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Schriften t>on pcml Hemev:
Unterm Uegenbogen
Unter frember Sonne
3 o f} a n n i s f i n b
0}CoborStormalsnorbbeutfd}erDid}tcr
Das Bud} ber S e 1} n f u d} t
(Derlag non Sdjuftcr & Coeffler, Berlin unb Ceipig)
* *
*
Die freien Btjytljmcn in
i}cinrid} feines Borbfeebilbern
(Derlag ber tt>interfd}en Umt>crfttätsbud}f}anbtung,
fjcibelberg)
* *
*
$ r a u Sonne. K o nt ö b i c
(Dcrlag ber Cl}caterbud}I}anblung <£buarb Blöd},
Berlin)
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£>as Bucfy ber Sefyrtfucfyt
<£iitc Sammlung
beutfdjer 5 rau ®*töidftung
äüingeleitet unb berausgegeben
Port
pawt Hemer
Per legt bei Sanfter & Coeffler
Berlin unb Ceipsig \900
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ÜT einer 2tTartfya
5 U eigen
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^rauenfefynfudjt
unb ^rauenbidjtung
<§wei 5 ragcn bewegen unfere <geit unb geben
ifyr beit neuen, in bie < 5 ufunft weif enben
bie Arbeiter« unb bic 5r<*uenfrage. Der »ierte
unb fünfte Stanb, Arbeiter unb 5rau, ftnb 31 t
gleicher geit erwadjt unb fteigen aus ifyrer Dunfel«
fjeit empor. Sdjulter an Schulter fämpfen fte
oft um ifjrc 5 reif}cit — ringen fte nadj ifjrem
DTenfdjfein.
Der frembc fcinbfelige ^jufdjaucr fielet mcift
nur bie duffere Bewegung, ben politifdjen 3ntercffcn<
fantpf um freiere, günftigere Cebcnsbebingungen.
Dodj biefc äußere Bewegung fefet notwenbig eine
innere Bewegung ooraus, einen tiefgefjenben
Seclenfampf, an bem fein Iiober unb freier <5eift
unfercr Seit mefjr »orübergc^cit fann. 3 ™
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Arbeiter tpic in ber drau tfi ber KTcitfch er*
tpadjt, bie felbftänbige Perfönlidjfeit, unb fte lehnt
ftd} auf gegen ben unb fefjnt fid} nad?
ber 5reif}cit, um in ihr ftdj gatt3 entfalten 311
fönnen.
3nt XDeibe ift ber KTenfeh geboren, unb er
ift unter Sdjmer3 unb Qual geboren. (Eine fahr«
taufenbaltc Sitte mußte bie 5 rau übertpinben, bc*
por fic ben IDeg 311 fld} felbcr fanb. Sie butte
nid?t nur gegen äußeren ,§ipang 3U fämpfeu,
fonbem por allem gegen inneren ^‘uung. “Die
fcblimmfte 5einbfdjaft gegen bas Heue, bas in
ihr roerben tpollte, trug fte in ftd? felbft: ben
§mang ihres Blutes, ber fic immer reicher unter
bie bjcrrfdjerljanb bcs BTannes beugte. Sie formte
ihren Sieg fd^on errungen traben, unb bie erfte
Stunbc ber £cibcnfd?aft 3iüang fte tpieber 3ur
HTagb bes Ztlannes. Sic fanb bie fdjtPerc große
Aufgabe por frei?, ihr neues ZHcnfchfein mit ben
5orbcrungen ihrer XTatur in (Einflang 311 bringen.
Die Kultur ber 5 rcm entfernt fid} wohl, rote
alle Kultur in ihren Anfängen, pon ber Hatur,
bie pon betn ertpachenbcn (ßeift als roh unb
barbarifch empfutiben reirb. Dod} in ihrer hödrften
Dollenbung ftrebt fte tpieber banach, Hatur 31t
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werben, eine reine feufdje gelauterte Hatur. t£>ir
Tonnen niefjt HTcnfdjen fein wiber bie Hatur —
wir werben erft HTenfdjcn, inbem wir ihrem ge«
fjeimjlen Drängen folgen unb il?re ewigen (Sebote
in Keufd^eit unb Bcinljeit erfüllen.
Das eigene (Scijtesleben ber 5rau — ifirc
Kultur — beginnt erft um bie Hütte bes »origen
3al?rl]unbcrts. Die erften Hegungen fallen in bie
<5eit ber Homantif, bie bas fdjranfcnlofe Hedjt
ber Perfönlicfyfeit prebigt unb bamit einen er«
löfenben <£influ§ aud} auf bie 5rau ausübt. Die
rc»olutionärc Citcratur bes jungen Deutfdjlanbs
fe&t in ben breiiger unb »ierjiger 3aljren bas
2X>erF ber Befreiung fort.
Bis bafjin war bie 5^au, »on wenigen Kus«
nalimenaturcn abgcfcfyi, (Sattin unb HTuttcr, bie
allein »om HTann iljrcn Sdjmer3 unb itjre 5rcube,
itjrcn lobenswert unb lebensinfyalt empfing. 3^ r
fjaus war iljrc iDelt, fefyr oft eine Fleinc enge
(Sefängniswelt, in ber ferne »on Cicfjt unb Sonne
ifyre Seele »erfümmem mußte. 5ür Öen HTann
war ftc bie (Seliebte unb, wenn er fjöljer badjte,
bie HTuttcr feiner Kinbcr — »on bent HTenfcfyen
in iljr wußte er nidjts, wußte ftc fclbft nidjts.
Die großen geiftigen <£rbbeben, bie bas 3<dir*
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ljunbert erfcfyüttcrten, brachten and} ber 5rcm bas
<£ru>adjcn, swangen fic sur €rfenntnis ber un«
würbigen Kbfyängigfcit, in ber ftc bumpf unb
tatenlos fynbämmertc.
Qa braunen wogte unb lodte bas grofjc uicl*
geftaltigc £cbcn — unb ftc war an iDiege unb
€fycgentadj gcfeffclt. T>a braunen fonnte ber
ITTann feinen ft>itlen entfalten unb feine Kraft be*
tfyätigcn — ftc war in ber €ngc bes Kaufes ein
willenlofes IPeib, bas ITCenfdjcn empfing unb gebar,
aber nidjt fclber JTienfdj fein burfte. €ine grojgc
Scfytfudjt fam über bic ba braujjen mit*
Sutljun unb ifyr Ceben ber eigenen Kraft 311 banfen,
anftatt es uont ZTTanne als (Snabengefdjenf 311 er*
galten. Sie wollte neben bent ZTTann ftcfyn, nid)t
mcfyr unter if>nt; ftc wollte (ßattin unb KTutter
bleiben , 3ugleidj aber ITCenfdj oon eigenen
(Snaben fein.
Kus foldjer Scfynfudjt heraus empfing unb
geftaltete 3 bfen feine „Hora" unb bic lange Keilte
feiner wunberfanten 5raucngcftaltcn. Kus foldjer
Sefynfudjt entfprang bic 5 rauenliteratur um bic
ZHitte bes 3 af}rbunberts in allen Kulturlänbern.
* *
*
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Die boutfcfyc 5raucnlitcratur weift ^cute bc*
rcits in Boman , Drama unb Cyrtf achtung*
gcbictcnbc Schöpfungen auf. Sic fpicgelt Öen
großen fulturgcfchid?tlid}en Kampf ber $rau um
ihr freies HTenfcbfein roieber — am reinften piel*
leicht in ber £yrif, bie ausfchliefjlich unb losgclöft
r>on plumper Körperlichfeit bas (Sefiihlslcben eines
DIcnfchcn an’s £id}t
Die gelangt su einer eigenen reinen
£yrif »erhältnismäfsig fpät. Das mag feltfam
erfechten, ba bodj bas £eben bcs IDcibcs por*
jugstocifc im (Scfühl murjclt. Kbcr sum lyrifd^en
Schaffen gehört (toic (Ella BTcnfch in ihrer
Schrift „Die 5 r<*u in ber mobemen £iteratur"
mit feinem Dcrftänbnis bemerft) „nicht nur ein ge*
fteigertes BTa§ bes €mpfinbungslcbcns, fonbern
audj roicberum bie (ßabe ber Sammlung, bie ben
ausgetretenen Strom in fein Bette surüdjuführen
tpeifj." Diefc (Sabe ber Sammlung, ber fraft*
uollen Dcrbidjtung bcs tpogenbcit (Scfühls 3um
anfchaulidjcn Bilbc, fehlte 3unächft ber unb
fonntc ihr erft ertoachfen aus einem höher ent«
nudelten pcrfönlichfcitsgcfühl. „Die Iyrifdjc
Dichterin erroachtc erft, als bie tpcibliche pfycfjc
ihre Selsingen freier 3U entfalten beginnt."
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£>or allem brängte es bie 5tcm $um Vornan
fyn. T>ic epifcfye «frsäfylung mar bie Kunfifornt,
in ber fte ftd} molil füllte, in ber ftc ftcfy am
freieften unb 3manglofeften bemcgte. Sie mar aus
ber €nge ifyres Kaufes ins Ceben fynausgetreten,
unb naturgemäß gab fte ftcf} junäcfyft bem Ceben
Ijin , anftatt es in ftcfy 5U empfangen unb aus
ifyrettt <£igenmefen heraus neu 311 gebären. Sie falj
bie U?elt unb e^ä^Ite oon ifyren lüunbcrn ungefähr
mie ein Kinb, bas feine erftc Keife getljan fyat.
<£rft auf ber 3mcitcn Stufe ifyrer <£ntmicflung r>er*
mochte fte ftcfj bem £ebeu als Perfönlidjfeit gegen*
iiber3uftcllcn , gcmann fie bas Bemußtfein ihres
3d?s, fcfyuf fte ft d) if^r IDeltall für ftdj, unb crft ba*
mit mar ber Koben für eine eigene £yrif gegeben.
Der (Sang ber <£ntmicflung führte bie 5 r<*u
aus ber <£ngc iljrcs fjaufes ins Ceben hinaus,
mo fie eine gemiffe äußere 5rcif?eit errang, unb
barauf feljrte fte aus ber Kußenmclt 3urücf itt
i^rc Seele, mo fte bas Bebcutfamfte, ifyre innere
^rcilieit, fattb. Die mußte fefjon eine große
innere 5rcüjeit ftdj erfäntpft Ijabcn, beuor fte bett
ftttlicfyen KTut unb bie fcfyöpfcrifdjc Kraft befaß,
il?r (Scfüfylslcben in ber £yrif 9 an 3 ofyte Heft aus*
3ugeben — bloß3uftellen.
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Deutfcfylanbs erfte bcrporragcnbe Dichterin,
Hnnettepon Drofte»ffülsf}off, befaß bicfcn
HTut ttocfy nidjt. Sie ging pielmcfyr allen Äußerungen
bes eigenen (Sefüljls mit einer faft ängftlicbcn
Sdjeu aus bem Jüegc. Das mar Feine 33efdjränft»
Ijcit i^rcs Denfens unb 5ül}lens; bie tiefe 3 artc
Kcufd^cit bes IDcibes fdtloß ify: ben HTunb unb
ließ ftc fdjmcigcn über bie Kämpfe unb Sdjmcrscti
itjrcs 3nnenlebens. 3n ifyrcr großen, nadj tt?at*r«
f?eit unb <£rfcnntnis ringenben 5celc mar fcfyott
bas Heue lebenbig; aber ftc empfanb es als eine
fciitbfelige HTadjt, als einen Dämon, ber bie Hein*
fjeit unb Keufdjfieit ifyrcr XDeibnatur anjutaften
brofjtc. Die Hrijlofratin unb gläubige Katltolifin
l^atte 5urcfyt por ftd} fclbft, por ben neuen frentben
(Scmalten, bie aus ber repolutionär erregten
ben JDcg audj ju if>r gefunben Ratten. Sic fämpfte
bas Heue, bas in il?r ftdj ergeben moHtc, mit ber
gatten fdjmeigenben Kraft il]res cinfantcn S^tucn«
fyerjens nicbcr. Dem „freien IDcibc", bas in ben
Hontancn bes jungen Deutfdjlanbs bereits als
fjclbin auftaudjtc unb mit feinen gefuchten abftdjts*
Pollen (Eftrapaganjcn allerbittgs ein menig fym*
patljifdjes JDcfen abgab, ftctltc ftc bie 5rau ber
Vergangenst, bie „befcfyränftc 5^au" gegenüber,
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bie ihr tiefftes (Slücf unb ihren fcfjönften Sieg im
Opfer, in ber Eingabe an ben HTann feierte.
Annette r>on Drofte«£jülshoff fyattc 5 urd^t r>or
ftdj fclbft unb 30g beshalb einen bienten Sdjleier
um ihre perfönlidjfeit. Dor allem «gruicfpalt
flüchtete ftc ftdj in bic ZHutterarmc ber Hatur,
ber ftc ftdj mit ber gan5cn Ieibenfc^aftlidjen 3nnig*
feit unb Kcufdjhcit itjrcs IDefetts I^ingab. Sic
bewahrte fo ihrer Kunft bic Bcinfycit unb Un«
bcrüfjrttieit uon aller Ccnbcns unb fdjuf bic un«
vergängliche Schönheit ihrer heimatlichen Hatur«
bilber, bic ftc auch h cu tc nod} als bic größte
beutfdjc Did^terin erfechten laffcrt. Kbcr fo gan3
hat ftc ben Kampf unb bie Sehnfuchb bic ihre er«
tvachenbe 5raucnfcele erfüllten, boch nicht ver*
bergen fönnen. JDcr tief hi nc i n hord>t in ihre
abftchtslofc, faft männlich'Objcftioe Dichtung, hört
barin bas f}er3 ber 5rau flopfen. 3n ihren geiftlichcn
(Schichten ringt ftc Hruft an Bruft mit ihrem (Sott
unb läßt ihn nicht, bevor nicht fein Segen ihren
Kngftcn unb «gtvcifelrt ^rieben giebt. Unb ihr finb
(Schichte cntfdjiüpft wie „Hot" unb „Km (Eurttt",
bie glcichfam blißartig ihr 3nncnlcbcn erhellen:
„tüär ich c * n 3ä9cr auf freier 5lnr,
<£in StüdF nur von einem Solbatcn,
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War ich ein 2 Tlann bod} minbeftens nur,
So würbe ber bjimmcl mir raten;
2TIun mu§ ich fifcen fo fein unb flar
(ßleidj einem artigen Kinbc
Unb barf nur I^eintlid} löfen mein ifaar
Unb laffen es flattern im IDinbc!"
UTit biefen üerfen I>ebt bas bange Sehn*
fud^tslieb ber 5rau an, bas nun nicht wieber per*
ftummen foU, bas immer ftärfer anfdntüllt unb
wie ein einiger großer Klang bie gan3e weibliche
Didtfung bis in unfere (Tage erfüllt.
* *
*
Die Dichtung ber Knnette pon Drofte*f}ülshoff
ift in ihrem (Srunbwefen epifd}, nicht lyrifd). Sie
crsäl^lt pon bem, u>as fie gefdjaut unb empfunben
hat — fie perbid^tet es nidjt 311m tiebe. Das
bleibt auf lange hinaus bas berporftedjenbe
UTerfntal aller weiblichen Dichtung, unb ftörenb
fommt nodj ein ftarfer ffang sur Heflefion I^insu,
pon bem bie reine ffeimatsfunft ber tpeftfälifchen
Didjterin frei toar. Die 311 ihrem €igcnwefen
crwad}cttbc fämpft unb bat noch 3 U *>iel
auf bem fersen, um gan3 naip ihr ffer3 allein
fprechcn 31t laffen. piel IDünfche unb fjoff*
nungen unb (ßebanfen ftürmen auf ftc ein unb
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ocrfdjütten ihr den IDeg 3ur reinen lyrifdjen
<£mpfinbung.
2Ul3ufeJjr mit Hefteyion belaftet erfdjeint bie
Dichtung ber 311 ihrer «geit fel^r geachteten, heute
faft oergeffenen £ u i f c v 0 n p 1 0 e n n i e s. <£in
ptiiIofopt>ifd7 * grüblerischer <gug beherrfchte ihr
Schaffen unb lief} fte 31t feiner reinen Kunft ge«
langen. Sie hat 3it>ar hier unb ba fd?on Derfucfyt,
ein Keines £ieb 311 bilben; aber im allgemeinen
blieb fie bei ber erjählenben <Sebanfenbid?tung
ftehn. 3h r Heftes unb Ciefftes hat fie wohl mit bem
Sonettenfran3 „Kbälarb unb ffeloife" gegeben, in bem
fte ben gan3 innerlichen Kampf eines 5rauenher3ens
3tt>ifchen irbifdjer unb I^tmmlifcljer Ciebe fdjilbert.
€ine nähere XDefcnsoerwanbtc ber Drofte«
fjülshoff war bie fdüeswig « holfteinifd}e Dichterin
Sofie Dcthleffs, bie heute gleichfalls fo gut
wie uerfchollen ift. Sie befanb fidj auf bem IPcge
31t einer reinen fjeimatsfttnft ; aber ihre Dichtung
ging bann, u?ohl infolge ber <£ttge unb Dürftig«
feit ihres einfamen Gebens, gait3 in Altjüngferlich*
feit unter. Dörfer jeboch hat fte einige (Sebidjte
in badjbeutfcher unb plaübeutfdjer Spradje ge*
fdjaffen, bie mit ihrer fd?Iid?ten IDahrheit unb
Znenfdjlichfcit bie Dichterin oor bem pölligcn Der*
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gcffemocrbcn fcbüfcen folltcn. Befonbcrs ihre
plattbeutfd^en (ßebidjtc ftnb beadjtcnstucrt: nidit
nur fyjt fic mit itjncn hie nicberbculfdjc ZTTunb»
art fdjon r>or Klaus (ßrotb u>icber 311 Cfjrcn ge»
bradjt, ftc fdilägt barin audj als bic erfte beutfdje
Didjtcrin fosialc Cönc an. Sic fingt bas €ieb
com „Krbcitsmann", ber in all feinen Klüsen
hungert unb barbt, tuäljrenb ber Hcicfyc f]odj 31t
Kofj traht. 3^ r ^' »©arme 5rcmcncmpftnbung bewahrt
fie babei uor faltcr Ccnbctt3 ; ibjrc fosialen Dichtungen
werben aus tiefem Klitgefüf>l geboren. Die 5 ™u,
bic fclber leibet unb fämpft, fütilt fid) als Sd?wcfter
aller Ceibenbcn. Das fo3iale (J 5 ebid)t uerfdjminbet
nun nicht wieber aus ber beutfdjen 5 *auenlYrif.
3 u ber bunflcn Empfinbung, bafj in ben «Tiefen
bes Delfes ein ähnlid^cr Kampf gefämpft wirb,
u>ie fie fclber ifyi 311m Kustrag bringen muß,
finbet bic 5rau immer echtere unb wärmere üönc
bes KTitlcibs mit ben Krmcn unb «Enterbten.
Ccbenbigcr in unferer «Erinnerung ift bie
öfterrcidjifdjc Dichterin Betty Paoli geblieben.
3 l>rc erfte (ßebidjtfammlung (\8^l) fanb beim
Erfd^eincn eine begeifterte Aufnahme, bic in bem
Kusfprud} gipfelte: „man bürfc biefe Dichtungen
nur fnieenb lefen". Don foldjer Überfdjwänglid}*
19 2*
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feit finb wir heute weit surüefgefommen ; aber
wir begreifen and) jefet noch, ba§ bas erfte Er»
feheinen Betty Paolis auf uielc grauen ihrer
«Seit wie eine Offenbarung wirfen mußte. flTit
itjr trat 311m erftenmal eine 5rau auf, bie ben
ZTiut ihrer eigenen Perfönlichfeit I^attc unb in
trofeigein Selbftbewußtfein ftdj bem JTTanne unb feiner
burd} jahrtaufenbalte Sitte geheiligten bfcrrfcher*
gewalt gegeniiberftcUte. Sic war lt>eib unb er«
fehntc nichts h^*6 cr / als * n ber Ciebe ftch bem
JTTanne gans hingeben 311 fönnen; aber fie trug
anbererfeits ein flares Bewußtfein ihres menfeh«
liehen Eigenwertes in ftd? unb forbertc für ihr
föniglidjes (Sefdjenf aud} t>om ZTCannc bie gan3C
Eingabe. Sie fanb biefen ZTTamt in ihrer ^cit
nicht (fie würbe ihn wohl auch heute nod} r>cr*
geblid) fudjen!), unb fie unb ihre Dichtung litten
fdjwcr unter ber gelaufenen großen Sehnfudjt.
Der beiße Strom ihrer £cibenfd?aft, ber (Schichte
wie „tüanblung", „<S abe", „BTit bir!" gleich
Perlen an ben Stranb geworfen hatte, »erfiegte,
unb ihre poefte würbe falt unb lehrhaft. Ein
Dcrfümmcrn ber fünften Kräfte iut leiblid^en unb
geiftigen Kltjungferntum — bas war bas Enbe
auch biefer flogen unb ftarfen drauennatur.
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€ine atibere <f)ftc rreichcrin , KT a r i e von
<£bncr>€fd)cnbadj, gehört gleichfalls nach
ihrem Klter wie auch bent Züefen unb 3nfjalt
ihrer Dichtungen in biefe erjtc <§cit beutfeher grauen*
bidjtung. <£s wäre ungeredjt, biefe große Dichterin
unb Deuterin bes KTenfchcnher3ens, bic ihr fchönfles
Können auf einem anbern <8ebiet ber Citeratur,
in ber <£r3<ihlung, entfaltet hat, nach ihren wenigen
Poefieen beurteilen 311 wollen. Sie ift hier ausfchließ*
lidj Kerftanbesbichterin, bie feine fluge (ßebanfen in
Derfe gießt, aber nidjt warmes, aus betn fjer3en ber*
oorquellenbes Ceben fdjafft. Selbjt ihr befannteftes
(Sebicht „<£in Heines Cieb" ift fein Cieb felbft, fonbern
eine feinftnnig *gra3iöfc Kefleyion über bas Cieb.
* *
*
3n ben 3ahr3ehtden ber Keaftion, in ben
fünf3iger unb fedjsiger 3 a hreu, bleibt es ftill in
ber beutfd^en 5 rauenbichtung. Der fehwere lähmenbe
Drucf, ber auf allem liegt unb jebe freie geiftige
Kegung nieberhält, macht auch 5 rau »erftummen.
Keine neue Perfönlidjfeit tritt h er r>or, bie ben
eingcleiteten Kampf um bic neuen KTenfdjcnrcchte
bes TDeibes weiterführt. €s h at faft ben Knfdjcin,
als fei bie 5 rau wieber untergetaucht in bas Dunfel
ihrer Klltaglichfeit unb Hbhängigfeit.
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Da crfdjeint 3 um 2lusgang ber fed^iger
3alirc (\868) ein [d^males 23änbd}ett (ßebid?te:
„lieber einer Dcrlorcnen" uon 21 ba C^riften.
3n bie fdjmiile Stidfluft ber (ßuteftubenpoefie, bie
bamals ben allgemeinen (SefdnnacF beberrfcfyte,
fdjallten biefe lieber mie ein einiger fdjriüer
2luffd?rci aus einem burd) eigene unb burefy frembe
Hot »ermunbeten ^rauenhersen hinein:
„2111 euer girrenbes fjerseleib
Ciiut lange nid)t fo mch,
t£>ie IDinterfälte im bümten Kleib,
Die blojjen 5ü£e im Schnee.
„2111 eure romantifdje Seclennot
5d?afft nid)t fo harte pein,
H>ie ohne Dach unb ohne Brot
Sief? betten auf einen Stein!"
Die Dichterin mar eine junge lüicnerin, bie, Iß^
geboren, in frühem 2lltcr bie harte Derurteilung itjres
Daters megen Beteiligung an ber acfytunbt>ier 3 iger
Hcoolution erlebt batte. Die 5antilie mar baburd}
in Hot geraten, unb Cfyriftine Breben, mie bie
Dichterin eigentlich mar bereits mit fünfsehn
3abren 3 um Cbeater gegangen, mo fie bie gan 3 e
l}ärte bes Kampfes utn’s tägliche Brot fennen
gelernt h a *te. <£inc erfte <£h c , bie fie 3 man 3 ig>
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jährig eingegangen n?ar, tjattc bereits nadi 3tpei
3 ahren mit bem Cobc bes HTannes ein Enbe gefunben,
ber im 3 rr f^ nn uad} furchtbaren £eiben geftorben roar.
Dies fehlere, bunfle 3ugenbfd)icffal ntadjtc
Kba (Driften sur Dichterin. Sic hatte als Kinb
bas Sturmläuten ber Heoolution gehört, fte b^tte
bann bie ganse graufame Hot bes Gebens am
eigenen £eibe erfahren — eine toilbe 51autute ber
(Empörung loberte nun aus ihren erften (Schichten
auf. JTTit bem Crofc ber Derjmeiflung tuarf fte
alle fjüUeu ber Schamhaftigfeit uon ftd? unb fcbric
ihre Hot in bie IDelt hinaus: bie Hot ber 5 r<m,
bie auf allen Seiten r>on Sitte unb Vorurteil ein«
geengt ift unb ftd} nicht ausleben barf! JTlit
foldjer rücffichtslofen Offenheit hatte bis bahin
noch fein &*eib son feinen Schmerjen unb Kämpfen,
r»on feiner Sehnfucht unb Ceibenfchaft gefprodjett !
Crofc aller äußeren Kbhängigfeit r>on ffeine ftrötnte
burch biefe Derfc fo oiel heifjes eigenes Erleben,
ba§ fte bodj als ein Heues unb Selbftänbiges
erfreuen. 3 m weiteren Verlauf ihrer Entmicflung
vermochte bie Dichterin auch, 00,1 allen fremben
Einflüffen frei 311 machen unb ftd? gans auf ihre
eigene Erbe 3U [teilen. Sic führte ihren Kampf
3U einem Sieg empor, 3U einem f<hmcr3lich lächclnbcn
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^rieben. Sic erreichte feine «Erfüllung für bie
große Ceibenfdjaft ifyrer Seele; aber ftc rettete rt>ie
fo Diele grauen il?r c £icbesfefyifud}t in ben Isafen
bes KTitleibs. 3»t ifyrctt lebten (Schichten „Kus
ber Ciefe" (1878) fdjweigt fte faft gatt 5 pon ftdj
felbft, um bafiir mit warmem h cr 3 cn bem Ceib
ber Kttbern nadjsugefyen. Sie gestaltet Fjier er*
greifenbe feciale Silber, unb fie fd^afft bas reine
fdjlidjtc €fjeibyü „5ünf (Treppen Itodj."
(Gleichfalls ein Kinb ber Diesiger 3aF>re ift
bie Sdjlefterin Kl b c r t a non Puttfamer.
«Eine drauenfeele poU Sefjnfudjt unb Ceibcnfdjaft,
doü Kampf unb Kuflefjnung enthüllt ftd} aud? in
biefer Dichterin. Kber fie lauft nidjt, wie Kba
C^riftcn in ifyren erften (Sebidjten, auf bie (Saffe
unb fdjreit ihre Hot in bie iX>e!t hinaus — fte
flüchtet fleh Dietmefyr por ber ZTCengc unb erbaut
ftch bas Sd?loß ihrer Kunft auf einem fyofjen ein*
famen (Gipfel. Sic ficht hier bie Sonne nieber*
gelten, bie 2Tiärd}cnfonne ber Homantif, an ber
ihr fjerj fyängt, unb fie träumt in 3 agtjaftcr Sefyt*
fud}t pon neu fjerauffteigenben Morgenröten. 3»*
bem einfatnen nad}tbebecften Schlöffe tuanbert eine
5rau ruhelos auf unb nieber — „im Elettb itjres
Unbefriebigtfeins", wie IDilfyelm h°l 3 <nncr in einer
Z*
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fcinftnnigen Stubie über bie Dichterin fagt. Das
heifje (Seftdjt an bic Scheiben gcbriicFt, fchaut ftc
halb nad? JDcjten, n?o noch ein feiner Cicfytftreif
txm ber gefunFenen Sonne erjä^lt — halb trieber
itad} ®ftcn, n?o febon eine crflc fahle Dämmerung
ben neuen (Tag fiinbet. <£s bleibt aber Hacht in
ihren Dichtungen: eine munberfame, uon taufenb
Sternen erfüllte Sommernadjt, bic (Traum unb
Scl>nf udjt nic^t 3 ur Uuf>e fommen läfjt.
Jllberta t>on puttfamer fteht auf ber <ßreu 3 «
fcheibe 3 u?eier feiten, Dergangenheit unb ,3uFunft
begegnen ftd} in ifircr Dichtung. 3hr ticffles
Sehnen geht nach & cr Homantif; h^r ftnbet fte
Derfe »oll fo unausfprcchlicher Sdjönheit tt>ie in
bem (ßebicht „211s einft bic Poft fuhr." 3hrc
£iebe gehört einem fiol 3 cn romantifchen ITianttes«
ibeal, bas ihr oerflärenber Craunt roohl einer
Fargen IDirflichFeit nachgefchaffen h a *- 2TUt ber
finfenben Sonne ift es ihr cntfd}tr>unben, umfonjt
überbrüeft fte bic 5crnc unb baut ihr iDillc „raft-
los burch Sterne hin" — fte bleibt einfam. Unb
ba fdjreit fte auf in ihrem 2llleinfcin:
„Unb ich f 0 ^ hi«gehn in bie <£infamFeit
Unb foll mich löfen aus &er CrunFenhcit,
Die ftebemb mich u *tb öich in deffelit fdjlägt
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Unb überftnnlidj uns 3ur (Sotttjcit tragt!
Unb es foll Stunbcn biefer €rbe geben,
Die mir sufammen ttid}t metjr tverben leben!
Unb Cagc [ollen bunfel ftcfj verbluten,
tDo uttfrer fersen sitternb junge (Stuten,
Die einft, ft d) fudjenb, Ioberten sufammen,
Kufbrennen müffen in getrennte stammen !"
Dann aber 3tvingt ftdj bie Dichterin 3ur Hutje,
unb fte, bie ftolse eigenfjerrlidje Perfönlidjfeit,
inadjt ittren 5 t*ic&en mit ber IDirflidjfeit. Sie
fteigt von ifjrem Sd}loffe fyerab unb nimmt Ceil
an beit Ccibett ber 2 lnbern. Sie fdjreibt bie
(Sebicfyte „Cine Cinfame", „Blicf auf bie Straffe"
unb entbedt vor allem bie tvunberbare flehte
„Strafjcnfcene", in ber fte ben £jciligenfd)ein ber
Sdjöntjcit um ben Strutvtvelfopf eines fdjmufcigen
23 ettlerfinbes breitet. Unb fte färnpft ftd? fdjlicfjlid?
311 einer reinen üolfsfunft burd) unb befeuert ifyrer
5tt>eiten fjeimat, bem Clfafj, bas fdtötte Ballabett»
buefy „2tus Dergangentjeiten".
3n ben viersiger 3atjren ftnb noefy jtvei
anbere Did^terinnen geboren, bereu Dichtung aber
tveniger ben (Seift bes revolutionären 3< J t? r 3et?uts
atmet: Carmen Sylva unb Ungclifa von Ijör*
mann. UTit Carmen Sy lo« (Königin Clifabetfy
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üon Rumänien) finbet bas Hlcnfchcnrecht ber 5*au
bett iDcg audj ju einem O^ron t»inauf — bas
ift bas Heue unb Bcbeutungsoollc au bieder €r«
febeinung. €ine boppdt h°h c 5 d?ranfc r>on Sitte
unb Vorurteil erhob ftcb um bie Königin ; ftc burdv
bricht ftc unb [teilt fidj Fätttpfenb unb fchaffenb in
Heil? unb (ßlieb mit ihren Schwejicrtt. 3 n ih r
gewinnt bie 5ratt ben HTut, ihr <Hief ftes unb fjeiligftcs,
Hluttcrfdjaft unb ZHuttergefühl, in ber poefie 511
enthüllen. Carmen Sylttas ZHuttergcbichtc ftnb
r»olI ber Feufdjcftcn iDalirhaftigFcit, 5U ber ftc ein
großer Schmers, immer ber Crwecfer unb Hefreier
wahrer Kunft, binführtc — ber jungen Königin
ftarb ihr cin3iges Kinb im KIter »ott oier 3 altren.
3 nt übrigen ift ihre Dichtung nicht überall uotn
Dilettantismus frei3ufprecben, ber wohl aus einem
allsu leidsten unb mühelofctt Schaffen entfprang.
Schlichtheit unb innere tPahrhcit 3cid}ncn aud}
bie beften ( 5 cbid}tc ber KttgcliFa ron ^örntann
aus. Sic fdjafft unb träumt gait3 abfeits, in ber
traulich » umfchräitFtett €ngc ihrer tiroler fjeimat,
unb hat wenig uott bett großen Kämpfen erfahren,
in benert braußeu bie 5 rau ftcht. Sic ift Feine
ftarFe überragenbe perfönlichFeit, bereit Kunft 3W
gleich fortfehreitenbe Kultur bcbcutet. Kbcr ftc
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f?at ZPärmc unb CEicfc unb gicbt in itjrcr weifen
Selbftbcfdjränfung reinere Kunft als fo manche
größere Dichterin, bie ber Kampf nidjt ju einer
geflärten, abftdjtlofcn Dichtung gelangen läßt.
* *
*
Die 3 a ^ r 3 c ^ n tc ber Kcaftion ftnb für bie
bcutfdjc Dichtung 3 ugleicfy eine <3eit tieffter <£ r*
fcfyöpfung, bie noefy weit über f870— 7f, bieZDieber»
aufridjtung bes bcutfcfycn Keines unb bie nationale
ZDiebcrgcburt bes DolFes, fynausrcidjt. Das große
gefcfynteibige 5ormtaIent (Scibels unb bie f>aus*
baefene Sprucfjwcisljeit bes 2TUr3a‘Sd)affY s Sängers
Bobenftcbt bcfyerrfdjen bie Dichtung, wäfyrcnb bie
StimmungsIyriF Cfycobor 5torms, bie bei all ifyrcr
Stille bodj bas Heue unb ^ufunftfdjaffenbe in
biefer «geit bebcutet, fo gut wie unbeachtet bleibt.
Didjtcnbc 5rauen werben jefct immer safjlreidjcr ;
mcifl lagern fte ibre <£r 3 eugniffc in ben Familien*
blättern ab: fTiifftgc gefällige Dcrfc, bie fein allju
tiefer 3”f? a lt bcfdjwert. <£in großes StricFftrumpf»
geflappcr J^ebt im bcutfdjcn Didjterwalbe an, 2ftafd}e
reibet ftcfy an ZKafdje unter beit fleißigen fjänben — ber
„Blauftrumpf " taudjt in ber beutfdjen Dichtung auf.
Dies uielucrfpottete ZDcfen, bcin ZHaric uon
€bncr* fifcfycnbad} in ifyrem (Scbidjt „Sanft Peter
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unb ber Blauftrumpf" eine tȟbfcf?c Derteibigung
gefchricben h<*t, war feine fo ungefährliche €r«
fcheinung. Der Dilettantismus brohte, über bas
Schaffen ber 5 rau XHacht 511 gewinnen uub bie
eigene Sprache il^rer Seele wieber perftummen 311
machen. Schon Carmen Syluas h^ rD ^ r ^ a 9enbe
Begabung fiel in ber übertt>iegenben BTehrjabl
ihrer Poefteen biefent Dilettantismus 311m ©pfer.
€iue glattfrifterte Dichtung, bie 5 orm mit 3 nhalt per«
wedelte, madjte fich breit — bie tiefere Urfache lag
allcrbings nicht in ber fonbem in ber fünft»
lerifch armen unb inhaltlecrcn ^eit.
Unter ben Diclen*Kll3UPiclen, benen ein < 5 ott
311 fagen gab, was ftc nicht leiben, traten ein
paar emfter ftrebenbe Dichterinnen herpor. X}ier
ift an erfter Stelle 5 riöa Sdja 115 3U nennen,
ein beachtenswertes dormtalent, bas ben Ders mit
fcltcner Sicherheit bchcrrfcht. Ceiber war ihr bei
einer allsu leidsten dormgebung ein tiefergehenber
fünftlerifdhcr Kampf erfpart, unb fo blieb ihre
Dichtung oft glän3enbc 5 ornt ohne erlebten 3 n halt.
Uber ihr Sdjaffen weift pcrein3eltc I}öhepunfte
auf, wo 5rauenlcib unb 5rauenfchnfud)t ihren
fdjlichten wahren Kusbrucf fud}en unb ftnben, unb
ihr lefctcr (ßebidjtbanb „Unter bem fifdjenbaum"
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3eigt bcutlich bas Streben nach einer größeren
Vertiefung unb öefeclung. Solche einjclnen £jöhe*
punfte bcs Schaffens, wo bas (Erlebnis mit innerer
Vlotwenbigfcit ftef? fein Kunftwerf aufbaut, finben
fid? aud? in ben (gebienten t>on 3lfe 5rapan
unb (Scrtrub Criepel. 3 lfe 5 rapan, eine be«
beutenbe Er3ählerin, ift fonft nur eine fchwachc Vers*
bid^terin, bie feiten ihre eigene Sprad)c fpricfyt, unb
(Scrtrub Criepel ift in ihrem (Sebichtbanb „Ein Stücf«
dien KUtagslebeu " allsu tief im KUtag fteefen geblieben.
Die größte “Dichterin biefes Zeitraums, mit
ber bie 5orm wieber einen 3 n halt gewinnt, ift bie
Schwäbin 3 f°l&e Kur 3. Sic oermag fich bem
Einfluß ihrer <§cit nicht 311 entstehn; aber bas
(Sefühl ber Cecrc unb Erfchöpfung wirb bei ihr
nicht 3U fiinftlerifdjer ©hnmadjt — es »erlieft fich
3U einer fraftooll erlebten VTclancholie, aus ber
wieber lebenbige Kuuft entfpringt. “Der Cob fdjreitet
als fferr unb König burd? ihre Verfe, feiner füllen
hohen VTajeftät bringt fte ihrc'Didjtung als Opfer bar:
„Der Cob h<ü feine Schauer mehr,
"Denn ihn umfehweben
©ic (Srajien alle, nur bas Cebeu
3ft arm unb leer."
2 lus einem tiefen Vaturgefühl heraus empftnbet
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bie Dichterin bas Sterben als eine IPieber«
Bereinigung mit ber Hatur, als eine Erlöfung unb
Befreiung aus bem „trnrren müften CLraumgefpinft"
bes £ebens, als eine Uiicffehr sur fjeimat:
„Hun bift bu eins mit ber Hatur, es rulit
Der Streit, unb fdjnell geteilt ftnb beine IPunben,
Die Ulutter liat ben Sobn aufs neu gefunben
Unb t^ält ben IDilbling feft in ihrer fjut."
Das ift eine rein * lyrifcfye iDeltanfdjauung,
unb 3 folbc Kurs fteigt auch in ihren beften (Sc-
hichten 3U einer grofjen unb reinen Cyrif empor,
Sic menbet fidj ab uon ben rnirren flüchtigen Er«
fcheinungsformen bes Cebens unb geht gan3 in
bem grofjen 5 ncben ber Batur auf. Sie meiß in
bem iüccfyfcl ber Dinge bas Emigc auf3ufpürcn
unb in ihrer Kunft miebersugeben. So entfteht
bas „Usphobill", mohl bie grojjartigftc Cotenflagc
in unfercr neueren Dichtung; fo fhtbet fic bas
munberfamc (Scbidrt „IDcgroartc", bas uns unter
Sd?aucm mitcrlcben Iä§t, mic bas martenbe
Uläbchcn am Strafjenranb allmählich 3ur Blume
mirb; fo bidjtet fie ben „Spa3iergang", u?o bie
graue bämmembc (Erinnerung ftc befehlest, bafj
fie biefen Cag reichen SontmerglücFs fdjon ein«
mal auf anbem Sternen erlebt haben mufj. Dom
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Kampf ber 5rau ift es ftiü in ihrer Dichtung,
überhaupt non allen Kämpfen — jte fingt bas
bange Sefyifucfytslieb nach bem Cobe, bem fjeilanb
unb £rlöfer aller menfc^lic^en Sehnfud?t.
(Eine tiefe lOefcnsDcnranbtfcfyaft mit 3folbe
Kui '3 3 cigt Bi carba £}ud}, beren (ßebid^te erft
in ben ncun 3 iger 3 a hren erfcfyeinen, bie aber mit
ihrem gatten 5üfjlen unb Denfen fid? Ijier an»
fchließt. Kud? ihrer Kunft ift eine Kbfeljr oon
flüchtiger IDirflidtfeit unb ein Kufgehn in ber
großen (Einheit ber Batur eigen. <£in philofophtfch^r
§ug geht burd} ihre Did^tung, felbft in ben Keinen
3 ierlid>en „Ciebesreimen". Der (ßebanfe ift aber
bei Bicarba £}u<h feine frembe (ßeroalt mehr, feine
Beflcfion, bie uon außen fommt unb bas Kuttft»
n?erf beherrfcht. <£r ift ein innerlicher Beftanb*
teil ihres XDefens unb tx>irb als eine notraenbige
Kusftrahlung ihrer XDeltanfd^auung, ihrer fünft*
lerifchen Perfönlichfeit empfunben. Die XDelt»
anfehauung ber Dichterin grünbet ft d} auf bie
€rfenntnis »on ber 5lüdjtigfcit allen (Erbentuefens,
unb biefe €rfenntnis hebt ftc über allen Kampf
hinaus. Deshalb seid^nct fich ihre Kunft burd)
3 «>ei hernorragenbe €igenfchaftcn aus, bie in ber
5rauenbid}tung noch überaus feiten ftnb : Bicarba
ffucfy Fjat 5 1 i I unb u nt o r. Sic fpricfyt iFire
eigene Sprache unb fcfyaut mit n>eFimütig*mitleibigem
£ädjcln auf alles Crbcntreibcn Fiinab. Hub t>ou
biefem bunFIen (Sruitbc F?cbt fidj in purpurnem Hot
eine cdjt bidjterifdje 5reube an allem £ebc»t ab:
„Kein Stern, ber unferm Bunbe
Hidjt UntergeFien brofyt,
IX>ir Fiängen uns am HTunbe
Unb märten auf beit Cob."
Der Cob ift in bas £ebcn uerlicbt, unb bas £eben
bangt unb 3 ittert, ftef? bem Befreier Cob in bic Krntc
Sufdjmiegcn. Das Hiäbdjen eilt 3 unt Stellbidjcin mit
bem (geliebten, unb als ftc ftcfj an feine Bruft
toirft, ift cs ber Cob, ber feinen bunFIen HTanteF um
fic breitet, ©ber ber Cob fdjrcitct über ein 5elb, unb
roäfyrenb er mit ber einen £ fanb bie golbenen KFjren
niebermäFjt, ftreut er mit ber anbem neuen Samen aus.
CmigFcitsfdjauer mcfyt uns aus ber Dichtung oon
Hicarba ffudj an, gan 3 mic bei 3foIbe Kur 3 .
Der Kampf ber um iFire äußere unb
innere 5reiFjeit feiert audj in Hicarba £fud} Feinen
erlöfenbcn Sieg. Die Dichterin ftellt ftdj über
allen Kampf unb finbet iFjrctt dricben in einer
fd^mer 3 lid) FädjcFnben £ebensoerneinung.
* *
*
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Um bic Hlittc bcr aasiger 3 afirc beginnt ber
Kampf um eine neue Kunft. Die revolutionären
Stürmer unb Dränger bes fogenannten „jüngften
Deutfdjlanbs" treten auf ben plan unb erbeben
ben Huf nad} einer rüdFbaltlofcn IX^abjrbjaftigfeit
in ber Dichtung. Das rcaliftifd)c Kunftibeal löft
bas ibealiftifcfye ab, bas feinen tieferen €ebcns«
intjalt verloren hat unb 3U toter 5ormenfd}önbeit
erftarrt ift. Der Kampf rvirb sunädjft in ber
€yrif ausgefod^ten, 311 ber es immer bic 3ugenb
hinbrängt,bieimSclbftbefenntnisfid}felbftfinbentvill.
Die Cyrif gelangt suerft 311 einem neuen eigenen
£eben unb fcfymücft fid} mit neuen freieren 5orntcn.
Die litcrarifdjc Hevolution erneuert audi bie
bcutfdjc 5 ruuenbidjtung. Die 5 orberung riieffiebts»
lofer IHahrhcit, im Herein mit ber nun ftärfer
anfd}U)etlenben fosialcn 5 rauenbervegung , nimmt
vom IHeibe aud) bie le&te Sd}cu unb ^urücf*
baltung. 3utmer mehr gervinnt bie ntoberne 5rau
bas Hertrauen 51t fid? felbft, ben Heut 3um Hcfettnb
nis, 3ur reftlofen Beichte itjrer Hot unb Sehnfucbt.
Sie errvaebt 311 eigenem Denfcn — aber natur»
gemäß, anftatt fjerrin bes (ßebanfens 511 fein, ift
fie sunädjft feine Sflavin. Sic macht, gan3 ivic auch
bcr männliche Diditer, jene jugenblidje ^eit burd),
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ba ftcfy oor ben geblenbeten öligen bie tDelt bes
(ßeiftes auftfjut unb ber neugeborene (Sebanfe mit
ber Kraft eines jungen liefen IDelt unb Ceben
unb bie eigene Perfönlidjfeit fned^tet. Das ift
jene «^eit, bo ber junge Dichter ron ber Cenbenj
ausgeht unb bie oorgefafjtc 3 bec bie reine 2 ln>
febauung bes Cebens unb ber Kunft trübt. Die
£uft am Denfen unb Befehrett überroiegt uor ber
5reube am döeftalten. So permag aud} bie 5ruu,
in biefer <5eit erneuten Bingens unb 5ortfd?reitens
ihre Didjtung nur feiten über ben ^roecF, über bie
aujjcrfünftlerifche Cenbens emporsutjeben. Sie h at
in bem Kampf um ihr neues KTenfdjfein noch
feinen enbgiltigen Sieg errungen; besfydb fel^It
ihr bas innere (ßleidjgeuncfyt, bie heitere Buhe, in
ber allein bas grofjc abfid)tslofe Kunftoerf reifen
fattn, bas roie bie Statur gan 3 in fidj fclber ruht.
<£iu lehrreiches Beifpiel ftnb bie Dichtungen
non Blaria 3anitfd)cf. Sic ift pielleicht bie
moberne Dichterin, bie am fchmerslichften mit ftd)
felbft gefämpft, bie am leibenfdtaftlichften mit ben
Bätfelfragen ber <§eit unb ihrer eigenen Seele
gerungen h<*b ohne jebodj eine befreienbe Cöfung
gefunbett 3 U hoben. 3h*e ga»t 3 e Dichtung ift
Suchen unb Sehnen — fein 5inben. 3hren (ßebicfjt*
banb „ 3 nt SomntertDinb" fcf}Iic§t fte mit einem
3ubeIbYntnus auf ben neuen HTenfcfyen :
„Htit brennenbett Kerjen in ben bjättbett
Unb gellen flatternbcn ^al^iicu
^ie^ett tuir bir entgegen,
bleuer HTettfdj!"
3a, fie 3iettt bem neuen Htettfcbcn entgegen,
ftc F} at audj motjl fein leudttcubes Ktttlife im Hebel
ber 5enic gefetjn, aber fte gelangt nicfyt 5U iltm.
Sie Fätitpft um eine neue Sitte, um einen neuen
HTenfcfyen, um einen neuen (Sott — fie Fäntpft,
aber fie ftegt ttid)t. Hur feiten frönt unb oollenbet
ein reiner fiinftlerifcfyer Sieg i^r beijjes Hingen.
3 » rufyelofer Sefytfudtt treibt es fte txm Pbilofopbic
3tt pliilofopltie, non (Slaubett 3U (Stauben uttb in
engem Sufammen^ang bantit audj von einem Kunft*
ibcal 3unt anbern. Sie fiat im Bann bes Healismus
brutale IPirflid^feitsfdjilberungert gegeben unb
bem Symbolismus fdwüle tDeibraucfyopfer gebracht.
Kus einer foldjen Seele voll Kampf unb < 3 tr>eifel
Fonttte eine reitte £yrif uicl^t emporblüfjett. Sic fefet
wie alle reine unb befreiettbe Kunft einett lädjelnbeu
5riebett voraus, ben ber Dichter mit ftd? unb ber
HMt gefdjloffen bat. ^unt £ i e b e gelangt HTaria
3 anitfcbcf nur in vereitelten (Schichten. HTeift bat
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ftc irgenbein fo 3 iales ober phtlofophifches 3 beal auf
betn fersen, bas fie prebigen ntu§, uub bic prcbigt
verlangt bic Breite, bie Hefleyion. Die Dichtung oon
UTaria 3anitfdjef ift (Sebanfenbidjtung »oller Swecf
unb Abficht; ihr (ßrunbtuefen ift Stählung, nid}t
Iyrifcijc Derbidjtung. Aber anbcrerfeits lebt in ihr eine
ftarfc behcrrf d}te Sinn lidjf eit, bie oft bcn (Seftalten
unb (gmpftnbungen bie Bläffe bes (Sebanfens nimmt,
ihnen Blut unb 5arbe giebt. Unb oor allem h^t hie
Dichterin uermodjt, ihren perfönlidjen Kampf um
ein neues UTenfchfein burd? ihre Kunft itt’s Allgemeine
3 u erbeben. Diele 5rauen unferer^eittuerben fidj mit
ihremfjoffen unb UXinfchen in ber Dichtung »onUTaria
3cmitfcbef tmebererfennen. Darauf beruht ihre hob*
Bebeutung — eine Bebeutung, bic allerbiugs tuobl
nicht über bie §eit bes Kampfes hwausragen u?irb?
<Sau 3 ähnlich geartete €rfdjeinungen treten uns
in Xferminc doii preufdjen unb ber (Öfter*
reicherin Ularie € u g e n i e belle <J5 r a 3 i e ent*
gegen.Sie ftehn, u?ie UTaria 3<*nitfchef, noch im Kampf
mit fich unb ber IPelt unb haben feinen erlöfenben
Sieg gewonnen. Sie fämpfen mit ber Dergangenbeit,
gegen gefellfchaftliche, religiöfe, fittlidje Dorurteile;
fte fämpfen um bie «gufunft, um ben neuen freien
Ulenfchen, ber ba fommen foll. Ueflejrion unb epifche
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Breite herrfdjen aud} in ihren (ßebicfyten por unb
laffen eine reine lyrifdje Stimmung nur feiten auf»
fommen. Oft fdjwillt it^re Dichtung ins Uferlofe;
fünftlerifches UTafjhalten, bie (Babe ber Sammlung
ift biefeu leibenfchaftHcheu Kampfuaturen faft gan3
fremb. Sic wiffen ben ausgetretenen Strom ber
«Empftnbung nidjt in fein Bette 3urücf3uführen, unb
er fteigt über alle Ufer unb Dämme hinaus unb per«
nicktet bie reiche fiinftlerifdje <£rnte. Starfe Sinnlid}»
feit lebt aud} in biefeu Dichterinnen ; aber es ift nicht
bie ftiüe gef eff eite (Blut, bie mit innerer IDärme bas
Kunftwerf erfüllt — es ift ein grelles dlacferfeuer,
bas im XDinbe weht unb r>erlifd}t. Termine Don
Preufd}en finbet nur hie unb ba einfache Cöne, wo
fte »OH ihrem Kinbe fpridrt unb bas IHuttergefühl bie
3ehrenbe Unraft in ihr sur Buhe bringt. Ularie
(Eugenie belle <Sra3ie fdjafft ihr Beftes, wenn aud}
nicht fünftlerifd} Dollfommenes, wo fte ftd} in eine
frentbc Eigenart hineinlebt unb bereu IDefen por uns
enthüllt, wie in ben Böcfliu«(Sebid}ten unb ben Chopiu=
Hhythmen. Ulit weiblicher fjingabc geht fie hier in
ber fremben Seele auf unb ift bie „(Beige, auf ber
ber UTeificr fpielt."
Die Bayerin Unna £ ro i f f a n t«Buft gehört
gleichfalls 311 ben dräuen, bie por lauter iDolleu nidjt
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$um IDiUen, »or lauter Kampf nicht 3ur Kunft ge*
langen. Sie fefot bie Socferung unb 21uflöfung ber
5orm fort, 311 ber fchon HTaria 3unitfchecf hinneigte,
unb fcfyreibt ihjrc “Dichtungen in einer ncruöfen 3er*
hacFten profa, ber meift ber innere Khytfjutus fehlt.
3m 3 n h fl It prebigt fic bas Hecht ber 5rau auf Siebe
unb (SlitcF — fte prebigt, aber fte gestaltet nicht trofo
bes angeftrebten Bcalisttius. €ittc fdjwüle unb babei
abfichtsnoUe Sinnlichfeit, um bie ber Derftanb wei§,
erfüllt ihre Dichtung unb entfernt fte u?eit r>on ber
feufd)en HacFtheit naioer ZTatur. Die Quelle reiner
Kunft will ftd) auch biefer Dichterin nicht erfdtliefjen,
ba fte ben XDeg aus ihrem Kampf 311m 5rieben
nid^t 311 finben weiß.
Den €inbrucf einer innerlich mehr gefeftigten
perfönlkhfeit empfangen wir bagegen aus ben <Se*
bid)ten t?on Klara HTüllcr. Huch ihre Kunft ent*
fpringt ttod} aus ber Bcffcjrion, fdjleppt bie Saft bes
(ßebanfens mit fich, unter ber bas 3arte Spinngewebe
ber fyriF serreißt. Hud} ihre Dichtung ftccft noch > n
ber 3^/ wuselt im Katttpf — bod) 3ugleid? weift
fte fchon bariiber bhu*us- €iite fosialc Cenbens be*
herrfd?t ihr Sdjaffeu ; fte wirb aber fo tief unb fo
perfönlid} non ihr empfunben, baß fte 3ttnt itttterett
€rlebnis wirb. «figencs Seib unb eigene <£ntfaguttg
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baten bie Seele bcr Didjterin empfänglich gemacht
für bie Hot bes Dolfes. Sie oerliert fich nur feiten
in Hljetorif unb geftaltct in ihren fo3talen (Schichten
feelifch erlebte Empftnbungen unb rein angefchaute
Bilber. Kußerbcm fielet fiefcft auf ihrer pommerfcheu
fjeimaterbe — ber herbe frifche 0bcm ber 0ftfee
weht in ihre Dichtungen hinein unb giebt ihnen
5 arbe unb (Scfunbhcit.
* *
Die Heutiger 3 ahre bebcuten für bie beutfdje
^raucnbichtung ein ftetiges 5ortfd?reitcn 311 größerer
Huhe unb Klarheit. Die 5 rau beginnt, bie neruöfe
Xjaft unb Unraft in ihrem XPefen unb ihrem Schöffen
311 übcrwinben. Hach allem Suchen unb Sehnen
gelangt fte 3U fid} fclbft, tritt ftc in ben Befife
ihres Eigenlebens. Hod) wogt es in ben Ciefcn
ihrer Seele r>on Kampf unb Sehnfucht — hoch
auf ber leifc bewegten 0berfläche wiegt fid? bereits
bie fcufdje wcifjc Blüte bes £iebes unb öffnet
ihren Kelch bem Sonnenlicht.
Einer liebhaften Stimmungslyrif fommt fdjon
bie (Öfterrcicherin UTarie Stona mit ihren
„£iebcrn einer jungen Srau" nahe. Sie fingt oon
ber Ciebe; aber es ift nicht mehr ber herfömmliche
Klingflang bcr Blauftrumpflyrif, ber nur bas 0hr
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traf unb nidjt bas £}crj benagte. €in feiger
fdjtnerslidjer Scclenfantpf burd^ittcrt itjrc Ciebcs«
lieber. Don bem wiffenben IPcibe ftnb alle füllen
gefallen, unb in feufdjer triumfierenber Uacftfycit
breitet cs feine Krntc aus, um ju faffen, was
„ewig bliebe". Die Dichterin fcfyilbcrt bic Zlijrcn*
liebe, bas IDeib oljne Seele, bas bem Ulattne
Kraft unb Cebcn nimmt:
„Unb fü§t id? mid) müb an einen UTuub,
Dann tauche idj nicbcr 3um Uieeresgrunb,
Derladjenb in gellem Korallenrot
Den Ulenfdjen, bem icfy gab ben Cob."
Unb im (ßegenfag baju fdjilbert fte bas IDeib,
bas mit polier Eingabe liebt unb gan3 im UTannc
aufgefjen will. Uber bem HTannc ift bas ffödjfte
feine Urbcit, bas iPeib ift ifyn nur Sd^mucf unb
^ier, eine Uofc im Knopflod):
„3d? fterbe l)in por (Blut . . . inbeffen bu
(Beiaffen über beiner £iebe tljronft
Unb Ijofjcitspoll mit nie bewegter Uul>
3n beincs (ßciftes <£ isgefilben woljnft."
UTann unb IDeib feiern il?r Ciebesfeft, aber
fte galten nur ben £eib umfd^lungen — bie Seelen
fönnen nidjt 311 einanber fommen. 3 n Ularie
Stona Ijat bie 5 ^au ftdj felbft gefunben, ift fte ftd?
<k\
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ihres »ollen HTenf djen wertes bewufjt geworben
unb fehnt ftcfj nun nad) bent neuen HTanne, ber
ihrer £iebc unb Eingabe wert ift.
Heiner noch unb abfid^tslofer crflingt bie
£yrif bcr Chüringerin 21nna H i 1 1 c r. 3fyre
„(Sebichtc" finb bas erfolgrcidjfte Iyrifd?e IPerf ber
Heutiger 3 a h rc / unb nicht ganj mit Unrecht.
2lnna Hitter ift frei non HefTeyion, ihre Dichtung
ift rein angcfdjautc unb ausgebnicftc <£mpftnbung.
Sie jubelt ihre 5reube unb fdjiucfyst ihren Sdjmerj
heraus wie ein Kinb, unb ihrer Kinbcrhanb gelingt
es, was fo manche Huge ffanb umfonft Derfudjt
hat : bas £ i c b su gcjtaltcn. 3 m crften Ceil ihres
Har unb harmonifch aufgebauten Huches („Das
Hinglein fprang entjwci") lad^t unb weint bas
junge (SlücF ber HTäbchenlicbe, träumt im fegen«
fdjwercn ^rieben bes Kaufes bie (Sattin unb HTutter,
fcbluchjt bas XDeib um bcn geliebten HTann, ben
ihr ber Cob genommen h<*t- 3 m 3 U>eiten Ceil,
befonbers in ben „Sturmlicbern", befreit fidj bas
It>eib r>on feinem Schmer^, erhebt ftd? aus feiner
bunflcn De^weiflung unb öffnet feine klugen wieber
bent £id?t, bem £cben. 3 m dritten (Teil („Had}
3ahren") ringt bas finnenfrohe, itad} £iebc unb
£eben techjenbc ZOcib mit einer fünbigen Sehnfudjt
V
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unb überminbet fie in unb mit bcm (Bebanfen, baß fie
ben Kinbern bic Bcinhcit bcr DTuttcr erhalten mu§:
„Behüt mid? (Bott in bcr bunflcn Bad)t,
tüenn mir bcr Dämon im 53Iut cru>ad)t! . . .
i
„Die Kittber fd}lafcn!" . . . <£iu £ngcl fpricht’s —
3h r emgen Brächte, nun fiirdjt ich nichts!"
<£in ticfmicnfdüidjcr Kampf erfüllt Knna
Bitters (Schichte, ein Kampf, bcr oon einem ftttlidjen
unb einem fünftlcrifchen Sieg gefrönt wirb. 3hr
5 n?eiter (Scbichtbanb „Befreiung", obgleich bcr
Citel auf eine neue Cntmicflung hinjuweifen fdjeint,
ift bod) im toefentlidjen nur eine IDicbcrfyoluug
bes erften Buches. Die Dichterin finbet hier feine
neuen One unb ift itjrc fünftlerifdjc IPeiter«
entwicflung noch fdnilbig geblieben.
Die <ßcfd)id}te ihrer Seele, eine (Befdjid^te
t>on Seljnfudjt unb Kampf unb Sieg, erzählt uns
aud? Oje Fla fingen in ihren (ßebidjtcn „Km
Sdjeibemegc". Sie ift tiefer in bas BTenfcfylidv
Klljumcnfdjlic^c untergetaucht als Knna Bitter,
unb i^r Sieg ift höher unb bcfrcicnbcr. Chcfla
fingen warb in ben ruffifd^en 0ftfec«Promn3en
geboren, unb wer mit feinem 0h? laufdjt, wirb
aud? einen leidet frcmblänbichcn ConfaU aus ihrer
Dichtung heraushören, Blit ihr entfernen mir
*3
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uns roieber oon bcr reinen bcutfdjen Stimmungs*
lyrif; bic Dichterin, ber flaoifchcs Blut in ben Bibern
fließt, löft nicht in bcutfdjcr IDcifc ihre <£mpfinbungen
in Stimmungen auf — fie legt piclmcljr ihr (Sc*
fühlsleben in hüüenlofcr Bacftheit oor uns blofj:
„Bei§ bir bic Blasfe oom (Seftcfyt,
geig ihnen, toic bie IDunben bluten,
l£>o fte nur eitle £uft oermuten —
Beijj ab bie BTasfe, 3 Ögre nicht!"
Die Dichtungen oon Ctjefla fingen jinb in ihrem
innerften XDcfen nicht lyrifch, fonbem pfychologifch-
3h r Buch toirft faft toic eine «Stählung in Derfen,
in ber bie einseinen (Schichte ihre tiefere Bebeutung
erft aus bem <3)ufammcnhang erfahren. Das Sehnen
unb Bingen bes mobernen tDeibes nach feiner 5reiheit
bilbet ben 3 n halt bes Buches. XDir fehen bic 5rau
in bic €nge einer 2tlltagsehe eingeferfert, roir fehen
Sehnfucht unb Sünbe über fie BTacht geroinnen,
mir fehen fie aus Schulb unb Heue emporfteigen
3U einer höheren freien BTenfchIichf c * t:
„3ch hab gefoftet oom <£rfenntnisbaum,
3ch habe naeft oor meinem (Sott geftanben;
€s fanf bie £üge toie ein fchtoercr SLraum,
Die Seele ri§ ft<h los aus ihren Banben.
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„£eg, ZTTuttcr, beinc arbcitsrauljc fjanb
Hun auf bie meine, gieb iljr beinen Segen —
5ic greift jeßt ab Hubin unb Diamant
Unb rr*itl in 5lciß öic meißen 5in<jcr regen."
Cfyefla Cingcns (Schichte 3 eigen uns bas tDcib
unferer ^cit „am ScfyeibetDcgc", n?o ber IDeg aus
einer bunflen Dergangentjeit ^inausfüljrt in eine
licfyte «gufunft t>oH freier HTenfcfytidjfeit, r>oU froher
eigener Ccbensbctfiätigung.
* *
*
3 m erften 3 afyr bcs neuen 3 a ^ r ^ un öcrts er«
fd^cint ein Heines 53 uefy: „Dom neuen IDcibe unb
feiner £iebe". Die Dcrfaffcrin, €lifabetl? Dautljcnbcy,
uerfünbet barin bie enblicb uofljogene HTcnfcfy»
u?crbung bes tDeibes — „3nt IDcibe ift bas
(ßebim errr>adjt. 7Xad) einig langem Schlafe, naefy
unenblicfj langem Craumroanbeln ift ifjm biefc
Ijöcfyfte HTenfdjtocrbung enblicfj geworben." IDir
brauchen feine 5urcfjt 3 U fyaben, bas neue 2Deib
wirb niemals ein bloßes Dernunftmefcn fein —
„du tief rulicn bie leßten IDur 3 eln unferes Seins
in ber bunfeln ^eiligen mütterlichen Cicfc ber ge»
fyeimnist>oHen Ccbenswärtnc, bie uns alle trägt."
Das neue IDeib forbert gebieterifd? einen neuen
HTann, bem es feine £icbe fdjenfen fann — „€s ift
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nid)t genug, baß cs bloß ein DTann fei. Der
ZTTenfdj im 2Tiannc, feine Pcrfönlicbfeitsart, bas
£cßtc, 33cflc, 5cinftc in ihm, bas ift es, was wir
wollen." Der neue ITCanit ift noch nicht gefommen,
bas IPeib muß ifyt erft aus feiner Schnfucbt heraus
gebären — „wie ber iTTefftas aus ber langen
Hoffnung feines DoIFcs geboren würbe."
Das Bebeutfante an biefem Buche ift bie Bot*
febaft, baß ber Kampf ber 5*cm abgefcf^Ioffcn ift, baß
ftc in ihrer eigenen Sonne ftcbjt. Sic hat fid? burd}*
gerungen 3 U fid} fclbft unb ift ITCcnfcb geworben.
Dod} nun Fotnmt ein neuer Kampf unb eine neue
Scf?nfudjt über fic. Sic ringt nicht mehr mit ftd)
fclbft, nicht um ftd} fclbft — ihr tDunfd} gebt nadj
bem neuen ZHanne, bem fie ftd) hbi 0 cbcn fann, ohne
ftd? wieber 311 »edieren. Das neue Btanncsibcal
tauchte bunfcl unb unbeftimmt fd^on in ber Didjtung
»on Betty Paoli auf, tritt bann fdjärfer unb flarcr
aus bert £icbcsliebcrn Blanc Stonas, Cbcfla £ingcns
unb anberer grauen her»or. Das Problem „ZTTann
unb IDeib" biirftc bie ^^auenbiebtung ber näcbften
5 ufunft nod} ftärfer als bisher bchcrrfchcn.
Stebn wir alfo wieber »or einer neuen Kampf*
unb Strcitbichtung? (flifabetb Dautbenbeys Buch
febeint barauf hinsubcutcn: cs ift unfiiuftlcrifch burd}
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unb bur dj, eine Ccnbcn3fchrift in Bomanform, mit
3 bcc unb Beflerion übcrfchmcr bclaftet. Die Der*
fafferin glaubt bas neue JTCanncsibcal entbeeft 311
haben, unb in ihrer <£ntbccFcrfreubc prebigt fte unb
will fte 3U ihren 2lnfchauungcn befefjren. 2lnbcrer*
feits aber ift bas Problem bes Dcrfyältniffes smifchen
2 TTann unb tDeib bod) fo gans innerlich, taucht feine
IDurscIn fo tief hinab in bätnmernbe Scclcngrünbc,
berührt fo nahe aUcrgcljeimfte 5ragen bes (Scmüts*
Iebens, baf$ t>on ihm eine emftlid^c Crübung ber reinen
Kunftanfdjaitung ber 5rau nx>hl nicht 3U befürchten
ift. 3»t ber Chat, roenn mir uns in ber gleichseitigen
5rauenlyrif umfdjauen, gelangen mir auch 31» einem
hoffnungsfroheren Ergebnis für bic fünftlerifd^c
IDcitcrcntmicFlungbcr^rau. IDir fehen hier (Ecnbens
unb 3 ^ec faft oöllig iibermunben: ber Streit ift ge*
fd?lid?tct, unb bas IDeib freut fid? feines neuge*
monnenen Sonncnfdjcins.
Der 3 ah^hwnbcrtanfang bringt uns brei neue
Dienerinnen : ZTtarie HIabclcinc, DTargarcte Bruns
unb DTargarctc Beutler. Sic finb alle brei noch
fcfir jung; bic jüngfte, faum ben Bacfftfchfchuhcn
entmachfen, hat bic ^mansig noch nicht übcrfchritten.
2 lUen breien ift trofe ihres jugenblid^en Filters eine
reine, fantpflofc, fclbftocrftänbliche IDahrhaftigfcit
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über ihr 3nnenlebcn eigentümlich- Sic brauchen ftch
nicht erft mühfam jur IDahrheit burd^ufärnpfen —
fte ift uon uorncherein bei ihnen. IDilb unb ungc*
berbig fdjäumt nod) her 2Tiofl in ben Derfen ber
3üngftcn: im (Sebidjtbanb „Kuf Kypros" t>on
Blaric 2Ti ab deine. Sie h<*t eine Beihe recht
locfercr (Schichte gcfchricbcn, t>or benen bie Cugcnb
fchamhaft bas fjaupt umhüllen mu§. Kber bas ift
hier fein Kampf mehr gegen Sitte unb Dorurteil; bas
ift junger Übermut, ben es rei 3 t, mit alten Canten
unb phiiiftern an 3 ubinben. Dem jugcnbltchcn (Seijt
bebeutet bie€ntrüftung bes Phi öfters mehr als Beifall
unb Knerfennung. 3 m übrigen giebt BTaric BTabc«
leine in ihren fünften (Schichten bie fünftlcrifchc
Bcidjte ihrer Seele, einer jungen BTäbchenfccIe, bie
unter bem (ginflufj her <§cit ein tuenig mit ber Fin-
de-siecle-BTübigfcit fofettiert, bie aber im (Srunbe
bodj eine ftarfe leibcnfchaftliche Batur birgt. <£inc
fold^c Beichte enthüllen auch ^ie //lieber eines
roerbenben JDcibcs" r>on BI argarctc Bruns. tOas
Knna Bitter aus ber rücffchaucnben (Erinnerung her
reifen 5rau heraus in ihrer hübfehen (Scbichtrcihc
„Der erfte Ball" fehilberte: bas bange (Slücf her
erften Bläbdjenliebe — bas ftrömt nun rein unb un«
mittelbar aus einem jungen 2 Tiäbchcnher 3 en felber.
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<S5cm3 neue Cönc erklingen t»icr r bie bisher in ber
beutfe^en 5rauenbichtung nod} nicht gehört würben,
ba faft immer erft bie reife 5rcui beit iTTut 3 uni Be*
fenntnis errang.
€inc feiten tiefe unb reiche Begabung, polier £nt*
u>icklung unb Sukunft, offenbart ftef? in BTargarcte
Beutler, bie erft mit wenigen (Scbidjtcn in Seit*
fdmften an bie Öffentlichkeit getreten ift. 3h r e
Didjtung burchläuft noch einmal bie gan 5 e <£ntwicf*
lung ber5rau, um bann in ihren eigenen Sonnenfehein
hinein 3 utr>achfcn. Sie fingt bas Schnfudjtslieb ber
5rau, mit gan 3 reinem Klang, ohne jebe oerflimmenbe
Kbftcht. Sic gcftaltet fo 3 iaIe Cebensbilber uoll großer
unmittelbarer Knfchauung wie „Die Kommenben."
Sic fehilbert aus tiefem Hlitgcfühl heraus bas €eib
ihrer unterlegenen Sdjweftern wie in ben wunber*
baren (Schichten „Die alte Cehrcrin" unb „ Sd) wefter,
komm mit!" Sic beherrfcht alle (Eöne: neben bem
reinen flüchten Cieb fteht bas große Scitbilb, neben
bem Sehnfuchtsgebidjt ber 3ubclhYmnus auf Sonne
unb Ceben. 3hrc Kunft ift ihr Sieg unb ihre Be*
freiung. Sie fteht gan 3 auf ihrer eigenen €rbe unb
barf bie flohen BTahnworte fprechen:
„Heibt cud} bie Kugen, werbet enblid} wach!
Die Seit ift ba — unb fo tnel 5elb liegt brach.
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„Unb fo nie! 5fcubc roill gcnoffon fein!
Ct|ut ab bas giftge Kleib ber Setjnfucfytpcin
Unb tnacfyfi hinein in meinen Sonncnfcfyein!"
Die fommerli.djer Heife, fegenfcfytncrer €r*
füllung fdjeint nafye su fein für bie 5rau, bajeber ^ineig
an ifirem Cebensbaum notier ^rücfyte tjängen unb bas
5aitenfpiet itjrcr Seele fyetl unb rein erflingen u?irb.
IDarcn, September
0
pawl Keiner.
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Annette r>on Drofte^iils^off
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Annette r>on Profte * ßiilsboff würbe am
*0. Januar t797 auf bem (gute £}iilst}off bei ITTünfter
(iPeftfalen) geboren. Sie gehrte einer alten ^antilie non
ritterbärtigen Patr^iern ber Stabt fünfter an. Pen
größten (Teil ifyres Gebens perbracfyte fie in itjrer u>eft«
fälifd?en tieimat, auf bereu öoben iljre fdjönften Pistungen
ertpudjfen. Sie blieb unpermätjlt unb ftarb am 2 ^. ITlai V8^8
auf bem Sd?loffe ITTeersburg am Sobenfee.
(gebiete *838.
Pas geiftlidje ^aljr ;852.
£etjte (gaben \ 860 .
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Annette dou i)rofte<l7ÜIsboff
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Die redete Siuttbe
3m Reitern Saal beim Kerjenlicbt,
tüenn alle Cippen (prüfen dunfen —
Hub gar, t>om Sonncnfdjeinc trunfen,
IDenn jeber 5i»^9«r Blumen bridjt —
Unb pollcnbs an geliebtem ZUunbe,
tPenn bie Batur in dlantmcn fdjtmmmt —
Das ift fic nidjt, bie rechte Stunbe,
Die bir ber (ßenius beftimmt.
Dod) n?cnn fo Cag als Cuft uerfanf,
Dann toirji bu fdjon ein pläfcdjen wiffen,
Dielleidjt in beines Sofas Kiffen,
Dielleidjt auf einer (ßartenbanf:
Dann flingt’s n?ic fyalboerftanbne IBeife,
ZDic fyjlbuenmfdjter darben <8ufj
Derrinnt’s um bidj, unb leife, leife
Berührt bid? bann bein (Senius.
53
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not
IDas rebet ihr fo viel von Kngft unb not
3 n eurem tabcllofen Creibcn?
3hr frommen £cute, fcfylagt bie Sorge tot,
Sic will ja boefy nidjt bei cucfy bleiben!
Docfy wo bie Hot, um bie bas KTitleib meint,
nur wie ber Cropfcn an bcs Crinfers fjaub,
3»tbes bie bunfle bie Keiner meint,
Verborgen fteljt bis an ber Seele Kanb —
3^r frommen leute wollt bie Sorge fennen
ltnb fyabt bod? nie bie Sdjulb gefefyt!
Dod} ftc, fte biirfen fcfyon bas leben nennen
Hnb feine grauenvollen fjöfyt!
hinauf fdjallt’s wie (ßefang unb loben,
Unb um bie Blumen fpielt ber Strahl —
Die ZTCenfdjen wohnen ftill im Cfyal,
Die bunflen (Seier fyorften broben.
5 ^
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Um (Turme
3d} fiel? auf I>of]em Balfonc am (Turm,
Umftridjen oom fdjreicnbcn Staare,
Unb lafj gleicfj einer UTänabc ben Sturm
UTir müßten im flatternben i}aare;
(D roilber (Scfelte, o toller 5<*”t,
3dj möchte bid) fräftig utnfdilingcn
Unb Sctjnc au Sefyte, 3 tr>ei Schritte oom Hanb,
Uuf (Eob unb €eben bann ringen!
Hub brunten fcf} id} am Straub, fo frifefj
IBic fpietenbe Boggctt, bie iBellen
Sid} tummeln rings mit (Seflaff unb (Sesifd?
Unb glänjenbe 5focFen fdjneUcu.
®, fpringen mödjt idj hinein alsbalb,
Hedjt in bie tobenbe UTeutc,
Unb jagen burefy ben foratlenen IBalb
Das IBalrofj, bie luftige Beute!
Unb briiben fetj id) ein EPimpet toe^n
So feef tx>ie eine Stanbarte;
Sei} auf unb nieber ben Kiel ftcfy brefyt
Bon meiner luftigen IBarte;
® ft&en mödjt id} im fämpfenben Sdjiff,
Das Steuerruber ergreifen,
55
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Unb sifdjcnb über bas branbenbe Hiff
2X>ic eine Secmöpe greifen!
ttfür icfy ein 3äger auf freier
<£iit Stüc? nur pon einem Solbaten,
IPär icfj ein UTann boef} tninbeftens nur,
So mürbe ber Fimmel mir raten;
Hun mu§ idj ft&en fo fein unb Har,
(Bleicfy einem artigen Kinbe,
Unb barf nur fieimlicfy töfeu mein l^aar
Hub laffen es flattern im IPinbe!
Die junge KTutter
3m grün uerbangnen duftigen (ßernad)
Kuf meinen Kiffen liegt bie junge Klutter;
lt>ie brennt bie Stirn ! fie liebt bas Kuge fdwad)
<3um 23auer, tr>o bie KacbtigaU bas 5utter
Den nacFtcn 3 un 9 cn reiefjt: „Klein armes (Eier,"
So flüftert fie, „unb bift bu audj gefangen
(ßleid) mir, wenn branden £ens unb Sonne prangen
So Iiaft bu beine Kleinen bod? bei bir."
Den Dorliang Bjebt bie graue tDarterin
Unb legt ben 5inger ntafytcnb auf bie £ippett;
Die Kran Fe breljt bas fdjtocre 2lugc Ijin,
(gefällig toill fie r>on bent CranFc nippen;
€r munbet fdjon, unb ihre bleidje fjanb
dajjt fefter ben KryftaU — o milbe £abc! —
„<£lifabetf}, n>as madjt mein Fleiner Knabe?"
„<£r fcfyläft," »erfefot bie Ulte abgeroanbt.
tüie mag er 3 ierlidj liegen ! — Kleines Ding ! —
Unb felig lädjehtb finft fie in bie Kiffen;
©b man ben Sdjleier um bie U>iege fyng,
Den Sdjleier, ber am <£rntefeft jerriffen?
KTan fielit es Faunt, fte flicfte i^tt fo nett,
Dafj alle dräuen I^öc^licf? es gepriefett,
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Unb eine Hanfe liejj fte brüber fpriefjen.
„VOas läutet man int Dom, <£lifabetb? M —
„HTabatne, mir haben I^eut 2Hariatag."
So bjod? im HTonb ? fte fantt ftd} niefjt beftnnen. —
IDic mar es nur? — bod} ihr (Sehirn ift fchroacb,
Unb loifc fudjenb sicbjt fte aus bett £i»tnen
<£itt f^äubdjett, in bem Strahle Fümmerlidj
Cä§t fte ben 5 aben in bie Habel gleiten;
So gatt3 oerborgen miß fte es bereiten,
Unb leife, leifc 3ieht fte Stid) um Stid?.
Da öffnet fnarrenb ftdj bie Kammerthür,
Dorftd^tge Schritte übern üeppid? fd^leidjen.
w 3 d? fdjlafe nidjt, Hainer, Fomm h^/ Fomm
IDann mirb man enblid} mir bett Knaben reichen?"
Der (Satte blicft ucrftoblen trimmefroärts,
Küjjt mie ein fjaud) bie Fleitten meinen JEjänbe:
„(Sebulb, (Sebulb, mein Siebten, bis sum <£ttbc!
Du bift noch gar 3U leibenb, gutes fjer3." —
„Du bufteft IDeibraucb, HTann." — „^dj mar
im Dom;
Schlaf, Kinb! M — unb mieber gleitet er txm bannen,
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Sie aber näht, unb liebliches Phantom
Spielt um ihr 2lug uon 2luen, Blumen, bannen. —
2t<h/ wenn bu wicber jtchft bie grüne 2lu,
Siehjt über einem flcinen bjügel fchwanfen
Den {£annen3tr>eig unb Blumen brüber ranfen,
Dann tröfte (Sott bid}, arme junge 5rau!
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Die befdjränfte 5rau
€in Krämer fyrtte eine 5*au,
Die mar if?m fcfyier $u fanft unb milbe,
3 l>r fjaar 3U liefet, ifyr Kug 311 blau,
glcid} ifyr HlicF bem HTonbenfcfyilbe;
tDcnn er ftc fat> fo ftill unb fadjt
3m ffaufe gleiten tr>ie ein Schemen,
Dann faßt cs il?n mie böfe Hlacfyt,
<£r muffte ftcfj sufammenneljmen.
Dor allem ntacfjt i^nt Überbruff
<£itt tDort, bas ftc an alles fnüpfte,
Das freilich in ber Hebe 5Iuff
(ßcbanfenlos bent Hlunb cntfcfjlüpfte:
„3n (Sottes Hamen" fpracfy fte bann,
iDentt fermere prüfungsfhtnbctt famen,
Unb trenn 3 U tDeine ging it]r UTann,
Dann fpradj ftc auefj: „3 n <ßottes Hamen."
Das fcfyien ifym lädjerlicfy unb bumm,
UTitunter frereltjaft rermeffen;
©ft fdjalt er, unb fte meinte brum
Unb fyat es immer bodj rergeffen.
(ßemöfyiung mar es früher
Unb flöfterlicf? verlebter 3ugenb;
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So mar es feine Sünbücfyfeit
Unb mar auch eben feine Cugenb.
<£in Sprichmort fagt: mem gar nichts fehlt,
Den ärgert an ber Xüanb bie 5Üege;
So hat bies U)ort ihn mehr gequält
Uls Hnbrer fjinterlift unb Cüge.
Unb fpracfj fie fartft: „<£s paßte fd?lecfjt !"
Durch Demut feinen (Sroll ju jähnten,
So fcfjmur er, übel ober recht,
IDerb es ihn ärgern unb befchämeu.
<£in Blütenhag mar feine £uft.
€inft fah bie 5rau ihn finnenb flehen
Unb gan 3 oerfunfen, unbemufjt,
So & xd < z\q an §meig oom Strauche brehen;
„3n (ßottes Barnen!" rief fie, „Ulann,
Du ruinierfl ben ganjen fjagen!"
Der (Satte fah fie grimmig an,
5ürmahr, fafl hält er fie gefchlagen.
Doch **>*r ba Unglücf fucf^t unb Heu,
Dem merben fie entgegeneilen,
Der fjanbel ift ein 3 art (ßebäu
Unb ruht gar fehr auf frentben Säulen.
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<£in 5reunb falliert, ein Sdjulbner fließt,
€in (Släubger rr>ill ficf? nidjt gebulbeit,
Unb efj ein Ijalbcs 3 a ^ r cerjieljt,
Iüeifc unfer Krämer ftcfy in Sdjulben.
Die (Sattin fyat ifjn oft gefeint
(Sebanfettvoll im Sanbe tvaten,
Km Kontobudje feuf 3 cnb fteljn
Unb f?at ifyn enblid? audj erraten;
5ie öffnet fynntlidj i^rett Sdjrein,
fangt aus verborgener 5ädjer (Srube,
Dann leife, tvie ber UTottbenfcfyein,
Schlüpft fte in ifyres UTannes 5tube.
Der fa§, bie fernere 5tirn geflüfet,
Unb rauchte fort am falten Bofyre:
„Kart!" brang ein fcfyeues ^tüftent ifet
Unb tvieber „Karl!" $u feinem ®^re;
Sie ftanb vor ifym, rvie Blut fo rot,
Kls galt es eine Scfyulb geftcfyen.
„Karl," fprad? fte, „ivenn uns Unfjeil brofjt,
3ft’s benn unmöglich, ifym entgegen?"
Drauf reicht fte aus ber Sdjürse bar
€in Säcfdjen, ftramtn unb fdjtver $u tragen,
62
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Drin alles, was fte acht3ehn 3<*h r
Erfpart am eigenen Behagen.
Er fah ftc an mit rafdjem Blicf
Unb 3äEjIte, sätjlte nun aufs neue,
Dann fpracfy er feuf3enb: „UTein (ßefdjicf
3ft 3U »erwirrt — bies langt wie Spreue!"
Sie bot ein Blatt unb wanbt ftcfj um,
Ei^ittemb, glüh gleich ber (Sranate;
(Es war ihr Heines (Eigentum,
Das Erbteil einer frommen Pate.
„Bein," fpracfy ber ZTiann, „bas foll nicht fein!"
Unb Hopfte freunblicfy itjrc ZDangen.
Dann warf er einen Blicf hinein
Unb fagte buntpf: „Schier mödjt es langen!"
Butt nahm fte aus ber Schüße (Sruttb
UU ihre armen fjcrrlichfcitcn,
Cheelöffelchen, Dufaten ruttb,
U)as ihr gefchettH r>ott Kinbes3eiten.
Sie gab es mit fo freubgem &uq\
Doch war’s, als ob ihr UTunb ftef? regte,
Uls fte 3ulefet aufs Kontobuch
Der felgen UTutter (Trauring legte.
„5aft langt es," fprach gerührt ber UTann,
„Unb bettttoch ^ ann cs fcf?mÄhad? enben;
63
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iüiflft bu bein Ceben bann fortan,
(Seplünbert, friftcn mit ben f}änbcn?"
Sie falj ifyi an — nur £iebe meiß
2ln liebem Blicfe fo 3U fangen —
„3n (Sottes ZZamen!" fpracfy fte leis,
Unb tüeinenb Ijielt er fte umfangen.
64
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Der ei bemann
„<Sef}t, Kinber, nidjt 311 weit ins Bruefy,
Die Sonne ftnft, fdjon furrt Öen 51ug
Die Biene matter, fdjlafgefyemmt,
Km (ßrunbe (entnimmt ein blaffes (Lud
Der J^eibemattn fontmi!" —
Die Knaben fpielen fort am 2toine,
Sic rupfen (ßräfer, fdjncllen Steine,
Sie plätfd^ern in bes Ceidyes Hinnc,
€ri>afdjen bie pljalän am Bieb
Unb freun ftd?, roenn bie tPafferfpinne
Cangbeinig in bie Binfen fließt.
„3^r Kinber, legt eud? nicht ins (Sras!
Sef?t, tr>o nod? grab bie Biene fa§,
2 Die meiner fjaud) bic (ßlocfeit füllt.
Sdjeu aus bem Bufcfye glofct ber £}af,
Der fjeibentann fdjnoillt !" —
Kaum Ijebt iljr fermeres fjaupt bie Sdjmeljlc
Ztodf aus bem Dunft, in feine fjöljle
Sdjiebt fid? ber Käfer, unb am bjalme
Die träge 2Hotte IjöBjer freuest,
Sidj flüdjtenb cor bem feuchten Qualme,
Der unter iljre 5 iügel fteigt.
65 5
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„3fyr Kinber, galtet eudj bei I^aus!
tauft ja nidjt in bas 3rud} hinaus;
Sel}t, tuie bereits ber Dorn ergraut,
Die Droffel ädftt 511 m Heft hinaus,
Der ^cibemann braut!" —
HTatt fielet bes b}irtcn Pfeife glimmen
ilnb uor itjm fyer bie fjerbe fdjmimmen,
2Dic protcus feine Hobbcnfcfyaren
ffemtfdjiücmmt im grauen ©jean.
21m Dad} bie Sdjroalben 3 t»itfd}ernb fahren,
Hnb mclandjolifdj freist ber f}aljn.
„3*1* Kinber, bleibt am ffofe bidjt!
Seljt, roic bie feuchte Hcbclfcfyidjt
Sdjon an bes Pförtcfyens "Klinfe rcidjt;
2lm (Srunbe f entnimmt ein falfcfyes ticfyt,
Der bjeibemann fteigt!" —
Hun ftreefen nur ber 5öl?rcn IDipfcl
Hod} aus bem Dunfte grüne (ßipfel,
£Dic über’tt Sdjnee t£>ad$oIbcrbüfdje ;
<£in leifes Hrobcln quillt im HToor,
<£in fdjtoadjes Sdjrillen, ein (Sejifdje
Dringt aus ber Hieberung fjeroor.
66
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„3I?r Kinber fommt, fommt fdjnefl tjcrein
Das 3 nr Iicfjt sünbct feinen Schein,
Die Kröte fcfynnllt, bic Solang im Hieb;
3 cfet ift’s unlieimlicfy braunen fein,
Der bjeibemann 3 iefyt!" —
Hun ftnft bie lefete Habel, raucfycnb
^ergebt bic 5i<3jtc, langfam taucfyenb
Steigt Hcbclfcbemen aus bem HIoorc,
HTit ^iinenf dritten gleitct’s fort;
<£in irres teuften sueft im Hofyrc,
Der Krötencfyor beginnt am Horb.
Unb plöfolidj fcfycint ein fcf?noacf?es (Slüfym
Des ^ünen (Slicber 3 U burc^sic^en;
<£s fiebet auf, es färbt bic iDclIcn,
Der Horb, ber Horb ent 3 Ünbet ftdj —
(ßtutpfeile, 5 ^uerfpcere f djncUen,
Der fjor^ont ein Caoaftricfy!
„(Sott gnab uns! iüie cs 3 ucft unb braut,
IDic’s fctyroefilct an ber Dünenfcfyeib!
3b^ Kinbcr, faltet eure bfänb,
Das bringt uns peft unb teure 3*it —
Der bjeibemann brennt!"
67 5*
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Das f)aus in ber fjcibe
Wie laufest, t>om Ubenbfchein um3ucft,
Die firohgebeeFte fjütte,
Hcdjt roie im Heft ber Dogel bucft,
Uns buitflcr 5ö^rcn Hlitte.
Um Senftcrlocfyc ftreeft bas fjaupt
Die mcijjgeftirntc Stärfc,
Bläft in ben Ubenbbuft unb fchnaubt
Unb ftöjjt an’s fjohgemerfe.
Seitab ein (Särgen, bomumhegt,
2 Tüit reinlichem (ßclänbe,
IDo matt ihr fjaupt bie (Slocfe trägt,
Aufrecht bie Sonnenmcnbe.
Unb brinnen fnict ein ftilles Kinb,
Das fdjeint ben (ßrunb 3U jäten,
Hun pfliicft fte eine £ilie Unb
Unb roanbelt längs ben Beeten.
Um £jori3onte fjirten, bie
3m fjeibefraut ftch ftreefen
Unb mit bes Unes UTelobie
Cräumenbe tiiftc tneefen.
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Unb Don ber Cenne ab unb an
Sdjallt es u>ie fjantmerfcfyläge,
"Der fjobel raufest, es fällt ber Span,
Unb langfam f narrt bie Säge.
Da fyebt ber Ubenbftern gemaef?
Sicfy aus ben 5 öljren 5 tr>eigen /
Hub grabe ob ber fjütte Dacfj
Scheint er ftcfy ntilb 3 U neigen.
€s ift ein 23ilb, tr>ie ftiU unb ljei§
<£s alte UTeifter fjegten,
KunftooUe UTöndjc, unb mit
<£s auf ben (Bolbgrunb legten :
Der ^immermann — bie JPjirten gleich
Uüt ifyrent frommen £iebc,
Die 3uNgfrau mit bent Cilienjmeig
Hub rings ber (ßottesfriebe.
Des Sternes txmnberlid} (Beleucht
Uus 3 arten IDolfenflorett —
3ft etrna fyer im Stall pielleidjt
<£t>riftfinblein fyeut geboren?
m
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Der tDeifyer
<£r Hegt fo ftill im UTorgenlicfyt,
So frieblicfy tute ein fromm ( 5 eu?iffen;
XDenn IDefte feinen Spiegel füffen,
Des Ufer! Blume füfylt es nicfyt;
Cibellen 3iltern über iljn,
Blaugolbne Stäbchen unb Karmin,
Unb auf bes Sonnenbilbes (ßlan3
Die IDafferfpiune fiitjrt ben £0113;
Sdju?ertlilienfran3 am Ufer fteljt
Unb fyorcfyt bes Schilfes Sdjlummerliebe ;
<£in linbes Säufeln fommt unb gefyt,
Kls flüftr’ es: 5ri«öe! 5ri«öe! 5riebe!
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Sutfe con plocnrties
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£uifeponploennies würbe am ?. Ztopember \803
als Confer bes Haturforfdjers 3 ofy. pljil. Ceisler 3 U fjattau
geboren. \82^ permäljlte fte fid? mit bem ITtebi 3 inalrat
Dr. Kuguft pon pioennies, £eibar 3 t in Darmftabt. ^ür
it^r tüerf „Heifeeriitnerungen aus Belgien" (18<*5) mürbe
fie pott ber Königlichen KFabemie in Brüffel 3 um IHitglieb
ernannt. Sie ftarb am 22 . 3 an,,jr ^ 8 ‘ 2 * n Darmftabt.
<Sebicf?te t 8 ^.
Kbälarb unb fjeloife \ 8 ^ 9 .
ZIeue (Sebidjte t85t.
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Sdjön 3 c f f v
5 d?ön 3effy ging 311m Bronnen,
Da fang bie Bacfytigall:
Balö ift bcr HTai verronnen
HTit feinen Blumen aU —
< 5 liicffelig finb 311 nennen,
Die jung im HTai erbleichen
Httb ftdj vom £cben trennen
XDie Hofen von Öen , 3 tveigen.
Sc^ön 3effy betet leife,
Die J^änbe freute fte:
w 3 ch fprech 3 u deinem Preife
€i»t Kve, 5rau Hlarie."
Kaum ba§ fte ausgefprocfyen,
Heigt fte bas £}aupt 3ur Hub,
Da mar iljr fjer3 gebrochen,
Da fanf iljr Huge 31t.
Da flog herbei sum Bronnen,
Da fang bie Hadjtigall:
Balb ift ber HTai verronnen
HTit feinen Blumen all,
iÖ
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(Blücffelig ftnb 3U nennen,
Die jung im ZTCai erbleichen
Unb fidj »om £eben trennen
ZDie Hofen »on ben ^toeigen.
3 rau Silberlinb
Die IDolfen jagen pfeilgefcfytoinb,
Der ZTacfyti»inb pfeift im Bofyre,
Da ftel|t »erjagt ein Kinb unb flagt
Dor feines Daters lEfyorc.
fjerr Ulf »erträumt ben näcfjtgen IDinb
3u roarmen Ciebesbanben —
Da fteigt empor Silberlinb
3n t»aUenben <ßrabger»anben.
Sie gefyt aufs Keine pförtcfyen 3U,
Da ftel>t iljr Kinb im fjembc:
„21dj fomm tjerein, mein UTütterlein,
UTidj ftiefj hinaus bie 5rembe!"
Die JTlutter an bes Kinbes fjanb
(Sefy in bie Kinberftube:
„So falt r»ie fyer ift’s nidjt bei mir
Da brunten in ber <Srube."
Sie tjebt bie Kleinen auf bas Knie,
Kämmt ifjre blonben J^aare;
Die Cfyrän ber 5 rau t»ie falter Cfyau
Bollt nieber ferner unb Kare . . .
75
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Sic nimmt ben Säugling an bie Srujt,
Doran bas (Sröfjte fdjreitet,
«grnei an bcr ffanb, 3wei am (Sewanb,
Sic aus bcr Cfyüre gleitet.
Sic tritt mit ifyien aus bem fjaus,
Diel taufenb Sterne funfein;
IDie Rängen ftd?, wie brängen fid}
Die Kinber an im Dunfein.
Durdj’s ftille Dorf unb imnter3U,
Der Kirdjljof liegt fo ferne;
Der fjunb fd)lägt an, es fräfyt ber fjafyi,
Sdjon werben bleicfy bie Sterne.
fjodj über’n fteilen HTül>lenftcg,
Das Hab beginnt 3U ftoefen.
Dodj fjordj ! ba brang t>on fern ber Klang
Der gellen HTorgcnglocfen.
Dort fteigt aus bunfler Cinben Kran3
Der Kirdjturm ber Kapelle,
Der (Tag erwacht, es fließt bie Hacfyt,
Der HTorgen hämmert Ijelle.
76
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Da gefjt 3um grünen 5rie6fyof ein
Die DTutter mit ben Kleinen —
Sie fdjlafen gut in iljrer £jut,
Unb niemanb l?ört fte meinen . .
Sonette
(2Jns „Jlbälarb unb ffeloife")
l
3dj leb fo gan3 in jenen Cenjestcujen
2 Ttit meiner Seele unb mit allen Sinnen,
©a§ alle Cropfen, bic 311m f^e^en rinnen,
Die (ßlutcn ifyrer Sonnen in fiefy tragen.
So Cag unb Hadjt, bei ftarfem fje^enfcfylagen,
Sud} id} im Kreife frommer Beterinnen
Umfonft ber Seele 5 ricben 3U gewinnen,
Ud}, alle £j\nnnen werben Sefyifudjtsflagen.
©ft fyingefunfen t>or ber 3 uitgfrau Bilbc,
51elj id} umfonft 3U iljrcr Ijcilgen UTilbe,
Sic blieft auf ntid} fyernieber ftreng unb falt —
Sinb benn bic (ßluten, bie mein Sein r>er3cfjren,
Bidjt auefj ein 5unfen jener £icb, ber fjcljrcn,
Die einft am Kreuse himmelan gewallt?
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2 .
So fyob er aus ben jammert Ulagbalenen
Unb trug fte in ber Cicbe fjeimatlanb
Unb löfdjte ifyrcr Sünbcu (Eobesbranb
Ulit feines (Sottesauges tjcilgen Cfyräncn.
Unb immer toar’s ber 5 rcuen reines Seinen,
Das tief ben £Dcg 3U feinem bjer3cn fanb,
Unb fte auefy fafy man treu am (ßrabesranb
(ßlcicfy Ularmorbilbern tiefer Crauer lernen.
Unb als bic (Sruft gefprengt, ba burften grauen
Den £ebenscngel in ben £id}tgetr>anben
<§ucrft mit ben uenueinten Uugen fdjauen;
Dor allen fte, bic Scfyulb burdj £ieb gcbüfjet,
Denn 3U itjr trat ber (Sott, ber auferftanben,
Unb fpracfy mit fanftem Cone: Sei gegrüßt!
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tflir fiel eine treifje 5lo<Je
2Tlir fiel eine t»ei§e 5locfc
2luf’s fjaupt; als fdjtnolj ber Beif,
Blieb in ber bunflcn Coefe
^uriief ein geller 5treif.
«fr taucht toie ber filberroeifjc
5aben ber par 3 en auf,
Du aber lege leife
Deiner Ciebe Hofe barauf.
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Sofie Detfyleffs
6
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Sofie ZJetfyleffs rourbe am io. ^ebruar ^809
311 f)eibe in Ditfymarfdjen geboren. Sie lebte oiele 3atyre
in itjrer Daterftabt, in engen dürftigen Perljältniffen, bis
fie 1853 in bem Sdjröberftifte bei fjambnrg eine freunb«
licfye UnterFunft fatib. Sie ftarb bort unperinäblt am
13. IHär 3 186<1.
(Sebidjte 1850 (s. Kuflage, fjerausgegebett pon
Klaus (Sroti}, 1878).
(Selegenfyeitsgebicbte itt fyocfybentfdjer uttb plattbeutfdjer
IHunbart 1861.
82
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ffabe acfyt auf bidj
© habe ad}t auf bidj in IDort unb BlicFett,
Spri d) nic£?t oon £iebe, wo’s nidjt barf gefcfyebn !
<£s ift fo leicht, ben Dorn in’s fjerj ju brücfcit,
Das bann perblutet ftiü unb ungcfebn.
Du gefyft b* na us in bas bewegte Ceben
Unb ladjft unb liebft unb benfft nid^t mehr baran ;
Du mu§t bie ^ufunft f|<*Hbelnb bir erftreben,
Der rafd^e IDecbfel rei 3 t beit rüftgeu mann.
Dodj fie oergafj nid?t, ftc bat tief im fersen
Sidj jeben Blicf bewahrt unb jebes JDort,
Dort lebt (Erinnrung ifyr mit taufenb Sdmterjeu,
Dort lebt beiit Bilb unb ifjrc Ciebe fort.
Sie wirb ju (Sott um ifyren ^rieben beten,
Den bu für immer ad}tlos itjr jerftört;
Denn ihren 5rüfjling I^at bein 5u§ 3 crtreten,
Unb il>re Blüten fyaft bu iijr perbeert.
Sic wirb nidjt flagcn, wirb bir ftiü vergeben,
Dir jeber Cugenb milben (Slanj perleibn;
Dod} ibr fo früh gefnieftes 3ugenblebett
iüirb eine Klage por bem Bidjter fein.
85 6*
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21 u s ber Kirche
((Ein Sonntagsbilb)
Xlod) flingeltc cs laut unb t^cllc
fjerab uont naben (Sottesljaus,
ilnb aus ber Kircfy, wie IDell um tüelle,
Drängt bic (Scmcinbc ftc(? heraus.
Die ZYTänncr in bem Sonutagsftaate,
Den fjut »oll €l?rfurd}t in ber fjanb,
Derweilten, bis ber Pfarrer nalite,
23efd}cibcn au ber Kird^ofswanb.
Die grauen fdjwcnftcu ifjrc HÖcfe
3tn lauggewoljnten Kirdjeutritt
Hub führten für bic 2lrmenblöcfe
23el>utfam ifyrcn Dreier mit.
Dann fam ber Küfter mit ber ZHenge
Der 3ugenb militärifd} au
Hub machte ftd? burdj bas (Sebränge,
IDie’s ifyn gebührte, ftattlidj 23atjn.
Die 3 un 9 cn fdjwenften if^rc fjüte
Hub ftiefeltcn nergnügt naefy fjaus
Unb waren fröljüdj im (ßemiite,
Dafj enblid} bodj bie Kircfye aus.
84;
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<SEs toar ein fcfjöner Sonntagmorgen,
Der fjimmcl lachte Blau unb rein,
Unb auef? fein ZDölfcfjen tjiclt oerborgen
Der Sonne frcunblicf? gellen Scfjcin.
Sie fdjaute milb unb liefet fjernieber
2iuf bas befcfyeibnc Stiicfcfjeu Canb,
tOo grün umfränjt oon cEicf? unb ^lieber
Der Heine (Sottestempcl ftanb —
ZOo £jügel ftcfj an fjügcl fcfymiegten
Unb roo am Kreus, oom IDinb beioegt,
Sief? Fjalb entlaubte Kränjc wiegten,
Die bort bic £iebe Eingelegt . . .
85
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De (D I c u n bat K i n b
Se fyarrtt ftef fo t>on fjarteit Icctr>,
De (Die un bat Kittb,
5e föfyr 1 ) cm jümmer bi be ffanb,
De olc Dtann mecr blhtb.
5e gung mit ent fyerut in’t 5elb
De blattfe Beef 2 ) entlauf;
Da feet fye ümter grötte 33öm
3n 5cfjatten op bc Sauf.
Denn fyuef 3 ) bat lüttjc blcfe Kittb
Still bi ben ölen UTann,
Ceggt an ftn Kttec bett lüttjen Kopp
Un feeg ent trnrig an:
„(ßrotnaber, bi ben lectnen (Sott
Da is’t mul of fo fcfyön?
Da fingt be Dageln of fo fjcll
Un is bat fjolt fo grön?
(ßrotoaber, toenn bei fjabbar treeft, 4 )
U?o is bin Unna bettn?
*) fahr = führte. 3 ) Beef = Bad?. 8 ) l^ucf =* tjorfte
4 ) bei £?abt>ar trefft = ber Stord? jieljt.
86
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Un toenn bei Kufuf mebber röppt,
rr>0 is bin 2lnna benn?
3cf fyctnu) tmiH Fjört, wat DTober fä, 1 )
3üni bacben, 2 ) bat icf fleep:
,Dat rocer bat befte ooer bat Kinb,
tüenn (Sott c^r to fief reep!'
ltu meint be lecrne (Sott rni röppt,
Denn bift bu fo alleen;
&>enn bu bin 2lnna niefy mc^r tjeft,
2Per fcfjall beim t»ocr bi fefyn?
Denn geibft bu iticb in’t grötte fjolt
Un björft be Droffel flafyt —
(Srotnabcr, icf toeer iticfj bebrömt, 3 )
Kunnft bu man mit mi gafyi!
iüenn bi be leeme (Sott nu röppt,
Denn fjeft bu niefy bin Uinb —
IDer fcfyall mit bi na’n bjimmel gafyt?
(Srotoaber, bu bift blinb!"
i) fä = fagte. 9 ) jfim backen = ttjr badjtet. 3 ) be»
brönrt = betrübt.
87
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De Krbeitsmann
Du fötc (Sott, it>o marb cen’t für
Km’t leetoe baglid} 23rob!
ZKitünncr fummt een beim fo’n Sdjur, 1 )
Denn föfilt man red} ftn Hot.
Dat fjus pull Kinner unb Feen Korn,
Un jümmer ’n lebbig d<*tt,
Dat ftieft in’t £}art, as tpocrt’n Dorn,
Un maft een bod} nid} fatt.
De Krbeit Fjett feen rechten Daeg, 2 )
Dat tpill nid} ntcljr fo g au, 3 )
HTatt fyctt’n nid} ftn bettjen pleg*)
Kn roarb all olt un grau.
KTan forgt un gratPt*) Dag in, Dag ut,
Kn is bc IDclt mul fd}ön —
HTan fiel}! ba nid} na op un ut,
Krigt niefs bapon to feljn.
KTan grämt un grämt in furen Stpect 6 ) —
Dat fal}rt un ritt un geiljt,
*) 5cf?ur = Kegenfdjauer. 9 ) Daeg = (Ertrag.
®) gau = fc^nell. 4 ) pieg =» Pflege. •) grämt = grabt.
6 ) Smeet = Sdjtueig.
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litt fccncr ftcFjt ftcf um un »cet,
£Do t»cF> bat fjart ccn beit.
3a, rocitn bc riefe ZTTann fo ferm’
De arme ZtTann ftn Hot,
3cf glötrr gcroifj, berm guttg t»ei Freit
Unb bccl 1 ) mit cm ftn 33rot.
i) beel = teilte.
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CD I 3 n d) c n
„<£las fjinncrs, tr>ul bcgramt jüm glif?
Du bifl in’rt froarten Hocf."
„De olc 3u<i?en acfytcr’n Dif, 1 )
De mit ben 23cen fo troef!" 2 )
„Du Icctnc (Sott, bat olc 5ccl!
£jc ftunn fo ganj allcen,
fjc tjarr of op be IDclt fiu Deel,
fjett niefy ocl 5^uben feljn.
£jc toccr fo liittjet un fo frumm,
ZDeer jiimmers fo in Hot;
5c ftötten mat mit cm fycrum,
ffc cct bat (Snabenbrob.
ZTu Iiggt fye in ftn platte Sarf,
IDo fclig fje trntl fiept,
Da iinner’n bi be Karf, 3 )
3it unfe bjerr cm rept!
Itu is bat allens gut un reefy,
( Db lief 4 ) fyc ober frumm —
So lopt mul aemer cm eins roeg,
Doefy ftöt fe ein niefy um!"
*) Dif = (Eeidj. 9 ) troef = 30g. 8 ) Karf = Kirdje.
4 ) lief = gerabe.
90
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3ctty paolt
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Betty paolt (Babette €Iifabett{ (gliicf) mürbe am
30. Dejember H8^ in H?ien geboren. Xladj bem (Eobe
ber (Eltern nttb itadj Derlufi bes »äterlidjen Dermögens
machte fte feiten fernerer Sorge burefy, bis fie im t8<*3
(gefellfcfyaftsbame ber ^ürftin Sdjroa^enberg in lüien
mürbe, einer fjodjftefyenben ^rau , bie ber Dichterin »olles
Derfiänbnis entgegenbradjte. 2tudj naef? bereit (£ob (^8)
befielt Betty Paoli, »on einigen Beifen ins Buslanb ab«
gefetjn, itjren IDofynftfc in lüien. Sie ftarb unpermäfjlt
am 5. 3uli tn Baben bei tüien.
(gebidjte t8^t*
ZTadj bent (gemitter *8^3.
Bomanjero x.8^5.
Heue (gebiete *850.
fyrifdjes unb (Eptfcfjes *856.
Heuefte (gebiete *869.
(gebidjte (Busmal}! unb Hadjlefe) *895.
92
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IT a n b l u n g
lüillft bu erfdjaun, wie uiel ein fjerj fanu tragen,
© blief in meinst
So reid? an Xüunben, oorn (ßefdjicf gcfdjlagen,
tOar lüoiil nod? feiits.
©od? mitten in ben umtenbften ©rfanen
<£rfyob id? mid),
Unb fdjritt bafyn auf meinen fernen Bahnen —
£)ie ftarf war id?!
IX)ic warb mir bod? nun fo mit einem KTale
©ic Kraft geraubt?
<£s trofctc mutig bent (Sewittcrftrafylc
Klein ftoljcs fjaupt,
©od? als bu 311 mir fpradjft mit leifem (ßrüjjcn:
„3 d? liebe bid?!"
©a fanf id? ftiü unb weinenb bir 3U 5ü§en —
IPie fdjwad? bin id?!
93
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JTTit bir!
nimm mid} mit, mofyn bein 5ufj
2luf bcs Cebcns pfaben gelict,
Denn ba welit mir fjcimatgrufj,
Wo bein füfccr Btern rocket.
nimm midj mit, roenn füfyi bein <5eift
5licgt burefy alle fjimmclsräume
Hab sur €rbc, bie uerwaift,
Bringt bcs 3enfeits golbne Cräume.
nimm midj mit, wenn in’s <ßefed}t,
Iüo bu l-jelbenfycrrlidj ftreiteft
5iir ber mcnfd$eit heilig Hedjt,
Du, ein cblcr Bitter, fdjrciteft.
nimm mid} mit, wenn ftill, gebüeft
§u ber tiefen (ßciftcsquclle,
Deine Seele fid} erquieft
BTit bes Dcnfcns Ccbcnsmelle.
nimm midj mit, cs fei bein <Eeil
IDonne, 3ammcr, Ceben, Sterben!
nimm midj mit in’s cu?ge fjeil
Unb in’s ewige Derberben !
9 ^
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<5abc
2llles fynsugeben
3ft ber Ciebe Braucfy;
nimm beim bin mein Ceben
Hnb mein Sterben aud?!
2lHcr meiner lieber
Sanften Sdjmeidjellaut,
Die ein <£bcu wieber
Sid? aus Schutt erbaut!
2lUe Cicfytgebanfen,
Die an (Sliicf unb Ceib
KiUjn fid} aufwärts raufen
3u bie Croigfeit
2111 mein ftiücs Seinen,
3nuig bir pertraut,
Das in felgen Ojräneu
2luf bid? niebertaut!
nimm, bajj nichts bir fefyle,
ZDenn bie Stunbe ruft,
ZTteine ganje Seele
fjin als 0pferbuft!
95
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Sülle
IPenn ein Kranfer fdjlummernb liegt,
Hlilb Dom Craumesarm gewiegt,
Schweigen alle im (ßemacfye,
T)a§ 5 er kirnte nidjt erwadje.
£eis itjr fjaucfy urtb ftumm ibr PTunb,
Kaum berührt itjr 5 ufj 5 cn (ßrunb —
Hub ber Kranfe fcfylummert weiter,
Hufybefcligt, traumesfyciter.
3nnig fiel? id? jefet 311 bir:
fjaltc bu cs fo mit mir,
KTit bem tiefcrfcfyöpftcn fjerjen,
Das entfefylummert ift ooll Sdjmer3cn.
fjalb oerblutct, fdjläft es fort,
IPccf es nidjt mit beinern £Port;
Crage fdjonenbcs Erbarmen
ZTTit bent franfen, müben, armen.
IPillft bu’s weden, fei’s 3um (Slücf,
Kannft bu bies nidjt, tritt 3uriicf !
(Biefje (ßift nicfyt in bie neige
Kleines Gebens — fdjwcige! fdjweige!
96
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Die Vergangenheit
HTir ift, als legten leifc
Sicty Hebel um mich her,
Dom bunten UTenfebenfreife
Hlich fcfjeibenb mehr unb mehr.
(Erinnerungen ftnb es,
Kus £uft unb £cib getoebt,
Die man, milTs ein gelinbes
(Scfchicf, mit mir begräbt!
HTir ift, als braujte, grollte
Um mich ein ©jean,
Den ich, n^e gern ' x< fy sollte,
Hicht überbrüefen fann.
Dies UTecr, be§ banger Klage
Die Seele träumenb laufet,
Es jtnb bie fernen Cagc,
Die an mir h' n 9 cr aufd?t !
Dereinfamt im (ßeroiihle,
Das rajHos brängt unb fchafft,
Vergangenheit! roie fühle
3ch mich in beiner ^aft!
Erfcfjöpft pom Cebensftreite,
Den IVunfcf} auf nichts geftellt,
Ein bunfler Schatten gleite
3<h burch bie blühnbe Welt !
9 " i
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3n fpäten 3al^rcn
HIit 3 cnen nidjt, bie midj umgeben,
Derbring icf} biefen Heft »on Ceben,
Hein! mit ber fjeimgegangnen Sdjar.
Hlit ifyten, bic in fernen Cagett
Htidj falin in meiner Blüte ragen,
Hnb beren £e\t bie meine rr»ar!
Beim 5efl, im bicfytgebrängten Saale,
3 nt füllen IDalb beim HTonbesftrafilc
Derfolg id? träumenb ifjre Spur;
Hnb liier n>ie bort, auf allen IDegen
Critt mir uertraut ifyr Bilb entgegen,
Hur reiner unb uerflärter nur!
Hnb aus bent Htunb ber teuren Schemen
Allein idj bie 5 rage 3 U uerneljmen,
Die mir im eignen fferjen brennt:
„Hllein, allein auf biefer €rbe,
TOas l^offft bu n?ol}l, baß bir nodj merbc?
VOas Ijält bid} nod} r>on uns getrennt?"
98
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2TIarte pon <£bnep(£fd}enf>acfj
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2H arte Do tt (£bner«<£fdjenbadj (geborene (Sräftn
Dubsfy) tnurbe ain \ 5 . September *830 31 t ^blislaric in
JTTätjreu geboren. Sie erhielt eine forgfältige (JE^iefjung
unb ronrbe iitsbefonbere burdj iljre Stiefmutter 3 eitig
mit ber beften bentfcfyen £iteratur befannt. 3 n £Dien
oerfebrte fie in ben Iieinrid? £aube uafyeftcbenben
literarifdjen Kreifen, unb in ben fccfysjiger 3 a i? rcn trat
fie mit ifyren erften lüerFen an bie <£)ffentlidjfeit. 3 m
3 afyre 18<*8 l^attc fie jtdj mit bem l^auptmaun, fpäteren
,felbmarf<fyaü«£eutnant 33arou €bner Don €fdjettbadj rer«
mätjlt. Die Didjterin lebt in tPien.
Parabeln, JTlärcfyen unb (Sebidjte \892
(00
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Das Sdjiff
Das eilenbe Schiff, es fommt burcfy bie tDogen
IDie Sturmroinb geflogen.
Doll 3ubel ertönt’s r>om ZTÜaft unb oont Kiele:
„tüir naben betn §iele."
Der 5äf?rmann am Steuer fpricfyt traurig unb leife:
„tt)ir fegeln im Kreife."
\ 0 \
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(S anf C3 U 0
Die erfte (ßans im (ßänfejug,
5ie fc^nattert: „Seht, ich führe !"
Die lefcte (ßans im (ßänfejug,
Sie fc^nattert : Seht, ich leite !"
Unb jebe (ßans im (ßänfe3ug,
Sic benft: „ — Daß idj mich & re ’ tc
So felbftheiDu^t, bas fommt batjer,
IDeil ich, ein unumfchränfter fferr,
Denn IDeg mir mahl nach eignem 5inn,
21U meiner Schritte Streiter bin
Hab meine 5reiheit fpüre!"
\02
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Sanft Peter unb ber Blauftrumpf
<£in IDciblcin flopft an’s Ijimmelstffor,
Sanft Peter öffnet, gudft l>ert>or:
— „i£>er bift benn bu?" — „<£in Strumpf, o fjerr . . ."
Sic ftoeft, unb milbc mafjnet er:
„ZTCein Kinb, erfläre bi dj genauer,
tPas für ein Strumpf?" „Dergieb — ein blauer"
€r aber grollt: „IHan trifft bie Sorte
nidjt häufig Ijier an unfrer Pforte.
Seib famt unb fonbers freie (Beifter,
Der lEeufel ift gar oft nidjt breifter,
(Seli fffn! er bürfte »on bir roiffen,
Der liebe Herrgott fann bid} miffeu."
— „Das glaub id? wolff — boefy icfy nid>t 3 bn,
0 Xjeilger, wolle nod) t>er3ielni!"
Sie wagt es, fein (Bewanb 311 faffen,
fjat auf bie Knie fidj ftnfen laffen:
„Du ftarfer fjort, oerftoß midj nidit,
faß bliefen mid) in’s Kngefidjt
Des €wgen, ben id} ftets gefudjt,"
— „3n weldjer IDeife, warb gebucht;
Klan ftrebt iljm nadj, wie’s oorgefdjrieben,
Du bift uns fern unb fremb geblieben."
Das JDeib blieft ffefyenb 3U il>m auf:
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„tüär bir befannt mein Cebenslauf,
Du müfjteft, bafj in felgen Stunöen
3dj meinen fjerrn unb (Sott gefunden."
Der Pförtner ftufet: „21Ui»o? — Sprid} flar
— „Dafelbft, «>o idj 3 U fjaufe mar,
(ZTIein bfanbmerf brachte bas mit fiefy)
3 m BTenfdjenfjersen. IDunberlid}
IDar bort ber fjödjfte too^I umgeben;
©ft blieb uon feines £id}tes IDeben
(£in glimtitenb 5 ünflein übrig nur
Unb führte boefj auf (Sottes Spur.
©b er fiefy nun auf bem 2 tltare
Den 5rommen reidjer offenbare —
Das 3 U entfdjciben ift bein 2lmt:
Bin idj erlöft? bin id) »erbammt?"
Sanft Peter 311 berfelben 5rift
<£tu>as »erlegen morben ift,
Dadjt eine gute IDeüe naefy,
Hafyn enblidj bod? bas IDort. <£r fpradj
Dnb rücft babei ben fjeilgenfdjcin :
„Befpridj es brin — idj lafj bidj ein."
Siebescrflcirung
(Sdjlujj)
3<fy gebadete,
tPie mit ber §cit fidj ftets ber Kreis erweitert,
3n bem icfy fudjt unb fanb mein reinftes (ßlücf:
U)ie manches neue fleine IDefcu fam,
"Das einen piafe erftrebte 3 tr>ifd}en uns
Unb ifyn erhielt unb jebcs obenbrein
23ei feinem (Eintritt audj mein gauses fferj,
Das gan$e 3 C & CS — fyenft bic HTatt>ematif !
Denn immer nod} ein ganjes bleibt mir übrig,
Es 311 oerfcfyenfen, wenn es wieber gilt.
Uidjt profeen mödjt id), aber foldjer Hcidjtum
3ft unerhört in meinen fyofjcn 3 a ^n.
3 d) banf itjn eudj, fo feib mir benn bebanft,
3^r (ßrofecn unb 3^ r Kleinen, Genien, Ualjen.
Durdj meiner Siebe, eurer Siebe Kraft
Begiebt au mir ein fdjönes XDunber fid? :
„Die Kinbcrlofe fyat bie meiften Kinber."
^05
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Sprudjperfe
Derftänbnis für jebipebes £eib,
(Erbarmen milb mit jebem
Daran in bicfer ^eitlidjfeit
Erfennft bu bic enpäliltc Seele.
* *
*
Hur ber bas teiben fennt,
Kennt aud} ein fyciß Erbarmen;
Der felber barbt, ber giebt;
(Srofjmütig finb bie Krmen.
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€ in Meines Cieb
€iu Heines Cieb, u?ie gefy’s nur an,
T>a§ mau fo lieb es tjaben fann,
IPas liegt barin? er3äl>le!
€s liegt barin ein tocnig Klang,
<£in menig IPoljllaut unb (Sefang
Unb eine gan3e Seele.
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2lngelifa oon £)örmann
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ZlttgeliFaponfjSrmann tmtrbe am 28. 2IpriI (8<*3
jn 3 nns brud i* 1 Cirol geboren. 3fjr Pater mar ber
Unioerfttätsprofeffor nnb Pidjter Htattljias (Seiger. Sie
genoß eine forgfälttge (Stellung, rerlor jebodj fdjort früfy
itjre €Itern. 3m 3 a ^ f o (865 nerfjeiratete jte fidj mit bem
Kulturfjiftorifer, jetjigen Pireftor ber Uniperfttätsbibliotljef
non 3nnsbruc?, Pr. Cubroig rott Bormann. Pie Picfyteritt
lebt mit it{rer ^amilie in 3 It ttsbrutf.
(Sröße aus CEirol (869.
2luf ftillen IPegett (889.
ZTeue (Sebidjte (892.
2t in tDcgc
€in fteincm Bilbttis fielet am IDege,
befranst mit frifdjem £aubgctr>inb,
Dem fjeiligen $u frommer Pflege
<£rfamt bic 5i<* ei” Bauemfinb.
So tialt auefy icfy’s mit meinen (Srüfjcn;
Statt Blumen, üppig grün umlaubt,
£eg xd} bic lieber bir 3U 5ü§en
Unb fdjling fte um bein fcfyöncs fjaupt.
Unb ob in Zürnen, ob in fjulbcn
Dein ftol3er Sinn mir fei genullt,
Da§ icfy bief? fcfymücfe, mufjt bu bulbcn
(ßleicfy jenem falten bjeilgcnbilb.
W
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Hl ä b d) c u lieber
l
2Has ifyn an mir gefallen mag?
gur Kammer fcfyleidj icfy oft im Cag,
Schieb r>or bic fD)ür ben Hicgel
Hnb fdjau in meinen Spiegel.
töarunt crmäblt er nidjt bie Hof?
Hin eine fcfylicfytc Hlurnc blojj
Hnb nimmer milTs mir glikfcu,
CTlicfy alfo bolb 3U fcfymücfen.
Qod) eine gier ift mein fürmatjr!
3 )ic Scfyönfte mär i cfy aus ber Sefjar,
Stiinb all mein treues Sieben
3m Hntlife mir getrieben.
U2
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2 .
3m €rfer ftfc id> friil] uni) fpcit
Uni) fii^rc bie Habel burd?» Sinnen,
Kaum l?ab id? ein paar Stid?e genäht,
So lug id? über bic Rinnen.
<£rfd)allt uom Curm bes iX>äd?ters Huf,
So fpring id? fdjnell uom Sifee,
'Dröfyit auf ber HriieF ein Pferbefjuf,
Durdjjucfen mid? 5reubcnblifec.
IPic laufd? id?, ob bic (Erepp empor
€in rafdjer Critt nid?t Kimme,
IPic ' felig trinft mein burftig (Dl?r
"Die tiefe geliebte Stimme!
IDenn einen Cag tnir’s nid?t gelang,
ZTTid? in (ßebulb 3U faffen,
K)ic fdjlepp id? bann ber 3 a ^ rc (Sang,
lüenn er mid? gan3 uerlaffcn?
U5 8
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Cagebudjblättcr
b
£jeute 3ärtUcf? fuße IPortc,
ZHorgcn in gemeiner Hui]
Sdjlicßeft bu bic golbne Pforte
^Heines fjimmcls roieber 3m
fjeut ein Ccm, ein früljlingslauer,
Blütenbuft unb Sonnenglan3,
morgen 5^oft, ©escmberfcfyauer,
H)interfturm unb 5lo<fentan$»
H)ie bein 2X>illc mir begegne,
H)cl]rlos Ijalt i cf] allem Stanb,
©b fte ftrafe ober fegne,
Kü§ id] beine liebe fjanb.
m
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2 .
3n bunfler Bacfyt,
Da säfyl i dj bic Sdjäfce, bie mir eigen,
U)ic möd?t id? all ihre Pradit
So gern bir jeigen!
Da f?ol id) aus bcs fjerjens (ßrunb
0t}u alle Scheue
Die £iebc unb Crcuc
Hub werfe mit felig ladjenbem BTunb
Die ganje bunte funfelnbe «gier
«§u 5ü§cn bir.
Dod} natjft bu am Cag,
JDenn bell unb nüchtern alle Bäume —
Dcrwanbclt mit einem Sdjlag
3ft, was id) träume.
So wertlos fcfyeint mein Heiligtum,
Die 5<**bc ucrblidjcn,
Der <Slan3 entwichen . . .
Blit sagem Ringer wenb id) cs um
ilnb fdjlicfj es feufsenb wieber ein
3« ben bjerjensfebrein.
U5 8*
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Huu f in 5 f i c b a , bic blauen Ca ge
Hun finb ftc ba, bic blauen Cage,
"Die Cage poll pott <ßlan3 unb Duft,
Kein Xüölfdjen fcl?rcibt als Icife 5ragc
<£in IParnuugsseidjcn in bic Cuft ;
Kein Sturm brofy mcljr mit £jod}geu>ittern,
Ou brauebft im Crauntc uidjt 311 3ittcrn,
Da§ bid) ein Schlag ins IPadjcu ruft.
Hod} fällt fein gelbes Blatt pom Baume,
Oodj frucfytfd?ipcr neigt fid? 2lft 3U 2lft,
Unb borfwärts fdjtpanft pom dclbcsfaumc
Oer Klaren bocfygetürmte £aft.
Bings fettes (Srün unb 5<**bcnprangen,
2lls ruhten £013 unb I}crbft umfangen
3n fclig ftummer Ciebcsraft.
Das u?cbt ben 5 au ^ cr biefer Stunbcn:
Sic fcfyeinen frei pom irbfdjen Soll,
21 Is Ijätt bas pcnbcl fjalt gefunben,
2lls u?är ber feiten Kreislauf polt;
Kein IDinter, tpäfyift bu, fäm fie rauben —
Das X}cr3 rpill emig bauernb glauben,
IDas pöllig es beglüefen foll.
U6
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Scltfamc VOclt
fid} fo fremb im £}er5cnsgrunb,
Dafj nichts bic Kluft Famt itbcrbrücFcn,
Die muffen fidj bic fjdttbc brücFcn
Unb fycudjclnb legen UTitnb an UTunb,
Unb welje, wer ftcf? fredj cntfdjlüge
Der ftrengen Safoung Ijcilgcr füge!
IDo aber Seel 3U 5 ccle fpricfyt
Unb brängt 311 ritten I}cr5 an fersen,
Die müffen meibett fid) mit Sdjnter5cn
Unb fenfen fclbft ber Kngen £id}t,
Damit Fein Strahl fic weiter Fünbe
Der reinften Ciebe fcfyÖnc 5 ünbe.
U7
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21 n nt e i n c n Knaben
©ft inmitten heitrer Cagc,
tPann bic £uft auffdjäumt in tPogen,
Kommt mir roic ein (ßciftcrgrujjen
£cis ein Sdjatten angcflogcn.
2X>ic ein (Eon aus fernen <§eiten
ZTlafytt cs tief itt meiner Seele:
ETCuttcr, fannft bu Blumen p fl liefen,
tPenn id}, beine Bofe, fcltlc?
5 cudjt umflort fid) meine IPintper,
<£infam in bent fronen Schwarme
5ajjt ntidj Sefytfudjt ttad} bei* Stimme,
Baefy bem Druef ber Keinen Krmc.
2Tiit bem Bünbel mollt icfy roanbern
Bettelarm uttb unoerbroffen,
5änb icfy too bic Kinberaugen,
Die ftd? mir 311 frütj gefcfyloffen !
UB
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Klltäglidjfeit
3mmcr im (Brauen
(Bcfyt meine Hcife,
Die Hebel tauen
Hur fadjt unb Icife.
Kein droft, fein (ßlütjen,
Die €uft ift ntilbe,
Dod] buntes Hliifycn
5clilt bem Bilbc.
3d) fdjaue nimmer
3n »oller Sdjönc
3m Sonncnfdjimmcr
Die ^arbentöne:
Die golbnen gelber,
Das (Sriin ber HTattcn,
Der Canncnmälbcr
Ciefbunfle Schatten.
Die IDege 3 eigcn
Sidj glatt unb gerabc,
Kein (ßipfclerfteigen
Kuf rauhem Pfabc,
Hie blief aufs (Betpimntcl
3cfy jtolj pon oben:
5o roarb im bjimmcl
ZTTcin SdjicFfal gerooben.
U?
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\
H n v c r ft a it 6 c n
xr>ic oft f?ab iefy ab Kinb 3ur Bacfyt
ZTiit gläubigem Sinn an (Sott gebaut
Hub fromm gefaltet bic fjänbe:
„(Sieb eine felige Stcrbcftunb!"
f^iefj bcs (Scbetlcins <£nbc,
Dann fdjlofj ber Scfylaf bert flcincn tHunb.
2lcfy, bantab afytt icfyb nidjt im Craunt,
2t>ic metc Blüten uont Ccbensbautn
€rft muffen uerme^cn, oerberben,
mir mit 5rcubcn jterben!
\20
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<£armen Sytaa
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Carmen S y l p a (Clifabetfj Königin pon Rumänien)
mürbe am 29. Pe 3 ember \8^3 3 n iTTonrepos bei ZTeumieb
als Codjter bes dürften Hermann 31 t JPieb-Heuroieb geboren.
Unter £citung bes Paters, ber als IHalcr unb Scfyriftfieller
Fünftlerifd? tljätig mar, genofj fte eine perftänbnispolle €r*
3 iefjung. 3 m 3 a f? rc 1869 Permätjlte fte ftcfy mit bem ba*
maligen dürften, jetzigen König Carol I. pon Rumänien.
3tjr eitt 3 iges Kinb, eine Codjter, ftarb iljr im KIter pon Pier
3atjren, ein Sd?irf|alsfdjlag, ber einen tiefen Cinflufj auf
itjr PenFen unb Sdjaffen ausiibte. Pie Pidjteritt lebt
in RuFareft.
Stürme t 88 t.
PTeine Ruf} t 88 <*.
mein Rtjein! t 88 ^.
ßanbmerFerüeber \ 89 t.
IKeerlieber t 89 t.
\22
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(£armen 5ylr»a
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H u s b c m € i gcfrocben
5p rid}, Heine BTaib, n?as roillft bu fein?
3<^? Blutter roill id} merben!
d>tt>ölf Buben mill i d}, gro§ unb Flein,
Hnb BTäbdjen, ganje gerben.
2Ttei?t Bruber, ber roirb ein Solbat,
Hnb id} tritt Kittber fyaben,
3d? gefy fpajicren burd} bie Stabt,
2Tlit allen meinen Knaben.
Das Kleinfte trag id} auf bent Hrm,
tDie meine Puppe eben,
3d? fyütt es ein unb Fjalt es trarrn,
2Tiu§ it*m 3U trinFen gcbe?t.
2Bie meine HTutter bin idj halb,
Die fjat aud} riele Kinber —
Kd}, trär id} bod} trie fte fo alt,
Dann tjätt id} fie gefdjtrinber !
\25
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fjänscfyen int Keller
0 Ulutter! Ijafi bu bas aucfy gefüllt?
Kn beinern fjcrsen ein Kegen,
Xüenn flill bu marft, mie ein Keiner difd}
2 TUt ungebulbigett Schlägen.
0 UTutter, UTutter! es flopft, es flopft
3a meinem f}cr3en entgegen.
Dor lauter Bangen unb Seligfeit
tt?irb mir nidjt Kuf?e, nidjt ^rieben,
Sdjou 3tneimal fyat ntidj bei Bacfyt ber Sdjlaf
Dor lauter 5rcubc gentieben!
0 UTutter, UTutter! es flopft, es flopft
Don meinem £jcr3eit uerfdjieben !
Sprid), lad}t mein fjänsdjen, memt idj gelacfyt,
Unb meint es audj, mentt idj meine?
Hun regt’s bas fjanbcfyen, nun maren es
Die fleinen, fleincn Beine!
0 UTutter, UTutter! cs flopft, es flopft
Kn meinem ffet^ert alleine!
tDie oor ber Cfyür 31m U)cil}enad?t
UTujj lachen idj, fröftcln unb beben —
124
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3<i? möchte Scfyönfyeit unb (ßlücf unb Kraft,
Perftanb unb Keinfyeit ifyrn geben!
© ITfutter, ZTCutter! es Hopft, es Hopft
3n meinem I^erjen ein £eben!
51 n g ft
Xlidft wahr, er fiebert nicht 311 fehr?
Der Kopf ift fübjler fdjon,
Die Kugeitliber nidjt fo fdjwer
Uub heU ber Stimme €011?
Unb beinah fpielt ein £äd?eln froh
Um beit oerborrten UTunb!
nicht wahr — fdjon mandjes Kinb tt>ar fo
Unb würbe bod? gefunb?
Ulein Kuge wirb nor Bangen blinb,
<£s fann nicht bcutlidj fehlt!
Uicht wahr, es wirb mein Heines Kinb
Das Cciben iiberftehn?
0 habt (ßebulb mit mir, toenn midj
Das 5ürd?tcn übermannt,
3d? übertreibe ftcherlich,
<£r hat mid? i a «rfannt!
£r hat fogar bic ffattb geftreeft
Unb leife was gefagt,
£r hat mich nur f° f c ^ r «rfch^edt,
KIs er fo ftill geflagt.
126
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tticfjt mafyr, er fiebert beinah nicfyt
Hub ift audj nicfyt fo matt?
Urtb fyeüer wirb fein 2ingeficfyt,
Seit er gefebiummert I>at?
\27
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<3 um lefetcn UTal
Die UTutter fniet am ftiUcu Bett,
(ßanj ftill, beim toten Sofyi;
Zlod) eben Hang fein Ubfdüebsmort
3n meidjem 5iüfterton.
<£s fpielt ein frieblicfy £äd}eln nodj
Um feinen bleid^en Ulunb,
Dorbei ift Sdtmers unb pein — er fcfyläft,
3ft emig nun gefunb.
Der Pater ftet>t an Bettes 5 ufj
Unb meint in grauen Bart;
Sie fdjroeigen, nur bie UTutter reibt
Dem Sofyi bie l}änbe 3art.
,gtr>ci lange Stunben ftreidjt fie fo
Die abge3etjrte fjanb
Unb fcfyaut 3um lebten UTal fid} fatt
Um Untlife unuermanbt.
Dodj enblidj fpricfyt ber UTamt 311 ilir:
„IPas reibft bu mit (Sernalt
3^m feine toten ffänbe uod)?"
Sie fpricfyt: „Sie merben falt!"
T28
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Die Kinberfrau
IDer rradjt unb forgt r>on friiFj bis fpät,
3ft rufilos alle ZTädjte?
Die unterm UTutterjod?e gcl]t,
Dodj ofyte UTutterrcdjte.
3 n Strömen fließt bie ^^rtlichfeit
Don ifyr 3U fremben Kinbern,
<fin reidjer Schaft, ber ftets bereit
<§um Scfyüfcen, Reifen, Cinbern.
IDie ftill itjr Sdjo§, roie marin unb meid?!
So sart unb ftarf bic fjänbe;
IDie giebt itjr X}er3 erfinbungsreid}
Unb Reiter ofyte <£nbc!
IDic oft l>at fte bem Cob gemehrt,
Der nafje fdjon geftanben,
Unb lief} bic Kleinen unuerfeljrt
Uls treuer 5ö^rmann lanben.
Unb menn oorbei bie Üngften ftnb,
So mirb es ify: genommen,
So mujj ib;r teures f}er3ensfinb
3n fretnbe fjänbe fommen.
129 9
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CD fdjaut gerührt nacfy i^r 3 urücf,
2ftad} jenem großen fjer 3 en,
Das, ofyie 2TTutterftol3 unb (ßliicf,
Sidj nährt non ZTTutterfdjmersen.
£Uic bunfel unb fltill !
Um fjimmel fein Schein!
Sin mübe, bo d) milt
3<3? 3 ur Hulj rticfyt allein.
0 b lang auefj bic Hacfyt,
0 b ftnffer unb fall —
3<3? f?abe burdjmacfyt
Die bilterften halb.
3 <fy mürbe getraut,
5o sitterub unb fcfyeu,
0 a fcfymur er mir laut
Die emige (Treu!
Sun fcfyleicfyt, mie ein Dieb,
€r abenbs hinaus,
Unb icfj fjab iljn lieb
Unb märte 311 bjaus.
Unb Fommt er surücf,
Dann fag icf? fein IDort,
Dermeljt iji mein (Slücf,
(Seraubt ift mein fjort.
Docfy fylft Fein (ßericfyt,
Drum Flag icfy nicfjt an
<£r roeifc es rootjl nidjt,
IDie tr>cF> er getljan!
H> e b e r l i e b
5Hcg, Sdjiffdjeit, flieg!
ZHcin Sofjn, ber ift im Krieg,
Die Codjter fiat itjr Burfd) uerfiifjrt,
Der Sdflag bat mir bie 5rau gerührt,
5Iieg, Sdjiffd^en, flieg!
€auf, Sdjiffcfyen, lauf!
Kein 23rob unb fein Derfauf!
Der Codjter Kinb toirb fjungrig fein,
ZTiid) tfjut man in ben fdjiuarjen Schrein,
Cauf, Sdjiffdjen, lauf!
Stcf?, Sdnffdjen, ftef?!
XDie tfjut bie 23ruft fo u>efj!
Die Sdjeibe friert, ber bfaudj ift falt,
Kein 5ünfdjen brennt, es bunfelt halb —
Stefj, Scfyiffdjen, ftefj!
*33
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Sdjabe!
IDie follt \d) ehpas leiftcn fönnen,
tDie follt id} ein Calent beftfeen?
IDie dürfte gelles (Seiftesblifeen
<£in redjtlid} Sdjicffal mir pergönnen?
3 dj bin ja eine Prin3effin!
3dj !ann audj gar fein menfefylid} 5üljlen
3 m ir»o^ler3ognen 23 ufen tragen,
ZTTufj itacfy ben pielen Ceuten fragen,
Die fcfyön gefleibct mid} untroüfjlen —
3dj bin ja eine prinsefftn!
Unb Sorgen? tDeijj i cfy voas »on Sorgen,
Da fatt id? ftets 3U effen fyabe?
Unb bin idj nicfyt por’m fidjern (Srabe,
Dodj por bem bjungertob geborgen —
3dj bin ja eine pri?t3effin!
Unb iDabrbcit fann id) audj nidjt t?ören,
Dafür ift tpeidje Sdjmeidjelrpatte
Unb tobesipeine, ftarfe, glatte,
Den fdjtpadjen Sinn mir 311 betören —
3dj bin ja eine prin3effin!
m
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Hnb hielten? Bein, rote bürft idj bicfytenl
<5um Dienten mufj man füllen, flauen,
5 \d) einfam burdj ben Urtoalb Raiten,
3 cfy fef> bie IDelt in Craumgefidjten —
3 d) bin ja eine prinjeffin !
3d? bin 3um Cädjeln nur geboren,
. §u lieben tjiibfcfjen Bcberoeifcn,
Um Heiner £eute ZDerf 311 preifen,
Das fonft im Hrbrei ging »erloren —
34 ? bin ja eine prin3efftn!
3 < 3 ? bin umringt non bjurrafyrufen
Unb fd)lafe mit ber golbnen Krone,
Bei Cage ftfc id) auf bem Cbrone
Unb Iäd)le liulbooll »on ben 5 tufen —
3d} bin ja eine priit3cfftn !
\55
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tt>cnn grauen fdjer3en
tDenn 5 rauen fcfye^eu, ift es oft
€in Hilferuf beim Strauben;
2 luf Bettung traben fte gehofft
Unb mürben nidjt »erftanben.
IDenn 5 rcmen fcfycr3en, ift’s u?ie £aub,
Das nieber Stürme meisten,
<£s glän3t unb raufest unb liegt im Staub,
£>on fernerem Critt 3ertreten.
{56
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2lba £fyriften
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21 b a <£fjri ft cn (Cljrtftinc oon Sreben) nmrbe am
6. IHär 3 (8<H in iDien geboren. 3nfoIge ber Derurteilung
ihres Paters, ber fid? an ber Heoolution oon (8^8 be*
teiiigt hatte, oerlebte fie eine trübe unb forgettoolle ^ugettb.
mit fünf 3 el^n 3 a ^ ren 9* n 9 f' e 3 um C^eater unb trat an
einigen fleinen beutfc^en Bätjnen Ungarns auf. 3m
3atjre (86^ oermäljlte fie fidj mit bent uugarifd?eu Stuhl*
ridjter oon ZTeupauer, ber aber bereits im 3 tocite»t 3 a h r
ber (£tje im 3 rr f* nn ftarb. Had? mehrjährigem IPittum
ging fie eine 3 toeite €h c mit bem Hittmeifter a. D. unb
3nbuftrieUeu oon Brebeti ein. Die Dichterin lebt in IDiert.
£ieber einer Derloreuen (868.
Uns ber 2Xfrf>c (870.
Schatten (873.
2lus ber (liefe (878.
\öQ
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not
21U euer girrenbes fjcrjeleib
Ojut lange nicfyt fo u?cl?,
Wie Winterfälte im biinnen Kleib,
Die bloßen 5üße im Schnee.
2UI eure rontantifdje Seelennot
Schafft nidjt fo fyerbc Pein,
Wie oljne Dad) unb ofyne X3rot
Sid) betten auf einen Stein.
139
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Kirmes
Der Brummbaß murrt, unb bie (Seige fcfyreit,
Unb bie Crompete fpeftafelt!
3ucf$eifa! luftige Kirmcsjcit! . . .
Da fontmt ber Pfarrer gemacFclt.
3ud$eifa! feiner Dirn einen Kufj
Der Burfcfyc giebt mü^oergeffen,
Sie tan 3 en! . . . „lüie ift ber tebensgenufj
Dem Dolf mit Sdjeffeln genteffen!"
So brummt ber Pfarrer unb blinselt tjin
Unb grollt ber £uft, ber fcfylidjten,
Unb quält fiefy ab mit lüfternem Sinn,
Die Sünbe I}inein 3 ubicf}ten.
W
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<2 i n Balg
Die alte 5 rau bat ein partes (Scftcfyt,
Dodj finge fanfte klugen,
Die wenig mel}r beim Pfcnniglicf^t
llnb nidjt 3 um IDcincn taugen.
Sie war ein Balg . . . 211s ^inbelfinb
Derlaffner als bie Firmen,
Bat webet fjerren noctj (Seftnb
lim 5 utter unb Erbarmen.
Sie griff feft 3 U unb fdjaffte ftramm
IDie el}rbar*ernfte feilte;
Dajj nie fie Unucrbientes nahm,
€rfrcut bas tDeib noeb I>eute.
Sie seigt and) jefet mit Bauemftols
€rbarbte Ojalerf cfyeine:
„Die ftnb mein unoerbranntes fjolj,
Bteine ungetrunfnen tDeine —
„Die ftnb mein ungegeffenes Brot,
2 luf jebem ftefjt gefcfyrieben:
€in 2tlter ohne Sdjanb unb Hot . . .
Unb was mir (Sott fdjulbig geblieben."
\<k\ ■
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5 ü n f (Treppen f} o dj
l
5ünf (Treppen fy?dj, fünf (Treppen fjoef?.
Dem fjimmcl nafj, bem blauen,
Die (Tauben nur »ermögen nodj
3 n unfer fjeim 311 flauen.
(Tief unten liegt bic tüelt, es bringt
Hur in ©ertönten (Tönen
fjerauf, toas fo betäubenb flingt,
3fyt 3 u ^cln unb ifjr Stötjnen.
tDcnn es audj oben cinfant ift,
Du fcfytft bid} nidjt hinunter,
Unb tr>ie bein flciner Dogcl bift
Du immer frot? unb munter.
Dom Kirdjturm in bie traute Hui?
Des Stübdjens manchmal flingen
Die (Slocfenfiimmen . . . aber bu
Kannft bod? oiel fdjöner fingen.
5ünf (Treppen tjod}, fünf (Treppen tjod}
fjalt i d) bid? treu geborgen,
TDas gilt bic IDelt mir unten nodj
CTiit itjren grauen Sorgen?
\\2
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Diel fdjtteller, als id} cs gebaut,
Diel fetter fam bas (Sind uns nodj;
IDir too^nen ja fünf Creppett Fjoef?,
Da fyit ber Storefy cs rafefy gebracht.
Dom Kirchturm flog er burd} bic Hadjt
2ftit feiner fdjlafbefaugnen Caft;
Hun füffe fanft beit fleinctt (Safi
Unb tjarrc, bis bas (SIücF erroadit.
lüenn bas tncifce JTIonbenlicfyt
Durcfy bic Flarett Scheiben rinnt
Unb bein fyolbes 2lngeficfyt
Sacfyt mit Sdjleiern überfpinnt,
tt>enn bas Kinb an beiner 23ruft
Cräuntcnb lädjett — frentb ber tX>dt
2tl>nt mir, bafj cs unbetDujjt
VLod} mit <£ngctn ^miefpraefy fyält
Deine Coden frnb es,
Dein (Sefidrt,
D[ur Meid} mie bu
Oft bas Kinblein nid}t.
Deine Stirne ift es
llnb bein IHunb
Unb and? bein 2lnge
So finblid}«runb,
Dein Cädjeln ift es,
Dein Süden gar . . .
Das immer
fjeimlidjes IDeinen mar.
5 .
Salb jäfyrt ftd? unfer fjodtfeitstag,
ISo i d} burd} Sturm unb Hegen,
Die sitternb mir im 2lrme lag,
Did} ^ertrug — mir sunt Segen.
IDie bift bu bemutooües Kinb
So hilflos bort gefeffen,
3m Sdjornftein tointmerte ber IDinb,
3cfy fann es nie »ergeffen.
Stein fyeifjes Slut begehrte bidj,
Dod) rührte mid? bein Sangen,
Hnb einem tiefen Hlitleib midj
Stein liebenbes Verlangen.
W
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5 o m n a m b u 1 e
Hur einmal ift bas frentbe Kinb
3m £eben bir begegnet
Unb fyat ben einen Kugeublid
Piel taufenbmal gefegnet.
Diel taufenbmal an bidt gebadet
i)at es tu fdnuarjeu Stunben,
ZXad) bir gebangt — nad} bir gefucfyt
Unb bid? 511 fpät gefunben.
©ft meefte bi d) aus tiefftent CEraum
€itt leifcs, bittres Xüeiiteu —
€s mar bic Seele, bie bid) rief,
Die Seele ber armen Kleinen . . .
W \o*
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HI a r y n a
Seit bu geftorben, bin id} recfyt allein.
3d} träume oft, es muffe aubers fein,
Dann fag idy mir: fie ift nur fortgegangen
Hub febjret mieber, beim ftc abnt mein Ceib.
Dann fommft bu lacbenb wie in alter ^cit
llnb ftreidielft baftig^rebenb meine JDangen.
Hub id) enuadje . . . mill bidj mieberfcfyi,
IDill bid? in einem iPinfel nod} erfpälin,
3d? fud^e it>ic bie HTuttcr nadj bem Kinbe!
Dod] plöfclicfy fällt midj ber (Sebaufc an:
Dafj icfy bie iDcIt 3U <£nbc laufen fann
Unb nirgenb, nirgenb, nirgenb bid? mefyr fiube!
W
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Had} bcnt Kegen
Die Dögel stoitfcfyern, bic HTiiefen
Sic tansen im Sonncnfdjcin,
Ciefgrüne feuerte Heben
(Süden ins 5cnftcr herein.
Die Cauben girren unb fofen
Dort auf bem niebern Daefy,
3nt (Sarten jagen fpielcnb
Die Huben ben HTäbeln nad}.
<£s fniftert in ben Hiifdjen,
€s jicJit burefy bic fyclle Cuft
Das Klingen faüenber Cropfen,
Der Sommerregenbuft.
m
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2TT eine 2TT u f e
Über jä^e 5rcub
Unb n?cljes 5<*gen,
Über Scligfeit,
Per 3 tr>etfeltes iPagen,
Über tiefes £eib
Unb ferneres €ntfagen . . .
f}at tnicfy getragen
Deine ftrenge f}anb
3n gemeinten Cagen.
\50
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2Il£>erta non puttfamcr
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Alberta p o tt Pu 1 1 F a m e r nmrbe am 5. Ittai
in (Sroß* (Slogan in Sdjlefien als (Eodjter bes Kammer*
geridjtsaffeffors IVeife geboren. ZTacf? bem balbigeit (Tobe
ihres Vaters perbrachte fte eine einfame Kinbheit, in ber
fidj fefjott friit? ihr «Sefii^lsleben perfeinerte nitb pertieftc.
Kcf^ehn 3 a h re alt, permäblte fie fid> mit bem bamaligen
Kreisrichter pott ^rauftabt, je^igen StaatsfeFretär pon
(HIfa§*£otfjringen, ^reiherrn iTtayimiliatt pon puttFamcr.
Sie lebt mit ihrer Familie in Strasburg i. <£.
Dichtungen \885.
KFForbe unb (Sefängc \889.
©ffenbarungen \89^.
Kus Vergangenheiten ^ 99 .
\52
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2Uberta oon Puttfamer
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5 o nt m e r rt a d) 1 s
£Dic trunfen fd^läft bie 3uninadjt!
€s ift wie Duft txm reifem Korn
iDeitlier im Canbc aufgewad?t —
Die Nofe gliilit am Ejecfenborn —
Der Bergwalb atmet — manchmal ftebett
Die IDinbe aus beit JDoIFcn auf,
Hub führen fchnfudiffdjwüles IDc^eit
Der Ceibcnfdjaft »ont Cfjal herauf.
Dort blifet aus bem entfdjlafnen £anb
<£in eitrig wad}cs ^t'nfterleiu,
3d? habe halb bein f}aus erfamtt,
Don bort entloht ber fdiwüte Schein . . .
Hub aus begleiten Büfdjen fragen
ZTCicfy Nachtigallen, wo bu bift,
iDarurn in biefen trunfnen (Tagen
Die Se^nfucht nicht bie £iebe füfjt . . .
\55
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Da ein ft bie poft fufjr
manchmal ift cs mir, bas träge Hollen
ferner Haber Fjört id} in ben Reibern;
llrtb bod} ift bas Conen Iängft oerfdjotlen,
Cicf in ben verlornen fjeimatmälbern.
Hnb perfdjollcn ift bas X^orngefdjmetter,
Das in freiem IDanberglüc! bie Cieber
tPeitfyn rief in £id>t unb bunfte IDettcr . . .
Keiner liebt es aus ben Ciefen mieber.
Unb es träumt in biefeit Cinfam feiten
IDicbor ungemeeft bas iüeltnergeffcn.
Hbfcits in ben fiaibumblüfyen JDciten
(Sefyn bie Cagc leblos — ungemeffen.
Kd}, mir ift, als trüg ber fdwere tüagen
tDieber mid} burdj Stäbte, bie ba fcblafen,
Hnb burdj fernes Hadjtigatlenfdjlagen
3n bas Sd}lofj, ba mir juerft uns trafen . . .
Unb als fügten mid} bie Canncnjmeige,
Die oon milbem fjars unb JDürje tropfen . . .
Htemlos ftänbft bu am ffeefenfteige,
Unb bein Knabcnlierj t>ernäf]m id} flopfen.
15^
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llnb icfr fpräng in 3ugen&fyaft Ficrnicber —
hinter uns entglitt ber träge tPagen —
21 us bem Scfjlofcfjof braefy ein Duft uem ^lieber —
Denn cs n?ar in frühen £cn 3 estagen . . .
*55
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rtacfttjcuibcr
Die Nachtigallen finb im Canb erwad}t —
IDer weif; es, was fic fehluchsen, was fte fagen!
Unb was weither burdj biefe (Solbmonbnacht
UTich beine fcfjicffalbunflen Uugen fragen?
Die Nachtigallen fiitb im Canb erwacht —
Unb ein Nar3iffcnbuft fommt auf r>om Ojale —
Die Scfjnfucht biefer £en3esmitternacht
3 rrt antwortlos im ftiUcn £}iinmclsfaale . . .
Die Nachtigallen finb im £anb erwacht —
Die £uft 3U leben regt in mir bic Schwingen —
(Ein <£twas in mir fragt unb weint unb lacht
Unb möchte fich 5U bir hinüber ringen.
Die Nachtigallen finb im £a»tb erwacht —
UTein fjcr3 ift aufgefdjrecft aus feiner Stille;
bir bie 5 ernc iiberbrücft fich f ac hh
Denn raftlos baut burch Sterne hin mein XDille . . .
Die Nachtigallen finb im £anb erwacht —
Unb bu entwanbelft licht auf meiner Nrücfe,
Unb über beiner Stirn entwebt fich fach*
Der ffeilgenfchein uon unfernt 3 u 9 enbglücfe . . .
^56
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<S I ü cf e s a Ii n e n
drunten in ben toten (Baffen weit
Hegt ein fyeifjcr tDinb bie müben Scfyroingen —
Unb er trägt herauf bie neue
3n ber £en 3 nadjt, wenn bie Knofpen fpringen.
Diefes frentben (Sliicfes ^lügelfdjlag
H>etjt bas erfte Duften ber Syringen
Don ben (Bärten, pon bem Il>albcs^ag
3n ber £en 3 nadjt, meint bie Knofpen fpringen.
Unb mir ift’s, als Ijört idj rufen leis,
Hls ob jage füge Stritte gingen,
Unb als träfe mid) bein Htmen fyeijj
3n ber Cenjnadjt, u>enn bie Knofpen fpringen.
Unb ein junger IDanberpogel fliegt
2Tiir porbei mit glücfbeflommnem Singen,
U)ie bie Sefyifudjt, bie ben Kaum befiegt —
3n ber Cen 3 nacfyt, tpenn bie Knofpen fpringen . .
\57
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3n fyeifjer «geü
Das ift wie Duft t>on reifem Korn,
Der fyauebt r>om in SommerfrüEjen,
Kus roten Hiifdjen brofyt ber Dorn —
Die Hofen bliitjcn . . .
Das ift wie Duft t>on reifem (ßtiicF,
Der fyaudjt r>on beinern CippengliUien ;
Kein Berber Dorn fdjredt mid} 3 uriicf —
Die Hofen blühen . . .
Das ift ber b?eißc 3unitag
HTit <£belfrud?t unb Sonnenfprütjen ;
3n 5unfen flammt ber fdieite fjag —
Die Hofen blühen . . .
Unb bas, mein Cieb, ift Ceibenfdjaft,
Die felig wädjft unb fonber HTiilien !
<£rlöfe fie aus Knofpentjaft,
ZDie Hofen blühen . . .
\58
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3 m M o r g e n g r a u e 11
Die Stunben gelten u?te (Befpenfter
21uf blumenlofeu 21uen —
Der bjerbft meint leis am &nfter
3m Morgengrauen.
21ud? meine (Bebanfen jagen,
Unb meine Uugen tauen —
Die Cidjter rinnen unb tagen
3nt Morgengrauen.
3d? mu§te burd? alle Cräume
Zlad) bir nur fdjauen;
Mein Blicf fragt burdj bie Häurnc
3m Morgengrauen.
Mein jungentrüdter (Senoffe,
2Todj feb id} ben Cenjtag blauen
Unb über bem feligen Schlöffe
Den Morgen grauen.
Dann inujjteft bu non mir gelten
Durc^ (Bärten, bie leudjtenb tauen;
3d^ feli beine £ocfen permetjen
3m Morgengrauen.
\59
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XTlctne Seele füblt i dj fterben
3n biefent lebten Schauen,
XDie Sterne fidj tot entfärben
3m Morgengrauen . . .
€in Sluffdjrei
Unb id? foll fjingcfyt in bie <£infamfeit
Unb foU mid} löfen aus bcr Crunfentjeit,
Die fiebernb mid? unb bidj in 5effeln fdjlägt
Unb überftnnlidj «ns jur (ßottfynt trägt!
Unb es fott Stunben biefer €rbe geben,
Die tr>ir jufammen nicfyt mehr roerben leben!
Unb Cage follen bunfet fidj «crblutcn,
U)o unfrer fersen sitternb junge (ßluten,
Die cinft, ftdj fudjenb, loberten sufammen,
Stufbrennen müffen in getrennte flammen!
\6\ U
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XX o r b i f d) c r 5 r ii f> l i n g
Hin fpärlidj Kicferlanb — ein fjorisont,
2Iit bem fid? träge DTüfjlenffügel bcliiten ;
"Die arme Sdiollc lau nur überfonnt,
Hub miibe üögel, bic fid} fiibroarts fehlen.
Kein 5riil)lingsjaud?3cn ! — nur ein Kiebifo ruft
DcrfcfyoUcn manchmal aus bem braunen Kolire.
Hief aus ber ffeibe fommt ein Berber Duft . . .
Die {Tauben fonnen ftd) am Sdjloffestbore.
XDie ftillc Kerjen funfeit es im 2£>alb,
So brennt ber bunflc Hann in fjellcn {Trieben.
Hrnft fd?aut ber £eit5 liier, ofyte (Slutgeiralt ;
Hin ^ug non tüefjmut liegt in feinem Sieben.
Hub bennod} fpielt auf feinem Kngefid^t
Hin feufdjer 23ei3, non bem bie IDangen gliilien —
Das madjt, meil’s leudjtenb aus ben 23üfd>en bricfyt
Unb Deildjen alle Sdjollen iibcrblülicn . . .
\62
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D o r f ft i 1 1 e
fjollunberbuft liegt auf bet Dorfesgaffe —
Die fjüttenfeucr gleißen fonnenbunt.
Die Büfdje fdjatten Breit — es fliegen blaffe
Unb nolle Blüten fcfymebcnb I^in im Hunb.
Die Kirche ragt im golbengrünen Dämmern
Der £inben, bie fic überbrängen breit.
Hur aus uerlorner 5cnie bringt ein fjämntern,
211s fei’s ber fjer 3 fcfylag biefer <£infamfcit . . .
Sonft alles flangtot! unb bie Hcittagftillc
£iegt roic mit crjncn 5lügcln iiber’m £anb —
3cf} glaube faft, man l}ört es, menn bie brülle
Der Blätterfnofpcn fprengt ifyr bräunlidj 23anb . . .
3cfy glaube faft, man Ijört es, wenn im Hefte
Die Sijmalbe ftef? im HTittagfdjIafe regt,
Unb toenn ein Bienlein burdj bie £inbenäfte
Die H>ür 3 e tropfenb aus ben Blüten trägt . ♦ .
163 u*
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(Eine <£ i n f a m c
Sie toar eine toenbfame Blaffe (Scftalt —
Sie fdjien faft scitlos, nidjt jung, nicfyt alt;
Sic liatte fdjeuc, fryftallene 2 lugen,
Die 311m garten £cbcn nidjt mochten taugen.
Sie fdjroebtc fo sart burd} «geit unb Haum,
2lls ob fte befinge ein frember Craum,
Unb bic forbernbe Pflicht unb bic lärmenben Stunben,
Die mochten ibjr fcltfamcs fjers ocrttninben.
Sie fcfyicn mir auf (Erben lieintatlos —
<£s fucfytc ibir Slid fo fragenb groß
Had? füjgcn, fernen UnmöglicfyFcitcn
3n 21Tenfdjen^er3en unb fjimmclstoetten . . .
Ulan nannte fte unniifo unb überfpannt,
Denn bic arme, bie blaffe, bie franfe ffattb,
Die fonnte iticfyt frötjlicfy ringen unb fdjaffett
Unb bas (SlücF burefy frifcfye Cfyaten erraffen.
Dann löfdjte fte aus roie ein Eicfytlein im lt>inb,
JDie ein fallettbcr Stern in Cüften 3errinnt —
€s toar in ben erften dnifylingstagen —
Unb feiner, feiner toirb um fte Flagen . . .
m
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ZHicfy aber trifft manchmal 3ur Dämmerjeit
3fyr fterbenber BlicF t>oll glütjenbem £eib,
Unb mitten im wilbefteu ZDcltgetriebe
21nflagenb, hilflos, fragenb um £iebe . . .
J65
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Blicf auf bie Strafe
<£in feltfames <£ilanb im Stabtgeunrr!
Der IDilbroeiu hängt uom Balfoue nieder;
Don braunen Jjcr ruft ber Caglärm irr,
3nt Hachbargarten buftet ber 5üeber.
Baumblüten Rattern am tDcge bidjt,
IDie 3 arte, eintägige Schmetterlinge ;
Die Strafe überflammt es tr>ic £id?t
Don einem fehmebenbeu (ßlorienringc.
21nt fjauseef, an ber Ceraffenroanb,
Da hängt mein Bau, roic bas Cru&neft ber Sd?u>albc;
3nbeffen fehnfüdjtig am Säulenranb
Das 2lbeublid}t manbert, bas filberfalbe.
Durch ben Bing r>on Haufen an meinem Derftecf
€rfcbau ich bie Dinge, u?ie fliegenbe Bilber;
IDie im Buntglas bes Kiubcrfpieles feef
Sich Kryftaüe ucrfdjieben, tr>ilb unb u?ilber.
Kaleiboffopifche 5ormcnjagb !
So haftet bas £eben au mir oorüber.
Das ringt unb ruht unb fämpft unb fragt
Unb ftratjlt unb flärt fi dj unb tuirb trüber.
\66
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Da frcifcfyen Haber pon großer £aft,
Da beugen jtdj Harfen, bie ftol3 gefdjaffen,
3nbcffen pom blüJjenbeu Cinbenaft
<£in IDanbernber fudjt ein Heis 3U erraffen.
fjalbnarfte Kinber, in lautem (Slürf,
Hetzen bie rpinjigen 5 rüd)tlein 311 Hingen.
31?t £adjen tjallt fremb oon ber HTauer 3uriirf —
It>ie frei fie bie blütjenben Ketten fd?rr>ingen !
(ßrabüber im Straßenftaub, fonnperflärt,
Hiiljren ftd? braune, (einige Hrme,
Das Beil büßt auf, unb bie Säge fälirt
Sdnieibenb iu’s ffols, in bas fyarsige, warme.
€in HTann fdjafft ftreng unb ftetig fort
HTit ftummem HTunb unb reglofen Brauen,
3nbeffen bie Hugcn bes IDeibes pom (Drt
Der Hrbeit fyeimlid} feitabuxirts flauen.
Da fommt ein rüfjrenbes Kleinen Ijcr —
(Ein Kinberftimmlein mit fragenber Bitte.
(Es regt fid? ifyr 5u§, unb fie atmet fcfytper,
2 Us ob fie’s nid?t an ber Stelle litte.
Dann fielet fie fcfyamfyift bie Strafe herauf,
Unb bann, u?ic fragenb unb betenb, 3um ffimmel —
\67
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< 3 um fpenbcnben 3ufen Jjebt ftc fjinauf
Das Kinb unb ucrgifjt ber Strafte (ßetümmel . . .
<£s fallen bie Cinbenblütcn fadjt,
€in Schleier, l?erab auf bie 23ruft bes IPcibes;
Pon buftenben gtueigen überbaut,
Kusrufyen bie Cinicn bes fdjdnen £eibes.
2lus Pflicht in Arbeit, aus Cuft in Qual,
Den fdjaffenben ZTIann 311 if>rcr Hecfyten,
Unb ber Sonne golbnen, iranbernben Strahl
2Pie eine Krone auf ihren 5lecfyten ! . . .
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Strafjertfäene
3n grellem Caglärm uttb in enger Strafe,
lOic aus ZHoräflen eflcr Sdjulb entfliegen,
5a l? id? ein trunfnes tDeib, bem Dolf sum Spaße,
2ln einer fdjmußgen ITCauer finnlos liegen.
€in jitternb Kinb babei — bic 5tirn, bie blaffe,
IPoUt ft df befcfyüßenb an bie ZTTutter fdjmiegen.
€s jaulte rings bas Dolf — id} fafy bie (ßaffc
Den fjeilgenfdjeitt ber Ciebe überfliegen . , .
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3lfe ^rapan
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3lfe,frapan Qlfe £euien) mürbe ant 3 . Februar 1852
in Hamburg geboren. Sie entflammt einer franjöftfdjett
ffugenottenfamilie. Unter ben günftigen £ebensbebingungen
eines gebilbeten ffaufes aufgemaebfen, mar fte eine ^eit«
lang in Hamburg £eljrerin, machte bann größere Keifen
uttb lieg fid? 188<* in Stuttgart nieber, mo fie 311 betn
Kftljetifer ^r. (Oj. üifeber in frennbfcfyaftlicfye Kejiefytingen
trat. Sie blieb mmerbeiratet nnb lebt feit bein 3 al]re 1892
in §iiridj.
< 5 ebid?te 189 1.
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Kfcfyenbröbel
Uüttle bi dj, Bäuntdjen, unb (Rüttle bid?,
2111 beine Blüten wirf über mtdj.
3d} will fein filbriges Sternenfleib,
Keinen gläfernen tDageit unb gelles (Sefdjntcib,
Bur weiße Blüten um bjaupt unb Bruft,
5latternbe Blüten unb Cebett unb £uft.
Uüttle bid), Bäuntdjen, unb fdjüttle bidj,
Bidjt uon ber Stelle riU^rc idj rnidj!
Bidjt in bas Schloß unb nidjt in ben Saal,
Unter bie lärntenben Cänjer sumal;
Ijier in bie Caube ruf mir ifjn,
IDo uns fdjon einmal ber UTonb befdjien.
Uüttle bidj, Bäuntdjen, unb fdjüttle bidj,
Komm, mein König, unb fjole midj!
ijabc genug in ber Kfdje gefauert,
fjabe wie lange! um bidj getrauert;
Butt jief] mir bie golbenen Sdjüljlein an,
Daß idj mit bir gen fjimmel tanjen fann!
^73
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Dunfel briicft bas Cljal
Dunfel brücft bas Ojal,
Hur am Berggelaitbe
gittert nodj ein Strahl
Coter Sonnenbränbe.
gucfenb, mie ein Krampf
Uns sum Cädjeln swinget,
£Denn im Kbfdjiebsfampf
fjer3 non fjer3 ficfy ringet.
Unb mir fomntt ber Stunb
Unnergeffnes €eiben,
Da audj unfer HTunb
5 o gelacht im Scheiben.
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Sommerabenb
£s ftäuben Perlen non her Had}t (Sefieber,
Don bunftem Mittig fdjimmerflare Cropfen;
Dod? nidjt ben Boben merben fie erreichen,
5ie neften in ber ^ö^e IDein unb ffopfen,
Die bunten Cufpen unb ben blaffen düeber,
Die Hofen auch, bie toclfcit, Iicbcbleidjen —
cErquieft, ihr milbercichen,
3tjr alle Blumen, bie in Düften bluten,
© fühlt auch mir bie fieberheißen (Stuten:
Die Sonne h<*t auch m * r ^ as ^ cr 3 »erfeugt,
Die ferne Sonne, bratt bie Sehnfudtf hängt!
175
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IPinterabenb
Sie ftfct ftill mir gegenüber,
Hub Me lieben klugen rufyi
Huf ber lieben fjänbe Cfyun,
fliegen feiten bjier herüber,
Unb ber Campe gelber, trüber
Schein umhüllt mit 'Dunfelfyeit
Scfytuarses fjaar unb blaues Klcib.
Unb bodj gellt ein Cicbcsfdjimmer
Don itjr aus, unb über’m §immer
Ciegt er tuarm rme Sommerseit.
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3 tu Hamburger X}afen
Die Scfjlote qualmen, unb bie Pfeifen gellen,
Der Kräfyie €lefantcnrüffel paefen
2Hit Stöhnen in ber breiten Scfyiffe Xtacfen,
Hub trofcig gurgeln bie beflemmten IDellen.
€in X3ienenfdju>arm, befreit aus engen «gellen,
Hmfd)u?ärmt bas Scfyiffsuolf liier uon allen 5laggen ;
Die X3riicfen fdjtuanfen; mit gefcfju?eUten X3acfen
X3läft Xlbcnbroinb bie Segel auf, bie fiellen.
Der IDeften flammt; unb 3 n?ifcfyen 5lut unb £anb
XDie Sdjatten fielen ber Dampfer fernere XTTaffen;
Der 33ootsfnccfyt breljt bie XTCüfce in ber ffanb,
Sein runbes, blaues Xluge ftarrt gelaffen;
€r fpricfyt unb nicft fo in ben IDeltenbranb :
„Das ift ein XDetter, t»as? Das famt uns paffen!"
\77
\2
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3foIöe ßurj
\ 2 *
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3foli>e Kur3 mürbe am 2 \. De3ember 1853 311
Stuttgart als (Eodjter bes Didjters fierinanit Kur3 geboren.
Sie genoß im oäterlidjen paufe eine ro^üglidje (E^ietjnng
nub mar fdjon friibf mit llberfetjungen ans betn ,fran3öfifdjett,
<£nglifdjen, ^talieitifdjen unb Huffifdjen ttjätig, bie fte für
beit uott Paul t^eyfc unb iljrem Pater Ijerausgegebeuen
„ZTopellenfdjatj bes 2 luslanbes" beiftcuerte. 3 m 3<3l?re 1877
fiebelte fie mit ibjrcr Familie uadj ^loren3 über unb lebt
feitbem abmedifelttb in 3 talien unb Deutfdjlanb. Sie blieb
nnpermäljlt.
(Sebicfyte 1889.
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3 f o 1 b c Kurs
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Uiäbdjcnliebc
l
Dein war i d) lange, cli id} bi cf} fall,
3n jebem {Traume warft bu mir nab,
Didj fud>t i d) über ber €rbc Ueoicr,
Ulein leben war nur ein (Traumen non bir.
Unb als wir uns fanben am founigften dag,
Schnell fiinbet’s ber f^erjen sitternber Schlag,
Unb nor uns rang aus ber ^ufunft Scbo§
€iue neue, fcfyöncrc U>elt ftd) los.
Da fiob ftd} ein Ceudjten wie nie 3Ut>or,
Unb anbers flaitg mir ber Dögcl Chor,
Unb bunter bic Blumen unb grüner bas £aub,
Unb (Slücflidje ftanben bjattb in fjanb.
So ftanb in (Eben bas erftc Paar,
Uls ber Cob nod? frentb unb bas Sdjicffal war,
Die neue U>clt lag in fcligcr Huf},
3tir Sd)öp fer, ifyr UTeiftcr, ifyr (Sott warft bu.
m
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2 .
Hädjtlid} war’s am ftiUcn ttX'ifyer,
Wo id? ifyn jur Seite ftanb,
2U 5 im IPinb mein langer Schleier
Sidj um feinen Hacfcn tuaitb.
21 d}, was lief? idj’s nur gcfdjcl}cn,
Daß er feft ben Knoten fdjlang,
ZITidj an feiner fjanb 311 geben,
(£iit gefangnes 5 üücn, swang !
T)enn feitbem auf allen IDcgcn
5 ül>lt id) unserrcifjlid) ftets
Über mid} unb i^n ftdj legen
ZTTagifd? jenes Sd}lcicrs Ztcfe.
Seit rnidj gar fein 21mt umwinbet,
Sdjwanb ber 5 rc il? c *l lefjtcr Heft,
^effel, bie uns beibe binbet,
£iebe 5 «ffd, fyaltc f e f^
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Spaziergang
Ciebftcr, metjjt bu, mas ntid? eben
JDunberfam bcfdjlid?,
iDie <£rinnrung grau unb bammernb?
Doppelt fab? id> mid?.
Denn mir mar’s, als fei id? einmal,
So uon (ßlut umijaudjt,
3n biefelben 21t?rcnfclbcr
Sd?on mit bir getankt.
Bift bu mir im Crauitt crfdjienen,
<£I? mein 2lug bid? faf?,
0bcr mar auf anbern Sternen
Diefer Cag fd?on ba?
*83
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Du f u h r ft g l c i d) einem Sturm aus
Horben
Du futjrft gleidj einem Sturm aus Horben
3n meine iTclt!
Sieh, wie cs Fahl um midi geworben,
IPofyn bein 2luge fällt!
3ch litt es, baß t>om Haunt gefdjüttelt
Die 231ütc flog
llnb jeber <3weig mit ZUadjt gerüttelt
Sid| ädijenb r>or bir hog.
Du wilber (Jocift, was foll bein tDüten?
JDarurn uerfehrt
Dein rauher £jaud| bic fdiönften Blüten,
Die bir bein <51iicf befeuert?
Da fähjrft bu I]in in toller £aune
21uf frembe Saat —
3d? fel| bir fröftclnb nad? unb ftaune,
©b fchon ber IDinter naht.
m
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Jt> e g » a r t c
2TTit nacFtcn 5üßch?n am IVcgcsranb,
Die 2lugcn ftill ht’s iüeitc gcmanbt,
Saht if>r bei (ßinfter unb i^cibc
Das Hläbdjett im blauen Kleibc?
„Das (SliicF Fommt nicht in mein armes F^aus,
Drum ftell id} mich liier an ben tVcg heraus;
Unb Fommt cs 3 U Pferbc, 511 5uße,
3dj tret ihm entgegen mit <5rußc."
€s sichen ber tVanbcrcr mancherlei
<3u pferb, 5 U 5u§/ 511 tVagcn uorbei.
„fjabt ihr bas (SliicF nid?t gefchen?"
Die Iaffen fte ladjcnb ftehen.
Der IVcg wirb ftille, ber tVcg wirb leer.
„So Fommt bemt heute bas (SliicF nicht mehr?"
Die Sonne geht rötlich weber,
3hr ftarren im IViitb bie (Slicbcr.
Der Hegen Flatfcht ih r in’s ^Ingcfichh
Sie fteht noch imnter, fte merFt cs nicht:
„Vielleicht ift es fchott gcFomnten,
fjat bic anbere Straße genommen?"
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Die 5üfjcfycn tt>ur3cln am Beben ein,
3« Blumen mürbe ber klugen Sd?ein,
Sie fiifylt’s unb füfyU’s mie im Craume,
Sic märtet am tCVgesfaume , . .
Hädjtlicfyc ZTicerfafyrt
Dämmerung birgt bas (Scftab,
Kaum auf flüfftgcm Pfab
5olgt nocfy eiu Cicfytlein 311m (Srujjc,
Sdjon mit blinfcnbcm 5u§c
Kcfet ftd} 0rion im Bab.
Stille bes Rimmels Kaum,
5ifcfyc fdjnappcn im (Traum,
fjin burd} feurige (Steife
Klatfdjen bic Kuber leife,
(Selben träufelt ber Sdjaunt.
fjcll in bes KTonblidjts Bafyt
Stcure, beflügelter Kafjn!
KTagifd} flimmert bic Brücfe,
Crägt ftc ben Sdjläfcr 3um (Slücfe
Seliger 3nfeln tjinan?
Sdjifflein auf lebenber 51ut
galtet bie 5Iügcl unb rufyt.
2111c (Seftirn um bic tPettc
Segnen bas fcfyuntnmenbe Bette
3n bes Unenblidjcn f}ut.
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m j ii tt g ft c n Cag
5rüFj, fobalb ber HTorgcn madjt,
ffufcfyt’s bur dj 5Iur unb £}aHc,
müttcrlcin bat Kaffee ntadjt,
Klopft an jebe Cfyürc fad)t,
XDeeft bic Schläfer alle.
Hur bic Codier feufjt unb fpridjt:
„£afc mid} rufyt unb träumen!
2Ticinc Hugen fdjmcrst bas £idjt.
2Huttcr, ftör bat Sd}laf mir nidjt,
fjab nichts 311 oerfäumen."
IDenn sunt jüngften Cagc tjcll
Die Pofaunen blafcn,
HTüttcrlcin ift glcicfy jur Stell,
£äuft unb roedFt bic 3fyrcn fdjncll
Drunten unter’m Hafen.
Dater, ber am längften fdjlief,
ZTiufj suerft fid} fdjüttcln,
2ludj ber 3üngftc fd?läft nid?t tief,
Huffkfjt jeber, ben ftc rief —
<£iitc ntufj man rütteln.
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€me tt>cnbct ftcf? 3ur Seit,
IDill iiidjt fcfjn noefy fjören:
/M gu perfcfjlafen <£rbcnleib,
IPar 311 fürs bic cEir»icjfcit ;
£ajS bein Kinb niefrt ftören !"
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21 s p I? o b i 1 1
l .
3cfct fornmt bic i'fadjt, bic crfte Had?t im (Srab.
0 n?o ift aller (Slans, ber bidj umgab?
3n falter €rbc ift bein 23ett gemacht —
IPic toirft bu fdjlummern biefe ZTad}t?
Pom lebten Kegen ift bein Kiffen fcucfyt,
Kadjtuögcl fd?rein, r>om IDinb emporgefdjcudjt,
Kein £ämpd?en brennt bir metjr, nur falt unb
w
Spielt auf ber Scblummcrftatt ber KTonbenftrafyl.
Die Stunben fcfyleidjen — fdjläfft bu bis 3 um
üag?
.Ejordjft bu unc id} auf jeben (5Iocfcnfd?lag?
iPie fann icfy rubn unb fdjlummern furse 5nft,
tPenn bu, mein £ieb, fo fcfyledjt gebettet bift?
\SO
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2 .
2115 bu bercinjt »erlaffen
Den fcrsenfunfelnbcn Saal,
Da u?ar cs, als crblaffcn
Die Siebter mit einem ZtTal.
Unb roenn auf fur3c Dauer
Sid? unfer Pfab getrennt,
Dann fyüüte ftdj in Craucr
Die Sonne am Firmament.
Dod} feit fid? beine fiber
Sd}loffcn 3ur langen Hulj,
Dccft miefy ber Hadjt (ßefieber
2Tcit emiger Blinblieit 3U.
19 \
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3 .
Schlaf liegt auf beiuer IDimper fd}n>er,
Süß ift bie £uft,
Die leife fächelt um bi d) I>er
Don Blumcnbuft.
3a, lieblich ift uub immergrün
Der ®rt ber Haft,
XDo bu beiu I^aupt von Cebensmühn
(Bcbcttet baft.
Uub tiebc läßt im ftilleu (Sritub
Di d) nid}t allein.
5ie fteigt herab mit bleichem UTuub
Unb märtet beiu.
Sic fprid)t 3U bir in tauten, bie
Du gern gehört,
Unb macht, bafc eine Cfyränc nie
Den Sdjlaf bir ftört.
Sie unb h^* V\d) mütterlich,
Unb atmet faurn,
Unb ihre Stimme fd}meidjelt ftd?
3n beineu Craum.
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Dor ifjrcs 0bems IDunbcrfraft
Dortucfung roeicfyt,
Die Iaucmb unb ^yanentjaft
Die (Sruft umfd}Iei<f)t.
So fdjläfft bu fricblid) an ber Prüft
Der iDärterin,
Unb brüber braujt in Ceib unb £uft
Die ^eitflut fyn.
tDcnn unfres 5nif}lings lefctcs £aub
Pcnucft unb borrt,
Hufyft bu, bem 2Uter nief^t sum Haub,
3n Scfyöniicit fort.
193 13
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4 .
Sdjlaf im füllen Bette!
XDeicfy fei beitte Stätte,
Selig beine Hutj!
3» bcs fenscs Blüten,
Bei ber Stürme XDüten
Schlafe, fdjlafe bu!
IPenn bie fförner blafcn,
IPenn bein ftillcr Hafen
Dröhnt pon Sturm unb IPefyr,
5afjt bief? troljl ein Beben,
HTöcfjtcft gern biefy tjeben,
Doefy bein Schlaf ift fermer.
Uber toenn in Hofen
5 ®ci Perlicbtc fofen
Unb pom Blütenbaum,
Um ifjr (Sind 3 U fcfymücfen,
Deine Blumen pflüefen,
Cädjclft bu im Craum.
SoHtcft fämpfen, fpiclen,
Uber mitbc fielen
m
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Deine 2lugen 311.
3cber Caji entbunben,
(Sut utib böfer Stunben,
Sefylafe, fcfylafc bu!
\95 13 *
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5.
Hun biß bu eins mit ber Hatur, cs rufß
Der Streit, unb fdjnell geteilt ftttb beinc IDunbcn,
Die UTuttcr fyat ben Sofyt auf’s neu gefunben
Unb tjält ben IDilbling feft in ifyrcr fjut.
3d} füfyl es mit, mie fanft ber Triebe ttjut,
Dom mirren, urnften Craumgefpinft entbunben,
<£in bjaud} »on beinern Hufjen unb (Sefunben
XDeüjt rein unb fiibjl in meiner Scfymerjen (5Iut.
3d? fann nidjt fämpfen, ringen, miberftreben,
UTiefy bäumen, t»o aud} bu gefyorcfycn mußt,
Uudj bu biefy fylftos fdjmiegft in UTutterpfTege.
Derjmeiflungsmiib, an’s Sdjicffal tjingegeben,
Sinf idj ber (Sroßen, Starfen an bie Sruft
Unb märte, baß ftc bir an’s fjerj midj lege.
196
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6 .
2Tlein Cebensmcg war eine (Sräberftrajje,
2Do rechts unb linfs bic Ceicfyenfteine fteljcn,
Docfy (ali icb £iebcs mir 3 ur Seite gcfyen —
3cfct roölbt ein frifdjer fjügel ftd? im (ßrafc.
Er beeft ben festen mir, ben Ciebftcn, (Einen,
ttnb weiter befyit ber 2X>cg fiefy, ber beftaubte,
fjier möcfyt idj rufyn unb mit perfyülltem fjaupte,
Ein Denfntal meinem toten Sieb, »erfteinen.
* 9 ?
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Die Hidjt«(ßeK>ef enen
Uber ein (Sliicf, bas bu flüchtig befeffen,
tEröftct «Erinnern, tröftct Dcrgcffcn,
Cröftet bie alles fjcilenbc <§cit.
2lber bie Cräume, bie nie errungneit,
Hie pcrgcffnen unb nie bestmmgncn,
Himmer »crläjjt bicf? il)r febnenbes £eib.
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Termine Dem Pmifcfjen
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£?erminet>onpreufdjen mürbe am ?. 2lugufi *857
3 U Darmftabt als dodjter bes (Sefyeimrats ^reifyerrn r>on
Preufdjen geboren. Sie ftubierte in Born, Paris, ITCündjen
unb Berlin. 3 m 3 a ^ re 1882 oermäfylte fie fid? mit bem
2 Jr 3 t Dr. 0sn>alb Sdjmibt, meldje €fye jebocfy halb roieber
gel3ft mürbe. 3nt 3aljre J 89 l heiratete fie ben Schrift*
fteller Konrab (Eelmann, ber bereits *897 fiarb. Sie lebt
jetjt in Berlin, als maierin unb Scfyriftftellerin tljätig.
Regina vitae J888.
Via Passionis \895.
Zlodj einmal Mors imperator J897.
Dom mottbberg 1900 .
200
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Unb f i e fam
Unb fic fant unb fab mir in bie 2Jugen.
„ 3 a, icf? bin’s, bas (SlücF, unb bu begrcifft mid?,
£ebctr>obl !" . . .
2 Tiit nicgelöfdjtent Seinen
5olg id? nun ber u?inbpcru?ejjtcn Spur
3fyrcr flüchtigen Sollen bis 3 U <£nbe.
. . . "Denn fie fam unb fab mir in bie 2tugen.
20 \
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3 d) u>eifj
3d? meifj, es ift nur Craum unb lüabn,
Dafj für einanber mir geboren,
Doch feit bicb meine klugen fatjn,
5ütjl icb’s, sum £icf?t bift bu erforen,
IPeifj icfj’s, mir ging bas Cidjt verloren,
Xlod} eh es mir geftraJjlt im Hahn.
€s Iiat nur im Dorüberfcbmeben
Durchleuchtet meiner Seele (Srunb,
Hun fann mir nichts (Scnügcn geben,
3m Sonnenglan 3 nur fönnt ich l c k cn —
Unb es ift bunfel bis 3 um (Srunb.
202
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UTotjnblumen
Unb unebcr 3ief> icfy burd} bie weite IDelt,
Unb uiieber flammt mir rings pom tPiefenrain
Die Blüte, bic bcr teibenfdjaft gctpeibt,
Der rote UTofyt.
Unb tpieber, mie por manchem, manchem 3 alir,
Bäumt ftd? empor bies imgeftiime £jer3
Unb fcfyreit nadj (ßtiicF unb fdjreit nacfy £iebe, £iebe,
Unb rpieber flammt por meinem trüben Blicf
Der rote UTobn!
Der rote Uiotjn — unb fpottet meines £cibs
Unb matint an jeben ungefügen Kuf)
Unb ntafynt an alt bie ungelöfdjte (Slut
Unb mafjnt an meiner Seele tieffte Qual,
Der rote UTofjn!
203
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Künftlerfeele
Deine Seele, fpridj, was ifi jte?
Kleine Seele? Ellies Drängen,
KUes bunfle 3ugenbfeljnen
Ztadj beit Sternen, nad) ben roten,
Brenncnb roten <£rbenblumen,
3fi bas Seele?
Dilles Sudjcn, Dorwärtsftürmen,
Bangen, in ber 3 rr<? tDanbem,
iDiebcr in bie alten pfabc,
iDicber aus bem (Steife Streben,
lüeit unb weiter, 3 a l? r um 3 a f? l *c,
UTiibcr nur in Xfim unb 5nf$cn,
Dodj in gleichen irren <S luten,
(Sröjjcrm Bangen unb Bedangen,
Denn bie Sanbuljr fyäuft bie Konter
3« ber Ciefc, ijt bas Seele?
3ft es Seele, wenn id? wage,
XBcnn id? 3 ittre, wenn id? liebe,
fjaffe, tiefer nur unb tiefer,
Unb bie Qualen ber <£ntpfinbuttg
5urcfyen mir um Uug unb Sdjläfen,
5urd?en mir in’s £eben graben,
3n bies fyeifje, wilbc Cebett,
20 ^
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Das i d} bis sum lefetcn (ßrunbe
5a{fcn möchte unb umflammcm?
Udj, wie brennen feine Blumen,
Ud), tr>ie [tragen feine Sonnen,
Unb tt>ie ftärfen feine U>affcr
Uus bem Strom ber Ccibcnfdjaften!
3ft bas Seele?
Hein, nidjt eine
Xüunbe 3agc HTenfdjenfeelc,
ffunbert Seelen in bir leiben,
Sieben, fernen fid? 311 Cobe!
Unb bie Bjunbert irren Seelen,
3)ie auf Rimbert irren Pfaben
3 n ber 'Dunfelfyeit ber tDerfftatt
2Pirr ftdj an einanber ftofjen
Unb nadj fyunbertfadjen fielen
ffunbertfad} bie ffänbe reden,
Salb bie eine, halb bie anbre
Uäljer l?öd?fter tSafyrljeit ZDonnen,
Sid? als Siegerinnen füfylcnb,
UTiiffen in bem roirren U?edjfcl
€nblicfy itjrcn Kerfcr fprengen.
. . . Unb bie Ulitmelt fpridjt bebauernb:
„Seljt, ein Künftler ift geftorben!"
205
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p c r 1 e n f cfy n u r
3äb um HTitternacbt bin id> ermadjt,
Heben mir mein Kinb im (Craume ladtt,
llnb 5er HTonb mit hartem meifjem Schein
Schaut burcfys 5enfter itt’s (Sentad) herein.
JBie bas Hlonblicfyt auf 5eni Köpfchen fpiclt,
5aft als ob’s 5ie tjeijjen f^ärcfjeti füf}lt,
Die ihm feucht 5ic fleinc Stirn umflebett;
ptöfelicfy burd} fein Kntlifc 3 ucft ein Beben,
Un5 in leifem tDimmem ftötjnt 5er ZtTunb,
Bed?t als litt’s in tiefftcr Seele <Srun5.
Hlälilidj ftirbt 5er leifc 3ammerton,
IX>ic er fdjttell gefomntett, fc^nell cntflohn,
Hur ein fdjmerer Seufscr aus 5er Bruft
£angfam gleitet, tüicber 5ann 3 ur £ujt
(Slätten ftd? 5ic fügen Kin5er3Ügc
Cief im Sdjlaf. 2Tiir ift, als ob es früge:
it>as fo fermer befdjattet mir 5en Sinn,
3ft 5ics £cib für immer nun babin? . . .
£äd?elnb bann, als ob es <£ngel fügten,
Bettet’s tiefer ft d} an BTuttcrbrüftcn,
Unb 5as 2TIon5Iid?t gleitet 5rüber hüt,
Kalt un5 meifj. 2ftir 3 ittcrt’s burefy 5en Sinn:
Sdjattenbil5cr ftnb’s t>on beinern £cben,
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Die im Craunt bir burd? bic Seele fd?n?ebcn,
Sd}attenbilber nur t>on (Slücf unb Ceib,
Das fid) perlglcidj an einanber reifit,
Bis bic lücijjc perlcnfcfynur serrinnt
3n ben Sattb ber €u>igfeit, mein Kinb!
207
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Kinberfiifje
Xlod) foitncrt bie Heinen 5üjje nicfyt fdjreitcn,
2Tiit beibcn £)änbeit felbft nidjt geleiten
Kann icfy mein Kinb, bas hinaus in bic Seiten
2lus meinen Krmen 3 ur <£rbc ftrebt,
23ittenb unb fetjnenb bic fjänbdjcn Jjebt:
£afj midi hinunter t>om Scfyojj boefy gleiten,
3dj möchte bir ftolj 311 Seiten fdjreiten . . .
2ldj, mein (geliebtes, alles erlebt,
Kllcs bie brängenbe, Heine Seele,
Cerneft bas (Selben, bas IDanbern, bas Schreiten,
Cäufft uns uorüber, wie halb, in bie IDeiten,
iüanbelft ben langen, ben enblofen tPeg,
Über ber Kinbbcit lensfnofpenben Steg,
Durdj eines Cebens 'Dornengel^cg —
lüanberft in it)onnen, manberft in Sd?mer 3 en
tDeiter unb weiter non meinem fersen . . .
208
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5rtöa Scfyarij
«
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jfriba Scfyart 3 rourbe am \ 6 . UTai \859 in Dresben
geboren. Sie bereitete fid? 3 um fetjrberuf »or unb be<
ftanb bie Staatsprüfung in Sadjfen. 3 m 3 a *? rc * 885
»erheiratete fte ftdj mit bern Sdpriftfteüer £ubroig Soyaur
unb ift getneinfam mit ihm feit etroa \2 3ah rcn in ber
Hebaftion bes „Daheim" thätig. Sie lebt mit ihrer Familie
in 23erlin.
(Schichte t888.
Zleue (Sebichte J895.
Unter bem (Sfchenbaum t9oo.
• 2*0
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2 Tiäbd}cugebanfcn
Z£>enn id} bas mügte,
©b er gern eine anbere fügte!
©b er nad} anberen Sternen trachtet,
lüäfyrenb mein feimenbes fjerj r>erfd}mad}tct,
I©äbrenb id} gern feine fjanb nur fügte —
IPcnn id} bas mügte!
t£>enn id} bas formte,
©ag id} ifjn frol} einer anbern gönnte,
©ag id} um feiner Scligfeit mißen
IDügtc bas Scf}Iud}3en ber Seele 311 fidlen,
©ag id} ben ffimmel if}m Iäcf}elnb gönnte —
IPcrm id} bas formte!
2U U*
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'Die «Entführte
<JEr bradj fte als Knofpc oont feinblicfyen Stamme,
€r fpradj: „(Srtoacfyc 311 £icbc unb €uft!"
€r fenfte bie loberube Ciebesfiamme
3^r n>ie ein (Sott in bie 3 itternbc 23ruft.
Sie r>crga§ ifyrcr Sippe 5iüdje unb Sd?mcr 3 cn,
Sic fyorcfytc bebenb auf feinen Schritt.
Sie lag geborgen an feinem bjerjen
3 n braufenber fjcrbftnadjt, auf rafenbem Hitt.
Seiner Kräfte 5euer gab er ber Scfytoacfyen,
Unb bie Schwingen tDudjfeit ifyr munberfam.
Sie lernte bas jaud^enbe Ulutteriadjcn,
Unb fie roarb bie Hofe in feinem Stamm.
23is jur tiefften Ciefc mit toonnigeni Sdjaucr
£as fie bas ^eilige £icbesbudj —
Kn uretuigftcr Ccmpelmauer
Serbradjen Pater« unb Ulutterflud).
2\2
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(ßutcs Bcifpiel
tDemt irgenbmo in ber mciten tüclt
<£in Heiner ITienfcfy feinen <£iti3ug hält,
IDenu Kinberaugen 311m Cidjt ermadjeu,
Da fputen ftd} alle Sädjlein unb Sachen,
“Die nur im ffaufe fteljcn unb liegen —
Sie mollcn audj Meine Kinbcrdjen friegen!
Das fteife Bett friegt 3uerft ein Kinbdjen,
“Dann lacfyt bas Spinb auf ein Kinbcrfpinbdjcn,
Die alte Kanne hefommt ein Kännchen,
Die Babemanne ein Babemänndjen,
Der Stufyl ein Stiil|lchen mit bünnen Beindjen,
Sogar ber <£fjtifd} hefommt ein Kleinchen.
3nt 5lug entftetjt fo — es ift 3unt £ad?eit! —
<£ine gavi3C 2Dirtfd?aft t>on fleinen Sachen,
JDer nennt fie, wer 3äl]lt fte, bie Cöpfdjen, bie
Söcf djen,
Die Sdjufjcfyen, bie ffembchen, bie Cäfjdjeu, bie
Bödcfyen?
Sie ftttb alle 311m Hüffen nieblidj unb fein!
So ift’s, fo rnar’s, fo toirb’s immer fein,
i£>o ein Meiner DTenfd} feinen <£in3ug fjält —
<£s ift bodj eine luftige tüelt!
2{3
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Der UTortb fpielt in ben Blattgefledjten
Der UTonb fpielt in ben Blattgefledjten,
Duftfd}rr>erc fd?n?ülc IDinbe siefyn.
U>ie liegt in biefen Blütennädjten
Ulein gan3es IDefen auf ben Knien !
0 jefet bie Segnungen ausjubreiten
Unb auf3uge^n in beiner pracfyt,
3 n beinen Sternen«€n?igfeiteu,
Du ttmnberbarc 5fä^ling5nacf^t !
<£ 5 fcfytvitlt ber Duft ber Blütenbäume
<J 3 Icicfy golbenettt Strom 311m Ütfycrmeer —
XDo bift bu, £anb, uon beut icf? träume?
U)o gcl? idj liin? IE>o fam idj fyer?
Bo d) liegt uerfjalten, ungeboren
UTein tiefftes unb mein beftes Sein.
3n ZOafyn unb tDelj bin id? uerloren —
Du £id}t ber XDafyrfyeit, bric^ fjereinl
Da roirb ber Setjnfudjt feiger U?ille
^um gren3enlofen Sd^mersenfdjrei:
0 füBjr ein Sturm jefet burdj bie Stille
Unb machte mir bie Seele frei!
2W
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itnb liejj ftc gleich ben lüften gleiten
Unb aufgetjn in ber Schöpfung Pracht,
3n beinen Sternen»i£i*>igfciten,
Du tounberbare 5i‘ü^Iing5nac^t !
2\5
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ZTC i t einem £} a m m e r f d} I a g
t£>ic neib id} Cag für üag
Den raufjen Krbeitsmann!
2Hit einem fjammcrfdjlag
5ängt er fein fjanbruerf an.
mit einem fjamnterfdjlag
Darf er fein XDcrf beginnen.
Unb id} mufj müfyfam, 3ag
fjaltlofc 5üben fpinnen!
fjätt id> ber Kräfte Stafjl,
0 fyätt idj 2Kut unb Stärfc!
3d) fdjüfe fo gern einmal
Kn einem ehernen tüerfe!
KTit ladjenben Kugen bann
(Srüjjt id} ben jungen Cag
Unb finge mein tEagrrerf an
ZTTit einem fjammerfdjlag !
2\6
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ID ic gefyt es if?r?
<3um 3 n>eitenmal toarb er in’s Stäbtcfyen ocrfcfylagett,
IDo er fiifyt einft umfcfytoärmt 3 tr>cier 2Iugett <3icr,
llitb er fragt unter fyunbert anberen 5 ragcn:
„Sagt einmal, 5reunbc, tr»ic gctit es ifjr?" —
„Sie alterte rafdj, nacfybem bu gefdjicbcn,
So gc^t’s ben (Seftdjtcrn roic ITiilcfy unb Blut,
©oefy lebt fte fo roeiter. Sie ift jufrieben.
Sie giebt ifyre Stunben. <£s gefyt itjr gut!" —
© bu, ber bu einft bic Cieblidjc füfjtcft,
3 «’s bfers ifjr gegriffen, getoattbt unb breift,
„Sic ift 3 ufrieben!" — o, toemt bu trmfjtcft,
< 3 ufricbcn, 5 rer>Icr, u?as bas fo fyci§t !
Hadjbcm ber (Sram ifir bie Kräfte 3 errüttct,
Badjbem fie gebrochen non innerm Streit,
Halbem fte all itjre Ojränen ocrfcfyüttet,
Kam if?r bie mitbc ^ufricben^cit.
Sie fytt ifyre 3ugenb 3 U (Stabe getragen,
(Sefyungcrt, gefiebert, ttadj bir, ttad} bir,
©er jefct flüchtig, unter mel anberen fragen,
©ie Ijinroirft: „IDie gef^t es ifjr?"
2\7
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Die 23 1 u m e n nt a I c r i n
Kleine Hadjbarin, bu bleidjc,
£eg ben pinfei aus ben Rauben!
£aß bas fülle, müljercicfye,
£afj bas bange Cagtocrf enbett!
Hadjts noefy fcfyt bid} IDittb unb 5locfen
(Dft an beiner denfterfteüe,
Cief geneigt bie golbnen Coden
2 luf bie Heine Aquarelle.
XDinterblumen, büftelofen,
(Siebft bu Duft unb Sd^melj beim UTalen,
XPäfyrenb bir bes Cobes Hofen
Sd?on bie XDangett überftraljlen.
3cfy nur n>ei§, roie oft uerfiofylen
Deine Cräume fiibtoärts irrten,
Heuen Cebensinut 3U Idolen
Unter golbbeftäubten UTyrten.
XDäljrenb Strid} an Stridj ft d) reifte,
tEreibljausblüten 311 fopicren,
5log beitt hierein, bas befreite,
Sdjroalbcngleicfy im Duft feieren.
2\8
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Safjft bicfy fdjott im Ffeinen, netten,
iPeifjcn fjaus am pincio meinen,
Dor bir Berge t>on Ca3etten
Unb Campagna-Knemonen.
€i, une moHtcft bu enrerben,
JDirFlidj fübtuärts einft 3U fahren,
Unter Hofen einft 311 fterben,
Hofen, bie bein £iebjtes toaren!
<£ntftg nod? im £antpenfd}einc
pcrlft bu Cait auf beitte Blüten.
£eg ben pinfel n>eg, bu Kleine,
£a§ mein Sorgen bid? behüten!
Unter’m Dufte blaffer Krän3C
HTufj ja bod} bein Cagmerf enben,
Himmt ber Cob im frühen £en3e
Dir bein ZDerfseug aus ben fjanben.
Unter (Scnefencn
<£s gel]t ftcf? gar gut jtmfcfyen (Srüberrcifyt —
Cauter cntfeffelte fjcrsen!
Cauter geteilte, »ernninbene Pein!
Cauter vergangene Scfymerjcn!
Des Cebcns ftebernber Kampf vorbei,
Dafyn 5er DrucF 5es (Setvcfencn —
<£s gefjt ficfy gar frieblidj, gar gut, gar frei
Unter lauter (Scnefencn!
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21Taria 3anitfdjef
ITtaria 3 an **fd?ef ronrbe am 22. 3 U ^ l 860 in
iriöbling bei IDiett geboren. Sie permäfylte ftd? mit bem
Knnfttyftorifer unb Unioerfitätsprofeffor Z>r. Hubert 3 anit«
fdjef in Stra§burg im (Elfafj, bem fie *892 nadj £eipjig
folgte. Scfjon ein 3 atjr barauf oerlor fie bett (Satten burdj
ben Cob. Sie lebt jetjt abmedjfelnb in Ittiindjen unb
Berlin.
(Sefammelte (Sebidjte *892.
3 m Somntertoinb ^895.
21us alten feiten *900.
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2Tfaria 3<*nit|d}eF
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Dorfriiljling
Hls beine HTutter bid} empfing,
Die ZDelt in lauter Hofen ging:
Drum gleichen beine £ippen einem Hofenpaar,
Drum finb bcinc Hugen fo blütenflar.
beine Hlutter bicfy empfing,
Des Sommers HTunb an ber <£rbe fyng:
Deshalb mit fo bürftenber (ßeberbe
Hmfc^Iingft bu micfy, beine liebe <£rbe.
Hls beine Hlutter bid? empfing,
Uber meine Hlutter ein Schauer ging:
HTonb fcfyien in ifjren Hläbdjentraum,
Safy Hofen an einem Corbecrbaum . . .
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2tT ä b dj e n frage
211 5 Kinb fyab id} oft gemeint,
IBufet nicfyt, marum,
Hun mujj id} oft fyeimlicfy ladjen,
lüeijj nidjt, marum.
<£s greift in meine Saiten
<£ine rätfelfyaftc fjanb,
<£in 5rembes mill mid} leiten
3n ein unbefanntes £anb.
Scltfam munbcrlicfye (Sebanfen,
Vw mein IDort nidjt nennen fann,
Baun um midj purpurne Sdjranfen
Unb halten rnidj in ^uber unb Bann.
3 d) faffe bidj nidjt, 0 £cben,
ZPeifj nidjt, mas mir beibe finb,
ZDei§ nid}t, mofyin mir ftreben,
XDo id} mein <§iel mol}I finb.
2115 Kittb Ijab id? oft gemeint,
ZDufjt nidjt, marum . . .
Hun muß idj oft fyeiinlid) ladjeu,
ZDeifj nidjt, marum.
22 \
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Sang f i c !
Uuf bcm tDipfel eines grünen IDalbbautns
Safj meine golbne 3 u 9^nb
Unb rief: Sang midj, fang midj!
Unb icf? flettertc unb firebte,
Sie 311 crfyafdjcn;
Vodf lacfyclnb fdjroang fie fi d}
bjöfyer unb fjöljcr . . .
Don ber rofenroten
<£incs fc^roebenben tDölfleins
IDinfte meine goibne 3 ugenb:
Sang midj, fang midj!
Unb id} ftieg auf einen Berg,
3« bie €infamfeit,
2 Do bie ZDolfen moJjnen,
Sic 511 fyafcfycn.
Dodj fyöljcr unb Ijöfyer
Scfymang fie ftef?.
Uus bem tiefgolbncn <Slan3
Des ZHorgenfterns
Safy id} ibjr Untlifc
225 \5
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Jüinfenb ftcfj neigen :
5ang miefy, fang ntid}!
2luf benn,
2tuf 3U ben Sternen!
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2) u £ o f e !
Kleine buljlenbe Seele, tr>as fyaft bu gefeilt?
Bote Scheine über beine ,gügc gcfyn,
Dein 3audj3en, beine pfalmcnbc £uft
tüic Pfiugftgefang aus junger Bruft!
Sdjlicfyft bu in eines Künftlers Craum?
SaBjft bu Üögel fidj füffen im Birnenbaum?
bjaft bu einen Sterbenben lädjeln gcfcfyi?
Sal$ bu ein Kinblein burd} Blumen geljn ?
3ft irgenbtuo eine K?elt entbrannt?
fjat ein Dolf ftd} 3U fütjnen Ojaten ermannt?
bjat ein Käfer fein Keines Bräutdjcn gefreit?
Dergafj ein (SlücFlid^cr bie <§eit?
Kleine butjlenbc Seele, was bu gefebn?
KTufjt immer abenteuern gefyi,
KTufjt immer mit burftigen Kinberlippen
Kn allen Kelchen (Sottes nippen.
iPart, bu Heugier, unll bir bie 5 lügel bcfdjneiben I
IDie, u?as fagft bu? Kuf einer grünen tüeiben
5 anbeft bu 3tr>ei im (Srafe träumen,
£)tx>ei, bie in Selinfudjt ftdj fyeifj »erfdjäumcn?
227 15*
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Unb? . . . „Unb er glättete itjr bas tDcijjc (Semanb
Unb ftrief? burdj ihr ffaar mit fttllcr fjanb . .
Unb? . . . „unb . . . nichts. Der 23ed?er 3um
Überfliegen
(Efyat feinen Cropfen feines Kleines t»ergie§en . .
Unb baruin bein 3ubcln, bein fyeimlid} Klingen,
Du bufylenbes Seelcfym mit leidsten Sd?n?ingen,
Unb barum bein im 5eierfleib (ßefyn . . .
U>arft etma . . . bu’s felbft, bie bu gefefyn ?
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Das ZDeib
€s u>ar eine (geige, —
Unfcfyeinbar unb fcfylicfyt,
£ef}nte ftc in einer <£cfe
T>es prunfuollen «gimmers.
€irt großer Kiinftter
Befa§ bie (geige . . .
€s famen Scfyüler
Unb Herren ju ifyn,
Um 3U lernen
Unb um ifjm ju fcfymeicfyeln ;
feine prinjen famen 311 ifyn.
Ulandjmal hielten fie ftuntm
Uor ber Pforte bes Kaufes . . .
Ratten bie Sterne Stimmen befommen ?
U?ar ber <£rbc feucr
3 n eine Seele gefloffen
Unb fcfylug aus ifyr
3n taufenb jaud^enben
Klingenben flammen?
pofaunten bie Kriege
Des jüngften Cages
229
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3tn ebenen Schreien
Uieber ?
Unb bie Caufdjer
flogen hinauf in ben Saal,
Unb ftc trafen ben UTeifter
ZHit brennenben Hugen
Unb 3 ittcrnben Pulfen.
„Wo ift bas IDerfjcug,
tDomit bu ben fjimmel betfyörft?"
Hiefen fic.
<£r aber beutete
(Selaffcn auf alle
Die fammtenen, gülbenen
Haften, barinnen
Huf feibenen Hiffen
Die foftbaren (Seigen
(Sebettet lagen.
„<JEs wirb wofyl eine
Don biefen fein."
Unb bie Schüler warfen fid?
Über bie funfelnben
3njtrutnente.
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Uber feines befaß bic Seele,
Die fie fingen gehört.
Unb fie fpäfyen unb fud?tcn
Unb quälten bic Saiten,
Uber nergeblidj.
Derbe Cöne noll irbifdjen IPofylflangs
Cntlocfte it>r Bogen;
Dodj jene fjimmlifdpc,
Bacfyantifd? fuße,
CoIIe, berüefenbe,
iDelilüftern felige,
(Sliicffelige Seele
Sang ifjnen nidjt . . .
Da entbeefte einer
Die unfdjeinbare,
3n ber Ccfe letjnenbe,
Sd)lid?te (Seige.
Unb er ergriff fie,
Unb begann fie 311m Conen
3u bringen.
Dod} eine falte
(ßcfiifyllefyre Untroort
XDarb feiner glütjenben 5rage.
23 \
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Hadjbcnflicfy finnenb,
Derlicgcn bie Schüler
Das fjaus iljres UTeifters.
Uber als er allein war,
Crat er 311 jener
Unfdjeinbaren
Scfylidjtcn (ßeige ...
Unb er berührte fie;
Unb es fdjlud)3tc unb jaudjjte
Uus ifjren Saiten
Bei feiner Cicbfofung.
Unb cs fcblud?3tc unb jaud^te
Bei feiner Cicbfofung,
Unb es fdjiencn Blumen
Unter feinen 3itternben Ringern 3U fpriegen,
Unb wie Cadjen
Blutig gefügter Cippen,
XDie Küffe Heiner unfdjulbigcr Dögcl
Kain’s aus ben Saiten.
£jeil bir (ßeige,
Der nur ber €ine
3aud?3en bes Rimmels entlocfen fann!
252
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Di c Chöricfjte
Die nacfte 2 lrmut gebar jie,
Der fjerr aber legte
€tn Büffet purpurner Hofen
<3tt>ifcf?en itjrc hüpfenben Brüfte.
Sie tranf Htetfi
2 tus trbenen Pofalen.
HTübe fjättbc
fjielten it?n liebreich an itjre tippen;
Kbcr ber Crunf
HTunbete itjr nicht.
€s träumte ihr,
Da§ fie einjt aus golbenen Kelchen getrunfen,
Die junge 5 ürften
3^r fnienb gereicht.
<£r munbete ihr nicht,
Der Cranf.
3n ihrer Hrmut Blöfee,
Hur gefüllt in ben fcfjimmernben Schleier
Der Schönheit,
Kehrte fte 3U (Sott
«gurücf.
233
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Unb fte u?arf mit ftolscr (ßeberbe
Das Büffel purpurner Hofen
Dor ben fjerrn:
,,3d} mußte nichts ju beginnen mit ihnen!"
23^
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<35 o m o r r a
Das 5 ^uer fcfyleidjt in beit (Baffen
ZTiit toeicfyem 23 aubtiertritt,
Die frönen Cödjter, bie blaffen,
Dernefynen nidjt feinen Stritt.
Sie rufjn auf meinen Selten,
ZTiübe non £0113 unb (Belag,
3fyre jungen Prüfte fdjmellen
Entgegen bem morgigen Cag.
Sie träumen von bunflen Sreubeit,
Don fteimlidjer bjarfen Klang,
Don föniglidjent Dergeubcn
Unb lacfyenbem Übcrf damalig.
Sic träumen oon purpurflügeln —
Da ftofjen bie IDäcfyter ins i}orn,
2tot über beit (Baffen unb fjugeln
Cobert 3ef)ouas ,§orn.
235
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Das Cefcte
nimm Öen Stab unb geh unb meine nid)t!
Bebenfc, %r3, bebenf es bod),
Derlorft bu aud) ben einen ITCenfdjen,
Die gan3e 2 Tienfdjtieit bleibt bir nod).
nimm ben Stab unb geti unb meine nicht!
Solang nod) Blumen por Dürft erblaffen,
So lang nod) Ceib feine Dornen fHd?h
Sinb beinc fjänbe nidjt perlaffen.
nimm ben Stab unb geh ! £ajs ZTiorgenminbe
Die hci&e Stirne bir umfächeln,
IDein nidjt um bein perlornes tacken,
Dir bleibt bas Schönfte nod): 3U lächeln!
256
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21 nt (Sipfe!
5rei ift bie Uusftcfyt! ZTtorgennebcl
ffat flammenb fortgefüfjt bes Hlittags HTunb;
Dor meinen SlicFcn glätten golbne Cfyale
Unb tfyun mir ifyrc lebten Hälfe! funb.
5rei ift bie Uusftcfyt! Drüben fiattem Kränje
Um tr>ci§e UTarmorurnen . . . fyier, doü £uft,
Derlei jjungsno II bie roten £ippen regenb,
Seut mir bas £eben feine »olle Sruft.
3cfy aber reefe meine Urnte aus:
3n meinem rechten faff’ icfy euefy, ifyr Coten,
3n meinem Iinfen bidj, o quellettb £eben ! . . .
237
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2lrtna <£rotffant»2?uft
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2 Irtna €roiff an t-Huft mürbe am to. De-
3ember t 860 311 Dürfbeim in bcr Hl}empfal3 geboren.
3m 3 a fyre t888 perfyeiratete fte ftd? mit bcm 3 n 9 c »*® ltr
permann Croiffant. 3^ re «rfte literarifdfe Anregung
empfing fie pon bem jung-beutfcben Scbriftfteüerfreife in
ITlündjcn. Die Dichterin lebt in tubmigsfjafen a/Hfj.
<Sebid?te in Profa 1893. (ZTetie Ausgabe 1896.)
2^0
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Bynipfyenburg
Sonntagmorgen !
Durcfy bas (Srün ber Bäume jittern bie Seiner
ber 5fei^eit,
Das Cosfein oon aUem gwange,
freies leichtes 2ttmen.
5ie bewahren gut bie Büfcbc,
Die bjecFen,
Die (Belege;
Hur ein Icifer f}aucfy
gittert über bie IDcge,
Den See.
Die Cuft bringt Kliffe,
fjcimlidjes (Selädjter ber Dcrliebten,
Siiffes (Seflüftcr,
fjeifce,
Baunenbe iüorte.
(Sriines, jungfrifcfyes tDeben im Parf,
Breiter, warmer,
5riiffjäffrlidjer
Somtenfcfyein oor bem Schlöffe.
JDie (Solbregen
5äüt’s
Don fyod) oben,
2*k\ \6
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Die jungen <£id?enblätter glühen
Botgolben
Über bem grünlichen Baumgebäntmer.
(Selb, Sonne, £id)t, Cuft,
5reiheit,
Dergeff cn! .
3n bem fleinen Schlößchen
IDifpern unb fidjern
Die Abenteuer »ergangener 3<*h r hunberte,
Das breite t»eißc Schloß fdiaut falt,
2lbu>eifenb auf bie naeften (ßötter unb cßottinncn,
Die läd^elnb bie »ergangenen (Seheimttiffe bes
Parfes hüten.
2\2
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D o rf t irdje
Hur meine Schritte rebeu
3m Kreujgang 6er Keinen Kirche.
Die fcfytDeigenbe Kühle tjält mich in 6en Krmen,
JDicgt mich —
"Dämmer um 6ie Bctjtühle,
Das rote, blin 3 elnbe, fchlaftrnufene flimmern
Des emigen Cidjts nor 6em Elitär,
£cife, leife penbelnb.
Durch bic f?oI?en 5enfler bie (Semittermauer am
f}immel,
<£inc fmfterc XDadje.
IDie mit feuchten Sd}leiern ift bie £uft verhängt,
Die fdjlafenbe, gleichgültige Kirchenluft,
IDcHen erfüllen bas Schiff,
«Riehen trag,
£autlos burch bie (Sänge,
Sranbcn an ben HTauern.
€in glühes Sternlein, fchaufclt bas rote £id}t
H •
Über ben IDellen.
Huhenbes,
Derftummtcs,
2^3
16 *
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3m Schlafe lädjelnbcs
Dcrfunfcnfcin.
Draußen, braujjen alles.
Dodj bas Dun fei brängt r>or,
Hidjt ungeftüm mit fyaftenben £ilfcfyritten.
Don ber (ßemittermauer gebrängt, gleitet cs leife,
Demütig
Durchs 5cn|ter,
traurig faft.
Kriecht über bie Bctftüljle,
Don Stuhl 3 U Stul}l
Klebt es [eine bienten Scibcnga 3 efd}leicr,
IDifdjt über bie 23ilber,
Schleppt ftd? 3 unt Kltar —
Die Kirche fcfyläft tociter.
Da fyerrfcfyt fdjon ber Sturm an ben 5cnftem,
Dafj fte in Schauern flirren non feinen Sd?Iägen.
€in (ßeijjelljicb, 3 ucft ber 231ife
Über ben gefrümntten Kücfcn bcs Dimfels,
IDicber !
IPiebcr! — unb mit mächtigem Schritt
Schreitet ber Donner über bas Dad?.
Die Kirche träumt.
Draußen, braujjen alles.
2<H
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Hun picfen bic crftcn
Unruhigen
Hegentropfen an bie Scheiben,
picfen, pochen, fyor<hen —
Klopfen, faufen, fcfynell, fcfyneU,
Der 5turm
Schubert fte mit 3 ucfenben Ringern
(Segen bie HTauer unb reißt
Htit ungeftümen fjänben
2ln Ojor unb 5enf*cr.
Drängt er ftd? bur<h?
Hur bie Kircfyenfafyne tan 3 t
Schwerfällig,
XDeltlicfy »erträumt
Hm ifjren grellroten Schaft unb fjebt
3fyre gleißcnben (Solbquafien —
«guefenbe 5icnmrten Brechen wie Schreie
Durch Dämmerfchieier,
Züngeln auf ben mattweißen platten,
^ifchen burch —
piößlich ^oEjenb,
(Sroß, grell,
Durcfy bic Kirche blecfenb,
(f in Schlag in’s Hntlife
Die Kircfye fcfyläft —
Unb roieber bas groUcnbc
Schreiten bcs Donners
Uber bem träumenben
Unb toicbcr fpifee, Heine HUfoungcn,
Cecfcnb, fyufcfycnb,
Das Dunfcl fifeelnb,
Unb roieber bie Donnerftimnte,
Uber in <£ile,
3m Dermaßen.
Draußen, brauen aües.
Hur ein paar eigenfinnige Hegentropfen
Plappern noefy naefy auf ben Steinen uor’nt Portal.
3audj3enb
Scfyicfjt ber Sonnenftrom burefy bas «gittern ber
Hebel,
Junges Haumgrün jubelt oon ben Unljöljn,
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<£inc £Doge t>on £id}t unb Duft unb 5<*rBc um«
fyüllt micfy,
ZXimmt rnicf},
Crägt micfy,
23eraufcfyt mid} —
Die Kirche fcfyläft
Draußen, braunen alles!
2^7
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Ittarum bi ft bu mir ferne?
(Scfjlufj)
IBarum bift bu mir ferne?
21us ben meieren,
IBebenben
5lorfd?lciern ber Bad}t
Baut ftd} ein fjaus.
fraßen weiten fidj,
Unb r>or ben fyolien
(geöffneten 5cnftern halten lidjtgrüne
5rül}Ung5bäume tüadjc.
fjalteu lautlos
5tille 2Bad)e
Unfcrem (Sliicf.
T>er fdjeue £id}tfcfyein
2lus unferer grünen simpel
Biefelt nicber an iljren jungen Zweigen.
51 ieberbüfte
fjeben ftc£? auf leifen Sollen
21us fdjlafenben (gärten,
Streichen burd} bie Zimmer
Sdjmeidjlerifdj meefenb —
Ztar 3 iffcn unb Samnttiris liegen
2^8
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3n Hicfcnbüfcfjeln auf bem falten
Purpur bes Ccppidjs,
Kuf mattgclber 5cibc —
Dein fjaupt
Huty
3n meinem Scfjofje,
3cfy fefje beinc Kugen
Keines HTenfcfycu fjaus fonft
Unb fein laut
nichts um uns.
Hur r»on bem Dacfye unfcrcs Scfyloßcs lofyt
Die brennenbe (Slut einer eitrigen rieftgen
51ammc
fjodj in bas ftumme Dunfel.
iüarum bift bu mir fo ferne?
3cfj rufe biefy
2^9
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&Iara JtTüller
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Klara ITC all er antrbe am 5. ^ebruar \ 86 \ als
(Eodjter eines paflors 311 fetten bet Belgarb (pomment)
geboren. 3tn 3atjre \ 8 T 7 beftanb fte bas 5 anbelsfd?ul*
ejamett, oermodjte bann aber megen Kranffyeit bett er*
mäljlten Beruf nid?t aus3nftiüen. Seit lebt fie, als
Sd?riftfiellerin unb Hebafteurin ttjätig, 3U Kolberg an ber
©ftfee.
HTit roten Kreffen ^roeite Auflage) 1900.
252
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5roft
Dom ZTCeer Ijcran braujt fdjmtrrenb
€in fcfynetbenber Horbnorboft,
Durd} öbe Strafen flirrenb
Schreitet ber fcfyarfe 5roft.
3m Sdjnee verloren bie Pfabe
Unb Cfyiir unb Cfyor pcrrodjt —
Hur bajj ber Stern ber (Snabe
Hocfy leudjtenb am fjimmel ftel^t !
253
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3n bunfler Strafte
3n bunfler Strafte bas niebre fjaus —
Dorüber flutet 5er IDelt (Scbraus.
Doll Strolj bie £abe, nidjt Bett tiocfy Schrein,
Uub briiber bes leucfytenben Sternes Sdjein!
Unb brinnen bas reidjfte (SlücF ber IDelt:
Die ITCutter, bie ifjr Kinblein fjält.
Unb aus ben klugen bes Kinbes fällt
<£in fjeilanbsblicf in bie bunfle IDelt . . ,
25 ^
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SünbenFinb
BTein liebes Kinb, in Sdjmerjen —
ZHein armes Kinb, in Sdjmad?
23is 3 um Befreiungstag
Crag i d) bicf} unter’m f^erjen.
(ßctränft mit meinen Cfiränen,
(Benätjrt mit meinem Blut —
2Tiein tjöc^ftcs €rbengut —
3^? &arf bicb nidjt erfetjnen!
Darf füllen nur mit Beben,
(ßetjeimer £uft unb pein
— Bocf} eins mit meinem Sein —
Dein jungenpacfyenb teben.
3?t grüner XDälber Stille
(Set} id} 3 ur tiefen Xlad)t —
Kus reifer <£mtcn Pracht,
Keimt mir ber Cebensmitle.
5ern pon ber DTenfdjen BlicFen,
Don ber (Bereiten ,§orn,
CrinF idj aus etoigem Born
€in fcfyme^lidjes €nt 3 ÜcFen . . .
255
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Bis an Öen Cag fcer Scfymerjcn,
Den Cag, £>er i>id) mir nimmt,
Scfylaf rutjig, 5u mein Kinö,
Scfylaf unter meinem fersen.
Da s tPeib
Kus ' 5elfenöbc
Port 3 crflüftetem Berggrat
3« Öen licfjtlos fallen BTorgenfyimmel
Bagt ein Kreu 3 .
Über bem Krcu 3
Scfytcebt auf fcbtueren, fdjiua^en Sdj»ingcn
— IPie ein nadjtgeborener
Scfyifudjtgetragener Sd)mcr 3 gcbanfe —
€in Königsablcr
<£infam unb lautlos
3tt ber bämnternben 5rübe bafjin . . .
Jim Kreu 3 aber Ijängt,
3 n Ketten gefdjlagen,
Sidj rotnbenb in blutiger Qual,
<£in BTenfcfyenleib —
Per nacfte Körper einer 5r<*u!
3cben BTusfel geftrafft
Kn ben »eigen, 3 ucfcnben Krmen,
Pas £faupt geneigt
Unb bie ftarrcnben Blicfc
£}ilfe fucfyenb rtadj ®ft gerichtet —
257
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Uuf Öen fyüfcen «ertroefneten tippen
Die ftöfincnbc 5ragc,
Den Schrei naefy €rlöfung :
„Wie lange nodj, fjerr —
® I^err, tr>ie lange noefy?"
Hur ein tüolfenfdjatten geP>t
Über bie (Sefilbe.
Unb aus ber IDolFe
— Don einem fjciligenfdjein
Uufflammenbcr Strahlen umgeben —
BlicFt ein Dulbcrantlifc,
Hcigt ein bornengefröntes fjeilanbsliaupt,
Scfytnersooll läcfyelnb, ftef? bir entgegen.
Seine klugen fudjen bie beinen —
Unb bie gequälten bürftenben tippen
§ucfen unb ftammcln,
Uls tue Ilten jte reben,
fjelfen unb tröften
Unb Untwort bir geben
Uuf beine ftöljnenbe 5rage —
Unb roijjen Feinen Croft
Unb finben Feine Untmort . . .
Hur ein IDolFenfcfyatten
(Sefyt über bie (Scfilbc . . .
258
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0 ft ä r a
(ßcbanfc bu »oll ftillcr Hlajeftat,
Der mir burdfs fjim an fonnigen (Tagen gefyt,
IVenn rings bic IVelt nad? 5nid?t unb Keife ringt,
Du £icb ber Seljnfudjt, bas in lauer Hadjt,
iüenn nur ber 2Tüonb auf blauen bergen wadft,
Das raufdjenbe blut in meinen Kbertt fingt —
Du Cebensflut, bie aus ben (Tiefen quillt
begrabenen Seins unb raftlos mäcfyft unb fdjmiüt
Unb »on <5efdjlcd}t ftef? 3 U (Sefdjlcdjt ergiefjt,
Verborgener Stern im tiefften lüeltenraum,
Der fdjlumniemb feine Strahlen feufd} »erfdjliefct —
Du meiner Ciebe roftger Knofpentraum :
3dj forbre bidj »ont fjimmel traft ber Kraft,
Die biefes 5rül|lings fyolbc tVunber fcfyafft,
Die, Purpurblut, in fd?t»cllenber (Traube fd}äumt,
Die im begrenäten Kaum Unenblidjfeitcn träumt —
3d? gliitjc nadj bir, t»ic 5nUjrot uad} bem (Tag!
Kufjaud^enb ftctj id} »or ber Swfunft (Tfyor
Unb flopfe an mit ftarfem l^ersenfdjlag:
Die fdjmeren ZHarmorfTiigel brefjn ftd} fdjou
Unb flaffen t»cit
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2luf bcibcn fjänbcn tjeb id? bidj empor,
£}ebe bicfy ju bes (Seiftcrfönigs Ctiron,
Dafj er mit feuer beine Stirne meifyt,
Du meine Sefyifucfyt, meine €n?igfeit:
tlTcin ungeborener Sofyn!
260
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3ylt>cftcrflänge
€isnebcl brängen »cm grauen UTecr
(Sefpcnftifdj über bie Dünen tjer.
Unb füllen in frühen Dämmerfd^ein
Die fdjneclicfytlcudjtenben IDeiten ein.
Unb sieben bic fdjimmernben Spinneweben
Über bes tDalbcs erftarrtes Ceben.
<£infam fd^rcit id} im tiefen fjag —
€in Habe mit lautlofem 5lügelfdjlag
Streift non auffdmeflenbem Cannenaft
Die wcijje, ftäubenbe XDinterlaft;
Unb burdj bie £üfte oerbämmemb weit,
Schwimmen bie Stimmen ber äEinfamfeit . . .
Sic ffüftern tjeimlid) wie Sriitjüngswinb,
U)enn rings ber Saft in ben Zweigen rinnt,
Sie raunen 3 ärtlidj wie £iebesgru§,
XDie ein wonnefdjauernber 23rautnad}tfu§,
Sie weinen fcfymerälidj wie Klagefang,
Unb fte fdjwellcn 3 um fetten (Slocfenflang —
2 6 \
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£>on allen Stürmen — mein »»iß ftoefen —
Cäulcn unb [türmen Syloefterglocfen!
€in blutiges Hot im 2t>c|ten blübjt,
<£in braufenber H?inbftofj fommt aus Süb,
Unb ber Schnee ftäubt auf — unb es will auf <£rben
£in neues 3afyr geboren werben!
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Der gufunft Krone
Dem UTann ber Krbeit — unb ob er fd}u?ingt
Die Krt in ber nervigen Hccfyten,
Unb ob er bas (ßolb aus ber <frbe ringt,
Kus bes Bergtoerfs bämmernben Sdjädjtcn,
0b er lefyrt unb fdjafft unb bie 5^ber bjält
U?ib ben Uleißel füfyrt — ifjm gehört bie IPelt,
3^m gehört ber <§uFunft Krone!
U>ir tiaben gebeugt in 5^oiin unb 3ocfy
Den trufeigen Hacfen lange —
Unb fyeimlid} glütjte bas l^crj uns bodj
Bei bes Jammers ehernem Klange.
Der Sd}u?eiß, ber »lieber bie Stirne uns rann,
(fr abclt uns aüe, U)eib unb 2Tiann,
Unb giebt uns ber <§ufunft Krone.
U?ir uiollen fein feiges, fein falbes <Sefcfyled}t,
Kein tröftenbes IDort, uns 3 um ffofjne:
IDir mollert für jeben fein ^eiliges Hedjt,
5ür jeglichen Krbeit, bie lofyte —
Unb dreube, u>o brennenb bie Cfjräne jefct fällt,
Unb 5ncben ber gan 3 en, ber feufsenben UMt —
Unb bem Dolfe ber «gufunft Krone!
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2TTarie Stona
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ITT arte Stoita (IHaric Scfyol3 geb. Stonamsfi)
umrbe am {. Z^etnber t86t als bie Hocfyter eines (Suts«
befttjers 311 Str3eboa>it3 in ®efterreidjifdj‘Sdjlejten geboren.
Sie empfing itjre €r3iel|ung im elterlichen ßaufe unb ner*
riet fcfyon in früher ^ugettb Begabung für lltaierei uub
Dichtung. 3 nt 3 abre t88\ uermätjlte fie fid? mit bent
Dr. jur. Scbol3 unb lebt mit ifjrer Familie auf ifjrem
Scfjloffe Strsebotmtj.
Budj ber Siebe t888.
€r3äl^lt unb gefungeti 1890.
Sieber einer jungen (frau *899.
266
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Cieber einer jungen 5rau
l
<D fotnm in meiner Seele Haum,
Du follft mein Ciebfter fein !
3n meinen fdjönften Purpuriraunt
Spinn id) bid} leudjtenb ein.
Du toiffe, bafj in meinem Heid}
€n?ig bic Sonne glüfyt
Unb Cag u>ie Had}t in IDonnc gleid}
2tn bir Dorübcr 3ief?t . . .
267
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2 .
3d ? tjaffc, bic bid? lieben —
Ciebfler, begreifft bu bas?
Unb töte, bic bid> betrüben,
5o grofj ifl mein fjafj.
Zluv id? n?ill bid) umgeben,
Dir ZX>cb unb JDottne fein,
Vergeben foü bein Ceben
3n mir allein.
3d} fei bie gülbene Scfyale,
3n bie cs überfliegt,
Bis fie mit einem ZTCalc
Didj gan3 umfdjlieflt.
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3.
Züie an feltnem Zag ber 5ifdjcr
Staunenb auf Uineta ftctjt,
Durdj bic Klarheit beiner Seele
53licF id> tief in bein (Semüt.
Seltfam taucht aus bunflent (Srunbe
Hlancf) (ßcfdtmeibe ftiü empor,
Scfjlingt ftdE? mir um fjals unb Schulter,
fjebt ftd? bis 3 ur Stirn empor.
Unb fo toef idj beine (gaben,
T>ie oerfunfnen, erbemuärts,
Unb fo ftrÖmt bein gan 3 er Heicfytum
«gärtücfy um mein armes bjer 3 .
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Hofen über Hofen
Blülit auf feinem Steg,
Hofen über Hofen,
ScbmücFt ifyn bjolb ben 2Deg.
Dafj fein 5«B auf meiefje
Blumenblätter tritt,
2t>amt im fernen Hcicfyc
IDanbelt bin fein Scfjritt.
Scfymeicfyelnb ifyn umfofen
Sollt ibjr Blüten rot,
2ldj für it^n, ibjr Hofen,
Duftet cucfy 3u Cob!
5 .
<Sctr>i§, tcfy ftanb au bcincr £hnr,
X>ocf? bu crtjörtcft nicht mein Sieben,
Du liefceft mid? uon bannen gehen —
So 50g id? fr aur *9 fort »on &it*
Hun irr id) in ber IDclt umher,
Das f}er3 erftieft fein gliihenb Sehnen,
Das troefne 2 tugc feunt nicht Chränen,
ZTieiu Stolj weiß nichts t>ou Bitten mehr.
3ft bir’s fo recht? Hintm bid} in acht,
Daß nid?t ein lüüufdjen unermeffen
<Sar plößlich — manu ich kid} »ergeffcit —
3 n tieffter Seele bir erwacht!
27 \
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6 .
(Sieb ad}t, bafj beine fjicbc
ttidjt jählings treffen in mir
Die milbe fdjludjsenbc Ciebe,
Die bebenb ruft naefy bir.
Da& nichts 3U lEobe ftc quäle,
So IDeljcs ftc aud} erlitt —
Denn beinc gan3C Seele
Hei§t fie im Sterben mit!
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7.
2 >as (ßliicf, bas \d} burcfy bid? erfahren,
Wav lauter Crug,
Vod} ed}tes Ccib in all ben 3 <*l? r en
(ßabft bu genug.
Oft glaub icfy, tötlid? bid) 311 Raffen
3n Scelcnpein,
Unb fann’s boefy nimmer f affen,
2 >ir fern ju fein.
Derädjtlid? tr>ill icfy bir begegnen
m\t f altem 231icf —
ilnb adj, idf füfyl’s, id? u>erb bid> fegnen,
Ketjrft bu 3 uri\cf!
273
\8
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8 .
3dj weiß, bafj £iebe niemals bi df befiegt,
Por Ceib erbebenb, lieg ich bir 311 5 ”fjen —
Pu bliefft auf mich, wie ficb im IPinbe wiegt
Per fd^Ianfe bjalm, ben Sonnenlichter grüßen.
IPenn mich & w 5 I”t ber wilben Ceibenfcf^aft
5 ortreißt im Sturm auf ungeahnte Bahnen,
Siehft lächetnb bu mit fühl bewußter Kraft
3n meinem Kugc eines Cobes Khnen.
3<h fterbe hi” ”or (ßlut — - inbeffen bu
(ßelaffen über beiner Ciebc throneft
Unb hoheite” 0 ^ mit n * c bewegter Huh
3 ” beines (Seines <£isgcfilben wohneft.
274
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9 .
fjeut ift 5er £ob an mir »orbeigegangen,
ffiett an 5er £jan5 eine franfe 5rau,
Bings um ftc beibe mar ein glüfymb Prangen
Don rotem BTofyi auf übcrfonntcr Bu.
BTit leeren 5Jugcn fafy bas IDeib in’s IDeite,
5ür fie geftorben waren H>alb unb
Bur (Einer lebt — bcr gab ifyr bas (Seleitc
3n eine ferne unbefannte IDelt . . .
275
18 *
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\ 0 .
Unb lieg idj einft im ftitten (Srunb,
H>er fragt nad} meinen Sdjmerjen,
Unb ob id} n?ol}l su fiijjer Stunb
(Beruht an beinern fjerjen?
T>ic Sonne gliifyt auf jebcs (Brab,
Huf alle fällt ber Hegen —
Das (Slücf, bas i cf? genoffen l?ab,
€s ift mein ganjer Segen.
1
i
276
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Sie
IDic fyaben ftc alle gefpottet,
lüie fyaben ftc alle gcfyöljnt,
2lls er mit bent jungen tücibc
Sein altes £ebcn uerfcfyöut.
Die Söfytc unb Codier fallen
ZTUt fcfycelem 2lug ftc an,
Sie aber bcgliicftc uon fjerjen
Den armen alten 2TCann.
Sic trug all feine Cauncn
llnb liebt itjn wie ein Kinb,
£Dar cbler in ifyrer (Sütc,
2lls manche Kittber finb.
Des 2Utcrs froftige Cagc,
Sie ruaren ifym liitbe unb tnarm,
Hub fclig ift er geworben
3n ifyrem meieren 2lrm.
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D ic ZDcber
€rnjt gcfyi oorbci bie alten lieber,
Don fdjmcrer Bürbc fdnnanft ber Schritt,
Sie tragen für fcie ganse IDodjc
(Sefponnen (Sarn nadj Cjaufe mit.
Die 5«bcn brätigcit ans ben Bünbeln,
3ni SadFc flirrt ber farge Coljn,
Hnb tief neigt ftd? bas fjaupt ju Bobeu —
So trug’s ber Dater, trägt’s ber Sofyn . . .
Stumm 3iefyi ftc fy n in jlumpfem Sdjmeigcn,
5um Beben felilt’s an Cu ft unb <§cit —
So filtert bic graue Ccbensftrafjc
Sie ftill in itjre €tr>igfcit.
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Die IDcbcrinncn
Bings fifecn fteben JDcbcrfraucn
3u blauen Böcfcn non Kattun.
Die Bürbc legten fie sur Sette,
Unb itjre braunen fjänbe rubrt.
Die Ulten fehmafcen; 3ur <Seux>hnf}eit
tDarb iljncn längft bcs Ulltags Bot
Unb brüeft nicfyt mehr — gleichgültig fetten
Sic r>or fiefj fdjon ben Italien Cob.
Doch fchtocigenb blicfen all bic UTäbchcn
Klit ernft oerfchloffnent Ungeftcht —
tDie Blumen, bic am Ubgrunb blülien
Unb nimmer fchaun ber Sonne Sicht . .
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(Scrtrub Crtcpcl
(Ser trüb (Eriepel u>urbe am to. 3 U ^ t863 * n
£eip 3 ig geboren. 3^ rc 3 ll 9 c,t ^ f erlebte fte in (Sriittberg
in Sd?lefien. Seit *887 rnofynt fte in Berlin, mo fte eine
Heitje ron 3 a fy ren bie „Deutfdje <franeit 3 eitung" leitete.
<£in StiicFcfyen SlHtagsIeben *89<*.
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Den Spöttern
fjöljnt nidjt bic tapfem Stauen,
Die ftdj aus eigener Kraft
3tjr Cebcnsfcfyifflcin bauen,
IDcil cs fein anberer fdjafft !
iDie fie gerungen traben,
<2ud? ift es nidjt bemüht;
<£s liegt gar r>icl begraben
3n einer foldjen Bruft.
Der 3 » 9 C«Ö ganjes hoffen
iDarb ftill bort eingefargt —
Dodj n?as fic aucfy betroffen,
Sie tragcn’s nicfyt 311 DTarft.
Kud? giebt bauon nid?t Kunbe
Der ftunngeprüftc £eib,
Hur aus ber Kugen (ßrunbe
23 IicFt fetjncnb nodj — bas XDeib!
283
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3 cf? i cf f a I
Sic falin ftcf? trncbcr nacfy langer Seit,
Die ficf? als Kinber uerlaffen!
Die eine umhegte bie €infamfcit
Der l>eimatlidj ftillcn (Saffett;
Die anbere f?attc im £ärm ber tüclt
KUmäblicf} it>r Selbft ucrloren
Unb fid} in fdjtcanfem luftigem Seit
<£in IDanberlebcn erforen.
Die eine mit arbeitsmüber i?anb
Kam fcbüdjtcrn babergegangen —
Die anbere räufelte im Scibcngctpanb,
(ßefcbmücft mit giilbcncn Spangen.
Die eine bliefte noch fromm unb rein,
U)ie cinft in ben Kinbertagen —
Die anbre fdjicn flacfcrnben 5cucrfcbein
3nt bunflcn Kuge 311 tragen.
Die eine I?atte mit fcblidjtem Sinn
3b r (Slüd? in ber <£nge ge3intmcrt —
Die anbre gab’s für ein 3 nrlicbt bin,
Das locfcttb unb bell geflimmert.
28 ^
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Sic fafyi ftd? uncber nacfy langer <3cit
— IPic sitterten ifyre fferjen —
Sic badjtcn 5er Kinbcrfeligfcit
ZTiit ifyrcn IDonnen unb Sdjmcrjen.
Sic badjten 5er Cagc, 5ic fte burefylebt,
Der 5tcu5cn, bic fic genoffen,
Un5 tnas fic errungen un5 roas fic erftrebt
Unb toarm un5 innig umfdjloffcn.
Die eine flaute ocrflärt in’s £id?t
Unb fan5 bes Danfens fein €nbc —
Die anbre oergrub if?r blaffcs <5cfidjt
2 tuffd}ludj 3 cnb in beibc fjänbe!
285
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Dämmerung
Dämmrung Ijat fo meidjc ffänbe,
ffat (o leichten, leifen (Bang,
ZDenn fie bur d) bie 23ucfycmȊnbe
ffeinilid} fommt ben IDcg entlang.
Dämmrung fyat fo füfje £ieber,
IDic ber Cag fie nimmer bringt,
Die fie tuieber uns unb tuieber
3n bie mübe 5eele fingt.
Dämmrung u?eiß mit Franfcn fferjen
Xd), fo liebrcicfy umjugeljn,
So »oll STitleib unb t>oll Sdjmerjen,
So doü Croft fie anjufeljn.
Selbft für tobesmatte Singer
f)at fie nodj ein gutes IDort —
Dämmrung tuifdjt mit leifem 5i»9^r
2IUe gerben Ojränen fort.
Sad? bes golbnen Cages Schimmer,
Seinen Pfiidjten, feiner Caft
<Srü§ id? hoppelt freubig immer
Den geliebten ftillcn (Baft.
286
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Hocfy umlofjt non 5IammcnSrärtbcn,
JDanbelt ftc bcn tücg entlang:
Dämmrung mit bcn meieren f}änben,
2Tüit bem leichten letfen (Sang.
287
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JJicarba f?ucfy
1,9
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Hi carba pud? rnnrbe am tfi. 3uli \86^ in 3?rann>
fcfymeig geboren. Sie ruibmete ficf? an ber Unioerfität in
§iiricb bem Stubium ber pi|iIofoptjic nnb crmarb ftd? bort
\B9 ^ bie Doftornnirbe. iladjbem fie mehrere 3 a *l rc bie
Stelle eines Scfretärs an ber §iiricf?er Stabtbibliotljef be«
f leibet Ijatte, verheiratete fte fid? unb lebt jctjt mit ibjrcr
Familie in (Trieft.
(Sebidjte (89^.
290
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Kicaröa
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Cicbcsrcimc
l
t£>ic fern ber lüclt (Setümmel !
Der IPtlbbad? raufdjt vorbei;
Bebrotyicfj tont r>om fjtmmel
Des Ralfen ftol3cr Sekret.
Der Sturm brauft tt>ilbc JDeife,
ttT>ie er Dorübersiefy —
3cfy finge fd?eu unb Ieife
ZHein Heines Cicbeslieb.
291 < 9 *
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2 .
<£iticn fdjönen Cob bin id} gefiorben,
Bin in einem tiefen Kleer ertrunfen;
Did?, o £ieb, f>ab i dj 3um < 5 rab ertoorben,
"Drin mein eigner IPiUc gaii3 perfunFcn.
IDäfyicn Fönnt id?, bafj id} <£t>a tr>ärc,
3 üngft non (Sott gcfcfyöpft aus ZTadjt unb £eerc:
Siel? ben £eib, bem IPunfdj unb Kraft nod} festen —
Komm, um bic (geliebte 311 befeelen!
292
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3.
Süßer Scfylctf, laß miefy allein!
(Sei) 5 u 3 n?ei geliebten 2lugen,
Daß fie nidjt rnetjr neue pein
2lus bem (Quell ber Zlad}t fid? [äugen.
23ctt if?n fanft, n?ie er geruht,
Hierin mein Eltern ifyn umtrcljte,
£Däf?renb idj um Croft unb 2Thit
5u ben Sternen für uns bete.
293
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«gum Kamin ben Seffel rücF icfy,
Knie nticfj banor nieber;
3n bie leeren Kiffen brücf i d}
Kleine tfyränenmüben Kugenliber.
Denfft bn fern auf bunflcu tPegeu,
IDie iefj fo r>or bir gelegen,
IDenn bie 'Dämmerung gewaltet,
Kleine fjänb in beinen Scfyofj gefaltet.
Seljnfudjt
Um bei bir 311 fein,
Criig id? Hot unb 5ä^rbe,
£ie§ id? 5rcunb unb ffaus
Unb bic 5üUe ber £rbe.
XTTid? »erlangt naefy bir,
JPie bie dlut nadj bem Stranbc,
XUie bie Sdjroalbe im fferbft
Xlad} bem füblid?cn £anbe.
U)ic ben Ulpfofjn Ijcim,
XPenn er benft, Hadjts alleine,
2ln bie Berge »oll Sdjnee
3m XTTonbenfdteine.
295
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D ic Simpel
Slebcl bclaftct
fjügel unb naeftes 33ufd?n>crf;
Slid?ts am £eibe ber <£rbc bewegt ftd?;
SDintcr ergriff fte unb üob.
3d? nur, id? lebe!
Denn eine licilige ^Imttnte
5lammt unb lobert in mir,
€inc flamme ber Ciebe;
TTiief? aber, bic 3 itternbc Simpel,
Strahlt it>rc (Slut »oU an,
Die id? behüte.
Sd?irmcnb utnwölb id? fte,
Dafj fte opfernb emporroallt,
Sluf ja bem Dielgeliebtcn,
Dem fte gemeint uttb gelobt,
Dem fic freubig ftd? aufsei? rt
STTit inbrünftiger Seele.
XDettn nur ber £cib, bic fryflallene Sd?alc,
Don ber 3 Üngelttben Sef?ttfud?tsflamme
Übcrl?ci§, jäf? ttid?t fpringt
Silit tiell ausflittgenbem Seuf 3 cr!
296
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V e r ft o § e n
3cfy rueig, bag idj fterbcn mug
Un beinern Cieben;
Du E^aft midj ins €lcnb getrieben
2Tiit beinern Kug.
3d) irre oerbannt, allein
Unb ofyic 5rieben,
5eit idj con ber IDelt mief? gefcfyieben,
Um bein 311 fein.
Hie rrerb \d} mein Datcrlanb,
Das füge, flauen;
Hie roirft bu beit fferb für uns bauen
UTit froher fjanb.
©ft ftreefft bu bic Urme aus,
U)enn idj bir fctjlc.
So fern bin idj; nur meine Seele
3rrt um bein Efaus.
297
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2t it ein K i n b
Ceg beine Kmbcrfjanb in meine
Unb geh mit mir auf fursc <§eit;
Den XDeg, ber gar fo lang alleine,
Dcrfürjt bein liebliches (ßelcit.
2lus beinern tiefen 2lugenftcrnc
Drängt forfcfycnb eine 5rage fid}:
„tParum hättft bu cs gar fo gerne,
fjaft bu fein 53übd?cn fo wie id}?"
(ßeb wicber beim nun, flcinc Seele,
Die Dämmerung brid?t fdjticll herein;
Der <£ngel, bent ich bid? befehle,
IDirb liebreich fchüfcenb bei bir fein.
Unb ich, w&ent ich wc i tcr fd?rcite,
Dergeffc, bafj ber Craum fd?oit fd}ir>anb,
fjör noch & cn 3d?ritt an meiner Seite
llnb fühle nod} bie fleinc f}anb.
298
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U? i n t c r
iDefj mir armem norbifdjen IDcibc!
Km Kantine faur idj mit froftigent £eibc,
Crage mein erftarrtes (Schein 3 ur Sc^melje,
(Eingeijüllt in ficbcn Kragen unb Pclje,
Kls wenn id? im oberften Oiulc liauftc
Unb im Hennticrf dritten ben Sdmcc burdjfauftc;
Kls roenn id) am Horbpol bie Kyc breite,
U>o bas Hicfyts, bas gräuliche, mid? umwehte.
2ld), id? rnoüt, id? läge im Parabiefe
HTitten in ber buftenben Deildjcmuicfc;
UTir 3 U Raupten fäfy idj bie Sonne prangen,
5 eft als rote Kntpel »out bjimmel I^auöcn ;
meine ficbcn Pel 3 C fönnt icfy »ergraben
Unb mit naeften 5üßen im 23ad} ntid} labett
Unb mit tx>ci§en Krnten, 3 t»ei f lugen Schlangen,
Des (Scliebten bunfleren ffals umfangen!
299
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Erinnerung
Einmal por manchem 3al^re
tPar id} ein Baum am Bergesranb,
Unb meine Birfenfyaarc
Kämmte bcr Blonb mit tpeifjer fjanb.
fjocfy übcr’m Kbgrunb t?ing icfy
IBinbbetpegt auf fdjroffem Stein,
Eaujenbc IPolfcn fing id}
2TTir als pergänglidj Spiel 3 cug ein.
5ütjlte nichts im (Semiitc
lücber pon tüonne nod) pon £eib,
Baufcfyte, pertoclfte, blühte,
3n meinem Schatten fcfylief bie §cit.
300
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<£ If enreigcn
trat in ber Hadjt auf bic IDief aus bcm Cann,
Da tagten bic €lfcn unb faßten miefy an.
Sic tan3ten fo leidjt auf ben milebmeißen 5 üßen,
Unb tan3 id} mit itjncn, fo muß id} cs büßen —
Sic tagten fo fadjt,
Sie hielten nidjt inne, toic fur3 toar bic Uadjt!
Der Utonb ftridj bic 5 icbcl unb fpiette 3um Can3,
Da famen bic Sterntein in Sdjleicr unb Kran3,
Sic reiften bic gtißembe JEjanb ftdj 3um Ueigen,
Unb toenn ftc ftd? ftreiften beim Dreien unb Zeigen,
Dann Hang cs fo Har! —
IDer tanst mit ben €lfen, ber ftirbt übcr’s 3 a b r *
Unb muß idj audj fterben, fo merb id} ein (Seift,
Don IDolfen getränfet, »on Cüften gefpeifi;
Dann fann id} and} tan3cn mit fdjEDebenbem £cibc,
IDcnn UTonbenfdjein fließt uon ber manfenben
Scheibe,
So leidet unb fo fdjön
UTit reigenben <£Ifen auf fd^immernben ^ötjn.
30 \
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(Brillen
Sifct am fcbönen Sommertage
Unter fdjattig fülilcm (Srafc
<£ine (Brille; ftimmt bic Saiten,
Da§ in biefen fiolbett
Sie ein Cicbdjen ftd} crblafe
ZTTit gereimter Cicbcsflage.
Streicht ben Ringel, iliren 3 ogen,
Ceid^t unb hurtig auf unb nieber;
Unb mclobifd} tönt bic (Beige:
,,Hcigc, bu Derborgne, neige
Dein (Befyör in meine Ciebcr,
Unb bent Sänger fei gemogen!
«*
„Dufter ift es in ber €rbe;
HTicfy umraufdjen fcfylanfc Palmen.
£a§ 3U filtern Spiel bid) freien,
tDonnig lebt es ftdj 311 3meien!
Hie mirb uns ein 5 einb 3ermalinen,
Doppelt ftar? am eignen fferbe."
Sanften £jcr3ens mar bie (Brille,
€inte ftdj bem treuen Singer —
Uber halb beim Hlumenlefen
502
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(Sriff ber £ob bie sarten XDefen:
„Kbenb wirb’s, tfyr Meinen Dinger,
Kommt mit mir uitb fdjweigt nun ftiüe."
„HTüffen mir beim fdjoit rerberben?"
< 3 irpt oergeljenb nod? ber Kleine.
„Kd?, it>as tjat uns aud? getrieben,
llnbebadjtfam uns 311 lieben?
tOaljn, ben id? 311 fpät beweine!
Xtnfcr Cicben war bas Sterben!"
Kber milb im tDciterfdiweben
Sprad? ber Cob: „IDcnn in ben Kuen
3ene perlen, eure c£icr,
t£)ad?en auf 3itr 5rüf?lingsfeier,
Könntet tfyr erfettnenb flauen:
€uer £icbcit war bas Cebeti!"
203
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Kffengefang
Durcfy bas (Sittcrbacfy bes Urmalbs tropfte
Blau ber bjimmel, bebte uon ben Üften;
Drunter fafj ber alte 2lffe, Hopfte
Kofosniiffe auf, bie rcifften, beften.
Kinber, fef>t, mie grün bie bjimntelsbecfe,
Sprach er, blau unb satyreidi aud} bie Sterne.
IDenn id? baju füge Hufjmild} fdjlecfe,
£ebt inan reblid), toaefer liier unb gerne.
iDetin nur jene l>öd?ft uermorfne Sippe
5ern uns bleibt, bie fdjledjtcn DTenfcfyenaffen,
Die mit ifyrcm fdilotternben (Serippe
Bcibifdj lauern, mo fie Schaben fdjaffen.
Sdjöncn peljcs KTangel gern fie leiten
Durdj ber Kleiberlappen bunt <J5eglän3e.
3a, meint iljnen nur bie fjaare fehlten!
Dodj bie Cumpe fyaben nicfyt mal Sdjmänjc!
fjei, mie Heitern mir gefdjminben Kffcit!
fjei, mie fnarren unfre fuftgefänge 1
Stumm im Sanbe fd?lürfcn fie, bie Sdjlaffcn —
Daß ber große Uraff fie uerfdjlänge !
204
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Diefes <5affen! Dies (Scfid?terfd}ueibeu !
Diefes Cacfyen, leeres CougcfoUer!
Denf id? an ben Crofc ber fred}en Reiben,
IDirb mein Bufen immer unmutooüer.
Denn bebenflidj mefyrt ftd? bas (Sejüd^e,
Seiit, fie natjn, bic bünfcluollen Cröpfe!
IPär’s nidjt fcfyabe um bie fügen ^riicfyte,
IPürf id) fie ber Brut au ifyre Köpfe!
305
20
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ID i e g e n 1 i e b
(Kus bem breißigjährigeu Kriege)
fford), Kinb, l^ord), tt>ic ber Sturmminb n?eht
Unb rüttelt am <£rfer!
IDcnn ber Braunfchtueiger braunen fleht,
Der faßt uns nod) ftärfer.
£ernc beten, Kinb, unb falten fein bie ffänb,
Damit (Sott ben tollen (Ojriftian uon uns u?enb!
Schlaf, Kinb, fd)laf, es ift Schlafens «geit,
3ft «geit aud) sunt Sterben.
Bift bu groß, n?irb bid) roeit unb breit
Die üronunel antuerben.
£auf ihr nach, mein Kinb, h$r beiner Klutter Hat;
dällft bu in ber Sd?lad)t, fo roürgt bi cf) fein Solbat.
„fferr Solbat, tfyu mir nichts su £eib
Unb laß mir mein Ceben!"
„ffe^og (Ctjriftian führt uns 311 m Streit,
Kann fein Parbon geben.
taffen muß ber Bauer mir fein (Sut unb ffab,
«gable nidjt mit (Selb, nur mit bem fühlen (Srab."
Sdjlaf, Kinb, fdjlaf, toerbe ftarf unb groß.
Die 3al|re, fte rollen;
506
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5olgft halb fclber auf jtolscm Ko§
X}er3og Cbriftian, bem Collen.
IPie erfcfyricft ber pfaff unb wirft ficfy auf bie Knie —
„5ür ben £3auer nicfjt Parbon, ben Pfaffen aber
nie!"
Still, Kinb, ftill, wenn £}crr Cbriftian fommt,
Der lefyrt bicf) su fcfiweigen !
Sei fein ftill, bis bir felber frommt,
<£in Hojj su bcfteigen.
Sei fein ftill, bann bringt ber Pater halb bir 33rot,
IPemt nacfy Haudj ber IPinb nid^t fcfyniecft unb
uicfyt ber i^intmel rot.
507
20 *
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1} e r b ft
bferbft ift es, fteltft bu bie Blätter fallen?
Bidit wie bie iPclf enben fromm
IBolIen mir beibe 511 Cobe wallen —
Hüffe mid), fomm!
IPolfenjagb oben in fernen Bäumen!
Köftlidj unb wonneuoll
3ft cs, bie perlen uom lüein 51t fdjäumen,
Übermutstoll.
2lber nodj Ijcrrlidjer ift’s, 311 fdjlürfeit
HUcs in einem ,gug!
(ßröfjefte 5 üüc, bod? bent Bebürfen
Bimmer genug!
£ajj uns bas wcinleere < 5 las 3erfd}mettern,
Komm uon bent (Sipfel in’s ( 5 rab
(ßleid? utwerlefclidjen ewigen (ßöttern
Cädjelnb Itinab!
508
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£ob Sämann
Durd? ein wallcnb Korngcfübe fcfyrcitenb
Sali i d}, wie ein ZTCann bic S^ren mäfyc;
Kus bcr freien Cinfen aber gleitenb
Sali icfy Körner, bic er tniebcr fäte.
Seltfatn mar ein Schnitter mir erfcfyicnen,
Der 3 ugleicfy bas 5elb mit Samen fegnet;
Da erfannt i d) feine ernften DTicnett:
Sieb, es mar ber Cob, bcm icfy begegnet.
309
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2tTarie (Eugentc belle (Srajie
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UTaric <£ugenie belle (Srajic würbe am
1$. Uugnft tR6<* 311 iUeijfFircbcit in Ungarn geboren.
3 ^re 3 ugenbjaljre verlebte fie in Ungarn unb ging barauf
nad? IPien, wo fte bie £etjrerinnenbilbnngsanftalt 3U
5 t. 2 Utna befudrte. KranFbeit 3wang fie, bett erwählten
£eruf ber Jfet^reriii aufjugebeit. Sie lebt als Sdjrift«
fteüerin in lUien.
(Schichte t 882 .
£ r ä u m e r <&\ e it
(Drudjftütf)
Sic war ein lofes ^atterfinb,
(£tit Kobolb, wilb tut 6 eigen,
Dalb launifdj wie ber 5rüfylingswinb,
Balb faitft wie fjcrbftesfdjwcigen ;
Der fronen 3 ugenb wenig lieb,
Dem 2 Uter 311 oerfcfyloffcu
Unb aÜ5ii täppifcf? im (Sefrieb
Der fpielenben (Senoffen.
(Semieben, Iiilflos unb oerfannt,
53 Iieb immer fte suritefe,
Drum wob if?r (Seift 511m ZTiärcfyenlanb
Sid? früfy fdjon eine 23 rücfc;
Unb waren bie (Sefpielen weit,
Dcrfiallt il)r muntres Singen,
Dann fprad? fie mit ber <£infamfeit
Don taufenb golbnen Dingen!
Dami fdjien ifyr jeber 231 umenfcfyo§
<£in <£[feitfinb 3U fyiiten,
Dann fronen Zwerge burd? bas DToos
Unb fjeimdjen aus ben 23 liiten;
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Der IDeifjcr fang, bas tDaffcr ftieg,
Sdjön 3Ifc lub 3 um Canjc,
Unb taufenb Hiyen breiten ftcfy
3nt fallen Stemcnglanjc.
5rau f}olbe fafj am Hain unb fpann
5ür Cräumerdjen ein Höcfdjen,
fjerr Kobolb bot ifyr (ßemmen an
Unb 3 aufte ifyre Cöcfdjcn;
3m tioI|cn Sdjilfe aber fang
Prin 3 Hif galante lieber —
Da feufste fte rool^ feiner unb bang
ltnb fd^Iug bie Üuglcin nieber ! . . .
S d} w ü I c
So cinfam ift’s . . . nur DTücfen fdjtoirren
UOic golbne Fünfen um rnidj Fjcr;
Don “Düften, bie in’s lüeitc irren,
tDarb trag bie Sommerluft uub ferner.
<£s bampft bas (Sras, barin bie (ßlicber
(Selöft id? firccf 31t bumpfer Hut};
ZTCit rr»ci§en Blüten bccFt ber ^lieber
ZTCir langfant £ipp uub IDangcn 3U.
Unb IDettcrmolfen fei} idj fteigen,
Derlorne Donner murren fyofyl,
IDie traumumfangen in ben «gtneigen
Stimmt leis ba3tr>ifd}en ein Pirol.
Bun fdjioeigt er . . . nur ein brünftig Beben
Durd^ucPt bie £uft nodj, fefynfudjtfcfyroül —
Un £cib unb Seel bir Angegeben,
£ieg reglos id} auf meinem Pfüfyl . . .
315
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Sommer
Hirn glnl^t ber IlTobti im 5elbc,
Derlieijjenb reift bie Saat,
llnb golbne Strablenncftc
llntfpinnen jeben Pfab.
So bell unb liefet gebabet,
Beftaunt fid? bic Batur —
Cebcnbgc Blüten gaufein
Die burefy bie 5lwr.
llnb tpas bes mittags ScbtPiile
So afyumgspoll burdjbebt
llnb in ben (Sla?t 3 ber Hädjtc
Biel fü§c Cräuntc toebt,
Das ift ein fyolb (Sefjeintnis,
Der gatten IDeft pertraut:
Des IDerbens heilig IDunber,
Drin (Sott ftdj felbft befd^aut!
316
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£ampagna«( 5 ctt>ittcr
Kuf IPolfcn fcfytoer unb ftnfter
3 agt her Scirocco in’s £anb;
5 d?u?ül buftet um mid? ber CBinfter
3 m brennenben X^eibefanb.
Pom £eud}teu ferner (Beruhter
€in Schimmer berüberjueft —
Starr ruäcfyft in bas fatale (ßejitter
Der alte Kquäbuft.
Unb plöfchd? hör idj’s gellen
3n’s fdjtucigenbe £anb hinaus —
Das finb nicht bes Sturmes XDellen,
So naht einer Sd?lad?t (Sebraus !
Die ehernen Cuben fdjreien,
Die Kämpfer brüllen auf,
3n fcfyemenhaften Hcihcn
Ummogt cs mich 311 £jauf.
Unb über ben irren Klängen
Unb ber rafenben Kämpf erfcfyaar
Sd?n?ebt, ben Sieg in gierigen Sängen,
Der golbne Hömeraar!
5 \7
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3cfj fcli ifyt freien — jefet fdjnellt er
fjerab — ba tt>ad? id? auf:
Der lobernbe ölife, bort fällt er,
Der Donner tnirft ftd} brauf.
Die €rbc bantpft, cs erjittert
3nt Hadjfyall leis bic £nft;
iDo ber Cob t?crabgcrr>ittert,
Qualmt füjjcr IDeiliraudjbuft . . .
llnb n>ic bie 5löre fxd} fyeben,
Seit in meinem Xüolfengeu>anb
3d} Cäfars Sdjattcn fdjrucben
Über fein ^eiliges Canb!
518
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H ö nt i f d? e r Sonnenuntergang
bjinftirbt bic Sonn in taufenb blutgen 5unfcn,
€in Fampfesmiib ueratmenber Citan —
So bift, o Hont, and? bu bafjingefunfen,
So brad? aud? bcincs Cages 2lbcnb an !
Pom faxten <Slan 3 ber Dämmerung befdjienen,
IPic blcid? bein fdjmcrjgeabelt 2 lngcftdjt,
tPic traurig beine jtnnenben Huinen,
Draus nod) bic Stimme beiuer (Sröjje (priemt.
(SeiDittcrjeid^cn ragen fie sunt f?immcl,
(Sefnedjtete Citanen — FecF ocrfyöljnt,
tPcnn über il?rcn bjäuptern bas (ßebimmel
Der 2lbcnbglocFcn fujjlid?«n>eid? ertönt.
Sold? große Cage unb fold? eifern IPolIen,
Unb bennod?, bennod? lieute alles Staub,
Perblutet, übertuunben unb ucrfdiollcn —
So lebt bic §eit r>on ftetem Hiorb unb 2laub.
XPic Flein fdjrumpft l?ier mein eignes IPet? 3 U*
fantmen,
IPcld? Ulajeftät in biefetn ftuntmen £eib —
tPo fold?e Sonnenuntergänge flammen,
IPirb jebe Ulcnfdjcnfcele ftill unb roeit!
3\9
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I? i II a a m UT c c r
(Uadj 25 örfliu)
2 TTit [eifern UX'liton fdtlagt bas UTecr tjicr an —
Dicfclbc UTelobie ift’s, Stunb unt Stunbc,
Sic fontmt uitb gebt, it>ic oon lebenbgent UTunbe
€in Scufjer . . . feinen 5lug nimmt ber ©rfan
2Tlit ir>ilbem 3 au <i?3 C11 über bic Cypreffen
Unb f erlaufen piuicutrüpfel bin — er will,
Dajg fic nid?t jenen büftern £ag oergeffen,
Der alles traurig liier gemacht unb ftiü!
Der Stufen UTarmor brodelt 311 ben Kicfeln
fferab unb rollt mit ihnen bann 3unt Straub;
Uod} fteigt ber Springquell — bod? wie Cbräneu
riefeln
Die iDaffcr über feiner Schale Uaitb.
fjod? wädtft bas (Sras auf einft betretnen Pfaben,
Der Spur bcs lebten Sdjritts ein lautlos (Srab;
< 5 u einem (Sang nur fdjeint ber XDeg 5U laben,
Der fd^male, ber 3unt Stranbc füfjrt fynab:
Sic wirb ifyn gefyt, bic Sd?war3oerl}üIltc, 23 lcidje,
Die ftumnt bort nadjftnnt längftoerlomcm (Slücf
Unb brütenb 3ufiel}t, wie non ifyrem Heicfyc
Die iüoge langfant fortträgt Stiicf um StücF . . .
320
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3m 5nebtjof fdnmmcrt bcr ^lieber,
Unb fofige UTaienluft
Crägt bis 511 mir herüber
Den füjj betäubenben Duft.
€r legt fid} um ntciuc Sinne
So fermer mie ein ^auberbann,
>£s ift, als Ratten bic Coten
<£in Ceibcs mir angctfym:
Die Coten, bie olinc £iebe
(Seftiegen in ifyrc (Sruft,
Unb beren Scfytfucfyt nun einfam
Dcrblutet im 5liebcrbuft!
Mitternacht
Der IDunberftunbe hn rr t int £eben
Die Seele manche Mitternacht,
Der Stunbe, bie 31t eigen geben
3hr foll gcheimften tDiffens Macht.
Unb fci’s im (guten ober Böfen,
Don frenler Sehnfucht flauem mir,
Das 23 ätfel unfres Seins 3U löfen . . .
Doch feine 2flacht giebt 2lntn>ort ihr,
Der Hingenben auf 2lbgrunbflippen ;
Hub wenn bie falte „€ins!" ergellt,
Sagt ihr bie £eit mit ehrnen Cippcn:
„Du bijt auf bid) allein gefieUt!"
322
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2Irtrta bitter
21 *
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21 tut a Kitter nmrbe am 23. ^cbruar \865 31 t
Koburg geboren. 3 *l rc crfteu Kinberjatjre oerlebte fte in
2Teuvl]orf, feierte t 869 nadj Deutfdjlanb jnriirf unb be«
fudjte in Kaffei bie Sdjule. ileu^eljn 3aljre alt, per*
heiratete fic ft dj mit betn 3 nr if^n Kubolf Kitter, um be«
reits nad? fünfjähriger (Et»e K?itroe 3 U roerben. Die
Didjteriu lebt in ^ranfenfjaufen am Kyjftjäufer.
(Sebidjte J 898 .
Befreiung t 900 .
32 ^
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<£infegnung
€in fcfylanfes Kitib im fc^ma^en KIcibe,
So gefyt fic neben mir bafyn
Unb trägt bes .frühlings fyolbe Hätfel
Hodj ungelöft im jungen Sinn.
Ste laufest bem Klang ber ©fterglocfen
Unb tjält mit ihrer Kinberfyanb
“Des lieben (ßottes Paterbänbe
3n fjcrslidjem Pertraun umfpannt.
Unb fcfyreitct in bas bunfle Ceben
IPic in ben ©ftertag Jjinein
Unb meint, es müfje gan3 doü Sonne
Unb (ßlocfenflang unb £iebe fein . . .
325
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Hrautlieb •
Säumt mir bes £agcrs Cinnen
KUt bunMcr Hofen «gier,
Klit blüfyenben (ßennnbcn
Umfrän3t bic niebrc (Ebür
Knb öffnet roeit bie 5*nftcr,
Die Sonne laßt herein:
Doll £id}t foü meine Kammer,
Klein I^erj ooU 3aud}3en fein.
Hefcfyeibcn ging mein £ebcn
3 n ftiüen (Srünben fyn,
JEjeut trag icf? eine Krone,
£}eut bin icb Königin!
3n 5reuben ifyn 3U grüßen,
ffarr idj bes Ciebften mein:
DoU £icfyt foü meine Kammer,
Klein £fcr3 noU 3 au <%*n fein.
IDoljl mag bic Sorge fontmen,
Der Sturmu>inb uns unuoetjn —
Hie folt er meine Seele
I>er3agt unb feige fefyn,
Hie meinen BlicF uoU Cfyräneu
Unb meine £icbe Mein:
326
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Doll £id?t foü meine Kammer,
Klein fjcrj t>oII 3 aud? 3 cn fein.
Unb füfjt ber Cob bie £ippcn,
Die fyeut bem £ebcn blübn,
Unb bleidjt er biefe IDangen,
Die tjeut in Scfytfudjt glüfyi —
3d) neunte, tt>as midj tröftet,
JTTit in bas (Srab hinein:
Doll £id?t foü meine Kammer,
Klein £fe rj doII 3 a «%cn fein.
fjört, mie ber Klang ber (Sloden
KTein bräutlid) fjaus untief}!,
Sic fingen meiner £iebc
<£in jubelnb ffod^eitslicb.
€üt, KTäbcfyen, itjm entgegen
Unb lafjt ben £icbften ein:
Doll £id)t foU meine Kammer,
KTein Tfer 3 poü 3 au <3?3 en fein.
IX> e 1 17 c
3d? liebe bicfc 5orm, bie bidj cnt 3 Ücft!
Die tseiße 23ruft, an ber bein I}aupt gelegen,
Unb biefen 2TtacFen, ben bein Krm umfdjlang.
Seit bcincs Kuffcs Iüonne mid) burdjbrang,
Ciegt’s über mir mie ein geheimer Segen,
<£in 5 rütjlingsglan 3 , ber meine (ßliebcr fdjmüdt!
3d? liebe biefer klugen lichten Sd^ein,
Seit fic, 3 tx>ei Sterne, über bir geftanben,
Unb biefer Stimme mannen sollen Klang,
Die beine Sefyifudjt einft 3 ur Uulje fang!
Der UTunb ift füfj, ben beine Cippen fanben,
Unb biefe Seele heilig, feit fic bein!
Die Ciebc liebt mid} über ntid} empor,
Daß id) mid? felbft rsie etmas 5rembcs fcfic
Unb meine Sdjönfyeit trage tsie ein Kleib,
XDie einen Sdjmucf, ber beinern Dienft geroeifit:
Der Sonne gleicfy, lodt beine liebe Hälfe
UTid} aus mir fclber fetinfudjtsoll tferoor.
328
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XDadj auf, mein £ieb!
fernab ber <geit liegft bu in beinern (Srabe
Hnb träumft unb träumft,
HTid? aber jammert es ber fdjöneu £age,
Die bu »erfäumft.
2 TTit roten Hofen frän3 id} beinen bjiigel —
Spiirft bu ben Duft?
Dringt’s nid}t u?ie Sonncnglan3 unb £iebesobem
3 n beinc (Sruft?
IDad} auf, mein £ieb! IDillft bu ben £en3 uer«
fdjlafen
Hub feine Pradjt ?
Der Heine Dogel, ben bu liebft uor allen,
Singt jebe Zlad}t.
lüeijj ift mein Hrm, unb meine £ippen brennen,
Der simpel £id}t
Blifct nne ein Sternlein burefy bas Kammerfenfter —
Du fielet es nicfyt!
Die Sefyifudjt freift mir ruhelos im £*lute,
Hdj, bajj bu fämft
Hnb all mein £eib unb meine grojje £iebe
Hn’s fjerse näbmft!
529
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5 1 u r m l i e b
3n ZTCeerestiefen,
2lnf altem Curm,
3n jelfenl{öiilen,
Da fcfyläft ber Sturm.
Die fjaare fallen
3l^nt in’s (Befielt,
Die (Blieber ftarren —
£r merft es nid?t,
€r fcbläft unb [cfjläft.
Da fommt t>on ferne
Denporrner Illang,
IDie Üd^en tönt es,
IDie Sdjlacfytgefang.
3n fdjeuer €ile
«Sieljt’s fd?u?ar 3 herbei;
Da 3 tr>ifd}en Hingt es
IDie 3 u ^f^ rc * :
^uffal}! fjuffal^!
£jci, wie ber 2llte
Dom 23oben fpringt!
550
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fjell pfeift es, ba§ es
Die €uft burdjbringt.
<£r fd?n?ingt ftd? milb auf
Sein toie^ernö 2Xo§,
Xtnb um ifyn brängt fid)
Der XDolfeu CCro§,
^uffatj ! fjuffafj !
nun rnatjr bidj, €rbe,
nun u?al)r bidj, XTÜecr,
3n Cüften braufet
Der Sturm bafjer.
nun beugt eud?, XDälber,
Hun fniec, Saat,
Springt an, il?r XDogcn,
€in König na^t!
bjeil ! fjeil!
3^r XTTenfdjen, ftüdjtet
XXnb Friedjt iu’s f}aus,
Die flammen löfd?t nun,
Die 5euer aus,
Da§ nid}t bes derbes
(Seioeitjte (ßlut
(Empört fid? rocnbe
Unb 3e^r bas <ßut.
(Snabc ! (Snabe !
Die braufen,
<£s roanft ber (Srunb,
Die (Slocfcn beten
iTTit ernftem ZtTunb:
£mpcr bic 2tugeit,
Der 5turm ift ba —
3n Sturm unb XDetter
Der fjerr ift nafy!
fjaUelujafy !
532
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3m Selbe
Die £uft gcljt fc^toer.
gittert et« feltfames Cief^t
Über bie Selber fyer . . .
(ßrab, als ob’s ein (Seirntter tt>är . . .
Kiiffe tnid? nidjt —
iDiegt jtd} bie IDeibe bort
£}er unb bjin,
XPacfelt grab
iDie bie Hacfybariu.
£ag es bie Ulte
Um (Sott nicfyt fcfyt,
Dag rt>ir fyer unten
Beifammcn ftefyi!
f^at gar ein böfes Ulaul,
Sringt’s nod? tjeute
Unter bie £eute,
feigen fie mit ben Smgern auf miefy —
Safyft bu, toie’s eben »oriiberfcfylid? ?
UTit feigem Utem
Unb I?ufd}enben Schritten?
^at eine braune Kutte an,
333
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«Einen StridF um bie Hütten
Unb 3tr>ci glüfjenbe Hugcn im (Scftdjt.
Hüffe miefy niefjt! —
3cfy mollt, idj toär erfl 3u fjaus!
3 ft feine Seele im —
HUes fo ftitl unb fo bunfel unb Fjcifj —
5afj mid} nidjt an
Unb fprid? nidjt fo leis,
Komm lieber unb laß uns gelten.
3fi mir bod? bang, bid? 3U fefyn,
Dicfy unb bein bittenb (ßeftdjt —
Hüffe mid} nidjt ... ad} .. .
Hüffe midj nidjt!
334
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2 luffcf?rei
Blü^enb fein, unb bodj nicfyt leben foücn,
JTCit ber Sefynfudjt nodj, ber heifjen, teilen,
Dor ber feft uerfdjloffnen C^iirc ftcbjit —
Dürftig fein, unb bod? nicfyt trinfen, trinfen,
IDenn bic golbnen 5 *'eubenbedjcr tuinfen,
3 eber JDonne fdjeu t>orüberget}u —
Cecfyjcn, adj, naefy feligent (Seniefjen,
Unb bie trunfnen 2Iugcn bodj 3 U fdjliefccn,
IDeil bes Scfyicffals harter Spruch es will —
Darben, barben, wenn ftd? anbre Füffcn,
<£Ienb fein, unb bennod) lachen muffen,
3 miner lacfyen . . .
ftia, mein f}er 3 , o ftiU!
335
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IDcnn b i c Kot ant größten . . .
(Empörte ZPogen, pom 5turm 3crtx>üf>It,
»Ein jelirenb 5cuer, bas Feiner Fülilt,
So ftrömt’s mir l?ei§ burd} bie Abcrn fyin —
Pas mad?t mofil, ba§ id) fo jung nod) bin.
Unb bod} perlaffen, unb bod? allein —
fjerrgott, tpie Fönnt cs beim anbers fein!
Allüberall locft bie füfce Cuft,
llnb trag bodj audj Feinen Stein in ber Bruft.
XX>ie oft, bcs Abenbs im Kämmerlein,
3ft’s mir, als björt id? mein bjerje f darein,
Als riffe bie Scfynfud^t in meinem Scfyojj
Pon allen Ketten ftdj Feudjenb los.
^3cb>üt midj, (Sott, por ber bunFlen Hadjt,
IPenn mir ber Dämon im Blut ertpadjt! . . .
„Die Kinber fdüafcn !" ... Ein »Engel fpridjt’s —
3*1* erpgen ATäd^tc, nun fiirdjt id) nichts!
336
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21 n mein (Talent
Du bift mein «angeboren Kinb!
Uls einft bas (Blücf aus meinem Seben
binmeggegangen, f>at es bi d?
2tls lefcte 5^eubc mir gegeben,
Hidjt frofy t?at bicb mein 23licf gegrüßt!
3cfy mußte langfam ntidj uerföfyicn
2TTit meinem Cofe, (Tag für Cag
2ln beiueii 2lnblicf micb gemötjnen.
Dod? nun, ba bu ben U)eg erjtuangft
<§u meinem Ickten, umnben Sieben,
Hun fcfyließ idj 3itternb bid? in’s § 0 x 3 ,
Du Sonnenftraljl, ber mir geblieben,
Ulit meiner 5eele Kraft unb <ßlut
iüiU icfy uns beib 3ufammen fcfyiDcißen,
Unb feine UTacfyt unb Hot ber U)elt
Soll je bicfj mir uom b* r 3 cn reißen.
537
22
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Uuf ber alten Stabtmaucr
Um alten (Semäuer bas Crcppdjen fynan —
ZTun, UTärdjcnbämmerung, nimm mid} auf!
€s raufet bie Cinbe,
<£s blinft ber Ceicb,
Unb Ubcnbwinbe
Hiitjren fo meid}
Ulid} an . . .
£}ier l?at rnolil UTandje
Uus £uft unb Streit
Sid} fyergefliidjtet
3»n Ubcnbfd}cin,
Unb ifyre Seele
5log meilenweit
3n’s Canb hinein.
Unb Sterne blühten
Um fjimmel auf,
Unb Cräurne ftiegen
Dom (Srunb herauf,
Unb Cfyränen fanfen
fjcifj auf beu Stein —
0, ^rauenfeljnfudjt,
tDann fdjläfft bu ein? —
338
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<EfjefIa Singen
22 *
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(Efjefla Singen mürbe am 6. 2TTär3 1865 in
(Solbingett (Kurland) geboren. Sdjon friil? manbte fie ftd?
uacfy Petersburg, um firfj für bie Biibne ausbilben 31»
laffett. ZTadjbem fie Pur3e ^eit öffentlidj aufgetreten mar,
marb fie ber Büt^ne burcb bie €fye entjogen. Sie lebt in
Petersburg, mit einem beutfdjen Kaufmann pertjeiratet.
Km Sdjeibemege \898 (gmeite pennefyrte Kuf»
läge t9<H).
3^0
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(Lhcfla |£higcii
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Sie fyabcn ficfy nichts 3U fagen,
Sic ftfcen ftiß unb fhtmm
Hnb ttören bic Stunben fcfylagcit
Die €angcn?eil geljt um.
Die £iebc ift Iängft gegangen,
Hnb auefy bas < 5 Iücf ift fyn,
Hnb {jin ift bas Verlangen
HTitfamt bem 3ugenbfinn.
2 Tti§mut fifct ifyn 3itr Seite,
Die Sefynfudjt ftfci bei il?r,
Hnb traurig alle beibe,
Hdj, bis 311 Cfjränen fcfjicr.
Keins bricht bas tiefe Scfymeigen
Kein £aut bringt in ben Kaum,
rtur fernere Seufser fteigen,
Derftotjlen, fyörbar faum.
Hnb bie (Seroofjnljeit leife
ScfytDingt itjren «gauberftab
Hnb 3u>ingt in ifjre Kreife
Die beiben ftill fjinab.
S dj tr> e ft c r u
Schilt nid}t bie reiche 5r<*u,
Du armes HTäbdten am Straßenranb,
i'OeÜ ‘bie beringte f}anb
Sie prafylettb trägt 3ur Sefjau —
Unb neibc ilir nicfyt bie ftoljen Hoffe,
Die bid? bcflecfen mit bem Scfymufc ber «Söffe,
Sie trägt wie bu bie £aft ber Pflidjt —
Hdr, fdjilt fte nicfyt!
Unb leert fte attdr ben Keld? ber 5reubc
Bis auf ben (Srunb,
Unb lad}t itjr HTunb —
Sie leert itjn boefy nur fid? jum £eibe!
Crinft eitlen Sdjaum
Unb ftfjt im golbnen (Sittcrliaus
Unb möchte bod} fo weit hinaus —
Cräumt fdjwerett Craum
Des Hadjts auf feibenweidjem Bette
Unb rüttelt an ber golbnen Kette,
Bis Irod? bie Sonne tagt . . .
Kd}, fdjilt fte nid?t!
Unb trägt fte rtodj ftols i^r Hngcftdjt,
5^2
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Sic ifi nur eine 2Tiagb im Kteib r>on Seibc
Unb Rittet in ber 5*euben 2Tüittc
Die (ßctnfc ber »erlogenen Sitte
2Iuf biirrer IDeibc —
2ld), fcfyilt fte nid}t!
3^5
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Die 21 1 1 c
3 m Parf, tro bie Ueidjen fpajieren,
2 luf einer 23 anf
Safj eine arme
UTübe unb franf.
€s gingen unb Famen
(ßepufete Herren unb Damen,
£ad)ten unb plaufcbten,
llnb bie feibeiten UöcFe räufelten.
Die Ulte fajj, gefriimmt ben HitcFen,
Unb fab ifyien 511 mit jhimmem liefen.
3<i? fdjritt uorüber, forglos, fein,
Unb meine Schleppe fynterbrein
5egtc über rafcfyclnbcs Caub
Unb nmtyte im Staub.
Unb bie KIte, eifrig unb ofytc Heib,
Sprad?: „©, bas fcfyöne, bas reiche Kleib !"
Da ftieg in bie iDangen mir jäfic < 5 lut,
Unb plöftlid} tt>ar mir fo eigen 311 UTut,
Unb war mir mein reiches Cebcn leib,
Unb tuar, als müßt iefy 3errci§en mein Kleib,
Kls mü§t id? auf immer bem (SIan3 entfagen
Unb iflcnb unb ZTot mit ber Klten tragen!
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0 n m a dj t
0u Ungeheuer,
<§cf}renb 5eucr bu!
Was ftredfft bu ledjsettb betne ^uuge aus?
£}im»cg —
3 dt rotU bir itidjt 311 IPillen fein!
Siefi, tt>ie fte Iocfen mit beit Reißen BlieFett,
Sieft, rote ftc fudjcitb iitre Ringer fpreisen,
ITiit Funbger fjanb beit (Sitrtcl mir 3U löfen —
Hub ftebcnb fteigett XDüttfdjc in mir auf!
3d? ftnfe fyin,
3 c£? muß iit Sdjmacfy ncrgefyt . . .
(D, welche Kraft fyat bidj mir eittgegebett,
Hub weldjc Blacfyt tjat 5 üitbe bidj genannt! —
Itnb ift’s beim 5 iinbe,
lüas fo fyeiß unb mächtig
3 tt meinen Kbem ttad} Befreiung fd}rcit —
lüoiilan, Batur,
Did} ruf idj Hagenb an!
IBas gabft bu mir ben Bau ber fdjlaitfcit (Slicbcr,
Der Cippeit Bot, bes Bacfcits £ilienweiß,
Der Kugeit £eud?tctt unb bes BTuttbcs Cädjeln,
<Sin fjer3, bas mit gewaltigen Schlägen podjenb
3 n junger Bruft uor £uft unb IPonne jauefftt —
5^5
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t£>enn bu mir nicf>i ber Kcufcfyfjeit füblcs Siegel
ftnmme IDefyr auf meine Stirn gebrücft ! . . .
So muß i d} trauern ob ber reichen (Saben,
Die überfließcnb (ßram um mid) oerbreitcn,
<ßleid? jenem Cranf, ber perlcnüberfdjäumeub
«3ur Cacfye n?arb auf reidjbefcfeter Cafel,
Den nimmerfattcn fliegen näfdigc Speifc . . .
Du mußteft Hlaß 311 galten nidjt,
Du IDeifc —
Hub bein (Sefdjöpf foü nocifer fein ab bu! . . .
So rnerf id? blutenb meine IDaffeu b>in,
(ßenug ber Qual —
3di tr>ill nidjt ftärfer fein, als bu mid} madjteft
Himnt beinen Sieg!
Sdjweigenb fnic id} nieber
llnb beug mein £jaupt unb meine ftill —
€in EPeib . . .
3^6
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< 3 ur Dämmcrftunbc war’s —
<gur Dämmcrftunbc war’s, sur glimmen «T^it,
Unb beine Hofen bufteten im Zimmer,
3 n’s 5 ^n|icr br ad} ber Icfcte Ubcnbfdjintmcr —
Unb meine Scfytfucfyt ging fo weit.
Sic fudjtc bidj — wie bufteten bic Hofen !
Unb led^enb barg id} mein (ßeftdjt tjinein
Unb fog bic filmen, füffen Düfte ein —
IDie füfylt i d) beinc IDünfcfyc midj umfofen!
© fämft bu jefet, wie würbe icfy bid? lieben! . . .
3 dj ging unb fperrte weit mein 5 enfter auf,
© Cuft! ba famft bic Strafe bu herauf,
Don gleicher Sclinfudjt 5 U mir fjergetrieben.
Unb wie im Craunt blieb id} am 5cnfter ftefyi
Unb niefte ftumm — bu ftürmteft in bas fjaus,
Hrciteteft fcfyweigenb beinc Urme aus
€s mußte fein — fo ift cs beim gefdiefyen!
3^7
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0 hnc (Sott
0 Siebter, fönnt ich bir gehören
Por aller iPelt fo ftols unb rein,
Dürft id> in ^rci^cit bir gewähren,
IPas id} bir geb t>on meinem Sein.
IPas id? bir geb an Ceib unb Seele,
<£s t)at ein anbercr baran teil,
Unb bafj idj’s jenem anbern ftcbjte.
Das wirb uns nimmermehr 31ml fjeil.
3 < 3 ? mujg ber tPahrhcit Cempcl fcfyänben,
3n bem id? ftets gebetet h<*b,
Unb graben fo mit eigenen fjänben
UTir meiner füfjen Siebe (Srab.
Die anberen fernen fönnen febreien
(Sott in ihrer haften Hot —
3d? fattn mir felber nur uerseihen,
3 d? gab mir felber mein (Sebot.
3^8
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man n u n 5 c i b
Du ftefyft öcn Scfymerj nidit unb bie Ojräncn,
Das Süden meiner Sippen nidjt,
Du fannft bid} frei unb gliidtidj mahnen,
XDo mir bas fferj r>or 3ammer briefjt.
Du roülft nidjt meine Qual »erftcfyen,
Ziid?t fefyen, tuie id} mübe bin,
2Tiit biefer Saft batjinjugetjen,
Die bu erträgft mit leidstem Sinn.
Du fyaft ber Siebe Soiju befommen,
Dcrrät cs bod? bein Siegcrblid!
3d} bas Kreu 3 auf ntid) genommen
Unb trage blutenb mein (Sefdjid.
Dir tt>arb ber Siebe Sufi gegeben
Unb mir bie Qual — benn idj bin U>cib!
3dj gab in Sdjmer 3 cn neues Seben,
Da bu in Sufi umfcfylangft ben Seib.
349
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„Klopfet, fo tuirb cud) auf getrau!"
Siefyc, id) fiel] oor beincr €l?ür,
£afj midj ein!
Siefyc, id} bring meine Seele bir,
Sic ift bein.
Siel^ meine Seele in großer Hot,
£afj fic ein!
£a§ fie nid)t fterben ben fymgertob,
Sie ift bein.
Sielte, fic bittet in l]cifsem ^It’fyt,
£af3 ftc ein!
£ajj ftc nid}t bettclnb roeitergefyt,
Sic ift bein.
(Sieb iljr in beinen Krnten Hui},
£afj fte ein!
Du bift il^r £}err unb HTcifter, bu,
Sie ift bein.
£a§ ftc nid}t bettclnb weitergeltn,
£a§ ftc ein!
Du mirft für fte »or bem Hidjter ftefyt,
Sie ift beittü . . .
350
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Die Sünbe
t£>ie ging fie mir locfcnb unb ladjenb 3iir Seit,
Die Sünbe in purpurrotem Kleib,
So laug, bis fie mid? gefangen —
Dann mürbe fie f^äfjlidj unb fred) unb fatjl
Unb ift, als fie mir ben ^rieben ftafyl,
fjin 311 einer anbern gegangen.
Dort fängt fie itjr f^anbroerf uon neuem au,
£egt trügenb bie gleifjenbcn Kleiber an
Hub leuchtet ruic taufenb Sonnen —
3 cfy feil ftc t>on Seele 3U Seele gehn
Unb fann fie nidjt fjalten, cs mufj gefdjehn,
3 h r furchtbar Spiel ift gewonnen.
Unb ib>r 51m Seite, ein Schatten treu
Unb unsertrennlid} — bas ift bie Heu!
Dor ber giebt es fein «Entrinnen —
Sie wirb biefy finben beim Sdjfafengehu,
Des HTorgens an beinern £$ette ftefjn,
HTit bir ben Cag 311 beginnen.
35 \
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5 dj I u m m e r l i e b
5 ur Hulie, mein i}er3, 31m Hut},
Schliefe beine 2Jugen 311,
Sinb fcfyon fo miib unb rot unb t>eiß
Don Cfyränen, bic bodj niemanb meifj
2Us icf?, mein Ijers, unb bu —
3d?lie§ beinc 2lugen 311.
Schlafe, mein X^ers, fdjlaf ein —
Sicfyft bu ben fübemen Schein,
Sieijft bu ben großen, ben ftillen Stern?
<£r fyat bie müben fjersen fo gern,
Sdjlafe, mein £jer3, fcfylaf ein
3 » feinem fUberncn Schein.
Stille, mein ffer^ fei ftill,
fför, mas xd} fingen miß —
3 dj meifj einen Sdjafc fo munberfdjön,
Den moßen mir beibe fudjen gefyn —
Stiße, mein f}er3, fei ftiß,
i}ör, mas id) fingen miß.
352
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<S e f d) i d) t c it
IDenn es fdjummert unb im Kamin
Die roten Scfyeite fniftem unb gliifyn,
Crippeln brei 3ierlicfye 3ungfräulein
§ur JTiutter in bie Stube hinein
<3um piauberftünbdjcn :
Drei piappermünbdjen,
Drei nicfytsnu&ige ?Erufeelföpfcfycn
ZTTit blonben göpfcfyen.
Schnell finbet ein »armes €«Jd?en man,
<5»ei fcfymicgen fic^ 3ur Seite an,
Hefttjäfdjen auf ben Scfyofj,
Unb nun g efyt’s los:
Unb UTüttercfyen bies — unb ZTiüttercfjen bas,
Unb Ulütterdjen, ersäht uns »as! —
Dann »erben bie fcfyönfien (ßefdjidjten erfonnen
Unb Klareren gefponnen!
Uber am fcfyönften ift bod? 3U ftreiten,
tDie es fein »irb in fpäteren feiten,
IDenn unfere brei 3ungfräulein
XDcrben brei grofje Damen fein.
Unb bie erfte fpridjt:
„Sieben Kinberlein möchte i d} fyaben,
353 23
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Unb traten fie meinen Ulann begraben,
Dann bliebe icfj gan3 allein
Ulit meinen fteben Kinberlcin,
So nerlaffcn unb arm,
Da§ (Sott erbarm!
IDeit braußen im IDalb,
Da mär es fo fcfyaurig, bunFcl unb Falt —
£ju! Unb id} fo gan3 allein
UTit meinen fiebcn Kinberleitt!"
Unb bic 3toeitc :
„Sieben Kinber — ei,
Das gäbe mir 311 nie! (Sefcfyrei!
Uber 3tr>ei Fönntcn es fein,
Prin3 unb prin5effin fein;
Unb ba3u einen reichen UTann,
Der 3iet]t uns fcfjöne Kleiber an,
Unb mir fdjlafcn auf feibenen Kiffen
Unb effen täglicfj CecFerbiffen
Unb füfjc Spcifen
Unb Fönnen reifen —
U)eit — mcit!"
HeftbäFdjen aber, bas fdjmeigfam mar,
(Ergebt 31m UTutter bas Sternenpaar
35<*
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Unb (priemt mit 3 udcnber Cippe bann:
„3 dj rr»ill feine Kinber unb toill feinen UTann,
3 dj mödjte gerne immer flein
Unb immer Bei meinem UTutterdjeu fein!"
<£ine 2t>eile ift alles ftumm,
Dann tjei^t es fd)ikf}tem: „Via, bu Bift bunim!"
Unb bann, roie um eine Sdjulb ju entrichten:
„Das ftnb ja alles nur (ßefdjidjten!"
355
23 *
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4
ittutter
Kinb, als bu flcin marft,
Sd } ien mir fjart mein Cos —
Du gabft mir 5d} mer3,
Du brücFteft meinen Scfyoß !
Hun, ba bu groß bift,
IDucfjs mit bir mein Sdjmcr3 —
Klein großes Kinb,
rüie brüefft bu mir bas fje^!
356
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ZHargarete 23runs
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Margarete £runs mürbe am z\. September *873
in ITtinbeu (iDeftfalen) geboren. Seit 1099 ift fie mit bem
Sdjriftfteller ITTaj £runs Derbeiratet. Sie lebt in IHittben.
ZHe Sieber eines merbenben iPeibes *900.
358
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Ul ä r cfye n
“Drei perwunfdjene Königsfinber fpielen im grünen
Klee,
Unter lacfyenbem fjimmel,
Km fonniggli&ernben 5ee,
Plaubem mit ben plätfdjernben ZDellen,
fjafdjen nadj ben bunten tibellen,
Sd^neiben ftd} 5löten aus ZDeibenrofyr
Unb blafen ben tjordjenbeu Störten
€in UTärcfyenliebel r>or.
<£ine nur jifet ftitl unb ferne ben anbern,
täjjt ben träumenben BlicF in leudjtenbe Zweiten
toanbem;
Sonne [dämmert auf il^rem fjaar
Unb ifyrent fdjwellenben Srüftepaar,
Unb bie tippen glasen ifyr rot unb poll —
Die wartet auf ben Königsfofyn,
Der fte erlöfen foü . . .
359
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2luf Umroegen
Dort fern am Berge rninft bein fjaus
Unb locft fo lieb unb minft fo blau
Hub minft unb minft mid) meit hinaus —
3d? meijj ben fdnnalen Pfab genau.
Dod? eine Pappel ftctjt baoor;
Die reeft fo marnenb ifyre «grneige
Starr in bie fdnoüle €uft empor,
Daß id? mid? fd?cu in’s Korofelb fd?leid?e!
Hlit baftger fjanb rupf id? jum Strauß
Die Baben, bie am Haine ftcljen —
<3upf il>re meidjen Blätter aus
Unb laffe fie im IDinb oerroeljen . . .
Unb oon ber Seite blief id? fd?nell:
Siel?, burd? bie gelben 2lel?ren mögen
IDinft mir bein f?aus, fo naf?, fo Ijell —
Bin 3 itternb qucrfelbeitt geflogen!
360
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<Sef afjr
Sdjroer atmenb bebt bcr 5id?tenfyain.
Km IDalbesranbe roir allein —
IDeit alles ftill, fein Dogcl ruft,
Die JDolfen ballen ficfy u>ie Uaucfy,
Scfytrml gefyt bie £uft,
Bod? fd)tr>üler gefjt bein fjaudj.
ZPic’s über’m Berge finfter brofyt!
IDie’s bläulid? burcfy bie Ciifte Iofjt!
Scfyon fyat bie Sonne fid} uerftecft,
Das bumpfe Donnergrollen mecft
<£ in <£dj o roeit im IPalbc.
3n beincn Kugcn süngclt blau
Unb flacft ber Blifee UKbcrfcfyein —
Km IDalbcsranbe u?ir allein,
Unb brofjenb roädjft bie IDolfemuanb,
So eigen fiebert beine bjanb —
Bein, nein, bu! Komm nacfy bjaus!
36 \
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2TI dbc^cnlicb
Don deinem Reißen Kuffe
gittert nod} mein fjaar,
tflir ift nod} u?ic im £ raume :
drentb unb munberbar.
Du mad}jt mid} gan 3 3 um IDeibe,
So ftol 3 unb frei:
2ln beinern ffalfe lernt id),
IDas Ciebe fei.
Du macfjft rnid} gan 3 3 um Kinbe,
So jung unb rein :
3d} tocifj oon feiner Sünbe,
Seit id} bein.
3n bunfler Sommerreife
(Slän 3 t tjeute unb 51ur,
3d} ftße ftill unb träume
Don beiner (Süte nur.
Hub meid} rnie bcine Xjänbe
Streichelt bie Sonne mein fjaupt —
Himmer, nimmer hätt id}
2ln fo piel £iebe geglaubt!
562
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Sicheres (ßlücf
€s bunfelt fdjon.
3m neigt ftef? ber roclfenbe tflofyn,
IDeifl fommt es herauf pon ben IDiefen —
2£>ir gelten fcfytpeigcnb fjartb in ffanb
Unb fefyi bas ftille, ernfte £anb
3n ‘Dämmergrau 3 erflie§en.
5ern flirrt nod} ein tpinjiges Bauernbaus —
Hun Iifd^t aud? bort bas £ämpcfyen aus,
Kein £id}t glimmt tnefyr auf €rben.
Die Hacfyt friedet fcfytpar 3 unb fdjtuer lierau —
Dodj tief in unferm fersen fann
€s nie ntefyr bunfel werben!
363
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Strafcenbilb
Kus rauher Kehle pfeift ber ©ft
Durch fchneegeftampfte (ßaffen,
Da fielen bebenb in hartem 5roft
Dier ZHufifanten unb blafcn.
Die güge grau un & oernnttert,
It>ie fie nur bas £lenb fennt;
3n blauroten fjänben äittert
Das gelbe 3 n ftniment.
<£s tanjt bic alte lüeife
3n ftolpcmbem Cafte r>or;
Die müßigen (ßaffer im Kreife
^ören mit halbem ©hr.
(Ein armfetger Kupfer rollt
3n bie ZTTüße, bic hia^halten;
Doch n?ie ber Crupp r>on bannen trollt,
Da hüllt bic Sonne in lauter (ßolb
Die uier 3 erlumpten (Seftalten.
36 ^
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2TCargarete Beutler
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UTargarete Beutler trnirbe am \3. Januar t876
als (Eodjter eines ®fft 3 ters geboren, in einem pommerfdjen
Stäbtd?en natje ber ©ftfee. Um ftd? auf eigene ,Jujje 311
fieüen, machte fte bas feljrerinneneramen. Sie pcrliejj bas
(Elternhaus unb rang in harter anftrertgenber Urbeit um
ifyr febeu. Sie lebt je^t in Berlin. 3^ rc <Scbicf?tc finb
bisher nodj nidjt in Budjfornt erfcfjienen.
366
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Die Kommenbcit
(2lus bem Horben Herlins)
<£itt Kinbcrplafo, mit Sanb unb Hujj bebeeft,
Don fläglid) blaffent Straucfyroerf eingeljccft —
Da roädjft es auf, bas fomtnenbe (Sefdjledjt,
Das einft — oielleidjt! — ber UTutter Oiräncn rädjt.
Da baut es afytenb ftd) ein partes 5i<d —
Das £ebctt reicht ifyn Steine übcrtncl!
Unb — es ift närrifd) — ob bem (ßeifterbau
Des Rimmels 3 ärtlid)ftes Septemberblau . . .
Don biefer breiten Kinbcrjtirnc fpridjt
<Eitt fdjtoa^es Croften: „Unb id) rocidje nidjt!
3d) toeifj fdjon längft, roas in ber IDelt fo Braud?,
Unb u>ie es Pater madjt, fo ntad) idj’s audj.
Ulein fjafj ben fetten an bie <5urgel fpringt,
23is mid) einmal ber blutge Strom ocrfdjlingt."
. . . Dies UTäbdjen ! IDie ifyr feef bie ^unge gcljt —
Sie fprad} tooty nie ein Kinbernadjtgcbet !
567
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Bo d) trägt fte unbewußt iljr Cumpenfleib —
t£>ie lange nodj, bann fommt audj il>rc geil,
Dann fd?littgt ftc fdmtufcge Bänbcr ftdj in’s bfaar
Unb bietet ladjenb tbjre Bei3C bar.
Unb ein paar roljcr lujt, bann fjat
Der Cob ftc lieb auf fünbger lagerftatt . . .
. . . Jt>ie jener Knabenmunb fo fcfymcr3lidj ift! —
Kdj, wenn iftn niemanb ab ber bjunger füßt . . .
Die UTuttcr mufcb, bis fte 3utn Cobc franf,
Unb ab ftc ftarb, ba fpradj fte: „(Sott fei Danf!"
€in altes tPcib erftanb beit Knaben ftcfy,
Dod? fic ift Ijart unb arm unb wunberlid?.
$üt ein Stücf Brot in UTorgcnnebelftunb
läuft er ftd} Cag für Cag bie 5 ü§e wuttb,
Httb Cag für Cag faugt non ben Cippeit iljm
Den bjeimatfegen feines Cherubim.
Sein <£ngel fdjläft — unb €ngel fdjlafen feft —
Kein Kinberjammer, ber fte wadjett läßt! —
368
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XDie toilbes, fruchtlos ftarres Sinfenrofjr
IDädjft [o (ßefcfytecfjt t?ier für (ßefcfjlecfjt empor —
Unb jeber 2TTai entlocft basfelbe £aub
"Den magern Sträucfyero — bla§, bebecft mit Staub.
IXVit — roeit bauon prebigt bic Sonnenpradjt:
„3d? bin bas £id}t, bas alle glücflidj madjt!"
569
2 *
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Die alte £e hierin
Sic fpradj mich an — um uns ein IDirbelunnb,
Sic l;fifieltc: „tPie Sic bodj glücflich finb!
So ftarf bcn?u|gt — ein redjtes Sonntagsfinb!"
3d? mollte fagen: „Hun, fo macht mir’s naefj!
Heibt euch bie 2lugen, roerbet enblich mach!
Die ,3eit ift ba — unb fouicl 5elb liegt brach*
„Unb fouiel 5reube u?iü genoffen fein!
Cbut ab bas giftge Kleib ber Sehnfud]tspein
Unb wadjft hinein in meinen Sonnenfehein !"
Unb fah 5«r Seite — trippelnb, fd}eu gebüeft,
Den alten fjut mit buntem Canb gcfchmücft,
Den Kneifer por bic 2lugen feft gebrüeft —
So tnar fie neben mir, faft lächerlich . . .
Uch, biefe blinben 2lugen barmten mich!
Um ihre tippen gruben Hünen fid? —
Die fprachen pon penoachter Hächte Qual,
Don einem croig fargen Ccbensmahl,
Unb Sclbftbctrug — unb toter Cage <3ahl.
570
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So ging ftc ihren langen Domengang,
IDeil nie ein iDccFruf in ihr Denfen brang,
Hub nun ift ihre Kraft 3 criȟI>It unb franF.
IDcnn jefct ber Sturm nod? in ihr Sinnen brid?t,
So trägt er cs 311 golbner fjöhe nid?t,
Denn ibjrc Seele ftarb bem Sonnenlicht . . .
3dj fagte ftilt : „Kd?, bas ift aud? nid?t fo,
i1id?t immer bin icf? ftols unb fdjaffensfrob,
So mand?e (Sarbc ift nur leeres Stroh — “
. . . Um eine <£cfc fegte uns ber 2t>inb,
Sie aber fah mid? an: „Sie Sonntagsfinb,
Du lieber (Sott, toenn S i c nid?t glücf lieh fi n & • * •"
37 \ 2<k*
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Verloren
IParurn, arme milbe Scfyipefter,
Dürft id> bicb nicfyt efycr fennen
llnb in’s i^erj bir meiner UTilbe
Süjje 5 a wberformcl brennen?
tDarum, fcfyonc milbc ScfytDefter,
Dürft icfy bi d} niefjt efyer betten
Kn mein X^er3 unb beiner 5eele
€in geheimes Saatforn retten?
Dein geblieben mar ber (Slaube
Kn bes UTannes Kraft unb (ßüte,
Unb aus ifyn emporgetrieben
IDär ber Siebe tDunberblüte . . .
Duftlos brennt bein junger (Sartcn
Kn ber Sünbe breiten Choren —
Krmc Scfymefter, nun für immer
3ft bein beftes Ccil oerloren.
Unb vergebens fpricfyt mein UTunb bir
Don ber Siebe Ulärdjcnmäcfyten —
Kcfy, bu träumft an meiner Seite
2ftur uon fünftgen roilben Ztäcfyten.
372
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Sdjmcfter, fomm mit!
Scfymejter, fomm mit!
Deine £}änbe ftnb sart unb fcfylanf —
UTir ift um bidj fo bang —
Sdjmeftcr, Fomm mit!
®b biefy ber Schlamm geboren,
®b bief} bas £after fanb
Uod} an ber Kinbficit Hanb,
®b bief? bie 22ot erforen —
3d? mit! nidjt fragen.
ZTIein Stiibdjcn ift fricboolt rein,
Da ftnb mir beibe allein,
Unb icfy null bir £icbes fagcit —
3dj mill bi d) Sdjmcftcr nennen
Um ber Setjnfucfyt mitten,
Die mir alte Fennen —
3 d? bette bein bfaupt in meinen Scfyofj
Unb fprecfye biefy aller 5ünbe los.
Du fottft rein
Diefen Furjen Ubenb fein
Um meiner Scfynfucfyt mitten —
Scfymefter, fomm mit!
375
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Hub bod? . . .
ffier ift es ftiü an meinem bunflen Cetebe,
Den nur ber UTonbfrau blaffcr Schleier ftreift,
Unb i d} bin 5 ürftin biefem Ubenbreidje,
3n bas fein frembcs Hlenfdjenbenfen greift —
Unb id? befehle meinem bunflen Ceidje,
Itnb idj befehle feinen lauen 5luten,
Dafj fte mid? tragen, ihre Königin!
Sie tragen mid? 311 meiner 3 nfel t>in,
Da blühen aus bem Schilfe Blumen Fronen,
Die einfant auf ben Folien Stielen thronen
Unb Bliitenftaub aus matten Kelchen bluten,
Unb 3tx>ifd?en meinen Blumen toill id? liegen
Unb meinen Ceib an’s ftarrc Scfyilfgras fdjmiegen.
Die UTonbfrau hüllt midj ein in bleiche Strahlen,
3dj fiel? im Schilf — es Ieud?te»t meine (ßlicber
UTir aus bem bunfelfcudjten Spiegel mieber,
Unb fjunbert Sterne tauchen um mid? nicber
Unb blüljn empor aus tnoletten Sd?alen.
Kül?n lebt mein freute, mübe fdjläft mein (ßeftero —
UTid? trennen Hielten jefet »on meinen Sd?u?e|tern!
KHein in meinem fd?n?eigenflarfen (£ben,
3d? feljne mid? nad? Ciebesreben.
37 <*
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3<f ) fefyte nticfy nadj einem wilben Seinen,
3d? fefjne mid} naefy fdjwacfyen UTäbdjentfjränen,
3d? fefyne midj nadj roten Sonnenfüffen —
Unb weijj, mein £cib rr>irb baran weifen müffen . . .
t£s wirb ein Schatten in mein Dafein treten,
Der Sdjattcn weijj »on weiten KÖnigsredjten,
Der Schatten wirb fid? um mein Dafein fledjten,
Der Schatten wirb mir £eib unb Seele fncdjten,
Unb meine Sinne werben su it^m beten,
Unb meine Seele wirb ifyt berrfdjen laffen —
Dodj meine arme Seele wirb ibn bjaffen.
Bor Sonnenaufgang
JtXT>ic bie IPolfen über bic Berge laufen !
Die Sonne n>itl ftc mit 5<*uer taufen —
IDcntt nur bie Sonne halb fäme
Httb alle bie Bebel unten t>om Cfyal
Hnb ^nocifcl uttb IBirren aÜ 3 umal
Bon fcfyicnben Seelen näfyme!
376
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JHarie JlTabelcinc
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Warte W abeleine (Baronin pon puttPamer)
antrbe am Kpril \88\ in (EybtPubnen geboren. 3 *t r
Pater mar ein ruffifdjer ^abrifbefitjer, iljre IHutter bcutfcb.
Die Familie fiebelte fpäter nadj Berlin über, too IHarie
ITTabeleine bereits im 2 Ilter non fnnfjefyn 3 a ^t rcn ifyre
<Sebidjte in perfdjiebenen geitfdjriften 31t peröffentlid?en
begann. Seit Sommer *900 ift fie mit bem (Seneral
Baron ^einridj pon puttfamer perbeiratet. Sie lebt in
Kolonie (Srunemalb bei Berlin.
Kuf Kypros 1900.
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Über meiner 3 11 3 c >t b
Über meiner 3 u 9 cn ^
taflet fo fcfyroüle (5tut.
3<fy bin (o ntübe. 3cfy feijc
niemals bie Sonnenflut.
3<ä? bin fo tnübe. 3cfy fyörc,
3cfy fjörc 5 u jeber «geit
Scfyfud? 5 cnbe Stimmen. Die fingen
Das alte Cieb »out £cib.
Allüberall nur Sterben,
Brunft unb £ügc unb Bot.
Die fdjauembe UMt überflutet
Unb erftieft t>on trübem Hot.
Aber bie Süube, bie Sünbc
Can 3 t itjren Siegestan 3 .
Die meijjen £}üften umftutet
Des UTantels Purpurglanj.
<£in roter ffcrrfcfyermantet,
Unb er leuchtet n?ie bunflcs Blut —
Über meiner 3ugenb
£afiet fo fcfytrmle (Slut.
379
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Das Königs lieb
IDcifj nicht, rr>arum id] bürgen foü
3n atemlosem, bangem taufeben,
tDenn fo r>iel taufenb Ströme rauften
2Itn Cag unb in ber fdjtoülcn Had?t.
KTir Flingt im ®h r ^ a5 Königslieb,
Das Königslicb ber großen fluten,
Unb meine tippen fielen in (Bluten —
it>ei§ nidjt, marurn idj bürften foll.
380
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3cfy war f o toilb
3<d? u?ar fo rnilb unb bab fo oiel gefügt
Unb mußte bod> nidjt, rnas bie Siebe ift.
Unb feit mein UTunb auf beinen Sippen lag,
Bift meine Sefynfudjt bu bei Hacbt unb Cag.
3d? liebe beincr Stimme müben Con;
2TTir ift, icb fudjte biefy fo lange febon.
mir ift, id) fucfytc bid} mein Sebcn lang
XOie eines Siebes balboergeffnen Klang,
Das fcfyifudjtspoll burdj meine Seele bebt,
€in Sebcn fiinbenb, bas id) cinft gelebt.
38 \
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Komm mit!
IDanbcrgefefl ! (ßieb mir [title bie fjanb
Uni) Fomm mit mir in bas weite £anb,
IDo bas fjerjeteib imb bie Sefynfudjt wohnen,
Drin [djwcren fferjens weilen bie anbern,
Die gteid} uns beiben 3ur Sonne wanbern,
Kuf müben Häuptern bie Dornenfronen.
Komm mit mir an bie bunFIen Seen,
Über bie fUifternbe IDinbe wetten,
Die mit feigem Ktem bie Knospen Füffen,
Die roten Knospen in allen Bäumen,
Die r>on bem ewigen Cidjte träumen
Unb oor bem Blühen weifen tnüffen.
Komm mit mir an bie bunFIen Seen,
Komm mit! XDir müffen sufammen getjen;
tDir tragen beib auf ber Stirn bas £>cidjen
Don jenen, bie in bem £anbc wohnen,
Kuf müben ffäuptern bie Dornenfronen,
Unb fterben, etj fte bie f^ötjn erreichen.
382
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H o 1 1 u r n o
3d? Ijabe in mein bunfles fjaar
<£incn Kran 3 non »eigen Hofen gebriieft.
3d) bin fo fdjön, »ic id> niemals »ar —
<3um (Dpfer t^ab idj mid? gcfcfytnücft.
<£s ftelit mein Ulunb in rotem Hranb,
3n meinen Uugen träumt ein £id?t;
<§u Hoben gleitet mein <ße»anb —
3dj »arte! lüarum fommft bu nicfyt?
Unb »iüft bu, bafj ein anbrer fiibjlt
"Die (Slut, bic bu in mir entflammt,
Unb bafj ein anbrer 3 ittern fiit^It
HTeiner jungen (ßlieber »eifjen 5ammt?
Unb follen eines anbern fein
Die Hlüten, bie id} bir gemeint?
3 d} ftarre in bie Hadjt hinein,
Unb meine Seele fcfyludut oor £eib . . .
383
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Hegen
€in Hegentag! *£s riefeln graue Cropfen.
3d? hör fte leife an bie 5«nfter flopfeit.
ZDie Otränen hängen fte an allen Häuttten.
5tiU flingt ifyr ^lüftern itt mein miibes Cräumen.
Urib cs erblüfyi in bunfleu Seelentiefen
Die fiifjcn Cöne, hie fo lange fcfyliefcn,
Die icfy perloren glaubte unb nergeffen,
ZPeil i d) »iel u?ilber Cicbcr miefy oermeffen,
XX>o ftnb fte jefet? — Hn’s 5«nfter fcfylagen Cropfen.
3cfy fyöre nichts als meines £jcr 3 ens Klopfen.
llttb jenett erften Ciebes leifes ILönen
HTit feinem gren 3 enlofen, tiefen Sextett,
ZHit feinem itnoerftanbcnen Verlangen,
Hlit all bem Scfymer 3 , ber nie 3 ur Hulf gegangen.
3dj fjörc nichts als meines fjer 3 etts Klopfen —
Ktt’s 5^nfter fcfylagctt müb bie Hegentropfen.
38 ^
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€nbc
Vas aber ift bas €nbc allen Sefyncns,
Vas ift ber großen flamme lefctes (Slüfyi:
Vas miibe £jaupt Dlarieen 2Ttagbalcnens
Kuf beinen Knien! . . .
385
25
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3nfyaltsüt>erficfyt
Seite
<frq«enfefrnyiid?t un6 ^rawcnfeic^tung . . 9
ffcutler, ^Margarete
Die Kommenben 367
Die alte £cfrreriti 370
Perloren 572
Stfrtuefter, fomm mit! 575
Hub bodf! 374
Por Sonnenaufgang 376
ffruns, ^Margarete
inärd?en 359
2lnf llmtuegen 560
(Sefafrr 36 t
IHäbcfrenlieb 562
Sicheres (Sind 563
Strafiettbilb 36q
387
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Cbriftcn, Hba
Seite
Hot
(39
Kinnes
(40
<£in Kalg
U(
.fünf (Treppen f?od? ....
(42
Somnambule
(47
ITtaryna
(48
ZTad> bem Kegen
(49
Kleine ITtufe tso
groiffantsKttft, Mntta
Kympbenburg
... 241
PorfFircbe
Warum bift bn mir ferne?. . . .
. . . 248
i>ethK'ff5, Sofie
Rabe adjt anf bicb
... 83
Kus bcr Kird>e
... 84
Pe ©le un bat Kinb
Pe Krbeitsmann
©1 3udjen
... 86
... 88
Kroftesijülsboif, Knucttc ttott
Pie redjte Stunbe
rtot
... 54
Km (Turme
Pie junge XTTutter
Pie befdjränfte ,frau
Per Reibemann
Pas Raus in ber Reibe
. . / . 68
Per Wetter
... «0
388
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gfrncrs(Sfd?cnftad?, fltaric ttott g g j tg
Vas Scfriff UH
(Sänfe.iuq 102
Sanft Peter nttb ber Slauftrumpf . . . . t(?3
£iebeserflärung \05
Spriidjperfe \06
tgin fletnes £ieb t07
^rayan, 3 tfe
fficfrenbröbel t75
Puttfel briicft bas (Ehal 17$
Sotntnerabenb 175
iöinterabenb 176
3m Hamburger trafen 177
(graste, fllaric (Sngcnie 6 dte
Cräumerd?en 315
Sd?tpüle 515
Sommer 316
Campaqna»(gennttcr 317
Hömifcfrer Sonnenuntergang 319
Pilla am IHeer . ± ± ± , , , , * * , 32ü
.friebfrof 52 t
ITtttternacfyt 522
liörmattn, duaclifa uou
jlm lUege u l
Ittäbdjettlieber U2
(Cagebucfyblätter 11$
ZTun ftnb ftc ba, bie blauen (Tage . ... 116
589
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Sette
Seltfame UVlt U"
Kn meinen Knaben U8
KUtäglidjfeit U9
Unuerjtanben 120
ffuri?, Mtcarba
fiebesrcinte 291
Sefrnjtufrt 295
Pie Kmpel 296
Perftofien 297
Kn ein Kinb 298
hinter 299
(Erinnerung 300
(Elfenreigen 3(H
(Brillen 302
Kffengcfang 30^
IPiegenlieb 306
fierbft 308
(Eob Sämann 509
3anitfcfrcf, fltavia
Porfrübling 223
IKSbcfrenfrage 22 ^
,^ang fiel 225
Pu £ofel 227
Pas IPeib 229
Pie (Efyoricfrte. 253
( Bomorra . . . , . , , . . , , = .
Pas teilte 236
Km (Bipfel 257
390
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^ut-3/ 3fot&e gelte
lHäbd?enIiebe \8t
Spaziergang 185
Hu fnfyrft gleid? einem Sturm ans Horben . \8^
Wegwarte 185
nächtliche Hleerfahrt 18?
Km jiingften (Eag 188
Ksphobill 190
Hie nid?t>(5en>efencn t98
Cfngcn, Shefla
€be 341
Scbweftern 3^2
Hie Klte 5<H
0l?nmad?t 3^5
^ur Hämmerftnnbe war’s 3^7
Ohne (Sott 348
OTann nnb Weib 549
„Klopfet, fo wirb euch anfgethanl 1 ' .... 350
Hie Sünbe 351
Sd?lnmmerlieb 552
<8efd?id?ten 353
ZKntter 356
ZHa^ckinc, ZlUnic
Über meiner 3uge»b 379
Has Königslieb 380
3<h war fo n>ilb 58 t
Komm mitl 382
Zlotturno 583
391
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Seite
Kegen 38$
€nbe 385
HlUfler, starrt
iroft 253
3« bunfler Strafe 25$
SünbenFinb 255
Das IDeib 257
©ftara 259
SyloefterFlänge 26 t
Der §uhmft Krone 263
ftaoli, ffetty
IPanbliwq 9 3
mit birl 9$
(Babe 95
Stille 96
Die Pergangenfteit 9?
3« fpäten 3at]ren . . . • 98
flloentties, Cuife t?ott
Sd?5n 3cffY 73
.frau Silber linb 75
Sonette "8
mir fiel eine n>ei§e ^locfe 80
ftmifcfyett, germine t>oit
Unb fie fam 20 t,
3 d) tpetfi 202
592
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Seite
IHofrnMumett 205
Kiinftlerfeele 204*
Perlenfcfynur 206
Kinberfiifje 208
puttfamcr, Altert« t>oit
Sommernacfjts *53
Pa einft bie poft fufyr *5<*
ZTad^auber *56
(Slücfesafynen *57
3n ljei§er geit *58
3m ITTorgengrauen *59
<£in 2*uffd?rei *6*
Zlorbifcfjer ^riitjling *62
Porfftille *63
€tne (Eirtfame *6<*
ölief aitf bie Strafe *66
Strafjenfcette *69
flitter, Mnnci
(Einfegnung 523
ffrautlieb 326
tPeifre 528
IPad? auf, mein £ieb 529
Sturmlieb 350
3m t folbe 333
2Iuffd?rei 355
IPenn bie Ztot am größten — 336
593
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Kn mein (Ealent . . .
2luf ber alten Stabtmauer
£eite
537
338
Sd?an3, x frfofrq
IUäbd?enoiebanfen 2U
Pie (Entführte 212
(gutes 33etfptel 2(5
Per Ulonb fpielt in freu glattgeflecbten . . 2(*(
mit einem fiammerfefrlag 2(6
Wie gebt es iljr? 2(7
Pie Blumenmalerin 2 18
Unter (Senefenen 220
Stona, Ularie
Sieber einer jungen t frau 267
Sie 277
Pie Weber 278
Pie Weberinnen 279
5ytva, <£avttten
2lus bem <£i gefreuten (23
fjänsdjen im Keller (2<(
Kngft 126
§um lebten ITlal (28
Pie Kinberfrau (29
Sein Weib (3(
Weberlieb (33
594
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^ette
Scfrabel 13^
IPenn grauen fcher-jen \56
Crieyel/ (Bcrtruft
Den Spöttern 283
Sd?i(ffal 28 ^
Dämmerung 286
395
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Port paul Homer, bem Herausgeber bes
„Sucres ber Selfnfucfyt", erfriert im gleichen
Perlagc :
Unterm Begenbogcn
ITTit Umfdjlagjeidjrtung t>on p. Brocfmüller
„Der Kunftroart" fchreibt über biefes Buch:
(Es ift ein fdjmaler Duobejbanb pon nur acfjtjtg Setten
mit gegen breifjig Meinen Dichtungen in profa : IHärchen,
fabeln, Stimtnungsbilbern,phantafien, (Schichten in epifdfer
^orin. Die bebeutenbe ITtcHr3abfI biefer Stücfe enthält
a?irFIid?e poefic. (Einen tiefen, aus bem £ebert hercor«
qucUenbeu (Sebanfett, oft eine ernfte {frage unferes Dafeins,
befjanbeln fte offne Husnaljme. 3e nach ber 2lrt bes
(Effemas ift bann ber dott ber Raffung ernft unb feierlich,
ober leicht, pon einem hatten, ladjenben Humor getragen,
aber in jebent ,fall polier (Seift unb Originalität. Unb
glänjettb mei§ Hemer babei unfere Spraye 3U bchanbeln;
jeber Satj feiner profa lieft fich roie ein Pers, ift polier
IHelobie unb Hffythiuus, unb Fein falfcher ober unreiner
dort reißt uns aus ber Stimmung, bie einmal angefdflagen
ift. (Eine 3arte unb gefchmacfpolle dmpftnbung bemeifi
biefe Darftellung, bie auf bas Sauberfte unb Schärffie aus«
gefeilt ift unb nie an Breite ober Unflartjeit leibet. IPer
für in gutem Sinne 3arte poefie empfänglich ift, tpirb in
biefem Fleinen Banbe fittben, tuas er geanü oft pergeblich
gefudft hat.
preis: brofdj. 2Ttf. f.50; geb. ZTtf. 2.50.
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Kon paul Kerner erfebien ferner:
Jo^anmsßinö
Sommerltebcr
KTit bem Kilbe bes "Dichters
nad? einer Photographie t>on 3ofef Kainj
internationale £itteraturberichte : Pani Hemer ift
ein feinbefaiteter Stimmungspoet, ber mit fcfylicfjt grajiofeit
Kunftmitteln tiefe f?er3enstpirfungeu ersielt. IDieroobl
erft im d r ühf ommer bes £ebeus ftetjenb, beft^t er bodj
fdjon eine gereifte unb milbe £ebensauffaffung, unb feine
£yrif atmet ben ^rieben einer tiefempfinbenben, aber bod?
geruhfamen Seele. (Eine finnige Hebeutung liegt in ber
hoppelten He3eid?nung: „iobanttisFinb. Sommcrliebcr".
Hidjt aus bem tllorgenrot ber iugenb, aus ben Stürmen
bes Jfrüfylings ftttb biefe < 5 ebid?te geboren, fonbern aus ber
Sommerfonne bes £ebens, unb ber §auber einer meiden
unb reinen iohannisfeftftimmung umfpinnt fie. Der Didier
hat in biefe Kiuber feiner ITTufe bas ©eheimnis feiner
Seele gelegt, unb non ihnen gilt bas tDeisheitstuort bes
Hefthetifers Kiffer: „Das Schöne bringt ^rieben."
preis: brofdj. 2TTF. \.50; geb. 2TCF. 2.50.
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3m gleichen Dcrlagc ersten:
Die Perlenfdjnur
<£inc Anthologie ntobemer Cyrif
ausgetDäfylt für ^amilie unö f)aus
POtt
Cu&tnig (Semmel
mit Budjfdjmucf oott ßaus fjeife
Über biefe erftc naef) mirflid) m ob er neu
(Sefidüspunften 3 ufainmengcftcllte Anthologie, bie
fid? fcl>r fcfjnell bie (Sunft aller 5rcunbc guter
Cyrif erworben hat, wollen mir aus ber überreichen
5ülle anerfennenber 23cfprccbungen nur bie eine
anführen :
IHaimer gaab latt: Als ^eftgabc hat ber rührige
Derlag, ber fiir bie Grutwicflung mtferer moberncit £ittcratur
firf? aerabe3tt bahnbrechenb erwiefett t>at, in bem genannten
IDerfe eine Sammlung lyrifdjer (Erjeugttiffe junger uttb
jiiugfter Künftlcr herausgegeben, welche bie AufmerPfam»
Feit aller berer herausforbert , bie an ber bidjterifcben
(SeftaltungsPraft mtferer §eit Anteil nehmen, per (Eitel
ift in ber (Etjat ein berechtigter; cs jtttb perlen ntoberucr
£yriP, rou feinfühligem un 5 fetnftnntgem (Empfinben aus»
gewählt. d crn pon " ^* en ausgetretenen Bahnen ber 30hl*
lofen Antholoaieen will bie rorliegenbe Sammlung bem
£ebenben 311 feinem Hechte rerhelfen uttb auf bie ^ülle
ron wahrer Knnft aufmerPfant machen, bie auf bem <Se»
biete ber ttnfcrcr bahinftürmettben §eit fo wenig nabe»
liegenben lyrifchcn Dichtung fich geltenb macht.
3n elegantem (5efdjen!banb 2Hf. 6. — .
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'Srucf t»on §(. SRiefc A Sotjn in Slaumburg a. 6.
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32101 069202255
Prmc*»on Unw«i«ity Libim