ö\ven.    Die  Inschrift  lautet  voll  niisgcschricbcn: 

^nno  boinini  tncrrrljciii  I  in  ftria  tcrcfn  ante  nmroarrtc')  oCiiit  tominuj^ 
gljrr.irbtts  lucrTmi  |  an  nrchnn  liürraliinn  I  niagiftrr  ac  nicbiciuanini 
lirructatus  rrcror  !jii|u5  rrdcfic  •  oratc  pro  ro.  Kinc  zweite  Inschrift  lautet: 
<(5obcni  anno  in  bic  abbon  et  iVnnni'l  •  obiit  tliib.ft:  Vucrlinian  fratrr 

ejus  ♦  oratc  yrO  ca.  Mine  dritte  Inschrift  lautet:  JOHANN  CHRISTOPH  PÖ- 
RING .  ANNO  1795.'j 

Adam's«  her  2.  Die  Steine,  welche  jetzt  folgen,  sind,  wie  S.  lOi  bemerkt  wurde,  aus 

(.'•rabsiein.  jjcr  Dominikaner- Kirche  hierher  versetzt  worden.'')    Der  älteste  ist  der  des 


Grabstein  des  Johannes  Adam. 


Schonvelt- 

scher 
Urabslein, 


Pcrsevale- 

scher 
(»rabstein. 


Johannes  Adam  mit  der  Inschrift:  +  hl(l  R  1  ü(^f(lS<lI5  lOhTvIMMlS  ; 
HllilVS  DOSWIin  I  ÄDH.*)  Kine  zweite  Inschrift  lautet:  HANS  HELMES  DE 
WOLLENWEVER.    lunc  dritte:    LAFRENS  BOEKHOLDT  V.  S.  E.  ANNO  1645. 

3.  Stein  des  Lambertus  Schonveit.  Wappenschild  (Hoot)  mit  Helm- 
zier  (Boot,  aus  dem  eine  Rose  an  einem  Stengel  wächst).  Die  l'l.ittc  war, 
wie  die  fünf  Weihekreuze  beweisen,  einstmals  ein  Altarstein.  Die  Inschrift 
lautet   voll    ausgeschrieben:    'Pl'nnO    bonilni    incCC  I  IXXiX    Olnit  laniOcrtUG 

fctioncuclt  in  boniinica  pxinu  nioft  ottabant  pafcljc:  cujus  aninia 
rcquicfcat  in  pacc  •  amen.") 

4.  Stein  des  Stadtsckrelärs  Gottfried  Persevale.  Unter  einem  Haldachin 
tlic  ganze  Gestalt  des  Priesters  mit  dem  Kelch.    Zu  seinen  Füssen  ein  Schild 


')  »(.  biem  13.  Juli). 

*;  0^.  llb^on  et  Sennen  (30.  Juli). 

*)  CruU  und  Techen,  M.  Julirli.  I,V1.  S.  114. 

*)  Crull  und  Ttchcn,  M.  Jahrb.  LV'I,  S,  117,  Annik^j. 

Lisch,  M.  Jahrb.  XIV,  S.  27. 
")  Crull  und  Techen,  M.  Jtliib.  I.VI,  S  119. 


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ST.  JCRGEN- KIRCHE  ZU  WISMAR. 


103 


Grabstein  des  Lunbertus  Schonveit. 


mit  einem  wachsenden 
Manne.  Die  l^uschrift  Inulet: 
?Cniia  boiuini  mctccxcij: 
Dominica  ^ubilatr  obiit 
boniinus  et  luagiflrr  oot^ 
fribUQ  ptr  I  frbiilc  yrcf« 
btitrr  ac  ((irrtabili^  (aii> 
fularus  Viiijiis  oppibi  tDif- 
nuxk  frcrctariiis  •  aratc 
bciim  yro  co,') 

5.  Stein  der  Familie  Grabstein 
Rampe    mit    Wappenschild  ^l^'r  Kamilic 
und  Hclmzicr.    Die  Inschrift 

lautet:    ^11110  boillilli 
iiirrrrjriiii  |  in  \)igilia  na= 
tiuitatiö  iiiarir  obiit  bonii> 

iiiifi  jalianntö  rampe  | 
canfui  •  i  ?liina  boniini 
inrccrpta  |  in  bic  cli.viliirt 
oblit  ginricu^  ranipc  • 
aratc  pro  ci^  •  |  ?lnna 
boniini  nucrcjtcij  I  fcria  Uj 

ante   bartVjoIoniri  o&iit 


')  Crull  und  'IVchen,  M.  |.ihr- 
bucli  I.VI,  S.  IIS. 


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104 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


taOfebeAc  granrifllö  flUa  I  Ijhirid  ratllpeil.  Vgl.  Cmll  und  Tcchen,  M.  Jahr- 
buch LVI,  S.  119. 

Noch   ein   zweiter  Fa- 


milienstein  der  Rampe  mit 
gleichem  Wappen- und  Hehn- 
schmuck  ist  vom  Schwarzen 
Kloster  hierher  gebracht. 
Die  Inschrift  lautet:  ^llllO 

boniini  nircccU  in  1  yro 
fcfto  f.iliiaiil  et  frljafti« 
ani  obiit  ob&rrtus  raiiipc 
et  cobcin  anno  in  bic 
...  1  ...  .  oüiit  cfftcr- 
triibis  uxav  boniiiii  jo^ 
Ijanni^  rampcii  confulis 
?lnno  bomini  iiKrccib 
in  I  bic  ngat))c  liirginis 
obiit  alliritbip  iirar  io- 
fjaniiiä  ranipni  rt  anno 

bomini  nirrct  

 obiit  iicrniannus 

ranipc  .  .  oratc. 


Wand-  Wandgemälde.  Die 

ficniälde.  Kirche  hat  eine  Reihe  von 
Wangemäldcn,  welche  grosse 
Flächen  bedecken.  Sie  stammen 
durchweg  aus  der  zweiten  Hälfte 
des  XV.  Jahrhunderts  und  sind 
bei  der  letzten  Restauration  in  ge- 
.schickter  Wei.se  von  Michae'sen 
und  Krause  erneuert  worden. 

1.  An  der  Ostwand  des 
Chors,  im  Zwickel  oberhalb 
der  beiden  Fenster:  Christus 
in  einer  Mandorla  als  VVelten- 
richter  auf  einem  Regenbogen 

thronend,  mit  Schwert  und  I.ilic,  die  aus  .seinem  Munde  gehen.  Zu  seinen 
Seiten  zwei  Heilige,  Johannes  ßaptista  und  Maria,  beide  anbetend.  Unter- 
halb des  Heilandes  der  im  Wasser  versinkende  Petrus.') 

2.  In  der  südlichen  Thurmkapelle,   und  zwar  auf  der  Thurmwand: 
Maria  mit  dem  Kinde  zwischen  der  hl.  Barbara  (Kclcli  mit  Hostie) 
und  der  hl.  Dorothea  (Korb  mit  Rosen).    Unter  der  hl.  Dorothea  ein 
Schild.*)    (Abbildung  s.  S.  109). 


Grabstein  der  Familie  Rampe. 


')  Ueber  andtrc:  Bilder  (licscr  Art  vg],  Ottc.  Haiidb.  I,  S.  514  ff. 
Vgl.  Crull,  Zeiischr.  f.  chmll.  K.  VII  (1894,,  S.  173  ff. 


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ST.  JÜRGEN -KIRCHE  ZU  WISMAR. 


105 


3  u.  4.  Ebendort,  auf  den  Pfeilern  und  dem  aufsitzenden  Gurtbogen 
zwischen  Kapelle  und  Abseite,  zwei  grosse  Gemälde,  welche  die  ^^^genüber- 

liegcnden  Wände  sammt  dem  breiten  Gurtbogen  füllen, 
der  sie  verbindet.  Jederseits  ein  Mann  mit  grotesken 
Zügen,  der  einen  Blumentopf  trägt,  aus  dem  ein 
Rankengewächs  aufsteigt.  Das  auf  der  Süd.seite 
ciuligt  mit  dem  Xcst  eines  Pelikans,  und  darüber 
erscheint,  auf  einem  Thron  mit  hohem  Baldachin 
sitzend,  der  hl,  Bischof  Severus,  durch  einen  Woll- 
.•fUl  liiT?*^---  bogen  als  Schutzpatron   der  Weber  charakterisiert, 

ilcnen  die  anstosscndc  Kapelle  gehörte.  Gegenüber 
endigt  da.s  Topfgewächs  mit  einem  ICulennest,  und 

darüber  erscheint 
der  hl.  Chri.sto- 
phorus  mit  dem 
Kinde. 

5.  Dem  Bilde 
der  drei  I'Vauen 
gegenüber  in  der 
Kckc    an  einem 
Pfeiler:    die  hl. 
Katharina  mit 
dem  Kaiser 
Ma.xentius  zu 
ihren  Füssen. 
Dazu  der  Schild 
des  Stifters: 


'7  ' 


Wandgemälde. 


6  u.  7.  Den 
unter  3  und  4  ge- 
genannten Ge- 
mälden ent- 
sprechen zwei 
grosse  Dar- 
stellungen auf 
der  Nordscite 
der  Kirche  in 
der  vom  Bi.schof 


Nikolaus  Böddeker  gestifteten  Kapelle  der  Marienzeiten  (Tidckapelle).  Zunächst 
unten  zwei  einander  gegenübergestellte  Inscliriftcn.  Die  auf  der  Südseite  ist 
niederdeutsch  und  lautet:   T>C    ^rtalCrbloTlC  43ob    Uilbcr    UllbC    l)Cr  ! 

I^cr  .Cicolau^  !2>obtii:i{cr  Uiaiibngcs  bc  %%  iii  1  ^>if|i1)opp  bei:  tkrlicu 


io6 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


^tnerin  Wtf^ct  «Capellrn  Inibc  !  bnfer  Iciini  froiihiF  tibc  bat  J[nne 
tDontllfR  to  fin0cnbe  ficflebianc  bar  ua  3Cl;c  \]c  br  ftcrltcn  bn  bc 
bjffdjopp  !  bocni  tljo  ^tncrin  bomun  iaxt  landi  laflilitu  fiabbe  borftan 
linb  getegeret  Ijeft  fe  bociatcn  bitb  n]^a  bec  J_  6ott  «Ctifti  bnfc^  leue 
9nt  State  9ufeii  »et  l^unkeit  Jlegen  bnli  Iraftfd^  Slii?  brubben 
tage  fetj  I  JOftaitttl  j6t9ttiäM$  3n  toen»  Beten  botftottten  bnb  Slit 
bcr  bocmfietiieti  Inbefte  enrr  CapelTen  |  fi^  bei  (C^enirrinincrc 
boTccrrn  ürtyrau"  $mtt  Ztltn  bt  almccljtfBC  <6ob  tooHc  gnebici)  linb 

barniticrtiil)  fini.   I     Die  gegenüberstehende  lautet  latcinischj  ttCUerenbU^ 

%n  Crißa  yater  et  bn^  bn^  J^iroIau|  Xobbeltei;  oltm  45pit5  ^stuecinefs 
]C)rfH'  nueto  |uii9  rapeUe  91c  Soratu  brate  matte  (P  b'0ini^  JEnfItt  tieci^ 
tati  folttatü  fiibatot  JM^m  ecdfan  ^jlneiHien  ac  febMiHpäleni  einfbej 
tut  airil  laiitaftilKt*)  tejtit  [a&|](ef[f]it  eifbes  necnö  ano  a  natf**  bni 
1^79  *  3  ^tpttmfnii  olbiit  •  in  qiiabain  CapeTIa  pcnr^'  armadiiiii  etdefie 
majori^  Iiibken  «$epultit^  •  Ornte  beuni  pro  co  •  amen.') 

Uebcr  der  niederdeutschen  Inschrift  ein  aus  dem  schlafenden  Adam  ge- 
wachsener Baum,  dessen  Stamm,  Acste  und  Blätter  die  Sccncn  des  Sündcnfalis 
mit  der  Erlösung  von  Tod  und  Teufel  durch  den  Tod  am  Kreuz  und  die 
Auferstehung  zu  einem  Ganzen  verbinden,  das  oben  im  Gurtbogen  von  der 
Darstellung  des  Drachentödters  St.  Jürgen  bekrönt  wird.  '  Unten,  links  von 
der  in  herkömmlicher  Weise  gegebenen  Scene  des  Sfindenlalls,  der  die  Mitte 
einnimmt,  die  knieende  Gestalt  des  Bischofs  mit  seinem  Wappen,  dem  Schwan, 
über  den  ein  Bischofsstab  gelegt  ist.  Hinter  dem  Bischof  (d.  i.  neben  cler 
Gestalt  des  Adam  im  Sündcnfall)  eine  weibliche  I  Icilij;e,  welche  einer  kiiieenden 
und  zwei  stehenden  Personen,  deren  Haupter  ein  ICngel  durch  Händeauflegen 
segnet,  eine  Traube  reicht  Dieser  Gruppe .  gegenüber  (also  neben  der  Gestalt 
der  Eva  im  Sttndenfall)  eine  andere,  in  welcher  eine  nackte  Frau,  die  wie 
eine  zweite  Eva  erscheint,  einer  knieenden  und  zwei  stehenden  Personen, 
auf  deren  Häupter  der  Teufel  seine  Hand  gelegt  hat,  einen  Todtenkopf 
hinhält.  Beide  Bilder  sind  als  Gegensätze  vom  Tod  aus  der  Sunde  und  dem 
Leben  aus  dem  blute  Christi,  das  durch  die  Traube  versinnlicht  wird,  ohne 
Weiteres  verstandlich.  Die  Gegensätze  setzen  sich  oberhalb  der  Scene  des 
Sündenfalls  fort:  über  Adam  das  dem  Blick  geöffnete  heilige  Grab  mit  dem 
darin  ruhenden  Leichnam  des  Herrn  und  den  dabei  stdienden  Gestalten  des 
Engels  und  der  bdden  Frauen,  über  Eva  der  offene  Sarg  eines  in  der 
Sünde  Gestorbenen,  7n  dem  der  Teufel  Mann  und  Weib  hinanzerrt.  Uebcr 
diesen  beiden  Bildern  links  die  Auferstehung,  rechts  die  Holle.  Hierüber,  in 
einem  Blumenkelch  liegend,  das  schialcndc  Christkind,  und  über  diesem  die 
Kreuzesgruppe  mit  Johannes  und  Maria,  wobei  in  den  Ecken  die  einander 
gegenüber  gestellten  zwei  Medaillons  eines  Teufels  und  eines  Heiligen  zu 
beachten  «nd.   Endlich  ganz  oben,  anscheinend  als  Sinnbild  für  den  duist* 


')  Ueb«r  Bischof  Böddekcr's  Leichensleiii  in  Lübeck  vgl.  Decke,  M.Jahib.  X,  ä.  195.  Dazn 
LiMb.  M.  Jahrb.  XVI,  S.  175.    Croll,  M.  Jalub.  XXIV,  S.  24-43.    XL,  S.  138  IT. 


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ST.  JCRGEN- KIRCHE  ZU  WISMAR. 


107 


liclicn  Hcilsplan,  die  Befreimifj  der  Könitjstochtcr  durch  den  hl.  Georg,  im 
Ilinterfjriinde  die  Kiniifjsbur},'.  von  der  aus  Vater  und  Mutter  zuschauen,  wie 
der  heilige  Ritter  flic  1  oclitcr  vom  Ungeheuer  errettet. 


Wandgemälde 

Dicscni  Biltle  gegenüber,  obcrlialb 
der  hiteini-schcn  Inschrift,  ein  aus  dem 
schhifenden  Jesse  eruach.scnder  Baum  mit 
zwölf  mcdaillonartig  von  Ranken  und  Blättern 
umrahmten  Brustbildern.  Alle  mit  einander 
tragen  Kronen,  sie  halten  theils  Bücher,  theils 
Wandgemälde.  Sceptcr,   der   eine   unten   links    auch  eine 

Harfe.  Diese  weist  auf  den  König  David, 
den  prophetischen  l'salmistcn  des  alten  Bundes,  und  das  Ganze  .stellt  somit 
den  königlichen  .Stamm  Davids  dar,  von  welchem  die  hl.  Maria  kommt.  Ihre 
hohe  Gestalt  in  einer  Mandorla,  das  Christkind  auf  dem  Arme  tragend,  bildet 
dcmgemäss  den  oberen  Abschluss  dieses  Bildes  im  (iurtbogen.  Neben  ihr 
der  knicejide  und  anbetende  Bi.schof  Böddeker,  auf  der  andern  Seite  sein 


io8 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Wappenschild  (Schwan  mit  Rischofsstab)  und  seine  Hclmzicr  (Rischofsstab  und 
Flug).  Unten  am  Raum  ein  Rischof  und  drei  andere  Gestalten  mit  Spruch- 
bändern, deren  Legenden  vergangen  sind. 

8  u.  9.  An  den  Wandflächen,  welche  den 
Raum  zwischen  den  niedrigeren  Gewölben  des 
älteren  Chorbaues  und  denen  der  Seitenschiffe  des 
neueren  Raues  schliessen,  sind  zwei  gro.sse  Reiter- 
bilder angebracht:  im  südlichen  Seitenschiff  der 
hl.  Georg,  wie  er  den  Drachen  tödtet,  Königs- 


Wandgemäldc. 

tochter  und  Konigsburg  im  Hintergründe;  im  nörd- 
lichen  Seitenschiff  der   hl.  Martin,  wie   er  vom 
Ross  herunter  den  Mantel  theilt,   um   ihn  den>  WamiEcmäide. 
Rettier  zu  geben,  und  neben  ihm,  in  einem  ab- 
getrennten Rüde,  der  hl.  Chri.stophorus,  mit  dem  hl.  Kinde  durchs  Wasser 
schreitend,  im  Hintergründe  der  Eremit  mit  der  Leuchte. 

Tafel-  Tafclgemälde.    Von  den   Oelgemälden   der  Kirche  bieten  eigentlich 

gcmälde.         (jj^  j],  der  Sakristei  aufgehängten  rredigerbildnissc  ein  Interesse,   Es  sind 


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ST.  JÜRGEN- KIRCHE  ZU  WISMAR. 


109 


Job.  Gerdes  (f  1673),  Wilke  (f  1776),')  ein  Bild  ohne  Namen.  Snsemihl 
(7  i«83),  Weese  (f  1869),  Job.  Dietr.  Breithor  (f  1756),  Joach.  Heinr. 
Sprengel  (7  171 1),  M.Joachim  Köcker  t  (7  1693),  M.  Joh.  Gottlieb  Hahn 
(t  '77'*^).  Joach.  Clinthius  (7  1699),  Victor  Hager  (f  1833),  Theodor  Götze 

(t  1869). 


Wandgemälde. 

Glasgemälde.    Von  älteren  Werken  dieser  Art  ist  nichts   mehr  vor-  (ilas- 
handen.     Die  im  mittleren  Thurmfenster  angebrachten  Milder  (yXnljetung  der  gemüldc. 
Hirten,    l'lucht  nach   Aegypten,   der  Christusknabe   im  Temjjel,  die  Taufe 
Christi,  lasset  die  Kindlein  zu  mir  kommen,  Kinzug  in  Jerusalem)  sind  neu 
und  stammen  aus  der  Werkstatt  von  C  Michaelsen  und  Krause. 

Gitter  und  Thiiren  der  Kapellen.    Die  meisten  Kapellen  stehen  jetzt  Gitter  und 
offen,  nur  wenige  sind  durch  Scliranken  von  den  Seitenschiffen  getrennt.    Zu  '1  hurender 
beachten  sind  Thür  und  Gitter  in  der  dem  Thurm  zunächst  liegenden  Kapelle  ^*P*^"^"- 
auf  der  Nordseite.    In  der  Einfassung  der  mit  Renaissance-Ornamenten  ge- 
schmückten Thür  findet  sich  das  Datum  1652.    Das  eiserne  Gitterucrk  ist 
thcils  mit  kleinen  Kngelsköpfen,  theils  mit  Rosetten  verziert.    Ebendort  auch 
zwei  Wappen,  das  Jordan'.sche  (im  .Schild  drei  mit  den  Mundstücken  in  ein 
Schächerkreuz  zusammengestellte  llieniörner,   roth  auf  Silber;  auf  dem  ge- 
krönten Helm  zwei  silberne  Horner)  und  das  Knobelsdorf 'sehe  (im  Schild  auf 
rothem  Feld  ein  blaues  Querband  mit  drei  silbernen  Schrägstreifen;  auf  dem 


')  Joh.  Cerdis  ging  1666,  Wilke  1739  nach  Stockholm. 


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[  10 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


St.  Georg.  St.  Georg.   Als  ein- 

zelnes Denkmal  ist  die  aus 
Holz  geschnitzte  lebensgrossc 
Reitergruppe  des  hl.  Georg 
mit  dem  Drachen  in  der 
Wollenwebcr -Kapelle  zu 
nennen. 

Ein  kleineres  Biki 
dieser  Art   ist  aus  der 

Kirche    ins  Museum 
vcrsct/l  worden.  Heide 


Iii, 


Helm  ein  silberner  Flug).  —  Die  gegenüberliegende  Rülcw  sche  Kapelle  hat 
bei  der  Restauration  i88S  ein  auf  gemauerter  Brüstung  stehendes  gefalliges 

Gitterwerk  erhalten.  —  Die   

einzige  Kapelle  auf  der  Süd- 
seite des  älteren  Qiorbaues 
ist  mit  altem  Tafelwerk  aus 
der  Zeit  der  Renaissance  ge- 
schlossen. Noch  werthvoller 
als  dieses  ist  die  oben  be- 
reits erwähnte  anstossende 
Thür,  die  ursprünglich  dem 
im  Jahre  1833  beseitigten 
Sängerchor  angehört  und 
neben  dem  Datum  MDCXIV 
die  Inschrift  hat:  CRVCIS 
SILENTIO  GLORIA  *  LAETOR 
IN  DEO  DOMINO  MEO.  — 
Auch  die  Thür  der  Orgel- 
treppe verdient  Beachtung.') 
—  Die  Palthensche  Kapelle, 
im  westlichen  Neubau  die 
vierte  auf  der  Nordseite,  ist 
durch  eine  Fassade  im  Ro- 
cocostil  geschlossen.  Gute 
Schmiedearbeit  besonders  in 
der  Lünette.  In  ihrem  durch- 
brochen gearbeiteten  Giebel 
ist  das  oben  genannte  Epitaph 
(S.  10 1)  angebracht. 


TliUr  am  fruhcicii  Säiigcrclkur. 


Gruppen  wurden  1599  von  Ulrich  Tesche  renoviert,  wobei  der  Riemer  5 
10  Schill.  9  Pf.  und  der  Gürtler  für  liuc:kcl  6  Mark  2  Schill,  erhielt. 


Murk 


Vgl.  die  Abbildungen  bei  Scheffers,  Ociilschc  Renaissance,  Hell  59,  liblt  10—13. 


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ST.  JÜRGEN -KIRCHE  ZU  WISMAR. 


1 1 1 


Schiffs- 
modell. 

Kleinkunst- 


Schiffsmodell.    Ein  aufgetakeltes  altes  Kriegsschiff  mit  zwei  Reihen 
Kanonen  über  einander  hängt  im  südlichen  Seitenschiff. 

Kleinkunstwerke  von  Netall. 

I.  Silber\'ergoldeter  Kelch  auf  rundem  Fuss,  dessen  aufrecht  stehender  ^^^^^  J"" 
Rand  von  Vierpässen  durchbrochen  ist.  Der  Schaft  ist  rund  und  ober-  w  ie 
unterhalb  seines  Knaufes  mit  Ringen  (Annuli)  geschmiickt,  die  mit  getriebenen 
Ranken-  und  Blattwerk  verziert  sind.  Auf  den  Rauten  des  Knaufes  der  Name 
IhöSVS  in  Majuskeln  auf  dunkelblau  emailliertem  Grunde.  Als  Signaculum 
am  Fuss  ein  plastischer  Crucifi.vus;  ihm  entgegengesetzt  ein  unten  zugespitzter 
Schild,  der  auf  dunkelblauem  Grunde  einen  Arm  zeigt,  der  einen  Kirschbaum 
hält.    Die  Gewerkzeichen  fehlen.    Auf  der  Unterseite:   N.  6.  W.  31  •  L  Auf 

der  nicht  zugehörigen,  aber 
später  diesem  Kelch  zugewie- 
senen Patene  das  Stadtzeichen 
(Wappen)  und  das  Meister- 
zeichen  [igJ  (Jochim  Gade). 

Von  i4  ;o  bis  i4Sg  kommt 
ein  Rathmann  Johann  Kcrse- 
l)om  vor,  der  1442  Vorsteher 
zu  St.  Jürgen  war. 

2.  Desgl.,  auf  sechsecki- 
gem Fuss  mit  aufrecht  stehen- 
dem Rande,  der  von  Vierpässen 
durchbrochen  ist.  Der  Schaft 
ist  rund  und  mit  Laubwerk 
verziert.  Am  Knauf  abwech.selnd 
Christusköpfe  und  Rauten,  auf 
diesen  in  hellblauem  Email  der 
Name  il)Cfo(')^  Am  Fuss  als 
Signaculum  ein  plastischer  Cruci- 
fi.xus;  ihm  gegenüber  die  In- 
schrift; beiic  •  Urlft  I  l^ort  • 
ta  •  j.icop    crafes  •  liicficr 

iOe.  Unten:  W.  33  L.  Werk- 
zeichen weder  am  Kelch  noch 
an  der  Patcnc. 


St.  Georg. 


Die  Almissen  oder  Eleeomosynen  des  Jakob  Kras  werden  am  25.  Januar 
1419  begründet.  Ob  die  am  29.  Septemb.ar  1449  erwähnte  Vikarei  dieselbe 
Stiftung  ist,  lässt  sich  nicht  ersehen,  .Am  3.  Mai  1406  wird  Jakob  K^is  in 
einem  Testament  bedacht.    Vgl.  Ungednickte  Urkunden  im  Grossh.  .Archiv. 

3.  Desgl.,  auf  sechspassigem  Fuss  mit  von  Vierpässen  durchbrochenem 
Rande.    Auf  den  Rauten  des  mit  eingraviertem  Maasswerk  verzierten  Knaufes 


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112 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


der  Name  jljaO)fb^.  Der  Name  lljcfb^  ein  zweites  Mal  oberhalb  des  Knaufes 
am  sechsseitigen  Schaft,  unterlialb  des  Knaufes  der  Name  llliiria.  Am^Fuss 
ein  plastischer  Crucifixiis,  dazu  in  zwei  Absätzen  die  Inschrift:  DISSEN  X 
R  OELCK  ANNO  X  1559  X  LETEN  X  REIMER  X  KRVSE  X  VND  X  IOC')IM  X 
SWARTE  X  KOP  ||  VOR  X  NIEREN  X  DEN  X  DE  X  NAMHAFTIG  X  IVNCK- 
FROW  X  ARMEGART  X  PLOVKOV  X  HEFT  X  DER  X  KERKEN  X  SINT  X 
lORGEN  X  t'D.E.G.G.  (in  de  crc  gadcs  gegevcn).  Kelch  und  Patene 
ohne  Werkzeichen. 

Der  Kelch  ist,  wie  auch  die  Inschrift  zeigt,  schon  lange  vor  1559  an- 
gefertigt.   Der  Numc  Plovkow  wird  wohl  l'hiskow  hvissen  sollen. 


K«lcli  Nr.  I.  Ketcl)  Nr.  3. 


4.  Desgl.,  auf  scch.scckigcm  Fuss  mit  aufrecht  stehendem,  von  einer 
stilisierten  I.aubkante  durchbrochenen  Rande,  der  ausscrdeni  auf  den  Kcken 
mit  vorstehenden  kleinen  Cylindern  versehen  ist;  von  hervorragender  Schönheit. 
Auf  den  Rauten  des  Knaufes  der  Name  iljt|'Up  in  blauem  Kmail,  und  zwischen 
ihnen,  viereckig  eingefa.sst,  das  Hild  des  hl.  Georg  als  Ritter  zu  Fuss  in  durch- 
brochener Arbeit.  Statt  des  sonst  üblichen  Maasswerks  findet  man  auf  den 
übrigen  Theilen  des  Knaufes  Krucifi.xgruppen  (mit  Johannes  und  Maria)  als 
Zierrathe  verwendet,  auch  diese  durchbrochen  gearbeitet.  Dem  Knauf  entspricht 
die  reiche  Gestaltung  des  .sech.sseiligen  l'"usscs.  Auf  jeder  seiner  sechs  zum 
Schafte  hin  aufsteigenden  Flachen  ein  Tlättchen  mit  blassblaueni  Schmelz,  aus 
dem  sich  unter  einem  wimpergartig  gestalteten  Baldachin  ein  schöner  Figuren- 


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ST,  JCRCFA-KIRCHF-  zu  WISMAR. 


schmuck  erhebt.  Neben  dem  Criicifixus  mit  Johannes  und  Maria  auf  einer 
dieser  Flächen  erkennt  man  auf  den  anderen  fünf  die  Gestalten  von  St.  Martin, 
St.  I^li.sabeth,  St.  An.sverus  (Gestalt  eines  Abtes  mit  Steinen),  St.  (ieorfj  und 
St.  Katharina.  Als  weiterer  Schmuck  kommen  auf  den  Kanten,  welche  diese 
.sechs  Flächen  trennen,  kleine  abwärts  j^'ekehrte  I-öwcn  mit  langgestreckten 
Schwänzen  hinzu.  Die  Cupa  zeigt  die  neben.stehcnden  Werk- 
zeichen des  Goldschmiedes  Andreas  Reimers.  In  der  Patene 
die  eingravierte  Darstellung  des  Abendmahls.  .Sie  hat  <lic- 
.selben  Werkzeichen   wie  der   Kelch.    Unten:   No.  2.  W.  70  L.  3  Q.    Das  alte 

Gewicht:  ütt  iiiarft  i  lot  iiihi. 


Piit«nc  zum  Kelch  N'r.  4. 


5.  Dosgl ,  gross  und  von  hervorragemler  .Arbeit,  ebenfalls  auf  sechs- 
eckigem Fuss  mit  aufrechtstehendem  Kande,  der  eben.so  wie  die  vorgesetzten 
sechs  kleinen  Cylinder  einen  durchbrochen  behandelten  Rautenschmuck  mit 
Vierblattkreuzen  aufweist  und  auf  seinen  oberen  .sechs  Flächen,  gleich  dem 
vorigen  Kelch,  einen  reichen  I'iguren.schnuick  in  gothischer  Spitzbogen- 
Umrahmung  «luf  farbigem  lünail  enthält:  nämlich  neben  der  Kreuzesgruppe, 
dem  Signaculum,  die  zwölf  Apostel  in  (iruppen  zu  je  zweien  oder  dreien 
(3  -f  2  -|-  2     2  -|-  3).    Zw  ischen  der  Kreuzesgnippc  und  der  links  folgenden 


114 


AMTSGERICHTSBBZIRK  WISMAR. 


Apostelfjruppc  die  beiden  Wappcnschildc  der  Stifter.  Von  ihnen  zeigt  der 
heraldisch  rechts  angebrachte  drei  j^oldene  Rosen  in  Silber,  der  heraldisch 
links  liegende  in  schwarzem  Felde  einen  silbernen  Querbalken  mit  einem 
waduenden  goldenen  Löwen,  der  von  tvni  goldenen  Sternen  begleitet  wird. 
Diesem  Wappenschmuck  entspricht  auf  der  entgegengesetzten  Seite  dn  hell- 
blauer Schild  mit  der  Gestalt  des  heiligen  Ritters  Georg  zu  rferde;  der 
Drache  neben  ihm  hat  grün  emaillierten  (irund.  Ausserdem  eine  plattdeutsche 
und  zwei  lateinische  Inschriften.  Die  lateinische  lautet:  LIBERALITATEX 
PATRONORVM  X  DNI  X  FRANCISCI  X  A  X  STITEN  X  ET  X  SPECKÜ  X 
FRVERE  X  POSTERITAS  •  ANNO  X  DN  X  M  X  D  X  LXXVIII  >)  X.    Nun  folgt 

die  niederdeutsche  Inschrift:  VNDE  X  WE8  X  DE  X  KEtXK  X  WECHT  X 
BAVEN  X  XLVill  X  LODT  X  DAT  X  HEFT  X  HER  X  REIMER  X  KRV8E  X 
VAN  X  WeOEN  X  DES  X  GADESHVSES  X  SANCTE  X  GEORGEN  X  DAR  X 

THO  X  GEDAN  .  .  Auf  der  Unterseite  des  Fiis^es  die  zweite  lateini.sche 
Inschrift:  M  X  HINRICO  X  MIDDENDORPIO  X  PASTORE  X  ET  X  MX  HEN- 
RICO  X  RVGIO  X  AEDIS  X  GEORGIANAE  X  MI  X  NISTRO  X  ARAE  X  IBI- 
DEM X  HIC  X  CALIX  X  DEDICA  X  TVS  X  C0NSECRATV8QVE  X  EST  X  ■ 
Dem  Schmuck  des  Fusses  entspricht  der  des  Knaufes,  welcher  ähnlich  gestaltet 
ist  wie  der  des  vorhin  beschriebenen  Kelches,  nur  sind  statt  der  Gestalten 
des  Ritters  geflügelte  Engel  und  statt  der  Cruci6xe  Rosetten  mit  Fischblasen- 
muster gewählt  worden.  Zu  beachten  ist  ferner  die  Ausbildung  der  Annuli 
oder  Ringe  oberhalb  und  unterhalb  des  Knaufes,  zu  denen  der  Schaft  sechs- 
seitig vom  Fuss  her  emporsteigt.  Die  Cupa  trägt  gleich  der  des  vorhin  auf- 
geführten Kdches  die  Werioddien  des  Goldschmiedes  AndrtM  Reimers,  ebenso 
auch  die  zugdiörige  Patene,  in  deren  Boden,  ganz  ebenso  wie  in  der  des 
vorigen  Kelches,  das  Abendmahl  eingraviert  ist. 

6.  Desgl.,  mit  scclaspas.sigem  Fuss  und  sechsseitigem  Schaft.  Am 
Knauf  der  Name  IHE8V8.  Auf  der  Unterseite  des  Fusses  die  Inschrift: 
GABRIEL  SCHRÖDER  VND  SEIN  FRAV  ILSEDE  SCHRÖDERS  AO  1646.  Am  Fuss 

des  Kelches  die  nebenstehenden  Werkzeichen  des  Wismarschen 
Goldschmiedes  Balzer  Cato.  Die  Patene  ist  ohne  Zeichen. 
Auf  der  Unterseite  des  F'usses:  W.  31j  L. 

Balzer  Cato  lebte  40  Jahre  später  und  «chhig  daher  möglicherweise  bei 
einer  Umänderung  oder  Reparatur  seinen  Stempel  ein. 

7.  Desj^l.,  auf  sechscckij^em  l'uss,  dessen  auficchtstehcndcr  Rand  von 
Rauten  mit  offenen  Vierblättern  durciibioclu-n  ist,  I  )as  Sig^naculuni  ist  ein 
plastisclu  r  Christus  auf  einL;ra\  ierleni  Kreuz.  Die  Kotuli  des  Knaufes  sind  mit 
stilisierten  i\.o.sen  verziert,  ebenso  die  .■'\nnuli  über  und  unter  ihm.    Auf  der 


Siiten  und  Speck  »ind  zwei  Rath&ramilicn.    Vgl,  Crutl,  Kathsliilie  der  Stadt  Wismar, 

kegi'ter.  Um  1550  findet  sich  hii  der  Kapelle  des  Speck  in  St.  Nikciiai  die  Ang.ihe:  .et  noi.i 
pio  d.  Fraiicifco  Stitent  cujus  beneticium».  Francilcus  v.  Stilen!,  j  u.  lic,  aus  WUmar,  »asä  von 
1564  bil  1590  im  I.Ubjckcr  Kaik. 


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ST.  JÜRGEN-KlkCHK  ZU  WISNfAR.  II5 

Unterseite  des  Fusses  die  Inschrift:  aUgZUftf^p  beiicbictll^;  ausser- 
dem das  nebenstehende  eingeritzte  Stifter-  oder  auch  Meisterzeichen. 
Im  Uebrigen  sind  Kelch  und  I'atcne  ohne  Werkzeichen  Mit  illiguS'tC 
ist  wihrscheinhch  aoilll^  Ijif  gemeint. 


8.  Desgl.,  aber  nicht  von  vergoldetem  Silber,  sondern  von  vergoldetem 
Kupfer.  Fuss  sech.seckig,  Schaft  sechs.seitig,  die  Rotuli  des  Knaufes  glatt. 
Auf  dem  Fuss  als  Signaculuni  ein  plastischer  Crucifi.NUs  mit  Johannes  und 
Maria.    Ohne  Patenc. 

9.  Silbervergoldeler  Schöpflöftel  aus  der  Zeit  des  Harockstils.  Der 
mit  zwei  Köpfen  in  Medaillon-Finfassung  (einem  dornengekrönten  Christuskopf 
und  einem  andern  Manneshaupt)  verzierte  Stiel  endigt  mit  der  plastischen 
Figur  eines  Mannes,  tler  sich  auf  .sein  Schwert  stützt.  Iis  ist  der  Apostel 
Paulus.  Aufschrift  auf  dem  Stiel:  ST.  PAULUS.  Das  Meisterzeichen  ähnelt 
einem  Greif    Hin  Geschenk  des  Rechtsanwalts  THORMANN  an  die  Kirche. 

10.  Xoch  ein  Schöpflöfiel,  silbervergoldet.    Ohne  Zeichen. 

11.  Silberne  Deckelkanne  in  Cylinderform.  l-'uss  und  Deckel  sind  mit 
getriebenem  HIatt-  unti  HlunK-nwcrk  verziert,  der  Mantel  des  Cylinders  dagegen 


AMTSGERICHTSB£Z11UC  WISMAR. 


zeigt  in  Gravierarbeit  den  Gekreuzigten  mit  den  Figuren  des  Johannes  und 
der  Mar»,  darüber  und  ckmmtw  Laub-  und  Banddwerk  im  Stil  der  Reitaisaance. 
Auf  der  Unterseite  ist  St.  Jürgen  als  Reiter  eingraviert  Auf  dem  Deckel  die 
Inschrift:  IM  •  lAHR  •  MDCXXIV  •  IST  •  DIESE  •  KANNE  •  ZV  •  GOTTES  | 
EHREN  •  GEMACHT  .  DA  .  INSPECTOR  •  GEWESEN  .  D  .  MICHAEL  .  FVCH- 
SIVS  .  BVRG  .  VND  .  M  .  lOACHIMVS  .  BANSOVIVS  .  PASTOR  •  AVCH  .  HEIN- 
RICVS  .  DINGRAVIVS  DIACON  |  VS.  Unten  am  Mantel  in  modernen  Buch- 
staben die  Inschrift:  SEINT  .  VORWESER  •  GEWESEN  .  H  .  IVRQEN  x  GAM- 
MEUCARN  NICOLAVS  i  OODE  •  MARTEN  i  8CHEPEL  •  lOCHIM  i  LE8TE- 
BERO  •  WOZV  •  DIE  •  FLEI8CHAWER  LXXXII  •  LOT  VEREHRET  •  HABEN. 
Erneuerte  alte  Inschrift.   Kreiu  oben  neu.   Mdsteneidien  fehlen. 

12.  Ob]atenp)rxi8  in  Kastenform.   Die  Mitte  des  Deckels  ist  nach  Art 

eines  halbierten  Cylinders  erhöht.  Inschrift:  DIESE  .  LADE  .  HABEN  ETLICHE. 
CHRISTLICHE  .  LEV  |  TE  .  GOTT  .  WOL  BEKANT  .  IHM  .  ZV  .  EHREN  .  VND  . 
DEM  .  ALTAR  .  ZVM  .  ZIRATH  .  MA  :  CHEN  .  LASSEN  .  ANNO  .  1625.  j — ^ 
WIGET  24  LOTT  J  Q.  Datiert  mit  1625.  Nebenstehendes  Mci.stcr-  (Gi^ 
zeichen  (Conrad  Wlllera).  ^^-v-^ 

13.  Desgl.,  aber  rund  und  ganz  gleich  der  oben  S.  64  unter  7.  be- 
sduiebenen  Dose  von  St  Marien.   C«A*V«8«  1517. 

14.  Desgl.,  rund.  Auf  dem  Deckel  der  Crudfixus, 
auf  der  Unterseite  des  Fusses  das  Agnus  Dei,  beide  ein- 
graviert. Gegeben  1699  von  DOROTHEA  DITZE  1S09. 
Stempel  des  Baltzar  Cato  (s.  o  ). 

15.  Kleines  glattes  Kännchen.  Auf  der 
Unterseite  der  nebenstehende  Stempel  (Friedrich 
Wilhelm  Emmerich).  Oben  auf  dem  Deckel  eine 
Fahne  und  die  Angabe:  17 J  L. 

Ueber  das  Silber  von  St.  Jürgen  vgl.  Crull,  Das 
Amt  der  Goldschmiede  zu  Wismar,  S.  41 — ^43.  Auf 
S.  51  und  53  die  Namen  der  VVismar'schen  Gold- 
schmiede von  1288  bis  1793. 

Wie  bei  St.  Ilifarien,  so  berichten  auch  bei  St.  Jürgen 
schon  die  alteren  Urkunden  gelegentlich  von  Stiftungen 
in  Silber  und  Gold.  Am  6.  December  1340  schenkte 
z.  6.  Hinricus  de  Molne  in  seinem  Testament  einen  Kelch 
für  St.  Jürgen,')  desgleichen  am  12  l  ebniar  T421*)  der 
Rektor  der  Pfarrkirche  zu  Garz,  Johannes  Clet/eke,  für 
die  von  ihm  in  St.  Jürgen  zu  Wismar  begründete  N'ikarci, 
ausser  einem  Superpeliidum  (b.o.  S.  ioi)  einen  vergoldeten 
Kel(  h.  Am  ,^0.  März  1428  vermacht  der  Vikar  Konrad 
Sadcnbckc  ein  Monilc  deauratum;  am  4.  Mai  1450  der 
Vikar  Nilcolaus  Krage  su  seiner  Vilcarei  drei  omati»  und 
einen  vergoldeten  Kelch;  am  l.  September  1464  Magister 


■)  M.  U..B.  60S6. 

^  Techen,  Ungedr.  Utk.  im  Gratdi.  Afdiiv  ca  Schwerin. 


SehSpfUHfel  Nr.  9. 


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ST.  J0RGEN>KIRCHE  ZÜ  WISMAR. 


117 


Konrad  Böddekcr  fdtr  Bnider  des  Bischofs)  zu  seinem  Altar  ein  goldenes 
Kreuz,  in  dem  ein  Stiu  k  Holz  vom  hl.  Kreuz  verborgen  war;  1447  besass 
die  Kirche  an  Kciii|iiicn:  caput  unttin  integnim  XI  milium  virginum  cum 
reliquiis  inclusis  in  c;i|)itc  Orsule  Katherine  Barbare  et  Dorothee.  similiter 
Caput  X  milium  niililum  integrum,  in  t\un  sunt  incluse  reliquit-  Petri  et  Pauli 
Johannis  Babtiste  Steffani  et  .Mauricii.  in  .summo  altari  sunt  rcliquie  sancte 
Anne  sancte  Elyzabeth  sancti  Georgii  sancte  Katherine  et  de  ligno  cnicis 
cum  quo  datur  pax  et  multe  alie  quarum  noininn  nnn  hahentur.  Eine  am 
7.  August  1530  ausgeführte  Inventaraufnahme  zu  ät.  Jürgen  ergab  als 
Eigenthum  der  Kirche  vier  Kelche  mit  Patenen,  vier  Appellen  (Ampullae 
(;efa'^'^e  für  Wein  und  Wasser),  sechs  Monstranzen,  ein  Räurherfass,  ein 
Weihrauchbecken,  vier  Pacifikalien  (Kusstäfelchen),  fünf  Knjcifixe,  ein  Viati- 
kum  (Gefliss  för  das  hl.  Oel),  acht  Bilder  von  Heiligen,  ein  Haupt  der 
xehntausend  Rit  cr  und  viele  k'eine  Gegenstände,  anscheinend  Opfergaben 
und  Weihgesrhenkc,  ferner  als  Kigenthum  von  Vikarcicn  tlcr  Kirche  nicht 
weniger  als  dreissig  Kelche  mit  Patenen,  sechs  PaciAkalien,  sechs  Kreuze 
und  sedtt  Monstranzen,  während  noch  zwölf  Kelche  bei  Patronatsinhabem 
vorhanden  waren.  Aber  aiuh  in  St.  Jurj^'cn  j,'inK  es  zur  Zeit  der  Refor- 
mation und  später  mit  dem  Üold  und  Silber  ganz  ebenso  wie  bei 
St.  Marien  (s.  o..  S.  65).  Am  7.  März  1555  wttrdea  aus  St.  Jürgen  an 
Gewicht  .^o  Mark  13  Loth  Silbers  verkauft,  gleich  darauf  im  Herbst  zum 
zweiten  Mal  40  Mark  27  Ldtli  Am  14  Scptrmber  1581  verkaufte  man  an 
die  Goldschmiede  .Andreas  Reimers  und  Hein  Jost  122  Mark  11  Loth 
3  Quentchen  vergoldeten  und  weissen  Silbers  fUr  1583  Mark  7  Schill, 
und  495  Mark  7  S(  hü!  6  Pf,  später  noch  eimn;il  eine  kleinere  Quantität 
für  131  Mark  5  Üchill.    Vgl.  Crull,  Amt  der  Goldschmiede,  S.  a8  und  33. 

j6.  Eine  aus  dem  Heiligengeist-Stift  hergegebene  Deckelkanne  mit 
Griff  und  drei  kuj^clartifjen  I'iissen,  die  als  aulbrechende  Granatapfel  geformt 
.sind.  .Auf  dem  Deckel  ein  eingravierter  Hlumen-  und  Hlättcrrand  im  Barockstil. 
Inschrift:  DOROTHEA  DITZEN  HAT  ZV  GOTTES  EHRE  DIESE  KANNE  IN  |  DER 
H  c;  GEIST  :  K  :  AUF  DEM  ALTAR  [  VEREHRT  WISMAR  Dt  22  OCTOBER  1  1692. 
Meisterzeichen  (h][A)  zweimal. 

17  -20.  Kronleuchter.  St.  Jürgen  besitzt  drei  scctizdmarmige  (2  x  8) 
Kronleuchter.  Die  Arme  des  im  Chor  hängenden  Leuchters  enden  in  der 
Form  von  Hundeköpfen;  als  Bekrönung  dient  die  schwere  Doppelbüstc  eines 
bärtigen  Mannes,  der  Hand  und  Arm  wie  lehrend  erhebt.  —  Ucbcr  dem 
zweiten,  dessen  Anne  zu  Adlerköpfen  gestaltet  sind  und  den  ein  Adler  be- 
krönt, ist  als  Rest  eines  älteren  mittdalterlichen  Kronleuchters  ein  in  harten 
Formen  gegossener  und  ciselierter  Cniciüxus  angebracht  —  Der  dritte,  welcher 
dem  Thurm  zugewandt  ist,  ist  der  reich-ste;  er  ist  zwischen  seinen  Armen 
mit  posauncnblasenden  I-'ni^eln  aust^estattct  und  tratet  die  Inschrift:  DIESE 
KRÖN  GOT  ZV  EHREN  DIESER  KIRCHEN  ZVM  ZIRAT  ANNA  SETTEGASTN 
HANS  BROCKMANS  WITWE  VND  IHRE  KINDER  VEREHRET  HAT  1649  DEN 
30  SEPTEMBER.  —  Seit  einigen  Jahren  ist  ab  Geschenk  der  ERBEN  DAVID 
THORMANNS  hinter  dem  Hodialtar  der  frQhere  Amtsleuchter  der  Zimmerleute 
aufgehängt.   Er  ist  sechsarmig.   Seine  Inschrift  lautet:  ANNO  1608  18  DI88E 


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I  I8 


AMISÜKRICIITSUKZIRK  WISMAR. 


KRONE  VMMEGATEN  .  OLDERMAN  CORT  HOVIER,  BISITTER  |  BOflCHART  VAN 
OER   LVTHE  lACOB  HARBRECH   MARTEN  SCHOMAKER  THO  |  SEG.G.ER* 

Die  Inschrift  auf  dem  oberhalb  der  Krone  angebrachten  Schilde  ist  von  unten 
nicht  lesbar. 

21 — 39.  Wandleuchter.    Au.sser  dem  in  der  Sakristei  aufgehängten 
Wandleuchter,  dem  ein  getriebener  gebuckelter  Blaker  beigegeben  ist,  besitzt 
die  Kirche  achtzehn  Wanclarme  von  Messing,  grössere  und  kleinere,  von  denen 
mehrere  nach  gleichem  oder  doch 
sehr    ähnlichem    Modell  gearbeitet 
sind.     Der   hlteste   ist  hinter  dem 
Chor  angebracht   und  trägt  einen 
Schild   (zwei   gekreuzte  Wollbogen, 
1581,   G  P,   I  G  K,')   DES  AMPTES 
LVCHTER),    ein   anderer   zeigt  die 
Zeichen   der  Böttcher,    Zirkel  und 
Tonne,    und    die    Jahre.szahl  1616; 
ein  dritter  gehört  nach  Inschrift  und 
Emblemen,  Wecken,  Hörnchen  und 
Kringeln,  dem  Amte  der  Bäcker  und 


Tlitlrklupfer. 


Kronleuchter. 


.stammt  von  1696;  ein  vierter  trägt  den  Xamen  und  die  Hausmarke  von 
HANS  SCHOMAKER;  ein  fünfter  ist  1706  von  JOHANN  WILHELM  LENTZ  und 
ANNA  CATHARINA  MEINEKEN  gestiftet;   ein  sechster  mit  der  Abbildung  von 


D.  h.  Cü-org  Pelers,  Jucliim  (jammclkcm,  vgl.  'l'echen,  M.  Jahrb.  I.VIll,  .S.  34,  Anmkg. 


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ST.  jt*RGEN- KIRCHE  ZU  WISMAR. 


119 


Schuhniachcrfjeräth  1759  von  MARTIEN  HERRMANN  PEITZNEII.  Ein  Wand- 
leuchter mit  zwei  Armen  (von  der  Kanzel?)  jetzt  im  Museum  zu  Wismar. 

40.  Thflrkloprer.    An  der  Sakristeitfaiir  ein  Thürklopfer  in  Form 
eines  durchbrochen  gegossenen  Vierpasses  mit  einem  Löwenkopf. 

41,  42.  St.  Jürgen  ist 
die  eituigc  Kirche  in  Wis- 
mar, von  der  sich  zwei  mit 
telalterliche  Siegd  erhalten 
haben,  das  runde  Kirchen- 
siegel mit  der  Gestalt  des  hl. 
Drachentödters  und  dvr  Um- 
schrift ^f0'  fancti  flforijii 
taci^  •  ')  und  das  spitzuvale 
des  Plebanus  oder  Rektors 
der  Kirche  mit  der  Figur  der 
hl.  Elisabeth  und  der  Um- 
schrift   S'     PIjHHUWI  < 

mi  ■  ('(ntiiKii  .  lu  < 
WVSiUÄHlA.») 


')  An  Urkunden  von»  24.  Septagnber  1443  und  l.  MSn  1477.    Das  (  in  georgii  iieht  tuH 

wie  ein  f)  aus. 

*)  An  einer  L'ckunde  vum  39.  Januar  I356_\M.  U.-Ii.  819a). 


Von  der  Kuuel  u  St.  JOtgen, 


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AMTSG E R ICI rrSD F.Z  1 RK  W ISM AR. 


St.  Nikolai -Kirche. 


Die  St.  Nikolai -Kirche. 


|aubeschreibung.  Als  dritte  grosse  Kathcdralkirchc  der  Stadt  tritt  uns 
St.  Nikolai  entgegen.  Sie  ist  eine  der  mächtigsten  Backstein -Kirchen 
des  Ostseegebietes  und  gehört  mit  Ihrem  bis  1 29  Fuss  oder  37  Meter 
emporsteigenden  Mittelschiff,  das  gut  dopiwlt  so  hoch  ist  wie  die  Seitenschiffe, 

überhaupt  mit  zu  den  höch- 
sten Kirchen  in  Deutschland. 
Wie  von  Kiesen  Tür  Kiesen 
gebaut« :  hat  irgend  Jemand 
einmal  gesagt.  In  ihrer  drei- 
schiffigen  Anlage  mit  Ka- 
pellenkranz um  den  aus  dem 
Achteck  konstruierten  Chor 
unti  mit  ihren  nicht  von 
Anfang  an  in  den  Plan  mit 

aufgenommenen  beiden 
Hallen,  von  denen  die  eine 
der  Südseite  und  die  andere 
der  Nordseite  vorgelegt  ist, 
erscheint  die  Kirche,  was  sie 
thatsachlich  ist,  als  eine  Kopie 
von   St.  Marien;    in  ihren 

gleichmässig  angelegten 
Scitenkapellen  aber  erinnert 
sie  an  den  zur  selben  Zeit 
mit  ihr  geforderten  stolzen 
Hau  der  Kreuz -Kirche  von 
St.  Jürgen.  Wie  bei  die.ser, 
Choruntgaiig.  SO  überheben  uns  auch  bei 


Beschrei- 
bung des 
Baues. 


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122 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


St.  Nikolai  der  Haniann'sche  Grundriss  und  die  Francke'schen  Liciitdriickblättcr 
des  Eingehens  auf  alle  Einzelheiten,  sodass  nur  auf  Weniges  aufmerksam  ge- 
macht zu  werden  braucht. 

-  Wie  am  Thurm  von  St  Marien,  so  finden  wir  auch  bei  dem  von 
St  Nikolai  <fie  Anwendung  von  grossen  Kalksteinquadem  auf  den  Kanten. 
Die  im  Kern  achtseitig  gebildeten  heiler  der  Kirche  steigen  von  einem  Sockel 
auf,  dessen  Sims  mit  glasierten  Steinen  fjcschmückt  ist.  Mit  ihren  zur  Hälfte 
durch  Stabbi!dun<,'cn  t:efj;licdcrten ,  ^ur  Halflc  mit  breiter  todtcr  Mache  dem 
Auge  sich  darbietenden  acht  Seiten  kennzeichnen  sie  sich  als  Erzeugnisse  be- 
ginnender Spätgothik,  gewähren  aber  dennoch  von  viden  Punkten  <ter  Kirche 
aus  eine  Falle  malerisdier  Bilder.')  Nicht  ohne  Interesse  sind  die  vielfach 
wahrzunehmenden  Stempel  der  Formziegel,  wie  das  Vierblatt,  das  Kleeblatt, 
ein  runder  fächerförmiger  und  ein  hausmarkenartiger  Stempel,  welche  in  Ver- 
bindinig  mit  den  sonst  vorhandenen  Nachrichten  über  den  Kirchenbau  gewisse 
Fingerzeige  geben.  ^)  In  den  Kapitell  -  I'  riesen  der  Pfeiler  fallt  es  auf,  dass 
neben  gleicharmigen  liegenden  Kreuzen,  welche  den  Hauptschmuck  bUden, 
zahlrdche  Wappenschilde  verschiedenster  Art  zur  Verwendung  gelangt  sind.^ 

Die  Entwickelung  an  Diensten  beschränkt  sich  im  HodischiiT  wie  in 
den  Sdtenadiiflen  und  an  den  Kapdlaii^^eni  auf  ein  verfaaltnissBiäas^  dfinnes, 

grösstentheils  dreigliedriges  Stabweik»  das,  mag  es  immerhin  die  Pfeiler  und 
Wände  vortheilhaft  beleben,  im  (»an/en  doch,  der  bekannten  glänzenden  Ent- 
wickelung dieser  Banglieder  in  der  Hocligt itliik  gegenüber,  als  Minderung  eines 
sonst  sehr  wirksamen  Schmuckes  anzusehen  ist.  Die  aus  Kalkguss  hergestellten 
Kapitdle  dieser  Dienste  zeigen  theils  Köpfe,  theils  Blattwerk,  sind,  aber  viel- 
fach auch  nur  sdiUchte  Polygone.  Als  schlanke,  von  oben  bis  unten  bunt 
bemalte  Pfeiler  besonderer  Art  treten  uns  gerade  wie  in  St  Marien  die  ^^ittel- 
pfeiler  beider  I  lallen  entgegen.  Ihre  Dekoration  wird  von  verschieden  gefärbten 
Zickzackbändern  «jder  von  rothem  und  grünem  Laubwerk,  das  sich,  ein  sehr 
beliebtes  Motiv  der  Gothik,  um  einen  Stab  herumwindet,  beherrscht.  Braunroth 
bemalte  dünne  Stabbündcl  beleben  die  acht  Kanten  dieser  Pfeiler,  und  ein 
ganz  oben  horizontal  dazwischen  gesetzter  schwan^lasierter  Stab  bildet  unter- 
halb des  Kämpfergliedes  den  Abschluss  dieser  Dekoration. 

Die  Laibungen  der  Arkadenbögen  sind  ähnlich  g^liedert  wie  die  ihnen 
entsprechenden  schrägen  Pfeilerseiten,  stimmen  aber  nicht  immer  ganz  genau 
überein.  Der  Arkadenfries  ist  mit  Laubwerk  bemalt,  doch  .stammt  er  wie 
die  Dekoration  des  Hochschiffes  vom  Jahre  18^7.  Sehr  hübsch  und  an- 
sprechend ist  in  den  Kapellen  des  Umgangs  ein  unterhalb  der  I-ensterbänke 
entlang  geführter,  aus  glasierten  Steinen  in  durchbrochener  Arbeit  hergestellter 

')  Vielleicht  sind  sie  theilweU«,  wie  ein  vor  mehreren  Decennien  gcburstencr  I'teiler,  der 
vorletzte  im  Chor  anf  der  Nordaeite,  gezeigt  hat,  im  Inncm  nicht  gldchnlssig  genug  aiugemanert. 
Deshalb  mögen  <ic  auch  enger  an  einander  gerUckt  sein  als  die  in  St.  Marien,  wi«  denn  anch  3ii« 
Arludcn  an  Spannweite  hinter  ck-iu-ii  in  (lit«er  Kirche  lurtlckstehen. 

Vgl.  Cnill,  M.  Jahrb.  XLVII,  S.  59,  61.    Techen,  M.  Jalirb.  LX,  S.  lüi. 

*)  Vgl.  Cntl,  1.  c,  S.  109.   Avdi  ebendort,  Tafel  I,  1. 


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S>.  Niki.ihii,  liiiKTL-^  Kiil  ilciu  lilick  auf  den  AlMr 


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ST.  MKOI,AI-KIRCI[E  ZU  WISMAR. 


Fries,  der  aus  Dreiblättern  in  zwei  Reihen  iiber  einander  gebildet  wird.  Auf 
der  bei  der  Restauration  der  Kirche  im  Jahre  1880/81,  soviel  es  die  Mittel 
erlaubten,  wieder  hergestellten  Schranke  zwischen  Chor  und  Gemeinderaum, 
die  sammt  dem  1470  errichteten  vergoldeten  Tnumphkreuz  und  dem  kleinen 


Giebel  (kr  »Uil liehen  Halle 


Altar  durch  den  Thurmsturz  am  8.  Ücccmber  1703  (s.  u.)  vernichtet  worden 
war,  steht  jetzt  ein  gutes  Triumphkreuz,  das  sammt  den  beiden  Figuren  des 
Johannes  und  der  Maria  der  Kirche  des  Schwarzen  Klosters  entnommen  ist.') 
Was  sonst  noch  von  Schranken  um  den  Chor  erhalten  ist,  stimmt  im  Ganzen 
in  seinen  Resten  mit  den  ziemlich  gleichzeitigen  Schranken  von  St.  Marien 
und  St.  Jürgen  überein.    Die  bei  dem  erwähnten  Thurmsturz  durchbrochenen 

0  Vgl.  CruU,  M  Jahrb.  XLVII,  S.  64. 


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124 


AMTSGKRICHTSHKZIRK  WISMAR. 


Gewölbe  des  HochschiflTes  sind  erst  im  Jahre  1867  wieder  erneuert  worden. 
Die  Bemalung  der  Rippen  der  Abseiten  Gewölbe  mit  Roth,  Grün  und  Schwarz 
entspricht  der  ursprünglich  gegebenen  RcniaUing.  Unter  den  Fen.stern,  an  deren 
Pfosten  man  zum  Theil  noch  Nascnbildung  bemerkt,  überwiegen  an  Zahl  die 
drcitheiligcn.  Die  Anlage  mehr  als  drcithciligcr  Fenster  gewahrt  man  unten 
im  Thurm  und  in  den  beiden  1  lallen  der  Nord-  und  Südseite.  Wie  die  Ab- 
bildungen zeigen,  ist  am  Aeu.ssern  der  Kirche  mit  dem  sonst  üblichen  Schmuck 
von  Friesen  sehr  gespart  worden.  Ausscrortlentlich  reich  belebt  er.-^cheint 
dagegen  der  Giebel  der  südlichen  Halle,  nur  gewahrt  man  auch  hier  an  dem 
beim  ersten  Anblick  sehr  überraschenden  reichen  l'igurenschmuck  recht  bald 
den  nüchternen  Charakter  der  Spatgothik,  die  sich  darin  ofTenbart,  dass  die 
Figuren  des  hl.  Niko- 
l.ius  und  der  Mal 
donna  immerfort  ' 
wiederholt  werden. 
In  den  horizontalen 
Bändern  zwischen 
ihnen  erscheinen 
Löwe,  Drache  und 
Menschenkopf  ganz 
ebenso  wie  im  Ziegel- 
schmuck  von  St. 
Jürgen  und  wie  sie 
auch  an  dem  jetzt 
abgebrochenen  Brau- 
hause des  Burg- 
klosters zu  Lübeck 
sich    fanden.  Von 

schöner  Wirkung  Fortalbogcn. 
aber  ist  ohne  Frage 

die  grosse  Rosette  in  der  Spitze  des  Giebels.  Für  die  entsprechende  nörd- 
liche Halle  dagegen  sind  zwei  von  achteckigen  fialenartigen  Pfeilern  flankierte, 
mit  einem  entsprechenden  Aufsatz  bekrönte  und  mit  Krabben  besetzte  ein- 
fachere Giebel  beliebt  worden,  die  mit  schlichtem  Blendenschmuck  belebt  sind. 
Bemerkenswerth  sind  die  Krönungen  der  östlichen  Seitenfassaden  der  beiden 
Hallen  —  auf  der  we.stl.chen  Seite  werden  solche  gewiss  ebenfalls  angebracht 
gewesen  sein  —  durch  Bogcnstcllungen,  unter  denen  das  Dach  durchschiesst. 
An  der  südlichen  Halle  erheben  sich  auf  ihnen  kleine  ornamentierte  Giebel 
und  Fialen,  an  der  nördlichen  Halle  aber  sind  die  Bogen  flach  abgedeckt.') 
V'on  den  sieben  Portalen  der  Kirche  verdienen  die  der  Süd.seite,  besonders  d;is 
im  Westen  und  das  in  der  I  lalle,  die  grössere  Beachtung.  I-'.in  Band  von 
Drachen  und  Panthern,  abwechselnd  auf  gelben  und  dunkeln  Steinen  (nicht 

'}  Vgl.  E&scnwein,  Norddculiclilaiids  BaLkaU-inbau,  Tal.  .WVII. 


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ST.  NIKOLAI  KIRCHE  ZU  WISMAR. 


125 


ZU  verwechseln  mit  den  nach  Art  von  Hochreliefs  stark  ausladenden  Form- 
ziegeln am  Giebel  der  Halle  und  denen  am  Querschiff  von  St.  Jürgen)  umzieht 
als  schmückende  Kinfassung  in  Flachrelief  die  Ik»genlaibung  dieser  beiden 
Portale.    Das  System  ticr  Strebepfeiler  und  Strebebögen  (Rebogen)  ist,  wie 


St.  NiVoLii-Kirclie. 


es  fiir  den  riesigen  Hau  notln^cndig  war,  in  glcichniässigcr  Weise  durch- 
gefiihrt.  Hcsontlcrs  s(»ringcii  dit-  grossen  Pfeiler  der  Westfassade  in  die  Augen, 
noch  mehr  aber  die  straff  aufsteigenden  Strebepfeiler  des  malerischen  Chor- 
umganges auf  dem  O.stende  der  Kirche. 

Ein  massiger  viereckiger  Thurm  von  zwei  durch  einen  l-'ries  getrennten 
Geschossen  mit  sich  anlehnenden  Ilalbgiebcln  der  Thurmkapcllen,  deren  Dächer 


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136 


AMTSGEiaCirrSBBZIRK  WISMAR. 


aus  Schönheits{;nindcn  ebenso  wie  bei  St.  Marien  und  St.  Jürgen  die  l'ultdacher 
der  Seitenschiffe  um  ein  nicht  unbeträchtliches  Maass  überragen,  deckt  die 
ganze  westliche  ^itsdte  der  Kirche.  Von  seinen  vier  Schildgiebeln  sind  nur 
noch  zwei,  der  südliche  und  der  nördliche,  erhalten.  Sie  werden  von  glasierten 
Ziegelstreifen  in  rautenförmiger  Anordnung  sowie  von  Rosetten  belebt,  die 
auf  die  oberen  und  unteren  Schnittpunkte  dieser  Rauten  pclcgt  sind.  Der 
westliche  Schildgiebel  i.st  gleich  dem  ö.stlichen  am  8.  Uecember  1703  dem 
stürzenden  Melm  in  die  Tiefe  gefolgt.  Oberhalb  der  obersten  Lichtöffnungen 
auf  der  Südseite  des  Thurmes  ist  eine  Kapsel  eingesetzt  Im  Innern  des 
Thunnes  finden  sich  viele  Bau-Inschriften  auf  Zi^lsteinen  aus  den  Jahren 
1485  und  1487,  in  denen,  ausser  den  beiden  Heiligen  St  Michael  und  St 
Katharina,  Dominus  Johannes  Winter  als  Priester,  Dominus  Michael  Hloedorn 
als  Dekan  (Kaplan  von  St  Marien),  die  Rathmannen  V'icke  Sasse,  Nikolaus 
Hurmeistcr,  Hermann  Hagedorn,  Jacob  Questin  und  Hans  Schröder  als  Provi- 
soren, Joliann  Oehlcnschlägcr  als  Gluckenläutcr  und  Hans  Mertens  als  .Maurer- 
meister genannt  werden  und  femer  das  Jahr  1487  als  das  Jahr  der  Thurm- 
errichtung, d.  h.  des  betr.  Stockwerks  bezdchnet  wird : 


bon  •  taatt  •  tcffe  • 
tonie  •  ol^embcet 


Vgl.  Crull,  M.  Jahrb.  XLVII,  S.  88  ff.  und  XLVIII,  S  342  ff. 

Auf  dem  Ostende  des  Hochschiffes  ein  Dachreiter,  der  sog.  Seiger- 
thurm, der  ums  Jahr  1890  erneuert  ist.') 

Ab  inrq^ärer  Ausbau  erscheint  auf  der  Nordseite  der  Kirche  die 
Sakristei.  Jedoch  lassen  die  Ziegelstempel  (Kleeblatt)  dieses  Baues,  welche 
mit  denen  an  den  hlti  rcn  Theilcn  der  Kirche  übereinstimmen,  erkennen,  dass 
er  von  Anfang  an  im  Plane  lag  Die  Sakristei  zerfallt  in  zwei  von  je  zwei 
Kreuzgewölben  überspannte  Geschosse. 

Die  von  Dr.  Fr.  Cnill  im  M.  J;ilul)  III,  S.  53     03  mit  zahlreichen 

treffenden  kritischen  Ikmerkunxen  herausgegebene  und  im  M.  Jahrb.  XLVUL, 
S.  34s — 346  mit  einem  Nachtrag  versehene  Chronik  des  Michael  Koptnann, 

der  in  der  /weiten  Hälfte  <les  XV.  Jahrhunderts  als  (leistli<  htT  .in  St.  Nikolai 
thätig  *}  war  und  auf  seinem  von  Dr.  Fr.  Techen  hoch  oben  im  'i'hunn  wieder 

')  Neben  dem  allen  Thttrmclien  slMid  eine  Pisur  von  Hob,  die  mit  ihrem  rechten  Arm  die 
im  Thürmchen  hängende  Stundcn(;lccke  an.iclilu);.  Sie  st.-iiniute.  wie  ein  im  Kopf  f^cfuiiclcncr  ver- 
moderter Papicrieuen  vermulhen  liew,  auf  dem  vun  einer  Reparatur  iui  Jahre  1778  su  lesen  war, 
ans  dem  vorigen  Jahrhundert.    Uebrigcns  war  eine  loiche  Figur  schon  im  Kontrakt  mit  lünrik 

Ncvcr  vorgesehen.    Oer  Meri.nn  &che  Man  aoirie  die  ältere  Federieichnung,  die  oben  auf  S  iS  ab* 

•;cbilik-t  isi,  iiinl  ilio  t  rslL'  Aliljüihiiig  von  1595  (o.  S.  211  zeigen  j-wei  Dachreiter  auf  dem  FiXt 
des  llucliachilfes.    Doclt  g^ebt  es  im  L'ebiigeii  keine  Nachricht  von  dem  zweiten  Dachreiter. 

*)  Nachweislich  von  1470  an.  Noch  am  Leben  am  19.  Juni  1509  nnd  damals  als  Senior 
der  Vifcai«  «einer  Kirche  beseichnet.   Cinll,  1.  c,  S.  55  und  $6. 


9lnb  •  iml  • 

tat  •  Im^ii 


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ST.  NIKOLAI-KIRCHE  ZU  WISMAR. 


127 


aufgefundenen  Grabstein  bicatflll  Iii  ttrlefia  ffltlCti  nkolai  genannt  wird, 

giebt  uns  die  Moj^lidikrit,  fini-  Ri'ihe  von  N'a<  hri(  hten  über  den  KirchenbftU 
zusanuncnzusti Hin,   wie  i-s  xinst  nur  in   wenigen  hallen   möglich  ist. 

Von  der  alten  Nikolai  •  Kirc  he,  die  in  einer  nic  ht  bestimmt  zu  datieren- 
den, aber  zwischen  1260  und  1272  zu  setzenden  l'rkunde  xum  ersten  Mal 
und  in  der  Kol^e  l)ei  Stiftungen  und  I.e|,':itrn  <les  Ocfteren  genannt  wird,') 
ist  kaum  noch  ein  Stein  nachzuweisen,  wenngleich  sie  im  Neubau  alle  mit 
einander  vorhanden  sein  und  der  Unteri>au  des  Thurmes  alt  sein  wird.  1381 
(nicht  1386)')  s{  hliessen  die  Vorsteher  der  Kirche,  der  Bürgermeister  Johann 
Darghetzowe,  der  Kathmann  Johann  von  Clene  und  der  Werkmeister  Heiden- 
rick von  Lukow  mit  dem  Maurermeister  Hinrich  von  Bremen  einen  Vertrag 
zwecks  Fertigstellung  di^  1  1  -onnenen  neuen  Chors  der  Kirche.")  Bereits 
am  27.  Mai  1403  werden  t  hör  und  Hochaltar  vom  Bi»^«  hol"  Detlef  von 
Ratzeburg  geweiht.')  1406  tritt  (joslik  vuu  der  Kulcn  als  Werkmeister  ein. 
Er  Iflsst  das  neue  Werkhaus  bauen  und  den  Chor  decken,  wird  aber  unter 
der  Herrschaft  des  Neuen  Käthes  untreuer  Führung  angeklagt  und  1414 
oder  1415  seines  .\mtcs  entsetzt. Der  Hau  ruht  nun  lange  Zeit,  wahr- 


M.  U.>B.  906.   Um  1370  wird  an  der  tlien  Kifdie  febmi:  M.  U.-B.  iao$,  wo  von 

40000  Steinen  die  Rede  ist.  Sic  wircl,  wenig«.Icii»  llieilweisc,  mit  IJIei  gedeckt  l;<"i>cti  sein; 
M.  U.-B.  1209.  Vom  Kirchhof  von  St.  Nikolai  i«t  1278  die  Rede:  M.  U.-U.  1456.  Im  zweiten 
Stadtbodi  itrten  1x78— ia8a  wiederum  ttber  40000  Steine  für  St.  Mikobi  vcmakt:  H. 
1476.  Vemlchtiittse  dir  die  all«  Kirche:  M.  U.-B.  ioS9.  tsoi.  1539.  1603.  1908.  1950.  I95s. 
1991.  3055.  2143.  21(16  2258.  2259  — 2j6i.  2425.  2957.  3168,  3410.  4405  47o6ri.  5705.  5714. 
5717'  59*8.  6038.  6330.  0353.  6429.  6442.  6759.  7007.  7110.  7514.  7S00.  10249.  IJcsgl,  am 
1$.  Juni  1377,  5.  December  1379.  14.  October  1380,  14.  Angtut  1381  Q}.  Ihr  Negelhof  wird 
■333  genannt  M.  U.  Ii.  5416;  rr  I.ig  vor  dem  WaMCfthor:  Crall,  U.  Jahrb.  XLVII,  S.  58; 
als  Werkmeister  1339  Juh.  HtcktT     M.  l'.  H.  5928. 

*)  V^l.  Ciull,  M.  J.ihrb.  .\LViI,  S.  58  If.,  S.  K4.  Im  Testament  des  Rathmaiinet  Uult- 
■ehalk  Witte  vom  4.  Oeccnber  (S.  Barlmra)  1383  keimt  es:  celennn  oampuravi  unam  capellam 
per  .  . '  proviioreä  eccleiii.'  sjncli  Nicolai  in  Wismcr  supra  armarium  in  novo  choro  con- 
slruendam  et  cdificandam,  qua  bicud  cum  cisdem  provisoribus  conveui  cunslructa  et  edificala  provi- 
Mcet  tertaneoti  mei  ücneMra*  vilreat  et  ledilia  ad  eaaden  necaMfias  et  ncceuaria  de  mcic  boai« 
eomparabnnt.   Vgl.  UqgB^*  Utk.  in  GfOMh.  Ardiir  tn  Schwerin.   M.  Jahrb.  LX.  S.  181. 

•)  Cnill.  1.  c.,  S.  84,  Anhang  A. 

*)  Vgl.  Techen,  M.  Jahrb.  LX,  S.  179  ff.  Der  tiisckof  weihte  den  Chor  mit  seinem  Hoch- 
aluw  in  Ehren  des  hl.  Märtyrers  Amverus,  des  hl.  Biichoft  Nikolaus,  der  hl.  Katharina,  des 
Eriengeb  Michael»  alier  Engel  und  der  hl.  Anna.  Die  Kopmaa'aehe  Chnmfk  (Cmll  XLVIl, 
S.  73)  aennt  da^jegen  hundert  Jahre  später  statt  des  hl.  Ansvirus  den  hl.  Bla&ius  und 
Hbogeht  neben  den  Engeln  auch  die  hl.  Anna.  Ls  ist  das  wieder  ein  Beweis  dafür,  da&s  der 
eine  oder  andere  Sehntspatrun  mdir  oder  adnder  fai  VetfONahek  kam,  wie  bei  St  Jlbgea 
der  hl.  Martin  (s.  u.  S.  73),  and  neue  Heiligandiemte  in  den  Votdeisrand  traten.  Vgl.  Techen, 
1.  c,  S.  182,  183. 

^)  Crull,  1.  c,  S.  60  und  84  If.,  Anh.  Ii.  Daraus,  doM  üunlik  vun  der  Kulen  den  Chor 
dedite,  lehiieMt  Dr.  Techen,  dies  mUne  vor  der  Weihe  im  Jahre  1403  geaehehen  «ein  nnd  folglieh 
•ei  die  Angabe  Kopman's  von  seiner  Dcmfiiiif;  im  I.ilirc  1406  falsch:  M.  Jahrb.  LX,  S.  182.  Uas 
schciat  uns  aber  zu  weit  gegangen  zu  sein.  Denn  erstens  hinderte  nichts,  fUr  die  Weihe  des  Chors 
im  Jahre  1403  eine  proviMriacbe  Dcckang  anzunehmen,  wenn  sie  überhaupt  nftthig  war;  und 
zweiteni  ist  die  Angabe  in  der  Anklageschrift  »van  dcmc  kure  dat  hc  hcft  decken  lateu'  ao 
allgemein,  dats  es  nicht  aussnauchen  ist,  ob  niclit  am  Hude  a\ich  die  Eiiidcckung  mit  Gewölben 
gemeint  sein  künnto,  wie  sie  im  Schiff  d.r  Kirche  c;st  vic!  später  eintrat. 


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138 


AMTSGBRICHTSBEZIRK  WISMAR. 


scheinlirh  wcj^cn  fehlender  Mittel.  Als  al)er  <lcr  Werkmeister  Peter  Stolp, 
ein  früherer  Grobschmied  (f  1456),')  eintritt  und  die  Arbeit  mit  dem  uns 
von  St.  Jürgen  her  bekanot  t|[ewordeiien  Maurermeister  Hermen  Mttnster 
wieder  aufnimmt,  geht  es  rasch  vorwärts.  1434  wird  d.is  nurdlidic  Seitvn- 
schiff  mit  seiner  Halle  gebaut,')  1437  das  südliche  Seitenschitf  und  seine 
Halte  (likhus),  jenes  mit  einem  sa  Foss  tief  liegendem  Fundament,*)  und 
endlich  1439  Schiff  der  Kirche  mit  Ausschluss  der  Wölbung.  Aber  die 
Weihung  findet  erst  1459  statt,  sie  wird  durch  den  Ratzcburger  Bischof 
Johann  Preen  voll/ogen.  Damach  erst  erfolgt  die  Wölbung  des  Hochschitfcs. 
Die  nächsten  Jahr/.ehnte  geben  mit  Beschaffung  der  inneren  Ausstattung  hin, 
Orgel,  Glocken,  Triumphkreuz  und  [«"linte  werden  aufgestellt^)  Von  i 
bis  1487  werden  die  oberen  beiden  Geschosse  des  Glockenthurms  durch 
den  Maurermeister  Hans  Martens  (Mertens)  soweit  hergestellt,  dass  er  das 
Gebälk  für  Glocken  aufnehnuii  kann,'')  i48f)  wird  der  Uhrthurm  gebaut,*) 
1508  der  Helm  des  Glockenthurms  repariert  und  1568  gedeckt.^)  1534 
stürzt  ein  Hieit  des  nttrdlichen  Seitensdiiffes  beim  Thurm  ein,  1544  wird 
er  wieder  eingewölbt.  Mit  ihm  wird  auch  der  anscheinend  ebenfalls  ein- 
gestürzt gewesene  entsprechende  Theil  auf  der  Südseite  gewölbt  ")  Am 
8.  Deccmber  1703  wirft  ein  heftiger  Nordwests! urm  den  Thurm  um.  Er 
durchschlägt  die  Gewölbe  des  HochschifFes.')  Diese  werden  erst  im  Jahre 
jST);  gleichzeitig  mit  <ler  Dekoration  des  Hochschiflfes  wieder  hergestellt. 
1880/S1  wird  die  erst  im  vorigen  Jahrhundert  aufgetragene  Kalktünche  im 
nnteren  Theil'")  entfernt  und  die  alte  Wandmalerei  wieder  heigestellt.  1890 
wird  ein  neuer  Dachreiter  gebaut 


')  Pteler  Stolps  unlen  al>gebildeter  Grabstein  bei  CiuU  und  Techcn,  M.  Jahrb.  LV,  S.  2^6 
(Nr.  233). 

*)  Crull,  M.  Jahrb.  XLVII,  S.  60.  Jedenfalls  war  sie  1451  ktög,  da  es  in  einer  Urkande 
vom  19.  November  145 1  heisst,  dass  der  Schusteraltar  t|«Mi  ante  jammtn  dotw  in  stmcliua  noua 
gelten  habe.    Teeben,  Ungedr.  Urk.  im  Grossh,  Archiv. 

•>  Vgl.  die  Steiiiimchrift  na  Fv»  des  sHdweuIicben  WiadebteiM:  Cmll.  M.  Jahib.  XLVU. 

S.  87  (Anhang  C). 

«)  Crull,  M.  Jahrb.  XLVII,  S  60  ff.  72.  73.  74.  75. 

*)  Cmll,  M.  Jahrb.  XLVil,  S.  76  §.  21).  Das  Scherwerk  fttr  die  Glocken  zimmerte 
Hinrik  Never. 

•)  CruII,  M.  Jahrb.  XI. VII,   S.  77       23).    Auch  hierbei  war  Hiarik  Never  der  Zinaier» 
fliana.    Vgl.  die  Uik.  vum  Tag  nach  Neujalir  i486  bei  Crull,  1.  c,  S.  87  (Anh.  D). 
^  Crall,  M.  Jahib.  XLVII,  S.  «9  «id  83  44). 

•)  Crull,  M.  Jahrb.  XLVII,  S.  83  (§.46.  48.  Vgl.  die  Inschrift  am  Gewölbe  der  südliche» 
Thurmabteite :  ^no  •  bttt  •  1544  •  fint  •  bcffe  •  wclftc  •  Vit  |  ba^T  •  wcbbcr  •  0CfIarT* 
warben  •  in  •  bcc  I  nocrber  •  pä  •  «n  •  btt  •  fubcr  •  ^bt :  CmU,  1.  c,  S.  91  (Anb.  f). 

*)  Et  in  das  denelbe  Stnna,  der  aniaer  vielen  andeien  ThOniien  eiKh  die  Nikolai-ThOfme 

zu  Kostork  und  Schwerin  zu  Fall  bringt.  Vpl.  Mi-ycnn,  M.  Jahrb.  LX,  Her.  S.  31.  Crull, 
M.  Jahrb.  XLVII,  S.  91  (Anb.  G  u.  H^,  wo  zwei  zeitgenössische  Berichte  Uber  den  Thurmstoiz  ab- 
gedruckt «Ind. 

Die  TüiM  In-  -v^nl  k.Tum  hundert  Jahre  auf  dem  Mauerwerk  gesessen  hal>cn,  denn  Thomas 
Nagenti  Rdicn  in  Deutschland  und  vorzüglich  durch  Mecklenburg  (bei  Nikolai,  Stettin  und  Berlin 
178t  und  178a)  I,  S.  130,  nimmt  im  Jahre  1766  noch  Anstuss  daran,  da»  die  Pfeiler  nicht  Über- 
tüncht wann,  aondera  die  natttrilcha  lleschafTenheit  der  Mauenletne  »eben  lieaien.  Nach  Aaf- 
Zeichnungen  des  Kirchenrathc«  Mavsm.iun  wurde  die  Kirche  erst  im  Jahre  1833  ausgewcissl.  Für 
alle  Fragen  der  Restauration  ist  der  Aufsatz  von  Crull  im  M.  Jahrb.  XLVII,  S.  94 — iio  (Die 
DekoiBtion  da  Innern  der  Kirche  St.  Nikolei  ni  Wiarnar)  eine  aneolbehrliehe  Grandluce. 


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I30 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Qwndmitt  and  Ungswbnitt  der  St.  NtkoIia.Kirclw. 


Üiyitizeü  by  Ljü 


ST.  NiKOLAl-KiRaiB  ZU  WISIfAlL 


Hier  ;ui(  h  eines  Werkzeichcns  gedacht  werden,  das  sich  an  einem 

der  Curtbogen  des  schlanken  Mittelpfeüers  in  der  südlichen  Halle  der  Kirche 
(namlicb  an  dem  nach  Norden  hin  vom  Kämpfer  des  Pfeilers 
her  aufsteigendt  11  I  <  fu.  lct.  Es  ist  aber  raQ^kb,  dass  man  es  bei 
der  Restauration  der  Kirche  nicht  ganz  genau  wieder  so  hergestellt 
hat,  wie  es  ursprünglich  war.  Vielleiclit  ist  es  das  Zeichen  des 
Poliers,  unter  dessen  Aufsicht  der  schlanke  Mittelpfeiler  emporstieg. 

Bezüglich  des  Mauerverl)andes  (s.  o.  S.  76,  Anmkg.  i)  macht  man  an 
St.  Nikolai  die  Wahrnehmung,  dass  die  von  Hinrich  von  Bremen  und  Her- 
mann von  Monster  erbauten  Thdle  den  polnischen  Verband  zeigen  (ein  Läufer, 
ein  Rinder),  während  Hans  Martens  LSufer  and  Binder  am  Thurm  unregel* 
roässig  wechseln  lässt. 

Schliesstich  ma^  hier  noch  die  am  Fusse  des  südwestlichen ')  Wendel- 
steins der  Kirche  auf  einer  Platte  von  gothländischem  Kalkstein  angebrachte 
Minuskelinsrhrilt  Platz  finden,  die  von  der  Errichtunj;  der  südlic  hen  Abseite 
unter  Peter  Stolps  Leitung  Nachricht  giebt.     .Sie  lautet:    IUI  •  brr  •  bort  • 

biifej  •  f^ftc  •  bu[ent  •  cccc  »Jar  •  ta  «Jicinc  •  i  }fa\di)t' 
t0  •  toarc  tatttooBe  •  toffe  •  af^yb^«  ton  •  trat  •  ßtametit  •  Inait  • 
gj^eteigt  *  \  tjH  •  toote  •  lieep  j  tm  •  toart  •  tqpgSefiiitaet  •  T  • 
brme  •  jmtxt  •  tacntc  *  boue  •  be  •  boren  •  I  peter  •  |tol|i  • 
fatoc  •  iqpemr  •  |^ui*  eccie  •  Vgi.  CmU,  M.  Jahrb.  XLVU,  s.  87. 

Altlra.  Aliiie. 

I.  Der  Hauptaltar  von  .St.  Nikolai  ist  gleidi  dem  Altarbau  von 
St.  Marien  ein  grosses  Werk  des  Ikirockstils  mit  eint^criit^'^tcn  (jcmaldcn  In 
der  Hasis  das  Abendmahl,  im  Hauptstock  die  Kreuzabnahme  nach  Rubens 
von  Benjamin  Block  1653,  im  Oberstock  eine  Uhrscheibe:  alle  drei  Theilc  mit 
Rokoko- Ein&ssung.  Als  Bekrönung  der  Name  Jehovah  in  einer  Strahlenglorie 
und  darüber  die  aus  Hobs  gesdinitzte  Statue  des  triumphierenden  Giriatus 
mit  der  Siegesfahne.  Rechts  und  links  vom  Altar  eine  Thür,  die  einen 
kleinen,  kaum  zu  besonderem  Zweck  dienenden  Raum  hinter  dem  Altar 
abschlicsst.  Oberhalb  jeder  Thür  eine  Scliildzier,  in  der  zur  linken  Hand  da.s 
Bild  des  Stifters,  in  der  zur  rechten  .sein  \\  a])pen:  ye.spaltener  Schild,  vorne 
auf  grünem  Feld  ein  Hund,  hinten  drei  Zipfelmützen;  auf  dem  Helm  ein 
wachsender  Mann  mit  Zipfelmütze  zwisdien  einem  Horn  und  Pfeil  mit 
drei  Sternen  dnersdts  und  einem  Flügel  andererseits.  Den  Schild  umschliessen 
2wci  Ordensketten;  auf  dem  Band  der  einen  die  Inschrift:  AMANTIBUS 
JUSTITIAM  PI  ET  ATEM  Fl  DEM,  auf  den  Gliedern  der  anderen  russische  Buch- 
.staben.  Aul  der  Ruckseite  des  Altars  die  Inschrift:  ANNO  1774  IN  DER 
WOCHE  lUDICA  IST  DAS  ALTE  ALTAR  DIESER  KIRCHE  ABGEBROCHEN 
UND  DARAUF  DI8  NEUE  ALTAR  AUS  DEM  CHRtSTMILDCmN  VER- 
MÄCHTNIS SEINER  EXCELLENCE  DES  WEILAND  HOCHWOLQEBORNEN 
HERRN    FRIEDERICH   WILHELM   VON    BERCKHOLTZ*}  GROSSFORSTUCH 

Nicht  «a  FoM  da  nordweatlichn  Weodebteim,  wie  inthflmUeh  in  M.  Jafarb.  XLVn, 

S.  87,  steht. 

*)  Obcrkammerherr  von  Bcrckholz  hatte  in  seinem  Testament  3000  Thaler  dazu  an-sgesetzt. 
Dm  Altvgemilde  der  Abaahme  vom  Kreiu  hing  vorauüs  in  St.  Marien.  Um  es  dem  Altaibau 
1*  St.  Nlltolal  cinnputeiit  Uu>  man  ei  unleo  und  oben  vetgrtiMni. 

9« 


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'32 


AMTSGKRICHTSBEZIRK  WISMAR. 


RUSSISCHEN  UND  HERZOGLICH  HOLSTEINISCHEN  OBER  CAMER  HERRN 
UND  DES  ST.  ALEXANDER  NEWSKY  UND  ST.  ANNEN  ORDENS  RITTERN 
ERBAUET.  ANNO  1775  DOM.  4  POST  TRINIT.  IST  DIS  NEUE  ALTAR  EIN- 
GEWEIHET.  ES  WAREN  ZU  DER  ZEIT  PATRONUS  DIESER  KIRCHE  DER 
HERR  BÜRGERMEISTER  UND  SYNDICUS  HERR  lOHANN  EHRENFRIED  DAHL- 
MANN, DIRECTOR  DIESES  BAUES  WAR  HERR  DOCTOR  lOACHIM  CHRI- 
STOPHER UNGNADE,  PREDIGER  AN  DIESER  KIRCHE  WAREN  HERR  MAT- 
THIAS DANIEL  BEHRENS  PASTOR  UND  HERR  MAGISTER  CHRISTIAN  HAUPT 
DIACONUS,  INSPECTOR  BEI  DEM  GEBÄUDE  WAR  HERR  RAHTS  VER- 
WANDTER NICOLAUS  DAVID  LEMBCKE  UND  PROUISOR  AN  DEM  GEBÄUDE 
HERR  HINRICH  CHRISTIAN  FISCHER.  HERR  LAS  DEINE  AUGEN  OFFEN 
STEHEN  ÜBER  DIS  GEBÄUDE  TAG  UND  NACHT,  DENN  HIER  IST  DEIN  NAME. 

Die   Weih- l'rkunde   des   alten  Hochaltars  von  St.  Nikolai,   die  am 
27.  Mai  1403  zugleich  mit  der  des  Chors  lin  honorem  sancti  .Answeri  mar- 


l'lüffcIaltAr  in  c.'tn«r  der  nördlichcti  Seiienknpcllcti. 


tyris  Nicolai  cpisropi  Catherine  beate  virf'inis  Michaelis  archangeli  angeloram 
omnium  et  .Anne  vidue«  durch  den  Rischof  Detlef  von  Parkentin  vollzogen 
wurde,  hat  Dr.  Techen  aus  einer  alten  l'redigt  wieder  an  das  l-icht  gezogen. 
Vgl.  M.  Jahrb.  T.X.  S.  180. 

2.   In  einer  der  nördlichen  Seitenkapellon  ein  Flüj;elallar.    Im  Mittcl- 
schrein  die  hl.  Maria,  von  einer  Slrahlenniandorla  uni},'eben  und  auf  einer 
Mond.sichcl   stehend.    In    ihrem  Nimbus   die  Inschrift:    SÄ N ETA  HÄR>Ä 
ORA  PRO  NOBJS  D^LCETVH  ....    Link.s  steht  St.  Jacobus  major  bar- 
hhuptij^,  mit  Filgerstab  und  Muschel,  rechts  der  Bischof  Nikolaus.    Alle  drei 


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ST.  MKOI.AI- KIRCHE  ZU  WISMAR. 


Figuren  sind  in  späterer  Zeit  grau  iibennalt,  nur  in  ihren  mit  Laubwerk  ge- 
füllten Basen  ist  noch  etuas  von  der  alten  Polychromie  und  Vergoldung 
zu  erkennen.  Mehr  davon  in  den  Flügeln.  In  den  Flügeln  kleine  Figuren  in 
zwei  Reihen  über  einander,  links  oben  die  hl.  Barbara  und  Johannes  der 
Täufer,  unten  die  hl.  Elisabeth  und  ein  Papst  (Clemens?),  im  Flügel  rechts 

oben  der  Fvan- 
gelist  Johannes 

und  eine  ge- 
krönte weibliche 
Heilige,  unten 
der  hl.  Bischof 
Leonhard  und 
eine  zweite  ge- 
krönte weibliche 
Heilige.  Die 
vor  einigen 
Jahren  von  dem 
.Maler  C.  C. 
Michaelsen  er- 
neuerten Aussen- 
.Seiten  zeigen 
vier  Scenen:  die 

I  leimsuchung 
Mariae,  die  Ge- 
burt Christi,  die 
Darstellung  im 
Tempel ,  den 
Ik'thlehemiti- 
schen  Kinder- 
niord    und  die 

Flucht  nach 
Aeg>ptcn.  V'gl. 

FlUgelaltar  (Aiisscnscilcii)  in  einer  <ler  iiürdlichcn  Seiienkapelleti.  CVull,    M.  Jahrb. 

XLIX,  S.  42. 

Münzenberger,  MittclaltcrI.  Altäre,  S.  125.  Der  Schrein  stammt  ohne  Zweifel 
vom  ehemaligen  Schiflferaltar. 

3.  In  der  mittleren  Umgangska|)elle  hinter  dem  Hochaltar  eine  alte 
steinerne  Mensa,  die  in  jüngster  Zeit  untersucht  worden  ist,  aber  keine  Funde 
von  Reliquien  und  Urkunden  ergeben  hat. 

In  einem  Nebenaltar  fiind  .sich  1795  ein  schönes  .iltes  (Haschen  mit 
Keli<|uicn  und  einer  Weihurkunde,  nach  deren  Wortlaut  der  Altar  den  drei 
•Aposteln  Petrus,  Paulus,  Nhitthacus,  dem  hl.  Mauritius  und  seinen  (Genossen 
sowie  dem  hl.  .\ugustinus  Kpiscopus  et  (.  onlcssor  und  der  Iii.  Agnus  gewidmet 


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134 


AMTSGERICHTSBEZHIK  WISMAR. 


war.  Lisch,  M.  Jahrb  II  II,  S.  122;  III,  S.  241;;  III  B,  S.  90.  Glas, 
Reliquien  und  Urkunde  werden  im  Grossh.  Museiun  aul bewahrt:  28.  Februar 
>4S9.  Zwei  andere  Wdhiukunden,  deren  Fundort  tmbekannt  ist,  die  eine 
vom  2-  N'ovcmhtr  1441,  die  andere  vom  24.  Octol)t'r  1467,  giebt  es  im 
Wismar'schen  Rathsarchiv.  Vgl.  Techen's  Sammlung  ungedr.  Urkunden  im 
(konlu  Archiv  tn  Schwerin. 

KanseL  Kaucel.    Die  Kanzel  ist  gleich  dem  Altar  ein  Werk  des  Barockstils; 

Blumenc^ewinde,  Engelsköpfe  und  Kartuschen  mit  Bibelsprüchen  bilden  ihren 
Hauptschmuck.  Ueber  der  Kingangsthür  zur  Kanzcitrcppc  das  Bild  des 
Stifters  mit  dem  Spruch  aus  Chronik.  I,  Kap.  XXX,  V.  17  und  18:  ICH 
WEISS  MEIM  OOTT.  DASS  DU  DAS  HERZ  PROFEST,  UND  AUFRICHTIGKEIT 
IST  DIR  ANGENEHM  •  DARUM  HAB  ICH  DIES  ALLES  AUS  AUFRICHTIGEM 
HERZEN  FREYWILLIG  GEGEBEN  HERR  GOTT  SCHICKE  MEIN  HERZ  EWIG- 
LICH ZU  DIR  Dazu  der  Zusatz:  SO  SPRICHT  MIT  DAVID  lOCHIM  RAHTE. 
Auf  den  Tafeln,  welche  die  Schrägseiten  des  Pfeilers  verkleiden,  an  dem  die 
Kanzel  befestigt  ist,  die  Inschrift:  ANNO  1703  DEN  6.  DECEMBER  IST  DIE 
VORIGE  CANTZBL*)  DIESES  ORTS  DURCH  DEN  HERABFALLENDEN  THURM 
UND  GEWÖLBE  RUINIRT  WORDEN,  DA  BEVDE  PREDIGER  DIESER  KIRCHE 
VERSTORBEN  WAREN.  ANNO  1708  IST  DURCH  QOTTUCHE  GNADE  UND 
WOLLTHÄTIGE  FREYGEBIGKEIT  GEGENWERTIGE  NEUE  CANTZEL  WIEDER 
AUFFGERICHTET  WORDEN  ALSS  ALHIER  DAS  WORT  PREDIGTEN  SUPERINT. 
DR.  HENNING  lOH.  GERDES,  FAST.  DIESER  KIRCHE  M.  CHRISTIAN  BENJA. 
OTTO.  ECCLESIAST  DANIEL  lOACHIM  MOKE. 

FOnte.  Fünte.   Eine  alte  Fünte  von  Granit  steht  in  einer  der  Seitenkapellen 

auf  der  Nordseite^ 

Diese  Fünte,  ähnlich  denen  in  vielen  unserer  T.andkinhen,  gehört  der 
ältesten  christlichen  Zeit  an,  aber  sie  stammt  aus  Privatbesitz  und  ist  erst 
vor  wenigen  Jahren  in  die  Nikolai -Kirche  gelangt.  Ueber  die  frühere  durch 
den  Thurmstur?,  von  1703  vernichtete  Fünte  heisst  es  in  Michael  Eopmanns 
Chronik  20:  Annn  doniini  mcccclxxxiiij  jare,  don  wart  de  nigc  vorguldede 
funte  geuen  van  eneme  ratmanne  to  Lubeke.  Sin  nanie  ys  her  Hrant  Höge- 
uelt  vnde  was  ghebaren  tor  W'ismer  vnde  heft  ok  ghegeuen  de  besten  roden 
Auwels  korkaiipen,  vnde  franie  lüde,  bi)rghere,  de  leten  tlat  schranf:k  dar 
vmme  maken  vmme  de  funte.  Aus  dieser  Beschreibung  ist  nicht  zu  ersehen, 
aus  was  für  einem  Material  diese  FOnte  hergestellt  war. 

Tarif-  Taufumgang.    Der  jetzige  Taufumgang  ist   ein   nmder   Ilolzbaii  im 

Umgang.    Barockstil,  dessen  oberen  Theil  sechs  unkannelterte     uinthische  Säulen  tragen. 

Der  Fries  über  ihnen  ist  mit  Sprüchen  bemalt,  ebenso  sind  es  die  Tafeln, 
welche  zwischen  ihren  hohen  laubbehangcnen  Basen  angebradit  sind.  Auf 
den  Verkröpfungen  des  Architravs,  Frieses  und  Gesimses  oberhalb  der  Säulen- 
kapttelle  finden  wir  sitzende  Gestalten  von  ^pheten  und  Genien.   Die  Be- 

')  Die  durch  den  Thurmsturz  vernichtete  frühere  Kaiucl  war  1592  von  Markos  Pe(cr»bagen 
errichtet  worden. 


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Weihurkundc  vom  28.  Febr.  I459. 


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ST.  NIKOLAI-KIRCHE  ZU  WISMAR. 


krönung  des  Ganzen  bilden  Blumengewinde,  die  volutcnartii;  .uifsU  iq:cii  und 
sich  zu  einer  Bluflie  vereinigen,  unterhalb  deren  ein  Engel  schwebt,  der  eine 
Muschel  halt. 

Nach  Zerstörung  des  im  Jahre  1484  (s.  o.  unter  Fünte)  errichteten  Tauf- 
gchäuses  durch  den  l'hurmsturz  des  Jahres  1703  Hess  Joh.  Jürgen  Vclthusun, 
derselbe,  der  die  Kanzel  in  St.  Marien  stiftete  (s.  o.  S.  37)  und  sich  durch 
weitere  Verm.uhtni'ist-  um  liie  Stadt  verdient  machte,  im  Jahre  171«),  kurz 
vor  seinem  Ableben,  das  vorstehend  beschriebene  Taufgehäuse  aufstellen. 
Vgl.  Schröder,  Kunte  Beschreibung  der  Stadt  und  Herrschaft  Wismar,  S.  166. 
Hans.  (»esch.-Qu.  II,  S  i  1  v  5 ^'9-  Sollte  vielleicht  unter  dem  Weiss  und 
Schwarz,  womit  Kanzel  und  1  auf^chäusc  bedeckt  sind,  die  sonst  nicht  seltene 
Polychromie  von  Gold,  Roth,  Hiau  und  Weiss  stecken,  die  z.  B.  am  Stuhl 
der  Mandelslohc  (im  Museum  /u  Schwerin)  angewendet  wurde  und  die  den 
Barockstil  ungleich  günstiger  erscheinen  lässt? 

Triumphkrcox.    Ueber  das  1  riumphkrcuz  ist  schon  üben  S.  123  be-  Triumph 
merkt  worden,  dass  es  dem  Schwarzen  Kloster  entnommen  worden  ist.    Auch  kreuz, 
die  im  Uebrigen  zu  dem  schönen  Krudfixus  nicht  recht  passenden  minder- 
werthigen  Figuren  des  Johannes  und  der  Maria  sind  aus  dem  Schwarzen  Kloster 
hierher  venietzt. 

Von  dem  durch  den  Thunnsturz  des  Jahres  1703  vernichteten  älteren 
Triumiihkreii/  lurithtet  die  Kopm:inn'sche  t'tironik  in  ji}.  14:  Anno  domini 
mcccclxx  dominica  Cantatc,  don  wart  dat  nye  vorguldede  grote  crucc  ge- 
settet  bauen  deme  vromissen  altare  myd  den  apostelen  vnde  loueren.')  Dat 
stunt  to  h()]H-  hauen  hundirt  vnde  XXX  m  I>nr)  was  Hans  Koster*)  wenk- 
niestere  vnde  was  bauen  wj  iarc  werckmesterc.  Don  suiuest  des  sundaghes 
sanck  her  Michel  Kopman  van  gades  gnaden  sine  ersten  missen,  scriuer 
des  gadeshuses  (s.  o.  S.  126). 

Schranken.  \'<>n  den  Schranken,  die  denen  in  St.  Marim  imd  St.  Jiirijcn  Schranken, 
sehr  ähnlich  sind,  giebt  die  umstehende  Aufnahme  ein  ausreichendes  Hild. 

Vor  einer  der  Umgangskapellen  eine  ähnliche  Schranke,  die  erkennen 
Uisst,  wie  ehemals  auch  die  Umgangskapdlen  in  ähnlicher  Weise  wie  noch 
heute  sämmtliche  Kapellen  der  südlichen  Abseite  und  die  westlichste  auf  der 

Nordseite,   mit  Schranken  versehen  waren.     Bei  der  Restauration  von  1881 
sind  die  Schranken  theilweisc  gleichmässig  hergerichtet  worden. 


*)  Sind  die  Worte  «mjpd  den  liposiclen«  ein  iltlchtiger  Ausdruck  für  die  sonst  zagehörigen 
Figuren  des  hl.  Johannes  und  dtr  Ii!.  M.iria,  oder  sind  die  Symbole  der  Apostel  am  Kreuze  <«lbst 
gemeint?  Louere  bedeutet,  wie  schon  Crull,  M.  fshib.  XLVII,  S.  64,  Aiimkg.,  richtig  vcnnuthet 
bat,  dM  Lanbwerk,  womit  der  KreoiesaUiami,  t.  B.  der  an  den  beiden  Trianphkrenien  in  St. 
Milien  and  St.  Jürgen,  verziert  i.st.  Crull  citiert  dazu  einen  Satj  aus  der  Tischlcrrollo  vun  1508; 
Nenant  (ansser  den  Tiiciilern)  .  .  .  wball  .  .  .  naken  gelymelh  wcrck,  aharetatclen,  banghende 
krtmen,  tteelte  nde  wei  dar  to  beboiet,  louar,  Uonen,  puneUiiigbe,  anyddewerk  vnde  masiei- 
rigen.  Bei  der  Dannger  Uhr  ist  1464  von  Blumen  md  Lfifem  die  Rede:  Hincb,  St.  Matia  in 
Dansig  I.  S.  363. 

')  Der  N.ime  wird  iins  unten  auf  einem  .Stop  der  Zimmcrieute  b^egnen.  Sein  Grabstein 
bei  Crull  und  Tcchen,  M.  Jahrb.  LV,  h.  254,  Nr.  203.    Bezeugt  i»t  er  noch  im  Juhrc  1478. 


136  AMTSGERlCmSHKZlRK  WISMAR. 


Orgel.  Der  Orgel- 
prospckt  ist  ein  Komposit- 
Wcrk. 

Er  wird  von  Hans 
Hantelmann  aus  Lübeck 
stammen,  der  die  Orgel 
nach  dem  Thurmsturz 
des  Jahres  1703  wieder 
herstellte.  Die  Empore 
und  der  Seitenschmuck 
rechts  und  links  von 
den  Orgelpfeifen  erinnern 
an  Bautheile  der  Kanzel. 
Aber  in  der  Bekrönun^ 
der  Pfeifen  wird  es  ältere 
Theile  jenes  Gehäuses 
gelK'n,  das  vor  dem 
Thurmsturz  vorhanden 
war.  Eine  Nachricht 
aus  dem  Jahre  1617/19 
giebt  an,  dass  dieser 
ältere  Orgelbau  von 
Henning  Kröger  stamme. 
Von  der  ältesten  Orgel, 
von  der  naturlich  nichts 


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St.  Nicolai  zu  Wismar.    Blick  aus  dem  Cliur  iiii  HchiiT  Jcr  Kircfu-, 


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ST.  NIKOI.AI  KIKCIIK  ZU  WISMAR. 


«37 


mehr  vorhanden  ist,  berichtet  die  Kopmann'sche  Chronik  in  S).  1 1 :  Anno 
domini  mcccc*Ixiij,  don  wart  dat  j^rote  nyge  orgclwerck  vullentoghen  vnde 
rede  maket,  vnde  de  meyster  hetc  her  Andreas  Hagclsten,  prester,  vnde  was 
van  Brunswick  vnde  was  wol  dree  jare  dar  aiier  to  makcnde  myd  sinemc 
kumpane,   genomet  Tilc,   dede  dar  na  straff  vnde  ys  bograucn  vnder  den 

groten  orgclen,  vnde 
kregen  bauen  twc 
hundert  gülden  dar 
vore  vnde  vrye  kost, 
(iert  Sasse  des  en 
houetman.  Jüngere 
Orgel  -  Reparaturen 
gab  es  in  den  Jahren 
1737  und  1862.  Mit 
der    Reparatur  von 

'737.  von 
C.  E.  Engel  aus- 
geführt wurde,  mag 
der  Bau  der  zweiten 
Empore,    die  unter- 
halb der   Orgel  an- 
gebracht  ist ,  in 
irgend  einem  Zu- 
sammenhange stehen. 
Vgl.  Crull,  M.  Jahrb. 
XLVII,    S.  64  und 
74.  S 

Ausser  der 
grossen  Hauptorgcl 
war  noch  ein  zweites 
kleineres  Werk  vor- 
handen. Michael 
Koj)mann's  Chronik 
sagt  darüber  in  |J.  15: 
Anno  domini 
mccccixxviij,  don 
wart  dat  lutke  nige 
orgelwerck  ghemaket, 
als  me  na  der  we- 

deme  geit.  Dat 
makede   de  sulueste 
meyster,  her  Andreas 

vorscrcuen,  vnde  straflf  dar  auer  in  groter  amimot  vnde  straff  anno  Ixxx  epi- 
phanic  domini  vnde  ys  bograuen  vnder  den  suluesten  lutken  orgelen.  God 
gnade  siner  sei«  etc.  Clawes  Hoppener  prouisor.  Die  kleine  Orgel  war 
wie  die  Worte  vals  me  na  der  wedeme  geit  '  ergeben,  im  nördlichen  Theil 
der  Kirche  angebracht,  gerade  wie  die  in  St.  Marien,  während  die  kleinere 
Orgel  von  St.  Jürgen  in  den  südlichen  Transsept  gesetzt  war.  Vgl.  Crull, 
M.  Jahrb.  XLVII,  S  65. 


Heiligenbilder  von  den  Schranken. 


Gestühl.    \'on  dem  alten  Gestühl  dos  X\'.  Jahrhundert.s  hat  sich  nur  (JestühK 
wenig  erhalten.    Iis  steht  thcil.s  hinter  dem  Altar,  theils  zwi.schen  den  Pfeilern 


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13« 


AMTSOERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


des  mittleren  Joches  vom  Chor  und  ist  einfachster  Art  Das  übrige  Kirchen« 
gestühl  ist  1 880/81  angefertigt. 

£inige  Thüren  und  Wangen  des  früheren  Gestühls  befinden  sich  im 
Musettm  zu  Wismar. 

Glocken.  Glocken.    St.  Nikolai  hat  gegenwärtig  sieben  Glocken.    Von  diesen 

gehören  drei  der  Zeit  vor  dem  Thurmsturz  des  Jahres  1 703  an :  nämlich 
ausser  denen,  die  in  den  beiden  Dachreitern  der  Kirche  hingen  und  vom 
fallenden  Hauptthunn  nicht  getroffen  wurden,  eine  kleinere  Glocke  des  Haupt* 
Urarmes  mit  der  goüiisdien  Minuskelschrift  um  den  Hals: 

fBM  •  mfn  •  (fielt  •  tantfi  •  lieft  •  bteciaten  •  tet  •  ij  • 
oltD  •  male  •  tn  tut  •  ifim  •  Mfm  •  Hetn  •  •') 

Diese  Glodce,  an  Grösse  die  vierte  von  denen  im  Hauptthurm,  war  die  ein- 
zige weldie  unbeschäd^  blieb.   Alle  anderen  mussten  umg^ossen  werden. 

Mit  dem  Umguss  wurde  Thomas  Riedeweg  von  Hannover,  gebürtig  aus 

Wismar,  betraut.  Von  seinen  (ilockcn  aber  sind  nur  noch  zwei  vorhanden, 
deren  Inschriften  hier  an  zwcitt-r  und  dritter  Stelle  crfolLjcn,  es  sind  die  zwcit- 
grösste  und  die  klemstc  im  1  lauptthurm.  Die  zweitgrösstc  hat  drei  Inschntten, 
am  Hals, ein  lateinisches  Distichon: 

EXCEL«  REPETO  LAUDE8  CIVESQVE  SALUTO, 
HI8  AB  ENIM  NOMEN  8UM  NOVA  NACTA  NOVUM. 

Die  zweite  Inschrift  unten  im  Kranz  ist  ein  deutscher  Spruch:  ICH  BIN  AUF 
GOTTES  LOB  VON  NEWEN  NUN  BEDACHT,  NACHDEHM  DER  MEISTER  MICH 

HAT  WIEDER  NEW  GEMACHT  |  ICH  GROSS  DIE  BÜRGERSCHAFFT  UNO 
WERTHE  CHRISTGEMEIN,  MEIN  NÄHME  SOL  HINFORT  DIE  BÜRGER- 
GLOKKE  SEYN.  Mittin  im  Feld  die  drille  Insdirift  Sie  lautet:  ANNO 
MDCCV  IST  AUCH  DIESE  GLOKKE  ij  VON  MEISTER  THOMAS  RIDEWEG 
0BQ086EN.*) 

Die  kleinste  der  Glocken  hat  am  Hals  die  Inschrill:  ANNO  1705  • 
M  •  THOMAS  RIEDEWEG. 

Die  noch  übrigen  zwei  Glocken  des  Hauptthurmes,  die  sog.  grosse 
Glocke  und  die  Wächtei^locke,  melden  nichts  mehr  von  Riedewegs  Namen.*) 

')  Ob  die  Zahl  fVJß  =^  XXV  sein  »oll  oder  nicht,  kann  Niemand  wissen.  Mit  *tur  lars« 
wird  »Ibfluen«  ganebt  tehi.  Sonttige  Glocken  des  Gieasen  «eisen  nuf  die  Mittt  des  XVI.  Jahr- 
bnnderts.  Vgl.  oben  S.  41  und  Crull,  Die  neticn  Glodten  *00  St.  Jür^'cn,  mit  Nachrichten  ton 
den  Wismanchen  Glocken  ttberhaupt.  Beilage  zur  Wisnuaebeii  Zig.  Nr.  57  (1859).  Bacbanno, 
bmdesknndt.  litentar  550t. 

*)  Nach  einem  .Manuskript  in  der  Bibliothek  der  Kittrr-  und  Landschaft  (M,  847  '*)  ward 
(iicsc  I!tir^(!ri;Iuckc  S  Tage  vor  Martini  1705  gegasten  und  8  Tag^  nach  Martini  srnn  ersten  Mal 
gelautet,  ^Tcchcn.) 

*)  Mnn  weiss  sber,  dsas  Riedeweg  aoeh  die  >gfosse«  Gloeke  goss,  nnd  man  kennt  die 
InschfiOen,  die  er  ihr  gab.    /•:.•-'       i;;-  ,;  i^^-'i.'', 

TURRE  CADENTE  LOCO  SILUI  TURBATA,  SED  ECCE 
LAETA  HAC  POST  RESONO  JAM  RESTITUTA  DEO. 


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ST.  NIKOLAI- KIRCHE  ZU  ¥nSMAR. 


139 


Sie  tragen  den  des  Lübecker  Gicssers  Laurentius  Strahlborn,  der  die  eine  im 
Jahre  1727  und  die  andere  im  Jahre  173:?  !^rt^< »'^scn  hat,  Die  i:^rossc  Glocke 
hat  im  vorderen  Felde  die  Inschrift:  CONSVLE  ET  SYNDICO  .  DN.  DR.  CHRI- 
STOFF QRÖNINQ  CONSVLE  ET  PATRONO  i,  DN.  HERMANNO  CA8PAR0 
VOtOT  II  SENATORS  ET  INSPECTORE  ||  DN.  HINRICH  BRVNINOK  1|  ET  ||  PRO- 
VI80RIBV8  II  CARL  CHRI8T0FF  BVRMEISTER  |1  ET  ||  fOCHIM  ERNST  GLA- 
SER.  Im  hinteren  Feld:  PASTORE  DN.  CASPARO  CHRISTIANO  MVLLER 
ET  ECCLESIASTE  DN.  ADAMO  OTTONE  ENGHARD.  Ferner:  SO  OFT  DV 
MEINEN  KLANG  O  WISSEMAR  WIRST  HÖREN  SO  DENK,  ES  IST  NVN 
ZEIT  Ii  DICH  RECHT  ZV  GOTT  ZV  KEHREN.  MICH  GOSS  LAVRENTZ  STRAHL- 
BORN IN  LViEK  ANNO  1732.  Ucber  der  ersten  Inschrift:  ICH  bIn  zV  GOTTES 
EHR  VnD  nVtz  Der  pfarroenossen  ;i  VONS  I(VN8TLeR8  hanD  aLso 
aVs  harten  ERTZ  gegossen.')  Um  den  Hals  noch:  SOLI  DEO  GLORIA. 

Die  Wächterglocke*)  hat  oben  am  Hab  die  Inschrift:  SOLI  DEO 
GLORIA;  im  vorderen  Felde  die  Inschrift:   PATRONVS  H.  BVRQERMEISTER 


Dann  : 

MICH  STURTZ  DER  UNGLÜCKSFALL  DES  THURMS  UND  HIESS  MICH  SCHWEIOEN 
BIS  MICH  DES  MEISTERS  HAND  MACHT  WIEDER  EMPOHRSTEIQEN 
DRUM  HEB  ICH  AN  AUFS  N«»  ZU  PREISSEN  UBCRAU 
den  HERREN  ZEBAOTH  MIT  MEINEM  KLANO  UNO  SCHALL. 

Endlich: 

ZU  DIESSER  ZEIT  SIND  BEI  DER  KIRCHEN  GEWESEN  PATRONUS  H.  BURGER- 
MEISTER  JOACHIMUS  PARIES  mSPECTOR  H.  CHRISTOFF  VOIGT  PROVISORES 
JOCHIM  CHRISTOPH  STIEFFE  JACOB  BOEGH  FRIEDRICH  ROLAND.  ANNO 
DOMINI  MDCCV  HAT  M.  THOMAS  RIEDEWEG  VON  HANNOVER  AUS  WISMAR 
SCSOimG  DIESE  OLOCKE  0EQ088EN. 
Die  Riedeweg'flcbe  Glocke  wo^  43  SV  7  LV  t  V.   Aber  sie  hielt  nicht  hangt  vor,  dem 

schon  17 10  verliandclle  man  wieder  über  l'mj;uss.  Sie  war  am  5.  Juli  1 705  gcgn&iCi)  uiid 
Michaelis  desselben  Jähret  zum  ersten  Mol  geläutet  worden.  MaiMukript  der  Bibliothek  der  Kitter- 
«ad  Lndidwft  U  247**. 

'  Ihn  Vorfingerin,  die  Blndte'scbe  »Crosae«  Glocke  wog  a7</t  SV  7  LV.   Sie  war  i6ia  ge- 

genen  and  hatte  füllende  Inn  hrifl--ii  : 

WAN  EVCH  MEIN  KLOCKENKLANCK  AN  DIESSEM  OHRT  FODERT  ZU  HÖHREN 
GOTTES  WORT  SOLT  IHR  BILLICH  ALLES  LASSEN  STEHEN  UND  FREUDIG  ZUM 
HAUSSE  DES  HERREN  OEHEN  i:  DAMIT  IN  EUREN  MAUERN  PRSYLQOTTiS  HAND 
UND  SEEGEN  BEI  EUCH  SEY.  —  CHRISTE  VENI  CUM  FACE.  SOLI  DEO  OLORIA. 
GERT  BINCKE  FECIT  1612. 

Von  Umguss  der  »grossen«  Glocke  giebl  es  noch  ältere  Nachrichten:  1453  war  es  Meister 
Von,  der  «ie  goss;  nnd  aidiea  Jnhie  apUsr,  1460,  ntiate  lie  aslioB  von  neum  wieder  om- 

gejr,>«seii    wrrdcn.     Es  geschah   iliirrh   Ntri'ifi  r  Vtiici'nr    aus   Rostock.    Vgl.  Michael  Kopmann's 
Chrunik  §.  10.    Sie  zersprang  am  30.  August   1610  während  des  Tiauergclauts  lUr  den  Herzog 
Carl  von  Gtütiow.   Vgl.  Sehrfider,  Kurae  Beschr.,  S.  34$. 
*)  ICIWDVDWUN.V  =  1732. 

*;  Ucber  ein  VerhSitniss  Riedewcg's  zu  dieser  Glucke  ist  hicIun  überliefert.  Ahcr  man 
kennt  ihre  alte  Inschrift  vor  1703:  CONSOLOR  vivA  .  FLEO  MORTVA .  PCLLO  NOCIUA.  Vgl.  Mcckl.  K.- 
a.  GeKh.-Deakm.  I,  S.  34,  89.    Mit  Bezug  aut  das  PEUO  NOaUA  theilt  Crull,  I.e.,  aus  dem 


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I40 


AHTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


gabriel  lemke  :  inspector  h  hinrich  brvning  i,  pastor  cl.  cl. 
mVller      ecclesiast.  a.  o.  enghart  i;  provisores  iochim  ernst 

GLASER  VND  CARL  BURMESTER;  und  im  hinteren  Feld  die  Figur  des 
hl.  Nikolaus.  Unten  im  Kranze:  GLORIA  IN  EXCEL8I8  DEO.  LAVRENTIV8 
8TRAHLB0RN  ME  PVDIT  LVBBCAE  ANNO  1727. 

Es  kommen  nun  noch  die  beiden  Glocken  im  Dachreiter')  der  Kirche, 
dem  sog.  »Seigerdiurm«,  hinzu.  Die  Stundenglocke  hat  in  guten  gottiischen 
Minuskeln  umjlen  Hals  die  Inschrift:  *f  *f  4*     teiC  glOtiejpr  bnii  Cbm 

pace  9xm  bni  matlpAtt  ante  feftbin  pentecttftef  j^elp  motfa  anna 
amen. 

Die  Viertelstundeni^odce  hat  eine  Inschrift»  von  der  nur  die  drei  ersten 

Buchstaben  klar  sind,  die  übrigen  aber  ein  Rätiiscl  ,u:f^".bcn.  das  mit  der 
Aiinaliii:c  der  Beabsichtigung  dnes  blossen  •omamcatalen  äclimuckes  nicht 
gelöst  wird:  K 

iSS  m  mb)clm  ^3;ttati|iii  pSCpeiiie  ') 

Epitaphien.  Epitaphien. 

1.  Das  Epitaph  des  Bärgeirmeisters  Hendericw  Schabbelfa»  {f  30. 
Schab-    December  1600)  und  seiner  Gattin  Amin  Dar^nn  (f  am  Himmeirahitstage«  den 

belius'sches  ,5      jj^^  1596).   Im  Hauptfelde  die  Auferstehung  der  Todten,  Gottvater  in  der 
Epitaph.  Grabern  rufend.    Im   Aufsatz  die  Geburt  des  Heilandes 

im  Stall  zu  Retiilchem,  daneben  die  Wappen  des  l",lici)aars.  Im  unteren  Ge- 
hänge dessen  Bildnisse.    Gute  Renaissance  vom  Jahre  1605.') 

2.  (k-schnitzte  \\'ai)i)en  desselben  F.hepaars  in  der  T.ifelung  der  zweiten 
Kapelle  auf  der  Südseite  der  Kirche  (von  Osten  her  gerechnet). 

Jabie  1570  eine  Notiz  mit:  vQ  e.  geuen  tln  bdeicn  jcgen  dath  weder  dem  klocltenliider  vp 
JoluumiB. 

')  Der  'Seiger»  wird  im  Jahre  i486  dreimal  gegossen,  che  er  luifriedigend  gerieth.  Vgl.  M. 
Jahrb.  XLVll,  S.  77  23)1  Anno  dumini  mcccctxxxvj  jarc  des  winters,  don  wart  de  nige  aeyger- 
lonie  ghebawet  in  der  iceiekeii.  Dat  leten  don  de  vramen,  «rlUcen  lade  aiae  her  Jdian  Mant, 
prcster,  her  Jolian  Hoppetiackf  Iiorgermesterr,  her  Vicke  S.T^sr,  her  Hermen  Slilent,  ratmannen, 
vnde  geoen  deme  tymmennanne  Hinrik  Neuer  xlv  m.  vndc  buwedc  den  tonie  rede  vnde  heoghede 
den  Myger  dar  yn.  Vnde  de  aeyger  efte  de  klocke  wart  drye  gkegaien,  twye  baten  dem«  LvbeKken 
dorc  bij  siintc  Jurien  tcgelhauc,  wand.ighcs  cn  kerckhoflT  gheweset,  so  lue  »echt,  t»»  der  dmddea 
njse  wart  sc  gaten  up  des  Mecklenborges  haue,  dar  van  de  vonlendere  grote  Mighe  hadden,  dat 
se  drye  gaten  wart.  Vielleicht  war  es  der  Meister  Andreas  Rive  von  Roetock,  der  sie  goss,  denn 
i486  wurde  der  Seigertbuioi  erl»nt,  und  1494,  October  28,  empfahl  Herzog  Magiuis  dem  K»th, 
der  fllr  St.  Marien  gicsscn  Ias«;rn  wollte,  jenen,  der  bereits  für  St.  Nikulaiis  gute  Glocken  hergestellt 
habe.  Vgl.  Crall,  I.  c,  Glocken,  S.  8,  Anmkg.  16.  Vgl.  Meckl  Kunst-  u.  Gesch. >Denkm.  I, 
S.  109,  153,  $67.  ]Qne  Chorglocke  von  1  S9  i8>/i  L%  wurde  1549,  eine  andcn  von  1  i/b  SB 
18  Mi^  wurde  1555  gegossen:  Kopmaon's  Chronik  §.51. 

*)  So  nach  Tcchen'?;  I.csiing,  etwas  anders  bei  ("rull,  I.  c. 

*)  Vun  C.  C.  Michaelsen  erneuert.  Vgl.  Crull  nnd  'iechen,  M.  Jahrb.  l.VI,  S  128.  Nach 
dem  lalianitchen  Kalender  flUlt  der  Himmelfiüirtstag  1596  auf  den  80.  Maii 


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ST.  NIKOI-Al- KIRCHE  ZU  WISMAR. 


141 


3.  In  der  von  Osten  her  an  die  südliche  Halle  anstossendcn  Kapelle  v  Deilen- 
zwei  Wappen,  deren  Abbildung  uns  der  Beschreibung  überhebt;   das  eine  sches 
ist  das  von  Deilen'schc,  das  andere  aber  ist  unbekannt.  Wappen. 


IT 


Epitaph  des  BUrjjermetsters  Ilendericu»  Schabbelius. 

4.  In  der  nördlichen  Halle  eine  Dcnktafcl  der  in  den  Hefreiungskriegen  Denktafel. 
18 13/ [4  Gefallenen. 

Ein  Verzeichniss,  das  noch  vor  dem  'i'hurmsturz  1703  angelegt  ist  und 
sich  in  dem  1643  angefangenen  'l'aufregister  der  Kirche  befindet,  nennt  drei 
Epitaphien,  das  Schabbcl'sche,  ein  Dargun'sches  und  ein  ungenanntes. 


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ST.  NIKOLAI- KIRCH K  ZU  WISMAR. 


»43 


Gnbftlcin  des  Priesters  Klaus  Varncholt  und  des  Pricülcrs  Johannes  Winter. 

Grabsteine. 

1.  Stein  des  Priesters 
Ktans  Varneholt  und  des 
Priesters  Johannes  Winter.  Mit 
Kelch  und  Schild.  Erste  Um- 
schrift: ?(nna  bomini  mcccc  I 
in  bic  bUfü  ohiit  clatu^  bar« 
iiriioit  funbator  Ijuiii^  I  tap' 
prllc  et  tritim  |  bcnrfüriarum. 

Zweite  Umschrift:   ^11110  bo^ 

niitil  mbx  ,  .')  ofitit  bominus 
jaliannr^  tuiiitcr  patronii^ 
Uiijiis  rappcllir  rt  benefüri- 
orum  •  oratc  betini  pro  eis.*) 

2.  Stein  des  Priesters 
Mathias  Runghe.  Geistlicher  in 
ganzer  Fi^ur    Inschrift:  ^ClIllO 

boiuiiii  nicrcc  rlij  in  bir 
(ancti  bcncbicri  abbatis  obiit 
boiniiiiiQ  I  inatliias  rungt)r  , 
Inijiis  rcrirjtc  ptrprtuus  bi^ 
carius  •  oratc  bcum  pro  co.') 

Die  letzte  Zahl  ist  noch  nicht 
hii>zil};cfUgt. 

'j  Crull  und  Techen,  M.  Jahrb. 
LV,  S.  2S7  (^'r-  <>•).  Vgl.  M.  Jahrb. 
LIV,  .S.  112. 

Crull  und  Techen,   M.  Jahrb. 
LV,  S.  237  [Kr.  3). 


Grabsteine. 

Varneholt- 
scher  und 
Winter- 
scher 
Grabstein. 


Rünthe- 
scher 
(Grabstein. 


Grabstein  des  Priesters  Mathias  Runghe. 


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'44 


AMTSCERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Stolp 'scher 
Grabstein. 


St  üve' scher 
und  Windt- 
scher 
(Irabstein. 


Holdor}»- 

scher 
(Irabslein. 


Schwarz- 
kopfscher 
(irabstcin. 


3.  Stein  des  Peter  Stolp,  des  Werkmeisters,  der  sich  in  der  ersten 
Hälfte  des  XV.  Jahrhunderts  um  den  Bau  von  St.  Nikolai  besonders  verdient 
machte.')    Schild  mit  Hammer  und  Zange.   In.schrift:  SCllllO  bomilli  mcfcclbj  | 

ferfa  iiii  ante  feftum  pentccofte^  oüiit  pctni^  ftolp  iirabifor  l^uju^  tcclcflc. 

Zweite  Inschrift:  ^11110  tlOlllini  IlUCCCiV)  ]  fCQUCIItt  tlic  ))ant]gelCD11t$^  ObÜt 

orttftc  ujcor  cju?  •  oratc  pro  ei^. 

Dazu  der  Name  eines  späteren  Besitzers 
FRANS  SCHUTTE  V  .  S  .  E  .  Aö.t630.») 

4.  Stein  des  I'riestcrs  Johannes 
StÜve  und  der  Familie  Windt.  Bild 
eines  Gei.stlichen  mit  Kelch.  Metall- 
cinsätze,  besonders  zu  beachten  der 
Schmuck  unten  an  der  Alba  (Parura, 
Paratura).  ICr.ste  Inschrift:  ?llltlO  bo* 
mini  |  niccccl^  feQurnti  bir  tpnplianic 
obiit  bominu^  :  ioijanncs  ftn(lic)  |  bi- 
rarius  f)uiii^  rccicfir  cuju^  anima 

rrqniefcat  in  pacc.  Die  zweite  Inschrift: 

?lnn0  boniini  bic  7  nicn  |  fis 
^iigufti  l'>&iit  I>oniinuB  jiP.aoiftcr 
v(3rorgius  ITinbt  paftor  Ijuju^  ^c- 
clrfic.  Die  dritte:  ?tnno  ^oniinl  i^Cn 
bic  :  iV^cn  fi?  Dfanuarij  Obiit  Clarr 
lOintits  canjuni;  cju^/) 

5.  Stein  des  Ehepaars  Holdorp. 
Die  Kheleute  in  ganzer  Figur,  zu  ihren 
Füssen  gelehnte  VVappcnschilde.  Krstc 
Umschrift:  ?lnno  boniiui  mccccxW 
tt^  binirtcbaoi'S  in  brm  pinjrtru  ftarf 

tJ?mib   Vidi    borp.    Zweite  Inschrift: 

?lnna  xmccc  Ijcpnii  bei  fonbagcc  bor 
niaricn  niagbalcncn  ftarf  |  ^'nntTtr 
Üjn  Ijuffroubie  bat  cn  gobt  gnebig 

f|t.  Dazu  die  Xamcn  späterer  Besitzer 
des  Steins:  Si EUGEN)  FRANTZ  KRO- 
GER und  JACOB  BOCH  (1671).^) 

6.  Stein  der  Familie  Schwarzkopf  (.Swartekop).  Mit  Hausmarke,  Schild 
und  Helmzier.  Von  der  zugehörigen  ältesten  Umschrift  nur  noch  wenig  zu 
lesen:  i  *  .  .  bartljoTonid  apli  (i)o\}\^  fluartccQps  |  .  .  . 


Grabstein  d<is  Peter  Stolp. 


')  S.  i).  .S.  128. 

*)  Criill  und   Tfchcii.  M.  Jahrb.  l.V,  S.  256  (Nr.  233), 

»)  Crull  und   leLhen,  M.  Jahrb.  LV.  S.  238  (Nr.  7', 

*)  Cnill  und  Techeii,  M.  Jahrb.  LV,  S.  238   Nr.  10;. 


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146 


AMTSGERICHTSBKZIRK  WISMAR. 


Grabstein 
des  Hein- 
rich von 
der  Lühe. 


Kinzelne 
Bildwerke. 


Die  zweite  Inschrift  lautet  voll  ausjjcschricbcn :  ?Ciino  boillilli  mtttctci%  QUillta 
frria  \  poft  boniniiram  Ictaxe  obiit  ücrrolbu^  fUiartcltop,  cuju^  aniina 
rcquicfrat  in  pacc.*) 

7.  Stein  des  Hein- 
rich von  der  Lühe  und 
seiner  Gemahlin  Lucretia 
von  Perkentin.  Beide  in 
ganzer   Figur    in  Relief, 

mit  Wappen  zu  den 
Füssen.  Erste  Inschrift : 
ANNO  1595  DEN  31  JA- 
NUARI  STARF  DER  EDLE 
VNO  ERNVEST  HENRICH 
VON  {  DER  LVHE  ERB- 
GESESSEN ZV  BVSCHE- 
MVL.  Zweite  Inschrift: 
ANNO  1601  DEN  6  MARTY 
STARF    DE    EDLE  VND 

VIELDOGETSAME  1  LV- 
CRETIA  VON  PERKENTIN 

HENRICH    VON  DER 

LVHE    EHELIGE  HVS- 
FROW.*) 


Einzelne  Bildwerke. 

1 .  Anbetung  der 
hl.  drei  Könige.  Hcmaltes 
und  vergoldetes  gothisches 
Holzrelief  aus  der  Mitte 
des  XV.  Jahrhunderts  in 
einer  Pfeiler- Nisclie  der 
zweiten  Kapelle  auf  der 
Nord.seite  der  Kirche  (von 
Osten  her  gezahlt). 

2.  II«)lzcrnc  Ge- 
Wölbescheibe   in  der 

Schifferka pelle,  der  zweiten 


Grabstein  der  Familie  Schwarzkopf. 


Kapelle  auf  der  Sütlscite  der  Kirche  (von  Westen  her  gerechnet).  Auf  einer 
runden  Scheibe,  die  einst  mit  sechs,  jetzt  mit  vier  gothisch  stilisierten  Hliittern 
be.steckt  ist,  sieht  man  die  Darstellung  eines  Schiffes.') 

*)  Vgl.  Crull  und  Tcclicn.  M.  Jahrb.  LV,  S.  253  (Nr.  184). 
»;  Crull  mul  Techon,  M.  J.^hrh.  LV.  S,  258  1  >'r.  II*). 
Vgl.  Crull,  M.  Jahrh.  XI.VII,  S.  J06.  Anmkg. 


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ST.  NIKOLAI -KIRCHE  ZU  WISMAR. 


U7 


GemMlde.  Gemälde. 

I.  Lebensgrosses  gutes  Rildniss  des  Pastors  M.  Christian  Benjamin 

Otto  in  ganzer  Figur  mit  gereimter  Inschrift. 

Von  diesem  Bilde  hat  der  Superintendent  Gerdes  eine  Aufzeichnung 
gemacht,  womach  Ottos  Wiitwc  für  den  Platz  zum  Aufhangen  6  Thaler  ge- 


Grabstein des  Heinrich  von  der  Lühe  und  seiner  Gcmahtin 
Lucretia  von  I'erkLMitin. 


geben,  was  ihr  Bürgermeister  Lembke  inscio  senatu  eingeräumt  habe.  Als 
sie  dann  weitere  »unverschämte!  .\nspriiche  gemacht,  sei  sie  damit  /.uriirk- 

10^ 


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148 


AMTSGERTCIITSBEZIRK  WISMAR. 


Wand- 
gemälde. 


gewiesen  und  ihr  bedeutet  worden,  dass  sie  in  diesen)  Fall  25  Thaler  für 
den  Platz  werde  zu  geben  haben. 

2.  Martin  Luther  in  ganzer  Figur.  Auf  Leinwand.  Von  geringerem  Werthe. 

3.  Christus  auf  Wolken,  Mittelbild 
eines  guten  Renaissance  •  Epitaphs,  dem 
die  Unterschrift  fehlt,  sodass  eine  nähere 
Bestimmung  zur  Zeit  nicht  möglich  ist. 

In  der  Sakristei  die  Bilder  von 
fünf  Pastoren  und  fünf  Diakonen: 

4.  Dn.  M.  Anton  Hertzberg,  Fast. 
Nicol.  stirps  Hertzb.  Wism.  {1597 — 1625). 

5.  M.  Joachim  Schmidius,  l'ast. 
Nicol.  et  cons.  ass.  (1640 — 76).  Dazu  ein 
Wappen.  Schild  getheilt,  oben  in  blauem 
Felde  ein  Arm,  anscheinend  mit  Schwert 
und  Stern,  unten  roth.  Hclmschmuck: 
Engel  mit  zwei  Palmzweigen.  Nach  seinem 
Grabsteine  in  St.  Nikolai,  M.  Jahrb.  LV, 
S.  241,  Nr.  45  (wo  aus  Versehen  die  An- 
gabe über  das  Wappen  fehlt),  sollte  auch 
der  Arm  einen  Palmzwcig  halten. 

6.  Dn.  M.  Georg  Dan.  Colberg, 
Fast.  Nie.  et  cons.  a.ss.  (1694 — 8). 

7.  Dn.  M.  Christian  Benjamin 
Otto,  Past.  Nicol.  et  consist.  reg.  a.ssessor 
(1703—25). 

8.  Dn.  Casp.  Christ.  Müller,  Pa.st. 
Nicol.  et  reg.  cons.  assessor.  Nat.  Wismar 
d.  23.  Sept.  1687,  Denat.  d.  29.  April  1751. 

9.  M.  Johannes  Crttdopius,  Diac. 
Nicol.  (1629 — 49). 

10.  M.  David  Clinthias,  Diac. 
Nicolait.   (1659  —  80).    Darüber  Wappen. 

Schild  getheilt.  Oben  in  rothcm  Felde  drei  goldene  Lilien,  unten  in  .silbernem 
Felde  eine  rolhc  Rose.  Hclmschmuck:  drei  Pfauenfedern.  Daneben:  H.  N. 
David  Clint,  nat.  1633  d.  9.  May,  denat.  1680  d.  18.  November. 

11.  Dn.  Henricus  Plageman,  Diacon.  Nicol.  (1681 — 94). 

12.  Adam  Otto  Enghart,  Diaconus  an  St.  Nicolay  (1722 — 40). 

Wandgemälde. 

I.   Darstellung  der  Wurzel  Jesse  und  der  Geschlechtsfolgc  von  Adam 
bis  auf  Christus  in  zwei  Weinstöcken  mit  eitler  grossen  Zahl  von  Brustbildern. 


Anbetung  der  hl.  drei  Künige  (Bildwerk). 


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ST.  NIKOLAI -KIRCHE  ZU  WISMAR. 


«49 


Im  Innern  der  Kirche  an  der  südlichen  Thurmwand,  Die  Wurzel  Jesse  (zur 
Rechten  des  Beschauers)  schlicsst  mit  einem  Mutterj^ottc-sbildc,  die  Geschlechts- 
folge von  Adam  bis  Christus  (zur  Linken  des  Beschauers)  mit  einem  Kruci- 
fixus.     Die  unteren  Theilc   waren   vcrj^an^cn;    die  ergänzten   Figuren  sind 

dadurch  gekennzeichnet,  dass 
ihre  Namen  niclit  .schwarz, 
sondern  rothbraun  gegeben 
sind.') 

2.  Der  hl.  Christopherus 
und  ein  ICccc  homo,  beide 
36  Fuss  hoch.  Im  Innern 
der  Kirche  an  der  nörd- 
lichen Thurmwand.  Um  das 
I'"cce  homo  eine  Anzahl  von 
Halbfiguren ,  die  den  I^ib 
des  Heilandes  mit  I-anzen- 
spitzcn  beriihren.  *) 

3.  Unterhalb  dieser  bei- 
den Figuren  eine  nicht  wieder 

hergestellte  Todtentanz- 
I'olge,  welche  ohne  zwingende 
Cirimdc  erst  vor  kurzer  Zeit 
durch    Uebertünchung  un- 
sichtbar gemacht  worden  ist.*) 

4  —  7.  Die  Kreuzes- 
gruppe in  der  Leinweber- 
Kaj)clle.  llironendcr  Christus 
mit  Lilie  und  Schwert  in 
der  Lo.ste'.schen  Kapelle. 
Krönung  Mariae  in  der  Vot  schen  Kapelle.  Darstellung  der  Dreieinigkeit  in 
der  Schonenfahrer  -  Kapelle.  *) 

In  diesen  Kapellen  noch  andere  Bilder  und  Bildchen,  von  denen  ein 
thronender  Christus  mit  Buch,   die  Leidensge.schichte  in   acht  Scenen,  ein 

')  Eingehendere  Hesclircibung  dieser  liildcr  vur  itirer  Kestaurattun  bei  Crull,  M.  Jitlirb. 
XLVIl,  S.  100  ff. 

*)  Crull,  I.  c,  S.  101  vulneraius  est  prupter  intquitaies  noslras  .... 

*)  Crull,  1.  c,  S.  102.  Nicht  dieser,  sondern  ein  anderer  Todtentanz  scheint  es  zu  »ein 
(auch  nicht  der,  welcher  sich  im  Pfarrhause  von  St.  Marien  befindet)  den  im  Jahre  1616  Jakob 
Mittag,  wühl  ein  Nachkomme  des  gleichnamigen  Arztes,  welcher  1 565  :^!)  an  der  Pest  starb,  mit 
zweiundzwanzig  Personen  in  St.  KiVulai  ausführen  liess.  I>avon  ist  nichts  übrig  geblieben  als  eine 
Abschrift  der  darunter  gc^t^ten  schlechten  Verse.  Sie  findet  sich  im  Taulregister  der  Kirche. 
Vgl.  Crull,  Nachricht  von  einem  ToiltciUan/  zu  Wismar.  Cclcgenheits'chrift  zu  Lisch 's  5ojährigtm 
Jubiläuni. 

•)  Crull,  I.  c,  S.  106. 


ISO 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Glas- 
gemälde. 


kleiner  Christophonis,  St.  Dorothea,  St.  Michael,  St.  Katharina,  St.  Maria, 
Christus,  St.  Nikolaus,  St.  Barbara,  prophetenähnlichc  Haibfiguren  mit  Spruch- 
bändern, St.  Marcus,  St.  Olav,  St.  Gertrud  und  St.  Nikolaus  sowie  St.  Jakobus 
genannt  sein  mögen. 

GlasgemSide.    Gerettete  Reste  aus  St.  Nikolai.     Es  sind  damit  fünf 
ziemlich  gleich  grosse  Rahmen  gerüllt,')    In  der  Sakristei  von  St.  Nikolai  sind 


Reste  von  Glasgcmäldcn  aus  St.  NikoUi  im  Grossh.  Musenm  zu  Schwerin. 

1888  neuere  Glasbilder  von  dem  Hofdckorationsmalcr  Michaelsen  angebracht 
worden.  Sie  zeigen  die  Scenen  der  Verkündigung,  der  Geburt  Christi,  der 
Kreuzigung  und  Himmelfahrt  und  sind  eine  Stiftung  des  Rentners  C.  W.  HERMES, 
des-selben,  der  1895  das  Fenster  im  Thurm  und  1881  den  Altarschmuck  in 
der  Sakristei  (treffliche  Lei.stungcn  vom  Gelbgiesser  Lehsten,  nach  Entwürfen 
vom  Landbaumeister  Hamann)  geschenkt  hat. 


*)  Vgl.  Crull,  M.  Jalirb.  .\I.VII,  S.  109,  Anmkg.    Sammlung  Thormatm. 


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152 


AMTSGERICHT.SRF.ZIRK  WISMAR. 


Kleinkunst- 
werke von 
Metall. 


Kleinkunstwerke  von  Metall. 

1.  Sehr  schöner  silber\'ergoldeter  Kelch,  mit  der  Kreuzcsgnippc  und 
den  zwölf  Aposteln  auf  dem  sechseckigen  Fuss  in  sechs  aufgelegten  Feldchcn 
von  durchbrochener  Arbeit.  Ausserdem  auf  dem  l-'uss  ein  gelehnter,  unten 
gerundeter,  quergetheilter  Schild,  der  oben  viermal  von  Weiss  und  Roth  schräg- 
rechts  gestreift  ist  und  unten  eine  silberne  Rose  in  Blau  zeigt.  Daneben  ein- 
gegraben: fjllC  Cfllicc  —  tllhcricilG  Uicntorpc.  Oberhalb  und  unterhalb  des 
Nodus  getriebene  Annuli.  Am  Nodus  wechseln  Rauten  und  Quadrate  mit 
einander,  in  jenen  der  Name  IhöSVS  auf  blauem  Email,  in  diesen  umschichtig 
Maria  mit  dem  Kinde  und  Engel.    Auf  der  Unterseite:  T>cffc  ftclft  tilUCljt 


Kelch  Nr.  i. 


Kelch  Nr,  2. 


lobige  niarrll  UllbC  2  lotlj  -  50  Uotl).  Werkzeichen  fehlen,  sowohl  am 
Kelch  wie  an  tler  l'atcnc. 

Der  Kdc-.h  ist  vor  1438  zu  setzen,  da  Diderick  Wcntor|)  am  Juni  1438 
bereits  verstorben  war.  An  diesem  Tage  gestattete  nämlich  Nikolaus  Stal- 
köpcr  den  'l'estamcntTrien  jenes,  in  seiner  Kapelle  zu  St.  Nikolai  zwei  Vikare icn 
zu  errichten.')    Aber  sollte  er  von  A.  Reimers  (s.  S.  103)  umgearbeitet  sein? 

2.  Desgl.,  auf  .scch.scckigem  Fuss,  dessen  Ecken  mit  kleinen  Cylindcrn 
besetzt  sind.  Auf  dem  Fuss  als  Signaculum  ein  Knicifixus  und  ihm  entgegen- 
gesetzt ein  gelehnter,  unten  gespitzter  Schild  mit  zwei  kreuzweise  gelegten 
Garben  auf  blauem  Grunde.  Zwi.schcn  tlen  mit  dem  Namen  IhHSVö  auf 
schwarzem  Emailgrunde  besetzten  Rotuli  des  Knaufes  sind  kleine  Chri.stusköpfe 
angebracht.    Keine  Werkzeichen.    Auf  der  Patene:  G.  H. 


',1  Cruli,  Das  Aiiu  der  ijultUchmiudc  zu  WistiKir,  S.  40. 


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ST.  NIKOLAI -KIRCHE  ZU  WSMAR. 


«53 


3.  Desgl.,  höher  als  die  vorigen.  Auf  seinem  sechseckigen  Fuss  ein 
plastischer  Krucifixus  als  Signacuium.  Die  Rotuli  des  Knaufes,  der  weder 
eingekerbt  noch  durchbrochen  gearbeitet  ist,  enthalten  in  Minuskeln  den  Namen 
njefb^.  Die  Annuli  über  und  unter  ihm  sind  durchbrochen  gearbeitet.  Unten 
am  Rande  des  Fusscs  das  bekannte  Stadtwappen  von  Wismar,  aber  ein  nicht 
ganz  deutlicher  Stempel  des  Meisters,  anscheinend  |^  (Hans  Poreiba,  um  1632). 
Vom  oberen  Theil  der  Ligatur  ist  etwas  verloren  gegangen,  wie  es  scheint. 
Auf  der  Patcne,  die  aber  ursprünglich  wohl  kaum  dazu  gehört,  das  Wismar'sche 
Stadtzeichen  und  ein  undeutliches  Meisterzeichen. 


Kelch  Nr.  3.  Kelch  Nr.  4. 


4.  Desgl.  Der  mit  durchbrochen  gearbeitetem  gothischen  HIattwcrk 
verzierte  Rand  seines  sechseckigen  Fusses  ist  dem  des  vorhergehenden  Kelches 
gleich.  Auf  dem  Fu.ss  als  Signacuium  ein  Krucifi.vus.  Knauf  und  Ringe 
denen  des  vorigen  Kelches  ähnlich,  nur  ist  der  Jesusname  nicht  aus  Minuskeln 
sondern  aus  Majuskeln  gebildet  (IIiSSVS).  Auf  der  Unterseite  des  Fusses 
eingraviert  der  Name  lOHANNES  .  H  .  I  .  F  .  CRVDOPIVS  .  A  .  1657  . 
N  56  LOT.  Als  Stadtzeichen  das  Wappen  von  Wismar  und  das  Meisterzeichen 
fpl\  (Peter  Jost).    Patene  ohne  (iewerkzeichen. 

5.  Desgl.,  auf  sechseckigem,  leider  aber  unvollständigem  Fuss,  dessen 
aufrecht  stehender  Rand  mit  Maasswerk  verziert  ist.  Hinter  dem  als  .Sig- 
nacuium aufgelegten  Christus  ist  das  zugehörige  Kreuz  mit  seinem  Titel  ein- 


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154 


AMTSGERTCIITSnEZlRK  WISMAR. 


graviert;  ihm  entgegengesetzt  ist  ein  gelehnter  Schild  angebracht,  der  einen 
Baum  in  Gartenplanken  zeigt.  Darunter  die  Inschrift:  !11C  flCti  fcdt  |  jotjcs 
botngarbe  et  UJLÜt  ei^  I  aratC  pro  Ci^.  Werkzeichen  weder  an  der  Patene 
noch  am  Kelch. 

Joh.  Bomgard  lebte  zwischen  1430  —  40.') 

6.  Silberne  Oblatendose  auf  vier 
Kugelfüssen,  achtseitig,  mit  spitz  zu- 
laufendem Deckel,  auf  dem  ein  Agnus 
Dci  angebracht  ist.  Laut  Inschrift  auf 
der  Unterseite  Geschenk  des  Rathmannes 
GABRIEL  RÜGE  und  seiner  Khefniu 
MARIA  JULE  im  Jahre  1646.  Gewerk- 
zeichen nicht  zu  finden. 

7.  Desgl.,  sechseckig.  Laut  In- 
schrift auf  der  Unterseite  Geschenk  des 
Bäckers  JOCHIM  GOLDSTEDE  und  seiner 
Ehefrau  MARGARETHE  BURMEISTER 
im  Jahre  1646.  Auf  dem  flachen  Deckel 
in  Plastik  die  Kreuzesgruppe:  Jesus, 
Johannes  und  Maria. 

8  u.  9.  Zwei  silberne  Altar- 
leuchter im  Barockstil.  Den  Ständer 
bildet  die  Figur  des  hl.  Bischofs  Niko- 
laus. Beide  Leuchter  sind  denen  in  St. 
Marien  sehr  ähnlich  (s.  o.  S.  64)  und 
ein  Geschenk  aus  derselben  Familie. 
Nach  der  Inschrift  sind  sie  nämlich 
eine  Gabe  des  DOMINUS  BRANDANUS 
EGGEBRECHT  I.  V.  CAND.  vom  Jahre 
1666.  Ausser  der  Inschrift  ist  das 
Eggebrecht 'sehe  Wappen  in  ovalem 
Schilde  angebracht.  Oben  auf  der 
Platte  eines  der  beiden  Leuchter,  unter- 
halb des  Bischofs,  das  Hamburger  Stadt- 
wappen und  ein  undeutliches  Bild  (viel- 
leicht ein  fliegender  Schwan). 

10—14.   Vier  silberpl.'itticrtc  Leuchter  und  ein  Krucifi.xus  auf  dem 
Hauptaltar,  1834  gestiftet  von  SUSANNA  FRIEDERIKE  OCKEL,  geb.  Hahn. 

15  u.  16.  Weinkanne  und  Kranken- Kommunion  sind   neu   und  ohne 
künstlerische  Bedeutung. 


Altarleuchter. 


')  Crull.  Das  Amt  der  Gol<lschmie«le  zu  Wiwnar,  S.  41.    Vgl.  M.  Kunst-  nnd  Getch.- 
Denkm.  I,  S.  217. 


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ST.  MIKOLAI-KIRCHB  ZU  WISMAR. 


I5S 


Als  das  SUImt  von  St.  Nikolai  arn  8  Aiigiist  1530  invcnticrt  wurde, 
fand  man  als  Eigentbum  der  Kirche  sechs  Kelche,  zwei  AppoUen,  ein  Paci- 
fikale,  vien^  Moastianzen,  swei  Kreuze,  zwei  Viatiken,  dne  Konserve 
zwei  Räuchergefasse,  ein  Oelgeftss,  drei  Bilder  von  Heiligen  und  viel  kleines 
Getchmeide,  ausserdem  dreizehn  Kelche  mit  Patenen,  die  zu  den  Vikarekn 
der  Kirche  gehörten,  und  nicht  weniger  als  techsundzwanzig  Kelche  in  den 
Hinden  venchiedcner  Patrone  oder  Vikare.  Die  erste  Leerung  des  Schatzes 
am  7.  März  1535  ergab  aus  St.  Nikolai  an  (Gewicht  33  Mark  14  Loth  Sill>ers, 
die  zweite  im  Herbst  desselben  Jahres  55  Mark  15  Luth,  die  dritte  im  Winter 
158s  «OS  53  Mark  $  Loth  3  Quentchen  vergoldeten  und  45  Mark  3  Lotfi 
unvergoideten  Silbers  die  Summe  von  i^ioo  Mark,  wo/u  norh  06  Mark 
3  Schill.  6  Pfg.  kamen,  die  der  V^erkauf  einiger  Ringe  und  Koralien  brachte. 
Von  den  Kondkn  wurde  das  Loth  mit  5  Schill,  bezahlt.  Vgl.  Crull,  Das 
Amt  der  Goldschmiede,  S.  a8  tmd  33  und  oben  S.  63  und  116.  Im  Jahre 
1706  gab  es,  nach  einem  Verzeichniss  im  Taufrepister  der  Kirche,  acht 
Kelche  mit  Patenen,  zwei  Oblatendosen,  zwei  Kannen,  eine  Flasche  und 
iwei  Leuchter.  —  Im  Jahre  1527  ward  in  Rostock  Hans  Brinck  prozessiert, 
der  u.  a.  aus  St.  Nikolai  in  Wismar  vier  Kelche  gestohlen  zu  hal)en  bekannte. 
Vgl.  Kopmann,  die  Kriminalgehchtsbarkeit  in  Rostock,   Hans.  Geschichts- 


Die  Kirche  hat  fünf  Kronleuchter.  Die  drei  ^Tö.s.sten  hhnj^cn  im  Mittel-  'cucnie 
schiff  und  haben  zwei  Reihen  Arme  (2  X  10  der  im  Chor,  2  x  ^  die  im  Schiff 
der  Kirche).  Der  mittlere  hat  unter  dem  Ringe,  an  dem  er  schwebt,  einen 
auf  einem  Adler  sitzenden  Knaben,  die  beiden  andern  haben  den  vielfoch 
üblicben  doppdkSp^en  Adler.  Reste  einer  Inschrift  (die  Inschriften  sind 
durch  Putzen  verloren  gegangen)  giebt  es  noch  an  dem  zuäusserst  nach 
Westen  angebrachten  Kronleuchter,  welcher  der  Träger •Compagnie  gehört. 

( . . .  orAgercompagni  ihre  krohn  y. 

Von  der  Krone  der  Träger  waren  nach  <ler  Wism.  Ztg.  von  1811, 
Nr.  69,  acht  metallene  Puppen  und  mehrere  Kleinigkeiten  gestohlen. 

Kinc  achtarmige  (niclit  2  x  Kmne,  unter  deren  Ringe  zum  zweiten  Mal 
der  auf  dem  Adler  sitzende  Knabe  erscheint,  hangt  im  nördlichen  Seitenschiff. 
Auf  ihrer  Kugel  die  Inschrift:  GOTT  ZU  EHREN  UND  DEN  KIRCHBfl  ZUM 
ZIBRAHT  IST  DIESE  KNOHNE  VON  SEHL  |  lURGEN  lUHLEN  W  UND  ERBEN 
VEREHRET  WORDEN  ANNO  1707.  Auf  einer  dariiber  befestigten  Metalltafd  Ut 
zu  lesen:  DIESE  KROHN  GEHÖRET  DER  SCHOREN  BRAWERN  COMPAGNIE. 
Auf  der  anderen  Seite  über  einem  beiderseits  gcscliweiften  Schild  mit  zwei 
übereinander  gelegten  Seliöpfkelleii.  zwischen  denen  ein  Werkzeug  ztini  Kuhren 
aufrecht  steht,  liest  man:  AL  (=  Aelterleute)  lACOB  BRANDT,  darunter  LEN- 
HARDT  REHNNE.  Zu  Seiten  des  Schildes:  1604.  Eine  in  der  südlichen 
Halle  aufgdiängte  Krone  ist  sechsarmig. 

Wandarme.  Die  Nikolai-Kirche  zählt  deren  zehn.  Kinzelne  entbehren  Wand 
jedes  Ornaments.  Andere  sind  mit  angegossenen  Schilden  ausgestattet,  wie  ■™*' 
z.  B.  der  der  Leinweber  im  Chor  (getheilter  Schild,  oben  eine  Blume  zwischen 


Uitter  XVI  (1887),  S.  104. 


Kronleuchter. 


Kron- 
leuchter. 


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IS« 


ABITSGBRICHTSBEZIRK  WISMAR. 


drei  W'obcrscliiffcn,  darüber  Krone,  darüber  Hluine,  nelien  der  Krone  die 
Initialen  D  S  CA  B;  unten  die  Inschrift:  DAS  AMPT  DER  LEIN  EN  WERKER 
ANNO  1678)  Heini  Wandarm  der  Hacker  ist  der  Schild  (^n^kronter  Kringel, 
Wecken  und  Hörnchen)  an  einem  hölzernen  Halter  in  Form  eines  Löwen- 
kopfes  angebracht.  Diesem  ähnlich  ist 
der  Wandarm  der  Sdineider;  an  seiner 
das  Licht  haltenden  Muschel  die  Inschrift: 
ALTERLEVTE  HINRICH  RÖTGER  lOHAN 
WARNCKE  DAVID  BARSDOW  HINRICH 
LENTE  NISSEN  SCHASERS  FRIORICH 
DVNCKE  lOCHIM  PIEHL.  Der  älteste  Arm 
ist  der  v<m  H.  Augustin  Diigar  gestiftete: 
H  OVSTIN  DVRIAJt  A  D  1600,  dabei  ein 
sedisstrahliger  Stern,  das  Schildzeichen 
seiner  l^miilie.  An  einem  anderen,  der 
künstlich  komponiert,  aber  nicht  fein  aus- 
geführt ist,  liest  man  unter  dem  Teller: 
MARGARETA  lUHLEN  SELD  (1)  DAVID 
CLINTHEN  WIT  HAT  ANO  1060  DIESEN 
LEUCHTER  VEREHRET  |  DAS  GELD  ZUM 
LICHT  ALS  40  ß.  WIRD  lAHRLICH  UMB 
WEINACHTEN  VON  DER  ACCISEKAMMER 
BEZAHLET.    V.x    ist    mit    der  l-"igur  des 

schlüsscltragcnden  Petrus  verziert.  Eine  Nachbildung  dieses  Leuchters  hat  das 
Datum  des  27.  OCTOBER  1783. 


Wandarm. 


Nach  einem  noch  vor  der  Katastrophe  von  1703  angefertigten  Vcr- 
seichniss  des  im  Jahre  1643  angefangenen  Taufiregisters  besass  St.  Nikolai 
sechs  Kronen  und  einundzwanzig  Arme.  Von  einer  1655  in  dir  Kirche 
gelangten  Krone,  die  i  STT  12  I.IT  6  'S  schwer  war,  ist  der  damalige  Preis 
zu  berechnen:  es  kostete  nuniiich  jedes  ®  einst hliesslich  des  Muchclolins 
\(>  ß.  Zur  selben  Zeit  als  Jürgen  JuMs  Wittwe  tmd  Erben  ihre  aus  »8  grossen, 
8  kleinen  .Armen,  8  grossen  ^Kssen  ,  5  klciiu  n  1  )opiu  la(lIcm  und  3  Kngels- 
köpfen«  bestehende  Krone  in  die  Kirche  schenkte,  also  im  Jahre  1707, 
stiftete  auch  die  Wittwe  des  Rathsherm  Johann  Schatte  eine  Krone  in  den 
Chor.  Ks  wird  eine  von  denen  sein,  deren  Schrift  jetzt  nicht  mehr  zu 
lesen  ist.  Von  einer  1573  beschafften  Krone  giebt  Schröder,  £v.  AI.  III, 
S.  181,  Nachricht. 


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Vom  Fries  Ruf  der  Nurdsrite  der  Heiligengeisi- Kirche  an  der  Wesimaaer  der  dort  «ngebauten 

Kapelle. 


Kirche  und  Hospitai  zum  Heiligen  Geist. 

ißS  aubeschreibttng.    Die  auf  der  Scheide  zwischen  Alt-  und  Neustadt  ge-  ^^''p'- 

— *    le^ene  Kirche  zum  Heili^'cn  (ieist  Hcj;t  mit  ihrer  sinllichcn  Langscitc  ^^^^ 
unmittelbar  an  der  Strasse  und  stellt  sich  - —  was  eine  Koljje  der  erst  im 
Wll.  Jahrhundert   an},'esct7.ten   vielen  schweren   Strebepfeiler  ist  —  als  ein 


<=z  — 


Kirche  zum  Heiligen  C>L-i:>t. 


massiger  schmuckloser  Ziej^elbau  dar.  Vortheilhafter  wirkt  <lie  Nordseite. 
Hier  ist,  trotz  der  Anbauten  (Kapellen  im  Osten  und  Hospitalhaus  im  Westen) 
allerlei  architektonisches  Detail  in  seiner  Ursprünglichkeit  erhalten,  z.  B.  das 
Pfostenwerk  der  Fenster,  die  Schmiege  oder  I.aihung  des  in  einem  vortretenden 
viereckigen  Mauerkern  hineingelegten  Portals,  der  romanische  Bogcnfries  oben 
an  der  Portalwand,  die  beiden  Friese  an  der  We.stmaucr  <ler  angebauten 
Kapelle,')  von  denen  der  untere  ein  von  l-jchenbliittern  und  Ivicheln  gebildetes 

')  Eine  Stiftung  <lcs  Werner  I.iskow   vom  Jiihre   1371    licziciit  .sich   vemiiitlilich   auf  diese 
Kapelle.    Vgl.  Schrmler,  r.i|i.  .Mcckl.  II,  .S.  1454.    M.  L'.-U.  10219. 


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15« 


AMTSGBRICRTSBBZIRK  WISMAR. 


Baad  ist,  wie  es  sonst  wohl  in  Holz  geschnitten  wird,  u.  a.  m.  Die  Grund- 
fomi  der  Kirche  ist  die  eines  län^^lichcn  Vierecks,  in  dem  der  Chor,  obwohl 
um  eine  Stufe  gegen  das  Schiff  erhöht,  baulich  in  gar  keiner  Weise  hervortritt. 
Eine  bemalte  flache  Balken-  und  Bretterdeckc  breitet  sich  über  den  langen 
Raum  der  Kirdie,  in  den  man  unmittelbar  von  der  Strasse  her  eintritt  Ausser 
der  schon  genannten  Kapelle,  die  sich  dem  Innern  der  Kirche  mit  zwd  durch 
einen  Pfeiler  getragenen  SpitzbogenöflTnungen  anschliesst,  gtebt  es  noch  zwei 
andere  minder  bedeutende  Kapellen  auf  derselben  Nordseite  sowie  das  später 
angebaute  Ffriindncrhans,  dessen  ICinrichtung,  frcihch  nur  in  kleinerem  Maass- 
Stal>e,  der  des  Heiligen  (icist  Stiftes  in  Liibeck  ahnhch  ist. 

Auf  dem  mit  einem  vcrschlie.ssbaren  (lelass  versehenen  und  mit  einer 
Altar.  Platte  aus  Guss  bedeckten  Altar  steht  ein  mittelalterlicher  Flügelschrein,  der 
diemals  mit  Bildschnttaeereien  und  Malereien  versiert  war,  gegenwärtig  atier 
mit  gerii^n'iwrdiigen  Oehnalereien  auf  Ldnwand  ttberspannt  ist.  Das  bessere 
Bild  ist  das  mittlere,  nämlich  ehie  Copie  der  bekannten  Kreuaesabnahme  von 
Rembrandt.') 

Die  laut  Inschrift  am  unteren  Rande  des  Predigtstuhls  am  13.  Juli  1585 
Kanzel,  gesetzte  achtseitige  Kanzel  ist  ein  schlichtes  Rcnaissancewcrk,  deren  vier  durch 
korinthische  Säulen  von  einander  getrennte  und  der  Kirche  zugewandte 
Füllungen  die  Tafelbilder  der  Evangelisten  enthalten,  während  am  Treppen- 
aufgange die  vier  »grossen«  Propheten  und  auf  der  Eingangsthür  die  Figur 
des  Täufen  Johannes  angelMracht  sind. 

Gestühl.  Nidit  ohne  Interesse  ist  das  GcaMhl  der  Kirche,  von  dem  ein  grosser 

Theil  aus  den  siebensiger  und  achtziger  Jahren  des  XVI.  Jahrhunderts  stammt. 
Hier  sind,  im  Gegensatz  zu  St.  Jürgen,  die  Thürcn  bewahrt  geblieben.  Das 
Zeichen  des  hl.  Geistes,  eine  über  dem  Kreuz  emporfliegende  Taube,  findet 
man  viermal,  ausserdem  sehr  viele  Zeichen  von  Gewerken,  z.  B.  denen  der 
Bäcker,  Sdinnede,  dnmal  auch  denen  der  Böttcher,  der  Barbiere  und  der 
Träger  (nidit  aber  auch  der  Zimmerleute  und  Schiflszimmerleute,  obwohl  beide 

')  Was  n«h  an  Spuren  von  alter  Kunst  zu  erkennen  ist,  hat  CruU  im  M.  Jahrb.  I.VIII, 
Q.-B.  2,  S.  10—15  fc»tgcsleUt.  Zugleich  hat  er  nachgewiesen,  dass  dieser  Schrein  der  Rest 
janet  mllm  Altorwoto  bt,  du  Jolunii  Kdtler  Ar  den  HuptalUtf  von  St.  Mwiea  mfeftigte 
uiiil  \Veiht;ac!i!et:  1357  aufMclIte,  das  aber,  nach  Eintritt  der  Refocaution,  im  Jahre  1563 
aui  Uetreibeii  des  bupchnlcndenten  Wigand  mit  dem  MHCeblich  viel  achfinercn  Allarschrein 
in  Heiltgen  Geiit  verUnicht  wwde.  Dieter  sdiflnere  Sebnia  ist  veraehwunden,  mit  der  jetzige 
grosse  Barockaltar  zu  St.  Marien  im  Jahre  i  749  nu  einem  VeraSchtniss  des  Bürgermeisters  Caspar 
V«fgt  nofgerichtet  wurde,  der  lUcter'sche  Altar  »on  1357  aber  ist  iti  Folge  des  Tausches  auf  die 
Nndiwelt  gelangt,  wenngleich  in  einem  bedanernswürdtgen  Zustande.  Vgl.  M.  U.-B.  S425.  8546. 
Schröder,  Evangel.  Meckl.  II,  S.  434.  Der  dagegen  ans  dem  HeO^cn  Geilt  nach  St.  Marien  ver* 
setzte  Altarachrein  war  nach  Schröder,  Pap.  MccVl.,  S.  1378,  ein  Werk  vcim  Jahre  1493.  In 
diesem  Fall  wSte  er  also  nicht  identisch  gewesen  mit  dem  im  Jahre  1326  zu  Ehren  der  bhl.  Bar- 
Utokwueni,  Matthaeva  und  Itokaa  Ja  Hettigen  Geitt  anfgerichteiea  AlUv:  ir^.  M.  U.*B.  4770. 
Schröder,  Pap.  Meckl.,  S.  1062.  —  Von  einem  etwa  1850  weggerSumten  Altar  wird  die  Reliquien- 
kapscl  mit  dem  Sii^l  des  Bischöfe  Detlev  vun  Ratzcbotg  (1395— 1419)  im  Museum  xa  Wismar 
aufbewahrt.   Vgl.  Teeben,  M.  Jahri».  LX,  S.  179  ff. 


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KIRCHE  UNI)  HOSPITAI.  ZUM  HEILIGEN  GEIST  ZU  WISMAR. 


Sundlcuchter. 


Acmtcr  im  Heiligen  Geist  ihre  Vikarie  hatten). 
Auch  Wappenzeichen  von  Wismar'schen  Familien 
und  Initialen,  welche  kurze  Sinnsprüche  andeuten, 
sind  hier  ebenso  wie  in  St.  Jürgen  angebracht 
worden.  Die  Abbildungen  aller  vier  Seiten  eines 
erst  kürzlich  nach  St.  Jürgen  versetzten  Stuhl- 
wangcnpaares  findet  man  oben  auf  S.  90. 

Von  dem  sonstigen  Bildwerk  der  Kirche 
mögen  drei  Standleuchter  (lichtebome),  zwei  holz- 
geschnitztc  gothische,  die  i\cr  Mitte  des  X\'.  Jahr- 
hun<lcrts  angehören,  und  ein  schmiedeiserner  im 
Barockstil  vom  Jahre  1 7 1  l ,  als  etwas  Besonderes 
hervorgehoben  werden.  Ihre  Abbildung  überhebt 
uns  der  Besclireibung.  Doch  ist  zu  bemerken, 
dass  deren  Schäfte,  von  denen  auf  der  Photo- 
graphie nur  die  An.sätze  erscheinen,  gut  Mannes- 
länge haben.  Unter  den  gothi.schen  ist  der  eine 
architektonisch  besonders  reich  entwickelt.  Beide 
gehörten  den  »Trägern an  deren  Stuhl  sie  bcfe.stigt 
sind;  der  schmiedciscrnc  aber  ziert  den  Stuhl  der 

Schmiede.  Diese 

1  Lichtbome« 
dienten  als  Pro- 
ces.sionsicuchter. 

Die  im  Dach- 
reiter der  Kirche 

angebrachte 
Glocke  hat  ausser 
cIlt  Inschrift 

mrrrrl]r][ij|  das 

Gies.serzeichen: 


Standleuclxer. 


Im  Museum 
zu  Wismar  wird 

eine     gute , 
1,25  in  hohe,  voll- 
runde  ,  ehemals 


Stand- 
leuchter. 


("1  locke. 


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i6o 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


fjanz  vergoldete  Madonna  aufbewahrt,  die  hierher  gehört,  und  ebendort  ein 
gleichfalls  dem  Heiligcngeiststid  entnommenes  flaches  Bronzebecken,  welches 
zur  Aufnahme  eines  Kohlenfasses  gedicnt_  haben  wird  und  auf  dessen  Rand 
folgende  Inschrift  eingespart  ist:  9tnna  •  tini  •  Itl  •  tta  •Ifi*  j^flltflk  fttUlÜefTe  • 

l^cft  •  beffcn  □  fd^apen  •  oatcn  •  bnbc  •  bordj  •  oot  •  bc  •  Bleuen  •  ban  • 
ffll  □  ncmant  •  bni  •  Ijc  •  Uan  •  Ijir  •  ncnicn  •  oratc  •  bciim  •  i)  •  cd  • 

An  den  mit  □  bezeichneten  Stellen  waren  ohne  Zweifel  einstmals  die 
Hängsei  des  Feuerbeckens  angebracht. 
Inschrift.  Auf  eine  nidit  mdu-  vorhandene  alte  Hexameter -Inschrift,  betr.  eine 

»mildec  Stilhing  des  Rathmannes  Heinrich  von  Kquerstorp  und  seiner  Gattin 
Kunigunde  vom  Jahre  1321,  die  im  Mecklenb.  Urkundenbuch  abgedruckt  ist 
(4302),  sowie  auf  eine  in  der  Kirche  angebradUe  Tafid,  wdche  von  einer 
Erneuerung  der  Kirche  im  Jahre  1737  Zeugniss  giebt,  mag  mit  diesen 
Worten  hingewiesen  sein. 

Schon  um  die  Mitte  des  Xlll.  Jahrhunderts  wird  der  Sanrtus  Spiritus 
ZU  Wismar  urkundlich  genannt  und  mit  einem  eigenen  Gottesacker  sowie  mit 
der  Derechtiguog  zu  eigenem  Gottesdienst  vom  Bischof  zu  Ratzeburg  aus- 
gestattet.') Dass  dif  jetzige  Kirche  in  ihrem  Kern  dem  Anfange  des  XIV. 
Jahrhunderts  angehöre,  wird  man  schon  daraus  schliessen  dürfen,  dass  ihr 
Hauptaltar  am  is.  October-1526  vom  Bischof  Man)ttard  von  Ratzebarg  ge- 
weiht wurde.')  Die  Unterschiede  ihrer  Baudctails  zeigen  aber,  dass  daran 
zu  verschiedenen  Zeiten  geändert  wurde.  Die  jetzige  Gestalt  der  beiden 
Giebel  stammt  aus  dem  Jahre  1665.^)  Zahlreiche  Urkunden'  des  Mittelalters 
zeugen  von  der  Vorliebe  der  Bürger  filr  diese  ihre  Stiftung,  es  wird  kaum 
eine  Kirche  so  reich  iiudaclit  wie  die  vom  Heiligen  Geist.  Doch  würde  es 
zu  weit  fuhren,  wenn  hier  sämnUlichc  Vermächtnisse  aufgezahlt  werden  sollten. 
Auch  der  Be«tz  an  Gold*  und  Silberkunstwerken  war  einstmals  nicht  un- 
bedeutend. .Mlein  auch  hier  begann  l)ald  na(  h  der  Reformation  das  Ein- 
schmelzen dieser  Schätze  ganz  ebenso  wie  in  den  übrigen  Kirchen.  Vgl. 
Cntll,  Das  Amt  der  Goldsdimiede,  S.  38  und  33.  Zwei  von  den  Stacken, 
die  sich  ehemals  im  Heiligengeist  -  Sti  t  befanden,  sind  schon  oben  S.  117, 
Nr.  16  und  S.  116,  Nr.  14  erwähnt.  Von  der  Deckelkanne  ist  es  sicher, 
dass  sie  daher  stammt,  von  der  Pyxis  ist  es  höchst  wahrscheinlich.  -  Wie  um 
St.  Nikolai,  so  hat  sich  der  oben  S.  150  erwähnte  Rentner  C.  W.  HERM18 
auch  um  das  HciligengL-ist-Siift  bereits  durch  Spendung  schöner  bronzener 
Leuchter  von  der  bewährten  Hand  des  Gclbgiessers  Lehsten  sehr  verdient 
gemacht  Auch  der  Kronleuchter  stammt  von  ihm,  ebenso  die  Wieder^ 
herstellung  der  schönen  Standleuchter. 

•)  M.  ü.-B.  653.  744. 

*)  M.  U.-B.  4770. 

•)  Vgl.  Cmll,  M.  Jahrb.  LVI,  S.  26. 


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KIRCHE  DES  SCHWARZEN  KLOSTERS  ZU  WISMAR. 


i6i 


Die  Kirche  des  Schwarzen  Klosters. 

(Dominikaner-  Kirche.) 

jaubeschretbung.    Von  der  Kirche  der  Schwarzen  Mönche,  Dominikaner  Beschrei- 

odcr  Predigerbrüder,  steht  heute  nur  noch  der  Chor  als  stattlicher  ein-  '*ung  des 
schiffiger  Ziegelbau  mit  einem  aus  dem  Achteck  konstruierten  Schluss  und  ß*"es. 
mit  Strebepfeilern.    Treffliche  Kreuzgewölbe  decken  den  im  Jahre  1880,  nach 


Ehemalige  Kirche  des  Schwarzen  Klosters. 


Abbruch  des  baufällig  gewordenen  Hauplschiftcs  (im  Jahre  1S79),  mit  dem  neuen 
Bürgcrschulhau.sc  in  V'crbindung  gebrachten  Kaum.  Ihre  Kij)pen  entwickeln 
sich  aus  Diensten,  die  in  I''orni  \on  drei  um  ein  Polygon  gruppierten  Rund- 
stäben auf  Konsolen  aufsetzen,  die  etwas  höher  als  die  Fenstersimse  aus  den 
Wänden  herausragen,  und  denen  man  die  Gestalt  von  Köpfen  gegeben  hat. 
Draussen  auf  der  Südseite  des  Chors  ist  noch  ein  W'indelstein  erhalten  ge- 
blieben. ') 

')  Vgl.  Crull,  M.  Jahrb.  I.VI,  .S.  25  fr.  Lisch,  M.  Jahrb.  XVI,  S.  289.  Der  abgebrochene 
Haupttheil  der  Kirche  war  drei-ichiffig.  Per  Vurdcrgiebc!  der  Kirche  war  in  den  Zeiten  der 
Renaissance  (um  l68o'i  .lo  verändert  worden,  dass  er  wie  der  Giebel  eines  grossen  Wohnhauses 
aussah.  Das  Mittelschiff  der  Kirche  rähltc  fünf  GewülbejiMrhe.  Ebensoviele  Kapellen  lagen  an 
der  Nordscite. 

11 


Dlgltlzed  by  v^jOO^Ic 


102 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Es  ist  oben  S.  5  bereits  erwähnt  worden,  dass  sich  die  Dominikaner 
seit  Beginn  des  letzten  Dezenniums  vom  Xlll.  Jahrhundert  in  der  Stadt  be- 
fanden.') Aber  der  von  ihrer  Kirche  erhaltene  Chor  ist  erst  Ende  des 
XIV.  Jahrhunderts  von  Martin  Kremer  erbaut  und  1397  vom  Bischof  Detlev 
von  Ratzeburg  geweiht  worden.  Ueber  Martin  Kremer  berichtet  sein  1879 
aus  der  Schwarz -Mönchen  Kirche  in  den  nördlichen  Kreuzarm  von  St.  Jürgen 
versetzter  Grab-stein,  dessen  Inschrift  lautet  wie  folgt:  ^nilQ  bOlllilli  mccccb 


Ehemaliger  Vordergiebel  der  Kirche. 


feriki  ii  poft  |  boininicam  iialiimrum  obiit  inartimi^  |  Itrrnicr  t[u\  tft 
iji£  fcpiil(tiiä)  I  rjui  iiriiiuiQ  erat  incrptor  et  |  fuiibator  Ijujus  lijori, 

CUjug  aninui  |  rcquieffat  in  pncc  •  amen.")  Und  über  die  Chorweihe 
berichtet  eine  jetzt  nicht  mehr  vorhandene,  aber  durch  Abschrift  und  Druck 
bewahrt  gebliebene  Nachricht,  die  ein  Theil  jener  umfangreichen  in  nicht 

')  M.  U.-B.  2148.  2202.  2291.    Crull,  M.  Jahrb.  .\LV,  S.  24  ff. 

*)  Crull  und  Techen,  M.  Jahrb.  LVI,  S.  ii8.  Der  Stein  i»l  erst  bei  der  leuten  Restauration 
von  Sl.  Jürgen  bei  Seite  gebracht  worden.  Hoffenllieh  kommt  er  bald  wieder  ir^jendwo  zum 
Vorschein  I 


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KIRCHE  DES  SCHWARZEN  KLOSTERS  ZÜ  WISMAR. 


t6i 


weniger  als  vierzehn  Paragraphen  eingetheilten  Inschrift  ist,  welche  bis  zur 
Restauration  des  C^hors  im  Jahre  1879  zu  sehen,  aber  angeblich  nicht  länger 
zu  erhalten  war.')    Der  elfte  Abschnitt  oder  Paragraph  dieser  Inschrift  lautet: 

%imo  bomiiii  in''rcc''l):jc)C)cbii  boininira  priiim  poft  octaua^  —  boniinu^ 
I>ctlcuu6  ßat^rmiracnfls  rpifropiiö  confcrt.iuit  djoruni  ifhim  |  tt 
altarc  iiiajus  in  ^anottnx  faiictoriim  apoflolormn  pctri  et  Pauli 
trtuiii  rcauin  tccciii  milluin  iiiartiiruiii  Unbcciiii  milium  Uirginum  et 
oft  rcuercntiain  rcliquiaruni  laiiftorum  innocciitum  cunbciii  riionim 
in  fjanorcm  eonim  et  prcbfttorum  fanctoriiiii  ccfam  canfccrauit  ac 

copbem  faiutop  i  in* 
nocrnte^  rum  preno' 
tati^  faiicti^  fn  patro^ 
110s  l^aberi  concefflt. 

Kirche    und  Kloster 
bleiben    den  Domini- 

Iäd  ^^^^^  '^^^^  I  Vi  All  'A  ^^^^  ^'^  ^^'^ 

Iii  ^^^IP«  *9P^^    Iii  f  M'^.  Reformation  hinaus. 

l^^^^^^ae^i**ü»«:=^^'^"Tj'Sl  ;     Als    der  Franziskaner- 

rrM^  ^V^vMlfia     1        Guardian  Heinrich  Never 

im  Sinne  der  neuen 
Lehre  zu  predigen  be- 
ginnt, sind  die  Domini- 
kaner   auf   Seiten  der 

Gegenpartei.*)  1533 
nehmen  die  Mönche  die 
bereits    eingestellt  ge- 
wesenen Gottesdienste 
unter  Schutz  des  Herzogs 

Heinrich  wieder  auf. 
Ihre  Klage  an  den  Herzog 
Albrecht  vom  4.  Juni 
'5.? 3  g't^bt  ein  anschau- 
liches Bild  von  den  Zu- 
ständen jener  Zeit.*)  Im 
Jahre  155a  wird  noch 
ein  neuer  Prior  Namens 
Hoppener  erwählt.  Aber 
er  ist  der  letzte.  Zwölf 
Jahre  darauf,  1564,  wird 
ihm  die  V'erwaltung  <les 
Klosters  vom  Rath  ab- 
genommen,  dabei  aber 

das  Versprechen  gegeben,  dass  er  und  sein  letzter  Mitbruder  bis  an  ihren 
Tod  verpflegt  werden  sollen.    Höppcner  stirbt  als  treuer  Katholik  im  Jahre 


Der  alte  Chor  der  Kirche. 


'}  D\£  schon  von  M.  Dietrich  Schröder  in  seinem  Pap.  Meckl.  abschnittweise  veröffentlichte 
Inschrift  ist  vor  ihrer  Zerstörung  von  Crull  aufs  Gewissenhafteste  abgeschrieben,  mit  den  Schtikler- 
sehen  Abschnitten  vcr}jlichcn  und  im  M.  Jahrb.  XLV,  S.  21 — 32,  mit  einem  sehr  wenhvollen 
kritisch -exegetischen  Kommentar  abgctiruckt  worden. 

Vgl.  das  lateinische  Gedicht  des  Dominikanermönchs  Matlhaeus  su  Wisnur  vom  Jahc« 
1523  bei  Schröder,  Kirchenhist.  d.  evang.  Mccklenb.  I,  S.  66. 

*)  Im  Grussh.  Archiv  zu  Schwerin.  Vgl.  Crain,  Die  Reformation  der  christlichen  Kirche  tu 
Wismar,  S.  13  —  1$. 


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164 


AMTSGERICirrSBEZTRK  WSMAR. 


1575.')  1689  wird  die  Kirche  als  Waisenhaus  eingerichtet,  der  Chor  aber 
für  Gottesdienste  reserviert.  Mit  Errichtung  der  Bürgerschule  an  Stelle  der 
alten  Kirche  im  Jahre  1880  wird  der  Chor  quer  durchgetheilt  und  dient 
seitdem  im  unteren  Theil  als  Turnhalle,  im  oberen  als  Aula. 

Altar-  Die  Altarschreine  der  Kirche  sind  nach  St.  Jürgen  versetzt   (s.  o. 

Schreine,  S.  Soff.);«)  die  Kanzel,  ein  Werk  vom  Ende  des  XVII.  Jahrhunderts,  in  das 
Kanzel. 


Chor  der  Kirche  des  Schwänen  KloMcrv 
mit  der  von  Brunswig  crbauleti  HUrj^nichulc. 


Triumph-    Andachtszimmer  des  Hospitals  zum  Schwarzen  Klo.stcr;  das  Triumphkreuz 
kreuz.      jiiit  den   Figuren  des  Johannes  und  der  Maria  auf  den  Triumphbalkcn  in 

')  Crain,  1.  c. ,  S.  47. 

*)  Von  einer  K.T|iellc  der  hl,  Jungfrau  nnd  des  hl.  Thomas  ist  in  eintr  Urkunde  vom  5.  Mai 
1407  die  Kede;  von  einem  Altar  des  hl.  Kreiires  in  einer  Urkunde  vom  6.  Jnnunr  I429.  Vgl. 
'IVcheii's  S.immliing  iingcitruckter  Urkunden  im  Gro^h.  Archiv  in  Schwerin. 


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KIRCHE  DES  SCHWARZEN  KIjOSTKKS  ZU  WISMAR. 


St.  Nikohi  (s.  o.  S.  1 25);  Ueberbleibsel  des  Uidlweise  barbarisch  verstümmelten 

Levitcnstuhls  in  da.  städtische  Museum;  die  bronzene  Grabplatte  der  Herzogin  GrabpUtte. 

Sophie  nach  St.  Marien  (s.  o.  S.  54);')  ein  vermuthhch  fiir  Ilinrick  \()n  Haren 

bereiteter    und    ehemals   mit    Metall    ausfjelcgter   Grabstein   ebenfalls    tiach  Grabstein. 

St.  Marien,  und  zwar  in  die  Nordhalle;*)  die  übrigen,  die  noch  lesbar  waren, 

aadi  St.  Jürgen;')  drei  Dcnkttcioe,  die  zu  Ehren  von  Wohlthiitern  des  Klosters  Denksteine. 

errichtet  waren,  des  Dietrich  von  Mummendorp,^)  des  Johann  Moydke*)  und 

des  Gerd  Werkmann^  ins  städtische  Museum. 

Glocken.    Das  Kloster  besass  —  nach  alter  Ordnung  von  l'apst  Glucken. 
Johann  XXII.  im  Jahre  1329  —  nur  eine  Glocke.   Sie  ist  erhalten  geblieben. 
An  ihrem  Hals  die  Inschrift:  +  C>  •  tey  «  ölotle  •  ^  *  TPt  •  belli  • 
CU  •  ]»ce  •  atlO  •  taltt  •  ni*crcccj  •  \  bmice  •  or  •  —  Eine  zweite  kleine 
Glocke  im  Waiaenhause  hat  die  Inschrift:  be  fegCII  ttf  ^tttn  malet  tlie 

soe  moie  1593. 

KldalnuiatwcriE«.  Kldnkunst- 

1.  Silbervergoldeter  gothischer  Kelch  auf  rundem  Fuss.  Der  aufrecht 
stehende  Rand  des  Fusses  ist  v«)n  Vierblättem  durchbrochen.    Als  Signaculum 

auf  dem  Fuss  ein  plastischer  Krucifixus  mit  dahinter  eint^raviertem  Kreuz.  In 
den  I-'inkerbuni^'cn  des  Knaufes  das  Haupt  Christi  als  Zierrath.  Kelch  und 
Patene  ohne  Werkzeichen. 

2.  Desgl.,  auf  sechseckigem  I'^uss,  dessen  Rand  gereift  ist.    Fuss  und 
Schaft  sind  mit  magerem  gothbchen  Maasswerk  verziert.    Am  Knauf  der 
Name  IbOSVS.   Auf  der  Unterseite  des  Fusses  die  Inschrift:  artlO|bb| 
ffgff  >C  ton  I  fU  X  Iniftine  |  beblt.    Der  Kelch  hat  zwei  Stempel,  einen 
Doppeladler  und  einen  querliegenden  Anker,  ist  also  lübische  Arbeit') 

3.  Gothischer  Kelch  mit  vergoldetem  Fuss  von  Kupfer,  auf  rundem 
Fuss  und  Schaft  und  sehr  einfach  gehaltenem  Knauf.  An  der  Kupa  die 
Inschrift:  DIT  .  KARR  .  IS  .  VON  .  OLDE  .  BONSACKESKEN  .  WEGEN  • 
GADE  •  THO  .  LAVE  .  VNDE  .  DEN  .  SEKEN  .  THO  •  DEN  .  EREN 

')  Der  Stein  ihrer  Schwesicr  Margaretha,  der  G-m-ihlin  des  Herzogs  RalthaMr,  welche  1536 
•twrb  und  ebenfalls  im  Schwarzen  Kloster  beigesetzt  wurde,  ist  verloren  gegangen. 

*i  VsL  Croll  and  Tcdwn,  M.  Jabcb.  L1V,  S.  144  (*().  LV,  S.  ita  und  118,  Aaakc. 
n  Z.  27. 

•)  Crull  and  Techcn,  M.  Jahrb,  LVl,  S.  117—120.  S,  121,  Nr.  2,  4,  7. 
^  M.  U.-B.  6t 5S  (Stiftung  sa  einer  ewigen  Lampe  un  11.  October  1341). 

•)  M.  U.-B.  7870  fStiftung  einer  Messe  im  Jahre  1354). 

*)  Crrrl  Werkmann  stiftet  den  BrUdern  im  Jabie  1403  jährlich  12  Mark  »ad  eoran  prebendom 
in  olleciba^  duplicandam«, 

^  VgL  Hoch.  z.  Gesch.  d.  Lttb.  Goldidimiedeknist,  Lttbeek  1S93,  S.  8.   Arnold  Slois 

MM  von  1508  bis  15 28  im  R.ith. 

*)  Durch  VerMshen  unter  den  Va^  sacra  von  St.  Marien  (:>.  o.  S.  65,  Nr.  Ii)  aufgctuhri. 
Kur,  kar,  kan:  nd.  =  Gell».  Nach  einem  Inventar  des  Heilen  Gebtes  voa  1676  wfre  dieser 
Kelch  für  die  Siechen  in  der  I  epro-^cric  m  St.  Jakob  (^rbnnicht  worden,  was  afaer  vielleicht  nur 
eine  Venauthonx  ist;  Cru— '  Amt  d.  Ouldscbmicdc,  S.  40. 


Üiyitizeü  by  LjüOgle 


i66 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


4. ,  Schlichtes  Oblatenkästchen  von  1693,  mit  dem  Stempel  des  Baltzer 
C«to  (s.  o.  S.  1 14). 

Der  nicht  unbedeutende  Sill)erschat/  des  Klosters  musste  schon  im 
Jahre  1476  herhalten,  um  die  bei  (Jclegenhcit  der  Reformierung  des  Klosters 
im  Jahre  1467  beim  Rath  der  Stadt  gemachte  Schuld  zu  tilgen.  Der 
Prior  Johann  Brakel  hatte  einen  in  einer  Urkunde  vom  12.  Januar  1476 
näher  bezeichneten  Theil  des  Klostersilbers  nach  Lübeck  in  Verwahrung 
gegeben.  Der  Rath  liess  das  Silber  mit  Einwilligung  des  obersten  Prälaten 
vom  Dominikaner- Orden  holen  und  verwendete  es.  (Vgl.  Techcn's  Sammlung 
ungedriickter  Urkunden  im  Grossh.  Archiv  zu  Schwerin.)  Nichtsdestoweniger 
ergab  die  Inventur  von  1527  noch  einen  bedeutenden  (iold-  und  Silber- 
vorrath :  vierzehn  vergoldete  Kelche  mit  Patenen,  sechs  Appollen,  elf  Paci- 
fikalien,  zwei  Räucherfässer,  ein  Weihrauchschiffrhen,  sieben  Monstranzen, 
zwei  silberne  und  ein  mit  vergoldetem  Silber  beschlagenes  hölzernes  Kreuz, 
drei  silberne  Köpfe  (Reliquiarien),  zwei  silberne  Arme  (ebenfalls  Reliquiarien), 
zwei  Marienbilder,  eine  Krone  und  allerlei  Geschmeide.  Im  Herbst  1535 
nahm  der  Rath  aus  dem  Kloster  an  Gewicht  8 1  Mark  7  '1  Loth  und  löste 
dafür  1264  Mark  7  Schill.  I.übisch,  wovon  dem  Prior  150  Mark  abgegeben 
wurden.  Weitere  Leerungen  des  Schatzes  erfolgten  1558  und  1571.  Vgl. 
Crull,  Amt  der  Goldschmiede,  S.  28  und  33, 


Gewölt>escheibe. 


Gewölbe-  Ueber  die  schönen  alten  bemalten  und 

Scheiben,  vergoldeten  hölzernen  Gewölbescbeiben  der 
Kirche  vgl.  den  Aufsatz  von  Crull  in  der 
Zeitschr.  f.  christl.  Kunst  V  (1892),  S.  201  ff. 


1. 


m 

Siegel 

des  Dominikaner- Kunvetits. 


Siegel.  Siegel.    An  einer  Urkunde  vom  20.  März  1469  hat  sich  das  spitzovale 

Siegel  des  Dominikaner- Konvents  erhalten.  Die  Umschrift  lautet:  S'  QOM- 
VQHT'  RKffi  PRHDiaffTOR'  1«  WISflRTfKIJ?. 


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KAPEIJ.E  ST.  MARIEN  ZUR  WEIDEN  ZU  WISMAR. 


167 


Baues. 


Die  Kapelle  St  RNarien  zur  Weiden. 

(St.  Maria  sub  salice.) 

|aabeschreibung.  Die  Kapelle  St.  Marien  zur  Weiden  ist  ein  kleiner,  auf  Bcschrci- 
der  sudwcsllichen  ICckc  des  Marien -Kirchhofes  errichteter  und  mit  hung  des 
Strcljcpfcilcrn  bewehrter  gothischer  Hau,  dessen  Grundformen  ein  längliches 
Viereck  mit  von  Norden  nach  Süden  gerichteter  Längenachse  bilden.  Sein 

Acusseres  ist  ganz  und  gar 
aus  glasierten  Ziegeln  her- 
gestellt und  zeigt  Formen 
und  Verhältnisse,  die  an  den 
Chor  von  St.  Marien  und 
damit  an  die  beste  Zeit  der 
I  lochgothik  erinnern.  Ihr 
Inneres  war  mit  geputzten 
Wandflächen  ausgestattet  und 
einst  mit  tirei  Kreuzgewölben 

uberdeckt.  Die  Dienste, 
welche  ihre  Rippen  trugen, 
sind  erhalten,  es  sind  aus 
drei  Kundstäben  gebildete 
Hündcidienste,  die  auf  Kon- 
•solen  in  Form  von  Köpfen 
aus  Kalkguss  aufsetzen. 

Die  Veranlassung  zur 
Krri<  htun>;  dieses  zierlichen 
feinen   Haues,    für  dessen 
würdige  Wiederherstellung 
hnffentlich     einm.il  eine 
glückliche  Stunde  schlagen 
wird,  ist  unbekannt.  Die 
Kapelle   wird    mit  ihrem 
Vikar,   Jordanus,  im  Jahre   1324  zum  ersten   .Mal  genannt.')  Wahrschein- 
lich war  sie  damals  erst  kurz  vorher  erbaut  worden.    Etwas  über  hundert  Jahre 
später  wird  die  Kapelle,  in  der  »lie  Bantzkow'sche  Familie  .Altar  und  CJruft  besass, 
wiederum  bei  einem  Trauerakt  in  der  Stadtgeschichte  genannt.    Sie  nimmt 
nämlich  die  I.«ir-he  des  hingerichteten  Biirgenneisters  Johann  Bantzkow  auf. 
Doch  ist  sein  Grabmal   nicht   mehr  erhalten.    Eines  Glockengusses  wegen 

')  M.  U.-H.  4551. 


K«p«Ilc  S(.  Marien  zur  Weiden. 


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i68 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


wurde  die  Kapelle  ausgeräumt  und  der  Leichenstein  nach  St.  Marien  ge- 
bracht, wo  er  nicht  mehr  zu  finden  ist.  Vgl.  die  Chronik  des  Joh.  Werk- 
mann im  M.  Jahrb.  LV,  S.  120  mit  Anmkg.  zu  Z.  9.  Schröder,  Pap. 
Meckl-,  S.  1778.  Gegenwärtig  ist  die  Kapelle  durch  eine  Scherwand  in 
zwei  Theilc  getheilt  und  dient,  ihren  einstmaligen  Zwecken  entfremdet,  als 
Schuppen  zur  Aufbewahrung  von  allerlei  Geräth. 


Die  Kirche  der  Grauen  Mbnche. 

ßeschrei-   BE^aubeschreibung.    Die   Kirche   der   Grauen   Mönche,    minderen  Brüder, 
bung  des   "'"^    Minoritcn  oder  Franziskaner,  von  der  heute,  ausser  spärlichen  Resten 
Baues.  südlichen  Chorwand,  nichts  mehr  vorhanden  ist,  war  eine  dreischiflige 

Kirche  mit  angesetztem  einschiffigen  und  polygonal  geschlossenen  Chor.  Der 


Ehemaliges  letztes  Gebäude  vom  Kloster  der  Grauen  Mönche: 
Die  lateinische,  besser  Grosse  Stadt -Schule,  abgebrochen  1891/92. 


schlichte  Wcstgicbel  der  Kirche  war  auf  jeder  Seite  durch  einen  Windelstein 
flankiert.*)  Heute  ist  der  Platz,  auf  dem  sich  ehemals  der  Chor  erhob  und 
in  dem  sieben  Mitglieder  des  mecklenburgischen  b'ürstenhauses  ihre  letzte 
Ruhestätte  gefunden  hatten,  ein  Garten. 

Die  Franzi-skaner  kommen  im  Jahre  1251  nach  Wismar  imd  bauen 
sich  eine  Kirche.  Diese  wird  1283  durch  eine  neue  ersetzt,  wobei  der 
Ritter  Helmold  von  Plessen  die  Mittel  zum  Chor  und  die  Fürstin  .Anastasia 
die  zum  Schiff  der  Kirche  hergiebt.  Vgl.  olicn  S.  3,  .\nmkg.  2.  Seinen 
Abschluss  aber  findet  dieser  Bau  erst  im  XIV.  Jahrhundert,  wenn  eine  zu 
kritischen  Erörterungen  Anlass  gebende  Nachricht  bei  Latomus  (Wcstphalen, 
Mon.  ined.  IV,  S.  302  und  Schröder,  Pap.  Meckl.,  S.  1386)  richtig  ist,  nach 

')  Crull,  M.  Jahrb.  I.VI,  S.  25.  Hier  muss  1816  für  1810  gelesen  werden.  Auch  ist  die 
Angabe  Uber  den  Abbruch  des  Krcurganges  ein  Versehen.  Vgl.  die  folgende  Seite  und  Crain, 
M.  Jahrb.  VI,  S.  101^,  Anmkg.  t. 


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KIRCHE  DER  GRAUEN  MÖNCHE  ZU  WISMAR. 


169 


welcher  der  im  Jahre  1.555  K'fstorbene  Bischof  Volrath  von  Ratzcburg  diese 
»jetzt  völlig  ausgebauetc«  Kirche  einweihte.  An  der  Thatsache  selbst  braucht 
nicht  gezweifelt  zu  werden,  nur  kann  sie  dann  nicht  nach  1355,  wie  Latomus 
und  Schröder  angeben,  stattgefunden  haben,  sondern  muss  vorher  vollzogen 
sein.')  Später  hört  man  von  KaiK-ll(  ii;iii!i;iiiten  auf  der  Südseite  derKinhc.*) 
In  der  Zeit  der  Keformation  erhebt  hier  der  Guardian  Heinrich  Never  seine 
Sthnme  im  Simie  der  neuen  Lehre,  wie  oben  S.  17  erzählt  worden  ist  Vgl. 
auch,  was  dort  Uber  den  Schluss  des  Klosters,  der  Kirche  und  des  Kirch- 
hofes bemerkt  worden  ist.  Die  latemische  Schule  blüht  in  den  alten  Mauern 
Mlf.  Im  Jahre  1809  wird,  angeblich  wegen  Baufälligkeit,  der  Konsens  zum 
Abbnich  der  Kirche  erwirkt  Uld  dieser  sieben  Jahre  später,  181 6,  durch- 
geführt. Der  Rest  des  Kreii/ganges  fällt  1839.')  Die  einzige  Glocke,  die  das 
Kloster  hatte,  war  schon  1819  an  die  Kirche  zu  Proseken  verkauft  worden.*) 
Wie  die  Kirche  des  Schwanen  Klosten,  so  hatte  auch  die  Kirche  der 

Grauen  Mönche  einst- 
mals  ihre  historischen 
Intdbfiften.  Es  waren 
Nachrichten  vom  Jahre 
7751  bis  zum  Jahre 
1 3 1 8.  Das  Kirchen- 
buch des  Klosters  hat 
sie  in  Abschriften  be- 
wahrt, und  sie  sind 
abgedruckt  bei  Crain, 
M.  Jahrb.  VI,  S.  100  ff. 
sowie  stückweise  im 

M.  Urkundenbuch 
669.  1656.  2022. 
2126.  3714.  ;,S,S7. 
Auch  nahm  die  Kirche 
noch  nach  1590  das 
Epitu])!!  des  um  Jo- 
hannis des  genannten 
Jahres  ventorbenen 
Otto  von  der  Lfihe 
auf.  1840  war  es 
im  Privatbesitz ,  ist 
seitdem  aber  ver- 
schwunden. Vgl.  die  Abschrift  seiner  lateinischen  Distichen  bei  Crull  und 
Techen,  M.  Jahrb.  LVI,  S.  130. 

Von  den  ehemaligen  f&ntlidien  GrSbem  giebt  es  keine  Spur  . mehr.  Es 
rvhten  hier  Johann  m.,  Sohn  Heinrichs  I.  (des  Pilgers)  von  Mecklenbuix, 


Pisa  des  ebenuli^  Gnoen  Kloaten. 


Graumönchen-Kirchhof. 
Directorhins. 


C.  (Irosae  Stadt-Schule. 

D.  Gewcrb«-Schulc. 


K.  Tiuiiplats. 
F.  Garten. 


')  Vielleicht  1348,  wonuu  Latomus  1358  und  1360  gemacht  haben  könnte,  während 
Sd»5d<r  tm  dem  Zwfaspah  des  Lstoem  twisehen  1358  und  1360  die  Zahl  1359  acfaoC 

*)  Vgl.  Tcchen's  Sammlnog  ungednickter  Ufkttnden  im  Gmeab.  Aichhr,  Urk.  von  3.  Min 

I4II,   II.  März  1414  und  4.  Scptcmbor  1416. 

*)  Vgl.  Crain,  M.  Jahrb.  VI,  S.  99 If.,  besonders  S.  109,  Anm.  I. 

*)  Verbandlungen  1827.  Tit.  IV,  Vol.  35  [T]'  I"  Verhandlungen  kt  bezeugt,  dau 
Altargerith,  Ktonlenchter,  Wandanne  und  andere  Leuchter  bei  Abbrach  da  Kind»  niebt  nebr 
vorhanden  waren.  Der  Verkauf  der  Glocke  nach  Proeeken  ergiebt  aicb  ans  den  Redinangen 
1818/19. 


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AMTSmiCaiTSIIBZIRK  WISMAR. 


-7-37.  Mai  1389;  Beatrix  von  Brandenburg,  erste  Gemahlin  Heinrichs  II.  (des 
I-öwen),  •}•  33.  Septeml)er  1314',  Anastasia  von  Pommern,  Wittwe  Heinrichs  des 
Pilgers,  15.  März  1317;  Heinrich,  f  1321  und  Anastasia,  f  133 1  (oder 
bald  nachher),  beide  Kinder  HdnridM  des  Löwen;  Anna  von  Sachsen, 
zweite  Gemahlin  Heinrichs  dos  T  öwen,  -j-  32.  November  1327.  Ltitgard, 
Tochter  Johanns  III.  von  Mecklenburg,  Wittwe  des  Grafen  Gunther  III.  von 
Lindow- Ruppin,  f  1353.  Vgl.  Crain,  M.  Jahib.  VI,  S.  107  —  »4.  Wigger, 
M.  Jahrb.  L,  S.  343. 

Das  Verzeichniss  des  rioldes  und  Silbers  im  Kloster,  das  1530  auf- 
genommen wurde,  ist  verloren  gegangen.  Doch  waren  nach  Heinrich  Never's 
Angabe  1535  noch  neun  Kddie,  swet  Appollen,  zwei  Pacifikalien,  ein 
Weihraurhfass,  zwei  Monstranzen,  ein  grosses  silbernes  Marienbild  auf  silbernem 
Fuss  und  eine  silberne  Maria  Magdalena  vorhanden.  1535  und  1545  gingen 
auch  diese  Schätze  in  den  Schincktiege].  Vgl.  Cntll,  Das  Amt  der  Gold- 
schmiede, S.  «9  und  33. 


Ehemalige  IDeber  die  ehemalige  Bantzkow'sche  Siibnkapelle  (s.  o.  S.  1 6) ')  geben 
Kapdien.  m^M   wir  hier  den  ebenso  lesenswerthen  wie  beherzigcnswerthen  Abschnitt 

von  Dr.  Crull  in  I)r    Techens  Abhandlung  über  die  Wismar  sehen  Unruhen 

im  ersten  Drittel  des  XV.  Jahrhunderts,  M.  Jahrb.  LV,  S.  59  ff.,  Anmkg.  4: 

iDie  St.  Maria,  St.  Elisabeth,  St. 

Benedict  und  AUen  Heiligen  ge- 
weihte,   '433,   März  i,   als  gebaut 

beseogte  Kapelle  lag  im  Nord- 
westen der  Marienkirche  nach  Negen» 

Chören    zu,   dem  Hause  Lübsche 

Strasse  Nr.  28  gegenüber,   so  dass 

zwischen   diesem  und  der  Kapelle 

ein  Hof  war.   Von  dem  Grundstück 

lAibschc   Strasse    Nr.  30    ging  ein 

Garten  an  der  Westseite  der  Kapelle 

Us  rar  sQdlicheD  Fassade  derselben 

auf    den    Kirchhof    hinaus.  Ein 

neuerdings  gelegter  Granitkubus  be- 
stimmt die  Ostseite.    Die  Kapelle 

bildete  ein  richtig  orientiertes  Ung- 

lirhes    Rechteck     von     zwei  (|ua- 

dratischcn  Gewölben  mit  einem  ab- 

gewalmten  Satteldache.   Der  ösülche 

('.ewölbfraum  hatte  allein  drei  Seiten- 
fenster und  zwar  dreipfostige,  der 

westliche  nur  an  der  Schmalsdte  ein 

Fenster,  während  nach  Süden  und 

Norden  Pforten  waren,    l^nter  dem 

Dachgesimse    war    ein    Fries  von 

glasurten  Vierplssen  (»Kreussteinenc) 


')  Im  Vollumund  hiess  sie:  Bantschowen- 
Kapdr.    Thalslelilieh  ww  m  lagleich  «adi 

Sshiikapelle  zu  Ehren  des  hingniditaten  Hinrlk 
van  Haren.    S.  oben  S.  16. 


Banltkow  schc  äUhnkapelle. 


Üiyitizeü  by  Ljü 


EHEMALIGE  KAPELLEN  ZU  WISMAR. 


171 


angebracht.  Die  Schmiegen  der  Fenster  und  Pforten  waren  mit  Stäben  ge- 
gliedert  Die  Dienste  bestanden  aus  drei  Stäben,  von  denen  der  mittlere 
etwas  vurtrat^  ihre  Kapitale,  Kupte  aus  Kalkguss,  werden  nuch  im  Museum 
aufbewahrt.  In  dieser  Gesbüt  hat  die  Kapelle,  an  der  Ostseite  allerdings 
geborsten,  sonst  jedoc  h  in  Iiaulichcm  Stande,  bis  i  S50  gedauert.  Der  S(  baden 
war  nach  dem  Gutachten  sowohl  des  Landbaumeisters  Schumacher  wie  des 
Baumeisters  Thormann  mit  50  Thalem  zu  reparieren,  wahrend  der  Sach» 
verständige  des  Departements  der  gcistlirhen  Hebungen,  Maurer -Aeltester 
Sorger,  die  Kosten  auf  500  Thaler  .ans(  hing  tind  ein  iK  tiat  hbarter  Industrieller, 
welchem  sie  im  Wege  war,  die  Baufälligkeil  der  (nachher  nur  mit  schwerer  Mühe 
niedergelegten)  Kapelle  nicht  aufhlhrte  aussurufen.  Der  Bau  sollte  fallen  und 
fiel  trotz  der  ]'.Lrmi!umgcn  sämmtlirher  Prediger  und  einer  Anzahl  namhafter 
Bürger  und  i:jnwohner  und  zwar  ohne  oberbischöfliche  Einwilligung,  weshalb 
der  hodisefige  Grosshersog  der  Behörde  sein  AllerhAdistes  Mfoällen  m* 
verhalten  sein  Hess.  —  »433»  März  i,  wurden  dem  Vertrage  gemäss  jährlich 
40  Mark  Lüb.  für  die  Vikare  auf  die  Kämmerei  angewiesen.  1436,  Juli  2, 
bestätigte  Bischof  Paridam  von  Ratzeburg  Kapelle  und  Vikareien  und  be- 
stimmte zugleich  das  Verhältniss  der  Vikare  zu  dem  Pfarrhcrm  zu  St.  Marien. 
—  Eine  Reihe  der  Vikare  findet  man  in  Anschhi'^s  an  die  Chronik.  —  Bei 
der  Inventarisierung  1530,  August,  (CruU,  Goldschmiede,  S.  28)  fand  man  in 
der  tBandnchowen  Cappellen«  t  kdch  mid  i  patenen,  voisuldeLc  V^. 
dazu  M.  Jahrb.  LV,  S.  45,  Amnkg.  i. 

.  Die  vnn  dem  Rathmann  Gottschalk  Witte  gestiftete  Kapelle  zu  Ehren 
des  Leidens  Christi,  der  hl.  Jungfrau,  des  hl.  Nikolaus  und  der  hl.  Katharina 
«if  den  Kirclilwf  St.  IfflioM  (Testament  vom  4.  Deoember  1383)')  stand 
noch  um  die  Mitte  des  XVL  Jahrhunderts:  Vebenicht  iil>or  die  Lehne  in 
St  Nikolai:  in  der  cappelle  vppem  kerchaue  .  possesaor  olim  D.  Erasmus 
Vedderman,  modo  filius  l'laten. 

Ucbcr  die  mit  dem  Doberaner  Huf  verbunden  gewesene  Kapelle 
(M.  U.'B.  4563.  5499)  ist  nichts  mehr  zu  ermittehi.    Der  von  den  Hersögen 

s.'tkularisierte,  zeitweise  an  Ritter  Sj)cdt  vergebene,  sjjater  an  Ulfsparre  (s.  o.  S.  68) 
und  Mevius  (s.  o.  S.  50},  endlich  1670  an  die  Stadt  verkaufte  Hof  lag  im 
Kirchspiel  St.  Nikolai  an  der  Mflhlenstrasse  (M.  U.-B.  3541,  Anmkg.).  Im 
Jahre  1320  hatte  das  Kloster  mit  dciii  Pfarrherm  von  St  Marien  wegen 

Baues  einer  Kapelle  einen  Streit.    \  gl.  M.  U.-B.  4169. 

Die  ehemalige  Kirche  in  dem  nicht  mehr  vorhandenen  Ort  Alt- 
Wismar  und  die  im  letzten  Viertel  des  XV.  Jahrhunderts  an  ihrer  Stelle 
erbaute  und  dem  Piarrherm  zu  Hornstorf  zugewiesene  Kifalle  snm  hl.  Kreuz 
hat  Olli!  im  Jahrb.  XLI,  S.  120 — 126,  130 —  150,  erschöpfend  be- 
handelt. Vgl.  auch  M.  Jahrb.  LV*^!,  S.  26.  Die  Kapelle  wurde  1563  ab- 
gebrochen, und  mit  Genehmigung  des  Hersogs  Ulrich  verwandte  man  iiue 
Materialien  zum  Bau  dvr  t  rsu-u  W  n^st-rkunst  •  vor  dem  Altwismar-Thor. 
Alt-Wismar  hat,  nach  CruU's  Untersuchungen,  in  dem  Winkel  gelegen,  der 
sOdÜch  von  der  vordoen  Vlöte  und  wesdidi  vcmi  Müfaltdch  begrenzt  wird. 
Mit  der  Parochie  Hornstorf  verbunden  gehärte  es  mit  zum  Bisthum  Schwerin. 
Vgl  Crull,  l.  c,  S.  125. 

Länger  hat  si(  h  <!ic  zu  der  T  eproserie  gehörige,  dem  .Apostel  Jacobusd.  \. 
geweihte  Kapelle  vor  dem  Lübschen  Thor  erhalten.  Iiis  ^um  Jahre  1631, 
in  dem  sie  eingeäschert  wurde,  hielt  man  in  ihr  Gottesdienst.  VgL  Crull, 
M.  Jahrb.  XLI,  S.  125,  Anmkg.  43  und  LVI,  S.  a6. 

*)  Bd  Schrtider,  Pap.  Meckl.,  S.  1540,  unter  üUsebcr  Jahresuhl. 


173 


AMTSGBRICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Siegd. 


Die  Klause  vor  dein  Merklcnburgor  Thor  gehörte  na( 
Urkunde  vom  a.  November  1467  zum  Kirchspiel  Lübow. 
gebiradien  woid^  ist  nidit  bekannt.  In  dem 
Eirdien-Visitatioiisprotokoll  von  1542  wird  sie 
noch  als  zu  Lübow  gehörig  aufgeführt;  in  dem 
vom  24.  April  1583  kommt  sie  nicht  mehr 
vor.  Vfl^  Crull,  H.  Jahrb.  XLI,  S.  118;  S.  125, 
Anmkg.  43;  S.  137. 


Siegel. 

I.  SpUzovales  Siegel  der  minderen  Kalands- 
brudersdutft  mit  der  Umsdirift:  S*  *  RRKTRVSQ  » 

An  Urkunden  vuni  22.  Mur;c  1419  und 
16.  AogOBt  1456. 


Ausweis  einer 
Wann  sie  ab* 


Sb|d. 


2.    Spitzovales    Siegel    der    Marien-  und 
Gertruden- Bruderschaft  mit  der  Umschrift:  i  fcat*tlitati#  *  fitt  l  tlMde  * 

et  ggectctititl  :  b*gni^  -f 

An  dner  Urkunde  vom  ao.  December  1481« 


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AUf  J>i:l.ulc  711  \\  |-r:i;»r  (vor  Oer  Kt^'Un'.tJUii'H  . 


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rROFANBAUTEN  ZU  WISMAR. 


Profanbauten. 


|ic  in  Rostock,  so  haben  sich  auch  in  Wismar  verschiedene  IVofanbauten 
aus  der  Zeit  des  Mittelalters  erhalten,  von  denen  jetzt,  nachdem  überall 
in  Magistraten  und  Hür{^erschaften  das  Hcwusstsein  der  V^erpflichtung  zur 
Rettung  dieser  kostbaren  Dokumente  erwacht  ist,  hoffentlich  keine  mehr  ver- 
loren gehen  wird. 

Allen  voran  steht 
die  Alte    Schule    bei  .\ltc  Schule. 
St.  Marien,  die  geradezu 
als  ein   kleines  Juwel 
des  hochgothischen 
Stiles  bezeichnet 
werden   kann.    Ks  ist 
ein    Hack.steinbau  aus 
rothen  und  dunkelgrün 
glasierten  Ziegeln  mit 
reicher  Anwendung  von 
l'^ormsteinen.  Leider 
Ist  vor  vierzig  Jahren 
dem    jetzigen  Musi- 
kantenhause  zu  Liebe 
ein   Theil    des  merk- 
würdigen alten  Mau.ses 
abgebrochen  worden. 
Der  jetzige  Ostgiebel, 
der  dem  westlichen 
Hauptgiebel  des  trotz 

seiner  Verkürzung 
immer  noch  lang  ge- 
nug erscheinenden  alten 
I  lauscs  etwas  mehr  ent- 
spricht, hatte  früher 
eine  andere  Gestalt, 
er  war  ein  schlichter 
dreiseitiger  Giebel  mit 
flinf  einfachen  Blenden 

im  Spitzbogenstil.  An  der  südlichen  l-'assade  ein  I'Vies  von  vier  in  ein  Quadrat 
zu.sammengcfiigten  Dreiblättern,  wie  man  ihn  ganz  so  am  ersten  Geschoss  des 
noch  ins  XIIL  Jahrhundert  zu  setzenden  Thurms  von  St.  Marien  sieht,  auf 
der  Nordscite  ein  anderer,  der  eine  Reihe  neben  einander  aufrecht  gestellter 


Alte  Schule. 


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AMTSGERICHTSnEZIRK  WISMAR. 


J 


I  « 

Uli 


Kleeblätter  zeigt.')  Dem  XIII.  Jahrhundert  wird  somit  auch  die  Alte  Schule 
angehören.  Abgesehen  von  den  .schönen  Verhältnissen  der  Spitzbogenblenden 
und  ihres  Maasswerks  im  westlichen  Giebel  liegt  auf  den  Langseiten  ein  grosser 
Reiz  in  der  Ordnung  der  durch  Stichbögen  verbundenen  Pila.ster,  ferner  in 
dem  schmuck- 
reichen Fries 
zwischen  Unter- 
und  Oberstock, 
sowie  ganz  be- 
sonders in  der  Be- 
krönu  ng  des  Ober- 
stocks mit  einem 
Zinnenschmuck, 
der  auf  offenen 
Stichbögen  ruht, 
unter  denen  das 
Dach  nach  unten 
hin  vorstrebt  und 

durch.schiesst. 
Vgl.    den  ähn- 
lichen Schmuck 

an  St.  Nikolai 
o.  S.   124.  Seit 
der  im  Jahre  1 8M0 
durch  den  I^nd 
baunieister  Ha- 
mann in  Magenow 
geschmackvoll 
durchgeführten 
Restauration  de.s 
Baues,  der  in  eine 

arge  Verwil- 
derung gerathcn 
war,  nachher  aber 
als  Museum  der 
Stadt  eingerichtet 

worden    ist     hat  Kapellane!  unserer  lieben  Frauen, 

der  Eindruck  des  Ganzen  ausserordentlich  gewonnen.*) 

Kapellanei  Von   ähnlichem   Reiz    ist   die   Kapellanei   unserer    lieben  Franeo. 

unserer     >fur  wechseln   hier   rothc  und   schwar/glasierte  Ziegel.    Der  Kleeblattfries, 
lieben  _^ 

Präuen. 

')  So  auch  in  einer  weniger  schünen  Form  naclißebildct  von  Hermann  von  Münster  «n 
St.  Nikolai  und  St.  Jttrgen.  —  M.  U.-U.  2444. 

*)  Vgl.  Crull,  M.  Jalirb.  LVI,  S,  27.    Wochenblatt  f.  Arch.  «.  Ing.  IV,  m  48. 


3fti 


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PROFAMBAUTEM  ZU  WISMAR. 


Zimm  der  Sndhall«  u  St.  NIkohi. 


welcher  beide  Stockwerke  trennt,  ist  den  von  Hermann  von  Minister  bei 
St.  Nikolai  und  St.  Jürgen  angewendeten  Friesen  ähnlich  und  gestattet  somit 

den  Schluss,  dass  das  Haus 
der  Mitte  des  XV.  Jahr- 
hunderts angdUkt.  Leider 
musste  bei  Gelegenheit  der 
im  Jahre   1885  mit  grösster 

( iewissenhaftif^keit  durch- 
geführten Restauration,  bei 
der  sidi  atidi  fiir  die  Ge- 
staltung des  ZinnenschmuclKs 
die  sichersten  Anhaltspunkte 
ergaben ,  der  Hintergiebel 
des  Hauses  wegen  fehlender 

Mittel  unberücksichtigt 
bleiben.') 


Architektonisch  nicht  so  bedeutsam,  aber   in  hohem  (irade  poetisch 
wirksam  ist  die  aus  drei  stufenweise  an  einander  gesetzten  1  läusern  bestehende 


Pfarre  von  St.  Marien.  Der  vorspringende  gothisclie  Ilauptbau.  der  von  Pfarre  von 
grosser  Einfachheit  ist,  dessen  bauliche  Behandlung  aber  auf  die  Spatgothik  St.  Manen, 
um  die  Wende  vom  XV.  zum  XVI.  Jahrhundert  hinweist,  ist  mit  einem  zurttdc- 


0  Vgl.  Crall,  M.  Jalub.  LVI,  S.  aS. 


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AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


stehenden  jüngeren  Bau  von  1576  verbunden,  dessen  Giebd  durch  tiorizontale 
Gesiiii^nder  ab  Erzeugniss  der  Renussance  gekemuachnet  ist  Der  dritte 
Theil  des  Pfarrhauses  ist  ein  Fachwerkbau.  Im  Saal  des  Haupthauses  ein 
unter  Tünche  verborgener,  jetzt  aber  durdi  Kraufe  hergestellter  Todtentanz. 

Der  Stifter  dieses  Todtentanzes  ist,  wie  CniU  vermuthet,  der  im  Jahre  1494 
als  rfarrherr  zu  St.  Marien  erscheinende  Doctor  Dccretorum  (Doctor  des  geist- 
lichen Rechtes)  Johannes  Brügge,  Sohn  eines  W'ismar'schen  Rathmannes  und 
vorher  Professor  zu  Greifswald.  Er  war  ein  wohlhabender  Mann,  dessen 
Mittel  es  gestatteten,  sdnem  Hause  eine  kttnstlerisdie  Ausstattung  zu  geben. 
In  seinem  Testament  (er  starb  1515,  vgl.  Grabstein  bei  Crull  und  Techen, 
M.  Jahrb.  LIV,  S.  120,  Nr.  11)  ist  wiederholt  von  einer  antiqua  domus  der 
Wcdem  die  Rede.  Das  setzt,  wie  Tcchcn  richtig  bemerkt,  eine  nova  domus 
voraus.  Diese  nova  domus  kann  damals  nur  der  hier  genannte  gothische 
Hauptbau  sein.') 

Rathhaus.  Von  dem  Rathhaus  des  Mittelalters  ist  nicht  mehr  viel  sichtbar.  Das 

ganz  alte  Rathhaus  (consistonuni,  theatrum)  brannte  1350  nieder.  S.  o.  S.  13. 
Das  darauf  wieder  aufgebaute  Haus  bestand,  wie  die  alten  gestodtenen  Stadt* 
ansichten  nothdfirftig  erkennen  lassen,  aus  dnem  vermuthlich  zweigeschossigen 
Hause,  dessen  Langseite  der  Marktseite  zugekehrt  war  und  bei  dem  der 
Schwerpunkt  architcktouisclicr  Kunst,  wenn  die  Zeichnungen  nicht  trügen,  in 
die  Giebel  verlegt  gewesen  sein  muss.  Der  ganze  westliche  Theil,  der  markt- 
wärts  vor  der  Langenfassade  vorsprang,  war  wie  in  Lübeck  ganz  aus  schwarz- 
glasierten Ziegeln  hergestellt.  Sein  Erdgcschoss  bestand  aus  einer  Halle  von 
zwölf  Kreuzgewölben  in  zwei  Reihen.  Diese  Halle  ist  noch  völlig  erhalten, 
aber  ginzlidi  verbaut.  Auch  der  schöne  Keller  unter  dem  Langsbau  ist, 
wenn  auch  durch  Barca's  Neubau  bednträchtigt,  erhalten  geblieben.  Der  bc 
deutendste  Theil  des  alten  Rathhauses  wird  übrigens  die  Westseite  mit  Halle 
und  i'Lövemng«  gewesen  sein.  Als  besondere  Lokalitäten  mi  Keiler  werden 
1458  das  «neue  Gelage  und  1465  die  ^^Rose^  genannt.  Um  iOoo  finden 
bauliche  Veränderungen  statt,  wobd  dem  Gesdunadc  der  Zeit  durch  Um- 
.  Wandlung  gothischer  Giebel  in  Renaissance -Giebel  Rechnimg  getragen  wird. 
Die  heutige  Fas.sade,  ein  etwas  schwerer  Bau  classicierenden  Stils  von  Barca 
aus  den  Jahren  1817  19  hat  mit  allem  Alten  gründlich  aufgeräumt.  Wa.s 
noch  an  Gewi  »Iben  uiul  aiuU  rem  Mauerwerk  im  westlichen  Theilc  erhalten  ge- 
bUcbcn  ist,  lässt  die  Tüchtigkeit  und  Schönheit  des  Ganzen  ausreichend  ahnen. 

Das  Rathhaus  umfasst  ausser  anderen  Räumen  einen  grossen,  von 
Michaelsen  dekorierten  Audienzsaal,  femer  birgt  es  das  Archiv,  die  Raths- 
bibliothek,  sowie  dne  Sanmilung  Wismar'scher  Münzen,  die  von  Andersen 
angel^  ist") 

Kaak.  Der  KMk  auf  dem  Maikte  ward  1799  w^gebrochen. 

')  Vgl.  Crull,  M.  Jahrb.  LVI,  S.  aS.  —  Derselbe,  N«chricht  von  einem  TmItcnUnz  in 
Wbinor,  S.  3  ff.,  7. 

>)  Vgl.  Cnill.  M.  Jahfb.  XXXm,  S.  4«  ff.  «ml  LVI,  S.  S9. 


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PROFAN  BAUTEN  ZU  WISMAR. 


»77 


Bude  hinter  dem  Kaihbaut. 


Hude  am  Markt. 
(Ehemalige  Kärainereidicncr  -  Wuhnung.) 


Von  den  alten 
Budenreiben,  die 

einst    die  Nord- 

und  Westseite 
des  Marktes  ein- 
säumten, von  der 
Stadt  vermiethct 
wurden  und  später 
nach  und  nach  in 
Privatbesitz  über- 
gingen, ist  wenig 
erhalten :  von 
einer  noch  die 
dem  Hof  des  Rath- 
hauses zugekehrte 
Rückseite.  Sic 
gehört    zu  den 
»Schusterbuden«. 

Westlich  an  die.se  Buden, 
nur  durch  den  sog.  Schwib- 
bogen, einen  Durchgang,  von 
ihnen    getrennt,   stösst  die 
ehemalige   Wohnung  des 
Kämmereidieoers,  gleich- 
falls   eine    liude,    die  ein 
besseres  Bild  von  dem  ehe- 
maligen  Zustande  dieser 
kleinen  Räume  giebt  als  die 
erstgenannte.') 

An  diese  stös.st  die 
Raths-Apotheke,    ein  mo- 

tlernisicrtes, ursprünglich  aber 
sehr  hübsches  Giebelhaus,  das 
die  alten  Formen  noch  er- 
kennen lässt. 

Von  gothischen  Giebel- 
häu.sern,  deren  Dr.  Crull 
seiner  Zeit  noch  fiinfund- 
dreissig  zählte,  giebt  es  heute 

')  Vgl,  Crull,  1,  c,  S.  30,  wo 
auch  vort  aiiiltrren  «Buden«  die  Rede 
ist,  die  erst  in  unserer  Zeit  ver- 
ächwiiixlcn  siitd. 

18 


Buden- 
reihen. 


Schwib- 
bogen. 

Kämmerei- 

diener- 
wohnung. 


Raths- 
.A|M)theke. 


(lothische 
Giebel- 
häuser. 


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178 


AMTSGERICHTSUF.ZIRK  WISMAR. 


Portale 


kaum  noch  die  Hälfte.  Aber  auch  die  noch  vorhandenen  zeigen  ihre  ursprüng- 
liche Gestalt  nicht  mehr  ganz.  Von  gleiclicr  Kon.struktion,  die  an  die  der 
Häu.scr  am  Schilde  in  Rostock  anklingt  (Hd.  I,  S.  259),  sind  der  sog.  »alte 
Schwede«  am  Markt  (Sr.  20, 
21)  und  das  Wädekin'sche 

Haus   in   der  Altwismar- 
ätrasse  (Nr.  20).    Die  An- 
ordnung acht.seitigcr  Pfeiler 
am    Giebel    und    die  liin- 
spannungvon  wimpergartigen 

Lichtöffnungcn  zwischen 
diese  Pfeiler  sind  das  Cha- 
rakteristische beider  Häuser, 
die  in  dieser  Beziehung  mit 
den  dem  Ende  des  XV^. 
Jahrhunderts  angehörenden 
beiden  sclimuckrcichcn  An- 
bauten von  St.  Marien  und 
St.  Jürgen  übereinstimmen. 
Weiter  sind  zu  nennen 

die    Häu.scr:  Altwistnar- 
Strasse  8,  19,   23;  Dank- 

wart's- Strasse  8,  15; 
LUbsche    Strasse   29,  68, 


70;  Hinterm  Chor  6; 
Bor- Strasse  13  (mit  gutem 

i  lintcrgicbel);  Mecklen- 
burger Strasse  12  und  24 

(beide    mit    gutem  Hinter- 
giebel);  Sptegelberg  50; 
Hinterm   Rathbaus  5^  21. 
lunen  sehr  schönen, 
wenngleich  einfach  ge- 
haltenen   Giebel    halle  das 

Haus   Nr.   13    in  der 
Altwismar  -  Strasse;    er  ist 
vor  einigen  Jahren  nieder- 
gelegt. 

Min  mächtiges  spitz- 
bügigcs,  jederseiLs  von  einer 
schlanken  .Nische  begleitetes 
Portal  mit  einem  \'ierpass- 

Fries  darüber  findet  man 
Papen  -  Strasse  2   (Hof  der 


Raths- Apotheke. 


l'orinl  Piijicn- Strasse  2. 


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LUbsche  Strasse  /u  \N  isin^^r. 


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i8o 


AMTSG F.RI r I ITSBF.ZI R K  \V ISNf A R. 


AkwUniar-  Strasse 


Wädokin'sches  Haus  (AUwismar- Strasse  20^.  ]{interm  Chor  6. 


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l82 


AMTSGEKICHTSBEZIRK  WISMAR, 


Dankwan's»  Strasse  15. 


An  der  Frisclien  Cirulic. 


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PküFANBAUTEN  ZU  WISMAR. 


Lubsche  Süra;>se  29. 


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PRüFANHAU  l  EN  ZU  WISMAR. 


185 


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i86 


AMTSGERICHTSBBZIRK  WISMAR. 


Antonitcr  von  Tempzin),  ein  anderes  {jotliischcs  Portal  sieht  man  noch 
Schütting  -  Strasse  2.  Einen  prächtigen  alten  I-Vies  von  den  >  Laucnbudenc 
(Leinweber -Buden)  an  der  Westseite  des  Marktes  hat  der  verstorbene  Bau- 
meister Heinrich  Thormann  seiner  Gartenmauer  eingefügt. 

FibBtenhof.  Unter  den  Bauten  des  XVL  Jahrhunderts  steht  der  Plntenhof  obenan. 

Er  besteht  aus  zwei  Haupttheilen,  dem  altes  und  dem  neaen  Hof. 

Alter  Hof.  Unter  dem  alten  Hof  ist  der  der  Kirche  St.  Jürgen  zugewandte  west- 

liche l'lugcl  zu  verstehen,  ein  noch  in  jiingsler  Zeit  nicht  gerade  verständniss- 
voU  umgeänderter  zwdstöckiger  Bau,  den  Herzog  Heinrich  bei  Gel^nheit 
seiner  Vermählung  mit  der  Prinzessin  Helena  von  der  PTalz  von  i$  i2  auf  1513 
auffuhren  Hess.')  Ob  und  wieviel  noch  von  dem  alteren  l'ürstenhof»  der 
von  den  Zeiten  Heinrich's  des  Pilgers  allerlei  Schicksale  erlebte,  z.B.  1 3 1 1 
eine  Verwüstung  durch  die  feindlichen  Ko.stocker,  in  diesen  Bau  aufgenommen 
worden,  lässt  sich  heute  nicht  mehr  feststellen.  Statt  des  alten  Windelsteins 
fuhrt  jetzt  eine  mächtige  gerade  Treppe  von  einem  der  beiden  gesonderten 
Eingänge  auf  der  Ostseite  her  in  den  oberen  Stock.  Das  alte  Gesims, 
welches  das  äusserlidi  besser  erhaltene  obere  Stodcwerk  vom  unteren  schied, 
ist  ohne  zwingende  Gründe  abgehackt  worden.  Auch  hat  man  die  letzten 
Spuren  gothischcr  Fensterbögen  bei  dieser  Gelegenheit  verwischt.  Nicht 
ohne  Interesse  aber  bleibt  noch  heute  eine  Reihe  schöner  Kreuzgewölbe  im 
unteren  Stock,  nur  ist  ihre  Wirkung  durch  Einbauten  leider  stark  beeinträchtigt 
wofden.  Dieser  ahe  Hof  VfSüt  es,  von  dem  ans  der  oben  S.  71  genannte 
verdeckte  Gang,  der  1743  abgebrochen  wurde,")  zum  fürstlichen  Chor  nach 
St  Jüigen  hinüberfiihrte. 

Die  Aufsicht  über  den  Bau,  über  den  Lisch,  1.  c,  alle  Nachrichten 
gesammdt  hat,  filbrte  der  Priester  Hemrich  Stolp,  Vikar  an  St.  Marien,  fürst- 
lidier  Kaplan  und  Pfarrlu-rr  \on  T-iibow.  Der  in  den  fürstlichen  Rcnterci- 
rechnungen  bei  dieser  Gelegenheit  genannte  »neue  Bauiueisterc  heisst  immer 
kurzweg  nur  Georg,  der  Maurermeister  Ertman  oder  Ertroar  Boeth  oder  Bot. 
Die  Fenster  lieferte  der  Glaser -Meister  Gerdt  zu  BUtzow  und  die  Steine 
kamen  aus  der  Ziegelei  des  Frohstes  von  Neukloster. 

Neuer  Hof.  Den  neuen  Hof,  der  sich  an  den  el>en  erwähnten  alten  Hof  in  rechtem 

Winkel  ansdiliesst  und  dessen  Hauptfassade  nach  Norden  gerichtet  ist,  baute 
der  Henog  Johann  Albrecht  von  1 553  auf  1 554  Air  seine  bevorstdiende  Ver 
mählung  mit  der  preussischen  Prinzessin  Anna  Sophie,  die  er  am  24.  Februar 
1555  heimführte  Der  Platz  war  nicht  frei,  siindcrn  es  stand  hier  ein  im 
Jahre  1506  von  Herzog  Heinrich  aufgeführter  gothischer  Festsaalbau,  dessen 

*)  Liaeh,  G«9di.  d.  flintl.  RerideaiKUflHer  in  Wiamu,  Scbvrarin  und  Gadebnadi.  Mecikl. 
Jsbrb.  V,  S.  12—  14. 

*>  Vgl.  M.  Jahrb.  LX,  Q.-U.,  S.  36. 


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PROFANBAUTEN  ZU  WISMAR. 


187 


Mauern  beim  Neubau  mit  benutzt  wurden,  und  der  wahrscheinlich  nur  zwei 
Stockwerke  hoch  war.') 

Das  »lange,  neue  Haas«,  wie  es  in  den  Invcntaricn  immer  heisst,  langes, 
ist  drei  Stockwerk  hoch.    Durch  die  Mitte  des  Gebäudes  geht  eine  schön  neues  Haus. 


Der  Furstcnhof  und  St.  JUrgen. 


gewölbte  Auffahrt  auf  den  I  lof;  links  vom  Eingänge  war  die  Hofstube,  rechts 
der  Pförtner  und  anderer  Diener  Wohnungen;  im  zweiten  Stock  war  der 
»lange  Tanzsaal«,  im  dritten  Stock  (von  welchem  man  eine  reizende  Aussicht 
hat)  der  gro.s.sc  Kss-Saal,  daneben  der  Herzogin  Gemach  und  die  Rathsstubc. 
An  die  östliche  Ecke  auf  dem  Hofe  ist  ein  viereckiger  W'indclstein  (Trcppen- 

•,i|Vgl.  Schäfer,  Haii»i.riLC!«,c  V,  S.  213.    Crull,  M.  Jahrb.  l.X,  Her    S.  iSfT. 


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i88 


AMTSGERICHTSBBZIRK  WISMAR. 


haus)  angesetzt,  der  zu  den  obcrn  Gemächern  führt;  die  Gemacher  im  Erd- 
geschosse haben  Eingänge  vom  Hofe.  Vor  dem  Jahre  1574  war  das  Ge- 
bäude mit  einem  »Schraubdache  in  Kalk«  gedeckt  und  unterm  Dache 
standen  Giebd  mit  kleinen  Gemädiern;  beide  wurden  1574  abgebrochen,  weil 
unter  der  Last  dieser  Gemädier  das  ganze  GelMtude  gesunken  war.  Mit  Aus- 
nahme der  alten  Giebel  steht  noch  heute  das  Gebäude  in  seinen  Ringmauern, 
mit  den  Gewölben  und  mit  den  Verzierungen  der  Ausscnseite,  so  wie  auch  mit 
dem  Windelstein.')  Das  Interessanteste  an  dem  alten  Hau  ist  der  auf  italienische 
Vorbilder  zurückgehende  Skulpturenschmuck,  theils  in  1  laustetn,  theils  und 
noch  mehr  in  gebrannten  Steinen.  In  dieser  Beziehung  verdienen  die  Ein- 
fassungen der  Portale  und  Fenster  sowie  besonders  die  langen  Friese  mit 
Daretellungen  aus  der  troischen  Sage  (vorne)  und  aus  der  Geschichte  des 
verlorenen  Sohnes  (hinten)  die  eingehendste  Beachtung. 

tBci  dem  so  ganz  persönlichen  V'erhältniss  vieler  Bauherren  zu  ihren 
Bauten,  welche  bisweilen  als  Hauptlebenszweck  und  als  Garantien  des  Nach- 
ruhms behandelt  wurden,  mtisste  sich  eine  eigene  Kennerschaft  und  ein 
Dilettantismus  entwickeln,  welcher  hie  und  da  die  wahre  Urheberschaft 
zweifelhaft  macht.  Der  Bauherr  wird  stellenweise  zum  Baumeister.»*)  So 
wird  es  auch  beim  Fürstenhof  zu  Wismar  gewesen  .sein.  Dazu  stimmt,  was 
Caselius  in  seiner  Leichenrede  auf  den  Herzog  Johann  Alhreeht')  sagt: 
»Er  war  in  der  Kunst  selbst  bewandert  und  bediente  sieh  bei  seinen  Aus- 
führungen der  auserlesensten  Meister;  auch  folgten  die  Architekten  seinen 
Anordnungen  und  loteten  danach  das  Tagewerk.«  Ware  es  anders  gewesen, 
so  würden  wir  auch  wahrscheinlich  ül)er  die  Baumeister  und  Künstler  des 
Fiirstenhofes  mehr  Nachrichten  haben,  als  uns  bis  heute  zu  Gebote  stehen. 
Gewiss  ist  nur,  dess  der  »Steinbrenner,  Ziegelbrenner  oder  Ziegelmeister < 
Statins  von  Düren  aus  Lübeck,  der  noch  1557  in  des  Hcr/oLjs  Diensten 
war,  die  gebrannten  Fornisteine  für  tien  dekorativen  SehnuKk  des  I'iirsten- 
hofes  zu  liefern  hatte,  sowie  dass  der  Baumeister  Valentin  von  Lyra,  s  Maurer- 
meister des  Raths  in  Lübeck«,  bis  zu  Ende  mit  seinen  Leuten  am  Bau 
thätig  blieb,  während  ein  zweiter  Maurermeister  aus  Lübeck,  ("»abriel  van  Aken, 
der  schon  im  Jahre  1552  für  den  Herzog  Steine  aus  den  Brüchen  von  Rull 
in  Schweden  beschafft  hatte,  sich  mit  dem  Rentmeister  Andreas  Bessel  sowie 
mit  dem  Valentin  von  Lyra  überwarf,  in  Folge  davon  bereits  im  November 
1553  den  Bau  verliess  und  nachher  selbst  durch  den  Herzog  nicht  zur 
Rückkehr  zu  bewegen  war.  Es  ist  femer  überliefert,  dass  noch  andere 
Maurermeister  wie  >. Meister  .Michel  und  sein  Sohn«,  auch  einer  Namens 
Hans  Vorring  btim  Bau  thätig  waren,  dass  Meister  Jakob  Strauss  aus 
Berlin  die  Decken  der  Säle  und  Stuben  mit  auf  Leinwand  gemalten  ver- 
goldeten Rosen  bekleidete,  und  dass  der  Name  Hans  Bermann  mit  der  Zahl 
1563 — 1565  auf  einzelnen  der  Medaillon  Steine  des  Frieses  im  dritten  Stock 
vorkommt.  Aus  der  Jahreszahl  geht  her\'or,  dass  die  Dekoration  nicht  gleich- 
zeitig mit  dem  eigentlichen  Hausbau  zusammen  vollendet  wurde,  oder  aber, 

')  Wurilich  nach  Lisch,  M.  Jahrb.  V,  ü.  16. 

'j  y^U  BurckhardI,  Gesch.  d.  Renaissance  in  Italien  (SiuttKart  1878)  und  Sarre  in  seinem 
httbsch  atüig'rstaitelen  nnd  nach  vielen  Richtungen  hin  sehr  vcnlicn.sdklicn  l!ui.I>  '  Der  Fltrslcnhof 
f\\  \Vi<,inar  und  die  norddenlsche  Terrakotta •Archilcktar  im  Zeitalter  der  Keiiaissance«  (Uerlin 
1890^  S.  13. 

*)  Oratio  fmoebris  in  Joannem  Albertum  diicem. 


PROFAN  BAUTEN  ZU  WISMAR. 


1S9 


dass  zehn  Jahre  nach  vorläufiger  flüchtiger  Vollendung  des  Ba.ues  Inreits 
Krga.n2ungcii  nüthig  wurden.     Alle  weiteren  V'erniuthungen  aber,  welche  bisher 


Alles  Fcnsit-r  vom  l-ursleiihot  (Hofseite).    Gebnitintc  Formsteiiie. 

angestellt  sind,  um  noch  andere  Künstler,  die  in  des  Herzogs  Diensten  waren, 
mit  in  die  S.iche  zu  ziehen,  fuler  um  gewisse  unläugbare  Verschiedenheilen 
in  der  Dekoration  zu  erklären,   entbehren  ausreichender  Begründung.')  Da- 


')  Vgl.  Luckow,  Rrstnuration  ilcr  Fxs.sade  des  Fürstetihofes  iRüsioirk  1882).    Sarre.  Fürsten- 
hof zu  Wismar  etc.    ISt-idc  gehen  in  ihren  Vcimutliungtii  zu  weil. 


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192 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


gegen  ist  es  ohne  Zweifel  richtig,  fiir  die  dekorativen  Gebilde  am  Haupt- 
portal der  Durchfahrt  und  an  den  ehemaligen  Fenstereinfassungen  der  vorderen 
Hauptfassade  (auch  auf  der  Hofseite  gab  es  vor  der  Restauration  von  1878 


Ilauptportal  vom  FUrsteithof  vor  der  Restauration.    Snndslcin- Arbeiten. 


solche  Fenster)  auf  Einflüsse  des  niederländischen  Groteskenstils  aus  der 
.Mitte  des  XVI.  Jahrhunderts  hinzuweisen,  wie  sie  in  den  Stichen  der  Kor- 
nelis  und  Jakob  Floris  vorliegen  und  an  den  Grabdenkmälern  friesländischer 
Fürsten  in  Emden  und  Jever  gefunden  werden.')    Ebenso  richtig  ist  es,  wenn 

')  S.irre,  I.  c,  S.  19.    Auch  die  Bläiter  At^  Kornctis  Do-s  ;>ind  hier  in  Betracht  zu  riehen. 


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mOPANBAUTEK  ZÜ  IVlSlf  Alt. 


«93 


für  die  Figuren -Friede  und  für  die  mit  Blumen  und  BlAttcm  in  Relief  be- 
deckten ehemaligen  drei  Portale  der  Hofseite  auf  die  Einwirkungen  der  Früh- 

Renaissance  und  besornicrs  auf  die  Fassade  und  die  Hofe  der  Certosa  bei 
l*a\ia  hingewiesen  worden  ist.')  Zu  vergleichen  sind  auch  die  Mednülons  des 
Grau  Usi>cdale  in  Mailand  und  die  Pilaster  am  Chor  der  Kirche  Santa 
Maria  delie  Grazie,  die  bekanntlich  mit  ebenso  reichen  und  achfinen  Tbon- 
vcrzicrungen  (besonders  hübs<hen  Monianten)  gefilllt  sind  wie  die  Pilaster^ 
Pfeiler  und  Zwickel  in  den  Hufen  der  CertO!>a  bei  i'avia.  Aber  in  Bezug  auf  die 
Konstnikttonsprinzipien  der  genannten  Portale  in  der  HofTaasade  des  FOrsteif- 
hofes,")  in  Bezug  auf  die  Art,  wie  ihre  Pilaster  den  Portalbogen  mit  seineit 
Zwickeln  in  die  Mitte  nehmen  und  mit  den  darüber  liegenden  Rautheilen, 
Architrav,  Fries,  Ciesin>s  und  LUnette,  in  Verbindung  gesetzt  sind,  verweisen 
wir  besonders  auf  die  vielen  schönen  Bauten  der  Architekten -Familie  !x>lW- 
bardi  in  Venedig,  die  mit  ihren  S<  hulern  und  Nachfolgern  in  der  zweiten 
Hälfte  des  XV.  Jahrhunderts  einem  grossen  i'heile  ihrer  Vaterstadt  eine  be- 
sondere Signatur  gegeben  hat.')  Im  Punkte  der  Anlage  des  Ganzen  freilich 
ladet  mit  seinem  Bilderfries  sowie  seinem  Biisten-  und  Pilastcrsrhmuck  kaum 
ein  Gebäude  so  zum  Vergleich  mit  dem  Wismar' sehen  Fürstenbof  ein  wie 
der  1508  erbaute  Palazzo  Roverella  (jetzt  dei  Negozianti)  in  Fetrara.  Von 
der  Gestalt  der  Fenster  freilich  und  dem  im  Will,  oder  XIX.  Jahrhundert 
ungeschickt  eingesetzten  Frker  oberhali)  des  Portals  muss  abgesehen  werden. 
Im  Ucbrigen  aber  ist  die  Verwandtschaft  so  gross,  dass  es  bei  dem  be- 
kannten Verhältniss  des  Herzogs  Johann  Albrecht  «um  Honog  Ereole  von 

Ferrara,  mit  dem  er  1558  ausser  Anderem  auch  über  Bauangelegenheiten 
korrespondiert,  sehr  schwer  fällt,  hier  mit  besonderen  Vermuthungen  zurüdc- 
xuhalten.*) 

0  Loekow,  1.  c,  S.  7  und  8. 
Vor  1878  gab  ei  hier  drei  vetsehledene  Portale,  dn  grOeeerct  im  Flllcd,  dne  ven  nitl* 

lerer  Grösse  (dieses  zweimal)  und  ein  kleineres  auf  drr  Langseite  des  Hoff^  I)ic»-es  kleinste  und 
das  zuerst  genannte  grosste  I'ortal  sind  verschwunden.  Dafür  siebt  man  nun  das  miulere  Purtal 
nicht  weniger  als  dreianl  »nf  der  Hofteite  des  HauM*. 

'  Icli  eriiMiLTc  liior  an  die  Scuola  di  San  Marco  neben  der  Kirche  San  Giovanni  e  Paolo, 
auf  deren  Giebclbildung  beim  Schlnss  zu  Schwerin  surUcktukocnmen  sein  wird;  an  Santa  Maria 
dei  Miracoli,  diese  innen  und  aus&en  als  ein  Juwel  der  FrUhrenaissance  zu  bezeichnende,  verhlltnias- 
ndtarig  addidite  Ideine  Kirche;  aa  die  priditige  Paaide  von  San  Zaccaria;  att  nrd  Pönale  in 
San  Giov.  Crisostnmo ;  an  das  l'ortal  der  kleinen  Kirche  de'  Gestiati,  gegemiher  der  Giudecca,  und 
an  zwei  kleine  Eingänge  in  dwi  damit  verbundene  Ürfanolrufio  ed  Insliluto  dei  Sordi-Muti;  an 
das  in  der  Antichicaetta  im  Innern  des  Dogenpalasles  und  an  enuelne  CralMlenlnalter  in  S.  Maria 
glofiosa  de!  Frari  besonders  an  das  des  Dogen  Niccolo  Tron.  f  1473.  In  zahlreichen  Bilder- 
rahmen,  bronzenen  Plaketten  u.  dergl.  m.  wenden  nachher  Kunstler  und  Handwerker  diesdbe 
aidiitelitoniiehe  Behandlung  aa. 

*)  In  der  Terrakotta-stadt  Ferrara  —  so  könnte  sie  lieissen,  da  hier  der  Ziegelbau  mit  An- 
wendung reichen  Schmuckes  in  sulchom  (iradc  (iominierl  wie  kaum  irgciiiiuii  in  ltali!-'i  ^»ieiit 
es  einen  liau  aus  jüngster  Zeil,  den  I'alazzo  Gulmclii  ^in  der  Surasse,  die  vom  Castell  num  Ivlaxzu 
Diamant!  Ouhrt),  der  nadi  Illerer  Wdte  von  vnten  bis  oben  mit  Tenahotten  gescbmMcht  ist. 

Auch  an  der  Ziegdkildie  San  Hencdetlo  sowie  am  Pata-zu  Schifanoja  daselbst  findet  man  Formen, 
die  zum  Vcrgleidl  hsraogetQgen  werden  könnten.  Auch  in  Ravenna,  auf  der  SUdostseite  von  St. 
Vitale,  finden  sidi  twd  lehOne  Prahrenaitsance-Poctale,  die  den  Stil  der  Lombardi  afhmen  wid 
mit  den  Wismar'schen  Hofportalen  verglichen  werden  konnten.  Kine  ähnliche  architektonische 
Bildung  sieht  man  in  der  zweiten  Kapelle  von  San  Francesco  daselbst  und  in  dem  Sepolcro 
di  Dante,  das  allerdings  durch  spSiere  Restaurationen  von  seinen  frllheien  Feinheiten  sehr  viel 
dngebOmt  hat. 

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AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Auf  die  Arrhitektiir  in  der"  [Stadt  Wismar  selbst  hat  der  Bau  des 
Fürstenhofes  weiter  keinen  Kinfluss  gehabt.  Ausser  an  den  Schlössern 
zu  Schwerin  und  Gadebusch  finden  wir  Spuren  desselben  Dekorationsstiles 
in  Bützow  und  Ulrichshusen,  Lüneburg,  Stralsund  und  Kiel,  dagegen  eine 
etwas  reichere  Entfaltung  gleichen  Geschmackes  im  Schloss  Frcyenstein  in 
der  Priegnitz  und  ganz  besonders  an  einigen  interessanten  Lübecker  Häuser- 
fassaden.   Vgl.  Sarre,  1.  c,  S.  2.;  — 28,  Taf.  X  — XIIL 

Als  die  Schweden  im  XV IL  Jahrhundert  Herren  der  Stadt  wurden, 
legten  sie  ihr  höchstes  (iericht  für  ihre  deutschen  Fiesitzungen,  das  sog.  Tri- 
bunal, in  den  Fürstenhof.    Und  nun  begann  die  Venmstaltung  der  Fassade, 


Palazzo  Ruvcrella  in  Fcrrara,  erbaut  1508. 
Mit  Friesen  and  Pilasterti  von  gebrannten  Formsteinen. 


besonders  ihrer  Fenster,  bis  zu  dem  Grade,  den  die  vor  der  Restauration 
im  Jahre  1877     78  davon  genommenen  photographischen  .Aufnahmen  darthun. 

Die  Restauration  der  Fassade  im  Jahre  1K77  und  1878  durch  den 
Landbaumeister  Luckow  hat  wieder  ein  ausscrlich  ansehnliches  Gebäude 
daraus  gemacht,  aber  sie  fordert  zu  Bemerkungen  über  das  Verhältuiss  des 
Neuen  zum  Alten  auf. 

Abgesehen  davon,  dass  die  s«:hon  im  XVL  Jahrhundert  geschwundenen 
ehemaligen  fünf  Giebel,  die  den  Terrakottagiebcln  des  Schweriner  Schlosses 
ähnlich  gewesen  sein  werden,  nicht  wiederhergestellt  wurden,')  muss  besonders 

')  I.ucknw  lM;zcic1inet  diese  Giel>el  seltsamer  Weise  als  >  überflüssige  •  Zutliaten  und 
vertheidigt  ilmcn  ({cp<rnubcr  mit  Berufung  auf  Rrnmante  ein  au»  Arclütrav,  Fries  mit  Konsolen 
Hängeplatte  und  RiniilcLstcn  bestehendes  Gesims,  liegen  letzteres  ist  gewiss  nichts  einzuwenden, 
wenn  es,  wie  am  Palazzo  dci  N'egozianii  in  Ferrnra  das  ursprungliche  ist.    Das  war  es  aber  nicht 


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PRüFANBAUlEN  ZU  WISMAR. 


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AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


die  Behandlung  der  Details  angegriflen  werden,  wenngleich  sonst  zugestanden 
werden  kann,  dass  die  durch  die  Restauration  erzielte  Gesammtwirkung  für 
den,  welcher  den  Fürstenhof  zum  ersten  Mal  sieht,  etwas  Ueberraschendes 
hat.')  Der  Restaurator  hat  zwar  den  Umstand,  dass  die  Portale  und  Pilaster- 
fullungen  auf  der  Hofseite  des  Gebäudes  von  anderer  Hand  gefertigt  waren 
als  die  Fenstereinfassungen  auf  der  Vorderseite,  nicht  übersehen,  im  Gegen- 
theil  aufs  Beste  erkannt,  aber  er  hat  nachher  subjektive  ästhetische  Em- 
pfindungen über  die  Treue  siegen  lassen,  die  er  seiner  Sache  vom  Standpunkt 
des  Konservators  aus  schuldig  war.  Die  Fenstereinfassungen  auf  der  Vorder- 
seite, deren  eine  soweit  erhalten  geblieben  ist,  dass  sie  an  den  wailand  von 
Lisch  in  richtiger  F.rkenntniss  ihres  Werthes  gesammelten  und  jetzt  im  Gross- 
herzoglichen Museum  zu  Schwerin  auflKwahrten  Resten  vollständig  erkannt 
werden  kann,  zeigen  einen  den  Sandsteineinfassungen  der  Durchfahrtsportalc 
entsprechenden  skulpturalen  Charakter,  den  man,  nach  einem  im  Jahre  1556 
erschienenen  niederländischen  Sammelwerk  von  Vorlagen  des  Comelis  Floris, 
in  der  Kunstgeschichte  als  Floris-Stil  bezeichnet.  Man  versteht  darunter  ein 
auf  italienische  Muster  zurückgehendes  Grotteskenspiel,  das  in  Gegensatz  zu 


Altes  Fenster  von  der  Vorderseite  des  Farstenhofes 
(nach  Lubke). 


römischen  Gebilden  einer  gröberen  und  kräftigeren  Ausdrucks  weise  Platz  ge- 
macht und  an  Stelle  der  Zierlichkeit  die  Derbheit  auf  den  Schild  erhoben 
hat,  dabei  aber  in  der  Erfindung  origineller  Gebilde  eine  Mannigfaltigkeit 
aufweist,  die  an  monumentaler  Wirkung  trotz  aller  Hässlichkeit  und  Fratzen- 

in  Wismar.  Bei  einem  steilen  Dache ,  wie  es  der  Fürstenhof  hat ,  ist  ein  Bramantcscher  Gesims- 
abschluss  nach  Art  iuüienischcr  Palast •  Fassaden  gar  nicht  angehr.icht.  Denn  das  hoch  Uber  dem 
Gesims  erscheinende  Dach  hebt  die  beabsichtigte  Abschlusswirkung  des  Gesimses  fast  ganr  wieder 
auf.  Wenigstens  giebt  es  schon  in  geringer  Entfernung  vom  Gebäude  Standpunkte  des  Beschauers, 
von  denen  aus  dies  der  Fall  ist.  Weil  unsere  Ahvordern  von  dem  hohen,  durch  den  vorher- 
gehenden gothischen  Stil  sogar  zu  steilster  Höhe  geführten  Dach  aus  klimatischen  Grtlndcn  nicht 
lassen  wollten,  empfanden  sie,  Baumeister  und  Bauherren,  die  Anbringung  schmuckreicher,  die 
grosse  Dachfläche  unterbrechender  Giebel  als  eine  Noihwcndigkeit ,  und  nichts  scheint  uns  weniger 
am  Platze,  als  dies  Verhältniss  der  Sache  für  ein  Zugcsiändniss  d<;s  Baumeisters  an  sein  Publikum 
halten  zu  wollen  odrr  gar  von  überflüssigen  Zuthaten  und  Mängeln  der  Harmonie  zn  sprechen. 

')  Der  Verfasser  verweist  hier  auf  einen  von  ihm  in  den  »Mecklenburger  Nachrichten*  vom 
J.  Januar  ißeil.  2}  und  4.  Januar  ^Beil.  3)  1893  vcruflentlichteii  Aufsatz. 


Vv-r' 


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198 


AMTSGERICIITSBEZIRK  VnSMAR. 


haftigkeit  der  dabei  auftretenden  Büsten  und  Hermen  nichts  zu  wünschen 
flbrig  lässt.  Nimmt  man  die  Zeichnung  eines  der  alten  Fenster  der  Vorder* 
Seite,  wie  es  in  der  Geschichte  der  Architektur  von  Lübke  II,  S.  487  und 
darnach  auf  einem  der  Seemann'schen  Bilderbogen,  Nr.  139,  abgebildet  ist, 
zusammen  mit  den  glücklicher  Weise  erhalten  gebliebenen  photographischen 
Aufoahmeplatten  des  alten  Baues  von  Michaelsen  -NN  ismar  vor  die  Augen,  so 
kann  man  sich  von  den  eigenartigen  hängenden  Fnii  htlnindi  ln,  schoten- 
ähnlichcn  Blattbildungcn  und  der  Verbindung  dieses  niederländischen  Grot- 
teskenwerics  mit  Bttsten  und  Satyrhermen  einen  Begriff  machen. 

Diese  alten  Fenster  nun,  die  während  der  schwedischen  Occupation 
thcihvcisc  beseitigt  oder  doch  liei  vorkommenden  Reparaturen  verändert 
worden  waren,  stimmten  zu  den  derben  Sandsteinportalen  der  Durchfahrt  aufs 
Alleibeste.  Sie  hätten  deshalb  in  alter  Weise  wieder  hergestellt  werden 
sollen.  Der  Restaurator  aber  glaubte  sie  beseitigen  ni  müssen.  Zwar  wurden 
die  Grimdfurmen,  ilie  \ertikale  Drcitheilung  durch  steinerne  Pfosten  für  den 
Aufbau  mit  Hermen i)ilastem  zur  Seite,  sowie  Gesimse  und  Giebel  beibehalten. 
Allein  statt  der  I^ekoration  und  Ausbildung  dieser  Theile  im  Floris-Stil, 
welcher  dem  Restaurator  nach  seiner  eigenen  Angabe  imkiinstlerisr.h  hart, 
trocken  und  dach«  erschien,  wurde  eine  lornigtbung  gewählt,  die  sich  der 
eleganteren,  aber  auch  einförmigeren  Omamentation  in  den  Portalen  und 
Pilasterfülhmgen  des  Hofes  anschl  oss.  Statt  der  derben  Satyrhernien,  wie 
sie  zu  den  erhalten  gebliebenen  grossen,  in  Sandstein  ausgeführten  Doppel- 
pilastem  der  Durchgangsportale  passten,  wurden  elegant  geschniegelte  und 
gebügelte  Männer-  und  Frauenhermen  in  classiderenden»  Stil  angebracht.  Ja 
der  classicierende  Stil  gewann  sogar  eine  weitere  Stärkung  durch  alternierende, 
von  Kränzen  und  Ranken  eingefasste  Zeus-  und  Athene-Büsten  in  den 
Feldern  der  Fenstergiebel,  wo  eheilem  ein  derber  niederländischer  Frauen- 
kopf die  Mitte  rullte  und  rechts  und  links  lustige  Satyre  zwischen  Frucht- 
bUndeln  und  Schotcnblättem  ihr  Wesen  trieben.  Und  zuletzt  kamen  noch 
Eck-Akroterien  in  Pabnettenform  oberhalb  des  vorgekröpften  Gesimses  Aber 
den  Hennen  als  etwas  ganz  Neues  hinzu. 

Das  Resultat  dieser  radikalen  Restauration  war  somit  dies,  dass  von 
der  gan/.en  alten  Hauptfassade,  ausser  den  Grundionnen  der  Fenster  und 
ausser  der  Einfiusimg  der  Durchgangsportale,  nichts  übrig  blieb,  und  dass 
man  /wisrlu-n  den  alten  floresken  Finfassungen  der  letzten  uii<l  den  neuen 
Fensterdekorationen  ein  ästhetisches  Missverhältniss  herausbildete.  Niemand 
kann  das  leugnen,  mag  er  den  FOrstenhof  im  Uebrigen  noch  so  schfin  und 
wirkungsvoll  finden. 

F.benso  schlimm  wie  die  l'etiandlung  der  Vorderseite  des  Fiirstenhofes 
war  eine  auf  der  Hinterseitc  desselben  vorgenommene  Aenderung.  Hier 
bildeten,  ausser  den  Fensterdnfassimgen,  PUastem,  Friesen  und  der  Sandstein» 
Kinrahmung  der  Durchfahrt,  vier  in  höchst  eigenartiger  Weise  reich  mit 
Reliefschmuck  in  gebranntem  Thon  geschmückte  Portale  eine  Hauptzierde 
des  Ganzen,  ein  grösseres  im  Anbau,  also  in  dem  Windelstein  oder  Treppen- 
hausc  des  Schlosses,  und  drei  andere,  ein  kleineres  und  zwei  der  (>rÖBSe 
na<  h  zwischen  beiden  stehende  mittlere  Portale,  auf  der  Fanuseite  des  Hauses. 
Von  diesen  lagen  zwei,  das  kleinere  und  ein  mittleres,  retiits  von  der  Durch- 
fahrt tmd  zugleich  unmittelbar  neben  dem  grossen  Hauptportal  in  dem  recht- 
winklig anstr>ssenden  Windelstein,  das  andere  \on  mittlerer  Grösse  befand 
sich  links  von  der  Durchfahrt.  In  der  Hauptanlage  gleich,  wiesen  sie  im 
Detail  klebe  Verschiedenheiten  auf,  die  für  das  Auge  etwas  sehr  An- 
ziehendes hatten.  AUe  drei  zeigten  aber  über  einer  im  Stichbogen  gewölbten 


Niclit  mehr  \ui1i-niili.'iiii  f^ross-cns  iNiiiul  auf  der  IKiiiciic,    (iobrannte  Foi mslcinc. 


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I'ROFANBAUl  KN  ZU  WISMAR. 


•99 


Thüröffnun^f  einen  zwischen  zwei  scharf  profilierten  horizontalen  (lesimsen 
liegenden  hohen  Fries,  der  auf  jeder  Seite  von  zwei  I'ilastem  getragen  wurde, 
von  denen  sich  die  des  Portals  links  von  der  Durchfahrt  als  ächte  Pilaster 
der  Frührenaissance  mit  vertiefter  Räche  und  mit  Relieffiillungen  darstellten, 
die  anderen  al>er  in  den  drei  Portalen  rechts  von  der  Durchfahrt  als  Pilaster 
mit   auf-  und  anliegenden  reich  reliefierten    schlanken  Halbsäulen   vor  das 

Auge  traten.  Die  Friese  ober- 
halb dieser  Pilaster  enthielten 
theils  Medaillons  mit  Männer- 
und  Frauenköpfen,  denen  ähn- 
lich, welche  sich  unterhalb  der 
Fenster  des  Oberstockes  be- 
finden (daneben  auch  heraldisch 
stilisierte  I.owen),  theils,  wie 
im  kleinsten  Portal,  nur  Ranken- 
schmuck.  In  den  Zwickeln 
gab  es  wieder  Medaillons  mit 
Kankenwerk,  und  die  Ciesimse 
waren  mit  Rundgiebeln  uber- 
dacht, von  denen  einer  die 
Inschrift  trug: 

IS  •  COT  •  MIT  •  VNS  •  WOL  • 
KAN  •  WIDOER  •  VNS  • 

Statt  nun  diese  ent- 
zuckende Mannigfaltigkeit  zu 
erhalten,  wurden  zwei  Portale, 
das  grosse  und  das  kleine, 
vollständig  beseitigt  und  von 
den  beiden  Portalen  mittlerer 
(irösse  nur  die  Fonnen  des- 
jenigen l>eibchalien,  welches 
unmittelbar  neben  dem  Win- 
delslein zwischen  beiden  lag. 
Dieses  Portal  findet  sich  heute 
nicht  weniger  als  dreimal  auf 
der  Hofseite,  und  zwar  jedes- 
mal in  ganz  gleicher  Weise 
ausgeführt.  Ausserdem  ist  es, 
ähnlich  wie  die  FVnster  der 
Hauptfassade,  mit  nicht  hin- 
gehörigen griechischen  Mittel- 
und  Kck-.Vkroterien  verziert. 
An  die  Stelle  reizvoller  Mannig- 
faltigkeit ist  somit  eine  weniger 

reizvolle   Kinförmigkeit  ge- 
treten,   und  die  Restauration 
des  Gebäudes  hat  demgemäss 
den   Werth   des   Alten  nicht 
Kleinstes  Portal  von  der  Hintcrsciic  des  Fürstenhofes.  vermehrt,  sondern  verringert.*) 

Gebrannte  Form&leine.  .  

')  Die  in  der  Luckow' sehen 

Schrift,  S.  II,  anf  diesen  Wkl  sich  beziehenden  Worte  lauten ;  >VolUtSndig  erneuert,  jedoch 
strenge  nach  den  alten  Modellen,   sind  die  auü  l'err.ikottcn  aufgebauten  Portale  der  Iluflassaden. 


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AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


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PROFANBAUTEN  ZIT  WISMAR. 


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202 


AMTaGBRICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Aus  den  vor  der  Restauration  aufpenommenen  Photographien  von 
Michaelsen  •Wismar  und  denen  des  Architekten  Haupt  in  Hannover,  sowie 
aus  den  teider  nidit  voUstIttdig  ins  Museum  gelangten  Resten  des  grossen 
und  kleinen  Portals  und  eines  der  Fenster  der  Hauptfassade  (zahlreiche 
andere  Reste  sollen  an  verschiedenen  Stellen  des  Fürstenhofes  vermauert  sein) 
kann  man  den  eigenartigen  ehemaligen  Charakter  des  Hauwerks  ersehen. 
Nichts  ist  mehr  zu  bedauern,  als  dass  das  grössere  Portal  verschwunden  ist 
Es  war  in  architektonischer  Beziehung  eine  Art  Prachtstück  mit  Anklängen 
an  das  Portal  des  Fiastenschlosses  in  Brieg,  das  in  der  Zeit  zwischen  1547 
bis  1575  erbaut  wurde  (vgl.  Dohme,  G^ch.  der  dtscfa.  Baukunst,  S.  S96) 
tmd  wobei  ein  Jakob  Par  th<ätig  ist,  zwar  nicht  derselbe  Jakob  Par,  der 
spater  in  Mecklenburg  arbeitet,  aber  höchst  wahrscheinlich  doch  ein  Ver* 
wandter  desselben  (vgl.  Saire,  Der  Fürstenhof  zu  Wismar,  S.  42  ff.).  Wer 
die  Reste  des  grossen  und  Ueiaen  Portals,  die  jeän  im  Kdleigeschoss  des 
Schweriner  Museums  so  zusammengelegt  sind,  dass  man  sich  von  ihrer 
ehemaligen  architektonischen  Wirkimg  ein  Bild  machen  kann,  mit  Aufmerksam- 
keit ttbcrUidtt,  der  kann  Uber  ihre  Beseitigong  nur  von  Bedauern  erfiUlt 
weiden. 

Ein  zweiter  Renaissancebau,  der  besondere  Aufmerksamkeit  verdient,  ist 


Kuch'sche  die  an  der  Schvveinsbrücke  gelegene  Koch'sche  Brauerei.  Sie  wurde  während 
Bianerei.  der  Jahre   1569  bis  1571  von  dem  aus  Utredit  nach  Meddenburg  ge- 


kommenen SteinmebE  und  Baumeister  Philipp  Biandln  ab  Wohnhaus  filr  den 
Ratimiann  und  späteren  Bürgermeister  HInridi  Schabbelt  (oder  S^bbel) 

erbaut.  Die  Jahreszahl  1571  steht  am  Giebel  des  Hauses,  der  leider  durch 
den  Sturm  am  12.  Februar  des  Jahres  1894  stark  beschädigt  wurde,  und  das 
Kathsarchiv  bewahrt  noch  den  Kontrakt,  welchen  Baumeister  und  Bauherr  im 
Jahre  1569  darüber  schlössen.  Der  Schwerpunkt  der  Kunst  ist  in  die  mit 
nisdcierten  Filaatem  veraehenen  Pottale  dar  Vwderseite  sowie  in  die  mit 
Pilastera  und  kräftigen  Gesimsbändem  belebte  Seite  und  in  den  auf  diese 
gesetzten,  mit  Statuen,  Belastungspyramiden,  Voluten  und  Randwerk  ver- 
zierten Giebel  gelegt.  Auf  der  Vorderseite  interessieren  besonders  die  beiden 
Portale  mit  den  Wappen  von  Mann  und  Frau.')  Stücke  von  einem  Kamin 
des  Hauses  beßnden  sich  im  Museum  zu  Wismar. 


Sie  wsiM  nklit  gus  mit  «tmodcr  SbcniaitiinmBd,  •ornkm  iriglm  rimdm  VoMiUedtidieitcii, 

welche  bst  dtr  Rcstanraiion  aus  malericllcn  (irtincicn  nich'.  litrrlicksichtigt  werden  konnten;  der 
Hanptmilenchied  xdgte  «ich  an  den  i'itiuterbildungcn ;  die  einen  halten  flach  vorliegsnde 
Püitlcr,  die  «nderen  tterlc  vorspringende  ecMsalte  Hsllainleii;  kttiefe  wnden  mgen  ihnr 
origiaellcn  Komi  erneuert  und  dieselben  Focmen  aa  den  dritten  Portale  vermuidt.  Die  fehlendes 

Mittd-  und  Kck  -  Akroterien  wurden  ergänzt.« 

Aus  diesen  Worten  allein  wUrde  man  nicht  eiKhen,  wie  das  alte  Veibältniss  war,  jedoch 
iit  der  Leeer  im  Stende,  imch  dem  mi  voilier  weiter  eofefOlirt  werde,  dei  crfiuderlidie  äkil  dSi 
wo  «t  BOthlg  itt,  im  Gmuen  nlmlieh  nermel,  aelbcr  dnmchidwi. 

■)  Vgl.  Hees.  Gcadiiclitw|e.  II,  Nr.  419.   Grebeieni  In  St.  Nioolei,  M.  jelub.  LV.  S.  «$9, 

Nr.  •20.  Epitaph,  M.  Jahrb.  LVI,  S.  128,  Nr.  11.  Vgl.  o.  S.  141.  Ferner  die  Abbildungen 
bei  SchciTcn,  I.  c  ,  Taf.  33 — 25.  Nach  Miiiheilung  des  Herrn  Prof.  Dr.  üaupt  in  Hannover  iat 
der  Giebel  de*  Scbabbd'achen  Ilantea  von  Pb.  Itrandin  den  Tafeln  E  und  F  dea  Jan  Vredeauw 


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PROFANBAUTEN  ZU  WISMAR. 


»3 


Ks  wäre  nicht  untnöf^lich,  dass  dieser  Brandin' s«bo  (iielx.-!  für  die 
VeriLndenuii^cn,  welche  sich  viele  der  älteren  Giebel  im  XVI.  Jahrhundert 
fefallen  lassen  musstcn,  maassgebend  wurde.') 

Von  IS79  bis  1582  bcsass  Brandin  das  Haus  an  der  Frischen  Grube 
zwischen  15  und  15  a.  An  dem  Tortal  sind  zwei  Wappen  zu  beachten, 
das  von  Wolf  Ranitzc  {Hans.  ('Hs<h.  -Qu  II,  Nr.  447)  und  das  Sasse"sche, 
das  int  Schild  und  auf  dem  Helm  drei  nach  oben  züngelnde  Flammen  zeigt. 
Vgl.  Crull,  M.  Jahrb.  LX,  Q.-B.,  S.  4.  Das  bei  Scheffers  abgebOdete  Portal 
ist  nicht  das  l'.randin's(  fu-,  sondi-rn  erst  töio  intstandcn  Das  von  Brandin 
herstammende  Portal,  da«  an  dem  abgebrochenen  Hause  Nr.  15a  der 
Frischen  Grabe  angebracht  war,  wurde  von  J.  D.  Thonnami  aagekanft  und 
von  ihm  in  etwas  verilnderter  Gestalt  wieder  verwendet. 

Ein  drittes  bcachlcnswcrthcs  Hauuerk  der  Renaissance  ist  die  sog. 
»WaMerkmat«  auf  dem  Markte,  die,  wie  &chun  bemerkt  wurden,  gleichfalls  Wasser- 
dn  Werk  des  Philipp  Bnmdin  ist.  Er  übemimmt  die  Arbeit  1580.')  Es  Ist  ^uiut. 
ein  zwölfaeitiger  Bau  mit  schlanken  Hermenpfeilem  auf  den  Ecken  und  mit 
glockenförmiger  Hodachung,  die  mit  einer  entsprecheiuicn  Laterne  bekrönt  ist. 
Durchbrochene  luscngittcr  gestatten  einen  Hlick  ins  Innere.  Zwei  kleine 
Bronzefiguren,  .\ix  und  Ni.xe,  vom  Volk  aber  Adam  unti  l.va  gmannt,  die 
früher  im  Innern  als  Wasscrleiter  in  dem  dort  aufgestellten  liecken  befestigt 
waren,  befinden  sich  jetzt  im  Museum  der  Stadt.  Lange  Inschriften  umziehen 
die  Felder  ober-  und  unteriialb  der  Eisengitter.  Die  obere  Inschrift  lautet: 
2YN  9MO  8.  P.  Q.  W.  lOHANNES  FRITZE  DK  HEIDER8TORP  MISNIAC 
OPPIDO  ORIVNDVS  FONTEM  FELICITER  APERVIT  I  ANNO  DOMINI  NOSTRI 
lESU  CHRISTI  CID  lOLXXI  STRVCTVRA  HAECCE  EXSTITIT  ANNO  DoMInICo.'j 
Im  drillen  l'cldc  f"Igt  nun  (la>  St.uit\v,i])])cn,  im  vierten  beginnt  eine  lange 
Inschrift  in  lateinischen  Jamben  und  Uistichen  die  der  Stadt  mit  dieser  Leitung 
erwiesene  Wohlthat  auszumalen.^)  Die  untere  deutsche  Inschrift  vom  Jahre 
1861  erzählt  in  schlichter  deutscher  Prosa  die  Geschichte  der  Wasserleitung 
von  1571  bis  zum  Jahre  1861.   Vgl.  o.  S.  19. 

de  Vfja^Mbcii  Weihes  tibtt  die  ioniaclie  md  dorhdw  Ordnung  il.  Cook  excudctMU  i5t>3,  entlehnt, 
d.  b.  mit  deren  Httlfe  susamiiienkoiiipoiiiert. 

')  Weitete  Werke  von  dj;m  zwischen  1563  und  1594  in  Mecltlenlmr;;  nacliwei!.h.-ircn  l'trcchtcr 
Meister  lind  dat  grosse  Epitaph  des  Herxoga  Bnrwin  im  Dom  zu  GUsU-ow,  die  Marmor-  und 
Alatauterdenkmller  des  Herzogs  Ulrich  nnd  seiner  beiden  Cemahtinnen  ebendaselbst,  die  gleich 

ausführlicher  zu  besprechende  > Wasserkunst«  auf  dem  Markte  zu  Wismar,  drei  (uraprtliiglich  vier) 
Kün^Lilcn  in  St.  M:iricn  l-Iji  tHlasolljÄt ,  das  I)ordini;'«clie  Hpila|di  in  Sl.  Marien  ru  Knxtuck  i'nicht 
mehr  vorhanden;,  da^  IJasscwitz  sehe  Kpita{)h  in  der  Kirche  zu  Ua!>sc  vum  Jahre  1592,  das  I^enk- 
nal  der  Heraogin  Uisuhi  in  der  Klosterkirche  t»  Ribniu  a. «.  m.  Aasteidm  ww  er  asibr  vkl  in 
und  an  den  Sohlüssern  von  Schwerin  Und  Gibtrow  bc.<ichäftigt.   Vgl.  Ssrre,  1.  c.  S.  35—37. 

')  Von  einer  N  ollcndiing  is»  or>t  1602  die  Ke<ie,  alicr  es  ist  iiirht  /u  ersehen,  wns  damit 
des  NShercn  gemeint  ist.  Was  Philipi»  Itrundin  ai»  Ktlnstler  daran  zu  maclien  hatte,  wird  wahr- 
scheinlich viel  eher  fertig  gewesen  sein.   Vgl.  Czull  bei  Sarrr,  I.  c,  S.  36. 

•)  =  1602. 

'  Als  Verfas^T  dieser  lateinischen  Inschrift  wird  Grcgorius  Jnle  angesehen.    Hans«  Gesch.« 

Quellen  11,  Nr.  428. 


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204 


AMTSGERICI ITSBEZIR K  WISMAR , 


Giebel- 
haus. 

Fach  werk- 
bauten. 


Mauern, 
Thore  und 
Befesti- 
gungen. 


Mecklenburger  Stra&se  i6. 


Von  der  Behandlung  der  Giebel  in  der  Zeit  des  classicierenden  Stils  giebt 
das  Haus  Nr.  16  in  der  Mecklenburger  Strasse  vom  Jahre  1680  ein  Beispiel. 

Fachwerkbanten. 

Speicher    an    der  Frischen 

Grube  abgebildet  bei 
Scheffers.  Der,  welcher  in 
der  Neustadt  war  und  das 
Datum  1575  trug,  ist  1895 
einem  »Bauunternehmer«  in 
die  Hände  gefallen.  Hof  im 
Heiligengcist  Stift.  Vgl.  auch 
oben  Wcdcm  von  St.  Marien. 
S.  175. 

Mauern ,  Thore  ttnd 
Befestigungen. 

Von  den  alten,  zur 
Zeit    der  Regentschaft 
während    der  Abwesenheit 
Fürst  Heinrichs  des  Pilgers 

erbauten  Stadtmauern,  in  denen,  wie  zu  beachten,  der  altwendische  Verband 
(zwei  Läufer,  ein  Binder)  als  Regel  erscheint,  ist  ein  erheblicher  Theil  erhalten. 
Wir  nennen  die  Züge 
von  der  Mühlenstrasse 
bis   zum  Altwismar- 
Thor,  hinter  derKlo.ster- 

kirche  und  in  der 
Gegend  des  Mecklen- 
burger Tliors  von  der 
Papenstrassc  bis  zum 
Liib.schcn  Thor,  und 
zuletzt  noch  ein  Stück 
neben  der  Wippbrücke 
am  Strande,  l^is  1865 
war  der  Ring  lückenlos. 

Spuren  von  Zinnen 
findet  man  neben  der 
Mühlenstrasse  und  dem 

Krankenhause,  und 
auch    beim  Mecklen- 
burger Thor.     Der  Wchrgang  ist  am  deutlichsten  neben  der  Papenstrassc  zu 
sehen.    Reste  von  Wiekhäusem  sind  im  I.indengartcn  zwischen  Mühlenstrasse 
und  dem  Altwismar -Thor  und  in  der  Nähe  des  Mecklenburger  Thors.  Von 


Von* den  alten  Stadtmauern. 


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PROFANBATTEN  ZU  WISMAR. 


205 


den  Mauerthürmen ')  stehen  nur  noch  zwei,  der,  welcher  seit  seiner  Vcrw  endung 
für  die  Zwecke  der  Wasserleitung  im  Jahre  1682  den  Namen  «Wasscrthumi« 
flihrt,  und  der  gleich  zu  erwähnende  (iefangcn- 
thurm  neben  tlcni  Altwismar -Thor:  alle  übrigen 
sind  verschwunden.  ICbcnso  steht  auch  von  den 
alten  Thoren  nur  noch  eins:  das  grosse  Wa&ser- 
thor,  ein  stattlicher  Hau  mit  biendengeschmücktcn 
Giebeln;  besonders  stattlich  erscheinen  die 
Blenden  der  Innenseitc.  An  der  Innenseite  sind 
Ende  der  fünfziger  Jahre  zwei  Stadtwappen  aus 
dem  X\'I.  Jahrhundert,  und  an  der  Aussen- 
Seite  vor  wenigen  Jahren  zwei  neue  Wappen 
sammt  einem  Friese,  der  früher  nicht  da 
war,  eingesetzt.  ICin  Stein  mit  der  Inschrift 
ANNO  16.4  (nach  Schröders  kurzer  Beschrei- 
bung, S.  309,  die  Zahl  1644)  sa.ss  früher  in  der 


Wouerthurm. 

Stadtmauer.  » Das  thurm- 
artige Lübsche  Thor  ging 
beim  Auffliegen  der  Pulver- 
thürme  1699  zu  Grunde, 
das  hausahnliche  Mecklen- 
burger Thor  nahm  ein  Ende 
bis  auf  die  Durchfahrt,  als 
diese  beim  letzten  Festungs- 
bau verlegt  wurde ,  das 
gleiche  Altwi.smar-Thor 

')  Nach  einem  Veneichniss 
aus  dem  XV.  Jahrhundert  enthielt 
die  Stadtmnner  ausser  dem  Grossen 
Wasserthor,  dem  PDSler  Thor  uiul  einer  un1>enann(en  Stelle  in  dessen  Nähe  fUndunddreissig 
Ucrchfriede  und  das  Schmicdchäuschen,  Vgl.  'I'cchcn,  Hans.  Geschichtsbl.  XIX.  (1890/91,  S.  86. 
Schröder  weiss  noch  von  achtundiwanzig,  Kiir/c  Ilcschr.  S.  J74.  Die  Wiekhäuser  vom  Altwismar- 
Thor  Ins  »um  W,isscrthi>r  siml  in  dem  Merian'sfhcu  (ituni1|>laii  genau  wiedergegeben. 


(fefangemhurm  neben  dem  Alcwbmar  -  Thür. 


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206 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Wauerthor  (aussen). 


wurde  in  Folge  des  Schadens,  den  es  in  der  Franzosenzeit  nahm,  abgebrochen, 
und  das  Poeler  Thor  folgte  ihm  1870,  angeblich,  weil  es  den  Verkehr  be- 
hindere.   Es  war 

ein  mit  einem 
achteckigen  Helm 

versehener  an- 
sehnlicher Thurm, 
welcher  feldwärts 

ganz  schlicht, 

stidtwärts  mit 

zwei   Doppcl - 
nischen  und  einer 
Rosette  darüber 
geschmückt  war 
und  unterhalb  des 

Daches  einen 
Fries   von  Drei- 
blättern zwischen 
Rundstaben  hatte. 
Das  Thor  hatte 

grosse  Aehnlichkeit  mit  dem  Gefangen- 
thurm am  Altwismar  Thorc  und  gehörte 
mithin  wie  dieser  dem  Ende  des  XIV. 
Jahrhunderts  an.  Das  hausartige  Gro.ssc 
Wasserthor,  die  Ilöllenpforte,  verdankt 
seine  Erhaltung  dem  Um.stande,  dass 
es  in  Lübke  s  Gesch.  der  Architektur 
abgebildet  worden  war.  Der  dem  Hafen 
zugekehrte  Giebel,  welcher  urspriinglich 
fiinf  Stufen  und  ebenso  viele  einfache 
schlichte  Blenden  zeigte,  ist  um  1600 
einfach  dreiseitig  zurcchtgcmt-xcht  und 
die.se  Form,  aus  Sparsamkeitsriicksichtcn 
vcrmuthlich,  sowohl  bei  der  Reparatur 
von  1859,  wie  bei  der  gegenwärtigen 
beibehalten.  Das  ehemalige  Neue  Thor, 
spätere  Fischer -Thor ,  wie  auch  das 
kleine  Wasserlhor.  ist  in  unbekannter 
Zeit   untergegangen.    Nach    Crull,  M, 

Jahrb.  EVI,  S.  30.    Als  ehemalige 
Doppelthore  sind  bezeugt   das  l'oeler 
Thor  (1498  in  Kopmann's  Chronik  §.  36,  \Vai*crtl.or  (innen). 

M.  Jalirb.  XEVH,  S.  80)  und,  wie  man 

einem  Grundriss  des  XVIL  Jahrhunderts  entnimmt,  auch  das  .Mecklenburger 


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20S 


AMTSGERICHTSBBZliaC  WISMAR. 


Thor,')  dessen  innerer  (nicht  äusserer)  Theil  derjenig^e  gewesen  sein  wird,  der 
im  XV^I.  Jahrhundert  mehrfach  das  jhohc«  Thor  genannt  wird.  Kine  sehr 
alte,  übrigens  schlichte  Thor  Ocft'nung  in  der  iMauer  südwärts  von  dem  Schwarzen 
Kloster,  dat  ttbrigens  mittlerweile  weggebrochen  ist,  wird  das  aus  der  Ge- 
schidite  Hdnrfdi's  des  Löwen  bekannt  gewordene  Thor  aim  Weberkamp  ge- 
wesen sein.  Vgl.  o.  S.  f. 

fiefestf-  Von  den  mehrfach  umgestalteten  alten  Befestigungen  (vgl.  o.  S.  iitt.) 

gungen    haben  sich,  trotz  ihrer  Demolierung  im  Jahre  1718,  zwischen  dem  Altwismar- 

hren*^  Thor,  dem  Mecklenburger  und  Lübschen  Thor  Wälle  und  Gräben  noch  erhalten, 
ebenso  gicht  es  noch  Reste  von  den  alten  Landwehren  bei  der  seit  mehr  als 
zwanzig  Jahren  eingegangenen  Hornstorfcr  Burg  Anderswo  finden  sich  nur 
noch  Spuren,  oder  es  weisen  noch  die  Namen  darauf  hin,  wie  z.  B.  Kritsower 
Burg»  Libadie  Borg,  Müggenburg  und  Botheatlmr. 


Beischlag-  Beischlagsteine,    l'.s  haben  sich  deren  in 

steine.      Wismar  mehrere  erhalten,  aber   sie  gehen  theil- 
weise  ihrer  Zerstörung  entgegen,  wenn  sie  nicht 
anderswohin  geborgen  werden 
können. 

I.  Mit  dem  Wappen 
der  Pegel.  Aus  der  Mecklen- 
burger Strasse,  jetzt  als 
Pflasterstein  in  der  nördlichen 
Halle  von  St.  Marien.  —  2. 
Mit  dem  Wappen  der  Mön- 
nik.  Von  der  EcIm  Huiterm 
Rathhans  und  Altböterstrasso. 
jetzt  als  Pflasterstein  in  der 
nördlichen  Halle  von  St. 
Marien.  —  3  und  4.  Mit  dem 
Schilde  der  I:Iggcbrecht  und 
einem  unbdcannten  (gestärzte 
Pflanze)  an  der  Alten  Schule. 

5.  Mit  der  Inschrift 
igC)\](|^)  in  der  Thürtreppe 
des  Hauses  Nr  22  der  T.üb- 
schen  Strasse,  früher  nebst 
einem  anderen,  der  die  Auf- 
schrift imria  hatte,  aur  dem 
Hofe  des  Hauses  Nr.  7  in 


BeischUgsteiii 
Pcgd'adie»  Wappen. 

Z.  Zt.  in  St.  Marien. 


Beiachlagitein 
MSnnik*tehn  Wippen. 


*)  Vgl.  M.  Jahrb.  LVIII,  S.  87.    1483  *dat  nige  doer  vorme  Mekelcnburger  dor».  Der 
Rot  des  »alten«  liecklenimqer  Thon  ist  1S94  «fnem  »Brnrantern^mer«  geopfert  wanden. 


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PROFANBAUTEN  ZU  WISMAR. 


209 


<ler  I.iil)scli<n  Strasse,  der  Büttelei  gegenüber.  Mit  «1cm  Sclulde  der 

Drolsliagcn  i},fctlu  ilt:  i>lK-n  ein  halber  Hirsch,  uiitcii  zwei  ^'ckrcuzto  Schucrter) 
und  der  lu-schrift  ficrftcil  brui^tj^agCUj,  als  Schwelle  im  Hause  \r.  67 
der  Lübschen  Strasse.  —  7.  Mit  der  Inschrift  PAGEL  WIRKE8  1681  und 
der  nebenstdienden  Hausmarke«  im  Museum. 

Im  Museum  auch  noch  die  Köpfe  von  anderen  Beischlagsteinen. 

Eingemauerte  Wappen  und  Schilde,  die  l'.rhaltiinL,'  \ tT<li<nt>n ,  finden 
sich  an  der  KrUliKap<>tlieke  (Stadtwappen  mit  dfiii  hatmii  ANNO  1621);  destfl. 
zwei  Stadlwappen  am  Giebel  des  Zeuj^diauscs  (sie  stammen  vom  alten  Mecklen- 
bttf|rer  Thor);  in  einem  Pfeiler  des  giebelseitig  umgebauten  Hauses  Schweins« 
brücke  11,  nach  der  Grube  hin  (Schilde  der  Familien  Gamatze  und  Vrame, 
mit  dem  Datum  1627);  am  Hause  Nr.  6  der  Lübschen  Strasse  (die  Wappen 
der  I'amilien  Hurmeister  und  l-'lmhof,  beide  aus  dem  Krönkenhagen  stammend); 
am  Hause  Xr.  8  in  dir  Horstrassc  |  Tiiv^LTsclics?  Wappen  und  ein  anderes 
von  1732);  am  1  h<>rwci,'e  des  ll.inscs  Nr.  16  in  der  rai)enstrassc  (Schwan  im 
Schild  und  aut'  dem  Helm,  darüber  D.  B.);  am  Schabbel  schen  Gasthause 
Nr.  14  der  Schulstraase  (vorne  das  \Va]»pen  der  Schabbel,  s.  o.  S.  140,  hinten 
im  Schilde  ein  Bär  mit  Halsband  in  einem  Boot,  das  er  schiebt,  auf  dem 
Helm  wachsender  Bär);  im  Hause  Nr.  38  am  Spiegelberg  die  Wappen  der 
Familien  vom  Have  und  Stiten;  am  Hause  Nr.  30  der  Blidenstrassc-  der 
Schild  der  Familie  V'elthusen  (neu). 

Aiisserdt  iii    bc-walirt   das   Miisiniin    /ahlrt  it  he ,    mm  Theil  sehr  schöne 
Wappenschilde,  die  von  Hausern  der  Stadt  herstannnen. 

Kleinkuostwerke  in  Privatbeaitz.  Kleinkunst- 
werke in 

Von  den  silbernen  Festpokalen  oder  -  Willkomms  i  der  Aemter  haben  Privat- 
sich  nicht  weniger  als  neun  erhalten.    Vgl.  Crull,  Amt  d.  Goldschm.,  S.  43.  besitz. 

1.  Der  Willkomm  der  Krmu,  hat  die  Inschrift:  WEIL  DIE  VORIGE 
HENSE  IST  ALS  EIN  GLAS  ZV  BROCHEN,  HABEN  WIR  DIS  SILBERN  GE- 
SCHIR  LASSEN  WIDER  MACHEN.  DAMIDT  ES  SEINE  VVLLE  STERKE  MOCHTE 
BEKOMEN,  II  SEIN  DAR  8  AMTES  BECHER  ZV  GENOMMEN.  GESCHEN  BEI 
GODTHARDT  BARCKHOPP  VND  HANS  HÄRDERS  LEBEN.  QODT  WOLDE  VNS 
FERNER  SEINEN  SEGEN  GEBEN.  ANO  1600.  REPARIERT  •  lOHANN  x  " 
BALEMANN  <  lOHANN  «  HINRICH  LATENDORFF « CARL  FRIEDERICH  » 
AHRENSTORFF  *  *  ÄLTESTN  ANO  1767  Di  r  Stempel  des  VerfertiL:(  r-^ 
ist  ein  zungenfiirmiger  Schild  mit  tlen  Initialen  I  E,  d.  i. 
Jakob  Eggeier,  welcher  an  Machlohn  für  das  Luth  4  Schill.  6  Pf. 
erhalten  hat. 

2.  Der  W  lilkomm  ties  Amtes  der  Töpfer  ist  v  om  Jahre  1650.  Aul 
dem  Deckel  eine  Töpferscheibe,  auf  der  ein  Blumentopf  steht,  doch  sind 
beide,  Sdielbe  und  Topf,  neu.   David  Thormann  Hess,  nachdem  er  den  Will- 

14 


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210 


AMTSGBRICHTSBEZIRK  WISMAR. 


komm  erworben  hatte,  einen  Putto  als  Hckrönung  aufsetzen.    Ucr  Willkomm 
der  Töpfer  war  einstmals  mit  Inschriften  von  Namen  aus  den  Jahren  1659, 
1682,  1736  und  1763  bedeckt,  von  denen  Dr.  Crull  kurz  vor  ihrer  Ver- 
häminerufig,  die  im  Auftrag  David  Thormann's  geschah,  den  die  Namen 
störten,  eine  genaue  Aufzeichnung  nahm.   Die  Inadiriften  folgten  von  oben 
nach  unten  so  wie  sie  hier  gedruckt  sind:  M.  GÖRIES  WESTFAHL  ELTSHTER. 
M.  DANIEL    BARG.     M.    BALTZER    WAHL.     M.  JACOB 
HOLTFRED.    JACOB  HOLTFRED    ANDREAS  IRMSCHER. 
JONAS    HOLM.     JOHAN    KAHRAV.     DANIEL  KAHRAV. 
CHRISTIAN  WEGNER.   RVBERECHT  PINGERLOS.  JVR- 
GEN  MÖLLER.  MICHEL  JANSEN.  -  ANNO  1763  D.  7 
APRIL  HAT  DASZ  AMPT  DER  TÖPFER  MEISTER  UND         «tte  T3plaschcil>e 
GESELLEN    DIESEN    UMLAUFFER   WIEDER   AN    SICH        ••'""'«"«opfvon  .6S2. 
GEKAUFFT.    DIE  MEISTER  SIEND  GEWESZEN  ELTESTER  CASPAR  HIN.  ZEI- 
SIG,   MEISTER   JÜRG.  DETLOFF   BEECK.     DIE   GESELLEN   SIND  GEWASEN 
ALTGE8EL    JOACHIM    HINRICH    WAGENER.  JOHANN 
DANN.    HINRICH  CONRAHT  WEYOEMANN  MITZUGE- 
NOMMEN.  M.  C.  KAUFFMAff.   PETER  BIBAU.  DANIEL 
ZANDER.    LORENZ   STAHLBERG.    H.   MÜLLER.    J.  F. 
LANGE.    J.  G.  G.  PET.  DAHLBERG.    PET.  GRAMBAU.  M. 
C.MÄHL.  JÜR.  STOSS.  PAUL  FRIED.  BIBAU.  J.F.EWALD. 
C.  P.  GRÖPLER.   .Stempel  SB.  —  ANNO  »659  BEI  VOR- 
FERTIGUNG   DIESEN   SILBER  WILKOM   DAMAHLS  IM 
LEBEN  ALTERMAN  M.  PETER  SCHRÖDER.  M.  BALIZER 
LEMCKE.    M.  CLAV8  HACKER.    M.  PETER  KASZVBE. 
M.  MICHEL  PETERS.   DIE  GESELLN  JOHAN  TÜM.  AN- 
TONIUS WILDE.        ANNO  1736    HABEN   WIR  DIESEN 
WIHLKOM   REPARIREN  LASEN.     DIE   MEISTER  M.  JO- 
HAN  WAHL   ALTERMAN.     M.    OAVIED  WAGNER.  M. 
CASPAR  HINRICH  SANDER.    DIB  GESELLEN  JOHANN 
JORGEN   BEHCK  ALS  ALTQESELL.    ANDREAS  /g\ 
HARDNACK.   HANS  BALTZER  MÖLLER.    Stempel  ^J- 
Hiemach   hätten   wir  in   dem  au.s  T  B  B  zusammen- 
gesetzten Stempel  den  des  .Mei.sters  Timctheus  Bilenberg 
zu  erkennen,  der  zwi.schen  1656  und  1684  nachweisbar 
ist.    Kr  ist  der  Verfertiger  des  Willkomms.  Dagegen 
mag  der  Stem]>el  S  B,  der  zur  Inschrift  von  1763  ge- 
hört, auf  AndiMS  Julius  Stmburff  passen,  der  1736  ins  Amt  trat  und  daher 
recht    wohl    noch    siebenundz\\  anzi<^  J.dire    spiiter    die   Reparatur  gemacht 
haben  könnte.    Vgl.  Crull,  das  Amt  d.  Goldschm.,  S.  52. 


Willkomm  der  Tupfer 
von  Timutheus  Bilenbeig. 


3.  Am  Willkomm  der  Sclüffcrkumpanie,  1672  von  S  B,  d.  i.  von 
pban  Bomemann,  bildet  eine  Figur  den  Ständer  und  trägt  den  Kelch,  dessen 
unterer  Theil  sammt  Fuss  und  Deckel  in  gespitzten  Buckeln  ausgetrieben  ist. 


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KLEINKUNST  UND  KUNSTHANDWBRK. 


211 


Am  Kelche  sind  beideraeits  Henkel  angebradit  Der  Fuss  steht  auf  drei 
sitzenden  Löwen,  welche  mit  ihren  I'ranken  flösse  Kuf^eln  rollen.  Der 
Trauer  der  Kupa  ist  eine  Art  Neptun,  der  mit  einem  Beine  kniet,  und 
unterhalb  dessen  ein  Delphin  sich  windet.  Auf  dem  Deckel  eine  nackte  weib- 
liche Figur  als  Fahnentriigcrin,  die  mit  Wimpel  und  Schiffsmodell  ausgestattet 
ist.  Die  Inschrift  lautet:  ANNO  1673  IST  DIESEII  WILKOM  VON  NACH- 
GESETZTEN  BNVdER  DER  EHRLIEBENDEN  SCHIFPENOOMPAflNIA  VEREHRET 
WORDEN  VND  SEIND  DAMAHL  ELTESTEN  GEWEST  CLAVS  HANE  CLAVS 
MÖLDT  lACOB  WESTPAL  HINRICH  WESTENDORF  IVRGEN  SCHÖNFELT  MAR- 
A  TEN     SCHRÖDER    |    BARTOLDVS    EGBRECHT  HIN- 

RICH  MAKE  lOCHIM  SASSE  lOCHIM  VAGET  PETER 
BADENDICK  IVRQBN  KAtSOW  |  CLAVS  GVNTER 
Jtj  lOCHIM  WILCKEN  IACOB  BAMPOW  OHLOFF  ARNS 

^^J4  DIDERICH  FISCHER  lOCHIM  KNVPPEL  |  PETER  KLVN- 

DER  HINRICH  FINCK  lOCHIM  KÖHEN  ANDREAS 
LULCKE  lOCHIM  GREBBIEN  MATTIAS  HÖRMAN 
IVRGEN  HAER  ANDREAS  HAMM  MICHEL  WITTEN* 
BORO  IVRQEN  MEHLER  CLAVS  KAL80W  BEH- 
RENDT ALBRECHT  {  lOCHIM  SCHMIDT  DANIEL 
WITHON  BBNT  PETERSEN  lOCHIM  QEHRMAN  HIN- 
RICH BUSCHE  HANS  HANE  HANS  WESTPHAL  IVR- 
GEN WAERNER  MATTIAS  MATTZEN  HÄRMEN  VAGET 
lOCHIM  WITTENBORG  lOCHIM  IVNGE  CLAVS  BICKE 
lOCHIM  LEGGETOW  HINRICH  HINRICHSEN  DANIEL 
WITTENBORO  PAVEL  HINRICHSEN  HANS  MOLOT  • 
lOCHIM  DREWSEN  lOCHIM  DEDOW 
PETER  lEGER.  Stadtstempel  und 
Meisteracichen  des  Stsffon  Bomemann. 


Willkomm 
der  SchahoMcbefSVwUeii 
von  TinotlMVi  Bllenbcrg. 


4.  Der  Willkomm  der  Schuhmachergesellcn 
ist  von  1677  und  hat  den  Stempel  des  /g\ 
TlmoltMut  Bilanberg.    Der  Stadtstempel  ist 

verkümmert,  aber  immer  noch  zu  erkennen.  Man 
sieht  beim  Vergleich  diesem  Willkomms  mit  di-m 
der  Töpfer  sofort,  dass  sie  von  einem  Meister 
sein  müssen,  aber  die  Arbeit  \on  1659  ist  flotter,  frischer,  kräftiger,  die  von 
1677  ist  flauer,  lahmer,  langweiliger,  der  Mdster  ist  18  Jahre  älter  und  nicht 
besser,  sondern  schlechter  geworden.  Der  Schild  der  Deckelfigur  ist  von  1708, 
er  hat  die  Inschrift:  •  VORSTEHER  .  |  STEFFEN  •  MAAS  :  -  |  ERNST  .  PEITZ- 
NER  .  ALTGESEL  |  IACOB  KOBO  •  V  •  WISMAR  |  MICHAEL  ENGEL  :  VON  | 
BERLIN  .  SCHREIBER  :-  i  lOHAN  PAGELS  •  VON  WISMAR  1708  Um  den 
Rand  des  Pokals  die  Umschrift  DIS  .  IST  .  DER  .  EHR  .  BAREN  SCHV- 
MACHERGESELLEN  .  IHR  .  WILKAHM  .  ZV  .  DER  •  ZEIT  .  ALTER  •  LEVTTE  • 
M  .  HANS  TEDE  .  M  •  IACOB  UNDTWOLT  j  VOER  STEHER  lOCHIM  •  TEDE  • 

14* 


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313 


AMTSGERICHTSBBZIRK  WISMAR. 


VND  IVRGEN  «x  lARMER  •  ALT  •  GESELL  BALTZER  HASMVLLER  HINRICH 
LIGNER  ANNO  1677. 


5.  Der  Willkuniin  der  Schmicclcf^csellcn  ist  von  1602  und  2ei[,'t  als 
Stempel  (Hl-  Ikichstabcn  d.  i.  Joh.  Georg  Beitz  Die  Krone  auf  dem  Deckel 
ist  später,  anscheinend  im  Anfange  des  vorigen  Jahrhunderts,  hinzugefugt. 
Der  Willkomm  ist  ungewöhnlich  hoch,  er  misst  mit  der  Figur  79  cm.  Treib- 
arbeit in  schrägen  Rundfalteit  am  Deded,  GdSss  und  Fuss.  Oben  auf  dem 
Deckel  eine  Laterne  mit  sechs  gedrehten  Säulen.  Oben  eine  Kugd,  auf  der 
der  Fahneatriger  steht.  Inschrift:  ANNO  1602  IST  0I8ER  WILLKOMMEN 
VON  DENEN  GEGEBENEN  SILBEREN  SCHILDEN  DER  HUEFFSCHMIEDEN 
GESELLEN  GEMACHET  WORDEN  :  VND  HABEN  DIE  DAHMALIGEN  ELTESTEN 
lOCHIM  ZANDT  CASPAR  LIEBERT  |  ERICH  HUMPE  lOCHIM  VOS  AUS  FREIEN 
WILLEN  DAS  IHRE  NAHMEN  DARAUF  GESTOCHEN 
WORDEN  EIN  lEDER  VEREHRET  EINEN  Rthlr.  ES  BLEI. 
BET  ABER  DER  WILLKOMMEN  DER  QESELLEN  EIGEN- 
THOMUCH  I  LADEN  MEISTER  SEIN  \  GEWESEN  lOHAN 
SCHMIDT  lOHAN  VALENTIN  OLKERSSCHAFFER  lÜRGEN 
BUCHTIEN  VND  HANS  HANSEN.  .Ausserdem  aiil  tleii 
oberen  Kundfaltcn  des  Gelasses  die  Namen  von  zum 
Thdl  aus  der  Fremde  zugereisten  Gesdlen  von  1695 
bis  1713.  Auf  dem  Fuss  die  Inschrift  DAMAHLEN 
LADENMEISTER  lOCHIM  POELB  PAUL 
MEYER.  Stadtzeichen  und  Meisterzeichen 
des  Joh.  Georg  Beitz.  ,\uf  der  einen  .Seite 
der  Kahne  die  Jahreszahl  1785;  auf  der  andern  Seite 
der  Stadtstempel  und  der  Meister-  I^Q 
Stempel  des  Johann  GetH.  TerfMeehar.    >a7  ^ 


6.  Der  Willkomm  der  .Schlossergescllen  ist  dem 
der  .Schift'erkumpanie  ähnlich,  aber  kleiner,  nach  dem 
Stempel  von  demselben  Meister  und  aus  dem  Jahre 
1604,  hat  jedoch  keine  Henkel,  und  der  Poseidon  (wenn 
es  dner  ist)  ermangelt  des  Delphins.  Auf  dem  Deckel 
ein  Putto,  welcher  in  der  linken  Hand  einen  Sdilüssel 
und  in  der  Rechten  eine  Fahne  hält  Auf  der  einen 
Seite  des  Kelches  das  Schlosserwappen,  auf  der 
andern  die  Inschrift:  ANNO  1694  IST  DIESER  WILKOM- 
MEN  VON  DEN  GEGÄBENEN  |  SILBERN  SCHILDERN 
DER  SCHLOSSERGESELLEN  GEMACHT  j  WORDEN  BLEIBET  DER  GESELLEN 
IHR  EIGENTUHM  j  UND  SIND  ZU  DER  ZEIT  ALTERLEUTE  GEWASEN  |  CASPAR 
LIEBELT  ERICH  HUMPKE  |  lOCHIM  VOSS  DAUIT  BENECKE  |  UND  HABEN  DiSE 
4  ELTESTEN  4  REICHST:  AUS  FREIEN  WILLEN  DAZU  GEGEBEN  |  LADEN- 
MEISTER I  HAN  lÜRGEN  GRAFF  V.  ALBECHT  FRANCK  j  SCHAFFERS  |  lOCHIM 


WUlklMBBI 

der  Scfamiakgesdlen 
von  Joli.  Georg  Bdu. 


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KLEINKUNST  UND  KUNSTHANnWFRK. 


213 


MAAS  (ein  folfjcndcr  zweiter  Schaffemamcn  ist  ausradiert).  Dieselben  Stempel 
wie  am  Willkomm  der  Schiffer. 

7.  Der  Willkomm  der  Häckcrßcsellen  von  1704  ist  gemäss  den  Ini- 
tialen des  Stempels  H  B  von  Heinrich  Böttcher.  Schöne  Treibarbeit.  Die 
Inschrift  lautet:  DIS  IST  DER  BECKERGESELLEN  IHR  WILKOM  A©  1704  D.  21 
SEPT.  FERFERTIGET  ZU  DER  ZEIT  SIND  GEWESEN  DER  BECKER  BÜCHSEN- 
SCHAFFER  ELIAS  WINSCHEFFEL  UND  DIEDERICH  TEITCKE  KRUGSCHAFFER 
HANS  RÖHL  UND  CHRISTIAN  SCHOMAN.  Hackervvappen. 
Stadt-stcmpel  und  Mcister.stempel  des  Heinrich  Böttcher. 
Mit  einem  Behang  von  vierundzwanzig  ovalen  .Schilden, 
die  ebenfalls  durchweg  gute  Treibarbeit  zeigen. 

8.  Der  Willkomm  der  Ilut- 
macher  ist  nach  «Icm  Merk  I  Q 
von  Jochim  Gada  1719  verfertigt. 
Die  In.schriftcn  in  den  drei  Kar- 
tuschen  des  Hauptfeldes  lauten: 
DAS    LÖBLICHE    |    AMPT  UND 
HANDTWERCK  |  DER  HUTMACH 
ER  MEISTER  LJß  |  GESELLEN  IHR 
WIL     KOM    GESTIFFTET  ANNO 
1719.  I  ALTERMAN     lOHAN  HIN  : 
BOHN  1  SACK  .y**  ALTERMAN 
lOCHIM  SCHLICHTING  HINRICH 
HENCK  i  ALBRECHT  HENCK  |  DA- 
VID HENCK.  ,  GESELLEN  <  MAT- 
TIAS   KRVGER  ;  VON  GOLWITZ 
JOHAN    BOHNSACK   |   VON  WIS- 
MAR     lOHAN    FRIED.  HANNE 
VON  BRICK    IVRGEN  BOHNSACK 
VON   WISMAR.    II    Zwischen  der 
ersten  und  letzten  Kartusche  die 
Inschrift  RENOVATVM  ANNO  1825. 

9.  Der  Willkomm  der  Keifer 
war,  nach  dem  Stempel  I  G,  eben- 
falls von  Jochim  Gade  verfertigt 
und  in  seinen  Umris.sen  dem  Will- 
komm der  Hutmacher  ähnlich. 
Er  ist  verkauft  worden. 


Willkomm 
der  Schlusstrgesellen 
von  S(e|>han  Bomemann. 


Willkomm 
der  Ilutmacher 
von  Jochim  Gade, 


10.   Den  Willkomm  der  Knochenhaucr  von  1736  hat,  nach  den  Initialen 
des  Stempels  F  R,  ticr  Goldschmied  Friedrich  Rahm  gearbeitet.')     Hin  mit 

')  Die  unter  2,  4  und  S  aufgefulirlen  Pokale  sind  mit  der  Erwerbung  der  Thormann'schen 
Sammlung  im  Sommer  1S91  im  den  Besitz  des  Gros&herzoglichen  Museums  übergegangen.  Der 


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314 


ABITSGBRICHTSBEZIRX  WISMAR. 


vertikaler  Fältclung  belebter  Pokal,  dessen  put  auArebaiitc  Konstruktion  der 
Grundlage  seines  Fusses  folgt,  der  aus  dem  Zwolfeck  gebildet  ist.  Die 
Ornamentierung  ist  die  des  französischen  Geschmacks  in  der  Zeit  der 
R^gence.  Die  Inschrift  lautet:  DAS  LÖBUCH  AMBT  DER  FLEI8HAUER 
UND  QAHRBR6TT1R  HABEN  ANNO  1736  DEN  16.  APRIL  DI8EN  SILBERN  » 
WILLKOMMEN  MACHEN  LASSEN  .  SEIND  MEISTERS  ZU  DER  ZEIT  GE- 
WESEN I  M  .  lOCHIM  D  .  DONAHT  ALTERMANN  .  M  .  lOHANN  H  .  TIMM  AL- 
TERMANN .  M  .  THEODORIUS  RABE  IST  LADENMEISTER  BEY  DIE  GESELLEN 
GEWESEN  .  M  .  MICHAEL  GOYERT  IST  AUCH  ZU  OER  ZEIT  LADENMEISTER 
BEY  DIE  GESELLEN  GEWESEN  •  M  •  BART0L0MU8  HOFFMANN  GEORG  A  • 
LANGHOFF  ZU  OER  ZEIT  ALTGESELL  GEWESEN  •  M  •  Hl NRICH  TÖHL  AUS 
LÜBECK  lOHANN  H  QUATUOR  AUCH  ZU  DER  ZEIT  ALTGESEL  GEWESEN 
lOHANN  SULTMANN  ANTHON  S  KÖNIG  lOACHIM  lEHMLER  .  .  (Eine 
vierte  Reihe  ist  durch  den  umgelegten  Schildcrring  verdeckt  ) 
Innerhalb  der  Inschrift  das  Schlächterwappen.  Die  Stempel: 
(Frtedr.  Rahm). 

II.  Der  Willkomm  der  Müller,  der  1889  bei  Auflösung  der  Acmter 
zum  Vorschein  kam ,  war  von  plumper  Form ,  mit  Rokokoverzierungen  ohne 
Zusammenhang  bedeckt.  Ohne  Inschrift.  Nach  dem  Stempel  A  Z  war  er  von 
A.  &  M.  Z«itor  angefert^   Für  315  Mark  an  einen  Händler  verkauft. 

Schränke.  SchrUke.    Der  S.  215  rechts  abgebildete  Schrank  ist  am  der  Sanun- 

lunf;  Tliormann  1S91  ins  Grosshcrzoßliche  Museum  gekommen.  Er  repräsen- 
tiert jenen  iypus  der  Sjxitrenaissance  oder  des  Barockstils  um  die  Wende 
vom  XVII.  zum  XVIII.  Jahrhundert,  den  wir  um  die  Ostsee  herum  6nden, 
von  Holstein  bis  in  die  russlsdien  Ostseeprovinaen,  md  der  gewöhnlich  als 
»Danziger  Schranke  beseidinet  wird.  Er  stammt  aus  Wismar,  der  zweite, 
links  abgebildete  aber  aus  der  Nachbarschaft  der  Stadt,  aus  Westhof  bei  Neu- 
bukow;  er  wird  also  auch  wohl  von  einem  Kunsttischler  in  Wismar  gemacht 
sein.  Sehr  verwandt  sind  verschiedene  Schränke  im  (Irossherzogl.  Museum 
aus  der  Gegend  von  Marne  in  Holstein  und  von  der  Insel  Fehmarn. 


decken 
tmd  Wand 

He 


Täfelung,  Grosse  Stücke  der  Tlfelnng  aus  dem  diemaligen  Hause  der  Schiffer- 

Hnlz      Gesellschaft  findet  man  im  Hau.se  Hinterm  Chor  Nr.  9.    Decke  und  Wand« 
bekleidnng  aus  der  ersten  Hälfte  des  XVI  Jahrhunderts  im  Hause  Mecklen- 
burger Strasse  Nr.  16;  sie  stammen  aus  dciii  .Seluvarzcn  Kloster.  Hoixdecke 
kleiduogen.  ersten  Hälfte  des  XVII.  Jahrhunderls  (mit  Wappen  der  Dargun  und 

Stüve  im  Flügel  des  Hauses  Altwismar- Strasse  Nr.  10  (am  ursprünglichen 
Platz).   Audi  im  Hause  Nr.  17  der  ABC- Strasse  dne  Holzdecke,  dnfoch. 

uiMr  I  gemimte  Mul  der  Kflner  befindet  sidi  cbenfrili  in  llawin  n  Schwerin,  er  wnrde  im 

l.ihre  1894  flirrkt  von  der  Krarncrkiimji.inic  erworben.  Der  Wülkninni  der  Schniifdcf^fsellcn  sowie 
derjenige  der  Schloss(.rgeäelIcn  sind  in  Privatbesitz;  die  Übrigen  sind,  mit  Ausnahme  von  Nr.  9 
und  tti  noch  in  den  Hinden  der  Innungen. 


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2i6 


AMTSGERICHTSBKZIRK  WISMAR. 


Mittelalter-  Mittelalterliche  TrinkgefÜsse  von  Zinn  (im  Besitz  von  Dr.  Crull). 

'"Ivf^""'^  I.   Ohne  Ilcnkcl.    Schild  in  der  Form  des  XV.  Jahrhunderts,  schräg 

gciässc  von  ■'  ' 

Zinn.  gethcilt,  vorne  zwei  (oder  drei)  Fische  in  Wellen,  hinten  drei  Sterne.  Dann 
in  zwei  Reihen  (die  obere  auf  Spruchband)  die  Inschrift:  bllS  rf«lCOCiUÖ  firVj* 
ftVic  Mit  II  3(^inu  ftaiiiicb  pottbin  intoribbc  rib^  nia  Jn  parc  r^q. 

Später  ist  vorne  hineingraviert:  DIS  IST  DER  TRÄGER  COMPAGNY  IHREN 
WILLKOMM;  hinten  JACOB  HADELER,  JOHANN  REPPIEN  18  {Trägerzeichen)  t4. 
Das  Geräth  ist  22  cm  hoch  und  fasst  2  Liter. 

Ein  Priester  Jacob  Briiseke  ist  unbekannt.  Kin  Johannes  B.  war  1489 
Pfarrherr  zu  Zurow  und  Vikar  in  St.  Nikolai,  seit  1463  Mitglied  des  grossen 
Kalands. 


Mittelalterliche  Trinkgefässe  von  Zinn. 


2.  Umschrift:  l^lnrlft  iiiciifc  gjf  :  bcffeii  ftoji  ||  \}e\p  (bitte  anna. 
I  V«  Liter  fassend.    Höhe  16' »cm. 


Ein  Hinrik  Mense  ist  nicht  bekannt.    Hans  M.  findet  sich  1511 
Unter  der  Inschrift  sind  Beil,  Winkclmaass  und  l.oth  eingraviert. 


3.  Umschrift,  vorzüglich  in  der  Form  der  Huchstaben:   ^CIliA  <  ÖOlRc* 

bat  <^  iod||iin  =  banTibrr. 

Mit  einem  Pegel,  19  cm  hoch  und  genau  2  Liter  fas.scnd.   Sehr  kräftig. 

Ohne  Vornamen  begegnet  ein  lk)lkebar  1475  und  1477,  Hans  B.  1505 
bis  15 19,    ein  Zimmermann  Jochim  Dankwart  1475  M??- 

Die  vorstehend  beschriebenen  sind  die  hier  abgebildeten,   .\usserdcm  sind 
noch  vorhanden  aus  dem  Mittelalter:  einer  mit  der  Inschrift  bcffttl  ftop  Ict 

ni.iVini  \him  lioftcr  ün  i  IcninicHc  niciocr  bar  Icbbcn  U  iiij  f  fto'); 

ein  zweiter  mit  der  Iiis*  liriü    bcffCll  >  ftop  ■  (jaf  <  TjCnnCll  *  IllCttCIl  * 
feil  «  bat  nn  got  «  gnrbid)  fi  ailir  il  n:  und  ein  dritter  niedriger;  und 
weiter  einer,  auf  dem  nur  der  Natiie  lllOd)oU  steht,  an  den  sich  ein  Band- 


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klunkunst  und  kunsthandwerk. 


217 


oniatnent  anschliesst.  -  Kin  Hans  Köster  kommt  vor  1461  — 1478.  Auf 
keinem  dieser  CicOissc  findet  sich  «in  Merk^  ein  solches  erscheint  erst  auf 

einem  von  1553. 

Du  Zinngclassc  Uurcli  den  Gebrauch  stark  abgenutzt  werden,  so  wurden 
früher,  als  Zinngeschirr  noch  üblich  war,  unansehnlich  gewordene  oder  be- 
schädigte (icräthe  beim  Giesser  gegen  neue  mit  einem  Aufgeld  umgetauscht. 
In  den  letzten  hundert  Jahren  ist  aber  das  Zinn  im  Haus^jebrauch  völlig 
abgekommen,  so  dass  im  Privatbesitze  nur  wenig,  und  aus  ganz  alter  Zeit  gar 
nichts  mehr  sich  findet.  Nur  bei  den  Handwerksämtem  waren  not  h  I  rink- 
gefHssc  aus  Zinn  vorhan«len,  die  aber  auch  meist  den  beiden  letzten  Jahr- 
hunderten angehörten  und  in  pokallormigen  sogenannten  Willkomms  zum 
Ehrentnulk,  oder  in  Kännchen,  den  sogenannten  Röhrehen,  oder  in  Deckel- 
kriigen  bestanden.  Einzig  und  allein  bei  den  .\emfem  «ler  Träger  (Bierträger) 
und  der  Hauszimmerleute  hatte  sich  eine  Anzahl  'rrinkgefässe  von  höherem 
Alter  erhalten,  der  Form  nach  jenem  gleich,  welches  nach  einem  Exem* 
plarc  auf  dem  Rathhause  in  Mölln  im  KtUIStgewerbeblatt  III  (1887),  S.  112, 
1 1 4  abgebildet  ist.  Die  alteren  haben  die  Gestalt  eines  irdenen  Blumen* 
topfes,  ruhen  auf  drei  hockenden  Löwen  und  sind  mit  zwei  glatten  ziemlich 
weiten  Henkeln  VCfSetieilt  die  jüngeren  alier  aus  der  zweiten  Hälfte  des 
XVI.  und  der  ersten  des  XVII.  Jahrhunderts  wi  rfirn  u.k  Ii  dir  Mundung 
hin  schnell  weiter,  haben  kleinere  Henkel  mit  ornamentaler  liehandlung 
und  ermangehi  m  istentheils  der  Ldwen  als  TrXger. 

Siegel.  Siegel. 

Ausser  den  sdion  bei  St  Jürgen  und  dem  Schwarzen  Kloster  auf- 
geßihrten  Siegeln  haben  sich  noch  folgende  mittelaltertiche  Stempel  erhalten: 

I.    Rundes   Siegel   der  Kranicr   niil   der  Halbbgur  des   hl.  Michael 
und  der  Umschrift:  SIGHjüVSD  *  lltSmORVSQ  *  m  •  ^ISfiOnRIK  •. 


Skgel  der  Kfinwr.  Siegel  der  Kontor-  and  Siegel  der  Kannen-  nnd 

Xistenmiicher.  Crapcngicster, 


2.  Rimtics  Sicf^fcl  der  Kontor-  und  Kistenuiachcr  mit  der  Umschrift: 

bc  •  UontDrniacliirQ  :  Uiftcni.idic  :  b  •  Vuifma  : 

3.  KuikU-s  Sici^i-l   tler  Kannen-   vind   f irapcn!.;ic^ser  mit    der  schlecht 
gestochenen  Umschrift:  ^  cauCIlflCtcr  gratJCßCtCr'  Ülif  (oder  III  lU?)- 


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3l8 


AMTSGERICHTSBEZIIUC  WISMAR. 


4.  Rundes  Sieg:el  der  Böttcher  mit  der  Umschrift:  lip  bat  "^^^ 
amilt  •  ber  läobbrfter  • 

5.  Rundes  Siegel  der  ( ioldschmicde  mit  der  Ticstalt  des  hl.  JCligius 
und  der  Umschrift:  btt  goitflUßbC  tljo  bct  Vui|mct.  Vgl.  CruU,  Amt 
der  Goldschm.,  Titelblatt. 


Siegel  der  KttrKboer.  Siegel  der  Böttcher.  Siegel  der  Schmied«. 


Secrelum  oder  erstes  Rathssiegel  der  Stadt  Wismar. 
Im  Anfange  da  XIV.  JehrfanndeitB  gebnecbt,  vgl.  II.  U.-B.  764, 
«ber  wohl  dem  XIII.  Jahrirandert  «ngehörijg. 

Ivundfs  SicL;<l  (Ur  KiirschntT  mit  der  Umschrift:        \  bCö  \  AlltCiS 

bet  liUrtrclucrrrrc  Imii  ber  Uiirnifr  (r  in  der  (k-ltunj;  eines  verkürzten  ()• 

7.  Rundes  Siegel  der  Schmiede,  das  noch  bei  der  Innung  der  Schmiede 
und  Schlosser  im  Gebrauch  ist,  mit  der  Umschrift  >^  S  HRBRORV$ß  >  III  • 
WISVttÄRlÄ. 


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KLEINKUNST  UND  KUNSTHANDWERK. 


219 


Aquamanile. 

Sicilianisches  Gewebe. 


Verschiedenes. 

Aquamanile  von  Hronzc  in 
Gestalt  eines  Lowcn,  auf  dessen 
Riicken  ein  Drache  sitzt,  der  als 
Griff  dient. 

Ehemals  im  Besitz  des 
Konsuls  ().  Lcmbke  und  In 
dessen  Familie  mindestens 
seit  1817.  Im  Jahre  1882 
an  einen  Händler  für  1350 
Mark  verkauft.  Herkunft  leider 
nicht  zu  ermitteln.  Anschei- 
nend aus  der  zweiten  Hälfte 
des  XIII.  Jahrhunderts,  späte- 
stens aus  der  Zeit  der  Wende 
vom  XIII.  zum  XIV.  Jahr- 
hundert. Nach  einer  Photo- 
graphie in  Dr.  CnilKs  Besitz. 


Siciliani.schn  Clewchc 
im  Museum  zu  Wismar. 


Ver- 
schiedenes. 
•\<jua- 
manile. 


Das  hier  abgebildete  Ko]ddur<:hwirkte  Damast-  und  Seidengewebe  gehört 
nicht  zu  den  ältesten  Stücken  dieser  (lattung,  deren  Thier-  und  Pflanzen- 

formen  auf  uralte  textile,  zum  'I'heil  selbst 
in  die  altgriechische  Kunst  eingedrungene 
Vorbilder  des  Orients  zurückgehen,  es  ge- 
hört vielmehr  zu  den  jüngeren  Geweben  des 
XV.  Jahrhunderts,  die  nicht  bloss  von 
Palenno,  sondern  auch  von  Lucca,  Horenz, 
Bologna,  (ienua,  Mailand,  Venedig  und  auch 
aus  Spanien  kamen,  wo  sie  el>enfalls  alt- 
heimisch und  zur  Maurenzeit  l>esonders  be- 
liebt waren.  Vgl.  Meckl.  Nachri(hten,  Beil. 
zu  Nr.  14  (17.  Januar  i8t)2).  Wir  werden 
unten  bei  Gadebusch  und  im  III.  Bande  bei 
Ketschow  und  Kühn  ausführlicher  auf  diese 
seltenen  und  werthvollen  (Jewandstücke  zurück- 
kommen. Gute  Beispiele  für  die  Zeit  von 
500  bis  1650  na<h  Chr.  sind  abgebildet 
bei  Kssenwein,  kunst-  u.  kulturgesch.  Denkm. 
des  Germ.  Nat  Mus.,  Taf.  2,  7,  13,  28,  32,  40, 
44»  45.  55.  '03-  Vgl.  Bulletin  de  rE.\cursion 
de  la  Gilde  le  St.  Thomas  et  de  St.  Luc, 
1888,  S.  89. 


Sicili- 
anisches 
Gewebe. 


Sammlungen.  Samm- 
Auf  den  Inhalt  des  Wuseums  för  Kunst-  und  Alterthtimer  in  Wi.smar  '""K^*" 
können  wir  hier  ebenso  wenig  einfachen  wie  es  im  ersten  Hände  für  Rostock  Museum 
geschehen;  jedoch  maj^  hier,  nachdem  .schon  wiederholt  einzelne  W'i.smar'sche  zu  Wismar. 
Alterthümer  von  Bedeutung  als  dort  befindlich  genannt  worden  sind,  darauf 
hingewie.sen  werden,  dass  dort  noch  ein  Altarschrcin  von  St.  Jürgen  aus  der 


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320 


AUTSGERICHTSBEZIRK  WISMAK. 


zweiten  Hälfte  des  XI\'.  Jahrhunderts  ruifbewahrl  wird,  ferner  ein  laut  Inschrift 
im  Jahre  von  V)jnrili  brulurfK  i;c}(ossener  sog.   »Schapen«,  d.  h  ein 

aus  dem  Heiligen  Geist  dahin  gelangtes  Metallbecken,  in  das  ein  Feuerbecken 
mit  gluiienden  Kohlen  gestellt  wurde.')  Man  findet  dort  ausserdem  vide  Werk- 
stücke von  Wismar'schen  Bauten,  femer  Oefen,  Kacheln,*)  Schlösser,  Thür- 
beschläge,  Zinngeschirr  von  den  im  Jahre  1890  aufgehobenen  Aenitern  der 
Stadt,  Amtsladen,  Kuchcnfornicn,  ein  Messgewand,  zwei  Leibzeichen  (Todten- 
hände)  in  hölzernen  Schiissehi,')  Rüstungen  des  Rostocker  Schusteramtes  u.  a.  m. 

Brunswig-  Aus  der  Sanmlnng  des  Herrn  Baumeisters  Brunswig  sind  an  Wis- 

schc      maricnsicn  zu  nennen  ein  silberner  Pokal  der  Schlusser  mit  Schilderbehang 

Sammlung.  ^  ^  212);  ein  zinnerner  Willkomm  des  Böttchcramtcs  von  1655,  ebenfalls 
mit  Behang,  ein  anderer  desselben  Amtes  und  derselben  Zeit,  aber  neu  auf- 
gearbeitet 1785;  ein  zinnerner  Willkomm  der  Bauleute  von  161 7,  der  Schiffs- 
«immerieute  von  1624,  der  Pantofielroacher  von  165 1  und  eine  sog.  Vexierkanne 
der  Böttcher  von  1679;  femer  Alterüiümer  von  Rostock  (zinnere  Kanne  und 
Wandleuchter);  bemalte  Glasscheiben  aus  der  Kirche  in  Dorf  Nfccklenburg, 
eine  messingene  Knme  aus  der  Kirche  zu  Kavelstorf  vom  Jahr  1693»  u.  a.  m. 

Dr.  Cnill-  Die  SammlttOf  des  Hemi  Dr.  Cmll  enthält  u.  a.  ein  Staflfelbild  vom 

sehe      Haken-Altar  aus  St.  Marien,  verschiedenes  altes  Zinngeschirr  der  ehemaligen 
Sammlung,  ^pn^jj,^  der  Stadt  (s.  o.  S.  216),  zwei  alte  Messingkronen,  femer  gute  Laden 
und  Schranke,  treffliche  Gläser  u.  a.  ni. 

Mann'srho  Die  Sammlung  des  Rentners  Herrn   Mann  zählt  ebenfalls  einige 

Sammlung.  VVismaricnsia,  luitt  r  (k-nen  besonders  ein  Stoop  der  Hauszimmerleutc  von  1578 

(abgebildet  bei  Schtltcrs,  LIX,  Bl.  30,  1)  zu  nennen  ist.    Auch  enüiält  die 

Sammlung  manche  vorgeschichtliche  Funde  von  Wertli. 


Wir  schliesscn   hicmit  unsere  Aufzeichnungen  über  die  Kunst-  und 
Geschichts- Denkmäler  zu  Wismar. 

Wismar's  Ruf  und  Ruhm  beruht  heute  wesentlich  auf  seinen  Schätzen 

aus  dem  Mittelalter  Sich  diese  zu  erlialten,  ist  von  t^rosscrcm  V'ortheil  für 
die  Stadt  als  jene  glauben,  welche  leichten  ilorzcns  IjctlmI  sind,  deren  Zahl  zu 
verringern.    Der  äussere  Anblick  der  Stadt  hat  freilich  unter  der  Verkümmerung 


')  Vel.  Kopmann's  Chronik  von  1485,  §.  SS  im  M.  Jmhrb.  XLVn,  S.  79:  »to  kakn  np 

den  Schapen«.  Am  II.  November  1457  stiftet  zu  einem  gleichen  Schapen  »in  porticu«  von  St. 
Juigcn  Lorenz  Manderow  die  crfurdcrltchen  Kohlen.  Vgl.  Techen,  Ungedruckte  Urkunden  im 
Grooh.  Afchitr. 

*}  Daninter  aocli  eine  mit  dem  Namen  Ilem  Beimean  IS63,  f.  o.  S.  188. 

*)  Vgl.  Clikkltr,  M.  J.ihrb.  III,  11,  S.  94.  IX,  S.  485  —  87  CHmm,  Kcchtsallertliüiner 
S.  627.  l'yl,  Bcitr.  z.  PumincrKhcn  Kcchtsgcsch.  II,  S.  78.  äictie  M.  Kunst-  u.  Gesch.- 
üenkm.  I,  S.  433. 


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KLEINKUNST  UND  KUNSTHANDWBRK. 


321 


der  Kirchthürmc  gelitten,  der  von  St.  Jürgen  ist  überhaupt  nicht  zur  Vollendung 
gelangt,  und  die  beiden  von  St.  Marien  und  St.  Nikolai  haben  verloren,  was 
sie  hatten,  der  eine  seine  Spitze  und  der  andere  ausser  seiner  Spitze  auch 
zwei  seiner  Schildgiebel.  Zugleich  sind  die  bdden  erhalten  gebliebenen  Giebel 
des  zuletzt  genannten  in  störender  Weise  verkürzt  Die  Thürme  wieder« 
herzustellen  und  somit  der  äusseren  Eradieinung  der  Stadt  alten  Glanz  zurück- 
zugehen, wäre  erstens  eine  würdige  Aufgabe  ftir  {Mtriotisch  gesinnte  Männer, 
weit  In-  die  Mitte!  dazu  besit/cn  oder  zusammenzubringen  verstehen,  und  zweitens 
die  beste  \'orbcreitunj,'  für  die  in  Aussicht  stehende  Jubelfeier  des  Jahres  1903. 
Quod  Ueus  bene  vertat! 


Entet  graiMs  Stadtiiegd  v«a  Wfamw,  abgebildet  If.  U.>B.  764 
(vom  Jahi«  1256). 


Kleine»  Siegel  (Signum)  der  Stadt  Wisow 
Vgl.  M.  U.-B.  7911. 


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222  AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Du  Pfivrdorr  Kirchdorf  auf  PmI. 


Geschichte 
der  Insel 
und  des 
Kirch- 
dorfes. 


jon  der  Insel  Pocl  (Pocle,  I'öle,  Pole,  Pule,  Pule,  soviel  wie  »flaches  Feld«) 
hören  wir  urkundlich  zum  ersten  Mal  in  den  sechziger  Jahren  des  XII. 
Jahrhunderts.  Im  Juli  (163  bestätigt  nämlich  i'Irzbiächof  Hartwig  von  Hamburg 
dem  Domkapitd  xa  Lübeck  die  Schenkungen  des  Sadisen«  und  Baieni>Henog8 
Heinrich  des  Löwen»  darunter  die  Zehnten  von  der  ganzen  Insel  (dedmam 
cum  censu  totius  prouinde  in  P61e)  sowie  den  Besitz  eines  Dorfes  ebendaselbst, 
und  sieben  Jahre  später  erfolgt  die  Beurkundung  derselben  Sache  durch  den 
Kaiser  Barbarossa.')  Dass  dieses  Dorf  das  jetzicje  Fährdorf  (Vere,  Vera, 
vulgo  Fähr)  ist,  erfahren  wir  aus  zahlreichen  späteren  Urkunden  des  Xill.  Jahr- 
hunderts.*) Man  hat  diesen  Akt  des  Weifen-Herzogs  auflallend  gefunden,  weil 
doch  die  mecUenburgisdien  Bisthttmer  Ratzeburg  und  Sdiwerin  näher  gelegen 
gewesen  seien  als  das  von  Lübeck.*)  Es  fdüt  auch  an  Angaben  von  Grttnden 
für  diese  Massrcgel,  aber  es  darf  nicht  die  gewaltige  organisatorische  Macht 
und  Kraft  der  alten  Kirche  übersehen  werden,  tlic  es  im  Hinblick  auf  ihre 
civilisatorischen  Aufgaben  für  richtig  hielt,  dem  weltlichen  Arm  des  Landes- 
herrn möglichst  viele  geistliche  Autoritäten  gegenüberzustellen.  Zu  den  bischöf- 
ttchen  Sprengein  von  Camin,  Havelbeiig,  Schwerin  und  Ratsebuig  ward  audi  der 
von  Lübeck  gesellt,  um  Antheil  an  den  mecklenbuigischen  Territorien  zu  haben. 
Die  Folge  davon  war,  dass  diejenigen,  welche  später  für  das  lübische  Dom- 
kapitel sowie  ßir  Vikareien  und  Hospitäler  in  der  alten  Stadt  an  der  Trave 
Stiftungen  zu  machen  wünschten,  auch  auf  der  Insel  Poel  Besitz  und  Rechte 
zu  erwerben  suchten  und  somit  eine  Menge  von  Beziehungen  Lübecker  Bürg^ 
zu  der  kleinen  fruchtbaren  mecklenburgischen  Insel  hinüber  entstanden.*)  Im 
Besonderen  war  es  das  Heiligengdststift  zu  Lübedc»  das  auf  Poel  un  Jahre  1344 
nicht  weniger  als  vier  DGrfer  von  den  Herren  von  Stralendorfl*  erwarb,  nämlich 
Seedorf  mit  Neuhof,  Brandenhusen,  Weitendorf  und  Wangern.*)  Doch  finden 
wir,  nachdem  <lii-  iiisj>riinglich  auf  PdcI  wohnenden  W  enden  durch  deutsche, 
schon  vom  Fürsten  Heinrich  Burwin  herbeigerufene  Bauern'')  immer  mehr  in 


■)  M.  U.-B.  7*.  91.  Vgl.  rcfMT  8j.  Sa.  167. 

*)  M.  u.-n.  791.  980.  1003.  1542.  1703.  soBs.  «381.  S480.  S536. 

•)  Wiijgcr,  M.  Jahrb.  .XLVm,  S.  a. 

*}  H.  U.-B.  3t3.  59s.  730.  79t.  795.  80s.  1003.  1004.  1098.  1541.  8o8a.  8757.  3089. 

3446.  3472.  3668.  3839.  4178.  4179.  4180.  4182.  4433.  4435.  4525.  4692  4919.  4924.  4927. 
4981.  4998.  5031.  S°33-  $09^-  S^oo.  5404.  s6ij.  5671.  5866.  6114.  6208.  6360.  6379.  6460. 
6469.  6555.  6730.  6734.  6735.  6857.  6925,  7497.  7609-  7788.  79S*.  8599.  874«.  8890. 

10338. 

»)  M.  U.-B.  6469.  6470.  6857. 

*)  Es  begegnen  uns  in  dcu  Lfkun<len  des  XIII.  und  XIV.  Jahrhunderts  die  BancrMUneil 
Abbo,  KfM,  Gowke,  Herder  Witt,  Winter,  Eier,  Timme,  Weitendorf,  Bode,  Solde,  Techd,  Wii- 


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PFARRDORF  KIRCHDORF  AUF  FOEL. 


233 


den  Ilintcrgnind  fjedrängt  waren  und  zwischen  dem  I^-indesPiirstcn  und  dem 
Liibcckcr  Hiscliiif  t  ine  Tlieilunf»  der  Kornzehnten  im  Jahre  1210  vereinhart 
worden,')  auch  die  Kloster  Doberan")  und  besonders  Cismar*)  sowie  einzehie 
begüterte  Private  vom  benachbarten  Festland  her  mit  Anrechten  oder  mit 
kleinerem  oder  grösserem  Grundbesitz  auf  der  Insel  vertreten.  Unter  Privaten 
ist  CS,  soweit  die  Zalil  der  Urkunden  den  Au-sschlag  giebt,  in  erster  Reihe 
die  Familie  Körneke  in  Wismar,  die  auf  l'oel  den  meisten  Misitz  cr\virbt.^) 
Auch  die  Fürstin  Anastasia,  die  (Icniahhn  FIcinrich  s  des  Pilf^-^crs,  der  die 
Insel  mit  ihren  landeshcrrhchen  lankiuilten  als  Lcibgetlinge  vcrscluiebcn 
war,  hatte  hier  mitten  zwischen  den  liaucmdörfcrn  einen  Mof  >üp  deme 
Velde«,  der  vom  Vogte  Willekinus  und  seiner  Gattin  Ghese  verwaltet  wurde 
und  der  Fürstin  zu  gelegentlichem  Aufenthalt  diente.*)  Ein  Jahr  nach  ihrem 
Tode  aber,  der  auf  den  15.  Marz  13 17  scheint  angesetzt  werden  zu  müssen,") 
vollzieht  sicli  ein  l-'reigniss,  das  l'nr  <iic  niittelaltcriichen  Verhältnisse  der  Insel 
Poel  als  das  einschneidendsf 0  hczi  K  hnet  w  erden  nniss.  Am  22.  November  13  18 
nämlich  verkauft  Fürst  Hcmrich  Ii.  von  Mecklenburg  unter  dem  Druck  seiner 
Sdnitden  (urgcntibus  nos  oneribus  debitorum  nostrorum),  in  die  er  durch  seine 
zwar  durchw^  glücklich  geführten,  aber  auch  sehr  kostspielig  verlaufenen 
Kriege  gestürzt  worden  war,  und  unter  Zustimmung  seiner  Nichte  Luitgard, 
der  Krbin  des  I.eibgedinges  der  Anastasia,  die  ganze  Insel  l'oel  und  sieben 
Dörfer  des  benachbarten  Festlandes  sammt  allen  fürstlichen  Beden  und  Dienst- 
forderungen für  eine  Summe  im  Gewicht  von  321 50  Mark  wendischen  Geldes 
zu  vollem  Kigenthum  an  die  Ritter  Melmold  von  Plessen,  I3erthold  und  Gott- 
schalk von  Preen  zur  einen  Hälfte  und  an  Friedrich  von  StralendoHT  nebst 
den  Söhnen  des  weil.  Ritters  Heine  von  StralendoHT  d.  j.  zur  andern  Hälfte, 
von  denen  diese  bereits  in  früherer  Zeit  einen  Theil  ihres  Vermögens  in  Poeler 
Renten  und  Hebungen  an<,'c!eq^t  hatten  ')  Fs  bedeutete  dieser  Akt  eine  Fin- 
schränkung  der  landesholicitliclun  Rechte.  Denn  in  der  Folge  sind  es  die 
drei  genannten  Ritterfamilien,  welche,  wie  dies  viele  der  bereits  angeführten 
Urkunden  darthun,  jeden  Kauf,  Verkauf  und  Tausch  von  Grundbesitz  und 
überhaupt  alle  hiemit  vorgehenden  geschäftlichen  Veränderungen  in  erster 
'Linie  urkundlich  gutheissen  und  bestätigen.  Doch  unterlassen  sie  es  als 
getreue  Lehnsmänner  niemals,  gletclizeitig  auch  die  landesherrliche  Konfirmation 

zage,  Huck,  Batk,  Timme  von  ili  r  Möhltn,  Laiigi  wirdiT.  IIoIiIl-,  Riüjjrr,  Schuh,  Hurmeistcr, 
Wiide,  Wend,  Kneese,  CruUvit?,  PuUckow,  Langckrügcr  und  andere  aus  Vornamen  wie  Hermann, 
Nikoliu,  Friedrich,  Hartwig.  Michael,  Henning  ti.  s.  w.  enWandene  FunilltiMWimn.  Unter  den 
Bauern  des  XIII.  Jahrhunderts  wnr  Abbo  von  l'ucl  der  «nfeadicnste.  Vell»  iiiin*  tun  COloous 
heiait  er  in  einer  Urkunde  von  laSo  (M.  U.-B.  ISS4)- 

•)  M.  U.-B.  197. 

■)  M.  U.-B.  S779.  1319. 

»)  M.  U.-B.  4255.  4257  46:3.  4653.  4827.  49>9"2i.  4924^26.  5031.  5037. 
*)  M.  U.-B.  4690.  4693.  4695.  48S7  — 89.  5584    86.  5603.  5604.  5705.   5714.  57"7- 
5767.  sMa. 

')  M.  U.-B.  2297.  2757.  3089.  3446. 

•)  M.  U.-B,  3887. 

^  M.  U.-B.  4025.    Vgl.  dazu  3219. 


324 


AMTSGBRICHTSBBZIRK  WISMAR. 


einzuholen,  wie  es  im  Jahre  1318  fest.Ljc.stellt  worden  war.  Mit  diesen  weit- 
gehenden welthchcn  Rechten  zusammen  legt  der  I^ndcshcrr  auch  das  jus 
patronatus  Ober  das  Kirchlehn  in  ihre  Hände.  Trotz  späteren  Wiederverkaub 
einzelner  Dörfer  und  Hufen,  wie  z.  B.  an  das  Hetligengeiststift  zu  Lütieck  (s.  o.) 
hatten  die  genannten  Rttteigeschlechter  ihre  Rechte  Jahrhunderte  lang  gew.ihtt. 
Dies  ersieht  man  u.  a.  daraus,  dass  der  um  1594  das  Amt  führende  Pastor 
Stephan  Köhne  von  den  Herren  von  Stralcndorff"  cintjesetzt  war,  während  sein 
V^orffänger,  der  Kirchherr  Laurentius  Wüsthol,  im  Jahre  1553  von  licrnd 
von  Plcssen  auf  Damshagen  berufen  w  urde.  )  Dass  der  1  lerzog  Johann  Albrecht 
den  Versuch  gemacht  hatte,  ehemalige  Redhte  wiederzugewinnen,  ergiebt  das 
Kirchenvisitationsprotokoll  von  1594,  welches  lautet:  »Das  jus  patronatus  soll 
mit  den  Stralendorffen  zu  Goldebec  und  unserm  gnädigen  I'ürst  und  Herrn 
streitig  sein-.  Den  ersten  vorsichtigen  Anfang  dazu  machte  der  Herzog  im 
Jahr  1553  mit  einem  Hricf  an  <len  alt  gewordenen  Kirchherrn  IVanz  Werk- 
meister, in  dem  er  ihn  aufforderte,  die  Herren  von  Stralcndorff  dazu  zu  ver- 
anlassen, dass  sie  Lorenz  Wüsthof,  der  ein  sehr  geeigneter  Mann  sei,  als  seinen 
Nadifolger  einsetzen  möchten.  Das  geschah  denn  auch,  wie  bereits  bemerkt, 
durch  die  mit  den  Herren  von  Stralendorf  zu  gleichen  Rechten  gehenden 
Herren  von  Plesscn.  Aber  ein  förmliches  Aufgeben  des  jus  patronatus  hat 
nicht  stattgehabt.  Auch  Versuche  anderer  Art,  in  l'ocl  wieder  festen  Iniss 
zu  fassen,  wie  sie  Johann  Albrecht's  Vater,  Herzog  Albrccht  der  VII.  mit 
einem  Haus  auf  der  Drenow  und  dem  Projekt  eines  andern  bei  Gollwitz 
gemadit  hatte,  schlugen  fehl.')  Nachdem  aber  der  Herzog  in  Folge  der 
Säkularisation  wieder  in  den  Besitz  der  geistlichen  Güter  gelangt  war,  soweit 
sie  nicht  Hospitalgüter  waren,  erbaute  er  1562  südlich  von  der  Kirche  im 
damaligen  Flcckenhagen  ein  Haus,  das  zwar  nach  dem  Tode  des  Herzogs 
1576  wieder  verfiel,  später  aber  der  Anlass  wurde,  dass  der  Herzog  Adolf 
Friedrich  an  derselben  Stelle  von  dem  Haumeister  Gerhard  Kvert  Pilooth  aus 
Emden  ein  vollkommen  befestigtes  Schloss  aufYuhren  Hess,  das  mit  einem 
Aussenwerk  verbunden  war,  dessen  Mitte  die  von  Anfang  an,  wie  es  scheint, 
ausserhalb  des  Dorfes  angelegt  g^ewesene  Kirche  einnahm,  ein  Sddoss,  in  das 
nachher  kein  Geringerer  als  König  Gustav  Adolf  von  Schweden  zu  zweien 
Malen  (1620)  einkehrte,  in  dem  der  Herzog  mit  seiner  Gemahlin  Anna  Marie, 
der  das  Amt  l'uel  als  Leibgedinge  verschrieben  war,  in  den  folgenden  Jahren 
manche  glückliche  Tage  verlebte,  das  aber  am  21.  November  1627  den  Kaiser- 
lichen übergeben  werden  musste  und  bei  ihrem  Abzüge  am  9.  October  1631 
in  einem  so  verkommenen  Zustande  befunden  wurde,  dass  der  Fürst  keine 
Freude  mehr  daran  haben  konnte.^  Vollends  zu  Grunde  richteten  es  dann  die 

Vgl.  die  KiidienviiiUtionsprotokoIIe  von  1553  und  1594  im  Grauh.  Arciüv. 

*)  Wigger,  Die  Pettvng  Poel,  M.  Jahrb.  XLVIll,  S.  4  und  $■   Vgl.  dam  Usd,  Ueber 

die  Drenow  auf  Poel.  M.  Jnlirb.  XLI.  S.  iio — 112. 

*)  Vgl.  die  ausführliche  HtschroibuiiK  <ii-s  Schlosses  von  Wigger   im  M.  Jahrb.  Xl.VItl, 
S.  nach  einem  erh»lienen  Inventar  von   1633  und  nach  Haureclinungen ,  die  im  Grossh. 

Arcbtv  «itbewahrt  werden. 


rPARRDORF  KIRCHDORF  AUF  POBL. 


22$ 


Schweden,  Hie,  seitdL-ni  Mccklcnhut!^  l'^.^5  niit  flcni  Kai-^cr  srinen  I'"rir(U'n 
gemacht  halte,  als  Heinde  im  Lande  hausten  und  dazu  die  Insel  l'oel  und  das 
feste  Haus  darauf  1638  noch  einmal  den  Kaiserltcfien  für  kurze  Zeit  überlassen 


mussten.  Als  1648  Wismar,  l'oel  und  Neukloster  an  die  Krone  Schweden 
abgetreten  waren,  verlieh  die  Königin  Christine  die  Einkünfte  von  Poel  ihrem 
späteren  Nachfolger  Karl  X.  Im  Jahre  1662  finden  wir  den  schwedischen 
Reiterobersten  Graf  Anton  von  Steinberg  im  Pfandbesitz  der  Insel,  die  aus 


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226 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


den  Händen  seiner  Wittwc  Katharina  Ribbing  erst  1692  in  den  Besitz  der 
Krone  zurücligelangte.  Die  Schweden  legten  Poe!  als  Festung  keine  Bedeutung 
mehr  bei.  Dafür  machten  sie  Wismar  seit  1680  zu  einer  starken  Festung 
(s.  o.  S.  23)  und  eibauten  auf  dem  Walfisch  jenen  hohen  festen  Thurm,  den  die 
Dänen  und  Brandenburger  am  2.  Februar  17 18  in  die  Luft  sprengten.  V^om 
Schloss,  das  als  »Gräflich  Steinberg" sches  Schloss«  bezeichnet  wurde,  hei.sst  es 
in  einem  Amtsbericht  von  1700,  es  .sei  ein  schönes,  mit  einem  hohen  schlanken 
Thurm  versehenes  Gebäude  gewesen;  der  eine  Theil  sei  bereits  eingestürzt, 
der  andere  dem  Einsturz  nahe,  nur  die  unter  dem  Walle  befindlichen  Pferde- 
stalle seien  wohl  erhalten. ') 


EheniaHgcr  Thurm  auf  dem  Walfisch  zwischen  Wismar  und  Poel. 


Einige  Dezennien  später  gab  es  nur  noch  Ruinen,  und  heute  ist  von 
der  alten  Herrlichkeit  nichts  weiter  als  die  hohe  fünfstrahlige  Sternschanze 
erhalten,  in  der  das  Schloss  einstmals  .stand,  und  dazu  das  Vorwerk,  aus 
des.sen  Mitte  sich  die  Kirche  mit  ihrem  Thurm  einsam  erhebt. 

Ob  und  wie  sich  Schweden  1648  mit  dem  Patronatsrecht  der  Kirche 
abfand,  darüber  fehlt  es  bis  heute  an  Akten.  In  der  Folge  waren  es  schwe- 
dische Superintendenten,  die  die  Prediger  auf  Poel  ins  Amt  wiesen.  Als  aber 
l'oel  1803  wieder  mecklenburgisch  wurde,  übernahm  der  Herzog  von  Mecklen- 
burg das  Patronat.  Ferner  wurde  durch  den  Reichsdcputationsschluss  vom 
23.  November  1802  festgesetzt,  dass  der  Herzog  die  Rechte  und  das  Figen- 
thum  des  Lübecker  Hospitals  sowie  freie  Hand  in  Hinsicht  der  Admini.stration 

')  Vgl.  den  sehr  leseniwerthen  AufsaU  vi>n  Wigger  im  M.  Jahrb.  XLVIII,  S.  i  ff. 


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PPARR]X)RF  KIRCHDORF  AUF  POBL. 


327 


erhalten  solle,  wogegen  den  m  urti  Unterthanen  die  ungestörte  ICrhaltung  der 
zur  Zeit  der  Abtrctiinj^  nt)\\ allt  iuli  n  politiscluii  X'crfnssiing,  soweit  solche  auf 
giilti}^en  \'crtra}:jeii  /.wischen  dem  Rej;enten  und  dem  Lande,  auch  anderen 
reichsgesetzlichen  Normen  beruhe,  zugesichert  wurde.  Nichtsdestoweniger  kam 
es  sofort  zwischen  den  tlöbischen«  Bauern  auf  der  einen  Seite  und  Kammer 
und  Amt  Redentin,  oder  besser  gesagt,  dem  Herzog  auf  der  anderen  Seite 
w^en  Eintreibung  einer  ausserordentlichen  Hufensteuer  zu  einem  Prozess,  der 
zwar  den  Bauern  im  Jahre  1806  eine  vorläufig  günstige  KnLscheidung  durch 
das  Rcichskamnieri^cricht  in  Wetzlar  einbrachte,  aber  in  Folge  der  Aufhebung 
dieser  obersten  Instanz  in  demselben  Jahre,  nicht  zum  Abschluss  gelangte, 


EiqgMgitlior  nnlcflMdb  des  Wallei  tum  Schlou. 


sondern  bei  den  mecklenburgischen  (lerithten  weiterspielte  und  erst  vor 
wenigen  Jahren  zur  /utricilenheit  beider  riieilc  Ixi  iuk  t  uurde.  Die  Hufen 
und  Gehöfte  der  lubischen«'  Bauern  werden  demnach  jetzt  im  Gegensatz  zu 
denen  der  eheiualigen  »schwediscfaenc  Bauern,  die  in  anal<%;er  Weise  wie  im 
übrigen  Mecklenburg  in  Erbpächter  umgewandelt  sind,  im  Mecklenb.  Staats- 
Kalender  als  »Eigenthum«  bezeichnet*) 

Kirche.    Wie  die  meisten  Kirchen,  so  ist  auch  die  zu  Kirchdorf  auf  Kirche. 
Peel,  wie  mit  den  Augen  deutlich  wahrgenommen  werden  kann,  das  Ergebniss 
eines  älteren  Baues  aus  der  Periode  des  Ueberganges  vom  romanischen  zum 
gothischen  Stil  und  das  eines  jüngeren  Baues  mit  Aenderungen  und  Zusätzen 

'}  Vgl.  Kaabe-Quade,  M.  Vaterlandskunde  I,  S.  805.    In  der  älteren  Ausgabe  I,  S.  639. 

16* 


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228 


AMTSGERICl  ITSliKZIRK  WISMAR, 


aus  der  gothischen  Zeit.  Als  man  die  alte  Kirche  abbrach,  liess  man  die 
westliche  Gicbclscite  sowie  die  W  ände  des  I-nnghauscs  bis  ungefähr  zur  halben 
Höhe  der  alten  Fenstereinfassungen  stehen,  ebenso  auch  das  Mauerwerk  des 


KiTclic  zu  KircliJurf  auf  I'ocU 


alten  'Ihurnies,  dessen  östliche  Seite  auf  der  westlichen  Mauer  der  Kirche 
ruht.  Heim  Xeubau  setzte  man  dem  Langhanse  Strebepfeiler  und  Dienste  an, 
erhöhte  die  Wände,  spannte  Gewölbe  ein  und  wandelte  die  alten  Schlitzfenster 
in  zwei-  und  dreitheilige  Spitzbogenfenstcr  mit  je  einem  oder  zwei  Pfosten  um. 


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PFARKDOKF  KIRCHDORF  AUF  POEL 


229 


Der  Chor  aber  wurde  in  der  inzwischen  üblich  gewordenen  Konstruktion  aus 
dem  Achteck  von  Grund  aus  neu  aufgebaut  und  zu  diesem  Zweck  die  einst- 


Querschnitt  nnd  I.änKs^schnitt  «Icr  Kirche  za  Kirchdorf  auf  PocI. 


Ix] 

1 

Dienst  und  Rip])en. 


Gruiidriss  der  Kirche- 

mals  zweifellos  glatt  abschliessende  Ostwand  der 
Kirche  fortgebrochen.  Kin  eigenes  Interesse 
erweckt  der  Thurm  tiiit  seinen  romanischen 
Anklangen  aller  Art,  besonders  mit  seinen  Kck- 
lisencn.  die  oberhalb  des  zweiten  Stockes  an 
der  S(id-  und  Westseite  durch  einen  Kundbogen- 
fries,  an  der  Xord-  und  Ostseite  aber  durch 
einen  Zick-fackfries  (Stronischicht)  mit  einander 
verbunden  werden.  Von  diesen  Friesen  ist  frei- 
lich nur  der  auf  der  Ostseite  erhalten,  die 
andern  sind  in  roher  Weise  abgehauen  worden, 
als  man  bei  tlem  erwähnten  Neubau  den  Thurm 
mit  vier  Schildgiebeln  und  einem  hohen,  von 
der  See  her  weit  sichtbaren  achtseitigen  Helm 
versah.  Nicht  ohne  architektonische  Reize  sind 
ferner  die  rundbogigcn  Schallöffnungen  im  Ober- 
stock mit  kleinen,  leider  nicht  aberall  erhaltenen 
Runtlpfeilcrn  in  der  Mitte,  die  als  Träger  zweier 


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230 


AMTSGKRICIITSBEZIRK  WISMAR. 


kleinerer  Bogen  erscheinen,  welche  vom  Hauptbogen  überspannt  werden.  Sehr 
ansprechend  ist  auch  die  mit  Basis  und  Kämpfersims  versehene  stattliche 
I^ibung  des  spitzbogig  im  Uebcrgangsstil  geschlossenen  Thurmportals,  das 
den  jetzt  leider  zugemauerten  Pforten  des  alten  Schiffes  gleichgebildet  ist. 

An  den  Schlusssteinen  der  Gewölbe  waren,  vor  der  Restauration  der 
Kirche  in  den  sicbenzi^jcr  Jahren  unseres  Jahrhunderts,  noch  alte  geschnitzte 
Scheiben  vorhanden,  eine  mit  dem  \  (=  Jesus),  eine  andere  mit  dem  Bilde 
des  guten  Hirten,  eine  dritte  mit  dem  der  hl.  Maria.  Sie  sind  verschwunden. 
KI)cnso  ist  damals  ein  schön  geschnitzter  Chnrstuhl  mit  dem  hl.  Nikolaus 
und  der  hl.  K,itharina  liber  dem  Wappenschildc  der  Herrschaft  Mecklenburg 


Inneres  der  Kirche. 


liesciiigt  worden.  .\u(h  nahm  «lan  das  'rriinnphkrciiz  au.s  der  Mitte  der 
Kirche  und  befestigte  es  an  der  Wand,  die  bcitlcn  zugehörigen  Figuren  der 
Maria  und  ilcs  Johannes  aber  that  man  fort.  Kiner  tler  tlrabsteine  zerbrach 
beim  Tmlegen  aus  dem  Innern  der  Kirche  in  die  Halle,  und  es  fehlt  jetzt 
das  untere  \'iertcl.  Auch  überzog  man  die  ge.s«  hnitzten  und  vergoldeten 
Altarschreine  mit  grüner  Oclfarbc.  Vgl.  Cnill,  M.  Jahrb.  XM,  S.  205. 
Dazu  XV,  S.  306  tr. 

Dass  die  Kirche  im  Jahre  12 10  noch  nicht  stand,  darf  man  daraus 
schlicssen,  dass  sie  in  der  Urkunde,  in  der  sich  Fürst  Heinrich  IJorwin  I. 
mit  dem  Bischof  Dietrich  von  Lübeck  wegen  des  Zehnten  auseinandersetzt, 
und  in  der  vnn  der  geringen  und  unfähigen  wendischen  Völkerschaft  sowie 
von  der  Her  E  inziehung  deutsc  her  Kolonisten  die  Rede  ist  (.M.  U.-B.  197), 
gar  nicht  erwähnt  wird.    Wäre  sie  dagewesen,  so  halle  sie  bei  der  Zehnten- 


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I'FARRDORF  KIRCHDORF  AUF  l-OEL. 


231 


Ordnung  nirht  iiherganRen  werden  können.  Sie  wird  in  einem  Verzcichniss 
der  Kin  hen  und  Kloster  des  Hislhunis  L(il>eck  vom  Jahre  1259  zum  ersten 
Mal  genannt  (M.  L'.  B.  851),  wahrend  ihr  l'leban  als  solcher  erst  1270 
(M.  U.-H.  ti«3)  vorkommt.    Üie  alte  Kirche  auf  Peel  wird  somit  zwischen 

12 10  und  1258  erli:iut  sein.  Wenige 
Jahre  darauf,  den  5.  Januar  1266,  wird 
sie  bei  der  Wein -Stiftung  Ileinrich's 
des  Pilgers  genannt  (M.  U.-R.  1059, 
2622).  Von  ihrem  Neuhau  im  XIV. 
Jahrhundert  gieht  es  freilich  kein  Dalum, 
aus  dem  wir  auf  einen  bestimmter  zu 

iK'grenzenden    Zeitraum  schlicsscn 
könnten. 

Die  ältesten  Plehane  von  Poel, 
soweit  sie  im  Urkundenbuch  envähnt 
werden,  sind  (lottschalk  (1270  und 
1270,  vielleicht  schon  früher),  Heinrich 
von  l)a.ssow  (um  130H  und  1309), 
später  Propst  von  Kehna,  (lencral- 
vikar  und  (_)ffi/.ial  lies  Krzbi.s<:hofs  von 
Bremen,  und  zuletzt  Domherr  von  Lübeck, 
Konrad  von  Wamekow  {13 14  —  2.1), 
(ierd  Wlome  (um  1349)  und  sein  Ver- 
treter als  Vicepfarrer  Hermann  von  P«h'I. 
Aus  dem  XV.  Jahrhundert  scheinen 
.Angaben  darüber  ganz  zu  fehlen. 

In  der  Zeit  nach  der  Reformation 
finden  wir,  nach  Akten,  Kirchen- 
visitationsprotokollen und  Kirchenbuch, 
als  Kirchherm  von  Poel  bis  zum  Jahre 
'553  Franz  Werkmeister,  von  1553  an  bis  1590  I-orcnz  Wüsthof,  um 
1594  Stephan  Kühne,  um  1616  Matthaeus  Randow,  von  1627  bis  1633 
seinen  Sohn  Johannes  Randow,  um  1646  den  Knkel  Matthaeus  Randow, 
zwischen  1676  und  »689  (vielleicht  war  er  noch  länger  dort)  den  Martinus 
Cassius,  um  1709  Jakob  Holweck,  um  1724  Joachim  Röhn,  um  1733  Joh. 
Christoph  Sponhol/,  um  1738  Joh.  Kngclbert  Schliemann,  um  1789  Pastor 
Zastrow,  um  1811  Pastor  Susemihl.  l'eber  die  weiteren  Nachfolger  bis  zur 
('•egenwart  vgl.  Walter,  Unsere  Landesgeistlichen  von  1810  bis  1880. 

Den  Altar  schmücken  zuci  alte  gothischc  Kißurcn.schrcinc  des  XV.  Jahr-  Altar, 
hundcrts.  von  denen  der  kleinere  als  Aufsatz  auf  den  grösseren  gesetzt 
ist.  In  diesem  bilden  Jesus  als  .Salvator  nnindi  mit  der  Weltkugel  und 
Maria,  die  von  ihm  gekrönte  Kepra.sentantin  der  trinmphircndcn  Kirche,  die 
Hauptgnippe  in  der  Mitte.  Heide  sind  sitzend  darge.stellt.  Dem  Heiland 
zunächst  ein  Bischof,  wahrscheinlich  der  hl.  Nikolaus,  dem  als  Patron  der 
Seefahrer  die  Kirche  gewidmet  gewesen  sein  wird.  Ihm  folgen  nach  rechts 
hin  der  Apostel  Paulus  und  fünf  andere  Apostel.  Auf  der  anderen  Seite,  der 
Maria  zunächst,  Johannes  der  Täufer  mit  dem  Lamm.  Ihm  folgen  sechs 
Apostel:  Petrus,  Johannes  Evangelista,  Jacobus  major  und  drei  andere.  Unter 
diesen  Figuren  eine  lange  Reihe  von  Nischen,  im  Ganzen  sechzehn,  die  mit 


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232 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Krucifixus. 

Orgel- 
prospcct, 
Triumph- 

krcuz, 
(Hocken. 


sitzenden  uc  blichen  Heiligen  gefüllt  sind.  —  Der  zweite  Schrein  enthält  in 
der  Mitte  die  hl.  Maria  mit  dem  Kinde  in  einer  Strahlenglorie  imd  in  den 
Ecken  oben  und  unten  vier  I-lngelgestalten.  In  den  Flügeln  die  vier  Scenen 
der  Verkündigung,  Geburt,  Beschneidung,  dazu  die  der  Anbetung  der  hl.  drei 
Könige.  —  Auf  dem  Altarti.sch  ein  vergoldeter  Krucifixus  mit  der  Widmungs- 
inschrift: CHRISTIAN  POOSE  1851  ZVR  EHRE  GOTTES.  —  Die  Kanzel  i.st 
ncugothischen  Stiles,  der  Orgel prospekt  zeigt  den  Harockstil  und  stammt  aus 
dem  Jahre  1740.  -  -  Das  alte  Triumphkreuz  der  Kirche  (.s.  o.)  ist  oberhalb 
der  Sakristei  angebracht.  —  Im  Thurm  drei  Glocken,  von  denen  zwei  keine 
Inschriften  haben,  die  dritte  aber,   und  zwar  die  grössere,  die  kurze  Zeile 


Aluiscbreine. 


enthält.    GEGOSSEN  1396,  VMGEGOSSEN  DVRCH  P.  M.  HAVSBRANDT  1864.*) 
Von  den  Glocken  ohne  Inschrift  ist  die  eine  ohne  jede  Verzierung,  die  andere 
hat  an  der  Krone  ein  Flechtmuster  und  i.st  ausserdem  mit  einfachen  Linien 
(Irabstcinc.  belebt.  —  Grabsteine.    A  In  der  Sakri.stci:    l.  ANNA  MAGDALENA,  TOCHTER 
DES  KGL.  SCHWED.  AMTMANNS  ZU  POEL  CHRISTOFFER  JUNGE  18.  JANARY  :') 
1682  IN  DER  GEBURT  GESTORBEN.     2.   ZWEI  KINDER  DES  KGL.  SCHWED. 
CAPITÄNS    HENRICI    WALTERS.    GEST.  1650.    3.   NOV.   UND  1656,  — ^ 
14.  SEPT.  —  B.  In  der  Fingangshallc:   3.   Stein   mit  erhaben  aus-  Cfd 
gehauenem    Kreuz    mit   Schaft   (unten   abgebrochen),   ohne   Schrift.  *rr 
4.  Stein  mit_Minu^el- Umschrift:  ?lno  •  bni  •  IllCtCC  I  I  (Lücke)  ^  • 
iifcola*'  •  imit  •  or  •  4)  •  ro    ?lna  •  öiTi  •  incccc  i  l  (Lücke)  ^  • 

')  Da»  Inventar  von  1811  gesuUet  keine  Rückschlüsse. 


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PFARRDORF  KIRCHDORF  AUF  POBL. 


tiUKgareta  «Jirar  ef  •  or  f>  ri^  jjmojini  mccrcli  tfn  •  bie  6t?*  itm* 

ntml  e  •  iofiti  •  niiint  •  fill9  [  cor  •  or  4)  ra.      C.  In  der  Kirche,  vor 

der  Treppe  zur  Orgelempore,  die  Hälfte  eines  sehr  grossen  Steines,  dessen 
oberer  Rand  durch  das  (iestuhl  verdeckt  ist.  Ursprünglich  zeigte  er  unter 
mit  Krabben  besetzten  Bogen  vier  Figuren,  von  denen  nur  die  beiden  oberen, 
eine  weibliche  und  eine  männliche,  in  betender  Stdlung,  erhalten  sind.  Von 
den  unteren  sind  nur  noch  die  Obertheile  der  Köpfe  (Kopfbedeckungen)  zu 
erkennen.  Umschrift  in  Minuskeln:  9no  •  bnf  mcttlXXX  .  .Mtl  bie  •  Iiicie  • 
Ij'a^  •  o  Ijintif'  •  BuR  I  5Cno  •  tKi  •  (nie cc)cl)[):)tbl(ii)  •  In  •  bic  •  bii(onffij)  • 

•  Iliert]tjIbiÖ  •  bjror  •  Cl''  •  or  •  p  Ci^.  In  den  Eckm  ICvangeliston- 
Symbole.  Vgl.  Crull ,  .Mcckl.  Jahrb.  XV,  .S  30.S.  —  Kleinkunstwerke.  Kleinkunst- 
I.  Vergoldeter  Kelch.  Inschrift  am  I'iiss  des  Kelches  (Unterseite  des  Kusse-s):  werke. 
DONO  DEDERUNT  HUNC  CAUCEM  J  :  C  :  V  .  H  8  •  E  :  H  •:•  ANNO  1788. 
Wtsmar'sches  Stadtzeichen.  Dazu  {Sjg  (*«  BaHzar  Jochim  Gate.)  Ganz 
ebenso  die  dazugehörige  Patene.  —  2.  Desg^.  (mitteigross).  Inschrift:  JÜRGEN 
HINRICH  STANGE  .  .  ANNA  SOPHIA  STANGEN  HABEN  DIESEN  KELCH  ZUR 
EHRE  GOTTES  AUF  DEM  ALTARE  GESCHENKT  .  ANNO  1735.  Wismar'schcs 
Stadtzeichcn  iiiid  [b^  (  —  Baltzer  Cato).  Uie  Fatene  von  einem  andern 
Meister  |  q  G  H  |-  —  3-  P<-*sgI.  (klein)  zur  Kranken -Kommunion.  Inschrift 

auf  der  Unterseite  des  Fusses:  — •  ASMV8  X 
LEMCKE  X  ZV  X  MALECHOW  X  ANNO  X 
1X6X4X5.  Keine  Gewerkzeichen  an 
Kelch  und  Patene.  •  4.  Noch  eine  I'atcne, 
silbervergoldet,  ohne  \\  crkzcichcn.  5  .Sil- 
berne Oblatenschachtel  mit  den  Initialen 
J«C«V>H>8*E«H«  und  dem  Datum 
1758.  Wismar'schcs  Stadtzeichen.  Meister- 
zeichen wie  beim  Kelch  unter  i.  —  6.  Silbernes 

Taufbecken.  Inschrift:  GEHET  HIN  IN  ALLE 
WELTetc  und  »LASSET  DIE  KINDLEIN  etc.* 
Neu.  Stempel:  BERNER  .  12  .  (ca.  1.S50). 
—  7.  Neue  hübsche  silberne  Weinkanne, 
gothisch.  Von  dem  Goldschmied  Bemar,  der 
als  Wismar'scher  Bürger 
durch  das  beigesetzte  Wis- 
mar'sche  Wappen  gekenn- 

zeichnet  wird.  —  8.  9.  10.  11.  \'icr  zinnerne 
Leuchter,  alle  gleich.  Zeichen  nicht  gefunden, 
aber  ohne  Zweifel  Wismar'sche  Arbeit,  ähnlich 
denen  in  den  Ostseekirchen  zwischen  Wismar 
und  Kröpelin.  —  12.  Im  Langhause  hängt 
ein  Kronleuchter  mit  16  Armen  aus  Me.ssing. 
I!l^rh^ift:  GOTT  ZU  EHREN  UND  DER 
Leuchter.  KIRCHE  ZU  PÖHL  ZUR  ZIERDE  HAT  PETER 


BERNER 


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234 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


EVERS  V.  BRANHU5EN  DIESE  GRONE  VEREHRET  .  ANNO  1656.  Kine  zweite 
In.sclirift  .sagt,  das.s  DANIEL  HINRICH  EVERS  sie  1719  hat  renovieren  lassen. 
Kino  dritte  enthalt  den  Namen:  J.  H.  EVERS  BRANDEN  HUSEN  1836.  Jetzt 
15  Arme,  7  unten,  8  oben,  unten  fehlt  einer. 

Das  von  dem  Pastor  SusemihI  verfasste  Inventar  von  181 1  nennt  kleine 
Glasbilder  vom  Jahre  1688  mit  Familiennamen,  die  heute  noch  auf  der 
Insel  zu  Hause  sind:  z.  H.  Hans  Steinhagen,  Hinrich  Steinhagen,  Claus 
Winter,  Hinrich  Kwers  u.  s.  w.  An  der  späteren  Kinfassung  des  .Altars  die 
Namen  Asmus  Lenibke,  Hinrick  Steinhagen,  Jochim  Hemitt,  Hans  Diekmann, 
Andreas  Hamm,  mit  dem  Datum  1594.  Von  einem  nicht  beschriebenen 
Gemälde  biblischen  Inhalts  wird  angegeben,  dass  es  im  Jahre  1604  von 
Hans  Runge  und  Jasper  Hamme  dem  im  Jahre  1590  verstorbenen  Pastor 
Ehm  Laurentio  Westhoven  (Wiisthof),  der  36  Jahre  lang  in  Kirchdorf  Pastor 
gewesen,  gestiftet  worden  sei.  r)ie  Orgel  wurde  1704  von  Neukloster  her 
angekauft.  Die  alte  Kanzel  war  1736  von  dem  Pastor  Johann  Christoph 
Sponholz  geschenkt. 


Blick  vom  Schlosswall  «uf  den  Kirchwall. 


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KIRCHDORF  HORNSTORF.  33$ 


nmm  Ml — — m   ^--^ 

UM  lurcnooTi  mritivri. 

nfflj  i^  rfarrdorf  Hornstorf,  in  den  Urkunden  des  Mittt  !.ilti ts  auch  Ilornstorp,  Geschichte 

'       Hornistori),  I  lornestorj»  und  Ilornostorpe  {reschnebcn  und  vermuthlich 


eine  (inindiing  der  l""amilie  Horn,  (K  ren  N'anun  wir  in  unseren  beiden  See- 


Dorfes. 


Städten  finden,  liegt  gut  6  km  östlich  von  Wismar.  ICs  gehört  im  Mittel- 
alter  lur  Schweriner  Diöcese  und  daher  wahrscheinlich  zu  deren  nächst» 
gelegenem  Archidiakonat  Rützow.')  Die  Kirche  von  Hornstorf  wird  im  Jahre 
1327  zum  ersten  Mal  bei  Gelegenheit  einer  geistlichen  Streitsache  genannt.') 
Ihre  Gründung  maj^  aber  immerhin  einer  früheren  Zeit  angclv  rrn  \arli 
Ausweis  des  Wismar  sehen  Weinrcijistcrs  vom  lahre  1479  nimmt  >k'  mit 
jahrlich  drei  Stübchen  Wein  an  jenen  W  einlicferungen  Thcil,  welche  »ler 
Rathskeller  auf  Grund  der  oben  S.  3  Anmkg.  5  bereits  genannten  alten 
Stiftung  Fürst  Heinrich's  des  Pilgers  vom  Jahr  1266  übernommen  hatte.*) 
Doch  kann  hieraus  kein  Beweis  für  das  Alter  der  Kirche  hergeleitet  werden, 
da  verschiedene  Umstände  denkbar  sind,  durrh  iWc  sie  auch  in  sjjatercr  Zeit 
zu  diesem  Antlici!  i^danj^t  sein  kr>nnte.  Als  I'lebani  ckUt  Kirchherrn  von 
Hornstorf  bc^Li;iun  uns  Johannes  Stulteer  I33>,  ein  zweiter  Johannes,  fler 
1376  stirbt,  und  im  folgenden  Jahrhundert  ein  Nikolaus  Mowc,  der  im  Jahr 
148 1  den  Dienst  in  der  neu  wieder  aufgerichteten  Kirche  oder  Kapelle  zum 
Heiligen  Kreuz  in  Altwismar  übernimmt.^)  Zur  Zeit  der  Reformation  versieht 
Peter  Francke  den  Dienst  an  beiden  Stellen.*)  Zwischen  1589  und  1618  ist 
Hektor  Sigfrid  Pastor  in  Hornstorf,  von  1619  bis  1638  Heinrich  Thile,  1647 
wird  Joli.  Conradi,  l6=;3  Christian  Kopenius  (Koppe).  167S  Daniel  K>>nrad 
Zander,  1695  Joh.  Kenz,")  und  1697  Joh.  Christian  Höh.sch  berufen.  Ihm  folgt 
1732  sein  Sohn  Adam  Heinrich  Höfisch,  der  60  Jahre  im  Amte  bleibt  und 
von  seinem  Sohn  Christoph  Heinrich  abgelöst  wird.')  S.  Walter,  a.  a.  O.  Das 
Patronat  über  die  Kirche  ruht  von  ältester  Zeit  her  in  den  Händen  des 
Landesherm. 


'}  M.  U.-U.  454$.    l>cr  noch  näher  gelegene  Archuiiakun  %'on  Kru|>clin  war  der  Vertreter 
der  den  Abt  von  Doberan  {Bnerh«lb  seines  Sprengvls  verliehenen  Archidtakonatsrechle.  Vg:1. 

RudlofT,  M  Jahrb.  I.XI,  S.  266.  I  chrijjcns  halte  <tcr  lum  ArthidiaUon  Ixsicülc  Cicisiliche 
nicht  immer  seinen  SiU  im  Mittelpunkt  des  Arcbidiakonats.  nach  dem  er  btess.  Vgl.  M,  U.-B. 
»512.  4923. 

•)  M.  U.-B.  4789,  8  u.  9. 

•)  Cnill,  M.  Jahrb.  X.XXIII,  S.  64.    M.  U.  U.  1059.  2622. 

*)  M.  U.-Ii.  5400.    Bunncister,  M.  Jahrb.  III,  S.  57.  S47.    Cnill,  M.  Jahrb.  .XLI,  S.  124. 
^  Vgl.  die  KifcbenvMtationsprotoliolle  von  1534  and  1541/43.   Funcke  hat  einen  .Streit 
Bit  dem  Provisor  der  Kapelle  zum  Heiligen  KreiUi  Jochim  Kr.imer. 

*)  Vgl.  die  Kircbenvisiialionsprotokolle  von  1593,  1648,  1653  lowie  Akten  von  1695. 
*)  Akten  im  Gtoidi.  Atdiiv. 


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2$6 


AHTSGERICIITSBEZIRK  mSUAR. 


Mit  Besitz  und  Rechton  finden  wir  in  Hornstorf  1282  Nanno  de 
Crukoywe  fKnikoue).  Kr  verkauft  damals  dem  Gcrbcrt  von  Warendorf 
zwecks  Stiftungen  Tür  die  Wismar  sclicn  Hospitaler  zum  Heiligen  Geist  und 
zu  St.  Jakob  vier  Hufen,  welche  acht  Jahre  später  Fürst  Heinrich  von 
MecIdenbuTS  übemimnit«  indem  er  dafür  dem  Heilig  Geist  fiinf  und  eine 
halbe  Hufe  in  Martensdorf  überweist.')  1333  pachtet  Arnold  Witte  in  Wismar 
den  I'farracker.*)  Auch  noch  andere  Wismar"schc  liur^cr  luilien  Besitz  und 
Rechte  in  Hornstorf,  wie  Heinrich  Körncke  (1336I,  lUrtliold  Kalsow.  Joh. 
Gogclow  ([366)  und  Hennine;  Wulf  (13.S.S).  1366  wohnen  u.  a.  in  Hornstorf 
die  Kleinbauern  Tydeke  und  Eghard  I'^nghelkens,  Ilcnneke  Willckens,  der 
Krugwirth  Wython,  die  Wewer'sche  (textrix),  die  Klunder'sche  und  ein 
Poysekendorp.^  1404  verkaufen  die  Negendanck's  Pacht  und  Bede  aus  Horn- 
storf an  Henneke  l^asscwitz  und  seine  Rrbcn.  Diese  Anrechte  der  Herren 
von  Hassewitz  führen  noch  im  Jahre  1609  zu  Streitit^keiten  mit  den  Stralen- 
dorfTs,  die  nachweislich  seit  1431.  vielleicht  aber  schon  in  noch  früherer 
Zeit,  von  ihren  benachbarten  Gutern  aus  das  L'ebergewicht  in  Hornstorf 
erlangt  haben.  So  kaufen  z,  B.  die  Herren  von  StralendorflT  auf  Goldebee 
und  Preensbcrg  noch  1574  vom  Domkapitel  in  Schwerin  den  Zehnten  in  den 
Dörfern  Hornstorf,  Kritzow  und  Strümkcndorf  Nach  der  Mitte  des  XVIL 
Jahrhunderts  treten  die  Herren  von  Fersen  mit  Besitz  und  Rechten  in  Horn- 
storf ein,  1689  und  1690  cjiebt  es  anscheinend  die  letzten  Akten  über 
V'erplaiKiiinj;en  zwischen  ihnen  und  denen  von  Stralendorfif.  Die  erst- 
genannten erhalten  ein  Jahr  darauf  den  herzoglichen  Konsens  über  das  dem 
Major  und  späteren  Oberst  Karl  Friedrich  von  Wrangel  ßir  1700Q  Tlialer 
auf  20  Jahre  verpfändete  Gut  Rohlstorf  c.  pert.  in  Hornstorf,  Kalsow  und 
Kartelow  und  treten  den  »4.  August  1710  diesen  ihren  Besitz  ^'anzlich  ab.*) 
Hie  Wrangel'sche  Familie  behalt  die  Hiunk-  darüber  bis  in  die  Mitte  des 
XV'III.  Jahrlum<lerts.  Ihr  folgt  die  l'amilie  vm  Both,  die  fast  hundert  Jahre 
lang  im  Besitz  bleibt,  bis  1849  die  l'amilic  von  der  Lühe  an  deren  Stelle 
tritt  Diese  hat  auch  gegenwartig  die  Herrschaft  über  Rohlstorf,  Hornstorf  und 
Kalsow.^) 

Kirche.  Die  einschiffige  kleine  Kirche  ist  ein  auf  cinrm  ( iranitfundament  ruhLtidi  r 

Backsteinbau.  Wie  Thurm,  Schiff,  Chor,  Sakristei  und  Vorhalle  an  einander 
geschlossen  und  Pfeiler  und  Fenster  zu  einander  geordnet  sind,  veranschaulicht 
der  beigegebene  Grundriss.  Den  Rinfluss  der  Nachbarschaft  Wismars  wird 
man  besonders  an  dem  recht  hübsch  mit  einer  Zic^'clrosctte  und  einem  Vierpass- 
fries verzierten  Giebel  der  Vorhalle  gewahr.    Auch  die  Sakristei  hat  einen 

*)  M.  tVB.  1600.  2069. 
•)  M.  Ü.-B,  S400. 

•)  M.  U.-It.  5704.  9547.  9551.    Schröder.  Wimwr'tche  EKlIingc,  S.  198. 

*^  VelKt  die  ilterc  Veibindung  der  Ftmiltafi  von  Wrangel  nnd  von  Fersen  s.  a.  Anmkg. 

zu  den  Glocken. 

*)  Vgl.  Akten  im  Grocsh.  Archiv. 


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KIRCHDORF  HORNSTORF. 


solchen  Fries  in  ihrem  Giebel,  der  im  Ucbri^'cn  mit  Blenden  belebt  und  mit 
Gesimssteinen  als  Krabben  besetzt  ist.    Die  (iewölberijjpen  im  Innern  steigen 


Kirijhc  /II  lluriiaturl. 


von  K()nsolen  mit  Köpfen  aus  Kalkj^iiss  auf.  Alles  das  läs.st  auf  einen  Hau 
schliessen,  den  man  nach  Maassgabe  der  Geschichte  der  W'ismar'schen  Kirchen 


(irundriüs  der  KirL-|ie. 


lieber  der  zweiten  als  tler  ersten  Hälfte  des  XIV.  Jahrhunderts  /.u.schrcibt, 
und  für  den  man  deshalb  eine  altere  Kirche  voraussetzen  muss. 


23$ 


AMTSGSiaCHTSBEZtRK  WISMAR. 


Altar.  An  dem  im  Jahr  1828  errichteten  Altar  ist  nur  der  oben  angebrachte 

vergoldete  Krucitixiis  von  einiger  Bedeutung,  er  scheint  alteren  LVsprunges 
zu  sein.    Weit  \vcrthvi>llcr  ist  die  rcicli  mit  Schnil/.werk  im  RenaissancestU 
Kanzel,    verzierte  Kanzel  vom  Jahre  165 1.  An  den  Füllungen  ihres  Predtgtstuhles  die 


LiqgHchiillt  der  Kiitbe  so  HocaMoif. 


Milder  der  vier  Hvangelistcn ,  und  in  ihrem  Treppcnaurgaiige  die  von  Moses 
und  Aaron.  Der  Schaildeckel  stammt  aus  dem  Jahre  1663.  —  Die  beiden 
Glocken.  Glocken  der  Kirche  nnd  jüngeren  Datums,  sie  sind  1878  von  dem  Hof- 
glockengiesser  Ed.  Albrseht  aus  eroberten  franzö» 
sischen  Geschützen  von  1870/71  gegossen  wor- 
den und  tragen  den  Xamcn  des  (in^ssherxogs 
FRIEDRICH  FRANZ  II.')  Von  den  im  (.  hör 
der    Kirche    liegenden  Grabsteinen  verdienen 


Grab- 
steine. 


*)  Die  voraufgchenUcn  ülockfn  warrn  vmi  Eisiti:  ein 
Ei^bniit  UnMres  Jahrhundert*.  Nach  Ausweis  des  Invcutaiä 
von  iStl  gab  CS  duuilt  noch  zw«  alle  broiuene  Glocken, 
die  beide  von  Adam  Dankwerl  isr  Zeit  des  Pastors 
Cbristianiis  Copponius  (;egoicen  waren,  und  voa  denen  die 
eine  da*  Datvm  1552  und  die  Namen  des  Hermann  von 
Kciscn  und  seiner  Claitin  Macilalen»  vuti  Houcliwaldl,  der 
nacli i^^r  nen  Witlwe  ilts  (-icnerals  Wranj^cl  tni^  ;'s_  <>. 
ä.  54).  stimmt   eine  Angabe   im  Kirchenvisiuiiuiis- 

protokoll  von  1653,  fbl.  176.  welche  sagt,  dass  diese  Glocke 
ein  Gt-ichcnk  des  olM'nf^rn.inntcn  auf  k<  Vi!'l  »rf  wohncndm  Khrpaars  soi  und  500  Gulden  gekostet  habe. 
Vorher  l>cgnUgle  sich  die  Kirche  mit  einer  kleineren  Glocke,  die  damalti  gc&prungen  war  und  nach 
Angabe  des  Klffchcnvisitationsprotokoll«  vom  Jahre  1648«  fol,  78,  einen  ungenügenden  EfUls  bild«le 


Quer:M:hnitt  der  Kirche. 


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KIRCHDORF  HORNSTORF. 


zwei   eine   Fnvähniinff:    der   eine   hat   die   Umschrift    +    ÄHHO  •  ÜKI 

IP.  U<*U"U".  X^XX  I  PVKIHIÜ  [  KaiülMS  !  U/ÄHIH  .  &  . 

YSUSmi  .  im  .  PKO  .  tlTT  .  Dazu  am  Fussrande  noch  drei  Tarallclrcihcn 
ObÄlVS     {K)()U(W)HKH  1"    VKilH.     Sic    sind    aber    nicht  ohne 

Lücken.  Jn  der  Mitte  des  stark  zcrsphttcrtcn  Steines  eine 
Art  Johanniter  •  Kreuz. ')     Der   andere    Stein    hat   die  ln.schrift: 

SCmio  •  bni  •  ni  •  crc  •  lyj:  1  bi  «T»  craltöc  fcc  •  rriic'  •    •  bni' 

joljc^  ......  plc&a^.")    Die  iibri^jcn  in  der  Kirche  hc},'endcn  Grabsteine  der 

Familien  Siefrid,  Huchhulz  und  liohlt  aus  dem  XV'II.  und  XVIII.  Jahrhundert 
sind  ohne  Bedeutung.  —   Kin  Oetgemälde  neben  der  Kanzel,  das  die  Aus-  ücl- 
giessung  des  hl.  Geistes  dar.stclh,  ist  ein  Geschenk  des  Christiaous  Prenger  ««-'»»älde. 
vom  Jahre  1633.    Interessanter  sind  die  aus  der  Zeit  der  Spatrenaissance 


Gothüche  Kelche. 

stammenden  Gewölbemalereien,  Kngel  mit  Spruchbändern,  und  oberhalb  des 
Altars  die  Geburt  Christi.  Von  Kleinkunstwerken  motten  folgende  erwähnt 
werden:    l — 3.  Ürci  silbervergoldete  gute  Kelche  mit  Tatenen,  zwei  gothische 

für  die  in  den  Kriegszeiten  etilwcniletcii  beiden  (»luckcn,  welche  vordem  das  (ieläut  der  Kirche 
gaben.  Aus  die>er  kleineren  Glucke  wird  die  7\veile,  im  Jahr  1654  vun  demselben  (liesser 
Dankwert  geyo^ene  Glocke,  die  iSll  tiuch  vorhanden  war,  durch  l'ni};u^s  licr};eslellt  sein.  Sie 
trug  ausser  dem  Namen  des  I'asiurs  Coppenius  die  Kamen  der  Vorsteher  Barih,  Holz,  Kode,  Dahl 
und  den  Natnen  des  Kusters  Flemmin};. 

')  Die  Wismar'sche  Fatnilie  Kurneke  (s.  Register  des  l'rkundenbuches)  hat  nezichungcn  7U 
Hornstorf  (s.  0.). 

*)  Vß'-  Crull.  M.  Jahrb.  X.WH,  S.  3t  1.  Die  Insclirifien  sind  neu  nachgesehen  von 
Dr.  F.  Techen,  der  es  in  Abrede  nimmt,  d.-»ss  bei  der  zweiten  an  den  1333  genannten  Pfarrherrn 
Johannes  Stolteer  {gedacht  werden  künne. 


( Ic  wölbe- 
nialereicn, 
Kleinkunst- 
werke. 


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240 


AMTSGERICHTRBKZIRK  WISNfAR. 


und  einer  im  Renaissancestil,  aber  allcsammt  ohne  Meisterzeichen.  Von  den 
beiden  gothischen  Kelchen  hat  der  eine  auf  seinem  Fuss  einen 
Tartschenschild  mit  dem  Wappen  der  Hantzkow's,  ist  also  eine 
Stiftung  dieser  Familie,  über  deren  Beziehungen  zur  Kirche  zu 
Hornstorf  freilich  bis  jetzt  nichts  bekannt  geworden  ist.  Der 
Knauf  dieses  Kelches  ist  ohne  Namen,  nur  mit  Christusköpfen  und  Blumen 
verziert.  Aber  oberhalb  des  Knaufes  am  Schaft  der  Name  tf|Cf\)|^  und  unter 
dem  Knauf  der  Name  lliaria  b  {=  biroo).  Der  andere  gothische  Kelch 
dagegen  trägt  den  Jesusnamen  in  Minu.skcln 
am  Knauf  Der  Renaissancekelch  ist  reich 
mit  Maskarons,  Laub-  und  Bandclwcrk  aus- 
gestattet. Von  den  Patenen  zeigt  die  eine 
als  eingraviertes  Bild  den  Heiland  als 
«Schmerzensmann«  «m  seinem  offenen  Grabe 
sitzend  und  von  den  Marterwerkzeugen  um- 
geben, die  andere  auf  ihrer  Unterseite  in 
einem  l-'lammcnkreisc  das  Jesusmonogramm 
I  H  S  mit  Kreuz  darüber  und  pfcildurch- 
bohrtem  Herzen  darunter,  die  dritte  ist  oluie 
liild.  4.  Kine  längliche  Oblatendo.se  von 
Silber  i.st  nach  ihrer  Inschrift  von  JOCH. 
CHRISTOFFER  HANSEN  und  seiner  l^hefrau 

MARIA  MARGARETHA  SCHWARTZ  zu 
Kritzowburg  (Kritzauer  Burg) 
am  6.  JAN.  1746  gestiftet.  Die  f^W  [iTcj 
Werkzeichen  sind  die  neben-  >sP^ 
stehenden  (Baltzer  Jochim  Cato).')  5  6.  7.  Das 
Kranken- Kommunion  Geräth,  Kelch,  l'a- 
tenc  und  ryxis,  ist  von  Zinn.  Kelch 
und  Patene  haben  das  nebenstehende  [H'Jsj 
Wcrkzciclicn.  8.  9.  10.  11.  Auf  dem  ^— ^ 
Altar  vier  gute  Leuchter  von  Me.ssing,  von 
denen  drei  mit  In.schriften  ver.sehen  sind: 
l)  TOMES  HAVEMANN  ANNO  1630;  2)  TONNIES  FELHERING  .  1648  - 
3)  DETLOF  HASE  .  MARIA  HASEN  .  1648  .  12.  13.  14.  I.in  getriebenes 
altes  Messingbecken  mit  dem  Sündenfnil  in  der  Mitte  und  mit  Trauben  und 
Blattern  auf  dem  Rande.  Hin  zweites  mit  der  Umschrift:  TONI  ES  STADE- 
MAN  .  CLAWES  BOLE  .  IVRGEN  NIEBVR  .  lASPER  MAKE  .  ANNO  1566  . 
Min  drittes  ist  neu  und  ohne  Inschrift. 

Der  alte  Silbcrhestand  im  Visitationsprotokoll  von  1541/42  nennt  u.  a. 
eine  Monstranz,  eine  l'acifuale  und  ein  Viaticum.  Der  alte  Altar  war  eine 
Stiftung  von  Joachim  Schomann,  Vater  und  Sohn. 


RenaUrancc  -  Kelch . 


')  Crull,  Amt  d.  CoMschmietle.  S.  5z. 


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mCROORP  NBUBURG.  Ut 


Das  Kirchdorf  NeuburQ» 

as  zum  Redentiner  Amt  gehörige  Pfarrdorf  Neuburg  (Nienburg,  Kien-  Geschichte 
borch,  Nyenborch,  Nigenborch,  Novum  Castrum)  liegt  141cm  nordöstlich  des 

von  Wismar.  Seine  im  Mittelalter  zur  Schweriner  Diöcese')  und  zur  Biitzow^  Dorfes. 

Präpositur*)  gehörende  Kirche  ist  eine  der  ältesten  des  Leindes.  Sie  erhält 
schon  1229  eine  Toclitfrkirrlu-  in  der  fiir  die  Hcvr.lkcrunR  an  der  See 
errichteten  Kirche  zu  (iardeskendorp,  das  spater  ( )ed(  skerketi  heisst  und 
zulct2t,  durch  Korruption  dieses  iNamcns,  in  Drcvc.skirchcn  verwandelt  wird, 
und  hat  nachher  an  den  auf  die  Stiftung  Heuirich's  des  I'ilgcrs  im  Jahre 
1266  zurückgehenden  Weinlieferungen  aus  dem  Wismar'schen  Rathskeller  ihren 
Anthcil.*)  Ab  Pfarrer  oder  Kirchherrn  von  Neuburg  begegnen  uns  1219 
Fridericus,  1231  Arnoldus,  1270  riieodericus ,  1306  Liidolfus  de  Jesewitz, 
1334  Hinriciis.  1355  l-'ylardus.*)  Ferner  meldet  ein  Cirabstcin  in  der  Doberaner 
Kirche  einen  l'leban  Hermanniis  von  Nicnborch,  der  nach  1460  starb  und 
Sekretär  der  Doberaner  Kirche  genannt  wird.*)  Die  Bestattung  des  letzteren 
in  der  Doberaner  Kirche  kann  seines  Amtes  halber  nicht  auffallen.  Denn 
schon  1306  waren  Kirche  und  Pfarre  in  ein  engeres  Verhältniss  zum  Kloster 
Doberan  getreten:  Fürst  Heinrich  von  Mecklenburg  hatte  nämlich  bei  Ge- 
legenheit eines  Landumtausches  am  22.  Mai  1  306  dem  Abt  Johannes  von  Elbinj^»^ 
das  Kigcnthum  von  vierzehn  im  Kirchspiel  zu  Neuburg  zu  crwt  ri)(  n(!Lii  Hufen 
und  zugleich  das  Tatronat  über  die  dortige  I'farre  mitsainini  iliren  i-Uialcn 
übergeben.*)  Von  einem  Uebergange  der  Kirche  aus  der  l'rapositur  oder  dem 
Ardiidiakonat  von  Bützow  an  das  Kröpeliner  Archidiakonat,  welches  die  Juris- 
diktion  über  die  zum  Doberaner  Klosteri^ebiet  gehörenden  Kirchen  ausübte, 
ist  bei  dieser  Gelegenheit  keine  Rede.  Das  erklärt  sich  aber  vielleicht  daraus, 
dass  das  zuletzt  genannte  Arciiidiakonat  tlamals  in  den  I  landen  der  Dom- 
herren von  Schwerin  oder  liülzow  ruhte.')  In  dieser  Beziehung  ist  auch  zu 
beachten,  dass,  als  am  17.  December  1318  Bischof  Hermann  von  Schwerin 

')  Vsl.  M.  u.-B.  248a. 
*)  M.  U.-B.  3088. 

*)  Lisch.  M.  Jahrb.  XVII,  S.  370.  M.  U.-B.  4033.  Annkg.  Crnll,  M.  Jalirb.  XXXIII, 
S.  64.   M.  U.-B.  1059. 

«)  M.  U.-B.  24s.  255.  386.  iiüj.  30S2.  30S8.  4033.  5267.  5315.  5417.  5424.  8051, 
*i  Liaeh,  M.  Jahrb.  IX.  S.  440. 

^  M.  U.-B.  309^'  Was  für  Filialen  ausser  Drcvtskirchcn  vorhanden  waren,  vcr.schwci^rn 
die  Urkunden.  Auch  die  von  Neubiug  handelnden  s(»iUmn  Kirchenvititationaprotukolle  (1597, 
1603,  1656,  1695)  enthalten  nichts  davon. 

^}  So  war  z.  H.  1298  ein  Schweriner  Kanonikus  Architliakunus  von  Kröpelm;  und  1328  der 
Dekan  tles  Uuuower  Stifter  Inhaber  der  Kröpeliner  Fiäpositnr.  M.  U.-B.  S512.  4923.  Vgl. 
Rudioff.  M.  Jahrb.  I.XI,  S.  266. 

16 


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242 


AMTSGF.RICHT.SHEZIRK  WISMAR. 


die  Filiale  zu  Dreveskirchcn  von  der  Neiibiir^icr  Mutterkirche  abtrennt  und  ihr 
einen  ei{;encn  Rektor  ^icbt,  der  Prapositus  Johannes  und  der  Domherr  Gerhard 
zu  Hützow  die  einzigen  beiden  Zeugen  sinti,  die  in  der  darüber  ausgestellten 
Urkunde  namhaft  gcmaclit  werden.')  Zu  den  genannten  Plebancn  des  Mittel- 
alters kummt  endlich  am  Knde  des  XV.  Jahrhunticrts  noch  Arnoldus  Ruchou 
(Buchow,  Bukow)  hinzu  (s.  u.  dessen  Grabstein).  Im  Uebrigen  lernen  wir  die 
mittelalterlichen  Verhältnisse  zu  Neuburg  nirgends  besser  kennen  als  in  jener 
Urkunde  vom  3.  .Marz  1331,  in  welcher  Fürst  Albrccht  von  Mecklenburg  dem 
Lübecker  Bürger  Volmar  von  Atendorn  das  Figentluim  von  elf  Hufen  mit  den 
dazu  gehörigen  I  löfen  und  Kathen  verleiht,  die  dieser  von  ihren  bisherigen 
Besitzern,  den  Herren  von  Preen  luul  von  Storm.  zwecks  l-lrrichtimg  einer 
Lübecker  DoinherrnpiVünde  aus  deren  Finküuften,  gekauft  hat,  und  bei  deren 


Bargberg  und  Dorf  Neuburg, 


Besetzung  und  Nutzniessung,  seine,  des  Stifters,  Familie  in  erster  Reihe  berück- 
sichtigt werden  soll.')  Ausser  dem  I^ndesfürsten  sind,  wie  man  .sieht,  die 
obengenannten  ritlermassigen  Cieschlechtcr  die  alten  Besitzer  von  Neuburg.  V^on 
Georg  Prccn  kauft  Atendorn  fiir  450  Mark  Liibisch  sieben  Hufen,  die  die  Bauern 
Stockfisch,  Krighe,  Manjuard  Borchwal,  Andreas  Kirchhof  (apud  cimiteriuni), 
Hinceke  und  Heyneke  \'okke  bewirthschaften.  Die  bciticn  erstgenannten  haben 
jetler  zwei  Hufen,  der  dritte  und  vierte  eine,  der  fünfte  und  .sechste  eine  halbe. 
Zu  diesen  Bauernhofen  gehören  sechs  Kathen,  in  ihnen  wohnen  Thi<lerikus 
Pythyt,  Hinceke  Swarte,  der  Weber  lioitin,  Johann  Budden.ster,  Albert  VVestfal 

•5  M.  U..15.  4033- 

*)  M.  U.-H.  $2it.  522J.  Die  j.'ihrlichen  AbgaU.'ii  an  Geld  uml  Naturalien  aus  den  von 
Atendorn  ijck.iiiftcn  lii'^cndcn  Grllndon  mit  ihren  lli'tcii  und  Kathen  hclaufen  sich  insgr-vamml  auf 
21  Driitnt  H.ifcr.  13' p  Dninit  Koggoii,  13' 0  Drümt  Goriti-,  112  llulmtr  und  auf  30  Schilling 
Wendisch  und  16  .Schillin|;  LtiLi&ch. 


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KIRCHDORF  NSUBURG. 


243 


und  Hasard.  Von  Godschalck  Preen  (dictus  Stenhus)  kauft  Atendorn  um 
250  Mark  Lübisch  zwei  Hufen,  auf  denen  der  Hauer  Johannes  Schoke  sitaet, 
desgleichen  für  100  Mark  I-iibisch  von  den  Hrüdcrn  Johannes,  Godschalk  und 
Hermann  Sturm  zwei  Hufen  mit  dem  Hauern  Ludolf  Hever.  Zu  diesen  letzt- 
genannten Hufen  gehören  vier  Kathen;  in  ihnen  wohnen  der  Schuster  Martin, 
femer  Timmo  Melker,  Detlev  und  die  Wittwe  von  Johann  Trendel.  Auch 
die  Schmiede  (fabrica)  wird  im  Zusammenhang  mit  dieser  Erwerbung  genannt, 
nicht  aber  ihr  Inhaber.  Zuletzt  kauft  Atendorn  für  300  Mark  Lübisch  vom 
Herzog  den  unmittelbar  beim  Dorfe  liegenden  Burgwall  (locum  vuigariter 


Plan  vom  Wall  und  Dorf  Neuburg, 


dictum  borchwal,  adjacentem  dicte  ville  Nienborch)  und  einen  unterhalb  (d.  h. 

am  Fuss  des  Hügels,  casam  sub  predicto  borchwal  jacentemi  lit-^aiulen  Kathen, 
in  dem  der  Kathncr  Schneider  wohnt,  dazu  Gericht  und  Hede.  Das  sind 
V'erhiiltnisse,  die  im  Kern  auch  heute  nacii  über  500  Jahren  dieselben  sind. 
Nur  die  Namen  haben  sich  verändert,  aus  den  Bauern  sind  Krbpächter 
geworden,  und  die  Neuzeit  hat  sog.  Häusl«neien  geschaffen,  die  es  früher 
nicht  gab.  Aus  jener  Urkunde  geht  femer  mit  Bestimmtheit  hervor,  dass  der 
Neuburger  Burgwall,  des.sen  ungewöhnliche  Höhe  schon  aus  der  Feme  auflallt, 
und  der  bis  dahin  fiirstliches  Kigcnthum  geblieben  war,  im  Jahre  1331  seine 
ehemalige  Bedeutung  bereits  verloren  hatte.  Der  erste,  der  die  Sngc  erzählt, 
dass  ihn  Fürst  Johann  clet  I  heologe  für  seine  (lemahlin  Lutganl  vim  Henneberg 
errichtet  habe,  damit  sie  durch  die  Hohe  des  Herges  und  die  Schönheit  des 

18» 


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*44 


AMTSGBRICHTSBBZIRK  WISMAR. 


Ausblickes  an  ihre  alte  Heimath  erinnert  werde,  ist  Kirchberg  in  seiner  Reim* 
Chronik  vom  Jahre  1378  Kap.  138  (Wcstiilialcn  Mon.  incd.  IV,  S.  786). 
Ihm  folgen  Latonius  in  seinem  Gcncaloclironicon  mc^ap.  (Westph.,  a.  a.  O., 
S.  223)  und  Chemnitz  in  seiner  im  (irossli.  Archiv  als  Manuskript  auf- 
bewahrten Chrontk.  Bd.  I  und  II,  S.  537.'}  Dass  Johann  der  Theologe  in 
Neubui)gf  (Novunn  Castrum)  gelegentlich  weilte,  wird  durch  die  dort  von  ihm 
ausgestellte  Urkunde  vom  9.  Juli  1231  bewiesen.*)  Es  ist  somit  nic^t  unmfigtich, 
dass  die  Sage  bei  Kirchbei^  einen  gewissen  geschichtlichen  Grund  hat.  Auch 
sind  auf  dem  Rcrf[e  Spuren  einer  mittelaltcrHchen  Niederlassung  gefunden 
worden.  Aber  sicher  ist  Johann  der  Theologe  nicht  der  erste  Mrbauer  der 
Burg.  Denn  wie  der  Name  in  den  beiden  Urkunden  von  12 19  beweist,  war  sie 
schon  2U  Heinrich  Borwin's  IL  Zeiten  vorhanden,  und  man  kann  daher  ohne 
Bedenken  der  von  Lisch  ausgesprochenen  Vermuthung  beipflichten,  dass  das 
in  der  Bewidmungsurkunde  des  Schweriner  BisÜiums  von  1171  der  Diöcese 
zugewiesene  benachbarte  Alt-Ilow  (Antiqua  Ylowe)  auf  ein  schon  damals  als 
Ersatz  dafür  vorhandenes  Neu-Iiow  schliesscn  lasse  und  dass  dieses,  da  es 
sonst  nirgends  nachweisbar  sei,  in  dem  Novuni  Castrum  von  Neuburg  ge- 
sucht werden  müsse.  Zu  dieser  Annahme  stimmen  auch  die  neben  mittel- 
alterlichen Resten  ebendasdbst  gefundenen  älteren  Burgwall-Scherben  u.  a.  ro.') 
Aber  wann  und  bei  welcher  Gelegenheit  die  mittelalterliche  Burg  aufgegeben 
worden,  bleibt  unbekannt,  und  man  weiss  nicht,  auf  w  elcher  Quelle  die  Nach- 
richt beruht,  rlass  Xna-^tasia,  die  Gemahlin  Heinrich  s  dos  Pilgers  noch  1275 
dort  gewohnt  habe,  und  dass  nachher  die  Steine  der  Burg  zum  Bau  der 
Neuburger  Kirche  verwandt  seien.*) 

Von  den  späteren  protestantischen  Predigern  lassen  sich  aus  Kirchen- 
akten und  Visitationsprotokollen,  soweit  sie  im  Grossh.  Archiv  vorhanden  sind, 
folgende  ermitteln:  Joh.  Drescher  von  1 588  bis  1 596.  Sein  V^orgänger,  dessen 
Name  nicht  genannt  wird,  war  35  Jahre  im  Amt.  Kaspar  Tabbert  von  1597 
bis  1626.  Balthasar  VV'ilhelm  bis  1628.  Joh.  Nigrinus  bis  1632  Joh.  Engelke 
von  1632  über  1653  hinaus,  wahrscheinlich  bis  1664.  Johannes  Finhagen 
(Vinliagen)  von  1665  bis  1695.  Joh,  Höfer  bis  1708  (schon  1704  emeritus). 
Joh.  Ratiike,  Anfangs  Substitut  liir  Vinhagen,  dann  bis  1742  Fastor,  Enoch 
Püschen  Zander  von  1743  bis  1747.  Jakob  Henrich  Neumann  von  1748  bis 
1794.  Friedr.  Ludwig  Slichert  von  1795  an.  Ueber  ihn  und  seine  Nadl- 
folger  s.  Walter  a.  a.  O.  Die  Verzeichnisse  von  Schrikler  und  Cleemann  sind 
lückenhaft. 

Kirche.  Die  Kirche   ist  ein  Zic\t;elbau,   f Kranit   ist  nur  am  Chor  als  Sockel 

verwandt.  Das  .Schitl"  hat  eine  tlaclu-  llol/<iecke,  der  «gewölbte  und  um  eine 
Stufe  erhöhte  Chor  tritt  etwas  zurück,  ist  niedriger  und  .schlie.sst  im  Osten 
platt  ab.    Die  Fenster  haben,  mit  Aionahme  derer  des  später  erbauten 

')  Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  VII,  S.  169  ff. 

*)  M.  U.-B.  386. 

*)  Vgl    Lisch,  I.  c,  S.  ijt. 

*)  Vgl.  Schröder,  Wism.  Enll.,  S.  214  und  LimIi,  1.  c,  S.  170, 


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KIRCHDORF  NEUHURG. 


245 


Kirche  t.»  Neuburg. 


LT 

Grundriss  der  Kirche. 


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246 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Thurmes,  die  einer  ausgesprochenen  Golhik  .mgehören,  die  bekannte  Schlitz- 
form  aus  der  Zeit  des  Ucberganges  vom  romanischen  zum  gothischen  Stil. 


LSngsMrhnict  der  Kirche  zu  Ncuburg. 


'n|.     'in.  (MI 


Querschnitt  des  Chors. 


Ostseite  des  Chor». 


Unterhalb  der  Fenster  im  I^nghau.sc  sieht  man  beiderseits  vier  zugemauerte 
Arkaden,  welche  auf  Seitenschiffe  schliessen  lassen,  die  entweder  einstmals 
vorhanden  waren, 
oder  deren  Anlage 
wenigstens  beab- 
sichtigt wurde.') 
Auf  beiden  Seiten 
des  Chors,  sowie  au( 
der  Nord-  und  auch 
auf  der  Westseite  des 
Langhauses,  sind 

Kmporen  errichtet.  Als  au.sscrer  Wandschnuick  erscheinen  auf  der  Nordseite 
Strom.schicht-  und  Zahnfriese,  auf  der  Süd.scitc  aber  ein  einfacher  Kundbogen- 

»)  Vgl.  Crull,  M.  Jahrb.  XVIII.  S.  287  gegen  Lisch,  M.  Jahrb.  VII,  B,  S.  73. 


Fri«s  der  Südseite. 


Fries  der  Nordjciie. 


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KIRCHDORF  NEUBURG. 


247 


fries.  Der  Thurm,  dessen  Helm  sich  mittels  vier  Schilcltiiebel  zu  einer  acht- 
seitif^en  Pyramide  gestaltet,  kann  als  drei},'eschossig  bezeichnet  werden.  ICr 
ist  gleich  dem  grössten  Theil  des  Kirchcndachcs  mit  Mönchszicgcin  gedeckt. 


Altar. 


Die  Sakristei  auf  der  Nordscite  der  Kirche  ist  gewölbt.  Ausser  dem  Haupt- 
eingang  vom  Thurm  her  giebt  es  noch  einen  zweiten  lüngang  durch  eine 
Vorhalle  auf  der  Südseite. 

Der  Altar,  ein  Werk  des  Barockstils,  ist  1703  von  DANIEL  VOLLRATH  Altar. 
VON  PLESSEN  und  seiner  Frau  SOPHIE  DOROTHEA  VON  BÜLOW  gestiftet 


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248 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


worden,  wie  Inschrift  und  Allianzwappen  bezeugen.')  In  der  Basis  das  Abend- 
mahl (Oelbild);  im  Hauptstock  zwischen  vier  gewundenen  Säulen  der  Krucifixus 
(Holzplastik);  im  Aufsatz  ein  von  Kngelsköpfcn  durchsetztes  Wolkennmd,  in 
dem  der  zum  Himmel  fahrende  Christus  verschwindet  (es  i.st  nur  der  untere 
Theil  seiner  Figur  sichtbar).  Zwischen  den  Säulen  links  die  Figur  des  Moses, 
Kanzel,  rechts  die  des  Aron.  —  Dem  Stil  des  Altars  entspricht  die  Kanzel.*)  Auf 
den  Füllungen  ihres  Predigt-stuhles  allegorische  Darstellungen:  ein  Herz,  ein 
Bnmnen,  ein  Kreuz  in  Wolken,  ein  Herz  mit  Schlüssel  und  Taube  darüber, 
das  höllische  Feuer.  Dazu  die  Unterschriften  GRATIOSUS  AUDIENTIBUS, 
BENIGNUS    POENITENTIBUS,    BONUS    SPERANTIBUS.    CLEMENS  OBTEM- 


Triumphbalken. 

PERANTIBUS.  SEVERUS  RELUCTANTIBUS.  —  Aufs  Beste  erhalten  ist  der  alte 
Triumph-   Triumphbalken  aus  vorrcformatorischcr  Zeit  mit  den  Figuren  des  Knicifixus, 
halkcn. 

')  Daniel  Vullralli  von  Plcsscn  mss  damals  auf  Steinhauseti  (.Steenhus)  bei  Neuburg  und 
war  vermühlt  mit  Ann.-i  Dorothea  von  Hulow  a.  d.  Il.iuse  Wicscliendorf.  Vgl.  geiieal.  Verzeichnisse 
von  Iloinckhuscn,  Pcntz,  Gamm. 

*;  Im  Visilalion.sprotokoll  der  Kirche  vom  I.  September  1696  wird  die  Kanzel  als  neu  und 
zugleich  als  Geschenk  des  Hnuplmanns  von  Warnstedt  be7eichnet.  Die  Warnstedl's  sassen  seil  1607 
auf  dem  benachbarten  Gute  Vogelsang  c.  pcrt.  Lischow  und  KIcin-Slrumkendorf.  Jtlr^en  von  Warn- 
stedt war  Inhaber  dieses  Lchns  und  hatte  als  Amishauptmann  von  Redentin  einen  Stuhl  in  der 
Kirche  zu  Neuburg,  Kr  könnte  somit  der  Stifter  der  Kanzel  sein.  Es  ist  aber  fraglich,  ob  sie, 
da  er  1678  starb,  in»  Jahre  1696  noch  neu  genannt  worden  wäre.  Sein  Sohn,  Hans  Valentin 
von  Warnstedt ,  wohnte  ebenfalls  auf  Vogclsanfj,  war  aber  Amtiihaupimann  von  Ncubukow  und 
nicht  von  Redentin,  und  starb  1C95.  Auch  er  konnte  die  Kanzel  in  Folge  irgend  eines  uns 
unbekaiml  gebliebenen  Verhältnisses  gtstiflct  hal>en,  wenngleich  wir  sonst  keine  engeren  Beziehungen 
zwischen  ihm  und  der  Kirche  zu  Neuburg  haben  fmdcn  können. 


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KZRCHDORP  NBUBURG. 


349 


"^^fA  N  NO  -  I  f  9  8  X 
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HPLESS£?>!  ERB^,C5StN  ZVM  , 
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DfEStflWELTSEL/CHLICHGt 
■iCHFiDFJi  V,  DHATlMütlNE 
iNACHCELASSEN  WI  T  Wt'  . 

7ElCh£REHRlM  WtRENDEH 
^£STi4MD£  1^  KtNDHRCEZEV 
CHT  DIESEN  STEl 
:DECHTNVSßEJ  SlVi 
-CRAßSTEn  StTZEMLASSEHl 
MmMl  SEIN  T  C  EW  ESENj  ^ 
V<11UT  VALTIN  AOA^\  lüCHlHj 
H^SÄEIMERlOCHiM  DAWlil 

•/AHfe^REMSÄ  ELISABET 

^EVJEKE  BVA  ALI.'^VOK  PLESSEH  ' 

WÄM  191CH  WEiSDASMElg  , 
ERLÖ^RUBETVNDEHR^IRP' 
.        .  WIGHSBRNACH  avs  DLR  ER  DEN!  m] 

t>S!?\  WERDE ÜAF^ACHJ^i  rplE.^ElJj/^ 


des  Johannes,  der  Maria  und  zweier  gefli^elter  Engel.  —  Drei  Glocken:  die  Glocken. 

hltcste,  ohne  Datum  und  Gicsscrzciclicn .  hat  in  potliischen  Majuskeln  die 
Inschrift  (lOI/SÜLÜR  VlVn  VI  AU)  SVüKTVK  PHLLO  WOUIVTT.  Die  kleinere 
ist  laut  langer  Inschrift  unter  dem  Grossherzog  Paul  Friedrich  zur  Zeit  des 

PräpositusTöppcl  1839 
von  P.  M.  Hnnbnmdt 
in  Wismar  g^joasen 
wurden,  die  kleinste 
1820  von  Val.  Schultz 
in  Rostock.  --  Vor 
der    Kanzelthür  liegt 

der  Grabatcin  des  Grabstein. 
Priesters  Bnchow  mit 
den  vier  Evangelisten- 
zcichen  in  den  Ecken 
und  mit  <Ut  l'mschrift 
?lnno  :  dni  l  \ 

bii^  :  arnoib  :  bu« 
d^on  :  ^leftamil :  I 
Qt£^:  eccie  :  oitaif  : 

a'fl  :  rcquiefcat  : 

in  :  paCC  ')  —  An  der 
Nordwand  der  Kirche 
ein   grosses    in  Stein 

gehauenes  Epitaph 
des  am  15.  März  1598 
verstorbenen  Daniel 
von  Plenen,  ihm  zu 
Ehren  von  seiner  Gattin 
Margareta  von  Krosigk 
gesetzt.    Das  Ehepaar 
hatte  kut  Inschrift  fHaf- 
zehn  Kinder,  die  Söhne 
\'olrad,  Valtin,  Adam, 
Jochim,  Hans,  Reimer, 
Jochim,  Daniell  und  die 
Töchter  Leveke,  Mar- 
grcta,  Anna,  Dorothea, 
Elisabet,  Leveke,  Eva.  —  Kleinknnatwcrke:  i — 6.  Drei  silberveigoldete  Kelche  Kldnkunst- 
mit  Patenen.   Der  älteste  hat  auf  seinem  Fuss  ausser  dem  Knicifixus  als  werke. 
Signaculum  einen  Tartschensdiild  mit  dem  «ngravierten  Bilde  der  hl.  Katharina 

')  Die  Verbindung  rtniachw  wid  «nbiscilcr  Zeichen  in  der  Jahraanlil  tat  adtea,  Usst  lich 
aber  mii  Beispielen  belogen. 


V.  Plessen* 

sches 
Epitaph. 


Eptt.iph  des  Dniel  von  Plessen. 


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2$0 


AMTSGBRICRTSBEZIRK  WISMAR. 


ein  unl^ckanntcs 

CD, 


in  Ilalbfigur,  dazu  die  Aufschrift  des  Stifters:  h'J  TtSWVS  .  PHTHRS  WK-dU- 
BUKCIh  TkUUO  8r  (=  1481).  Von  den  sechs  Huchstabcn  des  Jcsusnamcns 
am  Knauf  sind  noch  drei  erhalten:  ^  U  •  •  V  •  Die  dazu  gehörende  Patene 
ist  gleich  dem  Kelch  ohne  Werkzeichen.  —  Der  xweite  goditsche  Keldi  ist 
besser  erhalten.  Er  ist  nach  seiner  langen  Inschrilt  am  Fuss  eine  Stiftung 
der  MARGARETHA  BRACKEN,  Jochim  Siggelkow's  nachgelassener  Wittwe, 
und   trägt,    wie   die   zugdl^ge  Patene,   das   Datum   des  17771  ') 

9.  Au^ii-^t  1636.  Dazu  an  beiden  die  nebenstehenden 
Werkzcichen.  Der  dritte  Kelch  hat  sannnt  seiner  l'atene 
Alhanzwappen  *)  und  die  nebenstehenden  Werkzeiclien  (Joh. 
Dtotrich  Gad«).  —  7.  Ausserdem  noch  ein  vereinzelter  sil' 
bemer  (nicht  vergoldeter)  Kelch  mit  der  Aufschrift  NIENBORCH.^  8.  Kunde 
silberne  Oblatendose,  mit  dem  Plessen'schen  Wappen  verziert.  Die  Umschrift 
lautet  ABEL  .  MAGDALENA  .  VON  .  PLESSEN  .  WITTWE  .  VON  .  WETHEN  . 
ANNO  1701.'  Als  Werkzeichen  der  liibische  Do|)])ela{ller  un<l  der  Meistcr- 
stempcl  H  V.  —  g.  Silbernes  Taufbecken,  neu,   von  J.  GIESE-SCHWERIN.  — 

10.  II.  12  13.  Kranken -Kommunionsgciaih,  Kelcli,  Patene,  Dose,  Flasche, 
neu,  ohne  Stempel.  —  14.  In  der  Kirche  noch  erhalten  ein  hölzerner  Belt  mit 
der  Gruppe  der  Maria  mit  dem  Kinde.') 

Ueber  das  ehemalige  steinere  Tanfbei  ken  der  Kirche,  das  leider  seit 
langem  zertriimmcrt  ist,  handelt  Lisch  in  M.  Jalirl)  XXI,  S  27.1.  l>iirih 
die  Fürsorge  von  Lisch  sind  seiner  /eir  vier  Stucke  dieses  alten  Ikckens, 
das  ohne  Frage  einstnuils  eine  der  werthvoHstcn  steinernen  FOnten  war, 

gerettet  worden. 

Sie  werden  im 
Grossherzoglichen 

Museum  auf- 
bewahrt. Das  In- 
ventar von  1 8  i  I 
nennt  dies  Werk 
nicht  mehr.  Ks 
wild  daher  wohl 
schon  damals  als 

S(  hwclle  für  den  Kingang  in  den  Thurm  verarbeitet  gewesen  sein  Dagegen 
ist  im  Kirchenvisitationsprotokoll  von  1597  von  einem  steinernen  Taufslein 
mit  eingemauertem  grossen  Kessel  die  Rede,  el>enso  1603.  — •  Das  Inventar 
von  1811  fuhrt  u.  a.  auch  noch  ein  Bildniss  des  Paston  Vinhagen  (geb.  1 636) 
auf.    S.  oben. 


Siflck  von  der  allen  FUnte  Im  Gtoftfli.  Mucenm. 


')  Nicht  Ittfi  Criill,  Amt  il.  noldschin.,  S  51.     Die  Lijjaiur  H  timt  R  i»i  7\vfifcltt)s  vorlunuicn. 

*)  Das  Wappen  des  Mannes  zeigt  ein  Siadtllior,  da»  dem  de.«  Hamburger  Wappcrs  ähnlich 
ist)  du  der  Frsu  einen  geihctiien  Schild,  der  unten  ohne  Dildwerk  tei,  oben  aber  drei  Bienen  (?) 
zeigt,  oder  sollen  es  Blumen  sein? 

*)  Abel  Magdalena  von  PIcssen  war  eine  Tochter  des  Augast  Friedrich  von  Flesten  auf 
Kfichebtorf,  Barnekow  n.  «.  w.  nnd  seintr  Gemahlin  Anna,  geb.  v.  KanUau.  Sie  vcrroihlte  skfa 
i68s  mit  dem  in  den  Adebtand  erhobenen  Thomas  von  Wctken  (Wethen)  auf  Treathocrt,  Wnlienow 

and  SchulenViiiri;  und  wurde  1695  Wittwe. 

*)  Ein  zweiter  Bell  mit  dem  hl.  (icorg  wurde  vtir  einigen  Jahren  gestohlen. 


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KIRCHDORF  GOLDBBEB. 


251 


Dit  nr 


Itrf  Mtobaa. 


as  zum  Amt  Hiikow  {^chorcndf  Kirchdorf  (loldcbcc,  in  ältester  Zeit  auch  (icsrhichte 


ostlich  voll  W  isin.ir  und  fjchort  von  Alti  rs  her  zur  Schwrrincr  1  )i«icfsc.')  Uic 
Kirche  ist  mit  unter  denen,  die  auf  Grund  der  Stiftung  Heinrich  s  des  Pilgers 
vom  Rathskeller  in  Wismar  her  mit  Wein  versorgt  werden.  Dodi  ist  aus 
diesem  Umstände  kein  Schluss  auf  ihre  Bauzeit  xu  maehen.^)  Das  jetzige 
Gotteshaus  ist  ein  um  100  oder  150  Jahre  später  anzusetzender  Hau,  über 
den  nichts  Näheres  bekannt  pcwordrn  ist.  .\us  späteren  Kirchcnvisitations- 
Protokollen  wissen  wir,  dass  Kirche  und  (iottcsdienst  um  155S  arcj  vernach- 
lässigt waren,  dass  aber  1594  unter  Pastor  I.ucae  eine  gute  Ordnung  herrschte, 
und  dass  1653  durch  den  Tod  des  Pastors  Joachim  Jastcr,  der  31  Jahre  lang 
das  Amt  inne  gehabt  hatte,  eine  Vakanz  eingetreten  war.  Ueber  die  zwei 
Pastoren  aus  der  Wismar'schen  Familie  Otto  s.  unten.  Aus  den  Akten  efgiebt 
sich  ferner,  dass  das  Patronat  wahrend  des  Mittelalter  in  den  Händen  der 
Herren  von  Stralendorff  ruhte.  Kin  im  Jahre  1481  von  den  Hcrzöt^en  Magnus 
und  Balthasar  geschlichteter  Streit  zw  ischen  di-nen  auf  Gamehl  und  denen  auf 
Goldebcc  und  Preensberg  über  die  Ausnutzung  einer  Hulzung  lässl  erkennen, 
dass  die  Familie  schon  seit  Generationen  im  Besitz  von  Goldebee  war.  Sie 
bleibt  darin  bis  weit  ins  XVII.  Jahrhundert  hinein.  Im  Jahre  1651  (26.  Juni) 
überlassen  Dietrich  von  Stralendorff*  und  seine  Khcfrau  Elisabeth  Negendank 
ihrem  Schwiegersohn,  dem  Obcrsthcutcnant  Niels  Rothe  fs.  u.),  der  mit  ihrer 
Tochter  Anna  I"'lisabeth  vermahlt  war,  für  7CXXJ  Gulden  auf  2^  Jahre  den 
Niessbrauch  iles  (iutes.  Niels  Rotlie  ist  1659  niclit  mehr  am  I.eben,  aber 
seine  Kinder  bleiben  Inhaber  von  Goldebee,  und  ihre  Vormünder  erhalten 
am  7.  November  1676  für  8500  Gulden  den  herzoglichen  Konsens  zu  einer 
neuen  Periode  von  20  Jahren.  Aber  noch  vor  Ablauf  dieser  2^it,  nämlich 
bereits  im  Jahre  16S6,  finden  wir  H  irtuin;  von  Flotow,  der  mit  Jlsabe  Katharina 
von  StralendorlT  vermählt  war.  als  Inhaber  von  Goldebee.  l'iul  als  dieser 
neun  Jahre  spater,  den  ;  Marz  l'')')^,  das  ganze  Gut  (»oldebee  an  di  ii  1  laiipl- 
mann  und  späteren  iMajt^r  Hartwig  von  Lutzow  für  15600  (julden  verkauft, 
verzichtet  der  damalige  Hofgerichtspräsident  Ulrich  von  Stralendorf  auf  die 
Rduition.  1703  ist  der  Oberstlieutenant  von  Bornfeldt  (s.  u.)  nahe  daran,  das 
Gut  von  der  Wittwe  des  Majors  von  Lützow  zu  erwerben,  doch  der  Kauf 
wird  rückgan;,^ig  gemacht,  und  Rornfcldt  Übernimmt  dafiir  das  benachbarte, 
nach  Goldebee  eingepfarrte  und  später  in  den  Hesitz  des  Heiligengei.st- 
Stiftes  zu  Wismar  übergegangene  Preensberg,  von  wo  aus  er  mit  seiner  Gattin 

']  M.  U.-U.  4255.    Ktlhnel.  M.  Jahrb.  XLVI,  S.  53. 

*)  M.  U.-B.  1059.  2622.    Crull,  M.  Jahrb.  XXXUI,  S.  64.    Vgl.  oben  S.  235  (HornstorQ. 


C  holdehu   und   GoUlcbu   (Ort   des  (iokleba)   geschrieben,   liegt    IG  km 


des 
Dorfes. 


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253 


AMTSGBR1CHTSBEZIRK  WISMAR. 


17 12  den  Altar  stiftet.  Auf  Goldebee  aber,  das  seit  1696  zum  Allod  erhoben 
war,  finden  wir  nachher  fast  ein  {janzes  Jahrhundert  lanj;  die  Hobc's.  In  der 
Zeit  von  1729  bis  1733  strengt  der  Kapitän  Adam  Ulrich  von  Stralendorff 
gegen  den  Landraiii  von  Hobe  vergeblich  das  jus  rcvocationis  an.  Die 
Hobe's  bleiben  bb  1800  auf  Goldebee.  1801  tritt  der  Kommerzienrath  Köster 
an  ihre  Stelle.  Die  Familie  Köster  bleibt  bis  1893  im  Besitz  des  Gutes.  Ihr 
Rechtsnachfolger  ist  seit  1894  Herr  Hans  Hosselmann. 

Von  den  späteren  Pastoren  nach  der  Reformation  sind  aus  Akten  und 
Kirchcnvisitationsprotokollcn  folgende  zu  ermitteln:  um  1594  Pastor  Lucac; 
zwischen  1624  (vielleicht  ist  er  schon  viel  länger  da)  und  1627  Martinus  Leo; 
zwischen  1633  und  1653  Joachim  Jaster.  1654  wird  David  Otto  berufen.  Ihm 
1690  sein  Sohn  Ulrich  Friedrich  Otto;  diesem  von  1715  bis  1733  Emst 
Kaspar  Martens;  1724  bis  1737  Franz  Georg  Wasmuht;  1737  bis  1778  Jakob 
Bernhard  Birkenstedt;  1780  bis  1 8  ( 7  Otto  Wilhelm  Schrcgel.  Ucber  ihn  und 
seine  Nachfolger  s.  Walter,  a.  a.  O. 

Kirche.  Die  Kirche  ist  ein  Mauersteinbau  mit  einem  aus  dem  Achteck  kon- 

struierten Chor.  Eine  Scheidunc;  zwischen  Chor  und  Langhaus  macht  sich 
in  keiner  Weise  bemerkbar.  Heide  bilden  einen  iiberall  gleich  lii)hen  und 
gleichmässig  gcunlblen  Kaum.  Lin  im  Westen  vor  etwas  über  fünfzig  Jahre 
vorgebauter  neuer  Iluirni  endet  oben  mit  vier  niedrigen  Schildgiebeln  in 
klassiderendem  Stil  und  trägt  statt  eines  Helmes  eine  Anzahl  grosser  ci.scrncr 
Kreuze,  die  den  Eindruck  der  Seltsamkeit  machen. 

Akar.  Der  Altar  ist  ein  Werk  des  Barockstils  vom  Jahre  1713  mit  drei 

Gemälden.  Unten  die  Einsetzung  des  Abendmahls,  darüber  die  Kreuzigung  und 
oben  die  Grablegung.  Hinter  dem  Altar  die  Angabe,  dass  der  .Mt.ir  1712  am 
15.  Sonntage  nach  Trinitatis  von  dem  Pastor  Ulrich  Friedrich  Otto  geweiht 
worden. 

In  der  Sakristei  gicbt  es  /.wei  in  Holz  geschnitzte  und  bemalte  Wappen, 
das  des  Obersten  von  Borafeldt  und  das  der  Sophie  von  Bartels.  Es  sind 
dies  dieselben  \Va])pen,  die  nach  Angahe  des  bnentars  von  181 1  rechts  um! 
links  vom  Altar  angebracht  waren.  Nach  diesem  Inventar  hing  damals  links 
neben  der  Kanzel  ein  zweites  Wappen  desselben  Obersten  (in  blauem  Felde 
ein  Reiter  in  voller  Rüstung  auf  weissem  Pferde)  und  daneben  sein  Kiban 
und  seine  Sturmhaube.  —  Hinter  dem  Ahar  noch  ein  anderes  Wappen  von 
einem  Kriegsmann,  nämlicli  dus  des  Obersten  J.  Niels  Rothe.  Es  stellt  in 
grünem  Felde  den  hl.  Georg  dar,  der  den  Lindwurm  tOdtet,  und  hat  die 
Unterschrift  l.  NILS.  HÖHT  WOLBEDINTCR  OBRISTCR  UCVTENANT. 

Kanzel.  Die  Kanzel  ist  ein  schlichtes  Werk;  sie  stammt  vom  Jahre  1666  und 

war  einst  mit  vielen  Wappen  der  Stralendorflf'schen  Familie  verziert. 

\a< dl  dem  Inventar  von  iSii  waren  drei  Füllungen  bemalt,  man  sah: 
1)  die  Wappen  des  V  ictor  vrm  Stralendorf'  und  der  Margaretha  von  Biilow; 
7)  die  Wappen  des  Ulrich  von  Stralendorff  und  der  Elisabeth  von  Grabow, 

Margaretha  \nn  Haiherstadt,  Klisabeth  von  Hurhwald  un<l  der  Dorothea  von 
Stralendorf!;  3)  die  Wappen  von  Paul  Ulrich  von  StralendorlT  und  Ursula 
von  Stralendorf. 


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KIRCHDORF  COLDEnEE. 


Zu  beachten  ist  eine  im  Innern  der  Kirche  stehende  alte  Fünte  von  Fünte. 
Granit  und  in  ihr  eine  Mcssingschüsscl  mit  ticr  Unischrift:   ZVM       TAVF  c§j 
BECKEN  ^  IN  r§..  DIE      KIRCHE      ZVE  r^^  GOLOEBE       VOR      SCHAFT  cg> 
ES  4>  OER        PASTOR        lOACHIMVS  4'  lASTER  <^  ANNO  1650  cgi  DEN 
20  cgj  IVLIVS. 

Von  den  drei  Glocken  ist  die  grösstc  durch  Hausbrandt  in  Wismar  Glocken. 
1H57    umfjcfjosscn    worden.     Die    mittlere    ist   ohne   Schmuck  und 
Inschrift.    Die  kleinste  hat  die  Minuskelinschrift:  >0  tC%  Qlt  Jpt  Vlflli 
eil  pilCC  iinno  IlKfffjrd  .  .  ,  ,  ^,  dazu  das  nebenstehende  Gicsserzcichcn. 

Grabsteine.    Als  Schwelle  zur  Thurmhalle  dienen  drei  zu  zwei  Leichen-  («rahsteine, 
.steinen  f;ehurifie  Platten,  von  denen  «lic  eine  zwei  Wappen  zci}»t,  das  Stralcn- 
dorflf'.sche  und  ein  anderes,  das  unkenntlich  j;eworden  ist,  dazu  das  Datum 
5t*  IlKCCCi  .  .  .    Die  beiden  anderen  gehören  zu  einem  Stein,  der  einen  ge- 
rü.steten  Mann  und  eine  I'Vau  zcij,'tc.    Von  der  Umschrift  nur  wcnij,'es  erhalten: 

.  .  .  tont  pcen^bar(at)  rlirt)  glisfroüir.    oratC.    An  einem  dieser 

Stücke  anscheinend  n»)ch  ein  Rest  älterer  Schrift. 


\,  ismar 


Kleinknnstwerke. 


I.   2.    Hin  silber\erßo!detcr  }^othi.scher   Kelch  mit  Kleinkunst- 
dem  Jesusnamen  in  Minuskeln  am  Knauf  werke, 
und  einem    plastischen  Krucifi.xus  als 


Kelche. 


Signaculum  auf  dem  Fu.ss,  und  ein  .schöner,  ebenfalls  silbcrvcrgoldeter 
Kelch  im  Renais.sanccstil  vom  Jahr  161S  mit  ähnlichem  Signaculum  und  mit 


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254 


AMTSGERICHTSBBZIRK  WISMAR. 


aswci  Wappen  auf  dem  Fuss,  dem  Stralcndorft"schcn  und  dem  Grabow'schen, 
dazu  eine  Inschrift  des  Inhalts,  dass  ULRICH  VON  STRALENDORFF  und 
ELISABETH  VON  GRABOW  diesen  Kelch  zu  Gottes  ührc  i6uS  gestiftet 
haben.  Meisterzeichen  weder  beim  einen  noch  beim  andern.  —  3.  Patene 
mit  dem  Wismar'schen  Stadtzetdien  und  dem  Mdstetstempel  [Tc]  (Jochim 
Oade  17 10  bis  1728).*)  —  4.  Ovale  silberne  Oblatenpysds.  Auf  dem  Dedcd 
ein  vergoldetes  getriebenes  Relief  mit  der  Halbfigur  des  Heilandes  und  mit 
Martoruerkzcugfcn.  Unten  die  Tm  lirift:  GODT  ZV  EHREN  VEREHRTS  AN 
DER  KIRCHEN  ZV  GOLDEBEHN  MICHAEL  HÜNEMÖRDER  1689.^)  Innerhalb 
der  Umschrift  ein  Wappen; 


—  5.  6.  7.  Krankcnkonimunionsgeräth:  Kelch,  Patene  uiul  Oblatendose  von 
Zinn,  erstere  beide  mit  dem  Stempel  des  englischen  Zinns  (Hlngcl  mit  Hammer 
und  darüber  ENGELS  TIN)  und  den  Meister- Initialen  W  H  Q.  —  8.  9.  Zwei 
zinnerne  Leuchter.  Gewerkzeichen  sind  nicht  vorhanden.  —  10.  tt.  12.  Desgl. 

von  Silber,  neu.  Fabrilavaare  von  Humbart  A  Sohn.  —  13.  14.  Grosser  runder 

Oblatcnbchaltcr  und  grosse  silberne  Kanne,  neu.  Fnbrikwaare  von  Emst- 
Merlin.  In  den  P'enstern  noch  ( jla.snialcreien  mit  den  W  ajjpcn  derer  von 
StralcndorfT,  Dcchow,  llelow  und  Knövenagel;  auch  noch  andere,  die  im 
Laufe  der  Zelt  unkenntlich  geworden  sind. 

Nach  dem  Inveptar  von  1 8 1 1  war  die  grosse  Glocke  1 683  unter  dem 
Patronat  der  Frau  Jlsabe  von  N  egendank,  verwittweten  von  StralcndorfT,  und 
unter  dem  Pastor  David  Otto  von  VHm  SMwnlNMim  in  Schwerin  gegossen 
worden. 


*)  Gnril,  Aat  d.  GoUheimiede,  S.  $<• 

*)  Bd  Wesiphalen,  Tab.  18  ad  T.  IV,  ist  dtt  Wappen  der  IlUnemordcr,  die  bürgerlicher 
Herkunft  sind,  ein  wilder  Maao  mit  äntn  Baam.  Sie  (Übren  dies  Wappen  aeit  1704:  vgl.  Lisch, 
M.  Jahrb.  XI,  S.  447.   Ueber  das  hier  genannte  Mitglied  der  Familie  llHnemOider,  die  in  den 

IlanaestSdten   Lübeck  und  Hambwg  vorkommend,   im  XVII.  Jahihnndert   durch  dänische  nod 

schwedische  Kriegsdienste  zu  Vennngeii  iitul  Ansehn  gelangte,  war  aus  .\kten  bisher  nichts  7U 
ermitteln.  l>as  unbekannte  Wapiieii  mit  den  Initialen  S  C  M  läsat  vermuthen,  dass  die  Oblatcn- 
pyxis  nnpranglich  andenwobin  gehOrt. 


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KIRCHDORF  ZUROW. 


Du  KMidurf  Zurow. 

as  während  des  Mittelalters  zur  Schweriner  Diöcese  pfchörcndc  Kirrlulorf  (beschichte 
Zurow  jZurowe,  Tziirouc.  Cznrowe,  Surouc,  Suruw,  als  Ort  der  Cura,  des 
oder  auch  als  Grünau,  Cirunhof,  Grunhagen  gedeutet')]  liegt  10  km  süd-  I^orfe*. 
östlich  von  Wismar  und  wird  am  1$.  Juni  1303  zum  ersten  Mal  urkundlich 
mit  neun  anderen  Dörfern  zusammen  bei  Gelegenheit  eines  Vertrages  zwischen 
Fürst  Heinrich  von  Mecklenburg  und  Willekinus  Mancnzagel  (oder  Hanenstert) 
über  die  Hede  aus  diesen  I)t)rfern  genannt.*)  Sclion  damals  mögen  die 
StrnlcndortT's,  von  denen  einer  zu  lien  Schwiei^ersöhnen  des  eben  {^'enannten 
reichen  W  ismar  sehen  und  auch  Lübecker  Hurgers  Hanenzagel  gehörte,  in 
Zurow  begütert  gewesen  sein.^)  Nachweislich  ist  dies  seit  1336  der  Fall.^) 
1 390  hören  wir  von  der  Stiftung  einer  Vikarei  ih  der  Kirche  zu  Zurow,  deren 
Gewölbemalereien  ausserdem  das  Wappen  der  Familie  in  einer  Form  enthält, 
die  nicht  über  <\\c  zweite  Iliilftc  <les  XIV.  J:ilulninderts  hinausdatiert  werden 
kann.  Zahlreiclic  Akten  des  X\'.,  XVI  und  aucli  noch  aus  der  ersten  Hälfte 
des  XV'II.  Jahrhunderts  erweisen,  dass  Zurow  im  HiMtz  der  StralciuiorK 'seilen 
Familie  bleibt,  wenngleich  es  gelegentlich  von  euiem  Zweig  zum  andern 
hinüberwechselt.  1637  erwirbt  Berthold  von  Bulow,  der  mit  den  StralendorflT's 
verwandschaftlich  verbunden  ist,  das  Gut  als  erblichen  Besitz  für  die  Summe 
von  7100  Gulden.  Im  lksitz  der  Bülow'schcn  Familie  erhält  es  .sich  bis  über 
die  Mitte  des  XVIII.  Jahrhunderts  hinaus.  Dann  folgen  als  Inhaber  Friedrich 
Wilhelm  Boye,  dessen  Gläubiger  das  Gut  bis  1781  administrieren,  von  17X2 
bis  1792  Landratli  Otto  Christoph  von  Raven,  1793  und  1794  Carl  Wilhelm 
Michelsen,  von  1795  bis  1810  ein  Herr  von  Krügsheim,  von  1810  bis  1828 
Joh.  Konrad  Wädeldn,  von  1839  bis  1841  Joh.  Ludwig  HUlmann,  von  1841 
bis  1886  Albrecht  Lange,  und  von  1886  an  Karl  von  Sittmann. 

Schon  von  weitem  erweckt  die  Stattlichkeit  der  Kirche  und  ihres 
Tliurnies  <lie  \'<^rstelkmf^ .  als  ob  das  ITarrdorf  einstmals  eine  mehr  als  ge- 
wöhnliche Hedeutun^'  gehabt  haljcn  nuisse.  Das  ist  in  der  That  der  Fall 
gewesen.  Als  im  XV.  Jahrhundert  die  Stande  der  einzelnen  1-andesihcile  noch 
gesonderte  Landtagsversammlungen  abhielten,  war  auch  Zurow  gelegentlich 
der  Sammelpunkt  fUr  den  mecklenburgischen  Landestheil.  Wenigstens  fand 
hier  im  Jahr  1488  ein  solcher  Landtag  statt,  als  es  sich  um  die  Bewilligung 
verschiedener  ausserordentlicher  Reichsanlagen,  darunter  um  3000  Gulden  zum 

*)  Ktthml,  M.  Jahrb.  XLVI,  S.  168. 

•)  M.  u.-i;.  2S70.  4241. 

*)  Cnill,  M.  Jahrb.  XXXIV,  S.  153 {T.  (das  Geschlecht  det  llahnstcrt  uüer  Haliiietizagd). 
*i  II.  U.-U.  5640.    Vgl.  auch  6115. 


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2$6 


AllTSGeRICIfTSBBZfRK  WISMAR. 


Türkenkrieg  in  Gemässheit  des  Nürnberger  Reschlusscs  von  1487  handelte.'] 
Ferner  war  Zurow  der  Mittelpunkt  einer  angeselicnen  Kalandsbruderschaft  im 
XV.  und  XVI.  Jahrhundert,  die  erst  1553  aufgelöst  wurde,  und  bis  zum  Jahre 
1542,  vidleicht  andi  heimlich  noch  länger,  ein  Wallfahrtsplatz  mit  einem 
berühmten  Marienbüde,  das  fär  den  Inhaber  des  Kirchlehns,  welches  die 
Herren  von  Stralendorff  zu  vergeben  hatten,  dne  er^etHge  Quelle  von  Ein- 
künften  war.*)  Bei  Gelegenheit  der  niecklenburgisclien  Kirchenvisitation  von 
1541/42  wurde  dem  Kirchherrn  Joachim  Wintorshagen  verboten,  die  Kapelle 
mit  dem  Marienbüde  fernerhin  aufzuschlicsscn  und  »Gotteslästerung«  darin 
zu  lehren.*) 

KIrcfae.  Chor  und  Schiff  der  aus  Ziegelsteinen  erbauten  Kirche,  ersterer  um 

eine  Stufe  erhöht  und  mit  .Schluss  aus  dem  Achteck,  stellen  einen  von 
Kreuzgewölben  in  glcichmässiger  Weise  gedeckten  stattlichen  Raum  dar.  Die 
Gurte  und  Rippen  der  Kreuzgewölbe  steigen  von  fünfseitig  aus  dem  Achteck 
gebildeten,  kapitdlartig  gestalteten  Kragsteinen  auf,  die  auf  klüftigen  Diensten 
ruhen.  Doch  erheben  sich  diese  Dienste  nicht  vom  Fussboden,  sondern 
von  höher  liegenden  Auskragungen  her,  die  an  einem  im  Innern  der  Kirche 
entlanglaufenden  Kaffgesims  angebracht  sind.  Zu  beachten  ist  ferner  die 
gleichmässige,  die  Strebepfeiler  mit  einschliessendc  Durchfuhrung  von  Sockel- 
und  Kaffgesinis  an  der  Aussenscite  der  Kirche  und  die  eigenthümliche  Bc- 
hamHung  dnes  Thdies  der  Querbalken,  welche  die  Dachsparren  tragen ;  einige 
von  ihnen  ragen  nämlidi  soweit  über  die  Aussemnauem  hinaus,  dass  sie  mit 
herunteigreifenden  Klotz -Ansätzen  versehen  werden  konnten,  die  das  Mauer- 
werk  nach  Art  von  Klammem  festhalten.  Der  Thurm  steht  in  keinem  Mauer- 
verband mit  der  Kirche  und  ist  etwas  jünger  als  diese;  er  schliesst  mit  einem 
Satteldach  ab,  das  zuischcn  seinen  beiden  (liebeln  eingespannt  ist,  vuid  öffnet 
sich  in  seinem  obersten  Stockwerk  nach  allen  vier  Seiten  mittels  eines  Paares 
spitzbogiger  Luken,  an  denen  dch  dn  aus  abwechselnd  rothen  und  Räderten 
Ziegeln  gebildeter  Stab-,  Band-  und  Rad-  oder  Rosettenschmuck  entfaltet. 
Auch  die  beiden  Giebel  sind  mit  solchen  Rädern  und  Bändern  aus  glasierten 
Ziegeln,  welche  \'ierpässe  bilden,  reich  und  schön,  wenngleich  in  etwas  derber 
Weise,  gcschmiickt/)  Der  gothische  .Stil,  in  dem  der  ganze  Bau  ausgeführt 
ist,  passt  recht  wohl  für  die  zweite  Hälfte  des  XIV'.  Jahrhunderts,  auf  die  wir 
auch  weiter  unten  noch  aus  anderen  Gründen  hinweisen  werden. 

Wenn  die  oben  ausgesprochene  Vcnuuthung  richtig  ist,  die  auch  dadurch 
gestützt  wird,  dass  es  nichts  giebt,  was  auf  das  frOhere  Vorhandensein  einer 


»)  Lisch,  M.  Jahrl..  X,  S.  192. 

")  Crull,  M.  Jahrb.  .XX.KVl,  S.  224  fr. 

*}  KirclienvisiutiomprotokoU  von  1541  4.2  im  (J[Ub<iU.  Aichiv. 

*)  Der  Thann  htite  bU  1638  eine  SpiUe  (Hein  oder  Daditciter?).  die  ducli  den  BliU 

nictlergeworfen  wurde.  Vgl.  M.  Jahrb.  XXIX,  S.  2o6.  Die  alte  Sakiistci  ist  im  vorigen  Jahr- 
hundert (u  einer  Crablcapclle  fttr  die  Familie  von  Raven  zurecht  gemacht  und  dafür  ein  Raum  im 
Innern  der  Kirche  ab  Sakristei  eingerichtet  worden. 


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KIRCHDORF  ZUROW. 


älteren  Kirche  sr.hlicssen  lasst,  und  dass ,  wie  Crull  s.  Z.  l)Cmerkt  hat,  die 
l)C!>chrankte  Grösse  der  hier  neben  einander  liegenden  Kirchspiele  Goldebee, 


.  . — I        TH'  I  I  '  I  r  '■  I  I  '  T  1  

Grundrisft  der  Kirche. 

Zurow,  Jesendorf  darauf  hindeutet,  dass  sie  nicht  der  ersten  Circumscription 
der  l'arochien  ihre  K,ntsichiinf{  verdanken,  sondern  1  heile  ursprunglich 
anderer,   grösserer  waren, ')  wenn  es  also  richtig  ist,  dass  wir  die  Zurower 

•)  Crull,  M.  Jahrb.  XXXVI,  S.  217. 

II 


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258 


AMTSr.ERlCHTSBEZIRK  WISMAR. 


Kirche  in  die  zweite  Hälfte  des  XIV.  Jahrhunderts  zu  setzen  haben,  dann 
können  wir  uns  auch  nicht  dartiber  wundem,  dass  sie  uns  in  den  Urkunden 
nicht  eher  als  am  4.  September  1393  bcge^<net,  an  welchem  Tage  Ritter  Hen- 


Kirche  xu  Zurow. 


ning  von  Stralendorff  auf  Begehren  seines  seligen 
Bruders  Vicke  von  Stralendorff  zu  Ehren  der 
heiligen  Jungfrau  und  /um  IJesten  aller  ihm 
theuer  gewordenen  Seelen  und  besonders  seiner 
Eltern  in  der  Kirche  zu  Zurow  eine  Vikarei 
stiftet.*)   Damals  ist  Joh.  Wet/.ell  l'leban  daselbst. 


')  Vfib  Uiigedruckte  Urkunde  im  Grosshcrtogl .  Archiv  zu 
Schw«uriii.  Im  Kirchenvi&iialioi«>prolokoU  von  1534  Rillt  unter 
den  Beinerkunpen  Uber  testierende  Lieferungen  an  die  Kirche  zu 
l.ilbow  eine  Nachricht  über  eine  Abgabe  auf,  welche  »van 
Surow  der  Kercken  wegen«  Herr  Heinrich  von  StralendortT 
dahin  zu  leisten  hat,  womit  er  aber  rückständig  geblieben.  Un- 
willkürlich kommt  man  damit  auf  den  Gedanken,  dsai  Zitrow 
einstmab  vor  Errichtung  seiner  Kirche  zu  der  l'nrocliie  I.üIjow 
gehört  hal>eii   mU^se,  die  in  allen  Zeiten  nachweisilicli  üchr  viel 


jf^^.  i^r 

Querschnitt  der  Kirche. 


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KIRCHDORF  ZUROW. 


»59 


1418  wird  in  einer  Urkunde  des  /;ir(nv'schen  Kalands  ein  Pfarrherr  Deitmer 
von  Zuruw  genannt,  l'ur  die  tulgcnden  Jahre  fehlt  es  an  Angaben,  und 
zwar  bis  1541  hin.  Um  diese  Zeit  ist  Joachim  Winterhafen  Pfonherr; 
n.K  liwcisli«  h  /wischen  15«)'  und  1601,  vielleicht  auch  länj^er,  Joat  hini 
Munstennann;  um  162»  Johann  Schröder;  zwischen  1640  und  1646  Johann 
Brauer  (Rrawer);  von  1647  bis  1694  Christian  Grabins;  von  1695  bis  1725 
Karl  Ceoig  \  irke:  von  1727  bis  1736  Joh.  (lötz;  von  1738  bis  176t  (?) 
Fri(  h  Jr)l).  linist  haiiir;  von  1762  Ms  i7i»6  |oh.  Ciotthard  Hornemann  und 
de-ssc-n  Sohn,   dieser  freilich   nur   wahrend   des   Gnadenjahres   1796,  gegen 

dessen  Ende  bin  er  stirbt;  von  1797  an  Pastor  WolfT.   Ueber  die  Geistlichen 
des  XIX.  Jahrhunderls  siehe  Walter,  Unsere  LandesgeistUchen. 

Der  Altar  besitzt  noch  sein  altes  gtithisches  Tr  iptN  rlion.  In  der  Mitte  Altar, 
die  Jungfrau  .Maria  neben  dem  Herrn,  der  mit  erhubciicr  Hand  nach  oben 
zeigt.  Beide  sitzend.  Rechts  von  ihnen  die  Gestalt  des  Johannes  Evangelista 
mit  Kelch,  links  die  heilige  Annaselbdritt-Gruppe.  In  den  FlUgeln  die 
Figuren  der  Apostel;  links  oben  Petrus,  Johannes  und  Paulus.  Die  Attribute 
der  übrigen  sind  bei  der  in  tlen  drcissiger  Jahren  vorgenommenen  sog.  Restau- 
ration  abgehauen,  und  tlarauf  ist  alles  mit  Oclfarbc  ulierstrichen  worden. 
Miner  fehlt  ^anz.  Die  Haldachine  sm<l  li(raiisi;il)rifi-lHii.  Die  alte  Altar- 
prcdella  ist  verscluvuntlen,  davor  hangt  eine  Malerei  mit  dem  Lccehomo,  und 
ZU  beiden  Seiten  ein  Wappen,  links  das  des  BERTHOLO  VON  bOlOW.  rechts 
das  der  EUSABETH  DORB  VON  8TRALEND0RPF,  beide  mit  Beischriften.  Auf 
der  Rückseite  der  Fliigel  Reste  alter  Bilder.  Zwei  von  ihnen  zeigen  die 
Gcisselung   und   I'ilati   I  lantlwaschung. ')    UeIxT  dem  Altar  die  Worte:    O  • 

flarcna  •  rofa  •  iii.itrr  •  bamiiii  •  fprcrofa  •  0  •  birga  •  niitis  •  0  • 

frcUllbifflllia  •  llitiS  •   Clarior  •   aurora  •     Auf  den   Altar.schranken  eine 
Inschrift:  ANNO  1644  HEFT  STEFFEN  GREVE  SCHEFER  ALHIR  NEBEN  SINER 
FROUWEN  TRINE  ARN8  OIDT  TO  GOTTES  HEREN  (!)  QEFEN.  —  Die  Kansel  Kanzel, 
ist  eine  gute  Renaissancearbeit  des  XVI.  Jahrhunderts  mit  arg  mitgenommenen 
Malereien  in  ihren  Füllungen.   -   Die  Orgel  hat  einen  guten  Barock-Prospekt.  Orgel. 

\'on  den  in  der  Kirche  liegenden  Grabsteinen,  die  .sammtlich  einer  jüngeren  Grabsteine. 
Zeit   angehören ,   moijen   folgende   genannt   werden:    i     (jrabstein   der  Frau 
Obcrstlieutenant  CHRISTINA  DOROTHEA  VON  BASSEWITZ,  geb.  VON  BÜLOW, 
geb.  1693  in  Zurow,  gest.  1755  zu  Tarchim.  —  2.  Im  Eingang  ein  Stein  mit 
der  Aufschrift:  EINGANG  IN  DAS  H.  V.  BASSEWITZ  VON  P00R8T0RF(sche) 


gitaer  war  und  iiocli  in  sp.'itricr  Zeil  zu  verschiedenen  Malen  verkleinert  wnrde :  to  t.  B.  in 
den  aecbzig«  Jahren  de«  XVI.  Jahrliurxlcrtj  um  die  Ortschaften  Rosenthal,  Karow  und  Steffin, 
die  nir  Kirche  in  Dorf  Mecklenburg  gelegt  wurden,  und  noch  viel  später  (erst  1885)  um  RUggow, 
dai  in  Homalocf  eingepfarrt  «mrde.    Vgl.  bcionden  die  ViiitelionsprotokoUe  der  I.ttbower  Kirche 

von  159203  und  l6$;\  im  Cri>s«l>.  Arcliiv  l'cbcr  iJcn  Anihcil  der  Zurowcr  Kirche  an  den  jibr- 
liclieil  Woiiilieferungen  aus  licin  K^uliskellir  zu  NVisniar  vgl.  Crnll,  M.  Jahrb    XXXVI.  S.  227. 

')  Ueber  der  rilaliis-Sccne  sah  man  früher  die  'l'hcilung  de<>  Ruckes  unter  die  Kricgskuechte, 
nnd  oof  der  andeien  Sehe  unierhalb  der  Ceisselung  die  Krenttngnng.  Vgl.  Cmll,  M.  Jahrb. 
XVI,  S.  3oa. 

17* 


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AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


ERBBEGRÄBNISS. 


—   3.  u.  4.   Zwei    Hillmann'sche   Grabsteine,   der  des 


JOH.  LUDWIG  HILLMANN  (geb.  1/7 1,  gest.  1853)  und  seiner  Gattin  DOROTHEA 
PHILIPPINE,  geb.  WITTE  (geb.  1783,  gest.  1843},  und  der  seines  Sohnes 
HEINRICH  CHRISTOPH  LUDWIG  (geb.  1810.  gest  1828).  —  5.  Grabstein  des 
Oberamtmanns  NICOLAUS  SEELER,  Erbherra  auf  Fahren  und  Wakendorf  (geb. 
1741.  gest.  1809). 

Glocken.  Die  Kirclic  hat  zwei  Glocken.    Die  kleinere  vom  Jahre  1462  hat  die 

Minuskelinschrifl:  ®  ü  tcj: '  glocte  •  nrffte  •  toenf  •  CHI»  •  pacc  »Ji  iljcfu^  • 
9be  msaia  gc^sria  •  glotia  •  pstto  •  (0  4*  ^Iniio  Iramini  •  mccctijcf}  • 

Darunter  die  Namen  der  heiligen  drei  Könige  als  Wetterherm:  ifl  \9fpM  ' 
tllflldiCiir  •  ftaId)Cf«ir  •  Uie  Krone  (k  t  Glocke  ist  mit  tauartig  gewundenen 
Streifen,   Ihr  Kranz  mit  einer  altcrüiümlich  modellierten   schönen  Wein- 


ranke  verziert.  Im  Felde  der  Glocken  allerlei  eingeritztes  Bildwerk:  die 
Mutter  Gottes  mit  dem  Kinde  auf  dem  Arm;  vor  ihr  ein  Fuchs,  der  eine 


')  Vickc  vun  liassewit/.  erwirbt  1453  das  Gut  Pourstorf  im  Amte  Bukow,  das  nach  Passet: 
liin  eingepfarrt  b>i;  aber  zehn  Jahre  früher  erwirbt  Joh.  Basewitz  mit  anderen  Gutern  «l«n  Hof 
cum  Calenberse  (Kahlenberg),  der  zum  Kirchspiel  Zurow  gehört.  Das  hier  angelegte  Erbbcgräbniis 
ist  also  nrspiOngneh  ein  BmmwIU«  Kahlenberg^achet.  Da  aber  aelHNi  Mlie  eine  Vcrbinduic  bdder 
F.irnilienzweige  und  ihrer  Ouicr  c.  ]mt:.  entsteht,  nachweislich  schon  am  Ende  "K'>  XVT.  Jahr- 
hunderts (Jürgen  von  Basscwiu  auf  Pourstorfl*  und  Kahlenberg),  so  wird  aus  dem  Kahlenl>erg'schen 
Begrlbni»  ein  BMtewits-Kahlenbeig>Piiorslorf'sdies  Begffimics.  Der  Poontorfcr  Zweif  benntet 
CS  wenigstens  ungehindert.  Jedoch  kommt  es  im  Jahre  1749  nach  Ausweis  von  Akten  zu  Miss- 
helligkeitea  Uber  «iic  Sache.  Dem  KcchUnachfulger  der  Herren  von  Baaiewiu  auf  Kahlenberg, 
Obent  Ilans  Jorgen  von  Schack,  der  seit  i  742  auf  Kahlenberg  wohnt,  itt  die  Boimranf  dei  Erb- 
beigiibnisses  mit  dem  Namen  Kahlenberg  unangenehm.  Das  wird  hSdiat  wabiaeheinlich  Anlass 
geweien  sein,  da^s  der  N.imc  Kahlcnherg  fllr  die  Kapelle  in  WcKfal!  gekommen  und  durch  den 
Namm  Poorstorf'schcs  Erbbegräbnis»  er^lzt  wordeu  ist.  Auf  Kahlenlierg  und  Pourslurf  bleibt  die 
Familie  von  Bamwiti  bis  gegen  die  Mitle  des  vorigen  Jahrfaundena. 


Vier  GlockenbOder. 


KIRCHDORF  ZUROW, 


Gans  im  Maule  trägt;  auf  der  andern  Seite  ein  heiliger  Bischof  und  ferner 
Hammer  und  Zange,  um  die  sich  eine  Schlange  windet.  Dazu  nicht 
weniger  als  zweimal  das  Zeichen  des  (jjockengiesscrs,  einm.i!  zuisclun 
der  Maria  und  dem  Fuchs  mit  der  Gans,  das  andere  Mal  zu  i.-.chen  dem 
hl.  Bischof*)  und  dem  Hammer-,  Zangen-  und  Schlangcnbilde.  — 
Die  grössere  Glocke  ist  im  Jahre  1864  vom  Meister  Hainbrandt  in  Wismar 
gegossen  worden  und  trägt  ausser  dem  Namen  des  damaligen  Pastors  A>  KÖPKE 
die  Namen  von  A.  LANGE  ZV  ZVROW.  CHR.  KOSTER  ZV  RAVEN8RVH  und 
&  FRATSCHER  ZV  KALENBERG. 

Ihre  Vorgängerin  war  1782  geg()sscn  (von  wem,  wird  im  Inventar  von 
181 1  nicht  gesagt)  und  trug  ausser  dem  Namen  des  i'astors  Job.  Gotthard 
Hornemann  das  Wappen  und  den  Namen  des  Patrons  der  Kirche  Otto 
Christoph  von  Raven  auf  Zurow  und  Schmakentin  faus  dem  Stammharsc 
Hohen-Lukow  in  der  Ukennark)  und  den  seiner  Gemahhn  Doruthea  Blondina 
Cliristiana,  geb.  von  Hopfen  (aus  dem  Hause  Schlotheim  in  Sachsen). 

An  plastischen  Werken,  die  die  Kirche  besitzt,  mag  noch  ein  in  Hok  Wappen, 
geschnitztes  Reventlow'achca  Wappen  hinter  dem  Altar  genannt  werden. 


GewBlbeiiialeKieii  im  Cbor. 


Gemälde.  Bei  der  Restauration  der  Kirche  im  Jahre  1862  fanden  sich  Gemilde, 
am  Gewölbe  oberhalb  des  Altars  im  Chor,  unter  der  Tünche,  sehr  beachtens- 
werthe  Gemälde.  Es  waren  die  drei  inneren  Kappen,  die  man  damit  verziert 
hatte.  In  der  mittleren:  Christus  als  Salvator  muiuli  mit  erhobenen  beiden 
Händen,  die  Lilie  der  Gnade  und  das  Schwert  des  Gerichts  im  Munde,  inner- 
halb einer  Mandorla  auf  einem  Regenbogen  thronend  und  umgdien  von  den 
Symbolen  der  vier  Evangelisten.  Auf  der  inneren  Hälfte  der  anstossenden 
nördlichen  Kappe  eine  weibliche  Heilige  mit  Nimbus,  die  Mutter  Gottes;  und 

')  Cmll,  M.  Jahtb.  XXIX,  S.  206  hat  Neigung,  in  dem  Bischof  den  hl.  Nikolaus  zu  erkennen. 


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262 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


neben  ihr,  in  der  andern  Hälfte  derselben  Kappe,  ein  kniecndcr  Ritter  mit  (Il-iii 
Stralcndorff  sehen  Schilde  und  dem  Spruchbande:  ICUC  lllObcr  O.lbCö  biÖCt. 
Beide,  Schild  und  Schrift,  stehen  verkehrt,  von  rechts  nach  links,  und  mögen 
daher  mit  einer  Schablone  aufgetragen  sein.')  Auf  der 
inneren  Hälfte  der  südlich  an  den  Heiland  anstossenden 
Kappe  ein  heiliger  Bischof  mit  Nimbus,  Mitra  und  Stab, 
und  in  der  andern  Ilalftc  derselben  Kappe  eine  knieende 
weibliche  Gestalt  mit  dem  Hülow'schen  Wappen  und 
dem  Spruchbande  ICUC  \}tve  fiibft  bor  Ullj.  Ausser- 
dem noch  unterhalb  des  Hildes  mit  dem  knieenden 
Ritter  ein  Q  mit  einer  Krone,  zu  dem  der  Restaurator 
unterhalb  des  Bildes  der  Frau  ein  ^  mit  der  Krone 
ergänzt  hat:  Alpha  und  Omega,  Anfang  und  Ende  bist 
Du  o  Herr! 

Es  kann  j^nr  keinem  Zweifel  unterlieffcn,  dass, 

wie  Cruil  im  M.  Jahrb.  XXIX,  S.  204,  bereits  aus- 

einandergesettt  hat,  in  diesem  mit  einer  von  Balow 

vcrheiratheten  Ritter  von  Stralrndorf  der  Griindcr  der 
Kirche  zu  erkennen  ist.  Beide,  Mann  und  Frau,  sind 
mit  ihren  and  gewiss  auch  der  Kirche  Schutzpatnmen, 

der  hl.  Maria  und  den>  Bischof  Nikolaus  (?)  dargestellt, 
in  diesem  Fall  also  mit  denselben  bciilen  Heiligen, 
welche  die  alte  Glocke  zeigt.  Crull  verniuthet  Heinrich 
von  Stralendorff,  einen  der  drei  Söhne  jenes  Heino, 
der  st  hon  i  .^^6  im  Besitz  von  Zurow  war,  als  den  Stifter  der  Kirt  lic,  wenngleich 
von  seiner  Gattin  nichts  bekannt  ist.  Nur  ist  es  sicher,  dass  von  den  Söhnen 
des  Heinrich  zwei  die  Nunen  Hans  und  Henning  föhren,  welche  bis  dahin 
in  der  StralendorflT'schen  Familie  nicht  vorkf)inmen.  wohl  aber  in  der  Bülow'- 
schen  Familie  üblich  waren.  Uie  hl.  Mutter  Maria  als  Schutzpatronin  der 
Stralendorff's  erscheint  auch  auf  dem  alten  Kirchensiegel  von  Zurow,  das 


Wappen 
der  von  Stralendorff 
in  der  Kirche  cu  Zurow. 
(Dcckengemildc.) 


Skgel  der  Kiichen-Jarsleii 
in  2<w0w« 
(1515.   April  IS.) 


Siegel  des  Ritters 
Vicke  von  Stralendorpe. 
(1320.   Min  30.) 


Siegel 
des  Olrik  Slralendorp. 
(1460.   Novoaber  19.) 


den  Stralendorff" sehen  .Si:hild  in  derselben  verkehrten  Weise  zeigt  wie  die 
Gewölbemalerei  in  der  Kirche  und  daher  diese  zum  Vorbilde  genommen 
haben  wird. Die  richtige  Anordnung  findet  sich  schon  auf  dem  Siegel  des 

Vicke  vom  Jahre  1^20. 


«)  Vgl.  Crull,  M.  Jahrb.  XXIX.  S.  aoj. 
^  Cnill,  M.  Jahrb.  XXXVI,  S.  ss6.  Die 
StfskadkMp  vm  1460. 


elbe  AnordBnng  auch  anf  dem  Siegel  de»  Olrik 


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KfRCHDORF  ZUKOW. 


262 


Auf  der  Kmporc  der  Südseite  Wappenmalerei  aus  der  Zeit  des  Land-  Wappen- 


raths Otto  Christoph  von  Raven  (s.  o.). 

In  der  Mitte  das  Wappen  des  genannten  mecklcnb.  I^andraths  mit 
dem  seiner  (iemahlin  Dorothea  Blandina  Christina  von  Hopfgarten  aus  dem 
Hause  Gustävel.  Links  das  der  Kitern  des  Mannes:  Emst  I  riedrich  von  Raven 
auf  Nossentin,  Sparow  und  I^öck  und  seiner  Gemahlin  Maria  Juliana  von 
Hacke  aus  dem  Hause  Kut/.  Rechts  das  der  Kitern  der  Frau:  Kriedr. 
Wilh.  Emst  v«m  Hopfgarten  auf  (lustavel  aus  dem  Hause  Schlotheim  und 
das  der  Magdalena  von  S(  hack  aus  dem  Hause  Gustävel. 

Auf  der  \ordscitc  der  Kirche  Glasbilder  mit  Allianzwappen. 

Man  erkennt  das  Weltzien  srhe  Wappen,  dieses  ohne  IJeischrift,  danelK;n 
das  Stralenddrfl '  s«  he,  dieses  mit  dem  Namen  Melige  von  StralendorfT.  Ferner 
das  Bassewit/  sehe,  auch  dieses  ohne  Namen,  daneben  aljer  das  'J'arnewitz'schc 
mit  dem  Namen  Dorothea  Tarncwit/..  Üeber  die  in  Mecklenburg  aus- 
gestorbene Familie  von  Tamewitz  vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XL,  S.  136. 

Vasa  Sacra  und  sonstige  Kleinkunst. 

I.  2.  Silbcrverfjoldeter  gothischer  Kelch  vom  Jahre  161 7  auf  .sechs- 
passigem  Fus.s.  An  den  .sechs  Kotuli  des  Knaufes  der  Namen  IHESVS.  Auf 
dem  Fu.ssc  des  Kelches  vorne  der  Krucifi.vus,  rechts  davon  das  Stralendorflf- 
.schc  Wappen  mit  den  Buchstaben  H  .  V  .  S  . ;  ihm  folgt  <las  j'ressentin'schc 

mit  der  Unterschrift  M  •  P  darauf  die 
Jahreszahl;  dann  uicilcr  das  StralendorfT- 
sehe  Wappen  mit  den  Huchstaben  I  •  V  •  S  •, 
und  hieran  sich  an.schlies.send  das  Wacker- 
barth sehe  Wappen  mit  den  Huchstaben 
E.  W.   Ausserdem  am  b'iiss  die  Inschrift: 

BEIDERSITZ  X  OLDERN  X  ZUN  X 
EHREN   X   UNDT  X   ZUR   X  GEDECHT- 
NISS  X  MACHEN  X  LASEN  J  X  WECHT 
37   LOT.     Auf    der  zu 
gehörigen  I'atcnc  dicsclbei 
Zeichen  (Jochim  Poreibe 

3.  4.  Silbervergoldeter  spätgothi.scher 
Kelch    mit   den    Buchstaben    iilffb?  in 

')  Joachim  von  StralendorfT  auf  Trams  und 
ZuroNV,  der  mit  seinen  UrUdern  Henning  und  Christoph 
in  .'\klen  der  Jahr«  1569  und  1601  (1619)  mehrfach 
vorkommt,  war  mit  £lii«b«th  von  WAckerbarlh,  einer 
Tochter  des  Geh.  Raths  Georg  von  Wackerbarlh  auf 
Kalclbogei),  Moisal,  Steinhagcn  und  Nienliagen  ver- 
mählt. Er  stirbt  1597  und  hinterliisst  mehrere  Kinder. 
Ihm  lulgt  im  Tude  159S  »ein  Hruder  Christoph,  der 
mit  llsche  (nicht  Ev.i)  von  Moltke  verm.ihlt  war  und  keine  Kinder  halse.  Der  dritte  Krudcf 
Henning,  der  nach  dem  nntrU^^lichcii  Zciiguisä  des  Kelches  mit  einer  M.  von  rre>scntiii  vermählt 


malerei. 


Glasbilder. 


Vasa  Sacra 
und 
sonstige 
Kleinkunst. 


Kelch. 


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2«4 


AMTSCERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Minuskeln  am  Nodus.  An  den  Annnli  Rosen  und  hänpfcndc  Tnipcn.  Der 
Fuss  ist  spater  (in  der  Zeit  des  klassicierenden  Zopfes)  angesetzt.  Am  Kelch» 
wie  an  der  /.ufjchörij^en  Patenc  keine  Werk/xiclien. 

5.  Längliche  silberne  Oblatcnschachtel  mit  der  Inschrift  am  Rande: 
8ACRUM  t  DEO  TRINUNO  ET  ECCLESliE  ZUROVIEN8I  •  AO  t  MDOCX.  Auf 
dem  Deckel  getriebene  schrigUqnende  Rund&lten.  Stadtzeichen  von  Wismar 
mid  Meisterstempel        (Joh.  Martin  Printe). 

6.  Kleiner  silberner  Kelch  zur  Kranken  •Kommunion,  mit  rundem  ver> 
goldcten  Nodus.    Am  Fuss  I.  F.  WOLFF:  WAILAND  PREDIGER  ZU  ZUROW 

1841.   Stadtzeichen  von  Wismar.    Meistcrzcichcn  undeutlich. 

7.  Silberne  Oblatcnschachtel  zur  Kranken  ■  Kommunion,  (iute  Treib- 
arbeit im  Barockstil.  Sie  zeigt  ein  W  appen  mit  neunzinkif;er  Krone  und  mit 
einem  Baum  im  Schilde.  Als  W'erkzcjchen  ein  springender  gekrönter  Löwe. 
LünetMiiigische  Arbeit 

9.  In  Messing  getriebene  Taufschale  vom  Jahre  17 16.  Inschrift:  DER 
ZUR0WI8CHEN  KIRCHEN  ZUM  TAUF-MCKEN  OESCHENKET  VON  H.  JOHANN 
JORGEN  VELTHU8EN  KAUFMANN  ZU  WISMAR  ANNO  1716. 

Das  Inventar  von  181 1  nennt  drei  zinnerne  Altarlcuchter  mit  dem 

Biilow'schcn  Wappen.  Kine  aus  nuhrcnii  TliciU-n  von  alten  Messpew.indem 
(grüner  Samniet  mit  au.sgcschoreneni  C>ranatbluthenniuster  gothischen  Stils) 
bestehende  Decke  der  Kirche  zu  Zurow  befindet  sich  im  Grossh.  Museum 
zu  Schwerin,  desgl.  ein  1S62  an  einer  dortigen  ehemaligen  Kirchenthür 
befestigt  gewesener  vortrefflicher  eiserner  ThUrldopfcr  in  geschmiedetem  Flecht- 
muster.   Vgl.  M.  Jahrb.  XXIX,  S.  206. 

wSTi  den  aber  die  gencalogiKhcn  Tabellen  von  Iloinckhiuen,  Pente  und  Gamm  milsammt  leineni 
Nwliwaelui  gwu  abcTsehen  und  aosgelasscn  haben,  stirbt  im  Sommer  1607.  Gemäss  der  Inadirift 
des  Kelches  «BeidersiU  olderen«  Utniwn  dkher  im  Jahre  1617,  und  in  Uebereinslimnanng  mit 
Akfoii  des  Gro*shcrz(^l.  Archivs,  in  erster  Reihe  nur  die  Söhne  Joachims,  Joachim  und  Georg  auf 
Ttuas  und  Zurow,  sowie  der  Sohn  Hennings,  Karl  Christoph  auf  Uarnin,  als  Stifter  des  Kelches 
ia  Balndik  koauBca. 


LIngsschnitt  des  Sclüfles  der  Kitdie  m  Zumr, 


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KIRCHDORF  LÜBOW. 


265 


Das  Kirchdorf  LUbtw. 


as   Kirch<lc)rf  I.iibow  (I.ubowc,    (Vt  des  Lubo)   liegt  6  km   südöstlich  Geschichte 


von  W  ismar  und  mag  einst  ganz  oder  theilweisc  den  Herren  von 
Lübow  gehört  haben,  die  in  der  ersten  Hälfte  des  XIIL  Jahrhunderts  sur 
Gefolgschaft  der  Fürsten  von  Mecklenburg  und  des  Bischofs  von  Schwerin 
zählen,  spater  aber  nicht  mehr  vorkommen.')  Auch  der  als  Chronist  bekannt 
•gewordene  Hischof  Rofjuphal  von  I'oscn.  der  nm  diese  Zeit  lebt,  kennt  den  Ort 
Lijbt)u ,  spricht  aber  in  seiner  Chronik  \  ()n  einer  bei  diesem  Dorfe  hetzenden 
Burg  dieses  .Namens,  die  Niklot  gegründet  habe  und  die  mit  Mecklenburg 
identisch  sei,  während  wir  doch  aus  dem  im  Jahre  1880  aurgefundenen  Reise- 
bericht des  Ibrahim  ibn  Jakub,  der  zur  Zeit  Kaiser  Otto's  des  Grossen  lebte, 
erfahren  hd>en,  dass  Burg  Mecklenburg  schon  im  X.  Jahrhundert  vothanden 
war,  damals  aber  noch  den  Namen  Wilifjrad  führte.*)  Wie  im  Jahre  1 297 
der  lül)ische  Vogt  ("l-uis  Lindow  auf  seiner  I'ahrt  in  s  Wendcnland  im  Dorf 
»to  Lnbowe«;  erschlagen  ward,  erzählt  der  C  hronist  Detniar.  Ms  war  das  ein 
I-all,  der  die  Seestädte  in  .Aufregung  und  Tljeilnahnie  versetzte.')  Haid  darauf 
lernen  wir  die  in  der  Umgegend  begüterte  Ritter&milie  von  Preen  mit  Besitz 
und  Rechten  in  Lübow  kennen/)  Auch  werden  die  Namen  der  Bauern 
genannt,  die  den  Preen's  verpflichtet  sind:  Meinrich,  Sohn  des  Heinrich  Pelzer, 
Joh.  Hrunsing,  Heinrich  Ledege  und  Gerhard  Pelzer.  Berthold  Preen  zu  Wietow 
stiftet  aus  den  Aufkünftcn  von  vier  Kletzincr  Rauerhufen  am  7.  December  1323 
eine  Vikarei  in  der  Kirche  zu  Lübow.*)  Dabei  hat  es  den  Anschein,  als  wenn 
die  Herren  von  Preen  zu  dieser  Zeit  das  ganze  Dorf  besitzen.  1369  sind  es 
die  auf  Greese  ansässigen  vier  Brüder  Gottschalk,  Tideke,  Berthold  und 
Henneke  Preen,  die  mit  Anrechten  an  drei  Bauerhöfen  in  Lübow  urkundlich 
genannt  werden.  Es  sind  die  Höfe  des  Johann  Kienemann,  Johann  Krüger 
und  Hinrich  Schmidt.")  In  der  h'ülge  aber  bleibt  nicht  immer  das  ganze  Dorf 
in  Preen'schem  besitz.  So  z.  H.  verkaufen  im  Jahre  1452  die  Gebrüder 
Dietrich  und  Klaus  Bützow,  die  zu  jener  Zeit  die  Rechtsnachfolger  der  Preen's 
auf  Greese  geworden  waren,  der  Pfarre  zu  Lübow  ftir  ein  Kajutal  voa  70  Marie 
Lübisch  einen  Betrag  von  4  Mark  Rente  aus  »ihrem«  Hof  zu  Lübow.*)  Die 

')  M.  U.-B.  255.  283.  Sil.    Dazu  Lisch,  M.  Jahrb.  XI,  S.  451;  XIV,  S.  18.  197. 
*i  Utcb,  M.  Jahrb.  IX,' S.  407.   Wigger,  M.  Jahib.  XXVH,  S.  124;  XLV,  S.  IS.  13. 

»)  Vgl.  M.  U.-B,  2427. 

*)  M.  U.-B.  3400,  4347.  4348. 

*i  M.  U.-B.  4490. 

•)  M.  L".  11.  9892.  9895. 

^  Akten  im  Grossh.  Archiv.    Vgl.  daju  l.iücli,  M.  Jahrb.  III,  S.  163;  XI,  S.  435.  Cnill» 
Wappen,  M.  Jahrb.  LU,  S.  48  (7},  S.  89  (150),  S.  124  (320). 


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266 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Rechtsnachfolger  der  Bützow  auf  Greese  werden  nachher  im  XVI.  und  XVII. 
Jahrhundert  die  Herren  vfin  Finckc,  Hehr  und  Reventlow.  Weitere  Rechts- 
an.sprüche  an  I,ub<m  muinnt  die  W'ismar'schc  Familie  Pegel  auf  (jrund 
verschiedener  Schuldverschreibungen  der  auf  dem  benachbarten  Moidentin 
sitzenden  Herren  von  Preen,  die  bis  1430  zurückreichen  und  sich  später, 
gegen  die  Mitte  des  XVH.  Jahrhunderts,  auf  den  Dr.  Heinrich  Schuckmann 
vererben.  Auch  von  Anrecliten  der  zu  jener  Zeit  auf  dem  eingepfarrtcn  Gut 
Mas.slow ")  sitzenden  Herren  von  Hassewitz  an  den  Lübow'schen  Krug  ist  in 
Akten  von  1626/28  die  Rede.  Alle  diese  Sonderrechte.  <lic  von  den  bis  in's 
XVII.  Jahrhundert  hinein  im  Hesitz  von  Lübow  und  Moidentin  bleibenden 
Herren  von  Preen  veräu.sscrt  worden  waren,  löst  Herzog  Adolph  Friedrich  in 
den  Jahren  1640  und  1648  ab,  nachdem  Dorf  Lübow  und  Hof  Moidentin, 
dessen  Inhaber  im  Jahr  1636  Heinrich  von  Barner  war,  in  seine  Hände  über- 
gegangen und  von  ihm  dem  Amte  Mecklenburg  beigel^  waren. 

Das  Kirchdorf  Lübow  gehört  zu  denjenigen  Parochien,  die  bei  ihrer 
ersten  Grenzumschreibung  nachweislich  sehr  viel  grösser  waren  als  heute. 
Schon  W  igger  hat  bei  luörtcrung  der  Hoguphal  sehen  X'erbindung  von  Lübow 
und  Mecklenburg  (s.  o.)  die  Verniuthung  ausgesprochen,  dass  das  letztgenannte 
in  der  ersten  christlichen  Zeit,  als  es  selber  noch  keine  Kirche  hatte,  nach 
Lfibow  hin  eingcpfarrt  gewesen  sein  möge.*)  Dass  Zurow,  welches  jetzt  dne 
selbständige  I^rochie  darstellt,  wahrschdnlich  am  Ende  des  XI V.  Jahrhunderts 
von  I.übow  abgetrennt  wurde,  ist  oben  S.  25S  Anmkg.  ausgesprochen  worden. 
Vielleicht  ist  auch  die  kleine  Parochie  (ioldebee  ein  ehemaliger  Theil  der 
grossen  alten  Parochie  Liibow.  Gewiss  aber  ist,  dass  I.ubow  noch  in  spaterer 
Zeit  zweimal  einzelne  Dörfer  anderswohin  abgegeben  hat,  so  (nach  Angabc 
im  mecklenbui^ischen  Kircfaenvi^tionsprotokoll  von  1592/93  zu  Anfang  der 
sechziger  Jahre  des  XVI.  Jahrhunderts  an  die  Kirche  zu  Mecklenbui^  die 
Dorfer  Karow,  Rosenthal  und  Steffin,  sowie  in  noch  viel  späterer  Zeit  das 
Dorf  Rüggow,  das  erst  1885  der  Kirche  zu  Hornstorf  zugetheilt  worden 
ist.')  Ob  vmd  was  für  Schlüsse  auf  die  Wichtigkeit  und  Bedeutung  des 
(Jrtes  in  alter  Zeit  daraus  gezogen  werden  konnten,  da.ss  der  Landesherr 
ZU  zweien  Malen,  1305  und  131 5,  in  Lübow  Urkunden  vollzieht,^)  mag  dahin 
gestellt  bleiben.  Doch  ist  dieser  Umstand  nicht  ganz  zu  übersehen.  Schon 
1192  wird  ein  Priester  Marsilius  von  Lübow  in  der  Bewidmungsurkunde  des 
Doheraner  Klosters  genannt,  dessen  Existenz  selbst  dann  nicht  durchaus  in 
Abrede  genommen  werden  könnte,  wenn  die  Unächtheit  dieser  in  Zweifel 
gezogenen  Urkunde  unbestreitbar  erwiesen  würde  1219  bis  1222  kommt  ein 
Priester  Ove  oder  Owe  als  Pleban  von  Lubow  vor,  1270  ein  Konrud,  1285 

*)  Bla<u]üw  (;clii>rt  <.]>äicr,  mmi  1 69 j  1>n  1768,  dcT  Schick'achen  Pmiiiiie. 
*)  Vgl.  auch  M.  Jahrb.  .WVIII.  S.  191. 

*)  Dagegen  kam  1877  der  *Klctziiicr  Antheil«  von  der  Mecklenburger  tur  Lul>ower  Parochie. 
Dm  Roggow  einst  eine  eigene  Kirche  gehabt  habe,  wie  Schröder,  Wtstn.  ErslI.  S.  205  angteht, 
ist  ein  Irrthum,  (1<  r  »11  f  Vcrwechsinng  mit  Kuchow  beruht.   Vgl.  M.  U.>B.  7666. 

*)  M,  U.-ü.  2999.  3757. 


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KIRCHDORF  LCBOW. 


267 


Hermann  von  Buckow,   1314  Fridericus  de  Schepcnstcde,   1331  Johannes 

Hannover»  1355  Heinrich  Fridagh.')  1382  stirbt  der  Lübow'sclu-  Kirchherr 
Hermann  Tbodr.*)  Wie  dieser,  so  hat  auch  noch  <  iii  anderer  (ieistlicber  mit 
Namen  Nikolaus  I'zyltkuue  seinen  (Irah^tein  in  der  Kirche;  er  i^ehort  wahr- 
scheinlich dem  XV.  Jahrhundert  an,  doch  verdeckt  z.  Zt.  noch  in  unpa-S-scndcr 
Wdse  ein  Kirchenstuhl  denjcnigeu  Theil  des  Steines,  der  die  Jahreszahl  enthält 
Aus  dem  XV.  Jahrhundert  nennt  Schröder,  Wism.  Erst!.  S.  305,  um  1443  einen 
Priester  Joh.  Weitendorp,  der  bis  dahin  Vicahus  perpetuus  an  St  Nikolai  in 
Wismar  war  und  in  diesem  Jahr  an  Hermann  Schulte's  Stelle  nach  Liibow 
kam,  \\:diren<l  cheser  dafür  von  I.iibow  nach  Wismar  ^'\r\^  und  in  Weitcndorp's 
.Stelluni^  eintrat,  l'.in  sehr  praktischer  Mann  scheint  der  sp.itere  I.ubow  sehe 
Kirchherr  Heinrich  Stolp  (7  1526)  gewesen  zu  sein,  der  zugleich  lurstlicher 
Kaplan  Ist  und  u.  a.  1 507  die  Einnahmen  der  Vogtei  Mecklenburg  zu  berechnen 
sowie  auch  15 12  und  1513  die  Bauten  des  Herzogs  Heinrich  in  Wismar  zu 
beaufsichtigen  hat.')  Bei  Beginn  clcr  Reformation  ist  Clemens  Timme  Kirch- 
herr in  Lübow.  Ihn  lost  1528  Konrad  Pegel  ab,  den  Herzo.i;  Heinrich  beruft. 
Kr  wird  auch  1534  dort  noch  antjetroften.*)  15.}-  ist  Johannes  Wantjelin 
l'astor  in  Lubow.  Nach  ihm  wird  der  von  Schräder,  Wism.  ICrstl.  S.  206, 
genannte  Joachim  Köpke  einzuschieben  sein,  für  den  es  z.  Zt.  an  festen  Daten 
fehlt  1583  finden  wir  Joh.  Warkentin  (Verchentin)  daselbst;  1601  Joh.  Medard! ; 
1603  (bis  1624)  Michael  Hoflfmann;  1648  (seit  1625)  Hermann  Voigt  (f  1666); 
1668  Johann  Nann  (7  1^)93);  von  i  i  I):s  1708  Heinr.  Gottfried  \'icke  (7  1708); 
von  1709  bis  1716  (ieori;  Christi i[ih  .SelireL^el  17  1716);  im  (jna<lenjahr  seiner 
Wittwc,  1717,  die  Ihilfspredi^er  Hoyer  und  Kehn;  17.22  (\'on  1717  bis  1739) 
i-ranz  Heinrich  Brandt  (7  1739);  im  Gnadenjahr  seiner  Wittwe,  1740,  die 
beiden  Hülfsprcdiger  luioch  P^hen  Zander  und  Joachim  Prüssing;  1771 
(von  I740bb  1782)  Mathias  I»renz  Hafemeister;  während  seiner  Emeriticrung 
1781/82  die  Httlisprediger  Franck  und  Simonis;  darauf  ein  Jahr  lang  Karl 
Joachim  Kaysei  (7  17S4);  nach  ihm  die  Hülfsprcdiger  Hommel  und  We^cner; 
von  1785  bis  iSio  I.e\in  Wilhehii  (iieseke;  von  181 1  an  Jakol)  Aw^.  («kie- 
vekc.^)  Die  weiteren  Geistlichen  des  XIX.  Jahrhunderts  .siehe  bei  Walter, 
Unsere  I  .an d esL,' e i s t  H c Ii e n . 

Ausser  dem  trelt liehen  Material  grosser  fester  Ziegel,  aus  denen  die 
Lübower  Kirche  erbaut  ist,  interessieren  am  meisten  ihre  auf  ein  verhältniss-  Kirche. 

')  M,  U.-B.  15a,  254.  255.  260.  282.  iiSj.  1285,  371711.  3584.  5873.  8040.  8053,  8054. 
^  Liidi.  M.  Jahrb.  VII,  B,  S.  69.   Cnill,  M.  fahrh.  XXXIV,  8.  166. 

^  Lisch,  M.  jiilirl.   III,  S.  163.    V,  S.  13.    .\.  .S.  3S1. 

*)  Ks  wird  liies  ilirsi-lln-  .M.  Koiirad  i'i/^'i'!  stin,  der  s|i.'«ter  l»>inilicrr  iiiul  Profös'xjr  zu  Rosiock 
wurde  und  in  der  Kcfotniatioii^gcäcliichic  keine  uiibcdtulendc  koUe  spielte.  Vgl  rersonenregisicr 
da  M.  Jahrb.    Sein  Dialog  de  poenilentia  ist  abgedruckt  bei  Schröder,  Pap.  Mecitl.  S.  a8$7ff'. 

*;  I>ic  lilckcnh.iflcn  \'i  r/ricbtii*<io  der  LtlSuw-T  (."cisttii-lun  hei  Sclitoder,  Wism.  Er-.!].,  S.  905 
und  206,  sowie  bei  Clecniaiiii,  luiuhclirifi.  Nachrichten  im  (jnxt&li.  Archiv,  werden  durch  die 
Kirdnnvisitatiofuprolokolle  von  1534,  1542.  1583,  1592,  1601,  1648,  1653.  sowie  durch  Glocken- 
iaachrifteo  von  166S,  1722,  1771  im  Inventar  \un  iSii,  ferner  durch  Angaben  auf  den  erhalten 
gebliebenen  Grabsteinen  der  Kirche  ergänzt  und  ihvilweise  berichtigt. 


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AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


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KIRCHDORF  L(  BOW.  269 

massig  hohes  Alter,  d.  h.  auf  den  Anfanp  des  XIII.  Jahrhunderts  hinweisenden 
romanischen  Bauformen,   wie   sie   sich   in   der   runden  Chorapsis,   an  den 


Südseite  (KcliilT). 
Rnm.inischc  FMails  ilcr  Kirche  zu  LUbow. 

hübsch  fjebildcten  und  tlabei  im  lünzchien  doch  verschieden  gestalteten  Por- 
talen mit  tiefen  Laibungen,  an  den  entsprechenden  kleinen  I'enslern,  an  den 


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270 


AMTSfJKRTCHTSBEZIkK  WISNfAR. 


Altar. 


'l'a^lfeM^^^•I. 


Friesbändern  der  Kirche  und  ferner  in  dem  nocli  heute  am  Grundriss  zu 
erkennenden  Gedatiken  oflenharen,  auch  die  Abseiten  des  Scliifles  im  Osten 
mit  runden  Absiden  zu  scliliessen,  Selbst  der  massige  Thurm,  der  immerhin 
etwas  jünger  sein  mag  als  Schiff  und  Chor,  wird  von  ticr  alteren  Formenwclt 
beherrscht,  wennt^leich  sein  westliches  Fingangsportal  spitzbogig  geschlossen 
ist.  Als  gothische  Bauformen  sind  eigentlich  nur  die  Strebepfeiler  der  Kirche 
anzusprechen,  die  sich  neben 
der  Helebung  <ler  Wand- 
flächen durch  I.iscnen  etwas 
fremdartig  ausnehmen.  Zu- 
gemauerte Arkaden  oder 
Scheidebögen  auf  beiilcn 
Seiten  der  östhchen  I  lälfte 
des  Schiffes  la.ssen   auf  die 

schon  erwähnten  Seiton- 
schiffe  .schhessen,  welche 
den  Grundriss  kreuzförmig 
gestalteten,  ohne  dass  tkunit 
ein  elicmaliges  wirkliches 
Ouerschi ff  entstanden  wäre. 
Der  Chor  ist  spitzbogig  ge- 
wölbt, auch  die  Apsis,  tleren 
Fenster  in  späterer  Zeit  Ver- 
änderungen ihrer  ursprüng- 
lichen l""orm  erfahren  haben, 
lehnt  sich  mit  einer  Art  I  lalb- 
kuppcl  an  dieses,  aber  tlas 
Schiff  der  Kirche  hat  eine 
flache  Decke  von  Hohgebälk. 
Die  Sakristei  auf  der  Nord- 
scitc  i.st  gleichfalls  flach 
gedeckt,  war  aber  einstmals 
gewölbt.     Durch  den  Anbau 

der  (irabkapelle  des  Gutes  Gree.se  auf  der  Südseite  wird  der  ICindruck  des 
Haues  sehr  beeinträchtigt.') 

Der  Altar  hat  einen  in  der  herkiinimlichen  Wei.se  des  llarock.stils  mit 
Säulen  und  Statuen  von  1  lolz  sowie  mit  den  Hildern  des  Abenilmahls,  der 
Kreuzigung  und  Grableginig  in  <lrei  Absätzen  über  einander  ausge.stattetcn 
Aufsatz.  Hinzugefugt  sind  noch  zwei  kleine  Hildcr,  auf  der  einen  Seite  die 
Sccne  in  Gethsemane,  auf  (ler  andern  <las  Verhör  vor  Kaiphas.  Stifter  und 
Verfertiger  .sind  nicht  genannt,  <l;is  Werk  mag  zwischen  1700  und  1720  an- 
gefertigt sein.  —  Im  Ch«>r  vor  dem  Allar  schwebt  ein  hölzener  Taufengcl.  — 


Inneres  der  Kirche  za  LUbow. 


')  Vgl.  Lisch.  M.  lahtli.  VII.  Ii,  S.  66  -  70.    Cnill,  M.  Jalirl».  Will,  S,  287.  Anmkg. 


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KIRCHDORF  LOBOW. 


271 


Wohl   erhalten   ist  der  Triumphbalken  mit  dem   Krucifixus,  Johannes   und  Triumph- 
Maria;  es  ist  ein  gutes  Holz.schnitz\verk.  —  Die  Kanzel  ist  olinc  Bedeutung,  balken, 
das  Inventar  von  181 1  nennt  1769  als  das  Jahr  ihrer  Herstelkm^.  -  Als  ein  ^^^1- 
Werk  der  Renaissance  von  1585  ist  die  Empor«  des  Gutes  Greese  zu  be-  Emporen, 
achten,  die  sich  seitwärts  im  Gior  befindet,  doch  ist  ihr  Schnitawefk  nidit 
mehr  ganz  erhalten;    man  fiml«  t  noch  das  Oldcnhurj^'sche  (CLAVES  FAN  1, 
das  iMncrkc'schc  (zueimal.  SEFFIGE  und  lASPAR),   tlas  rcntz'sche  (MARGRET 
PENSEN),    das    1  JriclKT^'  sche  (CHRISTOFFER)   und    das   \'icrcL;t;< 's.  in-  (SO- 
PHIA) Wappen.')  —  libendasclbst  die  Empore  des  Gutes  Masslow,  im  liarock- 
stil,  von  1729,  mit  den  beiden  Namen  HANS  jVROEN  und  FR.  CATHARINA 
HIPPOLYTA  VON  SCHACK.*)—  Minter  der  Masslow'schen  Empore  ein  statt- 
liches Epitaph  aus  Sandstein  und  Alabaster,  das  vom  Jahre  1626  stammt  und  Bosscwitz- 
zu  Ehren  des  LUDOLPH  VON  BASSEWITZ,  ICrbhcrrn  auf  Liilihurg  um\  Mas  lou  ,  hcs 
errichtet   ist  ")    Ausser   den  beiden  Sprüchen    MEMENTO   MORI    und    HODIE  i*'!"'^!**»- 
MIHI  CRAS  TIBI  fällt  das  in  lateinischen  I  lexanK  tern  ab^cfasste  Zwiegespräch 
zwischen  dem  Wanderer  (Viator)  und  der  Fama  auf,  welches  die  Mauptinschrill 
des  Epitaphs  bildet  und  fiir  jene  Zeit  sehr  charakteristisch  ist: 

F.  HEV8]  HVNC  QVi  TRANSI8  TVMVLVM  •  SVB8I8TE  •  VIATOR! 

V.  SISTO  QRADVM.  SED  QVI8  CVBAT  HiC?  F.  MEGALAEPOUS  HEROS. 

V.  QVALE  EST  NOMEN  El?   F.  LVDVLPH  COONOMINE  BASVITZ. 

V.  QVIS  GENITOR?   F.  CVN.  WOLFRADVS  PATRI/t  CONSVLTOR. 

V.  AST  EIVS  GENETRIX  QVAENAM?    F.  BREVITER  TIBI  OlCAM: 

ANNA  SOPHIA  LVZOVV  FACIE  ET  VIRTVTE  OECORA. 


')  I)ie  Atwrdnung  iit  Ib1|«ende  (mit  Eigliuung  der  leeren  Felder  dnrdi  Ilem  Archiver 

von  Meyenn): 


ver- 
deckt 

leer 

leer 

r  Anna  "1 
LFinckcJ 

Clawci 

Olden- 
borcb 

Scltigc 
Fineken 

Mar^jrcl 
Pensen 

Chri- 
sloffer 
DrybATcli 

teer 

r  Claus  1 
[FinekoJ 

Jaspar 
Kiiieke 
^Grcesej 

Sujibia 
Vicr- 

Nach  den  genealo^-ischcn  Tabcllfn  im  Gruish.  Archiv  'IIuinckhiiMMi,  IV-ntz.  Gamm)  WM 
Klaus  von  Oldenburg  auf  Gremmetin,  Watimannshagen  und  Eichhorst  1396)  vermählt  mit  Anna 
von  Fineice  au»  den  Hanse  Katsow;  jaspar  von  Fineke  auf  Gnemem,  Greese  und  Giidiow 
(t  1577')  mit  Sophia  von  Vieregge,  die  aich  später  mit  Batthold  von  Pcntz  vermShlte;  Christoph 
von  r>ricl)crf^  auf  Lit'tfn  - Sprcji?  mit  Sophia  von  Fineke  aus  dem  Ilaii^c  Greese;  und  Claus 
von  Fineke  aut  Greese  mit  Mar};arcliic  von  Pcntz  aus  dem  liausc  Kcdelui,  weiche  1591  starb. 

Anflallend  ist  die  Stellnpg  der  Wappen,  sie  iSsst  auf  Versetzuigen  einsetner  Fttllancen  in 

späterer  Zeit  srhliesscti,  wie  solche  nicht  selten  von  I lanfl werkern  oline  An&icbt  Und  Leitung  in 
versländnissliiscr  und  leiclitferliger  Weise  vorgcnommeii  wurden  virul. 

*)  Masalow  ist  thcitweise  schon  1661,  ganz  seit  1693  in  den  Händen  der  F'amilic  von  Schack 
«nd  bkibt  in  ilirem  Besits  bis  1777. 

*)  fkbon  in  der  ersten  Hälfte  des  XVI.  Jahrhunderts  tu  Herzog  Heinrtch's  Zeit  fassen  die 
Ritter  von  Hassewit?,  Fu^<  in  Madlow,  Sie  verpländen  es  1658  an  die  von  Mellendorf,  <lenen 
1680  als  Rechtsnachtolgcr  der  Obersilieutenanl  von  Licvcnz  folgt  (s.  u.  Oblaten  -  P^xis).  I^n  lösen 
nachher  die  Heiren  von  Sduck  ab  (s.  Anmkg.  a). 


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272 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


V.  QVIO  PRIMO  lAM  FLORE  VIGENS  •  EGIT?   QVIO  ADVLTVS? 

F.  A  TENERIS  MV8A8  COLVIT.  PVNDAMINE  lACTO, 

VXOREM  DVXIT,  VIRTVTVM  >  NOBILE  LVMEN 

VR8VLA  NOMEN  El  PRISCVM  COQNOMEN  AB  OSTEN. 

V.  ANNOS  QVOT  •  VIXIT?   QVA  TANDEM  MORTE  PEREMTV8T 

F.  SEX  ET  VIGINTI     PRAETER  SPEM  VVLNERE  FACTO 

MORTVVS  EST  PLACIDE  VERA  PIETATE  FIDEQVE. 

V.  QVI  FVNVS  DEFLENT?   F.  EIVS  CHARISSIMA  CONIVX 

ET  QVATUOR  TRISTES  NATI  PATRIIQVE  RENATES. 

V.  ERGO  PVIT?  F.  FVrr  HIC  ET  •  ADHVC  •  EST  CORPV8  •  IN  VRNA 

ILLIC  PROMISSA  FRVITVR  MENS  ALMA  SALVTE. 

V.  NVNC  QVID  VIS?    F.  NIL.  CHARE  VIATOR,  ABITO,  SED  AVDI: 

VNVM  TE  MONEAM  :  TVMVLO  MORITVRE  PARA  TE.': 

Darunter:  OBIIT  VVISMARIAE  NONO  DIE  OCTOBRIS  ANNO  1610.    Ganz  oben 
die  Inschrift:  1626  •  EPITAPHIVM  NOBILIS  ET  FORTIS  VIRI  LVDVLPHI  BASVIZY 
DOMINI  HEREDITARY  IN  LVBVRGK  ET  MASLOW.  —  An  derselben  Wand  ist 
Harauch.  ein  Haroisdi  angebracht  (Bruchstück  und  Theil  von  einem  Hehn)  sowie  ein 
Fahnen*    Pahncnatakcfl  (Fahnenstodc).   Daneben,  in  Metall  getrieben,  das  Uevem'sche 
staken,     Wappen  (s.  Pyxis).  —  Grabsteine.    Unter  dem  Triumphbogen  zwei  mittel- 
^Wappen,    aUerliche  Steine  mit  den  Bildern  von  Geistlichen.    Die  Umschrift  des  einen 

Siabsteine.  j^^^^^^.  ^-^      ,  [     .  j„  .         .  :  fl- :  bnj  :  j^eiman'  • 

tObbC  I  OratC  |l  cd.        Der  andere  Stein  hat  die  Inschrift:   ^IlUlD  ' 

 fc'ifl  :  üi :  ante  •  inUcncjöiJ  :  fcc  •  cruci?  |  oWt  bng  |  nicolau^  : 

t3i)ItfioUlC  •  Öuf  •  CCCC  Vllrati'  or.  4)  '•.')  —  Den  Grabstein  des  Todde 
hatte  sich  hiut  Inschrift  MICHAEL  HOFMANN  HUJU8  ECCL.  PASTOR  ab  anno 
1601  — 16  .  .  zum  Grabstein  erkoren,  doch  hat  eine  AnsfiUlung  des  Datums 

nicht  stattgefunden.  Er  starb  angeblich  1624  (S.  o.).  —  Unter  einem  kleinen 
mit  Engelsköpfen,  Rose,  .Santhihr  in  den  T'ckrii  vorzierten  Stein  vor  den 
Grcescr  Stühlen  ruhen  ERICH  CHRISTOFFER  NANN  und  ELISABETH  DORO- 
Giocken.  THEA  NANNEN  ANNO  1680.  Ueber  Pastor  Nann  s.  o.  —  Glocken.  Im  Ihurm 
hängen  drei  Glocken,  t.  Die  grösste  Glocke.  Inschrift:  FRIEDRICH  FRANZ  III. 
1884  I  VIV08  VOCO  M0RTU06  PLANGO  |  ED.  ALBRECHT,  HOPQLOCKEN- 
QI^MER  WISMAR.  (Düc  GUxke  ist  1884  umgegossen  worden,  weil  sie  einen 
Riss  bekommen  hatte).  T^ir  umgegossene  Glocke  liatte  nach  dem  Inventar 
von  iSi  I  die  Iiisclirift:  SIT  NOMEN  DOMINI  BENEDICTVM  .  BIN  ICH  VM- 
GEGOSSEN  WORDEN  BEY  ZEITEN  HN.  PASTOR  •  lOHANNES  NANNEN  •  VND 
HEINRICH  LAUDE  DAVID  FRESE  PETER  WILDE  SIND  IVRATEN  ZV  LVBOW 
ANNO  1688  •  lOACHIM  MEHLER  ME  FECIT  ZV  SCHWERIN  •  Herzogliches 

')  A.  Graf  vun  Itas&ewiU,  Aus  dem  Lclwii  des  Kcichsgnifen  II.  F.  v.  B.,  S.  27,  versetzt 
dies  Epitaph  irfOiOmlicli  in  die  Kirche  sn  Bmm. 

^,  IJvcli,  M.  Jahrb.  VII,  U,  69,  lisst  den  N«Bicn  Todde  (Toile,  Totti  fort,  er  «teht  aber 
deutlich  da.  Den  Namen  Tzijltkowe  vereinfacht  er  au  Zittow.  Er  trifft  aber  damit  nicht  das 
Richtige.  Sildekow  liegt  nSher,  und  selbst  Siggelkow  könnte  eher  angenommen  werden  als  Zittow. 
Das  I  vor  t  iat  lieher. 


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KIRCHDORF  LÜBOW. 


273 


Wappen.    C.L*D«Q«D*M  (sc  CHRISTIAN  LVDWIG  V  •  G  •  G  •  H  •  Z  •  M). 

—  2.  Mittlere  Glocke,  l  if)A>o  cm  pjross.  Inschrift:  SOLI  DEO  GLORIA  |  V  . 
G.G.  FRIEDERICH  •  HERTZOG  •  ZU  •  MECKLENBURG  ANNO  1777  ;  MAT- 
THIAS LOHRENTZ  HAFEMEISTER  .  PASTOR  |  AUGUST  RICHTER  KÜSTER  , 
ADAM  WILDE  •  SCHULZE  IN  LOBOW  |  JOHANN  8AT0W  SCHULZE  IN  TRI- 
WALK  I  KIRCHENJURATEN  |  VON  J.  V.  SCHULTZ  IN  ROSTOCK  GEGOSSEN. 

—  3.  Kleine  Glocke,  77/59  cm  gross.  Inschrift:  SOLI  DEO  GLORIA  |  HEIN- 
RICH FRANTZ  BRANDT  PASTOR.  Piitrn  .ui  <kr  ('.locke  rini^sum:  GLORIA 
IN  EXCELSIS  DEO  1  LAURENTIUS  STRAHLBORN  ME  FUDIT  -  LUBECAE 
ANNO  1722. 

Gemälde.    Im  C  hor  der  Kirche  ein  schmales  Hild  nuf  ni>l/.:   Christus  Gemttlde. 
mit  entbl«  isstcni  nijtrkurjRr,   eine  (ieissel   in   der  Hand  haltend.    Das  Bild 
wurde  in  einem  W  amUchrank  der  Kirche  aiifi^cfiinden. 

Beschreibung  jüngerer  U andinalcreicn  des  X\ll.  oder  -Will.  Jahr- 
hundertt,  unter  denen  möglicherweise  ältere  Malereien  vorhanden  sind,  siehe 
bei  Lisch,  M.  Jahrb.  VII,  B,  S.  68. 

Kleiakvnatwcrke.  i.  Silberner,  mit  schrägen  Rundfaiten  am  runden  Kleinkunst- 
Fuss  verzierter  Kelch,  mwendig  ganz  vergoldet,  auswendig  nur  an  den  Rändern,  werke. 
Bliicher'sches  und  Bassewitz'sches  Wappen.  Inschrift  an  der  Kupa:  GOTT 
ZU  EHREN  UND  IHREN  BESTÄNDIGEN  ANDENCKEN  HABEN  DER  HOCH- 
WOHLGEBOHREN HERR  ULRICH  HARTWIG  VON  BLÜCHER  ERB.  UND  EIGEN- 
THUMS HERR  DES  GUHTES  WIETOW  UND  DESSEN  FRAU  GEMAHLIN  DIE 
HOCHWOHLGEBOHRNE  FRAU  DOROTHEA  ELISABETH  GEBOHRNE  VON 
BASSEWITZ  DIESEN  KELCH  DER  KIRCHE  ZU  LOBOW  GESCHENCKET  • 
ANNO  1759.  I  A  L  K  |.  Patene  mit  eingraviertem  Allianzwappen  und 


den  zugehörigen  Initialen :  U«H*V«B*    D»E«V*B»  1758.  Dieselben 

Werkzeichen.  —  2.  Silberner  Kelch,  ganz  verK(»ldet.  auf  1  hspassigem  Fuss, 
mit  ^'othischem  Knauf,  der  oberhalb  und  unterhalb  der  Rotuli  mit  durch- 
brochenen, schon  in  willkürliche  Renaissaiiccfiirnien  nni^;csctztcn  Rosetten  (je 
sechs  unten  und  oben)  verziert  ist.  An  der  Kupa  eingra\  ierte  Renaissance- 
muster. Die  Annuli  ohne  Schmuck.  Ohne  Werkzeichen.  Inschrift  am  Fuss: 
P  •  H  «  (darunter  Hahn'sches  Wappen);  K  •  V  •  B  •  (darunter  Bülow'sches 
Wappen);  K  •  W  •  B  •  (darunter  Hassewitz  sches  Wappen):  DIESER  .  KELCH« 
IST  .  NACH  .  SELIGEN  •  PARIS  •  HANEN  •  WEILAND  .  AUF  •  BASDOW  •  UND  • 
LIPS  .  ERBSESSEN  •  GODTSELIGEN  •  ABSTERBEN  •  DURCH  •  SEINE  •  LIEBE. 
MUTTER  •  CATRINA  •  VON  •  BULOW  .  KHVNE  •  WOLFRAOT  •  BASSEWITZEN  • 
AUF  •  MASLOW  •  ELICHE  •  HAUSFRAU  •  IHREM  •  HERTZUEBEN  •  SOHN  . 
ZUM  •  GEDECHTNI8  •  DIESER  •  KIRCHEN  •  ZU  •  LOBOW  •  VOREHRET  •  WOR- 
DEN •  ANNO  •  1  •  5  •  8  •  7  •  DEN  •  6  •  AUGU8TI  •  Auf  dem  Knauf  stehen 
die  Buchstaben  IHESVS  Dir  da.^u  j^rl'.'  t  !■  ;f  l^itiin-  hat  auf  der  l  Unterseite 
dieselbe  Inschrift.  Nur  stilit  LIFE  statt  LIPS.  In  du-  Mache-  (ks  rellers  ein 
Krucifixus  eingraviert,  damhcr  ilu-  dn  i  Wappen,  die  oben  bereits  t^Hn.miU 
sind.  —  3.  Vergoldeter  gotluaciicr  Kelch  auf  sechseckigem  I'uss,  auf  die.-^eui 

16 


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AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


274 


ein  plastischer  Krucifixus.  Am  Knauf  in  gothischen  Majuskeln  der  Name 
IhHSVS.   An  den  beiden  Annuli  Weinblättcr.    Fatene  mit  vier  Weihekreuzen. 


Kelch  Nr.  2. 


Kelch  Nr.  3. 


—  4.  Oblatcnschachtcl  von  Silber,  innen  vergoldet,  vorne  das 
nebenstehende  Lievcns'.sche  Wappen ,  auf  dem  Deckel  ein  vüll- 
plastischcr  Krucifixus  und  die  Inschrift:  HANS  GEORG  VON  HE- 
VENS HAT  DIESE  LADE  GOTT  ZU  EHREN  UND  IHME  ZUM  GEDÄCHTNIS 
DER  LUBAVSCHE  KIRCHEN  GESCHENKT  •  ANNO  1683.') 
Nebenstehende  Werkzeichen.  —  5.  Kanne  im  Rokoko - 
Geschmack.  Mit  eingraviertem  Schack'schen  Wappen  und  den  drei  Namen: 
B.  H.  V.  SCHACK.  F.  J.  V.  SCHACK.  A.  D.  V.  SCHACK.  1758.  Dieselben  Werk- 
zeichen wie  am  Kelch  unter  1 :  <^  [ALK 
kommunionsgcrathen  von  Silber.  Von  Prüfer  •  Berlin, 
von  Zinn.  Kleiner  Kelch  auf  achtscitigem  Fuss,  ohne  Meisterzeichen.  An 
der  Kupa  ein  aus  F  V  K  gebildetes  Doppelmonogramm  mit  der  Jahreszahl 
1719.  ralene  ohne  Schrift  und  Zeichen.  —  8.  Im  Chor  ein  achtarmiger 
Kronleuchter  aus  Messing.  Ohne  In.schrift.  —  9.  10.  Zwei  zinnerne  Leuchter 
in  klassicicrcndcni  Stil  von  1835,  mit  den  drei  Namen  ADAM  CASPAR 
HAACKER.  JOH.  CHRISTOFFER  SCHÖNFELD,  ERNST  SIED- 
FRIED NEUTMANN  •  VI/ISMAR.  —  11.  12.  Zwei  vergoldete 
Zinnleuchter  und  ein  Krucifixus  aus  gleichem  Material.  Hei 


—  6.  Ktui  mit  neuen  Kranken- 
7.  Krankcngcräth 


W  ® 


')  ^'ß'-  S.  272.    II,  G.  von  I.icvcns  (Licwens),  dfiiiiscli - iiorvscg.  Ober?.!,  vcrmSlilt  mit  IIm 
Mar|;aretha  von  Scliack,  war  zwischen  1680  und  1687  iui  Besitz  vun  Masslow. 


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klRCHDORF  LÜBOW. 


275 


Gelegenheit  der  Uebcrfuhrung  der  Leiche  des  Prinzen  Alexander  im  August 
1859  von  Doberan  nach  Schwerin  und  ihrer  Aufbahrung  während  einer  Nacht 
in  der  Kirche  zu  Lübow  vom  QROSSHERZOG  FRIEDRICH  FRANZ  II.  und 
seiner  ersten  Gcmahhn,  der  GROSSHERZOGIN  AUGUSTE,  an  die  Kirche  ge- 
schenkt. —  13.  Velum.  Gclbscidenes  (ehemals  weiss?)  Kelchtuch  mit  Silber- 
flittern  gestickt.    Inschrift  im  Kranz:    M.  R.  ARO  1814. 

Das  Inventar  von  181 1  erwähnt  zwei  reich  gestickte  Messgewänder 
vom  Jahre  1581  mit  dem  Wappen  des  Lüdeke  von  liasscwitz  und  dem  der 
Anna  von  Quitzow. 

Auf  der  Pfarre  eine  Urkunde  vom  1.  Juni  1586:  Ulrich,  Herzog  von  Pfarre. 
Mecklenburg,  verleiht  der  Pfarre  zu  Lübow  eine  Hufe  von  drci.ssig  Morgen 
Acker.    Original -Pergament  mit  Siegel. 

Heber  die  Vernichtung  einer  grösseren  Zahl  alter  Dokumente  auf  der 
Pfarre  im  Jahre  1715  berichtet  Schröder,  Wism.  Erstl.,  S.  207. 

Im  Pfarrgarten  eine  achtseitige  Granitsäule  mit   Fuss  und  Kapitell,  Pfarrgarten, 
vielleicht  einstmals  der  mittlere  Träger  der  nicht  mehr  vorhandenen  vier  Ge- 
wölbe in  der  Sakri.stei  der  Kirche. 


Im  herrschaftlichen  Wohnhause  zu  Greese  zwei  Zimmer  in  gothischem  Herrschaft 
Stil,  die  in  alter  Zeit  als  Kapelle  gedient  haben  können,  wenn  sie  nicht  als  liches 
Wohnräume  anzusehen  sind.    Vgl.  Crull,  M.  Jahrb.  XLII,  S.  4. 


Wohnhaus 
zu  (Ireesc. 


Herr  Keding  -  Masslow  ist  im  Resitz  einer  Sammlung  von  Altcrthiimern  Sammlung 
verschiedener  Art.  ,  von  Aller- 

ihümem. 


Schiff  und  Chor  der  I.übower  Kirche,  von  .Süden  gesehen. 
(^Nach  Ilamann.) 


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2^6  AirrSGSRICllTSBBZIRK  WISMAR. 


Das  Kirdidorf  MecklMburg. 

Geschichte  uB|]ä^  uns  unter  den  mecklenburgischen  Ortsnamen  der  des  Stammsitzes 
des  unseres  Herrscherhauses,  welcher  6  km  südlich  von  Wismar  liegt  und 

dem  heutigen  Kirchdorf  MecMenburg  seinen  Ursprung  g^ben  hat,  in  den 
ältesten  Urkunden  über  das  Land  als  einer  der  ersten  begegnet,  kann  keine 

Verwunderung  erregen.  Es  ist  um  973,  wie  wir  annehmen  dürfen,  fast  zwei- 
hundert Jahre  vor  Niklot's  Zeit,  im  letzten  Regicrunirs-  und  Lebensjahr  des 
sächsischen  Kaisers  Otto  L,  als  einer  jener  arabischen  Reisenden,  die  damals 
als  Kaufleute  oder  auch  in  anderen  Eigcnsclialicn  die  germanischen  und 
davisdien  Nordländer  durchstrditen  und  die  geographische  Literatur  der 
Araber  durch  ihre  Berichte  in  werthvoUer  Weise  bereicherten,  auch  in  die 
Gegend  von  Wismar  gelangt  und  den  Hauptburgplatz  des  Landes  betritt.  Der 
Name  dieses  anscheinend  aus  Spanien  stammenden  Mannes,  eines  Israeliten, 
war  Ibrahim  ihn  Jakub  oder,  was  verstandlicher  ist,  Abraham  Jakobsen.') 
Aber  die  Burg  liiess  damals  noch  nicht  Mecklenburg,  sondern  Wiligrad,^)  wie 
er  berichtet,  und  ihr  von  Ibrahim  ihn  Jakub  als  gleichwerthig  mit  den  Königen 
Mieako  von  Polen  und  Boleslav  von  Böhmen  hingestellter  Burgherr  ist  Nakun 
oder  Naklum,  <ter  audi  durch  deutsche  GeschiditsqueUen  jener  Zdt  als 
Herrscher  der  Wenden  ausreichend  bezeugt  ist,')  den  wir  aber  jetzt,  nachdem 
er  durch  den  genannten  Araber  als  Burgherr  von  W'ilitjrad  oder  Mecklenburg 
enviesen  ist,  als  zweifellos  zum  Hauptstammbaum  unseres  Fürstenhauses  gehörig 
ansprechen  dürfen.  Zweiundzwanzig  Jahre  später  treffen  wir  für  den  slavischen 
Namen  Wiligrad  zum  ersten  Mal  den  dasselbe  bedeutenden  deutschen  Namen 
Meddenbüig,  d.  1.  »Grosse  Bürge.  Es  ist  bd  Gelegenhdt  des  femdlidien 
Zuges,  den  Kaiser  Otto  HI.  im  Jahre  995  gegen  die  Slaven  unteminmit  und 
wobei  es  besonders  auf  die  Obodritcn  und  Velotaber  abgesehen  gewesen  zu 
sein  scheint.  Kv  dringt  so  weit  vor  wie  kein  anderer  König  seines  Stammes 
und  crlässt  am  10.  September  995  von  Burg  Mecklenburg  (»actum  Michelen- 

')  Vgl.  Wigger,  M.  J.nhrb.  XLV,  S  3-  20  (Bericht  Jes  Ilir:itnm  ihn  Jaküb  lihrr  rfie  Slawen 
am  dem  Jahre  973.  Nach  dem  von  Prof.  M.  J.  de  Goeje  in  Leiden  aufgefandcnen  und  1880 
wrOffefitlicIrten  Bericht  in  der  Ibndielirift  des  Geographen  AM  Obeid  «UBekrl  «ns  der  twcitaa 
Hilfic  des  XI.  Jahrhunderts).  — ■  Ueber  andere  arabische  Quellen  fUr  die  Geographie  OMenr 
DOfdischcn  IJinder  rgl.  Dr.  Geoi^g  Jakob,  Studien  in  arab.  Geographen.    Berlin  1891. 

*}  Schon  üat  vierzig  Jahre  frtther,  all  de  Goeje  seinen  Bericht  Uber  Ibrahim  ibn  Jakub 
veröflientliehte,  Ii  den  der  alte  alavitehe  Nane  der  Bug  Meekknbnrg  eihalteii  ist,  hatte  Bdl,  in 
einem  Aufsatz  über  <!ii- VMRs>prache  der  nordwestlichen  Slaven,  M.  Jahrb.  IX  'i844\  den  Namen 
Welikogord  als  Vcrmuthung  ausgesprochen.  Ihm  folgte  beinahe  dreissi^  Jahre  später  Beyer  in  seinem 
AnteU  ober  die  Hanptgotiheiten  der  «ettwendischen  Völkendiaften,  M.  Jahrb.  XXXVII,  S.  14«, 
mit  dem  Namen  Wiligrml.  Vgl.  die  auf  diesen  Ortsnamen  zunlckgehendeni  noch  jetat  in  Mecklea« 
bürg  vorkommenden  Familiennamen  Willgroih,  VVillroUi,  Willrath. 

')  ^^'■gg«i',  MecUenb.  Anoalen,  S.  32  (954). 


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KIRCHDORF  MECKLENBURG. 


277 


but|f«),  die  damals  von  ihrem  rechtmässigen  Herrn  verlassen  j^cucscn  sein 
wird,  eine  rrkiindt-,  deren  Inhalt  hier  nicht  interessiert.')  Dass  ilicscr  Platz 
hundert  oder  einhundcrtfünfzi^  Jahre  später,  in  der  Zeit  der  Christianisierung; 
des  Landes,  anfänglich  zum  liiscliolssttz  auserkoren  war  und  als  solcher  auch 
wohl  einige  Jahre  hindurch  bestand,  beweist  erstens  die  am  der  Hdmold* 
sehen  Chronik  herauskonstniterte  Urkunde  des  Erzbischofs  Hartwig  von  Ham- 
burg vom  10.  October  1149»  in  der  er  die  Wiederaufrichtung  der  von  den 
heidnischen  Slaven  verwüsteten  drei  Histhümer  Aldenbur};,  Ratzeburg  und 
Mecklenburg  ankündigt  und  I-lmmehard  als  Bischof  nach  Mecklenburg  schickt 
»in  terrain  ei^u-statis  et  famis,  ubi  erat  sedes  Satane  et  habitalio  oinnis 
Spiritus  imniundi  ,  und  zweitens  die  Urkunde  über  die  Grenzbestimmung  des 
Bisthums  Ratzeburg  durch  den  Welfenheraog  Heinrich  den  Löwen  im  Jahre 
1167,  wo  von  einer  bereits  stattgefundenen  Verlegung  des  Bischofssitzes  von 
Mecklenburg  nach  Schwerin  ausdrucklich  die  Rede  ist:  ...  .  »propter 
papanorum  barbarieni  scdcm  cpiscopalcm,  r|ue  ab  antiquo  fuerat  in  Magno- 
I>'»li,  de  uoluntate  et  pcrniissionc  doniini  l-Viderici  inijjeratoris  in  Zwerin 
transtulimus.t*)  In  der  drei  Jahre  nachher  erfolgenden  Hestatigungsurkunde 
des  Kaisers  Barbarossa  wird  Burg  Mecklenburg  (castrum  Magnopolense)  aus- 
drücklich  als  zum  Bisthum  Schwerin  gehörig  bezeichnet')  In  der  Folge  ist 
es  daher  der  Probst  (Archidiakon)  von  Schwerin,  der  hier  wie  in  den  östlich 
benachbarten  Kirchen  (die  westlich  gelegenen  gehörten  zum  Ratzeburger 
Sprengel)  die  Einsetzung  der  l'lebanc  vollzieht  is,  u  ).  Die  \on  Xikint  ii^io 
beim  Anrücken  des  Welfenhcrzogs  nicdcrgel)rannte,  vnn  Heinrich  dem  I.ouen 
an  Heinrich  von  Schalen  (Schota,  SchotenJ  überwiesene  und  1164  von 
Pribiskiv  zerstörte  Burg  baut  derselbe  Pribislav  um  1169/70  wieder  auf,^) 
nachdem  er  mit  dem  G^^er  seinen  Frieden  gemacht;  und  nachdem  Schwerin 
l&r  den  von  Heinrich  dem  Löwen  eingesetzten  deutschen  Grafen  und  zugleich 
für  den  Bischof  Regierungssitz  geworden  war,  dient  die  Burg  der  mecklen- 
burgischen Fürstenlinie  als  Ilauptsitz,  der  als  solcher  seine  Bedeutung  auch 
dann  niclit  einbusst,  als  Wismar  zur  Residenz  erwählt  wird.  Als  Burg 
Mecklenburg  (urbs  Magnupolis,  Castrum  Magnopolitanum),  auch  bloss  mit  dem 
Namen  Mecklenburg  (Magnopolis),  dessen  übliche  Schreibweise  sich  aus  den 
alten  niederdeutschen  Formen  Mikilen-,  Mikelen-,  Mdcelin-,  Mekelenborch  (oder 
burch)  herausbildet,  erscheint  sie  in  den  Urkunden  des  -XIU.  und  XIV.  Jahr 
hunderts,  deren  viele  von  Borwin's  Zeiten  her  von  ihr  aus  erlassen  werden.*) 
Eine  Kapelle  zu  Mecklenburg*^)  giebt  es  schon  1246,  nicht  die  jetzige  Kirche, 


>)  M.  U.-B.  99.   Vgl.  dun  Lisch,  M.  Jmhrb.  XX,  S.  933.  946. 

*)  M.  U.-l!.  49.  65    vgl.  bcsütulers  Atiriikg.  auf  S.  6i  Uber  dfe  Verlegunf  det  WlthinM 
iwiichcn  I155  und  1159),  88.        I.Lsch,  .M.  Jrthrb.  XIII.  S.  I46. 
*)  M.  U.-B.  91.    Wigger,  M,  Jahrb.  X.WIII,  S.  181. 
*)  Vgl.  Lfaeh,  M.  JOub.  VH,  S.  156.  IX,  S.  91. 

»)  Vgl.  M.  Ü.-B.998.  999-  5".  543.  544.  553«  57».  578-  S*»-  59«.  ««7.  7»».  73«».  «943 
3189.  3694.  3S42.  3934- 

*i  M.  U.-B.  578.   M.  Jahrb.  XUI,  S.  339. 


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2/8 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


die  ein  Bau  aus  jüngerer  Zeit  ist,  sondern  die  Burgkapellc,  die  nach  Ausweis 
eines  Kirchenvisitationsprotokolls,  das  wahrscheinlich  dem  Jahre  1553  an- 
gehört, von  dem  aber  nur  ein  Bruchstück  vorhanden  ist,  erst  vom  Herzog 
Johann  Albrccht  abgebrochen  wurde.  Dieser,  der  im  Protokoll  einfach  Herzog 
Johans  heisst,  verwendet  die  Steine  cum  Bau  des  »twuen  Hauses«  in  Wismar 
(s.  o.  S.  186  ff.).  Als  Fflist  Joliann  der  Theolt^  1256  seine  Residenz  nach 
Wismar  verlegt  (s.  o.  S.  3),  hört  Medclenbnrg  auf»  ein  fester  Platz  zu  sein.*) 
Zur  Zeit  des  Vormundschaftsstreites  aber,  während  der  Jahre  von  1275  bis 
1278,  macht  die  eine  der  beiden  Parteien  (die  Herren  von  Werle  und  der 
Graf  von  Schwerin)  Burg  Mecklenburg  auf's  Neue  zu  einer  Festung  und 
unterniamit  von  hier  aus  ihre  Raub-  und  Beutezuge  in  das  umliegende  Land, 
das  die  Vormundschaft  ßir  die  Söhne  Heinrich's  des  I'ilgcrs  und  für  deren 
Mutter,  die  Fürstin  Anastasia,  verwaltet.")  Als  nachher  im  Jahre  1298  Hein- 
rich der  Pilger  aus  seiner  langjährigen  Gefangenschaft  im  Morgenlandc  zurück- 
kehrt,  giebt  der  V^erdruss,  den  er  über  allerlei  Vorkommnisse  in  W'ismar 
empfindet  (s.  o.  S.  5),  Anlass  dazu,  dass  er  Mecklenhurt,'  wieder  aufljaut  imd 
dort  wieder  Herr  wird.')  Auch  sein  Sohn,  Fürst  Heinrich  der  Löwe,  weilt 
hin  und  wieder  auf  Mecklenburg,  wie  die  schon  in  Anmkg.  5,  S.  277  auf- 
gezählten Beurkundungen  aus  den  Jahren  1304,  1307,  1314,  1316  und  1317 
beweisen.  Aber  noch  einmal  hören  wv  von  dner  Zerstörung  der  Burg 
Mecklenburg.  Es  ist  im  Jahre  1328,  als  Fürst  Heinrich  der  Löwe  von 
Mecklenbur},'  mit  den  Herren  von  Werle  und  Pommern  im  Kric<^'  '"(-".Ut.  Da 
werden  Vorburc:  und  Burg,  die  von  Führer  und  Mannschaft  verlassen  worden 
waren,  von  den  Feinden  verbrannt.*)  Aber  keineswegs  verliert  sich  der 
Platz  nun  schon  aus  der  Geschichte.  Denn  es  giebt  kernen  Grund  zu  der 
Annahme,  dass  z.  B.  das  mehrfache  Zusanunentreffen  des  Henogi  Albredit 
mit  seinen  Vasallen  un  Herbst  und  Winter  1358  in  Mecklenburg,  als  um  die 
Grafschaft  Schwerin  gekämpft  wurde,  nicht  auf  dem  Burgwall,  sondern  auf 
dem  anscheinend  schon  in  alter  Zeit  vorhandenen  grösseren  Hofe,  der  neben 
dem  eigentlichen  Bauerdorf  liegt,  stattgefunden  habe.  Im  Gegentheil.  Es 
heisst  in  einer  der  Schadensrechnungen  damaliger  Zeit:  »Tunc  {27.  August 
1358)  Ptttzela>we  equitavit  versus  Mdcelleborch  Castrum  cum  L  armatis.«") 
Frdlidi  war  Mecklenburg  sdion  seit  läi^rer  Zeit  der  Mittelpunkt  einer 
Vogtei  und  der  Sitz  eines  fürstlichen  Vogtes.*)  Ein  Dorf  Mecklenburg  muss 
schon  in  ältester  Zeit  neben  dem  l>efestigten  ButgwaU  mit  seinem  fiirstlichen 

*)  Alt  Sdildlonf  d«r  Faton^,  nidit  ab  dne  vBtlige  Zattütaag  werden  wir  die  Worte 
Kirdlbcig't,  Kap.  130,  zu  verstelifn  haben:  .jjebrochin  wart  MeVelnburg  nidcr«. 

^  M.  U.-B.  1382.  Vgl.  dasu  BurmeUtcr,  M,  Jahrb.  III,  S.  44  und  46.  Lisch,  M. 
Jebib.  VI.  S.  84. 

'  n<  tmar'e  LSb.  Cluroaik  (ed.  Xoppnwmi),  I,  S.  381.  Vj^.  dem  Uidi,  H.  Jahrb.  VI, 

S.  85,  Anmkg.  2. 

*)  Kirchberg,  Kap.  168. 

■)  M.  V.'B.  8453  (S.  863).  8509  (5.  34s  and  345). 

'  M.  U.-B.  6115  (KrUtijahr  1341).  6278.  6758.  7773.  8073.  8210.  8919  (la  JähiC  I361). 
Ferner  Akten  vom  Jal.re  1448  im  Gros»herzogl.  G«b.  und  HanpUrchiv. 


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KIRCHDORF  HECKLBNBURG. 


279 


Hause  oder  Schloss  vorhatulon  gewesen  sein.  1308,  zur  Zeit  des  F-iirsten 
Heinrich's  des  Löwen,  sitzt  ICckhard  von  Quitzow  auf  dem  Hmi;l(.hn  zu 
Mecklenburg  (phcudum  castrense  in  caslro  Michclburch),  lasst  sich  aber  sechzehn 
Jahre  später  von  der  früher  eingegangenen  N'erptlichtung  bcfireien,  auf  dem 
Castrum  zu  wohnen.')  Bei  «ner  Bürgschaft,  wdche  die  mecklenbui^chen 
Vasallen  für  ihren  Fürsten  der  Stadt  Rostock  f^cj^enüber  am  i.  Juli  1316 
übcnu  hmon.  wird  fiir  oinii^e  unter  ihnen  Mecklenburg  als  (Vt  «Ics  »l'jnhigcrsü 
bestimmt. *)  ]'.\n  paar  Jahre  später  finden  wir  dort  Joliann  Rosendal  von 
Piessen  als  Besitzer  eines  der  Höfe,  den  er  an  das  Heihgengcist- Spital  in 
Wismar  verkauft.")  1328  «halten  die  Brüder  Johann  und  Hclmold  von  Dessen 
u.  a.  auch  den  Hof  zu  Mecklenburg  als  Pfandbesitz  (den  hof  to  Mekelen- 
borg).')  In  demselben  Jahr  finden  wir  hier  femer  die  Ritterfamilie  Storm  mit 
Grundbesitz  und  Rechten,  von  ihr  erwirbt  der  Wismar'schc  Bürger  Richard 
von  Minden  zwei  Hufen  und  zwei  Höfe.'')  .\us  einer  s[)ateron  Urkunde  vom 
17.  J.muar  1347  und  aus  einer  anderen  vom  lO.  Mai  134S  .i;elit  hervor,  dass 
auch  der  Ritter  Gerhard  Hasenkop  .sowie  der  Knappe  und  W  ismar  sehe 
Hürger  Heine  Bersse  einstmals  Anrechte  an  drei  Plessen'schcn  Hufen  gehabt 
Diese  drei  Hufen  werden  es  sein,  die  vier  Wochen  später  vom  Kaland 
zu  Wismar  gekauft  werden.  Die  Bauern,  die  sie  bebauen,  sind  Claws  Kuhle 
und  Tydemnn  (letzterer  hat  ihrer  zwei).")  1360  besitzt  auch  der  Knappe  l  ive 
von  Zernin  einen  Kathen  zu  Mecklenburg.  Kinigc  Jahre  spater,  vor  1372 
(wieviel  vor  1372,  i.st  nicht  zu  .sagen),  wird  die  Dorfkirche  zu  Mecklenburg 
erbaut  sein,  für  welche  Helniold  von  Plessen  zu  Müsselmow  und  sein  Bruder 
Johannes  am  5.  December  1 372  eine  Vikarei  stiften,  die  sie  mit  einem  Kathen 
und  sechs  Morgen  Ackers  in  Mecklenburg  sowie  mit  dem  zum  Dorfe 
gehörigen,  eine  Viertelstunde  nordöstlich  davon  gelegenen  *}lof(  tho  dem 
diiuelscrs.se  r  (dem  s]iätcren  neuen  Hof  )  <iotieren.')  Dies  wird  die  Zeit 
sein,  in  der  Mecklenburg,  wie  bereits  öfter  vermulhet  worden,  aus  der  l'aroeliie 
Lübow  abgetrennt  und  nut  der  ehemaligen  l'ilialkirche  in  Moidenlin  zusammen 
zu  einem  eigenen  Kirchspiel  gemacht  wird.^)    1386  verbessern  Lütke  Negen« 

')  M.  U.  B.  3247-  43IS-    M.  Jahrb.  VIII.  S.  a6l,  26^. 

*)  M.  U.-B.  3X30. 

^  M.  U.-B.  3983.  4303. 

"  M.  U.-l!.  4939.    Dies  mn^  der  healige  grössere  F&chiiiof  aein,  der  SiU  der  spl leren 
Vogtei  und  des  »och  späteren  Amtes. 
■)  M.  U.-B.  497a.  497*- 

*)  M.  U.-li.  67 1').  6728.  6774.  6935.   Vgl.  «neb  10496. 

M.  U.-U.  10374.  Der  Namen  <  HofT  xnm  Tcnfeltaf«««  kommt  noch  im  KirchenvisiUrtiont- 
protokoll  vom  28.  October  1592  vor.   Der  Name  Neuliof  wird  xnr  Zeit  des  Henoga  Adolpli 

Friedrich  üblich  und  in  Akten  vom  Jahre  1625  geradezu  als  Er&aiz  genannt.  Vgl.  Scliildt, 
M.  Tahrh.  LVI,  (_>.-!!.  i,  S.  12.  Die  SchSfcrci  Ntniliof  erscheint  iiaciitur  aK  IVriitien«  vom  Gute 
Dlumenhot,  das  schon  vum  Lndc  des  XVI.  Jahrhunderts  her  im  licbllz  der  Famiiio  Schabbel  ist. 
1645  ^  1^'-  Heinrich  Schablwl  in  Wismar  der  EigenihUmrr. 

^^  •KK"''''  Jnhrb,  XXVIII,  S.  191.  -Moidc-ntin  im  Kir'  lis].Hl  Mi.'cVl.  r.l.iiip •  hi  is«!  rs 
a.  B.  in  einer  Urkunde  des  Wismar'schcn  Archivs  vom  17.  Nuvcmber  1434.  i^»^  Kapelle  oder 
Kirdi«  m  Moidentin  ist  erat  im  Jahre  1755  abgcbroctien.    Ibre  beiden  docliea  Icamen  nach 


28o 


AMTSGERICHTSBBZIRK  WISMAR 


danck,  der  zu  Mecklenburg  wohnt,  und  Hinrik  Bersse,  der  dort  ebenfalls 
bo;4iitcrt  ist,  die  1-Vinkünftc  von  Kirche  und  I'farrc.')  Am  13.  April  1455 
machen  sich  auch  die  hier  und  in  der  Umj^ej^end  begiiterten  Gebrüder  Hans, 
Gerd,  Ludeke,  Klaus  und  Vickc  von  Bassewitz  in  dieser  Richtung  verdient.*) 
Die  grösste  Rolle  aber  spielt  hier  unter  den  Adelsfamilien  die  der  Herren 
von  Stralendorf.  Sie  bleiben.  Jahrhunderte  lang,  nachweislich  von  1341  her, 
im  Besitz  der  Voi^tt  i  Mecklenburg  und  sind  seit  1355  auch  Herren  in  der 
Vogtei  Kriwitz,^)  bcj^'cben  sich  aber  zeilweise  eines  Thcils  ihrer  Rechte,  so 
z.  H.  1434,  als  Ilemukc  Bassewitz  den  Wall  und  das  höchste  Gericht  zu 
Mecklenburg  für  60  Mark  Lubisch  erlangt,  der  wieder  vier  Jahre  später  beides 
der  Herzogin  Kadiartna  und  deren  Söhnen  für  dieselbe  Summe  überlässt. 
1438  löst  die  Herzogin  Katharina  den  dem  Henneke  Bassewitz  verpfändet 
gewesenen  ganzen  Hof  zu  Mecklenbui^  für  1500  Mark  Lttbisch  wieder  aus. 
144S  t  riicuert  sie  ihren  Kontrakt  bcziiglich  des  Walles  und  des  höchsten 
(ierichtes  mit  den  tiebrudern  llintik,  Ulrich  und  Vicke  StralcndorfT,  Im 
XV.  Jahrluindcrl  treffen  wir  ferner  mit  Besitz  und  Hechten  in  Mecklenburg 
die  Familien  Hoppenrot  (um  1400),  Haversack  (um  1451)  und  Knut  (um  1477) 
aus  Wismar.  Dem  Bürger  Hinridi  Knut  bestreitet  freilich  am  13.  Februar 
1477  Henog  Heinrich  den  Anspruch  auf  Bede  aus  Mecklenburg,  den  er 
erhoben  hat.  Durch  Uebertragung  vom  Gute  Rosendal,  das  die  Herzöge 
Heinrich  und  Albrecht  1513  aus  Plesscn'schem  Besitz*)  erwerben,  gewinnt 
die  Wismar'schc  I-"amilie  'rrendclburg  (l)rendenborch)  Anrechte  in  Mecklen- 
burg, und  1591  treft'en  wir  den  Wismar  sehen  Bürgermeister  Heinrich  Schabbel 
(sein  I-^pitaph,  s.  o.  S.  141)  als  Besitzer  eines  Hofes  im  Dorf  und  Amt 
Mecklenburg.  Diesen  Schabbd'schen  Hof  sammt  dem  Hofe  »Blumenhof« 
(s.  o.  S.  279,  Anmkg.  7)  erwirbt  Herzog  Adolph  Friedridi  taut  F6rmutations> 
kontrakt  vom  30.  Mai  1645  für  das  Dorf  Hinter- Wendorf  bei  Wismar  und  ein 
Kapital  von  14000  Gulden.   Das  Interesse  des  fürstlichen  Hauses  für  den 


Mecklenburg.  Vgl.  Akten  im  Grosth.  Archiv.  Noch  im  Jahre  bstte  Herzog  Adulph  Friedrich 
ihrem  Verfall  wieder  aufgeholfen. 

':  Vj;!.  Abschrift  *lcr  Urkunde  ttn  KirchenvisitationsprutokoU  von  1591.  Vpl.  auch  .\ktcn 
Uber  Mc(;klcnburg  vun  1438  im  Grus&lierzogl.  Archiv.  Die  KiUcrfamilie  Kenae  finden  wir  nachher 
auf  Rambow.  Am  24.  November  1438  verlcaufen  die  Brüder  Bertae  ni  Ramko«  8  Muk  jlhrUdier 
Kenic  «an  pacht,  horOi  richte,  dcnstc  in  doinc  ackere  katcn  und  katenlandc  in  deme  gaataoi 
dorpc  tlio  MeklenboTch«.    Lorenz  licrs&e  zu  Kanibow  ist  auch  1599/1600  noch  in  Mecklenlnng 


Vgl.  M.  Jahrb.  VIII.  S.  266. 
'j  M.  l'.-ll.  6115  8073.  8210.  Vgl.  auch  Lisch.  M.  Jahrb.  VI,  S.  86  Schon  am 
6.  Januar  13S9  verkaufen  die  Gebrüder  kodenl>ek  dem  Ritter  Henning  von  StraleiidortT  ihren  Hof 
SU  Mecklenbttijt  mt  den  dazugehSrigen  vier  Kalben  und  doer  wUsten  Hobtelle:  H.  Jahib.  XV, 
S.  247  fr  1473  eracbeint  freilich  an  Stelle  der  Ilorreti  von  Stralendorff  Herr  T'>rp\vcs  Berndes  als 
Vogt  von  Mecklenburg,  und,  nach  Wismar'schen  lirieten  zu  schliessen,  zwischen  1492  und  1495 
Herr  Hans  BevemeBt. 

*)  Jochim  vuii  riesücn  zu  l'..uii'  '  lirsit/t  noch  bis  in  die  Zeiten  des  drcissigj ihrigen 
Krieges  hinein  drei  HobiAUen  in  Mecklenburg,  die  in  Akten  des  Jahres  1637  als  wüste  SUUten 
bezeichnet  werden. 


begfltert. 


KIRCHDORF  MECKLENBURG. 


historisch  merkwürdigen  alten  Platz  war  anscheinend  schon  früher  wieder  leb- 
hafter erwacht.  So  erlassen  z.  B.  die  Herzöge  Magnus  und  Balthasar  am 
14.  April  1482  eine  Urkunde  von  Mecklenburg^  ans,  so  ist  ferner  der  Brief 
des  Herzogs  Heinrich,  in  dein  er  am  11.  Au^'ust  1526  das  l)ronzene  I-.pitaph 
der  Herzogin  Helena  bestellt,  welches  1527/28  aus  l'eter  X'ischers  tiiesserei 
hervorgeht,  von  Mecklenburg  aus  datiert.')  Wie  Herzog  Job.  Albrecht  das 
Material  der  alten  Burgkapelle  1553  verwandte,  Ist  oben  bereits  erzählt  worden. 
Schade,  dass  wir  bei  dieser  Gd^nheit  über  den  Zustand  des  alten  Walles 
nichts  erfahren.  Im  Jahre  1620  ist  Mi  cklenburg  mehrmals  I")urchgangspunkt 
fiir  den  Knni^  Gust.u  Adolph  von  Scliu  ^-den ,  seine  Braut,  die  Prinzessin  Marie 
l"]conf)ie  von  Brandenburg,  und  lur  das  (jetoli^'e  beider.*)  Min  besonderes 
Interesse  wendet  Herzog  Adolph  Friedrich  der  Kirche  zu,  wie  Kanzel  und 
Altar  beweisen,  die  von  ihm  gestiftet  sind.  Nach  und  nach  schwindet  wieder 
langsam  das  Interesse  für  die  alte  Stätte.  Wie  in  den  Zeiten  der  Herzig 
Christian  Louis  und  Friedrich  Wdhelm  die  Bauern  von  Mecklenburg  über 
allzugroase  Ausnützung  des  Strassen  rechtes  durch  das  Amt,  das  die  Dorfwege 
mit  Flachs  besäen  lässt,  Klage  führen,  erweisen  Akten  aus  den  Jahren  1685 
und  spater.')  Bis  zum  Jahre  1854  beackern  die  Bauern  den  Burgwall  und 
pflügen  dessen  Ränder  alljährlich  immer  mehr  in  die  Tiefe  hinab,  in  diesem 
Jahre  aber  wird  er  zur  Forst  gelegt.  1856  wird  ein  vom  Mödentiner  Felde 
geholter  Granitblodc  oben  in  seiner  Mitte  als  Denkstdn  aufgerichtet,  und  seit 
1870  dient  der  Wall  dem  Kirch.spiel  Mecklenburg  als  Kirchhof.*)  Damit  sind 
alle  weiteren  c,'ründlichen  Untersuchungen  des  Platzes  leider  auf  lange  Zeit 
hinaus  unmöglich  gemacht. 

Der  erste  Geistliche,  der  zu  Mecklenburg  genannt  wird,  ist  Alphcus; 
er  steht  als  Zeuge  unter  einer  Urkunde  Borwin's  vom  29.  December  1333. 
Von  seinen  Nadifolgem  im  XUI.  Jahrhundert  kennen  wir  nur  einen  Johannes 
um  1327.*)  Zwar  stosaen  wir  in  den  Urkunden  auf  mandie  fiirstliche  Kaplane 
und  Notare  die,  wie  Alpheus  und  seine  Nachfolger,  entweder  alle  oder  doch 
zum  Thcil  in  der  Kapelle  von  Burg  Mecklenburg  Dicn.stc  gethan  haben 
mögen,  allein  es  fehlt  an  sicheren  Narluicliten  dariiber.  länen  festeren 
Charakter  gewinnt  die  Sache  anscheinend  erst  mit  dem  Bau  der  Dorfkirche, 
die  vermuthlich  in  der  zweiten  Hälfte  des  XIV.  JahrhuiKlerts  entstand  (s.  o.). 
Um  1373  ist  Nikolaus  Schacht  Kirchherr  von  Mecklenburg.^  Aber  es  ver- 
gehen wieder  über  einhundert  Jahre  bis  zum  nächsten  Namen.^  Von  einem 

*)  LiKh.  M.  Jahrb.  XXVH,  S.  266. 

»)  Y.  Luuow,  M.  Jahrb.  I,  S.  137.    Wigger,  M.  Jahrb.  XLVm,  S.  a«. 

*)  (Ilöckler,  Sir  i>^eiip«;rechlij,'keil.  M.  Jahrb.  X,  S.  395.  401.  401. 

*)  Lisch,  M.  Jahrb.  .\XI,  S.  58.    Kaabc-Quade,  Vaierlandikuiide  1,  S.  799. 

•)  Ii.  U.>B.  S99.  48a6.  $613  (S.  i4»}. 

•)  M.  l'.-H.  10374. 

*)  Clecmann,  handschrifil.  Notizen  im  GrcKtsh.  Archiv,  nennt  um  1400  einen  Ilcnnann 
de  Gnerits,  «b«r  er  Aihrt  seine  Qndia  nicht  an.  Ob  die  in  der  Urkuide  von  1389  (M.  Jahrb.  XV, 
S.  248)  erwihnMo  beiden  Priester  Hinrik  VIeschhower  snd  Gerdt  Sternebeiig  Kirchherren  von 
Mecklenbnif  waieiii  mllMa  wir  dnhingeaieUt  «ein  fanaen« 


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282 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Feuerschaden,  den  der  P&rrer  Gregor  Haue  eriitten  hat,  erfahren  wir  alleriet 

aus  einem  Brief,  den  er  am  24.  Februar  i486  an  den  Rath  zu  Wismar  richtet. 
1534  ist  Johann  Höppener  im  Besitz  des  Kirchlehns,  und  zw  ar  sdion  seit  seiner 
Berufung  durch  llcrzoi;  Heinrich  im  Jalire  1505,  in  welchem  der  Probst  \'on 
Schwerin  ihn  einsetzt.  1542  ist  Heinrich  Lütkchenniiig  i'astor.  Er  wolint  in 
Wismar  und  versieht  von  dort  aus  den  Dienst;  es  wird  ihm  aber  1553  auf- 
gegeben, sdnen  Wohnsitz  in  Mecklenburg  zu  nehmen.  Er  ist  damals  zugldch 
henoglicher  Küchenmeister  (kokenscriuer).  Bald  nachher  wird  das  Kirchspiel 
Mecklenbui|[,  das  bis  dahin  ausser  dem  eigenen  Dorf  nur  noch  Mödentin  mit 
umfasst,  um  mehrere  Dörfer  aus  dem  Lübowcr  I'farrsprengcl  vergrössert 
(s.o.  S.  266).  1573  folgt  Michael  Möller,  er  ist  auch  1583  noch  dort.  1589 
folgt  Joachim  Schröder;  1622  sein  Schwiegersohn  H.  VVardenhoven ;  1627 
Lukas  Hein;  1657  Michad  Feddermann;  1673  Lorenz  Mauritius;  1676  Joadiun 
Kothe  (Cohtenius);  1725  dessen  Schwiegeraohn  Felix  Michael  Blanck  (f  1749); 
1763  Helm;  1771  Hommcl;  1773  Gotthilf  Heinrich  Seidel;  1783  W.  Pauli; 
1799  Chr.  Karl  Klotz.')  Die  weiteren  siehe  bei  Walther,  Unsere  Landes- 
geistlichen. 

Kirche.  Die  Kirche  ist  ein  schlichter  Bau,  der  im  Osten  aus  dem  Achteck 

schliesst  und  mit  einer  kassetticrten  flachen  Holzdeckc  überspannt  ist.  Im 
Westen  ein  Thurm  mit  pyramidalem  Helm. 

Die  spit7.1)ngige  CiCstaltiinK  der  Fenster  ist  jüngeren  Datums;')'  vorher 
hatte  die  Kirche  grosse  quadratische  Lüchten  mit  rechteckig  etngefassten 
Scheiben,  die  wiederum  theilweise  mit  Wappenmalerden  und  Kamenstnschriften 
in  ovaler  Form  gefüllt  waren  (s.  u.).  Xon  diesen  Wappen  trug  eins  das 
Datum  161 5  und  das  andere  den  Namen  des  Wismar'sclu-n  Prfdijji-rs  M. 
Petrus  .^ledanus,  welcher  16 17  starb.  Man  wird  daher  den  jetzigen  Bau, 
wenn  auch  nicht  als  einen  vöUigen  Neubau  aus  dem  zweiten  Deoenniam  des 
XVII.  Jahrhimderts,  dot  h  7um  Mindesten  als  eine  sehr  starke  Veränderung 
des  Ganzen  in  dieser  Zeit  anzusehen  haben,  wobei  von  dem  älteren  Bau  gewiss 
nur  wenig  übrig  blieb.  Zu  dieser  Annahme  stimmt  auch  die  Ausstattung  der 
Kirche  mit  Altar  und  Kanzel  vom  Heizog  Adolph  Friedrich. 

Altar.  Der  Altar  hat  einen  eigenartigen,  selir  zu   beachtenden  Aufsatz  im 

Stil  der  Spätrenaissance  von  1622,  mit  reicher  Figuren-  und  Omament- 
schnitzerei,  bei  welcher  der  bekannte  Knorpel-  und  Ohrenstil  (das  sog.  genre 

auriculaire)  bereits  sehr  stark  zur  Geltung  gelangt.  Er  setzt  sich  zusammen 
aus  Predella,  Hauptstock  und  Oberstock  mit  Hckrönung.  In  der  Predella  das 
Abenfhiialil,  rechts  Sj)es,  links  Fides.  Im  Ilauptstock  oben:  links  Gethsemane, 
das  (iebet  am  Oelberg  (die  Hä.schcr  dringen  an);  oben  rechts:  Judaskuss, 
Petrus  und  Malchus;  unten  links:  die  Gerichtsscene,  Geissclung^  und  Domen- 

')  Vgl.  die  Kirchenvi&itationsprulukollc  utul  andere  Akten  im  (iro&sh.  Archiv  zu  Schwerin. 
Schröder,  \V.  £.,  S.  200,  nennt  vor  Wardcnliovcn  auch  noch  Michael  Havcmann  und  Johannes 
Poberlns,  tber  sie  sind  nns  in  den  durchgesehenen  Akten  nicht  begegnet. 

Nach  Mittheilung  von  Dr.  Crull  ia  Wismar  etwa  ans  dem  Anlang  der  «chtsiger  Jahre 
vnaeres  Jahrhunderts. 


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Alur  Oer  Kirche  zu  Mecklenbiiij;. 


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Kanifl  Oer  Kirche  zu  NKxklciil>uri;. 


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KIRCHDORF  MECKLENBURG. 


283 


krönung;  unten  rechts:  Pilatus  seine  Hände  waschend,  dann  die  Krcuztragung. 
Im  Scitcnschmuck  alttestamentliche  Vorbilder:  links  Isaak's  Opfer,  rechts  die 
Erhöhung  der  Schlange  in  der  Wüste;  rechts  und  links  davon  die  vier 
Evangelisten,  je  zwei  übereinander.  Im  überstock  die  figurcnrcichc  Sccnc 
auf  Golgatha  mit  den  drei  Kreuzen;  als  Scitenfiguren  rechts  Daniel,  links 
David  mit  der  Harfe,  beide  knieend.  Im  Aufsatz  ebenfalls  ein  figurcnrciches 
Holzrelicf,  die  Anbetung  der  Hirten;  als  Scitenfiguren  rechts  und  links  ein 
FIngcl.  Ganz  oben  der  triumphierende  Christus  als  Jicsiegcr  des  Todes.  —  Die 
Kanzel  ist  ein  rcichgcschnitztcs  Renaissancewcrk  von  1618,  mit  dem  Mecklcn^  Kan/il. 
burgischen  Wappen  im  Deckel.  Am  I'redigt.stuhl  die  vier  I'.vangelisten,  von 
links  nach  rechts:   Matthaeus,  Marcus,  Lucas  und  Johannes,  mit  ihren  Sym- 


Triumphbalken. 


bolen.    Unter  dem  Evangelisten  Marcus  die  Inschrift;   AUGUSTINUS:  PRAE- 
DICATOR  DOCEAT  UTI LITER.  NON  SU BTI LITER.     Unter  Lucas:  JES  40.  VER- 
BUM  DOMINI  MANET  IN  AETERNUM.    Unter  Johannes;  GREGORIUS:  GLORIA 
PRAEDICATORIS  EST  FRUCTUS  AUDITORIS.    Uebcr  Lucas  steht  die  Jahreszahl 
1618;  über  Johannes:   RENOV.  1851;  iibcr  Matthaeus:  WIR  PREDIGEN  DEN 
GEKREUZIGTEN  CHRISTUM.    Die   Hinterwand   des   Predigtstuhls   zeigt  die 
Kreuzigung  Christi.  —  Im  Chor  ein  jüngerer  Tauftisch  von  Gu.sseiscn.  —  Taiiftisch. 
Die  Figuren  des  Triumphbalkens  sind  1633  vom  Hofmeister  HANS  SCHMIDT  Triumph- 
gestiftet.  -    Im  Thurm  ein  der  Renaissance- Kanzel  entsprechendes  becher-  halkcu. 
förmiges,   achteckiges,    aber  arg  beschädigtes  Taufgehäuse.  —  Im  Westen  Tauf- 
die  alte  fürstliclic  Stuhlempore,  die  jetzt  den  Höfen  Mecklenburg  und  Peters-  gehäusc, 
dorf  dient.    Reiches  Renaissancewcrk  mit  den   herzoglichen  fünf  Wappen-  ^j)^^^p^^^^ 


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284 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Müiden- 

tincr 
Kiiipore, 
Roscn- 
thaler 
Stuhl, 
Grabsteine, 


fcldem.  Aus  derselben  Zeit  wie  die  Kanzel,  —  Die  mit  vielen  Wappen  {ge- 
schmückte Empore  daneben  an  der  Nordscite  ist  die  Moidentiner  Empore;*) 
im  Chor  auf  der  Südseite  der  Rosenthaler  Stuhl,  beide  gute  Renaissanceuerke. 
—  Grabsteine.  Die  in  der  Kirche  liegenden  Grabsteine  gehören  sammtlich 
dem  XVII.  und  XVIII.  Jahrlumdcrt  an.  Folgende  mögen  erwähnt  werden: 
I.  Der  des  fürstlichen  Hauptmanns  auf  Mecklenburg  und  Ncukloster  Cordt 
Scharffenbcrgk  (•■•  1610);  2.  der  des  Joachim  Schröder,  der  drciunddreissig 
Jahre  in  herzoglichen  l^ien.sten  stand  (MECKLENBVRGI  PRAECO  FIDELIS  ERAT 

PER   SEX   LVSTRA  ET  TRES  CIRCITER  ANNOS.    NVNC  PRAESENS 

CHRISTI  VIVIT  IN  ARCE  POLI  [f  MDC  .  .  .]);  3.  der,  welchen  der  fürstlich 
mecklenburgische  Küchenmeister  Christoph  Junge  im  Jahre  1675  seiner  1669 


Fürstliche  Empore. 


verstorbenen  Gattin  gestiftet  hat,  deren  Name  aber  nicht  genannt  wird;  4. 
der  der  Frau  Amtmännin  Sophia  Elisabeth  Brüning,  geb.  Steuenvald  (•••  1763). 

')  Die  Wappen  sind  mit  Untcrschriflcn  verschen  und  stehen  in  der  Ordnung  des  l>ei- 
gegebenen  Planes  an  der  Empore.  Es  iit  al«T  an  der  H.ind  der  genealogischen  Tabellen  nicht 
(gelungen,  irgend  einen  Stammbauantheil  damit  aufzubauen.  Auf  Moidentin  sitrcn  bis  ans  Ende  des 
XIV.  Jahrhunderts  die  Herren  von  Modentin.  Vom  XV.  bis  gegen  die  Mitte  des  XVII.  Jahr- 
hunderts ftiiden  wir  dort  einen  Zweig  des  Geschlechtes  der  Herren  von  Precn.  Von  ihnen  geht 
Moidentin  1639  an  den  Herzog  Adolph  Friedrich  Uber.  Die  Empore  aber  stammt,  wie  die  Wappen 
erkennen  lassen,  aus  der  Zeit  der  Preene  (Preine),  vielleicht  aas  der  Moidentiner  Kirche. 


Mui dentiner  Empore. 


der  von 

der  Slois- 

der  Knute 

der  Harolde 

der  Winter- 

der Thüne 

dcr.*5cheruc  jdcr  B.irkow 

RestorfT 

lofTe 

leide 

1 

ICH  BIN  CCWISS, 

OASS  WEDER 

TOD  NOCH  IXBEN   U.  S.  w. 

(Römer  VIT!.  V.  38.  39). 

DIESE  WAPPEN  SIND  VON  DER  MODER  WEGEN. 

der 

von  dt-r 

der  I 'reinen 

(k'rPreinen 

der  Bame- 

der  Oster- 

der  Zickcr  |    der  von 

Weisin 

Luhe 

kowc 

wülde 

der  Luhe 

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KIRCHDORF  MECKLENBURG. 


2^5 


—  Der  Thurm  beherbergt  zwei  Glocken,  die  tur  Zeit  des  Pastors  HEIDEN8*  Glocken. 
LEBEN  im  Jahre  1859  von  Hautbrandt- Wismar  aus  älteren  umgego»en  sind. 

Die  iltcren  GtodKen  stammten  aus  Moidcntin.  Die  grosse  war  mit 
Reliefs  verziert  und  hatte  die  Aiifsr  hrift:  rgo  l&artofomirl)^  Ijclf  gV]at  Unb 
inariai  dazu  das  Datum  1415-  M.  Jahrb.  Vi,  ä.  &2.  Die  folgendu  steht 
im  Inventar  von  x8ii  ohne  Inschrift.  Das  Inventar  von  1811  erwähnt 
noch  eine  Ueineie  dritte  Glocke  mit  der  Aufschrift  peter  LUISTE.  CASPAR 
FACKLAM.  DREYES  HADELER.  HANS  BRANDT  BAVERSMANN  ZV  M£CKLEN8VR0. 
1672  BEY  ANDREAS  ERNESTIN. 

In  der  südlichen  Chorccke  ein  Steinrelicf  in  Holzrahmen  mit  dem  Steinrelief. 
Datum  1623,  darstellend  den  Heiland,  das  Kreuz;  umfassend,  eine  Stiahlen- 
glorie  um  das  Haupt.  —  Auf  dem  Altar  stellt  ein  linlzernes  Kreuz  mit 
silbernem  Krucihxus.  -  Gemälde.  Auf  dem  Chor  rechts  hangt  ein  Ge-  Gemälde, 
mälde,  darstellend  Christus  mit  den  beiden  Emmaus -Jungem.  Ueberschrift: 
VE8PERA  JAM  VENIT  NOBISCfUM  CHRI8TE  MANETO.  Unterschrift:  1624 
EX8TINGUI  LUCEM  NEC  PATIARE  LUCEM.  G.  W.  Rechts  von  der  Kanzel 
ein  nemalde,  das  die  Taufe  (1iri-;li  darstellt  und  die  l'nterschrift  erillialt: 
NOS  SERVANDOS  HAC  RATIONE  DOCENS;  und  die  L  ebcrsclirift :  OBLUITUR 
NULLO  FOEDATUS  CRIMINE  CHRISTUS.  l)aueben  ein  drittes  Hild:  Luther 
mit  der  Bibel  in  ganzer  l  igur.  An  der  Nordwand  des  südlichen  Chors 
hängt  ein  Bild,  darstellend  das  Weltgericht.  Ueberschrift:  GOTT  UND  DER 
GEMEINDE  ZUR  ZIERDE  HAT  DIESES  GEMALDE  GEGEBEN:  JOACHIM  HIN- 
RICH  HOLTZ,  wohnhaft  auf  der  SOGENANNTEN  LIEBISCHEN  BURG 
ANNO  1757  (Lübschc  Burg  links  am  Wege  von  Wismar  nac  h  l'n»-.eken).  — 
An  der  Decke  des  Langhau.ses  die  Bilder  der  zehn  Juuj^frauen;  Christus  als 
Bräutigam  in  der  Mitte.  Ueberhaupt  ist  die  ganze  Decke  der  Kirche  mit 
Malereien  versehen,  von  denen  manches  vergangen  ist.  Hie  tmd  da  noch 
Engelsköpfe. 

Glasgemälde.  Die  bei  Renoviition  der  Fenster  verkauften  kleinen 
Gbsgemäkle,  die  oben  bereits  erwähnt  wurden,  sind  jetzt  im  BetiU  des  Bau- 
meisters Brunswig  zu  Wismar.  Unter  den  Wappen  befinden  sich  rollende 
Unterschriften:  i.  Hans  Christuft  v.  Jasniundt  Hoflrat.  2.  VoUrath  (v.  d.  Lühe) 
Canmitt(juncker).  3.  Arendt  v.  Mdllendorff  H.  aulT  Schwerin.  4.  Hugoldt 
Behre  16 15.    5.  Clavs  (v.  Feckatel).    6.  (M.  Petrus)  Siedanus. 

Kleinkunstwerke.     1.  Gros.scrcr  silberner  Kelch  in  gothi.scher  Form,  ganz  Kleinkunst- 
vergoldet, auf  sechspassigem  Fuss.    In  den  Koluli  des  Knaufes,  der  unten  werke, 
und  oben  von  Fensteröffnungen  durchbrochen  ist,  die  Buchstaben  I  H  E  8  V  S. 
Inschrift  unten:    IN  DIE  KIRCHE  ZU   MEKELNBURGK  •  ANNO  • 
CHRISTI  I6I4>  8t  LOTH.  Kein  Signaculum.  Nebenstehendes  Meister- 
zeichen (Elias  Giese -Wismar).    Stadtzeichen  fehlt.    Die   Patene  mit 
dem  nebenstehenden  Meisterzeichen,  das  sich  zweimal  findet  (Wil- 
heim  Friedr.  Emmerich).  —   2.  Kleiner  sühmu-i  Kelch  mit  vcri^oldeter  Kupa. 
Von  gleicher  Form  wie  der  vorige,  aber  nul  Signaculum.    Umschrift  um  den 


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286 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WiSMAft, 


Kelch:  WEIL  DIESER  KELCH  DURCH  PLÜNDERUNG  DER  SOLDATESCA  AUS 
DER  KIRCHEN  GENOMMEN,  IST  ER  VON  DEN  EDLEN  VESTEN  JOACHIM 
MATTHIAS  VON  KLEINOW  RÖM  :  KEYSERL.  MAYST.  UNTER  DEM  LÖB- 
LICHEN  NASSAUISCHEN  DILLENBURGISCHEN  :  REGIMENT  BESTALTER 
OBRISTER  LEUTENANT  GEKAUFFET  VND  IN  DIESELBIGE  KIRCHE  GOTT 
ZU  EHREN  VI/IEDERGESCHENCKET.  GESCHEHEN  DEN  22  JANUAR  ZU 
VICHELL  Ao  1638.  In.schrilt  uiUcn:  IN  DIE  KIRCHE  ZU  MÖDENTIN  ANNO 
CHRISTI  1620.  30  LOTH.  Meisterzeichen  I  E,  zweimal  (Jakob  Eggeler-Wis- 
mar?).  Kein  Stadtzeichen.  I'atcne  mit  vertieftem  Scchspass.  —  3.  Desgl., 
mit  Tatcnc.  Von  demselben  Meister  wie  der  erste,  aber  ohne  Wcrkzcichcn. 
Inschrift:  IN  DIE  KIRCRE  ZU  MECKELNBURGK  ANNO  CHRISTI  1614.  30  LOTH. 

—  4.  Schön  getriebene  länglich  ovale  üblatenschachtcl  von  Silber.  Auf  dem 
Deckel  eine  im  Garten  sitzende  Frau  mit  zwei  Kindern.  An  der  Wandung 
Blumen  und  Vogel.  Auf  der  Riick.scitc  des  Hodens  steht  in  jüngerer  Schrift 
J.  L.  W.  BRÜNING.  L.  F.  W.  BRÜNING  1812.  Stadtzeichen  von  Wismar. 
Neben-stehendes  Meistcrzcichcn  (Joh.  Martin  Printz).  5.  Silberne  Altar- 
kannc,  innen  vergoldet,  ohne  Zeichen.  Vorn:  <  EV.  MATTHr26.  V.  28. 
Unter  dem  Fuss:  HEINRICH  BOCK  GR.  WELZIN  D.  24.  DEC  1883.  —  6. 
Schwere  messingene  Taufschale.  Umschrift  in  Minuskeln  +  ^C|^Ct  •  • 
Icljrrt  •  alle  •  \]4>lVirc  •  u  •  taufet  •  fic  :T :  naniT  :  b  :  Vj  :  b  :  f :  u  :  b  : 
Ij  :  Oi^if^^^  •  Ohne  weitere  Zeichen,  nicht  alt.  —  7.  Kleine,  desgl.,  ohne 
Schrift  und  Zeichen.  — -  8.  Messingener  Teller,  ohne  Schrift  und  Zeichen,  neu. 

—  9.  10.  Zwei  messingene  Kronen,  neu.  —  11.  12.  13.  Drei  zinnerne  Leuchter, 
zwei  gleiche  auf  drei  Klauenfüssen,  einer  auf  Löwen  ruhend.  Von  ensteren 
der  eine  1665  von  JOH.  KÖKE  geschenkt,  der  andere  von  JOH.  AUG.  BRENNE 
(Jahreszahl  nicht  sichtbar,  auch  keine  Zeichen  gesehen),  der  dritte  auf  Löwen 
1799  vom  Zimmermeister  J-  H.  HAMBURG,  mit  dem  Stadtzeichen  von  Wismar 
und  einem  undeutlichen  Mci.stcrzeichen. 


Wall  bei  Mecklenburg  im  Jahre  1847* 
(Nach   I.isth,    M.  Jahrb.  Xlf ,   S.  451.) 


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KIRCHIX>RF  HOHEN -VIECHEUI. 


2«7 


Das  Kircliiiorf  Hohen -Vieclielii. 

as  am  Nurdcndc  des  Schweriner  Sees,  13  km  sudlich  von  Wismar,  gc-  Cicschichte 
l^ene  Kirdidorf  Hohen -Viecheln  heisst  in  alten  Urkunden  Vichele,  des 
Viehle  (auch  y  fiir  I,  und  g,  gg  oder  gh  fiir  ch).   Da  dies  im  Slavischen 
soviel  wie  Gestrüpp  oder  Busch  bedeutet,  lässt  «ch  der  Name  mit  Buschdorf 

übersetzen.  Ks  gehört  im  Mittelalter  zur  Schweriner  Diöcese,  und  sein  erster 
PricstiT  ist  S\'mnn  (de  X'IcIicIl-).  der  im  Jahre  1178  im  geistlichen  Stahe  des 
liischofs  Herno  von  Scliw  eriii  er>ch(.'iiit  und  iiu-r  dit>  ( >i  uii(11(  |.miiil;  chrisilicher 
Kultur  in  seine  I lande  nimmt.')  An  der  Grenze  tles  l^uidcs  Mecl^lenliurj;,  der 
Grafschaft  und  des  ffisthums  Schwerin  gelegen,  erlangt  das  Dorf  sehr  bald 
als  Hätz  fiir  Zusammenkünfte  grosser  und  kleiner  Herren,  und  später  auch 
als  eine  Art  Kmporion  für  den  Wasserverkehr  eine  j^ewissc  W  ichtigkeit.  *)  Die 
Schweriner  I^ischöfe  legen  dort  schon  im  Xlll.  Jahrhundert  für  ihre  Korn- 
Zehnten  einen  Spciclier  (<,'ranarium|  an,  die  I'ürsten  \on  Mecklenburg  im 
XV'I.  Jahrhundert  für  ihre  Hauten  ein  Kalk -Haus,  und  noch  im  Jahre  1G76 
nehmen  cfie  Wismar 'sehen  Kaufleute  für  den  Fall,  dass  der  damals  verfallene 
Kanal»  die  sog.  Viediersche  Fahrt  nach  Wismar,  wieder  in  Gang  komme,  die 
Anlage  eines  Komhauses  bei  der  Viechder  Sdianze  in  Aussicht  *)  Die  Grün- 
dung  der  Kirche  wird  schon  ins  XII.  Jahrhundert  zu  setzen  sein;  urkundlich  aber 
wird  das  Gotteshaus,  das  manche  glänzende  V'ersammlung  von  Fürsten  und 
Prälaten  in  seinen  Mauern  gesehen,  nicht  eher  .iN  im  2.\.  April  1310  genannt. 
Iis  ist  bei  Gelegenheit  der  Hestaligung  emer  vom  Knappen  Ludolf  von  V'iechelii 
und  seiner  Schwiegermutter  Atheidis  gestifteten  Vikarei  durch  Fürst  Heinrich 
von  Mecklenburg.*)  Dabei  darf  nicht  übersehen  werden,  dass,  als  am  13. 
September  131 1,  also  beinahe  anderthalb  Jahr  später,  der  fürstlichen  die 
bischöfliche  Bestätigung  folgt,  der  I"aini!ie  von  Plessen  in  nachdrücklich.ster 
Weise  das  Patronatsrecht  til)cr  diese  Stiftung  eines  Andern  gewahrt  wird.'') 
Das  könnte  befremden,  wenn  nicht  aus  einer  Urkunde  des  spateren  Herzogs 
Albrecht  vom  19.  Februar  1351  zweifellos  hervorginge,  dass  dem  Plessen- 
schen  Stamm  von  alter  Zeit  her  eine  Reihe  von  Grundrechten,  wie  Bede, 
Wagendienst  »mit  deme  kerklene  in  deme  dorppe  thä  Vigle  alse  he  vnde 

')  M.  U.-U,  125,  —  Vyl.  Kuhnel,  M.  Jahrb.  XLVI,  S.  150. 

■j  M.  U.-B.  1S70.  4001.  4208.   LUch,  M.  Jihrfo.  XII,  S.  176.   liier  war  auch  die  De- 

<^(  r  Fiir^r[:i  Anavn,:  i  niii  ihrem  aus  langjShriger  Ge&nBetMcliaft  inrttclc^kehrten  Gemahl, 
ticin  Fürsten  Heinrich.    Kirchberg,  Kap.  133. 

*)  M.  U.-B.  609.  870.  —  Liach,  IC  Jahrb.  ni,  II,  S.  14$.  —  Bnnneister,  M.  Jahrb.  X, 
Seite  199. 

*i  M.  L.-n.  3394. 
M.  U.-B.  3485. 


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AMTSGktttcirrsBfizmK  wisuail 


sine  clderen  van  vnsen  ekleren  dat  vris^ost  hcbben  hat.«  g^ehörte.')  Offenbar 
waren  aber  die  Herren  von  IMcsscn  zu  jener  Zeit,  als  Ludolf  und  dessen 
Schwiegermutter  Alheydis  die  gen.  Vikarei  stifteten,  nicht  bereit,  von  ihrem 
Pütronatsrecht  aach  nur  das  Mindeste  herzugeben.  Auch  bethätigten  sie 
bald  darauf,  in  den  Jahren  1313  und  1316,  ihr  Interesse  durch  weitere 
kirchhche  StiitunjTcn.*)  Alles  das  bewdst,  dass  einer  ilirer  Ahnherren  Gründer 
und  Krbam  r  tli-r  Kirche  war,  und  darum  erscheint  es  verständhch,  wenn  alt- 
gewohntem liraiiche  tjemä.ss,  die  h'amiHe  an  den  ihr  erwachsenen  Rechten  nicht 
die  geringste  Beeinträchtigung  oder  Sclimalerung  erleiden  wollte.  Krwägt 
man  femer,  dass  die  hochgotliischen  Formen  der  Kirche  auf  die  letzte  Zeit 
des  XIII.  Jahrhunderts  oder  auch  auf  die  Wende  von  XIII.  zum  XIV. 
Jahrtiundert  hinweisen,  sowie  dass  in  der  Kirche  noch  heute  eine  swdfdlos 
dem  Xin.  Jahrhundert  angehörende  hölzerne  Ritterstatue  aufbewahrt  wird, 
welche  von  alter  Zeit  her')  als  jener  Ritter  von  Plesscn  gilt,  der  die  Kirche 
gegründet  habe,  und  nimmt  inan  hinzu,  dass  di'e  schon  angeführte  bischöf- 
liche Urkunde. vom  13.  September  131 1  unter  den  damals  lebenden  älteren 
Gebrttdem  den  Ritter  Bernhard  v<m  Piessen  in  auflbUender  Weise  hervorhebt, 
so  ist  es,  wie  wir  glauben,  nidit  zu  weit  gegangen,  wenn  wir,  unbeschadet  * 
der  Betheiligung  der  übrigen  Familienmi^lieder,  ihn  ab  den  dgenüidien 
Erbauer  der  jetzt  stehenden  Kirche  ansehen.  Dabei  mag  es  dahin  gestellt  ' 
bleiben,  wie  vielen  Werth  die  ältere  Tradition  hat,  nach  welcher  schon 
der  erste  mit  Heinrich  dem  Sachsenherzog  ins  Land  gekommene  Helmold  von 
Piessen  der  Gründer  nicht  bios  der  Kirche  von  Hohen -Viechein,  sondern  auch 
derer  von  Brüel,  Müsselmow,  Holzendorf,  Herzberg,  Wahmkow  und  Bibow  war. 
Immerhin  mag  dieser  die  erste  Kapelle  in  Viechdn  gebaut  haben,  in  ihr  be- 
graben sein  und  später  von  seinen  Nachkommen  in  der  grösseren  Kirche  des 
XIII.  Jahrhunderts  durch  Aufstellung  eines  Grabdenkmals  mit  der  jetzt  noch 
vorhandenen  Ilolz.statue  als  Ahnlictr  besonders  geehrt  worden  sein.  Denn 
ihrem  Kostüm  nach  passt  diese  Ritterfigur  so  ziemlich  für  die  ganze  Zeit  des 
XIII.  Jahrhunderts,  für  den  Anfang  wie  für  den  Schluss. 

Bis  zum  Jahre  1437  bleiben  die  Herren  von  Piessen  im  Besitz  vtm 
Hohen -Viecheln,  das  ihnen,  nach  durchaus  glaublicher  alter  Ueberlieferung, 
schon  von  Herzog  Heinrich  von  Sachsen  und  Baiem  gegeben  war.  Da  ver- 
pfänden sie  ihr  ganzes  Dorf  und  Gut  für  die  Summe  VOn  2300  Mark 
Lübisch  an  Berthold  Barsse  (Bersse)  auf  Kambow,  und  von  nun  an  mdirt 


')  M.  U.-B.  742t. 

*)  M.  U.-B.  3teT.  3843.  3878.  3879.   In  einer  tpiteren  Urkunde  von  Jabie  1451  lumdelt 

e>  silIi  nicht  um  eine  alwrmalifjc  Su'ftung,  wie  Lisch,  M.  Jahrb.  VI,  S.  192,  berichtet,  MMldciD 

um  Vcilfiliung  der  s*;li<)n  vorhatificncn.    Vgl.  Akten  im  Clrussh.  Artliiv  711  Schwerin. 

*)  Im  Kircheitvisitatiuniiprotuküll  von  1648  heiäst  es:  «Ein  hölzern  bildt  Mannes  Lange 
•ol  de*  Fmdatoren  dieier  Kirchen  nahmen«  Piesaeni  Bildtnns  lein*.  Die  Sllefe  Tradition  pAt 
ihm  den  N.imeii  Ilelmold:  z.  B.  M.  Beruh.  Latomi  orifjitie»  Plessi.icac  Megnpolcnsei  CoDtCtae 
Anno  1611  b«i  \Vcst|>halen,  Mon.  Incd.  III,  S.  1922.  Mit  Abbildung.  —  Wehner,  Freimltb. 
Abendblatt,  1831,  Nr.  647.   Lisch,  M.  Jahrb.  in.  B,  S.  14$. 


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KIRCHDORF  HOHEN -VIECHELN.  2S9 

sichf  nach  Ausweis  zahlreicher  Akten,  die  Anle|TiinjT  von  Privat-Kapitalien  in 
Renten  aus  dem  alten  riosscn  schen  Kirchdorf,  l'^nter  (U  iion,  w  eicht' Viechcl 
sehe  Kenten  kaiifiii,  mutzen  ausser  dem  Kloster  Mari^enuoldc  in  I.auen- 
burg,  das  schun  unter  den  ricssen'.s  seine  Anreclite  erworben  hatte,  die 
Papagoyen-Getellschaft  2u  Wimiar,  die  Vorsteherschaft  von  St.  Marien  eben- 
daselbst, die  Antoniter  zu  Tempzin  und  die  Kalandsbruderschaften  von  Zurow 
und  Bibow  genannt  werden.  Dazu  manche  angesehene  Privatpersonen.  Zwar 
gicbt  die  PIcssen'sche  Familie  den  Gedanken  an  eine  WieiU  r  I  jnlMsinit;  V'iechelns 
nicht  auf.  Sie  ven^öniU«  das  ihr  seit  1377  zustehende  Recht  der  (iesammt- 
hand  ')  im  Hesundern  atn  1.}  April  1 504  dein  Heinrich  von  IMessen  auf 
Bruel  (••■  1510),  ist  aber  aucli  zu  gleicher  Zeit  damit  einverstanden,  wenn  die 
Herzöge  einstweilen  die  Wieder- Einlösung  übernehmen  und  der  Familie  ihr 
altes  Recht  reservieren  wollen.  Indessen  drei  Jahre  später,  den  26.  August  1 507, 
haben  sich  die  Verhältnisse  dahin  geändert,  dass  die  Herzöge  Heinrich  und 
Albrecht  Cut  und  Dorf  Viechein  mit  Ziistimmun[,'  des  weitaus  gnissten  Tlu  ils 
der  h'amilie  (ein  kleiner  Thcil  j)ri  »testiert  n>>ch  im  Jahre  l  50<>)  erb  und  eiijen- 
thümlich  für  3200  gute  Mark  ubernehmen.  Mit  the.sem  Akt  ist  die  tjrundlagc 
zu  dem  heutigen  domanialcn  Rechtszustande  des  Dorfes  gegeben.  Erwähnt 
mag  noch  werden,  dass  es  schon  im  Jahre  1551  ein  recht  grosses  Dorf 
gewesen  sein  muss.  Denn  bei  der  Verleihung  eiiws  Kirchcnbeneficiums  im 
November  dieses  J  ihres  gebraucht  Herzog  Heinrich  den  Ausdruck  in  ecclesia 
parrochiali  oppiduli  nnstri  X'ichelt.  Das  erinnert  an  den  im  X\'II  und 
XV'III.  Jahi hundert  für  das  Dorf  Rocknit/.  gebrauchten  Ausdruck  Stadtlein» 
im  ersten  Bande  der  M.  Kunst-  und  (icschichts-Denknuder,  S.  560,  Anmkg. 
Wie  im  Mittelalter  unter  der  Vogtei  Mecklenburg,  so  steht  Viechein  gegen- 
wärtig unter  dem  daraus  hervorgegangenen  Amt  Mecklenburg,  das  1828  mit 
Wismar- Peel  und  1831  auch  mit  Redentin  zu  einem  Verwaltungskörper  ver- 
bunden worden  ist 

Ausser  dem  schon  genannten  Priester  Simon  (Symon)  um  1178  finden 
wir  in  den  älteren  Urkunden:  1306  einen  Tlebanus  Bernhard  (  lot.  um  131  l 
einen  Kector  Henricus,  von  13 19  bis  1326  einen  I'lei)anus  lliidericus.  um 
1340  einen  Vicarius  perpctuus  Heinrich  Mund,  sodann  in  den  jüngeren  Kirchen- 
visitationsprotcdcollen  und  Akten:  1534  Johannes  Karstede  (berufen  1530); 
1541  Job.  Gripe;  1580  bis  1593  Jochim  Bressmann  (Brisemannus),  der  auch 
die  Kirche  zu  Rubow  bedient,  wo  1580  noch  ein  eigener  Pastor,  Lazarus 
Schlüter,  war;  von  1C03  bis  1617  Pastor  Joh.  Rüther  (Buter),  der  Rubow  als 
»Filialkirche^  von  X'iecheln  zu  verwalten  hat.  (Rubow  bleil>t  bis  zum  Abbruch 
der  Kirche  im  Jahre  1782  bei  V'iecheln,  kommt  dann  aber  zu  Kctgendorf, 
von  wo  es  schon  im  X\'I.  Jahrhundert  durch  den  Pfarrer  Jürgen  Kumpell 
(1542)  vorübei^ehend  bedient  worden  war);  1625  bis  1650  Joadiim  Nelius; 
1650  bis  1684  Joh.  Rieder;  1685  bis  1691  Konrad  von  der  Wettering;  1692 
Petrus  Calander;  1693  bis  1720  (?)  Helm.  Joachim  Siggelkow  (f  1742);  1720 

')  Vgl.  M.  U.-B.  II 033. 

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290 


AMTSGERICITTSBEZIRK  WISMAR. 


bis  1762  Julius  Krnst  Heino;  1763  bis  1791  Andr.  Vincenz  Friedcrici;  von 
1792  an  Pastor  Guntlicr.  Ucber  ihn  und  seine  Nachfolger  vgl.  Walter, 
Unsere  Landesgeistlichen. 


Kirclie  zu  1  lohen  -  Vieclielri  von  Südosten  gesehen. 


Kirche.  Die  Kirche  ist  eine  aus  Ziegeln  erbaute,  gewölbte  dreischiffige  Hallen- 

kirche auf  (jrundlage  eines  länglichen  V'ierecks.  Alle  drei  Schiffe  sind  gleich 
lang,  gleich  breit  und  gleich  hoch.  Ihre  Scheidung  wird  durch  säulenartig 
aufgemauerte  ninde  Pfeiler  bewirkt,  je  vier  auf  jeder  Seite,  aus  denen  sich 


(irundriüs  der  Kirche, 


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KIRCHDORF  HOHEN  -  VIECHELN. 


291 


Gurten  lind  Rippen  frei,  d.  h.  ohne  Unterlager  von  Kämpfer-  und  Kapitcll- 
glicdern  entwickeln.  Eine  in  die  Augen  springende  grössere  bauliche  Trennung 
von  Chor  und  Schiff  ist  vermieden,  doch  ist  jener  um  drei  Stufen  gegen 
dieses  erhöht.    Wie  Mauer A'erzahnungen  auf  der  westlichen  Aussenscite  bc- 


Südseite  der  Kirche  zu  Hohen -Viechcin. 

weisen,  war  ein  Thurm  einstmals  geplant;  er  ist  aber  niemals  zur  Ausfiihnmg 
gelangt,  und  ein  Theil  der  \'crzahnungen  ist  spater  gewaltsam  abgeschlagen 
worden.    Mit  ihren  hohen  dreitheiligen  Fenstern  macht  die  Kirche  von  aussen 


OsUeitc.  Querschnitt  des  Chores. 


einen  vornehmen  Kindruck,  im  Innern  aber  erscheint  fiir  die  vcrhältni.ssma.ssig 
geringe  Weite  untl  Tiefe  des  Raums  der  Aufwand  von  Säulenpfeilern  und 
Gewölben  allzu  gross. 

Altar.  Der  frühere  Altaraufsatz,  der  hinter  dem  jetzigen  neueren  Aufsatz  .\ltar. 
steht,  ist  ein  altes  polychromes  Renaissanccwerk  aus  der  Zeit  des  Herzogs 
Adolph  Friedrich,  eigenartig,  verwandt  dem  Werk  in  der  Kirche  zu  Mecklen- 
burg und  gleich  diesem  schon  von  dem  bekannten  Knorpel-  und  Ohrenstil 
beeinflus.st.  Alles  ist  aus  Molz  geschnitzt.  In  der  Mitte  die  Kreuzigung,  unter 
ihr  das  Abendmahl  und  über  ihr  die  Auferstehung.    In  der  lickrönung  die 

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292 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Kanzel  und 
Orgel. 

Leichen- 
steine. 


V,  Plessen- 

sehe 
Holzfignr. 


'rriimi)»h- 
balkcn- 
gruppe. 


Halbfigur  von  Gott  Vater  als  Welthcrrschcr,  darüber  Christus  in  kleinerer 
Figur  als  triumphierender  Salvator  mundi.  I.ngcl  rechts  und  links.  Noch 
tiefer,  in  Nischen,  Moses  mit  den  Gesetzestafeln  und  der  Kngel  der  Gerechtig- 
keit mit  der  Waage,  welche  .sonst  links  und  rechts  als  Seitenschmuck  an- 
gebracht waren.  Der  neue  Altaraufsatz  enthält  ein  Oelgemälde  von  Theodor 
Fischer,  das  die  Himmelfahrt  Chri.sti  darstellt.  Darunter  ein  älteres  Schnitz- 
werk, das  Abendmahl, 
das  vielleicht  einem 
Triptychon  vom  An- 
fang des  XVI.  Jahr- 
hunderts  entlehnt  ist. 

—  Ueber  Kanzel  und 
Orgel  ist  nicht.s  He- 
sonderes  zu  bemerken. 

—  Leichen&teine.  Im 
Chorraum  drei  Leichen- 
steine:  der  des  Kon- 

sistorialraths  Siggel- 
kow,  geb.  1668,  gest. 
1742;  der  des  l'a.st()rs 
Friederici,  geb.  1730, 

ge.st.   16.  November 
1791;  und  hinter  dem 
Altar    der   des  Con- 

radus  Wettering, 
pastor  hujus  ecclcsiae, 
anno  1695  (s.  o.).  — 

An   der  nördlichen 
Aussenwand  steht  auf 
einer  Konsole   die  in 
Holz  geschnitzte  Figur 
des  Gründers  der 

Kirche,    des  Ritters 
von    Plessen.  Gute 
Figur  in  Lebensgrösse 

aus  dem  XIII.  Jahrhundert  (s.  o.).  I^in  Ki.ssen  unter  dem  Kopf,  das  man 
thörichter  Weise  entfernt  hat,  weil  es  für  die  jetzige  Aufstellung  nicht  zu 
pas.sen  schien,  deutete  einstmals  an,  dass  die  Figur  liegend  ein  Kcnotaphium 
oder  einen  Sarkophag  deckte.  Abgebildet  bei  Westphalen,  Mon.  Ined.  III, 
Taf.  zu  S.  1922  und  im  Freim.  Abendblatt,  1831,  S.  647.  —  Auf  dem  Orgel- 
chor .steht  in  sehr  altem  Schnilzwerk  eine  der  gothi.schen  Zeit  des  XV.  Jahr- 
hunderts angehörende  gro.ssc  Triurophbalkengruppe  (Krucifixus.  Johannes, 
Maria),  alle  drei  l'"iguren  über  Lebensgrösse.  Lbendurt  auch  zwei  Madonncn- 
bildcr,  ein  Diakon  und  die  Figur  der  hl.  Katliarina. 


Inneres  der  Kirche  su  Hohen  Vicchcln. 


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KIRCHPORI-   HOHEN  •  VIECHF.LN. 


Im  Kinfjangc  zur  Kirche  nordwestlich  die  ehcmalifjc  alte  Flinte  aus  Küntc. 


Granit. 


nie  Kiinlc  stand  fniher  im  l'farrgarten.  Die  in  der  Döpe»  gefundene 
Fünte,  an  \vc-I(  lie  si»  h  die  bekannte  Sage  von  der  gewaltsanien  'I'aiife  der 
wendischen  BevDlkeriing  knupft,  ist  nach  Biitzow  gekommen  und  dort  in  den 
(iarten  des  Professors  Dr.  Stötzer  gerathen.    Vgl.  die  vor/,üghche  Abhandlung 

von  Lisch  über  den  Namen  des  See.s  im  M. 
Jahrb.  V,  S.  123,  und  die  neue  Erklärung  des 
Fundes  bei  Kaabe-Quade,  Vaterlandskunde  I,  S.  8  1  2. 


Glocken.  Im  filockcnstuhl  zwei  (Hocken.  Die 
j^ni.ssle  i.st  von  1679.  Ihre  Unischrifl  lautet:  KOMM, 
KOMM  JA  KOMM  DOCH  BALD  UND  HÖRE  GOT- 
TES WORT.  SO  WIRST  DfU  GLÜCKLICH  SEIN,  JA 
SELIG  HIE  UND  DORT.  Auf  einer  Seite  das  mccklen- 
burj^ische   Wappen,    darüber    die   Initialen   C  •  L  • 


( lUx'kcn. 


Kitt«r  rieäaeti. 


H  •  Z  •  M  •  des  Hcrzoj^s  Christian  I.ouis  zu  Mecklenburg.  Darunter  die  Worte: 
DIENET  DEM  HERRN  MIT  FURCHT.  PS.  2.  Auf  der  anderen  Seite:  JOHANNES 
RIEDER.  PASTOR  ZU  VICHEL,  KOMMET  HER.  HÖRET  MIR  ZU,  ICH  WIL;L) 
EUCH  DIE  FURCHT  DES  HERRN  LEHREN.  PS.  34.  Dazu  der  Name  des 
Gies.sers:  JOCHIM  MEHLER  ME  FECIT  ANNO  1679.  Die  zwcitgrös.ste  Glocke 
ist  von  1723.  Auf  der  einen  Seite  das  mecklenburgische  Wappen  mit  der 
Uebcrschrift:  V.  G.  G.  CAROL.  LEOPOLD  H.  Z.  M.  JULIUS  ERNST  HEINO 
SUERINENSIS  MEGAPOLIT.  PASTOR  VICHEL  ET  RUBAU.  M.  BEGUN  HAT 
MICH  GEGOSSEN  ANNO  1723.  .Auf  der  anderen  Seite  das  Sperlinc^  schc 
Wappen  mit  der  L'mschrift:  H.  JOCHIM  ULRICH  VON  SPERLINGK.  ERBHERR 


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394 


AMTSGBRICHTSBBZIRX  WISMAR. 


ZU  RUBAU.  —  Unter  dem  Kirclicntlach  liän^'t  itn  (Xstcn  dir  dritte  Glocke. 
Auf  der  einen  Seite;  SIT  NOMEN  DOMINI  BENEDICTUM  ANNO  1567;  auf  der 
andern  Seite:  HANS  BRANDT. 

GemlUde.  Gemälde.    An  der  Ost^\  aiul  di  r  Kirche  zwei  Oelgemälde  in  Rriistbild- 

form,  Piirtraits  des  Pastf>r^  Friederici,  f  16.  November  1791  und  des  Prä- 
positus  Müller,  f  29.  September  1859. 

Kleinkunst-  Kleiofanntwcrke.    i.  Kleiner  gothischer  Kelch,  aur  sedueddgem  Fuss 

werke,  und  Schaft,  mit  kräftig  entwickeltem  Nodus.  Auf  den  RotuU  der  Jesusnamc 
(ibcfFld)  in  lüiiaii  (V)  und  Ii  sind  versetzt).  An  den  Annuli  Blumen  und  Ranken. 
Das  Signaculuni  ein  \ («llplastischcr  Krucitixus.  Die  zutjehörigc  Patene  zeigt 
einen  vertieften  Vicrpass.     Heide  ohne  W  rrkzeichen.    Inschrift  am  Fuss  des 

Kelches:  Vtfftn  *  XtelH  *  Ijcft  *  oljcbcu  §  tjcr  §  Diiirift  §  IDefeBom,  deme 
^^ttt  unttoid^  fi**)  —  2.  Grosser  Kelch,  auf  rundem  Fuss,  mit  bimförmtgem 

Nodus  und  einem  in  eine  Rococo- Kartusche  hineingravierten  Krucifixus.  Am 
Fuss  das  Wi.smar'sclie  Stadtzeichen  und  der  Meistersteni]»  !  fTc^  (Jochim  Gade). 
.An  der  Kupa  der  Spruch:  JESU  LASS  DEIN  THEURES  BLUT  KOMMEN 
MEINER  SEEL  ZU  GUT.  Dazu  die  Worte:  DAS  WAS  VON  DIEBEN  WAR 
ENTWAND  ERSETZET  FROMMER  CHRISTEN  HAND.  ANNO  1720  FAST. 
NEUN.  JOACH.  SIQQELKOW.  Patene  ebenso  gestempelt  —  3.  Oblaten- 
schachtel, herzförmig.  Meisterzeidien  B  {Baltnr  CMo),  zweimal.  In  der  Mitte 
des  Deckels  ein  D<)ppcUva])pen  mit  der  Umschrift:  S.  8.  HINRIK  SPERLINGK. 
FRAU  URSULA  DOROTHEA  NEGENDANKEN  1704  .j.  5.  6.  Neues  Gcräth 
zur  Kranken -Kommunion,  bestehend  aus  Kelch,  Dose  und  l'atene,  von  / 
Silber  (l'atcnc  vergoldet).  Nebenstehendes  Zeichen.  —  7,  Neue  silberne  [a 
Altarkanne,  ohne  Inschrift..  —  8.  9.  Zwd  neuere  Taufbecken,  beide  von 
Messing,  das  eine  aber  versilbert  —  10.  11.  12.  13.  Vier  zinnerne  Leuchter, 
zwei  grössere  mit  der  Inschrift:  DER  KIRCHE  ZU  HOHEN- 
VtCHELN  GEHÖRIG.  1841.  Im  Fuss  drei  Stempel;  dazu 
zwei  kleinere  Leuchter,  der  eine  mit  der  p^leichen  Inschrift 
w  ie  die  vorit^en  untl  den  folgenden  /eiclu  n:  W'ismar'sches  Wappen  im  Kreise, 
daneben  rechts  und  links  ein  Kreis,  der  das  Bild  einer  Kirche  mit  Thurm  und 
dazu  die  römische  Zahl  XIII  entiiält;  der  andere  Leuditer  ist  ohne  Schrift 
und  Zeichen.  —  14.  IS-  16,  17.  18.  19.  Weiteres  zinnernes  Geräth:  Ein  Kdch 
ohne  Schrift  und  Zeichen,  auf  rundem  Fuss.  Hin  anderer  mit  der  Inschrift: 
DER  KIRGEN  ZV  RVBAV.  Ein  dritter  auf  viereckigem  Fuss,  als  Werkzeichen 
ein  fliegender  llngel,  I'jne  grössere  Patene  zum  ersten  Ziniikeleh,  ohne 
Schrift,  als  Werkzeichen  fünf  lllattcr,  Rose  unter  Krone,  in  der  Krone  F  P. 

')  Tiber  Herrn  llinril;  Wfüclwm,  RathsVierrn  von  Wistnnr  im  XV.  Jahrlinridcri,  s.  u.  (be- 
schichte ilcs  Kirchdorfes  Beidendorf.  Ferner  Crull,  Raihslinie  Nr.  24S.  Testament  vom  22.  Aug. 
1441.    Er  vermschte  8  «wegheae  mark  van  mjrme  tefeUmyde  ao  lepelen  vnde  an  sealen«  adner 

Wiuwe  Cicbbckc  für  liio  Zeit  ihret  I.ebens.  Nach  ihrem  Tode  sollten  arme  rioitcbhäuser  davon 
Kelche  crhiUfii.  Je  cinci)  grossen  ■•ilbrrncri  'Kopf«  ^ab  er  ZU  Abcndmahlskelchen  an  MUhlen» 
Eixen  und  Beidendorf.    Vgl.  Schröder,  l'ap.  M.,  S.  1993. 


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KIRCHDORF  BEIDENDORF. 


29$ 


Eine  kleine  Patenc,  als  Werkzeichen  ein  fliej^ender  I'.n^el.  I'"ine  sechsseitige 
Schraubflasche  mit  der  Inschrift:  KIRCHE  ZV  VICHELN  1679;  Werkzeichen 
fehlen. 

Im  Westen  des  norfcs,  an  dem  Kirchsti  iL;,  (k  r  von  Kleinen  komnit.  S.  Invcden- 
bcfinden  sich  an  einer  Stelle  ui  ^tlich  vom  SchilTL;r,il)eii  l 'i  hcrre^te  einer  ehe-  schanze.« 
maligen  Hefotij^un}^.  l.s  ist  rinc  Anlaj^e  in  ilcr  I'<nin  eiiu-.  UmiVtrahlim  n 
Sterns.  Sie  hcisst  im  V'olksmunde  >die  Scbwedeoscbaozc  und  niaj^  auch 
wohl  nicht  älter  sein  ab  das  XVII.  Jahrhundert.  Aber  es  sind  bis  heute 
keine  Nachrichten  darüber  gefunden,  wann  und  von  wem  und  zu  welchem 
Zweck  sie  angelc^jt  worden,  vidi«  Icht  /um  Scluitz,  bczw.  zur  Verhinderung 
von  Aus-  und  ICinfahrt  auf  ilem  Kanal  I  )ass  sie  l<>74  bereits  vorhanden 
war,  beweist  ihre  I  .rw  ahnung  in  emcm  \\  i-smar  schen  RatlisprotukoU  dieses 
Jahres.    Vgl.  M.  Jahrb.  X,  S.  159. 


Dorfes. 


Das  KIreMorf  BeMemhirf. 

fit  Beidendorf  (Bcgcnth'<r]) .  Hr\ cikIi .qie ,  Heyt,'end<)rpc),  das  9  km  süd-  Geschichte 
westlich  von  Wismar  liej^t  und  unter  de^^t-n  Hcwohnern  zwischen  1230  des 
und  1234,  gleich  beim  ersten  Mal,  wo  es  genannt  wird,  auch  ein  Mann  liege 
oder  l^cyc  vorkommt,  dessen  Name  mit  dem  des  deutseh  bezeiclmetcn  Ortes 
ohne  Zweifel  in  engem  Zusammenhange  steht,  verlassen  wir  innerhalb  des 
WIsmar'schen  Amt^richtsbezirks  die  alte  Schweriner  Diöcese  und  betreten 
wiederum  die  Katzeburgcr  sowie  das  Gebiet  des  Archidiakonats  zu  Kehna. 
Kirche  und  Pfarre  sind  um  1230  bereits  vorhanden,  tler  I'leban  heisst 
Dietrich  (  Theodericus).')  Hundert  Jahre  spater  wird  Heidendorf  in  der  Taxe 
der  Katzcburgcr  Kirchen  und  geistlichen  Lehne  mit  L'msetzung  aller  Natural- 
lieferungen  in  Geld  auf  XXX  Marie  Silbers  veranschlagt.  Um  diese  Zeit 
gehört  der  Ritter  Johannes  Storm  mit  zu  denen,  die  in  Beidendorf  begütert 
sind.*)  Wieder  ungefähr  sechzig  Jahre  später,  nämlich  1396,  finden  wir 
einen  Kirchherm  Nikolaus  Dargetzow  und  als  Kirchenvorsteher  einen  Hermann 
Karow  sowie  den  Xikoluis  Dünnebik  uml  Konrad  Diinnebik.  deren  Namen 
acht  niediTsncli^i-icl)  (bramischweigisch}  klingen,  AU  ( iruiulluTrcn  alier  tret'fen 
wir  hier  untl  in  Scharistorf  während  des  XV.  Jahrhunderts  die  Herren  von 
Ijohe,  die  in  Urkunden  und  Akten  oft  genug  genannt  werden.  Doch  der 
mächtigste  in  Beidendorf,  dem  mittelalterlichen  Sammelpunkt  der  Stände 

«)  M.  f  .-H.  .575.  ^    374  4-1. 
»)  M.  L.-b.  4277.  427s,  5Ü13. 


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296 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


des  alten  I^-intles  Mecklenbiirj^, ')  n  ie  überhaupt  in  der  ganzen  alten  Mccklen- 
burj;cr  Vo^ci,  ist  Hinrik  von  Stralendorf,  der  besonders  in  den  drcissif^er  Jahren 
des  XV'.  Jahrhunderts  bald  grossere,  bald  kleinere  Minkünfte  aus  Heidendorf 
und  anderen  benachbarten  Gütern  an  den  Wismar'schen  Rathsherrn  Ilinrik 
Wesebom  für  entsprechende  Kapital -Zahlungen  abgiebt.  Die  Verhältnisse 
ändern  sich,  als  ungefähr  hundert  Jahre  später,  nämlich  1524.  Herzog  Albrecht 
zu  Mecklenburg  seinem  Rath 
und  Ritter  Matthias  von 
Oertzcn  das  Dorf  Bciilcndorf 
und  zwei  1  löfe  zu  Scharfstorf 
als  Gnadenlehn  übergiebt.  In 
Oertzen'schem  Hesitz  bleibt 
Beidendorf  bis  1609.  Da 
werden  die  Hrüder  Hartwig 
und  Joachim  von  Hiilow  auf 
Plüschow  die  Rechtsn:ich- 
folgcr  der  Herren  von  Oertzen 
und  treten  damit  zugleich 
den  ehemaligen  Lehnbesitz 
der  Herren  von  dem  I.oe 
(I,ohe)  in  Reidendorf  und 
Scharfstorf  an.  Sie  halten 
sich  hier  und  auf  I.utterstorf 
bis  in  die  siebenziger  Jahre 
des  vorigen  Jahrhunderts. 
Die  Akten  über  die  Debit- 
masse des  letzten  Kammer- 
herrn von  Rülow  auf  I,ut- 
terstorf  und  Beidendorf  rei- 
chen von  1768  bis  1787. 
Ihm  folgen  als  Iiigenthumer 
auf  Beidendorf  17S5  Hein- 
rich SuscmihI,  1790  Lieute- 
nant Martin  Jakob  Pentzlin, 
1799  t'hristoph  Aug.  Hart- 
meyer, 1S04  Hauptmann  Ludwig  Heinrich  Phil,  von  Ramdohr,  1810  der 
Kanunerjunker  Hans  Jaspar  vt)n  Both  und  1816  Heinr.  Andr.  Wilh.  I'cdder.sen. 
Sein  Sohn  \V.  Theodor  wohnt  bis  1875  auf  Beidendorf  Ks  folgen  bis  1886 
tlic  Gebriuler  Brockmüller.  Im  Jahre  1886  kauft  Friedr.  Ad.  Rodde  aus  Lübeck 
das  Gut  und  lässt  es  im  December  desselben  Jahres  allodificieren.  Zur  Zeit 
ist  Peter  Adolf  Rodde  der  Besitzer  von  Beidendorf 

Mehr  vorreformatorischo  Plebane  als  die,  welche  oben  bereits  genannt 
sind,  geben  die  älteren  l'rkunden  bis  jetzt  nicht  her.    l^m  1542  ist  Johannes 

')  M.  Ji.lirb.  Ml   S.  176.    XXX,  S.  III. 


Kirche  zu  HeiJciidurf. 


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KIRCHDORF  BETOENDORF. 


297 


Schulte  Inhaber  des  Kirchlehns;  zwischen  1573  und  1603  Joachim  Glupe 
(filiibcns,  GKibaius);  zwischen  1614  und  1653  ist  Ilinriciis  \'n]^t  (V'a^ctius) 
nachweisbar;  von  1654  bis  1691  Albertus  Kruj:,'cr;  zwischen  1693  (vielleicht 
schon  früher)  und  1727  Joh.  Georg  Tolchow  (I'olcitovius),  von  1727  bis  1732 
Christiaii  Giesc;  von  1733  bis  1737  Joachim  Christoph  Plancke;  von  1737  bis 
1741  Pastor  Nann;  von  1743  bis  1755  David  Ulf.  Schregell;  von  1756  bis 
1764  Herrn.  Christ.  Rhades;  ihm  folgt  Joh.  Fricdr.  Hintie  (bis  18Q4).  Die 
Pastoren  des  XIX.  Jahrhunderts  s.  bei  Watter,  Unsere  LandesgeistUchen. 

Die  Kirche  ist  ein  gothischer  Backsteinbau,  mit  Verwendung  von  Granit  Kuvbe. 
am  Fundament.   Der  Chor,  welcher  glatt  abschlicsst  und  gegen  das  Langhaus 


Gfiiödiia$  der  Kirdie  s«  Beidcn<iorf. 


um  eine  Stufe  erhöht  ist,  zeigt  eine  reichlichere  Verwendung  behauener  Granit- 
steine. Beide  Theile,  Schiff*  und  Chor,  sind  mit  je  zwei  Kreuzgewölben  ge- 
schlossen, ebenso  die  an  die  Nordostecke  des  C^hors  gesetzte  niedrigere 

Sakristei.  Im  Chor  gewahrt  man  eine  gute  Aiisl>ildung  von  Rippen  und 
Dien.sten.  Die  Dienste,  deren  Basen  unter  dem  neuen  Zie^'elpflastcr  der  Kirche 
hegen,  haben  die  Form  halbrunder  Pilaster  und  trageti  würfelförmige  Kapitelle. 
Die  auf  ihnen  aufsetzenden  Rippen  sind  birnenförmig  profiliert  und  haben 
jederseits  einen  Rundstab  neben  sich.  Weniger  schön  sind  die  Detailbildungen 
in  den  Gewölben  des  Schiffes,  die  ausser  den  Diagonalrippen  auch  eine  Längs- 
rippe  aufweisen.  Hier  fehlen  die  Dienste,  die  Dia^onalrippen  steigen  von 
ansc^ckragten  rohen  Steinen  empor.  Chor  und  .Schiff  sind  somit  aus  ver- 
schiedener Zeit,  jener  mat;  dem  XIII.  Jahrhundert  auj^^eh»  iren,  in  dcssi-n  /weiter 
Hälfte  der    frühgothische   Stil   bereits   mit  einer   gewissen  Entschiedenheit 


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298 


AMTSGEUCHT8BEZIRK  WISMAR. 


herrschte,  dieses  ist  erst  viel  später  erbaut.  Der  mit  in  die  Kirche  <:^ezo{Tenc 
Raum  des  riiurmcs,  der  als  junt;slc-r  Theil  der  Kirche  angesprochen  werden 
muss,  und  in  dem  die  Orgel  aufgestellt  ist,  hat  eine  flache  Decke.  Die 
Wiricung  der  spitzbogigcn  Fenster  der  Kirche  wird  zur  Zeit  durch  ihr  wenig 
ansprechendes  hölzernes  Pfosten- 
werk beeinträchtigt.  Am  Chor, 
als  dem  älteren  Theil  der  Kirche, 
sind  Lisenen  zu  bemerken ,  wie 
sie  dem  rumanisclicn  Stil  eitlen 
sind;  auch  findet  sich  dort  ein 
Fries,  dodi  ist  seine  Gestaltung 
im  Guunkter  späterer  Zeit  (ab- 
getreppte Zickzacklinie,  darunter 
eine  Ziegellage  in  P'orm  der  Strom- 
schicht). Das  massige  Mauerwerk 
des  Thurmes  tragt  einen  Helm, 
der  sich  mit  Hülfe  von  Schild- 
giebehi  aus  dem  Viereck  des 

Thurmgemäuers  m  dne  achtseit^  Pyramide  umsetzt  Auf  der  Südseite  des 
Chors  eine  Voihalle,  das  sog.  Leichenhaus,  und  auf  der  Nordseitc,  an  der 
Sakristei,  eine  aus  Feldsteinen  aufgebaute  Grabkapelie  des  Präpositus  Hinze. 
Vgl.  M.  Jahrb.  XIX,  S.  408  ff. 

Altar,  Altar,  Kamel  (diese  oberhalb  des  Altars)  und  Gestflhl  sind  ohne  künst- 

Kajuel  und  Icri.sche  Bedeutung.  —  Glocken.  Die  grössere  Glocke  ist  laut  Inschrift  1838 
von  dem  Gicsscr  P.  M.  Hausbrandt  zu  Wismar  unter  dem  Ciro.ssherzoi;  PAUL 
FRIEDRICH  und  zur  Zeit  des  l'astors  HEINRICH  GRAPENGIESSER  gegossen 
worden;  die  kldnere  in  demselben  Jahre  von  demselben  Giesser.  Ihre  Insdirift 
entiiält  die  Angabe,  dass,  nachdem  am  26.  Juni  1836  die  Thurmspttze  durch 
Blitzstrahl  vernichtet  und  die  bis  dahin  vorhandenen  drei  Glocken  durch  das 
Feuer  geschmolzen  worden  waren,  die  beiden  jetzigen  Glocken  aus  dem  Metall 
der  drei  alten  hergestellt  worden  seien. 

Kleinknnatwerke.  i.  Silbervergoldeter  gothischer  Kelch  auf  sechs- 
eckigem Fuss,  ohne  Signaculum,  das  auch  nie  dagewesen  zu  sein  scheint. 
Am  Knauf  sechs  mit  verschiedenfarbigem  limail  gefüllte  Kotuli  ohne  den  sonst 
üblichen  Jesusnamen.  Auf  dem  Fu.ss  sechs  eingravierte  Wappen  (viennal  das 
Barssc'sche  [Bersse],  einmal  das  Blttcher'schc,  einmal  das  Preen'sche).  Dazu 
die  Inschrift:  GEBRVDER  WOLFF  •  BASSE  LVEPER  •  BASSE  •  MARGARETA  • 
PREN  •  GEBRVDER  ADAM  •  BASSE  •  WOLFF  BASSE  •  BRANDANVS  •  BASSE  • 
SOPHIA  BLVECHER  .  ANNO  1587  HAT  LVEDER  BASSE  DISEN  KELCK  IN 
DISSE  KIRCHE  G  EG  EVE  ZVNER  GEDECHNIS.  Auf  der  Unterseite  dc^  Fusses 
das  Wismar'schc  Stadt/.eichen  inid  der  Mcisterstempel  ||yj|  —  J.  M.  (Hans 
Möller?  trat  1558  ins  Amt.)  Die  dazu  gebrauchte  Patene  ohne  Werkzeichen. 
—  2.  Kleiner  gulhischcr  Kelch  von  Silber,  innen  vergoldet,  auf  sechspassigem 


Gestühl, 
Glocken. 


Kleinkunst 
werke. 


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KIRCHDORF  BF.IDENDORF, 


299 


Fuss,  mit  einem  Signaculum,  dessen  Krucifixus  der  Arme  beraubt  ist.  Auf 
den  Rotuli  des  Knaufes  die  Minuskeln  d  &  C  b  C  f.    Am  Fuss  die  Inschrift: 
BIDOET  GOT  VOR  .  CLAWES  VITES  SELE  .  DE  DISSEN  KELCK  GeVe  HEFT* 
ANNO  1511.    Dahinter  das  nebenstehende   Meisterzeichen.     Das  Stadt-    ,  |>v 
zeichen  fehlt.    Die  dazu  verwendete  Patcne  ist  ohne  VVcrkzeichcn.  — 


Kelch  Nr.  i.  K«lch  Nr.  2. 


3.  Silberne  Oblatendose,  viereckig.  Inschrift:  H.  ADAM  VICTOR  DE  BARSS 
FVRSTL  :  HESS  :  DROST  .  ERBHER  AVF  RAMBOW  F.  METTA  MARGARETHA 

VON  BARSSEN  GEBOHRNE  VON  PLESSEN.   An  der  Schachtel   

drei  Werkzeichen,  nämlich  der  Zickzackstrich  des  War- 
deins, das  Meisterzeichen  G  H  und  das  Stadtzeichen  von 
Ca.ssel.   —   4.    Krankenkclch.     .Auf  der   Unterseite  die  In- 


(D 


Schrift:  HUNCCE  .  CALICEM  DE  USURIS  LEGATI  •  BÜLOVI  CONFICIENDUM 
CURAVIT  .D.U.  SCHREGELL  FAST  •  BEYD  .  1749  •  ANI  •  An  der  Kupa  da.s 
Biilow'sche  Wappen  mit  den  Initialen  D  W  V  B  Am  Fuss  das  Meisterzeichen 
[bTcJ;  ebenso  an  der  I'atene.  W'isniar'sche  Arbeit,  von  Baltzer  Jochim  Cato. 
—  5.  Neue  Taufschale  (?)  |  I  FRESi~|     Schweriner  Arbeit.    —   6.  Neue 


Weinkanne  von  1864,  {rcstiftct  ziun  Andenken  an  MATHILDE  VON  BRANDEN- 
STEIN zu  Niendorf  -  7.  8.  Im  Schift"  der  Kirche  zwei  nicht  mehr  ganz 
vollständige  Kronleuchter  aus  Messing.    Der  grössere  ist  scchzehnarmig  und 


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300 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


trägt  die  Inschrift:  DER  WOLGEBOHRNE  HERR  .  HERR  .  HANS  •  GEORG  • 
VON  BVlOW  .  FVRSTL  .  BR  •  LVNEB  •  OBERSTER  ZV  HANNOVER  •  lEZT  • 
IN  •  MOREA  •  HAT  •  OISE  •  KROHNE  •  GOTT  •  ZV  •  EHREN  •  VNND  •  DIESER  • 
KIRCHEN  •  ZVM  •  ZIERDE  •  ANHERO  -  MENGEN  •  LASSEN  •  ANNO  1687.  VON 
8CHARFST0RF.  —  Der  kleinere  Kronleuchter  ist  swöl&rmig  und  hat  nach- 
stehende Inschrift:  CVNO  •  HANS  •  VON  •  bVLOW  •  FtfRSTUCHER  • 
MECKLENB  •  LANDRAHT  -  ELISABETH  •  VON  •  BVLOW  •  GEBORN  •  VON  DER 
LVHE  •  ANO  1671.  —  9.  lo.  Zwei  sehr  schön  [getriebene  silberne  Altarleuchtcr 
mit  dreiscitij^er  liasis.  Auf  der  einen  Seite  der  Sprucli:  SIEHE,  DAS  IST 
GOTTES  LAMM,  WELCHES  DER  WELT  SÜNDE  TRÄGT.  Mit  dem  Bilde  dcs 
Lammes  darunter.  Auf  der  andern  Seite:  HERR  HARDTWIG  VON  BV1.OW 
FRAU  DEFnOYA  L.  LEODT,  ENGELISCHE  FAMILIE  CHURFL.  BRAUNSW. 
LONEB.  OBERHAUBTMANN.  Darunter  die  eingravierten  Wappen  von  Mann 
und  Frau  (dreigetheilter  Schild,  nbcn  zwei  Pferdeköpfe;  in  der  Mitte  ein 
srhreitendiT  Ijiwe;  unten  ein  l'ferdekopf,  alle  Thiere  nnch  rechts.  Auf  der 
dritten  Seile  HERR  HANS  lOCHEN  GOTTFRIED  VON  BVLOW  ERBHERR 
AU  FF  SCHARFSTORFF  iCtXtBtH  D>IN  BLECKDE  C  •  H  •  V  •  BVLOW  • 
G  •  V  •  BHERN  •  V  •  HOYA.  Dazu  die  eingravierten  Wappenbilder.  Ausserdem 
das  Stadtzeichen  von  Lüneburg  (springender  Löwe)  und  das  Meisterzeichen 
(gcg)  (vielleicht  C  statt  Q). 

Nach  den  vorhandenen  Pfarrpapieren  sollen  diese  Leuditer  von  dem 

Prost  von  Biilow  cij^enmächtiK  ex  usuris  legali  Btiloviani  in  den  J.ihren  170S 
bis  1 7 1 1  angeschafft  sein.  Daher  die  von  Bülow'schen  Namen  und  Wappen. 
Von  der  Ol^behdrde  wnrde  die  Anschafliinf?  dieser  Leuchter  moniert,  mit 
der  Weisung,  dieselljcii  /u  m  1-  lukn  und  das  Geld  besser  ZU  verwenden. 
Doch  sind  die  Leuchter  der  Kirche  erhalten  geblieben. 

II.  Messingbecken  mit  getriebener  Schrift:  DI8ES  •  BECKEN  •  VND  • 
DAS  •  STVNDEGLAS  •  HAT  •  MARCVS  •  CHRISTOFER  KRÖGER  •  VND  SEIN  • 
EFRAW  •  MARIA  •  DORATEA  KRÖGERS  •  ZVM  •  GEDETNIS(l)  •  VER  •  EHERTT  • 
ANNO  •  1734  •    C  •  H  • 

Nach  dem  Inventar  von  1 8 1 1  war  der  alte  Altar  eine  Stiftung  der 
.Herren  von  Bülow  auf  Scharft>torf  und  die  Kanzel  aus  dem  Jahre  1615 
eine  von  ihnen  und  denen  von  Barsse  auf  Rambow.  Unter  den  alten  drei 
(Hocken  waren  zwei  von  I^iirentius  Strahlixtrn  .ms  l.iilierk  1722,  z.  Zt.  des 
Pastors  Joh.  Georg  Polchovius,  und  eine  von  J.  V.  Schulz  aus  Rostock  1785, 
z.  Zt.  des  Pastors  Joh.  Friedr.  Hinze,  gegossen  worden.  In  den  Fenstern 
sasscn  kleine  Glasmalereien,  die  Wappen  der  Familien  von  Barsse,  von 
Lützow,  von  der  Lühe  und  von  Zülow.  In  der  Mitte  der  Kirche  war  noch 
der  Triumphbalken  mit  der  Kreuzcsgrup|>e  vorhanden.  An  den  Wänden 
hingen  vier  Prediger- Bildnisse:  Albertus  Krüger,  7  1691;  joh.  Georg  Pol- 
rhoviiis.  •"•  1727;  Chr.  Giese,  7  17.^2  und  Joh.  Kriedr.  Hin/c,  7  1807; 
ferner  zwei  Kpitaphicn:  ein  steinernes  und  ein  hölzernes^  das  steinerne  zum 
Gedächtniss  der  Frau  Maria  Devidia  Elisabeth  von  Both,  geb.  v<hi  der  Lühe 
(geb.  1748.  ,uc<-t.  i7^^2,  boeraben  zu  Kalkhorst!,  gesetzt  von  Carl  Anton 
von  Roth,  Krbhcrrn  auf  RanUiow  und  (irapcn -Stietcn;  das  hölzerne  zum 
Gedäditniss  der  Frau  Hedwig  von  BUlow,  geb.  von  der  Lühe,  gesetzt  1674 


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KIRCni>f)RF  BEIDENDORF, 


SOI 


von  Cuno  Hans  von  liiilow  auf  Srharfstorf.  Kndlirh  erwähnt  noch  das 
Inventar  eine  kleine  sill)cme  ( )hlatens(:harhtel,  die  1683  von  tlertrud  von 
l'lessen,  geb.  von  Adelepsen,  gestiftel  war,  und  aus  gothischer  Zeit  die 
hölzerne  Statue  einer  sitzenden  Maria  mit  dem  Christkind.  Davon  ist  nichts 
mehr  da.  Auch  der  vom  Wismar'schen  Rathsherrn  Hinrik  Wesebom  1441 
vermachte  Kelch  ist  verloren  gc^^'ingen.  Hei  der  letzten  Renovation  ist  somit 
gründlich  tabula  rasa  gemacht. 

Denkstein  von  Saunstorf. 

Nicht  weit  hinter  Ik-idendorf,  an  der 
Land.stra.sse  von  Wismar  nach  (jadebusch, 
link.s  am  Wege,  dem  Hofe  Saun.storf  Kcgen- 
Uber,  sieht  der  hier  abj^ebildete  Denkstein. 
Auf  einer  Seite  des  Steins,  in  vertiefter 
Flache,  der  Krucifixu.s  in  erhabener  Arbeit. 
Die  Schrift  bej^innt  am  Fu.ss  des  Steines, 
Man  liest :  IH  •  CCCC^JX^if  ')  •  fc'fa  •  Ü j  • 

.111  •  fcflu  •  oKriifiDir  •  bni  •  •  jotjMic^  • 
ftrcniiorb  •  |  ciiiis  •  Vuiimia  |  ric'*  or'«  4^  • 
ant.i  •  i  ci9  •  l)aiic  •  crurr  |  pofiiit  •  Vjic . . 

.  .  .  ftiltcr  Cjllö.  Zwi.schen  den  stark  aus- 
einander geris-senen  Zeilen  die  Umrisse  eines 
Betenden,  denen  auf  der  Rückseite  ein  Schild 
mit  einem  Hau.szeichen  entspricht. 

Der  ,\ame  Stenvord  ist  vom  XIV.  Jahr- 
hundert an  in  Wismar  nicht  selten.  1421 
vertragen  sich  Herman  Stenvord  und  sein 
Sohn  Jt)hannes  wegen  des  mutterlichen 
Krbiheils,  das  diesem  zufallt,  femer  wegen 
verdienten  l.f)hnes  und  alks  bis  dahin  ge- 
habten Iladeis  und  l'nwillens.  Das  Denk- 
mal wird  in  der  Inschrift  cru.\  gcn.innl. 
obwohl  es  keine  Kreuzesform  hat.  Das  ist 
zu  beachten.  Auch  der  Denk-  und  Suhnestein  für  Bürgermeister  Johann 
Hantzkow  heisst  ^eyn  stenene  <ruce-,  obwohl  ihn  Rcimar  Kock  in 
(irantoff's  I.üb.  Chronik,  1kl.  II,  S.  6S4,  als  eine  stcncn  docke  kennt. 
Wahrscheinlich  ist  die  herkömmliche  Abbildung  des  Cekreuzigten  auf  diesen 
Denksteinen  die  Ursache  ihrer  I5unennung  mit  cru.v.  Vgl,  Crull,  M.  Jahrb.  XXIII, 
S.  356.     l-'emer  M.  Kunst-  u.  Ceschichtsdenkmäler  I,  S.  271. 

« 

')  Nicht  siclicr,  vielleicht  nur  pe%V. 
*)  12.  Mai  1439  oder  1435. 


I>rnk!>tt:in  von  .S«uni>torf. 


Denkstein 

von 
Saunslorf. 


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302  AMTSCERICHTSBEZUUC  WISMAlt. 


Das  Kirchdorf  Gressow. 

Gesdiichte  bENas  im  I^nde  Bresen  (Brizen)  gelegene  Kirchdorf  Gressow  (Gressowe, 
des  Mäsa  Grisowe),  welches  ii  km  südwestlich  von  Wismar  entfernt  ist,  wird 
Dorfes,  schon  im  Jahre  II 58  vom  Sachsenherzog  Heinrich  dem  Löwen  dem  Bischof 
von  Katzcburp;  als  curia  episcopalis  zugewiesen  unci,  damit  er  sich  dort  eines 
ruliigcn  Besitzes  erfreue  (in  (juietam  posscssioneni),  dreizehn  Jahre  spater  von 
der  Heerfolgc,  dem  Markding  und  Burgwerk  befreit.  »Nur  das  Kecht  über 
Leben  und  Tod  (Judicium  colli  et  manus)  behält  sich  der  Herzog  vor.')  Eine 
schärfere  Bestimmung,  besser  gesagt  Aenderung  und  Einschränkung  von  Besitz 
und  Rechten,  erfolgt  aber  ein  halbes  Jahrhundert  spater,  den  S.  Juli  1222,  in 
jenem  Vertrage,  den  Fürst  Heinrich  Borwin  und  seine  .Sohne  im  I'reien  unter 
einem  Baume,  nahe  hei  Grcs.sow,  zwischen  sich  und  dem  Bischof  aufrichten. 
Darnach  besitzt  dieser  von  nun  an  in  Gressow  nur  vier  Hufen,  welche  aller 
Lasten  und  Abgaben  völlig  ledig  bleiben,  von  den  übrigen  aber  müssen 
Heerfolge  sowie  Buigwerks-  und  Brückenwerksdienste  geldstet  werden.  Nur 
die  landedienüdie  Bede  fäUt  w^.  Femer  erhält  der  Bisdiof  von  allen 
gerichtlichen  Strafgeldern  zwei  Drittel,  während  ein  Drittel  der  landesherrUche 
Vogt  in  Kmpfanc:  nimmt  ")  Dieses  N'erhaltniss,  das  von  der  Bestätigxings- 
Urkunde  Kaiser  l-rieth ich's  II  im  Jahre  1236  nicht  eint;ehendcr  berührt,  aber 
unter  der  Regierung  des  Fürsten  Johann  am  7.  März  1 260  auf's  Neue  fest- 
gestellt wird,*)  währt  bis  zum  Jahre  1307.  Am  29.  September  1307  löst 
nämlich  Bischof  Hermann  von  Ratzeburg  mit  einer  Geldsumme  von  6'/i  Mark 
Pfennige^  pro  Hufe  den  Brücken-  und  Burgwerk.sdien.st  auch  von  den  übrigen 
9';s  Hufen  des  Dorfes  Gressow  ab  und  empfängt  dafür  vom  Fürsten  Heinrich 
von  Mecklenberg  die  Zusicherung  völliger  Freiheit  des  ganzen  Dorfes  von 
den  ebengenannten  Servituten. 

Die  im  Ratzeburger  Zehntenregister  zwischen  1230  und  1234  zum 
ersten  Mal  erwähnte  Kirche  zu  Gressow  wird  am  26.  December  1237  unter 
das  Archidlakonat  des  Rehnaer  Propstes  gestellt  und  erhält  am  S.Januar  1266 
ihren  Antheil  an  der  schon  oft  berührten  Stiftung  von  Brod  und  Wein  <hit  (  Ii 
Fürst  Heinrich  den  Tilger.*)  Sie  kommt  auch  sonst  noch  in  ilen  Urkunden 
des  XI\^  Jahrhunderts  vor.*)  Was  die  jetzt  stehende  Kirche  betrifft,  so  weisen 
ihre  gothisclien  Formen  auf  das  XIV'.  Jahrhundert  hin.    Sie  wird  daher  als 

')  M.  U.-B.  65.  101.  113. 

*)  M.  V.-H.  284.    Vgl,  dazu  ürk.  7451. 

■)  M.  U..B.  448.  8S9.   Vg^l.  Micb  die  BeatitigimB  der  Urkandeo  all4  and  859  dnicih  den 
BiachoC  von  Lttbcck  am  32.  April  1351  in  der  Urk.  7451. 
*)  M.  Ü.-B.  375.  471,  1059. 
■)  M.  U.-B.  4092  n  4tai.  5613. 


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KIRCHDORF  GRES80W. 


Ersatz  für  einen  älteren  Bau  des  XIII.  Jahrhunderts  anzusehen  sein.  Von  den 
Namen  ilircr  I'lcbane  im  Mittelalter  sind  bi.s  jetzt  nur  zwei  auf  un.s  j^ekommen : 
der  des  l'tarrers  Konrad  im  Jahre  1 237  und  der  des  rcctor  ccclesie  Hermann  im 
Jahre  13 19.')  Dagegen  erfahren  wir  desto  mdir  von  dem  ersten  evangelischen 
Prediger  zu  Greasow,  dem  Thomas  Aderpul,  welcher,  dem  bischöflichen 
PatrcMUltsrecht  ent^ej^cn ,  durch  Berend  von  Plessen  auf  Tressow,  der  das  jus 
patronatus  iilier  drei  V'ikanien  der  Kirche  zu  Oes.sow  bcsass  und  dessen 
I''amilie  dort  ihre  (irabkapelle  hatte,  an  Stelle  eines  einau^i^en  hülflosen 
Priesters  mit  Zustimmung  der  Gemeintie  im  Jahre  1526  gewaltsam  eingesetzt, 
dann  aber  von  Reitern  und  Reisigen  des  letzten  Bischofs  Georg  von  Ratze- 
burg im  December  1529  nächtlicher  Weile  gefangen  genommen  und  nach 
Schönberg  ins  Gefangniss  abgefiihrt  worden  war.  Wie  dieser  Akt  nachher 
zu  einer  Fehde  der  Ritterschaft  des  ganzen  »KUitzcr  Ortes«  wider  den  Bischof 
fuhrt  und  die  Annahme  der  Kirchen  -  Reformation  beschleunigt,  das  hat 
Lisch  im  M.  Jahrb.  XV'I,  S.  56  bis  97  ausruhrlich  und  anschaulich  ir/.ahlt 
sowie  mit  Akten  und  Urkunden  ausreichend  belegt.  Mit  dem  Jahre  1540  ist 
die  Reformation  in  dieser  Gegend  durchgeführt  und  damit  auch  das  Fbtronat 
über  die  Gressower  Kirche  vom  Bischof  auf  die  Herz^^  Übergegangen. 
So  bleibt  es  bis  zum  Jahre  1640.  Da  verkauft  der  Herzog  Adolph  Friedrich 
fiir  die  Summe  von  8000  Gulden  das  Gut  Gressow  nebst  der  I'ischerci  auf 
dem  Gressower  und  Tressower  See  als  erbliehes  Allod  an  die  Brüder  Kurt 
Valentin  und  Ik-lmold  von  Tlessen  auf  Müsselmow.  Auch  geht  das  gleich- 
zeitig mit  abgetretene  l'atronatsrccht  über  die  Kirche,  wie  aus  dem  Kirchen- 
visitationsprotokoll von  1647  zu  ersehen  ist,  auf  Kurt  Valentin  von  Plessen 
über  und  bleibt  von  da  an  bis  zum  Jahre  1830  am  Gute  Gressow  haften.  Die 
Familie  Plessen  bdialt  Gressow  bis  zum  Jahre  1774.  Ihre  Rechtsnachfolger 
sind  von  1774  bis  1770  Rittmeister  Gideon  lliomas  Daniel  du  Puits,  von 
I7(>4  bis  iMfX)  Kammerherr  Ad<)lj)h  l'Viedr.  v.  Wilzendorf,  \on  iSoo  bis  1803 
Anjlsrath  Schonberg,  von  1803  bis  Joh.  licinr.  Rodde,  lüi^  Hofrath 

Masius  als  Vertreter  der  Rodde'schen  Gläubiger,  von  18 14  bis  1818  die 
verwittwete  Geheimrathin  von  der  Asseburg  und  von  181 8  bis  1832  der 
Kcmunissionsrath  Ihlenfeld.  Dieser  ist  es,  der  dem  Grossherzog  Friedrich 
Franz  I.  im  Jahre  1829  das  Kirchenpatronat  aus  eigenem  Antriebe  anbietet 
und  ein  Jahr  später  in  aller  l'orm  Rechtens  abtritt  Von  iSp  folgt  der 
IlDfrath  Karl  Joh.  Konrad  Hennemann  im  Besitz  von  Gressow  eine  laii^e  Zeit 
hnidurch.  Von  seiner  W  iliwe  kauft  es  am  5.  Juli  1889  das  Grosslierzogliche 
Finanzministerium  und  Überweist  es  dem  Kammer*  und  Forst-Kollegium  zur 
Verwaltung.  Somit  ist  Gressow  in  die  Reihe  jener  Höfe  mit  eingetreten, 
welche  von  der  Kammer  verpachtet  werden. 

Von  den  Nachfolgern  des  Thomas  Aderpul,  der,  nachdem  er  über  ein 
Jahr  lang  im  bischöflichen  Gefangniss  zugebracht,  als  Prediger  nach  Malchin 


*)  M.  U.-B.  471.  4121.    Vicke  Ilancmann  und  Juh.  Uolekc  nennt  um  die  Mitlc  des  XV. 
Jalirhiuideiti  das  Biieh  des  groBaen  Kalsnds  la  WiamM'. 


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304 


AMTSf :  KR  IC  I  ITSBEZl  R  K  WIS  M  AR, 


und  später,  1548,  nach  Bützow  berufen  ward,  wo  er  1556  starb,  mögen 
folgende  genannt  werden.  1531  bittet  die  Gressower  Gemeinde  den  Herzog 
Heinrich,  ihr  den  Knisnuis  Hermens  zum  Prediger  zu  setzen.')  Ks  ist  aber 
nicht  zu  ermitteln,  ob  daraus  etwas  geworden.  1541  finden  wir  dort  (nach 
Visitationsprotokollen  und  Kirchenrechnungen)  den  Johannes  Pabst  (Pawest), 
zwi-schen  1558  und  1585  den  Jakob  Hoth  {Roct)  um  i6cx)  den  Pastor  Johannes 
Schröder,  um  1606  Paulus  Schirlentius  (Schicrientz),  um  1647  und  1653  Samuel 
Koch  und  um  1688  Jacob  Pistorius.  Diese  Nachrichten  ergänzt  das  spätere 
Gressower  Kirchenbuch,  das  1654  angelegt  ist,  aber  die  Angaben  erweisen 


Kirche  zu  Gressow. 


sich  als  nicht  ganz  zuvcriä.ssig.  So  wird  z.  B.  Joh.  Schröder  von  1562  bis 
1604  und  Joh.  Lüning  von  1672  bis  1698  datiert,  während  Hoth  und  Pistorius 
gar  nicht  genannt  werden.  Zuverlässiger  mögen  die  folgenden  sein:  Christian 
Crull  (1699  bis  1740),  Anton  Attelmcycr  (1744  bis  1773),  K.  Ludw.  Fr.  Tren- 
delcnburg  {1774  bis  1783),  und  Joh.  Alb.  Ernst  Kindler  {1784  bis  1816). 
Ucber  die  Geistlichen  des  XIX.  Jahrhunderts  vgl.  Walter,  a.  a.  O. 

Im  vorigen  Jahrhundert  war  auch  die  Kapelle  von  Gross -Krankow,  die 
1609  gc^;nindet  wurde,  mit  der  CJrcssowcr  Kirche  und  Pfarre  verbunden. 
Vgl.  Schröder,  Wism.  Erstl.,  S.  196.  1751  war  sie  noch  vorhanden,  1790 
aber  nicht  mehr.    Sie  muss  also  innerhalb  dieses  Zeitraumes  eingegangen  sein. 

')  M.  Jahrb,  XVI,  S.  93. 


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KIRCHDORF  GRESSOW. 


Uebcr  Hexenverbrennungen  bei  Gressow  in  den  Jahren  1673  und  1675 
vgl.  M.  Jahrb.  V,  B,  S.  146. 


Grundriss  der  Kirche  tu  Gressow. 

Die  Kirche  ist  von  unten  auf  aus  Ziegeln  erbaut  und  stellt  ein  läng-  Kirche, 
lichcs  mit  Strebepfeilern  bewehrtes  Rechteck  mit  poljgonalcm  Chorab.schluss 


i 


i 


Längsschnitt  der  Kirche. 


Querschnitt  des  Chores. 

bestehendes  Sciten.schiß" 


an, 


und 


(aus  dem  Achteck)  dar,  ohne  dass  .Schiff 
und  Chor  baulich  von  cinaiulcr  ge- 
schieden sind;  nur  ist  der  Chor  um 
?.wci  Stufen  erhöht.  Schöne  Kreuz- 
gewölbe decken  den  ganzen  Raiun,  der 
durch  zwei-  und  drcithcilige  spitzbogigc 
I'^enstcr  erleuchtet  wird.  Auf  der  Süd- 
seite des  Schiffes  lehnt  sich  an  die 
dem  Thurm  zugewendeten  letzten  drei 
Joche  ein  aus  ebensoviel  Kreuzgewölben 
auf  der   Xordscite,    ziemlich    die  Mitte 


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3o6 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


einnehmend,  ist  eine  Eingangshalle  errichtet.  Den  im  Westen  angebauten 
Thurm  deckt  ein  vierseitiger  Pyramidenhelm. ') 

Altar.  Altar.    Aufsatz  im  Barockstil;  ausser  verschiedenen  Holzstatuen  (Moses, 

Aaron,  vier  Kvangelisten,  Engelgestalten)  die  Gemälde  des  Abendmahls  und 
der  Kreuzigung.  Als  Bekrönung  die  Figur  des  triumphierenden  Christus. 
Erbaut  1718  von  Wilde,  und  erneuert  1867.    Von  den  verschiedenen  Sprüchen, 


Innerei  der  Kirche  zu  üressow. 


wttmit  er  ausgestattet  ist,  mag  einer  angefiihrt  werden:  »STIMMT  MOSES 
MIT  AARON  ÜBEREIN.  SO  GEHT  ES  WOHL  GOTTES  GEMEIN«. 

Nach  dem  Inventar  von  1811  war  Frau  Catharina  Lukretia  von  Plesscn, 
gel),  von  Hiilow,  nachgelassene  W'itiwe  des  Curt  Valentin  von  Plessen,  Erb- 
herrn auf  Clressow,  als  Patronin  der  Kirche  die  Stiftcrin  dieses  .Altars.  Dies 
geschah  zur  Zeit  «It-s  Pastors  Christian  CYull.  - —  Die  alte  Kanzel  war  1703 
von  verschiedenen  Mitgliedern  der  tlenieinde  gestiftet  worden,  ihre  V^-rzierung 

')  V|;].  Lisch,  M.  Jahrb.  VIII,  Ii,  S.  147.  148. 


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KIRCHDORF  GRESSOW. 


und  Bemalung  stammte  von  demselben  Joh.  Fr.  Wilde,  der  beim  Altar 
fjenannt  worden  ist. 

Epitaphien.  Ks  sind  ihrer  zwei  vorhanden.  Das  älteste,  eine  j^ute  Kpitaphicn. 
Arbeit  im  Kcnai.ssanccstil,  stammt  aus  dem  Anfang  des  XVII.  Jalirhundcrt.s 
und  ist  in  grauem  Sandstein  gearbeitet.  Im  Mittelfelde,  das  seitlich  von 
Säulen  cingcfa.s.st  wird,  sieht  man  das  Relief  der  Auferstehung  Christi.  Un- 
mittelbar vor  dem  Relief  eine  knieende  männliche  l'igur,  der  Verstorbene, 
ganz  oben  die  Wappen  der  Familien  von  Plessen  und  Wenkstcm. 


Epitaph  der  Familien  von  Plcsscn  und  Wenkstern. 

Unter  diesem  Relief  eine  lange  Versinschrift,  welche  so  eigenthümlich 
ist,  dass  sie  nicht  iil)crgangcn  werden  kann: 


Tausend  vierhüdert  90  neu 

man  schreib  als  Reier  Pless  ich  mei 

geborn  ist  lebte  auch  wie  wahr 


christlich  sieben  und  achzig  jähr 
Behrendt  sein  Bruder  mit  bar  gelt 
Damshagen  undt  Grudshage  zait 

2Ü» 


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3o8 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


brüderlich  sich  verglichen  han 

dass  Reier  pless  nam  Tressow  an 

nicht  Ehelich  ward  doch  keu&ch  er  lebt 

adllch  nach  Er  undt  ruh  er  strebt 

im  glauben  fest  an  Jesum  Christ 

zu  Tressow  Er  gestorben  ist 

undt  ist  allhie  begraben  auch 

löblich  nach  adliche  braug 

nach  seinem  todt  Curdt  Behrendts  söhn 

ernantes  gutt  Erblich  gewan* 

der  mit  Elisabeth  sperlig 

solch  gutt  vermacht  zu  leibgeding 

sibsig  drei  das  alter  sein 

als  er  tausend  sechs  hundert  eT 

mit  todt  abgink  undt  adlich  zwar 


Das  jüngere  Epi- 
taphium ,  ein  stehendes 
Oval,  stammt  aus  dem 
Ende  des  XVII.  Jahr- 
hunderts, ist  eine  gute 
Arbeit  aus  Holz  im  Barock- 
stil (genre  cichoresque) 
und  enthält  eine  In.schrift 
mit  Angabc  über  den 
Ix'benslauf  des  ehemaligen 

Hofgerichts  ■  Präsidenten 
Curt  Valentin  von 

Plessen  in  lateini.schcr 
Sprache.    Unter   ihr  fol- 
gende deutsche  Inschrift: 

IM    SECHSEHN  HUN- 
DERT UND  DRITTEN 
JAHR 

DER    ANFANG  MEINES 
LEBENS  WAR 

TAUSEND  SECHSHUN- 
DERT  UND  SIEBZIG 
NEUN 

SCHLIEF  ICH  IM  HERRN 
SELIG  EIN. 


zum  Damshage  begrabe  war 

von  der  Zeit  ich  mit  Sorg  undt  mühe 

das  gutt  Tressow  besitzen  thue 

ich  dank  dyr  hertzen  Jesu  Christ 

weill  du  der  witwen  richter  bist 

bey  güst  undt  gutte  nähme  mich 

beschützet  hast  so  väterlich 

dei  reich  dei  macht  dei  herrlichkeit 

ich  preise  will  in  Ewigkeit 

dis  Epitaphiu  ich  zwar 

da  ich  war  8  undt  40  Jahr 

de  Edle  Reymer  Plesse  weiss 

zu  ehre  ich  nach  setzen  liess 

im  jähr  da  man  schreib  auch  hiebey 

Tausend  sechs  hundert  zwanzig  drey.') 


Epitaph  des  Gurt  Valentin  von  Plessen. 


IXt  lateinischen 
Inschrift  ist  zu  ent- 
nehmen, dass  er  die  Rechte  studierte,  weite  Reisen  machte,  nach  seiner 


')  Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  X.\,  S.  364  bis  366. 


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KIRCHDORF  GRESSOW. 


Rückkehr  ins  Vaterland  in  landesherrliche  Dienste  trat,  in  erster  Ehe  mit 
Afjatha  von  Hiilow  und  in  zweiter  Ehe  mit  Anna  Sophia  von  Fentz  vermählt 
war,  sowie  dass  er  von  jener  1 1  und  von  dieser  7  Kinder  hatte. 

Im  Thurm  hängen  zwei  Glocken,  von  denen  die  grossere  unter  dem 
Patronat  der  vcrwittwetcn  Frau  A.  E.  VON  PLESSEN  1771  zur  Zeit  des  Pastors 
ANTON  ATTELMEYER  von  Valentin  Schulz  in  Rostock,  und  die  kleinere  1893 
von  Oberg  in  Wismar  gegossen  ist. 

Die  kleine  Glocke  erfuhr  ihren  vorletzten  Umguss  im  Jahre  1800  von 
Valentin  Schulz.    (Inventar  von  1811,) 

Kleinkunstwerke. 

I.  Silbcrverguldctcr  gothischcr  Kelch  vom  Jahre  IS57.  •i"'^  sechseckigem 
Fuss,  mit  Signaculum  (plastischem  Knicifixus)  und  der  Aufschrift:  lOHAN.  VAN  • 
PLESSEN  .  ARF  .  SETEN  •  TO  •  BARNNEKOW  .   Ausser  dem  Signaculum  findet 

man  auf  dem  Fuss  fünf  Wappen: 
heraldisch  links  vom  Signaculum 
das  Rarner'schc  Wappen  (l'Vau)  mit 
den  Initialen  M»P»,')  heraldi.sch 
rechts  vom  Signaculum  das  I'lessen- 
sehe  Wappen  (Mann)  mit  den 
Initialen  I  •  V  •  P  •  Dann  dreimal 
das  Plesscn'schc  Wappen  mit  den 
Initialen  K  .  V  •  P  .,  I  •  V  •  K.  (r), 
M  •  V  •  P  •  An  der  Kupa  die 
.spätere  Inschrift:  DANIEL  .  CHRI- 
STIAN .  VON  .  PLESSEN  •  ERB- 
HERR ZV  BARNEKAU  .  EIN  SOHN. 
VON  .  ENGELCK.VON  PLESSEN. 
ERBGESESSEN. ZU  BARNEKAU # 
ABER  .  AUS  N  •  HAUSE  .  STEIN- 
HAUSEN .  Am  Knauf  der  Name 
iljcfbi^  Auf  der  Unterseite  des 
Fusses  die  Angabc :  XXX  LOT. 
Keine  Werkzeichen.  Die  zu  dic- 
.sem  Kelch  gebrauchte  Patenc  hat 
auf  der  Unterseite  das  Plessen- 
sche  Wappen  mit  der  Umschrift: 
VON  •  PLESSEN  ERBHERR  AUF  BARNEKOW.  Werkzeichen : 
Also  Schweriner  .Arbeit,  wahrscheinlich  von  dem  Goldschmied 


Kelch  Nr.  I. 


ENGELKE 

©  OB 

Jakob  Menckin 


(ilocken. 


Kleinkunst- 
werke. 


2.   Silbervergoldetcr  Kelch,  auf  .sechspassigem  Fuss,   mit  plastischem 
Signaculum  (Krucifixus  mit  allen  Marterwerkzeugen  rechts  und  links).  Daneben 


')  Nicht  M.  B.,  wie  man  erwarten  sollte,  sondern  M.  P, 


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3IO 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


eingraviert  heraldisch  rechts  das  von  Plessen'schc  Wappen,  links  das  Rantzau- 
sche  Wapptn.  und  darunter  die  Inschrift:  AUGUSTUS  FRIEDERICK  VON 
PLESSEN.  ANNA  VON  PLESSEN  GEBOHRNE  RANTZOW.  Den  Knauf  bildet 
ein  Todtenkopf  auf  gekreuzten  licinknochcn.  An  der  Kupa  ein  eingraviertes 
Allianzwappcn .  niimlich  zweimal  das  Plessen'schc,  darunter  die  Inschrift: 
REPARIERT  UND  NEY  VERGULDET  AO  |740  VON  FRAU  SOPHIA  DOROTHEA 
VON  PLESSEN  VERMELTE  VON  PLESSEN  VON  HAUSSE  BARNEKOW.  Werk 

zeichen:  Lübecker  doppelköpfiiger 
Adler.  .Meisterzeichen  undeutlich 
^  (r).  Die  I'atenc  hat  auf  dem 
Rande   oben    die   In.schrift:  ELISA- 


Kelcli  Nr.  2.  Kelch  Nr.  3. 

BEHTA    MARGAREHTA  VON  ZÜLOW  •  VERMÄHLTE  VON  PLESSEN  VON  DEM 
HAUSSE   BARNEKAU  •  ANNO   1730.     Danchen  das  Wismar'.schc 
Wappen    und    nebensteiicndes   Werkzeichen   (Johann  Friedrich 
Rahm). 

5.   F.in  kleiner  Krankenkelch,  ohne  Inschrift,  mit  Patene.  Neu. 

4.  Ovale  Obiatenschachtel  von  Silber.  Auf  dem  Deckel  der  Name 
imd  das  Wappen  der  ANNA  CHATARINA  VON  PLESSEN  •  AUS  DEM  HAUSSE 
BARNEKOW  •  1732.  Auf  der  Unterseite  ein  Allianz\vapi>en,  das  sich  aber  nur 
auf  eine  Person  bezieht,  wie  die  Inschrift  angicbt,  nämlich  auf  die  SOPHIA 
DOROTHEA  VON  PLESSEN  GEBOHRNE  VON  BÜHLOWN.  Stadtzeichen  von 
Wi.smar  und  Uh\  (Jochim  Gade). 


^  EH 


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KIRCHDORF  ORF-SSOW. 


5.  FAnc  zweite  ovale  Oblatcnschachtel  in  sehr  schön  {getriebener  Arbeit. 
Auf  dem  Deckel  ein  Blumenfcld  im  Genre  cichoresqiic,    das  von  schrägen 
Rundfaltcn  mit  vier  Muscheln  ein}:,'cfasst  wird.    Am  Fuss  der  Schachtel  gleich-  * 
falls  Rundfalten  mit  Muscheln.    Auf  der  Unterseite  des  Kusses  die  Inschrift: 

SACRIS  HISCE  AEDIBUS  DICAVIT  J.  A.  E.  KINDLER  .  PASTOR  1786. 
(Nikolaus  Schmidt). 

Die  .\rlH'it  gehört  nicht  dem  Jahre  1786  an,  sondern  ist  sehr  viel 
früher  angefertigt,  wie  der  Stil  zeigt.  Nikolaus  Schmidt  ist  nachweisbar  von 
1718  bis  172K.    Vgl.  CtuII,  (loldschniiede,  S.  52. 

6.  7.   8.    Kelch,    I'atcne,   Kanne,    geschenkt   von   Frau  Hofräthin 
HENNEMANN  auf  Wolde  1883. 

9.  10.   Auf  dem  Altar  zwei  vergoldete   zinnerne  Leuchter  in  klassi- 
cicrcndem  Stil. 

Das  Inventar  von  1 8 1  1  erwähnt  drei  zinnerne  Leuchter,  die  im  Jahre 
17 18  von  Joh,  Kr.  von  Ple.ssen  und  Sophia  Dorothea  von  Plessen  gestiftet 
waren;  ferner  einen  KUngeheutel  des  Jahres  1801  von  dem  Amtsrath  Schon- 
berg Dort  wird  .luch  <lic  Tressow'sche  Empore  besonders  erwähnt,  an  deren 
Stelle  ehemals  eine  Ka|)elle  war.  Diese  Kmpore  war  eine  Stiftung  derselben 
Elisabeth  Sperling,  die  wir  schon  auf  dem  grossen  Kpitaph  in  St.  Marien  zu 
Wismar  kennen  gelernt  haben,  und  zwar  vom  Jahre  1726.  Vgl.  o.  S.  46. 
Wie  bei  dem  Kpitaph,  so  gedenkt  sie  auch  bei  dieser  Kmpore  in  der  Inschrift 
ihrer  beiden  Männer  Kurt  von  Plessen  und  Klaus  von  Peckatel. 


Oblatenschichtel. 


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312 


AMTSGERICHTSBBZIRK  WISMAR. 


Das  Kirehdorf  HoliMiklrciien. 

Geschichte  flfin|a''>  I^ori  Hohenkirchen,  welches  ii  km  westlich  von  Wismar  liegt,  hcisst 
des  PiB>  xij  JahrlnitKlcrt  Malianlc.')  Oh  der  Name,  der  an  den  noch  heute 
Dorfes.  vorhandenen  alten  holsteinischen  Ortsnamen  Malente  erinnert,  nnt  anderen 
slavischen  Bezdchnungen  wie  Mallin  und  Mallentin  auf  eine  und  diesdbe 
Wurzel  (Malina  Himbeere,  serbisdi  W^pedorn)  zurttckgeht,  muss  dahingestdlt 
bldben.  Mit  dem  dainsdien  Dorf  finden  wir  aber  schon  gleich  bei  seinem 
ersten  Auftreten  die  deutsche  Ansiedlung  Lubimarsdorf  (Lubimari  villa)  ver- 
bunden. Hieraus  maj»  sich  der  Name  Mirisdorp  gebildet  haben,  der  nach- 
weislich bereits  im  Jahre  1222  an  die  Stelle  von  Maliantc  tritt.')  Als  dann 
auf  Geheiss  des  Bischofs  von  Ratzeburg  die  hochgelegene  Kirche  erbaut  wird,') 
mit  der  eine  weitere  Niederlassung  deutsdier  Kolonisten  verknüpft  gewesen 
sein  wird,  da  kommt  der  Name  Hohenkirchen  (Honkerken,  Alta  ecdesia)  auf, 
und  schon  im  Jahre  1260  wird  es  urkundlidi  ausgesprochen,  dass  er  an  dir 
Stelle  von  ^Tirisd<irf  getreten  sei  (Myristorp  que  nunc  Honkerken  vocatur).*) 
NichLs(lestowenii4er  werden  beide  als  Feldmarken  noch  15 19  im  I  lehcregisti  r 
der  Vügtei  ürevesmühlcn  neben  einander  aufgeführt.*)  Seit  den  Zeiten  des 
Baiem-  und  Sachsenhensogs  Heinrich  des  Löwen  gehören  diese  immer  mit 
Gressow  zusammen  genannten  Feldmarken  zum  Tafelgut  des  Bischöfe  von 
Ratzeburg  und  bleiben  es,  mit  Ausnahme  von  Lubimarsdorf,  wofiir  der  Bischof 
schon  im  Jahre  1222  das  Dorf  Mandcrow  von  Fürst  Borwin  und  dessen 
Söhnen  eintauscht,  bis  zur  Zeit  der  Reformation  ")  Vgl.  Geschichte  von 
Gressow  auf  S.  302  flf.  Bald  nachher  aber  finden  wir  die  Herren  von  Ouitzow, 
die  auf  V^oigtshagcn  sitzen,  im  Besitz  von  Hohenkirchen,  wo  sie  .schon  im 
Jahre  1308  mit  Anrechten  an  der  Bede  Fuss  gefässt  haben. ^)  Das  Kirdien- 
patronat  aber  übernimmt,  wie  überall  an  Stelle  des  Bischofs,  der  Landesherr. 
Von  den  Quitzow's  kommt  Hohenkirchen  im  XVII.  Jahrhundert  an  die  Herren 
von  Plessen,  welche  seit  Mitte  des  XV.  Jahrhunderts  auf  Hoikendorf  angesessen 


')  M.  U.-B.  65.  101.  113. 

M.  U.-B.  284.   Zu  Tcrgleidien  mit  6$.  lOl.  I13. 

*^  Eine  Kirche  gielit  durt  «clion  um  I230,'34.  Vgl.  M.  l'.-B.  375.  Lisch,  M.  Jahrb.  XI, 
S.  412,  Anmkg,  5.  Ucbcr  Maliante,  Miristorp  und  Lubimarsdorf  vgl.  Schildl,  Untergc|{angcnc 
Dttrfer,  M.  Jahrb.  LVI,  S.  197.  19«. 

')  M.  Ü,.B.  859. 

')  Nüch  heute  iSsst  sich  auf  der  Fhirkartc  die  den  eben  angedeuteten  VcrhältniMen  ent- 
sprechende Mehrlheiligkcit  des  Dorfes  erkennen. 

*)  If.  U.>B.  375.  448.  859.  1059.  a64i.  tafo.  3189.  56x3.  7459.  M.  Jabrb.  XI, 
S.  4».  4' 5 

*)  M.  V.'B,  3247.   Akten  im  Grosah.  Archiv. 


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KIRCHDORF  HOHENKIRCHEN. 


313 


sind:  1635  ersdieint  es  ab  Pertineiiz  dieses  Gutes  in  den  Akten,  und  swischen 
1647  und  1653')  gelangt  auch  das  Kirchenpatronat  in  die  Hände  des  Guts- 
herrn. Das  bleibt  so  unter  den  Rechtsnachfolgern  der  Herren  von  Plessen, 
Baron  Kricdr.  Amadeus  von  Schmettau  (seit  1723),  Bahhasar  Dilmar  (seit  1749), 
Landrath  Ernst  Friedr.  von  Bülow  (seit  1783),  L.  J,  A.  Kossei  (seit  1804),  Karl 
Brackewagen  (seit  1808)  und  dem  Kammerherrn  Emst  Graf  von  BemstoHT  (seit 
18 Ii).  Daran  ändert  auch  der  Umstand  nichts,  dass  Hohenkirchen  von  Hoiken- 
dorf  wieder  abgetrennt  und  schon  1809  in  dem  Drost  Leonhard  von  Dassel 
seinen  eigenen  Gutsherrn  erhält.  Als  aber  1S2S  der  Kirchenrath  Georg  Joh. 
Simon  Drewcs  l^csitzcr  von  Hoikcndorf  wird,  in  de.s.scn  Familie  es  noch  heute 
ist,  bietet  er  aus  freien  Stucken  dem  Lande.sherrn  das  Tatronat  von  Hohen- 
kirchen am  28.  Oktober  desselben  Jahres  an,  und  dieser  ubernimmt  es  am 
II.  Februar  1829.  In  Hohenldrchen  folgt  auf  die  Familie  Dassel  der  Dr.  Iwan 
von  Glöden  (seit  1847),  auf  diesen  der  Forstmeister  Otto  von  der  Lühe  (seit 
1852).  dann  Bernh.  Karl  von  Bülow  (seit  1865),  und  1877  Oberst  a.  D.  Helm. 
Aug.  K.  von  Buch.  Gegenwärtig  ist  Premieriieutenant  Leopold  von  Buch  der 
Besitzer. 

Von  den  vorreformatorischen  Plebancn  der  Kirche  werden  nur  Dietrich 
(um  1237),  Hermann  (1275  bis  1300),  Joh.  Ketel  (1321  bis  1326)  und  Joh. 
Strieptcrock  (um  1340)  genannt.  Im  Buch  des  grossen  Kaiands  zu  W^ismar 
treffen  wir  als  Geisdiche  zu  Hohenkirchen  vor  und  nach  der  Mitte  des  XV. 
Jahrhunderts  (genauere  Daten  fehlen)  die  Namen  Hinrich  Tzitkow,  Joh.  Sechgher, 
Joh.  Knies  und  Joh.  Moire.  Um  1527  i.st  Curt  Wolfskop  Kirchherr,  um  1540 
Kra.snnis  Hermens  (vgl.  M.  Jahrb.  .S.  171).  1 56S  Matthäus  h"ischcr,  1573 

Joh.  Durcrus,  der  nur  ein  Jahr  dort  amtiert;  von  1574  bis  161 5  Joh.  Kolc 
(Röle,  Kulcniu.s);  161 5  bittet  sein  gleichnamiger  Sohn  um  die  Nachfolge; 
1621  wird,  nadi  Absterben  des  jungen  Predigers,  Henricus  Krevet  empfohlen; 
1647  finden  wir  dort  den  Zacharias  Manke  (Manike,  Manichius,  s.  Grabstein); 
167 1  bis  1682  (wohl  noch  länger)  Georg  Mdtzer;  1686  bis  170$  Hermann 
Wolf;  1706  bis  1728  Joh.  Gottfried  Prizelius  (Epitaph);  1731  bis  1773  Heinr. 
Christ  Crull  (s.  Grab.stcin);  von  1774  bis  1787  Aug.  Joach.  Kodcler  (s.  Grab- 
stein); \on  17S9  an  Joh.  Christ.  Grimm.  Ueber  ihn  und  seine  Nachfolger 
s.  Walter,  a.  a.  O. 

Dil  j(  tzigc  Kirche,  die  eine  ältere  Vorgängerin  gehabt  haben  wird,  ist  Kirche, 
ein  gewölbter  gothischcr  Racksteinbau  mit  einem  um  eine  .Stufe  erhöhten  Gior, 
der  einen  Schluss  aus  dem  Achteck  hat.  Dadurch,  dass  die  Strebepfeiler  des 
Schiffes  weit  ins  Innere  hineingezogen  sind,  Hessen  sich  dem  mit  drei  Kreuz- 
gewölben gedeckten  Sdiiff  jederseits  drei  Kapellen  hinzufügen.  Sie  sind  eben- 
fiills  mit  Kreu3^;ewÖlben  gedeckt  und  erhöhen  nidit  unbedeutend  die  Wirkung 
des  Ganzen.  Die  mit  einem  Spitzbogen  geschlossenen  Fenster  der  Kirche  sind  in 

*)  Im  Kirchenvisitatiömprotolcoil  ▼on  1647  iit  noch  der  Heri^K  als  rutioii  der  Kirdw  l>e- 
scichnet;  in  dem  von  1653  daj^e^nn  hci'^t  CS,  da»  der  Herng  dtsFutronat  den  LMdnUh  Daniel 
von  Pleasen  «of  Hoikendorf  »bgeUvten  habe. 


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3«4 


AMTSGKRK.inSBK/.lRK  WISMAR. 


der  Mehrzahl  drcitheiliji  und  weisen  ebenso  wie  die  rormcn  der  Kreuzgewölbe 
und  Strcbci)fcilcr  auf  die  Gothik  des  XV.  Jahrhunderts  hin.    Aeusserc  Fries- 


Kirche  zu  Hohenkirchen. 


Cirnndri»  der  Kirche. 


vcrzicninf^cn  fehlen.  Die  KipjK-n  der  Gewölbe  steigen  von  ausgekragten  Kon- 
solen auf.    Der  Thurm,  welcher  im  Westen  angebaut  ist,  tragt  auf  massigem 


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KIRCHDORF  HOHKNKIRCIIEN. 


3'5 


Gemäuer  ein  WaliiKlach  und  zeigt  über  seinem  lCinganj,'.s{K>rtal  zwei  kreisrunde 
Blenden.  F.r  soll  früher  einen  steileren  Helm  fjetratjcn  haben,  der  bei  einem 
Windsturm  zu  Fall  kam. 


Inneres  d«r  Kirche  211  liv>hvnkirt.)ic  n. 


Quenchnitt. 


Mas  fhvmalifje  alte  Kirtbhofs- 
thor,  wcirhfs  V(in  dein  Sturm  des 
12.  Februar  i8«M  ui"S<.'worfcn  wurde, 
war  mit  «Icnsdbcn  btidt-n  Figuren 
der  hl.  Maria  und  des  hl.  Nikolaus 
au-s  fii-branntcm  und  glasiertem  Thon 
verziert,  die  uns  so  oft  an  den 
Kir<hcn  St.  lürgcn  und  St.  Nik«>lai 
in  Wismar  begegnet  sind,  und  die 
wir  auch  noch  an  der  Kirche  in 
Neubuknw  antreffen  werden.  Ks  war 
also  ein  Hau  aus  dem  XV.  Jahr- 
hundert. 

Altar.  Der  Altaraufsatz  ist  ein 
Werk  des  Barock-  und  Rokokostils. 
Kr  enthält  in  der  Mitte  einen  Krucifixus, 
darüber  eine  Tafel  mit  der  Inschrift: 
DEO  TRINUNO  CONSECRATUM  A.  1749; 
links    davon    die   Statue    des  Jesnias 


.Altar. 


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3i6 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


mit  einem  aufgerollten  Metallblatt  in  der  Hand,  welches  den  Spruch  zeigt: 
FÜRWAHR  ER  TRUG  UNSERE  KRANKHEIT  etc.;  rechts  Moses  mit  dem 
Buch  des  Gesetzes;  beide,  Jcsaias  und  Moses,  zwischen  je  zwei  Säulen,  welche 
den  oberen  Theil  des  Aufsatzes  tragen,  lieber  dem  Knicifixus  der  Auf- 
erstandene mit  der  Siegesfahne,  links  und  rechts  Engel  als  Verkündiger, 
darüber  auf  der  Weltkugel  Jesus  zur  Rechten  Gottes  des  Vaters;  über  beiden 
endlich  ein  Dreieck,  in  dessen  Mitte  die  Taube  des  heiligen  Geistes  sichtbar 
ist.  Links  und  rechts  anbetende  ICngel.  Unter  dem  Knicifixus  ein  Gemälde 
aus  den  siebziger  Jahren  dieses  Jahrhunderts,  darstellend  die  Hinsetzung  des 
heiligen  Abendmahls.  —  An  der  Rückseite  der  Altarwand  befindet  sich 
folgende  Inschrift:  DURCH  GOTTES  GNADE  UND  UNERMÜDLICHEN  FLEISS 
HR.  O.  H.  CHRISTIAN  CRULL,  PASTORS  HIESELBST  IST  DIESE  KIRCHE 
A.  1735  VERMAHLET.  ANNO  1739  EINE  NEUE  CANTZEL  UND  A.  1749 
DIESSER  NEUER  ALTAR  ERBAUET  WORDEN.  GOTT  ERHALTE  ALLES  IN 
SEGEN. 

Kanzel.  Die  Kanzel  ist  ein  Werk  desselben  Stils  wie  der  Altar,  ihr  I*ult  wird 

von  einem  Pelikan  mit  Jungen  getragen.  Der  Schalldcckel  mit  der  Taube  auf 
der  Unterseite  schlies.st  oben  mit  Kugel  und  Kreuz  ab. 

Ah  ehemalige  K.inzcl- 
dekoralionen  werden  im 
'l'hurm  vier  hölzerne 
Kngel  mit  Kreuz,  Taube, 
Herz,  Kelch  und  Hil)oI, 
und  auf  dem  Kirchen- 
boden ein  hölzerner 
Wnlkenkranz  mit  vier 
Engeln,  in  der  Mitte  ein 
Schild  mit  unlcserli(  her 
Inschrift,  aufbewahrt. 

Taufstein.  Taufstein.  Im  Thurm- 

eingang ein  grosser  ro- 
manischer Taufstein  von 
Granit  mit  Spuren  von 
eisernen  Ilaken  zur  Hefesti- 
gimg  des  Deckels.  In  dem 
Taufstein  .steht  eine  kleinere 
steinerne  .Schale,  die  viel- 
leicht einst  ein  Weihwasser- 
becken war. 

Epitaphien,  Epitaphien  in  Form  einfacher  Gedenktafeln,    i.  Unter  dem  Orgelchor 

an  der  Wand:  Holztafel  zum  Andenken  des  Pastors  Joh.  Gottfr.  Prizelius, 
geboren  1669,  gestorben  1728.  2,  Gedenktafel  auf  Georg  Heinrich  Dethlof 
Calsow,  gestorben  1804.  —  3.  Trauerschild  (in  zwei  l-lxemplaren)  über  dem 
Klein -Walmstorfcr  Chor  für  Carl  August  Heuckendorf,  gestorben  18 14. 


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KIRCHDORF  HOHENKIRCHEN. 


Triumphkrens.    Hinter  dem  Alt.ir,  an  der  Chnrwand  angebracht,  ein  Triumph- 
alter  bemalter,  mehrfach  beschädigter  Krucifixus,  das  ehemalige  Triumphkreuz.  kreuz. 

An  dem  Triumphbalken  war  nach  dem  Inventar  von  181 1  eine  In- 
schriftf  welche  besagte,  dass  Hans  Kossei  aus  Annabrürk  im  Kiirfürstonthum 

Sachsen  und  seine  Gattin  Hedwig  vun  Baick 
aus  Kiel  in  Holstein  den  Krucifixus  mit 
den  Figuren  der  Maria  und  det  Johamm 
1675  reparieren  Hessen. 

Grabstdae.  Vor  dem  Altar  der  Grab»  Grabsteine, 
stein  des  P.  ZadiariM  Manke  und  seiner  Frau 
in  halbrunden  Fi<,nircn,  er  mit  der  Rechten  einen 
Kcicli  und  mit  der  Linken  eine  Bibel  fassend, 
sie  die  Hände  laltend.  In  den  iCcken  die  vier 
Evangclistcnzcichen  mit  Namen  und  den  Zu* 
Sätzen:  HOMO  FL08  (Matthaeus).  FL08  PERIT 
(Marku»),  HOMO  REDIBIT  (Lukas),  MUNDU8 
PERIBIT  (Johannes).  Umschrift  in  drei  Zeilen, 
von  flcnen  an  der  einen  Schmalseite  zwei  durch 
die  Kancelleii  des  Altars  verdeckt  sind.  Der 
lesbare  i  heil  besagt,  daäs  der  i'astor  Zacharias 
Manke  1661  im  67.  Jahre  seines  Alters  aus  dem 
Leben  schied,  und  dass  seine  Gattin  Dorothea 
W'oserius  ihm  am  10.  Februar  1666  folgte.  — 
ICbenfalls  vor  dem  Altar  der  Grabstein  des 
Prctlij^ers  August  Joachim  Rodeler,  <;eb.  1733, 
gest.  1787.  Unter  der  Kanzel  der  Stein  des 
Pastors  Crull  (nebst  I-"rau  und  Sohn)  vom 
Jahre  1774. 

Gemälde.    Neben  der  Kanzel  das  Hild  Gemälde, 
der  lansetzunj;  des  iieili^en  Abeiulniahls.    1-  ruher 
im  Allaraufsatz.       Die  jetzigen  Malereien  an 
den  Gewölben  sind  grösstcntheils  neu. 

Gmbstem 

da  FSuton  P.  Zaeharias  Manke.  Rfistung.    Neben   der  Kanzel    an  der  Rüstung. 

Wand  ein  Harnisch,  eine  Sturmhaube,  ein 
D^en  und  ein  lAihncuätakcn ,  darunter  das  Wappen  des  CARL  ADOLPH 
VON  PLESSEN.') 

'}  1674  kommen  in  <len  Akten  Karl  Ado1|<h  und  Chri.slian  Siegfried  als  rScsiizer  von 
Hoikendorf  vor.  Sie  aind  zwei  der  Söhne  des  Landraths  Daniel  von  Plcuen,  welcher  1673 
verstorben  aein  loll.    Die  Genealogien  haben  den  Karl  Adolph,   der  1674  zum  Kapidin  in 

mecldenburgischen  Diensten  ernannt  wurde,  Übersehen.    Da  sein  jttngerer  Bruder  Christian  Siegfried 

schon  in  den  Akten  von  16S6  als  aüeitiiijer  Inh.nbcr  von  Hoikendorf  erscheint,  so  wird  jener  vor 
diesem  Jahr  ver»torl>cn  sein.     Er  wird  der  Uc:>itter  der  in   der   Kirche   aufgehängten  RUstung 


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3ld  AMtSGfiRICItTSBfiZIRK  WISitAlt. 

Glocken.  Glocken.    Im  Thurm  hängen  drei  Glocken.    Die  grössere  ist  eine  alte 

Glocke  mit  reich  verzierter  Majiiskclschrift,  die  wir  wohl  nicht  über  das 
XIV.  Jahrhundert  hinaus  datieren  dürfen.  Ihre  leonmischc  Inschritt  enthiilt 
offenbar  mehrere  Fehler,  durch  welclje  eine  richtige  ücbersetzung  erschwert 
wird.  Sie  lautet:  ifl  V7(S  DSVS  hOQ  SimüK  PHLB  SKUVK  ST 
B6aiGD3C.*)  —  Die  mittlere  Glocke  i$t  1861  zur  Zeit  des  Pastors  STRECKER 
umgegossen  worden.  —  Die  kleine  Glocke,  welche  1890  tstagegosoea.  wurde, 
hat  die  Inschrift  ihn-r  \'(  ir<.;an<,a-rin  bcibehaUen:  GOTT  ALLEIN  DIE  EHRE. 
MEIN  HELLER  THON  STIMMT  AUCH  MIT  EIN.  GIEB  GOTT  DIE  EHR  DU 
LIEB  GEMEIN. 

Nach  dem  Inventar  von  1 8 1 1  waren  die  mittlere  und  die  kleinere 
Glocke  1764  zur  Zeit  des  ^tors  O.  H.  C.  CruU  v<m  V.  J.  Sehuh  in 
Rostock  gegossen  worden. 

Kleinkunst-  Kleinkunstwerke,    i.  2.  3.   Zwei  silberne  Kelche,  der  eine  \crj,'oldet, 

werke,  beide  in  klassicierendem  Stil.  An  der  Kupa  eingraviert  der  Krucihxus  als 
Signaculum.  Meisterstempel  [brockmann  |  (Wismar).  Beide  mit  den  Fatenen 
zusammen  1830  auf  Kosten  der  Gemeinde  angesduUll;  desgleidien  auch  die 
auf  vier  Füssen  ruhende  silberne  Oblatenschachtel,  die  denselben  Stempel  hat. 
—  4  \cut,'othische  Kanne  von  Silber  mit  dem  Stempel  SCHEEL.  —  5.  Silberner 

Kranketikelch   mit  Patcne,   laut  Inschrift   1649  von   dein  Dorfe     (JD    {  1 

VV'ohlenhagen  geschenkt,  IJ22  repariert.  Stempel  (Jochim  Gade, 
17 10  bis  1728).  Wenn  die  Stempel  richtig  gedeutet  sind,  so  beziehen  sie 
sich  nicht  auf  den  Verfertiger,  sondern  auf  den,  der  den  Kelch  reparierte.  — 
6.  7.  8.  Drei  Altarleuchter,  auf  dreiseitigem  Fuss.  —  9.  Kronleuchter,  sechs- 
zehnarmig,  aber  nicht  mehr  cjanz  erhalt  r;,  mit  der  Aufschrift:  ULRICH 
NEGENDANCK.  AGNES  OOROTHEE  BEEHREN  1682.    Vgl.  Proseken. 


■ein  und  ut  dnher  nicht  mit  dem  gleichmmieea  Sohn  Chriatim  Siegfried'»  n  verwechteln, 

^solc^ll-r  im  JaVirc  1733  },'!tiLli  sciiutn  Vater  in  dinisciien  Dienaien  war  nnd  wie  ditaer  den  Titel 

Cichciinci  Rath  utid  Exccllcru.  führte. 

*)  Versciiicdenc  Erklärungävcrauchc  tiiuU-t  man  bei  Erfurt,  M.  Julirb.  III,  Ii,  S.  182  bis  1Ü5 
«ad  Iwi  LiMli,  M.  Jahrb.  XXIII,  S.  356.  357.  Von  diexn  iat  alieb  anndinbar  der,  welchen 
Lisch  mit  Hinweis  auf  tlie  Inschrift  der  Glocke  tm  Wirictiburg  bei  Bchig  aufgestellt  hat.  Die 
WIesenbnrger  Inschrift  lautet:  Vas,  tlcus,  hoc  signa;  plebs  sancia  et  aura  benigna.  Danach  mim 
die  Inschrift  der  Glocke  an  Hohenkirchen  lauten:  Vas,  deu,  hoc  aigna;  pleha  Bihra  ait,  anra 
benigna. 


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KIRCHIX)RF  PROSBKEN.  31$ 


Dorfes. 


Das  KirdMtorf  Prosaken. 

jTEjroseken  fProcek,  Proceka,  Procckcn,  auch  tz,  sz  (Ur  c,  und  u  fär  o,  wahr-  Geschichte 

sclR-inlich  f^'lciclien  Stammes  mit  Presrk  \on  proseka,  Ilaj^,  wcnnj^lficli  des 
es  auch  als  Haujitort  des  [.andcs  Hn-sfii  iiml  .ils  Sit/.  <iius  I .an(Uliii<;cs  für 
diesen  Bezirk  vuni  Namen  Hiescn  abgeleitet  wurden  ist,');  liegt  7  km  westnord- 
westlich von  Wismar  und  enthält,  wie  schon  im  frühen  Mittelalter,  auch  heute 
noch  nicht  viel  mehr  als  Kirche,  Pfarre,  Schule  und  Krug.  Es  stellt  daher 
nur  eine  winzige  Feldmark  dar.  Vielleicht  war  es  bei  der  firündun^r  der 
schon  ini  I  ihrc  ]222  f^'ciiannten  Kirclic  durch  den  Hischof  von  Ratzebiirj,,',  der 
sie  1237  unter  das  Architliakonat  des  Klosterprofjstcs  von  Kehna  stellte,  sowie 
ferner  bei  der  Ortswahl  für  das  Landding  eine  wohlerwogene  Absicht,  das  zu 
erbauende  Gotteshaus  nicht  in  eins  jener  grösseren  Dörfer  des  Landes  Rresen 
zu  verlegen,  die  nachher  das  Kirchspiel  bilden.*)  Nachdem  die  Herrschaft 
des  Krummstabes  aufgehört  hat  (s.  o.  S.  303),  Übernimmt  der  Land^herr  das 
Patronat  über  die  Kirche.  Schon  bei  fielcjj^enheit  der  zweiten  Kirchenvisitation 
im  Jahre  1541  wird  im  Protokoll  A  ^tf,'fstt  llt,  da.ss  der  Kriicj  dem  .Achim 
Ne^eiulanck  zu  Ziennv,  wo  dessen  l'"aniilie  seit  hei^utert  i^t.')  /(ikommt; 

und  im  i'rotokoll  von  1550  heisst  es,  dass  Xegendanck  den  Krug  an  sich 
gebracht,  seinen  Acker  dazugelegt  habe,  und  dass  ihm  der  Krüger  dafiir 
dienen  und  Pacht  geben  müsse.  Daraufhin  begehren  nun  im  Jahre  1590  die 
Herren  von  Xegendanck  auci)  die  Jurisdiktion  im  Kruge,  doch  dringen  sie  nach 
Ausweis  der  Akten,  die  in  dieser  Sache  bis  1617  laufen,  dem  Landesherrn 
gegenüber  mit  ihren  Ansprüchen  nicht  durch.  Dies  ihr  \'erh;dtniss  zum 
Kruge  ist  aber  die  L'rsache,  dass  noch  heute  ein  llieil  ticr  l'eldmark  von 
I'roseken  mit  Pflichten  gegen  Zicrow  und  Wcitcndorf  behaftet  ist.*) 

Kühticl.  M.  Jahib.  XIA  I,  S.  110.  II«.  Btyer,  M.  Jaliil..  XIV,  S.  114.  Ann  kg.  Schröder, 
WUm.  Erstlini^,  S.  2S8.  Die  Fal>eleien  Ulxr  Karls  des  Grussen  Zug  in  diese  Gegend  und  die 
Weodentaufii  mit  dem  Kuf  »proieiiuefe«  länd  iklit  mit  Emst  tu  beliaiid«ln.  Sdirtkier,  «. «  O.,  S.  44. 

*  M.  l  .  n.  ZS4.  375.  47t.  617.  859  2728.   Vgl.  anch  264a  und  5613. 

»)  M.  U.-B.  8142. 

*)  Vfl.  Rmbe.Qnnde,  Ytterlandsicnnde  I,  S.  795.   Seit  1888  hat  der  mecklenbttitfiKhe 

Sualskalender  die  hierauf  bezügliche  Soxit  f>irigcl.i>scn.  Gcgcntilicr  den  ol>en  mitgetheillen  sicheren 
Nachrichten  in  den  Kirclienvisitationsprolokollen  von  1541  nnd  1550  mu»  der  Versuch  Schrüder's 
in  aeinai  Wismar'schen  Eistlingen,  S.  29  t  fT.,  die  Abgabe  von  Htlenehaflliebem  Acker  durch  Achim 
TOD  Ncgendanck  auf  Zierow  nach  Proseken  hin  als  eine  Folge  der  bekannten  grosaen  Fehde  zwischen 
dieirm  und  Heinrich  von  Stnekcr  auf  \VU?tenfflde  (vgl.  Meckletib.  Kiin«t-  u.  Geschichtsilenkm. 
Bd.  I,  S.  474i  Antnkg.  I,  und  476,  Antnkg.  2)  und  als  eine  Art  Sühne  daizuMellen,  at>gewie&en 
«erden.  Die  vom  XVI.  Jahrhundert  her  bis  in  unsere  Tage  von  dem  einngen  Prosdccncr  Bauern 
(der  zugleich  Krüger  und  jeitt  Erbpächter  ist)  nach  Wcitt-iiJürf  hin  eolrichletcn  Abgafen  lassen 
in  Verbindung  mit  jenen  Quellen,  die  Schröder  nicht  zur  Hand  gehabt  liaben  wird,  deutlich 
,  VerhUlnim  eine  Stiftung  in  Form  efates  ftat  alle  Zeit  bindenden  Konttaktet  an 


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320 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Nach  der  Gcmcindcordnunfj  vom  29.  Juni  1869  ist  Proseken  gegen- 
wartig mit  <leni  benachbarten  Dorf  Gägelow  im  Amte  Wismar- Poel- Mecklen- 
burg -  Redentin  verbunden  worden. 

Die  Uricunden  nennen  schon  12 10  einen  Fleban  Alverich,  nachher  von 
1255  bis  1259  den  Priester  Heinrich,  der  zugleich  bischöflicher  Notar  war, 
um  1298  Johannes  Schack,  um  1343  Wilke  von  Stade,  um  1346  Lüdekc  und 
um  1355  Ludolf.')  Im  XV.  Jahrhundert  begegnen  uns  Johannes  Helmstede 
(s.  Grabstein),  Hinrich  Sasse  (um  1412)  und  Gerhard  Hechel  (um  1459),*)  ferner 
im  lUich  des  grossen  Kaland  zu  Wismar  ausser  dem  letztgenannten  noch  Joh. 
Päpke,  der  zwischen  1465  und  1474  nachzuweisen  ist.  Als  1534  die  erste 
Kirchenvisitation  naidi  der  Refonnation  statthat,  sind  Jochim  Danned  (Danndl) 
und  Kaspar  Frederik  die  Inhaber  zweier  gastlichen  Lehne  in  der  Kirche,  der 
erstgenannte  seit  1509,  der  andere  seit  1530;  wer  aber  der  eigentliche  .Kirch- 
herr ist,  wird  nicht  gesagt,  vielleicht  ist  es  Jochim  Danneel.  Um  1540  ist 
Valentinus  ICverdes  Pastor  in  Proseken,  um  1568  Martin  Kluck,  um  I5<S5 
Johannes  Rheder  (s.  u.  Kelch),  um  1595  Johannes  Gisenhagcn,  zwischen  1616 
und  1631  Paulus  von  Seggern,  von  1632  bis  1647  Friedr.  Koch,  zwischen 
1647  und  1667  Melchior  Wassermann,  zwischen  1669  und  1689  Nikolaus 
Blanck,  zwischen  1690  und  1729  J<üuuines  Conradi,  zwischen  1729  und  1780 
Kaspar  Christoph  Rlanck.  Sein  Nachfolger  wird  178I  W.O.  Wendt.  Ueber 
ihn  und  die  Geistlichen  des  XIX.  Jahrhunderts  s.  Walter  a.  a.  O.*) 

Kirche.  Die  Kirche  ist  em  dnschtfiiger  Backsteinbau  mit  platt  abschliessendem 

Chor,  der  gegen  das  Schifif  um  zwei  Stufen  erhöht  ist.  Beide,  Schifl*  und 
Chor,  gehören  der  Zeit  des  Ueberganges  vom  romanischen  zum  gothischen 
Stil  an  und  mögen  schon  am  Anfange  des  Xlll.  Jahrhunderts  erbaut  sein. 
Zu  beachten  sind  freilich  die  mancherlei  Veränderungen,  die  besonders  der 
Chor  sowohl  im  Mittelalter  wie  in  der  Neuzeit  erfahren  hat.*)   Ein  schwerer 

Grunde  gelegen  halKn  muu.  Nach  Schröder'«  Miltheilang  aus  ciiictn  üolsprotokoil  von  1559 
hatten  der  Vollhufiier  Jurgcn  WLIdewaier  daauilt  jihrlich  T3  Mark  Padit,  1  Randdrahn  und  i  «Wcyel' 
SluUcn«  lu  cntrichlcn,  der  Käthncr  Heillfi^  Witten!  ' i^:  alu  r  ü.ir  3  Mark  und  I  Kauchhuhn.  Herr 
Präpositus  Dr.  Gcriach  schreibt  dem  Verfasser  hierüber  Fulgemics :  »Der  Krüger  Schacht  in  Pro- 
seken gicbt  auch  jetzt  noch  Abgaben  (>Pracbe<}  an  das  biechcnhaus  zu  Weitendorf,  und  zwar 
jlbrilcb  *A  SdieBel  WdiM  (itett  des  frHbcmi  Stvten*)  und  s  ScbdEd  Roggm,  «bar  kda  Gdd  wd 
kein  Kauchhuhn.  Kincn  Käthncr  giebt  es  hier  nicht  ndir:  die  jMtt  vorhandene  Hfaricid  ilt  der 
frühere,  im  Jahre  1872  verk.-iuftc  Ptarrkathen.« 

*)  M.  U.-B.  197.  744.  775.  800.  846.  1706.  «SSI.  635s.  6358.  6690.  813S. 

*]  Schröder,  Wism.  Erstlinge,  S.  294. 

*)  Die  Verzeichnisse  bei  Schröder,  a.  a.  O.,  und  Cleemann,  a.  a.  O.,  haben  Lacken. 

*)  Der  iltere  wendische  Ziegelverband  hemcht  auf  der  Nurdseite  des  Chors  wie  am  ganun 
ScUff  and  webt  anf  glaiehaeitige  EAamuig  beider  hin.  Dana  aber  iet  snent,  wie  es  acheint,  die 
Ostwand  veilndert  worden,  als  man  die  alten  'wahrscheinlich  dreil  LichiMfTnunjjen  in  ein  einziges 
gtOiMa  Fensler  verwandelte.  Der  ganze  Giebel  uberhalb  dieses  Fensters  zeigt  einen  ungleich- 
miasjgen  Verband,  wie  er  schon  hs  der  sweiten  Hüfte  det  XV.  Jahrhnndata  hemdit».  Endlieh 
hat  man  in  neuerer  Zeit  die  Schlitzfenster  des  Chors  gussetsernen  Kähmen •  Einsätzen  angep.ib-t,  ilic 
achlechl  geralhen  waren,  denen  zu  Liebe  aber  die  alte  liogenwölbtuig  durchaus  zum  Opfer  falien 
mvarte.    VgL  Brockmann'sches  Manuskript  auf  der  Pfam. 


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KIRCHDORF  TROSEKEN. 


ßoclriickter  frühgothischcr  Triumpliboj^cn  trennt  sie  von  einander.  Die  Ivin- 
uirkungen  des  früheren  romanischen  Stils  zeigen  sich  auch  an  dem  äusseren 

 ^ 


Kirclic  zu  Froseken. 


Gruiidri&s  der  Kirche. 

:!1 


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322 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


Rundbogen  fr  ies  des  Schiffes,  die  Friihgothik  aber  offenbart  sich  an  dem 
kapitellartigen  Kämpfergliede  und 
überhaupt  an  der  ganzen  I^iibung 
des  jetzt  zugemauerten  Portals  auf 
der  Nordseite  des  Schiffes.  Als 
weitere  gotliischc  Zuthatcn  sind 
endlich  die  zwei  Strebepfeiler  an- 
zusehen ,  womit  der  Bau  jetzt 
bewehrt  ist.  Jüngeren  Datums  da- 
gegen ist  der  1668  mit  ins  Innere 
der  Kirche  gezogene  Thurm,  der 
nach  Schröder,  Wism.  Erstlinge, 
S.  289,  293,  von  einem  Ncgen- 
danck  erbaut  worden  ist  und 
dessen  kleineres  Ziegelformat 
keinen  Verband  mit  dem  Schiff 
der  Kirche  hat.  Auf  der  Südseite 
des  Langhauses  ein  Ausbau,  der 
im  unteren  Theile  ein  Grab- 
gewölbe und  im  oberen  Theile 
das  im  Jahre  1655  renovierte  Ge- 
stühl der  Herren  von  Negcndanck 
auf  Weitendorf  enthält.  Nicht 
ohne  Interesse  ist  ferner  der  ver- 
schiedenartige Schmuck  aus  Form- 
steinen in  den  Schildgiebeln  des 
Thurmes,  insofern  man  darin 
ebenso  wie  an  den  Kirchen  zu 
Hornstorf  und  Zurow  den  Ein- 
fluss  der  Wismar'schen  Hauten 
des  XV.  Jahrhunderts  erkennt. 
Mit  diesen  spätgothischen  Formen 


Norden, 


Portal. 


Querschnitt  des  Chors. 


AML  Mk 


Westen. 


Süden. 
Thurm  -  Giebel. 

korrespondiert  auffallender  Weise  das  viertheilige  I-'cnster  mit  neuem  Pfosten- 
Einsatz  in  der  Üstwand  des  Chores,  der  doch  gleich  dem  Schiff  dem  XIII.  Jahr- 
hundert angehört.    W"ic  sind  diese  Widersprüche  zu  erklären? 


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KIRCHDORF  PROSEKEN. 


523 


Schröder,  Wism.  Krstl.,  S.  289  (vgl.  auch  S.  293},  bezeichnet  die  Herren 
von  Negendanck  als  die  Erbauer  des  Thurmes  wie  des  Chorgebäudes;  er 
setzt  jenen  in  du  XVI.  und  dieses  in  das  XIV.  Jahrhundert,  fpcbt  »ber  seine 
Quellen  nicht  an.  Mit  seiner  Angabe  über  den  Thurm  ina^  er  der  Wahrheit 
nahe  kommen,  wenngleich  aus  den  Zierformen  der  (liebcl  mehr  das  XV. 
als  das  XVI.  Jahrhundert  zu  uns  spricht.  Mit  seiner  Annahme  über  den 
Chor  aber  ist  er,  wie  wir  glauben,  im  Unrecht.  Die  ganze  ursprüngliche 
Anlage  dieses  Theils,  der  niedriger  ist  als  das  Schiff,  im  Osten  glitt  .nh- 
schliesst,  und  dessen  Fenster  einstmals  alle  ohne  Ausnahme  spatromanische 
oder  firOhgothisdie  ScMitsfenster  gewesen  sein  werden,  weist  mit  Entschieden- 


heit  auf  den  Aafiung  des  XIIL  Jahrhunderts.   Wenn  aber  dennoch  die  Herren 

von  Negendanck  im  XIV'.  Jnhrhiindert  .im  Chor  gebaut  haben  sollten,  so 
kann  sich  das  nur  auf  üm.'inderungen  oder  Restaurationen  beziehen.  Als 
eine  spätgothische  UmXndemng  ist  z.  B.  ohne  Bedenken  das  vfertheilige 
Fenster  in  der  Ostwand  des  Chores  zu  bezeichnen,  ebenso  das  /-.u  itlieilige 
Fenster  auf  der  Siidseite  des  Chores.  Heide,  l)esonders  aber  das  ustliche, 
weisen  weit  mehr  auf  d.-is  XV.  als  auf  das  XIV.  Jahrhundert.  Auch  der 
ganze  Giebel  oberhalb  des  Fensters  der  Ostwand  mag  glachseitig  mit  dem 

I'enster    veninderf    worden    sein,    entbehrt    er  doch 
des  in  der  Zeit  des  Uebcrgangcs  vom  romanischen 
ra,  zum  gothischen  Stil  flberall  flblidien  aufirtdgenden 

W^y*  Fries-  und  Blendenschmuckes.    Xocli  mehr  berechtigt 

ll'^'^a^flpArf      die  Ungleichmässigkeit  des  Ziegelverbaudes  zu  diesem 
^^^^  Schluss.    Nichts  desto  weniger  mdgen  die  Herren 

C^-]  [  von  Negendanck  am  Bau  der  Kirche  von  jeher  be- 

»J^^'^-'M-         deutenden  Antheil   gehabt  liaben.    Darauf  lässt  ein 
dem  XIV.  Jahrhundert  angehörendes  Wappen  eines 
yA.  Eckhard  Negendanck  scMiessen,  das  früher  in  der 

^  südlichen    Kappe  des   Chores    /;i    >:ehcn  war,  alitr 

^K^'^'^J  letzten  Restauration  der  Kirche  unverständiger 

^         Weise   übertüncht  wurde.    Die  nebenstehende  Ab- 
Negsodanck'MlMt  W«ppm.  bildung  verdank  en  wir  Herrn  Dr.  Crull  -  Wismar,  der 

rechtzeitig  eine  Skizze  davon  nahm.    Es  sc  heint  nichts 
im  Wege  zu  stehen,  um  dies  Wappen  auf  den  zweiten  Eggert  oder  Eckhard 

81* 


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3»4 


AMTSGERICHTSBBZIRK  WISMAR. 


Negendanck  des  MecklcnburKis«  hen  Urkundenbuchea  ZU  beziehen,  der  um 

die  Mitte  des  XFV.  JahrhiindLTts  Ic-htt-. 

In  baulicher  Beziehung  ist  aucli  eine  Inschrift  auf  dem  (jluckenstuhl 
ZU  beachten:  QCBAVET  IM  JAHR  CHRISTI  iaB5,  da  PASTOR  GEWESEN  MI]  JO- 
HANNES o  CONRADI  o  VND  JVRATEN  o  HINRICH  KÖ  HILER  o  HINRICH  o  SEGEBADE  O 
JOACHIM  KLVSSENOORFF.  Vgl.  auch  Lisch,  M.  Jahrb.  VlU,  B,  S.  144  ff. 

Altar.  Altar.   Der  Aufsatz  des  Altars  ist  ein  Werk  des  Barockstils  aus  dem 

Jahre  1733,  sehr  verwandt  mdcrcn  scIkui  ht-<chriebencn  Werken  dieser  Zeit, 
und  eine  Stiftuni^  des  BARTHOLD  DIETRICH  VON  NEGENDANCK  und  seiner 
zweiten  Gemahlin  D.  C.  VON  PENTZ.  Der  Stifter  war  in  erster  Ehe  vermählt 
mit  Catharina  Elisabeth  von  Bülow.  In  Folge  davon  fmden  wir  am  Altar 
sein  und  seiner  ersten  Gemahlin  Wappen  auch  mit  dem  der  zweiten  verbunden. 
Ausserdem  finden  wir  des  Stifters  Wappen  noch  zweimal  vereinzelt  an  der 
Ostwand  des  Chores.  Als  Altarplattc  dient  der  mit  runf  Weihekreuzen  ver- 
sehene Grabstein  des  alten  riohaniis  Johannes  Helmstede.    Seine  riiisclirift 

lautet:  ?Ciiiio  lni[i) :  1 3 )oljcG  :  Ijrliiiitcbc  :  rrctor  :  Vjui'» :  rrrlrfiü  :  ciii  piccrat: 
):IUiij  :  Allii^  :  or.  PXO  CO.  Kine  ^anzc  Lang.scitc  der  Inschrift  des  Steines  ist 
von  dem  .Mtaraufsalz  verdeckt. ') 

Kanzel.  Kanzel.    Die  Kanzel  i.st  ein  Werk  der  .Spatrenaissance  vom  Jahre  1656 

mit  reicher  Schnitzerei  im  (^hrenstil  {ijenre  auriculaire).  Auf  der  Kanzclthür 
das  Negendanck -Reveiitlow  .sehe  Allianzwappcn.  -    Vgl.  Grabstein  Nr.  2. 

Taufttein.  Taufstein.    Gute  alte  Steinfüntc  aus  dem  XII.  oder  Anfang  des  XIII. 

Jahrhunderts  unter  der  Treppe  zur  Orgel,  ganz  versteckt  in  einem  Verschlage 
stehend. 

Glocken.  Glockea.   Im  Thurm  hängen  drei  Glocken,    i.  Grosse  Glocke.  In- 

schrift: SOLI  DEO  GLORIA.  Die  Glocke  ist  laut  Inschrift  1876  unter  der 
Regicrunjj  des  Grosshcrzoj^s  FRIEDRICH  FRANZ  II.  und  zur  7eit  des  Pastors 
BROCKMANN  aus  einer  alteren  umf^ei^us^cii  worden.  —  2.  Die  miltK  rc  (jlockc 
wurde  laut  Inschrift  1819  unter  der  Regierung  des  Gro.s.sherzogs  FRIEDRICH 
FRANZ  I.  und  zur  Zeit  des  Pastors  RHADES  von  V.  Schultz  ui  Rostock  ge- 
gossen. Auch  sie  trägt  die  Inschrift:  SOLI  DEO  GLORIA.  —  3.  Die  kleine 
Glodce  hat  oben  dieselbe  Inschrift  wie  die  beiden  vorbeigehenden.  Sic  wurde 
17 19  unter  der  Re;^ierun<^  des  Herzogs  CARL  LEOPOLD  und  zur  Zeit  des 
Pastors  JOHANNES  CONRADI  von  Laurentius  Strahlborn  in  Lübeck  gegossen. 

Die  V'orgSngcrinm  n  i]<-v  beiden  grösseren  Glorken  w.aren  von  Joh.  Val. 
Schultz  in  Rostock  gegiiN>cn  worden,  die  mittlere  1760  zur  Zeit  des  l'astors 
Caspar  Christoph  Blanck,  die  grössere  1799  zur  Zeit  des  Paston  W. 
O.  Wendt.  Die  Vorf^ängcrinnen  dieser  hatte  im  Jahre  lyor  der  Glocken- 
giesscr  Hans  Siebenbaum  in  Schwerin  umgegossen.  Die  grosse  Glocke,  die 
er  unuugiessen  hatte,  trug  ein  Marienbild  mit  dem  Jesuskinde  und  die  Auf- 
schrift: FVNOE  PRECES  QNATO  SANCTISSIMA  VIRGO  BENIGNO  •  ANNO  DOMIM 

Helnstede  itt,  nach  Ausweis  einer  Urkunilc,  am  I2.  Mai  1412  noch  am  Leb«. 


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KIRCIinORF  PROSEKEN. 


MDXV  .    Pazii  die  Namen  HANS  PLATE.    FITKE  SCHACHT.    HANS  HAFFMEISTER. 
REINEKE  KRUSE. 

Epitaphien.    Im  Chor  drei  l'^pitaphicn  aus  der  Zeit  der  Renaissance-  Kpitaphien. 
Holzscliiiitzerci  mit  Malerei,    i.  Das  der  besseren  Zeit  der  Renaissance  an- 
gehörende l'Li)itaph  des  Ulrich  Negendanck  (7  1622),  gestiftet  1623  von  seiner 
Wittwe  Elisabeth  Walsleben  (7  1665),  mit  dem  Relief  der  Auferstehimg.*) 

2.  Das  zweite  ICpitaph,  wel- 
clies  der  Spätrenaissance 
angehört  und  schon  Ein- 
flüsse des  Ohren-  und 
Knorpelstils  verräth,  er- 
mangelt genauerer  An- 
gaben und  ist  daher  nur 
im  Allgemeinen  als  der 
Familie  Negendanck  an- 
gehörig zu  bezeichnen. 
Als  Hauptdarstcllung  ein 
Gemälde :  Die  knieenden 
Mitglietler  der  Familie; 
iiber  ihnen,  aus  den 
Wolken  kommend,  die 
rfeilc  des  Hosen,  die  der 
Fngel  mit  dem  S<  hild 
des  Glaubens  abwehrt. 
Dariiber  ein  zweites  Hild 
mit  der  Darstellung  der 
.Auferstehung.  Rechts  und 

links  vom  Mittelbilde 
Wappenschilde,  auf  jeder 
Seite  zweimal  acht,  dem 
Stil  nach  ungefähr  in  die 
Zeit  von  1650  zu  setzen. 
Epiiaph  .iis  ftrich  NctjetiJanck.  Iliemit  .stimmt  eine  Auf- 

zeichnung des  verstorbenen 

Pa.stors  Hrtickmann  über  den  Durchbau  der  Kirche  im  Jahre  1856,  nach 
welcher  das  grosse  I-ljjitaphium  über  dem  Weitendorfer  Stuhl,  das  cben.so  wie 
das  vorhin  beschriebene  ein  \egendanckA\'alsleben'schcs  sei,  auf  dem  unteren 
Gemälde  die  Jahreszahl  1632  enthalte.  Diese  Zahl  sei  beim  Herausnehmen 
des  Hildes  zwecks  Rcstaur.ition  v<in  dem  Hofmaler  Lenthe  gefunden  worden: 
H.  fecit  1632.    Die  Wittwe  Ulrich  s,  IClisabeth  von  Walsleben,  wohnte  bis  zu 


')  Ulrich  Negendanck,  geb.  1579.  b^s.iss  Eggerstorf  und  Rethwisch,  sp.Hter  auch  unler- 
pfändlich  die  .Xcmlcr  Tcmpzin  und  Eldena.  Seine  Gcin.ihlin  war  eine  Tochter  des  Otto  von  Wals- 
lebcn  auf  Leistcnow. 


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326 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WSKL\R. 


Grabsteine. 


ihrem  Tode  am  5.  April  166$  in  Eggerstorf.  Von  einer  Inschrift,  die  das 
Kirchenbuch  erwähnt,  ist  nichts  mehr  zu  sehen.  —  3.  Das  dritte  Epitaph,  das 
den  Ohren-  und  Knorpelstil  in  üppigster  Hlüthe  aufweist,  ist  über  der  Sakristei- 
thür angebracht.  Das  Mittclbild  zeigt  die  Familie  Negendanck  knieend  und 
betend,  die  Männer  auf  der  einen,  die  Frauen  auf  der  anderen  Seite.  Ringsum 
zwanzig  Wappenschilde.  lieber  diesem  Bilde  als  zweites  Bild  die  Darstellung 
der  Himmelfahrt. 
Da  sich  an  diesem 
Epitaph  dieselben 

Hauptwappen 
finden,  mit  denen 
die  Kanzel  ver- 
ziert ist,  so  wird 
es  auch  wie  diese 
der  Zeit  bald  vor 
1669  angehören. 
Vgl.  Grabstein 
Nr.  2.  —  4.  Ge- 
denktafel von 
Marmor  am  süd- 
lichen Pfeiler  des 
Triumphbogens 
für  den  am  14. 
September  1852 
auf  der  Jagd  ver- 
unglückten Wilh. 
Aug.  Moritz  von 
Biel.    geb.  den 

27.  December 
1S33.  5.  Desgl. 
unter  den  süd- 
lichen Chor- 
fenstern für  Wil- 
helm Julius  Aug. 
Heinr.  Freiherm 
von    Biel  (geb. 

18.  Februar  I7«S9,  gest.  16.  Mai  1876)  und  seine  beiden  Gattinnen  Sophie, 
geb.  Powlett- Thomson  (f  1827,  32  Jahre  all)  und  Mary,  geb.  Blake  (7  1873, 
74  Jahre  alt). 

Grabsteine,    i.  Der  des   alten  Pleban  Helmstede   ist  schon  oben 
beschrieben. 

2.  Ein  alter  Stein  mit  Resten  einer  Minu.skel- Inschrift:   .....  fll^C  • 
Uoc  •  Ufer  •  V>rolu7  •  6att  •  flatf  •  t^UlC  •  6af :  ,   Auf  dem  Steine 


EpiUph  ilcr  Familie  Negendanck. 


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KIRCHDORF  PROSEKKN. 


Wappen  der  N'cgendanck  und  Reventlow.  Darunter:  PASCHEN  NEGENDANCK 
ILSCHE  REVENTLOWEN.  DIESE  ERBBEGREBNVS  GEHÖ  .  RET  ALLEIN  NACH 
DEM  I  ADELICHEN  GVTHE  ZIROW  1  ANNO  1669  Daruber:  H.  PASCHEN 
NEGENDANCK  ERBHERR  AVF  SIROW  G.  KRANCKOW  VNDT  WISCHENDORF 

  OBIIT  ANNO  1656  DEN 

8  SEPT.  Die  Huchstaben 
sind  aus};cspart.') 

3.  Ein  Stein   mit  der 
Inschrift:    H.   ULRICH  VON 

NEGENDANCK  ERBHERR 
AUF    EGERSTORF  GRAM- 

KOW   UND   NAUDIN  1  F. 
AGNES    DOROTHEA   \  GE- 
BOHREN  VON  !  BER[N1. 
DIESES  ERBBEGRÄBNIS 
GEHÖRET  DEM  HAUSE 
EGERSTORF  ALLEIN  ZU  j 
UND    IST  BESCHLOSSEN 
NACH   BEGR  ....  DIESER 
BEIDEN    LEICHEN      IN  50 
JAH  REN  NICHT  ZU  ERÖFF- 
NEN.', 

4.  Sehr  grosser,  aber 
stark  abgetretener  Stein  mit 

den  Wappenschilden  tier 
Negendanck  und  Hülow. 
Von  der  Inschrift  ist  nur 
noch  ein  Theil  derjenigen 
zu  cntziftcrn ,  welche  der 
Frau  gehört:  CATHARINA 
BARBARA  VON  BÜLOW  AUS 
DEM  HAUSE  CAMIN  GE- 
BOHREN  1.  NOVEMBER 

1672,  GESTORBEN  DEN 
29.  SEP.  1720. 

5.  Grabstein  des  Pastors  Nikolaus  Albrecht  Blanck  (•••  1689). 

6.  Stein  des  Pächters  Job.  Fr.  Hass  zu  Zicrow  vom  Jahre  1783. 

')  Dieses  Ehepanr  ist  mit  der  Stiftung  der  Kanzel  und  dem  dritten  Epitaph  in  Zusammen- 
hang zu  bringen.  N.ich  einer  Angabe  im  Kirchenbuch  war  dem  Paschen  Negendanck  gestattet, 
ein  Epitaph  in  die  Kirche  zu  bringen,  wenn  er  zugleich  eine  neue  Kanrcl  stiften  wolle.  Die 
Jahreszahl  1668,  die  man  früher  darauf  las,  'ut  wahrscheinlich  bei  der  letzten  ungeschickten 
Restauration  Ubermalt  worden. 

*)  Vgl.  die  Anfjabe  bei  Schröder,  a.  a.  O.  Uber  Conradi's  Leichen  predigten  vun  1695  (betr. 
Ulrich  von  N.)  und  1 702  (betr.  Agnes  Dorothea,  geb.  von  Belir). 


Epitaph  der  Familie  Negendanck. 


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328 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


7.  Stein  der  Frau  Fried.  Anna  Cath.  Engel,  geb.  Nehlsen  (f  1798). 

Der  Gralistcin  des  Gerh.  Bccliel,  von  dem  Schröder,  Wism.  Erstl. 
S.  2i)4  spricht,  ist  nicht  mehr  da.  Er  verwechselt  femer  Helmstede  mit 
Helmold. 

Gemälde  Gemälde.   BUdniss  des  P.  Conrady  (über  dem  Wtsch'er  Stuhl)  f  1729. 

und  Wand'  —  In  den  vier  Fenstern  des  Chors:  die  vier  Evangelisten  (von  MIchMtoen- 
malereien.  wisnuu-).  —  Die  Malereien  an  Decken  und  Wänden  und  einer  früheren 
Empore  unter  dem  Oigelchor  sind  bei  dem  Durdibau  1856  beseitigt  ,  virorden. 

Ueber  alte  Wandmalereien,  deren  Reste  (neutestamcnfli<he  Büdo*, 
Kiivlu  nväterbilder)  vnr  der  Restauration  im  Jahre  1856  zum  Vorschein  kamen, 

berichtet  das  Kirchenbuch. 

Wappen-  Wappenschildc.    Am  Thuriii;)lV;K  ;  dif  des  Hinrich  Ulrich  von  Negen- 

schilde.  danck  und  der  Catharina  Barbara  von  Bülow  ')  sowie  die  des  Bartbotd 
Dietrich  von  Negendanck  und  der  Catharina  Elisabeth  von  Bülow ;  ^)  sodann 
am  Weitendorfer  Gior  die  des  Detblev  Negendattd  mit  der  Jahreszahl  1580 
und  des  Paachen  Negendanck  mit  derselben  Jahreszahl  1580.^ 

Kleinkunst'  Kleinkunstwerke.    1.  Gros.scr  silbervcrgoldetcr  spätguthischcr  Kelch  auf 

mxk»-  sechseckigem  Fuss.  An  der  Kupa  eingeätzt  das  Bild  des  Gekreuzigten  mit 
den  Figuren  der  Maria  und  des  Johannes.  In  der  Höhe  der  Brust  des 
Heilandes  ringsum  laufend  der  Si»ruch:  DAT  BLODT  JISV  CHRISTI  DES 
SONES  GADES  MAKET  VNS  REINE  VAN  ALLER  SVNDE.  JOH.  I.  An  den 
Rotuli  des  Knaufes  der  Name  IHESVS,  die  einzelnen  Riirlistabcn  in  ^Tjriinem 
lüiKiil,  «getrennt  durch  kleine  f  »uadratc,  welche  in  Reliefphistik  den  hl.  Cieorg 
mit  dem  Drachen  enthedten;  über  und  unter  den  Quadraten  je  eine  kleine 
durchbrochene  Rosette,  den  Gdcreuzigten  mit  Maria  und  Johannes  in  sidi 
schliessend.  Unten  am  sechseckigen  Fuss,  in  aufgenieteten  halbrunden  Figuren, 
zweimal  der  Krucifixus  mit  Maria  und  Johannes  (einander  gegenüber  in  Feld 
dtlS  und  vier),  dazwischen  je  zwei  der  luans^elisten.  Auf  den  .sechs  Knuten 
je  ein  ausi^estreckter  I.ilwe  Dai unter  die  In.schrift:  ZV  EINLÖSVNG  DISES 
KELCHES  HAT  S.  HANS  ALBRECHT  NEGENDANCK  VON  EGGERSTORF  DER 
(weiter  an  dem  unteren  Rande]  KIRCHEN  ZV  PROSEKEN  50  ß.  VEREHRT. 
1648.«)  Auf  der  Innenseite  des  unteren  Randes  die  Inschrift:  HVNC  CALICEM 
COENAB  DIVINAE  DICATVM  MAGNO  CONATV  MVLTOQUE  LABORE  EXTINCTA 

*)  Hinrich  Ulrich  von  Negendanck  auf  Eggentorf  und  Reihwiscli,  geb.  1666,  vemtähUe 
«idi  1693  nüt  Katharina  Barbara  von  Bolow  atw  dem  Hau«  Cunmin.   Vg;l.  Gfahttefai  Kr.  4. 

*)  Barthold  Dietrich  von  Negendanck  auf  Zierow,  Eggeiatorf,  Kaudin.  RcihwUch  u.  h.  \r,, 
geb.  1697,  vermählte  sich  in  erster  Ehe  1725  mit  Katharina  Elisabeth  von  Uulow  aus  dem  Hause 
Gudow;  in  zweiter  Ehe  1731  mit  Dorothea  Katharina  von  IVntz  aus  dem  Hause  besendorf;  und 
in  dritter  Ehe  1737  mit  Maria  Chrisüana  von  Negendanck.   Er  ist  der  Stifter  des  Altan  («.  o.). 

*)  P;iüchen  und  Detlev  sind  Söhnc  <Ies  <1iirL')i  sciiic  Fehde  mit  Heinridi  Smdur  auf  WOatCB- 
felde  berühmt  gewordenen  .\cliim  von  Ncfjcndaiick.    S.  Bd.  I,  S.  474. 

'*)  Der  Kelch  war  von  dem  später  abgesetzten  Pastor  Koch  bei  dem  Goldschmied  Asmus 
Runge  b  Wismar  vcractit  gewcMn. 


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KIRCHIMDRF  FROSEKEN. 


JAM  PIETATE  EX  SORDIDA  PLEBE  AEGRE  EXTORQVEBAT  JOHANNES  RHE- 
DERVS  ECCLESIAE  CHRISTI  QVAE  EST  IN  PROSECA  MINISTER  CI3.I0.XIC. 

Stadtstempcl  von  Wismar  und  Mcistcrstcmpel  des  Andreas  Reimers:  l^U 
—  2.  Die  dazu  gehörige  silbervergoldctc  Patcnc  zeigt  in  der  Mitte  Mir  Kly 
als  eingraviertes  Bild  die  ICinsetzung  des  heiligen  Abendmahls;   rechts  und 
links  von  den  Pfeilern  des  Saales  Durchblick  auf  stiultische  Gebäude.  Um 
den  Rand  die  Inschrift:   VOR  TIEN   BRVKEDE    MEN   HOLTENE  GESCHIER. 
DARBI    WAS    GVLDENE  HARTENSBE- 
GIER  :  NV  ALLES   UMGEKERET   IS  : 
DE  GEFETE  SIN  GOLT  DAT  HERTE  IS 
HOLT.    Kelch  und  I'atene  sind  gleich- 


Fuss  des  Kelches  (l). 


Kckh  (3). 


werthig  den  besten  Arbeiten  desselben  Goldschmiedes  Andreas  Reimers  in  den 
Wismar'schen  Kirchen.  Siehe  S.  112,  113  (Xr.  4  und  5).  ■ —  3.  Kleiner  silbcr- 
vergoldeter  Renaissance- Kelch  auf  .sechspassigem  I'iiss.  An  der  Kupa  drei 
barocke  I^ngelfiguren  in  Relief,  dazwischen  ornamentale  l^lumen  (Lilien)  auf- 
gelöthet.  Am  Fuss  abwechselnd  drei  ICngelköpfe  und  drei  Fruchlbiindcl  in 
getriebener  Arbeit.  Ohne  Inschrift.  Nebenstehender  .Stadt- 
und  Meisterstempel.  Hamburger  Arbeit.  —  4.  Die  dazu  ge- 
hörige silberx'ergoldete  Patene  hat  den  Wismar'schen  Stadt- 
stempcl und  den  Mcistcrstempel  des  Joh.  Martin  Printz.  —  5. 
Silberne  Oblaten.schachtel  mit  getriebener  Hlunienvcrzicrung. 
Auf  dem  Deckel  das  ,\llianzwa|)pcn  der  Negendanck  und  Hehr.  Inschrift  über 
dem  Wappen:  U.N»  A.D.B»,  darunter  16.72.  Ohne  Werkzeichen. 
(S.  Grab.stcin  Nr.  3.)  —  6.  7.  Kleiner  silberner  Kelch  mit  Patene.  Inschrift 
auf  dem  Kelch:   DIESER    KELCH  GEHÖRT  DER    KIRCHE   ZU   PROSEKEN  . 


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330 


AMTSGERICl  nSRKZlRK  WISMAR. 


I  )cnkstcin 

von 
Wendorf. 


1804.  —  8.  Neues  T.-iufbecken  von  1856  (aus  Liebesgaben  der  Gemeinde 
zu  Prosckcn).  |  C.  BUSCH~|  (Wismar).  —  9.  10.  Silberner  Kelch  mit  l'atene, 
dem  Siechenhause  zu  Wcitendorf  gehörig.  Auf  dem  Kelch  das  Negendanck- 
sche  Wappen,  unten  die  Inschrift:  DEISE  X  KELCH  X  GEHÖRET X  IN  X  DAS X 
HOSPITAL  X  THO  X  WEITENDORP.  —  In  der  Kirche  hängen  drei  Kronleuchter: 
II.  Zunächst  dem  Thurm.  Eine  lange  Reihe  von  Namen  aus  der  Gemeinde 
als  Inschrift,  darunter  H  :  MELCHIOR  WASSERMANN  •  PASTOR  und  BAR- 
THOLOMEUS  MOLLER  CVSTOS,  u.  s.  w.  GOTT  ZU  EHREN  DER  KIRCHEN 
ZU  PROSEKEN  ZUM  ZIERAT  HABEN  DIESE  KRÖN  VEREHRET  ANNO  1653 
DEN  8.  OCTOBER.  —  12.  In  der  Mitte.  Inschrift:  ULRICH  NEGENDANCK. 
ELISABETH  V.  WALSLEBEN  neb.st  Allianzwappen  und  der  Jahreszahl  1663.  — 
13.  Am  Altar.  Inschrift:  ULRICH  NEGENDANCK.  AGNES  DOROTHEA  BEEH- 
REN nebst  Allianzwappen  ANNO  1669.  14.  15.  16.  Drei  Hronzcleuchtcr, 
zwei  von  gleicher  Form,  der  dritte,  der  in  der  Mitte  steht,  von  anderer  Form. 
Von  ersteren  hat  einer  oben  an  der  Tülle  die  Umschrift:  ANNA  KLADOWEN 
BASTIAN  TEDELS  HAVSFRA.')  Der  mittlere  hat  am  Fuss  die  Umschrift: 
ANNO  1648  DEN  1  APRILIS.  Die  Leuchter 
sind  1861  leider  vergoldet. 

Deokstein  von  Wendorf. 

Der  Stein  steht  links  an  der  Chaussee 
von  Wismar  nach  Grcvcsmühlcn,  nahe  der 
Gägclower  Scheide,  früher  etwas  davon  ent- 
fernt. Nordischer  Kalkstein  von  granitartiger 
F'cstigkeit.  Die  eine  Seite  ist  mit  einem  ein- 
gerissenen Kreuz  verziert,  die  andere  Seite 
i.st  glatt.  Auf  den  Schmalseiten  des  Steines 
eine  In.schrift  in  zwei  Hälften,  von  denen  jede 
oben  am  Kopf  des  Steines  beginnt:  [KifUÜ 

DOiRiiM]  (HD .  aaa .  lx  .  iin  .  lu  di« 

HHrmhHUÜ«)  [OBÜT]  

LBDDH6  ....  ORKTO  .  DQUSR  .  PRO  • 
HO  . 

Die  Familie  I.ed<k'Khc,  oder  l.cdeghc, 
Leedeghe,  wird  in  Wismar  während  des 
XIV.  Jahrhunderts  oft  envähnt.  Der  hier 
Genannte  ist  aber  nicht  /.u  ermitteln. 
Vgl.  Crull,  M.  Jahrb.  XXXIII,   S.  350  ff. 


Denkstein  \on  Wendorf, 


')  Rastiati  Tcilel.  nürRcr  in  Wismar.  Vgl.  M.  J.-ihrI>,  LIV,  S.  134,  Nr.  231. 
*)  12.  Mai  1364. 


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KIRCHDORF  WEITBNDORF. 


331 


Das  Kirchdorf  Weitendorf. 


M^citendorf  (Woytentiiorp),  7<A  km  westlich  von  Wismar  gelegen,  besttet  Geschichte 

von  alter  Zeit  her  neben  einem  dem  hl.  Georg  geweihten  Siechenhaus  des 
(domus  leprosaria)  eine  diesem  Krankenhause  angeschlossene  kleine  Kapelle  l^o^fcs. 
und  gehört  jetzt  zum  Kirchspiel  Prosekcn.  Dass  die  Stiftung  heider  auf  einen 
Vorfahren  der  Herren  von  Negendanck  zurückgeht,  die  mit  den  Perkentin  s  und 
Plüskow's  dasselbe  Siegel  führten  und  anscheinend  zur  Zeit  der  Germanisicrung 
Mecklenburgs  aus  Holstein  dnwanderten,')  kann,  nach  dem  späteren  Verfaähntss 
der  Familie  zur  Sache,  ab  ndier  angenommen  werden,  wenngleidi  ein  dgent- 
Hoher  Fundationsbrief  nicht  vorhanden  ist  Daflir  aber  gid>t  es  Vermächtnisse 
aller  Art  von  ihnen  in  ^Tösscrcr  Zahl,  von  1395  an  bis  zum  Aussterben  des 
Geschlechts  in  der  zweiten  Hälfte  des  vorit^en  Jahrhunderts.  Ks  darf  freilich 
nicht  übersehen  werden,  dass  sich  auch  viele  andere  Personen  als  Wohlthater 
des  Stifts  wid  der  Kapelle  verewigt  haben.*)  Als  ältester  Kolonist  des  Dorfes 
Weitendorf,  das  zur  Ratzebutger  Diöcese  und  mit  Frosdcen  zum  Rdinaer 
Archidiakonat  gehört,  wird  Johannes  Fläming  genannt.*)  Später  werden  die 
Herren  von  ManteufTel  (Manduvel),  von  Plessen  und  v<in  Femen  neben  denen 
von  Negendanck  mit  Hesitz  und  Rechten  in  Weitcmlorf  genannt,  zuletzt  aber 
werden  diese  die  Herren  <lcs  i^anzen  Dorfes.  Doch  ist  dies  keine  lan^e 
I'criode  gewesen.  Schon  1764  wird  Hartwig  Gotthard  Hans  von  lioth,  der 
die  Negendanck'sche  Erbtochter  heimflihrt,  Rechtsnachfolger  auf  den  Gütern 
Zierow,  ^[gerstorf,  Rastorf,  Rethwisdi,  Stoflerstorf,  Weitendorf,  Krönken- 
hagcn,  Naudin  und  Glashagen.  1766  folgt  ihm  der  Hofrath  Jakob  Poel,  1775 
dessen  Schwiegersohn,  der  Agent  Adr.  Wilhelm  Pauli,  und  1784  die  Familie 
von  Biel,  die  noch  heute  im  Besitz  des  schönen  grossen  Güterkomplcxes  ist.*) 

Die  Kapelle  zu  Weitendorf  ist  ein  kleiner  mit  Strebepfeilern  bewehrter  Kapelle, 
gothischer  Bac  ksteinbau  des  XV.  Jalirhunderts  roiC  einem  Chorschluss  aus  dem 

*)  Lfadi,  II.  Jahrii.  XXXVm,  S.  sai. 

*)  Schröder,  Wism.  Entliiifa,  S.  347'.   Aktm  im  Gnoh,  Aidihr. 
•)  M.  U.-B.  37S. 

*)  Dis  sehoB  im  Xin.  Jihiliiiiidert  ab  necklmlnirgüche  Vuftllen  genaiuitea  N^enduek't 

finden  wir,  soweit  Urkunden  darüber  Auskunft  geben,  in  der  ersten  Hälfte  des  XIV.  Jahrhunderts 
zuerst  auf  Wendisch -Tarne witz ,  dann  in  Vorwerk  und  Fährdorf  auf  Poel,  auf  Rethwisch  im 
Kltttzer  Ort,  und  auch  im  Lande  Boizenburg;  später  in  Walmstorf;  und  um  die  Mitte  des  XIV. 
J«hrlnmdcrti  in  Zieimr  und  KrOnkenluigeB.   Die  N^gvndBnek's  anf  Ztennr  und  ^fantorf  hatten 

das  Erbpafronat  der  Kapeüe  und  des  Sicchenhauses  und  kennten  tiie  Sacra  dort  besorgen  lassen, 
von  wem  sie  wollten.  Beide,  Kapelle  und  Sicchenhaus,  waren  somit  de  jure  nicht  in  Prosekcn 
eingepfitrrl,  ao  knge  jent  mf  ihren  «Iten  Sitsen  sKssen,  thatilehUdi  aber  haben  de  diese  wohl 
kaum  einmal  von  anderen  als  vun  den  Geistlichen  zu  Proseken  Tcnoisen  lassen.  Vgl.  Schröder, 
Wism.  Erstlinge,  S.  361.  Mit  dem  Aussterben  der  jttngeren  Deisenower  Linie  im  Jahre  1767  geht 
der  Name  Negendanck  auf  die  Familie  Belir  Aber.    Vgl.  G.  v.  Lehsten,  Der  Adel  Mecklenburgs. 


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33« 


AMTSGBRICKTSBEZIRK  WISMAR. 


Achteck.  Den  schlichten  cinschifFie;cn  Raum,  der  durch  zwcithcilißc  Spitz- 
bo|^enfenster  erleuchtet  wird,  überspannt  eine  flache  Balkendecke.  Das  Dach 
ist  ganz  und  gar  mit  Mönchsziegeln  gedeckt;  an  dem  östlichen  Ende  des 
Firstes  erhebt  sich  als  Sdimudc  ein  Kreuz;  Thurm  und  Anttauten  anderer 
Art  sind  nicht  vorhanden.  Oberhalb  des  Einganges  zur  Kapelle  an  der 
Aussenwand  sind  folgende  .Mlinnzuappen  elnfjcmaucrt:  das  des  Ulrich  Negcn- 
danck  und  der  Elisabeth  Walsleben  vom  Jahre  1623,')  das  des  Paschen 
Negendanck  und  der  Ilsche  Reventlow  vom  Jahre  i'')2  5,*)  das  des  Ulrich 
Negendanck  und  der  Agnes  Dorothea  Behr,'*)  sodann  ein  vollständig  ver- 
wittertes und  zuletzt  ein  vereinzeltes  Wappen  des  Hans  Albrecht  Negendanck.') 

An  der  Front  des  im  Jahre  1849  neu  erbauten  Siechen  Hauses,  welches 
unmittelbar  neben  der  Kapelle  li^,  rieht  man  em  Sandstein  «Relief  mit  den 
drei  neatestanientlichen  Darstclhingen  der  Engelsbotschaft,  der  Geburt  und  der 
Anbetung  der  heiligen  drei  Könige. 

Altar  und  Altar  nod  Kanzel  sind  mit  einander  verbunden  und  im  Barockstit  aus- 

Kanxet.    gefiihrt.   Die  Kanzel  hat  das  Datum  1731.   Beide  »nd,  nach  den  an  den 

Schranken  angebrachten  Wappen  zu  schliessen,  von  demselben  BARTHOLO 
DIETRICH  NEGENDANCK  gestiftet,  von  dem  der  Altar  in  der  Kirche  zu  Pro- 
sckcn  .stammt.         \'or   deni    Altar   ein   von   der   Decke  licrunterhim^ander 
1  .uiicngel.   Taufengcl.  —  Die  auf  einer  lünporc  im  Westen  der  Kapelle  stehende  kleine 
Orgel.     Orgel  stammt  aus  dem  XVII.  Jahrhundert.  —  Auf  dem  Dachstuhl  eine  Glocke 
ohne  Inschrift.*)  —  Als  weiterer  Schmuck  des  kleinen  Raumes  sind  zwei  an 
Wappen,   der  Wand  angebrachte  Allianz  -  Wappen  zu  bezeichnen,  von  denen  das  eine 
eine  Wiederholung  des  alten  NEGENDANCK«  BÜLOW sehen  ist  und  das  andere 
der  I'amilie  VON  BIEL  angehört,  die  seit  etwas  über  hundert  Jahre  im  Besitz 
von  Zierow  mul  W'eitcndorf  c.  p.  ist.  —  Au.sserilem  mag  noch  ein  wiedcrht)lt 
Bild.      (1627  und  1860)  erneuertes  Bild  des  hl.  Georg,  des  Schutzpatrons  der  Siechen- 
häuser, genannt  werden,  dem  die  Kapelle  gewidmet  war.  —  Die  der  Kapdle 
Vasa  Sacra,  gehörigen  Vaaa  aacra  sind  bei  der  Besdireibung  von  Proseken  aufgeßihrt 
worden. 

')  Vgl.  Pioaeken,  erstes  Epitnph  von  1623  und  Kronlenchter  (Kleinknattwttke  la). 

Vgl.  Proseken,  Kanzel  von  1656,  driUes  Epitaph  und  Grabstein  2. 
*)  Vgl.  Proseken,  Grabstein  3  und  Kronleuchter  (Kleiokuntwerke  13). 
*)  Vgl.  Proseken,  Kelch  (Kleinkunstwerk«  l). 

*)  Sollte  dies  die  Graumöncben- Glocke  sein,  welche  1819  an  die  Kirche  n  FlroMken  v«r- 
k.^iift  wurde?   S.  o.  S.  169.  Sie  ist  ja  mit  keiner  der  drei  Glocken,  welche  dort  genannt  sind, 

zu  identilicicreii. 


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VORGESCmCHTUCHB  STELLEN. 


333 


Die  wicJitig8ten  vorgeschichtlicheil  Stellen 

im  Amtsgerichtsbezirk  Wismar. 

n^itmar.   Das  Stadtgebiet  hat  voi^;eichichttiche  Funde  aus  allen  Perioden 
in  grosser  Zahl  geliefert.    Linter  ihnen   raj^t   der  bronzene  Ik-Nclila:; 
eines  Homes,  der  1836  an  das  Tageslicht  kam,  besoiuicrs  hcrx  nr.    Vgl.  Li.sch, 
M.  Jahrb.  III,  H,  S.  48ff.    An  wichtigen  l"\indstatten  .sind  folgende  zu  nennen: 

I.  Pfahlbauten  im  »I.attmoor    bei  der  Maj^i^enburger  Ziegelei,  ungefähr 
2  km  nordöstlich  von  der  Stadt:   1864  entdeckt  und  in  den  folgenden  Jahren 


Horn  von  Wismar. 

schrittweise  au.sgebeutet  Pfahle  kreisrunder  Hutten  standen  o,C>o  m  tief  in 
dem  Grunde  des  ursprunglieli  etwa  3  m  liefen  Sees.  Auf  dem  alten  .See- 
boden fand  sich  eine  starke  Kulturschicht  von  1  hicrknochen  und  Arte- 
fakten, welche  die  zeitliche  Stellung  über  jeden  Zweifel  erheben.')  Einige 
wenige  Gegenstände  aus  späteren  Kulturperioden  sind  als  hier  verlorene  ein- 
zelne Dinge  anzusehen.   Die  gros.se  Mehrzahl  der  Fundstücke  befindet  sich 


')  Die  Fälschungen  eines  nngetreuen  Mannes,  dem  Lisch  ein  zu  weit  pchi  iulrs  Vertrauen 
schenkte,  haben  nur  in  nebensächlichen  ZUgen  ilas  Gcsammibild  vorübergehend  entstellen  kcinnen. 


334 


AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


im  Grossh.  Museum  zu  Schwerin.  V^l.  die  {grundlegende  Abhandlung  von 
Lisch  im  M.  Jahrl;.  XXX,  S.  i  ff  I-Vnu  r  XXXII.  S.  i6i  ff.  Dazu  die  fol- 
genden Jahrgänge,  bis  zur  Erschöpfung  des  Moores  im  Jahre  1872:  M.  Jahrb. 

xxxvm,  s.  112  fr. 

2.  Südwestlich  vom  Lübschen  Thor,  1,8  km  entfernt,  rechts  vom 
Wege  nach  Dammhusen,  sieht  man  in  freiester  Lage  ein  grosses,  leider  stark 
besdiäcUgtes  Kegelgrab,  den  »Wischberg«,  ähnlich  den  Gräbern  von  Gagzow 
und  Martensdorf  (s.  u.).*) 

3.  Beim  Bau  der  Wismar- Karower  Bahn  wurde  1882  ein  UmenTeld 
durchschnitten,  von  dem  einige  Urnen  und  Kldngeräth  von  Bronze  und  Eisen 
(provinzialrömischen  Charakteis)  in  das  Grossh.  Museum  gebmgt  smd. 

Redentin.  Im  grossen  Torfmoor  des  Dorfes  Redentin  sind  wiederholt 
Bronzen  von  trefflicher  Erhaltung  gefunden.  Eundstijcke  im  Museum  zu 
Schwerin.  Vgl.  Lisch,  M.  Jahib.  XXXVm,  S.  123  AT.  —  In  der  Wiesen* 
niedening  südwestlich  vom  Hof  sind  1868  verschiedene  Steinsachen,  Reste 
von  Pföhlen  und  Thierknochen  gefunden  worden,  die  auf  Pfohlbauten  hm- 
weisen.  —  Aehntiche  Beobachtungen  sind  1869  im  »Müllermoor«  gemächt 

Gagzow.  Oestlich  vom  Dorf,  am  Wege  nach  Neu-i'urpcn,  ein  grosses 
Kegelgrab  mit  dner  Grundfläche  von  20  bis  22  m  Dm.  und  dner  Höhe  von 
9  m,  der  »Trfllling^rg«. 

Kmsenhagen.  Nördlich  vom  Ort,  nahe  der  Redentiner  Scheide,  ein 
an.schcincnd  zum  grösseren  Theile  noch  unberührtes  Urnenfeld  der  jüngeren 
Bronzezeit.  Vgl.  Beltz,  M.  Jahrb.  LXI,  S.  200.  lieber  einen  Moorfund  bei 
Krusenhagen  vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XXXVII,  S.  206. 

Nea-Farpen.   Ein  Kegelgrab  im  Holz  »die  Schar«. 

Neatarg.  Ueber  6ta  odttdalteriidien  Burgberg  s.  o.  S.  243.  —  In  der 

Forst,  am  Wege  nach  Kalsow,  ein  erhaltenes  Kegelgrab  »der  Theerberg«. 

Nicht  weit  davon,  im  »Drönpöls,  sind  185 1  Urnen  mit  Gegenständen  aus  der 
I-a  Tcne-Zeit  gefunden:  im  Museum  zu  Schwerin.  Vgl.  CruU,  M,  Jahrb. 
XVUI,  S.  262.    XX,  S.  294. 

Ilow.   Südlich  vom  Hof  der  aus  dem  Anfange  der  mecklenbuigischen 

Geschichte  bekannt  gewordene  wendische  Burgwall  N'iklot'.s,  jetzt  in  Adcer- 
kultur.  Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  VII,  S  \^f>ff.  —  Sudwestlich  vom  Hof,  in  den 
beiden  Waldungen  am  Wege  nach  Zarnekow  bedeutende  Umwaliungen,  auf 


*)  Eil»  AimU  gigMeiei  und  kletnetw  Hllgd,  gegen  zwaniig',  hat,  iMdi  ScfaiMar*»  ««•• 
fHbliicher  BeKfareibang  der  Sl.i<lt  Wismar,  .S.  569,  vor  dem  Altwismar-Tlior  (zwischen  den  Schiess- 
Itlnden  und  der  Cluuuaee)  beuammen  gelegen.  Zwei  dnvon  sind  1710  geöffnet,  gegenwürtig  »ind 
lie  dngeebnet. 


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VORGESCmCHTUCHE  STELLEN. 


335 


der  Höhe:  ganz  im  Charakter  dos  VV'allcs  auf  der  i  Molicn  ]\ur<^  hei  Hützow 
und  des  im  ersten  Band  dieses  Werkes,  S.  435,  behandelten  Liepener  Walles. 
V'gl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XXXVIII,  S.  163.  Ms  fehlt  an  zwingenden  Gründen, 
um  darin  durchaus  germanische  Anlagen  aus  der  Zeit  vor  den  Wenden  zu 
erkennen. 

Tatow.  Auf  dem  102  m  hohen  'Patower  l^ergc  die  Reste  eiiu  i  kleinen 
UmwallunL^,  die  mot^üclier  Weise  mit  der  gegenüberliegenden  llowcr  iluchburg 
im  Zus^immenliange  stehen. 

Ganebl.  Auf  einer  sandigen  Anhöhe,  1  km  nordwestlich  vom  Ilof, 
wurde  1892  ein  Graberfeld  entdeckt  und  in  den  folgenden  Jahren  von  Dr.  Beltz 
ausffcbeutet.  Auf  demselben  rirnndstück  lagen  neben  einander  ein  Urnenfcld 
der  Bronzezeit  und  ein  \ven«.hsches  Skelettgräbcrfeld,  das  durch  seine  zeitlich 
(gegen  1 1 50  nach  Chr.)  zu  bestimmenden  Funde  zu  grosser  wissenschaftlicher 
Bedeutung  gelangt  ist  Vgl.  Beltz,  M.  Jahrb.  LVUI,  S.  226.  LX,  Q.-B., 
S.  60.   LXI,  S.  201. 

Dr.  Beltz,  der  die  Ausgrabung  geleitet  hat,  bemerkt  dazu  l'olgendes: 
»Die  zeitliche  Bestimmung  des  Gnibfeldcs  ergiebt  sidi  durch  einen  Denar 
Heinrich's  des  Löwen,  j^^esrhlagen  in  Bardowiek  um  1150.  Die  hier  ab- 
gebildete Zierscheibe  (Silber  auf  Bronze)  lag  auf  der  linken  Schulter  eines 
Beerdigten,  der  aoaser  ihr  «nen  ScMlfenring  bei  ndi  trag.  Analoga  sind 
mir  nicht  bekannt.    Die  auf  der  Rflckseite  angebracht  gewesene  Nadd  ist 


nicht  erhalten.  Die  ebenfalls  hier  abgebildete  (joldmedaillc  fand  sich  in  der 
Mundhöhle  eines  Beerdigten,  der  auch  sonst  reich  ausgestattet  war  (mit 

Si  liläfenrinp,  durtelhaken,  Messer  und  dem  oben  erwähnten  Denar).  Sie  ist 
eine  Nachbildung  vom  Revers  eines  Münztypus  des  angelsächsischen  Königs 
Ethelred  II.  (976  — 1014).    In  der  (verwilderten)  Legende  wird  der  Name 


Funde  aus  der  Gegend  wn  Gamelil. 


336 


AMTSGERICHTSBBZIRK  WISBCAR. 


des  NfUnzmcisters  (von  monetarius  erkennbar  ON)  stecken,  ferner  auch  die 
Prägungsstadt,  doch  sind  die  Bodistaben  anscheinend  ohne  Verständniss  und 
Bedeutung  gewählt.  Durch  einen  kleinen  beweglichen  Ring  ohen  und  eine 
Nadel  auf  der  Rückseite  (beide  von  Bronce)  ist  die  Medaille  zum  Srhmiirk- 
stuck  gemacht«.  Die  Deutung  der  Zierscheibe  macht  keine  Schwierigkeit: 
Chr&ttits,  das  Licht  des  Evangelismus,  ang^dfiert  von  Drachen  oder  Dämonen 
der  Finstemiss  des  Heidenthums. 

Preeosberg.  Mittelalterliche  Burgstelle  an  einer  moorigen  Niederung. 
Es  ist  noch  zu  untersuchen,  ob  sie  ursprünglich  wendisch  war. 

Triwalk,    l  .in  f^Kisscrcs  Kegelgrab,  der  »Loyenbergc  bei  Hof  Triwalk, 

ein  anderes  bei  Dorf  Triwalk. 

Mecklenburg,  lieber  den  dorti}^en  Burgwall  s.  o.  S.  276  ff.  \'L,d.  Lisch, 
M.  Jahrb.  \T,  S.  Jf)ff.  Kinc  Al)l)ilduni,'  des  Walles  \iir  seiner  Hef()rstung  in 
Lithographie  zum  M.  Jahrb.  XII,  .S.  451.  Uebcr  die  Graber  auf  dem  Pingds- 
bcrg  vgl.  M.  Jahrb.  IV,  B,  S.  71.    VI,  S.  82,  83. 

Hohen -Viechein.    An  dem  Wege  nach  Kleinen,  im  Holze  ö.stlich  von 
dem  Abflüsse  des  Lostener  Sees,  ein  noch  nicht  naher  untcrsuclites  Urnen- 
feld  aus  der  älteren  provinzialrömischen  Periode.  —  Ueber  den  benachbarten 
Buigwall  an  der  Döbe  (Dobbin)  s.  bei  Flessenow,  Amtsgerichtsbezirk  Schwerin. 
.Vgl.  Usch,  M.  Jahrb.  V,  123  bis  134. 

Ködelstorf.  Ein  Urnenfeld  im  Charakter  der  La  Tcne-Periode  er- 
wähnt Lisch,  M.  Jahrb.  XXXm,  S.  144. 

Nen-Scietui.  An  der  Grevesmühlener  Landstrasse,  etwa  i  km  vom 
Hofe,  ist  1865  ein  au^edehntes  Urnenfeld  ausgebeutet  worden,  dessen  Ergeb* 
nisse,  interessante  La  Tdie' Sachen,  im  Grossh.  Museum  aufbewahrt  werden. 
Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XXXm,  S.  139  mit  Nachtrag  XXXVII,  S.  237. 

Martenadorf.  Nahe  der  Kliissendorfer  Scheide  ein  grosses  Kegelgrab, 
ähnlich  dem  von  Gagzow,  mit  einer  Grundfläche  von  etwa  30  m  Durchmesser 
und  II  m  Höhe,  der  »Triwallc  auch  »Tridamsberg«  oder  »Tritonsbei^« 
genannt. 

Bamekow.  In  dem  ausgedehnten  Moor  zwischen  Bamekow  und  Gross- 
W'oltcrsdorf  ist  18S0  eine  grössere  Anzahl  schöner  älterer  Bronzen  geiunden: 
Vgl.  Lisch,  XLVI,  S.  300. 

TrcMOW.  Ein  Burgwall  wird  von  Lisch  im  M.  Jahtb.  XVIII,  S.  268, 
erwähnt 

AIt-Ja58«wits.  Ein  im  Jahre  1877  entdecktes  Urnenfeld  (vgl.  M.  Jahrb. 
XOV,  S.  84)  ist  bisher  nicht  weiter  untersucht  worden. 

Proseken.  Ein  zum  Theil  zerstörtes  Hünengrab  auf  dem  Pfarracker 
wird  im  M.  Jahrb.  III,  B,  S.  1 19,  erwähnt. 


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voRGEScmcHTUCHE  stellp:n. 


337 


Mandcrow.  Im  Jahre  1852  wurde  im  Torfmoor  bei  Mandcrow  die 
0,16  m  hohe  Bn»n7.est.itucttc  einer  Isis- Felicitas  gefunden  und  von  Lisch  für 
die  Altcrtluims- Sammhing  erworben.    Die  Gfittin  tragt  eine  lange  Gewandung 

(Chiton  und  Himation)  und  hält  mit  der 
Linken  ein  grosses,  mit  Früchten,  Trauben 
und  Achren  gefülltes  Füllhorn  und  in  der 
Rechten  eine  runde  Schale.  Das  Haupt- 
haar i.st  mit  einem  Diadem  geschmückt 
und  über  tlcm  Scheitel  zu  einem  aufrecht- 
stehenden Wulste  zusammengefasst,  dessen 
Form  an  die  der  Loto.sblume  auf  den 
Köpfen  der  Isis  erinnert.  Spätrömi.sche 
Kunst.  Die  abwechselnd  gebrauchten 
Namen  Ubertas,  Felicitas  publica,  Tyche 
oder  Isis- Tyche  kommen  auf  dasselbe 
hinaus.  Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XXI, 
S.  256.    XXXVII,  S.  235. 

Gägelow.  Hier  wurden  1863  in 
einem  kleinen  Moor  die  ersten  steinzeit- 
lichen Pfahlbauten  (die  ersten  in  Nord- 
deutschland) entdeckt  und  von  Lisch  aus- 
gebeutet. Vgl.  be.sonders  M.  Jahrb.  XXIX, 
S.  120;  ferner  M.  Jahrb.  XXX,  S.  4  ff.; 
XXXII,  S.  217.  —  An  der  Chaussee 
nahe  Froseken  ein  stattliches  Kegelgrab. 
Vgl.  M.  Jahrb.  II,  S.  109,  137. 
Spätrömische  BronzestataeUe 

einer  i»is- Felicitas.  Gross  -  Woltcfsdorf.     In  einem 

kleinen  Moor,  links  vom  Wege  nach 
Dammhusen,  i.st  1868  eine  Anzahl  sehr  interessanter  Knochen-  und  Stein- 
geräthe  gefunden.  V'gl.  Li.sch,  M.  Jahrb.  X.XXIV,  S.  2ii.  —  Links  vom 
Wege  nach  Stoffersdorf,  unmittelbar  an  dem  grossen  Moore,  in  dem  der 
Bronzefund  von  Barnekow  gemacht  ist  (s.  o.),  sieht  man  einen  au.sgedchnten 
wendischen  Hnrgwall,  der  .seine  Form  in  Folge  von  Beackerung  theilweise  ver- 
loren hat.  I'-ine  zweite  Ikirg.statte  am  südlichen  Knde  des  Ortes  ist  mittel- 
alterlich. 

Die  l'm^fegend  von  Wismar  ist  an  vorgeschichtlichen  Kunden  reicher 
als  alle  anderen  Landsrhafttii  Mccklcnlnirgs  Dank  der  .Aufmerksamkeit  der 
Herren  Dr.  Crull  und  Rentner  Mann  ist  hier  weit  mehr  gerettet  und  geborgen 
worden  als  anderswo.  Die  l'fahlhauten  aus  den  Steinzeiten  bei  Wismar  und 
(lugelow  sind  bis  jet/.t  die  einzigen  gehlielKJn,  die  in  ausreichender  Weise 
erforscht  werden  konnten.  Die  Gräber  der  Steinzeit  aber  (Hünenbetten)  sind 
jetzt  zum  grösstcn  Theil  leider  zerstört,  so  z.  B.  schon  1689  eins  zwischen 
(Iross -Woltersdorf  unel  Kliissendorf  (vgl.  Schröder,  Ausführl.  Beschr.  d.  Stadt 
Wismar,  S.  568  ff.),   ebenso  eins  bei   Hohen-Wieschendorf  im  Jahre  1836 

29 


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AMTSGERICHTSBEZIRK  WISMAR. 


(Funde  im  Musctim  zu  Schwerin:  vgl.  M.  Jahrb.  III.  H,  S.  36),  eins  bei 
Lübow  (s.  ebendaselbst),  eins  bei  Masslow  (1851,  i-unde  im  Museum  zu 
Schwerin,  vgL  M.  Jahrb.  XVII,  S.  364),  eins  bei  Moidentin  (iSjjS,  vgl.  M. 
Jahrb.  IV,  B,  S.  7  2  ff.).  Hie  Ikon/.c/A-it  ist  durch  htichst  stattlirhc  Kogel- 
gräber vertreten,  die  gewöhnlich  isoliert  auf  hohen  Punkten  liegen  und, 
indem  sie  meistentheils  einen  weiten  ßlick  über  die  See  darbieten,  in  ersicht- 
licher Weise  zugleich  als  Denkmäler  dienen  sollen.  S.  ( Gagzow  u.  s.  w. 
Früher  war  ihre  Z.ihl  noch  grösser.  Ucber  zerstörte  (Iräber  vergleiche  m.nn, 
ausser  bei  Schröder  a.  a.  O.,  ,M.  Jahrb.  IV,  B,  S.  71;  VI,  S.  8 2  ff.  (ringels- 
berg  bei  Dorf  Mecklenburg);  IX,  S.  354  (Kartlöw);  XIX,  S.  390  (Kritxow); 
XI.V,  S.  ?fi()  fHe<  kerwitz).  Ah  hers  orraj^i-ndo  nnmzcfunde  sind  die  von 
Redentin  und  Üarnekow  zu  bezeichnen.  Zahlreiche  Reste  von  Skeletten  aus- 
gestxurbener  Thierarten  der  gesdiichtlichen  Zeit»  wie  vom  Remitkier,  Elch  tmd 
Urstier,  haben  die  Moore  ergeben. 


Taufsteiri  von  Dobin,  jjefundcn  in  der  Döpe. 
(M.  Jahrb.  IB.  S.  33.   IIB,  S.  115.  UI  B.  S.  195.  Vgl.  o.  S.  393.) 
Z.  Zt.  in  GsrtcB  des  Htm  Piof.  Dr.  SMtlier 
in  Banow. 


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Alle  Ansicht  von  Grevcsmtlhlen.    (Nach  C.  F.  L.  Riesenberg.) 


Amtsgerichtsbezirk  &revesinühleiL 


Die  Stadt  GrevesmUhlen. 

leschtchte  der  Stadt.    In  der  Schreibweise  des  Namens  der  Stadt  Geschichte 
besitzt  das  {janzc  Mittelalter  hindurch  die  mit  Gncwcsmolen  und  der 
ihren  Varianten  (Gncwismolcn.  Gnewesmoinc,  Gnewismiilne  u,  s.  w.)  Stadt, 
ein  so  grosses  Ucberj^ewicht  über  die  in  neuerer  Zeit  zur  Geltung  gelangte, 
in  welcher  das  r  nach  dem  Anfangs -G  die  Herrschaft  gewonnen  hat,  dass 
nur  jene  für  die  Frage  nach  dem  Ursprung  des  Namens  in  IJetracht  gezogen 
werden  kann,  diese  .iber  sammt  ihrer  von  Klüver')  wahrscheinlich  aus  dem 
I^itcin  der  Humanisten  hervorgeholten  Uebersetzung  mit  Comitis  mola  (Grafen- 
Mühle)  abzuweisen  und  auf  eine  unabsichtlich  sich  vollziehende  sprachliche 
V^ertauschung  der  einen  Litjuida  mit  der  anderen  zurück/.urührcn  ist.*)  Wir 
halten  daher  die  Kühnel'schc  Deutung  des  alten  slavischen  Namens  Gnewes- 
mulne,  Gncwesmolne  als  -Mühle  des  Gnev,  Gnevis«  für  die  einzig  richtige.') 
Da  aber  die  Wurzel  dieses  l'ers«jncnnamens.  das  alLslavische  Wort  gnevu, 
soviel  wie  »Zorn*   oder    ■  Grimm t   bedeutet,  diese  deutschen  Wurzeln  aber 


')  BeschreibiinfT  <1es  Herzogthanu  Mecklenburg,  II,  S.  209.  Vgl,  Barmeistcr,  M.  Jahrb.  III, 
S.  158.    Beyer,  M.  Jalirb.  XXXII,  S.  121,  Anmkg, 

•)  Im  MiUelaller  erscheint  dos  r  nur  ganr  vereinzelt,  im  XIII.  Jahrhundert  z.  B.  nur  in  den 
Urkunden  1706,  2045  2I0I.  Dic<w;n  drei  Urkunden  stehen  sechzehn  desselben  Jahrhunderls 
g^entiber,  in  denen  Gn  geschrieben  wird, 

*)  Kuhncl,  M.  Jahrb.  XLVl,  S.  57. 

22* 


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340 


AMTSGEiaCHTSBBZIRK  GREVESMORLBN. 


ebenfalls  zu  Personennamen  verwendet  worden  sind,  so  heisst  Gnewesmulne 
zu  deutsch  nichts  anderes  als  Grlmmsmühlen  oder,  wenn  man  mag,  auch 
Zornesmühlen.  Die  Anlage  einer  Mühle  in  altwendiscfaer  Zeit  ist  es  smtnt 
gewesen,  die  dem  Ort  sdion  vor  der  Ankunft  der  deutschen  Kolonisten  Namen 
und  Bedeutung  veriiehen  hat 

Um  1230  wird  der  Name  zum  ersten  Mal  urkundlidi  im  Ratzeburger 

Zehntenregistcr  genannt.  Es  giebt  dort  eine  Kirche,  über  die  sieben  Jahre 
später  der  Klosterprobst  von  Relina  die  Oberaufsicht  erhalt;  deutsche  Kolonisten 
bebauen  die  Ackerfluren,  und  es  wird  neben  der  alten  Feldmark,  den  agris 
antiquis,  das  Feld  des  Wenden  Radimer  besonders  namhaft  gemacht,  das 
damals  einen  Deutschen  mit  Namen  Konrad  und  hundert  Jahre  später  dnen 
Vasallen  des  Bisdiofs  von  Ratzeburg,  den  Bruno  Luscus,  als  rittermässigen 
Mann  ernährt.*)  Wann  der  Ort  zur  Stadt  erhoben  und  mit  lübischem  Redite 
bewidmet  worden,  steht  nicht  fest,  doch  wird  auch  dieser  Akt  spätestens  im 
Anfange  des  XIII.  Jahrhunderts  stattgefunden  haben,  wenngleich  die  Stadt  als 
solche  nicht  vor  1262  und  Rath  und  liürgerschaft  nicht  vor  1267  genannt 
werden.*)  Da  Grevesmühlcn  auf  der  wichtigen  alten  Landstrasse  zwischen 
Lübeck  und  Wismar  ebenso  wie  Dassow  oder  Sdiönbcrg  einer  der  Dreidieil- 
punkte  des  Weges  ist,  so  hat  es  besonders  fiir  den  Verkdir  von  Lübeck  her 
eine  Bedeutung,  dass  sich  die  mecklenburgischen  Fürsten  nach  Zerstörung  der 
alten  Raubburg  l")asso\v  im  Jahre  1261*)  verpflichten,  dt  n  Aufbau  einer  neuen 
Rurg  zwischen  hier  und  Grevesmühlen  nicht  wieder  ;:u  gestatten.*)  Von  der 
Regsamkeit  der  Bevölkerung  im  Handel  und  Verkehr  zeugt  die  Erwerbung  des 

*)  M.  U.oB.  375.  471.  1107.  S6is.  Der  Niuae  ItademenneU  wird  im  Laufe  von  himdert 
JallKn  in  Railcmanncsticldc  verdorben,  •  Die  Stadt  halte  Mauern,  die  mit  Thtlrmcn  verschen  waren, 
Tbore  und  Wälle.  Das  Wismaische  Thor,  das  in  Folge  der  Fcucrtbrunst  von  1659  zu  einer  Ruine 
(•worden  wwt  winde  ent  iSiS  «bfetiageii,  da*  Lulxdie  Thor  ttaitd  bb  i8*S.  Aaner  den  giceeeii 
Brande  von  1659  sind  auch  in  den  Jahren  1583  und  1587,  1672  lind  1725  verheerende  BrSade 
SU  vmeichnea.  Vgl.  Albrecht,  Grevcsmilhlcner  Wochenblatt  1878,  Nr.  80  und  loi.  Dani  Lalonma« 
GtnealocbronieoB  bei  Weitpbalso,  Hon.  iaed.  IV,  S.  $07. 

^  Vgl.  M.  U.-B.  963.  967.   Die  erele  Beatilignne  de*  Iftbiadieii  Redils,  die  dardi  Hcrtog 

Albrecht  von  Mccklcnburf,'  geschieht,  Ist  vom  1 1.  Januar  1359.  M.  l'.-P.  8560,  Vgl.  LatomiM, 
Gencalochronicon  bei  Wc&tpbalen,  Mon.  incd.  IV,  S.  302.  Wdlere  Bestätigungen  erfolgt«ii  t$85 
dwrdi  Hettof  Ulrich  «od  1606  dudi  Hern«  Karl.  Vgl.  Albiedit,  Greresm.  W.-BI.  1879,  Nr.  t. 
GmeemUhlen  hatte  audl  mIhmi  in  alter  Zeit  neine  eigene  Münzprägung.  Aber  Uber  diese  alte  Zeil 
itt  wenig  bekannt.  Mehr  weiss  man  von  den  Grevesmtlhlener  Munzmei»lern  des  XVI.  fahrhunderts, 
beeonden  von  denen  aus  der  Zeil  des  Herzogs  Heinrich  und  der  l>eiden  Herzöge  Johann  Albrecht 
und  Ulrich.  Vgl.  die  eingdtenden  Beaducilmngen  dieser  MMnwn  bd  Albraditt  m.  «.  O.«  1879» 
Nr.  10.  If.  13.  14.  Herzog  Heinrich  dtr  Friedfertige  scheint  ^ich  ftlr  (trcvesmühlen  licsondcis 
interessiert  zu  haben.    Er  Hess  hier  u.  a.  auch  einen  Weinburg  anlegen:   vgl.  Lischt  M.  Jahiba 

xvn,  s.  144. 

")  Vgl.  Iber  den  Fall  der  Burg  Danow  die  Anmhg.  fan  M.  U.-B.  n  Nr.  939.  Auflkllig 

ist  es,  dass  Htr/og  Albrccht  in  einer  Urkunde  vom  12.  November  1353  den  Gebrlldern  Parkentin 
den  Wiederaul  bau  der  liurg  gestattet.  Vgl.  M.  U.-B.  7839.  Die  Urkunde  wird  Übrigens  im  Register 
ab  verdlditv  bdaichnet. 

0  M.  U.'B.  9«9.  963.  967.  74S5.   Vgl.  9749. 


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GESCmCHTB  DER  STADT  GREVESMOHLBN. 


Zolles  zu  Grevesmühlen,  zu  Börzow  und  auf  der  Stepnitz  am  12.  Juni  1267,') 
und  vom  Steigen  des  Wohlstandes  in  der  Bvirj,'crschaft  der  Ankauf  des  Dorfes 
Viiebeke,  dessen  Feldmark  dem  Stailtj^cbiet  hinzngcfuj^t  wird.')  Die  Anlage 
eines  Siechenhauses  oder  St.  Jürgenstil'tcs,  das  schon  in  früher  Zeit  mit  Ver- 
mächtnissen nicht  blos  aus  Grevesmühkn  selber,  sondern  auch  aus  Wismar 
und  vor  allen  aus  Lübeck  bedacht  wird,  ist  gleichralls  als  ein  Fingerzeig 
in  dieser  Richtung  anzusehen.*)  Ihm  gesellt  sich  als  zweites  das  Ileiligen- 
geisthaus  hinzu,  das  1335  zum  ersten  Mal  genannt  wird.*)  Alles  das  läs.st  auf 
gute  Verhaltnisse  des  Ortes  .schliessen.  Deshalb  siedeln  sich  dort  auch  zwei 
Kloster  an,  die  Franziskaner  oder  (irauen  Monclie  von  Wismar  bereits  1326, 
die  Cistercienser  von  Reinfeld  in  liolstcin  elf  Jahre  später,  der  Rath  aber 
achtet  dabei  auf  Erhaltung  seiner  Rechte.*)  Nicht  ohne  Bedeutung  fiir  das 
Auftreten  gdstlicher  Körperschaften  in  der  Stadt  ist  femer  die  sdion  1284 
geschehene  Inkorporation  der  dem  hl.  Nikolaus  geweihten  Pfarrkirche  in  das 
Tafelgut  des  Ratzeburger  Kanonikats  durch  den  Bischof  Konrad.")  Dieser 
Steigerung  des  Ansehens  di  r  .Stadt  in  geistlicher  Beziehung  entspricht  nach 
weltlicher  Richtung  hm  die  Anlage  emes  fürstlichen  Schlosses,  das  urkundlich 
zwar  1345  genannt  wird,  höchst  wahrsdieinlich  aber  schon  sdir  viel  früher 
vorhanden  gewesen  sdn  wird.*)  In  Folge  dieser  Verhältnisse,  welche  die 
Zusammenkünfte  weltlicher  und  geistlicher  Herren  erleichtem,  wird  Greves- 
mühlen im  Mittelalter  zu  einem  Platz  zahlreicher  grösserer  und  kleinerer  Staats- 
aktionen.') Andererseits  aber  sind  auch  eben  diese  Verhältnisse  die  Ursache, 
dass  die  Stadt  in  den  Fehden  di  r  I  K-rrt-n  mit  einander  bisweilen  L'nbill  und 
feindliche  Angrifle,  ja  selbst  Belagerungen  über  sich  ergehen  lassen  muss,  so 
z.  B.  in  den  Kriegen  der  Werle'schen  Vettem  wider  die  Meddenbui^er  während 

*)M.  U.-B.  1133. 

*)  M.  U.-B.  1385.  1693.  W«ilm  VetyiOMeniBgen  der  FeldiiMik  erlulgcn  1397  duidi 
Ankauf  yon  Hof  Poischow,  und  1307  durch  Erwerb  voo  Acker  auf  WotenHaer  Gebiet.  Beide 
TlieUe  werden  zu  lukischem  Recht  e<-!»-Rt.    V\'l.  M.  U.-Ii.  7236.  7255. 

*)  M.  U.-B.  1706.  1952.  2045.  5613.  7446.  7514.  7526.  7642.  9675.  1051 1. 

M.  U.-B.  5613.  7744.  D«8  alte  Siedwnhaiw  oder  St.  Jllisen-Stift  Ug,  wie  es  die  Rcfd 
war,  eine  Viertelstunde  ausserhalb  der  Sl.ult,  an  der  I.tll>cckcr  T.andstrasse.  S.  u.  Kirche,  Zu'.at.'. 
Es  brannte  am  18.  Oclober  1863  total  ab.  Nach  diesem  Brande  wurde  am  jetzigen  Sedaiiplatz 
ein  aeaes  Gebinde  tnr  Anfnebme  bfllfsbedOrfl^er  PerMnen  errichtet  and  als  St.  Geoigs-Stift  be- 
seichnet,  wilirend  an  an  lcn  r  s..'!!l-  1886  87  ein  gut  ein^ertchteMt  Knnicenluras  ewtanden  ist. 
Vil^.  Albtccht,  a.  e.  O.  187S,  Nr.  91.    Kaabe-Quade,  S.  378. 

*)  M.  U.-B.  4688.  5652.  6036.  8219.  10200. 

•)  M.  U.-B.  1746.  »758.  4113.  4190.  5467.  5613.  8360.  8394.  913a  10730. 

'  M.  r.-B.  6538.  6860.  8534.  8541.  8585.  l>;is  alie  Sclil<i->  Mand  an  der  Stelle  des 
jetzigen  Amtsgebäudes,  das,  in  der  Zeit  zwischen  17S6  und  1790  als  für^itliches  Ilauj  neu  aufgebaut, 
im  Jahn  1821  dem  von  Santow  hierher  ttbcf^gesicdelien  Grasdiertogliclien  Amt  tnr  Benatmng 
illw-r\vics<rn  wurde.  l!oim  Xeiil>au  de«  Hauses  ani  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  fand  man  beim 
Reparieren  der  Fundamente  viele  Reste  des  mittelalterlichen  Schlosses.  Albrecht,  a.  a.  O.  1887, 
Kr.  119. 

M.  U*-B.  982.  1246.  2101.  264t.  5646.  5774.  6334.  6758.  8599(31  .  96SV  9687.  9734. 
9748.  10620  10707  Vj^I.  M.  la'irl).  Will,  S.  202 (f.  Auch  als  Ort  dcs  Einlagcrs  wird  die 
i>tadt  uichrtAcli  vun  1- ür:>len  und  Herren  erv^alill:  M.  U.-B.  3603.  9495. 


34« 


AMTSGBRICHTSBEZIRK  GREVESMOHLBN. 


der  V'orniiindschaftsperiodc  der  Anastasia  (1275  -  127S),  wobei  die  Mühlcnwerke 
verbrannt  werden.')  Am  i.  Januar  1291  wird  von  den  Fürsten  von  W'crlc 
und  Mecklenburg  sowie  vom  Grafen  zu  Schwerin  und  von  den  Lübeckern  in 
Grevesmfihlen  der  BescUuss  gefasst,  die  Raubburgen  xu  Klocksdorf,  Karlow, 
Schlagsdorf»  Borsdorf,  Mustin,  Linau  und  Nannendorp  zu  brechen  und  zu 
schleifen.*)  Eine  glänzende  Fürstenversammlung  zwecks  Bündnissschlusses  zu 
allgemeiner  Aufrechtcrhaltung  von  Ordnung  und  Frieden  unter  dem  Schutze 
Dänemarks  sieht  die  Stadt  am  9.  Januar  1314  in  ihren  Mauern.')  ICine  andere 
glänzende  Versammlung  sieht  sie  am  21.  Januar  1376,  als  norddeutsche  Fürsten 
ein  gemeinsames  Vorgehen  gegen  Dänemark  besciiliessen/)  Weitere  Zusammen« 
Iriinfte  dieser  Art  giebt  es  im  Jahre  I4<S4,  als  die  Langjohann'schen  Händel 
die  Stadt  Wismar  in  Aufr^^ui^  eihahen,*)  im  Jahre  1487,  ab  es  sich  um 
eine  Versöhnung  zwischen  der  Stadt  Rostock  und  dem  schwer  erzürnten 
Herzog  Magnus  handelt  (bei  welcher  (Gelegenheit  die  von  Pa]).st  Innocenz 
an  I  Icrzog  Magnus  geschenkte  {jjoidcne  Rose  zuijleich  mit  der  geweihten 
Hostie,  dem  Venerabile,  in  feierlicher  l'rocession  durch  die  Stadt  getragen 
wird),  und  im  Jahre  151 1,  ab  die  Herzöge  den  vergeblichen  Versudi  machen, 
zwischen  der  heftig  erzürnten  Geistlldikeit  und  der  hartnäddg  ihr  g^nüber- 
stehenden  Rittersdiaft,  die  ihre  Schulden  nicht  bezahlt,  Versöhnung  und  Frieden 
zu  stiften.") 

Die  Stadt  aber  ist  auch  andererseits  im  Jahre  1323  Zeuge  der  stolzesten 
und  übernuithigstcn  F.rhebung  geistlicher  Macht  wider  den  Fürsten  Heinrich 
von  Mecklenburg  bei  Gelegenheit  der  Beilegung  langen  Streites  mit  dem 
ßischof  von  Ratzeburg  und  dem  holsteinischen  Kloster  Rcinfeld,  das  ihn  in 
den  Bann  gethan  hatte.^  Am  2.  März  1327  versucht  dersdbe  Fürst  das  von 
uratoer  Zeit  her  tief  eingewurzelte  Strandrecht,  gegen  das  sein  Vor&hr  Borwin 
zuletzt  im  Jahre  1220  voigegangen  war,  durch  einen  neuen  Erlass  von  Greves- 
mühlcn  aus  zu  bekämpfen  (prauas  et  abhoniinahiles  consuctudines  penitus 
abolere  et  radicitus  exstirpare).*)  Um  diese  Zeit  ist  der  Kitter  Gottschalk  Storni 
Inhaber  der  beiden  Vogteien  Grevesmühlen  und  (iadebusch,  ein  paar  Jahre  später 
ut  es  die  Familie  von  Bülow.*)  Die  Eintreibung  der  fihfstlldien  Bede  aber 
hat  im  Jahre  1338  der  Marschall  des  Herzogs,  Dominus  Johannes  Kröpelin, 
auf  Händen.**)  Auch  ab  Leibgedinge  für  mecklenbutgisdie  Fürstinnen  gelangt 

•)  H.  U.-B.  138a.    S.  531. 
*)  M.  U.«B.  aioi. 

•)  M.  U.-B.  3670. 

*i  Vgl.  M.  U.-B.  41.   Vgl.  auch  1084a. 

^  S.  o.  S.  t6. 

*)  V(;I.  l  atumi,  Gcneralchr.  bei  Wotphalcn,  Mm.  imd.  IV,  S.  419.    SduMcr,  Fq>.  M., 

S.  S415.    Lisch,  M.  Jahrb.  XVI,  S.  61. 
')  M.  U.-B.  4426.  4427. 

*)  M.  U.-B.  4811.  In  der  Bocwhi'mIwii  Urkimde  a68  heiiit  et:  • . '  MtomMbSk»  «tq[M 
Jltwttbilea  a  predccessoribas  meis  a  paganismo  iletcntaü  cunsuetudiaei  In  IMlfau  mMlN  dtCNSi. 
*)  M.  U.-B.  5198.  $646.  6975.  9013.  9040.  9078.  10309. 
<^  M.  V.-B.  sM. 


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GESCHICHTE  DER  STADT  GREVE.SMf  MLEN. 


343 


die  Vogtei  Grevesmiihlen  mehrfach  zu  besondern  Mhren,  so  z.  H.  in  Verträgen 
von  1352,  1355,  1360,  1362,  1377,  1473,  1556  und  1603.')   Nicht  ganz  ohne 

Bedeutung  ist  ferner  die 
Stellung  Grevesniühlcns 
zu  <lcn  Hansestädten, 
die  auf  Verbindung  mit 
der  Stadt  Werth  legen 
und  aus  tlicscm  Grunde 
z.  H.  in  der  Zeit  zwischen 
13^)3  und  1366  sehr  un- 
zufrieden darüber  siml. 
dass  einzelne  lUirger  in 
(irevesnuihlen  wie  in 
Kibnilz  uiihrcnd  des 
Krieges  mit  Dänemark 
das  vtin  den  Hansen 
erlassene  X'erkehrs  und 

Handelsverbot  mit 
Sclionen  unbeachtet  ge- 
lassen haben.')  Im  Fall 
eines  Aufgebotes  durch 
die    Herzoge    hat  die 


Terrak'itta.\Va|i[icii  0.25  •  0,32   ilcr  IUt/ul;!'!  Anna  vun  l'ntiiniirrn. 
7.wcilcti  tJc-tnnhliii  »Il's  lIctiK^Jj  L'lricli  vi. 11  MockKiibiirj». 
im  (itii^Kh,  Miisnim  ?n  Srliwrrin. 


Stadl  zehn  Mann  zu  •stellen,  imd  l)i-i  den  Heschhissen 

':  M.  U.-l!.  7'>70.  Si2f>.  S776   ooOj.   11 027.   11030.  Vj;l, 
H.  F.  Albrcchl,  (Irevr.'.m.  Wucht-iihl.   187S,    Nr.  S<)  iui<l  95.  Aus 
der  Zeit  Her  Herzogin  Kli^aUetli.  (ienuililin        IKt/o^  einer 
(Innischcii  friitzessin,  iltr  die  Voijtci  al»  I.cilii;cil:iijj«:  vcrsclirk-licti  w.u 
ntu]  <lif  sich  für  alli-s,   W4s  das  (iL-Liaii'le  iltr  Vojjtei 
aiißinjj ,    lihhatt  inleri-siii-rU? ,    s^ainml  /.  Ii.  .•■«wulil  der 
bckarinli'  1  ►i'rikst<.-:ii    in  der    IIinigers'.utfiT  l'Vjf-l  rcchii 
vdii  (ItT  ("lnusscc,  die  Von  '•ri.'vi'smülilen  n.ith  Wismar 
fiihrl,  als  niicli  <l-is  däniöilic  W.ipjx-n,  d.Ls  im  K;i(li!i.n:.s 
aufbcualirt  wird  uiul  ehemals  über  der  Liiijjaiig&liiur  ba:>6. 
—   Aus  der  Zeit  der  Herrogin  Anna,  der  »weiten  Ge- 
mahlin de»  Herzogs  Ulrich,  Tochter  des  Herzogs  Philipp  I. 
von  Poinmcrn,  hat  sich  ein  schönes  Terrakotta  ■  Wappen 

erhatten,  das  sich  im  Museuro  ru  Schwerin  befindet.    Die  seit  1603  verwittwclc  Herzogin  lebte 
bis  1626.    Das  hier  abgebildete  Wappen  befand  sich  auf  dem  Amtshause  zu  Grevesmühlen. 
')  M.  U.-B.  9138- 


Denkstein  in  der  Hungerstorfer  Font. 


344 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GREVESMOHLEN. 


über  den  Landfrieden  im  XIV.  Jahrhundert  tritt  ihr  Rath  als  mitbeschl lassender 
Theil  auf.')  Auch  bleibt  Grevesmühlcn  nicht  zurück,  als  es  sich  im  Jahre  1391 
um  Brfreiung  des  Königs  Albreclrt  von  Schweden  handelt;  am  18.  Mai  dieses 
Jahres  gdien  sich  nämlidi  der  damalige  Vogt  von  Grevesmfihlen,  Vicke  Vek- 
hove,  die  Ritteischaft  der  ganzen  Umgegend,  sowie  Rath  und  Bürgerschaft  der 
Stadt  in  einer  grossen  Versasnmlui^,  die  zu  Grevesmühlcn  abgehalten  wird, 
das  Versprechen,  niclit  eher  zu  ruhen,  als  bis  sie  den  König  und  Herzog  aus 
der  Gefangenschaft,  die  die  Königin  Margan-thc  \nt\  Norwegen  über  ihn 
verhängt  hat,  frei  gemacht  haben.  Dies  dir  Vcrsprcclien  verbriefen  und 
besiegeln  sie  mit  vierundvieizig  Siegebi  in  einer  Urtnwde,  die  das  Rathsarehiv 
zu  Wismar  aufbewahrt  hat*)  Durch  persönlichen  Muth  hatte  schon  über 
siebenzig  Jahre  früher  ein  Bürger  der  Stadt,  .Nikolaus  Schrapentrog,  der  in 
der  Schlacht  bei  Gransee  13 16  nahe  daran  war,  persönlich  den  Markgrafen 
von  Brandenburg  gefangen  zu  nehmen,  Ansehen  und  Ruhm  über  seine  Vater- 
stadt gebracht.  Ein  weniger  ruhmreiches,  aber  von  kurzer  Entschlossenheit 
und  rascher  That  zeugendes  tolles  Unternehmen  ist  es,  als  im  Jahre  1 57 1  die 
Bürgerschaften  von  GrevesmUhlen  und  Rdma,  von  ihren  eigenen  Oberhäuptern, 
dem  Vogt  und  dem  Bürgermeister,  dazu  ai^;etrieben,  gegen  drohundert  Mann 
stark,  zu  Ross  und  zu  Fuss,  nächtlicherweile  das  Gut  und  Sdiloss  Harkensee 
überfallen,  dessen  Inhaber  Vickc  von  Hiilow  sich  seit  langem  geweigert  hat, 
eine  Schuld  der  Vogtei  und  dem  I.andeshcrrn  gegenüber  zu  begleichen,  und 
nun  mit  gewaltthätigcr  Entführung  von  Hab  und  Gut  eine  Auspfändung  voll- 
sidien.  Es  Inrnimt  zur  Klage  beun  Reidiskanmiergericht  zu  Speier,  aber  es 
fehlt,  wie  gewdhnlidi,  das  Schlussurtheil. 

Von  dem  schnellen  Vollzug  der  Reformation  im  ganzen  »Klützer  Orte 
ist  schon  oben  S.  303  das  Nöthige  bemerkt  worden.')  Im  Uebrigen  ist  von 
der  Neuzeit  weniger  zu  berichten  als  vom  Mittelalter.  Der  dreissigjährigc 
Krieg  war  selbstverständlich  auch  für  Grevesmühlcn  eine  Plage.  Wie  oft  und 
wieviel  die  Stadt  mit  Truppcndurchmarschen  und  Einquartierungen  wahrend 
der  Zeit  von  1627  bis  1638  heimgesucht  worden,  erzählt  Albrecht  aus  Raths- 
akten in  sehr  anschaulicher  Weise,*)  ebenso  die  Verplandung  von  Stadt  und 
Amt  an  das  KurfÜrstenthum  Hannover  von  1734  bis  1768,  als  die  Kosten 
aufgebracht  werden  müssen,  welche  die  bekannte  kaiserliche  Kommission 
gegen  den  Herzog  Karl  Leopold  verursacht  hatte.  Grössere  und  kleinere 
hannöversche  Garnisonen  sind  damals  über  Stadt  und  Land  vertheilt. •'^)  Als 
in  der  Zeit  des  siebenjährigen  Krieges,  in  dem  der  Herzog  Friedrich  dem 
König  von  Preussen  gegenüber  eine  feindselige  Haltung  einnimmt,  eine  von 


')  M.  U.  B.  7524.  7717.  791 1.  8001. 

*)  M.  Juhrb.  X}(1II,  S.  202.  Spiter  enrent  der  König  von  Schweden  den  Bttrgern  von 
GnwMnlihlen  u.  n.  wine  Gntde  damit,  das  er  an  die  Kragwtrtlie  de«  Laadea  GmeaaShleD  dai 
Gdwt  ergchen  ISsst,  nur  GrevcsmUhlencr  Bier  zu  acheidten:  H.  Jahrb.  XXXIII,  S.  I061, 

•)  Vgl,  Lisch,  M.  J«hrb.  XVI,  .S.  f(. 

*)  Grevesmdhlciier  Wochenblatt  1886,  Nr.  70  und  71. 

^  Gmean.  W..B1.  1878,  Nr.  9$.   H.  Jahrb.  XVII,  S.  240. 


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GBSCHXCHTB  DER  STADT  GRCVESHÜHLEN. 


345 


preussischcr  Seite  befohlene  Kontribution  aufgebracht  werden  soll,  wird  der 
»Steinbrink^ .  ein  ansehnliches  stadtisches  Gehölz,  v<»n  I-'.ichen  um\  Huch«  n  frei 
gemacht,  die  verkauft  werden.')  In  der  Napoleonischen  Zeit  erlebt  (ircves- 
uiuhlen  von  1805  an  eine  Menge  von  Truppendurchzügen  und  Einquartierungen, 
18 13  üt  die  Stadt  eine  Zdt  Uu^  Hauptquartier  der  Divisicm  V^esadE.*) 
Nicht  weniger  ab  zwanzig  Söhne  der  Stadt  ziehen  nachher,  als  der  Aufruf 
ans  Volk  erfolgt,  freiwillig  in  den  Kampf  fiir  das  Vaterland.  Ein  anderer 
Sohn,  auf  den  die  Stadt  stolz  zu  sein  Ursache  hat,  ist  der  Dichter  Ludwig 
(]..ttliarii  Kosegarten  (geb.  i.  I'ebruar  1758)  dessen  Vater  von  175a  bis  1803 
i'aslor  und  Pr.ipositus  in  (irevesmühlen  war. 

Um  die  Sammlung  von  Nachrichten  uIkt  Cirevesmiihlcn  liat  sich 
Niemand  so  verdient  gemacht,  wie  der  dortige  Hiirger  H.  F.  Albrecht,  der 
in  der  Zeit  von  1878  bis  18S7  nicht  weniger  als  fünfunddrdasig  grössere 
und  kleinere  ;\ufsiit/c  im  Orevesmühlener  \Vo(  henblatt  veröffentlicht  und 
diese  Blätter  in  einem  Sainmclbande  dem  Grossh.  Archiv  zu  Schwerin  zur 
Verfügung  gestellt  Hat.  Ebenderselbe  hat  bei  Gelegenheit  des  fOnfund- 
zwanzigjährigen  Dicnstjubilaums  des  Kirchenrathes  Löscher  im  Jahre  1886 
eine  Schritt  über  die  Kirche  und  ihre  Prediger  verfasst,  die  aber  bis  heute 
Manuskript  get)liehen  ist.  Eine  tnpographist  he  Heschreibung  der  Stadt  (Ireves- 
mUhlen  ist  im  crstin,  1792  herausgcj.!tl>enen  Stück  der  Neuen  Monatsschrift 
von  und  für  Mecklenburg  von  ('.  I'.  L.  RiescnlnTg  erschienen,  die  noch  im 
selben  Jahr  melucre  Zusätze  erhalten  hat.  Vgl.  bachmann,  Landeskundl. 
UL,  4757  ff. 

Hier  muss  eine  Nachricht  aufgenommen  werden,  die  von  Masch  in 

seinem  Buch  >Beiträge  zur  Ccschichtc  merkwürdiger  Bücher  ,  I'.nt/ow  imd 
Wismar,  bei  Berger  und  Boedner,  S.  76  ff.,  als  schriftliche  Eintragung  in  eine 
alte  Ausgabe  des  Augustinus  de  Gvitate  Det  (Baseler  Ausgabe  von  1490) 
mitgetheilt  wird.  Ks  ist  eine  Nachricht  aus  der  Zeit  zwischen  1533  und 
1550.  Anno  15 18  gab  es  in  GrevosmühUn  /ihn  \  ikare  (miissepopcn  ), 
einen  Pastor,  einen  Schulmeister,  einen  Küster:  lauter  rite  legitimeque  ordi- 
nierte Geistliche.  Der  Schulmeister  hiess  Nikolaus  Dene,  der  KOster  Valentin 
Evers,  der  Pastor  Jochim  Tribbow;  die  Vikare  waren  Hinrick  Stein  (au<  h 
Notar  und  Stadtschreiber,  gewesener  Prediger),  Pctcr  Gammelkam  (Notar  und 
Prediger),  Jochim  Danneel  (auch  Notar),  Huirick  Koch,  Jochim  Auerberg, 
Hinrick  Kop,  Hinrick  Smachthagen,  Georg  Everdes,  Nikolaus  Smachthagen, 
Antonius  Greve  .  .  .  .:  »itt  weren  domal  tuelft"  altar  in  der  karcke,  dar 
weren  ock  fös  Capellen:  eine  to  S.  georgen,  dar  de  meierhoff  is;  eine  vor 
dem  lubschen  dor,  het  S.  hiilpe  (vgl.  M.  Kunst-  u.  Geschichtsdenkm.  I,  S.  tös), 
an  dem  Ih  ndamme,  alfc  fick  schedet  de  lübsdie  weg  un  de  cpiestiner  weg, 
mit  euer  ilarken  mur  umringett,  vnde  eine  tom  billigen  geiAe,  welches  nu 
ein  komhufs  is.  de  arme  lüde  wanden  up  des  hilligen  geistes  houe.  dat 
armhufs  w.as  am  ende  der  hilligen  gcistcs  kircke,  vnd  gingen  vt  vnd  in 
dorch  de  kercke.  dat  hus  wart  anno  (15)31  ncddcr  gebracken,  de  arme 
wurden  in  de  fchole  gewiset,  de  fchole  wart  in  de  Capelle,  de  vp  deme 
karckehaue  fleit,  gewiset.   noch  eine  Capelle  tor  wemow  het  tom  hilligen 

>)  Albrecht,  a.  1.  O.  1881,  Nr.  61. 

*)  Albrecht,  a.  a.  O.  1881,  Nr.  61.  Vgl.  auch  die  anOauiten  Episoden,  urdche  von  dem 
lia1t>toIlen  Kommtssioiurath  Heinrich  Wende  an  Wotenita  tn  Beginn  dieser  Zeit  herbrigelfehrt  werden : 
Grevesm.  W.-Bl.  1878,  S.  79. 


34« 


AMTSGERICHTfflBZlRK  GRBVESHOHLEN. 


crutz.  vnd  eine  ca])cllc  vp  dem  hcr<i,  alfe  mc  na  der  wifiner  gcit  am  wegc, 
de  het  S.  Caluaric.  de  pastor  musstc  jarlich  dem  biffchoppe  to  Kottfsborch 
twelif  mk  vor  de  kercke  tor  hör  vnd  de  wedem  vnde  fchttne,  tunen  vnd 
flallc  erholden  vp  fine  vnkost.  de  vorstender  binve  en  de  haliie  wedem  vnd 
nicht  nier.  de  anderen  vicarien  buweten  ehre  waninge  vp  ehre  eigen  vnkofl. 
h.  Peter  gammclkame  heft  anno  1517  de  fchole  gebuwet  vp  fine  eigene 
vnkost  na  finem  dode  met  (?)  it  tor  fchole  lu  diisse  vicarien  hebben 
ein  dusent  marck  lübeckcr  penninge  vp  rente  beiecht  by  bcrnstorpe,  basse- 
wiizen  to  torstorpe  vnd  stralendurpc  to  kraiickow.  des  geucn  fegel  vnd 
Iweue  tucheniflTe.  ock  is  domal  mer  alfe  vor  twe  dusent  mk  fliliiergolt  an 
a5  bec.ker,  1 1  muflrant/cn,  füluern  krüt/^cn,  fpangen  vnd  was  des  mer  is, 
gewesen,  doruon  is  verkoftt  vor  1250  mk  vnd  bcy  den  rath  to  Lübeck  vp 
lente  gedan.  dat  ander  ftlluer  is  vormal  verkofft,  an  fpangen,  paelde,  bin- 
deken,  krallenfnor.  dar  de  bilde  mit  gefclim.u  ket  wurden,  vnd  was  des  mer 
is.  ein  jeder  anipt  hedde  ver  liirhier  in  der  kercke.  deft;li(kcn  ein  jeder 
dorp  line  vcr  lüchtcr  niith  lichten  befettet,  de  sc  holden  nmlle.  diifse 
kerckendener  ftmptlich  hedden  eene  froawen  allene.  anno  1553  nemen 
etliche  froiiwe.  vnd  wen  diifTer  einer  starf,  80  hcTte  der  kercken  dat  haloe 
gude,  de  andere  hellite  den  fründen.« 


Die  Kirdw. 

Beschrci-  B^Maubeschreibung.  Der  Kirche  /u  Grcvcsmühlen  ist  es  ähnlich  ergangen 
bung  des  vvie  der  in  Kirchdorf  auf  Poel:  man  hat  in  der  Zeit  von  1870  bis  1872, 

als  es  sidi  zwecks  Gewinnung  von  Sitzplätzen  um  eine  Vei^grSsserung  des 
Raumes  handelte,  ihren  alten  Chor  fortgenommen  (der  nach  der  Weise  der 


Uruiidrisü  der  Kirche  zu  Grev&>iuulileii. 


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KIRCHE  ZU  GREVESMÜHLEN. 


347 


Zeit  des  Uebcrgangcs  vom  romanischen  zum  gothischcn  Stil  im  Osten  platt 
abschloss  und  hier  durch  drei  neben  einander  liegende  rundbogig  geschlossene 
Schlitzfcnster ')  erleuchtet  war,  von  denen  das  mittlere  die  andern  beiden  um 
W  eniges  überragte),  darauf  das  Schiff  verlängert  und  diesem  einen  aus  dem 
Achteck  konstruierten  ge\vi>lbten  neuen  gotliischen  Chor  angesetzt,  der  gegen 
das  I-inghaus  um  drei  Stufen  erhöht  ist.    Das  I^mghaus  oder  Ciemeindehaus 

ist  ein  wahrscheinlich  der 
ersten  Hälfte  des  XIV'. 
Jahrhunderts  angehörender 
drcischiffiger  gothischer 
llallcnbau  mit  Kreuz- 
gewölben, die  von  acht 
Hundelpfeilern  (vor  der 
Restauration  waren  es 
deren  sechs)  mit  alten 
und  jungen  Diensten  ge- 
lragen werilen.  Der  im 
Westen  vorgebauteThurm, 
dessen  Spitze  im  grossen 
Hrande  des  Jahres  1659 
verloren  ging,  hat  die 
Hreite  des  Mittelschiffes. 

Strebcj)feiler   giebt  es 
nur   an   den  angebauten 
jüngeren  Thurmkapellen 
und    an    der  nördlichen 
Vorhalle.      Den  älteren 
Hau     beherrscht  überall 
das    I.i.senen  •  System.  . 
Zuar   ist  von    den  spät- 
romanischen  Bau -Ver- 
zierungen   bei  verstand- 

Kirche  zu  CrevcsmUhlen.  "'«slos  ausgeführten 

Restaurationen  und  Ver- 
änderungen späterer  Zeiten  V'ieles  verloren  gegangen,  aber  es  sind  noch  einige 
Reste  von  Rundbogen-  und  Kleeblattbogen- Friesen  vorhanden  und  ausserdem 
auf  jeder  Seite  des  Langhauses  drei  charakteristische  Blenden  mit  Kleeblatt- 
bogen.schluss,  die  einst  mit  Malereien  gefüllt  gewesen  sein  mögen.  Ferner 
fallen  auf  der  Nord-  und  Südseite  des  Thurmcs  als  Schmuck  hübsche  Händer 
von  Vierblattpä.ssen,  sowie  an  der  Westwand  eine  grosse  Ro.sette  an- 
genehm auf 


Nach  Lisch,  M.  Jahrb.  VIII,  S.  143,   nili$sen  es  s«hr  hübsch  profilierte  Fenster  gewesen 
•ein,  bei  denen  glasierte  Ziegel  verwandt  waren. 


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348 


AMTSGERICIITSBEZIRK  GREVESMÜHLEN. 


Es  ist  oben  schon  angedeutet  worden,  dass  die  Kirche  seit  1284  zum 
Tafelgut  des  Ratzeburger  Domkapitels  gehörte.  Weitere  Nachrichten  über 
dies  bis  ans  Ende  des  Mittelalters  dauernde  Verhaltniss  finden  wir  aus  den 
Jahren  1301,  1319,  1320,  1333,  1335,  1356,  1357,  1363.  1375.  Vgl. 
oben  S.  341,  Anmkg.  6.    Als  Pfarrer,  Plebane  oder  Kirchherren  werden  in 


Aussen  wand. 


Einst! 


Jetzt! 


den  Zeiten  vor  der  Reformation  folgende  genannt:  Dietrich  {um  1237), 
Heinrich  (zwischen  1261  und  i26<)),  Heinrich  von  Hillerbcck  (1319  bis 
1332),  Friedrich  von  Malt/^n  (1344),  Bernhard  Goldowe  (Goldoghc,  um 
1358)  und  Eghardus  Hrasche  (um  1376). 
Ausserdem  sind  zahlreiche  Vikare  und 
Altaristen  bekannt,  deren  Namen  hier 
nicht  aufgezählt  zu  werden  brauchen. 
Um  1540  werden  Anthonius  Ebberth 
und  Ludenis  Dressburch  genannt  (vgl. 
M.  Jahrb.  XII,  S.  171).  Ihnen  folgen 
als  erste  Prediger  (nachdem  sie  grössten- 
theils  vorher  die  Stelle  des  zweiten 
Predigers  gehabt  haben) :  Heinrich 
1561  und  1563),  Joh.  Bul- 
1590),  Hermann  Tamow 
Joachim  Holdebuch  (-f  1644),  Joh.  Müller  (7  165 1),  Joh.  Tarnow 
Jakob  Pistorius  1700),  Nik.  Pet.  Pistorius  (f  1706),  Joach. 
Stoefl"  (7  1721),  Joh.  Christ.  Schuster  scn.  (•)•  1745),  Joh.  Christ.  Schuster  jun. 
("h  i755)>  Hernh.  Christ.  Kosegarten  (f  «803).  Ucl>er  ihn  und  seine  Nach- 
folger vgl.  Walter,  Unsere  1-andesgeistlichcn. 


Pi|)er  (um 
tenius  {-^ 
(t  ißii). 

et  '664), 


Querschnitt. 


Mobiliar  Altar,  Kanzel,  Orgelempore  und  Gestühl  sind  in  neugothischcm  Stil 

l^«-''       au.sgcfuhrt.    Auf  dem  Altar  ein  Oclgcmalde  von  Theodor  Fischer  (f  1873), 

Kirche,     ^jjg  j^j^  Gekreuzigten  darstellt.  —  In  der  Vorhalle  ein  aus  Sand.stcin  ge- 

Taufstein.  haucncr  vortrefflicher  mniani.schcr  Taufstein  mit  schmucklo.scr  Messingschale. 

Glocken.  -  Glocken.  Im  Thurm  befinden  sich  zwei  Glocken  mit  gleichlautenden 
Inschriften.  Heide  sind  im  Juni  1666,  nachdem  ihre  Vorgängerinnen  durch 
den  grossen  Hrand  des  Jahres  1659  vernichtet  waren,  zu  Wismar  durch  den 
Glockengiesser  Adam  Danckwardt  auf  Befehl  des  Herzogs  CHRISTIAN  LUDWIG  I. 
gegossen  und  von  diesem  der  Stadt  Grcvesmühlen  geschenkt  worden.  —  Die 
(Jrabstcinc.  wenigen  Grabsteine,  welche  unter  dem  Gesliihl  der  Kirche  liegen,  sind  so 
sehr  abgetreten,  tlass  sie  kaum  noch  ein  Interesse  einflössen.  Man  erkennt 
auf  dem  einen  noch  das  .Allianzwappcn  des  Heinrich  Rantzau  (■]•  1598)  und  das 
der  Margarethe  Reventlow,  und  auf  einem  andern  den  Namen  des  Prapositus 


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KIRCHE  ZU  GREVESMÜHLEN. 


349 


Nikolaus  Petrus  Pistorius  (f  1706)  und  seiner  Gattin  Elisabeth.      Oelgemälde.  Gel 

An  der  östlichen  Wand  ties  I-angschiffes  ein  Oelgemälde,  ca.   2  m  hoch,  gemälde. 

1,30  m  breit,  die  Kreuzigung  dar- 
stellend, vom  Mndc  des  .WII.  Jahr- 
hunderts, mit  der  Unterschrift:  ICH 
HIELT  MICH  NICHT  DAFÜR.  DAS 
ICH  ETWAS  WÜSTE,  OHN  ALLEIN 
JESUM  CHRISTUM,  DEN  GE- 
KREUZIGTEN. 1  COR  II.  V.  2. 
Ao  1690.    L.  S. 

Klcinkunstwerke.     1.   Silber-  Klcinkunst- 
vcrgoldeter  gothi.scher  Kelch  auf  .sechs-  >verkc. 
j)assigem  Fuss.    Das  Signaculum  ein 
aufliegender  vullpla.sti.scher  Krucifixus. 


Tan  Ts  lein. 


Kelch  (11. 


Kelch  (2). 


Daneben  eingraviert  Johannes  und  Maria  in  gedrungenen  Figuren.    Am  Knauf 
sechs  liegende  Rotuli  mit  dem  Namen  iljcfUö     .Am  oberen  Schaftthcil  Ij  C  r  § 
ia  CO  Ü  in  Kmail,  am  untern  ebenso  III  U  11  ft  C  r§  .    Auf  der  Unterseite  des 
Fusscs  1555  12  JANVARI  •  FRIDRICVS  DESBORH   (eingeritzt).    —    2.  Silber 


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350 


AMTSCBRICHTSBEZIRK  GREVESMOHLEN. 


vergoldeter  Kelcli  im  Renaissance -Geschmack,  aber  noch  auf  sechspassigem 
Fuss.  Als  Signaculum  die  Kreuzcsgruppc :  der  Heiland,  Johannes  und  Maria, 
eingraviert.  Darüber  die  Jahreszahl  1566  und  eine  Art  Wappenschild  mit 
den  Initialen  A  0  und  M  G.  Die  übrigen  fünf  Pässe  des  Fuasses  sind  mit 
leidien  Ornament-Gravierungen  bedeckt  Der  Knauf  ist  rund,  hat  aber  «n 
scharf  heraustretendes  Mittelband,  darunter  und  darüber  geflügelte  Engels- 
köpfe mit  Laub-  und  Handelwerk.    Am  unteren  Theil  des  Schaftes  zwei- 


mal  als  Stadtzeichen    der   liibische  Adler,    dazu    das  Meisterzeichen: 


—  3.  Silbervergoldeter  Kelch  auf  sechsseitigem  i'  uss.  Auf  den  kaum 
hervortretenden  Rotuli  des  sechsseitigen  Knaufes  der  Name  IHESVft.  Um 
den  Fuss  die  Umschrift:  IN  DER  QREVESMOHIjBCHEN  KIRCHE  OEHÖRIO. 
a  H-  V.  L(BPBU  M.  8.  V.  P(LE88EN).>)  Lfibedeer  Arbeit  Meisterzeichen  ver- 
wischt; da.sselbe '  wie  auf  der  Oblatendose  (s.  u.  Nr  8)  4  Kleiner  silber- 
verL'oldcter  Kelch  mit  der  l'mschrift:  DIESER  .  KELCH  .  IST  .  VEREHRET  . 
VON  •  L  •  J  •  VON  •  SEE  •  UND  DESSEN  •  SEEL  •  EHE  - FRAU  .  A  •  C  • 
SCHÜTZEN  :  1740.  VVismarsche  Arbeit,  Meisterzeichen  C  A  F  (Caspar.  Aug. 
Falk).  —  5.  SUbervei^ldeter  kleiner  Krantenkdch  auf  rundem  Fuss,  ohne 
Inschrift.  Wismar'sche  Arbeit  Meistetxeichen  BIG:  Jochim  Baltaar  Calo, 
um  1733.  Dazu  Patene  mit  Schraubdose  daran.  Dasselbe  Zeichen.  — 
6.  7.  Zwei  Patenen,  einfach  silbern,  ohne  Schmuck  und  Inschrift.  Die  eine 
(neu)  mit  dem  Mcisterstcmpel  P  F  H.  -  8.  SillH-rne  runde  Oblatendosc  mit 
dem  LEPEL- PLESSEN  sehen  Allianzwappen,  ohne  Initialen.  Als  Stadtzeichen 
der  lübische  Doppeladler,  dazu  als  Meisterzeichen  ein  Monogramm  ^ 
aus  D  L  (oder  P  L?).  —  9.  Silbernes  Wdnfläsdichen,  ohne  Zeidien,  ganz 
neu.  —  10.  II.  Auf  dem  Ahar  stdien  zwei  getriebene  Messingleuchter  auf 
achteckigen  Füssen.  Gestiftet  von  JACOB  ÖUDEKN ECHT  1716.  —  12.  An 
dem  südlichen  Pfeiler  des  Chores  ist  in  neuerer  Zeit  eine  getriebene  Messing- 
schale zur  .Aufnahme  des  Abendmahlsopfers  angebracht.  Auf  dem  Rande 
I  rucht-  und  Blatt- Ornamente.  Gestiftet  von  JOCHIM  FINCKE  ANNO  1707.  — 
13.  Rothseidenes  Vclum  mit  Silber-  und  Goldstickerei  (Plattstich):  D.  C  DÜRING 
GEB.  V.  SEE.  1700. 

.\us  dem  Inventar  von  18T1  mag  er\»'ahnt  werden,  dass  der  alte  Altar 
ein  Werk  de.s  Barockstils  von  1737  war,  sowie  dass  die  Kirche  damals  noch 
ein  Sandstein -Epitaph  mit  Alabaster-  und  Marmor -Verzierxmgen  besass,  das 
dem  im  J.nhre  t6ii  52  jahiv  .n!t  \  t  rstorlH-mn  Christoph  von  Hagen, 
Mecklenburgischem  Rath  und  Amtshauptmann  zu  Gadebusch,  Erbhcrm  auf 
Hanshagen  und  Gemahl  der  Marsaretha  von  Zepeltn,  mit  der  er  sechs 
Kinder  hatte,  von  seinem  Sohn  Gottlieb,  der  sich  Archiepiscopt  Bremensis 
Constlijuius  et  Praefectus  Eutinensis  nennt,  im  Jahre  1625  errichtet  worden 
war.  —  Die  alte  Orgel  war  von  1681. 

')  Hurcliard  Hartwig  YOn  Lepd  auf  Grambow,  Ilcrzogl.  Mcckicnb.  Amtsliauptmanri  zu  Greves- 
mUhlcn  fgfb.  1640,  pc-it.  1703),  war  in  fwciler  Ehe  (i^>92)  mit  Mafjdalciui  Sophia  von  PlesKii, 
einer  Tochter  des  Kutn.  Kaiser!.  Obersten  der  Kavallerie  Helm,  von  Plessen  auf  Camba,  verm&hlt. 
Vgl.  HoinckbuMii,  geneal.  Tabellen. 


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KIRCHDORF  BÖSSOW. 


Das  RathhaM  ist  ein  ganz  schlichter  zweistöcki|;er  Zici;«  Ih.ui  auf  einem 
Fundament  von  machtif^cn  Granitrjiiadcm,  mit  abf^cwalmten  Uaoh  1  )ie  schmale 
Nordseite  wendet  sich  dem  Markte,  <lie  iiher  zwiimal  so  breite  Ostseite  der 
Lübiüchcn  Stra:>se  zu.  An  letzterer  liegt  der  jetzige  Ilaupteingang,  ein  ein- 
faches, mit  flachem  Bogen  umwölbtes  Portal,  über  dem  sich  als  einziger 
Schmuck  des  Gebäudes  drei  rechteckige  Blenden  befinden,  in  denen  auf 
blauem  Grunde  das  Stadtwappen  mit  der  Jahreszahl  1585,  das  mecklen- 
buri,Msche  W  appen  in  der  im  X\'I.  Jahrhundert  üblichen  fiinfleldrigen  Form 
und  der  (ohne  Schild  freistehen<le)  anf^ericlitete  ]><)mmersclie  {goldene  (ireif 
(s.  o.  S.  343,  Anmkg.)  darj,'estellt  sind.  Hin  zweiter  kleinerer  geradlinig  ab- 
geschlossener Eingang  geht  nach  der  Marktscitc  zu.  Vor  beiden  befinden  sich 
Freitreppen.  Das  Erdgeschosa  der  Nordseite  öflhete  sich  früher  in  einer 
grossen,  von  drei  jetzt  vermauerten  Rundb(^;en  (der  mittlere  enthält  den 
jetzigen  Eingang)  getragenen  Halle  nach  dem  Markte.  Zwei  jetzt  ebenfalls 
vermauerte,  mit  neuen  Fenstern  durchbrochene  grosse  Stichbögen  trugen  diese 
Laube  an  der  Ost-  und  Westseite. 

An  der  Eisenbahn,  nahe  bei  der  Stadt,  vor  der  Callies'.schen  Fabrik, 
findet  sich  ein  grosser  halb  in  die  l""rde  gesunkener  Grenzstein  mit  der  Inschrift 
anno  157  .  ,  der  aber  wohl  kaum  mehr  auf  seinem  ursprungliclien  Platze  steht. 
Indessen  mag  er  hier  genannt  werden,  damit  der  in  der  Stadt  verbreitete 
Glaube  an  Runenschrift  beseitigt  werde. 


Das  Kirchdorf  BBttow. 

as  7  km  nördlich  von  Grevesmuhlen  gelegene  Dorf  Hössow  [Hvrissowc,  Geschichte 
Borsowe,   Borzowe,  Bo.ssaw,  Ort  des  Boris,  vom  altslavischcn  borii  des 
»  Kampf')],  im  XIII.  Jahrhundert  noch  zur  Farochie  Daroshagen  gehörend,  I^'*«*- 
und  somit  gleich  diesem  im  Gebiet  des  alten  Klützer  Waldes  liegend,*)  wird 
zwischen  1 309  und  1 3 1 1  durch  den  Ritter  Johannes  Storm  zu  einem  Kirchdorf 
erhoben.    Er  baut  mit  Genehmigung  des  Bischofs  Marquard  von  Ratzeburg, 
der  1309  den  Stuhl  besteigt,  das  noch  heute  .stehende  kleine  Gotteshaus  und 
stattet  die  I'farre  mit  einer  Hufe  Ackers  und  einer  jährlichen  Hinkunft  von 
24  Solidi  aus.    Dafür  darf  er  das  erste  Mal  den  Pfarrer  dem  Bischof  zur 
Wahl  präsentieren,  während  (Ur  die  Zukunft  der  Bischof  allein  das  Patronat 
haben  wird.*)  Aber  die  Tage  der  Storme  in  Meddenburg  dnd  gezählt,  der 

*)  KOhmt,  M.  jHbrb.  XLVI,  S.  sS. 

«)  M.  U.-B.  375  (S.  375). 

*)  M.  U.-B.  3491.    Es  ist  möglich,  dan  mit  diesem  Kirchenbao  die  io  den  Jahren  1354 
ttiid  1361  vom  Ritler  Gotiscbalk  Storm  und  seinen  dentschcn  Milbeiilzern  nnd  Bauern  aufgestellten 


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352 


AMTSGERICHTSBBZIRK  GRBVESMOHLEN. 


letzte,  der  im  ersten  Viertel  des  XV.  T:ilirhundcrt.s  genannt  wird,  ist  Ludoke 
Storni. ')  An  ilire  Stelle  tritt  ein  Zweig  der  l""amilie  \oii  Ha.ssewitz,  den  wir 
schon  im  Jahre  14UO  auf  Huf  Thorstorf  und  Thorstorfer  Mühle  sowie  mit 
Besitz  und  Rechten  in  Bössow  antreffen,  und  der  später  noch  bis  über  die 
Mitte  des  XVII.  Jahrhunderts  hinaus  auf  dem  benachbarten,  ebenfalls  nach 
Bössow  hin  cingcpfarrten  Klein -Walmstorf  ansässig  ist.  Wie  sie,  so  besitzen 
aber  auch  die  Herren  von  Plessen  auf  Steinhausen,  Parin  und  Hoikendorf 
(nachweislich  vom  XVI.  Jahrhundert  an)  einzelne  Hauerbcn  oder  Höfe  in  Rössow. 
Durch  vorübergehende  Vcri)rtindung  im  Anfange  des  XVII.  Jahrhunderts 
komoicn  die  Bassewitz'schen  liauerben  an  das  Gut  Naudin,  das  Heinrich 
von  Sperling  innehat,  und  an  Grossenhof,  wo  Volrath  von  Plessen  sitzt,  sowie 
an  die  Kirche  zu  Grevesmühlen.  Die  Grevesmiihlener  Kirche  fiberlässt  ihre 
Rechte  1618  an  Lttder  von  Stralendorf,  und  dieser  tritt  sie  1630  an  Herzog 
Johann  Albrecht  von  Mecklenburg,'  (in.strow  ab.  Herzog  Atlolph  Friedrich 
von  Mecklenburg  Scinverin  aber  erwirbt  neun  Jahre  spater  drei  lUifencr  und 
einen  Kossäten  von  Daniel  von  Plessen  mittels  i'erniutationskontraktes  gegen 
das  Dorf  Manderow  und  die  Summe  von  aooo  Gulden.  Doch  behalten  die 
von  Plessen  wie  die  von  Bassewitz  auch  neben  dem  Herzog  immer  noch 
Besitz  und  Rechte  in  Bössow.  Diese  verschiedenen  Verhältnisse  muss  man 
im  Auge  behalten,  um  zu  verstehen,  wie  es  hat  konimen  l  nnen,  dass  Bössow 
heute  aus  einem  zum  Grevcsmühlen  Plüschower  Domanialanit  gehörigen  Bauern- 
dorf und  aus  zwei  zum  ritterschaftlichen  Amt  (Irevcsmühlen  zahlenden  L^lm- 
giitern  Bössow -Osthof  und  Hössow- Westhof,  besteht. 

Ebenso  bunt,  wie  mit  dem  Grundbesitz,  geht  es  mit  dem  Kirchen- 
patronat  zu.  Dieses  wird  nicht,  wie  man  envartet  haben  würde,  mit  dem 
Aufhören  des  Risthums  Ratzeburg  vom  Herzog  übemonimcn,  sondern  nach 
Ausweis  der  Kirchenvisitationsprotokolle  von  1541  und  1568  haben  es  die 
Herren  von  Rassewitz  auf  Thoi.storf  auf  (jrund  ihres  Antheils  an  Rössow. 
Als  nachher,  um  1610,  die  Herren  von  Ahlefeld  eine  Zeit  lang  in  Thorstorf 
ihre  Rechtsnachfolger  werden  und  die  von  Bassewitz  sich  auf  Klein- Walmstorf 
und  Bössow  beschränken,  theilen  beide,  nach  Angabe  einer  der  Inschriften  der 
Gla.sgcmäldc,  das  Patronat  mit  einander.  1647  aber,  nachdem  der  Herzog 
Adolph  Friedrich  Miteigenthümer  \  on  Rössow  geworden,  sind  der  Herzog  und 
Kar!  IHrich  von  Rassewitz  auf  Klein -Wahiistorf.  nach  Angabe  des  Kirchen- 
visitationsprotokolls vom  selben  Jalire,  Inhaber  des  Patronats.  Hun<lert  Jahre 
später,  als  Christoph  von  Lowtzow  Resitzcr  von  Klein -Walmstorf  geworden, 
ist  er  der  Kompatron  (s.  Grabstein  und  Kirchen -Akten).  Als  aber  1802  der 
WalmstorTsche  Antheil  von  Bössow,  den  der  seit  1780^)  auf  Klein>Walmstorf 

Schukiverschreibunf;cn  iM.  U.-II.  S855;   Crull   im  M.  Jalirli.  XXVIII,   S.  186)  zusÄmmenhängen. 
Die  mit  (Juttsclialk  Storm  in  drei  Urkunden  genannten  EigenlhUmcr  und  Bauern  sind  Marquardus 
4e  Lo,  Conndiu  Assel,  Johaones  Kerkbof,  Vidte  Clatte  (de  Bonoire),  Hintkns  Wlttdraoed,  Goddw 
Danqiuirdes,  I{eiintk<-  Rlkr.  und  nach  Ausscheiden  dei  M.  de  Lo  Mcb  Jotuuince  Wenen. 
«)  Vgl.  Lisch.  M,  Jahrb.  XI,  S.  456. 

*)  Fttr  die  Zeit  von  i«56  Ui  1780  fcliU  es  u  Akten  aber  den  BetiUweduel. 


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KIRCHDORF  BOSSOW. 


3S3 


sitzende  Major  von  Schräder  innegehabt  hat,  an  den  Schweriner  Regierungs- 
rath von  Kudloff  übergeht,  ist  das  Streben  dieses  und  seines  Nachfolgers,  des 
Majors  von  Rudloff')  zu  Berlin,  darauf  gerichtett  das  Kompatronat  an  den 
Hmog  abzutreten.  Der  Grosshenog  Friedrich  Franz  nimmt  es  im  Jahre  1833 
an,  nachdem  es  Uber  zwanzig  Jahre  früher  sehr  entschieden  von  ilmi  ah 
gelehnt  worden  war.  So  ist  jetzt  der  Landesherr  der  alleinige  Patron  der 
Bössower  Kirche. 

Von  den  vorreformatorischcn  (leistlichcn  ist  keiner  mit  Namen  auf  uns 
gekommen.  1535  finden  wir,  nach  Angabc  von  Visitationsprotokolien  und 
Akten,  in  Bössow  einen  Pfarrer  Curd,  über  den  kein  gutes  UrtfieO  gefällt 
wird,*)  IS41  Martinus  Krakow,  nach  ihm  (ohne  genauere  Zatangahe)  Nikolaus 
Schutte,^  um  1625  Adam  Brunshwig  (featioschweig),  um  1639  Zacharias 
Manichius,  um  1642  Joh.  Höfer,  um  1658  Joh,  Krüger,  um  1666  Jakob 
I'olchovius,  um  1715  Georg  Friedr.  Susemihl,  um  1766  Jakob  lioysen,  um 
17S2  Pastor  Mussäus,  um  178.S  Friedr.  Gabriel  Strempel.  üeber  ihn  und 
seine  Nachfolger  s.  Walter,  a.  a.  O. 

Kirdic.  Die  Kirche  ist  ein  verhältnissmässig  sehr  kleiner  mit  Strebe»  Kirche, 
pfeileni  bewehrter  schlichter  Ziegelbau,  dessen  Ostende  einen  Schluss  aus  dem 
Achteck  hat,  und  dessen  mit  steilem  Walmdach  versehener  Thurm  sich  gegen 
das  Innere  des  Schiffes  hin  in  weitem  Hogcn  öffnet.  Der  flachgedeckte  Kaum 
des  Schiffes  wird  von  sechs  kleinen  zweitheiligen  Fenstern  mit  Spitzbogen- 
schluss  erleuditet. 

Der  ncugothischc  Altar  und  die  im  Jahre   1674  von   HENNEKE  VON  Altar 
PLESSEN   und   SOPHIA  VON  STRALENOORFF  gestiftete   Kanzel   sind   ohne  Kan/.el. 
hervortretende  Bedeutung.    Auch  von  der  einzigen  Gtocke  der  Kirdie  ist  Glocke, 
nicht  mdir  zu  sagen,  als  dass  sie  1840  an  die  Stelle  einer  mittelalterlichen 
Glocke  trat,  über  welche  Übrigens  audi  das  Inventar  von  181 1  nichts  enthält. 
Dagegen  sind  die  Grabatcine  der  Kirche,  die  vor  Kurzem  noch  an  ihrer  alten  Grabsteine. 
Stelle  vor  <lem  Altar  lagen,  jetzt  aht-r  aufrecht  an  den  Wänden  stehen,  nicht 
ohne  Interesse.    Die  l^nschrift  des  einen,  der  mit  dem  .Storm'schen  Wappen 
und  den  vier  livangelistenzeichen  in  den  Mcken  verziert  ist,  lautet  voll  aus- 
geschrieben: STona  •  boniinf :  m* :  tccicctai  I  in :  bie  :  6eatf :  bponffp  :  tpip 
copi  :  aftiit :  bomimif  :  (aj^amir^  :  ftonn  :  mllej  •  |  9^ft  |oc  :  oftfenint 
l^ennannu^  I  breblruu^  :  toj^anitP!^  :  filii  :  rju^  :  oratt :  bruin  -  pro  :  iyfo^ 

nim  ^  anafmabll^  |/)  —  Die  Umschrift  des  andern,  der  ebenfalls  die  vier 
Evant^elistensymbolo  in  den  l'xk.  ii  hat.  lautet;   $l'no    Ölli  '.  111  !  rrr       l):)Ci  t 

7:  hic  :  »Wmi :  et :  icobi  • « •  iogc^  •  hetctjaf  •  1  ^no  :  bni :  m :  at  • 

Auf  BSnow-Ostbof  n«  sclion  ni  Zeiten  der  Radloff  die  Fe^Ke  Büniw.  die  ce  noch 
lieate  besitzt.    Rü«swvv -^V>^sth..f  ist  seit  1889  im  Beiits  des  Scbniedemeiilen  Ki^ter. 

")  Lisch,  M.  Jahrb.  VIII,  .S.  50. 
*)  Lisch,  M.  Jahrb.  XII,  S.  171. 

*)  Dieter  J0I1.  Storni  Ist  aatttdich  aidit  mit  dem  GrSnder  der  Kifdie  n  venrcdadn. 


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354 


AMTSÜERICHTSBEZIRK  GREVESMÜriLEN, 


(Lücke  für  das  Datum  gelassen)  ^  •  tualfniroi^  *  bjOt  t\9  .')  —  Die  Inschrift 
eines  dritten  Grabsteines  lautet:  ALLHIER  RUHET  IN  GOTT  HERR  CHRI- 
STOPHER V.  LOWZOW,  ERBHERR  AUF  LÜTTEN  WALMSTORF  V(ND)  COM- 
PATRONUS  VON  DIESER  KIRCHE  ZU  BÖSSOW,  GESTORBEN  DEN  20.  MAJI 
ANNO  1755.  —  Fast  noch  fesselnder, 
als  diese  Grabsteine  ist  das  mit 
Glas-  alten  Glasmalereien  gefüllte  Fenster 
maiereien,  hinter  dem  Altar.  In  der  Lucht 
links  oben  ein  Stechhelm  mit  einfach- 
bogig  ausgeschnittener  rother  Decke, 
der  ein  Rad  trägt,  das  mit  drei  Paar 
wcissgrauen  Federn  besteckt  ist.  Die 
Nabe  und  die  Felgen  des  Rades  sind 
roth.  In  der  Lucht  rechts  oben  ein 
unten  spitz  zulaufender  weis.ser  Schild 
mit  drei  sechsspeichigen  rothcn 
Rädern:  in  beiden  Lüchten  haben 
wir  .somit  die  Helmzier  und  das 
Wappen  der  Storm  vor  uns.  Von 
den  sechs  übrigen  Tafeln  des  Fensters 
haben  sich  vier  mit  figürlichen  Dar- 
stellungen erhalten,  eine  links,  drei 
rechts.  Man  sieht  die  Anbetung  der 
hl.  drei  Könige  auf  zwei  Kumj)arti- 
mente  des  h'ensters  vertheilt,  die 
Apostel  Petrus  und  Paulus  sowie  den 
hl.  Georg  und  den  hl.  Christopherus. 
Au.sserdem  bemerkt  man  als  ein- 
geflicktes Stück  linkiä  oberhalb  der 
hl.  drei  Könige  die  Figur  des 
Heilandes  aus  der  Scenc  der  Taufe, 
womit  eins  der  jetzt  leer  gewordenen 
Felder  des  Fensters  geschmückt  ge- 
wesen sein  wird.  Die  Figuren  sind 
weiss  auf  blauem  Grund,  die  Glorien, 
Kronen ,  Attribute  u.  s.  w.  gelb 
gefärbt.  Ucber  St.  Georg  und  St.  Christophorus  die  Ucberschrift:  l^it  • 
WxftCV  •  ri)lft  •  iof}  (f)tO'ni  •  in  (bt  •  Cre  gitbt|$).  Ks  ist  somit  keinen 
Augenblick  daran  zu  zweifeln,  dass  wir  in  diesen  Gla.sma]crcicn  eine  Stiftung 
jenes  jüngeren  JOHANNES  STORM  vom  Ende  des  XIV.  Jahrhunderts  vor  uns 


Grabstein  des  Jobannes  Storni. 


')  Der  hier  begrabene  Johannes  Kirchhof  ist  einer  von  denen,  die  die  Schuldverschreibungen 
des  GolLschalk  Storm  mitunterieichnen.  Vgl.  M.  U.-B.  10194.  M.  Jahrb.  XXXVIII,  S.  188.  Auf 
«las  mittelalterliche  Verhähniss  der  Bauern  zu  dem  ihnen  Ubergeordneten  Ritter  wirft  es  ein  Licht, 
dass  in  Rössow  der  Grabstein  des  einen  neben  dem  des  andern  vor  dem  Altar  liegt. 


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KIRCHDORF  BÖ8SOW. 


355 


haben,  der  im  Jahre  139'''  starb,  und  dessen  Grabplatte  erhalten  geblieben  ist. 
Zu  beachten  ist,  wie  der  alte  Glasmaler  in  der  Architektur- Minfassung  seiner 
]}ildchen  romanische  und  fruhgothische  Formen  beiljchalten  hat.  Das  Fenster 
rechts  vom  Altar  enthält  auf  kleinen  Scheiben  die  Wappen  eines  Hcnaeke 
VM  PIcwcB,  eines  zweiten  von  Plenen  und  einer  vm  BMow;  drittens  ein 
von  Ahlefeld'sches  und  ein  von  Bassewits'sches.  Die  beiden  letzteren  tragen 
dit  I  nterschrift:  JVRQEN  V.  ALEFELT  PATRON  DIESER  KIRCH  MORTV* 
Ao  1588  und  OOROTHEIA  V.  BA88EVITEN  (1)  MOTVA  (i)  Ao  1810.  S.  o.  S.  3S2. 


Kleinkunstwerke,  l'.iii  j:,'rnssrrcr  ncu- 
guthischcr  Kelch  mit  I'atcnc,  und  ein  kleinerer 
Krankenkdch,  beide  vtMi  SSSbect  sind,  nach 
dem  Stadtzeichen  mit  seinem  Jahresbuclistaben 
(A  und  B)  zu  schliessen,  Hamburger  Arbeiten, 
jener  vom  Meister  j  I  F  B  |,  dieser  von  |l  M  |. 
F.inc  viereckige  Oblatendcsc  von  Zinn  ist 
gleichfalls  aus  jüngerer  Zeit,  sie  hat  den 
Stempel  lA.SCHÜfzl.  liinc  neue  messingene 
TaufschUssel  nennt  den  Schweriner  Hofgraveur 
A.  Lenthe  als  ihren  Verfertiger.  Aelteren 
Datums  sind  allein  zwei  Leuchter,  der  eine 

mit    der   Aufschi  ift    am    I-\iss:  ANN  

TICHEN  SEHL  lOCHIM  KUMMEROW  KÜSTER 
ZU  BÖSSOW  WITWE  1727;  der  andere  mit 
der  Aufschrift .  HANS  BAUMANN  lURAT  UND 
EVERMAN8  1727.  Beide  Leuchter  haben  das 
Wismar'sche  Stadtzeichen  und 
das  nebenstehende  Meister- 
zeichen. 


Kleinkunst- 
wette. 


Fenatcr  de»  JoIimim*  Sutrai. 


Auf  dem  Kirchenboden  ein  sechs» 
seitiges  Holzgestell  im  (leschmack  guter 
Renaissance  zur  Aufnahme  eines  Tauf- 
beckens. Das  Inventar  von  18 11  gieht 
an,  dass  der  nlte  Altar  im  Jahre  1670  von  Ulrich  Kail  von  Hassewitz 
und  Margaretha  von  Bülow  renoviert  worden  war,  und  dass  auf  den  ihn 
einschliessenden  Schranken  die  Namen  des  Kihie  v.  Fies  und  der  Lucretia 
V.  Bitlow  mit  der  Jahreszahl  1597  standen.  Ein  älterer  silbervergoldeter 
Kelch  (Itr  Kirche  tnig  die  Namen  des  erstgenannten  Ehepaars  und  die  eines 
zweiten,  des  Joachim  von  Bassewitz  und  der  Agnes  Hedwig  von  Krackewitz 
mit  dem  Datum  1694.  Ein  anderer  Kelch  trug  den  Namen  des  Hemicus 
von  Wosden  und  die  Jahreszahl  i^ii-.  Statt  zweier  /innener  Leuchter  \fi;n 
Jahre  1727  gab  es  181 1  noch  deren  vier;  die  beiden  nicht  mehr  vorhandenen 
waren  1727  von  Asmus  Reymers  und  Kadiarina  Elisabeth  Rqrmersen  gestiitet 
woiden.  Kin  Klingebeutel  von  1737  trag  die  Initial»  D.  H.  t.  B(ehr)  und 
D.  E.  D.  V.  B(Ulow}. 


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35Ö 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GREVESMÜHLEN. 


Mozellen- 
burch. 


Denkstein  Denkstein.    Auf  dem  zum  Kverstorfcr  Forsthof  gehörigen  Acker,  da 

desLudeke  wo  er  am  Hoikcndorfcr  Wege  beginnt,  rechts  vom  Everstorfer  Wege,  somit 
in  dem  durch  diesen  und  den  Hoikendorfer  gebildeten  rechten  W^inkel,  steht 
eine  2,14  ^  hohe  Steinplatte,  etwa  0,5  m  breit,  mit  fast  kreisrundem  Kopfe. 
Der  Stein  ist  stark  verwittert.  Gesetzt  zum  Andenken  eines  im  Jahre  1391 
an  der  betreffenden  Stelle  erschlagenen  Wismar'schen  Bürgers  Ltideke 
Mozellenbuch  (=  Mozellenburch).  Auf  beiden  Seiten  ein  Krucifixus,  mit 
den  Armen  in  der  Mitte  des  Kopfes  des  Denksteins.  Auf  der  östlichen  Seite 
kniet  zur  rechten  Hand  des  Krucifixus  ein  unbewaffneter  Mann  in  kurzem  Wams 
und  mit  unbedecktem  Haupte,  zur  Mnken  Hand  lehnt  ein  Schild,  der  einen 


Denkst  ein  des  Ludckc  Mi<zellcnburch. 


Thurm  oder  irgend  ein  anderes  Gebäude  mit  Zinnen  und  darüber  eine  Mu.schcl 
zeigt.  Auf  der  westlichen  Seite  stehen  neben  dem  Krucifixus  rechts  Maria, 
links  Johannes.  Darunter  kniet  derselbe  Hürger  wie  auf  der  Ostseitc,  und 
zwar  unterhalb  der  Maria,  vor  seinem  Wappen.  Auf  der  östlichen,  der  Stadt 
Wismar  zugekehrten  Seite,  zu  Hauptcn  des  knicenden  Mannes  auf  dem  Spruch- 
bände  die  Worte:  lllifcrcrc  llicl.    Unter  der  ganzen  Darstellung:  ?lno  :  blli  : 

m  :  rcc  :  jrri  :  ipo  :  bic  btce  :  miliüj  IiibcVie  :  1110  :  .^cllcburfi  :  ciui^  :  i  : 

talöincc  :  '.  iV  fcct'  :  rft.  or  :  bcu  :  41  :  CO  :  —  Auf  der  westlichen,  der 
Stadt  Grevcsmühlen  zugekehrten  Seite  zwei  Spruchbänder.  Vor  dem  knieenden 
Manne  die  Worte:  0  :  Iliatcr  I  hci  I  lltciurto  inei  :  Unter  dem  Manne: 
moscncnljbrri)  or  :  4)  :  CO  :  Vgl.  Usch,  M.  Jahrb.  XI,  S.  483.  Crull, 
M.  Jahrb.  XX,  S.  300. 


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KIRCHDORP  DAMSHAGBN. 


357 


Das  Kirchdorf  Oamshageii. 

HEBlaiiMluigai,  7  km  nordwestlich  von  Grevesmählen  gellten,  ist,  wie  sein 
ältester  Name  in  den  Urkunden,  Thomashs^en,  Thomediagen,  Thomes- 
haghen,  beweist,  eine  deatsdhe  Grandunp[  aus  christlicher  Zeit.  Bereits  um 
1230  erscheint  es  als  eine  von  den  vier  alten  Parochicn  des  Klützcr  Waldes.') 
\'(m  seinen  im  ZchntcnrcL^istcr  dicsf^  Jalircs  Ljenannten  acht  Dörfern  hat  das 
Kirchspiel  nur  eins  verloren,  namlich  das  im  Jahre  ijii  durch  den  Ritter 
Johannes  Storm  zu  einer  eigenen  Parochie  erhobene  Dorf  Bössow  (s.  o.  S.  351), 
alle  übrigen  umfasst  es  noch  beute  und  überdies  eine  Reihe  anderer  Gründungen 
aus  jüngerer  Zeit.  Der  Name  1  ).ini-ha|Ten  erscheint  1370  zum  ersten  Mal, 
und  zwar  in  der  I'orm  Dammeshaj^en,')  bis  dahin  herrschen  die  Formen  des 
älteren  Namens.')  Mit  Hcsitz  und  Rechten  finden  wir  dort  im  Mittelalter 
ausser  den  Glessens,  von  denen  einer,  der  Knappe  liernd,  schon  1336  einen 
Verkaufskontrakt  im  Dorfe  vollzieht,  ohne  dass  er  dabei  freilich  als  ansässiger 
Besitzer  genannt  wird,  die  Herren  von  Parkentin,  Storm  und  Kulebuss.  Am 
Ende  des  XIV.  und  Anfange  des  XV.  Jahrhunderts  aber  sind  die  von  Plessen 
schon  die  alleinigen  Herren  des  Dorfes,  das  sie  bis  heute  in  Händen  haben. 
Ausserdem  aber  sind  sie  zu  Anfans^  des  XVI.  Jahrhunderts  die  eij^entlichen 
Herren  des  weitaus  ejrossten  Thcils  vom  Klützcr  Wink'cl,  sie  besitzen  hier 
neben  Damshagen  die  Ciuter  Klütz,  Hahlen,  Arpshagen,  Grundeshagen,  Ganten- 
beck,  Brandenhof,  Grossenhof,  Hoikendorf,  Tressow,  Zierow,  Bamekow,  Parin 
und  Hohen-Schönberg.^) 

Auf  die  Bedeutung  dieser  alten  Adelsfamilie  in  der  Geschichte  der 
Reformation  des  Kliit  1  r  W  inkels  ist  oben,  S.  303,  bereits  hingewiesen  worden. 
Die  l'olge  davon  scheint  die  gewesen  zu  .sein,  dass  die  Herren  von  PIcs.sen 
nach  dem  schnellen  l^ntergang  des  Ratzeburger  Histhums  auf  eij^ene  Hand 
die  Besetzung  der  l'farrcn  in  ihrer  Bcgütcrung  zu  betreiben  und  dabei  stellen- 
weise das  herzogliche  Pätronatsrecht  zu  usurpieren  suchten.  Das  war  z.  B. 
in  Damshagen  der  Fall.  Darüber  kam  es  1579  zwisdien  Kurt  von  Plessen 
und  dem  Herzog  Ulrich  zu  lang  sich  hinziehenden  Auseinandersetzungen. 
Kurt  berief  sich  darauf,  dass  sein  Vater  von  Anno  26  (1526)  her  nicht  wenicjer 
als  fünfzehn  Pastoren  ins  Amt  t^'ewiesen  habe,  von  denen  mehrere  noch  am 
Leben  wären  und  daher  als  Zeugen  aufgerufen  werden  konnten.    Zwar  kam 

•)  M.  V.  B.  375  375\ 

*)  M.  U.-B.  10004.    Auch  1371  heiMt  es  Dameshagen:  M.  U.-B.  10203. 

M.  U.-B.  375  (S.  375).  859.  1109.  S613  (S.  54I)l  5696.  6168.  8789.  9106.   Auch  in 

spStorer  Zeit ,  natlulcni  bereits  der  Name  Damshageti  vorgekommen  ist,  bleibt  der  ur-^prüngliclie 
Nune  noLh  lange  Üblich:  vgl.  M.  U.-B.  10211.  10812.  10819.  I0824.  10912.  II053. 
Vgl  Lisch,  M.  Jahrb  XVI,  S.  63. 


35« 


AlfTSGBItlCHiiSIUSZIRK  GREVESUOHLBN. 


CS  zwischen  ihm  und  der  Herzogin  Elisabeth  als  Inhaberin  der  Vogtei  Greves- 
mühlen  (s.  o.  S.  343)  im  Jahre  1585  zu  einem  V^ergleich,  worin  die  Herren 
von  Plessen  auf  das  Patronat  zu  Damshagen  verzichteten  und  nur  in  Bezug 
auf  Präsentation  und  Wahl  der  Prediger  einige  Koncessionen  erreichten^  aber 
Streit  und  Verdruas  hörten  deshalb  nicht  auf.*)  Da  geschah  es,  dass  am 
31.  März  1693  der  Herzog  Friedridi  Wilhelm  der  Bitte  des  Königl.  Dänischen 
Geheimrathes  Christian  Siegfried  von  l'Icsscn,  Besitzers  des  genannten  Güter- 
Komplexes,  nachgab  und  das  Patronat  über  die  Kirche  in  Damshagen  in  aller 
Form  Rechtens  abtrat.  Doch  erfreute  sich  der  Geheime  Rath  dieses  Vorrechtes 
mcht  aehr  lange.  Sdurn  1708  vericaufle  er  die  Gfiler  Patin  c.  p.,  Rolofs- 
hi^;en,  Küssow  und  Gutow  an  den  Oberstallmeister  von  Bfilow,  und  mit  den 
Gütern  zugleich  das  Patronat  von  Damshagen.  Die  herzoglidie  Bestätigung 
des  Kontraktes  erfolgte  17 12.  Als  zehn  Jahre  darauf  die  aus  Hannover  ins 
I^nd  gekommenen  beiden  Brüder  Hans  Kaspar  Graf  von  Bothmer  und  Friedrich 
Johann  Freiherr  von  Bothmer  die  Rechtsnachfolger  der  Herren  von  Plessen 
auf  deren  übrigen  Gütern  wurden  und  zu  dem  von  ihnen  aus  diesen  Gütern 
gebildeten  Fidei>Kommiss,  das  im  Jahre  1732  Hans  Kaspar  Gottfried,  der 
Sohn  des  Johann  Friedrich,  als  Erbe  antrat,  auch  der  obengenannte  Güter- 
besitz des  Obel  Stallmeisters  Hartwig  von  Bülow,  mit  dessen  Tochter  Christine 
Margarethe  der  junge  Graf  vermählt  war,  hinzugelegt  wurde,  da  ging  auch  das 
Patronat  von  Damshagen  an  den  Besitzer  des  Gräflich  Bothmer'schcn  Fidei- 
Kommisses  über. 

In  den  Urkunden  des  Mittelalters  werden  folgende  Flebane  genannt: 
Gottfried  (um  1327),  Bertram  von  Kramon  (um  1329/34),  Reymer  (um  1.349) 
und  Bdatthias  deBlüclier  (um  1371/77).   Zur  Zdt  der  Reformation  ist  Kaspar 

Brügge  (um  1541)  Kirchherr;*)  ihm  mag  alsbald  Asverus  Becker  gefolgt  sdn 
(M.  Jahrb.  XII,  S.  171)  diesem  1553  Lorenz  Wüsthof  (s.  o.  S.  231);  um 
1568  Nikolaus  Lütke;  um  157.S  Jakob  Riese;  um  1585  Hektor  Siegfried 
(s.  o.  S.  235);  um  1588  Mauritius  Wacenius;  um  1595  bis  1611  Thomas  Lowe; 
um  162 1  Joliann  Gade;  1639  wird  Johann  lademann  berufen,  1674  Joachim 
Hinridi  Taumann,  1703  Heinrich  Schaub,  1717  Bernhard  Raupach,  1726 
Christian  Albrecht  Ideler,  173 1  Andreas  Gottfried  Schmidt,')  1754  Joh.  Daniel 
Jörges  und  1808  F.  E.  Groth.  Ueber  Um  und  seine  Nachfolger  s.  Walter  a.  a.  O. 

Kirdie.  Die  Kircbea  ein  im  Osten  aus  dem  Aditeck  gesdilossener  pfdler- 

bewduter  gothischer  Bacicsteinbau  mit  modernisierten  Spitzbogenfenstem  und 
Resten  eines  at^jetreppten  ^ckzadcfrieses  erweckt  von  aussen  den  Eindrude, 

')  V^.  beioaden  Akten  Aber  du  Avftratea  da  Johami  ma  Plenen  in  der  Kfaclw  sa 
Damahsgen  im  Jahre  l6l3.    Ferner  Akten  von  1589,  1616  und  1673. 

*)  Die  Namen  der  fttnfxehn  Plebane,  die  Kurd  von  Plesaen  in  seiner  Schrin  an  den  Herzog 
Ulrich  vom  Jshre  1579  nennt  und  auf  die  Zeit  von  1536  bis  dehin  (also  auf  gut  50  Jahre)  verüieilt 
«iaen  «ül,  biaea  wir  hier  fint,  da  aie  dnDwtlia  nklit  ddier  aeln  werden.  Es  mögen  nunche 
herumzielicnde  Pritiükanien  von  zweifelhafter  Voganteaheit  dazwiachen  geweien  edn,  die  bald  hier, 
bald  dort  auftraten  und  wUd  darauf  los  redeten. 

•)  Vgl.  Luch,  M.  Jahrb.  XXXIX.  S.  61. 


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KIRCHDORF  DAHSHAGEN. 


3S9 


riN  müsse  man  in  einen  mit  Kreuzgewölben  jjcdecktcn  Innenraum  eintreten. 
Statt  dessen  findet  man  einen  mit  einem  Plafond  im  Geschmack  des  vorif»en 
Jahrhunderts  ausgestatteten  nüchternen  Saalbau,  in  dem  die  Scheidung  von 
Schiff*  und  Chor  ausschliesslich  darin  besteht,  dass  dieser  um  zwei  Stufen 
gegen  jenes  erhöht  ist  Am  Pbübnd  drei  Wappen  in  der  Folge:  von  Bülow, 
von  Bülow,  von  Reventlow.  Im  Westen  ein  Thurm  mit  vierseitigem  Pyramiden* 
heim  und  einem  Radfenster  über  der  westlichen  Eingangsthür. 

Altar  und  Kanml,  mit  einander  zu  einem  Körper  verbunden,  sind  eine  Altar  and 
haaltang  des  Barockstils  vom  Jahre  1724.    Derbe  Holzsäulen,  geschnitzte  KanceL 

Engel  und  allegorische  Figuren  sowie  die  Kinsctzung  des  hl.  Abendmahles  als 
Bild  unmitte]l>ar  ül>er  dem  Altartisch  bilden  den  Schmuck  des  Werkes. 

n  1^  Invcnt.it    \  II    181 1   hat  den   Namen  des   Vurfertigcrs  bewahrt: 
Hieronymus  Hatsenberg  Iccit   1724.    Das  Werk   kostete  313  Thaler  16  Jl 

TavfatetD.  Im  Thurm  die  alte  Steinfünte  der  Kirche  aus  dem  XIII.  Jahr-  Tanfttein. 
hundert,  ihr  Fuss  liegt  auf  der  Südseite  der  Kirche. 

Grabsteiae.   Auf  dem  nördlich  vom  Altar  gelegenen  sieht  man  die  Grabsteine. 

Bilder  eines  Mannes  uiul  einer  I'rau,  jenen  in  ciiu  r  Ritterrüstung.    Die  Insclirift 

lautet    ?lno  i6oi  bc  1+  ?lprll  bc  «libbclc  biT  »Crcntliiiffti:  Con 

b  •  pictK  •     •  ^*  ^'rff   gi^fctc  to  T^anicffiaoc  '  \m  to  trrffoüi  a."^c&arc 

%^  32  Up  1  luaio  I  sOot  ^nt)laiiic2  be  31  decr  i  2^  be  >(5bt>c(e 

bä  belebogetfame  Cattcine  JUalfile  ftatfn^  bodgttr  to  tatttn* 

bOIp  in  ^Ot  €tltflA|ietl.   Zwischen  den  beiden  Figuren  die  ZaU  1586.  Vgl. 

oben  S.  47,  308,  357,  360  und  unten  bei  Klütz.  Dazu  M.  Kunst-  und  Gesch.- 
Denkm.  I,  S.  326,  337  ff.  Auf  dem  südlich  vom  Altar  gelegenen  Stein  eiicennt 
man  das  Plcssen'sche  und  Suckow'sche  Wappen  und  die  Zahl  i5Si* 

Steimirge.  In  einem  Anbau  auf  der  Nordscite  der  Kirche  stehen  zwei  Steinsärge. 

Steinsärge  ans  einer  Art  Sandstein,  dem  man  da-^  Ausgehen  von  Marmor 
gegeben.  W  ie  \\'a])|)en  und  Inschriften  zeii^eii,  sind  es  die  Sarkopliage  von 
Hartwig  von  Bülow  und  Christina  von  Bülow,  geb.  von  Reventlow,  beide 
gestorben  am  4.  Januar  1729  (s.  o.  S.  358). 

Glocken.   Im  Thurm  drei  Glocken:  die  grö.sste  Glocke  vom  Jahre  1469  Glocken, 
zeigt  auf  der  einen  Seite  einen  Bischof  mit  Stab  und  Griffel,  auf  der  andern 
Seite  die  hl.  Kathanmt.   Dazu  die  Inschrift:  9na  bnl  m*  CCCC*  l]ei)C  Q  bthf 

0  njc  0lQcle  vl^Oi  p^t  bent  c?  pace  et  moria  ante.  Unter  dem  Bischöfe- 

bild  findet  sich  das  nebenstehende  Zeichen. 

Viil.  die  ('.1n<kcn  /ii  Dierhagen,  Bd.  I,  S.  380.    Eine  der  Glocken 

zu  Pctschow,  IJd.  I,  S.  421. 

Die  7v, citgrösste  Glocke  vom  Jahre  1S15  hat  nachfoli^cnde  Inschrift: 
DAMSHAGEN  IM  JAHRE  MDCCCXV.  DER  KIRCHE  PATRON  CHRISTIAN  LUDE- 
WIG GRAF  VON  BOTHMER  AUF  BOTHMER  GEBOREN  DEN  XXiX  AUGUST 
MDCCLXXIII   PREDIGER  FRIEDRICH  EMIL  QROTH   JURATEN  N.  J.  B0ES80W 


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AMTSGERICHTSBBZIRK  GREVESMOHLBN. 


Glas- 
gemllde. 


Kleinkunst- 
werke. 


J.  H.  L.  LUCKMANN  J.  W.  GERBBIN  (statt  GREBBIN)  Auf  der  andern  Seite: 
DIE  GLOCKE  VOM  JAHRE  MCCCLXXVIII  UMGEGOSSEN  VON  J.G.W.  LAND- 
REIN LÜBECK  ICH  RUFE  DIE  LEBENDIGEN  ZUR  BUSZE  UND  DIE  TODTEN 
ZUR  RUHE.  —  Die  kleinste  Glocke  ist  ohne  Inschrift. 

Glasgemälde.  In  einem  Fenster  der  Nordseite  ein  Hildclicn,  das  einen 
Mann  und  zwei  Frauen  zeigt:  jener  ist  mit  Zusdumden  von  Leinewand  be- 
schäftigt,  diese  nähen.  Darunter  CLAUS  WARDMOND  1600.  In  einem  Fenster 
der  Südsdte  dne  Anzahl  von  Wappen,  die  aber  nicht  mehr  in  ihrer  ursprüng- 
lichen Zusammenstellung  vorhanden  und  daher  ftir  die  Genealogie  der  Familien 
kaum  noch  von  Bedeutung  sind.  Man  vermag  aus  den  Unterschriften  in 
niederdeutscher  Spraclic  nur  zu  erkennen,  dass  es  eine  Fhrcntafel  war,  die 
eine  Wittwe  von  Plessen  ihrem  verstorbeneu  Manne  zu  Ehren  anfertigen  Hess, 
man  sieht  aber  aus  der  Vergleichung  der  Daten  in  dem  steinernen  Epitaph 
der  Marien-Kirdie  zu  Wismar, 
s.  o.  S.  46,  und  m  dem  der 
Kirche  zu  Gressow,  o  S  }0^, 
dass  CS  ELISABETH  VON 
SPERLING  war,  die.  dies 
Fenster  ihrem  ersten  Manne 
Kwrd  VM  Pinea  (f  1601) 
aus  dem  Hause  Damshagen 
zu  Ehren  stiftete.  Im  mitt- 
leren Chorfenster  das  Bild  des 
I  Icilandes  als  Salvator  mundi, 
in  der  linken  Hand  Kugel  mit 
Kveuz;  die  rechte  Hand  mit 
der  Siegesltdme  fehlt. 

Das   Inventar  von 

1 8 1 1  fügt  die  Jahreszahlen 
1601,  1603  und  1603 
hinsu.    Zur  Zeit  sind  die 

Wappen  untergebracht  wie 
sie  nebenstehend  folgen. 

Kleinkunstwerke. 

Silbervcrgoldetcr  Kelch 


I. 


PlMten'wlMt  W«p^.    I    PleMen'tehw  Wappen. 
Bernd  v.  Plesen      '  Johan  7.  Plesse  .... 
vom  Hausse  Oamshagen| 

Wcnckjlcrn'sche*  Wappen. 

ries»en'sclies  Wappen. 

H.  Berd  v!  Plesse 
Mines  Seligen  Mans 
Elter  Vader 

StnlmdorfraelMS  Wappen. 

Anna  Stralendorp 
min  ieue  grot  vader  van 
der  Moder 

«on  Baeliwald'adies  Wappen. 

Spcrliiifj'sclics  \Va[i[icti. 

Elisabet  Spätling 
Sin  Priuve  Mines  Selifan 
Mans  Schwester 

Sin  hinterlaten 
BediDvade  widewe  1603 

LfltMnr'idMt  Wappen. 

Sophie  Lützow 
mines  seligen  mans 
Elter  Moder 

Sndcow^achcs  Wappen. 
Ottho  Gadedorp  mines 
I  Seiigen  Mans  Grotvade 
van  siner  Moder  wogBn 

von   1804  auf  rundem  h'uss 

mit  einem  Doppelmonugramm,  das  aus  den  verschnörkdten  Budistaben 
JF  c  D  besteht    Wismarsche  Arbeit  (nebenstdiender  Stadtstempd). 
Meisterzeichen  |l  G  T|  (Joh.  Gotllieb  TorfMsoher).    Die  dazu  gehörige  \P 

Patene  trägt  dieselben  Werkzeichen.  —  2.  Grosser  silbcrvcrgoldeter  Kelch, 
26  cm  hoch.  Als  Signaculum  am  Fuss  eingraviert  Chri.stus  am  Kreuz  mit 
Johannes  und  .Maria.  Darüber  die  Zahl  1621.  Am  gerundeten  Knauf  ge- 
triebenes Laub-,  Bändel-  und  Muschelwerk  sowie  geflügelte  Engelsköpfe. 
Darunter,  am  Fuss,  dreimal  die  nebenstehende  Hausmarke.   Auf  der 


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FLECKEN  KLOTZ. 


Unterseite  des  Fusses  die  Xamcn :  C  •  lOHAN  .  GADE  .  PASTOR  .  CLAWE8 
FELDT  •  KORT  WARMUNDE  •  HANS  BVCK  •  VORSTENDER  •  73  •  LOT  •  3^ 
In  der  Mitte  noch  einmal  der  Xamc  des  Pastors.  Die  dazu  gchorif^e  I'atcne 
ist  ohne  Schrift  und  Zeichen.  —  3.  Silberner  Kelch  auf  scchspa^sigem  Fuss 
mit  der  Umschrift:  KASTEN  TRETOW  IN  MOHR  OS  17tO.  Am  Knauf  der 
Name  JESUS  und  eine  Blattverzierung.  Als  Stadtaseichen  der  Ittbische  Doppel- 
adler mit  Stern  diarttber  und  ab  Meisterzeichen  (SFS).  Silberne  Patenc 
mit  denselben  beiden  Zeichen,  aber  ohne  Inschrift.  4.  Oblatcnschachtel 
von  Silber,  r>hne  Irischrift.  Als  Stadtzeichen  der  lübischc  Adler. 
Nt  henstelicndc-;  Meisterzeichen  5.  l  )blalenscliachtel.  Der  Deckel 
zeigt  als  eingravierte  Figuren  den  Krucifixus  mit  Maria  und  Johannes.  (3  und 
5  dienen  zur  Kranken- Kommunion.)  —  6.  Silberae  Altarkanne,  neu,  von 
foiESEl  IHchwwIn.  Geschenkt  von  I  •  BOSSELMANN  VONS  TELLSHAOEN 
1S68.  —  7.  Auf  dem  Altar  ein  Lesepult  mit  hübschen  Intarsien. 

Das  Inventar  von  1811  erwlhnt  ferner  vier  Leuchter  von  Zinn  mit 
der  Inschrift:  CHRISTIAN  1ÖRSSEN  WITTWE  1762;  eine  .Mtardci  ke  mit  dem 
Bothmer- Buluw  bellen  Allian/.wappcn  von  1735  einen  ebenso  geschmückten 
und  bezeichneten  silbernen  Klingebeutel  von  173s. 


Fledcens. 


Der  Flecken  KiUtz. 

|ilva  Cluiz  oder  Cluz,  Chitsc,  Clutze  (vom  slavischen  kljiiM  Sehl  is  rl)  Cevibichte 
heisst  im  XII.  und  XIII.  Jahrluintlert  der  heutige  ^Klüt/er -Winkel» .  ^ 
Der  Kaiser  Friedrich  Harbaro.ssa  weist  die  Lübecker  im  Jahre  118.S  an, 
nicht  nur  ihr  Hrennhol/,  sondern  auch  ihr  Hauholz  für  Schiffe  und  Häuser 
den  Dassower,  Klützer  und  Brotfaener  Waldungen  zu  entnehmen,  soweit  sie 
dessen  fUr  eigenen  Gebrauch  benöthigt  sind,  nur  sollen  sie  keinen  Handel 
damit  treiben;  K(>nig  Waldemar  von  Dänemark  bcstätit^t  ihnen  vierzehn  Jahre 
später  dies  Trivilegium,  und  der  zwanzig  Jahre  nach  dieser  danischen  IVkimde, 
am  8.  Juli  1222,  abf^eschlossene  Vertrag  zui.schcn  dem  Bischof  Heinrich  von 
Katzeburg  und  dem  Fürsten  IJorwin  über  die  Zehnten  in  den  Landen  IJresen 
und  Dassow  sowie  in  der  Klützer  und  Tamewitzer  Forst  (sUua  Clutze,. «lua 
Tarnewiz)  lässt  erkennen,  dass  damals  eine  planmassig  betriebene  Entwaldung 
dieser  Gegenden  bestand,  mit  der  man  noch  nicht  fertig  war,  mit  der  man 
aber  Platz  zu  neuen  Anstedlungen  gewinnen  wollte  ')  Xrich  heute  wei.scn  die 
vielen  deutschen  Dorfnamen  im  Klützer  Winkel^  oder  Ort  t  auf  diesen  Gang 
der  Kntwickelun^  hin,  wahrend  die  weniL^en  alteren  slavischen  Ortschaften 
und  Xamcn  wie  Dassow,  Pötenitz,  lanicwitz  mit  der  Lieps,  IJössow,  Parin 
und  Küssow  die  Grenzen  der  ehemaligen  Waldr^onen,  die  Plätze  Gutow, 
Welzin  und  Klütz  aber  einzelne  ursprüngliche  Wiesenniederungen  und  natürliche 

'J  M.  U.  U.  143.  173.  284. 


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362 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GREVESMtHLEN. 


Lichtungen  innerhalb  dieses  Waldkomplexes  andeuten  ')  Um  1230  ^icbt  es 
schon  vier  rarochien  im  Klützer  Wald  (in  Clutsc  ncmorc):  Klütz,  Damshagen, 
Elmenhorst  und  Kalkhorst,  deren  Patronat  der  Ratzeburger  Bischof  hat  und 
behält,  bb  es  ihm  durch  die  Refoniiation  aus  der  Hand  genommen  wird.*) 
Bald  wird  Klütz,  das  schon  im  Anfange  des  XIV.  Jahrfaundorts  Ober-  und 
Niederklütz  nebin  sich  hat,  der  Hauptort  der  Gei,  nd;  die  Bevölkerung 
sammelt  sich  in  besonderer  Weise,  wie  daran  r.u  ersehen,  dass  es  bereits  um 
1288  ein  Hospital  ^iebt,  welches  u.  a.  von  (lerbert  von  W'arendorp  zu  Wismar 
mit  einem  Legat  bedacht  wird.*)  Mit  Besitz  und  Anrechten  an  den  vielen 
Idaneren  und  grösseren  Höfen,  die  sich  hier  gebildet  haben,  treffen  wh*  im 
XIV.  Jahrhundert  ausser  dem  Rehnaer  Kloster,  dessen  Probst  als  Archidiakon 
im  Namen  des  Bischofs  die  Oberaufsicht  über  die  Kirche  fuhrt,  die  alten 
Geschlechter  der  Bernstorfif,  PIcsscn,  Tarnewitz  und  Negendanck,  die  auf  den 
benachbarten  (liitern  sitzen  Vnw  ihnen  machen  sich  besonders  die  Herren 
von  .Tarnewitz,  <leren  Slannn  im  W  II.  Jahrhundert  erlischt,  durch  Stiftung 
von  Vikareien  und  Verbesserungen  der  Kirchcneinkunfte  verdient.*)  Bald  aber 
gewinnen  die  Herren  von  Plessen  auf  Arpshagen  und  Grundshagen  das  Ueber- 
gewicht,  wie  schon  in  der  Geschichte  des  Dorfes  Damshagen  erwähnt  ist. 
(S.  o.  S.  357.)  Das  zeigt  sich  u.  a.  auch  daran,  dass  sie  das  Kirchcnpatronat 
Rir  sich  allein  zu  erlant^en  wissen,  welches  sie  Anfangs,  d,  h.  in  der  ersten 
Zeit  nach  der  Reformation,  mit  den  Tarnewitzcn  gemeinsam  ausüben,')  wiihrend 
es  im  V'isitationsprotokoll  von  1 56S  bereits  eine  Andeutung  darüber  giebt, 
dass  die  Tamewitze  ihre  Ansprüche  (stillschweigend,  wie  es  scheint)  aufgegeben 
haben.  Zugleich  wird  bei  dieser  Gelegenheit  konstatiert,  dass  auch  die  Plessen 
keine  urkundlidien  Ausweise  hierüber  vorzubringen  im  Stande  seien.  Trotzdem 
lassen  die  Herzöge  die  Usurpation  dieses  ihres  Rechtes  zu.  Daher  kommt  es, 
dass,  als  nachher  im  Jahre  1722  die  Familie  von  Bothmer  die  Recht'^narhfolge 
der  Herren  von  I'le.s.sen  antritt,  auch  das  I'atronat  der  Kirche  von  Klutz  in 
ihre  Hände  gelangt.    (S.  o.  S.  358.) 

Als  Pfarrer  von  Klütz  treten  uns,  au.sscr  Vikaren  und  Attariaten,  die 
wir  hier  übergehen,  in  den  Urkunden  entgegen  um  1237  ein  Magister  Cono, 
um  1266  der  Pleban  Joham. ,  um  1319  Gott.schalk  Wulf  (Lupus),*)  um  1340 
Wilke  von  .Stade.  \ach  ihm  lolme  j^enaucre  Jahresangabe) 
ist  .Siei^fried  von  Kranrnn  Rcclor  der  Kirche  zu  Klütz 
zur  selben  Zeit  als  Heinrich  von  larnewitz  dort  V'ice- 
rector   ist.    Um    1372    ist    Marquardus    rcctor  ccclesie 

')  Vgl.  Lisch,  zur  Topographie  der  Pfarre  KlUiz  im  M.  J.ihrb.  XUI, 
S.  393—98.  MH  Naehtrlgen  im  M.  Jahrb.  XV,  S.  281.  s88.  XL, 
S.  136.  137. 

*)  M.  U.-B.  375  (S.  375).  471.  776.  859. 

^  M.  U.-U.  I9S3.  Siegel  des  Gotuchalk 

^  M.  Ü.-B.  2627.  3843.  4070.  4071.  5530.  10378.  10549.  ^"'^  >3»9)' 

*^  Vgl,  KirclienvisitationsprntoVolI  von  154I. 

'^j  V){l.  de»s«n  Siegel  bei  Wigger,  Spuren  der  Thien>age  auf  miuclallerlichen  Siegeln,  im 
H.  Jahrb.  XXXVIII,  S.  209  IT. 


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FLECKEN  KLÜTZ. 


parochialis  in  Cliitze.  Ferner  ergeben  sich  für  spätere  Zeiten  des  XV'.  Jahr- 
hunderts aus  dem  Ruch  des  grossen  W'isniar'schen  Kalands  noch  zwei  (ieist- 
lichc,  Werner  Jesewitz  und  Johann  Struve,  doch  ist  über  ihre  Zeit,  wieviel 
vor  oder  nach  1450,  nichts  (lenaueres  anzugeben.  Zur  Zeit  der  Reformation, 
um  1534,  ist  Pfarrer  Henricus,  um  1541  Dietrich  Wollcmann  (Thcodoricus 


Marien-Kirche  zu  KlUtz. 

Wahnan)  Kirchherr  zu  Klütz,  zwischen  1568  und  1594  Friedrich  Desburg, 
um  1598  Urban  Hovel,  um  1610  Paul  Augustin,  um  1614  Martin  Kriiger,  um 
1650  dessen  Sohn  Joachim  Kriiger,  zwischen  1674  und  1709  Friedlieb  Ansei 
(Ansclius),  zwischen  1710  und  1743  Heinrich  Westerhcyde,  zwischen  1745  und 
1789  Ludwig  Frich  Mcllmann,  von  1789  bis  iSioJoh.  Chr.  Fhrenreich  Duliring. 

Die  Marien -Kirche  zu  Kliitz  repräsentiert  jenen  Typus  aus  der  Zeit  Kirche, 
des  Uebcrgangcs  vom  romanischen  zum  gothischen  Stil,  der  besonders  in  der 


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364 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GREVESMÜHLEN. 


Umgegend  von  Wismar  angetroffen  wird,  jedoch  gehen  die  Dimensionen  von 
Chor  und  Schiff  über  das  gewöhnliche  Maass  der  Landkirchen  weit  hinaus. 


Grundriss 
der  Marien- Kirche  zu  KIttU. 


 H 


Der  Chor  hat  eine  aulTallende  I-angc,  die  doppelte 
der  herkömmlichen,  und  das  Langhaus  ist  wie  das 
der  Kirche  zu  Grcvcsmühlcn  eine  drcischiffigc  Halle. 


•1^ 

Pfeiler*  («rundruiä. 


Rftsluck. 


Kliitz. 


Die  mit  abwechselnd  rothcn  und  grün  glasierten  Ziegeln  gesetzten  Fcn.stcr- 
schlitze  und   Torlale   des   Chores   haben  vieles   von   ihrem  ursprünglichen 


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FLECKEN  KLOTZ. 


spätromanischen  oder  früliKothischen  Charakter  bewahrt,  ebenso  die  Portale 
des  Schiffes,  dagegen  sind  die  Fenster  des  Schiffes  mannigfaltigen  V^er- 
änderungcn  späterer  Zeiten  ausgesetzt  gewesen.  Die  Gewnibc  sind  nicht 
die  ursprüngHchcn,  sie  sind  neueren  Datums,  aber  dem  (ianzen  so  angepas.st, 
dass  man  über  ihre  Zeit  beim  ersten  Anblick  leicht  getäuscht  werden  kann. 
Sie  .sind  nämlich  in  der  Zeit  vom  März  bis  zum  August  des  Jahres  1701  ein- 
gespannt worden,  und  zwar  liegen  sie  tiefer  als  die  ehemaligen  alten  Gewölbe, 
wie  man  daran  .sehen  kann,  da.ss  die  Ansätze  dieser  oberhalb  der  jüngeren 
Kappen  erhalten  geblieben  sind.    Zu  bedauern  ist  be.sonders,  dass  die  Tilaster 


Iiiucrcs  tli^r  Kircliu  KlUU, 


un<l  Dienste,  auf  denen  die  Schild-  und  Gurtbögen  der  Chorgewölhe  ansetzten, 
in  späterer  Zeil  theilwcisc  \  crsliiinmclt  sind,  um  Platz  für  das  Gestühl  zu 
gewinnen.  Das  alte  Schiff  hatte  ein  .schön  entwickeltes  Pfeiler-  und  Pilaster- 
systom  mit  Diensten,  die  Pfeiler  (ihrer  vier)  hatten  einen  vierseitigen  pris- 
matischen Kern,  und  die  Pilastcr  entwickelten  sich  als  Halb-  und  V'iertel- 
Rundsäulen  aus  den  Wänden  und  ICcken.  Hei  der  Restauration  von  1844 
aber  veränderte  man  dies  Sy.stem  in  das  der  jetzigen  Hündelpfeiler.  Am 
besten  hat  verhältnissmässig  die  Nordostecke  des  Schifi'es  ihren  ursprünglichen 
Charakter  bewahrt.  Schliesslich  mag  hier  auch  noch  eine  Probe  von  dem 
alten  Plattenbelag  der  Kirche  gegeben  werden,  wie  er  sich  unter  dem  Gestühl 
der  Kirche  im  nördlichen  Seiten.schiff  erhalten  hat  und  auch  son.st  noch  in 
gleichen  oder  verwandten  j^olhischen  Mustern  anderweitig,  z.  B.  in  der  Petri- 


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366 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GREVESMÜHLEN. 


Altar. 


Kirche  zu  Rostock  und  iin  hcr/.oglichcn  Scbloss  zu  Güstrow,  gefunden  worden 
ist.  In  den  V'citiefunfrcn  ist  von  der  festen  grünen  Glasur,  womit  einst  der 
ganze  Stein  übcrz«jgen 
war,  noch  reichHch  zu 
sehen  Vierfach  zu- 
sammengelegt, bilden 
die.se  Steine  hiib.sche 
Kreisniustcr  verschie- 
dener Art. 

Am  Thurm  fallt 
das   auf  eine  jüngere 

Bauzeit  hinweisende 
kleinere    Format  der 
Ziegelsteine  auf  \'gl. 
l  isch.  M.  Jahrb.  VIII, 

S.  1 39.    X ,  S.  300. 
Crull.    XXIX,    S.  55. 
Aber  nicht  St.  Nikolai, 

sondern   St.  Marien 
hei.sst  die  Kirche.  Vgl 
Siegel. 

Altar.   An  dem 

BanKk  -  Aufsatz  des 
Altars  von  Anfang  des 
vorigen  Jahrhunderts 
intere.ssicrt  besonders 
die  Kopie  des  Kruci- 
fixus  nach  A.  van  Dyck, 
die  das  Mitlelstück  ein 
nimmt. ') 


Aliar. 


Kanzel.  Hie  Kanzel  ist  ein  gutes  Kenaissancewerk  von  15S7  mit  Wappen  ver- 

ziert.   I'olge  der  W'appcn  vom  Aufgange  her: 


BERND  •  V • 

lOHAN- BERNER  • 

WIBERT  •  V  •  PLES- 

SOPHIA  V  • 

ARMEQART  • 

PLESSf-  ANNA 

MAOLENA 

SE  •  MARGRETA 

BVLOW  •  ANNA 

BHOTE-CATRINA 

VÄ  •  PENTZE 

PENZEN 

BERNER 

RAVEN 

WELTZIN 

1 5  ■  87  • 

')  Ausser  ihrem  II.Tuptalur  bcsass  die  Kirche  lu  KlUti  nnchwcUIich  iwci  gut  fundierte 
Ncbcnaltäfc,  einen,  der  1319  von  WoMei  und  J:ikob  Tarnewiti  dem  heiligen  Evangelisten  Johannis 
geweiht  war,  und  einen  anderen,  den  Heinrich  von    laruewitz,    einst  Vicerektor  der  Kirche, 


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FLECK F.N  KLCTZ.  3^7 

Gestühl.  An  der  Südwand  des  Cliors  ein  gut  geschnitztes  ncunsitzigcs  (lestiihl. 
Chorgcstühl  der  vorreformatorischen  Zeit  und  daher  » Komerstiihl  genannt. 
Ks  ist  sehr  gute  Arbeit  gothisclien  Stils  vom  Kndc  des  XIV'.  oder  Anfang 
des  XV.  Jahrhunderts,  leider  aber  mit  Oclfarbe  dick  übcrschniicrt.  Von  den 
mit  Wimpergen  und  Fialen  gekrönten  Seitenwangen  zeigt  die  eine  einen  Bischof 
mit  Stab  und  Much,  neben  ihm  die  hl.  Katharina  mit  Rad  und  Schwert,  und 
über  beiden  die  phantasti.sche  l^iklung  eines  'l"hierleibes  mit  tonsuriertem 
Menschenkopf;  die  andere  Scitenwand  die  Verkündigung  des  Kngels  an  die 
Maria  und  darüber  ein  Thier  mit  Schlangenleib  und  Menschenkopf  Phan- 
tastische Hildungen 
dieser  Art  hat  schon 
der  romanische  Stil, 
ebenso  liebt  sie  be- 
sonders die  Spät- 
golhik  als  Zierrath, 
ohne  damit  jedes 
Mal  einen  beson- 
deren Sinn  verbinden 
zu  wollen.  Die  Leh- 
nen der  zwischen 
d i CSC n  Sei t e I iw ii n den 
befindlichen  neun 

Sitze  laufen  in 
Mcnschcnköpfc  mit 
verschiedenem  Ge- 
sichtsau.sdruck  aus. 
Unter  den  Sitzen 
die  herkömmlichen 

» Miserikordien« 
(Stützen  beim  Stehen, 
nachdem  das  Sitz- 
brett aufgeklappt  ist).  \*or  den  Sitzen  eine  geschnitzte  Brüstung  mit  zw-ei  Thüren. 
lieber  dem  Gestühl  lauft  ein  mit  sauber  geschnitzten  Ro-settenfullungcn  und  mit 
Zinnen  geschmückter  Baldachin  hin.  —  An  der  Xordwand  des  Chores  eine  im 
Jahre  1844  angefertigte  geschickte  Nachbildung  dieses  Gestühls.  Hier  fehlen 
aber  die  Mi.serikordien.  Auch  die  Abgrenzvmg  des  Altarplatzes  gegen  die  übrige 
Kirche  wird  durch  ein  in  ähnlichem  Stil  au.sgeführtes  Holzschnitzwerk  ge- 
bildet. —  Ausserdem  hat  die  Kirche  mehrere  gewi>hnliche  Kirchenstühle  mit 
geschnitzten  Wappen,  wie  B.  v.  P.  1564  mit  dem  von  lMes.scn  sehen  Wappen;  und 
A.  V.  P.  mit  dem  von  IVntz  sehen  Wappen ;  die  Zahl  atino  •  blli  •  Itl  •  b  •  I  • 


gesüflel  und  Bischof  Wiperl  von  Ratzeburg  (1367  bis  1388^  zu  Ehren  der  hl.  drei  Könige,  des 
hl.  Marlin,  des  hl,  Olav  und  der  hl,  Maria  Magdalena,  Katharina  und  liarbara  geweiht  hatte. 
Vgl.  M.  U.-B.  4070,  4071.  10377.  10549. 


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368 


AMTSGKRICHTSBKZIRK  GREVESMCHLEN. 


Taiifstein. 


mit  dem  von  Tarncwitz  schen  Wappen  (Schild  mit  gewässertem  Querbande), 
daneben  das  von  Tcntzsche  Wappen;  HINRICK  TARNEVITZ  mit  dem  ge- 
wässerten Bande  auf  dem  Schilde  und  am  Helme 
zwei   Flügel   mit   demselben   Rande,  DOROTE 
BROCKTORPT  mit  einem  fliegenden  Fische  auf 
Schild  und  Helm. 


Taufstein.    In  der  Thurmhalle  eine  alte 
Flinte  von  Granit,  deren  Aussenwand  mit  zwölf 


Vcim  Clii>rgc»iUlil. 

Rundfalten  verziert  ist.  Sie  wurde  1844  unter  dem  Schutt  des  Kirchhofes 
wieder  aufgefunden. 


Tauf-  Taufgehäuse.    Zu  beachten  ist  ein  aus  r.icltcnholz  geschnitztes  Tauf- 

gehäiise.    gehause  im  Stil  der  Spätrenaissance  vom  Jahre  1653.   Der  auf  vier  stehenden 
Engelgestalten  ruhende  achteckige  hölzerne  Unterbau  zeigt  in  vollständig  aus- 


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FI-KCKFN  KI.ÜTZ. 


gearbeiteten  Figuren  auf  der  Vorderseite  den  Heiland  mit  der  Weltkugel 
zwischen  iVtrus  untl  Paulus,  denen  sich  weitere  Apostel  oder  Kvangclisten 
anschliessen.     In  diesem  Gehäuse  eine   getriebene  nu-ssingcne  Schüssel  mit 

einer  Darstellung  der  Taufe  Christi  und 
der  Inschrift:  HINRICH  MOELLER  ANNO 
1661-  Der  hohe  pyramidcnfi>rmigc  Deckel 
des  Gehäuses  besteht  aus  drei  Absätzen 
und  zeigt  im  untersten  Theil  die  aus 
Holz  geschnitzten  \Vap|>cn  der  Familien 
riesscn  und  Ahlcfeldt,  darunter  die  Namen: 
CLAUS  JOSUA  VON  PLESSE"  1655  und 
METTE  VON  AHLEFELDT  1655.  Darüber 
als  zweiter  Absatz  ein  ungefähr  50  cm 
hoher  achtseitiger  Säulentempel  von 
sauberer  Arbeit.  In  diesem  Icmpel  zwei 
mit  einander  ringende  Figuren,  Jakob  und 
der  ICngel:  >HERR  ICH  LASSE  DICH 
NICHT.  DU  SEGNEST  MICH  DENN.«  Dann 
folgt  ein  dritter,  kegelstumpfartig  gebildeter 


Absatz  mit  Zierrathen,  und  den  Abschluss  bildet  die  Darstellung  der  Taufe 
Christi:  der  Heiland  kniecnd  neben  dem  Täufer.  Ueber  dieser  Gruppe  schwebt 
als  unterstes  Glied  einer  herunterhängenden,  mit  vier  messingenen  Kugeln  ver- 
zierten Kette  eine  vergoldete  Taube,  das  Bild  des  heiligen  Geistes. 

24 


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370 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GREVESMÜHLEN. 


Die  im  Ganzen  gut  erhaltene  Holzschnitzerei  ist  leider  mit  weisser  und 
schwarzer  Farbe  übermalt.  Hoffentlich  gelingt  es  in  nicht  zu  femer  Zeit, 
dieses  schöne  Denkmal  davon  zu  befreien. 

Epitaphien.  Epitaphien,     i.  An  der  Nordwand  des  nördlichen  Seiten-schifiTes  ein 

grosses  Kpitaph  im  Barockstil,  das  von  AUGUST  EBERHART  VON  PLESSEN 
seinen  Eltern  gewidmet  ist. 
Der  Vater,  Conrad  Joachim 
von  Plessen,  starb  den  6. 
März  1728,  die  Mutter,  Marga- 
retha Elisabeth  von  Lepel, 
den  8.  April  1740.  -  2.  An 
der  Südwand  des  Chors  ein 
gutes  Renais.sance  -  Kpitaph 
aus  Sandstein  vom  Jahre  1622. 
In  der  Mitte  die  Darstellung 
des  Weltgerichtes,  darunter 
eine  vor  einem  Todtcnkopf 
knicendc  betende  (Jestalt  mit 
der  Unterschrift:  FAMA  SOLA 
VIRTUS.  Ganz  unten  eine 
schwarze  Schiefertafel  mit 
langer  In.schrift,  in  welcher, 
nachdem  man  wenige  Zeilen 
gelesen  hat,  alsbald  die 
eigenartige  Dichtkun.st  der 
ELISABETH  VON  SPERLING 
zu  erkennen  ist,  die,  wie  in 
Wismar,  Gressow  und  Dams- 
hagcn,  so  auch  hier  ihrem 
Gemahl  Kurt  Plessen  vor 
aller  Welt  ein  Denkmal  ihrer 
Liebe  und  Wcrthschiitzung 
hinterlassen  hat.  Die  In- 
schrift lautet:  »Berend  von 
Ples,  der  edler  Herr  und  Doro- 
thea  Gadendorf,   sein  Haus- 

Ehr  kaufft  haen  aus  adlichen  Gemüth  Damshagen  und  Grundshagen  Gutt,  In  der 
Herren  von  Plessen  Geschlecht,  die  Kurdt  von  Ples  mit  Gott  und  Recht  In  aller 
werden  Herrlichkeitt  erhalten  hatt  zu  seiner  Zeitt.  In  ihrem  Ehestandt  lobesaon  der 
Sönne  vier  gezeugett  haen:  Kurdt,  Helment,  Berendt  und  Heinrich,  so  all  erblos 
storben  sehlig.  Kurdt  vom  Vater  fleissig  neun  Jahr  zum  Studieren  gehalten  waer, 
Tugent  und  Rittermessigkeidt  zu  hoffe  an  ihm  man  spürt  al  Zeitt.  Im  acht  und 
zvi/anizigsten  Jahr  ginck,  als  er  die  erste  Ehe  anfingk,  Darin  er  ein  und  dreissig 
Jahr  midt  Katrin  Molten  lebet  zwar;  Als  man  hernach  schrieb  neunzig  zwei,  gab 


Epitaph  des  Kurt  Plessen. 


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FLECKEN  KLCtZ. 


er  sich  in  die  ander  Ehe,  Und  nam  nach  Gottes  Willen  gleich  die  edell,  viell 
Ehr  und  Tugendreich  Elisabeth,  so  Kurdt  Sperling  eliche  Tochter  zum  Rüting:  Mit 
ihr  gelebet  er  al  Zeitt  in  Lieb',  in  Fried'  und  Einigkeitt.  Anno  sechshundert  und  ein 
Jahr  den  vierzehenden  Aprilis  dar  Zum  Damshagen  gestorben  ist  selig  und  sanfft 
in  Jesu  Christ.  Siebenzig  Jahr  in  Ehrn  und  Werden  er  hatt  gelebet  auff  dieser 
Erden.  Die  Wortt  er  offt  gebrauchet  hatt  in  seinen  Leben  frue  und  spatt:  Herr, 
meinen  Glauben  mir  vermehr,  ein  selig  Stündlein  auch  bescher.  Zum  Damshagen 
sein  Grefnus  die  Wittwe  traurich  richtet  aus,  Sie  auch  dis  Epitapium  hieher  zur  Ge- 
dechtnus  aller  würdigen  Ehr  Aus  Lieb'  und  Trew  hatt  setzen  lan,  weill  diser  edler 
sehlger  Man  Des  Gutta  Gruntshagen  wegen  alhie  ein  Mitpatron  gewesen.  Und  ich 
Elisabeth  gemelt  danck  ihm  für  Gott  und  aller  Welt,  Das  ehr  nach  des  Aposels 
Rath  so  reichlich  mich  versorget  hatt.  Aus  Lieb'  und  Trew  mich  woll  bedacht 
Tressow  zum  Leibgeding  vermacht  Gott  gebe  auch  mir  die  Herrlichkeidt,  so  mir 
durch  Jesum  Christ  bereidt  Anno  1622.«  —  3.  An  der  Nordwand  des  alten 
Chors  ein  von  Bassewitz'schcs  Wappen  aus  stark  versilbertem  Kupfer.  Treib- 
arbeit. I Ier\'<)rragcndes  Stück.  Unterschrift:  H  •  DETLEF  •  VON  •  BATZE* 
VITZ  •  IHR  t  KÖNIGL  :  MAYEST  t  ZV  :  DAINEM  •  NORWEG  •  GEWES  1  RIDT- 
MESTER   Ao  1685  .  DEN  15  •  OCTOBER.  —  4.  Auf  dem   Kirchenboden  ein 

Stralendorff 'sches  und  ein  Plessen- 
.schcs  Wappen  mit  verwischter  Unter- 
-Schrift,  anscheinend  zu  einem  Kpitaph 
aus  dem  vorijjen  Jahrhundert  gehörend. 

Glocken.     Im    Thurm    vier  (ilorken. 
Glocken,    üie  grös.ste  zeichnet  sich 
durch  ihren  vollen  Ton  aus.  Inschrift 
am   oberen   King:    I/iaOL/tHS  (§, 
BIW  ^  lUK      trh«  t§j  htITüU 

i)H  ^  VÄ» '^uyum^dLVCH  ^ 

IjüTHU  @  Sm  GhHTHI/  hjp 
hHRlQK  @  VRU  ^  KKSRPdU 
ÄUHO  o  iß»  ^  V  ig,  VIII  (§1 
STCWTTH  81  WiaOLT^H  ^  ORT?  ^, 
PRO  nORIS  ^.  Darunter  die 
hl.  Katharina  mit  Schwert  und  Rad, 
die  den  Kaiser  Maxcntius,  ihren  V^crfolgcr,  unter  die  Füssc  tritt;  al.s 
zweite  Figur  der  hl.  Nikolaus,  beide  als  Flachrelief  behandelt.  An  der 
Krone  der  Glocke  bärtige  Männergesichter  als  Masken.  —  Die  zweit- 
grösste  Glocke  hat  am  oberen  Ring  die  Inschrift:  SOLI  •  DEO  •  GLORIA  • 
ANNO  1  •  6  •  8  •  8  •  ,  und  am  unteren:  M  •  VITES  •  SIEBENBAUM  •  GOS  • 
MICH  •  IN  •  SCHWERIN.  —  Die  drittgrösstc  Glocke  hat  am  oberen  Ring 
die  In.schrift:  i5]  ü  C-COr0fi  @  ittatit  !^  iiulitt  @  Gc  @>  bccct  ^ 
Laug      et      Gloria      Foror      laljaniiE^  ^  Siiiniljonia      «(t  ^ 

^  üulci^        KnilO  ^  Uni  ^  iR»  ^  U'  4^  Xiii  f.    Nun  folgen 

»4* 


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^^^^  I 


37» 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GREVESMOHLEN. 


Vcmerungen,  und  darunter  die  zweite  Inschrift;  SailCtC  <©>  .lO^aniie^  + 
Bajitifte      Bfbbc      Vor  ^  I  ns      ^anctc  tup  irtoxQc  ^  0  +  Bibbc  (§> 

Vor  <S$>  Un^  ^®  .  Bei  7  ein  kleiner,  bei  4^  je  ein  grosser  stehender  hl.  Georg 
mit  dem  Drachen,  bei  0  Doppeladler  in  einem  Schild  Q.  An  der  Krone 
Löwenköpfe.  —  Die  kldnste  Glocke  hat  am  oberen  Ring  die  Inschrift: 
80U  DEO  QLORIA.  ANNO  1760,  darüber  und  darunter  schmale  Lambrequtn- 
sowie  am  unteren  Rande  Akanthus-Verzieningen. 

Grabsteine.  Gntetein«.    i.  Im 

südlichen  Seitenschiff  ein 
Stein  mit  den  Bildnissen 
eines    Ritters    und  adner 

Gattin  in  fjanzer  Fitnir: 
Arib  1585  dT  27.  Feberuarii 
de  klocke  10  is  de  Eddele 
vm  EranthusAs  HImriek  van 
Plass«  barsndM^  Ion  Erft- 
gefeten  tom  Qrundefhagen  In 
Godt  Entriapen.  —  Ano  |  (leer) 
de  (leer)  Is  de  Eddele  vn"vele- 
Dogetoame  anna  Negendanck 
fine  Eliche  huffrow  pasche 
Dochlsr  to  Efioralorp  In  Qodt 
Entnapan.  —  In  den  Ecken 
vier  Wappen,  die  der  Plesscn, 
Bülow  und  Negendanck  (dies 
zweimal).  Der  Stein  ist, 
laut  Jahreszahl  zwischen  den 
Köpfen  der  Gatten,  1586 
gesetzt  —  2.  Vor  dem  Altar 
dn  Stein  mit  der  aus- 
gegründeten Figur  eines 
Priesters  unter  gothischem 
Baldachin.  Kr  hat  einen 
Kelch  in  der  Hand,  der  als 

Bronzeplatte  eingelegt  ist.   Die  Jnsdirift  lautet:  SlmtO  •  tamilll  •  m*  |  CCCjiC 

fetifi  •  fectnitiE  •  ante  •  feftü  •  natiiiftad^  •  ma*ie  •  0  •  bdnetalHifj 

llOinitmIO  0  .  ecc  • . . .  —  3.  Ebendaselbst  ein  Stein,  der  die  ganzen 

Figuren  eines  Ritters  mit  dem  Negendanck'schen  und  einer  Frau  mit  dem 

Pentz'schcn  Wappen  enthalt.  Von  <1<t  /.um  TlK-il  durcli  Gcstiilil  verdeckten 
l^mschrift  ist  zu  erkennen:   ....  Vjilirii'   lU'rilirnbauÜ  •  anulgcr  •  ?l'unO 

biii  •  III  •  cccc  •  jji  (nicht  au.sgefuüij  ^  •  biia  •  gct  •  truöi^  ....  — 
4.  Ebendaselbst  der  Stein  des  Pensionarius  Joli.  Steplun  Kavlfeldt  zu  Wich- 
mansdorf,  f  25.  Juli  1791.  —  5.  An  der  südlichen  Kirchenthttr  eui  Stdn  mit 


GiBbatain  des  Hinzkk  von 


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FLECKEN  KLOTZ. 


373 


Stark  abgetretener  Minuskelschrift,  in  der  der  Name  Qtttrubi^  stecken  könnte. 

—  6.  GrDSser  Stein,  westlich  von  dieser  Thür  in  der  Wand,  mit  dem 
Plcsscn'schen  Wappen.  Die  Umschrift  lautet:  5lllO  •  III  •  b  •  fJC  •  bCII  • 
%%Hi  •  apdli^  *  iß  *  be  *  (Furtsetzung  durch  einen  Treppcnpfusten  und  weiter« 
hin  durch  das  Gestühl  verdeckt)  (|^)IefF  •  tO  •  fßättf^mt  •  bacHon»  • 
Ii  *  tot  •  genabe  •  Daneben  hängt  eine  WaHfisch-Kinnlade  an  eiserner  Kette. 

—  7.  Vor  der  Thür  zum  Thurm,  .schon  in  diesem  liegend,  eine  Vj^ 
abgetretene  Platte  aus  der   Harockzcit   —  8    Am  Nord- Eingang 
(irahstcin   mit  einem  Allianzwappcn,    dem   der   PlcMCn  und  der 
(Name  unleserlich)  sowie  mit  der  Jahreszahl  1677. 

WaadgenlMe.   Von  alten  Malereien  im  Chor  sind  bei  der  letzten  Wand- 
Renovation  der  Kirche  einige  Reste  aufgefunden  worden,  darunter  die  lebens-  gemälde. 

grosse  Figur  des  hl.  Markus,  sowie  allerlei  lilatt-  und  Rankenwerk  in  gefälliger 

Form.  Die  Figur  des  hl  Markus  stellte  sich  aber  als  eine  spätere  wcrthlose 
Uebermalung  einer  ursprunglich  in  bunten  Farben  ausgeführten  Apostclgcstalt 
heraus. 

In  der  Sakristei  befindet  sich  ein  Oelbild,  das  ein  un benanntes  l'astoren- 
portrflt  aus  der  zweiten  Hälfte  des  vorigen  Jahihunderts  darstellt 


Kleiiikniiitwcrk«.    i.  Silbervergoldeter  gothischer  Kelch  auf  sechs-  ICleinkunst- 
paasigem  Fuss,  mit  einem  vollplastischen  Krucifixus  als  Signacuium: »1  •  N  •  R  •  I  •  werke. 

Heraldi.sch  rechts  davon  eingraviert  das  Plesscn'sche  W.ippen  inid  darüber  die 
Inschrift  WIPERT  .  VAN  •  PLESSE.  heraldisch  links  das  Hariu  t  >clic  Wappen, 
dariiber   die    Inschrift    MARGRETA  BERNERS.     Dem    Sii;ii,iculum  entgegen- 
gesetzt  ein    eingravierter  geflügelter   Kngelkopf.     Am   Knauf  sechs  Kutuli 
•  l>E*8«W«8«8*    An  den  Ännuli  oben  und  unten  eingravierte  Wein- 
blätter.  Keine  Werkzeichen.   An  der  zugehörigen  Patene  das  Datum  ANNO 
1679.  —  2.  Schwerer  grosser  Keldi  auf  einem  die  Barockschwingungen  des 
XVIII.  Jahrhunderts  zeigenden  Fuss,  mit  entsprechendem  Knauf    Am  Fuss 
ein  volliilastischer  Krucifixus  als  Signaculum.    Die  Unterseite  des  Fusscs  zeigt 
den  lubischen  Adler  und  ein  undeutliches  Meister/.eichcn,  ebenso  die  L'nter- 
seitc  der  zugehörigen  l\ilenc.    Das  neben.stehendc  Meisterzeichen  sieht 
aus  wie  ein  gebuckelter  Pokal.  —  3.  Grosser  silbervergoldeter  Kdch  wP 
von  28  cm  Höhe,  oberer  Durchmesser  135  mm.   Fuss  achtpassig, 
Knauf  hirnRirmig,  glatt;   an  der  Kupa  ein  Mon< ii^iMnun  imter  Krone,  aus 
J  II  D.    Am   >>luT-rn    Kaiirlc   ilic   /.il-'    i         üinl   I,  ('..r.  XI,   25:  DIESER 
KELCH  IST  DAS  NEUE  TESTAMENT  IN  MEINEM  BLUT  V  l-.ben- 
dort  nebenstehende  Werkzeichen.    Patene  dazu  mit  denselben 
Zeichen.   Wismar'sche  Arbeit,   («loh.  Friedr.  Rahm).  —  4.  Silber- 
vergoldeter Kelch  von  einfacher  gedrungener  Form  auf  sechspassigem  Fuss, 
mit  glattem  Knauf  und  schwach  ausgeschweifter  Kupa.   Eingravierte  Figur 
eines  Betenden  mit  der  Umschrift:  GEDENCKE  MEINES  MEIN  GOTT  IM  BESTEN. 


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374  AHTSGERICHTSBEZntK  OREVBSMOHLEN. 

An  der  Kupa  und  am  Fuss  der  Doppeladler  und  ncbcnstolicndcs  Zeichen: 
Lübecker  Arbeit.    Die  dazu  passende  I'atene  ist  Wismar'sche  Arbeit  f*^^ 
(Jochim  Gade).  —  5.  Üblatenscliachtcl  von  Silber,  länglich,  einfacl».  flc^ 
Unten  die  Zahl  17B4,  dazu  das  Wismar'sdie  Stadtzeidien  und 
der  Meisterstempel  (Andrea«  Julius  SInnburf).  —  6.  Silbervergoldeter 

durchbrochener  Schöpflöffel  mit  der  ZaiA  1754  und  dem  doppelt  eingeschlagenen 
Zeichen  des  Wtsmar'schcn  Meisters  Andr.  Julius  Strasburs.  —  7.  Im  Piarrhause 
femer  noch  silbervergoldetes  Geräth  zur  Kranken -Kommunion  und  ein  Zinn- 
kelch. —  8.  9.   Zwei   Klingebcutcl- Einfassungen  von  Silber  mit  dem  ein- 
gravierten  Bothmer  -  Bülow'schen    Allianzwappen.     Neben-    /^^^  ^""S^k. 
stdiendeWeikceldien.  Atbett  eines  Hannover'schen  Meisters. 
—  10.  Grosse  achteckige  Messingschüssel  mit  getriebenen  Buckeln  am  Rande 
und  in  der  Mitte.  —  11.  12.  13.  Im  Chor  drei  schöne  getriebene  messingene 
Wandicuchter.  —  14.  1$.   Zwei  silberne  Leuchter.    Am  Fuss  des  einen  die 
Inschrift:   KUNO  AMALASUNTHE  D.  5t.n  SEPTEMBER  1844.    Am  andern  alles 
ebenso.    Beide  im  Geschmack  der  französischen  Spätrenaissance.    Für  1844 
auflallcnd.    Ohne  Werkzdichen.  —  16.  17.  Noch  zwei  jüngere  grosse  silberne 
Leuchter  in  gotisierendem  Geschmack.   Ohne  Inschriften.  —  18.  19.  20.  21. 
Vier  alte  ausser  Gebraudi  gesetzte  stilvoll  gearbeitete  sinneme  Altarleuchter 
mit  schwerem  Rarockfuss,  der  von  drei  Kugelklauen  getrj^n  wird.  Als  Stadt- 
zeichen der  Stempel  Wismar   und   als  Meistcrzcichen 
ein  stehendes  Oval  mit  drei  Rosen  und  den  Initialen 
A  R  V  F.  —  22.  Im   SchiflT  der  Kirche   eine  scchs- 
armige  Messingkrone  (zu  achtzehn  Lichtem),  neu.  — 
25.  Sdiönes  altes  bemerkenswerthes  Kirchrasiegel.  — 
24.  35.  Zwei  Vela.  Eins  mit  dem  Doppelmom^^ramm 
Ii  M  D  unter  Krone,  in  Silber  und  Gold  auf  rothem 
Seidendamast  gestickt,  dazu  die  Zahl  1756;  das  andere 
mit  vergoldeter  Silbers|nt/e  und  mit  rothen  Blumen  in         Minfea  Sic|yL 
Plattstich  auf  weisser  Seide. 

Grab-  Grabkapelle.   In  der  Grabkapelle  neben  der  Kudie  stehen  einige  mit 

kapelle.    Biidliauerarbeit  verzierte  Marmor*  Sarkophage. 

Kapelle.  Vor  der  dem  Schloss  Bothmer  gegenüberliegenden  Kapelle,  nahe  an 

der  Chaussee,  liegen  zwei  Grabsteine.    Die  Inschrift  de»  einen  ist  abgetreten. 

Man  erkennt  nur  noch  die  Majuskeln  KR  WO  •  \  )U\  »II   Die  Inschrift  des 

zweiten   Steines   ist   besser   erhalten.    Sie  lautet:   'Jl'nno  15H4  b.  14.  ituguftf 

ifi  liw  de  l)cre  «Cntflape  bc  \uecbi0c  T^omiiia  .iVlcttc  iiiounicp  gcUici'c 
efititffln  ttuffe^  l'iloftet  lo  ^are  oljic^  olher^  76.  Auf  dem  Stein  ein 
Wappen  (rechter  Schrägbalken  mit  drd  Sternen)  und  Hehn  (offener  Adlerfli^ 
in  einer  Bogennische).  Woher?  Aus  Zarrentin?  Aus  Rehna  nicht  Vgl 
M.  Jahib.  XV,  S.  304. 


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KIRCHDORF  ELBCENHOR8T. 


375 


Das  Kirchdorf  ElHiMiliortt 

jlmcnhorst,  schon  um  1230  ebenso  geschrieben  und  gesprochen  wie  heute,  Ciest  lue  htc 
ist,  gleich  Kalkhorst,  eine  von  den  beiden  kleineren  Pärochien  des  des 
alten  Klützer  Waldes,  während  Klütz  und  Danishagen  die  beiden  grdsseren 
sind.')  Die  Entfernung  von  Grevesmühlen  beträgt  17  km,  die  von  Klütz  6  km. 
Bis  zur  Zeit  der  Reformation  fuhren  der  Bischof  zu  Ratzeburg  und  der  Archi- 
diakon  von  Kehna  die  geistliche  Oberherrschaft.')  Aber  von  den  Namen  der 
ric{);aic  des  Mittelalters  sind  nur  zwei  bewahrt  geblieben,  der  des  Johann, 
welclicr  um  1237,  sowie  der  des  Gerhard,  welcher  um  13 19  Kirchherr  war 
und  1337  nicht  mdir  lebte.*)  Schon  damals  besteht  das  Dorf  aus  mdureren 
Höfen.  Ritser  von  Elmenhorst  besitzt  einen,  den  1359  Hermann  Dönkendorf 
kauft.  Einen  anderen,  oder  auch  mehrere,  hat  die  Familie  von  Tarnewitx. 
Die  grösstc  Wichtigkeit  in  der  Gcscliichte  des  Dorfes  erlangt  der  Hof,  den  um 
1354  Margarethe  Smckers  bewohnt  und  bebaut,  die  in  erster  Klic  mit  Ulrich 
Clawe  und  in  zweiter  mit  Henning  Voss  verheirathet  war.*)  Mit  diesem  liof 
nämlich  belehnt  Herzog  Albrecht  am  28.  März  1363  auf  den  Todesfall  der 
genannten  Wittwe  den  Heinrich  von  Bttlow,  und  von  hier  aus  gewinnt  die 
Familie  von  Biiktw  bald  nachher  das  Uebergewicht.  Um  1563  besitzt  sie  im 
»Klützer  Ort«  und  in  nächster  Nachbarschaft  ausser  Elmenhorst  die  Güter 
und  Dörfer  Harkensee,  l'tldlniscn,  Rosenhagen,  Mummendorf,  Friedrichsha^cn, 
Hoienhagen  und  Testorf  bi  l'llnienhorst  selbst  aber  NcrfuLjen  noch  uni  1646 
und  1647  Kurt  von  Sperling  und  Kurt  Bcrend  von  Ple.ssen  über  je  ein  Bau- 
erbe, und  1695  erwirbt  dort  der  OberstaUmetster  Hartwig  von  Bülow,  der 
Schwi^iervater  des  Grafen  Hans  Kaspar  Gottfried  von  Bothmer»  die  letzten 
kleineren  Höfe,  die  noch  nicht  in  seinem  Besitz  waren,  zwei  Vollbauern  und 
zwei  Kossäten,  von  Klaus  Joachim  von  Both  auf  Gühlenhorn.')  Mit  seinem 
Tode  1729  geht  I-Ümenliorst  sammt  dem  übrigen  Bulow'schen  Besitz  in  das 
Gräflich  Holhincr'sche  I*"iilcikoninuss  über. 

Das  l'atrunat  der  Kirche  lial  nacli  dem  Erlöschen  des  Katholicismus 
in  Mecklenburg  der  Landesherr,  dem  es  hier  von  keinem  seiner  Vasallen 
bestritten  wird.  Die  nachreformatorischen  Geistiichen  sind  folgende:  um 
1541  Nikolaus  Grimm,  nach  ihm  David  Prenzlow  (Printzlow),  den  die  Pest 
himafft;  um  1584  erbittet  die  Gemeinde  den  Daniel  Ritzerow.   Bis  163 1 


»)  M.  Ü.-B.  37J  (S.  375  ) 

*)  M.  U.-B.  471.  859   1107.  5613   S.  541 

•)  M.  U.-B.  471.  41 19.  5796.    M.  J:«lirb.  XXXVIII,  S.  ao9. 

^  H.  U.-B.  8oao.  8654.  10378.    V^;!.  M.  Kniut-  und  Geadiichtadenkin.,  Bd.  I,  S.  307. 
474  Amnlig. 

"  Dr  r  NiTTif  GilMc-nhorn   ist  auff^cgebcn.     Das  Dorf  hcisst  jelzt  Cluristinenbld  Ood  ist  mit 
Tiirnewitzerhot  zusammengelegt.    Vgl.  Schildt,  M.  Jaiirb.  LVI,  S.  197. 


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376 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GREVESMCHLEN. 


ist  Nikolaus  Zink  ihr  Seelsorger.  Ihm  folgt  Mauritius  Wackc  (Waccnius)  bis 
i66o.  1661  wird  David  Alexander  Hrockmann  berufen,  um  166S  Joh.  Fohl- 
mann,  um  1677 1  lart- 
wig  Gerstenkorn,  der 
lange  im  Amte  ist. 
Ihm  folgt  17 19  Joh. 
Gerh.  Reichentrog, 
diesem  1723  Kaspar 
Brück.  1737  tritt 
Thomas  Gottfried 
Croon  sein  Amt  an, 
'753  Joh.  Christoph 
Mussaeus  und  1797 
Karl  Heinr.  Birken- 
städt.  Ueber  ihn 
und  seine  Nachfolger 
s.  Walter  a.  a.  O. 

Kir«  he.  Die  Kirche  i.st 

ein  massiger  Ziegel- 
bau von  eigenthiim- 
lich  centraler  An- 
lage.   Um  das  mit 

einem  einzigen 
Kreuzgewölbe  ge- 
deckte Schiff 

gruppieren  sich, 
durch    wuchtige  Ün  Kirche  xu  Elmenhorst, 

gedrücktem  Spitzbogen  ausgeführte  Scheidebögen  davon  getrennt,  der  gleich- 
falls   mit    einem  Kreuz- 
gewölbe versehene  Chor, 
zwei    mit  länglichen 

Backofengewölben  ge- 
schlossene Seitenschiffe 
und  das  mit  zum  Schiff 

gezogene   Innere  des 
Thurmes,   das  gleichfalls 

einstmals  ein  Kreuz- 
gewölbe getragen  zu  haben 
scheint,  jetzt  aber  flach 
gedeckt  ist.  Klf  schmale 
Fen.sterschlitzc  aus  der 
Zeit  des  Ueberganges  vom 

romanischen  zum  gothischcn  Stil,  auf  der  Nordscitc  vier,  auf  der  Südseite 
fünf  und  im  Osten  und  Westen  je  einer,  erieuchten  den  Raum.    Nicht  ohne 


ünmdris»  der  Kirche  zu  F.lmenhorsi. 


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KIRCHDORF  ELMENHORST.  3/7 


Interesse  ist  femer  das  hübsch  gegliederte  Wcstportal.  Sonst  fehlen  äussere 
Verzierungen,  einige  Stronischichtbandcr  abgerechnet,  die  die  Stockwerke  des 
mit  achtseitiger  Helmspitzc  bekrönten  Tliurnics  scheiden. 


LSngsschniu  Querschniu 
der  Kirche  zu  Klmcnlium. 


Altar.    Der  Fliigelaltnr  ist  ein  gutes  altes  Werk  im  hochgotliischcn  Altar. 
Stil  und  anscheinend  lubische  Arbeit  von  feiner  Zierlichkeit.    In  tien  Hai- 


Altar. 

dachinen  ein  schönes  edles  Maasswerk.  Im  oberen  Theil  des  Mittelschreins 
der  Heiland  mit  der  Weltkugel  in  der  Hand;  links  von  ihm  die  hl.  Dorothea 
und  Johannes  Baptista,  rechts  die  hl.  Agnes  und  der  hl.  Hartholomaens.  Im 
unteren  Theil  die  hl.  Maria  und  der  Hngel   der  Verkündigung;    links  die 


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378 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GREVESMÜHLEN. 


Kanzel. 
Fünte. 


Weih- 
wasser- 
becken. 

Elmen- 
horster 
Empore. 


Glocken. 


( ;r;il)stfine. 


hl.  Magdalena  und  die  hl.  Katharina,  rechts  die  hl.  Margaretha  und  die 
hl.  Gertrud.  Die  beiden  Flügel  enthalten  in  zwei  Reihen  über  einander  die 
zwölf  Apostel.  Den  Altartisch  bedeckt  eine  Steinplatte  mit  cingenieisselten 
Weihekreuzen.  Die  Predella,  jüngeren  Datums,  etwa  von  1699,  ist  mit  dem 
Hilde  des  Abendmahls  geziert.    Oberhalb  des  Schreins  ein  Krucifi.\us. 

Die  Kanzel  ist  neugothi.schen  Stiles  vom  J.ihrc  1850. 

Im  nördlichen  Quer.schiff  steht  eine  sehr  alte  steinerne  Fünte,  vier 
Fuss  hoch,  von  drei  Fuss  Dm. 

Neben  der  nördlichen  Fingangs- 
thür  ein  steinernes  Becken ,  das  als 
Weihwasserbecken  gedient  haben  wird. 

An  der  Westseite  des  südlichen 
Querschiffes  die  Elmenhorster  Empore 

vom  Jahre  1697,  mit  dem  Hülow'schen 
Wappen. 

Glocken.  Im  Thurm  hängen 
drei  Glocken.  Die  grosse  i.st  1865  zur 
Zeit  des  Fastors  PLAGEMANN  von 
P.  M.  Hausbrandt  in  Wismar  gegossen 
worden.  • —  Die  rings  um  den  Rand 
der  mittleren  Glocke  laufende  Inschrift 
lautet:  ANNO  1661  UFF  HIMMELFART 
MORGEN  IST  LEIDER  GOTT  DIESE 
KLOCK  AUSSEN  STUEL  GEFALLEN 
UND  1662  NACH  WISMAR  ZU  GIESEN 
NACH  ADAM  DANKWART  GESENDET  DA  PASTOR  WAR  H.  DAVID  ALEXANDER 
BROCKMANN.  KIRCHENGESCHWOREN  HANS  RUNGE,  JOACHIM  BUECK.  — 
Die  kleinste  Glocke  ist  wie  die  grosse  1865  von  P.  M.  Hausbrandt  gego.ssen 
worden. 

Die  Vorgängerin  der  grossen  Glocke  war  nach  dem  Inventar  von  181 1 
laut  Inschrift  im  Jahre  1726  zur  Zeit  des  Herzogs  Karl  Leopold  und  des 
Pastors  Kaspar  Brück  von  Laurentius  Strahlborn  in  Lübeck  gegossen  worden. 
Von  der  kleinen  ist  nichts  bekannt.  Wohl  aber  ist  von  einer  (»locke  die  Rede, 
die  gleiche  (irösse  mit  der  vorbeschriebenen  hatte  und  ohne  Inschrift  war. 

Grabsteine.  Von  den  in  der  Kirche  liegenden  Grabsteinen  ist  der  des 
Joachim  von  Reventlow  vom  Jahre  1674  der  älteste.')  Ausser  ihm  ist  nur 
noch  ein  im  südlichen  Qucrschiff  liegender  Stein  mit  dem  Bülow'.schen  und 
Stralendorfi"  sehen  Wappen  vom  Jahre  I70(.'), ')  zu  beachten,  der  aber  keine 
Namen  aufweist. 


Alte  Fünt«. 


')  Im  Jahre  1613  übernahm  Inchim  von  Rcvenllow  «las  liülow'schc  Gut  Elmenhorst  anli- 
chretice  auf  acht  Jahre. 

Nach  dem  Inventar  von  trug  d«r  Stein  die  Zahl  1701, 


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KIRCHDORF  KALKIIORST. 


379 


G«BlUk.    Im  Chor  hingt  dn  Ideines,  i6  cm   hohes  Bild:  die  GemJllde. 
Kreuzung  Christi. 

KlcfaikmMtwcrlic.    i  Silbcrvctigoldeter  Kelch,  ohne  Inschrift,  mit  den  Kleinkunst» 


Schweriner  \\V  '»  /  ichcn  s  |^j§r  |;  die  zugehörige  Patcne  hat  keine  Werk«  wert», 
zeichen.  —  2.  Kelch  und  Patene  von  Zinn  zur  Kranken -Kommunion  (ohne 
Hcdriituii};).  3,  Neue  Altarkatnu-  ans  weissem  Metall,  mit  vcri^oldetem 
Kreuz  auf  dem  Deckel.  —  4.  Sclioplluftcl  von  Silber,  neu.  —  5.  Oblalendose 
von  Silber,  rund,  neu.  —  6.  Taufschale  von  Silber,  26  cm  im  Durchmesser, 
mit  der  Randumschrift  des  Spruches  Matth.  Kap.  XXVIII,  18  bis  20.  Auf 
der  unteren  Seite  des  Bodens  stehen  die  Worte:  KIRCHE  ZV  ELMENHORST. 
Neu.  I  GIESeI  (Schwerin).  -  -  .7.  8.  9.  \'on  drei  messingenen  Sammel- 
becken ist  eins  ohne  In.schrift.  Das  zweite  hat  in  der  Vertiefung  die  Inschrift: 
ADAM  GIELAUW.  Die  Kandiimschrift  des  dritten  Beckens  lautet:  CLAS 
HACKE  A  •  1654  •  ANNA  HACKE  ER  SELIGEN  VAOER  NA  TO  GEVEN  AO  16SS. 
—  '10.  II.  13.  Von  drei  messingenen  Altarleuchtern  hat  der  erste  die  Inschrift: 
DOROTHEA  BUTZ,  1625;  der  zweite  die  Inschrift:  DOROTHEA  BUTZ,  1636; 
der  dritte  die  Inschrift:  HANS  BUNO.  1662.  —  13.  Ein  alter  Klingebeutel, 
Silberstickerei  auf  Sammet  —  14.  15,  Im  Pfarrhausc  «wei  Vcla,  eins  mit  den 
gold-  und  silberi,ft>tic kten  Alli.m/wapjien  der  lUiIow  und  (jeismar  und  den 
Unterschriften:  H  •  BARTEL  •  HARTWICH  •  VON  .  BVLOW  .  F  .  ANNA  •  AGNES. 
LVCIA  •  LOViSA  •  VON  •  GEISMAR  •  1697;  das  andere  mit  ßiunien  und  V  ögeln 
in  fiirbiger  Seide  auf  Weiss,  mit  Gold-  und  Silberstickerei,  auch  mit  Silberrand. 

In  der  Kinhe  stand  früher  die  Reitcrfigur  des  hl.  (Icorg  mit  dem 
Lindwurm,  aus  Holz  geschnitzt.  Seine  einzelnen  'l'heile  sind  noch  vorhanden : 
der  Reiter  in  der  Kirche,  das  Pferd  auf  dem  Thunnboden,  der  Lindwurm 
im  Oiganistenhause. 


Das  KlrclHlirf  Kalkhsrst 

it  Kalkhor.st  betreten   wir  die   letzte  iler  I'arochien  des  alten   Kliitzer  Geschichte 


Waldgebietes,  über  welche  der  Hischof  von  Katzeburg  und  der  Archi- 
diakon  und  Klosterprobst  von  Rehna  das  Scepter  führen.*)  Das  Kirchdorf 
liegt  16  km  nordwestlich  von  Grevesmfihlen  und  8  km  westlich  von  Klüts. 
Schon  1 3 14  sitzen  hier  als  Vasallen  des  bischöflichen  Stiftei  die  Ritter  Heinrich 

und  Jiihann  von  Roth  Sie  iibcrlas.scn  am  14.  Deceinber  dieses  Jahres  dem 
Lübecker  Joliannis- Kl' »''trr  7' 1  Hufen  ihres  Dorfes  unter  dem  \'(trbehalt  eines 
zehnjährigen  Rückkaufsrechtes.')  Aber  die  Lübecker  Anrechte  gewinnen  längere 

')  M.  U.-B.  374,  S  375.  471.  859.  1107.  4118.  5613. 
M.  U.-B.  3726.  5613. 


des 
Dorfes. 


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38o 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GREVESMÜHI.EN. 


Dauer  bis  ins  XVI.  Jahrhundert  hinein  und  sind,  wie  es  scheint,  Anlass  zu 
fjewaltthätigen  Ucbergriflfcn  von  liürfjcrn  der  Travcstadt,  über  welche  sich  der 
I-andesherr,  Herzog  Albrecht  von  Mecklenburg,  am  l6.  Juni  1361  beim  ICrz- 
bischof  von  Riga  beschwert.')  Erst  um  1560  kommen  die  Hufen  des  genannten 
Lübecker  Klosters  wieder  in  die  Hände  der  Both's  zurück,  die  von  alter  Zeit 
her  auf  verschiedenen  Höfen  des  Dorfes  Kalkhorst  wohnen,  sich,  gleich  den 
mit  ihnen  auch  in  Kalkhorst  begüterten  Herren  von  lirok  auf  Hrook  (Proke,  in 
Palude),  durch  Stiftungen 
für  die  Kalkhorster  Kirche 
verdient  machen,*)  und 
um  diese  Zeit  auch  das 
benachbarte  Rankendorf 
besitzen.  Doch  fühlt  sich 
Hermann  von  Roth  über 
den  vonv  Kloster  mit  Bal- 
thasar, Peter  und  Hans 
von  Both  am  7.  Juni  1 563 
vollzogenen  Kontrakt  be- 
schwert, und  es  kommt  zu 

Streitigkeiten    in  der 

Familie. ')    Die  Herren 
von  Both  bleiben  bis  1849 
im  Besitz  von  Kalkhorst, 
in  diesem  Jahr  werden  die 
Freiherrn  von   Biel  ihre 

Rechtsnachfolger.  Seit 
mehr  als  dreissig  Jahren 
verschönert  jetzt  ein  von 
Thomson   Freiherrn  von 
Biel  erbautes  Schloss  in 
der  Nähe  des  I.enoren- 
waldcs  die  Gegend,  welche  Kalkhorst, 
hier  an  der  Küste  der  Ostsee  mit  einer  seltenen  Fülle  malerischer  Reize  aus- 
gestattet ist. 

Von  den  alten  PIcbanen  der  Kirche  im  Mittelalter  sind  nur  wenige  auf 
uns  gekommen;  um  1319  Lüder,  um  1367  Joh.  Schwansee  und  um  1450 
Jakob  Kalchorst,  der  Mitglied  des  Gros.sen  Kalands  in  Wi.smar  war.'*)  Reich- 
licher dagegen  fliessen  die  Quellen  der  nachreformatorischen  Zeit.  Um  1541 
ist  Hinrich  Blafferl  Kirchherr,  zwischen  1568  und  160.S  Jakobus  Sernekow 
(Sternekow),    um    1612   (1637   noch   am  Leben)   Slephanus   Schreiber,  um 


*]  M.  u.-n.  8912. 

*)  M.  U.-ü.  9124.  9338. 

*-  ^'b'-  Akten  im  Gr<>.ish.  Cichcimcn  und  llaiipt.irchiv.    M.  Jalirli.  XXI,  S.  213. 
Auücicli Hungen  von  Krictlr.  Tcchcn, 


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KIRCHDORF  KALKHORST. 


1637  Hinrich  Pirstorf,  von  1639  bis  1665  Joh.  Cyriacus  Höfcr,  von  1667  bis 
1704  Joh.  (iucrikc,  von  1705  bis  1747  (vielleicht  noch  länger)  Joh.  KleeKC,') 
nach  ihm  bis  1770  J.  (».  Voijjt,  von  da  ab  bis  über  1800  hinwcj,'  der  Pastor 
Immanuel   Friedrich  Kaddatx.     Uebcr  seine  Nachfoljjcr  vjil.  Walter,  Unsere 

I^ndcsgcistlichen. 

Das  I'atronat,  das  mit  tlcr  Refor- 
mation vom  Hischof  auf  den  Landes- 
herrn iibcrgegangcn  war,  verkauft  der 
Herzog  Adolph  Friedrich  am  12.  Mai 
1634  für  1000  Gulden  an  licrcnd  von 
(iüldener  auf  Nienhagen.  An  diesem 
zwischen  1230  und  1332')  angelegten 
und  zur  Parochie  Kalkhorst  gehörenden 
Gut  imd  Dorf  haftet  das  Patronat  bis 
1<S24;  seit  diesem  Jahr  i.st  es  wieder 


Cirundtks  Jcr  Kirche  zu  Kalkliorst. 

Die  Kirche')  ist  ein  durch  viele  Anbauten  in  .seiner  Gesammtwirkung  Kirche, 
beeinträchtigter  unrcgelmassiger  Ziegelbau  zum  Thcil  des  XIII.  Jahrhundcrt-S, 
zum  Theil  des  XIV.  Jahrhunderts,  mit  einem  aus  dem  Achteck  konstruierten, 
von  Strebepfeilern  bewehrten  Chor,  und  einem  I^nnghaus,  das  sich  als  eine 

■)  Vgl.  M   Jahrb.  XXXIX,  S.  6i. 

»}  Vgl.  M.  U.-Il.  37S.  S-  37S-  S327 

*)  Lisch,  M.  Jahrb.  Vlll,  B,  S.  I47  und  149. 


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382 


AM'ISGERICHTSBEZIRK  GREVIÜSMCHr-EN. 


Altar. 


dreitheilige  Halle  mit  höherem  Mittelschiff  und  zwei  niedrigeren  Seitenschiffen 
darstellt.  Den  Chor  deckt  ein  scchstheiliges  Gewölbe,  das  Langhaus  und  die 
Seitenschiffe  schliessen  je  vier  Kreuzgewölbe.  Dass  crstercr  um  1350,  wahr- 
scheinlich an  Stelle  eines  älteren,  errichtet  ist,  bewei.st  die  Grabschrift  des 
Kalkhorster  Kirchherrn  Johannes  Schwansee,  der  als  Urheber,  origo  hujus 
chori,  bezeichnet  wird.  Kigcnthümlich  nehmen  sich  drei  kleine  Rundfen.ster 
über  dem  nach 
Westen  geschobe- 
nen Portal  des 
südlichen  Seiten- 
schiffes aus; jedes 
dieser  Fenster  hat 

einen  Durch- 
messer von  etwas 
über    I   m.  Sie 
sowohl  wie  auch 
die  mit  Wülsten 
eingefas.sten 
Laibungen  der 
Portale    auf  der 
Süd.scite  deuten 

an ,    dass  das 
Schiff  dem  XIII. 
Jahrhundert  an- 
gehört   und  der 
ältere  Theil  des 
Ganzen  ist.  Auch 
der    in  drei  Ge- 
scho.s.<!en  auf- 
steigende, von 
Friesbändern  be- 
lebte massige 
Thurm  mit  etwas 

eingezogenem  Inneres  «Icr  Kirche  zu  Kalkliurst. 

.spitzen  Helm  .scheint  älter  als  der  Chor  zu  .sein.  Ivr  .steht  der  Zeit  nach 
wahrscheinlich  zwischen  beiden.  Die  letzte  innere  Restauration  der  Kirche 
gehört  dem  Jahre  1892  an. 

Der  Altaraufsatz  ist  ein  Werk  des  Harockstils  vom  J.ahre  1708 
(renoviert  1779  und  1838).  Auf  seiner  Mensa  eine  Steinplatte,  die  zwei  ein- 
gemeisselte  Weihekreuze  zeigt.  In  der  Predella  das  Gemälde  des  alttestament- 
lichen  Passahmahls,  im  I  lauptstock  ehemals  das  Gemälde  des  neutestamentlichen 
Abendmahls,  jetzt  ein  neues  Mild:  der  auferstehende  Christus.  Zwei  korinthische 
Säulen,  auf  deren  Seiten  die  Statuen  Moses.  Johannes  des  Täufers,  Matthaeus 
und  des  Markus  angebracht  sind,  tragen  mit  ihrem  Gebälk  (Architrav,  Fries 


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KIRC!II»ÜRF  KAl.KHükST. 


und  Gesims)  einen  Aufsatz  mit  dem  (Jemälde  der  Grablegung  Christi.  Neben 
diesem  oberen  Hilde  auf  der  einen  Seite  der  ICvangelist  Lukas,  auf  der  andern 
der  Kvangelist  Johannes.  Darüber  ein  Feld  mit  dem  Namen  Jehovah,  und 
zu  Seiten  dieses  l'^eldes  der  König  David  mit  der  Harfe  und  eine  zweite 
Gestalt,  die  wahrscheinlich  den  Salomo  darstellt.  Ganz  oben  auf  der  Spitze 
der  triumphicraidc  Christus  mit  der  Siegesfahne.    Sämmtliche  Statuen  sind 

aus    Holz  ge- 
schnitzt. 

Auf  der  Rück- 
seite des  Allars 
(nach  dem  In- 
ventar von  1 8 1 1 ) 
die  Aufschrifl: 

DIESES  ALTAR 
HAT  INVENTIRET 
VND  VERMALET 
lOH.  FRIEDR. 

WILDE. 
ANNO  1708. 

Die  Kanzel  Kanzel, 
ist  gleichfalls  ein 
Werk  des  Barock- 
stils   vom  Jahre 
1714,  1814  reno- 
viert. Reiches 
Schnitzwerk  mit 
den  Figuren  des 
alttestament- 
lichen    I  lohen- 
prieslers  Aaron 
und   des  neu- 
testanientlichcn 
guten  Hirten  als 
Hild    für  den 

Innere»  der  Kirche  zu  Kalkhorst.  Heiland  Den 

Schalldeckel  schmückt  diis  von  Dorne'sche  Wappen.  Auf  der  Spitze  des 
Schalldeckels  ein  Kngcl  mit  einem  Kranz  in  der  Hand.  An  der  Kanzel  die 
nachstehende  Inschrift:  VON  DEM  WAYLAND  HOCHWOHLGEBOREN  HERREN 
HERMANN  VON  DORNE  ERBHERRN  AUF  NIENHAGEN  UND  WILMSTORFF 
UM  DIESER  KIRCHEN  DURCH  EWIGE  ANSEHNLICHE  STIFTUNGEN  HOCH- 
VERDIENTEN PATRONE,  WELCHER  Ao  1713  D.  24  MAY  SELIG  VERSTORBEN 
IST  DIESE  KANTZEL  VEREHRET  UND  AUS  SEINEM  NACHLASS  ERBAUET  1714. 

Das  Gehäuse  der  Orgel,  gleichen  Stils  wie  die  Kanzel,  ist  mit  einem  Orgel, 
flach  gehaltenen  Rankcn.schnitzwcrk  geziert.    Die  erste  In.schrift  unter  dem 
von  Dorne'schen  Wappen  lautet:    ANNO   1732.    AUS    DES   WOL  SEELIGEN 


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384 


AMTSGERICHTSBBZIRK  GREVESMOHLEN. 


HERRN  PATRONI  HERMANN  V.  DORNE  STIFTUNG  HAT  JETZIGER  PATRONUS 
HERR  HERM.  V.  DORNE  AUF  NIENHAGEN.  WILMSTORFF  UNO  WESLOHE 
DIESE  NEUE  ORGEL  BAUEN  LASSEN.  Die  zweite:  ANNO  1860  IST  QQTT  ZU 
EHREN,  DER  KIRCHE  ZUR  ZIERDE  UND  DER  GEMEINDE  ZUR  ERBAUUNG 
AUS  DBS  BEL.  HERRN  HERMANN  V.  DORNE  STIFTUNG  UND  AUS  FREI- 
WILLIGEN BEITRAGEN  DER  HERREN  El NQEPFARRTEN  UND  DER  GEMEINDE 
DIESE  NEUE  ORGEL  ERBAUET  WORDEN. 

Empmen.  Kalkhontcr  Empore.   Die  Brüstung  der  im  Barockstil  erbauten  Li^ 

ist  aus  Eichenholz  geschnitzt.  Oben  das  \  l^oth'schc  Wappen,  daneben 
das  von  lUiIow'sclic  Auf  di  ni  Wappenband  als  Inschrift:  HARTWIG  VON 
BOTH,  HEDWIG  SOVIA  VON  BÜLOW.  Nienhägener  Empore  mit  der  Jahres 
zahl  1715.  In  der  Brüstung  einfaches  Tafehverk.  Üben  das  von  Dornesche 
und  von  Brömse'sche  Wappen.  Auf  dem  Wappenband  als  Inschrift:  HER- 
MANN FRIEDRICH  VON  DORNE  AUF  NIENHAGEN  UND  WESLOHE.  MARGA- 
RETA  VON  BRÖMSEN  AUS  DEM  HAUSE  CROMESS  UND  NIEMARK.  —  Raakea- 
dorfer  Empore  mit  der  Jahreszahl  1715  In  de  r  Hriistung  einfaches  Tafehverk. 
Oben  das  von  l^oth'sche  und  von  der  I.uhc'sche  Wappen.  Auf  dein  Wappen- 
band  die  Inschrift:  HARTWIG  ULRICH  VON  BOTH.  MARIA  JULIANE  VON  DER 
LÜHEN.  —  Brooker  Empore  mit  der  Jahreszahl  17 14.  Zvvi.schen  den  Tafeln 
Karyatiden  mit  jonischen  Kapitellen.    Oben  das  von  Plessen'sdie  und  das 

von  Parkentin'sche  Wappen.    Inschrift:  VON  PLESSEN.  SOPHIA 

MARIA  VON  PARKENTIN.  ANNO  1714.') 

Gestühl.  Mitten  im  Schiff  vortreffliches,  theihveise  ergänztes  RenaiaMocc-Gesttihl 

mit  Intarsien  (1620  bis  1630). 

Beichtstuhl.  Beichtstuhl.    Zu  der  hinter  dem  Altar  befindlichen  Sakristei  fuhren 

zwei  mit  dem  Altarwerk  verbundene  l'hüren.  lieber  der  siidlichen  steht  ein 
Schild  mit  der  Inschrift:  ZUM  G01TSEUGEN  GEDÄCHTNIS  SR.  EXCELLENZ 
DES  WEYLAND  HOCHWOHLQEBORENEN  HERRN  HERRN  JOACHIM  HARTWIG 
VON  BOTH  HERZOQL.  BRAUNSCHWEIG-LONEBURGISCHEN  GENERALLIEUTE- 
NANT8  UND  COMMANDANTEN  DER  VESTUNG  BRAUNSCHWEIG,  WELCHER 
ALLHIER  zu  KALCKHORST  IM  JAHRE  1686  DE  21  JULII  GEBOHREN  UND  ZU 
BRAUNSCHWEIG  DEN  7.  FEBRUARY  1762  IN  GOTT  SELIG  GESTORBEN,  ER 
WAR  DER  LETZTE  SEINES  STAMMES,  INDEM  ER  UNVERMÄHLET  GEBLIEBEN 
UND  SEIN  BRUDER  HERR  DANIEL  FRIEDRICH  VON  BOTH,  DER  DAS  EINE 
GUTH  KALCKHORST.  DAS  ADLIGE  8TAMMGUTH  DES  WOHLSELIGEN  IM 
JAHRE  1729  AN  DEN  HERRN  HARTWIG  VON  BOTH  ERBHERRN  DES  ANDERN 
ADLICHEN  GUTHES  KALCKHORST  VERKAUFT,  GLEICHFALLS  OHNE  MÄNN- 
LICHE  ERBEN  VERSTORBEN,  HAT  HERR  ULRICH  VICTOR  VON  BOTH  JETZI- 
GER   BESITZER    UND    ERBHERR    DER    BEIDEN    VEREINIGTEN  ADLICHEN 


')  Kurl  l)fi]c-v  von  Plcsscn  auf  F'.rook  :'f  1726"!  war  in  crMri  F.hc  nii;  TiifTcllMirp  Marga- 
retha von  Kernstorfl'  aus  dem  Haiue  Beriistorf  und  ia  zweiter  Ehe  mit  Sophie  Marie  von  Parkentin 
(Berkeatin)  aui  dem  Hmim  Zecbtr  vannihlt.   (HoiackbuieB,  Fmti,  Gaidib,  genedog.  Tabdln») 


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KIRCHMRP  KALKHORST. 


QOtHER  KALCKHORST  auch  OER  GÜTHER  SCHWAANSEE  UNO  OÖNCKEN- 
DORFF,  HERZOQUCH  BRAUN8CHWEIQ  •  LÜNEBURG.  OBERHAUPTMANNES 
ANN0 1763  VON  OEM  VERMACHTNISS  DES  W0HL8ELI0EN  HERRN  QENERAL- 
UEUTENANT8  VON  BOTH  DIESEN  BEICHTSTUHL  ERRICHTEN  LASSEN.  DAS 
GEOACHTNISS  DER  GERECHTEN  BLEIBT  IN  SEGEN  JEDERZEIT;  WENN 
AUCH  DIESE  WELT  VERGEHET,  BLÜHET  ES  IN  EWIGKEIT. 

Kirchtllttren.  Kine  Tafel  iil)rr  der  dem  Altarraum  ziinarlis}  [;t  l<-frcnrn  Kirch- 
siidlichen  F.iI1^^^n^'st1nir  hat  f.)lj,rcnde  Inschrift:  ZU  DER  EHRE  GOTTES  UND  thuren. 
DER  KIRCHEN  ZUM  NUTZEN  HAT  DER  CHRISTLICH  GESINNTE  UND  EHR- 
SAME HAUSWIRTH  GLAS  JOCHEN  RUBIEN  IN  NIENHAGEN  DIESE  UNO  ALLE 
OBRIGEN  KIRCHTHOREN  KRAFT  EINES  QELOBDES  VON  100  GLL.  WELCHES 
ER  BEI  DER  ANTRETUNG  SEINER  HAUSWIRTHS8TELLE  DA  ER  NOCH 
NICHTS  HATTE  DEM  LIEBEN  GOTT  GELOBET,  WENN  DERSELBE  IHN  IN  GNA- 
DEN GESEGNEN  WÜRDE,  VERFERTIGEN  LASSEN.  PS.  128.  V.  4.  SIEHE  ALSO 
WIRD  GESEGNET  DER  MANN.  OER  DEN  HERRN  FÜRCHTET.  ANNO  1767 
D.  27.  APRILIS. 

Leber  den  (iiirtbi  »jr^n   des  Mittelschiffes   hänfnen   f;r:issere   geschnitzte  Wappen. 
Wappen,  in  der  Reihenfolge  von  Osten  nach  Westen:  da.s  von  Dorne'sche 
Wappen  mit  der  Jahreszahl  1 703 ;  das  tos  B^A'sdie  Wappen  mit  der  Jahres- 
zahl 1705;  das  voa  B«tfc'sche  Wappen  mit  der  Jahreszahl  1577. 

Im  Thurm  vier  Glockeii.   Die  grösste  hat  die  Inschrift:  GLORIA  DBO  Glocken. 
IN  EXCELSIS.  ANO  ORt  1S77  FRIEDR.  FRANZISCO  II  MAGNO  DUCE  PATRONO 
PASTORE  HUJU8  ECCL.  HERM.  ROMBERG  EX  PIA  HERM.  DE  DORNE  FUN- 
DATIONE  HAEC  CAMPANA  DE  NOVO   EST  REFUSA  PER  ED.  ALBRECHT. 

Die  zweite  Glocke  hat  die  Inschrift:   vlllO  •  blli  •  IlirrcC'Xbil  •  i  •  fcfto  • 

iacobi  •  Ijcc  •  oi'aii.i ')  •  rft  •  fra  •  per  •  ö.utl)Qloiurmii  »  at>  «  xtx  gPie 
xpt  •  Uciii  •  cum  •  pacc  •  cum  •  nmxia  •  bicginc  j  omib^  •  fci^  • 
Im  Feld  dieser  Glocke  drei  Bilder:  die  Krönung  Mariae  durdi  Gott  Vater; 
die  hl.  Maria  mit  dem  Christkinde  auf  dem  linken  Arm,  einen  Lilienstengel 

in  der  rechten  ffaiid  h;iltend;  der  hl.  Georg,  den  Drachen  tödtend.  —  Die 
dritte  Glocke   ist  olme   Inschrift.  ■      Die  kleinste  filncke  hat  (he  Inschrift: 

Grabsteine,  i  In  di  r  sutllichen  Vorhalle  der  Stein  des  Priesters  Schwansce,  Grabsteine, 
später  vom  P;isti.r  Blaffert  l>rmit/t     ?lllO  •  blli  •  m°  •   CCCUtbÜ  •  flfl  •  • 

poft  •  caibii  •  i>  •  biiö  •  ial)i'<i  •  1  fUi.ia.sc  •  Ijui'  •  rctor  •  crrc  •  pu^  • 

bomcftiC^  •  Origo  •  djori  •  13'^  •  Or  •  p  •   —   Unter  der  V\^m  die  jüngere 

Inschrift:  91*  1557  am  bagc  micgacU^  tnart  ücgrabcn  Ij'  Ijiuridj  tjlaffert 
l^fr  getaieTrn  49        Vgl.  M.  jahri>.  vni,  B,  S.  150.  M.  U.  B.  9681.  ~ 

2.  SikUich  vom  Altar  der  Stein  eines  Priesters.   Der  Kelch  in  der  Mitte  ist 

*)  i>f«mM  Name  fUr  die  Gloeice.  Aoeh  lonat  MnKilen.  Uaeh,  M.  Jalirb.  Vni,  B,  S.  149, 
Aankg.    Otte,  ClockenVunde,  S.  22. 

*)  Nola  mitlelaherlicher  Name  für  eine  kleine  Glocke.  VkI.  LiM:h,  M.  Jahrb.  VIII,  Ii, 
Seite  150.  Otte,  Gloekenknide,  S.  to. 


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386 


AMTSGEiaCBTSBEZIRK  GREVESMOHLEN. 


noch  erkennbar,  die  Umschrift  jedoch  nicht  mehr.  —  3.  Stein  des  Baltzer 
Ton  BoHi  nüt  dem  von  Botii'adwn  und  von  RastorfTschen  Wappen  in  den 

Ecken.  Umschrift:  TÜn  1573  ttn  31  liecember  ftacff  toe  Qttec  unH  extm* 

ftfte  Baltjer  Wfy  arffeten      RammriknitlOCIl.  Inschrift  unter  den  Wappen: 

Änna  if> . .  ftarff  bfc  erüflt 
Ofltfiarina   U.i  Rafl:orff 
n.iir^cr    itaBclatcnc  Uic- 

bciUC.  —  4.  Nördlich  vom 
Altar  der  Stein  des  Jasper 
SchoMe  (Schosse  —  Schötze) 
auf   Schwansee.     In  den 

Ecken  vier  Schilde  mit 
Wappen.    In  der  Mitte  die 
Gestalten  eines  Ritters  und 

seiner   Frau.  Umschrift: 

Knua  1582  ti7  12  julii  (tarff 
toe  Qdkat  tonti  fltentfrfte 
Jafliet  fd^offc  ctffeten  t^vm 
ßeicnBagen  btGot  gnalie. 
Diefe^  Bcgrcbnis  gehöret 

liad^  SciiltaanfCC.  Inschrift: 

Änno  ir>74-  tic  9  .lami.irii 
ftatf  he  tthat  uiib  bogcub^ 
fante  Oatdii  BtnItetU 
Jafpet  fd^ofe  feltge  ^up 

froUir.  5.  Hinter  dem 
Altar  der  Stein  des  Chim 
von  Brock,  7  1586,  mit  dem 
Brock'schen  und  liiilow'schcn 
Wappen  in  den  Ecken,  nach- 
her benutzt  von  dem  Pastor 
Fleege,  f  1750,  seiner  Gattin 
Barbara  Elisabeth  Fischer 
und  ihren  Krben.  —  6.  Stein 
des  Ulrich  Friedrich  von  Both- 

Kalkhorst  mit  dem  von  Hoth'schen  und  von  Bernstorff'.schcn  Wappen.  In- 
schrift neben  dem  Wappen:  SCllllO  1576.  Darunter:  itllid)  ir richridl)  ^of^U 
Mf^  ^o^ratgea  ban  %nnfttttff,   Slnb  feinen  €cfien  Itallfl^orft 

SPima  1680.  —  7.  Vor  dem  Altar  der  Stein  der  Geseke  von  Wickede  mit 
der  Inschrift:  QE8CHE  CATHARINA  VON  WICKEDE  AUS  DEM  HAUSE  MGIS- 
LING  1710. 

8.  Leichenstein  des  DetlofT  von  Plessen  mit  dem  von  Plessen'sdien, 
von  BemstorfTschen  und  von  Parkentin'schen  Wappen. 


GraiMtein  dci  Prie»lenk  ijcbwaiuce. 


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KIRCriDOKF  KALKHORST. 


Inschrift:         DETLOF  VON  PLESSEN  VON  DEM  HAUSE  BRUCK. 
INGEBORG  MARGARETE  VON  BERN-     1    SOPHIA    MARIA  VON  PERCKENTIN 
STORFF  VOM  HAUSE  BERNSTORFF     |  VOM  HAUSE  BOLTZ. 

DIESER  STEIN:  BEGRÄBNISS  GEHÖRET  NICHT  ZUM  GUTE  BROCK,  SONDERN 
IST  VON  DER  KIRCHEN  GEKAUFT  UND  VON  DEM  HERRN  DETLOF  VON 
PLESSEN  RICHTIG  BEZAHLET  FÜR  SICH  UND  SEINE  ERBEN  NEU  GEMACHT 
WORDEN  ANNO  1720. 

WENN   DU  AN  JENEM  TAG 
DIE  TODTEN  WIRST  ER- 
WECKEN 
SO  THU  AUCH  DEINE  HAND 
NACH    MEINEM  GRAB 
AUSSTRECKEN, 
LASS  HÖREN  DEINE  STIMM 
UND  MEINEN  LEIB  WECK 
AUF 

UND    FÜHR    IHN  SCHÖN 
VERKLÄRT   ZUM  AUS- 
ERWÄHLTEN HÄUF. 

9.  10.  In  dem  Gange 
des  Mittelschiffes  liegen  noch 
einige  Leichensteine  der 
Diihring'schen  Familie,  die 
früher  Gräber  dieser  l*amilie 
auf  dem   Kirchhof  bedeckt 

haben.    In.schriften:  HIER 
RUHET     JOACHIM  DAVID 
DÜHRING  EIN  73JAHRIGER 
FROMMER  GREIS  GESTORB. 
ZU    BROOCK    D.    3.  FEBR. 
1804.    GATTE,  VATER 
FREUND    MENSCH  UND 
CHRIST  ALLES  IN  VOLLER 

KRAFT  DIESER  NAMEN. 
FRIEDE  SEY  MIT  SEINER 
ASCHE.  AN  DES  GATTEN 
SEITE.  DEM  SIE  GANZER  42  JAHRE  DIE  TREUESTE  LEBENSGEFÄHRTIN  WAR 
RUHET  HIER  ANNA  FRIEDERIKA  DETLOFIN  DÜHRING  GEB.  EFFLANDT.  SIE 
STARB  76  JAHRE  ALT  D.  19.  FEBR.  1816.  UND  FRIEDE  AUCH  MIT  IHR  DER 
HEIMGEGANGENEN.  RUHESTÄTTE  DES  HERRN  CHR.  JOH.  HEINRICH 
DÜHRING  MEHRJÄHRIGEN  PÄCHTERS  ZU  ELMENHORST  GEB.  D.  8.  APRIL 
1763,   GEST.  D.  3.  MAI  1812. 

Gewölbe -Malereien.    l?ci  Gelegenheit  der  jüngsten  Restauration  tler  Ciewölbe- 
Kirchc  sind  \erschiedene  Malereien  zum  Vorschein  gekonmien  und  wieder-  Müllereien. 

25» 


Gr.tbstein  des  Jasper  Schosse. 


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388 


AMTSGBRICHTSIIBZIRK  GRBVBSMOHLBN. 


hergestellt  worden.  Von  den  sechs  Kappen  im  Chor  sind  fünf  mit  Gemälden 
gefüllt.  Die  östliche  zeigt  die  Auferstehung  der  Todten,  den  Ruf  der  Engel 
nun  Wdtgeridht  und  den  fhronenden  WdlrMitar,  am  denen  Munde  swei 
Sdiwerter  gdien  und  dessen  Fttsse  auf  der  Weltki^  ruhen.  Von  den  sidi 
anacMiesaenden  enüiih  die  nach  Süden  sidi  wendende  die  Wanderm^  der 
Seligen  zu  den  Thoren  des  himmlischen  Jerusalem,  und  darüber  und  darunter 
die  Zeichen  der  Evangelisten  Johannes  und  Lukas,  den  Adler  und  den  Stier; 
die  nach  Norden  sich  wendende  die  Wanderung  der  Verdammten  in  den 
Hülicnrachen  und  drei  Teufel  als  ihre  Treiber,  dazu  die  Zeichen  der  Evan- 
gelisten  MatÜiaens  und  Markus,  den  Engd  und  den  Löwen.  Die  ganz  nach 
Norden  gewandte  Kappe  zeigt  die  Auferstehung  des  Heilandes,  und  um  diese 
Scene  herum  alle  Marterweilczeuge,  zwischen  ihnen  auch  die  Gewänder  der 
drei  Gekreuzigten.  Die  ganz  nach  Süden  gewendete  Kappe  enthält  die  Dar- 
stellung der  Dornenkrönung.  In  der  Nordost -Ecke  der  Kappe  mit  dem 
llöllendrachen  erscheinen  Schild  und  Hchnzicr  der  Familie  von  Both.  Die 
vier  Kappen  des  dem  Chorgewölbe  sich  anschhesscnden  ersten  Gewölbes  im 
Sdüff  zeigen  vier  Heiligcngestalten,  zwei  Männer  und  zwei  Frauen,  deren  Attri- 
bute nicht  zu  erkennen  waren;  das  zwdte  Gewölbe  vier  Thiere,  zweimal  änen 
stilisierten  Adler,  dem  heutigen  Reichsadler  ähnlich,  und  je  einmal  den  Löwen 
und  den  Pelikan:  die  Symbole  der  königlichen  Kraft  und  Macht  wie  der  sich 
selbst  aufopfernden  Liebe  Christi.  —  Auch  an  den  Wanden  sind  alte  Wand- 
bilder zum  Vorschein  t,'ckommen:  so  z.  H.  an  der  W'e-slwand  des  nördliclien 
Seitenschiffes  die  Darstellung  der  hl.  Dreieinigkeit,  Gott  Vater  hält  das  Kreuz, 
an  wekhem  der  Sohn  hängt,  darüber  die  Taube  des  hl.  Geistes;  an  der 
Westwand  des  südlidien  Kreuzes  die  Auferstehung  Christi;  im  MittetschiAT  an 
dem  der  Orgelempore  zunächst  stehenden  Pfeiler  die  Dornenkrönung  Christi, 
ausserdem  der  Krucifixus  (der  auch  noch  an  drei  anderen  Pfeilern  gefunden 
ist)  und  die  Ciestalt  des  jüngeren  Jakobus;  an  dem  gegenüberstehenden  sütl- 
liehen  Pfeiler  der  hl.  Laurentius  mit  dem  Rost.  Dazu  weiter  nach  oben  hinauf 
noch  eine  besondere  Abbildung  des  Rostes.  An  demselben  Pfeiler  femer  die 
Gestalt  des'  älteren  Jakobus. 

Neben  dem  Rost  des  M.  Laurentk»  will  num  die  7M  1418  lesen. 

Indessen  bei  näherer  Besichtigung  erweist  sie  sich  in  hohem  drade  als 
zweifelhaft.  Wäre  sie  richtig,  so  könnte  Hermann  von  Both,  der  durch 
eine  Urkunde  vom  Jahre  14 14  als  damaliger  Besitzer  von  Kalkhorst  sicher 
gestellt  ist  (vgl.  Schröder,  Pap.  M.,  S.  1771),  zu  diesen  Verzierungen  der 

Kirche  beigetragen  haben. 

.'\ndcrc  Andere  Malereien.    Auf  der  Empore  der  Kalkhorster  Ciutshcrrschafl 

.Malereien,  befindet  sich  ein  in  Gel  gemalter  Stammbaum  der  von  lioth'schen  l*'an\ilie, 
gut  erhalten,  mit  126  Wappen;  ferner  sind  dort  zwei  imitierte  Gobelins,  nach 
Entwürfen  von  Overbeck  gemalt  von  Thomson  Freiherm  von  Biel  auf  Kalk* 
hörst.   Es  sind  die  Darstellungen  der  hl.  Taufe  und  des  hl.  Abendmahls. 

Kleinkunst«  Klcinkunatwerke     i.  Grosser  silbervergoldeter  Abendmahlslceldi  auf 

sechspassigem  Fuss  mit  der  Umschriit  aus  I.  Joh.  I,  V.  7:  DAS  BLUT  JESU 


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KIRCHDORF  KALKHORST. 


389 


CHRISTI  DES  80HNE8  Q0TTE8  MACHT  UNS  REIN  VON  ALLER  SONDB.  1724. 

KALKHORST.  KIRCHE.  Als  Stadtzeichen  der  lübische  Doppeladler,  und  als 
Meisterzeichen  der  Stempel  I  W.  Die  dazu  gehörige  Patcnc  hat  keine 
VV'erkzcichcn.  — •  2.  Desgl.,  kleiner,  auf  scchspassigem  I'uss.  mit  dem 
von  Büth'schen  Wappen,  dazu  die  Initialen  l*H*v*B*  H>B*L*G«L* 
u>C«t«B*  MDCCL  •  Als  Stadtceichen  der  aufgerichtete  Lüneburger 
Löwe»  und  als  Meisterzetdien  der  Stempel  L  S.  Neben  dem  Stempel  auch 
das  Waideinzeichen  A  M<f*MiM^^if0fißfi^.  Die  zi^hörige  Patene  hat  dieselben 
Stempel.  Die  Initialen  stimmen  vollständig  zu  den  Namen  und  Titeln  des  in 
der  Inschrift  am  Beichtstuhl  genannten  Joachim  Hartwig  von  Hoth,  Hcrzogl. 
HrnunschweigischLiineburgischen  General -Lieutenants  und  Conimandantcn  zu 
Braunschueig  1762).  —  3.  Desgl.,  auf  rundem  Fuss,  aber  sehr  viel 
grösser  (gut  26  cm  hoch),  von  einfachen  Formen.  Am  Fuss  ein  Stadt- 
zeichen,  das  ein  springendes  Ross  vor  einer  Säule  mit  reder- 
wedelartigem  Kapitell  zeigt.  Dazu  das  nebenstehende  Meister- 
zeichen. —  4.  Desgl.,  auf  scchspassigem  Fuss.  An  der  Kupa  ein  Wappen 
mit  einem  steigenden  Widder.  Dazu  die  Initialen  J  •  D  •  W  •  ANNO  1724.  Als 
Stadtzeichen  der  lübi.schc  Doppeladler  und  als  Meisterzeichen  der  Stempel  fTT). 
—  5.  Ovale  silberne  Oblatendose.  Auf  dem  Deckel  der  Krucifi.xus  als  ein- 
graviertes Bild;  ebenso  am  Haupttheil.  Auf  der  Unterseite  ein  Wappen  (Anker 
im  Kreis).  Darüber  die  Initialen  J  •  C  •  8  •  AÖim.  Als  Stadtzeichen  der 
lübische  Doppeladler  und  als  Meisterzeichen  der  Stempel  QJ).  —  6.  Noch 
eine  zweite  Oblatenpyxis,  ohne  Insclirift  —  7.  Silhervergoldeter  Teller.  Auf 
der  Unterseite  die  Initialen  A  .  M  •  P  •  1724  ♦  KALKHORST.  KIRCHE  •  Lubischer 
Adler  als  Stadtzeichen.  Das  Meisterzeichen  undeutlich.  —  8.  9.  Grosse  silber- 
vergoldete  Prunkscfaale  (Taufschale)  mit  Kanne.*)  Im  mittleren  Kreisrund  der 
Schale  die  Darstellung  der  Ferseus*  und  Andromeda-Fabel  als  cisdiertes 
Vollguss- Relief.  Um  das  Bild  herum  hübsdie  Randverzierungen  im  Gesdunack 
der  .Spätrenaissance,  dabei  das  eingravierte  von  Roth'sche  Wappen.  Auf  dem 
Rande  acht  Medaillons  in  Kreisform  mit  Gestalten  von  Frauen.  Kindern, 
Thieren  und  I'flanzen,  welche  als  Repräsentation  der  Welttheile  und  Meere 
aufgcfasst  werden  können.  Auch  diese  Darstellungen  sind  ciselicrtc  Guss- 
Rdfefs.  Von  glddher  Arfodt  die  Henkelkanne.  An  der  Sdiale  die  Inschrift: 
ZVM  ANDENKEN  DES  WEVLAND  OBERHAUPTMANNS  VLRICH  VICTOR 
VON  BOTH  1777.  An  der  Kanne  die  Inschrift:  HERR  HILF  VN8  DVRCH 
DEIN  BLVT  VND  WVNDEN  IM  LEBEN  VND  IN  TODESSTVNDEN  •  1724  •  KALK- 
HORST  .  KIRCHE  •  Beide  Stücke  tra<;en  als  .Stadtzeichen  den  Augsburger 
I'inienzapfen  und  das  nebenstehende  Zeichen  tles  bt  kannten  Meisters 
Joh.  Engelbrecht,   der  1748  starb.    Vgl.  M.  Rosenberg,  Der  Gold- Q^) 

sdmriede  Zdchen,  S.  106. 107.  —  10.  Der  Klingebeutel  fai  Fonn  eines  «Ibemen 
Cylindets  hat  die  Inschrift:  CHARLOTTA  AMALIA  VON  PLES8EN  ANNO  1721. 

')  Midi  dem  bvcntir  ven  1811  n  ctnen  steinernen  Taufelein  innerhalb  der  Kirche  auf- 
bewahit.  Jelst  aldit  ma  dacmer  Tanfbehltlar  adt  knpioBcr  Sdiale  m  uaam  Zeit  in  der 
Kifdie. 


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390 


AHTSGBRICHTSBBZIRK  GREVESMÜHLEN. 


RENOVATUM  1798.  1880.—  ii.  Im  Mittelschiff  li:int,'t  ein  Kronleuchter  von 
Messing'  mit  der  Inschrift:  CATARINA  HARTIGS  HAT  DIESE  KRONE  GOTT  ZU 
EHREN  UNDT  DIESER  KIRCHEN  ZUR  KALKHORST  ZUM  ZIERRAT  VOR- 
EHRET ANNO  1669.  —  12.  13.  14.  Auf  dem  Altarti-sche  stehen  drei  Leuchter, 
von  denen  der  eine  (1852  geschenkt)  aus  Silber,  die  bdden  andern  aus 
legiertem  Metall  hei^gestellt  sind.  Klassiderender  Stil/)  —  15.  Der  frühere 
kupferne  Wetterhahn  des  Thurmes  befindet  sich  im  Ffarrhause.*) 


*)  Du  InTentir  tqd  18t  1  erwähnt  einen  ulbemen  Lenchteri  den,  nach  seiner  Imcbrifli 
Jondlim  HoinriA  Wm  iSoj  «n  die  Kalkhonter  Kbchs  Khenkte;  uaamäum  swci  nniienie 
Lencbter  ohne  weiten  Angaben. 

Der  jetzige  Tluirmkniipf  enthält  drei  Denksclirific-n,  eino  VOn  16861  die  .iinlerc  von  1790 
md  die  dritte  von  1866.  Alle  drei  und  gedruckt  und  auf  diese  Art  in  Pfiunurcbiv  erhalten  wurden. 
Sie  sind  s«  elurakteristlich,  um  hier  ntelit  betchtel  c«  werden. 

Die  von  1686  lautet:  Im  Namen  Gottes  sei  hicmit  kund  gemacht  zu  wifien,  das  alß  man 
gc.schricl>en  1686  dieser  Thurmb  «l.is  lloltzwcrck  hctrcffcntit  fjan/  Neu  wieder  anfTf^ebauet  u.  hat 
Regieret  Leopoldt  der  Römische  Kayser,  ilerltugk  Christian  Zu  Mecklenburgk,  ohne  1,/eibes 
Erben  «.  Clwtolisdier  Religion.   Der  FMraa  ist  Sehl.  Hertnan  von  Domen  Weylandt  Z«  Nien- 

Ittgen  Erblirrrii  ii.achgclalietie  Kituler  Namens  Ilcrm.mn,  w.  Ootlh-irdt,  der  Herr  Pastor  ist  Johan 
Geridc,  der  (JrganiM  u.  Kirchen-Diener  llinrich  Ilöfer,  die  Kirchen  Vonteber  sindt  Claus  Keymcrs 
in  Nienhagen,  Erich  Lagenan  ans  Kaldthorst,  Jochhn  TOette  ans  Schwansee,  n.  Claus  Dttcker  in 
RamkeiidurflT.  Des  Kirchspiels  Jnnekem  sindt  HE.  Danicll  Friedrich  von  PleOen  Zu  Dönkcndorff, 
IIE.  Hans  Ulrich  von  Bohttc  7«  Ramkeiidorff.  ScM.  IIE.  Ulrich  Bohlten  Weylandt  Erbhcrm 
Zar  Kalckhorst  Wittwe  (^ibarina  von  Lutzauca.  IIE.  Victor  Christian  von  Uehi  zum  Nienhagen. 
HE.  Ulrieh  FMedrieh  Bohtie  mr  Kaldchotst,  Herr  Dellov  von  PleÜen  Znn  Bradt.  Sehl.  Hem 
Wilhelm  \on  Moiüiij;  Erl>herrii  vom  Grüßen  Schwansee  tiacliyelaßene  Frau  Witiwe  Fr.  Ida  Margareta 
von  Langerecken.  Der  Zimmer  Meister  Hans  Wfide.  Der  l'hurm  Decker  Ilermau  Kock  aus  der 
Stadt  Ltbeek. 

Die  von  1790:  Anno  post  Christum  Natum  1790  wude  der  Thurm  zu  Kalckhorst  gantz 
neu  gedeckt,  von  einem  Gesell  Schultz,  den  Herr  Neumann  als  HErr  und  Meister  in  Lttbec  dazu 
beranigeschickt  hatte.  Es  sind  zu  diesem  Bau  gerade  30000  Sp&ne  gebraucht,  und  hat  der  Kirche 
«iniga  Hundert  Thaler  gekostet.  Dar  gtgwiwrirtlgo  ftXma  der  kircbe  HErr  H.  C.  Seotter  von 
l.oetZL-n  ]\:\'.  mit  Zuziehung  des  iVslor  HErr  J.  F.  Raddatz  und  der  4  Juraien  den  Bau  dirigirct, 
welcher  4  Wochen  nach  Michaelis  vollendet  ward.  Gerade  zu  dieser  Zeil  wurde  zum  Römischen 
Ki^MT  erwflhit  nnd  gdcr6nt  t«  Fhmckfurt  an  Mayn  Leopold  II.  hishei^*er  IcBtd^  von  Ungarn  und 
von  Böhmen.  Der  gegenwärtige  Herzog  im  Lande  Mecklenburg  ist:  Friedrich  Frantz.  Die  hier 
eiogepCuTten  Nobile»  sind  folgende:  l)  Zu  Kalckhorst  der  Camer  HErr  F.  Wilh:  von  Both.  a)  Zu 
Schwantee  der  Graf  von  BrockdodT.  3)  Zu  Broock  et  Schonberg  der  Graf  von  Bothmer  zu  Bothner. 
4)  Zu  Nienhagen  als  den  PMronat  Gut,  HErr  M.  C.  Seutter  von  LoeUen  als  Patronus  der  kircbe 
aus  Ulm  gebürtig.  5)  Zu  Ramckendorff  der  Liccntiat  J.  V.  Wilckcn  ans  l.ülieck.  6)  Zu  Doncken- 
dorff,  der  EigenthUmer  N.  N.  Vorbeck.  Die  kirchendiencr  sind  pro  tempore  1)  Pa^itor;  1mm: 
Frkderieh  Raddatz  Ndrinberga-Neonafdiiois  a)  Organist  Mich.  Georg  Brahns  3)  DI»  4  Jaraten 
als:  Peter  GarfT  zu  Kalckhorst.  Herman  WiadMndorlT  zu  Nienhagen.  H.  Hinr.  SdnOder  ca 
Sehwansee.   Jochem  Wigger  zu  Broock. 

Die  von  i8d6:  In  Nsanen  Gottes  wird  dwdi  diese  Sdirift  anf  könnende  Zeiten  kund 
gemacht,  dass  im  g^enwSrtqien  Jahre  des  HEtm,  da  naa  achridi  Ein  Tausend  Acht  Hundert 
Sechs  und  .St  chszig  —  1866  —  am  30.  August  die  Hclmstange  dieses  Thurmes  s.ammt  Knopf  nnd 
Wetlcrhahn  herabgenommen  wurde,  um  theils  rcnovirt,  thcils  rcstaurirt  zu  werden.  Palron  der 
Kirche  war  in  dem  genannten  Jahre  Seine  Kdniglichr  Hoheit  der  regierende  Graashersog  Priedridi 
Franz  II.  von  Mecklenburg- Schwerin ;  Pastor  der  Präpositus  Hamann  Romberg;  Organist  uad 
Kirdiendiencr  Johann  Ahrens;  Kirchenjurateii  der  Schmied  und  Krüger  Christian  Jung  zu  Kal<k> 


KIRCHDORF  KALKHORST. 


Das  jetzige  Pachterliaaa,  im  vorigen  Jahrhundert  als  Pferdestall  erbaut,  Pächter 
kommt  in  HctraclU  ui-qen  eines  an  der  Südseite  desselben  gelej^encn  Tlior-  haus, 
wrja  s,  an  dem  sicli  ein  I  Ii )l7,schnitz\verk  befindet.     Inschrift:  ULRICH  VICTOR 
VON  BOTH  .  CHRISTINE  LOUISE  VON  SPÖRKE  •  ANNO  1751. 

An  dem  von  Kalkhorst  nach  Hohen  Schi  inbcrg  fuhreiulen  Wege,  etwa  Stein. 
(  km  von  Kalkhor.sl  entfernt,  am  sog.  KapelK-niK-rge.  sti-ht  in  der  den  Weg 
auf  der  Sudostücitc  begrenzenden  Hecke  ein  Stein  von  Granit,  etwa  75  cm 
hoch,  mit  der  Inschrift:  ANNO  1691. 


Im  Hesit7.e  des  I'"ieihcrrn  von  Biel  auf  Kalkhorst  befindet  sich  eine  Chronik 
von  Hartwig  und  Ulrich  Victor  von  H<:ilh  auf  Kalkhorst  geschriebene  kurze  ^von 
Chronik  von  Kalkhorst  {S  Fohoblatterj,  die  Jahre  1722  bis  1767  umfassend. 
(Eine  Abschrift  auf  der  Pfarre.) 


Kalkhorst. 


Herrschaftliches  Wohnhaus  zu  Schwansee.    Die  Hauptfassade  zeigt  Herrschaft- 
im Spitzgiebelfelde  drei  neben  einaiuler  stehende,  aus  Stein  gearbeitete  Wappen:  liehe» 
in  der  Mitte  das  von  13oth"sche,  links  (vom  Beschauer  her)  das  von  Plessen-  W**'*"^"* 
sehe,  rechts  das  von  Dome'sche.  'Unter  diesen  Wappen  ein  Wappenband,  g^^wansee 
Auf  ihm  die  Inschrift  DEO  DUCE  und  die  Initialen:  M.  A.  v.  P.  W.  L.  H.  v.  B. 
D.  M.  V.  D.  Die  erste  Buchstabenreihe  unter  dem  von  Plessen'schen  Wappen 
soll  den  Namen  der  Frau  Marie  Amalie  von  Both,  geb.  wa  Plessen  (f  1724) 

tiont,  der  Kither  Jeaehim  Sebwm  n  NienlMfra,  der  KItber  Chrieloph  MTietdieadoif  n  ScbwaatM 

um!  lii-r  Hii-iswirtli  um!  Schulze  Joachin  Block  lU  I lohenschön  1)crg.  Dir  riltrrschaftlirhon  cin- 
gepfarrtcn  Gutsherren  des  Kirchspiels  wmtea  Herr  Freiherr  Thotnsun  von  Biel  suf  Kalkhont  nnd 
Borkenhagen,  Herr  Frtedrich  HettcVendoHf  asf  Nienbsgen,  Hcit  Dietrich  von  llecklcnbiu]^  auf 
Wicschcndorf  für  Nienhagen  Wieschcndorfcr  Anthcils,  Herr  Johannes  Heinrich  Schröder  auf 
Schwansec,  Herr  Graf  Felix  von  Huihmcr  für  Brook  und  Hohcnschrinbcrg,  Herr  Johannes  Vorbeck 
auf  Dünkendorf,  Herr  Kamincrdircktor  Adolf  von  Muller  auf  Rankendurt.  Die  Seelenzahl  der 
Gemdoe  betrag  in  Sviniin  1374«  damoter  969  Enraehaene,  405  Kinder.  Die  Repanbir  warde 
unter  Leitung  des  Herrn  Landbaumeisters  Severin  am  GrevesmUhlen  von  dem  Ziminermei5tcr 
W.  Gandlach  aus  Uassow,  dem  Kupferschmied  Martens  aus  Crevesmtthlen,  dem  Schmied  Jung  in 
Kalkhorst,  dem  Klempner  Meier  ans  Grevcsmühlen,  dem  Dachdecker  Frits  Kloth  ans  D6nkendor{ 
md  dem  Zimmergesellen  Rocksien  aus  Dassow  wohl  ausgeführt. 

Alle  drei  Denkschriften  ichliessen  mit  zum  Theil  recht  ausfuhrlichen  historischen  Retrachtungen, 
ftlr  die  hier  luin  Plals  ist,  so  charakteristisch  sie  auch  sind.  Der  Verfasser  der  ersten,  Daniel 
von  FlcMen  auf  DSokendotf,  freat  sieb  dartlber,  daas  die  Tarken  in  Ungarn  anb  Kanpt  geschlagen 

lind)  aber  er  beklagt  <lie  Aussaugunp  des  Landen  Mecklenburg  durch  dKi  i^che  und  bran'!cii1iurf^iM:he 
Emkittionen  im  Streit  der  Herzoge  mit  den  Ständen.  Der  Verfasser  der  zweiten,  l'astor  J.  F.  Kaddau, 
iprieht  von  Frieden  mit  den  Türken,  den  nach  Kaiser  Joseph's  Tode  KMg  Friedrich  Wilbdm 
von  Preussen  dem  Kaiser  Leopold  II.  durch  Rückgabe  von  Itrlgrad  und  anderen  Eroberungen  an 
die  Ttirken  vermittelt  habe.  Er  beklagt  aber  besonders  die  Zerrtiitung  Frankreichs  und  den  Streit 
der  Theologen  und  Philosophen  im  Reiche  Gottes,  man  sei  der  geofTenbarten  Religion  müde  und 
«olle  äbt  dnrdi  dne  Natarreligion  cnetm.  Der  Verlnaiar  der  dritten,  der  Mpoätua  Hermann 
Romberg,  rühmt  das  atlantische  Telegraphen -Kabel  und  den  gew.iltipen  .\ufschwung  Preossens  zur 
Grossmacht,  es  sei  auf  dem  Wege  zur  Kaiserkrone,  wenngleich  Bismarck  es  noch  schwer  haben 
werde,  die  ewoplisehe  Ptolitik  diesem  Ziel  snnlilhran.  Er  l^t  Zengniss  ab  von  der  segemieidieo 
Regierung  seines  Landc^therrn  und  schliesst  mit  Wümchen  für  die  Einigkeil  Dentadilaiids  nnd  die 
Erstarkung  der  lutherischen  Kirche. 


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39« 


AMTSGERtCHTSBEZIRK  GREVESMDHLEN. 


andeuten.  Die  zweite  unter  dem  von  Roth'schcn  Waf^n  bedeutet:  Wilhehn 
Ludwig  Hartwip^  von  Roth.  Die  dritte  unter  dem  von  Dorne'schen  Wappen 
bezeichnet  Dorotliea  Marpfarete  von  Dorne,  die  zweite  (iemalilin  des  Wilh. 
Ludwig  Hartwig  von  Hoth  auf  Scliwanscc.  —  Darunter  eine  Stemplatte  mit 
folgendem  Chronugramm  f 


Das  Chronogramm  enthalt  die  Zahl  1745,  die  auch  über  der  Eingangs- 
thür der  Hinterseite  des  Hauses  angebracht  ist. 


le  den  Klfitzer  Ort,  so  deckte  auch* einst  die  fruchtbare  Gegend  an  der 


^^^^  liinncnsee  südlich  und  östlich  von  der  Landzunge  Priwall  ein  dichter 
Wald,')  dessen  dornreiches  L^ntergchölz  (altslavisch  drari  =  Dornstrauch)  ihm 
und  dem  an  seinem  Rande  gelegenen,  1 5  km  westlich  von  Grcvesmuhlen 
entfernten  Dorf  Dartszowe,  Dartsowe,  Darsowe  den  Namen  gegeben  haben 
wird.^  Der  westlidie  Zipfel  dieser  Binnensee  (stagnum  Dartzowe)  nimmt  die 
Gewässer  do*  Trave  mit  ihren  NebenflOssen  der  Steckenttz  und  Wakenitz  auf, 
der  östliche  die  weniger  bedeutende  Stepenitz  mit  ihren  Verstärkungen  durch 
die  Maurine  und  die  Radcj^ast.  Aljer  so  winzig  auch  heute  dies  kleinere 
östliche  Wasserstrassengebiet  erscheint,  so  war  es  doch  in  jener  7xit,  in  der 
sich  die  Landstrassen  in  einem  durchweg  äusserst  mangelhaften  Zustande 
befanden,")  iUr  den  Lübecker  Binnenhandel  auf  kleinen  Kähnen  und  Böten  von 
solcher  Widitigkdt,  dass  sowohl  grosse  wie  kleine  Herren  der  anstossenden 
Landgebiete  durdi  Wahrnehmung  von  Zöllen  und  anderen  Rediten  aller  Art 
ihren  Vortheil  daraus  zogen  und  diese  Flüsse  mit  ihren  Brücken  in  den 
Verträgen  jener  Zeiten  oft  genug  eine  Rolle  spielen.*)  Am  meisten  schädigt  den 

')  M.  U.-B.  143.  173.  DarUchowe  (ilva.  Die  gwue  G«gend  iUirt  den  Namen,  wie  lahl* 
reiche  Urkun<li-n  iK^wt-iVin .  \'^\.  M.  U.-R.  65.  81  n.,  «gd  twehcrdic  Kcgirter.  Dcsgl.  die  BinMaaeet 
stagnum  DarUowe,  Dartzowcnse.    M.  U.-B.  5642. 

*)  Kahnd,  U.  Jahib.  XLVI,  8.  38.  V(l.  aadi  Deftsbv,  S.  39,  Die  eana  alle  Beieichn«iig 
■chcint  Deritlisowc  cnler  Dcrithsewc  gewesen  zu  sein,  wenn  das  einst  in  Slavia  dem  Tii&chof  Ton 
AUenlmig  zugewiesene  Tafelgttt  dieses  Namens  mit  Daaow  identisch  war.  Vgl.  Wigger,  Annaica, 
S.  61.  124.  134. 

^  Ueber  die  bfiam  Wcs«  mid  Stmeen  bei  Dimoir  vgl.  bcsonden  M.         1867  («aiio  iaS4() 

und  2017  (anno  1289). 

*)  Vgl.  M.  U.-B.  250.  269.  929.  963.  967.  7425.  Nachdem  der  KaUcbuxger  Bischof  den 
Labeekern  im  Jahn  tai9  wiiMn  Aatbeil  am  Dassowtr  Braekeiaell  «riamen,  tbat  ca  ein  Jahr  qilter 

auch  «l'  T  iriccklcnl)UTE Ische  Landesherr  ...  ob  absoliitionem  peccaminutn  nostrorum  et  eterne  flla 
consulaiiuncm.    Und  nnn  halten  die  Lübecker  ia  der  Folge  fest,  was  ihnen  sugestanden  ist. 


faVente  •  IehoVa  •  ereXI  • 
faVeat  •  DoMInVs  •  IehoVa  • 
CVSTOS  •  ereCtI  • 


Der  Flecken  Dassow. 


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FLECKEN  DASSOW. 


393 


Handel  die  Dassower  Burg  (cnstrum  Dartzou  c),  deren  Inhaber,  die  holsteinischen 

Herren  von  Dcr/owc  (de  Dartzowe),  sobald  es  ihnen  passend  erscheint,  die 
Kaviflcute  überfallen  iinii  berauben.  Doch  nach  einem  Vcrtrapc  mit  den  mecklen- 
burgischen Landesherren  am  i8.  October  1261  gelingt  es  den  Lübeckern,  die 
Burg^  zu  erobern,  ihre  holsteinischen  Herren  zu  vertreiben  und  von  den  Mecklen- 
bui^em  daa  Versprechen  zu  erhalten,  dass  weder  diese  noch  überhaupt  eine 
Burg  auf  der  Strecke  von  Dassow  bb  Gffevesmtthlen  aufgebaut  werden  solle.*) 
Hiemit  steht  es  freilich  in  keinem  Einklänge,  wenn  noch  nicht. ganz  hundert 
Jahre  später  (und  zwei  Jahre  nach  I^rncucninjj  des  den  1  uheckcrn  fyct'jebcnen 
Versprechens)  der  Ilcrzog  Albrecht  von  Mecklenbur<^  den  Herren  \<in  Parkentin 
den  VViederautbau  der  alten  Uurg  gestattet.*)  Die  aus  dem  Lauenburgischen 
gekommene  Familie  von  Parkentin  hatte  seit  1301  die  Hemchaft  ttber 
Dassow.  Die  Brüder  Marquard  und  Dethtev  von  Parkentin  sind  es,  denen 
Fürst  Heinrich  der  Jüi^jere  von  Mecklenburg  am  19.  Februar  1301  das  Dorf 
Dassow  verkaul\.  Die  Familie  breitet  sich  in  der  Dassower  Gegend  überhaupt 
bald  aus  Als  am  23  April  1332  alle  ihre  Mitj^Iicder  wcj^cn  I->schla^ung 
zweier  Angehori^fen  in  einer  Fehde  mit  dem  Katzebiir},'er  Stift  dem  Hischof 
Marquard  auf  dem  l'riwall  bei  Dassow  um  1 500  Mark  Lub.  Tf.  Urfehde  schworen, 
sitzen  sie  ausser  in  Dassow  bereits  auf  den  Gütern  Prteschendorf,  Wendisch» 
Ummendorf,  Niendorf  und  Behlendorf.*)  Und  am  8.  Deoember  1351  belehnt 
Herzog  Albrecht  von  Mecklenburg  die  Brüder  Nikolaus,  Mako,  Hinricus  und 
Hc\-nekinus  mit  dem  höchsten  Gericht  und  iler  Hede  de.s  Dorfes  Dassow.*) 
Diese  Privilegien  machen  sie  zu  den  eigentlichen  Herren  des  Ortes,  wenngleich 
sie  nicht  die  einzigen  sind,  die  dort  Güter  und  Rechte  haben.  Die  Kdlen 
von  Dartzowe  sind  um  diese  Zeit  verschwunden,  von  holsteinischer  und  lauen- 
burgischer  Seite  war  der  Zerstörung  ihrer  und  anderer  Burgen  im  Frieden 
vom  I.  Juni  1307  auf  Herrenßihre,  zugestimmt  worden,*)  aber  die  Lübecker 
Familie  von  Attendorne*)  ist  in  Dassow  schon  in  der  ersten  Hälfte  des 
XIV.  Jahrhunderts  bej^iitert  vind  hat  dort  noch  1372  die  Muhle  und  einen  Hof) 
Auch  die  Komthurei  Kranckow  bezieht  von  dort  eine  Zeit  lang  Einkünfte/) 

*)  M.  U.-n.  929,  besonders  die  Note.  963. 

*)  In  der  den  Lttbeckcrn  gegebenen  Urkunde  vum  85.  Februar  1351  hci>!>t  es;  ....  con- 
firmainus:  primo  videlicet  ilUm  libcrtalem,  quod  nec  in  ipso  loco  DarUowe  nec  in  lertninis  nec  in 
coofinb  «joi  nqne  «d  opidiim  Gntwcsmolen  vmquaoi  ■  mImstcI  a  nosträ  heredibna  «li<|ua  munkiu, 

forfalicinm  aut  Castrum  cdificari  qunniodolihcl  (lcl>cat  nc<]itc  pos^it  ....  In  tlrr  den  Parkciilinen 
am  12.  November  1353  gegebenen  Urkunde  aber  steht:  Insuper  jam  dicli  i'arkcntync  et  ipsorum 
hendes  cntran  in  Dartzowe  ieedi6care  posaunt  In  loco,  VU  prio*  Aurat  sitvatm,  cmn  hoc  ipm» 
Tisom  fnerit  conuenire,  et  ad  hoc  nos  rt  nostri  hcredes  ac  successorcs  ipsis  volumus  astantcs  c»e 
ab  eis  requisiti.  Vgl.  M.  U.-B.  7435.  7839.  Ueber  die  Lage  der  Burg  vgl.  Lisch,  M.  Jahrb. 
XXVII.  S.  195.    Wi{;cer,  necklenlk  Aim.,  S.  124. 

•)  M  U.-B.  5327. 

*)  M.  U.-B.  7S43. 

*)  M.  U.-B.  3167.  3402. 

*i  M.  Kunst-  u.  GeKhicblsdenkiD.  I,  S.  $43. 
M,  i'.-n.  6917.  10313.  «0367. 

*)  M.  U.-B.  8254. 


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394 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GREVBSIfOHLBN. 


Sehr  lebhaft  ist  ferner  das  Interesse,  das  die  Lübecker  mit  Stiftungen  für  das 
St.  Jürgen -Haus  bcthätigcn.')  Aber  die  Familie  Parkentin  behält  die  Ober- 
herrschaft über  Dassow,  das  sich  iii/.wischen  vor  den  übrigen  Dörfern  der 
Umgegend  zu  solcher  Grösse  entwickelt  hat,  dass  es  nach  der  Mitte  des 

XIV.  Jahrhunderts  nidit  mehr  als  vilb,  sondern  als  oppidum  (kleine  Stadt, 
Markt,  Flecken,  Weiler)  bezdchnet  wird.")  Die  Herren  von  Parkentm  behalten  es 
über  400  Jahre  lang,  bis  1746.  Sie  werden  in  der  Folge  oft  genug  in  der  Landes* 
geschichte  genannt  und  machen  sich  nach  verschiedenen  Richtungen  hin 
bemerkbar.  Im  Jahre  1391  stehen  sie  sammt  der  ganzen  Ritterschaft  in  der 
V'ugtei  Grcvesmühlen  mit  Gut  und  Hlut  für  den  gefangenen  Herzog  und  König 
von  Schweden  ein.')    Zwei  Mitglieder  ihrer  Familie  besteigen  im  XIV.  und 

XV.  Jahrhundert  den  biscbörUchen  Stuhl  zu  Ratzeburg.^)  Selbstverständlich 
betheiligen  sie  sich  nachher  auch  an  der  berühmten  Lttbedcer  Fehde  des 
Jahres  1505,  welche  aus  einer  Verkettung  von  Irrthümern  entsteht,  aber  zu 
crn.sten  N'erwicklungen  fuhrt  und  weite  Kreise  zieht. •"')  Sie  sind  aber  auch 
eifrige  Verfechter  der  Reformation.'')  S{):iter  ist  Barthold  von  Parkentin  auf 
Bolz  einer  von  den  Wallenstein  sehen  Vertrauensmännern.')  Etwas  über  hundert 
Jahre  später  verkauft  der  Königl.  Dänische  Gdieime  Konferenzrath  von  Plaricentin 
die  Güter  Lütgenhof,  Prieschendorf,  Kaltenhof  und  Dassow  c.  p.,  audi  das 
Gut  Schönfeld,  an  die  Frdherni  von  Eyben  und  bestreit  damit  den  Unteiigang 
seines  Geschlechts  in  Mecklenburg.*)  Rechtsnachfolger  dieser  sind  seit  1816 
die  Kdlen  von  Paepkc  auf  Lütgenhof  Der  vom  (irosshcrzoglichen  Ministerium 
des  Innern  auf  Vorschlag  des  Besitzers  bestellte  Ortsdirigent  ist  zuu;li-'ich  Be- 
vollmächtigter der  Lütgenhofer  Gutsherrschaft,  und  Dassow  ist  somit  als 
ritterschafÜidier  Flecken  zu  charakterisieren.  Seit  1859  ist  der  Flecken  mit 
einer  Kommunalordnung  und  mit  eigener  Kämmerei  bewidmet.*)  Das  lange 
von  Lübeck  und  Mecklenbui^  umstrittene  Hoheitsrecht  über  die  Dassower 
Binnensee  ist  durdh  reich^riditliche  Entscheidung  vom  21.  Juni  1890  der 
Stadt  Lübeck  zugesprochen  worden.") 

Die  älteste  kirchliche  F.ntwicklung  des  Fleckens  vollzieht  sich  unter  dem 
Krummstab  des  Bischofs  von  Ratzeburg,  aber  nicht  wie  die  der  Parochien 

*)  M.  U.'B.  1706.  1951.  ao4S.  7446.  7467.  7514.  7S>6>         9675.  lojii.  Der  Name 
St,  Georg  in  Urk.  9742. 

*)  M.  U.-B.  9742.  10313.  10367.    Köckniu  (Dargun)  und  Viccheln. 
M.  Jahrb.  XXTIT.  S.  aos. 

*)  M.  Jahrb.  XXI.  .S.  47. 

I'r.nnk,  .\!u  <^  u.  Ncucs  Mecklenburg  IX,  S.  l6ff.    Boll,  Gesch.  v.  Meklenbaig  I,  S.  340. 
*}  Liich.  .M,  Jahrb.  XVI,  .S.  63.  80. 

M.  J«hrb.  XXXV.  S.  84- 
'}  Als  letzte  ihres  CJfschlcchts  jjilt  die  in  Kibnitz  im  Jahre  1775  vcrstorhcnc  Konvtntualin 
Muia  Christina  Ilsabe  von  Parkentin.    M.  Kunst-  u.  Geschieh tsdcn km  I,  S.  355.    M.  Jahrb.  XI, 
S.  452.    XXIX,  S.  273.   XXXVIII,  S.  330. 

*)  RMbe-Qwute,  VnterUmddi.  I,  S.  914. 

Vgl.  H.1SSC,  K.iiscr  I  riedricli  s  I.  Freibrief  für  Lübeck  vom  19.  ScptPmbcr  I188  (l.ttbedl, 
E.  TeadorflT)  S.  5.    Uas  Unheil  selbst  isl  1890  bei  Borchers -Lübeck  im  Druck  crschieneo. 


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FLECKEN  DASSOW. 


39S 


des  Kliitser  Waldn  unter  dem  Ardiidiakonat  des  Probstes  von  Rehna,  sondern 

unter  dem  des  Probstes  von  Ratzeburg.')  Hin  auffallendes  Ereigniss  des  Mittel- 
alters  aber  ist  die  Ueberweisunjij  des  ratronals  der  Kirche  an  das  weit  ent- 
fernte Kloster  Ribnitz  durcli  l'urst  Alhrecht  vt»n  Mecklenburg;  im  Jahre  1339  *) 
Mit  grosser  Gewissenhaftigkeit  waltet  das  Kloster  über  die  Zeiten  der  letzten 
Aebtissin  Herzo^nn  Ursula  (f  1 586)  hinaus,  wie  zahlreiche  Urkunden  und  Akten 
beweisen,  dieses  seines  Amtes  bis  1632.  In  diesem  Jahre  bringt  Herzog  Hans 
Albrecht  II.  zu  Güstrow  mit  den  Gütern  des  Klosters  auch  dessen  Patronats- 
rechte  an  sich.')  Von  da  an  ist  also  der  Landesherr  Patron  der  Kirche. 
Unter  den  mittelalterlichen  Plebancn  werden  genannt  um  1237  Heinrich,  um 
1257  Kot^'er,  zwischen  1275  und  1295  Heinrich,  um  1320  Nikolaus  I'n  en  (zur 
selben  Zeit  als  V'icepfarrer  der  schwer  angeklagte  Heinrich  von  Dartzow/j  um 
132 1  Johannes  Vogel,  und  um  1356  Mathias  Lasche.*)  Gleidi  nach  der  Refor* 
mation,  um  1541,  ist  Christianus  Ringelstede  Kirdiherr,^  um  1568  Joh.  KoHze, 
um  1578  Georg  Ziegelmeister,  zwischen  1588  und  1610  Joh,  Schregel,  von 
161 1  bis  1636  Christoph  Schultz,  von  1636  bis  16^)9  Hermann  Tarnow,  von 
1^)70  bis  1673  Johann  Marci,  von  1675  bis  1692  Joh.  Hackmeister,  von 
1693  bis  1704  (.')  Joh.  Turlag  (nach  Cleemann  Samuel  Lutkemann),  von  1705 
bis  1730  J.  Severus,  von  1730  bis  1769  Christoph  Siegfried  Severus,  von  1771 
bis  1803  Merian.^  Ueber  dessen  weitere  Nachfolger  ^1.  Walter,  Unsere 
Landesgeistlichen. 

Das  Schifl*  der  Kirche  von  Dassow  ist  ein  Granitbau,  bei  dem  man 
sich  Itir  die  Herstellung  der  Portal-  und  Fensterschmiegen  nicht  die  Mühe 
verdriessen  Hess,  den  harten  spröden  Stein  mit  sorglichster  Bearbeitung  den 

gewünschten  Formen  anzupassen.  Auf  jeder  Seite  drei  I.ichtöflTnungen,  die  mit 
Ausnahme  des  mittleren  I''ensters  auf  der  Südseite,  das  als  funftheilit^cs  Rund- 
oder Raiifenster  ijebildet  ist,  den  Spitzi)<)[^enschluss  der  hViili^i "thik  halurn. 
Unterhalb  des  Rundfensters,  sowie  unterhalb  des  ihm  entsprechenden  Spitz- 
bogenfensters  auf  der  Nordseite,  ein  Portal.  Eine  flache  Decke  ist  über  den 
Raum  des  Sdiifles  gespannt.  Ob  einst,  wie  man  nach  Ansätzen  im  Innern  ver- 
muüien  könnte,  Gewölbe  vorhanden  waren,  die  möglicherweise  bei  dem  grossen 
Brande  von  1632  zusammenstürzten,  ist  heute  nicht  mehr  zu  ermitteln.  Der 
um  eine  Stuff  erhöhte,  aus  Zietjel.steinen  erbaute  Chor  ist  schmaler  und 
niedriger  als  das  Schiff,  schliissl  nach  Osten  t^latt  ab  und  trafst  ein  auf  vier 
Ecksäulcn  mit  Laubkapitellen  aufsteigendes  Gewölbe.    In  der  Ostwand  die 


')  M.  U.-B.  375  (S.  371).  471.  47a.  I>er  Probst  von  Ralzeburg  hat  an  den  von  Kehna  ver- 
loren Rehna  und  Wedeinlorf.  I)aftir  hat  er  I").Ti.sow  und  Mimunrniinrf  crli.iltfn.  Ferner  M.  U.-B« 
800.   1107  (Wein- Stillung  Heinrich  s  des  Pilgers).    1594.  3851.  4117.  4193.  5613, 

*)  U.  U.-B.  5948.   M.  Kanit-  v.  GesdiiehtadenkB.  I,  S.  3B9. 

•)  Vgl.  l  ott,  Gesch.  d.  Slidt  ROmitt.  S.  174.  175. 

*)  Vgl.  M.  U.-B.  4193. 

^  Vgl.  Register  zum  M.  Urknndenbueli. 

^  Vgl.  M.  Jahrb.  S.  171.    Kirchcnvisitatiunsprotokoll  von  1541. 

^  Vgl.  Kirchenakten  nnd  V»iutiOQ»|»olokotle  im  Crosah.  Aicbiv. 


396 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GREVESMÜIILKX. 


Altar. 


herkömmlichen  drei  Fcnsterschlitze  aus  der  Zeit  des  Ueberganges  vom  romani- 
schen zum  gothischcn  Stil,  von  denen  der  mittlere  höher  ist  als  die  beiden 

seitlichen.  Wie 

der   Chor,  so 

ist    auch  der 
Thurm  aus 
Ziegelsteinen 
erbaut,  aber 

Uber  seine  ur- 
sprüngliche 
Form  lä.sst 

sich  nach  dem 
Urande  von 

1632,')  der  ihn 

arg  mitnahm , 
nicht  mehr 

recht  urtheilcn, 

jetzt  deckt  ihn 

ein  zweiseitiges 

Satteldach  mit 

einem  Dach- 
reiter Thünn- 

chen. 

Der  Altar 

ist   ein  Werk 
der  Spät- 
renaissancc 
und  eine 
Stiftung  der 
Wicschcn 
dorfer  *)  BÜ- 
LOWs  nach 
dem  gro.ssen 
Brande  von 
1632.  Die 
Kunstlischlerei 

daran  verdient  ebensoviel  Aufmerksamkeit  wie  die  Gemälde,  die  jüngeren  Datums 
sind  und  von  dem  verstorbenen  Maler  Griebe  in  Grcvesnuihlen  herstammen. 


Ulilow 'scher  Altar. 


')  Eine  ausführliche  Rcschreihunp  «licses  Rrandes,  der  das  ffcsammte  Mobiliar  der  Kirche 
zerstörte  und  bei  dem  der  grusstc  Thcil  des  Fleckens  in  Flammen  auffing,  findet  sich  in  den 
Kirchciiaktcn  des  üros«h.  Archivs  in  Siltwcrin. 

Hartwij;  von  Bülow  (f  1650)  auf  Wiesclieiidorf  und  Elmetihurst  war  i-crmählt  mit  Godel 
von  Uuluw,  einer  Tochter  des  DeilofT  :iuf  lluiidorl  au&  der  Linie  Wcdendürf. 


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FLECKEN  DASSOW. 


397 


Die  Kanzel,  eine  Stiftung  der  Familie  VON  BÜLOW  auf  Harkensee,  ist 
ein  sehr  zu  beachtendes  Kunstwerk  der  Renaissance  vom  Jahre  1633,  mit 
reichem  Fij^uren-  und  Int;irsienschnuick.  Der  Schalldcckel  tragt  die  Inschrift: 
ZU  GOTTES  EHREN  DIESEN  PREDIGTSTUHL  VEREHRT  DER  WOHLEDEL  GE- 
STRENGE U.  VESTER  JÜRGEN  VON  BVLOW,  ANNA  VON  DER  LÜHE,  MAR. 

GRETA  VON 
BVLOW,  CORD 
JÜRGEN  VON 
BVLOW. 
AGATA  VON 
BVLOW,  VICKE 
VON  BVLOW. 
Unten  an  der 
Kanzel  steht 
die  Jahreszahl 

"^^33- 

Im  Jahre 
i884J>ei(;c- 
Icgenhcit  der 

Reslau- 
rierung  des 
Innern  der 

Kirthe, 
wurde  unter 
der  dick  auf- 
getragenen 
Oelfarhe  eine 

Kiillc  der 
schönsten  In- 
tarsien gefun- 
den. Sie  sind 
durrh  den 
Kiinsttis<hler 
Petersen  in 
I)asst)\v  aufs 
Heste  wic<ler- 

hergestellt 
\vf)r(U'n. 


Kanzel. 


Billow'achc  Kaiii!t:l. 


Taufe. 


lim  in  derber  liaucrn-Renais.sance  geschnitzter  .sechsseitiger  Taufbecken« 
Behälter  vom  Jahre   1672.  eine  Stiftung  der  Herren  VON  PARKENTIN  auf 
I-ütgenhof,  steht  jetzt  im  Grossherzoglichen  Mu.seuni  zu  Schwerin.    Die  dazu 
gehörige  Schüssel,  eine  gute  Treibarbeit  in  Messing,  enthalt  das  Parkentin'sche 
Wappen   und    darunter   die   Inschrift:    •:   DER        VON   •:  BERKENTIN 
Dazu  das  Datum  ARO  1672. 

Gestühl.    Die  Sakristei  enthielt  ehemals  einen  von  den  PARKENTIN  S  Gestühl, 
auf  Liitgenhof  im  Jahre    1633   gestifteten,   jetzt  im   Museum   zu  Schwerin 


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39« 


AMTSGERICHTSBBZIRK  GREVESIIÜULEN. 


stehenden  Sit«  für  den  Pastor,  der  einen  auf  ^geschnitzten  Säulen  ruhenden, 
reich  im  Spätrenaissance -Stil  gezierten  Baldachin  über  sich  hat.  Von  den 
mit  Wappen  geschmückten  Aufsätzen  der  Stuhlwangen  trägt  die  eine  die 
Namen:  MARQVAROT  •  V  •  BARKENTHIN  und  IDA  •  HEDEWICH  •  V  •  BARKEN- 
THIN (darüber  das  Parieentin'sche  und  Rantaau'sche  Wappen),  die  andere  die 
Namen:  BARTOLT  •  V  •  BARKENTHIN  •  DETLEF  •  V  •  BARKENTHIN  •  CASPAR. 
V«  BARKENTHIN.  Darüber  dreimal  dns  Parkentin  sehe  Wappen.  -  In  der 
Sakristei  noch  erhalten  die  geschnitzte  Wand  des  früheren  Prcdigcrstuhles, 
welche  mit  den  Bildnissen  des  Heilandes  und  seiner  drei  Hauptjünger  sowie 
mit  Ueineren  Gruppcndaistellungcn  von  Vorgängen  aus  der  altteatamentHclien 
Geschichte  geschmückt  ist  —  Als  Rückwand  des  WietdiMdorflte  Chor«  ist 
die  frühere  Vorderwand  des  alten  Hofstuhls  mit  dem  Bülow'schen  Allianx> 
Wappen  (Wappen  von  Bülow  doppelt  mit  dem  Datum  1712)  angebracht.  — 
In  der  Nordostecke  des  Chors  befindet  sich  der  Prediger -FraveoatnU  mit 
guter  Renaissance -Schnitzerei  von  1633. 

Glocken.  Im  Thurm  hängen  drei  Glocken.   Die  gröaste  giebt  als  Inschrift  die 

Geschichte  ihrer  Entstehung  in  folgenden  Versen:  DAS  SECHS  [ZEHN]  HUN- 
DERT DREI  UND  DREISSIGST  JAHR  DER  ANFANG  UNSERES  KLANGES  WAR. 
HANS  ALBRECHT.  FÜRST  ZU  MECKLENBORCH,  TRUG  DAMALS  ALS  PATRO- 
NUS  SORG.  -  IM  KIRCHSPIEL  CASPAR  BARKENTIN  BARTOLD  SEINEM  BRU- 
DER GEHOLFEN  FIEN.  JORGEN  >)  UND  HARTWIG VON  BOLOWN  UNS 
AUCH  MIT  REICHER  GABAN8CHAWN.  MATTHIAS  UND  BOCKWOLD'N  ERBEN*) 
UE8SEN  UNSER  WERK  AUCH  NICHT  VERDERBEN.  CHRISTOFFER  8CHUL2E 
WAR  PASTOR,  DURCH  DESSEN  FLEISS  GING  ALLES  VOR.  -  Die  mittlere 
Glocke  träirt  du-  Inschrift:  ICH  UND  DIE  LIEBSTE  SCHWESTER  MEIN,  ZU 
EINER  ZEIT  GEGOSSEN  SEIN,  ARENT  KLEINMANN  DER  MEISTER  WAR.  DES 
KUNST  MACHT  UNS  SO  FEIN  UND  KLAR,  GOTT  GEB,  SO  LANG  DIE  WELT 
NOCH  STEH.  DASS  UNSER  KLANG  MIT  FREUDEN  GEH,  IHM.  ALS  DSM 
ALLERHÖCHSTEN  HERRN,  UND  CHRISTEN  FROMM  ZU  LETZTEN  EHRN. 
Auf  der  andern  Seite  des  Feldes  die  Namen  der  Juraten:  A8MU8  SÖVEN» 
MARK.  CLAUS  STERLIE.  FRANZ  MEYER.  HEINRICH  KLINCKEBIEL.  ^  -  Die 
dritte  und  kleinste  Glocke  tra^n  die  Inschrift:  SOLI  DEC  GLORIAI  M.  ADAM 
FLAUER  GOSS  MICH  IN  LÜBECK  ANNO  1769. 

Gemälde.  Sämmtliche  Genllde  der  Kirche  gdiören  der  neuesten  Zdt  an,  mit 

Ausnahme  eines  Oelgemäldes  über  dem  Rosenhäger  Stuhle,  welches  den 
früheren  Dassowcr  Pastor  Hermann  Tarnovtus  in  I.chcnsjjnisse  darstellt. 
Inschrift:  HERMANN  TARNOVIUS.  NATUS  GREVISMOUVE  1605,  PIE  DENATUS 
1609.  TEMPLI  HUIUS  DASSOWIENSIS  PER  34  ANNOS  PASTOR  MERI- 
TISSIMUS. 


')  Auf  Ilarkcn&cc. 

Auf  Wicschcndorf  und  Elmenhorst. 
*)  Auf  JölunnMotf. 


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FLECKEN  DASSOW. 


399 


Kleinkanstwerke.  i.  Hoher  (0,31  m)  silbervergoldeter  Friihrenaissancc-  Kleinkunst- 
Kelch  auf  scchspassigem  l'"u.ss  mit  auf-  werke, 
{jelöthetem  Krucifixus  als  Signaculum  und 
den  beiden  Namen:  JÜRGEN  V.  BÜLOW  und 
ANNA  VON  DER  LÜHE  (sammt  den  ent- 
sprechenden Wappen).  Die  Wappen  .sind  als 
hochovale  Silbcrplatten  behandelt  und  mit 
blauem  Eimail  gefüllt.  Sie  werden  von  ein- 
ander und  vom  Signaculum  durch  je  ein 
Feld  mit  eingravierten  Frucht-  und  Hlätter- 
bündcln  getrennt.  Die  unteren  Glieder  des 
Fujises  sind  ebenfalls  mit  Hlätter-  und  Frucht- 
bündeln belebt,  desgleichen  in  hervorragend 
schöner  Weise  auch  der  untere  'llieil  der 
Kupa.  Am  Knauf,  der  die  Grundform  einer 
Kugel  hat,  i.st  Treibarbeit  mit  Gravierung 
vereinigt.  Der  Fracht  des  Kelches  entspricht 
die  19  cm  im  Durchmes.ser  haltende  Patene, 
deren  Rand  zwölf  cinpassigc  Vertiefungen 
hat.    Als  Werkzeichen  beider  der  lübi.schc 

Doppeladler 
und  der 


Stempel 
Vom  An- 
fange des 

W'II.  Jahrhunderts,  die  Gravierungen  freilich 


Kelch  Nr.  t. 


Kelch  Nr.  2.  Fuss  des  Kelchi»  Nr.  2. 

noch  im  Charakter  der  zweiten  Hälfte  des  XVI.  Jahrhunderts.  —  2.  Renais.sancc- 
Kelch,  silber\'ergoldet,  auf  .sechspassigem  I'\)ss,  mit  reicher  Treibarbeit.  Höhe 
0,23  m.    Um  die  vergoldete  Kupa  eine  ausgeschnittene  Silberverzicrung,  die 


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406 


AMTSGeftlCHTSBfiZlRK  GRBVESMÜHLEM. 


den  unteren  Thcil  bedeckt.  Der  sechsseitige  Knauf  hat  die  Form  eines  ICies. 
Von  den  unteren  sechs  Feldern  des  Fusses  sind  vier  niit  den  zu  Gruppen 
gusammengeatellten  Marterwerleaeugen  gefflUt.  Das  ^nSbt  hat  dn  Monogramin 
(s.  Abbildung),  das  sechste  ein  Allianzwappen.  ■  Am  Fuss  die  eingravierte 
Inschrift:  OB  t  HELM  WRANGBL  •  MARIA  V  •  BOCKWOLT  1643.  Auf  der 
Unterseite  des  Fusses  sind  eingraviert  die  Buchstaben  H.W.  M.  v.  B. 
1643.  Als  Wcrkzcichcn  nebenstehende  zwei  Stempel.  Tatene  ohne 
Zeichen.')  —  3.  Kleiner  silhervergoldeter  «^othischer  Kelch  auf  sechspassigem 
Fuss.  Das  früher  aufgenietete  Signaculum  fehlt.  Die  kleinen  Ruutenfcldcr 
des  Knaufes  zeigen  den  Namen  1  Ii  6  S  V  S  in  blauem  Email.  Oben 
und  unten  am  Knauf  spitsbc^enfensterartige  Verzierungen,  an  seinen  Ringen 
Weinranken.  Um  den  Rand  des  Fusses  zieht  sich  ein  Perlstab.  XV.  Jahr- 
hundert. Keine  Patene.  —  4.  Oblatendose  von  Silber,  an  den  Riintlern  ver- 
goldet, schlicht  rund.  Inschrift  auf  dem  Deckel:  GERTH  QUIZKE  AÖ  1667. 
ELISABET  QUIZKE.  Als  VVerkzeichen  der  Lübecker  Doppeladler  und  r--| 
der  nebenstehende  Meisterstcmpcl.  —  5.  Silbervergoldete  Abendmahls- 
kanne  im  Spätrenaissance-StU.  Schöne  Treibarbeit  am  Deckel  und  Fuss. 
Griflf  und  Kanne  gegossen  und  ciseliert.  Stempel  undeutlich,  aber  dennoch 
als  Lübecker  Arbeit  nach  ähnlichen  Arbeiten  anderswo  zu  bestimmen.  Der 
Griff  ist  mit  einem  M»)hrenkopf  verziert,  des  Ausguss  stellt  einen  Dclphins- 
kopf  dar.  Auf  dem  Deckel  ein  I'iiiienzapfcn.  Die  Kanne  tragt  das  von  Schack- 
Buchwald  sehe  Allianzwappen  und  die  Inschrift:  SEL.  CLAUS  SCHACK.') 
MARGARETE  BUCHWALTEN.  1682  IST  DIEBE  KANNE  DER  DA8SAUER  KIR- 
CHEN FOREHRET.  —  6.  Silberner  Klingebeutel  in  Form  einer  cylindrischen 
Dfichse  von  0,18  m  Höhe  und  0,10  m  Durchmesser,  von  trefflicher  Treibarbeit. 
Die  Vorderseite  zeigt  das  von  Fngeln  getragene  l^nlow'schc  Wappen  mit 
Schild  und  Helmzier.  Die  I  lelmdecken  verbreiten  sich  m  reichen  gekräuselten 
Blattwindnngen  (genre  cichorcsque)  .seitwärts  vom  Wajipen.  Die  (Gegenseite 
füllt  ein  Hlumengewinde,  das  von  Bandwerk  im  Spatrenais.sance  -  Geschmack 
durch/.ogcn  ist.  Auf  der  Unterseite  hübsche  Fruditbttndel.  An  der  Einlassung 
oben  die  Initialen  O.  W.  V.  B.    D.  E.  V.  B.*)  An  den  beiden  Glöckchen  der 

')  Statt  MMM  niua  MMOAUIM  tfehen.    Der  Goldadiinied  halt  lich  liier  mrwhen.    Auch  die 
Zetchnung  des  Monogramms  auf  dem  Kelchfuss  weist  auf  Magdalena,  nicht  auf  Maria  hin.  Vgl. 

Cliristl.  I.eichi>rp<Iif;i  auf  den  K.  Schwetl.  Gcneraltnajor  Helm.  Wrangel,  verwundet  12.  Auf^ust  1647 
bei  l'fibal  in  Bühincn,  13.  August  gestorben,  15.  December  in  Wismar  beigesetzt.  Rede  vun 
Joachim  Hartiberg.  Gedndtt  hei  Joh.  Rieheln  1648  in  Ruatoeli.  —  Datmieh  war  H.  W.  1600  ia 
Licvlaml  j^ebon-n.  Nach  dem  Tode  seiner  ersten  (laiiin  Anna  Sabina,  geb.  Ticusch  von  Butlar, 
im  Jahre  1641  vermählte  er  sich  in  «weiter  Ehe  mit  Magdalena  von  Backmld.  Von  ihr  erhielt 
er  «inen  Sohn,  Kart  Ftiedricb,  and  vier  TSdiler:  Dofolbea  EUnbcth,  Anna  Matdalena,  Sophia 
Eitlier,  Anna  Margaretha.  Ucgdalena  von  BuchwaM  venaihlte  «ieli  tplter  mit  Htm.  von  Fcnen. 
S.  o.  S.  238.    Da/u  S.  54. 

*)  Auf  JohannsUorf  bei  Uassow,   dem  alten  Erbüitz  derer  vun  ISuchwald,  von  dem  Klaus 
von  Sehaclc  aa  9.  Oetoher  1644  pfandweise  dnen  Antheil  tfbeniahm. 

')  (Jeorg  Wiüiclm  vun  liiilnw,    vnii   der  Linie  Wchnin^jcn,   hiditeinlschcr  niK-rstlicuIenailti 
auf  Harkensce,  vermählt  mit  Dorothea  Cleunorc  von  liUlow  aui»  dem  llause  llarkcnsee.  Er 
1691  das  Gat  Harkeatce  von  Kutt  Chrialopli  von  Bttio»  aatlduetice  tat  swanxig  Jahre. 


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FI.KCKKN  DASSOW. 


401 


Lübecker  Doppcladler  in  achteckigem  Felde  und  das  Zeichen:  (^o)-  — 
7.  8.  im  I^nghausc  der  Kirche  hanj^cn  zwei  Kronleuchter  aus  Messing. 
Der  grösste  trägt  die  Inschrift:  JOCHIM  NEGENDANK  (Wappen)  ELISA- 
BETH MARIA  VON  PERKENTIN  (Wappen)  1660  ')  Der  kleinere  Kron- 
leuchter tragt  die  Worte:  S.  (Sei.)  CHRISTIANS  SITHMANN  KATHARINA 
OHMCKEN  (zwei  Wappen)  1625.  —  9.  Auf  dem  Altar  ist  ein  gegen  Knde 
des  vorigen  Jahrhunderts  gestiftetes  Lesepult  aufgestellt,   das  mit  hübschen 

Hlumen-Intarsien  geschmückt 
ist  und  oben  ein  Krucifix 
trägt,    das    auf  schwarzem 

Kreuz    einen  versilberten 
Christus  zeigt. 

Das  Inventar  von 
1811  nennt  ausserdem  zwei 
zinnerne  Leuchter  mit  dem 
Hülnw'sthcn  Wappen,  den 
Initialen  (I.  W.  v.  B.  und 

I>.  K.  V.  Ii.,   und  dem 
Datum     1708    (vfjl.  den 
Klin^jeheutel).  -  -  Der'l'auf- 
l)e(  kenhehahcr  hatte  einen 

Pyramiden förtuig  auf- 
steigenden Deckel,  der  die 
Namen  und  \V;i|)pen  von 
liarthold  von  Parkentin , 
Manpiard  von  Parkentin 
und  der  Helwig  von  'I  hinen 
trug  (vgl.  den  IVediger- 
stuhl).  —  Die  Kin  hc  l»c- 
sass  ferner  ein  (lemaide, 
d;Ls  den  Herzog  Friedrich 
Wilhelm  darstellte;  das 
Bildniss  des  Pastors  jakobus 
Severus;  ein  Kpitaph  des 
Christian  .\ugust  von  Parkentin  und  der  Ida  Hedwig  von  Parkentin  mit  dem 
Datum  1707;  ein  Epitaph  des  Obersten  Christoph  Otto  von  Schack  (-f-  1680) 
und  ein  Epitaph  der  Familie  von  Eyben  mit  dem  Datum  1787. 

Herrenhaus  zu  Johannstorf.    In  der  Mitte  des  Giebelfeldes  der  Fas.sade  Herrenhaus 
ein  aus  Sandstein  gearbeitetes  Wappen  der  Familie  von  Ikichwald,  die  schon  Johann- 
im  X\'I.  Jahrhun{lert  auf  Johannslorf  erbge.scsscn  war  (M.  Jahrb.  XVI,  S.  63).  storf. 
Oberlialb  des  Wajjpens  das  Wort  AMANTIBUS.    Der  übrige  Kaum  des  Giebel- 
feldes ist  mit  Sandstein -Ornamenten  ausgefüllt.    Dazu  eine  mit  Titeln  gefüllte 
lange  lateinische  Inschrift  des  Inhalts,  dass  Herr  Schack  von  Buchwald  auf 
Jühannstorf  das  Haus  im  Jahre  1743  erbaute. 

')  Jochim    von    Ncgeiidanck    erhielt    von    :äeinera    Schwiegervater    Kaspar    von  Parkentin 
Pricwhcnilorf  und  Schmachlhagen.    Er  starb  1667  (Hoinckhusen). 


Nfi'cncl.inck's.cher  Kronleuchter. 


'2Ü 


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402 


AMTSGERICFITSBEZIRK  f;REVESM('IILEN. 


Das  Kirchdorf  Mummendorf. 


Geschichte 
des 
Dorfes. 


as  9  km  westlich  von  Grevcsmiihlen  gelegene  Kirchdorf  Mummendorf 
(Munimcndorpe)  gehört  zu  den  alten  Tarochien  der  Ratzeburgcr  Diöcesc, 
die  im  Register  von  1230  verzeichnet  sind,  und  steht,  wie  bereits  bei  Dassow 
bemerkt  ist,  unter  tiem  Archidiakonat  des  I'robstcs  von  Ratzeburg.')  V^on 
den  Dörfern,  die  damals  dazu  gehören,  ist  Roggenstorf  (villa  Rcinwardi, 
Reynwarstorpe,    Roluenstorpe)  später,    zwischen   13 18  und   1335,   zu  einem 


Blick  auf  Mummendorf. 

.selbständigen  Pfarrdorf  erhoben  worden.*)  Wie  Dassow  und  alle  andern 
Kirchdörfer  der  Umgegend,  .so  nimmt  auch  Mummendorf  an  der  Weinstiftung 
Heinrich  s  des  Tilgers  Theil.')  Um  1237  ist  dort  Ludolf,  um  1299  und  1300 
Johann,  zwischen  1319  und  1335  Heinrich  und  um  1376  Rernardus  de  Hrokc 
ricban  oder  Kirchherr.*)  Der  erste  evangelische  Pfarrer,  gegen  den  der 
liischof  von  Ratzeburg  mit  kirchlichen  Strafen  vorgeht,  ist  Klaus  Lütke  (Lut- 
kcns).*)  Ihm  folgt  Joh.  Schönfeld  (um  1541),")  zwischen  1553  und  1568 
Jürgen  Scherving,  zwischen  1582  und  1596  Burkhard  Hencke.  L'm  1599  wird 
Tilt-mann  Hilers  und  um  1625  Daniel  Maa.ss  in  den  Kirchenakten  als  Pa.stor 
genannt;    1640  wird  Johann  Seedorf  (bis   1656),    1657  Benedikt  Burchardi 


»)  M.  U.-n.  375  (S.  3721.  471.  472.  4«  16.  4092  n.  5613  (S.  541). 
*)  M.  V.-K.  4029.  4030.  5613  :S.  541). 
»)  M.  U.-B.  1107. 

*)  Vfjl.  Register  de»  M.  UrkutKleribuche», 
'•')  M.  Jahrb.  VIM,  S.  50.    XVI.  S.  79. 
")  M   Jalirb.  Ml,  S.  171. 


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KIRCHIX)RF  MUMMENIKJRF. 


(bis  1684),  1685  Joachim  Rüdinger,  1734  Andreas  Wilhelm  Rüdinger,  1772 
H.  L.  n.  Monich  berufen.  Ucbcr  seine  Nachfulger  s.  Walter  a.  a.  O.  1686 
ist  in  den  Kirchenakten  auch  von  einer  Kirche  /u  Mallcntin,  das  nach  Mummen- 
dorf  hin  cingcpfarrt  ist,  die  Rede;  aber  es  verlautet  weder  vorher  noch 
nachher  etwas  dariiber. 

Als  Besitzer  von  Mummendorf  werden  um  1442  die  Gebrüder  Hartig, 
Hans,  Sterten  und  Andreas  von  liülow  zu  Wehningen  genannt,  die  damals 
auf  Wieschendorf,  Ilarkensce,  Rosenhagen,  Elmenhorst,  lioienhagen,  Testorf 
und  anderen  Gütern  der  Umgegend  von  alter  Zeit  her  sitzen  ')  um!  bis  1832 
tiarin  bleiben.    Mummendorf  im  Besondern  ist  eine  I'ertinenz  von  Wieschendorf. 


Die  Rechtsnachfolger  der  Bülow's  werden  die  Herren  von  Basscwitz.  Sie 
Ihcilcn  1835  Mummendorf  in  Hof- und  Kirch -Mummendorf,  treten  aber  crstercs 
1846  an  Wilhelm  Fratzschcr  und  letzteres  1854  an  den  spater  in  den  Adel- 
stand erhobenen  Eduard  von  ürevcs  ab.  Die  Familien  I'Vatzscher  und  Dreves 
sind  auch  heute  noch  im  Besitz  beider  Theile. 

An  der  Kirche  interessiert  am  meisten  die  Ostseite  des  in  frühgothischem  Kirche. 
Stil  (mit  Beibehaltung  romanischer  I.isenen  inid  Rundbogenfriese)  erbauten  ge- 
wölbten Chors  und  der  dem  Chor  entsprechende  Thurm,  der  aber  keinen  Helm, 
sondern  ein  Satteldach  (mit  First  von  Osten  nach  Westen)  trägt.    Das  mit 
flacher  Decke  geschlossene  breitere  Schiff  dagegen  ist  ein  durch  Restaurationen 

')  In  Her  Mitte  des  XIV.  Jahrhunderts  besitzt  die  Familie  in  der  Naclibarschaft  von  Mummen- 
dorf  die  Guter  Rwlcnbcrg,  Menzcndorf,  niUsson,  Grieben,  LUbscc  und  Rüschenbeck.  Vgl.  M.  U.-B. 
10929.  10959.  Vor  der  Mitte  des  XIII.  Jahrhunderls  finden  wir  sie  auf  r.ülow,  Victlübbc  und 
sonst  im  Lande  Gadcbu&ch  und  Hukow;  im  Anfange  des  XIV.  Jahrhundert.*  auf  Ncsow,  Wetlen- 
dorf,  ()then.s|iirf,  Rniiibeel,  Benzin,  Uörzow,  Graml>ow  u.  s.  w. 


Kirche  zu  Mummendorf. 


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404 


AMTSGERICHTSBBZIRK  GREVESMÜHLEM. 


arg  entstellter  Hau,  an  dem  nichts  mehr  gelobt  werden  kann  Zu  wünschen 
wäre,  dtxss  hei  einem  L'inbau  dieses  Thcils  für  die  I.iclitortnunf^en  die  mit 
Wülsten  verzierte  Schmiege  des  Imbschcn  iVuhgothischen  Fensters  in  der  Ost- 
wand  des  glatt  abschliessenden  Chores  zum  Vorbild  genommen  würde. 

Altar.  Der  Altaraufsatz  ist  ein  Werk  des  Barockstils  von  1 749.    I>  enthält 

jetzt  einen  von  Theodor  Fischer  gemalten  Krucifixus,  zu  dessen  l'iissen  Maria 
und  Johannes  knien.  Darunter  das  heilige  Abendmahl.  Zu  den  Seiten  des 
Mittelfeldes  zwei  allegorische  Figuren,  Glaube  und  Hoffnung. 

Kaiuel.  Die  Kanzel  ist  ein  gutes  W'erk  der  Spätrenaissance  mit  den  geschnitzten 

Figuren  des  Salvator  mundi  und  der  vier  IwangelLsten. 

TaufsleiD.  In  dem  jetzigen  Taufstein  beendet  sich  eine  getriebene  Messing -Tauf- 

schale  vom  Jahre  1648  mit  der  Inschrift:  ASMUS  WIGER  ANNO  1648  THO 
RUSCHELBECK.  —  Der  erste  Taufstein  der  Kirche  aus  dem  XIV'.  Jahrhundert, 
ein  in  der  Grundfurni  eines  gothischen  Vierpasses  aus  Granit  gemeisseltes  Hecken 
auf  rundem  Fuss,  ist  noch  erhalten. 

Grabstein.  Vor  dem  Altar  der  Grabstein  des   1S3S  gestorbenen  Pastors  Monich 

mit  gut  erhaltener  Inschrift:  GRABMAL  DES  66JAEHRIGEN  PREDIGERS  DIE- 
SER GEMEINDE  WEIL.  H.  C.  MONICH  GEST.  8.  APRIL  1838  ALT  96  JAHRE 
20  TAGE.  NEBEN  IHM  RUHEN  SEINE  BEIDEN  GATTINNEN  J.  A.  GEB.  8LANCK 
GEST.  1786  E.  C.  S.  GEB.  BOTTNER  GEST.  1826. 

Glocken.  Im  Thurm  drei  Glocken.    Die  grösste  ist  laut  Inschrift  zuletzt  im 

Jahre  1730  umgegossen  worden  und  tragt  ausser  einer  langen  Versinschrifl 
die  Namen  des  Herzogs  und  Kirchenpatrons  CARL  LEOPOLO,  des  Pastors 
ANDR.  WILH.  rODINGER  und  des  Lübecker  Giessera  LmiraoU  Sfndbom  sammt 

dem  Datum  1730.  Als  Hauptschmuck  zeigt  die  eine  Seite  des  Feldes  das 
mecklenburgische  Wappen.  Die  zw  eite  Glocke  vom  Jahre  1 597  hat  die 
Inschrilt:  MITH  GOTTES  HÜLFE  HAT  MICH  CLAWES  BINCKE  GEGOSSEN. 
DURCH  DAS  FEUER  BIN  ICH  GEFLOSSEN.  Unterer  Rand:  ^  GOTT  -f 
VATTER  ^  SON  +  VND  ^  HEILIGER  -|-  GEIST  ^  VNS  +  HIR  ^  VN  + 
DORT  ^  SEINE  +  GNADE  ^  LEIST  +  ZU  ^  GOTTES  +  ER  ^  VNOT  + 
80N8TEN  ^  NICHT  -f  IST  ^  DISE  +  GLOCKE  ^  NEV  -f  ANGERICHTT  ^ 
IM  -1-  JAREf^lSOT^  —  Die  klein.stc  Glocke  vom  Jahre  i  »25  hat  am 
oberen  Rande  eine  zweireihige  Inschrift.  Die  erste  Reihe  lautet:  SCllllO  -j- 
boinini  -f  m  4  ((((  +  rrU  +  0  rcr  -f  gloric  t  riiftr  f  bnii  4  cuin  -f 

pacc.  Die  unlere  Reihe  lautet:  CriftC  4  flli  1  ÖCi  1  lUil'CCC'C  ■{-  mtl  -f 
iljcfuö  -f  crifliiö  -f  ti  -\-  matia  -\-  amen.   Darunter  ein  itl. 

Kleinkunst  Kleinkunstwerke.     i.   .Silberner   Kelch   auf  rundem   I'uss ,   in  kla.ssi- 

werkc.     cierenikin  .Stil     Am  Rantle  lies  I'usses  der  lubi.sche  Doppeladler  und  daneben 
das  .Meisierieichcu  Die  dazu  gehörende  vergoldete  l'atene  hat  keine 

Werkzeichen.  —  2.  Kleiner  silberner  Kelch  zur  Kranken- Kommunitm.  Werk- 


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KIRCHDORF  ROGGENSTORF. 


40s 


leichcn  wie  bei  l.  —  3.  Neue  Weinkanne  auf  achtpnssi^em  Fuss,  1871 
geschenkt  von  Herrn  VON  DREWES- Mummend' >rr  Am  I*"uss  die  Steni])el: 
FRIEDEBERG[  Berliner  Arbeit.         4    Zinnerner  Keleli  auf  rundem 


Fuss,  mit  der  Umschrift  am  Fu.ssc:  CATRINA  WIGGERS  1727.  Als  W  erk- 
zeichen  der  lübische  Dupixrladlcr  und  ein  undeutlicher  Stempel:  K  (oder  R) 
M  33.  —  5.  Zinnerner  Kelch,  ohne  Inschrift,  gleich  dem  vorigen.  —  6.  7.  Auf 
dem  Altar  zwei  unneme  dreifussige  Leuchter.  Ab  Meistendchen  ein  Engel 
mit  den  Initialen  P.  M. 

Denkttda  vm  Tnunn*  Auf  dem  ritterschaftlichen,  nach  Ltttgenhof  Denkstein 
gehörenden  Antheile  des  Bauernfeldes  von  Tramm  steht,  nahe  an  der  Chaussee  von 

von  Grcvesmiihlcn  nach  Dassow,  rechts,  ein  Denkstein  oder  ein  »steinernes  Tramm. 
Kreuz«  [vj,].  M  Jalirb  .Will,  S.  SSofif.)  aus  verwittertem  Kalkstein,  stark  um! 
fest  mit  I'Icchten  ul>!  rziis^r^n,  ca.  l'  «  m  hoch,  wahrscheinlich  znm  Andenken 
eines  liicr  llrmordclcn.  l-,s  ist  noch  ungefähr  die  Gestalt  eines  Kriicifi.\cs  /u 
erkennen  und  die  Umschrift  ist  gothische  Minuskelschrift.  Jedoch  ist  der  Stein 
so  sehr  verwittert,  dass  es  kaum  möglich  sdn  wird,  die  Inschrift  zu  entziffern. 


Das  KirchdiNf  Roggenstorf. 

BBjer  ursprüngliche  Name  des  10  km  nordwestlich  von  Grevcsmühlen  ge-  Geschichte 

Icgenen  Dorfes  ist  Reinwardsdorf.  Als  Reinwardi  villa  gehört  es  nach 
dem  Ratzebuiger  Zehnten -Register  von  1230  zur  hirochie  Mummendorf  und  ^<>i^f<B** 
bleibt  dabei,  wie  .schon  oben  Seite  402  erwähnt  worden  ist,  bis  über  1318 
hinaus.')  Doch  bald  darauf  wird  es  zu  einem  Kirchdorf  erhoben  sein,  denn 
es  tritt  mis  als  solches  benits  im  Jahre  1335  In-i  Gele'^enheit  der  Auf-.tellun<.[ 
der  Ratzeburger  Kirchen-  und  Lehnta.xe  entgegen.*)  Herren  des  Dorfes  sind 
damals  die  Ritter  Ulrich  und  Heinrich  von  Rarnekow  sammt  dem  Knappen 
Reimar  von  Bamekow.  Aber  wir  lernen  auch  die  übrige  Einwohnerschaft 
kennen,  unter  der  uns  kein  slavisdier  Name  begegnet.  Da  sind  die  Bauern 
Johann  Mechtildis,  Make  (Markwart)  Gerold,  Heinrich  Wesel,  I^ehr,  Johann 
und  Heinrich  Wiese,  Nikolaus  Krei.  Richard,  lüiLreUH  rf .  Gcorq;,  Peter,  Hannes, 
Wolf.  Heinrich  Schepel.  Gerhard  \on  Bciikcndi af,  1  )!ctricli  \(in  Klütz,  der 
Schmied  Volkwin  und  der  Schuhmacher  Dietrich.  .Auch  eine  vereinzelte 
Wittwe  ohne  Namen  wird  aufgeftihrt.')  Um  diese  Zeit  sagt  man  noch  Reyn- 
werstorpe.  Aber  bald  darauf  folgt  die  unbegreiniche  Korruption  des  Namens  in 
Roluenstorpe  (1335),  dann  heisst  es  wieder  Renwerstorpe  (1343,  1379)»  darauf 
entsteht  die  noch  unbegreiflichere  Umänderung  in  Rowerstorp  (1401,  iS^S» 

•)  M.  U.-B.  375  (S.  37a).  4030. 

«)  M.  u  -n  5613. 

M.  U.-B.  4039.  4767. 


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4o6 


AICTSGERJCHTSBBZIRK  GREVBSMOHLBN. 


1548),  und  1550  findet  sich  zum  ersten  Mal  der  bis  heute  üblich  p[el)Ucbcnc 
Name  Rog^enstorf.  Die  Herren  von  Barnekow  behalten  bis  ins  XV.  Jahr- 
hundert die  Herrschaft,  Herzog  Albrecht  von  Mecklenburg  belehnt  am 
17.  December  1343  die  Gebrüder  Raven,  Ulrich  und  GottschaHc  mit  dem 
höchsten  Geridit  und  der  Bede,  audi  haben  de  das  Kirchenpatronat,  wie  sich 
aus  einer  Urkunde  vom  II.  October  1402  ergiebt  Ihre  Vorfahren,  Ulricht 
Heinrich  und  Rcimar  von  Rarnckow,  dürfen  daher  als  Gründer  und  Erbauer 
der  Kirche  bezeichnet  werden.  Aber  schon  mit  dem  Rcjjinn  des  XV.  Jahr- 
hunderts werden  die  Herren  von  Quitzow  auf  Voigtshagen  durch  einen  Kauf- 
kontrakt, den  König  Albrecht  von  Schweden  am  7.  April  140 1  und  Bisdiof 
Detlev  von  Rataeburg  am  11.  October  1402  bestätigen,  ihre  Rechtsnachfolger 
auf  Roggenstorf  und  Grevenstein.  Und  von  nun  an  erscheint  Ro^^nstorf 
als  Pertincnz  zu  Voigtshagen.  Selbstverständlich  geht  damit  auch  das  Patronat 
auf  den  Besitzer  von  Voij^tshai;en  über.  Dies  Vcrhältniss  währt  350  Jahre 
lang.  Mit  dem  Krwcrl»  von  V^oigt.shai^iMi  durch  die  her/.ogiiche  Kammer  in 
den  fünfziger  Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts ')  tritt  der  Landesherr  in  alle 
jene  Rechte  ein.  Zugleich  gehen  Voigtshagen  und  Roggenstorf  aus  dem 
ritterschaftlichen  Verbände  des  Amtes  Grevesmühlen  in  das  Domanium  über. 

Kirche.  Die  Kirche  ist  ein  schlichter  Backsteinbau  fruhgothischen  Charakters, 

als  dessen  älteste  Theile  das  im  Innern  flachgcdedtle  Laiq;haus  und  der  mit 
einem  aus  vier  Giebdn  entwickelten  achtseitigen  Pyramidenhetm  versdiene 
Thurm  anzusprechen  sind.  Dessen  jfingerer  Thal  aber,  der  mit  einem  Kreuz- 
gewölbe geschlossene,  im  Osten  mit  glatter  Wand  endigende  Chor,  ist,  ab- 
gesehen von  allem  Anderen,  scUdh  dadurcli  als  sixiU  rer  Anbau  gekennzeichnet, 
da.s.s  sich  an  seine  Nordseite  keine  Sakristei  anlihnt.  Diese  befindet  sich 
vielmehr  auf  der  Nordseite  des  Schiffes  und  ist  somit  ein  Beweis  dafür,  dass 
dessen  östlicher  Theil  einstmals  als  Chor-  und  Altarraum  diente.  Auf  der 
Ostseite  des  Chors  kein  Fenster,  sondern  drei  gothische  Blenden,  von  denen 
die  mittlere  höher  ist  als  die  bdden  andern.  An  der  Ostseite  des  höheren 
Langhauses  sieht  man  dagegen  nur  die  Köpfe  jener  alten  Blenden,  deren 
tjrösscrer  Theil  durch  den  niedrigeren  Choranbau  \crdeckt  wurde.  An  diescin 
auch  kein  Frie.sschmuck,  am  Langhausc  aber  Boc.(i-nrriese  mit  untergelegtem 
Stromschichtbandc.  Die  l'^enstcr  des  Langhauses  (jederseitü  drei)  haben  auch 
nodi  etwas  von  dem  Charakter  der  früheren  Schlitze,  die  im  C6or  (auf  Nord- 
und  Südseite  je  eins)  nnd  breiter  und  weiter. 

Altar  nnd  Altar  und  Kanzel,  ein  zu  einem  Körper  verbundenes  Werk  ncugothischcn 

Kanzel    Stils,  sind  ohne  Bedeutung. 

Das  ]x:scpult  trägt  die  Jahreszahl  1707.  Die  mündliche  Ueberlieferung, 
dass  in  diesem  Stück  eine  Sittmann'sche  Stiftung  und  zugleich  ein  Rest  des 
alten  Barockaltars  vorliege,  ist  glaut>lich. 

Taufe.  Taufbdiälter  (Gusseisen)  und  Tanftcbale  stammen  aus  jüngerer  Zeit 

')  Acta  canMnil.  dood.  i7S>/54< 


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KIRCHDORF  ROGGENSTORF.  40/ 

Im  Thurm  drei  Glocken,  alle  drei  von  gleicher  Höhe  {0,78  m),  und  Glocken. 

zwei  auch  vnn  [gleichem  Durchmesser  (1,03  m),  wahrend  die  dritte,  die  von  . 
1759,   nur  0,95  ni   Dm.  hat.    Die  älteste  stammt  vom  Jahre  l.}^.}.    Sic  hat 

die  Inschrift:  SCliiio  +  biii  III  1  ctcc  H  ^jjiiii  [  iia  4  i)a^|'cl)cn  H 
fn  4^nntr  +  iO|^aniie#  +  m.  —  Die  folgende  Glocke,  vom  Jahre  1730. 
hat  die  Inschrift:  AV8  DER  GEMEINDE  VNK08TEN  IST  DIESE  GLOCKE  VM- 
GEGOSSEN  AUFF  BEFORDERUNG  DES  PASTORS  ERDMAN  HINTZEN  •  ANNO« 
1730  .  CONRADT  .  KEYMAN  .  ME  •  FVDIT  .  LVBECK  •  1  )i(  <lrittc  Glocke  vom 
Jahn-  1759  hat  die  Inschrift:  AVF  •  DER  •  GEMEINE  •  KOSTEN  •  HAT  .  DIESE  • 
GLOCKE  •  GIESEN  •  LASSEN  •  ERDMAN  •  HINTZE  •  PASTOR  •  ET  •  P  «T  •  PRE- 
PO8m(!)B*1780  •  LOBET  •  DEN  •  HERRN  •  DENN  •  VNSERN  •  GOTT  •  LOBEN  • 
IST  •  EIN  •  KOSTUCH  •  DING  •  PS.  147  •  ME  •  FVDIT  •  lOHANN  •  HINRICH  • 
ARMOWrrZ  •  IN  •  LVBECK. 

Wand-  «ad  Dcckeamalcreieii.  Die  alten  Wandgemälde  der  Kirche  Wand-  und 
sind  bd  Gelegenheit  einer  früheren  Restauration  übertüncht  worden.   Auch  die    '  >ei  ken- 
dunkelhraun  und  grün  gclarbte  Glasur  in  den  Schmiej^en  und  I^ibungen  der  '"*'^'reicn. 
PortaK-   und   I-'enstor   hat    dies  Schicksal   iibcr   sich  erflehen  lassen  müssen. 
Ks  ist  aber  noch  die  j^an/e  alte  bemalte  Decke  vorhanden,  nur  ist  sie  durch 
eine  zweite  gctunclUc  Decke  verdeckt.   Jene  liegt  nämhch  über  dem  Gebälk, 
diese  unter  ihm. 

Kleinkunstwerk«.     1.  2.    \'on    tk  n    beiden    silber\  er^oldetcn   Kelchen  Kleinkunst- 
gleicher  l'^orni  hat  der  eine  an  der  Kupa  eine  vertiefte  huschrift:   DIESSEN  wcikc. 
KELCH  HATT  DER  WOLGEBOHRNE  HERR  WOLDEMAR  SITTMANN  PATRON 
HIESIGER  KIRCHEN  ZUR  EHRE  GOTTES  VEREHRET  ANNO  1S8S.  Am 

Fuss  als  Werkzeichcn  der  lübische  Doppeladler  und  der  Meisterstcmpcl : 
Der  andere  ist  ohne  Inschrift  und  Zeichen.    Die  dazu  gebrauchte  Patene  ist 
neu  und  ^gleichfalls  innen  und  aussen  vergoldet.   Schweriner  .\rbeit:   L  GIESE|. 


— ■  3.  Silberner  kleiner  Kelch  auf  sech-.])assit;em  l'  uss  mit  .SiLjiiaculum.  Daneben 
die  Initialen  SMS.  Als  Werkzeiclun  der  lübische  Doppeladler  und  Q 
als  Meistcrstempel.  Die  dazugehörige  Pktenc  hat  dieselben  Zeichen.  Beide 
für  die  Kranken  •  Kommunion  dienenden  Gcräthe  haben  eine  gemeinsame 
Inschrift,  auf  der  Patene:  DEN  SO  OFPT  IHR  VON  DIESEN  BROD  ESSET. 
SOLT  IHR  OES  HERN  TOD  VERKÜNDIGEN,  auf  dem  Kelch:  UND  VON  DIE- 
SEM KELCH  TRINCKET,  SOLT  IHR  DES  HERN  TOD  VERKÜNDIGEN,  BISZ  DAS 
ER  KOMT.  A  :  1717:  D.  12  APRIL.  ROGGENSTORF.  Oflenbar  ein  (ieschenk 
aus  der  V.  SITTMANN  sehen  l'amilic  auf  V'oigtshagcn.  —  4.  Silberne  Oblatcn- 
dose,  rund,  mit  Vorstedcer  an  einer  Kette,  ohne  Zeichen.  Inschrift  am  Boden: 
PETER  •  CLASSEN  •  JOHANN  •  HENNINGES  •  ANNO  16S4  •  ROGGENSTORF.  — 
$.  Eine  xtnneme  Oblatenschachtel  hat  die  Inschrift:  PETER  LISEBARG  HAT 
DIESES  ZU  GOTTES  EHRE  DER  KIRCHEN  ZU  ROGGENSTORFF  VEREHRET 
1691.  .Auf  der  l^iter-^i  ite  des  Bodens  der  bekannte  Stempel  mit  dem  I^ni^el; 
daneben  ein  /.weiter  .Sit  nipcl  mit  einer  fiMifbl,atlirit.^cn  Rose  unter  einer  Krone. 
—  6.  Gro.sse  neue  Altarkannc  von  wei.sscni  Metall.    Auf  ilcr  Unterseite  des 


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408 


AMTSGEiaCHTSBBZIRK  GREVESMÜHLEN. 


Knochen. 


Hexen- 
kuhle. 


Quitzow- 
Bttrg. 


Fangel« 
thiirm. 


Hodens:  O.  W.  Kurtz  •  Stuttgart.  -  7.  Alte  mcssinf^ene  raufscluisscl  ohne  Ver- 
zierungen und  Zeichen.  Aussen  die  Spuren  einer  alten  Inschrift  in  Kartouche. 
—  8.  In  der  Mitte  der  Kirche  ein  sehr  schöner  bronzener  Kronleuchter  mit 
Krone,  dne  SITTMANN'sche  Stiftung  aus  dem  XVIL  Jahriiundert 

Im  I  hiirm,  über  dem  liingang  in  das  Schiff  der  Kirche,  ist  ein  Knochen 
befestigt,  der  ungefähr  i  m  Länge  und  Breite  hat  und  angeblich  auf  dem 
benachbarten  Gebiet  von  Grevenstein  gefunden  ist.  Kenner  behaupten,  es  sei 
das  Schulterblatt  eines  Walfisches. 

Als  dne  historisch  bemerkenswerthe  Stätte  ist  hier  die  im  Süden  des 
Dorfes  belegene  »Hcxeokiible«  zu  erwähnen,  jetzt  dn  mit  Pappdn  bepflanzter 

Gnmd.  Zu  der  unzweifelhaft  auf  Wahiiieit  beruhenden  Volkstradition,  dass 
hier  die  »He.xem  des  Kirchspiels  verbrannt  worden  seien,  sind  folgende  Ein- 
tragungen des  Koi,'-i^<'nstorfer  Kirchenbuches  zu  vcrtjleichcn :  '-25.  Febr.  1689 
ist  Grete  Dcrmans,  si»  45  Jahr  allhie  Cüstersche  gewesen,  \vej;cn  der  Hexerei 
verbrand.«  —  »4.  Dccbr.  1689  Incke  Suerbehren,  ein  Weib  von  40  Jahren, 
wegen  der  Hexerd  verl>rand.c 

Die  Quitzow-Borg.  In  nordwestlicher  Richtiint;  von  dem  (irossherzoj;- 
lichcn  Hausgutc  Gross-Voigtshagcn,  ungefähr  t  km  entfernt,  liegt  ein  Hu  rg- 
wall von  oblonger  Form, 
der  sich  fast  8  m  über  die 
umliegende  Wiesenniederung 
erhebt.  Der  innere  Raum 
des  Walles  liegt  5  m  niedriger 
als  der  Kamm  des  Walles 
und  hat  von  Osten  nach 
Westen  eine  Länge  von  40  m 
und  von  Süden  nach  Nmtlen 
dne  Länge  von  30  m.  Die 
aus  Felsen  in  Mortd  auf- 
geführten I'iindanienlniauern 
der  alten  Hurg  sind  noch 
voihanden;  sie  bilden  dn 
Rechteck  von  34  m  Länge  und  28  m  Breite.  Ein  Graben  umgiebt  den 
Wall  im  W'esten:  auf  den  übrigen  Seiten  wird  der  Wall  von  Wiesen  be- 
grenzt. Ein  Teil  des  im  We.stcn  und  Süden  an  den  Wall  stossenden  Ackers 
ist  von  einem  nunmehr  verschütteten,  aber  noch  deutlich  erkennbaren  zweiten 
Graben  uniflussen  gewesen.  Auf  dieser  Hurg  haben  im  .W'I.  Jahrhundert 
und  später  die  Quit/.ow's  (M.  Jahrb.  XVI,  S.  67,  85,  94)  gewohnt,  von 
denen  noch  heute  die  Volksüberlieferun^  zu  erzählen  weiss. 

Westlich  \<)n  dem  von  Klein -V'oigtshagen  nach  Gross -\'oigt.shagen 
fahrenden  Wege,  hart  an  demselben  und  einige  hundert  Schritt  von  der 
Grenze  beider  Güter  entfernt,  wird  auf  einer  ßodenerhöhung  die  Stelle  gezeigt, 





IS        '  '      I  --f 


^    .  *  .    4  4. 


Orimtieniiig«>Skiste  der  Quitiow-Barg. 


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KIRCHDORF  BÖRZOW. 


409 


wo  in  friiluTcr  Zeit  ein  so^.  Fangelthnrm «  stand.  Zahlreicho  Schiittrcstc, 
die  aus  alten,  zum  Thcil  {^lasierten  Mauersteinen  und  Hohlziegeln  bestilun, 
bestätigen  diese  Ueberiieferung.  VV'csliich  davun,  ganz  in  der  Nähe,  lici;«  n 
die  Reste  eines  Walles,  der  eine  Länge  von  16  m  und  eine  Breite  von  1 3  m 
hat  und  von  einem  Graben,  dessen  Breite  4'/i  m  betrügt,  umgeben  ist.  Wall 
und  Graben  werden  jetzt  beackert  Noch  vor  einigen  Jahrzehnten  sind  sie 
deutlich  zu  erkennen  gewesen. 


Du  Kirchdorf  Bttrzow. 

|m  Jahre  1230  gehört  das  5  km  westlich  von  Grcvcsmühlen  gelegene  Dorf  Cicschithte 
Hörtzow  (Hartsowe,  Hortsowe,  auch  mit  z  statt  s  und  ohne  t  geschrieben, 
Ort  des  BorC)  ebenso  vde  R<^genstorf  (Reinwardsdorf)  zur  Parodiie  Mummen*  es. 
dorf.  Aber  1299  ist  es  bereits  ein  Kirchdorf,  dessen  Patronat  die  Landes- 
herren (Heinrich  d.  Ä.,  Heinrich  d.  J.  und  Johann)  am  I.  Mai  dieses  Jahres 
der  Kalandsbruderschaft  in  der  Rehnaer  I'robstei  übertrafjcn.  Die  Fürsten 
erscheinen  damit  neben  den  (leistlichen  dieser  Bruderschaft  als  diejenigen, 
welche  die  Mittel  zum  Hau  und  zur  Fundicrung  der  Kirche  (ccclcsic  ex 
novo  fundate)  hergegeben  haben.  Dies  um  so  mehr,  als  sie  sidi  vorbehalten, 
das  Patrmiat  im  Fall  des  Eiiösdiens  der  Bnidersdiaft  in  ihre  Hände  zurück- 
zunehmen.') Die  Höfe  und  Grundstücke  des  Dorfes  sind  in  alter  Zeit  in 
verschiedenen  Händen,  wir  treffen  als  Besitzer  im  XIII  und  XIV.  Jahrhundert 
die  Familien  von  Hülow,  von  Preen,  von  dem  Lo  (l  ohe)  und  von  Ik-riistorf.*) 
Aber  es  widirt  nicht  laiij^t-,  da  ^u-uinnt  das  holsteinisclie  C'istercienser- Kloster 
Reinfeld  hier  die  Überhand.  Mit  Genehniit^ung  des  Landeshcrru  erwirbt  es 
1258  von  dem  Panzerschmied  (Flatenschläger,  platensleghere)  Arnold  in  Lübeck 
die  Mühle,  wdche  diesem  in  früherer  Zeit  von  den  Büiow's  mit  Reservierung 
ihrer  Herrenrechte  überlassen  worden  war,  1259  vom  Ratzeburger  Bischof  den 
Zehnten,  den  er  bis  dahin  von  den  Klostergütern  erhoben  hatte,  1280  sieben 
Hufen,  die  das  Doberaner  Kloster  von  Konrad  von  Preen  her  in  Hesitz  t^eliabt 
hatte,  13 18  Hof  inid  Hufen  des  Man|uard  von  dem  Lohe  und  das  niedere 
Gericht,  das  hieran  und  an  den  Hüluw'schen  und  l'rccn'schen  (iJobcraner) 
Hufen  haftet,  und  1371  bestätigt  Herzog  Albrecht  dem  Kloster  neben  anderen 
Gütern  auch  das  Dorf  Börzow  als  Eigenthum.  Das  schliesst  nun  freilich  den 
Besitz  und  die  Anrechte  Anderer  nicht  aus.")  So  z.  B.  überlässt  der  Bischof  * 
Detlev  von  Ratzeburg  1404  den  Zehnten  aus  Hörzow  an  die  Quitzow  s,  1440 
treten  die  Herzöge  Heinrich  und  Johann  die  Bede  an  das  Lübisclic  Domkapitel 

')  M.  i:.-r.  375      372).  asSS. 

*)  M,  U  1!.  SiS.  1523.  1524.  2513.  2778.  400S.  4018.  8240.  8644. 

*)  M.  U.-B.  817.  846.  S49.  1523.  1524.  4008.  4018.  loaoo. 


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AMTSeERICHTSBBZIRK  GREVESMOHLBN. 


und  1475  die  Herzöge  Hinrich,  Balthasar,  Albrccht  und  Magnus  ebendieselbe 
an  die  Vorsteher  und  Vikareien  der  Frauenzeiten  in  der  Kapelle  zu  Greves- 
mühlcn  ab.*) 

Durch  die  Refonnatioii  werden  die  Besitzverhältnisse  geändert,  wenn* 
gleidi  erst  in  verhältntssmässig  später  Zeit.  Das  Kloster  Rdnfeld  erhält  noch 

1565  von  Kaiser  Maximilian  II.  die  Bestätigung  seiner  Privilegien,  und  erst 
1582  dankt  Johann  Kuhle,  der  im  Jahre  1567  erwählte  letzte  Abt,  ab.  Hörzow 
verwandelt  sich  aus  einem  Klostcrgut  in  ein  Domanialdorf,  doch  bleiben 
einzelne  ritterschaftliche  Anrechte  an  Borzow  vom  Gut  und  Dorf  Bernsturf 
her  noch  lange  von  Bestand.*) 

Der  erste  nebon  der  Kirche  im  Mittelalter  ist  Johann  (um  1299);  um 
1318  und  1319  heisst  der  Kirchherr  Walter;  um  1368  Hermann  Haringwascher; 
ihm  folgt,  und  zwar  bis  1383,  Nikolaus  Ketelhod;  diesem,  von  1383  an, 
Johannes  Wynold;  um  141 5  ist  Heinrich  Bartscherer  Kirchherr  zu  Börzow. 
Weitere  Geistliche  des  X\^  Jahrlunulerts  nennt  das  Wismar'sche  Kalandsbuch, 
aber  es  ist  wegen  der  gleichen  Schreibweise  der  Dorfnamen  nicht  sicher  zu 
ttsehen,  welche  von  ihnen  nach  Bössow  und  welche  nach  Börzow  gehören.') 
Zur  Zeit  der  Reformation,  um  1540,  ist  Peter  Gammelkam  Pastor;  um  1568 
Joh.  Jabel  (wohl  dersdbe,  der  um  1540  In  Ro£^nstorf  ist);  swisdien  1578 
und  1 590  Joachim -Schröder;  seit  1589  Joh.  Nesenus;  seit  161 1  Kaspar  Blank; 
seit  1649  Jüh.  Blank;  seit  1674  Joh.  Xcumann;  seit  1713  Joachim  Bimse;  seit 
1746  Peter  Fricdr.  ilesslcr;  seit  1784  Tastor  Schulz.  Ucbcr  ihn  und  seine 
Nachfolger  siehe  Walter  a.  a.  O. 

Kirche.  Die  Kirche  ist  ein  unscheinbarer  nietlrij^cr  kleiner  Feld-  und  Backstein- 

bau von  der  {Irundfut in  eines  läns^lichen  V  ierecks,  dessen  nstlidier  Theil  als 
Chorraum  gewölbt,  dessen  wesllicher  Iheil  aber  als  Schiff  eine  flache  Decke 
hat.  Der  Hdm  des  Thurmes  ist  wie  eine  Art  Haube  über  den  unter  ihm 
stehenden  Mauerkem  gestülpt  Auf  der  Südseite  des  Schifles  eine  Vorhalle 
und  auf  seiner  Nordseite  eine  Grabkapelle.*) 

Altar.  Der  Altar,  eine  Stiftung  des  ANDREAS  VON  BERN8TORFF  und  der 

HEDWIG  MARIA  VON  BERNSTORFF,  geb.  von  Wenkstem,  vom  Jahre  1718,  ist 

')  Ungedniekle  Urkunden.   Akten  im  Onmä»,  Archiv. 

')  Die  Owsiicn'schc  Chronik,  welche  aaf  der  PfwTc  /n  r.  r.ow  .lufbcwahrt  wird,  isi  eine 
sorgfältig  aii'ig»-filhrlc  Arlx-it.  Die  Vcrlcgutif;  <lcs  Sihw<r])iinktcs  ihrer  lokalRcscliichtütlicn  Dar- 
stellung in  späterer  Zeit  nach  Bcrnitorl',  dem  bcücutcndslcn  Dorf  und  Gut  der  l'aruchic,  hängt 
mU  dem  Aufidiwaag  der  BermtorirKlien  Fnallie  In  den  Zeiten  nncli  der  RefomuUioa  nmimmen. 
Als  eine  ihrer  Grundlagen  dient  dabei  ein  Nf;in\i«kript,  das  von  jenem  Andreas  von  Bemtorff 
(geb.  1646,  gest.  1693)  ausgearbeitet  ist,  dem  sein  Bruder  Eggerd  Detlev  das  ihm  im  Jnhre  167a 
dnrdi  du  Loo«  «ifeMkiM  Gut  Bemtlorf  abtritt. 

*}  Bortzow:  Gotlfir.  Kroger,  um  1450;  Peter  Re<lewi^c1i,  zwiadun  147t  und  1483; 
Mathias,  zu'i<(chrn  1490  und  1506.  —  BortMOw(e):  Nik.  Luceborch,  um  1450;  Joh.  Woltem, 
nach  1483.    Nach  Tcchcn's  Mitihcilung. 

*)  Die  Grabkapelle  lies*  Hedwig  Maria  von  BemstorfT  auf  Otheoilorf  1738  etbanen;  ne 
selbst  wurde  am  26.  Januar  1743  darin  hcijr.-^rt/t.  Zuletzt,  am  3.  Juni  1776,  wurde  der  KamBWr- 
junkcr  von  Bcritstorff  aul  Ulhen&torf  und  Ilansiiagoa  darin  beigesetzt. 


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KlRCIlIiüRF  Bt)RZüVV. 


411 


ein  Werk  des  Barockstils  mit  den  Gemälden  des  Abendmahls,  der  Kreuzigung 

und  Grablegung  innerhalb  eines  Säulenbaucs,  dem  geschnitzte  Statuen  (Moses, 

Johannes  der  Täufer,  die  vier  Evangelisten  und  der  triumphierende  Christus) 

als  weiterer  plastischer  Schmuck  hinzugefügt  sind.   —  Die  Kanzel  hat  keine  Kanzel. 

künstlerische  Bedeutung.  —  Im  Thurm  drei  Glocken,  von  denen  zwei  im  Glocken. 

Jahre  1854  von  Hausbrandt-Wismar  aus  älteren  Glocken  umgegossen  sind,  die 

dritte,  zugleich  die  kleinste,  noch  intakt  ist.    Sie  zeigt  als  kleine  Bilder  auf 

ihrem  Felde  die  heilige  Kreuzesgruppe  (den  Krucifixus  mit  Johannes  und  Maria) 

und  sechs  weitere  heilige  Figuren  von  ungefähr  12  cm  Höhe.*)  —  Die  Vata  Vasa  sacra. 

aacra  sind  neu:  zwei  silberne  Kelche  mit  Patcncn,  von  dem  Goldschmied 


Kirche  zu  Böriow. 


Giese  in  Schwerin  gearbeitet,  sind  Geschenke  von  ARTHUR  GRAF  VON  BERN- 
STORFF  und  seiner  Gemahlin;  eine  grosse  silbervergoldetc  Kanne,  eine  Oblaten- 
dosc  und  ein  Ciborium.  sind  laut  Inschrift  Geschenke  von  WERNER  GRAF 
VON  BERNSTORFF  und  seiner  Gemahlin  ELISABETH  geb.  Riedesel  Freiin  zu 

Eisenbach  aus  den  Jjihren  1883  und  1886.*)  -     Von  sonstigen  Kleinkunst-  Kleinkunst- 

  werke, 

')  Ihre  Vorgängerinnen  waren  eine  Marienglocke  von  1452  mit  der  Aufschrift  Qittlfti»  ItlAtia 

bin  irf  :  tn<.lH\\\  »md  eine  noch  ältere  von  1420  mit  der  Aufschrift  UnitO  :  6ni  1  mtiCCpf  :  irf  : 

rhomne  :  wrinan  :  mit  :  6cr  1  hulpe  ;  0^o^r0  i  hrbbc  :  gr^boten  t  ^e)T'(r  :  vat  t 
Von  der  dritten  Glocke  ist  in  der  Chronik  des  Pastors  Joh.  Friedrich  Owstien  (1848  zum 
Pastor  berufen)   1622  zum  ersten  Mal  die  Rede.    Auffallend  ist  der  Gebrauch  des  Wortes 
>vat<  für  Glocke.    Als  Hczeichnung  für  das  Tauffass  oder  die  Flinte  ist  er  verständlicher.  Indessen 
erinnert  er  an  die  lateinischen  Inschriften  der  Glocken  zu  Hohenkirchen,  Wiesenburg  und  anderswo: 
V'as,  deus,  hoc  signa,  plelis  salva  sit,  aura  benigna.    S  o.  S.  318.    Vgl.  Otte,  Glockenkunde, 
Seite  123. 

*)  Mit  ihrem  früheren  .Silberschatz  hat  die  Kirche  viel  Unglück  gehabt.    1639  rauben  die 
Schweden  den  Abendniahlskelch.    Darauf  schenken  Joachim  von  UcrnstorfT  auf  Bernstorf  (seil  1630) 


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412 


AMTSGBRICHTSBEZIRK  GREVESMÜHLBN. 


werken  mögen  noch  zwei  mcssin^jenc  Leuchter  auf  dem  Altar  cfcnannt  werden, 
von  denen  der  eine  1745  von  AVGVST  IVLiUS  BIMS  (zu  Lübeck)  und  der  andere 
1746  von  CLAE8  PAVL  FRIEDRICH  VÖLCKER  und  ANNA  SOPHIA  MAA8SEN 
ZU  Bemstorf  gestiftet  ist,  ferner  ein  Messingbecken  mit  dem  Namen  lOCHIM 
BORCH  1673,  ein  neues  Taufbecken  vom  Schweriner  Ho^g^veur  Lsnih«, 
ein  hölzerner  alter  Opfer -Bett  mit  dem  Hilde  der  heiligen  Familie  und  ein 
hölzerner  Krucifixus  links  vcm  der  Kanzel. 


Das  Kirchdorf  Diadrichshagen. 

Geschichte  Qfifila  das  7  km  suiUich  von  Grevesmühlen  gelegene  Dorf  Thidcrikeshagcn 
des      mmm    (Dhiderekeshagcn)  in  dem  um  1230  aufgestellten  Zehntenregister  gar 
Dorfes.    ,^1^^  genannt  wird,  in  der  vom  Fürsten  Johann  und  seinen  Söhnen  revidierten 

Ordnung  vom  7.  März  1260  aber  bereits  als  Kirchdorf  auftritt,  so  müssen 

beide,  Dorf  und  Kirche,  zwischen  1230  und  1260  entstanden  sein,  und 
möglicherweise  ist  jener  deutsche  Kolonist  Theodericus,  der  sich  um  1230  auf 
der  alten  Grevesmiililener  Fcldflur  angesiedelt  hat  (in  agris  aiUiquis  Grcwes- 
mulne)  der  Gründer.')  Kür  die  Anlegung  des  Dorfes  lässt  sich  sogar  noch 
eine  engere  Zeitbegrenzung  finden.  Aus  dem  am  19.  Mai  1291  vom  Bischof 
Konrad  von  Ratzebui^  erneuten  Prtvit^enbrief  des  mecklenburgischen  Klosters 
Eldena  erfahren  wir,  dass  Rischof  Gottschalk  das  Kloster  mit  dem  Zehnten 
von  vier  Hufen  in  Thidcrikeshagen  ausgestattet  hatte.  Da  nun  Hischof  G(jtt- 
schalk  (U  li  bischöflichen  Thron  zwischen  1229  und  1235  innehatte,  so  ist  das 
Dorf  zwischen  1230  und  1235  «ingclegt  worden.  Die  Kirche  erhält  wie  alle 
anderen  Kirchen  der  Umgegend  ihren  Antheil  an  der  W^einspende  Heinrich's 
.  des  Pilgers  vom  Jahre  1267  und  steht  wie  die  übrigen  unter  dem  Archi- 
diakonat  von  Rehna.*)   Das  Piatronat  aber  haben  später  die  der  Ordensregel 

md  Mine  Gemahlin  Ilsabe  von  Parkentin  (geb.  1620,  -f  1688)  der  Kirche  1653  einen  neuen  Kelch 
und  dne  Krane  von  Silber.  Ein  nreiter  Kelch  Icomint  1733  nb  Geschenk  Ton  Andreis  von  Bern* 
storfT  auf  Bernstorf  hinzu.  Auch  hat  vierzehn  Jahre  vorher  die  Wiltwe  des  I'a^tors  Neumann  einen 
kleinen  si]l>ernen  Krankenkelch  gestiftet.  Aber  auch  diese  drei  Kelche  gehen  wieder  verloren;  tie 
werden  am  Abend  des  K.  November  1806  von  swei  herumstreifenden  Els&Sbcrn  gestohlen,  die  auch 
die  silberne  Oblatendosa  von  1678  mitgehen  hdssen,  dasu  ein  gesticktes  Kelchtnch  und  etwat 

Am  9,  NuvemlMT  findet  cinr-  rrjjcirechte  I'IUiulcrunfj  des  Dorfes  %'on  der  iiachrllckendeti 
fraiuuslschen  Armee  statt.  Aus  der  zurückgebliebenen  filberncn  Kanne  macht  1815  Goldschmied 
Friedbelm  an  GrevesrnShlen  einen  Kelch,  aber  die  Owstien'sche  Chronik  bezeichnet  ihn  als  an» 
braachbar. 

M.  U.-H.  37S  (S.  375)  «$9. 
•)  M.  U.-B   1107.  4>I2.  5613  (S.  541). 


1  " 


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KIRCHDORF  DIEDRICHSHAGEN. 


413 


des  hl.  Benedikt  unterstellten  Kloster  Juni^fraucn  von  Eldena,  doch  wann  und 
von  wem  es  ihnen  verliehen  wurden,  darüber  fehlt  es  bis  jetzt  an  einer 
Urkunde.  Ivs  lasst  sich  nur  sagen,  dass  sie  es  erst  nach  l2yi  crlialten  haben 
werden,  denn  sonst  wäre  dessen  in  der  Privilegien- Erneuerung  dieses  Jahres 
durch  den  Rischof  Konrad  sicher  Erwähnung  geschehen.  Sie  behalten  es  bis 
zur  Säkularisierung  des  Klosters  im  Jahre  1556.  Im  Visitationsprotokoll  von 
1568  wird  bereits  der  Herzog  Ulrich  als  Patron  der  Kirche  zu  Diedrichshagen 
aufgeführt.') 

Von  den  l'lehaiu-n  des  Mittelalters  ist  nur  der  \ame  eines  einzigen 
auf  uns  gekommen,  der  dos  llartwicus  um  1319.  Reichlicher  flicsscn  die 
Quellen  der  späteren  Zeit.  1341  ist  Stephan  Prutze  Kirchherr,  1568  Hermann 
Schröder,  1595  Joachim  Lucae,  1610  Theodor  Loste,  von  1623  bis  über  1647 
fort  Balthasar  Meyer,  1651  wird  Valerius  Fiedler  berufen,  1657  Petrus  Schulz, 
1675  Heinrich  Susemihl.  r*^")«)  Jakub  Willi.  I'istorius,  1717  Gottl.  Wilh.  Horno- 
mann,  1769  Joh.  Konr  t  hrisiian  Riedel  und  1782  Jakob  Boysen.  lieber  ihn 
und  .seine  N'aclifol^u  r  x  j^l.  W  alter  a.  a.  O. 

In  der  zweiten  Hallte  des  Xlll.  Jahrhunderts  begegnen  uns  in  Diedrichs- 
hagen die  deutschen  Bauern  Ditmar,  Bole  und  Lüdeke.*)  Die  landesherrlichen 
Einkünfte  verpföndet  Herzog  Albrccht  am  1 5.  Mai  1 356  an  die  Herren  von  Bülow, 
in  erster  Reihe  an  Klawes  von  Hülow  auf  Wedcndorf^)  .Sudann  ersehen  wir 
aus  unj^edruckten  Urkunden  und  Akten  des  X\'  Jahrlunxierts,  dass  die  Herren 
von  Uuitzow  auf  N'uiijtslia^en  Hesitz  und  Rechte  tler  adeligen  I-'amiiien  Xegcn- 
danck  (1423/24J  und  Scharfenberg  (1433,  1448,  1457)  in  Diedrichshagen  an  sich 
bringen.  Auch  erwerben  sie  dort  im  Jahre  1455  von  Herzog  Heinrich  IV. 
das  höchste  Gericht.  Demgemäss  erscheint  Diedrichshagen  um  1590  als 
Pertinenz  von  Voigtshagen.  Es  bleibt  bis  um  die  Mitte  des  XVII.  Jahrhunderts 
im  Besitz  der  Familie  Quitzow,  inAn  aber  nachher  mit  Cro.ss- Walmstorf 
zusammen  aus  ihren  H.inden  in  die  der  Prälaten,  Ritter-  und  Laii<ls(  haft  des 
Herzni;thums  Hraunschweig  -  Lüneburg  über.  1 705  kauft  es  von  diesen  Herr 
Joachim  von  iiernstorff  auf  Bernstorf.  Bernstortif  sches  Gut  bleibt  es  bis  1798. 
1799  übernimmt  es  die  herzogliche  Reluitions- Kommission. 

Die  Kirche  i.st  ein  .stattlicher  Neubau  aus  tieii  fuufzij^er  Jahren.    Ihre  Kirche. 
Euiweihun;;    fand    i>S6i    statt.    Alt    i.st    nur    der    aus    trettlich  gebrannten 
grossen  Ziegeln  aufgcfuhi  te  gothische  Thurm,  der  mit  seinem  aus  vier  hübschen 
Giebeln  entwickelten  achtscitigen  Helm  eine  Höhe  von  ungefähr  60  m  hat. 

Die  Giebel  sind  ebenso  verschieden  wie  die  des  Kirchthurms  zu  l'rosckcn 
unti  i>nenbareii  gleich  ihnen  den  Kinflu.ss  der  Wismar'schen  Bauten  des  ,\V.  Jahr- 
hunderts. Zu  diesem  l'ingerzeig  für  die  Zeitl>est:mmung  gesellt  sich  als  zweiter 
die  grösstc  der  drei  (jlocken  mit  dem  Datum  Illi'i'Clii. 

In  der  Kirche  ist  von  dem  Mobiliar  der  alten  nichts  zurückgeblieben.  Mobiliar. 

'  Vgl.  die  Vi!>italiomprotokolle  von  1541  und  1568. 

M    r  -H.  2677. 
•J  .M.  L.-I5.  S220. 


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414 


AMTSGfiRICI  nSBEZIRK  nREVESMÜHLEN. 


X 


Glocken.  Im  Thurm  hängen,  wie  schon  bemerkt  worden,  drei  Glocken.  Die 

grösste  hat  die  Inschrift:   O  •  XC%  •  0Otie  •  djrlftc  •  Ucili  •  CUIII  pate 
Ofanna  •  anilO  bni  in"  •  CCCC**!"!;   dazu   das  nebenstehende  Giesser- 
zeichen.    Die  zweite  Glocke  hat  keine  Inschrift;  die  dritte,  die  kleinste, 
vom  Jahre  1653  hat  hübsche  Renaissance -Verzierungen  (Kngelsküpfe, 
Blumen,  Blätter,  Ranken,  Trauben)  im  flachen  Relief  und  die  Inschrift:  MAGISTER 
VALERIUS  FIDLER  PASTOR.    HANS  FRAME  KVESTER  HANS  BODEKER  HIN- 
RICH  LVNOW  HANS 
LVDER  HINRiCH 
SCHWARTE  VOR- 
STEHER GOTT  Gl EB 
FRIEDE  IN  DEINEM 
LANDE.  GLVCKVND 
HEIL  ZV  ALLEM 
STANDE.  ANNO 
1653.    M.  STE- 
FAN EVS  WOILLO 
VND  NIKOLAVS 
GAGE  LOTRIN. 

HulzblUi.  Holzbild.  Im 

Tluirm  ein  altes  Bild 
auf  Holz,  CA.  1,25  m 
hoch  und  0,75  m 
breit,  darstellend 
den  Krucifixus  mit 
Maria  und  Johannes. 

Glas-  Glasmalereien. 

malcreien.    L)as    I  lauptfenster 
hinter    dem  Altar 
enthält  vier  kleine 
aus  der  alten  Kirche 
herüber  genommene  ^'«^^  '"^"^  KircUc. 

Gla.sbildcr,  nämlich  ein  Wappen  mit  der  Linterschrift  HANS  LÜDERS  und  drei 
Bilder,  welche  neutestamcntliche  Vorgänge,  die  Taufe  im  Jordan,  die  Berufung 
des  Matthacus  und  Jesus  und  die  Samaritcrin  (?)  darstellen.  Ausserdem  noch 
einige  Scheiben  mit  Namen  aus  der  Gemeinde  und  der  Jahreszahl  601  (=  1601). 

Kleinkunst-  Kleinkunstwerke.    l.  2.  3.  Kin  silbervcrgoldetcr  Kelch,  mit  dem  Berliner 

werke.     Bären  und  der  Legierungszahl  14  als  Stadtzeichen  und  dem  Meisterstempel (cc). 

I''inc  silbervcrgoldcte  Patene  mit  dem  Schweriner  Stadtzeichen         und  dem 


Meisterstempel  |  FINCK  .  Km  silbernes  Ciborium  für  Oblaten  mit  dcn.selbcn 
Stempeln.  Alle  drei  Gefässe  haben  die  Jahreszahl  1798  und  das  gleiche  neben- 
stehende Wappen.  —  4.  Silbervergoldeter  Kelch  auf  sechspassigem  l''uss,  mit 


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KIRCnnORF  DtEDRlCIlSHACEN. 


41$ 


der  Inschrift  FR.  SOPHIA  RIECKEN  WITTWE  KLÜVERN  1721.  An  der  Kupa 
da.s  Hild  eines  Pelikans,  der  sich  die  Hm.st  öffnet,  um  seine  Jungen  mit  seinem 
Blut  zu  speisen;  darüber  eine  Taube  mit  Oclzwcig  im  Schnabel.  Schweriner 
Arbeit  ^  JTh^.  —  5.  Kine  .silbcrvcrgoldetc  Patcne  ohne  Werkzeichen,  mit  dem 


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Inneres  tier  Kirche  zu  hicdrichshngen. 

Spcrüng  schen  und  Slralcndorff  schcn  Wappen  und  den  Beischriften  CORDT 

SPERLINCK  und    METTA  STRALENDORPES 

1585.')  6.  7.  8.  Zur  Krankenkommunion 
ein  kleiner  silberner  Kelch  mit  l'atene  und 
Oblatenschachtel.  Vom  Jahre  1830.  Am  Kelch 
die  Zeichen  [s]  |  L  M  |  -  9.  Auf  dem  Altar 
eine  grosse  seidene  Decke,  vergilbt  und  auch 
zerrissen,  aber  mit  thcihveisc  gut  erhaltener 
Seidenstickerei,  darstellend  Biiume  und  Baum- 
zwcigc  mit  Wurzeln.  Dazu  ein  aufgenähtes 
Wappen  mit  drei  Blumen  und  den  Initialen 
D  und  K.  Die  Kliiver'sche  Familie  hatte 
früher  das  jetzige  Hausgut  .Schildberg  im 
Besitz,  das  nach  Diedrichshagen  eingepfarrt  ist. 

')  Die  Herren  von  Sperling  wütinten  vom  XV. 
bis  ins  XVII.  Jahrhundcris  anf  dem  benachbarten  Rüting.    Vgl.  M.  Jahrb.  I,  S.  223.  S.  486. 

Der  hier  genannte  Curl  Sperling  »tom  Rtitinff«  erwirbt  1598  einen  Hof  und  eine  halbe  Hufe 
tn  dem  nach  Diedrichshagen  ciiigcpfarrlen  Schildberg.  Er  und  Mette  von  StralendurfT,  Vickc 
von  Stralendorn''5  Tochter  von  Guldebce,  waren  die  Eltern  jener  Elisabeth  S|ieriing,  die  un-^  auf 
den  Epitaphien  in  Wismar,  Gressow,  Kltiti  und  Danibcck  begegnet  ist. 


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4i6 


AMI'SßERICHTSBBZnUC  GREVESMOHLBN. 


»Bot-  Zwei   >Bot-  (Hiissc)   Steine^   in   der  Form  ab- 

Steine.«  gestumpfter  Kct^cl,  ca.  ni  Imcli,  die  in  der  alten 
Kirche  als  Hussersteine  für  tjefallcnc  (stuprator  und 
stuprata)  im  Gebrauch  gewesen  sein  sollen,  befinden 
sich  jetzt  der  eine  auf  dem  Küstergehöil,  der  andere 
im  Garten  des  Pfarrkri^rs. 

Denlestem.  Deaktteta.  In  einem  Wäldchen  beim  Hofe  Bern- 

storf (früher,  bis  zum  Jahre  1829,  an  der  Kirchhofsmauer 
zu  Börzow)  ein  1,75  m  hoher  Kalkstein  in  Form  einer 
Docke  mit  der  Inschrift:  %m  •  blli  •  Hl  •  CCC  •  |  li^ 
i  •  bic  •  ab  ♦  bimuLi  :  Ui  •  pttti  •  •  Uicrncr' 
üernftorp  •  antiigcr  :  ovatc  •  pro  :  co  •  Daruber, 
im  Kopf  der  Docke,  das  Ikrnstortil 'sehe  Wapiien.  Auf 
der  Fläche,  die  innerhalb  der  Inschrift  liegt,  das  Bild  des 
Gekreuzigten  und  zu  dessen  Füssen  das  des  Verstorbenen, 
welcher  kniet  und  anbetet.  Ueber  ihm  ein  Spruchband 
mit  der  Inschrift:  O  l^df»  •  rP^*  lllffcrcrc  •  llici  • 
Auf  der  Riirkscite  oben  im  K()])f  der  Docki-  d.is  Hild 
des  (jekrcu/i|^'ti.'ii  und  j^leich  unter  diesem  das  des  Ver- 
storbenen in  gleicher  Stellung  wie  auf  der  V^orderscite. 
Auf  dem  Spruchbande  die  nicht  mehr  ganz  deutlidi  zu 
lesende  Inschrift: 

^  '  maxtt  •  bei  •  tniferrte  *  mei  •*) 


Das  Kirchdorf  Friedrichshagen. 

Geschichte  p^MI redebernesh a e n  (I'rcdcberni  indago)  ist  der  Name  des  Dorfes,  aus  dem 
des  HMl  jjij.).,  spjiter  l*'ii  bhersli;iL,'cn  unti  zuletzt  l'ricdrichshatjcn  entwickelt.  Wer 
der  deutsche  Kolonist  iMcdeborn  (Wrctleljern)  ist.  der  um  1230  liie  I'eldflur 
bebaut,  ob  er  derselbe  ist,  der  in  IJcckcruitz,  Reimannsdorf,  Wieschendorf 
und  Meierstorf  Besitz  hat,  lässt  sich  nicht  mit  Bestimmtheit  sagen,  wohl 
aber  dies,  dass  der  Name  zu  jener  Zeit  in  den  Familien  Barsse,  Huskummer  und 
Ketclhodt  und  im  XIV.  Jahrhundert  auch  in  den  Familien  Fliemstorf,  Pekkatel, 
Woostcn,  Kabold  und  Fahrenholz  vorkommt.  Das  10  km  südöstlich  von 
(rrevesmühlen  gelegene  Dorf  ttehört  um  1230  noch  zum  Kirchspiel  (iressow, 
erhalt  aber  schon  zur  Zeit  seines  (Iründers  eine  Kirche,  die  dieser  selbst  mit 
dem  nöthigen  Ackerland  ausstattet,  und  der  nachher  im  Jahre  1265  Fürst 

*)  Diese  letzte  Lesung  schlügt  (  rull  vor.  Anders  das  L'rkundenl)uch  Nr.  8644.  M. 
Jkhrb.  II  H,  S.  167.  T>ie  im  Jahrbuch  II  ^'e^^eliene  Abbfldung  ist  nicht  ganz  richti{;.  Das  \\a|>|>cii 
zu  den  I  ii-^on  tlrs  ViiMurlnnci).  iter  1351  im  Zweikampf  von  Detlev  von  Gadenstedt  Kclödtet 
sein  soll,  enthält  nicht  ein,  sondern  drei  KleeUiUer,  gans  ebenso  wie  das  grössere  Wappen  üben 
im  Kopf  der  Vorderseite. 


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KIRCHDORF  FRtBDRICHSHAGEN. 


417 


Heinrich,  mit  Wahrung  des  Patronats  der  Kirdie  fiir  den  Bisdiof  von  Ratze* 

bürg,  in  Bezug  auf  ihr  Ei^cnthum  dieselben  Rechte  beilegt,  welche  die  übrigen 
Kirchen  seines  Landes  haben.')  ICs  geschieht  dies  im  Hcsoiulern  dem  in  den 
Urkunden  aus  der  Zeit  Heinrich's  des  Pilgers,  der  Anastasia  und  der  Vormund- 
schaft so  häufig  genannten  Ritter  Ilinrik  de  Stralendorpc  zu  Gefallen,  dessen 
Besitzinteressen  es  erfordert  haben  werden.  Es  1^  die  2^it,  in  welcher  der 
Deutsche  Orden  (die  Gottesritter  vom  Deutsdien  Hause,  gadesrittere  van  dem 
dudesghen  huse)  im  Kirdispid  sich  ansiedelt,  in  Fredebemeshagen  selber  den 
Besitz  von  sechs  Hufen  gewinnt  und  in  dem  benachbarten  Gross  -  Krankow  eine 
Komthurci  begründet.  Als  diese  im  Jahre  1355  eingeht,  erwirbt  Martjuard 
von  Stove  ihren  «ganzen  ( iuterbestand  für  1000  Mark  reinen  Silbers,*)  Aber 
schon  1381  geht  die.ser  Hcsitz  durch  Kauf  auf  die  Herren  von  Stralendorfif 
über.  In  Friedrichshagen  aber,  wo  ne  2 Vi  Hufen  (nicht  soviel  wie  die 
Komüiuret  besass)  erwerben,  sind  neben  ihnen  die  Herren  von  N^ndanck 
und  später  auch  als  Rechtsnachfolger  dieser  die  Herren  von  Bassewitz  begütert 
(seit  1404),  und  von  1442  an  treffen  wir  dort  die  Herren  von  Bülow  von  der 
Linie  Wehningen.  In  ihren  Händen  und  nachher  in  denen  der  Elmcnhorstcr 
mul  Wieschendorfer  Linie  bleibt  Friedrichshaj^en  langer  als  dreihundert  Jahre, 
bis  über  die  Mitte  des  XV'llL  Jahrhunderts  hinaus.  Sic  haben  auch,  nach- 
weislich seit  den  Zeiten  der  Reformation  (vgl.  Visitationsprotokoll  von  1541), 
das  Fatronat  der  Kirche.  1763  erhält  Kammerherr  Philipp  Heinrich  Baron 
v<m  Stenglin  auf  Plüschow  den  Lehnbrief  auch  über  Frebbershagen  als  Pertinenx 
von  Testorf.  Sein  Rechtsnachfolger  ist  .seit  1803  der  Erbprinz  Friedrich  Ludwig, 
der  sich  der  Hew  irthschaftung  seiner  Cjütcr  w  idmet  und  mit  Vorliebe  auf 
l'luschow  residiert.  Ilun  folgt  1819  der  Lrl)^'ro.ss]urzi)g  Paul  Fnetirich.  Aber 
schon  1823  ist  die  Grossherzogliche  Reluitions- Kommission  hier  thätig,  und 
sdt  dieser  Zeit  gcltört  Friedrichshagen  zum  furstlidien  Domanium. 

Von  den  Namen  der  Geistlidien  im  Mittelalter  ist  ein  einz^[er  über* 
liefert,  es  i.st  der  des  Heinrich  Teskow  (oder  Teschow)  um  1357.  Um  1541 
ist  Johannes  Kannegeter')  Kirchherr,  um  1568  Henricus  Burmeister  (.seit  1567), 
zwischen  1647  und  1666  Jakob  Schetzovius,  171S  wird  Christoph  Hermann 
Hoyer  erwählt,  um  1745  Heinrich  FViedrich  Mussehl,  um  1760  Peter  Christian 
Neumann,  um  1786  der  Pastor  Stein.  Ueber  ihn  und  seine  Nachfolger  siehe 
Waher  a.  a.  O. 

Die  Kirche  ist  ein  schlichter  gothischer  Backsteinbau  mit  Chorschluss  Kirche, 
aus  dem  Achteck.    Langhaus  und  Chor,  dieser  um  eine  Stufe  gegen  jenes 
erhöht,  bilden  einen  einzigen  Raum  mit  flacher  Holzdecke,  den  acht  gleich- 

')  M.  U.-B.  375  (S.  373).  1028.  Das  K^ister  des  Urkundenbucbs  idenUriciert  den  Vredebern 
nit  den  der  Familie  Ketelhodt.    Vgl.  die  Uricunden  776.  1024  «nd  besonders  1491. 

*)  M.  U.-B.  6898.  S139.  S196.  Es  »iiul  ilic  GültT :  Gros«,  und  Kletn-Krankow,  Harmslugietli 
Friedrichshagen,  Quaal,  l'eteradurf,  Cimersdorf  und  Gebckendurr.  Die  beiden  zuletzt  genannten 
sind  ihrem  Namen  nach  nicht  mehr  da,  stecken  aber  in  Meierstorf  und  Neuhof.  Vgl.  Lisch, 
M.  Jahrb.  XIV.  S.  21.   Schndt.  M.  Jalirb.  LVI,  S.  196,  197.  Anmkc. 

>)  Liacb,  M.  Jahrb.  XU,  S.  17>. 

37 


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4i8 


AMTSGERICHTSBBZIRK  GREVESUOHLEN. 


geformte  iweitheilige  Fenster  mit  Spitzbogenschluss  erleuchten.  Den  im 
Westen  voi^bauten  Thurm  deckt  ein  Satteldach  mit  abgewalmten  Giebeln. 

Ahar.  Altar.  Der  Altar-Aufsatz  Ist  ein  Werte  des  Barockstib  mit  Halbsäulen, 

die  ein  minderwerüiiges  Gemälde  der  Krenz^ung  einsdiliessen,  und  neben 
denen  die  gesduiitxten  Gestalten  des  Moses  und  Aron  als  Seitenschmuck 
angebracht  sind. 


Triptychon.         Auf  dem  Orgelchor  steht  noch  das  Mittd- 
stüdc  eines  alten  gothisdien  TriptydMMis. 


Kanzel. 


Die  Kanzel  ist  im  Rokokostil  ausgeführt. 


Knieiiii» 

H. 

Katha- 

mit Johannes 

Niko- 

rina. 

und  Maria. 

laus. 

Im  Mittelfeld  des  Prcdigtstuhis  eine  Lutherbüste  von  Papiermache. 

Glocken.  Im  Thurm  hängen  zwei  Glocken.    Die  grössere  ist  vom  Jahre  1724, 

hält  1,25  m  Durchmesser  und  hat  die  Inschrift:  HR.  HANS  JOCHIM  VON 
BVLOW  •  VND  DIE  GESAMTTEN  ERBEN  DES  SELIGEN  HERRN  LANDRATHS 
COROT  OETTLOF  VON  BVLOW  :  BEIDERSEITS  PATRONI  ZU  FRIEDRICHS- 
HAGEN •  CHRISTOPHER  HERMAN  HÖVER  PASTOR.  Als  Giesser  nennt  sich 
Laurentius  SMilbom  aus  Lübeck  1724.  Ab  BSid  ein  Kruciftxus.  —  Die  zweite 
Glodce  hat  über  dem  unteren  Kranz  die  Inschrift: 

SONO  CLARA  VOCE  GLORIAM  DEI  TER  SANCTI.  "  ^ 

ME    FUDIT   P.  M.  HAUSBRANDT  WISMARIAE 

MDCCCLVI. 

Die  Vorgängerin  der  zweiten  Glocke 
hatte  eine  lange  lateinische  Inschrift,  die 

dem  AnfUnkfii  iks  Philipp  Tlcinrich  Baron 
von  Stenglin  als  Erwerber  der  Herrschaft 
FlCiscbow  und  Patron  der  Kirche  von  seinem 
Sohn  Konrad  Philipp  gewidmet  war.  Sie  war 
iSoi   von  J.  V.  sichulz  -  Rostock  gegossen 

worden. 

Kleinkunst-  Kleinkunstwcrke.     i.  Silhervergoldeter 

werke.  Kelch  auf  .sechspassigem  Fuss.  Unten  am  I-'uss 
ab  Signaculum  ein  plastischer  Kruci6.\us. 
Rechts  und  links  davon  das  Bülow'sche  Wapi^cn. 
Darüber  dreimal  das  Meisterzeichen  ^^AN  - 
Dazu  die  Inschrift:  X  HARTWICH  XVX  /T  K 
BVLOW  X  PATRON  X  DISER  X  KIRCHEN  X  JO- 
HAN  X  V  X  BVLOW  X  1614  X.  Die  da/u  <^v- 
hurige   l'atcne    olinc   Zeichen.    —    2.  Kleiner 

silberner  Kelch  mit  Patene,  zur  Kranken -Kom- 
munion, ohne  Inschrift t  beide  mit  den  neben- 
stehenden  Wismar'schen  Stempeln.    Wahrscheinlich  von  dem 
Goldschmied  Heinrich  Böttcher,  der  1701  ins  Amt  eintrat.  — 
3.  Silbervergoldeter  Kelch  auf  rundem  Fuss.    An  der  Kupa  die  Inschrift: 


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VORGBSCHICIITUCHB  STELLEN. 


419 


a  s.  VON  bOlow  aus  dem  hause  plOschow  1751.  ^G^i)  Scbwe> 

riner  Arbeit.  Die  zum  Kelch  t,'ch(>rij^c  I'ateno  träpt  dieselben  Zeichen.  -  ~ 
4.  Oblatenciose  von  Silber.  Auf  ficni  Deckel  ein  eingravierter  Krucilivus.  Auf 
der  Unterseite  des  Fusses  zwei  bürgerliche  Wappen  mit  den  ünterschrillcn  AiSi 
HORNEMANNEN  und  A  i  D  >  AVEN  •  PENSIONAIRE  1760.  Oberhalb  der 
Wappen  die  Inschrift:  GOTT  ZU  EHREN  DER  FREDEBERTS-  ^  ^ 
HAGER  KIRCHE.  Wismar 'sehe  Werkzeiehen  (Joh.  Ditlr.  Qade):  W  \ä 
5.  Abcndmahlskanne  aus  Zinn,  mit  dem  Stempel  |  A  sch'vtz].    Auf  der 

Vorderseite  eingraviert  ein  Krucifivu.s,  ein  t^Ieicher  plastisch  am  Deckel. 
Unter    dem    Hoden:    KIRCHE    ZU    FRIEDRICHSHAGEN    1864.  6.  Tauf- 

becken von  Messing.    Aul   dem  Fu-sä  J.  MEYNE  186«.   —  7.  8.  9.  Im 
Schür  der  Kirche  drei  Kronkiiditer»  der  eine  aus  Messii^,  der  andern  aus 
Eisen  und  der  dritte  aus  Holz.  —  10.  11.  Zwei  gleiche  Leuchter  von 
Zinn,  auf  drei  Füssen.    Der  eine  hat  die  Inschrift:  DfiTLOF  ERTHMAN  « 
DIESEN  LEÜCHTER  •  GEHÖRT  ZUR  FRIEDRICHSHAAGEN  •  1730  •  ^ZS 
Dazu  die  ncben.stelienden  W ismar'.schen  Werkzeichen     Der  andere  \^/ 
hat  die  Inschrift:   DETELOF  .  FERTENS  •  FORER  ET  •  DIESEN  LVCHTER  •  ZV  . 
GOTTES  •  ERE  •  SV  •  FRIRICHHAGEN  •  IN  DER  KIRGE  •  1683  •    |^  rjc]  *) 
Dazu  die  nebenstehenden  Wismar'schen  Werkzeichen.  —  12.  13.    \^  >^ 
Zwei  desgleichen,  gross,  in  Idassicierendem  Stil:  dorische  Säulen  auf  vier- 
seitigem Fuss.     Ohne  Inschriften.    Wismarsche  Werkzeichen:  IwNol* 
—  14.  15    Zwei  schöne  Vela.  das  eine  ein  Rrokatgcwebe  im  vIÄl/ 
Stil  der  Spiitrenais.sancc,  das  andere  eine  Stickerei  in  Plattstich  auf  Seide: 
Blumen  mit  naturalistischer  Behandlung,  im  Geschmack  des  XVIIi.  Jahrhunderts. 


Die  wtehtigtten  vorgeschichtlichm  Stellen 

Im  Amtsgerichtsbezirk  Grevesmühlen. 

oldbeck.    In  dem  Lenorenwalde  ein  kleiner  Burgwall  von  5  bis  6  m 
Höhe  und  15  m  Durchmesser,  geschützt  durch  einen  WaUgraben  und 
herumfliessenden  Bach;  anscheinend  wendisch. 

Kfiblenstein.  Links  vom  Wege  nach  Borkcnhagcn  im  Walde  ein  be- 
deutender Burgwall,  ein  Oblonf^um  von  150  m  I.äni:^e  und  70  m  Breite,  an 
drei  Seiten  von  sumijfigem  Terrain  umgeben;  anscheinend  wendisch,  aber 
auch  im  Mittelalter  bewohnt. 

Rankendorf.  In  di  r  Xalic  des  Hofes  ein  noch  nicht  n.'iher  imtersuchtes 
Urncnfeld  der  La  Tene-Zeii,  von  dem  einige  Funde  im  Grossh.  Museum 
sind.    Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XU,  S.  168. 


*}  Der  erste  BnchiUbe  in  McUtetseichen  ist  fraglicli. 

27» 


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420 


AMTSGERICHTSBBZIRK  OREVKSMÜHLEN. 


Peldlittsen  (zu  Wiesdiendorf).   Der  »Harkenwalls  ein  grosser  Burg» 
wall  aus  wendischer  Zeit,  einer  clor  schönsten   und   best  erhaltenen  im 

Lande.    Vgl.  u.  a.  Wigger,    M.  Jahrb. 
XXVlll,  S.  43. 

Die   Gegend    um    Üassow  war 
firOher  reich  an  Hünengräbern,  die  jetzt 

verschwunden  zu  sein  scheinen.  Im 
Grossh.  Museum  befioden  sich  Funde 
von  Haticensee  (Steinkamroer,  zerstört 
vor  18.(1,  vgl.  M.  Jahrb.  VI  B,  S.  29); 
Wieschendorf  (zwei  grosse  Steinkammem, 
ausgegraben  1836,  vgl.  M.  Jahrb.  IIIB, 
S.  117);  Tankenhagen  (eine  unter- 
irdische Steinkammer  und  ein  Hiinen- 
bett,  ausgegraben  1876,  vgl.  M.  Jalub. 
XXXVII,  Seite  197);  Prieachendorf 
(Ilünenbclt,  ausgegraben  1836,  vgl. 
M.  Jahrb.  IIB,  S.  25);  ein  Hüncnhett 
von  Holm  erwähnt:  M.  Jahrb.  II  B, 
S.  107. 


Bugmll  von  GoUbeck. 


Daaaow.    Auf  dem  Stepnitzufer, 
an  der  Brücke  vor  dem  Ort,  ein  erhöhter  Platz,  in  dem  Lisch,  M.  Jahrb.  XXVII, 
S.  194,  das  schon  1020  bis 

1022  erwähnte  ca.strum  Derith-  >>^%ir^*^^^^i!$Sk 
.scwe,  welches  durch   die  Zer-  ie>/^i 9^^^^ 

.storiin»;  der  Burg  1262  fast 
unkenntlich  gemacht  sei,  vcr- 
muthet.   S.  o.  S.  392. 

Roggenstorf.  Hei  der 
Grevenatieiner  Mühle  ein  Skelett- 
gräberfeld, wahrscheinlich  wen- 
dischen Ursprungs;  untersucht 
1895  von  Dr.  Beltz. 

B9n»w.  In  den  Tannen 
an  dem  Wege  nach  Greves- 

mühlen  ein  Urnenfeld  aus  der 
älteren  römischen  iVtiode  (vgl. 
WüteniLc  und  Janiel);  Funde 
im  Grossh.  Museum.  Vgl.  Lisch, 
M.  Jahrb.  VIUB,  S.  91. 

Wotenits.  In  den  Mühlen- 

tannen  ein  noch  nicht  erschöpftes 

Urnenfeld  aus  der  älteren  r^tnisrhen  Periode;  sehr  schone  Funde  (zierliches 
KIcingerath  aus  Gold,  .Sillier,  lironze,  l'.isen  und  Knochen)  im  (iros.sh.  Mu.seum. 
Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XXXUI,  S.  143;  XXXV,  S.  105;  XXXVII,  S.  230. 


liurgwall  von  Kühlcnstein. 


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VORC  ESC  HICHTLIC 1 1 E  ST  ELLEN . 


421 


Kaatahn.  An  der  Stcpnit/.  ein  kleiner  sehr  geschützter  Burjjplatz  mit 
Resten  mittelalterlicher  Benutzung,  vielleicht  schon  aus  wendischer  Zeit 
stammend. 

Upahl.  Oestlich  vom  Ort  zwei  beträchtliche  Hügel,  der  »Twaschcn- 
berg«  und  der  »Ramberg«,  anscheinend  Kegelgräber;  eine  von  Dr.  Beltz  1894 
vorgenommene  Untersuchung  hat  keine  Funde  ergeben. 

Burgreste  bei  Upahl.  Auf  dem  Gehöft  des  lirbpächtcrs  Johann  Kruse 
(Buschkrusc)  giebt  es  in  unmittelbarer  Nähe  der  Hofstelle  einen  ungefähr 
4  m  hohen,  mit  Gebüsch  bestandenen  ICrdhügel,  der  sich  bei  näherer  Be- 
sichtigung als  kreisflirmigcr  l*>dwall  mit  innerer  Vertiefung  ausweist  und  noch 


llUnciigrati  von  .Salchendorf. 


vor  einigen  J.'ihrzchnten  alte  Backsteinfundamente  einschloss.  Jetzt  ist  er  an 
der  dem  Gehöft  zugekehrten  Seite  durchbrochen.  Die  Steine  dieses  ursprünglich 
vierseitigen  Mauerbaues  sind  von  früheren  Hauswirthen  fortgenommen  und  auf 
ihrem  Gehöft  verwendet  worden.  Gegenwärtig  sieht  man  nur  noch  in  einer  I'^ckc 
geringe  Ueberreste  davon.  Nach  aussen  ist  diese  Burg  von  zwei  koncentrischen 
Wallgräben  geschützt  gewesen,  einem  sich  eng  an  den  Krdwall  anschliessenden 
und  einem  in  weiterem  Bogen  umlaufenden,  wie  das  (ielände  noch  heute  zeigt, 
obwohl  die  Betriebsamkeit  der  Besitzer  alles  gethan  liat,  um  durch  Abtragung 
des  Bodens  eine  dem  Pfluge  bequeme  Ackerfläche  zu  bekommen.  Die  natür- 
liche Befestigung  dieser  inmitten  von  Wiesen  gelegenen  Burg  muss  bedeutend 
gewesen  sein,  zumal  noch  heute  diese  Wiesen  bei  anhaltender  Regenzeit  selbst 
im  Sommer  wochenlang  unter  Wa.sser  stehen. 

Gross -Pravtshagen.  Das  im  M.  Jahrb.  XV'III,  S.  246  erwähnte  schöne 
und  gro.ssc  Kegelgrab  ist  jetzt  bis  auf  gcringfiigigc  Reste  abgetragen;  Funde 
sind  angeblich  nicht  gemacht. 


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422 


AMTSGERICHTSBEZIKK  GREVESMCHLEN. 


Plüscbower  Mühle.  Auf  dem  Müllcracker  früher  zahlreiche  niedrige 
Stcinkcgcl,  ein  Hcgräbnissplatz  der  jüngeren  Bronzezeit;  vgl.  Beltz,  M.  Jahrb. 
LXI,  S.  218. 

Sternkrug  (zu  Meierstorf).  An  der  Chaussee  zwei  stattliche  Kegel- 
gräber, oben  abgeplattet,  .son.st  anscheinend  wohl  erhalten. 

Jamel.  Im  Janielcr  Revier  befinden  sich  einige  Hünengräber,  an  Grösse 
und  guter  Erhaltung  wohl  die  schönsten  im  Lande:  vgl.  darüber  Beltz  in  den 
Protokollen  der  Generalversammlung  des  Gesammtvcreins  der  deutschen  Ge- 
Schichtsvereine  in  Schwerin  1890,  S.  176,  wo  die  ältere  Litteratur  angegeben 
ist.  Wir  nennen  hier  folgende:  i.  Hünenbett  von  38  ni  Lange  und  9  m 
Breite,  umstellt  mit  50  Steinpfeilern;   am  östlichen   Ende  die  scheinbar  un- 


HUnengrab  von  Evcrstoif. 


berührte  Grabkammer  mit  vier  Decksteinen  (gewöhnlich  als  Grab  von  Naschen- 
dorf bezeichnet).  2.  Steinkammer  mit  einem  Deckstein  auf  zwei  Trag.steinen, 
umgeben  von  einem  rundlichen  Hügel  (gewöhnlich  als  Grab  von  Everstorf 
bezeichnet).  3.  Stcinktimmer  mit  vier  grossen  Decksteinen  auf  einem  rundlichen 
Hügel.  —  In  der  Kiesgrube  an  der  Chaussee  sind  zahlreiche  Steinartefakte 
(Keile,  Beile,  Mes.ser  u.  s.  w.)  gefunden,  die  in  Privatbesitz  gekommen  sind.  — 
Südlich  von  der  Chaussee  ein  ausgedehntes  L'rncnfeld  aus  älterer  römischer 
Zelt,  1889  und  1890  durch  Dr.  Beltz  ausgebeutet.  Die  zahlreichen  und 
schönen  Funde,  ganz  im  Charakter  der  bei  Wotenitz  gemachten,  befinden 
sich  im  Grossh.  Museum. 

Andere  Gräber  in  der  Jameler  Porst  und  den  angrenzenden  Feldmarken 
sind  zcrslörl.  Sie  scheinen  einer  grosseren  (»nippe  von  Hünengräbern  an- 
gehört zu  haben.  Im  (irossh.  Ahiseum  befinden  sich  Punde  von  Hoikendorf 
(Hiincnbc'tt,  zerstört  1845,  vgl.  M.  Jahrb.  X,  S.  269)  und  Barendorf  (Stein- 
kammer,  zerstört  1852,  vgl.  M.  Jahrb.  XVIIi,  S.  229). 


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Kirche  zu  Rchna. 


Amtsgerichtstezirk  Itehna. 


Die  Stadt  Rohna. 

jeschichte  der  Stadt.    Die  (beschichte  von  Rchna  ist  gleich  tlcr  von  Geschichte 
Darj^'un    (im   ersten   liamlc   der  Kunst-  und  Geschichtsdenkmäler  der 
Mecklenburgs)  die  Geschichte  seines  Klosters,  das  zwischen  1230  ^'J**!*- 
und  1236,  als  der  Ort  noch  ein  Kirchdorf  war,  von  einem  Frater  (Mönch) 
Ernestus  als  Nonnenkloster  nach  der  Regel  des  hl.  Benediktas  gegründet,  vom 
Ritter  Henricus  de  Roxin  mit  dem  Dorfe  Roxin,  von  Gottfried  von  Hülow, 
einem  Vasallen  des  Fürsten  Johann,  mit  zwanzig  Hufen  Landes  bei  Lübsee 
(genauer:  oberhalb  des  Dorfes,  super  IJpcssc),  von  Otto  von  Kogel  (Kowalc), 
einem  Ratzcburger  Vasallen,  mit  zehn  Hufen  ebendaselbst,  und  vom  Fürsten 
Johann  am  16.  Mai  1236  mit  landesherrlichen  Rechten,  die  ihm  in  den  ge- 
nannten Gebieten  gehörten,   ausserdem  aber  auch  mit  denselben  Privilegien 
bevvidmet  wurde,  die  dem  schon  im  Jahre  1219  gestifteten  Kloster  Sonnen- 
kamp (Neukloster)  verliehen  worden  waren.')   Vier  Monate  später,  den  6.  Scp- 


')  M.  U.-B.  254.  375  (S.  362  und  369).  453.  Die  Grundlage  zw  der  Geschichte  des 
Klosters  hat  in  der  ersien  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderls  der  Archidiakonus  Dietrich  Schröder  in 
seinen  Wismarschen  Erstlingen,  S.  238  bis  268,  gelegt  und  nachher  in  sein  »Pap.  Mecklenburg« 
aufgenommen.  Darauf  hat  Lisch  weiter  gebaut  mit  verschiedenen  Mittheiltingen  in  den  Mcckl. 
Jahrbuchern,  besonders  in  X,  S.  180,  XV,  S.  287  bis  305,  XX,  S.  333  bis  357  und  XLII, 
S.  153  bis  156.  Vgl.  ausserdem  M.  Jahrb.  V,  S.  214  bis  218.  Yllji,  S.  71  und  62.  X,  Seite 
180  bis  182. 


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4^4 


AMTSGSRICKTSBEZIRK  REIINA. 


tember  1237,  erfolgen  weitere  Schenkungen  und  Gnadenerweisungen.  Dieselben 
Ritter,  und  andere  in  der  Umgegend  wohnende  dazu,  wie  Johann  von  Biilow, 
Hdnridi  von  Ardenburg,  Detlev  von  Gadebuadi,  Gottfried  von  Briitzkow') 

und  Heinrich  von  Schwerin  vennehren  die  Hegenden  Grunde  des  Klosters  in  ganz 
erheblicher  Weise,  der  Fürst  giebt  seine  Bestätigung  und  verzichtet  zu  Gunsten 
der  Nonnen  auf  sein  Patronat  und  Vcricihungsrecht  in  der  Marien -Kirche 
(beate  Marie  virgini.s)  zu  Kehna  und  in  der  zu  Wedendorf.  sowie  auf  seine 
landesherrlichen  Rechte  in  den  neu  hinzugeschenkten  Ländereien  in  Lubsee, 
Tankenhagen,  Faikenhagen,  Woitendorf,  Vitense,  Frauenmark,  der  alten  Mühk 
in  Rehna,  Roxin,  Benzin,  Löwitz  (Lutfizithse)  und  Vorfoek.*)  Eins  der  widitigsten 
Klosterdokumente  aber  ist  die  in  Gegenwart  und  mit  Theilnahme  einer  grossen 
Zahl  geistlicher  und  weltlicher  Herren,  der  Fürsten  Johann,  Nikolaus,  Heinrich 
Borwin  und  Pribislav,  der  BegnuKlcr  der  vier  ähestcn  Linien  des  Mecklen- 
burgischen I  lauses,  des  ganzen  Ratzeburger  Domkapitels  und  zahlreicher 
Ritter  und  Priester  vollzogene  grosse  Bestätigungsurkunde  des  Ratzeburger 
Bisdiofs  Ludolph  vom  26.  December  1237,  in  weldier  er,  nach  einer  sdiwung- 
voUen  Emleitui^  über  die  hohen  Pflichten  und  die  schwere  Verantwortung 
eines  Bischofs,  das  neue  Kloster  als  junge  Tochter  der  Ratzeburger  Kirche 
dem  himmlischen  Bräutitjam  zufuhrt.  Der  \'orwurf  der  l'nfruchlbarkeit  könne 
die  Mutter  nicht  mehr  tretf'en,  nachdem  schon  eine  solche  Tochter  von  ihr 
in  den  Kampf  gegen  die  tumultuose  Menge  der  Dämonen  gestellt  sei;')  nun 
habe  sie  aber  auch  ihre  andere  Tochter  glücklich  zur  Welt  gebracht  und 
schreite  einher  mit  zwei  Geschwadern  wohlgeordnet  als  furchtbare  Schlacht- 
reihe g^en  die  Sdiaaren  der  bösen  Geister  (cum  duabus  turmis,  drcuamicta 
varietate,  contra  catcruas  demonum  tcrribilis  ut  castrorum  acics  ordinata). 
Mit  Zustimmung  des  l->zbischofs  (Jerhard  von  Bremen  und  beider  Domkapitel, 
des  Bremer  und  des  Ratzebmxjer,  iiiul  mit  Genehmigung  der  vier  mecklen- 
burgischen Landesherren  weiht  er  das  Kloster  und  seine  Kirche  zu  Ehren 
Gottes,  der  hl.  Mutter  Maria,  der  hl.  Ellnbeth  und  aUer  Heiligen,  weist 
weiteren  Landbesitz  in  Benzin  und  Rdina  an,  sdienkt  femer  die  Hälfte  vom 
Zehnten  in  Gletzow,  Roduchelstorf,  in  dem  zum  Land  Gadebusch  gehörenden 
Theil  von  Lübsec,  Tankenhagen,  Grieben,  Herbordeshagen,*)  Bernstorf,  Hans» 
hagcn  und  Picx  erstorf  und  bestimmt,  dass  der  Probst  des  Klosters  vom  Ratze- 
burger  Donikaiiitel  t^ewähU  und  als  solcher  den  Bann  oder  die  Archidiakonats- 
rechte  in  den  Parocliicn  Kehna,  Wedendorf,  in  den  Kirchen  zu  Wismar  und 
in  denen  des  Landes  Bresen,  d.  h.  in  Proseken,  Hohenkirchen,  Beidendorf, 

^  Ueber  die  Stammverwandlschaft  der  von  Bulüw  und  BrUtzkow  vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XXXtll, 
Sdte  88  ff. 

•)  M.  U.-H  467.  Zu  Lvtluiase  v^l.  «duKl! ,  M.  jahrb.  LVI,  S.  193.  l>ie  Vcmulhung, 
dass  Luüuilhse  idenüach  <ei  mit  LOwitz,  wird  dadurch  gesiuut,  da»  in  Zukunft  der  Klostcrbcsitz 
in  Lathtithw  nicht  wieder  TUtkooimt,  wohl  «iier  viedobolt  der  in  LSwitz,  c  B.  1257,  1267,  1325. 

Der  HiMrhuf  meint  dos  unter  seinem  Voigiilfer  Gott.schalk  (1229  bis  123$)  gegründete 
Benediktiner- Nonnen  -  KIo«.!fr  KMenn  ,  ohne  es  zu  nennen.     Vgl.  M.  U.-ll.  2  II  8. 

*)  Nicht  mehr  vurhan Jen ,  hig  im  Xlll.  Jahrlmndcrt  bei  ÜtUensdorf.  Vgl.  Schildt,  M. 
Jahrb.  LVI,  S.  193.   Nii«li  dem  Urkandenbueh  (2874)  bt  es  der  Bauhof  bei  Rdtn«.   Ferner  338s. 


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GESCmCHTB  DER  STADT  REHNA. 


42$ 


Gressow,  Grevesmiihlen,  Klütz,  Damshagen,  Elmenhorst,  Kalkhorst  und  Rüting 
ausüben  solle.')  Zu  diesen  l'atronatcn  gesellt  sich  im  Laufe  des  XIII.  Jahr- 
hunderts auch  das  von  I.ubsee.') 

Schröder  berichtet  in  se  inen  Wismar'schcn  Erstlingen,  S.  240,  dass  die 
Vollendung  der  Klostergebäudc  sehr  langsam  vor  sich  gegangen  sei,  und  dass 
der  Cardinall^t  Petrus  habe  eingreifen  müssen,  um  im  Jahre  1254  endlich 
deren  Einweihung  tu  erreichen.  Leider  ist  die  Urkunde  hierttber  verloren 
gegangen,  allein  die  Sache  wird  durch  eine  Urkunde  desselben  Legaten,  die 
von  Cambray  aus  am  25.  October  1254  im  Interesse  des  Rützower  Collegiat- 
Stiftes  erlassen  ist  und  von  besonderem  Interesse  für  tlie  kirchlichen  Verhalt- 
nisse in  Mecklenburg  zeugt,')  durchaus  glaublich  j,'rmacht. 

Es  mehrt  sich  der  weltliche  Besitz,  thcils  in  <len  schon  genannten 
Ortschaften,  theils  in  antlcren,  die  hinzukommen,  wie  in  Tarnewitz,  Uemcrn, 
Käselow,  Wölschcndorf,  Mundorf,  I'arbcr,  Goostorf,  Martensdorf,  Zehmen, 
Deutsch-  und  Wendisch-Nesow,  Ourdshagen,  Rosenow  und  Pokrent,  und  das 
Kloster  erwirbt  ganz  und  gar  die  Dörfer  Woitendorf,  Schindebtädt,  Volkens- 
hagen, Brützk(»w  und  Zweendorf.*)  Dabt  i  e  rfreut  es  sich  ausser  <ler  Gunst 
seiner  Hischofe  auch  derer  der  Eürsten  Johann,  Heinrich  s  des  Pilgers  und 
dessen  jüngeren  Hruders  Johann,  der  in  der  vaterländischen  (k-schichtc  als 
Herr  zu  Gadebusch  bekannt  ist.  Am  meisten  aber  interessiert  sich  der 
Adel  in  der  Umgegend  dafür,  wie  die  Herren  von  Bülow,  Wittenburg,  Lang- 
wedel, Bresen,  Wackerbart,  Maltzan,  Hoktein,  Blücher  und  Eckemförde 
(Ekelenvorde),  die  es  cum  Theil  mit  ganz  bedeutenden  Stiftungen  bedenken. 
Auch  die  Namen  bürgerlicher  Lelmmanncr  begegnen  uns  bei  diesen  Anlässen, 
wie  Werner  Mrasche  und  Johann  Railuchel.  I''bensowenig  fehlt  es  an  kleineren 
Vermächtnissi-n  aller  Art.*)  Das  Kloster  ehrt  sich  selbst  in  (Kr  Zeit  von 
1260/61  durch  die  Aufnahme  der  Gra6n  Audacia  von  Schwerin  mit  den 
Ihrigen  in  seine  Fraternität^  Den  8.  Juli  1270,  nach  seiner  Rückkehr  vom 
Kreuzzuge  gegen  Livland,  übergiebt  Fürst  Hdnrich  der  Pilger  ein  von  ihm 
als  Tochter  adoptiertes  kleines  dreijähriges  Heidenmädchen',  das  er  aus  der 
Schlacht  gerettet  hat,  dem  Kloster  zur  Erziehung  lur  den  Nonnenschleier,  fugt 
aber  auch  als  Geschenk  vier  Hufen  in  dem  schon  genannten  Dorfe  Färber 
hinzu  (ut  ex  ejusdem  ancille  introitu  claustruni  Rene  solacium  acciperet,  non 

■)  M.  U.'B.  471.  473.  78$.  IS94>  'SSS-  3440.  3'Si>  S*^-  '^73$'  >o7S9>  ^  Kirchen 

M  Wedend Orf  und  Rüting  sind  eingegangen.  Dassow  und  Mummctulorf  werden  an  Stell«  VM 
RdniB  und  Wedendorf  dem  RaUebnrger  Probst  zugewiesen,  s.  o.  S.  395,  ADmkf.  I. 

•)  M.  V.  U.  971. 

•)  M.  U..B.  736. 

«  M.  U.-B.  553.  575.  578.  674.  741.  742.  1056.  1108.  1155.  1163.  1226,  1354.  1870. 
2c6o.  306 i.  22li.  2296.  2450.  2456.  2627.  Von  SchindeUtädt  giebl  es  beute  nur  noch  den 
Namen  nb  Peldnaik  in  der  Nlhe  da  Dorfn  Wykenhegmi.  Vgl.  SchiUt.  H.  Jnkrb.  LVI,  S.  194. 
Der  Bcsiu  in  Zweendorf  geht  1307  an  Kloster  Doberan  Uber:  M.  U.-B.  3149. 

*;  M.  U.  Ii.  910.  1706.  1952.  S017.  S045. 

•;  M.  XJ.-li.  ^»4. 


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426 


AMl-SGERICHTSBEZIRK  KEHNA. 


gravamen).*)  Eine  andere  Khre,  die  der  Fürst  dem  Kloster  erweist,  ist  die, 
dass  er  1267  seine  schon  oft  erwähnte  Brud-  und  Weinstiftung  für  die 
Kirdwn  des  Landes  Gadebusch  und  des  Kttttzer  Winkels  In  die  HSnde  des 
Frobstes  legt*)  Inzwischen  haben  sich  audi  die  Baulichkdten  des  Klosters 
veigrSsseit;  schon  1254  hören  wir  davon  (cum  ....  monasterium  ipsum, 
quod  est  novclla  ])]antatio,  inccpcrint  cdißcarc  de  nouo  opere  sumptuoso),  des- 
gleichen damals  und  später  von  Ablassertheilungcn  zu  diesem  Zweck/')  Mit 
diesen  Verhältnissen  sciicint  es  nicht  zu  stimmen,  wenn  Fürst  Heinrich  der 
Pilger  in  einer  Urkunde  vom  i.  Mai  1269  von  der  Armuth  des  Klosters  redet. ^) 
Man  mädite  diese  Aeusserung  um  so  weniger  ernst  ndunen,  wenn  man  sieht, 
wie  der  gute  Kredit,  den  das  Kloster  geniesst,  schon  früh  zur  Entwickdung 
eines  in  Kapitalanlagen  aller  Art,  in  Gewährung  von  T^ibrenten  und  Anldhen 
sich  äussernden  Geschäftsbetriebes  Rihrt,  flcr  hier  wie  anderswo  lohnend  {^cnujT 
gewesen  sein  wird.  Acht  Procent  Zinsen  zahlt  selbst  der  junge  F'ürst  Heinrich, 
der  Sohn  des  Pilgers,  als  er  am  27.  Juni  1299  ^in^'r  Anleilie  wegen  mit  dem 
Kloster  einen  Kontrakt  schliesst.*) 

Die  Enverbung  von  grösserem  und  kleinerem  Grundbesitz,  von  Zclintcn, 
Hebungen  von  Antheilen  an  höherer  und  niederer  Gerichtsbarkeit,  Wdde-  und 
Fischerdgerechtigkdten  u.  s.  w.  steht  hn  XIV.  Jahrhundert  nidit  still.*)  Es 
konunen  luttsu  die  näher  an  GrevesmUhlen  ab  an  Rehna  gel^enen  ganzen 
Dörfer  Wotcnitz  und  Büttlingen,  die  im  Besitz  der  Familie  von  Maltzan  waren, 
ebenso  die  Dorfer  Vitense,  Henzin  und  Gletzow,  wo  das  Kloster  grössere  und 
kleinere  Antheile  schon  von  früherer  Zeit  her  besessen  hatte,  und  das  Dorf 
Botclsdorf,  dieses  freilich  noch  nicht  gleich  mit  allen  seinen  i£inkünftcn.^)  Am 
28.  Juni  1312  verpfändet  Fürst  Heinridi  dem  Kloster  das  höchste  Geridit  in 
allen  seinen  Gütern.*)  Von  der  Beschränkung  der  Dispositionsbefugnisse  der 
Priorin  gegenüber  denen  des  Probstes,  und  zugleich  von  der  Genauigkeit  in 
der  Behandlung  von  Kinnahmen  und  Ausgaben,  zeugt  die  Urkunde  vom  8.  Ok- 
tober 13 12,  in  welcher  der  Probst  bezeugt,  dass  die  Priorin  zwei  Mark  jähr- 
licher l'"inkünfte  aus  Hutelsdorf  zum  Pesten  kranker  Nonnen  für  die  Summe 
von  zwanzig  Mark  gekauft  hat.")  Die  dritte  Vikarci,  soweit  wir  urkundlich 
darüber  Kunde  haben  (die  erste  hatte  Ritter  Gottfried  von  Bük>w  am  Ahar 

«)  M.  U  -B.  1193. 
*)  M.  U.-B.  II07. 
M.  U.>B.  73$.  tl37.  1717-  I9S<- 

♦)  M.  U.-B.  1163. 

M.  U.-B.  2564.    Vgl.  dazu  1155.  1330.  2187.  3lS8.  3545.  6283.  7977.  8068.  9246. 
984s.  10213.  10529.  10590.  1059S.  II080. 

•)  M.  U.-B.  2874.  3169.  3284.  3289.  3305.  3382.  3397.  339«.  3450.  3486.  35*3.  354«. 

3S43-  3556.  3619.  3786  (halbe  Mulile  zu  rimiow'  .•5844.  3946.  4032.  4040  (S.  407).  41 29.  4244. 
4383  4384.  4501.  4510.  4610.  4866.  5194.  5916.  6608.  6658.  6856.  6889.  6917.  7760.  7804. 

S014.  8h<w  8736.  8S08.  9613. 

*)  H.  U.-B.  3150.  3153.  33S1.  3398.  354a  (v^L  bierta  4384X  984$. 
^  M.  U.-B.  3543.  3544. 

<)  M«  U.-B.  3369.  y^.  dam  4243-  4677.  10329. 


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GESCmCHTB  DER  STADT  KEHNA. 


der  hl.  I^lisabctli  und  die  zweite  der  Lübecker  Bürger  Heinrich  Sprinkintgut 
am  24.  Februar  1299  am  Maricnaltar  der  Kirche  gestiftet),  errichtet  der  Ritter 
Johaon  von  Bülow  aus  den  Einkünften  von  aVa  Hufen  in  Grieben  und  5  Vi 
Hufen  in  Pätrow  zum  Gedäditniss  der  Familie  von  Bülow  am  Altar  der  lieiUgca 
Apostd  F^nis»  Faulus  und  Johannes.*)  Indessen  gdit  hierfiir  der  Bedts  von 
Benan  in  die  Hände  des  T.andesherm  zurück  in  Gemässheit  eines  Versprechens, 
welches  dem  Johann  von  Hulow  fjegeben  worden  war.*)  Später,  am  9.  Sept. 
1346,  erfalircn  wir  auch  von  einciti  Altar  des  hl.  Jakobus.') 

In  einer  Urkunde  des  Papstes  Johann  XXII.  vom  14.  März  13 19  wird 
das  Kloster  zum  ersten  Male  als  »Premonstratensis  ordinis«  bezeichnet.  Wann 
und  warum  es  aber  die  Ordnung  des  hL  Bene^ld  verlassen  und  zu  der  des 
hl.  Norbert  abei^^;angen,  bleibt  unbdcannt,  vielleicht  nur  zwedcs  engerer  Ver^ 
bindung  mit  dem  Ratzebuiger  Doralcapitd,  das  aus  dem  PrSmonstratenser- 
Orden  hervorgegangen  war  und  den  Rehnaer  Klosterprobst  zu  wählen  hatte.*) 
Dass  auch  dieser  als  I'crsönlichkeit  bisweilen  zu  wünschen  übrig  Hess,  beweist 
das  Beispiel  des  Heinrich  von  Dartzow,  gegen  den  am  2.  Mai  1320  wegen 
vieler  Hegangenschaftcn,  u.  a.  auch  wegen  grausamer  Behandlung  einzelner 
Nonnen  in  Rehna,  eine  Klage  beim  päpstlichen  Stuhl  angestrengt  wird.*)  Auch 
herrscht  in  späterer  Zeit  nicht  immer  Einiglnit  zwischen  dem  Ardiidiakon 
und  den  Kirchherren  seines  Archidiakonats.  14 14  weicht  ein  Probst  dem 
anderen  auf  bischöflichen  Befehl.*)  Am  10  Mai  1333  kaufl  das  Kloster  von 
Johann  Bcrmann  dessen  ganzes  Gut  und  Dorf  Hresen  für  1250  Mark  Lübisch 
und  lasst  sich  am  16.  April  1334  vom  Fürsten  Albrecht  die  dortigen  Dienste 
verpfänden.^)  Der  Wohlstand  des  Klosters  hat  inzwischen  so  zugenommen, 
dass  in  der  Taxe  der  Kirchen  und  gcistlidien  Lehne  des  Bisthums  Ratzeburg 
von  133 S/44  der  Werth  aller  Einkünfte  und  Erträgnisse  aus  den  kirchlichen 
Benefizien  des  Klosters  Kehna  die  höchste  Ziflfcr  erreicht,  indem  er  gleich 
denen  des  Klosters  Zarrentin  auf  500  Mark  eingeschätzt  wird,  während  der 
Werth  iUis  den  lüdenaer  Benefizien  auf  330  Mark  veranschlagt  ist,  und  sich 
ferner  die  Nothwendigkcit  ergiebt,  für  einen  llieil  der  Güter  am  3.  Juli  1341 
in  der  Person  des  Priesters  Arnold  Westphal  einen  besonderen  Schaffner  und 
Verwalter  emzusetzen.*)   Von  gutem  Ruf  und  Ruhm  des  Klosters  zeugt  es. 


')  Vgl.  M.  U.-B.  2547.  3594.  3599.  3600.  3768.  Weitere  Vikareien-,  Memorien-  und 
Mcssenstiftungen :  M.  U.-B.  4431.  4(38.  5164.  532S.  6417  (vgl.  5613,  S.  S43)>  So"*  ^^S'- 
9851,  und  im  Gtonh.  Archiv  vorhandene  Urkunden,  die  nodi  «niedradu  liDd,  t.  B.  von  1388 
(Bttlow'sche  Stiftung)  und  von  1422  (l.iibcckcr  Stiftung);  eheiiM  Nadiricbten  bei  Schräder,  Win. 
Ecitlinge,  aus  den  Jahren  1406,  143 1  und  1461. 

»)  M.  ü.-B.  3696.    Vgl.  dazu  3399. 

^  M.  U.-B.  6678^ 

'  M.  U.-B.  4062.   Vgl.  das«  471  und  SduBder,  Wim.  End.,  S.  s65ff.   ASeh  S.  240. 

Lisch,  M.  Jahrb.  XV,  S.  287. 

^  U.  U.-B.  4m- 
M.  U.>B.  to73S.  I07S9.  Unfedrockl«  Uricanden  in  GnMdi.  Archiv. 

M.  U.-B.  5420.  5514. 
*)  M.  U.-B.  5613,  S.  541.  6140. 


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428 


AMTSGBRICHTSBBZnUC  KEHNA. 


dass  ausser  dem  genannten  Adel  des  Landes,  dessen  Gunst  unentwegt  dieselbe 
bleibt,  besonders  angesehene  und  wohlhabende  Bürger  und  Bürgerinnen  der 
Stadt  Lübeck  ihr  Interesse  bisweilen  in  nachdrücklichster  Weise  bethätigen. ') 
Am  30.  Juiü  1353  kauft  das  Kloster  das  ganze  Dorf  Sievershagen  mit  dem 
höheren  and  niederen  Gericht,  der  grossen  und  der  kleinen  Bede  von  den 
beiden  Boite  Hasenkop,  dem  älteren  und  dem  jüngeren,  um  die  Summe  von 
1000  Mark  Lübisch.*)  Zwei  Jahre  spater,  den  20  März  1355,  kommt  das 
ganze  Dorf  Picverstorf  hinzu,  an  dessen  Ländcrcien  es  bis  dahin  nur  einen 
Antheil  hatte.  ^)  Von  den  Maltzan's  werden  1378  deren  Güter  und  Dörfer 
Törlier  und  Zdimen  erworben^)  Weitere  Erwerbungen  von  Grundbesitz  finden 
statt  in  Benzin  1388,  1398  und  14 13,  in  Torisdorf  (Vitorigesdorf)  im  Schön- 
bergschen  zwischen  141 3  und  1438,  sowie  in  Kneeae  liei  Rog^rendorf  in  den 
Jahren  1489  und  1502;  und  Vermehrungen  von  Hebungen  giebt  es  1400  in 
Frauenmark  durch  König  Alhrccht  von  Schweden,  1406  in  Küssow  bei  Harns 
hagcii  (hirch  Bischof  Detlev  von  Parkentin,  1439  Vitense,  Brützkow,  SchiiiiU  l 
Stadt  und  Volkenshagen  auf  Grund  eines  Vertrages  mit  der  Herzogin  Katiia 
rina  und  deren  Söhnen,  1457  in  Schwerin,  Botelsdorf  (Botlevesdorf)  und  1474 
in  Frauenroark  auf  Grund  von  Verträgen  mit  Herzog  Heinrich  und  Herzogin 
Dorothea  von  Meddenburg. 

Unausgesetzt  erfreut  sich  das  Kloster,  dessen  streng  und  gewissenhaft 
aufrecht  erhaltene  Ordnung  ebenso  berühmt  gewesen  zu  sein  scheint  wie  die 
des  Ratzehurger  Domkaiiitels,  das  ein  Carcer  ordinis*)  genannt  wurde,  der 
Gunst  des  fürstlichen  Hauses.'')  1480  ertheilen  ihm  die  Herzöge  Magnus  und 
Balthasar  einen  Schutzbrief,  und  von  1490  bis  1532  steht  wieder  eine  Herzogin 
EUsabetii,  die  Tochter  }ienog  Ulrich's  II.  und  letzter  Spross  des  Hauses 
Mecklenburg-Stargard,  als  Priorin  an  der  Spitze.  Schröder  beriditet  in  seinen 
Wismar'schcn  Erstlingen,  S.  241  und  242,  dass  auch  im  Jahre  1318  und  1350 
zwei  mecklenburgische  Fürstentöchter  im  Kloster  Rehna  als  IViorinnen  gelebt 
hätten,  um  131H  I.uitgardis,  die  Tochter  des  l'iirstcn  Juhann  und  Nichte  des 
Fürsten  Heinrich  von  Mecklenburg,  und  um  1350  lüisabeth,  die  Tochter  des 
Fürsten  Johann  zu  Gadebusch.  Allein  er  irrt  beide  Male.  Luitgard  war  um 
131 8  bereits  zum  zweiten  Male  Wittwe,  und  Elisabeth  tiegegnet  uns  in  einer 


')  M.  U.-B,  6329.  6678.  6680.  6689.  6917.  7446.  7526.  8021.  8433.  85!7.  9353.  9675. 
9851.  Ucbrigens  scheint  gej^n  Ende  des  XV.  Jahrhunderts  der  Andrang  zum  Kloster  Rehna, 
aocb  der  rain  Kloster  Zancntin,  von  answbts,  beaonden  von  Lübeck  her,  so  xogenoamien  n 
haben,  dass  Herzog  Miignai  es  für  angc7cigt  hiell,  zweimal  dagegen  aufzutreten,  1485  und  1501, 
das  erste  Mai  mit  geringerem  Nachdruck,  du  zweite  Mal  mit  grösserer  Entschiedenheit.  Die 
Lübecker  richteten  in  Folge  davon  eine  eigene  Erziehungsanstalt  für  ihre  Tfichter  ein.  Vgl. 
ScbriSder,  Pap.  lt.  m,  S.  3383.   IV,  S.  s66i. 

•)  M.  u.-n.  7793.  783'.  7926.  «o6a.  9763. 

*)  M.  U.-B.  8058.    Vgl.  471. 

*)  M.  U.-B.  11089. 

^  Vgl.  Sclirüder,  Pap.  H.,  S.  584. 

*^  V};1.  Ungedruckte  Urkunden  im  Grossh.  Archiv.  Lisch,  M.  Jahrb.  XV,  S.  304. 
XXII,  .S.  303. 


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GESCmCHTB  DER  STADT  RBHNA. 


Urkunde  vom  2.  August  1353  nicht  als  Priorin,  sondern  als  Nonne,  ist  aber 

wahrscheinlich  identisch  mit  der  am  20.  Deccmber  1354  j^enanntcn  Priorissa 
Elisabeth.  Auch  die  vorhin  schon  {genannte  ]\cr7.o^\n  Dorothea,  die  GemahUn 
Heinrich  s  des  I)icl<en,  verlebte  als  Wittwc  ihre  letzten  läge  im  Kloster  zu 
Kehna  (J-  149 !)•  Jahre  1452  ihre  lochter,  die  Prinzessin  Katharina, 

als  siebenjähriges  Kind  durch  Sturz  von  einer  Treppe  verunglückt  war.*)  Die 
letzte  Priorin,  von  1543  an,  ist  Katharina  von  Sperling,  sie  wird  im  Juli  1552 
sammt  anderen  acht  Personen,  die  noch  im  Kloster  bleiben,  mit  einem 
De[)vitat  auf  Lebenszeit  abgefunden.  Mit  diesem  Akt  erlischt  somit  das  alte 
Kloster  nach  einem  Bestände  von  rund  dreihundertzuanzlL;  Jahren. 

Das  Interesse  für  das  Kloster  und  den  Ort  Kehna,  der  sich  seit  langer 
Zeit  aus  einem  Dorf  zu  einem  Städtchen  entwickelt  hatte  [die  Hezeichnung 
oppidum  findet  sich  zum  ersten  Mal  in  einer  Urkunde  vom  Jahre  ii62*)\, 
bethätigt  sich  aber  auch  nach  der  Säkularisierung  im  herzoglichen  Hause 
nodi  lange  Zeiten  hindurch.  Im  Jahre  1576  werden  die  Aemter  Kehna,  Lttbe 
und  Wittenburg  als  Iril>i;edinge  der  Herzogin  Anna  Sophia,  der  Wittwe 
Herzogs  Johann  Albrecht  und  geb.  Prinzessin  von  Preussen ,  zugewiesen. 
Nach  deren  Tode  (1591)  fallen  sie  an  die  Herzogin  Sophie,  die  (leniahlin 
Herzogs  Johann  \T1.  und  Prinzessin  von  Holstein,  die  am  22.  März  1592 
ihren  Gemahl  verliert.*)  Sie  ist  die  Erbauerin  des  einstmals  mit  Porträts 
und  Wappen  ausgeschmückt  gewesenen  Rittersaales,  von  dem  seiner  Zeit  viel 
Rühmens  gemacht  worden.'*)  Nach  ihrem  Tode  im  Jahre  1634  erbt  ihre 
unvermählt  gebliebene  Tochter  Anna  Sophie  das  Haus  Kehna  mitsammt  seiner 
Einrichtung.  Sie  stirbt  im  Jahre  164S.*)  Von  1734  bis  ij6S  gehört  das  Amt 
Kehna  mit  zu  den  an  Hannover  verpfändeten  Aemtern.  Seit  1819  ist  es  mit 
Gadebusch  \  ereinigt. ") 

Die  Stadt,  ehemals  lugenthum  des  Klosters,  bleibt  von  dessen  Säkulari- 
sation bis  zum  Jahre  1791  hin  amtssässig  und  erhält  erst  am  30.  Mai  des  gen. 
Jahres  eine  Stadtordnung  und  ein  landesherrliches  Stadtgericht.  Aeltere  Privi- 
legien scheint  es  nicht  gegeben  zu  haben.  Wold  aber  weist  ein  Pericht  von 
1752  nach,  dass  in  Handels.sachen  mit  Lübecker  lunwuhnern  das  lübische 
Recht,  sonst  aber  das  sächsische  Kccht  in  Geltung  war.    Die  Ordnung  von 

0  M.  t7.*B.  7804.  Söst.   Wigga,  M.  Jihib.  L,  S.  163,   167,  I93>  199*   Vgl.  dan 

Usch,  M.  Jahrb.  XV,  S.  299 (T.    \X,  S.  356.    XXXIX,  S.  6. 

*)  M.  U.-B.  858311.  Im  Jahre  142J  werden  neben  Bauern  auch  Rath  und  BUigcr  ge- 
nannt.  Vgl.  Uscli.  M.  Jahrb.  XV.  S.  »89. 

*)  M .  Jahrb.  XV,  S.  84  ff. :  Antobiographie  and  Tolament  der  Hmocin  Sophie  von 
Mecklenburg. 

*}  Schröder.  Wism.  Krstl.,  S.  244. 

^  Dan  auch  den  beiden  Hersoginnen  Sophie  Agnes  (f  1694)  and  Jalisae  Sibylle  (f  1701), 

Töchtern  des  Ilerzugs  Adolf  Friedrich  und  Acblissinncn  von  Rtthn,  das  Amt  Rebiia  »ugcwiesen 
wäre,  wie  Schröder,  Wisin.  ErsU.,  S.  245,  behauptet  und  auch  Lisch  angenommen  hat  (M.  Jahrb.  XV, 
S.  301).  wird  auf  einer  Verwcchselong  von  Rühn  and  Kehn  (Rdine,  Kehna)  berohen.  Beide 
Starlifti  ii.K-h weiblich  in  Kuhn.    Vgl.  Wigger,  M.  Jahrb.  L,  S.  298  and  299. 
°;  .M.  Jahrb.  XVJI,  S.  240. 


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430 


AMTSGERICHTSBEZIRK  KEHNA. 


1791  stellt  die  Stadt  unter  das  gemeine  Recht,  genehmigt  aber  für  die  Güter* 
gemeinschafl  der  ICheleute  und  deren  Mrbfolge  das  lübische  Recht.') 

In  Bezug  auf  die  Pröbste,  Priorisscn  und  Nonnen  der  vorreformatorischen 
Zeit  möge  hier  theils  auf  das  Personenr^ister  des  Mecklenburgischen  Urkunden- 
baches, theils  auf  die  von  Lisdi  veröfienlliditen  Usten  verwiesen  werden.^ 
Zm  Zeit  der  Reformation  verwaltet  Herr  Fabianus  das  Predigeramt  des 
Klosters,  an  dessen  Statt  die  Nonnen  im  Jahre  1534  einen  andern  erbitten.*) 
Aber  schon  1541  tritt  das  V'crhältniss  ein,  das  sich  bis  heute  erhalten  hat: 
nämlich  zwei  Prediger  neben  einander.  Nach  Ausweis  der  Visitationsprotokollc, 
soweit  sie  vurlianden,  sind  es  1541  Johannes  Koch  (Coche)  und  Dionysius 
Oldenburg  (Oldenborch),  1603  Job.  Erasmus  und  Hartwig  Schermer,  1653 
Bartfioloro.  Höfisdi  und  Samuel  Monich,  1699  Joh.  Luder  und  Heinrich  Müller. 
Ein  weiteres  Verzeichniss  aller  Namen,  deren  es  hier  zu  viel  werden  wOrde» 
findet  sich  bei  Schröder,  Wism.  Erstl.,  S.  248  AT.,  das  vollständigste  aber  in 
Qecmann's  Rcpert.  universale,  Parchim  1809,  S.  163,  164.  Für  die  Geist- 
lichen des  XIX.  Jahrhunderts  vgl.  Walter,  a.  a.  O.,  S.  235  ff. 


Die  Kirche. 

Beschrei-  H  B^nbeachrelbiiBg.  Die  Kirche  ist  ein  Ziqjelbau,  dessen  äussere  und  innere 
bung  des  UeI   Entwicklung  sofort  seine  über  das  gewöhnliche  Maass  von  Stadt*  und 
Landkirchen  hinausgdiende  Bedeutung  erkennen  lässt.   Das  Innere  erscheint 

wie  ein  einziger  langer  hoher  und  lichter  Raum,  i.st  aber  nicht  von  Anfang 
an  als  solcher  angelegt  gewesen,  sondern  stellt  sich  als  das  Krgebniss  ver- 
schiedener Umbauten  dar.  Fünf  gleichartig  gebildete  einfache  Kreuzgewölbe 
dedcen  ihn,  ihrer  zwei  den  Chor  und  drei  das  Schiff.  Diese  Gewölbe,  und 
mit  ihnen  die  hohen  spitzbc^;igen  Fenster,  sind  es,  welche  jetzt  dem  hoch-  und 
spä^^othischen  Kindruck  des  Ganzen  das  Uebergewicht  geben.  Dass  aber  der 
ehemalige  alte,  schon  in  frühester  Zeit  von  Kat/eburg  her  beeinflusste  Bau 
romanisch  angelegt  war,  beweist  weniger  die  glatt  abschliessende  Ostwahd  des 
Chors  wenngleich  sie  mit  der  Bauweise  der  alteren  Kirchen  in  Mecklenburg 
übereinstimmt  —  als  vielmehr  der  mit  einem  abgewalmten  Satteldach  ver- 
sehene Thurm,  dessen  untere  Hälfte  in  ihrer  Ursprünglichkeit  erhalten  ist 
Es  ist  ein  mächtiges  Gemäuer  von  ungew^nlich  grossen  Ziegeln,  als  dessen 
Hauptzierde  das  in  einen  vorspringenden  Mauerkern  eingelassene,  reich  und 
schön  gegliederte  Rundbogenportat  zu  bezeichnen  ist.    Die  Laibung  dieses 

>)  Vgl.  LiKh,  M.  Jahrb.  XV,  S.  289.   RMbe-Qmde,  Valcrlmdtkvnd*  I.  S.  374. 

*)  Lisch,  M.  Jahrb.  XV,  S.  302,  304.    XX,  S.346. 
•)  Lisch,  M.  Jahrb.  VIII.  S.  49.  50. 


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KIRCHE  ZU  REHNA. 


Portals  ist  mit  drei  kräftigen  Riindstäben,  drei  rechtwinkelig  gebildeten  scharfen 
Kanten  und  einer  Hohlkehle  (zwischen  den  beiden  inneren  Rundstäben)  belebt, 

und    seine  ent- 
sprechend ge- 
gliederte Bogen- 
laibung  ruht  auf 
einem   aus  einer 
Platte  und  einem 
(sie  tragenden) 
steigenden  Kar- 
nies  bestehenden 
hübschen  Käm- 
pferbande, dessen 
Abstufung  der 
wohlgegliederten 
Laibung  des  Por- 
tals folgt.  Grün, 
gelb    und  weiss 
glasierte  Steine 
wechseln  mit 
rothenab.')  Dazu 
passen  aussen  der 
Rundbogenfries, 
welcher  den 
Thurm  in  Kirchendachhöhe  umfasst,  und  im 
Innern   ein  von  vier  Pfeilern  aufsteigendes 
niedriges  Gewölbe,  dessen  vier  Kappen  mit 
schlichten    Kanten,    nicht    mit  Rippen,  zu- 
sammcnstosscn.    Jüngeres  Mauerwerk  macht 
sich  oberhalb  des  l-ricses  bemerkbar.  Dass 
auch  die  Gcuölbe  des  alten  Schiffes  einst- 
mals niedrig  waren,  ist  noch  heute  an  dem 
nur  bis  zur  Hälfte  der  jetzigen  Höhe  hinauf- 
reichenden älteren  Mauerwerk  der  Seitenwände 
zu  erkennen.    An  der  Südwand,  theils  im 
Freien,  theils  durch  den  Dachboden  des  an- 
geschlossenen   Kreuzganges   verdeckt,  aber 
vom  Dachboden  her  noch  zu  sehen,  hat  sich 
jener  Fries,  der  ehemals  unterhalb  des  alten 
Daches  entlang  lief  und  mehr  als  ein  Meter 
unter   dem    genannten   Rundbogenfrics  des 
'l'hurmes  liegt,  noch  erhalten:  er  besteht  aus 
zwei  sich  schneidenden  Zickzackbandern  und  steht  mit  zwei  Lisenen  in  Ver- 


4 


1.M.|i.n|| 


KundliDjjenpurlal  im  'niunn. 


Tllll|lJI) 


mit  Cirkcl-  uiul  kn'-i'ttcn-.chrmick. 


•)  l-isch.  M.  Jahrb.  VII  H,  S.  72. 


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KIRCHE  ZU  KEHNA. 


433 


bindung,  von  denen  die  westliche  in  Freien  sichtbar,  die  östliche  dagegen, 
welche  einst  den  Abschluss  der  ahen  Kirche  anzeigte,  jetzt  aber  SchifT  und 

ant^csct/tcn  Chor  verbindet,  nur 
\  I  nn  Kreiiztjanj^c  her  siclitb.ir  ist. 
Unterhalb  des  Frieses  sind  auch 
noch  an  einem  Bdspiel  die 
nindbogigen  Fensterschlitze  des 
alten  romanischen  Baues  in  Form 
von  Blenden  mit  eingeritztem 
eigenartigen  Cirkcl  und  Kosetten- 
schniurk  zu  erkennen.  Von  die- 
sem alteren  Bau  stximuien  auch 
zwei  kräftige  Pilaster  in  Form 
von  runden  Halbsaulen,  die  im 
Innern  der  Kirche  die  Ecken  der 
Thurmscite  füllen. 

Mit  dem  in  der  zweiten 
Mälftc  des  XIII.  Jahrhunderts  be- 
ginnenden Aufbau  des  Klosters 
und  seines  Kreuzganges,  woßir  der 
Kardinallegat  Petrus  (s.  o.)  thätig 
war,  wird  ohne  Zweifel,  wie  schon 
von  Anderen  bemerkt  worden  ist, 
der  Neubau  oder  Umbau  der 
Kirche  zu.sanuncnhängen.')  Sollte,  wie  es  geschehen  ist,  der  Kreuzgang  ge- 
wölbt und  mit  einem  dazu  passenden  Dadi  versehen  werden,  so  mussten  die 


Kirche  und  Kren 


A 


QtterfchDitte. 


\ 


JL 


Kreuigang  und  Remter. 


Kreazgang  und  Kapileiitaal. 


Seitenmauem  der  Kirche  erhöht  werden.  Das  wurde  beschlossen,  und  nun 
wurden  die  Fenster  der  Südseite  des  Schifles  zugemaueri  und  alles  Licht,  das 
nöthig  war,  von  der  Nordwand  licr  gesucht  und  c^cfundcn.  Man  konstruierte 
in  der  um  das  Doppelte  der  früheren  Höhe  emporgehubenen  Nordwand  grosse 


■)  VgL  die  treffliche  Baubesehreibiang  von  Usch  im  M.  Jahrb.  XV,  S.  287  ff.  291. 


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434 


AMTSGERICHTSBEZIRK  REHNA. 


Spitzbogenfenster,  welche  den  im  Westen  der  Kirche  angelegten  oberen 
Nonnenchor')  erleuchteten,  gewann  aber  für  die  unter  dem  Nonnenchor 
sitzende  Gemeinde  die  erforderlichen  Lichtöflfnungen  damit,  dass  man  von 
aussen  her  starke  Strebepfeiler  an  die  alte  Scitenwand  ansetzte  und,  sobald 
dies  geschehen  war,  die  dazwischen  liegenden  Theilc  der  alten  nördlichen 
Scitenmaucr  ganz  wegbrach.  Als  Träger  der  oberen  Mauer  spannte  man 
flache  Stichbögen  ein, 
schloss  darauf  nach 
aussen  hin  die  Strebe- 
pfeiler mit  einer  von 

kleinen  Fensterchen 
durchbrochenen  Wand 
und  deckte  zuletzt  die 
so  entstandenen,  das 
Schiff  vergrössernden 
Seitenräume  mit  Ge- 
wölben. So  entstanden 
auf  der  Nordseite  des 
Schiffes  drei  von  je 
zwei  Fensterchen  mit 
Stichbogenschluss  er- 
leuchtete Kapellen. 
Gleichzeitig  mit  diesem 
Umbau  des  Schifies, 
wozu  ein  kleineres 
I""ormat  von  Ziegeln 
verwendet  wurde,  wird 
der  ebenso  hohe  neue 
Chor  erbaut  .sein,  an 
dessen  Stelle  ein  an- 
derer kleinerer  vor- 
handen gewesen  sein 
wird,  vielleicht  einer, 
der  mit  einer  halb- 
kreis-  oder  segmentförmigcn  Apsis  wie  am  Dom  zu  Ratzeburg  geschlo.ssen 
war.  Die  hohe  Ostwand  des  Chors  n)it  ihrem  grossen  fünfthciligen  Spitz- 
bogenfenster i.st  von  Grund  aus  neu  aufgeführt.  Hei  seinen  Scitcnwänden  will 
man  Reste  von  alten  Grundmauern  gefunden  haben. 

Für  eine  annähernde  Zeitbestimmung  dieser  Bauten  gicbt  es  einige 
Anhaltspunkte.    Da  der  Umbau  der  Kirche  durch  den  um  1254  beginnenden, 

*)  Die  alte  Kirche  wird  eine  solche  Nonnen -Km]iorc  nicht  gehabt  hahcn.  Sic  wurde  erst 
durch  die  tJcmeinsiMulidt  des  Kloster-  und  (Jenieindcjjottcsdlcnstes  ]>cdingt.  In  alter  Zeit  dagegen 
wird  die  Gemeinde  die  Zeit  7.nni  Gottesdienst  nur  d.mn  wahrgcnonimen  hn1>en,  wem»  die  Nonnen 
keine  Andacht  abhielten.    Vgl.  ].i-.ch,  1.  c,  S.  291. 


Inneres  der  Kirche  in  Kehna. 


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KIRCHE  ZU  KEHNA. 


435 


wahrscheinlich  nur  langsam  fortschreitenden  Neubau  des  Klosters  bedingt 
wurde,  so  muss  die  alte  romanische  Kirche  wenigstens  bis  dahin  gestanden 
haben,  erbaut  aber  ist  sie  vor  1230,  denn  damals  ist  Kehna  schon  eine 
Parochie  (s.  o.),  jedoch  auch  nach  1154,  dem  Gründungsjahr  der  Kirche  von 
Ratzeburg,  die  ihre  Mutter  war  (M  U.-B.  59  und  375:  Lisch,  M.  Jahrb.  XV, 
S.  288).  Fur  die  Zeit  der  Vollendung  des  spateren  gothischen  Kirchenbaues 
(für  mehr  aber  auch  nicht)  geben  die  Wappen  unter  den  vier  Konsolensteinen 

der  (lewölberippen  des 
Schiffes  einen  Fingerzeig. 
Zwei  von  ihnen  haben 
den  gleichen  Wappen- 
schild: ein  gcschachtcs 
Andreas  ■  Kreuz   und  in 


ITciler  mit  ('runi]ri^->. 

dessen  oberen  Winkel 
einen  bärtigen  Kopf : 
CS  ist  das  Wapj»cn  der 
Liil>ecker  l'atricierfamilie 
von  Darzow  (l)arMow, 
Dassow);  der  dritte  Stein 
zeigt  als  Schild  einen 
geästeten  Zweig  mit  zwei 
Blättern  und  darüber 
zwei  Rosen;  der  vierte 

endlich  führt  einen 
Löwen.  Lisch  hat  es 
nun  in  hohem  Cirade 
wahrscheinlich  gemacht,  dass  diese  vier  Schilde  mit  einer  nicht  unbedeutenden 
Lübecker  Stiftung  zum  Besten  des  Baues  int  Jahre  1430  zusammenhängen 
und  stützt  darauf  seine  Annahme  von  der  Wölbung  des  Schiffes  bald  nach 
dieser  Zeit  (M.  Jahrb.  XV,  S.  295 ;  XX,  S.  342).  Dass  aber  auch  der  Chor 
nicht  all/u  lange  nachher  fertig  und  vollendet  sein  nuisste,  das  lässt  sich 
erstens  den  l)eiden  Wappen  eines  genau  in  eine  Mauernische  hineingepassten 
Chorstuhls  auf  der  Südseite  des  Altars  entnehmen,  von  denen  das  eine  das 
des  Bischofs  Johann  Proel  (Johann  IL)  darstellt,  der  von  1440  bis  1450 
auf  dem  Ratzeburger  Stuhl  sass,  das  andere  dagegen  das  des  Rehnaer  Probstes 
Andreas  Stallknecht,  der  zwischen  1441  und  1448  als  Probst  nachweisbar 
ist,  1453  aber  schon  einen  Nachfolger  hat;  und  zweitens  ergiebt  sich  diese 
annähernde  Zeitbestimmung  auch  aus  der  im  Jahre  185 1  aufgefundenen,  von 

28* 


liiiu?rc's  der  Kirche  tu  Kclina, 


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436 


AMTSGERICHTSBEZTRK  KEHNA. 


Masch  im  M.  Jahrb.  XX,  S.  344,  veröffentlichten  und  im  Grossherzoglichen 
Museum  aufbewahrten  Weih- Urkunde  des  Hochaltars  und  der  Kirche  vom 
10.  October  1456,  welche  folgendcrmaasscn  lautet:  Johannes  dei  gratia  epis- 
copus  Raceburgensis  presentibus  publice  protcstainur,  i|uod  de  anno  domini 
M^CCCCl^  sexto,  dominica  proxima  post  festum  beali  Dyonisii  martiris, 
Presens  altare  et  hanc  ecdesiam  in  honore  omnipolentis  dei  suecjue  gloriose 


matris  virginis  Marie  et  in  conimcmoratione  sanctorum  Mychaelis  archan- 
geli,  Eustachi],  Candidi  et  Virtoris,  Lamb[crti],  martirum,  Bene- 
dicti  abbatis,  (Jhcrtrudis,  Romane  Agnctis,  virginum,  ac  Elizabeth 
vidue  dedicando  consccrauimus,  cooperante  nobis  gratia  saluatoris.  In  cuius 
rei  tcstimonium  secretum  nostrum  presentibus  est  appensum. 

Altar.  Altar.    Der  bei  der  letzten  Restauration  im  Jahre  185 1  gründlich  um- 

geänderte und  seiner  Tafelmalereien  gänzlich  entkleidete  Altar  Aufsatz  war 


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Wciliurkiiiulc  i1i->  lli>o)ialinr>  iiikI  ilct  Kirclic  n\  KehiiA 
vom   lo.  Octi>bcr  I456. 


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KIRCHE  ZU  KEHNA. 


437 


ein  spätgothisches  Werk  in  der  Form  eines  Schreines  mit  Doppelflügeln.  In 
seiner  jetzigen  Gestalt  ist  er  ein  mit  Fialen,  Wimpergen  und  Maasswerk  ge- 
fülltes nciigothischcs  Kompositwerk,  das  über  den  Bestand  des  alten  Werkes 
sehr  leicht  tauschen  kann.  Dem  alten  Werke  gehören  nur  die  Schnitzfiguren 
des  Mitteltheils  und  der  beiden  Seitcntheilc  an,  nicht  aber  auch  die  Gruppe 
der  Krönung  Mariae  in  der  spitzbogigen  Lünettc:  diese  Gruppe  ist  zwar 
eine  alte  gothische  Schnitzerei ,  aber  wie  die  ganze  Lünette  mit  ihrem 
Fialen -Zu.satz  eine  Neuerung  ist,  so  gehört  auch  .sie  nicht  ursprünglich  zum 
alten  Altar,  sondern  ist  von  anderswoher  in  das  Kompositwerk  eingesetzt. 
Selbst  die  Hinterwände  der  Schnitzfij^urcn  sind  neu.    Die  alten  Wände  mit 


Die  KUrstcnkfipfe  vom  Altar -.Nufsatz. 

ihren  gemalten  Rückseiten,  die  mit  den  Malereien  des  zweiten  Flügelpaarcs 
korrespondierten,  sind  sammt  diesen  entfernt  und  vor  nunmehr  bald  fünfzig 
Jahren  der  Alterthums- Sammlung  in  Schwerin  überwiesen.  Mit  dieser  sind 
sie  in  einem  zum  grössten  Theil  recht  fragwürdigen  Zustand  ins  Museum  ver- 
setzt. Glücklicherweise  aber  hat  Lisch  im  XX.  Bande  des  M.  Jahrb.,  S.  333  ff. 
eine  ausdihrlichc  Beschreibung  davon  hinterlassen,  welche  sammt  den  Resten 
eine  eingehende  Würdigung  verdient.  Wir  beginnen  zunächst  mit  den  an  Ort 
und  Stelle  in  der  Kirche  zu  Rchna  gelassenen  Schnitzereien. 

Im  Mittel.schrein  die  figurenreiche  Kreuzigung,  unter  deren  Neben- 
personen rechts  in  der  Ecke  jener  Schreiber  zu  beachten  ist,  den  auch  die 
Rostocker  Schnitzwerke  in  St.  Nikolai  und  im  Kloster  zum  hl.  Kreuz  (s.  Bd.  I, 
S.  135  und  S.  183)  aufzuweisen  haben,  und  der  auch  sonst  in  norddeutschen 
Schreinen  des  XV.  Jahrhunderts  vorkommt.')    Daneben  rechts  und  links  die 

')  M.  Kunst-  u.  (icscliichlsdenktiiälcr  I,  S.  135  und  183.    Ferner  SchniUwerke  im  Crossh. 
Museum  zu  Schwerin.    Der  Schreiber  hat  das  für  das  Kreuz  liesliiiinitc  ISl.itt  llbers  Knie  gelegt 


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43« 


AMTSGERICHTSBEZIRK  REHNA. 


durch  ehemalige  Rcischriftcn  sowie  durch  Attribute  sicher  gestellten  vier 
Fraucngcstaltcn  der  heiligen  Katharina,  Margaretha,  Dorothea  und  Harbara, 
auf  jeder  Seite  eine  über  der  andern.  Al.s  ihre  Fortsetzung  in  den  Flügeln, 
ebenfalls  in  zwei  Reihen  über  einander,  erscheinen  die  zwölf  Apostel  (Mathias 
als  zwölfter,  nicht  Paulus).  In  den  Fckcn  des  über  die  Flügel  hinwegragenden 
Obcrtheiles  vom  Mittelschrein  aber  finden  wir  rechts  wie  links  eine  kleine 
quadrate  Nische  und  darin  die  Rüste  eines  gekrönten  weltlichen  Herrschers. 
Wer  diese  beiden  Regenten  sind,  muss  vor  der  Hand  fraglich  bleiben.') 
Ueber  der  Kreuzigungsscenc  endlich,  somit  auch  höher  als  die  ebengenannten 
beiden  Büsten,  steigt  jene  spitzbogige  Lünette  mit  der  Darstellung  der  Krönung 
Mariac  empor,  von  der  schon  die  Rede  gewesen  ist.  Die  hl.  Maria  thront  in 
der  Mitte,  Gott  Vater  und  der  Heiland  sitzen  zu  ihren  Seiten. 


Abweisung  des  Opfers.  V'erktiiulifpin^  des  Engels  At\  den  hl.  Joachim. 


Es  folgen  nun  die  Theilc,  die  im  Grossh.  Museum  zu  Schwerin  auf- 
bewahrt werden. 

Schloss  man  früher  den  Mittelschrcin  zu,  d.  h.  klappte  man  ihn  mit 
dem  ersten  Flügelpaar  zu,  so  zeigten  sich  auf  deren  Rückseiten  und  auf 
den  Vorderseiten  der  äusseren  Flügel  im  Ganzen  acht  Felder  mit  Malereien, 
von  denen  einige  noch  gut  zu  erkennen  sind.  Man  sieht  die  hl.  Maria  als 
Kind  auf  ihrem  ersten  Tempelgang,  dann  ihre  Vermahlung,*)  die  Verkündigung 

und  seUt  die  Feder  an,  um  den  Titului  auf/uvchrciljeii.  Vgl.  .Mtin):cn))crgor,  .Mt.Tre  (llochahar  lu 
Mcldorf,  Krciiz.nUar  in  der  Nikol.ni  •  Kirche  zu  Slr.-dsund,  Hochaltar  ru  Sej^eUcrj»).  In  Ottc- 
Wcrnickc's  Handhuch  der  christl.  Archäologie,  Hd.  I,  S,  539  (Nclictitlgureti  der  KreuzigiingNSCene) 
uird  er  nicht  erwähnt. 

')  Lisch,  .NI.  J.ihrb.  XX,  S.  336,  will  in  ihnen  die  beiden  mucklcnbiirnischcn  Herzö^je 
Heinrich  II.  d,  ä.  von  Mecklerdiurg  •  Starj;ard  (1423 — 14'»'')  und  Heinrich  III.  d.  j.  von  Mecklen- 
burg-Schwerin (1436 — 1477)  erkennen. 

')  Die  Tracht  einer  Thcilnchmerin  recht»  hinten  erinnert  .in  «Ire  der  Nonnen  des  I'rS- 
moDstraten^ec  •  Ordens. 


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KIRCHE  ZU  KEHNA.  439 

des  F^ngcls,  die  Heimsuchung,  die  Geburt  des  Christkindes,  die  Beschneidung, 
die  Anbetung  der  hl.  drei  Könige  und  die  Darstellung  im  Tempel.  Auch  die 
vorhin  erwähnten  Hüsten  waren  ehemals  in  bewegliche  kleine  Flügel  ein- 
geschlossen. Sobald  man  sie  umwandte,  sah  man  auf  ihren  Rückseiten  und 
zugleich  auf  den  Vorderseiten  der  äusseren  Flügel  vier  kleine  Bildchen  aus 
der  Legende  des  hl.  Joachim  und  der  hl.  Anna,  wie  auf  dem  alten  Gadebu.schcr 
Altar  (s.  u.).  Joachim  s  Abweisung  vom  Opfer  (Joachim  entfernt  sich  von 
einem  Tisch,  von  dem  ein  Priester  das  gebrachte  und  abgewiesene  Opfergeld 
hinunterwirft;  an  der  Wand  des  Gemaches  ein  kleines  Bild  in  Goldmalerei 
mit  der  Opferung  I.saaks);  die  Verkündigung  des  Kngels  an  Joachim;  die 
Begegnung  Joachim's  und  der  Anna  bei  der  goldenen  I'forte  und  die  Geburt 
der  Maria.    Auf  den  Aussenseiten  des  zweiten  oberen  Flügelpaares  sah  man 


All  der  goldenen  rfdrte.  (Jclxirt  der  hl.  Maria. 


die  Brustbilder  eines  I'cce  homo  und  der  hl.  Elisabeth.')  Auf  den  Aussen- 
seiten des  unteren  Mügelpaares  und  den  Rückseiten  des  Mittelschreins  finden 
wir,  der  oben  erwähnten  Urkunde  von  1456  entsprechend,  die  acht  Heiligen, 
denen  der  Altar  geweiht  war.  Von  ihnen  waren  St.  Candidus,  St.  Lambertus 
und  St.  Victor,  ebenso  St.  Gertrud  durch  Bei.schriften  sichergestellt,  die  andern 
aber,  St.  Michael,  St.  Eustachius,  St.  Bencdictus,  an  der  Tracht  und  den  Attri- 
buten zu  erkennen;  und  als  hl.  Agnes  war  somit  eine  einzige  noch  übrig 
bleibende  weibliche  Figur  anzusprechen:  die  nämlich,  welche  das  mit  einem 
Rosenkranz  spielende  Chri.stkind  auf  ihrem  Arm  hält.') 

Das  Bild  der  Predella  zeigt  in  der  Mitte  die  thronende  Maria  und 
jederseits  knicende  und  anbetende  Personen,  Geistliche  und  Laien.    Auf  der 

*)  Lisch  li.it  die  I >.ir>lelltm{;  der  I.ckciuIc  dcx  hl.  Jo.-iciiini  iiiid  der  hl.  Anna  nicht  erkannt. 
Kr  >u1>sliliiiert  <l:ifUr  den  hl.  Joseph  und  die  hl.  Maria. 

')  Lisch,  a.  n.  <  >.,  sieht  in  «ÜLScr  X  crhinduiii;  die  Kczeichnung  einer  Uraut  Christi. 


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440 


AMTSGERICHTSBEZIRK  REHNA. 


einen  Seite  sind  dargestellt:  Papst,  Kardinal,  Krzbischof,  Hischof,  zwei  Priester, 
ein  Probst  (mit  weissem  Mantel  und  schwarzem  Unterkicidc),  ein  Prior  und 
zwei  Prämonstratenser- Nonnen;  auf  der  andern  Seite:  Kaiser,  König,  Mann 
mit  Bart,  Barett  und  Ordenskette,  ein  Jüngling  ohne  Bart,  wieder  ein  Mann 
mit  Bart  und  Barett,  eine  jugendliche  Frau,  ein  alter  Bürger,  ein  junger  Bürger, 
drei  jugendliche  Frauen. 

T.isch  weist  l)ci  diesem  Altar  auf  Lübecker  Kunst  hin.  Die  beiden 
Rüslcnköpfe,  hei  denen  sich  der  Sclinilzjy  besondere  Mühe  gegeben  hat, 
widersprechen  dieser  Annahme  durchaus  nicht.  Auch  ist  nicht  zu  leugnen, 
dass  zwischen  dem  bekannten  Porträt  des  Kaisers  Kriedricli  III.  (1440  bis 
1493)  Kaisers  der  Predella  eine  auffallende  Aehnlichkcit  statt- 

findet. Im  höchsten  Grade  zu  bedauern  Iileibt  es  aber,  dass  diese  Werke 
der  Schnitzerei  und  Malerei,  deren  völlige  Wiederherstellung,  wie  aus  der 
Beschreibung  von  Lisch  geschlossen  werden  kann,  im  Jahre  1851  ohne  allen 
Zweifel  leicht  möglich  gewesen  wäre,  nun  aber,  wenn  sie  noch  unternommen 
werden  sollte,  ausserordentlich  viel  mehr  Mühe  und  Kosten  verursachen 
würde,  von  einander  getrennt  worden  sind. 


Kanzel.  Die  Kanzel 

ist  ein  ncugothi- 
sches  Werk  aus 
der    Zeit  der 
Restauration  in 
den  fünfziger 
Jahren. 

Gestühl.  An  der 

Südseite  des 
Chors   steht  ein 

sicbensit/igcr 
alter  Cborstuhl 
mit  trefflichen 
Baldachinen  im 
Stil    der  Hoch- 
gothik.    Auf  den 
Innenseiten  der 
beiden  Wangen 
je  ein  Wappen: 
das    des  Ratze- 


Choryesiühl. 


burger  Bischofs  Job.  Proel  (1441—54)  und  das  des  Rehnacr  Klostcrprobstcs 

Andreas  Stallknecht  (1441,    1448).    S.o.')  —  Ucbcr  diesen  Chorstühlen  ist 

Triumph-   das  alte  hölzerne  Triumpbkreuz  der  Kirche  angebracht.    Unter  dem  Triumph- 
kreuz.   

')  Lisch,  M.  Jahrb.  .\V,  S.  295,  29G.  Der  Schild  des  lüschofs  r.eigt  iwei  nach  Art  einer 
Lilie  umgebugene  >!'lii>;cl«,  wenn  nicht  zwei  iinii;cl)<>Kcne  .Vni^cln  sind,  wie  auf  den  \Va))j>en 
der  Familien  .Miistckc.  Marin,  Cntln  (vj;!.  M.  Kunst-  u.  Ccschichtsdeitkni.  I,  S.  5S2),  —  Der 
Schild  des  l'rwb?.tcs  c  Ubält  einen  auf^czäunUen  Pferdcko]if, 


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KIRCHE  ZU  RBHMA. 


441 


bogen  noch  der  Balken,  an  dem  es  einst  hinp     Die  dazu  gehörigen  Figuren 
des  Johannes  und  der  Maria  Hegen  jetzt  auf  dem  Hoden  des  Kreuzganges. 

Grabsteine.  Von  den  Grab.stcinen  der  Kirche  verdiont  ci-^'ciuüch  mir  Grabsteine, 
der  eine  I'ru  alinvmt^,  welcher  als  Platte  des  Altartischcs  verwandt  iiml  mit 
fünf  Weihekreuzen  verschen  ist.  Auf  ihm  zwei  unter  gothisclien  Haldachincn 
stehende  Gdstliche  mit  dem  Keldi  in  der  Hand.  Seine  Umsdtrift  tautet: 
RÜO  •  DUT  •  SQ*:aaa*«  XX*  (was  nun  folgt,  wird  durch  den  Altaraufsatz 
veixleckt,  Ist  aber  sr.  Zt.,  als  die  Restauration  statthatte,  von  Masch  gelesen 
worden)  Pir?Oj_  |  VllI»  ._\)U\  .  lOp  .  Bpfö  .  ^  .  lOTT  .  SÖÜ'S  . 
PFOSir'  .  (KKIH  .  Kdl/miLS  .  nU  .  üVmiKH  .  HTvTVS  .  Nun  folgt 
die  zweite  Inschrift  <lesselben  Steines:  71Ü{)  .  1)77]  .  SÜ  .  (1(1(1  .  X°II  •  f» 
DIÖ  .  I  l»KAXUÜli>  .  VIRGIS  •  ^  .  MlllM/^'  .  FFüSlG'  .  OÜÖk  • 
RenSiaiS  •  OR  •  p  •  eis  |.  in  den  Si>itzbugen  über  beiden  Figuren 
zwd  leottinische  Hexameter: 

issi  •  PROPosi^  •  DUO  •  m  •  Bena  •  Kam  •  mmurHSi- 
üon  •  8106  •  Deposisi .  see  •  Raeai  •  saePTRR  •  RaRonses. ') 

Es  mögen  nodi  genannt  werden  die  Steine  der  Jntta  Barbara  rom  Bawe- 
wits  (f  1703,  im  achtzehnten  Lebensjahr),  des  Oberhauptmanns  von  Müller 
(f  1785),  der  Pastorin  SMderahaaaea  (f  1797)  und  der  des  Pastors  Riedel 
(t  1816). 

Im  Thurm  hängen  vier  GlMkra.  Die  grässte  Glocke  von  1758  hat  Glocken. 

einen  Durchmesser  vm  1,53  ni.  Ihre  Inschrift  besagt,  dass  sie  1758  zur  Zeit 
des  Herzogs  FRIEDRICH,  ih--  rraj)<>situs  JOHANN  JOACHIM  SUSEMIHL  und 
der  beiden  Pastoren  JOHANN  NICOLAUS  BANDELIN  und  ANDREAS  BRINCK- 
MAN  sowie  der  Vorsteher  CARL  CHRISTOPHER  VICK  und  ANDREAS  FRIEDE- 
RICH FRANCK  von  Johann  Heinrieh  Amowitz*)  in  Lübeck  gegossen  worden  sei. 
An  der  G^enseite  der  Insdirift  das  mecklenburgische  Wappen.  —  Die  zweite 
Glocke  von  1653  hat  einen  Durchmesser  von  1,33  m.  Die  von  kleinen  Hildern 
aller  Art  (es  sind  da  ein  Telikannest  mit  Jungen,  Vordertheil  eines  Pferdes 
mit  einem  Drachcn.schwanz,  Vase  mit  Hlume,  Stern,  zwei  gegen  einander  ge- 
kehrte Hände,  Renaissance  Ornamente  und  das  Bild  eines  .Salvator  nnindi) 
theils  umgebene,  theils  unterbrochene  Inschrift  giebt  an,  dass  die  Glocke  1653 
zur  Zeit  des  Herz(^s  CHRISTIAN  und  der  nachfolgenden  Amts-  und  Kirchen- 
bedienten, des  auf  Rambow  erbgesessenen  Hauptmanns  LEVIN  V.  BAR8E,  der 
Pastoren  BARTHOLD  HÖFISCH  und  SAMUEL  MONiCH,  sowie  der  beiden  Kirchen- 
Ockonomi  HINRICH  VOSS  und  HANS  WARNEKE  von  den  beiden  lothringischen 
Glockengicssern  Stephan  Woillo  und  Nikolaus  Gage  gegossen  worden  sei.  — 
Die  dritte  (ilocke  von  1622  hat  einen  Durchmcs.ser  von  1,20  m.  Die  Inschrift 
enthalt  das  Datum  ANNO  ^  M  ^  DC  ^  XXII  ^,  dazu  den  Spruch:  VERBUM 
DEI  MANET  IN  ETERNUM;  und  zuletzt  in  einem  Kranze  die  Angabe:  MIDT 

')  VgU  Lisch,  M.  Jalirb.  XX,  S.  345.    l>azu  XV,  S.  298.    M.  U.  B.  3549. 
NB.  ohpe  r,  sonst  auch  Annowiu. 


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443 


AMTSGBRICHTSBBZIRK  KEHNA. 


GOTTES  HVLFE  GOS  MICH  HINRICH  OLDENDORF  ZV  SCHWERIN  ANO  1622. 

—  Die  kleinste  Glocke  hat  einen  Durchmesser  von  60  cm  und  ist  ohne  jede 
Verzierung  und  Inschrift. 

W.ippen.  Am  Amtsgerichts-  und  am  l'orstmeisterstuhl  befindet  sich  je  ein  aus 

H0I2  geschnitztes  funftheiliges  mecklenbui^sches  Wappen,  das  von  der 
Herzog  SvpUe  von  Holstein^  Gemahlin  Herzog  Johann's  VII.  von  Medden- 
burg,  hefstammt  und  das  Datum  1617  trägt.  —  Ueber  der  Kirdithür  im 

Norden  das  holsteinische  Wappen  derselben  Herzogin,  aber  im  Mittelschild 
sieht  man  den  mecklenburgischen  Stierkopf.  —  An  den  Konsolsteinen  der 
(jew()lbcripi)Ln  des  Schiffes  auf  der  Nordsoitc  sieht  man  erstens  den  Schild 
der  FamiUe  Darzow  (geschachtcs  Andreaskreuz  mit  einem  Menschenkopf  in 
der  obmn  Gabelung);  zweitens  dnen  Sdiild  mit  einem  laufenden  Pferd  (Bär?); 
drittens  einen  Schild  mit  einem  Kleeblatt  Ebenso  an  der  Südseite  einen 
Schild  mit  Kleeblatt,  den  Darzow'sdien  Schild  und  einen  dritten  mit  Eichen- 
zweig und  zwei  Rosen  oben  in  den  Ecken.  —  Im  Thurm  endlich  ein  altes 
Kapitell,  von  dessen  vier  Seiten  jede  das  Darxow'sche  Wappen  zdgt 

Epitaph.  Ein  von  dem  meddenburgischen  Hauptmann  zu  Rehna,  Zarrentin  und 

Stintenburg,  dem  auf  Rambow  erbgesessenen  LEVIN  BARSSE  im  Jahre  1653 
seiner  Ehefrau  Anna  Elisabeth  von  Viereck  (7  22.  Januar  1653)  gestiftetes 
Epitaph  im  Stil  der  Spät-Renais.sance.  In  der  Mitte  ilas  (lemälde  der  Kreuz- 
abnahme, darüber  das  der  Auferstehung  und  darunter  die  aus  drei  Männern, 
zwd  Frauen  und  einem  Kind  bestehende  Familie  des  Stifters. 

Tafel-  In  der  Kirche  neben  dem  Altar  zwei  an  die  Wand  gehängte  Tafel- 

gemälde.  gemilde:  Das  Opfer  Isaak  s,  von  Joh.  Joach.  Qrunsberg,  1760.  Luther,  Kopie 
nach  Lukas  Kranadi,  vor  einigen  Jahren  vom  Hufenpachter  Heitmann  in 
Fatkenhagen  gemalt  —  Das  Abendmahl,  späteres  Bild  der  Ptedella  des  Altars. 

Kleinkunst-  KlciakHiiatwerkc.    i.  Silbervetgoldeter  gothischer  Kelch  auf  sechs- 

^f«*^'    eckigem  Fuss.   Als  Signaculum  ein  aufgenieteter  Krucifixus;  ftir  die  dnstroab 
damit  verbunden  gewesenen,  jetzt  fehlenden  bdden  Figuren  der  hl.  Maria  und 

Johannes  sind  noch  die  Nietlöcher  vorhanden.  Am  Knauf  der  Name  VR7tRIK+. 
Ohne  Wcrkzcichcn.  2.  Silbcrvcrgoldctcr  Kelch  auf  sechsseitigem  Fuss,  im 
Geschmack  der  Renaissance.  KiKuif  mit  geflügelten  Engclskopfen  verziert,  ein 
plastischer  Krucifixus  als  Signaculum.  Inschrift:  1583.  i.  JOH.  1 :  DAT  BLODT 
JHE8V  CHRISTI  DES  80NES  GOTTES  MAKET  VHS  REINE  VAN  ALLEN  8VNDBN. 
Ohne  Werkzeidien.  —  3.  Krdsrunde  silberne  OblatenschachteL  Treibatbdt 
im  Barockstil.  Auf  dem  Dedcel  ein  Krucifixus,  sdtwärts  Blumen  und  Blätter. 
Inschrift:   MATTHIAS  HOVISCH  •  MARIA  ELISABET  BULLEN  •  ANNO  1685  • 

-  4.  5.    Zwei  silbervcrgoldcte  Patenen.    Eine  mit  der  In.schrift:    H  *  ■  S  • 
ANNO  1686  *    Als  Sladtzeichcn  der  lübische  1  )()i)|)cla<llcr,  dazu  das  Mcister- 
zeichen  (Tp.M    Die  andere  ohne  Inschrift  und  ohne  Zeichen.  —  6.  Grosse 

')  Das  Inventar  vun   181 1   nennt  einen  dritten  Kelch,  der  dieselben  Initialen  H  S  und 
auch  du  Datum  1686  hatte.  Dieser  Keldi  ist  nicht  mehr  vorhanden. 


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KIRCIIK  ZU  KEHNA. 


443 


silberne  Kanne,  gestiftet  von  W.  DIESTEL-OTHENSTORF.  1889.  Neu};<.thisch. 
Lübecker  Arbeit.  —  7.  8.  Taufschale  von  Messing'  aus  dem  XVII.  Jahrhundert, 
ohne  Hesonderheitcn.  i:inc  zweite  kleinere  Schale  von  Messing  hat  die 
Inschrift:  SEHL.  H.  JÜRGEN  TIEDEN  NACHGEL.  WITWE  ANNO  1714.  —  9.  Im 
Schiff  der  Kirche  ein  guter  Kronleuchter  mit  der  In.schrift:  JOCHIM  HOOFEIN, 
BVRGER  VNDT  SCHVSTER  IN  HAMBURG,  ALHIR  IN  REHNE  GEBOREN,  HAT 
GOT  ZU  EHREN  DISE  KRONE  IN  DISE  KIRCHE  VEREHRET  1666.  —  lO.  II. 
12.  Auf  dem  Altar  drei  schone  in  Mes.sing  gegossene  schwere  Leuchter.  Am 
FU.S.S   des   einen    die    Inschrift:    1592    W  •  ANNE   REDINGES  HEFT  DEN  • 

<  VCHTER   GEGEVEN  • 
Am   andern:  BARTHOLT 
FRAMM  .  ANNO  •  1700  • 
Am  dritten:    MARX  • 
SIENKNECHT  •  ANNO  • 

1698-  —    13-  in 

Messing  getriebener  Wand- 
armleuchter, ohne  W  erk- 
Zeichen  und  ohne  Inschrift. 

Links  am  Kinf^anj-c 
in  den  '1  hurm  <his  alte 
Weihwasser-  llc<  ken  der 

vorrelbrinatnrist  hen 
Zeit,  von  Kalkstein,  in 
die  Wand  ein^jemauert. 

Ucr    beigegebene     Der  alte 
Grundri.ss  veranschaulicht  Kreuzhang, 
bes.ser  als  jede  Beschrei- 
bung die  Lage  und  da,s 
V'erhaltniss  des  alten 
Kronleuchter.  Krcuzganges  zur  Kirche. 

Er  besteht  seit  langer  Zeit  nur  aus  drei  mit  Kreuzgewölben  geschlossenen 
Armen.  Wohl  aber  will  man  wi.sscn,  dass  er  einstmals  im  Westen  durch 
eine  Mauer  geschlos.scn  war,  die  von  dem  an  seinen  südlichen  Arm  an- 
stossenden  Amtshause,  welches  wahrscheinlich  die  Stelle  der  alten  Probstci 
einnimmt,  zur  Kirche  führte  und  zusanimen  mit  den  drei  Armen  des  Kreuz- 
ganges den  alten  Kirchhof  der  Klo.sterzeit  einschloss.')  Ls  haben  sich  aber, 
wie  zu  erwarten  war,  Ansätze  von  Gewölben  und  antlerc  Spuren  gefunden, 
welche  darthun,  dass  auch  diese  vierte  Seite  des  Kreuzganges  einst  mit  einem 
gewölbten  Gange  geschlossen  war. 

An  die  Ostseite  des  Kreuzganges  sticss  einstmals,  nach  Auswci.s  eines 
alten  Inventars  von  157^,  ein  gros.ses  Gebäude,  das  Refektorium,  das  mit  der 


')  Vgl.  Lisch,  M.  J.ihrb.  XN,  S.  347. 


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444 


AMTSGERICHTSBEZIRK  REHNA, 


Küche,  dem  Brauhaus  und  dem  Schlachthausc  verbunden  war.    Diese  Gebäude 


Kapitelsaal. 

aber  sind  in  unbekannter  Zeit  abgebrochen 
worden.  Was  davon  noch  gefunden  worden 
ist,  wie  Kragsteine  als  Stützen 
fiir  ansetzende  Spitzbo^enrippcn 
und  Nischen,  Ziegel  -  Mosaik 
vom  Kussboden,  Blöcke  und 
Platten  von  Granit,  Säulcnkapi- 
tcllc,  eins  mit  dem  Darzow- 
schcn  Wappen  (s.  o.),  behandelt 
Lisch  M.  Jahrb.  XX,  S.  349. 
Haurcste  und  Beschreibung  zu- 
.sanimen  geben  den  zwingend- 
sten Anla.ss,  den  Grundplan  .so 
zu  rekonstruieren,  wie  es  von 
Herrn  Landbaumeister  Hamann 
in  der  bcigcgcbencn  Zeichnung 
i'fdicr      geschehen  ist. 

mit  (^irundriss. 

Verhaltnissmiissig  am 
besten  erhalten  ist  ausser  den  drei  Armen 


n 


1 


W.iiidkonsolc  im  K apitcl  •  Saal. 


des  z.  Zt  als  Schuppen  verwendeten  Kreuzganges  der  Kapitclsaal,  welcher  zu 


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KIRCHE  ZU  REHNA. 


445 


ebener  Erde  an  die  Westseite  des  südlichen  Kreuzganges  stösst  und  bis  in 
unsere  Zeit  als  W'agenschaucr  diente.    Zu  diesem  Zweck  waren  in  die  VV'est- 


\V,inilkon^<ik  n  im  Ka]>ilcl  -  S;t;il. 

wand  des  Saales,  in  der  sich  früher  seine  einzigen  LichtöfiTnungcn  befanden, 
zwei  Thoröffnungen  eingeschlagen  worden.  Zwei  achtseitige  Monolithe  von 
Granit  mit  vierseitigen,  an  den  Ecken  aber  abgeschrägten  Basen  tragen  die 


44Ö 


AMTSCERICHTSBEZIRK  REHNA. 


aus  sechs  stattlichen,  mit  zierlich  profilierten  Gurtbögen  und  Rippen  belebten 
Kreuzgewölben  bestehende  Decke  dieses  Raumes.  Während  die  Kapitelle 
dieser  Monolithe  mit  einer  den  l'ormen  der  Hasen  entsprechenden  Einfachheit 
auftreten,  zeigen  die  mit  ihnen  korrespondierenden  zehn  Wandkonsolen,  von 
denen  her  die  Gurlbögcn   und  Rippen   aufsteigen,  eine   reichere  Formen- 


Zierschciljcn. 

entwicklung,  in  der  sich  Blätter,  Hüsten  {die  fünf  klugen  und  die  fünf  thörichten 
Jungfrauen)  und  Platten  mit  Rundperlen -Verzierung  schmuckreich  vereinigen. 
F.ben.so  interessant  sind  die  Zierschciben  an  den 
Schlusssteinen  der  Gewölbe,  von  denen  eine 
den  Kopf  Christi,  die  andere  seine  segnende 
Hand,  die  vier  übrigen  aber  Wappenschilde 
zeigen,  den  Darzow'schen,  Hülowschen,  Mölen- 
knecht'schen  und  den  der  Herren  vom  Lohe, 
die  alle  mit  einander  auf  jene  Zeit  im  ersten 
und  zweiten  Viertel  des  XV.  Jahrhunderts  hin- 
wei.sen,  in  welcher  der  Probst  Johann  Mölen- 
knecht  (1422  bis  1423),  die  Priorin  Adelheid 
von  Külow  (1430  bis  1439)  und  die  Lübecker 
l'amilie  von  Darzow  ihr  Interesse  für  das  Kloster 
Rehna  und  .seinen  weiteren  Ausbau  bethätigten.*) 
Das  »lange  gemauerte  Haus«,  wovon  das 
Inventar  von  1576  redet,  hat  Lisch  in  einem 
Theil  der  jetzigen  Amtsgebäude  wiedergefunden; 
dieses  Haus  diente  nach  der  Säkulari.sation  lange  Zeiten  hindurch  als  Residenz 
für  Mitglieder  der  für.stlichen  Familie.  Auch  werden  hier  erwähnt  »das 
Kornhaus  auf  dem  Hofe,  der  Marstall  und  das  Pforthaus «. 

Lisch,  M.  Jalirl..  XV,  .S.  293.    .\X,  S.  355.    XLll,  S.  153  l.i-  156. 


.Mtcs  Kchnacr  Kloster- .sicRcl. 


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KIRCHDORF  L 


447 


Das  Kirchdorf  LiU»Me. 


H^Hipcssc,  Lipisse,  Lipse,  Lipzee  (auch  c,  sz  und  tz  (&r  S  und  z,  und  y  für  i),  Geschichte 

d.  h.  Insel»  ist  der  alte  Name  des  6 1cm  nördlich  von  Rehna  entfernten  ^^'^ 
Dorfes  Lübsee  im  XIIL  und  XIV.  Jahrhundert,  der  durch  die  I-age  der  von 

Wiescnnicdcriinf^cn  inselartig  eingeschlossenen  Uiiif^ct^cnd  (wonn  man  die  nahe- 
licf^onden  Kcldniarkcn  von  Zcliiiieii,  Törber  und  LiibscLTliaf^'cn  hinzunimmt) 
gcrL-chtfL'rti<;t  wird.  Durch  Schenkung  von  dreissi<;  Hufen,  die  Gottfried 
von  Hulow  und  Utto  de  Koualc  in  dieser  Gegend  besitzen  (niansos  super 
Lipesse  sitos),  gewinnt  das  Kloster  Rdma  hier  schon  im  Jahre  1236  Grund 
und  Boden,  und  1263  erhält  es  auch  das  Pätronat  der  inzwischen  erbauten 
Kirche.')  Vier  Jahre  später  wird  die  Kirche  unter  denen  mit  aufgeführt,  die 
an  der  Urod-  und  W'einstiftung  des  Fürsten  Heinrich  theilnehmen.*)  Schritt- 
weise vermehrt  nun  das  Kloster  seinen  Hesitz  in  I.ubsci-:  1394  kommt  durch 
Schenkung  vom  Fürsten  Johann  zu  Gadebusch  aus  verschiedenen  von  dem 
Lübecker  Hürger  Gherardus  l-'riso  erkauften  Gütern  eine  Hufe  in  Lübsee  hinzu 
(cum  quibttsdem  casariis  qui  vulgariter  dicuntur  kotere);  1300  in  ähnlicher 
Weise  durch  Schenkung  der  beiden  Fürsten  Heinrich  d.  ä.  und  Hdnrich  d.  j. 
von  Mecklenburg  eine  Hufe  (cum  judicio  ville  et  piscationibus  ibidem).')  13 10 
kauft   das  Kloster  dort   frewisse  Spanndienste,  anderthalb   Hufen,  die 

Hcrthold  von  I  orl)i  i-  l)esessen  hat,  und  1360  erhalt  es  zu  Gunsten  der  I'farrc 
in  Lübsee  von  den  ( iebriidern  Storni  die  Hede  von  anderthalb  Hufen,  worüber 
diese  bisher  zu  verfugen  gehabt  hatten.*)  Jedoch  erwerben  am  8.  Mai  1341 
die  in  der  ganzen  Umgegend  reich  begüterten  Herren  von  Bttlow  ausser  in 
andern  Dörfern  auch  in  Lübsee  das  höchste  Gericht  und  die  Bede»*)  und  wir 
erfahren  nicht,  ob  sie  sich  dieser  Rechte  jemals  »1  Gunsten  des  Klosters,  dem 
sie  im  Ucbrij^en  ausserordentlich  \  iel  Zuncigimg  und  Gunst  erweisen,  ent- 
äussert haben.  Mit  der  .Sakulaii'-iennit,'  des  Klosti  rs  Ixeluia  i^cht  Lübsee  ins 
Domanium  und  das  I'atrunat  auf  tlie  Person  des  Landesfursten  über. 

Der  erste  l'leban,  der  genannt  wird,  ist  um  1313  Conradus,  rector 
eodesie  in  L  ip.sc,  er  wird  auch  13 19  gelegentilch  der  ersten  Pfarrtaxe  ge- 
nannt') Zwischen  1356  und  1368  ist  es  Nikolaus  Gützkow.^  Um  1541  ist 
es  Bernd  Storm,  damals  haben  noch  >die  Jungfrauen«  das  Patronat  Von 

')  M.  U.-B.  453.  467.  971. 
*)  M.  U.-B.  1107. 

•)  Vgl.  M.  f.  !!.  22')r,.  2627. 

*)  M.  U.-B.  3jyS.  3844.    \^\gl.  d.uu  3180}.  8S0S. 

^  M.  Ü.-B.  6130. 

•)  M.  V.  U.  3619.  4111. 

')  M.  U.-B.  8252.  &&0&.  9648.  9845. 


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44^ 


AirrsOBtUCÜTSBlSZtRK  RE^A. 


1583  an  ist  Joh.  Heidtmann  Kirchherr,  berufen  von  der  Herzogin  Wittwe 
Sophie  fs  0 );  unter  ihm  ist  sein  {rlcichnamit^er  Solin  Küster  und  7.ugleich 
iJorfschneider.  Um  1626  ist  Johann  Kuclienmeister,  von  1630  an  bis  1674 
ist  Daniel  Suckow  l'astor.  Ihm  wird  1674  sein  Schwiegersohn  Joachim 
Krolow  adjungicrt;  ihm  folgt  1680  der  zwdte  Schwiegersohn  des  Daniel 
Suckow,  Dedev  Johann  Wassermann,  indem  er  dieselbe  in  Akten  viel  ge* 
nannte  Lucia  Suckow  heiratet,  die  Krolow  als  Wittwe  hinterlassen.  Ihm 
folgt  1687  Petrus  Neumann,  diesem  1723  sein  Sohn  Petrus  Samuel  Neumann 
und  1727  der  andere  Sohn  Christian  Friedr  Neumann.  1749  ist  Johann  Heinr. 
Meyer  im  Amt.  Ihm  wird  1786  sein  Schwiegersohn  Emst  Christoph  Burchard 
adjungicrt.    Vgl.  Walter,  a.  a.  O. 

Kirche.  Die  Kirche  ist  ein  auf  einer  Grundlage  von  Granit  errichteter  ein- 

schifTif^cr  Ziegelbau  mit  flach  abschliessendem  Chor,  der  um  eine  Stufe  gegen 
das  Langhaus  erhöht  ist.  lüne  flache  Heizdecke  überspannt  den  ganzen,  von 
modernisierten ')  gothischen  Fenstern  erleuchteten  Raum.  Im  Westen  ein 
hölzerner  Thurm,  dessen  achtscitigcr  l'yramidcnhelm  mit  Schindeln  gedeckt 
ist  Im  Thurm  eine  Bau-Inschrift:  ANNO  1729  VNTER  DER  PNEISWORDIQEN 
REGIERUNG  DES  DURCHLEVCHTIQSTEN  FVR8TEN  VND  H.  H.  CARL  LEOPOLD, 
H.  Z.  M.,  IST  DIESER  TVRM  GEBAVET  WORDEN.  DER  PASTOR  DER  GEMEIN 
ZVLVBSEEWAR  CHRISTIAN  FRIDERICH  NEVMANN,  DIE  KIRCHENVORSTEHER 
PETER  EICKMANN,  CLAVS  RENTZOW,  JOHANN  TÖRPER;  DER  ZIMMER- 
MEISTER CASPER  HERTZLIEB. 

Was  Lisch  über  den  IJau  der  Kirche  vor  ihrer  jüngsten  Restauration 
im  M.  Jahrb.  XI.II,  S.  i75ft",  bemerkt,  lässt  erkennen,  dass  von  der  Herr- 
schaft des  alten  romanischen  Baustils  am  Gemäuer  früher  mehr  711  sehen  war 
als  heute;  es  ergiebt  sich  aber  aiirh  /.ugleich,  dass  schon  im  .Mittelalter 
erhebliche  Umänderungen  in  gothischem  Geschmack  stattgefunden  hatten. 

Altar.  Der  Altar  ist  ein  neugothisches  Werk  aus  dem  Anfang  der  sieben- 

ziger  Jahre  unseres  Jahrhunderts;  er  enthält  ein  Gemälde  der  Kreuzigung  von 
Th.  Raeher.')   Das  übrige  Mobiliar  ist  solide  und  gut,  aber  ohne  Bedeutung. 

Der  von  Lisch  im  M.  Jahrb.  XLH,  S.  177  ff.  beschriebene  alte  Flügel- 
Altar  der  Kirche,  ein  spätgothisches  Triptyehon,  il:i-<  diirch  l^eberinnsiliing 
im  Jahre  1741  gelitten  hat,  auch  im  Ucbrigen  niclu  gerade  zu  den  hervor- 
ragenderen Schnitsereien  dieser  Gattung  gehört,  befindet  sieh  jetzt  im  Grossh. 
Museum  zu  Schwerin.  Im  Mittels(  hrein  die  KrOnung  Mariae  in  der  her- 
kömmlichen Weise:  Christus  setzt  der  Maria  die  Krone  auf;  darüber  ein 
Wolkenbogen  mit  sieben  kleinen  musicierenden  Engeln.  Zur  Linken  St,  Anna 
selbdritt,  St.  Stephanus,  St.  Nikohuis(?)  und  St.  Christina,  zur  Rechten  St.  Georg, 
St.  Kath.arina  (?),  St.  Johannes  Baptistn  und  St.  Maria  Magdalena.  In  den 
Flügeln  je  sechs  Apostel,  alle  sitzend  dargestellt. 


*)  Gdegendleb  einer  Restauratioo  im  Jahre  1874. 

*)  Vf>1.  Bewbretbang:  Veixeieluiin  der  Werke  neaerer  Meister  der  GroMh.  Geullde» 
Qalerie,  S.  23. 


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KIRCIIIMJRF  LÜHSEt:. 


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450 


AMTSGBRICHTSBBZIRK  KEHNA. 


Glocken.  Es  sind  drei  Glocken  vorhanden.    Die  grösstc  Glocke  hat  einen  Durch- 

messer von  1,31  in.  Ihre  Inschrift  lautet;  1708  ZUM  ERSTEN  MALE  UM- 
GEGOSSEN. EHRE  SEI  GOTT  IN  DER  HÖHE!  ANNO  iX>MIN1 1867  REGNANTE 
SUMMO  DUCE  FRIEOERICO  FRANCISCO  II  FUSA  EST  HAEC  CAMPANA.  - 
GEGOSSEN  VON  P.  M.  HAUSBRANDT  IN  WISMAR.*}  —  Die  mittlere  hat  einen 
Durchmesser  von  1,16  m.  Ihre  Inschrift  lautet:  SOLI  •  DEO  •  GLORIA  •  GOTT 
ALLEIN  ZU  EHR  UND  LOB  IST  UNTER  DER  PREISWÜRDIGEN  REGIRUNG 
DES  DURCHLAUCHTIGSTEN  FÜRSTEN  UND  HERRN,  HERREN  CHRISTIAN 
LVDWIGS,  HERTZOGEN  ZU  MECKLENBURG  ETC  •  UND  GNÄDIGSTEN  PATRON! 
DIESER  KIRCHE  AUFF  VERANSTALTUNG  DES  PASTORIS  DER  KIRCHE  ZU 
'  LObSEE  JOHANN  HEINRICH  MEYERS  AUS  SWERIN  GEBORTIG  UND  DERER 
lETZIGEN  JURATEN  JOCHIM  BRUHN  AUS  GRIBEN  UND  ASMUS  ECKMANN 
AUS  DUCHELSTORFF  DIESE  GLOCKE  UMGEGOSSEN  WORDEN  ZU  LÜBECK 
DURCH  LAURENTZ  STRAHLBORN  IM  JAHR  1749.  Als  Hildschnnick  ist  das 
mecklenburgische  Wappen  angebracht.  —  Die  kleinste  Glocke  hat  einen 
Durchmesser  von  87  cm.  Die  Inschrift  lautet:  1461  ZUM  ERSTEN  MALE  GE- 
GOSSEN •  FRIEDE  AUF  ERDEN  •  ANNO  8ALUTI8  1867  •  GEGOSSEN  VON  P.  M. 
HAUSBRANDT  IN  WISMAR. 

Die  kleine  Glocke  hatte  vor  ibrem  Umguss  im  Jahre  1867  das  Datum 
in  4  Wii  +  VjUnbcrt  +  cn  bnbC  +  It  Dazu  den  Spruch:  X}dp  -\- 
gOC  o  Vintie  o  inarya-  Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XUI,  S.  17s  bis  179.  — 
Siehe  dort  auch  die  Beschreibung  des  ahen  Predigtstuhls  von  i6a8  mit  den 

Namen  des  Pastors  Joh.  KüchenmcisUT  iiml  seiner  (lattin  Klisabeth,  mit  den 
Bildern  der  Hochzeit  zu  Kann,  des  Abendmahls,  des  KrucifixUS,  KU  dessen 
Füssen  das  genannte  F.ln  paar  kniet,  und  der  H i in niel fahrt. 

Wand- und  Wand-  und  Glasmalereien.    Zu  beachten  .sind  die  int  Sommer  1888 

Glas-  am  Triumphbogen  ausgeführten  zwölf  Apostelbilder  und  an  den  Wänden  des 
Chors  die  der  vier  Evangelisten.  Femer  die  schon  Trüher  hergestellten  neuen 
Doppelfenster  an  der  Südsdte  des  Chors  mit  den  Glasbildern  der  Apostel 
Petrus  und  Paulus. 

iClemkunBt-  KteinkiUMtwcrlce.    i.  2.  Zwei  silbervergoldete  Kelche  auf  sechspassigero 

werke.  Fus.s.  Auf  dem  Fusse  des  einen  die  Inschrift:  SOLCHES  DVET  ZV  MEINER 
GEDECHTNIS  •  H  •  JOHAN   HVCHMEISTER  •  ELISABEDT  HEITMANS  •  ANNO 

1636.  Auf  dem  des  andern  die  Inschrift:  AUS  MILDEN  BEYTRAG  DER  GE- 
MEINE HAT  JOH  :  HINR  :  MEYER  PASTOR  ZU  LÜBSEE  UND  JOCH  :  BRÜHN 
UND  ASM  ■  ECKMANN  JURATEN  DIESEN  KELCHE  VERFERTIGEN  LASSEN  • 
Ao  1749.  Als  Werkzeichen  der  Lübecker  Adler.  Als  Meisterzdchen  der 
Stempd  HPK  mit  einer  undeutlichen  Hausmarke.  Der  erste  Kelch  ist 
ohne  WerkzciclKü.  Von  den  zugehörigen  .silbcrvcrgoldeten  Patenen  hat  die 
eine  keine  und  die  andere  die  fjenannten  Lübecker  Steni|)el.  —  3.  Kleiner 
Kraiikeiikelch  mit  r.iteiu-,  oi-stiftet  \on  T  •  L  •  S  •  1801  •  Iß)  (Kehna,  Ratze- 
burj,')  I  I  G  |.  -     4.  \'iere(  kii;e   silberne   Üblatendose,  neu,  ohne  Inschrift  und 

')  Ucr  Giesncr  der  (jlockc  von   1708  vmr  CasiOLr  lletnr.  Cahlell  aus  Frankfurt  Vgl. 
lavenuur  von  181 1. 


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KIRCHDORF  GRAMROW. 


Wcrkzcichcn.  5.  Aclitcckij^c  silberne  Oblatcndosc,  hübsche  Ircibarbcit: 
Hlumtn  uiul  Blatter.  Die  Inschrift  lautet:  ABEL  JUDITH  NEUMANN  ANNO  1707. 
W  erk/eichen  nicht  vorhanden.  Al>er  zu  beachten  ist  als  Stempel  das  Mono- 
gramm —  6.  Ein  altes  Taufbecken  von  Messing  hat  die  In.sdirilt; 
(l>OCHEN  BHVN  •  1093  •  —  7.  Ein  neues,  1881  von  RoM-Schwerin  gefertigtes 
Taufbecken  von  Silber  zeigt  auf  dem  Rande  die  Namen  der  zwölf  Apostel 
lind  im  Innern  ein  Kreuz  mit  den  Symbolen  der  vier  l''vangelistcn.  S.  I-!in 
Kronleuchter  von  Messini^  in  der  .\i)sis  hängend;  oben  auf  einem  Adler  reitend 
eine  menschliche  Fi<;in  mit  einem  Schut-rt  in  der  Rechten  und  i-iiu  r  l'ackel 
in  der  Linken.  Ohne  Inschrift.  9.  10.  11.  An  den  beiden  Hronzeleuchtern 
auf  dem  Altar  findet  sich  weder  Inschrift  noch  Werkzeichen.  Ein  dritter 
grösserer  im  Pastorhause.  —  12.  Ein  aus  Hohe  geschnitzter  Belt  mit  dem 
Bilde  der  hl.  Katharina.  —  13.  Hin  Velum  von  rother  Seide  mit  Goldborten 
y.r\'^t  in  der  Mitte  ( iM  ! i(  l.rrei  und  unter  einer  Krone  den  Namen  der  M.  M. 
C.  WITTEN.  6EB0RNE  SCHRÖOERN.  GESTORBEN  D.  &  DECEMBER  1781. 

Im  Pfarrfaitcn  ein  alter  Taufstein.  Pfannarten. 


Das  Kirchdorf  Grambow. 

ie  ältesten  Nachrichten  über  das  5  km  siidöstlidi  von  Rehna  entfernte  Geschichte 
Dorf  Grambow,  dessen  Name  schon  im  Jahre  1256  so  geschrieben  und  ^^'^ 
gesprochen  wird  wie  heute,  beziehen  sich  auf  kirchliche  Angelegenheiten,  J^orfes. 

Zehntentausch  u.  dergl.')  Die  Kirche  wir  l  1  ^'  ^  zum  ersten  Mal  genannt,  und 
bei  "{jclcgenhcit  der  ersten  reformatorischen  Kiichen\ i-^itatinn  im  Jahre  J54I 
erlahrt  man.  di-s  (he  >  Jungfrauen  das  jus  pattonatus  hal)en.  Damals 
existiert  die  alte  Kirche  in  dem  benachbarten  Wedendorf  nicht  mehr,  deren 
Patronat  dem  Kloster  Rehna  schon  bei  seiner  Gründung  eingeräumt  worden 
war.  Die  Wedendorfer  Kirche  wird  1263  noch  genannt,  aufTallendcrweisc 
aber  nicht  mehr  1267  bei  Gelegenheit  der  Stillung  des  Fürsten  Heinrich, 
auch  nicht  mehr  in  den  spateren  L'rkun«len ,  welclie  Wedendorf  betreffen.*) 
li^  ist  daher  anzunehmen,  dass  sie  innerhalb  des  Zeitraumes  von  1263  und 

')  M.  r.-K.  775.  1107.  1747.  4110. 5613. 

'  I  >ic  WioiliTludimj;  iK  r  in»  J.iliri-  12  ?"  aii-t;i-.tfllti'n  I  rkiincii-  llher  «lie  l'alronrviskirchen 
tIcN  kl<>»lcT>  Kcliiia  im  Jahre  131 1  ^.M.  L  .11.  3440  lirauclil  iiiclit  al>  durchaut»  yllhij-cr  *ict;en- 
bewei«  genommen  lu  werden,  da  die  am  Ende  des  Wedendorfer  Sehlott^porkes  gelegene  Kirche 
10  CraiiiliD«  ^choit  tlntnnl>  (janz  cl>cnso  wie  heute  als  Kirche  vim  Wcdiinlnif  und  al^  l"r>alz  fvir 
die  erste  Kirche  im  Dorfe  xclbst  angchehen  werden  ktmnte.  /u  Ucachioii  i>i  auch,  dsh»  die 
Herren  von  ItUlnw  auf  Wedendorf  den  Scbwer|>unkl  ihrer  gct»tlichen  Stiftui^>en  vom  Reginn  lic* 
NI\  .  hiliiliiiiidiTis  hiT  nach  « ;adct>u>ch  und  Kehna  verlegen:  Vgl.  M.  LVl).  33<»''.  .?5<ii.  522S. 
.\uch  k-hh  <lh  Wedendorfer  Kirche  in  den  Pfarrtaxen,  die  1319  md  I335  von  KaUeburg  her 
augeurdncl  uuideii. 

29* 


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453 


AMTSGBRICHTSBEZIRK  KEHNA. 


1267  eingegangen  und  die  Anrechte  des  Klosters  durch  einen  Kontrakt  der 
auf  VVcdendorf  erbangesessenen  Herren  von  Bülovv  auf  Grambow  übertragen 
worden  sind.  Denn  daas  ihnen  noch  dieses  Dorf  getiört,  eiiidit  ans  einer 
Urlcunde  vom  21.  Januar  1349.')  Sie  bldl)en  in  diesem  Besitz  bis  zum  Jahre 
1679.  Als  damals  der  Geh.  Rath  Andreas  Gottlieb  von  Berastorlf  Weden- 
dorf c.  p.  kauft,  geht  auch  Grambow  auf  ihn  über  und  der  Landesherr  schenkt 
ihm  zugleich  das  Patronat  über  die  Kirche.  W'edcndorf  mit  Grambow  ist 
heute  bekanntlich  eines  der  Hauptgüter  des  grossen  Gräflich  Bernstorff' sehen 
Grundbesitzes. 

Während  von  Wedendorf  nur  ein  einziger  Kirchherr,  der  Pfarrer  Florenz 
im  Jahre  1237,  bdcannt  ist,  sind  uns  von  Grambow  doch  wenigstens  drei 

Geistliche  des  XIV.  Jahrhunderts  mit  ihren  Namen  erhalten  geblieben:  die 
Pfarrer  Gerhard  {13 13  bis  13 19),  Johann  von  Oldenburg  (1334)  und  Dietrich 
von  Crivitz  (1342  bis  1345).*)  Zur  Zeit  der  Reformation  ist  nach  Ausweis 
des  KirchcnvisitationsprotokoUs  von  1541')  Joh.  Meyering  Kirchherr  zu  Gram- 
bow. 1578  ist  es  Andreas  Gicelius,  1589  Joh.  Gusmar.  Diesen  finden  wir 
dort  audi  noch  1603,  er  war  von  der  Herzogin  Anna  Sophie,  der  Wittwe 
des  Herzogß  Johann  Albredit  berufen  worden  (s.  o.  S.  429).  1636  ist  MatÜiias 
Höfisch  Pastor  in  Grambow.  Ihm  folgen  1 639  Jakob  Nelius,  1657  Joh.  Fromm, 
1672  joli.  Höfcr,  \6g6  Gottfr.  Aug.  Fhilippi,  1715  Laur.  Friedr.  (nitzmcr, 
1719  David  Heinr.  Quandt,  1769  Joh.  Gcrh.  Lohrmann,  1794  J.  B.  J.  von 
Konigslöw.    Uebcr  ihn  und  seine  Nachfolger  vgl.  Walter  a.  a.  O. 

Kirche.  Die  Kirche  ist  ein  im  I^aufe  der  Zeit  gründlich  verrestauriertes  Zicgel- 

maucrwerk  auf  einem  l-Y-Idstcinfundamcnt,  das  im  Chor  zu  besonderer  Höhe 
aufsteigt.  Am  wenigsten  berührt  sind  zwei  alte  Spitzbogenportale  auf  der 
Südseite,  sie  allein  haben  noch  ihre  alten  Schmiegen  und  Laibui^;en  bewahrt 
Von  den  Fenstern  hat  keins  mehr  seine  urqMrfini^iche  Formengebung.  .Der 
g^en  das  Schiflf  um  zwei  Stufen  erhöhte  Gior  schliesst  im  Osten  glatt  ab. 
Eine  flache  Decke  überspannt  den  ganzen  Raum,  der  sich  als  ein  langes 
Viereck  darstellt.  Im  Westen  ein  in  den  beiden  unteren  Stockwerken  von 
Ziegeln  aufgcmaucrter.  im  dritten  Storkwerk  aus  Holz  kon.struiertcr  Thurm, 
dessen  achtseitiger  Pyraniidcnhelm  mit  Schindeln  gedeckt  ist. 

Altar.  Der  Altar  ist  ein  reich  geschnitztes  Harockwerk  vom  Jahre  i69i.'')  In 

der  Basis  des  Aufsatzes  ilas  (iemäldc  des  hl.  Abendmahls.  Im  mittleren 
Ilauptthcil  die  Krcuzcsgruppe  (Krucifixus  mit  Johannes  und  Maria)  als  ein 
ohne  Hintergrund  frei  dastehendes  Schnitzwerk,  durch  welches  das  Fenster 
der  Ostwand  Undurch  siditbar  ist.  Rechts  davon  die  Figur  des  Aaron,  links  die 
des  Moses.  Darüber  als  Gemälde  die  Aufcrstehung.sscene.  Neben  diesem  rechts 
die  geschnitzte  Figur  Joiuuines  des  Täufers,  links  die  des  Elias.    Ganz  oben 

>)  M.  u.  a  6909. 

*)  M.  U.  U.  47'-  3''"9-  jf'.??-  1""   ".?7-  6580. 

•)  Vgl.  auch  l.iM:h,  .M.  Jahrh.  .Ml,  171. 

*)  Du  Inventar  von  181 1  giebt  statt  1691  die  JahressaU  1685  an. 


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KIRCHDORF  GRAMBOW. 


453 


geschnitzte  allegorische  Gestalten,  Fides  und  Fama  (?).  Der  Altar  ist  eine 
Stiftun<;  des  eluiiinlij^'cii  Kuriiannovorschcn  Staatsministers  und  Geh.  Rathes 
ANDREAS  GOTTLIEB  VON  BERNSTORFF  (geb.  1649,  gest.  1726). 

Die  Kaaiel  gdiöit  derselben  Zat  tuid  Geschmacksrichbifig  an  wie  der  Kanzel 

Altaraufsatz,  ebenso  der  hökeme  Tanfbehälter  mit  den  gemalten  Figuren  der 

l'rudcntia,  Fortitudo,  Tempcrantia,  Spes,  Carit.is  und  Justitia.  Das  dazu  ge- 
hörende in  .Messing  gctriclx-ne  Taufbecken  zeigt  in  einem  Ring  von  Hirschen 
als  Mittelbild  den  üru.ss  des  Engels  an  die  Maria.  Auch  der  Rand  des 
Beckens  ist  mit  Hirschen  verziert, 

Emporan.  Auf  der  Südseite  der  Kirche,  dem  Altar  zunächst,  die  alte  JEmporen. 
Wedendorfer  Empore  in  gutem  Rcnaissanc<-stil.  mit  zahlreichem  Wappen- 
und  Inseln  Ilten -Sciiinuck.  .\ls  Hauptwappen  in  der  Mitte  stt  lk-n  sich  dar 
heraldisch  rechts  das  des  Adam  von  Bttlow  und  der  Ilse  von  Halberstadt, 
und  links  das  des  Hartwif  von  Bfttow  und  der  Harfaretha  von  Haltfta. 
Das  Datum  »ANNO  1623«  ist  ab  Unterschrift  auf  beide  Wappenpaare  ver 
theUt*) 

Der  Wedendorfer  schliesst  sich  die  Groaa-Hmidorfer  Enp«re  an,  eben- 
falls ein  gutes,  mit  VV\appenmalereien  bedecktes  Werk  der  Renaissance.  Als 
Hauptwappen  in  der  Mitte  stelli-n  sich  dar  das  des  Baithold  VOn  Bftlow  und 
seiner  Gemahlin  Gudel  ((lodel)  von  Dannenberg.*) 

Auf  tiie  Hundorfer  lünpore  folgt  die  Hindenbcrgcr  Empore  mit  nur  drei 
Wappen,  dem  der  Ida  Ranach,  des  H.  von  Behr  (in  der  Mitte)  und  der 
Thcda  ITM  Knippbausen.') 

Auf  der  Nordseite  der  Kirche  die  Haiablger  Enpare  mit  dem  BcfB- 
atiNrir'sdien  und  Bilaw'schen  Wappen  und  den  Initialen  A.  F.  v.  B.  1728. 
a  E.  V.  B.«) 

Grabsteine.    An  der  Nordwand  der  Kirche  ein  Bülow  scher  Grabstein  Grab-stcine. 
mit  der  Inschrift:  ANNO  •  DOMINI  .  1  .  5  •  8  •  6  •  HEBBEN  •  DE  •  EDLEN* 
UNDE  •  EDLEN  •  EHRENTVE8T  •  BARTHOLDT  •  UNDE  •  ADAM  «  GEBRVDR  • 
DE  •  WAN  •  BVLOVWEN  •  DI88E  •  BEGRAFNIB  •  BWEN  •  LATEN  •  B  •  V  •  B  • 


')  Adam  vuu  liulow  auf  Wedendorf,  Veelbükeu  und  WebeUfelde ,  mecklenb.  üeheimrath, 
Ilofimrwbdl  «ad  Aatalmipliiiuin,  geb.  1535,  geat.  ISSA  v*'  vennlhU  mit  Ibabe  von  Halber» 

stndt  aus  dem  Ilatisc  Itrür/.    Sviii  Sotin  Kattuig,  TOD  den  die  VenieniDg  derEnporL-  :tn^'L-ordnet 
.«ein  wird,  »a^s  auf  Wcdendurf  und  Vccibuken,  war  necklenb.  Kammeijiiiiker  and  AnUahauptmann. 
(1609,  1(28)  und  vemUilte  sich  mit  Margaretha  von  Mahsan  ans  dem  Hause  Ulrichshnsen. 
FanriUeabttch  der  von  Blllow,  S.  48. 

*\  Harthold  vnn  IKilnw  auf  Holdorf  und  Ihindorf.  f^oti.  ISI'i  g'^'"*'  1^21,  in  erster  Khc  mit 
Anna  von  Lüttow,  in  zweiter  mit  Güdel  von  l)aunenl>erg  vermählt.  Vgl.  BUiow'sches  Familien- 
buch,  S.  jaff. 

*)  Die  Familie  von  Behr  hat  Hindenherg  und  Veelböken  von  1827  bis  1897  in  Besitx  gehabt. 

*)  Andrea*-  FriLMlridi  von  Remstorfl*  aur  Han»h,a;,'eii  war  vennIhk  mit  Clara  Eleonora 
von  Bttlow  aus  dem  llau-^u  .Scharbow.    llOlow'sches  Familienbuch,  S.  38. 


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454 


AMTSGERICHTSBEZIRK  REHNA. 


A  •  V  •  B  •  Darunter  zwei  Wappen.')  —  Am  Haupteingang  auf  der  Südseite 
ein  Stein  mit  der  nicht  mehr  ganz  erhaltenen  Inschrift:  CATHARINAM  ELISA- 
BETHAM  I  PIGNORA  CHARA  MIHI  BINAS  ANNAM  JOHANN  SALOMO 
HATTENBACH  MC  

Glocken.  Ks  sind  zwei  Glocken  vorhanden.    Die  grössere  hat  einen  Durchmesser 

von  1,32  m.  Ihre  lange  Inschrift  gicbt  an,  dass  sie  im  Jahre  1736  zur  Zeit 
des  Kammerherrn  JOACHIM  VON  BERNSTORFF.  l->hhcrrn  auf  Wcdendorf,  des 
Pastors  QUANDT  (s.  o  ),  des  Verwalters  KLAUS  ADOLF  ECKERMANN  und  der 
Juraten  HANS  OLDENBURG  und  JOCHIM  JAPP  von  Laurenz  Strahlborn  in 
Lübeck  umgegossen  worden  sei.  — 
Die  kleinere  Glocke  hat  einen  Durch- 
messer von  1,22  m.  Ihre  Inschrift 
meldet,  dass  sie  im  Jahre  1749,  als 
der  Königlich  Dänische  Gesandte 
am  französischen  Ilofc,  Kammerherr 
JOHANN  HARTWIG  FREIHERR  VON 
BERNSTORFF  Patron  der  Kirche  war, 
von  Dietrich  Strahlborn  in  Lübeck  um- 
gegossen wurde.  Dazu  die  Namen 
des  Pastors  QUANDT,  des  Verwalters 
ECKERMANN  .sowie  der  Juraten  PETER 
REIMER  in  (irambow  und  GUST. 
SCHMIDT  in  Pieverstorf. 

Kleinkunst-  Kleinkunstwerke.     l.  Silber- 

werke, vergoldeter  gothi.schcr  Kelch  auf 
sechs.seitigem  Fuss  mit  vorgestellten 
Cylindem  auf  den  1-xkcn.  Auf  einem 
der  Felder  ein  vollplastischer  Christus 
als  Signaculum.  Die  beiden  anstossen- 
den  Felder  sind  leer.  Dann  folgen 
heraldisch  rechts  der  Rülow'.sche,  links 
der  Huchwald'sche  Schild  in  Tartschenform.  Am  Knauf  der  Name  IhHSVS. 
Darunter  in  Minu.skeln  noch  einmal  der  Name  il)C^\]|^  Keine  Wcrkzcichcn, 
auch  nicht  auf  der  zugehörigen  Patene.  —  2.  Starkvergoldeter  Kelch  in  ge- 
rundeten und  abgeschwächten  gothischen  Formen.  Auf  dem  ganz  runden 
Fuss  die  Inschrift:  DER  GESEGNETE  KELCH  .  WELCHEN  WIR  SEGNEN  •  IST 
DER  NICHT  .  DIE  GEMEINSCHAFFT  DES  BLVTES  CHRISTI?  I  •  COR  •  10  •  CAP. 
Min  eingraviertes  Allianzwappen  mit  den  Umschriften:  CORDT  RESTORF 
INGBORCH  SCHACKEN  •  Unten  am  Fuss  als  Stadtzeichen  der  Lübecker  Adler 
und  als   Meisterzeichen  der  Stempel  qVjj).    Dieselben  Werkzeichen  auf  der 

')  n.irthnld  um\  .\<Lim  wnron  Sölmc  drs  llrirtwijj  von  iSlllow  auf  Wedendorf,  rol<rent. 
Itiildorf,  Ihindnrf  und  Klndnim  (1506,  15^2).  der  mucklonl».  Rath  und  I^indrMli  war  und  »ich  mit 
Anna  von  l'crkciuin  au»  dem  Ilauae  Zecher  vcrmühlt  halte.    lUllow'>chcs  Familienbuch,  S.  32,  iJ. 


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KIRCHDORF  GRAMBOW. 


455 


Patcne,  dazu  der  Spruch:  DAS  BRODT  DAS  WIR  BRECHEN  .  IST  DAS  NICHT 
DIE  GEMEINSCHAFT  •  DES  LEIBES  CHRISTI?    I'CORINTIO  CAP  .  —    3.  4. 

5.  Geräthe  zur  Kranken  •  Kommunion:  Kelch,  Tatene  und  I'yxis.  Auf  der 
einen  Seite  der  Kupa  ein  Kreuz  mit  kleinem  B  darüber,  auf  der  andern  ein 
gothisches  unter  neunzackiger  Krone.  Ohne  Werkzeichen.  Die  ursprüng- 
lich nicht  zugehörige  Patene  hat  ein  verdrücktes  Stadtzeichen  und  als  Meister- 
zeichen den  Stempel  W  G.  Auf  dem  Deckel  der  runden  Pyxis  die  Initialen 
J  :  W.  —  6.  Getriebene  ovale  Oblatcndose  von  Silber,  mit  dem  Augsburger 
Pinienzapfen  und  dem  Meisterzeichen  H  R.  —  7.  Neugothischc  silberne  Altar- 
kanne, geschenkt  von  ARTHUR  GRAF  VON  BERNSTORFF  AM  CHRISTFEST 
1893  •  A}^fl  —  8.  Taufschüssel  (s.  o.  beim  Taufständer).  -  9.  10.  Zwei  neue 
zinnerne  Sammelteller  (C.W.  Kurtz- Stuttgart).  —  Ii.  12.  Zwei  gros.se  Messing- 
leuchter. Auf  beiden  das  Allianzwaj)pcn  Hülow-Schack  und  die  Inschrift: 
♦  DETLOF  V  BVLOW  -  MARGARETA  ^   SCHACKEN  1625  .  '; 

helluf  von  Hulow  nuf  llinidorr,   I  »cch.inl  zu  l<.itzclturi;  {ISO^-  t  vcrtnShIto  «ich 

1608  mit  .M.ir(;.-trctha  von  Scliack  au>  dem  II.iu>«:  .Miis»L-ii  (^cU.  1592,  yuNl.  1658:. 


Vorgeschichtliches 

s.  hinter  Amtsgerichtsbezirk  Gadebusch. 


n 


Ü.iiuTiitr.icli! 

aus  der  l'niK<-'K*-''"'         KL-Inia  um  liic  Mille  des  J,ihrhundorl>. 
N.ich  l.i>ch'?>  .Mecklenburg  in  liilderi). 


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Ansicht  von  GiMlcbu»ch. 


Amtsgericlitsbezirk  &adel)usch. 


Die  Stadt  Gadebusch. 


Geschichte 
der 
Stadt. 


eschichte  der  Stadt.  Rci  Gelegenheit  der  Einverleibung  des  Landes 
Gadebusch  in  den  Hczirk  des  Ratzcburgcr  Bisthums  in  den  fünf- 
ziger Jahren  des  XII.  Jahrhunderts  taucht  sein  Name  zuerst  auf, 


und  zwar  in  der  das  ganze  Mittelalter  hindurch  herrschenden  Form  Godcbuz, 
die  als  Ort  des  Godebud  gedeutet  wird.')  In  der  That  giebt  es  hier  im 
XII.  Jahrhundert  eine  nachweislich  wendische  Adelsfamilie  der  Herren  von  Gode- 
buz,  von  denen  die  Hiirg  und  die  Wiek  ihren  Namen  bekommen  haben 
können,  aber  etwas  Sicheres  ist  über  das  ursprüngliche  Verhältniss  nicht  zu 
ermitteln  (s.  u.).  Herr  des  I^indes  ist  bis  zum  Ende  des  XII.  Jahrhunderts  der 
Graf  von  Ratzeburg,  doch  ist  zu  beachten,  dass  der  vom  Sachsenherzog 
Heinrich  dem  I.öwcn  als  erster  Inhaber  der  Grafschaft  eingesetzte  Heinrich 
von  Badewide  nicht  vor  1146  den  Titel  »Comes«  führt.')    Wie  schon  zur 

')  M.  f.  n.  59.  88.  Kuhiiel.  M.  Jahrl».  XLVI.  S.  46.  God«biid  =  frUh  w.ich.  Gelegent- 
lich einmal  Gh  oder  Cli,  auch  K  fur  (j,  iz,  dz,  ss,  sk  stall  z,  ein  aus^elnNsenes  e,  angehängtes  c, 
bölsc  statt  buze :  alles  das  i>l  nicht  entscheidend.  Die  Deutung  >()rt  des.  guten  Wesens«,  dann 
die  als  >C:ottesliusch<  »der  ><iiitteshainc  und  ferner  der  ltu>ch  im  Stadtsieget  beruhen  auf  will- 
kilrlichen  Annahmen.    Wigger,  M.  Jahrb.  XX.WIII,  217. 

*)  M.  U.-H.  4;.  Vgl.  dazu  40.  48.  59.  65.  71  n.  74.  75.  7S.  79.  S2.  83.  86  (Denkstein  in 
Kalzebiirg).    87  (Denkstein  bei  Waschow). 


GESCmCHTB  DBR  STADT  GASBBUSCH. 


457 


Zeit  der  Grafscliafl  Kat/.cburg  die  Burg  Gadebusch  im  Jahre  Ii8l  eine 
Zerstörun«;  durch  den  Haiern-  und  Sachsenherzog  Heinrich  den  Löwen  erleidet, 
der  sich  mit  Graf  Ik-rnhard,  dem  Sühne  des  langst  verstorbenen  Grafen  Heinrich, 
erzürnt  hat,  erzählt  die  Slaven-Chronik  des  Arnold  von  Lübeck.  Nach  der 
Schlacht  von  Waschow  aber,  am  25.  Mai  1200,  in  welcher  der  Graf  Heinrich 
von  Dassel,  der  als  zweiter  Gemahl  der  Gräfin  Adelheid  von  Ratzeburg  nach 
dem  ICrlnschen  des  Stammes  der  liadewide  die  Grafschaft  innc  hat,  den  Danen 
unterliegt,  und  in  Folge  tleren  er  sein  Land  und  seine  Herrschaft  verlässt, 
tritt  l^oruin,  wahrscheinlich  als  dänischer  Vasall,  die  Herrschaft  im  Lande 
Gadebusch  an:')  er  trifft  dort  nachweislich  bald  nachher  verschiedene  Ver- 
fügungen und  beschenkt  Stadt  und  Bürgerschaft  auf  deren  Gesuch,  und 
zugleich  dankbar  für  ihm  geleisteten  Beistand  (wahrschemlidb  m  der  Sdihcht 
bei  Mölln  gegen  den  Grafen  Albrccht  von  Orlamünde  im  Jahre  1225),  mit 
verschiedenen  Privilegien,  wie  sie  die  Bürger  von  Lübeck  und  Mölln  besassen.*) 
Da  aber  in  dieser  Heu  idnuingsurkunde  die  Titel  civcs  und  civitas  als  etwas 
bereits  V'orhandencs  aiitlreten,  so  ist  es  wahrscheinlich,  dass  den  Bewohnern 
der  Wiek  vor  der  Burg  (dem  schon  damals  gen.  Castrum)  von  dem  Herzog  von 
Schleswig  und  späteren  König  Waldemar,  dem  Bruder  König  Kanut's,  seines 
Voi^ängers,  schon  bald  nach  der  Einnahme  von  Katzeburg  und  der  damit 
zusammenhängenden  Besetzung  \on  Gadebusch  und  Wittenburg,  Privilegien 
gi^;eben  wurden,  welche  jene  Titel  wirklich  begründeten  oder  doch  zu  be- 
gründen schienen.'}  Um  1230  stellt  Gadebusch  bereits  eine  wohlgeordnete 
Parochie  dar,  deren  Kirche  in  einer  Urkunde  von  1290  als  ecclcsia  sancti 
Jacobi,  noch  später  aber,  am  15.  Deccmbcr  1364,  als  ecclcsia  sanctorum  Jacobi 
apostoli  et  Dionysii  martiris  et  ponti6cts  bezdchnet  wird.  Wie  alle  Kirchen 
des  Landes  Gadebusch  steht  sie  unter  dem  Krummstabe  des  Ratzebufger 
Bischofs  und  wird  von  diesem  höchst  wahrscheinlich  in  Betreff  der  Archi- 
diakonatsrechte  dnii  l'roljst  des  Ralzeburger  Kapitels  zugetheilt  gewesen  sein.*) 
l'.ine  teste  Ueberlieferung  fehlt  freilich,  gewiss  ist  nur,  dass  der  Rehnaer  Probst 
hier  nicht  mehr  zustandig  ist. 

Wie  noch  im  selben  Jahr,  in  dem  Fürst  Bor^vin  die  Stadt  nnt  Privi- 
legien beschenkt,  sein  zweiter  Sohn,  der  Fürst  Nikolaus  II.,  auf  der  Bui^  zu 
Gadebusch  durch  einen  unglücklichen  Sturz  ums  Leben  kommt,  erzählt  das* 
Doberaner  Nekrologium  und  ist  ausserdem  bezeugt.*)   Auch  seinen  ältesten 
Sohn,  den  Fürsten  Heinrich  Borwin,  sieht  der  Vater  vor  sich  sterben.  Nach 


*)  Gleichseitig  erlangt  der  (iraf  üunzclin  von  Schwerin  dos  lti.<.  dahin  der  Graf:ichaft 
lutzebarg  ebenfalls  einverleibt  gewesene  Land  Witlenburg.  Vgl.  M.  LVB.  171,  Aninkg.  Rtwlie, 
(.csch.  d.  ('.r-^fschaft  Schwerin,  Lndwigdatt  1893  (Kober),  S.  ti.  WiQEer,  M.  Jahrb.  XXXIV. 
8.  106,  Anmkg.  4. 

*)  M.  U.-B.  171.  192.  315.    Wigger,  M.  Jahrb.  .XX.XIV,  S.  105. 

*)  Vgt  die  Anmkg.  zu  Urk.  171. 

*)  M.  U.-B.  375,  S.  371.  2088.  9313.    Vgl.  ferner  154.  441.  471. 

'1  M.  t  .  IS.  316.  Lisch,  M.  Jahrb.  I,  S.  131  ff.  XIX.  S.  358.  Wigger,  M.  Jahrb.  X.\X1V, 
S.  105.    L,  S.  146. 


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458 


AMTSGERICHTSBBZIRK  GADEBUSCH. 


tli  in  alten  Horn  in  ist  es  dessen  ältester  I-Jikcl,  Fürst  Johann  der  Theologe,  zu 
dcs-scn  I  crrituriuni  das  Land  Gadcbusch  gehört  und  der  in  Folge  dcüscn  oft 
dort  weilt.')  Die  angesdienste  Familie  des  Landes  sdietiit  die  der  Herren 
von  Gadebusch  (s.  o.)  gewesen  zu  sein,  su  denen  u.  a.  der  von  1192  bis  1238 
regierende  Bischof  Brunward  gehört,  der,  w  ie  eine  Urkunde  vom  18.  Juni  1195 
unzweifelhaft  darthut,  ein  Wende  war.*)  Indessen,  nachdem  der  Burggraf 
Detlev  von  (jadebusch  das  Land  Luiz  in  Pommern  als  Herrschaft  erlangt 
hat,  verlegt  diese  Familie  ihren  Schwerpunkt  aus  dem  Westen  nach  dem 
Osten,')  Als  am  reichsten  begüterte  Familie  der  terra  Godebuz  aber  tritt  uns 
bald  darauf  die  der  Herren  von  Bülow  entgegen,  von  denen  schon  in  den 
Urkunden  aus  der  ersten  Hälfte  des  XIII.  Jahrhunderts  häufig  die  Rede  ist 
Sie  sitzen  als  Vasallen  des  Fürsten  um  diese  Zeit  auf  Biilow,  Vietlttbbe, 
Briitzkow,  Löwitz,  Kosenow,  RocUichelstorf,  F'alkenhagcn,  sowie  an  vielen 
anderen  Stellen  des  Landes,  gewiss  auch  schon  auf  Wedenclorf,  figurieren 
als  Zeugen  bei  zahlreichen  weltlichen  und  geistlichen  Beurkundungen  und 
breiten  in  der  Folge  ihren  Besitz  immer  weiter  dort  aus.*)  Der  Nachfolger  des 
Fürsten  Johann,  dessen  Sohn  Fürst  Heinrich  der  Pilger,  beweist  der  Stadt  seine 
Gunst  sowohl  bei  der  oft  genannten  Brod-  und  Weinstiftung,  an  welcher 
alle  Kirchen  des  Landes  Gadcbusch  theilnehmen,  als  besonders  durch  An- 
erkennung des  liibisclu  n  Rechtes  in  seinem  ganzen  Umfange.'^)  Und  nun  folgt 
für  die  Stadt  wahrend  der  langen  Vormundschafts -Periode  zur  Zeit  der  Ge- 
fangenschaft des  Fürsten  Heinrich  eine  Periode,  m  der  sie  zum  ersten  Mal 
fürstliche  Residenz  wird.  Es  ist  dies  von  1283  bis  1299,  während  welcher 
Zeit  der  Bruder  Heinrich's,  der  Schwager  der  Anastasia  und  einer  der  Vor- 
münder ihrer  beiden  Söhne,  als  Herr  von  Gadebusch  auf  der  Burg  residiert 
(Johannes  dei  gratia  Magnopolcnsis  dominus  in  Godebuz),"')  Freilich  waren 
die  Jahre  vorher  keine  Zeiten  der  Ruhe  und  des  Friedens.  In  dem  vorauf 
gehenden  l)lutit;cn  Streit  um  die  \'ormundschaft  ist  die  Hurg  zu  Gadebusch 
mehrmals  das  Standquartier  der  Gegner  der  Vormundschaft,  und  noch  1284 
gicbt  es  eine  Schlacht  zwischen  der  Stepnitz  und  Gadebusch,  in  welcher  die 
letztgenannten  unterliegen.^  Als  F'ürst  Johann  den  14.  Octobcr  1299  stirbt, 
behält  seine  Wittwe  Richardis,  eine  Tochter  des  Grafen  Ludwig  von  Ams- 
i)crg,  gewisse  Witthumseinkünfte  in  Gadebusch  (dotalicium  in  castro  et  domo 
Godebuz).'')  Später  weilt  H'ürst  Heinrich  der  Löwe  oftmals  auf  der  Burg,  und 
die  Stadt  sieht  unter  seiner  Regierung  manche  glänzende  Zusammenkünfte 

']  M.  f  .  Ii.  ^-jf,.  $53.  467.  528. 
*)  M.  l  .  It.  158. 

M.  r.-lt.         $64.    Vgl.  Aaza  die  anziehende  Ahhandlnni;  von  Ijucli,  M.  Jahrb.  XIV, 

S.  83  Itis  94.    Schlie.  M.  Kun»!-  u.  <  ieschichtodenkn.  I,  S.  388. 
*i  «lie  kcyiNtcT  zum  M.  t'.-H. 

M.  l  .  U.  II07.  1216. 

*)  M.  l'.'H.  1686.   Vgl.  dun  1510.  1543.  1870.  3296.   Wi(s;er,  M.  Jahrb.  L,  K.  155. 
'  M.  t   1'..  I  ;S3.  17190.    Kurmehtcr,  Wiitm.  Chronik,  M.  Jahrb.  III,  8.348*.   Crain,  M. 
Jahrb.  VI,  .S.  loi,  iii. 
•)  M.  V..I1.  a8»3. 


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GESCHICHTE  DER  STADT  GADEBUSCH. 


459 


wcltlicFicr  und  j^eistlicher  Herren,  die  sich  tlurt  7ur  N'ullzichiinfj  von  Staats- 
aktionen verbinden.')  Der  l'urst  vereinij4t  im  Jalin-  i  die  xon  si  incm 
Vater  in  der  Hiirj^kapelle  j;e.stiftctc  Vikarei  mit  der  Sladtkirclic,  überweist  der 
Stadt  im  März  1309  das  zur  Vergrösscrung  ihrer  Feldmark  von  ihm  gekaufte 
Dorf  Zwemin  zu  lübischem  Recht,  verschreibt  beide,  Stadt  und  Land,  am 
6.  Juli  1315  seiner  zweiten  Gemahlin  Anna  von  Sachsen -Wittenberg  als  Leib* 
gcdingc  und  sichert  sie  ebenso  am  24.  Juli  1321  der  Herzogin  Kuphemia  von 
Schweden  al>  M< n ■•i  iv.'abe  für  die  in  Aussicht  t'enommene  Vcrmahhinr  seines 
Sohm  s  \ll)rr(  ht  mit  liir  Dir  \'erkaut  der  beiden  (jadef»usclier  Nhihlen,  der 
Stadtniuhlc  und  der  Muhle  auf  dem  Kiez,  im  Jnhrc  1302  an  einen  Lübecker 
Privatmann,  aus  dessen  Händen  sie  an  das  holsteinische  Kloster  Reinfeld 
gelangen,  bringt  den  Fürsten  in  unangenehme  Verwickelungen  und  acht  ihm 
zuletzt,  im  Jahre  1 323,  den  Bannstrahl  des  Abtes  zu.  Der  Fürst  giebt  nach.*) 
I-'in  Versuch  der  laibecker  Duminikaner  und  Franziskaner,  in  der  Stadt  die 
Ausubun^^  eines  Thciles  der  Sacra  zu  erlangen,  war  dagegen  schon  1299 
gescheitert.*) 

Dass  in  (ladebusch  ein  I^ej^uinen- Konvent  mit  einer  Domina  an  der 
Spit/.e  schon  in  <ier  ersten  llalftc  des  XIV.  Jahrhunderts  l)estand,  erfahren  wir 
aus  W'ismar'schen  Kaninierei-Kechnunyen,  besonders  aus  einer  vom  Jahre 
1333/34-^)  Heiligcngeist- Haus  und  Georgen -Hospital  werden  1327  zum  ersten 
Mal  genannt,  aber  als  etwas  bereits  Bestehendes.*)  Bis  zur  Erwerbung  der 
Grafsdiaft  Schwerin  im  Jahre  1358  fuidcn  wir  sodann  auch  den  rürsten  und 
späteren  Hcrzoi;  Albrecht  bisweilen  auf  (jadebusch,  und  vornehme  geistliche 
und  weltliche  Herren  onlneii  hier  nach  wie  vor  nicht  selten  ihre  Ant^ele5.jen- 
hciten.')  Zur  Zeit  des  Anfan<;es  von  Albrccht's  Regierung  ist  Kitter  (Jott- 
Schalk  Storm  iurstlicher  V'ogt  zu  (iadebusch.  Später  ist  Heinrich  von  Hülow 
Pfandbesitzer  der  Vogtei,  die  bis  1349  in  seinen  Händen  bleibt.*)  Darauf 
folgt  als  Pfandbesitzer  der  Vater  der  Gräfin  Klisabeth  von  Schwerin,  Herr 
Wedekind  von  dem  Hert^he.")  Wahrscheinlich  hängt  es  mit  der  Ilerrii  lituti.; 
und  \*er-.cliönermv.;  <lrr  Hur!.;  zur  X'ermahluni;  Fürst  Albrecht  s  mit  l  .uphemia 
von  Schweden  zusammen,   dass  sich  am  31.  Mai  Holte-  lla-^enko])  ver- 

pflichtet, ein  Haus  niederzureissen,  das  gerade  vor  der  fürstlichen  Hurg  auf 
fiirstlkhem  Grund  und  Boden  steht  (edificium  coram  castro  Gadebuz  erectum 

•   M.  r.  lt.  3123.  3131.  3534.  3542.  3704.  3«Jo.  3«9*.  4««7-  43««.  4i77'  450i.  45t>»- 
4936.    V^l.  zu  3299  auch  4843, 

*)  M.  f.».  3123.  3299.  3771.  4.'S5.  4jSf..    Vul.  .b/u  5592. 

•)  M.  r.-H.  »777.  4427.    Die  licUlen  Mühlen  de*  KliMcrn  i.'vhcn  »|Witcr.  den  7.  Mai  1371. 
in  den  Tt  ii     Kl  Herren  r»n  Itfilow  lilter:   M.  V.-tt.  10197.  IOI98. 

♦)  M.  l  .  lt.  2  5''i<). 

')  M.  L  .  H.  5422.    Sic  hei-^t-n  .nicli  MmiMlt-^ :        J.ilirl..  .n.  S4. 

*)  M.  r.-B.  4866.  4869.  4875.    Vßi.  auch  5129.  $3^8.  8760.  8925. 

M.  I   i;.  50S6.  5198.  6353.  6359.  6631.  8t2o.  9020.  9031. 

.M.  1  . 11.  6975. 
•)  M.  U.  B.  7051. 


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460 


AMTSGBRICRTSBBZtRK  GADSBUSCH. 


in  area  ejusdem  domini,  i.  e.  Alberti  Magnopolensis).')  Die  Hochzeit  findet 
am  I.  April  1336  statt.  Gelegentlich  der  Beilcf^ung  des  Streites  zwischen 
Holstein  und  Mecklenburg  am  26.  September  1343  (die  Ursache  zum  Streit 
war  eine  Einmisdiung  Fürst  Albrecht's  in  einen  Zwist  zwisdien  Lübeck  und 
Holstdn,  welches  Strassenräuber  geduldet  hatte)  hören  wir  von  Gefallenen 
aus  Gadebusch,  die  die  Holsteiner  zurückzu<jeben  bereit  sind.*)  In  den 
späteren  Verträgen  über  den  I^ndfriedcn  wird  die  Stadt  zur  Stellung  von 
zehn  Mann  verpflichtet.')  Als  eine  Art  von  Iluuiitquartier  dient  Gadebusch 
vielfach  im  Jahre  1358,  als  Herzog  Albrecht  im  dänisch -holsteinischen  Kriege 
auf  Seiten  der  Holstetner  Grafen  steht')  Mit  dem  Erwerb  der  Gra&chaft 
Schwerin  am  8.  Decerober  1358*)  wendet  sich  das  landesherriiche  Interesse 
selbstverständlich  der  alten  Veste  im  Mittelpunkt  des  Landes  wieder  zu,  die 
zweihundert  Jahre  lang  dem  fürstlichen  Hause  verloren  gewesen  war,  aber  der 
malerisch  gelegene  Burgberg  wird  nicht  vergessen,  und  (jadebusch  behält 
auch  in  den  nachfolgenden  Zeiten  die  Bedeutung  einer  oft  und  gerne  auf- 
gesuchten Nebenresidenz.  Als  Herzog  Albrecht's  Sohn,  der  König  Albrecht 
von  Schweden,  die  Notii  der  Gefangenschaft  erleidet,  die  seine  Gegnerin,  <fie 
Königin  Maigaretha  von  Dänemaric  über  ihn  verhängt  hat,  da  tfiun  sidi,  wie 
anderswo  im  Lande,  auch  in  Gadebusch  Ritterschaft,  Vogtei  und  Stadt 
zusammen,  um  bei  der  Befreiung  des  Landesherrn  mitzuhelfen.*)  Im  Jahre  1400 
begründet  die  Königin  Agnes  das  bis  zum  Jahre  1834  bei  Bestand  gelassene, 
dann  aber  zum  Besten  der  Armenkas.sen  von  Stadt  und  Amt  aufgelöste 
Gertruden -Stift  zu  Jarmstorf,  und  elf  Jahre  nach  des  Königs  Tode,  den  12. 
März  1423,  stiftet  sie  drei  Vikareien  an  zwei  Altären  in  der  von  ihr  erbauten 
Marien  -  Kapelle  auf  di  r  Nordseite  der  Kirche.  Später  erwählt  sie  diese  Stätte 
ZU  ihrer  Gruft,  obwohl  ihr  Gemahl,  der  König,  in  der  Abteikirche  zu  Doberan 
beigesetzt  worden  war.')  Der  dieser  Kapelle  .seit  langen  Zeiten  anhaftende 
Name  Königs -Kapelle  darf  daher  nicht  irre  fuhren.  Üiesclbe  Kapelle  nimmt 
naddier,  im  Jahre  1491,  die  Herzogin  Dorothea,  Gemahlin  Herzog  Heinridi^s  III., 
auf,  deren  Ldbgedinge  die  Vogtd  Gadebusdi  gewesen  war.*)  Eine  sehr  an- 
schauliche  Vorstellung  von  der  Art  des  Reisens  und  des  ganzen  Aufwandes 
bei  Ankunft  und  Verweilen  der  fiirstlichen  Herrschaften  mit  ihrem  Gefolge 
gicbt  die  Gadebuscher  Amts-  und  Schloss- Rechnung  aus  der  Zeit  von  1451/52, 
als  hier  Lüdeke  von  Bassewitz  als  herzoglicher  Vogt  seines  Amtes  waltet 

')  .M.  r.  15.  5594. 

*)  M.  f.  l!.  6348.  kiullolT,  M.  Gesch.  II,  2,  S.  287. 

•)  M.  U.-H.  7524.  7717.  791 1.  Sooi. 

*)  M.  U.-B.  8S09.   VgL  Anmlig.  lu  8524. 

•)  M.  r.  R  8541, 

•)  M.  Jahrb.  XXIII,  S.  191. 

^  M.  Jahrb.  in.  S.  239  ff.    B,  S.  133,  135.   V/igges,  M.  Jahrb.  I.,  S.  174  bin  177. 

")  M.  J.-ihrb.  \V,  S.  299.  Wigger.  M.  Jahrb.  I-,  S.  192.  Haus,  5>tadt  und  T.an<l  ('..idcbiisch 
hatten  auch  .schon  früher,  in  der  Zät  von  1436  bis  1447,  xum  I«il>gedtiige  der  Herzogin  Anna, 
Tochter  llertog  Kiminir's  VI.  von  Stettiii  und  Gemahlin  lleraog  Johannis  V.  von  Mecklenburg- 
Schwerin  ifehSit:  rgU  Kvdloff.  M.  (iesch.  IL,  S.  763.   Wigger,  M.  Jahrb.  L,  S.  194. 


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GESCHICHTE  DER  STADT  CADEBUSCH. 


461 


Damals  weilt  König  Christian  I.  von  Dänemark  mehrere  Taf^e  und  Nächte 
auf  dem  Sciiloss.  Von  dem  lebhaften  V^erkchr  hierher  im  Jahre  1452  zeugt 
es,  das-s  die  l-  ursicn  in  der  Zeit  vom  i.  Februar  bis  /.um  10.  September  sechs- 
mal eintreflTen,  das  erste  Mal  mit  144,  dann  mit  90,  9t,  116,  60,  und  das 
letzte  Mal  sogar  mit  320  Pferden.*)  Eine  grosse  Versammlung  anderer  Art 
sieht  die  Stadt  am  6.  December  1512  in  ihren  Mauern:  den  Adel  des  Klützer 
Winkels  und  die  Geistlichkeit,  besonders  die  von  Lübeck,  unter  Vorsitz  der 
Herzöge  Heinrich  und  Albrecht,  denen  es  gelingt,  einen  Vergleich,  wie  er  in 
ürevesmühlcn  am  17.  Juni  1511  gescheitert  war,  zu  Stande  zu  bringen,  durch 
den  die  Sdiuldforderungcn  der  Geistlichkeit  einstweilen  in  etwas  beschwichtigt 
werden.^  Zur  Zeit  der  Reformation  macht  der  Pfarrlierr  Joachim  von  Jetze 
viel  von  steh  reden.  Ab  IddenschafUicber  Fkpist  erbittert  er  aber  zuletzt  das 
ganze  Kirchspiel  in  solchem  Grade,  dass  sich  dieses  am  29.  Juni  1 547  mit 
einem  Gesuch  wider  ihn  an  den  Herzog  Johann  Albrecht  wendet,')  Wie  dann 
nach  ihm,  also  in  vcrhaltnissmassig  spater  Zeit,  die  Reformation  in  (iadebusch 
von  den  Pfarrern  und  Pradikanten  Heinrich  Storbeck,  Andreas  Hussuw  und 
Johann  Wunne  durchgeführt  wird,  hat  Usdi  des  Weiteren  dargestellt.^)  Die 
^tazendste  Zeit  erlebt  Gadebusch  in  der  zweiten  Hälfte  des  XVL  Jahriiunderts, 
als  im  Jahre  1569  Herzog  Christoph,  der  Bruder  der  Herzöge  Johann  Albrecht 
un<I  L'lrich,  nach  vielen  triiben  I'"rfahrungen,  Leiden  und  ()])fern  den  erz- 
bischöflichen  Stuhl  I  jvlands  verlasst,  sein  Histhum  Ratzeburg  in  Hesitz  nimmt 
und,  zu  besserem  Auskommen  mit  den  Aemtern  Gadebusch  und  Tempzin 
ausgestattet,  auf  Schloss  Gadebusch  seine  Residenz  aufiidilägt  Da  entiAdit 
jener  den  Schlössern  seiner  Brüder  künstlerisch  ^ichwerthige,  wenn  audi 
kleinere  und  bescheidenere  Bau,  der  die  Freude  Aller  ist,  die  für  die  deutsche 
Renaissance  Interesse  haben,  dessen  vom  Zahn  der  Zeit  mitgenommene  Fronten 
aber  noch  bis  heute  ihrer  verhältnissmässig  leicht  zu  bewirkenden  Wieder- 
geburt harren.*)  Herzog  Christoph  ist  es  auch,  der  1583  der  Schützenzunft 
in  Gadebusch  ihr  Privilegium  gicbt.  Besonders  lebhaft  ist  sein  Interesse  fiir 
die  Gewinnung  von  Erzen  auf  vaterländischem  Grund  und  Boden.*^  Nadi 
Cluistoph's  Tode  (f  3.  März  1592)*)  eriiält  seine  nachbleibende  Gemahlin 
Elisabeth,  Ti  rlid  r  König  Gustav's  I.  von  Schweden,  die  genannten  Aemter, 
welche  scht>n  Christoph's  erster  Gemahlin,  der  danischen  Prinzessin  Dorothea, 
verschrieben  gewesen  waren,  zum  Leibgedinge.  Aber  mit  ihrer  Kuckkehr 
nach  Schweden,  am  20.  November  1597,  fallen  sie  an  das  mecklenburgische 
Fürstenhaus  zurück.  Einige  Jahre  später,  im  Jahre  1608,  tritt  Herzog  Hans 
Albrecht  II.  die  Erbschaft  der  Aemter  Gadebusch  und  Tempzin  an,  wie  sie 

')  M,  Jahrb.  XXXIX.  S.  7. 

*)  M.  Jahrl..  XVI,  S.  r.i. 

»)  Kogouky  und  Lis<h,  M.  Jahrb.  X.Wl,  S.  41. 

*)  Lisch,  Die  Keformation  zu  Gadebusch,  M.  Jahrb.  XXVI,  S.  SOtf. 

*)  Usch.  M.  Jahrb.  V,  S.  31.  61  bis  67.   XVII,  S.  388  fr.    Sarre,  FUrstenhof  t«  Wtimar 

nnd  die  norddeutsche  Termkoitn  Architektur,  S.  24,  40.  Taf.  XL 
•)  Lisch,  M.  Jahrb.  VU,  S.  60 fl. 

^  Eia  scbSnes  Grabnial  tod  ihm  im  Item  su  Schwerin  (s.  ■.). 


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462 


AMTSOKRirUTSllEZIRK  CADEBUSCH. 


vor  ihm  I  Icrzog  Christoph  hatte,  und  residiert  in  Folge  dessen  mit  seiner 
Gcmaliiin  Margaretha  IClisaheth,  der  Tochter  tlcs  Ilcr7.ogs  Cliristopli,  die  er 
sich  aus  Schwellen  geholt  hatte,  auf  dem  Schloss  zu  Gadebusch.  Das  währt 
bis  zum  Vertrag  von  I-'ahrenhfilz  am  y.  Juli  1611,  durch  den  die  Acmter 
(iadebtisch  und  Tempzin,  wenngleich  sie,  wie  sie  es  von  alter  Zeit  her  ge- 
wesen waren,  VVitthunisamter  bleiben,  zu  dem  Schwcrin'schcn  I^ndcstheil  ge- 
legt werden.') 

Sonst  scheint  es  um  tliese  Zeil  und  auch  spater  nicht  viele  Ereignisse 
gegeben  zu  haben,  welche  als  ilcnkwiirtlig  für  die  Stadtgeschichtc  bezeichnet 


Aht'  <  ii«lfl>ii^Lh  von  ilir  Miilixesisciu-  i^W'l.  Jalirliiiiulcrt  . 


werden  könnten  —  ()der  aber  es  fehlt  an  Nachrichten.  Man  weiss,  dass  15S5 
die  Pest  wie  anderswo  auch  in  (iadebusch  ihre  Opfer  forderte,-)  dass  am 
27.  August  1600  ein  auffallend  grosser  Münzschal/,  in)  Tlnirm  der  Kirche  ge- 
funden wurtle,"*)  und  dass  1659  ein  verheeren<ler  Brand  wuthete,*)  dagegen 
scheint  es  an  Nachrichten  über  tlie  Zeit  <les  dreissigjahrigen  Krieges  zu  fehlen. 
Dafür  wuchern  in  tier  zweiten  Hälfte  des  WTI.  Jahrhun«lerts  die  scheusslichen 
Jlexenproces.se  desto  ergiebiger.*)    Interessanter  aber  i.st  die  Miltheilung,  dass 

'    Kniiik.  Aliis  II.  Ncta«  M»vkll-.  .MI.  .s.  Si.  Sj,  S<>,  1;;;,  K.S. 

■   .Vtir«<|,'r.  Wi^iii.  I*ri<li;;<  r  IHM.,  S.  loS.    I  riitiunh.  \.  Iii.  v.mi        Juni  iS.JJ,  Nr.  S59. 
'1  l.i>cli,        l.ihil..  \.\IX.  S.  2ih. 
'    Klimi,  Ki-^uhi.  il.  IKiv.iL;t1i.  Moikll>.  II,  .S  loS. 
!•  ruMimiili,  AI'CiiiiM.  vom  5.  Juni  jS  ;5  .\r.  S57  . 


GESrillCHTE  PER  STADT  GADKUUSCJI. 


4^3 


im  August  des  Jahres  1675,  zur  Zeit  des  bekannten  Bündnisses  der  Branden- 
burger und  Danen  wider  die  Schweden,  in  Gadebusch  ein  ZusamnicntrctUen 
des  Grossen  Kurfürsten  von  Brandenburg  mit  dem  Dhncnkonig  Christian  V. 
stattfindet,  der  mit  vielem  Kricgsvolk  in  die  Stadt  gerückt  ist.')  Bekannter  ist 
die  siebenunddreissig  Jahre  spater,  am  20.  December  1712,  bei  Wakenstadt 
(5  km  südlich  von  Gadebusch)  geschlagene  Schlacht  zwischen  Schweden  und 
Uänen,  in  welcher  «licse  unterliegen  und  König  I^Viedrich  IV'.  zur  Flucht  von 
Gadebusch  über  Ratzeburg  nach  Oldesloe  genöthigt  wird.  Die  gefallenen 
Offiziere  werden  in  der  Kirche  zu  Gadebusch  vor  dem  Altar  begraben,  die 
Gemeinen  an  der  Westseite  der  Kirche  vor  dem  Thurm.*) 

Von  1734  bis  1768  gehörten  Stadt  und  Amt  Gatlebu.sch  mit  zu  den 
in  ]*olge  der  Wirren  unter  Herzog  Karl  Leopold  an  das  Kurfürstenthiun 
I  lannover  verpfändeten  Lande.stheilen  und  haben  in  Kolge  davon  hannover'.schc 
Garnisonen  aufzunehmen  und  zu  erhalten.')  Am  5.  November  1X06  erlebt 
Gadebusch  eine  PIiin<lerung  durch  die  l'Vanzoscn,  die  die  Blucher'sche  Ab- 
theilung des  preu.ssischen  Heeres  verfolgen,  und  bald  darauf  dient  tlie  Kirche 
als  Gefangniss  für  die  bei  Lübeck  gefangen  genonmiencn  l'reus.sen  imd  nachher 
als  Magazin,  sodass  während  dieser  Zeit  kein  Gottesdienst  darin  abgehalten 
werden  kann.  Linter  den  erfreulicheren  Kreigni.ssen  der  Neuzeit  ist  besonders 
das  Hiihn'.sche  V'ermachtniss  von  iSyi  hervorzuheben,  das  dem  Sta<!tchcn  für 
die  Zukunft  ein  Vermögen  von  mehr  als  einer  Million  Mark  zu  wohlthatigen 
Zwecken  sichert. 

'  '  Krank,  .\.  u.  .N.  Mi'ckll».  \1V,  S.  2S  5  cr/ähll,  ciass  l»fi<lc  I li-rr-.i-hcr  ihre  I  icmnhliniu-n 
l>oi  Mch  |;elialit  hätten,  iter  zeit(;<:r)<>«>iNche  Archivar  Joli.  Schult?  Iicrichlct  hiLTvon  in  <>citK-n 
un^otlruckt  ^cliheliencn  .\nn.tlc>  .Mcklenliur^^onM"«  nicht'«.  Kr  Nchrcilil :  il  in  nun  >\i\>  aii|;cf:in)*t'ni' 
Werk  «Hier  Schwellen  mit  vollkoiiiiiiener  hUrce  fiiri/nfilhren,  «ar  iler  Kunin  vnn  It.Hneni.irk 
ChiiMinnus  V.  rn  (latlelm^ch  mit  »einen  \iilkern  in  Kukki  .Mann  .ini^elnnuvt,  welchen  il.-itin  tli-r 
( 'hurfürst  Fric<lrich  Wilhelm  \i>n  Schwaan  mit  3000  alliLi  l»e>iichel  unti  ticni  kcndczviniN  1>ei- 
jjewohnel.  hat  aber  unterlle^^en  einige  seiner  Truppen  einen  \'er-uch  thun  l.n-»en  auf  iler  lii>el 
Tuel.  welche  >ie  bis  an  den  Waltisch  uhne  Verlust  eines  .Manne»  uliUniret.  wamli  kich  viel  ver- 
\%un«lert  haben.« 

')  Kreiinllth.  Al>en«llil.  a.a.O.,  .\r.  85S.  I'l.ine  der  Sehlaeht  ijleieh/eitif^e  lland/eiehnnn^ 
uml  s|iätcrcr  Stich)  ir»  <l.  Snmnil.  d.  Vereins  f.  .M.  tieseh.  u.  .Mterlhunisk.,  vj;l.  Li-cli,  M.  Jiihrli.  III  H, 
.Seile  114. 

■)  Lisch.  .M.  Jahrli.  XVII,  .S.  240. 


Alter  Gadcbuschcr  Thnlcr  von  1543  niil  dem  ISildniss  Albrecht's  VII. 


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Schnilzwerk  von  den  ehemaligen  l^horschrankcn  in  der  Kirche  lu  (iadeliusch, 
jetzt  in  der  Küni};!«  ■  Knpelle. 


Die  Kirche. 

Beschrei-    DE^aubeschreibung.    Die  Kirche  ist  ein  fester  alter  Ziejjelbau  auf  einem 

biing  des              I'\indament  von  Granit,  das  stellenweise  über  Manneshöhe  emporragt. 

Baues,          besteht  aus  einem  älteren  romanischen  Theil,  dem  westlichen  Schiff,  und 


K .  1 1 .  f  M  1 1  r  

(Irunilriss  d«rr  Kirche  7U  (iadcl>u.->ch. 

einem  jüngeren  Rothischen  Theil,  dem  östlichen  Chor  mit  Schluss  aus  dem 
Achteck.  In  beiden  Theilen  aber  herrscht  die  älte.ste  Weise  des  Ziegel- 
verbandes, der  wcndi.sche  V^erband,  in  dem  zwei  Läufer  und  ein  Binder  mit 
einander  abwechseln.  Die  Anlage  einer  drcischiffigen  Hallenkirche  i.st  in 
beiden  Theilen  durchgeführt.  Die  schlichten  Kreuzgewölbe  des  Schiffes  ruhen 
auf  Bündelpfeilern  mit  vierseitigem  Mauerkern  und  vorgesetzten  Halbsäulen, 


.    ^     y  Google 


.  ^  ^    ,  y  Google 


KTRCTFE  ZU  GAnEBUS<  fI. 


465 


wie  sie  dem  Finde  des  XII.  und  dem  Anfang  des  XIII.  Jahrhundert.^  cnt 
sprechen,  die  des  gegen  das  Schiff  um  zwei  Stufen  erhöhten  und  aussen  mit 

Strebepfeilern  bewehrten 
Chors    auf  achtscitigen 

rfeilerprismen,  wie  sie 
in  der  Gothik  des  XV. 
Jahrhunderts  herrschen. 
Dieser  architektonischen 

Verschiedenheit  beider 
I  lälften    entsprechen  die 
leider    zum    Theil  nicht 
mehr  in  ihrer  v«)llen  Ur- 
sprünglichkeit erhalten 
gcblicl)enen   Fenster:  im 
Schifl'die  bekannten  Rund- 
bogenschUtze,    im  Chor 
die    mehrtheihgen  Spitz- 
bogenfenster.   Das  inter- 
essanteste von  allen 
Fenstern    aber    ist  das 
gros.se  Radfenster  in  der 
Westmauer,  dessen  Kon- 
struktionstheile,  Speichen 
und  Felgen,  als  ein  ein 
zigcs    Ganzes  gegossen 
sind.  Zu  den  werthvollsten 
romanischen  Mautheilen 

gehört  ein  Tortal  auf  der  Südseite,  das,  nach  der  Weise  der  alten  Zeit,  in 
einem  aus  der  Wand  herausgeschobenen  Mauerkern  liegt,  welcher  für  Schmiege 

und  Laibung  die  nöthigc  Tiefe  ge- 
wahrt. Leider  sind  hier  wichtige 
alte  'ITieile,  wie  die  Kapitelle,  theil- 
weise  zerstört  worden.  Nicht  minder 
zu  beachten  sind  die  mannich- 
faltig  gebildeten,  mit  ITiier-  und 
Menschenköpfen  belebten  Kapi- 
telle der  romanischen  Ründel- 
pfeiler  im  Innern  der  Kirche.  Sehr 
hübsch  ist  auch  eine  kleine  ro- 
manische Nische  in  der  Nordwand 


l'urlal  auf  Uor  SütUcitc-. 


Ka]<itc1tc  vom  Stid  •  I'orial. 


oberhalb  der  Empore  auf  dem  Westende  der  Kirche.  Auf  der  äusseren  Süd- 
seite des  Schiffes  ist  endlich  auch  der  alte  Rundbogenfries  erhalten.  Die  Nord- 
seite der  Kirche  dagegen  hat  einen  Zuwachs  von  nicht  weniger  als  vier  an  ein- 
ander stossenden,  aber  von  einander  getrennten  geräumigen  Kapellen  erhalten, 

SO 


466 


AMTSr.ERiniTSRF.ZIRK  CADKIUJSCIF. 


von  denen  die  als  Materialienkammcr 
einen  Zugang  von  der  anstoii.sonticn 
Kapelle,  der  K<)nigs- Kapelle  (s.  «.),  hat, 
die  anderen  beiden  aber,  tlie  eben- 
genannte  Kapelle  der  Königin  Agm-s, 
und  die  folgende  l.iitzowen-  («Icr  Hol 
dorf'sche  Kapelle  nach  dem  Schiff  hin 
sich  öffnen,  die  dritte  endlich,  die  jetzt 
als  Tauf- Kapelle  dient  und  friiher  die 
St.  Annen  •  Kapelle  hiess,  njit  <kni 
g«)thischen  Chor  in  Verbindung  gesetzt 
ist.  Die  Kapelle  des  (lUtes  Holdorf 
zeigt  nach  aussen  hin  den  Renaissance- 
stil des  XVI.  Jahrhunderts. ')  Der  Tliurni, 
welcher  die  Trager  des  letzten  westlichen 
MitteKschiffgew  ölbes  zur  Hasis  hat,  w  .ichst 
aus  dem  den  ganzen  drcischifilgcn  Hau 
überdeckcntlen  .Satteldach  mh  einen) 
Stockwerk  heraus  und  trügt  einen  aus 
vier  Schildgiebeln  entwickelten  acht- 
seitigen Tyramidenhelm.*) 

Ks  fehlen  alle  15aunai  lu  ichtcn. 
Mass  der  romanische  Tlieil  der  Kirt  he 
katzehurg,  also  in  das  XII.  JahrhundiTl, 
s]>atestens  in  den  .\nfanR  des  .\!Ii  jalir- 
huntlcrts,  fällt  und  din<  h  <len  roiiKUii- 
schen  Dnmbau  in  Kat/.ebiir^  hak!  na<  h 
1154  lieeinflusst  sein  wird,  ist  /.n 
f;Iaul>cn.  Auch  fiir  den  üstlichcn  'I  heii 
ist  es  der  Stil  allein,  der  einige  Kinger- 
zeige giebt,  wie  schon  in  der  IK*s«  lin  i- 
hung  .mgedeutet  worden.  Man  sieht, 
d;iss  die  ersten  heiden  Mittcl|)feiler  des 
(!hors  ans  der  östlichen  Schhissinauer 
der  alten  Kirche,  die  in  der  Mitte  wahr- 
scheinlich eine  runde  .Npsis  hatte,  heraus- 
gehauen und  darauf  verstärkt  worden 
sind.  Die  von  der  Königin  .Agnes 
erbaute  Königs- Kapelle  hiess  ehemals 
Marien -Kapelle  uml  war,  wie  aus  der 
Stiftungs-rrkunde  vom  12.  Marz  1423 
ersehen  wer<len  kann,  kurz  vorher  fertig 
geworden.  Sie  besass  zwei  Altäre. 
Die  Holdoifer  Kapelle  wir«!  schon 
in  einer  Urkunde  vom  Jahre  1466  als 

')  Vijl.  Kririiniilh.  .Mh-ikII)!.  vom  12.  J\iivi  lS,;j 
*)  Li-ch  und  Mn,eli.  .M.  Jahrb.  III. 


dienende  Kapelle  neben  dein  Thurm 


Kcttn.iiiivL'lit.-  .XimIio. 
in  die  /-eil  der  alten  tirafschaft  von 


]UnuU'l|>fcilcr. 
Ni.  S5S  ,  S.  5<)i. 


j  ^     y  Google 


KIRCIIK  ZU  OADEHUSCH. 


467 


Lützowen- Kapelle  bezeichnet.')  Sie  w.ir  ein  Tx?hen  der  Herren  von  T-iitzow 
zu  I.iit/ow,  Salitz  »in<l  (latlebusrh.  I'emer  hat  Lisch  darauf  hingi-wicscn, 
dass  aus  dem  mitten  vor  «lern  Ahar  im  hohen  Chor  hcj^endcn  (lral)stt*in  des 
1406  verstorbenen  IMcbanus  Henning  Schröder  geschlossen  werden  dürfe,  dass 
der  hohe  Chor  damals  s<  hon  vorhanden  war.  Ist  dies  aber  richtig,  dann  ist 
vielleicht  die  St.  .\nncn- Kapelle  für  die  älteste  unter  den  drei  nach  der  Kirche 
hin  sich  öffnenden  Kapellen  zu  halten.    Es  fallt  nämlich  auf,  dass  der  in 

ihr  vorhandene  Altar  in 
der  Reihenfolge  der  im 
Kirrhenvisitationsprotokoll 
v(m  1554  ausführlich  mit 
ihren  Ili-ilipjen,  Patrom-n, 
Inhabern    un<l  Kinkünften 

aufgezahlten  neunzehn 
Altäre  als  se(  hzehntcr,  der 
in  der  anstosscnden  Lützow- 
Ka|x-Ile  als  neunzehnter  und 
die  in  der  Marien -Kapelle 
als  siebenzehnter  und  acht- 
zehnter Altar  genannt 
werden.*)  Das  lüsst  an  eine 

Ixrabsichtigtc  historische 
Reihenfolge  in  dieser  Auf- 
/.ihlung  denken.  Indessen 
kommt  hierauf  nicht  viel  an. 
Im  (lanzen  wenlen  wir 
nicht  fehl  gehen,  wenn  wir 

annehmen ,  dass  der 
gothische  Chorbau  als  \'cr- 
grösserung  der  Kirche  aus 
den  letzten  Zeiten  der  Re- 
gierung des  Königs  .Mbrec  ht 
(••-  1412)  herstammt,  und 
die  Kapellen  auf  der  Nord- 
seite als  bald  darauf  nach- 
folgende Anbauten  an- 
zusehen seien,  sowie  dass 
der  äussere  Renaissance - 
(iiebel  der  Lützow- Kapelle 
auf  eine  Krneuerung  des  ursprünglich  gothischen  Baues  in  der  Zeit  des  XVI. 
Jahrhunderts  zurückgeführt  werden  müsse. 

Die  grosse  Zahl  von  .Mtären  wird  es  begreiflich  erscheinen  lassen,  dass 
neben  «lem  Re«  tor  ecciesie  wahrend  des  ganzen  Mittelalters  eine  betrachtliche 
Zahl  von  N'ikaren  und  Altaristen  oder  Messpriesteru  vorhanden  sein  musste. 


lilick  auf  den  Chi>r, 


')  Lisch.  M.  Jahrl..  III  |t,  S.  136.  Amnkg.  4. 

Oh  ilii'M-  .VniH'ti  •  Kiipcllc  auf  eine  Stifninj;  oincr  ilcr  mecklcnluirpischcn  I  Icrroijinncn 
dioso-  .\;^n^c•tl^,  7.  1;.  auf  lYw  oln-n  fji  ii.iunli-  <  ieuinliliti  Jiiliaun"s  \'..  /urüukzufilhrfn  >fi.  nuU-cn 
«ir  <)nliiii;;f.tfllt  sein  l.-i>-.cu.  I  »n^s  «li-r  M.  .\nitcii  Kultus  im  W.  JalirhunUcrt  7U  Uestuidercr 
Uliiiho  t;tl;ini;(c,  i-i  schon  liftiT  rnirUrl  worden,  .\lwii»  Schult?,  I.e<;ende  vom  l.elieii  der  Jung- 
frau .Mari.i.  S.  3S.  Schaunikell,  Kultus  der  hl,  Anii.i,  S.  1 1  ff.  \'t;l.  auch  M.  Kunst-  u.  Ge'ichichta- 
l)etikni.  I.  R.  75,  5^7, 

30« 


468 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GAnEBUSCH. 


Das  war.  denn  auch  so.  Sie  können  hier  deshalb  nicht  aufgeführt  werden. 
Man  vergleiche  aber  die  Rcpster  des  Mecklb  Urkundenbuches,  der  Mecklb. 
Jahrbücher  und  für  die  nachrefoniialorisc:he  Zeit  besonders  das  Cleemann'sche 
Kepertoriun»  universale  sowie  die  mit  biographischen  Kachrichten  versehenen 
Verzeichnisse  im  Freimüth.  Abendbl.  von  1835,  ^59>  S'S  und  Nr.  860, 
S.  543  ff-    Ausserdem  Walter,  a.  a.  O. 

Der  Altar  Ist  ein  neues  Werk  von  dem  Maler  Karl  Georg  Christian 
Schumacher  (f  1869):  die  Verklärung  Chri.sti  auf  dem  IJerge  Tabor. 


Schnitzwerk  vom  ajien  Allar,  jcl«  im  Mu>cum  zu  Schwerin. 

Der  alte  Altaraufsatz  war  ein  hervorragendes  Schnitzwerk  aus  der  Zeit 
der  Hochgothik.  Leider  ist  liei  seiner  Ersetzung  durch  das  Srhumacher'sche 
(lemalde  nicht  das  ganze  Werk  ins  ehemalige  Anti- 
(juarium  zu  Schwerin  versetzt,  sondern  nur  eine  An- 
zahl einzelner  Figuren  mit  ihren  Baldachinen  und 
Basen.  —  Ausserdem  ist  ein  vielleicht  der  St.  .\nnen-  . 
Kapelle  entstammender  zweiter  Altar-.Aufsatz,  ein  Tafel - 
werk  mit  Mügeln,  ins  (»rossh.  Museum  versetzt  worden, 
dessen  Gemälde  die  liegende  vom  hl.  Joachim  und 
der  hl.  .Anna  darstellen.')  .\uf  dem  Mittclbilde  drei 
stehende  heilige  (icst.ilten  von  dreiviertel  Lebens- 
grosse.  In  der  Mitte  Maria  als  Himmelskönigin  mit 
der  Krone,  das  Christkind  auf  dem  Arme  tragend. 
Es  greift  nach  einem  Apfel,  den  ihm  die  hl.  Anna 
hinreicht.  Dieser  gegenülier,  auf  der  andern  Seite 
von  Maria,  der  hl.  Joachim  mit  einem  Lamm  auf  dem 
linken  Arm  und  mit  der  Rechten  auf  das  Christkind 
weisend.  Im  Hintergründe  eine  flachhügelige  frucht- 
bare Gegend  und  eine  Stadt  mit  Doppelthürmcn: 
die  Stadt  Lübeck.  Auf  dem  Flügel  links  oben 
die  Abweisung  des  Opfers,  das  Joachim  und  Anna 

bringen    wollen ;     mit    dieser   Abweisung    soll    die  . 

Im  Museum  zu  Schwerin. 


')  Im  Jahre  iSlI,  und  auch  nnch  183S,  iK-fanil  sich  <lic>  Tri)H>chon  an  einem  ckr  l'feiler 
des  westlichen  ThciU  der  Kirche,  iinmitielhar  nclten  der  Kan/el.  I.i.sch,  M.  Jidirli.  III  II,  S.  ijg. 
iJie  Darslelliint;  der  l.cRcndc  vom  hl.  Ja.ichim  und  der  Iii.  Ann.i,  die  auch  auf  dem  .\ltar  von 
Kehna  falsch  geileulci  wurde,  war  vollständi^j  in  \'ergessenheit  gcraihcn.    Sie  blich  unerkannt,  wie 


.  j  ^  .  1  y  Google 


KIRCHE  ZU  GADEBUSCH. 


469 


LI nfrmht barkeit  ihrer  Ehe  gestraft  werden.  Unten  der  Trost  des  Kngcis  an  die 
hl.  .Anna: 

Oob  •       •  bin  •  traftcr  •  (in  • 

bu  •  frfjolt  •  tclcti  •  inaticn  •  infaethi  • 

Auf  dem  Fkif^el  rec  hts  oben  die  Hoisi  haft  des  Kn}{cls  an  den  hl.  Joarhiin,  der 
aufs  Feld  zu  seinen  Heerden  gejjangen  ist,  um  in  der  Kinsanikeit  zu  beten: 

jCiA  •  bcr  •  onlbfii  •  portcn  •  friial  •  tu  •  ofl"  • 
aiuia  >  fdjal  •  liaii  •  bii  •  ctitfaii  - 


Schltitzwerli  vom  altL-ii  All.ir  im  Mii>-i'iim  Sch«criti. 


Unten  die  Ue>;ejjniin^  des  Khej)aars  hei  iler  fjoltk-nen  Pforte.  Hier  wiederum 
die  Stadt  l.iilieek  im  Hinlernrunde.  .Auf  der  Predelhi  das  von  Kn>;eln  ge- 
haltene Sehweisstueh  der  hl.  Veronika  und  zweimal  das  IJülow'sche  Wappen. 

.\uf  den  Riirkseiten  der  Flügel  vier  Heilige, 
je  zwei  über  einander:  der  hl.  .Andreas,  der 
hl.  (leorg,  <ler  hl.  .Apostel  Philippus  und  die 
hl.  .Maria  .Magdalena.  —  Der  .Mtar  ist  oflTenbiir 
eine  Stiftung  der  Familie  VON  BUlOW.  Ueber 
die  Beziehungen  dieser  Familie  /urCIadebnscher 
Kirche  s.  o.  S.  451  Anmkg.,  45Sfr.  Um  1445 
ist  ein  Priester  Heinrich  v<m  Itulow  in 
(ia<lebus(  h  nachweisbar.  Nach  tlen>  Inventar 
von  1547  und  dem  Kirchenvisitationsprotokoll 
von  1554  hatten  die  von  Rülow  zwei  .Altäre 
in  der  Kirche  zu  (Jadebusch,  der  eine  war 
ein  Lehen  der  von  Bülow  auf  Wedendorf  und 
Pokrent,  der  andere  ein  Lehen  der  von  Biilow 
auf  Raduhn.  Bei  den  Kinkiinflen  eines 
dritten  Altars  sind  sie  mit  einer  wesentli«  hen 
Stiftung  betheiligt.  Leider  giebt  es  keine 
Beschreibungen  dieser  .Altilre.  Has  hier  be- 
schriebene Triplych(m  gehört  ohne  Zweifel 
dein  letzten  Viertel  des  XV.  Jahrhunderts  an 
und  ist  höchst  wahrscheinlich  als  lübischc  Kunstarbeit  anzusprechen.  \'gl. 


Im  Museum  zu  Schwerin. 
Schnilzwcrk  vom  alten  AUar. 


die  Hehiindlung  licidcr  .Mt.Hre  im  Invent.ir  von  iSii  und  in  den  Jnhrbdchern  d.  Vereins  f.  meckl. 
<K-Hch.  u.  .Mtorthiimsk.  sichtltar  werden  iSsst. 


470 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GADEBUSCH. 


A.  Goldsrhmidt,  Lübecker  Malerei  und  IMastik,  S.  15,  Taf.  XVI.  Schlie,' 
Katalog  der  Grossh.  Gemäldegalerie,  Nr.  745. 

Kanzel.  Die  Kanzel  ist  ein  Werk  der  Renaissance  vom  Jahre   1607  mit  der 

Inschrift:  IN  TRINITATIS  HONOREM   SVGGESTVM   HVNC  DONAVIT  lOACH  • 
WIECHMANN  A  •  C  •  1607  •  RENOVATVM  1843  • 

Orgel.  Die  Orgel  ist  ein  neues  Werk.    Die  alte  war  161 3 '15  vom  Orfjelbauer 

Henningk  in  Wismar  auf- 
gestellt wurden. 

lufkessel,  Taufkessel.  Ein 

hervorragendes  Hronzc- 
werk  ist  die  I'"iintc  mitten 
in  der  Kirche.  Der  Kessel 
ruht  auf  drei  kniccnden 
ICngcln.  Um  seine  Wan- 
dung laufen  zwei  Reihen 
einzeln  für  sich  gegossener 
und  nachher  avifgenictcter 

Hochreliefs   mit  Dar- 
stellungen aus  dem  neuen 
Testament.   In  der  oberen 
Reihe     folgende  Hildcr: 

I .  Kinzugjesu  in  Jcru.salcm. 
2.  Tcmpcircinigung. 

3.  Abendmahl.  4.  Iniss- 
waschung.  5.  Gebet  am 
Oelberg.  6.  Kuss  desJudas. 
7.  Jesus  vor  dem  höhet» 
Rath.  8,  Jesus  vor  Pontius 

Pilatus.    9.  Jesu  Ver- 
spottung.   10.  Geisselung. 

I I .  Dornenkrönung.  In 
der  unteren  Reihe:  l.  Eccc  homo.  2.  Pilatus  wa.scht  seine  Hände.  3.  Kreuz- 
tragung.  4.  Kreuzigung.  5.  Hild  des  kniccnden  Stifters  HEINRICH  KOPPELMANN 
mit  seinem  Wappen.  6.  Abnahme  vom  Kreuz.  7.  Mutter  Maria  mit  «lern 
Leichnam  des  Heilandes  (Gruppe  der  Pietas).    8.  Grablegung.    9.  Wache  am 


HUkcI  v(ini  Hllhiw'-chot»  Si.  .\iinei)  -  .Mtar. 


Grabe.  10.  Auferstehung, 
unteren  Reihe  die  Inschrift: 

fii^'  •  cfl  •  inj  Ijoiior'  • 
nifii  •  ct_  •  oiiii  •  frorti 
ninn  •  fiibAtorc  -  cuiiiri  • 


1  limniel  fahrt. 

fliHio  •  _öiri  ;_nr  •  cccf°  •        iftr  •  foti^  • 
iljii  •  jrpi  •  Jjtc  •  liiraiö_  •  ici  •  iaroöi  •  tio' 
oratr  •  bru  •  p  j_  öiia  •  Viiiiriro  •  roppti- 
aiii  •  rcriiiifffat  •  I  •  pacc  •  iiiiic  •  Auf  dem 

Spruchbandc  des  kniccnden  Stifters  die  Worte  luifcrrrc  llici  bru^.  und  auf 
seinem  Schilde  die  in  einander  verschlungenen  Initialen  seines  Namens  |^  und  ft. 


Zwischen    der    oberen  und 


.    ^  .  y  Google 


KIRCHK  zu  GADKIUJSLH.  47 1 

Heinrich  Ko|»pdm.inn  war  nach  einer  Urkunde  vom  6.  Aiißust  1458  »prcs- 
bytcr,  in  ecciesia  Gotlebusse  perpetvuis  vicarius^ .') 

Das  Inventar  von  iSii  t-rwalint  aiu  h  einen  reieh  im  Barockstil  ge- 
s<  hnitzten  und  mit  Kn^elkö|)fen  verzierten  Deekel  der  l'iinle,  der  von  Krau 
ELISABETH  kXhlER,  geh,  Karen,  im  Jahre  1 739  ijestiftet  war.  Kr  steht  Jetzt  in 
tler  Materialienkainnu'r  auf  der  Nordseite  des  'l'hiirmes.  l'm  die  Kiinte  herum 
war  ein  hölzernes  ( litierwcrk  im  («esihmack  der  .Spatrcnaissance  v<)n  i<>5(). 

Weibkessel.  WVihkessd. 
An  zwei  I-Iinf^ani^cn 
zur  Kirclie,  im  Nor- 
den  und  Südosten, 
haben  sich  alte  cin- 
j,'eniaucrlc  Weih- 
Wasserbecken  (iin 
Kirchenvisitations- 
protokoll von  1554 
i  Wijjelstcinc*  ge- 
nannt) erhalten, 
deren   h'ornien  »m«l 
\'erzierun^en  denen 
der    schon   oft  ge- 
nannten alten  Stein- 
funtcn  ahnlich  sind; 

der   südlich  an- 
gebrachte ist  kleiner 
als  der  antlerc. 

Glocken.  \'<>n  ( 'docken, 
den  drei  Cilocken 
ist  ilie  grösste  zu- 
gleich die  älteste; 
sie  ist  laut  Inschrift 
am  10.  Mai  1753 

unter  der  Kegieriuig  <les  Herzogs  CHRISTIAN  LUDWIG  und  zur  Zeit  iler 
Pastoren  DETLOF  VINCENZ  FRIDERICI  und  HEINRICH  STEPHAN  WESTPHAL 
von  Otto  Gerhard  Meyer  in  Rostock  aus  dem  Material  einer  idteren  (docke 
geg<)s>cn  wurden.  Khcn^o  ist  es  tSjJ  mit  «len  antlern  beiden  (docken  durch 
den  (iiesser  F.  M.  Hausbrandt  in  Wismar  geschehen. 

N"a»h  dc-in  bivenlar  von  iSii,  <I,is  \  itr  C.I'k  ken  .nnf/ahlt.  w.ir  <lie  eine 
ikr  beiden  kkineren  lyi«"  \<>n  D.  Kreische  (Kii(.<.<  lu  )  in  I.ülieck  uml  die 
andere  1752  von  Adam  Planer  in  Lid)eck  gegossen  wonlen.  l'el)er  die 
vierte  ("docke  findet  sieh  «lie  Angabe,  dass  sie  bei  ihrem  Umguss  im  Jahre 
17.17  niissrulhi-n  sei. 

'  i.i-iii.  \i.  JiImI..  Uli;.  >.  i2>).   \\\\\  s.  2o<>. 


,j  ^  .  y  Google 


472 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GADEBUSCH. 


Epitaph. 


rabsleine. 


Epitaph.    An  der  Südseite  des  Chors  ein  im  Barockstil  ausgeführtes, 
mit  Porträt  und  Wappen  ausgestattetes  Epitaph  des  Hinrich  Rassow,  geboren 
anno  1670,  den  i.  Juni, 
Rathsherr  zu  Gadcbusch 
seit  dem  2.  April  1702, 
Bürgermeister    seit  dem 
15.  Octobcr   171 5,  ge- 
storben den  17.  April  1743. 

Das  Inventar 
von  1811  zählt  sechs 
K|)itaphicn  auf,  näm- 
lich ausser  dem  vor- 
stehenden das  des 
Pastors  Schreccius  mit 
dem  Datum  1654;  das 
der  Familie  Spangen- 
berg mit  den  Jahres- 
zahlen 1585  und  1586; 
das  des  Bürgers  I. ang- 
pappe, auf  dem  an- 
scheinend nicht  das 
Jahr  der  Stiftung,  son- 
dern nur  das  der  Er- 
neuerung, 1763,  an- 
gegeben war;  das  des 

Israel   Denke  und 
seiner  Hausfrau  Anna 
Schcppcrs,    die  ihre 

Verlassenschaft  zur 

Kanzel  vermachte, 
mit  der  Jahreszahl 
1657;  und  endlich 
ein  Kpitaph ,  dessen 
Inschrift  schon  ver- 
gangen war,  auf  dem 
aber  noch  eine  betende 
Familie  als  bildliche 
Darstellung  zu  er- 
kennen war.  ^^^^^^^^ 

_     ,  ,^  'Irabstcin  der  Ki'inißin  Acnes. 

Grabsteine.  Der 

bedeutendste  ist  der  grosse  Stein  in  der  Kiinigs  ■  Kapelle ,  der  auf  seinen 
vier  Pxken  in  Mcssingplattcn  die  Sj'mbole  der  vier  I-lvangelisten  und  in  der 
Mitte  eine  ebenfalls  in  Messing  eingegrabene  Frauengestalt  zeigt,  deren  Um- 
risse bereits  stark  abgetreten  sind,  die  aber  als  die  Figur  der  Königin  Agnes, 
Tochter  des  Herzogs  Magnus  II.  von  Braunschweig,  durch  die  in  Messing- 
platten  beigegebenen  Schilde,  rechts  den  mecklenburgisch -schwedischen  und 
links  den  braunschweigisch- lüneburgischen,  hinlänglich  sicher  gestellt  wird.  Die 


KIRCHE  ZU  GADEBUSCH. 


473 


sich  um  diese  Figur  ehemals  herumziehende  Inschrift  sollen  die  Dänen  17 12 
mit  sich  gehen  geheissen  haben.    Nach  dem,  was  darüber  bekannt  geworden 

ist,    lässt  sich  annehmen,  dass  sie 
ehemals   die  Jahreszahl    1434  (das 
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^1  der  enthalten 

^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^1  —  In  derselben  Kapelle, 

^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^B       zu  eben 
^^^H^^^^^^^^^^^^^^^^^H       der  der 
^^^H^^^^^^^^^^^^^^^^^^B  Kurfürsten 
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^B  von 

^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^H  den  gegrabene  ganze 

^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^H  An 
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^B  der 

^^^^^^^^^^^^^^^^^H  •       •  •      '  armen- 

^^^^^^^I^^^^^^^^^H  •  •  ta  •  rtne  • 

^^^^^^^^^H^^^^^^^^^^^^H  '  den 

^^^^^^^I^^H^^^^^^^^^^^H  —  Vor 

^^^^^^HI^U^^^^^^^^^^H       dem  Altar  der  des  Kanonikus 

^^^^^^^^^^^^^^^^^P  III  (ccc  '  '  '  pnffe  • 
^^■^^^■iHi^^^^^^M      ffliionic'  race  . . .  c  et  pleöan'  \]uV 

Gralistcin  ikr  Herzogin  Domthüa.  Cffle    •    QV   '   ff   •    tO   '*)      Auf  die 

baugcschichtliche  Wichtigkeit  dieses 
Steines  ist  oben  S.  467  aufmerksam  gemacht. 

Das  Inventar  von    181 1    nennt  ausserdem  noch   den   Grabstein  des 
herzoglichen  Miinzmeisters  Hcrenilt  |iin>;clink  und  seiner  (lattin  Dorothea  mit 

•)  l.iscli,  M.  Jahrl).  III  U,  S.  132  Iiis  134;   S.  136,  Anrnk«.  3-    VrI.  WiKKcr,  M.  Jahrb.  I.. 
S.  174  1>is  177,  330,  331. 

*)  I>ic  Ihinticrtz.ihl  ist  .iiisRclasscn  ((Cff).    Vj;l.  Lisch  a.  a.  O.  S.  135,  Anmlcf;.  2. 
*)  Lisch,  M.  Jahrl..  III  11.  S.  135.    WlRger.  M.  Jahrh.  L,  S.  192.  193.    !s.  o.  S.  429. 
•)  Lisch,   M.  J.ihrli.  III  K.  S.  126,    127,  macht  ihn  zu  einem  Kanonikus  von  Schwerin. 
Indessen  das  rflfC  .  .  .  (racdiurjjcnsis  cccIcmc)  ist  zweifellos  u«  erkennen. 


474 


AMTSGERICHTSBF.ZIRK  CADEBUSCH. 


Triumph- 
kreuz. 


(Gestühl. 


der  Jahreszahl  1565  (Im  Kirchenvisitationsprotokoll  von  1554  kommt  er  als 
Kirchenvorslchcr  vor)  und  den 
(irabstein  des  Gottfried  Aug. 
von  Lützow,  Erbherm  auf  Hol- 
dorf, Metzen  und  Carow,  und 
seiner  Gemahlin  Lucia  Anna, 
geb.  von  Gamm,  mit  der 
Jahreszahl  1749. 

Triumphkreuz.  Das  alte 
Triumphkreuz  der  Kirche,  an- 
scheinend ein  nicht  \vcrthlo.scs 
Schnitzwerk,  hanj^t  an  der  dem 
Hochaltar  zugekehrten  Überwand 
des  Chors,  die  Uber  das  SchitT 
hinausragt. 

Gestühl.  In  der  Königs- 
Kapcllc  verschiedenes  altes  Kirchen- 
gestühl, das  thcilwcisc  ursprünglich 
anderswo  angebracht  war.  Man 
sieht  u.  a.  einen  trefiflich  in  Eichen- 
holz geschnitzten  viersitzigen  Stuhl 
mit  hohen  Wangen,  mit  Haldachinon 

und   einer   niedrigen  vorderen 
Brüstung.  An  den  Wangen  Figuren 

in  dreiviertel 


Lcbensgrössc , 

eine  hl.  Maria 
mit  dem  Kinde 
und  ein  hl.  Joseph 
(oder  auch  hl. 
Joachim)  der  ein 
I-amm  streichelt; 
an  der  Hrüstung 
aber  dasWappen 
des  Königs  Al- 
brecht vf)n 

Schweden  und 
das  .seiner  Ge- 
m<ihlin,  der  Her- 
zogin Agnes  von 
Hraunschwcig.  — 

Aus.scrdem  in 

derselben  Ka-  .\ltirr  fiir>ilichLr  StuM. 

pelle  Theilc  von  anderen  Stühlen  mit  Hildcrn  von  Aposteln  und  Heiligen.  — 


.  ,j  ^  .  y  Google 


KIRCHE  ZU  GAÜEBUSCH. 


475 


Hier  hängt  auch  ein  Rahmenwerk,  das  eine  holzgeschnitzte  Strahlenmandorla 
mit  vier  kleinen  Kckfiguren  ausserhalb  des  Spitzovals  enthält.  Darüber  ein 
grosser  Baldachin,  und  darin  eine  der  fiinf  I'igurengruppen  (Verkündigung  des 
Engels  an  die  Maria)  aus  der  Predella  des  ehemaligen  Hauptaltars,  von  der  die 
anderen  vier  Gruppen  (sammt  den  Aposteln  der  beiden  Flügel  und  der  Sccne 
des  Todes  der  Maria)  nach  Schwerin  gekommen  sind.    (S.  468.  469.) 

Ucber  das  alte  Chor- 
^esUihl  vgl.  Lisch  Im  M.  Jahrb. 
III  n,  S.  127,  128:  Zu  den 
ausKCzi'ichnet.sten  Kunstwerken 
im  I-mde  gehört  das  Schnirz- 


Kahmcnuerk  iiiii  vcrNchicdeiien  Konten. 


\Vii|>|)cn 

Jes  Hi*>ch«>fs  Johannes  von  l'recn. 

werk  an  den  .Xussenseiten  der 
fhorschranken  zu  beiden  Seiten 
des  .Mtars,  vor  welchem  nach 
dem  Altar  hin  Sit/e  angebracht 
sind.    So  sehr  sie  auch  von 


Alter,  Un\erstand  und  .Mulhwillen  mitgenommen  sind,  sind  die  Reste  dennoch 
ausgezeichnet  schon,  namentlich  die  Rosetten,  welche  den  berühmten  Rosetten 
in  der  Kirche  zu  Doberan  gar  nichts  nachgeben,  vielmehr  mit  denselben 
v«)IIig  gleich  sind,  so  da.ss  sich  diese  K«m5twerke  in  beiden  Kirchen  in  der 
(»es(  hi(  htc  der  Kunst  wechselseitig  unterstützen.  Zu  beiden  Seiten  des 
Durchganges  durch  die  südlichen  t'horschranken  zum  Altar,  der  südöstlichsten 
Kirchthür  gegenüber,  ist  in  die  äussern  Wände  der  Seitenlehnen  dieser  Chor- 
stühle das  Wappen  des  verdienten  Bischofs  Johannes  Preen  von  Ratzeburg') 

')  l>cT  Hi^chnf  Jiih.inne^  Prcen  konfirmierle  1458  eine  ewige  MeNNe  in  «1er  Kirche  n\ 
(;.^||el>u^ch :  Masch.  Ili-ih.  kat/cluirK.  353.  —  I437  war  ein  iG«rd  l'ren  knape  wonafüch  lo 
Godcbus«,  nach  einer  l'rkumle  im  Grossh.  Archiv. 


476 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GADEBUSCH. 


(1454  bis  1461)  geschnilzt:  ein  Schild  mit  drei  neben  einander  stehenden 
Pfriemen,  Uber  welchen  ein  Bischofsstab  hervorragt.  Durch  diesen  Durch- 
gang ist  der  Chorstuhl  links  vom  Altar  (vom  Altar  nach  dem  Schifte  hin 
gesehen)  in  zwei  Theile  getheilt.  Der  üusserste  östliche  Thcil  rechts  vom 
Durchgange  trägt  an  der 


St.  Jakolni-i  inajiir.  St.  i'ctnis,  St.  Andreas. 

Wanden  vom  chcmalijjuti  Chor^ollihl 


schnitzt;  jede  l.chne  dieses  ostlichen  Stuhls  tragt  an  der  Innern  Seite  einen 
Schild,  von  denen  der  eine  den  Ihn  listabcn  h,  der  andere  den  Buchstaben  (] 

in  grossen  gotliischcn  Zügen  in  Holz  geschnitzt  zeigt   Der  zweite 

südliche  Stuhl  links  vom  Durchgange  tragt  auf  der  Rückseite  der  Chorschranken 
einen  geschnitzten  Schild  mit  dem  Buchstaben  I|.  .Auf  den  Lehnen  <lcs  davor 
stehenden  Stuhls  stehen  rechts  und  links  zwei  Schilde,  der  eine  mit  dem 
mecklenburgischen  Stierkopfe  ohne  Nasenring  (kein  Kopf  eines  Götzenbildes, 
vvüfür  die  Stierköpfe  in  der  Gadebuscher  Kirche  wohl  oft  angesehen  sind), 


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KIRCHE  ZU  GAFiEBUSCH. 


477 


der  andere  mit  der  (ladcbuscher  Linde:  diese  Schilde  zeigen  also  getrennt 
die  l)ei<U-n  'l'heilc  des  (iadel)uscher  Stadtwappens.  An  der  rei  hten,  nörd- 
lichen Seite  des  Altars  steht  ein  gleicher  Stuhl,  jedoch  ohne  Trennung  in 
zwei  Theile.    An  der  Rückwand  steht  ein  Schild  mit  einem  ft,  an  der  Ausscn- 

wand  der  Lehne  ein  Schild 
mit  einem  (j,  an  der  Binnen- 
wand der  l^hne  an  der  einen 
Seite  ein  Schild  mit  einem 
Stierkopfe,  an  der  andern  Seite 
ein  Schild  mit  einer  Linde. 
In  der  Wand,  der  Lehne  dieses 
letztem  Stuhls  gegeniiher.  steht 
ein  kleiner  Schrein  mit  hiih- 
schein     alten  Schnitzwerk.« 


V 

I  •  I 

;!■ 


.si.  r.-iuiiis. 


St.  .Mathia!^. 
Wangen  vom  chomaligcn  rhorgcslUhl. 


St.  Dionysiu'i  marlyr. 


Jeder  Freund  kirchlicher  Altcrthümer  wird  Ichhaft  bedauern,  dass  dies  werth- 
volle (lestiihl  nicht  an  seiner  alten  Stelle  bleiben  konnte.  Lisch  hat  sr.  Zt. 
Neigung  gehabt,  die  an  dem  Ciestühl  mehrmals  vorkommenden  Initialen  I| 
und  h  auf  die  Herzogin  Katharina  (-p  1438)  und  deren  S<^hn  Herzog  Hein- 
rich IV.  {f  1477)  2"  beziehen.  Vgl.  a  a.  ().  Doch  liegt  es  nach  unserer 
Meinung  viel  näher,  für  dieses  (lestiihl  den  Urhcl>cr  und  Stifter  in  demselben 
»Presbyter  und  Vicarius  per|»etuus  in  ecclesia  («odebussei  Heinrich  Koppel- 
mann zu  suchen,  der  dem  (jotleshause  die  noch  viel  werthvollere,  ebenfalls 


47« 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GADEBU8CH. 


Gemälde. 


Gewüll»e- 
scheiben. 


Glas- 
gemllde. 


Wand- 
gemälde. 


Kleinkimst- 
werke. 


mit  den  Initialen  seines  Namens  versehene  Fünto  vorehrte  und  der  recht 
wohl  die  .Absicht  gehabt  haben  kann,  durch  Verzierung  des  (icstuhls  mit 
den  vertdiiedenen  Wappen  der  LandeBhemchaft,  des  ihm  vorgesetzten  Ratze* 
burger  Bischofs  Johannes  Preen  und  der  Stadt  (ladebusch  nach  drei  Seiten 
hio  einen  wohlangebrachtcn  Diener  zu  utachen  und  auch  sich  selbst  dabei 
nicht  zu  vergessen,  indem  er  hier  das  ^  und  dort  dos  in  einen  be- 
sonderen Schild  daneben  stellte. 

Genildc   An  der  Nordwand  der  Königs-Kapelle  hängt  in  einem 

Rahmen  ein  grosses  Tafelbild  auf  Holz  mit  den  beiden  lebensgrossen  Bildern 
des  Schwedenkonifjs  Albrccht  )  und  seines  Sc»lines  Alhrccht  \'  ,  links  der 
altere  bartif^c  Konifj  mit  I"".ihne.  koinbiniertein  sclnvcdiscli-mecklciil)ur|^ischem 
Wappenschild  und  der  Unterschrift:  KONICK  ALBRECHT  THO  SCHWEDEN 
HERTOCH  THO  MEKLENBORCH  GRAVE  THO  SCHWERIN  VND  HER  THO 
ROSTOCK;  rechts  der  jttngere  unbärtige  Herzog  mit  dem  alten  dreischildigen 
mecklenburgischen  Wappen  und  der  Unterschrift:  ALBRECHT  HERTOCH  THO 
MEKLENBORCH  GRAVE  THO  SCHWERIN  VND  HER  THO  ROSTOCK.*) 

Hier  mögen  auch  die  geschnitzten   und  bemalten  Gewölbescheiben 

(l  Vi  ni  Dni.)  derselben  Ka|)elle  genannt  werden,  beide  mit  dem  kombinierten 
schwedisch  •  mecklenburgisch  •  braunschweigisch  -  liineburgischen  Wappen  der 
Königin  Agnes. 

Glasgemälde.  In  einem  «ler  l-\iister  <lcr  Konii^s  K;i])elle  nccli  Reste 
von  alten  Malereien:  eine  bunte  Kusctte,  eine  Maria  mit  dem  Kinde  und  ein 
bärtiger  Kopf,  der  defekt  ist  Die  Malereien  des  grossen  Radfensters  in  der 
Westwand  der  Kirche  sind  neu. 

WmdgenlMe.  In  jüngster  Zeit  sind  Spuren  unter  der  Tünche  ge- 
funden.  Weitere  Ergebnisse  müssen  abgewartet  werden. 

Das  Inventar  von  1811  nennt  swei  Bilder  von  Luther  und  Melanchthon, 
die»  nach  Ausweis  des  Visitationsprotokolls  von  i6q8,  schon  damaK  in  der 
Kirche  waren;  es  beschreibt  ferner  mehrere  Glasmalereien,  besonders  fürst- 
liche und  andere  Wappen,  die  seitdem  verschwanden  sind.  '  In  der  Künigs- 
Kapelie  gab  es  vor  Zeiten  auch  einen  Stammbaum  des  fUrstltchen  Hauses, 
den  Herzog  Ulrich  im  Jahre  1579  hatte  einrahmen  lassen,  von  dem  aber 
schon  181 1  nur  noch  der  Rahmen  übrig  war.  Ks  ist  /.u  glauben,  dass  dies 
der  im  Jahre  1578  von  dem  Formenschneider  und  lUiehdrucker  Jakob  Lucias 
her^'eslelltc  Staniiiibaum  war.  Vgl.  Liseh,  M.  Jahrb.  III,  S.  136,  Anmkg.  2. 
W  icchmann-Kadow,  M.  Jahrb.  XXiii,  S.  121  flf.  Auch  waren  die  früheren 
Eroporen  der  Kirche  mit  Darstellangen  iron  Bihelbildem  geschmttckt 

Kleiakmttweffke.  i.  Silbervergoldeter  gothisdier  Kelch  mit  rundem 
Fuss,  auf  dem  Fuss  als  Signaculum  ein  eingravierter  Knicifixus.  Am  Knauf 
statt  des  Jesus-Namens  zweimal  das  von  Bülow'sche  Wappen.    Es  ist  fraglich, 

ob  der  Fuss  ursprünglich  ist.  Keine  Werkzeichen,  auch  nicht  an  der  Patene.  — 
2.  Ganz  neuer  silberner  Kelch  auf  scchspassigem  Fuss  mit  eingravierten  lilumcn, 

')  Fin  ähnliche*  Itihl  von  \';iler  und  Sohn  tiiir  sinil  c>  nicht  Herzog  .Mhiccht  III.  untl  IV., 
sondern  ilcrzag  .Mlirccht  II.  und  III.)  als  MiniaUir  in  der  Ckrunik  des  Erni»t  von  Kirchl>erg.  Lisdl, 
M.  Jahrb.  lUB,  S.  135.   Teske,  Die  Wappen  des  GrossherzagUohen  Havses,  T«f.  VII*. 


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KIKCIIE  ZU  CADEBUSCIl. 


479 


I  löl/crnu  ( Icwi'illiescheiUe, 


vom  Goldschmied 
L  Giese- Schwerin. 
iJio  dazu  verwendete 
I'atene  ist  alt.  — 

3.  Hübscher  kleiner 
Krankenkclch  von 

Silber,  mit  einem  am 
l''iiss  anj^ebrachten 
abschraubbaren  Be- 
hälter für  I'atene  und 

üblatenschachtcl 
und    mit    der  Auf- 
schrift: GADE- 
BVSCK  X  ANNO  X 
15  X  90  .  Dazu 
noch  eine  zweite 
kleine  I'atene.  — 

4.  Runde  silberne 
Oblatcntlose  mit 

stehendem  Kreuz  auf 

dem  (neu  an- 
gebrachten) Deckel 
und  mit  den  Initialen  //  ü  1)  als  Heischrifl  zu  einem  Wappen.    Lübischer  Adler 

und  ein  Löwe  als  W'crkzcichen.  5.  Alte  in  Messing  ge- 
triebene achteckige  Taufschalc.  —  ö.  Vor  der  den  Schmieden 

gehörenden  I'lmporc  im  Westen  der 
Kirche  ein  Kothguss- Kronleuchter, 
der  als  Hekrönung  die  Figur  eines 
ha  m  m  e  rsch  w  i  n  gcnden  Schmiedes 
zeigt.  Auf  dem  Schilde,  den  seine 
Linke  fasst,  stehen  die  .\amen: 
HANS   KAVEN  •  CLAVES  SILKEN- 

DAL  •  lOCHIM    BOLDEWIN  • 
KASTEN   BUEK  •  ANDREAS  GRO- 
NEWOLDT  •  HINRICK    LVCAS  • 
HINRICK  TIDEMANN  •  lOCHIM 
LVFFE  .  1582  .  -     7.  8.  Auf  dem 
.Altar    zwei    treflfliche  Rothguss- 
Leuchter  mit  der  In.schrift:  Ordtt 

pro  biiö  tjiiirita  l)aiinrnian  rt 
pro  bciirfactoribiis. ')  —  9.  10. 

')  feber  den  Vik.ir  Heinrich  Hanne- 
Jet«.  AlMrlciicliter.         j...^^^^  ,„atin  vgl.  Crull  um!  Lisch,  M.  Jahrb.  X.\-\L\, 

S.  209.    .\iif  ilcn  lieiden  I  lannemann' sehen 
-stehen  z.  Zt.  zwei  kleinere  I.euchler  vun  ■.ehr  viel  geringerem  Werth  als  Aufsätze. 


48o 


AMTSGKRICHTSRKZIRK  GAOKHUSCH. 


Im  Chor  zwei  Wandarmc  mit  prächtigen  in  Messing  getriebenen  Doppelblättern, 
der  eine  rechts,  der  andere  links  vom  Altar.  —  ii.  Auf  dem  kleinen  Altar 
der  Königs  -  Kapelle  ein  Knicifixiis,  dessen  Korpus  ein  Silbergewebe  ist.') 

Das  Inventar  von  i8if   nennt  im  Ganzen  fiinf  silberne  Kelche,  dazu 
auch  eine  silberne  Kanne.    Von  diesen  Kelchen  hatte  der  eine  die  Aufschrift: 

T>iffcn  ftfllirtj  ijcft  latcii  maditrn  Xüilif  il'iiribcii  biibc  .in.irten 

^ftcppCndlC.  der  andere  die  N  uincn  des  l'>ard)i)ld  Heinrich  I,iit/o\v  und  der 
Dorothea  Maria  von  Billow,  der  dritte  den  drs  Jnaclnni  Wie  hniann  (vgl. 
Kanzel),  der  vierte  gar  keinen  Namen, 


und  der  fünfte  war  der  oben  be- 
schriebene Krankenkclch.  Die  Kanne 
aber  war  eine  Stiftung  verschiedener 
Gemeindeniitglieder  aus  dem  Jahre 
1590.  -  -  Das  (Jrossher/ogliche  Mu- 
seum bewahrt  aus  Gadebusch  ein 
grosses  wcrlhvolles  Stück  eines  alten 
sicilianischen  golddurrhwirkten  I  >a- 
mast-  und  Seiden -(Icwebes  mit  di-n 
Bildern  der  Sonne,  des  Adlers  und 
des  Hirsches.  Diese  Hilder  gehen 
auf  uralte  orientalische  Vorbilder 
zuriirk,  wie  man  sie  schon  viele  hun- 
dert Jahre  vor  Christus  kannte  und 
deren  Einflüssen  man  z.  H.  auf  alt- 
griechischen  Vasenliildem,  Ix-sondcrs 
solchen  von  der  Insel  Mclos  aus  dem 
VI.  Jahrhundert  vor  Chr.  begegnet. 
Unverän<lert,  so  scheint  es,  pflegte 
der  Orient  diese  alten  in  Hildem  von 
Löwen,  Panthern,  Stieren,  Hir^ichen, 
Adlern,  Schwänen  u.  s.  w.  bestehenden 
Muster  seiner  textilen  Kunst,  um  sie 
später  im  Mittelalter,  als  die  Kreuz- 
züge eine  neue,  tief  einschneidende 
Berührung  mit  dem  Westen  herbei- 
führten, abennals  der  Kultur  F.uro|>as 
zu  vererben.  \'on  Byzanz  aus  nahm 
die  textile  Kunst  ihren   Weg  nach 

Sicilien  und  Spanien  und  gelangte  hier  im  XII.  un«l  XIII.  Jahrhundert 
zu  hoher  lilüthe.  Noch  heute  ist  eine  grosse  Zalil  solcher  alter  Stofle 
vorhanden.  Sic  wanderten  weit  in  den  Norden  hinauf.  Und  an  der  Hand 
alter  Ornate  und  \ieler  in  den  Fiirstengräbern  von  Palermo  gefundenen 
Stücke  hat  sich  ein  Theil  dieser  Oewcbe  zeitlich  genau  bestimmen  lassen. 
Bei  der  l)esonderen  Gestaltung  der  Muster  ging  das  Streben  dahin,  das 
fast  immer  im  Kampf  mit  einander  begrift'ene  altorientalische  Thierwerk 
im  Sinne  christlicher  Symbolik  umzugestalten,  der  l-öwe  wurde  zum  Ixiwen 
Juda,  der  geängstigte  Hirsch  zum  Hirsch,  den  nach  der  Quelle  dürstet,  Schwan 
und  Schwalbe  zu  Vögeln,  die  zum  Neste  eilen,  der  angreifende  Adler  zum 
Adler,  der  sich  zur  Sonne  schwingt,  u.  s.  w.  Derartige  biblische  Umdeutungcn 
in  Gewändern,  welche  keineswegs  bloss  für  kirchliche  Zwecke  erfunden,  sondern 


1 


Wancllcnchtcr 


')  Im  JaliTL-  1770  von  einem  alten  Mess[;cw.mde  ab^^elu.'.t,    Vj;!.  Inventar  von  iSlI. 


Altc>  Mcilianisches  Gewebe  aus  (.Indebusch  im  Ciro»6herzoglicheii  Museum. 


.  ,j  ^  .  y  Google 


SCHL06S  ZU  GADEBUSCH. 


ebensosehr  auch  zu  weltlicher  Tracht  verwendet  wurden,  dürfen  übrigens 
nicht  als  ausscMiessltch  chrisdiche  Anfbssttngen  angesprochen  weiden.  Es 
ist  namlirh  nicht  zu  übersehen,  dass  muh  (Ut  Islam  die  Psalmen  Davids, 
denen  die  meisten  dieser  Bilder  entnommen  sind,  zu  seinem  Eigenthum  ge- 
macht hat.  Uebrigcns  ist  die  altheidnische  Vonldlungsweise  vom  Kampf  der 
Thicro  mit  einander  nicht  immer  ganz  geschwunden.  Auch  auf  dem  Cade- 
Inisdicr  llewandstü«  k  hat  man  den  Kindnick,  wie  wenn  der  Hirsch  angstlich 
zu  dem  in  Sonnenstrahlen  schwimmenden  Adler  emporachaue.  In  Sicilien 
war  Palermo  im  XII.  und  XIII.  Jahrhundert  eine  Hauptstätte  textikr  Kunst, 
1348  wird  anrh  I-urra  genannt,  na»  h  dem  Sturz  der  Maurenherrsehaft  in 
Spanien,  wo  ebenfalls  an  verschiedenen  Orten  die  textile  Kunst  in  hoher 
Blathe  stand,  werden  Florenz,  Venedig,  Genua,  Mailand  und  Bologna  zu 
Hau|)tplützen  der  Weberei,  jedoch  kommen  diese  Städte  für  die  I'rovenienz- 
hestimmung  des  Gadebuscher  Gewandstückes  kaum  noch  in  Betracht,  dieses 
gehört  einer  früheren  Zeit  des  XV.  Jahrhunderts,  vielleicht  sogar  noch  dem 
Ausgange  des  XI \  .  Jaltrhunderts  an.  Vgl.  Es.senwcin,  IcOOSt-  und  Icultur- 
geschiehtliehe  Decken  des  ("<erm.  Nat. -  Museums,  Taff.  2,  7,  13,  38,  38,  40, 
44i  45.  55»  »03-    i'crner  üben  S.  219. 

Ausser  den  schon  oben  S.  459  genannten  beiden  kirchlichen  Stillungen  Kapellen, 
des  Heiligengeist -Hauses  und  des  St.  jQrgen- Hauses,  die  beide  mit  beson- 
deren Kapellen  verbunden  waren,  gab  es  noch  zwei  andere  Kapellen,  die  von 
St.  Gertrud  und  die  Zum  hl.  Kreuz,  aber  wir  erfahren,  mit  Ausnalune  des 
Hauses  von  St.  Gertrud,  das  vor  den  Thoren  der  Stadt  in  Jarmstorf  lag  (s.  o. 
S.  460),  nichts  über  ihre  Lage,  während  die  des  Bcgaiara-HrnMcs  mit  dem 
ehemaligen  Bobsien'schen  (früher  Brasch'schen)  Hause  am  Jungfemstieg  identi- 
fi  i  ri  u  ird  Da  die  Kapellen  St.  Gertrud  und  Zum  hl.  Kreuz  in  den  Uikunden 
des  Jalithunderts  norli  nicht  xorkommcn,  so  sind  sie  als  Stiftungen  des 

XV.  Jahrhunderts  anzusehen.  .Mle  vier  werden  in  den  Visitations[)r()tok»)llen 
des  XVI.  Jahrhunderts  wiederholt  genannt,  zuletzt  in  dem  vom  Jahre  1603. 
In  dem  nächstfolgenden  Visitationsprotokoll,  dem  von  1626,  wird  nur  noch 
des  mit  dem  Heiligengeist-Stift  von  jdier,  wie  es  scheint,  verbunden  ge- 
wesenen Armenhauses  gedacht,  ebenso  in  allen  späteren  Protokollen.  Daraus 
muss  man  schliesscn,  dass  die  drei  anderen  Häuser,  St.  Jürgen,  St  (krtaid  und 
Zum  hl.  Kreuz,  in  der  Zeit  zwischen  1603  und  1626  eingegangen  sind. 

Das  SdiloM  zu  Gadebusdi  in  seiner  jetzigen  Gestalk  ist  ein  Bau  des  Sdikws  au 
Herzogs  Christoph  aus  dem  Jahre  1571.  Der  Baumeister  war  Christoph  Gadebusch. 
Haubitz,  der  schon  1549  unter  dem  Herzog  Johann  Albrecht  gedient  hatte 

und  nachher  noch  1584  im  Dienste  des  Herzogs  Chri.stoph  nachzuwei.sen  ist. 
In  drei  Stockwerken  aufgerichtet,  stellt  es  sich  als  ein  ausgedehntes  Ohlongum 
dar  und  zeigt  sofort  die  Anlehnung  an  die  auf  norditalienische  Hauten  der 
Frtthrenaissance  zurückzuführenden  älteren  Fürstenhöfe  in  Wismar  und  Schwerin. 
Portale,  Friese,  Pilaster,  Gesimse  und  Fen8ter-Einfii»ui%;ea  haben  den  gleidien 
oder  ähnlichen  Schmuck  gebrannter  Formsteine  wie  jene.  Hier  wie  dort  die- 
selben Rundbilder  mit  Männer-  und  Fraucnbrustbildern  in  der  Tracht  der 
Renaissance.   Besonders  ausgezeichnet  ist  in  dieser  Beziehung  das  gewölbte 

81 


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482  AMTSGERICHTSBEZIRK  GADEBUSCH. 

Treppenhaus  oder,  wie  es  in  .iltcr  Zeit  hiess,  der  Windelstein,  dessen  oberer, 


Vorderseite  des  Schlos««s  zu  Gadel»UM:h. 
ohne  Zweifel  auf  drei  Lünetten  berechneter  Ahschluss  durch  den  jetzigen 
Giebel  verkümmert 
ist.  Wappen  und 
Inschriften  fehlen. 
An  dem  Eingangs- 
Portal  fallen  drei 
Thon- Reliefs  auf: 
der  Siindenfall,  die 
Kreuzigung  und  die 
ICrlösung;  und  im 
Innern,  ausser  hüb- 
.sehen  Hiumcn,  Ran- 
ken und  .Masken  an 
den  Gewölben  des 
Treppenaufganges, 
wie  eine  Art  von 

Supraj)ortcn- 
Schmuck  die  Reliefs 
der  Krciizcsgruppe 
und  des  guten  I  lir-  ...  ,        j    .  .  ■  -  ,  , 

^  Kuckscitc  des  Schlosses  zu  ( laacbusch. 

tcn.  Mächtiges 

altes  Eichengebälk  mit  gothischer  Profilicrung  durchzieht  der  Länge  nach  das 


SCHLOSS  2U  GADEBUSCIl. 


4*3 


untprc  Stockwerk,  und  mehrere  hübsche  Terrakotta- Portale  fiiKlen  sich  amh 
im  fnncrn  des  zweiten  Stockes.  V.\m-  Wiederherstelhin^f  des  in  einzeliun 
i  heilen  durch  vcrstandnisslosc  Ikhandlung  späterer  Zeiten  sehr  geschadigten 
schönen  Baues  würde  Stadt  und  Land  zu  grosser  Zierde  gerdchen. 

_  Nach  den  Inventarien  hatte  »das  neu  ge- 

rmcurte  Haus,  drei  gemecher  hoch«  folgende  Etn- 
richtunjf:  »Unter  dem  Hause  war  ein  gewölbter 
Keller.')  Am  Ende  des  Haiipti;fl)äudcs  stand  ein 
massiver  gewölbter  Windelstein  mit  einer  Windel- 
treppe. Im  ersten  Stock  war  ein  Vorgemach  mit 
drei  ThQren:  zum  Eingange,  zum  Sekret  und  zum 
grossen  Saale,  alle  mit  thönemen  Ornamenten  ver- 
ziert. Dann  folgt  der  lange  grosse  Saal  ohne 
Zwischenwände  im  Innern  des  Gebäudes,  mit  sech- 
zehn h'ach  I'enstern,  welche  nach  beiden  Stitrn 
hinaus  gingen,  mit  drei  messingenen  Kronen,  mit 
dnem  Schenktisch  und  einem  Trompeterstuhl.  Hier 
hingen  acht  Bilder,  wahrscheinlich  fürstlicher  Per- 
sonen, und  die  »Feldreuterfahne,  so  Herzog  Giri- 
stofler  in  Leiflandt  führen  lassen«.  Im  zweiten 
Stock  w  aren  die  Zimmer  der  I  lerzo^Mn :  zuerst  ein 
Vorgcmach,  dann  der  Herzogin  (lemach  mit  vielen 
Bildern  auf  Leinwand  und  Kupfer,  und  der  Herzogin 
,   Schlafkammer,  ebenfalls  mit  Bildern  in  Rahmen. 

, .,,  Im  dritten  Stock  waren  die  Zimmer  der  Prinzessin 

Vom  Eichen -(icbalk. 

fdes  »Fräuleins«)  Margarethe  l'lisabeth  und  der 
Hofdamen,  ursprünf:;lich  die  Zimmer  ilcs  Herzogs  Christoph.  Hier  war:  ein 
X'orgemach.  des  Krauleins  (iemach,  ilabei  neben  einer  Küche  ein  Badcstübchcn, 
zu  welchem  eine  Treppe  von  der  Herzogin  Schlafkammer  aus  dem  zweiten 
Stock  hinaufnihrtei  des  Fräuleins  Kammer  und  der  Frauenzimmer  (Hofdamen) 
Stube  und  Kammer,  zu  weldien  Gemächern  ebenfalls  eine  Treppe  von  der 
Herzogin  Gemächern  hinanfruhrte  Im  Giebel  auf  dem  Boden  war  der  »Alt- 
frauen Kammer«."    Lisch,  M.  Jahrb.  V,  S.  64. 

Lisch  fuut  l  ine  Besehrcibiinp  aller  alten  S<  hl<>ss;,'el).äiulc.  wie  ';i<-  ni«  h 
im  XVII.  Jaluliundert  standen,  hin/.u,  die  hier  angeschlossen  werden  inuge. 

>Im  Aufgange  stand  ein  Pforthaus  mit  einem  Ziegeldache  (»doppeltem 
Klumdarh  )  und  zwei  Schornsteinen,  mit  einer  uewnltuen  .\ulT:il)rt.  mit  zwei 
GiviM:ln,  nach  ausücn  und  nach  dem  ächloüsliole  hin;  in  diesem  l'forthause 
war  Aber  dem  Gewölbe  die  Kanzlei,  bestehend  aus  Kanzleistube,  Kammer, 
Vorgeinarh  und  zwei  (langen.  An  jeder  Seite  <les  l'forthauses  stand  ein 
runder  Zwinger,  von  Grund  auf  gemauert,  mit  einem  spitzigen  Ziegeldache. 

')  In  diesem  Keller  w^inli-n  noch  vnr  filnf  iL;  Jaliri-n  S|niren  von  Schriü-l.^.  fcn  i.'«-?:i'it;1. 
Vom  MUnzmeister  Rernharti  Jüngling  ist  svchon  ol>cn  die  Kode  gewesen.  .Soit  ii>oo  und  t0i2 
mttnsten  hier  die  Mflnzmeister  Cltus  laebein  und  Cliriatopli  l.fldein«nn.  Kurz  vor  1606  sUnd  die 
Mttnzpresse  noch  in  dem  cheniachen  Laboratorinm  de»  Ilerzogü  Christoph. 


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484 


AMTSGERICHTSIIEZIRK  GADEBUSCII. 


,j  ^  .  y  Google 


SCHLOSS  ZU  GADEBUSCH. 


48s 


In  jedem  Zwinger  war  oben  ein  Gemach,  zu  welchem  man  von  dem  Vor- 
gemacht' der  Kanzlei  gelangte.  In  dem  einen  Zwinger  war  unten  des 
Pförtners  Wohnung.  Vor  dem  Pforthause  war  eine  Brücke  und  eine  Zug- 
brücke. Nach  dem  Schlosspiatze  hin,  mehr  aufwärts,  war  noch  ein  j'rhor 
vorm  Hause  oder  Platze«   mit  zwei  Hügeln.    Rechts  vom  Pforthause  stand 


l'ortal  ini  Initern  <le»  Schlu>S(;s. 


auf  dem  Platze  in  glei<  her  Richtung  mit  dem  noch  stehenden  neuen  CJebäude, 
dort  wo  jetzt  die  \Virthschaftsgfl)autlc  stehen,  das  alte  fürstliche  Haus,  vier 
Stockwerk  hoch,  die  zwei  untern  massiv,  die  zwei  obem  in  Holz  gemauert, 
mit  Ziegeldach  (von  doppelten  >Hohldachstcincni)  und  wahrscheinlich  mit 
(liebeln,  da  das  neue  Schloss  im  (Icgcnsiitze  der  übrigen  Gcbiiude  ein  Qucr- 
gebäude  genannt  wird.  Im  ersten  Stock  war  die  gewölbte  Hofkapelle,  im 
zweiten  Stock  Herren -(Icmächer,  im  dritten  Stock  der  kleine  Saal  mit  Tischen, 


486 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GADEBUSCH. 


hölzernen  Bänken  an  den  Wänden,  hölzernen  Stühlen,  einer  messingenen 
Krone  und  Bildern  an  den  Wänden,  im  vierten  Stock  Wohnungen  für  das 
Hofgesinde.  Zwischen  diesem  alten  und  dem  neuen  Hause  stand  ein  kleineres 
Gebäude,')  in  Verbindung  mit  dem  alten  Hause,  unten  massiv,  oben  in  Holz- 
werk gemauert;  im  ersten  Stock  war  die  Hofstubc,  welche  in  alten  Schlössern 
im  ersten  Stock  nie  fehlt.  Dann  folgte  in  gleicher  Flucht  das  noch  stehende, 
oben  beschriebene  neue  Schloss,  zunächst  dem  Windelstein  vor  der  Hofstube. 
Hiemit  hörte  die  Reihe  der  fürstlichen  Wohnungen  auf.  Im  rechten  Winkel 
daran  lag  stadtwärts  das  Querhaus,  zwei  Stockwerke  hoch,  mit  Bretterdach; 
um  das  Dach  war  ein  Gang  mit  gedrehten  Pfosten  und  mit  zwei  geschnitzten 


Rathhaus  tu  Gadcbusch.  Vorderansicht. 

Bogen;  zu  dem  Gange  führten  zwei  Treppen.  In  diesem  Hause  war  ».wei- 
lajidt  Hertzogk  Christof!  Dieslelier-  Gemach«;  darin  stand  ein  Hcerd  mit 
einem  Schornstein  mit  mehreren  Ausmündungen,  eine  kupferne  Pfanne  und 
eine  eiserne  Münzpresse  mit  Zubehör,  welche  vom  Herzoge  Christoph  wohl 
als  pharmaceutische  Presse  benutzt  ward.  Den  Schlossgebäuden  gegenüber 
an  der  andern  Seite  des  Hofes,  wo  jetzt  der  Ringang  zum  Garten  ist,  standen 
die  Wirthschaftsgebäude:  zuerst  stadtwärts  das  Brauhaus  und  daneben  in  der 
Ecke  zwischen  demselben  und  dem  Querhause  ein  Brunnen,  den  1546 
Herzog  Albrecht  gral}en  Hess;  dann  fcldwärts:  die  Küche,  die  alte  Küchen- 
meisterei,  die  neue  Küchenmeisterei  und  das  Backhaus,  alle  massiv  und  ein 
Stockwerk  hoch.  In  der  Mitte  des  Platzes  vor  dem  jetzigen  Schlosse  stand 
ein  massiver  grosser,  hoher,  runder  Thurm,  oben  ein  Gemach  hoch  in  Holz- 
werk aufgemauert  und  hier  mit  einem  Umgange  mit  einer  Galeric;  auf  dem 

')  Von  diesem  (fcbätidc  Mcht  noch  Alt  dem  neuen  Schlüsse  die  (iicliclmaucr  mit  vcrmaucrlen 
Snitibogei). 


RATH  HAUS  ZU  GADEBUSCH. 


487 


Thurmc  stand  ein  spitziges  Dach  mit  Blech  gedeckt,  mit  zwei  Krkem,  in 
deren  einem  die  Uhr  mit  Zifferblatt  war;  die  Schlageglockcn  hingen  in  der 
Spitjse  des  Daches.  In  dem  obem  'l'heilc  von  Fachwerk  war  eine  Thürmer- 
wohnung.  In  dem  massiven  Theile  waren  drei  Gewölbe  übereinander  über 
der  Krde  und  ein  Gewülbe  unter  der  Krde;  letzteres  war  ein  Gelangniss 
(Burgverliess);  in  den  beiden  folgenden  (Jewölben  stand  (Jeschütz,  im  vierten 
Gewölbe  war  das  Obergefängniss;  zu  diesem  obenstehenden  Gefängniss  ging 
auswendig  eine  hohe  Treppe.')    Früher  ging  um  das  Schloss  auch  eine  Mauer, 

welche  bei  dem  Brunnen 
stand,  noch  1546.  Um 
das  Schloss  war  ein 
Wall;  an  diesem  stand 

stadtwärts  noch  ein 
massiver  runder  Zwinger, 
mit  einem  hölzernen 
Mannesbilde  auf  dem 
spitzen  Dach,  und  durch 
den  Wall  ging  ein  Ge- 
wölbe zudiestMu  Zwinger. 
Wo  noch  jetzt  der  Garten 
ist,  warder  »Lustgarten 
autTm  Hause    mit  einem 

J.usthäuschen,  vier 
Stockwerk     hoch,  mit 
einem  spitzen  Dach  mit 
Spanc-n  geduckt;  dieses 
Haus  war  aus  gedrehten 

l'fosten  mit  vielen 
Feigstem  und  einem  Um- 
gange, und  im  Millei- 
theile waren  der  Herren 
und  Hofjunker«  Wappen 
gemalt.  *) 

Als  zweites  profanes  Raihhaus. 
Gebäude  von  Interesse  ist 
hier  das  Rathhaas  vom 
Jahre    1618    zu  nennen, 


KnthhaiiN  zu  (ia<lc1>us<:h.  Scitcnnnsichl. 


dessen  Schmalseite  sich  mit  einer  offenen  Halle  oder  l^iubc  im  Krdgeschoss 
nach  dem  Marktplatz  hin  öffnet,  dessen  mit  hübschem  Backstein -Detail  be- 
handelte Langseitc  aber  einer  schmäleren  Scitenstrasse  zugewandt  ist. 


')  I'Ucscr  Thurm  ist  erst  seit  .Menschengedenken  abgetragen.  Hs  war  ein  sogenannter 
»l!er|;frit«  des  Mittelalters,  <l.  h.  ein  hoher  emporr.-ipcndcr  •Thurm,  der  keinen  King.mj;  zur  ebenen 
ICrde  hatte,  sondern  in  den  man  dnrch  eine  aussen  anfjehr.ichtc  .Sliejjc  <dicn  hineinstiej;;  er  stand 
frei  von  anstosscndcn  (icbäudcni.  Vgl.  I.co  iili«r  Iturj^cnbau  in  von  K.iunier's  llistur.  'I'aschen- 
Imch  VIII.  1837,  S.  178  und  196  IT.     rij>er.  Huri^enkunde.  S.  194  Iiis  272. 

Lisch,  .M.  Jahrb.  V,  .S.  61  ff.    Sarre,  KUrstenhof  zu  Wismar  und  die  norddeutsche  Terra- 
kolta -Architektur,  S.  24,  39. 


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488 


AMTSGBRICHTSBEZIRK  GADBBUSCH. 


Das  Kirchdorf  ■oetzen. 

Geschichte  IKUm  1230  wohnt  in  dem  6  km  westlich  von  Gadcbusch  entfernten  Dorf 
<Jc*  "  ~  MectzL-n  (Mctscii,  Mrt/.en,  Ort  des  Meccn,  deutsch  etwa  Schwertau,') 
Dorfes,  ^jj^^  i<>au  Gisela  als  ZchiUenbesilzerin,  und  hundert  Jahre  später  finden  wir 
dort  die  Familien  von  Salitz  (Sadewdtze),  von  Karlow  und  von  Maltzan.  Am 
9.  Februar  1362  erkennt  Herzog  Albrecht  von  Mecklenburg  den  Brüdern 
Berthold  und  Flcinrich  von  Maltzan  das  ganze  Gut  Meetzen  mit  allen  Freiheiten 
und  Gerechtigkeiten  ausser  dem  Rossdienst  zu.  Doch  behalten  die  von  Karlow 
ihre  Anrechte  noch  bis  zum  26.  November  1367.*)  l^rhcr  <lie  nächstfolgenden 
Zeiten  fehlt  es  an  Nachrichten.  Als  Pcrtincnz  von  lioldorf,  das  nachweislich 
seit  dem  XVI.  Jahiimndert,  wahrsdietnlidi  aber  adboa  von  Sliaerer  Zdt  her, 
zu  den  Haup^ütem  der  Herren  von  Bfilow  gdiört,  erscheint  Meetzen  in  Akten 
von  1689,  als  Holdorf  bereits  in  Händen  des  Oberst  Johann  von  Melle  ist, 
der  seit  1682  an  die  Stelle  der  Bülow's  getreten  war.')  l's  folgen  im  XV^III.  Jahr- 
hundert als  Hcsitzcr  Baron  von  Löwendahl,  Haron  Karl  l'ricdrich  von  Schmcttow 
(Schmettau),  Familie  von  Lützow  und  Präsidentin  von  VValmodcn;  seit  1803 
Domänenrath  Steinmann;  seit  1830  Gräfin  von  Schwicheldt  und  seit  1839 
Bodo  Emst  Leon  Friedrich  von  Steinberg,  in  dessen  Familie  es  noch  heute  ist 

Kapelie.  Die  Kapelle  ist  ein  auf  Grundlage  eines  länglichen  Achtecks  errichteter 

Fachwetldau  und  stellt  dnen  dnztgen  flachgedeckten  Raum  dar,  in.  dem 
Altar  und  Kamel  zu  einem  Körper  veibunden  sind  und  eine  Kopie  nach  dem 
Abendmahl  des  Lionardo  da  Vinci  den  einzigen  Schmuck  bildet  Die  in  einem 
kleinen  Dachreiter  oberhalb  des  Einganges  angebrachte  Glocke  ist  nicht  gut 
zu  erreichen.  Deshalb  ist  uiclit  zu  sagen,  ob  sie  eine  Inschrift  hat  oder  nicht. 
Unter  den  Abendmablsgerathen  ist  ein  silbervergoldeter  Kelch  mit  der  In- 
schrift: G»A«B»V«  LÜTZOW  1750  und  den  Schweriner  Werkzeichen  /e^  [mH 
das  älteste  Stück.  Die  dazu  gehörige  Patene  ist  ohne  Werkzeichen.  ^  ^ 
Die  übrigen  StUcke,  eine  Oblatcndoae  und  eine  von  ANNA  und  ELISABETH 
OEHLERKING  1891  gestiftete  silbervergoldete  Abendmahlskanoe  sind  neu  und 
ohne  W'erkzcirhen.  Zu  nennen  sind  auch  ein  iSSo  von  AUGUSTE  CÖLLE 
gestiftetes  Taufbecken  und  eine  1883  von  MARTHA  CÖLLE  gestiftete  Tauf- 
kanne von  poliertem  Messing. 

•)  KUhnel,  M.  Jahrli.  M  A  I,  S.  92. 

•)  M.  Ü.-U.  375  (.S.  371).  5612.  (Ein  Kaplan  Johann  SoMU  kommt  1364  vor:  M,  Ü.-B,  9309). 
68s6.  8999.  10135. 

*)  .\us  den  .\kfen  von  JftSo  jjcht  hervor,  cins^.  «Iii-  Kajwllr.  wie  mich  heute  noeh.  eine  rar 
Kirche  in  (iailcimsch  gehörige  Filiale  i.-.t.  .Sic  wird  d.imal»  alt  und  zerfallen  bezeichnet.  1690 
UtMt  sie  der  Oberst  voa  Melle  wiedcrherttetlen.  Aber  1751  i^hrt  Fr.  von  LttUow  auf  Iloldotf 
den  jetzt  flehenden  Ran  von  Grund  ans  nen  auf. 


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KIRCHDORF  VIETLOBB& 


489 


Das  Kirchdorf  VietlUbbe. 


ictiubbc  [Vitelube,  auch  mit  bb  und  tt  geschrieben,  Ort  der  Familie  Geschichte 


Vitolub,  deutsdi  Gewinner,  besser  Gewinn  liebend')],  li^  6  km  östlich 

von  Gadebusdi  und  ist  bereits  um  1230  eine  Parochie.  1267  nimmt  die 
Kirche  an  (Kr  bekannten  Hrod-  und  Wein  spende  des  I-'ürstcii  1  frinricli  von 
Mecklenburg;  theil.  Mit  Besitz  und  Rcclilen  wcrilen  dort  um  1230  Gottfried 
und  Juhunn  von  liulow  genannt,")  und  hundert  Jahre  später,  um  131 1  und 
1328,  zwei  Mitglieder  der  Fanulie  Vietiübbe,  deren  Vornamen  dieselben  sind 
wie  die  der  genannten  beiden  von  Bülow.  Gleichzeitig  mit  ihnen  erwirbt  auch 
das  Ratzeburger  Domkapitel  dort  Grund  und  Boden.*)  Wir  dürfen  ferner  an- 
nehmen, dass  dessen  Probst  hier  die  ArchidiakonaLsrechtc  ausgeübt  haben 
wird,  wennj^Ieich  es  nicht  ausdrücklich  bezeugt  ist.*)  Diese  Rechte  oder,  was 
dasselbe  sagt,  den  Bann  wird  er  auch  behalten  haben,  als  das  liie\(>n  un- 
abhängige Patronat  der  Victlübbcr  Kirche  am  2.  August  1353  durch  Herzog 
Albrecht  von  Mecklenburg  auf  das  Kloster  und  den  Probst  von  Rdma  über* 
tragen  mrd.')  Mit  dessen  Säkularisierung  (s.  o.  S.  429)  nunmt  es  der  Landes- 
herr ia  die  Hand. 

Im  Anfange  des  XVI.  Jahrhunderts  sitzt  auf  Vietlübbe  die  Familie 
Kordshagen  (Curdeshagen,  Churdcshagen,  Khtirdeshagcn).  später  ist  auch  der 
fürstliche  Kanzler  Joh.  von  Lucka  kurze  Zeit  (bis  155S)  dort  begütert.*"')  Den 
Herren  von  Kordshagen  folgen  am  Lude  des  X\'l.  oder  im  Anfange  des 
XVIL  Jahrhunderts  die  von  Halberstadt  und  1637  die  von  Hobe,  während 
das  Kirchlehen  1639  Andreas  Hundt  auf  Frauenmark,  Hindenberg  und  Rüting 
durch  Kauf  vom  Herzog  Adolph  I'ricdrich  an  sich  bringt  Den  Hohes  folgen 
1^75  die  von  Harse.")  Durch  Ankauf  des  (nitcs  Frauenmark  im  Jahre  1694 
erwirbt  der  Major  Jürgen  I  linrich  von  Harse  (Harsse)  das  Kirchcnpaln >nat,  und 
von  nun  an  bleibt  es  ani  dut  N'ietlubbe  hängen.  Hier  folgen  als  Besitzer  1751 
die  von  Witzendorf,  1784  der  Justizrath  Christian  Ludwig  Friedr.  Schmidt 
und  1786  der  fiinf  Jahre  später  in  den  Adelstand  erhobene  Geh.  Finanz-  und 
Domänenrath  Leers,  dessen  Nachkommen  noch  heute  im  Besitz  des  Gutes  sind. 

')  KUhnel,  iM.  Jahrl..  I,  .S.  151.  Dagegen  Wigger,  M.  Jahrb.  X.W  III.  S.  40,  Anmkg. 
Er  ist  für  den  GSUen  Vitelubbe  ti%  »gnden  Lobbe«  eingenonuBen,  den  mtu  1463  noch  bei  Halle 
kannte.    IScycr.  M.  Jahrb.  X.XXVIl,  S.  isa 

')  M.  l  .-B.  375  (S.  370).  II07. 

■)  M.  U.-B.  3479.  4843.  489a. 

*)  M.  IM!.  5613.   Vsl.  Wigger,  U.  Jahrb.  XXVin,  S.  192  (Sprengelgreosen). 

*)  M.  U.  U.  7804. 

^  Liaeh,  H.  Jahrb.  I.  .S.  61.  62.  225. 
^  liach,  M.  Jahrb.  XIV,  42. 


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490 


AMTSGKRICHTSBEZIRK  GADEBUSCH. 


Kirche. 


1237  regiert  Pfarrer  Jonathan  die  Kirche,  13 13  der  Plcban  Berthold 
und  1376  Herrn.  Hymiann.  142 1  giebt  es  einen  Vikar  Hermann  Oldenburg.') 
Inden  späteren  Visitations- 
protokollen und  Kirchen- 
akten finden  wir  um  1 539 
Pastor  Christian  Bundis, 
1 540  Martin  Schmidt,  1 548 
Johann  Corverius,  1578 
Benedictus  Pauli  (bis  1608), 
dann  Theodor  Manstein 
(schon  1604  vociert,  bis 
163 1);  nach  ihm  Wilhelm 
Wacker  (bis  1680),  darauf 
Fricdr.  Günther  Lcopoldi, 
171 1  Johann  Jakob  Pagen- 
kop  (bis  1740),  und  von 
1741  an  dessen  Sohn  Joh. 
Matthias  Pagenkop,  Die- 
sem folgt  1 777  I'.  C.  HIanck 
(f  1801).  Ueber  die  Geist- 
lichen des  XIX.  Jahr- 
hunderts vgl.  Walter  a.a.O. 

Die  Kirche  *)  ge- 
hört, so  klein  sie  auch 
ist,  zu  den  allerinteressan- 
tcsten  Gotte.shäu.sern  der  ^"''^^  ^"  VietUihbc. 

ältesten  Zeit.    Die  in  Mecklenburg  äusserst  selten  vorkommende  centrale  An- 
lage auf  Grundlage  eines  griechischen  Kreuzes  mit  vier  gleich  langen  Armen, 
die  runde  Apsis  am  Ostarm,  die  niedrigen  mächtigen  Rundpfeiler  der  Vierung 
mit  schlichten, 
aber  wirkungs- 
vollen Kapi- 
tellen, die  rund- 
bogigen  Por- 
tale und 
Fenster- 
schlitze, das 
prächtige  alte 


Qiierschniu  der  Kirche. 


Stein-  und  Kalkmatcrial,  über  dessen  ältere  Theile  sich  eine  koloristisch  fein- 
gestimmte moo.sgraue  Patina  ausgebreitet  hat,  ähnlich  der  auf  der  Nordseitc 
der  Doberaner  Abteikirche,  die  sich  kreuzenden  hübschen  Bogen-  und  Rauten- 


')  V>;l.  kcKistt-T  zum  l  rkuiulenliuch.    Ferner  Kepertoriiim  universale  von  Clccniann. 
Vj;l.  Li,ch,       jMirb.  IV,  .S,  82  IT.    VII.  f.5. 


j  ^  .  i  y  Google 


KIRCHDORF  VIBTLOBBB. 


491 


friese:  alle  diese  Kennzeichen  des 
ausgesprochensten  romanischen  Stiles 
haben  etwas  ungemein  Anziehendes 
und  lassen  die  enge  Verwandtschaft 
dieser  kldnen  Dorfkirdie  mit  den 
ältesten  Theflen  des  RatsebucfKer 
Domes  aus  der  zw^en  Hälfte  des 


Friese 


Attfrisn  der  Kirche. 


Grmdrin  der  Kirche  sv  Vieüübbe. 


XII.  Jahrhunderts  deut- 
lich  in   die  Augen 
springen.   Das  Minzige, 
was  als  nicht  konform 
aufläUt,  ist  die  in 
späterer  Zeit  ge- 
schehene Anbringung 
desThurmes  mit  seinem 
spitzen  achtseitigen 
Helm  oberhalb  des 
westlichen  Kreuzarmes. 
Er  hätte  entweder  auf 
der  Vierung  stehen  oder, 
was  wohl  der  alten  Zeit 
besser  entspricht ,  als 
gesonderter  Glocken- 
thurm neben  der  Kirche 

aufgerichtet  werden 
sollen. 


Die  Einrichtung  der  Kirche  ist  durchweg  neu.   Sie  entstanunt  zinn 
grössten  Theil  der  Restauration  von  1865.  —  Zwei  alte  Glücken  im  Thurm  Glocken. 


Gopgle 


492 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GADEBUSCH. 


Triumph- 
krcuz. 

Tauf- 
becken. 


Steinfünte. 


Glas- 
malereien. 


III     '     r    J    l   m  7 


m. 

•  I  '  • 


sind  ohne  Inschriften.  —  Der  alte  Triumphbogen- Christus  mit  Maria  und 
Johannes  (dieser  mit  dem  Buchbeutel)  befindet  sich  zur  Zeit  im  l'astorhausc.  — 
l^in  in  Messing  getriebenes  grosses  Taufbecken  aus  dem  Jahre  1697,  von 
86  cm  im  Durchmesser,  zeigt  in  der  Mitte  das  Wappen  und  den  Namen 
H  «JÜRGEN  «  HINRICH  *  VON  ♦  BARSEN.  *  Auf  dem  Rande  die  Inschrift: 
LASSET   DIE   KINDLEIN   ZU    MIR    KOMMEN    UND  WEHRET   IHNEN  NICHT, 

DENN    SOLCHER  IST  

DAS  REICH  GOTTES. 
ANNO  1697.  Dieses 
prächtige  Becken  ruht 
in  der  alten  romani- 
schen Steinfünte  der 
Kirche,  die  jetzt  vor 
dem  Altar  steht,  früher 
aber    im   Westen  der 

Kirche  ihren  Platz 
hatte.')   —   In  zweien 

der  Kirchenfenster, 
welche  sämmtlich  bei 
der  Renovation  von 
1865  erneuert  wurden, 
sind  mehrere  alte  Glas- 
malereien mitverwandt 
worden :    zwei  Stücke 
von   elliptischer  Form 
(das  eine  von  18,  das 
andere  von  10  cm  Höhe) 
mit  den  Wappen  und 
Namen  des  AUGUSTUS 
DE    HUNDT  PATRON 
DER  KIRCHE  ZU  VIT- 
LUB  1662  und  der 
AGNETA  HUNDES, 
GEB.  BUSMANS, 

ANNO  1662;  ferner  zwei  Stücke  von  viereckiger  Form  (das  eine  14,  das 
andere  10  cm  haltend),  die  ebenfalls  Wappen  mit  den  Unterschriften  zeigen: 
ENGEL  OLDENBORGS  1710  und  ASMUS  OLDENBORG.»)  —  Unter  den  Vasa 

')  l'cbcr  Jürgen  Iliiirieh  v.  H.irsc  .luf  Victl(l1)l»c  s.  ü. 

I  clicr  die  Kamilie  llmidl  auf  Krauocimark ,  Hiiiilcnlitrg  und  kdliny  s.  o.  S.  4S9.  Die 
l-'ai)iilie  von  Oldenburg  war  vun  1671  an  eine  Zeit  lang  im  Itesitz  des  in  Vielliiblic  eiiigcpfarrten 
.Mlotlialgutes  Vecllnikcn.  Aber  nur  tlas  eine  \Va]i]>en,  «las  der  Engel  <  >ldenlnirg-.,  Minimt  zu 
dem  der  adligen  Familie.  Das  des  .\smiis  Oldenburg  aber  ist  ein  Wappen,  das  im  KeMe  eine 
lUirg  mit  drei  'niürmen  und  reeht-s  wie  links  vom  Eingang  in  die  üiirg  einen  Kittcr  als  Wächter 
zeigt.  Die  bürgerliche  lamilie  Oldenburg  hat  sonst  ein  Thorgebäude  mit  zwei  Thlirnicn  tum 
Wappen. 


Inneres  der  Kirche  i\\  Victltlbbe. 


KIRCHDORF  (JROSS  -  F.ICHSKN. 


493 


Sacra  ist  ausser  einem  Zinnkcich  des  vorip;en  Jahrhunderts  mit  der  bekannten  Vasa  sacra. 
I''ii^elsmarkc  als  ältestes  Stück  ein  kleiner  silberner  Krankenkelch  mit  Patene 

vom  1.  April  1787, 

vom  Schweriner 
Goldschmied  Finck 
(®)'  nennen. 
Alle  anileren  Stücke 
sind  neu,  danmter 
ein  1856  von  G»v  L 
((iustav  von  Lccrs) 

gestifteter  Kelch. 
Nach  alten  Mustern 

sind    die  beiden 
Leuchter  mit  roma- 
ni.schen  Drachen- 
fü.ssen  hergestellt. 

Der  frühiTc 
Barock  -  Altar 
stammte   aus  dem 
Jahre     1728,  als 
Joh.  Jakol)  Pagen- 
kop    Pastor  war. 
Der    ahe  Beicht- 
stuhl  von  17  13  trug 
Heinrich  von   Barse  und  .seiner  Gattin  Fr.  Kathar. 
Die  Kanzel  war  ein  Werk  von  1685  mit  den  Namen 
und  seiner  l'Vau  Anna  Margaretha,  geh.  Biichholt/. 


Taiif  licckcn. 


die  Namen  des  Jürgen 
Dorothea  von  Plüskow. 
des  Matthias  Oldenburg 
Vgl.  Inventar  von  181 1 


Die  Kirchdörfer  Gross-Eichsen  und  MUhlen-Eichsen. 


Das  Kirchdorf  Gross-Eichsen. 

ro.ss-I'jchscn,  im  XII.  und  XIII.  Jahrhimdcrt  einfach  Richsen,  d.  h.  ohne  Geschichte 
Zusatz  von  »Gro.ss«  und    Mühlen«,  geheis.scn,  [lixem,  Kkesscm,  lixcn,  der  beiden 
ICixen,   nach   Kühnel   mit  dem   polnischen  Wortstamm   kc?,   kciec,  keimen,  j^"^'' 
spries.sen,   zu  verbinden   und   zu  vergleichen   mit  dem  Ortsnamen  Kczewo, 
deutsch  Kxau,')]  gehört  schon  im  Jahre  1194  zu  den  Parochien  der  Ratze- 
burger Diöcese,  steht  aber  als  ein  Stück  von  der  »prouintia  Szucrin«  unter 

')  .M.  Jalirl».  S.  44.    l'cliLT  <lcii  Ziis.iiiinieiih.nif;  der  iillcii  niccklenlmr(;i>chcii  .\dels- 

familic  vi>n  Ki\en  mit  Dorf  timl  <!ul  Cniss  ■  KicIim-ii  yiclii  die  l'rkuiiile  2J(I  im  M.  L'.-H.  einen 
Kingcryeiy.    Keriier  die  Kes^'islcr  <le>  t'rkuiidL-iihuches.    V(;l.  Crull,  M.  Jahrl».  1^11,  !>.  48  (lo). 


494 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GADEBUSCH, 


der  weltlichen  Herrschaft  der  Grafen  von  Schwerin.')  Damals  und  noch  lange 
nachher  scheint  das  angrenzende  nahegelegene  Kirchdorf  Mühlen-Richsen  nichts 
weiter  als  ein  Mühlengchöft  (molcndinum)  gewesen  zu  sein,  dessen  Name  Mol- 
necsen  urkundlich  am  2,  April  1283  zum  ersten  Mal  vorkommt,  während  Gross- 
Eichscn  als  Magna  Eixen,  das  dann  wieder  Tür  Molnccsen  den  freilich  nicht 
zu  rechter  Geltung  gelangten  Namen  Lütken-  oder  Klein -Eichsen  her\'orgerufen 
hat,  am  13.  Januar  1357  zum  ersten  Mal  genannt  wird.*)  Wie  nun  um  das 
Jahr  1 200  durch  eine  Schenkung  der  Grafen  von  Schwerin  der  Johannitcr-Orden 
von  Werben  in  der  Altmark  her  ins  I^nd  kommt  und  die  Dörfer  Sülstorf, 
Goddin,  Eichsen  und  Moraas  gewinnt,  tlcncn  dann  weitere  Erwerbungen  folgen; 
wie  darauf  der  Orden  die  Hcu  irthschaftung  seiner  Güter  so  gestaltet,  dass  sich 
der  Schwerpunkt  von  Sülstorf  nach  Kraak  verschiebt  und  hier  der  Sitz  eines 


Klick  auf  (ir<»s- Eichsen. 

Komthurs  entsteht,  nachdem  die  Verwaltung  von  Werben  aus  zu  schwierig  ge- 
worden; wie  dann  schon  vor  1283  auch  Mühlen  l%ich.sen  ein  Kirchdorf  geworden, 
und  sich  über  die  Patronatsrechtc  zwischen  dem  Ratzcburger  Bischof  und  dem 
Orden  ein  Streit  erhebt,  der  am  2.  April  1283  dahin  geschlichtet  wird,  dass 
der  Orden  über  beide  Kirchen  dauernd  das  Patronat  gewinnt;  wie  dann 
(entweder  bald  darauf,  oder  vielleicht  auch  schon  vor  diesem  Streit)  unter 
dem  Komthur  in  Kraak  das  überaus  malerisch  hoch  oben  am  Ufer  eines  der 
waldbegrenzten  Stepnitz -Seen  gelegene  Dorf  Gross- Eichsen  zum  Sitz  eines 
Priors  und  eines  Theils  der  Rruderschaft  des  Ordens  erwählt  wird;  wie  hier, 
nahe  der  schlichten  Dorfkirchc  in  Mijhlcn  -  luch.sen,  eine  vornehme  grosse 
Kirche  entsteht,  deren  angebaute  Hallen  schon  von  weitem  den  Schein  einer 
Kreuzkirchc  erwecken,  ja  die  sogar  im  XVI.  Jahrhundert  als  »Münster  zu 
Gross -Eixen«  bezeichnet  wird,  und  in  der  täglich  die  Horae  canonicae  »de 

')  .M.  l'.  l!.  154.  24S.    kischc,  (Icsch.  d.  CrafNchafl  Scliwcriii,  S.  60. 
»;  .M.  V.  U.  375  (S.  370).  S305.    M.  J.nlir1..  .\.\.  S.  260. 


KIRCHDORF  GROSS- EICKSEN. 


495 


szoven  ^r^ten  tj  den  aise  bcnoniclikcn  Mette,  Iruulcs  l'rinu-,  Tcrtic,  Sexte  vnd 
hochmy.sse,  None,  Vesper  vndc  Nachszanck  alle  daghe  tho  evvygen  tyden 
inc^cn  gesungen  vnde  holden  werdenc;  wie  ^diaen  allnrilhUdi  za  mem  weit 
und  breit  berühmten  Wallfahrtsort  wird,  dessen  hohe  Feste,  nach  dem  Ueber 
gange  der  Grafschaft  an  die  Landesherren,  auch  von  der  herzoglichen  I'amilie 
oft  besucht  werden,  und  wie  besonders  der  Prior  Johann  Wulff  im  Heginn 
des  XVI.  Jahrhunderts  ein  ausgezeichnetes  Regiment  fuhrt;  wie  nacliher  aber 
zur  Zeit  der  Reformation  die  Auflosung  kommt,  bis  zum  Jahre  1552  der 
Schweriner  Domherr  Paschen  Gustave!')  eine  2^it  lang  Inhaber  von  »Pnor- 
Eixenc  wird  und  nachher  der  herzogliche  Kanzler  und  Rath  Johann  Lucka 
das  Gut  Gross-Eichaen  mit  Ablager  und  alten  Gerechtigkdten  erhält  und  der 
Flerzog  Johann  Allwecht  sich  nur  die  hohe  Obrigkeik,  Steuer,  I><'indfolge  und 
Jagd,  sowie  einige  zum  Amt  Schwerin  gehörige  Hauern  vorbehält,  sechs  Jahre 
spater  aber  mittels  eiiirs  IVrimitationskontraktes  mit  seinem  Kanzler  das  Gut 
zurücknimmt  und  1560  seiner  Gemahlin  Anna  S»>phic  von  Hrandenburg  (7  1591) 
als  Privateigenthum  verschreibt:  —  alles  das  hat  Usch  in  einem  seiner  vielen 
vorzüglichen  Aufsätze  zur  Landesgeschichte  in  urkundlich  gut  hegründtier  und 
anschaulicher  Weise  erzahlt:  M.  Jahrb.  I,  S.  I — 80,  197 — 229:  Gesch.  d. 
Konithurei  Kraak  und  der  Priorei  Mixen.*) 

I'iir  die  weitere  (leschichte  beider  Dörfer,  Gross-  und  Mühlen  lüchscn, 
ist  hmzuzufügen,  dass  Gross-Eichsen  c.  p.,  d.  i.  dem  ÜurfGuddin,  dem  wüsten 
Erbe  zu  Seefeld  und  dem  kleinen  See  daselbst,  sowie  mitsammt  dem  Kirchlehn, 
im  Antoni-Termin  des  Jahres  1592  vom  Herzog  Johann  zu  Mecklenburg  unter 
Zustimmung  der  Herzöge  Ulrich  und  Sigismund  August  als  Allod  Pur  die 
Summe  von  10500  fl.  an  Kurt  von  Sperling  auf  Kiiting,  Mühlen  luchsen  aber 
nebst  Hauleuten  und  Kossäten,  und  ebenfalls  mitsanmit  dem  Kirchlehn,  am 
Michaelis -Tage  1639  vom  Herzog  Adolf  Friedrich  an  den  Gadebuschcr  Amt- 
mann Andreas  Hundt  und  dessen  Erben  als  Allod  liir  die  Summe  von  8650  fl. 
verkauft  werden.  Die  Familie  von  Sperling  bleibt  bis  1659  auf  Gross-Eichsen. 
Ihr  folgt  Herr  Joachim  von  Rantzau  bis  1670.  Von  1671  bis  1728  aber  finden 

•)  M.  Jahrb.  V,  S.  270. 

*)  Nelien  dem  Johmraiter-Orden  haben  auch  AikUtc  im  XIII.  und  XIV.  Jahrhundert  Besitz 
in  Gro^v  Kk-|i>-»'ii  :  »)  um  1217  und  RpXter  t\:\-  ÜiMbiini  in  k.atri'lMir-,'.  welclios  jenen  Besitz  antritt, 
den  lleiorich  von  Eixcii  (;clial>t  hat;  ferner  um  laSO  und  >i)iiter  das  Ratzcburgcr  Domkapitel. 
Am  13.  Januar  1357  vemchfeilit  Oho  Graf  von  Scbwenn  seinem  Marschall  und  Buismann  IfenninK 
Ilallier>.|.id(  für  t-inf  Srhiild  ilio  llcdi-  ans  niohit-rfn  Iti'itferii,  ilanintcr  niu-h  die  au^  ( Iro-is  Eich'^en. 
l'm  1497  hat  auch  Matthias  von  Ocrtzuii  ein  Erbe  daselhbt,  um  150Ü  verkauft  er  aber  alle  seine 
Guter  und  Iliife  an  den  IVior  Johannes  WulflT.  Jedoch  1571  erhebt  die  Familie  von  Oertzeo 
AnspriiclH'  auf  Aiilluilo  .111  (Iro-.-  ICichscn  beim  Ilc  r.  oi,'  Johann  Alhrcclit ,  der  dii-  Sache  15/2 
reguliert  und  dc>scn  Naclifolj^or  >ie  1591  mit  Cicld  abiindct.  Vgl.  M.  U.-lt.  231.  ^3^5* 
Lisch,  M.  Jahrb.  I,  S.  56.  62.  63.  —  Auch  in  MUhlen- Eicksen  giebt  es  verschiedenen  Privatbesiti 
in  alter  Zeit.  Um  1335  trelTea  wir  dort  den  Bolto  llasenkopf  als  Vasall  des  Bischofs  \  on  kotze- 
barg  und  um  139S  den  (lerold  !la-ink<>i>f,  dfm  Horf  und  Miihle  von  (»Ito  Hejenflied  vcrjifändet 
waren.  Gerold  lla$cnko|>f  ülicrlä.ssl  al)cr  beide  im  Jahr  139S  dem  Koniu  Albrecht  von  Schweden. 
Dieser  veipOndet  sie  daranf  smnmt  dem  Dorf  Rogahn  ta  Gttmpert  von  Ltttzow  md  liiet  sie  im 
Jahre  1407  wieder  dn.   Vgl.  U.  U.-B.  5613.   Akten  im  Grossh.  Arehhr  von  1398  und  1407. 


496 


AMTSGBRICUTSBBZIRK  GADEBUSCH. 


wir  dort  die  Herren  von  Stralendorf,  und  nachher  von  1728  bis  1781  die  Familie 
von  Schwartz,')  die  auch  schon  seit  1680  im  Besitz  von  Mühlen -Eichsen  ist, 
wo  ne  die  Familie  Hundt  abgelöst  hat.  Auf  die  Herren  von  Sdiwartz  folgt 
im  Bentz  beider  Güter  der  Gelieimrath  von  Thienen*)  bis  zum  Jahre  1790, 
dann  von  1791  an  der  Drost  Franz  Julius  von  Könemann,  von  dessen  Ert>en 
beide  Güter  im  Jahre  1817  an  die  Familie  von  Lcers  gelangen,  die  sie  auch 
heute  noch  innc  hat. 

Ueber  die  Tfarrcr  des  Mittelalters  in  Eichsen  erfahren  wir  gar  nichts. 
Hier  flieasen  die  Quellen  erst  von  der  Reformationsaeit  an  in  den  Kirchen- 
visitationsprotokollen und  sonstigen  Kirchenakten  etwas  reichlicher.  In  der 
Zeit  zwischen  1534  und  1542,  wahrscheinlidi  audi  schon  vorher  und  nachher, 
ist  Kurt  Schulte  Kirchherr  im  Sinne  der  neuen  T.ehre.  Damals  verleiht  noch 
der  l'rior  Matthias  Kole  (der  letze  Prior)  von  Gross -Eichsen  die  Pfarre  in 
Mühlen -Eichsen.')  1572,  zur  Zeit  der  Herzogin  Anna  Sophie  (f  IS91)  als 
Besitzerin  und  I^tronin,  ist  Christian  Wartenberg  Pastor  m  Grosa-Eiduen. 
Sein  Nachfolger  ist  Johannes  Müller  bis  Ostern  1591.  Diesem  folgt  fiir  kurze 
Zeit  Joachim  Schcrff  (Scharffius).  Nach  ihm  kommt  1604  Paul  Marckmann,  der 
als  Pastor  beider  Kirchen  seinen  Wohnsitz  nachweislich  in  Mühlen  -  Eichsen  hat. 
Ohne  Zweifel  ist  das  auch  schon  mit  seinem  Vorcjänfjer  der  Fall.*)  Auf 
Marckmann  folgt  Johann  Hägen  von  1624  bis  1668  (oder  1669).  Von  1670 
bis  1700  ist  Joachim  Viccius  Pastor,  von  1701  bis  1741  Nikolaus  Ad.  Frieling, 
von  1743  bis  1762  Job.  Karl  Petersen,  von  1764  bis  1782  Karl  Christoph 
SchlaafT,  von  1783  bis  1801  Samuel  Emst  Boccius.  Ueber  ihn  und  sdne 
Nachfolger  im  XIX.  Jahrhundert  vgl.  Walter  a.  a.  O.  Seit  1728  ist  das  Patronat 
in  einer  Hand;  vorher  waren  fiir  die  Kirche  zu  Gross -Eichsen  die  zwischen 
>593  ""d  1728  genannten  Besitzer  des  Gutes  Gross Michsen  die  Patrone  und 
für  die  Kirche  zu  Mühlen- Eiclisen  die  zwischen  1639  und  1728  genannten 
Besitzer.  Vor  1593  und  beziehungsweise  1639  waren  die  Patrcmate  als  Erb- 
schaft des  Priorats  in  den  Händen  der  landesherrlidien  Familie. 

Kirche.  Die  Kirche  zu  Gross  -  Eich.scn  ist  ein  mit  Strebepfeilern  bewehrter  gothi- 

scher  IJackstcinbau  auf  Grumllage  eines  länglichen  einschiffigen  Vierecks  mit 

')  Von  den  .'^trak-iulnrir-.chcii  Krlieii  kcIiI  (;ni<.s  ■  Eichten  nicht  direkt  an  die  Herren 
von  .Schwarti  Uber.  Der  Käufer  ist  der  (.>l»er.«tlieutenant  von  Wiuendorff  auf  VccHwikcn  und 
Webelafelde,  der  du  Gut  gleich  wieder  weiter  giebt.  —  Nicht  ein  Herr  von  Kantzau  ist  es,  der, 
\\\c  knnln'  unii  nach  ihm  (Juaile  in  ■«finer  M.  N  nturland'-kuiiiU'  an^i<-1>l .  >-ich  175'  AHoili.iütäl 
von  (iross- Eich.scn  bolüligcn  läsal,  sondern  die  l'amilic  von  Schwartz.  Major  Hermann  Uideun 
von  Sehwatrtz  sucht  darum  nach,  stirht  aber  vorher;  »ein  Sohn,  der  Major  Heinrich  Peter 
von  Schwärt/,  UiMi  l  1752  d-is  lloma^ium. 

*)  Auch  dieser  kauft  die  lieidcn  Guter  nicht  direkt  au»  der  Schwartz'&chen  Debitma&üe. 
AU  ZwisehenkSnrer,  der  nie  gleich  weiter  giel»t,  tritt  hier  der  Amtmann  Hennings  auf. 

*)  Lisch,  .M.  Jahrb.  I.  S.  56.  57.    XXXVIII,  S.  24. 

*)  Vj^l.  die  Kh-^e  do-.  ].  SchrrfT  im  K!rch<Mn  i-il:ilii>n^lirii(<>ki  ill  vim  I  i^rh.  M.  Jahrb.  1. 

S.  58,  Anrnkg.  3.  1594  war  •.äninitlichc-.  Priorei  (iut  >iikidari-iert  und  auch  die  l'l'arrc  aufjjehoben 
und  tn  der  in  Mtlhlen-EichMn  gelegt.  In  Cleemann's  Kepert.  universale  werden  Christian  Waiteo- 
berg,  Johannes  Mutier,  Joachim  Scherff  und  Paul  Marckmann  nicht  genannt 


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KIRCHDORF  GROSS  -  KICIISEN. 


497 


einem  Chorschhiss  aus  dem  Achteck,  mit  je  einer  angebauten  Halle  auf  der 
Nord-  und  Südseite,  wodurcli  das  (ianzc  von  aussen  her  den  Anschein  einer 
Kreuzkirche  erhalt,  und  mit  einem  im  Westen  vorgelegten  Thurm,  dessen 
abgcwalmtcs  Satteldach  gleich  oberhalb  des  Firstes  der  Kirche  ansetzt.  Auf 
dem  westlichen  I'.ndc  tlieses  Thurmdach -Firstes  ein  Hahn,  auf  dem  östlichen 
ein  grosses  Johanniter -Kreuz.  Den  inneren,  von  zueithciligen  Spitzbogen- 
fcn.stern  erleuchteten  Räumen  der  Kirche,  dem  Chor,  dem  Langhause  und  den 
hiemit  in  gleicher  Hohe  aufgeführten  beiden  Hallen')  fehlt  die  steinerne 
Wölbung,  wohl  aber  gicbt  es  Ansätze  dazu  an  den  Wänden.  Ob  sie  inde.s.scn 
einst  vorhanden  war,  oder  ob  man  blos  die  Absicht  hatte,  sie  herzustellen. 


Kirche  zu  Ciro^s-Eichscn. 


sobald  die  Umstände  dazu  gegeben  sein  würden,  ist  nicht  zu  sagen.  Nur 
die  Thurmhallc  besitzt  ein  Kreuzgewölbe,  unter  dem  die  Orgel  steht.  Die 
.südliche  I  lalle  hat  eine  die  Breite  des  ganzen  Raumes  einnehmende  Fmpore, 
die  nördliche  hat  sich  den  Finbau  einer  Sakristei  gefallen  lassen  müssen,  ist 
im  Ucbrigcn  von  innen  her  tkirch  eine  Mauer  geschlossen  un<l  hat  dadurch 
ihre  ehemalige  Bedeutung  als  nördliche  Fnveiterung  des  Schiffes  im  Wesent- 
lichen verloren.  Immerhin  aber  macht  der  ganze  Raum  den  Findruck  einer 
über  gewöhnliche  Verhältnisse  hinau.sgchenden  Kirche. 

Altar.  Dir  im  Jahre  1698  errichtete  Altar- Aufsatz  ist  ein  Werk  des 
Barockstils  mit  einer  Basis  und  zwei  Stockwerken.  Die  Basis  zeigt  das  Ge- 
mälde der  Abendmahlscinsctzung  und  daneben  heraldisch  rechts  das  W'appen 


'i  l>tc  ntif  iler  .VnnlHcitc  h.it  eine  im  ( icNclimai.:!;  «Icr  Keiüti.Nsaiici:  mit  KaiiLcti-  uiui 

blaUwcrk  in  (ir.iu  tind  .S.'hwar/  Itcmallc  Hobilcckc. 

32 


498 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GADEBÜSClI. 


Kanzel. 


des  Stifters  ULRICH  VON  STRALENDORFF,  links  da.s  von  des.sen  Gattin 
MARGARETHA  VON  PLESSEN.  Im  Hauptstockwerk  drei  Rildcr:  in  der  Mitte 
die  Kreuzigung,  als  seitliche  Einfassungen  aber  die  Bergpredigt  und  die  Gesetz- 
gebung, sowie  zwei  geschnitzte  Figuren,  l'aulus  mit  dem  Schwert  und  Johannes 
der  Täufer  mit  der  Krcuzcsfahnc.  Im  zweiten  Stockwerk  die  Himmelfahrt, 
und  als  Einfa-ssung  wieder  zwei  geschnitzte  Figuren,  Petrus  mit  dem  Schlüssel 
und  Johannes  Evangelista  mit  einem 
Spruchband.  Als  oberste  Bekrönimg 
endlich  eine  geschnitzte  Engclgruppc. 
—  Die  Altarschranken  sind  von  1691 
und  dementsprechend  auch  etwas 
.strenger  im  Stil  als  der  Aufsatz, 
obwohl  auch  dieser  als  ein  gutes 
Werk  des  gemässigten  Barockstils 
zu  bezeichnen  ist. 

Die  Kanzet  ist  ein  Werk  im 
Spätrenaissancestil  von  1680.  An 
ihrer  Brüstung  die  Bilder  der  vier 
Evangelisten  sowie  die  der  erhöhten 
Schlange  des  Moses,  der  Kreuzigung 
Christi,  der  Darstellung  von  Gesetz  und 
Evangelium  in  den  beiden  Gestalten 
des  Moses  mit  der  Gcsctzestafcl  und 
des  Heilandes  als  triumphierender 
Salvator  mundi,  als  auch  endlich 
dieselben  \\  ai)pen,  die  der  Altar  hat. 
An  der  Hinterwand  des  IVedigtstuhls 

das    etwas    verwischte    Bild    eines  «'rgel  zu  (;ross>Eichs«:n. 

Seraphs  mit  Zange  und  Kohle,  die  er  einem  Betenden  in  den  Mund  giebt. 


Orgel.  Orgel.    Ilüb.schcr   Orgelprospekt   im   Spätrenai.s.sance  -  Stil ,   mit  vor- 

springcn<lem  Unter-  und  zurücktretendem  Ober -Prospekt.  In  den  acht  Feldern 
der  Brü.stung  allerlei  gemaltes  Bildwerk  von  verschiedenen  Musikinstrumenten, 
und  aasserdem  das  Wappen  des  BERENT  JOCHIM  VON  STRALENDORFF,  der 
nach  Angabe  des  Kirchenbuches  von  1671  an  Patron  der  Kirche  war.  An 
der  Treppenthür  und  Treppe  zur  Orgel  vier  gemalte  musicierendc  Engel. 

Chor-  Chorgestühl.    Zwei  massiv  aus  P'ichcnholz  hergestellte  Sitzreihen  mit 

gestiihl.  je  acht  Platzen  zieren  den  Chor  der  Kirche,  die  eine  auf  der  nördlichen,  die 
andere  auf  der  südlichen  Seite.  Ihre  Baldachine  zeigen  durchbrochenes 
gothischcs  Schnitzwerk,  das  aus  dem  Anfange  des  XVI.  Jahrhimderts  stammt. 
Auf  das  XVI.  Jahrhundert  führt  auch  das  den  Prior  Johannes  Wulff  (s.  o. 
S.  <J95)  andeutende  Bild  des  Wolfes,  den  wir  auf  der  Nordscite  als  Gegenbild 


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KIRCHIXJRF  GROSS -EICHSEN. 


499 


ZU  dem  Johanniterkreuz  finden,  und  zwar  so,  dass  Kreuz  und  Woli  als  Ver- 
zierungen der  innern  Wangen  erscheinen  (das  eine  Hild  im  ersten,  das  andere 
im  achten  Sitz).  Ausserdem  kommt  das  Hild  des  Wolfes  auch  im  Schnitzwerk 
der  Baldachine  jeder  Seite  je  einmal  vor.  Im  Gestühl  der  Südseite  die  aus 
Holz  geschnitzten  Wappen  des  Kirchenpatrons  Moritz  von  Leert  und  seiner 
Gattin  Lcontine  von  Langenn -Steinkeller.  Die  Hrüstungen  der  Stühle  stammen 
aus  neuerer  Zeit. 

Triumphkreuz.     Hinter   dem  Altar  das  alte  Triumphkreuz  mit  den 
Hvangelisten- Symbolen,  von  denen  eins,  das  des  Matthacus,  verschwunden  ist. 
Anscheinend  späte  Arbeit  vom  Ende  des  XV.  oder  Anfang  des  XV^I.  Jahr- 
hunderts. 


o.tf 


Fttnte.    Im  Innern  der  Kirche, 
an   deren    Nordwestendc,    der  alte 


Triumph- 
kreuz. 


Füntc. 


(iranit  -  Fttnte. 


Vereinzeltes  Kapitell  aus  K.alksti!in. 


Granit -Taufstein  aus  den  ersten  Zeiten  der  Priorei,  dreiviertel  Meter  im  Durch- 
nicsscr  haltend  und  ruhend  auf  einer  Itasis,  die  mit  biirtigcn  Men.schen-  und 
V\'iddcrköpfen  verziert  ist 

Glocken.   Im  Thurm  zwei  Glocken.   Beide  Glocken  tragen  die  Namen  und  Glocken. 
Wappen  dos  ULRICH  VON  STRALENDORFF  und  seiner  Gattin  MARGARETHE 
VON  PLESSEN.    Die  grö.sserc  hat  dazu  die  Inschrift;   IN  lESV  NOMINIS  SANC- 
TISSIMI   GLORIAM    HAEC  CAMPANA   EX   AERARIO  TEMPLI   RENOVATA  EST 
FINIBVS  1680  und  das  Chronogramm : 

paX  aVrea  DenVo  fLorere  CoepIt  In  gerManIae  fInIbVs. 

Dann  folgt  ein  Spruch  aus  Psalm  79.  Als  Giesser  nennt  sich  auf  dieser  wie 
auf  der  zweiten  Glocke  Joachim  Mehler- Schwerin.  Diese  zweite  kleinere  Glocke 
ist  ein  Jahr  früher,  1679,  aus  einer  älteren  umgegossen  und  enthält  ausser  den 
schon  genannten  Angaben  Sprüche  aus  Psalm  2S  und  29. 

32» 


j     ,  i  y  Google 


500 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GADKBUSCH. 


Wappen-  Wappentafel.     Xeben   der  Kanzel   eine    in  die  Wand  eint^emauerte 

tafcl.  steinerne  Tafel  mit  dem  Schöne  ich 'sehen  Wappen  (Rosette  mit  acht  b.ichen- 
blättern).  Eine  dariibcr  angebrachte  Inschrift  ist  durch  mehrfache  Kalk- 
übertünchung  so  undeutlich  {jewordcn,  dass  sie  nicht  mehr  zu  entziffern  ist. 

Eine  zweite,  und  zwar  eine  schönere  steinerne  Wappentafel  des  Kanz- 
lers C.  von  Schöncich  bewahrt  das  (Irossherzoglirhe  Museum.  Nach  münd- 
licher Ueberlieferung  hat  I-isch  die.se  im  Jahre  1536,  elf  Jahre  vor  «lern 
Tode  des  Kanzlers  an- 
gefertigte Tafel  in  der 
llauhüttc,  welche  früher 
auf  dein  Museums-CIrund- 
stück  stand  und  worin 
die    Pläne    für  den 

Schlossbau  bearbeitet 

wurden,  aufgefunden. 

Die    Anordnung  der 
Wappen  und  ihre  Ver- 
theilung  erinnert  lebhaft 
an  das  schöne  bronzene 
Kpitaph    der  Herzogin 

Helene  im  Dom  zu 
Schwerin,  das  Ende  der 
zwanziger  Jahre  des  XVI. 
Jahrhimderts  von  Peter 
Vischer  in  Nürnberg  ge- 
gossen wurde,  und  wozu 
der  Kanzler  von  Schön- 
eich den  Auftrag  gab. 
Golhischer  Stil  noch  in 

den   Helm  decken,  in 
allem  Uebrigen  aber,  in 

den  Kartouschen  mit 
Spruchen ,    den  Engcl- 
putten  und  den  Formen 
der  Wappenschilde  kün- 
digt sich  bereits  die 
Renaissance  an.     Die  oberen  Sprüche  lauten: 

.^i  btu^  pro  notjiä  ph\\^  roiitr.i  iiop  >  Xät  ürpiingc  iTofrnn  • 
C  •  b  •  ..^iljoiicidj  511  ^rtjomifclt  • 

Die  unteren  Sprüche  lauten: 

jlilor?  bltfliH  fl  Mino,  rcjcit  •  ^)|JCÖ  nica  in  bco  •  C  •  Ii  •  ^  • 

In  derselben  Bauhütte  war  auch  der  schimc  Marmor -Altar  aufgestellt,  der 
beim  Anbau  des  gothischen  Chors  an  die  Schlosskirche  aus  dieser  entfernt 
imd  später  dem  Museunt  überwiesen  worden  war.  Es  ist  deshalb  die  Frage 
bcrerhtigt,  ob  nicht  auch  das  daneben  aufgestellte  Wap|>en  ein  Srhmuck  der 
Schlosskirchc  war.  Dass  auch  noch  andere  Tafeln  der  Kenaissance  ehemals 
der  Schlosskirche  angehörten,  wird  sich  weiter  unten  (Schwerin)  zeigen. 

Grabsteine.  Grabsteine,    i .  Stein  des  herzof^lichen  Kanzlers  Caspar  von  Schöneich 

und  seiner  Gattin.  Der  Stein  enthalt  aus.«;er  dem  Schöncich'schen  und  Parkentin- 
schen  Wappen  die  Inschrift:    MEMORIAE  .  DEFVNCTORVM  .  CASPAR  .  VON  • 


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\Va]>|>ciil;ifel  tle>  KaiizlcrN  C  von  .Schüiieich. 
(Im  (irossh.  Museum.) 


KIRCHDORF  GROSS -EICKSEN. 


501 


SCHONEICH  •  ELSA  •  PARCKENTIN  •  BALTASAR  •  DE  «  SCHONEICH  •  PATRI  • 
ATQUE  •  MATRI  •  HOC  •  MONVMENTVM  .  POSVIT  •  ANNO  1603  • 

»Caspar  von  S<  huiit-K  Ii  und  seine  Kinder  l>esassen  diirt  Ii  die  Dankbar- 
keil der  Herzoge  Heinrich  und  Albrccht  in  der  Gegend  von  Eichsen  die  Güter 
Schönfeld  (als  Hauptgut),  Seefeld,  Santow  und  Wieschendorff  und  Antheil 
in  Wcbclsfelde  und  WiKtcnniark.  Xf^l,  \tm  I,iif/fi\v,  Mecklenb.  Gesch.  II,  S.  510 
und  331  und  Iii,  S.  91.  In  den  Kir<  hspielen  Eixcn  famten  also  die  thätigsten 
Minister  des  XVI.  Jahrhunderts  (Caspar  von  Schöneich  und  Johaim  von  Lucka) 
ihren  Lohn  in  Gütern,  welche  kaum  schöner  im  Lande  gefunden  werden.« 
Lisch,  M.  Jahrb.  I,  S.  67. 

2.  Stein  des  B.  J.  von  Bfilow  mit  Hülow'schem  Wappen:  Inschrift: 
VIRO  GENEROSSIMO  •  BERNHARDO  •  JOACHIMO  •  VON  BOLOW  •  CAMMINI  • 
DUSSINI.WENDELSTORFII  •  DOMINE.  HAEREDITARIO  •  TRIUM  •  FILIORUM  • 
FILIARUMQUE  •  PATRI  •  AMANTISSIMO  •  NATO  •  A  •  R  •  S  •  MDCCIV  •  ' 
DENATO  •  MDCCLXXIX  HOCCE  •  SEPULCRI  •  MONUMENTUM  •  FlUUS  •  NATU  • 
MINIMUS  •  BERNHARDU8  •  JOACHIMUS  •  8ER  •  DUCI8  •  MEQAPOL  •  CLA- 

VIGER  •  WENDELSTORFIi  •  0YNA8TA  •  PONENDUM  •  CURAVIT  • 

Wendelstorf  gehört  zu  den  nach  GrosS'Eichsen  hin  eingepfarrten  Gatem. 

3.  Stein  des  Ulrich  von  StralendorfT  und  seiner  dcmaliliii  Margaretha 
von  Plcaaen,  mit  dem  Wappen  beider  und  der  Inschrift:  HIER  RVHET  SEELIQ 
IN  GOTT  OER  WEILANO  HOCHWOLLGEBOHRNER  HERR  HERR  ULRICH  VON 
STRALENDORFF  HOCHFORSTUCH  MECKLENBVRG8CHER  GEWESENER  LAND- 
RATH VND  HOFGERICHTSPRAESIDENDT  AVCH  DER  KIRCHEN  PATRONVS 
ERBHERR  AVF  GROSSEN  EICHSEN  GREVEN  VND  GAMEHL  GEBOHREN  ANNO 
1641  DEN  21  OCTOBER  GESTORBEN  1699  DEN  12  NOVEMBER  NEBST  DESSEN 
SEEUGER  EHELIBSTE  DIE  AVCH  WEILAND  HOCHWOLGEBOHRNE  FRAVW 
FRAVW  MARGARETA  VON  PLESSEN  VOM  HAV8E  DAMSHAGEN  GEBOHREN 
ANNO  1645  DEN  19  DECEMBER  GESTORBEN  1708  DEN  10  JVNY  WELCHE 
DIESES  ERBBEGRÄBNIS  ZV  EINER  RVHESTETTE  VOR  SICH  VND  DIE  IHRIGEN 
HABEN  VERFERTIGEN  VND  ERBAVEN  LASSEN  DEREN  GEDÄCHTNIS  BEY 
ALLEN  FROMMEN  MVS  EIN  SEGEN  SEIN.  Dazu  oben  und  seitwärts  Bibel- 
üpruclic  und  die  Aufforderung,  die  Ruhe  nicht  /u  stören. 

Eine  Störung  hat  dennoch  stattgehabt,  denn  diese  drei  jetzt  in  die  üst- 
wand  der  SQdhalle  eingemauerten  Grabsteine  lagen  früher  vor  dem  Altar  über 
Gral  >ge wölben,  welche  bei  der  Restaurierung  der  Kirdie  im  Jahre  1867  zu- 
geschüttet  wurden. 

4.  Stein  des  J.  J.  v»n  Leen  und  seiner  Gemahlin.   Vgl.  S.  $04. 

Glasmalereien.    In  ein  kleiui  ,  in  der  Wand  zwischen  Sakristei  und  Glas- 
I.anghaiis  befindliches   I*"enstcr  sinti   dixi  Scheiben   mit  Glasmalereien  ein-  maiereien, 
gelassen,  die  sich  vor  der  Restaurierung  der  Kirche  in  einem  der  Fenster  auf 
der  Südseite  des  Langhauses  befanden.   Man  sieht  auf  einer  der  drei  In  Bld 
gefassten  ovalen  Scheiben  (0,13  x  0,10)  die  Justitia  mit  Waage  und  Schwert; 


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502 


AMTSGEklCHTSBEZIRK  GADEBUSCH. 


Kieinkunst- 
wcrkc. 


auf  der  andern  einen  Hirten  mit  Schafen,  darunter  die  Inschrift:  ANTONIUS 
LEHMKVHL  1673;  :uif  der  dritten  in  einem  Kranze  die  Inschrift:  ANTONS 
LEHMKVHL  ANNO  1680. 

Kleinkunstwerke.  Die  Vasa  sacra  werden  nicht  hier,  sondern  in 
Mühlen -I-ichsen  aufbewahrt.  Aber  an  Ort  und  Stelle  sind  l.  eine  in  Messing 
getriebene  Taufschale  mit  einfachen  Randverzierungen  und  der  Inschrift: 
ELSE  :•  TRIN  HALVER  j-  STAT  j-  ANNO  -i  1670  :  ');  2.  und  3.  zwei  59  cm 
hohe  Zinnleuchter,  deren  Basis  auf  drei  Löwenklaucn  ruht,  deren  Stempel 
aber  nicht  zu  finden  waren ; 

4.  eine  vom  Kammerjunker 
VON  LEERS-Schönfcld 

(Oktober  1890)  gestiftete 
silberne  VVeinkannc  und 

5,  und  6.  zwei  Altardccken, 
eine  vom  Jahre  1706  aus 
grüner    Seide    mit  dem 

STR A  LE  N  DO  R  FF  sehen 
Wappen   und   eine  vom 
Jahre    1776  aus  blauem 
Sammct  mit  dem  BÜLOW- 
schen  Wappen. 

:<Im  Anfange  des 

XVII.  Jahrhundert.s 
war    in  (Iross-Ei.xen 
noch    ein  Wohnhaus 
mit  vier  Gemächern 
und  dabei  ein  langes, 

schmales  Haus, 
zwei  Stock  hoch  und 

elf  Gebinde  lang. 
Diese  Gebäude  waren 
wohl  die  Ritter- 


Kirche  und  Hof  i>u  Mühlen -Eichsen. 


Wohnungen,  sie  waren  jedoch  im  Jahre  1604  schon  alt  und  baufällig.« 
Lisch,  M.  Jahrb.  I,  S.  68. 


')  Die  hier  ),'cn.innlc  Ilsal»c  (EUe)  Katharina  von  llnIherstatU  ist  wnhrscheinhch  eine  (in 
den  (ieneah)(;icn  vtin  IIoinckhiiNcn  iinri  l'ont)'.  nicht  erwähnte)  Tochter  tlcs  Joachim  Friedrich 
von  I  lall>er>l;itU  auf  ilcm  nach  t  iross- Eichsen  ein>{cpfarrton  WcndcKlorf,  ilcr  .sich  am  10.  Juni  1668 
mil  Katharina  Maria,  Tochter  t\es  Johann  von  S^erUnj;  auf  Kul>ow  und  der  Il>abe  Sophia  von  Hüluw 
aus  (]cm  flanke  \\'cdcn<|orf,  vcrin.-nihc.  l'ie  Tochter  JK;ider  hatte  in  diesem  Kall  die  Namen  der 
.Mutter  und  <  Iros^niuttcr  erhalten.  L'tn  1670  lelite  der  Vater  als  Kanmierjunker  und  t  »herschenk  in 
Halle.  Das  würde  es  erklären,  wurum  die  llsalie  Katharina  im  Kirchcnhuch  vun  Gro^s-Eichscn 
nicht  zu  finden  ist. 


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KIRCHDORF  MÜHLEN  •  EICKSEN.  503 


Das  Kirchdorf  Mühlen  -  Eichsen. 


|ie  Kirche  in  Mühlen  -  Kichscn  ist  ein  auf  der  Griindlago  eines  länglichen 
Vierecks  errichteter  einschiffiger  Ziegelbau,  dessen  Inneres  von  einer 
einzigen  flachen  Halkcncleckc  überspannt  ist  und  von  spitzbogigcn  Fenstern 

erleuchtet  wird,  (jewölbe  waren 
nie  vorhanden  und  auch  nicht 
beabsichtigt,  wie  die  Anlage 
<ler  Mauern  ohne  Strebepfeiler 
zeigt.  Auch  fehlt  jeder  äussere 
Schmuck.  Der  dem  westlichen 
I'.nde  vorgebaute  Thurm  der 
Kirche  tragt  wie  der  in  Gro.ss- 
l'"ich.sen  ein  abgewalmtes  Sattel- 
dach. Durch  ihn  ein  Fingang 
zur  Kirche.  Zwei  andere  ICin- 
giinge  auf  der  Südseite,  vor 
dem  östlich  gelegenen  eine 
Vorhalle. 


Kirche. 


Altar.  Der  Altaraufsatz  Altar, 
ist  gleich  dem  in  Gross- Kichsen 
ein  Werk  des  Barockstils  und 
eine  Stiftung  des  naui)tmanns 
GEORG  VON  SCHWARTZ  und 
seiner  (iattin,  einer  geborenen 
VON  SU  HM,  aus  dem  Jahre 
1 7 1  I .  Die  Bilder  des  Abend- 
malils  in  der  Basis  und  der 
Kreuzigung  im  mittleren  Ilaupt- 
stock,  dazu  die  holzgeschnitzten 
Statuen  des  Moses,  Aaron,  der 
vier  l-".vangelistcn  und  des  Sal- 
vator  nuindi  als  oberste  Hc- 
kronung  (unter  diesem  ein  von  Kngcln  gehaltener  Kranz  mit  der  bekannten 
hebräischen  Jehova- Inschrift)  bilden  den  1  lauptschmuck  des  Werkes.  Natür- 
lich fehlen  auch  nicht  die  Wappen  des  gcnannteti  Rhcpaars. 

Kanzel.    Am  IVedigtstuhl   die  Schnitzfiguren  des  Christus  als  Welt-  Kanzel, 
hcrrscher  mit  der  Erdkugel,  des  l'etrus  und  des  Paulus. 

Der  Orgelprospekt  ist  dem  in  Gross  •  Kichscn  ähnlich.  Orgel. 

Glocken.    Von  den  beiden  (ilocken  hat  die  ältere  und  grössere  die  Cllockcn. 

Inschrift:  ?lniia  bomiiii  m'ccrc      %  tianicn  cjup  03.111119  ^  0  xtx  sloric 


Aliar  um)  Kanzel. 


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AMTSGERICHTSBEZIRK  GADEBUSCH. 


rriftc  belli  cum  liaCC. ')  Sie  hat  das  nebenstehende  Zeichen: 
V^gl.  o.  S.  414.  Die  kleinere  ist  1846  aus  einer  älteren  von  1480 
durch  P.  M.  Hausbrandt  umgegossen  worden.*) 

Gcsluhl.  Gestühl.    Als  Schmuck  des  Gestühls  mag  hier  das  von  kriegerischen 

Emblemen  umgebene  Schwartz'sche  Wappen  über  der  Webelsfelder  Empore 
genannt  werden;  ferner  dasselbe 
Wappen  (des  Georg  von  Schwartz) 
und  das  seiner  Gattin  Abigail 
Dorothea  Maria  von  Suhm,  suwie 
auch  das  des  J.  J.  von  Leers  und 
der  A.  T.  S.  Louise  von  Bischofs- 
hausen an  der  I'atronats  •  Fmiiore 
auf  der  Südseite  und  endlich  das 
des  Joachim  von  BernstorflT  vom 
Jahre  17  ii  an  der  Küting'schcn 
ICmpore  auf  der  Nordseite  der 
Kirche. 

Grabstein.  Grabstein.  Mitten  im  Gange 

der  Kirche  ein  leider  sehr  stark 
abgetretener  Grabstein  mit  der 
Sccne  der  Auferstehung  Christi  aus 
dem  von  drei  Hütern  bewachten 
Grabe.  Um  dies  Bild  herum  acht- 
zehn Kreise  mit  Wappenschilden. ^} 

Kleinkunst  Kleinkunstwerke,    i.  2.  3. 

werke.     4.  Kelch,  Tatene  und  runde  Oblaten-  pjBMBIMi^^^^^^^^^^™*™ 

dose  sind  ein  Geschenk  des  Pen-  Muhii-n-Kichscn. 
sionärs  STEINMANN  in  Rüting  (J«J«C»G»S«)  vom  Jahre  1798.  Schweriner 
Arbeit  von  | FINCK|  (?).  Auch  ein  kleiner  silberner  Krankenkelch  aus  dem- 
selben Jahre  gehört  hierher.^)  —  5.  6.  7.  Neu  sind  eine  messingene  Taufschüssel, 
geschenkt  1861  von  MORITZ  VON  LEERS  (Arbeit  von  Lenthe-Schwerin),  und 
eine  silberne  Kanne,  auch  ein  silberner  Kcichlöffel.  —  8.  9.  Zwei  grosse  zinnerne 
Leuchter.  Als  Werkzeichen  ein  gekröntes  Kreuz,  links  und  rechts  ein  l'alm- 
bäum,  dazu  die  Initialen  I  M  K  und  die  Jahreszahl  1755.  —  10.  Altardecke 
von  rothem  Plüsch  mit  den  Wappen  der  Familien  VON  SCHWARTZ  und 
VON  SUHM. 

')  L'cl>cr  <lcii  .Namen  ojAnna  v^^l.  «ntc  l  Hiickeiikuml»;,      21.  22. 

»)  Lisch.  M.  Jahrb.  I,  S.  68. 

V(jl.  o.  S,  2.^9  den  Stein  dos  I  )aiiiel  von  TMc-i^cn  in  Neuhiirg  \'on  1 5<)S.    I  Vr  Stein  in 
Mühlen -Kich>.cn  scheint  im  l'elirigcn  aSer  der  ersten  ll.ilfte  des  XV'Il.  J.ihrhuiulcrts  .nnzuRehiircn. 

*)  nie  .iltcti  vasa  s.tcra  wurden  1798  th<irtchtcr  Weise  verkauft:  zwei  Kro.>sc  vcrjjoldctc 
Kelche  nel»t  I'.ilenen.  Fin  dritter  Kelch  von  MiUc];;r(isse  wiinle  ni)ch  1874  verkauft,  tiesgleichen 
eine  i'atciie  mi  Jahre  187K. 


KIRCHDORF  GROSS-BROTZ. 


SOS 


Das  Kirchdorf  Gross -Briitz. 

]^  am  15.  Januar  1357  Graf  Otto  von  Schwerin  und  Tecklenburg  aeinem  Geschichte 


llofmarschall  und  Bur^mann  Henning  Halberstadt  aus  mclircrcn  I^orfcrn 
die  Hi-di-  verschreibt,  da  nennt  er  unter  ihnen  auch  Slavi^ch-  oder  Wendisch 
Hruscwitz  (Slavica  sc.  vilia  Hruzciiitze).')  Das  setzt  nach  Analogie  zahlreicher 
anderer  l'"alle  inner-  und  ausserhalb  Meclcicnburgs  das  Vorhandensein  von 
Deutsch-  oder  Gross-Bruzeuitze  und  zugleich  die  Identität  von  Wendisch*  und 
Klein*Brüsewitz  voraus.")  In  der  That  erscheinen  beide  neben  einander  in 
zahlreichen  Urkunden  und  Akten  des  XV.  Jahrhunderts;  und  an  dieser  T1iat 
Sache  wir  rin  jeiuii  SchUissen  «gewinnen  wir  nun  einen  Anhalt  lur  <he  He- 
Ziehung  der  übrigen  L'rknnden  des  XIII.  und  XI\'.  Jaluhunderts,  in  dein  n  von 
keiner  Scheidung  zwischen  viila  slavica  und  vilia  teutunica,  dem  wendischen 
und  dem  deutschen  Dorf,  Gross-  und  Kldn- Brüsewitz,  sondern  nur  von 
Bruseuitze  (Bruscuizce,  Bruseuizdhorp  ves  Stdndorf,  Stdnhagen)  ohne  Zusatz  die 
Rede  ist,')  obwohl  doch  beide  Dörfer  seit  der  Kulonisierung  des  Landes  durch 
deutsche  Anbaucr  im  XII.  Jahrhundert  neben  einander  dagewesen  sein  werden. 
Wenn  z.H.  am  35.  Mai  1220  der  Graf  Gunzchn  auf  Hittcn  seiner  Gemahlin 
Ulla  ficn  in  Bruseuitzdhorp  wolincnden  Wenden  deutsches  Recht  zugesteht 
und  den  dort  wohnenden  drei  Brüdern  Vitus,  Bacharus  und  Darchwi  sowie 
dem  Sohne  des  Vitus,  Heinrich,  drei  Hufen  und  eine  Mtthle  verieiht,  so  ist 
dabei  selfastverständUch  nur  an  das  slavische  Dorf  zu  denken.*)  Wenn  aber 
am  12.  April  1313  Ghcrardus  Rauen  de  Rrüseuizce,  den  18.  Oktober  1345 
Ilennekinus  Hohnsack  de  Hnizeuitze  und  am  2.}Mai  I VM  Klaus  Knop  to 
Hruseuisse  genannt  wer<ii-n,  die  zu  drei  aucli  sonst  vorkoniincnden  deutschen 
Vasidlen-Familien  des  Landes  gelioren,  so  giebt  es  keine  Veranlassung,  die  1  lofc, 
auf  denen  sie  sitzen,  in  einem  andern  als  dem  deutschen  Brüsewitz  zu  suchen.*) 
Denndass  auch  das  heutige  Dorf  Gross  »Briitz,  um  das  es  ach  hiebei  handelt, 
noch  im  XV.  Jahrhundert  kurzweg  Bruseuitze  genannt  wird,  geht  aus  einer 

»)  M.  c-B.  830s. 

*)  Die  Ausnahmen,  wii-  7.  H.  Cirn.ss  •  Kussewitz  soviel  «ic  \Vcn<li-.ch  -  Ku-i'-cwit/  und  Klein- 
Kussewitz,  soviel  wie  Deutsch  -  Kussewitz,  sind  so  auiuerordenllich  .«eilen,  disu  dadurch  die  an- 
j^cKcbcnc  Kct;e1  im  Ganzen  und  Grossen  nictit  cfschattert  werden  kann.  Vgl.  Orts  •  Kcgt»ter  im 
M.  IM!.,  11,1.  XVU. 

')  Fal»rtcius,  M.  Jahrli.         S.  28.  29.  S.  262.    Vj^l.  Wort-  und  Sachregister  /um  M. 

l .  H.  unter:  Slavicus,  SKivicalis  (l!d.  I\'),  \Vci)di>che  Dorfer,  Deut.^che  Dürfer  (Ud.  X)  und  (iross- 
BeUU  =  Dttdecchen  Bdiz  (Bd.  Xl> 

♦)  M.  f.  lt.  268. 

»)  M.  f.-li.  3605.  6572.  M.  J«1irl).V,  S.  128.  M.  Jahrb.  XXIII,  S.  207.  Die  Verfasser 
des  Registers  ran  M.  IVB.  machen  diesen  Unterschied  freilich  nicht;  «nseres  Bedenitens  aber 
muss  darauf  hingewiesen  werden,  wenngleich  sachlich  nicht  viel  dabei  heraitskoaunt. 


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506 


AMTSGERICUTäBEZIRK  GADEBUSCH. 


bisher  noch  ungedruckt  gebliebenen  Urkunde  vom  23.  Juni  1456,  in  welcher  der 
Bischof  Nikolaus  von  Schwerin  den  Herren  von  Halberstadt  das  ihnen  vom 
Herzog  Heinrich  verlidhene  Patranat  der  Kirche  bestätigt,  unzweiTdhaft  hervor. 
Dort  heisst  die  Kirche  in  Gross -BrUtz  ecciesia  parochialis  in  Rruscuitse. 

Dagegen  sind  anscbeinciKi  die  Rczcichnun{,'cn  Grotcn  Bruszciiitze  niclit  vor 
1497  und  Grotcn  Brüse  nicht  vor  1505  nachzuweisen,')  während  in  späterer 
Zeit  die  Namen  Gross-  und  Klein-  oder  Lütten -Brütz  herrschend  werden  und 
för  Kldn- Brütz  der  Name  Brüseiritz,  wie  bekannt,  erat  seit  1830  wieder  ein- 
gefiihrt  worden  ist.*) 

Von  1422  her  finden  wir  die  schon  genannte  Familie  von  Halberstadt 
erbangesessen  auf  beiden  Plätzen,  die  sie,  wenn  auch  nicht  ganz  und  gar,  so 
doch  theilwcisc  schon  lange  vorher  innegehabt  haben  mag.  Zu  Gross -Brütz 
gab  es  z.  B.  in  alter  Zeit,  wie  hinläns^lich  bekannt  ist,  eine  grosse  Zahl  von 
Höfen.  Die  an<;L.schenc  Familie  von  Halberstadt  wird  auch,  wie  aus  ihrem 
Fatronatsrecht  zu  schliessen  ist,  die  Stifterin  der  Kirche  in  Gross -Brütz  und 
der  Kapdle  in  Lütten -Brütz  gewesen  s«n.  Aber  nur  bis  zur  Mitte  des 
XVII.  Jahrhunderts  erfreuen  sich  ihre  Mitglieder  des  ungestörten  Besitzes 
ihrer  Guter.  Verschiedene  Schuldverschreibungen,  unter  ihnen  als  be- 
deutendste eine  von  36000  Mark  an  den  Lübecker  Bürger  Jakob  Crivitz, 
fuhren  zum  Ucbergang  beider  Güter  an  die  Familie  Crivitz,  die  ihren  Adel 
erneuern  lässt  und  bis  zur  Mitte  vorigen  Jahrhunderts  in  deren  Besitz  bleibt.') 
Die  Versuche  des  Oberstlieutenants  Balthasar  Gebhard  von  Halberstadt,  die 
Güter  wieder  zu  gewinnen,  auch  die  Muthungen  ihrer  Lehne  durch  seine 
Nachkommen  am  11.  Juli  1693,  35.  Juli  1714  und  in  der  Zeit  von  1749 
bis  1758,  haben  kein  praktisches  Ergebniss,  da  die  Reluition  ausbleibt.  Der 
Familie  von  Crivitz  fol^t  in  der  zweiten  Hälfte  des  XVIIF  Jahrhunderts  die 
von  Platen.^)  Sie  hält  sich  auf  den  (intern  Gross-  und  Klein  -  Hrutz  bis  1784, 
wenngleich  die  Kreditoren  des  lernst  Joachim  von  Platen  schon  1768  mit 
Nachdruck  aufbeten.  Aus  dem  von  Platen'schen  Debitwesen  erwirbt  1784 
der  Hofmarschall  Konrad  Ignaz  Franz  Wilhdm  von  Lützow  beide  Güter,  ver* 
kauft  aber  1795  Klein -Brütz  an  Frau  Katharina  Maigaretfaa  Bethmann. 
W'aluend  die  Familie  von  Lützow  (Sigismund  Baron  von  Lützow)  bis  1863 
auf  (iruss  ■  Hnitz  bleibt  und  es  in  diesem  Jahr  an  die  Familie  Bock  abtritt,  die 
es  noch  heute  innehat,  folgt  in  Klein -BrüLz  1803  auf  Frau  Bethmann  der 
Domi>robst  und  Kammerherr  Adolf  Friedrich  von  WitzendcMfT.  Von  dessen 
Eri>en  kauft  es  1820  der  Kanzlei -Vicedirektor  Adam  Reimer  ChristofTer 
von  Schack,  der  den  alten  urkundlichen  Namen  Brüsewitz  wieder  einfuhrt,  und 

')  Kühncl.  M.  J.ihrl).  XI.VI.  S.  30. 

*)  Vgl.  Kaabe  -  Quadc,  M.  Vatcrland.skimde  I,  S.  1047. 

*)  lisch,  M.  Jahib.  XI,  S.  460.  XIV,  S.  42.  l'yl,  XXXIII,  S.  96  bis  98  (Stammbuch  des 
Gottfried  TOD  Crivitz).   XXXIX,  S.  95* 

*)  Ueber  die  nordJeutNchen  F;iniilieii  von  I'Inton  vf;I,  Lisch.  M.  J.ihrb.  XXIII,  S.  41  ff. 
Nicht  seit  1731  (i.  Lehsten,  Der  Adel  Meckleuburg>),  sondern  seit  1751  auf  llrüu. 


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mCHDOKF  OR06S-BR0TZ. 


$07 


heute  besitzt  es  Rudolf  Graf  von  Schack  in  Vereinigung  mit  Rosenberg 

und  Zülow. 

Die  Tarochic  lirütz  i^t  die  einzige  im  Gadebusdier  Amtsgerichtsbezirk, 
die  nidit  rar  Ratzeburger  Diöcese  gehört.  Sie  zählt  zur  Schweriner  Diöcese*) 
und  gewiss  auch  cum  Schweriner  Archidiakonat,  wenngleich  in  dieser  Be- 
ziehung nur  die  eine  urkundlich  beglaubigte  Nadiricht  aus  dem  Mittelalter 
überliefert  zu  sein  scheint,  dass  die  Kirche  am  23.  Juni  I4?^>  vom  I^ischof 
Nikolaus  der  hl.  Jungfrau  Maria  geweiht  wurde,  (icwiss  {.jcht  auch  die  jetzt 
vorhandene  Kirche  auf  keine  frühere  Zeit  zurück,  obschon  ohne  Zweifel 
dne  ältere  Kapdie  oder  Klrdie  voraufgegangen  sein  wird.  Die  Sage  von  der 
Erscheinung  der  Madonna  über  dem  Haupte  des  Bischöfe  während  des  Aktes 
der  Grundsteinlegung,  die  Anlass  zur  Aufstellung  eines  wundcrthätigen  Marien- 
bildes gab,  erzählt  das  VMsitationsprotokoll  vom  13.  Februar  1694  ausfiihrlich, 
ebenso  ausfuhrlich  die  Sage  von  den  Rrdmännchcn,  vom  Gesundbrunnen 
und  vom  Puck,  der  sich  auf  dem  Kapcllcndach  in  Klein -Hrütz  zu  schaffen 
machte  und  schliesslich  durch  den  Schweriner  Franziskaner -Guardian  von 
dort  nach  Schwerin  gebracht  wurde,  bis  er  hier  nadi  dem  Tode  dnes  Dom- 
herrn ins  Wasser  gesprungen  sn.*)  Um  1527  ist  Joh.  Krfiger  (Kroger)  Kirdi- 
herr  »des  Dorpes  Grotcn  Brufeuitzt.  Einer  seiner  Nachfolger  am  Ende  des 
XVI.  Jahrhunderts  ist  Nikolaus  Paschen.  Dessen  W'ittui-  heirathet  nachher 
der  Pastor  Georg  Lautcnbcrgk  (Lautcnbcrj^cr),  der  zwischen  1602  und  1622 
nachzuweisen  ist.  Um  1626  ist  bereits  Christianus  Alberti  Pastor;  1672  bittet 
er  darum,  dass  ihm  senk  Sohn  zum  Nachfolger  gegeben  werden  möge.  That« 
sädiUch  wird  es  von  1675  an  der  Pastor  Joh.  Hennings.  Von  1689  bis  1707 
ist  Joh.  Holm  Pastor.  Zu  seiner  Zeit,  1694,  spielt  ein  Prozess  des  Fiskals 
wider  die  Herren  von  Crivitz  wegen  MissljratHhts  ihrer  ratronatsj.a*\valt, 
insofern  sie  sich  ein  kostbares  rothes  McssL;c\\and  angeeignet  und  zcrsclinittcn 
hätten,  das  noch  vom  Pastor  Alberti  getragen  worden  sei,  u.  a.  m  Dieses 
Messgewand,  dne  kostibare  Gold-  und  Seidenstickerei  mit  Heiligengestaiten 
und  dem  Halberstadt'sdien  Wappen,  ist  auf  der  Schweriner  Justizkandd  liegen 
geblieben  und  nachher  ins  Grossherzoglichc  Museum  gekommen.') 

Auf  Holm  f()l.t^  1707  Harth.  Prüssing  {•]•  1727),  1730  Ern.st  Zacharias 
Evcrs  (bis  1744),  1744  bis  17S4  Joh.  Gu.stav  Schniittcrlow  und  1784  Eriedr. 
Ludwig  Coelzow       1816).    lieber  ihn  und  seine  Nachfulger  vgl.  Walter  a.  a.  O. 

Das  Patronat  der  Kirche  haftet  seit  der  Trennung  der  Güter  Gross- 
und Klein -Brütz  (s.  o.)  am  Besitz  von  Gross -Brtttz. 

Die  Kirche  ist  dn  mit  Strebepfeilern  bewehrter,  im  Uebrigen  aber  alles  Kirche, 
äusseren  Schmuckes  entbehrender  gothischer  Ziegdlnu,  dem  auf  der  Nord* 

')  Ciru.s»  -  iirütz  ist  von  .Schwerin  10  km  entfernt,  ebenkovicl  vun  Gailebu!>c)i. 
*)  V|^.  Butach,  Si^efl  and  Gebriuch«  ant  MeeUenlnirg  I,  S.  74  bis  79,  wo  die  Sage  Doch 
andere  Versionen  hat. 

*)  Liitch,  M.  Jahrb.  XXXVllI,  239  vennnthet  richtig,  da»s  das  von  der  Justizkanzlei  ge- 
komowne  Gewand  von  GroMen-BrHti  iierstannne,  aber  die  Akten  Aber  den  genannten  Process 
bat  er  nicht  in  HInden  gebebt 


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508 


AMTSGERICHTSBBZIRK  GADEBUSCH. 


Altar. 


Kan/.el, 
Tauf- 

bfliiiltiT, 
l'unlc, 
Tauf- 

Btänder. 

Orgel. 
Glocken. 


Gestühl. 


Halher- 
stadt'sche 
Grab$telle. 


und  Südseite  einzelne  wilde  Granitblöcke  eingemischt  sind.  Sie  stellt  einen 
einzigen  Raum  mit  fladwr  Decke  dar,  schliesst  aber  im  Osten  mit  einer  Kon- 
struktion aus  dem  Achteck  ab  und  bildet  liier  durch  Erhöhung  des  Fussbodens 
um  zwei  Stufen  einen  Chor.    Der  Innenraum  des  Thurmes,  der  einen  niedrigen 

vierseitigen  Pyramidenhelm  trägt,  ist  mit  zum  Schiff  f^c/oLnn  Verhältniss- 
massig  kleine  I'cnstcr  mit  gedrücktem  Spitzbogen  erleuchten  den  bei  (ielcgcnhcit 
der  letzten  Restauration  im  Anfang  iler  ncnn/iger  Jahre  wieder  freundlich  her- 
gestellten, reichlich  mit  Emporen  gefüllten  Kaum.  Auf  der  Südseite  zwei  Grab- 
kapdlen,  die  der  Familie  von  Lepel ')  am  SchüT,  die  der  Familie  von  Flessen  *) 
am  Hiurm;  Auf  der  Nordseite,  nahe  dem  Chor,  eine  Vcnhalle.  In  der  Be- 
dachung haben  sidi  Reste  von  Mönchsziegeln  erhalten. 

Der  Altar -AufiuitB  ist  neu.  Er  enÜ^  eine  Kopie  nach  dem  PTannen- 
schmidt'schen  Altaibilde  m  der  Kirche  zu  Serrahn,  gemalt  von  Louis«  Schmidt 

Der  frühere  Altar  war  der  Rest  eines  alten  t^othischen  Triptychons  mit 
Schniufiguren,  dem  man  1735  als  Mittclstück  ein  Gemälde  mit  der  Dar- 
stellung der  Scene  im  Garten  Gethsemane  eingefügt  hatte.  Dieses  Bild 
schenkte  der  holländisehe  Adniiral  von  Paulsen,  ein  Hruder  der  damaligen 
Kirchenpatronin,  der  1  rau  ( )berlbrstmeister  Margaretha  Friederike  von  Crivitz. 
Es  ist  jetzt  im  Thurm  aufgestellt. 

Die  Kanzel  ist  ein  Werk  des  Barockstils  vom  Jahre  i6()(j.  Vgl.  Inventar 
von  1811.  Aus  derselben  Zeit  ein  hölzerner  Tanfbchälter  mit  Deckel.  Die 
alte  Fttote  aus  Granit  dient  jetzt  als  Blumenbecken  auf  dem  Kirchhof,  nicht 
weit  vom  Thurm.  Ein  jüngerer  achtseitiger  Tanfitinder  von  dunklem  Marmor 
mit  dem  LOTZOW'schen  Wappen  wird  gegenwältig  in  der  Kirche  gebraucht 

Die  Orgel  ist  neu. 

Glodtcn*  Von  den  beiden  Glocken  der  Kirdie  ist  die  eine  neu  ge- 
gossen. Die  andere  ist  1622  zur  Zeit  des  Pastors  GEORG  UVUTENBERGER 
aus  einer  älteren  Glocke  von  1474,  welche  KARSTEN  VON  HALBERSTADT 
schenkte,  von  dem  (ilockcngicsscr  Jochim  Gravert  nnnjegossen  worden  und 
trägt  die  Namen  des  Vaters  CHRISTOFFER  VON  HALBERSTADT  mit  seinen 
beiden  Gattinnen  »ANNA  VON  LEVZENc  und  »EUSABET  GÖTZEN«,  sowie  des 
Sohnes  HANS  JORQEN  VON  HALBERSTADT  mit  seiner  Gattin  »DOROTHEA 
MOLKEN.« 

Das  Inventar  von  181  i  enthält  keine  Resclireilning  der  Vorgängerin  der 
anderen  Glocke,  sondern  giebt  nur  an,  dass  sie  geborsten  war. 

Gestühl.  Unter  den  ICmporen  mag  die  prunkvollste  mit  den  Wappen 
der  Familien  von  Biilow,  von  Plessen,  von  Behr  und  von  Schuckuiann  ge- 
nannt werden. 

Halberstadt'sche  Grabstelle.  V'or  dem  Altar  an  Stelle  der  alten 
Familiengruft  eine  neue  gusseisemc  Platte  mit  dem  Halberstadt'schen^  Kalb- 
mond, neu  gestiftet  von  Graf  SCHACK  auf  Briisewitz. 

')  Auf  flrambovr. 
*)  Auf  üouesgabc. 


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KIRCHDORF  GROSS-BROTZ. 


KIcinkunstwerke.     i.   Silberver^oldctcr   {jothisclicr    Kelch    :uif  sechs-  Kleinkunst- 
passigem  I'"u.s.s.    Am  Knauf  der  Name  lEHSVS.    An  der  Kiipa  die  Insclirilt:  werke. 
MAGDALENA  BROCKES  HAT  DIESES  DER  BRUZER  CAPEL- KIRCHEN VOR- 
EHRET ZU  GOTTES  EHREN  ANNO  1055  DEM  20.  OCTOBER.    Dazu  das 
Brockes'sche  Wappen.  Am  Fuss  ein  Kradfixus  als  Relief.  Ohne  Werloeidien. — 
2.  3.  Silbervergoldeter  Kelch  im  Barockstil  mit    dem  Wappen  des  OTTO 
VON  DER  DECKEN.     Als   W'erkzeichen    das    Hamburger   Wappen   und  der 
Stempel  (r?).')    Zum  Kelch  eine  einfache  l'atcne  ohne  Werkzeichen.       4  5 
Silbervergoldetcr  kleiner  Krankenkelch  mit  dem  eingravierten  Wapixin  sowie 
mit  den  Initialen  des  Kammerherrn  Baron  SIGISMUND  VON  lOtzOW.  Beide, 
Kelch  und  Patene,  ohne  Werkxeichen.  —  6.  Neue  silberne  Kanne.  Schweriner 
Arbdt  mit  undeutlichem  Stempel.*)  —  7.  Messingbecken  mit  der  Umschrift: 
GROSEN  BROZER  TAVFBECKEN  AffO  1783.«) 

Die  alte  Kapelle  von  Brüsewitz  stdit  noch.    Sie  dient  jetzt  als 

Gewächshaus. 

Das  Inventar  von  181  i  erwähnt  noch  einen  Kelch  (Ks  Üullliasar  (leb- 
hard  von  Halberstadl  und  der  Frau  Margaretha  iridenkc  \un  Crivitz,  geb. 
von  Paulsen.  Beide  wurden  am  5.  November  1806  von  darchziebenden 
französischen  Truppen  der  Corps  Hemadottc,  Soult  und  Murat  mitgenoninien, 
»An  dem  mit  Laubwerk  bemalten  inwendigen  Boden  der  Kirche  oben,  von 
Brettern,  steht:  ANNO  1700  HAT  AUEIN  ZU  DER  EHRE  QOTTES  HERR  RERENO 
HARTWIG  VON  PLESSEN,  ERBHERR  AUF  QOTTESQABE,  DIESEN  BODEN  NEU  MACHEN 
UND  MALEN  LASSEN.« 

In  der  Nähe  von  liosenberg,  an  der  Chaussee  von  Schwerin  nach  Obelisken. 
Gadebusch,  zwei  von  dem  verstorbenen  Gutsbesitzer  C.  GRIEPPENHAGEN  ge- 
setzte Obaliakaa,  der  eine  vom  Jahre  1882,  unmittelbar  an  der  Chaussee,  mit 
der  Aurschrift:  »HOCH  DEM  LIEBEN  DEUTSCHEN  VATERLANDE  ;   der  andere 

von  1850,  weiter  ab  auf  der  Gegenseite,  eine  Viertelstunde  ins  Holz  hinein, 
an  der  Stelle,  wo  Körner  am  26.  August  1813  den  Heldentod  starb.  Mit 
enlsprcchcndea  Inschnlten. 


')  Unprtti^ich  olTentMr  in  der  eingfcan^'cncn  Kapelle  zu  BrOsewiiz  {gebraucht. 

An|«eblich  um  der  zu  Anfang  diene»  JohrhundeiU  eingegangenen  Kapelle  zu  Gnunbow 

Htiunmcnd. 

Angeblich  ms  zwei  ehemab  der  Kapelle  in  Grambow  angebSrenden  Leocbtem  gemacht. 

*  KiiiL-  andere  ehcmaK  hier  •^'i  wf^rni-  t;>-irir1»-iu-  Mi-^singseblUsel  mit  der  Inschrift  iwwoi 
V.  MARCARCTA  RiKCN  bewahrt  da»  üru!>sh.  .Museum  zu  Schwerin. 


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5IO 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GADEBUSCH. 


Das  Kirchdorf  Pokrent 


Gesctttchte  i^okrent,  deutsch  soviel  wie  Krummendorf,')  ist  schon  um  1230  ein  Kirdn 


spiel  der  Ratzcburgcr  Diöcese  mit  den  Dörfern  Pokrent,  Alt  Pokrent, 
Käselow,  Liitzow,  Hlcese  und  Renzow,  zu  denen  später  Ncucndorf,  Sclila^fort 
und  Alt -Steinbeck  hinzugekommen  sind,  und  hat  Anthcii  an  der  Hrot-  und 
Weinstiftung  des  Fürsten  Heinrich  vom  i.  Januar  1267.*)  Als  Grundbesitzer 
finden  wir  hier  im  Anfange  des  XIII.  Jahrhunderts  den  Ritter  Detlev  von  Gade> 
busch.  Ihm  folgen  in  späterer  Zeit  die  Herren  von  Lfitzow,  Hasenkop  und 
Bülow.  Die  von  Liitiow  fiissen  hier  bereits  im  XIV.  Jahrhundert  Fuss*)  und 
haben,  nach  Ausweis  von  Akten,  an  Alt  Pokrent,  wo  auch  das  Kloster  Kehna 
am  24.  Juni  1297  8'  j  Hufen  gewonnen  hat,'')  bis  in  die  jüngsten  ZL-iti  n  einen 
Antheil  zu  behalten  gewusst.  Die  von  Hasenkop  sind  bis  ins  XV.  Jaht  hundert 
hinein  mit  Be»tz  in  Pokrent  nachzuweisen.*)  Im  XVL  und  XVII.  Jahrhundert 
und  Anfange  des  XVIII.  Jahrhunderts  haben  es  die  Herren  von  Rtilow.  Auch 
erwerben  sie  das  Patronat  der  Kirche,  das  vorher  den  Herren  von  Blüdier  auf 
Rcnzow  gehört  hat.")  Ks  giebt  aber  bis  jetzt  keine  Anhaltspunkte,  um  aus 
diesem  späteren  Verhiiltniss  auf  das  frühere  mittelalterliche  Verhaltniss  irgend 
einen  Schluss  zu  ziehen.  Vorübergehend  gelangt  in  Folge  von  Schuld- 
forderungen auch  die  Domkirche  zu  Schwerin  in  den  Besitz  von  Pokrent 
Aber  die  Wiederdnlösung  erfolgt  durch  Hartwig  von  Bfibw  laut  dessen  Mit- 
theilung in  'einem  Briefe  vom  32.  Januar  1684.  Von  1725  bis  cur  Mitte  des 
XVIII.  Jahrhunderts  hat  die  Familie  von  Schmettau  die  Gutsherrschaft»  dann 
(nachweislich  1754  und  1760)  Georg  W'ilhelm  von  W'itzcndorflT,  weiter  (nach- 
weishch  1777  bis  1785)  die  Familie  von  Lützow.  Ihr  folgt  als  Besitzer  Joh. 
Fricdr.  Scelcr,  1820  der  Obcramtmann  Christian  Albrccht  'llücssing,  1835  die 
Landdrostin  von  Wrisberg  und  1860  Heinrich  Geotig  Howits,  dessen  Familie 
noch  heute  im  Besitz  des  Gutes  und  auch  des  Kirchenpatronates  ist. 

Aus  dem  Mittelalter  «nd  die  Namen  zweier  Plebane  überliefert:  Reddag 

(Rendagus)  um  1237  und  Johannes  um  13 19.  Um  1540  ist  Sebastianus  N.,') 
1585  ist  Israel  Pentze  auf  ganz  kurze  Zeit  Kirchherr.   Ihm  folgt  1586  Caspar 

>}  Vgl.  Kflhnd,  M.  Jähib.  XI.VI.  R.  108. 
*)  M.  U.  lt.  ^75  S.  370).  1107,  4107.  5613. 
*)  M,  U.-U.  6S52. 
^  M.  V.-B.  «45«.  »6a7. 

')  l  isch,  M.  J.ilirl..  VII.  S.  30. 

*)  Nach  einem  N'crhür  am  a.  August  1669  in  einem  Frozen  wegen  N'erändcrung  von  (jrab> 
gewfliben  wird  au>^'ev.n;;t,  dxts  Matthiu  von  Bolow,  weiland  Erbherr  aaf  Pokrttit,  dw  ju&  patro. 
nalUH  vun  «Ion  Itliichem  m  keii/ow  gekauft  habe. 

')  Vgl,  M.  Jahrb.  SU,  S.  171. 


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oogle 


KIRCHDORF  POKRENT. 


5" 


Calovius;  um  1615  ist  Georg  Lembke  l'astor  in  I'okrent,  zwischen  164 1  und 
1652  VVilh.  Wacker,  zwischen  1652  und  1672  lernst  Jüchter;  1673  wird  Jakob 
Härder  benifen,  1678  Joh.  Heinr.  Franck,  1695  Franz  Joachim  Donnings- 
hausen  (f  iToS).  Ihm  folgen  Vater  und  Sohn  Hdnridi  Gustav  Susemihl, 
letiterer  von  1738  an  bis  1764,  dann  Georg  Ludwig  Neirfiauer,  von  1764  Ins 
18 16.   Ueber  ihn  und  seine  Nachfolger  s.  Walter  a.  a.  O. 


Die  Kirdie  ist  dn  ziemlich  sdmiuddoaer  Ziegelbau  mit  gewölbtem  Kirche, 
gotiuschen  Chor  aus  dem  Achteck  und  mit  einem  SdüiT«  ^— 

dos  mit  einer  der  Konstruktion  des  Satteldaches  folgenden 
neuen  Holzdecke  j^cschlosscn  ist.    ]\t  im  Wistcn  vor- 
gesetzte Ihurm,  bei  dessen   Fundamenten  auch  Ciranit 
verwandt  ist,  trägt  gleichfalls  ein  Satteldach  und  erhebt  Verbindang 
sich  nicht  viel  über  den  First  des  Langhauses.*)  von  Chor  und  schiir. 

Altar,  Kanzel,  Orgel   und   Gestühl  sind   in   neu^i  )thisclK-ni  Stil   aus-  Hinrichtung 
geführt.    Am  Altar,  dessen  Haupttheil  von  einem  Gemälde  mit  der  (irablegung  <i« 
gebildet  wird,  sind  zwei  Figuren  von  einem  alten  gothischen  Triptychon  als  Kirche. 
Seitenschmuck  mit  zur  Verwendui^r  gelangt.   Das  alte  Trinaiphkrens  ist  in 
die  Rumpelkammer  versetzt.   Zu  beachten  ist  die  alte  Granitfllnte  mit  spater 
eingesetzter  achtsciti<.;(T  MessingschUssel  von  guter  Treibarbeit.    Aehnlich  den 
Fünten  in  Hohenkirchen,  Viechein  und  aus  der  Döpe,  mit  vier  Köpfen  am  Fuss. 

Glocken.  Von  den  beiden  Glocken  ist  die  grössere  1760  von  Johann  Glocken. 
Hinrich  Armowitz  in  Lübeck  zur  Zeit  des  Patrons  QEORG  WILHELM  VON 
WITZEN  DORFF  gegossen  und  mit  dessen  Wappen  fjeschniiickt  worden.  — 
Die  kleinere  ist  durch  Herrn  von  Stciif^lin  aus  Kenzow  nach  I'okrent  {ge- 
kommen. Sie  zeigt  das  liassewitz'sche  Wappen  mit  den  Initialen  C  •  V  •  B  • 
Die  Inschrift  lautet:  4f  1710  HAT  DER  WOHLQEBORNE  HERR  CHRISTOFF 
VON  BASSEWfITZ  ERBHERR  ZU  HOHENLUCKO  DIESE  GLOCKEN  QESTIFFT 
ZUM  ANDENKEN. 

Klebünoitwcrke.  1.  Silbervergoldeter  gothisdwr  Kelch.  Am  Fuss  die  Kleinkunst- 
Inschrift:  Im)  rontabul  lanoe  i>9fiii  et  gefteBe  n%at  ei9  toehmt  anno  rcb 

(—  1495).  Dazu  die  Wappen  beider  in  Tartsrlieuschilden.  Der  Schild  des 
Mannes  i.st  gespalten:  wachsender  Hund  nach  links,  tinrch  beide  Fehler.  Der 
Schild  der  Frau  ist  .schr.agrcchtst^etluilt :  im  <il)iTcn  l-ildc  Barenkopf  nach 
rechts.  Zwischen  den  Wappen  das  Rcliclbildchen  eines  Krucifixus.  In  den 
Rauten  des  Knaufes  der  Name  II16SVS.  Oberhalb  des  Knaufes  am  Schaft 
abermals  der  Name  fj^efb^i  unterhalb  des  Knaufes  der  Name  niaria. 
Als  Werkzeichen  der  lübische  Doppeladler  ^  und  das  Mdsterzeichen 
Auf  der  Unterseite  die  Inschrift:  OONATVS  .  a  .  F  .  G  .  SCHOTZ  1793  .  ^ 
Patene  von  demselben  mit  den  Stempeln:  C  12  ^  Ii h ic I.  —  2.  Einfacher 

')  Vgl.  Lisch,  H.  Jahrb.  VUB,  S.  72. 

*)  F.  G.  SehiiU,  Bürgermehter  von  Lüneburg,  war  d.  Zt.  Eigeiilbaiiier  von  Gron  -Renzow. 


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512 


AMTSGERICI ITSUKZIRK  G ADEBUSCH. 


silberner  Kelch  auf  rundem  Fuss,  mit  rundem  Knauf.  Spuren  ehemaliger  Ver- 
goldung. An  der  Kupa  das  Wappen  der  Familie  VON  FABRICE  sowie  ein 
Monogramm  unter  ftinfzackiger  Krone  mit  den  Initialen  G  R  L  VF  (Geh, 
Rath  Ludwig  von  Fabrice  auf  Dutzow). 
Das  Stadtzeichen  fehlt.  Als  Meisterzeichen 
zweimal  der  Stempel  <T?s)-  ICbcnso  ist 
die  Patcnc  gestempelt ,  die  dasselbe 
Wappen  zeigt,  welches  der  Kelch  hat.')  — 
3.  Silberner  Kelch  von  l/ll  mit  dem 
Bülow'schen  Wappen,  Dazu  eine  Patcnc 
mit  dcm.sclben  Wappen.  —  4.  Noch  eine 
vereinzelte  silberne  Patenc  mit  der  Um- 
schrift: CREDO  SALVTARI  :  SIMB  :  GRATIA 
CHRISTI.»)  —  5.  Runde  .silberne  Oblaten- 
dose, auf  dem  Deckel  das  Bülow'sche 
Wappen  und  die  Zahl  1710.  An  der  Seite 
M  •  V  •  B  •  im  Kranze.  Stadtzeichen  S, 
Meisterzeichen  undeutlich.  —  6.  7.  Auf 
dem  Altar  zwei  silberne  Leuchter  von 
J.  Giese  (Schwerin)  mit  dem  Wappen  der 
Familie  VON  WRISBERG.  —  8.  Neue  sil- 
berne  Taufschale.  Berliner  Fabrikwaare 
von  F.  G.  Heinersdorff.  —  9.  Aelteres  Kelch 
tuch  von  weissem  golddurchwirkten  Br(jkat. 

10.  Koihseidcnes  Kelclituch  mit  reicher 
Cioldätickerci  und  mit  Gold.spitzcn. 


Kelch  (i 


Das  Kirchdorf  Gross  -  Salitz. 


Ck'srhichte 
dfs 
Dorfes, 


ross- Salitz,  in  alter  Zeit  Zadewalz,  Sadcwalz,  Saduiz,  Zadewitzc,  Sade- 
wclz,  Zadelwitze  (=  Gartendorf)  geheis,sen  und  im  Kirchcnvisitations- 
protokoll  von  1534  Grotcn  Sadeweltz  geschrieben,  während  Klein -Salitz  in 
der  ältesten  Urkunde  von  1230  als  Slavicum  Sadewalz  aufgeführt  wird,  ist 
schon  um  1230  ein  l'farrdorf  und  bereits  im  Anfange  des  XIV.  Jahrhunderts 

')  Hie  r.nnilic  vn»  Faliricc  hcsass  im  (i.nlebuscher  Amt  seil  1^194  die  CUter  üulzow, 
k<n;yciiflorf,  M.irienthnl,  Dorotheenhof  und  Klein  •  .Salitz  (s,  u.  Kopgendorf)  und  im  (ircvesmUhlener 
Amt  viin  1737  Iiis  173.S  .luch  die  Ollter  M.irkeiisee  «nd  Rn'icnhafjcn. 

')  Im  Inventar  von  iSii  wcrdrn  die  unter  2  1>i>  4  .■»«fj^ofuhrlcn  SlUcke  nicht  genannt.  Sic 
mü<><;cn  aUo  cr<.t  später  in  die  Kirche  jjL'Linfjt  sein.  Wohl  alicr  ist  dort  ein  kleiner  NilhervcrKoldcler 
Kelch  mit  dem  HlllcherSchen  Wappen  und  den  Ucickn  Nnnieii  BrRFND  BLVCHER  un<l  JtXIANA  BAW«R 
verzeichnet,  der  nicht  mehr  vorhanden  ist. 


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KIRCHDORF  GROSS -SALITZ. 


SI3 


als  Gut  (Ut  Familie  Lützow  nachzuweisen.')  In  ihren  Händen  bleiben  Gross- 
und  Klein -Sahtz  bis  in  unser  Jahrhundert  hinein  vereinigt.  Aber  1782  ge- 
winnt die  Familie  Fabrice  auf  Roggendorf  einen  Anthcil  an  Klein  •  Salitz,  der 
zuerst  als  Pertinenz  von  Roggendorf,  dann  (bis  1809)  als  Pertinenz  von  Dutzow 
behandelt  wird,  ein  Jahr  lang  (18 10)  Besitz  des  Joh.  Wilhdm  Bock  auf  Dutzow, 
Thurow  imd  Sandfeld  wird,  181 1  aber  wieder  an  die  Herren  von  Fabrice 
zurückgelanj^^t  und  nun  bis  1887  eine  Pertinenz  von  Roggendorf  und  Maricn- 
thal  darstellt.  Iiis  1887  behalten  auch  die  Herren  von  I.iitzow  ihren  An- 
theil  an  Klein -Salitz,  der  als  Tertmenz  von  Gross -Salitz  aufgeführt  wird. 
Mit  diesem  Jahre  treten  beide  Familien  ihre  AnUidle  an  Klein  •Salitz  an 
Karl  Hermann  Theodor  Haase  ab,')  der  das  Dorf  als  Allod  seinen  übrigen, 
nun  ebenfalls  allodifizierten  Gütern  Roggendorf,  Marienthal  und  Dorotheenhof 
hinzufügt.  Gross -Salitz  l)leibt  Hesitz  der  Herren  von  LtttZOW  und  ist  Z.  Zt. 
mit  Kadegast  und  Schönwolde  zu  einem  Lehn  vereinigt. 

Als  Kirchherren  treften  wir  um  1237  einen  Ulrich  (Ulricus),  um  13 19 
Hinricus  Brant,  und  als  Ahariaten  1335  einen  Dietrich  (Tidericus)  in  Salitz, 
das  zur  Ratzeburger  Diöcese  gehört  und  gewiss  auch  keinem  andern  als  dem 
Ratzeburger  Archidiakonat  unterstellt  gewesen  sein  wird.')  Das  Patronat  über 
die  Kirche  fuhrt  im  Mittelalter  nach  Ausweis  des  Visitationsprotokolls  von 
1534  der  Kirchherr  zu  Gadebusch.  Wie  dies  Verhaltniss  entstanden  ist,  lasst 
sich  nicht  nachweisen,  ebensowenig  ist  etwas  vom  Uebergange  des  Patronats 
auf  die  Gutsherrschaft,  die  es  nachweislich  seit  1653,  vielleicht  aber  schon 
früher  in  Händen  hat,  bekannt.  Als  protestantische  Pastoren  sind  in  Gross- 
Salitz  thätig  gewesen  zwischen  1565  und  1585  Bernhard  Hücker,  um  1623 
Jochim  Müller,  zwischen  1644  uiv]  167 1  Joachim  Mevius  (Mebis,  Moebis), 
zwischen  1^71  und  1683  Michael  Wildegansz,  zwischen  I<^84  und  1721 
Joachim  Severin,  von  1721  bis  176c:)  Joh.  Joach.  l'raefkc  Vater,  \nn  1761  bis 
1791  Joh.  Joachim  l'raefkc  Sohn,  von  1792  bis  1839  O.  C.  Elfrcicli.  Leber 
ihn  und  seine  Nachfolger  s.  Walter  a.  a.  O. 

Kirche.  Die  verhältnissmässig  kleine,  aber  als  dreischiffigc  Basilika  mit  Kirche. 
erhi>htciii  Mittclschifil"  angelegte  Kirche  zu  Salitz  gehört  nüt  zu  den  an- 
ziehendsten l^ndkirchen  und  verdient  in  höchstem  Grade  eine  den  ursprüng- 
lichen Absichten  des  Baumeisters  entsprechende  Wiederherstellung  der  zum 
Theil  jetzt  fehlenden  (durch  einen  Thurmsturz  am  1 5.  Februar  1648  vernichteten) 
Gewölbe  und  des  nach  aussen  und  innen  nicht  zu  voller  Geltung  gelangenden 
Obergadens  im  Mittelschiff,  der  chirch  die  allzu  hohen,  mit  dem  Satteldach 
des  Schiflfes  zu.sammonwachsondcn  I'ultdiicher  der  Seitenschiffe  seines  ihm  zu- 
gedachten Lichtes  beraubt  wird  Die  beigegebenen  Hamann'schen  Aufnahmen 
überheben  uns  einer  eingehenderen  Beschreibung  dieses  eigenthümlichen  Ziegel- 
baues, sodass  nur  Weniges  zu  bemerken  bldbt.   Die  inneren  Pfeiler  sind 

')  .M.  l  .-H.  4738. 
')  .Kpäter  geadelt 

^  M.  U.-B.  375  (S.  371).  471.  1107.  1746*  4108.  5467.  5613  (S.  S4it  54a). 

88 


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514 


AMTSOERICHTSBEZIRK  GADEBirSCH. 


unterhalb  ihrer  Kapitelle  mit  kleinen  Baldachinen  in  Klecblattbogcnform  ver- 
ziert, unter  denen  auf  einer  Konsole  eine  (jetzt  mit  Kalk  überweisste)  Heiligen- 
figur  angebracht   ist.    Den  gleichen   Schmuck   finden   wir  an   den  inneren 


Querschnitt  des  (.'hors.  (»stscitc  des  Chors. 


Wanden  und  an  den  äusseren  Strebepfeilern  des  Chors.  Im  südlichen  Seiten- 
schiff drei  neue  Glasfenster  mit  den  (iestalten  der  Apostel  Johannes,  Petrus 
und  Jakobus.  Am  Dach  des  Chors  haben  sich  noch  alte  Mönchszicgel  erhalten. 
Der  im  Westen  an  die 
Kirche  gesetzte  hölzerne 
Thun«  hat  eine  pyra- 
midale Spitze,  die  mit 
Schindeln  gedeckt  ist. 
Zuletzt  sei  bemerkt, 
dass  der  südöstliche 
Theil   der  Kirche  als 

LütJtow 'seile  Grab- 
kapelle abgetrennt  ist, 
und  dass  in  der  N'ord- 
wand   des   Chors  ein 
ins  Mauerwerk  ein- 
gelassener spitz- 

giebcliger    F'.ucharistie-  <:nm.lns,  «kr  Kirche  ni  Crot*- Saliu. 

Schrank  mit  seinem  ur- 
sprünglichen hölzernen  Thürverschluss  erhalten  geblieben  ist. 

rnih^^nthische  Verhaltnisse  und  Kornun  in  den  Schiffen  und  hoeh- 
gothischc  in  dem  /ierlirh  gebildeten  Cliois^hluss  aus  dem  .\rhteek  weisen 
die  Theile  dieses  Baues  in  «len  Anfing  und  in  die  Mille  des  XIV.  Jahr- 
humk-rts.  Vj^I.  Lisch,  M.  Juhrb.  VIJ,  S.  7S  i.is  cSo.  Criill,  Jahrb.  XXIX, 
Seite  56. 


KlkCHDüRF  GROSS -SALITZ. 


5iS 


Per  Altaraufsatz  ist  ein  Werk  des  Harockstils  und  eine  Lützow'schc 
Stiftim^  vom  Jahre  1736.  mit  rcichliclicr  Veruendun^  von  Säulen  und  plastischem 
Schmuck  aus  Ihtiz.    l'ntcn  in  elcr  Hasis  tlas  Aln-ndmalil  in  Reliefschnitzerei. 

I  )arül)er  als  Mittel  -  unil  I  laupt- 
stiick  der  Krucifixus  mit  den 
Gestalten  des  Johannes  und 
der  iMaria,  alle  drei  in  voller 
Figur.  Als Seitenfifjuren  links 
Moses,  rechts  Aaron.  Im 
zweiten  Stock  des  Aufsatzes 
die   Grablcjjunji    und  ganz 

oben  der  auferstandene 
triumphierende  Christus.  An 
der  liasis  das  Lützow'schc 
und  liulow  sche  Wappen,  — 
Kanzel  imd  Taufgehäuse  sind 
iüiij,'s-.chiim.  iiii   Renaissance  -  Geschmack 

aus};efuhrt.  Am  Gestühl  Reste  von  alten  Inschriften,  in  denen  die  Buchstaben 
durch  neben  einander  eingeschlagene  Nägel  gebildet  werden. 


.Altar. 


Kanzel, 
Tauf- 
gehäuse, 
(iestühl. 


Epitaphien  An  der  Südwand  zwei  in  Stein  gehauene  Kpitaphien.  Kpitaphien. 
Auf  dem  einen  knieen  Mann  und  l'Vau  im  (iebet.  Darunter  das  Lützow'.sche 
und  liülow'sche  Waijpcn  nebst  Bibelsprüchen.  Zuletzt  die  Angabe:  ANNO 
1599  DEN  19  lANVARY  IST  DER  EDLE  GESTRENGE  VND  EHRNVESTE  LVDER 
LVTZOW  ZV  DVTZOW  VND  NEINDORF  ERBGESESSN  VON  DIESER  WELT 
SELIG  GESCHIDEN  VND  HIR  EIRLIG  BEGRABEN  SEINES  ALTERS  IM  75 
JAHRE.  ANNO  1603  DEN  8  APRILIS  IST  DIE  EDLE  EHR  VND  VIEL  TVGEND- 
REICHE  FRAW  MAGDALENA  VON  BVLOW  LVDER  LVTZOWEN  EHELICHE  HAVS- 
FRAW  VON  DIESER  WELD  SELIG  GESCHIEDEN  VND  ALLHIE  EHRLICH  BE- 
GRABEN IHRES  ALTERS  IM  74  JAHR.  SEINE  MUTTER  HAT  GEHEISEN  BEKE 
VON  DER  HUDEN.  IHRE  MUTTER  HAT  GEHEISEN  ANNA  VON  PARKENTIN. 
In  der  Nahe  das  zweite  ICpitapli.  Auf  ihm  sieht  man  den  Vater  mit  sieben 
.Söhnen   und  die  Mutter   mit  fiinf  Tttchtern  unter  dem  Kreuze  knieen.  Die 

Inschrift  lautet:    ANNO  16  .  .  DEN  IST  DER  E  •  G  •  VND  EHRENVHSTER 

MAGNVS   LVTZOVy^   F  •  HEUBTMAN   ZV   DOMZ  AVF   NEWENDORP   ERB  •  S  • 
VERSCH  .        ANNO   16..   IST   DIE   EDLE  VIEL  EHR  VND  TVGENDREICHE 
DILLIANA   BEHREN   S  •  ENTSLAFEN  . 

Jahreszahl  inul  Datun«  siiul  narlizutra^^en  vergessen.     Die 'i'afel  ist  somit 
schon  liei  l.eii/.eiten  tler  (lenanntcn  geuKicht  worden. 


Glocken.    Zwei  (INicken.     1.  Die  grossere  (ilocke  hat  oben  imtcr  der  (ilocken. 
Haube  die  Inschrift:    VENITE  AD  ME  QVI  LABORATIS  ET  ONERATI  ESTIS  ET 
EGO  REFICIAM  VOS  •  MATH  •  XI.  28  •  HÄRMEN    HARTWICH  •  V  .  W  .  T  •  SA- 
LITZ •    Im  langen  Felde  auf  der  einen  Seite  der  Kruciti.vus,  auf  der  andern 


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5i6 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GADEBUSCH. 


der  Name  M  •  BVRN  HEMMINCKHV8EN  •  Unten,  uberhalb  des  Schlagringes, 
die  Inschrift:  ANNO  DOMINI  1604  HEBBEN  MI  LATEN  GETEN  MARTEN  PIN- 
NOW  «  HINRICH  LVBBEKE  •  lOCHIM  WVLF  •  IVRGEN  BECKER  >  QODE  TO 
LAWE  VND  OEM  KASPEL  TO  EHREN  •  PAVEL  PITTS  •  K  • 

Diese  (>l()(  ke  ist  1845  umgegossen,  al>cr  man  hat  die  Inschriften  der 
alten  Glocke  beibehalten.    Vgl.  Inventar  von  181  x. 

2.  Die  kleinere  Glocke  ist  1 879  durch  den  Giesaer  6.  Albiwdit  in  Wismar 

iimg^cf^^ossen  worden.  Auf  der  einen  Sciti-  des  Feldes  die  Inschriil:  KOMMT, 
DENN  ES  IST  ALLES  BEREIT  1  LVC  •  XIV.  17  •  Auf  der  andern  Seite  der  Name 
des  Giessers. 

Früher  hatte  die  Glocke  oben  unter  der  Haube  die  Inschrift:  lOACHIM 
MEV1VS  PASTOR  •  BARTHOLD  THONAOEL  •  HANS  COLER  •  HANS  WEIOEMANN  • 
KIRCHENIVRATEN  •  Darunter:  STEFFAN  WOLLO  VND  NICOLAVS  GAGE  AVS  LOT- 
TERENG HABEN  MICH  QEGOSfiEN  •  SALITZ  ANNO  1056  •  Im  langen  Felde  auf 
der  einen  Seite  das  Latzow'sche  Wappen  und  die  Inschrift:  HARTWIG  LVTZOW 
VOLRATHS  SOHN  DIESER  KIRCHEN  PATRON;  auf  der  aodeill  &lte:  ELISABETH 
8PARUNQS  HARTWIG  LVTZOWEN  ZV  SALfTZ  EHELICHE  HAVSFRAVW  1666. 

Kleinkunst-  Kleinkoottwerke.    i.  Silliemer,  inwendig  vergoldeter  Abendmahl^eich, 

werice.     von  K.  FR.  VON  LOTZOW  zur  Zeit  des  Pastors  ELFREICH  gestiftet  Dazu 

eine  schöne  verf^nldete  Patene  mit  der  Zahl  1817  zur  Frinnerunf^  an  die  drci- 
hundertjährifre  Jubelfeier  der  Reformation.  Beide  von  dem  Schweriiur  (»old 
Schmied  |finck|  |T].  —  2.  Neue  silberne  Kanne,  von  OTTO  VON  LÜTZOW 
1894  gestiilet,  zur  /xit  des  Pastors  HUGO  BERNHARDT.  Arbeit  vom  Gi>id- 
schmied  Rose  •Schwerin.  —  3.  Eine  neugothische  Kanne,  inwendig  vergoldet, 
ohne  Werkzeichen.  —  4.  Grosser  zinnerner  Keldi  auf  rundem  Fuss,  von  1728, 
mit  dem  Namen  HANSS  •  lOCHtM  .  SANDBERG,  ohne  Werk/eichen. —  5.  Kleiner 
zinnerner  Kelch  auf  tiuadraU  in  I  "u.>s,  uline  Inschrift,  mit  dem  Hilde  eines  ICn^^els 
als  Stempel.  d  Grosse  j^etriebene  Me.ssin^scluissel,  in  der  Mitte  die  Sceiie 
der  Verkündigung,  auf  dem  Rande  eingepunzte  Ornamente  in  l'"orm  von 
Kreuzen  und  Zungen,  dazu  zwei  Wappenschilde  mit  den  dariiber  gesetzten 
Initialen  J  B  M  und  R  M.  Beide  Schilde  gespalten,  der  von  J  8  M  ist  vorne 
viermal  getheilt  (zweite  und  vierte  Theilung  schraffiert),  hinten  nichts;  der  von 
R  M  ist  vorne  schraffiert,  hinten  leer.  -  7.  Neue  Messin.Lfschiissel.  -  -  8.  Kleineres 
Messingbecken,  1727  von  JOCHGEN  SCHRÖDER  j^eschenkl.  —  9.  lo.  Zwei 
grössere  in  Messing  getriebene  Leuchter,  der  eine  mit  der  Inschrift:  HANS 
DÖPKE  ANNO  laei;  der  andere  mit  der  Fortsetzung:  VON  KREMPS  ; 
GEBOREN  >  AVS  DEM  KRVCH  HAVE  •  —  II.  Ein  etwas  kleinerer  mit 
gewundenem  Schaft,  ebenlalls  in  Messing  getrieben,  ohne  Inschrift. 


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KIRCHDORF  XOGGBNDORF. 


517 


Das  Kirchdorf  Roggendorf. 


it  dem  N.iinen  Kot^entorp  kommt  das  7  ktn  westlich  von  Gadebusch  Geschichte 


{gelegene  Kirchdorf  RogRcndorf  schon  im  Jahre  1 194  unter  den  Ratze- 
burtjcr  Stifts^nitcrn  vor.  Um  1230  ist  es  ein  Kirchdorf  mit  deutschen  Kolo-  'Dorfes, 
nisten,  der  Name  hat  sich  inzwischen  zu  der  Form  Rokkcnthorp  ab^^cschliffen.') 
Zu  den  historischen  Ereignissen  des  Mittelalters  gehört  der  Sieg  des  Herzogs 
Albrecht  von  Mecklenburg  bei  Rc^endorf  über  den  Herzog  Magnus  von  Lüne- 
burg am  29.  November  1 369,  wovon  die  zettgenösuadien  Chroniken  berichten.*) 
Mit  di-m  Hej^inn  i\r^  KV.  Jahrhunderts  finden  wir  in  Roggendorf  die  Familie 
von  I.iitzow  als  (»iitshcrrschaft.  Sic  bleibt  darin  bis  164 1.  Damals  verkauft 
Asmus  von  Lutzow  das  (»ut  für  20000  (iuldcn  an  I'eler  von  VHc\  auf  Dut/.ow. 
Am  13.  November  1693  verkauft  es  Dominicus  von  üfi'el  für  9000  Thaler  an 
Hinrich  Detlev  von  Plessen,  macht  aber  den  Kauf  wieder  rückgangig  und  giebt 
das  Gut  fiir  dieselbe  Summe  am  23.  Juni  1694  an  den  mit  ihm  verschwägerten  • 
Hofrath  von  Fabrice.  In  dessen  Familie  bletiA  es  bis  1887.  Seitdem  ist  es 
eins  der  I  lauptt^iitcr  der  I'amilie  von  I  laasc  fjcworden,  die  es  als  All<ul  mit 
den  Il  if<  n  und  Dörfern  Maricnthal,  Durothcciütof  und  Klein -Salitz  ver- 
bunden hat. 

Ucber  die  vom  Arcliidiakon  iles  Hischofs  von  Kalzeburg  eingesetzten 
GcisUichen  des  Mittelalters  wissen  wir  ^ar  nichts.  Auch  aus  der  Reformations- 
zeit  scheint  es  keine  besonderen  Nachrichten  von  hier  zu  geben.   Das  Patronat 

der  Kirche  hat  wahrscheinlich  seit  dieser  Zeit,  nachweislich  weni^'stens  seit 
1653,  die  (jutsherrschnft,  und  als  protestrintischc  IVedij^er  fmden  wir  dort  bis 
1650  lohi.is  Brüse,  zwisclicn  1650  und  1658  Georg  Decker,  von  i6vH  bis 
1712  Chri.siian  Vogel,  zwi.schen  1712  und  1718  l^'ranz  joacliim  Burchard, 
zwischen  1718  und  1738  Adam  Joachim  Eckhard!,  zwischen  1739  und  1776 
Joh.  Albr.  Hermes,  von  1776  bis  1818  Aug.  Wilh.  Albr.  Woenigcr.  Ueber 
ihn  und  seine  Nachfolger  s.  Walter  a.  a.  O. 

Die  Kirche  ist  ein  mit  wenigen  gothischcn  Mauerstcinijkiicrn  bewehrter  Kirche. 
Feldsteinbau  mit  platt  abschliessendem  gewölbten  Chor  und  mit  flachgedecktem 
einschiffigen  Langhaus,  an  dessen  spitzbogigen  Fenstern  und  Eingangsportalen 
scharfkantig  g^ederte  Schmiegen  und  Laibungsbogen  in  die  Augen  springen. 
Der  im  Westen  vorgesetzte  Thurm  ist  ein  Holzbau  mit  einem  schindelg^eckten 
Pyramidenhelfn. 


•)  .M.  L.-U.  154.  375  ^-^^  J7I)- 
*)  H.  U.-B.  9991. 


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518 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GADKHUSCH. 


Altar.  Der  Altaraufsatz  ist  ein  Werk  des  Barockstils  mit  den  beiden  Gemälden 

des  Abendmahls  und  der  Krciizij;ung  und  mit  Sclinitzwcrk.  Als  Bekrönung 
die  Gestalt  des  triumphierenden  Christus  mit  der  l'ahne. 

Tauf-  Von  der  übrigen  I'-inrichtunj^  der  Kirche  verdient  der  Taufbehälter, 

hehältcr,    eine  prachtif^c  Sandstein -Arbeit  im  Geschmack  der  Renaissance,  besondere 

Messing-  Erwähnung.  S.  die  Abbildung.  Von  grossem  Interesse  ist  auch  der  prächtig 
deckel 

getriebene  grosse  Messingdeckel  dieses  Behälters.  Auf  ihm  die  Inschrift: 
KEY  FRAM  ANNO  1699  DEN  29  SEPTEMMER.  ) 


Kirche  zu  Ko(;;;uiuli>rf. 

Glocken.  Glocken.    Die  grös.sere  ist  von  P.  M.  Hausbrandt  in  Wismar  1S51  um- 

gego.ssen  worden.  Ihre  Vorgängerin  war  1796  von  G  J.  W.  Landre  in  l.iibeck 
imigcgos.sen  worden  und  trug  die  Namen  des  damaligen  Patrons  AUG.  GEORG 
MAXIMILIAN  VON  FABRICE  und  seiner  (Jemahlin  DOROTHEA  MAGDALENA 
CAROLINA  VON  LÜTZOW.  Die  zweite  kleinere  Glocke  ist  1771  von  Joh. 
David  Kriesche  in  Lübeck  gegossen  und  trägt  die  Namen  «Urs  CHRISTIAN 
VON  RANTZAU  und  seiner  als  Patronin  bezeichneten  Gemahlin  ADELA  VON 
FABRICE. 

Klcinktuist-  Kleinkunstwerke.     1 — 4.  Kelch,  I'atene,  ( )hl;ik-ndi»se,  Weinkanne  neu. 

werke.  neugothischem   (leschmack   von    H.  Fickert  •  Dresden  gearbeitet.  Gestiftet 

1858  von  dem  danialigen  Besitzer  von  Koggendorf,  OSWALD  AUGUST  FRIED- 
RICH VON  FABRICE.        5.  Kleine  silberne  Patene  mit  der  .Aulschrift:  PETER 


')  Oic  schwere  C"eiiieiitli:i«.i>.  wclclio  <li'ii  {^rii-iiTi-n  'l'liril  ilor  l.imoii  vcrhllllt.  «liu  <tle 
eigentlichen  'IVfitjcr  «U'>  (innruii  viiul,  .-.rli.'ülii^t  «Kmi  I'!iiir1iiic1<  «U->  Kll«i'»l«i;jke'>.  Sie  ^clieinl 
I\e(i.ira1uren,  wirlchc  1  •hIhij  uarcii.  zu  venlfrUfii. 


VORGBSCHICHTUCHB  STELLEN. 


SI9 


LEVERS  Ao  1708  •  MARTINVS  VON  DER  HEYDE  Stadtzdchcn  g  JT^  — ^ 
6  8.  Sill)friK'  Kranken  ■  Kl 'mniunii  in'-c^^LiatliL'.  neu,  mit  denselben  Aiitscht üten 
wie  9  und  10.  —  9.  10.  Silberne  getrieljene  Taufschüssel  und  Wasscrkanne, 
von  einem  Augsburger  Goldschmied  (Twl.*)  nach  der  Aufschrift  ein  Geschenk 
des  A.  F.  O.  VON  FABRICE  und  seiner  Gemahlin  H.  W.  A.  VON  FABRICE,  geb. 
Gräfin  Rcichenbach-Lessonitz,  an  die  Kirche  zu  Rc^gendcnf  im  Jahre  1886. 
Aelterc  Arbeiten.  Auf  der  Unterseite  auch  Wappen,  das  Lützow'sche  und  das 
Fal>rice'sche.  -  -  ir  12.  Zwei  silberne  I,euchter,  im  Stil  passend  zu  I --4, 
auch  von  demselben  Stifter.  -  15.  14.  Zwei  zinnerne  Leuchter.  Aufschrift  des 
einen:  LECKES  •  WICH  MANN  •  ALHEIT  •  WICH  MANN  •  1646;  des  andern: 
PETER  •  RVTINQ  •  CLAVS  •  WARMER  •  HANS  •  HAGEMAN  •  lOCHIM  •  DETMER. 
Keine  Werkzeichen. 

Das  Inventar  von  181 1  erwähnt  einen  nicht  mehr  vorhandenen  silbernen 

Kil(  1    mit    i!rr    \iifs<hrirt:    EX  DONATIONE   PETRI  VON  VFFELE.   HAERED.  IN 

DVTZOW,  TVROW,  ROGOENDORF  ET  BASTHORST,  ON.  VEDOELIAE  ET  QREVEN- 

HOFF  leso  CAL.  JANVAR.t  und  einen  zinnernen  Kelch  mit  dem  Namen 
DAVID  lOHANN  LVTHER  IfO«. 


Die  wichtigsten  vorgeschichtlichen  Steilen 
der  /Xmtsgerichtsbezirke  Kehna  und  Gadebusch. 

I.  Amtsgerichtsbezirlt  Rehna. 

IBfiehna.  1.  iJas  Stadtgebiet,  besonders  die  Moore  l>ei  Kehna,  sind  reich 
■**  an  voi^cschichtlichcn  Alterthümern  der  Steinzeit,  von  denen  sowohl 
früher  (vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XI B,  S  21)  als  neuerdings  durch  die  Bemühungen 
des  Kaufmanns  Rohile  in  Rehna  eine  grössere  Anzahl  in  das  CJrossh.  Museum 
gekommen  ist.  —  2.  Im  Postamts  Clarten  ein  Burgwall,  nach  Form  und  l.age 
wahrschcinhch  wemlisclum  IVsprungs. 

Vitense.  Mehrere  trcfi'lichc  Steinsachen  ans  einem  Moore  befinden  Sich 
im  Gni^sli   Museum;  v[,d.  Lisch,  M.  Jahrb.  XXl.X,  Ü.  134. 

Bülow.  Die  I'"rl(lmark  ist  untjemein  reich  an  steinzeitlichen  AUer- 
ihiinieiii;  zwei  .Stellen  (in  den  Muoren  >>llen  Hulou  x  untl  l.anj^e  Rieh") 
.sind  Spuren  von  riahibaulen  beobachtet;  untersucht  ohne  abschhes-sendes 
Resultat  von  Dr.  Beltz  1896.    Die  Funde  im  Grossh.  Museum. 

Hof  Nesow.  I.  Line  Steinkanmier  unter  der  Lrde,  ausgegraben  1864; 
vgl.  Li.sch,  M  Jahrb.  XXX,  S.  131.  —  2.  Im  Jahre  1841  ein  Umenfeld  früh- 
römischer  Provinzialzcit  (vgl.  Möllin,  Amtsgerichtsbezirk  Gadebusch)  ausgegraben ; 
Funde  im  Grossh.  Mu.scum;  vgl.  Lisch,  Erster  Bericht  über  das  Grossh.  Anti- 
quarium,  S.  16. 

')  VgL  Kusenberg,  Merkzeichen,  i>.  63. 


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530 


AMTSGERICHTSBEZIRK  GADBBUSCH. 


Gross-Hundorf.  l.  An  der  Südseite  des  Wedendorfer  Sees  eine  kreis- 
runde Umwallung,  wohl  wendischen  Ursprungs.  —  2.  An  der  Grenze  nach 
Gnunbow  eine  vierseitige  Schanze,  deren  zeitliche  Stellung  unsicher  ist 

Klein -Hnndorf.  In  dem  Gehök  an  der  Rad^ast  bei  der  Landmühle 
drei  lang^treckte  Steingrflber  (»HOnenbettenc)  mit  theilweise  erhaltenen 
Grabkaminem. 

Bensin.  Zwei  Httnenbetten,  1806  vom  Hauptmann  Zinck  untersucht 
(jetzt  verschwunden;  oder  identisch  mit  denen  von  Klein-Hundorf?).  Lisch, 
Friderico-Frandsceum,  S.  77. 


It-Pokraat.    I.  Aus  einem  im  Jahre  1846  geöffneten  Hünei^;rabc  (Stein 


p^ss  kammcr  mit  drei  Decksteinen)  besitzt  das  Grüssh,  Mu«nim  eine  Anzahl 
Stcin^erathe;  vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XII,  S.  403.  —  2.  Am  Sonnenbrille,  nahe 
der  Funkenkiihle,  befindet  sich  ein  ausgedehntes  Grabfeld  der  jüngeren  lironze- 
zeit  (niedrige  Ilugcl  mit  Steinkisten),  das  schon  1806  vom  Hauptmann  Zindc 
untersudit  ist,  aber  nodi  neuerdings  Umenfunde  eiigeben  hat;  vgl.  Lisdi, 
Friderico-Frandsceum,  S.  69;  Bdtz,  M.  Jahrb.  LXI,  S.  218. 

Steinbcck.  Aus  dnem  schon  zur  Zeit  des  Grossherzogs  Friedrich 
Franz  I.  ausgqrral>enen  Kegelgrabe  befinden  sich  im  Grossh.  Museum  mehrere 
schöne  Bronzen;  vgl.  Lisch,  Friderico-Frandsceum,  S.  54. 

Holdorf.  Bei  der  Ziegelei  nahe  der  Radegast  ist  wahrend  des  Bahn- 
baues  im  Juni  1897  ein  l^rncnfcld  angeschnitten,  das  nach  den  bisher  bekannt 
gewordenen  Fundvcrhaltnissen  aus  der  älteren  l-j.senzeit  stammt. 

Möllin.  Bei  dem  Jägerberge  ist  1840  ein  l'rnenfeld  friihrömischer 
Provinzialzeit  ausgegraben;  Funde  im  Grossh.  Museum;  vgl.  Lisch,  M.Jahr- 
buch VI  B,  S.  74. 

Güstow.  In  der  Sandgrube  ein  noch  nicht  naher  untersuchtes  Skelett- 
gräberfeld. 

Bnchholz.  Nahe  dem  Eilerholze  aui  dem  Acker  drei  Hache  Mrliebungen, 
der  Hardenberg,  der  Silberberg  und  der  Riesenberg,  anscheinend  nieder- 
geackerte  K^^lgräber. 


IL  Amt&narichttbezlrk  Gadebusch. 


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Amtsgericlitsbezirk  Schwerin. 


Die  Stadt  Schwerin. 

eschichte  der  Stadt.  Der  erste  Akt  der  Schweriner  Orts^oscliichte,')  {'icscltic  litc 
in  welcher  Schloss  und  Dom  die  Anjjclpunkte  sind,  ist  der  in  ''^'i" 
Vernichtung  durch  Feuer  bestehende  Abscliied  des  Landesherrn  von  ^t^*''- 
seiner  hier  gele<jenen  Hauptburj».  Als  der  Obotritcnfürst  N'iklot  nach  lan^^e 
wahrender  hartnäckifjer  Gejjenwchr  die  I'jnsicht  jjcwinnt,  dass  es  ihm  nicht 
{gelingen  werde,  den  Ansturm  der  neuen  Zeit,  die  der  Weife  Heinrich  der 
Löwe  als  siegreicher  Vorkämpfer  Tür  die  Ausbreitung  des  ChristenUunns  und 
der  deutschen  Kolünisati<m  ins  Land  bringt,  auch  weiterhin  noch  aufzuhalten, 
entschlicsst  er  sich  zu  einer  That  der  Verzweiflung:  er  verbrennt  .seine  vier 
grossen  Hurgen  Schwerin,  Dobbin,  Mecklenburg  und  Ilow  und  zieht  sich  nach 
der  weiter  abgelegenen  Feste  Werle  bei  Schwaan  zurück.  Bald  darauf,  e.s  i.st 
im  Augii.st  I  löo,  wird  er  bei  Gelegenheit  eines  Ausfalles  von  seinen  I'^einden 
erschlagen,  und  der  Sachsen-  und  Uaiemherzog  hat  nun  freie  Hand.  Kr  baut 
die  Burg  Schwerin  wieder  auf.  macht  ihre  Wiek  zur  Stadt,  sowie  zum  I  laupt- 
Stutzpunkt  eines  grossen  Theiles  des  I^mdes,  den  er  dem  Krbe  der  Sohne 
Niklot's  ohne  Umstände  entzieht,  setzt  den  (trafen  Gunzclin  von  Hagen  als 


*)  Kine  frühere  vcrcinzeUc  Krwühnun^;  von  Schwerin  im  J:ilirc  lolS  limlct  >icli  l)ci  <li-ni 
(.'hroiii>tcn  Thietitiar  von  Mer.>.el)ur{;  VIII,  4.  Er  erzählt,  «l.i>s  sich  ttcr  ( >l*i)trilenf(lr.>t  Mi><ti>1.-ir 
(Mi<>islav,  Mie/tsl.iv)  währciul  cino  Krieges  niit  den  l.euliyen  (l.iulici)  in  seitic  Kesle  .S;h\verin 
(intr,i  ZuitriiKie  civitatis,  inunicioneni)  zurllckj^ozojjen  halwi.  V(>l.  Wi^jßcr,  Mocklcnl),  .'\iinnlen,  S.  fk>, 
IV-lior  tlie  l>euiuti}^  (le>  N.-inioti^  Lisch,  Jahrl».  II,  S.  17.S.  \',  S.  225.  Itcycr,  FHc  wcnrtisclien 
.Schwcrinc,  .M.  Jahrb.  .\\.\II,  S.  581!.    KuhncI,  S\av.  Ortsnamen,  M.  Jahrb.  XI.VI,  S.  131. 


522 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


Herren  dieses  zur  (irafschatl  Schwerin  erhobenen  Landeslbeiles  ein  und  leitet 
einen  ganzen  Strom  dcutsciier  Kolonisten  in  alle  1  heile  Mecklenburgs.  Ferner 
bewidmct  er  die  Bisthümer  Ratzebui^,  Lübeck  und  Schwerin  und  stellt  ihre 
Sprengctgrenzen  fest,  während  ßir  die  ct>enra1ls  tief  in  die  Landesverhältnisse 
einj^'reifendcn  Histhumer  Camin  und  Havelberg  Fürst  Kasimar  von  Pommern 
und  Markgraf  Otto  von  Brandenburg  mehrfach  als  weltliche  Schutzherren 
auftreten. ') 

Zweihundert  Jahre  lani,f  bleiben  nun  tüe  neu  fjcschalTenc  Grafscliaft  und 
ihre  Hauptstadt  den  nu-eklenburger  i^nde.sherrn  entfremdet.  Iis  i.st  dies  jenes 
Gebiet,  das  ausser  der  Statlt  Schwerin  und  einem  grossen  Theile  ihrer  Um- 
gegend die  Landschaften  Crivitz  (Silesen),  Hagenow,  Wittenbui^,  Boizenburg, 
Lübtheen  und  Redc6n  mit  ihrer  Nachbarschaft  umfasst  Zwar  kommen  mehr- 
mals im  Laufe  der  ZJeit  Verbindungen  zwischen  der  gräflichen  und  der  fürst- 
liehen  h'amihc  vor,  die  durili  1  Icir.itlien  herbeit^fefiihrt  werden,*)  aber  die 
Mecklenburj^er  hören  tn>tzdt  iii  nicht  auf,  das  N'erhiiltni-^s  der  ( irafsclKift  zum 
Lande  als  l'fahl  im  Fleisch  zu  emplnuien,  und  im  Ganzen  giebt  es  mehr  Streit 
als  Frieden  zwischen  beiden.  So  belagert  z.  B.  Herzog  Albrecht,  der  Ende  des 
Jahres  1358  die  Grafschaft  durch  Kauf  an  sich  bringt,  nicht  weniger  als 
zweimal,  1351  und  135S,  die  Stadt  Schwerin  und  errichtet  1358  ZU  diesem 
Zweck  sugar  eine  burgartige  Verschanzung  auf  der  Schelfe.'*) 

h'iir  die  eij^entHehe  ( "irschiclite  der  Grafen  von  .Schwerin  bis  zum  J.ahre 
1358  ist  hicT  elx'usowenig  der  l  )rt  wie  t'ur  die  nachfolgende  (icscliithte  der 
Bischöfe  und  der  Herzöge  von  Mecklenburg.  Aber  für  die  Zwecke,  die  wir 
im  Auge  haben,  sind  folgende  Momente  zu  beachten. 

Der  erste  Graf  Gunzelin,  Edler  von  Hagen,  baut  an  derselben  Stelle, 
wo  Niklot's  Buig  gelegen  hatte,  eine  feste  Steinbutt  auf  und  schafft  damit  die 
Grundlage  des  heutigen  Schlosses  von  .Schwerin.  Hahl  nachher,  ticn  9.  .Scp- 
teml)er  1171,  beginnt  ;uuh  der  Dombau  in  lv>nore  domini  nostri  Jhesu 
Christi  et  sancte  dei  genitricis  Marie  et  sancti  Johannis  evangeliätec.^) 

•)  llelmold,  Chron.  Slav.  1.  t  ap.  I  \\X\  II.    M   l  .  lt.  S.  56.  57.  Ci.  65.  71.  X2.  83.  88. 
90.  94.  95.  96.  icx>.  IIJ.    Fricdr.  Wtlh.  I.i>cli,  M.  Jaliili.  S.  41.    t  citcr  il.xs  .SchwcrinVche 

Kecbl  vgl.  Fromm,  Chronik,  S.  S  bi.i  23.  Wcntphalcn,  Mun.  iticd.  III,  S.  165t  (T.  F.  Fabricius, 
Iliuis.  (.eschichtftbUtter  XXII  (1894),  S.  3  bis  46. 

*)  Wigger,  Stammtafd  der  Cirafeii,  M.  lahrli.  KXXIV,  S.  71.  133.  136.  138  Imb  14a 

•)  Kischc,  CiciiChicbtC  <1>  1   C.r.irsrhnri  Siliw  rrili     iSo;,    >^         i""'  55-     M-  '  .  ü.  7581.  842!. 

8495.    Weimar- Chronik  von  K.  K<)ii|)iiiann,  .s.  5^4  Iiis  32(>.    M.  l  .11.  S453  (S.  26S  .. 

*)  M.  r.-It.  100.  Am  Schtnss  der  Itcwidmiintxsurkunde  des  KiKlhums  Schwerin  vom  Sachsen- 
hcrxog  Heinrich  dem  l.owm  lu-issi  o-.:  .Nri.-i  Mint  hcc  V"  idus  Septembris,  in  <lorlic.->(ionc  cjii»dem 
CCclcsic  :iiin<>  tldtiiiii!«  1-  iiii  :irii,nliiiiiis  M  •  (  '  •  I  •  XXI  •  » I '.ihcr  «  ird  niicli  nii  ilii  -c-ni  Taj^c 
(9.  Sc|»lctiilicr)  alle  /.t  iii-n  liiii<liircli  «la-.  Kircli»cil>ii''>l  jjcfcicrt  und  daher  auch  noch  in  Ucn  Icl/tcii 
drei  prote«(antitichen  Jahrhunderten  lii.H  znm  Jahre  1^46  ein  Jahrmarkt  f^hahen.  welcher  unter 
<l<  ni  NniniMi  Kirolmii-ß  mit  (U-ni  KirclnM-ilifi  -ti-  \crl niniirn  rv.  >'  Im  |itl>  ;;lt';  iiotli  ini  vnriijcii  lahi 
liiMulcrt  hcl  der  er>le  .Markttag  auf  .Mari.ic  (icburt  ^9.  Se|>icinlier},  in  den  neue>(üu  Zeiten  war 
freilich  der  J.ihrmarkl  schon  vom  9. 5M.>|>tcmher  anf  den  19.  Kc|>tember  verlegt«  Linch,  M.  Jahrb. 
Xlll.  S.  147. 


GESCHICHTE  DER  STADT  SCHWERIN. 


\'<>n  (kr  alten  Wciulcnbur;^,  die  sich  vorher  hier  erhoben  hatte,  sind 
jene  ^lol)  ^'ckiicteten  nnd  rauh  verzierten  Hurjjwallscherben ,  die  als  Kenn- 
zeichen -slavischer  Niederlassungen  gelten,  in  grosser  Zahl  zu  Tage  gefördert 
worden;  was  und  wieviel  aber  von  der  nachfolgenden  sächsischen  Steinburg, 
in  welche  1359  der  erste  Heneog  einzog,  in  den  Unterbauten  des  heutigen 
Schlosses  erhalten  geblieben,  hat  sich  nicht  ermitteln  lassen.')  Gewiss  aber 
ist  CS,  tlass  noch  Steine  von  dem  ältesten  Dombau  in  dem,  der  jetzt  vorhanden 
ist.  stecken  geblieben  sind  (s,  u  ).  Von  Interesse  ist  es  ferner,  7.11  wissen,  dass, 
obwohl  der  Sit/,  des  Hisehofs  schon  vor  1 167  (wahrscheinlich  zwischen  1155  und 
1 1 59)  vom  Dorf  Mecklenburg  nach  Schwerin  verlegt  worden  war,')  es  dennoch 
bis  1238  fiir  den  Bischof  kein  Haus  in  der  Stadt  giebt  und  selbst  die  Domherren 
erst  in  diesem  Jahre  feste  Wohnungen  auf  der  Schelfe  angewiesen  erhahsn.*) 
Fiir  l)eiile  Theilc,  den  Grafen  wie  den  Bischof,  niusste  es  sclion  früh  wünschens- 
werth  erscheinen,  dass  die  (ieIe<;(Miheit  zu  Konflikten  /wisclun  der  weltlichen 
iintJ  tjeistlichen  Macht,  iiml  ancii  zwischen  Hisclmf  und  Kapitel,  wie  sie  in 
vielen  l'allen  auf  die  Dauer  nicht  zu  vermeiden  waren,  auf  das  mindeste  Maass 
gebracht  würde.  Deshalb  sehen  wir  in  der  Folge  Bütxow  und  Warin,  die 
beide  in  jenen  Gebieten  lagen,  welche  Pribiskv  bei  Gelegenheit  des  Dombau- 
festes  am  9.  September  1171  als  Geschenk  aus  seinen  Landen  dem  Tafelgut 
des  Hisehofs  zugewiesen  hatte,  sich  zu  besonderen  geistlichen  Residenzen  ent- 
wickeln,*) und  noch  heute  sind  «lort  Spuren  und  Reste  von  den  alten  Schlössern 
und  \\  allen  des  Bischofs  erhalten  geblieben. 

Als  Anlauf  zu  einer  sdbstindigeren  städtischen  Entwicklung  nach  Art 
von  Rostock  und  Wismar  lassen  sich  die  beiden  von  Kaiser  Otto  IV.  mit 
Hinweis  auf  die  Verdienste  seines  Vaters,  des  Baiem-  und  Sachsenherzc^s 
Heinrich  s  des  I.öwen,  in  den  Jahren  1209  und  121 1  bestätigten  IVivilrgien 
auffassen,  in  welch<  n  den  lUirgcrn  von  Schwerin  Handelsfreiheit  im  Hafen  zu 
Wismar  und  Theilnalinie  an  der  Schiftfahrl  daselbst  sowie  Zollfreiheit  im 
ganzen  Herzogtliuin  Sachsen  gewälirt  werden.'")  Allein  bei  dem  blossen  Anlauf 
bleibt  es,  da  die  örtlichen  Bedingungen,  vor  allen  aber  die  Gestaltung  der 
staatlichen  Verhältnisse  einem  weiteren  Aufschwünge  in  dieser  Richtung  ent- 
^ei;(  nstehen.  Zu  grossem  Ruf  und  Ruhm  dient  es  tier  Stadt,  als  der  kühne 
(iraf  Heiinich  von  seiner  Reise  ins  heilige  Land  als  kostbaren  Schatz  einen 
in  ein  Jas])is;^erass  eini;eschlossenen  Hlutstropfen  des  Heil.indes  mitbrmi;!  und 
ihn  am  (jrundi>nnerstage  des  Jahres  1222,  den  31.  Marz,  in  Gegenwart  seiner 
beiden  Brüder,  nämlich  des  Frohstes  Hermann  von  Hamburg  und  des  Dom- 

'J  Kr.  U-ich,  Zur  liescliichte  ik*  .Schlo-st-s,  M.  Jahrh.  XV,  ,S.  i6oir.  Frictlr.  Wilhelm  LiMih, 
Schwerin  hm  tum  Uebergange  der  CmTochaft  Schwerin  «n  dm  Hau»  Mecklenbui;^,  M.  Jahrb.  XLII, 
S.  39n'.     \Ml7,  1  >ie  Wc-mleii  in  M<  cklonli\iri;,   1S93,  S.  15  liK  17. 

*)  S.  o.  S.  277.    AI.  L'.-It.  49.  65  ^.\nmkg.  auf  S.  61),  88. 

^  M.  l'.-ll.  486. 

*)  M.  l'.  H.  124.  141.  149.  lAz.    Vgl.  SchOdt.  Itiicthnm  Schwerin.  M.  Jahri».  XI.VII. 

.s.  148  ff.,  153  fr. 

*^  M.  l'.  H.  1S9  iiikI  302.  Vgl.  Iie>i<imlt>rs  ilic  .\iimk|;.  zu  202  Ulicr  die  weitere  Kedeutunu 
dieser  l'ricunde  in  den  Jahren  1481  und  IS17> 


524 


AMTSGBRICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


herrn  Friedrich  von  Hildesheim.  sowie  vieler  anderer  hoher  Herren,  wie  fies 
Abtes  von  Doberan,  der  I'i  obste  von  Lübeck  und  Neuklostcr  u.  a.  ni.,  durch 
den  Bischof  Brunward  in  der  graflichen  Gniflkapcile  des  Domes,  die  von  nun 
an  die  heilige  Blutskapelle  heisst,  aufstellen  und  zu  einem  Gegenstand  öflent- 
licher  \'erelirung  weihen  lässt.*)  Aus  allen  Ländern  strömen  Gläubige  herbei, 
ihre  Gaben  (ordern  den  Dombau,  der  am  Sanct  Veitstage,  den  15.  Juni  1248 
oder  1249  (s.  11.)  von  Hischof  W ilhehn  geweiht  wird,  und  dessen  weitreichende 
Hetlcutiing  daran  zu  erkennen  ist,  dass  König  Ludwig  IX.  von  Frankreich,  der 
Heilige,  einige  Jahre  nach  der  Einweihung  einen  Dorn  aus  der  Dornenkrone 
Christi,  und  der  Ersbischof  Johann  V.  von  Riga  un  Jahre  1396  ein  Stück 
vom  Kreuze  Christi  mit  einem  Ablass  sendet") 

In  die  Zeit  des  Grafen  Hdnrich  fällt  anschemend  die  zwdte  Kirchen- 
sdftung  von  Schwerin,  die  von  St.  Nikolai  aur  der  Schelfe.  Zwar  giebt  fs 
schon  1217  einen  »saccrdos  sancti  Nicolai«,  und  dieser  ist  ohne  ein  Gotteshaus 

gleiclien  Namens  nicht  denkbar.')  Aber  wenn  hicniit  auch  die  in  allen  Chro- 
niken der  Stadl  sicli  findende  Sage  von  der  Gründung  der  Kirche  durch  den 
Grafen  Heinrich  im  Jahre  1228  hinfällig  wird,  so  ist  doch  nicht  zu  übersehen, 
dass  mehrere  Nachrichten,  mögen  sie  immerhin  irrig  wiedergegeben  sein,  mH 
Bestimmtheit  auf  ein  besonderes  Verhältniss  des  Grafen  Heinrich  zur  St  Nikolai- 
Kirche  schüessen  lassen,  und  dass  diese  Kirche  zehn  Jahre  nach  des  Grafen 
'I"ode,  nämlich  im  Jalire  1238,  als  eine  neue  Kirche  (novella  ccclesia)  be/eiclmet 
wird.'')  Ms  ist  deshalb  durchaus  niclU  nnw  ahrscluinlich,  dass  Graf  Heinrich 
in  Anlass  des  grossen  Sieges  über  die  Dänen  bei  15ornliovcd  am  22.  Juli  1227, 
durch  den  er  und  seine  norddeutschen  Bundesgenossen  der  dänischen  Ober- 
lehnsherrlichkeit  auf  lange  hin  einen  äusserst  empfindlichen  Stoss  versetzen, 
die  genannte  Nikolai  Kirche,  die  in  der  Folge  als  eine  Tochter  der  Domkirche 
angesehen  und  behandelt  wird,  kurz  vor  seinem  Tode,  am  17.  I'Vbruar  1228, 
in  besonderer  Weise  bewidmete  und  mit  MiUelii  zu  einem  Neubau  ausstattete, 
.sowie  dass  die  Abtretung  von  zwölf  Höfen  auf  der  Schelfe  durch  seinen  Sohn 
Gunzelin  an  die  Schweriner  Domherren  am  26.  Mai  1238  hiemit  im  Zusammen- 
hange stand.  Dies  um  so  mehr,  als  Niemand  grösseren  Anlass  hatte,  dem 
Himmel  für  den  Si^  bei  Bomhöved  dankbar  zu  sein  als  Graf  Heinrich. 
Denn  hätten  ^e  Dänen  gcsic  i^'t,  so  wäre  es  sicher  um  ihn  geschehen  gewesen; 
Kfinig  W'oldemar  würde  sich  ohne  Zweilel  scliwer  gerächt  halx  ii  für  den  von 
aller  Well  zwar  liewunderten.  aber  auch  äusserst  bedenklichen  Handstreich, 
den  der  Graf  vier  Jahre  früher,  in  der  Nacht  vom  6.  auf  den  7.  Mai  1223, 
ausgeführt  hatte,  indem  er  ihn  und  seinen  Sohn  Christoph  bei  Gel^nheit 


'  M.  r.  I!  2S0.  I  i.ch,  M.  Jahrb.  NIII,  S.  14  5  \<h  187.  Wigger,  M.  Jahrb.  XL,  S.  37, 
Aniiiki;.    I  riL.lr.  Wilhelm  l  \-ch.  M.  Jahrb.  .S.  55  bi*  58. 

*)  I.inch,  Meckleub.  l  ikun.lcii  III,  S.  93.  —  M.  Jahrb.  XIII,  S.  154,  Anmkg.  i  bis  4. 
XIV,  S.  67,  »6j. 

•)  .M.  l'.  l».  a35. 

*)  M.  U.-R.  346.  350.  486.   Lisch,  M.  Jahrb.  XIII,  S.  l6l,  Anmkg.  I. 


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GESCHICHTE  DER  STADT  SCHWERIN. 


525 


eines  Jagdverf^nii<:^ons  auf  der  Insel  l  yoe  nlu  rlistcte  und  gcfant^cn  setzte,  ihn 
so  zu  Zu};cst;iM(lnissen  zu  inj^rend,  tlic  er  sonNt  nicht  erreiclit  lial)cn  würde  ') 

Um  diese  Zeit  ist  die  Schelfe  noch  eine  Insel,  welche  von  der  Stadt 
durch  einen  breiten  Wasserarm  getrennt  wird,  der  vom  i'faffcntcich  zum  Beutel 
läuft  und  in  der  Niederung  zwischen  der  heutigen  Friedrichstrasse  und  der 
Burgstrasse  (ehemalige  Scharfrichterstrasse)  überbrüclct  ist.*)  Wie  nun  die 
Geistlichkeit,  Bisthum  und  Kapitel,  die  nach  der  ßewidmung  durch  den  Raiern- 
und  Sachscnherzof»  ausser  Dom  iintl  Pfarre  (wenngleiih  liieriibcr  keine  iirkund 
helle  l'cstsetziin'f  hinterlassen  worden  ist)  V(in  der  eit^entlichen  Stadt  Srhwc-rin 
nichts  besitzt,  durch  weitere  Hestatigunjjsurkunden  auf  Grund  von  Abschriften, 
in  denen  bald  etwas  hinzugesetzt,  bald  etwas  weggelassen  wird,  schrittweise*) 
dahin  gelangt,  allmählich  auch  einen  nicht  unerheblichen  Theil  der  Stadt  zu 
ihrem  Gebiet  zu  machen,  und  wie  die  Schelfe,  auf  welcher  die  Geistlichkeit 
sich  ant^esiedelt  hat,  als  Neustatlt  mit  einen)  I)esonderen  Recht  bewidniet  wird, 
das  alle  diejenigen  zur  Niederlassung  veranlasst,  denen  -die  eni^e  alte  Stadt 
und  ihr  zünftiges  Wesen«  nicht  zusagen  mochte,  das  hat  Friedrich  Wilhelm 
Lisch  in  seinem  lesenswerthen  Aufsatz  »Schwerin  bis  zum  Ucbergang  der 
Grafschaft  an  das  Haus  Mecklenbui^«  anschaulich  auseinandergesetzt^)  Die 
ursprüngliche  Gestaltung  des  Strassennetzes  aber  und  den  Uebergang  von 
einer  l'lankenbefestigung  der  Altstadt  zu  einer  I^linschliessung  mit  Mauern  im 
Jahre  1340,  wobei  zugleich  eine  Vcrgrösserung  des  einzuschliesscnden  Theiles 
stattfindet,  hat  Hautiirektor  I  lübbe  mit  zwei  vorzüglichen  l'länen  klargemacht, 
denen  er  eingehende  l>läutcrungen  auf  Grundlage  seiner  bei  der  Kanalisation 
der  Stadt  ausgeführten  Aufgrabungen  und  Entdecicungen  anschliesst,  und 
wobei  zugleich  eine  wichtige  alte  Karte  des  im  Jahre  1651  al^brannten  Stadt- 
theils  (vom  damaligen  Baumeister  Wedel)  erfolgreich  benutzt  wird.*)  Hieljci 
sind  besonders  die  V'er.anderungcn  der  Strasscnnamcn  zu  beachten,  n)it  di-nen 
man  in  neuester  Zeit  allzu  freigiebig  war,  ohne  zu  bedenken,  wie  sehr  dadurch 
die  l'eststellung  älterer  topographischer  \*erhaltnisse  erschwert  wird. 

Vor  allen  ist  zu  beachten,  dass  die  iieutige  Konigstrasse  auf  der  Strecke 
von  der  Schlossstrasse  bis  zum  Markt  »Filterstrassec  und  auf  der  Strecke  vom 
Markt  bis  zum  ehemaligen  Schelfthor  »Steinstrasse«  hicss.  Wann  diese  beiden 
Namen  aufkamen,  ist  nicht  zusagen;  dass  die  Strasse  aber  (anscheinend  ohne 
Namen)  \2<^yj  vorhanden  war,  crgiebt  sich  aus  einer  Urkunde  dieses  Jahres,  in 
der  sie  als  ])latea  <]ua  itur  versus  Schilnionem  (Schelfe)  bezeichnet  winl.'') 
Die  heutige  Schlo.ss.stra.sse  hatte  auf  ihrem  ö.stlichcn  luulc,  das  zur  Burg 
(lihrte,  den  Namen  Burgstrasse,  und  auf  dem  westlichen  Ende  den  Namen 

n  .M,  r.  Ii.  287.  2S8.  290  his  297.   307,  Annili^'. 

*}  Uas  ^cliclühur  wird  1313  zum  ersten  Mal  (genannt;   M.  L.-H.  3582. 
*)  Bis  zoni  Vertfleich  vom  6.  Deceinber  1284.   VgL  Sehildt,  a.  «.  0„  M.  J&hrb.  XLVU, 
S.  ISSflT.    Fromm.  .\rch.  f.  I.an(1eskim<le  XIV  'iSr.,\  S.  250fr. 

*)  M.  Jahrb.  XI.II.  S.  33  bis  128,  besonders  .S.  58  bis  83. 

II.  \V.  C  IlUbbe,  Zur  Topognipliie  des  alten  Schwerin,  M.  Jnhrb.  LXt,  K.  1  bw  14. 
<)  M.  U.-B.  1766.   F.  W.  Lisch.  «.  a.      S.  86.  87. 


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f 


526  AMTSGBRICHTSBBZIRK  SCHWERIN. 

Muhlctistrassc;  denn  liit-r  riuK  tc  sie  In-i  der  Muhle  des  (  iiafen,  die  an  der  von 
ihr  und  der  heutigen  Kaiser -Wilhehilstrasse  gebildeten  sudhclien  Kckc  lag  und 
von  einem  aus  dem  Bui^iaee  kommenden  Wassertauf  getrieben  wurde,  mit 
dem  sich  die  aus  dem  Ostorfer  See  kommende  Sedce  zu  dem  unter  der  Kaiser- 
Wilhelmstrasse  entlani^laufenden  Fliessgraben  vereinigt,  jenen  Rest  einstmaliger 
grösserer  WasserverbiiulnnL^  zwischen  dem  Ostorfer  und  dem  Zie^elsec  oder 
dem  von  ilmi  al)t;ctrenntL-n  I'taftciitcich.')  Die  heutige  Hurgstrasse  hiess  bis 
in  die  neueste  Zeit  hinein  Scharfrichterstrasäc,  war  aber  zur  Zeit  der  Grafschaft 

ebensowenig  eine 
Strasse,  wie  die  erst 

Ende  vorigen  Jahr- 
hunderts entstandene 
I-'ncdrichstrasse;  in  der 
Richtung  beider  hef, 
wenn  auch  nicht  ganz 
sich  damit  dedcend,  an 
der  ehemaligen  Stadt- 
mauer der  Stadtgraben 
entlang ,  \\  clcher  die 
(irafenstadt  von  der 
bischöflichen  Schelfe- 
Stadt  trennte.  Endlich 
führte  die  jetzige 

Wladimirstrasse  den 
Namen  Faule  Grube», 
die,  wie  Urkunden  er 
weisen,')  durch  Schleu- 
sen-Werlw  auls  Beste 
reguliert  wurde.  Von 
den  übrigen  kleineren 
Strassen,  die  hier  inner- 
halb des  Mczirks  der 
alten  Stadt  sich  an- 
schliessen ,  wird  nur 
noch  die  Schmiedestrasse  im  Jahre  1284  insoweit  urkundlich  bezeugt,  als  ihr 
Thor  genannt  wird.*)  Ks  ist  femer  zweifellos,  dass  es  auch  schon  im  XIH. 
Jahrhundert  eine  Neustadt  g^eben  hat,  die  nicht  mit  der  jetzigen  Sdielfe- 

')  Mit  ttirem  Namen  wird  die  CrafcnmUhlc  am  lo.  AiiguiU  1328  zum  ersten  Mal  urkundlich 
[M'ii.iiint.  imd  die  l'.i-oliof^niülilc,  welche  "eit  ;i»i~^erhall>  der  alten  Stadt  nnrilue'-tlicli  muh  Tfaflen- 
tcich  \.\.^,  aui  3u.  M;ii  1331.    M.  l  .  ü.  4<>(i3.  5349.  6<>o9.    Ohne  ihren  Nnnici)  kommt  die  lüschofs- 
mUhle  jichon  im  XII.  Jahrhundert  vor:  Nf.  l'.-lt.  141. 
\\.  IMI.  5264.  5"V.. 

')  M.  l'.-IJ.  1766.  :uich  35.S2.  5905.     l'ehcr  die  Vcrsehiclmnjj  der  Schusterstra^jiC 

nnch  Weisen  in  Kul^e  des  (;ri»<.«n  Itrandes  von  1651  linterrichtet  der  WederMhe  Man  (s.  u. 
S.  533)  am  besteo. 


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a.  da>  Sciu-lfihor,  l>.  das  Schmiedethnr ,  c.  das  Muhlenthur. 
d.  da»  Uuri^hor,  e.  der  alte  IlegrSlmi«splatz,  f.  das  ilcUige 
Ceist-llaus   (vorher  Fi«cher  Sack),   g.  das  alte  Rathhans, 

f— c.  die  (irenie  swiachen  dem  Bräfitclien  und  bischöf 

liehen  Stadtthcil,    h — e.  dtisgl.  die  .sjiätcrc  Grenze, 

i.  die  Marktpumpe. 


Nach  Hubbe. 


GESCHICHTR  DER  STADT  SCHWERIN. 


$27 


Nciistailt  \ crwichsclt  ui-nlcn  darf.')  iJas-.  nur  <iujfni;^cn  Thcilc  tler  Stadt, 
welche  südwärts  von  tlcr  (iriincn  Strasse,  der  Hader-  und  Kittcrstrassc  Ingen, 
diesen  Namen  führten »  und  nicht  auch  die  gleichfalls  ausserhalb  der  alten 
Stadt  gelegene  Mühlen-  (Schluss-)  Strasse  sowie  die  l'lätzc  neben,  vor  und 
hinter  dem  sich  nach  Südosten  hier  anschliessenden  Kloster,  erj^iebt  sich 
sowohl  aus  <ior  ('rkiinde  vom  Jahre  12C>^>,  in  welcher  das  W'ortchon  >aut« 
zwischen  »apiid  iVatres  und  in  no\  a  rivilalt'  sirim-  zuiiiLjfnde  Hedeutnnj» 
hat,  als  auch  aus  der  alten  L  eberlielerunj;,  nach  welcher  tlie  am  2.  April  l  32Ö 

vom  Kloster  Rein- 
feld  auf  der  Neustadt 
zu  Schwerin  ge- 
kauften Scheunen 
und  Speicher  auf 
dem  Glaisin  lagen, 
und  zwar  auf  jenem 
Räume,  den  jetzt 
die  beiden  Glaisin- 
Strassen  einnehmen.*) 
Noch  heute  lassen 
die  Strassenzuge  er- 
kennen ,  dass  die 
östlichen  und  süd- 
lichen Theile  der 
Altstadt .  die  cist- 
lichcn  von  der  V'er- 

(irusseii  Mooics  an 
und   die  südlichen 

von   den  drei 
"  I'ngcn «  Strassen 
her.  jinit^'ere  Theile 
sind  als  die  .iiidcrcn. 
Nach  IlüUlic.  Das  an  Steile 

des  heutigen  Regierungsgebäudes  einstmals  gelegen  gewesene  und  noch  1640 
als  KornhauH  vorhandene  Franziskaner- Kloster  wird  am  24.  April  1236  zum 
ersten  Mal  in  kundlich  erwähnt.  Das  Ilciligengeisthaus,  welches  auf  der  von 
der  Faulen  Grube  (Wladiinirstrasse)  und  siidlichen  Seite  der  langen  Strasse 
gebildeten  l'.cke  lag,  knnnnl  am  3.  März  l-i^,>  zum  erstt-n  Mal  V(tr;  an  eben 
diesem  Tage  auch  das  liosi>ital  von  St.  (ieorg  (ilomus  leprusorum),  welches 

'    Iir-r  N.itiir    NLC-ti  h    fiM    .lir    -.rlH.M    im  Jalirliumlcrt  «ifl   iliniii;    f;i'naiinlc  Sclu-Ife 

iiniict  .-'teil  ui  kiiii<ilu-li  r.um  ci^ioii  Mnl  nin  JJ.  Jiiiii  134<>.  AlH.'r  e*  ixt  nicht  f.u  U)icr>chcn,  ila^n  es 
in  einem  rrkunilcn-Aujurug  de*  rkinilri.iii  aus  dem  .\VI.  Jaiiriiumlert  KCHcliichl:  M.  l'.-lt.  6977. 

•)  M.  V.-ll.  1089.  3582.  4713  mit  AnmkK.  Fricdr.  Wilh,  I.i'.ch,  a.  a.  (>.  S.  85.  Der  Ab- 
nähme  von  llubke,  a.  o.  O.  S.  9  können  wir  niclit  beipflichten. 


Schwerin      1  .;'** 

innerhalb  der  Mauer  Vv., . ' 
«•dl  im  V 


V-^»''^"-  -V^V  -'  'zj/f''  '~  ~- 


dM  Schdfe 


«•         %•■  Meter 


a.  «iaii  SchelTlhor,  Ii.  das  Schniicdethor,  c.  das  Miihtunthiu. 
d.  der  l'lötrcnlhnrm,  e.  der  alte  nv|;rälmisK|ilalz,  f.  fl.i»  lleili};«: 
lieiitt-IlauK,  g.  da»  nhe  Kathhau:«,  i.  die  Markt|ium|ie. 


538 


AMTSGBRICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


dem  Hurgsce  gegcnti!>cr  jenseits  der  Seeke  lag.  Der  liischofshof  endlich, 
welcher  in  der  Gegend  des  heutigen  Keichspostgcbäudes  lag,  begegnet  uns 
als  curia  zum  ersten  Mal  am  8.  September  1343«  wenngleich  die  Anlage  des 
Sitzes  schon  im  Jahre  1238  verdnbart  worden  war  (s.  o.),  und  das  Rathhaus 
(sicher  wohl  auf  demselben  Platz  wie  das  heutige)  am  7.  September  1371  mit 
dem  Namen  consistorium.') 

Von  den  sonst  noch  fiir  die  (icschiclile  der  Stadt  in  Hetraclit  komiiiciiden 
Ereignissen  in  der  Zeil  der  Grafenhei  rscliaft  mögen  erwähnt  werden  die  üeber- 
wdsung  der  Dörfer  Medewege  und  Rubow  sowie  einer  Hufe  in  Warsow  und 
verschiedener  Einkünfte  aus  der  Schweriner  Mühle  und  dem  Dorfe  Stück  an 
den  Dom  durch  Graf  Gunzelin  und  seinen  Bruder  am  2.  Juli  12 17;  die 
von  Stadt  we^eii  c^esohehcnde  Ivrwcrbunj^  drr  Dörfer  Zii)j)end()rf,  Göhren  und 
Ostorf  (mit  Ausnahnu'  des  Halses)  und  einzelner  Cjerechtij^keiten  im  Ikichholz 
am  8.  Uecember  1 282  zur  Zeit  der  beiden  Hürgermeister  Johannes  Fischer  und 
Heinrich  Marquard;  die  durdi  die  Bürger  gut  abgewehrte  Belagerung  der 
Stadt  im  Jahre  1322,  als  Graf  Heinrich  auf  Sdten  des  Fürsten  Heinrich  von 
Mecklenl)urg  wider  dessen  Feinde,  die  Fürsten  von  Werle  und  Pommern,  stand; 
die  schon  erwähnte  Hefestigimg  der  Stadt  mit  Mauern,  welche  die  Folge  der 
Belngerune:^  war  und  erst  1339  vollendet  wurde;  der  Ankauf  des  zur  Stadtfeld- 
mark gelegten  (später  eingegangenen)  Dorfes  'riuirow  am  17.  Mai  1330  und 
die  Schenkung  des  Radclandcs  Bollbruck  innerhalb  der  Stadtfeldmark  an  die 
Stadt  durch  den  Grafen  Heinrich  am  34.  At^;a8t  1340;  endlich  auch  die 
schon  oben  S.  522  berührten,  von  keinem  rechten  Erfolge  gekrönten  beiden 
Belagerungen  der  Stadt  durch  den  Herzog  Albrecht  in  den  Jahren  1351 


')  M.  r.-B.  450.  1672-  5956.  C>9S--  '',>.»^'-  7505^-  flii'inalijje   Kranzi-kancr  -  Kirche  soll 

ein  bc&onder»  .schüncs  (jcbäude  gewesen  KCin.  Sie  iitcht  bis  zum  Jalire  1554,  nachdem  &ic,  ohne 
du*  die  Gotteiidtenirte  der  MSnehe  dadurch  behindert  gewesen  wiren,  zeitweise,  besonders  1531 
und  1532,  als  lu-li 'iiM:he  Kirche  m  Art  SalzMras^e  ali(;cbraniit  war.  ^ur  \'LM'kiiiuligung  der 
neuen  keforniatinii^lchrcn  gedient  hatte.  In  der  Zeit  der  kriegerischen  Wirren  des  Jahres  1554 
aber,  al»  während  des  zwischen  Herzog  Johann  Albrecht  und  Herzog  l.'lrich  wegen  der  Erbfolge 
entstandenen  ittreites  das  Einriieken  der  Urannsehweiser  vnd  die  Mögliebkeit  eber  Besebiesraas 

des  Sctilo^vo^  vom  Frnn/i-.k.im'r-KIo>ter  her  ln-fllrchtet  wird,  wird  die  Kirchei  um  dem  TOr- 
subcugcn,  in  eine  Ruine  verwandelt,  und  1557  werden  ihre  Steine  zum  Dan  des  Schlosses  ver- 
wandt (IJsch,  M.  Jahrb.  XTII.  S.  155).  Eins  der  Klostergebtode  aber  dient  ab  Borg-  und  Fürsten- 
schule,  ein  anderes  als  Koridmus,  bis  1825  diis  KolletjiiMinchäiiilc  an  die  Stelle  tritt.  —  (leschichtc 
und  Ue»chretbung  des  alten  Uiitchofshofcs  s.  Iici  lIofTmann,  I'ust  und  Telcgraphiei  Denkschrift  zur 
Einweihung  des  neuen  Post-  und  Tele^'r.iplicii;;et)Sudei>,  S.  55  IT. 

Auch  die  St.  ( ;cor(;i, •  Ka|H;lle  wini  t>",i  zinn  lutherischen  Gotteüdlenitt  verwendet.  ,\K 
aber  in  einer  stürmischen  Nacht  dicM-s  Jahres  d.is  i;,in?e  S)iitalKel>Sudc  einslltrzt  und  nur  die 
Ka]>cUc  stehen  bleibt,  beschlicsst  man,  auch  diese  alizuhrcchcn  und  ihre  Steine  7.um  Wiederaufbau 
der  am  *4J2$.  Juli  desselben  Jahres  abgebrannten  lutherischen  Kirche  in  der  Salzstrasse  (s.  v.) 
zu  verwenden. 

*)  M.  t°.-K.  235.  1650,  5143.  5264.  5956.  6or>5.  Kircbbcrg,  Kap.  CI.XVI  (Westphalen, 
Mon.  ined.  IV,  S.  818).  Ueber  daa  frühere  l'Iankenwerk  vgl  M.  U.-B.  I131.  1766.  3582.  Fr.  W. 
Lisch,  n.  n.  O.  S.  9off.  —  Die  lateinische  Chronik  des  Hederich  (Westphalen,  Mon.  Ined.  III, 
pag.  1652)  nennt  auch  Muess  mh  unter  den  Dörfern,  welche  1282  erworben  wurden.  Indessen 


und  1358.") 


GESCHICHTE  DER  STADT  SCHWERIN. 


529 


Eine  neue  Zeit  beginnt  fiir  die  Stadt  mit  dem  Aufhören  der  Grafschaft 
im  Jalire  1358')  und  mit  dem  Einzufre  des  Herzogs  Albrecht  I.  in  die  alte 
Burg  seiner  X'orfahreii,  die  von  nun  an  die  Hauptresidenz  der  mecklen- 
burgischen Herzuge  wird  und  sicii  im  Laufe  der  Zeiten  zu  einem  der 
malerischsten  Schlösser  Deutschlands  entwickelt.  Den  Grund  dazu  legt  am 
Ende  des  XV.  Jahrhunderts  der  tüchtige  Herzog  Magnus.  Er  lässt  »das 
grosse  neue  Hause,  jenen  nordöstlichen  Theil  des  Schlosses,  der  na(~h  dem 
See  zu  gelegen  ist,  ausfiihrcn  (s.  u.),  erneuert  auch  die  Hurg- Kapelle  und  i^iebt 
damit  seinen  Xaclifolgern  im  XV\.  Jahrhundert  den  Ansloss  zur  Ausführung 
der  sich  anschliessenden  grossen  Bauten,  wie  sie  vom  Beginn  des  dreissig- 
jalui^cii  Krieges  her  bis  zum  Jahre  1843  hin  im  Wesentlichen  unverändert 
dastanden  (s.  u.).  Nach  dem  Henog  Magnus  ist  es  sein  Sohn,  Herzog 
Heinrich,  unter  dessen  ruhiger  und  vorsichtiger  Leitung  die  Reformation  auch 
in  der  Stadt  Schwerin  zur  Geltung  gelangt.  Die  Nothwcndigkeit  einer  ge- 
wissen Zurvickhaltiui«;  im  Anfange  ergiebt  sich  für  ihn  freilich  auch  aus  dem 
Vcrhaltniss  zu  seinem  minderjährigen  Sohne  Magnus,  der,  noch  nicht  ganz 
mAcn  Jahre  alt,  im  Jahre  15 16  nach  dem  Tode  des  Bischofi  Peter  Wollcow 
zum  Bischof  postuliert  worden  war,  fiir  den  aber  der  Vater  dem  Domkapitel 
den  Hischofseid  abgelegt  und  Schutz  und  Hülfe  geschworen  hatte.  Das  hindert 
freilich  nicht,  der  neuen  Lehre  Raum  zu  gelien  Als  die  Kapelle  des  St.  Georgs- 
Hospitals  (so)  vor  dem  Mühlenthor  nicht  mehr  ausreicht,  wo  seit  1526  der 
auf  Luther  s  lüiipfehlung  nach  Schwerin  berufene  Prädikant  Martin  Oberländer 

ist  das  ein  Irrthuni,  «leii  die  Atinilv;:;.  tu  L'.-B.  1650  richtig  aufj;iikl.=»rcn  scheint.  Das  Dorf 
Muess  ist  stets  in  L-iitUcIterrlichem  Hesiu  gewesen,  und  um  jene  Zeit  sitzen  dort  die  Herren 
TOD  lliisenkop  ab  grifliche  VastUen:  M.  U.-R.  2926.  3350.   Aach  d«s  Dorf  Ostorf  nius  tcbon 

frlihe  wiedtT  ili-m   st.ndti'ifhiTi  Ifcsit?  aii^'^cichiodoii  -irin.    <!i-nn    im  jnhri'  I  >57    i^t    f<.  lHTcit<i 

wieder  landcsherrhch,  d.  h.  im  Itc.Mtz  des  (irafcn  Nikolaus  vun  Schwerin,  w  ie  eine  L  rkunde  vum 
15.  Angast  des  gen.  Jahres  unwiderieglich  ertretst:  M.  U.-R  8379.  Vgl.  Lisch,  Mecklenhnrg  in 
Bildern  11,  S.  11.  Nicht-<lo-.iowenij;er  werden  ^k\\  .\iiN|iruchc  'natürlich  imbcrcchtltjii')  vcm  St.idi 
wegen  darauf  crh.ihen  haben.  Denn  in  dem  der  Stadt  im  Jahre  1590  vom  Ilerzug  Johann  ge- 
gebenen PriviK-^  ist  ausdrücklich  die  Rede  davon,  da.«  die  Stadt  nnnmehr  ihren  Ansprachen  an 

die  IKirfcr  Muess  und  (  Istorf  s.itntnt  dem  <  Ntorfcr  See,  .in  das  Ilaadhok  Utul  Huchhoiz,  ferner 
011  ileii  \  i>i;ellicerd  i ;ini  sitdlichen  .\lih:in<^e  des  jetzij;en  Schlnssgartens  hei  der  »Terrasse«,  auf 
ehemaligem  <  >>torfer  Gebiet),  an  die  W  em-  und  Ileideberije,  an  den  Jägerhof  und  l'ro|>stkrug 
(Ileideixige  und  Propstkmg  westlich  vom  alten  Lanf  der  Siecke)  su  entsagen  habe.  Vgl.  Pramm, 
Chronik,  S.  1^7,  d.i?«  S.  153.  l'elicr  weifer«-  Ahtrelungcn  nn  ilcn  Herroj;  ('hri>itian  im  Jahre  1660 
vgl.  ebendaselbst  S.  236.  2J7;  dazu  S.  250.  231.  263.  Leber  Anthcile  der  Stadt  an  der  Saline  zu 
Lüneburg  und  tiber  spAtere  Erwerbungen  von  Ackerland  westlich  auf  Lankower  und  Klein -Brfltzer 
(iehict  vgl.  ebenil.isellist  S.  i_^9.  170.  17J.  183.  204.  I>ie  weiteren  Landbesitzer« crbun}jen  für 
den  Dom  können  hier  nicht  ausfuhrlich  erwShnt  werden.  Siehe  Verzeichniss  der  KapiteUdörfer 
liei  Sehildt,  M.  Jahrh.  XLVII.  S.  199  IT.  Veber  die  Minderung  des  Besitzes  hn  XVI.  Jahrhnndert 
v);l.  Schildt,  M.  Jahrb.  .\LL\,  S.  237.  LI,  S.  144  153.  Medewege,  d.xs  wichtigste  unter  den 
KapiteNgtltern,  jjehurt  mit  K.ini|ie,  Warkstorf  und  dem  H;iuh<>f  .-»uf  der  Schelfe  zusammen  SU  dem 
letzten  Itcsitzslande,  den  sich  das  Kapitel  liewahrt.  .\m  27.  Februar  1649  giebt  Hersag  Adolph 
Friedriehl  der  die  Ihm  verhassten  Knpitulare  als  »hiutilia  terrae  pondera«  bezeichnet,  den  Befehl, 
die  genannten  drei  Cuter  ztt  inventarisieren,  w«il  er  sie  in  Besits  nehmen  woU^.  Schüdt,  M.  Jahrb. 
XLIX.  S.  242.    LI,  S.  243. 

'}  VgL  M.  Ü.-B.  853s.  8537.  8538,  8541.  854a.  8581  bb  8587.  8592  bis  8S9S. 

84 


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530 


AIITSGBRICHTSBBZIRK  SCXIWBRIN. 


(aus  dem  sächsischen  Oberhindc)  prcdif^t,  Avird  eine  Kanzel  unter  den  Huden 
des  Rosengartens  (auf  der  heutigen  Reüerbaluir)  errichtet.  Haid  aber,  schon 
1538,  entstellt  im  Untentode  eines  Hansa  auf  der  von  der  Salzstraaae  und 
Ritterstrasse  geluldeten  westlichen  Ecke  eine  lutfaerisdie  Kirche  und  im  Ober* 
stock  ebendesselben  Hauses  eine  lutherische  Sdiule.  In  jener  predigt  seit  1529 
der  Magister  Aegidius  Faber,  Luther  s  Freund  und  Schüler,  gebürtig  aus  Ungarn, 
in  dieser  lehrt  der  iVinzen-Instruktur  Cornelius  Arnemius,  der  seines  Glaubens 
halber  vom  Herzog  Alba  aus  (leldcrn  vertrieben  war.')  l*,in  grosser  Brand, 
der  in  der  Nacht  vom  24.  auf  den  25.  Juh  1531  die  Sudt  heimsucht  und 
innerhalb  vier  Stunden  den  grössten  Theil  davon  in  Asche  legt,  vernichtet 
auch  die  neue  Kirche  in  der  Sal»trasse.  Eine  energischere  Wendung  zur 
Reformation  aber  tritt  erst  ein,  als  mit  dem  Tode  des  Herzogs  Heinrich 
(6.  Februar  1552)  Johann  Kükenbieter  und  ICrnst  Rottmann  als  erste  lutherische 
Pre<lij4( T  am  Dom  angistcllt  uerdt-n.  Der  Herzog  Johann  Albrecht  beschenkt 
den  Dom  1560  mit  einer  sclir  schönen  Orgel,  deren  Haumeister  Anton  Mors 
(Tod)  aus  Antwerpen  ist,  1570  auch  mit  einer  neuen  Kanzel  und  1574  mit 
einem  neuen  fiirstlichen  Stuhl.  Mit  ihm  beginnt  überhaupt  ein  lebhafteres  Bauen 
in  der  Stadt,  nachdem  ihm  durch  den  Ruppin'schen  Machtspruch  vom  Jahre 
1556  Schloss  und  Amt  Schwerin  zugefallen  sind.  l*>  lä.sst  1558  das  Schloss  aufs 
Neue  durch  Francesco  a  Hornau  befestigen,  erbaut  1560  bis  1568  die  Schloss- 
Kirche,  an  welcher  der  Haumeister  Johann  Haptista  Parr  thätig  ist,  und  stiftet 
in  dem  Refektorium  des  Domes,  das  1 384  von  Bernhard  von  Plessen  errichtet 
worden  war,  die  Domschule,  mit  welcher  1576  die  Burgschule  vereinigt  wird. 
Ein  am  21.  August  1558  hi  Fo^  von  Blitzschlag  ausgebrodiener  Brand  trägt 
seinerseits  durch  Vernichtung  des  Rathhauses  und  eines  halben  Hundert  Häuser 
zur  Erneuerung  eines  Theiles  der  Stadt  bei;  das  Rathhaus  wird  1567  wieder 
neu  aufgebaut  und  1575  mit  einen)  Thurm  und  Uhrwerk  versehen.  (Vgl.  die 
Merian  sehe  Abbildung.)  1509  richtet  der  Herzog  in  einem  steinernen  Fck- 
hause  neben  dem  Franziskaner-Kloster,  das  sich  1600  in  ein  Komhaus  ver> 
wandelt,  die  Justizkanzlei  ein.  Mit  dem  Tode  des  Herzogs  Johann  Albredit 
am  29.  Februar  1 576  tritt  eine  Pause  in  der  baulichen  Entwicklung  der  Stadt 

*)  Die  Schul«  wird  154t  am  der  SalzKtrasse  ins  KatMunia  »Uber  dem  Schwibbogenc  verleg 

im'!  konini!  ein  Jnhr  >|i.'it!-i  in  ilic  »runde  K:i|iellL'i  auf  der  SltiKcile  des  l>(>nics:  Krnniiii,  a.  ;i.  (»., 
S.  104.  — '  Da»i  Uildiii^.>  des  Aegidius  Kaber  ist  nach  einem  ehemaligen  Uelgemälde  im  Uoni  ab. 
gebfldet  bei  Wesiphalen,  Mon.  Ined.  IV,  nd  |)ng.  1705  (III}.  —  Die  Stitte,  mnf  der  einit  der  erste 
IntheriKlie  Gottcsdieiist  stalthaltc,  ist  dii-sidl)c,  auf  welcher  jelzt  das  Ilciinsoth'sche  'früher  MilatX- 
seile)  llras  stellt:  Salzstrasüc  2  a  (272).  Die  Cicschichtc  dieitCit  Ilamcs  vor  und  nach  dem  grossen 
Brande  des  Jahres  1651  crzShIt  lisch  in  einem  Aufsatz,  der  als  Manascript  hegen  (^ehheben  ist 
und  jetst  im  Grosshersoglidicn  Aidiiv  mflieuahri  wird.  Das  Haus  war  aber  ehemals  grösser  als 
jel^t,  deUB  es  umfa^^to  nucli  «.rundsUick  clcs  anstosscndcn  Hauses  iler  Kitterstrasse  (damals 
> llundestrasse«  genanntj.  uährcnd  als  >Kittcrstras.sti<  ein  Thcil  der  heutigen  Konig.stravsc  auf  der 
Schelfe  beceichnct  wurde,  der  nSmlich,  welcher  vom  XenstXdtisehon  Palais  bis  stim  Schelfinarict 

reicht.  IlnfTenUich  findet  sich  <UTnn;ich>t  die  ( •elcj^cnhoil ,  dfn  '^eiiaiintcn  Aufsalz  des  ahcn 
lisch  zu  vcrüfTentliehcn.  —  I  runim,  in  »einer  Chruiiik,  S.  77,  Anmkg.,  erzählt,  da.ss  die  erste 
lutherische  Schule  sammt  der  Pred^rwohnung  in  dem  gegenaberatehenden  Hanse  an  der  Sab- 
und  Uaderstrasse  untergebracht  gewesen  sei. 


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GtSCHICHTE  DER  STADT  SCHWERIN. 


531 


ein,  doch  hören  wir  1572  und  1584  von  der  Anlegung  eines  fürstlichen  Gartens 
(des  späteren ')  Alten  Gartens)  und  in  den  neunziger  Jahren  des  XVI.  Jahr- 


•^13^ »  '*f  r'iem 


A-ThmKin-h'/.    \D.M<iAi(u>u^       'r.fC^/^ii'ni^  |>/. /L-nAo^^  \k 


MuhU 


hunderts  von  einem  Neubau  des  Bischofshauses*)  sowie  des  Schmiede-  und 
_  Mühlenthürs.    t589  erhalt  die 

Schelfgemeinde  zum  ersten  Mal 
einen  eigenen  Prediger,  doch 
verbleibt  noch  die  Darreichung 
der  Sakramente  beim  Dom. 

Unter  dem  I  lerzog  Adolph 
Friedrich  beginnt  eine  neue 
Bauperiode  am  Schloss,  die  im 
Gegensatz  zu  der  italienischen 
Friihrenaissance  des  Herzogs 
Johann  Albrccht  als  die  nieder- 
ländische   bezeichnet  werden 


•)  Der  N.imc  •Alter  Garten c  fUr 
den    I1a(7   vnr    (Icm   Schlnss  entsteht 
nnch    .Vnlajjc    di;!»   Schlos>};artciis  im 
VrI.  Lisch.  McckknhurR  in  Itildcrn  II,  S.  14.    III.  S.  31  und  32. 


J.ihrc  170S  (s.  u.) 

*}  SchiUU.  M.  Jahrh.  .\IAII.  S.  16 


34» 


53« 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


kann,  und  als  deren  technischer  Leiter  Gert  F.vert  Piloot  aus  Hmdcn  im 
zucitcn  und  dritten  Dcccnniuni  des  XVII.  Jahrhunderts  auftritt  (s.  u.).  Jedoch 
hintlern  che  Unruhen  des  drcissigjährigen  Krieges  eine  vollständige  Verwirk- 
lichung der  Pläne.  Kauserliche  Truppen  besetzen  am  i6.  März  1628  das 
Schloss,  der  Herzog  verlässt  es,  und  Wallenstein  niount  das  Land  in  Besitz. 
Mit  Hülfe  der  Schweden  beschiesst  der  Herzog,  der  bis  dahin  in  Lübeck  eine 
Zuflucht  gefunden  hatte,  den  19.  Juli  163 1,  seine  eigene  Hauptstadt  und  zwingt 
die  kaiserliche  Besatzung  zur  Kapitulation.  Aber  der  Krieg  verzehrt  Geld,  /.eit 
und  Kräfte  und  hindert  die  Werke  des  Friedens.  Das  folgenschwerste  Ergcbniss 
am  Ende  des  Kri^es  ist  der  Verlust  der  Stadt  Wismar  an  die  Schweden,  ein 
Verlust,  der  durch  den  Gewinn  der  Bisthttmer  Schwerin  und  Ratzeburg  nicht 
wettgemacht 

wird.  In 
Adolph  Fried- 
rich's  lange 
Regierungs- 
periode ßUlt 

auch  der 
grösste  Brand, 
den  Schwerin 
erlebt  hat,  es 
ist  der  vom 
10.  Juli  165 1, 
durdi  den  160 

Häuser  in 
Asche  gelegt 

werden  und 
der   von  der 
Altstadt  kaum 

mehr  als 
Sdiloss  und  Domkirdse  übrig  lässt') 

Die  wichtigsten  F.reignisse  unter  seinen  Nachfolgern  in  der  zweiten 
Hälfte  des  XVII.  Jahrhunderts,  soweit  sie  für  die  Stadtgeschichte  in  Betracht 
konunen,  sind  die  Wiedereinführung  des  katholischen  (lottesdienstes  in  der 
Schlosskirche  von  1665  bis  zum  Jahre  1692,  dem  Todesjahr  des  Herzogs 
Chrbtian  Ludwig  I.,  die  Verlegung  der  früher  beim  Kornhause  befindlich  ge* 
wesenen  Münze  im  Jahre  1669  nach  Dömitz,  die  Errichtung  eines  Ballhauses 
1697  an  der  Stelle,  wo  das  heutige  (richtiger  das  alte)  Theater  stand,  und 
die  Herstellung  eines  Dammes  ein  Jahr  spater  zwischen  dem  PfaflTenteich  und 
Ziegelsee,  wo  es  früher  eine  Fahre  gegeben  hatte,  später  aber  (1705)  ein 
eigener  Weg  (Spielthun weg)  erötlhet  wird. 

'}  L'eber  den  Wiederaufbau  dec  Kathhauses  nach  diesem  Brande  vgl.  Stnhr,  M.  Jahrb.  LXI, 
Q.-B.  .S.  22  e. 


Wedel'scher  Man,  nach  Hsbbe. 


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GESCHICHTB  DER  STAm  SCHWERIN. 


533 


In  die  erste  Hälfte  des  XVIII.  Jahilimulcrt^.  und  zwar  in  das  Jahr  1705 
fidlt  die  Krlu.'l)iin<4  der  Schelfe  zu  einer  eij^eruii  Stadt  mit  eigenem  Rathhaus, 
eigenen  Predigern  und  einem  besondern  Gerichtshof.  Die  Schelfe  erfreut  sich 
überhaupt  der  besonderen  Gunst  des  Herzogs  Friedrich  Wilhelm,  er  ist  es 
auch,  der  1708  den  Schlossgarten  anlegt  sowie  im  selben  Jahr  die  alte  Schdf* 
kirchc,  die  liurch  den  grossen  Sturm  des  S.  Decembcr  1703  gleich  anderen 
Kireluii  des  Landes,  Ijesonders  den  l)ei<lrn  L;Ieirhnamigen  Niki'lai  Kiiclicn  in 
\\  i>niar  und  Rostock  (s.  Hd,  I,  S.  1^3  und  II,  S,  I2S|,  ihres  I  hurmes  beraubt 
war,  nicderreissen  und  hier  die  jetzige  Schelf kirche  erbauen  iasst.')  Hier 
findet  denn  auch  Herzog  Friedrich  Wilhelm  1713  seine  letzte  Ruhe^tte. 


ViH.  ScbiMt.  M.  Jahrb.  XLVIt,  S.  162. 

Aus  Herzog  Karl  Leopolds  unruhiger  Regierungszeit  sind  grössere  und 
bedeutendere  Veränderungen  in  der  Stadt  nicht  zu  verzeichnen,  aus  der  seines 

Bruders,  dcs  Herzogs  Christian  Ludwig  die  \'erlegung  der  Landesregierung 
itii  Jahre  1750  nach  dem  Hischofshof,  die  Lrrirhtung  des  Ilofmarschallamtes 
1752,  die  ICrweiterung  tier  Schelfestadt  durch  Anschluss  und  Anlegung  der 
Apothekerstrasse  an  die  FfafTenstra&se,  der  Bergstrasse  an  Stelle  des  ehemaligen 
Weinbeiges  und  der  Werderstrasse  oder  Werderallee,  sowie  der  Bau  des 
Galertehauses  auf  dem  Schloss.  Unter  dem  im  Jahre  1756  nachfolgenden 
Herzog  Friedrich  aber  verschiebt  sich  der  Schwerpunkt  baulicher  und  künst- 
lerischer Interessen  von  Schwerin  nru  li  I.uduigslust,  und  das  bleibt  auch  so 
unter  dem  Grossherzog  Friedrich  1*  ranz  I.  Zu  erwähnen  sind  nur  die  Errichtung 

*)  VgL  Koch,  M.  Jahrb.  LVI,  S.  S41  ff. 


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S34 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


des  jüdischen  Tempels  im  Jahre  1770,  die  V^ergrösserung  des  Marktes  und 
der  Hau  des  »neuen  Gebäudest  1780,  der  Bau  der  katholischen  Kirche,  die 
1795  vollendet  wurde,  die  Umgestaltung  der  Domkirche  im  Innern  1809  und 
1817,  <fie  Verlegung  der  Justizkandei  aus  dem  Biadiofshaus  in  der  Pfoflen- 

Strasse  nach  der  Schelfstrassc  181 3,  die  Rückgabe  der  im  Jahre  1806  aus  der 
hcrzojTlichcn  Gemälde -Galerie  nach  Paris  überführten  Kiinstschtätzc  am  20.  Sep- 
tember und  16.  (  )kti»ber  1S15,  der  Abbruch  des  Schmiedethors  1820,  die 
Errichtung  des  Kullcgicn-  oder  Kcgieruni^'s  ( icbäuUcji  und  dcrlrrcn-Hcilanbta.lt 
Sachsenbei^  1825,  der  Brand  des  Sdiauspiclhauses  in  der  Nacht  vom  22.  auf 
den  23.  April  1831  sourie  die  Errichtung  der  jetzigen  Rathhaus-Fassade  1854 
und  eines  neuen  Theaters  1836. 

I''inc  j^Ianzcndcre  Bauperiode  für  die  Stadt  Schwerin  bej^innt  unter  dem 
Grossherzo<;  Paul  I'riedrich  und  findet  ihre  Fortsetzung  wie  ihre  Hluthe  unter 
dem  (jrossherzog  Friedrich  I'ranz  II.  Sie  hebt  1837  mit  den  Erdarbeiten  zur 
Anlegung  eines  neuen  StadttheiLs  am  Pfallenteich  an,  und  es  folgen  nun  1838 
der  Bau  eines  grossen  Marstalls  auf  der  Wadewiese,  1841  der  des  Arsenals 
in  der  neuen  Päiulsstadt  und  der  des  Päulsdammes  vom  Werder  her  durch  den 
grossen  See.  Die  Stadt  verliert  aber  audi  im  sdben  Jahr  ihr  altes  Mühlenthor. 
Den  23.  Februar  1842  beginnt  der  Bau  eines  neuen  Schlosses  auf  dem  Alten 
Garten.  Doch  der  Tod  des  Grossherzogs  Paul  Friedrich,  kaum  vierzehn  Tage 
später,  nämlich  den  7.  März  1842,  tritt  diesem  Plan  entgegen,  und  der  Ge- 
danke, das  alte  Schloss  der  Väter,  das  verlassen  worden  war,  zu  einem  Pracht- 
bau zu  eiheben,  den  sein  Sohn  und  Nadifolger  Friedridi  Franz  II.  im  Herzen 
hegt,  gewinnt  1843  festere  Gestalt  Es  folgt  bis  1857  die  der  deutschen 
Kunstgeschichte  angehörende  glänzende  Periode  des  Schlossbaues,  und  auf 
den  h'iMidamcnten  des  vom  Grossherzog  Paul  Friedrich  begonnenen  Palais- 
baues entsteht  in  der  Zeit  von  1877  bis  1882  das  jetzige  Museum.')  Aber 
auch  andere  Werke  von  monumentaler  W  irkung  sind  zwischen  beiden  eben- 
genannten Bauten  schnell  hinter  einander  gefolgt,  wie  die  Artillerie  •Kaserne 
(1856  bis  1862),  die  Päulskirche  (1862  bis  1869),  das  Militär- Lazareth  (1865 
bis  1869),  das  Friedrich-Franz-Gyninasium  (1868  bis  1870).  Ihnen  schliessen 
sich  die  unter  der  Regicrungsperiode  b  riedrich  Franz  III.  vollendeten  Gebäude 
an,  wie  das  nach  einem  Brande  von  Grund  auf  neu  erstandene  Theater  (1S82 
bis  1886),  das  Realgymnasium  (18S3  bis  1885),  die  mit  letztgenanntem  gleich- 
zeitig auf  der  Grundlage  des  alten  Kreuzganges  beim  Dom  hergestdlte 
R^erungs-Bibliothdc,  der  neue  DomAurm  (1888  bis  1890),  das  neue  Bahn- 
hofsgebäude (1888  bis  1890)  und  die  den  allerletzten  Jahren  angehörenden 
Bauten  der  Vcrsicherungs- Anstalt  sowie  der  Eisenbahn-  und  Post- Verwaltung. 

')  Du  wo  das  GrnndKtack  des  Museams  an  den  nehon  Anfang  des  XV,  Jahrhundert«  ge- 
nannten »TappcniMgen«  stösst,  lag  in  alter  Zeit  >L-in  Rittcrhof,  nuf  welchem  im  XIV.  Jahrhundert 
die  Heycnrtct,  um  die  Split  fSulilshof),  darauf  die  Raven  auf  Stlik  (KavciisUurj;)  wuhnten, 

und  vor  welchem  um  1570  der  Itaumeister  des  Schlosses,  l  rotiz  l'arr,  sich  ciu  Haus  bauete<. 
S.  lisch.  Mecklenhurg  in  Bildern  n,  S.  14.  M.  Jahrb.  V,  S.  24,  Amnkg.  3.  —  Ilttbbe,  Zar  Topo- 
graphie des  alten  Schwerin,  M.  Jahrb.  LXI,  S.  13. 


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GESCHICHTE  DER  STADT  SCHWERIN. 


535 


Sie  alle  haben  zur  Hebung  der  Stadt  beigetragen,  desgleichen  die  unter  den 
letzten  beiden  Grossherzögen  entstandenen  Denkmäler,  unter  denen  die  des 
Grossherzogs  Paul  Friedrich  und  des  Grossherzogs  Friedrich  Franz  II.  sowie 
das  Kriegerdenkmal  von  1870/71  die  bedeutendsten  sind. 

Alle  diese  neueren  und  neuesten  Kunstschöpfungen  bleiben  ebenso  wie 
die  an  anderen  Orten  des  Landes  einer  besonderen  Behandlung  und  Dar- 
stellung vorbehalten. 


Vgl.  M.  Bemhardi  Hede- 
rici,   Chronicon  Sucrinensc 
(1140    bis    1598)    bei  Wcst- 
phalcn,    Mon.    Incd.  IJI, 
S.   1648  ff.   —  Dieselbe 
Chronik  deutsch :  Schwcrinisrhc 
Chronica    von    M.  Bemanio 
Hedcrico,  Rcctorc  der  St  hulcn 

zu  Schwerin,  treulich  zu- 
sammengezogen. Rostock,  ge- 
druckt durch  Christoff  Reussner 
Anno  1598.  Von  ehen- 
derselbcn  Chrtinik  eine  jüngere, 
vielleicht  zu  Schwerin  gcdnu  kte 
Ausgabe  mit  Fortsetzungen  bis 
ans  Knde  des  XVII.  Jahr- 
hunderts. — -  Chronik  der  Stadt 
Schwerin,  bis  auf  die  neueste 


Zeil  (1842)  fortgeführt  von 
{^hr.  Dehn.  Zum  Besten  der 
Abgebrannten  von  Hamburg.  — 
Lisch,  Mecklenburg  in  Bildern  I 
(1842),  S.  I  bis  8.  33  bis  36. 
47  bis  52.  68.  II  (1843), 
S.  9  bis  16.  III  (1844),  S.  25 
bis  32.  —  Chronik  der  Ilaupt- 
und  Residenzstadt  Schwerin. 
Mit  Benutzung  der  neuesten 
Fo rsch u ngen  z  usa m m en gestel It 

von  L.  Fromm.  Schwerin, 
Oertzen  &  Comp  ,  1862.  — 
Hachmann,  l^ndeskundl.  Lite- 
ratur, S.  457  bis  464  (Nr.  5243 
bis  5339).  —  Register  zu  den 
M.  Jahrbüchern.  —  M.  Ur- 
kundenbuch  1  bis  XVIII. 


■ 


■ 


NVelterfahne  «Ics  alten  .Schmiedethors, 
bronzene  Kugel  und  Keiter  l>is  zur  Ilelmspitze 
0,72  m  hoch. 
Im  (irosshcrzagl.  Museum. 


536 


AMTSGBRICHTSBBZIRK  SCHWERIN. 


Die  kaum  lünihiiliiin^  ilfs  ü^dicheti 
Flügels  üt  jetzt  eine  andere.  Avich 
Uikk  aaf  dem  nn  der  neiieTrcpiicn- 
thuToi  im  Hof.   V^.  S.  545. 


j    i   ,J  1^ 

r      )  0  (       !  <»• 


4^ 


4. 


CniDdrias  des  Domes  ta  Schwerin. 


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I>er  alte  Dom  zu  Schwerin! 


Der  Dom. 


ig^aubeschreibung.  Der  Dom  zu  Schwerin,  ein  mächtiger  gothischer  Ziegel- 
^ — ^  bau  mit  einem  vorgeblcmletcn  Fundament  von  behauenen  Granitsteinen, 
in  dessen  älteren  östlichen  Thcilcn  der  vvcnthsche  Verband  vorherrscht,  während 
in  den  etwas  jüngeren  westlichen  Theilen  wendischer  und  polnischer  Verband 
mit  einander  gemengt  sind,  hat  die  Anlage  einer  drcischiffigen  Kreuzkirchc 
mit  erhöhtem  Mittelschift"  und  einem  Querschiflf,  das  gleichfalls  als  ein  drei- 
schiffiges  Haus  mit  erhöhtem  Mitteltheil  gestaltet  ist.  Der  lange  Chor,  welcher 
jetzt,  nach  Abbruch  des  alten  Thurmcs  (von  dessen  südlicher  Seitenkapelle 
nur  wenige  Mauerthcilc  stehen  geblieben  sind,  auf  die  wir  noch  zurückkommen 
werden),  der  älteste  Tlu  il  der  Kirche  ist,  hat  einen  Oberstock  oder  Obergaden, 
der  niedriger  ist  als  der  des  Quer-  und  I^'inghauscs,  welche  beide  jüngeren 
Datums  sintI;  doch  beeinträchtigt  dies  Verhältniss  in  keiner  Weise  den 
harmonischen  I-jndruck  des  weiten  hohen  Innenraumes.  Vielmehr  dient  das 
mit  wirkiujgsvollen  Hildern  belebte  si)itzbogigc  Mauersegment,  welches  durch 
Zusanunentreffen  des  letzten  westlichen  Chorgewölbejoches  mit  dem  letzten  öst- 
lichen Joch  des  MittcIschifTcs  gebildet  wird,  in  Verbindung  mit  dem  malerischen 
Sterngewölbe  der  Vierung  ganz  wesentlich  zur  ICrhöhung  iler  Wirkung  des 
Ganzen.  Min  funftheiligcr  Kapellenkranz  umgicbt  den  aus  dem  Achteck  ge- 
schlossenen hohen  Chor.  Mr  verbindet  sich  auf  der  Nord-  wie  auf  der  Süd- 
.seite  mit  Abseiten,  die  bis  an  die  des  Oucrschiffes  führen  und  in  Höhe  und 
Breite  .so  ziemlich  diesen  sowie  den  .'^eiten.schifien  des  westlichen  Langhauses 
entsprechen,  wenngleich,  wie  der  Grundriss  darthut,  eine  mathematisch  genaue 


Beschrei- 
bung des 
Baues. 


538 


AMTSGERICFITSBEZIRK  SCHWERIN. 


Uebereinstimmung 
in  den  Abständen 
von  Pfeilern  und 
Arkaden  nirgends 
vorhanden  und  wahr- 
scheinlich auch  von 
Anfang  an  nicht  be- 
absichtigt worden 
ist.  In  der  nord- 
östlichen wie  in  der 
südöstlichen  Ecke 
des  Querschiffes  ist 

durch  niedrige 
Uebcrwölbung  und 
darauf  gesetzten 
Ueberbau  einer 
steinernen  Empore  je 

eine  Kapelle  ge- 
bildet,   von  denen 
die  eine  den  Namen 
»Zu  Marien  Himmel- 
fahrt« und  die  andere 
den  blossen  Namen 
»  Marien  -  Kapelle« 
führte. ')     Zu  be- 
achten   sind  die 
Glicdenmgcn  der 
Wand-  und  I'feiler- 
dienste.    An  denen 
des  Chors  und  seines 

Umganges  herr- 
schen ,    soweit  sie 
die  Rippen  der  Ge- 
wölbe aufnehmen, 
ausschliesslich  die 
Ilalbcylinder  der 

')  Eine  sichere  Untcr- 
!>cheiduiig  beider  Kapellen 
fehlt.  Vgl.  Lisch,  M. 
Jahrb.  XXXVI,  .S.  i68, 
Anmkg.  5  «nd  S.  169, 
Anmkg.  I  (» Verrcichnus 
der  Ah.tr  im  Thuinh  zu 

Schwerin    21  Augiisti 
Anno  IS53«)- 


a. 


n 
3. 
s 


a. 
<» 
3 


DOM  ZU  SCHWERIN. 


539 


Frühgothik  mit  fiinf  als  Dreiviertclkörper  vorgesetzten  Rundstäben;  soweit  sie 
aber  zur  Verzierung  der  Arkaden  dienen,  sind  sie  bereits  in  jenem  Formen- 


spiel  ausgefiihrt,  das  als  Vorbereitung  auf  die  Hoch-  und  Spätgothik  bezeichnet 
werden  darf.  An  den  Diensten  der  Pfeiler  des  Quer-'und  Langschifics  aber 
herrschen  ausschliesslich  die  birnformig  profilierten  Stäbe  der  Hoch-  und  Spät- 


 Fi"-  *  ~~ 


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1;. 


AOL»  ^81» 


Tortal  -  Profil«: 


gothik  mit  jenen  zurückliegenden  Zwischengliedern,  deren  leise  Aus-  und  Ein- 
ziehungen eine  grosse  Zahl  von  Kanten  bilden  und  dadurch  für  das  Auge  das 


540 


AMTSCKRICIITSHEZIRK  SCHWKRIN. 


vertikale  Linienspiel  am  Pfeiler  bedeutend  vermehren.  Wo  die  Dienste  nicht 
unmittelbar  vom  Fiissbodcn  aufsteij^en,   finden  .sich  iiaufii;  halbkegelförniige 


I  ]  I  I  I  I  I  I  I  I  I  I 


r 


Im  Schifif. 


Im  Chor. 


l'fcilL-r-lirunilrisse. 

Konsolen,  von  denen  aus  sie  emporwachsen.  Hie  imd  da  .sind  diese  freilich 
abgemeisselt,  die  unter  der  östlichen  Querrippe  der  Vierung  zeigen  kriiflig  aus- 
geführte Halbfiguren  in  Brustbild- 
form, und  unter  den  Rippen  in 
den  Ecken  des  südlichen  Quer- 
schiffes sieht  man  als  Träger 
kräftig  modellierte  Köpfe  in  Kalk- 
stuck mit  farbigem  Schmuck.  Die 
Kapitelle  der  Dienste  im  Haupt- 
schiff wie  in  den  Seiten.schiffen 
und  im  Chorumgang  sind  mit 
Blattwerk  auf  abwechselnd  blauem 
und  rothem  Grunde  geschmückt. 
Kopf-  und  Blattschmuck  zusammen 
findet  sich  an  den  Kapitellen  in 
den  obengenannten  beiden  niedri- 
gen Rckkapcllen  der  ö.stlichen  Ab- 
seiten des  Quenschiffes.  Auf  den 
westlichen  Hnden  der  beiden  Seiten- 
schiffe des  I^mghauses,  ebenso 
auch  an  einer  Stelle  im  nördlichen 
Arm  des  Querschi ffcs  findet  man 
Kapitellblöcke,  welche  unbehauen 
.stehen  geblieben  sind  oder  höch- 
.stens  eine  Vorzcichnung  des  be- 
absichtigten Laubwerkes  enthalten. 


Kapilcllc  an-.  iKn  ln-i<lfii  Mnricn  -  Ka])L-llL-ii. 


I'^infache  Kreuzgewölbe  decken  die  Joche  <les  Inncnraimies  mit  Ausnahme  des 
Obergadens  im  Querschiff.    Wahrend  niimlich  hier  tlie  Vierung  mit  einem 


DOM  ZU  SCHWERIN. 


schönen  Stcmpcwölbc  geschlossen  wird,  deckt  je  ein  sechzchnlheilif^cs  Netz- 
jjcunibe  den  nördlichen  wie  den  südlichen   Krcnzarni.    Minderwerthi}^,  und 

damit  als  Krzeugnisse  des  XV. 
Jahrhunderts  i;ekennzeichnct,  stellen 
sich  im  Vergleich  zu  den  Gewölbe- 
Jochen  des  Chors  die  des  westlichen 
Langschiffes  dar. 

Den  theils  fri.ih-  theils  hoch- 
und  .spatgothi.schen  Hililungcn  der 
Dienste  entsprechen  die  Laibungen 
iler  Portale.  Sie  sind  somit  gleich 
an<leren  Stilkritcricn  au.sschlag- 
gebend  für  die  zeitliche  lic.stim- 
niung  der  Itautheilc  (s.  u.).  Von 
besonilercm  Interesse  aber  ist  ein 
beim  Neubau  desThurmeszum  Vor- 
sclu--in  gekommenes  zugemauertes 
Portal  in  der  Aus.scnmauer  der 
siicllichen  Thurmkapellc.  Seine 
Laibung  ist  ganz  in  der  malerischen 
Weise  des  grossformigen  romani- 
schen Stils  ausgeführt  und  gehört  «kr  ältesten  Mauperiode  des  Domes  an.') 


I'ort.il  vom  allen  I>i>m 
in  ik-r  Au>'>ottl»a«it;r  iler  «UiiliclK-ii  rliiiiiiika|i(.-llo. 


Isnlk^lL'lii.  '('L-rrukoUn. 
Kiini;i)ii>ii'roii<U'  K;ii>tli-llo  «tu)  I!:I'L'H  all*  KalkNlcin  iiiul  nfliraniUeni  Stein  (im  Mu>ciiiii  zu  Schwerin). 

Die  Laibungen  dieses  und  auch  der  übrigen  mit  starker  Betonung  der  Haupt- 


'i  \V.i>  viiitsi  iioL'h  an  Kciinr.t.-iL'ht.-ti  <lc>  r(miaut>L-ht:ii  SliK  n\u  allen  'i'liurm  vorhanden  war, 
hat  l.i^cli  im  M.  Jaliiti.  \l.\,  .v>S  niul  .>W  znNammeiine»(ellt.  im  Mii>euni  zu  Schwerin  l»c- 
liiuleii  Meli  eiiil.:;e  r<>maiii'^iei'en<le  Ka|iilelle  und  lki>eii  au^  KalkMeiii  und  auch  aus  (;el>rannlcm 
.>i<  iii.  ilie  dem  rtiten  I  »mn  aii-'t-tiui  l  1).\1>cn. 


S43 


AMTSGERICHTSBeZIRK  SCHWERIN. 


^licdcr  trctTlicli  «gebildeten  reinp[otliisclu-n  I'ortalc  .siml  aus  iqjebrannten  Form- 
steinen  hergestellt,  I'fosten  und  Sturz  des  südlichen  C  hnrpoi tals  aber  weisen 
profilierte  Ciranitquadern  auf,  die  denen  des  alten  I'\nidanicntsockels  völlig 
gleich  sind  und  wahrscheinlich  als  Ueberschuss  an  Material  hier  eine  Ver- 
wendung fanden.  Auch  sieht  man  hier  im  Bogenfelde  oberhalb  des  Sturzes 
eine  Blattverxier^ii^  aus  Stnck,  die  den  übrigen  Bogenfeldem  fehlt.  Endlich 
kann  man  an  diesem  Portal  wahrnehmen,  dass  es  einst  mit  einem  kräftifjen 
Kapitell  und  Kampfergliedc  i^eschmückt  war,  wie  es  der  ersten  Periode  der 
Gothik  von  alter  Zeit  her  noch  eigen  ist,  später  aber  leider  schwindet.  Auch 
zeigt  sich  hier  ein  Wechsel  in  der  Anwendung  der  gelnwinten  Formensteine: 
in  dem  unteren  Theil  der  östlichen  Laibungshälfte  ist  bis  ungeßihr  zum  Ansatz 
des  Bogens  ein  älteres  und  grösseres 
Material  von  Steinen  verwandt,  von 
da  ab  im  Hoj^'eii  und  in  der  westlichen 
Laibungshai  Ite  ein  jüngeres  und 
kleineres,  wie  es  im  Portal  des  nörd- 
lichen Querschiflarmes  auftritt  (s.  u.). 
Zu  beachten  sind  femer  die  Sockel 
in  der  Laibung  des  südlichen  <  'u<  r 
schifiTportales  ans  anscheinend  goth- 
ländischem  Kalkstein.  Es  ist  an- 
zunehmen, dass  dieses  Baumaterial 
auch  bei  den  Sockeln  der  übrigen  Pörulbiidmig  im  siidliehen  Quenehir. 
Portale  einstmals  zur  Anwendung  kam.  Zur  Zeit  aber  sind  fÖr  diese,  wahr- 
scheinlich von  der  Witterung  /erstört  gewesenen  Sockel  überaus  roh  gcbiltlcte 
Sockel  von  Hackstein  zur  Anwendung  gekonmicn,  die  nichts  von  der  Form- 
schonheit  der  älteren  Sockel  aufzuweisen  haben  und  als  schlimme  Zeugnisse 
des  Unvermögens  unserer  Zeit  dringend  zum  Lrsatz  mit  etwas  Besserem  nach 
jenem  Muster  aulTordem,  das  sich  in  so  überaus  trefflicher  Gestaltung  im  sfid- 
lidien  QuerschifT  darbietet 

Eine  auffallende,  nicht  angenehm  berührende  Abueichimg  von  dem 
sonst  herrschenden  Spitzbogen  in  der  einfach  (d.  h.  ohne  Anwendung  von 
Maasswerk)  gehaltenen,  aber  gut  und  mit  Geschmack  durchgefiihrten  Bildung 
der  Fenster  zeigen  jederseits  die  Lichtöfinun;4i.  n  im  Obergaden  des  westlichen 
Hauptschiffes.  Sie  ermangeln  gänzlich  des  Hugenschlusscs  und  haben  statt- 
dessen einen  Schluss  aus  der  Spitze  eines  flachen  gleichschenkligen  Dreiecks. 
Die  Sache  findet  ihre  Erklärung  darin,  dass  diese  Fenster  in  ihrer,  wie  man 
weiss,  an  Stralsunder  Kirchen  erinnernden  Wei.se  ein  F.rgebniss  kirchlicher 
Strafverfügungcn  sind  und  zusammen  mit  den  Gewölben  des  westlichen  Ober- 
schiffcs  von  Stralsunder  Haunieistcrn  und  Arbeitern  am  Anfange  iles  XV.  Jahr- 
hundcrt.s  au.sgeluhrt  wurden  (s.  u.).  .Sie  repräsentieren  somit  die  letzte  Bauperiode 
des  Hochschtffcs.  Besondere  Beachtung  verdienen  in  der  äusseren  Laibung 
der  Fenster  des  hohen  Chors  als  Kennzeichen  der  Frühgothik  die  theib  breit 
abgefas'tcn,  theils  (und  zwar  am  Aussenrande)  unverändert  gelassenen  scharlisn 


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I>OM  ZU  SCHWERIN. 


543 


Kanten,  sowie  als  cntsprccbcndc  ICrscheinun},'  der  Krüli<^othik  die  an  einer 
ganzen  Anzahl  der  Pfosten  in  den  l''cnstern  des  Choriimganj^es  {glücklicher- 
weise noch  erhalten  ^gebliebenen  kleinen  Kapitelle,  wie  sie  in  der  spateren 
Zeit  der  Hochgothik  nicht  mehr  \'orkonin)en. 

Abgesehen  von  den  poIygonen  und  spitzbehelmten  Treppenthürmen  mit 
steinernen  Wendeltreppen,  von  denen  jetlerscits  das  QuerschitT  flankiert  wird 
(ein  fünfter  Trcppenthiirm  steigt  aus  dem  Dach  des  ScitcnschifTcs  an  der  Süd- 
wand lies  Obergadens  vom  Chor  empor),  abgesehen  auch  von  den  (iiebel- 
blenden  der  (Juerschifl'e  und  von  den  Strebej)feilern,  unter  denen  die  des 
westlichen  I^nghauses  mit  Strebebogen 
belastet  sind,  beschränkt  sich  der  iiussere 
Schmuck  des  Domes  im  Wesentlichen  auf 
wenige  Verzieriuigen  mit  schwarzglasierten 
Ziegeln,  so  z.  H.  auf  den  abgeschrägten 
Sohlbiinken  der  Kenster,  am  Kaft'sims 
unterhalb  der  l-'enster  der  Seitenschiffe  und 
des  Cliorumganges,  sowie  am  Kleeblatt- 
bogen-Fries,  der  unter  <len  oberen  und 


auMtn 


Mit  7wci  alten  uiiii  ciiiciii  ik'ucii  l'fo^tcti. 


unteren  Dachgesimsen  entlanglauft.  Am 
anziehendsten  wirkt  dieser  Fries  in  .seiner  Fortfülirung  an  den  als  scheit- 
rechte Bögen  au.sgcführten  Mauerlatten  oberhalb  der  flachen  Kappen,  womit 
die  Einziehungen  zwischen  den  Kapellen  des  Umganges  der  Art  überdeckt 
sind,  d.iss  dieser  Kaj)ellenkranz  gleich  denen  in  Dargun,  Wismar  u.  s.  w.  auch 
äusserlich  als  ein  unter  ein  einziges  Dach  sich  zusammcn.schlies.sendcs  einheit- 
liches Ganzes  erscheint. 

Als  Anbauten  finden  wir  zwischen  dem  südlichen  Theil  des  QuerschifTcs 
und  dem  Kapellenkranz  das  » Kapitelhaus «,  das  aus  einem  alteren  unteren  und 
einem  jüngeren  oberen  Stock  besteht  und  gegenwärtig  als  Sakristei  dient, 
sowie  auf  der  Nordseitc  ties  Domes  den  jetzt  als  Regierungs-Hibliotliek  ein- 
gerichteten zweige.schossigcn  Kreuzgang,  dessen  Thcile  nicht  zugleich  angelegt, 
sondern  der  aus  dem  unmittelbar  an  den  Dom  si(Ks.senden,  .seit  1S34')  .seiner 
Gewölbe  beraubten  östlichen  Refektorium  und  westlichen  Donuitorium  hervor- 
gegangen ist  (s.  u.).  Auch  der  der  Kirche  zunächst  liegende  Raum  des 
Refektoriums  wird  gleich  dem  Ihiterge.schoss  tles  Kapitelhauses  jetzt  als 
Sakristei  verwandt. 


")  l.l>cli,  M.  J.-ilirh.  MII,  S.  IsS,  .Viimk-;.  I. 


544 


AMTSdERICIIT.snF.ZIRK  SCHWERIN. 


Der  Thurm  ist  ein  von  dem  verstorbenen  Arthur  Graf  von  Ikrnstorff 
gestifteter  und  noch  bei  seinen  Lebzeiten  von  1889  bis  1892  durch  den  Geh. 
Obcrbaiirath  Daniel  aufgeführter  Neubau  von  117,5  Meter  Höhe.  Der  alte 
Thurm,  de.sscn  Spitze  nur  wenig  über  den  First  des  Hochschifies  hinausragte, 
der  ferner  nicht  genau  in  der  Langenachsc  tles  Haupt.-ichifics  lag  und  schon 
mit  diesem  Verhältnis:;  auf  einen  älteren  Kirchenbau  hindeutete,  hatte  im  Laufe 

der  Zeiten  manche  

Veränderungen  er- 
fahren ,    trug  aber 
noch   Spuren  der 
älteren  romani.schen 

Periode  an  sich. 
Die  Kapelle  auf  der 
südlichcnThurniseite 

bewahrt  nämlich 
ausser  dem   in  ihr 

aufgefundenen 
ältesten  Portal  noch 

Reste  des  Rund- 
bogen -  Friese.s ,  wo- 
mit auch  der  I  laupt- 
körpcr  des  Thurmes, 
wie  alte  Abbildungen 
zeigen,  geschmückt 
war. 

Um  die  (vc- 

schichte  des 
Domes  hat  sich 
Niemand  ver- 
dienter gemacht 

als  Frietlrich 

Lisch,  unter 
dessfnKrössiren 
und  kii-incrett 
s(  hrittwcise  die 

Sache  klar- 
stellenden A  w  f- 

Sätzen  über  dicsies  TliLiita  die  in  den  Jahrbüchern  XIII,  S.  143  bis  187, 
31;^  bis  325  (desrh.  d-  Heiligen- Hliits •  Kapelle),  XI.\,  S.  31)8  bis  403  {l\'ber 
<lie  Mauperiodcn  <lcs  Domh.s)  und  .\.\X\  1,  S.  147  bis  203  (fkr  Dom  zu 
Sc  hwerin)  eine  grundlLgendc  Ue<letituiig  haben,  besonders  \vi«  htig  ist  der 
^ulet/l  genannte  Aufsatz,  da  er  aurh  auf  das  Kunstinventar  des  Domes  ein- 
geht unfl  unwiderleglich  darthut,  wie  manrlie  werthvulle  Alterthiimer  selbst 
nf»<  h  bei  der  Restauration  im  Jahre  1S67  verloren  gingen.  .Ms  vierte  Dar- 
stfllung  kommt  dann  ein  .Aufsatz  von  lTic*lri<  h  W'ilhilm  l.ist  h,  dem  Sohne 
Friedricirs,  in  seiner  (iescliirhtc  tler  Statlt  Sc  hwerin  bis  zum  Uebergang  der 
(italseiiaft  Si  tiwLtin  an  das  Maus  Mecklenburg  (.M.  Jahrb.  Xl.ll,  S.  33  bis  128) 


•  »>t>vil<,'  lies  Chors, 


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DOM  ZU  SCHWERIN. 


545 


auf  S.  42  bis  58  (Der  Horn)  hinzu,  der  als  Zusammenfassung  der  Kaugeschichte 
des  Domes  mit  neuen  kritischen  F-rurterungen  zu  bezeichnen  ist.') 

Wir  geben  hier  die  wichtigsten  Momente  aus  der  Geschichte  des  Baues 
so  kurz  wie  möglich,  können  aber  nicht  umhin,  unsere  Ansichten,  soweit  sie 
von  den  bisherigen  Annahmen  abweichen,  durch  Bild  und  Wort  ausführlicher 
zu  begründen. 

Ks  steht  urkundlich  fest,  dass  der  Dom  am  9.  September  1171  »zu 
Khren  des  Heilandes,  der  heiligen  (iottesmutter  Maria  und  des  heiligen 
Kvangclisten  Johannes    vom  Baiem-  und  Sachsenherzog  Heinrich  dem  Löwen 

in  Gegenwart  der  Fürsten 

von   Pommern  und 
Mecklenburg,  Kasimar 

von  Demmin  und 
Pribislav  von  Kessin , 
der  Grafc-n  (iunzelin 
von  Schwerin,  Bernhard 
von  Ratzeburg,  Heinrich 
von  Ravenslwrg ,  Otto 
v<m  Bentheim,  Conrad 
von  Regenstein.  C<mrad 
von  Roden,  Hermann 
von  Lüchow  sowie  der 
Bischöfe  F^-emiod  von 
Ratzeburg  und  Bemo 
von  Sc  hwerin  und  vieler 
anderer  geistlicher  und 
weltlicher  Herren  ge- 
grüntlet  wurde.  *)  Wo 
Bischof  Bemo  vorher  und 
ebenso  auch  während 
des  Baues  der  neuen 
Stiftskirche  seine  Gottes- 
dienste hielt ,  ist  un- 
bekannt geblieben.  Rund 
achtzig  Jahre  später,  am 
1 5.  Juni  des  Jahres  i  248 
oder  i2  4r(,')  weiht 
Bischof  Wilhelm  die 
neue  Kirche.  .\ber  das 
Bauen  hat  damit  nicht 
aufgehört,  wie  der  zu  Gunsten  des  Schweriner  Dombaues  gewährte  Ablass 
des  Frzbischofs  Konrad  vom  Jahre  1249  vermuthen  lässt.*)  Diese  älteste 
Domkirchc  steht  heute  nicht  mehr,  aber  der  uns  allen  noch  bekannte  alte 
'Ihurui  wird  dazu  gehört  haben,  und  ohne  Zweifel  auch  das  von  einem 
gedrückten  Spitzbogen  geschlossene  Portal  mit  romanischer  Laibung  in  dem 

')  I>ie  Ul)rijjc  Literatur  Ul)cr  tien  l>oin  -iclic  Itci  U.ichmann,  lanilcskundlichc  Literatur  5305 
Iiis  5325-  '*'<^  neueste  Schrift  von  ()uaiie.  Oer  \h>m  zu  Schwerin,  Schwerin  1891,  i>t  eine  Fest- 
schrift zur  Krbauung  (te>  neuen  'l'hurnies. 

»)  M,  U.-H.  100.    Wißßcr,  M.  Jahrb.  XXVIII,  S.  28. 

*)  M.  V.  U.  6.^1.  Annikg.    Vßl.  Lisch,  NL  Jnhrh.  XIIL  S.  147.    XX,  S.  236.  235.  WiRRer. 
M.  Jahrh.  NXVIil,  S.  iSS,  .\iimki;.  2.    Wahrscheinlich  1249.  nicht  1248. 
*)  M.  V.  M.  625. 

as 


Pas  Inncrc  <lcs  Krcii7f;.inRi.-s  mit  neuem  Tre{i])cnlhurm. 


546 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


unregeltnflssig  mit  Granitsteinen  gemischten  alten  Mauerwerk  in  der  Seitenwand 

der  siidlirlicn  Thuniikapclle:  s.  S.  541.  Wie  weit  sich  diese  erste  Kirche  nach 
Osten  erstreckte,  ist  heute  nicht  mehr  zu  sagen:  nach  Maassgabe  der  Ver- 
hältnisse  des  alten  Thtirnies  vielleicht  nur  bi«  zum  Beginn  des  jetzigen  hohen 
Giores  oder,  was  dasselbe  sagt,  bis  in  die  \'ierung  von  Quer-  und  I^ngschiff. 
r)n<js  sie  al>er  schon  dieselbe  I^änpe  gehabt  haben  sollte  wie  die  heutige, 
können  wir  nicht  glauben.  Wenigstens  vermögen  wir  die  Unterbringung 
des  heiligen  Blutes  in  der  sdion  vier  Jahre  (rtther,  nämlich  iai8,  genannten 
Grabkapellc  der  Graten  von  Schwerin  ')  als  kein  aiisschl.irm  liendes  Moment 
in  dieser  Frage  anzuerkennen.  Diese  Sache  hätte  nur  dann  eine  iiedeutung, 
wenn  unwiderleglich  bewiesen  werden  könnte,  dass  die  Kapelle,  um  welche 
es  sich  in  der  Urkunde  des  Bischofs  Brunward  vom  3.  Mai  1218  handelt, 
mit  der  späteren  Heiligen  Blutskapellc  und  GrabkapcUe  der  (Irafcn,  der 
heutigen  Grabkapelie  der  Landesherren  im  Umgange  des  Chors ,  identisch 
wäre.  Es  giebt  aber  keine  zwingenden  Gründe,  welche  der  Annahme  einer 
Verl(!,nmt,'  dieser  Kapelle  in  späterer  Zeit  an  einen  anderen  l'latz  in  der 
Kirche  entgegenstanden.  Denn  Verschiebungen  dieser  Art  kommen  auch  im 
Mittelalter  vor,')  und  die  Nachricht  in  Hederich*s  Chronik  vom  Jahre  1400 
über  die  Aussi  himu  kiing  der  Heiligen  Bliitsk.ipelle  mit  den  Bildnissen  der 
Grafen  zu  Schwerin,  welche  Lisch  in  den  Jaltren  1^39  und  1S40  wieder  auf- 
ftnd,  die  aber  später  der  neuen  Anlage  zu  Gefallen  verschwanden,  giebt 
sogar  die  Vermutlumi;  an  die  Hand,  es  kfinne  um  jene  Z.eit  eine  solche 
Verlegung  stattgefunden  hahen.')  Aber,  wie  gesagt,  über  alle  diese  Dinge 
fehlt  es  an  festen  Ueberlieferungen,  und  dieser  Mangel  macht  sichere  Schlüsse 
unmöglich. 

Dagegen  gewinnen  wir  am  25.  März  1327  an  einer  Erklärung  des 
damaligen  Schweriner  Dom- Schatzmeisters  Heinrich  von  liülow  in  einer  Trozess- 
sache,  welche  die  Besetzung  der  Pfarre  zu  Stmlsund  betrifft,  den  nächsten 
baugeschirhtlichen  Fixpunkt.  Damals,  156  Jahre  n.arh  der  feierlichen 
Gründung  des  Donus  durch  den  Baiern-  und  Sarhsenlui /^^  Heinrich  den 
Löwen  ist  zum  ersten  Mal  von  einem  neuen  Chor  die  Rede.*)  Leider  aber 
erfahren  wir  «neder  nicht,  wievid  Jahre  vorher  er  fertig  geworden  ist,  auch 
nicht,  wer  ihn  gebaut  hat.*) 

Mit  diesem  neuen  Chor  kann  nur  der  jetzige  hi>he  Chor  gemeint  sein, 
und  zwar  der  ganze  Chor  mit  seinem  Umgang  und  auch  mit  seinen 
Seitenschiffen  bis  zum  hohen  Querschiff  hinan,  also  bis  Qber  die 
östlichen  Seitenschiffe  beider  .Arme  des  Querschiffes  hinaus.  Das  behaupten 
wir  auf  Grund  der  keineswegs  »ganz  gerade  und  glatt  eingehenden«,  son- 
dern vielmehr  im  Giarakter  frtther  Hochgotbik  (mit  einer  grossen  scharfen 
Aussenkante  und  einem  durch  breite  Abfasung  einer  zweiten  scharfen  Kante 


»)  M.  U.  U.  241.    Vgl.  1  r.  W.  Lisch,  .M.  Jahrh.  S.  43. 

*)  Vgl.  den  Handel  der  Fronleichnams -RniderNcliaft  mit  der  EngUndJifahrer-GeKclhehaft 

im  l.ilire  I435  um  eine  K.-tpcllc  in  der  J<ih.innis  -  Kirclie  7.11  llaiiiliurg  bei  StaphorRt,  lluib.  Kirchen- 
(iesch.  I,  Iki.  3,  S.  672  (llamlnirg,  lici  Kdgcncr,  1723  bi»  1731}. 

*)  Hederich,  SchweriniMlie  Chronica  (Rostock  1598),  .S.  18.   Wcstpbalen,  Mon.  ined.  III 
(Ilolerici  Chronicon  Suerinenu),  S.  1654.    Fr.  lisch,  M.  Jahrb.  XHl,  S.  159  ff.    XX,  K.  234  ff. 

XXXVI,  S.  ir.x.  .\nml<^.  2, 

*)  .Schi,.dcr,  l-np.  .Vcckl.  I\  ,  N.  30.  3.S.    M.  l  .1!.  4809  (.Ii).    I  r.  Lisch,  Jalirb. 
S.  399.    Fr.  W.  Lisch.  M.  Jahrb.  XI.II,  S.  44- 

')  Kiric  l  rkunde  vom   t  Xiivembcr  t?;?  lutint  einen  bmder  Wemems  als  •nagister 
u|>«risc  beim  liuui.    M.  L'.-U.  1260.    ^Nach  Ciaiidriaii.) 


DOM  ZU  SCnWERlN. 


547 


gebildeten  nachfolgenden  Gliede)  profilierten  Fensterlaibungen  im  Obergaden 
des  hohen  C'hors,  ferner  auf  Grund  der  die  gleiche  Stilepoche  andeutenden, 
mit  kleinen  Kapitellen  versehenen  Fensterpfosten  des  Umganges  und 'endlich 
auf  Grund  des  durch  alle  diese  Ttieüe  gleichmässig  dun  hgelührten  und  bis 
an  die  üstwand  des  hohen  Querschitü'es  festgehaltenen  Systems  der  Dienste 
in  den  Arkaden  und  unter  den  Rippen  der  Gewölbe.  In  diesen  Theilen 
haben  wir  ohne  allen  /wiitVI  einen  gothischen  Hau  aus  einem  Gusse  vnr 
uns.  Aus  diesem  Grunde  vermögen  wir  uns  nicht  mit  der  Anfangs  nur  als 
Vermuthung,  s|)ater  aber  ab  Ueberzeugung  ausgesprochenen  Lisch'schen  An- 
nahme zu  befreunden,  nach  welcher  der  hohe  Chor  zuerst  ohne  KapellenknUM 
und  Seitenst  hiffe  erbaut  und  diese  beiden  integrierenden  Thcile  des  (Janzen 
erst  in  der  Zeit  von  1366')  bis  1375  unter  Bischof  Friedrich  von  Büiow 
hinzugefügt  seien.')  Die  wenigste  Beweiskraft  aber  scheinen  uns  die  beiden 
Biilow"s<  ben  Me».singschilde  oberhalb  des  südlichen  (  hi  >rportals  /u  haben 
Zwar  stimmen  sie  mit  den  beiden  gleichen  Wappenschilden  oberhalb  des 
Portals  im  südlichen  SeitenschtiT  des  Langhauses  überein,  und  sie  könnten, 
wenn  diese  Gleichheit  entscheidend  wäre,  inmu  rhin  dem  Bis<  Imf  Friedrit  h 
von  Biilow  angehören;  aber  das  Störende  für  eine  sichere  Behauptung  ist 
dies,  da»  es  schon  von  1292  bis  1314  einen  Bnchof  Gottlned  von  l^ow» 
dann  von  1331  bis  1339  einen  Bischof  Ludolph  von  BüIow,  und  von  1339  bis 
1347  wieder  einen  Hischnf  Hrinrii  h  von  Biilow  giebt,  sowie  d.iss  es  mit 
dieser  l'forte  eine  eigene  Bewandtniss  hat,  insofern  sie  durch  die  auffallende 
Verschiedenheit  ihrer  Formsteme  auf  eine  ytrgtötmemag  in  derselben  Zeit 

hinweist,  in  der  das  formverwandte  Portnl  im  N'orrlarm  des  Ouersrhiftes  erbftUt 
wurde.  Jedenfalls  haben  die  Wappen  oberhalb  dieses  I'ortals  ihre  jetdge 
Stelle  eist  nach  diesem  vermutheten  Umbau  erhalten.   Es  ist  somit  aus  ilmäi 

allein  kein  sicherer  Schluss  auf  die  Bauzeit  des  sQdlichen  Seitenschiffes  am 
Chor  zu  gewinnen,  und  es  steht  daher  nichts  im  Wege,  sie  auf  den  ersten 
Bischof  aus  dem  Geschlechtc  der  Herren  von  Bülow,  den  Bischof  Gottfried, 
au  beziehen,  der  den  Neubau  des  Chors  recht  wohl  schon  während  seiner 
zwanzij^iaiiriu'i  n  Keyiernnpsperifide  Ix-j^'onnen  und  sfij^ar  vollendet  Indien  könnte, 
zumal  an  Ludulph  und  ileinricli  von  Bulow  deshalb  nicht  gedacht  zu  werden 
braucht,  weil  der  neue  Chor  schon  1337  als  vorhanden  erwähnt  wird.  Für 
den  Frbauer  wenigstens  des  holu  t)  Chors  hat  auch  Lisch  schon  den  Gottfried 
von  Bülow  gehalten:  M.  Jahrb.  XIX.  S.  400. 

Dagegen  darf  nicht  übersehen  werden,  dass,  wenn,  wie  angenommen 
worden  ist,  aus  dem  Haupte  des  hl.  Johannes  auf  dein  Siegel  des  Dom- 
thesaurarius  und  späteren  Bischofs  Hermann  von  Maltzan  (1314  bis  1322) 
und  aus  dem  gemalten  grossen  heiligen  Haupte  am  Triumphbogen  des  hohen 
Chors  auf  einen  Zusannnenhang  geschlossen  werden  dürfte,')  auf  eine  wenig- 
stens um  1,^22  bereits  im  Bau  begriffene  Anlage  des  hohen  OuerschitTes  mit 
einem  durch  das  Vorhandensein  von  Seitenschi tfen  oder  Seitenmauern  be- 
dingten (jegendruck  geschlossen  werden  könnte.  Indessen  ist  auch  hierauf 
ni(  ht  allzuviel  Gewicht  zu  legen.  Die  Malerei  am  Triumphliu^en  wird  nicht 
eher  ausgeführt  worden  sein,  als  bis  wenigstens  das  ganze  Querschitt'  und 
wahrscheinlich  auch  das  Fangschiff  fertig  waren.  Beide  aber  weisen  mit  ihren 
Baufonnen  (das  hohe  Querschifl'  im  Besonderen  mit  denen  an  seiner  West- 
wand) auf  eine  spätere  Zeit    In  bestimmtester  Weise  thun  dies  die  eine 

»)  M.  r.  11.  0.(4' 

.M.  J.-»hrb.  .\.  S.  306.    XIII,  S.  155.  156.    .\IX.  S.  401.    XLIl,  .S.  446-. 
■)  Vgl  M.  U.  B.  3153.  Note.    Fr.  Lisch.  M.  Jahrb.  XXXVI.  &  174.   Fr.  W.  Litch,  M. 
Jahrb.  X1.1I,  S.  4$.   Doch  M.  Jahrb.  VIII,  S.  13.  Taf.  lU.  5. 


8Ö* 


54« 


AMTSGEKICHTSBEZIRK  SCHWEiaN. 


stärkere  Ausprägung  des  Vertikalismus  bethätigenden  Pfeiler-  und  Arkaden- 
diemte,  in  denen  das  schlankne  Bimprofil  der  späteren  Hochgothik  herrsdit, 

ferner  die  Laihun^cn  der  Portale,  die  den  ebengenannten  Formen  entsprechen 
und  endlich  auch  die  Stern-  und  Netzgewolbe  des  QuerschitTes  sowie  die 
schlaffer  gespannten  GewÖlbejochc  des  LangschifTes.    Vgl.  S.  539. 

Aber  es  fehlt  auch  hierfür  wieder  an  sicheren  Nachrichten.  Aus  einer 
Urkunde  vnm  26.  Juni  1328  erfuhren  wir,  dass  es  damals  noch  kein  Refek- 
torium und  auch  kein  Dormitorium  für  die  Kapitclhcrren  gab,  dass  man  aber 
einen  Bau  beider  Thdle  bocits  ins  Auge  gefasst  hatte,  und  dass  auf  dem 
dazu  ausersehenen  Platze  ein  (anj^ehlich  in  unscrm  Jahrhundert  wiederaufL't  fun- 
dener)  Kalkofen  steht,  den  das  Domkapitel  unter  der  Bedingung  des  Rück- 
kaufes einstweilen  ehiem  Privatmann  überlässt')  Dass  1366  am  Dome  ge- 
baut  wird,  erhellt  atis  einer  Urkunde  vom  3.  Juni  1366.*)  13S0  zahlen  »die 
Baumeistere  der  Kirchen  zu  Zwerin«  die  für  jene  Zeit  auffallend  grosse 
Summe  von  231  Mark  Lübisch  •  wegen  Meister  Peter  Pet/.els  Steinmetzen« 
an  den  Steinhauer  Daniel,  und  wieder  zwölf  Jahre  darauf,  1392,  erbaut  Bern- 
hard von  Plessen  das  längst  projcktitrtc  Refektorium,  dessen  Inschrift  noch 
1S34  im  nördlichen  Theilc  des  Kreuzganges  vorhanden  war,  nachdem  Bischof 
Friedrich  II.  (1360  bis  1375),  wie  »glaubwflrdige  Archivnachrichten«  darthun, 
auf  der  Siidscitc  de-  I^  hiks  I>en.it>  das  Kapitelhaus«  hergestellt  hatte;  und 
1396  gicbt  die  Sendung  eines  Stückes  vom  heiligen  Kreuzholz  zu  Riga  An- 
lass  XU  einem  abermaligen  gewinnbringenden  grossen  Ablass.')  Femer  erfohren 
wir  aus  einer  unverdächtigen  alten  (Quelle,  der  Chronik  des  Reimar  Kock, 
dass  im  Jahre  1416*)  die  Kinwölbung  des  westlichen  Hochschiftes  der  Kirche 
auf  Grund  einer  vom  Papste  angeordneten  Sühne  für  den  im  Jahre  1407  be- 
gangenen bekannten  Priestermord  auf  Kosten  der  Stadt  Stralsund  durch  von 
dort  gekommene  Werkmeister  ausgeführt  wurde.  Dazu  kommen  nun  Wapjien 
und  Bau -Inschriften:  die  Bülovv'schen  Messingschildc  über  dem  Portal  im 
südlichen  Seitenschiff  des  Langhauses  und  die  Zahlen  (inrrcl)rftttt  ((13)74] 
(links  neben  dem  letzten  oder  westüi  li-;t  n  vierten  Fenster  in  der  südlichen 
Oberwand  des  Langhauses)  und  uucff  ("3Jo)  (mit  einer  willkürlich  auf 
1342  angenommenen  Krgänzung),*)  die  sammt  den  beiden  Namen  niqlbe'') 
und  t|Ünrik  reimrrs')  sowie  unzweifelhaften  Resten  der  auf  die  Stralsunder 
Wölbung  sich  beziehenden  Inschrift  (an  der  \Ve>twaiuI  des  Langhauses,  hoch 
oberhalb  der  Orgel)  bei  Gelegenheit  der  Restauration  vtm  1866  auf  1867 
von  Lisch  gefunden,  aber  unverständigerweise  von  der  damaligen  Bauleitung 
ohne  Gnmd  und  .Xnlass  aufs  Neue  übertüncht  wurden.  Endlich  giebt  es 
noch  zwei  Indicicn  aus  den  Zeiten  des  Hischofs  Werner  1458  bis  1473)  und 
des  Bischofs  Konrad  I.oste  (1489  bis  1503),  welche  sich  auf  den  Kreuzgang 
beziehen,  erstens  einen  Urkundenauszug  des  Clandrian,  nach  welchem  Bischof 
Werner  den  Personen  des  Domkapitels,  »so  einen  Umbgang  an  der  Kirche 

>)  M.  l  .  Tt.  49.^S.   Vgl  M.  Jahrb.  XVI,  S.  183  ff.   XIII.  IS7.  i»S'   XIX,  S.  40a 
*)  M.  U.  U.  9487. 

*)  Vgl.  DMiel  dandrian's  Verzeichnisse  von  Urkunden  im  Grossh.  Archiv.  Hederich*« 

Chronik,  zutn  J.ilirc  1400.    Lisch  .M.  Jahrb.  XIII,  S.  154,  Anmkg.  1;  S.  157.  S.  401. 

*)  Nicht  1430,  wie  man  frtther  annahm,  sondern  1416 :  vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XXXVI, 
.Seite  187. 

^  Weiter  unterhalb  der  Siraljtunder  Inschrift  an  der  Westwand  des  Langhauses. 

•)  {"■Ifich  t)l>or1inll)  <!i'r  /liIiI  i't  '  74  ^"  ''fi"  --il'llicJu'n  '  >l)cr« .iiid  ^\c•^  I.ant;linuscs.  Diese 
Inschrift  hat  .sjütur  (<l.  h.  nach  ihrer  Autriiidutig  und  l'etjertUiictiung  im  Jahre  eine  Erneuerung 

erfahren  und  i»t  daher  wieder  aufzufinden. 

*)  Noch  etwas  tiefer  ab  die  Zahl  1310  an  der  Westwand  des  Langhauses. 


DOM  ZU  SCHWERIN. 


S49 


zu  bawen  angefangen  vntl  allen,  so  dazu  helPfcn,  40  'läge  Ablass,  anno 
1463  sabbato  ante  tloininicam  Judira'  verleiht,  und  zweitens  findet  sich 
►an  einer  Verbindun{,'Sthiir«  im  nimilichen  'I'heil  des  Kreuzhanges')  ein  in 
Stein  gehauenes  Wappen  des  Bischofs  Konrad  Loste  (halber  Widder  mit 
t|uer  gelegtem  Bischofsstab). 

Welche  Schlüsse  lassen  sich  nun  aus  diesen  dürftigen  Nachrichten  und 
Indicien  kombinieren? 

Krstens:  Da  das  südliche  Seitenschiff  am  Portal  die  Bülow'schen 
Wappenschilde  aufweist,  Bischof  Friedri«h  II.  (1366  bis  1.175)  aber  «1er  letzte 
Bischof  aus  Bülow'schen  Geschlechte  ist,  so  kann  dieser  Theil  nicht  nach 
seiner  Zeit  erbaut  sein.  Wenn  die  Zahl  1.174  an  der  südlichen  Oberwand 
des  l^ingschiffes  richtig  gelesen  und  angcnouuiien  ist,  so  wird  der  genannte 
'l'heil  ebenso  wie  das  liohc  MittelschilV  des  westlichen  Langhauses  (dies 
freilich  nur  bis  zur  Wölbung,  die  erst  1416  fertig  wurde)  von  dem  Maurcr- 

  meister    Wylde    zur  Kegiemngszeit 

des  Bischofs  Frie<lrich  vollendet  sein. 
Zu  diesem  Bau  des  westlichen  Lang- 
hauses mit  seinen  Nebentheilen 
scheint  auch  die  grosse  Rechnung 
der  Steinhauer  vom  Jahre  1380  zu 
stimmen,  wenngleich  sie  erst  fünf 
Jahre  nach  Bischof  Friedrich 's  Tode 
bezahlt  wurde.  Aber  (lewisses  ist 
auch  hier  nicht  zu  behaupten.  Kher 
als  dies  westliche  Langhaus  wurde 
wahrscheinlich  der  Bau  des  hohen 
QuerschifTes  begonnen.  Da  aber 
über  seinen  Portalen  die  Itülow'schen 
Wapi>en  fehlen,  vielleicht  von  keinem 
der  Bischöfe  dieses  Hauses  (s.  o.). 
.\ber  von  wem?  Von  Heinrich 
von  Maltzan  (13  14  bis  1322)?  Von 
Johann  L  (»ans  von  I'utlitz  (1322 
bis  1331)?  Von  Andreas  (1348  bis 
1356)?  Von  .Albrecht  von  Stemberg 
(«357  '»is  1364):  Von  Rudolf  ((Jraf  von  Anhalt),  1364/65?  Ks  ist  nicht  zu 
sagen.  Der  Zeit  nach  kann  jeder  von  ihnen  in  FVage  kommen,  denn  die  Bau- 
formen  der  Ho«  hgothik,  welche  im  Quers«  hifl"  und  seinen  westlichen  Seiten- 
schitTen  zur  .\nwendnng  gekommen  sind,  p.assen  re«  ht  gut  auf  das  ganze  halbe 
Jahrhundert,  das  zwis«  hen  dem  ersten  und  letzten  Bist  hof  von  Bülow,  dem  1314 
gestorbenen  (iOttfried,  dem  Flrbaucr  des  hohen  C'hores  mit  .seinem  Kapellen- 
kranz und  seinen  Seitenschiften,  und  dem  von  1365  an  regierenden  und 
'375  gestorbenen  F'riedrich  von  Bülow,  dem  Erbauer  des  westlichen  Lang- 
hau.scs  mit  seinen  Seitenschiffen.  Diese  Formen  sind,  mit  .Ausnahme  der 
(lewölbe  des  hohen  Quer-  und  Langhauses,  sogar  zeitlich  nicht  allzu  weit 
von  denen  des  ("horraumes  entfernt.  .Aber  bedenklich  ers<heint  es  uns,  auf 
(Irund  des  Siegels,  welches  Bischof  Hermann  von  Maltzan  als  Dombau- 
Schatzmeister  führte,  einen  Schluss  zu  machen.  Ist  es  denn  wirklich  das 
Haupt  des  Johannes,  welches  auf  diesem  und  dem  Mauersegment  des  Triumph- 
bogens erscheint?    Wir  dürfen  ni«:ht  vergessen,  «hiss  hier  «las  grosse  Triumph- 


Wappon  des  Hiscluifs  Kour.-nl  l,c»».tc. 


')  Kür  «Icn,  der  dt-n  Krou/};an(j  von  der  K;)nij;»Irris>e  her  bctritl,  iicitcn  «ler  zweiten  'l'liür 
recliLs,  und  zwar  nicht  im  Innern  des  (ianges,  sondern  nuf  seiner  nördlichen  .\usseti>eite. 


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550 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


kreuz  hing.')  Wenn  oberhalb  dieses  noch  in  Riesengrösse  ein  heiliges  Haupt 
enchdot,  so  kann  es  nach  iinseier  Meinung  nar  das  von  Gott  Vater  sein. 

Ob  mit  diesem  Bilde  und  dem  Triumphkreu/.  zusammen  auch  noch  die  Taube 
des  heiligen  Geistes  an  irgend  einer  Stelle  den  (ledanken  an  die  üreieinig- 
keit  erweckte,  ist  heute  natürlich  nicht  mehr  aus7.uniarhen.  Gänzlich  weg 
fällt  aber  die  Beziehung  der  Sendung  des  Rigaer  Kreuzsplitters  im  Jahre  1396 
auf  den  Bau  der  Kreuzarme  des  Querschifles.*)  Wenn  wir  die  im  Sc  heitel 
etwas  niedriger  als  die  des  Langhauses  liegenden  Gewölbe  dieses  Theiles 
und  femer  die  korrespondierenden  Fensterformen  der  hohen  Ost-  und  West* 
wand  mit  den  entsprechenden  Ausführunt^cn  im  hohen  l.angschiff  vergleirhen, 
so  tritt  uns  eine  offenbare  Venvandtschaft  beider  entgegen.  Derselbe  Mangel 
an  Korrektheit  und  Gleichmässigkeit,  dieselbe  Flauheit  in  der  Behandlung 
der  Kappen  und  Rippen,  dieselben  unschönen  f1a(  hdreieckigen  FcnsterschKisse 
irie  die  von  St.  Marien  und  St.  jakohi  in  Stralsund:  es  ist  daher  schon  mit 
den  Augen  zu  sehen,  dass  auch  die  \\  ulbung  des  Querschiffes  erst  im  zweiten 
Decennium  des  XV.  -Jahrhunderts  von  den  Stralsundem  vollendet  ist.*) 

Fraglich  erscheint  es  auch,  ob  den  Naehrichten  aus  der  Zeit  dcs 
Bischofs  Werner  und  des  Konrad  für  die  letzte  Vollendung  de«  Kreuzganges 
die  Bedeutung  gegeben  werden  kann,  welche  ihnen  bisweilen  gegeben  worden 
ist  Lisch  selbst  scheint  daran  zu  zweifeln.  Er  bemerkt  im  M.  Jahrb.  XXXVl, 
S.  403,  mit  Recht,  dass  die  Bauformen  des  Kreuzganges  einen  viel  zu  edlen 
hohen  Stil  haben,  um  noch  dem  Ende  des  XV'.  Jahrhunderts  zugewiesen 
werden  zu  kjhmen.  Man  wird  daher  wohl  der  Wahrhdt  am  nächsten  kommen, 
wenn  man  den  westlichen  Arm  und  den  ihn  mit  dem  östlichen  .Arm  ver- 
bindenden nördlichen  Theil  in  dieselbe  Zeit  setzt,  in  welcher  Bernhard  von 
Flessen  den  «stüchen  Arm  ah  Refektorium  erbaute,  dessen  im  Jahre  1834 
herausgeschlagene  Gewdlbe  in  unserer  Zeit  dun  h  einen  der  ganzen  Archi- 
tektur nicht  angemessenen  ncurnmanisrhen  Einbau  ersetzt  sind.  ITnd  man 
wird  wohl  nicht  irren,  wenn  man  der  Betheiligung  der  Bischöfe  Werner 
Wohners  und  Konrad  Loste  dne  nebensftchliche  Bedeutung  beilegt. 

1663  besass  der  Dom  in  seinem  Innern  noch  ein  reiches  mittelalter- 
liches Inventar,  obwohl  schon  1585*)  Eingriffe  stattgehabt  hatten.  Das 
XVIII.  Jahrhundert  geht  mit  KalkübertUnchungen  vor.  .Auch  der  alte  Dom- 
prediger  Georg  Westphalen  (-J-  1728),  der  Vater  des  bekannten  Kanzlers  und 
Schriftsteller.s  Knist  Joachim  von  Westi)lialen,  des  Herausgebers  des  grossen 
vierbändigen  Werkes  der  Monumenta  inedita  rcrum  germanicarum,  hat  eine 
lateinische  Aufzeichntmg  des  Dom-Inventars  hinterlassen,  die  in  dem  ge- 
nannten Werk  des  Sohnes,  III,  S.  1704  bis  173a,  abgedruckt  ist  und  nicht 

*)  Kaeh  dem  InTcntsr  des  Domes  von  1663.   Vgl.  LiMb,  M.  Jahrb.  XXX VT,  S.  ijo.  156. 

Dazu  Westphalen  a.  .i.  o.  III,  S.  1714  (X\XI\  V^;l.  .noch  die  fttnf  Siegel  des  Hermann  von  M.-ili?<in 
bei  Lisch,  .M.  Jahrb.  VIII  (Geschichte  des  bischöflich  .Schwerin'achcn  Wappens),  S.  13.  14.  Taf.  III. 
XXXVI,  S.  174. 

*)  M.  Jahrb.  XIX,  S.  401. 

•)  r>ies  erhellt  Uberdiess  ans  der  in  Iledench's  Chronik  «ind  in  des  Latomus  Ceschichte 
der  Bischöfe  gleichmässig  enthaltenen  N'oti?,  welche  l.^uret,  d:iss  die  Sund ischen  die  Domkirche 
vom  Chor  an  bis  tum  Clockenthurm  in  die  hunderlfunfzig  Schuhe  Ltng  rn  wSlben 
hatten  (templum  Suerinenfe  cathedrale  ab  ea  parte  qua  chorns  exstructus  est 
ttsqne  ad  turrim  campnn.irum  nd  150  pcdes  fornicilni';  i n ru c n d  11  m Vgl.  West- 
phalen a.a.O.  III,  .S.  1655,  und  IV,  .S.  573.  Daiu  Hederich  in  seiner  liisch.itl.  lli>iorie,  .S.  449 
(Cerdcs'sche  Saromlang). 

*)  Vgl  Ilederich't  Chronik.   Dazu  Lisch,  M.  Jahrb.  XXXVI,  S.  ■$>  «md  S.  154  ff. 


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DOM  ZU  SCHWERIN. 


übersehen  werden  darf.  1806  ist  der  Dom  ein  I.azarcth  und  181;?  dient 
er  ab  Futter- Magazin.  1815  beginnt  eine  grundlirhe  Aufräumung  mit  den 
vielen  •Kleinigkeiten  und  störenden  Zierrathen  der  papistischen  Zeit«.  Damals 
werden  am  h  die  Cliorstiilile  der  Domherren  fortgeschafft.  Von  diesen  und 
anderen  werthvollen  Alterthümera  der  Kirche,  die  z.  Th.  auch  noch  bei  der 
zwdten  Restauration  1867/68  venchwunden  sind,  handeln  aufs  AusführHrhste 
die  beiden  grösseren  Aufsätze  von  Lisch  im  M.  Jahrb.  XIII,  S.  171  bis  17  8, 
besonders  X.X.XVI,  S.  147  bis  20;?.  auf  die  wir  hier  verweisen  müssen.  Kinen 
Anblick  der  nüchternen  stillosen  Einrichtung  seit  1815  (vom  Baumeister  liarka), 
die  bis  zu  der  jetzigen  (vom  Baurath  Krüger  seit  1868)  diente,  giebt  der 
WiUebrand'sche  Längsschnitt,  der  S.  538  reprodudeit  ist. 

Altar»  Kamd,  Orgelgehäuse,  Geattthl  und  auch  der  grüüälc  Theil  der  Innere  Kin- 
Wiadfliiige  vor  den  Eingängen  sind  neugothische  Arbeiten.    Der  Altannfban  richtung 
wurde  Anfang  der  vierziger  Jahre  vom  Baukondukteur  (späteren  Oberhofbauratb)  ^  Domes. 
Wiilebrand  entworfen  und  vom  Bildhauer  Peters  und  Tisclilcrtnci.ster  Chrislinna«n 
aiisp^t-riilirt     Da.s  darin  enthaltt  iu'  riesen<Trosso  Gemälde  der  Krriizii^ninf:^,  J^egen 
7  m  hoch  iiiul         ni  breit,  malte  Gaston  Lenthe  in  den  Jaliien  1S4:;  und  1844 
unter  i!^intlusä  und  Ikirath  von  Cornelius.    An  der  Kanzel  und  am  Geatühl, 
besonders  am  PflntenatvM,  arbeiteten  die  Tischlermeister  Chritliantan,  Kaasuba, 
Kanl«  Jr.  und  Sehwarx,  am  Orgelgehäuse  der  Hoftischler  Patora  und  an  den 
Windfängen  die  Tischlermeister  Meier  und  Reinhold.    Die  On|et  selbst  baute 
Orgdbaumeister  LadagMt  aus  Weissenfela. 

Der  alfe  Haupt- .Mtar,  jetzt  im  Museum,  ist  ein  spätgotliis(  hcs  rrijjfychon, 
in  welchem  seltsamer  Weise  Holzschnitzerei  und  Steinbildhauerei,  beide  nicht 
von  gidcher  Hand,  mit  einander  verbunden  sind.  An  Stelle  des  Schrdns 
finden  wir  ein  tiefes  Steinrelief  mit  dichtem  Figurengedn-lnge,  in  wdcher  die 
Kreuztragung,  Kreuzigung  sowie  da.s  Grab  und  die  HöUenfalut  Christi  die 
architektonisch  gar  nicht  von  einander  abgesonderten,  sondern  fast  ineinander 
hineingesehobcncn  Hauptgruppen  bilden.  Bis  jetzt  kennt  man  noch  zwei 
solcher  Werke,  die  sich  in  der  N;i(  libars(  haft,  in  Rat/eburg  und  in  Schwartau, 
befinden  und  offenbar  von  derselben  Hiuid  sind.  Vgl.  A.  Goldschmidt, 
Lübecker  Malern  und  Plastik,  Taf.  XII  und  XIII,  S.  11  und  13.  Das  gleich 
diesen  l)eiden  angeblieh  aus  Hnumlierger  Stein  (in  der  Nähe  von  Münster) 
gearbeitete  Schweriner  Werk,  welches  nach  den  Trachten  zu  urthcilen,  zwischen 
1430  und  1440  entstanden  sdn  mag,  ist  entweder  tn  dnen  späteren  gothi- 
sehen  Holzschrein  hineinge8choI>en  und  hat  aus  diesem  den  Inhalt  an  Schnitz- 
figuren bis*  auf  zwei,  die  rechts  und  links  noch  Platz  behielten  (die  Madonna 
mit  dem  Kinde  und  der  Kvangehst  Johannes)  verdrängt,  während  die  beiden 
Flügel  von  Bestand  blieben,  oder  aber  es  sind  die  genannten  zwd  Figuren 
sammt  den  Flüf;eln  imd  der  auffallend  grossen  Predella  eigens  dazu  gemacht 
worden.  Jedenfalls  repräsentieren  die  Holzschnitzereien  und  Malereien  eine 
dem  Stdnwerk  nachfolgende  Stufe  der  Spätgothik.  In  den  Flügeln  finden 
wir  die  zwölf  .\])osfel  und  vier  andere  Heilige,  nämlich  St.  Stephan  und 
St.  Georg  sowie  zwei  Bischöfe:  St  Medardus  (?)  mit  einem  Krüppel  und 
St.  Leonhard  (?)  mit  dnem  Ketten-  und  Schltesswerk  für  Gefangene  (?).  Die 
Tiedella  enthält  in  tiefen  Nischen  sieben  alltestamentliche  Halbfiguren  mit 
Spruchbändern,  deren  Schrift  bereits  abgefallen  ist,  darunter  I'ropheten  und 
anscheinend  auch  den  König  David.  Unter  der  ersten  eine  zweite  Predella 
mit  zwei  Gemäldestreifen  über  einander,  im  oberen  Chris  us  und  die  zwölf 


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552 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


Apostel,  im  unteren  in  der  Mitte  eine  durch  ein  Gitter  verschlossene  Nische 
zur  Aufstellung  einer  Relicjuie  und  zu  deren  Seilen  links  die  Gehurt  Christi 
und  die  Anbetunf(  der  hl.  drei  Könige,  rechts  die  Taufe  Christi  und  das 
.■\bendniahl.  Auf  den  Rückseiten  der  Flügel  sieht  man  Scenen  vom  Marien- 
Leben:  Anna  und  Joachim  an  der  goldenen  I'forte,  den  'l'enipelgang  der 
hl.  Maria,  die  Verkündigung  des  Engels,  die  Heimsuchung,  die  Verlobung 
mit  Joseph,  die  Vermahlung,  den  'l"od  der  hl.  Maria  und  ihre  Krönung. 
Dazu  trug  der  Alüir  einstmals  eine  wahrscheinlich  an  einer  Uekrönungsleistc 


Flügel  vom  alten  Ilaupl-Altnr  (im  Orossh.  Museum). 


angebracht  gewesene,  seit  langen  Zeiten  aber  verschwundene  Inschrift  des 
Inhalts: 

?l'nno  boinhii  incccc)ccb  rclicrcnbii^  in  ^Ztjrifto  patcr  rt  bomi^ 
mi5  V,  Comabw^  JCoftc  cpipcopii^  J>ucriiicnfi5  Ijanc  taliulam 
bt  iitoyriis  fui^  botiabit. 

Vgl.  Westphalen  a.  a.  Ü.  lU  [S  1708  {VIII)].  —  Die  Gemälde  der  Predella 
sind  kaum  noch  zu  erkennen.    Lisch,  M.  Jahrb.  XXXVI,  S.  155.  iSSbisiQi. 

Ausser  diesem  Haupt -.Altar  haben  sich  noch  zwei  heilige  Marien,  eine 
sitzende  und  eine  stehende,  erhalten,  die  von  Neben -.Altären  stammen  werden. 
Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  X.XXVI,  S.  156,  Anmkg.  i  und  S.  157,  .Anmkg.  2. 

Die  alte  Kanzel  stammte  von  1570  und  war  eine  Stiftung  der  Dom- 
herrn laut  .Angabc  einer  noch  heute  an  ihrem  Platze  gebliebenen  steinernen 
Tafel,  die  ausser  den  Wappen  von  neun  Domherren  die  Inschrift  enthält: 

DEO  OPT  .  MAX  .  TRINO  ET  VNI  DOCENDI  PROPAGANDIQVE  SALV- 
TIFERI  VERB!  ERGO  CANONICI  HVIVS  ECCLESIAE  HOC  SVG- 
GESTVM  SVIS  SVMPTIBVS  POSVERVNT  ANNO  MDLXX. 


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DOM  ZU  SCHWERIN. 


553 


Die  Wappen  sind,  aussiT  (lern  Kapitelwappen  in  der  Mitte,  die  der  Dom- 
herren Heinrich  von  der  Lühe  (oben  in  «ler  Mitte),  Joachim  von  Wopersnow 
(herahhsch  r.  o.),  Halt/er  von  Schöneich  (herald.  1.  o.),  Amd  von  der  Weyhe 
(herald,  r.  u  ),  Bernd  von  Dannenberg  (herald.  1.  u.),  Otto  von  Wackerbart 
(imter  dem  Kapitel  wappen  in  der  Mitte),  weiter  oben  an  der  Inschrift -Tafel 
herald,  r.  l-iidolf  von  Schack,  in  der  .Mitte  Richard  von  Wolde  und  heral- 
di.sch  links  Georg  Hübner.  Als  Hatmieisler  der  Knnxcl  wird  Joh.  Baptista 
Parr  und  als  Hauherr  Burchard  Schmidt  genannt.') 

Die  frühere  (Jr^el  war  ein  Werk  des  Antonius  Mors  (Tod,  Tode)  aus 
Antwerpen  vom  Jahre  1560.  Kine  kleinere  ()rf{el  befand  sich  iilMir  einer 
der  beiden  Marien -Kapellen,  die  im  Inventar 


IIolzNchiiitz werke  von  Neben -Alläreii  (im  Grossh.  .Museum). 


von  1553  als  Capeila  Assumptionis  Mariae  sub  organis  minoribus  bezeichnet 
wird.  *) 

Den  früheren  fürstlichen  Stuhl  gegenüber  der  Kanzel  erbaute  1574  (nach 
Hederich's  Chronik)  der  Baumeister  Christoph  Parr,  der  Hrudcr  des  vorher 
genannten  Johann  Parr.  Kr  stand  bis  1866  und  war,  nach  der  Beschreibung 
von  Lisch,   »eine  oben  offene  Kmpore  (Chor)  anf  einem  (lewölbe  über  den 


')  VrI,  Lisch.  M.  J.ihrt].  .\.\XVI,  S.  159.  2ol  bi-*  203.  I kvk-rkh'N  Chronik  unter  1570. 
Wcstphalcn  a.  a.  O.  III.  .S.  1714  (XXXir. 

*)  Lisch,  M.  Jahrl».  V,  S.  54,  4.    XX.  S.  71,  .\tm)».R.  1.    XXXI  I.  S.  159-  l'i»? 

Iii-rlirifl  (Ut  jjnis^cn  .^lu•n  l.uili  tc  ii;u-li  Chyti.ai  )!-,  Iti  lii  i:n-.  S.  505:  Df 0  OPT  •  MAX  •  INSTAV- 

RATA£  SAC  •  SANC  •  RFLICIONIS  AVTORI  lOHAN  •  ALPERTVS  DVX  MECAPOIFNSIS  INSICNE  HOC  OPVS  MVSICVM 
PlETATIS  ERGO   POSVIT  •  AM40   M  •  0  •  LX  • 


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554 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


Stühlen  und  war  auf  den  Brüstungen  mit  Verzierungen  aus  Kalk  und  Relief- 
bildem  aus  (lyps  geschinücktt.  Wo  seine  Reste  geblieben  siml,  ist  ebenso 
wenig  bekannt  wie,  wo  1813  das  ohne  Zweifel  sehr  kostbare  alte  Gestühl 
der  Domherren  blieb.')  »Wo  die  grosse  Menge  schöner  Arbeiten  geblieben 
ist,  mag  der  Himmel  wissen«  —  sagt  Lisch  im  M.  Jahrb.  XXXVI,  S.  154. 
Von  dem  Ersatz  aller  dieser  Herrlichkeiten  durch  dürftige  Zopfgothik  nach 
1815  zeugt  noch  heute  ein  Windfang  im  Südwesten  des  Domes. 


Fünte.  Ftinte.    lün  wcrthvollcs  altes 

Werk  ist  die  Bronze -Füntc,  eine 
Arbeit  des  XIV.  Jahrhunderts,  wie 
die  Minuskelschrift  und  die  gothischcn 
Formen  darthun.  l-ls  ist  ein  grosser 
1,24  oben  im  Durchmcs.scr  haltender 
achteckiger,  1,10  hoher  Bronzckcsscl, 
der  auf  acht  34  cm  hohen  Trägern 
niht,  die  als  gepanzerte  Ritter  ge- 
bildet sind.  Auf  jeder  der  acht 
Seiten  ein  Doppclbaldachin  mit  zwei 
damnter  angebrachten  Heiligen  von 
26cm  Höhe.  Diese  Doppelbaldachine 
werden  durch  gothische  Pfeiler  auf 
den  acht  Kanten  des  Kes.scls,  an 
die  sie  sich  anlehnen,  zu  einem 
grossen  gothischen  Ringbildwerk  zu- 
sammcngcfasst.  Doch  sind  von  ilcn 
sechzehn  Figuren  nicht  inehr  als  die 
Schutzheiligen  des  Domes,  die  heilige 
Jungfrau  mit  dem  Kinde  und  der 
hl.  Kvangelist  Johannes,  sow  ie  Christus 
in  der  Taufe  des  Jordan  und  Jo- 
hannes der  Täufer  zu  bestimmen. 
Die  übrigen  zwölf  stellen  heilige 
Männer  und  Frauen  in  unrcgclmässiger 


Abwechselung  dar.    Oberhalb  dieser  steinerne  [".ifcl  von  der  alten  Kanzel. 

Baldachine  läuft  ein  durch  die  Pfeiler  "  ' 

und  Baldachine  zusammen  in  zwciundtlreissig  Felder  zerlegtes  Band  einer 
Inschrift.  Auch  hier  wieder  eine  Begrenzung  jedes  Feldes  durch  zwei  kleine 
Figuren  von  fa.st  S  cm  Höhe.  Doch  fehlen  von  tlen  zweiunddrcissig  Figuren, 
welche  Platz  haben,  nicht  weniger  als  sieben.  Man  erkennt  die  Apostel  unter 
ihnen,  Ihut  aber  gut,  mit  weiteren  Deutungen  inne  zu  halten.  Die  aus  dem 
Propheten  ICzechiel,  Kap.  .XIA'II,  \'crs  i  und  9,  genonuiiene  Inschrift  lautet: 

bibf  anii.ini  rgrcbfcutcm  bc  tniiplo  a  latcrr  brrtro  •  ?lUrliija,  allrliiia  et 

hes^en  IkvchrfilMHi};  im  Inwnt.ir  von  lici  l.iM'h,  .M.  J:ihrl>.  XX.WI,  S.  155^.  158. 

Vjjl.  auch  \VoN(j>)uileii  .1.  a.  ().  III.  S.  1670  und  1713  (.\XI.\). 


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DOM  ZU  SCHWERIN. 


55S 


ich  ab-  Ij, 
1.»)  - 


Otnne^  atl  quo?  prrbrnit  .iqiia  •  if  •  Vgl.  Usch,  M.  Jahrb.  XXXVI,  S.  191 
bis  194.   (if  =  ifrftiel.  Hisekiel,  ilesckiel.) 

Glücken    Der  Dom  hat  iänf  Glocken.    Als  älteste  tritt  uns  die  dritt- 

grösste  von  1,20  ni  Dm.  entgegen.  Sie  hat  eine  von  golhisclicn  Ranken, 
Kreuzen  und  architcktonisdu-n  (jjortalartij^cn)  Hildrhen  unterbrochene  Inschrift: 

5Cbe  •  rfgliia  •  crlorinn  •  iiiatcr  •  rcot5_  anacloru  •  .jVlaria  •  ?tiia  • 
linl  •  111"  •  CCC£°  •  IjCJC  •    Unter  dem  \\  orte  btli  btchi  eine  Figur  ohne  Heiligen- 

schdn,  dn  Geistlicher  mit  dem  Kelche, 
ganz  so  wie  sie  Bischof  Werner  (1458 
bis  1470)  im  Siegel  fiihrt.  Unter  dem 
Worte  m.ltft  (he  Fi^nir  ck-r  hl  Maria 
mit  dem  Kinde  un<l  darunter  das  sclmn 
im  ersten  Hände  mehrfach 
{gebildete  Giesserzeichen. 
Die  Zweitälteste  Glocke  ist  die  viert- 
grösste    (Dm.  0,91  m).    Sie   hat  die 

In.schrift:  FVDIT  .  LAVRENTIVS  . 
STRAHLBORN  •  ANNO  •  1733.  Die 
dritte  und  vierte  (ilucke,  von  denen  die 
eine  einen  Durchmesser  von  1,55,  die 
andere  einen  von  1,83  hat,  sind  bdde 
laut  Inschrift  unter  der  Regierung  des 
Herzo.r  FRIEDRICH  FRANZ  von  J.  G. 
Landre  in  LulKck  }:jcp[ossen.  Von  ihnen 
wird  die  kleinere  (hirch  ihren  .Sj)riu  h  SACRA  PRECES  FLAMMASQVE  ANNVNTIO 
FVNERA  PLANGO  sowohl  als  IJet-  und  Sturmglocke  wie  auch  als  zum  1  rauer- 
gclaut  gehörig  charakterisiert  Hierzu  dient  die  grösste  Glocke  ebenfalls,  ihrer 
Inschrift  nach  soll  sie  aber  auch  die  Festtage  einläuten:  FE8TA  •  MAONI* 
80NANS  •  DOLORES  •  ET  •  GAVDIA  •  PRODO  •  ■)  —  Die  k]<  in  (1!  ><  ke  (Dm. 
o.iSi  m)  ist  iSKo  von  Ed.  Albrecht  in  Wismar  jTerr.wsen  und  liat  die  Inschrift: 
ASSVRGE  •  D0RMIEN8  •  CHRISTVS  •  TIBI  •  AFFVLGEBIT. 


Glocken -Rilder. 


Glocken. 


Grabdenkniler,  EpttapUca,  PUttca,  Stdne. 

Bronze- l4>itaph  der  Herzogin  Helena  zu  Mecklenburg,  geb.  Fühgräün 
bei  Rhein,  der  zweiten  Gemahlin  Herzog  Heinrich's  V.,  des  Friedfertigen, 


•)  Vgl.  Pierbagcn,  S.  3S0,  IVt-chow.  h.  421.    l  erner  in  I5<1.  II  1  )am!>hat;en,  .S.  359. 
Glocke  tn  Damshagen  ist  von  1369.  die  andern  beiden  halten  kein  IhUum. 


Die 


Grab- 
denkmaler, 
Epitaphien, 
Platten, 
Steine. 


'1  jL,'.'it>;;LM rii  'Ici   Hol    iiiul  Sliirni^lucke  ^(.iminlf  wie 


■r 


i.il'tvflihrtc 


Glocke  aus  dem  Jahre  1470  un<l  h.-iUo  die  .AufKchnft:  "^tf  •  Jfloi'ic  •  ^bcfO  •  Cl)rti}e  •  VCItl  • 

tvm  •  p«n  •  QÄiicra  •  tnaria  •  or«  •  pro  •  n«ln»  •  iatrn  •  )ltto  bnf  In^  • 

war  daher  gewiss  von  «knoc-DKH  (iiesKer  wie  jene  und  wahrscheinlich  auch  mit  demselben /eichen 

ver-.ehcn.  l>ie  grosMe  Glucke  cla^<->;i'n  war  wie  die  liier  .in  «  itcr  Stelle  aiifj^'eftlhrtc  znlftzt  von 
l..iurentiuii  Strahlliorn  in  Lttlicck  1733  umgej;o-.>cn  wotiicn.  \  gl.  Itart.Mrh,  M.  Jahrb.  IV  H,  S.  96. 
Uaza  lisch,  M.  Jahrb.  III  II,  S.  393. 


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556 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


welche  den  4.  August  1524  aus  dem  Leben  schied.  Arbeit  von  Peter  Vischer 
in  Niirnbcrg  (2,  lö  m  hoch,  1,53  ni  breit).  In  der  Mitte  das  kombinierte 
meddenbur^sch-pföhdache  Wappen.  Feld  i:  Stierkupf,  wegen  Meddenburg. 
Feld  2:  Gekrönter  Löwe,  wegen  der  Pfalz.  Feld  3:  Greif,  wegen  Rostode. 
Feld  4:  schräg  gerautet,  wegen  Baiern.  Mittelschild  getheilt,  wegen  der  Graf* 
schalt  Schwerin.  Darüber  ein  gekrönter  Helm,  dessen  Kleinod  in  einem  un- 
gekrönten Löwen  und  Hörnern  besteht,  die  mit  einer  schrät^^en  Rautung  über- 
zogen sind.  Ais  Wappcnhalter  auf  der  mecklenburgischen  Seite  des  Wappens 
der  pfalzgräfliche  Löwe,  auf  der  bairisch- pfälzischen  Seite  der  mecklenburgische 
Grdf.  Am  Rande  heraldisdi  rechts  die  Wappen  aus  väterlichem  Gesdüedit 
(Pfalz,  Savoyen  jüngere  Linie,  Savoyen  ältere  Unie,  Burgund),  heraldisch  links 
die  Wappen  aus  mütterlichem  Geschlecht  (Baiern,  Oesterreich.  Sachsen,  Oester- 
reich).   Oben   die   deutsclir    In  chrift:    H-lffl   aTVirifti   llUfcrö   Ijcmi  OClJUrt 

15^4  ?Cni  *C>onncrftag  ihul)  ]?crri  ab  Piiuui.i  ift  bic  Pitrdilcii:titlgc  Dodj- 
gc&orune  iFurfliniuc  linnb  Jrraüic  i-ralu  Oclcua  Qcüormic  Pfalt^grAffiiii 
^e|i  iSj^efne  l^cttsooiu  511  Jßcdfieln1iiic0ii  jrurflin  su  lOenitbeu  «Graffiti 
SU  ^tperpn  üdftodl  brnili  ^taroatbt  bet  Xmmbe  JFtatD  toeffcgeiibcnii 
l^nnti  alli^ir  (irgrabciin  ^ec  feien  ber  Sflnied^tfge  gott  ^^entutilg  tinb 
!X5aniiTjcrt3io  frlii  tualle.  Die  untnc  Tafel,  welche  von  zwd  Genien  ein- 
gefasst  wird,  enthält  eine  lateinische  Inschrift  im  elegischen  Versmaass: 

ALTA  PALATINIS  HELENAM  ME  NORICA  CASTRIS 

DUCI  OBETRITEO  FORS  VOLVERE  THORO 
QUOD  POTERAM  FECI.  VETVERVT  PLURIMA  PARCAE 

PRESTABUNT  PROLES  QUAEQUE  NEGATA  MIHI 
PROLES»  QliK  JWENEM  CHARO  COÜENDO  MARITO 

ME  QRATAM  8VPERIS,  LECTOR  AMICE.  FACE. 

Die  Uebcrsetzung  dieser  auf  Stelzen  einherschreitenden  Verse,  welche 

auc  h  Nathan  Chytracus  1594  in  seine  Dc!i(  iac ,  S.  505,  mit  der  \'ariante 
von  SORS  für  FORS  aut|{enonimen  hat,  giebt  die  deutsche  Hederich' sehe 
Chronik  von  1598  mit  folgenden  Worten: 

Dass  aus  der  Pfalz  ich  Helena  |  Eins  Olictriten  hin  Ciemahl, 

Das  hat  die  Londschafil  so  bedacht  |  Dar/u  der  Wille  Gotts  gemacht. 

Ich  hal»  ROthan,  was  irh  gckundt  |  Viel  Ding  hat  mir  der  Tod  missgunt. 
Was  aber  mir  versagt  ist  nun  j  Dasselb  mein  Kinder  werden  thun, 

Welcher  das  ein  noch  jung  tmd  klein  |  Ich  befehl  dem  lieben  Ehmann  mein, 
Dass  meiner  Gott  erbarme  sich  |  O  gütger  Leser  bitt  fiir  mich. 

Vgl.  Lisch.  M.  jahrl).  XXVII,  S.  257  bis  267.  Teske,  Der  Deutsdie  Herold, 
1891,  Nr.  5.  Dir  luT/'>^li(  1k-  Rath  Ni<:<t]aiis  Maix  halcus  Tluirius  ist  der 
Verfasser  der  lateinisciien  insiclirilt.  Den  tntwurt  dazu  von  seiner  Hand  be- 
wahrt noch  heute  das  Grossh.  Archiv.  Vgl.  auch  Westphalen  a.  a.  O.  III, 
S.  1709  (X). 

Vier  aus  Holz  geschnitzte  und  bemalte  ICpitnphien  an  den  Innenseiten 
von  Pfeilem  des  hohen  Chores,  auf  Mitglieder  des  Fürstenhauses  »ch  be- 
ziehend, alle  vier  gesetzt  von  Herzog  Johann  Albrecht  I.    Das  Wesentliche 


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liruilZL'- K|iila|ih  der  Herzogin  lluteiia  r\\  NU'ckk'iiWt'g  itii  l>uiii  zu  Schwerin. 
Arbeit  von  Peter  V'ischer  in  Nürnberg. 


DOM  ZU  SCHWERIN. 


557 


bei  ihnen  ist  Wappen  und  Unterschrift  und  eine  beabsichtigte  Verschiedenheit 
in  der  Behandlung  der  l'-infassimg  von  Schild  und  Insclirift.  Die  eine  Tafel, 
die  mit  dem  Adler  unter  der  Inschrift,  bezieht  sich  auf  Herzog  Albrecht  VII. 
^i'  '547)j  andere,  mit  dem  ICngel  unter  der  Inschrift,  auf  Herzog  und 
Bischof  Magnus  III.  {f  1550);  die  dritte,  die  mit  Panzer  und  Waffen  unter 
der  Inschrift,  auf  den  vor  Frankfurt  gefallenen  Herzog  Georg  (7  155-);  die 
vierte,  die  mit  dem  Bären  unter  der  Inschrift,  auf  lli-rzog  Heinrich  den  i'"rie«I- 
fertigen  (7  1552).    Die  V'erse  stehen  auch  in  den  Deliciae  des  Nathan  Chy- 


I.|>il,i|>li  de-  llii/.tj;»  AÜTLclit  \  rj>il.-ij>li  »Ic-i  Iti'.chofs  Maj;iius  III. 


traeus,  S.  499  bis  301,  desgleichen  in  der  Beschreibung  dieser  Tafeln  bei  West- 
phalen.  a.  a.  O.  III,  S.  1708  (IV  bis  VI,  IX). 

Ks  ^;iLl)t  keiiK-n  Anliall  fiir  di».-  IJc.inlwortung  der  Frage,  ob  und  von 
weichem  der  Künstler,  tlie  ;uu  Hofe  des  Her/.ofjs  Johann  Albrct  ht  I.  namhaft 
jjcmacht  werden,  diese  K|iitai>hien  entworfen  und  ausgeführt  sein  können. 
Vgl.  Tcske,  Wappen  des  Grossh.  Hauses,  Taf.  XlV'a,  XIV  b;   S.  72  und  S.  91. 

Grabdenkmal  des  I  Icrzogs  Christoph  von  Mecklenburg  (7  4.  Marz  i  592) 
und  .seiner  Gemahlin  Elisabeth  von  Schweden  (f  20.  Xovcmbcr  1 597)  in  der 
nördlichen  Kapelle  des  Umganges  um  den  hohen  Chor,  auf  einem  dreistufigen 
Unterbau  von   schwarz  übcnnaltem   Kalkstein,   welcher  unten  2,92  m  hing. 


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558 


AMTSGKRICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


1,73  m.  breit  und  im  Ganzen  (d.  h.  die  drei  Stufen  zusammengerechnet)  0,93  m 
hoch  ist.  Auf  seinen  lücken  vier  Karyati<len  mit  ionischem  Kapitell,  die  eine 
auf  einem  vierseitigen  Sandstein -Unterbau  ruhende  und  mit  einem  Gesims  ab- 
schliessende, 0,20  m  dicke  Architravplatte  tragen  helfen.  Die  Oberfläche 
dieser  Platte  hat  die  vor  einem  Hctpult  knicenden  Marmorgestalten  des  Herzogs 
und  der  Herzogin,  sowie  auf  den  ICcken  vier  kleine  hingelagerte  Genien  mit 


F,j>i»a|>h  <lcs  Ik-r/uj'^  (  Icorj;.  Kpitaph  di-s  llcr^o^;»  Heinrich. 


Stundenglas,  l''ackel  und  Todtcnkopf  aufgenommen.  Die  rings  um  die  Platte 
angebrachten  Ahnenwappen  sinii  nicht  mehr  vollständig  vorhanden.  An  der 
dem  lieschauer  zugekehrten  Lang.siite  des  Unterbaues  zwei  .Manuor- Reliefs,  das 
eine  mit  dem  aus  dem  Rachen  des  Fisches  geretteten  Jonas,  das  andere  mit 
dem  Heiland  als  TriumphrUor  und  Richter  der  Welt.  Von  den  Schmalseiten 
zeigt  die  westliche  den  Sündenfall,  die  östliche  die  Grablegung  Christi,  beide 
Scenen  gleichfalls  aus  Marmor  gearbeitet.    Die  der  Wand  zugekehrte  Langseite 


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DOM  ZU  SCHWERIN. 


5S9 


enthält  die  Wappen  des  herzoglichen  Ehepaars  und  eine  grössere  Inschrift. 
Am  Betpiilt  die  Gestalten  der  Fides  auf  der  einen  und  der  Spcs  auf  dci 
anderen  Seite,  auf  der  dazwischen  liegenden  Aussenseite  die  Zahl  1596.  Die 
Inschrift  auf  der  Nordseite  des  Denkmals  lautet:  CHRISTOFFER  DEI  GRATIA 
ADMINISTRATOR  RACEBVRGENSIS  DVX  MEGAPOLITANORVM  PRINCEPS  VAN- 
DALORVM  COMES  SVERINENSIVM  ROSTOCHIENSIVM  STARGARDIORVMQVE 
DOMINVS  •  ELISABETHA  DEI  GRATIA  REGIA  SVECORVM  WANDALORVMQVE 
PRINCIPiSSA  NECNON  MEGAPOLITANORVM  PRINCIPISSA  WANDALORVM  OV- 
CI88A  SVERINENSIVM  COMITISSA  ROSTOCHIENSIVM  STARGARDIORVMQVE 
OOMINA. 

Am  oberen  Aufsatz  der  Basis  eine  Reihe  Uteinischer  Verse  el^ischen 
Metrums,  deren  Inhalt  sich  auf  die  Bildreliefs  bezieht.   Unter  dem  Sündenfall : 

EVA  PRIOR  VETITA  DECERPIT  AB  ARBORE  FRVCTVM 

ET  DAT  ADAE  VESCENS  :  HOC  HIC  ET  ILLA  PERIT. 
Unter  dem  Jonas: 

EJICIT  INCOLVMEM  OELPHINES  VENTER  lONAM 

QVEM  SBRVAT  DOMINVS,  P6RDERE  NEMO  P0TE8T. 
Unter  dem  triumphierenden  Christus: 

SVMMA  RESVRQENTIS  DVCIS  EST  VICTORIA  CHRISTI 

VNDE  REDIT  NOBIS  GLORIA  VITA  8ALVS. 
Unter  der  Grablegung: 

NOSTRA  SEPVLTA  TVO  SVNT  CRIMINA  CHRI8TE  SEPVLCRO 

CORPORA  QVI  NOBIS  GLORIFICATA  DABIS. 
Innerhalb  der  Darstellung  iler  ( jral)li  t;uiii;  liot  man  den  Namen  des  Hildhauers 
ROBERTCOPPENS  und  im  Jonas  Hilde  seine  Initialen  R  und  C. 

Die  Stiftcrin  des  Denkmals,  die  Her^^ugiu  hlisabeth,  ruht  nicht  hier 
neben  ihrem  (Jemahl,  sie  starb  in  Schweden  und  wurde  im  Dom  zu  Upsala 
betgeset/t.  \\'i;:^er,    M.  Jahrb.  1..   S.  2(ji-  341.     Da^'i^^tn    ist   hier  in 

S|iätercr  Zeit  neiien  dem  Herzog  (■hristni)h  die  Herzogin  Anna  Sophia, 
Tochter  Herzogs  Johann  VII.  (7  1648)  heigesetzt  worden,  wie  eine  Tafel  aus 
jangerer  Zeit  meldet,  die  an  einer  der  Wände  angebracht  ist. 

Dass  die  Künstlerfamilie  Coppens  in  llelgien,  speziell  in  Ant\veri>en 
und  in  Mecheln,  beheiiiiathet  war,  erweisen  die  I,ij.'geren  der  l.ucasgikle  zu 
Antwerpen  und  die  \  er/eiehnii>se  bei  Em.  Neefs,  Histoire  de  la  seulpture  et 
de  la  pcinturc  ä.  Malines.  Auch  spricht  dies  der  zeitgenössische  Schweriner 
Chronist  Hed«  ri*  Ii  direkt  aus.  Doc  h  ersieht  man  ans  Quittungen  und  Rech- 
nungen vom  35.  l'ebruar  1594  bis  zum  30.  August  1596,  deren  (iesamnU- 
betrag  1230  Thaler  ausmacht,  dass  der  Verfcrtiger  des  Denkmals  im  I>oro 
«hunals  /u  I  .iilvj;k  \\anliatTti«;k  war.  Ks  ]ässt  sieh  aber  ni<  ht  sagen,  ob 
alle  Rechnungen,  die  der  Kammersekretär  der  verwittwelen  Herzogin  KHsa- 
beth  zu  begleichen  hat,  erhalten  gebliclwn  sind.  Wir  erfahren  auch  die 
Namen  der  Mitarbeiter  von  Robert  ('o]»pens:  es  sind  Mi  ist.  r  |.ik  1.,  Hans 
von  Münster,  Lorenz  und  t'hini  I  )alK  !stein.  Hinri<  h  von  .Mi  «  kcllauj^k,  Hans 
W  inckelmann,  Hannen  Koenemann,  M<)rit/  Heitmann,  Hans  der  l'Heger 
(  Pflegeßmann«),  der  Schmied  Jochim  Segewclz,  der  Kletnschmied  Jochim 
Degtow  (Üegedaw),  der  Zimmermetster  Pauli  und  der  Maurermeister  Clawes 


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AMTSGERICRTSBBZmX  SCHWERIN. 


Koeneke.  Hederich  eraählt  in  seiner  Schweriner  Chronik,  dass  der  Kent- 
mdster  der  Heraogin»  Tobias  Skopperus.  als  Straktuarii»  des  Denkmals 

thatig  gewesen  sei,  dass  neben  dein  Bildhauer  R  Coppens  der  Maler  und 
Conterfeyer  Georgias  Strachen  aus  l'ommem  mitgewirkt  und  er  selbst  (Hede- 
rich) die  Verse  gemacht  habe.    Vgl.  Westphalen  a.  a.  ().  III,  S.  17 lo  (XIV). 

Grosse  Marmorvase,  2,50  m  hoch,  im  I'  undamcnt  0,62  breit,  von  einem 
vergoldeten  Feston  umwunden,  oben  mit  einer  Krone  abschliessend,  die  auf 
einem  Kissen  ruht 

Dieses  da*  Zeit  des  Uassicierenden  Stils  am  Ende  des  vorigen  Jahr* 

hiinderts  angehörende  Denkmnl  steht  jet/t  in  der  südlichen  Chorkapelle.  Ob 
CS  hier  von  Anfang  an  stand,  ist  ungewiss.  Anlass  und  Bedeutung  sind  in 
Vergessenheit  gekommen;  ohne  Zweifel  aber  soll  die  Vase  ganz  allgemein 
den  Begrabnissplatz  derjenigen  Mitglieder  des  Türstlichen  Hauses  andeuten, 
deren  Namen  auf  den  .Marmortafeln  an  den  Wänden  der  Kapelle  verzeichnet 
stehen.  Auf  der  einen  Tafel  stehen  die  Namen  von  Herzog  Heinrich  V. 
(7  '55')'^  Herzogin  Anna.,  Gemahlin  Albrecht's  VII.  (•]•  1567);  Herzog 
Johann  Albrccht  I.  (•]-  1576);  Herzogin  .\nna  Sophia,  dessen  (Jemahlin 
(t  '590i  Herzog  Georg  {f  1552);  Herzog  Johann  Vll.  (f  1592);  Herzog 
Sigismund  August  (f  1600).  Als  swdte  Tafel  folgt  eine  grosse  mit  1576 
datierte  l:itripisrhe  Laudatio  auf  den  Herzog  Johann  .-\lbreclit,  besonders 
über  seine  Verdienste  um  die  Refonnation  und  die  humanistischen  Studien; 
darunter  als  dritte  Tafel  eine  kleinere,  welche  sagt,  dass  dem  Herzog  Johann 
Albrecht  I.  die  eben  erwähnte  Huldigung  von  seinem  Sohne  Johann  VII.  dar- 
gebracht sei  (vgl.  Chylraei  Deliciae,  S.  501  fT.;  als  vierte  Tafel  macht  hier 
ein  Verzelchniss  von  Kindern  des  Herzogs  Adolph  Friedrich  1.,  ihrer  fünf 
von  neun/elm,  den  Beschlttss.  Es  smd  Kinder,  die  in  frühester  Jugend 
starben.    Vgl.  Westphalen  a.  a.  O.  III,  S.  1704  (I.  XI  bis  XUI). 

Epitaph  der  Ingeborg  von  Parkentin,  geb.  Halberstadt  (f  \6  5),  im 

nördliclu-n  Seitenschiff  des  holicn  Chores.  Als  I  fau])tdarstc]lvin<j  in  der  Mitte 
ein  Marmor- Relief  mit  der  Krc  uziijunt^ssccne.  Dazu  reiclicr  W'ajipcnschmuck 
und  unten  eine  lanjjc  deutsche  Inschrift,  welche  besagt,  dass  Domherr  Hartwig 
von  Parkentin  zu  Ratzeburg  und  dessen  Bruder  Jürgen  von  Parkentin  dies 
Denkmal  ihrer  Mutter  aus  Dankbarkeit  und  kindlicher  Liebe  errichten  liessen.*) 

Kleines  wappengeschmücktes  Epitaph  des  Lukas  Hansen  und  seiner 
Gattin  Magdalcoa  Cenpen,  datiert  mit  1646. 

Jetzt  im  Museum,  vormals  im  westlichen  Theil  des  sadlichen  Seiten- 
schiffes.*) 

Grabstein  des  Bischöfe  Radolph  l.  (f  1261),  1,93  hoch,  1,51  breit 
Hier  ist  die  in  leoninischen  Versen  gegebene  Inschrift  interessanter  als  die  in 

')  Vgl.  W«Stph.ils-n  .a.a.O.,  S.  1715  (.WXV).    Iiier  auch  eine  latcini>clie  Vers -Inschrift. 

*)  Eine  Reihe  weiterer  Kpitaphicn  und  Denkmfiler  nennt  Westphalen  a.a.O.,  S.  1703fr. 
(VII,  XV,  XVI,  XXtV  bis  Xt.VI  und  M),  auf  die  hier  aber  nicht  ansfllhrncher  eingegangen 
werden  kann.  Lisch  wird  dies  Ver^cichniss  gewis>  ^i<k.innt  hat>en,  .nbcr  er  kommt  in  seinem 
letzten  Aufsatz  tlher  die  Denkmäler  des  Domes,  .\!.  JuIuIj.  .WW  I,  S.  147  bis  203,  wo  vielfach 
Anlass  dazu  gewesen  wäre,  nicht  darauf  zu  ».precheii.  Ein  Thcd  dieser  iJcnkmäler,  darunter  die 
Bilder  des  itaperintendenten  Lucas  Olthof,  des  Pastors  Geof|;  Westphalen  und  des  Sehnirektors 
Joachim  Bannehr,  steht  s.  Z.  in  der  MateriaUenkanuner  anf  der  Nordaeite  des  Ummes. 


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DOM  ZU  SCHWERIN. 


etwas  über  LebensgrÖssc  in  den  gothländischen  Stein  eingegrabene  ganze  Figur 
des  Bischofs.    Die  Inschrift  lautet: 

tlxW  l^ic  antifte^  l^uju^  ftTtu^  timuilatur 

ßobotfus  txiftH  ofcurfu^  non  jpatiat(iir)  • 

(tf)mpenf[^  fibi  stotrinenfl^  ^^obefribi 

prcfuU^  octjui  tuiii&ii  paratur  aiii  • 

i>üi  Tobolfus  oliiit  anna  bni  nmlxü  •       frl  •  ^eceinb^  • 

Deutsch  würde  das  ungefähr 
heissen:  »Hier  das  Grab 
Rudolfs,  der  der  sechste 
Bischof  (antistcs)  dieser  Stadt 
war.  Unbill  (tristes  occursus) 
soll  ihm  nicht  widerfahren. 
Auf  Kosten  Gottfried's  des 
treugesinnten  achten  Bischofs 
(presul)  von  Schwerin  (f  1314) 
ist  ihm  das  Grab  bereitet. 
Rudolf  starb  den  18.  No- 
vember 1262.C 

Die  gothischen  Minus- 
keln, die  hier  angewandt 
sind,  erweisen  unwiderleglich, 
dass  die  Inschrift  in  ihrem 
jetzigen  Zustande  weder  der 
Zeit  des  Bischofs  Rudolf  I. 
noch  der  des  Bischofs  Gott- 
fried I.  angehört,  denn  da- 
n«als  gab  es  noch  keine 
Minuskeln.  Immerhin  aber 
machen  die  Iconinischen 
Verse  den  Kindruck  des 
XIII.  und  XIV.  Jahrhunderts. 
Die  Inschrift  ist  daher  höchst 

wahrscheinlich    eine  Er- 
neuerung   der  ehemaligen 
alten  Inschrift,   welche  ab- 
getreten sein  konnte,  und 
zwar,    wie    man  glauben 
möchte,    eine   recht  spate 
Emeiienmg  vom  Ende  des 
XV.  Jahrhunderts.    Sie  kann 
femer  sehr  wohl  den  Anlass 
zu  der  seit  dem  Mittelalter 
bis  auf  unsere  Tage  in  Geltung  gewesenen  fals<  hen  Annahme  gegeben  haben, 
dass  dieser  Bischof  Rudolf  zum  Geschlechtc  der  Herren  von  Bülow  gehörte, 
indem  man  das  Wort  »avus«  all/.u  wörtlich  und  nicht  bildlic  h  nahm.    In  bild- 
lichem Sinne  kann  ja  der  sechste  Bischof  immerhin  als  i>avus«  des  achten 
bezeichnet  werden.    Lisch  hat  sich  in  seinen  Aufsätzen  über  die  Denkmäler 

m 


Kpiln|ih  der  In);c1><)ri;  von  Parkctilin. 


562 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


des  Domes  auf  diesen  Stein  gar  nicht  weiter  eingelassen.  Vgl.  M.  Jahrb. 
XXXVl,  S.  166,  Anmkg.  i.  Dazu  M.  U.-B.  968.  2665.  Schröder,  Pap. 
Mecklenburg!,  S.  635  fr.  698.  699.    Westphalen  a.  a.  O.  III,  S.  171 1  (XVIII). 

Messingene,  aus  mehreren  Theilen    zu.sammengesetzte  Grabplatte  der 

Bischöfe  Ludolf  (f  1339)  und  Heinrich  von  Biilow  (•}•  1347),  jetzt  eingelassen 

In  die  Nordwand  des  Querschiffes,  3,10  m  hoch  imd   1,80  m  breit,  mit  einer 

Üarstellung   in  der 

Technik  des  Messing- 
schnittes. ')  Zwei 

weit    über  lebens- 

grosse  Bischofs- 
gestalten in  vollem 

Ornat ,    die  rechte 
Hand  zum  Segen 

erhoben ,    mit  der 

linken  den  Krumm- 

.stab  haltend,  machen 

den  llaujjtinhalt  des 
Bildwerkes  aus. 

Man    beachte  den 
reichen  Wappen- 
schmuck    in  der 

Gewandung;  ScliiUl- 

und  Helmzier  ober- 
halb  der  Nischen; 
die  dreigicbcligen 
Baldachine,  unter 

denen  jederseits  in 

der  Mitte  Gott  Vater 

sichtbar  ist,  wie  er 

thronend  eine  Seele 

in  der  Gestalt  eines 
kleinen  nackten 
Kindes  in  den 

Schooss  nimmt,  und 
neben    ihm  zwei 


(Jrabslein  des  Bischufs  Rudolph  I. 


Stehende  Engel  mit  Weihrauchfasschen;  die  auf  die  Stockwerke  der  fialen- 
tragondcn  Pfeiler  vertheilten  acht  Propheten,  zwölf  Apostel  und  an  ihren 
Schreibpulten  sitzenden  Evangelisten,  dazu  die  vier  Evangelisten -Symbole  in 
den  Ecken. 


*)  Lisch.  M.  Jnhrb.  XII.  S.  .}79.  XVI.  .S.  303.  XX\ II,  S.  267.  XXXVI,  S.  19$ ff.  VgL 
Milde  und  Dcrckc,  Kcnkmälcr  bildender  Kunst,  Heft  I,  Taf,  I  bis  5.  Wilh.  Bremer,  Hans.  Ge- 
schiclitsblätter,  Jnhrßanfj  1883,  S.  13  fT,    H.ich,  Der  Dom  zu  Lübeck,  S.  32,  Tof.  XVIII. 


i-.iuji.i^uj  Ly  Google 


tX)U  zu  SCHWERIN 


Die  Insclirift  Luitct: 
+  Tiin/O  ji;  DWI  -r  4U  +  a(IU  +  XXXIX +        '  (?ÖORC'II  f 
ifiKKTIHlb  +  ÜBIIT  +  LVDULPIiVij  i-  DÜ  +  BVLüWti  +2WUK1- 

ßemsis  <8>  eaaijesie  +'5F3 + avivs + acaisax  +jpeR +sniseRi- 
aoRDiRflz  +  ORiSTi  |  ReQviesaKT+  m  +  raaa  +  nsnan  <§> 

ÄliHO  +  DMIGB  +  limKRiaTIOinS  +  SU  +  üda-hXLVII  I  RÖKIK  + 
QVÄKTJT  f  PDST  +  KHTORIUU  +VlKCrlWLS  ^-QHIIT  4-hI»Rl(IVS4- 
IM  +  BVliüWa  +  2WQRlttäaS  +  ÖUULHSIH  +  HHS  r  HRÄT6R  + 


Oberes  Slilck  «ler  iiievsiii^;eiien  (ir.ibplaue  der  Itischofe  Ludolf  und  Heinrich  von  KUlow. 


nnRnÄLis  4-  LiVDoiiPhi  +  svi  +  vmm  \  aessORis  +  QVi  + 

ÜVUQTl  +  TRKttSlTIb  +  ÜRÄTÖ  +  PRO  -h  BIS  + 

Measii^ne,  aus  mehreren  Theilen  zusaininengesetzte  Grabplatte  der 
Bisch  ifr  Gottfried  von  BUlow       13 14)  und  Friedrich  von  Bfilow  (f  1375), 

4  m  hoch  und  1.94  m  breit.  Neben  der  v<iri;>en  an  der  Nordwand  des  Quer- 
schiffes.  Schmuck  und  DarstelUin^sweisc  haben  hier  im  Gegensatz  zu  der 
vorigen  Iiochgulluschen  Platte  einen  spätgothischen  Charakter.  Die  beiden 
Bischofsfigiiren  sind  nicht  als  Lebende  in  Aktion,  sondern  als  schlafende  und 
liegende  Gestalten  dargestellt,  die  Hände  über  einander  gdegt  und  ihre 
Häupter  auf  Kopfkissen  ruhend,  die  von  Engeln  gehalten  werden.   In  den 

86* 


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564 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


Baldachinen  oberhalb  beider  Bischöfe  und  in  den  Pfeiler- Stockwerken  ein 
ähnlicher  Figurenschmuck  von  Propheten,  Aposteln,  Heiligen  und  Engeln  wie 
auf  der  vorigen  Platte.  Ebenso  wie  in  den  Baldachinen  offenbart  sich  der 
spätgothische  Charakter  der  Darstellung  in  dem  sich  drehenden  und  ge- 
wundenen Bande  der  Minuskel- 
Inschrift,  das  von  VVcinrankcn  mit 
Blättern  und  Trauben  umzogen  ist 
und  über  und  unter  welchem  als 
kleine  sitzende  Gestalten  zweiund- 
zwanzig Könige  mit  Kronen  auf 
ihren  Häuptern  auf  Musikinstrumenten 
der  verschiedensten  Art  spielend 
dargestellt  sind.  Ganz  unten  aber 
ruht  in  der  Mitte  der  Platte,  unter- 
halb des  In.schriftenbandes,  eine  grosse 
schlafende  Männcrgcstilt,  die  ebenso 
an  den  schlafenden  Jesse ')  in  den 

bekannten   mittelalterlichen  Dar- 
stellungen der  Wurzel  Jesse  erinnert, 
wie  die  Könige  an  den  gekrönten 
Psalmi.sten   König  David.    Die  In- 
schrift lautet: 


5CnnD  :  #  :  bni  :  111  ;  cc[c  : 
%iHi  :  in  :]  bic  :  oim  :  ianc^ 
tonini  ;  otiiit :  bcitc(a)r.iöili^  : 
\n  :  icpo  :  iiatcr  :  et  :  bn^  : 

gobfdbUG  :  bc  :  6uIohie  : 
ftacrlncfi^  :  ecdcflc  :  cp^  : 
falii'  :  nntina  :  ejii^  :  _rc' 
quicfcat  :  in  :  parc  :  anic  x 

ühiit  :  bcncraOilip  :  in  : 
jcpo  :  pater  :  bominU^  :  frrbr> 
ricui^  :  bt  :  buIoUir  :  fVucci^^ 
ncnflö  :  cccleflc  :  rpi^copus  : 

:  anno  :  bni :  ni :  rcc : 
in  bie  protTji  rt  iadncti  fanc* 
toruni    niactinnn  : 


StUcV  der  nK'•>^in^;'2ncn  <  «r.ibpl.itie  «Itr  lUschufe 
Ludolf  lind  Heinrich  vuri  Mtliow. 


Auffallend  ist  die  Darstellung  unter  den  Füssen  beider  Bischöfe.  \"m  wilder 
zottiger  Mann  zu  Pferde  hat  ein  kleines  weibliches  Wesen  geraubt  und  ein 
geharnischter  Ritter  ist  hinter  ihm  her,  um  ihm  die  Beute  wieder  abzujagen, 


')  l  isch  ncipt  dazu,  darin   den  liaiiiiieisler  Wylde  zu   crlfcnnen.    S.  o.  S.  548  und  549. 
M.  Jahrb.  XXXVI,  .S.  198. 


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DOM  ZU  SCHWERIN. 


565 


die  anscheinend  einem  König  zugerührt  wird,  der  unter  einem  Zeltdach  sitzt. 
Dieser  Scenc  folgt  dann  eine  zweite,   die  ein  von   zottigen  Menschen  ein- 
genommenes 
Gastmahl  dar- 
stellt, bei  welchem 
rechts    von  der 
Tafel  aus  einem 
Fass  Getränk  ge- 
zapft   und  links 
aus  einem  Koch- 

gcfass  Speise 
herangeholt  wird. 
Auch  fehlt  nicht 
ein  kleiner  Braten- 
wender mit  einem 
Braten  auf  dem 
Drehspiess.  länd- 
lich sind  noch  in 
den    Rasen  der 
Ivckpfciler  sechs 
Gestalten  in  welt- 
lichem Kostüm  zu 
erkennen,  drei 
Männer  und  drei 
Frauen ,  welche 
offenbar  keine 
Hciligengestalten 
sind.    Ob  hierin 
Mitglieder  der 
Familie  v.  Bülow, 
wie  angenommen 
worden  ist,  dar- 
gestellt sein 
sollen,  muss  un- 
entschieden 
bleiben. 

Auf  dem  Grabe 
des  Bischofs  Gott- 
fried, den  Fried- 
rich mit  sich  unter 

eiiKT  Platte  vereinigte,  lag  früher  eine  grosse  Uron/.c- Figur,  welche  nach  dem 
Inventur  von  i66j{  zu  .Anfang  des  XVII.  Jahrhunderts  verschwunden  sein 
nuiss.  »Noch  eine  Rischöflfliche  Bcgräbnuss  mit  einem  I.eichstein,  worauff, 
wie  annoch  bekandl,  vor  diesem  ein  in  .Mcüing  gegossenes  Bischoffsbiide, 
Mciischensgrösse,  in  der  mitte  gelegen,  auch  vmbher  uff  den  Stein  Meßing 


Grabstein  des  lSi»chofs  Konrad  Loste. 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


gewesen,  NB.  welches,  des  Kirchen  Maurmeisters  Jochim  Stollen  bericht  nach, 
für  vngefehr  50  Jharen,  weiln  zu  der  Zeit  die  Communion  fürm  grossen 
Altar  gehalten  werden  sollen  (dan  Sie  vorhin  fürm  kleinen  Altar  allemahl 
verrichtet)  Vnd  daßell^e  dazu  behinderlich  gewesen,  hinwegk  genommen  vnd 
hinterm  Chor  zur  Seiten  in  der  Maur  aufgesetzet  und  befestiget,  Nachgehents 
aber,  etwa  für  11  Jharen,  solches  wieder  heraufgenommen,  aufs  Schlos  ge- 
liefert vnd  zu  Stücken  oder 
geschützen  verbraucht  wor- 
den.« Vgl.  dazu  Anmkg.  3 
auf  S.  165  des  M.  Jahrb. 
XXXVI.  Das  Grabmal  des 
Bischofs  Gottfried  wird  so- 
mit in  seinem  ursprüng- 
lichen Zustande  dem  des 
Bischofs  Bockholt  im  üom 
zu  Lübeck  ähnlich  gewesen 
sein.  Vgl.  Hach,  Der  Dom 
zu  Lübeck,  Taf.  XX,  S.  32. 
Femer  zu  allen  drei  Bülow- 
schen  Denkmälern  West- 
phalcn  a.  a.  O.  III,  S.  17  1 1. 
1712  (XVII,  XXU). 

»Messingsteine«  war 
die  alte  niederdeutsche  Be- 
zeichnung für  solche  Grab- 
platten ,  wie  die  der  vier 
Bischöfe  aus  der  Familie 
von  Bülow  sind.  Dass  sie 
im  XIV.  Jahrhundert  als 
ursprünglich  flandrische 
Kunstwerke  angesehen  wur- 
den, beweist  die  bekannte 
Stelle    im    Testament  des 

Bürgermeisters  Hermann 
Gallin    vom   Jahre  1365: 

Flamingicus  auricalcius 
figurationibus  bene  factus 
lapis  funeralis;  heisst  er 
dort,  und  in  Schlesien  wird 
er  noch  gegen  Knde  des 
XV.  Jahrhunderts  als  ^flan- 
drense  magisterium«  be- 
zeichnet, in  Fngland  da- 
gegen als  »Gullen  plate 
=  Kölner  Platte«.  Mit  diesen  Bezeichnungen  ist  der  Ursprung  dieser  Art 
Kunst  aus  jenen  alten  Stätten  der  nicderrhcinischcn  und  belgischen  Land- 
schaften, in  denen  die  hehre  gothische  Kunst  ihre  höchste  Blüthe  erlebte,  im 
Ganzen  als  festgestellt  zu  erachten.  Das  schliesst  ja  aber  die  Möglichkeit 
einer  Herstell'mg  an  Ort  und  Stelle  selbst  durch  angesessene  niederrheinische 
und  flandrische  Künstler  nicht  aus.  Vgl.  das  Beispiel  von  Coppens  oben 
S.  55Q.  Lisch.  M.  Jahrb.  XXVII,  S.  267  ff.  Schnaase,  Gesch.  d.  bild.  K.  VI, 
S.  497.    Ott«.,  Hdb.  II,  S.  602  bis  604. 


Cirabstcin  des  Joachim  von  Plessen. 


DOM  ZU  SCHWERIN. 


567 


•  Grabstein  des  Bischofs  Konrai  Lotte  (f  1503).    Bis  zur  letzen  Re$tau- 

ration  1866/67  war  der  Stein  noch  ganz  vorhanden,  jt-tzt  L^'icht  es  davon  nur 
noch  die  obere  Hälfte,  die  in  der  wcstUchcn  Ixke  des  »rdlichcii  OucrschitTcs 
ihren  Platz  gefunden  hat,  wahrend  der  ganze  Stein  früher  neben  anderen 
Bischofs -Steinen  vor  dem  Hochaltar  lag.  Bei  der  Abhebung  des  Steines 
1866/67  zerbrach  er,  und  als  später  nach  den  Stücken  gesucht  wurde,  war 
die  eine  Hälfte  nicht  mehr  aufzufinden.  Usch,  M.  Jahrb.  XX.W'I.  S.  200, 
meint,  dass  die  untere  Hälfte  als  Sockel  für  die  neuen  Churstuhle  benutzt 
worden  sei.  I-ünc  Abbildung  des  ganzen  Steines  findet  sich  schon  1707  in 
einem  Kostocker  ünivcrsitäUj-i'rogramm  von  Köpken  mit  der  Disputation  des 
Gerhard  Berling:  Memoria  Cooradi  Lostü  ei^iscupi  Sverihensis,  Rostock  1707. 
Die  hier  gegebene  Abbildung  ist  eine  Wiederholung  der  von  Lisch  a.  a.  O. 
genannten  Tuschzetchnung,  welche  183$  von  dem  längst  verstorbenen  Bau- 
kondukteur \cin  Motz  angefertigt  und  dem  Verein  (ur  meckicnb.  Geschichte 
unti  Alteitluiinskundc  geschenkt  wurde.  Durch  sie  findet  eine  schon  von 
Usch  in  früherer  Zeit  aufgenommene  Lesung  der  Inschrift  ihre  Bestätigung. 
Sic  lautet: 

Slno  •  bni  •  111°  •  b  •  üi  •  in  •  tiigilla  •  natiif  •  e-  •  ficucrcb'  • 
in  •  xjio  •  par'  1  Corah9  •  *^  Cjig  •  ^Uiecitr  \  ut'uß  •  lut'  •  ^oc« 
tor  •  T  fui  •  etriaj  •  Iat59  .  iSf  • 

Der  Name  loftc  ist  später  nach  oben  liin  «.ingclugt  werden,  lieber 
sein  Wappen  am  Kreuzgang  s.  o.  S.  549.  Vgl.  Westphalen  a.  a.  O.  III, 
S.  1711  (XX). 

Was  Lisch,  M.  Jahrb.  XXXVI,  S.  199,  über  den  Stein  des  Kisrhofs 
Marqnard  Beermann  (-j*  1378)  sagt,  der  bis  1866  im  Mittelgange  des 
hohen  Chores  lag,  dessen  in  Hederichs  Chronik  der  Bischöfe  mitgetheilte 
Inschrift  aber  schon  vergangen  war,  auf  dem  man  aber  noch  den  Wappen- 
schild f/.wci  j,'Lkrcu/tf  Schlüssel)  erkennen  konnte,  hat  heute  keine  praktische 
Bedeutung  mehr,  da  der  Stein  angeblich  schon  bei  der  vorletzten  Rcblauration 
zerschUgen  war  und  b«  der  letzten  der  Rest,  den  man  bis  dahin  wahr- 
nehmen konnte,  mit  atvleren  Uebcrbleibselii  von  Steinen  unter  die  neuen 
Kirchenstühle  gelegt  wurde.  Schon  im  Inventar  von  1663  werden  nicht 
mehr  als  die  vorhin  genannten  Bischofsplatten  aufgeführt:  ein  Beweis  dafür, 
dass  man  in  früheren  Zeiten  ebensowenig  Sinn  und  Verständniss  für  diese 
Denkmäler  hatte  wie  in  den  nachfolgenden  und  vor  Kurzem  auch  noch  in 
unseren  Tagen.')  Von  den  übrigen  (Irabsteinen  der  Kirche,  noch  gut  vierzig, 
verdienen  eine  kurze  Erwähnung  die  Steine:  des  Johannes  von  Ketzedorp 

(•J*  1455)  und  seiner  Ciattin  Margaretha;  der  eines  Priesters  Johannes 
(f  149^));  der  des  Joachim  von  Plessen  (7  15-.)  mit  seinen  beiden 
Gattinnen  Ursula  Birkenfeld  tmd  Elisabeth  Polemann;  der  des  Clawc»  Daltt 
(*{*  1599)  und  seiner  Gatdn  Anna  Buches  mit  der  Unterschrift:  fttom  j^CttC 

*)  Westphden  1.«.  0.111.  S.  1712  (XXI)  nennt  freilich  auch  noch  den  Stein  des  Uibchofs 
Gottfried  Lange,  wdeher  der  vienindzwaniigste  Bisehof  wir  nnd  1458  tm  dem  liehen  schied; 

fcrtu-r  S.  I7I4(X\XI\"'  den  I)enk>.|cin  imd  Fpit;>|>h  <!e>.  HiM-liofs  NikoUu*  H«"!iifl<LT  l.j";')). 
der  bis  1457  sds  dreiundzwaiizightcr  ISiNchuf  im  Amte  war;  und  endlich  S.  1716  (XLIV)  den 
Stein  des  Bisdiob  Ilenumn  KAppen,  der  als  sweiandzwanaigsler  Bischirf  1444  starb. 


568 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


^Ijefb  ftbm;  der  des  Jttrgen  Havemann  und  seiner  Gattin  Anna  Sechas 
mit  der  Jahreszahl  1658;  der  des  Hartwig  von  Passow  (f  1644)  und 
seiner  Gattin  Oelgard  von  Pcniz;  der  des  Simon  Gabriel  zur  Nedden 
(f  '657)  und  der  des  Bürgermeisters  Hermann  Kütemeyer  mit  der  Jahres- 
zahl 17  19. 


Wand- 
gemälde. 


Wandgemälde.  >) 

1.  Am  Triumphbogen  ein  von  zwei  Enpeln  getragenes  heiliges  Haupt. 
Gottvater?  Johanesd.  T.?  Vgl.  S.  550. 

2.  An  den  der  Heiligen  Bluts- 
Kapelle  zugewandten  Flächen  der  beiden 
östlichen  Pfeiler  die  Reste  von  vier 
schwer  zu  bestimmenden  Heiligenfiguren. 
Man  erkennt  so  eben  noch  die  Köpfe. 

Lisch,  M.  Jahrb.  XXXVI,  S.  108, 
meint  die  Figuren  von  St.  Johannes 
dem  Ev. ,  St.  Johannes  d.  T.,  St. 
Katharina  und  St.  Michael  zu  er- 
kennen. 

Bedeutender  als  diese  waren 
einst  in  der  Bluts -Kapelle  selbst 
die  den  Marmorwänden  zum  Opfer 
gefallenen  Gestalten  der  Herzöge  und 
Grafen  von  Schwerin,  die  im  Jahre 
1839  von  Lisch  unter  der  Tünche 
entdeckt  und  1841  auf  Befehl  des 
Grossherzogs  Paul  Friedrich  wie<ler 
hergestellt,  1847  aber  bei  P^inrichtung 
der  Grossherzoglichen  Begräbniss- 
Kapelle  weichen  mussten  und  jetzt 
nur  noch  aus  den  zuverlässigen 
Kopien,  welche  das  Grossh.  Archiv 
besitzt,  kennen  zu  lernen  sind.  Nach 
diesen  Kopien  sind  sie  veröffentlirht 
bei  Teske,  Wappen  des  Grossh. 
Hauses.  Taf.  7  c.  Vgl.  Westphalcn 
a.  a.  O.  III,  S.  1705  (II).  Zu  G. 
Westphalcn's  (f  1728)  Zeit  waren 
diese  Bilder  noch  nicht  übertüncht. 
Dort  auch  noch  andere  Bilder  genannt  .S.  17 13  (X.\X), 


(ir3li<.lcin  [Ick  Jürgen  Ilavcmann. 


3.  In  der  nördlichen  Marien -Kapelle.  Der  Grund  des  Gewölbes  ist 
dunkelroth.  Ueber  ihn  breiten  sich  Ranken  mit  grossen  grünen  Weinblättern, 
und  in  diesen  Ranken  sind  kreisrunde  Scheiben  mit  grünlicher  Kinfassung  an- 
gebracht, von  denen  die,  welche  dem  Schlussstein  am  nächsten  ist,  die  grösste 
ist,  während  die  übrigen,  die  in  der  Richtung  auf  die  Gewölbczwickcl  sich 


')  Lisch,  M.  J.ilirb.  X.XXVl,  S.  172  bis  174. 


i^uj  Ly  Google 


K..nl;;  AlLridit  141:;.  Il.p.-..v;  |..|i;iim  IJ').;  «»i:. 

(H.ifiii  iiiiil  Ili>r/..:;n  v(.i>  S.hucrin  n;irh  frillificii  \V;inilmi>li'roi<;n  in  'Ici   l!Jiit>- Kapelle 

Doni^  ?ii  Sfliwrrin. 


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DOM  ZU  SCHWERIN. 


569 


anschliessen ,  immer  kleiner  werden.  Auf  diese  Art  gelangt  jede  der  vier 
Gewölbekappen  dazu,  sieben  Scheiben  zu  tragen.  Alle  diese  Scheiben  sind 
bemalt.  Die  obersten  vier,  welche  um  den  Schlus.sstein  herum  gruppiert  sind, 
enthalten  die  vier  geflügelten  l£vangelisten  -  Symbole:  den  Menschen  des 
hl.  Matthaeus,  den  Löwen  des  hl.  Markus,  den  Stier  des  hl.  Lukas  und  den 
Adler  des  hl.  Johannes.  In  der  östlichen  Gewölbekappe  ist  ausser  dem 
Adler  des  hl.  Johannes  (eigentlich  nur  dessen  Flügel)  nichts  erhalten.    In  der 

nördlichen,  zunächst  ab- 
wärts von  der  Scheibe  mit 
dem  Menschen  des  heiligen 
Matthaeus,  zeigt  die  östliche 
Hälfte  der  Kappe  die  ge- 
krönte hl.  Maria  auf  einem 
Thron  sitzend,  die  daneben 
stehende  Scheibe  in  der 
westlichen  Hälfte  den  Hei- 
land, der  sich  segnend  der 
hl.  Maria  zuwendet.  Von 
den  übrigen  Scheiben  in 
dieser  Kappe  ist  nur  noch 
eine  zu  erkennen,  die  näm- 
lich, welche  in  der  west- 
lichen Hälfte  den  Schluss 
bildet:  .sie  zeigt  einen  I'eli- 
kan  mit  zwei  Jungen  als 
Sinnbild  Christi ,  der  sein 
Blut  für  die  Seinen  vergo.ss. 
In  der  westlichen  Kappe 
folgt  auf  die  (oberste  Scheibe 
mit  dem  Löwen  des  heiligen 
.Markus  in  der  Reihe  gegen 
Norden  zuerst  der  Iii.  Bai- 
tlia.sar  mit  der  Unterschrift 
BALTASAR  REX ,')  also  einer 
der  hl.  drei  Könige.  Die 
in  dieser  Reihe  folgenden 
sind  undeutlich,  nur  auf  der  letzten  erkennt  man  noch  Sim.son,  wie  er  den 
Löwen  bezwingt.  In  der  Reihe  gegen  .Süden  folgt  zuerst  eine  Scheibe  mit 
einer  weiblichen  Figur,  die  beide  Hände  erhebt,  und  zuletzt  die  Gestalt  eines 
Mannes,  derein  kurzes  und  breites  Schwert  .schwingt.    Die  südliche  Gewölbe- 

•)  Lisch,  M.  Jahrh.  .\.\XVI,  .S.  iSi,  ork.nnnte  an  anileren  Stellen  auch  ncM-h  .meiere  l'nier- 

•ichriflen   wie    lOAlna  oder   MCL  und  IGRICCOfilVS,   woraus  auf  tlie  I  ».irstclIunKcn   von  I'iophed'H 

(wenn  nicht  M€L  auf  den  anderen  der  hl.  drei  Könige  weist)  und  von  Kirchenvätern  tjesehlosscn 
werden  mil^ütc. 


(JrabMein  des  Hartwig  von  l'a^sow. 


570 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


kappe  hat  in  ihrer  westlichen  Scheibenreihe  abwärts  vom  Stier  des  hl.  Lukas 
zunächst  den  König  David,  dann  den  König  Mclchisedek  mit  dem  Kelch,  und 
den  Propheten  Jonas,  wie  er  aus  dem  Rachen  des  Walfisches  errettet  wird 
(Vorbilder  auf  das  Abendmahl  und  die  Erlösung  von  Tod  und  Hölle). 

Die  Schriftcharaktere  sowie  der  Stil  der  Figuren  weisen  diese  Malereien 
in  die  Zeit  vor  Mitte  des  XIV.  Jahrhunderts. 

Wie  am  Gewölbe,  so  gab  es  auch  an  den  Wänden  ganz  ähnlich  an- 
gelegte und  durchgeführte  Scheibenbildcr  mit  weissem  Gnmde,  auf  den  in 
feinen  hellrolhen  Umrissen  kleine  biblische  Geschichten  aufgetragen  waren. 
Die  Nordwand  zeigte  z.  B.  zwanzig  solcher  Scheiben,  je  zwei  rechts  und 
links  vom  Radfenster  und  zwei  Reihen  von  je  acht  Bildern  unterhalb  dieses 


Fensters,  theils  alttestamcntliche,  wie  Adam-  und  Kva-Geschichten,  theils  neu- 
testamentlirhe  Darstellungen  aus  dem  Leben  Christi  und  der  hl.  Maria.  In 
dieser  Kapelle  stand  auch  lange  Zeit  der  ahe  Hochaltar,  der  sich  jetzt  im 
Museum  befindet.  —  Wie  diese  nördliche  Marien- Kapelle,  so  hatte  auch  die 
südliche  ihre  Malereien,  doch  war  hiervon  1867  ausser  einigen  Weihekreuzen 
nichts  Ordentliches  mehr  zu  erkennen.  Nach  dem  Inventar  von  1663  war 
diese  Kapelle  die  Hegräbnissstätte  der  Familie  von  Behr.  Vgl.  Lisch,  Meckl. 
Jahrb.  XXXVI,  S.  183. 

4.  Im  Ka])itelhaus,  auf  der  Südseite  des  Seitenschiffes  vom  Chor, 
haben  sich  im  Jahre  1875  mehrere  Figuren  über  Febensgrö.s.sc  gefunden.  In 
der  Nische  oberhalb  des  Hinganges  die  thronende  hl.  Maria  mit  dem  Christ- 
kinde, zu  ihren  Füs.sen,  aber  im  Felde  der  Wand,  zwei  knicende  und  anbetende 
Gestalten,  rechts  ein  Bischof,  links  eine  vornehme  Fraucngestalt,  beide  indessen 
ohne  besondere  Kennzeichen.  Lisch  will  darin  Bischof  Friedrich  II.  von  Bülow 
(1366  bis  1375;  und  die  Gemahlin  des  Schwedenkönigs  Albrecht,  die  Königin 


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4 


DOM  ZU  .SCHWERIN. 


57' 


Richardis  (7  1377),  erkennen.  Im  Gurtbogen  dieser  Ni.sche  sieht  man  die 
Hüftbilder  von  sechs  Propheten  mit  Spruchbändern,  deren  Schrift  nicht  mehr 
zu  lesen  ist.  Auf  den  übrigen  Wänden  des  gewölbten  Raumes  gicbt  e,s 
noch  drei  grosse  Gestalten,  die  hl.  Katharina,  den  hl.  Johannes  Evangclista 

und  den  Apostel  Paulus.  Dem  Stil  nach 
passen  diese  Mguren  recht  wohl  zu  dem  dritten 
Viertel  des  XIV'.  Jahrhunderts. 

Dass  es  hier  einstmals  noch  mehr  solche 
(lestalten  an  den  Wänden  Rah,  bewiesen  ver- 
schiedene Spuren  bei  tler  .Aufrtndiing,  doch  waren 
sie  nicht  mehr  /.u  hcstimmen.  Vgl.  Lisch,  M. 
Jahrb.  XI,,  S.  i6y  bis  174.  Im  Oberstock  des 
Kapitelhauses,  in  welchem  jetzt  das  Archiv  der 
Superintendcntur  aufgestellt  ist,  wurden  einst 
wichtige  Pergamente  aufbewahrt,  darunter  eine 
Ilulle  Papst  Lco's  X.  vom  Jahre  1521,  in  welcher 
unter  anderen  Ketzern  und  Sündern  auch  Luther 
und  seine  Anhänger  in  den  Hann  gethan  werden; 
femer  ein  Indulgen/en-  oder  .Ablass-Verzeichniss 
des  Schweriner  Doms  für  alle  Monate  des  Jahres; 
ein  Verzeichniss  der  Heiligenfeste;  eine  Ordnung 
über  die  Verehrung  des  heiligen  Blutes;  und 
endlich  zwei  grosse  Starnn)baunuollen  des  fürst- 
lichen Hauses.  Vgl.  Westphalen,  Mon.  ined.  III, 
S.  17  17  bis  1732. 

Ausser  den  hier  aufgeführten  Wandmalereien 
gab  es  auf  der  Südwand  des  Querschifies  noch 
einen  riesengrossen  hl.  Christophonis  mit  einer 
langen  Unterschrift.  Das  Bild  wurde  aber  1867 
wieder  übertüncht.  Ihm  gegenüber  an  der  Nord- 
wanti  des  Querschiffes  gab  es  ebenfalls  grosse 
(Jestaltcn,  anscheinend  Bischöfe,  und  an  der 
Wand  hinter  der  Orgel  ein  ricsengrosses  Marien- 
bild. Auch  in  den  Seitenwänden  des  Oberschiffes 
fanden  sich  Spuren  von  Bildern.  Von  den  Namcns- 
Inschriften   ist   oben  an   der  Südwand  die  des 

Heilandes  zweimal  erhalten  geblieben:  XVi- 
Vgl.  Lisch,   M.  Jahrb.  XXX VI,  S.  177.  Vgl. 
auch  Westphalen  a.  a.  O.  III.  S.  17  13  (XXVIII). 
Bei  Westphalen  ist  die  V'ers- Unterschrift  unter 
dem  Hilde  des  hl.  Christophorus ,   von  welcher 
Lisch   a.  a.  O.  nur  noch  einige  Reste  zu  erkennen  vermochte,  vollständig 
erhalten.     Damals   war   dieses   Bild  also  ebensowenig   übertüncht   wie  die 
Reihe  der  Grafen-  und  Herzogsbilder  in  der  Heiligen  Bluts- Kapelle. 


Cl.nMn.nlorci  ;  Wc^tfL-tistcr  tlor 
sUiltichcn  'rhHnnkn|>olIc), 


Glasmalereien. 

I.  Im  Hauptfenster  der  südlichen  Chorkapelle  das  pfälzische  Wappen, 
mit  Beziehung  auf  das  Epitaph  der  Herzogin  Helena. 


Glas- 
malereien. 


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572 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


2.  In  der  nach  Osten  hin  anstosscnden  Chorkapelle  zwei  Lützow'sche 
Wapi>en,  tlas  eine  mit  der  Unterschrift  HANS  LVTZOW  1612,  das  andere  mit 
der  Unterschrift  VEIT  HINRICH  LVTZOW  1612. 

3.  Auf  der  Nordseitc  des  Chors,  west- 
lich von  der  nördlichen  Chorkapelle,  Malereien 
von  geflügelten  Engelsköpfen;  auch  ein  Petrus 
mit  dem  Schlüssel,  als  Hüftbild.  Endlich  noch 
eine  kniccndc  Figur  in  brauner  Gewandung. 

4.  Im  Oberstock  des  Chors,  auf  des.scn 
Nord.scitc,  im  westlichen  Fenster:  Gelbe  Früchte 
auf  grünen  HIattern,  darunter  eine  Inschrift, 
die  die  Titel  des  Herzogs  CHRISTOPH,  des 
Admini.strators  vom  Stift  Ratzeburg,  enthält. 
Auch  eine  Inschrift,  die  den  VICKE  VON  OERTZEN 
auf  Gammclin  und  Stralendorf  nennt. 

5.  In  dem  nach  O.stcn  hin  anstosscnden 
oberen  Chorfcnster  die  Halbfigur  eines  Ritters 
mit  der  Unterschrift:  ^crcilbt  ÜOIl  picfe  ^rflOC^ 
neu  rrBgrfcftc  ibm  Ooljf. 

6.  Im  folgenden  hohen  Chorfenster  ein  ^'^  ^'  ^'^^^^ 
bärtiger  Kopf  in  rother  Kreis.schcibc,  umgeben  von  schwarzem  Rankenwerk 

7.  Allerlei  Reste  von  Architekturmalereien, 
Ranken  etc.,  darin  auch  die  In.schrift; 

....  1615  MAXIMO  .... 

8.  h:ine  Inschrift:  BARTELT  VON  PAR- 
KENTIN ERBGESESSEN  ZV  PRITZENDORP  • 

9 — 15.  In  den  Fenstern  oberhalb  der 
Fürstengruft  im  Chorumgangc  grtwsc  Glasbilder 
von  E.  Gillmeister  18S7)  nach  Kartons  von 
Peter  von  Cornelius  (aus  den  Jahren  1843/44) 
Ende  der  vierziger  Jahre  au.sgcführt.  ICs  sind 
die  Gestalten  des  zum  Himmel  auffahrenden 
Christus,  der  hl.  Maria,  des  hl.  Johannes  Evan- 
gelista  und  je  zweier  Repräsentanten  des  alten 
und  des  neuen  Hundes,  des  Moses  und  Je.saias 
sowie  des  Petrus  und  Paulus. 

Die  jetzijcc  .Aufstellung  im  Dom  ist  nicht 
die  ursprünglich  vf)m  Künstler  ^'cwollte,  sie 
verstösst  gegen  d;i5  (.lesetz  einer  in  sich  al>- 

Kfsclilosst-nen    Komposition.     Diese    kommt  ß  /  I''"  ^- 574-  Wcink.nnnc  (6). 
erst  in  Ordnung,  wenn  .Moses  und  lesaias  die  l'lat/e  lauschen  und  wenn  sie  so 
stellen,  wie  es  die  Aufstellung  der  Kartons  im  (»rosshcrzogl.  .Nhiseum  zeigt: 
Jes;ii;is,  Petrus  .Maria,  Christus,  Johannes.         Paulus,  Moses. 


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DOM  ZU  SCHWERIN. 


573 


Auch  die  Farbenharmonic  fordert  diese  Aufstellung.  Auf  eine  wailand  an 
Gillmeister  gerichtete  mündliche  Anfrage,  worin  diese  Abweichung  von  der 
ursprünglichen  Absicht  des  Künstlers  ihren  (Irund  habe,  erhielt  der  Verfasser 
die  Antwort,  es  sei  die  jetzige  Anordnung  dem  Wuns«  h  des  damaligen  Ober- 
kirchenrathes  entsprechend  gewesen;  al>cr  aus  welchen  Gründen  es  geschehen 
war  nicht  in  Krfahrung  zu  bringen. 

16.  In  dem  Westfenster  der  südlichen  Tluirmkapcllc  die  Anbetung 
der  Hirten,  von  Gillmeister  nach  G.  Lenthe.  Die  ubere  und  untere  gothische 
Einfassung  des  Hildes  ist  neuesten  Datums  und  stammt  aus  der  Zeit  des 
'I  hurmbaues  durch  Arthur  Graf  von  Bcrnstorff,  das  Hild  selbst  aber  ist  ein 


gemeinsames  Geschenk  der  Grossherzoglichen  I''amilic,  der  !"jnu<>hncr  Schwerins 
um!  des  Dom-Aerars  vom  Jahre  1848.  Vgl.  Fromm,  Arch.  f.  I^mdcskunde  \IV 
{1S64),  S.  285. 


I.  .SilbcrviTgoldctcr  Kelch,  laut  Insclirift  geschenkt  von  dem  fürstlichen 
Mundkoch  ULRICH  KOCH  1676.    j-rncuert  1869  und  dabei  vollst.indig  im  Stil    ,  1^^"",^^^^, 
der  Ncngothik  umgewandelt.    Desgleichen  die  1 'ateno.    Vtm  alten  Werkzeichen 
keine  Spur  mehr. ') 


')  Fromm,  .Arch.  f.  I..-inileskundc  XIV  (iS<m)i  275. 


WilckcrUnrth'scliLT  Krimlcuclitcr  (lo). 


Werke  der  Kleinkunst  und  des  Kunstgewerbes. 


Werke  der 
Kleinkunst 


574 


AMTSGERICHTSBKZIRK  SCHWERIN. 


2.  Grosser  silbcrvergoldctcr  Kelch,  laut  Inschrift  1801  geschenkt  vom 
Herzog  FRIEDRICH 

FRANZ.  Klassicierender 

Stil ,  Werkzeichen 
[s]  IFICKI-    Patene  ebenso 
gestempelt.') 

3.  Silbervcrgoldeter 
Kelch,  aus  freiwilligen 

Gaben  der  Domgemeinde 
hergestellt  1869.  Voll- 
ständig gleich  Nr  I.  Ohne 
VVcrkzeichen.  Ebenso  die 
Patene. 

4.  Schöner  ver- 
goldeter Schöpflöffel  von 
'777-  ^  |WILW|.  Un- 
deutlich ! 

5.  Silberne  Oblaten- 
schachtel, in  der  Fabrik 

von   Wagner- Berlin 

neu   umgearbeitet  aus 
einer  älteren  vom  Jahre 

1801,  die  der  Herzog 
FRIEDRICH    FRANZ  ge- 
schenkt hatte. 


F.mmc'.schcr  Krnnlcuchicr  (ll). 


6.  Silberne  Weinkanne,  in  klassicierendem  Stil,  mit  Hcnutzung  eines 
Vorbildes  aus  älterer  Zeit,  1801 
hergestellt  und  geschenkt  von 

Herzog  FRIEDRICH  FRANZ. 
Mrinnert  in  der  Form  sehr  an 
die  Kanne  zu  Kalkhorst.  Die- 
selben Werkzeichen  wie  in  Nr.  2. 

7.  Desgl.,  neu,  von  Sy 
u.  Wagner. 

8.  Kranken-Kommunions- 
Geräth,  neu. 

9.  Silberne  Taufschüsscl, 
neu,  1869. 

10.  Messingener  Kron- 
leuchter, im  hohen  Chor,  mit 
achtzehn  Armen  (2  x  9),   laut  Inschrift  geschenkt  im  Jahre  1616  von  dem 


Steinerne  Kenaiüs.mcc-  Kartniische. 


•)  Kronnot,  Arch.  f.  Landeskunde  XIV  (t8«'>4),  S.  aSc. 


DOM  ZU  SCHWERIN. 


575 


Dechanten  ULRICH  WACKERBARTH  und  seiner  Gattin  MARGARETHA  BROCK- 
OORFF.    Bereits  im  Inventar  von  1663  envahnt:  M.  Jahrb.  XXXVI,  S.  160.') 

II.  Desgl.,  in  der  Mitte  des  Querschi fies  hängend,  mit  achtzehn  Armen 
(8  -|-  10).  Laut  Inschrift  im  Jahre  1641  geschenkt  von  dem  Fürstl.  Mecklenb. 
Bauschreiber  JÜRGEN  EMME  und  dessen  Gattin  ILSABE,  geb.  REHM.  Bereits 
im  Inventar  von  1663  erwähnt:  M.  Jahrb.  XXXVI,  S.  160.') 

12  und  13.  Desgl.,  neu,  einer  im  Chor,  der  andere  im  Schiff,  ohne 
Inschrift. 

14.  Steinerne  Renaissance  •  Kartuuschc  an  der  Nord.scitc  eines  der 
Pfeiler  in  der  nördlichen  Hälfte  des  Langschifies  mit  der  Inschrift: 

QUI  SEMINANT  IN  LACRYMIS  IN  EXULTATIONE  METENT  • 
 PSAL  .  CXXVI  . 

')         Fromm,  Arch.  f.  Landeskunde  .\1V  (1864),  S.  274. 


Altes  \Vcihua>ser- ISccken  aus  dem  Dom, 
jetrt  im  .Museum. 


L.iujui^uj  Ly  Google 


576 


AMTSGERICHTSBBZIRK  SCHWERIN. 


Die  Schelf-  oder  St  Nikolai-Kirche. 


Beschrei- 
bung des 
Baues. 


janbeMhrdkHag.  Die  Schelfldrche  ist  ein  auf  einer  Basis  von  behauenen 
Granitsteinen  errichteter  und  im  Stil  der  Spätrenaissance  oder,  wenn 

man  will,  in  gemas^it^tom  Barockstil  ausgeführter  Hacksteinbau  mit  Verwendung 
von  bildhaucrisch  bearbeitetem  Haustein  an  den  Gesimsen,  in  den  Einfassungen 

der   Portale  und 
Fenster    sowie  bei 
den  Kapitellen  der 
Aussen-Pilaster.  Die 
Grundform    ist  ein 

Kreuz   mit  stark 
abgekürztem  Fuss 

und  vorgesetztem 
Tliurm  im  Westen, 
indessen  haben  die 
Anne,  von  denen 
die  im  Osten,  Norden 
und  Süden  aus  dem 
Achteck  {geschlossen 
sind,   während  der 

im  Westen  mit 
platter  Wand  vom 
Thurm  geschieden 
ist,  eine  so  geringe 
Lange,  und  ist  der 
Mittelraum  ver- 

hältnissmässig  so 

gross,  dass  der  Grundriss  HigUch  fast  als  eine  Centralanlage  im  Sinne  einer  pro- 
testantischen Predigtkirche  bezeichnet  werden  darf,  in  welcher  die  Kanzel  von 

jedem  Sitzplatz  hex  sowohl  unten  im  Schiff  wie  oben  von  den  breitangelegten 
Emporen  bc(]uem  t^rschen  werden  kann.  Der  Finfachhcit  der  äusseren 
Erscheinung,  in  uelchi-r  neben  t;iiten  X'crhaltnissen  besonders  die  kräftig  nisti- 
eierten  und  deshalb  von  vornherein  auf  Ausschluss  einer  Kalküberputzung 
angelegten  Ziegelpilaster  römisch -dorischer  Ordnung  angenehm  aulTaUen,  ent- 
spricht der  flachgewölbte  helle  Innenraum,  dessen  Wände  durch  glatte  Pilaster 
mit  ionisch -korinthischen  Komposit-KapitelUn  und  dariibcr  liegendem  gross 
und  breit  entwickeltem  Ziergesims,  sowie  durch  eingelassene  breite  und  hohe 


pu-ixi  f. 


Grnndriss  der  Schclfkirche. 


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SCHKl.F-  UDKR  ST.  NIKOLAI  -  KIRCHE  ZU  SCHWERIN. 


577 


flachbogig  geschlossene  Fenster  gegliedert  werden.  Hübsch  ist  auch  der 
maassvoll  auftretende  bildnerische  I'uttcnschmuck  oberhalb  der  Aussenportale, 

und  ferner  nicht  ohne  Reiz 
der  in  drei  Geschossen 
aufsteigende  und  in  jedem 
Geschoss  mit  Pilastern  be- 
lebte, oberhalb  des  zweiten 
Geschosses  auch  mit  einer 
Galerie  versehene  Thurm, 
dessen  kupfergedecktcr, 
hinter  vier  flachdreieckigen 

Giebeln  aufsteigender 
Helm  in  seinem  unteren 
Theil  glockenförmig  und 
im  oberen  Theil  als  eine 

achtseitige   Spitze  mit 
Kugel,  Hahn  und  Wetter- 
fahne gestaltet   ist.  Die 
Pilaster  des  unteren Thurm- 
geschos.ses  zeigen  ein  auf 

den  Kopf  gestelltes 
Akanthus- Kapitell,  hinter 
dem  sich,  wenn  man  es 
so  ansehen  will,  ein  auf 

einem   Halse  ruhender 
dorischtoskanischer  Wulst 
zu  verstecken  scheint,  die 

Pilaster  des  mittleren 
Stockwerks  sind  ionischer, 

Schelf  «kr  s»,  Nikolai  Kirche  *u  Schwerin.  ^ie  des  oberen  korinthi- 

scher Ordnung.  Die  hierzu 

und  sonst  zu  den  dekorativen  Theilen  erforderlichen  Werksteine  kamen  aus 
Sachsen. 

Ueber  dem  Hauptportal  eine  Inschrift: 

ANNO  1711  HAT  VNSER  DVRCHLAVCHTIGSTER  LANDES  t  VATER 
VND  HERZOG  FRIEDRICH  WILHELM  DIESES  GOTTES  t  HAVS 
GOTT  ZV  EHREN  SEINEN  VNTERTHANEN  ZV  VBVNG  DER 
GOTTSELIGKEIT  .  SEINEN  CÖRPER  ZVR  RVHE  GESTIFTET. 

Ueber  die  ersten  kirchlichen  Verhältnisse  auf  der  Schelfe  im  dreizehnten 
Jahrhundert  ist  oben  S.  524  dxs  NiUhifje  bereits  bemerkt  worden.  Vom  Jahre 
1553  an,  in  welchem  das  Domkapitel  reformiert  wird,  bis  zum  Jahre  1589 
steht  die  Kirche  leer  und  ist  dem  Verfall  preisgegeben.  1589  aber  findet 
eine  Wiederherstellung  statt.  Von  dem  äusseren  Ansehen  dieser  alten  Kirche 
geben  die  Mcrian'schen  Stadtbilder  und  von  ihrem  Grundriss  der  Plan  der 

Ö7 


57« 


AMTSGRRICIITSHE7.1RK  SCllWFRIN. 


alten  Schelfe  aus  dem  Jahre  1705  eine  genügende  Vorstellung.  Sie  verliert 
ebenso  wie  die  Nikolai -Kirchen  zu  Rostock  und  ^\'isn1ar  durch  den  grossen 
Windsturm  des  8.  Üecember  1703  ihren  spitzen  Thurm,  steht  aber  bis  zum 
Jahre  1708,  Da  beschlicsst  Herzog  Friedrich  Wilhelm  einen  Neubau.  Am 
6.  Mai  1708  findet  eine  feierliche  Grundsteinlegung  statt.  Die  Bauleitung 
ruht  in  den  Händen  des  Ingenieur- Kapitäns  Jacob  Reut/,  (nicht  Renz  oder 
Rentz)  und  die  Ausführung  in  denen  des  Maurermeisters  Georg  Winklcr. 
Neben  dem  Herzog  ist  es  somit  Rcutz,  dem  die  Feststellung  des  Grundrisses 
zuzuschreiben  sein  wird,  nicht  der  nach  dem  Tode  des  Reutz  als  Nachfolger 
benifene  und  in  der  deutschen  Kunstgeschichte  hinlänglich  iKrkannte  Bau- 
meister l^eonhard  Christoph  Sturm,  der  von  17 11  bis  17 19  im  Dienst  des 
Herzogs  stand,  ein  Anhänger  der  Central- Anlagen  war,  und,  nach  Koch's 
Annahme,  auf  den 
Reutz'schen  Kirchen- 
plan  bereits  Kinfliiss 

ausgeübt  haben 
soll.')  Allein  es  ist 
nicht  zu  übersehen, 
dass,  als  Reutz  im 
Oktober  1710  starb 
und    in    der  Mitte 

der   Kirche  bei- 
gesetzt wurde,  die 
Kirche  bis  auf  die 
inneren  Verzierungen 

fertig  war.  Und 
femer  sprechen 
einige  Merkmale  des 
Baues,  die  Gurlitt 

bereits  in  seiner 
Geschichte  des  Ba- 
rockstils III  (1889), 
S.  75  und  76,  zu- 
sammengestellt hat, 
gegen  die  Kech'sche 
Annahme:  nämlich 
sowohl  die  Kreuz- 
form, welche  Sturm 

als    ungünstig    ver-  .  .n    i.  .  u 

-     7        ^.      ,  Schcllkirchc,  von  Oslcn  gesehen, 

warf,  als  auch  das 

Barockgesims  im  Innern,  welches  er,  wie  Gurlitt  meint,  kaum  geschaffen 
haben  würde.  > Nichtsdestoweniger  ist  in  dem  .Aufbau,  in  der  kräftig  bürger- 
lichen Haltung  der  äusseren  ionischen  Ordnung,  in  der  Ausbildung  des 
Thurmes,  in  der  stattlichen  Gestaltung  des  Hauptthorcs  ein  Sturm  zum  min- 
desten nahe  stehender  Künstler  zu  erkennen.  Hier  ist  überall  das  Profil 
derb,  aber  gesund  und  einfach,  sind  namentlich  durch  die  geschickte  Mischung 
von  Backsteinrohbau  mit  den  in  Sandstein  ausgeführten  Gliederungen  hübsche 
Wirkungen  erzielt.«  So  sagt  Gutlitt ;  doch  muss  hier  Kinigcs  richtig  gestellt 
werden. 

Die  -äussere  ionische  Ordnung«  beschränkt  sich  auf  die  Pilxster  des 
mittleren  Thurmgeschosses.     Der  Pilasterbau  am  eigentlichen  Kirchenkorper 


.M.  Jahib.  LVI.  S.  243. 


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SCHELF-  ODER  ST.  NIKOLAI  KIRCHE  ZU  SCHWERIN. 


S79 


dagegen  folgt,  wie  schon  oben  bemerkt  worden  ist,  sowohl  in  seiner  Rusti- 
cicrung  wie  in  seiner  Kapitcllbildung  den  Principien  der  toskanisch-  oder 

römisch  -  dorischen  Ordnung. 
Ein  weit  vortretendes,  von 

kräftigen  Konsolen  ge- 
tragenes starkes  Dachgcsims 
überspannt  in  ansprechen- 
der Weise  diese  Pilaster- 
gliederung  an  den  Aussen- 
wänden  der  Kirche.  Und 

wenn  die  Angabe  der 
Chronik  richtig  ist,  dass, 
als  der  Ingenieur- Kapitän 
keutz  in  der  Milte  der 
von  ihm  erbauten  Kirche 
bestattet  wurde,  alles  fertig 
war,  nur  die  Innendekoration 
ausgenommen,   so  müssten 

wir  seinem  Nachfolger 
Sturm ')  gerade  dasjenige 
zuschreiljcn,  was  Clurlitt  ihm 
abzusprechen  geneigt  ist, 
nämlich  die  innere  römisch- 
dorische  Kompositordnung 
und  die  darüber  liegende 
Kries-  und  (lesimsanordnung. 

Gewiss  ist,  dass  Sturm 
sich  auf  Rcfchl  des  Herzogs 

,.  .  .       ,    c  I  in    L  >n  einem  Vortrag  Uber  die 

L  ntercs  1  hunni'c»chuss  der  Scuelf  ktrcnc.  ,-        ,  , 

rortführung  des  Baues  zu 

äussern  hatte  und  dass  dieser  Vortrag  1712  bei  Benjamin  Schiller  zu  Ham- 
burg gedruckt  wurde.  Kr  führte  den  'i'itel : 
»I.,eonh.  Chr.  Sturms  Fürstl.  Mecklenbl. 
Bau-Directoris  .■\rchitectonisches  Bedcncken 
Von  Protestantischer  Kleinen  Kirchen- 
Figur  und  Einrichtung.  .-\n  eine  durch- 
lauchtige Person  über  einem  gewissen  Casu 
gestellet  Und  als  eine  ofTtmahls  vor- 
kommende Sache  zum  gemeinen  Nutzen 
im  Druck  gegeben.  Mit  dazu  gehörigen 
Rissen.«  Der  Schrift  sind  neun  Pläne 
beigegeben.  Sturm  tadelt  darin  den  Reutz- 
schen  Bauplan  mit  vielem  Selbstbemisslsein. 
Da  die  Mauern  nun  einmal  ständen,  meint 
er,  so  müsse  man  zusehen,  ob  und  wie 
man  die  innere  Einrichtung  liesser  machen 
könne.  Er  beschliesst  die  Verlegung  der 
Kanzel  von  dem  Platz  an  der  nordöstlichen 
Ecke  (zwischen  Chor  und  Schiff),  den 
Reutz  dafür  bestimmt  hatte,  mitten  in  den  Eingang  zum  Hauptchor  und  stellt 
sie  somit  vor  den  Altar.    Weil  es  femer  >gar  übel  stehen  würde,  wenn  die 


Akanthus- Kapitell  von  den  IHlastern 
des  unteren  Thumigcschosses. 


')  VrI.  Koch.  M.  Jahrb.  I.VI.  241. 


87« 


5  So 


A MTSG ERI C H TS I ! K/ 1 KK  St : II \V i: RIN. 


iltlllllülllttllii  -.^iitltlllttlltllli 

mm 


Kanzel  so  ganz  allein  vom  an  dem  Chor  stände^,  findet  er  es  für  gut, 

»eine  (untere)  Colonnnta  dabei  anzuordnen,  welche  Durchsicht  genug  in  den 

Chor  lässct,  zumal 

man  eben  so  viel 

aus  der  Einsicht  in 

den  Chor  und  nach 

dem    Altar  nicht 

machet.«  Endlich 

legt  er  auch  ober- 
halb   der  Kanzel 
und   des  Altars 

eine  (obere)  » Co- 

lonnatat    für  den 

Schülerchor  an,  zu 

dem    auf  beiden 

Seiten  neben  dem 

Altar  wohlverklei- 
dete Wendel- 
treppen empor- 

fiihren.    Und  von 

dieser  ganzen  Zu- 


Inneres  der  Schelfkirche  Li»  zum  Jahre  1858. 


sammenstellung  hofft  er,  sie  werde  ein  gar  prächtiges  und  schönes  Aus- 
sehen haben. 

Man  sieht  also,  dass  das  V'crhiütniss  von  Sturm  zu  Reutz  genau  das 
gerade  Gegenthcil 
von  dem  ist,  wel- 
ches sich  Koch  im 

M.  Jahrb.  LVI, 
S.  243,  ausgedacht 
hat.  Wenigstens 
kann    von  einem 
Einfluss  Sturni'sauf 

Reutz  durchaus 
keine   Rede  sein. 
Auch    wird  man 
beide,  Reutz  utu! 
Sturm ,    nicht  als 
einan^ier  nahe- 
stehende Archi- 
tekten bezeichnen 
können. 

Der  Herzog, 
damals  schon 
kränklich,  lo-sst  die 
Sturm'sche  Aus- 
fiihrung  zu ;  er  geht 
im  Frühling  17 13 
nach  Schlangcnbad 
und  stirbt  am  31. 

Juli  desselben  Jahres  zu  Mainz  im  39.  Lebensjahr.  Als  am  24.  September  1713 
die  ncjie  Kirche  geweiht  wird,  steht  seine  Leiche  in  Dömitz,  wohin  sie  nach 
ihrer  I-'-inbalsamierung  gebracht  worden  wnr.    Wahrscheinlich  war  die  (Jruft 


Inncrc  rinricliliitig  der  Kirche  nach  dem  Vorschtap 
von  Sdirm. 


p  it  1    1 1  /  Google 


SCtlELF-  ODER  ST.  NIKULAl- KIKCIIK  ZU  SCHWKUIN. 


581 


Inneres  der  Schelf kirchc  nach  der  Kest.iiiralion. 


Dr.  Friedr.  Lisch  den  AnUiss 
^ci^cben,  in  dc-ni  dieser  die 
j-anz-Iithe  IVseitiRung  des  höl- 
zernen ("ohmnaden- iJuiics  von 
Sturm  forderte. 

Am  6.  April  1S58  la 
p;.'inn  der  innere  Umbau  unti  r 
der  Leilimg  des  I,antl-I5au- 
meisters  Voss  und  des  lJ;iu 
meisten»  (spateren  Hauruthes; 
Kriij^er,  und  si  hon  am  24.  Ok- 
t<)l)er  1858  fand  die  Kin- 
wcihung  statt.  .Als  Mitarbeiter 
mögen  hier  genannt  \ver<len 
fiir  die  Ausführung  des  Altars 
der'l'ischlenncister  Richter  d.j., 
für  die  der  Kan/el  der  Tischler- 
meister Christiansen  und  für 
die  Rildhauerarbeiten  an  beiden 
der  Bildhauer  Retters;  ferner 
bei  der  (jrossherzogli«:hen  Km- 
pore  der  Tischlermeister  Möhrer 


in  der  Schelfkirche  noch  nicht  fertig. 
P-rst  am  i  t^.  März  1714  lässt  der 
Herzog  Karl  Leopold  die  sterblichen 
Ueberreste  seines  Bruders  in  dem 
neuen  Gruftgewölbe  feierlich  bei- 
setzen. 

Bis  ins  Jahr  1858  hat  der 
Sttirm'sche  Colonnadenbau  in  der 
Kirche  gestanden.  Der  .\ltar  war 
freilich  schon  zu  Anfang  des  Jahr- 
hunderts durch  Pastor  Studemund  d.a. 
aus  dem  Dunkel  hinter  den  ("o- 
lonnaden  hervorgezogen  und  vor  die 
Kanzel  geruckt  worden.  In  dieser 
Cicstalt  ist  das  Innere  der  Kirche 
in  einem  Bilde  erhalten  geblieben, 
das  im  nördlichen  Nebenraum  der 
(irossherzogli(  hen  Kmpore  hängt  und 
hier  im  Abdruck  wiedergegeben 
wir<l.  ') 

Zu  der  jetzt  itu  Sinne  des 
Krbauers  der  Kirche,  lies  Ingenieur- 
Kapitäns  Reut/,  ausgeführten  neueren 
Hinrichtung  der  Kirche  hat  ein  vom 
(irossherzog  Friedrich  Franz  IL  im 
Jahre  185^  befohlenes  Krachten  von 


'}  In  Sturm's  l»ckann(em  l'ruilrmnu'i 
vim  1714  sind  unter  VIII  zwei 'I^ifein  ilor 
Schelf kii'Clic  |;c»idiiiet. 


Inneres  der  Schclfkirchc  nach  der  KeMnuration. 


n;  ,1 1  od  by  Google 


S83 


AMTB6BRICIIT8BEZIRK  SCHWBSIM. 


UQd  der  Kidhauer  Schoiinus  suwic  für  die  Kirchenstühle  die  Tischlermeister 
Sehefl  und  Vaal.^) 

Ztdetzt  mag  noch  nachgetragen  werden,  dass  die  Sdielfkirche  durch 

ein  herzogliches  Patent  vom  14.  Au^nist  1754  von  der  Domkirchc,  (leren 
Filiale  sie  bis  dahin  war,  abgesondert  worden  war  und  zwei  eigene  Frediger 
erhalten  hatte.  Auch  ward  ihr  damals  die  Gandion  der  Stadt  zugewiesen, 
die  noch  heute  ihre  Gottesdienste  darin  abhält 


Altar-  Das  Altargemälde,  die  Himmelfahrt  Christi,  ist  eins  der  hervorragenderen 

gemllde,    Werke  von  Qaaton  Lenthe,  die  Glasfcnater  stammen  von  E.  Giilmaieler  und 

^^?£llf*"'  ^  ^^'V^  ^        j""e*^  verstorbenen  Oi^el- 
bauer  Frleee  au^efUhrt 


Oigel. 


Glocken. 


Glocken.    Die  grösste  Glodee  hat 
Durdimesser  von  0,96  m.   Ihre  Inschrift  lautet: 

lieqp  •  gttt  *  * 
ift  •  fiei^ine  •  hat  • 

ft_-  cnc  •jj]^"*»?  • 
tüt  •  taiiic  •  — 
Die  mittlere  Glocke 
hat  emen  Durch- 
messer von  0,86  m. 
Die  obere  Inschrift 
lautet:   +  6aptl* 

^anbo  #•  milji 
nomeii  #  nie ofaf  ^' 
bahatut  #>  Cljatc- 
eine  #  mil^f  <%> 
nonten  <8>  vn* 
hulcc  #  bicatiir 

Auf  dem  Feld  der 
(»locke  Schrift  und 
Bildwerk  gemischt, 
von  besonderem 

^itetesse  nnd  die  beiden  Halbfiguren  des  hl.  Nikolaus  und  der  hl.  Katharina 
mit  unteifiesetztem  mecklenburgischen  Wappen.   Zwischen  kleinen  FlgUrchen 

von  8  cm  I.änfje  und  Brustbildchcn,  die  nicht  grösser  als  die  Buchstaben  sind, 
die  Namen  ..üßartcii  ,^Tonc,  f^Mirlilf  bao  Tianipcn  und  lf>fnrifft  ttcnticRcn. 

Heinr.  von  Kampen  war  nachweislich  1 507  bis  15  17  (iiesser  zu  Gadcbusch.*)  — 
Die  kleinste  Glocke  hat  auf  ihrer  Vorderseite  das  mecklenburgische  Wappen 
mit  der  Umschrift  in  latemischen  Majuskeki:  V  •  G  •  G  •  CHRISTIAN  •  LUDE. 
WICK  •  REGIERENDER  •  HERTZOG  •  ZU  •  MECKLENBURG  •   Darttber  die 


GloekenbOder. 


*)  VgL  Norddeutsch.  Correspundcnt  Nr.  250  vom  25.  Oktober  1858  (Die  Nikolai-Kirche  M 
Schwerin.   Zw  Geseliiehte  tmd  Reatanration.   Die  Einweilmiig  am  34.  October  1858). 

*}  Lisch,  M.  Jahrb.  HIB.  S.  192  bis  194.  IV  B,  S.  96.   XV.  &  i6a.   VeL  o.  S.  371. 


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SCHELF-  PDER  ST.  NIKOLAI- KIRCHE  ZU  SCHWERIN. 


583 


Worte:  SOLI  DEC  GLORIA«    Auf  der  Rückseite  in  lateinischen  Majuskeln: 
O  •  G  •  MEIER  IN  ROSTOCK  •  ANNO  1751  • 

Gemälde:  Auf  der  inncrn  Seite  des  Einganges  zur  fürstlichen  Empore 
eine  alte  Kopie  nach  einem  Gemälde  der  Grosshcrzoglichcn  Galerie  Nr,  1014: 
Hcfrciung  I'ctri  aus  dem  GeHingniss,  von  Hendrik  Tcrbrügghen.  —  An  der 
Seitcnwand  ein  liildniss  des  Herzogs  Friedrich  Wilhelm.  —  Unten  in  der 
Kirche,  auf  der  Westseite,  die  Bilder  von  Luther  und  Melanchthon,  beide 
über  Lebensgrösse. 

Werk«  der  Klciakmnt  md  dca  KnwtfiaadwerlM.  VN'crkc  der 

Kleinkunst 

I.  Silbervergoldeter  Kelch,  24  cm  hoch.  Inschrift  auf  dem  Fuss:  und  des 
UNT  •  DER  •  REO  •  HERTZOQ  •  CARL  >  LEOPOLDS  •  D  .  NEUSTADT  •  KIRCHE*  Kunst- 
ZU  SUERIN  •  VERFERT  :  1733  •   Werkzeichen:  ^  Patene   mit  drei  handwerla. 

Werkzeichen:  [s]  [T2]  |  madaus  |  2.   Desgl.,    18,5  cm    1i  >rh     Auf  dem 

Fuss  die  Inschrift:  UNT  .  DER  •  REG  •  HERTZOG  •  CARL  LEOPOLDS  •  D  • 
NEÜSTADT  .  KIR  I  ZU  SUER  :  VERFERT  i  1733  c^.  Werkzeichen  wie  bei  l. 
Patene:  Ojoit^^  (undeutlich).  —  3.  Krankcnkommunion:  Kelch,  Patene 
und  Oblatenschachtel  von  Silber.  Weiicseichen:  <^  WäM^  (undeutlich).  — 
4.  Desgl.,  ohne  irgend  welche  Inschriften  und  Stempel.  —  5.  Kleiner  Schöpf- 
löffel von  Silber:  |T|  |  FiCK  |  —  6.  Kreisrunde  Oblatenschachtcl  von  Silber, 
vom  Jahre  1858,  vergnUlcl,  mit  einem  Kreuze  auf  dem  Deckel.  —  7.  Eine 
ältere  krcisrurule  01)lati-nscliaclitcl.  Oliuo  Sclimuck  und  Werkzeichen.  ■ — 
8.  Deckelkannc  von  Silber,  inwendig  ganz,  aussen  zum  Theil  vergoldet,  29  cm 
hoch.  Als  Inschrift  nur  das  Datum  1760.  Werkzeichen  \J\  xnMUim  (un- 
deutlich). —  9.  Silberne  Taufschale  in  Form  einer  Suppenterrine  <Aaiit  Deckel, 
mit  vier  Füssen  und  zwei  Henkeln  Inschrift:  TAUFBECKEN  DER  ST.  NICO- 
LAI KIRCHE  .  GESCHENKT  1766  •  ^  [mUM}.  —  lO.  Silberne  Taufschale: 
ST.  NICOLAI  -  KIRCHE,  vom  Jahre  1855.  —  I  I  ^  16  Sechs  zinnerne  Leuchter 
im  Barockstil,  einer  davon  alt,  zwei  neu.  Ohne  Wcrkzeiclien.  17.  Kelch- 
tuch mit  Sciden.stickercicn  im  Renaissancestil  mit  den  Initialen  M  «  H  1629.  — 
18.  Schloss  und  Eisenbeschlag  auf  der  Inneos^e  der  westlichen  Eingangsthür 
im  Barockstil. 

Gedenktafel  mit   den  Namen  aller  Mitglieder  des  Grossherzoglichen  Gcdenk- 
Hauses,  die  in  der  Gruft  unter  der  Kirche  ruhen.    Nach  der  Inschrift  sind  es:  tafel. 

Maria  Catharina ,  Gemahlin  des  regierenden  Herzogs  Adolph 
i-Viedrich  I.,  f  1.  Julii  1665.  —  Friedrich,  f  28.  April  1688.  — 
Christine  Wilhelmine,  höchstdessen  Gemahlin,  f  16.  Mai  1722.  — 
Friedrich  Wilhehn,  regierender  Her»^,  f  31.  Julii  1713.  —  Sophia 
Charlotte,  höchstdessen  Genuhlin,  f  30.  Mai  1749.  —  Christian  Lud- 
wig, regierender  Herzog,  f  50.  Mai  1756.  —  Gustave  Caroline,  höchst- 
dessen GemaliUn,  f  13.  April  1748.  —  Todtgeborner  Sohn  des 


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584 


AMTSGERICHTäBEZlRK  iiCHWERIN. 


Hemgs  Friedrich,  f  i8.  April  1684.  —  Sophie  Louise,  Königin  von 
Preussen,  f  29.  Julii  1735.  —  Ulrike  Sophie,  f  17.  Sept.  1813.  — 

Ludwig,  f  12.  Sept  1778.  —  Charlotte  Sophie,  liödistdesscn  Ge- 
mahlin, f  2.  August  18 10.  —  Louise,  f  12.  Junii  1730.  —  Amalie, 
•f-  24.  Sept.  1775.  Todtgcbornc  Tochter  des  Hcr/of^s  Friedrich 
Franz,  7  7.  Mai  1776.  —  Todtgcborncr  Sohn  des  Herzogs  Friedrich 
Franz,  f  11.  Mai  1777. 


Die  SchlMskirclM. 

Bescfaiei-  IBBaMbeictreibna.  *Die  Schlosskirche  ist  ein  der  Nordseite  des  Grossherzog» 
bong  des  liehen  Schlosses  eingeßigter  Bau,  der  als  soldier  nur  mit  seinem  sdtlich 

stehenden  Glodcenthurm  und  dem  erst  bei  dem  grossen  Neutmu  in  dal  vier» 
ziger  und  fünfziger  Jahren  unseres  Jahrhunderts  hinzugelegten,  mit  drei  Selten 


Gnmdriss  der  SchlMstdrche  n  Sdnveriii. 


vom  Achteck  konstruierten  Chor  nach  aussen  hin  hervortritt  Mit  ihren  auf 
beiden  Langseiten  und  ebenso  auf  der  westlidien  Schmalsdte  sich  erhellenden 

steinernen  Emporen,  die  sich  an  die  Träger  des  Innenbaues,  an  kräftige 
Sandstein  ■  Säulen  von  frei  behandelter  dorischer  Ordnung  anlehnen  und  mit 
flachen  Netzi^ewölben  über-  und  untcruölbt  sind,  macht  sie  den  l'-indruck 
einer  drcischifTigcn  Hallenkirche,  in  welcher  sich  die  ebenfalls  flach  gespannten 


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Pönal  der  ifchlosfikirche. 


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SCHLOSSKIRCHE  ZU  SCHWERIN. 


und  im  Stile  der  Spatgothik  reich  entwickelten  Sterngewölbe  des  Mittelschiffes 
von  den  (iewölben  der  limporcn  in  bestimmter  Weise  scheiden  und  abheben. 
Der  neue  Chor  dagegen,  der  mit  zwei  slcilcr  aufsteigenden  Gewölben,  einem 
sechstheiligcn  oberhalb  seines  Schlusses  und  einem  diesem  vorgelegten  ein- 
fachen Kreuzgewölbe,  gedeckt  ist,  hat  nur  auf  der  Südseite  eine  Iimporanlage, 
untl  zwar  gleichfalls  eine  steinerne.  Kr  folgt  den  Formen  der  Hochgothik, 
wahrend  das  ältere  dreitheilige  Schiff  der  Kirche  vom  Standpunkt  des  Stils 
als  ein  Kompromiss  zwischen  Renaissance  und  Spätgolhik  zu  bezeichnen  ist. 

Die  altere  Burg-  oder  Schlosskapelle  lag  ehemals  auf  der  Südwestseitc 
des  Schlosses  in  dem  mit  D  bezeichneten  Thcil  des  Schloss- Planes,  und  zwar 

nach  dein  heutigen  Schlossgarten 
hin.  i486  und  1503  ist  von 
Indulgenzbriefen  zu  Gunsten  dieser 
Kai)elle  die  Rede  und  bald  nach 
1503,  unter  Herzog  Heinrirh, 
fmdet  ein  Neuhuu  des  CJottes- 
hauses  statt,  das  1507  vom 
Ratzeburgcr  Kischof  als  Vertreter 

lies  abwesenden  Schweriner 
Bischofs  geweiht  wird.  Aber 
1514  stürzt  das  Gewölbe  ein. 
Die  Kolge  davon  ist  der  gänz- 
liche Abbruch  der  alten  Kapelle 
und  die  Krrichtung  einer  völlig 
neuen  Kapelle  von  1515  bis  1520 
durch  den  Maurermeister  Andreas 
lerhel,  der  damals  bei  der 
bischöflich  Havelberg' sehen  Resi- 
ilenz  zu  Plassenburg  und  der 
Kir<:he  zu  Wilsuack  als  Bau- 
meister thatig  gewesen  war.  Die 
neue  Kapelle  dient  bis  in  die 
se(  li/iger  Jahre  des  XV'l.  Jahr- 
hunderts. Da  beschliesst  der 
Herzog  Johann  Albrecht  den 
jetzigen  Bau,  der  nach  Angabe 
zweier  Inschriften,  einer  griechi- 
schen und  einer  lateinischen,  die 
noch  heute  an  ihrer  alten  Stelle 
Neuer  gothiücher  Chor  der  Schlos&kirchc.  sitzen,    1563   in  der  Hauptsache 

vollendet  wird. 

eE<Jv  iii:.\Tii:T'jt  te  km  Mi-rirrü»  lu.xNNiii:  aaiuci'tos  nri:Mt>\  me 

rAHOAmii:  TMS  A.XHBlNIir  H[>Hi:KEI.\i:  I:M:K.\  ütKlUOMUIE  TK  K.M 
KAeiEP'JXEN  ETEI  «v^Y- 

und 

OEO  OPT  •  MAXIMO  lOANNES  ALBERTVS  DVX  MEGAPOL  •  VERAE  RELICIONIS 
ERGO  CONSTRVXIT  DEDICAVITQVE  ANNO  MDLXIII - 

Als  Baumeister  wird  Joh.  Baptista  l'arr  genannt,  der  noch  1568  mit  der 
letzten  Vollendung  der  Kinhe  beschäftigt  ist.  Unter  seiner  l^itung  arbeitel 
der  Maureniieister  und  spätere  Baumeister  Christoph  Haubitz,  tlleichzeitig 


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586 


AMT8CERICHTSBBZIRK  SCHWERIN. 


hören  wir  aber  auch  von  italienischen  Meistern  und  Gesellen,  z.  B.  seit  1557 
vom  Baumeister  Francesco  a  Bomau  von  Brescia  und  dessen  Arbeitern  aus 
Trient,  sowie  von  Berathungen,   die   in   Schwerin   mit   dem  von  Spandau 

herübergekommenen  kurfürstlich  braiKii.nliurt,'ischen  IJaimieister  Francesco 
Chiaraniela  und  dem  zu  Ciustrow  in  Dicnätcn  des  Herzogs  Ulrich  stehenden 
Baumeister  Franciscus  Parr  statthatten.  Doch  erfahfcn  wir  nicht  genug,  um 
anf,'(.'l)cn  zu  können,  was  von  al'cn  (K'n  Hocb  und  Tiefbauten,  Wall-  und 
Wasseranlagen,  diesem  oder  jenem  zugetheilt  gewesen  sei.  Die  thönemen 
Gewölberippen,  und  Oberhaapt  die  thönemen  Verzierungen,  mag  der  Ziegel- 
brennrr  Statius  von  Düren,  der  1552  vom  Niederrhein  gekommen  war, 
modelliert  und  gebrannt  haben.  Die  Werksteine  von  Sandstein  kamen  aus 
Pirna  die  Elbe  herunter,  die  Steinmetzen  Jürgen  Fues  und  Joachim  Fungk 
zu  Pirna  hatten  damit  zu  thun.  Das  ganz  im  Sinne  venctianischer  Früh- 
Kenaissance  ausgeführte  schöne  l*ortal  der  Schlosskirche  mit  den  Engeln  und 
Marterwerkzeugen  in  der  Lünette  und  mit  der  Darstellung  der  Kreuztragung 
im  Felde  der  Attiica  unterhalb  der  LUnette,  fertigte  der  Bildhauer  H«w 
Walther '1  in  Drcstkn  an,  den  herrlichen  alten  Marnioraltar  (jetzt  im  Mitsriim) 
der  Bildhauer  Georg  Schröder  in  Torgau,  die  in  der  Kirche  verbliebene 
Kanzel  der  Steinmetz  (oder  Bildhauer)  Simon  Schröder  zu  Torgau.  Aber 
überall  war  der  Herzog  selber  immer  mitten  dazwischen,  er  reiste  von  einem 
Platz  zum  andern  und  betrieb  die  Herstellung  der  Werke  aufs  Leibhafteste. 
Als  er  im  Jahre  1562  zur  Krönung  des  Kaisers  Maximilian  nach  Frankfurt 
reiste,  besuchte  er  am  S.Oktober  d.  J.  den  neu  entdeckten  Alaba-ster- Stein- 
bruch zu  Uslar  und  kaufte  dort  Blöcke,  aus  denen  ihm  die  niederländischen 
Steinmetzen  Philip])  Brandin  und  Conrad  Floris  Bildwerke  verfertigen  sollten. 
Andere  »alabasterne  Historien«  kamen  aus  den  Niederlanden,  ein  »alabasternes« 
Knie  ifix  kaufte  der  Herzog  zu  Rostock.  Als  Maler  von  einzelnen  Tafel- 
bildern in  der  Schlosskirchc  wird  Peter  Bökel  und  als  Deckenmaler  Peter 
.  Orbach  genannt.  An  dem  Gestühl  arbeiteten  die  Kldschnitker  Clwistian 
von  Veithofen  aus  Hamburg  und  der  Uschlermeister  (»Schnitzkermeistarc) 
Christian  aus  Parchim. 

Wie  die  Schlosskirche  vor  ihrer  Restauration  in  den  fünfziger  Jahren 
aunah,  zeigt  ein  damals  aufgenommenes  Oelbild,  von  dem  hier  eine  Ab- 
bildung gegeben  wird.  Man  erkennt  bald,  dass  es  der  Kin  Iie  im  Cysten  an 
einem  richtigen  Abselihiss  fehlt,  imd  man  versteht  es,  dass  tler  Herzog 
Friedrich  Wilhelm,  welcher  von  1692  bis  1713  regierte,  auf  einen  weiteren 
Ausbau  bedacht  war.  An  seinem  frühen  Tode  scheiterten  die  Flftne;  Gross- 
herzog Friedrich  Franz  II.  war  es,  der  sie  wieder  aufnahm  und  in  seinem 
Sinne  zugleich  mit  dem  durch  die  .Vrchitekten  Demmler,  Stüler  und  Wille- 
biand  ausgeführten  Neubau  des  SchkMBcs  zur  Vollendung  brachte.  Dem 
gotliischen  Chor,  durch  welchen  die  Kirche  im  Osten  verlängert  wurde,  liegen 
Zeichnungen  und  Angaben  von  dem  Kölner  I )ombaimieister  Zwimer  zu 
Gnmde.  Die  Statuen  an  der  Wandung  unterhalb  des  neuen  Triumphbogens 
sind  von  dem  Bildhauer  Wiligoha  gemacht  worden. 

Jetzt  ftthlt  der  Eingang  durch  eine  kleine  V'orhaUc  zur  Kirche,  früher 
ging  CS  von  ihm  geradezu  hinein.    £s  ist  daher  das  schöne  alte  Portal  von 


')  Lisch  Iis  Walcher.   Allein  auf  einem  Rechnunesbei^.  der  diesen  KUnMler  betrink,  steht 

niclit  vr.n  s.  iner  cii^ein  ti,    iiirnlern  von  andcriT  .^Ifich/cili^cr  duutlicli :  \V.\ltcr.     l>ios  und 

was  weiter  von  der  Kun&Ucrfaniilic  Waither  in  .Sachsen  bekannt  i.st  (v^;!.  Allgem.  1).  Hiogr.,  Ud.  Xl.I), 
lisst  cricenoen,  dius  der  an  andern  Stellen  der  Renterei  •Kechnungen  vor  dem  h  des  Nauens 
stehende  Bnchstalie  nicht  als  c,  sondern  als  t  sn  lesen  ist. 


SCHLOSSKIRCHE  ZU  SCHWERIN. 


seiner  früheren  Stelle  etwas  weiter  westwärts  gerückt.  Die  unteren  Emporen, 
die  sammt  dem  (icstühl  den  nüchternsten  Klassicismus  des  vorigen  Jahr- 
hunderts vertreten,  den  man  sich  vorstellen  kann,  sind  entfernt  worden,  und 
der  untere  Raum  mit  seinen  Steinsäulen  hat  dadurch  dieselbe  Freiheit  und 
I.uftigkeit  wiedergewonnen,  die  der  alte  hatte.  Neu  dagegen  ist  die  Ordnung 
und  das  Verhältniss  der  fürstlichen  Knipore  und  der  ( )rgel  •  Empore  auf  der 
westlichen  Schmalseite  der  Kirche.  Die  Hinterwand  der  fürstlichen  Empore 
schmückt  ein  Gemälde  von  Karl  Gottfried  Pfannschmidt:  die  Taufe  des 
Fürsten  Pribislav. 

Die  Einweihung  der  Kirche  fand  am  14.  Oktober  1855  statt. 


Inneren  der  Schlu»kirchc  vor  ihrer  Restauration. 


Altar  und  Taufstein  .sind  neu.    Das  auf  dem  Altar  stehende  Marmor-  Altar  und 
kreuz  ist  von  dem  Hildliauer  Steinhäuser  (weiland  in  Rom)  angefertigt  worden,  laufstem. 

Der  alte  Altar  des  Georg  Schröder,  welcher  seit  über  vierzig  Jahren  in 
der  .Mterthümtr- Sammlung  des  .Museums  steht,  ist  seinem  Stil  nach  ein  Werk 
der  Hochrenaissan«:e,  oflVnbart  aber  trotzdem  in  seinen  beiden  Hügeln,  die 
als  schwere  Marmortafeln  unverrückbar  mit  dem  Hauptkörper  des  Werkes 
verbunden  sind,  die  Nachwirkungen  des  mittelalterlichen  Triptychons.  Im 
linken  Flügel  als  Mannor- Relief  die  den  .Vntitypus  des  Sündenfalls  bildende 
Erhöhung  der  Schlange  in  der  Wüste  (IV.  Mos.  Kap.  21,  8  und  9.  Joh. 
Kap.  3,  14).  In  der  Mitte  die  grosse  figurenreirhe  S«-ene  der  Kreuzigung 
auf  Golgatha,  und  im  rechten  Flügel  die  .Auferstehung  Christi.  Unten  am 
Fuss  des  Altartisches  die  vier  Evangelisten,  durch  doris«:he  Tilaster  von  ein- 
ander getrennt,  auf  der  Vorderseite  deren  zwei,  auf  den  Schmalseiten  je  einer. 


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S88 


AMTSCERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


Im  Aufsatz  Uber  der  Mitte  die  Halbfigur  von  Gott  Vater,  und  zwischen  den 
vorgesetzten  Säulenpaaren  korinthischer  Ordnung  (an  der  zurücktretenden,  aber 
mit  .Mittelbild  und  Seiten- 
flügel in  gleicher  Fläche 
liegenden  Marmorwand) 
links  die  Figur  der  Fides, 
rechts  die  der  Justitia, 
beide  zwischen  korinthi- 
schen Pilasterpaarcn,  die 
den  Säulen  gleicher  Ord- 
nung entsprechen.  Die 
Jahresz.ahl  1562  wieder 
holt  sich  mehrfach,  im 
Aufsatz  oben  rechts  das 
Monogramm  des  Meisters, 
das  aus  den  Huchslabt-n 
G  und  S  verschlungen  ist. 

Wie  der  Altar,  so 
sind  auch  zwei  Mamior- 
tafeln ,  von  «lenen  die 
eine  Lot  und  Töc:hter, 
und  die  andere  das 
Gleichniss  vom  barm- 
herzigen Samariter  dar- 
stellt, vor  über  vierzig 
Jahren  in  die  Alter- 
thümer  -  Sammlung  ver- 
setzt, desgleichen  eine  treffliche,  nach  .Art  von  Kpitaphien  gebildete  eichene 
Schnitztafel   mit  dem   Relief  der  Anbetung  der  Hirten  zwischen  ionischen 


.Mamiort.ifcl:    l.ot  und  'riiclilur.    (Im  ('ii-i»'.h.  Mumiuiii.) 


Marmort.ifcl :  (ilciL-hniNs  vuin  l*ami)ier/ii;cn  .Samarilcr.    (Im  (iru><Nh.  Mu>euni.) 


l'ilastem  und  mit  den  bei<len  Wappen  *Ies  Herzogs  Johann  .\lbrecht  und 
seiner  («emahiin  .\in»a  Sophie,  Toi  hier  des  Herzogs  .\lbre«:ht  von  I'reussen. 
.Man  kennt  aber  nicht  die  Verfertiger  dieser  drei  Werke;  die  zuletztgenannte 


i-.iuji.i^uj  Ly  Google 


StllLOSSKIKCIII-:  zu  SCHWKKIN. 


5«9 


i 


1 


Tafel  hat  das  Datum  1563;  auf  dem  alten  Hilde  vom  Innern  der  Kirche 
ist  sie  links  vom  Altar  an  der  Ostwand  an^clmir.ht. 

Die  Kanzel  des  Simon  Schröder  aus  Tor{i;au,  welche  mit  drei  figiiren- 
reichen  neutestanicntltchen  Darstellungen  (l.  »Wer  unter  euch  oluic  Sünde  ist, 

werfe  den  ersten  Stein 
auf  sie«  (Joh.  VII,  Vers  7). 
2.  »Wer  mein  Wort  höret 
und  glaubet  dem,  der 
mich  gesandt  hat.  der  hat 
das  ewige  Leben  und 
kommt  nicht  in  das  Ge- 
richt, sondern  ist  vom 
Tode  zum  Leben  hindurch- 
gedrungen»' (}ob.  V, 
Vers  24).  3.  »Mein  Haus 
soll  ein  Rethaus  heissen« 
(Matth.  XXI.  Vers  I3).j') 
in  tief  zurücktretenden 
Hochreliefs  von  Marmor 
verziert  ist,  bildet  mit 
dem    an    der  Nordseitc 

stehenden  Pfeiler,  aus 
welchem  sie  hervortritt, 
einen  einzigen  Steinblock, 
sodass  die  zu  der  Kanzel 
führende  Treppe  durch 
den  Pfeiler  gehauen  ist. 
Sie  passt  in  ihrem  Stil 
aufs  Trefflichste  zu  dem 
Altar  des  Georg  Schröder. 


Kanzel. 


.\la- 


F.iclicnc  Sch»it7tafcl.    (Im  («rossh.  Miiscnm.) 


Mit  der  Kanzel  sind 
auf  der  nördlichen  Empore  basteme 
zugleich    sechs    Marmor-  Historien.« 

Reliefs  alabasterne 
Historien s.o.)  erhalten 

geblieben,  welche  den 
Sündenfall,  die  Erhöhung 
der  Schlange  in  der  Wüste, 


die  Geburt,  die  Kreuzigung,  die  Auferstehung  des  Herrn,  sowie  seine  Wieder- 
kunft zur  AuferstcluMig  und  zum  Gericht  darstellen  und  durchweg  vortrefiflich 
gearbeitet  sind.    Als  Umrahmung  dient  ihnen  eine  Art  Tempelnische  von 

•)  Die  S]irllclie  solli>t  stellen  nicht  th,  aUer  die  lK"ivsteUtini:;cii  schlicsscn  sich  «Icn  genannten 
Kn(MtL-lii  <Ut  Hiltcl  an.    D.ii  rwcito  ltil<l  i>«  vülKicht  «-im-  •  |•'.CL•U'^^a  (Iis|mlans<. 


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590 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


abwechselnd  itahenisch- dorischer  und  ionischer  Ordnung,  von  ungefähr  0,8o  m 
Höhe  und  Breite.  Aber  auch  hier  fehlt,  wie  bei  den  oben  genannten  Reliefs, 
die  Scheidung  nach  den  Händen  ihrer  Verfertiger. 

Glocken«  Glocken.    Die  Kirche  hat  vier  Glocken,  von  denen  drei  in  dem  Nord- 

thurm  auf  der  Vorderseite   des  Schlosses  untergebracht  sind.    Die  älteste 
(Dm,  0,56  m)  hängt 
im  alten  SeitenÜiurm 
der  Kirche  und  hat 
die  Inschrift:   0  rC)[ 
Qlarie  crifte  Unii  cu 
pace  III  cccc  IxM  - 
In  ihrem  Felde  auf 
der  einen  Seite  die 
Figur  der  heiligen 
Maria ,   auf  der 
andern  die  der  heiligen 
Barbara.     Dazu  das 
Zeichen: 


00^ 


Die  zweitgrösste 
Glocke  hatte  die  In- 
schrift: Hf«  iiiiiria  # 
inatet  <%>  grade  (%> 

matcr  c§j  mifcri* 
corbie#tu  #nDÖ<#> 
a6  #  Ijoftc  (%>  pro* 
teat  #  in  #  ijora  <%> 
mortis  c§j  fufclpe  # 
an  •  ni  •  b'iil"  • 

Darunter   in  kleiner 
Schrift :  #  fjcnridt  <%> 
tjan  rainpcn  #  *) 

Sie    ist  umgegossen 
worden  und  ist  nun  Kanzel. 

mit  den  beiden  anderen  Glocken  im  Nordthurm  auf  der  Vorderseite  des 
Schlosses  vereinigt.  Alle  drei  Glocken  zeigen  die  Namens -Initialen  des  Gross- 
herzogs FRIEDRICH  FRANZ  II.  unter  einer  Krone  und  .sind  von  dem  Glocken- 
giesser  lllies  in  Waren  1856  gegossen  worden.  Die  eine  (Dm.  1,34  m)  enthält 
im  Felde  das  charakteristische  Bild  des  Apostels  Petrus  und  neben  ihm  da.s 
Bild  des  liahncs.  Sie  liat  den  Namen  POENITENTIA,  die  andere  (Dm.  0,88  m) 
zeigt  als  Bild  einen  .schwebenden  Kngcl  in  langer  Gewandung,  der  die  Hände 


')  Vgl.  Lisch,  ,\t.  Jahrb.  XV,  S.  162. 


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1  >ic  Kan/el  der  Schlosskirclie  7M  Schwerin. 


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SCHLOSSKIRCHB  ZU  SCHWERIN. 


zum  fk-hrt  faltet,  und  tra<;t  ikn  Namen  PRECATIO  Die  dritte  (Dm,  1,05  ni) 
hat  als  liiid  eine  Drcihcit  von  Engeln,  in  der  Mitte  einen  grosseren  Engel 
in  langer  Gewandung,  der  dankend  und  lobpreisend  die  Arme  nadi  oben  hin 
ausbreitet  und  von  zwei  kleineren  Engeln  in  nackter  Gestalt  b^Ieitet  wird,  von 
denen  der  eine  aus  einer  Notenrolle  singt  und  der  andere  eine  kleine  Laute 


I'recatio.  l'ucnitciUia. 
GlockeDbuder. 

spielt.  Sie  heisst  GRATIA.  Nach  diesen  drei  Namen  sind  somit  die  drei 
Hauptglocken  der  Schlosskirche  als  Buss-,  Bet-  und  Dankglocke  zu  bezeichnen. 


GcmXIde.   Zu  besonderem  Schmuck  gereichen  der  Kirche  die  Plann-  Gemälde, 
•chmidl'schen  Wandgemilde  an  den  jederseits  zwischen  Säule  und  Wand  ein< 
geschobenen  Scheidewänden  der  Emporen.   Es  sind  ihrer  zwölf,  von  denen 


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592 


AMTSGEKICl ITSBKZIKK  SCIIVVEKIN 


je  zwei  zusammen  einen  Abschnitt  der  Kirchengeschichte  illustrieren.  »Die 
Reihenfolge  hebt  bei  dem  Arcus  triumphalis  an  und  schreitet  nach  dem  West- 
ende der  Kirche  zu  so  fort,  dass  immer  die  beiden  einander  parallel  liegenden 
Gemälde  auf  beiden  Kmporen  7,usammen  gehören.  Die  beiden  ersten  Bilder, 
den  Märtyrer  Stcphanus  (Aiwstelgcsch.  VI,  8  ff.)  und  den  auf  dem  Scheiter- 
haufen gestorbenen  Bischof  Tolj'karp  von  Smyrna  darstellend,  repräsentieren 
die  apostolische  Kirche.  In  den  zwei  folgenden  Bildern  stellen  der  Bischof 
Chrj'sostomus  von  Constanti- 
nopel,  der  grösstc  Prediger  des 
ganzen   Alterthums ,   von  der 

praktischen  Seite,  und  der 
Bischof  Athanasius  von  Alexan 
drien,  der  Bekenner  der  Lehre 
von  der  heiligen  Dreieinigkeit, 
von  der  dogmatischen  Seite 
die  griechische  Kirche  dar.  Die 
weiteren  zwei  Bilder  gelten  der 
römischen  Kirche:  der  .schrift- 
gelehrte Mönch  Hieronymus, 
und  der  Bischof  Augustinus 
von  Ilippo  Regius  in  Afrika, 
dessen  Lehre  von  Sünde  und 
Gnade  für  dje  ganze  kirchliche 
I'jitwickclung  des  Abendlandes 
grundleglich  geworden  ist.  Das 
nächste  Bilderpaar,  der  Kai.scr 
Karl  der  Grosse  und  der 
Apostel  der  Deutschen,  Boni 
facius,  stellen  uns  den  Eintritt 
des  Christenthums  in  die  ger- 
manische Welt  tlar,  und  reprä- 
sentieren zugleich  die  mittelalter- 
liche Kirchengestaltung.  In 
Luther  und  Mclanchthon,  auf 
dem  fiinften  Bililerpaar,  tritt  uns 
dann  die  Reformation  und  die 

lutherische  Kirche  entgegen.  Endlich  holt  das  letzte  Bililerpaar  die  kirchliche 
lüitwicklung  Mecklenburgs  nach,  in  dem  Bischöfe  Berno  von  Schwerin  die 
Missionicning  Mecklenburgs,  in  Johann  Albrecht  I.  die  Reformation  der  mecklen- 
burgischen Kirche  und  zugleich  den  ICrbaucr  der  Schlosskirche  darstellend.« 


Mnnnur  -  Kclicf  (>.\l.nl>.islcrnc  lli!.toric«). 


{'•las-  Glasgemälde.    Den  von  Gillmeister  ausgeführten  Glasgemäldcn  liegen 

urmalde.    Kartons  von  Gaston  Lenthe  zu  Grunde,   in  denen   «1er  ganze  alt-  und  neu- 
testamentlichc  Ilcilsplan  vom  Sinulenfall  der  ersten  Litern  bis  zur  Himmelfahrt 


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SCHLOSSKIRCHE  ZU  SCHWERIN. 


593 


Christi  dargestellt  wird.  Die  kleinen  Kngelgestalten  in  den  Bogenzwickeln 
rechts  und  links  von  den  die  Emporen  tragenden  Säulen  der  Kirche,  sind 

Arbeiten  von  Theodor  Fischer. 
Vgl.  die  mit  Tafeln  ausgestattete 
anonyme  Prachtschrift:  Die 
Schlosskirchc  zu  Schwerin  und 
ihre  Einweihung  am  14.  Ok- 
tober 1855,  S.  10  bis  13. 

Kleinkunstwerke. 

I.  Silbcrvcrgoldeter  Kelch 
auf  sechspassigem  Fuss  und 
mit  stark  entwickeltem  Knauf, 
dessen  acht  Rotuli  aber  ihrer 
alten  Bildchen  (Chri.stusköpfe) 
beraubt  sind.  Am  Fuss  ein 
plastischer  Krucifixus  als  Sig- 
naculum.  Ohne  VVcrkzeichen. 
Tm  Uebrigen  in  später  Zeit 
umgearbeitet.  Auch  die  zu- 
gehörige Patenc  ohne  Werk- 
zeichen. —  2.  Desgl.  auf  acht- 
seitigem Fuss,  mit  plastischem 
Krucifi.xus  an  der  Kupa:  fsl 
I  ROSE  j.  Ebenso  i.st  die  Patcnc 
gestempelt.  —  3-  In  Silber  ge- 
,,  .   -   .  tricbene  runde  Oblatenschachtel, 

M.irnior  -  Kcliut  ( >  .Mnlia-Mcrnc  Ilistono  l. 

im  Geschmack  der  Spiit-Renai.s- 
sance.  An  der  äusseren  Wandung  die  Marterwerkzeuge  zwischen  geflügelten 
lüigeln.  ebenso  auf  der  Oberseite  des  Deckels.    Auf  der  inneren  Unterseite  des 


Kleinkunst- 
werke. 


Silberne  Ohlatcnschachtcl  (3).  Innen -Seite  des  Ik-ckels  der 

Oblaten  Schachtel. 

38 


S94 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


Dedcds  die  Scene,  wie  Christus  am  Kreuz  mit  dem  Speer  in  die  Seite  ge- 
stochen wird.  Dazu  Johannes,  Maria:  und  andere  Figruren.  Als  Hintergrund 
die  Landschaft  von  Jerusalem. 

Nebenstehendes    Werkzeichen : 

—   4.   Silbcrvcrgoldete  Wein-  ^ 

kannc  mit  Henkel.    .'Xuf  dem  Bauch 

des  Gelasses  die  Wappen  des  Her- 
zogs und  Erbprinzen  LUDWIG 

(f  1778)  und  seiner  Gemahlin  CHAR> 

LOTTE  SOPHIE,  Tochter  des  Hereogs 

Franz  Josias  von  Sachsen  -  Coburg - 

Sa.ilfeld.  Oben  am  Rande  ein 
un(ieutlichcr    Stadtstempcl  und 

Meisterstempcl.   —   5.  Desgl.,  mit 

Henkd  und  GriiT,  zu  dem  Kelch 

unter  2  gehörig.    Von  demselben 

Goldschmied.  —  5.  Ein  vergoldeter 

Schöpflöffel,  neu.  7 — 9.  Kranken- 
Kommunion:  silbcrvcrj^oldcter  ^ethi- 
scher Kelch  mit  I'atene,  ohne  Werk 

zeichen.    Kleine   silberne  längliche 

Oblatendose.  — 10.  Taufschale,  neu. — 

1 1.  Silberner  Krucifixus  an  »Ibernem 

Kreuz  auf  silbergetriebenem  rundem 

Fuss.    Im  Stil   (it-r  Spätrenaissance, 

von    dcmsclln  11    Meister,    von  dem 

die  Oblatensciiaclilcl  ist.   Au.s.ser  dem 

Meisterstempel  auf  der  Rückseite  des 

Kreuzes  oben  am  Arm  links  ein 

rechts  ein  undeutlicher  Buchstabe.  >)  — . 

12-15.  Vier    in   Silber  {getriebene 

Leuchter,  anscheinend  von  dem.sclhen 

Meister  wie  der  Krucifixus,  wenig- 
stens in  demadben  retchen  Spät* 

renaissance-StU.  —  16.  17.  Zwei  in  Messing  getriebene  Deckel- 
becken.  —  18.  19.  Zwei  Zinnteller,  der  eine  mit  den  Wcrkzeidien : 


Kndfixiu. 


')  L'nzwcifclluift  Parüer  Arbeit.    Kinc  ganze  Reihe  nahe  verwandter  ZcicheD  b«  Roiadmg, 
Der  Goldschmied«  Wertoeichen,  S.  415  ]>■.■.  417.   Ebendort,  S.  403  bis  404,  Uber  den  Bicbitibeii  A. 


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PAULSmCHB  ZU  SCHWERIN. 


S95 


Die  Putakinte 


ie  Pftulakirdw  ist  aammt  der  Paylsgememde  eine  Neugründung  des  Groas> 
hemofs  Friedrich  Franz  II.  (f  1883).   Der  Bau  der  Kirche,  welche  zu 

den  hervorragendsten  Schöpfurif^cn  des  verstorbenen  Raiiraths  Krüger  gehört, 
fällt  in  die  Jahre  1862  bis  lüOy.    Eine  eingehendere  Behandlung  liegt  daher 


Gnmdriu  der  Paviskircbe  sn  Schwerin. 


Z.  Zt.  ausserhalb  des  Rahmens  unseres  vorliegenden  Werkes.  Doch  mag 
erwähnt  werden,  dass  sie  als  Kreiizkirche  mit  drcischiffigcr  I lallenanlage  des 
Langhauses  entwickelt  ist  und  durch  geschickte  Verbindun^^  von  bildnerisch 
behandeltem  Haustein  sowie  von  rothen  und  gelben  Terrakotten  mit  dem 
Ziegelmaterial,  aus  dem  sie  aofgeluhrt  worden,  in  den  norddeutschen  gothi- 
sehen  Backsteinbau  den  Charakter  einer  gewissen  Sertidikeit  hineinträgt, 
welche  diesem  sonst  nicht  «gen  ist,  aber  zu  der  Anmuth  aller  Verhältnisse, 
wovon  das  Auge  aussen  wie  innen  erfreut  wird,  aufs  Beste  passt  und  zt^leidi 
an  mittel«  und  süddeutsche  Kirchenbauten  anklingt 

Als  lieachtenswertlie  Kunstwerke  sind  hervorzuheben  der  im  Südportal 
angebrachte  domengdcrönte  Christuskopf  vom  Bildhauer  Robert  Causr  in  Kreuz- 

88* 


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596 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


nach;  das  dreitheilige  Altarwerk  von  Pfannschmidt  mit  der  Kreuzcsfjmppo 
in  der  Mitte,  der 
Geburt  Christi  im 
nördlichen  und  der 
Begegnung  zwischen 
dem  auferstandenen 
Christus  und  der 
hl.  Maria  Magdalena 
im  südlichen  Flügel ; 
der  »Zinsgroschen« 
von  Gaston  Lenthe  in 
der  Sakristei  und 
die  Glasgemalde  im 
hohen  Chor  und  im 
südUchen  Querschifü' 

von  E.  Gillmeister 
nach    Kartons  von 

Stever-  Düsseldorf. 
Zwei  von  den  drei 
Glocken  der  Kirche 
hat  der  Hofglocken- 

giesser  Jllies  in 
Waren  gegossen,  die 
eine  1867  (mit  dem 
Namen  »DIE 

RUFENDE«),  die 
andere    1869  (mit 
dem    Xamen  »DIE 
DANKENDE«:);  die 
dritte   aber,    welche  '""'-^'^        I'aul.kirche  zu  Schwerin. 

den  Namen  »DIE  BETENDE«  führt,  ist  1875  von  dem  Hofglockengicsser 
Albrecht  in  Wismar  gegossen  worden. 


Die  katholische  Kirche. 

Beschrei-   OS«^aubeschreibung.    Die  der  hl.  Anna  (ad  sanctam  Annam)  geweihte  katho- 
bung  des   !*=^    ügche  Kirche  ist  ein  auf  Grundlage  eines  länglichen  Vierecks  errichteter 
liauts.     einschiffiger,  mit  einem  hölzernen  Tonnengewölbe  gedeckter  und  von  rundbogig 
geschlos.senen  Fenstern  erleuchteter  Hau  im  Geschmack  des  nüchternen  klassi- 
cicrendcn  Stils  vom  l"!nde  des  vorigen  Jahrhunderts.    Auf  der  Südseite  findet 
man  vier  erst  in  späterer  Zeit  angesetzte  Strebepfeiler.    Auf  dem  Ostende  des 


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KATHOLISCHE  KIRCHE  ZU  SCHWERIN. 


597 


Daches  sitzt  ein  kleines  Thürmchen  in  Form  einer  von  vier  ungefähr  2  Meter 
hohen  Säulchen  getragenen  kvipfcrbedeckten  f^lockcnartigen  Kuppe!.  Auch  die 
vier  Sauiclun  s\m\  mit  Kupferblech  beschlaj^en.  Das  westliche  Kndc  der 
Kirche  enthalt  einen  thorwegartigen  Durchgang  von  der  Strasse  zum  Hofraum, 
das  östliche  Ende  dagegen  die  Sakristei,  mit  welcher  ein  an  die  südöstliche 
Ecke  der  Kirche  angesetzter  Vorraum  verbunden  ist. 

»Der  katholische  Gottesdienst,  welchen  der  Herzog  Christian  Louis  I. 
in  der  Schlonkirche  eingeführt  Hatte  (s.  o.  S.  532),  war  sedis  Wochen  nach 
dessen  Tode  wieder  aufgehoben,  doch  halte  Friedrich  Wilhelm  einzelnen  vor- 
nehmen T'ersonen,  dein  (Irafen  v^n  Horn  und  der  Frau  von  Bibow,  erlaubt, 
bis  zu  ilireiii  'lüde  katholischen  Privatgottesdienst  halten  zu  dürfen.  Als  die 
Frau  von  Bibow  starb,  gestattete  Carl  Leopold  stillschweigend,  dass  der 
Jesuiten-lülissionar  Gerhard  Dflmont  jenen  Gottesdienst  fortsetzte.    Es  war 

nun  (1730)  der  Jesuiten* 
pater  Carl  Burchardios 
nach  Schwerin  gekommen 
und  kaufte  fiir  seinen 
Orden  den  ]Kbow'scdien 
Hof  in  der  ScUossstrasse- 
vom  Herzoge,  wo  er  eine 

Kapelle  mit  Kanzel, 
Orgd  und  Glocke  ein- 
richten Hess  und  öffent- 
lichen Gottesdienst  zu 
halten  begann.  Carl 
Leopold  erlaubte  dies 
nicht  geradezu,  that  aber 
auch  nichts  dagegen,  ja 
er  duldete,  dass  man  in 
der  neuen  Kapelle  Pro- 
cessioncn  hielt  und  nicht 
nur  neue  Wohnungen  Rtr 
die  I'riestcr,  sondern  auch 
ein  Semin.or  für  Missions- 
zöglinge einrichtete.  Erst 

.luf  Beschwerden  der  jirotestantischen  Geistlichkeit  wurde  im  Jahre  1738  das 
Kinhuiten  des  katholis(hen  Goltesdienstes  unters.igt  und  eine  Vergrosserung 
der  Bauanlagen  verboten.  Im  Ucbrigen  blieb  es  bei  der  bisherigen  Duldung 
und  fanden  von  dieser  Zeit  an,  besonders  unter  der  niederen  VolksUasse, 
isahlreiche  Uebertritte  zum  Katholidsmus  statt,  c 

Im  Jahre  1792  wurde  »den  Katholiken  der  Bau  einer  Kirche  mit 
Thurm  un<!  t'.l<i<  ke  erlaubt  und  derselbe  begonnen.  Die  katholische  Mission, 
welche  unter  den  Herzogen  Christian  Louis  und  Friedrich  Wilhelm  in  Schwerin 
Fuss  geßusst  hatte,  und  von  Christian  Ludwig  II.  geduldet  worden  war,  hatte 
tinter  dem  Herzoge  Friedrirli  177;^  neb>t  dem  von  ihr  gegründeten  Seminar 
eingehen  müssen,  weil  der  Papst  Clemens  XIV.  den  Jesuiten -Orden,  sowie 
der  Kaiser  Josef  II.  das  nordische  Missions -Institut  su  Linz,  von  welchem 
das  Schweriner  abhing,  aufgehoben  hatte.  Die  von  jetzt  an  erbaute  katho- 
lische Kirche  ist  nun  diejenige,  welche  noch  heute  in  der  Schlossstrasse 
tiesteht«.    Wörtlich  nach  Fromm,  Chronik,  S.  271  und  319. 


Katholische  Kirche  zu  Schwerin. 


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598 


AIITSGESICHTSIIEZIRK  SCHWERIN. 


Altar.  Die  innere  Einrichtung  der  Kirche  ist  einfach  und  ansprechend.  Der 

Altar  steht  in  einer  hohen  flaclu  ii  Nische.    Ucbcr  ihm  drei  die  ganze  Wand 
füllende  Fresko -Gemälde,  gut  gemeint,  aber  weniger  gut  ausgcfiihrt :   in  der 
Nische  der  betende  Heiland  in  Gethsemane,  links  die  Aufrichtung  des  Kreuzes 
and  redits  die  Auferstehung  Christi. 
Tau&tein.  In  der  Mitte  des  Gai^es  dn  aus  rodieni  Granit  auf  der  ehemaligen 

Schweriner  Schldfmühle  hergestellter  Tanfiiteln  mit  gut  geschmiedetem  Unter- 
satz klasäicierenden  Stils,  ähnlich  denen  in  den  Kirdien  zu  Ludw^lust  und 
XU  Grabow. 

Glocke.  Glocke  im  Dachreiter  oberhalb  des  Kirchendaches     Dm.  0,57  m.  Sie 

hat  die  Inschrift:  DIVINO  •  SACRA  •  CVLTVI  •  1794  •  ME  FECIT  •  I  •  G  •  W  • 
LANDRE  IN  LVBECK. 

.<Vlte  Bild*  Alte  Bildschnitzereten  gothischen  Stils:   i.  Annasclbdntt,  angeblich 

whnitxe*  Gnadenbild  aus  der  Kirche  zu  Steraberg.  0,36  m  hoch.  2.  Gruppe  der  Pietss 
'*'^*     (der  Heiland  im  Sdioosse  der  hl.  Maria),  angeblidi  ebenfaUs  dsdier,  0,58  m 

hoch.   3.  Krudfixus,  0,78  m  hoch,  desglddien  aus  Stemberg;  das  Kreuz 

aus  jüngerer  Zeit 

Kleinkunst-  Kleinkunstwerke,    i.  Silbervergoldeter  Kelch.    An  der  Kupa  die  In« 

werke,    achrift:         3[c(i,  ;r>cjii  toart  fft  0ctoif;  linb  taaljr, 

Vdn  <cftamcnt  beuttUd)  Unb  lilabc« 
^ruinfi  faljr  lihi  Criifcl  <Caliifni^, 
)0iiti  tDCC  iiicljc  vCljrifti  lueifter  ift 
Slttftn  fteOdl  mehif  ^tttn  ^f^eute$  blut, 
meint  feelni  fd^tij  tmli  ^»^M  sutfi, 
initt  frrub  hnh  bgith  id^  ^rintür  bnh  Jlel|iii, 
tDcr  ^nbtt^  füQt,  fid)  €tDig  fdfjej^m. 

Auf  der  unteren  Seite  des  Fusses  .stehen  die  Namen:  CLAVS  BELOW  •  ANNA 
WELZIN  und  ausscrtiem  die  Gcwichtsiingabe  22  LOT  1':  Q.  —  2  3  Zwei  sil- 
berne Kelche  aus  dem  XVII.  Jahrhundert,  der  eine  mit  dem  Doppelmunogramm 
des  Herzogs  Christian  Louis  und  dem  Orden  des  hl.  Geistes;  der  andere  mit 
einem  Wappen  (goldenes  Feld  mit  rothem  Schrägrechtsbalken,  bdegt  mit  drei 
Rosen;  Helm  mit  Flug  und  drei  Rosen).  Ohne  VVerkzeichen.  —  4.  5.  6.  Drei 
neuere,  jetzt  im  Gebrauch  befindliche  Kelche  in  der  Kirche.  —  7.  8.  Zwei 
silbervert^oldete  Mi  mstranzen,  die  altere  ist  Augshur{:(er  Arbeit,  1794  gestiftet 
von  BERNHARDINE  VON  KURZROCK,  eine  Mischung  von  Barock-  und  klassi- 
cierendem  Stil,  vortr^icfae  Trdbarbeit:  (|^(^-  —  9.  Eine  silbervei^ldete 
Marienkrone  mit  Rutünen.  —  10. 11.  Zwd  in  Silber  getriebene  Köpfe,  der  des 
hl.  ^natius  und  der  des  hl.  Aloysius.  —  12.  Ein  in  Messing  getriebenes 
Weihwasserbecken  vom  Jahre  1775,  0,22  m  hoch.  —  13.  14.  Zwei  in  Messing 
getriebene  Wandarme,  0,38  ni  lang.  —  15.  F.ine  Kasula  von  rothgcbUimtem 
Damast  mit  eingesticktem  mectclenburgischen  Wappen  und  ebenso  ein- 
gcsticlvtem  Bande  des  französischen  Ordens  vom  Heiligen  Geist  (Kette 
von  Lilien,  gemischt  mit  Waflentrophäen  und  L- Buchstaben] ,  ohne  Zweifel 


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SVNAGOCiK  ZU  SCHWERIN. 


599 


ein  Geschenk  des  Herzogs  CHRISTIAN 
LOUIS  i.,    der    diesen    Orden  be- 

sass.  —  lö.  Desgleichen,  von 
roth  und  gelb  gemustertem  Sammet 
mit  dem  mecklenburgischen  und 
schwedischen  Wappen,  der  Jahres- 
zahl 1582  und  den  undeutlich  ge- 
wordenen beiden  Namen  des  I  lerzogs 
CHRISTOPH  VON  MECKLENBURG 
und  der  I  lerzogin  ELISABETH, Tochter 
des  Königs  Gustav  Wasa.  —  17. 
Dcsgl ,  von  blauem  Seidendamast  mit 
grünen  Blumen,  mit  Silbertressen  und 
dem  Hilde  eines  auf  drei  Hälse  und 
drei  Köpfe  angelegten  schwarzen 
Adlers,  dem  aber  die  drei  Köpfe 
abgeschlagen  sind.  Darüber  ein  ge- 
mauerter Querbalken.  —  18.  Vorsatz- 
Velum ,  gelragen  von  einem  holz- 
geschnitzten I'^uss  in  Gestalt  eines 
l'elikan,  der  drei  Junge  unter  .sich 
hat  und  mit  seinem  Hlute  speist. 
Das  Velum  selbst  ist  mit  dem  Agnus 
Dei  geschmückt  Jüngere  Stickerei 
des  XIX.  Jahrhun<lcrts. 


SilUcrvcrfrohlvtc  Mnn>tranz.    Auj;Nl»urfjcr  .Nrlieit. 


Die  Synagoge. 

i£9|aubeschreibung.    Die  Synagoge  ist  ein  einfacher  Fachwerkbau  auf  Grund-  Beschrei- 
läge  eines  länglichen  Vierecks  und  stellt  einen  einschiffigen,  mit  einem    h"ng  des 
hölzernen  Tonnengewölbe  überdeckten   Raum  dar,  der  auf  drei  Seiten  mit  I^aues. 
limporen  au.sgestattet  ist,  wahrend  die  vierte  Seite,  wo  sich  das  Allerheiligstc 
befindet,  davon  frei  ist.    Die  l'enster,  von  denen  zwei  mit  einem  Rundbogen 
geschlo.ssen  sind,  bieten  nichts  Besonderes.  ^ 

Kleinkunstwerkc.  Kleinkunst- 
Armleuchter  zur  Feier  der  Tempelwcihc,  von  Messing,  auf  vier  Füssen  werke, 
stehend,  auf  jeder  Seite  vier  Arme  über  einander,  1,20  m  hoch.  Kr  erinnert 
an  die  Abbildung  des  siebenarniigen  Leuchters  auf  dem  Titus- J?ogen  in  Rom. 
Geschenkt  von  H.  SÜSSKIND  im  Jahre  1765.  Auf  ihm  eine  Ijinge,  sprachlich 
nicht  besonders  gute  hebräische  Inschrift,  welche  (nach  Angabe  von  Herrn 
Landesrabbiner  Dr.  F'eilchcnfeld)  ungefähr  folgenden  .Sinn  hat:  »O  Fwigcr, 
mein  Gott,  Dir  spende  ich  Lob  und  Treis,  zu  Deiner  Fhre  habe  ich  diesen 


L.iyui^uj  Ly  Google 


6oo 


AMTSGERTCHTSBF.ZIRK  SCHWERm. 


Leuchter  gespendet,  dass  da 
rauf  das  heilige  Licht  angezün- 
det werde.  O  mögest  Du 
stets  mit  Deiner  Gnade  mich 
umgeben,  sowie  ich  stets 
demüthig  in  andächtigem  Ge- 
bete Dich  anrufe.  O  möge 
es  mir  vergönnt  sein,  am 
Lichte  der  Thora  und  der 
götthchcn  Gebote  mich  zu 
freuen  und  einst  mich  zu 
weiden  im  Licht  Deines  An- 
gesichts, c  —  Achtarmiger 
messingener  Kronleuchter 
aus  dem  XVll.  Jahrhundert ; 
oberhalb  der  Arme  ein  Kranz 
von  Bhmien  und  Früchten  und 
als  Bckrönung   ein  gro.sser 

doppclköpfiger  Adler, 
während  als  unterer  Ab- 
schluss  eine  Traube  ange- 
bracht ist.  —  Noch  sechs 
andere  Kronleuchter.  Einer 
davon  hat  die  Inschrift: 

lACOB  •  BARS  •  ANDREAS  • 
HONERLAGE  •  KALEMEISTERE  « 
ANO  •  1650. 

Zwischen  den  beiden  Namen  ein 
Hufelsen  mit  drei  Nägeln.  Wie 
alle  übrigen  Kronleuchter  ist  auch 
dieser,  wie  man  sieht,  ursprünglich 
für  einen  andern  Raum  bestimmt 

gewesen.  Höchstwahrscheinlich 
hing  er  einst  in  einer  christlichen 
Kirche.  —  Von  geringerem  Inter- 
esse vier  weitere  Kronleuchter  von 
Messing  und  ein  silberner  Leuchter, 
der  für  gewöhnlich  im  Hause  eines 

Vorstandsmitgliedes  aufbewahrt 
wird.    —   Vier   Wandarme  von 
Messing.  —  Thiirdrücker  an  der 
Eingangsthür,  von  Messing,  des- 
gleichen imRococostil.  —  Aufsätze 


Inneres  der  Synagoge. 


Kronleuchter. 


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GROSSHERZOGLICHES  SCHLOSS  ZU  SCH>VERIN, 


6oi 


und  Schilder  von  Silber  zu 


Armleuchter. 


den  Thora  •  Rollen,  letztere   mit  hebräischen 
Sprüchen  geziert. 

*        ♦  * 

Von  den  übrigen  kirchlichen  und 

gei.stlichen  Gebäuden,  die  oben  im 
Abri.ss  der  Stadtgeschichte  erwähnt 
wurden,  sind  unseres  Wi.s.sens  keine 
Spuren  irgend  welcher  Art,  Ansichten, 
Grundri.sse  u.  dergl.  m.,  auf  uns  ge- 
kommen, auch  nicht  von  jenen  einzeln 
stehenden  Kapellen,  die  in  der  Nähe 
des  Domes  erwähnt  werden.  So  ist 
z.  B.  1541  von  einer  »runden  Kapelle« 
auf  der  Südseite  des  Domes  die  Rede, 
1657  von  einer  anderen  Kapelle  auf 
der  Nordostseite  des  Domes  und  1693 
vom  Abbruch  einer  alten  Kapelle  auf 
der  Südo.stscite  des  Domes  zwischen 
diesem  und  dem  Markt,  die  möglicher- 
weise mit  der  zuerstgenannten  identisch 
ist.  Aber  wir  erfahren  weder  von  der 
cincn  noch  von  der  anderen  etwas.') 


Baues. 


Das  Grossherzogliche  Schloss  zu  Schwerin. 

I  »azu  l'lan  und  Aufrisse  des  alten  Schlo.s.s«.s  mit  den  Al>thcilun(;en  A  bis  II. 

I^flattbcschreibung.  Wie  n»)ch  heute,  so  wird  die  Burg  oder  das  Schloss  Beschrei- 
von  jeher  eine  Zusaninienfugung  verschiedener  Bauten  zu  einem  grösseren  bung  des 
(janzen  gewesen  sein.  Wahrscheinlich  aber  haben  sich  die  alten  Theile,  soweit 
tias  der  Kntwicklung.sgang  der  letzten  vier  Jahrhunderte  erkennen  lässt,  mehr 
von  einander  geschieden,  als  es  die  jetzigen  Theile  thun.  Doch  können  wir, 
wie  oben  S.  523  bereits  bemerkt  worden  ist,  weder  von  der  alten  wendischen 
Burg  des  Niklot,  noch  von  der  der  späteren  Grafen  von  Schwerin  angeben, 
wie  sie  ein.stmals  aus.sahen  und  beschaffen  waren.*)    Alles,  was  bei  Gelegenheit 

')  Vgl.  Krumm,  Chronik,  .S.  104.  234.  247. 

')  Iteyer,  M.  J.nhrb.  X.XXII,  S.  78,  hSlt  die  Hurgstätto  filr  eine  ursprüngliche  Tcmpclstätte. 
\  M.  Jahrli.  .X.X.W'II,  .s.  142.  .Solitc  auch  —  worauf  in  jüngster  Zeit  hingewiesen  i*t  —  die 
alte  Hurg  Schwerin  mit  jenem  »Svarins  -  Ilaugr«  identisch  sein,  in  welchem,  wie  eine  nordische 
Saj;e  erzählt,  im  V.  Jahrhundert  n.  Chr.  der  Sitr  der  Nillungar  war?  Dr.  Hofmeister  hält  es  nicht 
fUr  undenkbar,  da.ss  sich  im  Norden  die  Kunde  des  Zuges  der  Hurgimdionen  -  Nibelungen  von 
üurgundarholm  nach  Südwesten,  mit  /.eitwciligcn  Ke.stsitzcn  in  unscrm  I^onde  vor  dem  l'eber- 
schreiten  des  Elbstronies,  erhalten  h.al)cn  könne  und  später  der  Redaktor  der  Sage  im  XI.  Jahr- 
hundert den  N.-xmen  der  derzeitigen  llauptfestc  des  Landstriches  dafUr  einsetzte.  Vgl.  Englische 
Studien,  herausg.  v.  Kulbing,  lid.  Will,  ü.  23,^/34.  240. 


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603 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


des  t^rosscn  Umbaues  in  den  vicrzipjiT  und  ftinfzicjcr  Jahren  unseres  Jahrluiiiderts 
an  Spuren  aus  der  Wendenzeit  und  dem  nachfolgenden  Mittelalter  ^'efunden 
wurde,  hat  Lisch  im  M.  Jahrb.  XV,  S.  159  bis  164  aufgezählt,  aus  der  V'orzeit 
die  Dolche  von  Feuerstein,  die  Burgwallscherben  und  allerlei  Thierknochen, 
aus  der  Grafenxeit  die  EUem-  und  Eichenschlete,  mit  denen  der  Wall  erhöht 
war  und  die  als  Grundlage  fiir  die  nachher  aufzubauenden  Steinfundamente 
dienten,  sowie  die  Scherben  blaugrauer  Töpfe  und  weissgclber  Krüge  des 
Mittelalters.  CJothische  Nischen  Hotten  und  Wölbungen  fanden  sich  an  ver- 
schiedenen Stellen,  so  fünf  Nischen  am  südwestlichen  Giebel  des  Zeughauses  (B), 
andere  anderer  Art  an  den  Thüren  und  Fenstern  des  anstossenden  Brau-  und 
Badehauses  (E)  und  in  den  Kellera  des  Bischofshauses  (A  2).  Indessen  sind  diese 
höchst  wahrscheinlich  ebenso  der  Zeit  der  Henögc  nach  1358  zuzuschreiben, 
wie  mit  Gewissheit  die  vielen,  zum  Thcil  recht  interessanten  und  jetzt  im 
Museum  aufbewahrten  grün,  gelb  und  schwarz  glasierten  Ofenkacheln,  die 
zum  Vorschein  kamen.  Am  zuverlässigsten  erwiesen  sich  die  (irundarbeilen, 
l'fahl-  .und  Mauerwerke  des  Rvert  Piloot  (s.  o.  S.  532)  aus  dem  Jahre  1617; 
sie  konnlen  beim  Neubau  benutzt  werden,  während  «ch  die  der  übrigen  Bau- 
meister durchweg  als  unbraudibar  erwiesen.  Es  darf  deshalb  bei  der  Be- 
urtheilung  von  Alt  und  Neu  im  (iri)ssherzoglichen  Schloss  nicht  übersehen 
werden,  dass  auch  die  für  alt  geltenden  Fass.ulen  des  Schlosses  auf  der  Hurg- 
gartenseite  und  ebenso  ihre  Gegenseiten  im  Innern  des  Schlosshofes  stellen- 
weise neu  aufgeführt  oder  doch  stark  verändert  worden  sind,  freilich  aber  überall 
im  engsten  Anschluss  an  die  alten  Vorbilder.  Wie  sich  diese  zu  jenen  heut- 
zutage verhalten,  lässt  sich  aus  den  überaus  gewissenhaft  ausgemessenen  und 
aufgezeichneten  Aufrissen  des  altm  Schlosses  von  der  Hand  des  Oberhof  bauraths 
Willebrand  bis  in  die  kldlnsten  Einzelheiten  bestimmt  und  deutlich  erkennen. 
Genau  aber  auf  Alles  einzugehen,  i.st  hier  nicht  der  Platz.  Die  Wiedergabe 
der  Willcbrand'schcn  Aufrisse  muss  als  ausreichender  l'.rsatz  tlafur  angesehen 
und  auigenommen  werden.  W  eitere  iXngaben  darüber  finden  sich  in  dem  von 
Dr.  Ed.  Frosch  geschriebenen  Text  zu  dem  Stüler-Willebrand'schen  Pracht- 
werk über  den  Neubau  des  Schlosses. 

Die  nun  folgenden  Ausfuhrungen  gehen  im  Wesentlichen  auf  den  inhalt.s- 
reichen  und  die  .Sache  genuk  zu  erschöpfenden  Aufsatz  von  Lisch  im  Meckl. 
Jahrb.  XV^  S.  20  bis  60  zurück,  der  auf  dem  grundlichsten  Studium  alles  vor- 
handenen Aktcnmaterials  beruht  und  beim  Neubau  des  Schlosses  die  wich- 
tigsten Dienste  geleistet  hat. 

Von  den  jetzt  stehenden  Thcilen  des  Schlosses  haben  wir  den  im  Plan 
mit  Ai  bezeichneten  ab  den  ältesten  anzusehen;  er  heisst  in  den  Akten  der 
Lande.stheilung  von  1520  das  »grosse  neue  Hause  und  gehört  damals 
Herzog  Albrecht  VII.  ]•>  wird  aber  weder  von  diesem  noch  von  dessen 
älterem  Bruder,  Herzr>g  Heiin  ich  \'  ,  (•rl)aut  sein,  der  zu  jener  Zeit  ein  anderes 
illaus«  auf  der  liurg  bewohnt.  Denn  wenn  er  von  einem  dieser  Brüder 
erriditet  wäre,  würde  es  unverständlich  sein,  wie  er,  was  wirklich  geschah, 
schon  im  Jahre  1553  einem  durchgreifenden  weiteren  Ausbau  unterzogen 


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GR0S8HBRZ0GUCHES  SCHLOSS  ZU  SCHWERIN. 


603 


werden  konnte.  Deshalb  hat  bereits  vor  Lisch's  Zeit  der  weiland  Ilofmarschall 
von  Ocrtzcn  mit  Berücksichtigung  des  eben  angedeuteten  (irundcs  und  der 
Bezeichnung  »grosses  neues  Haus«,  s(>ui<-  auch  deshalb,  weil  eine  Hauthatigkcit 
des  Herzogs  Magnus  (f  1503)  urkundlich  bezeugt  ist,  die  Vcrmuthung  aus- 
gesprochen, dass  dieser  der  Erbauer  des  »grossen  neuen  Hausesi  war.  Als 
aber  Hmog  Johann  Albredit  I.  drei  Jahre  nach  dem  Antritt  seiner  Regierung 
in  Schwerin  seine  Vermähhing  (24.  Februar  1555)  mit  Anna  Sophie,  der 
Tochter  des  Herzogs  Albrecht  von  Preussen,  vorbereitet,  da  lässt  er  diesen 
Bau  im  Geschmack  norditalicnischer  l-'ruh  ■  Renaissance  so  ausstatten,  wie  er 
bis  in  die  vierziger  Jahre  unseres  Jahrhunderts  dagestanden  liat.  Kr  verwendet 
dazu  theiis  denselben,  theils  einen  ahnlichen  Terrakotta  -  Schmuck ,  wie  kurz 
vorher  am  Fttrstenhof  zu  Wismar  (s.  o.  S.  186  ff.).  Als  Bewds  dafiir  besitzen 
wir  sein  hoch  oben  in  einem  der  Giebel  auf  der  Seeseite  angebracht  gewesenes, 
jetzt  im  Museum  bewahrtes  Wappen  aus  Terrakotta  mit  der  Inschrift:  30' 

TinuG  ?lltirri-lit  Uon  ootö  0iiabcn  fjcr;aa  il'^rHrfnfturD  •  furft  5U  tneil« 
heu  •  grnf     ftuirrin  •  roftodi  ftaroacb  bcr  latitie  ^cr  *  i55"i  *  ') 

Den  Ausbau  selbst  besorgen  der  Maurermeister  Michel  und  sein  Sohn, 
auch  arbeitet  Maurermeister  Hans  X'oringk  mit  acht  Gesellen  im  Jahre  1554 
am  Schloss  zu  Schwerin.-)  Wie  un  l""urstcnhuf  zu  Wismar,  so  begegnet  uns 
auch  hier  jenes  zierliche  Terrakottaportal  mit  dem  Sprudi:  18  •GOT«  MIT* 
VN8  •  WOL  •  KAN  •  WIDDER  •  VNS  •  .>)  Vergleicht  man  aber  die  dreitheUigen 
Giebel  an  der  Seescite  mit  dem  Hauptgiebel  an  der  Scuola  di  San  Marco 
(jetzt  Hospital)  und  dem  der  Kirche  San  Zaccaria  in  Venedig,  und  vor  allen 
Dingen  das  1560  und  1561  fertig  gewordene  rurtal  an  tler  Schlosskirche  mit 
den  Hauptportalen  dieser  beiden  veiietianisclun  (jebaude,  denen  sich  auch 
noch  andere  aus  der  Lagunenstadt  be<.|uem  hinzufügen  liesscn,  dann  weiss  man, 
welche  Vorbilder  dem  kunstsinnigen  Herzog  vor  Augen  schwebten.  Was  die 
venetianische  Friihivnatssance  in  dem  fmuhtvollen  Material  iles  Marmors  hin- 
gesetzt hatte,  das  wollte  er  in  ähnlicher  Weise  wenigstens  in  dem  bescheidener 
auftretenden  Material  der  Terrakotta  und  des  Sandsteins  an  seinem  Schloss 
verkörpert  sehen. ^) 

Nach  Invirntarien  des  .W'I.  Jahrhunderts  war  unten  im  grossen  neuen 
Haus«  der  gewölbte  Weinkeller,  darüber  die  »grosse  Hofdornitz«  (jetzt  Wati'en- 
saal),  worin  sich  der  Adel  de.s  Landes  bei  besonderen  Gelegenheiten  ver- 
sammelte, und  welche  deshalb  auch  »der  Edelleute  Dömitz«  genannt  wird,^) 

')  Der  Herzog  zahlt  dem  Steinhrenner  Stalins  von  Ditrcn  am  9.  Decemhcr  1552  für  drei 
sokher  Wappen  sechs  Thalcr.  Ictier  den  Vcrl>lcib  weiterer  \V.-ii)pcn  dicücr  Art  ».  Lisch,  M. 
Ja^lk  V,  S.  36,  Anmltg.  i. 

Uesc  Namen  sind  nm  schon  vom  Fttrstenhof  in  Wismar  her  bekannt  (s.  o.  8.  188}. 
^  VgL  o.  S.  199. 

Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XV.  S.  26.  37. 
'1  l  eher  die  Dömitz  v^].  liL-.i)n(lcr>  l.i^cli.   M.  J.ihrli.  XV,   S.  ^4.   Aiiinkt;  2.     Atn  AnsiMItt 
der  ilofdomitz  arbeitet  noch  1567  der  Mmircrnici^ter  Clhri.stuph  llaubiu,  dessen  Name  uns  schon 
beim  Schloss  zu  Gadebusch  begegnet  ist  (s.  o.  S.  4S1).    Da  hier  die  Gewtäbevenieningen  dieselben 


604 


AMTSGBRICHTSBBZIRK  SCHWERIN. 


über  der  Dömitz  der  Tanzsaal  mit  der  griechischen  Inschrift:  MHT'  ASENor 
MHTF.  noAYZENOS  1555  (nvcdcr  ohne  Gästc  noch  mit  zuviel  Gästcrur),  darüber 
im  dritten  Stock  der  j^rossc  Ivsssaal,  der  aber  schon  1576  zu  Wohnzimmern 
Air  die  Wittwe  des  Herzogs  Johann  Albrecht  I.  eingerichtet  wird,  und  endlich 
im  vierten  Stock  um  das  Jahr  1576  die  Wohnung  der  Herzogin  Anna  von 
Kurland,  der  Schwester  des  Herzogs  Johann  Albredht  I. 

Gleichzeitig  mit  der  Ausschmückung  des  s grossen  neuen  Hauses«  findet 
auch  die  des  vorgelegten  Treppenhauses  oder  WnidL-Istcins  (der  jctzif^en 
(^botritentrcppc)  statt  (auf  dem  Plan  A  3),  dessen  J  lauplschmuckstucke  die 
Wappen  des  Herzogs  Johann  Albrecht  und  seiner  Gemahlin  mit  ihren  \\  ahl- 
sprttdien  (dem  »preroente  cruce 
tollimurt  des  Herzogs  und  dem 
»Alles  nach  Gottes  Willcnc  der 
Herzogin)  sammt  der  Grundungs- 
inschrift: lOANNIS  ALBERTI  DVCIS 

MEGAP  •  INDVSTRIA  •  SVMPTU 

BV8QVE«1964*  bei  der  Er- 
neuerung des  Bauweites  durch 
Glossherzog  Friedrich  Franz  II. 
erhalten  geblieben  sind. 

Auch  das  anstossendc 
»Bischofshaus«  (A  2),  wahrschein- 
lich so  genannt,  weil  es  zuerst 
vom  Biscliof  Magnus,  dem  Sohne 
Herzog  Heinridi's,  der  von  15 16 
bis  zu  seinem  Tode  1550  Bischof 
von  Schwerin  war,  und  nachher 
vom  Herzog,  Bischof  und  Admini- 
strator Ulrich  zu  Güstrow  be- 
wohnt wurde,  wird  um  diese  Zeit 
seinen  Terrakottaschmuck  erhalten 
haben,  wahrscheinlich  wenigstens 
die  beiden  unteren  Friese,  die  mit  denen  des  »grossen  neuen  Huusesc 
die  j,dcichc  Fluchtlinie  innehalten.  Aber  die  niedrigere  Anlage  und  die  ab- 
weichende Anordnung  der  Giebel  lassen  erkennen,  dass  beide  Bauten  nicht 
zu  gleicher  Zeit  enipor^efiihrt  uuiden  Dies  wird  auch  datlurch  bestätigt, 
dass,  als  es  beim  letzten  Neubau  des  Schlosses  naher  untersucht  wurde,  sich 
eine  von  der  des  »grossen  neuen  Mausest  abweichende  Bauweise,  nämlich 
eine  viel  bessere  und  solidere,  herausstellte.  Das  Bischorshaus  »zeigte  sich 
beim  Abbruche  der  angrenzenden  Mauern  als  ein  eigenes,  mit  den  andern 
nicht  zusammenhängendes  und  als  das  tüchtigste  Gebäude  im  ganzen  Schlosse, 

sind  wie  in  der  SkliloHkirche,  welch«  «klenkumli-  vmi  15^^.0  Ith  ijftj  erbut  wird,  so  wird  auch 
die  flirMlichf  Ausstattung  dicscs  lUames  dem  llerxo);  Johann  Albrecbt  sn  verdanken  sein.  Vgl. 

Lucli  a.  a.  t>.  S.  35- 


Iluptgiebel 
«I  der  Scnolii  di  S$n  Marco  in  Vened^* 


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GROSSHBR20GUCHB8  SCHLOSS  ZU  SCHWERIN. 


605 


und  hat  zum  tj^rössten  Thcilc  crlialtcn  werden  können.  Nachdem  der  im  Jahre 
165 1  vorgebaute  verdeckte  (iang  abgebrochen  war,  war  der  Zugang  klar  zu 
übersehen.  In  das  Gebäude  führte  eine  enge,  mit  Thon- Reliefs  verzierte  Pforte, 
über  welcher  folgende  bis  dahin  vermauert  gewesene  Inschrift  stand: 

TERRA  DOMVS  NON  EST  ANIMIS  ACCOMMOOA  NOSTRIS 
ALTIV8  IT  N08TRAE  CONDITIONIS  HONOR  • 

Durch  die  IMurte  trat  man  in  eine  gewölbte  Halle,  welche  in  den  letzten  Jahr- 
hunderten als  Spdsdcammer  benutzt  war.  Im  Kdkrraume  war  das  Haus  gegen 

den  Wall  hin  mit  zwei  Spitzbogen  ge> 
öffnet,  welche  zu  den  Fundamenten 
eines  Gebäudes  führten,  auf  denen 
später  das  Hadchaus(  l  I  5I,  in  neueren 
Zeiten  zur  C  onditurci  cinj^frichtet, 

aufgeführt  ward.  An  diesem 
Blschofshause  entlang,  von  dem 
Burgverliesse  unter  der  ehemaligen 
Bleikammer  (welches  erhalten  und 
in  die  Souterrains  des  neuen  Hauen 
aufj^'cnommcn  ist)  schloss<^arlen- 
wärts  vor  dem  Badehause  entlang, 
vorzüglich  da,  wo  jetzt  der  grosse 
neue  Schlossthurm  seewärts  steht, 
lag  didit  an  den  Mauern  eine 
Brandschicht,  welche  tief  hinab 
ging.  In  dieser  Hramlschicht  fan- 
den sich  viele  zerhiocheiu-,  j^'riin  ^ 
oder  gelb  glasurtc  Ofenkacheln 
mit-  adur  guten  Reliefs,  auch 
^elen  Pörträts,  z.  B.  des  Kaisers 

il«.pteiebel  »  der  Kirche  S«.  Z«c«i.  h.  Venedig,  ^^«'l  ^  '  Kurfürsten  Johami 

I'riedrich  von  Sachsen  und  anderer 
Zeitgenossen  derselben,  aus  der  ersten  Hälfte  des  XVI.  Jahrhunderts.  In 
der  Nähe  waren  die  Hefcstigungsmauern  gesprengt  und  die  Gewölbe  in  den 
Soutenains  eingestürzt.  Es  ist  also  wahrschdniich,  dass  das  ganze  alte  Ge- 
bände  an  der  Stelle  des  Bischofshauaes  abbrannte  und  bei  dem  Neubau  die 
Grundmauern  sowohl  des  Biachoßhauses,  als  des  Badehauses  stehen  blieben.«') 

Der  jetzt  nidit  mehr  voihandene  Anbau  auf  der  dem  Wasser  zu- 
gekehrten Seite  des  »grossen  langen  Hauses«  (auf  dem  Plan  A4)  ist  der  alte 
Zwinger,  der  das  unterirdische  Gefangniss  oder  das  Burgverliess  enthielt*) 

*}  Wörtlich  nach  Li$ch.  M.  Jahrb.  XV.  S.  163  und  1O4. 

*)  In  dieten  Bingverliera  stud  der  Sige  nach  eine  Hinrichtongamuehine,  die  »eisenie 
Jnngrnn«.   In  der  Tbat  find  man  hier  1839  fOnf  geweltjge  sweischneidige  Schwerter,  «dehe 


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6o6 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN, 


In  den  ältesten  Zeiten  war  «auf  ihm  ein  kleines  Gärtchen,  i  576  aber  wurde  er 
mit  Blei  gedeckt  und  hiess  in  Folge  davon  später  die  » Bleikammer c  (so 
z.  B.  1626  und  1705).  Er  lag  rechts  von  dem  neuen  grossen  Thurm  und  der 
ihm  vorgelegten  jetzigen  Gartentreppe.  Dieser  grosse  Thurm  veränderte  die 
Fassade  des  »grossen  neuen  Hauses«  nach  der  Secseite  u.  a.  auch  dadurch, 
dass  er  zur  Wegnahme  des  vierten  Giebels,  der  in  demselben  Winkel  ge- 
brochen war,  in  dem  das  »grosse  neue  Haus«  mit  dem  >Bischofshause«  zu- 
sammenstiess,  Veranlassung  gab.') 

Wie  das  Bischofshaus,  so  wurde  auch  das  »Zeughaus«  (B),  das  im 
Jahre  1520  als  das  »neue*)  Büchsenhaus«  bezeichnet  wird,  auf  Befehl  des 
Herzogs  Johann  Albrecht  I.  1553  mit  Thonverzierungen  geschmückt;')  noch  im 


/eu(;haus  (n.  Scliloiikf). 

Jahre  1567  baut  der  Maurermeister  Christoph  Haubitz  an  diesem  Hause.  Als 
Erbauer  aber  werden  wir  entweder  den  I  Icrzog  Magnus  (•]•  1 503)  oder  dessen 


früher  in  einer  Maschine  gesessen  h.iln-n  müssen.  Sic  wurden  damals  <lcr  AUtrthümcr- Sammlung 
ülicrwicsen,  al>i.'r  am  13,  März  1S5S  an  die  WaftVnsammlung  im  Schlos.s  zurUckgcgcUcn.  Vgl. 
Lisch,  .M.  Jahrl).  V,  S.  41.    Ferner  MuM-unis  -  .Akten. 

')  l>ic;.cr  (lielifl  war  winklig  gcUrcichcn,  das  sütlöslliche  T>rittel  von  ihm  f«>lgtc  schon  der 
l'luclillinic  dos  Hischt)f>hauses.    Vgl.  das  Mudcll  des  alten  Schlosses  im  (irossh.  Museum. 

*)  I>.ts  »he  liitohscnhaus  lag  am  See:    Lisch.  M.  Jahrb.  V.  .S.  41. 

')  Zu  den  hier  verwondelen  Terrakotten  gehören  u.  a.  die  Itildnisse  der  Propheten  Joel 
und  haiiiel  (JOCHEL  und  DANKUS).  doroi»  Ücischrifton  in  l-'olge  eines  Vorsehens  vom  Mndcllcnr  in 
S|»iogclschrift  erscheinen  nn«!  in  l'  olge  ilavon  dem,  der  flüchtig  hinschaut,  kälhsel  aufgehen  können, 
die  nicht  il.T  sind:  ^gl.  .M.  Jahrh.  V,  S.  32.  X.  S.  320.  Sarrc.  M.  Renaissance,  .S.  23,  Tafel  IV, 
I  und  V 


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gkossherzcxiijcuks  sciii^oss  zu  schwekin. 


607 


Söhne,  die  Herzöge  Heinrich,  F>ich  und  Albrccht  anzusehen  haben.  Denn 
1506  werden  die  Fensterrahmen  eingesetzt,  1507  die  Haken  zum  Aufhängen 
der  Harnische  gemacht,  und  1515  und  15 16  wird  von  Herzog  Heinrich  ein 
dritter  Stock  mit  Wohnzimmern  (Dornitzcn)  aufgesetzt.  1553  werden  die  beiden 
oberen  Geschosse  als  »Rüstkammern«  und  das  ICrdgeschoss  als  »Zeughaus«  be- 
zeichnet. In  diesem  stehen  die  schweren  Geschütze  (Rüchscn),  in  jenen  werden 
die  Harnische  und  Handwaffen  aufbewahrt.  Zwischen  1608  und  1622  werden 
die  Räume  der  Rüstkammer  zu  einem  Saal  und  zu  Wohnzimmern  um- 
geschaffen.') Als  solche  haben  sie  noch  der  Prinzessin  Ulrike  (f  181 3)  und 
1837  dem  Herzog  Gustav  (f  1851)  gedient.    Mit  dem  Neubau  des  Gross- 


Galerie  •(■cUäudc  (n.  Schliipke). 


herzoglichen  Schlos.ses  i.st  das  Zeughaus,  dessen  Fundament  sehr  mangelhaft 
war,-)  vollständig  verschwunden. 

Ebenso  sind  die  Gebäude,  welche  auf  dem  Grundplan  mit  C  i  bis  C  5 
bezeichnet  sind,  beim  letzten  Neubau  des  Schlosses  von  ihrem  Platze  ge- 
kommen, ein  Theil  davon  sogar  schon  in  der  Zeit  von  1617  bis  1622,  soda.ss 
in  der  Willebrand'schen  Aufmcssung  nur  noch  das  unter  dem  Herzog  Christian 
Ludwig  (1747  bis  1756)  über  der  gewölbten  Auffahrt  und  dem  Kü.sterhause 
errichtete  Galerie -Gebäude  zur  Aufnahme  gelangen  konnte  (C  l  und  C4), 
Zwischen  dem  hohen  und  breiten  Fachwerk  bau  der  Hilder- Galerie  (Ci)  und 
dem  Zeughause  (B)  standen  nämlich  in  den  Jahren  1576,   1592  und  1610 


I  »er  Itodcii  (ÜL-nt  17 15  aJs  Kornbuden, 
*)  Lisch,  .M.  Jahrl».  .\V,  S.  162. 


6o8 


AMTRGERICHTSBF.ZIRK  SCHWERIN 


verschiedene  Gebäude,  deren  Abbruch,  wie  p^esagt,  im  Jahre  1617  begann,  als 
Herzog  Adolph  Friedrich  mit  seinem  Baumeister,  dem  Kapitän  Ghert  Evert 
Piloot,  der  i6i2  von  Emden  her  in  die  herzoghchen  Dienste  getreten  war 
und  im  Jahre  1617  auf  der  Insel  Poel  wohnte,  wo  er  die  dortigen  Bauten  des 
Herzogs  leitete,')  die  Pläne  zu  einem  grossartigen  Umbau  des  Schlosses  ent- 
warf. Allein  diese  Pläne  sind,  wie  wir  nachher  sehen  werden,  nur  theilweise 
zur  Ausfuhrung  gekommen.  Hier  aber,  an  der  Stelle  des  spater  erbauten 
Galeriehauscs  (C  1)  und  auf  dem  Zwischenraum  zwischen  diesem  und  dem  Zeug- 
hause (B),  geräth  der  grossartige  Entwurf  des  alten  niederdeut.schen  Bau- 
meisters in  Folge  der  hereinbrechenden  Ereignisse  des  dreissigjährigen  Krieges 
ins  Stocken,  und  als  Herzog  Adolph  Friedrich  in  den  Jahren  1635  bis  1643 


»3 


l'iloot'schcr  Entwurf. 


den  Bau  wieder  aufnimmt,  da  ist  Piloot  nicht  mehr  am  Leben  (er  starb  im 
Februar  1629).  Aus  den  Abbruclvsruinen,  die  hier  seit  dem  Jahre  1617  liegen, 
steigen  nur  die  Fundamente  des  späteren  Galerichauses,  d.  h.  die  gewölbte 
Auffahrt  und  die  Küsterwohnung,  empor  (C  i  und  C4).*) 

')  S.  o.  S.  224. 

Lisch  boschreibt  a.a.O.  V,  S.  42  fT.  die  in  den  Jahren  1617  bis  1622  abgebrochenen 
Gebäude  mit  folgenden  Worten;  >l)iese  Gebäude,  welche  wohl  tu  den  alten  lläu.sern  des  Castrum 
y^ucrin  gehört  und  vielleicht  die  letxtcn  Keste  des  alten  Schlosses  gebildet  haben,  da  sie  vorzugs- 
weise >dic  Iturg«  genannt  wurden,  w.-ircn: 

I.  Des  Ilerrog^  Heinrich  (1503  bis  1552)  »altes  Haus«,  zunächst  an  der  jetzigen  Kirche, 
viereckig,  drei  Stock  hoch,  im  Krdgc^icho.ssc  gcwülbt,  noch  im  Jahre  1520  die  Wohnung  des 
lk'izii;;>.    K-i  enthielt  in  jcilnii  Stuck  ein  (icm.-ich  und  einige  Kammern;   im   ersten  Stock  waren 


i-.iuji.i^uj  Ly  Google 


GKOSSHKkZUGLlCHKS  SCHI.OSS  ZU  SCHWERIN. 


609 


Dagegen  gelangen  Piloot's  Pläne  an  zwei  anderen  Stellen  zu  glänzender 
Ausgestaltung,  erstens  in  dem  Gebäude  über  der  Schlossküche,  das  in  einen 
südlichen  und  in  einen  südöstlichen   Theil  zerfallt  (Plan  Fi  und  F2),  und 


die  > Krief-Kanxlci -('Cwölb««  (Archiv),  im  »weiten  de^  Herings,  im  drillen  der  Herzogin  Co 
niächcr.  Vor  «lern  llnu-.c  im  llofc  stand  ein  Windclstcin  in  ilolz  (;emaucrl.  Im  Jahre  1576  war 
dic'fs  llau>  schon  sehr  wüst. 

2.  her  neue  l'hurui  Ulier  idem  Thür«  {C  2),  zunächst  am  /eughnuse.  »ladtwürts,  viereckig, 
vier  Stock  hoch  Ulier  dem  I  hor.    Das  Thor  war  gewölUt ;   ülier  dem  Cewolbe  waren  vier  Stock ■ 


I'iloot'schcr  Kntvvurf  für  die  norJx*esthche  Kcke  des  Schlosshofes. 


werke,  in  Hol/  ^emanei  t,  .iiifj;vruhrt ;  im  I  >ache  hing  die  Schlafpihr.  Dieser  Thurm  war  von 
den»  Iler;u;^e  Johann  Allirecht  I.  au  der  Stelle  eines  alten  neu  auf^eliaiit,  jedoch  im  Jahre  IS7fi 
noch  nicht  vollendet;  crM  die  Vormund>chaft  seiner  Sühne  (157^  t»^  f'ihrte  den  Hau  im 

Dache  ^nn;  nu>.  Die  .AufTahrl  7uni  Schlosse,  von  der  noch  die  (irundmauern  stehen,  halte,  nach 
der  l.a};e  dieses  Tluirmes,  ihre  Kichtuni;  durch  die  jetzi(;e  Reitbahn  gerade  in  der  V'erlJSngerung 
der  Schlossstrasse.  --  Nach  dem  Hurjjsee  hin  st.md  ein  sieinernes  .äusseres  Pforthaus  zum  Ein- 
>;anj;c  und  die  Aiifrahri  also  durch  zwei  (;cv»i>l1>e.    /wischen  iKiiden  stand  ein  grosses  'llior 

vim  gehauenen  .Steinen,  in  welchem  Flilgelihore,  stark  mit  Eisen  heschlagcn,  hingen;  dieses  Thor 
liaiite  im  J.nhre  1558  der  Steinmetz  ('hristo]>h  l'arr.  Im  .\ufgange  war  ein  'Ilior  mit  (jittcrflilgeln, 
mit  starken  .Nägeln  lieschlagen  und  mit  einer  S|>errkette  versehen;  darUlter  stand  das  mecklen- 
burgische und  das   preussische  Wappen.    Alles   die:»   scheint   hiernach  vom   Herzoge  Johann 

39 


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6io 


AMTSGEKICinSKKZIRK  SCHWKRIN. 


zweitens  in  dem  Hause  oberhalb  der  von  Herzog  Johann  Albrecht  I.  erbauten 
neuen  Schlosskirchc  (s.  o.  S.  585,  G).  Hier  entfaltet  sich  im  Sinne  nordischer, 
besonders  niederdeutscher  Renaissance  ')  jenes  reiche  und  lustige,  an  die  Wim- 
perge und  Fialen  der  Gothik  anklingende  Spiel  hoher  und  steiler  Schnecken- 
giebel mit  zierlichen  Helastungspyraniidcn ,  auf  deren  Spitzen  kleine  Sterne, 
Monde  und  Sonnen  erglänzen  und  deren  von  Balustraden  gestützte  Fenster 
jene  Einfassungen  erhalten,  die  man  in  der  Baukunst  als  Diamantverzicrungen 

Alhrecht  I.  gcitaut  zu  sein,  der  <.cit  dem  Jahre  1558  durch  den  italienischen  Kaumeister  France&co 
a  Hornau  dcis  Schloss  stark  Itefestl^en  licss.  Am  Wasser  standen  Blockhäuser;  die  HrUcke  hatte 
zwei  ZughrÜcken.  \ur  der  Hurj;  stand  ein  lanjjer  Stall.  —  Nach  aussen  hin  war  neben  den» 
neuen  Thurme  eine  Anlehnung  an  das  Zeughaus  fur  die  l'fürtnerwohnung  und  zum  Wachthause. 


Ctalcriehaus,  Hauptsache  und  Zeughaus  (n.  Schlö|»kcX 


vier  ClcKchossc  htH;h,  aufgcfülirt.  —  i  Im  Tlatzei  stand  am  neuen  Thurme  «Ins  I*forthaus,  auch  die 
kleine  IlDfslulH;  (;*^nannt.  zwei  Cemächer  hoch,  in  jedem  eine  StulJC  und  eine  Kammer  für  das 
<M-sindi-.  im  Jahre  I57<»  ^fhr  ))aufü1li(;.  In  iliesem  Iforthausf  lajj  in  der  zweiten  Hälfte  des 
XVI.  Jahrhiiiiderl»  cnie  lie>tiin<ligc  Wache  von  sechs  >  l^aiit/knecliten  < . 

3.  Z»i>c1ien  dem  neuen  Thurme  und  iIcs  llerz4)i;s  Heinrich  altem  Hause  stand  (l'j).  un- 
gefähr an  des  Stelle  der  jetzigen  SL-hlo»wache  iC  K,).  als  Schlu^-^tein  »das  lläuslein  mit  dem 
s|>ii/igen  Dach-  (oder:  .<iii.lH:l<  >.  vier  Stock  hoch,  jeder  mit  einem  tlcmachc.  Dieses  f.eliäudc 
enthielt  1520  <lie  Kan/lei:  im  Jahre  1576  war  im  ersten  j;ewi>ll>ten  Stuck  die  Silherkammer,  im 
zweiten  Stock  dc^  kentnieister^  tiemach,  vvej  die  [..-»ndregisier  und  Hriefe  aufbewahrt  wurden; 
dam.ils  war  es  sehr  baufällig,  ward  aber  gebessert.« 

Das  in  Mosing  getriebene  und  vergoldete  fürstliche  Wappen,  welches  Lisch  in  der  Anmkg. 
auf  .S.  43  a.  a.  < ».  aN  ^püteren  Portalschmuck  ans  dem  Jahre  1705  erwähnt,  Itrfindel  sich  jetzt  im 
( IroxsliLTzogl.  .Museum,  rlicnso  die  \on  ilun  S.  47  ;..;ui)aniHe  -teinernc  Inschrift  des  Iler/ngs  Adolph 
Friedrich  mit  den  Initiali  ii:  A  •  F  •  H  •  Z  •  M  •  *nno  •  i647  • 

')  Man  denke  nur  die  Kathh.tusUauten  in  l  eiden.  Mllnster,  Itrenicn,  I.Ubcck,  an  üo.« 
Zi-ii'.,'haii-  in  I  luiui:,'.  :m  ,ille  Itjiiten  in  Ilaniliurg  uml  HitHii,  u.a.m. 


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(;KCM>SllliKZoai.lCHKS  .SCHr<OSS  zu  SCIIWKKIN. 


bezeichnet.  Ihnen  entsprechen  hoch  aus  dem  Dach  aufsteigende  bissen  mit 
glockenthurmartigen  Aufsätzen  und  gleichen  IJelastungspyraniiden,  wie  sie  die 
Giebel  haben.  Und  so  gut  werden  alle  diese  im  niederdeutschen  Renai.s.sance- 
Stil  erbauten  Theile  des  alten  Schlosses  fundamcnticrt,  dass.  als  es  .sich  um 
den  letzten  gro.ssen  Neubau  handelt,  an  diese  l'fahl-  und  Grundwerke  durchweg 
keine  Hand  angelegt  zu  werden  braucht. ') 

')  Vgl.  Usch,  M.  Jnlirb.  .\V,  .S.  165.  Lisch  Ih; schreibt  a.  a.  <>.  \',  .S.  49,  <lcn  ehemaligen 
Bau  (liier  der  SchlosNkuche  mit  folgenden  Worten :  >nieser  neuere  (d.  h.  vun  Ilirr7«>(;  .\<I<t1ph 
Friedrich  .iuf(»o schmückte)  llaupttheil  de>  SchloNses  in  der  s(ldii>tlicheit  Ecke,  zwischen  dem  lan(;cn 
llausc  mit  <lcm  Portale  und  des  llcr/ojjs  Heinrich  llaiise  n»it  dem  Thiirnie  (I)),  vor  welchem 
die  (Valerie  von  dem  Portale  l)i>  zur  verdeckten  Treppe  vorheifUhrt.  ist,  nachdem  »chon  der  Herzog 


Schlii^-Titrciie  mit  l  elieiliau.     Ilildorgalerie.    (Nach  Schlüpke.) 


Alltrecht  der  Schöne  im  Jahre  1546  mit  dem  .\nsgral>en  «ies  (iriindv!^  zur  Ktiche  den  Anfang  hatte 
inachen  lassen.  v<»n  dem  Herzoge  Johann  .Mlirechl  I.  von  (irund  aus  neu  geliaul  und  wird  das 
•  neue  <iel>äude  Herzog  Jidiann  .Mlirecht'«  tllter  der  llofkuchc  genannt,  l>ieses  (ichäude  scheidet 
sich  in  zwei  Theile : 

1.  In  den  siidlichcn  Theil  (Kl),  welcher  mit  der  Atissenseite  dem  Schlossgarten  ztigcwamlt 
ist;  dieser  'l'hed  ist  wohl  an  clcr  .Stelle  der  ehemaligen,  in  der  ersten  Hälfte  des  NVT.  Jahr- 
huntlerls  zwei  .Mal  neu  (»cliantcn  Ka|K-lle  unil  «les  alten  (iel»äu<les  für  tlie  I'riesler  und  ('horschtilcr 
aufgeführt  und  ward  nitch  vi>n  «Icni  Herzoge  Johann  .Mlirecht  I.  voll^tiitKlig  zu  fürstlichen  (ie- 
milcllern  eingerichtet ; 

2.  in  den  östlichen  Theil  (K2),  welcher  mit  der  Aussenseile  dem  grossen  .See  zugewandt 
ist;  dieser  Theil.  welcher  auch  vor  dem  .N'eubau  zur  KUchc  und  zum  l-'leischhoden  bestimmt  war 
und  an  die  .Spoikek.inmiern  in  dem  langen  Cclüudc  sticss,  ward  von  ilem  llcrz<^e  Johann 
Albrecht  I.  im  Innern  nicht  viillig  ausgebaut,  sontlern  im  Krdgcschusse,  wie  noch  heute,  zur  Hof- 
kUclie  und  in  den  oiwrcn  Thcilen  /u  \\  irthschaftlichen  tledürfnissen  eingerichtet.    Noch   im  Jahre 


6l2 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


Gleich  dem  »neuen  grossen  Haus«,  dem  »Rischofshaus«  und  dem 
»Zeughaus«,  von  denen  die  beiden  ersten,  wie  sich  das  an  den  Piloot'schen 
Entwürfen  erkennen  lässt,  mitsammt  dem  grossen  Treppenhause  im  Innern  des 
Hofes  planmä&sig  keine  Veränderung  erfahren  sollten,  bleiben  noch  zwei  andere 
Theile  des  Schlosses  in  Folge  der  Zeitereignisse  unbeiührt,  obgleich  es  sich 
aus  Zdchnungen  und  Akten  ersehen  lässt,  dass  sie  mit  dem  Zeughaus  zu- 
sammen dem  niederdeutschen  Renaissancestil  weichen  sollen,  sodass,  wenn  die 
Piloot'schen  Entwürfe  ganz  zu  ihrem  Rechte  gekomnicn  wären,  dorn  Anblick 
dessen,  der  von  der  Stadt  kam,  ein  vollständig  gkiclmi.issi^cs  Arcliitcktnrbild 
entgegengetreten  sein  würde.  Diese  beiden  älteren  Theile  sind  das  »Haus  mit 
der  Schlossuhr«  und  das  »Brau-  und  Badehaus«  (D,  D  i  und  E).  Ein  Blidc 
auf  die  Zeichnung  und  auf  das  Modell  genügt,  um  zu  sehen,  dass  das  Haus  D 
und  D  I  mit  seinen  drei  Giebeln  nach  der  Secscitc  und  seinen  zwei  Giebeln 
und  dein  Zwiebclthurm  nach  der  Hofseite  liin  dem  XVI.  Jahrhundert  angehört. 
Als  sich  die  Herzöge  Heinrich  und  Albrccht  im  Jahre  1520  die  Gebäude  an 
der  Südseite  des  Schlosses  theilen,  da  fällt  dem  Herzog  Heinrich  die  nach 
dem  Bui^see  hingewendete  Hälfte  zu,  und  er  baut  nun  hier,  wo  vordem 
neben  dem  stehen  bleibenden  Back-  und  Brauhaus  (E)  und  der  im  südlichen 

lüio  hieNN  das  goiize  Haus  das  >KUcheii(;t:niach< ;  den  inneren  Ausbau  führte  crüt  der  Ilerzug 
Adolpli  Friedrich  I.  durch. 

Als  die  ResUnrieniiK  der  alten  Gebinde  sich  ihrem  Ende  nSherte.  begwuien  im  Jshre 

Ii;";}  'lie  \'orai)>citeii  mit  dem  Auf^raheti  rles  f'.riirule*;  7ur  Kfietu-.  His  rvm  Ende  des  Jahre» 
1550  leitete  der  Maurermeister  Valentui  von  Lira  den  liau.  liald  darauf  koni  der  Maurermeister 
Cttpar  Behn  ns  Wismu-,  der  fan  Jthre  1567  «uch  ein  fUrsHiches  Geblude  mf  der  Insel  Pbel 
l'iiutc,  lind  führte,  in  ( '.oineinschaft  mit  >le  :ii  /iniiiK  i  ni>  i^t<  i  l'aul  Hreifjel,  den  l!;ui  lii'^  711111  Tahs  e 
1564  fort,  bis  im  Jahre  1569  ein  Maurermeister  Uuminicus  nach  Schwerin  geholt  ward,  um  den 
Bmi  zn  vollenden.  Ueber  diesen  Bau  ajnd  nnr  weni^  Nachrichten  mehr  tu  finden,  als  dass 
t.  11.  i'.i  i  lli  ivog  im  Jahre  1  557  deniscll>cn  die  Sumnu-  vim  unj^ffiihr  lotxx)  riinlrni  licr^ah, 
und  das«  die  Ciesimsstcinc  und  andere  (gedruckte  Steine  z»  <len  Küchcnpfeilcrn  auf  dem  KattiN- 
tkgelhofe  tu  Schwerin  gemacht  wurden.  Der  Herzog  L  irich  schlug  bei  dieser  Gei^nheit  vur, 
die  Giehd  nuaaiv  aufbauen  su  huaen.  Uer  Baumeister  dieses  Gebindes  war  seit  1557  ohne 
Zweifel  Johann  Hai>ti>t:i  l'nrr.  Kiii  H.uiiiifivlt  r  I\iiihii>  Nicvoran  ktmimt  mit  iiniti.itlicher  Itesoldung 
im  Dienste  des  Herzogs  Juhann  .Mbiecitt  »i\  Julite  I5(>4,  aber  son>l  nicht  weiter  vur.  Steine 
wurden  swar  auch  zu  Schwerin  gebrannt,  doch  kamen  wohl  viele  noch  von  den  beiden  Kirchen 
vor  den  altwismarschcn  und  dem  Itihschen  Thore  zu  Wismar  und  der  Kirv-hc  zu  \aken>ti>rff  bei 
Neuklotter,  welche  wüst  »tanden  und  im  Jahre  1554  abgebrochen  wurden;  der  grössere  llieil 
der  Steine  von  der  letzten  Kirche  ward  freilich  nun  Bau  des  FSrstenhofes  su  Wismar  genommen. 
Zu  den  Hauten  zu  .Schwerin  und  Dömits  wurden  vorsVglich  wohl  Steine  von  der  KIii>terkirchc-  zu 
Schwerin  unil  von  dem  Kl^vter  zu  Tcmprin  genommen,  «i/lclie  flebäude  im  Jahre  1  557  ab- 
gebrochen wurden.  |)ic  Ikrcchnung  führte  im  Anfange  der  Keiitinci&ler  Andreas  Uessel  und  nach 
dessen  Tode  (1560)  der  Hauptmann  Stellan  Wakenits.  —  Im  Jahre  1592  war  dieses  ganze  Ge- 
hSnde,  wie  des  Herzoj;s  Heinrich  neues  Haus,  schwarz  und  wt  jss  niit  Historien  bemalt.« 

Das  Haus  Uber  der  von  Herzog  Johann  Albrecht  I.  ei  lauten  Schlosskirche  (G),  dessen 
Aeusseres  gleichfalls  von  Herzog  Adolph  Friedrich  im  Geschmack  niederländischer  Renaissance  um- 
gestaltet wurde,  hatte  Herzog  Johann  Albrecht  I.  als  Wohnung  fttr  sich  einrichten  lassen.  1563 
sind  der  Strinmel/  ('hii'«tr>ph  l'aiT,  der  italienische  Maurer  Jacoli  l'lali'n  und  der  niedei I-iii Jische 
Maler  l'ctcr  lk>kcl  von  .Antorf  (.Antwerpen)  damit  l>e!iClUilftigt.  1392  wohnt  hier  die  Witlwc  des 
Herzogs  Johann  Albreeht.    Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  V,  S.  5S> 


GROSSHEKZOGLICHES  SCHLOSS  ZU  SCHWERIN.  613 


/cu(;haus,  Itrnu-  und  Kackhaii.s  und  llau«>  mit  der  Schlossuhr  (n.  Schlüpke) 


Gebäude  über  der  Küche  (!•"  i)  unterj^'ebrachten  Kapelle,  die  erst  im  Jahre  1560 
als  grössere  und  stattlichere  Schlosskirche  nach  der  Xt)rdseite  des  Schlosses 


Ahe»  Schloss  von  Nordwesten  gesehen  Schlüpke). 


(G)  verlegt  wird  (s.  o,  S.  585),  ein  neues  Haus')  mit  einem  Uhrthurm,  das  1525 

')  |).-is  alte   >  Heinriche -llaus<  lag  ja  ehemals  auf  der  Nurdscitc  an  Stelle  von  C  (s.  o. 
Seite  608,  .\nnikg.  2}. 


6i4 


AMTSGEKICHrSUKZIKK  SCHWERIN. 


unter  Dach  gebracht  und  vom  Tünclicr  Hans  auf  der  inneren  Hofseite  gleich 
dem  Gebäude  über  der  Schlossküche  schwarz  und  weiss  mit  Historien  bemalt 
wird.    Der  Thurm,   dessen  Fundamente  den  Bierkeller  einschliessen,  erhält 


Altes  .Schloss,  von  Norden  gesehen  (n.  Schlüpke). 

17 15  einen  neuen  Glockenstuhl  für  seine  Schlaguhr.  1752  und  1792  ist  von 
Reparaturen  die  Rede. 


Altes  Schloss,  von  Stldwesten  gesehen  (n.  .Schlftpke). 


Das  Brau-  oder  Backhaus  (auf  dem  Plan  E),  das  zwischen  dem  »neuen 
Hatisc«  lies  Herzogs  Heinrich  und  dem  Zeughause  als  eingeklemmter  schmnler 
Bau  erscheint,  wirtl  nur  wenige  Male  in  alten  Nachrichten  genannt:  1513  w'rd 


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GKOSSHERZOGLICMES  SCHLOSS  ZU  SCIINVKRIN.  615 


am  »neuen«  Brauhause  gebaut,  15 14  wird  das  »B<ickhaus  daselbst  gedeckt«, 
1576  heissen  beide  ein  »alt  gemauert  Gebäude«,  17 16  stehen  noch  Hacköfen 
im  Brauhause. 


Altes  Schlos-s,  von  Osten  gesehen  (n.  Schlöpkc). 


Von  der  Schlosskirche  (auf  dem  Dan  G)  ist  oben  S.  584  bis  594  be- 
sonders die  Rede  genesen. 

w  '  I 


Altes  Schloss,  von  Südosten  gesehen  (n.  Schlüpke). 


Von  geringerer  Bedeutung  fiir  unsere  Zwecke  .sind  die  unter  H  auf  dem 
Plan  verzeichneten  Nebengebäude,  wie  das  Komödien-  und  Gewächshaus  (M  1 ), 
das  I^boratorium  (112),  die  Münze  (H  3),  die  Schlossapothcke  (II  4)  und  die 


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6i6 


AMTSGERICH TSBEZlkK  SCHWERIN. 


B.idcstiibc  (I  I  5).  Die  Befestigungen  des  alten  Schlosses  gehen  zum  grössten 
Theil  auf  die  Zeiten  des  Herzogs  Johann  Albrechl,  unter  dessen  Leitung  die 
Haunieistcr  Francesco  a  Hornau,')  Francesco  Chiaramela  und  Christoph  Haubitz 
dabei  thatig  sind,  und  zum  kleinsten  Theil  auf  I  Icrzog  Adolph  Friedrich  zurück, 
der  1647  den  vorderen  nördlichen  Wall  er- 
richten lässt:  Lisch,  a.  a.  O.  Seite  5$  bis  58. 

Im  Hurggarlen  sieht  man  als  Einfassung 
am  Ausgang  eines  aus  dem  Kellergeschoss 
des  Schlosses  kommenden  verdeckten  Kanals 
zwei  I'ilastcr  mit  den  derbe  ausgeführten 
Hochreliefs  von  weit  uberlcbensgrosscn  hermen- 
lörmigen  Satyr  -  Karyatiden  im  (leschmack 
jenes  Stiles,  tlen  wir  bei  (ielegenhcil  der  He- 
sprechung  des  Wismar'schen  Fürstenhofcs  an 
dessen  mittlerem  Hauptportal  und  ehemaligen 
Fenster  -  Finrahmungen  als  niederländischen 
rir»)tteskenstil  aus  der  Mitte  des  XVL  Jahr- 
hunderts charakterisirt  haben.  S.  o.  S.  nj2 
bis  201.  Wer  der  L'rlicber  dieser  Steinskulp- 
tmen  ist,  lässt  sich  nicht  feststellen.  Sarrc, 
l'*ürstcnh(»r,  S.  1  l ,  spricht  die  V'ermuthung 
aus,  dass  es  Statius  von  Düren  gewesen 
sein  könne, 

Bei  dem  grossen  Neubau  des  Schlosses 
unter  dem  (ir«>s.shcrzog  I'riedrich  Franz  II. 
von  1843  bis  1857,  dessen  ICntwicklung  in 
dem  bekannten  l'rachtwerk  von  Stuler.  Wille- 
brand  und  Fro.sch  naher  dargelegt  ist,  sind 
nicht  blo.ss  alle  die  eben  erwähnten  Neben- 
bauten unter  1 1  verschwunden,  sondern  mit 
ihnen  auch  fast  die  Hälfte  der  Hauptbauten 
des  alten  Schlosses:  zuerst  auf  der  Nordseite 
das  Galeriegebaude.  die  alte  Durchfahrt,  die 
Wache  und  die  dahinter  liegenden  Abbruch.s- 
Pilo-ster  ruincn  von  1617  22,  also  alles,  was  auf  dem 

Plan   mit  C  bezeichnet  ist,  .sodann  auf  der 
Nordwest-,  West-  und  Südwestseite  (d.  h.  nach  dem  Burgsee  und  der  Schloss- 
gartenbrücke zu)  das  Zeughaus,  das  Brau-  und  Backhaus,  das  »  neue«  Haus  des 
Herzogs  Heinrich  mit  der  Schlossuhr  und  bis  in  die  Südostecke  hinein  ein 


t 


hm 


•)  Der  .inj;fl)lich  ilaliL-nischc  Name  l"rance<co  a  Hornau  (Hressensis.)  fSllt  auf.  V'fjl.  bc- 
Nomlcrs  Lisch.  M.  Jnlir1>.  V,  S.  27  utui  28,  iiiit  Aiimorkunj;cn.  Sf)lltc  er  auch  tvohl  • —  worauf 
I  l<>fmci>.lcr  hhiwi-ist  —  iirs])v1ln{jli<'h  ans  lliinia  Kochlilz  stammen,  wo  einst  eine  lierUhmtC  alte 
liaiihiiilc  lK-staiiil?  —  (.'htavaiiicia  lici'-st  auch  <.'hiaranK'lli>,  Cinunclla  uiul  .Xrchiatnarel. 


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GR06SHERZ0GUCHES  SCHLOSS  ZU  SCHWERIN. 


617 


Thcil  des  riloot\chcn  Baues,')  also  alles,  was  auf  dem  Plan  mit  H,  I',  D  und 
V  I  be/.cicluKl  ist,  endlich  auch  auf  der  Xordostseite,  ciiu  r  der  heutiy;c  n  Burg- 
gartcnscitcn,  der  Zwinj^cr  unter  A4.  Der  Platz,  den  dieser  letztgenannte  ein- 
nahm, wurde  zur  Vcrgrusscrung  des  Burggartens  verwandt;  an  Stelle  von  C, 
B,  E,  D  und  F  i  aber  entstanden  jene  neuen  Fassaden  im  Stil  der  französischen 
Frührenaissance,  die  in  Frankrnch  unter  dem  Stil>Namen  »Frangois  premierc 
bekannt  ist  und  durch  eine  Reihe  stattlicher  Schlösser,  wie  Chantilly,  Gienon- 
ceau,  I?lois,  das  ehenialij^e  Scliluss  Gaillon  und  besonders  Chanibord  in 
glänzender  W'eise  vertreten  wird  Dieser  Stil  war  ein  neues  Hlcnient,  das  dem 
alten  thcils  italienischen,  theib  niederländischen  Bestände  des  Schlosses  hinzu- 
gefugt wurde.  Da  aber  seine  Grundformen  ebenso  gothisch  sind,  wie  die  der 
beiden  anderen  Stile,  so  stellt  er  keinen  eigentlichen  Gegensatz  dazu  dar. 
Mit  ihnen  in  geschwisterlicher  Weise  auf  der  gemeinsamen  Basis  eines  unregel- 
mässigen  Fünfecks  entwickelt,  erhöht  er  die  schon  durch  diese  Basis  h.  (!:ngte 
malerische  Wirkun;^  des  Ganzen  in  ausserordentlicher  Weise,  und  es  kann 
daher  kaum  ein  Kunstwerk  erdacht  werden,  das  besser  in  die  sch(>nc  wie 
eine  l'ulie  blauer  und  grüner  I£delsteinc  darum  ausgebreitete  Wald-  und 
Wasseriandschaft  hineinpasst,  als  dieser  mit  Thürmen.  Kuppeln,  Erkern, 
Galerien  und  Bildwerk  aller  Art  gefüllte  Bau,  der  Jedermann  beim  ersten  Blick 
wie  ein  Märchen  entzückt  und,  wenn  man  ihn  umschreitet,  nicht  aufhört, 
immerfort  neue  Reize  zu  enthüllen:  eine  wundervolle  Schöpfung,  die  es  werth 
ist,  wie  ein  Kleinod  gehütet  und  bewahrt  zu  werden. 

Von  grossem  Interesse  ist  es,  an  den  Zeichnungen  und  Batwürfini  zum 

Neubau  des  Sehiosses  von  1842*)  die  Kntwi«  kiiin;,'  des  Werkes  zu  verfolgen 
Doch  ist  das  Aufgabe  einer  bcsundcrca  Cicüchichtc  des  Schlossbaucs  und 
kann  deshalb  hier  nur  angedeutet  werden. 

Die  ersU-n  I  >emmIer'sGhen  Entwürfe  vom  Jahre  184a')  gehen  in  den 
neuen  'l  lieilen  des  Sc  hlosses  auf  englisc  lie  Vorbilder  zurück.  Die  Hinfahrt 
erinnert  an  den  l  uwer  in  London,  die  beile  nach  der  hinleren  Schlossbrucke 
tu  hat  drei  Krosse  neben  einander  liegende  dreitheilige  gothische  Fenster  mit 
htiri/niitalem  Sturz,  die  alle  Sfickwerke  dnrehsehneiden,  atif  der  Bui;ggarten- 
.seite  werden  die  im  italienischen  Fruhrenaissance-Stil  mit  Terrakotten  ge- 
schmUckten  Giebel  vollständig  beseitigt  und  durch  holländische  Schnecken« 
giebel  im  Sinne  des  Piloot  ersetzt,  und  endlich  tritt  dort  an  die  Stelle  des 
grossen  'i'htirmes  eine  ungleich  niedrii,'ere  Flalb  Rotunde,  wie  sie  am  Palais 
in  Doberan  und  am  Museum  /.u  bchwcrin  erscheint  und  wie  sie  auch  für 
das  an  Stelle  des  Museums  geplant  gewesene  Palais  des  Grossherzogs  Paul 
Friedrich  vorgesehen  war. 


')  Auf  der  loKseraB  wie  anf  der  uimreii  Seite  wurden  je  zwei  Filoot'adie  Gieitd  hinweg- 
genommen,  sodass  auf  der  Gartenseite  von  fflnfen  drei  und  auf  der  Hofseite  von  vieren  iwel 

ttbriggelassen  wurden. 

*)  Der  grösste  Theil  dieser  /Zeichnungen  ist  seiner  Zeit  von  den  Hofbauiithen  Demmler 
und  WQlebrand  dem  Grossher20(>lichen  Mnaewn  fliierwiesen  worden;  ein  anderer  TheO  befindet 
sieb  im  Bau>BUrean  des  Grosshersogliehen  Schlosses. 

*)  In  drei  t;ro^son  /eichmin^^cn  von  Willelirand :  Vorderansicht  nach  der  Stadt  zB,  Ansicht 
nach  der  hinteren  Schlos^brUcke  und  Ansicht  nach  dem  Burggarten  hin. 


6i8 


AMTSGEKICHTäBEZI  KK  SCHWERIN . 


Unmittelbar  darauf  eisdiemt  dn  zwdter  Plan,  in  dem  die  englische 

Gothik  verschwunden  ist  Und  alle  Theile  ohne  Ausnahme  im  Stil  des  Evert 
Piloot  erdacht  sind.') 

Aber  auch  dieser  zweite  Entwurf  findet  weder  den  Beifall  des  Gross- 
hensogs  noch  den  des  kunstsinnigen  Königs  Friedrich  Wilhelm  IV.,  auf  dessen 
Rath  und  Beistand  in  dieser  Sache  der  junge  Grossherzog  gmnen  Werth 
legt  und  dem  er  wiederholt  porsfinlich  die  Pläne  und  Zeichnungen  in  Berlin 
vorlegt  (nach  mündlichen  Mitlhcüungcn  von  Ober- Hof baurath  Willcbrund). 

Als  der  xweite  Entwurf  abgelehnt  wird,  tritt  Demmler  selbst  daf&r 

ein,  das8  ein  Architekt  berufen  werde,  der  mit  frischem  und  unbefangeneni 
Auge  auf  die  Sache  losgehe.  I'nd  nun  fällt  die  Wahl  auf  keinen  («eringeren 
als  Gottfried  Semper.  Semper  liefert  im  Jahre  1 843  elf  grössere  und  kleinere 
Blätter,  und  man  ist  verpflichtet,  zu  sagen,  dass  in  seinen  Entwürfen  bereits 
die  Gnindzügc  des  houtigon  Baues  ersrheincn,*)  Er  lässt  die  Burggailenseite 
des  alten  Schlosses  im  VV'esenÜicheD  unangetastet  stehen,  setzt  hier  aber 
statt  der  Halb- Rotunde  einen  hohen  runden  Thurm,  der  in  seiner  Grund- 
fläche bereits  der  des  heutigen  Schlossthurnies  entspricht,  dessen  Helm  alur 
als  steile  achtseitige  l'yr^imide  im  Charakter  des  Mittelalters  emporsteigt. 
r)al)ei  entwickelt  er  eine  grossartige  Garten- Architektur,'')  von  der  vieles 
später  angenommen  wird,  und  indem  er  diese  Garten- Architektur  symmetrisch 
mit  drei  grossen  Hauptseiten  .inlegt  und  ganz  ehcn'>n  symmctriseh  die  der 
Stadt  zugekehrten  drei  Seiten  des  Schlosses  mit  Anklängen  an  den  französischen 
Frährenaissancestil  gestaltet,  schafft  er  das  unregelmftssige  FQnfeck  des  alten 
Grundrisses  in  ein  reguläres  Sechseck  um.  Indessen  die  der  Stadt  zugekehrten 
drei  Seiten  seines  Entwurfes  machen  den  Eindruck  des  Schweren  und  Massen- 
haften, und  es  ist  zu  begreifen,  dass  sie  keinen  Beifall  fanden.  Höchstwahr- 
scheinlich aber  sind  sie  es  gewesen.  l)ei  deren  .Anblick  KOnig  Friedrich 
Wilhelm  IV.  an  die  herrlichen  Schlösser  der  Fnihrenaissanre  an  der  Loire 
erinnert  wurde,  sodass  er  den  Rath  gab,  diese  zu  studieren  und  für  die  neuen 
Theile  des  Schlosses  zum  Vorbild  zu  nehmen.  Sein  Rath  wird  befolgt. 
Demmler  und  Willebrand  gehen  nach  Frankreich  und  schöpfen  selber  aus  der 
Quelle,  auf  die  der  König  hingewiesen  hatte. 

Bereits  im  Jahre  1 844  erscheinen  die  drei  der  Stadt  zugekehrten  Seiten 
des  Schlosses  auf  einer  Skizze  von  Willebrand  im  Wesentlichen  so,  wie  sie 
heute  aussehen.  Was  diese  Skizze  aber  besonders  interessant  macht,  das  ist 
die  Idee  der  grossen  Mittel -Kuppel,  die  hier  zum  ersten  Mal  als  domi- 
nierender Thcil  des  Ganzen  auftritt.  Die  Skizze  hat  die  Unterschrift:  »Erste 
Idee  zur  äusseren  Ansicht  des  Schlosses  zu  Schwerin  von  der  Stadtseite  aus, 
in  ca.  einer  Stunde  skizziert  von  H.  Willebrand.  1S44.- 

Doch  in  den  nun  folgenden  Zeichnungen  der  Jahre  1846  bis  1849, 
denen  alle  Seiten  des  Schlusses  so  ausgestaltet  werden,  wie  sie  Jetzt  sind,^) 


*)  DieKlt»cn  .\nsichlL-n  wie  in  Anmkg.  2  in  drei  geoBUCtrischcii  AuTrissen  von  WiSebrand, 

dun  iwci  p<;r--|ifkli\ ischi-  Aiisiititi-n  vdii  i;l)en<lcni-.o11»L-n. 

')  KU'  Hl.-illfi   III  lifMitidoter  M:<|i|ie.     Im  H.iuHureau  ^U'^  l  iio^^hcr?«)!,'].  I  iMfni.-ir^cliallarnlfs. 

*)  Iki  ilcn  («arten -.\nlagcn  wuiUc  der  Kiinigl.  (»artcndircktor  Lenne  au*  lierlin  mit  /u 
Raihe  gesogen. 

*)  Dem  Verfasser  liegen  vor:  fünf  jjrosse  auf  Ixinwaml  -^^'L/n-^ene  Kotten  mh  geometrischen 
Aiifri^^un  vcm  184^  und  vier  nicht  aufgerollte  kleinere  perspektivische  /eichniinijen  aus  dem  Jahre 
1849,  alte  \on  Willcbrand  au.'^gcfuhrt,  da/u  eine  grosse  Map])c  mit  zahlreichen  I  >ctail-/eichnungcn.  — 
Endlich  zwölf  von  Demnder  durchgepauste  und  auf  Pappe  gezogene  Zeichnungen,  welche  er  von 


,  Cooßle 


GROSSHERZOGUCHES  SCHL0S8  ZU  SCHWERIN. 


619 


tritt  die  Kuppel,  mit  welcher  sich  Demmler  nicht  zu  befreunden  vermochte, 
wieder  zurück,  und  statt  ihrer  herrscht  in  allen  Zeichnungen  der  dem 
Schlofis  Chambord  entlehnte  hohe  Donjon  (irisch  dunion  —  Berchfrit)  in 
jenem  durchbrochenen  Aufbau,  der  sich  als  Tradition  der  Ciothik  verräth. 
Dabei  erscheinen  auf  der  dem  Burgsee  zugewendeten  Seite  Dacherker,  welche 
spAter  in  Wegfall  gekommen,  in  den  Zeichnungen  aber  ebenso  «osgebiklet 
sind  wie  die  auf  den  Dächern  der  Nordseitc.  Femer  sehen  wir  auf  der 
Vorderseite  an  Stelle  der  offenen  Halle  mit  der  Reiterstatue  des  Fürsten 
Niklot  eine  die  ganze  Breite  zwischen  den  EckthUrmen  einnehmende  offene 


'"^   * 


Grundploo  des  jetsigen  Schloaaes  vod  des  Bain*'teii>- 

Säulen- Loggia,  und  endlich  ist  der  vierseitige  Vorhof  zierlicher,  niedriger  und 
weniger  monumental  gestaltet  als  der  jetzige. 

Zuletzt  erscheint  185 1,  na<  b  neniinler  s  bekannter  Kntlassung,  unter 
Stuler's  Leitung  auf  einer  von  VVillebrand  ausgeführten  grossen  Rolle  auft 
Neue  die  Kuppel  in  «wei  verschiedenen  Ausführungen,  von  denen  die  eine 
über  die  andere  gelegt  werden  kann  und  die  obere  zur  Ausführung  gelangt 
ist.    Zugleich  wird  auf  diesem  Entwurf  die  Demmler' sehe  Loggia  durch  die 

eleich  grossen  Willcbrand'schen  Zeichnungen  nehmen  Hess,  die,  mdi  Denanler's  nHodlklwr  An« 
Rnhe  dein  \'t'rr.i^<.c  r  f;egenttber,  Hl  die  llenogin  von  Orleans  geschickt  wurden,  «ber  von  dofther 

nicht  zui  Uckürful^tcn. 


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620 


AMTKOBRICHTSBEZIRK  SCHWEKIN. 


jetzige  N ikiot -  Halle  ^)  und 
Gesammtbaa  zu  schmlchtig 
und   zu   winzig  erscheint, 

durch    den  jetzigen 
Vorhof    mit  prachtvollen 
koumthischen  CdoonadeD 
eraetst 

Alle  diese  Zeichnungen 
sind  Oberaus  wichtige  Doku- 
mente zur  Geschichte  des 
Schlossbaues.  Vielleicht 
nahm  man  diejenigen, 
wdcbe  die  VorsUifen  der 


der  Demmler'sche  Vorhof, 


der  im  Vergleich  zu  dem 
Entwicklung  enthalten,  des- 
halb nicht  in  das  grosse 
Stüter  -  Willebrand  -  Prosr.h- 
sche  Prachtwerk  mit  auf, 
weil  es  des  Guten  zu  viel 
geworden  wäre,  indessen 
verdienen  sie  ebenso  eine 
Veröffentlichung  wie  jene; 
mit  ihnen  natürlich  auch 
alle  alten  Pläne  und  Ent- 
würfe des  Gerhard  Eberhard 
Piloot. 


I'itormSnnchcn, 
der  Burggebt  des  ScIiIoüsch. 


de  Paris. 


Andere  Profanbauten. 

[n  alteren  Prufanbauten  von  irgend  welcher  Bedeutung  ist  die  Stadt  arm. 
Es  sind  folgende  m  erwähnen: 

Hof  des  Der  Hof  des  hentifcn  Hotel  de  Paris     Ilr  gehört  in  alter  Zeit  dem 

.^n!ü!.  Domkapitel,  das  ihn  am  Ende  der  sechziger  Jahre  des  XVI.  Jahrhunderts  mit 
Bewilligung  des  Administrators  und  Herzogs  Ulrich  dem  Joachim  von  Halber- 
stadt auf  Klein-BriitE  für  200  Gld.  Müm»  verkauft.  Später  heisst  er  der 
»Minetsche«  Hof,  noch  später  erhält  er  seinen  jetzigen  Namen.  An  einem 
der  Balken  des  angesetzten  Flügels  steht  die  Insel  1  11 

O  HERR  §  ERBARME  §  DIR  §  VNSER  §  QO  VNDE  $  WES  §  VNSf 
GNEOICH  §  ANNO  g  1  §  5  §  7  §  4  • 

Auf  der  Nordseite  des  Hotels  ist  noch  ein  alter  Mauerthurm  erhalten  geblieben. 


Strasse). 


Ahe  Hauser         Zwei'  alte  HauMr  an  der  Ecke  SchlachteratraMe  und  Schlachternarkt 

{S<  hl.u  hter      gothisch  profiliertem  Holzverband  werden  gleichfalls  dem  XVI.  Jahrhundert 
angehören. 

')  Eine  Ihidiche  Reherhidle  httte  das  eheamli|«e  Schtoss  Gaillon.   Vgl.  das  Praehtwvrk  von 

Mllller.  Sketches  of  the  age  of  Franci'.  Ihf  t'ir<>t.  I.ondon,  Henry  (Iraks  \  Comp.,  Taf.  22.  Die 
ReiterHtittue  des  Niklot  isi  (gleich  den  ticidcn  nUutriti^chen  Koüsebändigem  am  Eingänge  der 
vorderen  iichlü^sbrUcke  ein  Werk  von  Gcn.schow- lierlin- 


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ANDERK  PROFANBAUTEN  ZU  SCHWERIN. 


Alter  Mancrthiirm 
iln  der  Nordseitc  tlo  Hotel  de  l'aris. 


Alles  Haus  am  Schlnchtcrmarkt. 


Ebenso  die  benachbarten  hin-  Rathhaus- 
teren  Giebel  des  Rathhauses.  (jiebel. 

Geschwunden  dagegen  ist  das  Haupt- 
alte Bild  des  Hauptmarktes,  welches  markt, 
in  einem  (Jemälde  des  (iro.ssherzog- 
liehen  Museums  von  Joh.  C.  Wilck 
den  Hinzug  des  Herzogs  und  späteren 
Grossherzogs  Friedrich  Franz  I.  am 
1 1 .  Juli  1 807  unter  dem  Geleit  von 
französischen  und  spanischen  Truppen 
darstellt. 

Diesem  Gemälde  mögen  aus  ,\ltcr 
alter  Zeit  hier  auch  zwei  Bilder  des  tlartcn. 
Alten  Gartens  angereiht  werden, 
von  denen  das  eine  nach  einem 
schlechten  alten  Oelbilde  auf  dem 
Grcsshcrzoglichen  Archiv  das  alte 
Ballhaus  und  tlas  andere  nach  einem 
jüngeren  Bilde  das  alte  Theater  dar- 
stellt. Beide  sind  zum  ersten  Mal 
bei  Li.sch,  Mecklenburg  in  Bildern  II, 
S.  13  ff.  veröffentlicht. 

Von  den  drei  alten  FF-  FFHäuser. 
Häusern,')  d.  h.  den  drei  Gro.ss- 
herzoglichen  I  läusern,  an  deren 
Stelle  erst  vor  wenigen  Jahren  da.s 
neue  Kcgicrungsgcbäude  getreten 
ist,  wird  das  hxkhaus,  das  ehe- 
mals dem  alten  Regierungsgebäude 
gegenüber  lag ,  in  der  Stadt- 
geschichte oft  erwähnt:  1553  wird 
der  Kanzler  Joh.  von  Lucka  Be- 
sitzer des  liau.ses.  1563  bewohnt 
CS  abgabenfrei  der  herzogliche 
Rath  Andreas  Mylius.  1620  kauft 
es  der  Herzog  Adolph  Friedrich 
und  bestimmt  es  zur  Wohnung 
fiir  den  Stadtkommandanten,  von 
dem  es  seinen  Namen  bis  in 
unsere    Tage    geführt    hat.  Im 

')  yy  =  Friedrich  Franz. 


,  Goos 


022 


AMTSGERICHTSBHZIRK  SCHWERIN. 


Kollegien- 
Gebäude. 


Horn'schen ')  Nachbarhause  befand  sich  von  1833  bis  1886  die  Regierungs- 
Bibliothek.    1890  werden  die  drei  FK- liäuscr,  das  Stadtkommandanten  Haus, 
das  Horn'sche  und  das  zwischen 
beiden  liegende  Hofmarschallamts- 
Haus  abgebrochen.*) 

Unter  den  jüngeren  Ge- 
bäuden ist  das  1825/26  unter  der 
Oberleitung  des  Obcr-I^ndbau- 
meisters  Wünsch  von  dem  Bau- 
kondukteur J.  A.  Demmler  im 
ionischen  Stil  erbaute  Kollegien- 
Gebäude,  eines  der  vornehmsten 
aus  der  klassicierenden  Zeit  unseres 
Jahrhunderts.')  Ks  ist  deshalb  zu 
begreifen,  dass  die  Meinung  auf- 
kommen konnte,  der  Plan  sei  von 
Schinkel  entworfen.  Als  1865  das 
Innere  des  Hauses  durch  Brand 
zerstört  wurde,  gingen  die  Wand- 
Gcmäldc,  mit  denen  es  von  C. 
Schumacher  und  Gaston  Lenthe  ge- 
schmückt worden  war,  zu  Grunde, ') 
und  nach  der  Wiederherstellung 
bü.sste  die  Ilinterseite  des  Ge 
bäudes  theils  durch  einen  Anbau, 
theils  durch  Erhöhung  des  obersten 
Stockwerks  die  stilistische  Reinheit 
und  Feinheit  ein,  die  sie  vorher 
besessen  hatte.  Auch  die  noth- 
wendig  gewordene  Verbindung  des 
Kollegien  -  Gebäudes  mit  dem 
neuen  Regierungs- Gebäude,  die 
mittels  eines  triumphbogenartigen 
Ueberbaues  der  zwischen  beiden 


Hintere  Giebel  üe.s  Kath hausen. 


Die  alten  FF -Häuser. 


')  So  genannt  von  'seinem  einstigen 
Itcsitzcr,  dem  Grafen  [lurn,  Minister  des 
Herzogs  Friedrich  Wilhelm. 

*)  Vgl.  Lisch,   Mecklenburg  in  Hil- 
ilcni  II,  .S.  t6.  —  Schröder.   Die  (ircissherzugl.  l\cgicrungs-Hil»lio(hck  zu  Schwerin  (ütatt  Manu-s- 
kri|it  gedruckt,  Schwerin  1893),  S.  6. 

*)  Hier    standen  vielfach   veränderte   I  läiiserreste  des   alten   Franziskaner  -  Klosters.  Vgl. 
Lisch,  .Mecklenburg  in  Itildern  II,  .S.  15. 

■*)  Vgl.  deren  Beschreibung  in  Fruiniii  s  Chronik,  .S.  362. 


ANDERE  PKÜFANBAUTEN  ZU  SCHWERIN. 


623 


Acllcicv  Itiltl  vom  Alten  Cailcn  mit  <lcni  chcmali{;cn  Hallhaus. 

himUirchfiilircndcn  Strasse  bcwcrk.stellitrt  ist,  hat  die  Wirkung  des  crsteren  von 
der  Seite  her  etwas  beeinträchtigt. 


Acltcrcs  Bild  vom  Alte»  (•arten  mit  dem  früheren  Schnuspielhaus. 


Kin  älteres  Gebäude  der  klassicierenden  Zeit  ist  das  vom  Hof- Bau-  »Neues 
dircktor  Husch  in  l-ud\vigsUist  unter  der  Kcgieriinf;  des  Herzogs  Friedrich  von  («eljätide.« 


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624 


AMTSGFRICHTSHEZIRK  SCHWERIN. 


1783  bis  1785  als  dorische  Kolonnade  mit  dahinterliegenden  Verkaufsläden 
errichtete  >Neue  Gebäude«  auf  dem  Markt  der  Stadt. 


t)n>  iNcuc  (!el)iiutlc(  uiii  .Markt. 

Arsenal.  Das  Arsenal    ein   vom   llofbauratli    Demmlef   unter   faul  l'"ricdrich's 

RcjTicrunfT   1840  begonnener  und  7.\vei  Jahre  nach  dessen  Tode  vollendeter 


Das  Arsenal. 


gro.sscr  Hau  von  nicht  gewöhnlicher  monumentaler  Bedeutung,  zeigt  in  seiner 
Zinnenbekrcinung.  .seinen  ICckthiirmen  und  bcsojulcrs  in  den  liogenschlü.ssen 
seiner  Lichte  »flnungen  die  Einflüsse  florctUinischen  Palast -Stils  im  XIV.  und 
W.  Jahrliundert. 


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ANDERB  PROFANBAUTEN  ZU  SCHWERIN. 


625 


Das  N«MtidtiMlie  Palafa  hat  seine  letzte  Umwandlung  im  Sinne  des  Neu- 
französischen  Mansardenstils,  wie  er  im  XVII.  Jahrhundert  besonders  beliebt  städtisches 
war,  in  den  Jahren    1878  und   1879  erfahren.    Der  Kern  des  Baues  aber 
stammt  aus  dem  Jahre   1779;    damals  lässt   Herzog  Friedrich  hier  für  tiie 
Herzogin  Charlotte  Sophie,  die  Wittwe  seines  Bruders,  des  Herzogs  Ludwig, 
dn  Palais  errichten.   Dieses  liegt  auf  der  Stelle  des  alten  Prinz* Ludwigs- 
Hofes,  der  aber  seinen  Namen  nidit  von  dem  ebengenannten  Prinzen  Ludmng 
fiihrt,  sondern  von  dem  Vater  des  Herzogs  Friedridi,  dem  Herzog  Christian. 
Ludwig  II.,  der  den  Hof,  als  er  noch  Prinz  ist,  von  seinem  Bruder,  dem 
Herzog  Friedrich  im  Jahre  1708  geschenkt  erhalt,  nachdem  ihn  dieser  von  dem 
Kammerrath  Schulz  gekauft  hat.    Auf  der  Karte  von  1705  (s.  o.  S.  533)  ist 
an  seiner  Steile  em  Bauhuf  verzeichnet,  dessen  Grundfläche  gut  doppelt  so 
gross  erscheint  wie  die  des  heutigen  Palais. 

Ueber  das  Verhaltniss  unseres  Tjüches  zu  den  übrigen  Neubauten  von  Stand- 
monumentaler Bedeutung  haben  wir  uns  oben  S.  534  und  535  bereits  geäussert,  Denkmäler, 
ebenso  auch  über  die  Standdeokmäler  aus  dem  letzten  Jahrhundert,  unter 
denen  das  des  Grossherzogs  Panl  FViedrich  von  dem  Berliner  Bildhauer  Pro- 
fessor Christian  Rauch,  ein  vornehmes  Werk  aus  edler  Bronze,  das  älteste  ist 
Der  Beschluss,  em  solches  Werk  aufzustdien,  wurde  am  12.  März  1842,  sechs 
Tage  nach  dem  Tode  des  Grossherzogs,  von  der  Schweriner  Bürgerschaft  in 
einer  Sitzung  auf  dem  Stadthause  gcfasst.  Den  schönen  Sockel,  dessen  eigen- 
thümliche  Formbildung  mit  denen  übereinstimmt ,  welche  Michelangelo  für 
eine  grosse  Zahl  seiner  statuarisch  empfundenen  Gestalten  an  der  Decke  der 
Sixtinischen  Kapelle  erdadit  hat,  lieferte  die  ehemalige  Sdiweriner  Schleif- 
mühle aus  einem  grossen  Granitfindling,  den  der  Graf  von  Basaewitz  von 
seinem  Perliner  Felde  her  als  Geschenk  gespendet  hatte.  Das  Modell  war  um 
0.stem  1846  und  der  Guss  der  Statue  im  Juli  1848  in  Lauchhammer  voU- 
endct.  Die  Aufstellung  auf  dem  »Alten  Garten«  verzögerte  sich  bis  zum 
23.  Februar  1849.*) 

Aus  der  Zahl  der  übrigen  frei  stehenden  Denkmäler  sei  nur  noch  die  Sonstige 
im  Jahre  1874  errichtete  schöne  Säule  des  Krieger -Denkmals  mit  poliertem  DenkmÄlcr. 
Granilschaft  und  korinthischem  Kapitell  aus  Bronze  hervorgehoben.  Sie  ist  in 
ihrer  Anlage  und  in  ihren  Grössenverlialtnisscn  eine  Nachbildung  der  I'hokas- 
Säule  auf  dem  l'orum  in  Kom  und  tragt  die  in  Bronze  gegossene  Megalopolis, 
deren  Modell  von  dem  Bildhauer  Wlllgohs  ausgefiihrt  wurde.  Auch  das  schöne 
ovale  Postament  der,  Brunemr'schen  Reiterstatue  des  Grossherzogs  Friedri^ 
Franz  II.  im  Schlossgarten,  deren  künstlerische  Würdigung  an  anderer  Stelle 
eingehend  von  uns  versudit  worden  ist,*)  geht  auf  ein  römisches  Vorbild  aus 

')  Fromm,  Chrunik,  S.  385.  407.  410  bi.s  412.  • 

*)  Das  Denknil  des  Grogshenogs  Friedrich  Frant  II.  Zw  Brimienng  an  den  24.  Ausist 
1893.  StiOer'sche  Hofbuchhandlnng.  —  Ueber  ebe  «]te  Wohostttte  an  Stelle  des  Deokmab  in 
vorseschichdicher  Zeit  v^.  Liich,  M.  Jalirb.  XXXVUI,  S.  S33. 

40 


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6x6  AMTSGERICHTSBBZIRK  SCHWERIN. 

der  Zeit  des  Michelangelo  zurück,  nämlich  auf  die  immer  noch  viel  zu  selten 

angewandte  Form  jenes  Postaments,  welches  1538  die  Statue  des  Kaisers 
Marcus  Aurelius  aui  dem  Kapitol  erliielt.  Diesen  drei  Werken  gegenüber 
treten  die  an  ufl'entlichen  IMatzen  aufgestellten  BiUten  von  Kttcken  (Professor 
Bninow)  und  Schlienaan  Bildhauer  Bwwald)  u.  a.  m.  in  die  zweite  Reihe. 


Einzelne  Werke  der  Kleinkunst  und  des  Kunstgewerbes. 

I.  Beim  Auaschachten  des  Untergrundes  vom  heutigen  Reichspost- 
gebäude, das  auf  dem  Platz  des  alten  Bischofehauses  steht,  wurde  die  Hälfte 


Mittelalterltche  Bronieicbale.  .  Dm.  27  cm. 


einer  Mantelschliesae  (Fürspange,  Furspann,  Vorspange)  von  stark  kupfer- 

haltigcr  Bronze  gefunden.  Man  sieht  auf  der  kreisrunden  Hälfte  in  durch- 
brochener Arbeit  die  bekannten  phantastischen  Drachenbildungen  des  romani- 
schen Stils  mit  kunstreichen  Verschlingungen,  anscheinend  vom  Ende  des  XII., 


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KLEINKUNi»T  UND  KUNSTGEWEKBB. 


627 


Mutebchliesae.   Dm,  8  cm. 


Bronieseluile  von  Krauow  bei  Wtmtar. 
Dna.  24  cm. 


wohl  spätestens  vom  An» 
fang  des  XIII.  Jahrhu  nderts. 
Jetzt  im  GrossherzogUchen 
Museum. 

2.  Auch  wurde  hier 
bei  derselben  Gelegenheit 

eine  mittelalterliche 
Bronzeschale  mit  ein- 
geritzten Flügelgestalten 
gefunden,  der  man  ein 
hohes  Alter  zuzuschreiben 
hat.  AehnlicheSchalensind 
in  Schlesien,  in  Lübede, 
an  verschiedenen  Orten 
in  Ostpreussen,  in  Olmütz 
und  in  Worms  zum  Vor- 
schein gekommen,  und 
man  meint,  sie  in  das 
XI.  und  XII.  Jahrhundert 
setzen  zu  müssen.  Ob 
unter  den  Figuren  Engel 
oder  Tugendgcstaltcn  (wie 
sie  auf  einigen  dieser 
Schalen  durch  Beischriften 
zu  erkennen  sind)  ver- 
standen sein  sollen,  kann 
dahingestellt  bleiben.  Vg^. 
besonders  die  Abhand* 
hingen  von  W.  Grempler 
in  Schlesiens  Vorzeit  in 
Bild  und  Schrift,  V(i894), 
S.  271  ff.  und  von  Beltz, 
M.  Jahrb.  LX.  Q.  B.  i, 
S.  2 1  flf.  —  Eine  verwandte 
Sehlde ,  wenngleich  von 
anderer  Art,  ist  die  von 
Krassow  bei  Wismar.  Sie 
zeigt  aufgenietete  ßronze- 
bledütreifen,  in.  wdche 
die  Figur  des  Petras  ein- 
gestempelt ist.  Vgl.  Lisch, 

M.  Jahrb.  IIB,  S.  82. 
Beltz,  a.  a.  O.  S.  25. 

40* 


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628 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN, 


3.  4.  Willkomm  und  Kanne  des  Schweriner  Ilutmachcramtes,  beide 
von  Zinn  und  in  guten  Formen,  von  1653  der  Willkomm,  von  1657  die  Kanne. 
Auf  dem  Willkomm  die  Namen:  VALENTIN  .  BAVMAN  .  ALTERMAN  -  PETER 
PREVeL  -  HEINRICH  PREYEL  ~  HANS  LOFERENS -  HANS 
MARCKWAT  —  1653  •  Dazu  die  nebenstehenden  Zeichen: 
—  Die  Kanne  hat  auf  ihrem  Deckel  den  Namen  DIDERICH  BECKMAN.1657. 
An  ihrem  Griff  Hndcn  sich  die  drei  nebenstehenden 
Zeichen.    Beide  im  Grossherzoj^jlichen  Museum. 


m 


Vom  silbcrvergoldcten  Pokal  der  Schwe- 
riner PosamentiiT- Zunft,  den  der  Rostocker 
Goldschmied  Caspar  Hornemann  (gestorben 
nach  1620)  verfertigte,  ist  im  ersten  Bande 
der  M.  Kunst-  und  Geschichtsdenkmälcr, 
S.  278,  die  Rede  gewesen. 

5.  Zunftschild  der  Schweriner  Tisch- 
ler. Treffliche  Schmiedearbeit  in  Rokoko - 
Formen.  Bis  vor  wenigen  Jahren  an  der 
Herberge  Nr.  49  auf  dem  gro.ssen  Moor, 
jetzt  im  Grossherzoglichen  Museum. 


Willkoniiii.    U.  <)5  cni.  Kanne.    II.  35  cm. 

des  Schweriner  Ilutniaclieramtcs. 


6.  Laterne  und  Geldtasche,  die  weiland  der  Lübecker  »Martensmann« 
führte,  der  den  Herzog  bis  zum  Jahre  1817  jährlich  von  der  Stadt  Lübeck  ein 
Ohm  guten  Rheinweines  zu  überbringen  hatte. 


,  Cc 


KLKINKUNST  UND  KUNSTGEW EKBE. 


629 


/unfc»child  der  Schweriner  Tischler.     lün^je:  2,90111. 


Die  Ursache  dieser  Leistung  ist  unbekannt.  Ueber  die  dabei  herr- 
schenden alten  Bräuche  vgl.  Fromm,  Chronik,  S.  132  bis  137.  Im  Jahre 
1817  fand  ein  Vergleich  zwischen  dem  (irossherzog  Friedrich  Franz  I.  und  der 

Stadt  Lübeck  statt,  und  der  »Marlens- 
mann« kommt  nun  nicht  mehr. 


( leldta.sche. 


Laterne.    Ilühe;  0,80  ni. 


630 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


7.  Schweriner  Fayencen  aus  der  vom  Herzog  Christian  Ludwig  privi- 
legierten Werkstatte  des  Töpfers  Appelstädt  (Rostocker- Strasse  24,  Hinter- 
haus), in  der  nachher  die  Nachfolger  Malm 
und  Pribbenow ,  letzterer  bis  vor  wenigen 
Jahren,  ihr  Gewerbe  trieben.  Vgl.  Seemann- 
sches  Kunstgewerbeblatt  I  (1885),  S.  12.  V 
(189  1),  S.  87  bis  90. 

Nicht  ohne  Interesse  ist  die  neben- 
stehende Platte.  Nachdem  die  Inschrift 
richtig  eingebrannt  war,  deckte  man  sie, 
die  Ecken  mit  den  aufgemalten  Kreuzen 
ausgenommen,  mit  einem  Schutz  gegen 
eiiun  zweiten  stärkeren  Brand.  Dieser 
zweite  Hrand  hatte  zur  Folge,  dass  die 
kobaltblauen  Kreuze  sich  in  ein  .schlackiges 
und  schnuitziges  Grün  verwandelten. 

Unter  den  Schweriner  Privat -Sammlungen  verdient  die  des  Herrn 
Generals  von  Haeseler  (Ale.xandrinenstrasse  6),  welche  u.  a.  mehrere  gute  alte 
holländi.sche  sowie  moderne  Bilder  verschiedener  Schulen  aufweist,  eine  Er- 
wähnung; ebenso  die  kunstgewerbliche  Sammlung  des  Herrn  Ritterguts- 
besitzers und  Muscumsconscrvators  Carl  Bolten  (Gustavstrasse  16);  ausserdem 
die  Sammlung  des  Herrn  Hoflieferanten  Ernst  Cohen,  gleichfalls  verschiedene 
kunstgewerbliche  Gegenstände  enthaltend,  bcstmders  Porzellane. 


Siejjcl  der  l^t.iilt  Schwerin. 


Blick  auf  Kirch -Stuck. 


Das  Kirchdorf  Kirch  •  Stück. 


irch- Stück.  6  km  nördlich  von  Schwerin,  ist  ein  Thcil  der  alten  Feld-  Geschichte 


fluss  ab};clcitct  worden  ist.')  In  der  That  pa.sst  dazu  die  Beschaffenheit  des 
Geländes.  Höchst  wahrscheinlich  aber  wird  auch  die  im  XV.  Jahrhundert 
ausgestorbene  alte  Adelsfamilie  von  Stuke  oder  von  Stück  irgend  einen  Zu- 
sammenhang damit  haben.*)  Kincn  ricisthchcn,  Bernardus  de  Stuke,  gicbt  es 
hier  .schon  zur  Zeit  des  Bischofs  Berno  im  Jahre  II 78.'')  12 17  gewinnt  der 
Dom  zu  Schwerin  eine  jährliche  Kornhebung  aus  Stück,  wo,  wie  es  noch 
heute  der  alte  gothische  Altar  zeigt.  St.  Georg  in  besonderen  I'-hrcn  gehalten 
wird.')  Als  aber  am  6.  December  1284  Bischof  und  Graf  von  Schwerin  sich 
über  ihr  I.andgebiet  auseinandersetzen,  da  tritt  der  praktisch  denkende  geist- 
liche Herr  das  Dorf  Kcrkstuke  an  den  die  Oberherrlichkeit  über  den  übrigen 
Theil  des  Dorfes  von  Alters  her  besitzenden  Grafen  als  derzeitigen  I-andesherrn 
ab.  1356  treten  uns  (iross-  und  Klein -Stück  (Magna  Stuke,  Parva  Stuke)  zum 
ersten  Mal  urkundlich  entgegen  und  in  ihnen  oder  auf  ihnen  mit  Anrechten 
verschiedener  Art  die  graflichen  und,  von  1358  an,  herzoglichen  Vasallen 
Henning  Knop.  Johann  Bcrchtehcile  .sowie  Krich  und  Werner  Bonsack.*)  An- 
scheinend aber  gewinnt  hier  bald  die  auch  sonst  in  der  Umgegend  angesessene 
hamilic  Knop  das  Uobergcwicht.  Dazu  erwirbt  sie  Klein -Trebbow,  später 
auch  (iross -Trebbow  und  legt  somit  den  Grund  zu  einem  Güterverband,  wie 
er  heute  noch  besteht.")  Aber  schon  1418  treten  die  Herren  von  Raben  oder, 
wie  sie  in  den  Urkunden  kurzweg  hcissen,  die  Raben  (nicht  zu  verwechseln 
mit  von  Raven)  an  ihre  Stelle.    Am  24.  April   1418   erhandelt  Heinrich 


')  Kohnel,  M.  Jahrb.  XI.VI,  S.  139. 

')  V};l.  PersDiienreyiNter  zum  M.  l'.-H.    I'cTncr  Lisch.  M.  Jahrb.  XI,  S.  456. 

*)  M.  r.  n.  125. 

♦)  M.  r.  H.  349.  1217.  1228. 

M.  l  .-H.  6572.  8216.  S217.  88S3. 
•)  Vgl.  M.  Jahrb.  1,  S.  178.    V,  .S.  127.  128.  261,    \l,  S.  450.    XXIII,  S.  207. 


mark  Stuke,  deren  Name  von  dem  slavischen  Wort  Stok  =  Zusammen- 


des 
Dorfes. 


633 


AMTSGERiarrSBEZIRK  SCHWERIN. 


Raben  die  ehcnp;cnaiintcn  Gvilcr  von  Klaus  von  Ocrt/eii,  dein  (icmalil  der  Erb- 
tochter  Margaretha  von  Knop.  Und  nun  kommt  bald  nachher  für  ihren  Sitz 
in  Gross-Stttdc  jensdts  des  kleinen  Sees,  der  ihn  vom  Kirchdorf  trennt,  der 
Name  »Raben-StOckc  auf.^)  Das  währt  so  bis  1720.  Als  in  diesem  Jahr  der 
Generalmajor  Graf  von  Schmettau  Rechtsnachfolger  der  Raben  wird,  da 
kommt  (so  z.  R.  in  Akten  von  1762)  der  Name  »Grafen -Stück«  auf;  jetzt 
aber  hcisst  die  alte  Mafjna  Stuke  » Harner- Stück ,  nachdem  der  Landrath 
Magnus  l'rjedrich  von  Harner  1775  flie  Schmettairsclitm  (niter  durch  Kauf  an 
seine  Familie  gebracht  hat,  die  sie  mit  Ausnahme  des  zum  Grossherzoglichen 
Hausgut  gelegten  Fadithofes  in  Kirdi- Stück  auch  heute  noch  besitzt. 

Bis  in  die  Zeit  des  drdssigjährigen  Knegea  hinein,  nämlich  bis  1641, 
hat  Kirdi-Stück  seinen  eigenen  Pastor.  Aber  von  den  vorreformatorischen 
Kirchherren  werden  ausser  dem  bereits  erwähnten  Hernardus.  der  zur  Zeit  des 
Bischofs  Hcrno  lebt,  nur  wenige  genannt:  um  1371  Hcrnt  Mallyn  und  um  1541 
Joachim  Hasse.  Um  1568  ist  es  Peter  Sachs,  nach  ihm  Joh.  Struve,  und  um 
1593  Franz  Wüsthof.  Diesem  folgt  sein  Sohn  Adam  bis  1622.*)  Von  1623 
bis  1641  folgt  als  letzter  Joh.  Rossow.  Den  18.  August  1643  bitten  die 
Raben,  die  Vettern  Christoph  und  Vicke,  den  Herzog  Adolph  Friedrich,  er 
möge  doch  in  Anbetracht  des  Umstandes,  dass  das  Pfarrhaus  in  Kirch -Stück 
durch  Krieg  verwüstet  sei,  dass  nicht  hundert  Leute  im  Kirchspiel  wohnen 
und  das  Haus  zu  bauen  in  dieser  beschwerlichen  Zeit  unmöglich  sei,  dass 
aber  in  Gross-Trebbow  kein  Prediger  sei,  wohl  aber  ein  Predigerhaus  stehe, 
das  bewohnt  werden  könne,  den  von  ihnen  als  l'atronen  der  Kirche  erwählten 
Pastor  Coppinus  (Cuppcnius,  Koppen)  in  Trebbow  wohnen  und  von  da  aus  beide 
Kirchen  verwalten  lassen.  Das  geschieht  und  bleibt  nun  so  auch  in  der  Folge, 
obwohl  die  Sache  als  ein  Interimszu.stand  von  beiden  Seiten  aufgcfasst  wird. 
Erst  1679  erfolgt  durch  den  Herzog  Christian  Louis  eine  feste  Regelung  dieses 
Verhältnisses,  wobei  das  herzogliche  Patronatsrecht  iiber  Treblww  ausdrücklich 
gewahrt  bleibt.  Aber  1719  sind  die  Raben  zu  Stück,  die  V'cttern  Johann 
Otto  und  Ulrich  Wilhelm,  im  Besitz  des  Patronats  von  Gross  •Trebbow,  das 
somit  innerhalb  der  vorhergehenden  vierzig  Jahre  von  ihnen  erworben  sein 
muas.  Ueber  die  kirchliche  Jurisdiktion  des  Mittelalters  ist  nichts  Besonderes 
überliefert.  Hier  wird,  wie  der  für  das  Schweriner  Domkapitel  und  Bisdium 
ausgestellten  Hestatigungsurkunde  des  Papstes  Coelestin  vom  24  <  Oktober  II91 
zu  entnehmen  ist,  der  Probst  von  Schwerin  die  Archidiakonatsrechtc  aus* 
geübt  haben.') 

')  I )eii>.cU>eii  Zusatz  erh&lt  da»  (Iiit  Slciiifolil,  rln^  tmch  hi-iitc  nach  ihnen  K.ibcn -StcinfoM 
genannt  wird.  .Sie  dehnen  in  der  Folge  ihren  licbiiz  weiter  au>  .luf  Rogahn,  Kederank,  Multenow 
und  Wanow. 

*)  l'ni  1619  lic^chwi  rt  sich  ("i.ibricl  NViislhof,  I'.istor  in  Schwerin  um!  llruder  deS  PaStOTt 
Adam  Wü&thof  in  Kirch-StUck,  da.ss  die  Kabcn  »ich  die  Fischerei  auf  dem  Kirch -Stfleker  See 
amnaassen,  die  dem  Füstor  inkonmie.  Sie  bitten  das  schon  xu  seines  Vaters  Zeit  gethu,  der 
darüber  klagte,  dass  »die  Raben  die  Almosen  des  Kirchherrn  nuH  dem  See  frassen«. 

•)  M.  t'.-l!.  15t!  .Ii!  preiMisitiir.tni  bnnntim  fooins /verinen^is  (irnuincinr  per  omnc«; 

ecclvhias  et  in  ipsa  ciuit.itc  /wcrinunsi   Indcssoii   wird  hievon  gelcgcuüich  abgewichen. 


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KIRCHDORF  KIRCH -STCCK. 


Kirche.  Die  Kirche,  ein  einschiffiger  Ziegelbau,  besteht  aus  dem  glatt  Kirche, 
abschliessenden  gewölbten  älteren  Chor,  an  dem  sich  noch  das  romanische 
Lisenensystem  bemerkbar  macht,  und  aus  dem  neugebauten  jüngeren,  mit 
einer  Bretterdecke  überspannten  Schiff.  Sämmtliche  Fenster  sind  spitzbogig 
geschlossen.  Gemeinsam  ist  beiden  Theilcn  ein  äusserer  Stromschicht -Fries, 
in  doppelter  Reihe  am  Schiff,  in  einfacher  Reihe  am  Chor.  Zu  beachten  ist 
auch  der  Schmuck  gla.sicrtcr  Ziegel  an  der  Pforte  auf  der  Südseite  des  Chors. 
Der  im  Westen  vorgebaute  Thurm  der  Kirche  ist  zweistöckig  und  trägt  ein 
abgewalmtes  Satteldach.  Am  Thurm  herrscht  der  polnische,  am  älteren  Chor 
der  wendische  Verband. 


Der  Altaraafsatz  ist  ein  gothisches  Triptychon,  dessen  Mittelschrein  in  Altar, 
sechs  Fächer  getheilt  i.st,  von  denen  die  drei  oberen  (von  links  nach  rechts 
gezählt)  das  Leiden  im  Garten  Geth.semane,  die  Kreuzigung  auf  Golgatha  und 
die  Gcisselung,  die  drei  unteren  aber  (in  derselben  Folge)  die  Kreuztragung, 
die  That  des  hl.  Georg  und  die  Dornenkrönung  enthalten,  während  die  beiden 
Flügel  die  Gestalten  der  zwölf  Apostel,  je  drei  in  der  oberen  und  drei  in  der 
unteren  Reihe,  in  sich  aufgenommen  haben. 

Von  der  übrigen  Ausstattung  der  Kirche  mag  noch  das  alte  Triumph-   Triumph - 
kreuz  erwähnt  werden,  das  jetzt  an  der  Südwand  des  Schiffes  aufgehängt  ist.  —  kreuz. 


So  erfahren  wir  7..  15.  aus  einer  Ifrkunde  vom  Jahre  1248  (M.  l'.  l!.  602),  dass  der  Lübecker 
Probüt  Siegchod  von  Sch.ick  zum  .Vrcliiili.ikünus  von  Schwerin  l)esteUt  ist.  l'eber  die  spätere 
Schweriner  Klerus -Ordnung  vom  Jahre  1370  ist  zu  vergleichen  M.  10 128. 


Kirche  zu  Kirch-Stück. 


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634 


AMTSOERICHTSUE7.IRK  SCKWERIN. 


Weih- 
wasser- 
becken. 


(iral)stt'i'n. 


Glocken. 


AUarschrcin. 

Ein  Weihwasserbecken  von  Granit,  das 
einst  in  das  Maucnvcrk  eingelassen  war, 
liegt  jetzt  draussen  neben  der  Kirchthiir; 
CS  ist  eine  alte  Kornqiietsche.  —  Erhalten 
ist  auch  die  romanische  Basis  der  Stcin- 
(linte;  sie  ist  rund  und  hat  vier  Eck- 
blätter. —  V()r  dem  Altar  ein  Grabstein 
mit  dem  Relicfbilde  einer  Frau  und  der 
Inschrift:  DE  .  EDLE  .  VND  •  VE  ]  LE  .  DV- 
GETSAME  •  ANN  A  •  HANEN  •  JORG  EN  . 
RAVEN  •  ELIGE  .  HV  ,  SFRVWE  .  IS  •  GE- 
STORVEN  .  ANNO  .  |  1573  •  DE  •  21  •  JA- 
NVARII  .  DER  •  GOT  •  GNAD  ICK.  WETH  . 
DAT  .  MIN  .  ERLOSER  •  LEVET  .  VND 
HE  •  WERT  •  MI  •  HER  •  NA  *  VTH  •  DER. 

ERDEN  .  VP  .  WECKEN  .  VD  .  WERD  . 

IN  .  MT  .  FLESC  .  GOT  .  SEN  .  HlOB  . 
XIX  •  ETC  .     In   seinen    Ecken    die  vier 
Wappen  der  Familien  von  Hahn,  Glessen, 
Sperling  und  Pentz. 

Drei  Glocken:  Die  grcisste  (Dm. 
1,14  m)  ist,  nach  ihrer  Inschrift,  im  Jahre 
1703  von  M.  Hans  Siebenbaum  in  Schwerin 
unter  dem  Kirchen |)atronat  des  JÜRGEN 
VON  RABEN  luul  ULRICH  WILHELM,')  zur 
Zeit  des  Tastors  GEORGIUS  PELE,  gegossen 


')  Wobei  >vun  knijciic  zu  ci'i^äiizcn  ist. 


üraUMcin. 


KIRCHDORF  KIRCH -STÜCK. 


635 


worden.  —  Die  mittlere  (Dm.  1,13  ni)  hat  die  Inschrift:  +  VHS  o  DQVS  o 
hOa  o  SIWGUT^  o  FHLSB  o  SÄLVK  SIT  o  ÄVHÄ  o  RH  o  «IGHÄ  o.') 
Im  Feld  dieser  Glocke  das  Bild  des  hl.  Georg  im  Netzpanzer  und  mit  Schild 
und  I^nze.  —  Die  dritte  Glocke  (Dm.  0,59  m)  hat  weder  Inschrift  noch  Hilder. 

Das  Fenster  in  der  Ost- 
wand des  Chors  zeigt  als 
Glasgemälde  einen  Christus- 
kopf  in  der  Art  der  van 
Eyck'schcn  Schule,  ungefähr 
von  1440,  das  an  der  Süd- 
seite die  Apostel  Petrus  und 
Paulus  (neu,  von  1858),  end- 
lich eins  an  der  Nordseite 
die  Gestalten  der  hl.  Katha- 
rina und  der  hl.  Elisabeth 
mit  Korb  und  einer  Rose, 
eines  hl.  Bischofs  und  des 
Apostels  Philippus ,  sowie 
eine  Scene  der  Kreuzigung 
und  auch  noch  den  hl.  Georg 
in  neuer  Einfassung:  alles 
dies  in  zwei  Hälften  neben 
einander,  A  und  B. 

Kleinkunstwerke. 

I.  Silberner  Kelch,  1714 
gegeben  von  lOHAN  NIE- 
CLAVS  BVHRING,  dazu  eine 

Patene  ohne  Inschrift. 
Schweriner  Arbeit:  


Glasgemälde 
auf  der  Nordseile  (A). 


Glasgemälde 
auf  der  Nordseitc 


Glas- 
j^eniälde. 


Kleinkunst- 
wcrkc. 


Die  Patene  hat  un- 
deutliche Stempel.  —  2.  Sil- 
berne Oblatcnschachtel,  ge- 
schenkt den  1.  Februar  17  50 
von  E.  F.  G.  w.  S.  (Schmeltau).  Schweriner  Arbeit.    Werkzeichen : 
—  3.   Taufbecken  von  Messing,  neu.  —  4 — 6.  Drei  gegossene 
Mcssinglcuchter,  zwei  davon  im  Jahre  1619  geschenkt  von  JOCHIM  WENTE, 
einer  von  ASMUS  WENT. 


')  Vgl.  o.  S.  318,  Anmkg.  2.    Kichtit;  wUrde  es  heisscn :  Vas,  dcus,   hoc  signal  l'lcbs 
salva  .sit,  aura  beni};na! 


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636 


AMTSGERICIITSBEZIRK  SCHWERIN. 


Geschichte 
des 
Dorfes. 


Das  Kirchdorf  Gross -Trebbow. 

ic  die  Herren  von  Stukc  mit  Stück,  .so  mögen  auch  ein.st  die  von  Trcbbtnv,') 
die  uns  in  den  ersten  Jahrhunderten  der  I-ande.sge.schichte  oft  genug 
beim  Bischof  wie  beim  Grafen  von  Schwerin  begegnen,  nach  1400  aber  an- 
scheinend nicht  mehr  vorkommen,  einen  Zu.sammenhang  mit  dem  gleichnamigen 
Dorf  gehabt  haben.  Auch  hier 
finden  wir  den  Schweriner  Dom 
mit  einem  Antheil,  es  ist  im 
Jahre  1262.*)  Bei  dem  be- 
kannten Vergleich  am  6.  Dccem- 
bcr  1284  nimmt  der  Graf  Klein- 

Trebbow  als  Lehen  vom 
Bischof.^)  Wie  nachher,  z.  Zt. 
der  Herzöge  als  Rechtsnach- 
folger der  Grafen  von  Schwerin, 
die  Familie  Knop  in  beiden 
Trebbow  Fuss  fasst,  ist  oben 
S.  631  bereits  erzählt  worden. 
Von  da  an  findet  hier  derselbe 
Besitzwechsel  wie  in  Stück  statt. 

Von  den  Geistlichen  des 
Mittelalters  in  Trebbow  ist  keine 
Kunde  auf  uns  gekommen. 
Wir  wissen  aus  dem  Visitations- 
protokoll von  1541,  dass  die 
Kirche  dem  hl.  Pankraz  ge- 
widmet war,  und  das  I'atronat 
in  den  Händen  des  I^ndes- 
herrn  ruhte.  Um  diese  Zeit  ist  Hermann  Oldewan  Kirchherr  in  (iross- 
Trebbow  und  Johann  Lübbe  (Lübbe)  Merccnarius  daselbst.  Auch  hat  damals 
noch  Herzog  Albrecht  einen  Hof  zu  Gross -Trebbow.  Von  1585  bis  1622 
ist  Nikolaus  Bartholdi  Pastor  in  Gross -Trebbow.  ')  Um  1643  giebt  es  dort 
keinen  Pastor,  aber  Joachim  Coppenius  verlegt  .seinen  Wohnsitz  von  Kirch- 
Stück    nach  Trebbow.     Dort   folgen   nun   als   Pastoren   von  ^Trebbow  und 

')  Kühncl,  M.  Jahrb.  XI.Vl,  S,  146,  ul»er?>ct/l  den  Namen  Trebbow  (Tribbowe)  mit  »kode- 
ort<  oder  <*rt  des  Treba. 

*}  M.  U.  n.  948.  1487. 
»)  M.  I'.-Il.  I7ft6. 

*)  Vor  ihm  werden  in  einem  Itricf  der  >K.')ben<  die  Pastoren  Cliristoffer  Mocsekc,  Jürgen 
VU11  der  .NLuche  und  Nikolaus  Gronau  genannt. 


Kirche  zu  Gross -Trebbow. 


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KIRCHDORF  GROSS -TREBBOW. 


637 


Stück  1653  Albertus  Massdorf,  1682  Georg  Pclc  (Fehle),  1721  dessen  Sohn 
Ulrich  Matthias  l'chlc,  1745  1 'rn st  Zacharias  ICvcrs  und  1775  Heinrich  Christian 
Wietz,  der  1823  sein  Jubiläum  feiert.  Ueber  die  Nachfolger  im  XIX.  Jahr- 
hundert s.  Walter  a.  a.  O. 

Kirche.  Die  Kirche  ist  ein  reichlich  mit  Strebepfeilern  bewehrter  Kirche, 
gothisdier  Ziegelbau,  der,  obwohl  er  nur  einen  einsdiiffigen  flachgedeckten 
Raum  darstdit,  dennoch  im  Osten  einen  vielseitigen  Absdiluss  aus  dem 
Zwölfeck  hat,  der  als  ungewöhnlich  bezeichnet  werden  kann.  Die  Fenster 
sind  swdthdl^  und  haben  sämmtlich  spitzbogigen  Schluss.  Unterhalb  des 
Daches  ein  Fries  in  Form  einer  Stromschicht.  Statt  des  Thurmes  ein  hölzerner 
Glockenstuhl.  In  der  Hcdaclning  der  Kirclic  überall  »Mönche«  und  »Nonnen«. 
Im  Mauerwerk  herrscht  der  wendische  Verband. 

Die  ältere  Einrichtung  der  Kirche  stammt  aus  der  Barockzeit  und  ist  Einrichtung 
von  geringer  Bedeubu^.  ^  Kirche. 

Die  dnzige  Glocke  der  Küche  hat  die  Inschrift:  IM  8ECHTEHN  HVN-  Glocke. 
DER8N  ACTEHEDEN  IHAR  •  GROS  KRIQE  VNRVH  IN  BOMEN  WAR  •  BRACH 
DORCH  INS  GANZE  R0MI8KE  REICH  *  VERHEERT  VERWV8T  REICH  ARM  ZV- 
GELICH  .  WEHRET  BIS  VERFLOSEN  VIERZIGK  NEVN  •  SO  LA(N)G  MVSTEN 
WIHR  IM  ELEND  SEIN  •  DA  GOT  DER  HERE  AVS  LAVTER  GNAD  •  DEN  LANG 
QEWVNSKTEN  FRIEDEN  GAB  .  Dazu  die  Titel  des  Landesherrn:   V  .  G  •  G  • 
ADOLF   FRIEDRICH  H*Z*M*F*Z«W-A«D*S*S>}«D*L«R*V*S« 
H  •  Unten  am  Schlagring  die  Inschrift:  IN  GOTTES  NAMEN  BIN  ICH  GE- 
FL08EN  •  HEIN  VAM  DAM  HAT  MICH  GEGOSSEN  •  ANNO  1  •  S  •  50  •  RENO- 
VATAE  SVNT  HAE  CAMPANAE  SVERINS.  —  Vor  dem  Altar  der  Gratoteta  Gtabstein. 
des  Pastors  Ulrich  HatthMus  Pete  (geb.  1689,  Sterbedatum  fehlt)  und  seiner 
vor    ihm    gestorbenen    Gattin    Margarethe  Eleonore   Christine  Frielingen 
(7  1733)  -  -  Von  gerin^'cr  Bedevitun^'  noch  ein  Gemälde  der  Dornenkrönunf^  (Icinälde. 
aus  dem  Jahre  1712  von  Joh.  Fr.  Wilde.  —  Auf  der  Südcckc  des  Chors  drei  Glas- 
kleine farbige  GlaabiMte.  büdchen. 

KIdnkunaCwette.  i.  Silberner  gotiiischer  Kddi  auf  sechseckigem  Fi»s.  Kleinkunst- 
Am  Knauf  der  Name  IhSSVS.   Am  Fuss  die  Inschrift:  HANS  «  SEHASE  X  werke. 
HEFT  X  DISEN  X  KELCK  THO  X  GODTTES  X  ERE  X  GEVEN  X  ^  t— jn 
A0.  1627.    Wisniar'sclic  Arbc-it.         2.  Silberne  Oblatenschachtel.   W  Ifi/ 
laut  Inschrift  1757  geschenkt  von  E,  F.  G.  v.  S.^)   Schweriner  Arbeit: 

-  3.  Silberne  l'atene  von  demselben  Geber,  von  dem  die  Oblaten- 
schachte!  ist.    Schweriner  Arbeit.    Nebenstehende  Werkzeichen:  ^Bk 

—  4.  Kleiner  zinnerner  Kelch,  ohne  Inschrift  und  Werkzeichen.  —   ^  ^"'^ 
5.  Silberne  neugoUiische  Kanne,  Berliner  Fabrikarbeit  von  Emst  —  6.  Schüssel 
von  Messing,  neu. 

'}  Die  Sigla  A.  0.  8.  s.  werden  anf  einem  Versehen  beruhen  nnd  daAlr  A.  0.  Z.  S.  (=  meh 
Graf  zu  Schwerin)  halten  stehen  Millen. 

*)  A  H  am  wahri>chciiilich.stcu.    In  l  r,i^e  kann  kuuiuicu  A  B  udcr  A  R  oder  zuletzt  A  D. 

*)  Em  Mitglied  der  Familie  von  Schmetten. 


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638 


AHTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


Das  Kirchdorf  Alt-Meteln. 


Geschichte 
des 
Dorfes. 


jas  14  km  nördlidi  von  Schwerin  entfernte  Kirchdorf  Alt-Meteln  (Metle, 
Metele)  gehört  mit  zu  den  Dörfern,  welche  der  Graf  von  Schwerin  am 

6.  Deceinber  1284  vom  Bischof  zu  Lehen  nimmt.^)  Mit  Anrechten  verschiedener 
Alt,  theils  auch  mit  Besitz  auf  den  grösseren  und  kleineren  Höfen,  die  sich 
hier  im  Laufe  der  Zeit  entwickeln  und  zur  Scheidunpj  von  Alt-Meteln,  Metein 
und  Neu-Meteln  fuhren,  trclTcn  wir  in  Urkunden  und  Akten  um  1316  die 
Herren  von  Eckernförde  und  Johann  von  Verden,  um  1356  Henning  Knop 
und  Joh.  Berchtdieile,  um  1420  Jochim  von  Fleaaen  und  Harquard  Dambdc, 
um  1424  Gherd  Bonsack,  sowie  Joachim  und  Hartig  von  Bttlow,  um  144 1 
Gottschalk  Preen,  um  1456  Karsten  Zamekow,  um  1490  Karsten  Preen  und 
die  Herzöge  Magnus  und  Baltliasar  und  im  XVI.  und  XVIL  Jahrhundert  be- 
sonders die  auf  dem  benachbarten  Dambeck  wohnenden  Herren  von  Rülow. 
Um  die  Mitte  des  XVIII.  Jahrliunderts  aber  bezeichnet  es  der  damalige  Pastor 
Stapel  (ein  unordentlicher  und  zügelloser  Mann,  der  1756  Frau  und  Kinder 
verlässt  und  nach  Anwyl  in  Holland  geht)  in  dner  Eingabe  an  den  Herzog 
als  einen  Vorzug»  dass  innerhalb  sdner  Parochie  kein  Eddmann  wolme.*) 

Ueber  die  GeistUdien  des  Mittebüters  ist  nichts  bdcannt.   Die  ersten 
Namen  finden  wir  im  XVL  Jahrhundert:  um  1534  Rudolph  Spick,  der  15 18 

von  den  Herzögen  als  Patronen  der  Kirche  eingesetzt  ist,  und  um  1541 
Bartholomaeus  Fett.  Schon  damals  ist  die  »Kapelle-  Zickhusen  eine  Filiale 
von  Metein.  Von  1577  bis  1589  ist  Anton  .Steinert  Pastor  von  Metein  und 
Zickhusen,  um  1591  bis  161Ö  Alberti,  der  früher  Prinzcninstruktor  am  Hof 
des  Herzogs  Ulrich  war;  von  1620  an  fiihrt  Samuel  Langhans  das  Amt,  von 
1624  an  Elias  Cr^novius,  von  1639  an  der  aus  Bössow  (s.  o.  S.  353)  dahin 
berufene  Johann  Grontz^.")  Ihm  folgt  1675  sein  gldchnamiger  Sohn,  diesem 


*)  M.  U.-B.  1766.  Den  Namen  des  Dorfes  veibindet  Ktthnel,  M.  Jahrb.  XL  VI,  S.  93,  mit 
dem  Wort  metU  =s  Ruthe. 

*)  Schliein.nnn,  Die  I<-t7'>-  Kirchrnvi>;it.ition  m  Metein.  Ein  KttltnrcemUde  Mit  der  MUle 
de»  vorigen  Jahrhunderts.   W.ircn  iiSH8.    Kaibel's  Nachfolger. 

*)  Zur  Zeit  dcR  ersten  Johann  Gmntzig  ist  anch  die  Kirche  zu  Dombcck  sechs  Jahre  lang, 
von  1643  bis  1648,  mit  Metehi  kombiniert.  Dagegen  hat  Gallentin,  das  jetzt  in  Metein  eingepCurt 

i^t,  von  alter  Zeit  bi'^  in  <!ie  /eiton  de<  dreissi(jj:ihri^;L-ti  Krie^;es  hinein  nicht  bloss  eine  oii^ene 
Kirche,  i>oi)dern  auch  einen  cii;eneu  l'astor.  Der  letzte  l'astor  scheint  Joh.  Wiüius  gewesen  zu 
sein,  der  sich  1633  aber  Schmilemngen  setner-  Wirksamkeit  and  Binkflnfte  durch  die  Pastoren  su 

Metein,  Vieeheln  und  Gross -TrcUlnnv  beschwort,  die  -ieine  ItciilitkiiHlcr  an  sieh  ziehen.  1685 
werden  Steine  von  der  Kirche  zu  (iallcntin  bereits  zur  Reparatur  der  Kirchen  zu  Metein  und 
Zickhusen  verwandt,  1703  ebenso  fUr  die  Kirchen  zu  Lübow  und  Neuburg;    1705  steht  noch  der 


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KllvCIIDORI-  AL  I  -  MKTKI.N. 


1708  Michael  Lentz,  1744  Kaspar  Michael  Stapel  (s.  o.),  1758  Johann  Fricdr. 
Kramer  und  1795  Joh.  Samuel  Rattig  (f  1821).  Ueber  ihn  und  seine  Nach- 
folger s.  Walter  a.  a.  ü.  Im  Mittelalter  gehört  Metein  zur  Schweriner  Diöcese. 
Vgl.  S.  632,  Anmkg.  3. 

Kirche.  Die  Kirche  ist  ein  mit  Strebepfeilern  versehener,  im  Innern 
aber  nicht  gewölbter,  sondern  flach  gedeckter  gothischer  Backsteinbau.  Die 
Aussenwände  des  glatt  abschliessenden  Chors  weisen  eine  Abwechselung  von 
glasierten  und  niclugh-usierten  Ziegcischichten  auf.    Oben  unter  dem  Dach  ein 

Stromschicht- 
Fr  ics.  Am  Giebel 
drei  spitzbogige 

Blenden.  Die 
F"cnster  sind  spitz- 
bogig,  haben 
aber  durch 
Ncucnmgcn  ihre 
Ursprünglichkeit 
eingebiisst.  Die 
Laibung  des  Por- 
tals auf  der  West- 
seite zeigt  derbe 

und  breit  ab- 
gefas'te  Kanten, 
das  auf  der  Süd- 
seite   hat  feiner 
ausgebildete 
von   der  Kirche  ab- 


Kirche tu  Alt  Metein. 


Kirche. 


birnenfiirmige  l'rofilierungen. 
getrennter  Glockenstuhl. 


Statt   des  Thurmes  ein 


Altar,  Kanzel,  Taufstetn  und  Orgelprospekt  gehören  der  jüngsten 
Zeit  an  und  sind  neugothischen  Stiles.  Den  Altar  schmückt  eine  Kopie  nach 
dem  Krucifixus  des  y\nton  von  Dyck  von  Bertha  Albin.  -  Die  Kirche  hat 
drei  Glocken.  Die  grösste  ist  laut  Inschrift  am  4.  April  1663  zur  Zeit  des 
Herzogs  CHRISTIAN  LOUIS  und  des  l>astors  JOHANNES  GRÜNTZIUS  vom 
Erzgies.scr  Andreas  Wulf  gegossen  worden;  die  mittlere  von  Otto  Gerhard 
Meyer  in  Rostock  im  Jahre  1750,  zur  Zeit  Herzogs  CHRISTIAN  LUDWIG  II., 
als  JACOB  BERNHARD  POLCHOW  Superintendent  und  Magi.ster  CASPAR 
MICHAEL  STAPEL  Pastor  waren;  die  dritte  und  die  älteste  trägt  die  Inschrift: 

+  Cf)aterjiic  ♦  mü)i  *  tionicn  *  pcrbulcc  *  bicatur  *  anno  ♦  bul  ♦  111"  * 

b"  *  JcUi  •    Dazu  ist  .sie  mit  dem  Hilde  der  hl.  Katharina  und  mit  einem 


Innere  Rin- 

richtung 
tler  Kirche. 

(]  locken. 


(;.inze  riiunii  zu  ( LillL-niin.  —  l'e!>er  tlas,  einstmals  bei  Meteln  gelegen  gewesene  Dorf  MoiNnll 
(daher  noch  ilic  M.iis.ilirr  Ihifc  Uei  Meiein)  vgl.  Schililt,  M.  Jahrb.  l.VI,  S.  aij.  Nach  dem 
KeichtkitulLT-Vcrzcichniss  von  1703  zählt  Moi>all  damals  iiuch  ilreizehu  Einwuhner. 


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640 


AMXSGBRICHTSBBZIRK  SCHWERIN. 


Tartschcnschilde  verziert,  der  mit  einem  nach  rechts  schauenden  Adlcrkopf 
als  Wappenbild  gefüllt  ist. 

Kleinkunst-  Kleinkunstwerke,    i.  Silbervergoldeter  Kelch  ohne  Inschrift  und  Werk- 

werke.     zeichen.    Die  dazu  gehörige  Patcnc  enthält  die  Initialen  WCS,  das  Datum 
1801  und  den  Stempel  1 1  m  B  |.  —  2.  Silberne  Oblatenschachtel,  schöne  Treib- 


arbeit im  Barockstil;  mit  denselben  Initialen  wie  vorau^eführte  Fätene, 
aber  mit  anderem  Stempel.  —  3.  Silbervergoldetes  Geräth  zur  Kranken- 


Koniniiinion  (Kelch,  Patene,  Py.xis),  1857  von  JOHANN  EHLERS  und  EMMA 
EHLERS,  geb.  NÖLTING,  geschenkt  —  4.  Taufbecken  von  Messing,  neu. 


Das  Kirchdorf  Zickhusen. 

Geschichte  HH"^  Jahre  1284  ist  Zickhusen  [Tsikhu.scn ')]  unter  den  Dörfern,  die  der 
^      ■■■■    (jraf  vom  Bischof  zu  Lehen  nimmt.'}    Sitz  der  erloschenen  alten  Adels- 
Dorfes,    fajiij];^  von  Zickhusen  bleibt  es  bis  ins  XVL  Jahrhundert  hinrin.    1489  ver- 
kauft noch  Hdnridk  von  Zickhusen  eine  Rente  aus  seinem  Hof  an  die  Kalands- 

bruderschaH:  zu  Schwerin.  Ein  ungefähr  um  1520  aufgenommenes  Verzeichniss 
aller  aus  Zickhusen  verpfändeten  Pachte  lässt  auf  den  Niederf^anfr  der  alten 
Familie  scliliesscn  Am  Anfang  des  XV'II.  Jahrhunderts  hndcn  wir  denn  auch 
die  Herren  von  Sperling  als  die  Rechtsnachfolger  derer  von  Zickhusen,  aber 
schon  um  16 18  kauft  Herzog  Adolph  Friedrich  den  Meierhof  zu  Zickhusen 
von  Hdnrich  von  Sperling  um  9000  Gulden. 

Im  frühen  Mittelalter  hatte  Zickhusen  sdne  eigenen  Geistlidien.  Als 
soldie  finden  wir  um  1320  Heinridi  Lüneborch  und  Heinrkii  Spizelechelen.*) 
Aber  im  Anfange  des  XVI.  Jahrhunderts  ist  die  Kapelle  zu  Zicldiusen  bernts 
Filiale  von  der  Kirche  zu  Alt-Meteln. 

Kirche.  KIrdie.   Die  Kirdie  ist  dn  im  Jahre  1827  unter  dem  Grossherzog 

Friedrich  Franz  I.  ausgeführter,  im  Innern  flachgedeckter  Neubau  klassiderenden 

Stils  in  Form  eines  länglichen  V^icrecks  mit  einem  im  Westen  vorgesetzten 
?i  in  hohen  drei.stöckigen  Thurm,  dessen  niedrige  vierseitige  Haube  mit  einem 
Kreuz  bekrönt  ist. 

Altar,  Kannl  und  Orgel  sind  hintereinander  auf  dem  Ostende  auf- 
gebaut. Al.s  .Altaraufsatz  dient  ein  rieniäldc  von  R.  Suhrland  (Gebet  Christi 
am  Oclberge).  Die  mit  einem  F  •  F  •  (-  ii  drich  Franz  I.)  in  einem  Lorbeer- 
kranz geschmiickte  Glocke  ist  1830  zu  Lübeck  gegossen  worden. 

•)  VV'l.  Kiihncl.  M.  jArb.  LVl.  S.  166. 
*)  .M.  l  .-U.  1766. 
')  M.  U.  U.  4241. 


Altar, 
Kanzel, 

Orgel, 
Glocke. 


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KIRCHDÖRFBR  2ICKHÜSBN  ÜND  t»AMBfiCk. 


\eben  der  Kirche  eine  in  gleichem  Stile  mit  Benutzui^  aegyptischer  Lolchen- 
Motive  erbaute  Leichenhalle.  haUe. 

Ungefähr  zwanzig  Schritt  von  der  Südseite  der  Kirche  entfernt  ein  Granit» 
Cranitblock  init  eingelassener  eiserner  Tafel,  deren  Inschrift  dem  Grossher7.og  block. 
FRIEDRICH  FRANZ  I.  als  I'rbauer  des  (iotteshauses  den  Dank  der  Gemeinde 
ausdruckt.    Dazu  das  Dalum:   M  •  D  •  CCCXXX. 

Kletnkuaatwerke.    i — 3.  Silbervergoldetcr  Kelch  in  schweren  klassi-  Kleinkunst- 
derenden  Formen,   mit  dem  eingravierten  Bilde   des  Lammes     Uazu  eine  werke. 
Patenc.    Schweriner   Arbeit:   [Tj  |  F  G  |.     Mine   gleichzeitig;    mit   Kelch  und 
Patenc  beschaffte  silberne  Oblatenschachtel,  aber  ohne  Vergoldung. 
Schweriner  Arbeit:  [T]  |  f  g  |.   Auf  Kdch,  Pätene  und  Oblaten- 
dose eine  Krone  mit  zweimal  fiinf  Federn  und  seitwärts  hervor- 
sehenden  Rädern.  —  4 — 6.  Ein  gusseiserner  Krucißxus  und  zwei  gussdseme  ' 
Altarleuchter,  alle  drei  Stucke  in  klassicierendem  Stil. 

Das  Inventar  von  i8ti  enthält  keine  Beschielhinig  der  alten  Kirche, 

wohl  aber  allerlei  Angaben  über  das  ehemalige  Inventar.  Hierunter  war  das 
älteste  Stück  eine  Glocke  aus  dem  Jahre  1651,  die  von  Heine  van  Dam  ge- 
gossen war.  Es  gab  in  den  Fenstern  alte  Glasmalereien  von  1665;  Altar 
und  Kanzel,  auch  schon  in  der  ahen  Kirche  ein  zusammengebautes  Werk, 

stammten  von  1701.  Endlich  waren  da  eine  Altardecke  von  1720,  zinnerne 
Leuchter  von  1733,  ein  Kelchtuch  von  1743  und  ein  Klingebeutel  von  1746. 


Das  Kirchdorf  Dambeck. 

as  20  km  nördlich  von  Schwerin  und  16  km  südlich  von  Wismar  gelegene  Geschichte 

Kirchdorf  Dambeck '1  hat  1230  noch  keine  Kirche,  sondern  gehört 
damals  zur  ParDchie  lieidcndorl  und  mit  ihm  zur  alten  Ratzeburger  Diöcese.  Do^^fc*- 
Aber  hundert  Jahre  spater  ist  es  bereits  ein  Kirchdorf,  dessen  mit  glasiertem 
Fries  und  Kalifsims  ausgestattetes  zierliches  Gotteshaus  an  die  besten  Wismar- 
schen  Bauten  dieser  Zeit  erinnert  und  durch  einen  Baumeister  von  dortlier 
errichtet  sdn  m^.*)  Nach  dem  Personenregister  des  Meddenburg.  Urkunden- 
buches  zu  urthcilen,  ist  die  erst  am  Ende  des  XVI.  Jahrhunderts  erloschene 
Adelsfamilic  der  Herren  von  Dambeck  von  Anfang  an  hier  ansassit;,  wenn- 
gleich die  Dambecker  Linie  als  solche  erst  am  25.  Mai  1356  genannt  wird, 
als  sich  die  Rathsherren  zu  Wismar  hier  die  Ausnützung  eines  Torfmoores 


')  N.ich  Kilhnel  XI.VI.  S,  36,  von  dalui    -  F.iche,  koUekt.  dabOn  c=  KehwaUort;  »|L 
die  Dörfer  Kichhnf,  F.ichhnlz,  Kickhof.  Kicktlherjj.  Kichenthal. 

«j  M.  L.-ll.  375  (.S.  374;.   5613  (.S.  541).  8223. 

41 


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642 


AMTSGKKIt  ll'ISHKZIKK  SCIlWKRIN. 


sichern.  1488  machen  sich  Vickc  und  Burchard  von  Danibcck  durch  Stiftung 
von  Acker-,  Wiesen-  und  Weideland  mit  weiteren  Gerechtigkeiten  von  l^ülz- 
nutzung  und  Fischerei  um  ihre  Kirche  verdient,  doch  haben  sie  nicht  das 
Patronat.  Dieses  ruht  in  der  Hand  der  Fürsten.  Den  20.  September  1587 
stirbt  der  letzte  seines  Stammes,  Joachim  von  Dambeck.  Das  heimgefallene 
Lehn  verleiht  der  Landesherr  an  V'icke  von  liülow  auf  Rensow,  der  seit  1 583 
die  Anwartschaft  darauf  besitzt  und  1591  auch  um  Ueberla.ssung  der  hohen 
Gerichtsbarkeit  hier  in  Dambeck  luid  in  Dalliendorf  bittet.  Sein  Gesuch  muss 
nicht  erfüllt  worden  sein.  Denn  als  Dambeck  am  25.  September  1610  von 
sei.  Vicke  von  Bülow's 
Gläubigern  Pur  die  Summe 
von  28000  Gulden  als  erb- 
licher Besitz  auf  Dietrich 
von  Bülow  zu  Kritzow 
übergeht,  da  werden  das 
jus  patronatus  .sowie  das 
den  I  lerzögen  in  Dambeck, 
Dalliendorf  und  Webcls- 
fclde  zustehende  höchste 
Gericht  ausdrücklich  aus- 
genommen. Auch  Dietrich 
von  Bülow  bittet  1614  um 
diese  Privilegien  und  ist 
erbötig,  eine  flir  die  da- 
maligen Verhältnisse  be 
trächtlich  enscheinende 
Summe  dafür  zu  zahlen, 
doch  genügt  sie  nicht 
1626  geht  Dambeck  für 
3000oGulden  auf  Joachim 
von  der  Lühe  über.  ICr 
erhält  dazu  am  10.  Decbr. 
desselben  Jahres  den  her- 
zoglichen Konsens  und  Lehnsbrief  und  besitzt  das  Gut  bis  1653.  Von  1654  bi.s 
1694  hat  es  Andreas  von  der  Lühe,  von  da  an  bis  zum  Jahre  1710  Hans 
Friedrich  von  der  Lühe.  Dieser  verkauft  es  im  genannten  Jahre  an  den 
Herzog  Friedrich  Wilhelm,  lässt  sich  aber  versprechen,  dass  an  ein  anderes 
Lehen  für  ihn  und  seine  Kinder  gedacht  werden  solle.')  Seit  1710  gehört 
nun  Dambeck  zum  fürstlicher»  Domanium  und  zum  Amt  und  Stiftsamt  Schwerin 
sowie  seit  1849  zu  den  Domänen  des  Gro.ssherzoglichen  Hau.sguts. 

Ucber  die  Gci>^tlichen  des   Mittelalters   in   Dambeck,  die  unter  dem 
Archidiakonat  des  l'rob.stcs  von  Katzeburg  stehen,  gicbt  es  keine  Nachrichten. 


Ktrchu  IM  Damlieok. 


')  Nuch  174S  criuiicrt  hieran  »ein  Sohn  Johann  l-VicJrich  von  der  Luhe. 


,  Cc 


KtRCHDORP  UAMftECK. 


643 


1534  ist  Heinrich  Pysell  der  von  Herzog  Heinrich  eingesetzte  Kirchherr;  1541 
ist  es  Nikolaus  l'ctri;  von  1592  bis  1599  Daniel  Mester;  von  1599  bis  1632 
raul  Harring;  von  1633  bis  1639  Nikolaus  Bctcnds.  Nach  dessen  Tode  wird 
Dambeck  mit  Alt  Mcteln  kombiniert  und  bleibt  in  diesem  V'erbande  bis  zur 
Berufung  von  Samuel  Mass  (Maaus)  im  Jahre  1653.  Nach  Mass  folgen  1658 
Joachim  Stange  und  1695  Dietrich  Markendorf  (f  schon  1709).  Wiederum 
findet  eine  kurze  Kombinierung  mit  Metefal  statt.  Von  1713  bis  1731  ist 
Daniel  Granz  I'astor,  von  1731  bis  1750  Georg  Christian  Krüger;  von  1751 
bis  1774  Georg  Jonas  Heiidler;  von  1775  bis  1779  Maxim.  Gotth  Georg  Neu- 
bauer;  von   1780  bis   1798  Jüh.  Chr.  Frahm  und   1799  folgt  Karl  Traugott 

Hilhgcr  (f  1827).  Ueber  seine  Nachfolger 
s.  Walter  a.  a.  O. 

Kirche.  Die  Kirche,  ein  mit  Strebe- 
pfeilern bewdirter  zieriicher  Ziegelbau  auf 
Feldsteinfundaroent,  ist  ein  einziger  ungetheilter 

und  flachgedeckter  Kaum  mit  Chorschi uss  aus 
dem  .Achteck  und  mit  spitzbogigen  I'"enstern. 
Der  I  hurin  iüt  von  gleicher  Hreite  und  auch 
von  gleichem  Mauerwerk  wie  das  Schiff, 
aber  sein  oberstes  Stockwerk,  in  welchem 
die  Glocken  untergebracht  sind,  ist  ein  Holz- 
bau mit  einem  im  Westen  al^walmten 
.Satteldach.  Be.sonders  hübsch  ist  ein  aus 
-^chwarzglasierten  I'ormsleinen  gebildeter  Fries, 
fltr  die  Aussenseiten  des  Srhilies  und  des 
Chores  ziert.  Auch  das  Kaffgesims  an  der 
Basis  des  Mauerwerks,  das  Schiff  und  Chor 
IEl^&i^  ;^  ;iM umzidit  und  gleichfalls  schwarz  glasiert  ist, 

BCSg  ^SirlTi«  Beachtung. 

Altar  und  Kaasel,  mit  einander  ver- 
bunden ,  gehören  der  ersten  (fiilfte  des 
vorigen  Jahrhunderts  an.  Einzelne  I-'iguren  des  alten  Triptychons,  welches 
einst  deren  Stelle  einnahm,  finden  sich  noch  anf  der  Xordseite  der  Kirche.  — 
l'nter  dem  Gestühl  mag  der  (iross  Krankower  Sil/  mit  den  geschnitzten 
W  appen  der  l  amilicn  von  Stralendorf  (D  v  S)  und  Revcntlov  (D  R)  genannt 
werden.')  —  Das  alte  Triamphkrens  mit  den  vier  Evangdisten-Symbolen  ist 
auf  den  Kirchenboden  versetzt  —  Im  Thurm  zwei  Glocken,  von  denen  die 
grössere  in  ihrem  Kranze  die  Inschrift  hat:  ^  atmo  +  hoitllnf  +  ntflTcfinia  + 
cccc  4-  %xx\i  -h  funhntar  +  VjbliiG  +  opcri^  -I-  erat  +  tfinmo  + 

icgijcr.    Dazu  zweimal  das  nebenstehende  Zeichen.     Die  kleinere 
war  1824  von  F.  W.  Hirt  in  Lübeck  aus  einer  älteren  umgegossen,  hat  aber 


Fries  an  der  Au»t^n»eite  des  Chors. 


Kirche. 


Altar  und 
Kanzel. 


Gestühl. 

Triumph- 

kreuz, 
Glocken. 


xx 


')  I  fltcr  die  chcnu-iligc,  1609  erbaute  und  xwiachea  1751  und  1790  engcgmgeiie  Kirehe 

lu  Uro»s-Krankow  vgl,  oben  S.  196. 

41» 


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644 


AMTSGERICHISHRZIRK  SCIIWKRIN. 


Glas- 
malereien. 


Grabsteine.  1879  wieder  einen  Uniguss  erfahren.  Der  Name  des  Gics-scrs  fehlt.  —  Grab- 
steine. Der  bemcrkensvvcrtheste  ist  ein  dem  I-!nde  des  XVI.  Jahrhunderts  an- 
gehörender Stein  mit  den  Reliefbiidcrn  de.s  Vicke  von  Btilow  und  seiner 
Khefrau  Ursula  von  Below.  Er  ist  noch  bei  Lebzeiten  des  Khepaars  gelegt 
worden,  man  hat  aber  nachher  aus  irgend  welchen  unbekannten  Gründen  die 
volle  Au.sfuhrung  der  Inschrift  unterlassen.  In  jeder  Ecke  ein  Wappen.  Es 
sind  die  der  Familien  VON  BVLOW,  BELOW,  VON  DER  LÜHE  und  VON  GOL- 
CEN.*)  Au.sserdem  mag  noch 
genannt  werden  der  Stein 
des  Pastor  Jochim  Stange 
mit  dem  Datum  1672.  — 
In  einem  der  F'enster  auf 
der  Südseite  des  Chors  sieht 

man   verschiedene  Glas- 
malereien   aus   dem  Jahre 
166 F.  darunter  das  Wappen 
des   JOACHIM  VON  DER 
LÜHE  und  das  .seiner  Gattin 
LUCIA   MARIA  PREEN; 
weitere  Wappenmalereicn 
finden  sich  hier  zu  den  vier 
Namen  ERNST  und  SALOME 
PETERSEN,  HINRICH  KOCH 
und    HARTIG    BENEKE.  In 
einem  der  Fenster  gegenüber 
auf  der  Nordscitc  findet  man 
Reste  von  den  W^ippen  des 
ANDREAS^)   und   der  ANNA 
VON  DER  LÜHE,  der  ELISA- 
BETH ZEPELIN  und  des 
HINRICH  BARG. 

Kleinkunstwerke. 

I.  Silbervergoldetcr  Kelch 
auf  sechspassigcm  F"u.ss  vom 
Jahre  1696,  dem  ersten  Jahr, 


Kleinkunst- 
werke. 


Bülow'schcr  <iral»tein. 


in  welchem  laut  Inschrift  A.  D.  MARCKENDORFF  Pastor  war;  am  Fuss  die 
Angabe,  da.ss  ihn  der  Amtmann  TÖPPELL  1753  neu  vergolden  Hess.  Auf 
der  zugehörigen  Patene  eine  In.schrift  von  1696,  nach  welcher  CLAUS  Vk^AR- 
NEKE,  furstl.  meckl.  Ambt  Schreiber»  zu  Schwerin,  der  Geber  EH  ') 
war.    Wismarsche  Arbeit.    Nebenstehende  Zeichen.  —  2.  Silberner 

')  Vickc  von  RUlow  auf  KciisdW  hcirntliclc  l'rMila  von  Helow  von   Klinken,  8«ine  Mutter 
war  Clara  von  der  I.ilhc  von  l.ic])cn,  ihrt-  .MiUIlt  war  i*uriia  \on  (iolcen. 
')  Andreas  ist  der  Valcr  «los  vorj;«"n.innicn  Jo-ichim  von  der  I.Uhc. 

'1  I'if  Inilialt:!!  tlfirkfii  ^wU  nicht  mit  tiiu-m  der  X.unon  1>ei  Oull.  .\nit  d.  ( ioldscltm,.  S.  52. 


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KIRCHDORF  CRAMON. 


645 


gothischer  Kelch  auf  sechseddgem  Fuss  mit  einem  plastischen  Krucifixus  als 
Signaculum.    Auf  den  Rauten  des  Knaufes  der  Name  iljcfliQ     Keine  W'rrk 
zeichen,  auch  nicht  auf  der  Patene.  —  3    /Zinnerner  Kelch,  laut  Inschrift  1762 
geschenkt   von   ELEONORE  CATHARINA  STANG  (»nee    Possehlen u).  Ohne 
Marke.  —  4.  Zinnerne  Oblatendose  von  1754  mit  einem  aus  M  E  s  B  ge- 
bildeten Doppehnonogramm.  —  5.  Zinnerae  Abendmahlskanne, 
laut  Inschrift  1752  geschenkt  von  CHRISTIAN  HOLOÖRFF.  Wis 
marsche  Arbeit.       6.  7.  Zwei  zinnerne  Altarleucbter  in  klassi» 
cierendem  Stil,  i>eide  ohne  Werlueichen. 

Auf  der  DamWcker  Pcldmark,  nahe  der  Landstrasse  die  »Siebenteia««.  »Sieben- 
Vgl.  Niederhöfler  I,  S.  229.  steine,  c 


Das  Kirclidorf  Cramon. 

chon  am  Ende  des  Xlf.  Jahrhunderts  zu  Bisdiof  Bemo's  Zeit,  um  1178,  (leschichte 
gid»t  es  im  Dorfe  Cramon,  das  13  km  nordwestlich  von  Schwerin 
liegt  und  dessen  Name  mit  dem  attslavischen  Wort  kremy  (kremenl  —  Kiesel,  I^orfes. 

Feuerstein)  in  Verbindung  gebracht  worden  ist.')  einen  Geistlichen,  den 
Dominus  Frnncn  de  Cremun,  drr  mit  seinen  Anitshrüdern  Symon  zu  Viechein 
und  Hernharcl  zu  Stuck  zusanmu-n  zu  di-n  t-rstcn  ( llauhensboten  des  L.miles 
gehört.*)  Die  heutige  Kirche  freilich  wird  damals  noch  nicht  gestanilen  haben; 
sie  ist  offenbar  ein  jüngeres  gothisches  Bauwerk  und  frühestens  in  den  Anfang, 
wahrscheinlich  aber  in  die  Mitte  oder  in  die  letzte  Hälfte  des  XIV.  Jahr- 
hunderts zu  setzen.*)  Ob  die  alte  Adelsfamilie  der  Herren  von  Cramon,  von 
denen  ein  Zweig  während  des  XIII.  Jahrhunderts  in  der  Schweriner  Grafschaft 
vorkommt,  ein.st  auf  Cramon  und  ("ranionshagen  .sass,  Irisst  sich  urkundlich 
uiclit  feststellen,  ist  aber  anzunehmen,  l'ndc  des  XIII.  Jahrlumderts  erwirbt 
das  Domkapitel  Grund  und  Boden  in  Cramon,  doch  reservieren  sich  hier  die 
Grafen  von  Schwerin  das  höchste  Gericht')  Im  XVI.  Jahrhundert  finden  wir 
ausser  der  Sternbeiger  Priesterschaft  die  Familien  von  Drieberg,  von  Schön- 
eich, von  Oertzen.  von  Pentz  und  ausserdem  auch  die  Herzöge  mit  Besitz  und  . 
Rechten  verschiedener  Art  in  Cramon,  im  XVII.  Jahrhundert  auch  die  Familien 
von  der  Lühe  und  von  Hundt.  Doch  verstehen  es  in  der  Folt^e  die  Herren 
von  Drieberg,  Cramon  als  Pertinenz  von  Cramonshagen  und  (iottmaniisforde 
bis  an  das  Fndc  des  vorigen  Jahrhunderts  festzuhalten.  1781  verlieren  sie  es 
aus  ihren  Händen,  1782  wohnt  auf  Cramonslu^n  der  Oberstlieutenaot  Ulrich 


')  Ktthnel,  M.  Jahrb.  XLVI.  S.  75. 
*)  M.  U.-B.  tas. 
*)  Lisch,  M.  Jahrk  XLI,  S.  sio. 
*)  M.  U.-B.  1473.  1787. 


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644 


A  M  TSC  ERIC  H  TS  ISEZI R  K  SC  1 1 W  V.  R I N . 


Glas- 
malereien. 


Grabsteine.  1879  wieder  einen  Umguss  erfahren.  Der  Name  des  Gicssers  fehlt.  —  Grab- 
steine. Der  bemerkenswertheste  ist  ein  dem  ICnde  des  XV'I.  Jahrhunderts  an- 
gehörender Stein  mit  den  Reliefbildcrn  des  Vicke  von  BUlow  und  seiner 
Ehefrau  Ursula  von  Below.  Er  ist  noch  bei  Lebzeiten  des  Ehepaars  gelegt 
worden,  man  hat  aber  nachher  aus  irgend  welchen  unbekannten  Gründen  die 
volle  Ausfuhrung  der  Inschrift  unterlassen.  In  jeder  Ecke  ein  Wappen.  Es 
sind  die  der  Familien  VON  BVLOW,  BELOW,  VON  DER  LÜHE  und  VON  GOL- 
CEN  ')  Ausserdem  mag  noch 
genannt  werden  der  Stein 
des  Pastor  Jochim  Stange 
mit  dem  Datum  1672.  — 
In  einem  der  Fenster  auf 
der  Südseite  des  Chors  sieht 

man   verschiedene  Glas- 
malereien   aus   dem  Jahre 
1661,  darunter  das  Wappen 
des   JOACHIM   VON  DER 
LÜHE  und  das  seiner  Gattin 
LUCIA   MARIA  PREEN; 
weitere  Wappenmalercien 
finden  sich  hier  zu  den  vier 
Namen  ERNST  und  SALOME 
PETERSEN,  HINRICH  KOCH 
und    HARTIG    BENEKE.  In 
einem  der  P'en.ster  gegenüber 
auf  der  Nordseite  findet  man 
Reste  von  den  Wappen  des 
ANDREAS*)  und   der  ANNA 
VON  DER  LÜHE,  der  ELISA- 

BETH  ZEPELIN  und  des 
HINRICH  BARG. 

Kleinkunstwerke. 

I.  Silbervergoldeter  Kelch 
auf  sechspassigem  Fuss  vom 
Jahre  1696,  dem  ersten  Jahr, 

in  welchem  laut  Inschrift  A.  D.  MARCKENDORFF  Pastor  war;   am  Fuss  die 
Angabe,  dass  ihn  der  Amtmann  TÖPPELL  1753   neu  vergolden  Hess.  Auf 
der  zugehörigen  Palenc  eine  In.'ichrift  von   1696,  nach  welcher  CLAUS  WAR- 
NEKE,  Rirstl.  nicckl.    Ambt  Schreiber«^   zu  Schwerin,  der  Geber  ERQ  /seX 
war.    Wismarsche  Arbeit.    Nebenstehende  Zeichen.  —  2.  Silberner 

')  Vicke  von  Htilow  auf  Ki-n-nw  heir.-xtlicle  I  rsulii  von  llelow  von   Klinken,  seine  Mutter 
war  dar.!  \on  der  I.lllie  von  I.icpcn.  ihre  .\Iuttcr  war  Murtin  v«m  (iolcen. 
')  AndrciLs  ist  der  Vater  des  vorseiLinnten  Jn-ichim  von  der  I.Ulic. 

"i  I11C  liiilialcn  dcokfn  «.iefi  nicht  mit  fiiiom  der  N'amcn  Itti  CrHll,  .\ml  tl.  (!old<«clim..  S.  52. 


Kleinkunst- 
werke. 


BUlow'üchcr  (iraUslein. 


KIRCHDORF  CKAMON. 


645 


gothischer  Kelch  auf  sechseckigem  Fuss  mit  einem  plastischen  Krucifixus  als 
Signaculum.    Auf  den  Rauten  des  Knaufes  der  Name  jljcfllö-    Keine  Werk- 
zeichen, auch  nicht  auf  der  l'atene.  —  3.  Zinnerner  Kelch,  laut  Inschrift  1762 
geschenkt   von   ELEONORE  CATHARINA  STANG  (»näe    Possehlen«).  Ohne 
Matice.  —  4.  Zinnerne  Oblatendose  von  1754  mit  einem  aus  M  E  s  B  ge- 
bildeten Doppelmonogramm.      5.  2Unnerne  Abendinahbkanne, 
laut  Inschrift  1752  geschenkt  von  CHRISTIAN  HOLDÖRFF.  Wis 
manche  Arbeit  —  6.  7.  Zwei  zinnerne  Altarleucfater  in  klassi- 
cierendem  Stil,  beide  ohne  Werkzeichen. 

Auf  der  Dambecker  FcMmark,  nahe  der  Landstraaae  die  »Siebeaatetncc^  »Sieben- 
Vgl.  Niederhöfler  I,  S.  229.  steine,  c 


Das  Kirchdorf  Cramon. 

:hon  am  Ende  des  XII.  Jahriiunderts  zu  Bischof  Bemo's  Zeit,  um  1178,  (beschichte 
giebt  es  im  Dorfe  Cramon,  das  15  km  nordwestlich  von  Schwerin 
liegt  und  dessen  Name  mit  dem  altslavischen  Wort  kremy  (kremen!  =  Kiesel,  l^orfes. 
Feuerstein)  in  X'crhindui^  gebracht  worden  ist.')  einen  Geistlichen,  den 

Dominus  Franco  de  Cremnn,  der  mit  seinen  Amtsbrüdern  Symon  zu  Viechcln 
und  Hi  rnliard  zu  Stück  zusammen  zu  den  ersten  ( ilaubcnsboten  des  Landes 
gehört.-)  Die  heutige  Kirche  freilich  wird  damals  noch  nicht  gestanden  haben; 
sie  ist  offenbar  ein  jüngeres  gothisches  Bauwerk  und  frfihestens  in  den  Anfang, 
wahrscheinlich  aber  in  die  Mitte  oder  in  die  letzte  Hälfte  des  XIV.  Jahr- 
hunderts zu  setzen.')  Ob  die  alte  Adelsfamilie  der  Herren  von  Cramon,  von 
denen  ein  Zweig  während  des  XIII.  Jahrhunderts  in  der  Schweriner  Grafschaft 
vorkommt,  einst  auf  Cramon  und  Cramonshagen  sass,  lässt  sich  urkundlich 
nicht  festst<'llen,  ist  aber  anzunehmen.  Fnde  des  XIII  Jahrhunderts  erwirbt 
das  Domkapitel  Grund  und  Boden  in  Cramon,  doch  reservieren  sich  hier  die 
Grafen  von  Schwerin  das  höchste  Gericht.')  Im  XVI.  Jahriiundert  finden  wir 
ausser  der  Stemberger  Priestersdiaft  die  Familien  von  Driebei^,  von  Schön- 
eich, von  Oertzen,  von  Pentz  und  ausserdem  auch  die  Herzöge  mit  Hesitz  und 
Rechten  verschiedener  Art  in  Cramon,  im  XVII,  Jahrhundert  auch  die  Familien 
von  der  Lühe  und  von  Hundt.  Doch  verstehen  es  in  der  Folge  die  Herren 
von  Drieberg,  Cramon  als  IVrtiiu  iiz  \  on  Cramonshagen  und  Gottmannsforde 
bis  an  das  Fnde  des  vorigen  Jahrhunderts  festzuhalten.  1781  verlieren  sie  es 
aus  ihren  Händen,  1 782  wohnt  auf  Cramonshagen  der  Oberatlieutenaiit  Ulrich 

•)  Kuhnel,  M.  Jahrl».  XLVI,  S.  75. 
*)  M.  Ü.-B.  ISS. 
•)  Lisch,  M.  Jahrb.  XU,  S.  210. 
*)  M.  U.-B.  147s.  1787. 


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646 


AM  ISÜERICH  r.SHK/.IRK  SCHWKKIN. 


Karl  Adolph  von  Bassewitz,  und  auf  Gottniannsfbrde  der  Hofrath  Gottlieb 
Schnelle.    Dem  Krstgenannten  folgt  1784  Jakob  Aug.  Schönberg  als  Hositzer, 
und  auf  diesen  1799  Johann  Friedrich  Böhl,  der  iSiS  von  Kaiser  Franz  in 
den  Adel.sstand  erhoben  wird  und  1829  auch  das  (nit  Gottmannsfördc  erwirbt 
Heute  haben  .seine  Naclikommen  diese  Güter  in  Hiinden. 

Au.sser  dem  Namen  des  hVanco  de  Crcmun  erfahren  wir  von  den  (ici.st- 
lichen  des  Mittelalters  nur  noch  dcti  des  Johannes  Cleveheu  aus  .seinem  Grab- 
stein. Kr  ist  von  1381  bis  1416  Rektor  der  Kirche  zu  Cramon  und  hat 
vielleicht  .schon  damals  die  Kirchen  oder  Kapellen  zu  Dricberg  und  zu  Herren- 
Steinfeld  zu  verwalten,  die  zum  ersten  Mal  im  Visitation.sprotokoll  von  1541 
und  nachher  oft  genug  bis  ins  XVII.  Jahrhun  lert  hinein  in  den 


nannt  werden.')  Um  1541  ist  Nikolaus  Hanc  Kirchherr,  von  1559  an  Joachim 
Kirchner,  von  1590  an  Joh.  Montanus,  von  161 8  an  Ale.vander  (iypsiu.s,  von 
1666  an  als  Adjunkt  des  vorigen  Nikolaus  Suhr,  von  1676  an  Friedr.  Ulrich 
Reppenhagen,  von  1701  an  Christian  Gotthard  Turlach,  von  1710  an  Hierony- 
mus Nieper,  von   1746  an  Phil.  Karl  Friedr.  Laudahn,   von   1752  an  Karl 


')  In  seinem  Pcichlkinder-Vorzeichniss  vom  Jahre  1705  ;jit'l»t  Pastor  Turlach  an,  Jass  beide 
Kilialen  nicht  mehr  vorhanden  seien.  Die  Kirche  zu  l>riclKr(i  wäre  Imufalli};  gewesen  und  »vor 
einit;eii  J.-ihrcn«  ahgcliiochcn  wortlen ;  «lit;  Kirche  in  HcrrcnMcinfcKI  aber  sei  umgefallen,  und 
darauf  habe  man  das  hierher  eiin;e|ifarrt  ^jewc^ene  Dorf  Warnitz  zur  l'farre  ii»  Trcl>bow  gelegt 
und  dadurch  die  Cranioncr  l'farrcinkilnfle  geschniiilert.  -  Von  beiden  Kilialkirchen  scheint  die 
/«  IIcTrcnstciiifeld  die  be<l.  »tendcrc  gewesen  «u  .-iein.  Hier  «ar  «och  bis  zum  Jahre  l622  sonn- 
läi,'lich  fiouesdienst,  von  da  an  aber  mir  vierteljährlich  auf  landesherrliche  Verfügung. 


An.sicht  von  Cramon. 


KIKCHOURF  CkAM(JN. 


647 


Christian  Gardclin  und  von  1783  an  Christoph  Daniel  Wiechel  (f  1815). 
Ueber  ihn  und  seine  Nachfolger  s.  Walter  a.  a.  O.  Das  Patronat  der  Kirche, 
die  im  Mittelalter  zur  Schweriner  Diöcese  gehört,  übt  von  alter  Zeit  her  der 
I-;indesherr  aus.  Demgcmäss  gehören  Kirche,  Pfarre  und  Küsterei  zum 
Domanialamt  und  Stiftsamt  Schwerin,  das  übrige  Cramon  aber,  soweit  es 
Pertinenz  von  Cramonshagen  ist,  7um  ritterschaftlichen  Amt  Schwerin. 

Kirche.  Die  Kirche,  ein  mit  Pfeilern  bewehrter  und  im  Innern  flach-  Kirche, 
gedeckter  gothischer  Backsteinbau,  hat  im  Osten  einen  Chorschluss  aus  dem 
Achteck  und  im  Westen  einen  an  Stelle  eines  früheren  hölzernen  Glocken- 
stuhls im  Jahre  1.S44  errichteten  neuen  Thurm  mit  Satteldach.  Die  Hedachung 
der  Kirche  zeigt  noch  das  alte  .schwere  Material  der  »Mönche«  und  »\onnent. 
Hei  der  Restauration  im  Jahre  1823  sind  von  dem  alten  Inhalt  zwei  Grab-  Cirabstfine. 


steine  übrig  geblieben,  «lic  Bedeutung  haben.  Der  eine  dieser  beiden  Steine 
lag  vor  dem  Altar  und  zeigt  in  eingegrabenen  Umrissen  das  Bild  eines 
Priesters  mit  dem  Kelch.  Auf  den  vier  locken  die  Evangelisten  Symbole. 
Zwischen  ihnen  die  Inschrift:  ailO  :  bnl  •  III  :  CCCC  \  )CUi  •  fcgucilti  •  b\t  • 
pf  •  fcfhi  fiarrljolomci  äpü  •  4y  •  hn|  |  ioljcs  clEiicljcu  |  qiii  rcor  •  Ijiii' : 

CCCle'  :  nnniS  )[)[J:Vj  •  flltt  :  Or  •  bCII  •  ;p  •  CO  • ')  Der  andere  Grabstein 
liegt  hinter  dem  Altar.  Er  enthält  als  Bild  Wappen  und  I  lelmzier  der 
Familie  von  Drieberg  und   die  Inschrift:         15  |  72  bc  7.  .iKflrtij  ftarff  • 

*)  Der  (IrahMein  sCeht  jclzt  an  der  Waml.  Uci  <lcr  I  ritL-rsuchun^;  des  .Namens  an»  7.  i)ec. 
IÄ97  durch  die  Herren  .Archivr.ith  I  >r.  (iroicfcn«!,  I»r.  .Stuhr  iiiul  dun  Vt:rfaN;.er  Idieh  l'nsicherheil 
«larllltcr,  oh  statt  h  wolil  I»  uiul  statt  <lcr  l>eiilen  v  wohl  n  zu  Ic^.-ii  >ei.  Kiiie  sichere  Kiit- 
Kchetdung  Uber  Klcuehcu  und  KleneKen  ist  vorläufig  nicht  zu  erzielen. 


Kirche  von  C  ramon. 


648 


AMTSGERICHTSHEZIRK  SCHWERIN. 


bt  ttttlt  bnbc  I  €tent  \  fcflc  tfacftlm  brißatd^  bc_  ^ot  "^nabe  •  Unter 
dem  Wappen  der  Spruch  Joh.  19^  iJcH  tuet  bat  ini  |  \JOClofcr  leuct  |  bn 
tacrt  ml  !jct  |  na  btlj  bCt  'Cr  |  bc  bptUCfftC  •    In  den  Ecken  die  Wappen 
der  DRIBERG,  BÜLOW.  LINSTOW. 
SMEKER.  —  Ausserdem  ist  noch 
der    jetzt    zurückgestellte  obere 
(iranit-     Theil  einer  alten  GranitfUntc  cr- 
fünie.      halten  geblieben.  —  Endlich  ver- 
Glockcn.    dienen   auch   die   Glocken  eine 
Erwähnung,  von  denen  die  eine 
1827  von   F.  W.  Hirt  in  Lübeck, 
zur    Zeit    des    Pastors  MARTIN 
HEINRICH    FRIEDRICH  STOLTE, 
und  die  andere  1844  von  P.  M. 
Hausbrandt  in  Wismar,  zur  Zeit 
des    Pastors    F.  MÖLLER,  um- 
gegossen worden  ist. 

Nach  dem  Inventar  von 
1 8 1 1  waren  die  Vorgänj^erinnen 
der  beiden  (»locken  1788  von 
Landre  in  Lübeck  gegossen 
worden. 


Kleinkunst-  Klcinkunstwerke.     i.  Sil 

werke,    berner  Kelch,  inwendig  vergoldet . 

175 1   geschenkt  von  FRANZ 
HENGFOSS.    Dazu    eine  Patene, 
in  demselben  Jahr  geschenkt  von 
HANNA    DOROTHEA  HENG- 
POSSEN.     Schweriner  .Arbeit. 
Werkzeichen:  (s)  (2")-  — 
2.  Silberne  Oblatcn.schachtel 
von   1760   mit  den  Namen  des 
HANS  REUTER    und  der  ELISA- 


(JrabMein 
des  Joh.  Kleiiehcu. 


Grabstein 
rlcs  Jochini  von  Oriher^;. 


BETH  MARIA  HENGPOSSEN.  Schweriner  Arbeit.  Werkzeichen:  0  (TtT).  — 
3.  Kleiner  silberner  Krankcnkcich  von  1764  mit  dem  Namen  des  RUDOLF 
FRIEDRICH  CHRISTIAN  HENGVOSS.  Wie  2  und  I  gestempelt.  —  4.  Silberne 
W'cinkanne  von  1834  mit  dem  Namen  des  J.  F.  VON  BÖHL.  Schweriner 
Arbeit:  [|]  |ZEPPL1N|.  —  5.  Ein  In  Seide  gesticktes  Kelchtuch  mit  den 
Initialen  L.  C.  H.  und  der  Jahreszahl  1749. 


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KIRCHDORF  RBTGBNOORF. 


649 


Du  Kircbdorf  Retgendorf. 

m  Jahre  1241  begegnet  uns  zum  ersten  Mal  urkundlich  das  13  km  nord-  Gechichte 


nordöstUdi  von  Schwerin  auf  der  andefen  Seite  des  Grossen  Sees  ge* 
legene  Dorf  Reigendorf  [Retekendorp  *))  als  dn  zur  Schweriner  Diöcese  ge- 
hörendes Kirchdorf,  das  sich  besonderer  nunst  der  Gräfin  Audacia  von 
Schwerin  erfreut  und  dessen  Kirche  vom  Bischof  I  Dietrich  (1240  bis  1247)  v;r- 
wciht  ist.  Der  Pfarrsprengcl  umfasst  (he  Dörfer  Flessenow,  Schlagstorf, 
Licssow,  Tcssin  und  Buchholz,  von  denen  das  letztgenannte  schon  damals, 
wie  noch  heute,  eine  besondere  Filialkapelle  besitzt.  Um  1350  gehört  das 
Kirchlehn  zu  Reigendorf  mit  zum  Leit^edinge  der  Grüfin  Elisabeth  von 
Schwerin«  und  um  1370  erfahrt  die  Pbrochie  eine  Vergrösserung  durch  Ein- 
pfarrung  des  Dorfes  Holdorf.  Die  letzte  Vermehrung  aber  erfolgt  1782  durch 
Hinzufiigung  von  Rubow,  das  schon  einmal  in  der  Reformationszeit  vorüber 
gehend  zu  Retgendnrf  gehört,  dann  wieder  bis  ans  ICndc  des  XV'I.  Jahrhunderts 
ein  selbständiges  Kirclulorf  darstellt,  vom  XVII.  Jahrhundert  an  aber  bis  /.um 
Jahre  1782  als  Filiale  mit  Viecbeln  veriumden  ist  (S.  o.  S.  289  und  294).*) 

Schon  frfih  sitzt  hier  das  alte  Geschlecht  der  »Speriinge«  oder  der 
Herren  von  Sperling,  auf  Rubow  und  Schlagstorf  finden  wir  sie  in  der  ersten 
Hälfte  des  XIV.  Jahrhunderts,')  und  später,  im  XVI.  Jahrhundert,  sind  sie 
hier  die  Inhaber  eines  stattlichen  Güter -Komplexes,  zu  dem  auch  Reitzendorf  pe- 
hört.  Als  sie  in  den  sechziger  und  siebenziger  Jahren  des  XVI.  Jahrlumderts 
mit  ihren  Retgendorfcr  Bauern  in  Streit  gerathen  sind,  rufen  sie  zwar  die 
oberste  Gerichtsbarkeit  des  Herzogs  Ulrich  an,  verwahren  üch  aber  dabei  f&r 
sich  und  ihre  Rechtsnadifolger  gegen  jede  Sdunälerang  ihrer  eigenen  Gerichts^ 
barkeit  Um  1753  erhält  der  Oberst  von  Sperling  den  herzoglichen  Konsens 
zu  Geldanleihen  auf  seine  Güter  Rubow,  Ventschow,  Flessenow,  DSmelow, 
Retgendorf,  Thurow,  Schlagstorf  und  Buchholz.')  Aber  um  1785  sind  alle 
diese  Guter  in  den  Händen  vXntlcrcr.  Auf  Thurow  wohnt  I'etcr  Gabriel 
von  Rosenschanz,  und  auf  den  andern  sieben  Adolf  Ludwig  von  Spörken. 
1793  folgt  eine  weitere  Zersplitterung  dieses  Komplexes,  Retgendorf,  Flessenow, 
Neu-Schlagstorf  und  Ventschow  erwirbt  der  Reisemarschall  und  Kammerherr 


KShnel,  M.  Jahrb.  XL  VI,  S.  119,  erinnert  an  den  altslavischen  Stamm  rati  =  Krieg  und 
ndA  SB  frob,  iiiid  «benctst  den  NaBWn  orit  Dorf  des  Ratik  oder  Radik.  Efaie  alte  Adelafanilie 
von  Retchendorf  giebt  es  in  Wiaoar.    Vgl.  Register  zum  M.  U.  B. 

*)  Vgl.  M.  U.-B.  533.  7051.  10006.  10254.   Ferner  Akten  im  Grouh.  Archiv  zu  Schwerin. 

*)  M.  U.'B.  4791.  $$93.  6187. 

*)  Um  1690  gehSrt  aneh  Km  an  den  Citteni  der  Sperliiice.   Vgl.  Uaeh,  If.  Jahrb.  XXXV, 
S.  108,  Aonkg.  t. 


des 
Dorfes. 


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650 


AMI'SGERICHTSBKZIRK  SCHWERIN. 


Kirche. 


Altar. 


Triiimph- 
krcuz. 


Christus« 
bfld. 


Bernhard  Jochini  von  Bülow,  während  Major  von  Spnrkcn  auf  Riibow  und 
Hiichholz  bleibt.  1832  fol^'t  im  Mesitz  von  Retgendtjrf  und  Flessenow  Mrnst 
Karl  Christoph  von  Schuck,  die  hamilie  von  Bülow  aber  bleibt  auf  Schlagstorf 
sitzen.  1887  aber  werden  auch  Retgendorf  und  Flessenow  von  einander  ge> 
trennt.  In  Retgendorf  tritt  als  Besitzer  Ludwig  Diestel  ein,  dessen  Familie  es 
noch  heute  hat 

Von  den  Geistlichen  des  Mittelalters  begegnet  uns  nur  dner  um  1370/71 : 

Hcrderii-s  de  Ukermunde.  Um  1 534  und  nocli  um  i  54  5  (vielleicht  noch  länger) 
ist  JürjTcn  Kanii)ell  ITarrhorr  in  Retgendorf  und  auch  in  Rubow,  um  1 572 
Gcorgius  .Staiiuncr  iSlaiiur).  zwischen  1592  und  161 7  Kaspar  Scheller.  von 
1637  bis  16S0  Daniel  Kt:i)penhagcn.  Ihm  wird  1675  Jakob  Leopoldi  adjungicrt, 
der  nadiher  sein  Nachfolger  wird.  1698  wird  Chr.  Stier  berufen;  1705  Joh. 
Jakob  Gäthke,  dem  1743  Otto  Friedr.  Susemihl  adjungiert  wird;  1747  Joh. 
August  Hermes,  1759  Christ.  WUh.  Schmidt,  1782  Joh.  Jakob  Prosch.  Das 
Patronat  ist  unausgesetzt  in  landesherrlichen  Händen  gewesen.  Demgemäss 
gehören  Kirche,  I'farrc  und  Küstcrei  zum  Domanialamt  und  Stiftsamt  Schwerin, 
wahrend  das  l  ehn  Retgendorf  von  jeher  zum  ritterschaftlichen  Amt  Mecklen- 
burg gehört  hat. 

Kirche.  Die  Kirche  ist  ein  mit  Strebepfeilern  versehener  gotliischer 
Backsteinbau  mit  C'hor.schluss  aus  dem  Achteck.  Das  St  hiti  hat  zwei  (icwolbe- 
jochc,  der  Chor  eins.  Auch  die  Sakristei  ist  gewölbt.  Im  Westen  ein  zwei- 
stöckiger Thurm  mit  einem  Satteldach,  da«  auf  der  Westseite  abgewalmt  ist. 
Am  Chor  und  Schiff  herrscht  der  wendische,  am  Thurm  der  polnische  Verband. 

Der  Altaraufsatz  ist  ein  durch  die  letzte  Restauration  seiner  Urspning- 
lichkcit  (besonders  in  den  Hintergründen)  verlustig  gegangenes  Triptychon  mit 
beachtenswerthen  Schnttzerden:  im  Mittelschrein  die  Scene  der  Kreuzigung, 
im  Flügel  links  die  Verkündigung  des  Engels  an  die  Maria  und  im  Flügel 
rechts  die  .Anbetung  der  heiligen  drei  Könige  Auf  dem  Altartisch  als  Platte 
ein  alter  Grabstein  mit  fimf  Weihekreuzcn.  -  Das  alte  Triumphkreoz  mit  den 
vier  I\\angelisten-. Symbolen  ist  jetzt  an  der  .Südwand  der  Kirche  oberhalb  der 
Thür  zur  Sakristei  untergebracht,  es  hat  eine  Hohe  von  ungefähr  4  m.  — 
Ausserdem  sind  zu  erwähnen  ein  kleineres  ChriatMWld  aus  Holz  in  der 
Sakristei  und  ein  kreuztragender  Christus  von  dreiviertel  Lebensgrösse  ober- 
halb der  Eingangsthür  in  der  Nordwand  der  Kirche. 


(irabsteine.  Unter  den  Grabsteinen  im  Innern  der  Kirche  verdienen  drei  genannt 

zu  werden:  i.  Stein  mit  Wappen  und  Helmner  der  Familie  von  Plcasea  und 
der  Umschrift:  ANNO  DNI  1678  18  MAU  STAItFF  8ELICHUQK  MADALENA 
VAN  PLESSEN  DER  8EELEN  GOTT  QNEOIG  8IJ.  In  den  Ecken  die  vier  Evan- 
gelisten-Symbole. —  2.  .Stein  mit  acht  stark  abgetretenen  Wappen  und  mit 
leider  ebenso  verletzten  Inschriften,  die  .sich  auf  einen  flcrrn  von  Sperling  und 
dessen  (iattin  beziehen  l'a k(iin!)ar  ist  das  Datum  1607  (S.o.).  3.  .Stein 
des  Oberhofmarsehalls  Bernhard  Joachim  von  Bülow  (geb.  8.  Juli  1747,  gest. 


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KIKCIIDOKF  KETGENDüRF. 


651 


30.  Aufjust  1826)  und  seiner  Gattin  Charlotte  Louise  Caroline  von  Billow, 

pcb.  von  Oertzen  (geb.  17.  April  1764,  f  22.  Februar  1833).  Als  Bildschmuck 
die  Wappen  beider  Familien. 


biii 

ric 


Von  den  drei  Glocken  hat  die  grösste  die  Inschrift:  ?Cuno  • 

•  galll  •  ba  •  pacciii  •  xcf  •  Bio- 

Dazu    das   nebenstehende  Gicsscr- 


cccc"  •  l%x%i\  •  ante 
ofanna  •  bocor  • 


Altarschrein. 

zeichen.    Statt  der  Punkte  stehen  kleine  I  leiligenfigürchen  zwischen  den  ein- 
zelnen Wörtern.         Die  kleinste  Glocke  hat  die  Inschrift:  SÜIino  •  hni 
IllCfCrIto  •    Zwischen  den  Buchstaben  allerlei  kleines  Bildwerk,  zwei 
Heiligenbilder,  zwei  Antoniuskreuze  und  ein  heiliger  Bischof.  Auch 
diese  Glocke  hat  ein  Gies.serzeichen.  —  Die  dritte  Glocke  ist  1848 
von  P.  M.  Hausbrandt-Wismar  umgegossen  worden. 


Glocken. 


Kleinknastwerke.     1.  Silbervergoldeter  gothischer   Kelch   auf  sechs-  Kleinkunst- 
eckigem  Fuss,  der  mit  den  eingravierten  Namen  und  Wappen  des  JOHANN  werke. 
SPERLING  und  der  SOPHIA  JLSE  VON  BÜLOW,  sowie  mit  der  Jahreszahl  1629 
versehen  ist.    In  den  Rauten  des  Knaufes  der  Name  il^cfbS-    An  der  Kupa 
ein  plasti.scher  Krucifi.xus,  wie  er  sonst  als  Signaculum  am  Fusse  zu 
sein  pflegt.    Nebenstehendes  Meisterzeichen.    Kein  Stadtzeichen.   An  der 


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652 


amts(;krk:htshk/.ikk  sciiwkkin. 


Patene  keine  Stempel.  —  2.  Grosser  sübervergoldeter  Kelch  mit  getriebenen 


Rococo- Mustern.     Oben   an  der 


Kelch  (i). 


Kupa  die   Inschrift:   D  •  J  •  WETSTEIN  AN 
DER  BUCHHOLTZER  KIRCH  •  1764  . 

Schweriner  Arbeit.  Neben- 
stehende  Werkzeichen.    Pa-  |mÜM^ 
tone  ohne  Zeichen.       3.  Silbervergoldeter 
Hecher  von  9,5  cm  Höhe,  auf  niedrigem 
getriebenem   Fuss,    der   mit  Maskarons, 


liechcr  (3). 


Laub-  und  Handelwerk  verziert  ist.  An  <lcr  Kupa  eingravierte  Mu.ster  des 
Spätrenaissance-  und  Harock.stils,  welche  den  Mindruck  machen,  als  ob  sie 
nicht  ursprünglich  zum  Fuss  gehört  haben.  Der  Iniss  ist  Nürnberger 
Arbeit.  -  4.  Silberne  runde  Oblatcnschachtel  mit  dem  Memo-  ^-^ 
gramm  1^^^  Unterseite  des  I-'usses  der  Stemj)el: 


(ieschirhte 
des 
I)i)rfes. 


Das  Kirchdorf  Zittow. 

|m  1251  hat  das  Schweriner  Domkapitel  bedeutende  Hesitzrcchtc  am  Dorf 
Zittow ')  (Zuttecowe,  Cithecowe.  Zittekowe  u.  s.  w.)  und  dessen  See, 
den  zwei  ilcm  Dom  veri)flichlcle  Fischer  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  be- 
fischen. Der  Domherr  Sinnen  ist  zugleich  Pleban  von  Zittow.  Aber  das 
I'atronat  der  Kirche  .schenkt  Graf  riunzelin  III.  dem  Domkapitel  zu  Riga,  dem 
es  in  Folge  dessen  im  Jahre  1 2S6  von  (iraf  Nikolaus  I.  aufs  Neue  zuerkannt 

')  N'.ich  Kilhnel,  M.  Jahrb.  \I.VI,  Ort  des  Suteli. 


,  Google 


KlkClinOKI-  ZITTOW. 


653 


wird.')  Allerlei  Streit  über  Privilegien  und  Rechte,  auch  über  das  Patronat, 
giebt  es  1 326  zwischen  dem  Grafen  Nikolaus  von  Schwerin  auf  der  einen  und 
dem  Bischof,  Probst,  üekan  und  Kapitel  auf  der  anderen  Seite.  Aber  die 
Urkunde,  die  davon  berichtet,  geht  nicht  in  solchem  Umfange  auf  alles  \i\n- 
zclnc  ein,  däss  es  möglich  wäre,  die  Zittower  Verhältni.s.se  in  diesem  Jahre 
völlig  klar  zu  legen.')  Ausser  dem  Domkapitel,  das  seinen  Uesitz  zu  mehren 
trachtet,  finden  wir  dort  im  XIV'.  Jahrhundert  die  Herren  von  Lützow  und  im 
XV.  Jahrhundert  die  von  StralendorflT,  welche  um  1444  ihre  vornehmsten  Privi- 
legien an  die  Herren  von  Halberstadt  verpfänden,  zu  rleren  Hauptsitxen  im 
Lande  damals  die  benachbarten  (iüter  Cambs,  langen -Hrütz  und  (iörslow 
gehören.')  Im  XVI.  Jahrhundert  folgen  ihnen  mit  Besitz  und  Rechten  die 
Pcntzc  und  Stücker  Raben  (s.  o.  S.  632),  denen  damals  u.  a.  auch  das  am 
Schweriner  See  gelegene  Dorf  und  Gut  Stcinfeld  (daher  Raben -Stcinfeld)  gehört. 


Kirchdorf  /iuow. 


David  von  Raben  auf  Steinfeld  verpachtet  1642  zwei  wüste  Hauerstellen  und  eine 
Kossäten  Stelle  zu  Zitlow  auf  zwölf  Jahre  für  2400  Gulden.  1666  aber  schenkt 
der  Herzog  Christian  I.ouis  dem  Oberst  Hclmuth  von  Plessen  auf  Cambs,  wo 
früher  die  von  Halberstadt  sasscn,  zwei  Hufen  in  Zittow.  Auch  Rabenstein- 
fehl  wird  vorübergehend  Ples.sen 'scher  Besitz,  1683  aber  überlässt  es  der  ge- 
nannte Oberst  Helmuth  v<in  Plessen  auf  Cambs  dem  Herzog  Christian  I.ouis, 
und  1701  wird  auch  <las  Dorf  und  Gut  Zittow  eine  herzogliche  Domäne, 
indem  es  der  I^xmdrath  Dietrich  Joachim  von  Plessen  mittels  Tausch- Vertrages 
dem  Herzog  Friedrich  Wilhelm  für  das  nahegelegene  Dorf  Brahlstorf  abtritt, 
das  bis  dahin  eine  fürstliche  Domäne  gewesen  war  und  von  nun  an  in  den 

')  M.  f.  11.  672.  iS«io.  4790. 

')  M.  l .  U.  4790, 

')  M.  l  .  H.  6309.    Ferner  .Wien  im  (Iro-i-li.  Archiv.  1474  hatieti  die  StralcndorfT's  noch 

.\iircchlc  an  I.nn^cn  •  Itriltz  jhelegcii  im  Kiri.rh>|>icl  Silknw  im  I.anilc  /cIcsl-m,  der  N'oj^tei  Krivitzi. 


4 


654 


amts(;f,richtsbezirk  Schwerin*, 


Verband  der  ritterschaftlichen  Güter  eintritt.  Doch  behalten  die  Herren  von 
IMessen  auf  Cambs  das  Patronat  über  die  Kirche  zu  Zittow,  und  in  Folge  davon 
haftet  dieses  noch  heute  am  Besitz  von  Cambs.') 

Von  den  Namen  der  Geistlichen  des  Mittelalters  ist  nur  einer  auf  uns 
gekommen,  der  des  vorhin  erwähnten  Schweriner  Domherrn  Simon.  Im 
Kirchenvisitation.sprotokoll  von  1587  wird  Gerhard  Piel  als  Vorgänger  dos 
damaligen  Pastors  Knickenberg  genannt.  Knickcnbcrg  s  Nachfolger  i.st  1623 
Heinrich  Schomann.  Es  folgen  1632  Johannes  Koch,  1639  Joachim  Wulff 
(Wolf),  1673  Joachim  Siggelkow,  1704  Friedr.  Wetzstein,  1730  Thomas  Mathias 
Sprengel,  dem  1754  dessen 
Sohn  Dietr.  Helm.  Joachim 
Sprengel  adjungicrt  wird,  und 
1 792  J.  C.  Höffler.  lieber  ihn 
und  seine  Nachfolger  s.  Wal- 
ter a.  a.  O. 

Kirche.  Kirche.    Die  Kirche 

ist  ein  Feldsteinbau  mit  sorg- 
faltig behauenen  Eck-  und 
Kantensteinen.  Beide  Thcilc, 
Chor  und  Schiff,  sind  ge- 
wölbt, jener  mit  einem,  dieses 
mit  zwei  Jochen.  Die  beiden 
äusseren  Ostcckcn  des  Chors, 
ebenso  die  beiden  Westecken 
des  Schiffes,  sind  in  späterer 
Zeit  durch  Strebepfeiler  ver- 
stärkt worden.  Die  Fenster 
des  Chors  sind  spätromanische 
Schlitzfenster,  im  Osten  drei, 
im  Norden  und  Süden  zwei, 
die  des  Schiffes  sind  in 
jüngerer  Zeit  stark  verändert 
und  haben  nichts  mehr  von 

ihrer  Ursprünglichkeit.  Der  I^ibung  des  Portals  der  Südseite  fehlt  nicht  das 
der  frühgothischen  Zeit  und  diesem  Stil  eigenthümliche  Kämpfer  tuul  Ka})itell- 
glied,  welches  später  fortgela.ssen  wird.    Der  in  der  I -äng.sach.sc  des  Schiffes 

')  In  alter  Zeit  verfügt,  wie  wir  gesehen  haben,  der  I^ndcshcrr  Ulicr  «las  I'atronat.  indem 
er  ei  im  XIII.  Jahrhundert  dem  iJom  zu  Kiga  zuerkennt.  1520  ülierlissrn  Krzl>i>chüf  und  l)«m- 
kapitel  von  Kiga  das  l'alrunat  von  /.ittow  ai\  die  .\iitoniter  Tr-neceptorci  zu  Tempzin  (M.  Jahrb.  .\IV, 
S.  26S).  1587  hat  Ihrzog  Christoph  zu  ( iadclnisch,  .Vdministrator  des  Stiftes  Katzctiurff,  das 
Patronat;  aber  1632  behaupten  die  Herren  von  llalbersl.ndl  auf  C.-unbs  dem  I.andeshcrm  jjegen- 
über  .luf  (irund  eines  Kaufbriefes  die  rochtniäs^igcn  Inhaber  zu  sein,  und  Herzog  .Adolph  Friedrich 
räumt  ihnen  das  Kccht  bei  Gelegenheit  der  Berufung  des  Johannes  Koch  zum  Prediger  in  Zittow 
thatsächbch  ein.    Von  den  Herren  von  Halberstadt  gelangt  das  l'atr<»nat  an  <Ue  von  l'lesscn. 


Kirche  zu  /.tttnxv. 


,  Google 


KIRCHDORF  ZITTOW. 


fingcbaiite  Thurm  ist  aus  Hacksteinen  aufgeführt,  drei  Stockwerk  hoch,  und 
trägt  einen  vierseitigen  Tyraniidcniichii,  der  mit  Zungensteinen  gedeckt  ist, 
während  ach  in  dem  Dach  der  Kirche  an  mehreren  Stellen  Mönchsziegel  er- 
halten haben.  Oberhalb  des  im  Spätrenaissancestil  ausgeführten  Thunnportals 
ein  in  die  Mauer  eingelassener»  mit  Waffen  und  Inschriften  geschmückter 
Sandstein  vom  Jahre  1698.  Ks  stehen  nebeneinander  die  Wappen  derer 
VON  PLESSEN.  VON  OERTZEN.  VON  PLE88EN»  VON  LEPEL.  (Vgl  die  Empore 
in  der  Kirche.) 

Der  AltarwiCMU  ist  ein  von  JOHANN  PETER  HEINRICH  DIE8TBL  1832 

geschenktes  Werk  mit  neutestamentlichcn  Darstellungen  auf  einer  hoch  auf- 
gebauten Holzvvand,  die  mit  vurtrcsetzten  Säulen  in  klassiricrcndcni  Stil  ge- 
schmückt ist.  —  Der  Orgelprospekt  ist  drei  Jahre  früher  von  ebendemselben 
Geber  geschenkt  worden,  dagegen  ist  die  Kanzel  ein  älteres  Werk  aus  dem 
Jahre  1669  mit  ganz  denselben  sechs  Wappen  der  Familien  von  Halberstadt, 
Holstein,  Plessen,  Oertzen,  Plessen  und  Lepel,  die  sidi  an  der  Empore  auf 
der  Nordseite  des  Chors  aus  demsdben  Jahre  1669  finden  und  denen  fol- 
gende Initialen  hinzugesetzt  sind:  IC  •  V  •  H,  I  •  V  •  H,  l€  •  V  •  B,  OL  •  V  •  CR, 
0*l>V*e,  G'E>V>L.  Hierunter  die  noch  durchscheinenden  Namen  emer 
älteren  (Jeneratiun.'J 

Ef  Haphien.   An  der  Südwand  des  Chors  ein  sehr  grosses  aus  Holz  Epitaphien, 
geschnitztes  Epitaph  (im  »Genre  cichoresque«),  theils  über,  theils  unter  der 

Ramper  Kmpore.  einst  mit  vielen  Wappen  geschmückt,  von  denen  aber  jetzt 
nur  noch  ein  kleiner  Theil  vorhanden  ist.  Ausser  Spruchen  und  Versen  eine 
Inschrift,  von  der  nicht  viel  mehr  zu  lesen  ist.  Es  handelt  sich  um  den 
sdion  üfter  genannfeen  Oberst  Helmntii  won  Pleaaen,  Erbherm  auf  Cambs  und 
Buchhok,  Patron  der  Kirche,  im  Alter  von  81  Jahren  gestorben,  und  um 
seine  Gemahlin  Oelgard  vm  PttMca,  geb.  von  Oertzen  aus  dem  Hause  Roggow, 
gestorben  171 1  im  76.  Lebensjahre.  —  An  der  Nordwand  des  Chors  vier 
weitere  Gedenktafeln,  drei  mit  Inschriften,  von  denen  die  eine  auf  Helmuth 
von  Plessen  (ijcb  1666,  ucst.  13.  Juni  if'>S5),  die  andere  auf  Eleonore 
von  Plessen,  Ehefrau  des  Emst  Cbristoffer  von  Koppelow  (geb.  24.  März 
167 1,  gest.  3.  März  169 1),  und  die  dritte  auf  Ludwig  Reimar  von  Pletten 
^b.  13.  Juli  1674,  gest  13.  Oktober  1691)  verfasst  ist,  während  die  vierte 
keine  Inschriften  hat  und  dafür  nur  mit  sieben  kleinen  Schilden  von  Eisen- 
blech bededct  ist. 


*)  Nach  von  lIoinckhu^eD's  Tabellen:  Henning  von  llalberstadt  auf  Cambs,  hcrzogl.  M. 
Geh.  Rath,  lebte  am  die  Wende  vom  XVI.  inm  XVII.  Jahrhundert  und  war  vennKhh  mit  lUabe 
von  Holstein,  iler  Tochter  des  Amtshauptniannes  Henning  von  Holsteio  auf  Ankershagen.  — 
Der  Oberst  Hehnuth  von  l'les&en,  vermihit  mit  Oelgard  von  Oeitaeiii  der  Tochter  des  Jasper 
von  Oertzen  auf  kugguw,  starb  im  Jahre  1694.  Ihm  folgte  als  BesitBer  voB  Canba  aein  Sohn, 
der  Kpatere  Geh.  Rath  Dietrich  Joachim  von  l'lcssen,  der  mit  Eleonore  Gertmd  von  Lepel, 
einer  Tochter  des  Burchard  Hartwig  von  I.eiiel  auf  (irorobow,  vermihit  war  und  im  Jahre 
1733  »tarl». 


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656  AMTSGBRICHTSBBZIRK  SCHWBtON. 

Grabsteine.  Grabtteloe.    I.  An  der  Südseite  des  Altars  ein  Stein  mit  dem  Bilde 

dnes  Geistlichen,  der  den  Kelch  hält  und  mit  den  Evangelisten -Symbolen  in 
4eii  Ecken.  Die  Inschrift  ist  nicht  mehr  m  entziffern.  —  2.  Vor  dem  Altar 
ein  Stein  mit  dem  Bilde  der  Aufersbehung  unter  dnem  Rundbogen.  Jederadts 

vom  Bilde  vier  Wappen,  von  denen  aber  nur  noch  das  Bülow'sche  und 
Plessen'sche  zu  erkennen  ist.  Der  abgetretenen  Inschrift  lässt  sich  entnehmen, 
das»  im  Jahre  1606  Chim  Berner  und  seine  Hausfrau  Anna  Sperlinpf  diesen 
Stein  ihrem  seligen  Vater  Johann  Berner  zu  Khren  haben  legen  lassen  — 
3.  Stein  des  Pastors  Dietrich  Helmuth  Joachim  Sprengel,  der  in  Zittuw  und 
Langen-Brütz  38  Jahre  lang  Päistor  war  und  am  15.  Januar  1792  starb. 

Glocken.  Glocken.    Von  den  beiden  Glocken  hat  die  grössere  einen  Durchmesser 

von  1,19  m.  Sie  ist  laut  Inschrift  1819  zur  Zeit  des  Patrons  JOH.  PETER 
HEINRICH  DIESEL  und  des  Faatan  J.  C  HÖFFLER  gegossen  und  hat  ausser 
dner  Anrufimg  des  Schuties  Gottes  vor  Feuersgefahr  den  latdnischen  Spruch: 
PRECES  JUBEO  I  FESTUM  ANNUNCIO  |  FUNERA  PLANGO  |.  —  Die  zwdte 
Glocke  hat  einen  Durchmesser  von  1,05  m.  Sie  ist  in  demselben  Jahre  ge- 
gossen wie  die  grosse  und  enthält  in  lateinischer  Sprache  die  Mittheilung, 
dass  beide  Glocken  im  Jahre  18 10  durch  Blitzschlag  vernichtet  wurden:  NOS 
CAMPANAE  I  I6NE  FULMINIS  DISSOLVTAE  1610  |  RENOVATAE  1819  |  . 

Kleinkunst-  Kleinkanstwerke.     i.  Silberxergoldeter  Kelch  auf  achtpassigem  Fuss 

vom  Jahre  1732.  Auf  seinem  Fuss  die  Inschrift:  MAQDALENE  SOPHIA  VON 
PLE8SEW,  wmWE  VON  LEFEL  Die  Pätene  ohne  Inschrift.  Rostocker  Arbeit: 
5r7  I '  ^  ^J**)  ■^^'^  ^  Untersdte  das  Allianzwappen  des  Ehepaars.  Patene 
^"''^ohne  2Sddien.  —  2.  Silberner  Kelch  vind  Patene  der  Langen- Brützer  Kirche 
vom  Jahre  1694,  auf  sechseckigem  Fuss.  Am  Knauf  des  Kelches  der  i^Ä^/JS 
Name  J»H»E»S«V»S»  Lübecker  Arbeit.  Patene  mit  denselben 
Werkzeichen.  —  3.  Silbernes  Oblatenkästchen,  laut  Inschrift  1856  geschenkt 
von  CHRISTINE  DIESTEL.  GEB.  RUSCH.  Ohne  Werkzeichen.  —  4.  Silbernes 
Geräüi  zur  Kranken-Kommunion,  Keldi,  Patene  und  Obbtenschaditel,  zwischen 
1866  und  1870  vom  Goldschmied  Oltse  in  Sdiwerin  angefertigt  —  $.  Silber- 
vergoldete  Abendmahlskanne  vom  Jahre  1886,  in  neugothischem  Stil.  Leip- 
ziger Arbeit  —  6.  Taufschale  von  Messing,  Treibarbeit,  1659  geschenkt  von 
OELGARD  VON  PLESSEN,  geb.  von  Oertzen.  —  7 — II.  Fünf  zinnerne  Kelche, 
von  denen  vier  das  Datum  1676  tragen,  zwei  der  Zittower,  je  einer  der 
Cambser  und  Langen -Brützer  Kirche  angehören,  der  fünfte  aber  keine  An- 
gaben enthält  Dazu  fünf  zinnerne  Patenen,  von  denen  dne  den  Namen 
H  •  <l  •  8  •  RAST  •  (Siggelkow,  s.  o.)  enthält  —  12.  Ein  kleiner  zinnerner 
Krankenkelch,  1683  von  OTTO  BEHNCKE  geschenkt.  Dazu  eine  Patene.  — 
13 — 16.  Vier  zinnerne  Leuchter,  der  eine  von  1633  mit  dem  Namen  JOCHIM 
FRÖVKE,  der  andere  von  1644  mit  dem  Xamen  AGNETA  SCHLOWES,  der 
dritte  und  vierte  ohne  Inschrift.    Werkzeichen  nicht  gefunden. 

')  Jacob  von  Stade.  « 


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KIRCHDORF  CAMBS. 


657 


Das  Kirchdorf  Cambs. 


,11  der  ersten  Hälfte  des  XIV.  Jahrhunderts  haben  die  drei  Preene  (Johann, 

Georg  und  Gottschalk)  sowie  Albern  Honsack  und  Hartwig:;  I^ameken- 

dorp  (Rankcndorf)  Besitz  und  Rechte  im  Dorf  Kamptze,  das  1 1  km  nord- 
ostlich von  Schwerin  an  einer  Uucht  des  C.inibscr  Sees  Hej^t.')  1504  finden 
wir  hier  und  auf  den  bcnaclil)arti  ii  (  liitcm  I  .ee/en  und  I  .an^en- Brut/,  die 
Herren  von  llalberätadt.  Aber  sie  halten  sich  auf  diesem  Besitz  nur  bis 
etwas  über  die  Mitte  des  XVII.  Jahrhunderts.  1659  leistet  der  Oberst  Helmuth 
von  Plessen  den  Lehnseid  über  das  von  ihm  lur  48552  Gulden  von  den 
Halbcrstadt'schen  Gläubigem  erstandene  Lehngut  Cambs,  und  1696,  zwei  Jahre 
nacli  d(  III  Tode  des  Obersten,  gehören  zu  Cambs  als  Nebengüter  Karnin, 
Zitlow,  die  Meierei  I.icssow,  ein  Antheil  in  Buchholz,  die  Mühle  in  I.antjcn- 
Brütz  und  ein  sonst  mit  Rabensteinleld  verl)Uii(KiU'r  Hauerhof  in  Zittow.*) 
Ucbcr  das  seit  dem  XV'il.  Jahrhundert  an  Cambs  haltende  l'atronatsrecht  s.  o. 
S.  653.  Bis  1795  bleibt  Cambs  Plessen'scher  Besitz.  Von  1795  bis  18 15  ist 
Hofrath  Bernh.  Jak.  Daniel  Neumann  Rechtsnachfolger.  Von  den  Neumann- 
sehen  Gläubigern  erwirbt  Joach.  Heinr,  Ncucndorff  das  Gut,  18 18  aber  ist 
Joh.  Heinrich  Diestel  der  Besitzer,  dessen  Familie  es  noch  heute  innehat. 

Die  Kapelle  zu  Cambs  ist  von  jeher  Filiale  von  Zittow  j^'ewesen,  mit 
ihr  die  Kapellen  von  Idingen -Brut/.,  Zaschendorf  und  Bruhlstorl,  von  denen 
die  letztgenannte  eingegangen  ist.    Vgl.  das  Visitationsprotokoll  von  1653. 

Kapelle.  Als  Kirche  finden  wir  eine  kleine  von  1S55  auf  i.S5r)  erbaute 
Fachw  erkkapelle  mit  einem  Thiirmchen  auf  dem  W'e.stende  des  1  )aches.  Der 
Innenraum  ist  ein  rcchtwinkliches  Oblongum  mit  flacher  Bretlerdeckc. 

Das  scldichte  Mobiliar  der  Kapelle  giebt  zu  Bemerkungen  keinen  .\nlass. 
Den  Altar  ziert  ein  hölzerner  Krucifixus.  —  Die  einzige  kleine  Glocke  im 
Thurm  hat  einen  Durchme.s.scr  von  0,68  m  und  ist  laut  Inschrift  1855  zur  Zeit 
des  Patrons  JOHANN  PETER  HEINRICH  DIESTEL  von  J.  C.  Haaek  u.  Sohn  zu 
Rostock  (Eisengiesserei)  hergestellt  worden.  —  Ein  silbervergoldeter  Kelch 
mit  dem  Jesus -Namen  am  Knauf  enthält  auf  der  Unterseite  des  Fusses  die 
Angabe,  dass  er  1694  von  DIETRICH  JOCHIM  VON  PLESSEN  geschenkt  worden 
sei.    Dazu  eine  Tatcne,         .Auf  dem   .Mtar  zwei  zinnerne  Leuchter  >IO 


Geschichte 

des 
Dorfes. 


in  Topf- Form  mit  dem  nebenstehenden  Monogramm  =  O.  v,  Tlessen. 


')  .M.  f.  n.  5213.  A.  1!.    K.-ini|.a  .ulcr  kctnpa  ^  Flusrfiwel.   S.  Kflhnet,  M.  Jahrb.  XLVI, 
S.  64.    Der  See  hcis»t  im  VolksmunUc  auch  /iUuwcr  See. 

.Vusserdetn  haben  die  Erben  des  Obersten  von  Hessen  das  jus  rdnenifi  von  Kevbof  und 
Ventachow. 


Kapelle. 


Mobiliar 

der 
Kapelle. 
Glocke. 


42 


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658 


AMTSGERICHTSBBZIRK  SCHWERIN. 


Geschichte 

des 
Dorfes. 


Kirche. 


Das  Kirchdorf  Langen  -  Brütz. 

in  Jähre  1335  fuhrt  das  Dorf  Langen  •Brütz,  das  nadi  beiden  Richtungen 
hin,  über  den  Paulsdainin  uic  iiber  Rabensteinfeld,  15  km  östlich  von 
Schwerin  entfcrul  ist,  wälirnul  die  i^Liadc  Luftlinie  über  den  See  nur  8  km 
betragt,  noch  den  Namen  Uruseuitz  in  terra  Selesen  ,  ebenso  134"  l^ni 
zeuisse  in  deme  lande  to  Tzelesen.«')  Damals  sind  die  Herren  von  Dricberg 
hier  als  Gros^Tundbeützer  angesessen.  Von  ihnen  ermrbt  das  Schweriner 
Donikapitel  zwei  und  dreiviertel  Hufen,  und  zugleich  erfahren  wir  die  Namen 
von  (linf  Bauern,  die  hier  ihre  Aecker  pflügen:  es  sind  Reimer,  Gerhard 
Dobbin,  Abel  Schlichtint;,  Martin  und  Make  Gallcntin  Neben  oder  nach  den 
Drieberg's  kommen  die  .StralendnrtT'K  auf,  die  auf  C'aiiibs  sitzen,  mit  ihnen 
aber  auch  schon  im  Anfange  des  X\'l.  Jahrlumderls  die  von  Ilalberstadt. 
von  Helpte,  von  Sperling,  von  l\-nty.  und  von  Kabcn,  die  hier  und  in  der 
Nachbarschaft  bald  kleinere  und  grössere  Höfe,  bald  auch  nur  Zins-  und  Pacht- 
zahlungen auf  kürzere  oder  längere  Zeit  erwerben.  Im  XVII.  Jahrhundert, 
besonders  in  der  zweiten  Hälfte,  sind  es  die  von  Halberstadt,  welche  hier  den 
Hauptbesitz  haben  und  1666  und  1685  in  Langcn-Brütz,  Leetzen  und  Panstorf 
Allodialrechtc  gewinnen.  Manchen  Streit  <^\c]){  es  zwischen  ihnen  und  den 
Herren  von  Plessen  auf  Cambs,  denen  die  Muhle  in  I  .antuen  ■  Hriit/.  Ljehorl  und 
die  auch  Anrechte  am  See  haben.  Auf  den  1730  beginnenden  /usannncn- 
bruch  des  Halberstadt'schen  Vermögens  erfolgt  eine  Verwaltung  durch  die 
Gläubiger,  die  später  mit  den  Langen -Brützer  Bauern  in  einen  Prozess  ver- 
wickelt werden.  1745  kauft  der  Geh.  Rath  von  Laffert  die  ebengenannten 
Halberstadt'.schen  Güter,  von  1782  an  ist  Gerd  Karl  von  Dessin  der  Rechts- 
nachfolger der  l'amilic  von  I.affert.  von  1792  an  Joh.  Wilh.  von  I'ressentin. 
Pur  dessen  Ilrl)en  \<in  1S13  bis  1S24  der  Ju>ti/rath  I-lrnst  Joh.inn  von  .Schack 
die  X'crwaitung  fuhrt.  Von  1825  an  übernehmen  Kegicrung.srath  von  Schack 
und  Regierungsräthin  von  Schack,  geb.  von  ßülow,  den  Besitz,  den  die  letzt- 
genannte bis  1866  behält.  1867  finden  wir  an  ihrer  Stelle  Emst  Albrecht 
von  .Schack  und  verehelichte  von  .Schulz,  geb.  von  .Schack.  1868  tritt  Ludwig 
Dicstd  den  Besitz  an,  und  heute  haben  ihn  dessen  Erben. 

Kirche.  Die  Kirche  ist  ein  im  Jahre  1859  auf  der  Grundlage  eines 
länglichen  Vierecks  ausgeführter  einschiffiger  Backsteinbau  mit  flacher  Bretter- 
decke und  mit  Spitzbogenfenstern.  Ihr  im  Westen  vorgebauter  Thurm  ist 
.schmaler  als  das  Schiff  und  tragt  eine  achtseitige  niedrige  Kappe,  die  sich 
aus  vier  Scliildgiebeln  entwickelt. 


')  M.  l  .  Ii.  557''-  ''757.    l>i;rvcllu-  Nanu-  mit  <Kni  /u^.ti/.  »twIeKcn  im  Ktrebspiel  SKkow 
im  l.aiidc  ZcIcacii,  der  Vugtei  Kriviu«  finU«l  .sich  noch  in  Akten  von  1474» 


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KIRCHDORF  LANGKN  -  BRCTZ. 


6s9 


Kirche. 


Die  Einrichtung  ist  einfach,  der  Altar  hat  als  Schmuck  einen  ähnlichen  Einrichtung 
hölzernen  Krucifixus  wie  die  Kapelle  in  Cambs  und  zeigt  wie  dieser  die  der 
Initialen  seines  Stifters  JOHANN  PETER  HEINRICH  DIESTEL. 

Vor  dem  Altar  ein  alter  Grabstein  mit  den  Wappen  der  Familien 
von  Möllcndorf  und  Halbcrstadt  vom  Jahre  i66\.  Er  deckt  die  Ruhestätte  der 
FRAW  MAGDALENA,  GEB.  VON  HALBERSTADT,  DES  HOCHEDLEN  HERREN 

JOCHIM  VON  MOLLENDORF  WEILANDT  AUF 
DARGLVETZ  ERBGESESSEN  NACHGELASSEN 
FRAW  W^ITTIBE. 


><k 


Von  den  drei  Glocken  des  Thurmes  hat  Grabstein, 
die  grösste  einen  Durchmesser  von  0,93  m 
und  zeigt  ausser  der  beistehenden  Meister- 
marke die  Bilder  der  hl.  Maria  mit  dem 
Kinde  und  eines  Bischofs,  dazu  die  Inschrift: 

^mio  bnl  *  111  *  ccrc  •  Ipil  *  f^tlp  *  got  ♦ 
bllbc  ♦  (ni)nria-  —  Die  mittlere  Glocke  hat 
einen  Durchmesser  von  0,79  m  und  ist  1859 
von  P.  M.  Hausbrandt  in  Wismar  zur  Zeit  des 
Patrons  JOHANN  PETER  HEINRICH  DIESTEL 
und  des  Pastors  HERMANN  PENCKOW  gegossen 
worden.  —  Die  kleinste  Glocke  hat  einen  Durch- 
messer von  0,40  m  und  in  gothischen  Minuskeln 
die   Inschrift:    jl^cfb^    crifl:\j^  ttX 

jbbcortain  •  birgo  inaria  •  Dazu 
nebenstehendes  Zeichen. 


Kleinkunatwerke.  i.  Kelch  s.  bei  Zittow.  — 
2.  3.  Auf  dem  Altar  zwei  Leuchter  von  Messing, 
der  eine  mit  der  Inschrift:  TÖNNIES  REIMERS 
ANNO  1614,  der  andere  mit  den  beiden  Namen 
JOCHIM  STRUCK,  HANS  STRUCK,  aber  ohne 
Jahreszahl.  —  4 — j.  Am  Langen  •  Brützer  Stuhl 
sind  drei  Allianz-  und  ein  einfaches  Wappen 
von  Zinn  befestigt ,  das  Schack  -  Bülow'sche 
.Grabstein  der  Magdal.  von  Möllcndorf,  („lit  der  Unterschrift:  Frau  REGIERUNGS- 
ßch.  von  Halbcrstadt.  p^^^,^  SCHACK,    geb.  von   Bülow,  geb. 

13.  Juni  1788,  gest.  5.  Mai  1866),  das  Pressentin- Dessin'schc  (mit  der  Untcr- 
.Hchrift:  Herr  JOHANN  WILHELM  VON  PRESSENTIN  auf  Prestin  und  Frau 
MARGARETHA  KATHARINA  ELISABETH  VON  PRESSENTIN,  geb.  von  Dessin), 
noch  einmal  das  Schack -Bülow'sche  mit  derselben  Unterschrift  wie  oben,  und 
endlich  das  einfache  Pressentin'sche  Wappen  (mit  der  Unterschrift:  Herr  JO- 
HANN WILHELM  VON  PRESSENTIN  auf  Prestin  und  Langen -Brütz).  Vgl.  S.  658. 


Kleinkunst- 
werke. 


42* 


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66o 


AMTSGERtCHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


Das  Kirchdorf  Gürslew. 

(lesrhiditc  DB]'^-''  östlichen  Ufer  des  Schweriner  Sees  gelegene,  in  gerader 

des  l»sfl  I.utllinic  5  km,  auf  dem  Landwege  um  das  Südende  des  Sees  herum 
Dorfes,  ^^j^^  j^j^^  ^^j^  Schwerin  entfernte  Dorf  und  Gut  Görslow  ist  ein  alter 
Hauptsitz  der  Herren  von  Halberstadt.  1337  wohnt  hier  der  Ritter  Johann 
von  Halberstadt,  der  am  20.  Januar  d  J.  dem  Kloster  zu  Eldena  fiir  seine 
dort  als  Nonne  lebende  geliebte  Tochter  Margaretha  aus  seinem  Hof  eine 
jährliche  Präbende  von  5  Mark  stiftet.  Mit  Langen-Brütz  und  dem  übrigen 
Landl)csitz  in  dieser  Gegend  bleibt  Görslow  bis  1740  in  Halberstadt  schem 
sowie  nachher  bis  1782  in  Laffert' schein  und  bis  1791  in  I  )i  ssin  si  licni  Hesitz 
(s.  o.  Langen -Brutz,  S.  658).  1791  scheidet  es  aus  dem  alten  (iulerverbandc 
aus  und  wird  Eigenthum  des  Georg  Adolph  von  Winterfcid.  1798  ist  Ober- 
hofmarschall  C.  J.  Baron  von  Ltttzow  dessen  Rechtsnachfolger,  1804  der 
Niederländer  (spaterer  Kammerherr)  Jan  Jakob  von  Herzeele,  1806  Joh.  Niko- 
laus Böhl  gen.  von  Faber,  18 17  wieder  der  obengenannte  Holländer,  18 18 
Cornelius  von  Iler/ccle,  und  1S20  (leorg  von  liehr.  Seit  1867  hat  die  Linie 
von  Hehr- N'egendanck  das  scliön  <^cli.',4cne  (nit. 

Die  Kapelle  zu  Görslow  ist  eine  Filiale  der  Kirche  zu  Pinnow.  S.  Bd.  III. 

Kapelle.  Die  Kapell«  ist  ein  1842  begonnener  aber  erst  1846  eingeweihter,  mit 

Kalk  übertünchter  Ziegelbau  auf  Grundlage  eines  länglichen  Vierecks  mit 

einer  im  0.sten  angesetzten  fast  rund  erscheinenden,  in  Wirklichkeit  aber  aus 
dem  .Sechzehneck  gebildeten  inwtndiLj  i^fniiulctfn  Apsis.  Die  Muschcl- 
wölbung  dieser  Apsis  ist  blau  bemalt  und  mit  goldfarbigen  Sternchen  reich 
besäet  Das  mit  kleinen  Rundbogenfenstern  erleuchtete  Langhaus  ist  flach 
gedeckt  und  hat  einen  El(^;ang  von  der  Halle  des  Thurmes  her.  Der  Thurm 
erhebt  sich  ungefähr  ein  Stockwerk  hoch  mit  sdnem  Gemäuer  über  das 
Dach  der  Kapelle  und  ist  oben  mit  einer  über  niedrige  Schildgiebel  gelegten 
Kappe  geschlossen,  auf  welcher  sich  mehrere  Kreuze  in  Form  von  Grab- 
kreuzen erheben. 

Altar  und  Altar  und  Kanzel  sind  am  Ostende  der  Kapelle  hinter  einander  auf- 

Kanzel,   gestellt   Die  übrige  Einriditmig  ist  nicht  weiter  bemerkenswert!!. 

Der  Thurm  ist  ohne  Glocken.   DaiUr  aber  giebt  es  auf  dem  Kirch* 

hof  des  Dorfes  in  einem  einfachen  hölzernen  Glockenstuhl  eine  kleine 
.i;nthi';che  Glocke  \'on  0,60  m  Durchmesser,  welche  die  Inschrift  hat:  RAttO  « 

uumui  ♦  SQ  ^  auaa  ^  lvii 


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KIRCIIIKJRF  GÖRSLOW. 


661 


Unter  den  Kleinkuastwerken  der  Kapelle  ist  nur  ein  silber\'ergoldetcr  Kleinkunst 


Kelch  mit  rundem  Fuss  zu  nennen,  der  die  Wappen   der  Familien 

von  Halberstadt  und  von  Thun : 
und  dazu  die  Namen:  H.  BALTZ.  GEB- 
HARD VON  HALBERSTADT.  F.  HEDWIG 
CLARA  VON  THUNNEN  enthält.  Die  dazu 
gehörige  Patenc  zeigt  die  Initialen  der- 
selben beiden  Namen:  B.  G.  v.  H.  —  H.  C. 
V.  T.  Schweriner  Arbeit: 
Ausserdem  ist  noch  eine 
mit  in  Silber  getriebenen  Rundfalten  ge- 
schmückte üblatcnschachtcl  vorhanden, 
welche  auf  der  Unterseite  das  Parkentin- 
sche  Wappen  mit  den  Initialen  S.  M.  v.  P. 
enthält.    Ohne  Werkzeichen. 

Im  Garten  des  Hofes  die  Grab- 
kapelle der  l'amilie  von  Behr,  welche 
als  Umbau  der  alten  Görslow'er  Kirche  zu 
bezeichnen  ist.  Man  erkennt  noch  den 
ehemaligen  Chorschluss  aus  dem  Achteck 
und  einen  Theil  des  Langhauses  mit  sjjitz- 
bogigen  Lichtöffnungen.  Hin  paar  Schritte 
siullich  davon  eine  zweite  kleine  gewölbte 
Grabkapelle  der  Frau  Margarethe  Magda 
lena  Dorothea  von  Winterfeld,  geb.  Freiin 
von  Kielmannseggc  (geb.  17.  Mai  1750  zu  Sternberg,  gest.  3.  Dec.  1800  zu 
Güstrow). 


werke. 


Grab- 
kapclle. 


Das  Kirchdorf  Plate.  ) 

as  10  km  südlich  von  Schwerin  an  der  Stör  gelegene  Kirchdorf  Plate  Geschichte 
(Plotc)  wird  schon  frühe  genannt,  nämlich  den  24.  Oktober  1 191  in 
jener  Urkunde  des  Papstes  Cociestin  III.,  durch  welche  Domkapitel  und  l^o^f^s. 
Bisthum  Schwerin  aufs  Neue  bestätigt  werden.  Da  heisst  es,  dass  die  Fin- 
künfte  aus  dem  SchifiTahrtszoll  in  Plotc  zur  HeschafiTung  von  Lichtern  in  der 
Kirche  zu  Schwerin  dienen  .sollen:  ad  luminaria  ecciesie  Suerinensis.*)  Das 
Domkapitel  erwirbt  in  der  I'olge  nicht  unbedeutenden  Landbesitz  in  Plate.') 


')  Von  Kuhnel,  M.  J.ihrl».  XI. VI.  S.  109  mit  dem  nltslavi^chen  Wort  plotA-Z.nun  in  Ver- 
liiml  ßcbr.-icht. 

«)  .M.  V.  U.  151.    Lisch,  M.  Jahrb.  XXVIII,  S.  222. 
=•)  M.  f.  II.  628.  1369. 


Cc 


662 


AMTSGERICHTSBBZIRK  SCHWERIN. 


Doch  ist  CS  m(ij;lich,  dass  dieser  schon  in  der  vorreformatorischen  Zeit  wieder 
aufgerieben  wurde.  Denn  in  der  evangelischen  Zeit  ist  von  Plate  als  (k-bict 
des  Domkapitels  keine  Rede  mehr.'}  Im  XIV.  und  wahrscheinlich  auch  schon 
im  XUL  und  XH.  Jahtlntmkrt  ist  Plate  ein  fester  Platz,  der  s.  B.  im  Kriege 
des  Jahres  1323,  als  Graf  Heinrich  von  Schwerin  auf  Seiten  des  mächtigeren 
Fürsten  Hebrich  des  Löwen  von  Mecklenbui^  steht,  den  Gegnern  l>eider 
(Pommern,  Warle,  Rügen,  Bischof  Hermann  von  Schwerin  und  Graf  Nikolaus 
von  Wittenburg)  einen  Angriffspunkt  bietel  und  Mitte  Juni  des  Jahres  1326 
bestürmt  und  cingenoiiimen  wird.*)  Als  Feste  wird  I'latc  mit  Schwerin  und 
Redeßn  zusammen  im  Bündniss-  und  Erbverbruderungsvertrag  vom  i.  December 
1358  zwtsdien  den  Henögen  von  Mecklenburg  und  dem  Grafen  Nikolaus  von 
Tecklenburg  und  Schwerin  hervorgehoben*);  und  von  einem  Buiglehn  in  Plate 
hören  wir  noch  im  Jahre  1506.  Damals  verleihen  es  die  Herzöge  ihrem  Rent- 
meister Klaus  Trutmann  nnd  dessen  Leibeserben;  ausser  etlichen  Aeckern 
und  Wiesen,  gehören  auch  -der  kleine  Zoll«,  die  I-"ischereigerechtigkeit  und 
im  Besondern  zwei  Aalweliren  dazu.  Meute  aber,  nachdem  Plate  ein  zum 
Domanialamt  und  Stiltsamt  Schwerin  gehörendes  Bauern-  und  Büdncrdorl  ge- 
worden, ist  von  allen  diesen  Besonderheiten  keine  Rede  mehr. 

Das  Kirchlehn  scheint  von  Anfang  an  in  der  Hand  des  I^ndeshcrrn 
gewesen  zu  sein.  Nach  Ausweis  der  Kirchenvisitation  von  1334  sind  es  die 
beiden  Herzöge  Heinrich  und  Albrecht,  die  15 18  den  Johann  Flomhelt  zum 
Kirchherrn  von  Plate,  Banzkow  und  Consrade  berufen  und  durch  den  Probst 

zu  Schwerin  einsetzen  lassen.^)  1541  ist  Briccius  (Brix)  Haneke  Kirchherr  zu 
Plate.  1553  folgt  Doniinicus  Joh.  Hahn  (7  1576),  welcher  spater  erblindet 
und  dem  daher  Matthias  l-xkhorst '')  schon  im  Jahre  1573  adjungiert  wird. 
Eckhorst's  Nachfolger  ist  Mathias  Körner.  Aber  bei  der  Kirchcnvisilation 
d»  Jahres  1596  (30.  Juni)  ist  schon  Joadiim  Koltzovius  Pastor  von  vier 
Kirchen.  Er  stirbt  1604.  Ihm  feigen  1605  Georg  Hinzpeter  (f  1665),  1662 
Jakob  Thiele  (f  1676),  1676  Joachim  Foege  (+  17 10),  17 10  Joh.  Albert 
Forck  (f  171 1),  1712  Joachim  Christ.  Aeschen  (•;-  1751).  Noch  vor  Aeschen, 
aber  im  seihen  Jahre,  stirbt  sein  ihm  zu  Hülfe  gegebener  .Schwiegersohn  Jakob 
Carmon.  Dessen  Wittwe  heirathet  der  Nachfolger  Bernhard  Calander  (1752, 
f  1762);  1763  folgt  Joh.  Benjamin  Loefller  {7  1785),  1786  Chr.  Vollrath 
Haue  (t  1799),  am  10.  März  1799  Emst  Beust  (f  1836).  Ueber  ihn  und 
seine  Nachfolger  s.  Walter  a.  a.  O. 

Nachdem  schon  1709  em  Diebstahl  in  der  Kirche  zu  Plate  stattgefunden, 
den  angeblich  zwei  Juden,  eine  Jüdin  und  eine  Christin  zusammen  verübt 

■)  Vgl.  Schildt,  M.  J.nhrh.  XLVII,  S.  197  ff.   Ueber  die  im  XVII.  Jehrirandert  aiiBeUieli 
nach  Däncm-irk  (gebrachten  und  vielleicht  udi  udenwoliin  TertettdteD  Urkvndeii  des  Domlutpitd» 

vgl.  Lisch,  M.  Jahrl).  XXVII,  S.  8v  ff. 

*)  Kirchberg,  Chronik,  Kap.  166.  —  Kische,  Gesch.  d.  Itrafschaft  Schwerin,  S.  4I. 
^  M.  LVR.  8534. 

*)  I'cck.-itel  wird  dniiKiK  nicht  niit^'t-nnnnt.  .luch  1541  noch  nicht,  wohl  über  nacUlCr  IS96> 
^)  Vgl.  unten  die  Patene  mit  seinem  und  der  Kirchenvorsteher  Namen. 


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KIRCHDORF  PLATE. 


663 


hatten,  die  nachher  in  Weitendorf  fjefasst  wurden.')  crrf»lt;tcn  später  in  der 
Zeit  Vf>n  1725  bis  17  nicht  \vcni<;er  als  sieben  unentdeckt  ^^elihebene  I'-in- 
brüciic  mit  Diebstahl,  davon  vier  in  der  Consrader,  zwei  in  der  l'later  und 
einer  in  der  Banzkower  Kirche,  über  welche  das  Kirchenbuch  eingehendere 
Angaben  enthält. 

Die  Kirche  /.u  Tiatc  ist  ein  neugothischer  Bau  von  1848  und  1849.  Kirche. 
In  Folge  einer  Feuersbrunst  hat  sie  seit  1874  keinen  Thurm  mehr.  Ihre 
beiden  Giocken  hängen  in  einem  besonderen  Glockenstuhl  auf  dem  Kirchhof. 

Der  Altar-Attfsats  enthält  ein  Hild  vom  Maler  PommsrBnck«*):  Christus  Altar, 
in  Gethsemane,  1862. 

Der  alte  Altar-Aufsatz,  ein  guter  spfltgothischer  Schnitzschrein,  steht  in 
einer  Scitcnkanimer  der  Kirche.  Ebendaselbst  findet  sich  auch  das  grosse 
alte  Triumphkreuz. 

Glocken.  Reide  Glocken,  die  eine  von  0,94  m,  die  andere  von  0,77  m  Glocken. 
Durclimcsser.  sind  laut  Inschrift  atts  dem  Metallj^iit  von  eri>Iii  rten  fran7:<isischen 
(Jesciuitzen.  die  der  Tatron  der  Kirche.  ( JrossherzoR  FRIEDRICH  FRANZ  II., 
schenkte,  .sowie  ans  dem  von  der  gro.ssen  l'"euer.sbrunst  de.s  Jahres  1874 
geschmolzenen  Metall  der  beiden  älteren  Glocken  vom  Glockengiesser  Albracht 
in  Wismar  gegossen  worden. 

KleinkuDstwerke.      1.     Silbervcrgoldeter   Kelch,    ohne   Inschrift,    im  Kleinkunst- 
Rokoko.stil  jüngerer  Zeit.    Ohne  Wcrkzeichen         3    Des^l.,  ohne  Inschrift,  werfte, 
in  klassicierendem  Stil.  Schweriner  Arbeit:  |T|  1 1  f  d  j.  -    3.  4.  Zwei  silberne 


Patencn,  von  denen  die  eine  die  Inschrift  hat:  ER  •  MATTHIAS  «  ECKORST* 
CLAWES  *  MiROW  *  MICHEL  »  LEISZOW  «  ANNO  *1*5*7»4«,  die  andere 

aber  ohne  Inschrift  ist.  Keine  W'erk/.eiclicn.  5,  KU  iner  silberner  Krankcn- 
kelch  mit  l'ateiie    Neu.   \'<«n  L.  Giese  Scliueriii.  Lani^liclie  silberne  Oblateii- 

schacluel  mit  ilen  nebenslehenilen  Werkzeichen  (Schweriner  Arbeit);  äol  >Ok 
—  7.  Kleiner  Krankcnkclch  von  Zinn  mit  Patene.  Ohne  Werk- 
zeichen.  —  8 — 13.  Sechs  zinnerne  Leuchter,  von  denen  vier  mit  Inschriften 
versehen  sind,  nämlich:  i.  J.  MiSSFELOT  1742.  2.  J.  8IEVERT  1742.  3.  A.  E. 
SIEVERTEN  1742  4  S  •  K  •  H  •  DER  REGIERENDE  GROSSHERZOG  VON 
MECKLENBURG  SCHWERIN  FRIEDRICH  FRANZ  IL.  PLATE  26.  APRIL  1857. 

')  IHe  Iwiden  Weilwr  wurden  cnlhaaplet,  der  Siterc  Jude  gerSdert  und  der  jiint;crc  {gehängt. 
*)  Der  Maler  Poimnerencke  war  von  llate  eehUrtig. 


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664 


AMTSGERiaiTSBEZlRK  SCHWERIN. 


Das  Kirchdorf  Consraile, 

tieschichte  ^^1^^  8  kin  südlich  von  Schwerin  am  wcsthclien  Rande  des  breiten  Wiesen- 
des     Uma    iiiales  der  Stör  gelegene  Kirchdorf,  das  sich  durch  die  ältere  Fassung 
Dorfes,    seines  Namens  [Conradesrothe  (1260  und  1270),  Cordesrode  (1371)')]  ab 
deutsche  Gründui^  kennzeichnet,  zählt  im  XIII.  und  XIV.  Jahriiundert  mit  zu 

den  Besitzungen  des  der  Lübecker  Diöcese  angehörenden  Holsteinischen 
Klosters  Rcinfcld,  das  hier  im  Jalire  1 260  gegen  zehn  Hufen  in  Pinnow  zehn 
andere  Hufen  von  den  graflich  Schwerin'schen  Vasallen  Heinrich  und  Jakob 
von  VVotwerc  eintauscht  und  zehn  Jahre  später  sechs  weitere  Hufen  gegen  Ab- 
gabe des  Dorfes  Wendeistorf  im  Kirchspiel  Gross- Eichsen  an  die  Grafen 
Gunzelin  und  Helmold  von  Schwerin  gewinnt^  Dass  dies  nicht  der  emzige 
Beätz  des  Klosters  in  dieser  G^end  ist,  erhellt  aus  einer  Urkunde  vom  10. 
Mai  1371,  in  welcher  Herzog  Albrccht  dem  Kloster  allen  liesitz  in  seinen 
l  anden  bestätigt.^)  Damals  tjeliort  ihm  das  fj^anze  Dorf  Consrade.  Mit  dem 
lüngchen  des  Klosters  in  I'^olf^e  ticr  Reformation  (s.  u  bei  Wittenförden)  wird 
Consrade  aus  einem  Klosterdorf  zu  einem  fürstlichen  Domanialdorf,  also  das 
geworden  sein,  was  es  heute  ist 

Als  Filia  oder  Tochter  der  Mutterkirche  zu  Plate  kommt  die  Consrader 
Kirche,  die  bald  Kirdie,  bald  Kapelle  heisst,  schon  im  Kirchenvisitations- 
Protokoll  von  1534  vor,  wird  aber  eine  sehr  viel  frühere  Stiftung  sein  und 
vielleicht  schon  in  ältester  Zeit  nach  Plate  hin  eingepfarrt  gewesen  sdn.  Die 
ältere  Gloclce  hat  das  Datum  1543. 

Kirche.  Kirche.    Die  Kirche  ist  ein  im  Jahre  1831  renovierter  Fach  werkbau 

und  stellt  einen  ungetheiltcn  und  flach  gedeckten  Raum  dar.  der  im  Osten 
aus  dem  Achteck  geschlossen  ist  und  von  stillosen  viereckigen  Fenstern  er- 
leuchtet wird.  Sic  hat  keinen  Thurm,  statt  dessen  steht  ein  hölzerner  Glocken- 
thurm  auf  dem  Kirchhof. 

Einrichtunfr  Die  Einrichtung  der   Kirdie  bietet   /.u   Bemerkiini,ren    keinen  Anlass, 

jedoch  fällt  auf,  dass  auf  dem  Altar  neben  einem  Krucih.xus  zwei  andere  aus 
Holz  geschnitzte,  ungefähr  i  m  hohe  Figuren  aufgestellt  sind,  welche  einem 
alten  gothischen  Triptychon  entnommen  zu  sein  scheinen,  nämlich  der  Evan- 
gelist Johannes  mit  dem  Kelch  und  die  hl.  Maria  mit  dem  Kinde.  —  Das 
bemerkenswertfaeste  Alterthum  der  Kirche  ist  die  0,87  m  im  Durchmesser 


der 
Kirche. 


')  Spiter,  1534  Chnrrzrade;  1541  Cnfrade;  1596  Coourode;  1603  Cnrfsnide.  V^.  Liaeh, 
M.  Jahrb.       S.  74,  Amnkg.  3. 

*)  M.  I  .  IJ.  1039  und  I186. 

•)  .M.  l'.-lt.  I0  200. 


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KIRCHDOKF  PECKATEL. 


665 


haltende  <;rössere  Glocke  mit  der  Inschrift:   "ilnilO  :  bOIllilli      .  1  .       jj_  Glocke. 

buicnt  U  ljunbrrrli  iii  ii.i  iicrtirij  •  .iV^ati.icf  Otlj&rert)  • 
Dazu  zwei  verschiedene  Glockenzeichen.  Ais  weiterer  Schmuck 
Blumen  verschiedener  Art,  Lilien  und  grosse  Medaillons  mit  der  Darstellung 
der  Verkündigung  des  Engels  an  die  hl.  Maria.  —  Die  zweite,  kleinere  Glocke 
von  0,77  m  Dm.  ist  1874  von  P.  M.  Hautbrandt  in  Wismar  aus  einer  älteren, 
die  ohne  Inschrift  war,  umgegossen  worden.')  —  Kleinkunstwerkc.    Kelch  Kleinkunst- 
und  Patenc,  beide  von   Silber,   .sind  neu  liS'63;)  und  ohne  Inschrift,    \'on  werke. 
I.  GIESE-Schwerin.     I-".in  alter  zinnerner  Kelch   mit  dem   bekannten  Mnt^lisch- 
Zinn-Zeiclien  enthält  die  Mamen:  J  •  P  •  GÖRSS  .J.B.  HELMS  •  J  •  H  • 
HELN8  •  (I)  <f  -  J  •  HELMS  •  Ein  silberner  Klingebeutel,  gestiftet  von  MARIA 
MARGARETHA  VON  RANTZAV  ANNO  1710.    Endlich  sind  noch  zu  nennen  drei 
zinnerne  Altarleuchter  mit  den  Namen  JOCHIM  BALTZER 
HELMS  HANS  HEINRICH  HELMS  1744  und  den  Zeichen: 


Das  Kirchdorf  Pecfcatel. 

as  kaum  i  km  östlich  von  Plate  gelegene  Kirchdorf  Peckatel^  ist  in  Geschichte 
'  alter  Zeit  ein  gräfliches  Lehn,  auf  dem  die  Herren  von  Hasenkop 
sitzen,  die  von  hier  aus  im  XIV.  Jahrhundert  den  Dom  in  Schwerin  und  die  ^**rfe8' 
Kirche  zu  Sternber^;  mit  froniM; n  "Stiftungen  bedenken.  Zu  einer  Vikarei  im 
Dom  giebt  der  Ritter  hVicdrich  ll.isenknp  nicht  weniger  als  zehn  Hufen  in 
Pcckatel,  doch  wahrt  sich  der  (iraf  xun  .Sciuvcrin  als  oberster  Lehnsherr  das 
höchste  Gericht  umi  auch  das  l'atronaLsrecht  über  die  Stiftung.  Und  Bulle 
Hasenkop  weist  1357  (Ur  ein  Lehn  in  der  Kirdie  zu  Stemberg  «usser  sechs- 
undeinhalb Huren  im  Dorf  Klinken  auch  16  Mark  Wendisch  im  Dorf 
Peckatel  an.')  Im  XV.  und  XVI.  Jahrhundert  treffen  wir  hier  die  Herren 
von  Plesscn  als  Nachfolger  der  Herren  von  Hasenkop.  Den  18.  Januar  1584 
erhalten  die  (nbriider  Henneke  imd  Kurt  von  I'lessen  den  herzoj^lichen  Konsens 
zu  einer  \'eri)achtun<;^)  des  Cutes  IVckatel  an  Kaspar  Adebar  auf  dreissig  Jahre. 
Aber  schon  1591  gehen  (jut  und  Dorf  Peckatel  für  9500  Mark  Lübisch  aus 
den  Händen  des  Kuno  von  Plessen  an  den  Herzog  Johann  und  somit  aus 
dem  ritterschaftlichen  in  den  Domanial-Verband  des  Amtes  Schwerin  über. 
Zwar  macht  Barthold  von  Peutz  1626  bei  der  Wallenstein'schen  R^ierung 


')  Lisch,  M.  Jahrb.  XL,  S.  202. 

*)  Zur  Namendeutung  vgl.  Kühnel,  M.  Jahrb.  XLVI,  .S.  105.  Einige  l«it«fl  den  Namen  von 
kotol  Kessel  ab:  KcijistiT  den  M.  Jahrbüchern  WXI — XL,  S.  jS.  —  fcber  die  gleich- 
namige Familie  ».  .\L  Jahrb.  IX,  S.  477.   X,  .S.  209.   X.MII,  S.  44.  l'erNoncnregistcr  zum  M.  L'.-lt, 

*)  M.  U.-B.  5846  nnd  8301  A.  Zur  Stiftung  im  Dom  kommen  nachher  auch  Einkünfte  ans 
Muess  und  Pelersberg. 

*)  Eigentlicli  eh  einem  antichrctischen  V'erliauf. 


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666 


AMTSGERICHTSBBZIRK  SCHWERIN. 


und  1O38  bei  der  lierzoglichen  Rci^ierun^  den  Versuch,  in  den  Gcnuss  des 
geistlichen  Lohns  zu  kommen  und  beruft  sich  dabei  auf  eine  Verleihung  von 
dem  dänischen  und  norwegischen  Herz<^*Bi8chof  Ulrich,  aber  bei  der  be- 
kannten Eingenommenheit  des  Hem^  Adolph  Friedrich  gegen  die  Domherren 
als  »inutilia  pondera  terraec  wird  ihm  diese  Bewerbung  nicht  viel  genützt 
haben. ') 

In  den  Kirchcnvisitations]jrotok<)llen  von  1534  nnd  1541  wir«!  l'eckatel 
noch  nicht  mit  einer  Kapelle  aufgeführt,  \\uh\  aber  sclidu  i  5')6.  Die  Kapelle 
muss  also  zwischen  1541  und  1596  gegründet  sein.  Ucber  einen  der  merk- 
würdigsten Funde  auf  der  Feldmark  von  Peckatel  s.  u.  Voi^eschichtliche  Plätze. 

Kapsle.  Kapelle.    Die  Kapelle  ist  ein  l'achu  erkbau     .Sie  hat  einen  im  Westen 

vorgebauten  sclmialen  Tiuirni,  der  sich  mir  wenig  über  den  First  des  Kapellen- 
daches erhebt  und  mit  einem  .Satteldach  geschlossen  ist. 

Einrichtimg  Die  Einrichtung  der  Kapelle  i.st  unbedeutend.     Altar*)   um\  Kanzel 

tlc        stammen  aus  der  klassicierenden  Zeit  vom  l'.iuie  \orii;tn  luul  .Anfang  die.ses 
Kapelle.    Jahrhunderts.    Am  Altar  zwei  Bilder,  das  Abendmahl  und  darüber  die  Auf- 
erstehung, beide  angefertigt  von  dem  Zimmermann  Slaht  in  Peckatel.  Als 
Kanzelsdirouck  finden  wir  die  Bilder  des  Heilandes  und  der  vier  Evangelisten; 
am  Beichtstuhl  die  Bilder  von  Moses  und  Johannes  dem  Täufer. 

Glocken.  Im  Thurm  zwei  GlodieB,  welche  zur  Zeit  des  Grossherzogs  FRIEDRICH 

FRANZ  II.  und  des  Pastors  G.  A.  FR.  KUEFOTH  von  Ed.  AlbrwM  in  Wismar 

umgegossen  sind.    Die  Vorgängerin  der  einen  von  beiden  filockcn  hatte  die 
Inschrift:  4!>  tCJC  gloriC  )CpF  bCIli  CÜ  parc  anno  biTl  mbiX\  tlazu  ein  Giesser 
zeichen,  das  einem  aufgerichteten  Pfeil  gleich  sah.  an  dcsseii  uuteiein  I  jide  sich 
schräg  links  ein  Dolch  mit  der  Spitze  anschluss:  vgl.  t  rull,  M.  Jahrb.        .S.  203. 

Kleinkim.st-  Kleinkunstwerke.    \'on  zwei  Ziiuileuchtern  ist  der  eine  ohne  Werk- 

werke,    zeichen  mit  dem  Namen  J  •  BEUTVÜR  1833.  »In  .ludt-re  ein  Flickstück  ver- 
schiedener Zeiten  mit  dem  Namen  C  •  OLDENBURG  1858. 


Das  Kirchdorf  Banikow. 

(beschichte  BBn  dem  16  km  sudlieh  \on  .Schwerin  an  der  .Stor  gelegenen  Dorf  Hanzkow 
des       ■■■■    [Hancekoue,^)  Hansekowe,  Hantcekowe,  Hanscekowe,  Bantzkow,  Bant- 
Dorfes,    schow]  giebt  es  zur  Zeit  der  Grafschalt  einen  Gutshof,  der  als  Nebenresidenz 
dient  und  von  dem  aus  auch  Urkunden  erlassen  worden  sind.')   Am  12.  März 

'j  Vgl.  .Sclulilt,  M.  Jahrb.  202.    1.1,      153.  157. 

^1718  btuen  sämmllicbe  Einwohner  von  l'eckatel  um  Schenkung  des  Altars  nod  der 
Kantel  der  Kirche  zu  Moitlentin,  die  niedergelegt  wenU-n  snll. 

•)  Nnch  K.-Iuu-I.  M.  I.itirli.  XI.Vl.  S.  2',.  «»tt  tlc*  ll.uicck. 

*)  M.  L  .-l!.  2633.  2634.  3171:.  4721.  4859.    Wigger.  M.  J.ahrb.  XXXlV,  .S.  117. 


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KIRCHDORF  BANZXOW. 


667 


1350  verpfändet  Graf  Otto  zu  Schwerin  dem  Ritter  Ulrich  von  Drieberpf.  seinem 
Vogt  7,11  Neustadt,  das  Dorf,  den  Hof  und  die  Muhle  zu  Bantzccowc  mit  der 
Lcwitz  wiederlöslich  für  1000  Mark.')  Wie  die  Grafen,  so  weilen  dort  nach 
Erwerb  der  Grafschaft  gelegentlich  auch  die  Herzöge  in  Kriegs-  wie  in 
Friedenszeiten.*)  Bandcow  scheint  schon  früh  ein  grosses  Dorf  gewesen  zu 
sein.  Zur  Zdt  Herzog  Heinrich's  des  Dicken,  1417  bis  1477,  giebt  es  hier, 
wie  in  der  mccklcnbur^jischen  Gcs(  Iii«  htc  seit  Ianj^<  :ii  hek.mnt  ist,  Schnitzler 
und  Drechsler,  welche  alle  möglichen  (iefässe  aus  Holz  anfertif^cn,  Kannen, 
Schalen,  Teller,  Hecher,  die  nachher  bemalt  und  vergoldet  werden,  und  die 
der  Herzog  scherzweise  seine  »Banzkow  sehen  üläsert  nennt.  Im  XVI.  Jalir- 
hundert  besitzt  das  Kloster  Zarrentin  noch  verschiedene  Anredite  an  Banzkow.*) 
Seit  dem  Erlöschen  der  Klosterrechte  aber  giebt  es  in  Banzkow  keinen  Grund 
und  Boden  mehr,  der  nicht  zum  landesherrlichen  Domanium  gehört 

Am  21  Juni  1733  werden  bei  Banzkow  die  Truppen  des  Herzogs  Karl 
Leopold  von  den  Li.uicburgern  gcsclilatjen 

Bis  1856  triebt  es  hier  einen  l)amm7.oll. 

Wie  Consrade,  su  zählt  auch  Banzkow  nachweislich  seit  1534,  gewiss 
aber  schon  viel  früher  zu  den  Filialen  der  Mutterkirche  zu  Plate. 

Kirche.    Die   Kirche   ist   mit   ihrer  ganzen  Einrichtung  ein  Neubau  Kirche, 
gothischen  Stiles  aus  der  Zeit  von  1872  bis  1875.    Die  Orgel,  ein  Werk  von  Orgel. 
Friese -Schwerin,  stammt  von  1884. 

Reste  des  alten  Altar -'i'riptychons,  eine  Maria  mit  dem  Kinde  im 
Strahlenlnanz,  befinden  sich  im  Thann.  Die  Beschreibung  dieses  Werkes 
und  die  der  Kirche  findet  sich  bei  Lisch,  M.  Jahrb.  XXVII,  S.  aoa  ff. 

Glocken.  Die  grössere  Glocke  hat  einen  Durdimesser  von  0,84  m  und  Glodcen. 
ist  1806  von  J.  O.  W.  Landrs  in  Lübeck  gegossen  worden.   Die  kleinere  Glodce 
hat  einen  Durchmesser  von  0,69  m  und  die  Insdirift:  Hh  I|elp4<f0t  HhlnilieHh 

fbtite  4*  Sltina  »i*  fhlf  httihtie  HF*  m  4*  Ii  HE*  i)E  >i<. 

Epitaph.  Auf  dem  Thurm  eine  Gedftchtnisstafd  der  Familie  BatfWMk  Kpitaph. 
mit  der  Inschrift:  DIE  EHRENUE8TE  UORACHTBAR  UNOT  MANHAFFTE  RAT- 
SACHtt  SO  IN  BANSCHOWW  OEWONETT  HABEN  NAMEN8  1  FETTER  R  •  AUS 
BEIDENDORFF  BE1I  DER  WISMAR  GEBURTICH  A  •  1216  .  DURCH  DER  HER- 
ZOCH  ZU  MECKLENB  •  FYR  EIN  ERBE  SCHMITT  IN  BANSCHOUW  EINGE- 
SETZETT  SEINES  ALTERS  •  79  •  JAHR  DESSEN  SOHN  LENHART  R  .  SEINES 
ALTERS  77  JAHR  DESEN  SOHN  HENNRICH  R  •  SEINES  ALTERS  •  61  •  JAHR 
DE8EN  S  •  JOCHIM  R  •  SEINES  ALTERS  •  83  •  JAHR  DESEN  SOHN  HANS  R  • 
EIN  SEHR  WOLLUERSVCHTER  MAN  •  16  •  JAHR  IN  DER  FREMDE  GEWESEN 
fiTU  IN  TIROLN  MEHRN  OESTEREICH  IN  UNSR  FYR  EIN  FAHNSCHMITT  GE- 
DIENETT  ALS  DEN  IN  BANSCHOUW  GEWONNETT  SCHMITT  UND  JVRAT  SEI- 

«)  M.  U..B.  7057. 

*)  M.  i'.  n.  7988..  10292. 

•)  M.  Jahrb.  .\XXIV,  S.  12. 


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668 


AHTSGBRICKTSBEZIRK  SCHWERIN. 


NES  ALTERS  •  82  •  JAHR  DESEN  SOHN  JOCHIM  •  R  •  DER  •  6  •  SCHMITT 
UND  ZÖLNER  ALHIR  LEBET  IN  SEINE  •  78  .  JAHR  HATT  DISES  EPITAFIUM 
SEINE  UORUETTERN  SICH  UND  SEIN  NACHCHOMEN  ZU  EHRE  GEOECHTNIS 
UERFERTICHEN  LA8H?  •  1696  •  SEINES  ALTERS  •  •) 

Kleinkunst-  Kletnkunstwerke.     i.  Silberner  Kelch  mit  Pateno,  t^leicli  denen  in  Cons- 

werke.  nidc  Von  I  GIESE  Sclnverin.  —  2.  Zinnerner  Kelch  aus  dem  XVUl.  Jahr- 
hundert. Da/u  eine  I'atcnc.  —  3.  Desgl.,  aber  /.erbruclicn,  mit  der  Inschrift: 
HARTWIEG  JOCHIM  RÖBCKE  •  1728.  —  4.  Taufschale  von  Messing  von  1683, 
mit  den  Initialen  J  •  S  •  K  •  F«,  H  •  L  •  B  •  8  •  BANSKOV  •  1683  •  —  5—8. 
Vier  zinnerne  Altarleuchter,  davon  drei  auf  Löwenfussen,  der  eine  1695  ge- 
stiftet von  JOCHIM  PASSAV.  der  andere  1696  von  JOCHIM  PAHN,  der  dritte 
1705  von  JOCHIM  RAHTSACK  (mit  zwei  älteren  Namen  von  1637,  denen  von 
TIES  TECHENTIN  und  ANNA  RÖNCKENOORF),  der  fünfte  1767  von  HEINRICH 
CHRISTIAN  WÖSTEN  BARG. 


Das  Kirchdorf  Mirow. 


Geschichte 

des 


as  17  km  südlich  am  westlichen  Ufer  des  Thaies  der  Stör  gelegene 

Kirchdorf  Mirow  besitzt  schon  im  XIII.  Jahrhimdert  eine  Kirche,  und 
Dorfes.  j^jn-  ^.\^]^.  Mutterkirche,  deren  Kirchspiel  die  I)orfer  Lübesse  und  LleHtz  mit- 
umfasst.-)  .Auch  l^clitz  hat  damals  seine  Kirche,  aber  diese  ist  Tochterkirche 
von  Mirow.  Doch  den  25.  März  1270  wird  diese  Kirche  dem  Kloster  Reinfeld 
zu  Liebe,  das  im  Thal  der  Stör  .seinen  Güterbesitz  zu  mehren  beabsichtigt  und 
um  dieses  Besitzes  willen  auch  das  Pätronat  der  Kirche  zu  Uclitz  zu  erlangen 
wünscht,  zu  einer  selbständigen  Kirche  erhoben,  der  nicht  bloss  das  Dorf 
Uelitz,  sondern  auch  das  genannte  Lübesse  einverleibt  wird.  Im  weiteren 
Verlauf  des  Mittelalters  nur  lässt  sich  dieser  Verlauf  nicht  durch  Urkunden 
feststellen  -  kehrt  sich  das  X'erhältniss  so  um.  dass  die  alte  Mutterkirche  zu 
Muow  l'iliale  der  Kirche  zu  (ioldenstadt  wirtl.  Das  ist  sie  z.  B.  nachweislich 
von  1534  bis  in  die  zweite  Hälfte  des  XVH.  Jahrhunderts  hinein.  Als  dann 
aber  auch  Goldcnstädt  aufhört,  seinen  eigenen  Pastor  zu  haben,  wird  Mirow 
zugleich  mit  Goldenstädt  dem  Pfarrsprengel  von  Uelitz  zugewiesen,  und  so 
kommt  CS,  dass  seit  mehr  als  zweihundert  Jahren  das  kirchliche  Verhältniss 
das  umj^ekehrto  von  dem  des  XIII.  Jahrhunderts  ist. 

Weniger  noch  als  über  die  kirchlichen  \'trhiillnisst>  erfahren  wir  über 
die  weltlichen.    Am  1.  Mai  1356  begleicht  Graf  Otto  von  Schwerin  gewisse 


')  l>le  .\nKali«,  wie  hoch  er  !«ciii  .-Mter  gehracht  halic,  fehlt. 

*)  .M.  l  .  K.  II  SS.  lojoo.    t  eber  die  Kesit/ungcn  von  Keinfeid  vgl.  auch  Usch,  M.  Jahrb.  I, 
S.  12.  13.    XIV,  S.  72.  7J.  75.    X.VXIV,  S.  5.  II. 


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KIRCHDORF  MIROW. 


669 


Schuldforderungen,  die  Henning  Knop  und  Joh.  Berchteheile  an  ihn  haben, 

mit  Anweisungen  auf  Hinkünfte  aus  verschiedenen  Dörfern,  darunter  auch 
solche  aus  Miruw.  Dasselbe  thut  Herzog  Albrecht  von  Mecklenburg  am 
20.  Juni  1361,  indem  er  ICinkiinfto  aus  Mirow  und  Plate  zwei  Schweriner 
Bürgern,  Gerold  und  Helmoid  Rampe,  auf  so  lange  zuspricht,  bis  eine 
Forderung  von  200  Mark  Lübisch,  die  diese  an  den  Grafen  Otto  von  Schwerin 
haben,  von  ihm  abgehoben  sein  wird.')  1373  giebt  es  ausserdem  einen 
Arnold  Rampe  zu  Mirow,  und  1380  verfugt  ein  Johannes  Rosenhagen  über 
Finkiinftc  aus  Mirow.  Die  Anwesenheit  eines  herzoglichen  Vogtes  zu  Mirow 
las>t  darauf  schlicssen,  dass  aurli  die  lierzogc  hier  besonderen  Grundbesitz 
hal)en  Dass  sie  diesen  durch  Hrucibung  von  5';  Hufen,  welche  Arne!  von 
der  M(iicn  besessen,  aber  vorlaufig  an  Vicke  Swysowc  und  Kulof  Balge  ver- 
pfändet hat,  vermehren,  ergiebt  sch  aus  Urkunden  des  Jahres  1404.  Endlich 
hat  auch  das  Kloster  Zarrentin  noch  im  XVI.  Jahrhundert  Einkünfte  aus  Mirow 
zu  beziehen.')  Wann  und  wie  die  heutigen  Domanialverhältni&se  eingetreten 
sind  —  wahrscheinlich  bald  nacli  der  Reformation,  —  entzieht  sich  unserer 
Kenntniss.  In  dem  ältesten  \'er/eichiiiss  der  mecklenburgischen  Ortschaften  nach 
AenUern,  dem  von  1739,  wird  Mirow  als  furtliches  Domanialdorf  aufgeführt. 

Kirche.   Die  Kirche  ist  ein  im  Stil  der  Neugothik  von  1842  bis  1845  Kirche. 

ausgeführter  Neubau  auf  I-Vldsteinfutulament.   Altar  und  Kanzel  sind  zu  einem  Altar  und 
Körper  verbunden.    Die  Orgel,  ein  Werk  von  Friese  Schwerin,  stammt  aus  Kanzel, 
den  sechzii/er   Jahren.    Im   Thurm  zwei   Glocken,  von  denen   die   «'rössere  ^fS^^li 
einen    Durchmesser   von   0,89  m    hat   und    1845    zur   Zeit    des  IVapositus 
FRIEDERICHS  von  P.  M.  Hausbrandt  in  Wismar  aus  einer  älteren  umgegossen 
ist,  die  kleinere  aber  von  70  cm  Durchmesser  eine  alte  Glocke  ist,  welche  die 

Inschrift  hat:  •  leib')  •  got  •  bulre  •  fanctft  •  9nna  •  folf  •  berbe  •  — 

Kleinkttastwcrke.    i.  Zinnerner  Kelch  mit  Patenc  ohne  Inschrift.  —  2.  Tauf*  Kleinkunst* 
becken  von  Messing:  MARIA  :  SCHMILLEN  :  HANS  :  LVBAHN  :  ANNO  r  1709.  werke. 
3.  Vier  zinnerne  Altarleuchter  ohne  Inschrift,  aber  mit  neben- 
stehenden Werkzeichen. 


mm 


Nach  dem  Inventar  von  181 1  war  die  eine  Glocke  von  1689  und 
die  andere  von  tSot.  Auf  dem  Boden  des  Langhauses  ein  alter  holzemer 
Krucifixus. 


'   M.  11:.  S216.  S<)i4.  10424.   Lisch,  M.  Jahrb.  V,  S.  127. 
«)  .M.  J.iliil,.  X.XXIV,  .S.  12.  13. 
*)  Nicht  ttclp. 


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670 


AltTSGBRICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


Das  Kirchdorf  Goldenstädt. 


Geschichte  BSih  wenig  wie  bei  Mirow,  erfahren  wir  auch  bei  Goldenstädt,  das  19  km 
des  \Tin  südlich  von  Schwerin  in  demselben  Thal  der  Stör  li^,  auf  welche  Art 
Dorfes.  ^-^^^^  sowohl  zum  Domanialdorf  als  auch  zum  Kirchdorf  entwickelt  hat, 
dem  die  ältere,  weiland  selbständif,'e  Muttrrkirche  zu  Minnv  untergeordnet 
wird.  Das  KirchenvisitationsprotokoU  von  1534  zeigt,  dass  das  am  25.  März 
1270^)  beurkundete  ältere  Verfaflttniss  nidit  mehr  besteht.  Damals  ist  Kirch- 
herr der  drei  mit  einander  zu  einem  Pfarrsprengel  verbundenen  Kirchen  Golden- 
städt, Mirow  und  Ra.stow*)  der  Golden.stadter  Pastor  Rarthold  Sabelmann. 
Um  154!  ist  es  Paul  Schüler.  Nach  ihm  finden  wir  dort  in  der  zweiten  Flälftc 
des  XVI.  Jahrhunderts  Alexius  Wilde,  dann  um  1594  Wolfgang  Sigfried,  bis 
1602  Heinrich  Meizendorf  und  .seit  1602  Joachim  Pingel,  der  bis  gegen  1653 
im  Amte  ist.  Nach  der  Vakanz  von  1653  scheint  Goldenstädt  keinen  eigenen 
Pastor  mehr  gehabt  zu  haben.  Denn  der  schon  1654')  amtierende  Uelitzer 
Pastor  Christian  Delius  bezeichnet  sich  in  Akten  und  Briefen  als  Pastor  zu 
Uelitz  und  Goldenstädt. 

Kirche.  Kirche.   Die  Kirche  in  Goldenstädt  ist  dn  im  Innern  fladigedeckter 

winziger  alter  gothischer  Bau  von  Feldsteinen  und  Zi^elsteinen  mit  Strebe- 
pfeilern und  einem  Chorschluss  aus  dem  Achteck.  Kleine  .stillose  Fenster 
erleuchten  das  Innere.  Hingewiesen  mag  werden  auf  zwei  spitzhogige  Pforten 
mit  kantig  profilierten  Laibungen,  die  aber  zugemauert  sind.  Statt  des 
Thurmes  ein  von  der  Kirche  abgesonderter  hölzerner  Glockenstuhl. 

Einrichtung  Die  Einrichtung  der  Kirche,  Altar,  Kanzel  und  zwei  Emporen,  gehört 

der       Jer  Zeit  des  Barockstils  an,  i.st  aber  nicht  von  Bedeutung.    Die  einzige  Glocke 
Kirche.  ^  ,j        j^.^  In.schrift   1681  unter   dem  Herzog  CHRISTIAN  LOUIS 

2ur  Zeit  des  Pastors  CHRISTIAN  DELIUS  (s.  o.)  von  M.  Viatos  SIetMnbnim  in 
Sdiwerin  gegossen  worden. 

Kleinkunst-  Kleinknnstwerke.    i.  Silbervergoldeter  neugothischer  Kelch,  1887  von 

werke.  CHRISTINE  PETERSON.  GEB.  SCHLEIFF.  geschenkt.  Von  Heinmntorf- Berlin.  — 
2.  Zinnerner  Kelch  mit  Patene,  ohne  Inschrift,  aber  mit  der  Marke  des  eng- 
lischen Zinns.  —  5.  TauftMcken  von  Messing  mit  der  Inschrift:  CATARINA 
ELISABET  RÖNKENDORBS  ANNO  1718.  —  4  Zinnerne  Taufschale  mit  der 
Inschrift:  HANS  HINRICH  RAHTZACK  KIRCHEN-GERAHT  1770.  ^^j^  j^T^ 
Nebcnätchcnde  Werkzeichen.  —  5 — ^8.  Vier  zinnerne  Altarleuchter, 


')  M.  U.-B.  1188. 

k.t..tow  hat  seit  dem  XVIt.  Jahrfaundert  keine  Kirche  mehr. 
.Siehe  Leachter  in  SUlte. 


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KIRCHDORF  SOLTE. 


671 


der  eine  1672  ^'cschenkt  von  CHRISTIAN  BADE,  der  andere  167-  ■  Ii  'il  l 
von  ARNDT  WITTENBORCH  .  mit  nchLnstLhcndcn  Meisterzeichen:  /'^N 
der  dritte  1705  von  HANS  SCHNEIDER,  der  vierte  171 5  von  tjy  K^ff 
DAVIED  KLVDT. 

Werkzeichen  am  dritten  Leuchter:  Werkzcichcn  am  viLttcn  Leuchter: 

0  ®  0 


Dorfes. 


Das  Kirchdorf  Sülte. 

|ährend  des  XIV.  Jahrhunderts  giebt  es  in  dem  1 5  km  südlich  von  Schwerin  Geschichte 
gelegenen  Kirchdorf  Sülte  (to  der  Suiten)  einen  mit  vier  Hufen  Landes 

ausgestatteten  Rittcrhof,  »Minrikos  Ilofi  in  der  Zeit  der  Grafen  geheissen,  mit 
dem  der  Herzog  Albrecht  im  Jahre  1362  den  Gerhard  Schütte  belehnt,  der 
aber  schon  drei  Jahre  sjxiter  dem  Johann  Hercliteheylc  fjehört  und  1373  von 
dessen  W'ittwe  Mccluildis  iiiul  ilircm  Sohne,  dem  Kanonikus  Johann  Rerclitchc\  le 
für  das  Seelenheil  des  verstorbenen  Gatten  und  Vaters  und  zum  Lrlass  ihrer 
eigenen  Sünden  an  den  Doin  zu  Schwerin  verschenkt  wtn).*)  Im  Jahre  1565 
hat  Achim  von  Halberstadt  auf  Brütz  Besitz  und  Rechte  in  Sülte,  während 
von  denen  des  Domes,  deren  Zahl  in  der  Zeit  der  Reformation  zum  Leid- 
uesen der  Üomliernn  fortwahrend  abnimmt,  keine  Rede  mehr  ist.*)  Am 
uS.  November  1627  gehen  Halberstadt'sche  Anrechte  auf  den  Herzog  Adolph 
Friedrich  über.  Deren  X'erlassung  auf  den  letztgenannten  wird  mit  der  völligen 
Einverleibung  des  Dorfes  in  das  landesherrliche  Domanium  gleichbedeutend 
gewesen  sein.  In  dem  Verzeichniss  der  Ortschaften  des  Landes  vom  Jahre 
1739  zählt  Sülte  zum  damaligen  Schwerin -Tempziner  Amt 

Wie  Goldenstädt  und  Mirow«  so  hat  auch  Sülte  im  Mittelalter  sein 
eigenes  Kirchspiel  und  seinen  eigenen  Pleban  oder  Kirchherrn.  Dahin  cin- 
gejifarrt  ist  nm  1541  das  Dorf  Lübcsse,  das  bis  1270  zur  Mirower  Kirche 
untl  von  da  an  zur  L'elitzer  Kirche  gehörte. ')  l'.s  nniss  somit  spater  wieder 
von  Ueiitz  getrennt  worden  sein.  Nur  wissen  wir  nicht,  wann  dies  geschah. 
Der  Geistliche,  den  das  Vi.sitationsprotokoll  von   1541   als  Kirchherm  von 

')  V({1.  M.  l  .-1*.  9470.   1040;.     Im  l  rkiinileiil)iich  i^t  durcli  ein  Vcr.'^ehen  in  iIlt 

l'rkunde  9083  der  N.-)inc  Sttik  fUr  Schutte  und  in  der  l  rkundc  9470  .Suiten  bei  UrUel  fur  .Suhc 
hei  Schwerin  g«»eut.   IJer  Vergleich  alier  drei  Urkunden  erweist  nnwiderief^ieh,  dus  sie  sieh  auf 

c'iuf  •inil  ilif'.rlNc  Snelio  liL'/iolioii.  rcluit;eti>  liattt-  ilor  alte  I.i>ch  il:f  in  /iisuniniL-nli.inj^  scIidii 
richtig  crkntuit.  .\\>l-t  tu  l  rk.  9470  slail  1366  da.<<  falsche  Jahr  1356  an(;unuiiinicn:  Vgl.  M.  Jahrb.  V, 
fi.  127,  Anmk^'.  $. 

*i  Vgl.  Schil.li.  M.  Jahrb.  XLVII.  S.  iQgflT. 

■)  M.  l  .-ll.  1188. 


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672 


AMTSGBRICHTSBBZIRK  SCHWERIN. 


Sülte  nennt,  hcisst  Hcinricli  Klilers  ')  Das  Kirchlehn  aber  hat  der  Abt  des 
holsteinischen  Klosters  Rcinfcld  bei  Lübeck  zu  vergeben,  dem  seit  1270  auch 
(las  Patronat  tlcr  rditziM-  Kirclic  zusteht,  und  dessen  Kloster,  wie  wir  oben 
gesehen  haben,  schon  frühe  im  l  iial  der  Stur  Güter  und  Dörfer  erwirbt.*)  Ob 
es  auch  in  Sülte  durch  Kauf  od«*  Tausch  noch  weiteren  Landbentz  gewonnen 
hat,  vermögen  wir  nicht  nachzuweisen.  Am  Ende  des  XVI.  Jahrhunderts  tritt 
an  Stelle  der  Klosterherrlichkeit  die  dänisdie  und  um  1605  ^  roecklen- 
burgische  l^ndesherrlichkeit.  S.  u.  Wittenförden.  Die  Pfarre  in  Sülte  geht 
ein  und  die  Kirche  wird  Filiale  von  Uelitz.^) 

Kirche.  Kirche.   Die  Kirche  in  Siilte  ist  ein  kleinerer  gothischer  Neubau  aus 

den  Jahren  1870  und  1871  mit  einem  vortjesctzten  schmalen  Thurm.  Den 
Altar.      Innenraum  iibersi)annt  eine  flache  Holzdccke,  den  Altar  schmückt  das  Gemälde 
eines   Krucifi.xus    \  <>n    Fischer- Poisson  -  .Sclnverin.     Die   im   Thurm  hänj;eiule 
Glocke,    einzige  Glocke  ist  schwer  zu  besichtigen,  nach  dem  Inventar  von  181 1  hat 
Kleinkunst-  sie  die  Inschrift:  80U  DEO  QLORIA  1792.  —  Kleinltuistwerke.    i.  Kelch 
werke,    und  Pätene  von  Zinn.  Beide  mit  schon  vergangenen  Werkzeichen,  von  denen 
das  eine  die  Marke  des  englischen  Zinns  mit  I  S  und  die  andere  ein  bekröntes 
Wappen   mit  einer  fünfblättrigen   Rose  zeip^.     2.  3.   Zwei   zinnerne  Altar- 
leuchter, beide  ohne  Wcrkzeiclieii,   aber  mit  Inschriften:    ALS  MAN  SCHREIB 
TAUSEND  SECHS  HUNDERT  FVNFZICH  VIR   ZVR  SVLT  MUTWILGE  TATREN 
KAMEN  MIR  ZVR  KIRCH  SICH  MACHTEN  UIER  LEVCHTR  STOLLEN  HINAVS 
ACHT  PFERDE  SIE  MVST  ZALEN  HERAVS  •  CHRISTIAN  DELIUS  PASTOR 
HINRICH  EDS  JVRAT  DEN  19.  SEPTEMBER  1654  -  *)  4.  Zinnerner  Leuchter 
auf  Löwenfüssen  mit  der  LS  R- Marke  wie  die  &>ldenstädter.    5.  6.  Zwei 
Leuchter  auf  rundem  Kuss,  von  HINRICH  JDE  1699  gestiftet,  beide  mit  der- 
selben Marke  F  L  S  und  J6)99  wie  die  in  Goldenstädt. 


Das  Kirchdorf  Sülstorf. 


Geschichte 

des 

Dorfes. 


ie  Geschichte  des  15  km  südlidi  von  Schwerin  entfernten  Kirchdorfes 
Sülstorf  (Szulowe,  Zulow,  Zulistorp,  Zulestorp,  Sulestorpe,  Tzulestorpe) 

ist  ein  Theil  von  der  Geschichte  des  Johanniter -Ordens  in  Mecklenbuig,  die 

uns  Lisch  im  ersten  M.  J.dirb  ,  .S.  i  bis  80  nach  Urkunden  und  \kten 
anschaulich  erzahlt  Im  Jahre  \21J  schenken  die  Gnifen  von  Schwerin, 
Gebrüder  Gunzelin  11.  und  Heinrich  L,  sowie  Graf  Nikolaus  von  Hailand,  der 

')  Der  ciii/ii,'i-  ( ;ci>tlu-lic,  *K'r  (llioi1iaiii>t  vcin  Slllto  liek:iiiiit  i,'i'\V(iriU'n  ist. 

*)  lisch,  M.  Jahrb.  XIV.  S.  72.  73.  75.    XX,\IV,  ü.  5  und  n.  —  M.  U.-B.  10200. 

*)  Das  ergicbt  sieh  ans  dem  VMttations|>rotokoU  von  1603. 

*)  In  der  IiMchrift  iIl^  /»t-iten  Leuchters  einige  kleine  orthographische  Abwachangen, 
sonst  ist  sie  der  des  ersten  gleich. 


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KIRCHDORF  SOUSTORF. 


673 


Schwiegersohn  Gunzelin's  II.,  zusanuncn  mit  ihren  Gemahlinnen  den  seit  1200 
schon  in  Goddin  und  Eichsen  stationierten  Brüdern  des  überseeischen  Johannes- 
Baptista-Hospitals  in  Jerusalem  das  Dorf  Szulowe,  Üieils  von  Frömmigkeit 
dazu  getrieben,  theib  aber  auch,  um  in  emer  damab  und  noch  viel  spater 
von  Wenden  bewohnten,  von  der  Natur  vernachlässigten  wüsten  und  unweg- 
samen Gegend  lange  gewünschte  deutsche  Ansiedln nt;en  mit  Kraft  und  Energie 
in  Gang  zu  bringen.')  Die  Komthurci  von  Werben  in  der  Altmark  wird  hier 
ebenso  wie  in  Cioddin  und  Eichsen  in  den  Besitz  eingewiesen.  Die  Ritter 
bauen  sich  in  Sülstorf  eine  Kirche,  jenen  wundersamen  alten  Bau  in  honorem 
divi  Laurencü,  der  noch  heute  steht,  und  worin  sie  mit  Messen  und  Litaneien 
unter  der  Führung  ihres  Magister  und  Frater  Heinricus  de  Zulistorp,  wie  er 
in  den  Urkunden  genannt  wird,*)  die  Dämonen  der  Heide  ZU  vertreiben  und 
für  sich  und  deren  Bewohner  das  Seelenheil  zu  erringen  suchen.  1227  kommt 
das  Dorf  Moraas  theils  durch  Kauf,  thcils  durch  Schenkung  vom  Grafen  hinzu, 
und  nun  umfassen  die  Besitzungen  der  Ritter,  wie  sich  das  aus  den  Angaben 
über  die  Grenzen  in  dieser  zweiten  Urkunde  ersehen  lässt,  bereits  das  heutige 
Kirchspiel  Sülstorf.*)  Innerhalb  der  ausserordentlich  ausgedehnten  Feldmarken 
von  Sülstorf  und  Moraas  entwickelt  sich  aus  der  Mühle  Crake  das  Dorf  Kraak, 
und  in  der  Nachbarschaft  von  Sülstorf  findet  sich  nachher  d  is  Dorf  Hoort. 
Diese  vier  Dörfer  stellen  den  Besitz  der  Komthurci  im  Thal  der  Stör  dar. 
Nicht  lange  widirt  es.  da  geben  Muhle  und  W'asserläufc  Anlass  zu  Streit 
zwischen  den  Rittern  und  den  in  ihrer  Nachbarschalt  (s.  o.  S.  664.  668)  an- 
gesiedelten Reinfdder  Klosterbrüdern.  Aber  der  Graf  Helmold  von  Sdiwerin 
schlichtet  den  Streit  am  8.  Mai  1275.  Bei  dieser  Gelegenheit  hegtet  uns 
zum  ersten  Mal  der  Utel  eines  Komthurs  von  Sülstorf:  Frater  Conradus, 
commendator  sive  magister  curie  in  Zulestorpe.*)  Wie  lange  aber  im  XIII.  Jahr- 
hiuulert  Sülstorf  der  Sitz  des  Komthurs  bleibt,  ob  bis  ans  Ende  oder  noch 
eine  Zeitlang  über  1 300  hinaus,  ist  nicht  festzustellen,  Um  1315  finden  wir 
nicht  mehr  Sülstorf,  sondern  das  Dorf  Kraak  als  dessen  Sitz,  wo  eine  Kirche 
in  honorem  sancti  Johannis  Baptistae  errichtet  wird.*)  Loch  bleibt  die  Kirche 
zu  Sülstorf  Mutterkirche,  und  zu  ihr  gehört  das  Dorf  Hoort,  während  zur 
Tochterkirche  in  Kraak  das  Dorf  Moraas  gel^  wird.*)   Patron  der  Kudie 

■)  M.  r.-lt.  2jo.         o.  S. 494.  495.   Lisch,  a.a.O.  S.  6,  Anmlcg.  4. 

«)  M.  f.  I!  3)5.  ;>s. 

*)  M.  U.U.  J40,  II  72.  l.i.sch,  a.a.O.  S.  12.  Hie  Kirche  zu  Kraak  war  deu>  hl.  Juhannes 
Baptist»  gewriht.  Die  Angab«n  der  Kirclienvisilatioo  von  1603  alwr  die  beiden  KirdaenheüiBen 
werden  von  Lisch  filr  falsch  pcf^-'''''^"  c^ciccniüicr  (Utu'ii  ik-s  IViituknUs  vii:i  1 5S0 ,  welche  den 
M.  Laurentius  anscheinend  nach  Kraak  und  den  hl.  tia)>ü»ta  nach  Sülstorf  versetzen.  Ich  sage 
anscheinend.  Denn  die  Kofis  Uber  die  beiden  Heilten  hn  Visitatjonsprotoltoll  von  1580  itt  nadi- 
iräglich  an  «Icn  Kanil  geschrielicn  und  ISsst.  genau  genommen,  gar  keine  Ijeslinmite  Uetiehnng 
auf  die  eine  oder  andere  dct  licidLii  Kirchen  zu.  Dagegen  beweisen  die  beiden  Kijjuren  des 
Joh.  liapt.  und  des  Juh.  Lvan(;elista  nct>cii  der  hl.  Maria  im  Altar  zu  Kraak  unwiderleglich,  dass 
die  Angaben  des  Ptotolcolk  von  1603  die  allein  richtigen  sind. 

*)  M.  L'.  K.  1358. 

*}  8.  Kraak  im  Band  III  d.  M.  Kunst-  u.  Gesch. -Denkm. 
*)  Ltteh,  a.  a.  O.,  S.  15. 

43 


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674 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


ZU  Sülstorf  ist  der  Komthur  zu  Kraak.  Was  fiir  sonderbare  Dinge  trotz  dieses 
Verhältnisses  zwischen  dem  Komthur  als  Patron  und  seinem  Kirchherrn  zu 
Sülstorf  vorzugehen  vermochten,  lehrt  die  Geschichte  vom  Komthur  Otto 
Warborch  und  dem  Pfarrer  Johannes  Leppin,  der  von  dem  erstgenannten  über- 
fallen und  beraubt  wird,  nachher  aber  (um  141 3)  mit  Hülfe  des  päpstlichen 
Stuhles  sein  Recht  erlangt.') 

Um  1541  ist  Simon  Schmidt  Kirchherr  zu  Sülstorf  Auf  der  schlecht 
dotierten  Pfarre  folgen  nachher  bis  zum  Jahre  1578  fünf  Geistliche:  Simon 
Rösike,  Asmus  Stübing.  Simon  Schröder,  Johann  Gördell  und  VVoIfgang 
Sigfrid.*)  Sic  alle  haben,  wie  ihr  Nachfolger  Jacobus  Pauli  klagt,  mit  Kreuz, 
Armuth  und  Elend  zu  kämpfen.  Auf  Jacobus  Pauli  folgt  16 14  Joachim  Lobes, 
der  1658  .stirbt  (s.  u.).    Die  spateren  Kirchherren  sind  von  1658  an  Joh.  Alb. 


Kirche  tu  Siil»torf,  -SaiUcitc. 


Elwcrs  (s.  u  ).  von  1675  an  Jeremias  Hesse,  von  16S9  an  liernh.  Joh.  Scharfen- 
berg, von  1728  an  Chr.  Stunn,  von  1760  an  Karl  Ludwig  Paschen,  von  1767 
an  Ernst  Hermes,  von  177:»  an  Karl  Christian  Brandenburg,  von  1780  bis  1804 
Ernst  Daniel  Wogener.    l'cbcr  ihn  und  .seine  Nachfolger  vgl.  Walter  a.  a.  O. 

Der  Komthur  von  Kraak  behält  das  Patronat  bis  zur  Einziehung  der 
Güter  des  Ordens  in  der  zweiten  Hälfte  des  XV'I.  Jahrhunderts,  und  Sülstorf 
gehört  ihm  mit  allen  Gerechtigkeiten.  Dien.sten,  mit  Zu-  und  Abfluss,  mit  Geld- 
pächtcn.  Zehnten  und  Rauchhuhnern,  während  der  I^mdeshcrr  bis  dahin  ini 
Dorf  die  Stra.>scngcrochiigkoit,  Kiuiigsbede,  den  Munzpfcnnig,  das  Ablager, 
den  Hedehafer,  sowie  von  jedem  Hauern  auf  vier  Tage  im  Jahr  die  Holzfuhren 

1  i>L-li,  a.  a,  O..  S.  u>. 


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KIRCHDORF  SÜLSTORF. 


675 


ZU  be.mspruchen  hat.  Mit  dem  Kingehen  der  Komthurei  tritt  der  Landes- 
herr in  alle  Patronatsrechte  ein;  und  seitdem  ist  Sülstorf  ein  zum  Amte 
Schwerin  gehörendes  Domanialdorf. 

Kirche.  Die  Kirche,  ein  auf  Kelsenfundament  errichteter  Ziegelbau,  Kirche, 
besteht  aus  einem  einzigen  länglichen  Raum,  einem  Chor,  der  im  Osten  mit 
fünf  Seiten  aus  dem  Zwölfeck  geschlossen  ist  und  fast  rund  erscheint.  Diese 
Anlage  hat  durch  einen  später  ausgeführten  Anbau  auf  der  Südseite  eine  Ver- 
änderung erfahren.  Auch  auf  der  Xordseite  giebt  es  eine  hinzugefügte  Kapelle, 
doch  ist  deren  Raum  nicht  gleich  dem  des  Anbaues  auf  der  Südseite  mit 


Kirche  zu  SuUtorf,  von  Südosten  gesehen. 


der  Kirche  in  Verbindung  gesetzt  worden.  Die  vcrhältnissmässig  hoch  an- 
gebrachten kleinen  Kenster  sind  theils  Rund-,  theils  Spitzbogen  ■  Kenster,  ebenso 
die  Aus-  und  ICingangs- Portale,  deren  I-aibungcn  kantig  profiliert  sind.  Im 
Innern  des  Schifies  fallen  an  jeder  Seite  zwei  grosse  Rundbogen -Nischen  auf, 
die  unterhalb  der  kleinen,  sehr  verbauten  Kcn.ster  auf  viereckigen  Wandpfeilern 
ruhen  und  fast  darauf  schliessen  lassen,  dass  ursprünglich  Seitenschiffe  beab- 
sichtigt waren,  deren  Ausführung  später  unterblieben  ist.  Diese  Bogenöfilhungen 
sind  jedoch  nach  aussen  hin  nicht  schlicht  zugemauert,  sondern  so  gestaltet, 
dass  jedem  grösseren  Bogen  im  Innern  zwei  bedeutend  niedrigere  kleine  Rund- 
bogen-Xischen  auf  der  Aussenwand  entsprechen  und  somit  das  Schiff  am 
unteren  Thcil  der  Mauer  wie  mit  Arkaden  verziert  erscheint.  Ueber  diesen 
Arkaden  stehen  die  Kensterschlitze  paarweise  zusammen.  Der  obere  Theil 
des  MauerAverks,  das  in  Kolge  dieser  Konstruktion  nur  von  geringer  Stärke 

4S» 


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676 


AMTSfJEKlCHTSBKZlRK  SCMWKRIN. 


Altar- 
aufsatz, 
Kanzel, 

Ständer. 


Glocken. 


sein  konnte,  ist  in  späterer  Zeit  erneuert  worden  und  zeigt  daher  nichts  mehr 
von  seiner  Ursprünglichkeit,  wenn  man  die  vertieften  viereckigen  weissen 
Felder  abrechnet,  welche  sich  oberhalb  jedes  Fensterpaares  in  der  Aussen- 
mauer  befinden.  Auch  hat  dieser  Aufbau  zur  Folge  gehabt,  dass,  obwohl 
das  alte  romanische  Liscnensvstem  an  den  Ecken  noch  sichtbar  ist,  dennoch 
niedrige,  nach  oben  hin  sich  verjüngende  und  in  die  Ausscnmaucr  übergehende 
Strebepfeiler  als  Stützen  an  die  Aussenwände  des  Schiffes  gesetzt  wurden. 
Im  Innern  überspannt  eine  flache  Hrcttcrdccke  den  ganzen  Raum.  Im  Westen 
ein  hölzerner  Thurm  mit  einem  vierseitigen  schindelgedeckten  Pyramidenhelm.') 

Altaraufsatz,  Kanzel  und  Taufständer  sind  Werke  des  Barockstils  vom 
Jahre  1692  und  bieten  kein  Interesse.  Nur  mag  bemerkt  werden,  dass  am 
Altaraufsatz  zwei  Schilde  vorhanden  .sind,  von  denen  der  eine  das  mecklen- 


Inncrcs  der  Kiri:)ii:  /u  SUl^torf. 

burgische  Wappen  und  der  andere  das  aus  F  und  W  gebildete  Monogramm 
des  Herzogs  Frictlrich  Wilhelm  zeigen,  dem  die  Initialen  H«Z«M»B«Ao 
1692  hinzugesetzt  sind. 

Glocken.    Von  den  drei  Glocken  der  Kirche  hat  die  grösste  einen 
Durchm.  von  0,97  m  und  die  Inschrift:  O  rC)C  +  gloric  +  Xpj  (?)  +  Ucill  + 

cbni  pacc  •  bliffin  •  Ucr  •  V)biibcrt  •  in  •  bemc  •  tUc  •  Unbc  •  Unftt- 

fcftClI  •  'Sxtt  '     Hinter  dem  Wort  p.lCC  ein  kleines  Heiligenbild. 
Zu  der  In.schrift  das  neben.slehcnde  Glockenzeichen.     -  Die  zweite 
Glocke  hat  einen  Durchme.sscr  von  0,88  m.    Sic  ist  im  Jahre  1669 
von  Jochim  Mehler  in  Schwerin  zur  Zeit  des  l'a.stors  JOHANNES  ALBERTUS 
ELVERUS  (s.  o.)  umgegossen  wijrdcn  uml  zeigt  aus.scr  der  In.schrift,  welcher 


X 


')  Vj;l,  I.i-Lh.  .M.  Jiilirb.  1.  S.  i>S-     NXVII.  S.  201. 


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KIRCHDORF  PAMPOW. 


677 


diese  Angaben  entnommen  sind,  das  «Crosse  mcckIcnl)Mrü:i -rln-  Wnppcn  des 
Hcrzonjs  Christian  Louis  mit  den  Initialen  C»L«D-G«D«M«  —  Die  dritte 
Glocke  hat  einen  Durchmesser  von  0,55  ni  und  ist  ohne  Inschrift. 

Grabsteine.    In  der  Kirche  liegen  die  (Irabsteine  des  Pastors  J  oachimus  GratMtdne 
Lobes,  t;est   den  4,  Marz   1658  nach  41  jahriger  Amtsthatigkcit  in  der  Ge- 
meinde, und  der  des  Pastors  J.  K.  Paseben  (Sohn  des  Karl  Ludwig  P.,  s.  o.), 
geb.  9.  December  1758,  gest.  17.  November  1830. 

Waodmalereieii.    Es  sind  Reste  davon  an  einer  Wand  der  Kirche  VVand- 
zum  Vorschein  gekommen.  malereien. 

Glasmalereien.    Kleine  ovale  Bildchen  mit  den  Unterschri^n  PETER  Glas- 
HARTMANN  und  H.  PAVEL  RANDT  haben  sich  erhalten.  nudereien. 

Kleinkunstwerke.  Die  in  der  Kirche  gebrauchten  Abcndmahlsgeräthc  Kleinkunst- 
gehören der  Kirche  zu  Kraak.  Sie  sind  von  dort  herübergenommen  worden,  werke, 
nachdem  die  silbernen  Gelasse  im  Kriegsjahre  1806  geraubt  worden  waren. 
I.  Stlbervergoldeter  Kelch  auf  aditpassigem  Fuss,  dem  XVIII.  Jahrhundert 
angehörifT.  auf  dem  I'uss  die  Inschrift:  HANS  •  CHRISTOFFER  •  HAUSCHILDT« 
ANNA  •  BARBARA  •  HAUSCHILDTEN  •  VERWALTER  ZU  CRAACK  ^  ^ 
15  •  JUNIJ  1743.  Nebenstclu  ndc  VVcrkzeichen.  Patenc  ebenso  be-  ©  W 
zeichnet.  —  2.  Desgl.,  auf  rundem  Fuss,  mit  der  Inschrift:  HANS  ALBRECHT 
KLENZ  VERWALTER  ZV  KRAAK  iMt.    Werkzeichen:  [s]  Dazu  gehörige 

Pätene,  gestiftet  von  CHRISTOFFER  HENNICH  ILSABE  FENZAN8  ANNO  1891. 
Ohne  Zeichen.  —  3.  Längliche  silberne  Oblatendose:  MATTHIAS  DIEDERICH 
HAUSCHI LDT  AGNETA  EUSABET  HAUSCHILOTEN  VERWALTER  ZU  CRACK 
1755.  I  B  B  H  F  T  —  4.   5.    Zwei    zinnerne    Heclier.     Beide    mit    der  be- 

kannten Marke  des  engüschen  Zinns  und  mit  der  Jalireszalil  17 10.  —  6.  7. 
Zwei  zinnerne  Leuchter,  1862  von  Pastor  HEIDENSLEBEN  gestiftet.  —  8.  Tauf- 
becken von  Messing,  neu,  ohne  Inschrift. 


Das  Kirchdorf  Pampow. 

Dem  Anschein  nach  ist  das  <S  km  .südlich  von  Sc  hwerin  j,'ele,L,'ene  Kirch-  Geschichte 
dorf  Pampow')  von  jeher  ein  Hauerndorf  in   landesherriiciieni  Besitz  des 
gewesen.    Ein  besonders  anschaiihches  Bild  in  dieser  Beziehung  gewährt  eine  I^orfe«. 
Urkunde  vom  8.  September  1336,  in  welcher  die  ganze  Einwohnerschaft  des 
Dorfes  mit  ihrem  Hufenstande  namentlich  aufgeführt  wird.*)  Man  sieht  daran, 
dass  die  nicht  niher  genannten  Besitzungen,  wdche  im  XIII.  Jahrhundert  der 
Dom  zu  Schwerin  in  I'in)p<)\v  gewonnen  hatte,  und  die  in  Folge  von  Schuld- 
verschrcibunp^en  durch  die  (trafen  van  Schwerin  an  einzelne  ihrer  V'as;dlen 
wie  Burchard  von  Lützow  und  nachher  Henning  Knop  und  Joh.  Berchteheile 

'1  r>.inii«)w,  Pampowe  TgL  KOlinel,  M.  Ji]irb.  XL  VI,  S.  loa:  Ort  dea  Fkpa. 
*)  M.  U.-B.  $691. 


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678 


AMTSGBRICHTSBBZIRK  SCHWERIN. 


im  XTV.  Jahrhundert  ahgetretenen  Geld-  und  Naturalienabgaben  mf  das  Gnind- 

verhältnLss  keinen  Einfluss  «ausübten.') 

Dementsprechend  steht  auch  die  Kirche  von  Anfang  an  unter  landes- 
herrlichem Patronat.^)  Sic  hat  bis  zum  Ende  des  XVI.  Jahrhunderts  als  Filiale 
eine  Kapelle  in  Gross^Rogahn,  Uber  deren  Verfall  das  Kirchenvisitationsprotokoll 
vom  20.  Februar  1603  Klage'  führt*)  und  die  1610  schon  als  einstmab  ge- 
wesen aufgeführt  wird.  In  der  ersten  Hälfte  des  XVI.  Jahrhunderts  finden 
wir  dort  als  Kirchherrn  einen  Geistlichen,  Namens  Ketteier  (von  1528  bis 
über  r  54r  hinaus)  und  1541  als  Vikar  oder  Morcenarius  ilen  Johann  Wilde, 
wahrend  der  Kirchherr  selber  zu  Schwerin  wohnt.  Von  1576  an  wirkt  dort 
Jochim  Karsten  als  l'rcdiger,  von  1593  bis  1628  der  aus  Holstein  gebürtige 
Johannes  Matthiae,  von  1639  bh  1676  Friedrich  Cranus  (f  1679),  der  m 
seinen  letzten  Jahren  an  Joh.  Vinhagen  einen  Substituten  hat,  von  1676  bis  17 15 
oder  1716  Paschasius  Simonis,')  von  1717  bis  1751  Christian  Rohr,  von  1751 
bb  1768  sein  Sohn  Konrad  Hermann  Christian  Rohr,  und  von  1769  bis  1808 
"  Karl  Georg  Gaden.  Ueber  ihn  und  seine  Nachfolger  v '!  Walter  a.a.O. 
Kirche.  Kirche.    Die  Kirche  ist  ein  Steinbau  von   1897.    Auch  ihre  innere 

Innere  Ein-  Einrichtung  ist  eine  völlig  neue.  Alt  sind  nur  die  drei  Glocken.  Die  grösste 
lichllUkg.  jj^^  einen  Durchmesser  von  1,20  m.  Sic  ist  laut  Inschrift  im  Jahre  1753  unter 
Olocken.  „^^^g  CHRISTIAN  LUDWIG  II.  zur  Zeit  des  Pastors  CHRISTIAN  ROHR  von 
Johann  Valsntln  SohuHz  in  Rostock  g^[08sen  worden.  Die  zweite  Glocke  hat 
einen  Durchmesser  von  i  m  und  ist  im  Jahre  1781  unter  Herzog  FRIEDRICH 
von  demselben  Rostocker  Giesser  gegossen  worden,  der  die  grosse  Glocke  goss. 
Die  kleine  Glocke  hat  einen  Durchmesser  von  66  cm.    Sie  stammt  wie  die 

Kleinkunst-  grosse  aus  dem  Jahre  1753  und  von  demselben  Ciiesser.  —  Kleinkunstwerke, 
werke.  i — 6.  Kelch,  Patene  und  Oblatcnschachtel ,  alle  drei  silbcr vergoldet,  sind 
jüngere  Arbdten  von  J.  G1«M-Schwerin  aus  dem  Jahre  1812,  als  CARL  MOller 
Pastor  war.  Ebenso  die  drei  Geräthe  zur<  Krankenkommunion  vom  Jahre  1867. 
7 — 9.  '^wei  zinnerne  Kelche  und  ein  zinnernes  Taufbecken,  daran  die  be- 
kannte Marke  des  hjigels  mit  dem  Datum  1777  und  dem  Meisterzeichen  G  S. 
10 — 12.  Drei  zinnerne  Leuchter  vom  Jahre  1826  13  14  Seitdem  sind  1889 
ein  silbernes  Taufbecken  und  1897  eine  silberne  Abendmahlskanne  hinzu- 
gekommen, Arbeiten  von  G.  Herbert- Berlin. 

')  M.  IM!.  1844.  8216. 

*)  Eine  lic.schrcibung  der  alten  Kirche  findet  sich  bei  Li!>ch,  M.  Jahrb.  XLI,  S.  209. 
*)  »Denen  vom  Adel  gehSrifr,  daaelbst  wohnet  efn  Kirchspieljankher  mit  Nahmen  Heinrieh 
Rabenc. 

*)  Bei  ihm  verweilt  im  Dcccmbcr  1713  der  Czar  Peter  d.  Gr.  (ebenso  im  Januar  1713). 
Vgl.  M.  Jahrb.  XVI,  S.  166.  Es  war  dies  nach  der  Schlacht  bei  Gadebuach  am  30.  December 
17 12,  in  vvL'Iclicr  sich  I  »Kticn  iinil  Sachsen  vorzeitig,  noch  vor  dem  Zweite  der  Russen,  mit  den 
SchvL<!on  in  eine  Schlaclit  cingela>.»en  haUen.  Im  Kircht-nrcchnunRsbuch  zu  Pampow  steht: 
>Anno  17 13.  Van  Neujahr  bis  ().<>tern.  Ist  wegen  Kin<|uarticrung,  auch  Hin  uud  Her  Marsch 
der  SXchsischen  und  Mosqnitischen  Armeen  nicht  geprediget  and  folgend  nichts  edligiKt  worden. 
Und  hat  der  Zaar  im  Pfarrhanse  3  Tag  nnd  3  Nichte  logiret« 


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KIRCHDORP  STRALENDORF. 


679 


Das  KlrclHlorf  Stralendtrf. 


as  10  km  südwestlich  von  Schwerin  g^elcpjcnc  Kirchdorf  Stralendorf  wird  Geschichte 


am  7.  Januar  1334  zum  ersten  Mal  i^fcnaimt.  als  Ritter  Heinrich  von 
Bülüw  mit  einer  an  den  Dom  zu  Schwerin  geschenkten  Hufe,  die  er  in 
Stralendorf  besessen  hat,  zur  Ehre  Gottes;  Marien  und  Johannis  eine  Vikarei 
stiftet  und  bewidmet,  die  gleich  darauf  vom  Bischof  Ludolf  bestätigt  wird,  und 
der  auch  später  die  landesherrliche  Zustimmung  vom  Grafen  von  Sdiwerin 
nicht  versagt  wird.')  Von  einem  Kirchspiel  Stralendorf  aber  ist  1345  zum 
ersten  Mal  in  Hern  bekannten  ICrbvcrtrafjc  zwischen  den  beiden  mccklen- 
burj^isclicn  I'ursten  Allirecht  und  Johann  einerseits  und  dem  (irafen  Nikolaus 
von  Sclnverin  andererseits  die  K^ede.  Es  werden  nämlich  die  Kirchspiele 
Hagenow,  Warsow  und  Stralendorf  >dat  it  lant  tu  Egypten  heitt  vorkommen» 
den  Falles  mit  zum  Leibgedinge  der  gräflichen  Wittwe  gel^^t*)  Als  dieser  Fall 
fünf  Jahre  später,  und  wenige  Monate  nach  der  Vermählung  des  Grafen  mit 
der  Elisabeth,  Tochter  des  V-dlen  Wedekind  vom  Berge,  eintritt,  übernehmen 
die  Herzöge  die  Vormundschaft  in  den  ebengenannten  drei  Kirchspielen,  und 
einen  Tag  später  übcrlässt  ihnen  die  junge  Wittwe  für  eine  Geldsumme  ihr 
ganzes  Leibgedinge,  nämlich  Stadt  und  Land  Crivitz  mit  Zeliesen,  Haus  und 
Kirchspiel  Hagenow,  sowie  die  Kirdispiele  Stralendorf  und  Warsow  »med  der 
manscap  de  dartu  hören,  dat  dar  het  dat  lant  tu  Egyptenc.  Nur  das  Patronat 
über  die  drei  Kirchlehen  zu  Crivitz.  Pinnow  und  Reigendorf  behält  sie  sich  vor.^ 
Als  später  die  ganze  Grafschaft  Schwerin  nach  zweihundertjähriger 
Entfremdung  an  die  mecklenburgischen  I^mdcsherren  zurückgelangt,  gicbt  es 
in  Stralendorf  noch  verschiedene  Anrechte  der  Ritterschaft.  So  erhält  1443 
des  Wedege  Zülen  Hausfrau  als  >Leibzucht«  70  Mark  Lüb.  im  Dorf  Stralen- 
dorf angewiesen,*)  und  1454  verfugen  13eke,  des  Claus  von  Oertzen  Wittwe 
und  ihre  Söhne  sammt  Detlof  von  Züle  über  bedeutende  Einkünfte  aus  dem 
Dorf  Stralendorf.')   Audi  die  Domherren  erwerben  dort  durch  Kauf  von  den 

')  M.  U.-li.  5485.  S486.  6322. 

*)  M.  U.'B.  6538.  6S44.  6S4$.  Wie  diese  drei  Kirchspiele  s«m  Niunen  »Egypten«  kommeo, 
ist  nicht  nachr.uweissen.    Vemathen  Übst  sich  in  dieser  Betiehnng  allerlei  von  dem,  der  die 

Gegend  kennt. 

•)  M.  U.-B,  7050.  7051. 

*)  Derselbe  Wedige  Zilie.  <k-r  durch  >eine  lioutezUgc  in  die  Mlirk  s.  Zt.  Herzog  lldnricll's  IV.  * 
beluDDt  geworden  ist.    Vgl.  Lisch.  M.  J.ihrh.  \VI,  S.  1.S0. 

*)  Die  Namen  beke  und  Detlof  (Detlef,  l»ctlevj  kuniinen  auch  Nchon  in  früherer  Zeil  l>ci 
den  Ellies  vor.  VgL  M.  Jahrb.  II,  B,  S.  t2i.  XIII,  S.  349.  Die  Zfiies  sind  nicht  zn  verwechsehi 
mit  den  von  hniicr  Zeit  her  iitu!  t>iv  1764  .-luf  dem  beoodibarteD  ZUlow  at^eseiseocn  Herrn 
von  Zulow.    Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  S.  431. 


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68o 


AMTSGERICHTSBBZmK  SCHWERIN. 


I 


Herzögen  in  den  Jahren  1456  und  1462  Renten  und  Bichte  verschiedener  Art. 
I-'ncllich  hckhncn  dort  im  Jahre  1481  die  Herzöge  Magnus  und  Balthasar  mit 
einem  an  sie  lieimgcfallcnen  Hofe  den  I'ctcr  (ilaftasen  (Glavatz).  Amtmann  zu 
Walsmühlen,  dessen  Nachkommen  ihn  naciiueislich  auch  noch  1 547  bewohnen. 
Wann  dieser  an  die  Herzöge  zurückgelangt  ist  und  wann  überhaupt  Stralenj 
dorf  wieder  ganz  und  gar  in  das  fürstliche  Domaniiim  des  Amts  Schwerin 
zurückgekehrt  ist,  haben  wir  bis  jetzt  nicht  ermitteln  können.  1654  besteht 
dies  Verhältniss  bereits. 

Die  Kirche  zu  Stralendorf  erhält  am  21.  November  1377  in  einer 
Urkunde,  die  sich  in  einer  Reihe  \on  Abschriften  erhalten  hat,  die  Schenkung 
einer  Hufe  und  eines  Katens  zu  Gross- Rogahn  durch  Otto  von  Beycnflet')  zu 
Watsmühlen.  Als  Pfarrer  finden  wir  dort  zwischen  1509  und  1541  einen 
Hdnrich  von  Hagen  (Hafe?),  nachher  von  1583  bis  über  1600  fort  den 
Joachim  Kaven  (Cavenius),  darauf,  aber  noch  vor  162 1,  den  Joh  oder  Henning 
Rabe,  um  1627  Christoph  Günther,  um  1628  den  von  Wallenstein  bestellten 
Hartwig  Kuphal,*)  zwischen  1641  und  1646  Nikolaus  Capclius,  von  1646  bis 
1653  (ieorg  Hahn,  von  1654  bis  1677  Joachim  Alstorf.  1679  wird  Daniel 
Beck  berufen,  1692  Christian  Heinr.  Hill,  1697  Jakob  Hindcnburg,  1708 
Philipp  Strahl,  1709  Joh.  Heinr.  Döbel  (7  1743),  1740  Joh.  Heinrich  Lemke, 
1752  Christian  Friedr.  Hast,  1761  Konrad  Christoph-  Ebefbard  Eckers,  1764 
Wilhelm  Fuhrmann  (f  1804).   Ueber  die  folgenden  ^^1.  Walter  a.  a.  O. 

Kirche.  Kirche.   Die  Kirdie*)  ist  ein  von  Strebepfeilern  gestützter  schwerer 

Feldsteinbau  mit  Anwendung  von  Backsteinen  im  Innern  und  mit  einem 
Chorschluss  aus  dem  Achteck.    Der  Innenraum,  der  sich  als  ein  ungetheiltes 

Ganzes  darstellt,  ist  mit  einer  flachen  Bretterdecke  überspannt  und  wird  von 
spitzbof^itjen   I'enstern   erleuchtet.     Statt  des  Thurmes   ein   von   der  Kirche 
gesonderter  Glockenstuhl.     Im  Westen  angebaut  die  Wachcnhusen'sche,  im 
Grab-     Nordwesten  die  Zttlow'sche;  auf  dem  Kirchhofe  die  Schack'sche  Grabkapelle 
kapelle.    „it  dem  Sai^  des  Dichters  Adolf  Friedrich  Graf  von  Scback,  ein  Bau  fUr  sich. 

Altar  und  Altar  und  Kaoxel.   Beide  im  Barockstil,  diese  über  jenem,  süid  an 

Kanzd.    der  Ostwand  des  Chors  untergebracht.    Unter  der  Kanzel  ein  in  Holz  ge- 
schnitztes Hoch*  Relief,  welches  das  Abendmahl  darstellt. 

Glocken.  Glocken.  Von  den  beiden  Glocken  ist  die  grössere  (Dm.  1,02  m)  laut 

Inschrift  im  Jahre  1753  unter  Herzog  CHRISTIAN  LUDWIG  II.  zur  Zeit  des 
Pastors  CHRISTIAN  FRIEDRICH  HAST  von  Johann  Valentin  Schultz  aus  Rostock 
gegossen  worden  1  >!e  kleine  (jlocke  (Dm.  59  cm}  hatte  di^'  Inschrift; 
IN  GOTTES  NAMEN  BIN  ICH  GEFLOSSEN  •  HEIN  VOM  DAM  HAT  MICH  GE- 
GOSSEN •  ANNO  1046.  Sie  ist  1894  von  dem  Glockengiesser  C-  Obsrg-Wismar 
umgegossen. 

')  Gewiss  derselbe  Otto  von  licyenflct,  der  1399  in  den  I'fandhc^itz  von  MUhlen-£ich»en 
eintritt   Vgl  o.  S.  495,  Anmlcg.  s.   Lisch,  M.  Jahrb.  I,  S.  5a,  Anmkg.  l. 
")  M.  Jahrb.  XXXVII,  S.  7. 
*)  VgL  Lisch,  M.  Jahrb.  XLI,  S.  309. 


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KIRCHDORF  STRALENDORF. 


68l 


Gemälde:  Die  Grablegung  Christi  von  Friedrich  Lange  1858.    Gestiftet  Gemälde. 
I86>  von  ADOLF  FRIEDRICH  GRAF  VON  SCHACK  auf  Zülow. 

Glasmalereien.  In  dem  I*'onster  hinter  der  Schack'schen  Empore  auf  Glas- 
der  Nordseite  sechs  Wappen:  1.  Ziilow'sches  Wappen  mit  dem  Namen  JOCHIM  raalcreien. 
V  •  ZVLOVW  SELIGER.  2.  Desgl.  mit  dem  Namen  HANS  JOCHIM  ZVLOW  IM», 
3.  Schack'sches  Wappen  mit  dem  Namen  RUDOLF  VON  SCHACK  1878  auf 
Briisewttz.  4.  Bennigsen'Khes  Wappen  mit  dem  Namen  EU8E  VON  SCHACK, 
GEB .  VON  BENNIGSEN,  1878  5.  Zülow  sches  Wappen  mit  dem  Namen 
BARTELT  V.  ZVLOVW  SELIGER.  6.  Dcsf^l  mit  dem  Namen  CHRISTOPFER» 
ZVLOW  DER  ELTER.  -  In  der  Bckrönung  dieser  I'^mpore  befinden  sich  drei 
Wappen:  1.  Schack  sches  Wappen  mit  dem  Namen  CHRIST  •  VON  SCHACK 
1852.  2.  Zülow'aches  Wappen  mit  dem  Namen  CHRiSTIAN  FRIEDfllCH  BART- 
HOLD VON  ZOlOW.  3.  Höfel'sdies  Wappen  mit  dem  Namen  ANNA  •  SOPHIE. 
GEB  •  VON  HÖFEL  mid  der  Jahreasahl  1784.  —  Im  südöstlichen  Fenster  des 
("hurs  zui'i  kliine  merklenhiirf^i'^clic  Wappen,  das  eine  das  der  Herzogin 
SOPHIA  AGNES,  das  andere  das  der  Herzogin  CHRISTINA.')  Oval,  spater  in 
ein  Sechseck  eingisctzt,  Dcsj;!  zui  i  Wappenbildchen  im  l'enster  auf  der 
Nordseite  des  Schiffes,  das  des  MAGNUS  SCHULT  und  des  D  •  DORIVS  FUCHS. 

Kleinknnstwerke.    i     4   Kelch,  Patc-ne,  Oblatenschachtel,  Kanne,  silber-  Kleinkunst- 
vergoldct,  sind  neu;  tler  Kelch  ist  ein  (ieschenk  des  jet/.it,'en  RUDOLF  GRAF  VON  werke. 
SCHACK  auf  Briisewitz,  die  Kanne  ein  Geschenk  des  Grossherzogs  FRIEDRICH 
FRANZ  II.;  I^tene  und  Oblatenschachtel  sind  von  der  Kirche  angeschafft;  alle 
vier  Stücke  haben  das  Datum  1880  und  sind  von  Wagn«r  u.  Sy-6erUn.   5 — 7. 
Geräthe  zur  Krankenkommunion,  Kelch,  Patene  und  Oblatenschachtel,  silber- 
vergoldet, sind  1882  von  der  Gemeinde  angnchafft,  ohne  Werkzeichen.  — 
8 — 10.    Zwei   f^rris.serc  und   ein  kleinerer  zinnerner  Becher  mit  der  Engels- 
markc,  der  Jahreszahl  1750  und  ihrm  Namen  CFBA  SVEN.     Dazu  drei  Patenen. 
—    II  — 13.   Drei  holic  zinnerne  Altarleuchter,  auf  einem  der  Name  J»C» 
WIENCKE  •  1756,  die  anderen  beiden  ohne  Inschrift,  alle  drei 
von  gleicher  Form  und  mit  den  nebenstehenden  Werkzetdien: 

')  Iteide  Ilerzugiuneii  sind  Töchter  de:»  Herzogs  Adolf  Friedrich.  VgL  Wigger,  M.  Jahrb.  L, 
S.  298  und  299.  Sie  werden  wahracheinUcli  mit  Eiakanften  aus  Stiakadorf  MUgesttttet  gewesen 
wan,  oder  10011  irgend  welclie  Beiieliungen  tnr  dortigen  Kirche  geliebt  haben. 


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683 


AMTSCERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


Das  Kirchdorf  Wittenförden. 


Geschichte 
des 
Dorfes. 


irche  und  Kirchhof  werden  in  dem  6  km  westlich  von  Schwerin  entfernten 
Dorf  Wittenförden  im  Jahre  12 17  vom  Schweriner  Domkapitel  angelegt.') 
So  erklärt  es  sich,  dass  das  Fatronat  über  die  Kirche,  unabhängig  von  allen 

Wandelungen  des  Besitzes  im  Dorf,  bis  zur  Mitte  des  XN'II.  J.ihrluinderts 
beim  Domkapitel  bleibt  und  erst  um  diese  Zeit  in  die  I  lande  des  Landesherrn 
übergeht.    Im  XIII  luid  XI\'.  Jalirlnindert  trctil'cn  wir  dort  verschiedene  Adcls- 
familicn  mit  Besitz  und  Rechten.     Gerd  von  Hagen  genannt  von  l'lüschow 
(Gherhardus  de  Indagine  dictus  de  Plozcowe)  verpfändet  neun  Hufen  an  die 
Lübecker  Familie  von  Parchim,  die  der  Graf  Heinrich  von  Sdiwerin  1323 
wieder  einlöst,  und  ein  Jahr  später  kauft  derselbe  Graf  das  ganze  Dorf  Witten- 
förden  von  Benedicta  von  Rülow,  deren  verstorbener  Gemahl  Klaus  von  Bttk>w 
CS  von  dem  obgenanntcn  Gerd  \<m  Hatten  erstatidin  hatte.*)    Aber  nur  acht 
Jahre  lang")  befindet  sich  das  ehenialif.;c  Kitter^nst  mi  Hesitz  fies  (Jrafen.  da 
verkauft  er  es  an  das  holstcinisclic  Kloster  Rcinfeld  bei  Lübeck.')    Und  nun 
bleibt  es  bis  1582  (die  letzten  Jahresrechnungen  des  Klosters  sind  1583 
schrifUich  niedergelegt)  unter  dem  Krummstabe  des  Abtes.   Der  letzte  Abt, 
Joh.,Kule,  zieht  1582  nach  Hamburg,  das  Kloster  sammt  der  Kirche  wird 
zwischen  1599  und  1^0^  .i1>l^(  brocKcn,  und  als  Erben  seiner  mecklenburgischen 
Begüterungen,  auf  uelciien  schon  .seit  langer  Zeit  Kloster-  und  lande.shcrrlichc 
Rechte  in  scharfe  Konflikte  mit  einander  qerathen  waren,  finden  wir  bis  zuin 
Jahre  1605  die  dänischen  Könige,  die  dabei  nur  einen  Gedanken  haben,  den 
nämlich,  ein  gutes  Geschäft  zu  machen.   Endlich  kommt  am  ersten  Tage  der 
Osterwoche  des  Jahres  1605  zwischen  König  Christian  IV.  und  Herzog  Karl 
von  Güstrow,  dem  Vormund  der  jungen  Herzöge  Adolph  Friedrich  und 
Johann  Albrecht  II.,  ein  Kontrakt  zu  Stande,  auf  Grund  dessen  die  Rcinfeld'- 
schen  Klostcrgüter,  darunter  Wittenförden,  für  die  Summe  von  15000  (lulden 
mecklenburgischer  Währung   in   den  liesitz  der  Herzöge  übergehen.*)  Seit 
dieser  Zeit  gehört  Wittenförden  zum  Domanialanit  Schwerin. 

Die  Geistlichen  lassen  sicli  nur  bis  1567  zuruck\  erfolgen.  Von  1567 
bis  1580  ist  Johann  Grotesoen  Kirchherr;  von  1580  bis  1593  (oder  länger) 
Georgius  Comenis;  bis  1609  Martinus  Berahardi;  um  1609  Georg  Lehemann; 
gleich  darauf  bb  161 1  Heinrich  Ziegler;  von  161 1  an  Daniel  Cassubius,  der 


*)  M.  U.-B.  237.    Ueber  die  Ffirden-lKSrfer  vgl.  Ikycr,  M.  Jahrb.  XXXVII,  S.  54.    ^1  cber 
die  I^-tndwehren  und  Grenz -lleiligtbOmer  des  Landes  der  Redxrier). 

*)  M.  r.  n.  4.jr.2.  45or,. 

*)  Während  dieser  /,eit  i>^t  Wittenförden  l.eili};edin}'eN{{Ut  der  («riltn  LlivalKith  von  Scliwenn. 

*)  iU  t'.-B.  S363.  5365.  5366.  $398. 

^  V|^.  Akten  im  Grasah.  Archiv  tu  Schwerin. 


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nRCHDORF  WITTENFÖRDEN. 


683 


auch  1625  noch  im  Amte  ist;  zwischen  1633  und  1645  Balthasar  Sturm;  von 
1645        Melchior  Blanck  (f  1670);  von   1671  bis  1700  Joh.  Nik.  Leopoldi; 
von   1700  an  Joachim  Böhm;  von   1704  bis  1722  Karl  Stahl;  von  1723  bis 
1771  Joh.  Aug.  Krüger;  von  1771  an  J.  D.  Locpcr;  von  1775  bis  1818 
J.  J.  J.  Meinshausen.    Seine  Nachfolger  bei  Walter  a.  a.  O. 

Kirche.    Die  Kirche  ist  ein  gothischcr  Neubau  aus  dem  Antanjj  der  Kirche, 
fünfziger  Jahre  (1853  bis  55)  unseres  Jahrhunderts  und  besteht  aus  Chor, 
Langhaus  und  Thurm.    Der  Chor  schliesst  mit  drei  Seiten  aus  dem  Achteck 
und  ist  gewölbt,  das  Langhaus  hat  eine  dem  Dadistuhl  angepasste  Bretter- 
decke, der  schlanke  Thurm  trägt  emen  sechsseitigen  Pyramidenhelm. 

Die  gesammte  innere  EiarichtMig  ist  im  neugothischen  Stil  au^eführt.')  Innere 

Einrichtung 

Glocken.    Von  den  drri  Glocken  der  JCirche  hat  die  grösste  einen  der  Kirche. 
Durchmesser  von  0,94  m,  und  die  Inschrift:  attO  o  ftnl  ifl  IR  T  tat  o  Inciti  o  Glocken. 
%t\p  tnarit  o    Hinter  dem  Wort  motta  das  kleine  Bild  eines  Krucifixus, 

ebenso  hinter  annO.  Ausserdem  auf  dem  Felde  die  vier  Evangelisten-Symbole. 
Die  mittlere  Glocke  hat  einen  Durchmesser  von  0,84  m,  die  kleinste  einen 
Durchmesser  von  0,47  m,  beide  sind  ohne  Inschrift. 

Kleinkonstwerke.  I.  Silbervergoldeter  Kelch,  nach  der  Inschrift  am  Kleinkunst- 
Fussrande  im  Jahre  171 3  zur  Zeit  des  Pastors  CARL  STAHL  geschenkt  von  werice. 
SIMON  HINRICH  JÖRNS  |> Architccturae  militaris  capitaneus«).  Werkzeichen: 
zweimal  ^).  Patcnc  ohne  VVerkzeichen.  —  2.  Silberne  Oblatenschachtel, 
laut  Inschrift  1787  geschenkt  von  dem  Pächter  AUGUST  HEINRICH  CARSTENS 
ZU  WANDRUM.  Schweriner  Arbeit:  (||  iWMcm.  —  3.  Silbervergoldete  Kanne, 
Berliner  Arbeit,  von  Sy  u.  Wagner,  geschenkt  laut  Inschrift  am  9.  April  1885 
vom  Pastor  Dr.  t1u<  I  JOHANNES  EDUARD  HUTHER  und  dessen  Ehefrau 
CHRISTIANA  HUTHER  GEB  .  STOCKFLETH.  —  4.  Ebenso  ein  silbernes  Tauf- 
becken von  denselben  (jebcrn  und  aus  derselben  Fabrik,  \om  Jahre  1873.  — 
5.   Zinnerner  Kelch  mit  Patcnc,  für  die  Krankenkommunion,  ohne  Inschrift 

')  lU-schrcibung  der  alten  Kirchi-  hei  l  isch,  M.  J.ahrb.  Will.  S.  288.  289.  —  Das  Inmtu: 
von  iSii  erwähnt  ein  kleines  Glasbild  mit  der  Interschrift:  Otto,  Abbas  in  Keinefelde. 


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684 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


Die  wichtigsten  vorgeschiclitlichen  Stellen 

im  Amtsgerichtsbezirk  Schwerin. 

Schwerin: 

I.  Steinzeitliche  Funde:  Die  Seeufer  bei  Schwerin  haben  eine  un- 
gewöhnlich grosse  Anzahl  von  Steinartefakten  ergeben,  z.  Th.  Rinzelfunde, 
7..  Th.  sog.  »Feuersteinmanufakturent.  Der  grösste  Fund  derart  ist  1877  auf 
der  Insel  im  Ostorfer  See  gemacht  (vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XLIII,  S.  193. 
XI-IV,  S.  69);  nächstdem  kommen  die  Höhen  am  Ostorfer  See,  der  Kalk- 
werder, der  Kaninchenwerder,  das  Rabcnstcinfeldcr  Ufer  (besonders  der  Garten 
der  Villa  Lenthe)  u.  s.  w.  In  dieser  Beziehung  in  Betracht. 

IL  Bronzezeit:  i.  Bei  Zippendorf  (in  der  Wiese  hinter  der  Restau- 
ration) und  bei  der  Leimsiederei  an  dem  Wege  nach  Neumühle  sind  1865 
Bronzegegenstande  unter  nahezu  gleichen  Umständen  gefunden,  die  auf  bronze- 
zeitliche Wohnstätten  schliessen  lassen.  Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XXXL  S.  60 
und  63.  —  2.  Bei  dem  Weinberg,  der  tlen  Wa.sscrthurm  trägt,  rechts  von 
dem  Weg  nach  Neumühlen,  liegt  ein  auflallender,  mit  Buschwerk  bestandener 
Hügel,  »I-äuschenberg«  (auch  >Mühlcnbcrg«)  genannt.  Fr  kommt  an  Form 
und  Grösse  den  grossen  Kegelgräbern  nahe;  doch  muss  noch  dahingestellt 
bleiben,  ob  er  vorgeschichtlichen  Ursprungs  ist.  —  3.  Links  von  der  Chaussee 
nach  Wismar,  auf  dem  Gebiet  der  Idiotenanstalt,  wurde  1886  ein  Urnenfeld 
jüngerer  Bronzezeit  entdeckt  und  von  Dr.  Bcltz  untersucht.  Funde  im  Gros.sh. 
Museum.    Vgl.  Bcltz,  M.  Jahrb.  LXI,  S.  196. 


Wendische  Ihntjwallschfrlicn  vc»n  tlcr  .SthlosMu-fl  ni  Schwerin. 


III.  Wendische  Zeit:  Die  meisten  Reste  wendischer  Zeit  sind  aul 
dem  Striche  längs  des  Sees  zwischen  Regierungsgebäude  und  Marstallwiesen 
gefunden;  hier  lag  vielleicht  der  alte  Wendenort  (vgl.  Beltz,  Zur  ältesten 
Geschichte  Mecklenburgs.  1893,  S.  26).  Ihm  gegenüber  auf  der  Schlo.ssinsel 
der  Burgwall,  der  1018  zuerst  als  Fürstcn.sitz  erwähnt,  seitdem  fast  ununter- 


VORGESCHICHTUCHB  STELLEN. 


68s 


brochen  ein  landesherrliches  Haus  getragen  hat  (vgl.  über  den  wendischen 
Wall  tind  seine  Funde  Lisch,  M.  Jahrb.  X\',  S.  i6o).  Eine  Grabstätte  aus 
älterer  wendischer  Zeit  ist  nicht  bekannt  geworden;  der  letzten  Wcndenx.eit 
gehört  (nach  Beltz,  M.  Jahrb.  lA'III,  S.  228)  das  vetus  cimeterium  der  Be- 
widinungsiiilciuide  des  Bisthums  (vgl.  F.  W.  Lisch,  M.  Jahrb.  XLII,  S.  71)  an, 
welches  1892  zum  Theil  aufgedeckt  ist  Spätwendische  Gerftthe,  besonders 
keramisclie.  sind  mit  frühniittelalterlichen  auch  bei  dem  Postneubau  auf  der 
Stelle  des  alten  Bischofssitzes  gefunden.  Vgl.  Beltz,  M.  Jahrb.  LV,  Quartal- 
berichte S  21. 

Gallentin  und  Ltibstorf.   In  dem  Walde  zwischen  Gallentin  und  Lübstorf 

befand  sich  früher  ein  ausgedehntes  (iräberfeld  jüngerer  Bronzezeit:  niedrige 
Krd-  und  Steinhugel  mit  Urnen.  Au.sgrabungen  haben  kSjC),  später  gelegent- 
lich, stattgefunden.  Funde  im  Grossh.  Museum.  Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  IIB, 
S.  35 ff.    IVB,  S.  34 ff.    XXI,  S.  248. 

Hundorf.  Auf  dem  Seehofer  Felde  zwischen  Tannenberg  und  Schweriner 
See,  vom  Hofe  aus  etwa  in  der  Richtung  nach  Osten,  eine  »Burgstellc«. 

Metein.  .An  dem  Wege  nach  Ziclvluisrii .  etwa  halbwegs  rechts,  zwei 
bedeutende  Kegelgräber.    Noch  nicht  untersucht 

Zickhusen.  Im  Jahre  1810  wurde  hier  em  grösserer  Begrabnissplatz 
aufgedeckt,  der  zahlreiche  Stcin.sachcn  (jetzt  im  Grossh.  Museum)  enthielt. 
Vgl.  Lisch.  M.  Jahrb.  VIB,  S.  138. 

Fltssenow.  l.  Burg  l)obin.  Auf  I'^iessenow er  Gebiet,  zwischen  dem 
See  »Uuwe  und  der  nördlichsten  Zunge  des  Schweriner  Sees,  eine  Hurgstätte, 
früher  Wallbcrg,  jetzt  (weil  eine  Mühle  darauf  liegt)  » Mühlenberg  <  genannt. 
Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  V,  S.  123  ff.  An  den  inneren  Wallböschungen  zaMreidie 
Reste  von  Wohnstätten,  in  denen  Thierknochen»  die  bekannten  Burgwall- 
scherben,  Spindclsteinc,  einmal  auch  ein  »Schläfenring«  gefunden  worden  sind. 
Fin  Theil  der  Fundstücke  wird  im  Grossh.  Museum  aufbewahrt.  —  2.  Ein 
zweiter  Wall  im  Klamp-Moor-  (auf  dem  Messtischhlatt  fälschlich  »Kamp« 
benannt).  —  3.  Ein  dritter  im  Gehölz  zwischen  dem  »Trien-Seec  und  dem 
»Faulen  See«  in  der  Mitte. 

Retgendorf.    In  den  Tannen  Kegelgräber:  Lisch,  M.  Jahrb.  IIB,  S.  109. 

Leezen,  h'-ine  Anzahl  Kegelgräber  jüngerer  Bronzezeit  sind  hier  nieelcr- 
geackert,  deren  Inhalt  (kleine  Bmnzen)  in  das  Kgl.  Völkermuseum  in  Berlin 
gelangt  ist.    Vgl.  Beltz,  M.  Jahrb.  LXl,  S.  217. 

Langen -Brttts.  Einige  bedeutende  Kegelgräber:  Lisch,  M.  Jahrb.  VII fi, 

S.  26  und  56. 

Görslow.    .\uf  dem  Acker  mehrere,  scheinbar  unberührte  Kegelgräber. 
Muess.    Am  (irossen  See  ein  kleiner  Burgwall,  der  sog.  »Reppina,  durch 
Scherbenfundc  als  wendisch  gesichert.   V^gl.  Lisch,  M.  Jahrb.  XXXVHi,  S.  169. 


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686 


AMTSGERICHTSBEZIRK  SCHWERIN. 


Kralnförden.  i.  Zwischen  dem  Dort  und  dem  See  ein  ausgedehntes 
Urnenfeld  aus  der  ältesten  Eiseiueit,  untersucht  von  Dr.  Belts  1890.  —  2.  In 
dem  sandigen  Hügel  (als  Sandgrube  benutzt)  rechts  von  dem  Wege  von 
Schwerin  nach  Krebsförden  ein  Umenfdd  der  -  jüngeren  la  T^ne-Zeit,  1889 
von  Dr.  Beltz  ausgegraben.   Funde  von  beiden  im  Grossh.  Museum. 

CooMrade  und  Plate.  Im  Störthal,  besonders  den  genannten  Orten, 
werden  bei  Flussregulierungen  u.  s.  w.  sehr  zahlreiche  Steinsachen  gefunden, 

die  auf  eine  starke  Besiedelung  schliessen  lassen  (Pfahlbauten?);  eine  ^össere 
Anzahl  sind  in  das  Grossh.  Museum  gekommen.    Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb. 

xxxxm,  s.  198. 

Peckatei.  Die  Kegelgräber,  in  denen  sich  der  bekannte  Bronze- Wagen 
des  Grossh.  Museums  {gefunden  hat.  licf^en  auf  dem  Felde  des  Krbpächters 
Kempke.  Ks  waren  wenigstens  vier  Kegelgräber.  Das  (iräberfeld  schlics.st 
sicli  an  den  am  Kempke  sehen  Felde  entlang  fuhrenden  Weg  an,  140  Schritt 
vom  Wege  und  174  Schritt  vom  Bahndamm.  An  der  Bahn,  in  der  Nähe  dieses 
Feldes,  smd  Urnen  gefunden.  Das  Gräberfeld  li^  auf  dem  Rummelsbeiig. 
Ueber  die  1843  stattgehabte  Ausgrabung  vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  IX,  S.  369. 
Beim  Bahnbau  1889  ist  ein  Hügel  durchschnitten,  in  dem  ein  nnbcerdigter 
Leichnam,  Urne  und  Bronzerin<re  sich  befanden;  die  Funde  im  Grossh.  Museum. 

Pampow.  Auf  dem  Hofidde  befand  sich  em  Hünengrab.  Vgl.  Usch, 
M.  Jahrb.  IIB,  S.  34.  Ebendort  wird  ein  Kegelgrab  erwähnt:  M.  Jahrb.  IIB,  S.  42. 

Stralendorf.  Bei  den  Katbenhäusem,  g^;enüber.dem  Zttlower  Hünen- 
grabe,  ein  Urnenfeld  aus  der  älteren  römischen  Periode,  1894  von  Dr.  Bdtz 
untensudit;  Funde  im  Grossh.  Museum. 

Zlllow.  I.  Auf  der  Zttlower  Feldmark  ist  zu  beachten  rechts  und 
links  vom  Wege,  der  von  Zülow  nach  Stralendorf  liihrt,  je  ein  Hügel.  Der 
eine  wird  als  Buchberg,  der  andere  als  Silberberg  bezeichnet.    Beide  erinnern 

an  Kei^elgräber.  Inline  lintcrsuchung  fehlt  noch.  —  2.  Grosses,  mit  Granit- 
(indiinL^cn  hedeektes  (iräberfeld,  der  ^Stuerbusch*,  links  am  Wege  von  Wals- 
mühlcn  nach  Rogahn,  dem  Stralcndorfcr  Hofkalhcn  gegenüber,  23  m  lang, 
5  bis  6  m  breit.  Im  Volksmunde  das  iFranzosengrab«  geheissen,  nach  ^aub- 
würdigerer  Ayssage  aber  das  Grab  der  im  Gefedit  bei  Walsmühlen  in  der 
Nacht  vom  $.  zum  6.  März  1719  Gefallenen.  Ursprünglich  wohl  ein  Hünen- 
grab, etwa  5  m  vom  östlichen  Ende  sind  noch  Reste  der  (eingesunkenen) 
Grabkammer  zu  erkennen.    Vgl.  auch  Lisch,  M.  Jahrb.  IIB,  S.  108. 

Wittenförden,    i.  Steinringe  im  Rabenhom,  dnem  furstl.  Forstrevier, 

fünf  oder  sechs  Ringe,  etwa  3  m  im  Durchmesser.  Noch  nicht  unter- 
svicht.  2.  Hingwall  in  der  Wiese,  südwestlich  vom  Dorfe,  etwa  600  tn 
entfernt,  120  Schritt  Durchmesser.  Der  Ringgraben  noch  meistens  gut  erhalten. 
Die  Böschung  etwa  3  m  hoch.  In  der  Mitte  erhebt  sich  der  Wall  hügelartig. 
Noch  nicht  untersucht.   Aber  unzweifelhaft  wendischen  Charakters. 


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VORGESCHICHTLICHE  STELLEN. 


687 


Lankow.  Am  See  hinter  dem  Gehöft  des  Krbpächters  Raumann  ein 
ausgedehnter  Burgviall,  wendischer  Herkunft,  wie  Scherbenfunde  erweisen. 
Vgl.  Lisch,  M.  Jahrb.  VII H.  S.  57. 

•  BrUsewitz  (früher  Klein -Hrütz).  Die  Feldmark  war  früher,  ebenso  wie 
die  der  benachbarten  Orte,  reich  an  Hünengrabern.  Eines  ist  schon  17^2, 
zwei  andere  1839  aufgedeckt.  Die  Funde  im  Grossh.  Museum.  Vgl.  Lisch, 
Friderico  Francisccuni,  S.  77.    M.  Jahrb.  IVB,  S.  23.    VB,  S.  100. 

Rosenberg.  Ueber  zwei  1804  ausgegrabene  Hünenbetten,  deren  Inhalt 
sich  im  Gro.s.sh.  Mu.seum  befindet,  vgl.  Lisch,  I*'riderico-Francisccum,  S.  75. 

Gottmannsförde.  »Kunkelmaucr* ,  beginnend  bald  hinter  dem  Währ- 
holzkaten,  ging  bis  dicht  an  den  Liilcnkrug  vuimittclbar  an  der  Liindstrasse 
entlang;  Grenze  zwischen  Gottniannsförde  und  Brüsewitz.  M.  Jahrb.  IVB,  S.  79. 
letzt  leider  abgetragen. 


l'tckalcr>cher  Urutijie  Wagen. 


688 


NACHTRÄGE. 


Nachträge. 


S.  80.  Den  Thomas- Altar  hat  Herr  Rentner  C.  W.  Hermes,  der  sich 
schon  seit  Jahren  viele  Verdienste  um  die  Pflege  der  Denkmäler  seiner  Vaterstadt 
erworben,  inzwisrheh  auf  seine  Kosten  wieder  herstellen  lassen.  Dabei  sind  die 
auf  Seite  ii  mitgctheilten  Reste  von  Inschriften  durch  Herrn  Dr.  Techen  ergänzt 
wie  folgt: 

[balt  toina^  flft  tor  lere  niiicf)  nalc,  i$  f\t  enc  a6[Yictr  &]rimlen. 
Uan  tier  erbe  ii  tonui^  borljaiie,  bo       eiie  Vuoltie  Iab[e|ii. 
ein  taif  lep  [iior  fineii  fiegrjenl,  ber  ciigf)cle  garbel  fjeft  f^e  0]direg\}cn. 
[in]  ftrandjcit  j^eft  [ejm  got  biffte  fant,  br  be  arfte  ba  tunber  bant. 

S.  85.  Dem  Wunsche  Münzenbcr^er's,  Mittclalt.  Alt.  S.  lot  und  1 24, 
entsprechend  hat  Herr  C.  W.  Hernies  auch  den  Cassionsaltar,  der  unter  Nr.  2 
beschrieben  ist,  wiederherstellen  lassen. 

S.  13Ö.  Durch  ein  Versehen  des  Zeichners  ist  die  Nordhalle  der  Nikolai- 
Kirche  mit  einem  Dach  verschen,  welches  ebenso  hoch  ist  wie  die  Siidhalle.  Die 
Nordhalle  ist  mit  zwei  neben  einander  liegenden  niedrigeren  Satteldächern  gedeckt. 

S.  134.  Herr  Dr.  CruU  weist  in  einem  demnächst  zu  veröftentlichenden 
Aufsatz  über  den  auf  S.  1^2  Lü  allgebildeten  .Mtar  der  Schifter,  der  inzwischen 
ebenfalls  auf  Kosten  des  Herrn  C.  W.  Hermes  wiederherge-stellt  ist,  den  Zusammen- 
hang zwischen  diesem  Altar  und  der  z.u  S.  1.^4  abgebildeten  Weihurkunde  vom 
2^  Februar  1459  nach. 

S.  L42.  Die  beiden  hier  abgebildeten  Wappen  hat  Herr  Hermes  el)enfalls 
aufs  Beste  wieder  herstellen  lassen. 

S.  UK    XIV.  Jahrhundert  (nicht  XV.).    Vgl.  S.  ^3  und  u. 

S.  181.  Das  Wädekin'sche  Haus  ist  vor  Kurzem  stilgemäss  erneuert.  Sein 
Besitzer,  Herr  Wädekin,  hat  den  patriotischen  Kntschluss  gefasst,  in  der  Art  auf 
das  Haus  eine  Servitut  zu  legen,  dass  der  Giebel  niemals  abgenommen  oder  auch 
nur  verändert  werde.  Kr  giebt  damit  seinen  Mitbürgern  ein  Beispiel,  das  Nach- 
ahmung verdient. 

S.  Zu  den  hier  im  Text  und  in  den  Anmerkungen  j  und  4  auf- 

geführten formverwandten  Bauten  in  Norditalien  sind  die  Fassade  der  Kirche 
S.  Maria  Istrada  in  Monza  und  das  l'ortal  des  Palastes  Ragnoli  in  Brescia  hinzu- 
zufügen. 

S.  205.  Die  Unterschriften  der  beiden  Thürmc  sind  verwechselt.  Statt 
Gefangenthurm  ist  zu  lesen  Wasserthurm,  und  statt  Wasserthurm  Gefangenthurm. 


j  Google 


NACKTRilGB. 


689 


S.  231.  235.  241.  Mitlelalterliche  (Jeistlichc.  AufPoel:  Um  1456  Johann 
Wcilendorf,  um  1532  Joh.  Brunow.  —  Zu  Hornstorf:  Am  30.  Mai  1456  vermacht 
der  Priester  Joh.  vod  Herverde  der  Kirche  des  hl.  Laurenthis  zu  Hornstorf  >dtio 
pana  c.mdilabra  de  stanno  riim  uno  omamento  ad  missam-.  —  l'm  1435  wird 
der  i'lcl>an  Kruse  zu  Hornstorf  als  verstorben  bezeichnet.  Aus  einer  Urkunde  vom 
aj.  September  1401  ergiebt  sidi;  dass  die  Kirche  zu  Hornstorf  damals  imter  dem 
Probst  von  Schwerin  stand-  —  7ai  Neuburg:  Um  1447  ist  Herr  (iottschalk  vim 
deme  Zode  Pfarrer  zu  Neuburg.    (Aus  ungedruckten  Urkunden,  Dr.  Techen.) 

S.  232.  Die  ehemalige  grosse  (Hocke  auf  Poel  ist  von  Dr.  CmU  im 
M.  Jahrb.  XL,  S.  194,  beachriebea. 

S.  251.  Als  1521  in  Benz,  das  nach  Golddiee  eingepfarrt  ist,  eine  Kapelle 
•^i'uriiivk-t  wird,  erhalt  der  Abt  in  Doberan  das  Patroaat.  Kiichhecr  von  Goldebee 

ist  damals  Johannes  Maes. 

S.  254*   Vorübergehend,  vom  1476  bis  1483,  sitzt  Hartich  von  Piessen 

auf  Zurow. 

S.  259.  Um  1450  ist  \ik  Stemeberch  Pfarrer  zu  Zurow,  um  1473  ist 
Heinr.  Junge  Vikar.  Zwischen  14^0  und  1489  wird  Johannes  Hruseke  mehrfach 
als  Plelian  von  Zurow  genannt.  Er  ist  148a  (iHelleicht  auch  schon  vorher)  Dekan 
des  Zurower  Kalands.  Der  letzte  Senior  und  Principal  des  Zlirower  Kalands. 
Mag.  Nik.  Kggebrecht,  Vikar  imd  Domherr  zu  Lübeck,  weist  (vermuthlich  um  1550) 
mit  Bewilligung  seiner  Midvfider  die  geringen  Einkünfte  der  Almosenstiftung  des 
Magister  Konrad  ßöddeker  in  St  Jürgen  zu  Wismar  ztL  (Dr.  Techen,  aus  un- 
gedruckten Urkunden.) 

S.  267.  Zwischen  1404  und  1435  Joh.  Haversark  und  um  1450  ist 
Dictr.  Stu\e  Pfarrherr  zu  I.ubow.  l  ebcr  Joh.  \Veiteadorp  und  Hermann  Schulte 
ist  eine  l'rkunde  vom  26.  Juli  1443  zu  vergleichen. 

S.  271.    Liideke  von  Bassewitz  sitzt  schon  1459  auf  Maslow  (Dr.  CruU, 

aus  ungedruckten  Urkunden). 

S.  273.    Der    Kcce  lionv)«  in  der  Kirche  zu  L4ibow  saas  früher  auf  der 

Innenseite  eines  Eucharistie  -  Schrankes. 

S.  289.  Um  1507  ist  Erasmus  Hermes  Pleban  in  Hohen-Viecheln  (Dr.  CruU). 

S.  295.  301.  305.  Zwischen  1447  und  1462  ist  xNik.  Plote  (Plate)  Pleban 
zu  Beidendorf;  um  148a  Joh.  Stalkdper,  4tr  147  a  Vikar  von  St.  Nikolai  zu  Wismar 

ist:  um  1533  Heinrich  Rensze;  nach  ihm  Joh.  Magerfleisch  (f  1576).  Die 
Renovation  der  Kirche  n\  Tieidendorf  ist  die  Folge  eines  Brandes  gewesen.  — 
Der  auf  S  305  gegebene  u  icrschnitt  ist  dn  Querschnitt  durchs  Schiff  der  Kirche, 
nicht  durch  den  Chor. 

S.  311.  (Inventar  der  Kirche  zu  Greasow  von  181 1):  Nicht  1726, 
sondern  i6a6. 

S.  320.    Um  1505  ist  Jfirgen  Erdmann  Ktrchherr  zu  Proseken. 

S.  331.  Zur  U  eitendorfer  Stiftung  haben  sich  noch  einige,  bis  jetzt  nicht 
veröffentlichte   Urkunden  gefunden:    vom   3.   Mai   1406,    15.   Deccmber  1438, 

44 


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690 


NACHTRÄGE, 


a>.  August  1441,  13-  Mai  1445,  19.  und  37.  Juli  1451,  30.  Mai  1456,  12.  April 
1460,  17.  Oktober  1480,  15.  November  1484«  *g.  November  1500.  Jedoch  sind 
sie  nicht  von  solcher  Bedeutung,  daas  es  sich  veilohnte,  hier  auf  ihien  Inhalt 

einzugehen. 

S.  335.    Dr.  Oiill  und  Dr.  'l  echt-n  hallen  die  £rdaufwerfungen  in  Tatow 

für  das  Krgcbniss  der  .\nltgung  einer  Mergclkuhle. 

S.  353  unten  mcokt  sutt  Uobi. 

S.  358.    In  den  achtziger  Jahren  des  XV,  Jahrhunderts  ist  Vicke  Runge 

Kirchherr  2U  Proseken. 

S.  373.   Wappen  der  holsteinischen  Familie  von  Tinen. 

S.  374.  Kuno  Graf  von  Rantzau  und  Amalasuniha,  geb.  von  Bothmer, 
waren  vorübergehend  im  Besitz  der  Gra6chaft  Bothmer. 

S.  395.  Das  Maaswerk  des  Rundfensters  der  Kirche  zu  Dassow  ist  Kalk- 
guss.  Mit  solchem  waren  in  den  dreissiger  Jahren  auch  die  beiden  Nordfenster 
des  Schiffes  versehen. 

S.  413.   Um  1450  ist  Otto  Yesevisse  Kirchherr  in  Diedrichshagen« 

S.  416.  Zur  Familie  Banse  vgl.  M.  Jahrb.  LH,  S.  129,  Anmkg.  LXI, 
S.  267,  Anmkg  i.  —  Ebendort  in  Anmkg.  1  nicht  »Kleeblätter«,  sondern  »See- 
bUttter«. 

5.  417.   Um  1450  ist  Konrad  Burmester  Kirchheir  in  Friedrichshagen. 

S.  496.  Zwischen  1464  und  1475  ist  Gert  Vilsbeke  als  Prior  von  Gross- 
Eichsen  nachzuweisen. 

S.  509.    Die  Kapelle  zu  Grambow  war  noch  in  unserem  Jahrhundert  vor* 

lianden.  1803  nhernimmt  der  Käufer  von  (irambow  die  Verpflichtung,  für  die 
monatlich  in  der  K.ipelle  zu  Grambow  zu  haltende  Fredigt  eine  Zahlung  an  den 
Pastor  zu  Gross-Brüiz  zu  leisten. 

S.  551.  Es  ist  öfter  bezweifelt  worden,  ob  der  Dom  zu  Schwerin,  wie 
dies  auf  den  alten  Hildem  der  Stadt  von  der  Familie  Merian  zu  sehen  ist,  auf 
seiner  Viernng  ein  Dachreiterthninichen  gehabt  habe.  Mit  Unrecht:  der  Dom  hat 
in  der  That  einen  sokhen  Klingfhiirm«  gehabt,  und  noch  heute  befindet  sich, 
wie  Herr  Gel).  Ober-Baur.ith  Daniel  dem  Verfasser  mittheilt,  das  Untergebälk,  dazu 
auf  dem  Bodenraum  der  Vienmg.  Aus  Akten  im  Grossh.  Archiv  ergiebt  sich,  dass 
dieses  'rhilrmchen  bis  /.um  Jahre  1703  von  Bestand  war.  her  Stnu  tuariiis  des 
Domes  bezeichnet  es  damals  als  baufsülig.  .\ber  Anfangs  ündet  sich  wegen  der 
damit  verbundenen  Gefahr  Niemand,  der  es  niedernimmt.  Endlich  geschieht  es. 
Darauf  --  aber  erst  iiu  lirere  Jahre  spater,  nämli<  h  am  16.  Januar  170Q  -  -  giebt 
Herzof.;  rriedric  h  W  ilhelm  durc  h  seinen  Geli.  Rath  \\ Olfrath  den  Befehl  zur  Wieder- 
aufrichtung. Doch  ist  aus  den  .Akten  nicht  zu  ersehen,  ob  es  wirklich  dazu 
gekommen  ist,  und  aus  einem  späteren  Stich,  der  zur  Zeit  des  Herzogs  Karl 
Leopold  erschien  und  auf  dem  das  Thürmchen  sichtbar  ist,  kann  deshalb  kein 
Schluss  gemacht  werden,  weil  das  Bildchen  eine  Kopie  des  Merian' sehen  Bildes 
von  1640  ist.  Interessant  ist  aiKh  ein  den  Akten  beigelegter  Entwurf  zu  dem 
Thürmchen,  durch  den  die  Holzkonstraktion  veranschaulidit  wird. 


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NA(  HTKÄGK. 


S.  648  (Zu  Cramon).    Verschiedenen  Angaben  im  Kirchenl>uch  zu  Cruinon 
läsM  sich  entnehmen,  dass  1717  und  1721  in  Gottmannsförde  eine  (ilashütte  bestand. 

S.  667.     Aus   der  alten    Kirche   /u   Banzkow   ist   ein   schön  patiniertes 
bronzenes   V'orlegeschloss   ins   Museum    gelangt,    dessen    Kormcngebung    auf  die 


romanische  Periode  des  XII.  und  XIII.  Jahrhunderts  hinweist.  Lange  7,6  <in.r — 
Kin  kleineres  Schloss  ganz  gleicher  Art,  sodass  man  auf  einen  und  denselben  Ver- 
fertiger schliessen  niüchte,  ist  aus  Crivitz  ins  Museum  gelangt:  Lange  5,4  cm. 

Am  Schlüsse  geben  wir  hier  die  Abbildung  eines  19  cm  langen  von  dem 
Wismar'schen  (loldschmied  J.  J.  Zeller  angefertigten  silbernen  Schlüssels,  welcher 
laut  eingravierter  Inschrift  im  Jahre  1803  bei  Verpfändung  der  Stadt  Wismar  durch 
Schweden  an  Mecklenburg  dem  damaligen  Herzog  und  spateren  Grossherzog 
Friedrich  Franz  I.  vom  Rathc  der  Stadt  ul)ergeben  wurde.  Uie  .\ufschrift  auf  dem 
S<haft  des  Schlüssels  lautet:  d  29^:5  August  1803  •  ZELLER.  Auf  beiden  Seiten 
der  Schlüsselraule  das  Wismar' sehe  Wappen. 


Sta<ltschlii»sel  von  Wismar,  Uberreicht  am  29.  .\u(;iisl  1S03. 
Ii»  Gros^herzo^lichcn  Museum. 


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