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Full text of "Die Antikensammlungen des Grossherzoglichen Museums in Darmstadt"

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Die 

Antikensam 



des 



Grossherzogl 
Museums in ., 





Ludwig Buchhold, 
Darmstadt 
(Germany). ... 



DIE 

ANTIKENSAMMLUNGEN 



DES 

GROSSHERZOGLICHEN MUSEUMS 

IN 

DARMSTADT 

VON 

Dr. LUDWIG BÜCHHOLD, 

I.EHRE R AM OHOS8H. Lt'DWIG - GEORGS - GYMNA8IUM IN DARMSTADT. 



X — ^-yr^^^ — ^ 



DARMSTADT. 

C. F. WINTER' SC HE BUCHDRUCKEREI. 

1895. 

/ 

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Einleitung. 



Die vorliegende Arbeit verfolgt den Zweck, allen, welche 
für das Leben der Alten Interesse haben, die Benutzung 
unserer Antikensaramlungen zu erleichtern, und ist in erster 
Linie für unsere höheren Schulen bestimmt. 

Aus früheren Jahren sind, abgesehen von den zahl- 
reichen Einzelaufsätzen, die in den verschiedensten Zeitschriften, 
z. B. dem Archiv für hessische Geschichte, den Nassauischen 
Annalen, der Westdeutschen Zeitschrift, den Jahrbüchern des 
Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande, dem Korrespon- 
denzblatt der Westd. Zeitschr., dem Korrespondenzblatt des 
Gesamtvereins der deutschen Altertumsvereine u. a., zerstreut 
sind, folgende zusammenfassende Schriften erschienen: 
Pauli, Das Großherzogliche Museum in Darmstadt. 2. Aufl. 
Darmst. 1818. Walther, Das Großherzogliche Museum zu 
Darmstadt. Darmst. (ohne Jahreszahl). Walther, Die Samm- 
lungen von Gegenständen des Altertums, der Kunst, der 
Völkerkunde und von Waffen im Groß herzoglichen Museum 
zu Darmstadt. 2. Aufl. Darmst. 1844. Walther, Der Antiken- 
saal im Großherzoglichen Museum zu Darmstadt. 2. Aufl. 
Darmst. 1844. G. v. Koch, Kurzer Führer für das Groß- 
herzogliche Museum in Darmstadt. Darmst. 1879. Die ge- 
nannten Schriften bilden in mehr oder weniger katalogartiger 
Kürze einen Führer durch unsere Sammlungen. Doch sind 
sie z. T. veraltet, weil unsere Sammlungen nicht nur wesent- 
lich gewachsen sind, sondern auch andere Anordnungen er- 
fahren haben. 

Ein Führer durch die Antikensäle unseres Museums in 
dem gewöhnlichen Sinne des Wortes ist die folgende Arbeit 
nicht. Sie hält sich nicht an die Anordnung, in der die 
Gegenstände im Großherzoglichen Museum aufgestellt t&nd, 

l* 

1 42950 



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Einleitung. 



sondern, um die Frage zu beantworten : Wie können unsere 
Sammlungen zur Veranschaulichung antiken Lebens 
benutzt werden? legt sie das antike Leben zu Grunde 
und behandelt der Reihe nach das religiöse Leben, das 
öffentliche Leben und das Privatleben der Alten, soweit 
solches durch die Sammlungen veranschaulicht ist. Da unsere 
Sammlungen nicht vollständig sind, so kann sie nur ein 
fragmentarisches Bild antiken Lebens bieten, sucht aber das 
Vorhandene in seiner Gesamtheit zu erfassen. Und da sie 
in erster Linie für Schüler bestimmt ist, so war es nicht zu 
vermeiden, mancherlei Ausführungen aufzunehmen, die dem 
Kenner antiker Verhältnisse überflüssig erscheinen müssen; 
doch ist in diesen möglichst kurze Fassung erstrebt worden. 
Andererseits konnte Verfasser bei der Fülle interessanter und 
vielfach umstrittener Gegenstände auf Notizen und Ausführungen 
mehr wissenschaftlicher Art nicht verzichten, obwohl diese 
über den Gedankenkreis eines Schülers hinausgehen. 

Die Gegenstände unserer Antikensammlungen sind 
zweierlei Art. Entweder sind es Gegenstände, welche die alten 
Griechen und Römer wirklich in Gebrauch gehabt haben, oder 
es sind Nachbildungen solcher Gegenstände, Gipsabgüsse und 
Modelle verschiedener Art aus verschiedenem Material. Wenn 
von Gegenständen der ersten Art die Echtheit in Frage kommt, 
so sind sie von der Betrachtung entweder überhaupt aus- 
geschlossen, oder es ist eine diesbezügliche Notiz gemacht. 
Zeichnungen (Rottmann'sche Kartons) kommen, nur für die 
Tempelstile und -formen in Betracht. 

Abkürzungen: Adamy A. = Adamy, Architektonik; Bd. I. 
Arcb. des Altert. Teil 1—4." Hannover 1881—83. Ant. Sk. Berl. = 
Beschreibung der antiken Skulpturen der königlichen Museen zu Berlin. 
Berl. 1891. Archiv = Archiv für hessische Geschichte. Baum. D. — 
Baumeister, Denkmäler des klassischen Altertums. Münch, u. Leipz. 
1885—1888. Blümner — Blümner, Technologie und Terminologie der 
Gewerbe und Künste bei Griechen und Kömern. I — IV. Leipzig 
1875 — 1887. Bonner J. = Jahrbücher des Vereins von Altertums- 
freunden im Rheinlande. Bouillon = Bouillon, Musöe des antiques. 
3 Bde. Paris 1811-1827 (die Tafeln sind in Bd. I u. 11 durchgezählt). 
Brunn 1). = Brunn, Denkmäler griechischer und römischer Skulptur, 
herausgegeben von Bruckmann. München. (Bis jetzt ca. 400 Tafeln.) 
Brunn G. <jr. K. = Brunn, Geschichte der griechischen Künstler. 
I. Bd. Die Bildhauer. Stuttg. 1889. Brunn GL = Brunn, Beschreibung 
der Glyptothek König Ludwigs 1. 5. Aufl. München 1887. Bimsen = 



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Einleitung. 



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Beschreibung der Stadt Rom von Ernst Platner, Carl Dunsen, Eduard 
Gerhard und Wilhelm Roestell. Stuttg. 1829 ff. Burckh. = Burckhardt, 
Der Cicerone. 4. Aufl. von Bode. Leipzig 1879 (die 5. Aufl. 1884 
stimmt im J. Bd., der hier allein in Betracht kommt, mit der 4. Aufl. 
fast völlig überein). Can. = Canina, GH edifizi di Roma antica. Bd. II 
u. IV. Rom 1848 u. 1851. Can. V. A. = Canina, Via Appia della 
porta Capena. Bd. I. u. II. 1853. C. I. L. = Corpus inscriptionum 
Latinarum. C. I. Rh. — Corpus inscriptionum Rhenanarum ed. Bram- 
bach. Ciarae — Cte de Clarac, Musee de sculpture. Bd. I— VI. 
Tafeln und Text. Paris 1826—1851. Dürrn = Dürrn, Die Baustile. 
Zweiter Teil des Handbuchs der Architektur. I. Baukunst der Griechen. 
1881. II. Baukunst der Römer. 1885. Darmst. De B. Bacc. — De 
Rossi, Raccolta di statue antiche e moderne. Rom 1704. Friederichs = 
Friederichs, Berlins antike Bildwerke. I. 1868. II. 1871. Düsseldorf. 
Friederichs -W. — Friederichs, Die Gipsabgüsse antiker Bildwerke, 
neu bearbeitet von Wolters. Berlin 1885. Furtw. Meisterte. — Furt- 
wängler, Meisterwerke der griechischen Plastik. Leipz.-Berl. 1893. 
Gal. M. N. — Filhol et Lavallee, Galerie du Musee Napoleon. I— XI. 
Paris 1804—1816; fortgesetzt als Musee royal de France. Paris 1827. 
Gsell-F. — Gsell-Fels, Rom und die Campagna. 3. Aufl. Leipz. u. 
Wien 1889. Guhl-K. ~ Guhl und Koner, Leben der Griechen und 
Römer. 6. Aufl. von Engelmann. Berlin 1893. Hs. — Hauptsaal der 
Gipsabgüsse antiker Statuen. Von Hüpsch ^ Epigrammatographia 
sive collectio inscriptionum a Barone de Hupsch. I. Bd. 7 Abteilungen. 
1801. Jordan = Jordan, Topographie der Stadt Rom im Altertum. 
I. 1. u. 2. Abt. 1878 u. 1885. II. 1871. Berlin. Klein = C. Klein, 
Inscriptiones Latinae provinciarum Hassiae transrhenanarum. Kl. S. 
-— Kleiner Saal der Gipsabgüsse. K.-M. — - Korkmodell. Die Kork- 
modelle sind von dem Architekten Antonio Chichi (Antonio Chichi, 
Architetto, Aufschrift auf dem Modelides Kolosseums, auf den übrigen 
Chichi) aus Rom hergestellt. Er hatte die Kunst antike Gebäude in 
Kork nachzubilden um 1780 entweder selbst erfunden (Nagler, Neues 
Künstlerlexikon. II. 518) oder zugleich mit dem ersten Erfinder (als 
solcher wird Agostino Rosa aus Rom genannt) angewandt und auf die 
Stufe der höchsten Vollendung gebracht, die in Deutschland von 
seinem Nachahmer, Baurat May in Asch äffen bürg, annähernd erreicht 
wurde. Von der Treue der Nachbildung im einzelnen erhält man 
öfters überraschende Beweise. Über die Technik vergl. «Felloplastik 
oder die Kunst Modelle von antiken Gebäuden in Kork darzustellen». 
Gotha 1804. Sämtliche Korkmodelle stehen im Mosaiksaale. Korr. 
Ges. - - Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- 
und Altertums vereine. Korr. W. Z. — Korrespondenzblatt der West- 
deutschen Zeitschrift. Lersch — Lersch in den Jahrbüchern des 
Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande. Bd. VIII. Lindenschm. 
= Lindenschmit, Die Altertümer unserer heidnischen Vorzeit. Bd. I. 
1858. 11.1870. III. 1881 und einzelne Hefte von IV. Mainz. Lindenschm. 
Tr. = Lindenschmit, Tracht und Bewaffnung des römischen Heeres. 
Braunschweig 1882. Mainz. Z. = Zeitschrift des Vereins zur Er- 
forschung der rheinischen Geschichte und Altertümer in Mainz. 



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Einleitung. 



Marqu.-Momms. = Marquardt- Mommsen, Handbuch der römischen 
Altert. Bd. VI. 1878. VII. 1879 u. 1882. Leipz. MM =- Millingen, 
Ancient unedited monuments. I. u. II. London 1822—1826. (Mithras- 
lüteratur, s. unter Mithraskult.) Momms M. — Mommsen, Geschichte 
des römischen Münzwesens. Berlin 1860. Montf. Ant. erpl. -•- Mont- 
faucon, TAntiquitö expliquee et repr^sentee en figures. Bd. I — X. 
PariB 1719. Suppl. I-1V. 1724. Müller = C. 0. Müller, Denkmäler 
der alten Kunst. 1. 1835. II. fortgesetzt von Fr. Wieseler. 1856. 
Göttingen. Müller H. = C. 0. Müller, Handbuch der Archäologie 
der Kunst. 3. Aufl. von Welcker. Breslau 1848. Mus, Borb. = Real 
Museo Borbonico. 16 Bde. Neapel 1824—1857. Mus. Cap. - Ferd. Mori 
Sculture del Museo Capitolino. I u. II. Rom 1806—1824. Mus. Flor. 

Museum Florentinuin. Florenz 1738. Mus. franc. — Robillard- 
P^ronville et Laurent, Musee francais. Paris 1803—1811. t. IV. (die 
Tafeln sind durchgezählt). Mus. P. Cl. Visconti, II Museo Pio 
Clementino. I— VII. Rom 1782—1807. Mus. B. r Laurent, Le Musee royal. 
II. statues antiques (durchgezählt). Nass. Ann. = Annalen des Vereins 
für nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung. Overbeck -■— 
Overbeck, Geschichte der griechischen Plastik. 4. Aufl. Leipz. 1894. 
Overbeck A. S. Overbeck, Die archäologische Sammlung der Uni- 
versität Leipzig. Leipz. 1859. Pen. Abb. Perrier, Abbildungen der 
vorzüglichsten alten Statuen und Gruppen, die sich teils in Rom, teils in 
Paris befinden. Wien 1797. Pir. ^^d\4/fc. = Piranesi, Antiehiüi d'Albano 
e di Castel Gandolfo. Pir. Lc ant. R. -- Piranesi, Le antichita Romana. 
Rom 1756. Piran. — Piranesi, Statue antiche. Pir. Mus. Nap. = 
Piroli, Les monuments antiques du Musee Napoleon. I— IV. Paris 
1804-1806. Preller Ii. M. Preller, Römische Mythologie. 3. Aufl 
von Jordan. I. u. II. Berl. 1881 u. 1883. Ii. Abg. — Abgüsse antiker und 
moderner Statuen über die besten Originale geformt in der Rostischen 
Kunsthandlung in Leipzig. 1794. liacc. Sta. Camp. Mantagnani- 
Mirabili, Raccolta die statue antiche del Campidoglio. 1804. JR. Gal. 
Fir. = Reale galleria di Firenze. 4 Bde. Florenz 1812—1820. Schlie 

— Schlie, Gipsabgüsse antiker Bildwerke im Großherz. Museum zu 
Schwerin. Schwer. 1887. Sehr. — Schrank. Gemeint sind die Schränke 
des Vorsaales und Antikensaales, welche mit römischen Ziffern nume- 
riert, sind. Scult. V. Borgh. — Sculture del Palazzo della Villa Borghese. 
Rom 1796. I. u. II. Sittl -- Sittl, Archäologie der Kun6t. 6. Bd. des Hand- 
buchs der Altertumswissenschaft von J. Müller. München 1893—1895. 
Spec. ant. sculpt. = Speeimens of ancient seul pture. London 1809. Steiner 

Steiner, Codex insciiptionum Romanarum Danubii et Rheni. Strack 

— Strack, Baudenkmäler des alten Rom. Berlin 1890. Welcker A. T>. 
Welcker, Alte Denkmäler. I— V. Gött. 1849-1864. Welcker A. K. B. 

— Welcker, Daft akademische Kunstmuseum zu Bonn. Bonn 1841. 
W. Z. - Westdeutsche Zeitschrift f(ir Geschichte und Kunst. Andere 
Abkürzungen sind leicht verständlich. 



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I. Religiöses Leben der Alten. 

1. Die Tempelstile, 
a. Der dorische Stil. 

a. Der rein dorische Stil. Kennzeichen: Drei- oder mehr- 
stufiger Unterbau (a^peoßdxYji;), auf deren oberster (aToXoßarfjs) sich die 
Säule erhebt. Die Säule des rein dorischen Stils hat keine Basis; ihre 
beiden Teile sind : 1. der durch 20 Kannelierungen belebte Schaft (axüXo?); 
2. das Kapitell (y.e<paXoi'.ov); seine drei Teile: a. der durch horizontale 
Streifen (annuli) verzierte Säulenhals b. der kissen förmige 

Wulst (e/tvo^ — Igel); c. der Träger (a(ja$). Darauf ruht das dreiteilige 
Gebälk (enißoX'r,): 1. der Architrav (snfSToXiov) mit oben vorspringender 
schmaler Platte (taenia); an dieser in regelmäßigen Abständen eine Leiste 
(regula) mit je sechs kegelförmig geschnittenen Tropfen (gutt&e); 2. der 
Fries (Statuta): a. die Triglyphen (tpif X0901) Pfeiler, die durch drei 
keilförmige Einschnitte (7X09^55), zwei ganze in der Mitte, zwei halbe 
an den Ecken, verziert sind; b. die Metopen (fj-etOTcat), Zwischen- 
öffnungen, ursprünglich offen mit Gefäßen bestellt, später geschlossen 
mit Skulpturen verziert; c. das Kranzgesims (Yetaov) mit rechteckig 
ausgemeißelten Platten (viae), an welchen je 3X6 Tropfen (guttae), 
und mit dem abschließenden Sima (Rinnleisten). Adamy A. I, 3, 
127 ff. Baum. D. 262. Dürrn I, 60 ff. Guhl-K. 60. 

Rottmannscher Karton im Kupferstichsaale rechts. 
Gegenstand: die Ruine eines alten dorischen Tempels, als 
Tempel der Juno Lucina (Lichtgöttin) in Girgenti bezeichnet; 
die Bezeichnung ist, wie die aller sicilischen Tempel mit Aus- 
nahme der des großen Zeustempels von Syrakus, unsicher 
(Burckh. I, p. 6, k). Der Stil ist der entwickelte dorische 
Stil: mehrstufiger Unterbau, basislose, kannelierte Säule; die 
Kanäle stoßen mit der scharfen Kante aneinander. An dem 
Kapitell charakteristisch: der weit ausladende Echinus und der 
kräftige Abakus, in welchen die gewaltige Tragkraft der Säule 
konzentriert erscheint. Vom Gebälk ist wenig mehr vor- 
handen. 

Rottmann'scher Karton im Kupferstichsaale links. 
Gegenstand: ein Trümmerhaufen von Selinunt. In buntem 
Durcheinander sind die Säulenreste eines dorischen Tempel- 



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Religiöses Leben der Alten. 



baue dargestellt; im Mittelgrunde liegt mitten zwischen und 
über andern Säulenteilen ein gewaltiges umgestürztes dorisches 
Kapitell, zu unterst der Abakus, darüber der Echinus und der 
Säulenhals mit einem Stück des Schaftes. Ein Stück eines 
Säulenschaftes steht noch aufrecht auf seinem Platze; scharf- 
kantige Kannelierung deutlich wahrnehmbar. 

Rottmann'scher Karton im Kupferstichsaale rechts. 
Gegenstand: Ruinen zweier dorischer Tempel (der Concordia 
und der Juno Lucina) in Girgenti. Der vordere Tempel links 
(Concordia) giebt in dem noch erhaltenen Giebel eine An- 
schauung des dorischen Gebälks. Architrav, Guttae, Triglyphen, 
Metopen, (Regulae) und Kranzgesims erkennbar. 

ß. Der römisch-dorische Stil. Adamy A. I, 4, 111 ff. Baum. D. 
289. Dürrn IT, 239 ff. Guhl-K. 498. 

K.-M. Nr. 19 das Theater des Marcellus; Nr. 18 das 
Amphitheater der Flavier. An beiden Theatern ist der 
dorische Stil in der Form von Halbsäulen an den unteren 
Stockwerken angewandt; die charakteristischen Merkmale treten 
am meisten am Theater des Marcellus hervor. Die un- 
kannelierte Säule steht nicht unmittelbar auf dem Stylobates, 
sondern es schiebt sich zwischen diesen und den Säulenschaft 
eine Basis, die aus einer quadratischen Platte und einem 
Wulste besteht. Der Hals ist durch einen Astragal (horizontal 
abgrenzenden Reif) von dem Schafte getrennt. Das Kapitell 
zeigt den durch drei Annuli gezierten Säulenhals, den mäßig 
hohen und wenig hervortretenden Echinus, den dreigliederigen 
Abakus (mit einem Kyma, Welle, in der Mitte). Darauf ruht 
der Architrav mit den Regulae und den sechs Tropfen, der 
aus Triglyphen und Metopen bestehende Fries; doch sind 
zwischen je zwei Säulen drei Triglyphen statt einer angebracht, 
weil die Säulen weiter auseinander stehen. Darüber liegt das 
Kranzgesims mit Kyma und schmalem Abakus am oberen 
Rande. Durch die unter dem Kranzgesims liegenden Zahn- 
schnitte ist die dorische Ordnung durchbrochen. — Das 
Kolosseum hat dreiteiligen Architrav und glatten Fries. 

Can. IV, Taf. 161, 162, 168, 169. Pir. Le ant. R. IV, Taf. 33, 34. 

Eine moderne Nachahmung des dorischen Stils liegt vor in dem 
Modell des Brandenburger Thors in Berlin, as.-afrik. Saal. Das- 
selbe ist in den Jahren 1789—1793 von K. G. Langhans nach Motiven 
der Propyläen in Athen erbaut. Die Säulen stehen auf einer Basis, 
die aus einem Plinthus, zwei Wülsten und einem Astragal besteht; 



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Die Tempelstile. Der jonische Stil. 



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der SäulenBchaft hat zwar 20 Kannelierungen, sie Bind aber nicht 
scharfkantig; Kapitell, Architrav mit Regulae und Guttae, der Fries 
mit Triglyphen und Metopen, die Viae mit den 3X6 Tropfen, das 
Kranzgesims mit dem Siina ahmen den dorischen Stil mit Glück nach. 

b. Der jonische Stil. 

a. Der rein jonische Stil. Kennzeichen: Die Säule ist schlanker 
als die dorische und hat stets eine Basis; deren Teile: 1. der Plinthus 
(jtXtvfto;), die auf dem Stylobates ruhendß quadratische Platte ; 2. Hohl- 
kehlen (tpö'/'.Xo'.) und ein oder zwei Wülste (tori), durch Astragale ab- 
gegrenzt. Der Schaft hat 24 Kannelierungen, die nicht mit dem scharfen 
Rande aneinanderstoßen, sondern durch einen schmalen Streifen von- 
einander getrennt sind ; die Kanäle sind oben und unten halbkreisförmig 
geschlossen. Das Kapitell: 1. der Säulenhals ist, wenn überhaupt vor- 
handen, mit Skulpturen verziert; 2. der Echinus zeigt die eigentüm- 
liche Form des Eierstabs; 3. über dem Echinus die zu beiden Seiten 
herabrollenden Voluten; Vorderansicht: das Bild einer nach zwei 
Seiten herabwallenden Doppelspirale; Seitenansicht: das Bild zusammen- 
gerollter Polster (pulvini), die durch Gurte (baltei) zusammengehalten 
werden. Besondere Bildung der Eckkapitelle mit Doppelfront. Über 
den Voluten eine quadratische (skulptierte) Deckplatte. Das Gebälk: 
1. Der Architrav zerfällt in drei übereinander hervortretende Streifen 
(fasciae), darüber Astragalus, Kyma und Abakus; 2. der Fries ist glatt 
(tS-pifxÄ?) oder mit Reliefschmuck versehen (Cwf opo;), darüber Astragalus, 
Kyma; 3. das Kranzgesims ist ausgezeichnet durch die Zahnschnitte 
(YeiaoTtöSe?) und gekrönt von dem Sima. Adamy I, 3, 211 ff. Baum. 
D. 276 ff. Dürrn' I, 166 ff. Guhl-K. 79 ff. Von den Werner sehen 
Akropolisaquarellen, Alt. Gymn., zeigen attisch-jonischen Stil: 1. der 
Niketempel; hervorzuheben das Fehlen des Säulenhalses, der besonders 
schöne Schwung der Voluten (Adamy A. I, 3, 228); 2. das Erechtbeion; 
hervorzuheben der breite, mit einem Anthemienkranze geschmückte 
Säulenhals (Adamy I, 3, 236). 

ß. Der römisch-jonische Stil. Adamy A. I, 4, 115 ff. Baum. D. 
291. Dürrn II, 244 ff. Guhl-K. 499. 

K.-M. Nr. 1. Sog. Tempel der Fortuna. Der Unter- 
bau des Tempels besteht aus einem Stereobates von 12 Stufen. 
Die Säulen kommen in ihren Linien und Proportionen den 
griechischen Formen am nächsten. Die aus Plinthus, zwei 
Wülsten und zwei Hohlkehlen bestehende Basis, die 24 durch 
einen Steg getrennten Kannelierungen des Schaftes, der Eier- 
stab sind echt jonisch. Hervorzuheben: der Säulenhals ist 
ganz kurz, die Voluten gehen zu beiden Seiten weniger tief 
und entbehren des schönen Schwungs der griechischen Form. 
Das Modell ist instruktiv für Vorder- und Seitenansicht der 
Voluten (die Polster sind nur durch einen Gurt zusammen- 
gehalten), für die Bildung der Eckkapitelle: da, wo die Voluten 



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Religiöses Leben der Alten. 



der beiden Außenseiten zusammenstoßen, stellen sie diagonal 
zu dem Abakus. Das Gebälk hat dreifach geteilten Architrav 
mit Astragal, Kyma und Abakus; der Fries ist reich orna- 
mentiert: Guirlanden von Kandelabern und menschlichen 
Figuren getragen; darüber ornamentiertes Kyma; das Kranz- 
gesims beginnt mit Zahnschnitten, ist durch Astragal und 
Kyma mehrfach gegliedert und schließlich mit einem orna- 
mentierten Sima bekrönt. 

Burckhardt I, 15 a. Pir. Le ant. R. IV, 49—52. 

K.-M. Nr. 8. Tempel des Saturnus. Die uns er- 
haltenen Reste gehen auf eine ungeschickte und nachlässige 
Restauration zurück, die wahrscheinlich unter Septimius Severus 
erfolgt ist (Strack p. 3). Die Säulenbasis bietet nichts Auf- 
fälliges, der Schaft ist nicht kanneliert; (an Photographien des 
Originals ist zu erkennen, daß die Schäfte ungleichmäßig ge- 
bildet sind). Das Auffallendste, was auch im Modell ent- 
schieden zu Tage tritt, ist das Kapitell. An ihm sind nämlich 
die vorspringenden Voluten des jonischen Eckkapitells an allen 
vier Seiten wiederholt, so daß also eigentlich acht Voluten 
vorhanden sind, die alle in der Diagonale des Abakus stehen. 
Über die erste Anwendung bei den Griechen Adamy A. I, 3, 
202: «Indem man die vorspringenden Voluten des jonischen 
Eckkapitells an allen vier Seiten wiederholte, so daß also acht 
Voluten vorhanden waren, ihre Fascien aber nicht in wag- 
rechter Richtung zu einem einzigen Bande sich vereinigen, 
sondern eine jede unmittelbar an der (echinosartigen) Rundung 
des Säulenkapitells unterhalb der Voluten sich ansetzen ließ, 
erhielt man eine Kapitellform, welche jonische und dorische 
Elemente in sich zu einem organischen Ganzen verschmelzend, 
den Zweck der Vermittelung, den das Kapitell zu erfüllen hat, in 
durchaus ansprechender und ästhetisch richtiger Weise erfüllte. 
Indem man alsdann die Richtung der Fascie unmittelbar in 
die des verkümmerten Echinos übergehen ließ, war durch eine 
einzige schwungvolle Linie die Vermittelung des runden, senk- 
rechten Säulenstamms mit dem viereckigen horizontalen Ar- 
chitrav vollzogen, so daß der Abakus nur als ästhetische Ab- 
schlußform dient.» Diese Kapitellform, allerdings in mangel- 
hafter Ausführung, liegt am Tempel des Saturnus zu Grunde 

und nicht das sogen. Kompositenkapitell. 

Burckh. I, 15 c. Can. U, Taf. 32. Strack Bl. 1, 2. 



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Die Tempelstile. Der korinthische Stil. 



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K.-M. Nr. 18 u. 19. Das Amphitheater der Flavier 
und das Theater des Marcellus. In den zweiten Stock- 
werken der beiden Gebäude sind dekorative jonische HaYb- 
eäulen angebracht. Ihre Basis steht auf hohem Postamente. 
Voluten, Eierstab, dreifach geteilter Architrav, glatter Fries, 
mehrfach gegliedertes Kranzgesims sind streng auseinander ge- 
halten. 

Can. IV, Taf. 161, 168. Pir. Le ant. K. IV, Taf. 35, 36, 37. 
Strack Bl. 9, 10, 11, 25. 

c. Der korinthische Stil. 

öl. Der griechisch-korinthische Stil. Kennzeichen: Basis 
und Schaft der Säule, Gebälk entweder wie im jonischen Stile oder 
nur ganz wenig unterschieden. Die Übertragung des dorischen Ge- 
bälkes ist selten und spät. Charakteristisches Merkmal : das Kapitell. 
Es erscheint oberhalb des Rundstabs in der Gestalt eines Kelches, 
der aus Akanthusblättern gebildet ist (Acanthus — Bärenklau mit 
großen gezahnten oder fiederschnittigen Blättern; die acanthus moilis 
diente G riechen und Römern, die acanthus «pinosa den mittelalter- 
lichen Künstlern als Vorbild für ihre Kapitelle). Über die erste 
Anwendung anmutige, aber erfundene Erzählung bei Vitruv IV, 1, 9: 
«Eine korinthische Jungfrau starb; ihre Amme sammelte, als sie 
begraben, ihre Lieblingsblumen in einem Körbchen und stellte sie 
auf den Grabhügel. Um sie besser zu erhalten, bedeckte sie sie 
mit einem Ziegel.» Zufällig habe sie das Körbchen auf eine Akanthus- 
wurzel gestellt, und im Frühjahr haben sich die aufsprießenden Blätter 
und Ranken an die Außenwände des Körbchens angeschlossen und 
unter dem Gewicht des Ziegels sich zu Voluten gekrümmt, so daß 
das Bild eines Kapitells samt Abakus entstand. Der Künstler Kalli- 
machus habe im Vorbeigehen dies bemerkt und, entzückt von der 
Schönheit und Neuheit der Form, nach diesem Vorbilde Säulenkapitelle 
gearbeitet. — In Wirklichkeit ist der korinthische Stil eine Weiter- 
entwickelung der auf S. 10 berührten Umbildung des jonischen Eck- 
kapitells. Adamy Einf. i. d. ant K,, p. 94. Adamy A. J, 3, 263, 
266 ff. Baum. 283 ff. Dürrn I, 193 ff. Guhl-K. 83 ff. 

Rottmann'sche Aquarell-Skizze. Skizzenmappe im 

Kupferstichsaale. Gegenstand: Südostseite der Akropolis von 

Athen mit den Ruinen des Zeustempels, des Olympieions. 

«Der Tempel war von Peisistratos begonnen, wurde aber erst 

von Antiochus Epiphanes weitergeführt. Ein römischer Ritter 

Cossutius wird als Architekt genannt. Die letzte Vollendung, 

die sich auf den Aushau des Inneren beschränkt zu haben 

scheint, rührt von Hadrian her» (Guhl-K. 84). Von den mehr 

als 100 Säulen des Tempels stehen heute noch 15, eine liegt 

am Boden. Sie sind aus parischem Marmor gefertigt und «über 



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Religiöses Leben der Alten. 



20 m hoch und von fast 2 m Durchmesser, die größten in 
Europa». Die Skizze zeigt die charakteristischen Merkmale 
des korinthischen Stils: die Akanthusblätter in drei Blatt- 
kränzen übereinander; sie scheinen alle aus dem Säulenhalse 
hervorzuwachsen: die Blätter der obersten Reihe strecken sich 
nach den vier Ecken des Abakus aus und erscheinen unter 
der auf ihnen ruhenden Last volutenartig gekrümmt. Die 
jetzt am Boden liegende Säule ist in der Skizze als stehend 
dargestellt; sie wurde im Jahre 1852 vom Sturme gefällt 
(Dürrn I, 206). 

ß. Der römisch-korinthische Stil. «Während die dorische 
und jonische Ordnung in der römischen Architektur eigentlich 
nur dem Mißverständnis und der Verschlechterung unterworfen 
waren, hat die korinthische Ordnung, namentlich das korin- 
thische Kapitell eine reiche und glänzende Entfaltung gefunden. 
Es scheint, als ob dieser Stil den Römern ganz besonders zu- 
gesagt habe, auch hat er in der That alle Eigenschaften an 
sich, um in einer mehr durch Großartigkeit der Massen und 
Konstruktionen als durch Feinheit der tektonischen Gliede- 
rungen wirkenden Architektur verwendet zu werden und zur 
Geltung zu kommen. Man kann sagen, daß die überwiegende 
Mehrzahl aller erhaltenen römischen Gebäude in korinthischem 
Stil errichtet ist.» Guhl-K. 499. Adamy A. I, 4, 117 ff. 
Baum. D. 291 ff. Burckhardt I, p. 15 f. Dürrn II, 250 ff. 

Im Museum findet sich der römisch-korinthische Stil an 
mehreren Modellen in z. T. vortrefflicher Ausführung. Wir 
betrachten die folgenden: 

K. M. Nr. 9. Die drei Säulen vom Tempel des Mars 
TJltor, die «imposantesten aller Säulen Roms». Sie sind 18 m 
hoch, aus karrarischem Marmor hergestellt. Heute ist die 
Basis freigelegt; zur Zeit der Herstellung der Korkmodelle 
(s. Einl.) war dies noch nicht der Fall. Der Schaft hat 
24 Kannelüren, das Kapitell drei Lagen Akanthusblätter. «Der 
Architrav ist in edler Einfachheit dekoriert, die innere Ge- 
bälkdecke in den dreifach vertieften reich profilierten Kassetten 
mit großen Rosetten geschmückt (auch im Modell). Jede Ver- 
tiefung ist mit einem Ornamentstab umgeben, und der läng- 
liche Raum zwischen den Kassetten mit einem Doppelmäander- 
saum verziert.» 

Can. II, Taf. 100, 101. Gsell-F. 251. Strack p. 8, Taf. 7. 



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Die Tempelstile. Der korinthische Stil. 



K.-M. Nr. 6. Die drei Säulen des Kastor-Tempels. 
Die 14 m hohen Säulen stellen auf einem im Modell unter 
Schutt vergrabenen, wie die jüngsten Ausgrabungen ergaben, 
18 stufigen Stereobates. Das Kapitell ist außerordentlich zier- 
lich gearbeitet, der Architrav mit Ornamenten ausgestattet; an 
dem mit Zahnschnitten versehenen Kranzgesims wechseln 
Kragsteine (Konsolen) mit Feldertafeln ab; darüber ein Sima 
mit Löwenköpfen (auf dem Modell einer angebracht), die als 
Wasserspeier dienten. 

Adauiy A. I, 3, 186. Can. II, Taf. 23. Dorm I, 206. Strack Bl. 8. 

K.-M. Nr. 13. Der Vestatempel (sogen. Sibyllen- 
tempel) in Tivoli. Die Säulen erheben sich über einem mit 
leichtem Gesims gekrönten Stylobat, haben attisch-korinthische 
Basis mit Plinthus, zwei Tori und Hohlkehle; der Schaft hat 
24 Kannelierungen mit wagrechtem An- und Ablauf. Das 
Kapitell ist besondere zierlich ausgestattet; über den zu Voluten 
sich rollenden Blattstengeln rankt sich ein scharf gezacktes 
Blatt, um sich an den geschweiften Abakus anzuschmiegen. 

K.-M. Nr. 12. Vorhalle des Pantheon. Sie ist eher 
geeignet, den Totaleindruck korinthischer Säulenordnung zu 
veranschaulichen. Die Halle besteht ans «16 unkannelierten 
Säulen von grauem und rotem ägyptischen Granit mit 12 1 /* m 
hohen Schäften (Monolithe von 4*/2 m Umfang), und zwar 
teilw. entblätterten, doch die lebendige organische Gliederung 
von Kelch, Blatt und Blume noch deutlich offenbarenden 
korinthischen Kapitellen aus weißem Marmor>. Die ver- 
schiedenen Gesteinsarten sind auf dem Modell nachgeahmt. 
Can. II, Taf. 72. 

K.-M. Nr. 2. Der Tempel des Antonius und der 
Faustina. Die 17 m hohen Säulen der Vorhalle sind nicht 
kanneliert, wegen der Schönheit des Materials, aus welchem sie 
hergestellt sind ; sie sind nämlich aus Cipollinomarmor gearbeitet, 
einem grau-grünen Marmor von Euböa, der Holzmasern ähn- 
liche Linien zeigt. «Das Gebälk hat vorzügliche Verhältnisse, 
der Architrav an seiner Vorderseite zwei Fascien, an seiner 
Unterfläche ein von einem Flechtband umzogenes Mäander- 
ornament. Der Fries ist mit einem trefflichen, später oft 
nachgeahmten aus Greifen, Kandelabern und Ranken kom- 
ponierten Reliefschmuck versehen; das weit ausladende Kranz- 



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14 



Religiöses Leben der Alten. 



gesims ohne Zahnschnitte und Konsolen ist von klarer Gliederung. 
Architrav und Fries sind aus einem Stein geschnitten, eben- 
so das Hauptgesims, die Sima eingerechnet (Strack). » 

Adamy A. I, 4, 207. Bimsen 1U, 1, 274. Can. II, Taf. 25. 
Strack Taf. 16. 

2. Die Terapelformeu. 

a. Bei den Griechen. 

Die Grundformen: 1. Der Antentempel, so genannt nach den 
Pfeilern, antae, napaTtaos;, in welche die beiden Seitenwände der 
Cella ausliefen: vai; sv zocp^-Ta-iv, templum in antis; zwischen den 
Anten sind zwei Säulen; a. der einfache Antentempel mit Säulen- 
stellung auf einer Seite; b. der Doppelantentempel mit Saulenstellung 
auf zwei Seiten. 2. Der Prostylos, Vorsäulentempel, so genannt von 
den frei vor die Anten tretenden Säulen; a. der einfache Prostylos; 
b. der Amphiprostylos mit Säulenstellung auf zwei Seiten. 3. Der 
Peripteros, so genannt nach den rcxspa, dem rechts und links von der 
Cella vorgeschobenen und von Säulen getragenen Dache: so wurde 
die Cella von einem vollständigen Säulenkranze umgeben. — Der 
Niketempel auf der Akropolis ist ein jonischer Amphiprostylos tetra- 
8tylos, ein Tempel mit zwei von je vier Säulen getragenen Vorhallen. 
Der Parthenon ist ein dorischer Peripteros von acht und siebzehn 
Säulen, welche einen Amphiprostylos hexastylos, d. h. eine Cella mit 
zwei sechssäuligen Vorhallen umschließen. Das Erechtheion hat eine 
ganz eigentümliche Form, die in keinem andern griechischen Tempel 
wiederkehrt. 

Rottmann'sche Kartons im Kupferstichsaale rechts. 
Die auf beiden Kartons dargestellten Tempel sind dorische 
Peripteroi; innerhalb eines Siiulenkranzes von 6 und 13 Säulen 
stand die Cella, welche bei diesen Tempeln wahrscheinlich 
die Form des Doppelantentempels gehabt hat. 

b. Bei den Römern. 

Über den Einfluß der Griechen auf das religiöse Leben der Römer 
Guhl-K. 496: «Der ursprünglich durch die Vermittelung der Etrusker 
auf Kom geübte griechische Einfluß, der selbst schon bei dem sogen, 
tuskanischen Tempel nicht abzuleugnen ist, gewann immer mehr Boden, 
als die Römer nach Vertreibung der Könige bei der Neugestaltung 
ihrer Staats- und Rechtsverhältnisse ihren Blick auf fremde vor- 
geschrittene Völker zu richten sich genötigt sahen. Es ist zugleich 
die Zeit, in der die Griechen ihre Höhe erreichten und im Staats- 
und Kriegswesen ebenso wie auf dem Gebiete der Künste und der 
Poesie die glänzendsten Erfolge erlangten. — Es ist kaum ein Gebiet 
des römischen Lebens, das von dieser Einwirkung sich ganz frei hält; 
staatliche Einrichtungen, das Verkehrswesen, die Gesetzgebung werden 
nach griechischen Vorbildern gestaltet; ja auch die römische Tempel- 



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Die Tempelformen bei den Römern. 



15 



architektur zeigt sich griechischen Einflüssen unterworfen, weil ab- 
gesehen davon, daß die alten Kultusbeziehungen zwischen Rom und 
Griechenland, gleichsam die Merkzeichen gemeinsamen Ursprungs im 
Bewußtsein der Völker in voller Kraft bestehen bleiben, auch neue 
Beziehungen der Art sich zu knüpfen beginnen. Die altitalische Sage, 
die wegen mangelnder scharfer Persönlichkeit der göttlichen Gewalten 
immer dürftig gewesen war, scheint sich durch Übertragung aus dem 
Mythenkreise der griechischen Gottheiten mannigfacher zu gestalten 
und zu beleben, und es entspricht dem vollkommen, daß wir bestimmte 
Kulte unter staatlicher Autorität aus Griechenland nach Rom über- 
geführt sehen. — So wurde man schon früh durch eine gewisse innere 
Notwendigkeit zur Aufnahme griechischer Tempelformen geführt, noch 
ehe die geflissentliche Nachbildung aller griechischen Kunstschöpfungen 
deren Aufnahme zu einem ästhetischen Bedürfnis machte.» Vergl. 
die ausführliche Darlegung des hellenischen Einflusses bei Adamy A. 
I, 4, Kap. VII. So gestattet also die Betrachtung römischer Tempel- 
ruinen es vielfach, Rückschlüsse auf griechische Tempelformen zu 
machen oder Vergleiche anzustellen. 

1. Der Prostylos. 

Die Vorhalle des römischen Prostylos springt um ein 
oder zwei Säulen weiter vor als die Vorhalle des griechischen 
Prostylos. 

K.M. Nr. 7. Der Tempel des Vespasian, korinthischer 
Prostylos hexastylos auf dem Forum Romanum. Er wurde 
im Jahr 80 nach Chr. durch Domitian dem Kaiser Vespasian 
erbaut, später von Septimius Severus und Caracalla restauriert 
und mit der Inschrift versehen: Divo Vespasiano Augusto 
S(enatus) p(opulus) q(ue) R(omanus) imp(eratores) Caes(ares) 
Severus et Antonius pii felices aug(usti) restituerunt (Inschriften- 
sammlung des Anonymus von Einsiedeln) — Dem göttlichen 
Vespasianus Augustus; Senat, römisches Volk und die Im- 
peratoren Kaiser Severus und Antoninus, die frommen und 
glücklichen Majestäten, stellten den Tempel wieder her. Von 
dieser Inschrift ist an dem Fries des Vordergiebels der Rest 
— estitucr — erhalten. «Das Material des Oberbaues ist 
karrariseher Marmor. Der Stil deutet auf eine spätere Zeit 
als auf die des Domitian. Die Gliederungen des Gebälks sind mit 
naturalistischen, technisch vortreff lich ausgeführten Ornamenten 
überladen; die Unterflächen des Architravs enthalten reiche 
kassettenartige Füllungen. Architrav uud Fries, aus einem 
Stück gearbeitet, sind an der Giebelseite des Tempels mit 
einer umrahmten Inschriften ta fei bedeckt, während an den 
Seitenfronten der Fries reichen plastischen Schmuck (Stier- 



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IG 



Religiöses Leben der Alten. 



schädel und Opfergeräte) zeigt.» Strack p. 2. Die auch an 
dem Modell nachgebildeten Opfergeräte sind folgende: Neben 
dem Stierschädel ist zunächst eine Weinkanne, praefericulum, 
aus der gespendet wurde, weiter das große Opfermesser, sece- 
spita, welches in einer Scheide steckt; der Weihwedel, asper- 
gillum, zur Besprengung; der Griff hat die Gestalt eines Pferde- 
fußes, der Wedel die eines Schweifs; ein Opferbecken, dessen 
verzierte Innenseite sichtbar ist, pelvis oder culullus; der 
Hammer zur Betäubung des Opfertieres, malleus; ein zwei- 
schneidiges Beil, mit dem das Opfertier getötet wurde, securis 
bipennis; die Kopfbedeckung des Flamen Dialis, albogalerus. 

Bunsen III, 1, 262. ßurckh. I, 19 b. Can. II, 33, 34, 37. Dürrn 
II, Fig. 284. Jordan 1, 2, 411. Pir. Le ant. R. I, Taf. 32. — Clarac 
II, Taf. 220. Strack Taf. 1, 35. 

K.-M. Nr. 2. Der Tempel des Antonius und der 
Faustina, ein korinthischer Prostylos hexastylos am Forum 
Romanum. Er wurde von dem Kaiser Antoninus seiner Ge- 
mahlin, der älteren Faustina, 141 geweiht und erhielt damals 
die Inschrift: Divae Faustinae ex S. C; nach dem Tode des 
Kaisers 161 wurde in Buchstaben anderer Form darüber ge- 
schrieben: Divo Antonino et, — so daß die ganze Inschrift 
lautet: «Dem göttlichen Antoninus und der göttlichen Faustina 
nach Senatsbeschluß». In die Ruinen wurde die Kirche 
S. Lorenzo in Miranda hineingebaut. 

Über den Stil s. p. 13. ßurckh. I, 20 a. Can. II, Taf. 24, 29, 30. 
Pir. Le ant. R. I, Taf. 31. Strack Taf. 16. 

2. Der Peripteros. 

K.-M. Nr. 6. Tempel des Kastor und Pollux, 
korinthischer Peripteros aus 8 und mindestens 11, vielleicht 
13 Säulen auf dem Forum Romanum. Er wurde in seiner 
ursprünglichen Anlage 484 v. Chr. den Dioskuren zum Dank 
für ihre in der Schlacht am See Regillus geleistete Hilfe ge- 
weiht. Umgebaut und vergrößert wurde er 117 v. Chr. durch 
L. Caecilius Metellus Daltnaticus, aus Marmor neu aufgebaut 
durch Tiberius 6 v. Chr., später durch Domitian restauriert. 

Über den Stil s. p. 13. Burckh. I, 19 a. Jordan I, 2, 369 ff. 
Pir. Le ant. R. I, Taf. 33. Strack Taf. 8. 

K. M. Nr. 9. Tempel des Mars Ultor auf dem Forum 
des Augustus. «Schon Caesar hatte einen Marstempel erbauen 
wollen, Augustus nahm diesen Gedanken wieder auf und ge- 
lobte in der Schlacht von Philippi gegen Caesars Mörder 



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Die Tempelformen bei den Römern. 



17 



Brutus und Cassius im Jahr 42 v. Chr. dem Mars einen Tempel 
zum Andenken an die göttliche Strafe, welche seine Mörder 
getroffen hatte. Der Tempel wurde zugleich mit dem in den 
Seitenhallen durch Statuen der verdientesten Römer ge- 
schmückten Forum errichtet (der Widerstand der Hausbesitzer, 
ihre Grundstücke abzutreten, verhinderte die gewünschte räum- 
liche Ausdehnung und die regelmäßige Form). Die Feier 
seiner Einweihung vollzog sich am 12. Mai 2 v. Chr. unter 
persönlicher Beteiligung des Augustus mit den kostbarsten und 
glänzendsten Spielen, und der Tempel galt als einer der 
prächtigsten Roms, herrlich geziert mit kriegerischen Ehren- 
zeichen, vorzüglichen Kunstwerken, Erinnerungen an die Julier 
bis auf Aeneas, und mit der Gruppe von Mars und Venus. 
Der Mars Ultor war nicht mehr der alte Mars des Romulus, 
sondern ein neuer, durch die griechische Kultur verklärter Gott 
des Julischen Geschlechtes, welches Mars und Venus verehrte. 
Damit die Julische Dynastie und die römische Ehre eins 
würden, hatte hier der Senat über Krieg und Frieden und 
über die Triumphe zu beraten, der Sieger hier die Attribute 
seines Triumphes niederzulegen, und das wiedereroberte Feld- 
zeichen hier seinen Standort.» Gsell-F. p. 250. Der Tempel 
hatte 8 Säulen in der Front und 8 oder 9 an jeder Lang- 
seite. Die Rückseite war wegen des Raummangels glatt und 
lehnte an die Rückseite des Forums an. Die erhaltenen Säulen 
gehören der östlichen Langseite an; auf ihnen ruht noch der 
alte Architrav und die alte mit Kassetten verzierte Decke. «In 
die Ruinen des Tempels baute man schon zu Ende des 5. Jahr- 
hunderts die Kirche S. Basilio und die Augusteischen Säulen 

trugen bis zum Jahre 1820 den Kirchturm.» 

Ov. fast. V. 550: Mars venit, et veniens bellica signa dedit. 
Ultor ad ipee suos caelo descendit bonores Templaque in Augusto 
conspicienda foro. Et deus est ingens et opus. — Burckh. I, 18 b. 
Can. II, Taf. 96-98, 102, 103. Jordan I, 2, 442 ff. Strack p. 8, Bl. 7. 
Suet. Aug. 29. 

3. Der Psendoperlpteros. 

Er lehnt den Säulenkranz in Form von Halbsäulen an 
die Cella an, findet sich nur sehr selten bei den Griechen 
(Guhl-K. 57), ist dagegen bei den Römern in Verschmelzung 
mit dem Prostylos häufig angewandt worden. 

K.-M. Nr. 1. Sog. Tempel der Fortuna virilis, ein 
jonischer Pseudoperipteros prostylos tetrastylos (mit viersäuliger 

Buchbold, Die AnUkensaramlungen. 2 



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18 



Religiöses Leben der Alten. 



Vorhalle) am Tiber auf dem Forum boarium. Der noch aus 
der Zeit der Republik stammende Tempel ist Ende des 9. Jahr- 
hunderts n. Chr. in eine christliehe Kirche, jetzt S. Maria 
Egiziaca, unigewandelt worden. Diesem Umstände verdankt 
er seine verhältnismäßig gute Erhaltung. Der Tempel hat an 
den Schmalseiten je vier, an den Längsseiten je sieben Säulen. 
Die auf dem Modell offene Vorhalle ist jetzt zugemauert. 
Manche halten den Bau für den Tempel des Hafengottes 
Portun US; Jordan I, 2, 485 hält es für wahrscheinlich, daß 
der Tempel entweder der Fortuna oder der Mater Matuta ge- 
weiht gewesen sei. 

Über den Stil s. p. 9. ßunsen III, 1, 343. Burckh. I, 15 a. 
Can. II, Taf. 42. Pir. Le ant. R. IV, Taf. 49-52. Strack p. 12, 13, 
Bl. 14, 23. 

K. M. Nr. 8. Tempel des Saturnus, ein jonischer 
Pseudoperipteros prostylos hexastylos auf dem Forum Romanum. 
Nach Dion. VI, 1 wurde schon 491 v. Chr. von den Konsuln 
Sempronius und Minucius auf dem Forum Romanum am 
Clivu8 Capitolinus dem Saturnus ein Tempel geweiht. Neu 
erbaut wurde dieser Tempel im Jahre 44 v. Chr. durch Muna- 
tius Plancus. Eine Restaurierung fand unter Septimius Severus 
statt; wohl auf diese bezieht sich die Inschrift, die auf dem 
eine Fläche bildenden Architrav und Fries des Giebels er- 
halten ist: Senatus Populusque Romanus incendio consumptum 
restituit = «Senat und römisches Volk stellten den durch 
Brand zerstörten Tempel wieder her». Im Anfang des 15. Jahr- 
hunderts stand der Tempel noch fast unversehrt; heute stehen 
noch acht Säulen der Vorhalle, nämlich die sechs Säulen der 
Front und je eine auf den Längsseiten. «Der Tempel hieß 
amtlich aedes Saturni ad forum; in demselben befanden sich 
der Staatsschatz, Urkunden, die Feldzeichen, alles unter der 
Obhut der Quästoren: das aerarium populi Romani oder Sa- 
turni. Doch ging die Verwaltung im Jahr 23 v. Chr. an be- 
sondere praefecti aerarii über und verblieb denselben nach 
kurzen Schwankungen bis zum Ende des alten Staatswesens. 
Der Schatz selbst verblieb in dem Tempel zu allen Zeiten.» 
Jordan I, 2, 362. 

Über den Stil s. p. 10. Burckh. I, 15 c Can. II, Taf. 31. Jordan 
I, 2, 360 ff. Pir. Le ant. R. I, Taf. 32. 



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Die Tempelformen bei den Römern. 



19 



c. Die weitere Entwickelung des Tempelbaus 
bei den Römern. 

Einen wesentlich anderen Charakter erhalten die Tempel 
durch die Anwendung des Gewölbebaus, der bei den Griechen 
«nur selten und in großartigem Maßstabe niemals vorkommt». 
Nach Guhl-K. 504 ist für die Frage der Gewölbekonstruktion 
die Thatsache zu konstatieren, «daß schon in sehr früher Zeit 
bei den Etruskern und andern italischen Völkern Beispiele 
von Gewölbebauten vorkommen, und daß es die Römer ge- 
wesen sind, die dies Konstruktionsprinzip zu vollständiger 
Geltung gebracht und zu einem in technischem wie ästhetischem 
Sinne gleich bedeutenden Element ihrer Baukunst erhoben 
haben». Zwei Arten von Gewölben kommen am häufigsten 
an den Tempeln zur Anwendung, das Tonnengewölbe und das 
Kuppelgewölbe. Adamy A. I, 4, 151 ff. Durm II, 164 ff. 

K.-M. Nr. 11. Doppeltempel der Venus und Koma 
an der via sacra in Rom. Dieser größte Tempel Roms wurde 
von Kaiser Hadrian nach dessen eigenen Bauplänen aufgeführt 
und 135 n. Chr. eingeweiht. Das Heiligtum war als Pseudo- 
dipteros hexastylos gedacht, d. h. es war ein Peripteros von 
10 Säulen Front mit so breitem Säuleneingang, wie ihn sonst 
der Dipteros hatte; an den Längsseiten waren je 20 Säulen. 
Der Säulenkranz umschloß zwei voneinander getrennte Zellen 
in der Form des Doppelantentempels. Ihre Eingänge lagen 
an den Schmalseiten nach Osten und Westen und man er- 
reichte sie durch Vorhallen, zwischen deren Anten je 4 Säulen 
standen. Da, wo die beiden Zellen aneinander stießen, waren 
halbkreisförmige, mit kassettierten Halbkuppeln gedeckte Nischen 
angebracht, in welchen die Statuen der Göttinnen Roma und 
Venus (beide sitzend dargestellt) aufgestellt waren. Erstere 
schaute nach Westen, letztere als genetrix und victrix, Stamm- 
mutter und Siegerin in kriegerischer Kleidung, mit Helm, 
Schild und Lanze gerüstet, eine Nike tragend, blickte nach 
dem Forum. Die Zellen selbst waren mit einem Tonnen- 
gewölbe überdeckt, das mit quadratischen Kassetten verziert 
war. An den Längsseiten der Zellen waren auf beiden Seiten 
je 5 entweder viereckige oder gewölbte Nischen angebracht, 
die zur Aufnahme von Statuen dienten. Diese sowie die An- 
lage der Zellen und die kassettierten Halbkuppeln sind am 
Modell deutlich erkennbar. 

2* 



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20 



Religiöses Leben der Alten. 



Baum. D. Taf. IV. Burckh. I, 19 d. Buneen III, 1, 299. Can. II, 
Taf. 51-53, 55, 56. Dürrn II, 299. Guhl-K. 506, 507. - Über die Be- 
urteilung des Hadrian' sehen Bauplans durch Apollodorus, den Bau- 
meister des Trajans- Forums, vergl. Dio Cass. 69, 4. 

d. Die Rundtempel. 

Diese Tempelform kommt bei den Griechen so selten vor, 
daß man fast denken sollte, sie gehöre nicht ursprünglich den 
Griechen an. Adamy A. I, 4, p. 186 bezeichnet sie als 
hellenistischen Ursprungs. Viel häufiger findet sich die Form 
bei den Römern angewandt, und zwar sind nach Servius zu 
Verg. Aen. IX, 408 bes. Vesta, Diana, Merkur und Herkules 
durch solche Tempel geehrt worden. Vitruv unterscheidet 
zwei Arten, den Monopteros, einen überdeckten Säulenkranz 
ohne Cella, und den Peripteros, einen ebensolchen mit runder 
Cella. Dürrn II, 301. 

K.-M. Nr. 14. Tempel der Vesta (sog. Tempel der 
Sibylle), korinthischer Peripteros in Tivoli. Der jetzt all- 
gemein als Vesta-Tempel bezeichnete Bau hesteht aus runder 
Cella mit umlaufender achtzehnsäuliger Halle. Die Cella war 
mit einem Kuppelgewölbe überdeckt. Errichtet ist er entweder 
Ende der Republik oder unter Augustus. «Die verhältnismäßig 
gute Erhaltung ist jedenfalls dem Umstände zuzuschreiben, 
daß der Tempel im Mittelalter als Kirche benutzt wurde.» 
Von der Inschrift ist L. Gellio L. f. erhalten. 

Guhl-K. 509 ff. Daselbst Rekonstruktion nach Valadier Raccolta 
delle fabbr. di Rom. ant. T. 1, 3. Andere Rekonstruktion bei Adamy 
A. I, 4, 216. Durchschnitt Guhl-K. 510. Adamy A. I, 4, 218. Vergl. 
Burckh. I, 23 a. 

K.-M. Nr. 13. Sogen. Tempel der Vesta, Peripteros 
auf dem Forum boarium am Tiber, Mos. S. Von anderen 
als Tempel der Cybele oder des Herkules Viktor oder des 
Portunus bezeichnet, jetzt S. Maria del Sole oder S. Stefano 
delle carozze genannt. Es sind 19 Säulen erhalten, die 20. Säule 
und das antike Gebälk und die Kuppel fehlen; das Gebäude 
ist gegenwärtig mit einem nach der Mitte zugespitzten Dache 
bedeckt. Als es in eine christliche Kirche umgewandelt wurde, 
erbaute man die Intercolumnien. In diesem Zustand ist der 
Tempel von Chichi modelliert worden. Erst unter der Herr- 
schaft Napoleons ist die Vermauerung der Säulenweiten ent- 
fernt worden. 



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Die Tempelformen. Die Rundtempel. 



21 



Bunsen III, 1, p. 342, 664. Burckh. I, p. 23 b. Dürrn II, 
163, Fig. 134. Jordan I, 2, p. 485. Die Intercol. zeigt Overbeke 
Reliquiae antiquae urbis Romae. Amst. 1707. I, p. 58, tab. 29. 
Montf. Ant. Expl. III, p. 72, Taf. 13. Offen bei Can. II, Taf. 64, 65. 
Strack Taf. 14. 

K.-M. Nr. 12. Das Pantheon auf der Piazza della 
Rotonda in Rom. 

Ursprung und Name. Die Aufschrift auf dem Fries der 
Vorhalle: M. Agrippa L. f. cos. tertium fecit = «M. Agrippa, 
Sohn des Lucius, hat den Bau in seinem dritten Konsulate 
errichtet» setzt die Errichtung bezw. Einweihung des ursprüng- 
lichen Baus in das Jahr 27 v. Chr. Er war ein Teil der 
Thermen des Agrippa und war Julius Caesar und dem ganzen 
Julischen Geschlechte gewidmet. «Wegen des Wunderbaus 
der Kuppel, die als Abbild des Himmelsgewölbes erschien, 
wurde frühzeitig die Bezeichnung Pantheum (zdvdetov) d. h. 
„hochheilig" üblich.» Guhl-K. p. 511. Die Ansicht, daß der 
Tempel «allen Göttern» geweiht gewesen sei und deshalb den 
Namen zb jrdvä-stov Updv erhalten habe, ist falsch. 

Geschichte. Der ursprüngliche Bau wurde 22 v. Chr. durch 
Blitz, 79 n. Chr. durch Brand beschädigt; Domitian stellte den 
Tempel wieder her. 110 wurde er abermals vom Blitz ge- 
troffen. Hadrian scheint ihn von Grund aus erneuert zu haben. 
Auf eine Restauration durch Septimius Severus und M. Aurelius 
im Jahre 202 bezieht sich eine im Original nur schwer les- 
bare, am Modell nicht angebrachte Inschrift C. I. L. VI, I, 
Nr. 896. Imp(erator) Caes(ar) L. Septimius Severus Pius 
Pertinax Aug(ustus) Arabicus Adiabenicus Parthicus Maximus 
pontif(ex) max(imus) trib(unicia) potest(ate) X imp(erator) XI, 
co(n)s(ul) III, p(ater) patriae) proco(nXul) et Imp(erator) Caes(ar) 
M. Aurelius Antoninus Pius Felix Aug(ustus) trib(unicia) po- 
testat(e) V co(nXul) proco(n)s(ul) Pantheum vetustate corruptum 
cum omni cultu restituerunt. Die Veränderungen und Be- 
schädigungen, die der Bau im Mittelalter erlitt (z. B. durch 
Beraubung seines Schmuckes) berührten weniger die Gesamt- 
anlage. Im Jahr 609 wurde das Pantheon durch Papst 
Bonifaz IV., nachdem der Kaiser Phokas seine Zustimmung 
gegeben hatte, in eine christliche Kirche verwandelt. Seit- 
dem besteht der Name S. Maria ad Martyres oder della 
Rotonda. 



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22 



Religiöses Leben der Alten. 



Beschreibung. Der Bau besteht aus zwei Teilen, der 
rechteckigen Vorhalle und dem mit der Kuppel überwölbten 
Rundbau. 

Die Vorhalle hat acht Säulen Front und drei Säulen 
Tiefe. Hinter der 3. und 6. Säule der Vorderseite stehen je 
zwei Säulen, die die ganze Vorhalle in 3 Schiffe zerlegen. 
Diese waren ursprünglich mit Tonnengewölben überdeckt und 
schließen rechts und links in halbrunden zur Aufnahme von 
Statuen bestimmten Nischen ab, während im Mittelschiff eine 
große Broncethüre in den Rundtempel führt. Die Halle ist 
von einem mächtigen, einstmals von ehernen Balken getragenen 
Giebel überdeckt. Die Broncebalken wurden von Urban VIII. 
eingeschmolzen und zu Säulen der Peterskirche und zu Kanonen 
verwandt. Der Giebel war ursprünglich mit Statuengruppen, 
«Juppiter als Sieger über die Giganten darstellend», bestellt. 
Über und hinter diesem Giebel erhebt eich ein zweiter Vor- 
sprung, der die Vermittelung der eckigen Halle und des 
Rundbaus bildet. 

Der Rundbau. «Das Innere des Rundbaus ist von er- 
habenster Raumwirkung. Die Hauptabmessungen, Durchmesser 
und Höhe, sind einander gleich (43,5 m); ferner ist die Höhe 
vom Fußboden bis zum Kuppelansatz gleich der Höhe von 
diesem bis zur Kuppelöffnung. » Der Rundbau zerfallt in zwei 
Teile, die Rotunde und die halbkugelförmige Kuppel. 

Die Rotunde. Der Fußboden besteht aus runden und 
viereckigen Platten aus Porphyr, Granit, phrygischem und 
numidischem Marmor. Im unteren Stock ist die Rotunde in 
ihren Wänden von 7 abwechselnd rechteckigen und halbkreis- 
förmigen Nischen durchbrochen. Diese sind von zwei korin- 
thischen Pilastern eingeschlossen, zwischen welchen zwei korin- 
thische Säulen aus numidischem Marmor das Gebälk tragen. 
In den Nischen standen die Götterbilder und zwar stand «in 
der dem Eingang gegenüberliegenden Hauptn ische die Statue 
Caesars, ihr zur Seite die Hauptgötter des Julischen Ge- 
schlechtes Mars und Venus; welche anderen Götter in den 
übrigen Nischen aufgestellt waren, ist nicht überliefert.» Guhl- 
K. 511. Zwischen den Nischen treten acht rechteckige kleine 
Kapellen vor. Die Giebel dieser sind abwechselnd dreieckig 
oder abgerundet und ruhen auf je zwei Säulen. Über den 
Nischen ruht das Horizontalgebälk, das nur von der Haupt- 



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Die Altäre. 23 

nische, dem Eingang gegenüber, durchbrochen wird. Dieses 
hat am Architrav Verzierung durch eckige und runde Felder, 
am Gesims Blattornament und Konsolen. Darüber ruht ein 
oberes Geschoß mit 14 rechteckigen Nischen, die von korin- 
thischen Pilastern eingerahmt waren. So ist es auf der linken 
Seite des Modells dargestellt. «Im Jahre 1774 wurde durch 
den Architekten Paolo Posi die alte Bekleidung der inneren 
Attika von Verde antiko (schwärzlich -grünem Porphyr mit 
hellen und dunkeln Flecken) durch eine Stuccatur mit Wasser- 
farben ersetzt.» Diese noch heute vorhandene Bekleidung ist 
auf der rechten Hälfte des Modells dargestellt. 

Das Kuppelgewölbe. Die halbkugelfbrmige Kuppel 
wird durch einen massigen Außenbau gestützt, der bis zu 
einem Drittel der Kuppelhöhe senkrecht in die Höhe steigt, 
dann in 7 Stufen dem Gewölbe sich nähert und schließlich 
selbst Gewölbeform annimmt. Im Innern ist «die Kuppel 
durch fünf Reihen von Kassetten gegliedert, deren broncener 
Zierrat, einfassende Glieder und Rosetten, wahrscheinlich für 
den Altar der Peterskirche eingeschmolzen wurde. Eine kreis- 
förmige, 9 m im Durchmesser haltende Kuppelöffnung, deren 
broncene Ringeinfassung noch vorhanden ist, giebt dem Raum 
eine schöne und einheitliche Beleuchtung.» (Strack.) «Ein 
bedeutsamerer und schönerer Lichtzutritt kann nicht gedacht 
werden. Die gleichmäßige Beleuchtung des ungeheueren Raumes, 
die regelmäßig wiederkehrenden Schatten aller symmetrischen 
Teile, wie sie nur ein einziges Oberlicht erzeugen kann, bringen 
in den Wunderbau die so hohe, wahrhaft majestätische Ruhe.» 

Adamy I, 4, Abb. 65, 66, 67, 68. Baum. D. 293, 294. Bunsen 
III, 3, 339 tf. Burckh. I, 16 ff. Dürrn II, 184, 301, Fig. 159, 160, 
161. Can. II, Taf. 67, 68, 70, 71, 74, 74 A. im Zusammenhan«: mit den 
Thermen des Agrippa IV, Taf. 197, 198, 199. Guhl-K. 511-513. 
Gsell-F. 414-424. Montf. Ant. expl. III, p. 54. Pir Le ant. R. I, 
Taf. 14, 15. Strack p. 5 ff., Taf. 3, 4, 5, 6. 

3. Die Altäre. 

Der Altar ist dazu bestimmt, das der Gottheit dargebrachte Opfer 
aufzunehmen; deshalb ist eine Erhöhung vom Erdboden einzige wesent- 
liche Voraussetzung. Dazu stimmt auch die Etymologie von ßu>|x6(; 
vom Stamm ßa- aus ßa-ojAo«; entstanden und ara vom Stamm ar- 
zusammen hängend mit otp- in aiptu; beides bedeutet etwa «Gestell». 
Material, Form und Größe sind unwesentlich. Einige Rasenstücke 
genügen: Hör. Od. I, 19, 13, III, 8, 4. Verg. Aen. XII, 118. Gegen- 
stück: der Riesenaltar des Zeus zu Pergaraum, der in der Form 



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24 



Religiöses Leben der Alten. 



eines Rechtecks von 37X34 m ungefähr 15 m hoch emporgebaut war. 
(Gigant in Relief von der rechten Treppen wange in Gipsabguß K.-S.) 

Die Altäre, welche im Vorsaale des Großh. Museums 
aufgestellt sind, gehören der römischen Kaiserzeit I. — III. Jahr- 
hundert unserer Zeitrechnung an. Die Steine sind meist 
viereckig, manche oben mit Voluten und Vertiefung ver- 
sehen, einige mit einer kreisförmigen Rinne. Die Seitenwände 
sind vielfach mit Ornamenten geschmückt oder zeigen in Relief 
die Gottheiten, denen sie gewidmet sind; mehrere haben eine 
Widmungsinschrift. Folgenden Gottheiten sind sie gewidmet: 
Juppiter, (Herkules), Virtus, den Kreuz weggöttinnen, einem 
Genius, dem unbesiegbaren Mithras, den Gottheiten des Berges 
Casius. Die Widmenden sind meist einzelne Personen. 

a. Altarsteine mit Inschriften. 

(Die Ligaturen der Inschriften sind durch Bogenstrich ""gekennzeichnet.) 

II. A. 5. Votivaltar aus Trachyttuff, 57 cm hoch, 
26,5X18 cm im Querschnitt, gefunden bei Andernach, Juppiter 
geweiht. 

1 O M SAC J(ovi) O(ptimo) M(aximo) Dem besten, mach- 

C. PAPIVS FOR sac(rum) C. Papius For- tigstenJuppitergeweiht. 

TVNATVS. 0 tunatus, c(enturio) Gaius Papius Fortuna- 

LEG. XXI. RAP leg(ionis) XXI. rap(acis) tu8 > Centurio der XXI. 
ET. VEXILLAR et vexillar(ii) Legion, der reißenden, 

LEG. EIVSDEM leg(ionis) eiusdem. « nd die Vexillarier der- 

selben Legion. 

C. I. Rh. 675. v. Hüpsch I, 38. Klein 71. Lersch 159. Steiner 964. 
Die 21. Legion führte den Beinamen «Rapax», weil sie siegreich gleich- 
sam alles mit sich fortriß; ihre Soldaten hießen «Rapaces». Die 
vexillarii sind ausgediente Soldaten, die noch nicht ihren Abschied 
hatten, sondern noch sub vexillo, bei der Fahne, zurückgehalten wurden. 

II. A. 6. Votivaltar aus Sandstein, 61 cm hoch, 

19X17 cm im Querschnitt, gefunden in Butzbach am sogen. 

Kuhtrieb, den Göttinnen der Kreuzwege gewidmet, stark 

verwittert, mit schwer lesbarer Inschrift: 

DEABQVA Deab(us) Qua- Den Göttinnen der 

DRIBIS driviis Kreuzwege Secundus in- 

SECV . VS Secu(nd)us folge eines Gelübdes. 

EX. VOTO ex voto. S(olvit) Er erfüllte es gerne und 

S. L. L. M. l(aetus) l(ubens) m(erito). freudig nach Gebühr. 

Nach Ihm, «Der Mütter- und Matronenkult und seine Denkmäler» 
Bonn. J. 83, p. 89 sind die Gottheiten der Kreuzwege, je nach der 
Zahl der Wege biviae, triviae, quadriviae genannt, als weiblich auf- 
zufassen und in enge Beziehung zu setzen zu den Matres und Matronae. 



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Die Altäre. Altarsteine mit Inschriften. 



25 



Nach anderen giebt es männliche und weibliche Gottheiten der Kreuz- 
wege. — Die Abbreviatur S. L. L. M. oder V. S. L. L. M. — votum solvit 
laetus lubens merito auf Votivaltären gewöhnlich. Dieffenbach, Arcb. 
IV, p. 211, Taf. V, Nr. 85. Diefenbach, Nase. Ann. XIV, 294. Sie- 
bourg, Zum Matronenkultus. W. Z. VII, p. 111. 

H. A. 7. Kleiner tragbarer Altar, t Hauptsächlich 
haben die kleinen Altäre ihren Platz im Inneren von Gebäuden, 
besonders im Hausgottesdienst, wo sie zum Verbrennen von 
Weihrauch (ara turicrema Aen. IV, 453) und bescheidenen 
Opfern dienen.» Reisch Paulys Real-Enc. 1894, I, 1685. 
Fundort unbekannt. Relief auf beiden Seiten, links ein Hahn, 
rechts ein Fisch. Inschrift noch unentziffert; erste Zeile als 
Sextus zu lesen, am unteren Rande Spuren von posuit. Lersch 
p. 161. Klein 78. 

II. A. 3. Votivaltar aus Kalkstein, 77 cm hoch, 
45X18 cm im Querschnitt, gefunden in Boeckelmoent (Buckle- 
mund) bei Köln, derVirtus, der Göttin der Tüchtigkeit, ge- 
widmet. Die Göttin ist auf der Vorderseite selbst in Relief 
dargestellt als jugendliche Frauengestalt, mit Helm und Lanze 
bewaffnet. Auf der Oberfläche des Altars sind Früchte in 
Hochrelief angebracht. Unter dem Bilde der Göttin die In- 
schrift : 

D E A E . VIRTVTI Deae Virtuti Fatalis, Der Göttin Vir- 
FATALIS . NEG ALAETI neg(otiator) alae , Ti. tus erfüllte Fata- 
GRATI . ÜB. V. S. L. M. Grati lib(ertufl) v(otum) Iis, beiderSchwa- 

fl(olvit) l(ubens) m(erito). dron (angenom- 
mener) Händler, Freigelassener des Tiberius Gratus, sein Gelübde gern 
nach Gebühr. 

C. J. Rh. 446. v. Hüpech I, 17. Klein 73. Lersch 159. Steiner 
1173. Lersch liest negotiator alarius und vergleicht damit negotiator 
Jentiarias et castrensiarius bei Gruter 649 und Orelli 4254. Die übrigen 
Herausgeber lesen Negalaeti als Beiname, der aber sonst nicht nach- 
zuweisen ist. 

IL A. 19. Votivaltar aus Sandstein, 55 cm hoch, 
41X27 cm im Querschnitt, gefunden zu Dieburg im Jahre 1894, 
dem Genius einer bürgerlichen Niederlassung gewidmet. 
IN .OD. D. In(h)o(norem) d(omus) Zu Ehren des 

GENIO 

d(ivinae) Genio erlauchten Kaiser- 

VICI . V . V vici V V hauses. — Dem Genius 

r f7~\ r^^r ,<~^v des Dorfes V. V. haben 

L . MARTI A LIM s L(uciu B ) Martialinius Luciu8 Martialinius 

MESSOR. ET Messor et Messor und Titus Eu- 

t pure <?r \ro rr/.* . . femius Cupitus (diesen 

S r f t ?< 0 " Ma " Stein) gestiftet und ge- 

CVPITUS Cupitus d(ederunt) »piht 

D . D. d(edicaverunt). We ' 



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26 



Religiöses Leben der Alten. 



Zeile 1 ist auf dem Kranzgesims des Altars eingemeißelt. Durch 
den Zusatz: Zu Ehren des erlauchten Kaiserhauses, erhalt der Votiv- 
altar zugleich den Charakter eines Ehrendenkmals. Becker, Die röm. 
Inschr. und Steinskulpturen des Mus. zu Mainz p. XII. Die beiden 
V. V. in Zeile 3 können auf den Namen der Niederlassung (Ulpii 
veteris?) gedeutet werden. 

LT. A. 16. Kleiner tragbarer Votivaltar, 17 cm hoch, 
gefunden in Friedberg im Jahre 1894 bei Vornahme von 
Kanalisationsarbeiten, stark verwittert: Inschrift schwer lesbar. 

> CELSI C(enturiae) Celsi Der Centurie des 

F VEK F(lavius) Vere- Celsus Flavius Verecun- 

EtVND cnndus. dos. 

Möglicherweise war noch über Zeile 1 Genio zu lesen; Becker, 
Köm. Inschr. des Mus. d. St. M. Nr. 72, 73, 74. Über unsern Altar 
Henkel. Quartalblätter des Hist. Ver. für das Großh. H. 1894. H. 1, 
p. 436. 

II. A. 18. Votivaltar aus rotem Sandstein, 47 cm hoch, 
29X^2 cm im Querschnitt, gefunden neben der Kirche in 
Oberklingen, den Gottheiten des syrischen Berges Casius 
(Kdaiov ffpo?, jetzt Djebel Okrab, der kahle Berg) geweiht. 



CA8SIBV (Dis) Cassibus Den Göttern des Berges 

VOTA FEC Vota fecit Casius erfüllte sein Gelübde 

EMACEIV E. Macems Lucius (?) Maceiua (oder 

FAVSTINV Faustinu(s) Emaceius) Soldat .... 

M m(iles . . . ) 

P 



Das P (Brambach PR) steht zwei Zeilen unter dem M. Knapp 
ergänzt: miles legionis XXII primigeniae piae fidelis = Soldat der 
22ten Legion, der erstgeworbenen, redlichen, getreuen. Auf -dem 
Berge befand sich ein Tempel des Juppiter Casius. Preller II, p. 395. 
Zur Ausbreitung syrischer Kulte haben die Legionen «wesentlich bei- 
getragen. Verschiedene Legionen waren nämlich kürzere oder längere 
Zeit in Syrien stationiert gewesen, daher sie später, wenn sie nach 
dem Occident verlegt wurden oder einzeln in ihre Heimat zurück- 
kehrten, den ihnen vertraut gewordenen Gottesdienst dahin ver- 
pflanzten». Sonstige syrische Gottheiten: Dea Syria, Maiuma, Deus 
Sol Elagabal u. a. An welche weiteren außer an «Juppiter Casius» 
bei unserer Inschrift zu denken sei, ist unsicher. Knapp, Archiv 
II. Taf. p. 530 u. p. 540 ff. C. I. Rh. 1398. Knapp-Scriba, Röm. 
D. d. Odenw. Taf. VIII, Nr. 59 u. p. 175. Steiner I, 77. — Eine 
ganz andere Deutung der dii Casses geben J. Becker, Bonner J. 
XXVI, 85 und Mone, Crgesch. des bad. Landes II, 186. A. 138, 
die sie den römisch-keltischen Gottheiten beizählen. Letzterer zieht 
die Worte Velloeasses, Veliocasses, Bellocasses, Tricassini, Durocassae 
zum Vergleiche an. 



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Der Mithraskult und die Mithrasfunde. 



27 



II. A. 4. Votivaltar aus Kalkstein, 80cm hoch, 35 X 16cm 
im Querschnitt, gefunden in der Nähe des Rathauses zu Köln 
im Jahre 1689 oder nach anderer Angabe auf dem Eigelstein 
in Mülpen, den Dii conservatores geweiht. 

D 1 S COSSER Die eonser- Den erhaltenden 

VA TO R I B Q TAR vatorib(ue) Q. Tar- Schutzgöttern Quintus 
QVITIVS CATV . quitius Catu(l) Tarquitius Catulus, der 

VS LEG AVG CVIV us leg(atus) Aug(usti) Legat des Augustus, 
CVRA PRAKTO . cuiu(s) cura praeto(r)i- durch dessen Fürsorge 
IVM IN RVINA ... am in ruina(m co) das zusammengestürzte 
NLAPSVM AD . . nlapsum ad(no) Amtehaus in neuer Ge- 

VAM FACIEM vam faciem stalt wiederhergestellt 

RESTITVT . . restitut(um). wurde. 

Den Göttern als Erhaltern der Menschen und Menschenwerke 
wurde der Altar bei der Neueinweihung des wieder aufgebauten Amts- 
hauses gewidmet und damit der Bau dem Schutze der schirmenden 
Götter empfohlen. Der Stein war jedenfalls am oder im Amtshause 
aufgestellt und diente zugleich als Denkstein. C. I. Rh. 331. v. Hüpsch 
1, 1. Klein 12. Lersch p. 158. Steiner 1070. 

b. Altarsteine ohne Inschrift. 

IL A. 2. Altar aus Sandstein, verstümmelt, gefunden 

im Lorscher Wald, wo der Stein als Grenzstein diente. Er 

ist 84 cm hoch, 56 X 56 cm im Querschnitt. Auf drei Seiten 

sind je zwei Reliefs übereinander angebracht, deren Deutung 

wegen der Beschädigungen schwierig ist. Es scheinen Kampfes- 

scenen zu sein, die sich auf die Thaten des Herkules beziehen 

(Antäus, stymphali8che Vögel, Cacus, Achelous). 

t)ber die sogen. Viergötteraltäre s. unter Gigantensäulen, 
über die Mithrasaltäre unter Mithraskultus. 

4. Der Mithraskult und die Mithrasfunde. 

(Der Mithrastorso im Vorsaale, die übrigen Funde Sehr. XV.) 
Zu den interessantesten Überresten antiken Lebens gehören 
unstreitig die Mithrasfunde. Keine orientalische Gottheit, 
ja überhaupt keine nichtrömische Gottheit, ist von den Römern 
so vielfach und aller Orten verehrt worden als Mithras keinem 
Kult gehören so viel Fundstücke an als dem Kult des Mithras; 
und trotzdem ist kein Kult unsicherer als der Mithraskult. 
Fast unübersehbar sind die Schriften, die von Mithras handeln; 
sehr verschieden sind die Ansichten über das Wesen des Mithras, 
die Deutung der Symbole etc., die in diesen Schriften nieder- 
gelegt sind. Die Forscher zerfallen in der Hauptsache nach 
ihrem Standpunkte in zwei Klassen; die einen suchen von 



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28 



Religiöses Leben der Alten. 



idealistischem Standpunkte aus das Wesen des Mithras aus 

der allgemeinen Religionsgeschichte der Völker zu erfassen (so 

Döllinger, Creuzer u. a.); die anderen gehen streng realistisch 

von den erhaltenen Monumenten aus und suchen diese unter 

Hinzuziehung der alten Überlieferung zu deuten (so Cumont, 

Marquardt-Mommsen u. a.). In vielen wesentlichen Punkten 

haben sich die Forscher beider Richtungen geeinigt; in vielen 

wird noch eine Einigung erzielt werden; in manchen wird man 

nie zu apodiktischer Gewißheit gelangen. 

Creuzer, Symbolik und Mythologie der alten Völker. Darmst 
1819. I, p. 728—799. Creuzer, Das Mithreum von Neuenheim bei 
Heidelberg, tleidelbg. 1838. Döllinger, Heidentum und Judentum. 
Regensbg. 1857. p. 382-388. Windischmann, Mithra, Abhdlgn. für 
die Kunde des Morgenlandes 1857—1859, p. 1—89. K. O. Müller, 
H. p. 670, 71 A. 7. Marqu.-Morams. VI, p. 82—87. Preller R. M. 
II, p. 408—418. F. Cumont, Textes et monuments figurös relatifs aux 
mysteres de Mithra I u. II, 1894 u. 1895. Brüssel. G. Wolff und 
F. Cumont, Das dritte Mithraeum in Heddernheim und seine Skulp- 
turen, W. Z. 1894, p. 37ff. — Goldmann, Der Mithraskult und die 
Mithräen in Friedberg, Arch. Neue Folge 1895, Heft 1, faßt die Fried- 
berger alten und neuen Funde zusammen (erscheint demnächst). 
Weitere Litteratur im Text. 

a. Der Kultus der ältesten Zeit. Die Gestalt des Mithras 
gehört ursprünglich der alten mazdäischen Religion an. Ge- 
schaffen ist er von Ahura-Mazda als der höchste der Jzed's 
(guten Genien). In dem Mihir Yasht, dem alten Opfergebet 
der Zendavesta an Mithra, heißt es I, 1 (Windischmann): «Es 
sprach Ahura-Mazda zum heiligen Zarathustra: Als Mithra, den 
weitflurigen, ich geschaffen, o Heiliger, da habe ich ihn ge- 
schaffen so groß anzubeten, so groß zu verehren, wie mich 
selbst, den Ahura-Mazda». Er stammt aber vom Felsen 
(ex rcitpas YSYEVYjo^at Justinus ums Jahr 160 n. Chr. in seinem 
dialog. cum Tryph. II, p. 236, Otto), heißt der Felsgeborene 
(izevpof^ffi Johannes Lydus de Mens. III, p. 43, Bonn) und 
ist der Feuerstrahl, der aus dem von Ahura-Mazda erhitzten 
Felsenberg Albordi hervorschoß (Creuzer, Symb. I, 773. Mithr. 
p. 14, 49 u. 67, Anm. 10. Windischmann p. 61). So ist 
er das geschaffene, alles durchdringende, alles belebende Licht, 
das auch selbst alles sieht, «mit 10000 Augen» begabt ist, 
«1000 Ohren» hat, der allwissende, allgegenwärtige, schlaflose, 
wachsame Zeuge aller Gedanken, Worte und Werke (Mihir 
Yasht an vielen Stellen, z. B. 7, 10, 12 ff. u. 105—107). 



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Der Mithraskult und die Mithrasfunde. 



29 



Glanzreich wie Tashter, der Genius des Sternes Sirius, ist er 
doch ursprünglich nicht mit der Sonne oder den Sternen 
identifiziert, von denen er ausdrücklich unterschieden wird 
(Mihir Yasht 13, 95, 145). Als das lebendige Licht hat er 
die Aufgabe, alles, was dem Lichte feind ist, im Himmel und 
auf Erden zu bekämpfen und alles, was dem Lichte freund 
ist, zu beschützen. In dem Geisterreiche führt er den Ver- 
nichtungskrieg gegen die Geister der Finsternis, den Areimanius 
(Ahriman) und seine Dews; und wer auf Erden die Wahrheit 
und Treue verletzt, Menschen und Länder, die gehen elendig- 
lich zu Grunde und erfahren die ganze Furchtbarkeit des er- 
grimmten Gottes (Windischmann p. 53). So erscheint er als 
Krieger auf gewaltigem Schlachtwagen mit goldenem Helm und 
silbernem Panzer, scharfer Lanze, gradbefiedertem Pfeil und 
schwerer Keule ausgerüstet (Mih. Y. 112, 101, 102, 95) und ist 
Beschützer der Gläubigen in der Schlacht. Er ist der Wahrer 
der Wahrheit und Treue, der Meister des Hauses, des Dorfes, 
der Stadt, des Landes (Mih. Y. 115), der Herr des Verkehres, 
der Erhalter der Nichttrüger (Mih. Y. 80). Da Mithras ge- 
schaffen ist, so ist er trotz aller Erhabenheit nicht das un- 
endliche Licht selbst und nicht die ewige Wahrheit selbst; 
aber er geht einer Verklärung entgegen und einem unsterb- 
lichen Leben und führt seine Anbeter mit sich dorthin, nach- 
dem er über die Toten an der Cinvatbrücke Gericht gehalten. 
Dies ist der Mithras des Mihir Yasht, «der als der mächtigste 
der Yazatas, der kräftigste der Yazatas, der thatkräftigste der 
Yazatas, der schnellste der Yazatas, der erzsiegreichste der Yazatas 
einherwandelt » (Mih. Y. 98), zu dem die Gläubigen beten: 
«Mit Spenden opfern wir Mithra, dem Sitz der Freude und 
des Heils für die arischen Länder. Herbei komme er uns 
zum Schutz; herbei komme er uns zur Befreiung; herbei 
komme er uns zur Freude; herbei komme er uns zur Er- 
barmung; herbei komme er uns zur Heilung; herbei komme 
er uns zum Sieg; herbei komme er uns zum Wohl; herbei 
komme er uns zur Reinigung, der gewaltige, starke, anzu- 
betende, zu ehrende, nicht betrogene.» (Mih. Y. 4 — 6, 9, 
11 ff., Schlußformel vieler Hymnen). 

Über sein Verhältnis zu Ahura-Mazda und Arei- 
manios schreibt Plutarch (de Js. et Os. c 46), der wohl aus 
Theopomp (378—305 v. Chr.; das 8. Buch seiner 



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Religiöses Leben der Alten. 



Geschichte handelte von den Magiern) geschöpft hat: «Zara- 
ttmstra nannte den einen der höchsten Götter Oromazes (Ahura- 
Mazda). den andern Areimanios und behauptete dabei, der 
eine gleiche unter den sinnlichen Dingen am meisten dem 
Lichte, der andere am meisten der Finsternis und Unwissen- 
heit; der mittlere zwischen beiden aber sei Mithras; deswegen 
nennen die Perser auch den Mithras den Mittler ([isattTjc)». 
Man muß sich hüten, in den Begriff des Mittlers allzuviel 
hineinzulegen, wie dies z. B. Creuzer (Symb. p. 795 — 98) 
thut. Wohl ist aber mit den Hymnen des Mihir Yasht Win- 
dischmanns Ansicht zu vereinigen (p. 56/57), der mit Spiegel 
(Zeitschrift der deutschen morg. G. XI. p. 102) den Namen 
Mithras etymologisch als Verbinder deutet (Sskr. mitra == 
Freund). «Mithra ist nicht bloß als geschaffenes Licht das 
Mittlere, der Verbinder zwischen anfangslosem Licht und an- 
fangsloser Finsternis, sondern auch Repräsentant der Wahr- 
heit, Treue und Gerechtigkeit unter den Menschen, ein Mittler 
im menschlichen Leben, der allen Verkehr wahrt und ver- 
mittelt. Als geschaffenes Licht vermittelt er auch das Ver- 
hältnis der Geschöpfe und des Menschen insbesondere zu 
Ahura- Mazda, dem im unnahbaren Lichte wohnenden.» 

b. Ent Wickelung und Ausbreitung in den letzten vorchristlichen 
Jahrhunderten und in der Kaiser zeit. Im Laufe der Zeit machte 
der Gottesbegriff und Kult des Mithras verschiedene Phasen 
der Entwickelung durch, ohne jedoch sein ursprüngliches 
Wesen ganz einzubüßen. Als die Perser ihre Herrschaft nach 
Westen ausdehnten und mit dem Baalsdienste der Chaldäer 
in Berührung kamen, da wurde Mithras zum Sonnengotte 
(Strabo XV, p. 732; Plut, Js. et Os. 46), Chaldäische Tra- 
ditionen wurden mit persischen verschmolzen (Döllinger 385), 
sein Fest wird zur Zeit des kürzesten Tages gefeiert, zur Zeit, 
wo die Sonne, nachdem sie ihren tiefsten Stand erreicht, 
wieder aufsteigt, um von neuem ihren Siegeslauf am Himmel 
zu vollenden. Die Könige sind an diesem Feste hervorragend 
beteiligt (Athenaeus X, p. 434 D. Strabo XI, p. 530), ihr 
Schwur gilt dem mächtigen Mithras (Xenophon Cyrop. VII, 
5, 53. Plutarch Artaxerx. 4. Alex. 30). Mithras erhält seine 
Mysterien. Der felsgeborene Mittler zwischen Licht und 
Finsternis wird in einer unterirdischen, künstlich beleuchteten 
Felsengrotte verehrt (Eubulos bei Porphyr, de antr. Nymph. 6). 



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Der Mithraskult und die Mithrasfunde. 



31 



Im vierten Jahrhundert verbreitet sich sein Kult über Klein- 
asien nach den Küstenstrichen, in der Zeit der Diadochen 
dringt er über die Inseln des ägäisehen Meeres, Thracien, 
Griechenland weiter nach dem Westen vor und ist zur Zeit 
des Pom peius bei den Seeräubern heimisch (Plut. Pomp. 24), 
die ihn zuerst im westlichen Abendland weiter ausgebreitet 
haben sollen. Um 100 n. Chr. hat sich der Kult in Rom 
festgesetzt, gewann unter Hadrian und den Antoninen immer 
mehr Anhänger, ist unter Septimius Severus und seinen Söhnen 
Kult des Kaiserlichen Hauses (C. I. L. 6, 2271), und hat sich 
durch die römischen Legionen über das ganze römische Reich 
verbreitet. Unzweifelhaft hat der Kult auf seinem Wege nach 
dem Westen eine Menge fremder Elemente und Symbole in 
sich aufgenommen, und es wird noch geraume Zeit vergehen, 
bis alle Elemente ihrem Ursprünge nach mit Sicherheit er- 
kannt und alle Symbole mit Sicherheit gedeutet werden können. 

c. Der Mithraskult im römischen Reiche, a. Der Gott und 
seine Mysterien. Im römischen Reiche wurde der Geburts- 
tag des felsgeborenen Mithras von seinen Anhängern am 
25. Dezember gefeiert. Er ist der unbesiegbare Gott (deus 
invictus), die unüberwindliche Sonne (Sol invictus Mithras), 
der Unbegreifliche (indeprehensibilis), der Allmächtige (omni- 
potens), der Große (magnus), der Ewige (aeternns), der König 
(rex), der Erhabene (augustus); vergl. die Inschriften Cumont I; 
er gilt als Schöpfer und Herr aller Dinge (STjiuoopYÖ? o>v 6 
Mtdpas y.ai yev^osw? SssjrtfrYjc Porphyr, d. antr. Nymph. 24). 
Den Mittelpunkt seiner Mysterien bildet das in ailen Mithräen 
dargestellte Stieropfer: Mithras, eine kräftige Jünglingsgestalt 
in phrygischer Kleidung, greift mit der linken Hand einem . 
mächtigen Stiere kraftvoll in die Nüstern und hält ihn fest; 
das linke Knie hat er dem Stier in den Nacken gesetzt und 
drückt das Opfer nieder, mit der rechten Hand stößt er das 
Schwert dem Stier zwischen Hals und Schulterblatt nach 
dem Herzen. 

Rest einer Mithrasplatte, gefunden zu Friedberg 1875 
beim Abbrechen der Mauer des alten Friedhofs, aufgestellt im 
Vorsaal. Eine fast rechteckige, 60 cm hohe, 53 cm breite und 
28 cm dicke Sandsteinplatte zeigt den Rumpf des stiertötenden 
Mithras in der gewöhnlichen Stellung. Das Fragment gehörte, 
wie man aus den angegebenen Maßen schließen darf, einer 



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32 



Religiöses Leben der Alten. 



quadratischen oder rechteckigen Reliefplatte von etwa 2 m 
Länge an, die im Hintergrunde einer Mithrasgrotte aufgestellt 
war. G. Wolff, Korr. Ges. 1881, Nr. 11 u. 12, p. 91 ff. und 
Zeitschr. des Ver. für hess. Gesch. Neue Folge, VIII, Suppl. 
p. 40 ff. 

III. A. 5. Bruchstück eines Voti vtäfelchens für 
Mithras, gefunden in Friedberg, Material Marmor; Darstellung: 
der stiertötende Mithras, ringsum symbolische Bilder aus der 
Ekliptik: Stier, Zwillinge, Skorpion, Löwe. Korr. Ges. 1881, p. 74. 

In dem Stieropfer erscheint Mithras recht eigentlich als 
Demiurgos. Denn der Stier ist der heilige Ur stier der Lehre 
Zarathustras, das von Ahura-Mazda zuerst geschaffene lebende 
Wesen, durch dessen Opferung Mithras alles animalische und 
vegetabilische Leben auf der Erde hervorruft: aus den Gliedern 
des getöteten Stiers sprießen alle Arten von Pflanzen und 
Tieren hervor, die Erde bevölkert sich mit Bäumen, Tieren, 
Menschen. Diesen Erfolg zu hindern, hat Ahriman den Skorpion 
und wohl auch die Schlange abgesandt (auch Cumont, W. Z. 
XIII, 1, p. 82 Anm. 125 giebt zu, «man könne auch in der 
Schlange das von Ahriman zum Bösen verführte Tier sehen», 
vergl. auch Müller, Nass. Ann. II, 1, 118: «die Schlange ist 
das Urböse, Ahriman selbst oder sein Legat»), doch die Tiere 
des guten Geistes, Löwe und Hund, sind auch da und wirken 
dem bösen Geist entgegen. Der Löwe bedeutet das Feuer, der 
Hund vermag die bösen Geister zu bannen; (auch an das Bett 
der sterbenden Parsen wurde er gebracht, um durch seinen 
Blick die bösen Geister zu verscheuchen. Creuzer, Mithr. p. 40. 
Döllinger p. 086). — Eine rein astrologische Deutung der bei- 
gefügten Tiere giebt Stark, Bonner J. 46, p. 19. Skorpion, 
Löwe, Schlange, Hund sind die gleichnamigen Sternbilder: 
«Es handelt sich um den alljährlich zwischen Frühlings- und 
Herbstnachtgleiche sich vollziehenden Prozeß des durch die 
herrschende Sommermacht und die das Auftreten bestimmter 
Gestirne im Umlauf der Monate bedingten Erdenlebens mit 
der vollen Befruchtung im Frühling und der Fruchtreife und 
Ernte, dem Absterben der Vegetationswelt im Herbste». Zu 
beiden Seiten des stiertötenden Mithras stehen auf vielen 
Darstellungen Jünglinge, ihm ähnlich in Gestalt, Gesichts- 
zügen und Kleidung, von welchen der eine eine erhobene, der 
andere eine gesenkte Fackel trägt. 



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Der Mithraskult und die Mithrasfunde. 



33 



IV. B. 6. Jüngling mit. erhobener Fackel aus grauem 
Sandstein, gefunden am 21. März 1849 in Friedberg beim 
Bahnhofsbau, «beim Auegraben von den Arbeitern von einer 
größeren Steinplatte abgeschlagen» (Dieffenbach, Archiv VI, 
p. 248); die beiden Füße fehlen. 

IV 7 . B. 7. Jüngling mit gesenkter Fackel aus 
grauem Sandstein, gefunden März 1849 in Friedberg, aus 
drei Stücken, in die er zerschlagen war, zusammengesetzt. 
Inschrift (Klein 46, C. I. Rh. 1413, Steiner 195): 
D. I. M. Deo invicto Mithrae Dem unbesiegbaren 

CAVTOPATI Cautopati Gotte Mithras Cautopates. 

IV. B. 8 und 9. Bruchstücke von Fackelträgern 
ebenfalls aus Friedberg. 

Jüngling mit zwei gesenkten Fackeln aus Sand- 
stein, gefunden im Mithräum in Oberflorstadt. 

Jünglingskopf, gut erhalten und außergewöhnlich schön 
gearbeitet, gefunden in dem Mithräum in Oberflorstadt; er 
gehörte jedenfalls dem Jüngling mit der gesenkten Fackel an. 

Die Inschrift auf IV. B. 7, Deo invicto Mithrae Cau- 
topati, war für die Mithrasforschung außerordentlich wichtig, 
weil durch sie endgültig festgestellt wurde (Dieffenbach, Archiv VI, 
p. 250 ff., Nass. Ann. XIV, 294), daß Cautopates ein Beiname 
des Gottes Mithras ist. Weil aber mit dem Worte Cautopates 
vielfach der Jüngling mit der gesenkten Fackel bezeichnet ist, 
so ist in dem Fackelträger der Gott selbst dargestellt. Und 
wenn dem so ist, so muß auch das Gegenstück, der Jüngling 
mit der gehobenen Fackel, dem vielfach der Name Cautes 
beigegeben ist, Mithras selbst sein. Diese Schlußfolgerung 
wird noch bestätigt durch die Beobachtung, daß die beiden 
Fackelträger in Kleidung und Gesicht auf jeder Mithrastafel 
dem Hauptbilde Zug um Zug gleichen. Mithras ist also auf 
den Kultusbildern der Mithräen dreimal dargestellt als Stier- 
töter, als Cautes und Cautopates. Von einem dreifachen 
Mithras spricht auch Dionysius der Areopagite (ep. VII Cumont 
I, p. 11 «y.ai slosxi M 01701 toc fjLvr i ;j.daova toö tptTcXaaiou Mtöpoo 
TcXoöotv). Die Deutung der Namen Cautes und Cautopates ist 
noch nicht gelungen. Die gehobene und gesenkte Fackel be- 
zeichnen Auf- und Niedergang im Kreislauf der Natur (Preller II, 
415), das Auf- und Niedersteigen der Sonne, und in trans- 

Buchhold, Die Autikensanimlungen. 3 



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Religiöses Leben der Alten. 



scendentalem Sinne Mithras als Richter der Toten und Führer 
der Gläubigen zum unsterblichen Leben. Schierenberg, Bonner 
J. 84, p. 253, giebt den Fackelträgern die allgemeine sym- 
bolische Bedeutung der Auferstehung und findet in der Dar- 
stellung den Gedanken ausgedrückt, daß alles Leben dem Tode 
verfallen ist, der Tod aber zu neuem Leben führt (homo 
moriturus nascitur, renascendus moritur). 

ß. Die Mithraeen. Mithras wurde in einer natürlichen 
oder künstlichen unterirdischen Höhle verehrt. Sie ist nicht 
nur das Sinnbild des Dunkels, aus welchem er immer 
von neuem hervortritt, um der Welt zu leuchten und sie zu 
beherrschen (Preller II, 414), sondern sie ist zugleich ein 
Sinnbild der Welt, in welche die menschliche Seele hinab- 
steigen muß, um nach vielen Prüfungen aus derselben ge- 
reinigt hervorzugehen (Marqu.-Momms. VI, p. 86). 

Plan des Mithraeums von Ober-Florstadt, ent- 
worfen von Adamy, Korresp.-Ges. 1888, Nr. 10, p. 123, aus- 
gehängt in Schrank XV. Das Heiligtum hat annähernd die 
Form eines Rechtecks, dessen Schmalseiten ca. 5 m, dessen 
Langseiten etwa 12 */i m lang sind. In der Mitte war eine 
durchschnittlich 75 cm tiefe Grube, zu der vom südlichen Ein- 
gange her vier Stufen hinabführten; an der vorderen Schmal- 
seite ist sie 1,72 m breit, nach hinten verbreitert sie sich bis 
zu 2,10 m und endigt rechts und links in Nischen. Die Grube 
wh?d auf drei Seiten von einem Bankett umschlossen. — 
Bruchstücke der Deckenbemalung im Schrank XV unten, 
Motiv der Deckenbemalung: vier miteinander durch ihre ver- 
längerten Durchmesser verbundene, in je sechs Felder geteilte 
Kreise, auf dem Plan. 

Die Weihen der Mithrasgläubigen. Ehe die Neulinge 
in die Religionsgemeinschaft der Mithrasgläubigen aufgenom- 
men wurden und Epopten (Schauende) wurden, hatten sie eine 
lange Zeit der Vorbereitung und schwere Prüfungen durch- 
zumachen. Preller, R. M. II, 416, sagt darüber: «Der Prü- 
fungen sollen es 80 gewesen sein, eine Stufenfolge von leich- 
teren zu immer schwereren Übungen, in denen der Einzu- 
weihende Mut und Seelenstärke beweisen und sich durch Buße 
zur heiligen Handlung vorbereiten sollte. So die Aufgabe 
durchs Feuer zu gehen, starken Frost, Hunger und Durst aus- 
zuhalten, mehrere Tage zu wandern oder zu schwimmen, in 



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Der Mithraekult und die Mithrasfunde. 



35 



der Wüste zu fasten u. dergl. m. (Suid. v. M'lfrpou). Endlich 
folgte die Weihe in verschiedenen Graden, von denen wir 
meist nur die Namen kennen, welche bald an die symbolischen 
Tiere der Mithrasbilder erinnern, bald zur Voraussetzung an- 
derer Symbole anleiten. So hieß der erste Grad der der 
Raben (xöpaxss, die Weihe xopaxix*), dann folgte ein Grad 
der xpo'fiot, d. i. der Geheimen, welchen, wie es scheint, 
gewisse Bilder geheimer Gottheiten, twv x^oslwv ftsd>v, gezeigt 
wurden; dann der der Streiter, milites, welche in der Mithras- 
höhle ein Schwert und mit demselben einen Kranz bekamen, 
den sie erst aufs Haupt setzen, dann wieder von demselben 
herunterstoßen mußten mit den Worten: Mithras sei ihr ein- 
ziger Kranz. Weiter folgte die Stufe der Löwen (leones, 
Xsovuxa), bei welcher namentlich auf Reinheit und Heiligung 
gedrungen wurde, immer in symbolischen Handlungen. Von 
diesem Grade gelangte man weiter zu dem des Persers oder 
Perseus (Persei, Persica, Gradus Persicus), darauf zu dem eines 
Sonnenläufers ('HXtoöpöyLoc, 'HXiaxa), endlich zu dem höch- 
sten und letzten eines Vaters (Pater, Harpixa), welcher Name 
vermutlich dem des Vaters Mithras entsprach. Jedem Grade 
scheint überdies eine eigene korporative Verfassung entsprochen 
zu haben und die unteren Stufen den oberen dergestalt unter- 
geben gewesen zu sein, daß das Ganze dadurch eine in sich 
.zusammenhängende hierarchische Verfassung bekam.» 

Bei den Weihen kam eine Wassertaufe vor (Tertullian 
160 — 230 n. Chr. de baptismo c. 5, Cumont I, p. 50 per 
lavacrum initiantur); durch sie wurden die Sünden gesühnt 
(expiationem delictorum de lavacro repromittit Tert. de praescr. 
haeret. 40, Cumont I, p. 51). Die Zeichen, die die Streiter 
des Mithras auf die Stirne gemacht bekamen (Mithra signat 
illic in frontibus milites suos Tert. a. a. 0.), sind mit der 
Firmung der katholischen Kirche zu vergleichen. Brot und 
ein Trank aus Wasser und Mehl wurde unter Aussprechung 
gewisser Formeln genommen (Justin. Mart. Apolog. 60, Cumont 
I, p. 20 apros xai irorrjpiov oSaro? ttösrai sv ra£? toö [loofiivoo 
TsXetaic (j.et' kzOdfow Ttvä>v; Tert. a. a. O. panis oblationem 
inducit), und zwar war dieser Brauch von den alten Parsen, 
die gesegnete Brote aßen und Homasaft, ein berauschendes, aus 
dem Saft der Asklepiaspflanze gewonnenes, mit Mehl und Molken 
gemischtes Getränke, tranken (Döllinger p. 371, 72, 73, 88), über- 



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36 



Religiöses Leben der Alten. 



kommen. Man lehrte auch die Auferstehung (Tert. a.a.O. ima- 
ginem resurrectionis inducit). «Dergestalt wurde, als die andern 
Götter bereits verblichen waren, Mithras zuletzt noch der Anker, an 
den die Hoffnung der Heiden sich anklammerte» (Döllingerp.38ff.). 

Mithraskrater aus dem Mithräum in Friedberg, ge- 
funden 1849, aus Thon, zur Hälfte erhalten. Mit Reliefs: 
Leiter, Skorpion, Schlange. Von dem Symbol einer Leiter, 
durch welche die Wanderungen der Seelen von einem Planeten 
zum andern dargestellt werden, spricht Celsus (Orig. contra 
Cels. VI, 21, Cumont I, 31). Auf die Grade der Einweihung 
der Mithrasgläubigen bezieht die Leiter Braun, Bonner J. XVI, 
120 und zwar unsere Leiter von drei Sprossen auf die drei 
Grade, welche Porphyrius de abstin. IV, 16 unterscheidet, auf 
die Grade des Aspiranten, des Mysten und des Epopten. 

Mithrasaltäre aus dem Mithräum zu Ober-Florstadt: 
zwei größere von 70 und 68 cm Höhe, zwei kleinere von 39 
und 25 cm Höhe, einer mit Relief: zwei Krieger mit Pilum 
zwischen sich (die Dioskuren? Cumont, Revue archeol. 1892, 
p. 24), einer mit einem eingehauenen Zeichen, «das in ähn- 
licher Form zuweilen auf Stempeln der 22. Legion vorkommt» 
(Kofier, W. Z. Korr. 48, p. 69. Quartalbl. 1888, p. 59). 

VIII. 1. Votivtäf eichen für Mithras, Bruchstück 
aus Bronce, Sehr. XVIII, 3. Inschr.: D(eo) i(nvicto) M(ithrae) 
Catia . . . tum ex . . . l(aetus). Gefunden im Neuen Kästrich 
1862. — C. I. Rh. 1036. Cumont I, p. 156, Nr. 446. 

5. Totivsteine und Gigantensäulen. 

a. Votivsteine. IL A. 8. Votivstein aus Sandstein, 
60X130X28 cm, gefunden in der Gemarkung des Dörfchens 
Berkach bei Groß-Gerau. 1840 kam der Stein aufs Schloß Dorn- 
berg, 1857 ins Darmstädter Museum. Reliefs auf beiden Schmal- 
seiten und der Vorderseite. Schmalseite links : zwei Figuren über- 
einander, unten liegender Knabe, darüber auf einer Konsole untere 
Hälfte einer stehenden Figur; rechts: zwei Figuren übereinander, 
unten schreitende Figur, darüber auf einer Konsole schreitende 
Figur, daneben Helm und Schlange. Vorderseite: in der 
Mitte ein Gigant, links eine Viktoria, rechts ein römischer 
Krieger (Mars); über der Mittelfigur die Inschrift: Xystos 
scalpsit = Xystos (Sextus) hat den Stein behauen. Franck, 
Aich. XII, 36: «Sein ganzer Stil versetzt das Denkmal in die 



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Votivateine und Gigantenettulen. 



37 



späteste Römerzeit». Dagegen schreibt Christ, Bonner J. 66, 
152: «Mit solchen Behauptungen muß man sehr vorsichtig 
sein, da die Römer das rechte Rheinufer schon im 3. Jahr- 
hundert aufgegeben haben». Christ liest den Namen als Xysticus 
(«oaTixöc = scalptor, der Einkratzende). Vergl. Becker, Bonner J. 
44, 74 und Waither, Altert, der heidn. Vorz. in Hess. p. 51. 
b. Gigantensäulen. 

Donner- von Richter und Kiese, Die Heddernheimer Brunnen- 
funde. Frankf. 1885. Florechüta, Die Gigantensäule von Schierstein, 
Nasa. Ann. XXII, 119 ff. Hammerau, Korr. \V. Z. IV, 1, Nr. 3. Prost, 
Rev. archeol. nouv. ser. XXXVII, 1 ff. Wagner, Neptun im Giganten- 
kampf auf rflm. Mon., W. Z. I, 86 ff. 

Verbreitung. «In den gallisch-germanischen Grenzprovinzen 
des römischen Reiches hat man eine Anzahl römischer Votiv- 
säulen (Gigantensäulen) gefunden, welche ebensosehr in der 
Eigenart ihres Stils wie in der von allen zur Anschauung ge- 
brachten Idee sämtlich als mehr oder minder vollständige 
Wiederholungen eines und desselben Musters erscheinen. Sie 
bilden dadurch eine streng in sich abgeschlossene Gruppe, für 
welche bis jetzt an keiner anderen Stelle, und am allerwenigsten 
jenseits der Alpen, eine Vertreterin bat aufgefunden werden 
können.» 

Das Charakteristische, a. Das Postament bietet die An- 
sicht eines sogen. Viergötteraltars und «trägt auf seinen Flächen 
in Reliefarbeit die regelmäßig wiederkehrenden Bilder gewisser 
römischer Hauptgottheiten: der Juno, Minerva, des Herkules, 
Merkur, auch des Apoll mit den ihnen zukommenden Attri- 
buten. Entweder sind alle vier Seiten mit diesen in flachen 
Nischen angebrachten Götterbildern bekleidet oder aber nur 
drei, wobei die vierte, dem Herkules gegenüberstehende und 
glatt gehaltene Seite eine Aufschrift mit Widmung trägt.» — 
b. «Auf dem Postament erhebt sich der Zwischensockel 
sechs- oder achteckig mit den Figuren der Götter der Wochen- 
tage. » — c. «Darüber ragt eine schlanke meist etwas unter 
ihrer Mitte anschwellende Säule in die Höhe; sie ist mit einer 
Ausnahme bis jetzt in allen bekannten Exemplaren geschuppt 
und zwar in der Art, daß von beiden Enden des Schaftes die 
Schuppen gegeneinander streben.» — d. «Die Säule endet mit 
einem eleganten Kompositenkapitell, zwischen dessen 
Akanthusblättern und Schnecken gewöhnlich vier Köpfe 
herausragen.» — e. «Auf dem Kapitell ruht eine höchst merk- 



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38 



Religiöses Leben der Alten. 



würdige aus einem Stück gearbeitete, lebhaft bewegte Gruppe: 
ein Reiter, welcher barhäuptig, mit Tunika, mit wallendem 
Sagum und kurzen Stiefeln bekleidet, über einen auf dem 
Boden liegenden und mit dem Oberkörper sich aufrichtenden 
Giganten hinwegreitet» (Florsch.). 

Größe und Zahl der Funde. Die Größenverhältnisse schwanken ; 
die größten finden sich in den gallischen Provinzen (bis 12 m), 
die kleinsten auf dem rechten Rheinufer. Aus den Trümmern 
läßt sich ungefähr auf 50 derartige Monumente schließen 
(Florsch.). 

Deutung. Die Gigantensäulen gehören einerseits zu der 
Klasse der Votivsteine; sie sind den Inschriften gemäß den 
höchsten Göttern, namentlich dem Juppiter und der Juno 
gewidmet; nach den Reliefs des Postaments kommen in Be- 
tracht: in Heddernheim Herkules, Minerva, Juno oder Her- 
kules, Minerva, Apollo; an der Mertener Säule Herkules, 
Minerva, Juno, Apollo. Der Grund der "Widmung ist ein 
Gelübde: nach glücklich erreichtem Erfolge (Siege) wird das 
Gelübde erfüllt. Ober die Deutung der Figuren des Zwi- 
schensockels (wenn solche vorhanden) als Wochengötter 
herrscht im allgemeinen Übereinstimmung. Die vier zwischen 
den Akanthusvoluten sich zeigenden Köpfe (Büsten) werden 
verschieden gedeutet: als die vier Lebensalter (aus'm Werth), 
als die vier Jahreszeiten (Prost), als die vier Tageszeiten (Donner- 
von Richter, Florschütz). — Die Deutung des Reiters mit 
den Giganten schwankt. Creuzer: «Die Gruppe ist ein Bild 
des den Römern noch unbekannten und rätselhaften Ger- 
manieus, das jedoch von der Macht Roms mehr und mehr 
überwältigt wird». Stark, Bonn. J. 44, 27: «Es ist an die 
typisch-ideale Darstellung einer militärischen Persönlichkeit, 
etwa des Kaisers Caracalla zu denken». Wagner W. Z. I, 36: 
«Es ist Neptun im Gigantenkampfe». Florschütz erkennt in 
dem Reiter wegen des charakteristischen, nach dem allerorts 
gewohnten, typischen Stile ausgeführten Kopfes (des Schier- 
steiner Fundes) Juppiter. Hammeran, Korr. W. Z. IV, Nr. 3: 
«Nichts liegt näher als an den reitenden Zeus Sabazios zu 
denken». Riese: «Wir haben es nicht mit der gewöhnlichen 
Niederwerfung der Giganten durch Juppiter und die andern 
olympischen Götter, sondern mit einer symbolisierenden Um- 
deutung dieser Sage zu thun». Nach ihm ist in dem Reiter 



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Votivsteine und Gigantensaulen. 



der Kaiser, in dem Giganten der unterliegende Reichsfeind zu 
verstehen ; denn nur der Kaiser wird mit Juppiter verglichen ; 
und so wie Juppiters gefahrlichste und siegreich überwundene 
Feinde die Giganten waren, so sind des Kaisers gefahrlichste 
und niedergeworfene Feinde die Völker im Norden. — So ist 
die Gigantensäule zugleich ein Sieges denk mal. 

Fundstätten. Die Gigantensäulen sind meist in Brunnen 
gefunden worden, manche in solchen, die mit außergewöhn- 
lichem Aufwand von Mühe zugemauert und übermauert waren 
(so die Sehiersteiner, N. A. XXII, 134). Wie kamen die Säulen 
in die Brunnen? Haben die Germanen beim Durchbruch 
durch den Limes (ein solcher von seiten der Alemannen fand 
235 statt) die sie entehrenden Säulen in die Brunnen gestürzt? 
Eine bloße Zertrümmerung wäre naturgemäßer und eher er- 
klärlich. Oder haben die Römer auf diese Weise ihre Sieges- 
säulen verbergen wollen, um bei Wiedereroberung der ver- 
lorenen Landstriche die Säulen wieder aus den Brunnen herauf- 
zuholen* und wiederaufzurichten ? Oder sind mit dem Eindringen 
des Christentums die Säulen der heidnischen Götter und Gi- 
ganten auf diese Weise dem Blicke der wankenden Menge ent- 
zogen worden? Die Frage ist noch ungelöst. 

Stück einer Gigantensäule aus Sandstein, gefunden 
vor etwa 30 Jahren in Dieburg beim Ausräumen eines Brun- 
nens, seitdem auf dem Grundstück des Besitzers aufgestellt, 
wo sie im vorigen Jahre von Assessor Henkel entdeckt, als 
Gigantensäule erkannt und fürs Museum erworben wurde; 
aufgestellt im Vorsaale. Das Stück bildet die obere Hälfte 
des Schaftes samt korinthischem Kompositenkapitell. (Phantasie- 
kapitell Adamy A. I, 4, 123 f.) Der Schaft ist von oben nach 
unten geschuppt in der Weise wie die Heddernheimer Säule 
(Hedd. Brunn., Taf. 1., Fig. 1., F. G.), wie überhaupt unser 
Fund dem Heddernheimer am meisten ähnelt. Der Schaft 
ist durch einen Astragal vom Kapitell getrennt; dieses zeigt 
zwei Lagen Akanthusblätter; zwischen den Akanthusvoluten 
der oberen Lage sind wie bei der Heddernheimer und der 
Mertener Säule vier Köpfe im Relief angebracht; die best- 
erhaltenen sind wohl als weiblich und zwar als Abend und 
Nacht aufzufassen. — Nachforschungen in dem Brunnen sollen 
demnächst vorgenommen werden und bleibt zu erwarten, daß 
die fehlenden Stücke sich wenigstens zum Teil finden werden. 



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40 Religiöses l^ben der Alten. Gigantensäulen. 

Postamente zu Gigantensäulen (sog. Viergötteraltäre). 
In verschiedenen Museen finden sich in großer Zahl Stein- 
blöcke von viereckigem Querschnitt, die in Relief die Bilder 
von römischen Gottheiten tragen (Becker, Rom. Inschr. und 
Steinskulpt. Nr. 20, 21, 22, 23, 27, 29, 30, 31 u. a.), sehr 
häufig Juno, Minerva, Merkur, Herkules. Sobald diese Steine 
nicht den charakteristischen Aufsatz mit Profilierungen, Wül- 
sten und Vertiefungen zeigen, der mit dem unteren Inschrift- 
oder Reliefteile aus einem Stück gearbeitet ist ; sobald sie oben 
und unten als glatt abgeschnitten erscheinen, zumal wenn sie 
eine bestimmte Größe (von ca. 1 m) erreichen, so sind wir 
berechtigt, sie als untere Postamente von Gigantensäulen auf- 
zufassen. (Donner- von R. p. 10, Anm. 3. Florschütz p. 122.) 

II. A. 1. Postament einer Gigantensäule (sog. 
Viergötteraltar) aus Sandstein, 99 cm hoch, 56 X 59 cm 
im Querschnitt, gefunden zu Rodheim bei Groß-Umstadt, oben 
und unten glatt geschnitten. An vier Seiten sind in Nischen 
Gottheiten dargestellt: 1. Juno mit Stola und Palla bekleidet, 
trägt in der linken Hand ein Kästchen, in der rechten einen 
Opferkuchen, den sie auf den ihr zur rechten Hand stehenden 
Altar legen will. 2. Minerva ist mit Schild und Lanze be- 
waffnet; auf ihrer Brust trägt sie die Ägis; neben der linken 
Schulter ist eine Kule dargestellt. 3. Merkur, mit Kappe 
und Chlamys ausgerüstet, trägt in der Linken einen Stab, in 
der Rechten einen Geldbeutel; neben ihm ein Hahn. 4. Her- 
kules, mit Keule, Köcher und Löwenhaut ausgerüstet, trägt 
in der Linken die Äpfel der Hesperiden. 

Die Ägis (at-ps) bei Homer «der grauenvolle, grell und un- 
heimlich funkelnde Schild des Zeus, das .Symbol seines Zorns. Er 
war ein Werk des Hephiistos, von 100 goldenen Quasten eingefaßt, in 
der Mitte mit dem Gorgonenhaupt geschmückt.» Horn. II. 11,447, IV 7 , 
167. «Nach anderer (vielleicht jüngerer, aber auch schon bei Homer 
vorkommender) Sage war die Ägis, welche Zeus zuerst im Kampfe mit 
den Titanen gebraucht haben soll, ein mit züngelnden Schlangen be- 
setztes Ziegenfell», das um die Schultern gelegt wurde. Horn. II. V, 
738. Diesen verschiedenen Auffassungen entsprechend finden sich in 
der Kunst verschiedene Darstellungen. Seltener ist die Ägis als Schild 
dargestellt, meist als «eine weiche, zottige, der Ziege entnommene oder 
mehr schuppenartäg gebildete, auf eine Schlange oder ein schlangen- 
artiges Ungeheuer zurückgeführte Tierhaut, ausgestattet meist mit 
einem Troddelrand züngelnd sich erhebender Schlangen und dem 
starren, metallenen, kleinen Brustschild eines Gorgonenkopfes, als 
Waffe, aber nicht zum Schlagen oder Stoßen, wohl aber zum Schrecken 



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öffentliches Leben der Alten. Die Wa8seranlagen. 41 

durch Bewegung geeignet, ein altertümlicher Panzer oder Lederwame, 
Lederrock, auch die Stelle der Cblamys vertretend». Stark, Silchs. Ber. 
1864, 196 ff. «Allmählich schrumpft der Lederrock immer mehr zu 
einem Brustschild mit zierlichem kleinen Gorgonenhaupte zusammen.» 

II. A. 15. Postament einer Gigantensäule (sog. 
Viergötteraltar) aus Sandstein, 97 cm hoch, 53X37 cm 
im Querschnitt, gefunden in Lorsch, mit glattem Schnitte oben 
und unten. Er ist denselben Göttern geweiht wie II. A. 1. 
Von Juno finden sich nur noch schwache Spuren; Merkur 
mit Geldbeutel und Schlangenstab und dem begleitenden Hahn, 
Herkules mit Köcher über der linken Schulter sind deut- 
licher wahrzunehmen, am deutlichsten Minerva mit langem 
gegürtetem Chiton, der Ägis und der hoch erhobenen Lanze; 
der Schild ist vor das Bein gestellt. W. Z. III, p. 173, X, 
p. 27. 



II. Öffentliches Leben der Alten. 

1. Die Wasseranlagen. Bunsen I, 195 ff. Jordan I, 
1, 139, 452 ff. 

a. Brunnen. K.-M. Nr. 17. Altes römisches Brunnen- 
heiligtum des Almo, sog. Grotte der Egeria. Egeria, die 
weissagende Nymphe des Haines von Aricia, Gemahlin des 
Königs Numa, auf deren Rat er in Rom seine gottesdienst- 
lichen Einrichtungen traf (Liv. I, 19), hatte ihr Heiligtum vor 
dem kapenischen Thore nahe bei der Stadt. Das hier dar- 
gestellte Brunnenheiligtum liegt weiter draußen im Thale 
des Almobaches und ist dem Flußgotte Almo geweiht ge- 
wesen. Das Modell zeigt die künstlich hergestellte Höhle; 
links vom Eingang ist eine halbrunde Nische vorgebaut. Die 
Höhle selbst hat an den Längswänden je drei halbrunde 
Nischen, dem Eingang gegenüber die Hauptnische, in welcher 
das Bild des Gottes stand; sie ist von einem Tonnengewölbe 
überdeckt, darüber liegt Erde. In der Mitte des Heiligtums 
sprudelt die Quelle hervor. Bunsen III, 1, 643. Gsell-F. 1030. 

b. Wasserleitung. Wenn die Stadt Rom auch ver- 
hältnismäßig reich an Quellen war, so mußte bei dem raschen 
Wachstum der Stadt doch schon um die Mitte des 5. Jahr- 
hunderts Wasser von außen durch Leitungen zugeführt werden. 
Appius Claudius legte die erste unterirdische Wasserleitung an-, 
«es ist wahrscheinlich, daß Claudius, der l?te\ind TaeWemscAust 



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42 



Öffentliches Leben der Alten. 



Kultur, durch griechische Vorbilder zu seinem Werke angeregt 
worden ist». (Jordan I, p. 456.) In der Folge hat Rom durch 
seine kunstvollen Wasserleitungen und die von ihnen gespeisten 
Brunnen und Bäderanlagen alle Städte des Altertums weit 
überflügelt und überragt alle modernen Anlagen unserer heutigen 
Großstädte. — Anlagen, die dem Zwecke dienten, Nutzwasser 
zuzuführen, nannten die Römer Aquädukte (aquaeductus). Zu 
Augustus Zeiten gab es sieben, zu Konstantins Zeiten neunzehn 
solcher Anlagen in Rom. «Wenn jemand die Fülle des Wassers 
berechnen will», sagt Plinius N. H. XXXVI, 123, «das in den 
öffentlichen Bädern, den Fischteichen, den Kanälen, den 
Palästen, den Gärten, den benachbarten Landhäusern gebraucht 
wird, und die Strecken, die es zu durchlaufen hat, die er- 
richteten Leitungsbogen, die durchbohrten Berge, die geebneten 
Thalabhänge, so wird er zugestehen, daß es nichts Bewunderungs- 
würdigeres auf der ganzen Erde giebt.» 

K.-M. Nr. 32. Die Porta Maggiore, der majestätische 
Straßenübergang zweier z. T. oberirdischer Wasserleitungen, der 
Aqua Claudia und der An io Nova. Beide Leitungen wurden 
von Caligula im Jahre 38 begonnen und von Claudius 52 zu 
Ende geführt, 71 von Vespasian und 81 von Titus erneuert. 
Die Aqua Claudia begann in der Nähe des 45. Meilensteins 
der via Sublacensis im Sabinergebirge und bezog ihr Wasser 
von den Quellen Caeruleus und Curtius. Die Länge der Leitung 
betrug 45 röm. Meilen (= 66,54 km) und ging 35 röm. Meilen 
unter, 10 über der Erde her. Die Leitung Anio Nova war 
dem Flusse Anio entnommen und begann beim 62. Meilen- 
steine der via Sublacensis. Um das Wasser des Flusses zu 
reinigen, wurde es erst in ein großes Bassin geführt, daraus 
floß es in die Kanäle. Die ganze Länge betrug 62 röm. Meilen 
(= 91,679 km) und wurde ebenfalls z. T. über der Erde geführt. 
Um nun nicht durch eine zusammenhängende Mauer den Ver- 
kehr zu stören, wurde die oberirdische Leitung über Bogen 
geführt, die auf Pfeilern ruhten. Etwa 6 Meilen vor Rom 
wurden die beiden Leitungen in der Weise vereinigt, daß die 
Aqua Claudia über der Anio Nova auf dem gleichen, stellen- 
weise 34 m hohen Unterbau ruhte. So gelagert, strömten sie 
über die Porta Maggiore. Die. Porta Maggiore bildet ein Doppel- 
thor mit zwei 14 m hohen Thorwölbungen, die dem Durchlaß 
der Heerstraßen via Labicana und via Praenestina dienten. 



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Die Wasseranlagen. 



Sie sind begrenzt von drei mächtigen Pfeilern, die mit Säulen 
geziert und von fensterartigen bogenförmigen Öffnungen durch- 
brochen sind. Der mittlere Pfeiler hat unter dem Fenster 
noch eine Pforte, die auch heute noch dem Verkehr dient. 
Über den Unterbau erheben sich drei Attiken, von denen die 
untere leer gelassen war, die zweite die Leitung Anio "Nova, 
die dritte die Leitung Aqua Claudia enthielt. Die Inschrift 
auf der obersten Attika, C. I. L. VI, 1, 1256: Ti. Claudius 
Drusi tfilius) Caisar Augustus Germanicus pontif(ex) maxim(us) 
tribunicia potestate XII, co(n)8(ul) V, imperator XXVII, pater 
patriae aquas Claudiam ex fontibus, qui vocabantur Caeruleus 
et Curtius a milliario XXXXV, item Anienem Novam a mil- 
liario LXII, sua impensa in urbem perducendas curavit. 

«Tiberius Claudius, des Drusus Sohn, Caesar Augustus Germanicus, 
der Oberpriester, im 12. Jahre seiner tribunicischen Gewalt, zum 5. Mal 
Konsul, zum 27. Mal als Imperator begrüßt, Vater des Vaterlandes, 
hat die Wasserleitung Claudia aus den Quellen Caeruleus und Curtius 
vom 45. Meilensteine aus, und desgleichen die Wasserleitung Anio 
Nova vom 62. Meilensteine aus auf seine Kosten in die .Stadt führen 
lassen.» (52 n. Chr.) 

Auf die Wiederherstellung unter Vespasian bezieht sich 
die Inschrift auf der zweiten Attika, C. I. L. VI, 1, 1257: 
Imp(erator) Caesar Vespasian us August(us) pontif(ex) max(imus), 
trib(unicia) pot(estate) II, imperator VI, co(n)s(ul) III, desig(natus) 
IV, p(ater) p(atriae), aquas Curtiam et Caeruleam perductas a 
divo Claudio et postea intermissas dilapsasque per annos novem 

sua impensa urbi restituit. 

«Der Imperator Caesar Vespasianus Augustus, der Oberpriester, 
im 2. Jahre seiner tribunicischen Gewalt, zum 6. Male als Imperator 
begrüßt, zum 3. Male Konsul, zum 4. Male zum Konsul designiert, 
Vater des Vaterlandes, hat die Wasserleitungen Curtia und Caerulea, 
die von dem göttlichen Claudius angelegt sind, als sie spÄter versagten 
und das Wasser neun Jahre lang entgleiten ließen, auf seine Kosten 
für die Stadt wiederhergestellt.» (71 n. Chr.) 

Zehn Jahre später mußte die Claudische Leitung abermals 
restauriert werden; die Inschrift auf der dritten Attika, C. I. 
L. VI, 1, 1258: Imperator) T(itus) Caesar divi f(ilius) Ve- 
spasianus Augustus pontifex maximus, tribunic(ia) potestate X, 
imperator XVII, pater patriae, censor, co(n>(ul) VIII aquas 
Curtiam et Caeruleam perductas a Divo Claudio et postea a 
divo Vespasiano patre suo urbi restitutas, cum a capite 
aquarum a solo vetustate dilapsae essent, nova forma redu- 
cendas sua impensa curavit, 



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44 



Öffentliches Leben der Alten. 



«Der Imperator Titus Caesar, des göttlichen Vespasianus Sohn, 
Vespasianus Augustus, der Oberpriester, im 10. Jahre seiner tribuni- 
cischen Gewalt, «um 17. Male als Imperator begrüßt, Vater des Vater- 
landes, Censor, zum 8. Male Konsul, hat die Wasserleitungen Curtia 
und Caerulea, die von dem göttlichen Claudius angelegt und nachher 
von dem göttlichen Vespasianus, seinem Vater, der Stadt wieder- 
hergestellt waren, da sie vom Ursprünge der Quellen an von Grund 
aus zerfallen waren, in neuer Form auf seine Kosten wiederaufbauen 
lassen.» (81 n. Chr.) - Bunsen III, 1, p. 570 IT., 685 ff. Burckh. I, 31 d. 
Can. IV, Taf. 226, 227, 229. Dürrn II, p. 357, Fig. 320. Jordan, T. 
d. St. R. I, 1, 473. Montf. Ant. Expl. V, Taf. 96. Pir. Le ant. R. I, 
Taf. 17. Strack Taf. 28. 

c. Wasserkastelle. In gewissen Abständen (nach Vitruv 
von 24 000 Fuß) wurden die römischen Wasserleitungen durch 
Kastelle unterbrochen, die der Klärung des Wassers oder der 
Verteilung nach verschiedenen Seiten dienten. 

K.-M. Nr. 33. Leitungskastell, früher als Trofei 
di Mario bezeichnet, weil bis zum Jahre 158.5 die sogen. 
Trophäen des Marius (jetzt auf dem Kapitol) darin standen, 
in der Nähe des Gallienusbogens. «Das Monument ist un- 
bestritten ein Bauwerk der Kaiserzeit, und zwar Kastell einer 
im Mittelalter forma Cimbri genannten zum Teil erhaltenen 
Wasserleitung. Diese Leitung galt bald für die von Trajan 
restaurierte Marcia, bald für die Julia: neuerdings ist die erste 
Annahme als unmöglich und als sehr wahrscheinlich eine 
dritte erwiesen worden, daß sie von Alexander Severus gebaut 
sei» (Jordan II, 519). Die Aqua Julia, die das Wasser von 
den Albanerbergen empfing, wurde von Augustus und Agrippa 
angelegt. Der Unterbau der Ruine hat in zwei Stockwerken 
je sechs Mündungen. 

Die trophaea Mariana sind abgebildet hei Can. IV, Taf. 265. Jo. 
Bapt. de Cavalleriis Ant. etat. urb. R. Taf. 99, 100. Vergl. Bunsen 
III, 2, 304 ff. Pir. Le ant. R. I, Taf. 26. O. Richter bei Baum. D. 
p. 1531.: «Die Trofei di Mario sind kein Wasserleitungskastell, son- 
dern ein großer, im Scheitelpunkt zweier spitzwinkelig sich treffender 
Straßen errichteter, monumentaler Brunnen». 

d. Nymphaeen. Unter Nymphaeum (v^jx^atov) ist eigent- 
lich ein Heiligtum der Nymphen zu verstehen. In der Kaiser- 
zeit wurden mit diesem Namen den Nymphen geweihte Spring- 
brunnen bezeichnet, die mit Säulengängen und Ruhebänken 
umgeben oder in einem monumentalen Rundbau untergebracht 
waren und aus vielen Röhren ihr Wasser ausspritzten. 



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Die Wasseranlagen. 



45 



K. M. Nr. 15. Nymphaeum (sog. Tempel der Minerva 
Medica, so benannt nach einer Minervastatue mit Schlange, 
die man hier fand). Die Vermutung, daß man es mit den 
Resten eines Nymphaeum zu thun habe, wurde durch ein bei 
neueren Ausgrabungen aufgedecktes Röhren netz bestätigt. «Es 
ist wahrscheinlich, daß wir in ihm das Nymphaeum Alexandri 
zu erkennen haben» (Richter). Der Bau ist in architektonischer 
Hinsicht interessant, weil an ihm am frühesten unter den er- 
haltenen Monumenten Roms Strebepfeiler zur Anwendung 
kommen. Über die architektonische Gliederung Adamy A. 
II, 1, 31: «Ihre Hauptrippen steigen bis zu der Kuppelöffnung 
empor, zwischen ihnen zehn andere bis zu etwa Ä /3 der Höhe; 
unter sich sind diese Rippen durch horizontale Bogen aus 
Ziegeln verbunden. Diese zehn Hauptrippen übertragen die 
größte Last des Kuppelgewölbes auf zehn Hauptstützen, welche, 
in der oberen Etage als Strebepfeiler nach außen sichtbar, 
über die Kämpferlinie des Gewölbes aus Sicherheitsgründen 
emporgeführt sind. Diese Stützen sind durch Bogen mit- 
einander verbunden, so daß die Zwischenmauer keinen Druck 
zu tragen hat, verhältnismäßig schwach angelegt und ohne 
Gefahr mit Rundbogenfenstern durchbrochen werden konnten. 
In der unteren Etage wurde dieser Zwischenraum sogar in 
seiner ganzen Breite von Nischen durchbrochen, so daß hier 
thatsächlich schon eine kühne Auflösung der tragenden 
Mauermassen zu einem System überwölbter Seitenkuppeln 
versucht war.» 

Bansen III, 2, 806 weist die Ruine den Thermen des Gajus und 
Lucius Casar zu. Burckh. I, 41 c. Can. II, 75 A. Durra II, p. 191. 
Pir. Le ant. R. 1, Taf. 16. 

e. Entwässerung. K. M. Nr. 35. Emissarium des 
Albanersees. Die übermäßige Wassermenge des Sees, die 
zu gefährlichen Überschwemmungen führte, sollte entfernt wer- 
den. Nach Liv. V, 15 legte M. Furius CanuMue. a.vd Orvxvvd 
eines Orakelspruchs, der die Einnahme von Ve^V now Aer Ab- 
leitung des Albanersees abhängig machte, im Jahre v. 
Chr. den Abzugskanal an, der noch heute seinem Zwecke dient. 
«Vermittels eines mehrere tausend Fuß durch den Felsen ge- 
triebenen Stollens ward das Wasser des Sees abgeleitet und 
nach Vorschrift des delphischen Orakels nicht unmittelbar 
dem Meere zugeführt, sondern auf die umliegenden Ländereien 



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46 



öffentliches Leben der Alten. 



verteilt, zu deren Bewässerung und Befruchtung es dient» 
Guhl-K. 551. Das Korkmodell stellt den antiken Vorbau 
zum Emissar dar, der bei Castel Gondolfo liegt; er dient als 
Schleuse. Pir. Ant. d'Alb. 2. Abt., Taf. 1—9. 

2. Meilenzeiger. «Die Meilenzeiger waren Säulen (zu- 
weilen auch Pfeiler), 4 — 8 Fuß hoch, von gewöhnlichem Steine, 
häufig mit einem Sockel; ihre Aufschriften enthielten die An- 

• gäbe sowohl der Entfernung von einem bestimmten Orte, durch 
eine Zahl von Meilen ausgedrückt, als auch das Woher und 
Wohin dieser Entfernung und die Namen der Magistrate oder 
der Kaiser, welche den Bau der Straßen oder die Errichtung 
der Meilenzeiger angeordnet hatten.» Becker, Die röm. Lisch r. 
und Steinsk. d. M. d. St. Mainz, p. XIV. 

C. I. 1. Bruchstück eines Meilenzeigers, 57 cm 
hoch, 45 cm breit, gefunden 1833 in Kleestadt nahe an der 
Römerstraße. 

IMF. CAKS. G. IVLIO Imp(eratori) Caes(ari) G. Julio Dem Impera- 
VERÜ. MAXSIMINO Vero Maximino tor Cäsar G. 

PIO. FELICI. AUG. KT. G Pio Felici Aug(usto) et G. Julius Verus 
1ULIO. VERO. MAXSIM Julio Vero Maxim(o) Maximinus 
CA ES. SOBILI8SIMO Caesfari) nobilissinio. Pius Felix Au- 

gustus und dem erlauchten Caesar G. Julius 

Verus Maximus. 

AML A M(oguntiaco) l(eugae) . . Von Mainz Meilen . . 

Maximinus regierte von 235 — 238; er hatte seinen Sohn 
zum Caesar ernannt. Die Ligatur auf Zeile 6 kann auch an- 
ders aufgelöst werden. Klein 30 liest ML, ebenso Brambach 
C. L Rh. 1963. Christ, Bonner J. 64, 66 AAA = ab Aelia 
Aurelia oder ab Aelia Antoniniana. 

Klein, Die röm. Meilensteine. Rhein. Mus. XV, p. 498, 20. 
»Steiner, Aren. I. p. 329. 

3. Die Basiliken. Der Name Basilika wird von der 
königlichen Halle otoa ßai'lXsio? abgeleitet, in der der Archon 
Basileus in Athen zu Gericht saß. Die ersten Basiliken wurden 
in der That erst erbaut, als der griechische Einfluß in Archi- 
tektur, Kunst und Wissenschaft mächtig emporwuchs, in 
der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. Die Basi- 
liken waren mit den Foren eng verbunden, dienten dem ge- 
schäftlichen Verkehr der Bürger und den Gerichtsverhand- 
lungen. (Vergl. Vitruv, Arch. V, 1: «Die Basiliken sind an 
die Märkte gegen die wärmsten Himmelsgegenden zu stellen, 
damit im Winter die Kaufleute, ohne von der Witterung be- 



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Meilenzeiger. Basiliken. Säulenhallen. 



47 



lästigt zu werden, sich darin versammeln können».) Damit 
die Gerichtsverhandlungen ungestört geführt werden konnten, 
wurde die sonst oblonge Anlage durch eine halbkreisförmige 
Nische erweitert, die für die Gerichtsverhandlungen reserviert 
war. Es gab einschiffige, dreischiffige, fünfschiffige Basiliken. 
Vergl. Adamv A. I, 4, 233 ff. Dürrn II, 324 ff. Guhl-K. 
C22 ff. Sittl 376. 

K.-M. Nr. 10. Die Basilika Konstantins, nahe beim 
Forum Romanum. Der dreischiffige Bau wurde begonnen von 
Maxen tius, dem Mitregenten des Galerius und Konstantinus, 
vollendet und eingeweiht von Konstantin (nach 312 n. Chr.). 
Die drei überwölbten Schiffe hatten eine Länge von 80 m, 
das mittlere eine Breite von 25 m, die Seitenschiffe eine solche 
von je 16 m, «drei 24 m weite Kreuzgewölbe überspannten 
das Mittelschiff, ihnen entsprechend 15 m weite Tonnenge- 
wölbe die Seitenschiffe. Pfeilermasscn von 5 m Stärke trennen 
die Schiffe.» Erhalten hat sich das nordöstliche Seiten- 
schiff mit drei Tonnengewölben, die quer zu der Längsrichtung 
des Schiffes stehen. In dem mittleren dieser Gewölbe ist eine 
Apsis angebracht, die einem zweiten später angelegten süd- 
lichen Eingang entsprach. Die Hauptapsis, von der nur noch 
der Ansatz vorhanden ist, lag am Ende des Mittelschiffs. 
Diese beiden Nischen haben als Tribunale den Gerichtsver- 
handlungen gedient. Die Gewölbe waren, wie dies auch am 
Modell nachgebildet ist, reich kassettiert. Die Kassetten, Acht- 
ecke, Sechsecke und Rhomben dienten den Architekten der 
Peterskirche zum Vorbilde. Über die architektonische Be- 
deutung dieses letzten altrömischen Baus Adamy A. I, 4, 
p. 156: «In diesem Werke, insbesondere in der Anwendung 
des Kreuzgewölbes und seiner Verbindung mit den Säulen 
und Pfeilern, drückt sich das Bewußtsein des Gewölbeprinzips, 
die mit der Reflexion sich verbindende Berechnung deutlich 
aus, und so bildet es nicht nur einen Abschluß der Kunst 
des Altertums, sondern zugleich den Vorboten der neuen 
Kunst ... Es ist das Prototyp der altchristlichen Basilika.» 

Bimsen III, 1, 291 tf. Burckh. I, 36a. Can. II, Taf. 129—132. 
Dürrn II, 168, 170, 325, Fig. 141, 143, 144, 295. Pir. Le ant. Ii. I, 
Taf. 33. .Strack Taf. 22. 

4. Säulenhallen. Säulengänge finden sich entweder im 
engen Anschluß an Gebäude (Tempel: Peripteros, Dipteros; 



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48 Öffentliches Leben der Alten. 

Basiliken: Basilika des Neptun); oder sie umgeben in weiterer 
Entfernung als selbständige Bauglieder Gebäude und Plätze 
(so den Tempel der Venus und Roma in einem Rechteck von 
166 m Länge und 1 00 m Breite), oder sie vermitteln den Zu- 
gang zu einem Tempelbezirk (so die Propyläen zu Athen, der 
Porticus Octaviae in Rom). Dürrn II, 318. 

K.-M. Nr. 3. Porticus Octaviae, in korinthischem 
Stil, an der Piazza Campitelli (Forum piscarium). Dieser 
Hallengang war ursprünglich von Metellus 149 v. Chr. an- 
gelegt, dann von Augustus wiederhergestellt und seiner Schwester 
Octavia geweiht worden, umschloß zwei Tempel, den des Juppiter 
Stator und der Juno, und war mit vielen Gemälden und 
Skulpturen geschmückt. Im Jahre 80 n. Chr. wurden die 
Oktavischen Hallen mit allen ihren Kunstschätzen eine Beute 
der Flammen. Erst 120 Jahre später wurden sie wieder- 
hergestellt. Das Modell zeigt die Vorhalle des Porticus, welche 
aus acht korinthischen Säulen und zwei Anten mit ebenfalls 
korinthischen Kapitellen besteht. Auf die Wiederherstellung 
unter Severus bezieht sich die Inschrift an dem vorderen aus 
einem Stück bestehenden Architrav und Fries, C. I. L. VI, 1, 
Nr. 1034: Imp(erator) Caes(ar) L. Septimius Severus Pius 
Pertinax Augustus Arabic(us) Adiabenic(us) Parthic(us) Maxi- 
mus, tribunicia potestate XI, imperator XI, co(n)s(ul) III, 
p(ater) p(atriae) et (Imperator Caesar M. Aureliu)s Antoninus 
Pius Felix Augustus, (tribunicia potestate VI), co(n)s(ul), pro- 

co(n)s(ul) incendio corruptam restituerunt. 

Der Imperator Caesar L. Septimius Severus Pius Pertinax 
Augustus, der Sieger über die Araber, die Adiabener, die Parther, der 
Große, im 11. Jahre seiner tribunicischen Gewalt, zum 11. Male als 
Imperator begrüßt, zum 3. Male Konsul, der Vater des Vaterlandes 
und der Imperator Caesar M. Aurelius Antoninus Pius Felix AuguRtus 
im 6. Jahre seiner tnbunicischen Gewalt, Konsul, Prokonsul, haben 
den durch Brand zerstörten Bau wiederhergestellt. (203 n. Chr.) — 
Bumsen III, 3, 33 ff. Burckh. I, 33 d. Can. II, Taf. 138, 140, 141. 
Pir. Le ant. R. IV, Taf. 39-44. Strack p. 29, 37, Bl. 30. 

K. M. Nr. 4. Der Porticus Argonautarum, 11 korin- 
thische Säulen, auf der Piazza di Pietra. Die 15 m hohen 
Marmorsäulen mit zweiteiligem Architrav, wellenförmig aus- 
gebauchtem Friese, reich verziertem fünfgliederigem Kranz- 
gesims, gehörten zu dem Säulenkranze der von Agrippa zur 
Erinnerung an seine Seesiege erbauten Basilica Neptuni 



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Die Theater und Amphitheater. 



49 



(von Dio Cassius 56, 24 Iloaeiö&viov genannt). Die Säulen- 
halle (porticus Agrippae Hör. epist. I, 6, 26), deren nördlicher 
Langseite die 11 Säulen angehören, wurde wegen der darin 
angebrachten Gemälde porticus Argonautarum genannt. Im 
Jahre 1695 ließ Innocenz XII., um die Säulen zu erhalten, die 
Vorderseite der Dogana di Terra (Zollhaus) in die Säulenstellung 
bauen. — Die Kasse ttierung der Decke ist im Modell nachgebildet. 

Bimsen III, 3, 114, 337. Burckh. I, 19 c. Can. II, Taf. 144, 146, 
148. Pir. Le ant. R. I, Taf. 13, 2. Strack p. 36, Taf. 17. 

5. Teil der Umfassungsmauer eines Forums. 

K.-M. Nr. 5. Sogen. Tempel der Minerva am forum 
transitorium des Nerva. Die Ruine ist ein Teil der Umfassungs- 
mauer des von Domitian im Jahre 86 begonnenen und von 
Nerva im Jahre 98 vollendeten und eingeweihten Forums, 
das die Vermittelung der Fora des Cäsar und des Augustus 
einerseits und des Vespasianischen Friedenstempels anderer- 
seits bildete und dem Durchgangsverkehr diente. Auf dem 
Forum war ein Tempel der Minerva. Die mit Marmor be- 
kleidete Mauer des Forums war mit einem Kranze korinthischer 
Säulen geschmückt, darüber lief ein mit Reliefs geschmücktes 
Gebälk und eine Attika, die ebenfalls mit Skulpturenschmuck 
verziert war. Die Reliefs unserer Ruine stellen häusliche 
Thätigkeiten (Weben, Spinnen, Waschen etc.) dar, an der 
Attika sieht man die Statue der Minerva, der Beschützerin 
weiblicher Kunstfertigkeit. 

Baum. D. 1471, 72. Burckh. I, 34 d. Can. II, Taf. 108, 110. Jor- 
dan I, 2, p. 449 ff. Pir. Le ant. R. I, Taf. 30. Strack p. 28, Bl. 29. 

6. Die Theater and Amphitheater, 
a. Theater. Das griechische Theater ist aus dem Dionysos- 
kult erwachsen; das römische hat mit der Verehrung irgend 
eines Gottes nichts zu thun. Die Anfänge des griechischen 
Dramas fallen vor das Jahr 500; das erste Schauspiel wurde in' 
Rom im Jahre 240 v. Chr. aufgeführt: es war die Bearbeitung 
einer griechischen Tragödie. Das erste steinerne Theater wurde 
der Überlieferung nach in Athen errichtet, als im Jahre 500 v. Chr. 
bei einem Wettstreit des Pratinas, Äschylus und Choerilus die 
hölzernen Sitzreihen des älteren Theaters zusammengebrochen 
waren. (Zweifel bezüglich der ältesten Anlage sind seit den im 
Jahre 1886 vom Deutschen archäologischen Institut unternom- 
menen Ausgrabungen, welche sich auf die Fundamente des von 

Buch hold, Die Amikensammlungen. 4 



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Öffentliches Leben der Alten. 



Lykurgos 340—330 erbauten Dionysostheaters erstreckten, mehr- 
fach geltend gemacht worden. Vergl. G. Kawerau in Baum. D. 
p. 1734.) Das erste steinerne Theater in Rom wurde im Jahre 55 
v. Chr. von Pom pejus errichtet. Der noch erhaltene Plan dieses 
Theaters zeigt, daß es nach griechischem Vorbild erbaut war. 
Adamy A. I, 4, 237 ff. Dürrn I, 210 ff., IL 336—342. Guhl-K. 
646. Pir. Le ant. R. I, 2, 22. 

K.-M. Nr. 19. Theater des Marcellus an der Piazza 
Montanara, von Cäsar geplant, von Augustus erbaut und im 
Jahre 13 v. Chr. eingeweiht. Er nannte es nach seinem 
Neffen Marcellus, dem Sohne der Oktavia, Theater des Mar- 
cellus. Der Zuschauerraum (cavea) hatte die Form eines Halb- 
kreises und bestand aus drei Stockwerken. Das untere war 
mit dorischen, das zweite mit joniseben Halbsäulen verziert 
(s. Modell); das dritte bestand aus einer massiven mit korin- 
thischen Pilastern verzierten Wand, von der nichts mehr er- 
halten ist. Die beiden unteren Stockwerke hatten je 52 Ar- 
kaden, von denen jetzt noch 12 (11) vorhanden sind. Im Innern 
war die cavea durch einen breiten Absatz (praecinetio, StdCwjia) 
in zwei Stockwerke geteilt und durch Treppen (scalae) in 
keilförmige Abschnitte (cunei, xspxtöss) gegliedert. An dem 
Modell ist nicht nur diese Einteilung, sondern bei aufmerk- 
samer Betrachtung auch die Treppenführung von den äußeren 
Arkaden nach innen und den oberen Stockwerken leicht zu 
erkennen. Am obersten Stockwerk war eine Vorrichtung an- 
gebracht, die es ermöglichte, den ganzen Innenraum mit 
Tüchern (vela, velaria) zu überspannen, um die Zuschauer gegen 
den Sonnenbrand zu schützen. Das Theater faßte 20 000 Zu- 
schauer und diente während der Kaiserzeit seinem Zwecke. Im 
11. Jahrhundert wurde das Theater in ein Kastell verwandelt, 
dann kam es in den Besitz der Familie Savelli, die einen Palast 
hineinstellte; 1712 kam es an die Familie Orsini. «Die zwischen 
den Grundmauern des Theaters befindlichen Gänge dienen gegen- 
wärtig als die unteren Wirtschaftsräume». (Guhl-K. 647.) In 

neuerer Zeit wird die Freilegung der Ruine geplant. 

Burckh. I, 38 c. Can. IV., Taf. 159, 160, 163. Dürrn II, 342. 
Pir. Le ant R. IV, Taf. 26-37. Strack p. 26. 

b. Amphitheater. Man hat wohl die Bezeichnung 
«Amphitheater» und erste Gründung eines solchen nach 
Plinius hist. nat. XXXVI, 117 auf den bekannten von Cäsar 



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Die Theater und Amphitheater. 



51 



bestochenen Volkstribunen C. Curio zurückgeführt. Plinius 
schreibt, Curio habe, um alle anderen, die um die Gunst des 
Volkes buhlten, aus dem Felde zu schlagen, ein ganz uner- 
hörtes Werk ersonnen. «Er baute dicht nebeneinander zwei 
sehr geräumige Holztheater, die in drehbaren Angelzapfen im 
Gleichgewicht hingen. In beiden Theatern wurden am Vor- 
mittag Schauspiele aufgeführt; während dieser Zeit waren sie 
von einander abgewandt, damit die Spielenden sich nicht 
gegenseitig störten. Dann wurden sie plötzlich herumge- 
dreht . . die Flügel schlössen sich aneinander; so machte 
er aus den beiden Theatern ein Amphitheater und ließ Gla- 
diatorenkämpfe aufführen.» So wäre also Amphitheater = 
Doppeltheater. Jedoch ist die Nachricht des Plinius unrichtig. 
(Julius in Baum. D. p. 70 und Paulys Realenc. Ausg. von 1894, 
I, p. 1960.) Vielmehr ist die Form als eine Umbildung des 
Zirkus anzusehen; Amphitheater bezeichnet weiter nichts als 
ein Gebäude, das auf zwei Seiten einen Zuschauerraum hatte. 
Das in Pompeji aufgedeckte Amphitheater ist um 70 v. Chr. 
erbaut. So ist das Amphitheater des Curio also auch nicht 
das erste derartige Gebäude. 

K.-M. Nr. 18. Das Amphitheater der Flavier, be- 
kannt unter dem Namen Kolosseum (Coliseo), im Hintergrunde 
des Forum Romannm. An der Stelle, wo das goldene Haus 
Neros gestanden hatte und ein künstlicher See angelegt war, 
begann Vespasian den gewaltigen Bau, der von Titus vollendet 
und eingeweiht ward. Die äußere Gestalt ist die einer Ellipse, 
deren größter Durchmesser 187 m, deren kleinster 156 m be- 
trägt. Über einem Unterbau von zwei Stufen erheben sich 
vier Stockwerke in einer Höhe von 48 J /2 m. Die drei unteren 
bestehen aus je 80 Arkaden , die im untersten Stock von 
dorischen, im zweiten von jonischen, im dritten von korin- 
thischen Halbsäulen eingerahmt sind. Die 80 Bogen des 
Erdgeschosses waren numeriert; noch sind am Original die 
Zahlen XXXIII bis LIV zu lesen. Das oberste Stockwerk ist 
durch korinthische Pilaster und kleine viereckige Fenster g<- 
gliedert. Auf der Kranzgesimsplatte sind noch die Ausschnitte 
wahrnehmbar, in welchen Masten standen: diese dienten zur 
Befestigung der Velarien (s. p. 50). Besondere Eingänge waren 
an den Enden der Längsachse für den festlichen Aufzug der 
Gladiatoren angebracht, an den Enden der Querachse für den 

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öffentliches Leben der Alten. 



Kaiser; hier waren dreischiffige gewölbte Säle gebaut, die noch 
bis ins 16. Jahrhundert erhalten waren. Das Innere hatte 
folgende Einrichtung: Die elliptisch geformte Arena (der Kampf- 
platz des Amphitheaters) hat eine Längenachse von 86 m, eine 
Querachse von 54 m (so Strack p. 10; Guhl-K. 77 und 46 1 /* m). 
Unter der Arena sind bei neueren Ausgrabungen eine Reihe 
von Gemächern gefunden worden. Von der Arena aus erhebt 
sich abteilungsweise das Amphitheater. Die unterste Abteilung, 
das Podium, liegt 5 m hoch; hier war der Platz für die Mit- 
glieder der kaiserlichen Familie, die höchsten Obrigkeiten und 
die vestalischen Jungfrauen. Dann kamen drei durch Prae- 
cinctiones voneinander geschiedene Sitzreihen (= maeniana); 
auf der ersten, die aus 20 — 24 Stufen bestand, saßen die übrigen 
Beamten und Ritter, auf dem zweiten (ca. 25 Stufen hohen) und 
dritten (ca. 12 Stufen hohen) Mänianum die Bürger. Zwischen 
dem zweiten und dritten Mänianum ist eine ganz besonders hohe 
Präeinctionsmauer angebracht, die kostbar verziert war. Über dem 
dritten Mänianum erhob sich eine Säulenhalle, die ebenfalls 
prächtig geschmückt war. — An unserem Korkmodell, das im 
übrigen eine treue Nachbildung der Ruine ist, hat Chichi ein 
Stück so hergestellt, wie es seiner Ansicht nach gewesen. Dieses 
Stück giebt uns, wenn es auch nur zwei Mäniana aufweist, doch 
eine Anschauung der Gliederung und Treppenführung. Die ein- 
zelnen Teile sind mit Buchstaben bezeichnet, und es ist eine 
erklärende Beschreibung beigegeben. A. Arena. B. Podium. 
C. Gradus, sedilia (= maeniana). D. Vomitoria, Eingänge zu den 
Sitzen. E. Scalae oder Scalaria, äußere Treppen der Mäniana. 
G. Löcher, in denen die Stangen befestigt wurden, die das Zelt- 
dach, velarium, trugen. H. Thor, durch welches die in den Räumen 
unter den Sitzen verwahrten wilden Tiere hereingelassen wurden. 

Das Kolosseum faßte 87 000 Zuschauer; welchen Ein- 
druck muß schon der Anblick einer solchen Menschenmasse 
auf den einzelnen, der mit einem Blicke fast das ganze 
Theater überschauen konnte, gemacht haben ! «Eigentlich ist 
so ein Amphitheater recht gemacht, dem Volk mit sich selbst 
zu imponieren», sagt Goethe in der Ital. Reise, Ver. 16. Sept. 
1786. Und welches Schauspiel wurde diesem Heere von Zu- 
schauern geboten? Über die Einweihung des Amphitheaters 
unter Titus berichtet Dio Cassius B. 66, 25 ff. : «Kraniche 
mußten gegeneinander kämpfen, vier Elefanten und von 



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Die Theater und Amphitheater. 



53 



anderen zahmen und wilden Tieren gegen 9000 wurden erlegt. 
Viele Männer traten im Zweikampf auf oder gaben in ganzen 
Scharen Vorstellungen von Landschlachten und Seegefechten. 
Zu den letzteren ließ er in der Geschwindigkeit Wasser in das 
Amphitheater laufen, dann erschienen Schiffe mit Menschen 
bemannt, die in zwei Geschwadern, die einen als Kerkyräer, 
die anderen als Korinthier, gegeneinander ansegelten . . . 
Diese Lustbarkeiten dauerten 100 Tage und fürs Auge gab's 
Weide genug.» Solches geschah im Jahre 80 n. Chr. Hun- 
dert Jahre später kam Kom modus zur Regierung. Über 
seine Tierhetzen und Gladiatoren gefechte berichtet Dio Cassius 
als Augenzeuge, B. 72, 18 ff. : «Am ersten Tage erlegte et 
100 Bären durch Lanzen, die er von dem ringsumlaufenden 
Gelände herabwarf. An den folgenden Tagen kam er 
selbst auf den freien Platz des Amphitheaters herab und 
tötete zahme Tiere, erlegte aber auch einen Tiger, ein Nil- 
pferd und einen Elefanten. Dann ging er in seinen Palast 
und trat nach der Tafel als Fechter auf. Nach ihm traten 
die übrigen auf, und er ordnete, völlig wie Merkur gekleidet, 
einen vergoldeten Stab in der Hand und auf einer vergoldeten 
Erhöhung stehend, selbst die Paare an, die gegeneinander 
kämpfen sollten. Dann kam er auf seinen gewöhnlichen 
Sitz herauf und sah mit uns (den Senatoren) dem Gefecht 
zu, das aber nun nicht mehr Lustgefecht blieb, sondern vielen 
Menschen das Leben kostete. Diese Arten von Schau- 
spielen dauerten 14 Tage lang ...» Als der Kaiser Philippus 
Arabs 248 n. Chr. das tausendjährige Bestehen Roms durch 
die prächtigsten Säkularspiele feierte, wurden 32 Elefanten, 
10 Elentiere, 10 Tiger, 70 Löwen, 30 Leoparden, 10 Hyänen, 
1 Nilpferd, 1 Nashorn, 10 Giraffen, 20 wilde Esel, 40 wilde 
Pferde getötet; 2000 Gladiatoren kämpften auf Tod und Leben 
miteinander. Die Gladiatorenkämpfo sollen von Honorius auf- 
gehoben worden sein, als das Volk einen Mönch, der die 
Kämpfenden trennen wollte, aus Wut über die unliebsame 
Störung in Stücke riß. Die Tierhetzen wurden noch im 6. Jahr- 
hundert abgehalten. 

Adamy A. I, 4, 251 f. Baum. D. p. 70—73. Bunsen III, 1, 319. 
Burckh. I, 38 k. Darm. II, 344. Can. IV, Taf. 164-167, 172, 173; 
174 und 175 zeigen die unterirdischen Gange, 176, 177, 312, eine Re- 
konstruktion. Guhl-K. p. 655—658. Montf. Ant. espl. VI, Taf. 148. 
Pir. Le ant. R. I, Taf. 37. 



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Öffentliches Leben der Alten. 



7. Die Triumph bogen. 

AdamyA.I,4,271ff. Baum. D. 1865 ff. Dürrn II,350ff. Guhl-K.604ff. 

Etwas ganz Eigenartiges und den alten Römern Eigen- 
tümliches sind die Triumphbogen. Eigentlich ist unter einem 
Triumphbogen nur ein solcher freistehender Thorbau zu ver- 
stehen, der wirklich zu Ehren eines Triumphes errichtet wurde. 
Man hat aber die Bedeutung des Wortes erweitert und faßt 
mit dem Ausdruck Triumphbogen alle freistehenden Bogen 
römischen Ursprungs zusammen. Die Gesamtzahl der in ver- 
schiedenen Weltteilen noch erhaltenen Bogen ist 125. Der 
Triumphalstatue, die einst das Ganze krönte, sind sie alle be- 
raubt, keiner behielt den sonstigen Gold- und Bronceschmuck, 
der an vielen angebracht war, aber im übrigen steht «die 
Mehrzahl der Denkmale noch wohlerhalten da in ihrer trotzigen 
Eigenart; und indem sie wie Merksteine den Siegeslauf der 
Römer von Gallien bis zum Euphrat bezeichnen, sind sie die 
wichtigsten Belege für die geschichtliehe Überlieferung der 
alten Schriftsteller. Oft sprechen sie deutlich durch ihre In- 
schrift. Aber auch wenn diese fehlt, bleibt der Bau selbst 
ein klares Zeugnis für den Ruhm römischer Machtfülle» (P. 
Graef in Baum. D. p. 1865). Die meisten Bogen haben nur 
eine Thoröffnung, mehrere und zwar gerade die prächtigsten 
haben drei Thore, ein Hauptthor in der Mitte, zwei Seiten- 
thore rechts und links davon, nur wenige haben zwei oder 
vier Thore. «Die Grundgestalt des Bogens ist demnach eine 
höchst einfache: zwei oder vier Pfeiler waren durch Bogen 
verbunden und trugen ein Halbgeschoß, eine sog. Attika, als 
Basis für die an den Ecken bez. in der Mitte aufzustellenden 
Reiterstatuen und die Quadriga mit des Siegers Statue» (Adamy 
A. IV, 274). Die meisten stehen allseitig frei und überspannen 
eine Straße. Im Museum rinden sich die Modelle von sechs 
römischen Bogen. 

K.-M. Nr. 28. Der Bogen des Drusus. Er ist einthorig 
von einfacher Konstruktion. Sueton Claud. c. 1 erzählt von 
Drusus, dem Sohne der Livia, Vater des Germanicus und des 
Kaisers Claudius: «Das Heer errichtete ihm ein Ehrengrab- 
mal . . . Der Senat beschloß unter anderem, daß ihm ein 
Triumphbogen aus Marmor an der Appischen Straße errichtet 
werde.» Man hat diesen Bogen in dem an der Porta di S. 
Sebastiano gelegenen Arco di Druso wiederfinden wollen. Es 



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Die Triumphbogen. 



55 



ist möglich, daß der Kern, der aus Travertin (= einem aus 
dem Süßwasser abgesetzten Kalkstein) besteht, auf das letzte 
Jahrzehnt v. Chr. zurückgeht, die äußeren Architekturstücke 
stammen sicher aus späterer Zeit. So die beiden unkannel- 
Herten Kompositsäulen; denn auf einer unter Claudius 
geschlagenen Münze ist der Bogen mit jonischen Säulen ver- 
ziert dargestellt. Das Kompositen kapitell ist eine Erfin- 
dung der römischen Kaiserzeit. «Indem man über mehreren 
in Kelchform übereinander gestellten Reihen korinthischer 
Akanthusblätter an den Ecken jonisierende, diagonal gestellte 
und deshalb polsterlose Voluten anbrachte, zwischen denen 
der jonische Eierstab den Kern des Kapitells, den oberen Teil 
des Echinos, umgab, und vor dem Ausgangspunkt der Voluten 
in den Mitten der vier Seiten des Abakus ein Blätterornament 
emporsteigen ließ, indem man also, durch Übersättigung ge- 
reizt, gleichsam Kapitell auf Kapitell häufte, von denen ein 
jedes schon dem Zweck genügt hätte, schuf man eine Zwitter- 
form, die hinsichtlich ihrer prunkenden Erscheinung kaum noch 
übertroffen werden konnte, an Würde und Gehalt gegenüber den 
anderen Formen hellenisch-römischer Baukunst aber um so mehr 
zurücktrat» (Adamy A. I, 4, 123). Caracalla benutzte den 
Triumphbogen für die Straßenüberführung eines Zweiges des 
Anio-Aquaedukts und wandelte ihn dementsprechend um. 

Baum. D. 1865 ff. Bansen III, 1, 621, 685. Burckb. 9b, 29g be- 
zeichnet die Benennung als unsicher. Can. IV, Taf. 244. Can. V. A. 
II, Taf. 5. Guhl-K. 603. Pir. Le ant. R. I, Taf. 19. 

K.-M. Nr. 29. Bogen des Titus am Palatin. Er wurde 
zur Erinnerung an den Sieg über die Juden und die Erobe- 
rung Jerusalems im Jahre 70 beschlossen, vollendet ist er erst 
unter Domitian, wie Sueton berichtet. Der Bogen ist einthorig. 
Die dekorativen Säulen sind kannelliert und haben Kompositen- 
kapitelle; es sind die ältesten unter allen erhaltenen. Die Inschrift 
auf der Attika lautet: Senatus populusque Romanus Divo Tito 
Divi Vespasiani f(ilio) Vespasiano Augusto. Der Senat und das 
römische Volk dem göttlichen (seligen) Titus, dem Sohne des 
göttlichen Vespasianus Augustus (divus werden nur verstorbene 
Kaiser genannt). Der Kern des Bogens besteht aus Travertin, die 
Bekleidung aus pentelischem Marmor. Das Tonnengewölbe 
ist kassettiert. Die Reliefs an der Außen- und Innenseite des 
Bogens sind wegen ihres hohen Kunstwertes berühmt. Im 



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öffentliches Leben der Alten. 



Friese ist der Opferzug des Titus angebracht: «geschmückte 
Rinder von Opferschlächtern geführt, von Priestern und Opfer- 
dienern begleitet, Krieger mit Feldzeichen und Schilden, und 
auf einer Bahre der Flußgott Jordan in Greisesgestalt einher- 
getragen». An den Gewölbeschlußsteinen ist auf der einen 
Seite Roma, auf der anderen Seite der Kaiser angebracht. Die 
Reliefs der Innenseiten zeigen auf der einen Platte den Kaiser 
auf dem von der Göttin Roma gelenkten Triumphalvierge- 
spann, mit einem Gefolge von Bürgern, Liktoren und lorbeer- 
geschmückten Senatoren, auf der anderen ist der Hauptteil 
des Triumphzugs dargestellt: die jüdischen Tempelreliquien, 
der heilige Schaubrottisch, der siebenarmige Leuchter, werden 
von Kriegern einhergetragen. Im Mittelalter war der Bogen 
verbaut und diente den Frangipani als Befestigung; 1821 

wurden die Anbauten entfernt und der Bau restauriert. 

Bauin. D. 1867, 1868 und Taf. 82. ßunsen III, 1, 311, 662 Burckh. 

I, 29 h. C. I. L. VI, 1, Nr. 945. Can. IV, Taf. 24G, 247, 250. Dürrn 

II, 167, Fig. 139, p. 353, Fig. 316. Gsell F. 297. Guhl-K. 604. Jordan 
I, 2, p. 280. Montf. Änt. expl .' VII, Taf. 108. Pir. Le ant. R. I, Taf. 34. 
8track Taf. 12, 13. 

K.-M. Nr. 27. Bogen des Septimius Severus auf 
dem Forum Romanum. Er wurde zum Andenken an die 
Siege des Kaisers Septimius Severus über die Parther und 
Araber im Jahre 203 ihm und seinen Söhnen Caracalla und 
Geta zu Ehren errichtet. Die Inschrift auf beiden Seiten der 
Attika, C. I. L. VI, 1, 1033, lautet: Imp(eratori) Caes(ari) Lucio 
Septimio M(arci) fil(io) Severo Pio Pertinaci Aug(usto) p(atri) pa- 
triae Parthico Arabico et Parthico Adiabenico pontif(ici) maximo 
tribunic(ia) potest(ate) XI imperatori XI co(n)s(uli) III proco(n)- 
s(uli) et Imp(eratori) Caes(ari) M. Aurelio L(ucii) fil(io) Antonino 
Aug(usto) Pio Felici tribunic(ia) potesKate) VI co(n)s(uli) pro- 
co(n)s(uli) p(atri) p(atriae) optimis fortissimisquc principibus ob 
rem publicam restitutam imperiumque populi Romani pro- 
pagatum insignibus virtutibus eorum domi forisque Renatus) 

p(opulus)q(ue) R(omanus). 

«Dem Imperator Caesar Lucius Septimius, dem Sohne des Marcus, 
Severus Pius Pertinax Augustus, dem Vater des Vaterlandes, dem 
Sieger über die arabischen und adiabenischen Parther, dem Ober- 
priester, im 11. Jahre seiner tribunicischen Gewalt, zum 11. Male als 
Imperator begrüßt, zum 3. Male Konsul, dem Prokonsul und dem 
Imperator Caesar M. Aurelius, dem Sohne des Lucius, Antoninus 
Augustus Pius Felix, im 6. Jahre seiner tribunicischen Gewalt, dem 



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Die Triumphbogen. 



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Konsul und Prokonsul, dem Vater des Vaterlandes, den trefflichen 
und tapferen Fürsten, (hat) der Senat und das römische Volk, weil 
sie die Ordnung im Staate wiederhergestellt und die Herrschaft des 
römischen Volkes weiter ausgebreitet haben, wegen ihrer nach innen 
und nach außen bewiesenen Tüchtigkeit (diesen Triumphbogen er- 
richtet).» 

An der Stelle, wo jetzt «optimis fortissimisque principibus» 
steht, war der Bruder Caracallas, Geta, mit seinen Titeln auf- 
geführt; als Caracalla im Jahre 212 seinen Bruder und Mit- 
regenten hatte ermorden lassen, ließ er überall auf den Öffent- 
lichen Urkunden den Namen seines Bruders tilgen. Der Bogen 
ist dreithorig, die Mittelpfeiler sind auch querdurch mit kleinen 
Pforten versehen. Travertin und Marmor bildete das Material. 
Auf beiden Seiten sind je vier dekorative Säulen auf hohen 
Sockeln angebracht; sie haben Kompositenkapitelle. Die 
Reliefs des Mittelbogens stellen Siegesgöttinnen dar, zwischen 
ihnen auf dem Bogenschlüssel der Siegesgott Mars; unter 
ihnen Genien ; über den Seitenthoren links und rechts Scenen 
aus den Partherkriegen, die man auf den Entsatz von Nisibis, 
die Einnahme Babylons und die Belagerung von Atra bezieht. 
Darunter auf dem abgetrennten Streifen ist ein Triumphzug 
dargestellt; weiter unten Flußgottheiten und (auf den Schluß- 
steinen) Herkules und Bacchus; auf den Sockeln gefangene 
Barbaren. — Die Gewölbe sind kassettiert. 

Baum. D. p. 1880, Taf. 85. Bunsen III, 1, 267 f. Burckh. I, 30 a. 
tan. IV, Taf. 251, 252. Jordan I, 2, 212, 18 A, 47. Montf. Ant. expl. 
VII, Taf. 109. Pir. Le ant. R. I, Taf. 31. Strack Taf. 21. 

K.-M. Nr. 31. Ein zweiter Ehrenbogen des Septimius 
Severus am Forum boarium. Im Jahre 204, ein Jahr nach 
der Errichtung des Triumphbogens, erbauten die argentarii et 
negotiantes boarii huius loci qui invehent (s. u.) dem Septimius 
und seiner Familie diese Ehrenpforte. Die Inschrift (C. I. L. 
VI, 1, 1 B. 5. Bunsen III, 1, 337) auf der Attika lautet: 
Imp(eratori) Caes(ari) L. Septimio Severo Pio Pertinaci Aug(usto) 
Arabic(o) Adiabenic(o) Parth(ico) Max(imo) fortissimo felicissimo 
pontif(ici) max(imo) trib(unicia) potest(ate) XII imp(eratori) XI 
co(n)s(uli) III patri patriae et Imp(eratori) Caes(ari) M. Aurelio 
Antonino Pio Felici Aug(usto) trib(unicia) pot(estate) VII 
co(n)s(ul) III patri patriae proco(n)s(uii) fortissimo felicissimo- 
que principi et Juliae Augustae matri Aug(ustae) n(ostrae) et 
castrorum et senatus et patriae et Imp(eratoris) Caes(ari8) M. 



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öffentliches Leben der Alten. 



Aureli Antonini Pii Felicis Aug(usti) Parthici Maximi Brittannici 
Maximi argentarii et negotiantes boarii huius loci qui invehent 
devoti numini eorum. 

«Dem Imperator Caesar L. Septimius Severus Pius Pertinax 
Augustus, dem großen Besieger der Araber, Adiabener, Parther, dem 
Tapferen, Glücklichen, dem Oberpriester, in dem 12. Jahre seiner 
tribunicischen Gewalt, als er zum 11. Male als Imperator begrüßt 
ward, zum 3. Male Konsul war, dem Vater des Vaterlandes, und dem 
Imperator Caesar M. Aurelius Antoninus Pius Felix Augustus, in dem 
7. Jahre seiner tribunicischen Gewalt, als er zum 3. Male Konsul war, 
dem Vater des Vaterlandes, dem Prokonsul, dem tapferen und glück- 
lichen Fürsten, und der Julia Augusta, der Mutter unserer Augusta, 
des Lagers, des Senats, des Vaterlands und des Imperators Caesar 
M. Aurelius Antoninus Pius Felix Augustus, des mächtigen Besiegers 
der Parther und Britannier (haben) die Wechsler und Rinderhändler 
dieses Platzes, welche (Waren) einführen werden (Nardini, Rom. ant. 
II, p. 25C. Jordan I, 2, 470), in ergebenster Ehrfurcht vor der er- 
habenen kaiserlichen Macht (diesen Ehrenbogen) errichtet.» 

Auch auf diesem Bogen hat M. Aurelius (Caracalla) die 
Teile der Inschrift, die sich auf seinen ermordeten Bruder 
Geta bezogen, sowie den Namen seiner Frau Fulvia Plautilla 
und ihres Vaters Fulvius Plautianus, dessen Tod sein Werk 
war (Dio Cass. LXXVI, 3, 4), austilgen und durch andere, die 
seine pomphaften Titel wiederholten, ersetzen lassen. Das 
Material des eintborigen Baues ist Backstein und Marmor. 
Die überladene Dekoration zeigt den fortschreitenden Kunst- 
verfall. Die Pilaster an Lang- und Schmalseiten haben Kom- 
positenkapitelle. Die Reliefs im Durchgang zeigen auf der 
einen Seite das opfernde Kaiserpaar (Septimius und Julia), auf 
der andern die opfernden Söhne (Geta ist später getilgt); unter 
diesen Reliefs, sowie auch auf den Außenseiten sind in ähn- 
licher Weise wie am Vespasianstempel Opfergeräte dargestellt. 
Außer den dort genannten nennen wir noch den Krummstab, 
lituus; die kleinen Opfermesser, mittels welcher die Ein- 
geweide des Opfertieres herausgeschnitten wurden, cultri (sie 
stecken in einem Futterale); das Schöpfgefäß mit langem Stile, 
simpulum. 

Baum. D. p. 1109. Bunsen III, 1, 338. Burckh. I, 30 b. Can. 
IV, Taf. 253, 254. Guhl-K. p. 794. Strack Taf. 31. 

K.-M. Nr. 30. Der sogen. Janus quadrifrons, ganz 

in der Nähe des vorigen Bogens am Forum boarium. Der 

Bogen hat keine Inschrift und ist daher schwer datierbar; 

wahrscheinlich gehört er dem 3. oder dem Anfange des 4. Jahr- 



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Die Triumphbogen. 



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hunderts an. Über die Konstruktion, den Schmuck und die 
Erbauungszeit schreibt Jordan I, 2, p. 471 ff.: «Vier sehr starke 
außen durch (32) Nischen und Säulen architektonisch ge- 
gliederte hohle Pfeiler, in deren einem eine Treppe empor- 
führt, tragen ein Kreuzgewölbe, das sich nach außen in vier 
Bogen öffnet. Die die Bogen schließenden Konsolen waren 
wie gewöhnlich durch Götterbilder verziert: man erkennt noch 
deutlich Minerva und Roma; halb zerstört ist die dritte weib- 
liche Figur, ganz die vierte . . . Daß das Gebäude ein zweites 
Stockwerk getragen, ist zwar die gewöhnliche, aber, wie mir 
scheint, unbegründete Annahme. Überreste eines solchen sind 
nicht gefunden. Dagegen haben jedenfalls Bildwerke, seien es 
Quadrigen, seien es Statuen, darauf gestanden, denn ohne 
Zweifel ist dieser Bau ein Ehrendenkmal und ist dem Kon- 
stantin zu Ehren gesetzt worden. — Dieser Zeit entspricht 
bestens sowohl die Roheit aller Kunstformen als auch der 
Umstand, daß mindestens ein Teil der Werkstücke älteren 
Bauwerken entlehnt und für den neuen Zweck hergerichtet 
worden ist.» Auf dem Modell ist der erst im Jahre 1827 
weggenommene Rest einer mittelalterlichen Backsteinbefestigung 
mit dargestellt. (So auch bei Pir. Le ant. R. I, Taf. 21.) 

Baum. D. 1880 u. Taf. 80, 6, 81, 8. Bunsen III, 1, 339, 662. 
Burckh. I, 31a. Can. IV, Taf. 253-255. Guhl-K. 608. Montf. Ant. 
expl. V, Taf. 99. Strack Taf. 32. 

K. M. Nr. 26. Triumphbogen Konstantins am Fuße 
des Palatin in der Nähe des Flavischen Amphitheaters, der 
besterhaltene aller Bogen in Italien. Konstantin erbaute ihn 
auf Beschluß des Senates und Volkes zum Andenken an 
seineu bei der milvischen Brücke erfochtenen Sieg über seinen 
Gegenkaiser Maxentius (312); eingeweiht ist er im Jahre 315. 
Die Inschrift an der Attika, C. I. L. VI, 1, 1139: Imp(eratori) 
Caesari Fl(avio) Constantino Maximo P(io) F(elici) Augusto 
s(enatus) p(opulus)q(ue) R(omanus) quod instinctu divinitatis 
mentis magnitudine cum exercitu suo tarn de tyranno quam 
de omni eius factione uno tempore iustis rempublicam ultus 
est armis, arcum triumphis insignem dicavit. 

«Dem Imperator Caesar Flavius Constantinus Maximus Pius 
Felix Augustus hat der Senat und das römische Volk, weil er durch 
Eingebung der Gottheit und die Größe seines Geistes mit seinem 
Heere den Staat zu gleicher Zeit ebensowohl an dem Tyrannen als 
auch an seiner ganzen Partei mit gerechten Waffen gerächt hat, diesen 
mit Darstellungen seiner Triumphe geschmückten Bogen gewidmet.» 



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Öffentliches Leben der Alten. 



Über den Seitenbogen ist unterhalb des Architravs auf 
der einen Seite links SIC. X, auf der anderen rechts SIC. XX 
zu lesen. Diese Worte und Zahlen bedeuten: Sicut soluta 
sunt decennalia, sie solvantur vicennalia, «so wie die Gelübde 
für das 10. Regierungsjahr erfüllt worden sind, so mögen die 
Gelübde für das 20. Regierungsjabr erfüllt werden können». 
Auf der anderen Seite entsprechen diesen Aufschriften die 
weiteren VOTIS X und VOTIS XX; das bedeutet: votis solutis 
decennalibus, votis nuneupatis vicennalibus, «als die Gelübde 
für das 10. Regierungsjahr erfüllt waren und neue für das 
20. Regierungsjabr gethan wurden» (vergl. Eckhel, doctr. num. 
vet. VIII, 478 ff.)- Hierdurch ist als Zeit der Einweihung das 
Jahr 315 bestimmt. Der Bogen ist nach den verschiedensten 
Richtungen hin interessant und der Betrachtung wert. Ge- 
rühmt wird die hohe architektonische Schönheit, die Harmonie 
der Verhältnisse des monumentalen Baues. Und doch ist 
dieser Bau aus Teilen zusammengesetzt, die anderen älteren 
Bauwerken entnommen wurden. Namentlich sind dazu Denk- 
mäler verwandt worden, die zu Trajans Ehren errichtet waren. 
Noch heute können die älteren Teile von den späteren leicht 
unterschieden werden. Aus Trajans Zeit stammen z. B. die 
schönen korinthischen Säulen und Pilaster, während die Säulen- 
sockel konstantinisch sind. Die acht Attikaplatten und acht 
Kreisreliefs der Hauptfronten repräsentieren die höchste Blüte 
der römischen Bildhauerkunst. Trajan, mit der Einsetzung 
eines Vasallenkönigs, dem Verhör gefangener Barbaren, einer 
Ansprache an seine Soldaten, dem Suovetaurilienopfer be- 
schäftigt, ist auf der einen Seite der Attika dargestellt; auf 
der anderen kommen ähnliche Situationen vor; hervorgehoben 
werden mag das Relief, wo Trajan auf den Rostren des Forums 
armen Kindern Speise reicht. Die Medaillons zeigen Trajan 
mit Opfer oder Jagd beschäftigt. Desgleichen sind die acht 
Statuen gefesselter Dacier und die Reliefs an den Schmal- 
seiten der Attika, welche Daciersch lachten darstellen, aus der 
Zeit Trajans. Die sonstigen Darstellungen an den Außenseiten, 
Darstellungen aus Konstantins Heerzügen über den Seiten- 
bogen, die Viktorien, Flußnymphen, die Medaillons an den 
Seiten gehören den Jahren 312 — 315 an und tragen die Kenn- 
zeichen des Kunstverfalls. An den Innenseiten des Mittel- 
bogens sind trajanische Reliefs angebracht, Trajan als Besieger 



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Die Ausrüstung des römischen Soldaten. 



61 



der Barbaren und auf der anderen Seite ak von der Göttin 
Viktoria gekrönter Sieger. Die Inschriften darüber gelten 
Konstantin: Liberatori urbis, dem Befreier der Stadt, und 
Fundatori quietis, dem Begründer des Friedens. Die Reliefs 
in den Seitenbogen beziehen sich auf Konstantins Söhne. 

Adamy A. I, 4, 272. Baum. D. 1869. Bunsen III, 1, 314, 316 ff. 
Burckh. I, 30 d. Can. IV, Taf. 248, 249, 250. Guhl-K. 606. Jordan 
II, p. 9 ff. Montf. Ant expl. VII, Taf. 110. Pir. Le ant. R. I, Taf. 36. 
Strack Taf. 20. 

8. Die Ausrüstung des römischen Soldaten. 

a. Modell eines römischen Soldaten, Sehr. XVI. 

a. Kleidung und Schutzwaffen. 1. Der Helm (cassis, 
galea), von dem griechischen hauptsächlich durch das Fehlen 
des Visiers unterschieden. Er ist mit einem Kamme und 
Stirnschilde versehen; zu beiden Seiten hängen in Scharnieren 
Backenstücke (bucculae), die unter dem Kinne zusammen- 
gebunden sind. Für die Ohren ist in den bucculae ein Aus- 
schnitt angebracht, der am Modell vergessen ist. Lindenschm. 
Tr. o. 2. Darunter ein Halstuch (focale), dessen Zipfel unter 
die lorica gesteckt sind. Lindenschm. Tr. 10. Baum. D. 2051. 
3. Das Lederwams (lorica), das an den Armen in Streifen 
ausgeht. 4. Die Schultern sind mit breiten unten einge- 
schnittenen Schulterklappen (humeralia) bedeckt. Lindenschm. 
Tr. 6. 5. Die Schenkel bis oberhalb des Knies sind mit Hosen 
bekleidet, welche mit Lederstücken besetzt sind. Baum. D. 
2052, Fig. 2204. 6. An den Füßen die Schuhe (caligae), 
deren Riemenwerk über den Knöchel hinaufgeht. Lindenschm. 
Tr. 19. 7. In der linken Hand der viereckige gewölbte Schild 
(scutum), in dessen Mitte der halbkugelförmige Buckel (um ho). 
Lindenschm. Tr. 15. Braun, Nass. Ann. II, 3, 57. 8. Um die 
Hüfte der Gurt (cingulum) mit Mettallplättchen belegt. Uber 
seine Bedeutung s. Guhl-K. p. 835 ff. Lindenschm. Tr. 8. 
9. An dem cingulum hängen mehrere mit Metall beschlagene 
Riemen herab, die zum Schutze des Unterleibs dienen. Baum. 
D. 2051. 

ß. Die Angriffswaffen. 1. In der rechten Hand das 
Pilum, der von den Etruskern stammende, seit dem 2. Jahrh. 
v. Chr. zur römischen National waffe gewordene Wurfspeer; 
über seine Entwicklung Guhl-K. p. 837 ff. Baum. D. 2075 ff. 
Lindenschm. Tr. 12. Lindenschm. III, 6, Taf. 7. 2. An der 



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öffentliches Leben der Alten. 



rechten Seite, an einem über die linke Schulter gehenden 
Bandelier (balteus), das kurze zweischneidige, hispanische, 
an der Spitze verstärkte Schwert (gladius). Lindenschm. Tr. 9. 
3. An der linken Seite, am Gürtel befestigt, der Dolch (pugio). 
Lindenschm. Tr. 10. 

b. Fundstücke von Waffen. Sehr. XVI, 1: Helm, 
gefunden in Friedberg. Lindenschm. T, 3, Taf. 2, 5. Korr. -Ges. 
1876, p. 100. Nr. VI, B. 1. Schildbuckel aus Bronce, 
18,8 cm im Durchmesser, gefunden an der Hunnenburg bei 
Butzbach. Dieffenbach, Arch. IV, 301, Taf VI, 86. Schwert- 
klinge, 60 cm lang, gefunden in der Gemarkung Waller- 
städten Juni 1825 mit Ortband einer (nicht dazu gehörigen) 
Scheide darunter. Ortbänder für die Schwertscheide 
sonst mehrfach vorhanden, z. B. Sehr. XI, 1. Schwert- 
scheidenbeschlag, Sehr. XVII, 2, mit eingesägter Schrift: 
Aquis Helvetiis Gemellianus fecit. W. Z. VIII, p. 140. Desgl. 
mit Verzierung. Lindenschm. II, 4, Taf. 3, Fig. 3. Dolch, 
Sehr. XVIII, 1. Klinge und Heft von Eisen, Parierstange und 
Ortband von Bronce. Lanzenspitzen, mehrfach vorhanden, 
in Sehr. XV gefunden im Mithräum zu Oberflorstadt, Sehr. XVII, 
3 aus Sammlung G. Dieffenbach, gefunden in Butzbach, Kast. 
Friedberg. Sehr. XVIII, 1 gefunden zu Gernsheim, Kast. 
Capersburg, Kast. Altenstadt, Mainz; s. auch Sehr. XVI, 3. 
Pilenspitzen, Sehr. XVIII, 2. Der Fundort von 5 und 6 
ist unbekannt; 7 ist in Friedberg gefunden. Das mit Wider- 
haken versehene Exemplar von Lindenschm. I, Taf. 6, 3 als 
Angon (fränkischer oder alemannischer Eisenspeer) bezeichnet; 
doch ist nach Lindenschm. Tr. 12 der Angon «sowohl seinen 
Maßen als seinen übrigen charakteristischen Eigenschaften nach 
unbestreitbar als eine Nachbildung des Pilum zu betrachten», 
vergl. auch das Pilum bei Lindenschm. I, Heft 8, Taf. 6, 
Nr. 3; I, Heft XI, Taf. 5. Pfeilspitzen, mehrfach vorhanden ; 
Sehr. XV gefunden im Mithräum in Oberflorstadt; Sehr. XVIII, 
1, Nr. 9 — 11 gefunden in Gernsheim und Kast. Capersburg, 
Sehr. XVIII, 2, Nr. 1—4 in Kast. Inheiden, Sehr. XVI, 3, Nr. 7 
und 9 gefunden in Kast. Friedberg und Capersburg. 

c. Militärische Ehrenzeichen. «Die Ehrenzeichen 
römischer Soldaten sind von dreierlei Art, es sind entweder 
Medaillons (phalerae) mit einer Verzierung in Relief oder Arm- 
ringe (armillae) oder größere Ringe (torques), die zusammen 



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Die Ausrüstung des römischen Soldaten. 



63 



mit den Medaillons auf der Brust getragen wurden», Frie- 
drichs II, p. 248. cDie phalerae sind aus dünnem Blech, 
Erz sowohl als Silber, in getriebener Arbeit hergestellt, bald 
in einfacher Schüssel- oder Rosettenform (daher der Ausdruck 
916X77), bald in kunstvoller Weise zu verschiedenartigen Ge- 
bilden ausgearbeitet. Die meisten der letzteren tragen, dem 
römischen Aberglauben gemäß, den Charakter des Apotropeion, 
des zauberabwehrenden Schutzmittels, so das Gorgonenhaupt, 
den Löwenkopf, die den halb tierischen halb menschlichen 
Ausdruck tragende Soldatenmaske, die geflügelte Sphinx.» 
Lindenschm. Tr. p. 16. Vergl. Freudenberg, Bonn. J. 1875, 176. 

V. G. 84. Militärisches Ordensabzeichen aus Bronce, 
gefunden in Friedberg, mit Inschrift: C(enturiae) Run* Sennan- 
tis. Korr.-Ge8. 1883, 11. Nach Mommsen, Korr. W. Z. 1883, 
weist das Wort Sennans auf einen Soldaten illvrischen Ur- 
Sprungs hin, Sehr. XVII, 1. — IV. H. 59. Desgl. gefunden in 
Friedberg mit Inschrift: C(ohors) Claudiana Julii Tertii. Sehr. 
XII, 2. — IV. H. 56. Desgl. mit Inschrift: Leg(ionis) XXI, 
rapacis Sosi Severi Sulii Noti. Sehr. XII, 2, Arch. IV, 193 
Taf. V, 81. — IV. H. 57. Desgl. mit konzentrischen Kreisen und 
Spuren von Email. — 58. Desgl. mit Medusenhaupt. Sehr. XI, 2. 

d. Militärdiplom. «Nach Ablauf der Dienstzeit hatten 
die Soldaten Anspruch auf eine Altersversorgung, welche eigent- 
lich seit Augustus in einer Geldsumme bestehen sollte, sehr 
bald aber schon in eine Landanweisung umgewandelt wurde. 
— Diese Versorgung erhielten die Soldaten mit der Verab- 
schiedung (honesta missio); peregrinische oder latinische Truppen- 
teile bekamen mit dem Abschied in der Regel das römische 
Bürgerrecht, sowie die Legitimierung ihrer Ehe und der daraus 
entsprungenen Kinder. Diese Privilegien wurden in der Form 
eines Volksgesetzes verliehen und den Beteiligten eine officielle 
Abschrift zugestellt.» Schiller, Die röm. Staats- und Kriegs- 
altert. (IV. Bd. des Handb. von .1. Müller), p. 251. Das Volks- 
gesetz wurde auf eine Erztafel eingegraben und in Rom 
an der Mauer des Minervatempels angeschlagen. Die Ab- 
schrift wurde auf zwei Erztäfelchen eingetragen, durch Zeugen 
beglaubigt und auf die Person des Inhabers ausgestellt. Solche 
Erztäfelchen sind auf dem ganzen Gebiete des römischen 
Reiches, teils wohl erhalten, teils in Bruchstücken, gefunden 
worden. 



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64 



Öffentliches Leben der Alten. 



J. Arneth, Zwölf röm. Militärdiplome 1843. C. I. L. Iii, p. 843—916. 
Keller, Röm. Inschr. des Mus. d. St. Mainz, 2. Nachtr. p. 45 ff. Marqu.- 
Momins. II, 1, 831, 2. Weckerling, D. röm. Abt. des Paul.Mus. I, 67. 

VIII, 4. Bruchstück eines Militärdiploms, früher in 
Nymwegen, Sehr. XVIII, 3. Die Inschrift auf der einen Seite: 
Q VE EORVMC . . que eorum c . . 

VMVXORIBVSQ . . um uxoribus q . . 

VITAS IIS DATA . . vitas iis data . . 

QVAS POSTEA . . quas postea . . 

N G V L A S . . ngulas . . 

A. D. a{nte) d(iem) 

auf der anderen Seite: 

PVLLI Pulli 
Q. APIDI Q. Apidi 

Auf der ersten Seite liegen die Reste der Verleihungs- 
formel vor: (ipsis liberis posteris)que eorum c(ivitatem dedit 
et conubium c)um uxoribus q(uas tuno habuissent cum est 
ci)vitas iis data (aut si qui caelibes essent cum iis) quas 
postea (duxissent dumtaxat singuli si)ngulas = «Er verlieh 
ihnen, ihren Kindern und Nachkommen das Bürgerrecht und 
die vollbürgerliche Ehegemeinschaft mit den Frauen, die sie 
zur Zeit der Verleihung des Bürgerrechts haben, oder, wenn 
sie unverheiratet sind, mit denen, die sie später heimführen, 
vorausgesetzt nur eine». Die Namen auf der Rückseite sind 
die der beiden letzten Zeugen. Da die Zeugennamen Pullius 
und G. Apidius auf einem Diplom, das Trajanus im Jahre 
113 oder 114 ausfertigen ließ, vorkommen (C. I. L. III, 2, 
p. 852, Nr. 26, L. Pulli Verecundi und Q. Apidi Thalli), so ist 
unser Fragment wohl auch in Trajans Zeit zu verweisen. 

Brambach C. I. Rh. n. 119 b (ist nicht ganz richtig). C. I. L. III, 
2, p. 811, Nr. 29. von Hüpsch I, 6, 64. 

9. Römische Münzen. 

Die aus mehreren tausend Stücken bestehende Sammlung 
ist längs der Fenster des Mosaiksaales und der folgenden Säle 
ausgestellt. Die Ordnung ist streng historisch, so daß im Mo- 
saiksaale von links an die ältesten Münzen, im Kupferstich- 
saale die spätesten ausgestellt sind. Die folgende Auswahl 
sucht die verschiedenen Epochen zu veranschaulichen. 

Die griechischen Münzen werden demnächst auegestellt; augen- 
blicklich ist Se. Excellenz Herr General v. Hilgers, der auch die rö- 
mischen Münzen geordnet hat, noch mit deren Ordnung, Beurteilung 
und Katalogisierung beschäftigt. — Außer Mommsen M. vergl. öitti, 



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Römische Münzen. 



65 



Antike Numismatik, Anhang zur Archäol. der Kunst (VI. Bd. des Hand- 
buchs von J. Müller). 

a. Münzen der Republik. 

a. Kupfergeld. 1. Erste Epoche: Bis 268 v. Chr., gegossene 
und geprägte schwere Kupfermünzen vor Reduktion des Münzfußes. 
«Alles weist bei den römisch-latinischen Kupfermünzen darauf 
hin, daß, als sie begannen, die griechische Münzprägung bereits 
vollständig entwickelt war und deren ausgebildete Technik unter 
etwas geänderten Bedingungen lediglich dabei zur Anwendung 
kam; namentlich der Gebrauch, die Vorder- und Rückseite 
beide zu stempeln, muß damals bereits ganz entschieden fest- 
gestanden haben. Rom bezeichnete die eine Seite seiner 
Münzen mit der Galeere, welche wahrscheinlich das alther- 
gebrachte Stadtwappen war. Auf der anderen Seite stehen 
verschiedene Götterköpfe: Janus auf dem As, Juppiter auf 
dem Semis, Minerva als Erfinderin der Zahlen zweimal auf 
Triens und Uncia — wenn nicht der eine dieser behelmten 
weiblichen Köpfe vielmehr der der Roma ist — , Herkules auf 
dem Quadrans als Wahrer und Mehrer des Vermögen?, Mer- 
kurius auf dem Sextans als Patron des Handels und Wandels.» 
(Momms. M., p. 184.) A. I. 1. As, 225g schwer; Doppelkopf 
des lorbeerbekränzten bärtigen Janus. — Schiffsschnabel, darüber 
I das Zeichen des Asses. A. I. 2. Semis, Halb- As, 145 g 
schwer. Bärtiger, lorbeerbekränzter Juppiterkopf, darunter ein 
S — Schiffsschnabel und darüber ein S, das Zeichen des hal- 
ben Asses. A. I. 5. Triens, Drittel- As, 93 g schwer. Behelm- 
ter Minervakopf, darunter vier Kügelchen = 4 Unzen, 4 /i2 
oder 1 /3 As. — Schiffsschnabel, darunter wieder 4 Kügelchen. 
«Noch in der Epoche des Libralasses hat man wenigstens in 
Rom die zwei geringsten Nominale auch geprägt.» 

2. Ztveite Epoche von 268 bis 217 v. Chr. Reduktion des 
Asses* auf den Trientalfuß und allmähliches Sinken bis auf den 
Unzialfuß. «Der nominell librale(= 327,43 g schwere), effektiv 
zwischen 10 und 9 Unzen (273 und 245 g) schwankende Fuß 
des ältesten römischen As hat längere Zeit in Rom bestanden, 
ohne sich wesentlich zu verändern. Abgekommen ist er durch 
eine plötzliche, ohne Zweifel durch Volksbeschluß veranlaßte 
Herabsetzung des Normalgewichts» (Momms. p. 283). Im 
Jahre 268 v. Chr. wurde der Trientalfuß eingeführt, d. h. das 
Mindestgewicht des Asses auf etwa 4 Unzen = 109,2 g festgesetzt. 

Buch hold, Die Antikensanimlungun. 5 



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66 Öffentliches Leben der Alten. 

A. I. 3. As, gegossen, 153 g schwer; Zeichnung wie A. L 1. 
A. II. 7. Sextans, Sechstel- As, geprägt, 25 g schwer, Merkur- 
kopf mit Flügeln auf dem Hut, darüber zwei Kügelchen. — 
Schiffsschnabel, darüber «Romat, darunter zwei Kügelchen. 
A. II. 4. Unzen, Zwölftel-As, geprägt, 12 g schwer, Pallas- 
kopf, dahinter ein Kügelchen. — Schiffsschnabel, über dem- 
selben Roma, unter demselben ein Kügelchen. «Das Effektiv- 
gewicht der Münzen fällt von 268 ab in fortlaufender Reihe, 
ohne daß deutliche Unterbrechungen hervortreten, bis auf eine 
Unze.i (Momms. p. 283.) A. I. 4. As, 60 g schwer; Zeich- 
nung wie bei A. I. 1, der Fuß ist der Sextantalfuß. A. IL 5. 
Unzen, 5 g schwer, Zeichnung wie A. II. 4. 

3. Dritte Epoche von 217 v. Chr. an. Durch das Flaminische 
Gesetz wird der Unzialfuß eingeführt, d. h. das Normalgewicht 
des Asses auf mindestens 27,3 g festgesetzt. Hiermit hörte 
der Münzas auf, Wertmünze zu sein und wurde zur Scheide- 
münze. Die bisherige Gleichung der Kupfer- und Silbermünze 
10 = 1 wurde in 16 = 1 umgeändert. (Momms. p. 293, 294, 
892.) A. II. 1. As, 31 g schwer, Zeichnung wie bei A. I. 1. 
A. II. 2 bis 3. Semis, 23, 18 und 14 g schwer, Zeichnung 
wie bei A. I. 2. A. II. 8/9. Sextans, 5 g schwer, Zeichnung wie 
A. II. 7. A. II. 6. Unze, 2,55 g schwer, Zeichnung wie A. II. 4. 

Die mittelitalischen Kupfermünzen haben zwar 
andere Münzbilder als die römischen, aber die gleichen Münz- 
zeichen: A. III. 1. Semis, das Zeichen S. A. III. 6. Triens, 
4 Kügelchen. A. HI. 2 und 3. Quadrans, 3 Kügelchen. A. III. 
4 und 5. Sextans, 2 Kügelchen. 

ß. Silbergeld. Im Jahre 268 v. Chr. wurden in Rom 
die ersten Silberstücke geschlagen; zugleich wurde die gesamte 
italische Silberprägung in Rom centralisiert (Mommsen p. 327). 
Die römische Magistratur für die Münzverwaltung sind die 
tresviri aere argcnto auro flando feriundo (p. 366). Ursprüng- 
lich je nach Bedürfnis ernannt, wird das Kollegium seit der 
Wende des ersten Jahrhunderts v. Chr. regelmäßig erneuert 
(p. 367). Nicht immer werden besondere Münzmeister er- 
nannt, sondern zuweilen auch schon vorhandenen Beamten 
das Prägegeschäft zugewiesen (p. 369). Zwischen 84 und 74 
v. Chr. hört die Kupferprägung vollständig auf und über ein 
halbes Jahrhundert ist abgesehen von wenigen außerhalb der 
Hauptstadt von Feldherren geschlagenen Kupfermünzen über- 



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Römische Münzen. 67 

haupt für Rom nichts als Silber geschlagen worden (p. 383). 
Daher sind in unserer Sammlung unter den sogen. Familien- 
münzen fast ausschließlich Silbermünzen vertreten. Die ur- 
sprünglichen Silbernominale waren der Denar, der Quinar 
und der Sesterz. Die Quinar- und Sesterzprägung ist indes 
früh ins Stocken geraten (p. 389). 

Denare. Sie wogen anfangs l /72, später 1, 84 röm. Pf. 
(p. 420) = 4,55 resp. 3,90 g. Das Wertzeichen des Denars 
ist X; es -fehlt bis 114 v. Chr. niemals, dagegen von 86 an 
regelmäßig (p. 451). Das ursprüngliche Gepräge, der Kopf der 
Roma mit Flügelhelm, hat sich bis weit in das siebente Jahr- 
hundert der Stadt hinein unverändert behauptet (p. 461). — Erst 
auf den Denaren, die den Gemeindenamen verschieben oder weg- 
lassen, wird der Kopf der Roma durch einen anderen, anfangs 
noch in der Regel wenigstens behelmten, aber willkürlich ge- 
wählten, sei es einer Gottheit, sei es eines berühmten Vorfahren 
des Münzmeisters, ersetzt. Denare mit Romakopf auf der 
Vorderseite: A. IV. 1 (Aburia), 6, 7 (Aemilia), 11 (Apuleia), 
17 (Caecilia), 22 (Cassia), 23 (Cipia), 34 (Cornelia), 36 (Curtia), 
61, 62 (Marcia), 94 (Saufeia). Denare mit andern Gott- 
heiten auf der Vorderseite: A. IV. 5 mit der Concordia 
(Aemilia), A. IV. 14 mit der Virtus (Aquilia), A. IV. 18 mit 
der Pietas (Caecilia), A. IV. 26, 27, 28, 45, 46, 70 mit der 
Venus (Münzen der Considii, Cordii, Julii, Naevii), A. IV. 19, 
28, 35, 41 mit Apollo (Münzen der Caecilii, Crepusii, Gurgilii). 
Die Rückseite zeigt die mannigfaltigsten Bilder, Dioskuren, 
Biga, Quadriga, Juppiter etc. 

Quinare. Sie haben seit der Wiederaufnahme der 
Quinarprägung um 100 v. Chr. den Namen und das Gepräge 
des Viktor iatus angenommen. Der Viktoriatus (= 3 /4 Denar) 
zeigte den Juppiter, der halbe Viktoriatus den Apollokopf auf 
der Vorderseite, beide auf der Rückseite die das Tropäum 
kränzende Siegesgöttin (p. 390). Bei dem Quinar kommen auf 
• der Vorderseite beide Münzbilder abwechselnd vor. Von 84—49 
wurden keine Quinare geschlagen (p. 420). A. IV. 37. Quinar 
des Egnatuleius. Apollokopf mit Lorbeerkranz — auf den Schild 
eines Tropäums schreibende Viktoria. Wertzeichen Q. A. IV. 108. 
Quinar. Lorbeerbekränzter Juppiterkopf — Viktoria bekränzt das 
Tropäum, in der linken Hand hält sie einen Palmzweig. A. V. 1. 
Quinar, unterhalb Mainz gefunden; Zeichnung wie bei A.1V.37. 

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68 



öffentliches Leben der Alten. 



Silbersesterze sind in der Sammlung nicht vertreten. Der 
Sesterz = 1 j* Denar oder 2'/a Ab; der Name von semis tertius = 
2 l /a seil. As; daher das Zeichen IIS = duo s(emis), gewöhnlich HS 
geschrieben. 

X- Goldmünzen. Die älteste Prägung von wirklich römischen 
Goldmünzen in Sechzig-, Vierzig- und Zwanzigsesterzstücken 
begann im Jahre 217 v. Chr. (p. 404). Nach der glücklichen 
Beendigung des hannibalischen Krieges hörte man mit dör Gold- 
prägung auf (p. 405); erst aus der letzten Zeit des Freistaates 
finden sich einzelne Goldmünzen. Caesar beanspruchte die 
Goldprägung allein für sich und setzte den Fuß des aureus 
auf 1 Im röm. Pfund = 8,18 g fest. Auch nach Caesars Tode 
wurde hierin nichts geändert. 

B. I. 12. Aureus des Brutus, 8,32 g schwer. Brutus 
zwischen zwei Liktoren nach links schreitend, Aufschrift 
KOEÖN, — ein auf einem Scepter stehender Adler, der in der 
rechten Kralle einen Kranz hält. Zu der Aufschrift: «Aus- 
nahmsweise ist im Jahre 42 v. Chr. kurz vor der Schlacht 
bei Philippi von Brutus dem thracischen Fürsten Koson zum 
Lohne dafür, daß er sich und seine Schätze der republikanischen 
Partei auslieferte und sich in deren Sturz mit verwickeln ließ, 
verstattet worden, Münzen mit seinem voll ausgeschriebenen 
Namen in griechischer Sprache in Gold zu prägen». (Mommsen 
p. 693. Eckhel, doctr. num. vet. IV, 23.) Darnach wäre die 
Münze ein Philippeer, wozu auch das höhere Gewicht stimmt. 
Nach Babe^lon, Descr. hist. et chronol. des monn. de la rep. Rom. 
Par. 1886, II, 114 ist die Beziehung auf «einen vermeintlichen 
(pretendu) König von Thracien mit Namen Koson» un- 
berechtigt, und man hat in der Aufschrift vielmehr den Präge- 
ort Cossea in Thracien zu erkennen. 

b. Münzen der Kaiserzeit. 

Augustus behielt, nachdem er in den Vollbesitz der Ge- 
walt gelangt war, die Gold- und Silberprägung dem Imperator 
allein vor; dagegen bleibt das Recht der Kupferprägung dem • 
Senate (p. 745). Verhältnis: ein Goldstück = 25 Silberdenare 
= 100 Messingsesterzen = 400 Kupferassen. Es wird zur 
Regel,' daß das Bild des Herrschers auf die Vorderseite der 
Münzen, auch der senatorischen, kommt. 

«. Kupfergeld. Das charakteristische Kennzeichen der 
Reichskupfermünzen ist es, daß in großer und auffälliger 



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Kölnische Münzen, 



69 



Schrift S. C. (senatus consulto) daraufsteht. Die Nominale, die 
von 15 v. Chr. an geschlagen wurden, sind der jetzt in die 
Kupfermünze eintretende Sesterz oder Nummus, der Dupondius, 
der As, der Semis und wahrscheinlich der Quadrans. Augustus 
verordnete, daß Sesterz und Dupondius aus Messing (6fjsi*/aXxoc, 
orichalcum) in Unzenfuß, der As und die kleineren No- 
minale aus Kupfer in l /i Unzenfuß geschlagen werden sollten 
(p. 762, 763). Die in der Sammlung als Großbronce be- 
zeichneten Stücke sind Messingsesterze von dem durch: 
schnittlichen Gewicht einer Unze (= 27,29 g). Sie haben 
den Wert von 4 Kupferassen (daher von den Griechen tetpaa- 
aApiov genannt) oder von l jioo des Goldstücks, zur Zeit des 
Augustus etwa 20 Pf. Die als Mittelbron ce bezeichneten 
Stücke sind durchschnittlich 15 g schwer und entweder Du- 
pondien aus Messing = 2 Kupferassen oder Asse aus 
reinem Kupfer ohne Zusatz von Zink hergestellt. Der Unter- 
schied dieser beiden Sorten lag also wesentlich in Metall und 
Farbe (p. 765). Der Dupondius etwa =10, der As = 5 Pf. 
Die als Kleinbronce oder Kleinerz bezeichneten Stücke 
sind für die ältere Kaiserzeit entweder Semisse, Halbasse 
aus Kupfer, oder Quadranten, Viertelasse aus Kupfer (3 und 
2 Pfennige). Die Semisse scheinen seit Pius, die Quadranten 
seit Trajan nicht mehr geprägt zu sein (p. 761). 

ß. Silbergeld. Denare und Quinare wurden fort- 
dauernd geprägt. Bis auf Nero behält der Denar das durch- 
schnittliche Gewicht von 3,9 g und den Wert von etwa 
70 — 80 Pfennigen (vergl. p. 756). Von da an wird er leichter 
und sein Wert sinkt unter Nero auf 56, unter Trajan auf 45, 
unter Severus auf 30 Pf. herab. 

f. Goldmünzen. Es wurden hauptsächlich zwei Nominale 
geschlagen, der denarius aureus oder bloß aureus genannt und 
der victoriatus aureus, das halbe Goldstück. Metall wert unter 
Augustus etwa 20 */* Mark. Das ursprüngliche Normalgewicht 
von x /4o Pfund (= 8,18 g) sinkt allmählich, unter Nero bis 
auf V« Pfund (= 7,28 g). B. II, 90. Aureus des Nero, 7,20 g 
schwer. Lorbeerbekränzter Kopf des Nero mit Inschrift: «Nero 
Caesar Augustus» — Juppiter custos mit Blitz und Lanze. 

XX. 9X • Aureus des Nero, 7,15g schwer, Zeichnung wie 
bei der vorigen Münze. Trajan behielt diesen Münzfuß bei 
(p. 754). B. IV, 19. Aureus des Trajanus, 5,73 g schwer, 



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70 



Privatleben, der Alten. 



also bedeutend unter dem normalen Gewichte. Lorbeerbe- 
kränzte Büste Trajans mit Inschrift : Imp(eratori) Trajano Au- 
g(ußto) Dac(ico) p(ontifici) m(aximo) tr(ibunicia) p(otestate) co(n> 
s(uli) V (quintum) p(atri) p(atriae) — Huldigung eines Daciers 
vor Trajan S.(enatus) P(opulus)q(ue) R(omanus) optimo principi. 

Konstantin der Große nahm, um der eingerissenen Ver- 
wirrung im Münzwesen ein Ende zu machen, eine Münzreform 
vor. Er reduzierte die Goldeinheit auf x fit Pfund (=4,55 g). 
Das neue Goldstück "wird Solidus genannt (p. 779, 782). E. II. 
1. Solidus des Konstantinus, 4,63 g schwer. Lorbeer- 
bekränzte Büste Konstantins mit Inschrift: Constantino P(io) 
F(elici) Aug(usto) — der Kaiser stehend, mit Lanze und Welt- 
kugel Principi iuventutis. G. I. 22. Solidus des Honorius, 
4,31 g schwer. Büste des Honorius mit Inschrift — Honorius 
mit Weltkugel und Viktoria, die sein Haupt bekränzt, tritt 
mit dem linken Fuß auf einen besiegten Feind, mit Münz- 
zeichen. G. I. 23. Solidus des Honorius, 4,45 g schwer. 
G. I. 33. Solidus des Jovinus, mit der Büste des Jovi- 
nus und sonst ähnlicher Prägung wie bei G. I. 22/23, wiegt 
4,46 g. H. I. 26. Drittel-Solidus des Justinian L, wiegt 
1,44 g. . _ 

HI. Privatleben der Alten. 

Vorbemerkung: Es liegt außerhalb des Rahmens dieser 
Arbeit, die kleinen und kleinsten Gegenstände des häuslichen 
Gebrauchs, der Kleidung, des Schmucks u. s. w., die in außer- 
ordentlich großer Anzahl in dem Großherzoglichen Museum 
vorhanden sind, sämtlich namhaft zu machen. Dagegen ist 
Verfasser bemüht gewesen, durch geeignete Gruppierung der 
Gegenstände einen Überblick zu geben. Die Signaturen sind 
die des sehr sorgfaltig geführten und praktisch eingerichteten 
Hauptkatalogs (hergestellt von Prof. Dr. Adamy). Die Schränke 
sind mit ihren Nummern in römischen Ziffern, die Fächer von 
oben nach unten mit arabischen Ziffern bezeichnet. — Die Be- 
nutzung der Sammlungen ist seit neuerer Zeit durch die von 
Großherzoglicher Museumsinspektion (Prof. Dr. Adamy) herge- 
stellten Schrankkataloge, die an jedem einzelnen Schranke aus- 
hängen, sehr erleichtert, und findet jedermann, der sich für 
einzelne Gegenstände besonders interessiert, in diesen Katalogen 
hinreichend Auskunft. 



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Materialien. Innere Einrichtung der Häuser. 71 



I. Materialien. 

I. A. I. B. I. C. Gebrannte Steine aus Thon z. T. 
aufgestellt im Vorsaal, z. T. im Mosaiksaal in dem unteren 
Gefache von Sehr. V, VI, IX, X, XI, XII. Ziegelsteine mit 
Legions- oder Kohortenstempeln versehen, von verschiedener 
Gestalt, Dachziegel, Hohlziegel, keilförmige Wölbsteine. Unter 
den Stempeln sind die der VI., XI., XIV., XV, XXL, XXII., 
XXXV. Legion am meisten vertreten. Über Legions- und 
Kohortenstempel Archiv XIV, 452. Inschrift auf I. C. 30: 
iustum fecit. Becker, Nass. Ann. XIII, 236 löst auf: Justu- 
mus fecit. Wohl richtiger Klein, Mainz. Z. III, 1, 72, Nr. 222 
= «er hat das Gerechte gethan», er hat es recht gemacht; 
es ist der Abnahmestempel für eine bestimmte Zahl von Steinen 
gewesen. I. D. Backsteine, Bekleidungsplatten, Rundziegel, 
Hohlziegel ohne Stempel. I. E. Wasserleitungsröhren aus ge- 
branntem Thon, Vorsaal. 

I. F. Proben von Estrich aus Beton, Mörtel, Wand ver- 
putz, Deckenverputz, z. T. im Vorsaal, z. T. im Mosaiksaal am 
Hypokaustummodell; von Deckenbemalung aus dem Mithräum 
in Oberflorstadt Sehr. XV. 

I. J. 2. EichenePfähle mit Eisenschuhen von der Römer- 
brücke bei Mainz; desgl. von der Römerbrücke bei Klein- 
Krotzenburg am Main. — Schuh eines Pfahls von der Römer- 
brücke über die Usa bei Friedberg, Vorsaal. 

VII. 2 ff. Eisenbarren aus den Griesheim er Torfgruben, 
Sehr. XVIII, 4, aus Oberflorstadt Sehr. XV. — IV Q. Eisen- 
nägel verschiedener Gestalt und Größe, viele aus dem Mi- 
thräum in Oberflorstadt, Sehr. XV, 3, die übrigen Sehr. XV, 3. 

VII. 1. Ein Stück Leder vom «Dimesser Ort» bei Mainz, 
Sehr. XII, 2. Zu dem Fundort vergl. Wittmann, Mainz. Z. 
II, 100. «Über die Reste eines römischen Gebäudes im Rhein 
zwischen der Ingelheim er Aue und dem linken Rheinufer 
und die Entdeckungen am ,, Dimesser Orte" oder „scharfen 
Ecke" unterhalb Mainz.« (Zuerst aufgedeckt im Jahre 1858.) 

2. Innere Einrichtung der Uänser. 

a. Hypokaustum. 

I. J. 1. Eckstück des Vilbeler Hypokaustums, 
das im Jahre 1849 aufgedeckt wurde, im Mosaiksaal. Der 



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72 



Privatleben der Alten. 



Boden des zu erwärmenden Raumes, suspensura, Estrich, ruht 
auf Pfeilerchen, die in regelmäßigem Abstände aus Ziegelsteinen 
aufgeführt und ca. 50 cm hoch sind. Das von der Vorder- 
seite (praefurnium) aus geschürte Feuer schlug nach innen an 
den Estrich, die heißen Gase zogen zwischen den Pfeilern am 
Estrich her und dann durch die aus Hohlziegeln bestehende 
Mauerverkleidung (Heizkacheln) hindurch, vielleicht über das 
Dach hinaus, vielleicht aber auch nur bis unter dasselbe, um 
sich im Dachbodenraum zu verbreiten und sich, wie in den 
westfälischen Bauernhäusern, den Ausgang selbst zu suchen. 
A. v. Cohausen und L. Jacobi, Das Römerkastell Saalburg, 
p. 35/36. Ausführl. Abhandlung über Hypokausten: Braun, 
Bonner J. IV, 115 ff. 

I. D. 9. Hohlziegel von rechteckigem Querschnitt mit 
abgerundeten Ecken und rechteckigen Öffnungen an den Schmal- 
seiten, diente als Heizkachel, ebenfalls aus Vilbel. — Deck- 
plattenziegel von einem Pfeilerchen eines Hypokaustums, gef. 
Kastell Hasselburg bei Hummetroth i. 0., Vorsaal, mit Kursiv- 
inschrift: Stratura tertia. Laterculi capitulares. Num(erus) 
l(egionis) XXII. = Die dritte Lage. Als Kapitell zu verwen- 
dende Backsteine. Abteilung der XXII. Legion. Archiv II, 
183. Klein 23 liest in der letzten Zeile Numerus CCCLXXV, 
Zahl 375. 

b. Mosaik. 

Die Kunst der Mosaikarbeit ist orientalischen Ursprungs. 
Vom Orient kam sie zu den Griechen. In der Diodochenzeit 
wurde sie durch griechische Künstler zur höchsten Vollendung 
gebracht. Von den Griechen kam die Kunst zu den Römern. 
Bis zur Sullanischen Zeit wurde hauptsächlich der Boden, 
nachher, als man den Boden mit kostbaren Platten belegte, 
wurden die Wände und schließlich die Gewölbe mit Mosaik 
geschmückt. «Der Vorgang bei Anlegung des Mosaiks ist 
folgender: der zu seiner Aufnahme bestimmte Grund wurde, 
ähnlich wie bei der Freskomalerei, mit mehreren immer feiner 
werdenden Lagen von Cement und Kitt belegt und in den 
letzteren die buntfarbigen nach Bedürfnis verschieden gestal- 
teten Stifte aus Marmor oder Glas, entsprechend der Vorlage, 
hineingedrückt. Nachdem die Bindemasse getrocknet war, 
wurde die Oberfläche geglättet.» Blümmer III, 323 ff. Guhl-K. 
p. 723. Marqu.-Momms. VII, 1, 277 und VII, 2, 607. 



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Innere Einrichtung der Häuser. 



73 



I. G. 1. Mosaikfußboden, im Mosaiksaal, gefunden 
zu Vilbel im Jahre 1849, diente zum Schmuck eines Bade- 
raums. Das Material besteht aus weißen, hell- und dunkel- 
grauen, schwarzen und violetten Marmorsteinchen, hell- und 
dunkelroten, braunen und gelben Steinchen aus gebrannter 
Erde und blauen und grünen Glaspasten. «Der Gegenstand 
unseres Mosaikbildes gehört dem Neptunischen Kreise an. In 
buntem Gewimmel, jedoch durch Stellung, Blicke und Ge- 
berden in gegenseitige Beziehung gebracht, sehen wir teils 
abenteuerliche Phantasiegebilde, wie den Seekentauren, das 
Seepferd, den Seelöwen, den Seedrachen, teils mehr der Wirk- 
lichkeit nachgebildete Wesen, Delphine, Schwäne, Enten, Meer- 
aale, Schaltiere und dazwischen Eroten auf Delphine gelehnt 
oder reitend, oder frei schwebend, in mannigfaltiger lebens- 
voller Gruppierung um einen Mittelpunkt. Das Gefühl eines 
wonnigen Behagens in dem kühlen Wasserelemente durch- 
dringt gleichmäßig die verschiedenartigsten Geschöpfe, welche 
munter scherzend oder lustig bewegt oder in sanfte Ruhe ge- 
wiegt mit geschmeidigen Windungen durch- und aneinander 
vorübergleiten und, jedes nach seiner Weise, sich des beschie- 
denen Lebens in dem beweglichen Wellenreiche freuen. » (Boßler, 
die Römerstätte bei Vilbel, Arch. X, p. 14, 15.) Der Name 
des Künstlers gegen die Mitte hin: Pervincus fecit. 

I. G. 2/3. Mosaikbruchstücke, die ebenfalls in Vilbel 
gefunden wurden, sowie eine moderne Rekonstruktion nach 
diesen Bruchstücken, im Mosaiksaal rechts. 

c. Schlösser und Schlüssel, Sehr. XI, 1; XII, 1; XVII, 2. 

Bei den Römern waren hauptsächlich zwei Arten von 
Schlössern im Gebrauch, die Schiebe- und die Drehschlösser. 
«Bei den Schiebeschlössern wird der Bart von der Seite in das 
winkelförmige Schlüsselloch gebracht, dann gehoben, wodurch 
er die Hemmungen aufhebt, nach rechts bewegt und auf diese 
Weise den Riegel zurückschiebt.» (v. Cohausen- Jacobi , Das 
Römerkast. Saalburg, p. 60/1.) «Der Ausdruck clavem subicere 
bestimmt näher die Art und Weise, wie man den Schlüssel 
gebraucht; der Schlüssel faßt nämlich unter den Schlußriegel 
und drückt die den letzteren festhaltenden Stifte von unten nach 
oben.» (Friederichs II, p. 194.) Die Schlösser der anderen Art, 
die Drehschlösser, entsprechen unseren gewöhnlichen Schlössern. 



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74 



Privatleben der Alten. 



Schlösser. IV. 0. 41. Schloßbeschläge. IV. 0. 45, 46. 
Vorhängeschlösser aus Inheiden. Sehr. XVI, 3. 

Schlüssel. Gewöhnliche Schlüssel, deren Ring (Griff) ent- 
weder, wie bei unseren Schlüsseln, dem Bart parallel gerichtet 
ist oder senkrecht auf ihm steht, z. T. Hohlschlüssel aus Eisen 
und Bronce, IV. 0. 58—66. Fundort: Rüdigheim, Assen- 
heim u. a. Archiv IV, Taf. 2. — Ringschlüssel, am Finger 
zutragen (Schatullenschlüssel), meist aus Bronce, IV. 0. 12 — 20 
zum Drehen oder Schieben, 11, 22 aus Inheiden, 31, 32 vom 
«Dimesser Ort». Mit Öhr zum Anhängen 25—27, 30, 33—36 
vom « Di m. Ort». — Spezifisch römische Schlüssel mit zwei oder 
mehr Zinken am Bart zum Heben und Schieben, IV. 0. 1, 
2, 4, 5 von der Hunnenburg, 6, 9 und 45 von Gernsheim, 
10 und 11 von Capersburg, 42 vom «Dim. Ort», 50, 51, 63 
von Friedberg. Aich. IV, Taf. 6, Nr. 97, 98, 106. — Schloß- 
riegel zu den Zinkenschlüsseln gehörig, IV, 67 — 71, Sehr. XII. 

3. Gegenstände des häuslichen Gebrauchs. 

a. Gefässe. 

a. Gefäße aus Thon. 1. Bemalte Gefäße aus Thon. 
Sehr. VII. Griechische Gefäße von meist schlankerer Form, 
gelb, rötlich, mit roten Figuren auf schwarzem Grunde, mit 
schwarzen Figuren auf rotem Grunde. Sehr. VII, 2. Lekythos 
IV. E. b. a. 1 — 9; darunter 2, 3 mit Viergespann, aus Athen. 
— Vasen: Zweihenkelig: IV. F. b. a. 10 aus rotem Thon mit 
dem Todesgenius; 11 mit der Darstellung einer Opferscene: 
männliche und weibliche Figur zu beiden Seiten eines Altars, 
zwei Bacchantinnen. IV. E. b. a. 24 Kugelige Vase mit einem 
Henkel, aus Großgriechenland, mit Darstellung einer Toilettcn- 
scene; 26 aus rotem Thon, schwarz übermalt, aus Apollonia, 
mit Aphrodite und Eros; 27 aus Appollonia, mit Frauenbüste 
und Schwan. IV. E. b. a. 13 Hydria mit Palmetten bemalt; 
IV. E. b. a. 28 Oinochoe, aus Großgriechenland, mit Darstellung 
der Überreichung eines Siegeskranzes, sitzende Frau, Jüngling 
und Pferd. 29 desgl. mit Darstellung eines bewaffneten Jüng- 
lings, der neben seinem Pferde stehend, einen Doppelhenkel- 
becher in der Rechten hält. — Dunkel oder schwarz bemalte 
oder angestrichene Gefäße etruskischen oder römischen 
Ursprungs. IV. E. b. a. 22 Ölgefdß mit Sphinxen. IV. E. b. 
ß. 1 Hydria. — Trinkbecher: IV. E. b. a. 12. ß. 2 u. 3; 4 u. 6 



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Gegenstände des häuslichen Gebrauchs 



75 



aus Sicilien mit rundem Fuß; 16 mit Ornament; 9 mit Hirsch 
und Hase im Relief. — Mit Inschriften: 14 vita; 15 bibe; 
19 da mi(hi); 20 merum. 

2. Samisches (aretinisches) Geschirr (Gefäße aus 
sogen, terra sigillata). Sehr. VIU. 

Bezeichnung. Der Name «terra sigillata» ist zwar ge- 
bräuchlich, aber unrichtig. Denn der Ausdruck terra sigillata 
= Siegelerde kommt einem in den letzten Jahrhunderten, 
namentlich auch noch im vorigen Jahrhundert «über Triest 
eingeführten Thon zu, welcher früher als saugendes und säure- 
dämpfendes Mittel in der Arznei zur Anwendung kam». Dieses 
Arzneimittel, dessen wesentlicher Bestandteil lemnische Erde 
war, wurde in Form von runden Täfelchen oder Kügelchen 
verschickt, die in erhabenen Buchstaben mit der Aufschrift 
«terra sigillata» gestempelt waren. Die Farbe dieser «gesiegelten 
Erde» ist weiß, grauweiß oder gelbgrau, aber nie rot. (Demmin, 
Korr. Ges. 1876, 93, 94.) Man könnte mit Demmin den Aus- 
druck «aretinische Gefäße» gebrauchen, weil das etruskische 
Aretium erster und letzter Hauptanfertigungsort der roten 
Thongefäße war; oder da die Etrusker ihre Töpferkunst von 
den Samiern, wie es heißt, erlernt haben und das älteste Ge- 
schirr aus rotem Thon von der Insel Samos stammt, und da 
die Römer selbst (Cicero, Plinius) den Ausdruck vasa Samia 
gebrauchen, so ist man berechtigt, die roten Thongefäße 
samische Gefäße zu nennen. 

Zusammensetzung und äußere Ausstathing. Das samische 
Geschirr «ist von fein geschlämmtem, mit rubrica (Eisenoxyd) 
rot gefärbtem Thon so hart gebrannt, daß es hell klingt und 
im Bruche scharf schneidet, von dünner Form, mit glänzendem 
Firnis versehen». (Marqu.-Momms. VII, 2, 641.) «Durch und 
durch korall- oder siegellackrot, sind sie teils glatt, teils mit 
erhaben geformten oder aufgespritzten, sowie mit eingestempelten 
und eingeschnittenen Verzierungen bedeckt. Manchmal zeigen 
dieselben auch hoch- und selbst runderhabene Ornamente: 
Löwen-, Hirsch- und Pferdeköpfe, Figuren-Henkel und Figuren- 
Tüllen. Tier- und Menschengestalten, teilweise dem Götter- 
und Heldenkreise angehörig, Sterne, Punkte, Blätter, Zweige, 
arabische Laubverzierungen, Arabesken genannt, und bauliche 
Motive bilden das Ausschmückungswesen, in dem aber immer 
gewisse Ideenkreise vorherrschend erscheinen, und wo der 



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Privatleben der Alten. 



mythologische Teil, sowie bauliche Gegenstände am häufigsten 
vertreten sind. Zu den Rund- und Zwischenverzierungen haben 
die Bildner das Zickzack, das Schraubengewinde und am 
häufigsten den Eierstab in Anwendung gebracht.» (Demmin, 
Korr. Ges. 1876, 94:) 

Gebrauch. «Es war vorzugsweise als Tischgerät anständiger 
Leute, die nicht von Silber aßen, beliebt.» (Marqu.-Momms. 
VII, 2, 641.) 

Samische Gefäße. Sehr. VIII. Schalen mit niedrigem 
Fuß: IV. E. b. ß. 504, 506, 507, 510, 511, 516—520, 537—546 
z. T. in Friedberg gefunden; 569 — 571, 790 bei Darmstadt ge- 
funden. Große flache Schalen: 557, 558; kleinere flache 
Schalen: 505, 521—525, 526—536, 555, 556, 559— 563 z. T. 
aus Gelduba, Köln, Dornheim. Fast ganz flach : 547, 548.— 
Näpfe: 549—551, 564—568 z. T. aus Köln, Oppenheim. — 
Salbgefäße: 552 aus Gernsheim, 553 aus Friedberg. Sogen. 
Thränenkrug: 554. Dazu eine große Menge von Bruch- 
stücken. 

Stempel der samischen Gefäße: Aquitanus, Amabilis, 
Catus, Germanus, Martialis, Martinus, Patricius, Petrullus, 
Primanus, Rufinus, Secundus, Severus, Sulpicius, Verecundus, 
Victorinus. (Korr. Ges. 1876, 60, 84, 99 u. a. a. O.) 

Ornamente der samischen Gefäße: Eierstab, Felder- 
einteilung durch Tiere und Bäume, dazwischen Blumenguir- 
landen, Fische, Perlenschnur (577, 578 Friedberg), Hase (579 
Friedberg), Jagd auf Panther (580 Friedberg). Ähnliches auf 
Bruchstücken. 

3. Gefäße aus gewöhnlichem (grauem, gelbem, 
rotem) Thon. 

Die großen Thongefäße, im Mosaiksaal. IV. E. b. ß. 
742, 743. Weinkrüge, cadi, auf einem Wandgestell, 120 und 
97 cm lang, mit schlankem unten spitz zulaufenden Bauche 
ohne Fuß; «sie wurden des festen Standes halber entweder bis 
zur Hälfte in die Erde eingegraben oder, schräg an die Wand 
gelehnt, reihenweise nebeneinander aufgestellt». (Guhl-K. 702.) 
— Neben und auf dem Hypokaustum: 744. Amphora, weit- 
bauchig, 73 cm hoch. — 746. Bruchstück eines großen Salz- 
siedegefäßes, mit mehreren Stücken Pfannenstein, gefunden in 
Nauheim, alte Salinen. Es wird von Ludwig, Archiv XI, 59 
als «vorrömisch und wahrscheinlich auch vorgermanisch» be- 



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Gegenstände des häuslichen Gebrauchs. 



77 



zeichnet. — Daneben ein solches aus der Sammlung G. DiefFen- 
bach, gleichialls aus Nauheim. 

Die kleineren Thongefäße, auf den Schränken I — XII, 
XV— XVIII. 

Schalen ohne Fuß, flach: IV. E. b. ß. 383—385, 387 aus 
Gernsheim, Wolfsheim; 389—401; schüsselfbrmig: 459, 460, 
467, 505; untersatzförmig: 447—458 z. T. aus Friedberg, Köln. 

— Näpfe: 402—405 aus Bodenheim, St. Johann, Bocken- 
heim; 468, 474, 481, 487. — Schalen mit Ausguß: 483—485. 

— Schalen mit Fuß ohne Henkel: 82 aus Köln; 109, 110, 
377—382, 499, 500. — Schalen mit Fuß und zwei Henkeln: 
2, 3, 4, 6 aus Sicilien. — Becher ohne Henkel: 352—355 
aus Echzell, Kreuznach, Okarben; 370 ff. z. T. unseren Wein- 
gläsern ähnlich. — Becher mit Henkel: 367 — 369, 87; 
297— 300 aus Friedberg; 473; dickbauchig einhenkelig: 301— 
303, 341 — 343. — Kannen und Krüge: 1; mit zwei Henkeln: 
289, 291; 295 aus Friedberg. — Salbgefäße: 15—86 z. T. 
aus Köln, z. T. aus Friedberg und Umgebung aus den Samm- 
lungen von Hüpsch und Dieffenbach, aus gelbem, rötlichem 
oder rotem Thon; 778 — 781 aus Nierstein. — Besondere Art 
von Salbgefäßen, vielfach schlauchförmig gestaltet, meist in 
Gräbern oder an Begräbnisstätten gefunden, früher fälschlich 
«Thränenkrüge» genannt, weil man meinte, sie hätten dem 
Sammeln der Trauerthränen gedient, mit einem Henkel: 
164—217, 220—235, 243—288, 313—340, 717—722, 763— 
770; mit zwei Henkeln: 236, 238—242; ohne Henkel: 218 — 
220 z. T. aus Friedberg, Castra vetera, Köln, Mainz, Nier- 
stein u. a. O. 

ß. Gefäße ans Glas. Die Industrie. «Ihren Ursprung hat 
die Glasfabrikation in Ägypten, wo sich Darstellungen der- 
selben schon in Gräbern der vierten und fünften Dynastie, 
d. h. etwa seit dem Jahre 2450 v. Chr. finden; am anschau- 
lichsten ist das Blasen des Glases auf den Bildern von Beni- 
Hassan behandelt, welche in die Zeit von 1800 v. Chr. ge- 
hören. Ein im britischen Museum befindliches Amulett von 
blauem Glase, bezeichnet mit dem Namen Nuautef IV., setzt 
man zwischen 2423 — 2380 v. Chr. und den ältesten erhaltenen 
Becher mit dem Namen Thothmes III. in- das siebzehnte Jahr- 
hundert v. Chr. — Wie sich in Phönizien, welchem Plinius 
die Erfindung des Glases zuschreibt, ursprünglich die Fabri- 



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Privatleben der Alten. 



kation entwickelte, ist schwer zu bestimmen. Die Phönizier 
waren es, welche Perlen und Schmucksachen von Glas nach 
dem Westen und Norden Europas brachten, die sie vielleicht 
selbst anfertigten; sie sollen ferner große Säulen aus Glas- 
masse hergestellt haben, wie dies vielleicht auch in Babylonien 
und Ägypten geschah, allein ihr Hauptverdienst bestand darin, 
daß sie das ihnen zu Gebote stehende vortreffliche Material 
benutzten, um weißes, durchsichtiges Glas zu machen. — Die 
Einführung von gläsernem Hausgeräte, namentlich Bechern, 
Flaschen und Kannen, in Italien läßt sich erst aus Cicero 
nachweisen (pro Rab. Post. 14, 40, gehalten im Jahre 54 v. Chr.), 
und daß das Glas noch einige Zeit nachher als ein edles, 
kostbares Material galt, ersieht man aus dem Sprachgebrauche 
der Dichter des augusteischen Zeitalters, welche für die kry- 
stallhelle Quelle, den glänzenden Tautropfen und den durch- 
sichtigen Meeresspiegel keinen poetischeren Ausdruck haben 
als fons splendidior vitro, ros vitreus, unda vitrea, pontus 
vitreus. — Von da an wird das Glas gewöhnlich; man begann 
es in Italien selbst zu fabrizieren, zuerst in Campanien, dann 
in Rom, wo man die alexandrinische Technik nicht allein zu 
erreichen, sondern zu übertreffen suchte.» (Nach Marqu.-Momms. 
VII, 2, 723—728.) 

Gegenstände der Fabrikation. «Aus Glas hergestellt wurden 
Flaschen, Kannen, Töpfe, kleine Amphoren, Schüsseln, Teller, 
Trinkgläser, Trinkhörner, Lampen, Trichter, durchsichtige 
Medizingläser und -Büchsen, Salbenfläschchen, welche man 
früher als Lakrimatorien (Thränenfläschchen) bezeichnete, 
Aschenurnen, ferner kleine Figuren von Göttern, Menschen 
und Tieren, Amulette, Spielsteine (calculi), Schmucksachen, 
namentlich Glasperlen, teils aber auch Kunstwerke von außer- 
ordentlicher Schönheit.» (Marqu.-Momms. VII, 2, 729.) 

Glasgefäße. Sehr. IX. Flaschen, rund und viereckig, 
IV. E. c. 1—3 aus Mainz; 8—23; 92 aus Wolfsheim; 94 aus 
Gaualgesheim; 95 aus Heimersheim. — Kannen, mit Henkel: 
4 aus Mainz, 21 aus Weinhcim bei Alzey. — Trinkgläser: 
77—79, 101, 102, 109 aus Nauheim. — Salbenfläschchen: 
30, 31, 34—67, 70—72. — Aschenurnen: 6 mit Doppel- 
henkel und Deckel, gefunden zu Kreuznach; 7 aus Habitzheim; 
26 vielleicht auch 1 mit zwei Henkeln und weitem Halse aus 
Mainz. 



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Gegenstände des häuslichen Gebrauchs. 79 

f. Gefäße aus Uro nee. «Die Erfindung des Metallgusses 
schrieben die Griechen dem Rhoecus und Theodorus zu; er 
war aber bereits in Assyrien und Ägypten bekannt und ge- 
hört auch in Italien zu den frühesten und am glücklichsten 
betriebenen Kunstzweigen. Kupfer fand sich in der nächsten 
Nähe an mehreren Orten, z. B. in Elba, und ist in Rom früher 
als Eisen in Gebrauch gewesen. Den Erzguß betrieben in 
Italien zuerst die Etrusker.» (Marqu.-Momms. VII, 2, 666.) 

Broncegefäße. Sehr. VI, 3. Durch Artaria aus Mann- 
heim bezogen und nicht zweifellos echt sind: IV. E. a. 1. 
Kanne mit langgestreckter Form des Ausgusses, die die etrus- 
kischen Gefäße charakterisiert (Lindenschm. I, 2, Taf. 3). Der 
Henkel endigt unten in eine Palmette, oben in einen Tier- 
kopf. — 2. Mit gravierten Ornamenten und Figuren und der 
Aufschrift 'AaxXTjmoc. — Aus der Sammlung von Hüpsch 
stammen 3 und 4 ; sie sind wahrscheinlich echt. Sehr. XVI, 2 : 
aus dem Naunhehner Fund, unzweifelhaft römisch, ein Kessel 
von Bronce auf drei wie Löwenklauen gestalteten Füßen ruhend 
und mit einem Henkel versehen, der sich in zwei als weib- 
liche Masken gebildete Öhren bewegt, 46 cm hoch, 26 cm im 
Durchmesser. (Archiv X, 447; Korr. Ges. 1875, 56.) — Eben- 
daher eine Schüssel aus Bronce mit drei als Tauben gebilde- 
ten Henkeln und dem Stempel Of(ficina) Tetrici. — IV. E. a. 10. 
Napf, gefunden zu Esselborn. 

Thymiaterien. «Daß das Verbrennen von Weihrauch 
eine religiöse Zeremonie im Altertum war, ist bekannt. Auch 
im Privatleben war es Sitte, wohlriechende Substanzen anzu- 
zünden. Die dazu erforderlichen Geräte heißen Thymiaterien. > 
(Friederichs II, 164.) Sehr. VI, 3: IV. E. a. 6 Räuchergefäß 
mit einem Fuße auf breiter, achteckiger Grundlage und vier 
Henkeln; Palmetten und Löwenkopfverzierungen. — 7 desgl. 
auf Dreifuß, dessen Füße unten in Ziegenfüße, oben in Köpfe 
auslaufen. — 5 Räucherpfanne mit Stil. 

8. Gefäße ans Silber. Gebrauch im Altertum. Im griechisch- 
römischen Altertum wurde das Gold im wesentlichen zu Schmuck- 
sachen, das Silber vornehmlich zu Gefäßen und Geräten ver- 
arbeitet (Blümner IV, 303), die als Eß- und Trinkgeschirre 
(argentum escarium, potorium) im Hause des Reichen den 
Glanz des Tisches ausmachten und zum Teil als eigentliches 
Tafelservice (ministerium) auf dem Speisetisch oder soweit sie 



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Privatleben der Alten. 



zum Trinken dienten (Becher, Trag- und Mischgefäße) auf 
einem besonderen Prunktisch (abacus) aufgestellt waren (Marqu.- 
Momms. VII, 1, 309, VII, 2, 677). Zwischen dem zweiten 
und dritten punischen Kriege wurde in wohlhabenden Häusern 
das thönerne Eßgeschirr von dem silbernen verdrängt (Plin. 
N. H. XXXIII, 139 ff.). «Seit dieser Zeit wird oft von dem 
Luxus des argentum escarium und potorium berichtet, von 
Silberschüsseln im Gewicht von 100 Pfund, wegen welcher 
schon unter Sulla Leute auf die Proskriptionslisten gesetzt 
wurden, und welche später bis zu dem Gewichte von 250, ja 
500 Pfund gebracht wurden, so daß sie nur mit Hilfe vieler 
Leute in das Speisezimmer getragen werden konnten; von 
Schüsseln mit besonderen Blattverzierungen oder mit Gold- 
rändern und von massivgoldenem Eßgeschirr, das z. B. Trajan 
brauchte und das unter Tiberius Privatleuten verboten werden 
mußte. — Aus allen Ländern, in welchen die antike Kunst 
entweder produktiv wirkte oder wenigstens Anerkennung und 
Bewunderung fand, sind Silbergefäße griechischer und römischer 
Arbeit erhalten.» (Marqu.-Momms. VII, 2, 676 f.) 

Abgüsse des Hildesheimer Silberfundes zwischen 
Sehr. VII und VIII an der Wand. «Am 7. Oktober 1868 
wurde bei Hildesheim eine aus 74 Nummern bestehende 
Sammlung von Eß- und Trinkgeräten und Küchen Utensilien 
gefunden, zum großen Teil wohl erhalten, sowie eine Anzahl 
von Gefäßfragmenten, die vermuten lassen, daß nur ein Teil 
des ursprünglich vergrabenen Schatzes in unsern Besitz ge- 
langt sein mag. Sämtliche Geräte, im Gesamtgewicht von 
107,u4 Pfund Silber, gegenwärtig eine Hauptzierde des Anti- 
quariums des kgl. Museums in Berlin, weisen in ihrer tech- 
nischen Ausführung auf eine römische Fabrikstätte und durch 
die Buchstaben formen der Inschriften auf die erste Hälfte des 
ersten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung als die Zeit ihrer 
Anfertigung zurück. Hohe aus Silberblech getriebene Reliefs 
bedecken die Oberflächen vieler Gefäße, und gerade durch 
diese völlig aus der Fläche heraustretenden Reliefdarstellungen 
unterscheiden sich die römischen Silberarbeiten der Kaiserzeit 
von dem flach erhaben gearbeiteten Schmuck der Geräte aus 
der Blütezeit griechischer Kunst. Ebenso weist die Vergoldung 
der Gewänder und Waffen, sowie der Silberton der nackten 
Körperteile der , Figuren , gleichsam eine Nachahmung der 



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Gegenstände des häuslichen Gebrauchs. 



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Gold-Elfenbein-Statuen der griechischen Kunst auf römische 
Fabrikation.» (Guhl-K. p. 695.) 

Hervorzuheben sind: der zweihenkelige große Misch- 
krug mit seinen Verzierungen: «nackte Kindergestalten wiegen 
sich auf den zwischen Greifenpaaren in Rankenwindungen auf- 
steigenden Wasserpflanzen, die einen mit geschwungenem Drei- 
zack im Angriffe auf Seekrebse und Sepien, die andern im 
Begriff, die von den Harpunen getroffenen Seetiere herauf- 
zuziehen». — Schale mit dem Relief einer sitzenden mit 
Helm geschmückten Göttin: sie zeigt uns die «griechisch- 
römische Kunstepoche in ihrem Mittagsglanze, in dem sie zu 
Ende der römischen Republik und unter Augustus stand». 
Die Göttin ist nach Holzer p. 26 Roma; Wieseler p. 12 deutet 
sie als Athene Ergane. Das Kennzeichen der römischen Stadt- 
göttin, säugende Wölfin auf beiden Seiten des Helms (vergl. 
Gipsabgüsse Nr. 58 u. 68), fehlt. — Schale des Herkules: 
Herkules, als Kind, würgt die von Hera gesandten Schlangen. 
— Schalen der Kybele und des Attis: Kybele mit Mauer- 
krone, Attis mit phrygischer Mütze (von Wieseler als deus 
Lunus gedeutet). — Mehrere Trinkbecher mit Darstellungen 
aus dem Kreise des bacchischen Kultus, Blattverzierungen, 
Masken. — Bruchstücke von Gefäßen mit Tierreliefs. — 
Schüssel (patina) mit 12 eirunden Vertiefungen. 

Guhl-K. p. 695, 696, Abb. 909, 910. Holzer, Der Hildesheimer 
antike Silberfund. Büdesheim 1870. Wieseler, Der Hildesheimer Silber- 
fund. Göttingen 1869. 

b. Lampen. 

«Die Lampe besteht aus dem bauchigen Ölbehälter (discus, 
infundibulum), bald kreisrund, bald elliptisch geformt, der 
Tülle (nasus), durch die der aus Werg geformte Docht (stuppa) 
gezogen wurde, und der Handhabe (ansa).» (Guhl-K. 706. 
Marqu.-Momms. VII, 2, 622 — 626.) Die meisten Lampen haben 
nur eine Öffnung für einen Docht; andere haben zwei und 
mehr Öffnungen für zwei und mehr Dochte. 

a. Lampen ans Thon, IV. D. 11—145, Sehr. VI, XV. Die 
gebräuchlichsten Lampen waren aus Terracotta, bald von gelb- 
licher, bald von braunroter oder hochroter Färbung. Viele 
sind mit Reliefdarstellungen an Diskus und Henkel verziert. 
Die Inschriften am Fuße bezeichnen meist die Fabrik. Fund- 
orte: Friedberg, Echzell, Nauheim, Butzbach, Capersburg, 

Buchhold, Die Antikensammlungen. 6 



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82 



Privatleben der Alten. 



Bingen, Köln, Ober-Florstadt u. a.; ein großer Teil stammt 
aus dem Museum von Hüpsch. Der Name des Fabrikanten 
ist bald im Nominativ, bald im Genitiv auf vielen Lampen 
angebracht. Fabrikantennamen: Attilius, Atimetus, Carbo, 
Eukarpus, Fortis, Satto, Saturninus u. a. 

ß. Lampen ans Bronce, in Sehr. VI. Ihre Herkunft ist 
zweifelhaft, sie sind z. T. von Artaria in Mannheim angekauft 
Die Echtheit ist bei keiner Lampe zweifellos, doch sind sie 
jedenfalls gute Nachbildungen antiker Broncelampen. IV. D. 1 
Hängelampe mit 12 Dochtlöchern und 2 öllöchern, getragen 
von 4 geflügelten Pferden, reich verziert. IV. D. 2 desgl. mit 
8 Dochtlöchern und einem ölloch, getragen von 4 Sphinxen, 
reich verziert; auf dem Deckel des öllochs der Doppelkopf 
des Juppiter Ammon. IV. D. 3 Stehlampe mit 7 Docht- 
löchern und rundem Fuße und Traggriff, reich verziert. IV. D. 2 
desgl. mit 2 Dochtlöchern, mit bärtigem Kopf und Pferdekopf 
verziert. 

Y- Kandelaber, Sehr. VI. Die Kandelaber sind entweder 
Lampenträger oder Kerzenträger. Im ersteren Falle tragen sie 
auf ihrer Spitze den zur Aufnahme der Lampen bestimmten 
Teller (discus), im letzteren sind sie mit einer Spitze versehen, 
an welche die Wachskerzen angespießt wurden. (Friederichs 
II, p. 169. Guhl-K. 709. Marqu.-Momms. VH, 2, 690.) — 

IV. D. 146 Kandelaber aus Bronce (Fundort unbekannt), 
besteht aus einem Dreifuße von Greifenfüßen und einem 
kannellierten Säulenschaft, zu dem man sich wohl einen discus 
als Abschluß hinzuzudenken hat. 

c. Wagen und Gewichte, Sehr. Xr, 2; XII, 3; XVII, 2. 

a. Wagen. Es gab im Altertum zwei Arten von Wagen, 
die gewöhnliche Wage mit zwei und die Schnellwage 
mit einer Schale. Die letzteren haben entweder eine oder 
mehr Skalen mit entsprechender Zahl von Aufhängepunkten. 
(Friederichs IT, p. 198.) V. C. 5 Wagebalken einer Taschen- 
wage für zwei Schalen. 25 — 28 Zusammenlegbare Wagebalken 
für zwei Schalen. — V. C. 1 Schnellwage aus Bronce mit zwei 
Aufhängepunkten und Decimaleinteilung: V, X, XV aus Mainz. 

V. C. 2 Wagebalken aus Bronce mit zwei Aufhängepunkten. 

ß. Gewichte. « Es giebt Gewichte in der Form von Köpfen 
der verschiedensten Art, darunter auch von Götterköpfen, 



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Gegenstände des häuslichen Gebrauchs. 



83 



ferner in Form von Eicheln, in Form von Tieren, von Ziegen, 
Schweinen, in Form eines Astragals, einer abgeplatteten Kugel.» 
(Friederichs II, p. 206.) Kopf: V. B. 22 Langbärtiger Kopf 
als Gewichtstein, Sehr. V. Eicheiförmig: IV. H. 75—78; kugel- 
förmig: V. C. 12—15 (mit Ohr); in Form einer abgeplatteten 
Kugel: V. C. 7 aus Horchheim; 8 — 11 mit Gewichtzeichen ver- 
sehen; 16 mit zweimal sieben Punkten; astragal-( würfelförmig: 
V. C. 17—19 mit Silbereinlagen. Inschrift auf 18: Salvis 
D. D. N. N. (== dominis nostris) Albinus fecit. Einsatzgewicht- 
steine: V. C. 29, 30 gefunden in Friedberg. 

d. Löffel, Sehr. XI, 2, 3. 

Cochlearia: Löffel, «die an der einen Seite eine kleine 
Schale, bald rund, bald von der Form unserer Theelöffel haben 
und am anderen Ende in eine oft ganz scharfe Spitze aus- 
laufen». Sie sind für Eier und Schaltiere bestimmt; Mart. 
XIV, 121: Sum cochleis habilis, sed nec minus utilis ovis. 
(Friederichs II, p. 147, 48. Marqu.-Momms. VII, 1, 306.) 
IV. M. 2 vom «Dimesser Ort»; 3 — 6; 11 aus Mainz; 13 von 
Silber. — Löffel anderer Art: IV. M. 10; 16 aus Mainz; 17 
aus Zwingenberg; 18; 20 aus Hainstadt. 

e. Messer, Sehr. XI, 3, XII, 1, XVI, 3, XVII, 3, XVIII, 2. 

Unseren Tischmessern oder Tranchiermessern ähnlich: 
IV. N. 1—19 vom «Dimesser Ort»; IV. X. 20 mit Horngriff; 
desgl. 30. 

f. Gabeln 

«sind sehr selten, und es ist zweifelhaft, ob die vorhandenen 
in derselben Weise gebraucht sind wie die unserigen, denn 
man aß gewöhnlich mit den Fingern». (Friederichs II, p. 150.) 
IV. N. 22 Bruchstück einer Gabel mit zwei Zinken, aus Gerns- 
heim, Sehr. XI, 3. 

g. Schreibgriffel und Tafeln. 

Die Alten schrieben auf Papier mit Rohrfedern ohne oder 
mit Spalte, auch mit Broncestiften mit gespaltener Spitze, auf 
ihre wachsüberzogenen Holztafeln aber mit einfachen Stiften 
von Bronce oder Knochen. Zum Schreiben auf Papier be- 
nutzten sie eine aus der Auflösung von Ruß und Gummi ver- 
fertigte Tinte (atramentum librarium), und die Schreibfedern 
hießen calami. Die Stifte für die Wachstafeln, stili, waren 

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84 



Privatleben der Alten. 



unten spitz, oben wie ein kleiner Meißel oder wie ein Ohr- 
löffel gestaltet, um «irrtümlich ins Wachs Eingeritztes aus- 
wischen oder richtiger ausglätten oder auch bereits benutzte 
Blätter zu neuer Benutzung herrichten» zu können. (Friederichs 
n, 134, 35. Guhl-K. 338, 785, Abb. 452.) 

a. CaUmus. IV. A. 1 Broncestift mit gespaltener Spitze 
von der Hunnenburg bei Butzbach. Sehr. XII, 2. Arch. IV, 
302, Taf. 6, Nr. 92. 

ß. Still aus Eisen: IV. A. 2 — 4 von der Hunnenburg; 
7 — 12 vom «Dimesser Ort»; 16 und 24 aus Gernsheim; 18—21 
aus dem Mithräum in Ober- Florstadt; aus Bronce: IV. A. 5, 6; 
23 aus Butzbach; 25 aus Friedberg; aus Bein: IV. A. 14, 15 
aus Mainz; 27, 28 aus Friedberg. Sehr. XII, 2; XV, 3; XVII, 1. 

Y- Wachstafeln. Sie bestehen «aus einer etwas vertieften 
oblongen Fläche, welche mit einer dünnen Wachsschicht über- 
zogen ist und einem erhöhten, die Schrift auf dem Wachse 
schützenden Rande». (Baum. D. 1583, 84.) 

Konsular-Diptychon, eine Hälfte, als Buchdecke eines 
Evangelienlektionars verwandt, ursprünglich Eigentum des 
Kapitels der St. Martin- Kollegiatkirche zu Lüttich, später in 
der Sammlung des Herrn (von) Hüpsch, seit Anfang dieses 
Jahrhunderts mit den übrigen Gegenständen der Sammlung 
hier. Frank. Saal. «In der römischen Kaiserzeit pflegten die 
Konsuln, um ihrer Amtsernennung einen bleibenden Ausdruck 
zu verleihen, ihren Freunden und hochgestellten Personen, 
die ihre Ernennung gefordert hatten, sowie den Statthaltern in 
den Provinzen Diptychen zum Geschenk zu machen, deren 
Außenseite mit Elfenbeinskulpturen in Relief geschmückt 
waren.» (Schäfer.) Früher waren die beiden Hälften der Tafel 
vorhanden; Gori giebt im thesaurus diptychorum Abbildungen 
beider. Die Gesamtinschrift lautet: Fl(avius) ABtyrius v(ir) 
c(laris8imus) inl(ustrissimus) com(es) ex (so bei Gori-Wilthemius 
p. 58, Taf. IH," 1) mag(istro) utriusq(ue) militiae cons(ul) 
oe(=r)d(inaTius) = Flavius Astyrius, Angehöriger des vor- 
nehmen und erlauchten Senatorenstandes (s. Iwan Müller I, 
681), (kaiserlicher) Reisebegleiter (Schiller in J. Müller, Handb. 
IV, 2, p. 96. Marqu.-Momms. II, 2, p. 183), aus einem Heer- 
meister des Fuß- und Reitervolks zum ordentlichen Konsul 
befördert. — Das Relief der hiesigen Tafel «zeigt eine Säulen- 
stellung mit gradlinigem Architrav, Mittelgiebel mit Akroterien. 



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Gegenstände des häuslichen Gebrauchs. 



85 



Der Konsul sitzt auf der mit dem Pulvinar belegten sella 
curulis, angethan mit der purpurbesetzten toga praetexta. In 
der Rechten hält er die mappa Circensis (das rote Tuch, wel- 
ches der Konsul als Losung zum Beginn der öffentlichen 
Spiele in die Arena hinabzuschleudern pflegte), in der Linken 
das Konsularscepter, worauf die Büsten Theodosius des Jünge- 
ren und Valentinians III. angebracht sind, unter deren Re- 
gierung Flavius Astyrius das Konsulat führte (449 n. Chr.). 
Dem Konsul zur Rechten steht ein mit Tunika und Chlamys 
bekleideter Jüngling, der eine längliche korbähnliche Vase 
trägt mit dem unter das Volk zu verteilenden Gelde. Zur 
Linken zeigen sich die Fasces, emporgehalten von einem Liktor 
in Tunika und Kriegermantel.» (Schäfer.) Seit Theodosius 
dem Gr. durften nur die consules ordinarii solche Tafeln ver- 
schenken (Cod. Theod. 15, 8, 1; daher OED der Tafel als 
ORD zu lesen). Gebraucht wurden sie wie die gewöhnlichen 
hölzernen Tafeln als Notizbücher oder versiegelt zur Vermitte- 
lung geheimer Botschaften. 

Gori, Thesaurus diptychorum consularium I, p. 57— 78, Taf. III, 
1 und 2. Klein 79. Lersch, Bonn. J. VIII, S. 155. Marqu.-Monims. II, 
p. 545, 546. Schäfer, Die Denkmäler der Elfenbeinplastik, p. 20 ff. 

h. Glocken. Sehr. XII, 3; XV, 2; XVII, 2, 3. 

«Man hatte im Altertum den Aberglauben, daß der Ton 
der Glocke gegen Verunreinigung aller Art und gegen Gespenster 
schütze; daher wurde sie in gewissen Kulten angewandt, na- 
mentlich aber in der reichsten Weise an Amuletten ange- 
bracht.» (Friederichs II, p. 214.) Sonstige Verwendung, der 
unsern ähnlich als Hausglocke, Tierglocke. Viereckige Glocken 
aus Eisen: V. D. 1, 2, 3 vom Steinknorren bei Raibach; 4 von 
der Hunnenburg; 25 von Ober-Florstadt; 29 aus Bronce V. D. 5, 
19 acht Stück aus Mainz; 26 und 27 aus Friedberg. Runde 
Glocken aus Eisen: V. D. 16 von der Capersburg; auß Bronce 
V. D. 6, 7, 8, 9 aus Friedberg; 10—14; 17 aus Mainz; 18 aus 
Gernsheim. 

i. Flöten. 

«Die Flöten aus Knochen waren sehr verbreitet.» (Blüm- 
ner II, 394.) Flötenstücke: V. G. 30 vom «Dimesser Ort»; 
58 von Ober-Florstadt, Sehr. XI, 3; XVII, I. 



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86 



Privatleben der Alten. 



k. Brettspielsteine und Würfel. 

ol. Das Brettspiel, ludus latrunculorum, «war ein unserem 
Schach ähnliches Spiel, bei dem man auf der in Felder ge- 
teilten tabula latruncularia mit geschickten und wohlgedeckten 
Zügen (eiere) dem Feinde entgegenzurücken, dessen Steine zu 
schlagen oder durch Einschließen so festzusetzen hatte (ligare, 
alligare, obligare), daß er matt wurde (ad incitas redigitur). 
Die Steine hießen latrones oder latruneuli und waren ver- 
schieden gefärbt.» (Guhl-K. 758.) IV. L. 20—24 Brettspiel- 
steine in der Gestalt einer kreisförmigen Scheibe, gefunden in 
Friedberg, Sehr. XVII, 1. IV. L. 38 zwanzig Stück aus Mainz 
z. T. Sehr. XI, 2. IV. L. 42-50 aus Friedberg, Sehr. XI, 3. 

ß. «Das Würfelspiel (alea) wurde anfangs mit drei, später 
mit zwei Würfeln (tesserae) gespielt, die auf den parallel 
laufenden Flächen die Augen 1 und 6, 2 und 5, 3 und 4 
zeigten.» (Guhl-K. 450, 757.) IV. L. 32 ff. Würfel aus Bein 
mit 1 — 6 Augen mit markiertem Mittelpunkte auf jeder Seite. 
Sehr. XI, 2. 

4. Werkzeuge verschiedener Gewerbe. 

a. Medizinische Werkzeuge, Sehr. XII, 3; XVII, 2. 

Zängelchen : V. E. 1 aus Bronce (Hunnenburg). — Pin- 
zetten: V. E. 29—31, 47. — Sonden: V. E. 2, 5—7; mit 
Löffelchen: 8, 11, 12, 35, 40, 43 gef. am «Dimesser Ort», 
in Ober-Florstadt, Friedberg und Umgegend. — Löffelchen: 
V. E. 14—23. — Schaufelchen: 33, 35—37. — Zweizinkiges 
Gäbelchen: V. E. 27. — Schröpfköpfe: V. E, 41, 42. 

b. Werkzeuge für Handwerker und Landleute, Sehr. XII, 3. 
XVI, 3. XVII, 3. XVIII, 1, 2. 

Maßstäbe: V. C. 20 — 24 vom « Dimesser Ort». — Zirkel: 
V. G. 80 (Butzbach). — Hämmer: V. F. 1, 2, 3, 19 (Mainzer 
Brückenbau), 21 (Offenbach). — Äxte: V. F. 4—9; 11 und 12 
für Zimmerleute, 13 (Mainzer Brückenbau), 34, 97 — 99. — 
Spitzhacke: V. F. 14. — Hacken: V. F. 92 (Friedberg), 93 
(Obermörlen). — Meißel: V. F. 15, 16, 27 und 81 (Gernsheim), 
36 (Langsdorf;, 37—42. — Bohrer V. F. 30, 56, 76 (Ober- 
Florstadt) 80, 85 (Friedberg). — Messer verschiedener Form: 
V. F. 60, 61; 84 Sattlermesser, gut erhalten mit Beingriff, 



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Werkzeuge verschiedener Gewerbe. 87 

gefunden zu Friedberg, Sehr. XVII, 3; 96 Hackmesser, Sehr. 
XVIII, 2. — Sichel: V. F. 22 gefunden im Main bei Orlen- 
bach, Sehr. XVIII, 1 ; IV. N. 24 (Mainzer Brückenbau), 33, 34 
(Friedberg), 40 (Assenheim), 44. — Pflugschar: V. G. 1 1 1 . — Mühl- 
steine: V. J. 1 — 8 in Friedberg, 9 — 17 in Nauheim gefunden, 
aus Basaltlava, im Vorsaal. — Wirtel (o^pövSoXo?, verticillus, 
turbo) cgeht um die Stange der Spindel herum und hat den 
Zweck, das Drehen der Spindel zu erleichtern und zugleich 
dieselbe etwas zu beschweren» (Blümner I, III, 112): V. G. 
56, 57 aus gebranntem Thon (Ober-Florstadt); 89, 90, 91 (Fried- 
berg) Sehr. XV, 2, XVII, 1. — Zwinge zu einem Schifferstab : 
V. G. 1, 2 (Mainzer Brückenbau). — Schifferhaken : V. G. 10. 

— Fischangel: V. G. 45. — Senkblei: V. G. 19—22, Sehr. 
XVIII, 3. — Ketten: Sehr. XV, 3; XVIII, 2, 4. V. G. 23, 
24, 34 vom «Dimesser Ort»; 39 — 42 aus Bronce; 48 aus 
Ober-Florstadt; 109. — Pferdeschuhe: V. H. 1, 2, Sehr. XVIII, 3. 
Linden schm. I, 12 Taf. 5, 1 — 3. Über die Frage, ob die 
Römer Hufeisen für die Pferde gehabt haben, gehen die An- 
sichten auseinander. (Bonner J. 60, 159; 82, 181; 84, 28 ff.) 
Zügelringe: V. H. 3, 4, 5 (mit Pantherköpfen) 6 (Gernsheim), 
10—12, 13 (Fauerbach), 14 (Oberrosbach) Sehr. XVII, 3; XVIII, 3. 

— Schneiderwerkzeuge: Nadeln aus Knochen mit Öhr: IV. K. 
53 — 55, 66 (Mainz); aus Bronce mit Öhr 44 — 50, 92 und 94 
aus Mainz; aus Eisen mit Öhr: 65 (Mainz), Sehr. XI, 2; 
79 — 89 aus Sammlung G. Dieffenbach XVII, 1. — Finger- 
hut: V. F. 82, 83 aus Friedberg, Sehr. XVII, 2. — Bügel- 
eisen: V. F. 89 aus Friedberg, Sehr. XVII, 3. 

c. Stempel. 

«Bei römischen Ziegeln oder keramischen Architektur- 
teilen (ebenso wie beim römischen Thongeschirr) ist es sehr 
verbreitet, daß der Name des Fabrikanten, eine Fabrikmarke, 
bei militärischen Arbeiten der Name der betreffenden Legion 
in den Thon eingebrannt wurde. Die dazu gebräuchlichen 
Stempel waren von Metall, Thon, Holz, vielleicht auch Gips 
oder einer weichen Steinart; und zwar gab es sowohl vertieft 
als erhaben geschnittene Stempel. » (Blümner II, p. 32.) 

VIII, 2. Stempel aus Bronce, gefunden in Mainz untere 
Stadt, in Sehr. XVIII, 3. Erhabene Buchstaben innerhalb eines 
erhabenen Randes: T(iti) Flavi(i) Callisti. 



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88 



Privatleben der Alten. 



5. Gegenstände der Kleidung, des Schmuckes 
und der Körperpflege. 

a. Kleidung. 

a. Knöpfe, Sehr. XI, 2. Einfache Knöpfe aus Bronce: 
IV. H. 166, 167 (Friedberg); 60—66; kreuzförmig: 55; mit 
Nielloeinlage: 125, 126 (Mainz), 133 (Inheiden); mit Email 
verziert: 188—193 (Mainz). W. Z. XII, 388, Taf. 5. (Bei 
Nielloverzierung wird eine Metallkomposition, bei Emailver- 
zierung eine glasartige Masse in die eingravierten Vertiefungen 
eingeschmolzen. Sittl 219, 224.) — Doppelknöpfe aus Bronce: 
IV. H. 178, 179 (Friedberg); kleine Durchsteckknöpfchen: 
194, 95 (Mainz). 

ß. Schnallen aus Bronce : IV. H. 1 ff. verschiedener Gestalt, 
Sehr. X, 1; XI, 1, 2. 

Y- Gewandnadeln, fibulae. Sehr. X, 1, 2; XVII, 1. t In der 
klassischen Zeit wurde die Fibel stets, wie es scheint, zu einem 
praktischen Zweck benutzt, nämlich zum Zusammenhalten von 
zwei Gewandzipfeln, während in spätrömischer Zeit der Ge- 
brauch aufgekommen zu sein scheint, die Fibel bloß als Zier- 
nadel vorzustecken.» (Friederichs II, p. 97. Guhl-K. 745, 46.) 
IV. G. 32 ff. von sehr verschiedener Gestalt, meist aus Bronce; 
vergoldet: IV. G. 50; versilbert: IV. G. 76; aus Bronce mit 
Glasfluß: IV. G. 86. (Lindenschm. II, 7, Taf. 3, Fig. 6 und 15; 
II, 12, Taf. 3, Fig. 1; III, 2, Taf. 4, Fig. 4.) 

S. Haarnadeln, Sehr. XI, 3; XVII, 1, aus Bein oder Elfen- 
bein mit Knopf: K. 1—5, 7 — 20, 21 und 22 (schwarz gefärbt); 
73—77 (Inheiden); ohne Knopf : 23—25; aus Bronce 29— 38; 
mit silbernem Knopf: 39 und 40. 

e. Schuhwerk, Sehr. XII, 2: IV. R. 1 Sandalensohle, drei- 
fache Lage mit Nägeln, vom «Dimesser Ort»; desgl. 2 — 4 
ebendaher; 5 (Friedberg); 6 (Saalburg). 

b. Schmuck. 

a. Anhänger zum Schmuck oder als Amulett dienend, Sehr. 
X, 1, 2. 3. (Lindenschm. III, 6, Taf. 3, Fig. 8 und 9.) 

ß. Perlen, Sehr. XI, 3; XVII, 1. IV. L.: Perlen aus ver- 
schiedenfarbigem Thone, aus blauem, weißem, grünem, schwar- 
zem Glase, aus Bein und Horn. IV. L. 8. Eine Schnur von 
30 Stück aus Thon. 



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Gegenstände der Kleidung, des Schmuckes und der Körperpflege. 89 

Ringe, Sehr. XI, 2, XVII, 2. Fingerringe aus Bronce 
oder Eisen: .IV. J. 1 ff. Ohrring aus Bronce: IV. J. 23. Arm- 
ring aus gewundenem Broncedraht : IV. J. 22. Fingerringe aus 
Gold: IV. J. 16; 18 und 31 mit Perlen; 13 mit Inschrift; 
6(iövota; 48 (Lorsch) mit Inschrift: memini tui, memini; te 
amo. Ohrring aus Gold: 32. Die goldenen Ringe sind alle 
auf einer Tafel vereinigt, Sehr. XI, 2 ; auf derselben Tafel : 
IV. G. 190. Goldene Kette mit Perle und Anhänger. 

c. Geräte der Körperpflege. 

a. «Man hat öfter, namentlich in englischen Gräbern, 
kleine Bündel Ton Instrumenten der Körperpflege, als Ohrlöffel, 
Nagelputzer, Zahnstocher an einem Ringe hängend, gefunden; 
wie es scheint, wurden sie am Gürtel getragen.» (Friederichs 
II, p. 94.) V. E. 33 und V. G. 33 aus Bronce, Sehr. XII, 3, 
Taf. 1 und 3. 

ß. Schabeisen, strigiles. «Die Strigel diente dazu, das öl, 
mit dem man sich nach dem Bade einrieb, vom Körper zu 
entfernen.» (Friederichs II, p. 58.) «Sie bestand aus einem 
löffelartig ausgehöhlten, mit einem Griff versehenen Instrumente 
aus Metall, Knochen oder Rohr.» (Guhl-K. 367, 760.) IV. P. 
1—4. Strigiles aus Bronce oder Eisen, 1 und 4 gefunden in 
Mainz, mit Nielloverzierung. (Lindenschm. II, 9, Taf. 4, Fig. 5.) 

f. Kämme. «Sie wurden aus Metall (Bronce), Knochen (Elfen- 
bein) oder Buchsbaum gemacht. » (Marqu.-Momms. VII, 2692, 
Anm. 14; 722, Anm. 2.) V. G. 29. Kamm aus Bein vom 
«Dimesser Ort», Sehr. XII, 2. 

8. Spiegel, Sehr. XII, 2. «Der Gebrauch silberner Spiegel 
wurde in der römischen Kaiserzeit allgemein. — Es konnte 
indessen nicht ausbleiben, daß die Sitte, silberne Spiegel zu 
gebrauchen, auch billigen Ersatz hervorrief», so die versilber- 
ten oder die aus einer Kupferlegierung hergestellten Spiegel. 
(Vergl. Friederichs II, 85 ff.) IV. F. 1. Spiegel aus Bronce, 
versilbert, kreisförmig, 10 cm im Durchmesser; 2 desgl. aus 
Weißbronce ; 4 desgl. aus mehreren Stücken zusammengesetzt, 
gefunden in Andernach. 

Zu IV. F. 1. Gerhardt, Etrusk- Spiegel I. Taf. 23, Nr. 5—8; Schuh- 
macher, Beschr. und Samml. ant. Broncen, Taf. 4, 12; Lindenschm. 
Röm.-Germ. Centraimus. Taf. 19, 3. Daß auch Glasspiegel im Gebrauch 
waren, wird durch einen ganz unzweifelhaft römischen Saalburgfund 
bewiesen, Bonn. J. 85, 156. 



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Privatleben der Alten. 



6. Die Bestattung. 

Begraben und Verbrennen. «Die Pflicht, dem Verstorbenen 
eine ehrenvolle Bestattung zu teil werden zu lassen, war im 
Altertum eine der wichtigsten Forderungen der religiösen Moral, 
welche eng mit der Vorstellung zusammenhing, daß der Schatten 
des Toten erst dann Ruhe finden könne, wenn seine irdische 
Hülle beigesetzt worden war, und daß die Götter eine Ver- 
nachlässigung dieser Pflicht bestraften. — Auf, Grund der in 
allen Gegenden gemachten Gräberfunde darf jetzt als ausge- 
macht gelten, daß das ganze klassische Altertum hindurch 
Begraben und Verbrennen der Leichen nebeneinander 
herging, wenn auch zeitweise bald das eine, bald das andere 
mehr oder weniger vorwaltete. So scheint in der homerischen 
Zeit das Verbrennen das gewöhnliche gewesen zu sein, da von 
Beerdigung sich nirgends eine Spur bei Homer findet, während 
andererseits die Gräber von Mykenä mit ihren bei der Auf- 
findung zum Teil noch erhaltenen Skeletten den Beweis liefern, 
daß man schon in jenen, weit über unsere historische Kennt- 
nis hinaus liegenden Zeiten begrub. Für spätere Zeit ist Be- 
erdigung nicht nur vielfach ganz sicher bezeugt, sondern man 
darf sogar annehmen, daß sie, wenigstens bei den ärmeren 
Klassen, der geringeren Kosten wegen die gewöhnlichste Art 
der Bestattung gewesen sein wird. Ganz die gleiche Beobach- 
tung macht man in Italien und den anderen Teilen der 
griechisch-römischen Welt: überall finden sich neben Gräbern, 
in denen Leichen unverbrannt beigesetzt worden sind, solche, 
welche zur Aufnahme von Aschenurnen bestimmt waren.» 
(Nach Blümner in Baum. D. p. 304, 305.) Beerdigt wurden 
die Leichen entweder ohne jedes Behältnis oder in Särgen 
(aopot) aus Holz, Thon, Kalkstein, Marmor. Für diese war 
die Benenuung Sarkophage gebräuchlich. Der Name aapxo- 
^eryos sc. ao ( oo<; bezeichnet nach Plinius XXXVI, 131, einen 
Sarg aus Ai#os aafiV.o^dYO«;, einem Kalkstein, der am besten 
bei Assos in Troas gebrochen ward und, wie von den Alten 
wiederholt bezeugt wird, das Fleisch der hineingelegten Leich- 
name schnell verzehrte. Neuerdings werden gegen diese An- 
gabe der Alten Zweifel erhoben, ob mit Recht, muß vorläufig 
dahingestellt bleiben. — Bei der Verbrennung wurden die 
Gebeine in Urnen verschiedener Gestalt aus verschiedenem 
Material, z. T. mit Inschriften versehen, gesammelt und in 



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Die Bestattung. 



91 



der Erde, in ausgemauerten Grabkammern, in besonderen Be- 
gräbnisstätten beigesetzt. Die letzteren baben wieder verschie- 
dene Größe, Gestalt und Ausstattung. Die Modelle und Funde 
unseres Museums veranschaulichen die römische Bestattung. 

Baum. D. 304 ff., 1549 ff. Guhl-K. 580 ff., 857 ff. Marqu.-Momms. 
VII, 1, 380 ff. 

a. Modell eines einfachen Begräbnisses, im Vorsaal 

auf Sehr. IV. 

Die einzelnen Teile sind antik, die Zusammenstellung zeigt 
den Typus eines Ziegelgrabes. Zwei dachförmig zusammengestellte 
Ziegel werden von einem Hohlziegel (imbrex) bekrönt, der mit 
einem Akroterion (s. Adamy, Einf. ant. Kunstgesch. p. 82) ge- 
ziert ist. In dem bedeckten Räume stehen Glasurnen und 
Salbgefäße («Thränenfläschchen»). • 

b. Aschengefässe. 

a. Ohne Inschrift. Aus Stein: B. 3. u. 4. Urnen, die eine 
mit Deckel. Fundort unbekannt. Vorsaal. — B. 5 sarkophag- 
ähnliches, rechteckiges Aschengefaß, 27 X*>1X 44 cm. Fundort 
unbekannt. Vorsaal. — Aus Thon: mit Darstellung eines 
Gesichts in Relief (sog. Gesichtsurnen): IV. E. b. ß. 12; Bruch- 
stücke gleicher Darstellung: 13 u. 14 (Friedberg). Sehr. VII. 
Über Gesichtsurnen Sittl 262. — Ohne Verzierung aus grauem, 
gelbem, rotem Thon ungemein zahlreich, über den Schränken 
des Mosaiksaales. IV. E. b. ß. 118 mit Resten verbrannter 
menschlicher Gebeine; desgl. 131. Leer: 119 ff. — 163 z. T. in 
Nauheim, in Friedberg, Castra vetera, Mainz gefunden, zum 
größeren Teile aus der Sammlung von Hüpsch. 356 — 361 
(UfTenheim, Heimersheim, Dieburg); 711—716 (Mainz); 709, 
710 aus grauem Thon mit schwarzem Farbenüberzug; 775, 
777, 784—788 (Nierstein); 919, 920, 923, 925, 967, 968 
(Friedberg); 961 (Zwingenberg); 962 (Heimersheim); 963 (mit 
Resten von Knochen); 964 (Wolfsheim); 965 (St. Johann). 
Über Glasgefäße als Urnen benutzt vergl. p. 78. 

ß. Aschenge fiiße mit Inschrift, im Vorsaal. II. B. 1. Cylinder- 
fbrmiges Aschengefäß aus Kalkstein, 26 cm hoch, 26 1 /» cm 
im Durchmesser, gefunden in Löwenich. 

OSSA Ossa Die Gebeine unserer 

VERECVNDINIAE Verecundiniae lieben Tochter Verecun- 

FILIAE SVAVISS filiae suaviss- dinia. Sei gesegnet, lebe 

IMAE HA VE VALE iuiae. Have, vale! wohl 1 

C. I. Rh. .530. von Hüpsch I, 1, 57. Klein 75. Lersch p. 160. 
Steiner 1174. Walther p. 35. 



92 



Privatleben der Alten. 



IL B. 2. Aschengefäß in der Form eines abgestumpften 
Kegels aus Kalkstein, 26 cm hoch, gefunden in Trier, mit zwei 
Griffen. Auf der Rückseite eingeritzt: Abbildungen eines Beils, 
einer Nadel und eines Messers. 

D. M. D(is) M(anibus). Den Schattengöttern. 

FVLVIAE ET Fulviae et Der Fulvia und dem 

GALBAE TIT Galbae Titas Galba stellte Titus diese 

VS POS VIT posuit. Urne auf. 

C. I. Rh. 828. von Hüpsch I, 4, 10. Klein 77. Lersch p. 160. 
Steiner 1722. Walther p. 36. 

II. B. 6. Cylinderförmiges Aschengefäß aus Trachyt- 
tuff, 32 cm hoch, 28 cm im Durchmesser, gefunden in Löwenich. 
Auf dem Deckel eine Gorgonenmaske. 

MEMORIAE Meraoriae Seiner treuen 

CRESCENTIAE Crescentiae Schwester Crescen- 

FORTVNATAE Fortunatae tia Fortunata zum 

SORORI CARIS sorori carissimae Andenken. Flavius 

SIMAE FL . FORT Fl(avius) Fort(unatus) Fortunatus. 

C. I. Rh. 534. von Hüpsch I, 1, 54. Klein 76. Lersch p. 161. 
Steiner 1175. Walther p. 36. 

c. Grabstein mit Inschrift. 

II. B. 9. Grabstein aus Sandstein, 120 cm hoch, 
66X31 cm im Querschnitt, gefunden Gehaborner Hof bei 
Weiterstadt im Jahre 1869. Der obere Teil ist abgeschlagen, 
desgl. Verstümmelungen rechts und links. Ornamente auf 
den umrahmenden Bändern der Vorderseite, Skulpturen auf 
den Seitenflächen. Inschrift (das Eingeklammerte ist ergänzt): 
(D. M. T. CLO)DIV(S PERIG (Dis Manibus. T. Clo)diu(s Perig- 

E N E S H S) E H I C I N(TE R enes hic situs) e(st) hic in(ter- 

FECE)RE LATROiNES' fece)re latrones 

Q V E ) M GENVIT TE'A (que)m genuit Tea(nom) 

NOV SIOICINO' EX CAM Sidicino(ni) ex Cam- 

PANIA' ALTERA' CON pania. 'Altera cöntexit 

TEXIT TELLVS D ED I T tellüs dedit 

ALTERA' NASCIPERI altera näsci. Peri- 

GENES HABET' TIT VLVM genes habet titulum 

S E C VN*b V S O F F 1 C I VM Secundus officium. 

P'CLOD. SECVNDVS P(ublius) Clod(ius) Secundus 

FRATRI PIENTISSIMO. fratri pientissimo. 

«Den Schattengöttern. T. Clodius Perigenes liegt hier. Hier 
töteten Räuber ihn, der aus Teanum Sidicinum in Campanien ent- 
stammte. Das eine Land deckt ihn mit Erde, das andere gab ihm 



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Die Bestattung. 



93 



das Dasein. Perigenes hat nun seine Grabschrift, Secundus hat seiner 
Pflicht Genüge geleistet. P. Clodius Secundus seinem teueren Bruder.» 

Die Ergänzungen sind möglicherweise richtig, aber nicht mit 
Sicherheit nachweisbar. Z. 1 vor I ein E, doch kommen Schreib- 
fehler vor. Über die Endung -om statt um vergl. Becker Inschr. — 
Mainz 242 nativom. In der Mitte ein daktylischer Hexameter. — 
Römische Herkunft angezweifelt, doch wohl mit Unrecht. Becker, 
Bonn. J. 1873, H. 53/4, p. 151. Christ, Korr.-Ges, 1882, p. 31. Franck, 
Arch. XIII, 145 ff. Frhr. Schenk zu Schweinsberg, Arch. XIV, 89 ff. 

d. Grabdenkmäler. 

K.-M. Nr. 24. Sogen. Grabmal der Horatier und 
Curiatier bei Albano, Mosaiksaal. «Die Bezeichnung des 
Grabmals als Sepolcro degli Orazi e Curiazi wird nicht nur 
durch kein Zeugnis aus dem Altertum gestützt, sondern steht 
sogar im Widerspruch zu der Erzählung des Livius I, 25.» 
Es ist ein vielleicht nach etruskischem Vorbild errichtetes, 
noch aus republikanischer Zeit stammendes Grabmal, wahr- 
scheinlich Familienbegräbnis und ist aus Peperinsteinen auf- 
gebaut. Auf einem Unterbau von 19 m im Quadrat erheben 
sich fünf Kegel, einer in der Mitte, die andern an den Ecken; 
in der Mitte ist eine kleine Grabkammer. 

Burckh. I, p. 25, Anm. Guhl-K. p. 587. Montf. Ant. expl. IX, 
Taf. 117. Pir. Le ant. R. III, Taf. I, 10. Pir. Ant. d'Alb. Taf. 5. 6. 

K.-M. Nr. 22. Sogen, templum salutis (Seggiola del 
Diavolo). Grabruine an der Via Appia, Mosaiksaal. «Für 
reichere Privatgräber war die viereckige Kapelle der beliebteste 
Typus. Das Innere bestand entweder bloß aus einer kleinen 
unteren Grabkammer mit Nischen oder auch aus einem oberen 
gewölbten Raum.» 

Burckh. I, p. 25. Gsell-F. p. 1026. 

K.-M. Nr. 23. Sogen. Tempel des Deus Rediculus, 
Mosaiksaal. Der Bau liegt im Thale der Egeria, vor der Porta 
Capena, wo der Überlieferung nach Hannibal umgekehrt ist; 
daher sei, so heißt es, dem Gotte, der diesen Rückzug be- 
wirkt, dem deus rediculus, dieser Tempel erbaut worden. Diese 
Überlieferung ist unrichtig. Der Bau stellt vielmehr eine Grab- 
kapelle vor, bestimmt, in seinem Untergeschosse die Aschen- 
urnen aufzunehmen, während in dem gewölbten Obergeschosse 
den Diis manibus geopfert wurde. Die äußere Form ist die 
eines Pseudoperipteros- Tempels aus korinthischen Pilastern. 
«Diese Gräber in Kapellenform mögen das Beste gewesen sein, 



94 



Privatleben der Alten. Die Bestattung. 



was sich in dieser Gattung schaffen ließ. Sie sind Kollektiv- 
gräber und enthalten nach der schönen Sitte des Altertums 
die Nischen für die Aschenkrüge ganzer Familien, auch wohl 
ihrer Freigelassenen, auf einem verhältnismäßig sehr kleinen 
Raum beisammen.» (ßurckhardt.) 

Bunsen III, 1, 645. Burckh. I, p. 26 c und f. Gsell-F. p. 1050. 
Can. V. A. II, Taf. 14. 

K. M. Nr. 16. Sogen. Templo della Tosse bei Tivoli, 
Mosaiksaal. Rundbau von 12 1 ; , s m Durchmesser bei 2 m oberer 
Mauerstärke. Die Kuppel in drei Zonen geteilt. «Es ist eins 
der wenigen Kuppelgewölbe neben dem Pantheon, das bis auf 
den heutigen Tag erhalten blieb.» (Dürrn II, 182, 3.) 

K.-M. Nr. 21. Grabmal der Caecilia Metella, an der 
via Appia, Mosaiksaal. Auf quadratischem Unterbau erhebt sich 
ein Rundturm von 29 l /* m im Durchmesser, der mit Travertin- 
quadern bekleidet und einem schön ornamentierten Fries und 
Kranzgesims abgeschlossen ist. Wegen der Friesornamente, 
Stierschädel zwischen Blumenguirlanden, beim Volke Capo di 
bove genannt. Der Zinnenabschluß darüber ist ums Jahr 1300, 
als das Grabmal von der Familie der Gaetani in einen Verteidi- 
gungsturm umgewandelt wurde, aufgesetzt worden. Laut In- 
schrift «Caeciliae Q. Cretici filiae, Metellae Crassi» ist das 
Denkmal der Caecilia Metella, Tochter des Q. Metellus Creticus, 
des Besiegers der Creter (69 v. Chr.), Schwiegertochter des Trium- 
virn C. Crassus, errichtet worden. 

Baum. D. p. 608, Taf. X. Bunsen III, 1, 638. Burckh. I, p. 25 a. 
C. I. L. VI, 1, Nr. 1274. Can. IV, Taf. 272, 273. Can. V. A. Taf. 15, 16. 
Gsell-F. p. 1036. Guhl-K. p. 387. Montf. Ant. expl. IX, Taf. 112. Pir. 
Le ant. R. III, Taf. 50 51 (53 Erbauungsweise:. 

K.-M. Nr. 20. Grabmal der Plautier am Anio bei 
Tibur, Mosaiksaal. Der Aufbau ist ein ähnlicher wie bei Nr. 21. 
Erbaut ist das Denkmal unter Augustus. Die Inschrift lautet: M. 
Plautius M(arci) f(ilius) A(uli) n(epos) Silvanus co(n)s(ul), septem- 
vir epulon(um): huic senatus triumphalia ornamenta decrevit 
ob res in Illyrico bcne gestas. — Lartia Gn(aei) f(ilia) uxor. 
— A(ulus) Plautius M(arci) f(ilius) Urgulanius; vixit annos 
novem = (Hier liegen.) Marcus Plautius, Sohn des Marcus, 
Enkel des Aulus, Silvanus, Konsul, einer von den sieben 
Epulonen ; ihm hat der Senat die Ehrenabzeichen des Trium- 
phes zuerkannt wegen seiner ruhmvollen Kriegsthaten in Illy- 



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Die Bildwerke und Gipsabgüsse. Bildwerke aus Marmor etc. 95 

ricum. — Lartia, die Tochter des Gnaeus, seine Frau. — 
Aulus Plautius, Sohn des Marcus, Urgulanius; er lebte neun 
Jahre. — 

Die Epulonen waren ein Priesterkolleg, welches die feierlichen 
öffentlichen Mahlzeiten bei Götterfesten zu besorgen hatte. — C. I. L. 
XIV, Nr. 3606. Gsell-G. p. 1053. Montf. Ant. expl. IX, Taf. 114. Pir. 
III, Taf. 12, 13. 

K.-M. Nr. 25. Pyramide des Cestius, an der Porta 
Ostiensis, Mosaiksaal. Auf einer quadratischen Basis von 30 m 
Seitenlänge erhebt sich die vierseitige 37 m hohe Pyramide. 
Der Unterbau ist aus Travertin, der Kern aus Gußwerk, mit 
Marmortafeln belegt. Im Innern ist eine kleine, rechteckige, 
mit Tonnengewölbe überdeckte Grabkammer (6X^X5 m), 
deren Wände mit Malereien verziert sind. Auf zwei Seiten 
(am Modell nur auf einer Seite) steht: C. Cestius L(ucii) f(ilius), 
Pob(lilius) Epulo, pr(aetor) tr(ibunus) pl(ebis) septemvir epu- 
lonum = C. Cestius, Sohn des Lucius, Angehöriger der pob- 
lilischen Tribus, Epulo, Prätor, Volkstribun, einer von den 
sieben Epulonen. Darunter auf der östlichen Seite: Opus 
apsolutum ex testamento diebus CCCXXX arbitratu Ponti 
P(ublii) ^ilii) Cla(udii) Melae heredis et Pothi liberti = Das 
Werk wurde nach testamentarischer Verfügung in 330 Tagen 
unter der Fürsorge des Erben Pontius, des Sohnes des Publius, 
Angehörigen der Claudischen Tribus, Mela, und des Freige- 
lassenen Pothus vollendet. — «C. Cestius ist vielleicht der- 
selbe, der im Jahre 44 als Prätor die ihm von Antonius an- 
gebotene Provinz zurückwies.» 

Bunsen III, 1, 435. Burckh. I, 25 f. C. I. L. VI, 1, Nr. 1374. 
Can. II, Taf. 21 (mit der Porta Ostiensie), 280. Guhl-K. p. 589. Montf. 
Ant expl. IX, Taf. 105. Pir Le ant. R. III, Taf. 40, 41, 44. 



IV. Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 

1. Die Bildwerke ans Marmor, Bronce und Thon. 

Sie bedürfen einer besonderen archäologisch -kritischen 
und kunstgeschichtlichen Behandlung, die Echtes vom Un- 
echten zu trennen, eine mythologische Gruppierung und Deutung 
vorzunehmen und die einzelnen Darstellungen nach ihrem 
künstlerischen Werte zu beurteilen hätte. — Im folgenden 
soll nur ein kurzer überblick über das Vorhandene gegeben 
werden. 



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96 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



Viele unserer Skulpturen wie überhaupt ein nicht unbedeutender 
Teil unserer Antikensammlungen stammen aus dem «Museum von 
Hüpsch». Adolf (von) Hüpsch, geboren zu Lonzen bei Aachen im 
Jahre 1729, studierte Altertumskunde und Naturwissenschaft und ließ 
sich 1750 zu dauerndem Aufenthalt in Köln nieder. Er war ein sehr 
produktiver Schriftsteller auf den verschiedensten wissenschaftlichen 
Gebieten und ein leidenschaftlicher Sammler von naturwissenschaft- 
lichen und antiken Gegenständen, von Gemälden, Kupferstichen, 
Manuskripten u. s. w. Von seinen Schriften sind mehrere in der 
hiesigen Hof bibliothek; seine Sammlungen, deren Kosten er selbst auf 
über 100 000 Gulden angiebt, deren Wert er auf eine halbe Million 
schätzt, vermachte er testamentarisch unserem kunstliebenden Groß- 
herzog Ludewig I.; nach seinem Tode, der am 1. Januar 1805 erfolgte, 
kamen seine Sammlungen zum größten Teil hierher. Einen kleineren 
Teil tiberließ der Großherzog, eingereichten Petitionen entsprechend, 
der Stadt Köln und einzelnen Personen: «es waren dies fast alle die 
Gegenstände, die in Bezug auf politische und Sittengeschichte für 
Köln von Interesse waren». Walther, Samml. des Großh. M. zu D., 
p. XIV, Anm. 

a. Reliefs aus Bronce und Thon, Sehr. V. 
IV. B. 1. Opferscene, Relieftafel aus Bronce, Fundort 
unbekannt; ein Priester, der ein Gefäß hochhält, steht neben 
einem Ochsen. IV. B. 2. Herkules mit einer weiblichen 
Gestalt (Omphale? Hebe?), Bronce, Fundort unbekannt. 
I. E. 5. Herkules als Stierbändiger, Thonrelief, Mosaiksaal. 
IV. B. 4. Medusenhaupt. IV. B. 5. Bärtiges Gesicht eines 
Mannes. — Die Flach- und Hochreliefs des Mithras s. unter 
Mithraskult p. 31, 32, 33. Über das Diptychon relief s. p. 84 f. 

b. Grössere Büsten aus Marmor und Bronce, 

Mosaiksaal, auf besonderen Gestellen. 

III. A. 2. Weiblicher Kopf aus Marmor mit mehr- 
fachen Ergänzungen in Gips; Fundort unbekannt. 3. Minerva- 
büste aus weißem Marmor, mit mehrfachen Ergänzungen in 
Marmor (an Hals, Brust, Nase, rechtem Auge, Haaren und 
Helm) aus dem Museum von Hüpsch. IV. A. 4. Weibliche 
Büste, Kopf aus weißem, Gewand aus bläulich-grauem Mar- 
mor (mit mehrfachen Ergänzungen an Nase, linker Wange, 
linkem Auge), unbekannter Herkunft. III. B. 1. Knaben- 
kopf aus Bronce, angekauft 1813 von Herrn von Hohenfeld, 
vormals Domdechanten in Speier (ergänzt Hals und Brust, Nasen- 
spitze, Teil der rechten Wange und der Schädeldecke. Adamy, 
Katal.). Früher als tjugendlicher Nero» bezeichnet. Von hohem 



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Bildwerke aus Marmor, Bronce und Thon. 



97 



künstlerischem Werte. — Nach Furtwängler Meisterw. 685, A. 3, 
ist der Kopf eine römische Nachbildung des «Dornausziehers» ; 
vergl. Gipsabgüsse Nr. 43. 

c. Die Statuetten, Sehr. V. 

Das Material ist, wenn nichts Besonderes bemerkt ist, 
Bronce. Sie wurden als Kultbilder, Weihgeschenke, Amulette 
und Zierfiguren verwandt. Als Kultbilder dienten sie dem 
privaten Kult, dem Hausgottesdienst und waren in den Wand- 
nischen oder besonderen Hauskapellen aufgestellt. Als Weih- 
geschenke finden sich die Statuetten von Göttern, Menschen 
und Tieren an alten Kultusstätten. Als Amulette wurden 
sie am Halse getragen; sie sind dann mit einem Ringe ver- 
sehen, oder sie wurden den Toten mit ins Grab gegeben. Als 
Zimmerzierde waren sie nach Art unserer Nippfiguren auf- 
gestellt. (Nach Friederichs II, p. 381 ff.) 

Die in den Jahren 1805 und 1806 durch Artaria aus Mannheim 
bezogenen Broncen sind z. T. unecht; Zweifel bezüglich der antiken 
Herkunft wurden schon kurz nach ihrem Eintreffen hierselbst erhoben; 
eine kritische Sichtung ist noch nicht vorgenommen. S. H. = Samm- 
lung (von) Hupseh. 

a. Statuetten und Büsten von Göttern. IV. A. a. Juppiter 
in mehreren Statuetten, einigemal mit dem Blitzstrahl aus- 
gerüstet. 6 als Stier mit Europa, aus S. H. ; Büste des Juppiter, 
Kopf des Juppiter Ammon. Vergl. Baum. D. 66. — IV. A. b. 
Hephästus mit Hammerund Zange, Chlamys und phrygischer 
Mütze, S. H. — IV. A. c. Hermes in mehreren Statuetten; 
aus S. H.; 1 verstümmelt, doch noch der linke Flügel am 
Kopfe vorhanden; 4 verstümmelt; 7 gef. bei Trier, verstümmelt; 
8 gef. bei Mainz; 6 Hermeskopf aus Thon, mit Flügelhut, 
gef. Dornberg bei Groß-Gerau; 5 Renaissancenachbildung des 
Hermes als Gottes der Palästra (Gipsabg. Nr. 17). — IV. A. d. 
Bacchus und sein Kreis. Aus S. H. : 1 Büste eines Bacchus 
oder Satyrs, mit Weinlaub bekränzt; 2 Statuette eines Pans, 
mit Spitzohren, Hörnchen, Bart, Ziegenfüßen und Schwänz- 
chen, tanzend, mit der rechten Hand das Becken schwingend; 
3 Sitzende Faune mit den charakteristischen körperlichen 
Merkmalen; 4 Büste eines alten, kahlköpfigen, epheubekränzten, 
bärtigen Satyrs; 10 Vordere Hälfte eines Kentauren, der einen 
Weinschlauch trägt. «Der Körper setzt sich nach hinten in 
runder Stilform fort; vermutlich zum Griffe eines Gefäßes ge- 

Buchhold, Die Antikensammlungen. 7 



98 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



hörig.» (Adamy, Katal.) — 11 Köpfchen eines Fauns, gef. 1865 
bei Mainz, langbärtig, spitzohrig. — IV. A. e. Keulenschwingender 
Herkules aus S. H. — IV. A. f. 1 Minerva mit Helm und 
Ägi6 ausgerüstet, aus S. H. — IV. A. g. Aphrodite und 
Amor; 4 Amor in lebhafter Bewegung, aus S. H. — IV. A. h. 
Fortuna in mehreren Statuetten; 1 mit patera und Füll- 
horn, aus S. H. ; 2 Stehende Gewandfigur der Fortuna, gef. bei 
Echzell 1847; «das Haar ist in einen Knoten zusammen- 
gebunden und darüber mit einem Schmucke versehen; sie ist 
mit ärmellosem Chiton und um die Hüften mit Obergewand 
bekleidet, die linke Hand hält das Füllhorn, die rechte das Ober- 
gewand». (Adamy, Katal.) 4 Thonstatuette, gef. in Friedberg, 
Fortuna mit Schleier und Füllhorn. — IV. A. i. 2 Mater Cam- 
pestris aus Thon, aus Sammlung Dieffenbach. — IV. A. i. 5 
Priapus aus grauem Thon, gef. 1886 bei Hergershausen, 
ausführlich behandelt von Anthes, W. Z. 1887, p. 23 ff. — 
IV. A. i. 7 Diana mit Halbmond, aus Bronce, gef. in Mainz. 

ß. Statuetten and Büsten von Menschen. Aus S. H.: IV. 
A. k. 2 Statuette eines sitzenden Jünglings. «Der Ober- 
körper ist gerade emporgerichtet, die linke Hand am gebogenen 
Knie, der linke Fuß ausgestreckt; der rechte Arm fehlt; Kopf 
mit Lorbeerkranz; das auf den Rücken herabhängende Ge- 
wand wird durch einen Riemen, der von der linken Schulter 
über die Brust nach der rechten Hüfte läuft, gehalten; das 
Gewand setzt sich über dem rechten Oberschenkel fort. Der 
Sitz ein Felsen.» (Adamy, Katal.) Die Haltung erinnert an 
die des Narcissus. (Baum. D. p. 1006, Abb. 1213.) 5 Mann. 
6 Kindergruppe. 8 Sitzender Knabe. 17 Weibliche 
Gestalt, «die linke Hand wie schützend gegen das Sonnen- 
licht vor die Augen haltend». (Adamy, Katal.) 24 Büste 
des Äsopus. «Der Kopf ruht unmittelbar auf der verwachsenen 
Brust, auf dieser ein Hahn in Relief; das Haar mit einem 
Lorbeerkranz geschmückt.» (Adamy, Katal.) 25 — 30 Weib- 
liche Büsten, sämtlich mit Gewand über einer Schulter. 
31 — 35 Männliche Büsten, eine mit Lorbeerkranz, sämt- 
lich mit Gewand. 36 Büste Homers, nach Walther, p. 53, 
gef. in Herkulanum. 37 Seneca. 38 Alexander. 39 Ti- 
berius. — Bestimmter Herkunft: IV. A. k. 23 Büste eines 
Mannes, gef. 1822 bei Erweiterung des Stadtgrabens zu Gießen. 
Eigentümliche Gesichts bildung und Haartracht; mit Ring am 



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Die Gipsabgüsse. 



99 



Hinterkopfe, diente vielleicht zum Anhängen als Amulett. 
(Vergl. Friederichs II, 381. Justi, Vorz. Marb. 1828, p. 118.) 
IV. A. k. 40 Knäbchen, gef. in Ober-Florstadt, «mit spitzen 
Stiftchen in den Händen und fingerhutförmigem Gefäß auf 
dem Kopfe». (Adamy, Katal.; vergl. Lindenschm. II, 2, Taf. 2.) 
— IV. A. k. 42 Weiblicher Kopf aus Marmor, gef. in Athen; 
43 und 44 Weibliches Köpfchen aus Thon, gef. in Cypern. 
49 — 52 Weibliche Gewandfiguren aus Terracotta, gef. in 
Tanagra in Böotien, sämtlich mit Spuren von Bemalung. 
IV. A. k. 18 Henkel einer Broncevase, gef. bei Bors- 
dorf in Oberhessen, «gebildet durch zwei nackte Ringer, welche 
sich an den Armen fassend, das eine Knie gebogen, das andere 
ausgestreckt, in vollster Anstrengung ihrer kräftigen Körper, 
mit ihren Köpfen, nach Art der Widder, sich gegenseitig 
zurückzudrängen suchen. Jede der Figuren hat als abgeson- 
derte Basis ein Ornament von zwei Ranken, welche, in der 
Mitte durch ein Band zusammengehalten, nach oben sich nach 
beiden Seiten ausschwingen und an dem einen Ende mit einem 
rosettenförmigen Knopf abschließen, an dem andern einfach 
umgerollt sind. Unterhalb laufen sie in Spiralwindungen aus- 
einander und lassen einer spitzblättrigen Palmette Raum zur 
Entfaltung.» (Lindenschm. II, 5, Taf. 2, Fig. 1.) 

f. Tierstatuetten. Aus S. H. : IV. A. e. 1 schreitendes 
Pferd. 5 und 6 Ziegen. Unbekannter Herkunft: 2 schrei- 
tender Stier. 3 Ruhender Löwe mit hierogl. Inschrift. 
4 Desgl. 7 Nilpferd. — Dazu Köpfe von Tieren als Griffe 
benutzt: IV. A. e. 16 Löwenköpfchen. V. B. 14 u. 15 Pferde- 
köpte. V. B. 5 Fischkopf. V. B. 16 Schweinskopf. Sehr. V, 2. 

2. Die Gipsabgüsse. 

Gipsabgüsse antiker Skulpturen (Reliefs, Statuen, Büsten) 
bilden, wie allgemein anerkannt, das beste Mittel zur Veran- 
schaulichung antiker Bildhauerkunst, und ein gutes Gips- 
museum kann rücksichtlich seines allgemeinen und ästhe- 
tischen Bildungswertes durch Abbildungen nicht ersetzt werden. 
Das beste Gipsmuseum ist aber das, welches einen möglichst 
umfassenden Überblick über die antiken Bildwerke gewährt 
und damit die verschiedenen Entwicklungsstufen der Kunst 
von ihren Uranfängen bis zu ihrer höchsten Blüte und ihrem 
Niedergang veranschaulicht. Unsere Sammlung von Abgüssen 
antiker Bildwerke weist in dieser Hinsicht viele Lücken auf, 

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Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



aber auch das Vorhandene kann nach kunsthistorischen Ge- 
sichtspunkten behandelt, und die Epochen der altgriechischen 
Kunst, des Phidias, des Praxiteles und Skopas, und nament- 
lich auch die hellenistisch-römische Epoche können charakteri- 
siert werden. Auf eine solche Behandlung mußte wegen des 
beschränkten Raumes verzichtet werden; es konnte nur eine 
Auswahl aus den vorhandenen Gipsabgüssen getroffen werden, 
und zwar sind die ausgewählten Werke nach dem in der 
ganzen Arbeit maßgebenden Gesichtspunkte gruppiert, nach 
ihren Beziehungen zum religiösen, öffentlichen und privaten 
Leben. (Vgl. zu dieser Gruppierung Overbeck II, 495 ff.) «In 
Griechenland war während aller der Jahrhunderte, in denen 
die Kunst hauptsächlich fruchtbar war, der überwiegende 
Hauptbedarf plastischer Werke mythologisch-idealen Gegen- 
standes durch den Kultus gegeben, sei es, daß dieser eigent- 
liche Tempelbilder, sei es, daß er Statuen zu den un- 
zähligen Weihgeschenken erforderte, die in mannigfach 
wechselnder Form in den Tempeln und Tempelhallen 
oder auf dem Grund und Boden der Heiligtümer oder 
sonstwo öffentlich aufgestellt wurden. — Auch in Rom 
erhob der Kultus seine Ansprüche, und es kann nicht ge- 
leugnet werden, daß auch hier der Bedarf des Kultus nicht 
wenige plastische Werke erfordert hat, aber er war ein un- 
gleich geringerer als er in Griechenland jemals gewesen ist. 
— Der ungleich größere Rest stammt aus anderen Quellen. 
Und hier wird dem Bedarf der Ausschmückung von teils 
öffentlichen, teils privaten Gebäuden, Plätzen, Stra- 
ßen und Gärten die unbedingt oberste Stelle einzuräumen 
sein. Auch Griechenland war ein solcher Bedarf statuarischer 
Werke nicht fremd, aber er trat weder so überwiegend noch 
in dem Umfange hervor wie in Rom.» — 

a. Skulpturenschmuck der Tempel und ihrer Umgebung. 

a. Ausschmückung des Giebels. 

Die Giebelgruppen des Athenatempels von Ägina. 
Die Originale (Marmor) wurden 1811 auf der Insel Ägina in den 
Ruinen eines Tempels (der Athene) gefunden, 1812 von Kron- 
prinz Ludwig von Bayern angekauft, 1816 — 1817 von Thor- 
waldsen ergänzt und in der Glyptothek zu München aufgestellt. 
Die Aufstellung unserer Abgüsse ist die der Münchener Glypto- 



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Die Gipsabgüsse. 101 

thek; sie ist vielfach als falsch bestritten (Overbeck I, p. 165), 
ebenso wie man sich über die Deutung mehrerer Figuren noch 
nicht geeinigt hat. (Friederichs-W. p. 48.) Außer den erhaltenen 
zehn Figuren »des Westgiebels lassen sich noch vier weitere mit 
Wahrscheinlichkeit nachweisen, zwei lanzenschwingende Vor- 
kämpfer und zwei zugreifende Personen, wie deren eine am Ost- 
giebel erhalten ist. (Konr. Lange, Sitzgsber. d. K. Sachs. G. d. W. 
1878, II, p. 1 ff) Für den Ostgiebel werden ebenfalls im ganzen 
14 Figuren angenommen. Bewundernswert ist die Technik; 
die Figuren sind durchgängig ohne künstliche Stütze im Gleich- 
gewicht erhalten; 6ie sind allseitig mit der gleichen Sorgfalt 
ausgearbeitet. (Brunn, Gl.. S. 66.) Die Attribute, Speere, Schwer- 
ter und eine Menge einzelner hervortretender Teile und Zu- 
thaten, waren aus Marmor oder Bronce angefügt. Für die ge- 
samte Wirkung war die Färbung und Bemalung von größter 
Bedeutung. (Brunn a. a. 0.) Aus Spuren, die sich am Helm 
und der Ägis der Athene fanden, schließt man auf durch- 
gängige Bemalung; die Helme waren blau, der Helmbusch 
rot bemalt. (Friederichs-W. p. 33). Als Entstehungszeit wird 
die Zeit nach den Perserkriegen 480—465 v. Chr. angenommen. 

Die zehn Figuren des Westgiebels. Kl. S. Gegen- 
stand: Kampf um die Leiche des Achilles (Brunn) oder des 
Patroklus. (0. Müller, Kl. Sehr., II, p. 677.) Von links nach 
rechte: a. Verwundeter Grieche, im Begriff, sich die tödliche 
Waffe aus einer Wunde unter der rechten Brust zu ziehen, 
b. Knieender Lanzenkämpfer in lauernder Stellung (Aias, 
Sohn des Oileus nach Brunn), c. Der Bogenschütze Teukros: 
«in der typischen Stellung des Bogenschützen hat er sich auf 
das rechte Knie niedergelassen und erscheint fertig, den Pfeil 
vom Bogen zu senden», d. Der Telamonier Aias als Vor- 
kämpfer die Leiche des gefallenen Achill (Patroklus) schützend; 
weit ausschreitend streckt er den Schild zur Deckung vor und 
schwingt in der erhobenen Rechten die Lanze, e. Der ge- 
fallene Achilles (Patroklus): «im Niedersinken auf seine rechte 
Seite stützt er 6ich noch mit der Rechten, welche das Schwert 
hielt, auf den Boden, am linken Arme trug er den Schild. 
Der mit feststehendem Backen- und Nasenschilde versehene 
Visierhelm liegt, nach hinten zurückgeschoben, nur lose auf 
dem Kopf.» f. Athene, «als Göttin, welche die Geschicke des 
Kampfes lenkt, ohne sich selbst direkt daran zu beteiligen, 



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Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



steht sie scheinbar teilnahmlos und unbewegt mit ihren Attri- 
buten, dem Schilde an der Linken und dem schräg in der 
Rechten gehaltenen Speer, mehr ein Bild der Göttin als sie 
selbst leibhaftig», g. Äneas (Hektor) mit nach hinten ge- 
setztem Helme, Promachos der Trojaner, dem Telamonier 
entsprechend, h. Paris, dem Teukros entsprechend, troischer 
Bogenschütze mit enganliegenden bis an die Knöchel reichen- 
den Hosen, einer vorn geschlossenen Jacke mit langen Ärmeln 
und einer den Nacken deckenden phrygischen Mütze, i. Knie- 
ender Lanzenkämpfer der Trojaner (Äneas). k. Verwundeter 
Trojaner; im Liegen stützt er sich auf den rechten Arm. 

Die fünf Figuren des östlichen Giebelfeldes, 
Hs. Gegenstand: Kampfesscene aus der ersten Belagerung 
Trojas durch Herkules. Auch hier stand Athene in der Mitte 
der Kämpfenden ; es hat sich von ihr der Kopf erhalten. Die 
Griechen standen auf der linken, die Trojaner auf der rechten 
Seite der Göttin (Friederichs- W. p. 39), wie dies aus der Hal- 
tung des sicher zu bestimmenden Herakles hervorgeht. Nach 
unserer Aufstellung sind die Figuren von links nach rechts 
mit a— e bezeichnet, aber in der neuerdings angenommenen 
Ordnung genannt, a. Verwundeter Krieger, auf die linke 
Seite gestützt, «hält sich durch den Rand des am linken Arme 
ausgestreckten befestigten Schildes noch etwas vom Boden em- 
por» (Trojaner, als Laomedon bezeichnet), c. Trojanischer 
Vorkämpfer (früher als Telamon bezeichnet, in sehr verstüm- 
meltem Zustande aufgefunden; ergänzt sind der Kopf, die 
rechte und linke Hand, das ganze linke Bein, der rechte Ober- 
schenkel und die Ferse), d. Verwundeter Krieger, mit Helm» 
Schild und Beinschienen gerüstet; auf dem Schilde liegend, 
sucht er noch mit unwillkürlicher Bewegung sich zu wehren 
(als Oikles, Sohn des Antiphates, bezeichnet, vielleicht rich- 
tiger als gefallener Trojaner aufzufassen, Friederichs-W. p. 40). 
e. Vorwärts gebeugter Jüngling, als Grieche aufzufassen, greift 
nach dem Verwundeten, b. Herakles (fälschlich zwischen a 
und c stehend, gehört nach der rechten Seite des Beschauers); 
mit Löwenhelm und kurzem Waffenrock bekleidet, streckt er 
das linke Bein vor und ist im Begriff, einen Pfeil abzuschießen. 

Baum. I). 333, Abb. 349—351. Brunn D. N. 24-28. Brunn Gl. 
66 ff. Clarac V, 815-821. Friederiche-W. p. 32-49. Müller I, 
Taf. 6-8B. Overbeck A. S. p. 7- 9. Overbeck I, 146 ff. Schlie p. 7-18. 



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Die Gipsabgüsse. 



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ß. Die Metopen (vergl. p. 7). 

Metopenplatten vom Theseustempel in Athen, Hs M 
neben den Friesfiguren des Theseustempels ; Originale (Marmor) 
noch an Ort und Stelle. Über die Entstehungszeit und Form 
des Tempels sagt Baumeister: «Daß der sogen. Theseustempel der 
perikleischen Zeit im weiteren Sinne angehört, ist nicht zu be- 
zweifeln. Er war ein dorischer Peripteros mit 6X13 Säulen, 
welche einen Doppelantentempel umschlossen. Der Tempel ist 
wohlerhalten, besser als irgend ein anderer in Griechenland und 
Italien; das verdankt er vornehmlich den Byzantinern, die früh- 
zeitig das heidnische Gotteshaus zur christlichen Kirche um- 
wandelten.» (Nach Baum. D. 1778 u. 1774.) Die Skulpturen der 
Metopen stellten Thaten des Herakles und des Theseus dar. 
Abgüsse von Metopen der Langseiten : a. Die 7. Metope : Theseus 
bezwingt den Skiron (der die Vorübergehenden zwang, ihm die 
Füße zu waschen, wobei er sie ins Meer hinabstieß); b. eine 
halbe Metope; c. die 6. Metope: Theseus überwindet den ar- 
kadischen Ringer Kerkyon (der die Vorübergehenden züm Ring- 
kampfe aufforderte und die Unterliegenden tötete). 

Baum. D. Abb. 1865, 1864. Brunn D. Nr. 153. Overbeck 1, 458. 

Metopenplatten vom Parthenon in Athen, Kl. S. 
«Der Parthenon, vollendet und eingeweiht 437 v. Chr. (über 
die Form s. p. 14), war in seinen beiden Giebeln im Osten 
und Westen mit Gruppen kolossaler Statuen, in seinem äußeren 
Säulenfries mit 92 Metopentafeln in Hochrelief und um die 
Stirn seiner Cellamauer mit einem mehr als 160 m langen 
Fries in Flachrelief geschmückt. Alle diese Skulpturen haben 
durch mancherlei Schicksale des Tempels mehr oder weniger, 
namentlich aber bei einer Beschießung Athens durch den 
venetianischen Dogen Morosini im Jahre 1687 gelitten, und 
wir würden kaum im stände sein, aus den bis auf uns ge- 
kommenen Resten, welche sich fast allesamt im britischen 
Museum befinden, über den Zusammenhang des Ganzen zu 
urteilen, wenn wir nicht die Zeichnungen besäßen, die, 15 Jahre 
vor der eben erwähnten größten Zerstörung des Parthenon, im 
Jahre 1672, ein französischer Maler, Jacques Carrey, von beiden 
Giebelgruppen, vielen Metopen und von bedeutenden Teilen 
des Cellafrieses anfertigte.» (Overbeck.) Unsere Metopen 
stammen von der Südseite und haben die Kentauromachie bei 
der Hochzeit des Lapithenfürsten Peirithoos mit Deidameia 



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Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



zum Gegenstande. Die 10. Metope, Original im Louvre: ein 
Kentaur versucht eine Frau zu entführen. — Die 1. Metope, 
Original noch an Ort und Stelle. «Sie zeigt uns den Kampf 
im Stadium der höchsten Anstrengung beider Gegner, bei dem 
aber der Kentaur im Vorteil ist. Denn er hat den griechischen 
Jüngling mit dem linken Arm um den Hals umschlungen 
und würgt ihn, während er zugleich in der Rechten eine 
fragmentierte Waffe, wahrscheinlich einen Baumast, gewaltig 
ausholend gegen ihn schwingt. Der Grieche oder Lapith, der 
aus seiner peinlichen Lage sich durch Anstemmung des linken 
Beins gegen den Bug des Kentauren zu befreien sucht, wird 
kaum noch im stände sein, mit dem jetzt fehlenden, aus 
Bronce eingefügt gewesenen Schwert einen kräftigen Stoß auf 
den Leib des Gegners auszuführen.» (Overbeck.) 

Baum. D. 1179. Böttieher, Akrop. 128. Brunn D. Nr. 193. 
Clarac II, 147, 179, 148, 180. Michaelis, Parthenon Taf. 3, I, X. 
Overbeck I, 426, Fig. 109; 429. Overbeck A. S., p. 25, 33. 

Y- Skulptnrenschmuck des Frieses. «Schon in der Zeit des 
Perikles war an den dorischen Tempeln die Neuerung ein- 
geführt, daß nur am äußeren Fries der dorische Stil fest- 
gehalten, im inneren aber mit dem jonischen vertauscht 
wurde.» Der innere die Cella umgebende Fries verlief nach 
jonischer Weise in einem glatten Streifen und wurde mit 
Relief verziert, die nicht wie die Metopen von einander ge- 
trennt waren, sondern äußerlich miteinander zusammenhingen; 
sie sind dazu bestimmt, eine größere Handlung einheitlich 
darzustellen. «Der Grund dieser Abweichung von dem 
strengeren älteren Dorismus liegt gewiß in einer Konzession, 
die man der Plastik machte.» (Friederichs -W. p. 245.) 

Skulpturen vom Fries des Theseustempels, Westseite, 
Hs., Original (Marmor) noch an Ort und Stelle. Gegenstand: 
Kampf der Lapithen und Kentauren bei der Hochzeit des 
Peirithoos (vergl. Metopen des Parthenon p. 103 f.). Die ver- 
schiedenen Gruppen zeigen abwechselnd bald die Kentauren, 
bald die Lapithen im Vorteil, Hauptgruppe in der Mitte: Zwei 
Kentauren bedrohen mit einem Felsblock den unverwundbaren 
Kaineus. «Kaineus, so heißt es in der Sage, wurde mit 
Fichtenstämmen geschlagen oder belastet in die Erde gedrückt, 
hier dagegen sind die Kentauren im Begriff, einen gewaltigen 
Felsblock auf ihn zu stürzen, gegen welchen er sich, schon halb 



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Die Gipsabgüsse. 



105 



eingesunken, mit seinem Schild, dessen Umriß deutlich zu er- 
kennen, zu schützen sucht. Diese Abweichung soll das Wunder an- 
schaulicher und begreiflicher für das Auge machen. » (Friederichs.) 

Baum. D. 1782 u. 1783. Friederichs-W. p. 248 ff. Müller I, 21. 
Overbeck I, 461, 462. Overbeck A. S. p. 14. 

Skulpturen vom Fries des Parthenon, Hs., Original 
(Marmor) im britischen Museum. «Ein fortlaufendes Relief- 
band von 160 m Länge umgab die Zelle des Tempels. Dieser 
Fries mußte schon aus optischen Gründen, um deutlich ge- 
sehen zu werden, ein sehr flaches Relief haben. Er befand 
sich nämlich in einer Höhe von 10 m über dem Auge des 
Betrachtenden, der genötigt war, seinen Standpunkt innerhalb 
des nicht ganz 5 m breiten Umgangs zu nehmen, so daß bei 
stärker vorspringendem Relief die oberen Teile der Figuren 
dem Auge entzogen worden wären.» (Friederichs.) Gegenstand: 
Der große Panathenäenfestzug, der sich zur Vornahme des 
großen Festopfers nach dem Tempel begiebt (Friederichs; nicht 
zur Übergabe des Peplos, wie Overbeck I, 441 u. a. annehmen; 
denn «dieser Peplos, ein mit reichem Bilderschmuck ver- 
sehenes Obergewand, wurde nicht der im Parthenon wohnenden 
Göttin, sondern der Athena Polias, die im Erechtheion ver- 
ehrt wurde, dargebracht und diente zur Bekleidung ihres alter- 
tümlichen Holzbildes»). Nur ein Teil der Tafeln liegt im 
Abguß vor, sie sind vielfach ergänzt. Hs. rechte Seitenwand 
und Wand dem Eingang gegenüber: Vorbereitungen zum 
Reiterfestzug, der sich in Bewegung setzende Zug, die Reiter 
in vollem Galopp den Vorausgegangenen nacheilend; auf der 
einen Seite sind die Jünglinge noch mit Sandalenbinden, 
Mantelanlegen, Aufsitzen beschäftigt, weiterhin setzen sie ihre 
Pferde in Gang, auf der anderen Seite galoppieren sie davon, 
um den Zug zu erreichen. Hs. linke Seitenwand: der an- 
kommende Zug. Der Knabe, der sich an eine Frauengestalt 
anlehnt, ist Eros, Aphrodite deutet mit dem linken Arme 
über der linken Schulter ihres Sohnes nach dem Festzug und 
scheint Eros auf etwas aufmerksam zu machen. Hinter 
Aphrodite sitzen andere Götter: ein Abguß, gesondert auf- 
gestellt im Kl. S., zeigt Poseidon, Apollo und Artemis. Vor 
Eros stehen ältere Athener, auf ihre Stäbe gelehnt, und jüngere, 
im Gespräche, zuwartend und schauend. «Die Spitze des Zuges 
ist eben angelangt; einige Jünglinge sind hier beschäftigt, 



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Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



einer winkt dem Priester zu, ein anderer hat dem vordersten 
Mädchenpaar den Opferkorb abgenommen, ein vierter spricht 
ein zweites Mädchenpaar an, es folgen einzelne Jungfrauen mit 
Kannen und Schalen.» — Einzelne Platte, gesondert auf- 
gestellt im Kl. S.: Amphorenträger; Jünglinge tragen wein- 
gefüllte Krüge, einer ist im Begriff, seinen Krug aufzuheben; 
darüber das Fragment eines Flötenspielers; an die Amphoren- 
träger schloß sich nämlich die Prozessionsmusik an. 

Baum. D. Taf. XXXIII, XXXIV, XXXV. Bouillon II, 93, III, 
Flachrel. Taf. 11. Brunn D. 194, 195. Clarac II, 211. Friederichs-W. 
Nr. 595—722. Gal. M. N. II, 108. Michaelis, Parthenon Taf. 9, 12, 14. 
Müller I, Taf. 24, 115; 25, 118. Pir. Mus. Nap. IV, 5. Schlie p. 80 ff. 
von Sybel in Baum. ü. p. 1185. 

Skulpturen vom Fries des großen Altars zu Per- 
gamum, Kl. S. Original (Marmor) am 31. Dezember 1879 
auf der Akropolis zu Pergamum gefunden, im Berliner Antiken- 
Museum. Gegenstand: Geflügelter, mit Schlangenbeinen aus- 
gerüsteter Gigant im Kampfe mit dem Adler des Zeus; der 
Adler schlägt seine linke Kralle in den Unterkiefer der 
Schlange. 

A. Trendelenburg in Baum. D. p. 1248. Schlie p. 266. 
o. Nachbildungen ursprünglicher Kultusbilder. 

Nr. 65. Der Zeuskopf von Otricoli, Hs. ; Original ge- 
funden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Otricoli 
(Perugia) im Vatikan, antik nur die Vorderseite. Die berühmteste 
unter allen Zeusbüsten, ist sie früher unmittelbar auf Pheidias 
zurückgeführt worden, gilt jetzt als eine Nach- und Umbildung 
aus der Zeit nach Lysippus. In dem Werke erscheint die 
Weisheit, Kraft und Energie des höchsten Gottes verkörpert. 
Das reich wallende, vorn emporstrebende Lockenhaar, der volle 
und lockige Bart umrahmen ein Götterantlitz, in dem jede 
Einzelheit charakteristisch ist. Die horizontal geteilte, nach 
unten vortretende Stirne, die kräftig geformte Nase, beides 
Merkmale fester Willenskraft, die geheimnisvoll tief liegenden 
ernst und milde blickenden Augen, die schön geschwungenen 
Augenbrauen, der etwas geöffnet« Mund, der Milde und Hoheit 
vereinigt, alle Züge, alle Linien greifen ineinander und rufen 
jenen harmonischen Gesamteindruck erhabener Kraft und 
göttlicher Majestät hervor. Und doch ist der Eindruck er- 
habenster, aus dem Bewußtsein der göttlichen Kraft fließender 
Ruhe nicht der einzige, den wir empfangen. Denn obwohl 



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Die Gipsabgüsse. 



107 



Zeus in einer gehaltenen Stimmung dargestellt ist, so weist 
doch die Behandlung der einzelnen Teile «auf andere Affekte 
hin, welche je nach den Umständen den Ausdruck des Götter- 
vaters bestimmen können. Wo es nur immer anging, ist die 
Bewegung angedeutet, deren die einzelnen Teile des Gesichts 
fähig sind. Die Falte der Stirn, das Spiel der Augenbrauen 
und ihre verschiedene Behandlung, die ein wenig aufgeblähten 
Nüstern, der etwas geöffnete Mund und das wallende Haar 
legen den Gedanken an den Übergang aus der Ruhe zur Be- 
wegung nahe, und für den Betrachter ist es leicht, sich den 
Kopf mit einem anderen Ausdruck als den vom Künstler 
fixierten vorzustellen.» (Heibig.) «*H, xat xoav£i(pv d<ppoai 
vsöas Kpoviaw. 'Afißpootai S'apa yaitat STrs^i&oavrG avaxtoc 
Kpatö; adavatoto * uifav S'iXdXt^sv v OXo{jurov. » Die home- 
rischen Verse sollen den Pheidias zur Darstellung seines olym- 
pischen Zeus begeistert haben : mag der Zeuskopf von Otricoli 
immerhin einem anderen Künstler nachgebildet sein, die 
homerischen Verse schlummern auch unter seinen Zügen. 

Baum. D. 1317. Brunn J)., Nr. 180. Burckh. I, 71, 72. Frie- 
derichs-W. Nr. 1511. Furtwängler Meisterw. p. 369, 370 führt die Ent- 
stehung des Typus von Otricoli auf den Kreis des Praxiteles zurück. 
Müller 11, Taf. 1,1. Mus. P. Cl. VI, 1. Overbeck A. 5, Nr. 19. Schlie 
p. 216, Nr. 200. 

Nr. 18. Athena, Hs., Original (Marmor) gefunden im 
Jahre 1797 in den Ruinen eines Landhauses bei Velletri, im 
Louvre. «In majestätischer Haltung steht die Göttin da. Sie 
ruht auf dem linken Fuße und zieht den rechten, den sie 
zugleich seitwärts bewegt hat, nach.» (Furtwäugler.) Bekleidet ist 
sie mit dem lang herabwallenden dorischen Peplos, der unter 
der Brust mit Schlangen gegürtet ist; um die Schultern hat 
sie die schlangenbesetzte vom Gorgonenhaupt zusammenge- 
haltene Ägis gelegt. Über die linke Schulter fällt ein Mantel 
«und ist um den Unterkörper geschlungen, so daß er einen 
großen dreieckigen Überfall bildet». Auf dem fast geradeaus 
gerichteten, aber ein wenig gesenkten Kopfe trägt die Göttin 
den korinthischen Helm; «mit der Rechten faßt sie die schräg 
nach unten aufgestützte Lanze hoch am Schafte: nicht als ob 
sie einer Stütze bedürfte — sie entfaltet nur in ruhiger Breite 
ohne die Spur des Pathetischen die Würde der göttlichen 
Erscheinung. Recht im Gegensatze dazu liegt der linke Ober- 
arm eng am Körper an, und die Hand ist vorgestreckt, um 



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Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



etwas nicht ganz Leichtes zu tragen»: wahrscheinlich war, was 
sie trug, eine Nike. Der Gesichtsausdruck trägt jenen «ern- 
sten und strengen Charakter, der aus dem Bewußtsein von 
der Realität der Götter hervorgeht und zur Andacht und Ver- 
ehrung stimmt». Das Original stand nach Furtwängler wahr- 
scheinlich in Athen; was aber die Frage nach dem Ursprung 
anlangt, so ist «die Statue ein Problem. Sie tritt all den ver- 
schiedenen Athenabildungen, die wir von Phidias und seinem 
Kreise kennen, völlig fremd gegenüber, sie läßt sich überhaupt 
nicht in eine Schulrubrik einordnen, sie ist durchaus indivi- 
duell.» Aus mannigfachen Merkmalen schließt Furtwängler 
auf Kresilas, Zeitgenossen des Phidias, als den Schöpfer dieses 
Athenatypus. 

Ergänzt sind die Hände und Teile der Füße. Baum. D. 213, 795. 
Bouillon I, Taf. 26. Brunn D. Nr. 68. Clarac III, 320, 851. Friede- 
richs- W. Nr. 1434. Furtw. Meister*-. 303 ff. Gal. M.N.III, 192. Müller 
II, 19, 204. Mus. franc. IV, 22. Pir. Mus. Nap. I, 7. Schlie p. 150, 
Nr. 144. Welcker A. K. B., p. 55, Nr. 62. 

Nr. 10. Aphrodite. Hs. Original (Marmor) um 1650 
in Frejus gefunden, jetzt im Louvre. Das Werk galt als eine 
Nachbildung der Venus Genetrix, die ArkesiJaos im Auftrage 
von Julius Cäsar anfertigte (40 v. Chr. ward der Tempel der 
Venus Genetrix, der Ahnin des Julischen Geschlechts, von 
Cäsar geweiht). Grund, das Werk in so späte Zeit zu setzen, 
gab die Behandlung des Gewandes und eine römische Münze 
mit der gleichen Darstellung und Bezeichnung als Venus Gene- 
trix. Jetzt wird sie für ein älteres Werk gehalten. Friede- 
richs-W. Nr. 1208: «Wir halten es für sicher, daß diese schöne 
Statue der Aphrodite um 400 v. Chr. von einem attischen 
Meister geschaffen worden ist». Overbeck hält eine Zurück- 
führung auf Alkamenes, Schüler und jüngeren Zeitgenossen 
des Pheidias, für nicht unberechtigt, Furtwängler für aus- 
gemacht. 

Ergänzt sind rechte Hand mit dem Zipfel des Mantels, vorderer Teil 
des rechten Fußes, linke Hand mit Apfel. Baum. D. 92, 93. Bouillon I, 
Taf. 15. Clarac III, 339, 1449. Friederichs-W. Nr. 1208. Gal. M. N. 
II, 90. Müller II, Taf. 24, 263. Mus. Borb. XIV, 23. Mus. franc. IV, 
26. Overbeck I, 377. Overbeck, A. 8., Nr. 85. Pir. Mus. Nap. I, 61. 
R. Gal Fir. IV, 13. 

Nr. 4. Silvanus (sog. Vertumnus). Kl. S. Original 
(Marmor) im Louvre. Silvanus, «der mit Mars und Faunus 
verwandte Waldgott, nach Vergil ein Gott der Fluren und 



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Die Gipsabgüsse. 



109 



des Viehstandes, welchem Domitianus an der Appischen Straße 
zuerst einen großen Tempel mit Herkules zusammen errichtete, 
genoß überall in Mittelitalien ländliche Verehrung». Typus: 
Bärtige, männliche, nackte Gestalt, mit Fichtenkranz im langen 
Haar; auf der linken Schulter Ziegenfell, in dessen Falte er 
verschiedene Früchte trägt; an den Füßen hohe Stiefel. In 
der rechten Hand hält er ein Winzermesser, ihm zur Seite 
sitzt der Hund seines Winks gewärtig. 

Baum. 1). 1666, Abb. 1731. Clarac III, 448, 818. Montf. Ant. 
expl. Suppl. I, 67. Reifferscheid, Annal. Inst. 1866, p. 212. 

Nr. 58. Kopf der Roma, Kl. S. Original (Marmor) 

im Louvre. «Das Urbild der Stadtgöttin Rom, wie es sich 

dauernd erhielt, wird von Brunn einem griechischen Künstler 

des 2. Jahrhunderts zugeschrieben, welcher aus dem älteren 

strengeren Heratypus, verbunden mit der stolzen Haltung und 

den Attributen der Athena, dasselbe komponierte.» (Baumeister.) 

Kenntlich ist die Göttin an dem Helmschmuck: auf beiden 

Seiten Knaben säugende Wölfin. (Sittl.) 

Ergänzt sind die Nasenspitze, das Kinn, die Büste, der obere 
Teil des Hehns. Baura. D. 1535. Bouillon I, Büste 76. Brunn D. 
Kr. 317. Clarac VI, 1100, 2820 F. Gal. M. N. X, 666. Sittl, p. 836. 

Nr. (38. Kopf der Roma, Kl. S. Original früher in 
Villa Borghese, jetzt im Louvre. «Die Hauptstadt der alten 
Welt, personifiziert als Amazone, zeigt die rechte Brust ent- 
blößt. » Am Helme auf beiden Seiten die säugende Wölfin. 
Clarac VI, 1100, 2820 E. f., VI, p. 22. 

e. Weihegeschenke für Tempel oder Tempelbezlrke. 

Hermes des Praxiteles, Hs. Original (Marmor), gefunden 
1877 in der Heraioncella in Olympia, zwischen der 2. und 
3. Scäule vor den Resten der Basis, auf der die Statue einst ge- 
standen, aufgestellt im Museum zu Olympia. Es ist das einzige 
auf Praxiteles unmittelbar zurückzuführende Werk; die Identizität 
ist mit Hilfe einer Notiz bei Pausanias V, 17, 3 erwiesen. 
«Hermes, der heitere, dienstwillige Jüngling, der sich so vieler 
verwaister und verlassener Götterkinder annehmen mußte, hat 
hier den kleinen Dionysos auf den Arm genommen, um ihn 
zu den Nymphen zu bringen, die das Knäblein erziehen sollen. 
Er hat Halt gemacht auf dem Wege, über einen Baumstamm 
seinen faltigen Mantel geworfen und darauf den Arm gestützt, 
der dem Kind zur Stütze dient. » (Friederichs.) In der linken 



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110 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



Hand hielt Hermes wahrscheinlich den Heroldstab, in der 
rechten Hand vielleicht eine Traube. » Kopf und Oberkörper 
des Dionysoskindes, die erst später gefunden wurden, fehlen 
am Gipsabguß. Brunn bezeichnet die Statue als ein Jugend- 
werk des Künstlers, Furtwängler setzt sie in die spätere Periode 
um 340. 

Brunn G. gr. K. I, 345. Friederichs-W. 1212. Furtwängler, 
Meisterw. 531. Overbeck II, 55 ff. Schlie p. 155, Nr. 150. Treu, 
Hermes mit dem Dionysosknaben. Berlin 1878. 

Nr. 1. Hermes, Hs., Original (Bronce), gef. zu Her- 
kulanum, jetzt in Neapel. Der Götterbote hat auf seinem 
Wege Halt gemacht, um sich auszuruhen; allein «sein Blick 
und seine ganze leichte Stellung, der Bau seiner Glieder läßt 
ahnen, mit welcher Elastizität er aufspringen wird». Hervor- 
zuheben: «die realistische Ausbildung des Gesichts, in dem 
das Edele, Feine zurückgetreten und die Verschlagenheit aus- 
geprägt scheint». (Burckhardt.) 

«Der größte Teil des Schädels ist ergänzt, woher sich die auf- 
fallende Form desselben, vielleicht auch die unschön vom Kopf ab- 
stehenden Ohren erklären.» (Friederiche.) Baum. D. 677, 78. Brunn 
D. 282. Burckh. I, 32 g. Clarac IV, 665, 1522. Friederichs I, Nr. 844. 
Müller II, Taf. 28, 309. Mus. Borb. III, 41, 42. Welcker A. K. B. 
p. 22, Nr. 20. 

Nr. 22. Hermes (sogen. Jason), Hs., Original (Marmor) 
früher in Rom, von Ludwig XIV. für das Schloß in Versailles 
erworben, jetzt im Louvre. In dieser und anderen Statuen 
derselben Haltung wollte man seit Winkelmann Jason er- 
kennen, «der zu Pelias gerufen, nur am rechten Fuß beschuht 
ankam, weil er in der Eile vergessen, auch den linken Schuh 
anzuziehen». Jetzt erklärt man die Statue fast allgemein für 
Hermes, der sieh anschickt, einen Befehl des Zeus auszuführen. 
«Der Gott ist, mit dem Oberkörper stark vorgebeugt, im Be- 
griff, an den auf eine Felserhöhung gesetzten rechten Fuß die 
Sandale festzubinden. Dabei ist das Gesicht ganz nach der 
linken Seite des Körpers umgewendet, wie wenn er den Auf- 
trag, den er ausrichten soll, kaum noch vernommen habe.» 
(Schlie.) Wegen der Ähnlichkeit in der Ausführung mit dem 
Apoxyomenos des Lysippus führt man die Statue auf diesen 
Künstler (Zeitgen. Alexanders des Großen) zurück. 

Ergänzt: Nasenspitze, Unterlippe, Kinn und Hinterkopf, linker 
Arm, linke Schulter, Hälfte des rechten Vorderarmes mit der Hand, 



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Die Gipsabgüsse. 



111 



<las rechte Bein bis oberhalb der Fußknöchel und ein Stück des 
Sandalenriemens; die Pflugschar wurde im XVI. Jahrh. ergänzt, als 
man in dem Bildwerk Cincinnatus erkennen wollte, der vom Pflug 
her zum Diktator erwählt wurde. Ein ganz ähnliches Exemplar ist 
in München. Brunn D. Nr. 64. Bouillon II, Taf. 6. Clarac III, 309, 
2046. De R. Racc. I, 70. Friederichs- W. Nr. 1533 (Abg. des Münchener 
Exempl.). Gal. M. N. V, 324. Mus. franc. IV, 57. Piran. Taf. 10. 
— Konr. Lange, Das Motiv des aufg. F. in Beitr. zur Kunstgesch. 
Heft III, p. 2 tf. sucht nachzuweisen, daß nur ein sandalenbindender 
Ephebe dargestellt sei, aber nicht Hermes. 

Nr. 36. Apollo von Belvedere, Hs., Original (Marmor), 
Ende des 15. Jahrhunderts in der Nähe von An tium gefunden, 
jetzt im Belvedere des Vatikans. Für die Erklärung der viel 
umstrittenen Statue kommt es wesentlich auf die Ergänzung 
der linken Hand an; die jetzige Ergänzung mit dem Bogen 
rührt von Montorsoli, einem Schüler Michel Angelos (f 1546), 
her. Der Gott ist in lebhafter Bewegung, der rechte Fuß steht 
voraus, der linke wird nachgezogen, «während das stolze Ant- 
litz, nach der linken Seite gewendet, über den linken Arm 
weg forschend und prüfend in die Ferne sieht. Der rechte 
Arm ist gesenkt, aber nicht ganz ohne Spannung, er steht ein 
wenig vom Körper ab.» In der linken Hand hielt der Gott 
vielleicht die Ägis. Man schloß dies aus der Ähnlichkeit mit 
einer Broncestatuette des Grafen Stroganoff in Petersburg, die 
in der linken Hand einen fragmentarischen Gegenstand trug, 
«der nichts anderes gewesen sein kann als die Ägis». Wenn 
der Gott wirklich die Ägis in der erhobenen Hand hatte, so 
ist er dargestellt, wie er einen Feind verscheucht oder ver- 
nichtet. Welches war dieser Feind? Vielleicht die Danaer 
nach Ilias XV, 306; oder die Gallier, die im Jahre 279 v. Chr. 
das delphische Heiligtum anzugreifen wagten und, wie die 
Sage geht, von dem in Sturm und Unwetter aus seinem 
Heiligtum hervortretenden Gotte niedergeworfen wurden. Mit 
ernstem Blicke scheint der Gott die Wirkung seines Vor- 
schreitens zu beobachten. — Bis vor kurzem hat diese An- 
sicht so ziemlich allgemein gegolten; neuerdings wird sie 
wieder lebhaft bekämpft. Furtwängler Meisterw. 659 ff. weist 
die Stroganoff sehe Broncestatuette des Apollo als moderne 
Fälschung nach; damit sinken alle Beweise, die man auf der 
Ähnlichkeit mit dieser Statuette aufbaute, in sich zusammen, 
und man muß die Handlung aus der Statue allein zu ent- 



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112 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



nehmen suchen. Furtwängler behauptet nun, die Linke habe 
wirklich, wie die Ergänzung es andeutet, den Bogen geführt, 
während die Rechte einen Lorbeerzweig mit daran befestigten 
Stemmata getragen habe. «Schon der altertümliche Apollon 
der Münzen von Kaulonia schwingt in der gehobenen Rechten 
den Lorbeerwedel. Und mit dem Zweige in der Rechten, dem 
Bogen in der Linken ward Apollon in der Zeit des strengen 
Stils bis ins späte Altertum häufig dargestellt. Und auch 
die geknoteten Binden kommen auf Münzbildern mehrfach, 
sowohl allein als mit dem Lorbeerzweig verbunden, in der 
Hand des Apollon vor. Auch die Bedeutung dieses Attributes 
steht fest: es bezieht sich auf die reinigende, heilende, sühnende 
Kraft des Gottes, ebenso wie der Bogen auf seine fernhin- 
treffende Gewalt. Aber beide Attribute vereinigen sich zu dem 
Gesamtbilde des unheilabwehrenden Gottes, der alles Finstere, 
Böse, Kranke besiegt, sühnt und heilt. Und die Bewegung 
des Gottes ist nichts als ein Schreiten durch sein Reich, und 
die Wendung des Kopfes will uns sagen, daß er allüberall 
schaut, wo zu helfen, wo zu retten ist. Er naht, er erscheint, 
er ist da, wo immer ihn Bedrängte rufen.» (663, 664.) — 
Über die Entstehungszeit des Werkes herrscht ebenfalls große 
Meinungsverschiedenheit; die meisten (Friederichs , Schlie, 
Overbeck) versetzen das Werk in die hellenistische Epoche, 
andere (Winter, Furtwängler) führen dasselbe auf ein Bronce- 
Standbild des Leochares, Zeitgenossen des Praxiteles und Skopas, 
zurück. Einig ist man in der Annahme, daß man es mit 
keinem Originalwerk, sondern mit einer geschickten römischen 
Kopie zu thun hat. 

Neuere Ermittelungen bezeichnen Grotta ferrata als den Fund- 
ort. Ergänzt linke Hand und Finger der rechten, Baum. D. 105, 
Abb. 111. Bouillon I, Taf. 20. Burckh. I, 91, 92. Clarac III, 475, 
906. Friederich s-W. Nr. 1523. Gal. M. N. IX, 582. Heibig I, Nr. 158. 
Müller II, 11, 124. Mus. P. Cl. I, 14, 15. Mus. franc. IV. 71. Over- 
beck II, 370 ff. Overbeck A. S. Nr. 45. Perr. Abb. 3. Piran. Taf. 19. 
Pir. Mus. Nap. I, 15. Pistolesi IV, 106. R. Abg. 1. Schlie p. 236. 
Welcker A. K. B. p. 20, Nr. 17. Weizsäcker: «Wie steht es mit dem 
Apollo von Belvedere?» Süddeutsche Bl. 1894, Nr. 1, p. 11: «Der 
Gott zürnt, ist sich seiner Überlegenheit bewußt, ist aufgesprungen 
und steht, den Bogen in der Linken, zum Aufbruch bereit, in Schreit- 
stellung, aber er schreitet noch nicht, diese Bewegung wird 
erst im nächsten Moment erfolgen». Winter, K. arch. Inst. 1892, 
7, 164 ff. 



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Die Gipsabgüsse. 



113 



Nr. 35. Artemis von Versailles, Hs M Original (Mar- 
mor) unter Franz I. von Rom nach Frankreich gebracht, seit 
Anf. d. Jhrh. im Louvre. Die Göttin ist in der gleichen 
lebhaften Bewegung wie Apollo von Belvedere, und sie gleicht 
ihm auch in allem übrigen so sehr, daß sie gewiß mit Recht 
derselben Zeit, ja derselben Kunstschule zugeschrieben wird 
(Friederichs), War die Göttin mit ihrem Bruder zu einer 
Gruppe vereinigt? Eilt sie ihm «voll Kampfeseifer und Ent- 
rüstung mit raschen Schritten zu Hilfe, erhebt den Bogen und 
ergreift noch schreitend den Pfeil, um ihn zu gebrauchen, 
sobald sie ihren Standpunkt erreicht hat»? Sind «die Angreifer, 
auf die der Göttin zürnender Blick gerichtet ist», die Gallier? 
(Overbeck). Wer den Apoll mit dem Gallieransturm in Ver- 
bindung bringt, kann auch dies annehmen; doch ist auch 
eine andere Annahme berechtigt. «Wir sehen in dieser Statue 
die Artemis als rüstige Jägerin, wie sie mit ihrer Hirschkuh 
dahineilt und, von dem Geräusch eines aufspringenden Tieres 
getroffen, sich umsieht und sogleich nach dem Köcher greift, 
um einen Pfeil herauszunehmen. — Die Darstellung der kurz- 
gekleideten Artemis scheint der älteren griechischen Kunst 
fremd und erst aufgekommen zu sein, als man die Göttin 
mehr und mehr einseitig unter dem Bilde einer schlanken 
Jägerin auffaßte, so wie sie uns hier entgegentritt. Die 
schlanke und hohe Gestalt, die schon Homer an der Artemis 
hervorhebt, ist hier durch die Verkleinerung des Oberkörpers 
und namentlich des Kopfes im Vergleich zu den Beinen noch 
besonders betont.» (Friederichs.) 

Ergänzt sind Nase, Ohren, rechter Vorderarm, linker Arm fast 
ganz und der rechte Fuß. Baum. D. 132, Ahb. 140. Bouillon I, 23. 
Clarac III, 284, 1202. Friederichs-W. Kr. 1531. Furtw. Meisterw. 665. 
Gal. M. N. VI, 366. Müller II, 15, 156. Mus. franc. IV, 2. Over- 
beck II, 3, 378 ff. Overbeck A. S. Nr. 46. Fir. Mus. Nap. I, 51. 
öchlie p. 240. Welcker A. K. B. p. 57, Nr. 65. 

Köpfe der Niobe und zweier Töchter, Kl. S., Ori- 
ginale (Marmor) im Jahr 1583 in Rom in der Nähe der la- 
teranischen Kirche gefunden, seit 1794 in Florenz. In dem 
vollendet schönen Gesichte der Mutter ist tiefster Seelen- 
sehmerz ausgeprägt. Zugleich ist etwas Starres in dem Blicke. 
Man fühlt, sie wird bald zu Stein werden. Die Büsten der 
Töchter gehören zu den bei Overbeck mit e und f bezeichneten 
Figuren. Sie sind beide in eiliger Flucht begriffen dargestellt. 

Buchhold, Die Antikensammlungen. 8 



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114 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



Entsetzen und Angst malt sich in ihren Zügen. Nach Pli- 
nius XXXVI, 28 war eine Niobidengruppe in dem Tempel 
des Apollo Sosianus in Rom aufgestellt; ob die aufgefundenen 
Stücke jener Gruppe angehörten, ist zweifelhaft. Schon im 
Alterturn war man ungewiß, von welchem Künstler das ur- 
sprüngliche Werk herrühre, ob von Skopas oder von Praxiteles. 
Overbeck II, 78 läßt die Frage unentschieden, Brunn G. gr. K. 
I, 233, 250, 251 entscheidet sich für Skopas. 

Ergänzt an Niobe Nase, Teile beider Lippen, Teil des Kinns, 
an der einen Tochter Nase und Oberlippe. Baum. D. 1675 ff. Brunn D. 
311, 312. ClaracIV, 582, 1257. Friederichs- W. p. 433, Nr. 1251, 
p. 434, Nr. 1252, p. 435, Nr. 1250. Müller II, Taf. 33, 142 A a, i, h; 
34, 142 Aa. Schlie p. 183 ff. 

Nr. 44. Sogen. Ilioneus, Hs. , Original (Marmor) in 
der Mitte des 16. Jahrhunderts in Rom gefunden, kam 
nach merkwürdigen Schicksalen über Prag und Wien schließ- 
lich in die Münchener Glyptothek. Früher hielt man die 
Statue für den jüngsten Sohn der Niobe, Ilioneus, der bei 
Ovid durch sein Flehen Apollo zu erweichen sucht; oder für 
Troilos, den jüngsten Sohn des Priamos, der von Achilles mit 
dem Schwerte getötet ward. Sicher ist nur, daß der Jüngling 
sich gegen einen aus großer Nähe drohenden Schlag zu schützen 
sucht. «Die Formen des Körpers gelten mit Recht als die 
vollendetsten eines zarten Jünglings, die wir aus dem Alter- 
tum haben.» (Overbeck.) «Wir stehen nicht an, die Statue 
als ein Original werk eines bedeutenden Meisters des 4. Jahr- 
hunderts zu bezeichnen.» (Friederichs.) 

Ergänzt: Kopf und Arme. Brunn Gl. Nr. 142. Clarac IV, 590, 
1280. Friederichs- W. 1263. Lützow, Münch. Ant. 15-17. Müller-W. 
I, 34 £. Overbeck A. S. Nr. 59. Welcker p. 43, Nr. 37. 

Nr. 14. Ares (oder Achilles), Hs., Original (Marmor) 
früher in der Villa Borghese, seit 1808 im Louvre. «Der Ge- 
stalt an sich nach kann die Statue, wenn wir nicht vergessen, 
daß die etwas schwerfälligen Proportionen, namentlich das 
Überwiegen des Rumpfes gegen die Beine, die in der Zeit der 
römisch griechischen Kunst, der diese Statue ihre Entstehung 
verdankt, überhaupt gewöhnlichen sind, Achilleus so gut wie 
Ares darstellen, und wenn man für Ares das Mächtige und 
Vierschrötige des Körpers geltend zu machen sich geneigt fühlt, 
so muß gesagt werden, daß das lange Haar, welches unter dem 
Helm auf den Nacken herabfällt, bei Ares mindestens un- 



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Die Gipsabgüsse. 



115 



gewöhnlich, für Achilleus dagegen nach dessen homerischer 
Schilderung sehr passend ist.» (Overbeck A. S. p. 61.) Daß 
Ares dargestellt sei, nahm zuerst Winkelmann an ; die Deutung 
als Achill hat Welcker am entschiedensten vertreten. «Den 
Hauptanhalt, aber auch die Hauptschwierigkeit der Erklärung 
bildet der Ring um den rechten Fuß. Dieser Ring ist haupt- 
sächlich in doppeltem Sinne verstanden worden : einerseits als 
Andeutung einer Fessel und andererseits als Abbreviatur der 
Rüstung.» Die Forscher, welche in dem Ringe eine An- 
deutung der Beinrüstung erkennen, nehmen an, Achilles sei 
dargestellt in dem Augenblick, als Thetis die Waffen gebracht 
und der Held, vor der Leiche des Patroklos stehend, sich für 
den Kampf rüstet. «Daher dies Hinblicken, wie in Versunken- 
heit, in Schmerz- und zugleich in Schlachtgedanken, das Hin- 
stehen, wie um sich wappnen zu lassen, indem Thetis Harnisch 
und Schild noch in ihrer Hand haltend gegenüber stand.» 
(Welcker.) Mit Recht wird demgegenüber geltend gemacht, 
daß dies der Achill der griechischen Poesie nicht wäre, sondern 
ein ganz anders gearteter Held. «Wie verschieden wäre er 
von dem homerischen Achill, der beim Anblick der Waffen 
in die wildeste Kampfgier gerät, der nur von dem einen Ge- 
danken der Rache erfüllt, je eher je lieber in den Kampf 
eilen möchte!» (Friederichs.) Man wird also doch wohl an 
der Deutung als Ares festzuhalten und den Ring als Fessel 
zu erklären haben, etwa die Fessel der Aloaden nach II. 5, 385 
oder an die Fessel des Hephaistos. — «Daß dieser Figur ein 
hochberühmtes Original zu Grunde liegen muß, zeigen die 
zahlreichen Kopien. Für die kunstgeschichtliche Stellung des- 
selben ist auf die große Ähnlichkeit der Verhältnisse poly- 
kletischer Figuren hinzuweisen. Wir glauben, daß das Werk 
in einer von Polyklet abhängigen Kunst entstanden ist, und 
zwar nach dem Charakter des Kopfes zu schließen, etwa im 
4. Jahrhundert.» (Friederichs.) In das 5. Jahrhundert versetzt 
Furtwängler das Urbild der Statue, und zwar erkennt er es 
in dem Charakterbilde, das Alkamene3 von Ares geschaffen 
hat. Des Alkamenes Statue stand in dem Arestempel in Athen. 

Ergänzt sind der linke Unterarm, der etwa Speer oder Schild 
hielt, und die Finger der rechten Hand. Bouillon II, Taf. 14. Brunn 
D. Nr. G3. Clarac III, 263, 2073. Friederichg-W. Nr. 1298. Furtw. 
Meisterw. 121, 128. Gal. M. N. VII, 438. Overbeck A. S. Nr. 58. 
Skult. V. Borgh. I, 9. Welcker A. K. B. p. 30-35. 

b* 



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116 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



Nr. 13. Amazone, Hs., Original (Marmor) gefunden bei 
der Villa d'Este in Tivoli, früher in Villa Mattei, seit Cle- 
mens XIV. im Vatikan. Die Statue ist bezüglich ihrer Deutung 
und Herkunft eine der umstrittensten. Plinius XXXIV, 53 
erzählt, die Bildhauer Phidias, Polyklet, Kresilas und Phradmon 
hätten miteinander in der Darstellung von Amazonen gewett- 
eifert, und die von ihnen geschaffenen Statuen, von denen 
diejenige des Polyklet den ersten, die des Phidias den zweiten 
Preis erhielt, seien im Tempel der Artemis zu Ephesus auf- 
gestellt worden. Die Nachricht ist vielfach angefochten worden 
(Friederichs p. 234); neuerdings wird namentlich von Furt- 
wängler 288, 89 zu erweisen gesucht, daß ihr ein wahrer Kern 
zu Grunde läge. Einer der genannten Künstler müßte dann 
der Schöpfer des Mattei'schen Typus sein; in der That wird 
die Mattei'sche Amazone bald auf Phidias (Furtw. p. 301), bald 
auf Polyklet zurückgeführt. Die Deutung des Bildwerks ist 
schwierig, da beide Arme ergänzt sind: der Ergänzer nahm 
an, die Amazone sei im Begriff, sich zu entwaffnen, und stellte 
die verlorenen Arme so her, als ob sie den Bogen von der 
Schulter nehmen und zu den schon am Boden liegenden Waffen 
(Schild, Streitaxt, Helm) hinzulegen wolle. Allein der Bogen 
war bei den Amazonen nach orientalischer Sitte unter dem 
seitwärts hängenden Köcher angehängt. Daher nimmt man 
jetzt ziemlich allgemein an, daß die Amazone sich auf eine 
Lanze oder einen Stab gestützt habe. Man schließt dies auch 
aus einer nur noch in Abbildungen vorhandenen Gemme (der 
Stein ist verschollen; s. Jahn, Ber. K. Sächs. Ges. 1850, T. IV. 
Baum. D. Abb. 1504), an deren Echtheit heute niemand mehr 
zweifelt. Dagegen gehen die Ansichten über das Motiv dieser 
Haltung auch jetzt noch auseinander. Die einen erkennen in 
der Statue eine springende Amazone; «die Amazone ist im 
Begriffe, den Stab oder Lanzenschaft in eine für den bevor- 
stehenden Sprung geeignete Stellung zu bringen. Sie faßt ihn 
mit der erhobenen Rechten oben fest an und läßt ihn unten 
wie probierend durch die ausgestreckten Finger der Linken 
gleiten. Der rechte Fuß setzt fest auf; der linke berührt, da 
er binnen kurzem behufs des Sprunges eine Bewegung nach 
rückwärts machen wird, nur mit dem Ballen den Boden, 
während der Chiton am linken Schenkel emporgezogen und 
unter den Gürtel geschoben ist, um dem bei dem Sprunge 



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Die Gipsabgüsse. 



117 



nachfolgenden linken Beine freien Spielraum zu gewähren.» 
(Heibig; ähnlich Schlie nach Klügmann, Rh. Mus. XXI, 325. 
Furtw. p. 290: «Gewiß hat der Künstler an das Beiwort 
TroXoaxapö-^os, die starke Springerin, gedacht, welches Ilias II, 
814 der Amazone Myrine giebt».) Andere Auffassung bei 
Friederichs-W. : «Sie stützte sich auf den Speer wie eine Er- 
mattete, und gerade einer solchen Annahme scheint die Stellung, 
die einer Stütze bedarf, zu entsprechen. Vielleicht dürfen wir 
sogar eine Wunde am linken Beine voraussetzen, denn dieses 
ruht nur so leicht auf dem Boden auf und ist so auffällig 
gekrümmt, daß die hauptsächliche Absicht der Amazone zu 
sein scheint, dies Bein zu entlasten. Deshalb stützt sie sich 
auf die Lanze, deshalb scheint sie auch hier das an sich ge- 
nügend kurze Gewand noch verkürzt zu haben, indem sie 
einen Zipfel unter den Gürtel geschoben hat.» 

Ergänzt sind das rechte Bein außer dem Fuß, die beiden Arme; 
der Kopf, ebenfalls mehrfach ergänzt, ist antik, aber nicht zugehörig. 
— Auf der Basis noch nicht genügend erklärte Inschrift: TransJata 
de schola medicorum. — Baum. D. 1351, Taf. 48. Brunn D. Nr. 350. 
Bouillon II, 10. Clarac V, 811, 2031. De R. Racc. I, 109. Friede- 
richs-W. Nr. 516. Furtw. Meisterw. 290 ff. Gal. M. N. III, 216. 
Heibig I, Nr. 193. Mon. Matthaeiana I, 60. Müller I, 81, 138 a. 
Müller H. p. 114. Mus. Cap. II, 259. Mus. Chiar. II, 18. Mus. franc. 
IV, 56. Mus. P. Cl. II, 38. Overbeck A. S., Nr. 23. Overbeck I, 515 ff. 
Pir. Mus. Nap. II, 53. Piran. Taf. 15. Racc. Sta. Camp. I, 79. Schlie 
p. 113, Nr. 123. Welcker A. K. B. p. 63, Nr. 79. 

Nr. 41. Betender Knabe, Hs. , Original (Bronce) vielleicht 
im Tiber oder in Herkulanum gefunden, war einst «im Besitz des 
1661 gestürzten Surintendant Foucquet, der sie durch Ver- 
mittelung des Malers Lebrun aus Italien erhalten haben sollte. 
Sie wurde von Foucquet's Sohne, dem Marquis de Belleisle, 
1717 an Prinz Eugen für 18000 Francs verkauft und gelangte 
nach dessen Tode an Prinz Wenzel Liechtenstein. Dieser ver- 
kaufte sie, wie aktenmäßig feststeht, 1747 für 5000 Thaler 
(= 17 500 Mark) an Friedrich den Großen, welcher sie auf 
der Terrasse von Sanssouci aufstellte. 1787 wurde sie in das 
Schloß von Berlin versetzt und von hier 1806 nach Paris ent- 
führt, von wo sie im Jahre 1812 zurückgebracht wurde.» 
(Kekule.) «Ein halberwachsener Knabe von edelster schlanker 
Bildung steht, den rechten Fuß leicht wie schreitend nach- 
ziehend, beide Arme aufwärts gehoben und nach oben blickend, 
betend da.» Es ist aber nicht irgend ein beliebiger betender 



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Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



Knabe (sonst wäre ja auch die Nacktheit nicht motiviert), 
sondern es ist ein Sieger in einem Kampfspiel dargestellt, und 
«die freudige Andacht eines Dankgebetes nach erfochtenem 
Siege spiegelt sich auf dem lieblichen Antlitz, während die 
knabenhaften Formen des Körpers bereits den Erfolg der 
palästinischen Übungen in einer Straffheit und Elasticität der 
Linien und Flächen zeigen, welche große Gewandtheit und 
Tüchtigkeit für die Mannesjahre des Knaben verheißt, eine 
Tüchtigkeit, auf welche der heilige Ernst des Betenden auch 
auf sittlichem Gebiete schließen läßt.» (Overbeck). — Unter 
den Siegerstatuen in Olympia befanden sich mehrere in beten- 
der Stellung. Man wollte das Werk auf Boedas, Sohn des 
Lysippus, zurückführen. «Ein bestimmter Grund hierzu liegt 
nicht vor, allein das werden wir nicht nur anerkennen, son- 
dern hervorheben müssen, daß der betende Knabe durchaus 
nach dem lysippischen Gestaltenkanon gearbeitet ist.» Jeden- 
falls gehört die Statue vermöge der Formenbehandlung der 
früh-hellenistischen Zeit an. 

«Ergän«t außer der Plinthe die zweite Zehe des rechten, die 
zweite und dritte des linken Fußes, die Augäpfel, namentlich aber 
beide Arme bis auf die Ansätze, welche ihre Richtung angeben.» 
Ant. Sk. Berl. Nr. 2. Baum. L). p. 350, 591. Bouillon II. Taf. 19. 
Brunn D. Nr. 283. Brunn G. gr. K. I, p. 286. Clarac IV, 777, 1942. 
Friederichs II, p. 377. Gerhard, Berl. ant. B., I, 19. Mus. franc. IV, 
77. Overbeck II, 169. Overbeck A. S. Nr. 64. K. Abg. 17. Schlie 
p. 197. Welcker A. K. B. p. 39, Nr. 36. 

Nr. 43. Dornau szieher, Hs., Original (Bronce) im Kon- 
servatorenpalast auf dem Kapitol in Rom, wo die Statue sich 
schon im Jahre 1471 am Orte ihrer heutigen Aufstellung be- 
funden haben soll. «Vielleicht gehört das wohlerhaltene Werk 
zu denjenigen Antiken, welche niemals verloren gegangen sind.» 
(Schlie.) «Die Situation ist einfach: der Knabe hat sich im 
freien Felde einen Dorn in den Fuß getreten, ist bis zum 
ersten besten Steinhaufen geschlichen und nun beschäftigt, 
den Dorn mit der größten Behutsamkeit aus dem Fuße zu 
ziehen. Dabei ist er ganz Aufmerksamkeit, und es ist im 
höchsten Grade zu loben, daß der Künstler jeden Ausdruck 
von Schmerz vermieden und den Knaben in seine chirurgische 
Operation versunken dargestellt hat, denn nur dadurch konnte 
er den erfreulichen Eindruck, den sein Werk auf uns macht, 
rein und einheitlich erhalten.» (Overbeck.) Im ersten Augen- 



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Die Gipsabgüsse. 



119 



blick ist man versucht, das Werk für ein einfaches Genrebild, 
eine reine Idylle zu erklären und auf eine Stufe zu stellen 
mit dem «Knaben mit der Gans» (Kl. S.), und in der That 
hat man beide Werke auf den Bildhauer Boethos von Kal- 
chedon (Alexandr. Epoche) zurückführen wollen. (Overbeck, 
Schlie.) Allein es sprechen gewichtige Gründe für eine frühere 
Entstehungszeit und eine tiefere Bedeutung. Einmal weist 
der Stil, der sich von dem des «Knaben mit der Gans» er- 
heblich unterscheidet, auf eine frühere Zeit hin. An den 
archaischen Stil «erinnern das streng behandelte Haar, das 
massige Kinn und die mageren Formen des Körpers, wogegen 
die Durchbildung des Nackten bereits einen hohen Grad von 
Naturwahrheit bekundet. So ist die Statue das Produkt einer 
Kunst, welche der freien Entwickelung nahe steht, aber sich 
noch nicht vollständig von den Überlieferungen des archaischen 
Stils emanzipiert hat». Dies ist aber die Zeit des 5. Jahr- 
hunderts, eine Zeit, in der die Kunst sich mit der Dar- 
stellung rein genrehafter Situationen noch nicht befaßte. So- 
dann «ist die Figur mit höchster Objektivität ohne alle Rück- 
sicht auf den Betrachtenden dargestellt», so daß «der Betrachter 
keinen Augenpunkt findet, von dem aus der Gesamtumriß 
der Figur rhythmisch geschlossen erscheint.» (Nach Friederichs 
und Heibig.) Die Rücksicht auf den Beschauer wäre aber 
doch für ein Genrebild die erste nicht zu umgehende Voraus- 
setzung. Daher ist anzunehmen, daß das Werk «einem be- 
sonderen Anlaß seine Entstehung verdankt. Man hat ver- 
mutet, es sei ein Knabe, der im Wettlauf sich einen Dorn 
in den Fuß getreten und trotzdem gesiegt habe, oder eine 
Darstellung aus der Gründungssage irgend einer Stadt, wie von 
Lokros erzählt wurde, daß ihm die Verletzung durch einen 
Dorn nach Orakelspruch die Stätte anzeigte, wo er eine Nieder- 
lassung gründen sollte. » (Wolters.) Die Statue wird also wohl 
ein Weihgeschenk für ein Heiligtum gewesen sein. 

Baum. D. p. 350. Bouillon II, Taf. 19. Brunn D. 821. Burckh. 
137, c, d. De R. Racc. Taf. 23. Friederichs- W. Nr. 215. Furtw. 
Meisterw. 685, daau Anm. 2 über den hiesigen Broncekopf (sog. Nero). 
Heibig I, Nr. 611. Mus. franc. IV, 64. Overbeck II, 182. Overbeck 
A. S. Nr. 66. Perr. Abb. 7. Piran. Taf. 81. Pir. Mus. Nap. IV, 24. 
Racc. Sta. Camp. II, 127. Schlie p. 195. Welcker A. K. B. p. 45, 
Nr. 39. 



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120 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



b. Skulpturenschmuck öffentlicher Gebäude und Plätze. 

Welche Fülle von Statuen die Ausschmückung öffent- 
licher Gebäude und Plätze in römischer Zeit erforderte, läßt 
sich aus dem einen Umstand ermessen, daß M. Scaurus in 
seinem im Jahre 52 v. Chr. erbauten hölzernen Theater, das 
für 80000 Zuschauer berechnet war, 3000 eherne Bildsäulen 
aufstellen ließ. (Baum. D. 1746. Guhl-K. 646 A.) Wenn diese 
fast unglaublich klingende, aber gut bezeugte Zahl dem Schmucke 
eines einzigen Theaters diente, welche Massen von Bildwerken 
waren dann nötig, um die zahllosen öffentlichen Gebäude und 
Plätze, die Theater, Thermen, Basiliken, Säulenhallen, Nym- 
phäen mit plastischem Schmucke zu versehen! Für einzelne 
Bildwerke können wir aus dem Fundort auf einen ganz be- 
stimmten Aufstellungsort schließen; so z. B. für die Venus 
von Milo auf ein Gymnasium, die Aphrodite von Arles auf 
ein Theater, den Torso des Herkules auf das Theater des 
Pompeius, die Laokoongruppe auf die Thermen des Titus; die 
meisten können wir nur vermöge des Gegenstandes, den sie 
darstellen, zum öffentlichen Leben in Beziehung setzen, und 
viele können ebensowohl ein öffentliches Gebäude wie den 
Privatpalast eines vornehmen Römers geschmückt haben. 

a. Dionysos und sein Kreis. 

Nr. 37. Dionysos, Hs., Original (Marmor) früher in Cha- 
teau Richelieu in Versailles (daher Richelieu' scher Bacchus ge- 
nannt), jetzt im Louvre. «Bis in das 4. Jahrh. hinein dachten 
sich die Griechen den Gott fast ausnahmslos als würdigen König, 
der sich nur in Einzelheiten von Zeus unterscheidet.» (Sittl.) So 
schuf die ältere Kunst «die stattliche und majestätische Gestalt 
des alten Dionysos mit der prächtigen Fülle der Hauptlocken, 
welche durch die Mitra zusammengehalten wurden, und des 
sanftfließenden Barthaares, den klaren und blühenden Zügen 
des Antlitzes und dem orientalischen Reichtum einer fast 
weiblichen Bekleidung, den Attributen des Trinkhorns und der 
Weinranke. Erst später, in Praxiteles' Zeitalter, geht daraus 
der jugendliche, im Alter der Epheben gefaßte Dionysos her- 
vor, bei Körperformen, welche ohne ausgearbeitete Muskulatur 
weich ineinanderfließen, die halbweibliche Natur des Gottes 
ankündigen, während die Züge des Antlitzes ein eigentümliches 
Gemisch einer seligen Berauschung und einer unbestimmten 
und dunkeln Sehnsucht zeigen, in welchem die Bacchische 



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Die Gipsabgüsse. 



121 



Gefühlsstimmung in ihrer geläutertsten Form erscheint.» 
(Müller.) Der mit Epheu bekränzte und mit Diadem ge- 
schmückte Gott hat in der linken Hand eine Lanze, auf die 
er sich stützt; mit dem linken Arm lehnt er sich auf einen 
von Reben umrankten Ulmenstamm. Sein Körper ist im 
Zustande behaglicher Ruhe. Das anmutsvolle, von vollen auf 
die Brust herabwallenden Locken umrahmte Gesicht zeigt den 
Ausdruck sanfter Träumerei. 

Ergänzt ist das rechte Bein von dem Knie bis oberhalb der Knöchel. 
Vgl. Banm. D. p. 436 f. Bouillon I, Taf. 34. Clarac III, 272, 1570. 
Gal. M. N. II, 84. Müller II, 31, 352. Müller H. p. 594 f. Mus. franc. 
IV, 1. Perr. Abb. 4. Pir. Mus. Nap. I, 77. Sittl p. 819, 820. 

Nr. 23. Silen mit dem Dionysoskinde, Hs., Ori- 
ginal (Marmor) im 16. Jahrhundert an dem Quirinal nahe 
bei den Gärten des Sallust gefunden, früher in Villa Borghese, 
jetzt im Louvre. «Silen als Erzieher und Wärter des Dionysos- 
kindes in würdiger und edler Gestalt, als der weise Silen der 
Poesie dargestellt, erscheint als sinniger, liebevoller und auf- 
merksamer Wärter des ihm anvertrauten göttlichen Kindes. 
Ruhig an einem Baumstamm gelehnt, an dem seine Nebris 
hängt, hält er den derben, frischen, lebensfrohen Knaben, der 
sich in behaglicher Bewegung herumwirft und den Alten am 
Bart zausen zu wollen scheint, sicher aber leise und lose und 
wie respektvoll im Arme, ohne den göttlichen Körper mehr 
als nötig zu berühren und ohne die lebhaften Bewegungen 
des Kindes irgendwie zu hemmen. Dabei schaut er ihn so 
zärtlich und vergnüglich an, daß sich die Fröhlichkeit des 
Kleinen in den gutmütigen Zügen des Alten spiegelt.» (Over- 
beck.) «In der ganzen Gruppe herrscht der Ausdruck ruhig- 
sten Behagens und innerer Befriedigung, der auch äußerlich 
durch die vollendete Harmonie aller Linien unterstützt wird.» 
(Brunn.) 

Ergänzt am Silen die Hände, an dem Kinde die Arme und 
Beine. Bouillon I, Taf, 57. Brunn D. Nr. 64. Brunn Gl. p. 145 (über 
das Müncbener Exemplar). Clarac IV, 333, 1556. Gal. M. N. VII, 
450. Müller II, 35, 406. Mus. R. Taf. 9. Overbeck A. S. Nr. 55. 
Piran. Taf. 22. R. Abg. 5. Schlie p. 160. Welcker A. K. B. Nr. 25, 

Nr. 38. Ruhender Satyr, Hs., Original (Marmor) in 
der tiburtiner Villa des Hadrian gefunden, stand bis 1753 in 
der Villa d'Este, wurde von Benedikt XIV. im kapitolinischen 
Museum aufgestellt. Der Satyr, «der nachlässig und bequem 



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122 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



auf einen Baumstamm, der das Waldlokal andeutet, gelehnt 
dasteht und mit leichtem und schalkhaftem Lächeln hinaus 
in die Ferne schaut, gleich als lausche er dem Rieseln des 
Baches und dem Rauschen der Wipfel, ist als ein liebens- 
würdiger Vertreter des Geschlechtes der nichtsnutzigen und zu 
keiner Arbeit geschickten „Satyrn" (y£vo<; oou&xvwv SaTupüiv xal 
aarj/avoepYwv Hes. frg. 94) und zugleich als die Personifikation 
der süßen Waldeinsamkeit mit Fels und Quelle zu betrachten. 
Und wer sich in diese Statue vertieft, der wird sich in jener 
Stimmung überraschen, in welche uns kühle und duftige 
Waldesstille an heiterem und heißem Sommertage versetzt.» 
(Overbeck.) «Wie die meisten im 4. Jahrh. v. Chr. gestalteten 
Satyrtypen zeigt auch diese eine sehr edle Bildung. Von der 
tierischen Natur sind im wesentlichen nur die spitzen Ohren 
festgehalten. Der mutwillige Charakter und die Sinnlichkeit, 
welche nach der volkstümlichen Auffassung den Satyren eigen 
waren, sind zwar nicht vollständig verwischt, aber nur in sehr 
zarter Weise angedeutet. Die feine, etwas aufgeworfene Nase, 
das über die Stirn emporstarrende Haar und der schelmische 
Zug, welcher den leicht geöffneten Mund umspielt, weisen 
darauf hin, daß sich dieser Satyr unter Umständen auch mut- 
willig auffuhren kann. Die weichen Formen des Körpers 
zeigen keine Spur von angestrengter Thätigkeit oder gymna- 
stischer Ausbildung, sondern machen den Eindruck, als hätten 
sie sich durch „freie Gunst der Natur 4 ' (Brunn) zu so herr- 
licher Blüte entwickelt. » (Heibig.) — Das Werk wird wie die 
andern Statuen desselben Charakters auf ein von Praxiteles 
geschaffenes Urbild des ausruhenden Satyrs zurückgeführt; 
wann unsere Kopie entstand, ist schwer festzustellen; Furt- 
wängler versetzt die kapitolinische Statue wegen ihrer glatten 
Eleganz in die hadrianische Zeit. 

Ergänzt sind Nase, rechter Vorderarm mit Flöte, linker Arm zum 
größten Teil. Baum. D. p. 1398, Abb. 1548. Bouillon I, Taf. 58. Brunn 
D. Nr. 377. Furtw. Meisterw. 559 f. A. 5. Gal. M. N. I, 48. Müller 
I, 35, 143. Mus. Cap. II, p. 248. Mus. frane. IV, 32. Mus. P. Cl. II., 
30. Overbeck II, 58 f., Fig. 157. Overbeck A. S, Nr. 52. Pir. Mus. 
Nap. II, 13. Racc. Sta. Camp. I, 73. Welcker A. K. B. Nr. 26. 

Nr. 6. Ruhender Satyr, Hs., Original (Marmor) früher 
in Villa Borghese, jetzt im Louvre. Jugendlicher, behaglich an 
einen Cippus angelehnter Satyr, im Begriff die Flöte zu blasen 
oder im Spiele eine Pause machend (daher auch avonraoöu.svo<; 



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Die Gipsabgüsse. 



123 



genannt.) Die Statue ist eine verkleinerte Replik desselben 

Typus, der unter Nr. 38 gekennzeichnet ist. 

Ergänzt sind nach Clarac: der rechte Vorderarm, der Kopf antik, 
aber nicht zugehörig. Nach Müller sind neu: die Füße des Satyrs, 
Teile des Pantherfells -und der Flöte. Bouillon I, Taf. 56. Clarac III, 
296, 1671. Gal. M. N. VII, 474. Müller II, 39, 460. Mus. R. Taf. 6. 
Perr. Abb. 29. 

Schlafender Satyr (Oberkörper des sogen. «Barberi* 
nischen Fauns»), Kl. S. , Original (Marmor) gefunden unter 
Urban VIII. in den das Grabmal Hadrians (Engelsburg) um- 
gebenden Gräben; bis Anfang dieses Jahrhunderts im Besitz 
der Familie Barberini, seit 1820 in München. «Auf einem 
Felsen sitzt ein kräftiger Satyr; in tiefen Schlaf versunken 
lehnt er die linke Seite an den Felsen und läßt den linken 
Unterarm über denselben schlaff herabhängen. Der rechte 
Arm, hoch erhoben und so gebogen, daß die Hand im Nacken 
ruht, erleichtert die Brust und gestattet dem von Weingenuß 
schweren Körper freier und tiefer zu atmen.» (Brunn.) Charak- 
teristisch und die Idee des weinberauschten Dionysosdieners 
verkörpernd ist der Kopf, «der in unnachahmlicher Vollen- 
dung das Ganze beherrscht». Die eingedrückte Nase, die hervor- 
tretenden Backenknochen, die aufgeworfenen Lippen, die faltige, 
von struppigem Haar umrahmte Stirn, alles dies kennzeichnet 
«eine derbsinnliche Natur, welcher höhere geistige Interessen 
durchaus fremd sind * . Brunn setzt die Entstehung des Werkes 
bald nach dem Jahr 300 v. Chr. an und bezeichnet die Statue 
als ein Originalwerk. 

Ergänzt sind am vorliegenden Teil: Nasenspitze, linker V order- 
arm, rechter Ellenbogen, Finger der rechten Hand. Baum. D. p. 1564, 
Abb. 1625. Brunn D. Nr. 4. Brunn Gl. Nr. 95. Clarac IV, 710 A, 
1723. Friederichs- W. 1401. De R. Racc. I, 94. Ltitzow, Münch. Ant. 
Taf. 30. Montf. Ant. expl. II, 236. Müller II, 40, 470. Overbeck II, 
383. Piran Taf. 13. Welcker A. K. B. Nr. 28. 

Nr. 5. Böckchentragender Satyr, Hb., Original, Marmorkopie 
von Lepautre, einem Pariser Bildhauer (f 1744), nach einer antiken 
Statue, welche in Madrid aufgestellt ist. An letzterer sind Kopf und 
Füße des Böckchens, die beiden Arme und das linke Bein des Satyrs 
vom Knie abwärts ergänzt. Die Änderungen, die Lepautre vornahm, 
sind sehr geringfügiger Natur und nur durch eine genaue Vergleichung 
der Abbildungen bei Clarac IV, 376, 2646 und IV, 726 E, 1671 H 
festzustellen. «Komposition und Stil dieser Gruppe sind gleich vor- 
trefflich. Das trauliche Verhältnis zwischen dem Satyr und seinem 
Tier ist äußerst anziehend, der Stil sehr lebensvoll. Das Werk dürfte 



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124 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



den zahlreichen idyllischen Darstellungen aus der späteren Zeit der 
hellenistischen Kunst zuzurechnen sein.» Friederichs- W. Nr. 1506. 
De R. Racc. I, 122. R. Abg. 28. 

Nr. 42. Sogen. Bacchant, im großen Saal. Original im Lou vre. 
Ergänzt sind Kopf, Teile der Arme und Beine, die Keule, der Baum- 
stumpf. Darnach ist erst durch die Ergänzungen der Bacchant ent- 
standen. Bouillon III, Taf. 16, 4. Clarac III, Taf. 276. N. 1640, s. 
Text Bd. IV, p. 220. 

ß. Hermes und die Bildwerke der Palästra. 

Nr. 26. Hermes Logios (Sog. Germanicus), Hs., Original 
(Marmor) früher in Rom in den Gärten des Papstes Sixtus V. von 
Ludwig XIV. angekauft, jetzt im Louvre. Die Statue wurde früher 
«Germanicus» genannt, weil man die Gesichtszüge des Germani- 
cus in der Statue erkennen wollte. Allein, wenn der Kopf auch 
Portrait ist, so ist es doch nicht das des Germanicus, das uns 
aus anderen Werken bekannt ist. Für die Deutung kommt 
es auch nicht auf den Kopf, sondern auf die Gestalt, ihre 
Haltung und die Betgabe der Schildkröte an. Letztere ist 
«ein Attribut, das nur dem Hermes, der die Schildkröte zur 
Verfertigung der Leier benutzt hatte, zukommt». In der 
linken Hand hielt die Figur den Heroldsstab, wie aus einer 
Wiederholung der Darstellung in Villa Ludovisi zu schließen 
ist. So ist Hennes als Gott der Rede ('Epjiijc Xö^io?) darge- 
stellt. «Die ganze Stellung drückt die schärfste Sammlung 
der Gedanken aus. Darum der feste Stand auf der Sohle 
beider Füße, darum die leise Senkung des Hauptes, wie Homer 
es von Odysseus, dem klugen Redner berichtet. Der demon- 
strierende Gestus der Rechten aber zeigt, daß der Redner 
gerade im Begriff ist, seine Gedanken darzulegen.» (Friederichs.) 
Nach der Inschrift auf der Schildkröte (im Gipsabguß schwer 
lesbar) ist die Statue von Kleomenes, dem Sohne des Kleo- 
menes aus Athen, verfertigt worden. Aus den Buchstaben- 
formen schließt man, daß der Künstler nicht vor dem letzten 

Jahrhundert v. Chr. gelebt habe. 

Ergänzt ist der Daumen und Zeigefinger der linken Hand. Baum. 
D. 678, Abb. 739. Bouillon II, Taf. 36. Brunn D. Nr. 69. Brunn G. 
gr. K. p. 380. Clarac III, 318, 2314. De R. Racc. I, 69. Friede- 
richs-W. Nr. 1630. Müller I, 50, 225. Mus. franc. IV, 84. Overbeck 
II, 444 ff. (Würdigung des Kunstwertee). Overbeck A. S. Nr. 77. Pir. 
Mus. Nap. IV, 21. Schlie p. 303. Welcker A. K. B., Nr. 50. 

Nr. 17. Hermes Agonios (Sog. Antinous), Hs., Original 
(Marmor), gefunden in Rom, seit Leo X. oder Paul III. im 



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Die Gipsabgüsse. 



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Belvedere des Vatikan aufgestellt. Daß die Statue nicht An- 
tinous vorstellt, erkennt man leicht aus einer Vergleichung 
mit dem Portrait des Antinous Nr. 196, Kl. S. Vielmehr fällt 
eine andere Ähnlichkeit ins Auge, das ist die mit dem Hermes 
des Praxiteles. Nicht nur die Köpfe sind «ganz auffallend 
ähnlich in der ganzen Anlage wie im einzelnen», sondern auch 
sonst stimmt die Figur mit dem Praxitelischen Hermes über- 
ein. «Die Stellung ist sehr nahe verwandt, die eine Hüfte 
ist etwas herausgebogen und bildet eine sehr feine, zartbewegte 
Umrißlinie. Der Körperbau ist breit und kräftig» , er ist 
kräftiger als derjenige des Hermes, welcher den Dionysos- 
knaben trägt. Dies hat aber seinen natürlichen Grund : Hermes 
ist nicht als der leichte, schlanke Götterbote, sondern als der 
kräftige Gott der Palästra ('Eppi^c Jarnos) dargestellt. «In der 
Linken trug der Gott den Heroldsstab, das Gewand hing bis 
an die linke Wade herab, wo es noch eine Spur hinterlassen 
hat, und die Rechte war mit der inneren Handfläche nach 
außen leicht in die Hüfte gestützt, wo man noch die Reste 
von zwei Fingern bemerkt. Die Art, wie das Gewand zu- 
sammengerollt, ist für den Gott charakteristisch, es hindert in 
dieser Form am allerwenigsten die freie Bewegung. Ob das 
Original der Figur, das in späterer Zeit mehrfach nachgeahmt 
worden ist, auf Praxiteles selbst zurückgeführt werden kann 
oder auf einen seiner Schüler, das zu entscheiden sind wir 
nicht mehr im stände.» (Nach Friederichs- Wolters.) 

Ergänzt sind beide Vorderarme. Baum. D. 676, Abb. 737. Bouillon 
I, Taf. 30. Cavlue Ree. d. A. I, 68. Clarac IV, 665, 1514. Friederichs-W. 
}*r. 1218. Heibig Nr. 146. Gal. M. N. III, 168. Muller II, 28, 305. 
Mus. franc. IV, 80. Mus. P. Cl. I, 7. Perr. Abb. 13. Pir. Mus. Nap. 
I, 52. Pistolesi IV, 97. R. Abg. 4. Schlie p. 159. Treu, Hermes mit 
dem Dionysosknaben p. 8 f. 

Nr. 32. Diskos werfer, Hs., Original (Marmor), 1792 
von Gavin Hamilton in den Trümmern eines antiken Ge- 
bäudes an der Via Appia gefunden, im Vatikan. «Der Jüng- 
ling ist ganz damit beschäftigt, einen sicheren Stand zum Ab- 
schleudern des Diskos, den er noch in der Linken hält, zu 
gewinnen, und hebt unwillkürlich die Rechte zu einer seinen 
Gedanken entsprechenden Gebärde. Gerade dieser unwillkür- 
liche, sinnliche Ausdruck des ihn beschäftigenden Gedankens, 
dieser unbewußte Monolog, giebt der Statue etwas höchst 
Naives, zugleich ist sie durchaus anspruchslos, ganz in ihre 



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Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



Handlung vertieft und ohne alle Rücksicht auf den Betrachten- 
den gearbeitet. Die lebensvolle Poesie der Situation, die hohe 
Objektivität und Anspruchslosigkeit, endlich die Schönheit und 
Harmonie der Formen machen es wahrscheinlich, daß wir ein 
griechisches Werk der besten Zeit vor uns haben, das indes 
wegen seiner freien Natürlichkeit erst dem 4. Jahrhundert 
oder höchstens *dem Schluß des 5. angehören dürfte. Es 
scheint attischen Ursprungs zu sein, der Charakter des Kopfes 
ist namentlich den attischen Werken sehr verwandt.» (Friede- 
richs.) Gegen Friederichs Deutung der Armbewegung bemerkt 
Overbeck I, 381: «Es handelt sich nicht um einen „unbe- 
wußten Monolog", sondern Arm und Hand sind in Bewegung 
zu denken und zwar in sehr bewußter Weise und zu einem 
sehr nahe liegenden Zweck. Der Arm wird gestreckt und 
gehoben, die Finger spielen, um die Elasticität zu prüfen und 
gleichsam den günstigsten, eben erschienenen Augenblick 
herauszufühlen, wo die Kraft am meisten gesammelt, die 
Muskelspannung die frischeste, der Griff der sicherste ist; 
einen Augenblick weiter und die Wurfscheibe geht hoch nach 
vorn erhoben mit rascher Bewegung in die Rechte über, und 
die eigentliche Handlung, wie wir sie aus Myrons Diskobol 
kennen, beginnt.» Overbeck und Furtwängler führen die 
Statue auf Alkamen es zurück. 

Ergänzt sind die Finger der rechten Hand. Baum. D. 458, 
Fig. 503. Brunn D. Nr. 131. Bouillon II, Taf. 17. Bunsen II. 2, 249. 
Clarac V, 862, 2199 C. Friederiehs-W. Nr. 465. Furtw. Meisterw. 122, 
228, 50. GaJ. M. N. II, 78. Heibig I, 330. Mus. franc. IV, 19. Mus. 
P. Cl. III, 26. Overbeck I. 380—82, Fig. 102. Overbeck A. 5, Nr. 25. 
Pir. Mus. Nap. IV, 25. Pistolesi VI, 9. Scblie p. 134. Skult. V. Borgh. 
11, 7, 9. Welcker A. K. B. Nr. 38. 

Nr. 27. Der Borgh esische Fechter, Hs. , Original 
(Marmor) im Anfang des 17. Jahrhunderts in Capo d'Anzo(An- 
tium), früher in Villa Borghese. seit 1808 im Louvre. Die Statue 
wurde früher mit verschiedenen Heroennamen, z. B. als Achilles, 
Theseus, Deiphobus oder allgemeiner als kämpfender Heros, als 
Gladiator, als Waffenläufer (Hoplitodrom) bezeichnet. Dargestellt 
ist ein < Krieger, der sich mit dem Schilde am linken Arm gegen 
einen höher stehenden Feind, etwa einen Reiter, den er scharf 
im Auge hat, zu decken sucht. Aber nicht bloß zu decken, 
denn die Figur hat bereits die Stellung der Parade, in welcher 
sie den linken Fuß vor-, den rechten zurücksetzen würde, 



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Die Gipsabgüsse. 



127 



verlassen und ist im Ausfall selbst begriffen; es wird im 
Augenblick der entscheidende Stoß mit dem in der Rechten 
vorauszusetzenden Schwert erfolgen. Dieser Moment erklärt 
den Ausdruck der höchsten Spannung, den das Gesicht trägt. » 
(Friederichs.) Es ist die Darstellung der äußersten und augen- 
blicklichsten Bewegung, deren der menschliche Körper in einer 
gewissen Richtung überhaupt fähig ist, die s'ich der Künstler 
zur Aufgabe gestellt hat. Und diese Aufgabe hat er in tech- 
nischer Hinsicht so vortrefflich gelöst, daß allgemein die «Vir- 
tuosität des Künstlers, die Abgewogenheit der Komposition, 
die Richtigkeit der Stellung, das gründliche Verständnis der 
organischen Bewegung, die tiefe Kenntnis der Anatomie des 
menschlichen Körpers» rühmend hervorgehoben werden. Ja, 
die Statue ist benutzt worden, «um an ihr als einem vollen- 
deten Muster die Anatomie des menschlichen Körpers zu de- 
monstrieren». Der Feind, zu dem der Krieger hinaufschaut, 
war nicht mit dargestellt, sondern ist nur vorausgesetzt. Die 
Statue stand allein, sie ist nicht dazu gemacht, «von einem, 
sondern von mehren Standpunken, von vorn, von hinten, von 
beiden Seiten betrachtet zu werden, denn nur so kommt die 
ganze Arbeit zur Geltung». (Overbeck.) Die Inschrift an der 
Stütze nennt uns den Agasias, Sohn des Dositheos aus Ephesus 
als Verfertiger. «Wir besitzen keine weiteren Nachrichten 
über diesen Künstler, nur können wir aus dem paläographi- 
schen Charakter der Inschrift schließen, daß die Statue um 
das Jahr 100 v. Chr. entstanden ist.» 

Baum. D. 22—24, Abb. 23. Bouillon II, Taf. 16. Brunn D. Nr. 75. 
Brunn G. gr. K. I, 399. Clarac III, 304. De R. Kacc. I, 75. 76. 
Friederichs-W. 1425. Gal. M. N. VIII, 60. Müller 1, 48, 216. Over- 
beck II, 459—463. Overbeck A. S. Nr. 81. Perr. Abb. 38. Piran. 
Taf. 28. K. Abg. 9. Schlie p. 272. Skult. V. Borgh. II, 7, 10. Welcker 
A. B. K. Nr. 35. 

Nr. 46. Ringergruppe, Hs., Original (Marmor) gefunden 
im Jahre 1583 in Rom zusammen mit der Niobidengruppe, 
seit 1677 in Florenz. «Die in sich vollkommen abgeschlossene 
Gruppe stellt ein paar jugendkräftige Athleten in dem Schema 
des Ringkampfes dar, bei dem der Sieg nicht durch das Nieder- 
werfen des einen Kämpfers, sondern erst durch dessen, bis 
zu seiner Erschöpfung und bis er sich besiegt erklärte, fort- 
gesetztes Festhalten am Boden entschieden wurde. » (Overbeck.) 
Die Griechen nannten diese Art des Ringkampfes äXivSrpis 



y 

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Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



oder ira'fxpaTfoo xb xspt ra? xoXiast?. (Plutarch.) «Mit großer 
Meisterschaft und feiner Berechnung der gegenseitigen Glieder- 
lage ist dieser Ringkampf wiedergegeben; namentlich ist die 
sehr stark und in allen Teilen angespannte Muskulatur mit 
vollendeter Kunst ausgeführt und weist auf die Zeit der ins 
Einzelne gehenden Studien des Körpers und ihrer Verwertung 
in virtuoser Durcharbeitung hin.» 

Die Köpfe sind antik, aber aufgesetzt; sie haben die Züge der 
Niobiden. Ergänzt: die Unterbeine, der rechte Arm des Siegers, die 
linke Hand des Besiegten. Falsch ergänzt ist die rechte Hand des 
Siegers: «wir müssen sie uns halb geöffnet und bereit denken, rasch 
nachzugreifen, falls es dem Unterliegenden gelingen sollte, irgend ein 
Glied aus den Umschnürungen des Gegners zu lösen». Clarac V, 
858 A, 2176. De R. Racc. I, 29. Friederichs-W. Nr. 1426. Müller I, 
36, 149. Mus. Flor. Taf. 78, 74. Overbeck II, 383. Perr. Abb. 37. 
R. Gal. Fir. III, 122. Schlie p. 276. Welcker A. K. B. Nr. 14. 

y. Apollo und sein Kreis. Nr. 31. Apollin o, Hs., Ori- 
ginal (Marmor) früher in der Villa Medici in Rom, jetzt in 
der Tribuna der Uffizien in Florenz. Lucian, Anacharsis 7, 
schreibt über ein Standbild des jugendlichen Apollo, das in 
einem athenischen Gymnasium stand: «Du siehst auch (in 
dem Lykeion in Athen) ein Götterstandbild, das an eine Säule 
gelehnt ist; in der Linken hält der Gott den Bogen, die 
Rechte ist über das Haupt gebogen und zeigt den Gott, wie 
er wegen großer Ermattung eine Ruhepause macht». Auf das 
von Lucian beschriebene Original geht unsere Statue zurück. 
Der Gott ist als Ephebe dargestellt, der Künstler hat durch 
Beifügung des Köchers am Baumstamm auf Apollo deutlich 
hingewiesen. «Das Original der Figur kann schwerlich über 
das 4. Jahrhundert hinausgehen, denn das Schwelgen in 
süßen Empfindungen, worin das Charakteristische dieser Figur, 
die einem oft vorkommenden Dionysostypus sehr ähnlich ist, 
besteht, ist nicht vereinbar mit dem göttlichen Ernst, in dem 
man früher die Götter darstellte. Es spiegelt sich in dieser 
Figur eine Zeit, die mit mehr Phantasie als Glauben begabt, 
in ihren Göttern mehr liebliche poetische Ideale als ernste 
Mächte des Lebens anschaute und bildete.» (Friederichs.) 

Ergänzt sind beide Hände. Baum. D. 100, Abb. 105. Clarac 
III, 477, 912 C. Fried erichs-W. Nr. 1297. Müller II, 11, 126 A. Over- 
beck A. S. Nr. 44. Piran. Taf. 7. R. Gal. Fir. IV, 154, 155. Schlie 
p. 166. Welcker A. K. B. Nr. 18. 



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Die Gipsabgüsse. 129 

Nr. 30. Apollo Sauroktonos, Hs., Original (Marmor) 
früher in Villa Borghese, jetzt im Louvre. Plinius XXXIV, 
70, sagt von Praxiteles: «Er schuf auch einen jugendlichen 
Apollon, der einer herankriechenden Eidechse mit dem Pfeil 
aus der Nähe auflauerte, den man den Eidechsen töter (Sauro- 
ktonos) nennt». Daß unsere Statue, sowie andere Wieder- 
holungen, z. B. die Broncestatue der Villa Albani, die Marmor- 
statue des Vatikan, alle auf des Praxiteles Werk zurückgehen, 
wird allgemein anerkannt. Dagegen wird die Situation auch 
heute noch verschieden ausgelegt. Früher wurde namentlich 
durch Welcker (auch durch Overbeck A. S. Nr. 43) die An- 
sicht vertreten, daß der Darstellung ein tieferer symbolischer 
Sinn zu Grunde liege. «Die Eidechse galt wie andere Erd- 
tiere, so Schlange und Maus, für weissagerisch, und es scheint 
Eidechsenorakel und Eidechsenpropheten (Galeoten) gegeben zu 
haben.» Daher sei der Vorgang wie folgt aufzufassen: «Der 
Knabe Apollon weilt in ländlicher Stille; um die Mittags- 
stunde ruht er nachlässig an einen Baum gelehnt, in der 
Rechten gedankenlos mit einem Pfeile spielend. Der Bogen 
lag in der Originalstatue wahrscheinlich zu Füßen des Gottes. 
Da kriecht nun eine Eidechse den Baum empor; unwillkürlich 
zuckte vielleicht die Rechte, um sie zu verletzen, aber in dem- 
selben Augenblick erwacht in Apollo die Gabe der Weissagung, 
und das Haupt des jungen Gottes neigt sich dem Tierchen 
entgegen und lauscht träumerisch der geheimnisvollen Kunde.» 
(Feuerbach.) Aber so anmutig diese Auslegung auch ist, «der 
Charakter der Figur widerstrebt einer solchen Deutung. Praxi- 
teles hat den Gott aller und jeder Feierlichkeit und Würde 
entkleidet, so daß es nicht gerechtfertigt erscheint, eine ernstere 
oder auch nur bedeutungsvolle Handlung vorauszusetzen. Die 
Eidechse ist besonders interessant wegen ihrer ungemeinen 
Schnelligkeit. Dies will der knabenhafte Gott erproben, er 
zückt den Pfeil nach ihr, nur um zu probieren, ob er wohl 
das schnelle Tier trifft. » (Friederichs.) Vermittelnd ist Furt- 
wängler: «Die Handlung ist ein reines Spiel ohne mantischen 
Sinn — allein die Eidechse wird in dem Kulte, für den die 
Statue geschaffen ist, das dem Apollo attributive Tier gewesen 
sein. Wie der Smintheus des Skopas mit der Maus gespielt 
zu haben scheint, so thut es der Sauroktonos mit der Eidechse.» 
Uns erscheint der Gott als jugendlicher Ephebe dargestellt, in 

Buch hold, Die Antikensamuilungen. 9 

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130 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



idealisierter Gestalt, sein Standbild aber ebenso wie das vorige 
des Apollino ursprünglich für ein Gymnasium bestimmt ge- 
wesen zu sein. 

Ergänzt ist die rechte Hand: sie mußte einen Pfeil halten. 
Der Kopf ist antik, aber aufgesetzt. Baum. D. p. 1400, Abb. 1550. 
(Exempl. der Villa Albani^ Bouillon I, Taf. 22. Brunn D. Nr. 236. 
Clarac III, 268, 905; 486 A, 905 E; dazu Text III, p. 196 und 197. 
Friederichs-W. 1214. Furtw. Meisterw. 569. Gal. M. N. VI, 420. 
Heibig Nr. 192 (Vatikan), 743 (Villa Albani). Müller I, 36, 147 A. 
Mus. R. Taf. 36. Overbeck II, 53, Abb. 155. Overbeck A. 8. Nr. 43. 
Schlie p. 165. Welcker A. K. ß. Nr. 19. 

Nr. 34. Apollo, Hs., Original 1780 in Centocelle bei 
Rom gefunden, im Vatikan aufgestellt. «Man benannte die 
Statue früher Adonis, woraufhin ihm der Ergänzer einen 
Wurfspieß in die Rechte gegeben hat. Eine andere Erklärung 
lautet auf Apollo. Sie gründet sich darauf, daß zwei andere 
Statuen, welche in der Haltung wie in dem Ausdruck an die 
vatikanische Figur erinnern, an dem das linke Bein stützen- 
den Stamm apollinische Attribute, die eine eine Schlange, die 
andere eine Schlange und einen Lorbeerzweig zeigen. » (Heibig.) 
«Der gesenkte Kopf, der Ausdruck des Gesichts und das etwas 
unordentliche Haar ist nicht gewöhnlich an Apollo; allein es 
giebt doch mehrere Apollostatuen, die sich wie diese, durch 
einen eigentümlich schmerzlichen oder wehmütigen Ausdruck 
unterscheiden, woraus sich eben jene Einzelheiten erklären. 
Worin die Trauer Apollos ihren Grund habe, ist schwer zu 
sagen und auch noch nicht befriedigend erklärt. » (Friederichs.) 
Wegen der Sonderstellung unseres Apollo gegenüber den übrigen 
Apollostatuen hat man auch von der Deutung als Apollo ab- 
sehen und in der Statue einen der dem Mythenkreis Apollos 
angehörigen Jünglinge Kyparissos oder Hyakinthos, erkennen 
wollen. Das Urbild unserer Statue «scheint der Hauptsache 
nach in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. erfunden 
zu sein» (Heibig), die Ausführung gehört der hadrianischen 
Zeit an. 

Ergänzt sind die Arme von der Mitte des Oberarms an, das 
rechte Bein, der linke Fuß. Bouillon II, 12. Clarac IV, 683, 1424 A. 
Friederichs-W. Nr. 1579. Gal. M. N. II, 96. Heibig I, Nr. 255. Mus. 
franc. IV. 45. Mus. P. Cl. II, 32. Pir. Mus. Nap. 11. 48. Welcker 
A. K. B. Nr. 82 (als Narcissus gedeutet). 

Nr. 12. Sogen. Polybymnia, Hb., Original (Marmor) früher 
in Villa Borghese, jetzt im Louvre. Nur die untere Hälfte ist antik, 



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Die Gipsabgüsse. 



13t 



die ganze obere Hälfte ist von einem römischen Bildhauer, Augustui 
Penna, anderen Statuen (vergl. die Berliner, abgeb. bei Baum. D. p. 973, 
Abb. 1185) nachgebildet. «Die Muse Polyhymnia, als solche durch die 
typisch auch sonst wiederkehrende Stellung charakterisiert, steht auf 
dem rechten Bein, das linke Bein lässig zurückgestellt, mit beiden 
Armen auf einen Fels gelehnt; der linke Unterarm liegt auf, den 
rechten Arm stützt sie mit dem Ellbogen auf und hält die rechte Hand 
stützend zum Munde empor. Bekleidet ist sie mit langem Chiton, 
der oben übergeschlagen und unter der Brust gegürtet ist.» (Kekule\) 
Ant. Sk. Berlin p. 96, Nr. 221. Baum. D. p. 971—973. Bouillon 
III, Taf. 11. Clarac III, 327, 1083. Mus. R. Taf. 22. Welcker A. K 
B. Nr. 76. 

Nr. 40. Sogen. Euterpe, Hs., Original (Marmor) früher in Villa 
Borghese, jetzt im Louvre. Der Kopf ist antik, aber aufgesetzt; ,an 
ihm ist die Nase ergänzt. Da aber weiter die beiden Vorderanne samt 
■dem größeren Teile des Pfeilers und den Flöten, der rechte Fuß und 
«in Teil des linken Beines ergänzt sind, so ist «Euterpe» erst durch 
Ergänzung entstanden, und es ist zweifelhaft, ob die aus dem Alter- 
tum erhaltenen Reste zu einer Musenstatue gehört haben. Visconti 
bemerkt, es könne auch Felicitas sein, welche auf den Münzen der 
Julia Mamäa in fast derselben Haltung vorkomme. 

Bouillon I, Taf. 10. Clarac III, 295, 1016. Mus. R. Taf. 32. Welcker 
A. K. B. p. 62, Nr. 77. 

Nr. 39. Sogen. Flora, Hs., Original (Marmor im Louvre. Der 
Kopf ist antik, gehört aber nicht zur Statue; ergänzt ist an ihm die 
Nase. Ergänzt sind ferner der rechte Fuß und das linke Bein samt 
Gewand, die beiden Vorderarme mit den Händen und Blumen. So 
ist Flora, die italische Göttin der Blüte und des Frühlings, deren 
Dienst Titus Tatius angeordnet und der Numa einen besonderen 
Flamen Floralis eingesetzt haben soll (Lübker), erst durch die Er- 
gänzung entstanden. Vielleicht stellte die Statue ursprünglich eine 
JVIuse vor. 

Bouillon I, 55. Clarac III, 300, 793; Text Bd. II, p. 133. 

Nr. 24. Laokoongruppe, Hs., Original (Marmor) ge- 
funden im Jahre 1506 am Esquilin, in der Nähe der Thermen 
des Titus (oder nach alter Überlieferung in den Ruinen der 
Thermen; die Nachricht wird bezweifelt, da Plinius berichtet, 
die Laokoongruppe habe in dem Palast des Titus gestanden), 
aufgestellt im Vatikan. Vor langen Jahren hatte sich Laokoon, 
der Priester des thymbräischen Apollo, schwer an diesem Gott 
versündigt und an seinem Altare einen Frevel verübt, der 
zwar spät, aber um so furchtbarer von dem Gotte bestraft 
wird, in einem Augenblicke, der zugleich für Troja verhängnis- 
voll werden sollte. Laokoon hatte vor dem hölzernen Rosse 
gewarnt; da, als er in Vertretung des Poseidonpriesters dem 

9* 



Die Bildwerke und Gipsabgösse. 



Gotte des Meeres Opfer darbringen soll, sendet Apollo die 
Schlangen zu seiner und des einen Sohnes Vernichtung (kv 
auT(j> Se to6t(j) Soo fyaxovr£<; s::i5pav£vrs<; töv ts Aao*/.öö)vta %ai 
töv stepov täv rcatöwv 8ia?$eipoüaiv, Proklos); nur dieser eine 
Sohn war, wenn auch selbst ohne Schuld, in die Schuld des 
Vaters mit verwickelt, er geht mit dem Vater unter; der 
andere ist zwar auch von den Schlangen erfaßt, aber nur, um 
ihn unschädlich zu machen, nur um ihn zu hindern, dem 
Vater und Bruder zu Hilfe zu kommen, er soll überlebender 
Zeuge des furchtbaren Familiendramas sein. Dies ist die Sage, 
wie sie Arktinus von Milet, einer der «kyklischen» Dichter, 
in seiner Iliupersis verarbeitet hat. Sie und keine andere 
scheint den Künstlern der Laokoongruppe vorgeschwebt zu 
haben. Wir sehen in der Marmorgruppe Laokoon, «seines 
unter ihm liegenden Gewandes entkleidet und nur noch durch 
den Lorbeerkranz im Haar als Priester gekennzeichnet, auf dem 
Altar niedergesunken, wie wenn er keine physische und auch 
keine moralische Kraft mehr besitze, um sich der gewaltig 
andringenden Bestien zu erwehren». (Schlie.) «Die eine der 
Schlangen, die untere, ist von rechts kommend über den 
älteren Sohn und den Vater hinweg, sie beide an den unteren 
Extremitäten umstrickend, ihrem eigentlichen Schlachtopfer,, 
dem jüngeren Sohne zugeeilt, der bereits unrettbar verloren 
ist Die andere scheint die Gruppe erst halb umkreist zu 
haben, dann von links her über den Rücken des Vaters ge- 
glitten zu sein. Sie hat sich, nachdem sie den älteren Sohn 
nur am rechten Arme umschlungen und dadurch an die Stelle 
gefesselt hat, dem Vater wieder zugewandt, um ihm den töd- 
lichen Biß beizubringen. So ist die ganze Gruppe von zwei 
Seiten her fest zusammengeschlossen, und einen ebenso ein- 
heitlich geschlossenen Moment bildet die eigentliche Aktion,, 
das Beißen der beiden Schlangen.» (Brunn.) Jedem, der un- 
befangen die Gruppe betrachtet, muß auffallen, daß der Vater 
und der jüngere Sohn beide hart aneinander gedrängt und fest 
mit dem Altar verbunden sind. Diese Darstellung beruht auf 
der bewußten Absicht der Künstler, die Versündigung des 
Vaters an dem Altare der Gottheit anzudeuten: für einen 
Frevel an dem Heiligtum gewährt selbst die Heiligkeit des 
Ortes keinen Schutz, sondern das göttliche Strafgericht ereilt 
den Priester gerade am Altare. «Der ältere Sohn steht neben 



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Die Gipsabgüsse. 



133 



dem Altar; er berührt sich nirgends mit dem Vater, er erhält 
sich stehend selbständig und durch eigene Kraft. Sein Ober- 
körper ist sogar in einen bestimmten Kontrast mit dem des 
Vaters gesetzt: er steht fast im rechten Winkel auf der ge- 
waltigen Diagonale, welche die Körperachse des Laokoon vom 
rechten Ellenbogen bis zum linken Fuße bildet und die ganze 
Gruppe durchschneidet.» Wie die Künstler also den älteren 
Sohn völlig vom Vater und Bruder getrennt dargestellt haben, 
so ist auch sein Geschick von dem der Seinen zu trennen: 
er wird in ihren Sturz nicht mitverwickelt. Schon Goethe 
war, ohne des Proklos Notiz zu kennen, der Ansicht, daß der 
ältere Sohn möglicherweise gerettet werden könne. — Plinius, 
N. H. XXXVI, 37, nennt als Verfertiger der Laokoongruppe die 
drei rhodischen Künstler Agesandros, Athenodoros und Polydoros. 
Über deren Lebenszeit herrscht große Meinungsverschiedenheit. 
Lessing war der Ansicht, daß der Laokoon erst unter Titus 
und für diesen gearbeitet sei; sie wird nur noch von wenigen 
vertreten, die die Worte des Plinius «de consilii sententia 
fecerunt» in der sprachlich durchaus gerechtfertigten Über- 
setzung und Erklärung verstehen: «sie arbeiteten im Auftrag 
des kaiserlichen Staatsrats». Aus archäologischen und kunst- 
historischen Gründen setzen die meisten Forscher die Ent- 
stehungszeit früher an, doch schwanken die Ansichten zwischen 
dem 3. Jahrhundert (Overbeck) und dem Anfang des 1. Jahr- 
hunderts v. Chr. (Friederichs). 

Baum. D. Abb. 26 (ohne Ergänzung). Bouillon II, 15. Brunn 
D. Nr. 238. Brunn G. gr. K. I, p. 328. Clarac V, 838, 2092. 
Friederichs-W. Nr. 1422. Gal. M. N. X, 120. Heibig I, p. 96, 
Nr. 153. Kekule, Zur Deutung und Zeitbest. des Laokoon. Berlin 
u. Stuttg. 1883. Müller I, 47, 214. Mus. franc. IV, 66. Mus. 
P. Cl. II, 39. Overbeck II, 296-341, Abb. 202. Overbeck A. S. Nr. 70. 
Perr. Abb. 1. Pir. Mus. Nap. II, 62. Schlie p. 218. Welcker A. K. B. 
Nr. 11. 

8. Aphrodite und Eros. 

Nr. 16. Aphrodite von Melos, Hs., Original 
(Marmor) gefunden am 8. April 1820 in einer Exedra, 
die zu den Ruinen eines alten Gymnasiums gehörte, im 
Louvre. Mit der Statue zusammen fand man ein Stück 
Plinthe, dessen Zugehörigkeit später abgeleugnet wurde, 
mit einer Inschrift , wonach Ages- (oder Alex-)andros , Sohn 
des Menides aus Antiochia, der Schöpfer der Statue ist. Des- 



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134 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



gleichen fand sich auf dem Marmorblock der Nische eine 
weitere Inschrift, nach welcher der Untergymnasiarch Bacchios, 
der Sohn des Satios, die Exedra und ihren Schmuck dem 
Hermes und Herakles geweiht hat. Wenig antike Statuen 
haben mehr Kontroversen der Gelehrten hervorgerufen als die 
Venus von Milo. Nach Furtwänglers Untersuchungen scheint 
jetzt folgendes festzustehen: Die Inschrift auf dem Plinthen- 
stück, das kurz nach der Überführung der Statue nach Frank- 
reich verloren ging, sowie die Inschrift auf dem Marmorblock 
der Nische, der zur selben Zeit verschwand, gehören unzweifel- 
haft mit der Statue zusammen. Sie sind absichtlich beiseite 
geschafft worden, um das Werk älter datieren und es Praxi- 
teles zuschreiben zu können. Denn man hatte dem König 
Ludwig XVIII. gesagt, die Statue sei ein Meisterwerk des 
Praxiteles (vergl. Friederichs I, p. 334). Die Statue ist zweifellos 
von dem Untergymnasiarchen Bacchios den Göttern seines 
Gymnasiums, Hermes und Herakles, geweiht und in einer 
Nische des Gymnasiums aufgestellt worden, und die Fundstätte 
ist der ursprüngliche Aufstellungsort. Der linke Arm ist nach 
dem Vorbild der auf Münzen abgebildeten melischen Tyche 
zu ergänzen: er war in fast wagrechter Haltung auf eine Säule 
aufgestützt und hielt in der lose herabhängenden (noch er- 
haltenen) Hand einen Apfel. Die rechte Hand faßte nach 
dem um den Unterkörper geschlungenen und nur sehr un- 
vollkommen befestigten Mantel. Der Künstler hat zwei Götter- 
typen zu vereinigen gesucht, nämlich den der melischen Tyche 
und den der Skopas'schen Aphrodite, dessen Weiterbildung 
uns in der bekannten Aphrodite von Capua (Neapel) vorliegt. 
Indem er die Schöpfung des Skopas stark umgestaltete, um 
sie der melischen Tyche zu nähern, «bestrebte er sich zugleich, 
etwas von phidiasischer Großheit hereinzubringen. Er hat in 
diesem Sinne namentlich den Stil ganz selbständig umgebildet, 
indem er sich an der älteren attischen Kunst begeisterte und 
ihr nachzueifern suchte. Kann man ihn somit auch wirklich 
einen ,,Eklektiker u nennen, so war er doch ein Mann, der 
aus eigener künstlerischer Kraft das, was er aus den Vorbildern 
gelernt, frisch und lebensvoll zu geben wußte. So reiht sich 
die Venus von Milo dem zum Teil ja vortrefflichen Werken 
an, welche uns aus der späteren Hälfte des 2. und aus dem 
1. Jahrhundeiii v. Chr. noch erhalten sind.» 



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Die Gipsabgüsse. 



135 



Bouillon I, Taf. 14. Brunn D. Nr. 298. Clarac III, 340, 1308. 
Friederich8-W. Nr. 1443. Friederichs 1, Nr. 581. (Brief Long^riers.) 
Furtwängler Meisterw. p. 599—655. Müller W. II, Taf. 25, 268 (Capua), 
270 (Melos). Mill. II, 4 (Venus von Capua), 6 (von Milo). Mus. R. 
Taf. 39. Overbeck II, 383 f. (Motiv: Aphr. den aufgestützten Schild 
haltend). Overbeck A. S, Nr. 82. Schlie p. 242. Welcker A. D. 1, 437. 
Welcker A. K. B. p. 59, Nr. 66. V. Valentin, Neues Über die Venus 
von Milo, Heft VII des Beitr. zur Kunstgeschichte kritisiert in Teil I 
bis V die Erklärungsversuche von Geskel Saloman, Hasse, Overbeck, 
Kiel, und sucht in Teil VI— IX das Motiv der Zurückweisung als 
das der nielischen Statue nachzuweisen. 

Nr. 15. Aphrodite von Arles, Hs., Original (Marmor) 
gefunden 1651 zu Arles (Colonia Julia Arelatensis) zwischen 
zwei korinthischen Säulen des antiken Theaters, jetzt im 
Louvre. «In Arles gab es einen bedeutenden Aphroditekultus, 
dessen Pflege mit der Bedeutung der von Venus und Anchises 
sich ableitenden Gens Julia im Zusammenhang stand. » (Schlie.) 
Die Deutung der Statue hängt wesentlich von der Ergänzung 
der Arme und dem, was sie gehalten, ab. Die jetzige Er- 
gänzung mit den Attributen des Spiegels und Apfels rührt 
von Girardon (f 1715) her; sie ist vielfach angefochten worden. 
Müller will der Figur in die linke Hand den Helm des Mars, 
in die rechte eine Lanze geben; denn es sei Venus Victrix, 
die Schutzgöttin des Julischen Geschlechtes, dargestellt. Dar- 
nach wäre die Statue in der Augusteischen Zeit entstanden; ' 
allein dem widerspricht die künstlerische Behandlung des Gewan- 
des des Körpers, des Gesichtes, des Haares. Furtwängler vertritt 
in der Hauptsache die Girardon'sche Ergänzung. «Das Motiv der 
Statue kann kaum zweifelhaft sein: die Linke trug den Spiegel 
und die Rechte war gegen den Kopf hin bewegt. Ein ge- 
schnittener Stein, der aus dem Anfang des 4. Jahrhunderts 
stammen muß, zeigt eine Frau, wohl Aphrodite, ganz ebenso 
mit dem Mantel um den Unterkörper und den Spiegel in der 
Linken.» (549.) Die Statue «geht ganz sicher auf Praxiteles 
zurück. Dies wird vor allem bewiesen durch die außerordent- 
liche Ähnlichkeit des Kopfes mit den sicheren Kopien der 
Knidischen Aphrodite. Die Anordnung der Haare, die zwei 
Haarbänder — auch das Armband am linken Oberarm — , 
die Stirne und der Umriß des Gesichts stimmen völlig überein. 
Nur im einzelnen erscheinen die Formen an dem Kopfe von 
Arles etwas gebundener, weniger frei und härter; das Auge 
liegt weniger tief, die Lider sind noch nach älterer Weise ge- 



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136 Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 

bildet und auch der Mantel ist knapper, strenger gezeichnet. 
Und der ganze Ausdruck des Kopfes, wie er schon durch die 
Haltung bedingt wird, hat etwas Befangenes, Gebundenes.» 
(547.) 

Ergänzt sind der rechte Arm ganz, der linke Vorderarm, sonst 
Kleinigkeiten. Bouillon I, 16. Brunn D. Nr. 296. Clarac III, 342, 
1307. Furtw. Meisterw. 547 ff. Gal. M. N. IV, 246. Müller II, 25, 
271. Mus. franc. IV, 3. Overbeck II, 48. Pir. Mus. Nap. I, 60. Schlie 
p. 171. 

Aphrodite von Ostia, Hs., Original (Marmor) 1776 von 
Gavin Hamilton in Ostia gefunden, im britischen Museum. 
Die Statue ist der von Aphrodite von Arles aufs nächste ver- 
wandt. «Sie stellt eine Variante desselben Motivs, doch mit 
vertauschten Seiten dar. Der Kopf ist wieder der Knidierin 
so ähnlich, daß wir auch hier an Praxiteles zu denken haben. 
Aber das Original muß jünger gewesen sein als das der Statue 
von Arles. Die Stellung und Haltung ist wesentlich freier, 
das Gewand ist viel reicher und unruhiger in den Falten, der 
Kopf ist nach der linken Seite und empor gewendet, womit 
die ganze Ruhe und Geschlossenheit jenes älteren Werkes auf- 
gegeben ist. » Auch die Statue von Ostia hielt mit dereinen 
Hand den Spiegel empor, in der anderen mag sie irgend ein 
anderes Toilettengerät, Salbgefäß oder dergl., gehalten haben; 
aber die Statue von Ostia entbehrt der Ruhe und Würde, 
durch welche die Statue von Arles ausgezeichnet ist. Vielleicht 
ist die Phryne des Praxiteles in der Londoner Statue nach- 
gebildet. (Nach Furtwängler.) Friederichs ist der Ansicht, 
«daß die Statue wegen ihrer großartigen Anlage wohl auf ein 
älteres Werk zurückgeht, wenn dies auch nicht vor die helle- 
nistische Zeit fallen wird, wie die künstliche Anordnung des 
übrigens bei aller Einfachheit sehr schön gearbeiteten Ge- 
wandes zeigt». 

Ergänat sind der linke Arm und die rechte Hand nebst dem 
über dem Unterarm liegenden Gewandstttck. Clarac IV, 595, 1302. 
Friederichs W. Nr. 1455. Furtw. Meisterw. 549. Spec. ant. sculpt. I, 41. 

Nr. 20. Mediceiscbe Aphrodite, Hs., Original (Mar- 
mor) bis 1584 im Besitz der Familie della Valle in Rom, 
seitdem im Besitz der Familie Medici, 1677 nach Florenz ge- 
bracht. «Wie wir aus dem Delphin neben der Figur schließen 
dürfen, ist die Göttin als Anadyomene, als Meerentstiegene, 
gedacht. Mit der Praxi telischen Aphrodite hat die Statue 



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Die Gipsabgüsse. 137 

nichts gemein; das Urbild kann erst in hellenistischer Zeit 
entstanden sein. Furtwängler vermutet, «daß das Original 
der mediceischen Venus, das unzählige Male kopiert und variiert 
worden ist, schon von den Söhnen des Praxiteles, Kephiso- 
dotos und Timarchos, herrührte». Die Inschrift auf der Basis, 
welche Kleomenes, den Sohn des Apollodorus, aus Athen als 
den Künstler nennt, kann über die Entstehungszeit keinen 
Anhaltspunkt ergeben, da sie gefälscht ist. (Michaelis, Aren. 
Zeitg. XXX Vni, 11 ff.) 

Die Statue ist aus elf Stücken zusammengesetzt; ergänzt sind der 
rechte Arm ganz, der linke vom Ellbogen ab, das vordere Stück der Basis 
mit der Inschrift. Bouillon I, 9. Clarac IV, 612, 1357. Friederichs- W. 
Nr. 1400. Furtw. Meisterw. 043. Gal. M. N. X. 714. Müller I, 50, 
■224. Mus. franc. IV, 25. Mus. Flor. Taf. 20—29. Overbeck II, 435. 
Overbeck A. S. Nr. 72. Piran. Taf. 1. Pir. Mus. Nap. I, 55. Schlie 
p. 170. Welcker A. K. B. Nr. 07. 

Eros mit Bogen, Kl. S., Original (Marmor) im 
britischen Museum in London. Die Statue gehört zu der 
in vielen Wiederholungen erhaltenen Komposition des 
bogenspannenden Eros. «Eros als Knabe steht auf dem 
linken Bein, doch so, daß ein Teil der Last auf dem rechten 
Fuße ruht, und sucht das Ende der Sehne an dem oberen 
Bogenende zu befestigen.» (Roscher.) «Die Bewegung ist, nur 
nach der anderen Seite gewendet, fast die gleiche wie die der 
schildhaltenden Aphrodite, eine Übereinstimmung, welche eine 
Beziehung beider Statuen zu einander wahrscheinlich macht.» 
(Furtwängler.) 

Ergänzt sind die Arme unterhalb des Oberarms, der rechte Ober- 
schenkel bis zur Mitte, das linke Bein unterhalb des Knies, die Flügel 
zum größten Teil, der Köcher und der Baumstumpf. Clarac IV, 050, 
1495 A. Furtw. Meisterw. p. 045. Roscher, Lexikon der Mythol. I, 1302. 

e. Herakles. 

Nr. 64. Kopf des Farnesischen Herakles, Kl. S., 
Original (Marmor) gefunden 1540 in den Thermen des 
Caracalla, seit 1790 in Neapel. «Der Heros steht da am 
Ende seiner Mühen, aber nicht siegesfroh, sondern matt und 
gebeugt von der Last seines mühevollen Lebens. Seine ganze 
Erscheinung, die aufgetriebenen Adern, die geschwollenen 
Muskeln drücken Mühe und Arbeit aus, und auch seine Ge- 
danken sind nur rückwärts und nicht vorwärts gerichtet. 
Diese Auffassung des Herakles ist der älteren griechischen 
Kunst, welche die Heroen voll Feuer und Thatenlust darzu* 



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138 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



stellen pflegt, fremd; Lysippos war, wie es scheint, der erste, 
der einen trauernden Herakles darstellte.» (Friederichs.) Als 
mitten in seinen mühevollen Arbeiten dargestellt, faßt Over- 
beck den Heros auf. «Das Haupt ist gesenkt, das Auge haftet 
wie sinnend auf dem Boden, vergangene und zukünftige 
Mühsal zieht wie ein Traum durch das Gemüt des Helden; 
die Situation ist vollständig die eines Menschen, der 
mitten in einer länger dauernden Anstrengung auf kurze 
Augenblicke verschnauft, um neue Kraft zu sammeln.» Nach 
der Künstlerinschrift am Felsen, auf den sich Herakles stützt, 
hat Glykon aus Athen das Werk geschaffen. Der Künstler 
lebte, wie aus dem Charakter der Buchstaben geschlossen wird* 
nicht vor dem 1. Jahrhundert v. Chr. (Friederichs) oder viel- 
leicht im Anfang der Kaiserzeit (Brunn). Daß er nach einem lysip- 
pischen Vorbilde gearbeitet, wird fast allgemein angenommen. 

Ergänzt ist an dem Kopfe die Nasenspitze. Baum. D. 599, Abb. 
689. Brunn G. gr. K. I, p. 383. Burckh. I, 75, 1. Clarac V, 789, 1978. 
Friederich s-W. Nr. 1265. Müller I, 38, 152. Mus. Borb. III, 23, 24. 
Overbeck II, 449 f., Fig. 221. 

Nr. 19. Der Torso von Belvedere, Hs., Original (Mar- 
mor) gefunden unter Julius n. in Rom beim Theater des 
Pompeius, aufgestellt im Vatikan. Bis in die neueste Zeit 
waren alle Forscher der Ansicht, daß ein Herakles dargestellt 
sei. Man schloß dies aus dem über dem Felsensitze ausge- 
breiteten Fell, in dem man ein Löwenfell erkennt. Über Er- 
gänzung und Deutung gingen die Ansichten auseinander. Man 
nahm eine Gruppe an: Herakles mit Hebe, Iole oder Auge; 
oder Herakles habe, Keule und Becher haltend , ruhig beim 
Gelage gesessen. Doch widerspricht die starke Drehung des 
Oberkörpers der Annahme einer ruhenden Haltung. «Am 
besten stimmt zu dem erhaltenen Thatbestande die Vermutung, 
daß Herakles zur Feier seiner Siege die Kithara spielend und 
singend dargestellt gewesen sei. Man hätte dann anzunehmen, 
daß die Figur eine große Kithara auf den linken Schenkel 
stützte, wobei der über diesen Schenkel fallenden Zipfel des 
Löwenfelles als Unterlage diente, daß die linke Hand das 
äußere Horn des Instrumentes faßte oder auf dem Stege des- 
selben ruhte und die Rechte in die Saiten griff, während der 
Kopf mit zum Singen geöffnetem Munde nach oben gerichtet 
war. Die schwungvolle Bewegung des Thorax würde sich dann 



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Die Gipsabgüsse. 



139 



aus der Begeisterung erklären, mit welcher der Held seinem 
Spiele obliegt.» (Heibig.) Ausgehend von der Beobachtung, 
daß das Fell, auf dem der Torso sitzt, nicht ein Löwen-, sondern 
ein Pantherfell ist, das in Verbindung mit Herakles sich nie- 
mals nachweisen läßt, stellte Sauer in jüngster Zeit eine ganz 
neue Theorie auf: «Der gewaltige, schwerfällige Mann, der 
über den fast zu knappen Felsensitz ein Pantherfell gebreitet 
hat, während er als Attribut eine Keule oder einen keulen- 
ähnlichen Stab hält, dieser Kraftmensch, den der Torso von 
Belvedere darstellt, ist Polyphem, der Polyphem des Idylls, 
der die alte Wildheit abgelegt hat und, am felsigen Ufer 
sitzend, sehnsüchtig nach der geliebten Nereide (Galateia) aus- 
blickt». Die Inschrift auf dem Felsblock nennt den Apollo- 
nios, der Nestors Sohn, aus Athen als Bildhauer. Aus dem 
Charakter der Buchstaben schließt man, daß der Künstler 
nicht vor dem 1. Jahrhundert v. Chr. gelebt habe. «Der 
Fundort des Torso scheint die Annahme zu empfehlen, daß 
die Figur einst zum Schmuck des Theaters des Pompeius ge- 
dient habe.» (Friederichs.) 

Baum. D. 109, Abb. 114. Bouillon II, 4. Brunn D. Nr. 240. 
Brunn G. gr. K. p. 378 f. Burckh. I, 75 f. Clarac V, 803, 2017. De 
R. Racc. I, 9. Friederichs -W. Nr. 1431. Gal. M. N. IX, 630. Heibig I, 
Nr. 127. Müller H. p. 167, 682. Mus. P. Cl. II, 10. Overbeck II, 
431 ff., 446 ff. Overbeck A. S. Nr. 78. Pir. Mus. Nap. II, 37. Sauer, 
Der Torso von Belvedere, Gießen 1894. Schlie p. 273. Welcker A. 
K. B. Nr. 12. 

c. Die bildende Kunst in ihren Beziehungen zum 

Privatleben. 

a. Portrait statuen nnd Genrebilder. 

Nr. 57c. Äschines, Hs., Original (Marmor) in Herkulanum 
gefunden, in Neapel aufgestellt, früher als Aristides bezeichnet. 
«Eine an so vielen Idealbildungen großgewachsene Kunst, wie die 
griechische war, konnte auch Bildnisse schaffen wie keine andere. 
Sie gab dieselben im höchsten Sinne historisch, indem sie die 
zufalligen Züge den wesentlichen unterordnete oder wegließ, 
indem sie den Charakter des ganzen Menschen ergründete und 
von diesem aus den ganzen Menschen wieder belebte, nicht 
wie er wirklich war, sondern wie er nach dem geistigen Kern 
seines Wesens hätte sein müssen.» (Burckhardt.) An der 
Statue des Äschines, die vor der Auffindung der Sophokles- 



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140 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



etatue in Terracina als die wertvollste griechische Portraitstatue 
galt, ist die Haltung der Arme charakteristisch. «Wir wissen 
nämlich, daß die ältere, bescheidene und züchtige Weise, den 
rechten Arm unter dem Mantel zu tragen, zwar im allgemeinen 
zur Zeit des Äschines abgekommen war, daß dieser sie aber 
beibehielt. Äschines scheint auch auf der Rednerbühne 
nichts Freies und Ungebundenes gehabt zu haben, vielmehr 
um eine feine äußere Erscheinung besorgt gewesen zu sein.» 
(Friederichs.) 

Baum. D. p. 33. Burckhardt I, p. 147. Clarac V, 843, 2136. 
Friederichs- W. 1316. Mus. Borb. I, 50. Welcker A. K. B. p. 48, Nr. 49. 

Nr. 196. Antinous, Kl. S., Relief (Marmor), gefunden 
1735 in Hadrians Tiburtinischer Villa, aufgestellt in Villa 
Albani. Die Persönlichkeit des Antinous, des Hirtenknaben 
aus Bithynion, sein Leben und sein Verhältnis zu Hadrian, 
ist in ein geheimnisvolles Dunkel gehüllt, und man wird wohl 
niemals zu voller Klarheit über den schönen Bithynier ge- 
langen. «Denn bereits das Geschlecht, welches unmittelbar 
die Zeitgenossen des Antinous ablöste, war ungewiß über die 
Art seines Todes; von seinem Leben scheint man aber sogar 
noch weniger gewußt zu haben. Was wir von Antinous mit 
Sicherheit wissen, weil wir es an allen Bildsäulen mit eigenen 
Augen sehen können und es uns von vielen Autoren ein- 
stimmig bezeugt wird, das ist dies eine, daß er sich zu einem 
Jüngling von ganz ungewöhnlicher Schönheit entfaltet hat 
und, wie seine Gesichtszüge es uns zeigen, mit einem träume- 
rischen Gemüt begabt gewesen ist, in welchem Phantasie und 
Gefühl die überwiegende Herrschaft führten. Seine Schönheit 
ist nicht die reingriechische; die freilich nur ganz wenig vor- 
tretende Nase weicht von dem gewöhnlichen griechischen Profile 
ab, und auch im übrigen war sein Körperbau insofern nicht 
ganz untadelhaft, als seine linke Schulter ein wenig höher war 
als die rechte; aber über dieser edlen Jünglingsgestalt mit der 
breiten, hochgewölbten Brust muß eine fesselnde Anmut und 
jener Duft träumerischer Melancholie geschwebt haben, die so 
oft dem Leben im Waldesgrün und in der Waldeinsamkeit 
sich beigesellt, die er aber auch mit seinem kaiserlichen . Herrn 
geteilt hat.» Seinen Tod fand Antinous, nachdem er nur 
kurze Zeit Begleiter Hadrians gewesen war, im Nil. Nach 
einer Version ist er verunglückt; nach einer anderen ist er 



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Die Gipsabgüsse. 



141 



freiwillig in den Tod gegangen, um das Leben seines kaiser- 
lichen Freundes zu retten. Denn nach Aussage der Magier 
konnte das Leben Hadrians, das in Gefahr war, nur dadurch 
verlängert werden, daß jemand für ihn sein Leben opferte. 
Es fand sich aber niemand, der dazu bereit war, als allein 
Antinous; feierlich weihte er sein Leben den Göttern der Unter- 
welt, es zum Ersatz bietend für das verfallene Leben des 
Kaisers; dann fand er den Tod, ob durch die Hand des 
Priesters oder durch einen Sprung in die Fluten des Nils, dies 
muß unentschieden bleiben. Durch Dietrichsons Ausführungen 
scheint der Opfertod des Antinous sicher erwiesen zu sein. — 
Unser Relief, das „Antinousrelief xat 5 ^o^v", zeigt Antinous 
nach rechts gewandt, sein Haupt ist mit Lotosblumen ge- 
schmückt, das über Rücken und Unterarme geworfene Hima- 
tion läßt die Brust frei. Der breite Bau der letzteren, der 
melancholische Gesichtsausdruck, die in die Stirn herab- 
hängenden Haare sind charakteristische Kennzeichen für An- 
tinous. 

Baum. D. 85, Fig. 89. Bouillon II, 95. Dietrichson, Antinous 
p. 33 ff., 57 ff., 104 ff. (die charakteristischen Merkmale der Darstellung), 
190 ff. Friederichs-W. Nr. 1663. Heibig II, Nr. 769. Pir. Mus. Nap. 
III, 33. Schlie p. 314. 

Nr. 33. Antinous, Hs., Original (Marmor) in Hadrians 
Tiburtinischer Villa 1738 gefunden, im Kapitolinischen Mu- 
seum aufgestellt. «Ein Jüngling steht da, indem er mit leicht 
vorgestrecktem rechten Arm ein Attribut, dessen erhaltenes 
oberes Ende die Form eines dünnen Stabes hat, in schräger 
Richtung abwärts hält.» Eine Deutung dieser Situation ist: 
Hermes sei dargestellt, «etwa wie er mit gesenktem Caduceus 
einen Verstorbenen geleitet, ein Motiv, welches bei einer für 
ein Grabmal bestimmten Statue recht wohl denkbar wäre. 
Aber kein antiker Künstler würde es gewagt haben, Hermes 
unter Formen darzustellen, welche sich wie diejenigen unserer 
Statue von den überlieferten Typen dieses Gottes wesentlich 
unterscheiden.» (Heibig.) Auch die Annahme, daß ein angeln- 
der Jüngling, vielleicht Narkissos, der sich beim Angeln in 
sein Spiegelbild verliebte (Heibig), dargestellt sei, ist wenig 
einleuchtend. Die Gestaltung der Statue nötigt uns, unter 
Mitberücksichtigung des Fundortes, der Villa Hadrians, an der 
Deutung als Antinous festzuhalten. «Die Figur, namentlich 



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Die Bildwerke and Gipsabgüsse. 



der Kopf, erinnert so entschieden an die Darstellungen des 
Antinous und unterscheidet sich so sichtbar von Idealgestalten, 
namentlich den glatten Schöpfungen der Hadrianischen Zeit, 
daß einzelne Abweichungen eine andere Deutung nicht be- 
gründen können. Auch die Neigung des Kopfes ist den An- 
tinousbildern eigen, indem man dadurch diesen frühgestorbenen 
Jüngling wie in schwermütige Träumereien versunken, gleich- 
sam sein eigenes Geschick ahnend, vorstellen wollte.» (Frie- 
derichs.) «Es ist die am stärksten idealisierende aller An- 
tinousdarstellungen, und darum ist auch ihre Antinousbedeutung 
am leichtesten zu verkennen. Andererseits aber läßt sich diese 
Figur mit ihrem vorgebeugten Kopf und der ruhigen Haltung 
nur unter der einen Voraussetzung, daß sie eine ganz be- 
stimmte Situation darstellt, vom Vorwurf des Gesuchten und 
Seltsamen freisprechen. Welche Situation kann aber besser 
jene Eigentümlichkeiten der Darstellung motivieren als die, 
wenn wir in der Statue den Antinous in seiner Todesstunde 
sehen, wie sein Auge sinnend in den Fluß hinabstarrt, der 
ihn im nächsten Augenblick aufnehmen wird?» (Dietrichson.) 

Ergänzt: Das linke Bein vom Knie abwärts, beide Arme zum 
größten Teil; die rechte Hand ist bis auf zwei Finger antik. Bouillon 
II, 49; III Stat. Taf. 20, 1. Clarac V, 947, 2426. Dietricheon, An- 
tinous p. 182—186, Fig. 9. Friederiehs-W. Nr. 1659. Furtw. Meisterw. 
586. Mus. Cap. II, Taf. 56. Piran. Taf. 4. Racc. Sta. Camp. I. 44. 
Welcker A. L). V, 90. Welcker A. K. B. Nr. 51. 

Nr. 9. Junges Mädchen (sogen. Artemis von Gabii), 
Hs., Original (Marmor) 1792 in der Umgegend von Gabii 
gefunden, zuerst in Villa Borghese, dann im Louvre aufgestellt. 
«Die Statue wurde wegen des aufgeschürzten Gewandes und 
wegen einer leisen Ähnlichkeit ihres Kopfes mit dem der 
Artemis von Versailles für eine Artemis erklärt, die sich zur 
Jagd rüste. Aber ohne Bogen und Köcher ist diese Intention 
wohl nicht verständlich. Wir können nur an ein Genrebild 
denken, der Künstler beabsichtigte nichts weiter als ein graziöses 
Mädchen, mit dem Ordnen seiner Gewandung beschäftigt, dar- 
zustellen.» (Nach Friederichs.) 

Ergänzt: Rechte Hand und untere Hälfte des linken Beins. 
Bouillon 1, Taf. 24. Brunn D. Nr. 59. Clarac III, 285, 1208. Friede- 
richs 1, Nr. 684. Gal. M. N. XI, 12. Müller II, 16, 180. Mus. R. 
Taf. 17. Perr. Abb. 49. 

Nr. 7. Junge Römerin, Kl. S., Original (Marmor), 

Ende des vorigen Jahrhunderts in Rom gefunden, im Louvre 



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Die Gipsabgüsse. 



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aufgestellt. «Die junge Dame ist, wie es scheint, im Begriff, 

den Zipfel des Mantels, den sie mit der Rechten gefaßt hat, 

über die linke Schulter zu werfen, wie die gewöhnliche Tracht 

es erforderte.» (Friederichs.) 

Ergänzt: Die linke Hand. Bouillon II, Taf. 64. Clarac III, 300, 
2265. Friederichs W. Nr. 1686. Gal. M. N. IV, 228. 

Der Knabe mit der Gans, Kl. S., Original (Marmor) 
gefunden in Roma vecchia, jetzt im Louvre. «Es ist ein Bild 
des reinsten Kindesübermutes; der derbe Junge hat den vor 
ihm fliehenden Vogel, der doch fast ebensogroß ist wie sein 
Verfolger, im Laufe eingeholt und hält ihn fest, wie er ihn 
aufs Geratewohl zugreifend gepackt hat. Und das ist keine 
Kleinigkeit, laut schreiend ringt der Vogel, sich aus den um- 
strickenden Armen zu befreien, und das Kind muß sich den 
Anstrengungen des Gefangenen mit der ganzen Wucht seines 
lieblichen Körpers entgegenstemmen. Dabei ist ihm die Sache 
gerade so wichtig wie Herakles die Erwürgung des nemeischen 
Löwen, das ganze Gesicht strahlt vor Eifer und ein Hauch 
von Siegesfreude ist darüber ausgegossen. Die Stellung konnte 
nicht besser ersonnen werden, und die Formen des Kinder- 
körpers dürfen sich dem Vollendetsten, was in dieser Art die 
alte und die moderne Kunst geschaffen hat, getrost an die 
Seite stellen.» (Overbeck.) Nach Plinius XXXIV, 84 bildete 
Boethos von Kalchedon in Erz einen Knaben, der eine Gans 
würgt: sein Werk ist das Urbild der vorliegenden Wieder- 
holung. «Die Gruppe scheint ursprünglich als Brunnen- 
dekoration (die Gans als Wasserspeier) gedacht zu sein.» 

Ergänzt : Der Kopf des Knaben und der Gans. Baum. D. p. 350 
(Abb. 372 nach dem vatikanischen Exemplar). Bouillon II, Taf. 30. 
Clarac III, 293, 2226. Gal. M. N. II, 138. Mus. franc. IV, 63. Over- 
beck II, 182, Abb. 185. Overbeck A. S. Nr. 65. Pir. Mus. Nap. IV, 
36. Welcker A. K. ß. Nr. 40. 

Nr. 2. Astragalen Spielerin, Hs., Original (Marmor) ge- 
funden 1730 auf dem Möns Caelius, im Museum zu Berlin aufge- 
stellt. «Ein halberwachsenes Mädchen in eng anliegendem um die 
Hüften gegürtetem Chiton hockt, auf den linken Arm gestützt, mit 
angezogenen Beinen am Boden. Der Chiton, an der rechten Schulter 
mit vier, an der linken mit zwei Knöpfchen befestigt, ist von der 
linken Schulter herabgeglitten. Eben hat sie mit der rechten 
Hand zwei Knöchel geworfen, mit der linken bedeckt sie zwei 
andere. Die Statue ist eine gute Wiederholung eines mehr- 



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Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



fach erhaltenen Werkes. Ursprünglich rein genrehaft ge- 
dacht, erhielt die Figur hin und wieder eine mythologische 
Umbildung. In römischer Zeit wurden, vielleicht auch für 
die Aufstellung auf Gräbern, kleine Mädchen in diesem Schema 
portraitiert. Und so zeigt auch der Kopf unserer Statue Por- 
traitzüge, und die Haartracht, wellig von der Stirn in paral- 
lelen Lagen nach dem Hinterkopf sich hinziehend und dort 
in ein flaches Nest gelegt, ist dem Leben entnommen.» (Nach 
Kekule.) 

Ergänzt: Hals, rechte Schulter teilweise, linke ganz, der Nacken 
mit einem Teil des Rückens, der rechte Unterarm mit dem Ellbogen 
und der Hand, Finger der linken Hand teilweise, rechter Fuß mit 
Stück des Unterschenkels, linker Fuß teilweise, einige Gewandstücke. 
Ant. Sk. Berl. Nr. 494. Bouillon II, Taf. 30. Clarac IV, 578, 1240. 
Mus. franc. IV, 74. R. Abg. 48. Welcker A. K. B. Nr. 81. 

ß. Skulpturenschmuck Ton Begräbnisstätten. 

Nr. 11. Genius des Todes, Hs., Original (Marmor) früher 
im Schloß von Ecouen, jetzt im Louvre. Der mit Blumen be- 
kränzte Genius lehnt sich mit gekreuzten Beinen und über den 
Kopf gelegten Armen an eine Pinie an. Der melancholische Aus- 
druck des Gesichtes, die über die ganze Gestalt ausgebreitete 
Ruhe verkörpern die Ruhe des Todes oder ewigen Schlafes. 

Die Ergänzungen an mehreren Stellen des Körpers sind für die 
Deutung der Figur unwesentlich. Bouillon I, 61. Clarac IV, 300, 
1859; dazu Text IV, p. 332. Gal. M. N. VII, 480. Mus. franc. IV, 16. 
Pir. Mus. Nap. I, 42. Welcker A. K. B. Nr. 33. 

Nr. 57a. Eros, Kl. S., Original (Marmor) gefunden in 
Centocelle nahe bei Rom, von Clemens XIV. angekauft und 
im Vatikan aufgestellt. Es fehlen beide Arme und die Beine 
von den Oberschenkeln an abwärts; am Rücken sind Spuren 
ehemals angesetzter Flügel vorhanden. Die Deutung der Statue 
ist viel umstritten; sie setzt in der Erklärung des Gesichts- 
ausdrucks ein, und je nachdem in dem Gesichte der Ausdruck 
der Liebessehnsucht oder der Trauer gefunden wird, erscheint 
Eros seinem eigentlichen Wesen nach oder Eros als Todes- 
genius oder Thanatos, der Todesgenius selbst, dargestellt zu 
sein. Der ersteren Ansicht sind Welcker, Overbeck, Burck- 
hardt, Schlie, neuerdings Furtwängler, der letzteren Heibig, 
Fried erichs- Wolters steht in der Mitte. «Das schmale Haupt, 
mit den zusammengewundenen Locken über der Stirn, drückt 
eine Sehnsucht aus, die sich weder in das Schmachtende 



v 



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Die Gipsabgüsse. 



145 



noch in die Trauer verliert, sondern eben in ihrer ruhigen 
Mitte das Wesen dieses Gottes ausmacht.» (Burckhardt.) «Der 
Gesichtsausdruek unseres Eros, obwohl er ernst ist, zeigt keine 
Spur von Traurigkeit oder Melancholie, sondern schwärmerisches 
oder träumerisches Versunkensein in Gefühl und Betrachtung, 
denn daß die Gedanken des Gottes nicht auf ein bestimmtes 
Objekt gelichtet sind, das zeigt sich deutlich in der glatten 
Stirn und in den unbewegten Brauen, welche das Sinnen nach 
der Mitte zusammenzieht. Zu diesem träumerischen Ver- 
sunkensein stimmt auch die leise Neigung des Hauptes, wäh- 
rend ein flüchtiges Lächeln um die Lippen andeutet, daß 
schöne Bilder durch des Jünglings Seele ziehen.» (Overbeck.) 
Die Allgewalt des Liebesgottes sieht Furtwängler in dem Werke 
verkörpert: «Es ist nicht der heiter harmlose Eros mit Kranz 
und Binde, wie wir ihn sonst wohl dargestellt finden: es ist der 
zauberhafte Dämon, der berückende, allerwärts herrschende, 
der aTravTtov Sataövwv ozfytaro?, wie ihn namentlich die euri- 
pideische Poesie verherrlicht hatte. Der Künstler hat die 
schwierigere Aufgabe, die Macht des Gottes von innen heraus 
zu charakterisieren, unternommen; er ließ ihn seine Warle 
nicht benutzen, sein Eros zieht durch den von unten herauf 
gerichteten Blick und durch seine zauberische Anmut unwider- 
stehlich an, und wir empfinden etwas von berückender Ge- 
walt, gegen die kein Widerstreben hilft.» Furtwängler erinnert 
zugleich an das Epigramm auf den berühmten thespischen 
Eros des Praxiteles: <ptXtf<a Ss ßdXXco üox lt' cfatstxov, aXV 
atsviCö[i.svoc ~ Liebeszauber errege ich nicht mehr durch 
meine Geschosse, sondern durch meine Blicke. — So glänzend 
diese Theorie auch ist, wir können uns nicht von ihrer Rich- 
tigkeit überzeugen. Wer unbefangen den Kopf der Statue 
im Profil betrachtet, der wird den Eindruck gewinnen, daß 
allerdings eine Sehnsucht in dem ideal-schönen Kopfe aus- 
gedrückt, ist, aber nicht die Sehnsucht, Liebe zu erwecken, 
sondern das schmerzliche Verlangen, des Lebens geheimnis- 
vollstes Rätsel zu lösen, das Rätsel von Geburt und Grab, das 
Rätsel des Todes, des Abscheidens vor der Zeit, in der Blüte 
der Jahre. Eros steht als Todesgenius mit gesenkter Fackel 
am Grabe eines Jünglings oder einer Jungfrau, tiefe Trauer spricht 
sich in der Neigung und der ganzen Haltung des Kopfes aus, 
und in seinem Gesichte steht die Frage geschrieben: Warum 

Buchhold, I>le Autikassanmilmigen. 1<> 



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146 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



ward durch das Walten des Schicksals wieder ein blühendes 
Leben vernichtet*? Daher ist die Statue auch nicht, wie früher 
von Overbeck und anderen angenommen wurde, neuerdings 
aber nur noch von Furtwängler vertreten wird, auf die Eros- 
statue des Praxiteles, die in Thespiä stand, zurückzuführen, 
sondern sie ist die römische Kopie eines hellenistischen Ori- 
ginals und ist vielleicht in die hadrianische Zeit zu setzen. — 
Heibig sieht von der Deutung als Eros gänzlich ah, I, 122: 
«Nach dem Ausdrucke des Gesichtes und dem Symbole der 
gesenkten Fackel kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die 
Statue die Personifikation des Todes, Thanatos, darstellt. 
Thanatos erscheint durch die ihm obliegende Pflicht, das 
menschliche Leben zu vernichten, schmerzlieh berührt, ähnlich 
wie sich Lyssa bei Euripides (Herkules furens S4b' ff.) nur 
mit Widerstreben dazu entschließt, Herakles in Wahnsinn zu 
versetzen.» 

Vergl. Baum. D. 497, Fig. 538. Bouillon I, Taf. 18, 2. Brunn 
D. Nr. 379. Burckh. 113 d. Chirac HI, 649, 1494. Friedericha-W. 
1578. Heibig I, p. 121, Nr. 183. Müller I, 35, 144. Mus. Kap. I, 18. 
Mus. P. Cl. I, 12. Overbeck A. 8. Nr. 47. Overbeck II, p. 50. Pir. 
Mus. Nap. I, 64. Pistolesi 11. Vat. V, 34. 8chlie p. 172, Nr. 164. 
Welcker A. K. B. p. 22, Nr. 21. 

Nr. 85. Medusen köpf, Kl. S. , Original (Marmor) 
früher im Palast Rondanini in Rom, seit 1808 in der (llvp- 
tothek in München. Das abgeschlagene Medusenhaupt ist im 
Moment des Erstarrens dargestellt. «Der Künstler hat ein 
Ideal derjenigen Schönheit zu bilden unternommen, welche, 
tadellos und vollendet in der Form, durch den Mangel jedes 
Gefühls und jeder Empfindung an Ausdruck erkältend, ja fast 
erstarrend wirkt. — Die schön gewundenen Massen des Haares 
scheinen sich zu Schlangen zusammenzuballen, ähnlich den- 
jenigen, deren Köpfe über den Schläfen hervorschießen, wäh- 
rend sich die Schwänze unter dem Kinn zur Umrahmung der 
Wangen zusammenschließen. Matt endlich senkt sich das 
über den Schlangen hervorgewachsene, einem im nächtlichen 
Dunkel sich bewegenden Vogel entlehnte Flügelpaar.» (Brunn.) 

Baum. D. p. 910. Brunn D. Nr. 239. Brunn (Jl. Nr. 128. Frie- 
derichs-W. Nr. 1597. Ultzow, Milnchener Antiken, Taf. 25. Schlie 
p. 182. 

Medusenkopf, Kl. S., Original (Marmor) in Villa Ludo- 
viai in Rom. «In den Medusenhäuptern der vollendeten Kunst 



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I)ie Gipsabgüsse. 



147 



ist der Schrecken des erstarrenden Todes der eigentliche Gegen- 
stand der Darstellung, kein friedliches Sterben; es möchte 
kein Werk antiker Kunst geben, in welchem das Grauen des 
Todes mit solcher Gewalt und Meisterschaft geschildert wäre.» 
Die Bezeichnung als «Meduse» wird neuerdings angefochten 
und die Bezeichnung «Kopf einer Sterbenben» vorgezogen. 

Krganst: Nase, rechte Hälfte der Unterlippe, Hals und die un- 
teren Enden der Locken. Baum. D. p. 911. Brunn D. 238. Frie- 
dende W. Nr. 1410. Schlie p. 270. 

Nr. 21. Die Gruppe von S. Ildefonso, Hs., Original 
(Marmor) 1630 in Villa Ludovisi in Rom, dann im Besitz der 
Königin Christina von Schweden, kam nach deren Tode unter 
Philipp V. nach Spanien, war zuerst in S. Ildefonso aufgestellt, 
steht seit etwa 1820 in dem Museum zu Madrid. Das Bild- 
werk stellt zwei Jünglinge und das kleine Bild einer Göttin 
dar; der eine Jüngling trägt zwei Fackeln, die eine abwärts 
gegen einen Altar gewendet, dessen Feuer sie entzünden soll, 
die andere über der linken Schulter ruhend; der andere lehnt 
sich mit gebeugtem Kopf und Oberkörper auf die rechte 
Schulter des Gefährten; in der rechten Hand hält er eine 
Schale. Beide Jünglinge sind bekränzt. Die danebenstehende 
Gottheit hat einen Modius auf dem Kopfe und einen Apfel 
in der Hand. Die Gruppe hat unter allen antiken Bildwerken 
am meisten verschiedene Deutungen erfahren. «In den Sta- 
tuen des Perrier vom Jahre 1037 erscheinen die Jünglinge unter 
dem Namen Decii sese pro patria devoventes; del Torre nannte 
sie Genien der Natur, der Isis opfernd. Maffei in den Statuen 
Taf. 121 Lucifer und Ilesperus.» Winkelmann nimmt an, 
daß Orest, Pylades und Elektra dargestellt seien; allgemein 
war aber zu Winkel manns Zeit der Name Kastor und Pollux 
gebräuchlich. Lessing in der Abhandlung: «Wie die Alten 
den Tod gebildet» schlug zuerst die Deutung auf Schlaf und 
Tod vor, wobei die kleine Figur als Persephone aufzufassen 
wäre. «Viskonti glaubte in dem Kopf des einen Jünglings den 
Antinous zu erkennen und erklärte danach den andern für 
dessen Genius oder für Merkur, der den Bithynier in die Unter- 
welt hinabführe, die Güttin für Nemesis. Der Bildhauer Tieck 
bedient sich des Ausdrucks Todesweihe des Antinous, zweifelt, 
ob der andere der Genius Hadrians oder der des Todes sei, 
welcher die dem Leben des Kaisers leuchtende Fackel erhebe, 

10* 



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148 



Die Bildwerke und Gipsabgüsse. 



die des Antinous auslösche.» Andere dachten an die Mysterien 
der Demeter: ein priesterlicher Fackelträger führt den Ein- 
geweihten an den Altar der Kora (Stackelberg); oder an das 
berühmte Brüderpaar Kleobis und Biton, wie sie vor Heras 
Bildnis opfern (Bogler); oder an Narcissos, den Tod und 
Aphrodite (Müller). Die meisten Forseher setzen eine Be- 
ziehung zum Tode voraus, und über die beigefügte Gottheit 
einigt man sieh mehr und mehr dahin, daß Proserpina dar- 
gestellt sei; denn «sie ist erkennbar an dem Modius auf dem 
Kopfe und dem Granatapfel in der Rechten». Im übrigen 
hat die Deutung von Viskonti-Tieck am meisten Beifall ge- 
funden, und sie wäre auch einfach zu aeeeptieren, wenn wirk- 
lieh der aufgesetzte* Kopf der links stehenden Figur zu der 
Figur gehörte und, wie von Hübner bestritten, von Dietriehson 
und Friederichs aber behauptet wird, Portraitkopf des Antinous 
wäre. Weil dies aber nicht feststeht, so ist die Ansieht 
Lessings, die von Welcker am entschiedensten vertreten wird, 
daß Schlaf, Tod und Persephone (oder Venus Libitina) dar- 
gestellt seien , auch heute noch ebenso berechtigt wie jene 
andere, welche von Friederichs-Woltcrs verteidigt wird. Über- 
haupt ist jede Deutung der Gruppe unsicher, «solange nicht 
der Umfang und die Zeit der Ergänzungen und vor allem der 
ehemalige ursprüngliche Zusammenhang aller Teile genau fest- 
gestellt ist». Letzterer ist aber bis jetzt trotz Hühners ein- 
gehender Untersuchung noch nicht mit Sicherheit erwiesen, 
und die Ergänzungen sind zwar ihrer großen Zahl nach, aber 
nicht ihrer Herkunft nach alle nachgewiesen. Das letzte 
Wort bleibt somit noch zu sprechen. — Es mag noch darauf 
aufmerksam gemacht werden, daß die links stehende Figur 
(Antinous oder der Schlaf) die Haltung des Apollo Sauro- 
ktonos hat. 

Die Ergänzungen in Marmor, Clips, mit Ölfarbe überstriehenem 
Blei s. bei Hübner. Uamn. D. p. 1730, Fig. 1*1 1. Brunn I>. Nr. 308. 
Olarnc V, 812 C, 2040. J)e K. Kaec. I, 121. Dietriehson, Antinous 
p. 219-223, Fig. 22. Friederieh.s-W. Nr. 166*. Hühner, Antike Bild- 
werke in Madrid Nr. 67. Müller II, 70, 870. Ii. Abg. 25. Welcker 
A. D. I, 375-391. Welcker A. K. H. Nr. 13. 




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Uli 



Register. 



Die Zahlen bezeichnen die Seiten. 



Abkürzungen 4 — (>. 
Abnahmestempel 
( Achilles oder) Ares 114. 
Aginetische Giebelgruppen 100. 
Agis in der plastischen Kunst 40 
Altarsteine mit Inschriften 24 —27. 

— der Gottheiten des Berges Ca- 

sius 2fL 

— der Di conscrvatores 22. 

— eines Genius 25, 2iL 

— des Juppiter 2L 

— der Göttinnen der Kreuzwege 24. 

— der Virtus 2JL 

Altarsteine ohne Inschrift 27, oC, ML 
Amazone 1 H» 

Amphitheater der Klavier 8, 11, 
.M-A3 

Anhänger 88, 8JL 

Antinous, Relief 14JL 

Antinous, sog. von Belvedere 124 

Antinous, Statue Iii. 

Antonio Chichi 

Aphrodite, sogen. Mediceische UiL 
Aphrodite von Arles 13/>. 
Aphrodite von Frcjus 108. 
Aphrodite von Melos liüL 
Aphrodite von Ostia 13<>. 
Apollino 12S. 
Apollo Sauroktonos 
Apollo von Belvedere III. 
Apollo von Centocelle 130. 
Ares 114. 

Artemis von Gabii, sogen. 142 
Artemis von Versailles 1 13. 
As und seine Teile 65, 69. 
Aschengefäüe mit Inschrift 91^ 9JL 
Aschengefäße ohne Inschrift üL 
Aschines 139. 
Astragaleuspielerin 14:1 



Athena von Velletri 107 
Aureus 68, 69, 7JL 

Bacchant, sogen. 1 24. 

Basilika Konstantins 42. 

Bestattung 90, 9_L 
i Betender Knabe 117. 
| Böckchentragender Satyr 123 
■ Hurghesischer Fechter 126. 
j Brandenburger Thor in Berlin 8. 

Brettspiel und Brettspiel steine 8JL: 

Broncegefäße 7JL 

Broncelampen 8JL 

Brucken pfiihle TL 

Brunnen 4_L 

Büsten 9JL 

Calami 83^ 84_ 
Denare 67^ filL 

Dionysos von Chateau Richelieu 
120. 

Diskoswerfer 1 2o. 
Dorischer Stil 7, 8. 
Dornauszieher HS. 

Kgeria, sogen. Grotte der E. 4L 
Kisenbarren TL 

Kmissarium des Albanersees HL. 
Fros mit Bogen 137. 
Eros von Centocelle 144. 
Euterpe, sogen, l-'il. 

Fackelträger des Mithras 3JL 
Farnesischer Herakles 138. 
Fibulae 8JL 
Flora, sogen. 131, 
Flöten 



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150 



Register. 



Forum, Teil einer Umfassungs 

niauer 49. 
Fries des Parthenon 105. 
Fries des Theseusteinpels 104. 

«Äaheln 83. 

Genius des Todes 144. 
Gerate der Körperpflege 89_ 
Gewandnadeln 88. 
Gewichte 82» 

Giebelgruppen des Athen atempels 

von Ägina 100 -102. 
Gigantensäulen 31 — 4L 
Glasgefäße 13. 
Glocken 85. 
Glasindustrie 77, 7JL 
Goldmünzen 68, 69, 2iL 
Grabdenkmäler 93 — 95. 

— der Cacilia Metella Ü4. 

— des Cestius 25. 

— der Horatier und Curiatier, 

sogen. 9JL 

— der Plautier 24. 

— Templo della Tosse, sogen. 24. 

— Tempel des Deus liediuulus, 

sogen. 93, 

— Templum salutis, sogen. 23. 
Grabstein mit Inschrift 22. 
Gruppe von S. Ildcfonso 147. 

Haarnadeln 88» 
Herakles Polyphonf) 138. 
Herakles von Glykon (sogen. Far- 

nesischei) 138. 
Hermes Agonios 124. 
Hermes Logios 124. 
Hermes, Praxitelischcr 1"'.». 
Hermes, ruhender 1 10. 
Hermes, Sandalen bindend 110. 
Hildesheimer Silbeifund 80. 
Hüpsch, Adolf • von ' 96. 
Hypokaustuin TL, 70 



; Junges Mädchen, Statue 142* 
Junge Römerin, Statue 143. 

Kämme 82. 
Kandelaber 82. 
Knabe mit der Gans 143. 
Knöpfe 88» 
Kolosseum 5_L 
Komposilkapitell 55, 
Konsular-Diptychon 84. 
Korinthischer Stil 11 — 14» 
Korkmodelle 5» 

Kupfergeld, Epochen 65, 66, £18. 
Kursivinschrift 72. 



Lampen 81_, 82» 
Laokoongruppe 131. 
Leder und Ledersohlen 7J_, 
Leiter im Mitliraskult 3_6_ 
Löffel 83. 



88» 



•lason, sogen. 1 10. 
Bioneus, sogen. 114. 
Inschriften 15, 16, 18. 20 
21-27, 33, 43, 48 
92, 



21, 



>5-60, 63, 



64, 71^ 89, ÜX 
Jonischer Stil 9—11. 



94, 95. 



Materialien 7_L 

Medizinische Werkzeuge 8fL 
Medusenköpfe 63, 96, 1A1L 
Meilenzeiger 4iL 
Messer 83, 8fi» 
Metopen L 

Metopenplatten vom Parthenon 
IM. 

Metopenplatten vom Theseustempel 
1 03 

Mibir Yaslit 28, 22. 
Militärdiplom 62 — 64. 
Militärische Ehrenzeichen 02. 
Mithraeen 34. 
Mithras Cautes 23. 
Mithras Cautopates 33. 
MtiVpa; 5*fjji'.o')p*,'6^ 31, 32. 
Mithrask rater 3JL 
Mtilpa; iusittjc: 3JL 
Mlftoa? 7tfzw[vrifi 28. 
Mithrasrclief 31,32,33. 
Mithrassymhole 35. 
MiiVpa; xo'.rJAz'.oc 33. 
Mithrasweihen 34, 35. 
Mosaik 72, 13. " 
Münzen, römische 01— HL 

— der Kaiserzeit 68 — 70. 

— der Republik 65 - 68. 



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Register. 



151 



Niobe und zwei Töchter 1 13. 
Nymphaeen 4Jj HL 

Opfergeräte lJL, ü 

Peripteros 16, LL 
Ferien 8a 

Polyhymnia, sogen. IRQ, 
Polyphem (Herakles) 133. 
Porta Maggiore 42. 
Porticua Argonautarum 48, 49_ 
Porticus Oetaviae ÜL 
Prostylos 15, Iii 
Pseudodipteros UL 
Pseudoperipteros 1_7, lß. 
Pyramide des Cestins 1LL 

4|ninare 67, G1L 

Ringe 82. 
Kingergruppe 12i 
Roheisen IL 
Romaköpfe IM. 
Kölnischer Soldat, Modell OL 
Rundtempel 20—23. 

Hämisches Geschirr 75, IfL 
Säulenhallen 47-49. 
Satyr, ruhender 122. 
Satyr, ruhender, nach Praxiteles 1 
" L2L 

Satyr, schlafender 123_ 

Schlosser und Schlüssel 73, TA. 

Schnallen SS. 

Schrei I »gerät e JÜL. 

Schuhwerk SÜ 

Sesterze 68, tili 

Silbergefäiie 79- Sl 

Sil hergehl, Epochen (UV, [TT, 69, 

Silen mit dein Dionysoskinde 1 2 I 

Silvanus liÜ 

Solid us I£L 

Spiegel S9_ 

Statuetten 1)7-99. 

Stern pcl iiL 

Stieropfer des Mithras 32_ 
Stili 83, &L 
Strigiles hiL 



Tempel 14-23. 

— des Antoninus und der Faustina 

13, HL 

— des Deus Rediculus, sogen. 23, 

— der Fortuna viril is iL LL 

— der Juno Lucina in (Jirgenti 2. 

— des Kastor und Pollux 1^ HL 
des Mars Ultor 12, Iii 

— der Minerva, sogen. 4JL 

— <ler Minerva Medica, sogen. 45, 

— Pantheon 13, 21—23. 
: — des Saturn us 10, IS. 

— della Tosse, sogen. 9_L 

— der V T enus und Roma liL 

— der Salus, sogen. 9JL 

— des Vespasian L5. 

— der Vesta am Tiber, sogen. 2JL 

— der Vesta in Tivoli 13, 2iL 

— des Zeus in Athen 11. 
Tempelformen 14-23. 
Tempelstile 7 — 14. 
Terra sigillata HL 

Theater des Marcellus ft, 11, ">0 
Thongefäße, einfache IL 

— ettuskisehe 14. 

— griechische 14. 
- große ij_ 

— samische TA 

Th rä n e n k rüge , Tl wü u e n f Iii sei i - 

eben 77, 78. 
Tierstatnetten 9JL 
Torso von Helvedere 1 38. 
Triumphbogen HA— Gl. 
\ — des Konstantinus .Ü1L 

— <les Drusus iA. 

— .lanus QuadriCrons, Bogen. äiL 

— des Se|)timius Severus am for. 

hoar. iL. 

— des Septimius Severus am for. 

Rom. 5iL 

— des Titus aiL 
Trofei die Mario LL 

Urnen 9_L 

Veröffentlichungen über die An- 
tikensammlungen iL 
Vertuiunus, sogen, los 
Votivaltäre 24, 27^ 36, 4Jl 




Piinceton Umversily Libiary 



mm 



32101 074200757 

toa Register. 



Votivetein 36, 3JL 
VotivUlfelchen für Mithras 3fL 

Wachstafeln 84, 8L 
Waffen, römische 61^ ß2» 
Wagen 82. 

Wasserleitung 41 — 44. 
Wasserkastelle iL 



Werkzeuge für Handwerker und 

Landleute 86, 8L 
Werkzeuge, medizinische SIL 
Würfelspiel und Würfel 8& 

Zeuskopf von Otricoli 1Q& 
Ziegel IL 



y^SSgß&Gr- 



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