Neue Bahnen
Johannes Meyer,
Heinrich Scherer
(1851- ed), ...
REESE LIBRARY
nr THK
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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Ur^n^P^r^^-v ^„n»u„ ^jj ^^1^
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NEUE BAHNEN.
Monatsschrift
fOr
Haus-, Schul- und Gesellschafts-Erziehung.
Herausgegeben
unter Mflwirkung namhafter Paedagogan
VOtl
Joliazines Meyer.
V/I. Jahrgang. t8g6,
\
S,
, ^- — - -
Wiestiaden.
Verlag von Emil Behrend.
.1896.
^.1
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Mitarbeiter des VIL Jahrgano;es.
I>M beigcf^es XiUileD bexsicluieu die ä«iten, auf d«D in den «ia«»lnen il«ft«ii dt«
W. Auj^vSchun, Mittelschullclirer in Broiuberg 205. 584. — Joh.
B«ngel, Lehrer in Raeren (Rheinprovinz) 209. 505. 561. — Dr. Paul
Bergetnanti, Privat-Dozent In Jena i. 65. 139. 177. 393. - R.Diet-
rich, Schriftoteller in Nürnberg 218. 233. 285. 327, 345. 457. 625;
femer -Wissenschaftliche Beilage-. — Heinr. Free, Lehrer an der
B&rgeiBchtile in Osnabrück 23.90. — Arth. Häse. Lehrerin Magde>
bürg 35. Joh. Hönisch ei dt, Hanptlehrcr in Crefeld 129. 196.
— Prof. K. Klein, (i% ninasiallchrer a. D. in Fnedberg (Hessen) 46.
EOi, Paul Kocli. I.ehrer^i^ Penig 126. — Marie Löper-
Housselle, Heiaii.sgeberin der - Lehrerin > in Ispringen (Baden)
297. — K. Ries, Lehrer und Redakteur in Prankfnrta/M. 597. — R.
Rilsmann, Rektor in Berlin 415» - W. Rfibenkamp, hvhnr in
Crefeld 116. ^ H. Schröer, städt Tnmwart in Berlin 388. 452. —
1' . VV. Schmidt. Lehrer an der Bürgerschule für MSdchen in Cre-
feld. Beilage: Pädagogische Hiicher- nnd Zeitnngsschau*. - Otto
Schulüe. Lehrer an rkn Francke.schen Anstalten in Halle a/S. 109.
1^2. 211. 477. ~ F)r. Rieh Schulze, Lehrer in Leipzig 52. 170.228.
— Paul Stade, ( )bt'rlLlircr in Sondershausen 291. 337. - F. A.
Steglich, Lehrer in Dresden 481. 525. - Dr. Goswin K. Uphues,
Umversitats-Profeflsor in Halle a/S. 527. — H. Wigge, Mittdschnl-
lehrer in Coswig (Anhalt) 371. 488. 589. — Edwin Wilke, Rektor
in Quedlinburg 312. 366. — C. Ziegler, Lehrer in Eidien (Hessen-
Nassau) 553. 614» — hl in Würzbtirg 422. — Pr. in Leipzig 536. —
Der Herausgeber 57. 119. 176. 277. 307. 382. 433. 444. 497. 542.
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Pädagogisclie
ßüeher- und Zeitungssehau.
Vorbemerkungen.
T. Die »Pädagogische Bficli er- und Zeittm^chau- verfolgt den
Zweck, einem, jeden, der sich über den einen oder anderen f Gegen-
stand orientieren will. anzugel)en, welche Bücher über die betreffende
IMatcrie erschienen sind, und wo er in den Zeitschriften ein-
schlägiges Material findet. Die Fachkataloge, welche über ntu er-
S( .icTun» T^ilclier orientieren. l:unmi(n nur in die Hände weniger
Lehrer, und der Schatz von Wissenswertem, der in un.seren Zeit-
schriften Hegt, bleibt gewöhnlich völlig ungehoben, da es dem ein-
zelnen unmöglich ist. alle pädagogischtn Rlätler /.u lestju. Deshalb
will die vorliegen d e B ü c her- u u d Z e i l u n g s s c h a ii .i 1 1 j ä h r
lieh sämtliche in erster Auflage erschienenen lUichtr
und die wichtigsten Zei t s v h rif ten - A r t i k el surgfältig
sammeln und /.usaninienstellen. so dafs im f tufe <ler
Jahre eine reichhaltige Utteratur n ach)(evviesen wird.
Damit rasch eine Ubersicht über alles gewonnen werden kann, was
if einem bestimmten (".(.bitte veröffcJitlicht ist. geschieht <lie Anord-
nung des Materials auf OrunU des encyklopädischcu Systems.
2. Die nuchstchend verzeichneten Bücher und Zeitschriftenartikel
.sind fmit AuRnahme der in Xo. f anfgeführttii i sämtlich im J.ihre
1896 erschienen. Die hinter dem Titel «1 r Zeilsi luifteti uifgL-fühalc
Zahl giebt an. in welcher Nummer be/w. m wclLhcin Hefte der betr.
Zeitschrift der Artikel sich titidel.
; Die Hücher und auch die meisten Zeirschriftcu Artücel kimneil
durch jede Buchhandlung be/.ogen werden, erstere /u den beigesetzten
Preisen, letztere zn dem Satze, der nach der umstehenden Zeitschriften-
Tabelle die ICiti/elnummern des betr. Hlattes kosten. Sollte dieser Weg
nicht angängig sein, sf; läfst sieh das mei.ste Material «lucb aus der
Comeniusstiftung in Leipzig be/.iehen. i
( N.irJi den lli'ttinuiiun);«-!! «Iit ItibliotlK'ktirihmii:,' <I<t •'oiUfnjuh-rir:iiii;, «.nleii Itüi hrr
uiifniL,'! lUn li Hu-ir<'!ii>h€n uii Lrlir'-r umt |>iiil«u'i>;;isiti«- Schrili'it<.>llt>r iiti<l iH.u la Lfipüiif; auf
4, «Mf-rVll.llh Ulf S Wncll.'n.
Jt'»l<'r, «l».r Um lii*r Irihf. hjit für ili>—cll>fti /u hiili'Mi und für •MitHtnnd*-ii>-li Si luiilon iia<-h
Alinoliiit/uii;; >U'K l>ir<>kt<iriuni» «ler <'<inir!mi>-Siifum;; l'i>at/ /n I' sstcti. /ur Sirlirfiiclluuu «Ii ;
Itihliotlick habrii sich An- Hf>Ii-lliT. Mifi'iii ■>!<> >I<t liil>l iultii'k >-\ iTwahtiiic itii'lit iKTM'uiliiii t>«»-
kannt ».iiid, dor l*tl<"ic»clMftfn 7» ImmIkmu-u ••d'T nou-i iii L'laiil>wiirdif,'LT Art uu•^zuv^»•i^<■n. Bei
Bestellungen durrh l'i»<(kHrtc dir lt<"^'|jnilti;;iiii;: iliircli cini' l*or^on, w<dch<> rini'n «mt-
lieben StcmiM l führt.
Da» Port« fttr Hin- and UQi-ksoiKlunj; trii:.'t di r iWütcIter. lici Si ndun^'cn, welche üie
BUilloth«liiv<rw|iltaii|r unter Schlei f>' «dt r Kmi/hjnnl lic«i tK>t)'lli^'t und daher frankiert, i»t
dftt von ibr ausgeleKto Pi>r«o vom UcMolkr b<>i der Kftcknendang (in Nnrkenl beisttlegeo. Bei
der RQekt«ndunf von Pncketen hat der lieeteller alrht nur das I*«rt«, ««odern auch da« B c<
■ teil^eld (16 Ptg.} cv frankieren. Bei Anfragen bediene man »leb der Poatkarla mit b«-
sahlter Antwort.
Diu liüchrr siixt • inzeln in Dmekpspier oin/ii^< )ilnpi<n und xiinHinincii in oin I'hcIcvi
sii-lit'r vi'rpiii kt ^uriii k/UKcliicki'n. ITnpünktHch«* .Milirfcruui; und •»chleohtL'!» Hult>-ti der Hücher,
nowie Niehtfrmriini: drr Ku-icn k>"innen d<'n Au--i ! 1 - .11 der IJeniit/un^r iler Kililiothek nach
?iich ziL'hen. itei S.Mnluntreti ini iie« i( li( l>i> I Kihui i^t dii? Verjiuekunj; unter äckiiiifv
Uder Kreuzbuiid zul;i>siL,': doch mui- dier-i- iiU> Pjii'li|f.ipicr l>e>«iehen und das BttCh oben lind
unten volUtHiidi^' do km. lirioOicbe Beitugeu »iiid iu dii-»eiu Fitllv uncul«s»i|f.
Mnn bediene -uh der vollständigen Adresse: All die Comenlus-Stirtnaip in
Leipaig» Krauier»trafiie 4.
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Benutzte Zeltschriften
Abgekürzter Titel •
Voller Titel
Verlag
Pri i'. a. r
bxw. des
H«fte«
Allg. d. Ifehrerztg.
Aus d. Schule
All}<eiiit;ine deutsche ,Leip/i^^ Jul. Kltnk-i
Lehrcrzeitung | hardt 1 2v Vi.
Ansder Schule — für die Leipzig, Dürr.
SchtiK' 4ü Pf.
ßl. i. Scliulpr. .Blätter fürdicSchulpraxis Nürnberg, Korn i 50 Pf.
N. Braunscnw. iNeiies Brauiischweijji- Hraunschwtig,
SchulbK schts Schulblatt Bruhn.s Verlag J 15 H.
IX Bl, f. er». rntiDeutsi lu niättf-r für er- I.anjjensalza, Beyer'
, ziehenden l nterricUt . u. Söhne 1 20 Ff.
Deutsche Volk»- ^Die deutsche Volks- Leipzig, Siegisimind
sch. schule u, \ olkening 20 Pf.
DcutächcSchulztg.i Deutsche Schukcitung Berlin. Öhmigke 1 20 Vi.
Deutsche Schul- iDeutsche Schulpraxis iLeipzi^. Ww«derlicb ao Pf.
prax. , '
Kv. SchuJbl. 'KvaugelischebSchulhlatt^Gütersloh, Jiertels-
j niaun j üo Pf.
Frankf. Schuktg. iPraukfurter Schul- Krankfurt a/M., Alfr.,
zeitnnj^ Neumann 1 25 Pf.
Hannov. Volks- Hannoverscher Volks- Hildeshein),
scfaulb. \ schulbote Gerstenberg 1 20 Pf.
Hannov. Schulztg. Hannoversche Schutzei- [Hannover, Helwiugj 20 Pf.
tung
H. u. Sch. .Haus und Schule |Ilannuver, C Meyeri 30 Pf.
Kath. Lehrenctg. jKatholische Kehrerzei- ! Paderborn, Schö- !
tnn;^ nTni:fh 15 Pf.
Katholische'^chulzeituug Breslau, Görlich ^ 15 Pf.
für Norddeutschland '
Lehrerheini Stuttgart. Rob. Lutz 10 Pf.
Lehrerin in Schule und (iera, Th. Hofinann> 30 Pf.
Haus i
DieMittelschuk u.höhereiHalle a^Ö., Schrödel,
Mäilcht nschule ' 30 Pf .
Neue Hahnen Wiesbaden, K. '
' Behren d : i M.
X. Bad. Schulztg, Neue badische Schulzei-lMannlK inar Ver-
lang ciusdmckerei 20 Pf.
X. päd. Ztg. Neue ]>iula.i;()}.;i.sehe Zet-.Magdeburg, A. «».
tunir Jensch 15 Pf,
Kath. Schuktg.
Lclirciiieini
J^ehrerin
Mittelschule
.Neue Hahnen
X. Westd. Lehrer-
Ztg.
Päd. Bl.
Pädag,
Päd. Studien
Nent' Westdeutsche .Elberfeld» Born
Lehrer/t, iliuig . 20 i'f.
Pädagogische Blätter für'Gotha, Thienemann i 2 >f.
Lehrerbildung
Pädagogium ^Leipzig, Klinkhardt i M.
Pädagogische Studien Dresden, Bleyl u. t
Kaeminerer i,2oM.
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Abgekürzter Titel
Voller Titel
Verlag
IPreleder
Vanincr
btw. des
'Pädagogische Zeitung
20 Pf.
Berlin \V u. J,
Löweiithal
Halle a/S^ Scfaf«del: >
Alteabttrg, Pierer i M.
Päd, Ztg.
Prax. d. Volkssch. Praxis der Volksschule
Praxis d. Erzieh- Praxis der BrziehungS*
ungssch. schule
Prax. d. Landsch.] Praxis der I^ndschule ,08ter«ieckZickfeldt|6o PI.
Repert. d. Pädag. iRepertorium der PIda-IUlm, Ebner ' '45 Pf.
Rhein. Bl. Rheinische BlätterfürKr-|Fraukfurt a,M.,
Ziehung u. Unterricht Diesterweg I,5oM.
Rh.-Westf. Schul- Rheinisch Westfälische {Aachen, Barth '30 Pf.
tkg. \ Schulleitung
Schles. Schuhstg. ISchlesischeSchulseitung, Breslau. Priebatscb 1 15 Pf.
Schweiz. Lehrer- Schweizerische Lehrer- jZürich, Orell Fülsli;
ztg. zeitnng 11. Comp. • 10 i*f.
I,ehr.-Zlg. f. Tluir. I^ehi ei/eitui)g für Tliü- Jena, Maiiktr 25 Pf.
' ringen u. Mittel-
deutschland
Monatschr. f. d. iMonatsschriftf.dasTum-jBerlin. K. ciärtners(
Tumw. wesen j Verlag ;6o Pf.
Lehrerztg. für Lehrerzeit^. f. Westfalen,jBiclefeld, Helmich ; 25 Pf.
Westfalen die Rheinprovinz etc. j
AUgeni. Schulbl. Allg. Schiilblatt für den Wiesbaden Bechtold,
Reg.-Bez. Wiesbaden u. Comp. 'ao Pf.
Zeitschr. f. ev. Rel.- (Zeitschrift für den evang.lBerlin, Reuther ;i,5oM.
Unt. ! Rel.-Unt
Zeitschr. f. Philo- iZeitschrift f. PhilosophielLangensalza. Beyer'
Sophie u. Pädag. und Pädagogik ti Sohne 't,2oM.
Südd. Bl. f. höh.lSüddeutsche Blätter für Stuttgart, Neff.
Unterrichts- An -I höhere Unterrichtsan-f
stalten i stalten
Ztschr. f. deutsch. Zeitschrift für den deut-
Unterr. sehen Unterricht
Ztschr. f. weibl. |Zeitschrift fflr weibliche
Bildg. j Bildung
Ztsch. f. Reform d.|Zeitschrift für Reform deriBerlin, O. Salle
höh. Scfa. höheren Schule«
Der Rektor iDer Rektor {Wittenberg, R
Herroses Verl. ?
bchulb. f. Hessen Schulbotc lür Hessen Giefsen, E. Roth 1 ?
Sanunl. |>äd« Vortr. | Sammlung pädagogi- ^Bielefeld, E.Helmich|
scher \'orträge ?
Ztschr. f. TunieniZeitschriflfürTurneuundjLeipzig, K. \ oigt-i
u. Jugendsp. 1 Jugendspiel lander '30 Pf.
Ztschr. f, vSchulge-!Zeitschrifl für Schulge-jHambttrg, L. Vofs
suudheitspfl. sundheitspflege ?
Leipzig, Teubner
Leipzig, Teubner
75
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Inhaltsverzeichnis.
I. Abhandiangen.
Heil«.
Adam Smiths pädagogische Ansichten und Kritik derselben.
Von Dr. Paul Bergemann in Jena ... i. 65. 139. 177
Die experimentelle Psychologie. Von Heinrich Free in
Osnahn'irl: 23. 90
Umgestaltung des T,ehr])lane.s und der ( )r^^■llli.sation der Volks-
schule nach den Forderungen der (icgenwart. Von Joh.
Homscheidtin Crefeld 129. 196
Zwei Fragen ans der Geometrie. Von W. Augschnn in
Brombei^g . 305. 584
Sdiweiscriscbes Volksschnlwesen. Von R. Dietrich inKandem
(früher in Zfirich) 233. 345. 457
Ober die Erziehung und AusTiildun>: der Mädchen. Von Marie
Lop e r - TT o u .s el 1 1 iri T^pringen . . 297
Ober Volkshochschulen. \ on Dr. Panl Ft-rtremann in Jena 393
Geschichte der Methodik des kulturgeschichtlichen Unterrichts.
Von Joh. Bengel in Raeren 505. 561
Friedrich Dittes; Von R. Dietrich in Nürnberg 625
II. Eingehende Bhcherbesprecbangen.
Karl Kollharh NatnrwisseTis< Haft und Schule, mit (irund-
zügen zur Kefomi dieses Unterrichts. Von Arth. Häse
in Magdeburg 35
C. von Massow, Reform oder Revolution. Von Otto Scliulze
in HsUe a/S 108
Dr. Fr. Sachse, Zur Schtüreform. Von Otto Schulse in
Halle a/S 152
J. Königbaner, Zur Reform d es Unterrichtsbetriebes in Volks-
schulen. Von Otto Schulze in Halle a/S 156
S. S m i 1 e s . Charakter. Pflicht Selbsthülie. Von Otto Schulze
in Halle a/S 211
Dr. Karl Biedermann, l^eitfaden der deutsdien Geschichte.
Von Joh. Bengel in Raeren 269
Weigand und Tecklenburg, Deutsche Geschichte nach
den Forderungen der Gegenwart Von Joh. Ben gel in
Raeren 273
\'l IlllMlt»«t*r«('ifillli».
Job. Hache und Herrn. Prflll, Der gesamte Sprachunter-
richt in der Volksschule im Anschltir.s an den Sachunter-
richt. Von Edwin Wilke in Quedlinburg 312. 36A
Prof. Dr. \V. Rein. Hncyklopädisches Handbuch der Päda«
^Dgik. Von K. Rilsuiann in llerhn 415
Sieger und VVohlrabc Lesebuch für Mittelsch\ikn \"nii
Otto Scbulze in Halle a/S 47;
Joh. Friedrich, Jakob Frohscbainmer, «in Pädagog unter
den modernen Philosophen. Von F. A. Steglich in Dresden 525
Dr. Kasimir Twardowski, Zur Lehre vom Inhalt und
(Gegenstand der Vorstellungen. Von Prof. Dr. Goswin
K. Uphues in Halle a/S. 527
in. Rundschau.
(Lose Blätter. ^ Auf der Warte.)
Welche Eigenschaften soll der Lehrer als Encieber haben, welche
nicbt! Von Prof. K. Klein in l'nedberg 46
Über Mädchenlebrer und Mädchen behandlung. Von Prof. E.
Klein in lYiedberg 49
Über die Mineralogie in der Volksschule. Von Dr. Rieh.
Schul /ein Leipzig 52
Die Ivinübung der abhängigen Fälle. Von W. Kübeukanip
in Crefeld * ti6
Über Schulspaziergänge und ihren ethischen Nutxen. Von
Prof. E. Klein in Friedberg , , . , 161
Pädagogische rmscbau: Scblufs des Schuljahres; Nebenbe-
schäftigung der Schulkinder: Kntwurf des preufsischen
I.ehrerbesf^ldung.sgesetzes ; <lie Petition des preitfsi.schen
Kektorein ereins bezüglich des Lehrcrbesoldungsgesetzes.
Vom Herausgeber . 277
Pädagogische Umschau; Das preufsische Lehrerbesoldungsge-
setz; die Osterversammlungen der Lehrer; Dr. Priedr.
Dittes f. Vom Herausgeber 317
Die deutsche lyehrerversammlung in Hamburg. Von H. Wigge
in Coswig 372
Die Schule auf dem VIL evangelisch-sozialen Kongreis. \^on
-hl in Wiirzburg 422
Die Neuen bahnen- auf der .Anklagebank. Vom II er aus -
J?t-'ber 433
Freie Vereinigung für philosophische Padagugik. \ on F. A,
Steg lieh in Dresden 481
Die Abänderung der Prüfungsordnung für Mittelschullehrer imd
Rektoren. Von H. Wigge in Coswig 488
2H. (ieneralversammlung des Vereins ftjr wissenschaftliche Päda-
gogik zu (ilauchuu i.S. X'on Fr. iu Leipzig 536
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Vll
Rnndscnau Der Entwtirf einer neuen Prüfuttgsordnuntj für
MittelschnlkhrcT und Rektoren; die Schule auf dein Kntho-
likeiitag; die 13. Haujitvcrsainmlunjj des Bayrischen I.c hrer-
vereins; der 3. internationale Kongrefs für Psychologie:
die Kreuzzeitung und die modernen Lehrer; die Kölnische
y^tatifi über die Berechtigung der l^ehrer zum einjährig-
freiwilligen iMenst; das neue Schulg^esetz in Schweden-
Norwegen ; der Fall Lan^ennann; Pestaloz%i-Studien von
1.. W. Se>'ffartli ; A. Chr. Jessen gegen die : Neuen Bahnen ' ,
Vom Herausgeber 542
Ist /,ur erfolgreichen l,eitung einer \ nlksschnle die Ahlegung
der Mittelschullehrerprulun.L; \ itr i!( in Rektoratsexameti
notwendig oder nicht? Krsle Antwort von II. Wigge in
Coswig. Zweite Antwort von Ries in Frankfurt a/M. .sSy
Kundsdiau : Der internationale Prauenkongrefs und die Volks-
schnllehrerinnen : der 8. Verhandstag des deutschen Fröbel-
Vereins; der i. deutsche Fortbikhmffsschultag und das
Forthildungsschulwcsen in den deutschen Städten; die
Hcrbstvcrsamminngen der deutschen Lehrervereine; das
schuljjolitischf Prograinni dernational- sozialen l'artei ; das
koinniciKk l.L-hicrhtsohUuigsgcsel^ ; L. Se\-ffarths Auf-
ruf zur (Iri'uidung einui Pestalozzi-Stiftung (k*3
IV. Wegweiser durch die püdagogisehe liitteratnr.
Neuere Erscheinungen auf dem ( icbiete des deutsdien Sprach-
unterrichts, Vom Herausgeber. Mit Anhang von Paul
Koch in Penig 57. 119
Neuere l'rscli einungen aiit ilcm Oebiete des naturwissenschaft-
lichen Unterrichts. \ on Dr. Rieh. Schul/.e in Leipzig 170. 22S
Neuere Erscheinungen auf dem Gebiete des Zeichenunterrichts.
Von Paul Stade in Sondersfaausen 291
Neuere Erscheinungen auf dem Gebiete des Turnunterrichts.
Von H. Schröer in Berlin 388. 452
Nenere Aufsätze aus der Fachpresse. Von C. Zi egl e r in Eichen 553. 614
V: Nene Btteher und Auf^Ktce.
Seite 64. laS. 176. 232. 296. 344. 392. 450. 5*<4. ^u». 624.
Beilagen.
Pädagogische Bächer- und Zeitungsschau. No. 1-4. Von F. \V.
S c h m i d t in Crefeld.
Wissenschaftliche Beilage. Xo. 1- 6. Von R.Dietrich in Kandcrn.
Neue Bahnen.
Monatsschrift für Haus-, Schul- und Gesetlschafte-Erziehung.
Heft 1. ^ Januar 1896. VII. Jahr^*
Adam Smiths pädagogische An-
sichten und Kritik derselben.
\'(>u Or. Paul Bergemann in Jena.
Adain Smith, ') dieser i^rofsc schottische Philosoph, wurde
■WA 5. Juni [723 in Kirkcaldy in Schottland als einzijjer
Sohn eines Zollheanitrii und /war einirfe Monate nach
dessen Tode j^ebtnx n und niissc hlielslich und mit der
äufsersten Nachsicht von >viner Mutter erzojj^en. Da er in
seiner Jugend von sehr zarter (xesundheit war, ist dies
nicht zu verwundern; eine un<;ünsti^;e Wirkung hat es glück-
licherweise nicht gfeliabt. Bis zum Jahre 1737 besuchte er
die vSchule in Kirkcaldy und zeichnete sich schon damals
durch eine leidenschaftliche Liebe zu Büchern und durch ein
eminentes r.tdächtnis aus. Sein wohlwollender und liLl)ens-
würdi<^er Charakter, seine stete Ililfsbereitschatt gewannen
ihm die Herzen s^iiK r Kameraden wie aller, die nn't ihm in
nähere Derühiunjj kamen. Xachdem er drei Jahre aul der
(ilasgower Universität, wo damals Hutchcson wirkte, beson-
ders mathematische und naturphilosophische Studien getrieben
hatte, trat er in das „liaftol Caftege" zu Oxford als Stipendiat
der Snell'schcn Stiftung ein. Während seines dortig; c n siehen-
jährii^en Aufenthaltes wandte er sich gegen den Wunsch
seiner Anj^^ehöri^eu, die ihn zum «geistlichen Stande bestinnut
hallen, dem Studium der so^en. srli/nien, der Moral- und der
Siaat.swissenschalten /u und übte sich ferner üeiisig, um
'1 Sinith'.«i erster Wograph war Diigald Stewart, auf ihn stützen
sii li alle s]i;iltrcii I )arsli lhjn;^\ u des Lebens- und IvitUm«. k<- hnrj^'s-
gangcs lies I'hilo.sophen. Wer sich weiter dafür interessiert, der
SCI besonders auf die im Juliheft 1K76 der Fortnii^htlv Rn'f'nc- er-
schienene an/ielietule IJio^raphie von Walter Hai^chot, der vor
nianchi Ti anderen den XOr/aiy h;it nicht /.u <1en einseiti>icn \W-
\\ un<!t. i Li ii Snnlh's zu jj:eh«'>ren. ;iuuiK rksani ^^eniat l\t ; dieselbe fiilirt
den Titel A<l<nn Sniilli a.s n fuisiui . Ich lialte niicli hier namentlich
an Cnllocirs S'uitli ihr Uli i<f /)i S/>iitfi S. l ff. der von ihm bc-
.sorgten .\usi*al>e des Wtniih <>/ .\'>f//»//,^ .
VfUf liiilimn VM. i.
I
2
seinen eigenen Stil zu verbessern, in dem Übersetzen von
Werken namentlich aus dem Französischen. Nach seiner
Rückkehr von Oxford blieb er fast zwei Jahre in Kirkcaldy
bei seiner Mutter^ in ruhiger Zuruckgezogenheit und freier
unabhäni^iger Stellung ganz den Wissenschaften lebend^ da
er beschlossen hatte, sich der litterarischen Laufbahn zuzu-
wenden, fietrcn Kiide des Jahres jy^^ siedelte er uach Kdin-
burgli über, wo er während dreier Jahre rnif Zureden des
Lord Kanies und einiger anderer Freunde irrii XOrlc^ungen
über Rhetorik und schöne Wissenschaften vor einem stets
sehr zahlreichen Publikum hielte das hauptsächlich aus
Studenten der Theologie und der Rechtsgelehrsanikeit be-
stand.^) Auch fällt in diese Zeit der Beginn seiner innigen
Freundschaft mit Hume, die bis zu dessen Tode unerschüitert
fortbestand. Durch jene Vorlesungen wurde Smith bald
eine angesehene Persönlichkeit und erhielt 1751 einen Ruf
als Professor der J,ogik an die Universität (rlasguw. Schon
im folgenden Jahre wurde er nach Craigie's Tode, mi-
mittelbaren Nachfolgers von Hütcheson auf diesem J^chr-
stuhle, Professor der Moralphilosophie daselbst und blieb drei*
zehn Jahre auf diesem Posten.*) Die \'eröffentlichung der
^Theonj of mmul .seHtiiHrnts" im Jahre 1759 machte ihn zum
berühmten ^Lanne,') sein Ruf überschritt die (irenzen seines
engeren X'atcrlandes und verschaffte ihm 1763 die (^lelegen-
heit, den jungen Herzog von Huccleugh auf seinen Reisen
zu begleiten, was ihn allerdings nötigte, seine Professur auf-
zugeben. Die Rei.-^e ging nach I-" rankreich und Italien. In
Paris, wo man .sich etwa ein Jahr aufhielt,') machte Smith
*) Unter seinen Hörem befanden sich hier 11. a. Mr. Wedderbiirn«
r!t r spntcn I.ord I,oiiir^i1><>roiifrh. Mr. William Johtiston. der nach-
malige ^ir William l'ultcue^v und Dr. lilair.
*) Über seine Lehrthätigkeil berichtet Mr. Mtüar. Professor der
Jurispnidenz in (Glasgow niul Wrfasser <ks llistorixil r/rw / /
/•Jtii^'h's/i <^nvrrn)iicut , f^w Sniith's X'orlf sungt-n hört«.-, iMil^rinl- : I>ic-
selbcn zerfielen in vier J cik ; der erste iinifasstc die naiuriiclie Theo-
logie, der zweite die Ethik u\\ eii;entlichen tmd enteren Sinnen
jene Lehren, die er später in seiner 'IIuoiy i-i ^ ■ ,/ ///> ver-
öffentlichte«, der dritte den Zweig der Moralplnlosophie , der sich
mit den Rechts-Problemen beschäftig-t, nnd der vierte endlich die
N ati o n a 1 - Ö k o n n ] n i c
^) 1762 ernanute ilui der S, //.//us Atw/efiiirm . der l^mversität
Glasgow zum I«'hrendoktor der Rechte.
1764 kam man zum ersten Male nach l'aris, hielt sich aber
nur wenij^e Taire m d( r franv:ösischen Tl arptstadt auf nnd gin<j dann
nach Toulouse. IS ach euieni Aufenthalte von achtzehn Monaten da-
selbst begab man sich nach Genua nnd kehrte von da nach zwei
Monaten wieder nach Paris /-nnick : der zwc'tf Anfcrithalt in dieser
Metropole dauerte alsdann, wie oben erwähnt worden, fast zwölf
Monate.
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AJüin ^miih» pä'laKoK'i'ch** An»ti>lit«>a iukI Kritik «Irrurlbfiu ^
die Kekaniilschaft der Gröfseii (kr {l;unan<4cn französikcheii
Wissenschatt und TJtteratur; Hume s Eiiipfelilmig führte ihn
in die Kreise der ICncyklopädisUn und der Physiokraten ein:
er lernte Turgot, d'Alembert, Helvetius, Marmontel, den Abb4
Morellet, den Herzog von la Rochefoucault, Qiiestiay n. a.
kennen — namentlich zu dera letztgenannten, dem Haupt-
begründer des physiokratisclien »Systems, trat er in intimere
Hcziehung^en. Im Oktober 1766 kehrte er mit dem Herzog
nach London zurück und begab sich von da zu seiner Mutter
nach Kirkcaldy, wo er zehn Jahre, mit nur kleinen Uuter-
l»rechungeu, lebte, beständig mit seinen vStudicu und der Ab-
fassung seines grofsen Werkes „hifjuiri/ into flu nature and
rffin»e» (ff fhe trmifh of itations*' beschäftigt, dessen Veröffent-
lichung im Jahre 1776 erfolgte.*) Die beiden ersten Jahre
nach dem Erscheinen des genannten Werkes verbrachte
er in London, „nfres.<(ff Inj fhe moat distlnr^niaclied permm In
fhe )U('frojn>Jis^ , die stolz auf seine Ik»knnntschaft waren.
177S erhielt er auf Betreiben seines ehemaligen Zöglings ,
des IKr/oiirs von Huccleugh, eine eintragliche Zollanits-
vSieilc in vSchottland, die ihn nötigte nach Kdinburgli über-
zusiedeln, wohin ihm seine Mntter und seine Cousine Miss
Douglas — Smith war unverheiratet ■- begleiteten, um
ihm einen gemütlichen Hausstand und die Annehmlichkeiten
geordneten Familienlebens zu verschaffen. Im Jahre 1787
ward ihm die FJire zuteil, zum Lord Rektor der l'uiversität
f'.la.snrow ge\\;ihlL zu werden,-) Drei Jahre später starb er.
»Seine Mutter war bereits im Jahre 1784 gestorben; er hatte
dieselbe aufs zärlliehsLe geliebt, und ihr Tod erschütterte seine
olniedies niemals allzu feste tiesundheit so nachhaltig, dafs
er den neuen Schlag, den Tod seiner Cousine im Jahre 1788,
tmr zwei Jahre überlebte. Seine letzte Krankheit, die Fo]|fe
einer chronischen Darmverstopfung war sehr langwierig
und schmerzlich - er ertrug aber alle Leiden >>mit der
gröfsten Tapferkeit und (leduld , olme seine Liebenswürdig-
keit und Freundlichkeit zu verlieren. Die X'ortreftlielikeit
stillem Charakters hat »Stewart, der den Philosophen gut
kannic, in seiner Hiographie in helles Licht gesetzt; am
schlagendsten und zugleich am kürzesten kann man das
'1 Hmiie starb biild r.acii dem l-lrscheiiu 11 des \'ölker\\ t ilil
Standes . hmitli cntwari tine kur/.c Charakter- Studie stines berühmten
Freundes, die darnach als Anhang zu dessen Autobiographie erschien.
Wie hoch Smith selbst di«*se Auszeichnung; zu schätzen wnfste,
geht aus einem Hriefe, den er bei dieser (lelegenheit an den j^e-
Tmnntcn gelehrten Köriier richtete, hervor. Xo f>ii u 1 nu iil , sagt er
darin, louid horc hüu h t/u Jio h rt<i/ .sii/is/tu fion etc. etc.
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4
diesbezügliche Urteil über ihn in die Worte ziisanniRutasseii :
er war ein Mann.
Die Liste der von Smith veröffentlichten Arbeiten ist
folgende: i) Zwei Artikel in dvr ^Edinfmnjh Rerletr" vom
Jahre 1755. a) Haieir of Johnson' s En(/lla/i Dictiotnirif, b) A Ltffer
to thf Editors. 2) Theort/ of Moruf Si nfItHotfs ij^c). 3) Cnfisiiferatioiis
coHr/riiifHf tin' fji's-f FunfKtffon i'f fjnnffnn/rs amf flti (fiffirrnt
( intime of (h Kjitiül uitil ( fti»ij>oniitii<i IjUinftKnicSj \u t>\n\u\'j^\c\\ (U-r
erstell Ausgabe der „Tlteury^ beigefü.^t. 4) An Jntjnin/ üilo
the Naiure and Causes of fhe WeaUh of Stdions 1776. Da der
Philosoph kurz vor seinem Tode alle seine Tapierc bis auf
einen kleinen Rest hatte verbrennen lassen, so konnten nnr
wenige Fragmente als > nachgelassene Werke veröffentlicht
werden; nämlich: i) Fragmente eines i^rof seil Werkes On th'
Pt'indpJej^ whirh letnl and d'nirt l'liilosopfin'al Inquincs, f/hisfratid
a) />// fhf Hif^for/f of Ai^frononnf: h) Inj thr Hhtoni i)f ffn- A)»rUnf
Phffffirx ; el (he Hhlonj of fhr Anrlud Lu<fns mid Mvf<i/tiii/.<lrs.
2) Kill Emty uf thc Matmr uf thut Jmifatiun nliich takcs pfna in
ithat are calM fhe ImiUtiire Aiis, 3) Eine kurze Abhandlung
()f the Affin Ifi/ befirmt certuin EHtjVt^t und lUdUiit IVi^fjt, 41 Eine
Untersuciumg o/" tin- Exienud Sennes.
iUjer (las Kr/.iehnngs\vesen sprielit vSniith im zweiten
und dritten Artikel des ersten Kapitels des fünften Buches
seines berühmten Werkes über den \'ölker\v<ililst;iiid ( W'vaffh
S. 341 ff.)') Kr unterscheidet 'wei l'\»rnicn desselben, näm-
lich \'olks- und jui^end-Kr/i«. Inin«^, ])ei jener ist (bis mit in-
begriffen, was man unter KuUn.s|jflege versteht. l'.> handelt
sich somit um das grofse Gebiet der Gesamterzichung im
weitesten und vollsten Sinne des Wortes, um Probleme, deren
Wichtigkeit man heute erst zu erfassen begonnen luit, um
ein hochbedeutsames Stück der sozialen Frage, den Entwurf»
denn mehr liegt nicht vor, zu einer Pädagogik im grofsen
Stile, wie ein solcher uns s])äter unch einmal bei Fichte be-
gegnet, zu einer das ganze Kel)en uni->] »ainienden Pädagogik,
die uns zu bringen der Zukunft \oil)vhalten ist. Ivs gilt
also bei den folgenden Krörterungeii zunächst zweierlei aus-
einander zu halten: Jugend- und Volks-Krziehung - und
bei jener mufs der häuslichen und der öffentlichen Erziehung
wieder je eine besondere Besprechung gewidmet werden.
'1 Aiifscrdcni mufs \iclfaeh l)fi Iklraclituiit; der itädaj^c^i'iolicn
.\nsiclilcn Smith s die Theorie der moiahschen Cctidiie iKiangc-
/.üjfcn werden. Die Citate aus diesen beiden Hauptwerken Sinith's
beziehen sicli auf die Ausgabe <U - t rslereti von Culloeh aus deui
Jahre 1846 und auf die dcutsehc l hersetzung des Ict/.lcren von Kose -
garten (in 2 Bänden) aus den Jalneu 1791 und 1795.
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Adiim Hmitli» {«»«Imtovifffhe Anilt'liten un«! Krilik d<>ri>Hb<*n.
5
Erstes Kapitel.
Die Familien-Erziehung und ihr Verhältnis zur öffentlichen.
Bei der Erziehung der Jugend koimnt einerseits die häus-
liche, anderseits die öffentliche inbetracht Jener giebt Smith
entschieden den \'orzug vor dieser, sofern es sich nämlich
nni die engere Bedeutung des Begriffes Krzieliung* handelt;
nicht aber, wenn dersclbt- in dem weiteren Sinne genommen
wird, welchen wir hent/.ulage damit /.n verV»inckn pflegen.
Dies wird ans folgenden Anfüln imi^cn soltul klar werden.
Die häusliche Iü/-iclinng sagt er Theorie II. S. iicS ist
eine Einrichtung der Natur, die öffentliche eine Erfindung
der Menschen. Welche von beiden die weiseste sein möge,
bedarf keiner besonderen Bemerkimg . In der Betonung dieses
Punktes, in dem Hinweise auf die \atnr als die vorzüglichste
Lelirnui^terin Menschen in vSachen der Pädagogik offen-
bart sii-li un^t r 1 Miilosoph ganz und gnr als Kind seiner Zeit,
stinnni w w'w mit Locke so and: niii RunsM.in überein.
Aber er \ertällt nicht in ileren l%inseiligkeit, er weist nicht
wie diese 'j den Besuch öffentlicher Schulen ab, er will nichts
wissen von exklusiver elterlicher oder gar Hofmeister^Er»
Ziehung. Dem Hause überträgt er die Aufgabe der Charakter<>,
der Schule die I i Geistes-IHIdung. Lasst eure Kinder«,
heifst es e1>endaselbst, täglich aus dem elterlichen Hause in
die öffentlichen vSchulen gehen, mn dort ihren (»eist zu
bilden, aber ihre WohnniT^ sei und l)leibe in eurem Hanse .
Keine X'orteile der soocnannten (")ffentlichen Erziehung
können <lie unausbleiblich mit ihr verbundenen Nachteile er-
setzen. Die Erziehung der Knaben in entfernten grofsen
Schulen, der Mädchen in entfernten Nonnenklöstern oder
Pensionsanstalten hat in Frankreich tnid England die haus*
liehen Sitten und die häusliche ( »lückseligkeit der höheren
Stände auf eine sehr wesentliche Art beeinträchtigt.**) Also
er wetiflet sich blofs gegen die An--t.iUs-P'r/ielmng, wie sie
in Kngiand unter den höheren St;ni<kn iiocli inmur sehr be-
liebt ist, und für die auch die l'hilanliopiuislen m> lebhaft
Propaganila niaeliien, darin Rousseau, anl ilen sie sich sonst
mit Vorliebe beriefen {wenn auch die Behauptung, die man
vielfach aussprechen hört, über das Ziel hinausschiefst, die
' \\ r;,'lt;ichc ; Locke's S»//tt ih'nitjli!^ nihil* ftfuni/tOtt {S§ JO ff.
und kousscau s Ivnüle an verschic« Icnen * »rlcn.
*> I>amit die Kintlcr tiiöjjlichst lange unter elterlicher Aufsicht
hk'i1)en. verwirft er auch (be Sitte, juny^e Leute, naclKleiii sie tlie
Schule \ erhisseii ha]>en. sofort 3 (xh r 4 Jahre auf Reisen ins Aushunl
/.u schicken. (Wealth S. J4;t dies };an/. in l hereinstinunung mit Locke
ivergl. Sotttf thouglits ronr. aftn: J5 ai2 it)
I>r. i'Mul Ki'rBfHwnn.
Hehau{)luii^ iiäinlich, dals derselbe als ihr ^eistiiier Vater
aii/.uselu 11 sei) dnrcliaus unälinlicli. Ulme Zweifel hat Smith
mit seiner Heiiierkiin^^^ das Kichti<(e getrolfeii. Ks ist ja gar
keine Frage, dafs weder die Einheit des Erzielinngs-Subjektes
noch die des Erziehungs-Objektes nötig ist; ja, man kann
sogar sagen, dafs diese Einheit geradezu vom (Jbel ist Was
zunächst die persönliche Einheit des Trägers der I*>ziehung
anlangt, die Rousseau indem bekannten Satze fordert: „Pour
rh'e hint ('(offfidf, /'titfo/tf uf dnit <nirri- tju'i(n .<inl »f/idc'', so
leuchtet bei der Koiiipli/.iertheil unserer Kultur ohne weiteres
ein, dals diesell)i. iniiiiöi>lich ist. Zur alleinigen Leitung der
gesamten Er/.ichnng wiiie nur eine Art von l'beruKiisch be-
fähigt; aber selbst angenommen, es wäre an dergleichen
Halbgöttern kein IV'angel, so würde eine solche Erziehung
stets an einem sehr grofsen IVhki leiden, nämlich an dem
der Einseitigkeit Nicht ein Erzieher, sondern eine Mehr-
heit von Erziehern ist wünschenswert, ja unbedingtes Er-
fordernis. Man lial bekanntlieh in unserer Zeit auf den
Ronsseauschen Ausspruch /urüekgegriffen und ist wenigstens
für eine teilweise ICinheit des Krziehungs-Subjektes von neuem
eingetreten, indem man die Forderung aufgestellt hat, in der
Volksschule solle in einer Klasse innner nur ein Lehrer
unterrichten und solle diese eine Klasse obendrein durch die
ganze Schule hindurchführen. An den höheren Lehran-
stalten sei daran ebenfalls, soweit es nur irgend mögUoh,
festzuhalten. Nichts ist verkehrter als ein solches WrlangW,
das der Cniudlichkeit im Wissen imd Können sowohl der
Lehrenden als auch der vScliüler hindernd im Wege stellt.
Man \ei.spricbt sich dadurch \\ under wie grofse Lrlulgc be-
züglich der Charakterbildung der Heranwachsenden.* Nun
ist aber diese Sache nicht so sehr der SchuU als vieluielir
der Hauserziehung. Die Schule als eine soziale lustitudon
hat nicht die Aufgabe oder hat diese vielmehr liür neben-
bei — subjektiv versittlichend zu wirken. Indem sie den
ihm anvertrauten Zögling nur als einen 'Peil der ( 'fcsellschaft
betrachtet, verfolgt sie das Ziel, ihn zu einem tüchiigi n ( iliede
derselben heranzubilden') in des Wortes höclister Dcdeutung.
In einer verhältnismäfsig kurzen Spanne Zeil soll sie deil
werdenden Menschen auf die Hohe der Kultur der Gegen-
wart heben, soll ihn dazu befähigen, an der Kulturarl/eilt
seiner Zeit und seines Volkes (unmittelbary, der ganzen Mei^scTi-
heit (mittelbar) thätigen Anteil nelimen zu können. * ;.
Zu diesem Zwecke niufs sie ihn mit einer gewissen
Sunnne von Kenntnissen und Fertigkeiten und der jeweiligen
M Natirrlich vcdolirt anclt die häusliche l'a/.iehunfx in ihrer Art
kein anderes Ziel, wie sofort aus .deiii.Foligjcf.ndv-'i). kku .ujLrvleu.;\vxjU.
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7
kullai.slufe ciitsprcclieiideii ethisc hen Maximen aiisriisu n: mit
einem Worte, sie lial sich eben die Pflege der allgenieineu
tWistesbilchnijj^ angelegen sein zu lassen. Nicht als ob die
Charakterbildung übcrflüssigf weit wertlos wäre; nein, die
Gesellschaft hat das grölste Interesse daran, aller ihrer
( ilieder möglichst sicher sein, d. h. sie bedarf tüchtiger
Charaktere; denn nur solche werden stets nnd nnter allen
l inständen an der Lösnng der ihr «gestellten Anfgabcn ar-
iHiti n. nicht etwa behufs lulichnng ihres ( iesanitwohles,
w t ui.-stens nicht vornelnnlich, .soutlern nni der Förderung
der Kidtnr willen. Aber dies, die Charaklerbildnng, ist, ich
wiederhole es mit Nachdruck, Sache der häuslichen Erziehung ;
diese betrachtet den Zögling, was in der Schule trotz aller
gegenteilig^ en I Behauptungen nnd hochtönenden Redensarten
unmöglich ist, in erster Linie als für sich bestehendes Indi-
viduum, als ein (lanzes, wahreTul die Schule in ihm immer
nur ein 'i'eil- (oder (ilied-) ( .au/es erblicken kann, (icwifs
erwartet man von den Lehrern an öffentlielRu Anstalten mit
Recht, dafs sie sich das Studium der verseliieileuen Indivi-
dualitäten der ihrer Obhut anvertrauten Schüler angelegen
sein lassen, aber, selbst den günstigen, obwohl sehr seltenen
Fall gesetzt, dafs sie zur vollen Klarheit über die geistig-
leibliche Beschaffenheit der ganzen Schar, die sie zu leiten
haben, kommen, so können sie von dieser Kenntnis doch
stets nur einen sehr be.schränkten (icbrauch Tuachen. Kin
tiefen s l",iiigehen auf die individuelle Beanlagung jedes lun-
/elnen ist der Natur der Sache nach ein Unding, ja würde
geradezu dem Zwecke liei Massener/.iehung /ai widerlaufen.
Fenier ninfs, wovon schon vorher als einem allge-
meinen Mangel der Erziehung durch eine einzelne Person
die Rede war, hier noch mit Beschränkung auf den beson>
deren vorliegenden I'all darauf anftncrksam gemacht werden,
dafs, wäre auch Hauptanfi^abe der Sehule die Charakter-
!)ilduni^ der Züi^linge. durch jene Hinrichtinig nur eine sehr
einseitige sieh ergeben würde, indem ja der eine Lehrer allen
seinen Schülern den Stempel seines Charakters aufprägen
würde. \\ ir haben schon gesehen, dafs es für den Lehrer
unmöglich ist, sich jedem einzelnen Schüler besonders zu
widmen, und wenn er dies auch einmal unter ausnahmsweise
günstigen Verhältnissen, vielleicht bei einer geringen Kinder-
zahl, vermöchte, so würde er doch immer mir, auch bei dem
allerbesten Willen und trotz der redlichsten Ab.sichten indi-
viduell zu wirken, nach der vSchablone alle inn/ninodeln ver-
>nehen, die ei in sie Ii >ell)st trägt, vielfach, wie >eliun ange-
deutet, unbewid'sl, aber ganz unlehlbar. Ja, je au.-!.geprägter
sein eigener Charakter ist, desto mehr wird er sogar geneigt
8
lir. r«iil ll<'ii{i iiiuiiii.
sein, diesen mit vollem Bewufslsein sich zum MudcU für seine
Arbeit an den Schülern 7a\ nehmen, desto weniger wird er
anders geartete Charakter-Anlagen gelten lassen, dieselben
in ihrer Richtung entwickeln wollen. Jeder Mensch, der in
irgend einer Weise zur Leitnnj^ anderer berufen ist, liebt es
gar sehr, sich in die Rolle des Prometheus zu versetzen und
wie dieser Heros zu sprechen : Hier sitz' ich, forme Menschen
nach meinem I^ilde, ein ( »eschlecht das mir «gleich sei .1 Die
Schule hat stets eine nixeliierende Tendenz, und <ieratle in
dieser liegt hauptsächlich ihre grulbe erzieherische (im engeren
Sinne) Bedeutung, dieselbe entspricht ihrer Aufgabe, eine
soziale Institution tax sein. Die Charakterbildung aber darf
dieser Tendenz nicht zum Opfer fallen; der Cliarakter ist der
Kern des Menschen, macht seine Individualität vornehmlich
aus — hier in ausgleichendem Siniv einwirken wollen hielse
die ln(li\ idnalität vernielUeii und d.uuii die l'ortentwickclnng
des Menselien^esehleelUs ])e(. inti äe-liti.^en. Xur durch die
Familien-Krzielumg i^anu die Cliarakterl)ildung in zweckent-
sprechender Weise vollzogen werden, die Schule hat sich
immer blos auf ergänzende Handgriffe dabei zu beschränken.
Die Eltern allein können die feinen Nüanzieningeii im
Temperament, im Naturell, in den Neigungen des Zöglings
beachten luid verstehen, sie allein sind imstande, jedwede
Vergewalti^L^^img der Indix'idualität zu vermeiden. I'reilicli
damit die Familien-lü /it hung auch wirklich das leiste, was
von ihr verlangt wird, was \ on ihr mit Recht zu fordern ist,
müssen die Kitern, muls namentlieli die Muller, der w iehligste
Träger der hänsHchen Erziehungsarbeit, imstande sein, diese
Aufgabe zu losen. Dazu gehört vor allem natürliche Be-
fähigung für das (leschäft der Krziehmig, ferner dlgemeines
Orientiertsein über Aufgaben, Zwecke und Mittel derselben,
endlich Kenntnis und \'erständnis des Oesamtsystenis der
Erziehunj^skunst. Was den ersten Punkt anlangt, so ist aller-
dings zuzugehen, dal's natürliche Üegabung für das Hrziehungs-
fach nicht allen Hllern eigen ist, aber dieselbe ist doch in
gewissem Grade durch Kunst ersetzbar. Die Zahl der wahr-
haft genialen Erzieher ist ja stets nur eine sehr geringe, wir
müssen uns meist mit Virtuosen begnügen. Freilich spielt
bei der Virtuosität die natürliche Hegabung keine unter-
geordnete Rolle, aber dieselbe beruht doch zum grofsen Teil
auf Studium und T'bung.
Was die anderen Punkte betrilft, so müssen Mafsnahnien
getroffen werden, welche den küntügen Müttern im beson-
deren derartige Kenntnisse zu erlangen ermöglichen. Man
vgl. Ciocthcs l'roiuetheus uiul l'andora . Akt III. der mit dem
berübintett Monologe beginnt: Ich Dich ehren? wofür?*, etc. etc.
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wird sicli dazu verstehen miisscn, mit unseren Mädchen-
schulen pädagogische Kurse zu verbinden. Für Mädchen
aus dem Volke könnten dieselben als Portbildungskurse nach
der Schulzeit auftreten, deren Besuch durchaus obligatorisch
wäre; bei den höheren Mndclicnscluilen niüfsteu sie als orga-
nisches GHed in den Lehrplan derselben anfgenoninien werden.
Auch wird man der (xesellschaft das Recht zn'^a*stehcn miissen,
eine gewisse Aufsicht, eine Kontrolle üben zu dürfen und
durchaus zur Krziehung ihrer Kinder unfähigen Kitern die-
selben zu entziehen, um sie in den von der (»esellschaft
unterhaltenen Erziehungsanstalten unterzubringen. Als Not-
behelf werden solche niemals ganz entbehrlich .sein; denn
Nve wollte leugnen, dafs es nicht genug solche Eltern giebt
wie die, bei denen obige Malsregel vorgeschlagen wurde!
dafs es auch dann noch solche geben wird, wenn für die so
notige pädagogische Ausbildung derselben, namentlich, wie
gesagt, der Mutter, endlich ausreichende Hinrichtungen ge-
troffen sein werden. Zudem sind P^rziehnny^s-AnstaUen ja
auch ein unbedingtes Bedürfnis für diejenigen Kinder, die
ihrer Eltern beraubt sind, inid die entweder keine näheren
Verwandten haben oder doch nicht solche, welche imstande
wären, weitere Sorgen tmd I^asten auf sich /n nehmen. Dies
hat Smith übersehen; und so können wir seiner Polemik
»^'cgen die AnstaUs-Hrziehung nur in bedingter Weise l)ei-
ptliehien. h'.ndlieli nuils noch näher auf den oben erwrihnten
Punkt einL;e;.;an<4en werden, dafs die I-jnheit des Hr/.ieliungs-
Suhjektes auch in der Form, wie heutzutage diese Forderung
wieder aufgetaucht ist, ganz abgesehen von der Rousseau'schen
Übertreibung, dem gründlichen \md wahrhaft vielseitigen
Wissenserwerb hinderlich ist und zwar gilt das nicht blos
für die höheren, sondern ebenso gut für die Volksschulen.
Man bedenke doch die Mannigfaltigkeit des Lehrplans der
modernen Schule! Man bedenke ferner, dafs diese Reich-
haltigkeit noch beständiq' ini \\'a( h^en bei^riffen ist; es
werden immer mehr und innner drängendeie vStinnnen laut,
'l Wie- sollte (leT lAhrer (kii i^an/cn Stoff verständnisvoll 1k -
ht:rrüchcn können I tr niülste ja geradt/.u eni I i i . e; wal-( iLiüe .sein.
Die Spexialisiennifr ist eine unbedinjjrtf Fonkrmi- tlcr nuKknuMi
Kultur, nur ihre 1 'In rti cibiviiu ist wrw ciflivh. das Aufhäuft 11 1111-
fruehlhareii W isse ns .lut «. nllcj^eiu n Spt/ial^t bieten. < '.i iinälichc
Kenntnisse sind ininier u\,v inti^lich bei <ier licselnänkiinu auf oinij^c
w<,iii;:< ^[aterien. und hier miifs allerdin;;s nieht so sehr S|»e/iiililäl
:ds vielmehr 'iVttalilat die I.osnnj^ sein T 1 rsihan iibcf das (ian/.e
(iif.ser Fächer nach tlen we.senlliclitu t >rundzui;cn und den univcr.scll
wichtigen Hestandteilcn. Der Lehrer, der eine ^anzc Fülle von
('»egcn standen /u vertreten hat. sei es auch blols in der \'()Iksschule,
kann nicht alles voll tind ganz begreifen - wie soll er da nun gar
seine Schüler zur vcrstündnisvoHen Xachauff.'issung anleiten!
lu
welche die Aufnahme eines besonderen Moial-l'uteiriciits,
die volkswirtschaftlicher Bclehnin^cn in den I^ehrplan der
Schulen, aller - der niederen wie der höheren — verlangen ;
was wird die Znkuntt niclit nocli für Forder nn «4 cn l)rinjren!
Sollen wir sajjfen, dais die Krweiternnj^Hn de» Lehrplanes
unberechtigt seien? (lewifs nicht. Xnr diejenij^en können
dies, welche in der Sclnile nichts anderes seilen als ein
Mittel der ( k\sinInln,i|sblldnn.t,^ .\ber diese verkennen die
Aufgaben, den Zweck derselben «.gänzlich. Worin die^ser
besteh t, welches jene sind, habe ich schön irielirfach, habe
ich auch oben bereits liervurKehoben.*) Meine Ansicht ent-
spricht der konkreten Wirklichkeit, ist aus den Thatsachen
des j»eschichtlichen Lebens gewonnen worden, denen i^^ej^^en-
iiber keine Theorie nachliaUi}^ ihre verdunkelnde Wirksamkeit
nnsübcn kann. Es ist endlich an der Zeit, dafs man die
Keden^.'irtrn \ nn der Mission der Krzicliun^ssclnde und dem
er/.ielieuden IJntcrrielit al,> solche erkcniU; die Si'lnilr ist
natürlich eu i^o eine Krziehungsschule, denn ^lc i>l einer
der Paktoren, deren sich die Erziehung bedient, be<lienen
inufs, um ihren Zweck ganz und voll zu erreichen - aber
Krziehung im engeren Sinn ist nicht ihre Hauptaufgabe,
Und der Unterricht ist natürlich erziehender Unterricht, denn
er ist eben eine bot liu ichlige Krziehnngsfunktion neben den
anderen: Pflci^c, Zucht, »Spiel niul Übung. \'on einer im
engeren Sinne erziehlichen, (jesinnung bildenden Kraft des
Unterrichts reden ist sinnlos, ist Phrase. Der Unterricht,
dessen Aufgabe es ist, Wissen zu übermitteln, so zwar wie
es unserer Kenntnis der ps\ chischen Phänomene gemäfs am
leichtesten gescheu kann,^) und für dessen Stoff-Auswahl
M Ks beruht dies anf liiur rtilersrhät/ini«: tUr Bedeutung des
Wissens inul Könnens, die nicht weniger falsch ist wie die frühere
Überschätzung, und auf einer übertriebenen Anerkennung des Wertes
der Persönlichkeit, die an die hyper;ii<livifhmlistischcn Tetid .ii/en
eines Nietzsche und der in seinen Gleisen sich bewegenden muderuen
Tages-Schriffeteller erinnert.
^) Auch im iolgenden KafMtel 'niutn dieser I'unkt noch einmal
aiur Sj>raclu konniH'iv
t Man (Itulc jitlucii Uicsc licnieikuu^ ja iiiciil dahin, (hUs kIj
wie so viele ältere und neuere Pädagogen die Schularbeit /,u blolseiu
Sj^itk verfliichti^Lii wolle, havon bin ich weit eiitfernl. Arbeil,
auch die Arbeit des Kindes muls Arbeit bieib«:n; auch das Kuid be-
reits soll einsehen lernen, dafs dieselbe eine ernste und \>'ichtige
Sache ist. <lais sie allein dem Leben W erl ' ei leiht. Daher darf der
l'iiterschieil /wischen Spiel und .\rbeit nicht aufgelioben. auch nicht
einmal \ erwischt werden ; denn jene, die ihre Keinitnisse nur spielend
erlangen, kommen gar /.u leicht mit der /eil dahin, alles /uruclocu-
weisen ^vris nittre-lieiigtes Studium erheischt. Aber anderseits ist y.\:
bedenken, <lnis das Kind nicht blols arbeiten, sondern freudig arbeilen
lernen 'nxiW Ute Arbdtsfreudigfkeit kann nnr dann aufkommen, wenn
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Adam Smitb« pid«gj»i:i««lt<> An^tohtM Iftid Kritik drnelbr«. ] |
iitir das I^rinzip des Nut/.ens ') iiiafst^ebcnd sein kann Und
thal.sächlicli stets, liolz aller i;i .<4tntcili^<. n Hehauptiinj^^eii
nnd bei alkr Ijciufun«^ auf idcak Ziele, mafssi^ebcnd ist,
wendet sich vornehnüicli an den IntcUekl, appeHici t an dessen
Punktionen, vor ällem das Gedächtnis: seine Parole ist ver-
standnisvoU'gedächtnismäfsij^es Lernen und Festhalten und
allmähliche Ausbildung dei T/rteilskraft Gewifs geht das
(Kunit des Zöglings dabei nicht ganz leer aus; aber diese
Wirkungen auf sein Gemütsleben sind zumeist nur Neben-
erfolge des Unterrichts und können i^ar nichts anderes sein.
Jeder kann doch leicht genug an ^ieli selbst hundertfjiltig
die KiJahrung inachen, dafs, sobald tlie intellektuelle Seite
seines Geistes gänzlich in Anspruch genommen ist, starke
Gemütseindrücke ausgeschlossen sind. Gewifs sollen solche
bisweilen in der Schule hervorgenifen ^ erden,* aber nur bei
gewissen Anlässen, ferner bei der Pflege der Zucht, soweit
die Schule sich dieselbe angelegen sein lassen mufs, und
ancli manchmal l)cini l'nterrichte, namentlich bei (kni kultur-
historis^cheu, ästhetischen und Moral-l'Utci rieht; aber ohne
dabei einen grofsen künstlicheu Apparat in Seene zu setzen,
wie ein t^plclier bekanntlich unter alkrl^ti wohlklingenden
und hochtrabenden Titeln vielfach empfohlen und angepriesen
wird. Derselbe verfehlt seinen Zweck ja gänzlich; alles das,
was man ethische Vertiefung, ethisch-religiöse Systembil-
dung' etc. nennt, wendet sich ja gai" nicht an das Gemüt,
sondern an den Intellekt des Zöglings: es kommt dabei im
günstigsten Falle nichts anders heraus, als ein gedächtnis-
mäfsiges I'esthalteii i^ewisscr ^euebemr Wrhältnisse. Ja,
auf diese Weise zieht iii.in i^erackre nioralisehc vSi)litterrichter
grofs, die über das Sitlliche mit Hilfe ihres Cicdachtnisses
urteilen — man kann , wohl ethische Maximen, nicht aber
Sittlichkeit selbst. andozieren. .'Also: die Schule iiät esjiicht
in erster I^inie mit der Charakter-, der (icsinnnngsbildung
zu thun, solidem mit der des (ieistes; die erstere ist ein
Nebenerfolg, durch dessen Krreichung sie der Haus- oder
Familien l-'.r/iL Innig zu Hilfe kommt. Durch die letztere er-
gänzt sie (lit>e. Der T ' nLi rricht,' auf welchen die Schule
den Haiiplnaehdruck als auf das ihr vornelnnlich zukonuueude
Mittel, auf die Jugend einzuwirken, entschieden zu legen
die Arbeit kioht von stulteti i^chl mi<i \ oti i-.rfolir !4<_knSiu i>,t. Die
Anwendung dieses oluie Zweifel wahreti Sat/.cs auf die Lernarbeit
in der Schule berechtiget 211 der oben nn den Cnterricbt ]t;:cstelllcn
Forderung.
M Der SchnluiiletiielU .miÜ. wie i^esaiit, tleu Züglinjj unt dem
allgemeinen jyeistijren Riist/enjfe versehen, dessen der künftijje Kultur-
kämpfcr bedarf: dus a\U. auf Sciu-e.i /inricl^Licfidnte Worf" " <,holttf,
vtutii^thsnunn wi;:d.!chcti uiemais seiiu Aielliuig. ciiiUiLs.s.cjj.
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12
Pr. Pnitl Hi>r(;»w«nn.
hat, sa^ den Kindern, wie die Welt nach tniscrer Hrfahnuig
ist; die luzieluui):; im enteren Sinne, die Charakter])ildiing,
weldie also Sache des Hauses, der Familie ist, zeijft ihnen,
wie sie der Welt .i(ejL^eii{il)erzutreten, wie sie diescll>e auf sich
wirken zu lnss( n ha])eii. W'o die l'ainilit lu r/tt linii'^« al)er
nicht aiisieieiieiid ersclieint, niuis die An--tah>-l-.i /iclmn«^ an
ihre Stelle treten, mit welcher die Sehulci/ichiuiij \ erhunden
werden kann, aber nicht niul's. Jedoch ich wiederhüle es:
die Anstalts-Erzichitn«^ darf immer nur als ein Notbehelf,
als ein leider nnvenneidliclies Übel augesehen werden. Ein-
heit des Krziehun<^^s-Subjektes ist in keiner Weise nr)ti<»^, ia
gar* nicht wünschenswert, vielmehr nur schädlich. Wohl
aber niufs die Einheit des Kr/iehnntrsplanes. der Methode
<^ewahrt werden. I>ie \erscliiedenen Irr/iehtr, denen die
vStellnnj^^ \ <>ii Teilerziehern zukoninU, iiuis^Lii >Kis das (ianze
im Auge hai)en und sich immer des Zu^animenhanj^s hewulsl
sein, in welchem ihre bctreffeude Spezialleistun steht und
der Stelle, welche sie in diesem Zusammenhange ausfüllt.
In dieser Beziehung saj^t Döring M mit vollem Rechte: 'Kein
Erzieher darf naturalistisch-dilettantisch hlolseii dunklen Ein-
j.lfebmigen oder willkürlich methodischen Kintällen folgen;
einheitliches Zu.samnienwirken nach den wahren Prinzipien
der Krziehuu}»^skunst ist erste X'orlirdiiii^ung^ .
Wie eine Mehrlu it von am n;iiiilichen l*!r/ic hnn*jsjL(e-
seliatic l.icUili^'^ten Krzieherii, so i.st aueli eine \ ielheit von
Erziehungs-( Jbjekten für dasselbe erforderlich, d. h. nicht
Einzel», sondern Massen-Erziehung i.st von nöten; nicht als
ob jene inz aulhören, völlig beseitigt werden sollte, sondern
so dafs beide Formen der Erziehung miteinander Hand in
Hand }^eheu, die Mas.seu-Krziehun<j nicht blofs als Notbeiulf
au}*"esehen wird, sondern als notwendii^e. niu*ntbehrlic1u- lu-
j^änzung der Kinzel-Krziehuntr. Dafs Smith dies Ijereils richlij;-
erkannt hat, haben wir j^^esehen. Die Hei^ründuni^ seiiu r An-
sicht ist er jedoch schuldii^ geblieben. Dieselbe ist in Folgen-
dem ZU suchen. Die Massen>Erziehung erspart Kraft und
Zeit, und wäre auch kein Grund vorhanden, in dieser Hin-
sicht sparsam zu sein, so wäre die beständige Einzel-Erzielunig
doch uinnoghch aus Mangel an F^ziehern. Zwangsweise Ab-
hilfe a])er würde eine vSchraiike finden an der natürlichen
iiegabung, welcher /nfr)1ge nicht jeder zum ICrzieherberufi-
sich eij^iuu und an der luwägung, dals dadurch anderen
KuUuraulgal>en so gut wie alle kriilie entzogen werden
würden. Zudem ist die Masseu-F^ziehung mit Rücksicht auf
die Zuerziehenden crspriefsticher als die beständige Einzel-
»I V^l, System der Päda^oprik im Umrifs-, Berlin 1S94, S. 2ä>.
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Adi« Srnilb« piduffogiaehe Aasirhtvn und Kritik d«riielbcii.
Emehuiig, ja geradezu notwendig, um Eintönigkeit zu ver-
meiden^ infolge des Wettbewerbs erhöhte Leistungen zu er-
zielen, die im \'erkelir mit anderen n(">tige Gewandtheit zu
verschaffen und endlicli aus sozial-etliisclieii Ciriindcn. Ver-
tieft sicli die Kinzel-Hrziehnng in die Kigenart des Individntims
nnd sucht sie dieselbe /nr i^rnlVtiiinglichen Kntfaltnng /.u
bringen, so läf^^t die Masscn-I j /ic hnng es sich angelegen sein,
dieselbe für die (»esanitheit niiU:l)ar zu machen, Kinseitii^^-
keiten zu beseitigen, ICekcn abzuschleifen, all/ai üppig
wuchernde Rauken zu beschneiden. Dafs dazu die Schule
freilich nicht ausreicht, ist klar; es sind, um diesen Zweck
»auz zu erreichen, noch an<U r. Institutionen nötig, für deren
Znstandekomuien, PfU und angemessene Leitung die (ie-
scll>chaft y.u sorgen liat; ich nenne als solche Spiel-\'er-
einignngen nnd Lesekränzchen, gemeinsame Ansflüi^'^t* und
Reisen, bei denen nicht der Zweck zn knien vorherrschen,
sondern nur ne!>enl)ei mit berücksichtigt werden darf
überhaupt sollen ja alle diese Veranstaltungen nicht von der
Schule ausgehen, sondern wie schon angedeutet, unter Leitung
besonderer Personen stehen. Denn einerseits scheint eine der-
artige Spezialisierung schon im Inkreise der Sache selbst
geboten, und andcr,<?eits heischt die Rücksichtnahme auf die
den Menschen zur X'erfüguni: stehenden, immer nur be-
schränkten Kräfte eine P'ntlast uhl^ der Schule, verbietet noch
andere Ai l>eits-Znweisunm. n an die schon t^enn^^.saui in An-
sj)ruch genoniniciien Schnlerzielicr ^die Ivchrer). Überlastung
derselben untergräbt mit Naturnotwendigkeit ihre Berufs-
freudigkeit - - und wer wollte in Abrede stellen, dafs ihnen
diese in noch h<)herem Grade von nöten ist, als Leuten in
anderen öffentlichen Stellungen! Auch ist zu bedenken, dafs
die Lehrer der freien Zeit bedürfen, um mit der fortschreiten-
den Wissenschaft wenigstens annälu rnd i,deichen Schritt halten
zu können, «reschieht dies aber nielit, ^ind sie daran thneli
das l'berniafs der beruflichen < "reseh;dle x evliindei t, so \\ir<.l
ja ihre g<in/.e 'J'hätigkeii hinliillig. Jedermann wür<le die
Zumutung mit Entrüstung von sich weisen, in Krankheits-
fällen sich an einen Arzt zu wenden, der nicht auf der Hohe
der medizinischen Wissenschaft seiner Zeit stände, dem die
neuen Errungenschaften derselben unbekannt geblieben, sollen
wir weniger skrupulös sein, uo es sich um die Krzielunig
der lurnn wachsenden (ieiieration handelt? Der Arzt hat es
ganz in '>einer Hand nur soviele Patienten anzunehmen, dafs
er durch seine Perufsthätigkeit nicht der zur Erholung und
zum Studium nötigen Zeit verlustig geht, und wir tadeln
jedeu, der — aus irgend welchen Motiven, Ehrgeiz oder Geld-
gier - - .seine Praxis ungebiihrlich erweitert; und hinsichtlich
u
der Lehrer, ^d'dr~ Erzieher der Jui^eiid in den Schulen, sollte
es uns «gleich L^ilti«!;^ sein, wenn ilirc Zeit durch die Herufsgc-
schäfte überniäfsi<( in Anspruch j^enoninicn ist! Wir sollten
nicht entschieden Verwahrung daq-eo-en einlegen, wenn den-
selben ein derartiges Arbeits-Peiisum auferlegt wird - deuu
ihnen ist ja dabei keine freie Wahl gelassen — das die zur Port-
bildnngund zum Ausruhen erforderliche Mufse beeinträchtigt!
S])arsanikeits-Rücksichten, die als hierbei niafsgebende viel-
leicht ins Treffen geführt werden dürften, kaini ich nicht
gelten lassen : solche sind nirgends weniger am Plat/e. als da
wo es sich um die Erziehung der Hcranwacliscndeu handelt.
Die Aufgaben der häuslichen Erziehung sind bereits in
grofsen Zügen entwickelt worden; dieselbe ist die alleinige
Erziebungsforni bis zum schulpflichtigen Alter, dem siebenten
Ifebensjahre der Kinder, sie bleibt später aber noch neben
der ' Sdiulerziehung und den anderen oben erwähnten In-
stitutionen bestehen: ihre Funktionen sind Pflege, Zucht,
Spiel, Übung und Unterricht in Oestalt der l^nterhaltung,
von der jede Pedanterie, jed< - nifdringheiie Iklehren wollen
ferngeluiUen werden niuls. Bei Suiilh finden w ir darüber nur
wenige sehr zerstreute Andeutungen. Wie Locke uihI Rousseau
legt er mit Recht einen bedeutsamen Xaelidruek auf die
Pflege der Kinder (Theorie II. S. 99 ff.: ^-Die Erhaltung
und Gesundheit des Körpers scheint der Gegenstand zu sein,
•welchen die Natur der Sorge eines jeden Individuums zu-
erst und vornehmlich' anempfiehlt. . . . Daher müssen
auch die ersli. 11 Lektionen, die der Mensch von den Aufsehern
seiner KindlK'il empfängt, gröfsteiiteils diesem Zwecke dienen I,
und wie diese fordert auch er bei der Krxit liiuig grölstniög-
liehe Milde in Ansehung der uatürliclu n Hilflosigkeit und
Schwachheit derselben (Theorie 1. S. 321/). Autorität und
Liebe sollen die Eckpfeiler der häuslichen Erziehung sein.
^►Was ist erfreulicher*', heifst es Theorie I. S. 65, »«als eine
Familie zu sehen, in welcher wechselseitige Liebe und Ach-
tung das (Tanze regieren, in welcher h<ltern mit Kindeni und
Kinder mit den Poltern wie (rleiche mit (rleichen inngehen,
den einzigen l'nterschicd abgerechiut. den die ehrerbietige
Zuneigung einer- und die naclisielit.sx olle Milde anderseits
macht; wo PVeimütigkeit und Zärtlichkeit, gegenseitiger
Scherz und gegenseitige (lefälligkeit zeigen, dafs kein ent-
gegengesetztes Interesse die Brüder trennt, noch Eifersucht
die Schwestern spaltet, wo alles Friede, Ruhe, Eintracht und
Zufriedenheit atmet und einflöfst«.') Nur zu weit gehe die
Erinnert sei hierbei an die Goethescbeu Vetsse:
ICntzwci' mul gebiete — tüchtig Wort;
-Verein' und leile — besser Wort.
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Aitam Kmltbs |»ids(rcivlaa(ie AAsMiUn .«»d krittle drmHbpn.
Mutter nicht mit ihrer ZartJichkeilt, der Valör mit sejner
Nachsicht; denn wenn man a\ich ein solches Übermafs -von
Zuneigung nicht mit Hafs tind Abscheu betrachten könne,
so müsse man es doch mit Bedanern thnn (Theorie II.
S. 66); jedoch liilst Smith bei der Inschutznahme jener 'bis
7A\r Ansschweifnnfi; fnlircndon liokUii Leidenschaft sich zw
Übertreibungen fortic ilscii. Damit sind die Hauptmittel und
-Ziele (kr häuslichen Zucht gekennzeichnet; <iiese letzteren
giebt Sinith nochmals in präziserer Form so an (Theorie II.
S. iio): Ehrfurcht*) und Gehorsam gegen die Eltern und
als deren Folf^e Sell)stbeherrschun<^, Zuneio^ung^ und GefälHir-
keit die Geschwister. Damit aber auch jenes Verhalten
den Hltcrn i^rc^-i^ennber wirklich sich einstelle,* verlaufet unser
Philosoph mit Recht, dafs diese auch den Kindern gcq^cn-
über Ehrfurcht haben; dieselbe werde ihnen einen heilsamen
Zwan^ in Cic^eii wart jeuer auferlegen: mit anderen Worten,
die Eltern sollen ihren Kindern alle Zeit Muster und Vor-
bilder zu sein sich bemühen, stets ihnen mit gutem Beispiel
vöraugeheUf sich selbst immer beherrschen, nicht blofs in der
übrigen Umgebung der Kinder alles Anstofsige fernhalten,
sondern vor allem in ihrem eigenen Benehmen — der alten'
Regel gennils .jtKirnoff (hhcfm- piu-vn reverct'firr^ .-)
So weni<jf ersch("»i)tend auch diese Henierkun^en sind, so
lassen sie doch khir dii- Meimmi; Smiths erkennen, welche
dahin geht, dais die Familie die holie Schule der Tugenden,
der individuellen wie der sozialen ist: hier bilden sich im
Kinde die Tugenden der Selbstbeherrschung und Tapferkeit,
die beiden Grundformen jener, der Gereclitigkeit und des
Wohlwollens, diejenigen dieser, aus. Schule und Familie
verhalten sich in dieser Hinsicht zu einander, wie Theorie
und Praxis. Mit tugendhaftem \'erhalten praktisch sclion
einigermalsen vertraut tritt da.s Kind in die Sclinlt ein und
lernt hier das moralische Kai.sonnement kenneu indem es
dadurch angeleilet wird, sein gewohnheitsmäfsiges Thun
unter theoretischen Gesichtspunkten zu betrachten, gelangt
es allmählig zu einer immer tieferen Auffassung des Sitt-;
liehen, das Müssen wird nunmehr für es zum Sollen--.
Und wieder ist die praktische Bethel tigungs-Sphäre für diese
vertiefte Sittlichkeit hauptsächlich die I'aniilie. Die durch
die natürlichen Hände bedinirte würniere Wechsel sei ti.cfe Zu-
neiguni; erleichtert das ])lliclitmälsige Handeln, mildert die
Strenge der Tugendhaftigkeit und verleiht ihr einen ver-
') lu der IJetonung dieses ruiiktcs stimmt Smith p^anz mit
Locke überein — \ gl. dessen So//ir t}h>ii^lits i h . ^ 40 — 42. 44.
vgk die vierzehnte der berühmten Satiren Juvenals v. 47.
femer Locke a. a. O. § 37.
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klärenden Schimmer. Und wer wollte leugnen, dafs dies
für den Anfän<Ter, den werdenden ^fensclien von grofser Be-
deutnng '^ei! Mit Reclit betont vSmitli diesen rmstnnd, in-
dem cri'i'lu nrie II, S. ii;;) sn^rt. dals die natürliehe Sympathie,
die Zärtlichkeit des Kindes j^e^en seine Kitern j^emeinitrlicli
ein weit tliätigeres Prinzi]-) zu sein scheint als seine P'hrer-
bietuno^ nud Dankbarkeit dieselben Darum ist der
Mangel der elterliclien Familie auch ein grolse^s vielleicht
das schwerste Unglück, welches den Menschen im Leben
treffen kaun. Waisenkindern haftet fast stets eine gewisse
Herbij^kcit an; mag ihre Tugend auch makellos sein, so
fehlt ihr doch zumeist die Anmnt und diese, den Zeugen
eiiKs ruhigen, in sich 1i;^t nioni^clun Gemüts und eines zart
empliiKlcnden Herzen-, vc riiiissc ii wir immer nur nnoern;
ihr Maugel stöist zurück und vereinsamt den Menschen, der
an ihm leidet Anmut und Wurde im Verein machen den
Menschen erst zur wahrhaft s> nipathischen Erscheinung.')
— Aber aufser der angegebenen Folge des Fehlens der
elterlichen Krzieliung tritt nicht selten noch eine andere ein,
die viel bedenklicher ist : der Mangel au Liebe, an Wohl-
wollen. Der etwas rauhen Tugend, wenn sie auch Tins
weni;4ei anziehend erscheint, \ti>aL:(n wir iiusire Achtung
nichi, ja wir bewundern sie uuIct l' ni.^trinde;i Kaltherzii»--
kt'it al)ei erweckt unseien Abseilen. Kine >t>lehe Wirkung
wird die öffentliche Erziehung fast immer bei Individuen
mit starken idiopathischen Trieben haben. Die Erzieher,
diese bemerkend, wollen sie eindämmen und zurückdrängen,
da ihnen aber die natürliche Liebe zu den Zöglingen abgeht,
so vergreifen sie sich, auch bei dem besten Willen, leicht in
der Wahl der Mittel und nehmen /ii sclKirfen Mafsregeln
ihre Zuflucht. »Solche ai)er rufen LibiLLenuiL; hervor und,
weit davon enlternt, den ICgoismns zu unterdrücken, Ijewirken
sie blofs, daf.s derselbe sich verbirgt, um später desto ener-
gischer sich geltend xii machen. Die Kitern halt die Liebe
ab, dem Egoismus der Kinder einen zu straffen Zügel anzu-
legen ; indem sie deuiselben einen gew issen Spielraum lassen,
verhindern sie, wenn ich so sagen darf, seine .Aufstauung
und sein späteres nniicstumes Hervordringen. \'on einem
gänzlichen Brechen desselben knnn ja gar keine Rede sein,
am allerweni Lasten bei Kindern aufserordentliehe Schick-
sale allein kt">nucn, \scini sie auch dies nicht hervorzubringen
vermögen (denn dann uiüfsten sie ja die menschliche Natur
M \'^\. Schilkr I btr Animil iiiid Würde . Werkt* in der
Redam'tichcn Ausgabe, Bd. n, S. 163 fi. Auf S. heil.st es u. a. :
Sind Anmut und Wurde in derselben Person vereinigt, so ist der
Ausdruck der Mcn.schheit in ihr vollendet .
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völlig tiiiiznwaudelu iiiislaiulc sein), M ilin auf ein "Miiidesl-
iiiafs reduzieren. Der benilsmäisit^e Erzieher legt iialiirgeinä Ts
das gröfste Gewicht auf die Autorität; K.iuder aber verlaugeu
Liebe — sie lassen jene mir dann gelten und beugen sich
ihr willig^, wenn diese mit ihr sich vereint Und dies ist
eben in \ öllig befriedigender Weise hlofs möglich bei den Eltern;
nur sie können ganz dem Luther seilen (irundsatze gcmafs
liandehi, dcni (irundsatze nändich, den Xiifel bei der Rute")
liegen zu lassen. Davon, dafs die Strenge nur ein Anstlnfs der
Liel)e ist, lälst sich das Kind leicht überzeugen, wenn jene
vuu den Eltern ausgeht; denn deren Liebe ist es — als
etwas ganz Natürliches, was gar nicht anders sein kann,
sicher. Dent berufsmäfsigen Erzieher gegenüber fehlt diese
Sicherheit; in ihm sieht es zumeist blofs den Herrn, unter
dessen Willen es sich beugt, weil es eben mufs, denigegfen-
über es sich aber vorbeli.'ilt, seinem eigenen Belieben zu
t<^lgen, wenn es erst seiner Leitnnir L^hirklich entronnen ist
Xnr die Ellern können den KiiKkrn mit jenem warmen
Hauche der Eit1)r nahen, der aucli die Strenge aks ein
sanftes Joch ei^eheineu lälsi, und der niil dieser im \'erein
das Wesen der Kinder erst zu einem so harmonischen ge-
staltet, dafs es in seinen Äufserungen wahrhaft tins entzückt
Es wäre kaum nötig gewesen, so \ iele Worte über die Vor-
züge der häuslichen vor der öffentlichen Erziehtmgzu machen,
wenn nicht in tniserer Zeit wieder, unter Hinweis auf antike
\'<>r1)i]der. die letztere so TKichdrücklich cnij^lolden, ja als
enizig richtige und saehj^tinälse hingt.slLlli worden wäre.
Man überbietet sooar die Alten noch, iiKlcm man gar niehis
nielir \on r'amilicn-lCrziehung wissen will, sondern verlangt,
dafs die Kinder von der Geburt an in Öffentlichen Anstalten
untergebracht werden sollen — ans verschiedenen Gründen :
die einen halten dafür, dafs die Eltern, besonders die Mutter,
Hesseres zu thun haben, als Kinder zu erziehen, über eine
solche Ansicht, glaube ich, kann allerdings ohne weiteres
'i ScIiojk iiIkuu r l<c li;nij>Ul alk-nliii;;s. dai's dies in<"»*;lioh sei, und
jiicist solche Leute, bei denen dieser l'all einijetreten, alä ileiÜK^' —
der indische Hiifser wie der christliche Asket dienen ihm als Heispiele
dafür. I >oeh ist leicht ersicluliel). dats es si«;h hierbei nicht uu\ eine
liitötunjf, .sondern nur um eine Kichtun^s-Andemng des Kgoi.sniu.s
handelt.
*» Man verstehe die.s Wort nicht l)i(>fs im tiberti aycnen, sondern
.'uteli in t !i;entliclien Sinne, worauf ich aiiLrcsichts (Kr in unserer
Zeit Mo«ie gewt)rdenen j)ädai;ogi.scheu SeUUinenlalilat nur kurz, im
Vorbeiziehen hinweisen will. Dus meines Wissens von Menandros.
einein l)ichter der neuen attisclien Komödie i.Vi-' -'<)i v. Clir. deb.)
herrührende W <.rl ')<fj>c(s <o .V(>i'*.r»*s; itv ,iu<(). i '<•/«/*• - wird
.seine r.eltnnj; stets bewahren.
>«m» Haitis«'!) VIJ. l.
tK
lir. FmuI B<*rKrniiiiin.
7.\\r Tagesordnung übci L;egan<4(. ii werden, bernlu doch dieselbe
wie aui einer gänzlichen \'erkennnnj4 dci naiinlichen Ord-
nung der Dinge'), so auch auf einer geradezu zynischen
Geringschätzung der wichtigsten Geschäfte eines. Andere
wieder sind der Meinung, dafs den Eltern alles zum Er-
zieherbenife Nötige fehle, und dafs alle Mittel, Abhilfe zu
schaffen, ungeheuerliche Anforderungen seien. T'nter diesen
begegnet uns auch Dnrini;. dem die --InntHrli kontrollierte
Kinderstube i'latuns nuch bei \veiteni nicht /niiiihcnd cr-
scheinl (a. a. O. S. meine Ansicht über diesen runkt,
über die erzieherische Hefähigung der Kliciii und wie für
dieselbe Sorge zu tragen ist^ habe ich schon dargelegt. End-
lich giebt es solche, welche glauben, dafs auf diese Weise
nur der rechte Genieingeist gepflegt werden könne, und
diese vornehmlich berufen sich auf das im .Mtertume in
Sparta gegebene Beispiel und auf Pia Inns Republik; auch
Fichte ist einer ihrer (Gewährsmänner.-) Wie sehr verkennen
diese aber die holi!. soziale Bedeutung der Familie! in der-
selben treun uns. ja schon die drei Grundfonnen des sym-
patliischen \ erhalteus von Men.sch zu Mensch in reinster .Vu.s-
prägung entgegen. In dem Verhältnisse zwischen Eltern imd
Kindern das vom Höheren zum Niederen; in dein zwischen Kin-
dern und Eltern das vom Niederen zum Höheren, und endlich
in dem zwischen den Gatten einer- und den Geschwistern ander-
seits bestehenden das vom Crleichen zum Gleichen. Somit ist
die Familie eine soziale Hrziehun<^s-Institntiftn ersten Ranges
und lial obendrein den \'orzug nicht eine kün>liiche, sondern
eine natürliche, ganz von .selbst sich ergebende zu sein. ICs
liegt angesichts dieser Thatsachc wahrlich nahe, auf die be-
kannten Verse Goethes hinzuweisen: -Warum in die Weite
schweifen, sieh' das Gute liegt so nah'!u Ein Mensch, der
durch diese Schule hindurchgegangen, der innerhalb seiner
elterlichen Familie aufgewachsen ist, wird sicherlich nicht
ohne Gemeingeist, wird gewifs nicht ein ungesellschaftlicher
») Treffend sa^t Smith (Theorie II. S. n.-^): In dem itatür-
liolien I.aiifc der Dinj^c benihl das Dasein 'li^ Kindes cinii^e Zeil
nach seinem Hintritt in die Welt ganz allein auf der Inirsorgc der
Ivltern .
■) De.sg^leichtn können sie sich anf Helvetins berufen. <kT da
sagt (vgl. seine Schrift /)> riioiiniii . </i m< l<mtlt,\ tl>li \on n/itnifion .
Deutsche CberseLzung in 2 Jidn. nn.shiu 1774. II. S. ,\i^jr. Die
öffentliche (d, h. die .AnstaltsOKr/.ieliunji ist die einzige, von der man
sich T'atnr>len \ersprechen darf. Sie ist allein vermögend, in dem
(ledächtuisse der liürger den Begriff von pcr.sünlicheni (ilück mit
dem Begriff vom National-filuck fest zu vereinigen . Helvetins
aber hat noch mehr (Vründe, ein Gegner der hiinslichen Kr/iehung
/.u sein, unter anderen mich den von Döring \ erfochtenen ( vgl.
darüber das gan/c dritte Kapitel des in. Abschnittes seines gen. Werkes).
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19
Sonderlini^ sein. Freilich, indem die Anstaltserziehung, wie
dies eben in der Natur der Sache Hegt, alles gleicht und
ebnet, liefert sie Alltags-Menscheii, mit denen sich ganz ge-
wifs am leiclitesteii Oesellschaft und Staat bauen läfst, \vic
man ja auch am l>equt.*iiisten mit gleich f(')rmii^<.'n Hacksteinen
Hänserbaut; während die I-amiliener/iehnn^, so sehr sie an( Ii
die soziale Xatur des Menschen /ur lüitfaltung bringt, docli
nicht minder die Entwickelung der persönlichen Eigenart
sich angelegen sein läfst Aber gerade das ist es, was für
die Kntwickelungr des Menschengeschlechtes jE^eradezu unent-
behrlich ist: deshalb wurde ja oben schon dagegen geeifert,
der vSchule die Charakterbildunj^ der Zöglinge als Hauptauf*
gäbe zuzuweisen, weil dieselbe eben nicht der nivellierenden
Tendenz anhennfallen darf, welche von allen <)ttentlichen In-
stitutionen unabtrennbar ist. Gewiis .soll der Jugend ein
starker Geincingcist ciugcptlanzt werden; das geschitrht aber
auch in hinreichendem Mafse durch die Familien-, durch die
sie ergänzende Scluil-Erziehung und solche Einrichtungen,
wie die /nr weiteren Pflege desselben vorgeschlagenen. Noch
darüber hinausgehende I'ordemngen sind nichts als Kon-
zessionen, welche tnan dem Ehrgeize und dem Egoisnnis der
Regierenden macht. \'m nichts atideres handelt es sich da-
bei, nicht, wiewohl man es mit lünphasc beban|)tet, um die
Verstärkung der Liebe /nr Heimat, der Treue gegen ü]>er
dem Vaterlandc deren kriiltigste Wurzel ist vielmehr die
Liebe zum Hanse. Der häusliche Herd, die Familie, wie in
diesem Kreise leicht sich entwickeln Arbeitsamkeit, Opfer-
willigkeit, Selbstvertrauen und Zufriedenheit, so gedeiht auch
in ihm die Liebe zur Gemeinde, zur Heimat, zum Vaterlande.
Das hat »Smith ebenfalls ganz riclitig erkannt, "-ri-'t er doch
ausdrücklich iTlieoric II. S. i2tS): Die Natnr hat nns an das
Vaterland gehnnden, nicht nur durch unsere st Ibslisclu ii,
.sondern auch durch jene wohl wolleuden Neigungen, die uns
an unsere Angehörigen fesseln . Schon deshalb, weil Wohl-
stand und Sicherheit derer, die wir von Natur am meisten
lieben, von des Vaterlandes Wohlstand und Sicherheit ab-
hängt.
Endlich muis denen, welche der öffentlichen Erziehung
das Wort reden auch da. wo dieselbe nicht durch die Tn-
«i^inist der W rli;iltnisse uotwendij^' «gemacht wird, nocli das
I'olUfendL' /u Ik (U nken oeLjeben werden, worauf ()l>en still-
schweigend l>ereiis mit augespielt wurde, als von der Waisen-
kindern anhaftenden Herbheit die Rede war. Ks heifst aus
dem Leben des Menschen ein Stück grofsen und edlen
Glückes nehmen, wenn man ihn dem Schofse seiner Familie
entreifst; es heilst auch die Ritern selbst, die Mutter nament-
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2Ö
l>r. Pfettl B^TKediiiliU.
lieh, aufs tiefste kränken, wenn man iliiieii ihre Kinder
entzieht. Sofern dies um dieser und des Wohles derCresell-
schaft willen nntiir crsclieint, dnini freilich imifs es srhehen,
in allen anderen Fällen ist es eine ( irausamkeit olnu '^"iLichcu.
Kine Glücksquelle zu verstopfen, sullu ukui uiclu >«' >thiiL'il
bei der Hand sein; mau sollte erw ägen, dal> ( »liiek^gtiulilcn
eine grolse treibende Kraft innewohnt, dafs die Erinnening-
au eine schöne, im Schofse der elterlichen Familie verlebte
Kindheit auf das j^anze fernere Lehen mit all sciiR i] K'nnplcn
und Stürmen einen verklärenden Schimmer wirft: diese Kr-
innerun«;: ist wahrhaft ein Paradies und zwar ein solches,
ans dem uns nichts vertreiben kann, in das wir uns flüchten
können, so oft wir wollen und dazu Bedürfnis haben, in dem
wir verweilen dürfen, solanj^e es uns beliebt. Und ferner ist
auch auf die von der Familie ausj^ehende Anregung für die
spätere eigene Lebensgestaltung des Kindes hinzuweisen:
wer in seiner Jugend ein geordnetes Familienleben mit all
seinem C.lück, all seinen Reizen kennen gelernt hat, der wird»
zur Reife gelangt, den lebhaften Wunsch hegen, selbst einen
häuslichen Herd, eiiK I'amilie zu begrüüdcti; war die elter-
liche F'ann'lie, in der er aulw ach--, der Autangs-, so ist seine
eigene nunmehr der Schhil>-l\.ursa> (Kr s( aalen F'rziehung:
indem er jetzt seine eigenen Kinder erzielu, wird er, wie
ebenfalls einst seine Eltern, auch wieder von diesen gleich-
sam erzogen. Ein Mensch dagegen, der nicht in seiner Kind-
heit die Freuden des Familienlebens kennen gelernt hat«
wird viel weniger leicht geneigt sein, sich zu verheiraten,
ihm wird die Gründung eines eigenen Herdes« einer eigenen
F'amilic weit weniger am Herzen liegen, er wird das Leben
eines Hagestolzen nicht unerträi^Iieli iniden. \ielleicht sogar
ganz angenehm. Aber der Charakter eines solchen ist der
F^g('isnui.>; es giebt zwei T\pen dieser Spezies: den geizigen
Junggesellen und den Lebemann, der sich alle Cienüsse ver-
schafft. Zudem entbehrt der Hagestolz eines normalen ge-
schlechtlichen Lebens, und das hat die Zerrüttung der Ge-
sundheit zur F^olge, wie uns die Erfahrung genugsam lehrt,
und nicht nur dies, sondern es ergeben "sich auch noch andere
schwerwiegende F'olgen auf moralischem ('.ebiete. F^in ge-
regeltes Farnilienleben und ( reschlechtsleben ist die eigent-
liche ikdingung eines gesunden (das Wort im weitesten,
nicht blois im physischen Sinne gcnonnnen) Lebens über-
haupt Das Verdienst des Christentums um die Moralisierung
der europäischen Volker beruht zum grofsen Teile darauf,
dafs es Reinheit der geschlechtlichen Verhältnisse mit Ent-
schiedenheit forderte. Dadurch trat es in schroffen ( icgensatz
ztt den (.Gepflogenheiten der antiken, eigentliches Familien-
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Adam Smilb* pi<ln|;A|;i«irbr Ankklitn i*n<l Kritik iler*elbca, 2I
leben kantti kennenden Welt Namentlich in Griechenland
hatte man sehr wenig Verständnis für ein sittlich reines ge-
schlechtliches Leben, was auf der untergeordneteu vStelhing,
welche dort die Frau nach orientahschem Vorbilde einnahm,
beruhte: sind dnch bc7eichTK iiderweise die q;riechischen Tugen-
den fast nur Tilgenden und X'ollkomnKnheiten des Mannes
(und zwar des freien Maniifsi. Hesser stand es allerdings in
Rom; hier nahm die I'iau keineswegs eine untergeordnete
SteUung ein^ und das Familienleben war ein schönes, aber
d»5 letztere nur während der ersten Jahrhunderte der Republik.
S]).'Uer, namentlich zur Kaiserzeit, geriet das Familienleben
in Verfall, und nunmehr überboten die Römer die alten
Griechen, was die geschlechtlichen Verirrungen betrifft, in
einer geradezu ungeheuerlichen Weise: die Knabenliebe (aber
nicht etwa im Sinne von Piatons Sxuiposion ) war etwas
ganz AUtäglirlies, ja es wurden iöruiliche Khebündnisse
zwischen Jünglingen und Knaben, Männern und Jünglingen
geschlossen — man lese nur einmal den berüchtigten, aber
in sittengeschichtlicher Beziehttng hochwichtigen Roman von
Petronius ^lAbri iSa/ZWcwi" ! Auf solchs Gemälde mufs man
diejenigen hinweisen, welche das Heil der Zukunft von der
Vernichtung des IviTüilienlebens erwarten.
Wir werden nun nach all diesen Ausführungen gewifs
gau'/ mit vSmiths Ansicht übereinsliminen. die. wie wir be-
reits wissen, dahin geht, dal.s durch die lüziehung der Kinder
aufserhalb der elterlichen Familie Glück und Moral gleicher-
weise beeinträchtigt werden, dafs es die Aufgabe und die
Pflicht der Eltern ist, ihre Kinder selbst zu erziehen: die
sorgfältigste Hofmeister- oder Anstaltserziehung kann niemals
einen völlig ausreichenden Ersatz für die elterliche bieten,
vermair den Maiii'il dieser nir "m/lieh aufzuwiegen. ..Uud
mit ganz besonderer luitsehiedmlieit ist nun gar die Über-
hebun«^ derer zurückzuweisen, welche i^lnuben, durch die
SchuK alles vernu"')gen zu können. Mit elwas in)crtreibuug
allerdings sagt Jean Paul, dafs mau wohl Unterricht einem
fremden Kinde .ereben könne, «lagegeu Erziehung blofs dem
eigenen (Levana. in der Rcclainseheu Ausgabe vS. 147); aber
ein tiefer Wahrheitskern .steckt doch darin. Und gewifs können
wir mit Habberion übereinslinnuen, der da sagt (Anderer
Leute Kinder, in der Reelamsehen .\usgabe S. 2H2): Ich
meine, dals Kinder im allgcnicinen da bleiben sollen, wohin
sie gehören: zu Flause unter den Augen der Eltern , und
dafs es ein Wahn sei, als ob irgend ein menschliches Wesen,
sei CS Freiuid, Verwandter oder Bekannter, sich jemals zum
Krzieher für anderer Leute Kinder nur entfernt so gut eigtien
könne wie deren eigene Eltern. Nicht minder Recht hat
ii
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22
ttf. P«ul ll«rcrju«n».
Rosegger, bei dem wir lesen:') Die Schule lehrt die Ju;^eiid,
aber sie vermag dieselbe nicht eigenthch zu erziehen. Mit
welchen Ort^rnien saiij^t das juno^e nanmchen mehr Xähr-
und Lebensstotl an sich, nnt den Zwci^^cn nnd Hlrittcni ans
der freien Lull oder mit der "^Vnr/cl *ni> dem iiudcn. dcni
es ents])roi\st? Was das Kind durch die Schule aufuinimi,
miife mühsam verarbeitet werden; aber die Beispiele und
Atileittingen der Eltern gehen nn willkürlich in Fleisch und
Blut über. Den Eltern obliegt es, im Kinde den Gnmd
zitr gedeihsamen Weltanschauung zu legen .
(Foitsetziing folgt.)
'i Die SchiifUii des WaldschuhueisterH VI. Auflage, Wien, Pest,
l^eipzig 1886. S. 31H. 319.
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Die experimentelle Psycliologie. '>
Von Heinrlok Free in Osnabrück.
Hs gab eine Zeit, die glücklicherweise weil hinler uns
liegt, da ging man dem Menschen mit Nasenklemmern,
Danmschranben nnd sonstigen Schmerz verursachenden Werk-
zengen zu Leibe, um die Wahrheit aus ihm herausznlocken.
So meinte man, aber in Wirklichkeit zielte die Piocedur
darauf ab. belastende ( reständnisse ans seinem Munde zn
hören, die der Jnstiz das Recht gaben, ihn um Hanpt nnd
Leben /u bringen. Jene Zeit sclieint wiedci liekchrt zw sein,
wenn man hentii^estags in ein psychologisches Laboratorium
tritt und die Leibgurte, Haudschellen, Fallhämmer, Zangen,
Stechwerkzenge nnd dergleichen Geräte sieht, die gebraucht
werden, um den psychologischen Delinquenten zu Gestand-
uissen zw nötigen, welche er ohne die Anw endnng dieser In-
strumente nicht machen würde. Allein der Kindrnck einer
Folterkammer liegt beim 1h tre ten eines |)s\ cholon;isrhen In-
stitnts doch fern, nur die gern nmlu rseiiw l iteiule Phantasie
bringt eine \'crknüj>limg der an sich kaum /u einander in
Heziehnng stehenden Iviui ielii ungen fertig. l>ie Xaturwissen-
schaft hat lange experimentiert, da lag es nahe, auch die
psychischen Erscheinungen auf experitnentellem Wege zu
erforschen. Dais man nicht früher daraufgekommen ist, ver-
ursachten die .\nsehannngen, die man von der Psychologie
hegte. Der grolse Kam, der das ganze meu'^ehliche Denken
einer eingehe nden Kritik unterwarf nnd nach der Zerstörung
althergebrachier Anschauungen ein neues ( ^edankengebände
aufrichtete, wnfsle mit der l's\ eh« »1( »gii. uiehts zu beginnen.
Sie bildete lür ihn ein I*' !d, das ein geeigneter Tummelplatz
für phantastisches l)enken war, auf dem er sich zwar gern
'i Wim dt, \ orksuiiircn iiln r die Menschen imfl Ticrseele.
Lcip/i^r \'<)ls. W'untlt. < '.i uiul/.ü.i;f der pliysioloi^^ischcn l'.sycho
loj;ic 2 H. I,eii»/ii; 1-^9.^, Fnjfchnaiin Knlpc, (irundrifs der Psycho-
logie. I,eip/.i}^. lvn.u:chiiami Ziehen, I.citf.uhn der physiolo^rischen
Psychologie. Jena 1S91, bischer. WuuUl. ikitrage /ur Theorie der
Sinnesw^rndiimungen. Leipzig Winter.
24
Heinrich Kreis
bewegte; aber von einer Wissenschaft sollte nicht die Rede
sein, weil Mefskctltn und Logarithmen sicli nichi anwenden
licfsen. Da kam Herbart nnd iialnn der Ps\ chologie gründe
Hell das Mafs und zei'f^te, w'n- Uiclu es ist, ihr eine niatlie-
niatisclic I'^orni zn Jüchen. iniifste endlieli der Mafsstab
dazu kuninien, und die ex|)eriuicnLelle Psvelioloj^ie war l'erlij^
Einzelne Experinienle behufs luforsehnn«; nien.selilieher
Seelenzustände sind schon früher, namentlich im vorigen
Jahrhundert versucht worden; sonst aber bildet die experi-
mentelle Psychologie eine Errungenschaft des neunzehnten
Jahrhunderts. Der erste, der ein Sinnes^ebiet s\ slenialisch
untersuchte, war der Leipziger l^rofesscn- Hrnst Heinrich
Weber, der die *;ewünnenen Er^el)nis'<e in seiner AMinnd-
lunj^ über den Tastsinn 1846 veröffentlichte. '> liehulioitz
untersuchte den Tonsinn und die \nni Auj^e wnhrnelnnbnre
Welt der Farben. Inciuier in Leipzig versuchte, den Zu-
sammenhang zwischen den physikalischen Reizen, welche zu
Sinneswahniehmungen fähren^ tmd den psychischen Empfin-
dungen zu ergründen. Herr Geheimer Ilofrat Professor Dr.
Wundt in Leipzig ciullich, der geniale Urheber einer neuen
Anschammg auf psychologischeuj Oeluete, riclitete ein
psychologisches Laboratorinm ein und begann nun, auf experi-
mentellem Wege die sämtlichen St e k lu orgänge zu erforschen.
Seit dieser Zeil findet von allen Hochschulen und ans allen
Ländern eine Art Pilgerfahrt nach Leipzig statt, um die ge-
troffenen Einrichtungen kennen zu lernen und luit den Unter-
suchungsmethoden vertraut zu werden.
Die Aufgabe, welche der experimentellen Psy chologie
vorschwebt) geht dahin, den menschlichen Seeleuinhalt, iu>
bezug auf Ursprung, Zusammenhau t; und Wirkung zu erklären.
Die ex|x-rimentelle PsNcholoj^it wird im ( 'rebiete aller dieser
\ un ps\ chophysischeu AlcthudcH ciusgeheiiden Untersuchungen
ihre Aufgabe gelöst haben, wenn ihr eine vollständige Zer-
legung der Bewulstseinserscheinungen in ihre Elemente und
eine genaue Kenntnis ihrer Koexistenz und Aufeinander-
folge gelungen ist
Die Aufgabe, wie mau sieht, ist eine schwierige. Sie
.scheint bei flüchtigem Ansehen etwas Ähnlichkeit mit dcui
PeTuühen der guten Schildacr /u haben, welche die Soimen-
strahlen einlangen unti ins fensterlose Rathans i)ringen
wollten. Wie vermag man, so mnfs man fragen, mit Zangen
und Pincetteu die Seele zu fassen ^ W ie ist es möglich, die
Vorstellung an eine Nadelspitze zu heften und vorzuzeigen,
•) Wagner, Handbuch der Phy.siologic. 4. IJ. S. 4S1.
'I Wundt, Essays. Leipzig 18K5. Hngeltnann.
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25
wie es der NatiuforsclKT etwa mit einem anj^espiefsten Käfer
macht? In der Tlial Heji^t die weseiulichsle Schwierigkeit
darin, dafs man die seelischen Vorgänge niclit direkt unter-
suchen kann, sondern nur auf indirektem Wege.
Früher gkiubte man, der Mensch träge in sich auch
einen Sinn, wie er nach aufsen hin deren fünf besitzt Wie
die letzteren uns in den Stand setzen, die Au fsenwelt kennen
zu lernen, so, meinte man, befähige dti innere Sinn den
Menschen, von seinem Seeleninhalt sich Kenntnis z.u ver-
schaffen. I*"s war aber nur eine Annahme, für welche alle
Beweist ansi;el)lieben sind, und dcslialh lint man .sie fallen
lassen. Ilci der lu'for.sehiuig der vSccle i.sl mau allein an die
äufseren Sinne gewiesen. Sie bilden die Thore, durch welche
liebe und böse Gäste in unsere Seele einziehen, die darin
Gemeinschaften bilden und einen Staat gründen, der vor-
trefflich geordnet sein kann, aber manchmal aueh recht ver-
stört er.sclieint. Wie Absalom sich einst ans Stadtthor setzte
und die Lentc anshorchte, die ein- nnd ansginqen, so können
auch die I'sx c liologen nicht mehr ihun, als vor den Sinnes-
pforten aufpassen, was für Kindrücke Kinlafs begehren. Diese
Werden schleunigst ergriffen, geuie^.«.t:n, gezählt und gt:we)gen,
und dann achtet man darauf, was so ein Bote, wenn er
w^ieder erscheint, für Erlebnisse ztt berichten hat. Bs ist
möglich, dafs er sieh getäuscht hat, und dafs seine Aussagen
unrichtig sind. Deshalb kann man nicht von Jedermann
psychologi.sch richtige Thatsnehen erfahren, .sondern es ist
nntii^. dafs man Personen ninmii, welche die eriorderliche
Sicherlieit durch Übung >ie]i crs\ erben.
Nun drängt sich uuwillküilich der Zweifel hervor, ol)
Siuue.seindrückc und psychische \*orgänge dasselbe oder
weni erstens miteinander 'vergleichbar sind. Wir .sehen wohl
einen Baum ; aber das Gebilde in unserer Seele, das dazu in
Beziehung gesetzt wird, ist kein T')auni. Schon Comenius
sprach die Anschauung aus, dafs der Mensch nichts von der
Aufsenwelt in sich aufnimmt, sondern dafs nnr sein eigenes
Selbst sich entwickeln kann. Xacli Herbai i liat der Mensch
in seiner Seele seine eigenen Ziistände, uml nielit> von aufsen
her ist in ilie.selben eingegangen. Die Zusaunnenwirkung
von Physischem und rsychischeni ist rätselhaft, und niemand
vermag die Ursache und das Wesen der Beziehung nach>
zuweisen. Aber in einem Punkte sind wir gewifs und halten
ui]< nidlt für getäv.seht, dafs n;iiulicli die psychische Eut-
wiekhmijf durch sinnliche hlinwirkung zustande kommt. Die
.Art luui Weise ist Ixi allen Menschen dieselbe; darum fühlen
wir uns zu der Annalinie berechtigt, dafs /w iselien den sinn-
lichen Einwirku'igeu und den seelischen Folgen eine gesetz-
^6
Heinricb Fr^r.
niafsic^e Hezieinniq vni li;iiicleu sein iiiiils. Man niiTimt an!"
(tiuikI ilt'i Krialiiiui^ an, dais zwischen .sinnlichen nnd
psychischen Krscheiuuugeu ein Parallelismus besteht, dafs
mit den Sinnesfunktionen also ps\ chische Vorgänj^e parellel
laufen.^) Von Annahmen mufs jede Wissenschaft ausgehen,
und es kommt später darauf au, dieselben von einem wissen-
schafthch sicher bej^ründeten Standpnnkte ans erklären zu
können. Tnter \'oranssetznnj^ des Parallelismus kann man
am Menschen experimentieren nnd planniäisig aul seine Sinne
einwirken; denn ma ist j^ewifs, wie man in denselben Reize
auslöst, so müssen seelische Vorgänge als Antworten tlaraui
folgen. Danach scheint nun die Untersuchung leicht zu
sein; denn man braucht nur den sinnlichen Vorgängen das
Mafs zu nehmen, um zu erfahren, in welchen berechenbaren
Formen die psychischen Vorgänge sich ereignen, danz so
leicht ist die Sache nicht, deini physisches (leschehcn in
ps\ cliisclK s umznsetzen. ist nur nin<^dicli mit Hilfe des knnst-
reichcn Xer\ Lna])parates. Ivs ist alx» uutig, anch diesen
nach seinem Ikui und .meiner Funktion kennen zu lernen.
Die Wissenschaften, welche uns mit den Nerven bekannt
machen, sind die Anatomie und die Physiolu>4ie.-) Die Nerven
bilden einen so kunstreichen Bau, dafs es bisher nicht hat
^elinjj^en wollen, vollen .Xnfschlni's darüber zu j^;e\vinnen.
Soviel aber weifs man, dafs die Xer\ enfnnktionen auf
chemischen Prozessen beiulien. Wie leicht nnd rasch der
Chemismus zu wirken vermag, darüber j,;;ebeu die bekannten
H\j)losi\ sl(.ille Anfschlnls. Chemische \'<n^;ui;^e nianni^-
laltigster Art nnd in vielfach abj^elöntei I'urni linden in
unsern Nerven statt, wenn Reize in den Sinnesorganen dazu
den Anstofs geben. In welcher Weise die chemischen Vor-
gänge verlaufen, ist nicht bekannt, doch scheinen zwei Mög-
lichkeiten vorzuliegen. In den Nerven ist nie ein Ruhe-
zustand, sondern der Prozeis der Kr/enf^\nig der chemischen
Kräfte ist ein stetit^ fortmachender. ICs ist nnn möglich, dafs
dieser Prozefs dnrcli den Sinnesreiz in seinem (»rade nnd
in seiner Form l)eeinllulsl wird, dals <lie clieinisehe Welle
•gleichsam meehaniscli den empfangenen Reiz fortleitet. Hin
solcher Fall scheint beim Tast- und (Teliörssinn vorzuliegen,
'i \\ ti n «1 1 . I>as rriTi/ip des ])sycho|)liysiseIien I'arallelisinus.
Philostjphisclie Studien, ro. Ii. S. ju. Leipzig JS94. liislcr. Der
psychophysische Parallelismus. Kei])/.i.i;, Fnedricli.
- t d i 11 CM' , Zwölf NDrlesiuij^en über den Bau der nervösen
Centralorgane. Leipzig, \'ogel. JS93. Heule, lliuidbueh der Ana-
tomie des Menschen, 5 Bd. Brannsclnvcij^. Vieweg. tS-i. Hermann.
Handbuch der I'h\ siolo^^ie. t, Bd. I iiw i.u:. Vogel. 1X79. Wagner.
Handbnoli di i Pliysiologie .\ Hd. Hraunschwcig. X'ieweg. 1842.
H e i t z in a n u . X er\ ensysleui.
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Di* espcffiOMBteJI« PtycboloKie.
die deshalb die mechanischen Sinne ^^enannt werden. Ein
anderer Fall, der bei dem chemischen Ner\ enprozefs vor-
kommen kann, ist der, dafs er sich verändert und einem
Vorj^^aiiq^e s^aii/ anderer Art Platz macht. So scheint es beim
Gebcliniacks-, ( »Linchs- niid (Gesichtssinne zusein, die deshalb
die chemischen .Sinuc ^cuauiit werden.
Alle Nerveuprozesse werden nach der Grofshirurinde ge-
leitet, die als das Funktionsorgan der Seele anzusehen ist
Von einem Sitze der Seele zu sprechen, wie es früher ge-
schehen ist, wird nicht anjr-uigijj;^ sein. Sitz der Seele ist der
Leib, darin stimmen die wissenschaftlichen Foi schnngen und
das empirische Denken übereiu: aber das l'unlitiOnsorq-nn
des Bewnistseins l)eim .Menschen ist die r>rnfshirnriiKle. Ks
hat sich erofeben, dafs einzelne Hirnj^ebieU für Ixsiiuimte
psychische Funktionen besonders in .\uspruch genommen
werden, so beim Denken der Stimteil, beim Sprechen der
linke Schläfenteil u. s. w. Doch die Verteilung der j»> chischen
Thätigkeiten auf die Grofshinirinde, wie sie von Gall uud
seinen Anhängern, z. B. von Lavater« versucht wurde, hat
sich nicht als richtig erweisen lassen. Der Xervenprozefs,
ma*^ er nun clu tnisch oder dynamisch auf die Hirnrinde ein-
wirken, hal nicht von .Vnfang an fest begrenzte Hahnen, son-
dern diese bilden sich durch die l'bung im Laufe der Zeit
aus. Daraus erklärt sich die Thatsache, dafs Störungen in
den Nervenbahnen mit der Zeit verschwinden, weil eine
andere Verbindung durch die Übung zustande gekommen ist')
Die Reize, von welchen der Cliemisuius der Nerven im
Centralhim Kunde giebt« werden an der Peripherie des
Körpers aufgenommen. .\n dieser Stelle sind die Nerveti-
endeu niil ])esonderen Apparaten versehen, welche den l'.ni-
pfang \(>n den von aufsen kommenden Reizen ermöglichen.
W ir nt nnen sie die Sinne, deren der Mensch bekanntlich
fünf besit/i. Aller Geistesinhall, so grofs er auch sein mag,
ist das Produkt der sinnlichen Einwirkungen. Daher scheint
es möglich zu sein, durch die Analyse der physischen mid
psychiologischen Thatsachen das Geistesleben auf elementare
Formen zurückzuführen und daraus erklären zu können.
Denken, Fühlen und Wollen sind die Vorgänge der Seele.
.Mlein was ist diese selbst? Aul diese I'rai^i- giebt es mehr
als eine Antwort. Vom Standpunkte der l'rforschnng und
Erfahrung ist keine andere lieantwortuug möglich, als dafs
unsere Seele eben die an ihr beobachteten \'orgäuge dar-
stellt Man hat sich gewöhnt, diese als blofse Erscheintin gen
\V u II (l l, Zur Frage der I.ukalisation der < TroJshirnrindc. Philo-
Hophische Studien. 6. B. S. i. Jahrgang 1891. Forel. Gehirn und
Seele. Zürich.
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28
Heinrich Fr^c.
aiifzufassLMi. Ähnlich wie die Farben einen Stoii als Trä^t i
ihrer KrsclidtiiiTVj^en voraussft/.cii, so sucht mau mich für die
psychischen \'« irL^riiii^e nach einer Substanz. Allein was
darüber gL;iu Isert woi fk" i.st. sind \'crnintuni;en, blnfse Hypo-
thesen, die nur den Wtrrl \ un WalirscheinHehkcii für sich
haben. Man kann sich von der Existenz der Seele überzengt
halten, aber die absolut giltij^en Beweise fehlen. Die I's\cho-
logie kann deshalb die psychischen Vorgänge zu erklären
suchen; aber die Beantwortung der Frage nach dem Wesen
der Seele mufs sie vorläufig noch der Metapliysik überlassen.
Die Psychologie nimmt die Seele a. , wie die Chemie zur
Annahme von Atomen genötigt ist. Aberelxn w eil die P.syche
Gegenstand einer Annahme ist, kann man sie für ein ab.solut
einfaches Wesen haken, oder für eine einheillich wirkende
Komposition psychischer Elemente. Soviel steht {est, dafs
dielTieorie vom Wesen der Seele vorläufig nicht auf psycho-
logischem Gebiete eine befriedigende Erklärung finden kann,
sondern von einem höheren und allgemeineren Standpunkte
aus gewürdigt werden innfs.
Da die Untersnclnin^'^ de*^; Seeleninhaltes nur von der
sinnlichen Seite ans müglicli ist, so kommt viel daranf an,
die Einrichtung und Wirkungsweise der Siiuie zu kennen.
Derjenige Sinn, welcher der Untersuchung am leichtesten
zugänglich ist und den einfachsten Apparat besitzt, ist der
Gefühlssinn, der am zweckmäfsigsten Tastsinn zu nennen ist.
Wir finden ihn in der den Körper bedeckenden und einhüllen*
den Haut, so dafs keine Stelle derselben ohne diese Sinnes-
funkti<in anf/ufinden ist. Trt)tz der Kinfachheit des Siimes-
werkzeugcs. hal weder die AnatviTnie noch die l'h\\siii|( »gir
über den Tastsinn zu vollständij^^i r Klarlicil kumnicu ktnineii.
Eine ungeheuere Zahl von Tastnei \ en verzweigen sich nach
allen Stellen der Haut hin und cudigcn darin mit feinen
Fäserchen oder Fibrillen, die selbst das beste Mikroskop nicht
überall sicher verfolgen kann. Die Enden dieser Fäserchen
liegen frei zwischen den Oberhautzellen oder sind mit zell-
artigen ( jebilden von kugel- oder knupfförniiger Tiestalt ein-
gefafst. Welche Hedentnng diesr Tn^tkörper. wie man sie
nennt, i)esitzen, ist unbekannt, jedenfalls liabrn ^ir rine
Funktion, die bei der Heizleitung in irgend cinci \\ ci>c /.um
Ausdruck kv>mmt. X'iellticht ver.siäiken sie die Reizempfin-
dung oder vermindern sie unter Uni.ständen, oder verändern sie
auch. Das ist eben das Unerklärliche am Tastsinn, dafs er nicht
Tastempfindungen allein übermittelt, sondern auch über Wärme
und Kälte, Schmerz u. s. w. Auskunft giebt. Er leitet also Empfin-
düngen, die völlig \ crschieden voneinander zu sein scheinen.
Wiederholt glaubte man, für die verschiedenen Funktionen bc-
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sondere Nervenleituugeii auf gefunden zu haben und sprach be-
reits von einem Schmerz-, Tast-, Temperatursinn u. s. \v.; allein
immer waren Täuschungen mit untergelaufen, die die Ent-
deckung als höchst fragwürdig erscheinen liefsen, »Solange
man nicht untrütifliche Kenn-/eiclien nnfj^efunden hat, welclie
v\uv Zerle«;untr des Tastsinnes in mehrere Sinnesarten als
au.sji^^emacht erscheinen lassen, wird man daran ftstlialten
müssen, dafs dasselbe Nervenfädchen sowohl vSchnicrz- als
auch Temperatur- und Tastempfindungen fortxuleiteu ver-
mag. Doch kann eine teilweise Änderung des Eindruckes
durch die Tastkorper vielleicht möglich gemacht werden. Es
ist nämlich Thatsache, dafs einzelne Stellen der Haut, wie
die Untersuchung gezeigt hat, nur für Druck empfindlich
sind, andere für Wärme und Kälte n. s. \v.; es mnfs also eine
Einrichtung vorhanden sein, welche eine .Sonde nn<^ der
Reize \olhiihn, aber man hat sie nicht auifindLH k>»nncn.
Um den Tastsimi nach seiner psychologischen Seile hin
zu untersuchen, gebraucht man allerlei Vorrichtungen und
Geräte. So benutzt man Stäbchen von Holz, Kork« Papier,
Crias, Metall u. s. w., ebenso atlch Flüssigkeiten, Ciase und
die Elektricität. Die Stäbchen werden am Ende Ijleistift-
förin-q; zugespitzt; nur darf die .^]>itze nicht zu scharf sein,
damit nicht lauter SchmerzenipfiiKhingen nnsgelöst werden.
Bei der Untersuchung der Tastein<h iickc ]ial)en die Stäbchen
Zimmerwärme; will nuui aber Eindrücke \ou Winnie oder
Kälte gewinnen, so sind sie vorher zu erwärmen oder abzu-
kühlen. Manche Untersuchungen kann man au der eigenen
Haut vornehmen; bei- anderen hat mau eine Versuchsperson
nötig, die ]>ei den Übungen die Augen geschlossen zu halten
hat, damit nicht Gesichtswahrnehnnin gen auf die Tastempfin-
dungen störend einwirken. Setzt der Experimentator ein
Stäbchen für einen Moment auf eine Hautstelle, z. K am
Arm, so enuteht ein deutlich im He wulstsein aufleuchtender
Eindruck. Die \'ersuchsperson hat entweder die Empfindung
von Druck, Wärme, Kälte oder Schmerz ; doch kann der Ein-
druck auch unbestimmt sein. Die Stellen, welche man be-
tastet, bezeichnet man mit Farbe, damit man periodisch die
Untersuchung wiederholen kann. Druckpunkte bezeichnet
mau z. H. mit schwarzer Farbe, Wärmepunkte rot, Kälte-
purikte blau u. s. w. Hei den Naclipriifnnq-en läfst sich dann
feststellen, ob die bezeichneten I'nnkte die fnihere l",ni jifindung
auslösen oder eine andere, lieides liomtnt \ ni , \uid daher
rühren die \ erscliiedeueu Ansichten inbezug auf den Tastsinn.
Einzelne Beobachtungen sprechen für eine stellenweise
Trennung des Tastsinnes vom Temperatursinne; doch haben
sie nur eme mtttmafsliche Bedeutung. Beide Empfindungen
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3?.
sind nämlich niclit gleichmafsig über den Körper verteilt.
Der Tastsinn ist an einzelnen Stellen der Körperhaut sehr
fein ausfjcbilcU t, während er an anderen eben nur vorhanden
y.u sein scheint. Ks ist das seltsam, da doch die Haut überall
Kmpfindnnf( bcsit/ct. Der Tastsinn ist demnach kein q-nnz
einfacher Sinn, der blofs mitteilt, dafs eine Berührnn«; der
Haut stattgefunden hat oder ein Kindruck darauf gemacht
worden ist; sondern er berichtet aufser den angegebenen Ver-
schiedenheiten wie Druck und Wärme noch andere Ein-
wirkungen. Man empfindet z. B. deutlich, ob ein Hindruck
mit einem harten Gegenstande gemacht wird oder mit einem
weichen, ob man einen festen Körper benntzl oder einen
flüssigen oder luftforniigen. Daraus gewahrt man aber auf
den ersten Blick, dals man es nicht mit einfachen Kmpfiii-
dungen, sozusagen mit Kmpfiadungselemeuten zu thun hai,
sondern dafs eine Anzahl von Empfindungen zusammenwirken,
die ein besonderes Empfindungsgebilde, das sich dentlich
erkennen lafst, ausmachen. Zugleich erblicken wir dann die
einfachste Form einer Vorstellung; doch soll das hier nur
beiläufig erwähnt werden.
W\q der Sehnerv hell und dunkel, rot und blau u. s. w.
uuurscheidet, so vermag der Tastiurv Druck und Schmerz,
kalt und warm auseinander zu halten. }{s sind (las nualitative
Unterschiede, die er nach ilei CTcliinninde berichtet. Dazu
kommen die intensiven, die bei der Vermehrung des Druckes
zur Schmerzempfindung führen. Intensitatsunterschiede auf-
zufassen, geschieht nach einer bestimmten Gesetzmafsigkeit,
die auch bei den anderen »Sinnen konstatiert worden ist.
Doch ist diese Gesetzmälsigkeit keine so absolut starre, dafs
sie unabänderlich dieselbe bliebe; sondern da ^ic der Aus-
druck von Organtunktionen ist, so läfst sich von x omlicrciu
erwarten, dafs ihre Grenze min(K .-.iens i^^erinj^e \'erscliiebunt.^c ii
zulas^'-en wird. So ist z. 1». unser (ieUilil lür Tastreize nicht
immer genau gleich; es ist ein Unterschied, ob wir körper-
lich frisch sind oder uns todmüde fühlen. Ks kann uns in
zwei Fällen dieselbe Reizempfindung gdx.un werden, in
dem einen Falle nehmen wir sie wahr und in dem andern
nicht. Wir haben also kein a1>s«»luUs Mafs für die unter-
schiedlichen Phnpfindinigen in unsern Nerven, sondern nur
ein relatives, das eine obere und untere Grenze liat, weshalb
man auch von einer durchsei inittlichen oder mittleren
Empfindungsfähigkeit sprechen kann. Auch die Übung mufs
dabei inbetracht gezogen werden; so hört z. B. das Ohr des
einen Menschen Ton unterschiede, die für manchen andern
nicht wahrnehmbar sind, und ebenso ist es auch auf den
übrigen Sinnesgebieten. Doch nnter normalen Verhältnissen
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I»ip f>x{ii-nm*'nt*llf lNv« h<ili»i{n>.
3'
kann rnan annehmen, dnfs die Refahignng für die l'nter-
schcidnng verschiedener Enipfindnngen in jedem Siiinesge-
biete bei allen Menschen gleich grofs ist. Diese Unter-
schiedsempfindlichkeit hat man durch zahlreiche Unter-
snchungen festj^cstellt und ist zu folgendem Ergebnis
gekoninun. Zwei J^ichtempfindungen müssen 7.. R. um ein
Hundertstel ihrer Stärke \ erschieden sein, um wahrti^etifiniinen
werden zu können; beim Tastsinn muls dai^-egen der l'nter-
schied ein Drittel betragen. Ivs war W'rber. der zuerst auf
das (iesetzmäfsige in der l'nterschiedsenipliüdlickeit hinwies,
nnd deshalb nennt man den allgemeinen Ausdruck dafür
das Webersche Gesetz, Nach diesem kann man z. B. aus-
rechnen, wie- grofs ein Gewichtsunterschied zwischen zwei
Steinen sein nuiCs, damit wir ihn durch den Tastsinn wahr-
zunehmen vermögen. Betrüge das Gewicht des einen Steines
3r)o so müfste der andere ' ' , üiehr, n "nn lieh 40c» wie«*-en,
um (kn (lewichtsunterhchicd \^\ (Ur I'.nipiindung walirnelnneu
zu k(>n!icn. V\\\ die Ricliti-kc il (Hl scr Thatsnohe /n erproben,
mufs mau (lic.Nclbc Hauil gebrauchen, weil jede Hand ihre
eigene Schätzungsweise besitzt Auch ist in diesem 'Falle
das Gewichtsstück auf die unterstützte Hand zu legen, so
dafs keine Muskelthätigkeit dabei mitspricht; denn für diese
ist das \'erhältnis der Unterschiedseropfindlichkeit ein anderes,
uäuilicli
Ks ist noch einer anderen Thatsaclv vw jLrcdenken, die
höchst auffallend ist, für welche es eine allgemein grdti.yfc
Erklärung nicht giebt. Wir sind uns nämlich nicht bewnlst,
dafs die Empfindungen im Gehirn ausgelöst werden, sondern
verlegen sie nach der Aufsenseite unseres Körpers, wo der
Tasteindruck gemacht worden ist Diese Erscheinung wird
die Lokalisation der Empfindungen genannt Damit liängt
die Ausbildimg der Raumauffassung durch den Tastsinn
zusammen; denn verlegen wir zwei Eindrücke nach ver-
schiedenen Stellen unseres Körpers, so ist das zugleich eine
räiunliche rnterscheidunjn;^. Beide Krscheiiuuigen häns^eii
augenscheinlieh aufs unmittelbarste zusammen; entweder
wäre keine Lokalisation ohne Raumauffassung möglich, u<ler
diese könnte nicht ohne jene ;;e dacht werden. Um den
Ranmsinn zu untersncheti, gebraucht man Tastzirkel. Die
verschiedenen Spitzen, welche man anwendet, werden an
einer Schiene befestigt, worauf sich das Längemnafs nach
^lillinietern eingegraben findet, (rebrancht mau 7. P». zwei
Tastspitzen und befestigt sie 4 mm weit voneinander, so
werden sie an vielen Stellen des Körpers nicht zwei, sondern
nur einen Eindruck her\ oiruien. Es ist das etwas rätselhaft,
aber eine allgemein beobachtete Thatsache. Die t^bung
Heinrich Free,
kommt zwar dabei inbetracht; aber trotz vieler Übung können
einzelne Körperstellen zwei Tasteindrücke von 3 bis 4 cm
Entfernung nicht unterscheiden; sondern iinmei fafst sie der
Tastsinn als einen einzelnen \^or{^an.i^^ auf. Am feinsten ist
die Unterscheidung an der Zuni;cnspitze; diese kann nuch
Kindrüekc sondern, die nur i nun \ ( »neinander tntieiuL sind.
Die genng.-.le Bclähigung besitzt clic Rücken Iläehe; erst bei
68 mm Entfernung löst sich der einfache Eindruck zweier
Tastspitzen in zwei deutlich unterschiedene Empfindungen
auf. Diese wahrnehmbare Entfernung von zwei Tastpunkteti
hat man die Raumschwelle genannt An den zum Tasten
viel gebrauchten Fingerspitzen beträgt sie 2 mm, an den
Lippen 5 nun, am Handrücken 31 nun u. s. w. Die Ta^t-
fähigkeit ])ci volksinnit^cn Menschen i'^t i;l wohnlich geringer
als bei lUinden, die inl)c/:ng auf Raunisinn ganz auf ihre
Finger angewiesen sind. Auch die immer noch feine Raum-
empfindung der Gesichtshaut kommt ihnen zu Hilfe. Aus
der Einwirkung der Luft vernehmen sie, ob sie z, B. im
Freien sind oder in unmittelbarer Nähe eines Gegenstandes.
Bei den vollsin 11 i gen Menschen nimmt der Tastsinn geringen
•Vnteil an der Ausmessung di s Raumes; das besorgt mehr
der fähigere Ccsiclitssinii, der ancli bei der Ratnnausmcssung
an der eigenen Kim peroberiläche die Hauptrolle spielt.
Man hat die Haulbezirke, innerhall) welcher alle Ein-
drücke zu einer einzigen Tastempiindung vereinigt werden,
Tastkreise genannt Innerhalb eines solchen Kreises sollte
ein einziger Nerv mit seinen Fäserchen die Leitung besorgen;
allein das hat sich nicht als richtig erweisen lassen. Die
Empfindungskreise sind nicht kreisförmig umgrenzt, noch
liegen sie streng gesondert neben einander. Man nitifs es
vielmehr alsThatsache ansehen, wenn man von Kmpfindmigs-
kreisen s{)rechen will, dafs sie übereinander hinweggreifen.
Inbezug auf die Lokalisation und das Raumwalirnehmcu
handelt es sich bisher um Theorien; denn die l uiersuch*
ungen sagen nichts darüber. Die Frage ist nun, ob Lokali-
sation und Raumsinn zusammenhangen, wohl gar ein und
dasselbe sind, oder ob sie als zwei voneinander unabhängige
Erscheinungen aufgefafst werden müssen. Docli auch die
Theorieen sagen darüber so gut wie nichts; eher kömitc man
daraus enlnehnien, dafs man es mit zwei getreinilen Er-
scheinungen /u tlinn hat. Doch scheint das nicht zulä.ssig
zu sein; wahrscheinlich werden wir es nnt zwei T^ormen ein
und derselben Funktion zu thun haben. Die Ranmwahr-
nehmung ist zum Teil eine ungenaue, insofern sich inner-
halb eines Empfindungskreises mehrere Eindrücke nicht
unterscheiden 1as.sen. Das mufs auf die Lokalisation ein-
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wirken; wir lokalisieren daher auch nicht .q:enau. Davon
kann man sich überzeugen, wenn man von der Versuchs-
person anzcii^en läfst, wo sie den Tasteindruck empfunden
hat. Sic wird in der Rej^el eine nnrichti.i^c Stelle an^^cbeii.
Das .spricht luizwcifcilialit dafür, dals Lokalisaüun und Ranm-
enipfindung etwas (Teuicinsames haben. Können wir die ver-
schiedenen Empfindungen auf einem gewissen Gebiete nicht
unterscheiden, so verniöpfen wir auch nicht genau zu lokali-
sieren; oder es müfste der erwähnte Mangel bei der Raum-
Wahrnehmung von der ungenauen l.okalisation abhangen.
Das mag nun vorläufig ununtersnclit bleiben; denn ehe weiter
darauf eingegangen werden kann, ninfs dem Tastsinne noch
auf einem andern K.<"a pergebiet c Ik-aclUnni; geschenkt wer-
den. Er hat nimilich seine Stelle niclu blois in der Ober-
haut des Körpers, sondern kommt auch in allen inneren
Organen vor, in den Muskeln, Sehnen, Hauten, Eingeweiden
u. s. w. Unser ganzer Körper ist Tastsinn, und man spricht
deshalb von einem äufseren und inneren Tastsinne. Den
letzteren zerlegt man in zwei Formen, indem man die Km-
pfindungen ans deJi < »elenken, Sehnen. Muskeln für sich den
inneren Tastsinn bilden kilst, während die lünpfindungeii
aus den lungeweiden als ( jemeinemplindungen zusammeu-
gefafst werden. Den inneren Tastsinn, sofern er sich auf
die Empfindungen in den Muskehi bezieht, hat man auch
Muskelsinn genannt Doch sind die empfindenden Nerven-
organe hier genau so eingerichtet wie in der Körperhaut,
und daraus erg^iebt sich, dafs man es nicht mit einem be-
sonderen Sinn zu thun hat, wie man anzunehmen wagte,
sondern dafs hier derselbe Sinn funkti<miert, der von der
KÖr])er, ilx rtl.iche her Ijekannt ist. Der innere Tastsinn kminnt
in .\Ktiün bei der Bewegung der Kxtremiiäten des Körpers;
wir vermögen kein Glied zu bewegen, ohne dafs der Tast-
sinn in Sehnen und Muskeln u. s. w% darüber Atiskunft giebt
Auch ist er es, der uns über I^age und Stellung oder Haltung
des Körpers orientiert und die Aktion und Ermüdung der
Mtiskeln zur Anzeige bringt. Zu allen Bewegungen des
Körpers, zn jeder Mnskelthätigkeit ist ein bestimmtes Mafs
vrn Kr; tt notig, uin\ das zu bestimmen, bringt die alle Iland-
Inngen be'jfU itende Tastem])findnug fertig. ( )hne .sidche ge-
naue Zn.stinmien Wirkung der Nerven würden wir vielieicht
einen Federhalter mit einer Kraft ergreifen, die zur Hebung
eines Baumstammes erforderlich ist. Jede Wirkung der
Körperglieder und des ganzen Körpers wird dem Grade und
der Art nach von den ICmpfindungsnerx en des Inneren aufs
genauste zum Bewufstseiu gebracht. So wirkt gewöhnlich
bei allen Bewegungen und Punktionen unsers Körpers und
5«iie RAbnc» TU. 1.- 3
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34
seiner r)rn^aiie der innere nnrf fuifserc '!\'\stsinii zusaninien,
Ks entstehen dabei Kmpfindunj^skoniplexe, die sich nach den
einzehieü EnipiiiiduniJ^selenienten .i(enati \oneinander initer-
scheiden lassen. Sie sind Vorstelhinu^en, wie erwähnt worden
ist, deren Inhalt in dem (irade oder der Art einer Bewejjnn«^
besteht, wodurch zugleich Lokalisation und RaumeinpfiiKlnn^
zum Ausdruck kommt
Werfen wir nun einen VMck auf die (tcmeinempfindungen^
die ans den Ein^eweiden des Körpers koinnien, so ist er-
sichtlich, dafs ancli sie aus Tastenipfindnnc^en bestehen. Sie
leiden meist an einer gewissen l^nbestiiiniiilieit, die unstreiti«;
davon herrührt, dafs sie im |L;^rofsen und «j^anzeu immer in
«gleichförmiger Weise zusammeuklingeu. Sie sondern sich
7A\ wenig in einzelne, deutlich voneinander zu unterscheidende
Komplexe, sondern bilden einen mehr oder weniger wahr-
nehmbaren Oesanitein druck. In der Regel werden sie von
den bestimmteren Wahrnehm uu gen der Spezialsinne über-
tönt und können nur zur (Teltuug kommen, wenn irgend
ein störender \'nrgang ihnen einen bestimmten Cliaraktrr
und eine stärkere F>etonung ^iel)i. Die (temeinemi>tini]ungeu,
welche aus der Atmung und lilutbewegung ihren I r.spiung
nehmen, haben einen nicht unwesentlichen Kinflufs auf unser
ßewufstsein. Jede stärkere körperliche Bewegung bringt die
Atmung und den Blutkreislauf in ein stärkeres Tempo, wo-
durch eine merklich andauernde Iunj)fiuduiig entsteht, die
je nach ihrem (trade das Bewufstseiu zu beeinflussen vermag.
Die gesamten Tastempfindungen, soviel ist ersichtlich,
liegen beständig vor den Thoren dc\s Hewufstseins, wenn sie
aneli nielit gerade innerhalb desselben wirksam /.u >ein
scheinen. Sie bilden eine (iruiid- oder Xoi uiall>eweguug in
den Nerven, die von den andern Sinnesreizen immer erst
übertönt werden mufs, wenn sie gehört werden sollen.
iScIihifs folgt.»
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Naturwissenschaft und Schule.
\'oti Alili. HaMe in Magdeburg.
KarJ Koiibach, N a t u r \v is s c n seh a i t luui Schule, zuiilcich zweite
erweiterte und verbesserte Auflaufe der Methodik der geätainten
Xnturwis^t. nschaft für hriu T\ I.chranslalteti und \'«)lksschulen
n)il ( frun(l/.üj4en zur Reform dieses rnterrichtH. Köln a. Rh.
iS<)4. \ trlii},' von l*anl Xeiihncr.
Die }4T(»fseii I*ädagü<^cii frülKTer Jalirlitiiukrlt.- iiuUi-
srhcidcii sich von den neueren durch einen l)esiininiLen l'ni-
versalisnnis. So umfafst z. H. die „hidakiiht magna"^ des
Comenius die Methode sämtlicher Unterrichtsjjej^eustäiidc
lind die Pädaf^ojii^ik aller Schulen, von der Elementarschule
bis 2nr Tniversität Heute ist man bei einer scharfen Treununj^
aTii::elan«(t, denn man unterscheidet i)iinlich eine Päda^^oj^ik
lur X'olksschnlen, und eine '-«^Icli; für höhere Schulen. Zu
dieser Sclieidunj^ trug nei>en anderen wesentlich der I'm-
*»ian<l bei, dafs sich für j^enamite Schulen zwei Stäiuk \i>n
Lehrern herausbildeten, die ihre \'orbildung auf grumiver-
schi^eucn Schulen «genossen. Die Universitäten^ die Pflanz-
stätten der Wissenschaft, bejjeisterten ihre Schuler für die
Ideale der Forschunji^. Zu natürlich war es daher, ilafs die
akademisch j.(ebildetcn Lehre r Oberlehrer nur die Wissen-
schaft als solche achteten, die Weise des Unterricht'^ da<.^e<^en,
die Methode, meistens als etwas (■berflüssi i^rs vernachlässij^ten.
l'ei der .Xusbildinij; der \*olksschullehrer steht die Unterrichts-
fertij,''keit im X'orderj^^runde, in die Tiefen der Wissenschaft
führt das Seunnar .seine Zö;;linge nicht. Daraus erklärt sich
die Erscheinun<j, dafs die Volksschiillehrer häufig den Wert
exakter Wissenschaft nicht fjehöri^ würdigten, und alles Heil
in der Methode suchten, lUide Standpunkte sind nicht /.w
hilligen, der eine ist so verkehrt wie der andere. Hin tüch-
\\'^vr Lehrer niufs sowold in die Tiefen der zu unterrirhtrn-
den Wissenschaft eindringen, als auch die Methode derseiben
beherrschen. Das gilt für alle J.,ehrer. und niemand würde
an dieser W*ilir]ieil /.wciTein, wenn wir schon heute den /u
erstrebenden idealen Standpunkt erreicht hätten, dafs sämt-
liche Lehrer auf der Universität vorg^ebildet würden. Nichts
3
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Arth. ttii»>p
weiter a!- Tic Standestinterscluede haben es mit sich jje-
bracht, dals das Dogma von einem principiellcn Unterschied
des Unterrichts in niederen und höheren vSchnlcn so alljje-
meincn (rhiulHii linden konnte. Dieser (»lanbe, so an<^en-
fälHg halllos und verkehrt er auch ist, macht sich als ^rölster
Geß;ner nnscres Strcbcas bcluils Kciurni des Lehrerbikhnigs-
wesens geltend. — Als erfreuHchc Thatsache verzeichnen wir
es, dafs in oben genanntem Bnche ein Akademiker sich ganz
in unserem Sinne ausspricht und von diesem Standpunkt aus
eine Methodik de^ n it urkundlichen Unterrichts versucht In-
dem wir auf das Buch selbst cinj^ehen, werden wir uns dem
Gedanken^nnq-e eini<xer Kapitel atischÜefsen.
In der HinU'itnii_L;', über HctKiuuni;, Stellunf»- uiui Pfles^e
der Xaturwisscn.scliaft im allgemeinen . fiilirt Kollbacli aus,
dafs bei den bedeutenden, sich gegenwärtig und zukünftig
vollziehenden Veränderungen die \'olksschulen im Vorteil
den Gymnasien gegenüber seien. Während man in letzteren
im Banne verjährter mittelalterlicher Formen arbeite, sei die
Volksschule ein jungfräulicher Boden* auf den der belebende
Hauch der Naturwissenschaft unseres Jalirhunderts seine
Wirkung- aiisnl)c. Wenn ich mich bei diesen Voraussetz-
ungen auch nicht mit ck n o]niiinstischen Anschauungen Roll-
bachs bezüglich der N'olks^chule befreunden kann, so teile
ich doch vollständig seine An.sichi, wenn er ausspricht, dals
das humanistische Studium in unserer fortgeschrittenen Zeit
sich nicht mehr zum Bild ungsmittelpunkte eignet, dafs auch
die neueren Sprachen dafür keinen hiidänglichen Ersatz
bieten können. Von einer Wissenschaft, die man zum do-
minierenden Mittelpunkte des Unterrichts mache, verlangt er:
Tn sicli selbst eine KinlKil iiiiif'^ sie /ui^'-leich mannigfache
.Ynknüpiunj^spunktL für andere \\'is>eiiN/.u eij^e besitzen; sie
mufs für alle Oenuii>- und (Teisteskräfte Anrej;unu nnd Bil-
dungsstoff gewähren, Ciclegenheit zu idealer Bes^ei.-^iei ung
bieten, und ztigleich einen Wissensstoff vermittehi, der einen
gleichmäfsigen Wert für das praktische Leben aller Menschen
besitzt'^. Diesen Anforderungen genügt nach K. die Natur-
wissenschaft in orq^nnischer \'erbinduug mit der (Geographie.
Wenn wir auch der Begründung dieser I''rage einen gröfseren
Raum nnd eine erschöpfende allseitii^^t* Durchtiiiirung ge-
wünsclit liätlen, ><) können wir es un> doch nicht versagen,
einige der trelllicli ausgesprochenen (Vcdaukcii hier wieder
zu geben; wenngleich einige davon bekannt sind, so kann
man sie doch nicht oft genug wiederholen.
»Wenn man die Bildung votr Vorstellungen luid Be-
griffene, so fülirt K. aus, von Urteilen nnd Skhlüssei ds
Grundlage und Wesen des Denkens bezeichnet, so gewährt
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Nnturwit.fti-Dkrhafl und R<'bult>.
der naturwissenschaftliche Unterricht beste (releg^enheit zur
gleichmäfsio^en Pt*le<»;e desselben, da keine dieser Stufen ohne
j^ründliche Beaclilnn<^ niid rf)nnj^ bleibt. Und nicht nur
leitet er in der Art aiitK rcr I-ät her, ein einziijcsin.'il die Schüler
durch dif.se i^H-istiL:«.- StutVnfnloe, sondern kehrt auch später
allemal wieder zu den uii^elriibLeu Quellen des geisti<J"en T/Chens,
zu der Anschauung zurück. So bewahrt er vor dem getähr-
licheti Ztistande, bei dem die Sinnenwelt nicht mehr ihren
herrschenden und belebenden Einflufs auf die Denkweise
ansäht, und eine der Anschauunjr entwöhnte Creistesrichtung
ihre haltlosen Resultate als Ausdruck einer richtij^en Welt-
an.schauunjjf hinstellt, ein Übel, für welches so manche philo-
sopliisrhe Riclunng^ ausreichende Hele«;^e liefert . . . Eine
.L;rün(llic]ie Scliärfnus^" der Sinne, die Wirkung: der Sell'st-
tiiätij^keit und die Kutwickelnn)^ des Forschertriebes sind
aufserdem noch unausbleibliche und bedeutsame Xebenerfolge
eines guten naturwissenschaftlichen Unterrichts . . . Die ge-
niütbildende Macht der Naturwissenschaft ist nicht geringer
als ihre geistentfesselude . . . Die ideale Bej^eisterun^y wird
denn auch in der That durch die Naturwissenschaft in her-
vorra Inender Weise j^^eweckt und j^a-nälirt und nur von solchen
Leuten ji^eleu<»net, welclie nicht das (ilüek t^eniefsen, selbst
ans den Hrkenntnistniellen der Xatur /. \ sch' )j)i"en. Welche
ideale Richtunor rülimt sieh eines höheren Erfolges, als die
Naturforschung iu der bewufsten Anerkennung eines ewigen,
einheitlichen, gesetzmäfsigen Waltens im Weltall! . . Doch
nicht nur auf ihren erhabenen Höhen, auf Grund tiefer und
ausgebreiteterKenntnis.se löst unsere Wissenschaft die Flügel
idealen Schwunges, auch in ihren kleinen, beselieidenen An-
fängen schon pflegt sie die<e ( Tesintitin^. Das Irohe Gefühl
des Einklanges zwischen dem kindlichen (remüte und der
Natur, das erhabene F?e\vnfstsein, ihr an?:ngehören, an ihren
Cicnüssen teil zu neluuen, »ehlununerl ahnungsvoll in jedem
Kinde; dem naturgemäfsen Unterricht wird es leicht, diese
dunklen Gefühle zur klaren Erkenntnis zu fördern ... Es
ist selbstverständlich, dafs eine vemunftgemäfse Weltanschau-
ung ohne umfassende und ziendich gründliche Naturkennt-
nis gar nicht möi^licli i>t. Noch alle philosophisclieu (ic-
bäude, die nicht auf liirer ( irundlage errichtet und weiterhin
mit ihrem Prüfstein bemessen wurden , stürzten bald in
Trüninier zusannuen. Doch nicht allein keine j)hilosc>phische
Frage, die das \'erhältnis des Menschen zur Natur und Mit-
weit zu ergründen sucht, kann ohne Naturwissen richtig be-
antwortet werden, ebenso wenig eine soziale . . . Unsere
Bildung unt' !lii L;t noch innner der ein.seitigen Sehätzung
mit humanistischem Mafsstabe, was um so bedauerlicher ist.
als sich dacliirch» da die lunnaiiistisclR* l)il(lung bei der
Verscliioltuluit iinstTor Sclinkn so vielen abj^elit, eine auf
die Trauer unhaltbare und völH«^ inibereehtigte Kluft zwischen
den einzelnen vStänden lierausbiltU u iimfs . . . Dals es man-
chen Vertretern der humanistischen Rieh tun j* dennoch nichl
an weitreichenden Xaturkenntnisscn, die sie sich aufserhalb
des schulmäfsigen Bildunj^s^^anj^es aneigneten, fehlt, gebe
ich m\ trotzdem hält die Mehrzahl derselben grade nur die
\'orbildwng für unerläfslicli, welche sie selbst in ihrer Jugend
durchgemacht haben, in der sie selbst zu Stellung und An-
sehen j^elanj^t sind. Dies «^^'schieht «^»^ewifs in bester Ab-
sicht und rbir/eumuin, aber es Vw^l darin doch ziu^leirli
eine einseiti<;e, die lieuüj^en Lebensverhältni»e bedrückeiide
und die jjereehteu i'urderunj»en der \ertreter einer an<iern
Richtung niiisachtcnde Voreingenommenheit, (^egcn letztere
richtet sich imser Angriff; denn nicht etwa Beseitigung der
. Gymnasien, sondern nur (Gleichstellung realistischer Bildungs-
anstalten mit diesen uugleichmäfsig bevorzugten Schulen ist
die Forderung unserer Vertreter. Alles übrige überlassen
wir i^ern und ruhig der naturgeniafsen Knt\\ icl<lung . . . Der
ICinflufs der Naturwissenschaft auf die höchsten wissenschaft-
lielien Kreise ist bereits in \ uUsier rieltmi«^. ihre Einwirkung
auf dasSlaatsleben unausbleiblich; aber ebenso stehen ibieni
Einzüge in die Volksschule, ihrem segenbringenden Kinflufs
auf das Volk keine im Wesen der Sache begründeten Hinder-
nisse entgegen. Die Liebe zu ihren Werken und der Anteil
an ihren Erscheinungen isi eine Mitgift, welche die Natur
jedem Menschen mit ins Leben giebt und aus dem der Unter-
richt Erfolge jeder Art mit leicliter Mühe zu f<")rdern \ erinai^.
Die Natur ist das Ciemeingut alkr; dem Ärmsten wie dem
Keichsten entseldeiert sie ihre W under, w eist sie ihre Schön-
heiten, und eine wahrhall gleielnnälsi^e unvl allgemeine Bil-
dung lädst sich auf ihrer (irundlage dem Volke vermitteln.
Ausgleich der (legensätze von Stand und Bildung, Hebung
des Volkes auch in seinen untersten und verachtetsten Kreisen
durch das Licht der Xaturerkenntnis und die Weckung des
schlummernden Xalnrsinnes ist demnach die hohe Aufgabe
unserer Wissenschati. ICndlich ftiiirt sn die Naturwissenschaft
zur wahren Freiheit, dasheifst zur freiwilligen Ik'tol«»ung von
Oesetzen, von lieren N<.i\veiidij>keit man durchdrungen ist.
Die.sc Troben moiien ^enü^ien, um den (icist zu charakteri-
sieren, der das Buch durchweht Der Ton fester Uberzeugung,
die Klarheit des Urteils und die hohe Begeisterung für die
erhabene Wissenschaft spricht aus den Worten K. vSolclie Leute
gebraucht der Kamjjf unserer Zeit um die Methodik der
Naturkunde. - Wir übergehen die kurzen Andeutungen
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Xiiiiirwi»>»t>ui»clwn iina tiiThiilp.
39
darüber, dais die Naturwissenschaft den Kern- und Sammel-
punkt für alle aii l u;i Wissen szweij^c g^ewährt, benicTkcn
nebenbei nur, dals K. selbstverständlich ein Wort für das
Rntwickehui^s^esetz findet und kommen zu seiner Haupt-
frasrc: Wie konnnt es, tiafs eine Wissenschaft \'on solchen
\'fii/iiLicn, \ solclier Tragweite und Bedeutung, heiU<. noch
gcilrückt nnd zitternd vor der Existenzfrage, in dem J^elir-
plane unserer Schulen steht?« Kr giebt als Antwort darauf :
>Die ganz verfehlte Methode ist ^httld daran . Ich kann
diese Antwort nur als eine teilweis befriedigende gelten lassen,
da sie nicht erschöpfend ist; ich lege im (»egenteil einem
andern Umstände viel gröfsere Bedeutung bei. Die Natur-
wissenschaft wie wir sie betreib* n wc^llen, im Sinne der
lientigen Naturlorsehung, gilt als reiigiünslciiidlic Ii. Ignoranten
und Fanatiker haben das ihre gethan, sie in Milskrcdit /ii
bringen. Der gröfste Teil imseres Volkes steht ilu- fremd
gegenüber nnd halst sie. Das Schlagwort von den vrottlosen
Naturwissenschaften sitzt fester im Herzen des Volkes, als
man glaubt. Die Oründe dafür fehlen meistens, aber umso
fester haftet das Phantom. Was helfen den Naturwissen-
schaftlern alle Versicherungen, dafs die Naturwissenschaft
durchaus nicht religionsfeindlicli sei, dafs sie nichts mit der
Rc'li^iun zu thun habe? Ks nutzt garnichts, man hält uns
nach wie vor für Leute, die sich das Ziel gesetzt haben, durch
diese Wissenschaft religiöse \'orstellungen zu bekainpien.
Freilich müssen wir uns dagegen verwahren, die Naturwissen*
Schaft zu einem Anhängsel der Theologie zu machen. Jede
Wissenschaft gebraucht zu ihrer Entwickelung vSelbständig-
keit und Freiheit. Wenn wir unsere Wissenschaft in dies
AbhängigkeitsverhiUluis bringen wollten, so würde noch heilte
in der .Astronomie der geocentrische Staudpunkt gelten. Die
Theologie hat vielmelir, wie Aurh dii- Philosophie, die er-
habene .Aufgabe, sich mit den sichern i orschungsresultaten
anderer Wis.senschaflen abzufinden, denn alles in der Welt strebt
der Vollkommenheit entgegt n. Unter den landläufigen Vorur-
teilen, die bis in die mafsgcbenden Kreise Hingang gefunden
haben, hat meiner Meinung nach die Xalurwissenschaft am
meisten zu leiden. Freilich ist auch der Methode ein gut
Teil der .Schuld beizumessen, und ich möchte noch ergänzend
hinzufügen: einer ganzen An/rdd von Metluxlikern. die ^ich
gerne das M'iiitelchen neuerer Xaluru i>s< n>chaft und m. uer
Methode nnihmigen nifk'hlen und daliinter nichts-sagende
Phrasen und wertlo.sc Komplikationen verbergen. Den nega-
tiven Höhepunkt erreichen diese Machwerke dann, wenn sie
für den Lehrer mundgerecht (?) in Fragen und .Xntworten
zugeschnitten sind. Als Musterstück kann man sich einmal
40
SO ein Beispiel gefallen lassen; im übrigen sollte man es
eigentlich nicht waj^en dürfen, dem Lehrer solche Speise an-
zuDieten. Unter den im Sinne neuerer Naturwissenschaft und
Methode erschienenen Schriften sind \\eni_iJfe, sehr wenii^e
branchhar, die nuislen halieii r.ns mir ^escliadel. - Die von
K. L'cq:ehene Kritik der McUkkIl', der aueli wir zustimmen,
gi^jiclL in folgenden Punkten: Unserer Methode fehlt die Kin-
heitlichkeit. Unser naturkundliche ITnterricht ist eine Neben*
einanderstellung zuzammeuhangsloscr Disziplinen. Man zer-
teilt die einheitliche Naturwissenscliaft in eine Menge von
Unterrichtsgegenständen, verteilt diese nngleicliinäfsig über
die verschiedensteii Klassen, bcvf'r/iTLTt eiir/elne. läfst andere
einfach ganz weg und wundert sieh am ivndc, dafs nichts
V'ernünftiofes dabei herauskommt. SchlitnuRr wie in den
Volksschulen, steht es in den luiluren Scliukn. Die licdeu-
tung des Anschauungsunterrichts verkennt oder übersieht
man dort gänzlich; die späteren naturkundlichen Fächer
gehen nicht aus ihm hervor, sondern heben zeitvergeudend
von neuem an. Naturgeschichte und Katurlehre, ohne deren
stete Wechselbeeinflnssung aller Wert der Naturwissenschaft
unmoirlich gemacht wird, werden an allen höheren Lcliran-
stalteii so f(ut wie in keiner Klasse gleichzeitig erteilt. I>ie
Natin\L,asc]iichte f^-^cht voraus; sie bricht da ab, wo sie am
gtistbildendsten werden könnte; die Nalurlehie setzt sie fort,
welche doch der ersteren erst die Unterlage geben sollte,
und der es späterhin umgekehrt allezeit an der Anwendung
fehlt Manche Schüler verlassen die Anstalt und treten ins
Leben, und haben von dem einen oder anderen Teile der
Naturwissenschaft überhaupt nichts vemommeti, das Ganze
bleibt ihnen deshalb iniverstntidUcli. Auf diese Thatsachen
baut K. .seine Keformvcisclilägc aul. Dabei ist ihm die An-
schauung sowohl Untc rricbtsprin/ip, als auch Xlnterrichts-
gegensland. Seine C 'redanken über den letzteren .sollen uns
jetzt beschäftigen.
Der Anschauungsunterricht soll eine Vorschule der Natur-
kunde sein, deshalb will er ihn selbständig wissen, licrar.s-
gehoben aus seiner elenden Stellung als Diener des Schreib-
lesens. Auf die .schnelle Erreichung der Lese- und Schreib-
fertiij^kcit werde zu grofses (lewicht gelegt, unter wclclicin
alles andere leiden müsse. Wo der .'\nscha11unj4s1u1tcrricl1t
selbständig betrieben werde, befinde er sich meistens auf
falschen Bahnen, arte in eine oberflächliche, meist nur den
äufseren Schein wahrende Besprechung der Gegenstande aus.
Wolle man überhaupt den Auschatiungsunterricht aus der
Schule nehmen, so müsse Naturkunde an seine Stelle gesetzt
werden. Wenn der Anschauungsunterricht ein natnrwissen-
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VatanrUMDtehafk and BeMle.
41
schaftlicher werde, so sei eine Veränderung des Lehrplans
unnötig, man brauche dann nicht gewaltsam in denselben
eingreifen. Man mache sich keiner Einseitigkeit schuldig,
wenn man die Bespreclning von Xatnrobjekten und Natur-
erscheinun<^en in rlcn Mittelpunkt des Aiiscliannnj^snnterrichts
stelle, sniidcni erfülle ei''c I'urderung^, die im kindlichen (leiste
begründet lieg^e. In diesem Unterricht sollen vorkommen:
Einzclbeschreibungtn, kleine Ent\viekeinn|^sbilder ans dem
Leben der Natur, Behandlung verschiedenartiger, durch einen
gemeinsamen Schauplatz verbundener Erscheinungen und
Objekte, die somit cm Xntnrganzes darstellen und endlich
Besprechung von Thätigkeiten und \'or«^^fint,an des gewerb-
lichen Lebens nnd von gewissen, leicht anffafsbaren physi-
kalisclicn, meteorolocri'^c'licn. chemischen nnd ähnlichen Natnr-
ersclieinnnsjcn. Hierbei kommt es nicht auf (iedächtnisstolf.
se'iidern anf Scliärfnn^ der Beohachtnnii^sffihii^rkeit an. Eng
niil diesen Zweigen wird auch die geo«^iaphische Naturkunde
verbimden. Ganz im Gegensatz zur gewöhnlichen Meinung
stellt gerade dieser erste Anschauungsunterricht hohe An-
forderungen an den Lehrer, — Diese Forderungen sind ge-
wifs so naturlich nnd so berechtigt, dafs mau eigentlich
kaum noch ein Wort darüber verlieren .sollte, zumal sie in
ähnlicher Form auch von andern Pädai^'^nnrcn wie Richter und
Härder erliohen wurdcTi sind. Es ist w irklich einmal an der
Zeit, diesem jetzigen Zwitterding von Anschauungsunterricht
seine wahre Stellung und Aufgabe zu geben.
Mit dem 3. Kapitel geht K. zu den Spezialdisziplinen
über und behandelt zunächst die Zoologie. Ein heikles
Kapitel, diese Zoologie! Seluui mancher ist über sie ge-
stolpert, denn sie ist das Schibolet des Naturforschers. Frei-
lich gehören die Fragen dieser Wissenschaft auch zn den
schwerwiegendsten, da sie eng mit der Per.sönlichkeit des
Menschen nnd seiner Weltan.schauung verbunden sind, somit
einer objektiven Iktrachtungsweise die gröfsten Hindernisse
in den Weg legen. Auch Herrn K. hat dies (iebict sicht-
lich Schwierigkeiten bereitet. Das genannte Kapitel des
sonst so wertvollen Knches hat mich nicht ganz befriedigt.
Dieser Vorwurf trifft jedoeh diesen Artikel nicht als Ganzes,
sondern nur in einzelnen Teiien. denn im alloemeinen trifft
K. die neueren Fordeningen. In ausoezeichneter Weise lej^t
er /iin-'ichst dar, dafs man dem Ciemüte des Kindes die
alnnin,u;>>\ olle Emjjlindnni.', <lafs ein i^euieinsames Iknid die
organi.sehe Welt nmsclilinge, erhalten mü.sse. dafs man niehl
durch Aufdeckung einer Kluft zwischen Mensch und Tier
die Natnrltebe ertöte. Der Unterricht mü.sse sein Haupt-
gewicht auf die Lebenseigentümlichkeiten der Tiere, auf den
Zusammenhang zwischen Organ und Thätigkeit legen.
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42
Zwcckinäfsi«^ sei es auch, cliarakteristisclic Vertreter des
Tierreiches bLSoiKkrs y.n IjlU achten und die rnnkrtn mit
diesen zu verj^leichen. Hierbei haiulle es sich nicht um dit
äiilserhche subtile Aufzähhint^ von Merkmalen, sondern um
das Wesen der Tiere. \'(>r allem müsse man liierbei die
verw aiultschaftliehen X erliältnisse der Tiere klar le^en, müsse
zeigen, dafs durcli das System nicht scharf ab|^e;;renzte
Klassen gegeben seien, sondern dafs eine Art mit der anderen
in engster Verwandtschaft stehe. Eine solche Methode be-
freie von systematischem Zwang und ermögliche eine leiehte
einheitliche l'bersicht über die gesamte Tierwelt auf ( »rund
der in dc-r Xatur begründeten iMitwickt lnni^slehre. Dar-
legung dieses Zusamnienluiiigs uinls auch der xoru cltlichen
I'^ormen gedacht werden, und anderseits uiüsscii auch Knt-
wickehiug-^reiheu der einzelnen Tiere gegeben werden, im
Anschhifs an diese Gedanken wirft K. die Frage auf:
Ob wir nun von diesen Thatsachen aus den Schlufs ziehen
lassen dürfen zur Annahme der Hntwickelung auch bei den
.\rten der Tiere, ob wir, um es kurz zu sagen, die vSchüler
im Sinne der Deszendenzlehre unterrichten sollen. Kr beant-
wortet die.se Frage mit nein . Sonderbarer Weise stützt
er sich bei P>cgri"nKliuig tiie.ser X'ernenmng auf andere Autoren,
Ikiil und Zwick, und mncht später dem Nein einige Kon-
ze.ssionen. Ich muls gcsiehen, dafs nuch diese Ausführungen
nicht befriedigt hab»*n, man weifs nicht recht, woran man
ist K. sagt: Die Hntwickelung aller Tierindividuen aus
tm vollkommenen Zuständen in höhere, die Ähnlichkeit der
meisten Jugendfornieu höherer Tiere mit der vollendeten
Korperbeschaffenheit niederer Tiere, die Stufenleiter von
unvollkonimenen Wesen zu h(')her organisierten, wie sie die
( leslcin.^sehichle^ unserer I'lrde in Abdrücken und Kör])er-
resten deutlieh und überzeuueiul \ci künden, die s eiuullehi-
den Ubergangsformen zwischen ver.schiedenen Tiergruppen,
welche unsere lebende animalische Welt noch bis heute be-
wahrt hat, alle diese Thatsachen bilden einen notwendigen
Bestandteil des Unterrichts in den oVtcrcn Klassen . Dazu
sollen weiter kommen : Heziehungen der Tierw elt zm' IHlanzen-
welt. Blumen und Insekten, Scliut/.farbe, }'jit\N ickelungsge-
scliiclite der < )rgane, S\ nd)iose. Kaui]>f inii- On^ein etc.
Wenn mau «lem ruterricht ein ^«ilches ZugeNl;iuthii.s macht
unti die liai aus zu ziehenden klaren Schlüsse \ on der Hand
weist so will es mir doch .selieineu, als wenn das eintritt
was Siephistopheles im Fattst ztim Schüler sagt:
W er will was I,clK-iuli;;cs cikcniKii und beschreiben,
Sucht t'isl (kii (icist hcraiis/utreilKii,
D.Ulli hat ci die 'rcile in seiner Hand,
l'clilt leider! nur <la.s {geistige Band .
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XnlurwltMatoluiA uod 8eh«l«.
Selbstverständlich ist es auch ineine Ansicht, dafs wir
gewagte Hypothesen in der Schule nicht lehren dürfen;
aber man darf aueb nicht dahin kfnnnien, die unbedingt
klar imd ckiillich '/iitni^c irctciickn Sclilüsse i«;anz aus dein
Unte rricht zu \ crhannen, denn dadnreh niiimit man der
Sache wieder den Geist, den man ihr einzutlöfseii Miclit. Der
Verl, versteht sich ja auch schliefslich zu dem Zugeständnis,
dafs eine objektive Darlegung der Deszendenzlehre nicht
schaden könne. K. hätte bei seinen vernänftigen und ge-
messenen Anschauungen auf jene Frage auch ganz ruhig
antworten können: Ja, aber mit Vorsicht . ( ierade in diesem
Punkte vermisse ich die entschiedene Klarheit. Die Angst
vor einem Unterricht in diesem Sinne ist häufig auf Un-
kenntnis /urückzufiihren. K. selbst weist treffend solche Be-
denken zurück, wenn er z. R bezüi^lich des Kampfes ums
Dasein sagt: Icli kann nicht umhin, hier noch mit einigen
Worten meiner Überzeugung Ausdruck zu geben, dafs oben-
drein die Annahme mancher der vorhin erwähnten Anschau-
ungen durchaus nicht die Gefahren in sich birgt, wie viele
Kurzsichtige befürchten. So nehmen manche Menschen mit
* mangelhafter Naturerkenntnis allen Krnstes an, eine allge-
meine Anerkcnnun i;' der (»rundsätze der D szendcnzlchre
sei fast gleichbedeutend mit Wrwilderung der Sitten und
Auflösung aller .L;esellschat"thelien Hände. Besonders das
wesentlichste Moment bei der WrvoUkommuung der
urgauisierteu Wesen, der Kampf ums Dasein-, flöfst ihnen,
auf den Menschen und sein Leben angewandt, eine wirklich
lächerliche Furcht ein. Wer bürgt dafür, dai'> dann nicht
schliefslich der eine den andern totschlägt , habe ich schon
häufig von lAniten sai^'^en boren, die als gebildet gelten
wollen. Man weifs nicht, worüber man da mehr staunen
.soll, iibei die Plumpheit der Auffassung udcr die Unfähig-
keit, ein Naturgesetz zu \ erallgemeinern und auf andere
Verhältni.sse zu übertragen I l'reilich, das nämliche Natur-
gesetz liegt da zu Grunde, wo der besser entwickelte Baum
seinen schwächeren Nachbar erdrückt, das stärkere Tier
seinen Gegner niederwirift und von der Kort]-Han/ni!j4 aus-
schliefst, aber auch dort, we» der geistreiche Denker über die
Dummheit siegt, wo der lulle inid (inte, \-on seinen Mit-
menschen unterstützt, den SchUrlUen, dessen verderbliches
Treiljen man hemmt, überllüj^eit. Dasselbe (iesetz und dtK'h
wie unendlich verscliieden in seiner. Aulseiungenl Und wer
wollte sich um Erscheinungen, w ie sie in den beiden letzten
Beispielen der Kampf ums Dasein hervorruft, grämen?!
Nicht nur physi.sche Kraft und physi.sche Vollkommenheit
siegen iti diesem Kampfe, sondern auch geistige Stärke und
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44
Anh. Hae^v.
sittliche Maclu vermögen es unter gegebenen Bedingunt^cn.
Und gerade diese Art des Kampfes iinis Dasein ist es, welche
bestimmt zu sein sclieint; bei der Vervollkoninimm«^ des
Menschen^^csclikclits mitzuwirken . So zei^^t uns K., dafs
die Enlwickchnis^slehrc dem natnrknndliclien Unterricht
Leben und Inhalt giebt und wir verstellen seine Entrüstung,
wenn er die Vorschläge in mehreren Programmarbeiten, den
naturkundlichen Unterricht an die klassischen Studien anzu-
knüpfen, die Tiere und Pflanzen zu behandeln, die schon
Homer erwähnt, die Wildpretarten zu betrachten, an denen
sich die Helden der llias labten, als alberne Spielereien be-
zeichnet. Uber das Lehrverfahren in der Znnloirie im
einzelnen zu reden, hält K. für überflüssig. Er verweist
uns darauf, dafs er diesen Tunkt ein liebender bei der Botanik
behandeln werde, und es bedürfe nur einer Übertragung der
dort aufgestellten Sätze und Vorschläge. Dies erscheint mir
als die bedenklichste Stelle im ganzen Kapitel. Das Lehr-
verfahren in der Botanik ist schon wiederholt >elir schön
dargelegt worden; das ist auch viel leichter, da hierbei die
gefährliche Klippe, die enge Beziehung zum Mensehen, fort-
fällt. \'on einem Manne wie Kollbach hätte icli wirklieh
einmal gew ün.scht, das I^ehrveriahren für das schw ierige (ie-
biel ein wenig zu beleuchten. An eine einlache Überiragung
desselben von der Botanik auf die Zoologie ist gar nicht
zu denken, dazu ist die Zoologie ein zu eigenartiges Gebiet
Für eine Neubearbeitung habe ich daher den dringenden
Wun.'^ch, dafs K. diese grofse l#ücke ausfüllen möge.
Ich habe die vorstehenden Kapitel eingehender behandelt
und mufs mich daher zum Schlüsse .kurz fassen, obgleich
noch sehr viel des Interes.santen zu besprechen wäre. Der
Anthropologie will K. gröisere Bedeutung beigemessen wissen.
Seine i''orderungeii bezüglich dieses Punktes sind durchaus
berechtigt Fast wäre ich geneigt, es ihm böse auszulegen,
wenn er das Einschlafen der Gliedmafsen auf Hemmung des
Blutumlaufs zurückführt, während es doch vom Nervendmck
kommt; da ich aber nur diese einzige Unrichtigkeit in dem
Buche gefunden habe, so ist ihr keine Bedentnng 1)eiztnnessen.
I*V)1gcnde Kapitel finden noch einti^ehende Betraelitung in
tlcnisclben: I^^ttanik, Natnrlehre, ( »eologie, Mineralogie, Astro-
nomie, Ph\>ik, Cheniie, geograj)lüsche Naturkunde, Schüler-
ansflüge, das Zeichneu im Dien.ste der naturwissen.schattlich-
geographischen Disziplinen. Mit ganz geringen Ausnahmen
muls ich mich für die gemachten sehr vernünftigen Vor-
schläge erklären, will dabei jedoch nicht unterlassen zu be-
merken, dafs meiner Meinung nach der Astronomie eine zu
grofse Bedeutung beigeniessen ist
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45
Wenn ich zum Schlufs das Buch als Ganzes betrachte,
so mufs ich meiner Freude über eine solche Erscheinung
Ausdruck geben. Es ist eine Schrift, die sich über die
DutzLiulware erlicbt, und an der kein Melhndiker dieses ( ic-
bietes aciitlos vorübergelicn darf. Das nihifje klare Urteil,
j^epaart mit der edlen Hetj^eisteruiin für die Sache, verleihen
dem Huche einen besondeicu Rei/. Ich stehe nicht an zu
erklären, dafs ich von allen eingehenden methodischen Schriften
diese als eine solche bezeichnen mufs, die wirklich auf der
Höhe der Zeit steht. Im Gegensatz zu vielen Scheinrefonnen
zeigt sie die wahren Reformbahnen der Natur^vissenschaft
Möge das Buch recht viel gelesen und beachtet werden.
liose Blätter.
Welche Bigensohaflen ftoH der Lehrer mU Rnsleher hftbeti,
welche nicht?
y.» ibt tili W.iiulu'li. iliif^ der l.chri 1 Hiclir
rliirrli scino (rfsamio i -.■•nln hkcli , durrh
■lüK (>«>«l(-hi un<l <li<' ^^u:ll>' ^oinor glinxf*!!
Kr*fhpinunK orzi»-ht. iiU .Imch *<'in Wort, uml
■liirN in iIiT srrlt'Dvollrii L't><<rcin!>tiinniuni; «Jr«
Worif» Hill «Irr Tliiil «Iii- «•in^iir«' »iolnTe IJürjf-
»rluLfl für die I.ö-imi; <<i-r u iotiriir>-ti Auftr«!»*
drs IjipbrrrA li<>Kt- Nicht:* iT/ic)it bci^tT, hU
GeffCDWurt und lt(>i«pi<^I eiiwa trenifbcn
M^ii«eli«iu KHiulrat K^lln^r.
slI der Uchrer seinen Zöglingen gegenüber würdevoll,
aber nicht stolz.
Kr sei gemessen m seiuem Auftreten, aber nicht steil
Kr sei enist. aber nicht unfreundlich.
Kr sei streng^, aber nicht schroff.
Kr sei mild, aber nicht schwach.
Kr sei weicli. gefühlvoll, schonend, erbannend, /.urechthelfend:
aber nicht weichlich *<ch\v.arlilu rzig. empfindsam, weinerlich.
l'!r sfi hern!)la^^cn(l und kindlich mit den Kindern, aiier
nie lapj>i>cli und kindisch.
Kr .sei konsequent, aber nicht pedantisch.
Kr sei achtsam auf das Kleine und Kleinste, aber nicht
kleinlich.
Der sittlichen ICrregung inid l!ntrüstuiig sei der Lehrer in
hohem C»rade fjihig ; aber er sei eine feste Hurg gegen Zorn und
Arger: •^clmrf und schneidig geyen Hosheit, !\<>htit. (lemeinheit.
l'rechheit. Heuchelei. \'er1otreti!K ii, l)leibc dvi Lehrer stets weit
entfernt v()n rachsüchtigem. nachträgeri?>chem \\*c<en. T>en
Schülern gegenüber sei der Lehrer kein Wit/.- und Spal>niachcr.
kein Spötter und vSchimpfer. kein Mäkler und Nergler. kein
Zänker und Schläger, kein Ach- und Wehrufer: er sei mäf^ig
im Lachen, haushälterisch in der Ironie, vorsichtig mit beschä-
menden Worten : er achte aufmerksam auf das eigne Aufsere,
um sich in Rede. (^lang. Haltung. Oeberden nichts an/ugewöhnen.
was den Schülern auffallen, ihre Kritik herausfordern könnte.
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Walclip Ei«i>ii»r1itift«n »«II der Lfhrrr «l» Krxii>i»rr hAhen, «»lebe nlrbtt
47
Ffir Juvenals Wort, dafs malt dem Zögling die höchste Achtung
^rliulde. besitzt der Lehrer, der '^[iite, das feinste Verständnis.
iiTul nnterläfst alles. \va.s das Khrj^efühl der Kinder verletzen,
was in -kii kindlichen Gemütern, in den /nweilen so /artbe-
saiteten (»tnuiuru der Kinder einen scliädliclien Mifsklang her-
vorrufen könnte. Was aber dem L,ehrer Kraft und Fähigkeit
giebt: was' ihm Lust und Mut, Ausdauer und Energie verleiht,
zu sein, wie er sein soll, und was ihn allerwegen davor
schfitSEt so zu werden, wie er nicht sein soll, das wurde noch
nicht j;enannt.
Ms ist elw (Vrofses. Seltenes, Wunderwirkendes: dieljel^e
zu dt n K i n (Um. \'<>llkoninien /titreffend i<t, was Hamann
sa>^t : i)a^ >;r«>l>ii ('.<.sftz fUr McIIk nie für Kindt i Itolelu darin,
sich zu ihrer Scltwache hernnler/ulasscn ; ihr l)ieuer zu werden,
wenn man ihr Meister sein will; ihnen zu folgen, wenn man
sie regieren will ; ihre Sprache und Seele zu erlernen, wenn wir
sie bewegen wollen, die unserige nachzuahmen. Dieses gröfste
Cvesetz ist aber weder zu verstehen, noch zu erfüllen,
wenn man nicht, wie man im jremeinen Leben sagt,
einen X a r r <. an K i n d e r n e f r e s s e n h a t.
Machen wir uns einmal recht deutlich, wie viel hier vom
Lehrer verlanj;t wird!
Als Fremdlinge treten die Kinder in die Schule ein. Nicht
Blutsverwandtschaft» nicht Freundschaft und Bekanntschaft ver>
niittelt die Liebe, die der Lehrer dem Kind entgegenbringen soll.
Von den meisten weils er nicht einmal die Namen; viele sieht
er am ersten Sclndtai^e zum erstenmal in seinem Leben. A!)er
da.s darf ihn nicht hindeni. dafs er schon in der ersten Stunde
^einc^ Zn-^ammenscins mit den Kindern diesen seine Ijebe und
S» Tj^lichkeit /iiweiule. Mit jedem neuen Tag mufs er sich neu
l)e>trebeu, den Kindern, soweit es irgend möglich ist zu werden.
wa> ein guter \'aler «meinen Kindern ist. Tnd konnaeu vlit Ta-c
- und wie bald werden sie kommen — da schlimme LiK^n-
Schäften und Neigimgen der Kinder her\*ortreten, Mutwille.
Leichtsinn, Unordentlichkeit, Unverträglichkeit, oder schlimmere,
wie Unfnl->,amkeit, Roheit, Trotz Frechheit, Lügenhaftigkeit,
heimtückisches Wesen : da mufs der Lehrer im Kampfe mit den
scliFTunien und -cbliminstt n I'rnclitcn einer vernachl'w^igten
häuslichen Kr/ieliung benilsäieudig bleiben nnd darf dirl K/inld
nicht verlieren, nnd darf den .Mut nicht \eiliereH. und dart die
Hoffnung nicht sinken lassen, und darf vor allem Junes —
Eines nicht aufgeben -- die Liebe zum Schüler.
Friedberg i. Hessen.
l'rof. Klein.
48
Über Mädcbenlehrer and Mädchenbehandlang.
Die alte Wahrheit, dafs der Erzieher mehr wirkt durch das,
was er ist, als durch das, was er sjnicht. ^i't vom Mädchen-
lehrer in höherem Grade. Welche Ki^enschaften der I«ehrer als
Krzicher haUen. von welchen Eigenschaften er frei sein müsse,
wurde eben besprochen. Hier werde hinzugefügt, was speciell
vom Miidelienlehrer zu tordern ist.
Da die Mehrzahl der Mütter, in tleren Hand die Kr/jehun^^
der Kinder in den ersten Lebensjahren vorzugsweise gelegt ist,
nur die Anlagen, nur Rudimente der Eigenschalten besitzen,
die das Wesen der feinen, edlen Weiblichkeit bilden, so soUteti
sich in dem Mädchenlehrer zu den Eigenschaften, die den Mann
/icrcn, bis zu einem gewissen Grade und I'mfange die Eigen-
Schäften gcsellcii, die wir am weiblichen Wesen schätzen : Be-
scheideidieit, Sittsanikeit, Zartgefühl, Treue. Schainliafligkeit, ii<5f-
lichkeit, An^itand, Häu.-^Hchkeii, Kinderfreundlichkcit und Kin-
derliebe, Barmherzigkeit, liühr^^iches Wesen. Mindestens sollte
der Mädchenlehrer für diese Eigenschaften, die den Inbegriff der
ächten Weiblichkeit bilden, ein tiefes Verständnis besitzen und
in seinem natürlichen Wesen bekunden.
Mufs eine hervorragende Eigentümlichkeit der Mädchen-
natur im Gegensat/e 7:nr Knabennatur im Vorherrschen des Ge-
fühls, in gröfserer rjn])fänglichkeit für das Zarte und Feine, in
gröfserer Bereitwilligkeit zu Unterurchinug und Folgsamkeit ge-
funden werden, so ist diesem Umstand bei Behandlung der
Schülerinnen mit pädagogischer Weisheit Rechnung zu tragen.
Die allgemeinen Forderungen, dafs der Lehrer in der Behandlung
der Schüler, beziehungsweise beim Strafen gemessen, takt- und
würdevoll verfahre; dafs er die Grundsätze der Humanität nie
verletze; dafs er die Individualitäten der Kinder erforsche und
berück. -nichtige; dafs er mit bescliamenden, ironisierenden Worten
vorsiclitig und haushälterisch sei. verhöhnender und beschimpfen-
der Bemerkungen und Ausdrücke sich ganz enthalte; dals er
sich ijemühe, mit mäfsigen und kleinen Strafen auszukommen:
diese Forderungen gelten für den Mädchenlehrer in erhöhtem
Malse. Darf er hoffen, es werde ein strafender Blick, ein momen-
tanes Einhalten im Unterrichten ausreichend sein, eine ent-
standene Ihiruhe oder Unaufmerksamkeit zu beseitigen, das
regelwidrige \'erhalten einer Schülerin zu rektifizieren, so greift
er nicht zum tatelnden Wort. Dem blofsen Namensaufruf giebt
der geschickte T.elirer in vielen Fällen den Vorzug vor der
wörtlich au--ge--])roe]Knen Rüge.
Der gute Mätlciienlelutr erfreut sich eines glückliehen Ge-
misches von Freundlichkeit und Emstin der Schule; die Freund-
lichkeit waltet vor bei den jüngeren und jüngsten Mädchen, der
Emst bei den älteren. Aber niemals wird die Freundlichkeit
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ttm VMchMkbroi^ and MMfh«ib»liM<lliiiiir. 49
zur Läppischkeit, niemals der Ernst zur Schroffheit Der Lehrer
der kleineren Mädchen darf ein junger Mann und unverheiratet
sein ; der Lehrer gröfserer Mädchen, diese vielldcht schon vom
zwölften Lebensjahre an ^^erechnet, sollte — seltene Ausnahmen
abgerechnet gesetzten Alters ntid \ '*r1uiratet sein.
Sit wünschenswert es ist, dals der Lclircr sicli unausgesetzt
henuilie, niii den g^eringsten Strafen, ja so^ar überhaupt olnie
Strafen auszukommen; immerhin werden auch in Mädchenkla-ssen
die Fälle nicht selten sein, in denen die Anwendung wirklicher,
bezw. schwererer Strafen geboten erscheint Und hier tritt nun die
Frage an uns heran, welche Strafarten zu empfehlen seien. Von
Gewicht ist diese Krage besonders für vScliulen. an denen, wie z. B.
bei den sogenainiten höheren Töchterschulen, sich mehrere I«ehrer
und Lchrerintien in dcji l'nterricht einer Klnsee teilen.
Behalten wir die angedeutete I j-^enliunliclikeit der Mädchen-
uatur im Auge, so wird sich vor allem em[)felilen!
1. von körperlichen Strafen jeder Art. auch der leichtesten,
bei allen Schülerinnen, auch den jüngsten, gänzlich ab-
zusehen.
2. so lange wie möglich den sog. Hhrenstrafen den Vor-
zug vor andern Strafarten einzuräumen.
I'nter Hhrenstrafen sind selbstverständlich nicht Strafen
gemeint, durch die das Kind an seiner IChre und jedctn
Kinde i^ebühret seine Khre geiahrdet otler i^^esehädi^^t wird,
sondern Strafen, durch die das schlummernde oder lialherstickte
Ehrgefühl geweckt oder wiedergeweckt werden soll. ICs gehören
hierher: der mQndliche Verweis, der ins Klassenbuch einge-
schriebene einfache oder scharfe Tadel, das Heraustretenlassen
aus der Bank, das Hinausweisen aus dem Zimmer, die Ent*
Ziehung gewisser Schulehrenämter, die Aus.schliersung vom
nächsten Schnlspnziergange.
Die Wichtigkeit des Gegenstandes mai^ es rechtlertigen.
wenn im Folgenden nuf die Ivliren-^traten etwas näher ein«-e-
gangen, insbesondere ein Strat\ ertahreu besprochen wird, das der
\'erfasser als Lehrer an einer Töchterschule näher kennen zu
lernen Gelegenheit hatte.
l'm einerseits den für die Mädchenerziehung geltenden
Grundsätzen gerecht zu werden, andererseits eine im Interesse
des Unterrichts und der Krziehung gelegene möglichst grofse
rbereinstimmung aller in (\rr<v\\KU Klasse beschäftigten Lehrer
und Lehrerinnen hinsiclitlirh der l'ehandlunii;- und Bestralung
tier Stiiülennnen herl>eszuti'hren, wurde was die Anwendung
von Khrenstrafen betrifft, folgendes \ ertahreii durch Konlerenz-
beschlufs empfohlen.
Ffir leichtere Verfehlungen (Plaudern während des Unter«
richtes, Zuflüstern« Unordnung, Unaufmerksamkeit, Unreinlich^
Ken« Biihiii*» TU. I. j
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Prof. I^IHp.
keit, Zuspätkonnnen u. di?l.). soweit diese mit BerücksichtiKunx
der Umstände überhaupt strafwürdig erscheinen, sollen münd-
liche Wrweiso erteilt werden. Im Wiederholungsfall i^^t ein
einlacher Tadel ins SchnUnp:ebitch cinzntrngen Die Zeil, tür
die ein solcher, vom Lehrer privatim an/unicrkender münd-
licher Verweis in Kraft bleibt, erstreckt sich auf die Dauer der
Woche. Lälst sich eine Schülerin die gleiche Verfehhing im
Laufe der Woche wiederholt zu schulden kommen, so wird ihr der
bereits eingeschriebene *Tadel- zu einem •> scharfen Tadel- erhöht
Zweierlei kann gegen dies Strafverfahren eingewandt werden:
Man kann sagen, es be.schränke die Individualität des Lehrers,
habe etwas Mechanisches, Schnhlouenartiges und bringe den
Lehrer in Gefahr, dals er den F)Uchstaben. der löte, ruif Kosten
des Geistes, der lebendig maclie. zur Herr.schaii kommen lasse.
Zum andern wird man es für bedenklich, für unpädagogisch
halten, die Verfehlungen der Zöglinge zu registrieren und so
die Erinnerung daran tm befestigen.
Gegen den ersten Einwand i^t Folgendes zu bemerken:
Thatsache ist, dafs in Klassen mit mehreren Lehrern die gleichen
Verfehlungen, darunter gerade diejenigen, die sich in allen
Schulen der Welt am häufigsten wiederholen, von verschiedenen
Lehrern auf die verschiedenste Weise bestraft werden. \\ as
alles kann /.. B. einem Schüler widerfahren, der /.n späi kommt?
Lehrer A. läfst ihn an der Thüre stehen (eine Viertelstunde,
eine halhe Stunde, bis sum Ende der Stunde): B. zankt und
poltert minutenlang; C. giebt eine Strafarbeit läfst einen Satz,
ein Wort zwanzig . fünfzig-, hundertmal schreiben; D. läfst ein
Gedicht auswendig lernen : Iv giebt einen Arrest l\. s, w. Was
hier als ein Produkt dir lndi\ i(hialitäi (Kr Lehrer ausgegeben
wird, ist natürlich nur eni i'Kxliikl gedankenloser Angewfiliming:
das würde sich bald heran -slelli.!!, wenn man die rin/elnen
Lehrer fragte, warum .sie eine \ erlchhing gerade so und nieiil
anders bestraften.
Dafs das Einhalten de.s angegebenen Straf\*erfahrens in einen
erziehungsfeindlichen Mechanismus ausarten kann, soll zuge-
i;e1)en werden; dafs es dahin ausarten mufs, ist zu bestreiten.
Wer den Geist hat, der lebendig macht, wird diesen dadurch
nicht einbüfsen, dnfs er sicli in seinem Tlmii und Lasten dem
Ganzen unterordnend an gewisse Xonnen binilel; und wer den
guten "Geist, der lebendig macht, nichl be.Nii/t. wird schwerlich
dadurch seiner iiabhaft werden, dafs er, das Interesse des Ganzen
auiser Auge lassend. Norm und Regel verschmähend, den eigenen
Weg geht
Dem andern Einwand, es würden durch das Einschreiben
von \'erfehlungen und Bestrafungen der Schüler ins Klassen-
tagebuch jene in der Erinnerung der Kinder und Lehrer ^ge«
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thn MidohMilrhror uikI MidchrabahaiMtluac.
5»
wisserma(sen festgehalten, während sie doch, sobald sie hinter
uns liegen, nach einein pädagop^ischcn Grundsätze als abs:ethan
der Vergessenheit anheimfallen sollten, ist kein .^rofses Gewicht
beizulegen. Der Hauptzweck jener Mafsregel ist nicht der, dafs
das \'orgefalkne nicht vergessen werden soll, sondern dafs der
Akt des Kin«;chreihcn-> von \'erfehhing und Tadel einen tii fcivn
Kindruck aul den Bestraften machen und eine nachhaltigere
Wirkung auf ihn ausüben soll. Übrigens wird der Inhalt des
Tagebuchs ja nicht veröffentlicht, auch nicht etwa den Schflleni
von Zeit zu Zeit vorgelesen; darum werden die Einzdhdten
von den Schülern in der Regel ebenso rasch vergessen werden,
wie nicht eingetrai^i tk Vorgänge. Für die Lehrer andererseits
wird es sein (hites haben, wenn sie sich durch Hinsicht des
Tagebuchs jederzeit vergegenwärtigen können, wie oft sie diesen
oder jenen Schüler in der letzten Zeit strafen mufsten, luul wenn
sie zugleich ersehen können, ob und wie oll dieselben »Schüler
von andern I^ehreni gestraft wurden.
Ob das Einschreiben von Tadeln als Strafmittel unwirksam
bleibt, vielleicht sogar Schaden stiftet, oder ob es die beabsich^
tigte Wirkung, vielleicht eine ausgezeichnete Wirkung hervor-
bringt, hängt ganz von der Art al). w ie es gehandhabt wird*
Werden für Cteritigfü.iifiirkeiten sofort Tadel, werden in einer
Lehrstunde Dut/cnde \iin Tadel eingetragen, dann tritt das
erstere ein; das Mittel l»leil>t wirkungslos, jn es schadet. W'ird
es dagegen vorsiclitig, malr.\ tjll, sparsam angeuantll, clanu kann
man einer guteit Wirkung sicher sein.
Um ersteres 7.11 verhüten, im andern Falle die gute Wirkung
zu einer ausgezeichneten zu steigern, ist in den Lehrerkon-
ferenzen ein Mittel gegeben. Zeigt sich hier z. H., dafs die
Schülerinnen einer Klasse bei enizelnen Lehrern häufig, bei andern
Lehrern selten gestraft u erdf n. so liegt es doch nahe, nach den
l'rsielieii dieser eigentümlichen Krsciie;ninig zu forschen: uml
diese kennen nicht hmge verborgen bleiben. Lntweder ninnnt
es ein Teil der Lehrer mit den Wrfehlungen der Schüler zu leicht,
während der andere Teil zu streng urteilt; oder das Verhalten
der Schüler ist bei verschiedenen Lehrern ein verschiedenes,
wed ein Teil der Lehrer Discipitu halten kann, ein anderer
nicht. In jedem Fallt würde, \orausgeselzt. dafs der \'orsteher
der Anstalt der reclile Mann ist. eine gründliche, sachlich und
k(illegiabseh gefidirle Hespreeliung die Wurzel de^ T'belstandes
bald entdecken las.sen und dann auch zu einer heilsamen Ver-
ständigung führen.
Und wie könnte durch Konferenzen die gute Wirkung des
in Rede stehenden Strafmittels verstärkt werden!
Am Tage nach der Konferenz besucht der Anstaltsvorsteher
oder die A'orsteherin die Klassen und läfst sich etwa also ver-
4*
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52
Prof. RIHn.
nehmen: Wir Lehrer der Anstalt sind {gestern wieder zu einer
Konferenz beisammen gewesen und linben uns nacli Durolisicht
der Ta^^ebücher j^ej^enseitit^ dir Wahrnchniuiii^an mit^'^eteilt. die
wir inlKtrctf tun< KUil>-« -> und \'erhaltens waliicinl der letzten
Zeit gemacht haben. Zur Freude gereicht e> uns. sagen /u
können, dais wir mit vielen von euch in allen Bc/ieluingcn zu
frieden sind. Leider sind auch einige in der Klasse, die zn
Klagen Anlafs gaben nnd deswegen ins Klassen tagebuch einge-
tragen werden mufsten. I'Auq darunter macht uns sogar viel
Kunnii' r, (be X. X.; sie hat im Laufe des letzten Monats wegen
verschietlener X'erfehhingen wiederlndt. eiiunnl «>L::nr scluirf ge-
tadelt werdet! inüsscti. Wenn •-icli d'w X M. nirhl l).dd l)essert,
so sind wir genötigt, mit andern Malsnalimen gegen sie vor-
zugehen. . . .
Was die übrigen lihrenstrafen betrifft, insbesondere das
Heraiistretenlassen aus der Bank, die Anweisung eines beson-
deren Platzes, das Hinauswdsen aus dem Zimmer, so ist bei
Anwendung (kr>elben dav AUcr r Mädchen wohl /u berück-
sichtigen. Während es bei sechs l)is achtjährigen Kindern an-
gehen mag, fortgesetzte I naufmerksamkeit. vStörung. Plauderei
in der augegebeneti Weise zu bestrafen, sollte sich dir Lehrer
wohl iRsiniKii. eine solche Strafe älteri-u Schülerinnen i^Ci^en-
über auszuspreciien. Besonders viel ikdcnklichcs hat das Hinaus-
weisen aus dem Zimmer und sollte nur bei .sehr schweren Ver-
fehlungen notorisch übler Schülerinnen zulässig sein.
Preiheits- oder Arreststrafen sollten in Mädchenschulen den
Charakter schwerer Strafen haben, darum nur für schwere Ver-
fehlungen im Betragen, niemals wegen Plaudern, l'nordnung,
Zuspätkommen. \'ergefslichkeit. rnflrir-- /uerkannt werden.
Die höchste Strafe (Ui Scliule, dit Ausweisung einer
Schülerin, erscheint nur zuläs.^ig, wenn nacli der l'l)erzeugt''ig
des I^ehrerküllegs ein längeres X'crbleiben der zu l)estralenden
Schülerin mit grofsen sittlichen (tefahren für die übrigen ver-
bunden i.st.
Friedberg i. Hessen. Prof. Klein.
f lief iH« Mineralogie in der Volksschnle.
Xeue Bahnen I So heifst jt t/t (Vn- Losung der Pädagn^Tii.
\\V)liin man in der Pädntjogik aiKli biickLn mag, überall sti'»!Vl
man jetzt auf neue Bahnen. l>ie neuen Baiineu des naturkund-
lichen Unterrichts*, so betitelt sich eine 1894 erschienene
Broschüre der Herren Partheil und Probst Und in der That!
Ganz besonders wandeln die deskriptiven Naturwissenschaften
auf Bahnen, welche die alten nicht im geringsten mehr erkennen
lassen. Selbst die exakten Xatun^'is.senschaften hat man mit Ge-
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Cbi^r Min^ntlMicic In 4rr Volk»«>rbul(>.
walt auf neue Bahnen zu schieben gesucht, doch sind diesel1)cn
etwas widerhaari^ und hinken höchstens auf beiden Seiten, da
ihticn die neue Bahn doch e twas zu h()l])erip: ist. Nur ein Zweig
der NaturwisseTi^rlKitttti j^^eht bt harrhch den alten Schlenderganj?
und läfsl die l»i w eiten Zeiten ruhig au sich vorübergehen,
es ist die Mineralogie.
Hs giebt drei Naturreiche, das Tierreich, das Pflanzenreich
und das Mineralreich! So begann noch vor 30 Jahren deruatur-
geschichtliche Unterricht in vielen, vielleicht in allen Volks-
schulen. An diesen stereotypen Anfang schlofs sich die Be-
trachtung der einzelnen Reiche, und zwar .selbstverständlich in
erster I/iiiie dii- des Tierreichs, die mit riner Klassifikation dt*s-
selbeii bfi^ann und mit Kinzelbesclircibungcn cnilete. Natürlich
nuiisleii die beiden andern Nalmreiche dem Tierreiche analog
behandelt werden. Das Pflanzenreich machte nicht viel Kopf-
schmerzen, hatte doch JJnne sämtliche Pflanzen so hübsch in
24 Klassen geteilt Warum sollte man von dieser leicht faß-
lichen Einteilung abgehen? — Und mit dem Mineralreiche
wurde mau auch bald fertig. Denn da man denn Inneres nicht
nach aufsen kehren konnte, so begnügte nuui sich mit dem, was
aufscii war Man hielt sit ins Feuer, legte sie ins Wasser, in
(!en Schnu l/lici;«. 1. i)cinerkte bei einigen einen «.igcnlinnlicheu
Glanz und teilte ^ie flugs ein in die vier K.la.s.scü: Bronze,
Metalle, Krden und Steine, Salze, l ud diese lünteilung ist von
den meisten Verfassern von Leitfäden für den Unterricht in der
Mineralogie bis auf den heutigen Tag mit der gröfsten Bdiarr*
liclikcit festgehalten worden. Auch Definitionen fand man für
jede dicker Klassen, die lauge Zeit uls richtig gelten konnten,
die aber heute augenblicklich erkeiuu-n In-^-^en, weis Geisteskind
der Autor ist, der <ie in sein Buch auininnnt.
Wenti ich nnn lieute gci^'cn diese- irrlii iuliche und durch nichts
autrcclil zu crhallciule ICiiUeilung der .Mineralien das Wort er-
greife, so wird man mir wahrscheinlich wieder mit der Bemer-
kung entgegentreten, dafs ich die Wissenschaft und nicht die
Bedürfnisse der Volksschule im Auge habe. Um dieser Be-
merkung vorzubeugen, frage ich: Ist deini ü!>erhaupt eine Ein-
teilung dei Mineralien für die Volksschule notwendig? Nein!
sage ich. Ja ich gehe noch weiter luid behaupte sogar, dafs in
der \'olk.sschule v(^n Mineralogie '<ar nicht die Rede .sein darf
- so lange nandich "d^r Chetnii noch Thor und Thür der
Volkssclude verschlossen sin<l ; denn Mineralogie ohne Chemie
ist ein Unding! Hierin wird mir jeder Recht geben, der in das
Wesen der Mineralien eingedrungen ist. Denn was sind denn
Mineralien? -- Ks sind von der Natur produzierte Chemi-
kalien und bieten als solche thatsächlich den Stoff für de«
l'nterricht in der Chemie - sind ohne diese Wissenschaft nicht
zu verstehen.
54
l>r. Kiclurd !$tfkttlxi'.
Tti welch innigem Znsannnenhanj^e die Mineralien mit den
Chemikalien stehen, /eis^l '4:111/ besonders der rmstand, dafs
ersterc wohl in den nui^Uii l-Tilkii die V'eratdassnnj; zur Her-
stellnng der letzteren gegel)en haben. Da tlie sehune rote Farbe
des Zinnobers nicht in hinreichender Menge von der Natur dar-
geboten wird, versuchte man, auf künstlichem Wege eine Ver-
bindung von Schwefel und Quecksilber herbeizuführen, und es
gelang. Aus ähnlichem Ornnde werden jetzt Bleiweifs. lüseii-
oxyd, Kisen- und Knpferv itriol. Schwerspat nnd viele andere
Körper, die man nlle fcrlii^ i^ebildet in der Xalnr vorfindet, auf
knnstlichem Wege hergestellt, tuid man krtniiti sie ganz i^ut ;iN
Mineralien bezeichnen, wenn nicht ihre ICntstchnngswci^e dci
Ik'deuUing des Wortes Mineral zuwiderliefe. Auch die Behand-
lung beider im Unterricht kann keine andere sein als eine voll-
ständig gleiche. Vorkommen (Darstellung bei den Chemikalien),
Eigenschaften, Bestandteile, Anwendung, das ist es, worauf man
bei Mineralien und Chemikalien sein Augenmerk zu richten hat.
Ks dürfte hieraus zur (»enüge erhellen. <lafs man von einem
rnterrichte in der Mineralnijie nur dann spreclien dnrf, wenn
die Chemie in der i^eiiimeiiden Weise Beriu ksiclitigung iindet.
Will ich sonach die .Mineralogie ans allen den Schulen
verbannt wissen, in denen man nichts von Cliemie erfährt, so
habe ich durchaus nicht über die Mineralien den Stab gebrochen.
Ks würde ganz verkehrt sein, wollte man über die unorganische
Natur, über deren Wichtigkeit gar kein Wort zu verlieren ist
gleichgültig hinwegsehen. Aber man treibe in den zuletzt erwähnten
Schulen nicht Mineralogie, sondern Betrachtung der Mine-
ralien. Man behandle nur das. was oline Kenntnis derChenn'e
verständlich ist. und von diesem Slaudpunkte aus wird mau
sogar auf einer \ erh;UtuiMiiäl"sig frühen Alter.sslule tlie Mineralien
zum Uuterrichl.^gegenstande machen können. So hat vor allen
Dingen die Heimatkunde die in der Heimat vorkommenden
Steine nicht unberücksichtigt zu lassen, und wird auch auf
besondere Vorkommnisse und Varietäten /n achten haben. Der
Harzbewohner z. B. darf sich nicht mit dem gewöhnlich vor-
kommenden Granit l>efassen, sondern hat auch auf den roten
Granit des Brockens, den (rrnnitit, anfmerk^uin /n machen. In
TAil)zig ist der Beiicliaer Graiiiljxti ])]] vi /w crwäliiien und -^o
fort. Betrachtet man aber die Minerahen nur nach ihren pll^ ^i
kaiischen Eigen.schafteu, so ist eine luhteilung derselben rein
unmöglich, denn jede auf dieser Grundlage aufgebaute Klassi-
fikation, wenn man bei ihrer Aufstellung auch noch so sorg-
fältig zu Werke geht, wird falsch und ist deshalb nachteiliger,
als wenn die Mineralien den Kindern ungeordnet dargeboten
werden.
Sehen wir uns einmal die alte Einteilung der Mineralien,
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Cber Mtnmlonie In der VnlksMhule.
55
wie ich sie bis jetzt in jedem mir zur Receiision
übersandten Schulbuche gefunden habe, näher an.
Von <]en Bronzen heilst es. dafs sie in Wasser unlöslicli,
im Ktuer verbrenn bar sind. Jetzt weils mau» dais auch Metalle
verbrannt werden können.
Die Metalle deiiniert Sattler in HrauubcliweiK und andere
als Mineralien von meist metallischem Glauz, hohem Eigen-
gewicht aber geringer Härte. Sie sind in Wasser unlöslich, im
Feuer nicht verbrennbar*. Man begreift nicht, wie ein denkender
Mann so etwas schreiben kann. Hrden un<l Steine sind nach
d^ alten Ansicht im Wasser unlöslicli nicht brennbar und nicht
schmelzbar. Wer so etwns schreiben knnn. ninfs voti Kt;nptiv-
gesteinen gar keine Almuuu haben. Dafs (Has und die soge-
natniten (jinsflüsst v;\-.sclinio]/A MiiRr irK.n sind, scheinen die
Herren SchnlbücJierlabrikanten auch nicht /,u wissen, und jeden-
falls ist ihnen ganz unbekannt, dafs man heutzutage durch
grofse Hitze sogar wirkliche Rubine und Sapphire darstellt.
Vor allen Dingen hätte jeder an die epochemachende Entdeckung
der Dynamomaschine denken sollen, die imstande ist, einen
Strom von solcher Hitze zu erzeugen, dais Thonerde geschmolzen
und elektroh Sit rt werden kann zur ( lewimunig des Ahnniniunis.
Salze werden erklärt als Mint-ralien. die in Wasser löslich .sind
und salzig sehniecken. Das war nur so lange richtig, als
man die Mineralien nur äulsc-rhcli kannte, nur auf ihre physi-
kalischen Eigenschaften hin prüfte. Jetzt versteht man unter
Salzen Säuren, deren Wasserstoff durch ein Metall oder einen
metaUähnlicheu Körper substituiert ist, und in diesem Sinne sind
sämtliche Krdeii und Sttine der alten Kinteilung Salze, l>ei-
spielswei.se Kreide, (hi)s, Schwersj)at. Withorit. Strontion, Cölestin,
Khifsspal. Feldspat, \TcI;uhit. Kalkspnt, Doleinil. Magnesit.
Weif.sbleierz, ( irüubleierz. Rotbleierz, Blei vitriol, Turmaliu, Topas,
Olivin u. s. w.
Eine Kinteihiiig der Mineralien aber, die dem heutigen
Staudpunkte der Wissenschaft vollständig zuwiderlault, nuifs
unter allen rniständen beseitigt werden.
Aber aucii dann, wenn die Miner.dien auch nach ihrem
chemischen Charakter betrachtet werden, kommt man ohne eine
Einteilung derselben aus. Wer eine solche aber f&r notwendig
oder wenigstens ffir wünschenswert hält, der teile die Mineralien
in folgende sechs Kla.ssen ein:
f. Klasse: Elemente.
2. Klasse: Schwefel- (Selen-, Tellur-, Arsen-, Antimon- und
Wi sni ut- jVerbindungen.
3. Klasse: Oxyde.
4. Klasse: Haloidsalze.
^6 Dt. Uicbard tiehiilac
5. Klasse: Sauerstoitsal/f.
6. Klasst; : Or^aii j sehe X'erbiuduiigen uucl dereu Zersetzuugs-
prodiiktc.
Die vielen Cirdnungeii, rcsp. Gruppen, in welche jede dieser
Klassen noch eingeteilt werden kann, gehören selbstverständlich
auf keinen Fall in die Volksschule.
S u III in a : Eine Einteilung der Mineralien ist für die Volks-
schule nicht nötig, wenn aber eine solche geboten wird, mufs
sie richtig sein.
Wie schon oben erwälnU. habe ich die \craltelc l'^uUcihins:
der Mineralien in sämtlichen iA'itfäden für den Unterricht in
der Mineralogie der Volksschulen, welche mir im L,aute der
Zeit zur Recension übersandt wurden, gefunden, und deshalb
halte ich die Veröffentlichung dieser wenigen Zeilen für not-
wendig.
Leipzig. Dr. Rieh ard Schulde.
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Keuere Bradieinung^n
auf dem Gebiete des deutschen
Sprac]iunterric]it8.
Vom Ncnrntgeber.
1. ^Sc•1l^iftell sur Methodik de« detiUchen Uiiterrirht«.
A. Scheibihnber. Der Sprachunterricht in der \ ülksschulc
nach dem p.s\ cholt)gischen Verlaufe der Sprachaneijniuii^.
Straubing 1893, Cl. Attenkofer. 100 S. 0,80 M.
H. Meixner, Wie sind die Kinder unserer I«andschu1en in
den (icbrauch der deutschen Spr.u lu cin/uführen und
wie ist ilincn derselbe dauem l m sii hci 11 ' Jena 1S94. Iv. Mauke.
Joh. Nic'klas. Methodische Winkl t \i r den deutschen T'iUer-
richt nn den drei unteren Kl.isstn höherer J.,ehran.slalten.
München 1S94. i^indauersche Uuchhandiung. bS S. 1,20 M.
Wir kommen in der richtigen Behandlung des deutschen Unter-
richts doch weiter — das war der Kindntck, mit dem ich nach be-
endigter Lektüre die obigen Bücher aus der Hand legte. Leider darf
ich auf die in denselben nieder^^elegten Onindsätze hier nicht naher
eingehen, kann mir jedoch niclit versaufen, aus der erst genannten
Schrift foljfende beherzigenswerte (bedanken niil/uteilen : Wiesich
aus der Betravhluiiu de»^ ]>s\ choh>gischen \'edaufes der Sjirach
aneignung ergicbl \ ull/.ielit sich die Aneignunir der Scliritlsprachc
nicht iui eigentlichen Sprach-, sondern im übrigen I nterriclile. also
im Sachunterrichte. Unbewufst prägen sich hier der Wortschatz und
die Sprachfomien ein. und je eindringlicher der Sachunterricht ist
desto grölser ist auch der (lef^*inn für die sprachliche Bildung. Im
SachuntLi licht findet die Art wie sich <las Kind aufser der Schule
und wie sicli die gesamte Menschheit die Sprache angeeignet hat
ihre »latnrircmäfsc F(Mtsit/imu. nvdeni aucli hier »Sache und \;uue.
fiedanke und Salz stets lu \ eibindung auftreten und vom Kinzclnen
xum Kin/elnen geschritten wird.
Die Reflexion über die Sprache beginnt erst, nachdem im An-
schlüsse an den Sachunterricht der Aufsatxtext festgestellt worden
ist. Am Aufsatx werden die Sprach- und Rechtschreib-
übungen vorgenommen, und aller Sprachunterricht, der
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losjje trennt vom Aufsiit/. tri eilt nird. tsl /.weck los. Die
Wörter lies Aufsatzes wenlen im l-.inzelnen nach ihrer Abstammung.
l''le.\i(>!i und Sohreibw « ist. . die Sätze nach ihrer Konstruktion und
Interpunktion l>e.s]»r< k um, aber nur insoweit dies für die neblige
schriftliche Darstellung notwendig ist Sodann wird das Gleichartige
in den Wörtern und Sätzen im Rahmen des vorher aufgeführten
Lehrstoffplanes ztisammengestellt. um dem im Kind« bereits vorhan<
denen Sinn für Analogie der Formen eiitu<^ :^enziikommen. Endlich
werden hieraus die notwendij^^en Kejjeln al)Releilet.
HeziV-^Uch der Kemlii hiite man sich vor zweierlei Tänsolninj^cn.
Man ^laul)e nicht, dais (la*-- Kind «liese in der i'Olge richtijr anwen-
den werde, wenn es dieselben viialsl hat. Dies ist ledijjflich Sache
der Cicwöhnung. Wie sich die genaue Kenntnis aller Moralj^eseize
ganz gut mit einem unmoralischen Lebenswandel verträgt, so ersieht
sich ans dem Verständnis einer Sprachregel noch keineswegs deren
Befolgung.
l'erner betriij^e man sich nicht in tkr Meinung, dals das Kind
die Sprachformen direkt nach der Kegel bilden un<l die Wörter hier-
nach schreiben werde Die I'>fahrung lehrt etwas ganz aiuU res. Das
Kind wen d e l n i e Ii l e i n e a 1 1 gein ein e K egel au f d en c i n /ein en
F a 1 1 a n , so n d e r n es b i 1 d e i i ni ni er, b e w u Is t od v r n n b e w u is l,
— m e eh an isch die u eu e Sprachersch ei n u ng ein cm iili nlicli en
Beispielenach. Die Musterbeispiele haben folglich ihren
Hauptwert nicht für die «Entwickelung , sondern für die
Anwendung derKegeln. Falsch ist es daher, beispielsw^eise bei dem
Satze: Der .Star konnte nnt seinem ktirzen Schnabel das Wasser
in der Flasche nicht erreichen den Schüler nur auf die früher be-
hatulelte Sprachregel hinzuweisen, dafs nach dem Worte mit stets
der III !*all stehe, liier mü.ssen vielmehr dem Kinde ahnbclu l^ei-
.spiele aus dem früheren l uterrichte ins (iedächtnis gerufen werden
/.. B. (ftäser und Kräuter schmücken die falben Wiesen mit frischem
Grün. Die neue Form mit seinem Schnabel* bildet sodann der
Schüler der bereits bekannten Form ^mit frischem Orün ohne be-
sondere Mühe nach. Die Hauptsache besteht eben nicht
darin, dafs alle notwendigen Kegeln möglichst fest nach
ihrem Wortlaute dem (iedächtn isse einj^reprägt werden,
sondern darin, dafs sieh für alle tnöglichen I'.älle fort-
laufende keilien von .Musterbeispielen im (leiste des Kin-
des ansammeln, die ihm jeden .\ugenbiiek zur Repro-
duktion bereitstehen und es in den Stau d setzen, das Neue
sofort nach dem bekannten Ähnlichen zu beurteilen und
zu behandeln. Bei der Vorbereitung des Aufsatzes müssen dem-
nach alle Fälle, wo Fehler zu vermuten sind, mit den Keihen ähn-
licher Heispiele ans dem früheren T'nterrichte in \ erbindi\ng gesetzt
und in diesem Zusammenhange geübt werden. Dieser allseitigen
\ orbereitung folgt die Niederschrift des Aufsatzes.
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59
2. Handbücher für den AnscliaanngHonterricht.
iiwtrg Starm, Hauptlehrer in Karlsruhe, I^ektionen für den An-
sohauunu^s I nterricht im ersten und zweiten Schuljahre.
Methodisch bearbeitet. 2, Auflage. Karlsruhe 1893. (>. Braun.
2.6t» M.
•I* Lutwitzi, Lehrerin Rln iti/ibcrti. H andbüchlein für den An-
srh an un sr*^ - ^' t« terri ch t m der I. und II. Klasse. 3. Auflage.
Kai<'Tslault.-ni i.S()3. J. J. Tasoher. SS S.
Dr. C. K<'hr. D^i A nschau u n *f s- U n t <. r ri ^ h t iür Haus und
Sciuile auf (irurdlajfe der Hev-SpekU isclien I'abehi im An-
•schlufs an \V. l'feiffcrs Wandbilder. 4. Auflage, bearbeitet von
A. Kleinschmidt. Seminarlehrer in Benshdm. Oothn iSc; ). Fr.
Andr. Perthes. 190 S.
In ausgeführten Lektionen, die den praktischen Schulmann er-
kennen lassen, behandelt das erste Büchlein diejenigen Stoffe aus
der T'nij^ebun^'^ des Kindes, welche :i --Iben nahe liejj^en : die
Schul- und ^^^'^lI^sl^llK . ili. Mutler in do Küche, der Wirtschaftshof.
Dorf und St.idl. dtr (iarteii di^ Hestellunj^ des I'eldes. der Wald,
die Obsteinte. Luft. Wind \nul Wetter, das Wasser und der Winter
galicn die l'nterlagen für die He.sprechungen, die im kindlichen
Tone gehalten sind und dem jün^aren Kollegen schätzenswerte Hand-
reichungen für diesen immerhin nicht leichten l^nterricht bieten. —
Auch der Verf. des zweiten Büchleins hat sich bestrebt, den Stoff
der Besprechungen nach Inhalt und Form der kindlichen I'assunj^s-
kraft an/up:issen. Charakteristisch für sein Ihich ist. dafs die Haupt-
sät/.e jecier Lektion durch den Druck besonders hervorjjeh(»ben
sind, die dann durch kurze Sticbwoite anjjerej^t am Schlüsse
von allen »Schülern /usammenhän;^end wiederjfejjeben be/.w. nietler-
gcücliricbcn werden und so die Grundlage für den späteren Auf-
satzunterricht bilden. — Das Buch von Kehr ist in der deutschen
Lehrerwelt bekannt. Der neue Bearbeiter hat an der Art der Be-
handlung nichts geändert und die Anleitung zu der Besprechung;
der drei neu erschienenen Hilder Schwan, Mäuschen und Vögel und
Knie möj^lichst in Kehrs (fcist j^ej^eben
L. F. Göckelbecker, Lehrer. Lehrlusl. b;in l'ührer durch den Tuter-
richt im ersten Schuljahre. Im .\nschbus an des Wrfa.ssers
F.erTilüsl (Cotueniusfibel I. I Teil: im Frühling. Kurlsruhe »Sy^.
<>llo Xcniiiitii. S. i.S<» M.
Wir fuhren tlas Ihicli an dieser Stellt- da v< ifi seiiieni
Hauptteile nach dem «lange des Anschauuiigsunlen leiiLes geoi<luete
rnterrichtsproben enthält, von denen wir nicht itwcifeln, dafs sie das
Interesse der Kinder voll und ganx in Anspruch nehmen werden ;
die ersten 100 Seiten enthalten im wesentlichen eine Anleitung zur
Hehandlung der Comeninsfibel, die das Buch für den. w^elcher diese
I'il>el im rnterrichte benutzt, sehr wertvoll macht.
8. Fibellittemtnr.
<r. K. Kriiscbe, Lösnnfi der Fibelfragt- durch Krst<:s Schulbuch
für den g-esamtcn I nterrichl im i. Schuljahre . js^n. HiobftbeK
Selhstverlaji, rtiuerirli h. Dresden.
Der \*erf. ^hiubl durch seine Hiobtihil iso genannt, weil sie
mit dem Hilde des leidenden Iliob und der »Silbe Hi beKinnli die
FibeUraf;e gelost äu haben. Kr hat nach seinen Worten die l ibel
tt. a. bearbeitet: ii unter Anlehnung an die bishertf^e Normal wort-
inethodc, weit diese dem wichtigsten rnterrichtsniomenti'. der Weckung^
des Interesses, die meiste lU achtunj; schenkt und weil sie die Laute
resp. Huchstaben als Hestan<lteile eines bekaunlen ( inn/i :i am deut-
lich.->ten erkennen lafsl ; 21 »lurch lünführuni; der bisher \ ernacli
lässigteu, aber durchaus notwendigen i inhuitüchen Sillienbilduni:
unter /ugrundeleguni! der Normalsilbtii \\»>ilutch nicht M"i> tlu-
Analyse, sonilern auch die vS\nlhese angebahni wird; 31 durch AuC-
stellung eines dieSchreibschwierigkeit vermindernden, das Phonetische
berücksichtigenden, stufen mäfeig - methodischen Aufliaues, um bei
gleichzeitiger Beachtung der anderen Momente Selbstthättgkeit und
Selbständigkeit /.u wecken; 4; durch Heriicksichtigung der dem Lesen
gebfihrenden \ oranstellung unter Hinweis auf den (irundsatz: \'oni
Leichteren /um Schwereren! Das lUich ist /u vrebrauchen ; eine
LösuTii: (Ur l'"ibelfrage brinirt allerdings niclit.
W. Daitj^ei't. l'ibel für den ersten Sprech . I.csi und Schreib
Unterricht. Nach den ( irundsat/en der l'honetik. Frankfurt
;r "M. iSt)], Diestei \\ e.y. 120 S.
L. ¥. (MK keihetker. Lernlust, lüne LOnieniustibei. lür <Uu zeit
gemäls vereitngUn S.ücli-. Si)rach und Schreibunteniehl nach
einem volhttändigen Lehrgang der kombinierten Laut- und
Normahvortmethode. 3. Aufl. Karlsruhe, O. Nemnich. H4. 0,50 M.
H. Feehaer, Deutsche Schreiblese fi bei nach der analytisch-
synthetischen Lehrmethode. 49. Aufl. Berlin 1S95. Wiegandt u.
(irieben. 152 S.
Schulse, Rektor in (Xsterburg, u. Jiggel, Lehrer in Krumke, Des
Kindes erstes Schulbuch. (;otha 18^3. C. F. Thieuemann.
78 u. 62 S.
Mttller. Völker, Funk, De\ilche Schreiblcsef ibcl. 17. Aufl. (iiefsen.
Lniil Koth mS S i),4<) NL
V. Lölt'ler, Deutsche X or tu al f i b<l t\arb dtr WOrllatnu r unil
Schreiblesemcthode und dem einiachslen nalurgemaisesten Lnter-
richtsgange bearbeitet Osterwieck 1S94. .V. W. Zickfeldt
H. Glintlier} Deutsches Lesebuch für mehrklassigc evangelische
Volksschulen, i. Teil. Unterabteilung der rnterstufe. Osterwieck
a Harz, A. W. Zickfeldt
\V. Dangert verlangt, dais die Lautschulung, die heute im
fremdsprachlichen l'nterrichte ja eine grofec Rolle spielt schon im
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K*a*n> firaehptoiuifeii uf dem OeblHr im ^»wrfhru Api«clMHil«frtclitt.
... — . , ,.
Rleinentarunterriolit \ht\ \ Anfanp nehme. Hinfühnmu der T.aute
nicht nach ihrer Schrei! -srliwierig^keit. sondern nach dem (Irade
der Schwieri^jkeil ihrer .\utfas.snn.ir durv h das Ohr. ihrer <;prachlichen
Her\nH<nnifun^. ihrer \"erl)indharkeit mit andt-rn I.atiten — scharfe
r lUersolu Khm^ der Stimmhaften nnd Stimmlosen *rrennun«r der
llauptfunküon der Lante von tkn Nchenfunktionen stetige Ik-
tonuni; der orthoepischen und orthogra[)hischen Wechselwirkung -
Vermeidung der kleing^escbriebenen Snbstantiva: das sind diejinind-
legeuden (bedanken, die dem Verf. bei der Bearbeitung seiner Fibel
malsuehend uevvcsun .sind. (i öek elhec k ers I.ernhist ist eine
nach (kn rrin/ij^ien des vereinij^teii Sach-. Sprach- und Schreibnnter-
richts Sehr j^csehiekt ahj^efalstc I'ihel. Nach (knselben ( irundsätzen
iM bekannthoh auch (he wt-itvcrhreitete Fihfl I"echners nnjjck'jit,
waliretid die fol*^en(k'Ji Schritten <ier Schre^l»le^cJlletho<k• huhhgen.
4. Lesebttcher.
I>r. Rob. Kfitlis, ]>irektor. Dr. K. W. Meyer. Direktor, und Dr. Ath.
SchiiMter, Direktor.* Deutsches Lesebuch für Vorschulen
höherer Lehranstalten, i. Teil: I-ür die 3. n. 2. Vorklasse.
4 Aufl. 201 S. 2. Teil; iMir die cnstc Vorkla.<;se. 4. .\ufl.
i>S S. llanni>\cr i,S<^i;t)2. llelwiny.
- . - . Deutsches I,es<l>nch für höhere Lehranstalten;
nacii den neueJi Lehrphinen hearheitct von Dr. .V. Schuster,
Direktor, W, Fischer, Prof.. und II. Schäfer, Prof. i. Teil:
Sexta. 7. Aufl.- 242 S. — 2. Teil: Quinta. 6. Aufl. 23« S. —
.1. Teil : Quarta. 6. Aufl. 262 S. — 4. Teil : rntertertia. 265 S.
5. Teil: Obertertia. 240 S. Hannover 1S93/94, Helwiny.
Dr. P. Hellwtg:, ( HK-rlehrer. Dr P. Hirt, Oberlehrer. Dr N. SierniHl.
Prof.. Deutsche^ L^ sehuch für höhere Schulen, i. Teil:
Sc\t:i. v>i»S. - 2. I cil: Ouinta ;r6S. 3. Teil : yuarta. 312 S.
- 4 Teil: Tertia. 4(m» S. Drtxlcu iSo.v L Khknnann.
Ii. Kletko und IL Soliald, Lesebuch i u r höhet c M äd ch e n se Ii u 1 e n
mit Berücksichti^Min^ des rnterrichts in der Litteraturgeschichte.
8. Aufl. von Dr. h. H. Fischer. Alten bürg 1894, Pierer. 594 S.
4 M.
K. Helnemann und A. Schröder, Urstes Lesebuch. Ausj^abe .\
Teil II: Zweites Schuljahr. 160 S. - .\usjrabe H: Zweites Schul-
jahr be/Av. /weite Lese.ibteilun.tr. 2. Aufl. 122 S. .\us;4abe C:
Zweites vSchnliahr im S Lan<fensal/.a 1^93, lk\er u. Söhne.
W. Bartholomiiiis. RLkt. t, und Aug. He!n«*rke, Hau]>tlehrer. Lese-
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I.Teil: Mittelstufe. 43H S. geb. i M. — 2. Teil: Oberstufe,
438 S. f,20 M. geb. Kssen, G. D. Bädeker.
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herausgej^eben von einer Kommission der Schuldirektoren J*eip-
jtilP» ! Reimer, K. Richter, Dr. Sachse« •bffefctÜR. Aug. Thomas,
r
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62 Johcnnc« Uffrr.
Dr. Zimnicnnann \. Stufe. 192 S. jifeb. 75 Pf. — 2. Slufc. .^20 S.
1.25 M. geb. ,v Stufe, y^b S. 1.30 AI. geb. ~ 4. .Stufe, 400 S.
1,60 M jrel). I.eip/.ig. Dürr.
Deutsche J ugend. Lesebuch für Hür«jerschuleii. i. Teil: Zweites
Schuljahr. 2. Aufl. 152 S. — 2. Teil : Drittes Schuljahr. 176 S. -
Teil:' Viertes Schuljahr. 18; S. — 4. Teil: Fünftes Schuljahr.
223 S. — 5. Teil : Sechstes bis achtes Schuljahr. 376 S. — 6. Teil :
Siebentes und achtes Schuljahr. 372 S. Brauuschwetg 1894 95.
Hasserburg.
J. Sclianzp, Rektor, und W. iSclianze, Mittelsclntllehrer. I.eselnich
für .städtische und gewerblirhc 1- Ortbildungsschulen.
3. XvlÜ. Wittenberg 1893, R. Herro.se. 44iS S.
ft. Klassiker-Aasgaben.
Dr. 6. Bornliak, Teubners Sammlung deutscher Dicht- und
Schriftwerke fiir höhere Mädchenschulen. 23. Bändchen:
Die bezauberte Rose von Emst Schulze. Herausgegeben von
Dr. G. Bcrnhall. 60 S. geb. 60 Pf. — 27. Bändchen: Dichtung
und Wahrheit von (ioethe. Heraxi.sgefjebi n von GusL Hofmei.ster.
20T S ii-eb. j M. — 7. Händchen : Klopstocks Mes.sias und Öden
in .Auswahl. Herausgegeben vou Dr. K.Städler. 111 S. geb. 0,80 M.
Leipzig, Teubner.
Schön in j4hs Au.sgaben deutscher Kla.ssiker mit KiMnuieiitar. 2<i. Hand:
Lessings hambuiKische Dramaturgie. Herausgegeben von Dr.
J. Buschmann. 272 S. i»6o M. — 22. Band: Zrinj-, Ein Trauer-
spiel in fünf Aufzügen. Flerausgegeben von Dr. J. Dahmen.
140 S. — 21. Band ; .\us meinem Leben. Dichtung und Wahr-
heit. Herau.sgegeben von Dr. Dahmen. 174 S. Paderborn 1K94/95.
Fcrd. Scliöniiigh.
1 )r. J. Wyc'Iigrani , \' e 1 h a u e n \j n d Kl a s i n s S a ni m l n n g
deutscher Schulausgaben. 21. I.ief : Wilhelm Teil von
Schiller. Herau.sgcgeben von Prof. Dr. A. Thorbecke. i(k)S. gel).
60 Pf. • 12. Lief,: Minna von Bamhelm von I.,cs.sing. Heraus-
gegeben von Prof. l>r. Thorbecke. 126 S. geh. 50 Pf. ^ 4. Lief.:
(roethes («edichte. :\uswahi. Heransgegeben von Dr. R. Franz.
190 S. 75 Pf. - 26. Kicf. : Julius Cäsar von Shakespeare. Heraus-
gegeben von l^r. K. v. Salhviirck. 112 S. i\-;o M» - (^'k Lief.:
Hotiu rs Odyssee, im Ans/n'^^ ]v. der l'l)er.'<et/.ung von J . H. \ ofs.
H>(> S. }ieb. c>o l'f. — 42. Liel. : Da.s deutsche \'olkslicfl. .Auswahl.
Herausgegeben von Dr. K. Matthias. 142 S. 7; Pf. - ;'>5. I.icf. :
Kleinere rro.saschriften von (loethe. Herausgegel)en von Dr. W .
Nöldecke. 112 S. 0.60 M. -- 15. Uef.: Das Nibelungenlied im
Auszuge. Herausgegeben von Dr. G. I.,egerlotz. 142 S. 0,80 M.
— 50. Lief.: Deutsche Prosa. .\usgewählt von Dr. J. Wychgram.
I. Teil: Rednerische Pro.sa. 156 S. 0.75 M. — 59. Lief.: Cid von
Herder, II erausgegeben von Dr. K. (iroth. 97 S. 0.50 M. —
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T,T,. Lief. : Goethes I.eben und \^'c rke. Von Dr. K. Meinemanii.
130 S. o/xi ^^. — !. Lief.: lUr-.iuinn ihkI Dorothea von (iocthe.
Heran S}i:ej^eben von Dr. ]. \\ ycli^rani. 72 S. 0.50 M. — Mittel-
hochdeutsches Lesebuch, i leraustjef^eben von Dr. (i. I.egerlotz.
13 j S. o.yo M. Bielefeld und Leipzig, Velhagen u. Klastng.
I>r. Beinh. Knttnert Homers Ilias. übersetzt \'on J. H. Vofs. Für
Schule und Haus bearbeitet vou Dr. Bcmh. Kuttner. Frank-
furt a. M. 1896. Sauerländer. 216 S. ia:eb. 1.50 M.
A u ,s d e r d e u t s o h e n I, i 1 1 e r a t u r. Für die deutsche J ugend,
Hand i : Meisti rw t rke dt-nlsrlK-r ]>i( htun;^. 5!n S. j^feb. 3 M. —
Hand ?• llr/ählunKcn und Lehcii>lü'!er. 43S S. jjeb. 3 M.
Die K.c»nkienz der Leipzij^er SchulUircktoren, die sich alljährlich
vor die Aufgabe gestellt sah. l'rüniien zur Verteilung an die Schüler
und Schülerinnen auszuwählen (namentlich am Sedantage sind
tausend Schüler Bücher zur Rrinnerunj? an diesen Ta^ zu ver-
teilen), entschtofs sich, aus der deutschen Litteratur selbst eine Aus-
wahl zu treffen, die zu solchem Zwecke ^ich besonders eignete. So
ent.Htanden die beiden vorliegenden Hände, die auch äufserlieh vor-
trefflich ausy^estattet sind und das stattliche ( lewnnd trai^^cn das sich
für rrainienbiu her schickt. Der t rst<- Hatul c lUhält (iocUus Her-
uiann und Dorothea . sowie sechs Dr.ijnen: Götz von Herluhingen,
Teil, VV'allen.stein I— III» Minna von Harnhelm. l>afs mit dieser Aus-
wahl wirklich Mei.sterwerke der deutschen Dichtung getroffen sind,
die vor allem deutschen Kindern bekannt sein sollen, wird man zu-
geben. Eine ganz eigenartige I<eistung i.st der zweite Band. Aus
ihm leuchten besonders zwei Be.strel)ungen hervor: erstens eine ge-
sunde N'olksjuoral zu fördern und dann eine echt deutsche (.esinnung
zu pflegen. Dabei ist die Axiswahl der Kr/ähbinL^en. tTamcntbcli aber
:iuch die der Lebeiisiiilder so i; Llr«tffen. daJs iiisliLsoiitlere das Interesse
tler Jugend erregt wird u>i<i dals die hier geboienen Muster für (le-
sinnung und Lebensführung zum Teil in die Jugendzeit deutscher
Männer und Frauen führen. Auch darauf ist gebührend Rücksicht
genommen, dafs eben.sowohl Knaben wie Mädchen in dem Buche An-
regung und Mu.ster zur N'acheiferung finden. Als Prämienbüchcr,
wie auch für Schüler- und Volksbibliotheken können wir die beiden
Bände bestens empfehlen.
(Fortsetzung folgt.)
jC«ae BBther und Aufalix«.
Neue Biiclier tmd Aufsätze.
ai Bücher.
Arendt. Prof. Dr. Rwd., Didak-
tik und ^^ethodik des Cheinii-
l^nterrichts. (74 .S.» München. C, Ii.
Heck. I.So M.
Gicfsler, Dr. Carl Max, Über
die \'orjjänge bei der Erinnerunif
an Absichten. Kine psvcholoj^ische
Studie. (32 S.) Halle. C. A.
Kämmerer u. Co. 0,60 M.
«irefsler. J.. ».ktor, liildun;.;s
ziele der X'olkssclnik* in Rücksicht
um die l-orderuiigen tlcr Gegen-
wart. (40 S.) Wiesbaden, K.Behrend.
o,6f i M.
( i ii n th c r, Siegm. u. Alfr. K i r c h-
hoff, Profi, DD., Didaktik und
Methodik des ('icographieunter-
richts. (44 u. 67 S.i München,
C. H. Beck. 3 M.
Kocb. Hmil, Tiaa Bewnfstsein
der Transccndenz oder der Wirk-
lichkeit. Kin psychologischer \'er-
such. (VIII, 127 S.) Halle. .M.
Niemeyer. 3 M.
T.i'ew. i:. .lIsj.viuii -i»roi., Dr. ICt tist.
iiidaktik und Methodik des l nter-
richtsin Naturbeschreibung. lySS.)
München, C. H. Beck. 2,20 M.
Onnnerborn. m-kt., C, Beden
tung und Ausgestaltung der Vavi
Ijildungsschule in un.serer Zeil.
Ö2 S.) Mainz, J. Kirctiheim. 0,50 M.
Rol'sbach, Dr. Die Berück-
sichtigung der KiiUnrgcschichte
im (ieschicht.suntcrricht. (15 .S.j
Neuwied. Heuser. 0,30 M.
Schäppi, s«t.-K«t, J., Die Or-
ganisation des lians\sirt'^cli:ift-
lichen und bcrutlichen l nUn ielils
in unsvi i n Mä<lchenschulen. {70S.J
Zürich. Iv Speidel. i M.
Schenkendorfl. \»,-. .rin , 1*" v
Die.Vusgestaltung der \ Olk.sschulc
nach den Bedürfnissen derdegen
wart. (21 8.) (iörlity., J \V. Sattig.
0,40 M.
bj Aufsätze.
Aniehingk. W.. Der franzö-
sische I nterricht in der acht-
stufigen Mittelschule (Mittelsch.
u. höh. Mädchenschule 21. 22.)
Halle a.;S.. Schrödel.
Budde, rixi das Charakte-
ristische der Lutze sehen Philo-
sophie, speziell der l\s\ chologie.
(Rhein Hlätter f. Krz. 11. Tut 5.)
I'rankturi a.;M.. Diesterweg.
Ivckhardt. Die l nigestaltung
der Bildungs/.iele nach den For-
derungen der tiegen wart, (.\llgeni.
Schuli)latt 29—32.) Wiesbaden.
Becfatold n. Co. •
l\rnst. A , l^ic HaushaUntißs
kuudc in der mittleren u. höheren
Mädchenschule (Mtttetsch.u.hdh.
.Mädchen.sch. 19. 20.) Halle a./8..
Schrödel.
Fack, M.. Zahlen u. Rechnen.
Kine Studie. <Zeitschr. f. Philosoph,
u. Pädagogik 4. 5.) I«anKen.sajza,
Beyer u. Söhne.
Koch, Karl. Stellung und Ver-
wertung des Alten Testaments im
christlichen Religionsunterricht.
(Padag. Zeilung 46. 47.) Berlin,
W. II S. Löwen thal.
Mackeprank, 1'., Die Be
deutung der deutschen Sage für
Erziehung- und rnterricht (Schul-
!)latt der Pi<>\ Sachsen 39. 40.)
Quedlinburg. Huch.
Thrändorf. Dr. l" . Allgemeine
Ilumanitätsschule o. Konfessions-
schule. iZeitschr. f. Philoso})hie u.
l'ädagogik 4. 5.1 Langen.sal/.a.
Rever u. Sohne.
\\'ulck()W. Dr., iKi Lrlu^l.^f
und das Leben. »Rhein. Bl. f. Krz.
u, Unterr. 5.) Frankfurt a. M..
Diesterweg.
\ N , DieStellungderProplu Un
im Lchiplane des evangelischen
R el i gi on SU n terrichts. ( .'Mlgeraeine
•kutsche I.ehrerztg. 46—4**.) Leip-
zig, Klinkhardt.
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Neue Bahnen.
Monatsschrift für Haus-, Schul- und Gesellschafts-Erziehung.
Heft 2. Fel^uar 1R96. ^I. Jahr«.
Adam Smitlis pädagogisclie An-
sicliten und Kritik derselben.
Von Or. Pavl Bergemaiw in Jena.
(i"oii.scty.uni{.(
Zweites Kapitel.
Die Öffentliche oder Scliul-Erxiehung.
Bei der I^traclituug dieser Seite des Erziehuu^swesens
legt Smith den Hatiptuachdnick auf die Krörteritng der organi-
satorischen Fraj^Lir. diese müssen daher auch im Vorder-
l^runde meiner jetzi.ucn Iksprccluin.i^ stehen, um so mehr,
d;i ^^'^erade iji unserer Zeit wieder derarti«;en Problemen ein
]e))liattes Interesse ent<;e<(en.J4el)raelU wird, lu'st in zweiter
Linie konnnt dann die Fra^^e uacli tler Crestallunj^ de.s Unter-
richtes in Üet rächt.
Krster Absclinitt.
ErBrtftruiig allgemeiner Frafeit.
Zweierlei Unterrieh ts-Sphärcn sind zu unterscheiden: eine
höhere und eine niedere, die der Gelehrten- (und der Hoch-)
Schulen einer- und diejenige der Volksschulen anderseits. Die
mannigfachen Überj^Mnj^sformen zwischen dieser und jener,
welche die Ik'dnrfnisse der neueren Zeit tlie unaufhaltsam
fortsclnx'itt Ilde herufürhe S[H'7inli*^icr!iiii^ und die (^^t frei-
lieh liht ri: 1)L ne Wertschälzmi«; des Details im Wissen
und Kr.iHjcn iür die Herufsarbeit hervorj^ebracht liaben, ^ind
Snütii noch unbekannt, ein Umstand, der seine Hruä^uu.^en
bedeutend vereinfachte, Ferner: ein moderner päd a «logischer
Schriftsteller, der über das Schulwesen im allgemeinen schreibt,
mufs stets auch die für die Mädchen bildung bestehenden
oder zu treffenden Veranstaltunj;en eingehend berücksich-
tigen und besprechen. Ik-i Smith finden wir diesen Ptuikt
mit nur wenigen Sätzen rihi^ethan: es bestand dnnials eben
noch nicht das allseitige lel)hafte Interesse für das weil)liche
IHldungsweseu wie in unserer Zeil trotz. I'cnelon's energischen
SrB«? RHitnon VII. e
J
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66
t)r. l'Aul liiTirpinmiti.
Hinweises in der bekannten Schrift „Sur Vidncattw (fe» fiiles^
(1683), welche der erste einigfermafsen gehingene Versuch ist,
die Aufgaben der weiblichen Er2iehun.f,^ zu lösen,') und
Ronsseau*s il^c istreichen Aphorismen im fünften Buche des
Kniile. Erst Susanne Xecker-Saussure ist es ijelnngen, das
Eis der t^leithi^illi^kt it und Interesselosigkeit diesen wich-
tii^en Problemen gegenüber naclihaltig zu brechen: ihre Ar-
ist als von epochemachender Bedeutung für die Frauenbe-
wegung anzusehen.
Wenden wir uns nun zur Betrachtung der Ansichten
Smith^s, wie im einzelnen das Unterrichtswesen zu gestalten
sei, um den Zweck, dem es zu dienen hat, in bestmöglicher
Weise zu erreichen, so müssen wir zunächst fragen, worin
dieser bestehen soll.
Smith läfst uns dnnÜKr nicht im Zweifel: er erblickt ihn
darin, die Heranwachsenden zu tüchtigen Bürgern in dieser
Welt zu machen, in erster Linie zn nützlichen Gliedern ihres
Volkes und Vaterlands, genauer: sie mit demjenigen allge-
meinen Wissen und Können auszurüsten, das sie in den Stand
setzt, dereinst solche zu werden. Es ist das nämliche Ziel,
welches er in der Theorie schon im tiegensatze zu dem-
jenigen der Haus- oder Familiener/ichnn<^: aufgestellt und
(las er dort als allgemeine GeisUsl)ildung lormuliert hatte,
wie wir wissen. Es ist bereits darauf hingewiesen worden,
dafs CS das einzig zutreffende ist. Smith stimmt darin nicht
nnr mit den Pädagogen seiner, sondern auch mit denen aller
Zeiten überein, sofern sie ihr Heil nicht in theoretischen Ab*
sfraktionen suchen, sondern sich an die konkrete Wirklich-
keit halten. Auch jene sind im Grunde ihres Herzens wohl
davon überzeugt, daf'. das angegebene Ziel das einzig rich-
tige ist - dafür sprechen genugsam die praktischen Mass-
nahmen, welche sie empfehlen — aber sie halten es nicht
für opportun, dies offen auszusprechen; sei es dafs sie den
Schein eines besonders erhabenen Idealismus wahren wollen^
sei eSf dafs diese lliefsende Allgemein giltigheit des obersten
Erziehungszieles ihrem Streben nach einer solchen nicht ge-
nüge thut, dafs .sie es auf absolute Allgenieingiltigkeit abge-
sehen haben und daher lieber zu inhaltsleerem Formalismus
ihre Ziifhicht nehmen; es befriedigt ja natürlich viel mehr
die persönliche Eitelkeit, weuu man von unbedingt allgemein-
giltigen Zielen reden kann.
•) Dies kann bei aller Anerkeuuuiig für mancherlei vorlreftliehe
Einzelheiten eben noch nicht von Vires' Buch /)< itntitiitione jt-tnirint
thristiatiae US^Hi gesagt werden, ob\v(»hl dasselbe eine vollständige
Theorie der weiblichen Erziehung und Bildung enthält, was bei Fenelon
gar nicht einmal der Fall ist.
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Adiun HmiihM pädai^oiriMi-hr' Au»irht(>u Hnd Kritik «leraHb«».
67
Docli kurz und j>iit iiiid nocli tiiinial: Die Krziehiuig"
kann auf nichts anderes «^^eiiclitri sein als darauf, den Zog^-
lin^ zu einem uiiuliclicn Glitdc der C'Ttsellscliaft heranzu-
bilden, der fvesellschaft im engeren wie im weiteren, ja im
weitesten Sinne; das ist das Ziel aller, der häuslichen wie der
öffentlichen Erziehung, jener in subjektiver, dieser in objek-
tiver Hinsicht Dient jene dem angegebenen Zwecke mittel-
bar, so diese unmittelbar. Man beachte wohl, dafs »Smith den
Krziehungs/Aveck weder in ciii'^eitiger nationaler Beschränkung
noch in vai^tr kosmopolitischer Allgemeinheit aufiafst; er
teilt den Kosmopolitisnnis seiner Zeitgenossen, aber ohne
dabei in den Fehler der (iciinj^scliät/iiug des Nationalitäts-
Prinzips 7A\ verfallen, er beherzigt die Worte Rousseau^s im
ersten Buche des Emile: * Nehmt euch vor diesen Kosmopo-
liti Ji in Acht, die in ihren Schriften aus weiter Ferne Pflichten
herholen, deren I^rfullung sie iubezug auf ihre eigene Um-
gebung verächtlich zurückweisen. Kin solcher Philosoph liebt
die Tartaren, um dessen überhoben zu sein, seine Nachbarn
zu lieben .'I Wie weit unser Philosoph von engherzigem
Patriotismus entfernt ist, das geht ganz deutlich aus seiner
^Theorie der uKnalisthcn (hfiihiv'* (II. S. 128 ff.) hervor, wo er
aufs schärfste nationale Vorteile tmd Antipathien geifselt;
aber eben daselbst tritt er auch mit Entschiedenheit für die
Berechtigung eines kräftigen imd klaren Nationali täts-He-
wufstseins ein Patriotismus ohne Chauvinismus, l^atriotis-
miis in eni^er \*erl)indung mit Kosmopolitismus, das ist seine
Losung, l uci ohne Zweifel i^t das das Richtige, denn dieser
ohne jenen als rnlerlagc sehwebt haltlos in der Ivuft, jener
aber entartet, wenn er nicht durch diesen ergänzt wird, zu
National-Hochmut und Fremdeuhals.
Welche besonderen Mafsnahmen bei der Erziehung zu
treffen sind, um ^ies richtige Verhältnis, diese Harmonie
zwischen den patriotischen und kosmopolitischen ( .1 lilen
herzustellen, hat Smith nicht angegeben. Man wird Folgen-
des sagen konupu. Die iiindcrue Pädagogik spricht sehr viel
von patriotiselK 1 I-.i /i^ liun und <^a'denkt der kosmopoiiti.schen
so gut wie gar niclil. Mau .^chciiil /.\\ glauben, dafs jene<Ti'-
lühlsweise erst künstlich licrvorgel)rachl werden müsse, während
diese sich ganz von selbst verstehe und einfinde. Demgegen-
über ist jedoch zu betonen, dafs gerade das umgekehrte Ver-
•) Smith saj^t ;jan/. ausdrücklich (Theorie II, vS. 145): Dafs der
'»Misch mit Iklraclitiniir <Us irhaljeiieii Wirkungfskreises (wie näm-
lich aller .Menschen dluck /u befördern sei) sich beschäftigt, kann
ihn nicht entschuldigen, wenn er den bescheideneren idie Besorgung
seiru s ci'jrcncn r,Uickes, des ( .Hu Urs seiner Famihe. seiner Freunde,
.semeü Landes; darüber vernachlässigt .
68
Dr. Paul lt)Mi:>'niiinn.
hältuis der Wahrheit eutspricht. Wer von klein auf die deutsche
Luft atmet, die deutsche Sprache spricht, wie sollte der nicht
ganz deutsch in seinem Wesen sein! Die Bande, welche den
Menschen mit seinem \ atcrlaude verknüpfen, sind von Xatur
ans stark jj^enn^; hier bedarf es kaum einer künstlichen Nach-
hilfe. Man bedenke, dafs die ( "inindlai^e des l'alrintismns die
Heiinatliebe ist und diese ant dem Mt imatLietUhlc beruht: das-
selbe ist aber ein j^i ^ebenes wie die Hc-iinat si lhsi, ein j^an/. von-
selbst, ohne Zuthnn anderer, oline kün>lliebc Millel zustande
konnnendes.') Man beachte wohl: Nicht als oh dem ^[enschen
die Heimatliebe angeboren wäre, aber in der Struktur des
menschlichen (leistes ist die Aula.s^e dafür xorhanden und
harrt nur der Kntwickehnig. TV r Mensch bringt ein anschlufs-
hedürftiges Cremüt mit auf die Welt, er strebt nach Befrenn-
dung mit der ihn umgebenden Natur, den Tieren und vor
allem den Menschen.
Das mit solchen Anlaij^en ins Leben tretende Kind eni-
pfäugL nun die heimische Naini uiil ilneu IJewuhnern und
bewirkt eine solche Entwickelung jener, dafs eben gar kein
anderes als das angegebene Resultat, die Heiuiatliebc, sich
ergeben kann: denn die frühesten und wichtigsten ( U danken»
kreise, die grundlegenden \'(>rstellnn<»sreihen, die starken (be-
fühle, die ersten Willensaktc der Kinderzeit alles, alles
das ist mit der Heimat xerknüpii und kettet uns selbst da-
her mit tausend P'äden an dieselbe und j^flanzt mit Nattir-
notwendigkeit die Liebe /,u ihr in unsere Her/.en. Lud Mm
der lleimatliebe hinüber zur Vaterlandsliebe ist nur ein kleiner
Schritt; denn das weitere Vaterland erscheint dem Menschen
bei allen mannigfachen Unterschieden doch innner nur als
das vergröfserte Spiegelbild seiner Heinuit. Die Kr/iihnng
hat daher gar nicht nötig, sich noch besonders um die Her-
\ orl>! 'n'^'un*^ solclier ( k fühlsw eise zu bemühen. Soll sie sich
also nin diese Din^e iiar niclit kiimmern? Teli l)in weit da-
von entfernt, diese l'^raj^e /ii \erneinen: mwils soll sie ein-
greifen, aber nur im regulierenden und läuternden Sinne : ihr
fällt gegenüber der zufälligen und regellosen Krfahrnng die
Aufgabe des Ordnens und Sichtens zu, sie mufs die fehler-
und lückenhaft, imklar und verworren gebliebenen Vor-
stellinigskreise klären. \'<»r allem mufs sie bestrebt sein, eine
tiefere Auffassung des Volkscharakters her\-orzid)ringen, was
ohne besondere .Anleitnnq; nicht möglich ist: eine solche aber
ist Erfordernis, um sein Volk w ahrhaft lieben zu können, d. h.
'i Xjjl. meint- Arbeit: Die sozial-ethisclic Autsabe der Heimat-
kunde im » rädagogischcn Magazin lieft 2(». Langensalza, liever u.
Sohne. 1893. Teil III. S. 14 ff.
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Ailim SnJth« |>id«gotrl»<'kp Anttkhteii and Krlllk denelbm.
^o. dafs man seine Kräfte dazu verwendet, ihm zu nützen
U'dch bestem \'erniö<^en, dnfs man ,L;crii und willig- auch zu
•^TMi.scn ( )plcrn bereit ist, \senu man ül)er/.enjj;t ist, dals sie
ilnn Zinn Heile «j^ereichen, und gerade diese Liebe niaeht den
Kern des echten Patriotismus aus. Das wird sehr oft ver-
kannt, indem mau meint, die Hauptsache sei dabei die An-
hänglichkeit an die vorhandene Staatsform. Dem ist aber
nicht so; vielmehr kann man ji^eradezn sajj^en, dieselbe gehört
uberliaupt nicht zu dem Inhalte des Hej^riffes Patriotismus*.
Das allcremein Hestinimeiulr in diesem ist ia di«.- Liebe; \-on
solcher dem Staate gegenüber kann aber gar keine Rede
sein! Denn derselbe ist eine Inniktion, eine Einrichtung";
licl)cu jedoch kann man nur eine Substanz, ein Wesen. Pane
Einrichtung kann man wohl schätzen, vortrefflich finden, man
kann stolz atif sie sein, aber man kann sie nicht lieben.
Darum verträgt sich auch sehr wohl mit dem Patriotismus,
mit der Liebe zum Volke und X'aterlande, die Hekämpfimg
der bestehenden Staatsform. Hin Mensch, der dieses thut,
kann ein durchaus aufricluiLixr Patriot sein.
Doch nun zu dem anckini Punkte, d. h. zur Beant-
wortung der Frage, wie wir es mit der Pflege des kosmo-
politisclieu Sinnes halten sollen, ob überhaupt eine solche
nötig oder auch nur angebracht sei. Ich glaube »ja*^. Man
bedenke, dafs dem Menschen eine gewisse Abneigung gegen
das Fremde von Natur eigen ist. Diese mufs beseitigt wer-
den, und der Erziehung fällt die ganz bestimmte Aufgabe zu,
dies zu Wege zu bringen. Das ist eine 1-^orderung der Ilnmani-
tät. welcher man sich unter keinen Umstanden und unter
keinerlei Vorwande entzielien darf. Wie dies zu geschehen
habe? Man weise ganz ausdnieklieh daran! hin, tlals unser
ei^^enes geistiges lieben kein absolut wertiges ist, dafs wir
des Studiums der fremden Sprachen und durch deren Ver-
mittelung des geistigen Lebens fremder Völker bedürfen; dafs
unser \'oIk nur ein Glied imierhalb der europäischen Völker-
familie ist und andere gleichwertige (ilieder neben sich hat,
durch deren Leben da^^ eigene Ergänzung und Ilereielicrung
findet; dafs die ( lesehiehli unseres Volkes gar nicht \ (>u der-
jenigen der anderen eum] >;lischen X'ölker los/ul'i^en ist: weil
.sie alle vieles Hochw ieliiige gemein.sam erlebt haben, die
moderne Kultur das Erzeugnis ihres Zusammenwirkens und
in ihrer Weiteren t Wickelung von dessen Fortdauer abhängig
ist Die Weckung und Stärkung des Volks- und des Hnmani-
tatsgefühls ist also Aufgabe der Erziehung in dieser Hinsicht
Jenes ist die P>edingung eines gesunden, ruhigen und sicheren
national« n Sell^stgefühles, das seiner selbst und seines Wertes
gewifs ist, das da .sein und bleiben will, was es ist, das vor
7"
dem Fremden sich nicht bcnj^^t, weder in Nachahninng noch,
wenn es so kommt, vor der (iewalt . Dieses bewahrt vor
Überhebung und Hochmut, die es an sich haben 7Ai ver-
blenden^ und Verblendung)^ kommt bekanntlidi vor dem Hall,
d. h. zieht dien) nach sich; diiscs lehrt das Fremde acliten
und bahnt die aUraähliche Heseitij^nnj»: der FeiudseliKi^eit der
einzelnen Völker an, ist nnf dir Herbei fiilirnnj^'^ des ewigen
Friedens j^ericlitet. Ks wiiic ^rlir zu wiinsclKii, dafs die
Pädaji>^ojJ^ik diese ihre hohe Mis>inii uielit ITnim r verkt niifii,
dafs sie bestrebt sein möj>^e, sie zu er lüiieii, seilest j^ej^eii <^len
Wunsch der Machthaber. Nie darf sie sich soweit erniedrigen,
sich in den Dienst politischen Eiirgeizes zu stellen, diesem
das Wort zu reden, denselben auch nur zu verteidigen. ITn-
becinflufst und unbeirrt von derartigen Strömunj^en in den
leitenden Kreisen ])flege sie den Geist des Humanismus.
Oeht erst das Diclilen und 'Prnchten der V<"'1ki r selbst nicht
mehr auf gegenseili;^e A'emichtun^ au.s, dann vermaj^^ auch
der Wille der Herrselienden nicht mehr, die Brandfackel des
Krieges zu entzünden. Daiui müssen dieselben sich dazu be-
(]|uemenf ihren Ehrgeiz in etwas anderes zu setzen als darein,
sich wechselseitig in kriegerischen Rüstungen zu uberbieten,
wodurch .sie die Nationen finanziell ruinieren und den Kultur-
fortschritt hemmen. Dafs ein solches Zeitalter des allge-
meinen Wohlwollens, der Sympathie aller mit allen, zu dessen
be^cMriinigter Herbeiführung die lu/iehunjj; so viel beizu-
tragen \ermnclUe, auch wirklicli Smilli als Idealzustand \ t>r-
ge.sehwebl lial. läfst sicli nieln bh>i.s au.s dein oben über seine
Ansicht Mitgeteilten folgern, sondern gelil ^anz deullieh aus
mehreren Stellen in der Theorie^ hervor. Ich führe hier
nur eine als Beleg dafür an (Theorie II. S. 141): Wie-
wohl un.sere thätijjt n I)ienstlei.stungen nur sehr selten einen
grofseren Kreis als jenen unseres Vaterlandes umspannen
können, so ist doch unser Wohlwollen von keinen (Frenzen
uiiischrieben, sondern es kami die I'iiermefsHclikeit des Welt-
alls umfas.sen. Wir kihnien uns kein eniptiiulendes und un-
schuldiges Wesen denken, dessen (ilfukseliij^keit wir nicht
wünschen, oder dessen Unglück, lebhali j^eilacht, wir nicht
gewissemiafsen verabscheuen sollten^.
Eine solche Gesinnungsweise ist ja nur möglich, wenn
die An^eliöri^^en des einen Volkes in denjenigen <lei anderen
Völker nicht mehr ihre natürlichen Feinde erblicken, v<»r
denen sie stets auf der Hut sein mn.ssen, sondern ihre fried-
lichen Mitar1»eiter an den Werken d'T Kultur, .^llerdintrs
läfst sich Snntli <ialM i eine reli,iri()s-metaph\ .tische Inkonse-
quenz zu Schulden konnnen: er will nämlich dies alles der
Fürsorge Gottes überlassen. W^elchen Zweck hat dann das
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Adniu MniibD |>Miliij;M{;iBi-b(> AoNifhirn uit<i Kritik «l<n*»i>lb(>n.
7«
Hineinziehen des Kosinopolitisnuis in die Krziehunjr? Doch
wir dürfen nns nicht an diese Inkonstquenz stofsen, sie
ist nn wesentlich, eine der populären AuHassung gemachte
Konzession, ein scheues Zurückweichen vor den Konse-
qtienzenf welche gewissen Leuten unliebsam sind. Bedeut-
samer scheint auf den ersten Blick der Widersprucli mit
dem, was er in der Politik über den Krieg und die Tugen-
den des Kampfes saj(t, zu sein, wenn er voll Begeisterung
xtm dem Wohlwollen gegen alle Menschen rdsdem Krhabensten
und Höchsten spricht. Derselbe ist jedoch leicht zu be-
seitigen, wenn man bedenkt, dafs Smith sich dort vor allem
an die nun einmal gegebenen Verhältnisse ansehmiegt, den-
selben eine möglichst günstige Seite abzugewinnen versucht
und zumeist es ängstlich vermeidet, weitgehende Reform-
vorschlage zu machen, oder auf ideale Pordernngen hinzu-
weisen.')
Ein anderer Punkt von allgemeiner Bedeutung ist die
Erörterung der Frage: Schulzwang (allgemtinr Scliulpflicht)
oder nicht? Smith bejaht dieselbe, aber nur in bedingter
Weise und begründet seine Ansicht folgendermalsen (Wealth
^- 353)- unterrichteter die Bürger eines Staates sind,
desto weniger sind sie den Täuschungen der Schwärmerei
und des Aberglaubens ausgesetzt, die nnter unwissenden
V'ölkern oft die furchtbarsten Zerrüttungen herbeiführen.
Ein tmterrichtetes und intelligentes Volk ist überdies stets be-
scheidener und gesitteter rils ein unwissendes und dummes.
Jeder einzelne fiihlt sitli aehtungswerter, kann eher auf die
Achtung seiner \ urges- l/ten rechnen und ist daher geneigter,
seinerseits die Vorgesetzten zu achten, ist ferner eher im-
stande, die interessierten Klagen der Parteien und der Unzu-
friedenen zu prüfen, und fähiger sie zu durchschauen; und
deshalb weniger geneigt, sich zu leichtsinniger oder unnützer
Opposition gegen die Mafsregeln der Regierung verleiten
zu lassen. In freien Ländern, wo die Sicherheit der Regierung
im liolu-n Mafse vo!i (h-m gÜTisti;^'^tn rrteile abhängt, welches
das Volk sich über ihri- ll.illun^ bildet, ist es sicherlich
von der gröfsten Wiehti,L;keit, dals das Volk nicht geneigt
sei, vorschnell oder launisch über sie zu urteilen". Diese
Begründung erscheint uns freilich keineswegs ausreichend,
') Was Smith im Wealth über Hr/it-hmi}^ uiid l'nterricllt sa^t,
;xtbört allerdings ebenfalls /u .seiner Politik . ist aber auch wieder
ein (ian/.es für sich, das sich von den anderen dahin hörenden
.\nsffihrungen niclit unwesentlich durch ein weit kidnieres Hervor-
heben der Vorhände lu II ('beistände und energist In ri- Vorschläge zur
Herbeiführung günstigerer \'erhältni.sse unterscheidet
72
indem sie nur die' eine Seite der Sache bcriick.sichti}(t
das Interesse der Kegiennigf: somit hatte ja das öffentliche
Unterrichts Wesen keine andere Hedeutnn^ als die, eine
Polizeiniafsrej^el zu sein. Das Einzige, was darüber hinaus-
geht, ist die Hetoimnj^'' der i^röfseren ( iesittetheit und der
Unterdrückung des Mu t- l inhens. Jedncli hat sich ijlück-
licherweise Smith nieliL inU dieser Argunieniation l)egnügL,
er hat das Ding auch noch von einer anderen Seite be-
trachtet, vom Standpunkte des Volkes, der (icsellschaft ans
nämlich. Er sagt sogar ausdrücklich : \\ eun der Staat vom
Unterrichte der niederen Stände auch keinen X'orteil hätte«
so durfte er sie dennoch nicht ganz ohne Unterriclu lassen ,
und ferner (VVealth S. 350): Im Fortschritte der Arl>eits-
teilung wird die Hc^chaftiumig de« j;i(')isten Teiles derer,
die von ihrer Arbeil leljen, d. h. der gr^ilsen Masse des \'olke>,
auf wenige sehr einfache X errichlnngen, oft nur auf eine
oder zwei beschränkt Der \'erstand der meisten Menschen
wird aber selbstverständlich durch ihre gewöhnlichen Be-
schäftigungen beeinflufst. Der Mann, dessen ganzes Leben
ein paar einfachen Verrichtungen ge widmet ist, deren Wir-
kungen vielleiclit stets dieselben sind, hat k( iiu < u legenheit,
seinen Wrstand anzustrengen oder seine I\rtindungskraft zu
üben, um Hilfsmittel gegen die Sch wieri"keiten aufzusuchen,
die ihm niemals begegnen, l'.r verliert miihiu nalüi iich die
Gewohnheiten solcher Übungen und wird gewöhnlich so
dumm und unwissend, wie es ein menschliches Wesen werden
kann. Die Verknöcherung seines Geistes macht ihn nicht
nur unfähig, an einer vernünftigen Unterhaltung Geschmack
zu finden oder nur daran teilzunehmen, sondern unfäliig
freier, edler oder /arter (lefühk und somit einer ri(^htigen
Heurteilung .selbst der gewr>hnlich.sten l'flichtcn (k> l'rixat-
lebcns .... Sic schädigt sogar die k(»rperl ehe Rüstigkeit
nnd macht ihn unfähig, seine Kraft in einein anderen Ge*
schälte, als in dem er erzogen ist, mit Anstrengung und
Ausdauer zu gebrauchen . Auch darauf weist Smith noch
hin, dafs sein Mut verringert und er daher in Kriegsfällen
zu Kneg.sdiensten untauglich werde. Weil also seine Ge-
schicklichkeit i* seinem (icwerbe auf Kosten seiner gcistigtii.
geselligen und kriegerischen Fähigkeiten erworben zu werden
scheine, müsse die Regierung X'orsorge dagegen treffen,
und dies soll eben durch Kinführung des Schnlzwanges ge-
schehen. — Also geht seine An.sicht dahin, dafs diese Mafs-
regel nur den niederen Ständen (the mmnoti pe<qih) gegen«
über notig sei; er sagt ausdrücklich (Wealth S. 351): 'Der
\'olksunterricht erfordert bei einem zi\ilisierten und gewerbe-
treibenden Volke die Aufmerksamkeit des Staates wohl mehr
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Adam Snitk» pXda^coKUrh« Aoftirkt^o udcI Kritik <ler>elb«B.
als der höhere I nu ri icht. Die WriTioi^eiirlcii ') sind j^ewöhn-
licli iS oder 19 jalue alt. die sif 111 tlas Ciescliräft <ider den
Berui eintreten, wodurek sie sich in der Welt hervorthnn
wollen. Sie haben vorher volle Zeit, sich die Ausbildung
anzueignen^ welche sie achtungswert macht« oder wenigstens
sich für diese Ansbildnnj»; vorzubereiten. Ihre Eltern oder
Voniiünder beeifern sich in der Regel» ihnen diese Ansbil-
dnnjj zn verschaffen, nnd sind meist sehr j^ern ])ereit, diu
■/A\ diesem Zwecke erfordcrhchen Kosten zn bestreit t-ti T'ni
jedoch auch auf diese einen «»^ewissen Druck ausüben zn
können, schläjrt er (\Ve:dth S. 3^71 \or, dafs der »Staat, um
das Stuihuni der Wissenschall und Philosophie unter den
mittleren und höheren Ständen (mnong all ihvjjU- of middtmi
ur twHv fh*tH mit/dfhiff ntnk untt fotitntf) fast allgemein zu machen,
eine Art Prüfnn^if m den hölu 1.11 und schwierigeren Wissen-
schaften einführen solle, der sich jeder unterziehen müsse,
ehe er als Bewerber um ein h(>heres besoldetes oder Khren-
amt auftreten dürfe . Xim wird lu in wnld mit »Smith darin
üi)ereiü.stiiumeu können, dal> in *ku h»''lieren »Ständen (U-r
Sciiulzwan*» zumeist eine überflülsige Alafsregel sei, a)>er
eben nur zumeist, warum ihn also nicht auch auf diese
ausdehnen? Kerner wird man sagen können, dafs das was
dem einen recht ist, auch dem andern bil Ii 54; ist; mit anderen
Worten: es ist eine Forderung der (ierochtigkeit, dafs, wenn
ül)er^^')upt von »Schulzwanj^ die Rede i<t, dieser bei allen
ohne Ausnahme Auwendunj»^ finden mnls.
Die Handhabiuij^ und AuslühiuuLr der von ihm vorije'-
schla^eiieu Mafsre)»el und die (lesiahun^ des j^esamten
Unterrichtes denkt sich unser Philosoph folgendennalsen.
Wenn der Staat die allgemeine Schulpflicht proklamiert, so
kann diesem Verlangen auf mancherlet Weise genüge gethau
werden. Entweder - und das scheint wold das Nächst«
liegende zu sein — er sorgt selbst (in ausreichender Weise)
für Schulen; oder er ülterläKt diese Sor^^e der Privatthätig-
keit. in<lem er darauf rechnet, dafs \ iele Personen bereit sein
\verdeu. die i^'^etroffeue Wrfüi^un«^ sich zu nutze zu machen,
tmd behält siei» etwa nur das oberste Anfsicht.srecht vor;
oder er veranlafst die einzelnen Gemeinden (städtische wie
ländliche) die Sache in die Hand zu nehmen; oder endlich,
'1 Smitli hal hier, wie in dein <>1)i>;cii /il.ilc, \'trliiiiun>sf im
Aiij^c. wie sie 11ns schon seit Innjrem trlückHcherwdse tnibekannl
sind, wii- sie 1? - in l-'n-j^^huid ikk'i l>is \,>r kuvAvT Zeil l)L>tati(kn.
wofür Ulan in DickeiKs Komancii enic truuri|{c iic.stiitij^unj; finden
kann: die Khukr der niederen Stande »nufsten in frühester J\i.i;xnd
bereits t itKii Ik riil t i i;t\ it(. n. hezw. <-iIei lu ii. w ie ts daher utn ihre
allgenieiiie Hildiin;^ und üjre körperliche Küs ijfkeil hestcllt war, kann
man sich leicht- ileiiUcii.
74
l'r. PmuI hcr(cc Uliin II.
CT tliiit das eiiif (in <(>. \\ i>sfin rinfaiij^c) uiul läJst daiitlicii
aucli (la.^ andere gescliclKii. So kann es also in dieser Hin-
sicht dreierlei Arten von Schulen geben : staatliclie, gemeind-
liche und private Lehr-Anstalten, aber auch die letzteren
nnter der ()beraiif'-i( bt des Staates stehend. Da Smith mir
für den Volksunterrieht (fhe educath» of thv ronnnnn fteopfe) den
Schnlzvvanif eiiHL^a'führt wissen will, so entsteht iinn xnfoljje
für den vStaat nur die I'ra;^t\ wie er das niedere Schulwesen
or.q;ani.siereii Sfllc. Fnsci IMiilosoph entseheidel für dii
Hiinielilunji von ( icnieirideseluilen (Wealth S. 3521, und xwar
soll in denselben Schulgeld erhoben werden, aber ein so
geringes, dafs auch ein gewöhnlicher Arbeiter es aufzubringen
vermag. Um den höheren Unterricht hat sich der Staat
gar nicht zn kümmern, derselbe bleibt gänzlich der Privat-
tliätigkeit überlassen; so zieht die eine Inkonsequenz die
andere nach sich. Wie Smith der Ansicht ist, dafs der
Schulzwang bei tlen höheren Stiändcn überflüssig sei, so
meint er auch, dafs der Unterricht derselben der staatlichen
Kontrolle nicht bedürfe, geschweige dafs der Staat selbst
für Errichtung von Gelehrten-Schulen Sorge tragen solle.
Gäbe man nun auch zu, dafs Smith in jenem Punkte Recht
hätte (was aber, wie ich schon gesagt habe, nicht der Fall
ist), so brauchte daraus diese Kolgerung noch keineswegs
gewonnen 7M werden. Der Staat könnte freilich ganz wohl
von der ( ii lindung staatlicher höherer Lehranstalten absehen
aber die .Aufsicht über dieselben dcnnoc^li beansjiruclicn.
Warum .soll ilas, was dort getrieben wird, ihm gleichgiltiger
sein als das, was die Kinder in den Volksschulen lernen?
ganz abgesehen von den Vorteilen, die für ihn selbst daraus
erwachsen, blols in Ansehung des Wohles seiner Bürger, der
Gesellschaft.
AllerdiuL^s kann die staatliclie Prüfung, die, wie erwähnt,
Smith für diejenigen eingeführt wissen will, welche um irgend
ein höheres Amt sich bewerben wollen, einigernuilsen als
Kompen.sation für die mangelnde Konln)lle angesehen werden :
die Lehrer sind gezwungen, ihren Lchrplan so einzurichten,
dafs diejenigen ihrer Schüler, welche später diesem Examen
sich zu unterziehen gedenken, auch Aussicht haben, dasselbe*
zu bestehen, was natürlich auch denen zu gute konnnt, die
nicht nach Amtern uad Würden streben. Doch hat Smith
übt rselien,') flafs dabei die (lefnhr der X'eräuf.serlichung der
Studien, des iunpaukens für das Hxamen nahe Hegt, beson-
ders dann, wenn dieses gleich an den T'nterrichtskursus an-
') Otlcr wen"' er es nicht übn^' lu'u hat, so bt-woi; ihn sein
* >pliiuisnui.s. eine solche l^rwä^ung nicht hielten zu hi.sscn. wenigstens
sie nicht hoeh anzusdilajfen.
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75
j^fschlusseii und als Abschlnfs desselben j^elteii solle, vorüber
er sich aber nirji^ends ausj^espiuchcJi hat. - Aus dem über
diesf Prüfungen sclion Gesagten geht jedoch das eine mit
Sicherheit hervor, dafs dieselben nämlich keine Fach-
prüfungen sein sollen, sondern solche in allgemeiner Bildung.
Solche schätzt unser Philosoph so hoch, verspricht sich soviel
von ihnen, dafs er sie sogar (natürhch mit der nötigen Be-
schränkung) den Volksschülern auferlegt wissen will, (wobei
er es aber auch wieder unterläfst, den Zeitpunkt anzugeben,
da sie stattfinden sollend Er sai^i näinlicli (Wealth S, 352).
der Staat solle l*rüfnnL;t.ii in <kn l'ulerrichlsgegensländen
der Volksschule ciulüli'en, an deren Bestehen das Recht, in
eine Zunft einzutreten qder ein ländliches oder stadtisches
Gewerbe zu treiben, geknüpft werden möge.*) Diese Prü-
fungen erscheinen allerdings vollständig überflüssig; man
sollte doch meinen, dafs es genüge, weim die Lehrer an den
Genieindrscliulen, tlie <](>ch öffentlielK T>eaniU- sind, den die
Schule \ c rlassendei'i Xo^dingen ein Zeugnis darüber ausstellen,
dal.H sie sich das ertorderliche Wissen auf^eeigiiet haben.
Wenn der Staat von den von Privatlehiei n Unterwiesenen
die Ablegung einer Prüfimg für den Fall ihres Eintritts in
den Staatsdienst verlangt, so ist das zu rechtfertigen, wenn
auch mancherlei I'belslände damit verknüpft sein mögen,
im anderen Falle aber nicht. - Noch ist aber die Frage zu
beant \v( -rf en, warum vSuiith durchaus den liöheren Unterricht
nur in dir Hände x^n Pi ivatlehrern gelegt wissen will. Er
meint, auf dt 11 öttentlicheu vSchulen erhielten sich mit Zähig-
keit Systeme, die längst als abgelhau gellen kmmen un<l
zwar deshalb, w eil durch die staatliche Besoldung der Lehrer
deren Eifer gehemmt würde, sie durch die gesicherte Aus-
sicht auf bestimmte Einkünfte zur Vernachlässigung ihres
Berufes verleitet würden. (jäbe es keine öffentlichen Unter-
richtsanstalten . heifst es (Wealth S. 349 350), würde
kein Sx ^^teu) und keine Wis.senschaft i^i-elclirt werden, wonach
niciit eme Nach frage vorhanden, oder dei\u I'.rleruung durch
die Zcitverh.'illni.^se nicht n<>lit^, nützlich ^iler wenigstens
zur Mode geniacht wäre, lim l'rivatlehrer könnte nie seine
Rechnung dabei finden, entweder ein verrottetes oder ver-
Af ni 5)».';irlUL' "A i Ii] dals Stnilli <lal>i.i nu hl /.iinftinäl'siiif !-".icli-
prüniugcn uu Auge iial. \ <>n diistii will t r iiic hls wissi n. ditscn
wirft er vor, dafs nie mehr «In/u «lit nlcii nii<l aiiijewoudet würden,
um andere (»L-nosM.ii \ on d< iii I jiitriUi. in « in In "-t-TTiütU s (ii weihe
ab/ul»alltrn. als da.s («ewcrbc /u vcreikln. .Solclu I rulungtii iieniil
er daher ebenso «njrehorijf wie lästig . er be/eichnel sie als uiibc-
rechli^rc lunj^riffr in da^ i;rl>t:ul dci Armen und als Wrkl/unjLreii
des lairentumsret lite< . de nn die^es bestehe m der freien \ erwertunj^
der .Vrbeitskrall citus jeden .
76
Ur. I'uul Uergenittiin.
altflt'.s Sxstcin eine T anerkannt nüulichcii W'issensciiatt oder
einen allgemein im nutzlos oder pedantisch gehaltenen
Haufen von Spitzfindigkeiten und Ibisinn zu lehren. Solche
Systeme, solche Wissenschaften können sich nirgends erhalten,
als in den zünftigen Unterrichtsanstalten, deren Wohlstand
und Einkommen y<m ihrem Rufe .i>;rf)lsten teils und von ihrem
Kifer völlig unabhängig ist . Tnd Wealth S. 344 sagt er:
Diejenigen l'ntrrriclusgegenstände, für welche keine öffent-
lichen Anstalten i)isithen, werden bemerkenswerter Weise
in der Regel an> i)esien gelehrt . Kr weist auf das klassische
Altertum hin, das in dieser Hinstellt Anspruch darauf habe,
als vorbildlich zu gelten (Wealth S. 347 ff.). Er ist der
Ansicht, dafs der Wetteifer, den. eine unbegrenzte Kon-
kurrenz stets zur Folge hat (und eine solche sei eben nur
möglich, wenn es blofs Privatlehrer gäbe), die Talente der
Lehrer zu hoher X'ollendung ausbilden, das rnterrichtswescn
also aul.seroruentlich florieren werde. l)agegen ist mauclurlei
zu bemerken. Zunächst: wenn wirklich »Smith damit Recht
hat, dafs staatlich besoldete Lehrer ihre Pflicht vernach-
lässigen, so macht er sich wieder einer .Ungerechtigkeit
gegen die niederen Stände schuldig. Deren Kinder sollen
ja von lA'hrern unterrichtet werden, die öffentliche Heamte
lUid deshalb aus (öffentlichen Mitteln zu besolden sind, was
er auch riu'^drücklich verlangt (Wealth S. 352). Solche aber
taugen nichts, also sind für die Rinder des \*olkes 'schlechte
Lehrer gut genug; nur die Reichen und \ (M ut hnun kMunen
darauf Anspruch erheben, einen liicluigcu rnieiriclit /.u ge-
niefsen. Deren Lehrer, Frivat-CTclehrte, müssen sich alle
erdenkliche Mühe geben, etwas Ordentliches zu leisten,
damit sie Zuspruch und somit Hrot haben. Xidu so die
staatlich angestellten Lehrer: d t >ind ja ihres hinreichenden
.\uskotnmcns sicher. Xini freilich hat vSmitli wohl gemerkt,
welche UngerccluiL;kcit in dem von ihm vorgeschlagenen
S>stem liegt; daher ^a-t er auch (Wealth S. 352): die l^ehrer
an den Gemeindeschulen sollen nicht völlig vom (Gemein-
wesen besoldet werden, weil sie bei gänzlicher oder auch
nur hauptsächlicher Besoldung aus öffentlichen Mitteln bald
ihr Cicschäft vernachlässigen wurden . Also will er auch
hier dem Konkurrenzkampf mit all seinen guten Folgen
Hingang vn schaffen. Aber wie? Das sagt er nirgends.
Genug zum Leben müssen die Volksschullehrcr haben; der
Staat gew.ährt ihnen dies aber nicht, also mii^srn sie durch
eifrige Ikui Übungen, tüchtige Leistungen möglichst viel
Schüler an sich zu ziehen suchen, um sich durch deren
Schulgeld bezahlt zu machen ? Dieses aber hat das (lemein-
wescn schon vorher mit Beschlag belegt; Smith sagt ganz
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77
unzweideutig (Wealth S. 342): »Die Anstalten für den Unter-
richt der Jugend können hinreichende Einnahmen liefern,
um ihre Kosten zu (Ucktti. Das Schulg^eld bietet eine
solche Einnahme<inelle.<- Was nützen den \'olk.ssclnillelirern
also alle ihre Anstrenji^un.tjen ? Tnter solchen Umständen
werden wohl ül)erhnii]it kainn ^ctuiq Leute sich fnidi n. die
dieser niüli'^eliii^en I»c>cliaUij4Uii^ sich zu unterziehen geneigt
sind, und tlicjeuigen, die es dennoch versuchen, werden wohl
kaum sich besonders eifrig zeigen, trotz aller staatlichen
Aufsicht und aller staatlichen Prüfungen. Denn sie wissen,
dafs der Staat unter den obwaltenden Verhältnissen froh sein
mufs, wenn er überhaupt ein paar Leute findet, die einem
so wenijj:^ reTUnl)len lierute sich ziuvendeu. Ja, sie müssen
sfx^-^ar aui Mittel und Wege sinnen, sich ciiu Nebenbeschäf-
tigung zu verschaffen, die ihre Kinnahuien erhöhen untl
schliefslich ausreichend vervollständigen kann; sie ktuuien
• also garnicht ihrem Hauptberufe ihre volle Aufmerksamkeit
und Kraft zuwenden. Vielleicht hat Smith im Sinne gehabt,
dafs durch besondere Prämien ihr Rifer ssu belohnen sei.
Jedoch er spricht davon an keiner Stelle. Die von ihm
vorhandenen Ausführungen lassen daher das Ciesagte als
durchaus gerechtfertigt erscheinen. I^^erurr: ist <\vuu ü1>er-
haupt die Annahme l)erechtigl. dafs dit IaIhii, \\v\\\] sie
aus öffcutliehen Mitteln auskönnulich tfn ilii ' M üIk w aliung
bezahlt werden, ihre Pflicht vernachlässigen ? und wenn w irk-
lichf warum gerade sie und nicht andere Staatsbeamte aucli,
deren genügende Besoldung aus öffentlichen Mitteln Smith
ja für zulässig erklärt, wenn er auch andere Mittel und
Wege, sie ausreichend und zugleich gerechter zu belohnen,
für angemessenerhält? I)ie(Tefaln-, von der unser Philosoph
s|)iic]it, wäre bei einer strengen Kontrolle gewifs leiclit zu
lieseitigen. Kr hat sich, \er1eitet durch den eleiuleu Zu>laud
des höheren offen ilicheu llilduugs-Wesens seines \'aierlandes
und durch das Hcstreben, seinem Prinzipe der unumschränkten
oder doch grölstmoglichen freien Konkurrenz auf allen
Lebens-Gebieten (teltung zu verschaffen, offenbar in eine
Sackgasse verrannt')
') Ich niui.s wein^stcü.s aiiincikun^swci.se uuch ilarauf hinweist;!!,
dafs alles, was Smith über das höliere Hildnnpsweseii sag-t, auch aitf
die l iiiversiläten i'iid ilireii rnleiiiolu Ue/iii; li.il. Nanienllieli ist
er schlecht auf den |)hilf)S(>pliisc)ien lulenidU, den sieden Stuclieien-
den gewälireu, /.n sprechen. ]]v saj^t iW'ealth S. x\7i: Die I'orl
ftchntte. welche in neuerer Zeil in <.ini^eil Zweiyen der Pliilosophie
jfeinacht \\ ".irf]en. siiul uröistcnteils nicht von den rni\ ersilälcn aus
gtjfangen, uiivvuld einige allerdings. Die nici.slen L niver.sitäten haben
sich nicht einmal beeilt, die i'*ori»chritte, nachdem sie gemacht waren,
sich anzueignen, nnd manche dieser $;clehrtL'n Kor]>erschaften /.n^en
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Hr. PMtl B'iVMHuiin,
Man wird alledem gegenüber Folgendes sagoji können.
Die Pflege des gesani ten Hildnnpfswesens niufs eine öffent-
liche «;ein. Aber wem soll dieselbe ohlip«ren, dem Staat oder
der Gesellschaft oder dti Kirche? Der It t/tcn n, anlw < »rte ich,
keinesfalls: denn dieSclink ist dazn l>esliiinnt. dit l'in/elnen
zu Staats- und Wellbürgcrn, nicht zu ^Iii^lie<lt:rn ii j^cnd einer
besonderen Religionsgemeinscliaft heranzubilden. Bei einer
kircliHch geleiteten Öffentlichen Erziehung würde ja ganz
naturq^emäis der Hanptnachdruck auf die religiöse und zwar
konfessionell-religiöse Seite des l?nterrichtes gelegt werden,
eine solche P>/ichnng würde demnach eine »Spaltung des ge-
samten T^ntcrrichtes nach Konfessionen bedeuten, d. h. nichts
anderes als eine Spaltniii; tler heranzubildenden Jugend auch
iu alledem, was .sie /u ihrem weltlichen Hernie uiul zu ihrer
bürgerlichen Stellung vorbereiten soll und somit Spaltung
der geistigen Bildung der Nation nach religiösen Gegensätzen
und den von ihnen bestimmten politischen Anschauungen,
wie Wundt in seiner Ethik (S. 660) mit grofsem Rechte be-
tont. Ja, man mufs geradezu und ganz entschieden sagen,
der Kirche darf gar kein Kintluls auf das T^ntcrrichtsweseu
eingeräumt werden. Nicht als ob daraus tolgen sollte, dafs
die Schule gar keinen Auteil an der religiösen Erziehung
der Jugend nehnieu dürfte, gewifs darf, ja soll sie dies; aber
es kann sich bei derartigen, von ihr zu bietenden Belehrungen
nicht um irgend welche konfessionelle und dogmatische Unter-
Weisungen handeln, sondern nur um die allgemein mensch-
lichen Grundlagen religiöser Weltanschauung: soweit die
religiöse Bildung ein tmveräufserlicher Bestandteil der all-
gemeinen humanen Bildung ist, soweit wird die Schule die-
CS vor, noch lan^e die l"reislältcii zu bkibcii, wo \ ciroUetc Swstcnu'
und verjährte V'oruileile. naclidcni sie aus allen ührii^tn W inkeln der
Krdc vertrieben worden waren. Schul/ fanden. Im alliicineineu
waren die reichsten und liest dotierten rni\ ersitälcn iunner am
träj^sten y.mn Forlschrille und einer erheblichen \ eriinderunjr in <leni
einmal eingeführten rnterrichlsplaiie am feindlich.sicu. Leiehler fanden
sie bei ärniereii l*niver.sitäteii Kinjjf.inj^, wo das Kinkanimen der
I, einer m^i'^t \<»n ihrem Rufe abhängt und sie auf die herrsolunden
Strömungen mehr achten niü.ssen . — Die .Vbliilfe .soll auch hier die
nämliche sein wie die hinsichtlich des nnderen höheren rnterrichts-
wescns schon erwähnte. N"\in Itab' r Smiths scharfe W orte .trewifs
manche Herechtii^unii und dürflen niclU blois auf die < '.eschielite der
eniflischen I fochsdiidc-n. sondern auch auf die der anderen Lander
ihre teilweise .\nwen<luii- Iniden, Aber anderseils isl tlocli /n sai^en,
<lais I i der öffc-ntlicheu Meinung eine j^ar /u lti ^^e Aulorität für die
Beurteilung wis.sen.schalthcher Leistungen einraunU. \ ielleieht hätte
er sich, wenn er die Einrichtunj^: der deutschen Hochschulen mit
dem Institule der Privaldozcnlcn i^ckannt hätte, dafür ausgesprochen,
t»bwohl auch hier nicht alles .steht, wie es wohl könnte und sollte.
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AalHW Smhh* pHiinuoyiHeli» Ani>i«'lii<Ht w»A Kritik ilmribfii.
selbe nie entbehren können.^) Also bleiben nur der Staat
und die Gesellschaft übrig als Ordner und Pfleger des Unter-
richtsweseiis. Sollen wir dieser oder sollen wir jenem die
inbetracht kommenden Aufgaben znweisen? Ich habe im
vorig^en Kapitel mehifa( ii von den ( )bHeg;enheiten der ( icscll-
schaft be/tii^lich der iM/iclinn^; der Heranwachsenden «be-
sprochen; it li liabe an(Ur<jris als vSchnle licr Zukunft die (le-
sellschaftsscluile bezeichnet; so konnte es allerdings scheinen,
als ob ich von einer staatlichen Einmischung in das Bildungs-
weseu nichts wissen wollte. Dem ist aber nicht so. Den
Ausdruck » Gesellschaf tsschnle^, der hauptsächlich als jene
Annahme rechtfertigend angesehen werden kann und auch
angesehen wurde, habe ich gebraucht, um den Gegensatz
meiner Ansicht zn der Anschauung, dafs der Familie Ihm der
Gestallnii i4 (K s öttentlichen Hildungswescus eine cntsclieidende
Stiinnu- /ukomme, und zu der Tendenz, den r)tt(.ntliclien rnter-
riclit durch übertriebenes Reglementieren zu einer blofsen
Polizeimafsregel zu stem]xln, hervorzuheben. Meine Meinung
über diesen Punkt ist folgende: Staat und Gesellschaft sind
in gewisser Beziehung Wtcli sei begriffe. Gewifs haben jene
individualistischen vStaats-Theorien, welche Staat und (.Gesell-
schaft einfach identifizieren, indem sie jenen ans einem wirk-
lichen ode r fiu^icrlcu Gesellseliatls\ t rtrai^e hervorgehen lassen,
unrecht; sicher ist die Ansidit liebeLs,-) dafs die sozialisiei te
Ciesellschaft den Staat entbehren könne, irrig. Unzweileliiaii
ist der Staat ein Höheres als die Gesellschaft: er ist die die
(vesellschaft planvoll organisierende Kraft, ohne ihn würde
jene in zusammenhangslose (Tlieder auseinanderfallen, er ist
somit auch ein rnentbehrliches. So angesehen ist der Staat
aber, wie ich schon früher sagte, eine Funktion, .\nlser dieser
formalen Betrarlittni ^^sweise giel>t es al)er noch eine andere,
eine materiaU-; i>l /iit' 'Ic^e jener der Staat die die (lesellschaft
planvoll organisierende Kratl, so ist er dieser zufolge die
organisierte Gesellschaft selbst, die Zusammenfassung aller
gesellschaftlichen Kräfte zu einer Einheit, mit einem Worte
'/ Ich habe über die Art und Weist, wie cIkscs ;;e.schclicn kann,
bereits in einijeren anderen Arbeiten andeutende Winke Ke}?eben. !k*i
iiiLineti \vt:itt ii.n Ausführini^eii ui die.sem l{ssa\ wird sich noch Ct
legcuheit bitten, der Frage abemialü näher zu treten: in obigem Zu
sanmienhanjfe konnte dies nicht geschehen, um nicht zu weit von der
Sache. Ulli die c.^ sich dabei handelt, abzukommen.
\ gl. Die Frau und der So/iahsnnis. 24. Aull. Sttittirnrt i'^'q.
S. 26^;: I)ie Kxpropriation aller .\r])eitsniittel dnrch<ieführt. schafft
der (iesellschaft die neue (inmdlaj^e. . . Die menschliche Ivxi.«>tenz er-
hält einen gäii/ürli neuen Inhalt. Die staatliche ( >r;^anisation verliert
allmählich ihren ikuleu und mit ihr verschwindet der Staat — ferner
S. j?i6: - Mit der Aufhebunjr des Privateigentums und der Auslö.schunj^
der Klassenj^^ej^jensätze fillt auch allmählich der Staat, seine Orgaui-
i^atiou verschwindet, ohne daüs wir sie vermissen'.
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»Gesellschaftseiiiheit . In dieser Beziehiinjj ist er der Repräsen-
tant des V'olksbewnfstseins, besonders des Vtilkswillens;') ja
er ist c^eradezn das ( »esanitbewnfstsein, der (lesanitwille, er
ist eine (jesanit-lV isönliclikeit. I h r Staat nun als ( iesellschafts-
einlieit ist i. Hcsitz- nnd Wirtsclialts-, 2. Riclits- und 3. Bil-
dungsgcnieinschaft.^) Daraus crs^^icbt sicli eine aufserordent-
Hch grofse Mannig faltigkait der vom Staate zu losenden Auf-
gaben; für uns kommen nur diejenigen inbetraclit, die er in
der letztgenannten Fji;cnschaft zu erfüllen hat In dieser
liegt ihm die Organisation^ Regelung und Leitung des öffent-
liclien Erziehungswesens ob und zwar verlangt die Ein-
heit des staatlichen i^ebens eine von poHtisclun und kon-
fessionellen rnterschieden unabhängige Kinheil »Us otfcnt-
lichen l lUeniclits . Diese letztere seliliefst jedoch keines-
wegs durch änfsere Lebeusverhältnisse bedingte und berech-
tigte Unterschiede aus, die "aber anderseits immer nur von
traust torisch er Bedeutung sein können. Solche Unterschiede
sind namentlich die durch die Scheidung der Gesellschafts-
klassen herbeigeführten der niederen, mittleren und höheren
Bildung oder folgender vSchulgattungen : der \'r»1ks-, (kr
Bürger- und der ( Tclehrten-Schule. Dann't durch dioc Dilte-
renzierung nicht liulz der besten Absichten exklusiver Ka>ten-
bildung \'orschnb geleistet werde, ist zweierlei zu beachten.
I. Die sittliche und religiöse, die ästhetische und (soweit dies
für die Schule inbetracht kommt) die foraial-gesellschaftliche
Bildung niiifs eine möglichst gleichmäfsige in allen diesen
Schulen sein, damit eine gemeinsame ( »ruii<l1;ige für den \'er-
kehr aller mit allen hergestellt werde, 2. Der lk snch höherer
Schulen dai l' nicht von P»edingun«jf( u abhäu<^i'j; -cmacht wer-
den, welche die Erwerbung liiilu iL! Uilduni: Mcfs von (ie-
burt nnd ererbtem Besitze abhängig machen; e> uuils dem
'1 I'ür (Ich l'"<'ill, <lafs die Kiiisd/.ung (Ks rKi;riflcs \ i»lk für
den hishev ani^cwaTidlcn < '.esellsclialt befrctndcii solU:, weise ich
darauf hin, dais ja XOlk und ( •esellschaft in Uoiii Sinti e. wie diese
liej^ritfe bisher <ieln uiu lit wurden, nändich als < in i^an/. licstinunU r Aus-
scluiiU aus der gesamten menschlielun. hesonders wieder der j^e-
saiiiten Kultur-(»e.seUscliaft, identisch sind.
'1 Ich lioffe. ilais man mich jct/.l nicht mehr mifs\ er<i c h -n wird,
wenn ich von dem Interesse der (iCseUschufl au der öffentlichen Kr-
xiehunjiT. wenn ich von (Tesellschaftsschnlc spreche: ich habe dabei
ehen nur die oru^anisiertc (iesellscliall. also den Staat, sofern er als
di( si aufzufassen ist. im Auji^e. Derm it n r seitens dieser kr»nnen all-
gemeinverbindliche MaLsre^^eln ,v;etru!it.n wertlen, tia sie allein die
Macht hat, dieselben anch wirklich, wenn nitü^ mitCi lU nnd unter
Anwcnduni; von Zwan^. durcli/.ulidn cn (Schul/.wan.Lif. uhnc diese lic-
fugnis aber würde ja das ^au/,e öffentliche ICr/ieluuigswesen in der
Luft schweben, wäre dem individnellcn Helieben "nior und Thür
geöffnet.
=»i \ gl. Wundt, läh. »S. (X)^.
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A4«B BrntÜM ])ft4«ff04^*eh» AmichK^n und Krittk ilerMiben.
Talente Rauni« die MögfHclikeit der ICntwickehm^, ohne auf
U'nhlthaten an, «bewiesen zu sein, «geboten werden. Zu diesem
Zwecke niuls der l'hertrang von einer l'nterrichtsstnfe zu
einer anderen eiiu rst its dadurcli erleiclitert werden, dafs alle
Schulen einen *;cniein.sanien l'nteihi'iu erhalten,') und dals
dieser Anfan^sktirsus in seiner Dauer über das jetzt übliche
Ma^H hinaus verlängert werde,^) anderseits aber dadurch, dafs
das Scl]ulg:cld überall beseitigt wird. Nun weifs ich wohl,
(lals man die Möglichkeit der I )nrchführunjf dieser let;!tercn
Matsrej^el siark be/.weifeln odir dafs man mir den Vorwurf
machen wird, ich schlüj^j^e dem (irnndsat/e der wirtschaftlichen
( lerechtij^keit ins (rcsicht: soll dieser \'f»rschla).j verwirklicht
werden, wird man sa^^en, so muls eine all^^emeine Steuer-
erhohunj; eintreten, die Hesitzenden werden zu Ciunsten der
j^rofsen Masse erleichtert, diese zahlt für jener Kinder Sclutl-
i>ildun<( auch noch mit. Doch dieser Vorwurf ist leicht zu
entkräften. -leht deim jetzt die Sache? Das Schulgeld,
das man an den hnheren Lehranstalten erhebt, reicht keines-
wei^s zur I)eekinii; der Kosten ihres rnterhalte^ aii<. Woher
l'lielsen die Mitlei ilazu ? aus dem <iaailiclK n IJudj^et, d. h.
ans der Steuei leistnnj^ aller. {' \u\ die W't »hlihaten der «ge-
nannten Anstalten kommen l>ei der *4ej;enwärtii»;en Kinrich-
luuif nur einer geringen Anzahl Privilegierter zu Gute. Ks
kann also wohl kein Zweifel darüber herrschen, auf welcher
Seite die Ungerechtigkeit zu suchen ist.
Werden die höheren Lehranstalten zum gnil'sten Teile
aus öffentliclicn Mitteln erhalten, so muls ihr !?esnch allen
freistehen; niid das ^eln nur dann, wenn all*;enieine Schnl-
geldheiheit pi > kl niiiei i \\ \v<\. Hine Steuer-Krhöhunj; wäre
unter .solchen rm>iän(ku <lmclian> gerecliULerli^^l ; aber die-
selbe brauchte keinesv\ ej^s einzutreten. Hier einige Vorschläge,
wie man bedeutende Fonds, die man teilweise — denn ganz
würde man sie gamicht dazu nötig haben — für diesen Zweck
verwenden könnte, zu erlangen vermöchte: i. Konsequente
Durchfühnm}^ der ^iroj^ressiven Kinkommenstetier; 2. .Vb-
schaffunj; der \'ererbun»4 oder doch Kintührun<( einer sehr
hohen I\rbsclialits-Stener : lunzielum^^- blols ornamenl iler
Ämter; 4. Herabsetzun«; der (iehälrer der höheren Heamteji
1 Da/n :4chr)rt üiuli. dais man endlich von <ler bäfsHchen l-an-
richtuiig der \ orHchidcii al)la.ssc, <lie. u ic/iei^lei I )ie .so/.iale Frage
eine siltliche FraKc »IV. Aufl. Stuii^Mii is<,i s. 17S) mit vnlleiti
Recht«, sairt, den Kopf nur niil Sl.indes\ onnlLilen anfüllen.
-( In den I.ehrpl.'iiicr. tTm <1. 1. < ,^ -rhichl.s niul t ",( n.rrj^pljii^^- I nlcr-
richt. die ich v cröffenilieliLe. ii.tb». u h in .VnK hmnig an die ^ej^cn-
wärti^ heRlehenden Verhältnisse einen (Irci^Luryien iieiueinsclinftliche
\'<>rknrsus an^enonunen. abet .i'u% t5< >rx^ 'JtcrwSt^wf eine länj^erc
Dauer desselht-n (vier Jahre* hi«|tt i*.«sLU.
»oe llnhn<>n VII. 8. » * 6
K2
und Offiziere. Höhere Stellen sollten nicht durch gröfsere,
am wcnip^sten durch die jetzt üblichen (Behälter ans^i^czeichnet
und dieser wciq-cn erstrebenswert jiemaclit werden, sondern
als Khreiiäniter j;elU*ii. T'nd vor allem imiisu ii die IriUvcise
immensen Repräsentations^ckitri i^ründlielisi beschniluu (xler
ganz gestrichen werden. Ich glaube nicht, dals das deutsche
Volk von den leitenden und führenden Per.sonHchkeiten Re-
präsentation verlangt. Wenn man iini des Ansehens des dcut*
.sehen Namens willen derselben zu bedürfen glaubt, > i i -
es darum allerdings schon recht schlimm stehen. Kndlieli
mnfs noch hcrvor<^clinhen werden, dafs man knnftiirhin, um
jenen Ubergang von eiiar /nr aiuUreii I nterrichtsstufe /u
erleichtern, auch in anderen als den schon vorher angegebenen
Stücken die Lehrpläne gleichniäfsiger zu gestalten suclien
mufs; in der Geschichte, der Wirtschafts- und Staatslehre,
der Geographie, den naturkundlichen Fächern, dem deutschen
Unterrichte werden unschwer Ausgleichungen vorgenommen
werden koiuien, sodals das Talent die in den sonstigen Bil-
dungsnnterschiedrii (fremde Sprachen, Mathematik i entu^eijen-
stehenden Hindernisse KiclUer überwindet] kann.') kreilich
damit j<*ne KrleiclUernn.i^en auch lhal>;ielilieh seitens! eich
wirken, damit sie ihren Zweck erlülier», niimlicli den hoiieren
Berufen stets frischen und tüchtigen Zuflufs aus allen
Ständen zusichern, die Heamten vor protzigem Kasten geiste,
der immer mehr unter ihnen überhand zti nehmen scheint,
zu bewahren, bezw. sie von ihm zu säubern, damit sie aber
auch nicht Verankas^ung werden, dafs nun alles nach oben
drängt, müssen wir alles thun, um jenen unserer Kultur an-
haftenden IxKsen Flecken , die X'erachtung und Minderwertig-
keit tler Handarbeit in unserem X'olksbewulslsein, zu be-
'> Mit fleni (Wsautrii L^laiilu icli (kiitlich vjennfi diiruelliaii /u
haben, tlal» ich »ucht tlcr Ansicht derer bin, welche eine ganz Kleich-
mä/sige wissenschaftliclie Ausbildung aller verlangen «vgl. B.
Bellamy*s Rückblick etc. in der kecLim sehen Atisgabe S- i loi, Die-
jcnit'« 11 (Iii (lies llnin uv<\ die IMüllung ihrer iMirnertin^^ für Tnö«^»-
luh halii u. \ erkennen ilie menschliche Xatur, bet.mjien in einem
Optimismus ohnegleichen, vollkommen — worauf ich ja auch Kchon
früher hingewiesen habt Cewifs liat (i. Schmoller recht \\enn er
sagt ( Zur Sozial* und (iewerbc-rulitik der (iegenwurt. Reden und
Aufsätze-. Berlin i8qo. S. 276» : Der letctc (»rund aller sozialen (Ge-
fahr liegt nicht in <ler Dissonanz der Besitz , sotwU rn dei Bildmij^s
l iegensätze. Alle soziale Rcfnnu mnis an diesem i'unkte einsetzen.
Sie mufs die Lebenshaltung, den sittlichen Charakter, die Ivjtnntnisse
und l'ähigkeiten lU r unteren Klassen heben — aber man mufs sich
hüten, daraus solche Konse(iuenzcn. wie die obeti erwähnten, zu ziehen.
Ich glaube,^ im Texte Mittel augegeben zu halben, welche geeignet
sind, die Bildungs-(iegensätze zu beseitigen, und die auch wirklich
anwendbar sind. Im jSchlu£s- Kapitel werde ich ?Mdcm noch andere
nennen können.
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Adam Bmltbt pA4«eo|rt'*<'t>* Anvloht»« «od Kritik dmelhM,
scitigen: w ir müssen anfangen, anders von derselben zu fU nkeii
und zu reden, wir müssen sie anders würdigen und behan-
deln, und wir müssen durch J^t-lehniiif^-, Aussprache und X'or-
hild zur Ausrottung einer falschen Anschauung, einer ver-
kehrten Sitte l)eitrajLren, jeder .soviel in seinen Kräften steht.
W ir nnissen vürnelnnlieh bei der Hrzieluing der Jugend einen
energ^ischeii Anfang machen, namentlich aus den Köpfen
unserer hochmütigen lateinischen Jungen, von denen jeder
weifs, wie schwer sie dazu zw bringen sind, den Handwerks-
niann, der ins Hans kommt, artig zu grüfsen, jeder der nicht
selber ebenso thnricht ist, wie sein dummer Junge , solche
X'ornrteile ohne Nachsicht vertilgen. Ks ist selbstverständ-
lich, dafs alle diese Fordern nt^j-on im xnlleii l'mfange nur
dann erfüllt werden k<')nnen, wenn das ge>anite Schulwesen
verstaatlicht wird. Auch die Gemeinden können nur als ein
sehr unvollkommener Ersatz des Staates angesehen werden,
auch sie müssen daher auf ilnc <liesbezüglichen Privilegien
zu (Tunsten des letzteren verzichten, wozu dieselben wohl
bereit genug sein durften, wenigstens was das h()jiere Hil-
dungswe.sen anlangt. That^äclilich w erden sie ja auch nur
noch als Notbehelfe in dieser i;<. /irlnuig betrachtet. Für die
Stellung der Lehrer folgt an.s alledem, dafs sie alle öffent-
liche, dals sie Staatsbeamte werden und aus dem Staatssäckel
besoldet werden müssen. Die nach Smith^s Meinung daraus
sich ergebenden üblen Folgen können durch eine strenge,
fach m ä n n i s c h e Kontrolle und ferner dadurch verhütet
werden, dafs die für sie ausgeworfenen festen Oehälter auf
ein gewis.ses Mafs besrhränkt bleiben, dafs aber für be.sou-
den 11 Fleifs, für besondere Lcisiungen Prämien gewährt
werden. Auch wird man von vornherein eine strengere
Kontrolle üben und nach Möglichkeit solche Per.sunen fern-
halten müssen, denen die natürliche Befähigung zum Erzieher-
berufe abgeht, und die nur des sicheren tind ehrenvollen Brot^
crwerbs wegen sich zu demselben drängen. Freilich \ erhehle
ich mir nicht, dafs dies eine sehr .schwierige Sache ist und
mim dabei leicht irregehen kann: daher ist eine längere
Probezeit') nach erfolgter Ausbildung ein unbedingtes Bt*-
'i .Man wird mir dabei ulnic Zwciltl dii Misere des unhesoklcleu
rn)bckaii<hdalcntuius entijej^enhalttn. mich (iaraut hinweisen, dai.s ich
durch (hesvii Vorschlag ja. eiU^ci^cn meiner früher ^eäui.serten An-
sicht, docli nnr den Desitxeiulcn diese bantbalui möghch inaclie Nun
meine icli. dals m;m die ])r<>l)eweise beschaftif^leti jnii'-Tt'ri T.etitt aller-
dings für ilire Arbeit bezahlen holle, wa.s ja auch iet/.l schon l all
ist hei den eben aus dein Seminar entlassenen VofksschuUehrern. (he
ch)cli auch bis ztir Ablegun«^ der /.weiten Staatsprnfunji als Probe-
kandidalcu gelten. Mau wird sich eben da/.u verstehen luüsseu, die
hinsichtlich der Volksschul-Kandidaten gegenwärtig bestehende Ein-
richtung auf alle Aspiranten des I«chramtes auszudehnen.
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Dr. I^iiiit Itri-tfHUiiinu,
dürfnis. Krst diese wird eine wirklicli iiutzl)riii}^cn<1e .\r.^k'<f
ennöiJfliclieii, weit eher, als es Prüfunj^en, Vn-i (K ik h iUk Ii
itniner mehr das Wissen als das Köntieii zu Tage tritt, ver-
mögen. Solche sind e1>eii blofs am Platee, wenn es .«;ilt, ein
(wenn auch nur auiiäheriides) Urteil über die erforderlichen
wissenschaftlichen Kenntnisse zu erlangen. Dafs allerdings
trotz aller solchen Mal'sre«;elu, wie der erwähnten, stets luaneher-
lei KleuKiitt mit durchschlüpfen werden, die dem I.ehrstaiule
niclit /ui l'Uue .gereichen, ist sicher das ist eben an allen
niensehlielien Kinrichtunj^en das Tragische, dnls sit- neben
allem Nützlichen und (»nten, das sie slitlen, intnials t;anz
das Schädliche und Schlechte ausschliefscn können.
Soll min durch die Verstaatlichung des gesamten Schul-
wesens jeglicher Privatthatigkeit auf diesem Ciebiete ein Ende
gemacht werden? Ich möchte diese Kraj»e nicht bejahen,
private Lehranstalten müssen, um die Konkurrenz mit den
staallicheu erfolq-reich bestehen zu können, trelt'liclK I a isluui^eu
zutaj^e liirdern. und dadiu"ch ülnn sie wieder eint L;iuistij;e
Wirkuui^ aul jene ans, (ierade s«*ahc .->ind auch inhilv^e der
freieren lkwcgnng, die sie vor jenen naturgemäfs voraus
haben, eher imstfuide, dem pädagogischen Experimente in
ihrem Verbände einen Platz zu gewähren. Durch dieses for-
dern sie die Pädagogik als Kunst, aber weiterhin ziehtauch
die Pädagogik als Wissenschaft daraus Nutzen, l ud umge-
kehrt wieder können sie es eher wagen, pädagogisclic 'riu orien
anf ihre praktische liranehbarkeit hin zu erpn»l>eii ini<l zu
prüfen, l'm derartiger Krwäguugen willen möchte ich Suiith's
\'orschlägc nicht durchaus verwerfen, sondern deren (icllungs-
bereich nur auf das angegebene bescheidene Mafs 1>eschränkt
wissen. Ks häugt dies eben eng mit unseren Anschauungen
über die (rrenzen der Wirksamkeil des Staates zusammen;
dieselben haben sich seit Smith sehr bedeutend geändert
Freih'ch eine bc stiunnte Fonnel für das staatliche Eingreifen
und seine Grenzen besit/eu \vir nielil. vuiv solche giebt es
überhaupt nicht.') Diese ( "»renzl^estinimung hängt ab von
•) l'linc solche l oniiel j^iebl /.. H. T luiscii in seinem System der
Kthik-^ (i. Aufl. IJcrhn 1X89 S. 847^: Die .StaatsUmlijikeil i.st um .so
notwendiger, je unmittelbarer ein Thätigfkeitsßrebiet für das Treben der
(icsamtheit W icliti^jkeit hat. iiiul je \veiii;j;er duroh spontane Thätii;-
keit der Kinzelnen oder der kleineren Kreise eine befriedigende bösnn{;
der Aufgaben gesichert ist: sie ist um so m«jj,dieher. je nielu- es sich
um ;,deichartiije und uu pe rsönliche. kontroHierlKin uinl t 1/ u i n s^bare
Ditiijc hniuUU l ' mgekehit : je |)ersöidiclier und inch vidualisi«. 1 1( r. ie
weniger dem Zwang und der Kontrolle /uj^ätiglich ein Thalickeits-
gebiet ist, desto mehr entzieht es sich der öffentliche« Rejrelunj»' .
Man jfewalirt die rnhestinunthcit dirs* r l'r/ni!nlic-rnTi<i auf den ersten
lilick; vgl. darüber Ziegler in den rinlosophischcn Mouatshefteu .
S. 432.
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AdABi )$initb» päiliiKwKi*^li^ Aii)»iphtPli uimI Kritik dpr«<>lbea.
(lesamtauschauung und (irundrichUiugen, von ßedürftii&sen
und Otrfülilcn, von Zeitströniungen und Gewöhnungen-
(Zicgler, Soziale Frage S. 99) aber thatsächlich ist unsere
moderne Auffassnnj^ vom Staat und von seinen Aufgaben
finv aufscrordrntlirh \\-citt\ vor allem ficilir1i was die Tiiatc-
riclIcTi InUrc>sc ii seiner liürj^cr bclriül. I )aruni wiirc es aucli
1h>cIi>1 llit>rieln, u v>llle ich Sniitli st-iner Ansicliten we^en \'()r-
würfe machen, solche sind da^^ej^^eii tlciien j^cj^eiuiber am
Platze« welche lieute noch auf diesem Standpunkte beharren,
welche ihre Auschauungen nicht der gänzlich veränderten
La jre der Dinge anpassen wolle , welche mit zäher Verbissen-
heit und trotzigem Eij^ensinne eine abji^ethane Richtung
künstlich k(jnservieren wollen. Solclu lAiile bernfen sicli
W*ohl anf das rei^e pädagagische Kebcii und Treiben /ur Zeit
der ^'hilantif )j>inisten. Aber bedenkt !i .sie drnn nicht, dal's
jenen |>iakli>eiien Verbuchen, der Xul/ien, den .sie gestiftet,
in allen Ehren, zumeist nur eine sehr kurze Dauer und ein
wenig ruhmvolles Ende beschieden war? Und wenn man
sich etwa auf W. von Humboldt') stützt man liebt es ja
in gewissen Kreisen so sehr, alte Autoritäten ins Treffen zu
führen und dann, wenn man diese nicht mehr j^elten lassen
will, liber den Man.ufel an Piet'it und an I^hrfurcht vor dem
Cirolseii /.n zetern so ist nur /n saji;^en, dafs doch auch
jener für uns zu den Alten ;^ehört. Ob nun Humboldt -'i
oder ein anderer sagt: Der Staat enthalte sich aller Sorg-
falt für den positiven Wohlstand der Bürger und gehe keinen
Schritt weiter, als zu ihrer Sicherstellung gegen sich selbst
und gegen auswärti.tje Feinde notwendig ist, zu keinem an-
deren Kndzwecke beschränke er ihre Freiheit , und dann
weiterhin '1 daraus auch fob^ert. dafs der Staat sich um die
Erziehuni; der Heranwachsenden in kriner Weise zu künnnern
habe, unv Modernen erscheint dergleichen geradezu als eine
l'njj;e!ienL-rliclikeil.
Xiui noch eini^^e \\'orte über die (Uiedernni^ des (also
staatlichen) vSchulwesens. F'a'st mau dasselbe in seiner Tota-
lität ins Auge, so lassen sich drei grofse Unterrichtsstufen
und ihnen entsprechend drei Schularten unterscheiden, näm>
lieh: die Primär-, die Sekinulär- und <lie Tertiär-Schule, von
denen die letzten beiden wieder manigfach gegliedert sind.
'1 \ ItUci» ZU einem \\i.sucli. die « ireii/cn der Wirksamkeit
des Staates /u hcstnnmeii. Kcclaursolie Ausi^.ihe.
-1 a. a. « >. S. 5;,.
1 a. a, O. S. <»S ff S 75 uuUn heilst es; UfknUiche Jazichung
scheint mir ganz atifserhalb iler Schruuk^it lie}>:tfn, in welchen der
Staat seine Wirksamkeit halten xmi'Is . '
_■
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86 Ptiui ltrr](*'»mnn.
1. Die Pr i III är-Scli u 1 c, ciiisprccheiid den unteren
Klassen der jel/ii^c n X'olkssclmle, bildet den ^^etneinsanien,
nicht weiter j^ej^liederten l'nterhan für alle Kiiuler, \(»rnehnie
und gerini^t' reiche und arme, die besonderen \'(>rV)ereituiigs-
.schulen für die (ivninasien müssen \ er'<dix\ iiidrTi.
2. nie Sek n IT d ä r - S ch n 1 e. Hei ilir nnler>elieidcn wir
/imäeli.^t zwei AloliiluniL^en, nändicli die jcnij^en Leinaiistaltcii,
welche für die erwerbenden (niederem nnd '•ulche, welche im
die regierenden (höheren) Benifsarten vorbereiten. Da wie
hier tritt eine weitere Scheidnnjjf in je zwei mehr oder
weniger verschiedene Bildun^s-Ziele \ erfolgende l'nterrichts-
anstalten ein, sodafs sich folgendes Schema crgiebt:
A. Vorbereitend für die erwerbenden liemfsarte«:
a. Volksschulen entsprechend den oberen Klassen der
jetzijijen Volksschulen:
b. Ih'iricerschuleii, für weilt r^cliencie Zwecke für
kimftij^e Laudwiru. Kauflentt-, Sid)alterne-I?eanite
elc. etc. (also entsprechend den jetzigen sogen.
Mittelschulen).
B, Vorbereitend für regierende Berufsarten:
c. Htterarische (Gymnasien für künftige Lehrer, RiclUer,
Verwaltungsbeamle etc. etc.;
d. Realgymnasien für künftige niehr auf das Tech-
nische gerichtete Berufsarten, Ärzte, Offiziere etc. etc.
3. Die Tertiär-Schule, die sich in folgender Weise
gliedert:
A. Für die \'olksschule die F'ortbildungsschule ;
B. für die Bürgerschule die einzelnen niederen Fach-
schulen ;
C. für die ( ielehrieu-Scliuien die Hochschulen (I'u!-
versitäten, technische Huchschulen, Kriegsakademien
e tc. etc.) - -
Freilich bedarf dieses Sciienia einer l%rgän/,ung, wenn
man nämlich noch besonders die für die uflentliche oder
Schul -Erziehung zu beachtenden geschlechtlichen Unter-
schiede berücksichtigt.
Demzufolge würde bei der zweiten Rubrik diese Ände-
rung sich ergeben:
2. Die Sekundär-Schule.
A. Vorbereiten fl für die erwerbenden Berufsarten:
a. Volk.s.schulen
u. Für Knaben - fi. Für Mädchen;
b. Bürgerschulen
«. Für Knaben Für Mädchen.
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»7
I». \ (>i bcicilend für dif req^ierciultii lierufsarten :
c. lilterarisclic GvmiKisicii
a. Für Knaben - (t. Für Mädchen;
(1. Kealjü'yuinasien
ct. Für Knaben - ,J. Für Mädchen (würden etwa
den jetzigen höheren Töchterschulen ent-
sprechen).
Die nämlichen Hinzufug^nngen würden bei 3. A und H
zu machen sein.
Aufserdem j^^ebührt aber dem vStaate auch, was ich doch
iiiclit j^an/ mit »Stillschweij^en überj^ehen möchte, die Kür-
sorjje für den rnterricht der pathologisclit n ( Objekte, w^lclie
tbirclians im Interesse der Gesellschaft lic^l: »;iU es doch
niöj^lichst alle Kräfte für die Knltnr-Arbcil uulzbar /ai maelieii,
auch schwache nicht j^änzlich brach liegen zu lassen. In
sehr vielen Fällen wird es sich nicht blofs um den Unter-
richt, sondern auch um die Erziehung im engeren Sinne
handeln, d. h. der Staat wird zumeist für die Unterbrinj»;ung
dieser rnjLilücklichen in Anstalten Sori^^e r- jen müssen, in
denen beides ihnen jj^eboten wird. Inbetraelil kommen einer-
seits Fälle, in welchen es sich um körperliche ^ defekte, nnd
andererseits solche, in denen es sieh um die sos^eii. mora-
lische l'tr\ersität und um den Idioiisnnis handelt. Aniser
diesen Erziehun^s-Anstalten mufs der Staat ferner solche
unterhalten, in denen Waisen und die Kinder von Eltern
unterzubringen sind, welchen dieselben im Interesse der Ge-
sellschaft entzogen werden müssen.
Endlich liegt dem Staate noch die Organisation der-
artiger Einrichtnnj^en, wie der schon im ersten Kapitel er-
wähnten ob, die den Zweck \erfolj^en, die Heranwachsenden
auch auf anderem \\ ejjc :il> durch die Schule, die dazu nicht
als ausreichend j»elten kann, mit dem so nötiji;en sozialen (reiste
zn erfüllen. Ich hatte für die Schnlpflichtij^en Lesekränzchen
nntl Spielvcreinit^nnjjen, Au.slhige nnd Reisen genannt; es ist
zu beachten, dals man wohl eine Trennung nach Geschlechtern
dabei im Auge haben darf, nicht aber eine solche nach den
verschiedeneti Schularten: d. h. Schüler der Volks- und Bür-
gerschiden tiud der ( ivnniasien müssen hier zusammenkommen
nnd kameradschaltlicii miteinander verkehren, l'i'ir die »Schüler
der höheren Lehranstalten wird freilich diest r W^kehr ziem-
lich sclnu 11 ein F^nde iiiulen, da man den älteren unter ihnen,
den lie.^uchciu der «)beren Kla.ssen nicht wohl zumuten kann,
mit .siA iel jüngeren (ico.^.sen l'mgang zn haben. Damit
nun bei diesen nicht der Erfolg früherer Beniühunp^en wieder
• in Frage gestellt 'xi'erde, empfiehlt es sich, anf einen regen
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hr. I'nnl lt<«i-:;<-tiuiiiii.
Verkehr zwisclieii ilnivn u\u\ den FortbiUhinj^sscliülci ii liiii-
/invirkfii. l'iii uutLr dicvtii ck-ii sozialen (rtisl Wfitrr /.\\
})fl<.\i^i.ii, für ihre weiu-st innnai-iij^fst'llschaftliclK' liildun;^ /u
sorgen, ihren i,^eistiiLfen Plori/onl xu erweiteni und ihr äslhe-
tischcs Interes.se unniei mehr zu wecken, J4enii^en die Furl-
bildnngs-Kurse ebensowenig, wie hei den Schulpflichtigen
die Schule ausreicht. Ks müssen noch andere VeranslaU
tungen getroffen werden: Tnrn- und Spielkurse, Leseahende
und gesellige Wreinigungen - - namentlich im Winter, ge-
nieinsame Ausflüge, hesonders auch behufs IJesichtigung
grofser Werkstätten, industrieller und l'ahrik-Anlageü \ or-
nehmlicli im Sommer, kommen hier inhetrachl. Daran >*»llen
nun auch die älteren Schüler der ludieren Uehranslallen sich
beteiligen. Was nützen densell)en, wird mancher vielleicht
fragen, Ausflüge, die den angegebenen Zweck verfolgen?
Welches Interesse sollen diese daran haben? (»lanbt man
wirklich im Kruste, dafs es heutzutage noch jemand geben
köuTic, der für diese Dinge kein Interesse hätte, wenn sie
auch mit seinem Ik-rufe und seiner Lehensstv Ihing keinen
nnmiitelhareu Zusammenhan-^^ haben? Dafs die ans der
direkten Anschauung gewonnene Kenntnis davon für .solche
Iveute ohne Nutzen sei? Nur die ein.seitige X'ureingenonnnen-
heit, die Beschränktheit kann so reden - ich glaube nicht
nötig 2U haben, darüber noch irgend ein Wort zu verlieren.
Aber darauf, welche grofse Vorteile in anderer He/iehnug
daraus, wie überhaupt ;ui^ ( iueni solchen \'erkehr sich er-
geben, möchte ich noch kiiiv liimveisen. Ich sehe diese vor
allem in der Weckun l: und Stärkung des ( iefühles der gesell-
schaftlichen .Solid. tril.'il, teimr in der Herbeiführung der
rechten Schätzung niaUriellti Arl)eit bei den künftigen (ie-
lehrten und Beamten, und umgekehrt einer richtigeren Wür-
digung der geistigen Arbeit, als sie heute bei unseren Ar-
beitern (dieses Wort im landläufigen Sinne, wonach man
darunter nur die Handarbeiter verstellt, genommen) gang und
gäbe ist, bei dvu angehenden Handwerkern etc. etc.
Schlicfslich mufs hier noch ein Punkt zur vSprache ge-
bracht werden, auf dessen hhcuterung sich Smith nirgends
eingelassen hat, nändich wie lange Zeit auf <lie Schulbildmig.
überhaupt dieKrziehung zu verwenden sei. V\u diese letztere
Frage zuerst zu beantworten, so ist zu sagen, dafs die Er-
ziehung die Zeit von der (ieburt bis zur vollen Geschlechts-
reife umfassen soll; die einzelnen Ktajjpen lassen sich folgen-
derniafsen bestimmen, ohne dafs jedoch eine strenge (irenz»
regnlierung uu'^glich wäre.
I. Vorwiegend Kinzclerziehung bis zum siebenten Lebens-
jahre ;
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Adani bwhh» |i»iliiKugi»<-hp Aitskhtvii nii<1 Kritik <ti>rM>|lM»ii.
2. vorwiegend Masseiitrrziehuug, vom siebenten Jahn*
hh zur Erreichung der geschlechtlichen Vollreife» also etwa
bis zum neunzehnten Lebensjahre.*) In diesen letzteren Zeit-
raum fällt nun auch die Schulbildung.
'i \'icle. mitcr thiKii ;unli I)öiiiit5 ia. a. (V S. 1S2) lasscti dii-
j^eheti. wdl derEintntt der Pubertät, der erste Schritt /.ttr Krlaiijrunj^
«Icr jicsclilcchtlichen \'ollreifc. «lerartijre pliysiolojrische und psycho-
lofiisrhf Atulcrunji^tn herbeiführt-, <lafs vdh I-lr/iehuti^'^ nicht mehr die
Kedt sein kcinnc. ICin /tireicheiukr IJeweis alicr fiir diese Hehauj)-
U\tv^. dafür dafs mit der eintretenden l*nl)ertal der l'.r/iehiinj; thal-
sächbeli » ine nniiberstei^diche vSchranke jfeset/t wäre ist Tiirj^ends
erbracht, «fcwtis wird die I\r/.iehun>( von jenem Zeitpunkte an,
nametitlicli infolp^e der bestätidig fortschreitenden Krhohun^ des
Selbst j^t füldes. immer schwierij^er. aber aufliören «birf sii tbu^li erst
mit dem Eintritte der j;e.schlechtliclien Vollreife: jetzt erreicht das
SelbstjS^cfühl einen };e\vissen Höhepunkt, der Mensch ist in sein
S4imuierso1sti/ y:etreten. Werweiis, <hifs ernunmehr fähijj /.ur Zen^iuijr
lebensfähijrer Nachkommen isl. <hus er alst) evenl. sel^'^t flie rfüclil
der b^r/.iehun^; /.ii erfüllen haben kann, wird nichtü mehr von Kr-
ziehunfT seiner selbst wissen wollen.
(FortsetEttnjT fol^tl
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Die experimentelle Psychologie.
\'oti Heinrich Free in Osnabrück.
(Schlufs.)
Naeii diesen Austülirniii^eii ist es am Platze, iiocli einen
lUick auf die Theorie der Lukalisatiun und Raumempfindung
zu werfen. Den Vorj;anj; selbst verraten die Theorien, wie
bereits j^esagt wurde, nn.s nicht; sie geben nur an, wie man
sich die Sache etwa denken kann, oder wie die Hrscheinunjjen
niö)^liclier\veisc zustande kommen können. Die älteste Theorie
läfst die l^etähijyunjj an^t^iehoren sein. Diese cntN\ickelt sich
nicht, sondern ist einfach von (»ehnrt an j^eijeben. Wir
können, mit dieser r.i iinla.unnii ansi^'crnstet. m'cin anders, als
unsere lüriplinduni^en auf die Herkimu.s>iellen der Reize be-
ziehen. Dieser nativistischen Ansicht .steht die empirische
{gegenüber, welche Lokalisation und Raunisinn durch die Er-
fahrung entstehen läf.st. Nichts liegt in den Xer\ en, was
sie zur Lokalisation u. s, w. veranlassen könnte, nichts be-
saj^en die I'jnpfindnnt^svori^an<j"e an sich dan"d)er; sondern
diese psy chischen Thatsachen werden durch tlie an der Anfsen-
welt «^^emachten Krfahrnn^r ermöi^licht. ICine dritte Ansieht,
welclie die \'erschmel/.nng.-.Lheorie «jenannl wird, geht daliiu,
dafs allerdings die Befähigung, räumlich wahrzunehmen
u. s. w., erworben wird, aber nur dadurch, dafs die Empfin-
dtingen ein Verschmelzungsprodnkt bilden. Wenn wir irj;end
eine Stelle unserer Haut betupfen, so wird nicht eine einfache
I'*mpfindnn}^^ nti-^i^elöst. sf>ndern eine Mehrheit, die eine Ver-
schmel/.nn^, cim Art \ Orstellnn};^ bildet. Neben dem Ue-
riihrnn^seindrnek sind Knij)findnnt;en in der Fm.i;el)nn.i; dnrch
tlie Mitbewe.^nn«^ der Hantstelh n ansi»;elöst worden. Darin
wird zugleich die I'orm des Berührungskörpers ati.^^eprägt.
Berühren wir auch nur mit einer Nadelspitze die Haut, so
wird innner ein Komplex von Empfindungen, die miteinander
\ erschmelzen, erregt Dadurch .sollen wir über den Ort des
]\indrncks unterrichtet werden. .I.otze nannte die begleiten-
den Hmptindnngen, welche die Stelle des Kindrnrk< be-
zeichnen, die lyokalzeichen. Doch hat diese Theorie keine
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INi.« (•iipt>riiii<>nt«lli' PftyrlKilufto.
9«
exptfiinientelle Begründung «gefunden, weshalb sie nicht all-
^enidne Anerkennuujj^ erlängt hat; auch haben Anhänger
derselben die Lokalisation von der Körpcrbant weg nach
dem '"'(.liiru verlej^cn wolkn.*) Die Versöhn icl/nngstheorie
nimmt hdcIi andere l{m])fiii(lun}^en zn Hilfe, die ans deti
Tastor^anen kommen, wenn diese liber die zn lokalisierende
Hantstelle geführt werden. Mit der Hetastnnj^ werden Be-
wegnngsempiindnngcn an.sgclüst, die in das Ve»"scbmelznngs-
produkt mit eingehen, so dafs dasselbe ein Gebilde wird,
welches ans mannigfachen Empfindungen zusanmiengesetzt
ist. Es ist anzunehmen, dafs alle angefiihrten Moniente zu-
sammen erst eine lokalisierte nnd räumliclu A'orsteUnng
j^eben. Wie sehr dazn die Kmpfindnngen des Tastorgans,
das nie l'.indrncksstelle beriilnt, luitragen, ergiebt sich ans
bekannten ivrscheinnngen. Wenn ni.in z. H. zwei Finger über-
einander krenzt nnd damit einen RnTicbel der anderen Hand
berührt, so entsteht nicht ein einheitlicher Kindruck, sondern
ein doppelter. Wenn die Lokalzeich eu allein die lokalisierte
nnd räumliche Vorstellung zustande kommen liefsen, so wäre
das nicht möglich. Man ersieht vielmehr hieraus, dafs die
Tast- nnd Hewegnngsempfindnngen das meiste dazn bei-
trai^en. Wie stark die Bewegnngsem]>findungen des tasten-
den ( >rgans ant die Lokalisation einwirken, kann man l)ei
der Handhabnng eines (lerätes merken. Wenn wir nnt einem
Spazierstocke aiil den Boden stolsen, verlegen wir die ans-
geloste Empfindung an das Ende des Stockes, und welches
Arbeitsgerät wir auch handhaben, immer versetzen \vir die
Kanmvorstellung an die Spitze des.si 11>eii. Das kann nnr
durch die ausgelösten Bew egnngsempfindungen ermöglicht
werden. So zeigt sich, dafs Lokalisation nnd Ranmanschan-
nng dnrch die gleichen Mittel znstande kommen nnd de.*^-
halb anch dassell)e »^ein müssen. Die einfachste T.<)kalisalion
ist zugleich die einlaehste Ranmvorstellnng. Durch ver-
schiedene Tasteindrücke und Bewegungsempfintlnngen, welche
in mancherlei Weisen sich verknüpfen, entsteht die Vor-
stellung vom räumlich Au.^gedehnten. Später bringt die Kr-
fahrnng herans, dafs drei Bewegunj^en in gleich l)leibendcr
< )rdnnng hinreichen, die Ranmv erhällnisse zn markieren. Die
Ranm.'in-^channng ist ein ]).s\ cli*>pli\ sisches Isrlehiii'^ nnd er-
reicht cr>i mit der Zeit «lurcli die Wicderijolung die hckannle
objektive lM)rm.
Dafs die Bewegungseni j»findungen .x» sehr zur richtigen
Raumanschauung beitragen, pr.-igt sich in dem Bedürfnis aus,
jeden Gegenstand, von dem man eine deutliche Vorstellung
*i Hentiann. Ilaiidlitich der Physiolojne. HI. JM. 3. Teil. S. 414.
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ffriiTTipli Frei«.
Winnen will, in die Hand yax nehmen. Das Kind, das eben
die Hände bewegten kann, greift nach dem (regenstande, der
seine vSiniie reizt. Der Erwachsene macht es aber ebenso;
deshalb mufs in allen Mnseen und öffentlichen Ansstelhmgen
den Besiicliern stets vor Auj^en geführt werden, die (»ej^en-
ständt iiiclit anznfassen. Ks j^entij^t der nienscbliclien Wabr-
neliiinniL:: iiiclit, di*. Dini;! einirelu nd /.n ])esehen ; die Kin-
driieke wenlcn j^eiuuu r luuUkullielier, wenn man die (iegen-
stände in der Pland j^ehabt und vielfach betastet hat. \'oll-
ständige Kaumanschannn^en bringt das An^e ohne den
Tastsinn nicht fertig; er liefert in der Spanne, im I'^ufs, in
der Elle nnd im Schritt das Mafs für die Rannistrecken, und
mit spraclilichen He/.eichnunj^en ans seinem (rebiete behilfl
man sich vielfach in der Sjihfirc der liüliert-n Sinne, wcmi
man /.. K spricht von hartm ndcr ^cquctscluen J^auteii
oder Ttnien nnd \nu ranhen oder weiclu n Farben.
Welche Wichtigkeit der Tastsinn liii jcilennann lial, er-
giebt sich darans, dafs der Mensch sich beständig in seiner
Wirkungssphäre befindet Es kommt kaum ein Eindruck in
unser Bewufstsein, dem nicht Tasteuipfindnn gen )>eigefiigt
wären, die Jiu der Isolierung nnd deutlichen Sonderung der
Vorstellungen beitragen. Hau])tsrichHch sind t s zwei Funk-
tionen, die der Tastsinn beständig volUnhrt: er giebt Ans-
kuntl iil)er die körperlichen Zustände nnd leitet alle ktnper-
lichen Bewegungen. Im ersten l'alle bestimmt er die Pflege,
die der Mensch seinem Körper an gedeihen läfst, im zweiten
geht sein Einflnfs dahin, den Kraftverbraiich bei den kci per-
lichen Arbeitsleistungen zu bestimmen. Das Mittel, den Tast-
sinn nach beiden Richtungen hin m einem zuverlässigen
Führer zu machen, ist die Kinübnng. Die zweckmäfsige
KörperhaUniii; läfst sieh nur durch fortgesetzte Vlnm^ ge-
winnen, el>en^M wie e.N mit der richtigen HaltuuL; der I\der
z. B. der b'all ist. l'bnng nnd (Vewuhnnng siml die beiden
Faktoren, durch welche der Tastsinn beeinflnfst werden kann.
Die Bedeutung des Tastsinnes für die räumliche Son-
derung der Vorstellungen findet im Unterrichte vielfach Be-
achtung. Im ersten Leseunterrichte wird \ on den Lehrern,
die der Jugend die Lernschwierigkeiten in geringster Form
nnd in geh(M-ig :d)L;estnften (iradeii l>irU n, zuerst allein die
vSchnilisehrill geiil)'. Die Irinnen ]ii;im.u sich mit Hilfe <1es
Tastsinnes dem ( »edäeiilui.sM e in, w » ^lialb the I huni^eiJ mehr
ein schreibendes Lesen als ein lenies Lesen sind. Ivben.so
ist es bei der Einführung des Kindes in die Welt der Formen
und Farben. Der Zeichenunterricht beschäftigt sich fast aus-
.schliefslich mit Formen und übt sie lianptsächlicli technischer
Zwecke halber, weshalb das Hauptgewicht auf mathematische
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9.;
Fi<>urtu j4eiej;l wird. Xatürlicher wäre es, ihn in den Dienst
des realistischen Untcrriehfs xn stellen und Formen rnis der
Wirklichkeit, die /.n fester lünprä^^uuj^ gclan^^cn sollen, /.n
iihcii. Der OescIiiclitRuntemcht giebt dazu Aiilafs, der geo-
»:rap1iischc noch mehr und vor allen Dingen der naturknnd-
liche. Diese (gegenstände sollten znni nicht j;erinj>en Teil
xcichnend betriehen werden. Soweit es sich l)eini Unterrichte
nin Veranscliaiilichnni^sniittel handelt, sind sie niöolichst <len
Kindern in <iir Hand y.n j^ehen, damit der Tastsinn zn der
Anfnahnie der l'.rkeuntnis seinen IVil heilia^en kaini.
Die übri«»en niederen Sinne') hier zn berücksichtigen,
kann ati5; päda «logischen (rründen unterlassen werden, xttnial
ihre phv. biologische nnd chuphysische Erforschnnj; nicht
zn endj>;ültigen Resnltaten gekommen ist. Die Nerven dieser
Sinne sind nnstreitij; nnigewandelte Tastnerveu» die direkt
\ nn rlk inischen \'orbindnn<(en j^c troffen werden müssen, um
eine Hnipfindnnj; in der ( frofshimrinde aiisznlö.sen.
Hin ähnlich chemischer Sinn i.st derjenige des Sehens,
dessen .\pj»araie-) anch ans den Tastw erk/.engen hervorj^c-
gangen sind, und das Sehen ist eine Art Ta.stfuuktion, wes-
liath das genaue Sehen ähnlich wie das vorsichtige Betasten
eines (>egenstandcs ausgeführt wird. Das f)rgau der Seh-
funktion ist bekannt, aber gewöhnlich wird die Bedeutung
der Ikwcguug des Auges für das Sehen nicht genügend
beachtet, luid i^erad( dit Funktion der Rewegnngsmuskeln
ist für den Sehakt eini höchst wichtige. Ihre liestinimnng
liegt nicht allein darin, dafs sie das Ange lenken, uml zur
Besichtigung der Dinge geschickler machen; sondern sie sind
vielmehr ihm beigegebene Tasti^rgane. VVie der Tastsinn
erst genau lokalisiert und räumlich vorstellt^ wenn ein be-
wegliches Tastorgan wie die Hand über die Stelle geführt
wird, wo der vorzustellende Eindruck gemacht worden ist
nnd also mit den gleichsam zweifachen Tasteindrücken sich
die liewegungsempfindnngen \ ereinigen tuid /nr Sondernng
(ies Hiuflriicks beitragen ; so werden anch diednrcli (his Licht
hervorgerufenen F^indriieke besonders lokalisiert und als
Raiungebilde atifgefafst durch den Hinzutritt der Bewegnng.s-
empfiuduugen aus den Augeunuiskeln.^) Genau sehen kann
das Auge nur mit dem gelben Fleck, der kaum eine Aus-
't Dr. I"r. Kiesow. I5citrä)4:e zur pli ysioloj^iseheii l'sycholojfie de.s
( ie.silniiackssinnes Tliilos Stud. Jiilnji. iS<;4 S
'i Alliiert, riiysidld^^ie der Nelzluiiit. üil .lau 1S05, Morgen-
stern. Fuchs, Lehrbuch der AujrenheilkuiKle. Lcip/.i.u ''^94. I>etiticke.
■'1 .Schwarz. I>ns Wnhi iK'Iiinmii^s])r()hKin I.rip/i-; rSijT. Duneker
u. liuniblot. Stuinpa, I ber den p.s\ cliolu^^ischeii l rsi)ruug <ier
Kauiiivorstelluii<;. Leipzig 1S73. Ilirael.
94
deliiuin^ von 2 mm besitzt. Kr bildet sozusagen den Tast-
pnnkt des An«es, der über alles, was ,i»enan gesehen werden
soll, liinwej^^^^eführt werden mufs. Mit den Tnsteindnu ken
verbinden sich die Hewcgnn^scmpfindnngeii der Mn>.keln des
An«>cs und bilden mit ihnen die jfesonderte (iesiclitsvor-
stellungen. Durch diese kunstreiche Einrichtunjj ist das Auge
imstande die Mas>i. da Ersclieinnn.i>en im ( »esielitsfelde zu
zerlegen nnd das Einzehie nach seinen Merkmalen aufzu-
fassoti. Das Ang;e ist so das knnstn ichstc Tastorj^an; es
braucht nicht mit den I)in<»^en in Herührnnj.^ y.n kommen,
sondern empfänj^l deren lvinwirknn<;en ans der Ferne. Dafs
es dennoch einen richtigen Mafsstab für die Ahschät^img der
räumlichen Dimensionen besitzt, bewirken die Empfindungen
der Bewegnngsnuiskeln. Wie bedeutend diese von Einflufs
bei der Bildung der Vorstellungen sind, kann man aus ein»
zelnen Beobachtungen erfahren. Zeichnet man zwei Linien
von je 4 cm Lange nebeneinander nnd teilt die eine dnrch
mehrere Qncrstrichc in lanter kleine Abteilnnq-en, *:o erscheint
die L^eteilte Linie dein Ange länger als die nngeleilte. Diese
Hlicktänschnng kommt von der Bewegnngsempfindnng der
Augeuinnskcln her. Während bei der migeteiUcn Linie tler
Blick in einer einfachen Bew egung fortgleitet, finden bei der
geteilten Linie mehrere Bewegungsimpulse statt Jeder Teil-
strich versucht eine kleine Hemmung, die din ch einen neuen
Kraftznsatz überwunden werden ninis. Nach diesem Kraft-
anfwand schätzen wir die dnrchmessene Strecke, weshalb der
geteilten vStrecke die gröfsere Ausdehnung zu;^H'sprochen wird.
Schätzen wir eine hjitfernnng mit freiem lilick, so werden
wir, wenn wir ein Mafs anzugeben wissen, sie uulersehalzen ;
können wir aber in der Kntfcrnnng eine Anzahl Teilptmkte
entdecken, so werden wir .nie bedeutend gröfs'^r finden.
Schätzen wir die Lange « in.- r.aumstammes ab, .so machen
wir, ohne I es uns vielleicht zum Bewufstsein kommt,
nacheinander lieweginigen von i m F. äuge, und nach dieser
I'jnpfiuduui: '^xb(.!i wir das gefundene Mnfs nu Vjuc \nllig
U'ei\ l'l.ielir ci^rliLinl uns aus dickem ('.runde stets kleiner
als eine au.sgeliillte.
Wie erstaunlich die Kinflü.ssc der I jnpfindungen aus
den Beweg ungsmuskeln sind, zeigen noch andere Täuschungen.
Die sechs Bewegungsmitskeln sind nämlich nicht gleich stark
und können deshalb die einander entsprechenden lieweg-
ungen m'cht mit dem gleichen Kraftaufwande ausführen.
Dazu konnnt, dnfs dit Sehachse des Auges nicht \<")llig
horizuuLal liegt, ^ uuleru nach \orn etwas geneigt In
der Ruhelage Nclicn unsere Augen also innner etwas abs\ ärl.s.
\"()r die I'üfse zu sehen, ist uns am notwendigsten; deshalb
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tiif> oxp»riin«m<>lli' l*»Tfii»litKi««.
ist unser Auge darauf ein^u^ericlitet, nicht blofs durch st-ine
Stellung, sondern auch durcli die «j^röfserc Stärke der das-
selbe abwärts l)e\vej:^endcn Mnskchi. Wollen wir eine senk-
rechte Linie sehälzuntrsweist- halbitrcn, so machen wir den
oberen Teil /n kurz; denn wir teilen nach der aufj^ewciulcUn
krall, und da diese beim Aul'wärtsrichten des Hlickes gröfser
ist als beim Abwärtswenden für eine objektiv ffleiclie Strecke,
so legen wir den Mittelpunkt nach der Kraftleistung y.« hoch
und machen den djersten Teil der Linie zu kurz.
Auf solchen Tänschnngen beruht die Kmist des stereo-
skopischen Sellens, das darin liestelu, ein b'lächenbild detn
Ani^f als Tieft- 11 \ or>u lliinj^ vor/uzaubern. Iis liej^t an di r
(k wolndieit nnM. res Auj^es, mit dem I'jndruck naher (»ej^cu-
stände bestimmte Muskelenipiinduu^cu zu verbinden und
ebenso mit entfernteren. Dasselbe geschieht beim Stereo*
skopischeu Sehen. Die Bilder sind so hergestellt, dafs die
P'igurm hinter einander zu Hegen scheinen. Werden sie
nun im Stereo.skop betrachtet, wobei dem Auge die richtige
Schätzun}4 j^enonnnen ist, so rücken die zu den Ivindrücken
hinznli L ti iidni Iiewe«;nn»>;sempfin(hinjien die Fii^nrcn räntn-
lic li an^i iuander und jL^eben dem (»an/en ein köi pci lichc s
Anseilen. Vm das Auge in solelur Weise zu iäii>ehen, ge-
nügt es, die Hand zu einer Röhre zu formen und durch
die.selbe die Cicgenstäude mit einem Auge zu betrachten.
Die Figuren au? Bildwerken treten dann plastisch hervor.
b's wurde vorhin bemerkt, dafs das Sehen des Anges
gleichsam ein Ik-tasten ist juit einer ])unktförnngen Stelle.
Dem sclu int zu widersprechen, dafs die Xet/hant eine i^röfKere
.\us«lc hniing hat und in allen 'l'eilen znm vSeiien eingeriehlet
ist. Allein es ist Thatsache, (hifs wir nur den gellten l'leck
zum Sehen direkt gebrauchen und das Erblicken eines
(icgenstandcs immer ein punktförmiges ist. Das Sehen mit
den übrigen Teilen der Netzhaut dient nicht direkt der Auf-
nahme der Liehtempfindungen, und die darin erhaltenen
bjndrüeke gehen nicht umnittelbar in das mit Anfinerksani-
keil aiifgenonnnene l>e\vufstseins1)i'd ein. \'iehnehr Ii iben
(Iii I.,ielitreize im indirekten Seiitelde der Xet/li nii ciiun
ganz anderen Zweck. Diese Xetzhantpartien >lehen dureli
den Xei \ ennieeliain.Miins mit den Bewegnngsmuskeln des
Auges in \'crbinduug. Wird nun die Netzhaut durch eine
Lichteiuwirkung gereizt, so wird der Reflexmechanismus,
wie es heilst, beim Auge in Thatigkeit gesetzt, und ohne
unser Wollen richten die .\ngeninuskcl den Hlickpunkl auf
den (legenstand, \on dem die Reizung ausgeht. I)ie Probe
läfst sich leicht anstellen. l\s liraneht jemand nur in eine
bestimnue Richtung zu .sehen, und ohne dais er etwas davon
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96
Heinrich Fr»-«».
wcils, briiis^t ein aiidci rr einen dir Xetzliaiit reizenden (icoen-
stand in sein SehicUl, Soloil springt der liHcki)tinkt zu <U ni
neuen ( ie<^en>Lamie liiniiher, wenn er nicht etwa j^ewaltsani
davon /nrüek^ehalten wird.
Das puiiktförini^^e Sehen verlangt, dafs der HHckptiiikt
über alle Teile des (re^enstaiides jj^eführt wird, der aiifjfe-
fafst werden soll. Wenn das niclit j^esclichen ist, merkt man
nachträf^licli <lie I^ückeu im Krinueniiii^shikle. jemand hat
■/ W. die Im.miI eine< TTanses mit Interesse heselien und
kann sie sieh .^aii/. (ii ullieli xorstellen, wie er meint. Wenn
er aber he^iinit, --ieli (la> I-ju/elne /n \"ert;e<ien wärtij^en, /. 1«.
die Jahreszalil iler Kil)anung, Fij^ureu, einzelne auffallende
Formen, so merkt er, dafs ihm inauclics fehlt, und er wetfs
nun auch, dafs sein Blick nicht dahin f>:efallcn ist Hin ^f^^
naues »Sehen und Krfassen aller Einzelheiten eines (',e<jen-
Standes kommt nur zustande, wenn der Blick mit Hewnfst-
sein darüber geführt wird.
Irrnnj^en, die aus nicht j^enaueni Sehen hervori^ehen,
L;iel)l es in <;rofser Zahl. Wir haben schon heim .siereo-
skopi.Nchen Sehen bemerkt, wie grofü die Abänderun.<j; des
(.Tesichtsbildes dadurch werden kann, dafs eingeübte untl
gewohnte Organempfiudungeu dazu treten. Die Sinnesreize
im Auge vermögen aber anch, frühere ähnliche Reizungen
wieder wachzurufen, die sich mit ihnen vereini^an niul ein
mehr oder wenij.;^er nnrichtij^es (icsichtsbild liefern. So sehen
wir in den \\*nlken Tiergestalten, Drarlu ii, Seliäfchen n. s. w.
Kin lausch erscluint uns in der nännnenniL; wie ein uns
entgegen koiiinu ndes rngetüm, der weifst Iliikenstnmm
wird zu einem winkenden Cicspenst, und die gekalkte Wand
eines Hauses giebt einen Schein, der an Feuer denken läfst.
So können sich vielfach Gesichtsei ndrnckc mit früheren
mischen, und daher rühren die zahlreichen Irrtümer, die uns
im Oebiete des (Tesichtssinnes bej^^e^nen. Ks kommt wieder-
holt vor, dafs jemand einen ihm unbekamUen Menschen mit
einem andern ihm bekannten verwechselt. < Hl will man
eine IVr.son an einem Orte geselun haben, w » sie nicht ge-
wesen ist und streitet einer andern den .\ntenthalt ab, der
thatsächltcli stattgefunden hat. Ebenso irrt das Auge sich
in der Kombination von Personen und Handlungen. Man
dichtet einer Person eine Handhmg an, die von einer andern
ausgeführt worden ist, und leugnet Thatsachen, die wirklich
der Person zukommen. Da das richtige Sehen nicht blofs
ein gesundes ( )rgan, sop.dern anch die nötige l'bnng voraus-
setzt, so kouunen die meisten Seh fehl er im iüngeren Alter
vor. Ks würden viele Wetten unterbleiben, wenn jeder sich
.seiner Schwäche im Sehen bcwuf.st wäre oder seine Augen
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j^eiiau gebrauchte. litsoiuleis ist die Kindheit reich an
Irrungen; wer deshalb mit Kindern umgeht, hat Gelegen-
heit, sich davon zu überzeugen. Doch auch bei Erwachsenen
ereignen sich die Sehfehler zahlreich; wer sich darüber Ge-
wifsheit verschaffen will, braucht nur den Gerichtsverliand-
lungen beizuwohnen. Da werden Aussagen i^emacht, die
sich oft diametral gegenüberstehen, ohne dais die Zeugen
\t>n ihren Meinungen abzubringen sind. Mancher Falscheid
wird geschworen, weil das Auge beim Zeugen eine Täuschung
begangen hat, die in einzelneu Fällen für den Aussagendeu
verhängnisvoll werden kann. Es ist unzureichend, dafs die
Rechtspflege blofs von Juristen ausgeübt wird; soweit es
sicli um zeugeneidliche Vernehmungen handelt, müfste die
Mitwirkung von Psychologen erforderlich sein.
Die Experimente, welche zur Krforschnntf des Licht-
sinncs voi^riKMunRii werden, l)eschäftiiL,''eii sieh daiiiit die
intensiven und tjualilatix eii ruLcrscliiedsenipfindlichkeiteu
festzustellen. In der Regel werden Licht- und Farbcuein-
drücke benutzt Das Auge unterscheidet eine farblose Licht-
empfindung und eine farbige. Während die erstere vom
reinsten Weifs bis zum tiefsten Schwarz sich abstuft, bewegt
sich die andere durch die bekannte Farbenskala, die wir im
Regenboi^en erblicken. Zu der l'ntersnclnmg des farbigen
Licliies \erv.'endet nuin das Sonnenspektrum, das durch das
Spektroski )}) ^^ewonnen wird. Es kann jede Farbe von weifs
bis zu seliw ar/ abgeslull werden und .so zugleich alle tirade
ihrer Sättigung durchlaufen. Farblose Lichterreguu^en sind
immer in unsenn Auge, aber keine farbigen, obwohl in den
vSonnenstralilen nur farbige Lichtstrahlen vorhanden sind.
Wirken die sieben Farben des Regenbogens auf unser Auge
ein, so bemerken wir sie alle sieben ganz deutlich; sammelt
mati sie durch eine Linse zu einem T^ichtbvindel, so wird im
Aii.L;e nur eine Weilslieluemjitindnn^; aiis<^el< )sl. Das kann
num aljcr auch schon durch zwei harben des Spektrums
erreichen, z. B. durch Purpurrot und Grün u. s. w. Man
nennt solche Farben, weil sie sich entgegenwirken, Kontrast-
farbe»; denn augenscheinlich löschen ihre Wirkungen sich
einander in der XervenempfindunL; ans. Wie es aber mög-
lich ist, dafs farbiges Licht die farblose Lichtempfindung
hervorzurufen vermag, ist tmbekannt. Jedenfalls liegt die
Kinrichtung, wodurch diese \\ irknni,^ zustande kommt, im
Auge. Das gelu schon daraus hervor, dafs die Empfindung
der einzelneu E'arben nicht durch die ganze Netzhautfläche
vermittelt wird; denn mit den Netzhau trandem können wir
nur weifses Licht wahrnehmen. Aber aitch der Teil der
Netzhaut für farbiges Licht ist nicht für alle Farben gleich
Jl«it( lUWn Vif. *. . ,
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)fi'iwr{<-li Fwc.
empfindlich. Während Violett nur mit einem ganz kleinen
Gebiet wahrgenommen werden kann, ist durch Blau fast die
ganze Netzhaut erregbar. Dazwischen liegen die Grenzen
für die anderen Karben, die also anch niclit mit glciclicr
Netzliantfläche einj)fiin(lcn werden. Die letzten Ursachen
des vSehciis sind mit dem l'"x])erinR nt noch nicht aiilgedeckt
worden, und deshall) ist auch hier noch ein Feld lür Tlieoricn.
Ursprünglich Hefs man die Fähigkeit für verschiedene Licht-
wahrnehmungen angeboren sein. Dann erfuhr man aus der
Mischung von Malerfarben^ dafs zwei Farben, welche einer
dritten benachbart sind, zusammengemischt diese er<^eben
und liefs nun alle Farbenerscheinnngen atis objektiven
Mischungen der Farben hcrvorirehen, wobei man drei oder
vier Farben als (xmudfarben annahm. Fndlich kam die
Wellentlieoric inbezug auf das Licht auf, und legte die Ver-
mutung ualie, dafs in der Netzhaut Xerveneleuiente für die
vervSchiedenen Lichtarten vorhanden sein müfsten. Besonders
suchte mau diese Theorie durch die Erscheinungen der
Farbenblindheit zu stutzen, die davon herrühren sollte, dafs
die Aufnahmezapfen für die betreffenden Farben fehlen sollten.
Bei der Erklärung des Farbensehens ist man anch zu der
Ansicht gekommen, dafs in der Netzhaut barbstoffe vor-
handen sein müfsten, durch deren Zersetzung .seitens des
Lichtes die verschiedenarligen linipfindungen im Sehnerv
ausgelost würden. Allein alle Annahmen vermögen nicht,
jede bei der Lichtempfindung auftretende- Eigentümlichkeit
zu erklären. Deshalb bezieht die Wundtsche Psychologie
alle Lichterscheinungen auf die chemische Rewegung in den
Nerven, die allerdings durch ]>li \ sikalische \'orgänge her\ or-
trerulen werden. Chemische Anai\ .sen und SN Uthesen kommen
dnreli Mnlekidarsch win^uugen zustande, das ist dit' Tliat-
.sache, Würaus man die verschiedenen Lithurschtinungen
erklärt. In den Sehnerven findet bestcändig eine. Molekular-
schwingung statt, die den Eindruck des Finsteren oder
Schwarzen bewirkt. Diese Schwingungen werden abgeändert
in ihrer Stärke, wodurch alle Arten der weifsen Lichtempfin-
dung her\orgerufen werden. Farbige Lichteindrücke ent-
stehen durch neue, neben jenen her\'or^enitenen Schwing-
ungen, die durch ihre Stärke vorherrschen k/nnien, aber auch
die weilse Lichtenipiindung unter bestininitcn Ikdingungen
zur Geltung kommen lassen, so dafs es von jeder F^arbe
Arten von der dunkelsten bis zur hellsten Form giebt Kon-
trastierende Farben heben sich in ihrer Wirkung vollständig
auf; es entsteht, so zu sagen, eine Interferen?, während die
sich näher liegenden Farben eine mittlere Schwingung im
Nerv auslösen, so dafs z. B. Rot uud Gelb die Orangefarbe
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bi« expvriincDtelle }'#ychulugie.
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erjj;ebeii. Ktwas Unerklärliches liU-ibt iininer noch heim
Sehakt; denn eine gewisse Schwingungsart ist im Xerv
immer nur hervorzurufen, wenn ein entsprechender physika-
lischer Vorgang vorhergeht Stellen wir z. B. die Farben
Rot und Gelb nebeneinander, so lösen sie zwei verschiedene
Schwingiingsformen im Auge aus; mischt man beide Farben
durcheinander, so entsteht Oranq;e. Die Miscluing kann man
auch durch rotierende Scheihen ausführen, auf denen die
entsprechenden Farben anofe])racht sind. Ks mufs also schon
eine jjh\ sikalische Schwingungswandluug vor sich gegangen
sein, wenn eine entsprechende physiologische erregt werden
soll. So ist der Sehakt seinem Wesen nach nicht vollständig
aufgehellt und bedarf weiter der Untersuchung.
Wollte mau allen Anforderungen gerecht werden, so
müfsten die Augen eines jeden Kindes auf seine Sehfähig-
keit untersucht werden und zwar nicht blofs einmal beim
Kintritt in die Schule, sondern wiederholt in regelmäfsigen
Zeiträumen. Nicht blofs \om arztlichen Standpunkte aus
wäre diese Untersuchung xorzuiu Innen, sondern ganz be-
sonders aucli vom ]>ädngogiscIuii. Ks handelt sich heim
Sehen um ilic Aulnalune von l'urmcn, die durch Farl)en
hervorgebracht werden, besonders sind die Fragen zu beant-
worten, wieviel ein Kind in einer gewissen Zeit anfnehmen
kann, und wie lange das Aufgenommene haftet. Man kann
in gewissem Sinne von einem Augengedächtnis sprechen.
Der T^nterriclit. wie er heule betrieben wird, ist nach vSchätz-
ungen eingerichtet. Ks wäre aber doch einmal am Platze,
durch ausgedehnte riuer>uclnnigen das Lern\ ernir)}^cii (kr
Sinne festzustellen. Wieviel und wievielerei Neues darf dem
Auge täglich geboten werden, und wie oft sind Wieder-
holungen notig? Das sind die Fragen, die durch planmäfsige
Untersuchungen zu beant'. /orten sind, und das ist vor allen
Dingen Sache der Pädagogik. Auch die experimentelle
Psychologie wird sich diesen Fragen einmal zuwenden, wenn
sie erst darüber im klaren ist, wie die verschiedenen Sehakte
zustande kommen.
Beinahe jeder Unterriel t ; w c i^ wcnrU l sich an das Auge.
Die Religionsgeschichte wird mit Hilfe biblischer Bilder dein
Kinde vorgeführt. N\ni wäre es doch zum mindesten in-
teressant zu crfalircn, wieviel nach ein paar Jahren noch da-
von Vorhände n ist. Auch die litterarischen Stoffe werden in
den späteren Schuljahren vorzugsweise mit dem Auge ein-
geprägt Dabei läfst sich ganz gut feststellen, wie treu und
lange sie im Gedächtnisse haften. Derartige Untersuchungen
sind bereits angestellt worden, aber wohl nicht ganz fehler-
7*
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Hrinricb Frp<>
frei.^) Beim Memorieren niufs z. B. beachtet werden, ob man
die Thätlgkeit blofs mit dem Auge vollzieht« oder ob man
die Sprechwerkzeii^e leise mitbewegt, oder aber ol) man Ge^
sieht, Gehör und Sprache zusammen anwendet. Deini Lese-
iintcrriHitc sind es vorznq^s weise die Ani^eii, wclclu «He Hncli-
stabcu-^ Silben-, Wort- und Satzbilder aiiizinuhnun haben.
Anf ricli j Lj I s Sehe u kuunnt es auch im vSchreil)- und Zeichen-
uuterriciu an, und vor allen Dingen sind es Geographie und
die naturkundlichen Fächer, welche die gröfsten Anforde^
rungen an das Auge stellen.' Je genauer man mit den
Funktionen des Auges bekannt ist, desto zweckmäfsiger wird
sich der Unterricht gestalten lassen.
Eine einziehende I ntersnchun^ h i» auch bereits der
(Tehörssinn ertaiiren,*) dessen HrforsehuuL; in objektiver He-
zichung leichter ist als die des Gesic lUssinnes. Man mufs
bei diesem entweder direktes Sonnenlieht anwenden oder
künstliche, aber gleichwertige Lichtquellen sich zu verschaffen
suchen. Beim Gehorssinn ist man unabhängiger. Als Ton-
werkzeuge gebraucht man hannoniumartige Musikwerke,
worin die Töne nach ihrer Schwingungszahl abgestuft siud,
wobei meist ein l'nterschied \'()n vier Schwingungen fest-
gehalten wird. ist die lunpfindliclikeit für den schwächsten
Ton festzustellen uutl ebenso die für die gröfste Tonstärke.
Dazu tritt noch die Übung, die l'nlerschiedsempfindlichkeit
für Töne fest/ustellen, welche zuerst die gleiche Schwingungs-
zalil haben, wovon aber einer 'um eine eben merkliche Gröfse
verändert wird. Zu solchen Untersuchungen lassen sich auch
gleichmäfsig abgestufte Stimmgabeln verwenden, die aber
mit dem Nachteil behaftet sind, dafs der Ton bald verklingt
Will man für besondere T'ntersnrhnngen Stinim^abrln ge-
brauchen, so scballel man sie in eine i^aKanisclu vSirom-
leitung ein, wodurch ein gleichmäl-siges Forischwingeu er-
möglicht wird.
Das Ohr ist ein recht kunstreich gebauter Apparat, der
wesentlich aus zwei Empfindungsteilen besteht. In der
Schnecke befindet sich das (eigentliche Tongehör, w.ährend
Vorhof, Gt linrbögen und Ampullen für Geräu.schempfindungen
cingericlilet zu sein scheinen. Der (^leräuschapparnt ist der
zuerst in der Geschn]>fwelt anftre ende, während die Schnecke
nur den höher organisierten W esen eigen ist Mancherlei
*) Kbinghans. T'ber das Gedächtnis. Lcip/.ig iS,S5. Duncker
u. lluinblot. I.ewy. l^xpcriincntelle Utltersuchung^en über <las Ge
dächttns Zeilschrift für Psychologie is. s. w. von Kbinghaus u. König.
8. B. 1M95. S. 231.
«) Heimholt;:, Die Lehre von den Tonenipfindungen. Braun-
schweig 1877, Vieweg. Stiimpe, Tonpsychologie. Leipzig, Hinsel.
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f>xp»rliii«nii;ll« PaychoJoitl*. lOI
* - .
T^instäiide haben xii der allerdint^s wenig: beß:ruiideteii Au-
Irreführt, dafs die S]>rnc!ie aus <lein (U'saiTi^e liervor-
jj;t .L;a!igen sei. Das Vurw ie.ij^cii »k-r \*MkalL in den ältesten
Sprachen schtint etwas dafür zu sprechen. Der Vokal ist
ein Ton mit dem ein schwaches Geränsch verbunden ist,
"während die Konsonanten znm gröfsten Teil nur aus Ge-
ränschen bestehen.
Die Sprache ist aufs inni<»^ste mit dem Geliör verbunden,
und erst die Lautsprache hat zu einein j^lcichwerti^^cn Mittel
für das -Auj^e, nämlicli znr Schrift ^-eführt. Die Ivautsprache
bietet für Fntersiiclnnij^cn < in rciclics l'eld, das noch so crut
wie j^ar iiiclit betreten worden ist Kiii Hejirriffswuii /,. R
hat nicht blofs einen Inhalt schlechüiin, sondern steht auch
in mannigfachen Satzbeziehnngen, woraus sich besondere
ßestimmnngen für den Wortinhalt ergeben, Kür den Jngend-
unterriclit wäre es sehr wichtig zu luitersuclien, wie des
Kindes Wortschatz beschaffen ist, wie sein Hesitz an Satz-
(;e1>ilden, wie der Zusanuncnha^' seiner Redeteile u. s. w.
Die Sprache ist das Werk/eiiL^. niitlelsl dessen das Kind
Stunde für Stiuide neuen I>ildnn->sl< 'tt in sich aufnehmen
M»ll. Da ist es doch nötij^, dais man über dassell>e genaue
Kenntnis besitzt Es genügt z. B. keineswegs, dafs der Lehrer
vermittelst dieses Werkzeuges den Bildungsstoff dem Kinde
ztiführt, sondern das letztere mnfs selbst das Werkzeug fleifsig
handhaben, um sich denselben zum Rigentume zu machen.
Wer spricht nun mehr im Unterrichte, der das VVerkzeuj^:
belierrschende T, ehrer, orler flns Kind, das nur durch die
eigene Sprechübung zum He>it/ des Inhalte'; gelangen kann?
Eine gewi.s.se Sprachschwäciie begleitet manche Kinder durch
die ganze Schulzeit und viele Menschen durch ihr ganzeis
Leben. Die Pädagogik hat die Pflicht festzustellen, wie oft
ein Kind eine vSache in Worte kleiden niufs, um sie zu be-
herrschen, und wie oft Wiederholungen nötig sind, \un zu
einem dauernden Hehalten zu gelangen. Auf diese Weise
wird man dahin kommen, das Lernen zu einem psychologischen
zu machen.
Wie (»esichts- und Tastsinn uns zu räumlichen Anschau-
ungen verhelfen, so das Gehör zu Zeitvorstellungen. Damit
die Kiiipfindung einer Zeitdauer entsteht, ist es nötig, dafs
die Begrenznngspunkte einer Zeitstrecke zugleich im Bewufst-
sein vorhanden .sind, ' Ist das nicht der Fall, so kann auch
keine lieziehuug aufein.inder stattfinden, und von einer Zeit-
e!upfinduug k;inn nirlit dir Rede sein. Sowie uns das (»e-
siehtsfeld ein \ erscluvtjmmeues wäre, wenn (las Aiüm nielit
die einzelnen nl.jekte mit Hilfe seiner ( )rgatii^aiit »n /u i^o-
liereji \eruioelite, so käme der Mensch nicht zu Zeitvor-
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I02
ll«-iiirifh I re»-,
stcUunjj^Lii, wenn sein Ohr nicht die endlose Zeit in Teile /n
/erlegen vermöchte. Das geschieht dnrcli die im liewnlst-
sein ztisammentreffenden, einen Vorgang begrenzenden Ein-
drücke, wovon der erste schon abjjeschwächt erscheint, wenn
der andere in voller Stärke auftritt Wiederholen sich die
Eindrücke derselben Zcitstrecke. sn geben wir dem ersten
Eindrncke unwillkürlich die stärkere Hetonnng niul fK-in
zweiten die schwäclure. Wir geben zu den ( feböreindrücken
aus unserer Kmjjfindung etwas hinzu, wie das bei den (re-
sichtswahrnehniungen geschielit. Aul diese Weise kommt
das Gehör zu einer taktniäfsigeii Betonung regehnä/siij auf-
einander folgender Schalleindrücke, zunächst zum Zweiviertel-
takt, aus dem sich die übrigen Taktfonneu durch die will-
kürliche Iktonung seitens des Gehörs von selber ergeben.
Eine Vorstellung von längeren Zeitstrecken kann nur dadurch
zustande kf)mTnen, dafs nncli ciiuiii häufigen Wiederholen
der Anfaiigs[)unkt durcli tkii Sehlulseindruck wieder wach-
gerufen wircl. Die ZeiLaulfasMing ist bedeutend seiiwieriger
als die Auffassung des Raumes, weil räundiche X'orstellungen
fast beständig in unserni Bewufstsein sind» Zeitvorstellungen
dagegen selten. Das Kind hat selten mit Zeitvorstellungcn
zu thun; deshalb sind seine Zeitangaben in der Regel höchst
unsicher und verkehrt.
Der < rcsii bt'-^inn täuscht durch das Wnclirufen früherer
l'.nipfindungeii mittelst neuer Eindrücke oder durch Zu-
samnienfüguiig \ un Krinnerungsempfindungen, die einantler
ganz fremd sind. Ahnlich so maclu es das Gehör. Wir
geben Worten einen ^auz anderen Sinn als sie hatten, da
wir sie hörten. Wir dichten Personen Aufserungen an, die
nicht von ihnen herrühren, und leugnen ihnen .Vussagen ab,
die sie wirklich gemacht haben. Das Wortgedächtnis des
Kindes biingt die scUsamsteti Vertausch nn gen ferti^^. Ks
werden Namen miteinander verwechselt inicl Redewendungen
zusammengebracht, so dafs aus /wei alten ( rcschiclitt ii eine
ganz neue entsteht, ohne dafs wir ein Rewulstsein davon
haben. Am schwächsten ist das jugendliche Gedächtnis in
der Fcsthaltung einer Zeitreihe. Die Vorgänge werden ver-
tauscht in zeitlicher Beziehung, und namentlich Zeitzahlen
werden vergessen oder durcheinander geworfen. Es iSt des-
halb die (»eschichte ein schwieriger l ■nternchtsi^^egenstand
für die Jugend und eigentlich erst für ein reiferes Alter
geeignet.
Das Ohr besitzt, wemi aucli im schwachen Grade, die
* Fähigkeit einen Schalleindruck zu lokalisieren, näudich Rich-
tung und Entfernung der Schallquelle bestimmen zu können.
Diese Befähigung wird wahrscheinlich abhängen von der
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Kiuwilkun«» der ( )hrinuscliel und den im (ichürgan^t* bciind-
lichen VViinperhaartn, sowie von den überall aucli in den
vorderen Gehörwerkzeiigen vorhandenen Tastnerven.*)
Die Empfindungen, vereinigen sich zu Vorstellungen.
Die bewufste Zusannnenfiij^unj^ nennt Wandt die Apper-
zeption, als deren ( )r<;an die Grofsliirnrinde angesehen wird.
Andere nennen die \'erbindnn,<j; der \'nrstL'lliin«»^en, die als
keine besonders bewnfste psycliisclie Handlnn«^ anj^^esehen
wird, Association.-') Xacli Winidt sind anch diese in Wirk-
iiclikeit Apperzeptionen, doch pa.ssii^er Natur, während bei
den eigentlich apperzeptiven Verbindungen ein aktives Ge-
schehen vorliegt Es kommt dadurch zustande, dafs die Auf-
merksamkeit darauf gerichtet ist Doch ist diese nichts
Neues und keineswegs etwas, das neben dem Apperzeptions-
prozesse \ Mflianden wäre; .sondern es ist nur ein anderer Ans-
drnck fin die .\kti\ apperzepti'>!i seihst. Kbenso ist die Apper-
zeption wieder, insofern eine hc^iinmite Richtnn«^' der psych-
ischen Aktion sieh darin kund giebt, gleichbedeutend mit
dem Willen. Vom Standpunkte der ph> siologischen Psycho-
logie stellt sich der Inhalt der Seele einfacher dar, als man
das gewohnt ist nach den Klassifikationen der früheren
Psychologien. In solcher Einfachheit liegt die (rewähr für
die Möglichkeit der Unterstichnii^^ der Aufmerksamkeits- oder
Willensvorgänge. Zwar hat man bis jetzt kein Mittel, die
letzteren direkt der Unterstichnng zu unterwerfen, sundern
wendet eine indirekte Weise an, um über den Verlauf der
Vorgänge Auskunft zu erlangen. Der Wille in einfachster
Ponn giebt sich in der triebartigen Handlung kund, bei der
das Bewufstsein von der letzteren mit ihrer Ausführung zu-
sammenfällt W'as man bei der Triebhandlung dem Mafse
unterwirft, das ist die Zeit, wofür man t'hrwerke besitzt, die
Tansendstelseknndcn anzeigen nnd mittelst eines galvanischen
Stromes in P>cwegun<^ gesetzt und wieder zum Slillsland ge-
bracht werden. Iv.s werden eine grofse Zahl verschieden-
artiger Willenshandlungun au.NgelührU und die gewonneneu
Zeitzahlen geben Auskunft, wie lang die Dauer eines jeden
Willensvorganges ist Man setzt die Willenshandlungen aus
mehreren M.^nienten zusamnu ii, um auf diese Weise Einsicht
in den Zn.sammenhang der Willenselemente zu gewinnen
und deren Natur bestimmen m können. Die Versuche, die
angestellt werden, neunt man Reaktionsv ersuche. So z. B.
') Dr. K. Meuntann, Beiträge zur Psvchologic des Zeitsinues.
l'hilos. Studien. 8. B. 1893. Vierordt. Der Zeitsinn. Tübingen t868,
Laub.
-) Stricker, SUulicu libcr che As^jciationeu der Vorstellungen.
Wien 1883.
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I04
H<>|iirirh Vr^.
läfst man jemand reagieren auf ein zugerufenes Wort, auf
ein Klingelzeicheiif auf einen Uchtblitz n. s. ^\ Znsaimnen-
gesetzter ist die Reaktion, wenn z. B. zu dem zugerufenen
Worte ein anderes verwandtes Wort hinzugedacht werden
soll, zu Wiese etwa Gras n. s. w. Kine andere U1)un}:j ist
die. wenn von xwci vorher bcstiiiiinlcn Zciclicii. nur eins mit
der Reaktion bc^kilrt werden si»li. l",s werden H, (iic
beiden Wörter NaelU und Licht (hifiir bc>lininu, und nnr aiif
Lielit soll reagiert weiden. Xun niufs die X'ersnchsperson
genau unterscheiden, welches Wort ihr zugerufen worden ist,
ehe sie die Reaktion auszufuhren hat. Ein noch verwickele
terer Vorj^M ii - ist der, wenn eine - röisere Anzahl von Zeichen
festgestellt wird, unter denen bei der Reaktion zw wählen
ist. So können die Zahlen i. 2, 3, 4 zugernfcn werden, wo-
bei anf I der rechte Fnl.s, aul 2 die rechte Hand n. w.
bewejs^en sind, aber selbsix crstfnullich in willkürlieht r Ord-
nnng, .so dafs eine bewnisic Wahl statllindcn niufs, bevor
die Handlung ausgeführt werden kann.
Das Bewnfstsein ist in jedem Momente ein sehr he-
gren/tes. Worin das seinen Crrnnd hat, ist nicht l)ek i l;
aber dafs physiologische Ursachen dabei mafsgebeud sind,
darf wohl voransgesetzt werden. Die ph\siologischc Be-
grenznng macht eine psychologische notwendig; mehr Kin-
drücke, als wir vSinne haben, können wir in einem Momente
nicht gnt anlneluncn. Anch bei dem einzelnen Sinn können
wir deshalb mehr als fünf bis sechs Eindrücke nicht gut
mit einem Bewnfstsein umspannen. Die meisten Menschen
vermögen deshalb z. B. nur noch zwei zweistellige Zahlen
sicher zti addiren oder zu subtrahieren. Durch Übung kann
man es anf ein ( ".esamtbewnfstsein \ on nenn nnd anch noch
mehreren Kinihiiekcn brin,<»^en; doch gelingt das ininur nnr
einer Anzahl von Menschen, nicht allen. Diese l'ntersnch-
nngen geben, wie ersichtlich ist, einen Anhalt dafür, wieweit
z. R das Kopfrechnen mit mehrstelligen Zahlen mit Nntzen
getrieben werden kann. Die Bewufstseinsuntersuchungen
stellt man mit Momenteindrücken an, z. B. leuchten plötz-
lieh eine Anzahl von Ijchtpnnkten auf, oder eine Anzahl
Buchstaben werden .sit ^^^ n oder Wörter n. s. w.
Knger als das 1 U w ulstsein ist der .\nfmerksanikc its-
V()r<^an|Li. Hierbei liaiidelt es sich nm eine psychopln sische
Aktion, die sich intensiv innner nnr anf eine einziire \'or-
stellung erstreckt Die l'nter.snelmng hat festge.sielll, dal>
die Aufmerksamkeit nicht konstaut ist, sondern gleichsam
beständig vibriert Man hat die Ursache in dem Atmungs-
vorgange oder in dem Heizstofse und der Hlutbewegung
gesucht; aber einen Anhalt hat man dafür nicht gefunden.
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Ole rapwloirnt«!!«» Piycholojetp.
Die verschiedenen Vors^äii^^e fallen nicht rej^ehnäfsig zu-
sanitnen; doch kann nicht bestritten werden, dafs Atnumi;
nnd Vnh nnter I'niständen einen wesenlliclien lunfhifs aut
die .\ufiiierk>anikeit anszniiben vennö-nt-n. Aus pädatj;-OL;i sehen,
ahfi' auch ans Ingicinisehen (xriindcn i>l man deshalb z. H.
dahin <jekoininen, den Turmmterricht nicht in die Lernzeit
ein;!iifägen ; ebenso wird in den Pansen zwischen den Unter>
richtsstuuden, die Anstrenj^nng des Körpers durch Spielen,
Traufen nsw. venniedeii. Wo man anf oftmals staubigten
vSehul]dätzen in den Pansen noch ein lautes vSchreien nnd
Tol)en hört, da hat die rationelle Tädai^oj^ik noch keine Kin-
kehr i^edialten. Der Se^hnlhof sull l)esehaltet sein mit liänmen
nnd i^anljen, nnd im rnhigen Wandel i^anji^ hat die Jngend
sich darnul zu bewegen. Auf diese Weise lasse« sich länger
andauernde Störungen der Aufmerksamkeit durch die Blut-
und Atembew egung: \erhuten. Eine andere Quelle von
Störungen bieten die Sinne, die während des Wachseins
innner für alle Kindrücke offen stehen, wenn diese anch in
der Rcj^el nicht znm I^ewufstsein kommen. >b hr stören gQ-
wohnlich (iie dadurch an^erc L^U n Hrinnernnin^sx « trstclhuigcn.
Die Anfnierk>amkeil licr Ju^^cnd wird hin luul her g^ezerrt,
und wendet sich immer nur sprnn;y^weise dem (»egeustande
z\i, auf den sie gerichtet sein sollte. Das 7.eigt sich beson-
ders nach der Vorführung ganz neuer (tegeustände, wovon
uach kurzer Zeit die Eindrücke ><> verwischt sein können,
dafs eine zusammenhängende Wiedergabe nicht möglich ist
Hei bekntniteren ( legenständeu, wenn sie nucli tnir bruch-
stückweise behalten worden sind, ist eme Zu^aunneufassini;^
möo-lioh. weil ans dem eitjenen Ik^sitz an V'orslellun^eii das
behleuile ergan/l wird. Auf diese Weise vervollständigt ein
Erwachsener eine Rede, die er hört; selbst der Gebildetste
macht sich so einen Vortrag zu eigen. Die von der Auf-
merksamkeit momentweise ergriffenen neuen Wissenseleniente
werden von dem eigenen Besitz um woben und ergänzt und
zu einem vollständii^en (rcbilde ausgestaltet. Darum ist
alles Lernen Handlung der Aufmerksamkeit, ist W'illens-
fnnktion, da die Aufmerksamkeit nur eine einfachere Form
des Willens ist.
Am unsichersten steht die experimentelle Psychologie
den Gefühlen gegenüber. Dafs sie in ph\ siologischen Vor-
gängen ihren (irund haben, ist zweifellos; aber über das
Wesen imd die Weise ihres X'orkomniens hat man innner
noch rerht unsichere Ansichten. Herbart liefs die (ufühle
aus dem Widerstreit der \'f)rstellungen tut flehen und sah
sie als flüchtige Zustäuele an, die nicht rt [ rnduciert werden
können. Die physiologische Tsychulogie erkennt an, dafs
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Io6 Itfinricli tr^f.
dif (refülilc Ik'^lcitcrscheiiinni^t'ii (kr X'^rstclluiij^cii .sind
und uhnc diese nicht znslaudc konimcn können. A))cr sie
entstehen nicht aus dem Streite dci \ oistellunj;en, sundern
sind damit verbundene Vorj^änj^e, die auch an einer einzelnen
Kuipfindnu^ oder Vorstellung^ wahrzunehmen sind. Jede
seelische Regung löst aucli ^^cwisse Gefühle au.s. Am
stärksten zeijjen sie sich bei den .Affekten, die eben niclits
weiter sind als Knii>fin(lmi be/.w. X'orstelhinj^en, welche
in liolKin (iiadc CiefüliK' crie).(en, die besonders auf [diysiü-
loj^isclKin ('Tcbi(.te i^röiscrc Wirkungen hervorrufen, be-
sonders leicht werden Puls und Atmung von Gefühlen be-
einflufst Um das zu konstatieren, benutzt man eine durch
ein Uhrwerk getriebene Trommel, die mit benifsteni Papier
überzogen wird. P^in Schreibwerk, das n)it iler Hrust und
dem Puls der Versuchsperson durc h Scliläuche in Verbindung
gesetzt V ird. zeichnet in welligen i^inien die leiseste Änderung
in der Atmung oder dem Her/stf>fse auf das Papier. So
kann man von cbesem ablesen, w ie I^inw irkuugen auf die
Sinne bei der X'ersuehsperson .schwächere oder stärkere (ie-
fühle, Lust oder l^nlust wachgerufen haben. Aber nicht
nur Reizungen der Sinne, sondern auch erinnerte VörsteU
l:tngeu erwecken Gefülde, die sich in den vSchriftlinien auf
dem Kymograph, wie das Instnunent heifst, deutlich aus^
prägen. Weil kein psychi.scher Vorgang stattfindet, ohne
dafs die ihn begleitenden Gefühle in physiologischen vSchwing-
unLien ausklinken, so sind einzelne Psychologen auf den
Gedanken gekommen, die Gefühle möchten überhaupt nur
physiologische Erscheinungen sein. Allein wer nicht psy-
chische Erscheinungen mit physiologischen identifidereu will,
der mufs auch die Gefühle als psychische Funktionen auf-
lassen. Sie bilden eine psychophysische Welle, die ihren
Anstois von den Kmpfindungen bezw\ Vorstellungen erhält,
aber ihren eigenen Verlauf hat. Daher rührt es, dafs ein
angenehmes (jefühl, das einen Km pfidungsvorgang begleitet,
sich in das gerade ( legenteil verwandeln kann. \Viuidt hält
die C^efühle für einen Reaktionsprozefs der Apperzeption,
und zwar erfolgt die Reaktion jedesmal auf den Eintritt der
Empfindungen bezw. Vorstellungen ins Bewufstsein. Die
Oefühk sind dann wieder die Urheber der Bewegung der
Vorstellungen in bestiumten Richtungen, worin der Wille
sich ausdrückt. Sie sind die Triebfedern, welche die uieuscli-
lichen Handlunj^en znstaude kr>ninKn lassen. Darin liegt
ihre Hedeutung für <lie Ansbildnug des .Mcnselun in seiner
Jugendzeit. Was nuui nicht fühlt, das kann man auch nicht
schätzen.
Der Mensch bildet in seinen ps\ ehischen Prozessen eine
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Dio eiporiiiieo(ell<> PtycliuluKir. |()^
Kinbfit, deren Hanptniaclil (Ur Wille ist. Alle ps\-
chisehcii Pyrscheimm.yfen sind m ihrem Weseti znsaiiniiL ii-
häiigcnde Fimklioiieii, die nur in besonderen I'ornicn als
Erkenntnis, Gefühl und Willen sich kund thiiu. Meist sind
es sinnliche Reize, die diese psychischen Zustände hervor-
rufen. Für die Entwicklungsperiode des Menschen trifft das
j^anz besonders zu. Daraus ergeben sich für die Pädagogik
die Grundlinien, innerhalb welcher die Bildung und Erziehung
der Jugend sicli zu bewegen hat. Nur vSinneseindrücke
können übennitlelt werden, nur }'!ni])ündungen (»der Vor-
stellungen direkt au>gclöst bezw. lier\ orgerulcn werden. Ge-
fühl und Wille sind die diese Zustände begleitenden eigenen
Punktionen der Seele, und auf sie kann nur mittelbar ein-
gewirkt werden. Aber in der Einheit der ps\ einsehen Funk-
tionen liegt die (rewähr, dafs ein beabsichtiget er Kinflufs auf
den Zögling nach allen Seiten seiner seelisclK-n luitfaltting
möglich ist. Stellt die Pädagogik ein bestinnntes Programm
auf, was sie durch die P>ziehung erreichen will, so kann das
nur seinen Ausdruck in der Umgrenzung und Ordnung der
sinnlichen Beeinflussungsmittel finden. Die beständige
Wirkung dieser Mittel löst das Ziel erreichen, während jede
Unterbrechung störend wirken mufs. Das beständige Moment
in der Einwirkung bildet die Übung, bezw. die Gewöhnung.
Daraus ergiebt sich, welche Wege der Entwicklung die Psy-
chologie auch wandelt, innner kommt die ITul i'L'<>gik auf den
alten P>fahrungssatz zurück: Wie man einen Knaben ge*-
wölmt, so lälst er nicht davon, wenn er alt wird*.
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Allerhand Reformgedanken.
\ ün Otto Schulze in Halle a./S.
1. C. von MtMOW, Reform oder Kevolutio». Ikiiin. (>. Uebitiaiin. 4 M.
2. Dr, Fr Sachse, Zin Scli n1 reform. Leipzig. Klemm. 1,50 M.
.V J. Königbauer, Zur Reform des U nterricbtsbctriebe.s in
Volksschulen. Bamberg, C. C. Buchtier. OtSo M.
4. S-Smiles, Charakter. Pflicht. Selbsthilfe. Halle a./8.. <). Hendel,
ä 1,25 M.
1.
In der Reihe der oben genannten Refonnschriften älteren
oder jüngeren Datums steht die jüngste unter ihnen, »Reform
oder Revolution« von Massow obenan, vor allem deshalb,
weil sie alle j^egenwärtigen Iii >rheiniiiigeii und Kinrichtungen
öffentlichen oder privaten Charakters kritisch beleuchtet und eine
Oesanitreform aller unter cinlieitlichen ( re^ichtspiinkten im Auge
hat. Kein geistiger Zwan^. kein Reglement, keine Schahlotie !
Aber System! \ on IVankturt a. M. nach Herlin kann man
auf den verschiedensten Touren fahren und kommt doch fast zur
.selben Zeit am Ziele%n. Warum nicht auch für die Reise in
das Land der allgemeinen Bildung Parallelsysteme, zwischen denen
jedem, der reisen will, die Wahl offen steht ^ Aber »System,
ein zusammenhängendes System, welches die Notstände in ihrem
wechselseitigen Verhältnis -/n beseitiK<^'i> strebt, die Koute mit
ihren Stationen klar gelebt, die P*ahr/eit berechnet. . . . Mit
jedem Jahre, mit dem Fort.-^ch reiten der Wis^enschalt, des Leben.s,
des Verkehrs, der Geschichte wird die Gestaltung eine andere.
Treffen wir nicht Vorsorge, dafs dieser Änderung Rechnung ge
tragen wird, so ist unser Werk nur ein unvollkommenes. Wer
refomiieren will, mufs etwas von einem Propheten an sich haben.
Wir dürfen nicht rückwärts reformieren wollen. Das wäre gänz-
lich verfehlt. Wir können /n den früheren Verhältm'ssen nicht
zurückkehren, einfach deshalb nicht, weil sie sich nicht wieder
schaffen lassen. Wi'un wir reformieren wollen. <o rnti^sen wir
nach vorwärts blicken, über die nächste ZnkuntL liinaus, in die
weitere. Aber es genügt nicht, Kin7.el.schäden aufzudecken imd
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Allwlwuid Rf>tonng»il«ikf>n.
ZU heilen, sondern die Hauptaufgabe ist, die Schäden In ihrer
Gesamtheit und in dem Zusammenwirken ihrer Einzelmomente
zu. erkennen und den Wrsiuh /u ihrer Heilung zu machen.
Darum genügen nicht Einzelvorschläge zu einer Rtform, wie
solche ja hTiiiHertfach p:emncht werben, sniideni solche Vorschläge
müssen von ciiRui und demselben Grundgedanken ausgehen und
einem und tU-niNelbcii Ziele /.ustreben. Und dieses Ziel?
Mag man es Religion, Kthik. Philosophie oder sonst wie neuueu :
es mufs etwas Höheres geben, dem die Menschheit zustrebt, als
die Brotfrage, ja selbst noch etwas Höheres als das, was wir
unter dem Begriff Vaterland zusammenfassen. Mögen die einen
an cTTicii Cfoit glauben und an eine Zukunft des Ichs nach dem
Tode; die atukreu Gott und Jenseits negieren, auch diese letz-
teren werden /ugeben müssen, dafs es ein Jvtwas giebl. das über
der Erde >cli\vebt und sei e> auch nur die sich fortpflanzende
und von Jaiirhundert zu Jahrhunderl lorieiitvvickehidc Quint-
essenz jeder Periode menschlichen Denkens, welche eine Generation
der andern vererbt. Höheren Zielen nachzustreben, die
Arbeit der Vergangenheit fortzuführen oder der Zu-
kunft vor zu wirken ist die Aufgabe des jew^eÜigen
Geschlechts, . . Die heutige Generation aber ist erschlafft,
auf unser gesamtes Geiste^ und (iemütsleben hat sich ein Mehl-
tau gelegt, \ on dem w ir uns nicht wieder frei machen können.
Der \'ulk>.gcist als ('»au/,c^. strebt nicht mehr vorwärts, und des-
halb ist er auch nicht mehr imstande, führende Geister hervor-
zubringen. Überall unter den Staatsmännern, Parlamentariern,
auf dem Gebiete der Wissenschaft und der Kunst, unter den
Dichtern und Schriftstelleni u. s. w. steht die Gegenwart weit
zurück hinter der X'ergangenheit Wir haben keine festen
Ziele und keine Männer, die uns solchen Zielen entgegen-
führen. Ziellos, planlos treiben wir dahin. Wir leben
unser nationnies Lel)en von heute a\if morgen, wir warten der
Zukunft, die da konnutrii soll, aber wir erwarten nichts von ihr,
wir ahnen im voraus, dafs sie nichts Gutes bringen wird. Vor
allem sind wir weit davon entfernt unsererseits die Zukunft be-
stimmen, ihr die lehnen vorschreiben, Geschichte machen
zu wollen.
In acht Kapiteln - die Grefahren der Zukunft und ihre
Hekämpfung: neue Männer hir das neue Jahrhundert; die I'>-
ziehung der erwerb^arbeitenden Jugend; wirtschaltliclie Ketorni-
gedanken; Kelorni tlcr Arinm- und Schut/.pilege ; die Arbeiter-
frage; Reform der Staat.sverwaltung; Empor! — entrollt der
Verfasser seine Reformgedanken, und man mufs gestehen, dafs
das mit besserer Hinsicht grüfserem Freimut nach oben wie
nach unten hin Verfasser ist Geheimer Rcgieruugsrat — mit
gröfserer Gerechtigkeit und Wahrheit nicht leicht anders und
HO
Ott« flpkHlKf».
vor allem nicht besser hätte geschehen können. In dem ganzen
Buche liegt S y s t e m , es baut sich auf auf festen Prinzipien,
CS läfst in seinen kritischen wie positiv aufbauenden Ansfülirungen
die trefflichsten (»rnndsätze erkennen: es erstrebt nichts
mehr und nichts wenijj^er als eine G e s a iii t r c f n r m aller
Verhältnisse nnd Zustände allein in An-^ihunii: der rwi^
j»iltigcn Werlmaisslähc echter SilUiclikcil und hisloriscli ge-
gebener Entwicklungsnw»glichkeit und praktischer Durchführbar-
keit Das Buch von Massow ist eineThat, und es würde sicher
noch mehr als eine solche, als epochemachend angesehen
werden wenn anders die gegenwärtige Generation Zeit und
Mufse hätte zur Selbstprüfung und Selbsterkeinitnis und anderer-
seits Hinsicht und \'erständnis hcsälse für die wahren Heil-
mittel: für die auf der innersten Menschennatu r be-
ruhenden u ti d daraus entspringenden Urkräfte und
I d e a 1 ui ä c Ii l c eine r n a c Ii in n e n u n d n a c h oben streben-
den Oeisteswelt Nationale Erziehung, Veredlitng des
Menschengeschlechts, Volksbildung und Volkserziehung — das
erweist sich uns als das Ziel wahrhaft grofsen und edeln Wirkens,
das auch ist für Massow die Quintessenz aller Reformen auf
allen Gebieten. Die Pädai^o^ik hat in ihm einen einsichtigen
Vorkämpfer, die vSchnlvrnvaltiing. sofern sie dazu neigen sollte,
einen wackeren Anwalt gefunden. r z i e h u n g d e s M e u s c h e n -
geschleclits (Schiller!) — das ist der Geisteshauch, der üi)er
den praktischen Idealismus atmenden Ausführungen des Herrn
v. Massow schwebt Das ganze Werk dieses feinsinnigen und
klug-verständigen Reformers ist durchwebt von einem so schönen
Idealismus im Gegensatze zu unserer materialistischen Zeit, dafs
man sich der lH)erzeugung nicht verschliefsen kann, die kranke Zeit
müfste gesunden können nti >^f)lrhcrlei Heilmittehi. sobald Tnan
sie zur (»rundlage einer tietgreik nden umfassenden Rctnniiarbcil
erwählen und darauf weiter bauen wollte. Leider vcr<juickl
sich dem hohen leitenden Gesichtspunkte einer hebenden und
veredelnden Volksbildung und Volkserziehung es darf das
tiicht verschwiegen werden — zu sehr ein anderes Motiv, das
den Verfasser in erster Ijnie zur Abfassung seines Werkes an
getrieben, d. i. die Furcht vor den Arbeiterbataillonen, vor der
wühlerischen Madie der So/ialdemokrati ii. dli- schlicislich zur
Revolution treii)eu müsse, wwm nicht vmIx. vigetul eine nintas<endp
Kciorm Platz greife. Rct orm - oiK r R e v <> 1 u l i u n .' So
nnltrläuft dem Verfas.ser leider ungewollt \un diesem nicht ganz
vorurteilsfreien Standpunkte aus auch hie und da eine Scheidung
der Menschen in sozusagen höhere und niedere, in obere und
untere Schichten, obwohl andererseits eine freie, hart strafende
Kritik der höheren und höchsten Kreise unnniwundene Aus-
sprache findet. Immerhin haftet dem Buche durch das treibende
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All»rh»iwl RefoniiK«*(lHnk<*n.
Motiv, das die Gefahr des Umsturzes von unteu herauf zu sehr
betont gegenüber der ungleich grdfseren und verderblicheren
von obenher, ein kleiner Mangel an, wenigstens in der Anlage,
nicht aber in seinen ])raktischcH Fordeningeii, durch die Ver-
fasser einen Ausgleich. \*ersöhnung für alle, ein mensch<?ti-
würdigerts und innerlich gehnltvollere^ Dasein für hoch und
niedri«: anzubahnen sucht. Diese Fortierungen aber auch nur
aufzuzählen, die Fülle überraschender Wahrlieilen, das i^anze
grofse Prograiinn unita.s.^tndster sozialer Reforniarbeil in seinen
Grundlinien, die flammenden Prophetenworte auch nur anzu>
deuten, womit in hoffnungsmutigem Idealismus ein reicher Geist
warm und eindringlich r\i den Herzen, feierlich und ernst
strafend zu den Gewissen seiner Volksgenossen und Hrüder
spricht wäre müfsiges Beginnen - Wäre es tn'rbt seliön ,
so schlielst Verf. das Kapitel über Annen- und Schiitz]>flege,
ein grofser. des scheidenden Jahrhunderts würdiger Gedanke,
wenn wir alle Kräfte, die uns zu CVebote stehen, das Denken,
die Thatkraft einer ganzen Nation in ihren besitzenden und ge-
bildeten Elementen, die Erfindungen der Neuzeit, die Fortschritte
der Wissenschaft, die Hinrichtungen des Verkehrs und Betriebes
zusammenfassen, einstellen wollten zu einem grofsen Werke: zur
Linderung des Elends unter unseren Volksgenos.sen. zur Heilung
der Wunden, welche das moderne Leben Tausenden schlägt;
wenn wir unter fester Aufrechterhaltnng unserer bestehenden
Ordnungen und unter energischer Zurückweisung aller bethören-
den Irrgebilde versuchten das Herz dieses X'olkes uns und dem
Vaterlande wieder zu gewinnen durch die Macht, die grofser ist
als alle anderen zusammen, der niemand widersteht, die alles ab-
wendet: durch die Macht der Liebel - Den Hauptnach-
druck legt also Verfasser auf die sittliche und geistige
Keforni.'irlieil, sie ist ihm ungleicli wichtiger und notwendiger
als die Neuordnungen auf dem ( )r.uanis;iti(>us- und Wrwaltungs-
geliiete. i)lAv<)hl tjerade die \'or.sc]ilä)6;e des Verfasser.s nach dieser
Seite von hervo^ragend^ier Bedeutung .sind, seine be.soudere
Stärke bilden. Indes schwebt dem Herrn Verfasser auch bei der
geistigen Reformarbeit wieder eine Art Beherrschung, wenn
auch eine geistige Beherrschung der Massen« vor. Es mag
ja sein, dafs weite indolente Kreise nur durch die grell ausge-
malte Gefahr der Revolution, durch Angst und Furcht vor den
mit Hunger und Not ritigenden, unter hartem Druck seufzenden
niederen Schichten, vor deren lUend. geistigem, sittlichem uiul
physischem, man in rnfähigkeit die Augen verschliefst, zur
Hilfe anzutreiben, zu Reformen mllfährig zu machen sind: dafs
sich aber solcherlei Leute damit sollten gewinnen lassen, daf.K
man ihnen »geistige Beherrschung der Massen <• zur Pflicht
macht, wo doch, wie Verf. selbst des öfteren zugesteht, gerade
112 Olta ftrhttlx».
der gewohnliche Mann uadi geistiger Nahrung hungert und
dürstet und mit Eifer in Bikhmi^ und Sitte* vorwärts und höher
zu gelangen trachtet, ist bei der in jenen Kreisen sich immer
mehr ansbreiteiiden oberflächliclien ('c^inniini; tnul iliren rein
nmtci icllen Neigungen und intere.ssni kaum an/iiiu Iiuilh. I>n/Ai
kommt, dafs eine geistige Beherrsclumg der Massen schlecht-
hin heute • wo gerade alle uutci.sciiiedslos teilhaben möchten
in erster I^inie an den B i 1 d u n g s güteni, wo die Grenzen zwischen
oben und unten völlig zu verschwinden drohen, sodals steh mehr
und mehr, wie Verf. ganz richtig bemerkt, ein Herabsinkender
sogen, oberen und ein Aufsteigen (bis zur schliefslichen Aus-
glcichuii.f^) der unteren Schichten bemerkbar macht nicht mehr
recht am Platze ist. Das Charakteristikum der lieutigen Zeit ist :
rücksichtsloseste Nivellierung in})e'/ui; auf Stelhnig und Be-
deutung der Person und schart verlochlene Cileichberechligung
in der Erwerbung materieller und geistiger Güter. Das mag be-
dauerlich sein, ist aber unleugbar wahr. Wo man indes nicht
allzusehr sich um den Vorrang bemüht, nicht gar eifrig die
Oberherrschaft zu erringen trachtet und womit doch am letzten
Ende alle Wertschätzun«^^, jegliches echte Streben und Kämpfen
anhebt - das i.st auf dem Gebiete der sittlichen Herrschaft
und sittlichen (rröf^e. <ler schlicht religiösen Mensch-
lichkeit! Denn (jline reine holie edle Sittlichkeit kein Streben,
ohne Gott und Glauben kein höheren Anforderungen genügen-
des Dasein! Bildet Männer, schafft Charaktere! so' möchte
man allen Reformern ernst und eindringlichst zurufen und in
die Seelen gra!)en. *Für das neue J ahr hundert ein neues
Geschlecht auf neuen Wegen! Das ist im Cirunde auch
das M»)tl<) der Massow'srhen Reform, dnranf laufen schlit fsüch
alle seine hoi ilcniui^cii und ßeslrebungen liinatis. I>ic päda-
gogische Well kann sich daher dieses Wcik^- von lier/.en
freuen und nur lebhaft wünschen, es möchte so. w ie Massow die
Pädagogik vertritt, dieseU)e überall zur Geltung gelaugt u; denn
der Hoffnung darf man sich doch wohl nachgerade hingeben,
dals die Hinsicht sich endlich Bahn brechen wird, dafs jegliche
Reform undenkbar ist, die nicht von pädagogischen bUeu
getragen, von erzieherischen Grundsätzen bewegt wird. Die
Zeit wird und muH einmal kommen, in der man die Ivrschei-
nungen des öffentlichen Lebens nicht nur nach ihrer polili^^chen,
sozialen oder kirchlichen Seite, sondern aucli nach ihrer jiäda-
gogi sehen beurteilen, wo man von jeder öffentlichen Wirksam-
keit auch erzieherische Früchte erwarten und fordern wird.
Und so hat man seine helle Freude daran, wie in dem Buche
von Massow von pädagogisch uninteressierter Seite die Bil-
dungs- und IC r / i l Ii u n gsinteressen in das hellste Licht gerückt
werden. Darum mui.s vom ])ätlagogi sehen Standpunkte aus ganz
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Ailmbimd R^totiBKMtRiikMii.
besonders das dritte Kapitel interessieren, das von der Er-
ziehung der erwerbsarbeitenden Jugend handelt Da
beifst es u. a.: Über den \vohlha])eiulen und reichen (vaterlosen)
Knaben und Jünglinjj führt der Staat, die Gesellschaft eine
scharfe Kontrolle, seine Kr/iehiniL; w ird ftirsorgUrh p^elcitet, sein
l'j^cnlnin verwaltet, er darf keine- keelil>h;iiidluii.s4en \oniehnieti
u. >. \v. Hai das Kind des Volkes nicht denscll>cu Ansprueh
auf Fürsorge? . . . Nichts niuls dem. dem die Zukunft des
Vaterlandes am Herzen Hegt, so wichtig sein, als die Fürsorge
für die Heranbildung des kommenden Geschlechts.« . . . «Sind
die Jünglinge und Jungfrauen im minderjährig :i Mter (r4 — 20)
unserer Fürsorge nicht ebenso anvertraut wk- die Knalien und
Mädchen unter vier/chn Jahren, sind sie nichl Kinder tniseres
X'olkes, unseres Witerl imles ? Und für wen arbeiten sie, wem
dienen sie? Für uu.>. nur uns!
Üas ganze weite (Gebiet der Jugenderziehung ila.s vor-
schulpflichtige Alter, das eigentlich schulpflichtige Alter und das
nachschulpflichtige Alter — wird von dem Verfasser kritisch
beleuchtet, für alle regt er Reformen an.
I''nr die vorschulpflichtige Zeit verlangt Verf. durch-
geliends, vor allem auch auf dem Lande, K i n d er b e u ali r-
an stalten, das kindliche W esen zu bewahren vor körperlichem,
geistigem und sittlichem Ruin.
\'on ganz besouderem Interesse ist, was Verf. über die ICr-
ziehungsmafsnahmen sagt, die das nach schul pfliehtige Alter
betreffen, d. i. nach M. die Zeit vom 14. bis zum 20. Jahre und
darüber hinaus. Nicht blofs. dafs er Fortbildungsschulen
mit dem ausgesprochensten Zwecke der Erziehung für alle staat-
lichen Verbände, grofse wie kleine, fordert, er ist vielmehr auch
der Ansicht und dnrin stimmen wir iliiii vollständig bei
dafs die Bildungsarheil in ilinen vergel)lich sein oder Ijleihen
nnifs, wenn nicht daucl)eii und darüber liinaus die Hrziehungs-
arbeit sich fortsetzt, wenn nicht der Lehrling und der Gesell,
das Dienstmädchen und die Köchin oder dergl. in ihrem Ar-
l>eitsverhältniH und ihrem sonstigen Verkehr und Leben einer
gewissen Aufsicht unterstehen, wenn nicht der sich seiner Auf-
ga1)i \ollbewufsle Meister (Lehrperson) von Krziehung.sorganen
Unterst ül/1. der lernende Teil nic-lit in allem sorglieli'it geschützt
und behiilet. wird. M.i^sow will diesen Seluil/ liuer sogenannten
P f 1 e g s e Ii a 1 1. ül)er\\ K->cn wissen, deren liertchtigung und Not-
wendigkeil er cingcliend begründet, indem er u. a. sagt: lis
ist durchaus verkehrt, wenn die bürgerliche Gesellschaft dem
Minderjährigen gestattet, sich die Arbeit zu suchen, wo er will,
die angebotene anzunehmen oder abzulehnen, die angenommene
wieder zu verlassen, den Arbeitsverdienst nach Belieben /ti ver-
wenden« . . . «'Man setze für -jeden Stadt- und für jeden Laud-
9m 6»hMii TU. 8. . ' . 8
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kreis einen Pflegschaftsrat ein, den die Pfleger aus ihrer
Mitte wählen. Jedes Kind, welches die Schule verläfst und
aulserhalb des Vaterhauses in Arbeit treten soll, niufs bei dem
Pllegschaftsrat angemeldet werden und erhält einen Pfleger, von
denen auf je einen etwa 15 bis 20 Pfleglinge kommen; derselbe
prüft zunächst den Wrtrng, wcIcIrii Vater oder Vormund mit
dem Arheit'Ljeber al).i;eschl()ssen hal)en und der seiner, des Pflegers,
Iiestätijj;^nng bedarf; er sor»;! für Wohnung und Ko>l, suelit den
Pflegling vor schädlichen Hintlüssen in sittlicher Bezidiung /.u
bewahren, an ihn sind I,ohn und Verdienst zu zahlen» der da-
für Wohnung, Kost, Kleidung, Wäsche etc. bestreitet, dem Pfleg-
ling ein angemessenes Taschengeld giebt und den Rest auf der
Sparkasse verzinslich anlegt. — Man kann i^ewifs hierin dein
\'erfasser angesichts der trostlosen Zustande heiiti^rr Zeit tni-
umwunden /.nstimmen und .i;anz gewifs auch darin, dals er als
Ergänzung und Fortsetzung dieser kräftig und /ieDiewuist be-
gonneneu Erzieherarbeit weiterhin Volksbibliotheken, Volks-
unterhaltungsabende, Volksfeste ii. a. fordert, die insge-
samt die schöne Aufgabe zu erfüllen bestimmt sind, unser
deutsches Volk geistig und sittlich auf eine höhere Stufe der
Bildung zu bringen. Der Sicherheit und Gewifsheit aber, wo-
mit der Verf. uns die Hoheit dieser Ziele und die Möglichkeit
ihrer Erreichbarkeit bei nnr einiiren! gnteti Willen und Geschick
vor Augen hält, merkt man an. dals ihm ]iraklische \'ersuche
diesen Glauben und diese ZuverNiclit gegeben. iCiu jeder, der
das deutsche Volk und seine Art, seinen trotz aller materiellen
und sinnlichen Neigungen höher gehenden Sinn, seinen Hang
nach idealen Gütern nur ein wenig kennt, wird ihm voll und
ganz beistimmen, wird wissen, dafs es bei ihm nur eines kräf-
tigen Hinweises, einer zielbewufsten Leitung bedarf, um von
falschen Wegen weg auf die richtigen Bahnen L^elenkt /n werden.
Xnr frisch aTi< Werk, ilnn naeli I so nioehle man allen dcnl>elieu
l'T/iehern. allen deutsch fühlenden und national empfindenden
Männern zurufen! —
Stimmen wir in diesem allen dem Verf. rückhaltlos zu, so
nicht ganz in dem, was er über die schulpflichtige Zeit, über
die eigentliche Schulerziehung sagt; so mir nichts dir nichts,
auf so einfache Weise lassen sich Probleme, und um solche
handelt sich's. doch nicht losen; wir können ihm hierin nur in
dem Recht geben, was er über das mehr äufsere (retriebe. über
die Schulorganisations-. Ivehrerbiklungs- und Besokiungsfrnge.
ül>er Verstaatlichung der vSchule, Schulverwaltung u. v. a. sagt;
hier sind die Massow'schen Ziele die uni^en, die Ziele der ge-
samten deutschen Lehrerschaft, und sie verdienen insgesamt von
dieser erkannt und gewürdigt zu werden. Darin jedoch hat
Verf. unseren Beifall nicht, was er über die eigentliche Bildungs-
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und Erziehungsarbeit, über die unsagbar schwierige und darum
so wenig erfolgreiche Arbeit an den kindlichen Seelen und
Geistern urteilt und daran umgestalten will; hier scheint er mehr
auf dem Boden einer mechanischen Abrichtung als einer tief-
greifenden pädagogischen Schuhmg zu stehen. Gleichwohl be-
get^iet man auch hier Ocdaiiken. die man in pädagogischen Fach -
Mätlc-m nicht i^craik- häufig antrifft, wie beispielsweise dem von
dem DurchciiKuidci iler Lehrfäclicr und der Zerrissenheit in Stoff
und Methode, sowie dem von der jünhcitliclikt;it des Lchrplans.
deren Mangel bei unseren mannigfaltigen Schulgattuugen und
Systemen bei Umschulungen und auch sonst zu dem unerträg>
liebsten Gedankciiw irrwarr. zu dem allerärgsten Dilemma, zu
einem unverzeihlichen Hemmnis für die geistige Weiterentwick-
lung wirfl
Auch wns sonst der \'erf. über die Pädag()u;ik und ihren
wünschenswerU n. weil nur allzu berechtigten Ivinfhil's auf Kunst
und Wissenschail, vSiaat un<l Ciocllschaft etc. und an damit zu-
sammenhängenden Refomiideen entwickelt, verdient die weit-
gehendste Beachtung und in vielem unbedingte Anerkennung;
so gar viele noch der Vorschläge und Anregungen Massows
konnte man der kämpfenden und rini:c!)(]eu Menschheit als zu
ihrem Heile- rlicTiend, zum Ziele un<l Preise setzen und recht
cnidringlich zur Arbeit anspornen und mahnen, wenn man eben
nur gewifs sein und der Hotfiuint!; Raum geben dürfte, sie Helsen
.sich über kurz oder lang erreichen, wo man doch leider eben
nur wenige am Werke, nur vereinzelt die Einsicht sich durch-
brechen, nur langsam die Erkenntnis der Wahrheit von den rechten
Mitteln und Wegen grofser durchgreifender Reformen wachsen
sieht Darum möchte man mit M. klagen: «Nichts ist so
schmerzlich in unserer Zeit, als dafs sie des Idealisnuis so bar
ist. .\ber warum ist sie es"' Weil sie den Blick nicht mehr nach
oben richtet Die grolse ernste Fra.Lce ist die: Haben wir noch
die innere Kraft zu Reformen, sind wir noch imstande,
mit geistigen Waffen den Kampf zu führen gegen die
Mächte des Umsturzes? Auch die besten Reformen, auch die
vorzflglichsten Verwaltungsorgane können uns nichts nütssen,
wenn uns das Leben fehlt, mit dem wir die Gebilde, die wir
schaffen wollen, auszufüllen, der lebendige Odem, den wir ihnen
ein/tiflöfsen vermögen. Der Materialisnuis beben seht die (Gegen-
wart. Auf allen Gebieten fehlt da.s ideale Streben.^ —
(Fortsetzung folgt.)
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Liose Blätter.
Die Eiiiühiiiig «irr al)liang;igen tüilc.
Wie oft hat man nicht fli< Klappe eines verzweifelten Lehrers
jrehört dals die Schüler im bcsländi«;(jn K:ini]>fe tnit der (»rani-
matik liL>;cii, namentlich dann, wenn > --ich um (ieii Gehrauch
der i aiie handelt iMit einer merkwürdigen Konsequenz, setzen
nicht blofs die Schüler der tintem Jahrgänge, sondern auch die
der oberen Klassen unserer Volksschulen den dritten Fall für
den vierten und den vierten, wo der dritte stehen inufs. Diese
Erscheinung tritt sowohl im niinullichen Unterrichte als auch
bei der Anfertigung schriftlicher Arbeiten '/ntrti::e. am haar-
sträubendsten jedoch, wenn die Kinder dem Lehrer ihre iiiantiig-
fachen Bitten, Anklagen und Kntschuldigungen vorl>ringcn.
Vom zweiten Falle wollen wir lieber gar nicht reden, weil von
der richtigen Anwendung desselben oft keine blasse Ahnung
vorhanden ist. Und eine solche Mifshandlung unserer schönen
Sprache h5rt man überall in deutschen Landen, »soweit die
deutsche Zunge klingt' , in den verschiedensten X'ariationen. oft
mehr, oft weniger das Ohr verletzend: nicht minder von den
zu ti genfer! i^n n Schw;it/eni der gröfseren Städte als von den un-
beholfenen Knidern der Dorfschulen.
Liegt die Schuld um Lehrer? Der läfst es doch an dem
fleifsigen Betriebe des grammatischen l'nterrichtes nicht fehlen,
ebensowenig wie an der Vorbereitung und der Verbesserung der
schriftlichen Aufgaben und an der Aufmerksamkeit auf die
Sprachfehler im mündlichen Unterrichte. Umsonst! Immer und
wieder tauchen neben neuen fehlerhaften W endungen die alten
schon so Tind so oft korrigierten Fehler gewöhnlichsten
Schlages auf.
Kein Wunder' Diese Sprachfehler hnt der Schüler gleich-
sam mit der Muttt-rmilch tingesogen durch tkn zu Hause ge-
sprochenen Dialekt oder, was noch schlimmer ist, durch das
verderbte » Hochdeutsch welches in manchen »gebildeten Fa-
milien ^ geredet wird.
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Dir RinOliniv 4w «hhlnfflifeii Fillc.
Tvr liörl und spricht die fehlerhaften Ausdrücke täglich und
stinullicli. nie Si Inilsprache hört er tmr einige v^tuuden des
TaKc>, den Diakkt während der ,i;.m/en übrigen Zeit.
Die SchwieriKkcil, die der Mundarl entstammenden Felder
auszurotten und die maugelhatle und verderbte t^prachc des
Schülers dttrch ein gutes Hochdeutsch zu ersetzen, liegt auf
der Hand. Prüfen wir denigi^enüber die der Schule zu geböte
stehenden Mittel und die gewohnheitsmäfsige Anwendung der-
selben I
l)a(s der j^c^nnite I'nterricht. ja der Unterricht ri1)erliaiipl
an der Iirreicluin«; (le> angedeuteten Zieles zu arbeiten hat. kann
um M> weniger liistritUn werden, als ein lebendiges vSpraclitje-
lühl für die Hediugung aller Sprachbildung angesehen werden
mufs, das Sprachgefühl aber nur durch den Gebrauch der Sprache,
durch Hören und Sprechen, erzeugt wird. Hbetiso unerläfslich
wie die eigene mündliche und schriftliche Übung des Schülers
in der Muttersprache ist bei \'erstöfsen desselben die Herich -
tigung bezw. HeUhning des lA'hrers. ]**s kann aber auch kein
Zweifel dnrnber bestehen, dafs die Herichtigung im mündlichen
rnterrichle nur eine geleKenllielie sein und die Rücksicht auf
die sprachliche Form niefnals den Gang des l'ntcirichles stören
darf, indem sie das sachliche Moment in 4^n Hintergrund
drängt
Dieser Umstand, sowie die zahlreichen und maimigfalttgen
Sprach I i 11 r des Schülers fordern die Erteilung des grammatischen
Unterrichtes in <Ur Volksschule, da nur <lurch diesen eine syste-
matische HekTunpfung der Sprachscliwieris^kciten ermöglicht wird.
Die Grainniatikstunde dient ;ibei keineswegs, wie sie sollte, ledig-
lich der IkkämptuuL; der Sprachfelder und der Weckung und
Befestigung des Spraciigctühls. \ ieie Lehrer kiinnen sich mit
dem Gedanken nicht befreunden, beim Betriebe des grammatischen
Unterrichtes alles Regelwerk auf ein Mindestmafs zu beschränken.
Dafs Begriffe wie Dingwort. Zeitwort. Eigen Schaftswort u. a.
im Deutschunterrichte nicht entbehrt werden können, wollen wir
tlurchaus nicht in Abrede stellen: doch es kcmunt sehr darauf
ati. wie man dieselben vermittelt. Nicht durch abstrakte Defi-
nition, sondern durch den Gebrauch werden die Schüler sie
unterscheiden lernen.
Wenn auch in den letzten Jahr«i von den Methodikern
die Übung als das wichtigste Moment der Sprachlehre betont
wird, auch dann und wann Streifzüge auf das Feld der mund-
artlichen Fehler untenionuneii werden, so wuchert doch dieses ein-
gewurzelte Unkraut zu nppig. um auf diese Weise gänzlich aus-
gerottet zu werden. Die eine Stunde Si)rachlehre genügt nicht,
um den verderbenden Kinflufs des auf'^erhalb der Sehlde stets
gebrauchten Dialektes völlig brach zu legen, zumal die Methodik
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Ii8
W. KdhpnkNiHp.
des !ti Rede stehetulen rtitt'rriclit.s>;c};eii.staiidt s je iiacii den in
den \ t-r.schieileiien (iegcndcii herrschenden DialektichWrn immer
wechsehide Schwierigkeiten bielel.
In einem Punkte stimmen jedoch die Mundarten des Ostens
und des Westens unserer preufsischen Monarchie, von Stadt und
Land überein, und wir denken : in der Hauptsache, nämlich der
Verwechselung der abhängigen V'äWl.
Der Kampf i^ej^en die verderblichen Kinflüssc (kr Mundart
mufs sich darum in erster Tjnie ^ej^en <kn tmrichtij^en Ge-
brauch der \ itr I'aHe richten, niesen Gedanken hat der \'er-
fasser des bei Krickenhaus in Meltniann erschienenen W'crkehcns
'Sprachstoffe zur Einübung der abhängigen Fälle . Herr L. L i n k.
aufgegriffen und ein nach methodischen Gesichtspunkten geord>
netes reichhaltiges und zugleich wertvolles Übnngsmaterial zu*
sannnengestellt. Das Bfichlein ist für die Hand des Volks-
schülers l)estininit und kann sowolil des l)illigen Preises (25 Pf.),
als nncli der praktisdien nnd pn^-eiukMi Ausstattung wegen
Äur allgemeinen Anschaltung nur rin])fohlen vM.r(kn.
Da der Verfasser von einem Anschlüsse an den Lehrplan der
Volksschule abgesehen hat und absehen nuilste, hat er seine
»Sprachstoffe<< unter den Hauptrubriken vDer 3. Fall<, Der
3. Fall«. «Der j^. Fall' zusammengestellt und beim 2. Falte
z. B. eingeteilt nach der Abhängigkeit von einem Dingworte,
einem Zeitworte, einem Kigenschaftsworte, einem Verhältnis-
^V"rlc. Die ein/einen Thuni^'-en schreiten strenv:: nacli der
.Schwierigkeit lurt ntid /cichnen sich durch ManniutaHii;kril
ans: die Beispiele, wlIcIic je nach fkr Xatur tk> Stultes cnic
Ivrgän/ung, eine I nisltrllnng, die Meantwortung einer Trage,
eine Erweiterung u. s. w. fordern, sind den verschiedensten Ge-
bieten entnommen und weisen durchgehends gehaltvolle Sätze
auf. — Obwohl Link*s 'Sprachstoffe'^ keinen lehrplanmäfsigen
Stufengang innehalten, würde sich dem Lehrer häufig Gelegen-
lieit bieten, dieselben in innige und fruchtbringende \'erbiudung
nut dem l nterrichte zu setzen und sowohl als Schul- wie als
Hausaufgaben zu verwerten.
Ks ist unsere Überzeugung, dals die Volksschule bei einer
solchen systematischen Bekämpfinig der Fallverwechselung, wie
sie Links »Sprachstoffe* ermöglichen, der Lösung der Aufgabe,
den Schuler mit einem richtigen Gefühl für die hochdeutsche
Sprache auszustatten, einen Schritt näher kommen wird.
Crefeld. \V. Rübenkanip.
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Neuere Erscheinungen
auf dem Gebiete des deutscJieii
Spracliunterriclits«
Vom Herausgeber,
fi. K(Miinieutarc.
A. J. Endris, hic IKhandl u ti u v-^n r, imI i cli Icn tn der Volks-
schule. \V it.sbaticn, R. licchlukl it. Comp. 40 S. 0.75 ,M.
Diese von der Kgl. Rcgicruiiif in Wiesbaden mit dem ersten
rrüise der .Seebode-StUtung« gekrönte Schrift bringt in knapper,
übersichtlicher Fomi eine gute Anleitung zur schulgemäfeen Befaand-
lung von Gedichten ; neue Gedanken enthält sie freilich nicht
Bmil Schneider, Hauptlehrer an der Ket/.erbachschule zti Mnrhurjf.
Lehrproben über deuts oh c l.csestüoke. i. Rd. : J«ür die
T'iiterstufe. Marburij 1S95. Karl Kraatz. 304 S. M.
li«'iiihol<l .lülirher. Lehrer in Kixdorf- Ikrün. LräparatioTuti /nr
unlei rie litlichcti Beliandhing deutscher Muslerstiicke
in der Volksschule, i. Bd.: 80 Sprachstücke ffir die Mittel-
stufe. Berlin. R. Mickisch. 184 S. 2 M.
K. Dorenwellt Präparationen zur methodischen Behandlung
deutsch er Musterstücke. Ivin Handbuch für Lehrer /um
ficbrauch in den unteren und mittUren Klassen höherer Lehr-
.inst.'iltcii itiul in <Ien Mittel- tind Oberklassen von \'olks imd
Hiugerschulen. i. Teil. Hannover 1S95, C. Meyer (G. Trion. 232
S. 2.50 M.
Die ]<ehrproben über deutsche Lesestücke schiefsen seit einigen
Jahren wie Pilze aus der Krde. Schade nur, dafs sich in allen Büchern
fast stets dieselben Stucke behandelt finden ; an manche andere Stoffe
.<>cheint sich niemand lieran/.uwageti. Diese Hriahrunp: macht man
auch bei der Durchsicht der obij^en I^ü. Ik i die im übrigen alle drei
emi)ft)hUMi ^Verden können. In der Art der BehandlTiii.<i tintcrsi hcideti
sie sich nicliL wesentlich \ <>nfiiinnder. Schneiders liiich schlieist sicli
in erster Linie an die vom hexsi.schen Lehrerverein heransjjegebenen
Lesebücher, das Buch von Jülicher an die Lesebücher von Wetzcl-
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130
itfhniiNi'» Mt-jrcr.
Scliuiiiaini oder Wetzel Hüttiicr. wahrend I >i)r( 11 well /.uiiächst die- Ia'Sc-
hüoher von Hopf im l Taiilsieck, von l Uiggc uiul das Hannoversche
T.c-sttim-li heriicksiclilij^t hat.
K. Kuenei), Prot . timi ^I. Ka»'i-s. liin-ktor. ! )i e d etilsrh t-n Kl.issikcr,
erläutert und gewürdigt lui holicrc LeliransLaitvn sowie /um
Selbfitstndiam. 1. Bändchen: Schitiers Wilhelm Teil, von Kd.
Kitenen. 4. Aufl. 115 S. i M — u. Bändchen: Goethes Kj^mont
von Dr. Fr. Vollmer. 113 S. l^ipziis, Heinr. Bredt.
Die beiden Hefte enthalten alh v v t der Lehrer zur l^rläuieriing:
tind Wiirdiq-nng der Dramen zur Hand hal)en imii's. um] sind zur
\'orbereitun.ir anf den l nterricht bestens zu empfehlen. U elclien An-
klang die Sanindnnir uefunden hat, geht auch daraus hervor, dafs
von dein ersten l?;ui(Kh( n in wenigen Jidiieii die }. Auflage Norliegt.
M. Evers, hnektt>i. Sehillci s ( ,l->, ke . Neue Textausgabe mit \er-
anschaulichender ICrklärung. cing^ehender Jirläutcrung und um-
fassender Würdigung. 194 vS. 1.25 M.
J. Steiger, Schillers Lied von der Glocke. Für mittlere und
höhere Schulen hearbeitet. Bern 1H94, Schmid, I^rancke u. Co,
T48 S.
J. Geisel, Seniinarlehrer, Der <Uockenguls. Materialien 7,nr Bc-
vsprechung des Schillerschen Liedes von der Glocke. Mit 8 Ab-
bildungen. Für den Gebrauch in höheren Lehranstalten. ,-^1 S.
" 75
Drei Erläuterungen von Schillers unsterMiohent l.iede, die sämt-
lich in ihrer Art ein pfehleuvswci l ^.ind. Hie umtas.sentlste und griind-
lichste ist die Arbeit von Hvers, die schulgemäl.seste die \ on Steiger,
während (Deisel durch seine detaillierte Beschreibung des Glocken-
gnsses beide ergänxt.
C. Scbmidt, Faust, ein Menschenleben. Versuch einer liamu»-
nistischen Analyse. Berlin 1H95, Kosenbauni u. }Iart. 168 S. M.
Die Faust- Litterat ui ist bekanntlich schon fast ins Unüberseh-
bare gewachsen, lind noch immer wieder versucht sich «ler Menschen -
geist an »liescr gewaltigen Dichttmu D« r \ ( rf. obiger Sclinft gehl
nem Wege. Ihm ist fler l"au>i < m 1 >i -auisclu s (Tanzes. Ausgehend
voll sich und ileiu Leben und nielil von i rUuii<iLii sucht er deshalb
insbesondere die Kinheit der Dichtung blofszulegen und die handeln-
den Personen nach Charakter und Wesen zu zeigen. Wer ein Faust-
Verehrer ist — und in gewissem Sinne ist es ja ein jeder wird auch
diesen neuen Versuch zur Hntsicgelung des Testamentes (toethes
nicht unbeachtet lassen dürfen.
9. liitteratargeschicbten ; Btieher Bber Poetik.
Dr. Gottlob Egelhaaf. drund/üge der deutschen Litteratur-
geschichte. 10. Aufl. I.eip/.ig if>y4, O. R. Kcislaiul. 185 S. geb.
2,40 M.
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Keurre Er«cheinuiiRen Nuf «triii Oebielr 4r« <leat»cbcn SpmrhuntvrrichU. i 7|
Dr. Otto Lyon, Al)rifsder I.itteraturgeschichte. .vAufl. heip^ig
f'<n- V- C, Ti uhiier, 142 S.
Dr. tr /iirh(ni.seii. ( )l)erlt:hrcr, litutschc Li It er a tu r k u 11 d t-. Leit-
fiukrii für höhere Schulen. 2. Aufl. lierliu iS()4. Nicolai. 15S S,
Prof. Dr. Gottbuld Klee, Grunclicüge der deutschen ]. itterulur-
gescltichte. Für höhere Schulen und xitm Selbstunterricht.
Dresden 1895, Georg Bondi. 180 S. 1.50 M.
Dp«. J. WychgrsD, Hüfsbuch für den Unterricht in der deut-
schen lyitteratur^'eschichte. 2. Aufl. Bielefeld u. Leipzig
'.^ul. \'clhagen u. Kinsing. 154 S. r.25 M.
Dr. K. HeihiiHiiii. < esch i cli t e der dcMtschen X at i on al - Litte-
ratur. Hin Ililfsbuch für Schult und Haus. 2. .Aull. Hrt^luu 1895,
Hnnl Hirt. 148 S. 1.60 M.
ti. Hotorp, Seminar-Oberlehrer. Lehrbuch der deutschen Litte-
ratur. Für Lehrer und Seminaristen. Halle a/S. i^St Schrödel.
227 S. 2,80 M.
h's ü^ht einem das Her/, auf. wenn man diese I^itteraturge-
schichten durchsieht und sie mit den älteren verj,deicht, den l)e-
kanfiten Klr.u'c nicht nu^i,^fsr!iU>ssen. <ier auch im (Inuide hei den
-Tili n \" < > r ,1 1 /. f n wei.ser Slot thivschränkiinir stehen gi l»licl)i. n ist.
.Mit welchem HaUast von Namen sind diese alteren IJücher l)eschwert,
die ohne die herkönuulichc Aufnahme in die Litteraturgeschichte
längst und nicht mit Unrecht gänzlich vergessen sein würden. Damit
haben die vorliegenden Litteraturgeschichten gründlich aufgeräumt:
die Dichter sind wirklich in weitem «Siebe gesiebt. Durchaus im
Mittelpunkte stehen die beiden Blütezeiten, j^anz wesentlich wie
nnttirhVh die /.weite, aber auch in ihnen ist eine Beschränkung; auf
die besten poetischen ( ieislesbliiten erstrebt worden. W as an l)e'
merkenswerten Mr.scheinungen /wi.schen den bei<len Zeit.iUern liej^t,
ist lediglich der Verbindung halber, was die nachgocthische Zeit er-
zeugt hat, zur Orientiening des tastenden jugendlichen Geistes ganz
kurz skizziert worden. Am weitesten in der Beschränkung gehen die
Bücher von Dr. Zurbonsen und Dr. Hetlmann, die auch in der Dar-
.«»tellunj^: erkennt n la.ssen, dafs ihre \*erfas.Ser gt a i( ute Schulmäuuer
sind. Hotorii.s P.iich. für Lehn r und Seminaristen bestimmt, ist keine
fitrfntlichc- I .illi raturcrcschirliu : in drei Teilen, die mit den Namen
Jugend . \ olk.^ nml kl.i^si.^v li i l.itteralur benannt siu'l, !>fhnndcH
es den litleralurgesehiclubi lieii vSlott, auf diese Weise \ om l.eu lilen
zum Schweren stufenweise fortschreitend.
Dr. Otto Lyon, Abrifs der deutschen Poetik. Leipzig 189,^,
Teubner. 80 S.
Fr. Damiayer. (,rund/,ügc der Poetik. 2. .Vufl. Nürnberg 1894.
Krön, qi .S. i M.
Zwei Lehrbücher der Toetik. ilie. inlialtlich kr.ir>.kt und sprach-
lich sauber abi^efaisl, ilircti Zweck erfüllen. Das erste ist mehr für
höhere, diis zweite für miniere Schulen berechnet.
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122
Joliitniip» Mt'\fr.
Albrecht Thouiu, Das Drama, liinc gcineuu tistämllidic Darslelluiij;
.sein«) Wesens und seines Baues. Gotha 1893, Tbieneniann. 48 S.
. Das Studium des Dramas an I^^essings Meisterwerken.
(fOtha 1H95, Thienemann. 108 S. 140 M.
Der \ crf. hat sich eingehend und lithevoll mit (km ( iegenstand
seiner Arbeit beschäftiijl und das Krj^ebnis seines Studiums in den
obigen beiden Schriften niedergelegt, die wir bestens empfehlen können.
fO. Oramtnatiselie und orthojurraphisehe Schriften.
H. N«wack, Scuünarlclirer. Spraclistof fe fi\r die \ i>l k.ssch u I e
zur i'bung im richtigen Schreiben und Sprechen. I.chrer-
heft: Diktatstoffe« nebst Anweisung zur Benutzung der Schüler-
hefte und weiterem Übungsmatertal. 6. Aufl. Berlin 1895, Ferd.
Hirt. 119 S.
Hin unentbehrliches Hilfsmittel für denjenijfen. der die weil-
verbreiteten Schülerheftt <ks \'erf. benutzt IHr Name des Verf.
vcrbürjjt die praktische Hrauc liUark« it dt r AtIkiI
K. Uömermann. Ausführliche und \ ul Isla ti di^c Sprach lehre
/.um Ciebrauch in \ olksschulen. i. Ilcit: l'ür die Mittel-
stufe. 6. Aufl. 32 S. 0,20 M. — 2. Heft: Für die Übeistufc.
6. Aufl. 48 S. 0,30 M.
Karl Martens^ Deutsche Sprach Übungen. Methodisch geordnete
Übungen im richtigen Schreiben und Sprechen. Für Volks- und
Bürjjerschiden. 3. lieft (01)erstufe). Hannover 1894, Man/, und
kanj^e. <ki S. (k\<' M
J. F. Hüttnmnn, Deutsche"- Sprac libuch. Melhoiiisch ueordncle
Beispiele, Lehrsätze und .Auljjahen für den Spiachunlerriclit in
Klenientar- und Fortbildungsschulen, .\usgabe B in ;> Heften:
I. Heft, 40 S. 0,25 M. — 2. Heft. 64 S. 0,40 M. — 3. Heft. 64 S.
0,40 M. Stade 1894, Fr. Schaumburg.
Ur. Hpiefs und Prof. Beriet, Deutsche Sohulgrammatik. Hrster
Kursus, für den l'nterricht in den untersten Klassen höherer
T.ehrnnstnlten berechnet. Frankfviit a./M., Kesselringsche Buch-
liandlun^. 39 S.
Dr. W. tftitti«K. Die d e- u ts r h e Sprache-, .Melliudisch hehanek-ll
für Bürger-, höhere Maelchen-, Mittelschulen und Präparandeii-
Anstalten. 3. Aufl. bearbeitet von Dr. H. Zimmermann. Hanno-
ver 1892, C. Mej-er (G. Prior). 141 S. 0,80 M.
Henn, Rosenbnrif, Iy,ehr- und Übungsbuch der deutschen
Sprache für Präparanden -Anstalten. Berlin 1895, Ferd. Hirt.
tCfO S.
A. Lieb, l" bim j^sbuch zur Wiederholun;^'^ der <KnlS(.?ien
(*. raiiinialik. Für Lehrer- und LehreriuncnbilUungsansUdten.
Nürnberg 1.S94, Kürn. 125 S. 1,40 M.
Arth.Ilaes6,Gurcke8 deutsche Schulgramraatik. Fürtechnischc
Lehranstalten bearbeitet. Hantburg 1S94, Otto Meistner. 310 S.
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Nemrc Er«clielniuig«n »ut dem Uebiel« de» 4i*ttt««beii Spraebmterrirlit«. 123
»
Dif vorUcj^ciuleii Ilcfti' kuniuu fiir die Schuljjattiiuj^en, für
wcKlic sie :uif (Iciii Titel bc/cichuel siml. als l>i.itichbar h<-/eichiiet
werden. Soweit sie für \ olks- tiiul Hin jievscinilcu berechnet sind,
ist mit Sorgfalt nur das ausjjewahlt, was wirklich ])raktiächen Wert
hat. was'xuiii richtigen mündlichen und schriftlichen (Gebrauch durch-
aus notwendig ist. Was nur theoretisches Interesse hat, ist von den
meisten dieser Bücher 'ausgeschieden.
W. Seytter, Kurzgefafste I>efclinationi»lelire für den Schulge-
brauch und zum Selbstunterricht. ECslingen 1893, W. Langguth.
S2 S.
A. MaiisliHk<'. r bnn jjsstoff e zur r ü n d! i c h e n lvinübun<r der
Sprach fälle iji N olks- und Iiru>;eisi liulen \-'.'u\v I-jj^an/ung
/.u jecleni Sjirachlielte. Dessau ^- Kahle. i)2 S. «>,4(> M.
Rektion und Flexion sind bekanntlich die beiden Angelpunkte,
um die sich der grammatische l*nterricht in der Volksschule drehen
nmfs. Wer hierfür nach einem zweckmäfstg ausgewählten Stoffe
sucht, dem seien die obigen beiden Hefte empfohlen.
U. DiotU'in, Der Rechtschreibschiiler. Cbungsstoffe zur Wieder-
hobuitr und Hefe.stigunir in der neuen Schulorthographie. 6. Aufl.
W iltLnl)i.rg K. Henosc 17 S. 0,20 M.
Ernst Kühl, Deutsche K ech Isc Ii rei bl eh re. Kin Ililfs- und
Cbungsb^ich für den orthographischen Tuterricht auf drei Klassen -
stufen. I. Stufe. 11. Aufl. 30 S. 0,40 M. — 2. Stufe. 9. Aufl.
32 S. 040 M. — 3. Stufe. 7. Aufl. 30 S, 0.40 M. (>otha 1893,
Thienemann.
Jtth. Mey«T, Lehr- und rbungsbuch für den l'nterricht in
der deutschen K r ^ h i sc h r e i bu n g. 10. Auflage. Hannover
lS<(4. C. Mever riioi). 64 S. <>.;;o M.
Der deutschen K rolilschreibung N ürnberger Trichter. Aus-
gabe A (für \ Olks- und Bürgerschulen), liraunschweig iSy4,
Appelhans u. Pfenningstorff. 16 S. 0,30 M.
Die ersten drei Hefte haben sich, wie die zahlreichen Auflagen
bezeugen» in der Praxis bewährt. Die Reimereien des letzten Heftes
sind nichts weiter als eine werllose Spielerei. Mein eigenes Heft er-
scheint auuciiblicklich in 11. Auflage.
Dr. O. (ibide. Die deutsche 1 n t e r p u 11 k t i o u s 1 < h i t Die wich-
sten Kegeln über die Sat/.- oder I.e.se/.eiclieu und tiie Redestriche,
l.eip/.ig iS«);. ]{. (',. Teubner. 53 S.
(.'. Andrea«, Diktatstoff für die Mittelstufe. Oranienburg 1S94,
Freyhofff. 40 S. ü,,«;o M,
Paul Th. Hermann, Diktatstof fc. Im Anschlufs an die einzelnen
Unterrichtsfächer als Sprachganze bearbeitet. I^eipzig 1S95,
WuTulerlich. i6j S. i/x> M.
Praktisch atigelegte Hefte, die wir empfehlen können, rnsern
\ ollen Heifall hat das buch \ on Hermann, cla c<. \\ ie schon der Titel
sagt nur in sich abgeschlos*iene (ian/e als J )ikiatj>toff bringt.
124
J oh All neu Uvyer.
A-B-<\ Nf uevSchrift ! X'ersuch ciiici neuen tletitsclKii rcchisvlireil>un}^.
mit regeln und Wörterverzeichnis. Berlin iSy^^, Max Ilüffschlä^er.
Anstatt iinnier wieder mit neuen VorHchlägen %ur Vereinfacliung
unserer Rechtschreibunjc au die Öffentlichkeit 7.u treten, thäte man
wirklich beüser. zunächst dem von Fricke gefn^indeten Verein weitere
Kreise y.n erschlieisen \nit1 ctsvaijxe \'erbessernnp;svorschlä<ie dort zur
Debatte /n sU llcn. Diulurch w ürde soliliefslii Ii dt)eh \ ielleicht etwas
erreicht, während die IJroschüren eines eiiuclnen i>ang- und klang-
los untergehen.
11. StilistMche Schrillen.
M. Falk, Materialien 2U einer Lehre vom StiL Jena 1H94,
Mauke. 4^ S.
Dr. L. Cholevlns, Praktische Anleitun«^ zur Abfassung
deutscher Autsat/. e in Briefen an einen jungen Freund.
I.eip/.iK i»^9,v B. ti. i enbner. 104 S.
Dr. Otto liVon. K u r/. ef n fsle deutsche iStilislik. 3. Auflage.
l.ei|>/-ig i^S).^' 1 eubner. 94 S.
Falks Schrift ist ein wertvoller, auf selbständigen Studien be-
ruhender Beitrag zu der Lehre vom Stil. Auf Vollständigkeit macht
die Arbeit keinen Anspruch; sie zählt aber doch eine beträchtliche
Anzahl von den l 'orderunjjen auf, denen eine Sprachliche Darstellung
^renngeti niufs. Die beiden andern Bitclier sind praktische Anleitungen,
die ihre Brauchbarkeit für den Unterricht schon bewiesen 1 '^i-n.
l>r. <Kto IHngcIdein, > k 1 1 i ti t \nfs;it/e erzählenden Inhalts.
Nielsen 1S95, ICmil I-ioili. 132 S. i/»'^ M
A. Lieh. I) e r .\ u f s a t /. u n t err i c h t in d er \ O 1 k .s s c h u 1 e. i.Teil:
Für die Interklasse. OS S. u.^h) .M. - 2. Teil: l'ür die Mittel-
klasse. 166 S. 1,20 M. - 3. Teil: Für die ()berklas.se, i88 S.
1,20 M. Nürnberg 1894, Fr. Korn.
J. Stotfel, Der Aufsatz in der Volks- und Mittelstufe.
1 Teil. 132 S. 1.50 M. — 2. Teil. 167 S. 2 M. Halle a. S. 1893.
Schrcwlel
K. Durenweli. Dir dcutsr!ie Auisat/. in den imtcren und nnlt-
leren Klassen höher» r I .Lliran.stallen, sowie in Mittel- uml Hiiruer-
schulen. i. Teil. 3 Aull. 294 vS. 3.50 M. 2. Teil. 3. Aull. 320 S.
3,50 M. Hannover 1S95, C. Meyer ((t. Prior).
K. Herberger n. C. Düring, Theorie und Praxis der Aufsatz-
tibungen. 1. Teil. 2. Aufl. Dresden 1893, Bleyl u. Kämmerer.
96 S.
Panl Th. liei-inann. Deulsclie .\ufsät/.e für die oberen Klassen tkr
\'olkssciiule und für Mittelschulen. J«eipzig 1895. K. Wunderlich.
210 S ? M
A. Liel», I'riii^rlu' Aufsät/e utit Di^ipositioTu-n /um (iLlii.uich in
I*'ortbildungf>schulen, Tüchlerinstilulcu, Lehrerbildungsanstalten.
Nürnberg 1896, I^eb. 280 S. 2.50 M.
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ifraer«- KrKt-h«'iuunsen uuf ili-iu Ui't>U-lr ilt-s ihui^i'lifn >priirhiiiitorrirhN.
Br. R. Heiase u. Hr. W. Sebrüder, Aufgaben aus deutseben
Dramen, i. Teil: Aufgaben aus Wilhelm Teil. 89 S. 0,80 M. — .
2. Teil: Aufgaben aus >Die Jungfrau von Orleans . 86 8. 0.80 M.
— Teil: Aufgaben aus Wallenstein . !i8 S. t M.
Wir sind im Prinzip j^ej^eti alle Aufsatzsanuuhui^en. da wir die
Überzeugiinj; haben, dais die Aufsätze aus dem l'nterricbte heraus-
warli'jcti müsst ti. und jrder Lehrer am besten seiher wissen niufs.
weiche 1 ■•rill i'iii di. ii Standpunkt seiner Klasse die passendste ist.
Wer aber nacl» einem Hilfsmittel sucht und bei richlij^er \er-
wendunj; kann es ja auch von Segen sein — dem bieten die obigen
Bücher eine reiche Auswahl passender Arbeiten für alle ITnterrichts-
Verhältnisse.
Ohr. Leibbnmd, Her (rcschäftsaufsatz. HfsHngen 1K95, M. Lang-
guth. 74 S-
Th. Jäger, Der gewerbliche Aufsatz. Wittenberg» R. Herrose. 49 S.
Zwei prakti.sch angelegte Heftchen, das erste fiir Volks-, Sonn-
tags-. Winterabend- und ländliche Fortbildungsschulen, das andere
für Handwerker- und stadtische Fortbildungsschulen berechnet.
Vd. Srhrilten über den Schreibiiiiterriidit.
äkrohek, M et hofli scher Leitfaden für (U-ii S ch r ei b u n terr i rh t
in der \'olksschule. Zum ( iebraucl» in .SchuUehrer.seminarien und
\ o1k^'^i huli n Leipziw^ '*^95. I>ürr. iS S. 1 M.
Michael Künkliaminci-, I ► i 1 Sch rei bu n le 1 t i ch t u n d d as Schuler-
taj^ehuvl: ! 'aiiei 1k»i Ti 1^0;. T'erd Sch<»iiin}^h 64 S.
Je j^erin<;er ilu- Atr/ahl »i« 1 Anlciluugeu zu einer zweckiiiaisigen
I'rlcrnung des Schrei)iuiileriicl>ls sind, desto freundlicher werden diese
beiden Schriften .<;;c \vifs anfgenoninien werden. Das zweite Heft ent-
hält aufserdeni dankenswerte .\ngabcn über die Hinrichtung von
Schülertagebüchern, die den praktischen Schulmann verraten.
tu, Vennisehtes.
Prof. Dr. O. Weise, l'nscre Muttersprache, ihr Werden und ihr
Wesen. Leipzitj iSi)^. H. C. Teubtier. 252 S.
Dr. Ott« Lyon, liisniarcks Reden und Hriefe. lubst einer Dar-
stellun<i (Ks Lebens und der Sprache iiismarck.s. i,eip/.ig 1^*95,
Teubner. 21 > .S.
Dr. Ott«» f/Vdn. t st s r!i ri fl /nn> siebzij;sten r, «bti rlsla i- e
Kn<loli 1 1 j 1 d ci) I a n (1 s iti Aufsätzen zur deul.schen Sprache und
I.itleratur, sowie zum deutschen rnterrichte von lÜltz, Brenner,
Feist Frankel. Franke etc. I,eii>ziir is.;4, Teubner. .^64 S.
Wir müssen uns mit der AnzeiK<^ dieser Schriften be^nüij^en.
können aber nicht unterlassen hinzuzufiigcn, daf» jeder Lehrer des
Deutsehen dieseltjen gelesen haben niüfste.
726
Anhang.
Dr. Göhl» 60 Volksschiilaufsätze als Krgfebnis je 14 tägiger Lese-,
Rede-, Aufsatz-, Sprachlehr- und Recbtschreibungsübungen. An-
jfeschlossen an LesestCicke aus den Jüttingr-Weherschen I^cse-
bücliern
Iti diesem Werke liegt l'heorelisolies iitid Praktisches vor, uuletn
der erste Teil die Danstellunj; des Verfalireiis im deutschen Uiiter-
richte beliandelt uud der zweite Teil die praktische Au.sfühning und
Anwenduni*: der methodischen Bestimmungen des ersten Teiles gfiebt.
(«öhl verlangt und führt praktisch durch einen organischen Zusanimen-
schlufs aller l'ächer <ks DeutschnnU rrichls. so dals die Hesi)recliunjf
eines Ivcscstückcs nach der psycholo<iischen Art und Weise der
Fonnnlstufen /.n rTrundc ^fclcijrt wird, dessen zum g^ei.stij^en Ivijjen-
tunie des Kindes jrehrachter Sl itl dann das Material /.u AiifsaU-,
Sprachlehr- und Rechtschrcibunj^siibun«jen liefert.
Das Buch ist mir und \ ielen anderen das sympatischste, das auf
dem Büchermarkte im Gebiete des Deutschnnterrichts erschienen ist;
es ist gediegen sowohl im theoretischen als auch im praktischen
Teile; denn seine Theorie und Praxis weisen nach ijnd veranschau-
lichen die Richtigkeit und das grofsartijj X'orteilhaftc und Interessante
einer Verbindnntr und Zusanunenschlicfsunj; nllcr Dentsclifru her. s<i
dafs hinfort dir Kinder sich nicht mehr in den Aiifsal/>-liiiiikii in
au.i,anl)lickli(-li fernliegende < »t'dankeiikreise versel/.l .scheu <Kler \;ar
nocli in den vSprach- und Rechtschreibelektionen durch ans allen
möglichen (gebieten zusammen gewärtelte sogenannte Muster- und
Anschauungssätze in derselben Stunde aus einem (vedankenkrcise in
den andern gerissen werden und so über dem Ersterfassen des In-
haltes ihre Kraft nicht cinzij^ und allein auf das grammatische oder
orthojjraphischc I.ehrobjekt /.u richten vermögen, so dafs diese Zer-
.♦^plittcrnni:' <Ur ircistiifcti Kvnft schnell Interesselosigkeit und b'r-
lahnnm.L: zur !"(>l;^e hat luui die 1' uteri ichtsresultate nur ganz, minimal
ausfallen. I»ie Ausiühiung dieses schöpferischen (iedankens eines
Zusammenschlusses aller Fächer des Deutschunterrichts verlangt
(iöhl in einer Art und Weise, die nicht blofs nach Psychologie riecht,
sondern wirklich psychologisch ist. so dafs sich der i^ehrer Schritt
um Schritt auch auf dem ( lesamtgebiete des Deutschen die hrage
vorzulegen hat: Wie arbeitet die Psyche, und wie hast du damacli
<leinen Unterricht zu gestalten ?
\ on diesen Hauiit})unkten abgesehen ist noch a!-^ gliicklicher
(Vriff anzuerkennen und als nachaiimeiiswert /u emptehlen, das Jie-
zugnehmen und Durcharbeiten der verschiedenen des vom
sächsischen Kultusministerium herausgegebenen Kegeln - und Wörter-
verzeichnisses, das laut Verordnung in den Händen der Schüler
sächsischer Schulen sein soll.
Wenn hiermit das (»öhrschc Much durchaus empfohlen worden
ist. so soll hinwiederum doch nicht gesagt sein, dafs an ihm keine
Ausstellungen zu machen wären. Ich beanstande vielmehr ilieses:
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Anhaug.
1, Bs wSre mit Wohlgefallen begrüfst worden, wenn die Stellung
der Lesestücke im Lehrplan der Volksschule unter dem Gesichts-
punkte der stofflichen Konzentration zu den anderen Fächern noch
hervorgehoben worden wäre, so dafs man schon auf den ersten Blick
gesehen hätte, wie he\it/utage jeder Autor hei der Stoffauswahl in
jeglichem Fache auch diese Frn<^e des TiK-inaiKk-rq^reifens der T'ntcr-
riclitsgehit-te geflissentlich in das Bereich seiner Überlegungen zu
ziehen hat.
2. Es ist als ein Mangel zu bezeichnen, dafs nicht je eine aus-
geführte praktische Besprechung eines Lesestückes an der Spitze
der Abteilungen für das 3. und 4., 5. und 6., 7. und 8. Schuljahr steht.
;v Ks ist nicht gut, das Lesestück auf der Stufe der Darbietung
einzig vom Schüler lesen zu lassen: denn dadurch begiebt sich
der I.chrt-r eines Mittels, auf das fiemiU der Kinder einzuwirken und
die Sc hiikr durch de n Reiz und das Fesselnile eines giiten \'ortrags
für das Stück von Anfang an zu erwärmen, wit- dadvucli auch darauf
verzichtet wird , schon durch das mustergiltige betonte Vorlesen
manche schwierigere Stellen sofort zum Verständnis zu bringen und
sich der Mühe eines Besprechens zu entheben, also Zeit zu sparen.
4. Die Weise, allein die Schüler sofort lesen zu lassen, wird da-
durch noch nachteiliger, sofern dieses Lesen auch nur abschnittweise
geschehen soll, um darauf gleich für diesen Abschnitt die Sachver-
tiefung etc. an/nschliefscti. Das halte ich nicht für richtig, weil das
lit-inüt nach einem 'l'ulalcin<lriu kr strebt und die Teile im Lichte
des üanzen erst das rechte Schlaglicht zum X'erstundnis finden, ilie
Schüler aber der Versuchung ausgesetzt sind, unbekümmert um das
Verlangen des Lehrers, nur bei dem jeweiligen Abschnitte zu ver*
weilen, weiter bis zum Schlüsse zu lesen, um die natürliche seelische
Spannung /ii befriedigen.
5. Will es mir methodisch nicht feinsinnig getiug abgewogen
erscheinen, die ("berschriften und Dis])osilif)nen in blof.sen Haupt-
wörteni. in kahlen Fin/elwci liiltersehi ifU n zu bieten Ks müssen
Sätze gewählt werden, aber nicht formellen, sondern recht sinniailigc ti
Inhaltes, weil das im Interesse schon der sprachlichen Ausbildung,
wie auch im Interesse des leichteren Festhaltens der Sache liegt,
welche konkreten Sätze aufserdem noch die so wichtige Reihen-
bildung der Vorstellungen vorbereiten, ja zuweilen die einzuprägende
Vorstellungsreihe selbst bilden.
Dnrli das sind schliefslich nicht .dl/t:sclnver ins (iewioht fallende
An.N.slellungen im llinlilick auf das wolU^elunL^ene i^rofse ('»an/.e des
Buches, und ich kann nur damit schlieLsen. das r.ölü sehe W erk noch-
mals zum Studium und nach.schaffendeni (lebrauche angelegentlichst
zu empfehlen.
Ttnig. Paul Koch.
I2ft
V«ne B6«hfr and AttftStM.
Neue Bücher und Aufsätze.
liii l> l^iiavtiil «Ic«. voi'ii;rii .li«lir<"< ••r«<'hii-iii'ii.
a) Bücher.
Bernstein, Alex., Die heutii^e
Scliulbankfra^e. Kine uberHicht-
liche Znsnnimcnstcllnn^ (]lt bis-
her bekannten Schulbank.svsicmc-.
(31 utid Anh. 8 S. m. AbSildt^iij
Herlin, Buchhamll der d^titscneo
Lehrer Zl;;^. i>.^o M.
Beringer, Jos. Aug., Haud-
fertiffkeitstinterricht und Mittel-
schule. I'jne Darlejjunj^ ihrer He-
/ic'htmgen. (40 vS.) Mannheim, J.
Hermann, i M.
H ürbi n, J.W,. Mundart. Sprach-
unterricht und kechtschreibunj^.
>7 S.) .\arau. II. R. Sauer-
läiulet u. Co. o,So M.
Jonas. J. A.. Erfahrung: nnd
Anschanunj^ als (Irnndlajfc der
rclipiö.sen . sittlichen, vaterlän
disclicn u.bür^erlicheti I^r/icliung.
Ivine Mahnunjj /.ur Refonii des
Unterrichts A ll. 247 S.i Kssen,
(5. I). Bäilcker. 2,So M.
Kirchner. I'r., Katechismus
der P.sycholotnf 2. Aufl. (VIII.
297 S.) I.pzg., J. J. Wclxr. M.
I.indner. .M,i,uMir.. Dr. (i. A.,
Die sittlich - religiöse Wciterbil-
duni,' der Jugend durch die Fort-
bildungsschule. (24 S t I^eipzig,
Dürr.sche Uuchh. o.5'> .M.
Münch. (},h. lO's- u. I'rov.-S. liulr.,
Dr. Wilh., Zeiterschcinutigcn und
l'nterrichtsfragen. (46 S.) Berlin,
R. (iärtner. o,So M.
Roihert. I'rof. Dr. ICd . Karten
und Ski/./en aus der aufserdeul
sehen (ieschichte der letzten Jahr-
hunderte. (1^ tarl), Karten ni. ein-
gedr. 11. 1\' vS. Te.vt.) Düsseldorf.
A. Bagel. M.
I\ 11 d . , Ad , f Mu-l!cn1fsrliiu ]i f.
d. ( leschichtsuiitci I u ht in \ olks- u.
Mittelschulen. (X. H>8S,) l,angen-
salza. Bcver u. Söhne. M.
1>* Aufsätze.
Hergfeld, Ma.\. I roh-
Kchannners Auffassung der Philo-
so|)hi( und s( itn organische Me-
thode, in Ikii^iehung ^ebraciit zur
empirisch - philosophischen Me-
thode. (Rh. Hl. f 1:1/ u. l'nt 6.1
1 •■ r a n k f u r t r i . / M . . I ) i e s t e r w c
l* 1 enj II I ng. I ber den jet/ige«j
Stand des fremdsprachlichen
l'nterrichts rlHätter f. d. Schul-
praxi.s b.) Nürnberg. Korn.
Kemper, Dr., Von Oedftchtnis-
untersuchungen. (Rh. Hl. f. Krz. u.
llnt) Frankfurt a.,M.. Die^terweg.
Kiest, .V, Diiü Leben.sbild Jesu
auf der Oberstufe. (D, Bl. f. erz.
I nt 50 51.) Langensalza, Beyer
u. Söhne.
Köhler, Rieh., Kiniges über
den deutschen Unterricht in
unsern Schulen. (Pädag. 2.» Leip-
zig. Klinkhardt.
Köhler. Rieh., Ko.sniojjolitis-
mus utid \'aterlandsliehc in ilireni
X'erhälLnis zu einanik-i und zur
Hrziehung. (Frankf. .Schulztg. 23.
2).» Frankfurt a.;M. .\lf Neu mann.
r o h 1 m a n n , Dr. AU., Religions-
unterricht und Schulanfsicht im
Rahmen des X'olksschulgesetzes.
(Kv. Schulblatt 12.; Urütensloh.
Bertelsmann.
Ri Isuiann, R., Sozialpädagogik.
(Päd. Ztg. 4S 49.) Berlin, W. ii.
S. I.övventhal.
Schmidt, IL. Konzentrations-
versuclic ,uif dem Ccbiele des
naturkundlichen Unterrichts.! Päd.
Ztg. ^< >. ^ I .) Berlin. W. n. .S. !.ö\ven-
thal
Tews. J.. Kinderarbeit. (D. Hl.
f. erz. Unt. 52.» Langensalza,
He\er u. Söluie.
W i 1 1; . , IMiu . ' '.i hören sj)rach-
geschichtiiche Heiehrungen in die
Volksschule? (Päda)^. Blätter 6.)
(lotha. Thienemann.
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Neue Bahnen.
Monal88ciirifl fQr Haus-, Schul- und Gesellachafls-Eniehung.
Heft 3. ' März 1896. ~ yTl7 Jahrg.
Umgestaltung des I4elirplane8 und
der Organisation der Yolksscliule
nacli den Forderungen der
Gegenwart.
\'oti Joh. Homscheidt in Crefekl
Unser Thema erinnert an das diesjährige Vereinsthema
des deutschen I.clnervereins: l'iiigestaltung der ßildtmgs-
ziele der \'()lksschule nach den Forderungen der Gegenwart«.
Und in der That, es bezweckt dasselbe wie jenes Thenia : seine
bestimmtere und bei^renztere FassuniL! uns nur bewalireii vor
allgemeinen l]un)i t lisc lKu Untersnclmngen über das iiildungs-
wescn überhaupt, üi)er die Civundtragen der Pädagogik, über
die sozialen Fragen der Gegenwart u. s. w. Denn diese Unter-
snchungen kommen, wie geistreich und lesenswert sie auch
im einzelnen sein mögen, alle zuletzt in der einen oder
anderen Umsclireibung zu den längst feststehenden Sätzen:
Die Schule hat durch harmonische Ausbildung aUer natür-
lichen Aidagen und Kräfte der Seele und des Leibes eine
richtige Charakter- oder ( iesinnuni^shildung vorzulx reiten
ihr formales Ziel ; durch Beriicksiclitigung des Satzes:
HÖH acholae, sed lifac iltftcimuii, sich den Bedürfnissen des Lebens
anzupassen — ihr materiales Ziel. Die Festsetzung und
Begründung dieser bekannten und als richtig anerkannten
alliremeinen Sätze ist gewifs von Zeit zu Zeit heilsam und
lehrreich. Allein wie geringe praktische, wirklich greifl^are
Kesultate kommen dabei ziim Vorschein! Xot wendiger und
truciitbringender für die Gegenwart ist es jedenfalls, die Wr-
wirklicliung der Theorie in der Praxis einer Prüfung und
Untersuchung zu unterziehen. Denn dais nach der Meinuug
tinserer Zeit jenes theoretisch längst festgesetzte Ziel in der
Praxis nicht verwirklicht wird, scheint doch die Veranlassung
zur Aufwerfung der obigen Frage gewesen zu sein.
In welcher äufseren Form kommt nun die Theorie in
der Schuierziehung konkret xiini \ or.schein ? Für den Unter*
H«H« Babnen VU. A. Q
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Joli. IImiii«>('Iii i>ll.
rieht im Lelnplaii, für die spezidic l'.rzichun^ in der Or-
ganisation der Schule. Ks wäre also unsere Au{][>fabe zu
zeigen, wie sich lychrplan und Organisation zu " gestalten
haben initer der suien Beleuchtung der beiden Ziele. Aber
die Forderungen der (»egenwart? Auch hiennii verhält es
sich ähnlicli wie mit den r.ildnnq-szielen. Ks kann nicht
Atifgabe der Schule bezw. ihrer X'ertreter sein. rntersiicliiiiiL^eu
über die sn/ialen Fraj^en der ( fei^enwart und deren Losungen
anzustellen. Die sozialen Fordeiungen an die Schule in der
Gegenwart klingen un.s auch bereits in praktischer Gestalt ent-
gegen aus den Erlassen des Kaisers über den (rcschichts-
unterricht, aus den Bestrebungen inbetreff der Jugendspicle»
des Handfertigkeitsnnterrichts und Haushaltungsunterrichts»
der Volkswirtschaftslehre, ( »esetzeskunde und Ciesinidheits-
pf]e(re. Wrsnchen wir dnlier, die (testallung des Kehrj^laiies
und der ( >rganisation der Schule letztere nur nisoweit, als
sie sich nicht trennen lälsL \ ou der erziehlichen Seite des Lehr-
planes unter Anlegung des dreifachen Malsstabes: des
formalen Zieles der Erziehung, ihres niatenalen Zieles und der
praktischen Forderungen der Gegen wait, zu bestinnnen.
Die Hauptnrsache, dais sich jene Forderung nach T in-
gestaltnng zu verschiedenen Zeiten erhebt, scheint der Lni-
stand zu sein, dnfs der T''rziehung zwei Ziele gesteckt sind,
ein formales inid ein nuiUriales, dafs beide um den X'orrang
kämpfen und gekäniptt und dafs, je nach dem Stande
des Kampfes zu der Zeitsirumnng, diese als Regulator auf-
tritt Verfolgen wir zunächst einmal den (tang des Kampfes der
beiden Ziele, um leichter zur richtigen Krkenntnis des gegen-
wärtigen Aerhältnisses beider Ziele zu einander zu gelangen.
,Vo// srMnpf «er/ rif/n' t/i.'<riitiKs. In diesem Ausspruch liegt
die Anfi^nhe ausgedrückt, die der wSchule in den früheren
Zeiten in unser Jahrhinidert als ein/ii^^e und alleinige
.\ufgnl)(. l;i >u 11t war, und die auch iet/t noch als eine ILinpt-
aufgabe gelten nnifs. Aus dem piak tischen Leben heraus
kam das erste Bedürfnis nach Schulen, und sie wurden natur-
gemäfs nach diesem praktischen Bedürfnis allein eingerichtet
Je nach den verschiedenen Zeitepochen und Ländern war
zwar die ^rifn" eine andere und sonach auch die Aufgabe
der Scludo unterschiedlich; aber jeuer Grundsatz war I^eit-
motiv für alle Mafsnahmen, gesetzliche und pndairogische,
die inbetreff der »Sehlde getroffen wurden. Die Schule liatte
also nur einen materialen Zweck.
Mit Comenius, Rousseau und den l'hilanthropen beginnt
ein neues Ziel sich Durchbruch zu verschaffen. Das Objekt
an sich nach Körper imd Geist gelangt zur Wertschätzung.
Die harmonische Ausbildung aller Kräfte wird die Aufgabe,
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riH|;«'i>tfiltn]iir iit'a L4>liriiUni>i» im4 UiKaiiiNiiliun il<>r Volkiiriml« Hr. f^i
die Hauptaufgabe der Schule, welche durch Pestalozzi aUge-
mein zur Anerkennung j^elangt und in die Praxis eindringt
Die Anhänger und Jünger Pestalozzis, namentlich Diesterweg,
brachten dieses formale Ziel fast xnr einseitigen Herrschaft
Formale Kraftbildimi; war seither die Losung. Diese soge-
nannte formale Riehtnng bedingte eine sorgsanu- Berück-
sichtigung der Psychologie. Hcrhnrt uu<\ seine Jünger haben
wiederum eine gründliche Re\ ision derselben veranlafst Wie
durch Pestalozzi die Auschannng , so wurde durch Herbart
das »Interessen der Lenker des pädagogischen Wagens, Diese
l^ntersuchungen scheinen mit jedem Tage neue Resultate
zu bringen^ sodafs sie noch nicht als abgeschlossen gelten
können.
Währenfl da> lormale Ziel so seine tüchtigen Förderer
hatte, hlicl) das maieriak- Ziel ohne d?»- recluen Beschützer.
Die Rcgulati\A in Pieul'sen suchten /.war den materialen
Zweck wie<ler zur gci)üluendcn lieachtung zu bringen, aber
sie bewirkten das Gegenteil von dem, was sie wollten^ und
gaben der anderen Richtung die Bahn frei. In jüngster Zeit
beginnen nun immer mehr Stimmen laut zu werden, die wieder
<lem HÖH üchohie sei/ rifae ihre Kraft und Unterstützung leihen
(vgl. die Rrlnssedes Kaiser*; über Oeschichte, die Bestrebungen
für TIandtertigkeitsnntcrricht, Volkswirtschaftslehre, ( rcsctzes-
kunde, Iian>lialtuugsiuuerricht für Mädchen, Jugendspiele etc.).
.\llgemein aber in V ergangenheit und Gegenwart steht
fest, dafs die Schule nur eine vorbereitende Bildung erstreben
soll, die für jeden späteren Beruf notwendig, also allen Berufs-
arten gemeinsam ist, wenn auch wieder die Quantität dieser
allgemeinen \^3rbereitung verschieden ist Besondere Berufs-
schulen für jeden Stand von Kindheit an zu fordern, ist nie-
mals ernstlicli \ertreten worden. Die praktische Richtung
suchte das Allgemeine des Berufs an> den Bedürfnissen des
Lebens zu gewinnen, indem sie Kenntnisse inid Fertigkeiten
vermi Helte, und zwar nur solche, die für das spätere Leben
nötig und nützlich waren. Sie niufste aber, abgesehen von
der Vernachlässigung des auch für das Leben Allernot-
wendigsten, der Oesimnmgsbildnng, in der Stoffwahl un-
vollständig und unzulänglich bleiben, da über einzelne Fächer:
Xntnrkuude. Zeichnen, (lesang, die einzelneti I'erute \ t rschie-
dener Meitnmg sein müssen, weil sie verschiedenen W'er^ für
sie haben und behalten werden. Da ferner das Leben, von
verschietlenen vStandpunku ii aus betrachtet, .sich ver.schieden
ausnimmt, so wird manches gar nicht, manches falsch ge-
würdigt Endlich konnte die praktische Richtung nur das
Knde, das J^ehrziel ingilK n. s dafs bei der Stoffauswahl und
Stoffverteilung Rath>sigkeit herrschte, inbetreff der Methode
9'
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13*
Jah. llAiNKpliHdt,
aber der Alltrieb ziuii Nachsinnen und Vervollkonimenen nicht
geweckt und }>^ereizt wurde.
Die formale Richtmij^ lialtc- /wrir das allen Mens( In ii als
Menschen (^rCTncinsanic .Li^efuiideii. \\ ukU- iedoch durch Hintt ii-
ansetzen des allen lieruisaiteii ( ieiuciusauien, des ])raktiseiicn
Ziels, ebenso einseitij^ nach der anderen Richtung;, und zwar
auch in der X'erfolgun^ ihres HaujUziels, der (resinnnngs-
bildnnjj;, da diese ja natuniot wendig im Leben wnrzehi nnifs
und nur durch Berücksichtigfungr des wirklichen Lebens den
vollen Wert erhält. Jedoch hat sie mit Hilfe der rsychologie
ganz gewaltige Vorteile für den Lelirgang, die Stoffverteilung
und namentlich für die Methode erzielt.
Schon Herbarl deutet auf die Einseitigkeit beider Rieli-
tungen hin, indem er zweierlei Ziele unterscheidet, ein ab-
solutes, welches für alle Menschen dasselbe ist, nänilieii die
Gesinnungsbildung, und ein relatives^ welches sich nach der
künftigen Rerafsstellnng zu richten hat und darum bei ver-
schiedenen Ständen verschieden sein mnis. Iii sucht nun
bei(fen zugleich zu dienen, indem er bei der Auswahl der
I mehrfacher nicht die verschiedenen t^eisliuen \'ermogen, die
er ja auch verwarf, ins Auge lalst, sond rn die verscliie-
denen Arten der sachlichen Interessen: das empirische, speku-
lative, ästhetische einerseits, das ethische, religiöse, gesell-
schaftliche anderseits, die die Quellen der Selbstthätigkeit
und Kraftbildung seien, — also die Quellen des Ziels der
formalen Richtung. Jedes dieser Interessen weise aber zu-
gleich auf die besonderen Objekte, auf die Lchrgegeustünde
hin, Vterücksichtige also auch das Ziel der materialen
Riclitun^.
VrrsiulRii wir \<»n dieser (iruntllage au^ die lurniale
und luateiiale Richtung zu \ ereinigen. Ks ist uns nun ja
eine gemeinsame Quelle gewiesen, aus der beide schöpfen
können. Als Hauj)tsatz stellen wir von vornherein auf: Die
Verbindung des absoluten und relativen Ziels darf
in der Praxis nicht in der ))ish erigen Weise, son-
dern mufs gerade umgekehrt geschehen, wenn wir
den Forderungen des Lel)ens und den wirklichen Krfahnuigen
folgen wollen und nicht einer grauen Theorie.
Die Sachlichkeit der Interessen, die ()l>ickte, müssen dnich
das Leben, nicht durch eine abstrakt konstruierte Sittlich-
keit, bestimmt werden. Gewils mufs die sittliche Gesinnung
— das steht auch für uns fest das ober.ste Ziel sein nnd
bleiben. Nach Herbarts Theorie kann aber diese Gesinntmg
nur durch einen richtigen Gedankenkreis erzeugt werden;
deshalb mufs bei ihm der St->ff des ( redankenkreises in
erster Linie nach diesem Gesichtspunkte bestimmt werden,
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roiKr«talt<iN|C 4i*» L<>lirplAii<>ii nnH flrgunliiHijaii 4in VulltHbrlral« e(c.
die iii;»U i ialc Richtung hat dann eben zu neliiiicn, was neben-
bei abfällt. Unseres Eraclilens ist es jedoch verkehrt, die Sitt-
lichkeit, /u der die Sclml? erziehen soll, aVtstrnkt zu kon-
strnieren. Nicht iiiil c iueiii lilage, durcli Schatten einer neuen
siLiHihen ( '.esinnnn l;, wii 1 die Sehlde die Welt un).L;e>taUen
küinien, auch wenn wirklich durch liildunj^' des licdanken-
kreisei« allein die richtige Gesinnung erzeugt werden könnte;
denn die Schule wird -nie allein den Stoff des Gedanken-
kreises erzeugen und seine Verarbeitung»: bewirken können,
es sei denn, che Schüler würden von der Geburt bis zum
bis 17. Jahre dem Leben vollständig^ entzogen. Die
Schule mufs sich vielmehr an das lkstehcnde aidehnen und
im Kleinen zu ändern, zu bessern suchen. Der Inhalt der
Sittlichkeit nmfs zusannnenhängen nnt dem Anschauungs-
und Ideenkreise des wirklichen Lebens. Aus diesem heraus
müssen die sittlichen > Ideen« ihr stoffliches Material m-
sainmenstellen. Wir können täglich die Beobachtung machen,
dafs aus einer recht klaren Ivinsicht, verbunden mit dem
entsprechenden (Tefühl, doch die rechte That nicht erfolgt,
wenn das (»efühl nicht die Oberliand hat. r'm<j;e"kelirt
handeln viele sittlich «^ut ohne jedesmalige k 1 a r e Kin.sicht,
weil durch Heispiel, (iewohnung und Zucht das sittliche (le-
luhl die Uberherrschaft erlangt hat. Und fordert das Lebeu
niclit> dafs der Mensch in den meisten Lagen ohne intellek-
tuelle Hülfe nach dem geläuterten und gestärkten sittlichen
(icfühl handeln mufs? Wie wenig Mt iischen können über-
haupt auf die erforderliche Stufe der intellektuellen Ausbil-
dung gebracht werden! \\'ie spät erreicht der \'erstand
die nötige Reife I l'nd doch mufs schon das Kind in der
Schule sich, sittlich beih.iiigen (und viele .Menschen bleiben
in dieser iJeziehuug ihr g.m/.es Leben Kimler). Die V erbote
und Gebote der Schule, die Autorität des Lehrers, die Furcht
vor der Strafe bleiben die Pfahlwurzel der Scheu vor bösen
Thaten. Die religiösen Vorstellungen müssen der Hinterlist,
sich dem strafenden Arme zu entziehen, einen Riegel vor-
schieben. .\uch nach der positi\cn Seile wird der Mensch
die Hoheit, die sittliche Xorm und die Muslerbilder nur dann
annehmen und zur Riehlschnsir seines Handelns nehmen, wenn
.sie vorher schon eine Macht in ihm bütlelen, sein Thiui und
Lassen bestinunten (Franke). Vom praktischen Standpunkte
aus wird man diesen Ausfühnuigen zustinnuen müssen, wenn
sich vom streng philosophischen »Standpunkte aus vielleicht
auch Kinwendungen macheu Hefsen.
Aus dem Angeführten müssen wir folgern: nicht der
rnterrieht ist einzige'^ I'r/iehungsmitlel, sondern ( lew tdinung,
/uclu und IWi.spiel sind gleichberechtigt; weiter: der Unter-
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Juh. Haniirlifiilt.
rieht darf niclii das :i11t.-inij»;t' HrstiiiniiHiiu^snclit über die
fr/iclilicln*n I{iin iclinui^in der Seiinle, also auch nicht libcr
die Orj^aiiisalion hal)en; t-Jidlich: der rnterricht, der eine
wirklich für das Leben l)raueld)are (iesinnun^ er/AU|^en suU
— seine erziehliche Aufgabe nuifo .seine Stoffe durch die
Forderungen, Anschannngen und Ideen seiner Zeit bestimmen
lassen.
Da nun die niateriale Hildunj^s das zweite Ziel des
Unterrichts, ebenfalls durch das Leben bestimmt wird, S(»
kommen wir auf die unj^ezwunj^enste Weise zu einer \'er-
binchiui^ beider Ziele und zu <UMn Satze: Da^ Lelx n m u fs
das f <) r mal e u n d ni a t c r i a 1 c Ziel des l' n i e r r i c h t s
bestimmen, der Lehrplan wird nach den Forde-
rungen der Zeit eingerichtet; die (« esinnun g.s*
bildung hat dadurch zugleich das beste Material,
an welchem die formale Ausbildung aller geistigen
Kräfte erstrebt werden m u fs. Die Organisation
aber ni u fs aufs er dem T uteri ich t der (iewöhuung,
der Zucht und dem Hei spiele dienen.
Hei dem lu uti.ueu Staude der Ps> elh>lo*;ie und Methodik
wird es nicht seliwer lallen, den Lehrplan so einzurichten,
dafs der Unterricht auch unter diesen Ihnstaudcn seiner for-
malen Aufgabe gerecht wird, wofern nur eine naturgemäfse,
den l'ordeningen <U> Lebens entsprechende Stoffauswahl
stattfindet Wie hat letztere daher zti geschehen?
Ks ist \ orzugsweise die Heimat, welche die Seele mit
ieneii -iiiuliehen \'orstellun.L;^eleiiu i!len erfüllt, welche die
( ri uiidla.i^e aller spätere n Hildnu^; auMiiaelien. Durch die
lägliehe, Jahre andauernde \\ iedei iiohmg dieser ersten heimat-
lichen Vorstellungen werden dieselben immer stärker und
lebendiger. Dazu kommt die gröfsere Reizempfänglichkeit der
kindlichen Natur. Nie emi)finden wir wieder so lebhaft und
geben uns den sinnlichen I'.iudrückeu so widerstandslos hin
wie hl der Kindheit. Die Hedeutuug dieses an und in der
Heimat erworbeneu reichen \'orstellungsmaterials \\\v<\ uns
erst recht grofs erseluinm, weuu wir bedenken, dals keine
neue Vorstellung in der Seele /in .Macht gelangen kann,
wenn sie nicht vorher mit der vorhandenen alten in Wechsel-
beziehung getreten ist. In diesem l^ozesse der geistigen An-
eignung oder .\piKTzeption zeigt .sich das vorhandene alte
Gedanken material in <1« n nu i^tc n l'älku stärker als das hin-
zukonnnende neue . .\uch das ( lefühlsleben hat sich in
und an der Heimat tutwickelt; es ist mit dem \'alerhause
nebst seinen Hew < »linern, mit Am^er und b'eld, l'lur und Wald
auf das iunii^sle verwachsen (Heimweh) uiul erhält durch
den Einfluis der Heimat einen unverwischbaren Stempel auf-
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l miTfotiiliuiu; •!•■» Lolirplanc« OJkI der Or^aiii'kaiiun «Irr Volkkächuie etc.
j^cdriitki. 1{1ri!s.> wirkt 11 die Objekte und Krlel)uisse der
Heimat aiU zahlreiche U illen.scntschliefsiinjj;^en unserer Jugend
ein. Wie viel ij^ite Vorsätze werden ^^efafst, wenn Leid, Not
und Tod über den Menschen hineinbrechen ! Wie wird das
Herz S(» weieh und wann und der Wille zum Guten s<j stark I
Mit welcher Macht brechen dann die kindlichen relijriösen
(iefii1i!r hervor und behaupten sich oft fürs «i^auze Leben I
Der Schauplatz solcher (iefühle und Willensakte, solcher
Herzenskämpfe, solcher Winische und X'orsätze wird für ieden
Menschen cnie hei lij^^e Stätte. Nach einem wiehlij^jen ps\ cho-
lo>fischen (besetze verbinden sich eben mit einem Gefühle
immer dicjeni^^en Wahrnehmungen, diejenigen Vorstelhmgen,
welche jj^leichzeitig mit ihnen ins Bewnfstsein treten. Auf
diese WVise entstehen Vorstellunj^;sverknüpfunj^en, soj^enannte
Komplikationen, die unauflöslich sind, und deren Glieder
.sich stets reproduzieren mü.sseti . (Heidi tiU N er.)
Ans dem Aui^etührten wird woiii zur (ieuii<^e b( r\ nr-
^^eiieii, wt/lier uud wie wir uns die Stoffe j^ewähll denken,
woher und wie sie j^ewählt werden müssen, sollen sie der
Natur des Kindes« den Anschaunut^eu mid Ideen seines
Lebenskreises« den Forderungen der Zeit entsprechen. Die
Anknüpfung und Wei terbitdunj^ des heimatlichen
(redanken- und A n sc h a u u u sk r ei ses mufs der
Leitsatz sein. Dann wird det Schüler niclit mehr in zwei
Wellen leben, in der lieb};(ew ordenen wiikliclun nnd in der
♦^ehal.Nten Sehnlwelt, der Welt der Uoekeiien Buchstaben,
Ziffern, lüldcr und Zeielu-n . Xuu.suU der Schüler allerdings
auch ein Cvlied seines \*olkes werden, aber deshalb braucht
der heimatliche Stamm doch nicht abgeschnitten und neu
gepfropft zu werden; vielmehr nnUs die heimatliche Kultur
und der heimatliche Charakter zum \ "Ik.scharakter, zur Kultur
des X'olkes erweitert werden, indem der luiniatliche Stamm
dazu auswächst; denn er Ijleibt ja meist im heimatlichen
iiodeii stecken uud zieht aus diesem uud dem lieinuitlicheu
Leben seine Xahruu«;. Deshalb muls die Hrimai uml ilas
Leben der Heimat nicht nur die Grundlage, sondern auch
der Rahmen des Lehr planes bleiben, dann bleibt der Zu-
samnienliang des ^cistijs^en Lebens, es bleibt die fortwahrende
Mithülfe der übrij^eu l{rziehuu^sfaktoreu, Haus und Leben«
dann kann endlieh allen X'erliältuisseu des Lebens vonseiten
der Sehlde ^leiehmäfsij^ Ktehnuuj^ j^etraj^eu werden.
Nach D(»r|ifeld läfsl sich das Leben in eine X'ierzahl von
Aufj^Mben zerlej^en : n Xahruuj^serw erl), also lieruf, 2) (xc-
suudheitspfle);e, 3) soziale Stellung,; in I*aniilie, bür^^erlicher
und kirchlicher Gemeinde tmd im Staate (Familie, Gemeinde,
Kirche und Staat bean.«(pruchen ja auch eiti Aurccht auf die
u
A
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'36
•Inll. Iliim«i li' l'l).
Schule), 4) die Hwigkcit.sbt .-^Llnuliml^, die auf Kclij^^ioii und
(^ottesglaxiben siicli gründet Um diese Lel)enHaut>;aben er»
füllen zu können» mufs der Mensch einerseits die intellektuellen
Fähigkeiten zur Ausführung dieser Leben .saui.v:aben erwerben.
s<»(1ann die rechte Gesinnunj^^ besitzen, damit er sie auch
wirkhch ausführt und letzteres ist wiehti«ier als das erstere.
nie Kwigkeitsl)esti!nniun*( des Menselien s.nviv- die /nr
Ausführung* seiner Lebensauftjaben nöti<4^e .silllielic (ioiuuün«^
basieren auf der Religion, erfordern daher Religionsunterricht
überliaupt; das kirchliche Leben bedingt konfessionellen Unter-
richt im besonderen, sowie die Rinübung und Gewöhnung in die
kirchhchen Gebräuche, jeder Ik rnf und jede soziale vStcUung
verlangen in der Jetztzeit uiündlicheti und schriftlichen Ge-
branch der deutschen vSprache, sowie Recluien \ind allj^enieine
nbnns^ der Sinne und des Wrstandes. Diese vier l'\-icher
haben auch für <lic vScliulr insot'crn und solan.ii^e einen .ib>o-
Inten Wert, einen Sell)sl/\\ eck, als die Heiierrselinn«; der
Elemente dieser Fächer nötig ist, um den Unterricht, der
die eigentliche sachlich-stoffliche Bildung \ erniitteln soll, be-
ginnen zu können. Sie sind also in ihren Elementen für jeden
späteren Unterricht und demnach für jede Art Schulen gleich
und Voraussetzung; wir nennen sie daher formale b'ächer.
Im übrigen sind alle Hcrnf^iarten so ausgebildet und ver-
vollkommnet, die soziale Stelltnig der einzelnen Menschen
macht SU \ erschiedene An fordern n<^en, dafs von einer s|>ezi<'11en
praktischen \'orbereitung keine Rede sein kann. Allein die
Berufsarten greifen auch wieder so ineinander, haben so viele
Berührungspunkte, dafs unbedingt erforderlich ist> auf allen
Gebieten des Lebens und des Ikrufes für apperzipierend« \'or-
stell linken zu sorj^en. Damit ist aber uich eine genügende
\\irbilduni,'- «geschaffen, das Interesse hat seine ^^)ranssetzung
und Richtung, die Wecknii>j und praktische ri)ung mnfs
nun dem speziellen l'achunu viicli! in Schule und Lel)en vov-
l)ehaUen bleiben. Die apj^erzipierenden \'ur.steUungcn zu ver-
mitteln, sie richtig /n behandeln und zu verknüpfen, ist
Aufgabe der sogenatmten sachlichen Fächer. Zeichnen, Hand-
fertigkeitsunterricht können in der Volksschule nur allge-
meine in)nng der Sinne und Weckung des Interesses zum
Zweck haben, keine spezielle \'orbereitunj^ für einen ])eson-
deren Hernf. Vnlk^wirtschaftslehre, Geset/e<knn«U etc. j^e-
hören nur insoweit und in der .\rl in die \ t<ik>sclnde, als
sie die Vur.stelluugen und He<;rifte vermitteln oder klären,
die in der späteren sozialen Stellung in Genu indc, Kirche
und Staat nötig sind, damit das Interesse ap[)i rzipiercnde Vor-
stellungen findet Die ( iesundheitspflege verlangt Turnen und
Jugendspiele sowie Belehr «mg über die Krhaltmig der Gesund-
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ruiK«»tHliujiif lir» LebrpUnc» und der Ui;gaiijtsljoii drr Volk*«ebul« ric. j
htit. Alle sachlichen l^äeher aber inüsseii wurzeln in flcm his-
hcrij^eii Auschatuingskreise, niüs.seii diesen onhicn, klären,
berichtigen, erweitern und vervollkonininen, stet.s mit ihm in
Verbiiidimg bleiben, so dafs für das Leben erzogen wird und
dieses miterzieht Mau verzichte für die Volksschule daher
darauf, die Stoffe dieser Fächer, wenn letztere sich aus dein
> All seil auungsunterricht<^ als selbständige Disziplinen ent-
wickeln, nun auch nach selbständigen ( icsichtspunkten, die
meistens der Natur des I'aches nacli der wissenschaftlichen
Seite entsprechen, zu t>rdncii. Denn in der V'olksschide können
diese }\'iclKi keinen Selbstzweck haben, sie brauchen daher
auch nicht so angelegt zu werden, dafs ein wissenschaftliches
Gebäude sie zur Grundlage nehmen könnte; das fiberlassc
man den höheren Schulen. Der Aufgabe der Volksschule in
diesen Fächern entsprechend, die dahin geht, den Zusammen-
hang des geistigen Lebens der Kinder, die fortwährende
^fit]lül^L der anderen l^r/^icbnn^J^sfaktoren zu bewahren, den
\ erhältnissen des praktischen Lebens gleichniälsig Rechnung
zu trai^en, lasse man sie im Rahmen der Heimat und ordne
sie darnach.
Es wäre nun festzustellen, ob die formale Seite der Er-
ziehung bei dieser nur nach niaterialen (Tcsichtspunkteu be-
stinnnten Aufgabe schon voll zu ihrem Rechte k ninit, oder
ob sie noch besondere Forderungen stellt. Die intellektuelle
Seite des (icistes kann an allen vStoffen formal gebildet wer-
den, wcnipfstens muls die Methodik die Stoffe so /urceluzu-
legiii siu lu-n. Die \Villen.sbildun;^ soll ihr stofflielus Material
ja ancli dem Leben entnehmen, die Methodik wirtl es wieder
so zu gestalten wissen, dafs es formal bildet
Der sittlichen Gefühlsseite soll ja zunächst durch das
sachliche Material, dann auch durch Vorkehrungen in der
Organisation zur Oewöhuuug und Übung, durch Beispiel und
Zucht (knüge geleistet werden. Nur das (iefühl nach der
ästhetischen Seite hin könnte zu ktir/ kvininicn. Ahor .iiich
nach dieser Rit htnng ninfs die Ikhandlung (la> meiste thun.
und dann selilicisen unsere Ausführungen eine besondere
litrücksichtignng desselben in der Auswahl passenden Stoffes
gar nicht aus.
Sehen wir uns daher die Heimat mit ihrem Inhalte nach
den angc führten Zweeki n nun weiter näher an. Da springt
sofort der Unterschied in die Augen zwischen .Stadt und
Land, ( lebirge und T-'bcne, l)c\ «"»Ikerter und weniger bevölkerter
( »egend, zwischen amicn und reicht n Kindern, Iksehältigungs-
arten der Beutiliner, Sitte und Lcbciis,L;c\vnhnheit. \'ie1e TCin-
richuingen in < )rganisatii)n und Lehrpktn werden duich diese
Unterschiede einerseits nnmöglicli, anderseits aber auch teil-
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Job. ll<>Dli>cli>-i<lt.
weise nin)<)Uj^, wähifud wieder in luanehen (iei^eiuleii niihe-
dingt erforderliche Einrichttiii}{en nach La«^e der Diti^e kaiiiii
zu schaffen sind. Das Leben pafst sich eben nidit der Schule
an, Sondern diese uinfs sich dem Leben anpassen. Ks wird
also nicht angeheUi aHes mif einen Leisten /n scldaj^en und
einen nni^'emeini^iiltij^en I.t ln plaii l)is in die I^in/t llieiten anf-
/.u.stellen. noeli eine Orj^anisation als absolnt rielilii: xn l»e-
zeicluien. \'ielnielir wird der r.eln plaii aucli selron dii vcrlialb
in seinen Kin/.ellu ilen ein lantlseiialllieiies (. leprä^^c annehnit n
müssen, worauf unsere aufgestellten (rnmdsätze ja auch hin-
;:ielen; die (»röfse der Schutsystetne wird ebenfalls in erster
Linie dnrch die landschaftlichen Verhältnisse bestimmt wer-
den müssen, da der Bezirk, aus welchem die Kinder zn einem
System vereinij^t werden, ans änfseren nnd inneren (friinden
ein zusammen iL^ehörijrer, nicht /.n nmfan<i;^reicher sein mnfs.
( )rmaiiisalinii luid I^ehr]>lnn müssen also soweit von ein-
ander nnabliängij^ sein, a Ls die ( ) r j^a n i sa t i o n im
Änfseren die Grölse des Ortes berücksicliti^t, im
Inneren eine stetig gleichmäfsige und dadurch
nachhaltige Einwirkung durch Beispiel, Oewöh-
nuuj»^ und Zncht ermöglicht; der Lehr plan aber
die f o r m a 1 e n I'' ä c Ii e r : K e 1 i i o n , I ) e n l s c 1) , R e e h n e n
nnd A n sc Ii a n n n s n n t e r r i c h t i ti ihren Klemmten
absolnt bestimmt, für die w ei l *. r t n /i t 1 1 (i <. i si Iben
aber nnd für die sachlichen I'aeht i (li<. lU imal
als Cir nnd läge nnd bleibenden Rahmen nimmt,
beiden technischen Fächern aber beide Gesichts-
punkte verbindet
uScliuu.N folgt.)
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Adam Smitlxs pädagogisdie An-
sichten und Kritik derselben.
\ Oll Or. Paul Berfiemann in Jena.
(KortsetxunK-)
Zweiter Abschnitt.
Die Gestaltung des Unterrichtes.
Wie Stellt es nun weiterbin mit den riiterriclUsi,'^e!LCeii-
.stäiiden, welche Smith in den Sciinlen »»elelnl wissen will?
Was die Vulkssehnlen betrifft, so fordert ci Itir dieselben
wenigstens, als ganz nnenlbehi iicik, Lesen, Schreiben und
Rechnen (Wealth S. 352); wenn irgend anfänglich soll jedoch
der Lehrplan noch um zwei weitere Unterrichtsgegenstände
vennehrt werden, nämlich die Anfangs^ündc der (konietrie
und Mechanik : denn es giebt kaum ein (Geschäft, für das
nicht IClementar-Kenntnisse in der (leonietrie nnd Mechanik
er\Miiisclit wären, nnd das mithin die Lente nicht in diesen
Kennlnis-c !K welche /.n den erhabensten nnd nützlichsten
Wissenscluilleii vui bereiten, befestigen und weiterbilden würde
(ebendas.). Wenn Sniilh sagt, dals bei einem so beschaffenen
Lehrplane die Schulbildung der niederen Volksklassen kaum
etwas zu wünschen übrig la.ssen würde, so sind wir wohl
sehr bereit, über eine .solche \ai\etät zu lächeln aber
wenn -w ir bedenken, wie es in jener Zeit nm die \\)lk.sbildungf,
namentlich in seinem \'aterlande, bestellt war, so Wer-
zlen wir uns rasch eines besseren besinnen. Allerdings
finden wir, wie allen Kennern der ( leschichte der r idagogik
bekannt ist, lange vor .Smith, bei Cumenius, noch \ lei weiter-
gehende Anforderungen an den Volksschullehrplan; aber
jferade die wei.sc Beschränktnig nn.seres Philosophen in dieser
Hinsicht ])in ich sehr geneigt ihm hoeh an/nrechnen. Wer
wird nicht den weiten SelK'rl>lick eines Comeniiis, vermöge
dessen er Kinrichtungen ferner Jahrhunderte antizipierte, be-
wundern I aber der das Nächstliegende nnd sofort oder doch
bald l\rreichbare erkennende vScharfsinn erx lu int praktisch
\\ ej l\ oller, (ierade im vorliegenden b'alle l»esiätigl liie Rieh-
I40
l>r. Pnul Dt'rxrniAtin.
tii^ktil des ('.csaij;tcii die }{iiahrnn<^; GnuLiiius' X'urschlaj^c
liaircn iiocli iiuiiier ilirer völlij^en X'erwirkUclHiii«^, Smitlis
l"\)rdt'nniiri*ii ^iiid Innigst erfüllt. I'Voilicli, jetzt t,^eiiü<;eii uns
dieselben l)ei weileui liielu uulii, wir veilauj;en einen viel
reichhaltigeren Lchrplan für unsere Volksschulen — doch
davon später.
Aufser der intellektuellen Ausbiklnn- in dem an -c^ehenen
Unifan^re sollen aber die Selnden auch die körperliche sich
an)>clej^a'n sein lassen, d. Ii. Smith \v{insclit in ihnen eine
surgfältit^^e Pflege der ( rvmna'^tik, eine ^^1^den1lll^^ die hr-
kaniillicli xieudich um diesrlhe Zeit in I »riit-^v iricUKl seitens
der l*liiiantrt>pinisten erlu)l>eii und nanientiich durch (lUts
Muths in der SaUntann.schen Anstalt in die Praxis uinfj;eset>it
wurde.*) Unser Philosoph verspricht sich von diesem Unter-
richte die Erreichung eines doppelten Zweckes: i. Hrfüllunjf
der Massen mit kriegerischem Geiste und dadurch gröfsere
Sicherheit gejjen äufsere wie innere IVindc, ?. dem alten
Worte .jthftH stnift in nn'fxttc »///o" zufoloc eine iiutralisclie
Hebung des X'nlkes. X'orhildlich sind ilim hier wieder, \\ie
schon bei einer Iridieren ( «elegenheit, die Alten. Hinsichtlich
des ersleren Punktes sagt er (Wealth S. 352): Dafs im l'ort-
schritt der Kultur die kriegerischen Übungen und mit ihnen
der kriegerische Geist der Volksmassen allmählich in Verfall
geraten, wenn die Regierung dem nicht steuert, beweist das
Hei.spiel des neueren Kuropas hinlänglich. Die Sicherlu il jedes
Volkes liängt aber stets mehr oder weniger von dem kriege-
rischen (ieiste ab, der in der Masse des X'olkel lel>l. Zwar
reicht gegenwärtig der kriegerische deist allein (»hne den
Halt einej> \s ohldisüiplinierten stehcntlLU i leeres liir den Schutz
und die Sicherheit eines Volkes wohl nicht aus. Wo aber
jeder Bürger soldatisclien (vcist hat, bedarf es sicherlich eines
kleineren Heeres. Dieser Geist würde nebenbri die wahren
oder eingebildeten (icfahren für die Freiheit, die man von
eiiu tu stehenden Heere befürchtet, unvermeidlich sehr ver-
mindern. Je mehr er die ( )perationen dieses Heeres erleichtern
würde, wenn sie einem iMudringling gälten, desto mehr würde
er sie erschweren, weim das Heer unglücklicherwei.se gegen
die Verfassung des Staates gebraucht werden sollte . Hier
haben wir also jene sympathischere Ansicht, von der ich ge-
legentlich der Landesverteidigung bei Betrachtung seiner
]\)litik ausgesprochen habe.^) Nicht nur, dafs er damit dei
'i l'.s ihi bekannt, dai.s uiaii .sich besonders auf I.ockc und
Konsseap dabei berufen konnte nnd auch berief.
■-) viil. das III. Kap. des II. Teiles meiner .\rl»cil Adam Sinitlis
)i;i(i.ii:;o_iiiselu Tlutnieii im Kähmen sttnts Systems <Ki" ])rakti.sclien
l'Uilosojjliic I W icsl »allen iSyo, Au.sgahc in 2 llefLen ; Heil 1 ).
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\4mm Smith» fMi«liicovl>rlin Anoii'liü'ti iiM<l iCrHik dtin>p1l>cn.
141
Verbindung der beiden Elemente, Milizsystem und stehendes
Heerwesen,, das Wort redet, soudern er will auch dadurch xu-
j^lcich der überhandnehmenden Ausdehnnng des letzteren
stciu i n. Wenn er von stellenden Heeren spricht, so liat er aller-
dinj^s iioeb n-iiie Hernfslirere im Auj^'o. dafs er aher deren Tin-
wandlnn.Q in s< »Irlir, w ic wir sie i<. t'''t kennen, bewerkstelliget sehen
inr)chte, <;cht au> dem Lobe licrv ur, das er der antiken ICinricli-
tnng zollt, der xntolge jeder Bürger eine gewisse Anzahl von
Jahren in den Heeren des Staates zu dienen verpflichtet war.
Behalten wir dieses im Ange, so werden wir seinen Vorschlag,
der Gynrnastik im J ngendnnterricbte einen Platz ein/.nrännie«
mit Riicksiclit anf die spätere Wehrliaftigkeit, erst recht wür-
di^>^en können. Wenn wir das inilitärische Leben niiserer
Zeit ins Anj^e fas.sen, mit meiner Anspann nni^ aller Krälte
im Kriegsdienste im PVieden, .seiner scliwcreii liemninn^ der
wirtschaftlichen Leistnngen durch die mehrjährige Tnler-
brechung,*) der ungeheuren Steuerlast» die es im Gefolge hat,
so müssen wir wohl sagen, dafs es ganz am Platze wäre,
einen Teil der kriegerischen Ausbildung in die früheren
Lebensjahre zu verlegen, l)ezw. den gymnastischen Unterricht
dementsprechend nmzngestrilten. ihn inj vSmith'schen Sinne
zu handhaiu iK bis einsl der schöne Traum vom ewigen
Frieden Wirklichkeit ge\s-<tr(len ist.
Was nun die andere Argunientaiion betrilit, dmch die
Smith der (»ymnastik einen Platz in der Krztehinig sichern
vnW^ die moralische Wirkung derselben, so läfst er sich darüber
wie folgt verneinnen (Wealth S. 353): - Ein Mensch, der sich
weder zu verteidigen noch zu rächen vermag, entbehrt offen-
bar eines der wesentlichsten Kennzeichen eines Mannes. Er
ist so verstümmelt nnd mifsgestaltet an (Veist. wie ein an-
derer, der ein wichtiges (Uied oder dessen (tebraucli ein*4C'-
bükt hat, <ini Körper. I^r ist offenbar der Jämmerlichere und
Elendere von beiden, da (rluck und Schmerz, die lediglich
ihren Sitz im Geiste haben, notwendig mehr von dem ge-
sunden otler ungesunden, \ erstünnnelten oder un geschwächten
Znstande des (ieisies als des Körpers abhängen. Selbst wenn
der kriegerische (reist des Volkes nicht zum iSchutze des
Staates erforderlieli wäre, wiirfh es dennoch die ernstliche
Fiit sorge der Regiernng \ erdienen, ]v(]v Art ijeistiijer \'er-
siünnnlung, Mifsbildung und Krbärmlichkeil, welche die l'eig-
heit in sich birgt, unter den X'olksmassen nicht einreifsen zu
M I)icsc l-auM^iiii!^ hat ja l»er(.its /iir Heiabniiiulcrun^ der früher
•'l)lichen I )ieiist/eit geführt. aJ)er oiuie /w eitel wnd liie.se.s Kntj^CKtf'-
konnuen auch noch nicht auf die- Dauer i;enii};cn.
-) vgl auch llerteka Reise nach Freiland . Reolattrschc Aiis-
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1^2 ^'*"' Hrrgumaiin.
lassen/. Es kann ^i\v keinem Zweifel unterließen, daisaucli
in dieser Hinsicht die (ryninastik von j^^rofscr Hcdentnn«^ ist.
Sfe tritt er<^änzend /n der Pflcj^c liin/n nnd sehliefst sich
/.wan.L^los an die Hewcj^nniijsspiek' an. Wit* jt-uc dient anch
die Ciynina>tik der Krhaltnn«^'^ nnd licimtlcrün^ der (iesnnd-
heit; aber sie bleibt dabei nicht stehen, süuderu ist weiterhin
anf die Erreiclmnj^ körperlicher Kraft und (.Geschicklichkeit
j^erichtet Dafs sie auf die künftif^^e Wehrhaftig^keit dabei
i)edacht sein soll, ist ja schon erwähnt worden; hier möchte
ich aber noch daran! hinweisen, dals sit- anch die ästhetische
Itildimt^ iinterstiitzen soll: sie nuifs daranl hinwirkt n. den
Schülorii eine natnrj»^eniäls schöne Haltnn^^ in Slellnni; nnd
lU \vt i;;ni)4 tiir das Lehen nnt/.n<^^ehen, mit einem \\ tn le —
Krall nnd Gewandtheit in den Dienst der Anmnt /.n stellen.
Dafs nun der Besits: von (rcsundheit, Kraft und Cycschicklich-
keit thatsächlich jenen gfünsti^en moralischen Krfol>r ^^n be*
wirken verma<.,^ läfst sich leicht zeij^en und bejjreifen. Ks
ist klar» dafs das r>ewufstsein, einen kraftvollen nnd «;e-
w rindlen Korper zn besitzen, das S»'lbst;^efnlil < rhöhl, vSelbst-
\ ertraiun nnd Mnt einfl<"»lst. n>er die lU-deninni; des Mntes,
der Taijferkcit aber branche ich weiter kein Wort zn ver-
lieren ein Mann ohne diese ist ein Mann ohne Wert,
Jedoch nicht nur als vSchule der Tapferkeit kann die Gym-
nastik gleiten ; indem sie das Ziel verfoljirt, den Leib kraftvoll
nnd gewandt zn machen, zeitigt sie auch noch andere Tngen-
den, nämlich: Kneri^ie nnd Ausdauer, Bedach tsamk>^it und
( Veistes.tjej^enwart, ohne die ja weder dieses Ziel erreich i wer-
den noch wahre '!*'apferkeit dc nkbar'l ist. In M t lchem l ni-
fanj^e die (»ymna.slik betrielaii wenlni .soll, ^-.il; t »Smith zwar
nirj^ends; aber seine beständigen iimweise ani dasAltertnm
und der Wunsch, dafs sie der künftigen Wehrhaftigkeit vor-
arbeiten solle, lassen wohl den Schlufs als gerechtfertigt er-
scheinen, dafs er diesem Unterrichtszweige durchaus nicht
so enge Grenzen gezogen wissen will, wie dies heutzutage
hei dem in nn.seren Schnlen üblichen Tnrn unterrichte der
l'.ill ist. Ich stimme darin j>;anz mit ihm liberein nnd habe ja
x li iii (U li einen IMnikt ]iervorjj;ehoben, dafs nnser Tnrnnnter-
riehl nimdicli tU ni Zwecke der Welirhaftmachnn.i.:^ entsprechend
umgestaltet werden müsse. Im Übrigen mnlser ebenfalls an-
^auiessen erweitert werden: es darf sich dabei eben nicht
blofs um das auf Frei» und (rerätübungen erstreckende Turnen
^ Manche Ircffliclie. dies im Kiti/.eliieii nnrhweiseiide Hetner-
kunj.ieti fi:i«Ul man iti der Ijnkitiiiij.: /n \\<1i:uis l'iUcrki).jcn fi'iv
die lüntühnnijf in den Itclriel) des TiirtninUrnehtes ( ■.iit».rsU)h rS7S.
S. XIX ff. Vor allem aber sti liiti.m.\viei>cn aiU' die trcfllichcn Schriften
voll Jäger (ivmnaslik der Hellenen . 2. Aufl. KfsHngcn 1857 und
Neue Turn schule . Stuttgart iSju.
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Atlnin SniiilM |*HiliiKi>siM'|i8 Aniiii*tiM-n tiiml Kritik 4ti*r»»ll>pt>.
handeln, sondern es gfilt, die alte Ciymnastik wieder, natür-
lich mit zeitig cm äfsen Modifikationen, cinznfühion. Auch
miifstt' (Ho vScluvinunkimst dabei henicksicliti]n:t werde«.
W'flchcn L( ]ir])lan inörlitc unser IMiilosopli min aber in
den lioheien Ia Iirmistalun antj^estellt wissen ? Hier ist
die Antwort nicht >o ieielit zn jL»eben. wie liiu.siclulieli der
Vülks.schnlen ; denn es fehlen bestiniuile Angaben, und anch
für Schlufsfolfferungen ist kein j^^enügendes Material vorhan-
den. Zndem inanpfelt es an einer präzisen Anseinanderhaltuug
von (»elehrten- und Hochschulen (rniversitäten): das hat
allerdin<>^s seinen (»rund einerseits in den diesbezügliclien eng-
h'schen Wrhrdlnissen und anderseits darin, dafs überhaupt
bis in die neuere Zeit hinein, auch hei uns. in vielen Fällen
zwischen dem l'niversitäts- und dem (Tymnasial-l'nterrichte
eine scharfe (irenze nicht gezogen war: an einer Reihe von
Anstalten, die unserer gegenwärtigen Anschauung geniäfs zu
der Kategorie der Gymnasien zu rechnen sind, tritt uns eine
eigentümliche Verquickung von niederem (vorbereitendem)
und höherem wissenschaftlichen Unterrichte entgegen - ich
erinnere nur an die sogenannten Ritterakademien und die
jesuitischen Lehranstalten. Umgekehrt bci^egnet uns an den
Universitäten jener Zeit \ ielfacli noch ein I ntei riehtsl)etrieb,
der uns heutzutage für dieselben als viel zu elementar er-
scheint, z. H. in den philologischen und mathematischen Dis-
ziplinen. Dieser schwankende Charakter haftete (und haftet
noch) in weit höherem Mafse dem englischen Gelehrten-Schul-
weseu an.
Wir haben schon gesellen, dafs »Smith Prüfungen in all-
gemeiner F^ildnng. in den höhere!! und schwierigeren ^^'issen-
scliaften , eingetülirt zu sehen wünscht, wenigstens für die-
jenigen, die irgend ein öffcnlHches Amt zu bekleiden vor-
haben. Diese höheren niul schwierigeien Wissenschaften
müssen also in den höheren Unterrichts-Anstalten, die nach
ihm, wie wir wisseu, nur einen privaten Charakter haben
sollen, gelehrt w erden. .Aber welche einzelnen W'is.senszweige
hat er dabei im .Auge? Ohne jede Frage die Philosophie
iWealth S. 357K hinsichtlich der übrigen bleiben nur \'cr-
mutungen ül>!ig. T>ie (i\nniastik soll iiatürliili hier so gut
wie an den \ "Ik^scliulen ein Unterrichtsge^ensiand sein.
Uber die füi die Stoffanswahl mafsgebenden l'iiuzipien
wie die unterrichtliclie X'erarbeitung des Stoffes finden wir
bei Smith keine Angaben; jedoch lassen sich in einigen
wenigen Punkten seine Ansichten darüber durch Schluls-
folgerung gewinnen. Der wichtigste (»rundsatz, der bei dem
einen wie bei dem anderen zu ))eachten ist, ist der, auf das
Interesse der Schüler Rücksicht zu nehmen, d. h. wenn mau
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die Form didaktischer Imperative wählt : i. wähle nur solche
Stücke ans für die untervichtliche HeliandUmg-, welche an
und für sich anf Interesse hei den Schülern rechnen können,
und 2. Hrinqi' dicM. IIhii so an die Schüler heran, dals sich
ihr Intert'ssr aucli crliält -■ knrz: nntcrrichte interessant.
Der l'nterricht, dem Aulnierksanikeit zu sichern es des
Zwanges und der Anwendunj^; von DiszipHnar-Mafsregehi
bedarf, ist wertlos; höchstens bei sehr jungen Kindern sind
solche nicht j^anz zu nni Liehen. Dlt- hit-r in Betracht kotnniende
Stelle (Wealth S. 343) lautet: Wo die Lehrer ihre Pflicht
wirklich erfüllen, da ist es, j^^lanbe ich beispiellos, dafs die
meisten vSchüler <lii- ihrige \(.'rnacidässi}>en. Ks bedarf nie-
mals der I)is/i])liii. um Aufmerksamkeit bei \'orträj»;cn, die
des Zuhürens wirklieh wert sind, zu erzwingen, wie die Kr-
fahrung überall zeigt Bei Kindern oder sehr jun^^eu Knaben
ist vielleicht ein gewisser Grad von Zwan^^ nöti^^ um sie
zum Achtgeben anf die Unterrichtsgegenstände anzuhalten,
die man ihnen in dieser ersten Periode des rvcbens beibringen
zn müssen glaubt; aber nach dem zwölften oder dreizehnten
Jahre bedarf es dazu schwerlich mejir eines Zwanges, wenn
nur der I,chrer seine Pflicht thtit . Man sieht, dafs obige
Regeln durchaus der Meinung »Smiths entsprechen. P'reilich
wenn unser Philosoph die Lehrer ermahnt, ihre Pflicht zu
thun, damit auch die Schüler die ihrige und zwar gern und
willig thun, so können wir daraus noch eine ganze Reihe
anderer didaktischer \'orschriften ableiten; namentlich würde
es ganz im »Sinne der Pädagogen jener Zeit sein, die Forde-
rung darniis zu q-ewimien, dafs der rntcrrieht (\(.\\ Scliülern
so an»;enehm und leiclit wie möjrhch gemachl werde. Jedoch
hiefse das entschieden zu weit gehen und sich anf ilas (ie-
biet der blofsen \'ermutnngen bej^eljen. Vielleicht erhebt
man diesen Vorwurf sogar schon gegen die zweite, oben
angegebene Regel; aber ich glaube, dafs diese wohl aufrecht
erhalten werden kann, angesichts des doch unzweideutigen
Verlaugens, bei der Stoffauswahl dem lui c der Schüler
Rechnnn'^^ /n traq^en. Dagegen lassen sieh \ür diese Stoff-
nnswald noch einige amlere \*nr^eliniten ans dem ableiten,
was vSmitli anf vS. 349:3 =;o (K s \'"lla rreichtnms -^i^^U welche
Stelle schon oben in anderem Znsammenhanj^e angeführt
wurde. Wenn unser Philosoph den zünftigen Unterrichts-
anstalten den Vorwurf macht, dafs sie den Zeitverhältnissen
nicht Rechnung trugen, die Jugend Dinge lehrten, die un-
nütz seien, so ist seine .\nsicht bezüglicli der Stoffauswahl
doch offenbar die, dafs dabei Xützlichkeitsreflexionen mit-
zusprechen haben, und dafs man neue wissenschnftliche Kr-
rungeuschatteu fortUaucrnd berück-sichtigeu miisse; auch dies,
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AiImii 8niHh» |mi<iiKO|ci»<^hc Aii*ivhtfii iittU Kritik dfVfteiben.
was allerdings in dem zuerst (gesagten schon mit enthalten
ist, aber doch noch besonders betont zn werden verdient^
(lafs nanilicli anf den wahrscheinlicben künftigfen Benif der
Sduilcr bedacht /.n nehmen sei, I'ordernngen, denen man
seine l^illi^^nnj^ siclierlicli niclil \ ersa'^''tii wird höchstens
thnu (lies liir.sichllit Ii dif^ci vlww pi ;i/isj(.'rten die Verfechter
ideali.slisc'-.er, in der Luit schweben<ler Zwecke der Schule.
Gewifs ist die Rücksichtnahme auf den künftigen Bernf nicht
allein mafsgebend, sondern der Mensch soll auch zu einer
bürgerlichen Stellung herangebildet werden, die je nach dem
Lebeuskreise, dem sie angehört, gewisse allgemeine Forde-
rnngen an die Bildung stellt, bei denen der besondere Zweig
der Beschäftignng, die dem Einzelnen innerhalb derselben
zufällt, nicht iiibctraclit kommt; aber ganz übersihen werden
darf dieselbe keiuou egs. Am treffend.sleu liat wohl die
nianiiigfacheu Aufgaben der Schule, bc/.w. des Staates als
des Organisators und Leiters des gesamten Bildungswesens,
Wnndt charakterisiert, wenn er sagt*): >Er (der Staat) dient
damit (durch die Fürsorge für den Unterricht der Jugend)
den Bedürfnissen der ( Gegenwart, indem er jeden Staats-
bürger in den Stand /.u set/.en sucht, seinem Berufe nach-
zukonniiLii, seine bürgerlichen Rechte zn wahren und seine
Pflichten gc.ucn die (lesamtheit zn erfüllen. Zugleich aber
richtet sich .Nciue Fürsorge in die Zukunft: er sucht eine
Besserung der gesellschaftlichen Lage der niederen Klassen
vorzubereiten, indem er ihre geistige Hebung erstrebt und
auf diese Weise die Unterschiede der Uiesell.schaftsklassen SO
weit auszugleichen bt mülit ist, als dies die Forderungen der
rechtlichen und sittlichen (ileichheit und des einträchtigen
sittlichen Znsammenwirkens aller Gesellschaftsglieder wün-
schenswert niachen .
Kndlich sei darauf, noch aufmerksam gemacht, dafs
Smith auch die „Aumlatio", den Wetteifer in den Dienst des
Unterrichtes gestellt wissen will, indem er sagt (Wealth
S. 352): *Das Gemeinwesen kann die Erleniung der wesent-
lichsten Unterrichtsgegeustände durch X'erteilnng kleiner
Prämien und Auszeichnungen an die Kinder, die sich her-
vorthun, erninntcni . Diese Mafsregel werden allerdings
die meisten der heuligen Pädagogen für im hohen (irade
\ ri werflich erklären: man braucht nur einen Blick in imsere
Ivchrbücher der Pädagogik zu werfen, und man wird finden,
dafs sie mit nur wenigen Ausnahmen gegen den Wetteifer
zu Felde ziehen und weidlich auf die Jesuiten und Philan-
tropinisten als die Hauptanstifter \ on zur Belebung desselben
getroffenen \erderblicnen Kinrichtnngen schelten. Nun,
vgl. Ethik, S. 657.
Vvnm B«bim TU. 3. lO
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146
l>r> Pmil lIvfKPNialitt.
flas alles kann mich keinen Anj»enblick abhalten zn sajfen,
dafs ich die „Amuhtio** beim Unterrichte, in der Ivrziehnnj;
überhaupt nicht missm möclite, ja. dafs man nlinc <1itsr-rt)e
^ar nicht aiiskoninicn kann. l>c.s.-Ncrcn Hrlol^c des
Ma.ssenuntcrriclites dem Kin/.ehmterriehte i^e.iiennber bernlien
eben daraiU; unsere Klassen-TeiUmg ist die i^dj^e der An-
erkennung, wie wichtig es ist, gleiche Kräfte zttni «^gemein-
samen Wettbewerbe zusaninienzufuliren. Mit dem von der
Natur dem Menschen verliehenen Pfände zu wuchern, treiben
ihn, wenn er erwachsen ist, die Not und der Ehrtrieb; denn
der blofsc Thäiii^keitstrieb <^enüj^t dazu nur in den .nller-
.seltenston Fallen bei den» Kinde, dem Sclu'iler kommt
nur der Khrtrieb inbetracht. Hie Hrzieluinj^^ muis denselben
benutzen, natürlich aber seine Ausartungen, Kiteiktr-ii und
Ehrgeiz, verhüten. Kleinere Brämien und derartige Aus-
zeichmingen können sehr wohl zugelassen werden; aber
natürlich mnfs man bei der X'erteilung nicht die verschiedenen
Leistungen gegeneinander abwägen, sondern darnach fragen,
wir dieselben sich zn den }.^^ej^ebenen l*ähi«.^'^keiten verhalten,
mit anderen Worten: der drad der Anstrengung kann beim
Verdienst allein in rVnj^e kommen,')
Welche Anforderungen stellen wir nun heule an die
(iestaltung des Unterrichtes in den niederen wie in den
höheren Schulen? Mancherlei ist schon früher in anderem
Zusammenhange gestreift worden, worauf ich jetzt noch
genauer einzugehen habe; anderes niufs hinzugefügt und
alles übensichtlich L;eordnei und gruppiert werden.
Hei der AnfsU-llnni; dei Kehrpläne für die verschiedenen
Schulen ist malsgebend das Knltnrprinzip, weiciies \ erlanj»t,
dafs die Heranwachsenden zn Kulturkämpfern heran ij-ebildet
werden behufs lühallung und I'örderun^ der Kultur auf
allen ihren Gebieteu. Darin ist alles zusammengefafst, die
Fürsorge für die nähere und fernere Zukunft, die Rücksicht-
nahme auf den künftigen Beruf der Zöglinj^^e und dit dereinst
von ihnen zu erfüllenden allj^cmeinen Pflichten als Staats-
und Weltbürj^er, die Xotwendij^keit, sie in den Stand /n
.setzen, die ihnen als sf>lchen zustehenden Rechte wahren zu
können, die Auf)»abe, die I'dicke dahin zn lenken, wo vor-
nehmlich l'ort.schritte geboten er.scheinen, auf Mittel und
'i Die Ranuordnunjj da;i:c}.re!i Knnn niclit wolil n-.wh diesem
l'riu/.ipc fortgestl/.t ulrdcn. ans (ii iiiulcii. die so auf der Haiul lu i;cn,
dafs ich mich auf ihre Hrörteruii}^ hier nicht ein/.ulasseti btauehe.
Da aber anderseits eine auf der \'erj^lei( hniij^ der verschiedenen
Leistungen beruhende Platzanweisung nianclierlei Märten im (iefoly;e
hat, so halte ich allerdings in Übereinstimmung- mit der Mehncam
der neueren l'ädag;ogen dafür, dieselbe nach irgend welchen änf.scren
^Merkmalen, B, nach der alphabetiKchen Nameniolge, zu bestimmen.
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A<Ihiii $!iiiil)ui pSilasuKiach» An^ichtpn und Kritik il(«rMlben. t
Wege hinzuweisen, die zur Erreichung des Zieles gcei<^iiet
zu sein scheinen und in ikii juni^en Herzen cU ii Bnthusias*
nius für eine darauf • gericli tele Wirksamkeit anzufachen.
Xacb diesem Priiizipe sind die l'nterrichtsfächer leicht zu
bestimmen: dasselbe reclitterlij^t auch die ( tliederung; des
rnterricbls Wesens vollkommen. Denn diese ist eine not-
wciidij^e F()l;^e der ( Tliedertni*4 der l re.Nellscliatl in verschiedene
Arbeitsklassen, die ihrerseits ja wieder durch den Kiiltur-
fortschritt bedinj^t worden ist. Auf dem biologischen Ge-
setze der Arbeitsteihing beruht unsere Kultur, ihre Erhaltung
nnd Weiierent wickehing. Freilich, über dem Trennenden
darf niemals das verj^essen werden, was die einzelnen rrlieder
der rreNcllscbaft, die Ciesellscbaftsklassen, so verschieden auch
ihre .\r])eits.ijebiete sein mö<>en, einijjt oder doch /,uni min-
desten einii^eii >olUe es ist dies dasjenige, wa^ w ir nnter
allgemeiner Bildnnj^ \er^tchen, sowohl in intellektueller als
auch in moralischer^ religiöser und ästhetischer Beziehung.
. Die Einheit herzustellen und zu erhalten ist Sache der Schul-
erziehung; dadurch wird (rleichheit in der ideellen Lebens-
haltting erzielt, der \'erkelir nnd Meinungsaustausch aller
mit allen ermö*(licht darlnrch fällt die Scheidewand, welche
die (tebildeten von den l nj^ebildeten trennt, deren Nieder-
reifsini)4 die (Gerechtigkeit nicht nnr, sondern auch das
Interesse für den P'ortbestand unserer Kultnr energisch fordert.
Allerdings wird mau auch wenn nicht eine völlige, so doch
wenigstens eine annähernde Gleichheit in der materiellen
lyebenshaltuug der Menschen wünschen müssen ans den näm-
lichen Gründen : deren Herbeiführung und Anfrecbterbaltnng
istjedoch nicht Sache der Schule, sondern der Sozialpolitik. V
(icwifs wird auch von absoluter llilduugs-(ileichheii in der
int Texte anpe^ebeneti Begren;ninic niemals die Rede sein können.
das ist ja durch die vcrschiedeiic natürhche Bf Mtilnirimir der ^Tcnschcn
ausgeschlossen : aber uXs an tiner idealen Forderung wird man darau
festhalten müssen. Cnd jedenfalls ist die Niederwerfinij^ der jetxt
die fJebildclt ii \ on tleti l ■n>;el>ildcten trennenden Schranke mö>jlich.
JiiUhiiij^fsinitc rvi hu (U' nalürlii l) inumT ab^^est luMi vm der I^eson-
»lercn l-ach- nnd üeruf.s Jiililun- wie .sie ja auch jcUL unter den
(Vebildeten bestehen, werden i iniur vorhanden sein Hinsichtlich
der niatcrienen Lebetishaltun.ir wii'i ninn dni^eiien selbst an einer
idealen Fordenuig nicht auf völliger (deichheit /.u beliarreu brauchen;
darauf ist auch (wie schon erwähnti in Wirklichkeit das Bestreben
ili\r nicht gerichtet, wenn man von einij^eu wenigen Ausnahmen nb-
sieht. Nur um die Heseilignng der schroffen, gewi/s das Gerechtig-
keitsgefühl verletzenden l'nlerschiede handelt es sich. Wenn in der
Polemik gegen die BesiUs-Unlerschiede oft /n weit gegangen wird,
was ich keineswegs in Abrede stelle, so ist dies walvrlich nii<;esiolits
der Sachlage verzeihiicli : die Schuld tragen ein/ig und allein die
ihren Besitz so übel -- znm l'runken nnd leerer Rcpräsentatioii —
Anblendenden.
IC*
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I^jt Dr. t*iiul llpremMHli.
Die Gnitidlageii der alljifeineiiien Hildnii^ in iiitellektneller
Hinsiclit sind (iescliichtc, Xalurkuiule, ( leoi^rapliie» Staats-
iind Wirtscliafts-Lehre und deutsche vSpraclilcInc lAsen.
Schreiben, Rechnen sind für uns so selbstverständliche all-
j*;emeine Fnterrichtsq^ti^enstände. dafs ich likr darüber kein
Wort zu \orliertii brauche. Diese Klenicuu- uui>sen daher in
allen Schulen \ ei UeLen sein. Spracliwissenscliaft, Matlicni.ilik
und weiterhin Philo.s()phie kommen da^^egen nur für die
höhere Bildung inbetracht Ferner ist die sittliche (itnd
formal- gesellschaftliche), religiöse nnd ästhetische Bildung
ebenfalls g^leichniäfsig bei den Auj.j;ehnri)^en der verscliiedeiien
(Tesellschaftsklas.sen zu pflcj^en durch moralische und rcli-
jjiöse Beleb nni}^^en, Tj'tteraturkunde, Zeichnen, Modellicreti
nnd (Te.<;ang. SsatürHeh ist ancli die (ivinna'^tik ein allen
Schulen geniein samt,'- riiurriehlslaeli ; ja es dürfte sich vn\-
plchien, bei den t^ynniaNli.schen Übungen die Schüler der \ er-
schiedenen Unterfichts-Anstalten zu vereinigen, was auch
beim Zeichen-, Modellier- und (lesang-rnterrichte angebracht
wäre.') Derselbe würde auch für einen I'nterrichlsgeoenstand,
den ich doch nicht ganz mit Stillschweigen übergehen will,
gelten: ich meine den Handfei ti^keits-rnlerricht, dessen
Wichtigkeit für die künftigen Handwerker einleucbtet, der
aber auch für die anderen eine hohe Hedeutung hat, indem
er dieselben lehrt, die Handarbeil rieb liger /u schätzen nnd
besser zu würdigen — ein Vorteil, den kein Soxialpolitiker
längnen wird. Was die moralischen Belehrungen betrifft, so
sind für dieselben be.sotidere Stunden anzusetzen,-) während
für die religiösen^ bei denen es sich wie schon gesagt, nur
um die allgemein menschlirlun (irundlagen religiöser Welt-
an.schauung handelt, dies kaum erforderlicli /r. S( in scheint:
dieselben treten mn besten l)lf>l"s bei pas.scndi i ( '.rk nheit
auf; erst gegen Kude des ganzen ruterriehtskurse>, der ciK«-ut-
'i Schülern der «»bert'ii Klassen <]vr ()ymv:\^MV ^y^)rf\v^^ die der
I'^ortbildiniKsscluilen j^kic h/usel/en seui. s(»weil dies nnl ileni ciiesen
X« erteiletiden I nterriclit xcreinbar wäre. Dabei will ich jjleich be-
merken, dal's ich allerdings den l'nterricht an den l'ortlnldunjfs-
schulen in einem viel weiteren l'mfange festge.sel/.l wi.sseu mochte,
als dies heutxutaj^e j^eschicht ~ selbstverständlich atif Kosten der
den Lehrhcii Ln /.n widmenden Zeil. Ich meine nändich, dals .sicher-
lich ein nmfangreicheret nnd intensiverer I'ortbildnnus T'nterricht
möglich w«nre. wenn die I.ehrherren ihre Lehrlinge wohl ftcifsig an
einem Teile des Tages /tir Hrlernung ihres Bemfes anhielten, aber im
iibrigcn nicht willkiirlich /it üiren (der kehrherni) (iunslen ii})er diese r
Zeit verfügen dürften Hei dem jetzigen Ik'lriebe wird doch gewns
an/serordentlich \ iel Zeit ohne ir}5:end einen Nutzen für die TCnife-
mäfsige .Xusbildung; der I^ehrlin^e in der unverantwortlichsten Weise
vergeudet.
•) vgl. darübermeinen Aufsat/. Cber Moral- Unterricht» Pädagog.
Studien XV Jahrgang. Heft 3.
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Aftani Amith» pädmfo^iwlie An<«ieht«ii ttn4 Krittk drrvrtbca.
149
liclieii Emehuiigsperiode dürfte es aii>j;ebracht sein, im Au-
sclihusst" an die kullnrhistorisclien Helelinmq^en eine Samin-
und Sichtmij^ des bis daliin !::fclc\i^ entlieh aufj^^treleiien
diesl)c/ü.nliclieu Materials vor/iniehnien uiul dasselbe iinch
antreiiKssc!! /w erweitern. So sebliefst ikr l'nUi rieht der
Jugend, indem ihre 151iek.c aui das Kwigc gelenkt werden —
und der Wunsch rege gemacht wird, mehr davon zu erfahreu.
Die HrfüUuiiir dieses Wunsches ist alsdann Sadte der sogen.
\'olkserziebnng nnd des akademischen Unterrichtes,') Mit
Hezng anf den Siaatsbürgermiterricht mir ein Wort. Der-
sell)e nnifs natürbcli sich ganz freihalten von ]->olitisclier,
}>arteilicher Tendenz; in denKseli)en darf nicht Propaganda
geniaclu werden weder fiir diese ode^- jene Staatstonn noch
weniger Ihr diese oder jene Partei. Die besondere Stellnng-
nahnie in diesen Beziehungen mnfs dem reifen Manuesalter
überlassen werden, mufsdas Ergebnis vielseitiger Erfahrungen
und reiflicher Prüfung sein * - in jedem anderen Falle ist sie
völlig wertU)s. Zn den Rechten des Burgers des modernen
»Staates gehört die Freiheit der Knlscliliefsung in dieser Hin-
sieht ganz entschieden; jede Heeinllussnng, noch dazu eine
s.)lche vor der Zeit der rru ilsnitc, ist eine verwerfliche Be-
schränkung derselben nnd darf unter keinen Umständen ge-
duldet werden.
Von allen diesen Ausführungen wird gewifs das über die
religiösen Belehrungen Gesagte am meisten Widerspruch fin-
den. Meint man doch seltsamerweise noch immer, durch das
Festhalten an dem konfessionellen Charakter der Schule dem
religiösen Interesse in besonders hohem (trade zu dienen; ja
man behauptet sogar, eine I.rxiehniis:^. die nicht auf dem
Boden eines beslimniu n ( .iauheüsl>ekeanlnisses stehe, die sich
nur, wie oben verLuigl wurde, die IMlege (kr allgemein
menschlichen Grundlagen der Religion angelegen sein lasse,
sei gleichbedetitend mit religionsloser Erziehung, oder man
versteigt sich sogar /u der l^ehauptung, dafs es überhaupt
so etwas garnicht gebe, dafs dergleichen undenkbar sei. Mit
W'undt (Hthik vS. f»^>i) sage ich: Man mufs zur l'Jire derer,
die solche Meinungen gelassen ansspreehen. annehmen, dafs
sie sieh der Tragweite ihrer Worte nichl bewulslsind . Näher
darauf einzngelien, halle ieli iin uiniötig Leute, die allen
Wrnuuftgründen bisher ihre Ohren verschlossen haben, wer-
den sie auch jctxt nicht öffnen, und bei den anderen bedarf es
solcher nicht mehr.*) Besondere didaktische Erörterungen will
M Darüber, welche Ijesondcrc Richtung die relijfiose Anschauung
nehmen soll, hat vor erlangter Mündigkeit <1ie Familie allein zu ent-
scheiden.
"< /um i'hcrfluls verweise ich ahcr noch aut W uiulls naliete .\u.s-
führtuigcn (Kthik S. 66i ff.i
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15"
ich hier übergdieii, zmleiii ja auch Smith solche mir flüchii}>f
j^t'strcift hat. I)a}^cjnvii iiK'klito ich dis im ersten Ahschiiittr
dieses Kapitels nnfi;cstclltt Sclienia nochmals hciiüt/en. nni
eine übersichtliche Ziisainnu. iisteIhm.'L;- der ruU-n ichts-( ie;^en-
stände zn geben, welche die Hcdiirliusse unserer Zeil erfor-
dert!, und so den Abstand zwischen dieser und derjeni^^cu
unserer. Philosophen* in die rechte Heleuchtuuj»: zu setzen.')
r 11 1 c r r i c Ii t s - (i e 54 e ns tä n de; II e i u\ .1 1 k u ude (in dem
weiten Sinne meiner sclion angef. Arbeit Die sozialethischc
Aufgabe der Heimatkunde |: Prinulr-Schule.
Lesen
Schreiben
Rechnen
und Elemente der ( ieomelrie
Zeichnen iu. Modelliereu)
Singen
( i \" m n a s 1 1 k
F o r m a 1 - e s e 11 s c h a i 1 1, U e-
lehrnn }^en
(jeschichte
Wirtschafts- und Staats-
lehre
rriniiii .^ cli Ic iZciciuKn iiu crsleii
Schuljahre als iiiaU-iidcs Xetclincn \
\ OlksMchtilc.
Stcmulär Sv^liiilc | Hin imtvcIiviU
uinl zwar 1 lUttral. u. Rcal-
' ( iyiiinasium
Tertiär- Schule
und /.war j Fortbildunij^sschule.
Secuntlär-Schul»
. \ uikssrliuk-.
I UfirjrcrschHlc.
^ lilterai \: Keal-<iyttl-
und /.war
iiasi um
Tcrlinr-Schul«?
I
l
und /.war ' l*orllnl<,luni;s.schalc.
iN a t in k u n de
(»eographie
Deutsche Sprachlehre
nnd Ivitteratnr
Moral- Unterricht
(Religiöse Belehrung)
Ku-inente der Mathematik u ud ) Stcandäi Seiiuk umi
eine fremde neuere Schule j sewar ( HürKvrschule
\i 1 1, ^.,1 » ; ir l Secundär-Schule / litterarischcK uud Real-ttvin-
Ai d t U e ni d 1 1 k J .^^.^^ I na«iuiu
Alte Sprachen ((triechisch
und Lateinisch) und eine ( vSecuiular-Schuk- | litterar. t;ym-
fri nide neuere Sprache {Fran- zwar \ naHiuni
zösisch) *)
'* üiibcrückMclili^l
- p- au.s naliciic^cudeu t.iriuidcn bleiben
dabei allerdinpi die niederen Fachschulen und die Ilochschukii.
•j Dazu KugHsch als fakuUativcs i'ach.
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Acliim itmlthit |M<lByosl«pfar Aoalrhtm und Krillli «l^rMlbm.
Drei fr eindc neuere Spracheiii . ,« « ^ , I « ,
, - : t,*«„i;^«u . I Secunaar-Schttle I Real-
Han/oMscl , Englisch, . „„d zwar {Gymnasium
IMi i lusophische | Seouiulär-Schuk' f litterarisclus tiiul R«al-
Propädeutik j • und zwar | (iyuuuu>iu«u
(Schlüte folgt.)
') Dazu Latein als fakuUalix t s l'a^ h. nanu iitlich soweit es /.um
\ erständnis der ICtyniolojfie der neueren Sprachen und der wissen-
scliaftlichen Terminologie criorderlich ist.
Allerhand Reformgedanken.
\ Otto Schulze Hl l Lille a.,S.
II.
In lUf^iii Punkte nun seUt der Lcip/iK«^r SdutUUrtrktor
Dr. Fr. Sachse in .seiner bereits 1891 erschienenen, in ihren (W-
danktu iiiul Ideen al)er noch immer neuen, ewig jungen Schul-
reform- ein, in<Uiu er als die wichtigste padamoj^iselie Frage
der ( lej^enwart die be/.eichnel : W i e i t x \i r I d r a 1 i l a t z w
er/.ieheii? und zwar xon allen Faictorcn, «Ii», l r/it hlirlu ii lau-
flufs ausül)en sollen . Damit ist zuj^leuh der Kern, (iieOiunt-
essen/. der .Sachse'schen rntersuehungen und Vorschläge ge
geben, die in allem gleich denen von Massow keine iit)erspnnnteii
Umwälzungen herbeizuführen beabsichtigen - und das berührt
entschieden angenehm gegenüber den Neuerern und Stümieni,
div alles Alte Über liord /u werten drohen sondern die auf
tlem Wege einer allmählichen, historisch berechtigten und mög-
lichen Xeuordnnni: der l>iiii;c also mehr un Rahmen des de-
gebeiien ihre Keionnen zu erreichen >li\iirn. Zur Idealität
erziehen, ideales Streb e n e r \\ e c k c n . \ erinnerlich-
ung und Vergeistigung der gesamten Unterrichts-
arbeit, Herz und Geist heben und veredeln, mit
wahrhaft hohen und reinen Gütern schmücken: ist
das Irrste und All-lvine, so möchte man sagen, das in allen acht
Kapiteln Zur Scluilreform. Nationale Pädagogik, l'ber die
l"'r/iehiuig zur Selbstäinli<;kcit durch den rnterricht. An•^chau-
liclikeit und \'eransclunilic]iUHg>->uoht. Wissen nn<l HiUhmg.
Idealität und Ihldung, \ <m <ler T bcrbiirdung der Kindt t durch
den Unterricht, Über die allgemeinere Verwirklichtuig der päda-
gogischen Idee - immer und immer wietlerkehrt, jedesmal unter
neuer, tlberzeugenderer Beleuchtung: darüber werden die Fragen
des äufseren Getriebes keineswegs \ergesscn. doch al)er, wohin
sie gehören, in die zweite Keilu rückt, nicht, wie es jetzt so
häufig geschieht, zur alleinigen Hauptsache gemacht, nicht als
da^ Haupt und Ziel aller rädagngik gepriesen, nicht als das
Allheilmittel für die soziale Not und (»efahr hingestellt: es giebt
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Alterlwml R«fonnfe4aiik»D.
:mi dem ei^eiitlicli ])ridagogisc]ien Feldt;. auf dein Gei^ieie cUs
rntcrrichts und der Ivr/ieliiin}< so ühcrvid tiiii/uj;tslalten, diils
man dieserlei Fraj^eii und Ki t"r>nn-V<)rsclilä^c t'ü Jülich jenen gleicli-
Uedeutend erncliteii dart. die mehr die organisatorischen und
schullechni.^chen, also die mehr aulserliclien Dinge fassen. IC s
ist-der Geist, der s i ch den Körper baut - die Reformen
müssen axich hier ihren Weg von innen nach ntilsen
nehmen« allein die Pädagogik mufs die Ziele und
Wege w ei se n. Das ist der /weite Punkt, worin das Sachse' sehe
Werk von allergröfsteni Werte ist: dals darin die Pädagogik zu
einer Hedeiititni; t tn]iorgehol>en w ird, die man ihr /u/m rkciinen
noch hinge niciit gewillt /u ^ein scheint. d:ifs sie nanilich als
die Wissenschaft von der HiMinii; und iCr/ichung des Menschen,
die vScelc und Geist in ihrem innersten Wesen zu erf.i.ssen und
7X\r erkannten HiShe nach geftuidenen Gesetzen hinaufzuziehen
trachtet, nicht blofs für die Jugend gilt, wie man oft annimmt,
sondern überhaupt für unmündige, einer Leitung bedürftige
Geister. .Sie hat noch ein weite» Feld «ler Thätigktit vor sich,
ehr t-- die Regel wird in der menschlichen Gesellschaft, das
(»Ute unentwegt zu thun. weil es das Gute ist und der Wahr-
heit die Ivhre zu gehen in je<ler Bezieliuug des Lehens, weil sjf
eben Wahrheit ist. So lange ni .i n nur von Seil nie u n il
Haus erzieherische Bethätiguug erwartet, hat man
kein volles Verständnis für dielCrziehung des Men-
schengeschlechtes. Auch die Staatsverwaltung, die
(Gesetzgebung, die Kirche, die Presse, die Litteratur,
die Kunstinstitute, die ganze gebildete Gesellschaft
haben pädagogische .AutL;;ilicn und sind l'.iktoren
der «W fen t liehen ICrziehun i; l berhaupt: wn ein höheres
Geist», -kleben auf ein minder entwickeltes einzuw irken Macht und
Gelegeuheil hat. hat e> auch die Pflicht, dies bewufster Weise
XU thun. Diese Pflicht at>er ist in unseren Tagen vielfach nicht
erkannt, oder, was tadelnswerter ist. einfach ignoriert worden,
aus egoistischen Zwecken. Hierin liegt nach meiner .\u>icht der
Fehler, der die Gebrechen dt i Z^. it verursacht hat. Schign Schieier-
macher sagt: Alles Revolutionäre lie>;t in der unrich-
tigen () r g n n i n ! i o n der (> f f e n 1 1 i c h e n i-i r z i c Ii ii n g.
Was aber Sa< h^i^ liuch ganz besonders ln-b und weil macht,
ist der frische Zug. der darin weht, das ia>l kecke \'or\värts-
drängen in der Bildung der (leister. > Nur keine Reaktion ! Nur
kein Aufgeben von Grundprinziinen auf dem Wege zur Freiheit!
Nur kein Zurückgreifen zu verlebten Anschauinigen I Diejenige
I^rziehung erzielt* die schlechtesten Resultate, die heute nach
diesem, morgen nach jenem Grundsatz sich richtet. I\>t und
beständig nnifs sein, was eiiu- ,*>tüt/< ■^eiu soll für die. welche
einer .solchen bedürfen. Schroffer S\ stenuveehsel in der Staat-
»54
liehen Leitlinie hat zu allcMi Zeiten l*nrUiha<kr und Zu ietrnclit.
t'ii/.nfrieclenheit und Rnth)si]i;k(. -it im ( /cܻ1k<^" K^-habl. Das It-t/lc
Ziel jeder Ivr/iehmiK ist und bleibt Hilduni; /. ur Freilieit.
die das Geselzmäfsige thut ohne Zwang, die nach X'eredelung
strebt aus bewutster Hingabe an dasselbe, die nach selbständigen
ethischen Grundsätzen handelt. Ma^ auch der Weg noch so
M'tit und der vScllfitt noch SO langsam sein, das Ziel bleibt,
luul jede Abw eichung von der geraden Richtung ist folgenschwerer
Irrtum. ICs kehrt /wnr niemals zu seinem Anfang zurück, was
eine geschicluHche Ivnlwickelmig ist. und jede Renktioii kann
nur aufhalten, nicht für ininitT ablenken vom reeliten Wege;
al)er ein nationales rngiück ijleibt sie doch, wenn die Mehrzahl
der Nation sie als solches empfindet Auch Völker sollten sich
stetig entwickeln, es widerstreitet allen pädagogischeu I^ehren,
wenn auf drei Schritte vorwärts wiederum zwei Schritte rück-
wärts gethan werden . -
Und folgten wir in allem den gc-sunden und tiefbegründeten
Ratschlägen Sachses, wir können eine< stetigen Fortschrittes
sicher sein. Heuser und tiefer kann man die Autgaben der Zeit
und die der Pädagogik und der Schule insbesondere nicht fassen,
und es dürfte wenig Fragen des gesamten Triebwerkes der Kr-
xieliung und Bildtuig geben, auf die nicht ein scharfer Lficht-
strahl klärend fällt: mag es nun sein das Verhältnis von Wissen
und Bildung oder da2»jetiige /wischen Geistigem (IdeH.lleni} und
Materiellem oder das zwischen innerer Anschaulichkeit und
der äufserliclieu sinnlichen Anschaulichmachung: oder mag
es die Charakterbildung dafs wir also vorherrschend etwas
sein und lucht blols etwa^ können sollen oder die innere
uiul aufsere Selbstäudigkeit, die indivuluellc lüilvv ickehuig und
die scharf ausgeprägte Kielbewufste Selbstbethätigung l^etreffeu;
oder aber mag es sich um die eigentliche Aufgabe der Volks-
schule, um das letzte und höchste Ziel der Krziehiuig und wo-
durch es erreicht wird, handeln, dafs niiml i b nicht im Stoffe
au sieh, sondern im Kinde an sieh das Hauptprinzip de«s
T'nterricht*^ liegt . wobei nachdrücklichst die Stoffüber<chät/ung
in die '4eh<)rigen Schranken verwiesen wird die 1 nnicglieh-
keit. tiein \\ issen der Ciegenwart in der Seliulc qucuilil4tiv nur
annähernd gerecht zu werden, mufs mit Notwendigkeit auf neue
Gesichtspunkte fuhren, es pädagogisch zu verwerten - : mag
uns irgend ein Probletn der praktischen I'ädagogik aufstofsen
und Lr»sung heischen, man wird getrost, sicherer Ililfc gewärtig,
zu Sachse als /u einem kundigen Anwalt und zielbewufsten
l'^ihrer seine Znfitu'lit nehmen köiuien. .XieniaN bietet er trockenen
Scludkram. MHidern hellblitzende an>|Ha uende (»edanken,
j>aekcude Wahrheiten. Cteisl uuil Herz fas^cu^le. zum Weiter-
spinnen anregende Pläne und Ideen so, wie er es cum
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AUrrliMil Berorinir«d«nk*ii. \t^^
tfruli" .^"liii von uns und unserer Arbeit an den frischen be-
wci^licheii (»eisteru und Seelen einer vielköpfigen munteren Kin-
derschar auch fordert, wenn er ausführt: Ks verlohnt sich, der
Krage iKilicr zu treten: Was bildet den MensclKugeist ? und
Schlüsjie /u /iebcn für die Art der Arbeit in der Schule, Nur
das ihm Gleiche führt Wachstum und Gedeihen des Körpers
herbei, und auch für den Geist gilt kein anderes Gesetze.
Seine Kiemente sind Ideen, erfafste Gesetze oder Wahr-
heiten. Sie sind verschieden nach Umfang und Klarheit bei
den einzelnen Menschen, aber sie fehlen keinem und schon in
das vorschulpflichtige Alter hinab reichen die Anfänge ihrer Ge-
staltung. Wir glaulKii niei^tens viel zu wenig an die unausge-
setzte Selbstthätigkeil des (.Geistes und erkeuucu nicht, dals wir
recht häufig dieselbe durch unsere Einwirkungen hemmen, an-
statt sie zu unterstützen. Nur der U nterricht 4st gut, der
den Prozefs der Ideenbildung im kindlichen Geiste
fördert. Kenntnis.se an sich thun dies nicht, weuu sie sich
nur an das Gedächtnis wenden. Aber in den Kenntnissen liegt
auch eine gei s t b i 1 d e n de Kraft und diese ist es, die wir
verwerten luüs.sen. Wir können einen T'nterrichlsstoff rein als
solchen autlassen und in diesen» Kalle überwiegt el)cn im Unter-
richt dar> rein Stoffliche nach I nifiuig und Methode; oder wir
können ihn auffassen nach seinen Beziehungen zu
unserem geistigen Leben und dann ist sein Ergeb-
nis zugleich eine Summe von Ideen, Gemütserreg-
iingen und selbst Willensrichtungen. K^s giebt ja
Schulen, die den Zweck hal)en. Wis.sen und Kertigkeiten nm
ihrer selbst willen zu pflegen: aber die \'olkssohule dar! ihre
ThiUigkeit nicht nach so kleinen .Mal>slaben bc-me.^.sen. sie darf
im K i n d e n i c h t n u r d c n ^ p ä lere n e r w e r b s f ä h i g e n
Bürger, sondern mufs in erster Liuie in ihm den zu
geistigen Zielen berufenen Menschen erkennen.
Denn jeder, er mag sich befinden, iu welchen Verhältnissen er
wolle, hat ein Recht, zu eigenen Ideen zu gelange n
- denn er braucht diesel))en im Lel>eii und die Tugenden, die
man von ihm er^\arttt, « t/eu ^ie voraus und. die Schule
soll ihm zu diesem Rcclil \ crhelten. Das geschiehl aber nicht
etwa nur durch den Keligionstniterricht : jede Kenntnis, auch
diejenige, die zu den .S(»genannlen profanen gehört, ist heilig in
sich selbst, sie ist eine Tochter des ewigen Lichtes, zu dem sie
hinstrebt, wir dürfen mir nicht ihre Beziehungen zu diesem
ignorieren. ICs i-^t nach meinem Dafürhalten ein l'ehler des
heutigen rnlcrrichtes, dafs er zu analytiscli i^t. Alles wird
in seinen Teilen klar gemacht und veranschaulicht, aber die
Wirkung des Ganzen gehl verloren, Das Goethische Wort vom
einseitigen Krkenuen :
156
Wir will was lAl)cinli;:rs «.rktiiiun und licsclirvilwii,
Mulil cTsl <ltn (ifist heraus /u treiben,
»lami hall tr die Teile in Keiner Hand,
fehlt It iiier' nur «las j^feislijLie lUuul -
liul .seine volle C*iltigkeit auch vom einseitigen Lelireu.
III.
(1 «f sc t z e , Wahrheiten, Ideen— das, sollte man mdnen,
nuifstcii unter rmstäuden Zentren sein können, um die sieh die
St<»ffmasseii jiru])i)ierlen und kun/eiitrierteu, und es liefse sich
sehr wohl eine .Stoffanordnunj; denken, die, losj^elösl von den«
1'':k Ii und \\'i«^'^ensprin/ip, die Tueisten Stoffe ati^ dem weiten
tiehieU' (K> r.esinnun.i4s ulliiM-hent-Vnterriehts und >o^ar \ ieles
aus detu reali>li>chen r.ei)iele umfassen wiirde könnte man
nur so ohne weiteres die Gesetze, Wahrheiten und Ideen tücken*
los und kna^ und glatt fixieren, ohne der Natur des mensch >
liehen Geistes Gewalt nn/.uthun. Bei allem Geist, ja bei der
gröfslen (»enialität würde indes eine derartijsfe Stoff-Gruppiennig
Wold nicht völlig frei zu hlcihcn veriuöj^en von einer j;ewissen
S\stematik. flie i^ar 7U leicht damit behaftet ist, alUii (leist
hin.uis/iitrtiben. inum-rhin kann ich mich in eine ^'»Kiu Stott
anoriluun>< doch weni)^steus hineindenken und mir unter Tm-
släudeu recht viel Segen davon \ erspreclicii — docii in eine
(iruppiernng nach »Interessen«, nach dem Vorbilde des
Bairischen Seminarinspektors Joachim Konigbauer vermag
ich mich nicht recht hineinzufinden, wenij^stens nicht nach
einer BeKründuuK. die in dem Salze j^ipfell: Das Hauplübel
liegt nach meiner Meimuig darin, daf^ de r H 11 d n n ^toff ti;u'h
Fächern Nirniittth wird, als ob cla^ UKUNohliche Leben sich
um Fächer unil nicht nur Intere-^^en dielun würde. Hurch
diese verkehrte Anortlnun»; erwachsen alle jene ("bei. welche
die Einführung des Kindes in die sozialen Verhältnisse des
Lebens zur Unmöglichkeit machen. Zwar snfiht man sich
schon mehr als ein Jahrhundert ab, dem Unterrichte die richtige
Konzentration zugeben: aber bei der Einteilung des Lehrstoffe»«
nach Fächern kann die vSchulbildung zu keinem fröhlichen
fuMleihen kcmimen. Die Fächer lassen eben keine wahrhafte
Konzentration zu. und wird lange sie das I'Vld l)e
herrsclien. m den Köpfen tler. Schüler stets nur ein isulirtes
Fachwissen' entstehen. Thatsachlich wissen unsere Schüler
in der Geograph ieslunde manches aus der (ie«)grapliie, in der
Geschichtsstunde Kinzehiheiten aus der Geschichte, in der Natur-
geschichtsstunde einige Xamen aus der Naturgeschichte u. s. w,;
aber w ie alle tliese Dinge ineinandergreifen mü<>en . um das
menschliche I eben und die menschliche ( 'lesellschaU zu mnng
liehen \ on diesem w luiderliaren (»ew ebe w issen und \ erstehen
sie nichts. ICrst wenn man unseiem Schuiunterricht die richtige
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Allrrhiutrf 1tefuriiitri'<l«nhi'n.
15?
Organisation f^ebi, wird er ein Or^anisnnis sein, und erst wenn
er ein Orj^anisnuis ist. wird nioniand mehr behaupten können,
dafs er von rU-ni i^isanitcn KnItnrschatKe der Menschheit einen
''HUT janiiiKilicheu liruclitcil biete .
Und welches sind nun die Interessen?
'Die menschlichen Interessen knüpfen sich an nachstehende
Beg^i^fc* >• Nahrung; 2. Kleidung: 3. Wohnung; 4. Beheizung
und Beleuchtung; 5. Beschäftigung; 6. die Landschaft und ihre
Produkte: 7. Wind und Wetter: 8. die Cestirne und Zeiten:
9. der inenschliche Orj;anisnins ; 10. die Arbeitsteihnij^ : 11. die
(iliederuiV4 der menschlichen (/esellschnft fCicsellschaftsordnunß) ;
12. der (j;e>iiUfU*l \'«'rkehr: i.v das l{i<i\ iihim : \ :\. d'w Wert-
bestimniung; 15. der liauslialt: 16. >SitLcii iiiul (icbiäuchc; 17.
der Streit und das Recht; 18. die ästhetisch-moralische Bildnng:
19. die sittlich-religiöse Bildung^.
Was sich Knnigbauer von seiner Stoffanordnung verspricht,
findet sich ungefähr in folgenden Sätzen ausgesproche;i : »Da-
durch, dafs sämtliche IntL-resseii sich ans keimartigen Anfängen
durch alle t^chuljahre hinduicli/it lu n, lassen sich dieselben /u
lebensvollen Häunuii aus^estalUn . die starke W'tirzeln haben
und eine Menj^e k«».silicher hVüchte zeitigen. Hei .M>lchenj Unter-
richte w ird die Kepetition, dieses für Schüler und Lehrer gleich
unangenehme ewige Wiederkauen des schon einmal Gekauten,
fast überf lässig; denn der gleiche Stoff kommt einige Dutzend -
mal wieder (sie!), nur stets erweitert (!). stets in anderer Ver-
bindung, in anderer Hedeutung, in anderer lieleuchtnng (?),
Dieses öftere W iederkehren des Stolfes ermüdet in keiner Weise;
denn einesteils läf^t ^')ch der Unterricht <') irestaheii. clnfs fast
der '^e-^amte l»il(itin'u,^->lMtt (Km I*!rfahrun,L;-krei>e di-- Kinde^
enlnunnnen ist, andernleils wukL das vieimar>chige (re\vel>e der
menschlichen Interessen stets so imponirend auf den jugend-
lichen (leist, dafs derselbe statt gelangweilt gefesselt wird. (?)<
<Zwar, so argumentiert K. weiter, mufs unsere Volksschule in
erster Linie Erziehungsschule sein, die ihre Hauptauf-
gabe i n der g e i s t i e n . s i 1 1 1 i c Ii - r e 1 i g i ( > s e n . soziale n
und ästhetischen Hildunu: des Kindes sieht: dafs >ie ui
zweiter Linie auch die Wruiitteltmu aller l*' e r t i g k e i t e n uber-
ninnnt. wekhe für das praktisclie Uel>en von Bedeutung sind,
ist selbstverständlich. Der erziehliche Charakter aber hat
obenan zu stehen. Übrigens ergiebt .sich bei jeder Lektion das
erziehliche Moment ganz von selbst: denn es uiüfste stets
als Mangel gefühlt werden, wenn l)ei Hr< rUrungen über die
Nahrung alle jene Anstands- und Gesundheitsregeln, sowie
Moralsätze unbeaelUel blieben, die auf Kssen und Trinken Bezug
haben; ebenso ungezwungen lassen sich aus den Interessen-
kreiseu Kleidung , < Wohnung , Beschäftigung . Higentuni<,
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15«
CHI» Mriittfxr.»
Gesellschaftsordmiiig' etc. alle diesliexfigliclicn Rei^eln und
vSät/.e nbleileii . Wenn das er / i eli 1 i cli c Moment freilich
so leicht, so im Haiuhnndrelu n hi nu n nach zu erreichen mö^-
lich ist. wenn sich tlie schw ici ig^lcn, i»isher <chier unh">shar er-
scliieiicnen rrublcnie der Pädagogik, die geistige,
sittlich -rcl i gi Öse. soziale und ästhetische Bildung
des Kindes« so einfach lösen lassen, dann wird man künftig
von den gröfsten Schwierigkeiten der Pädagogik nur als von
einem »Ei des Joachim Könighauer , pardon: I'i des Cohnnlnis«
zu sprechen genötigt sein und allen Anlafs zu der Hefürchtung
haben, es wird allernnchstens die ganze pädagogische Welt im
Stunnschritt in das Lager J. Königbauers marschieren.
So denkt <laruni auch wohl K. durch seine Reformvor-
schläge, die ja auch ziemlich skrupellos mit dem Bisherigen
brechen und radikal genug mit dem Alten aufräumen. Bil-
dungsmtttelpunkte — «Systeme, welche alle ineinander-
greifen, welche sich gegenseitig unterstfitzen, helfen und so zur
Gestaltung und Erhaltung des ( tanzen zusammenwirken ge-
fmiden /ti haben, die niclil Itlofs ein organisches f ".cbfhule,
>on(!ern \ allem Kiiilieitlichkeit des Stoffes \\n<\ -oniil wohl
auch des Hcwufstscins ? darsklkn und verlnirgcn Ntdlen, ange-
sichts des allen man des unl)cdingten Hrfolges .so ziemlich sicher
und der ungeahntesten Leistungen gewifs sein dürfte. K.
glaubt nicht blofs die sozialen Gegensätze, den Krieg aller
gegen alle, Egoismus und brutale Sonderinteressen aufheben
und ausrotten zu können, er denkt damit auch den C^.rund zu
einer gcfeslioten weill)licken(kn Tabens- und Weltanschauung
legen, einen r))Lrl)lick über die Interessen aller verschaffen und
die Jugend :uit eine liolie Zinne heben zu kennen, von der
aus allein <ler freie Hlick und die gerechte \\ ünbgung der
menschlichen Verhältnisse möglich sind* etc. etc. - Und das
alles, so wird man sich fragen, durch eine solche — an sich
genommen -- rein äufserliclie Stoff Anordnung? Da dürfte denn
(loch die (»egenfrage erlaubt sein: Bewegt sich deini wirklich
der Menschen Sinnen und Denken um vorgenannte Interessen ?
Wir für tinseren Teil geben das !uni und nimmer zu' \\< stände
schlnnm um das W'old, um Denken und Thun der Menschen
und um die ganze Zukiuill ilwi Menschheit, wenn dem wirklich
so wäre! Aber so materialistisch, so aller Idealität bar ist der
Mensch denn doch wohl noch nicht, sein Sinn nimmt doch
wohl auch zu Zeiten einmal die Richtung nach oben und geht
nicht völlig auf in der Materie, die ihn umgiebt: sein (>eist will
Nahrung haben, G e f ü h 1 und Cr em ü t wollen der Anregung und
Sättigung nicht verlustig gehen, denn sie gerade h;dten uns aufrecht
in dem Kampfe ums Dasein, in dem ewigen Kinerlei alltäglicher
l'flichteu. So haftet der Mensch gar nicht so sehr in den lle-
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AllcrluitHl Reforini;o<tMnkpii.
dürfhi.ssen dim X^eibes, in der ihn timgcbenden Materie, er strebt
darüber hinatis. Wenn 1)eispiels weise der schlichte Arbeiter
besserer Richtung am lierein))rcc1ie!iden Winterabende seine
T^nmpe nnzüiulet. inx^i er sieh da wohl nach dem Urspruiii; des
J,iclites 1111(1 in wxlclu'ii Formen man »^ieli /n den verschiedensten
Zcilm desselben licdirnl, wie man eN er/.en>^^t liat. welche physi-
kali>chL*n tnid ciicniischen (icset/.e sich daran stndieren Insscü
— was alles und noch vieles mehr ungeiähi k. an/.nneiiuien
und vorherrschend des Wissens wert und allein für richtig und
bildend zu halten scheint — oder aber fragt er, so schön und
herrlich das alles /m wissen auch sein mag, nach nichts von alledem,
j^reift er vielleicht einfach nach einem Hnche, einer Zeitung,
tflncklich und froh der Krrun^jenschaft. auch an langen Winter
ahenden >^ei stille Speise ireniehen zu können'* Wir unter
lassen es. unser finjj;iertes IJtispicl weiter zu kuinmenliereii, es
dürfte >;anz von selbst zu der Frage ainegen, um vva.s sieh des
Menschen Geist dreht: ob die materiellen Interessen den \'or-
zttg verdienen vor den geistigen, ideellen oder ob die Bedürfnisse
und Interessen des Leibes zurückzustehen haben hinter denen
des Oeistes und der Seele.
Die ganze Stoffanordming Könighauers bringt die erzieh-
liche Ansbildinig in ein arges I>ilennna. denn (]:\\^ der (ledanken-
luid Ideenkreis des Schülers ebenso einheitlich und scheinbar
organisch sich tlaran sollte entwickeln lassen, wage ich etwas
stark zu bezweifeln. Die Einheit des Bewufsb^eins dürfte sich
denn doch wohl nach etwas anderen, tiefer im menschlichen
Fühlen und Denken begründeten Oesetzen bilden und entwickeln.
Da war denn doch wohl Zillers Lehr})lantheorie ein gut Teil
genialer, on^anisch uiul psychologisch möglicher wie al)er
steht's mit deren prrtkti'-t heu F'rfolgen, ihren thatsächliclien
Siegen und F'rruJiui n-rh tttc fi f Doch wird man noch manchen
anderen Kelornu v>i>>chlag zu ( »esicht bekonnnen, noch viel
kühnere vielleicht, denen allen gegenüber man jedoch gut lliun
wird, das Alte sich noch einmal nachdrücklichst ohne Vorurteil
und Voreini^cnommenheit vor Augen zu halten, um vielleicht zu
der F'rkenntnis zu konnneu. daf^ es solcher l'mwälzungeu nicht
bedarf. Denn äufserlich. durch die Slotfanordining zuvörderst
und allein lassen sich die Probleme der Pädagogik, die >id)tilen
F'ragen der Hildung und laziehung. alK- sozialen XiUe und Fbel
nicht lösen und heben; was im tiefsten Innern des Menschen
begründet liegt, wobei so wie bei der lü'ziehung. bei der Hebung
und Bildung des Menschengeschlechts die Kaden fein und ver-
worren in das innerste Fuhlen und Denken und Wollen hinein-
gehen das läfst sich nicht mechanisch nach System und
Schablone ordnen und umgestalten. Wie. ganz anders muten da
die Grundsätze Sachses an : wie viel weiter imd tiefer gegründet
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erheben sich seine Reform-Cicdankeu über die KöniKbaucrs I
Das macht, er sucht nicht vorherrschend aus dem SImIi" uiul
äufscrlichcit ZufälliKkeitcn. Stendern :\\\^ dir liescliattVnluh und
(km licdiirtnis des niensclilichen C'»eiNte>. iieraus /u relorniiereii.
J>eni hat sich da.s Geheimnis des meusclilichen (leistes nur
dunkel und unvollkoninieii offenbart, der in ikr Anordnung des
Lehrstoffs oder aber in einer Vermehrung desselben um Volks-
wirtschaftslehre etc. etwa oder auch iti einer Stoffherabmiadening
schlechthin Kern und Ziel aller Kefonnen. aller rni^^estaltungen
erblickt Königbauer hat sich von der \ ölli); berechtij^ten sozial-
pndn<joo;ischen I-'orderun*^. die Kindrr mehr als bisher iti dn-^
praktische Leben einzutühreii. verlühren lassen, ein über den
praktischen lnlvre>sen die wahrhaft bildenden geistiy^en ndenUu)
Interessen stark verab>auniendes System-Gebäude aul/uriclitcn.
Im Anschlufs hieran registrieren wir hier tioch die inhalt-
lich längst bekannte Schrift, von H. Wigge und P. Martin:
»Grundlagen 7.ur naturgeniälsen 1' mgestaltun j( des
gesamten Volksschulwesens und bemerken, dals deren
Reform-Ideen in etwas mehr dem Bedürfnis des menschlichen
Cieistes ent^]>rechen. den lk weis jedoch von der Unmöglichkeit
des herrschcii(kii Farh>\>tciiw nicht zu erbringen, die Über-
zeugung v<»n dioes Sün<lcjd)ockes Sünden -Überlast nicht zu er-
wecken vermögen. Auch hier erscheint der wahre Grund der
vorhandeneti Schäden und Übel verrückt, mehr von dem Mittel-
punkte weg in die Peripherie verschoben. — Nebenbei vermag
ich auch die Bemerkung nicht zu unterdrücken, dafs die ohne
den geringsten Hinweis vollzogene rmändernng des vorlierigen
Haupttitels: Tunatur d e r ni o d e i n en S c h u 1 e in den
bis dahin ;tl^ Xebculilcl figurierenden nunmehrigen Haupt- und
einzigen Titel ; Grundlagen zur n a t u r ge m ä fs e n I'mge-
slaltnng des gesamten V ol k ssch u 1 w e s c n s gar leicht
dazu geeignet ist, irrezuführen ich wenigstens habe diese
Titeländerung mit 2.40 M. honorieren müssen und bin nun in
dem glücklichen lksii/e /\\\ ii. r epochemachenden Werke : ^I)er
Ihmatur* etc. mit dem Nel>entitel der -Grundlagen zur
n a t n r ire m ä fse 11 ümgestaltnug etc.- und in dem der
Grundlagen eto niit dem sich Wort für Wort deckenden
Werke der verfl<>ssenen l'nnatnr etc.
iSchlu/s folgt. I
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Lose Blätter
Üb«r Schntopiixiaricftiige und ihren etbiscben Natsen.
Allm Kin« b«NtiMr, «mn buw ««hr Rliif.
Kttttte.
T.
O, macht den Kindern ihre Tage schön!
Wenn es im Leben der lernenden Jugend Tage giebt, die
ihr vor viekii anderen lieb sind, und deren Erinnerung unver-
loren bleibt, eine köstliche Wegzehrung für die ganze spatere
Rc isi- durchs Leben : so <u\(\ es die Ta^c, die die Schüler mit
l'nterl)recluin>^ der Ordnung der Dinge statt ni den Schnlrfhnnen
draulseii in der sclioiKii freien Xatur verbringen, uanck-nid in
Cie.scllscliatl ihrer Uehrer durch Fluren und Wälder, über Berg
und Thal, ruhend am Bache und rastend im Dorfchen des Thaies.
Hin prachtiger Junitag ist angebrochen; eine Art Pesttag
für die Realschdier zu F. ist dieser Tag, da ein vom Morgen
zum Abend dauernder vSchUllspazi ergang gemacht werden soll.
Für lieute ist die liestimnuing. dals die Schüler nicht früher
als eine Viertel^tntule vor acht Uhr am Sclinlhau'^e erscheinen
dürfen, stillschweigend aufser Krnft gesetzt, und so begiiuit
sch(»u bald nach sieben Uhr ein niunlere^ Leben in der schmalen
Gasse, die zur Schulthüre führt. Jeder Schüler steckt in Sonn-
tagskleidern, viele führen Fahnen und Fähnchen, einzelne
Trommeln und Trompeten mit sich. Noch aber schweigen streng
Trommeln und Trompeten. Au-^ den n u listen Häusern schauen
die Leute auf die sich sammehide fr<)hliche Schar.
I'nnkt nrht Uhr, wo sonst die (rlocki <len UnterricliN-
V»egitni verkimdei, setzt siel; der Zug der Leiirer und Sciinier.
von den Turnlehrern der Anstalt angeführt, in Bewegung durch
die Stadt.
Immer noch schweigen Trommeln und Trompeten. Alxrr
nicht mehr lange. Bald liegt das letzte Haus hinter deni Zug.
und jene l^eginnen ihr chaoti.<>ches Spiel. Dafs eine solclie
Musik des Menschen Herz erfreut, kann man nicht sagen; gleich-
wohl wird sie gethildet, ja willkommen geheilsen, weil sie der
M«iie Bahnra Vli. .t. 1 f
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l62
^rolscti SchüleniR'lirlKil Wr.i^nüjiiu 1>* rriti t mid in der 'I'hat
/.ur licUbuu>; (ks Zn;;c.s niobl \vfui>^ InitrilL:! Weiter, inunci
weiter, dnrcli (liiftende Wieden uiul wo^eutlc Kornfelder he\vej;t
sich der stattliclie Zug e> sind ja alle Klassen von der Sexta
bis zur Prima beteiligt. Immer lauter und lusti>;er wird die
junge Gesellschaft. Nun ^eht es in den Wald hinein, in den
frischen grünen W ald, wo, das Echo schallt Wie das die .
Stimmung hebt! Wie tla-^ Tu Lust «.rliölu! Stärker wirlieln
die Trotnniclii. schmettern iiormr innl Troinpelen. Jauchzen
und Jubehi niiücht sich damit, detail l: erschallt:
Im Wahle niöchf ich leben
Zur heifsen Sommerzeit I
Der Wald, der kaini uns <.,abeit
Viel Lust^und l"röldiclikeit.
In seinem kiddeii Schalten
Winkt jeder Zweig und A.st ;
Das Hlüinlein auf den Matten
Nickt mir: Komm, lieh- r t',:\<[ '
I Holl IllStll U voll r Sil I' 1^ U'lxMI. t
Jetzt sind die vordersten am Waldessaiun angelanj^t. Min
HomsigTial gebietet ihnen Halt. In der That sprechen mehr-
fache Gründe dafür, dort zu rasten und zit frühstücken. Ks ist
zehn X^hr geworden; hei den jüngeren Schöleni ist schon etwas
Mfidigkeit zu vermuten, vielleicht schon xu merken, und jenseit
des Waldes geht es ziemlich scharf liergan. l berdies ist die
Stelle wie zum Rasten geschaffen; sanft murmelnd flielst über
glatte Kiesel ein klarer Bach V(»rüber, flabei steht eine uralte
mächtige, prachtige I'iche und ladet /.tun Lagern unter ihrem
reichen Schatten die Müden wie die Küstigen \erlockend ein.
Auch ist's ja nicht zum ersten mal, dafs Scliüler und Lehrer
hier gerastet und gefrühstückt haben.
Bevor man schie<l, sollte allen, bis auf einen Lehrer und
einen Schüler, eine sinnige Überraschung bereitet werden. Ein
älterer Schüler hatte in einein alten Lesebuch ein Gedicht ent-
deckt, das ilnn geeignet schien, auf einem Schulspaziergang ge-
legentlich, etwa beim Rasten unter der alten laiche, vorgetragen
zu werden Freudig hatte er seinen Klassenlehrer in< \'ertraueii
gezogen uiul des.sen liilligung .seines X'orhabens gefunden. Auf
einen Wink des Lehrers trat der Schüler an den Stamm des
Baumes und recitierte das sch<lne Gedicht von Sülleborn:
Anrede hu eine alte Eiche.
Unter deines Schattens heil'gein Düster.
Das so freundlich mit /in Si ile winkt.
Wo der Lüfte Weh n nn lilattgeflnster
Mir wie frommer Geister Nähe dünkt,
Sinn' ich ein.sani deinem ,Si in und Werden.
Der (ieschichle deines Lebens nach.
Si>rich, wie war eü damals hier auf Krden,
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Als <lein Ktriin aus tlicsciu noden brach ?
Wohl ein halb Jahrtausend ist verflossen,
Seit dein jtiDj^er Spröfslinj^ anfw.irls stici;. '
Wie viel Thräneu'sind .seitdem verjfossen I
Wie verheerend tobten Pest und Krieg!
Wie verwandelten sieh die (lestalten
Dieses Landes, das dir Nalirntv^ trab!
Wie viel Sitten sähest du veralten !
Wie viel \ olker traten anf und abl
Hliti^e rasselten um (Uiiu Krniu-.
Tnd der Sturm /crschüttelte dein Haar;
Fluten brausten oft an deinem Throne:
Doch du standest fest von Jahr /.u Jahr.
Wie viel Menschen sind auf deinen l'lnren
JIinjj:estürben untl vom Staub verweht!
Ach, der Mensch mit einer (»ottheit Spuren
Muis verwesen. — un<l ein Haum — besteht!
l'nd wie viele werden noch vermodern,
Kh' dein Gipfel sich /ur Krde bricht!
Aber daure! — sieh, wir M^ iiM-lu n fordern
J>einej> J.ebens leere Dauer nicht.
Kinst verdrehst du doch mit Stamm und I.aube,
Vnd dein We.sen. edler Haum ÄCrfällt;
Doch (kr Mensch erhebt aus seinem Staube
Sich empor /.w einer bes.sern W ell.
Andächti^j «gestimmt, verliefsen wir Lehnr und wohl attch
iiKiücher .Si liüler die Stätte der vielleicht tnu>endjährigen Eiche
und schriUeti niit der Juj^tnd bergan. In einer haibeii Stunde
Avarcn wir aul der Höhe, und der herrliehe Fernblick gab allen
bald die hdtere Stimniuti]^ wieder.
<) Lu.st, vom Hern ^" schauen
Weit über Wald und Strom:
Hoch i'iber sich «h u blauen
Tiefklaren Ilimmel.s<lom.
Idyllisch dehnte sich in der Tiefe das Dörfchen, wo Millaj?
gemacht werden sollte. Doch galten die dorthin gerichteten
Feldsterlier und ( »pernylnser ein/einer Schüler nicht /unäch^t
dein w ohllH-kannU n ( )rle. sondern den etwa im Wirtshau"-e aus-
geslLckleii Fahnen. Nachdem namlicli L^t^leni schon dem Wirte
der Besuch der Schule fQr den Fall gün.^iigcn Wetters brieflich
in Aussicht gestellt worden war. waren heute früh einige Schüler
der ersten Klasse, die sich daxu bereit erklärt hatten, nach
dem Dorfe voraus abgegangen, um dem Wirte die Ankunft der
( lescllschaft definitiv zu melden, auch beim Stellen von Ti->chen
und Bänken, sowie später als Kellner dem Manne l>ehälflich
zu sein.
Richtii::' Die erwarteten Falüun tlattern im Winde ihrWill-
kttunneu ; und nach kurzem Schauen u ändert die ( 'iC'^ellschaft
unter Trommelschlag. Hörnerklang und dem Jvdielrui der K.leincn
den Berg hinab.
XI*
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l64
l*r»t, Kinn.
Wie sehr die Lehrer auch darauf bedacht sein sollen, den
Schülern jeden Schulspa/ieri^anjj^ 7.n einem ßenufsreichen. der
rCrholung niöjijlichst dienenden zn ninchen. so weKkn sie doch
darauf /u achten hal>en, dafs auf Spa/ieri^nni^en tiicliLs j^cschieht»
was gegen Recht, Sitte, Anstand, guu- Lchcnsart xerstöfst
Was insbenotidere den Aufenthalt der Schfiler im Wirts-
haus und dessen Unigdliung betrifft, so niufs ihnen» am besten
vielleicht durch eine geschriebene Disziplinarordnung, genau
bekannt geworden sein, wie sie sicli als >i:esittete Menschen zu
benehmen haben, was sie sich erlauben dürfen und was sie
unterlassen müssen, lieim Oang durch das Haus und auf den
Treppen dürkn sie nicht laufen, unj^estüin auftreten, nicht
schreien, singen, pfeifen, die Thüre zuschlagen. In Saal untl
Wirtszimmern haben sie sich ruhig und anständig auf die ihnen
angewiesenen PlStxe zu begeben und hier ein ähnliches Ver-
halten zu beobachten, wie im Schul haus und in den Schul -
/.immtrn aufser der Unterrichtszeit. Verboten ist also lautes
Rufen, Tol>en. Singen, Pfeifen, Aufschlagen mit vStöcken. Rasseln
mit Botatnsierbüchsen : insbesondere auch uni^cstüme-; Rnfc ii nach
Speisen und (»etrrmkeii. Tadelnswerte l'narten sind ferner nuU-
williges \'erschüttcn von (klraiikeii auf Tisch oder Fufsboden.
X'ernii.sclkcn von Wein-, iiier-, .Milcliresten, da> Hineinwerfen
von Speiseresten in Getränke u. dgl.
Von den älteren Schülern erwartet man, dafs sie den
jüngeren mit gutem Beispiel vorangehen. Da nicht alle auf ein-
mal bedient werden können, so werden die älteren in Geduld
warten, bis die Bedürfnisse der jüt"" 'en befriedis^t sind.
Mäfsigkeit im Ivssen und Trinken gehört zu den Kigen-
schafteii, die den gebihkien Menschen kennzeicluieu. Dieser
Tugend liaben sich aucli die .Schüler zu betlcif.sigen. Was ins-
besondere den Genufs von Wein, Bier, Äpfel wein anbelangt —
andere gei.sttge (letränke sind den Schülern ganz verboten
HO erwartet man von allen» dafs sie die Grenzen der MäLsigkeit
in keinem Falle überschreiten. Schüler, die sich in dieser Hin-
sicht vergessen und verfehlen, werden für längere Zeit von der
Teilnahme :in Sjiaziergüngen ausgeschlossen.
Sind Fremde im Wirtslokal anwesend, so haben sich flie
Schiller, auch bei Abwesenheit der Lehrer, gemessen und rück
bichtsvoll zu betragen, jedenfalls alles zu vermeiden, was jenen
den Aufenthalt lästig machen könnte.
Nach dem Essen ist den Schülern gestattet, sich im Hof,
Garten und in der Umgebung des Hauses frei zu bewege.
Schonung des frenulen Higentums ist aber allen zur strengsten
l^flicht genmeht. Alles, was in Haus und Hof an ( lerätschaften
steht, liegt, hängt, haben die Schüler unberührt zu las.sen.
Wollen sicli Schüler damit vergnügen, im Chur zu singen,
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rb<>r KchuIppulPTfinir».
165
auf dem etwa im Saale l^fitidliclien Klavier /.u spielen, etwas
\ t)rzntrageti, so halben sie dazu die Krlaubni.s des Direktors oder
jhfies Klassenfülirers ein/iihok-ii
Die ML-iminjL(. daf*^ ij:tscliricl>cnc «Kn Schülern (.-iwa vor
einem Spazjcrj^aiii^ vor/.iilv><. nde Dis/.iplmar A orschritten, wie die
vorstehenden,') überflüssifr .sein möchten, wird nicht leicht jemand
teilen, der öfter über einen ganzen Tag ausgedehnte, mit Hin-
kehr verbundene Schulspaziergänge mitgemacht hat Meines Hr-
achtens sind besiinunte \'orschriften für das Verhalten der Schfiler
auf SU ausgedehnten Scluilspa/iergängeti nicht < tw ;i ebenso not-
wendig, sondern nüliger ni^/ijiliTiar \'nr<cliritlen für das Ver-
halten der Scliüler im SciiülKci)äu(lc iintl Schuliiof.
Freilieh kann man fragen, ob es sich em]»tehle, längere
Spaziergänge, die eine Einkehr im Wirtshause nutig machen,
öfter im Jahre ausisuführen. Nach meinen vieljährigen Erfahr-
ungen machen kürzere Schulspaziergange, bezw. Spaziergänge
ohne Einkehr den Schülern nicht nur kein rechtes VeriLiJiügen,
sondern gewähren auch keine gründliclu Krholung und Aus-
spannung von den Schulstrapa/eii mid sind dannit ist viel-
leicht das grüfste Gcwiclit zu legen weit weniger als .Spazier-
gänge von Tagesdauer geeignet, den so wichtigen gemütlichen
\'erkehr von l^ehrern und Selm lern zu fördern. Sind die Lehrer
gemütlich angelegte Persönlichkeiten und verstehen sie, auf
Jugendsinn und Jtigendlust einzugehen, und solche Lehrer
sind vorausgesetzt dann wahrlich liefert ein einziger schöner
Sommertag, von Lehrern un<l vSc hnlern fern vom Schnlliause in
der freien Natur verbracht, nulir ( '.elegenheit zu herzlicher An-
näherung, zu familienähnlicht lu. umigetn \'erkehr als wer weifs
wie viele Tage, die beide in den Schulstul)en miteinander ver-
leben,
IL
Vom ethischen Nutzen wohlgeleiteter Schul-
spaziergänge.
Wie verschieden sind die .sittlichen Neigungen und Etgen-
.schaften. die guten tuid die schlimmen, hei einer gröfseren Zahl
von Kindern !
Dafs dem Lelirer im LiiternflUe x iel ( >eU .41 Tilu it ^ei^t ^en
sei. jene alle oder doeh die lier\-ornigendsten kennen /u lernen,
wird niemand glaubeti. l ud doch wie förderlich wäre es für
die ei/iehliche Linwirkung. wenn sicii tUe Schülerindividualitalen
'1 Die.sc .sind einer von mir vcrfafsten Disziplinarordnung für
Scliulspaziergängc cntntMinnvn.
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l66 Kinn.
im Laufu der /aIi iii()Klit''»>t vollständig uiul klar vor <lein
Blicke der Lthrer cntfaltelcul Längere und häufi^cit Spazier-
gänge, auf denen sich die meisten Kinder nach und nach gehen,
wie sie sind, bieten dazu weit mehr Ciele^i^enheit als Schule und
Schulliof. Da ist ein Knalle, den ein tnischuldtffer Scher/ seiner
MitsrliiiUr verdriefsi vielleicht in Zorn \erset/l: da ist ein
anderer, d^r i^^rcl^r Xeignnt; zu »Sptjtt und \eekerei hesilzl;
ein dritter prahlt gern, ein vierter macht sich dnrcli herriscJies
Wesen, ein fi'nifter durch schu al/.haftes .\u>kranien eigener
jViigelegenheiten und h>]ehnisse bemerkhch ; ein seclister verrät
einem Armen am Wege gegenüber ein hartes Gemüt; auch die
Eitelkeit, die Schadenfreude, der Neid, der Kig^ensinn. der frivole
Sinn, die Falschheit lind wie die ninralisclien Mängel und Un-
holde alle hei fsen sie alle Huden in ihren Anfängen bei einer
gröfseren Anzahl \<»n Kindern ihre Wrtreter; und indem sie
im freieren und li;iuligeren \'erkehr der Schüler unter ^icb und
mit den Lehrern mehr oder weniger unverhnllt zu Tage treten,
werden sie zugleich pädagogi.schen Maisnaluiieii zugänglich.
Andererseits enthüllen sich auch schöne Kigenschafteii un<l
Eigentümlichkeiten von Schülern vor den Augen der T«ehren
Und welche Vertiefung dürften jene erfahren durch ein freund-
liches Wort, einin anerkennenden Hlick des Lehrers, die der
schönen inorali.sclien Kundgebung auf dem b'ufse folgen ! Niehl
zu unterschätzen wnre nucb die v^leichstinnnende !md fort-
reifsende Wirkung ^iIkmkv Besinnungen und Handlungen ein-
zelner Schüler am die übrigen.
Dort teilte el)en ein mitleidiger Knabe sein Brot mit einem
armen Kinde. Ein anderer sah es und that bei einem andern
Kinde später dasselbe. Hin altes Mütterchen wankt hustend
vorüber; die meisten sehens teilnahmlos: einzelne jedoch bUi1)cii
stehen und blicken halb traurig dem Mütterchen nach. ICin
Fuhrtnnmi mif^handelt sein Pferd; i;ewifs fehlt es nicht an
Knaben, die dieser .Anblick em])ört. und die ihrer Kntrüstnng
Worte geben. Hinter uns \van<krl ein Trupp, der fast nicht
aus dem Lachen kommt, ein Humorist ist darunter. Wir
drehen uns um. und der Erzähler verstummt Nie hätten wir
uns von dem so still und ernst auf der Schulbank sit7,enden
Knaben träumen lassen, dafs er eine so köstliche Gabe des
Geistes und Gemütes besäfse. Wir geben einen Auftrag, ohne
uns an einen bestimmten Schüler zu wenden, und njachen die
überraschende Wahrnebmun!^ . dnl-^ ein Kinhc , mit de^^sen
Leistungen in der .Schule wir keineswegs iie^onders /ufrie<len
sind, sich überaus dienstfertig erweist. Cianz dort hinten
wandelt still für sich ein Knabe: fast niemals sieht man ihn
auf Spaziergängen anders, als still und einsam für sich gehen.
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Xachforsciluiigeii hei den Mitschülern des Hinsamen ergeben,
daCs dieser nicht etwa menschenscheu oder gar unvertrSfi^licli
ist. sondern dafs er ein besonders sinniges und sanftes Gemüt
l^esitxt.
iCs knien aber :mf längeren und häufigeren Sduilsi)azier-
gängen n\c]\\ alkin <lie Lehrer ihre Schüler in Absicht auf sitt-
liclu AngeK :.^llu it bi-^-ci kennen als in der Schule; es lernen
auch die Schüler ihre I^ehrer gründlicher kennen. Und das
niufs, mustergültige Lehrer vorausgesetzt, von weit- und tief-
gehender Wirkung sein.
Denken wir uns einen Lehrer, der voti den I^igeuschaften
luid Tugenden, die die ethisch - schöne Persönlichkeit bilden,
eine Fülle besitzt: der wohlthätig gegen die Xt»tleidenden, teil-
nehmend mit <Un Kranken und Unglücklichen : ehrerbietig gegen
das Alter, ciil-cgenkoTnniend. anspruchslos und rücksichtsvoll
im \'erkelir mit Leuten der unteren Stände, men.schenlreund-
lich und höflich gegen jedermann, gegen den gering,steu Keld-
arbciter und Taglöhner ist; welche Gelegenheit ist einem solchen
Lehrer in der Schule gegeben, solche liigenschaften vor den
Augen untl Ohren der Schüler ungezwungen und wirksam zu
bethätigen? Welche Cielegenheit ist ihm gegeben, seinen Ab-
scheu vor Härte und Lieldo^i'^'keit. vor vSchadenfreude und
Spottsucht, vor Roheit und (Wausamkeit. vor l'iielkeit und
Prahlsucht, vor Unbilligkeil und Rücksichtslosigkeit.. \(>r Un-
freundlichkeit, Unhöflichktit, Stolz, Hochmut den Sciiülern in
dem Kindruck zu zeigen, den die Wahrnehmung solcher Eigen-
schaften und Untugenden in dem Benehmen und den Hand-
lungen der Menschen auf ihn selbst macht ? Mehr und günstigere
Gelegenheit, sich zu geben, wie er ist, und durch sein Beispiel
ungesucht auf die Schüler einzuwirken, ist dem Lehrer auf
Schnls]ia/iergängen gei:e!H*n. Man wird nicht einen Tag lang
mit Schülern wandern und verkehren können, ohne auf ein
Hild der Arnuit. des Ivlends zu treffen. In solchem Falle wohl-
thälig zu sein, Mitleid zu äufsern, eclites Mitleid, wirkt sicherer
und nachhaltiger, als das Leseiilassen und Besprechen von zehn
(#eschichten über Wohlthatigkeit und Mitleidsbezeugung. Der
Arnuit im Beisein des Zöglings zu geben, hielt Jean Paul
mit Recht für s(» wichtig und wirksam, dafs er lieber eine
Polizeistrafe bezahlen wollte :d>< eiTum Ikttltr abweisen. Kr-
reichlen wir auf einem besttmiiitea (»ange auch weiter nicht'^.
als dafs wir diiicii Hethätigunj; eigener aufrichtiger Teilnahme
untl Mitgefühls die gleichen Figenschaften in manchen
Schülerherzen weckten oder l>efestigten. so hätten wir damit
schon viel erreicht.
vSind Mitleid und Teilnahme nicht die Quelle von Güte
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I'r..r. Ul.'in.
und Wohlwollen, von Nächstenliebe innl Mcn.scheiilrcundHchkeil;
sind sie nicht der Urquell der Humanität?
Lesen die Schüler oder erzählt der Lehrer von jenen spar-
tanischen Gesandten, die im Theater /ii Athen \or einem alten,
ganz .gemeinen Manne ehrerbietig; aufstanden und ihm Platz
machten, so mag (h\< znr Wecknng \ou f'hrfnrcht vor <lem
Alter sein Gutes halun Wie viel wirk^annr aber wird es sein,
wenn der Lehrer ^^11)-.! in (Kn I'all kommt, vor den Augen
der Schüler die eigene riclüt vor (iein Alter /.u beweisen 1
Worte bewegen, Beispiele reifsen fort. tTnd wie wird «ijätcr
des Lehrers Mahnung, das ehrwürdig:e Alter zu respektieren,
hei den Schülern eine g;anz andere Wirkung halx'n, nachdem
sich ihren Seelen das Hild einer aiiK^chauten schonen That des
Lehrers eingeprägt hat!
Atis dem Religionsiiütcrrii lUi c iiu ti Schatz v<)n Sprüchen
mit/.nnehmen, die die \\\-t tschat/nnj; jedes Menschen und die
Nächstenliebe gebieten, hat lür das spätere Leben gewils seineu
Wert. Aber Wert und Wirkung eines solchen Schat/.es ver- '
doppeln sich und verdreifachen sich, wenn sein Inhalt von der
Jugend im lebendigen Beispiel des Erziehers oft und klar an-
geschaut ward. Bietet der Lehrer dem Manne, der im Schweifse
seines Angesichtes den Ack» r pflügt, bietet er dem Manne, der
in greller Snuuenhit/.e auf der Landstrasse Steine klopft, bietet
er dem Maurer, den; Fabrikarbeiter, der auf einem Hckstein
sitzend sein eiiilarlio Millag.smahl verzehrt, \ orübergeliend
einen treundliehen (»rufs; spricht er ein teilnelHucudcs Wort
mit dem Invaliden, der ihm begegnet, mit dem Bahnwärter ati
vereinsamter Stelle, an der er vorüberkommt: fragt er den Un-
bekannten, der bekümmert am Wege sitzt, nach der t-rsache
seines Leids, und l>eweist er so den Schülern, dafs er die
besten Sprüche, die sie lernen mufsten, selbst lebendig inne
hat : so kann er gewils .sein, dafs er (»rofses und Segensreiches
gewirkt hat.
Seinen Ab-^clicu \(>r üblen und häislicheii moralischen
Ligenschaften zu dokumentieren innerhalb der CVrenzen, (lie
die pädagogische Klugheit und Weisheit zieht — wird in erster
Linie die Schülergeseilschaft selbst, mit der der Lehrer verkehrt,
(Vlegenheit genug bieten.
Was den wahrhaft gebildeten Menschen kennzeichnet ist
neben (U r Hauptsache, der harmonischen Vereinigung inid
I )urchdringun.i4 einer entwickelten reichen Intelligenz mit einem
IioIkü Mnfx' von .Sittlichkeit, die äufsere Form, in der das
inUllckluell und ethi.sch gebildete Sein im rmgangdes Menschen
mit andern zur Krscheinung konnnt Eine auf ausreichender
und sicherer Kenntnis der für den geselligen Ilmgang gültig
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169
^^cworcUntn Rejjelii \md Gesetze jjegrüiHlete VVohlgefälli^kLit
und Wnliliiiständigkeit des riiifsereii Ikiielinu'us hildeii das
Wesen iiL-i-r Form und siclul'.ireu Hlüte fclUcr HihUni^, und
sie wird nicht leicht erworben werden, die^c Form, ohne öfter
angeschaut zu sein. Ob vielen, ob wenigen Kiiulern im
Familienleben dazu Gelegenheit geboten ist, mag hier uner-
ürtert bleiben. Gewifs ist clafs auch in dieser Beziehung die
I^ehrer immer habe ich die echten und rechten im Auge
im Verkehr mit den Schülern aufser der Schule des Guten viel
wirken können.
Friedherg' f Hessen.) I'n>f. Klein.
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Neuere Erscheinungen
auf dem Gebiete des naturwissen-
sdiaftliclien Unterrichts.
\'on Dr. Moliirtf SehyUe in Leip/Ayr.
t. Alle Hebiet« tinifiiaften<l.
P«rtliei I« U. uimI W. Pi'obutf Die neuen Dahnen des naturkund-
lichen rntcrrichis. K'». 51 S. Preis 0,50 M. Dessau uml Leipzi|;
1894, Rieh. Kahle s N'crlag.
Die Wrfasstr lej^cn ihre Atisicht fiber die M(.i1im<K <Us natur
kiiiKlliclien l iilenu Iiis «lar Man kann deshalb eine Kiilik ini i ii:(. nt
liehen Sinne, ohne polcnu.sch /.n wculeii. nieht sehreibcu. l iid es
kann auch weder von einer günstigen, noch von einer ungünstigen
Beurteilung die Rede sein, sondern man hat sich entweder %u der
Ansicht der Verf. zu bekennen, oder sich ganx oder teilweise in (Gegen-
satz zu ihnen %u stellen, kleine Meinung ist folgende: Exakte und
deskriptive Xaturwissenschutien lassen sich, in ihrem gan/en I ni-
fange genonuuen. 11 i cht miteinander venjuieken ; deJin erslere haben
es mit ICrscheiuungen und (ieset/.en. letztere vorzugsweise mit Dingen
zu thnn und rleshalb ist zwischen beiden eine Kluft, deren Aus-
füllung unmögheli ist. Dies schliefst jedoch naht aus, dafs sich ge-
wisse Kapitel aus der Physik und Chemie ganz leidlich mit den
deskriptiven Naturwissenschaften vertragen, namentlich dann, wenn
man vorzugsweise nur beabsichtigt, behufs allgemeiner Bildung
t inige physikalischi und chemische Kenntnisse zu übermitteln, wie
das z. H. für die Töchterschulen gilt. Auch für die Mittelklassen von
Knabenschulen lälst sich vu Ks aus der Physik und Chrmie mit der
/»»nlogif und l?*>tanik xeikuiipfm Aber die Oberklassen haben auf
das kunitige Lel)en der Schüler Rücksicht zu nehmen, und für diese
verlange ich allerdings einen streng .s\ stemalischen. logischen i«ehr-
gang. denn der Jnngc, der nicht denken kann, wird kein selbstän-
diger Mann.
Parth<>il, U. und W. Probst, Naturkunde für Mittelschulen,
höhere Mädchenschulen und verwandte .\nstalten. lieft 1 (Kursus
I u. 2) S". 70 S. mit 3K I'ig. l'reis u.bo M. Heft 11 iKurKUS3u.4)
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!(4>iifrp En«h»liumtr»B »vT Arm (Ifbi^tp 4i«ji iMitnn>t>»rn««b«fl]tch«B irntorrtrhl». f-t
S". \ u. 124 S. tiiil 2U I'rcis j;el). 1.5C1 M. IKft III
(Kursus s u. •)! S". \ in u. 165 S. mit 40 l'i;^:. rrtis ;jtl> j M.
Ucbsau und l.cip/ij; i'^^y.S. Kicli. Kahles \ t i Herrn. Ucslci wil/.i.
\\\iin CS riclilii; ist. claf» die \ oiksschtilc >jan/. besonders danuif
bedacht .sein mufi«. ihre Schuler für das öffentliche, praktische I«eben
au.s/.nrnsten, .sieht man ohne weiteres ein. dafs die exakten Natnr-
wisstiischafU-ii in prakti.scher llinsiclit eine viel {yWuscrt- IkdtuUinj;
haben als iliv deskriptPA n J« <U' Werkstatt jctUs I'abriklokal ist ei«
physikaliscli-cliennschLs I.alturatoriuni. in welchem bald <lic phwsi-
kalischc. bald die chcnnsche Siitt- rlie \orlu-rrschende ist. nnd es ist
gerade/u erstaunlich, welche ph\ sikali^rlit u nnd chennschen Kennt
nisse nn \ olkc vt^rhanden sind, Kennlnisse, »»hne welche iler be-
treffende ^ar nicht existieren kann. Wie steht es da^a^en mit Zoologie
und Botanik.' Man führe nur seine Mitbitrj^er hinaus auf Fhir und
Feld, in Wald und auf die Heide, und man wird finden, dafs für die
meisten die Anemone weiter nichts ist als eine l'flan/e. der Maikäfer
ein Tier! N'iele werden Heinrich Heine beii)nichten <Kr die l'flan/.en
eintrilt ifi solche, die man essen, und in solche, die man nicht essen
kann. uii>l 'He Tiere sintl entwedei Lxisarti«; nnd beilsen. oder sie >nid
froh, wenn man sie uni)eheHi^l hifst. l ud dabei fühlen «ich die i.enle
yfonz wohl. Wir wollen doch einmal ehrlich sein! Wie\*iel weifs
denn derjenige RoUef^e noch von Zoolo|^ie und Botanik, der sich jähre-
hin}7 nicht mit diesen Wissenschaften beschäftigt hat.' Vm\ wieviel
kiiiin denn derjenij^e. «1er nie anders als mit den Augen eines scharfen
Beobachters die Natur durchstreift, von seinen reichen Kenntni.ssen
jir.iktisrli \-frwerten ? ■ ■ Sind .tlicr dcsli.dl» die deskriptiven Xatnr-
wis.sensehatu Ti für die X'olksM huli. l»eileuUm,us!os "* Mitnichten' l nd
ich wünsche niclils weni;^er als *leren \ einacliia.ssi}^nn<i. Sie wirken
auf das (temüt des Kindes, den inneni .Menschen ein und bilden
dessen Wesen, was für sein späteres I«eben von Wichtigkeit ist nnd
jedenfalls liegt viel Wahres in der weitverbreiteten Ansicht dafs der-
jenige, welcher keinen Wurm zertreten, keine Pflanze mutwillig zer-
reifsen kann, es auch nicht fertij^ bekommt, seinen Mitmenschen ab-
sichtlich ein i.eid /.u/ufü^en. Die Natur ist ein aufjjeschlaj^enes Buch
(iottes nnd das sa;xt irviniij l'!s kann deshalb auch die I nlerrichts-
methodr tur l»eide Haupl/w l ii^e <ler Naturwissenschaften eine \ er-
sclneilene sein. Ii e i den e x a k l e u N a t u r w i s s e n s c Ii a 1 1 e n, n a m e n l-
lich in Knabenschulen, die strenge I.,cjgik. Warum und
Weil, bei den deskripten das Zusammenleben! Zwar führt auch
hier die Systematik zum Ziele, aber einer Betrachtung nach Lebens-
gemeinschaften dürfte doch dei Vorzug ,i;ebidnen. Den Stoff in dieser
Weise anzin>rdnen. ist den \\ if.issern \ oi/.üv;lich .uelni'jieu, auch haben
sie CS verslanden. a\is dein ( .ebiete der t \:iklen .N.itnrw issenschaflen
dasjeni'.:t w ;is für Mä<lclienschulen besonders ;;eei^net ist. in ;,^e-
schukui Weise in ihren l.ehij,;ani; hinein/.ullechlen. wenn auch der
Zu.samnienhaui; sehr oft ein etwas loser ist; denn die Wärme-
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172
t>r. lOfbaH tScbuliM>
l^hre beispielsweise kann cbensowolil an (kn kalUii WinUr uit an
den wannen l'rfihlinjj anj^cschlossen '.vtrdin Innnerhin ist die Arbeit
der Wrfasser eine .ijan/. ans^czcichnele mid kann anf.s wärniste em-
pfohlen werden. Die Anssl.iUunjr der llncher ist lobend hervorzuheben.
Auf eini;je.s niuls ich jedoch die Herren \'crfaikscr aufnierkj$ani
machen, mit der Bitte, dasselbe bei einer späteren Anflaife zu berück -
sichtifirc^n. Heft II S. 8H. Ammoniak i$t eine Vcrbindnnfl: von Wasser-
stoff und Stickstoff, nicht von Wasserstoff und Sauerstoff Offenbar
ein Druck feil kr. Salmiak entsteht aus .\mnioniak und Salzsäure, aber
er b< steht nicht daraus. Durrh die lunwirknnj: von N U , auf HCl
iodii uni;jekehrti entsteht /unäcll^t <l.^s hypothetische Metall Vni-
nuHiiuni. XH^. mit dem sich al.stlann da.s Cl zu dem Haloidsalz ChUn-
unimuni\un. NIl^ Cl, verbindet, l'rüher .schrieb man allerdinj^s NUg
HCl und nannte diese Verbindunff salzsaures Ammoniak. — Säureu
und Basen neutralisieren sich nicht immer. Ich erinnere nur au Soda
und Pottasche, kohlens. Amnion. — S. 89. Schwefelwasserstoff riecht
wie faule liier. — Heft HI S. 5. In anbetracht des rmfanj^es des
Stoffes, welcher ans der Chemie zur AufiiabuK :;r1an;;t ist. halte
ich die .\nj;abe von S\nd)olen und bOrnieln üu /n weit jj^ehend.
Seite f>. Die (Juelle des Schwefels selbstversl.indlich fiir die
Pflanzen) .sind nicht II,S und II^S*)^ nlie.se .sind aul alle I-üllc ;;iftig),
sondern überhaupt Schwefetverbindu uj^en, wie Ii. schwefelsaures
Ammoniak. Die Krklärun;^ des Telephons ist nicht j;an/, richtig;. Ich
werde an andern Orten hierauf zuruckkonimen. -- Zu welchem Zwecke
ist denn eine ekktiis^lie Kiseiibahn abj^ebildet?
Fartheil, G. und W. Probat, Naturkunde für Dil r^^ersch ulen und
j^ehobene \'«)lks.schulen lieft I (Kursus 1 u. 2] S'* ''i; S. mit J2
Fij;. Treis bri»sch. 0,40 .M.. j^eb. 0.50 M Heft II (Kursus u. 41
S". St-, S. mit 16 I'ig. Preis brosch. o,ü) M., j^eb. ...75 M. Heft III
(Kursus u. 6p 8". 95 S, mit 22 Fij;. Preis bro.sch. o,So .M..
I M. Dessau und Leipzi^r (895, Rieh. Kahle's Verlag (Herm.
Oesterwitz.;
i Ibige drei Hefte für die betreffenden Schulen verkürzt, wie .schon
aus <lem an^ejjebenen rnifanjje zu schliefsen ist.
UttcudÖrfer. ') Leitfaden «ler Naturkunde für mittlere nn<]
höhere Schulen. S, XII. u. r"'!*! S mit 101 Fi^. l'rcis geb. 3 M.
Leipzig; 1*^)5. Diirr'sche Hnchliandliuii^.
Der \'erfa>i.ser tritt lur die Ikliandluii}; des Stoffes nach i.ebens-
l^emeinschaften ein, aber die Anordnunj; seines Buches ist die syste-
matische, da eine Anordnunj^ nach Leben.sgemeinschaften, wie er
.sehr richtttc bemerkt, nur weuijren jfcrecht wenlen kann. Iis j^ilt
ihm als oberstes Prin/ap der (irundsatz, dals das Einfachere und
N.iherlie^ende zuerst zu l»ehamleln ist, und hierin eine Kntscheidun;^
zu treffen, müssen örtliche, peisönliche und W iUenintrsverhältnisse
in Iklracht ^'ezoj^en werden. Der Stoff sell»sl ist {;nt. nnr be;4reite
ich nicht, wie der Verfai>.sej an der v eralteten, ganz falschen liin-
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NVu»rw &K(*h*'iMuii0rn*'iiuf drin (»ebicte d^H iiHltir«i4»i>eiii>cliBrilioben UntonieliU.
leiluiig tkr Mineralien hat festhalten können. Üelrt-ffs dieses Tunktes
verweise ich anf die in lieft i des laufenden Jaluganj^es dieses
Blattes erschienene Abhandlung Über die Mineralugie in der Volks-
schule . Die Ausstattung des Buches ist vorzüglich.
Kiefsling, Dr. K und E. PfaJs, Anthropologie und Naturlehre
für die einfache Volksschule. Der Mensch in Beziehung xur
organischen und unorganischen Natur. 8**. VIII u. 202 S. mit
118 Fig. Preis 2 Mark. Braunschweig 1895, Appelhans und
I'fenniTiLTStdrff
!\in woiilL^iIuiij^ener Aus/.ii)^ ans dem jj^röl.sem Werke der \*er-
fa.sser. auf welches wir schon früher lobend aufmerksam gemacht
haben.
F. Hirtfi Realien buch Xr. 32. Kleine Pflanzen- und Tierkunde,
nach natürlichen (imppen bearh. von J. G. Paust und F. Stein-
well er. 8". 56 S. mit 26 Fig. Preis 0,30 M.
F. Hirts Realien buch Nr. ;ö. Natnr>(eschichtefürMadcheiu>chulen.
bearb. von J. i). Paust. S". 174 S. mit 53 Fig. Preis 1,25 M.
Breslau i><')5. I'erdinand Hirt.
nie P.iuslschen Sachen sind ^aua i)rauchbar, aber tlic eiuj^e-
streiiUu 1 rayen aus der l'hysik in Nr. 35, S. ii. 20, 28, 35, 46 u. 51
wirken geradezu komisch. Man sieht auch hieraus wieder, dafe die
Verquickung der e.xakten Naturwissenschaften mit den deskriptiven
;eur Vnnatur neigt.
F. Hiifs R (. ilienbuch Nr. 33. Kleine Physik, Chemie und Mine-
ralogie, bearb. von J. (i. Paust. 8*. 32 S. mit 29 Fig. Preis
0,20 M. Prt slaii 1^95, I"erd. Hirt,
r.ut für die einfach.sten Schidverhältni.sse.
F. Hirt.H Kealienbuch Nr. 34. Naturlchre für Mädchen, bearb \ imi
J. (i. Paust. S". 120 S. mit 50 I'ij^. Preis i M. Breslau
Fcrd. Hirt.
Der Verfasser betrachtet: I. Die I.,uft als I.^bensbedtngttng. II.
Das Wasser als Lebensbedingung. III. Die Wärme als Lebensbe-
dingimg. IV. Die Wohnunj,' des Menschen. V. Die Nahrunj; des
Menschen. Das J.icht im Dienst des Menschen. \ II. Magnetis-
mus 'iTirl l'.h ktri/.ität im Dienste des Menschen. N IM Die Krde als
W'olujplal/. des Menschen. — Das ist j^ewi/s für manche Ohrm «lie
k«>sllichste Musik, aber mii wird von dem allen so dumm, als ;<in.n
mir ein' Mühlrad im Kopfe herum.
2. Xatargesehichte der drei Reiche.
a. .\lle drei Reiche umfa.sscud.
Lfthle, W Der \ atu rj^esch i c h ts n n terri cht an X'olks.schulen nnd
rnlerkla.^sen von Bürger- und .Mittelschulen, .v Aufl. S". \ III
M. »«c) S. mit 45 hin;. Preis geh. i.5o^M.. -eb. 2 M. (iera 1895.
Theodor I lof mann .
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»
F.iiie Sainnihinjr von I'"iii/All)tsclircil»un';{ n w ie man sieAnfaii)f
(Ut (V>C'r Jahn- in jeden» (krattiirtn Hnchc- fand, die aber a n /
ijr n L /-U u c- h r a n c Ii f n sind. Dnrch rin/L'liK Stellen werden wir
rcclil U liliall an unsere Jnjjend/.eil trinnerl. In i^jti(.lsweise dnroh tlie
WTfjleichnnj; des Schwefels mit lilci. Das kommt tuis j^cradc .so
vor, als wenn uiaii den Hamster mit der (Giraffe vcrjfleicht. Die Ein-
teilung: der Mineralien ist falsch, weil veraltet Die Figfuren sind
doch ssu {»rimitiv.
Pamit, J. . Ans dem Hnche der Xatiir. 8' VIII n. 176 S. mit
2g Fijj. IJreslan. I'erdinand Hirt.
ric's Warum nnd W eil anf di ni (UI)ietL der de skriptiven Xatnr-
wissenschaftcn, nnr sind die Ant^\ ni u n heilenlend umfangreicher als
bei l'le und fanj^en deshalb auch nicht mit Weil an. - Als Repe-
titionsbnch zu empfehlen.
b. Anthropolog^ie und (iesundheitslchrc.
Dminerf Dr. H., Der menschliche Körper. Ein Lehr- und Lern*
buch fi'ir Schule und Haus. 8*. 104 S. mit 76 Fig. Ilamhurg
iSy^. ntto Meißner
Der \'ei'fasser liat wenii^er <ie\vio!il i:tlejil anf die Auf/.ählunj^
einer moj^lichst ;..(rof.sen .\ny.uhl nnal« >misclter Thatsachen. als viel
mehr darauf, unter der au f.serord entlich grol.sen Menge von anato
mischen, physiolo^schen und hvKicnischen Kenntnissen diejenigen
auszuwählen, deren Verständnis eine praktische Jtedeutun^ für die
Einsicht in die Bedürfnisse unseres Körpers, für .sein Wohlbefinden
'und dadurch fiir die I'.ntwicklunjar phy.sischer Kraft und I-jui Lii hat.
Kr hat nicht versucht. Aideitnni; zin- nehandlunj.; von Krankheiten
/.u vrelH^n. sr>TifUrii Ii di jjlich die Aldi.'ingigkeil des W nidbefinden.s
von tler Erkenntnis de.> liaues tmd der l-nnklintien unserer ♦ »fjfane
nachgewiesen, so daf.s der Lehrer und Lertiende «iie liin.sicht in den
Zu.sanimenhang /wischen I,ebenswei.se und («esundheit erhält. Die
Kehandlnnisf des Stoffes, sowie die Ausstattun dürften dem Ruche
{jcwifs Freunde erwerben.
e. Z o u l o g i e.
Bande, l-'nedrich. Naturgeschichte in Ijn/elbildern. ni]^jHn-
bildern nnd LebcnsbiUlern. i. 'i'eil : 'rierbetrachtinv^cii inil lu -
son<krer Ilercorhebmiir der lle/ieJiungtu /wischen Korperb.iu
und l.ehenswei.se dei l iere und ihrer Hedenlung für Naturha\is-
halt und Menschenleben, a. -\ufl. Xll u. 244 S. u. 62 Fijj.
Preis g^eh. 2,80, geb. .^30 M. Halle a./S. 1894, Herrn. Schrodel.
Für den rnterricht in der Volksschule sehr gut /.u gebrauchen.
Veri^l diese Zeilschrift. Jahrgang 1895. S. ;/>6.
Sehilliug. Philipp. \'erkannte Tiere, l^ür die Jugend geschildert.
kl. S" n S lYcis -o M. .Minden i. W.. C. Marowsky.
Lesenswert für Kinder.
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><»«nTf i:,r>>->ifiiiuiii;i'<' «wf «li-ni (•«•liit'ip tU-s iiiiiui-ni^«< ii»i-hMltlicli('ii t'nlcrrirtili».
Vogel, ( icors Ckinciis. Der N'crmeliruiipfsprozcis i iti T i t-rrei oh e
8". 104 S. mit 35 l'iii. Treis 2.50 M. Dresden 1.S93, Willi, kcutcr.
Der Vollcsschule ist dieses Buch selbstverständlich nicht ge-
widmet, sondern nur einem Spexialstudium. Wer sich hierfür inte-
ressiert, wird manches Lehrreiche in ihm finden.
Wttn^cho. Trof. Dr. Otto. Die verhreitttsten Käfer Deutsch-
lands, s '. X\"I 11. 212 S. mit 2 Tafeln. Treis 2 M. Leipzijr
Dusts Ilm h sti llt den übrij^eu trefflichen Schriften des \'cr-
lassers ebenhiirii^ zur Seite.
(vSchhils folKt.l
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176
Neue Bücher und Aufsätze.
ai BUoher.
T)rL'ycr, F'rdr.. Studie n /.iir Mc-
thodenlehre und Ivrkcnnlniskritik.
fXIII. 22:^ S. m. Figr.) I.eipzijr.
Khrat. ^..n. prof., P.inkia/., Die
Hedetituii}^ der Lojrik, beziehim^js-
wcise der Hrkeniitnistheorie für
Wissenschaft, Schule und I.eben.
Mit besonderer Rücksicht auf die
I^ehreTbildwnjrsanstaltcn. (V, 14.;
S.) Zittau, I'ahl. 2 M.
(•ebhardt, Bruno, Die Kinfüh-
runj; der Pestalosaischen Methode
in I'reiifscn. Ivin urkundl. Kapitel
preufs Schulj^escliichte. <So S.i
Hcrlin. R. (färtner.
Heinrich. Dr. \\\, Dit' moderne
plnsioloj^isflu- I*s\ choUipfie in
Deutschland, liine historisch-kri
tische l'titersiichuiip mit bes. Be-
rn cksicliti mm}^ des Problems der
Aufmerksamkeit. (\', 235 .S.> Zürich.
K. Speidel. 4 M.
Herbe. (;fr. u. K u d. rcl/.el.
L*«hr.r. I>»r Han<Uertii(keitsunter-
rieht III tler Schwei/, und in I'riUik-
reicl». Kei-sebericht. (24 S.i Wien,
k i\t/.ii. (..75 M.
Jäger, oymn.-Dir.. Dr. (Xskar, X'or-
lajjfe für pädajjoj^ische Resprech-
unj^en in pi\ nfs. Sennnareu. (2nS.)
Wiesbaden, C. <>. Kun/.e.s Nachf.
o,;^o M.
I.anj^e. Büricir-ih.-nir.. Dr. Karl.
LehiT't thode un<l I.ehrerpersön-
1 ich kell. 124 S.) Plauen, F. IC.
Neu]iert. 0,50 M.
rnhliiiann. lu-u. I>r W Keli
^ionsuntcrricht und Schulaufsicht
itn Rahmen de» VolksHchulge-
set/es. S.) (tuteniloh, Heitels-
niann. 0.40 M
Scherer, .s.tmiintp,. U. u. l.chrer
J. ICckert. Zeichnen und Hand-
feiti^keit. Ivine .\nlcitun;; zur lir-
teiUmg dieses I ntenichts in der
Volksschule. S. mit Abb.)
Gotha. K. F. Thicnemnnn. ^ M,
b) AufWitte.
Hcvni. Dr. Max. Fthik als
(•eifen. stand des .Semiuarunter-
ricntH. <I«eip%. Lehrenetg. i.) Lpx..
Otto Klemm.
Klein Prof. V... Was /.u einem
Junten Direktor i^chört. (Päda-
i^oj^ium ;,.> I-p/R.. Klinkhardt.
l'feifer. W., Hat <lie sechs-
klassij'e \ olksschule als Normal-
schule sich bewährt. (Lehrerzt>;.
f. Thür. I.» Jena u. I.p/.jr., llaacke.
Redlich, J., Das .\bbilden al.s
Brkenntnismittel. (Ztschr. f. Philo-
sophie und Pädagf^'k li^jj^, 6.)
Langensalza, Beyer u. Söhne.
Rej^ener. Fr., l'ber Hejrriffs-
bildun^. (Rhein. Hlätter für Er/..
u. Unterr. i.) Frankfurt a. M.,
l>iesterweg.
Schlegel. IM. Hedentunj^
und Pflej^e der Phantasie in <ler
Schule. (Schulblatt der Prov.
Sach.sen t. 2,1 Quedlinburg, Huch.
Sehr e \ e r . Franz. l ' ber das
Zeichnen in den N'ulksscluiKn
i(jsterr. Schulbote i.» Wien. Pich
lers \Vw. u. Sohn.
Sehr Oer, H., (Je-sichtsirnnkte
für die .Vnsfjestaltun«; und Hebung
des SehuUurnens. 1 .Monat.'^schr.
f. Turnwe.sen 1S95, 11. llerlin.
i iärtner.
Thonisen. \., Lescabendc in
der Schnlc (l.ehrcrin 7.) Gera,
Th. Ilofinann.
Wann er. II., .\us dem l.eben
der Sprache, ihr Werden und ihr
\ ergehen. 1 1 .mn. Schul/,tg, i — .^.1
Hannover, Helwinj^.
Zen/. \)r W . Die .\s.s<)/.iation.
(Österreich. .Schulbote i.Sys. t^.t
Wien, Pichlers VVw. u. Sohn.
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Neue Bahnen.
Monatsschrift für Haus-, Schul- und Geselischafts-Erziehung.
Heft 4. JipHi iBs^. ~ räriahrg.
Adam Smiths pädagogische An-
sichten und Kritik derselben»
\'oii Dr. Payl Bergemam in Jena.
(Schhifs.)
Drittes Kapitel.
Die Volks- Erziehung.
Wenn ich von Volks-Emehunjj: spreche, so meine ich
natürlich nicht, dafs es sich hier um derartig^c erzieherische
Einwirkungen handehi solle, wit. si\ <!( r nnmüiidigen Juj^end
gegenüber am Platze sind. Vielnicln habe ich dabei religiöse,
moralische. ]>olitische und weiterhin solche Belehnni^en im
.Auge, welciie den Zweck haben, in gemeinverständlicher
Weise die nicht wissenschaftlich (»ebildeten mit den Fort-
schritten Ijckannt zu niaehcn, welche die Wissenschaft — iin
besonderen die »Naturwissenschaft« — nnd die Technik fort
und fort inachen. Fernerhin niufs aber nach meiner Ansicht
auch auf die Pflege einer schönen und edlen Oeselligkeit und
des guten Geschmackes (in künstlerischer Hinsicht) dabei
Hedacht genommen werden. Ich könnte kurz die diesbezüg-
lichen Aufgaben dahin zusammenfassen, dafs ich sa.L^e: ilas
Volk ist vor dem Umsichgreiien banausischen tieistes /u
bewahren. Die .sorgfältigsten Krziehuugs-Maisregeln in der
J ugend sind bei der weitaus grösseren Mehrzahl der Menschen
nicht ausreichend, um ihren Interessen dauernd eine ideale
Richtung zu geben.
Tu ganz so weitem Shine fafst vSmith allerdings die \'olks-
Erziehung nicht auf; aber es ist l^einerkenswert, dafs er
darunter nicht blofs religiöse nnd moralische Helehrnii L:^en
^•erstcht, sondern auch darauf hinweist, wie wichtig c> >ei,
daLs dem Volke edle gesellige Vergnügungen geboten wür-
den, und dafs man es für Kunstgenü.sse empfänglich mache.
Freilich legi er den Hatiptnachdnick auf die religiöse Be-
lehrung, und die moralische soll auch nur im Anschlüsse an
jene auftreten. Den Zweck derselben sieht er darin, die
N>ne Ralmoii Tit. 4. 12
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Menschen nicht sowohl zu guten Bürgern in dieser Welt zn
machen, als sie viehnehr für eine andere uud bessere Welt
in einem küiiftijycn Leben vorzubereiten (Wcalth S. 353).
Auch hier wieder zeij^^t sich Smith befangen in den j^^cwöhn-
lidieu theologischen Anschauungen. Wie weit er jedoch bei
alledem von dem finsteren und wcltvcrneinenden Rig<.>rismus
der Jenseitsprediger entfernt ist, ergiebt sich aus folgender
Stelle, welche zugleich als Beleg für das oben über seine
weitere Auffassung des Begriffes Volkserziehung Gesagte (die
er vor \ ielen anderen voraus hat) dienen kann. Es heifst
nämlich Wealth S, 357: ^Liefse der Staat allen, die erwcr^<
mfifsig, aber ohne Ärgernis und Unauständigkeit, das \\)lk
durch Malerei, Poesie, Musik, Tanz, durch alle Arien drauia-
tischer Aufführungen zu belustigen und zu zerstreuen suchen,
völlige Freiheit, so würde er bald bei der grulseu Masse
die melancholische und düstere Stimmung verscheuchen,
die fast stets die Amme des Volksaberglaubens und der
Schwärmerei ist
Dals bei der Pflege geselliger und ästhetischer Interessen
Smith vom Staate nur eine indirekte Mitwirkung verlangt
und ihm im übrigen die Rolle des wohlwollenden Znscliauers
zuerteill, kann uns bei seiner Auffassung der Aufgal)cn des-
selben nicht wundern; aber in diesem Punkte niöelite ich
nicht mit ihm übereinstimmen. Diejenigen Einrichtungen,
welche die religiöse, moralische, politische und wissenschaft-
liche Belehrung des Volkes zum Zwecke haben, werden frei-
lieh einen privaten Charakter an sich tragen müssen; mit
Bezug auf sie wird man freilich vom Staate eine blofs mittel-
bare Vuterstüt'/ung und I-Tirdernng \crlangen können, vor
allem dafs er nicht liindernd und henunend in den Weg trete,
ferner vielleicht noch, dals er würdige Personen durch rrämien
zu derartigen Veranstaltungen ermuntere, uud dafs er lleiisige
Teilnehmer durch irgend welche Auszeichnungen ehre —
mehr fordern hieCse allerdings die bürgerliche Preiheits-Sphäre
ungebührlich beschränken. Aber sofern es sich um die Pflege
schöner Geselligkeit und guten Geschmackes haudelt, wird
man vom Staate mehr erwarten können. Nicht als ob hier
die Privatthätigkeit ausgeschlosseu werden sollte; dieselbe ist
vielmehr auch hier ganz unentbehrlich . aber ausreichend ist
sie angesichts der mannigfaltigen und blofs durch einen ziem-
lich bedeutenden Kostenaufwand zu erfüllenden Aufgaben nicht
Vor allem mufs der Staat sich die Pflege der Kunst an-
gelegen sein lassen — und zwar in ganz anderer Weise wie
bisher. Die Kunst sollte ein wesentliches Lebenselement
der freien Bethätigung eines jeden Kulturvolkes sein; an
ihr sollte jedes Glied des Volkes vollen Anteil nehmen, ebenso
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'79
wie an der Sprache. Heutzutage aber ist die Kunst nicht
das, was sie sein sollte; unsere Kunst ist nicht volkstümlich
— mit teilweiser Ausnahme der Musik höchstens — sie ist
dem Volksleben fremd: die bildende sowohl als nücli die
redende. Dafs dies ein sehr wenif^ erfreulicher Zustand ist,
.Nlcilt kein \ crständij^er Mensch in Abrede; ein solcher wird
vielmehr die oben ans«^esprochene F'orderung durchaus billigen.
Aber es ist nun die Frage, ob überhaupt die Kunst derselben
gerecht zu werden vermag — vielleicht liegt es in ihrem
Wesen, nicht volkstümlich sein ^u können. Ich glaube nicht
Die Wissenschaft allerdinj^s ist exklusiv; denn wenn auch
ihre Resultate popularisiert werden können, bezüglich der
Wege, auf denen man zu ihnen L'elan*;t, ist diesnicht, wenigstens
nur in selir unvoUkomniener '^Veisc möglich hier ist ernste
und inühsame .Arbeit und vieljährige sorglTdtige vSchnluug
erforderlich. Nicht so bei der Kun>t; dieselbe wendet sich
gar nicht an den Verstand, sondern an das Gemüt: sie weckt
durch Anschauung das Gefühl. Nun sind die Unterschiede
in der Gefühlsweise der verschiedenen Menschen gewifs sehr
grolse, sowohl da, wo es sich um die ästhetischen, wie auch
da, wo es sich um die intellektuellen, moralischen, religiösen
und sinnliclien ( relühle handelt. Man darf jedoch diese L'nter-
sehiede anderseits nicht als zu schroffe, als jede Verständigung
und \ ermitlelung ausschliefsende auffa.ssen. Vor allem ist
es deshalb nötig, ihre. Ursachen sich klar zu raachen. Be-
sonders tiefgreifende Unterschiede treten uns natürlich ent-
gegen, wenn wir die gesamte Menschheit ins Auge fassen —
nämUch zwischen den verschiedenen Menschheitsgnippen.
Die Ursache ist in der Verschiedenheit der geistigen Knt-
wiekelung zu suclicn, und diese Verschiedenheit ist wieder,
wenigstens gröfsten teils, bedingt durch die Verschiedenlu it
der geographischen (im weitesten Sinne des Wortes) Er-
.scheinuugen. Damit ist freilich die Differenzierung noch
lange nicht erschöpft, denn innerhalb der verschiedenen
Menschheitsgruppen machen sich weitere Unterschiede
zwischen Individuum und Tndi\i(hium geltend, verursacht
durch die \'erschiedenheit der Erziehung, der gemachten Er-
fahrungen. überhanj)t der Eebensverhältnis.se und, wris be-
sonders den .'\usschlag giebt, da diese ja, wenn auch niemals
ganzlich, so doch oft genug annähernd die nämUchen sind,
der persönlichen ps\ cho-physischen Wranlauung. So grofs
aber auch die durch dies alles bedingten Unterschiede nun
sein niögen, die Erfahrung lehrt uns, dafs trotzdem eine viel-
fache Ubereinstimmung herrscht, dafs die Menschen zunächst
innerhalb einer und derselben Menschlu iisgruppe, weiterhin
aber auch mehrerer solcher Gruppen z. B. derjenigen, welche
12*
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ifto Dr. PMt RMveiMDn.
die Kultur-Menschheit ausmachen — in sehr vielen bedeut-
samen Punkten d*accord sind : eine Erscheinung, die für den
Anhänger der monistischen Weltanschauung auch durchaus
nichts Wnnderbares hat.')
Eine volkstümliche Knnst ist also olnu- Zweifel niöj^^licli,
und ilire Pflee^e mnfs gfcrade/n als Pfliehl des Staates he-
zeicluiel werden; denn die Kunst ist für den Menschen, den
Kulturkämpfer, von höchster Bedeutung als eine Quelle der
reinsten Freude, ein Mittel von so belebender Wirkung, wie
es kaum ein anderes geben dürfte.-) Hat die Jugend-Er-
ziehung die Aufgabe, den ästhetischen Siim zu wecken und
7.U Stärken, so mnfs die Volks-Krziehunjj; darauf bedacht sein,
denselben auch zu erhalten und vor VerkümnieruuL,^ /u be-
wahren, indem sie ihm immer neue Nahrung zuführt. IJiese
Mi.ssion verabsäume der »Staat ja nicht — er pflege eine
wahrhaft volkstümliche Kunst Als Vorbild in dieser Hin-
sicht kann das alte Hellas dienen. In Griechenland gab es
ein sehr hoch entwickeltes Kunstleben, das doch sehr populär
war; die griechischen Dichter z. P. dichteten ihre Tragödien
für alle Pürger, nicht nur für die höher ()e1>ildeten : es mufsle
al.so die Knnst unter den (iricchen auf all|^enu'ines \'er-
ständnis rechnen können. Da.s.selbc q-ilt aucli \ <>ii (k r mittel-
alterlichen Kunst - auch diese war eine Kun.sl für das
Volk, sie hatte ihre Wurzeln im \'olksleben. Unsere mo<lerne
Kunst dagegen ist ein exotisches Gewächs auf unserem
vaterländischen Boden, sie kann auf Verständnis -nur bei
denen rechnen, welche durch die »Schule des klassischen
Altertumes hindurch gegangen sind, wie diejenigen, welche
sie üben. Der Grund ist in den beiden grofsen Uuterbrech-
') Natüilich soll dannt nicht etwa der Ansicht derer \Orschub
jL^elei-stet we rden welche von eitler \ oll ii^u n r.leichninchunj^; aller l\in-
richtungen und Anscliaiuuigeti aui dem ganzen Erdenrund träumen
und reden — eine solche scheitert selbstverständlich an derDifferen-
/ienniti' der Mcnscliheil in die vielen ein/einen (inifjjjen, deren bis-
hen^e vcrschicUcuc, luclir oder weniger isolierte Kutwickelung doch
gewisse dauernde Unterschiede neben aller vielfachen sonstigen Über-
einstimmung hervorgerufen hat. Und wenn auch in unserer Zeit die Iso-
Hcninpr der verschiedenen einzelnen Menschhcitsirmppen inmu-rnu-br
und mehr verschwindet, .so i.sl duch /u beachten, d iis die Vei.scbie-
denheit in den natürlichen Bedingungen der Kntwii kelung, vornehni-
licli den get^graphischeti Krscheinuniren, bestehen bleibt. Auch ver-
dient die Erwägung nicht gering ange.sch lagen zu werden, Uafs eine
solche Gleichheit selbst wenn sie sich durch Kfinstliche Mittel schaffen
Heise, dem Knltiirfcirtschritte, der ja auf dem Prin/ipe irrnfstmöglicher,
vielfältigster Arbcitsteihnig beruht, keineswegs förderlieh sein würde,
mau also deshalb von ihrer Herbeiführung entschieden absehen
mülste.
*) leb verweise behufs weiterer Orientierung auf meine Arbeit
Die evolutionistische Ethik als Gruudlage der wisseuschaftlichen
Pädagogik«. (Neue Bahnen V, Heft 1—3.)
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A4<am Smiths pä(ta(;ni;i»rlic Ansichten und F'frilik dcriteihfn.
Hilgen zu suchen, welche unser Eigenleben /.nr Zeit der
Renaissance und um die Wende des vorigen und dieses
Jahrhunderts erfahren hat — kurz in der zweifachen Be-
kehrung zum Altertume. Da sich dies alles mit historischer
Notwendigkeit vollzogen hat, so kann natürlich kein Tadel
ausgesprochen werden; aber wohl ist ein solcher am Platze^
wenn mau heutzutage nocli iiniuer die Augen gegen die
grofsen ( u faliren verschliefst, welche <\\vsc Entwickehin l:^ der
Dinge zur h'oh^c gehabt hat. Die Kunst, deren Träger nur
die sogen, (icbildeten, d. h. eben die durch die Schule des
klassischen Altertums Hindurchgegangenen sind, hat sehr
viel mit zur bestandig fortschreitenden Verrohung der Massen
beigetragen, hat die Kluft zwischen diesen und jenen immer
grdlser gemacht. Der Masse, die man so von dem Mitge-
nusse des herrlichsten Kidturgutes, der Kunst, ansschlofs,
blieben gar keine Heziehungen mehr zu höheren, geistigen
Idealen -- ist es da zu verwundern, wenn sie die ganze
nioderne Kultur .ils etwas ihr FcinilNcligeb betrachtet, wenn
sie gegen dieselbe l'ront maelu! Und man täusche sich
doch ja nicht: die^Kultur^ die auf einer so schmalen Basis
steht, wie dies bei den modernen Kulturvölkern der Fall ist,
kann sehr leicht erschüttert und auch plötzlich vernichtet
werden - vavmni cotimlesl
[ ^ " Nun haben allerdings die redenden Künste bereits einen
energischen Anlauf genoinmen. mit der antiken Tradition
zu brechen; aber die bihUndcn Künste sind diesem Beispiele
noch nicht gefolgt: noch immer beansprucht man für Dar-
stellungen, welche ihren Stoff der antiken Mythologie ent-
nehmen, einen höheren Rang — wenigstens sofern es sich
um plastische handelt. Vielfach hat man freilich versucht,
die antike Mythologie durch die christliche zu ersetzen, iu
der Hoffnung, dadurch dem Interesse des Volkes mehr ge-
recht zu werden. Nim ist ohne Zweifel bei derartigen Dar-
stelhni'^'^f u auf weit mehr Verständnis /.u rechnen, <>l) aber
auf wn klich tieferes Interesse, das erscheint mir sehr frag-
lich. Solauge noch die christliche M\ üiologie von so vielen
für mehr als blofse Mytholugie ausgegeben wird, solange
diese Frage ein Objekt heftigster Streitereien ist, wie gegen-
wärtig - solange werden mir verhältnisniäfsig \\ cnige Men-
schen solchen Darstellungen gegenüber sich rein betrachtend
und Lrenief.send verhalten können. \'or allem werden die.se
ihre Wirkung auf die grofse, iminer unanlhalt.samer iu dem
Sumpfe des krassesten Materialismus und Atheismus ver-
sinkende Menge verfehlen sie werden nur deren Spott
herausfordern. M) thologische Darstellungen sind nur dann
ganz allgemein wirkungsvoll, wenn sie noch gamicht als
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t82 B^rfffmann.
niytholojTisclie gleiten - oder wenn von keiner Seite mehr
daran ^^c/weifelt wird, dafs sie solche sind. F^ür den letzten
Fall ist aber weitere \'()r.'iussct/iino dabei, daLs die Kenntnis
dieser Mythen noch iinuiLr eine aiigcnieiue sei. Da man
aber eine solche Kenntnis nur dann mit Fug und Recht
verlangen konnte, wenn diese Mythen einen so hohen Bil-
dungswert besäfsen, dafs ihre Obermittelnn^ dnrch den Unter-
richt nötig wäre, dies jedocli zumeist nicht der Fall ist, so
werden mythologische Darstellnnj^en immer nnr wenigen
einen ästhetischen Gcnnss gewähren können: sie werden also
für die staatliehc Kunstpflege und die äslhctisclic Volks-
Erziehnn«^ kaum in Jktraeht koninicn. X'ielKicht sind
historische Darstellungen noch am ehesten geeignet, allge-
meines Interesse zu erwecken, aber freilich auch nur dann,
wenn sie Ereignisse und Personen betreffen, von denen man
voraussetzen kann, dafs sie allgemein bekannt sind.
Um eine Rcfonn in dem angegebenen Sinne anzubahnen
und durchzuführen, wird sich der Staat einerseits zu einer
Umgestaltung der der Auslnldung \'on Künstlern dieueiulen
Kunstschulen, bezw. Akademien, werden die Künstler >ich
anderseits dazu entschliefsen müssen, das Beispiel ihrer litte-
rarischen Kollegen nachzuahmen. Nicht als ob ich der
Meinung wäre, dafs unsere »modenie« Litteratur gar nichts
zu wünschen übrig lasse, ich behaupte \ i elmehr, dafs sie,
sofern es sich um die künstlerische Behandlung der von ihr
gewählten Stoffe handelt, noch so gut wie alles zu wünschen
übrig läfst. Aber können wir leugnen, dafs trot/.deui unser
Herz dem frolimüligen Wagen derer gehört, welche in einer
Erschütterung der menschlichen ( iesellschaft und aller ihrer
Begriffe, wie sie seit den Tagen der untergehenden griechisch-
römischen Welt nicht gesehen worden ist, in der Seele dieser
Gesellschaft zu lesen und von dem befreienden Worte, nach
dem sie sich sehnt, etwas auszusprechen vermögen! D. h.
wir sympathisieren ganz unzweifelhaft mit dem nestrel)cn
derer, welche den Stoff zu ihren Dichtungen nicht aus den
unserem ganzen Denken und I'^ühlen fernliegenden Kpochen
herholen, sondern denselben der (xegenwart entnehmen, und
wir erwarten von diesen die neue künstlerische Formeu-
sprache, die uns gemäfs sein wird — wohl gemerkt: wir er-
warten erst nodi diese Pormensprache, wir betrachten also
das künstlerische Problem als erst zur - - und zwar unbe^
deutenderen — Hälfte gelöst Die Naturalisten von heute
sind zwar anderer Meinung; sie glauben, der Naturalismus
sei die vollständige Lösimg. Weit gefehlt. Seine Forderungen
besagen nichts weiter als < )|)})usiti()U gegen eine verbrauchte,
veruutzte Art, Wiikliehkeit auizulasseii und darzustellen; er
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Adam 8mith» |»id«itoflri*ch» Amtichton nnd Kritik derselbrn. fg^
ist nichts anderes als der Protest der Wahrhaftigkeit gegen
die überlieferte Formen spräche, er ist xnn'ichst also ein
Negatives. Aber freilich geht ibni ein positives Klenieiit
nicht gänzlich ab; welches diesem >ri, erhellt daraus, dafs
ich ihn einen Protest der Wahrhaliigkeit« nannte. Auch
die historische Betrachtung läfst uns erkennen, dafs er nicht
ein rein Negatives ist Sie lehrt nns, dafs er stets in Zeiten
künstlerischer Krisen aufgetreten ist und den groDsen
schöpferischen Genies den Weg bereitet hat, indem er, sich
an die Wirklichkeit festsaugend, ihr Neues abzugewinnen
vcrsnchte, das jene dann künstlerisch verwerteten. Man
sielit also, dafs ich ebensowenig zu den begeisterten Lob-
rcdncrn des Nntnralismns wie zu denen geliöre, welche
keinen guten l'adcu au ihm ^ia^.'^tn wollen — er bezeichnet
ein notwendiges, nützliches Übergan^s-Stadium.
Nunmehr wird man wissen, wie ich es meine, wenn ich
sage, dafs die bildenden Künste sich die redenden zum Vor-
bilde nehmen sollen — und mich nicht mifsverstehen. Es
ist ein unzweifelhaft tiefer nnd ehrlicher Zw^ unserer neuen
Litteratur, dafs sie die heutige Gesellschaft, wie sie ist,
niii rücksichtsloser Wahrhaftigkeit hinstellen und so der
Kritik überantworten will - solchem Beginnen können wir
luisere Anerkennung nicht versagen, mag ihr auch noch die
eigentliche künstlerische Weihe fehlen; <£ese Ifitteratur kann
auf allgemeines Verständnis rechnen. Nun weifs ich wohl,
dals von den bildenden Künsten wenigstens die Malerei
einen ähnlichen Weg bereits eingeschlagen hatte, aber sie
hat denselben nicht weiter verfolgt, sie hat ihn wieder in
jüngster Zeit \ erlassen. Und die neueste Richtung, in der
sie sich beweist, kann ich nicht als einen Fortschritt be-
trachten, noch weniger bin ich der Meinung, dals sie dadurch
an Volkstümlichkeit gewonnen hat Sie hat ihre Zuflucht
zu ausgeklügelt symbolischen Darstellungen genommen, mit
denen ohne Kommentar niemand etwas anzufangen weiüs.^)
Nun könnte man vielleicht gegen dies alles, gegen die
Betonung des \ c)1kstnmHc]ien Elementes in der Kunst, den
Einwand erheben, dafs dadurch ein Rückschritt im künst-
lerischen Schaffen herbeigeführt werden würde; ich glaube,
dafs der Hinweis auf die mittehUterliche und besonders die
antike Kunst denselben zu entkräften vermag: dieselbestand
ja keineswegs trotz all ihrer Volkstümlichkeit hinter der
unseren zurück Auch der Einwand ist hinfallig, dafs das
Gebiet, welchem der Künstler seinen Stoff entlehnen solle,
') Audi in che Litteratur hat sich allerdingfs in dertieueren Zeit
die S3anboük eingeschlichen — leider!
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I>T- Pbv^ B«ri;^iB«tin.
allzu sehr eingeschränkt werde. Die vielgestaltigen Verhält-
nisse des modernen Lebens und die vaterländische Geschichte
repräsentieren doch wahrÜch kein /ii enges Gebiet für die
Stoffauswahl. Und mit Be/.ug auf die Zukunft werdeu diese
Einwände erst recht keine (jeUnni; liaiien, Tnit Be'/nq^ nuf
die Zeit nämlich, da der Jn«::^end- Unter rieht eine ^rnndHclie
Reform erfahren ]ial)en w ird, w ie sie nacli fast aller Ansicht
dringend geboten erscheint und nicht mehr lange auf sich
warten lassen kann : dann wird auch die ästhetische Bildung
in der Erziehung eine grossere RoUe spielen als bisher, dann
wird das historische Wissen aller Glieder des Volkes ein
umfangreicheres und ticfr v sein.*) Was soll aber der Staat
weiterhin, anfscr dafs er die Kuu'^t, '^o viel an ilnn liegt, in
volkstümliche Mahnen lenkt, thun, um das \'olk mit den
Kunstsehätzen wirklich bekannt zu machen? Soweit die
bildenden Künste in Betracht kommen, werden - und /war
nicht blofs in den grofsen \'erkehrs-Zentren — staatliche
Kunstsammlungen anzulegen sein, zu denen der Zutritt
jedermann freisteht und zwar nicht nur an einigen Vor-
mittagsstunden, sondern während des ganzen Tages und
noch eines Teiles des Abends — denn sonst wird der Besuch
ja den erwerbenden Klassen (weniiifstens an Wochentagen)
uninö.t;lich gemacht. . Natürlich bieten auch <'>tfentliclie Hauten
und sonstige Anlagen ( Tclejj^enheit. die AutuR i ksanikeit des
Volkes auf die bildenden Künste zu lenken. Was die
redenden Künste und die Musik betrifft, so würde es die
Aufgabe des Staates sein, im groisen Mafsstabe für Volks-
bibliotheken Sorge zu tragen, ferner von Zeit zu Zeit drama-
tische und musikalische Aufführungen zu veranstalten —
ich betone wiederum : niclit etwa blofs in den grofsen vStädten
- - deren Besuch an kein Eintrittsgeld gebunden sein dürfte.
Was sonst noch zu thun übrig bliebe für die Pflege des
ästhetischen Interesse im Volke, das wäre dann Sache privater
Vereinigungen.
Solche Veranstaltungen, wie die oben zuletzt vorge^
schlagenen, würden weiterhin auch einen günstigen, ver-
edelnden Einflnfs auf das gesellige Leben ausüben. Dafs
unsere moderne Geselligkeit sehr viel zu wünschen übrig
läfst, darül)er kann kein Zweifel herrschen. In den höheren
Ständen raffinierte, materielle (ienufssucht, jtnmkende Re-
präsentation, blofses Kokettieren mit geistigen tienüs.sen
in den niederen Ständen inuner weiter um sich greifentle
M da/u (lit Ansfühninjftn im /.weiten K,i]5iti'l, ferner meine
Arbeiten: Die evolutioniütische Hthik als (irundla>;e der wissen-
schaftlicheu Pädagogik» (Neue Bahnen V, Heft i-ü und ZiirPra^e
des Oeschichtfi- Unterrichtes- (I^hrerin, XI. Jahrgang, Heft 2).
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Adam Smith» p&diiKogi>cb«> Aniiirht4>n und Kritik der>fllb«ii. f^r
W'iTolimii;. W ird dieser kl/Acren durch direkte und indirekte
Mafsrej^elii kräftij; '^esteiu-rt, j^^reift in der i^rnisc!] ^Tnsse
des \\)lkes dasStreheii nach liöhereii idealen (ienü.-^.^* !! wieder
mehr Platz, dann werden auch die höheren Stände nicht
zurückbleiben wollen und solchen Interessen bei ihren ge-
selligen Veranstaltungen den Vorrang im Ernste und nicht
blofs zum Scheine einräumen. Weiterhin gilt aber, Ein-
richtungen zu treffen, welche alle Kreise des Volkes zu ge-
meinsanier Ctesellij^kLit zusammenführen. Ich habe dabei
\'olksfeste im Auge, die in gewissen ZwiselRuräumen wieder-
ktlncii und alle, h«)ch und niednif. reich und arm, zu o^e-
UK'iuschaUlichcni \ ergnügeu \ ereinigen niüisLcn. Hin sulclies
Öffentliches Festleben würde sich z. B. sehr leicht an die
Spiele der Jugend anschliefsen lassen. DaXs ich dabei an
solche wie unsere heutigen sogen. \'olksfeste mit ihrem
widerwärtigen Jahrmarktstnibel und ihren zum teil sehr wenig
dezenten Belustigungen nicht denke, bedarf wohl kaum
der Erwähnung. Xatürlich müssen die höheren Kreise
sieh nicht dadurch abhalten las.sen zu erscheinen, dals das
toruial -gesellschaftliehe Henehmen ihrer geringeren \'olk.s-
genussen unter den gegenwärtigen \'erhältnissen ihren An-
forderungen an feine Manieren nicht entspricht; sie müssen
denselben vielmehr entgegenkommen, müssen bedenken, dafs
sie daran zum grofsenTeil die Schuld durch ihre Exklusivität
tragen. Später, wenn erst die öffentli Ii. Erziehung der
Jugend auch in diesem Punkte ihre Mib.siun in der rechten
Weise erfüllt hat, wird dieses iiedenken ja von selbst weg-
fallen. Wie weit der staatliche Anteil an der Pflei^^e solcher
Cieseiligkeil gehen soll, ist leicht darau.s ersichilicli, dafs ich
das öffentliche Festleben an die Spiele der Jugend anzu-
schliefsen vorschlug — diese aber sind ja ein Bestandteil
des öffentlichen, staatlichen Erziehungswesens: den Leitern
dieser Spiele, also öffentlichen, staatlichen Beamten, wird
auch, vielleicht im Verein mit und unter Beihilfe von anderen
öffentlichen Persönlichkeiten, die lAitung der darauf folgen-
den Festlichkeiten obliegen. Im übrigen steht auch liier der
i'rivatthätigkeit ein weites I'eld offen.
Dafs durch alle die.se Miifsnahmen und Bemühungen
ein Zustand, der gar nichts mehr zu wünschen übrig Heise,
hergestellt werden würde, einer solchen optimistischen Hoff-
nung gebe ich mich selbstverständlich nicht hin; aber dafs
bessere und gesündere Wrhältuisse als die jetzt l)estehenden
dadurch herbeigeführt werden k(')nnen, d:nnu hin ich übcr-
zeui^t. Rohe (lesellen, die jedem edleren iyebeusgenusse
.iblk»)(l sind nuei nur au wüsten Trinkgelagen und anderen
Au.sschweitungen Cietallen lintlen, wird es vermutlich immer
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g^eben, solanqrc die alte Erde steht. Es werden niemals alle
Menschen ein gleich empfängliches Gemüt fiir das Knnst-
schöne besitzen; immer wird es mehr oder weniger fein
organisierte, stets wird es neben durch und durch ästhetischen
auch solche Naturen eeben, denen so gut wie jeder künst-
lerische Geschmack abgeht Aber soweit erzieherische, au!
alle Altersklassen gerichtete Bestrebungen vermögen, die
Zahl der feinfühligeren Naturen zu vermehren, mufs alles
gethan werden, um dieses Resultat zu erzielen. Als nnfiher-
stei gliche Schranke darf nur die spezifische Beanlagung au-
gesehen werden.
Das soeben ( resagte gilt auch für diejenigen Bestrebungen,
welche die religiöse und moralische Belehrung des Volkes
zum Zwecke haben. Welche Mafsnahmen sollen nun aber
in dieser Beziehung überhaupt getroffen werden? Hören wir
zunächst wieder Smiths Ansicht darüber. Nach dem schon,
ziemlich am Reginn dieses Kapitels, (icsagten, kann es uns
nicht wniulern, wenn er hier als Lehrer \'olkcs mir die
( leistlieheii im Auge hat. Aber es ist bemerkenswert, dafs
unser Philosoph mit voller Entschiedenheit sieli gegen einen
selbständigen, mit Zwaugsgewalt ausgerüsteten Kirclienorga-
nismus nach dem Muster der katholischen Kirche wie auch
gegen jegliche Einmischung der weltlichen Machthaber in
religiöse Dinge, gegen die Einrichtung von Staatskirchen,
wie sie die Reformation im (^icfolge hatte, wendet Vielmehr
hält er es für wünschenswert, dafs es eine grofse Menge von
religiö.sen Sekten gebe, und dafs es jedem freistehe, sich seine
Religion und denii^emäfs seinen Prie.su i nach eigenem Be-
lieben zu wählen. (Weaith S. 355). Ja, er ist geneigt, es
als einen idealen Zustand anzusehen, wenn jede Gemeinde eine
kleine Sekte für sich bildete. Schlimme Polgen, meint er,
könnten solche Verhältnisse nicht haben; nur da sei »der
rührige und interessierte Eifer« von Rehgionslehrern gefähr-
lich und störend, wo es entweder eine geduldete Sekte im
Volke giebt, oder wo das ganze Volk in zwq'i oder drei grofse
Sekten zerfällt, deren Prediger unter fester Zucht tuid T 'nter-
ordnnng stehen. V^ollkonnnen unschädliclr , fährt er fort,
*mufs aber dieser Eifer sein, .wo das \'olk in zwei- oder drei-
hundert oder gar in viele tausend kleine Sekten zerfallt,
deren keine grofs genug wäre, um die öffentliche Ruhe zu
stören. Die Prediger jeder Sekte würden, da sie sich auf
allen Seiten von mehr Feinden als Freunden umringt sehen,
sich notwendig jener Redlichkeit und Mäfsignng beflcifsigen
müsst-n, die man so selten unter den Predigern der grofs :n Reli-
gions-Ciemiinseliaften findet fWealth S. I^r hofft von
einem solchen Znstande aber noch mehr gute Wnkungen.
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Er meint, auf diese Weise würde auch in religiösen Dingen
eine Art Konkurrenzkampf entV)rcTinc!i, der drizn ftiliren würde,
die religiösen Anschauungen imnicr iiulir /u Ifiutcin und
schliefslicli eine reine Vernunft-Religion lier/.ustclkn. Kv sagt
nämlich (cht-ndas.): Die Prediger jener kkincu Sekten wür-
den, da sie fast ganz allein ständen, genötigt sein, die Pre-
diger fast jeder anderen Sekfe zu respektieren, und die Kon-
zessionen, die sie im eigenen Interesse einander machen
müfsten, konnten mit der Zeit zu der reinen und vernünf-
tigen, von jeder Beimischung von Albernheit, Betrng und
Fanatismus freien Religion fülircn, wir sie m allen Zeiten
der Mensclilieil weise Männer hergestellt zu sehen wünschten.
Eine bedeutsame Stelle, welche zeigt, dafs Smith im Grunde
seines llcr/ens ein echter Rationalist war, was aus seinen
sonstigen auf die Religion bezugnehmenden Bemerkungen
nicht ohne weiteres ersichtlich ist Nehmen wir dieselben hin-
zu, so finden wir, dafs er allerdings ein Rationalist im Sinne
seiner Zeit war: von dem r,lai;1>en an einen personlichen
(r -tt um] eine individuelle Unsterblichkeit hat er sich nicht
frei geniaclit.
Auf einen uns .\h)dernen gewifs selir sympatliischeu Oe-
danken mufs ich im Anschlufs hieran noch hinweisen. Icli
habe schon früher erwähnt, dafs Smith, um das Studium det
Wissenschaft und Philosophie möglichst allgemein zu machen,
Prüfungen in allgemeiner Bildung (>:in den höheren und
schwierigeren Wissenschaften ) für alle diejenigen eingeführt
zu wissen wünscht, welche sich um irgend ein höheres öffent-
liches Amt zu bewerben beabsichtigen. Da er ausdrücklich
sagt, dafs ein solches Verfaliren anLserordentlich wirksam sei,
um jeglicher Art x im I'^inatisuius und Aherglanhen zu steuern,
dafs, wo die höheren »Stände des Volkes dagegen gesieliert
seien, auch die niederen ihm gar nicht arg ausgesetzt sein
können (Wealth S. 357), ist wohl als seine Meinung anzu-
nehmen, dafs auch die künftigen Geistlichen einer solchen
Prüfung sich unterzielien s(dlen. Demnach würde der Staat
doch nicht oline jeden Kinflufs auf d'\*^ religiös-sittliche Volks-
erziehung sein. .\uch insofern verlangt er von der Regierung
noch Kinmischung in die reli,L;ii"'seu Angelegenheiten, als er
ihr das Recht zu.sprichl, die \ erschiedeuen einzelnen vSekteu
zu zwingen, einander unbehelligt zu lassen. (Wealth S. 356).
Aus allen diesen Ausführungen ergiebt sich ganz von
selbst, dafs von einem R angunterschiede unter den (rcist-
lichen keine Rede sein kann ; ich nuichie aber doch noch
ganz besonders auf diesen Punkt autinerksam Tuachen, den
Smith wiederholt hervorhebt. Xatürlich werden unter solclicn
Verhältnissen auch die Cieliälter der Cieistliciien ziendich
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rS8 Dr* i^ul Benr^miiRn.
j^leich )4i'(>ls sein und niemals ein gewisses Mittelniafs ül)er-
steij^en ein Tinstand, dem unser Philosoph eine <j;r<)l"se I*)e-
dciUun;;» l>eilegt. Ki sagl ^Wealth S. 364): Wenn die geist-
lichen Stellen alle ssiomlich gleich dotiert sind, so kann keine
sehr grofs sein, und dieses Mittelmafs, obwohl es zu weit
getrieben sein kann, hat doch sehr gute Folgen. Nur eine
untadelhafte moralische Lebensführung kann alsdann einem
solchen Manne von schmalem ftinkommen Würde verK ilif n.
Die Laster des Leichtsinns und der ICitelkeit machen ilui
l'u-lierlich und sind überdies für ihn fast so verderblich, wie
für die gewöhnlichen Leute. Der (leistliche ist bei einem
geringen Kinkommen zu demjenigen Lebenswandel genötigt,
den die niederen Stande am meisten achten. Er gewinnt also
ihre Achtung und Liebe durch den Lebenswandel, den sein
Interesse und seine Lage ihm vorschreiben. Die niederen
Stände sehen auf ihn mit der Freundlichkeit, mit der wir
jemanden zu betrachten pflegen, der sich nnj^efrihr in unserer
Lage befindet, und der uns doch für höher gestellt gilt, ihre
Freundschaft ruft natürlich die seinige hervor, ]^r bemüht
sich (infolge dessen» um ihre Unterweisung und ihut alles,
um ihnen beizustehen und zu helfen. Er verachtet selbst die
Vorurteile der Leute nicht, die gegen ihn so günstig gesinnt
sind, und behandelt sie niemals mit der Geringschätzung und
Anmafsung, der man so oft bei den hochmütigen Würden-
trägern reicher und wohldotierter Kirchen begegnet. Fest-
haltend an seiner uns schon bekannten Überzeugung, dafs
teste Gehälter aus irgend welchen öffentlichen T^>n(ls zumeist
keine günstige Wirkung ausüben, wünscht er. dals der Geist-
lichen Hinkommen in den freiwilligen Beiträgen ihrer Zu-
hörer < bestehen solle (Wealth S. 35^).
Dafs die religiösen und moralischen Belehrungen des
Volkes ebenso wie die politischen und wissenschaftlichen
einen durchaus privaten Charakter an sich tragen sollen,
habe ich schon vorher hervorgehoben. In dieser HeHeliung
stimme ich ganz mit iSmith überein. Wie er, sage auch ich
weiterhin: nur in&olcrn kann die staatliclic luninischung
hier in Betracht kommen, als der Staat darüber zu wachen
hat, dafs die einzelnen Religtons-Gemeinschaften einander
auf keinerlei Wei.se anfeinden. Und wie er, bin auch ich
der Ansicht, dafs der Staat das Recht haben mufs, nur solche
Personen als die religiösen und moralischen Lehrer und
Führer des \'olkes anzuerkennen, welche sich darüber aus-
weisen k'Miiien, dafs sie eine vielseitige, dem jeweiligen K.ul-
lur.standpnnkte entsprechende allgemeine Bildung und zwar,
wie ich genauer j>räzisieren möchte, philosophische, historische
und naturwissenschaftliche Bildung besitzen, und, füge ich
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hinzn, deren Charakter ein makelloser ist Der Staat mtifs,
mit einem Worte, der Hüter religiöser Freiheit, Aulkläning,
Toleranz und religiösen Friedens sein. Mehr Recht aber
darf er sich bezüglich der religiösen Angelegenheiten nicht
anmafsen; nie darf er sich in die inneren Ani^e1e<jfenheiten
der verschiedenen Religi()]is-( icnieinscliaftcn mische n - eine
öffentliche, staatliche KnUusj>fk\ij^e ist durchaus überiliissi;^.
Aber vor alicni duii die Politik nie die Religion zu flilte
nifen, um sich ihrer als einer Polizeimafsregel zw bedienen;
und nie darf die Regierung die eine Lehre mehr begünstigen
als die andere. Wollte man aber sagen, dafs ich, auf
einem solchen Standpunkte stehend, den Staat zum mindesten
nicht als (Uu Hüter der rcli'jiösen Auflärnng hinstellen
dürfte, so nn'ichtc ich darauf hinweisen, dafs wir heut'/utage
vom Staate eine unmittelbare Sorgfalt für das Wohlbetinden
der lUirger verlangen. Zum Wohlbefinden gehört aber auch,
dafs der religiöse Olaubc mit der jeweiligen empirischen
Weltkenntnis harmoniere. Bin - hier vorhandener Zwiespalt
hält den Mensehen in einer fortwährenden spektischen Schwebe,
beeinträchtigt also die Ruhe des Gemütes und somit das
gesamte Wohlbefinden sehr wesentlich.
Vit-neicht ist es jedoch ein f^rofser Irrtum, wenn ich
bchauplt. dals der Staat sich uiclit in religiöse Angelegen-
heiten mischen darf, dafs er, um es noch deutlicher auszu-
spreclien, uui dem lioden völliger Parität und Konfesüions-
losigkeit stehen nmh. Vielleicht trifft doch der bekannte,
dereinst (im Jahre 1555) aufgestellte Gnmdsatz „ejus regio,
cuius religio'^ das Richtige. Ich glaube nicht. Der Staat i.st^
wie gesagt, (Tcsellschaft-seinheit und daher weiterhin Besitz-,
Rechts- und Hildungs-ncmeinschaft. lusolern er das letztere
ist und insofern die religiöse Pildunj^ ein unveräufserlicher
Ik'slandieil der allgemein humanen Bildung ist, hat er, wie
wir gesehen haben, dafür zu sorgen, dafs der Schulunterricht
die allgetnein-nienschlichen Grundlagen religiöser Weltan-
.schauung berücksichtige. Deshalb kann ich auch nicht so
weit wie Ziegler gehen, welcher sagt dafs der Staat sich
auf den Boden der Religionslosigkeit stellen müsse. .Aber
das (^rleidet heute gar keinen Zweifel mehr, dafs die Zuge-
hörigkeit der cinzehien Slaatsbürq-cr zu dieser oder jener
bestimm te il (ilaubensgemeinschalt durchaus Sache der freien,
individuellen Überzeugung ist. Darüber, in welcher (Glaubens-
gemeinschaft der Knizelne Befriedigung seiner religiösen
Bedürfnisse finden kann, vermag ja niemand aufser ihm
selbst zu entscheiden. Ein diesbezügliches Eingreifen des
Religion und Religionen. Stuttgart 1893. S. 100.
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l>r. Paul BfTtfrtnRnn.
Staates weisen wir als eine gänzlich ungerechtfertigte Tyrannei,
als (jCwissens/Avang- ab. Und zwar wollen wir nicht blofs
von einem direkten Zwaiiq-e nichts wissen, sondern wir ver-
werfen ancli jeden indirekten Druck: wir verlanj^en, dals der
Staat sämtliche bürj^erlichcn Rechte seiner Anj^^ehörigen
vom religiösen Bekenntnisse vollständig nnabhängig halte.
Der Staat ist nach unserer heutigen Anschauung nicht
Glaubensgemeinschaft — die Aufrechterhaltnng eines Staats-
kirchentums erscheint uns als unvereinbar mit dem Begriffe
des modernen Staates.
Wie Smith bin anch ich weiterhin der Meininicf, dafs es
von j>;re>lseni \'orteile w-äre, wenn es in demselben Staate eine
grofse Menge kleiner. selbständii»-er, von einander unabhäng i ger
Religions-Genieinsehailcn gäbe, statt zweier oder dreier
Kirchen. Die grofsen Kirdiengenieinschaften erfordern einen
komplizierten Verwaltungs-Apparat^ eine straffe Organisation,
ein wohl diszipliniertes, nach Rani^abstufungen gegliedertes
Priesterheer. vSie müssen femer mit einer gewissen Zwangs-
gewalt ans^erüstet sein, nm alle die vielen, individnell so
verschiedenen Kiemente /nsammenhalten zn können. So bilden
sie gleichsam Staaten im Staate. Die Machtbefngnisse, mit
denen sie, wie gesagt, notwendigerweise ansgerüstet sein
müssen, verführen sie znr Überschreitung der ihrer Wirksam-
keit gesetzten Grenzen, erzeugen in ihren Dienern das Laster
der Herrschsucht Die Folge davon ist nicht nur, dafs sie
sich gegenseitig befehden und so die öffentliche Ruhe stören,
sondern, dafs sie alle auch auf die Regierung Kinflufs zu ge-
winnen versnche^n und sich in die politischen Angelegen-
heilen einniisehen, um ihre Maclusphärcu zn vergröfsern.
Indem sie so die religiösen mit poliiiselicn Interessen ver-
mischen, führen sie eine totale Spaltung des Volkes in ein
.paar grofse Parteien herbei und gefährden den Bestand des
Staates. Wollte man aber nun auch annehmen und hoffen,
dafs in Zukunft die leitenden kirchlichen Kreise einer weisen
Mäfsigung sich befleifsigen werden, so macht sich gegen
solche grofse religiöse Wi1)ände noch ein anderes Hedeukt n
geltend. Dieselben k(")nneu «nicht ^cnng Rücksicht auf das
individuelle rehgiöse I>edürfnis nehmen. Dafs die gegen-
wärtig bestehenden Kirchen mit ihrem in leblosen i ornieln
erstarrten Dogmenkram dasselbe so gut wie überhaupt gar
nicht befriedigen, ist eine Thatsache, hinsichtlich welcher
man sich wohl kaum einer Täuschung hingeben kann. Eine
von diesen selbst ausgehende Wandlung zum besseren scheint
') Ich ziehe diese Bezeichnnn^ dem von Smith gebrauchten Aus-
drucke Sekte vor, weil nach der ^äfcwdhnlichcn Auffassung dem-
S(;ibeu ein gewisses Udium anhaftet.
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Aiam Bmitkt i»Idag«flKoh« AB>iebt«ii und Krltilt demlb««.
191
mir aber, soweit ich die Verhältnisse beurteilen kann, ^anss
ausgeschlossen zusein. Nehmen wir jedoch an, dafs sie unter
dem Zwange des Zeitgeistes sich endlich zu einer gründlichen
Reform verstellen, wird dann die Snclilaq^e betreffs jenes
Punktes Befriedigung der individuellen religiösen Bedürf-
nisse - eine günsligere? Ich glaube nicht Nirgends treten
bei reifen, denkenden Mtn.schen die individuellen Verschie-
denheiten schroffer hervor als da, wo es sich um die reli-
giösen Gefühle und Vorstellungen und die ihnen adäquaten
symbolischen Funnen handelt Eine Einigung in dieser Be-
Ziehung lälst sich nur auf dem Wege des unmittelbaren
Meinungsa!istauscbes erj^ielcn. Kin solcher ist aber immer
nur in einem kleinen Kreise möglich. Darum also, im In-
teresse angemessener religiöser Ikdürfnis-Befriedigung bin
ich mit Smith ganz einverstanden, dafs an die Steile einiger
weniger grofsen Religions-Genteinschaften eine grofse Menge
kleiner treten sollten.^) Ich bin fest davon überzeugt, dafs
das religiöse Leben alsdann, befreit von jedem kirchen-regi-
mentlichen, das Ganze bureaukratisch regierenden und
nivellierenden Oeiste, sich auf das herrlichste entfalten würde.
Freilich ist noch die hVai^e /n beantworten, wie wir die
Erreichung dieses Zieles anbahnen sollen. Dafs wir von
unseren Kirchen auf kein Kntgegenkommen dabei zu rechnen
haben, das ist wohl ganz zweifellos. Eine darauf gerichtete
Bewegung müLste eben von dem Volke ausgehen, um den
Erfolg ist mir nicht bange. Auch könnte man sofort einen
guten .Anfang machen, wenn alle diejenigen — und die Zahl
derselbe:, ist wahrlich nicht gering — welche nur noch
nominell dieser oder jener Kirche angehören, wirklich die
letzte Konsequenz ihres Standpunktes ziehen, auch formell
aus dem kirclilicln 11 \'erbaude aiisscheiden und je nach ihren
religiösen Überzeuj^ungen sich zu neuen kleinen Religions-
Gemeinschaften zusammenschliefsen wollten. Nur ein wenig
Mut gehört dazu — sollte dieser wirklich bei uns eine so
seltene Ware geworden sein, wie uns viele glauben machen
wollen? Sollte uns die knechtische Rücksichtnahme auf diesen
oder jenen äufseren Vorteil wirklich so sehr zur anderen
Natur geworden sein, dals wir darum ideelle Güter gering
achten nnd immer tiefer iu dem Sumpfe der Heuchelei ver-
sinken wollen?
Wie steht es aber endlich noch um die moralische Volks-
erziehung? Dafs ich nicht mit der Ansicht Smiths einver-
M .Ahnhche Zustände finden wir hcutzutaj^e hertits in Nord-
.'\nicrika. Diejenijjcn (etwa die Angehörigen einer Stadt), deren An-
schauunj^en ein ( »eisthcher genehm ist, scharen sich um diesen, und
so bildet sich eine Gemeinde.
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Dr. Sfa»l D^vemiinB.
Stauden bin, dafs dieselbe b 1 o fs im Anschlüsse an die reliß^iöse
auftreten solle, habe ich schon oben angedeutet. Allerdings
mochte anch ich, wie ans meine:! bislierij^^en Ansführnno^en
hervorsteht, in denen ich ja an iiianclien Sulleii von den
religiösen nnd moralischen Volksci /iehern spiaeli, eine Ver-
bindung von Religion und Moral nichl enLl)eliren. Aber gegen
eine allzu enge Verschlingung 'von Religion und Moral
sprechen anderseits doch mancherlei Bedenken*) — sofern
man z. R. an der Persönlichkeit Gottes und einem indivi-
duellen Fortleben nach dem Tode festhält: die Moral-Gebote
erscheinen dann als heterononie, das Thun dc> (hiten er-
scheint durch das Seligkeitsinteresse motiviert. Und dafs
derartige religiöse X'nrstellnngen in der Zukunft gänzlich
verschwinden werden, wird man doch auch nicht annehmen
können - für die nächste Zukunft ganz gewifs nicht. Auch
wird es immer Menschen von ntir geringem religiösen Interesse
und solche geben, welche trotz lebhaften religiösen Interesses
nicht das Hedürfnis haben, mit anderen in eine religiöse Ge-
meinschaft zu treten. lU i so beanlagten Naturen können
aber rein morrdisclie l'c U ln nngen sehr wohl .\nklmiq finden.
Und (lals solche nicht möglich seien, dafs Moral ohne Religion
ein l'uding sei, wird man doch nicht im Kruste behaupten
wollen : dafs es eine rein weltliche Moral gicbt, ist ja eine
unbestreitbare Thatsache der Erfahrung. Daher fordere ich
aufser den mit den religiösen verbundenen auch noch unab-
hängige moralische Belehrungen für das Volk.
S c h 1 u fs.
Nachdem wir nunmehr Smiths pädagogische An.sichten
in ihrer Totalität kennen gelenit haben^ wird es angebracht
sein, trotz der gleich bei ihrer Hes])rechung gelieferten Sonder-
kritiken ein zusannnenfassendes Schlufsurteil ül)er dieselben
abzugeben. ICin solches ist freilicli nicht m(')<»lich, 'Imc dafs
ich .seine in der Politik niedergelegten Ansrhrmiingen hiei
mit berücksichtige; demi vSmith hat ja das »likutliche Kr-
zicluingswcsen in enger Verl)iutlung mit den politischen
Problemen abgehandelt
Bs ist nun ganz unzweifelhaft, dafs Smith in seiner
Staatslehre noch weit mehr als in der Ökonomik nach
eineiii mittleren vStandpiuikt strebt, was die Auffassung
der dem Staate obliegenden Pflichten betrifft. In .seiner
Wirtschaftslehre huldigt er ziemlich stark dem physiokra-
') Vgl. auch Zieglcr. Rdiin^in und .Religionen S. 65 ff., beson-
ders S. 70 ff.
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^93
tischen Grundsatze des Jamer aüer d Untser jxisscr", will er
nicht viel von einer staatliclien Einmischung und Regulierung
wissen. In seiner Politik jedoch vcrlanq^t er vom Staate
mancherlei Fürsorge sowohl mit Hezu«,»^ auf die niaterielltti
als auch hcson<k:rs auf die t^^eistigeti lutcrtsscii der Hür<4^cM.
Und wenn wir heutzutage auch noch bei weitem mehr vom
Staate erwarten^ eine weit intensivere positive Wohlfahrts-
und Wirtschafts-Pflege, eine weit energischere Fördening
aller auf die Volksveredelung gerichteten Bestrebungen,
so können wir doch der Smithschen Staatslehre unsere Sym-
pathie ni<"1i* versacfcn und sind gern bereit, die in dieser
nn Verhaltins zur ( )kon()iiiik oline Zweifel zu Tat^e tretenden
Inkonsequenzen liebenswürdig zu finden. Das liild des
lebendigen und geistesniächtigen, auf Schulzwaiig und all-
gemeine Wehrpflicht gegründeten Kulturstaates, das Smith
vor unseren Blicken entrollt, ist es namentlich, das uns un-
widerstehlich anzieht und fesselt
Und nun: welches Schlufsurteil sollen wir über un.seres
Philosophen pädagogische Ansichten fällen? Ich habe vielerlei
daran auszu.setzen gehabt, besonders an seinen schnlorgani-
sati»ri.schen \'orschlägen. Ich fand, dafs er oft nicht weit
genug mit seim n Forderungen gehe. Aber dies alles erklärt
sich eben, wie ich auch immer gleich andeutete, aus seinem
Standpunkte, und dieser ist ja wieder durch den damaligeu
Zeitgeist bedingt Gewifs ist Smith demselben gerade in
seiner Politik oft vorausgeeilt, ganz seinem Binflufse konnte
er aber auch hier sich nicht entziehen — das h:ltle auch
kein anderer, noch grosserer (ieist vermocht, l nd wenn
man bedenkt, wie sehr unser Philosoph in seiner Ökonomik
unter dessen Herrschaft steht, so ist es in hohem (iiade zu
bewundern, dafs er in der Politik sich .so weit von ihr frei-
gemacht hat Die in der Staatslehre vorhandene höhere
Auffassung der staatlichen Aufgaben ist jedenfalls seinen
pädagogischen Theorien sehr zu Gute gekommen, und diesen
günstigen Eindruck kann der Umstand, dafs die in seiner
Volkswirtschaftslehre sich findeiule engere und niedere Auf-
fassung und manches von dort herübergeholte, als extrem
iKTeits gekennzeichnete Prinzi]), wie das der durchaus freien
Konkurrenz, ihn bisweilen auf halbem Wege halt maciien
lassen, wohl beeinträchtigen, aber nicht verwischen.
Der enge Zusammenhang zwischen seinen pädagogischen
Ansichten einer- und seiner Politik und Ökonomik anderer-
seits, der mich bewog, eine ziemlich ausführliche Darstellung
dieser der Darlegung jener voranzuschicken,') bedarf keiner
') Vffl. die diese Dar.stellunji cntlialtendc Hroschürc. welche jjleich-
zeiti^j mit der Herausgabe d i . erliegenden Arbeit in den P.äda-
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t>r. Piiul B«>rKein«iHb
weiteren Rrörtenuig. Dafs Smith der Ethik bei der Kr-
/fichimj^ eitu* entscheidet! de Rolle ztnveist, ist ebenfalls ans
meinen Ansfiihrnn.^cn wohl dcnllicli liervor^eg;anjT^en. l)oeli
gestatte ich niii darüber hier noch ein knrzes Wort, weil
dieser Znsammenhang allerdings nicht so klar in die An^^en
sjnin^t wie jener andere. Durch die Erziehung soll der
Mensch tugendhaft und kenntnisreich werden, damit er selbst
in dieser wie in jener Welt glücklich werde nnd das (]luck
seiner Mitmenschen anf Ivrden befördern nnd ihnen nützen
kann. Der Mensch soll dnrch die Kr/ichnnj; ein nützliches
nnd wohlwollendes (waruK- S\ni])alhiL' für den Nächsten
fühlendes) Cilied der nienschliclien ( Ksellschaft, knrz: ein
gnter Staats- nnd Weltbürger, und dereinst ein Erl>e elcs
Himmelreiches werden. Und dieser Zielstellung entsprechen
alle die von ihm vorgeschlagenen erzieherischen Mafsnahmen.
Freilich erscheint mir, der ich den Eudämonismus (die endä-
monologische Betrachtnn i^sw eise) zwar nicht als unberechtigt
nnd keineswegs als entbelirlich \ erwerfe, wohl aber zur (le-
winnunn" eines obersten Mcnal-Priuzijies nntanglich finde (es
ist mir von untergeordneter Uedentnng), ') das anq-egebene
Erziehnngs-Ziel nicht weit genug, oder zum mindesten ver-
binde ich doch mit demselben einen etwas anderen Sinn, als
der isty den es nach Smiths ethischer Anschauung haben niuls.
Auf einen Punkt möchte ich endlich noch hinweisen und
denselben besonders rühmend hervorheben: ich meine den
weiten Hlick, mit dem Smith das (ianze der Erziehnngs-
Arbeit n1)erschant. Kr zwänq-t dieselbe nicht in die eni^'^en
Grenzen des Hauses nnd der Schule ein, sondern er dehnt
sie anf das ganze Leben des Menschen ans. Darin sollten
iiiii die modernen Pädagogen sieh entschieden zum Vorbilde
nehmen. Doch ich fürchte, dafs diese Mahnung ungehort
verhallen wird; denn dieselben, namentlich diejenigen unter
ihnen, welche sich für die berufensten Träger der Erziehungs-
wissenschaft halten, die Anhänger der Herbart-Zilki scheu
Richtung, versinken innner tiefer in der methodischen Klein-
Arbeil und we rden dabei kurzsichtig; nnd kleinlich, so klein-
lich, dals sie jeden kleinsten neu i^cfmidenen Kunstj^riff der
Welt als eine groise Krrnngenschaii üeter Cieistesari>eit unter
lautem Trompetenschall verkünden.
Zum Schlüsse mochte ich noch mit einem Worte auf die Art
gogischen Zeit und Streitfragen im nämlichen Verlage wie diese
erech einen wird
V) Ich weise aui meine, aus aiukicii Aibcilcn bekannte L'nlcr-
scheidung zwischen dem Sittlichen im höheren odtr weiteren und
dem im niederen oder engeren Sinne hin: dieiiem kommt für jenes
die Stellung des Mittels zum Zwecke zu.
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'95
und Weise eitigelien, wie ich an Smiths pädagogischen Theorien
Kritik geübt habe. \'iLlleiclit macht man mir einen Vorwurf
flaratis, dafs ich die (irenzen, die einer historischen Kritik
j4 est eckt sind, weit überschritten habe; man wird saj^en, dafs
CS mindestens überllüssig gewesen sei, tlcn von Smith ge-
machten X'orschlägen andere weitergehende hinzuzufügen
oder entgegenzustellen. Hätte ich nur eine historische Skizze
zu geben beabsichtigt, so würden ohne Zweifel diese Vor-
würfe bereclitigt sein; aber dies war gar nicht mein
Wille: ich habe von vornherein darauf hingewiesen, dafs
ich so enge (rrenzen meiner Arbeit nicht stecken wolle.
Worauf es mir ankam, das war: eine produktive Kritik zu
liefern, und Smith st i1)>i war mir \'orbild bei diesem Unter-
nehmen. iMeilich halle icli daliei vor ihm einen grolsen Vor-
teil voraus: mehr als ein Jahrhundert liegt zwischen dem
Erscheinen seiner Werke nnd meiner Kritik, und die mannig-
fachen in diesem langen Zeiträume erschienenen Leistungen
erleichterten mein Beginnen. Ja, \ ielleicht ist man geneigt
zu sagen, dafs es eine leere Redensart sei, in solchem Falle
noch von produktiver Kritik zu sprechen. Oewifs, wenn es sich
mn eine vollständig abi^ethane Richtung, um nach dem all-
gemeinen Urteile gän/.Hch veraltete -Anschauungen handelt.
Das aber ist rücksichtlich derjenigen Adam Smiths eben nicht
der Fall. Und deshalb wollte ich das von ihm Gebotene
nicht blofs zum Gegenstande einer historischen Darstellung
und Kritik, sondern, soweit es mir dazu tauglich schien, zum
Ausgangspinikte und zur (irundlage weiterer Ausführungen
maclien. Daher war ich der Ansicht, dasselbe biete nicht
nur ( relegenheil, daran meinen kritiselien Witz zu erproben
luul \\ idersprüche heraus/ntinden, .sondern h'efere wohl noch
weiter wertvolles ßauuialerial, das ich nicht unbenül/l liegen
lassen wollte, eingedenk der Dichterworte:
Lcithl ist's. Widersprüche finden,
[st (lein Wit/. nicht all/u sticht.
Aliur eins ist nicht so leicht:
St> die (ilietler zu verbinden.
Dafft die Widerspräche schwinden
Und sich au.s da.s («anze gleicht
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TTmgestaltuixg des Lelirplaiies und
der Organisation der Yolksscliule
nacjb. den Forderungen der
Gegenwart.
Von Jok. Hrnmoheiilt in Crefeld.
(Schhus.i
Bevor wir zur nähercTi Ansfühning dieser »Sätze «feheii
können, müssen wir sehen, wie mm Orq^anisntion nnd Lehr-
plan anch ineinander g^reifen. Der Untcrriclit soll einen
znsanmienhängenden, festgeschlosscnen Gedankenkreis ci-
zengen, weil nur daraus die Gesinnung befruchtet werden
kann, nnd die Kenntnisse nur dann stets zum Gebrauch be-
reitstehen. Dieser Herbartsche Satz ist an sich gewifs
richtig, nur darf er nicht anf die Spitze getrieben werden.
Zum Zwecke der Einheit des Gedankenkreises ninfs im Lehr-
planc eine organische Verbindung innerhalb der einzelnen
Fäclier nnd der Fächer nnter sich vorgeselien werden. IWi
obiger Grnndlaf^e der Stoffwahl er£»-iebt sich diese Verbindung
leicht Aber auch die Organisation hat dazu mitzuwirken;
sie darf ivenigstens der Einheit nicht entgegenstehen. Es
wäre verkehrt zu glauben, dafs durch den Lehrplan allein
ein fest^eschlossener, innig verbundener Gedankenkreis, ans
dem Gefühl und Wille erwachsen, hervorgerufen werde. Der
Lelirplan ist nur eine änfserc Hilfe, die dem wirkenden
l-'nlrtnr der Einheit, dem Lehrer, den Weg ebenen muis; nur
dieser kann sie durch seine lei)endige Thälio^keit erzeugen.
Der Geist ist das komplizierteste Wesen; wenn seine
Bildung und Veredelung gelingen soll, so kann das nur durch
eine hodist mannigfaltige und doch wohlgeordnete Thätig-
keit erreicht werden. Schon die blofse Vemiittelung der
geistigen Nahrungsstoffe, der Anschauungen (Kenntnisse), .ist
eine schwierige Kunst. Aber damit ist die Arbeit des Lehrers
noch längst nicht gethan. Aus den Anschauungen sollen
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Vntgettaltune «l^* L*hrpl*ne» iin4 4*r OrfanlMlIon itt VotktMhiile «tr.
niedere imd höhere, vielseitig verbundene Begriffe entstehen;
es soll der Zusammenhang der Din.uc und Erscheinungen
in der Natur und der Menschenwelt erkannt werden; ans
den Anschaunngfen und Begrifft ti sollen Urteile und Schlüsse
sich erj^eben; knr/iun: die Kenntnisse sind in Krkriintnis.se,
die Ansichten in Hinsicht zu verwandeln, und zugleich soll
der Schüler sich die mancherlei Fertigkeiten nnd Geschick-
lichkeiten aneignen, die zur praktischen Verwendung erforder-
lich sind. Vor allem mufs er in und mit dieser Arbeit
lernen, selbstthätig seine Sinne und Fähigkeiten zu ge-
brauchen; aus dem Unmündigen soll in Wahrheit ein Mün-
diger werden
Das alles bildet jedoch erst einen Hniclitcil der Lebrerarbeit.
Es treten die viel feineren Aufi^aben der Cieniütsbildnnj^
einerseits und der Gesinnnni^s- und Cliarakterbildung ander-
seits hinzu, die in, mit und neben den vorgenannten Lehr-
thätigkeiten erfüllt sein wollen. Bei der Gemütsbildung
handelt es sich darum, dafs der Schüler Sinn und Geschmack
für alles Schöne nnd Lie1)liche in Natur nnd Menschenleben
erwerbe, herzliche Teilnahme an dem Wohl nnd Weh der
Mitmenschen gewinne, alles Gute, Edle und Heilige schätzen,
achten nnd lieben lerne und des i^n tili eben Adels seiner
Seele nnd ihres Ewi,i(keitsbernfs einit^edenk bleibe. Bei der
Gesinnungs- nnd Charakterbildung nuüs die Sorge des Er-
ziehers dahin gehen, dafs das sittlich-religiöse Erkennen mit
seinen entsprechenden Gefühlen nicht in blofsen Wünschen
und Vorsätzen stecken bleibe, sondern zu Willensentschlüssen,
festen Grundsätzen werde, wozu konsequente Gewöhnung,
sowohl die persönliche, als anch die durch feste Lebensord-
nnn^' Lfeleitete, in den Dienst genommen werden mnfs. Diese
allt^'^enienien Ziele wollen auf jeder Stufe bedacht sein; da/u
nmssen noch die verschiedenen Lehrgegenstände in Betracht
gezogen werden. Hieraus dürfte sich wohl zur (»enüge er-
geben, dafs nur durch die lebendige Thätigkeit des zielbe-
wufsten Lehrers die Einheit, richtige Verknüpnmg undBildmig
des Oedankenkreises erfolgen kann. Der Lehrplan mag noch
so geschickt die Stoffe zurechtlegen, in lebendig wirkende
Kräfte kann nur der J^ehrer sie verwandeln. Gewifs soll
die Hilfe des Lehrplans dabei nicht verkannt werden; aber
allein durch ihn, ohne die Einheit des I^elners, «^nebt es
keine Einheit des Gedankenkreises. Daher kann bei der
Arbeit des Lehrers jene Arbeitsteilung nicht Platz greifen,
welche die heutige Zeit fast auf auf allen Gebieten anstrebt;
mit anderen Worten : es darf kein Fachunterricht stattfinden.
Sämtliche formalen nnd sachlichen Fächer müssen in der-
selben Hand sich befinden.
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Jota» Hom»rhrlrit,
Aber noch weiter mufs die Einheit des Lehrenden gehen.
Die Mannigfaltigkeit der Aufgaben erzeugt bei den Lehrern
Mannigfaltigkeit der Ansichten, die alle gnt sein können,
wenn sie konsequent durch i^efnlirt werden; sie werden aber
vom Übel, wenn sie in jedem Jahre bei der Heliaudiung des
Kindes wechseln. Dalicr rührt bei den vielklassigen Sclinl-
systenien, an denen ein jährlicher Wechsel der Lehrer und
Klassen besteht» die grofse Schwierigkeit, die Einheit der
Arbeit herzustellen. Denn mögen die allgemeinen Grund-
sätze noch so genau fest b estellt, noch so oft in Erinnennig
gebracht, mag ihre Ausfühimig noch so sehr uberwacht
werden, sie erhalten doch bei jedem Lehrer ein anderes
^icpräj^e und nehmen in ihrer Anwenihmi; eine sub-
jektive Ciesiallung an. Noch gröfser wird die ^Schwierigkeit
die Hinlieit der Schularbeit zu wahren, wenn wir auf die
Metliode sehen, da auch diese sich nach der Individualität
jedes Lehrers stets anders jgfestaltet Für die Einheit der
Arbeit ist es femer notwendig, dals in den äufseren Formen
des Unterrichts, in Terminologie und Zeichen, Überein-
stimmung herrscht und sowohl im äufseren Schulleben, als
besonders auc h in der Oewöhnnnq und dem Beispiel Stt'ti'sj^-
keit vorhanden ist Relativ vollkommen wird also die l'.in-
heit ntir, wenn derselbe Lehrer alle Fächer nicht mir eine
kurze Zeit, sondern die ganze »Schulzeit hindurch erleill, die
Kinder also durchführt
Allein nicht nur die Einheit des Stoffes und des Lehrers,
sondern auch die der Schüler mufs gewahrt bleiben, das
heifst, die Schüler müssen wenii^stens annähernd auf der
gleichen oeictirren Kntwickehm<^sstule stehen, damit derselbe
Ihiterrichl und dieselben er/ieliUchen Mafsnahnien im allge-
meinen für alle passen, damit el)eH Klassen- und nicht Hinzel-
unterricht stattfindet. Deshalb ist es am zweckmälsigsteu,
die Kinder nach Jahrgängen gesondert zu unterrichten. Das
Vereinigen zweier Jahrgänge oder Abteilungen beim Unter-
richt kann nur als Notbehelf bezeichnet werden, da für die
eine Abteilung das nicht [Kissen kann, was der anderen ent-
spricht. Zudem mufs der Lehrer sich ganz hineinversenken
in die Oeistcs- und ( icdankenwelt seiner Schüler; hat er
verschiedene Stuten uder Abteilungen, so hat er zu florseiben
Zeit sich auch den verschiedenen geistigen Stufen anzu-
passen, und es wird schwer fallen, dies so vollkommen zu
erreichen, wie es bei der Unterweisung einer Stufe uiüg-
lieh ist Somit ergiebt sich als die beste Einrichtung, um
in Unterricht und Erziehung Einheit zu erzielen: Jeder
I^ehrer unterrichtet nur einen Jahrgang; er er-
teilt allen Unterricht die technischen Fächer vieU
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leicht ausf;^cn<»innieii in seiner Ktasse selbst und
führt die Klasse bis zum Schlüsse der Schulzeit
durch.
Da (Wv vScliiilzeit aclit Jahre dauert, würtle also die acht-
k!as>ijre Schule sich als div l)cste und ualürlichste Orj^anisaliou
inbctreff der Zahl der Klassen einer Schule ergeben. Die
Anzahl der Klassen über diese Zahl hinaus zu vermehren,
wäre durch pädaj^ogische Gründe schwer zu rechfertigen,
man nuirste denn der Trennung der Geschlechter oder einer
zweimaligen .\ufnahme das Wort reden. Aber auch unter
diesen rniständen empfiehlt es sich, nur je acht Kla.s.sen
unter eine Iveitun^j; zu stellen. Zu (runstrn der j^rcf^eii
Schidkasernen läfst .sich nur die Zusaninieuj^eiiörij^keit tles
Sclmlbe/irks und der Kostenpunkt anlühren; das Leben in
denselben aber wird entweder eine vollständige Anarchie
oder der reine ßüreaukratismus werden; die Mittelstraüse
ist schwer innezuhalten, jene beiden aber sind der Ruin
aller Erziehung. Leider werden andererseits die land-
schaftlichen Verhältnisse oft stärker sein als die päda-
go<rischen Forderungen, .so dais sie die Zahl der Klassen
aul ilein Lande und in den kleiuereu Städten unter acht
herunterdrücken.
Wir haben bisher rein theoretisch geiulgert. Allein die
Lehrmeisterin Erfahrung sagt^ dafs in Wirklichkeit nicht alle
Lehrer so vollkommen sind^ wie die obige Theorie zur
Voraussetzung hat. Kin Charakter bildet sich erst im Strome
1 r Zeit; wohin daher mit den Anfängern im Lehramte?
J^ei manchem haben die Lebensverhältni.s.se die Hildung einer
echten Persr)ul ich keil überhaupt unniöurlich «gemacht, so dafs
bei der vor^e^eblaj^ciien Kinrichtuui: durcli einen solchen
Erzieher geradezu ein nachteiliger LiulluLs hervorgerufen
würde, ^lancher Lehrer eignet sich aufserdem für eine be-
stimmte Stufe nicht mehr. Es ist daher notwendig, dafs
die Lehrer ihrer Beschaffenheit und Fähigkeit nach ver«
wendet werden. Daher wird /uw eilen ein Wechsel der Klassen
nicht zu umgehen sein; manche Lehrer werden die Klassen
ganz durchführen, manche nur eini*^e Jahre, einige nur ein
Jahr. Macht die Lehri>er.sönlichkeit diesen Wechsel zur
Pflichl, .so litj^L er am besten in der Mitte, im \ ierten Schul-
jahre, die drei ersten Schuljahre müssen durchgeführt wer-
den und auch die drei letzten.
Ferner kann unmöglich jeder neue Lehrer von neuen:
anfangen, sich das Pensum und die erziehlichen Mafsnahmen
an der Schule zurecht zu legen, die Erfahrungen der alten
Kollegen müssen ihm zugute konnnen. Daher ist der Lehr
plan nicht nur im allgemeinen für den Bezirk festzusetzen,
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200 'Olk HoNincbridt.
sondern auch jedes Sclnils\ stcni nnifs die individuelle Aus-
prägung desselben gemeinsam festlegen. Dem einzelnen
Lehrer Meibl dann die Wahl der einzelnen Ohiekte und
s])cziellen cr/icliliehen Mafsnahmen, und auch hicrhei wird
der gemeiusame Rat des Kollegiums eher das Ri einig t- treffen
als der einzelne Lehrer.
Endlich giebt es noch einen anderen Umstand, der einen
gewissen Rüreaiikratismus im Schulwesen notwendig inachL
Wir sind nämlich noch von einer Voraussetzung ausgegangen,
die in Wirkliclikt-it auch durchaus nicht überall existiert, dals
nämlich die Kinder während der ganzen Schulzeit derselben
Schule \ erbleiben. Wer das Leben in unseren Industrie- und
Orol'sstädten kennt, weifs, dafs kaum 50 Prozent acht Jahre
lang dieselbe Schule besnchen, und die Entwickelung unserer
wirtschaftlichen Verhältnisse verspricht in dieser Beziehnng
keine Bessenmg, sondern eher enie Verschlechtening. Bei
den patriarchalischen Verhältnissen vieler Landgemeinden
und auch der Städte früherer Zeit war das anders. Aber
mit den veränderten Verhältnissen ist zu rechnen, und zwar
sind sie ein Faktor, der ausschlaj^gebend ist. Die Verhält-
nisse sind stärker als die Men.schen. Die vSchule kann den
Fortschritt nicht aufhalten, mufs sich vielmehr ihm anpassen
und durch einheitliche Leitung, allgemeine Pestsetzung der
Grundprinzipien der Lehrthatigkeit und des Lernstoffes, nnd
zw^ar in immer engeren Grenzen, die Einheit zu erzielen
suchen. Wo nur ein Lehrer in derCremeindc wirkt, da möge
ihm Freiheit gelassen werden. Wo aber acht und mehr vor-
handen sind, sollte es da nicht besser sein, dafs sie ein ein-
heitliches Ganzes bilden? Würden sie einzeln gestellt, nicht
in äufserlichen Dingen oft und so hart aneinander stofsen,
da£s bald eine vollständige Anarchie herrschen würde? Also
eine Leitung sowohl des Kreises wie des einzelnen Systems
mufs vorhanden sein; sie darf auch nicht jährlich wechseln,
um die Einheit und Stetigkeit der erziehlichen Maisnahmen,
.sowie der Unterrichtsgrundsätze und des Lehrplanes zu ver-
bürgen. Als Lehrer der Schule braucht der Leiter darum
nicht stets in der obersten Klasse den Unterricht zu erteilen;
als Lehrer rangiert er mit den übrigen Lehrkräften der
Schule.
Die Einheitlichkeit des kindlichen Geistes stellt schliefs-
lich noch eine Pordernng bezüglich der StoffwahL Auf
den kindlichen Gedankenkreis hat nicht nur die Schule und
das Leben in der Schule einen Einfluf.s, sondern vor der
Schulzeit und noch fortwährend neben der Schule wirkt eine
ganz andere Welt und Umgebung, ein ganz anderes Leben
auf denselben ein. Ja, dieser letztere Eintiuis hat eutschie-
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Fmgvttallunir det LahrpUnM »nd Of|F«nlMtlM der T«UiNoIuile ttc, 201
den das Übergewicht, weiiu beide getrennt oder sogar im
Gej^eiisatz stehen. In diesem Falle ist der Einflnfs der Schule
sowohl in erziehlicher wie in nntcrrichtlicher Beziehnng sehr
gerinj:,''. Darans erklären sich manche Krsc]ieinnn<:^en der
heiuigen Zeit. Trotz eines Junten Unterrichts in den Realien
hkiht nnr wenijjfos nach der Schnlzeit Kii^cntuin dci iSchüler;
in Reli*jiou, im Rechnen und Dentsclien zeigen ganz gut
beanlagte Schüler, die in der Schule vollständig auf der Hohe
waren, im Leben eine grosse Unbeholfenheit und Unkennt-
nis; auf dem speziell erziehlichen Gebiete finden wir dieselben
Erscheinungen. Die Kinder haben in zwei Welten gelebt;
die Welt der Schule wareini ":'^anz ixesondcrlc \ (^n dt r Welt
des Lebens, nur einige Wrbnidungsfädcn wurden <4eknü})ft:
nur ganz befähigten Köpfen gelang c^, aus sich selbst die
Gedankenkreise zu verschmelzen ; bei den meisten verwischte
das Leihen alle Eindrucke der Schule. Der Lehrer hat meistens
nur den Teil des Geisteslebens der Kinder erkannt, den er
selbst gelegt, er hat die Individualitat in ihrem grofsten Teile
nicht kennen gelernt; denn er lernt sie nie ganz kennen
durch jene äufseren ?^Iittel, wie persönliche Bekanntschaft mit
dem KUernhause, durch Beobachtungen im Spiel etc. Dies
sind nur Gelegenheitsblitze. N\u' im l'nLerricht kann er alle
Teile des Geistes kennen lernen, das heilst, wenn der l'nter-
richt alle Geisteskräfte planmäfsig in Anspruch nimmt. Da-
her die Pflicht der Schule, mehr als bisher die häitsliche Ge-
dankenwelt der Kinder mit der der Schule zu verschmelzen. Sie
darf sich nicht damit begnügen, die Gedanken- und Gemuts-
welt, welche die Kinder mit in die Schule bringen, blofs zur
Grundlage /n nehmen und darauf eine ganz andere aufzu-
bauen. SDiidern sie mnfs diese ( n undlage klären, vervoll-
ständigen und orchien tmd in gleichem Schritt mit dem stets
auf die Kinder weiter einwirkenden Leben diese Arbeit fort-
setzen; sie mufs nicht nur -yon der Heimat ausgehen, son-
dern das heimatliche Leben als stete Begleiterin, Helferin in
Übung, Anwendung und Wiederholung l)ehalten. Die Scluile
mufs sich mit ihrer Thätigkeit gleichsam in das Leben der
Gegend versenken uiul so das wirkliche Lel)en der Kinder
in Kopf und Herz derselben zu veredeln luid zu heben suchen.
Auf,L;abe des Lelirplanes ist es, dazu zu \-eranlassen. Der
Anschauungsunterricht auf der l'^nterstufe ist auf dieser Bahn;
die Mittelstufe bricht jäh damit ab, wenn auch nicht theoretisch,
so doch in der I^axis. Naturgeschichte, Geographie, Ge-
schichte treten selbstständig auf und w^erden nicht im An-
schlufs an den bisherigen Gedankenkreis und das heimat-
liche Leben der Kinder, sondern in Rücksicht auf die Natur
der Fächer ihrer wissenschaftlichen Seite nach angeordnet.
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202
Joh. Hi>m«c--hHilt.
So wird den Rindern eine Art wissenschaftliche Einsicht \ er-
schafft, al)cr nicht eine Klänn:*^ des anf sie einstiimiendt ii
Lebens. l"nd ist es in Reli^iun, Deutsch und Rechnen niclit
ebenso? Die iüiii^-ste Zeit bc<^innt in Xatnri»-eschichte allge-
mein andere Haliuca cui/aisclila<;cn ; es werden Lebensgemein-
schaften aus der Uiiigebiin); geuoiuinen und hie und da einige
fremde Exemplare eingereiht Warum soll es nicht ebenso
mit der (icscfiichte und (»eographie geschehen? Warum soll
das kirchliche und relijj^iöse Leben in der Gemeinde nicht
auch in ähnlicher Weise benutzt werden? Und endlich sollen
Deutsch und Rechneu doch auch später im praktischen
Leben ihren hauptsächliclisten Zweck finden.
Die Heimat und das Leben der Heimat bilden den
Rahmen des Lehrplanes; der Stoff, der sich innerhalb dieses
Rahmens ergiebt, wird methodisch so weit als möglich nach
der Natur des Faches geordnet Wir sind nämlich, entge^an
Königsbauer, der Meinung, dafs der Unterricht nach wie
vor nach FTichern erteilt werden mufs, da es methodisch
schwer halten wird, gründlich und ^^^eordnet das Besondere
ohiu das Allgemeine zu lehren. Die Fächer sind ja die
Systeme s in denen sich das Leben und die Heimat in den
einzelnen Teilen bewegt; bessere oder natürlichere Systeme
werden sich kaum finden lassen. Die Fonnen brauchen
nicht geändert zw werden, wenn nur wirklich ein anderer
Inhalt hineingegossen wird; also Auswahl des Stoffes
nach dem Leben, Vermiitelung nach Fächernl
Der Methodik zuliebe ist bislur viel unnötiger Stoff be-
handelt worden, dieser darf schwinden; die Methodik muls
sich dem Stoffe anpassen, nicht unii^ekehrt.
Wir stehen am Ende unserer allgenieiuen Krörterung
und Beleuchtung der hinsichtlich des Lehrplanes und der
Organisation — letztere in beschränktem Umfange — in
Betracht kommenden Fragen. Eine genaue Aufstellung eines
zum (rebrauch fertigen Lehrplanes könnte nach imseren
Grundsätzen nur für einen bestinnnUn Ort erfolgen und
würde eine .\rheit für sich bilden. Damm möge eine kurze
Zusamnienfassunj^; unserer Ausführungen in Form von Leit-
sätzen den Schlufs bilden:
L Für die Organisation:
a. Die Zahl der Klassen wird in erster Linie durch die
landschaftlichen \'erhältnisse bestimmt Die Kinder eines
nicht zu umfangreichen Bezirks müssen zu einem Schul-
system vereinigt werden. Steij^t die Zahl der Kinder nicht
über 5o, so zwingen die finanziellen \'erhällnisse /.\\v Hin-
richtung einer einklassigen Schule. Mit der gröfseren Rinder-
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r«ll«»tal(ttiii; 4r» I.«hrp)«nei» ttn4 An Or^^nUJilion «Irr YnlliMchalc etr.
zalil iiittfs die Zahl der Klassen bis zn ihrer natürlichen Zahl
acht - - entsprechend (kn acht vSchntjaliren - waclisen.
Daun erst tntt eine TeihmK des Systems ein. Über die
Zalil acht hinaus die Klassen eines Systems y.u \erinehreti,
läfst sich durch keine pädai::!)i^isclien (rniiuU- rtchtürtij^^cii,
aucli nicht durch die- Trcnmin^i; ik-i lic.Nchkt litt. i »xkr (buch
eine zweiniaUge AulnahiiiL im Jahre. Die Kiu(kr .^iiid sobald
als möglich nach Jahr <^än gen ztt sondern; je jünger, desto
notwendiger ist dies.
b. Jeder Lehrer führt möglichst seine Klasse tlnieh.
Auch in der zweiklassigen Schule und nicht minder bei der
vier- und niehrklassigen ist dieser (irnndsatz zu befolgen.
Macht die Persönlichkeit iler I^ehrer einen Wechsel notwendig,
so liegt er am btslcn im 4. Schuljaliie. 1 He drei ersten
Jahre müssen durchgeführt werden, las.scn ai)er als Klemen-
tarschule noch eher einen Wechsel zu als die letzten 3 bis
4 Jahre.
c. Jeder Lehrer erteilt den gesamten sachkundlichen
Unterricht in seiner Klasse. Nur die technischen Fächer
Zeichnen, Turnen, Handarbeit, Schreiben, vielleicht auch
Singen können abgezweigt werden, so dass ieder, auch der
ivciter der »Schule, wenigstens 24 SlinuKn erteilt.
d. Die Leitimq der Schule darf iiitlit wechsriu, um die
Einheit, Stetigkeit der allgemeinen erziehlichen .Malsuahnien,
sowie der Unterrichtsgrundsatze, des Lehrplanes und der
aufseren Ordnung zu verbürgen. Der Leiter braucht darum
jedoch nicht stets kelnir (kr obersten Klasse zu sein; als
Lehrer rangiert er mit den übrigen Lehrkräften.
IT. Für den Lehr plan:
a. Jeder Lehrplan mufs zunächst die formalen Fächer
Religion, Deutsch, Rechnen enthalten; ferner die .sachlichen,
welche den Ciedankenkreis mit dem Leben in Einklang
bringen, ^endlich die technischen, welche der Gesiindheits-
pflegCf Übung der Sinne und der Hände dienen.
b. Während die fortn aUn T\"icher und teilweise auch die
technischen .sogleich selbständig auftreten, bleiben die sach-
liclien anfangs vereinigt unter dein Xamen Anschauungs-
nnlerriclil. Mit dem 4. ofier 5. Seliuljahre, je nach .\rt des
Sc]nil>\ ^l.eni>, löst sich der Ansehaining>unterricht auf. indem
Xatnrgesehiehte und Geographie als gesonderte Fächer er-
.Hcheinen und der übrig bleibende Teil des Auschauungs-
imterrichts Geschichte genannt wird. Bei günstigen Ver-
hältnissen können sich im letzten Jahre \'olkswirtschafts-
lehre und (yesetzeskinide als selbständige Fächer abzweigen;
die Naturlchre tritt durchweg .selbständig auf. Handfertig-
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204
keitsiniterricht, Haushaltuiigsunterricht für Mädciieii gehen,
wo die sozialen Vcrliältnissc deren Einführung erfordern, neben
den technischen I'ächern lier.
c. Die Am)i(hnin<^ des Stoffes erfolcrt bei den formalen
und technischen Fät licrn so lange nacli der Natur der Fächer,
— also vom P^infacheu und Leichteren zum Zusaninienge-
setzteu und Schwereren bis die Hlemente beherrscht sind;
bei den im Anschauungsunterricht vereinigten sachlichen
Fächern erfolgt sie nach dem Anschauungskreise der Schüler :
Hans, Schule, Umgebung, Jahreszeiten. Mit dem 4. resp. 5.
Schuljahre tritt eine Änderung in der Auorduuug des Stoffes
ein, da die Fächer keinen Selbstzweck mehr zu verfolgen haben,
sie nun also der Aufgabe der Volksschule entsprechend ge-
ordnet werden können. Die Heimat und das Treben der
Heimat bestimmen den Stoff; er ordnet sich in dci Art des
Anschauungsunterrichtes, so dafs Garten, Feld, Wiese, Wald,
Teich, Flufs, Gebirge etc. die Kapitel in Naturgeschichte;
Familie, Gemeinde, Kreis, Bezirk, Staat, Welt die der (tco-
graphie und Geschichte sind. Auch die formalen Fächer
müssen sich von nun an in erster X/inie nach den Bedürf-
nissen des örtlichen Lehens richten.
d. Die bestimmte Answahl der einzelnen Objekte und
die spezielle Anordnung der einzelnen Pensen mufs jede
Schule nach ihren individuellen Verhältnissen treffen.
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Fragen aus der Geometrie,
Von AugsohM in Bromberg.
I. Welche Form erhält die schriftliche Darstellung
im geometrischen Rechnen?
Dafs in der Geoi)ietrie schriftliche Arbeiten, sowohl Rechen*
arbeiten als Konstruktionen, gemacht nnd dafs dieselben in
mtistergilti^er äulserer Fonn ausgeführt werden, ist hier als
selbstverständlich vorausgesetzt, ebenso dafs zu diesen Ar-
beiten ein besonderes Heft ein.qcTichtet wird. Die "uifsere
bOrni dieser schriftlichen Darstellnn^c-n ist von groiser Be-
deutung. Was die Unterricblsklire von der guten Schrift
überhaupt fordert, gilt auch für die schriftliche Darstellung
geometrischer Arbeiten ; das wird hier nicht berührt Ks han-
delt sich hier nnr tim die Form der Darstellung geometrischer
Rechnungen.
Die geometrischen Rechnungen werden nach bestimmten
Formeln ausgeführt. Z. B.
I. Aufg. Es ist die Fläche eines Uvals zu berechnen, das
einen grolsteii Durchmesser von 6in und einen kleinsten Durch-
messer von 4 ni hat!
_ iU-^ri r ,% (3 Ml + 2 »I) .2 m. 3.14
Die Fläche des Ovals beträgt 15.70 qm.
Die schriftliche Ausführung einer Rechenaufgabe würde
sich also so gestalten: Zuerst wird die Aufgabe ms Heft ge-
schrieben, dann folgt die Rechnung in Form der ( »leichimg,
und darunter steht die Antwort in vol1ständiq;cTn vSatze.
Naclukni vor den Schülern eine b'ornul entwickelt ist
und sie dieselbe verstehen gelernt haben, niuls die Formel
ihnen gedächtnisniäfsig so sicher werden wie das Einmal-
eins; denn sowie die Aufgabe erteilt ist, mufs dem Schüler
auch sofort die richtige Formel vorschweben. Um die Schüler
bei der Einprägung derselben zu unterstützen, ist es zweck-
mäfsig, die Formel bei der schriftlichen Lösung jeder Auf-
gabe niederschreiben zulassen. Die richtige Wahl der Formel
zeigt dann auch sofort, ob der Schüler die Aufgabe versteht
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2o6 Augrschun.
Die IVaxis hat claliin i^cfülirt, die Ivösim*; in Komi der
Oleicliung iiicdcrzusclirfiben, wie das erste Rechenbeispiel
zeiij^t. Neben der Formel in Hnclvstaben stehen die Zahlen
der Aufgal^e so, dais sie die Formel noch einmal wiederholen.
Auf diese Weise erkennt der korrigierende Lehrer, ob der
Schüler die Formel versteht; denn oft ist die Formel zwar
gedächt 11 Isinäfsijjf fest und sicher, aber sobald die Zahlen der
Auft^abe für die Formel gesetzt werden sollen, weifs sich der
Schüler nicht zu helfen. Gicbt die Aufgabe die Zahlen
nicht so, dafs sie für die Rechnung;- direkt passen, so tritt vor
die auszurechnende (ileichiing noch eine vorbereitende. Z.Ii.
2. Auf g. Wie grofs ist die Fläche ettics Kreises, der einen
Umfang von 18,84 ni hat?
{Vorbereit. Ol.) r= = ^ \, =.i»m.
2 t
/' = /• ;r — ( ; m\, 3,14 = 28,20 qm.
Die Kreisfläche ist 2S.n6 f}ni grofs.
Alle schriftlichen Multiplikationen, Divisionen usw., die
bei unbequemen Zahlen nötig werden, sind in diese Dar-
stelhmg nicht aufzunehmen; sie stehen an einer beliebigen
Stelle im Diarium bereit für den Fall, dafs der Wirer sich
überzeugen mufs, ob der Schüler die Rechnung auch wirk-
lich selbst ausgeführt hat Die Darstellnng der Rechnung
nuifs die obige einfache nnd übersichtliche l'orm behalten;
denn das Cicscliäft im \^erkehr.sleben verlangt vom Oewerbe-
treihcnden nelien der (tcnanigkeit in den schriftlichen Au-
iraben anch leichte Übersichtlichkeit.
(icgeu diese Forderungen dürfte ein ernster Widerspruch
nicht zti erwarten sein ; wohl aber werden über ein Stück der
Foniiel die Aussichten auseinandergehen. Ks wurde vorhin
gefordert, dafs neben der Formel die Zahlen der Aufgabe in
I*orm der F'onuel stehen sollen. Bei der Berechnung des
Ovals nach der 1. Aufg. heifst es:
— + ').'' = ^3 «* -h 2 ///) . 2 m , 3>»4 _ „j.^,
2 2
Wir legen daranf (Gewicht, dafs tlie beiden F'akturen
(3 /// -|- 2 ^//) . 2 /// die Hezeichnnng in haben. Im gewöhnlichen
Midtiplizieren ist von zwei Faktoren inuncr nur der eine,
nämlich der Multiplikandus, mit einer Benennung versehen,
oder beide Faktoren sind unbenannte Zahlen. Dement-
si)rLchend lassen l#ehrer der Geometrie bei den Faktoren die
Mafsbezeichnung weg. Freilich darf man dann uiit Herech-
tii?nng fragen: Wie entsteht ans der Multiplikation iinbe-
nannter Zalilen ein Produkt mit Benennung, nnd zwar mit
ganz neuer Benennung. Denn wenn bei den F'aktoren eine
Benennung zugelassen wird, so heifst sie doch m un<l nicht
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'Awri Frafea mis ii«r ti^omeirir, 207
^gm*. Man erklärt den Schülern das so: In einem Rechteck
von etwa 5 tu T.anofe nnd 4 m Breite liegen an der lanj^en
Seite 5 C|ni, und da im Rcchleck 4 solcher Reihen a 5 qni
über einander Hei;Mi, so Liuh.ilt das Rechteck 4 . 5 7/// — 30 ry«/.
Unbetiuenicr wird die Kecliuung schon beim Dividieren.
Z. B.
3. Anf^. Kin Reclltcok hat einen l*'Iäclicninhalt von 2oqin
bei einer Breite von 4 ni. Wie j^rofs ist die ((fundlinie.'*
F 20 um
h 4 »M
Die (irundlinie ist 5 nj lan<^.
So aufgestellt, zwinj^t die Form der Rechnung zu der
Ik-;^cichii!nij^ m bei der Rcsidtatzahl 5. Bei der j^-ewöhn-
lichen Rechenweise erhält das R< sidtat keine oder eiiu- telikr-
liafte Bezeichnnn^, Denn wcrileu die 20 cjm durch den mi-
bcnannten I-aktor 4 divitlicrt, so resultieren 5 qm; wer<len
20 qiu durch 4 qni dividiert, so entsteht als Resultat die un-
beuamite Zahl 5. Beide Resultate sind falsch, denn die Grund-
linie ist weder 4 noch 4 qm sondern 4 m lang. Freilich hilft
man sich wieder in der vorhin angedeuteten Weise. Man
sagt: Wenn das Rechteck 4 ni hoch ist, so liegen über ein-
ander in einer Reihe 4 qm und es w erden soviel senkrechte
Reihen a 4 (|m Vorhandensein, als 4 qm in 20 qm enthalten
sind = 5. Ks sind 5 Reihen; jede Reihe ist i ni breit, also
ist die Cirundliuie 5 . 1 w< = 5 /// lang. Auch dieser Ciang ist
richtig. Und wir empfehlen geradezu, anfangs diese anschau-
liche Erklärung den Kindern zu geben. Im spatern Unter-
richt aber, nämlich wenn die Form für das schriftliche Rechnen
eingeführt wird, ist die weit er unten folgende Erklärung zu
geben und danach (h'e iveehnung /n ordnen.
Abgesehen nämlich \ uu der Umständlichkeit der Kr-
klarung, durch die nnm erst zu der Bezeielinung gelaugt
und die auch nur bei geradlinigen reehlwinkligeu i'igurcu
gilt, ist die Konn der Rechnung, wie nachgewiesen, nicht
einwandfrei. Es ist aber die Fonn entschieden die beste, aus
welcher mit zwingender Notwendigkeit nicht nur die richtige
Zahl des Resultats, sondern auch die richtige Benenninig ]u r-
vorgeht. (»iebt eine Rechenfornid ein Resultat ohne Be-
nennung, s(> ist das ".elbstverständlich ein Mangel.
Dafs si("li Kinwände gegen die gewöhnlich beliebte l'orm
des Rechnens auidrängen, geht schon aus dem Wesen des
Multiplizierens und Dividierens hervor, Multiplizieren heifst,
den Multiplikand so oft als Summand setzen, als der Multi-
plikator Einheiten hat, und die Summe der Einheiten an-
geben. Bei den Aufgaben der Flächenberechnung kann es
aber nie heifsen (es .sei hier an die vorige AiitLjabe ange-
knüpit), das Rechteck ist 5 qm laug, sondern es uiuis heifsen,
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208
Avftrlivii.
es ist 5 in lau fr. Das ist der Multiplikand, der aus der Aiif-
g^abc liervurgeht. I'jils]:>rerhend der Definition des Mnltipli-
zierens würde nnn die (ii()lse der Fläehe fäl.Hchlich mit ni
statt mit qni hcuaniit werden müssen. l^benso ist es beim
Dividieren. Eine Zahl durch eine zweite dividieren heifst, eine
dritte Zahl snchen, welche mit der zweiten multipliziert wieder
die erste giebt. Bei Ikieehnnnjr der (rrundlinie nach Auf-
gabe 3 kann man weder schreiben,
(J — ' ■ noch ' noch :
4 7'^' 4 4
denn in keinem l-all entsteht das j^cwünschte Resnltat 5 m,
sondern im tasten und letzten l'all die nnbenannte Zahl 5
und im zweiten I-all 5 qm. Wenn anch beim Mnltipli/ieien
das Fehlerhafte der Rechenform nicht su stark in die Augen
springt, beim Dividieren tritt es um so melur hervor.
Wohl kann man den Widerspruch, der in der Form
liej^t, durch die vorhin angegebene Erläuterung verwischen;
aber der anfmeiksame Schüler fühlt ihn doch heraus. Der
Unterricht muls dafür sorgen, dafs anch die Form j^'-erecht-
ferii^t und vollkommen ist. Das ist sie nacli den drei letzten
Ikaspielen nicht, denn der Rechentorm muls noch nebenbei
eine besondere Auslegung gegeben werden. Es wird wohl
so erklärt: Wir dividieren die Zahlen ohne Benennung, da
wir aber eine Linie berechnen, mufs der Quotient als Be-
nennung ein Längenmafs erhalten. Welches Längenmafs
ob m oder cm zu setzen ist, das bleibt der Überlegung des
Rechners vo: lu Ii ilten, die Form der Rechnung zwingt zu
keiner Hezeiehnnng. Das aber ist dns Tadelhafte dieser
Form, dafs sie zu einer Be/eiclmung nicht zwingt,
also nicht mathematisch genau ist, sondern es eist der
weitern Überlegimg des Rechners überläfst, welche Henennung
zu geben ist Wir wollen ja nicht tadeln, dafs der Schüler
überlegt, wir behaupten nur, dafs die Form vollkommener
ist, aus welcher mit Notwendigkeit die richtige Bezeichnung
hervorgeht. Ist eine solche Fonn möglich, so mufs sie der
üblichen vori::^ezogen werden.
Man nmgehtdie Undentlichkeitundden Widerspruch, wenn
man sich entschliefst, einfaeli mit den Zahlen und ihrer Benen-
nung, wie sie in der Aufgabe enthalten sind, zu operieren.
Dann würde die Lösung jener Aufgabe sich so gestalten:
F = (/ . A = 5 ?/i . 4 »» = 20 qm.
tj = li*lh^ 20 (j^m : 4 = 5 ///.
Hei der Herechnung geradheniger, rechtwinkliger Flächen
läfst sich ja die richtige Benennung leicht finden und durch Ver-
anschaidichnng klar machen, auch wenn die Rechenform die-
selbe unberücksichtiijt läfst. nie \*eraiischaulichiuig hört aber
auf bei den schiefwinkeligen und krunindicnigeu Figuren. Z. B.:
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Fr«K'''i 'i^f U«'oin«'lric', 209
4 Au f j; Wie lang ist der Radius eines Kreises, der einen
Flächeiiinhaii \on 1,(304 (jin hat?
^ V-- = V ^'-^--^ = \/o,i6 gm = 0,6 m.
ft 3.14 »
Der Radius ist 0,6 in \anf;.
lifi Aufgabeil dieser Art herrscht allein die Formel.
Wird hier die Ik'Keiclinutig qin nicht in die Rccheuforin anf-
genomiiieii, so kann dem Scluiler nnniöj^licli ohne weiteres
klar still, welclie Mafsbe/eicliimnj^^ der Radius hckoninien
seil, ob iu oder cm. Tin dieser Klarheit und um der (^re-
uauigkeit der Form willen i.st die Hezeichnung auf/.uiiehmeu.
Nun kann mau tnbczug auf die Form bei der Berech-
nwng: des Rechtecks z. R sajjen: Das erste Gesetz beun
Multiplizieren heilst: Xm (K r Multiplikand ist eine benannte
Zahl ; danini dürfen nicht beide Faktoren benannt werden,
l'nd mau kann /.weitens sagen: Nach der vorhin anj^e-
führten Krkliirung des Multiplizierens t-ntstelit hier auch
ein l-'ehler; denn wcnu ich den Multiplikandus, der die
I^ezeiclinung m hat, .so oft als .Summand setze, als der Mul-
tiplikator Einheiten hat und nun die Summe angebe, so er-
halte ich auch nicht das Produkt mit der erwünschten Be-
zeichmm^ qm sondern mit der Bezeichnung ui. Richtig ! Aber
das Berechnen von Flächen ist auch kein reines Multiplizieren,
sondern eine Verbindung von Multiphzieren und Potenzieren.
Z. Ii. 5 'f . .\ n — 20 und
5 w/ . 4 w* = 2ü ( 'der 20 qm*
Femer: 20a*: 40 oder =5« und
.\ a
. ^. 4 . m . m
20 am : 4 m oder - — =5 »1.
' ^ 4 m
Dafs die Berechnung der Fläche eine Verbindung von
Multiplizieren und Potenzieren ist, gelit auch aus dem Wesen
der Fläche hervor. Sie entsteht^ indem sich eine (gerade) Linie
(in einer andern als der ihr selbst eigenen Richtung) fortbewegt
In dieser Definition lieg^ geradezu die Multiplikation von
Längeninafs mit Längenniafs (also ni.m) veranschaulicht.
Aus denselben Gründen ist ancli lici der Körperberech-
nnng jeder Faktor, der eine benannte Zahl ist, iu der lie-
rechuuug mit der Benennung zu versehen. Z. B. :
5. Auf ^. Welchen Inhalt hat ein Würfel bei einer Kanten-
länge von [») cm?
A' =r X"' = 10 cm , 10 rm . \orni = lox) crm.
Üer W ürfel hat einen Inhalt von lot« ccm.
6. Aufg. Wie lanjf i.st die Kante eines Würfels, der
1000 ccm Inhalt hat ?
X — 'y A' — 'y loot) cvm = to rwi
Die Kaute ist 10 ciu lang.
}iruf ittiliiK-ii VII. 4. ^^_tt_ I 14
U ^ - T Ä 1- • - ^ T ^.^^.^^ Google
Die letzten Beispiele sind j^eradezu überzeugend für die
Richtigkeit der Behauptnng, daf^ wir es bei den Berech-
nnngen in der (konietrie niclit mit einfacher Mnltiplikation,
sondern anch mit Potenzen zn thnn haben. Wenn wir ferner
beim Berechnen der Kante ans dem Würfel, der Seite ans
deiii yuadrat radmereii müssen, so kann die entgegengesetzte
Rechnung, nämlich die Berechnung der Flächen- und Korper-
inhalte, nur mit ZuhilfenahiiK des Potenzierens möglich
werden, wie ja die Formel das schon angiebt. Ist dieses
lUrcchnen aber teilweise ein Potenzieren, so nmfs in der
RecHenformel jeder Paktor, dessen Bezeichnung in die Potenz
erlioben wird, ancli mit der r)i. /i. ichrning versehen wenlen.
P^s ist also bei Berechnung eines RLciitecks von 5 \u und
4 ni langen anstofsenden Seiten falsch, zu schreiben:
F = ^ . Ä = 5 . 4 = 20 (nämlich jim) und falsch
F = . A = 5 7#w . 4 = 20 qm.
Es mufs heifsen:
F = </ . h = ^ VI . J )n = 20 ijtn.
Dals beide l*aktore!i im .Multiplizieren benannt werden,
kommt im gewöhnlichen RechiRn nicht vor. Wir mnltii^li-
zieren nie 5 M mal | M oder 5 kg mal 4 kg: denn es giebt
keine Quadratmark, es giebt kein Qnadralkilograinm usw.;
aber es giebt ein Quadratmeter, ein Kubikmeter u. s. w.
Darum ist das geometrische Rechnen ein teilweises Poten-
zieren.
Die Potenz ist ein Produkt aus gleichen Faktoren. Ks
können also nur gleiche I^ängennial'se miteinander multi-
pliziert werden, m mit m, riii mit cm usw. (rieht die
Autgabe aber verschiedene Pc/eichnungen , so dals etwa
3 m . 25 cm zu multiplizieren wäre, so müssen <lie Langen-
mafse gleiche Benennung erhalten; entweder wird in dem
Falle geschrieben 3 m . 0,25 m oder 300 cm . 25 cm.
In den geometrischen Lehrbüchern lesen wir: Inhalt des
Rechtecks = g . h. Nun die Grundlinie hat eine Länge von
so und so viel Metern, ebenso die Höhe. Cirundlinie und
Hohe sind nicht niibenannte Zahlen. \\'arum schrickt man
denn beim Reclnun davor zurück, konsequent die Formel
g.h in bestimmten und klaren Mafsen niederzusclireiben ?
Ks läfst sich keni Beispiel dalur erbringen, wo die Aufnalime
der Mafsbezeichnung in die Rechnung störend oder unmög-
lich wäre; wohl aber lassen sich sehr viele Beispiele dafür an-
führen, dafs das Weglassen der Bezeichnung Unklarheit im
Resultat nw Folge liat. P^ine mathematische Formel darf
aber nicht unklar oder unbestimmt sein.
(Schli}fs folgt.)
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Allei^hand Reformgedanken.
Von Otto Schulze in Halle a./S.
(ScliUife.j
IV.
•
Die Werke fies luigländerh J-^ a in vi c i .S m 1 1 e s Charakter ,
Pflicht', Scll>>lhilfe reiben sicli den vorgenaimteii Reform -
Schriften, äufserlich geiiomiuen, iiiu schwer ein; sie siudansich
weder Reform-, noch eigentlich pädagogische Schriften, und doch
geben sie hinwiederum so mannigfache Anregungen inbezugauf
Bildung und Erziehung, veranlassen uns so oft, fast auf jeder
Seite, zum Nachdenken über Pädagogik im allgemeinen und
Reform- und Umgestaltungsfragen im besonderen, dafs man ihnen
füglich einen T-Ihrenj^latz eiiirfhunen müfste m dem Heere der
litternrischen, he/.\v. pädagogischen I'.i seheinungen. Alles in
allem gehören sie der besseren, ja der besten U nterhaltungs-
litteratur an, da sie ohne jegliche Präteusion belehren und völlig
frei sind von jener Plattheit und Oberflächlichkeit, die leider
zum traurigen Kennzeichen modemer Unterhaltungslektüre ge-
worden ist.
Die drei Werke bestehen aus verschiedenen Kapiteln, deren
jedes im gewissen Sinne abgerundet und für sich verständlich und
doch auch wieder mit den übrigen zu einem schönen (»an/en
verbunden ist: ihr Schöpfer ist ein Ivssayist, wie man sie bei
uns selten oder überhaupt nicht mehr, in England jedoch des
öfteren trifft Alle sind sozialen Inhalts, im besten Sinne
soziale Schriften, die in ihrer gediegenen Einfachheit und
Wahrheit, ihrem vornehmen Tone und ihrem reichen, die kost-
barsten Schätze bergenden Inhalte t)]ine weiteres gefangen nehmen
und trotz der unbekannten und fremden Personen und \'erhalt-
iiisse der /nr Illustriernng in unerschöpflicher Zahl herange-
zogenen Beispiele bis zum Knde fesseln.
Welche Aufgabe sich auch der \'erfasser stellt, wer iuuuer
der Held, welches der Inhalt eines seiner Bücher auch sein
mag, die Tendenz derselben ist immer die gleiche: zu zeigen,
was Willensstärke und Ausdauer, Reinheit und I^auterkeit der
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212
Otto SfliuUe.
Gesinnung vermögen, zu warnen vor Schwäche, Fti.^1ieit und
Kleinmütigkeit. l\r macht uns in allen seinen Büchern mit
wahrhaft grofseii und edlen Naturen bekannt, die sich sit-^rcich
in allen Stürmen behaupten und ihren inneren Menschen dabei
nnhctleckl und rein bewahren, die an Hamerlings schönes Wort
erinnern: Wer Unit, was er soll, ist grofs wie die Gröfsten .
Überali tritt uns klar und unzweideutig der Grundsatz entgegen:
V Jeder ist seines Glfickes Schmied« . Was im allgemeinen > Glück«
genannt wird, giebt es bei Smiles nicht Kr geht sogar so weit
zu behaupten, dafs, wer vom Glück anderer und von eigenem
Mifserfolg rede, ein schwacher Mensch sei. Die grofsen Krfolge
im Leben werden nach ihm dinrb einfache Mittel und rhirch
I'bung gewöhnlicliei l\ii;enschafien irnirht; y:erade im Alltags-
leben werden die ivilahrungen bester Art ge?>amnielt, und nur
die breitgetretenen Pfade bieten dem Manne von Kopf und Herz
^nn weitesten Spielraum, in vernünftigem Streben sich Raum zu
erkämpfen. Smiles zälilt zu jenen seltenen Menschen, welche
das Ganze unserer sittlichen Aufgaben erfassen und als I^hrer
für Tugend und alles vSchöne und Ivdle zu begeistern vermögen.
Kr hat erkannt und zu schöner Wirklichkeit werden lassen, dafs
der Dichter wie dei Künstler, der Sclii ittslelkr wie der Gelehrte,
ja jeder, der auf einen gröfseren Kreis zu wirken berufen ist,
stets dessen ein geil enk sein mufs, dafs er seinen
Volksgenossen und darüber hinaus der grofsen
weiten Menschheit bildungs- und erbauuugspflichtig
ist, dafs ersieh als derWahrheit Lehrer und Priester
zu fühlen und zu /.eigen hat, dafs dieser Beruf vor
allen gewissenhaft, ernst und heilig wie ein Gottes-
dienst ausgeübt werden mufs.
Ganz besonders betont Smiles gegenüber einem all/ii>ehr
nivellierenden Sozialismus, der alles Heil in einer verschwonnnenen
Gesamtheit von Personen und Zuständen sieht, den indivi-
duellen Charakter, eine Summe von vorzüglichen per-
sönlichen-Eigenschaften — Wahrhaftigkeit, sittliche Rein-
heit, l^nii harzigkeit, Redlichkeit, Mut, Tugend und Güte in
jeder Gestalt — , auf denen allen allein die Gröfse und Bedeutung
einer Nation beruht, woraus einzig ein reges, soziales ircben
und Strel)en erwachsen kaim. *
Zum Beweise dessen .seien einige Sätze aus Smiles'
Büchern verzeicluiet; Alles Gute und Cirofse in der Welt
beruht am letzten Ende nicht auf einer ungeahnten und nur
von wenigen Auserwählten begriffenen Höhe und Tiefe der
Wissenschaft, sondern vielmehr auf der Mitwirkung voll-
kommener Charaktere, Schwäche des Charakters,
Verfall der Individualität ist zu allen Zeiten das eigent-
liche Heninis für eine gesunde Geistes- und Kulturentwickeluug,
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Allptliaiul Ri>fi»nnc<'4aiiti<>ii.
fürciiit'ii reinen, freien und frischen Aufschwung der individuellen
und natii)nalen Kraft i^ewe-^en. r>er Charnkter ist unter allen
die Menschheit hewe^endeii Machten eine der \viclitig>teii. ja
die wichtigste. Iti seiner tdcUlen Verkörpernnj; stellt er die
menschliche Xatur in ilwcj \ *»llendeLsten Form, den Menschen
in »einer vornehmsten Erscheinung dar. Leute, die in jeder
Ldwnslagc echte Vortreff Hchkeit bewähren - Fleifs, Redlich-
keit, hohe Onuidsätze. ehrliche Bemühung - fordeni die spon-
tane Huldigung der Mitwelt htrans. Ks ist nur natürlich,
daf-^ Tuan solchen Menschen ;;laul>t. \'ertrauen /n ihnen hat und
ihnen nacheifert, Alles (rute in (kr \^'elt hernht auf ihrer Mit-
wirkuii}?. und ohuv ihu- CieKcnwarl wurdr die Welt nicht wtrl
sein, tlais ni.ui daiin lebte. V\'enii das tienie liewundenuig
erregt, so ist es docli vor allem der Charakter, der uns die
Ächtung unserer Mitmenschen sichert Das erstere verdankt
seinen Ursprung hauptsächlich den Kräften des Hirns, der
letztere aber wird durch die Kräfte iles Herzens erzeugt; und
schliefslich ist es doch das Herz, das das mensch-
liche Leben reiricrt' Der Cciiins übt auf die menschliche
Gesellschaft tun eiiun .geistigen I'iutiufs aus; der Mann aber,
welcher Charakter besii/t. beeinflul^t die Gewissen: jener wird
bewundert,' dem let/.tereu folgt man. Grufse Männer sind stets
exceptionelle Erscheinvuigen, und Gröfse ist an sich ein relativer
Begriff. In Wahrheit vergönnt das Leben den meisten Menschen
nur einen so engen Spielraiuu. dafs wenige die Gelegenheit
finden, ffrofs sein. Aber jedem ist die Möglichkeit geboten,
seine Aufgabe ehrlich und ehrenvoll, nach bestem Vermögen
zu vollbringen. Kr kann '^eine Gaben gebrauchen, ohne sie zu
inifsbrauelien ; er kann -^ein lA'ben aufs beste aiuvcnden. Kr
kann wahr, gerecht, redlich und treu auch im kleinen sein. Mit
einem Wort: er kann seine Pflicht in der Sphäre, welche ihm
die Vorsehung angewiesen hat, voll und ganz erfüllen. Ob«
wohl dies hausbacken und wenig kraftgenialisch ■ — wie unsere
Zeit es will erscheinen nia^, so stellt doch solch eine treue
.Pflichterfüllung das höchste Ideal des Lebens und des Charakters
dar. K*^ liegt nichts Heroisches darin, aber das gewöhnliche
Los iler Menschen ist eben nicht heroisch! Wie das stete He-
wufst^eiii der T*flicht den Meuchen in ^eiiieii hruli>ten Be-
strebungen aulreehl ciliält, so stiil/l und leitet e> ihn in gleicher
Weise in den gewt5hnlichen Verrichtungen des Alltagslebens.
-Das menschliche Leben wird umgrenzt von dem
Kreis der alltäglichen Pflichten'. Die einflufsreichsten
Tugenden sind gerade die, welche am häufigsten im Alltags-
leben geübt werden müssen ; sie halten am l>esten und längsten
vor. SujxTfeine Tuc:ciulen. welche sich über das Niveau der
gewühnlicheu Sterblichen erheben, können unter Umständen
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214
eine Quelle fkr X'crsiicbnu.u imd Gefahr nerfleri. Ocistigc
Bildunj; hat keinen noUveiidiKeii Zusanunenliang mit Reinheit
oder Vortreftlichkeit des Charakters. Nicht . als ob Gelehrsam-
keit etwas 7.U Unterschätzendej^, etwas Verächtliches wäre -- sie
mufs nur mit Herzensgüte gepaart sein. Geistige Fähigkeiten
finden sich oft in Begleitung des gemeinsten sittlichen Charakters
— kriechender Ser vi Ii tat gegen Höherstehende und hochmütiger
Arroganz gegen T'ntergeh»ene. Hin Mensch kann Hervorragen-
des in Kunst. Kitteratur und Wissenschaft lL^^tcIl und doch
an l'vhrlichkeit, Tugend. Zuverlässigkeit untl rtlichtlrcne hinter
manchem armen, unbelesenen liauern /nriickstelRn \<>cli
weniger hat der Reichtum enien notAvendigen Zu>auimenhang
mit dem Charakter; im Gegenteil wird der letztere häufig durch
ihn verdorben und erniedrigt: Reichtum, Sittenverderbnis,
Üppigkeit und Toaster sind nahe miteinander verwandt Anderer-
seits ist eine verhältnismärsig armselige Lebensstellnnt; mit
dem vornehmsten Charakter sehr verträq^lich. Kin Mensch kann
nichts UL-iter besitzen als seinen l-leifs, seine I'ünfachheit und
l'nlK. sclioltcuheit. und doeli einen hulien Rang einnehmen unter
den \ ertretern echter Männlichkeit. Der Charakter ist ein Be-
sitztum, und zwar ist er das edelste unter allen irdischen Gütern.
Und es ist recht und billig, dafs gute Ki genschaften einen hohen
Wert im Leben haben; Fleifs, Tugend, Herzensgüte sollten am
höchsten im Preise stehen, und die wirklich besten Menschen
sollten die ersten sein. Ohne Grundsätze gleicht der Mensch
einem Schiff ohne Steuer und K()ni]nifs. dn< von jedem be-
liel)igen \\'indst(>f> bald hierhin, bald dorthin .L;ctrici)en winl.
l'nd wie kann ein Ganzes, Staat, ne-x.lKcliatt oik-r h'aniilie,
blühen, wenn es nicht getragen und geluiUen wiril von reinen,
edeln Charakteren! Und von welchem Werte zeigt sich ein
moralischer Charakter erst, weim es aus Handeln, ans Thun
geht für Gesetz und Ordnung, Zucht und Sitte! Denn darauf
beruht das (»eheimnis aller gesetzlichen Ordnung, dals sich jeder
selbst leitet, jeder sich selbst regiert !
Was für einzelne Menschen oder i^an/c Klassen gethan
wird, raubt denselbm l>i> /u einem gewissen (nade den Antrieb
und die Notwendigkeit selb>tändigen Handelns ; und wer allzu-
sehr geleitet und beherrscht wird, mufs mit Notwendigkeit mehr
und mehr .in einen Zustand verhältnismäfsiger Hilflosigkeit ge-
raten. Selbst die besten Gesetze vermögen nicht, dem einzelnen
thatkräftige Hilfe zu leisten. Das TTöchste, was sie für ihn thun
können, besteht vielleiclit darin, dafs sie ihm gestatten, sich frei
zu entwickeln und seine indi\'iduelle Lage zu verbessern. Aber
die Menschen sind /n allen Zeiten zu dem Glanben geneigt ge-
wesen, ihr persönliches Glück und Wohlergehen köiuie eher
durch Staatsei nrieli Lungen als durch ihr eigenes Verhalten gc-
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^»5
Hichert werden. Ans diesem Grunde hat man den Wert der
C.c^<.i/j;el)uiiK als eines Mittels zur Beförderung des menschlichen
Fortschritts häiifij; sehr ü1)ersch*iizi. Dafs man den millionsten
Teil einer lA-j^islatur ])il(len liilit. indem nimi iü cincni Zeitraum
von drei oder fünf Jahren einmal seine Stinnnc tür ein oder
zwei Personen aligiebt da> kann >cll)>t bei 'gewissenhaftester
Jütülliuig dieser Pflicht nur einen gerinifc;en aktiven HmihUs auf
das LelKm nnd den Charakter eines Menschen austilgen. Aufscr-
dem zet^ es sich mit jedem Tage dentlicher, dafs die Funktionen
der Regienmg eher negativ nnd einschränkend als |>ositiv und
scliöpferisch sind, da sie hauptsächlich in Schut/niafsre^eln zer-
fallen zur Sicherung des Lebens, der I^Veiheit und des Ivigcn-
tums. (hirchruTJ nUer nicht vTt'.i^Tt'nUüiq wirken dnrfeTi Weise und
wohl angew andte Cies(.i/,e werden i> den Men^ehen erniö>;iichen,
die Früchte ihrer geistigen oder kürjiei liehen Arbeit in Sicher-
heit und mit verhältnismäfsig kleinen persönlichen Opfern zu.
geniefsen; aher keine noch so strengen Gesetze können den
Trägen fleifsig, den Verschwender sparsam, den Trunkenbold
nüciitern machen. Solche Wandlungen sind nur vermöge in-
dividueller xVnstrengttng. Sparsamkeit und Enthalt-
samkeit zn bewirken — nicht durch gröfsere Rechte,
sondern durch bessere Sitten. Die Rej^ierung eines
Volkes erweist sich gewöhnlich nur als ein Spiegelbild der In-
dividuen, aus denen sich dasselbe zusammensetzt. Eine Regierung,
die über dem Volke steht, wird unvermeidlich auf das Niveau
desselben herabgezogen, während eine solche, die einen niedrigeren
Standpunkt einnimmt, schliefslich emporgehoben wird ; nur geniale
Naturen verleilien zeitweilig einmal höheren .Schwung. Nach der
Ordnung der Natur mufs sich der ( lesamtcharakter einer Nation
el>ctis(> notwendiL^ in angemessenen Gesetzen und Regierungs-
tormen ausdrücken, wie in 'ij;;leicher Xotwendi^^keit der Wasser-
spiegel innner wieder in >eine wasferechte Lage zuriiekkehrt. Ein
edles Volk wird eine edle Regierung, ein unedles und verderbtes
aber eine unedle haben. In der That liefert die Krfahning all>
gemein den Beweis, dafs der Wert und die Bedeutung eines
Staates weit weniger von seiner Regierungsform als von dem
Charakter seiner Bewohner abhängt. Denn das Volk ist nur
eine Gesamtheit i n d i \ i d n e - K r I ! x i 1 e n / e n . tt n d d i e
C i V i 1 i s a t i o n selbst ist nur der 1 n b e r i 1 1 all d e r p e r-
sön liehen Bildung der Männer, Frauen und Kinder,
aus denen die Gesellschaft besteht. Der nationale
Fortschritt ist die Summe individueller Tüchtig-
keit. Energie und Rechtschaffenheit, wie der nationale
Verfall aus individueller Trägheit, Selbstsucht und
I^asterhaf t i g: k ei t hervorgeht. Was wir iji wohnt sind, als
grofse soziale Übel zu l)ezeichnen, erweist sicli in den meisten
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2i6 ftrbuljic.
Fällen nur als eine Folge der verderbten Lebensweise einzelner
Personen ; ntul wenn wir uns auch bemühen, jene Übel ver-
mittelst der Gesetsje «u beseitigten niid auszurotten, so werden
sie doch immer wieder in irp^tTul einer anderen Form np]Mp
emporspriefscji. sofern es nicht .^c-liiii^t. die Bescliatlcuheil des
individuellen Lebens und Charakters /.u verbessern. Wenn diese
Ansicht riclitig ist so folgt daraus, dafs die höchste Vaterlands-
Hebe und Menschenfreundlichkeit nicht so sehr in einer Ab-
änderung der Gesetze oder ITmwandlung der Staatseinrichtungen,
nicht in Formen und Ge-taltunj;en. sondern darin 1k
steht, dafs man. die Menschen in hilfreicher Weise aneifert, sich
durch f r e i e !i n d c 1 1 > > t ä n d i jj; e i ri d i v i d u e 1 1 e T h ä t i ^ k c i 1
/u erheben und zu Vir\ dllkonimnen. Ks kann für einen Menschen
von verhältnisniäfsig ;^crini;er l^-deiitunj^ sein, wie er von nuf»ien
her regiert wird, während alles davon abhängt, wie er sich selbst
innerlich beherrscht Der bedauernswerteste Sklave ist nicht der.
welcher unter einem Despoten steht — so grofs dieses Obel
auch sein mag — , sondern jener, welcher in den Banden seiner
eigenen moralischen Unwissenheit Selbstsucht und T^asterhaftig-
keit liegt Nationen, die solchergestalt Sklaven in ihrem Innern
sind, können nicht dnrcli einen blofsen Wechsel ilirer TIerrcn
oder \'eriassungen beireit werden, und so Inns^c der verhängnis-
volle Irrtum herrscht dafs die Freiheit nur von der Regierungs-
forni, alles höhere und bessere Thun und Wollen von äufser-
lichen Gestaltungen abhänge oder darin bestehe: so lange wer-
den solche Veränderungen — mit welchen Opfern sie auch er-
kauft sein mögen - ebensowenig praktische und dauernde
Resultate liefern als die fluchtigen Bilder einer Zauberlaterne.*
Hin Mensch ohne (t e \y i s sen kann keinen höheren Lebens-
zweck haben als das \'ergiiü;;en. V.r sucht es. wo es ihm be-
liebt, entweder in rein sinnlichen h'rcudcn, oder auch in einer
Verbindung Muuiicher nnd geistiger Genüsse. Wir leben aber
nicht in dieser Welt, um nur unseren Neigungen zu folgen —
es darf nicht unser alleiniges Ziel sein, uns selber zu befriedigen.
Alle Gesetze der Natur treten einer solchen Auffassung des
Lebens entgegen. Der Geist darf, nie den niedrigen Kräften
unserer Natur unterlicp^cn . . Eine so beschaffene Gesell-
«^chnft, anse^estattet mit den Geisteskräften nnd den Leiden-
scliaftcji, die der Mensch besitzt, aber nicht l)eherr^cht von
dem zwingenden, das Leben regelnden KinlhUh des Gewissens,
mülste der Anarchie verfallen und in gegenseitiger Vernich-
tung endigen«. . . . ^Das einzige Heilmittel liegt in
einer Wiederbelebung des menschlichen Pflichtge>
fühls. Die Aufgabe unserer Väter war es, das Recht zu er-
kämpfen: möge die Aufgabe u n serer G e n erati o n d ari n
bestehen, die Pflicht zu lehren und Junger für sie
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zn werben! Auch nach der Gerechtigkeit wollen wir streben,
welche die Krone der Tugend ist. und nach der Milde, die ihr
zur Seite stehen mnls. Ks «iebt eine Stelle in den K\ atigelien,
an die wir uns ohne Aufhören erinnern sollten, welche aut
jeder Seite eines moralischen TAsvl)iiches stehen niiifste; sie
lautet: Allei», was ihr wollt, dals andere euch Üiun, das thut
ihr ihnen 1 - - —
Aus dem Vorstehenden dürfte mit Leichtigkeit zu ersehen
sein, worauf nach Smiles und bei jeder aus der Beschaffenheit der
menschlichen Natur entsprossenen Pädagogik der Hauptnach -
druck aller Bildung, aller erziehlichen Einwirkung zu legen ist:
nfindich auf die in jedem Mensclieti schlummernden und vom
den \*ätem ererbten idealen r'cisU sinächte. auf Charakter, Fflichl.
(iewisseu, Rcinlieit des Hi-t/aii- und Adel der Ck-sinnun^.
nicht aber auf aulscre ICinrichtuiigen. denen Kern und Leben
fehlt, nicht auf sogenannte praktische luteressen und einseitige
Verstandeskultur, nicht auf Schein und ein im Sinnlichen sich
verzehrendes sogenanntes Glück. — Derindividuelle reine,
hoheits volle Charakter allein bildet die solide
GrnndlagederFreiheit, und in ihm allein liegt auch
die einzige z u v e r 1 n s s i j^e Bürgschaft der sozialen
Sicherheit und des n ;i t i o ii a 1 e ii 1' or tsch ri t ts. Pflicht,
Gt \visM.ii. Selbsthilte. eit^^iiLS Thun und Schaffen
unter dem Gesichtspunkte einer sich selbst und
anderen verpflichteten Opferwilligkeit und Opfer-
freudigkeit sind die treibenden Schöpferkräfte grofs
angelegter Reformen. Auf der festen und sicheren
Grundlage einer vollgereiften Indi vidual harmonie
hinein in eine flnrnns erwachsende S o / i al o rd n u n g
(^r 1 ei c h gesi n n ter und G 1 ei c h s t r e lun d e r : die mensch-
lichen Fähigkeiten / n Liiöiserer K r a f t e n t f a 1 1 u n g
im Dienste wahrer M en sc Ii 1 i c h k e i t zu entflammen:
Kunst und Wi ssenschaf t, Sitte und Ordnung, Kultur
und Staat mit Wahrheit und Klarheit und Liebe
KU durchwirken — das ist das Ziel, um das wir uns
zu scharen haben! \*on einer kräftigen zielbe-
wufsten Individualhildung zu einer von Natur und
Welt Ordnung gelM)tenen S o zj a I gc s t a 1 1 u n g .]nr!i
ohne verschwommenen Sozialismus und oberflnrhlirlie Gleich-
macherei - das allein ist der Weg zu schtMierer Ent-
wickeln n g , zu künftigen besseren Z e i t e n I
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Umscliau in Naclibargebieteii*
Von R. Dietrich iu Kandern.
I.
Herrn. Grimm verbreitet sich in der Deutschen Rundschau
(1H95/6, IV) über Treitschkes Deutsche Geschichte im XIX.
Jahrluiiulert. Verbreitet sich, sa^^e ich. Denn sein Aufsatz ist
nicht eine Kritik, sondern eine behagliche, den Inhalt des Werkes
i]retiief.sende Besprechung, welcher >Krinneniii>][en imd Betrach-
tungen über nationale Gesch i ch t s c h rei b u 11 g einge-
fügt sind. Das Amt des Geschichtschreibers sagt er da ge-
legentlich -~ ist bei antiker und moderner Geschichte, diese zu
erraten und seine Auffassung des Geschehenen glaubwürdig zu
machen. Die ^exakte sinnliche Phantasie« tritt hier in ihre
Rechte, das bildende Element, dem Goethe zuerst diesen Namen
bestätigte. Wissenschaft und Kunst fliefsen bei den Ereignissen
unserer Tage zu einer schöpferischen Kraft gnn/ nnders zu-
sammen, als wo es sich um die Rekonstruktion un .Vebel der
Zeiten undeutlich gewordener Situationen handelt, die mit unserer
Fortentwickelung aulser Zusammenhang stehen. Wir erleben
heute, wo die Parteien sich bei uns entgegenarbeiten, wie un-
möglich es oft sei« festzustellen, was ein Mann eben noch ge-
sagt hat, und gar, in welchem Sinne er sich aussprach. Briefe
werden verändert, verstümmelt, abgeleugnet oder wenigstens hier
und dort anders interpretiert, und in die logisch eng verbundenen
Glieder von Thatsachen neue Kakta eingeschoben, die dem Laufe
der Dinge eine andere Bedeutung gelxn. Wer soll hier der
Richter sein 5* Der, der aus seiner Nntiu Ikthus die mil^piclen-
den Personen am tidsicu du^ch^cllautI In allen iipochen um
gtebt die herrschenden Generationen der Menschheit ihre beson-
dere Ivcbenshift: wer will über ihre Thaten urteilen, ohne diese
Luft geatmet zu haben? Der, dem sie durch eine Ahnung zu-
fliegt.'... Zwei vornehmste Aufgaben hat der Historiker : seinem
Stoff den Abglanz des scheinbar wirklich und wahrhaftig sich
Kreignenden x.u verleihen, und sodann das Vertrauen zu erwecken,
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Umsch«« in Kiu;hba(^<>bl«t«n.
die Kreigiiisse hätten in der That den Weg genommen, den er
angiebt Diesen Erfolg zu erringen, müssen Opfer vom Autor
gebracht werben. Kr steht mit seinem Tünche der unbekannten
Masse seiner niitlebenden Leser, jüiij^erer tind älterer Lente,
gegenüber, die nicht ohne weiteres sicli gläubig zu verhalten
vermeint ist; und er hat ihr den Beweis zu liefern, sie dürfe
und müsse Vertrauen tm ihm hegen. Deshalb muls er zeigen,
daLs er nichts verhülle, verschönere, verstecke. Er mufs die Dinge
rasch beim rechten Namen nennen. Er mufs alle Konsequenzen
dieses Vorgehens kennen und über sich nehmen. Kr muls wissen,
worin das gemeine, erbarmungslos». Tageslicht sich vom roman-
tischen Lichtt der Kerzen unici --chcidet. Ihm zum \'nr\vnrf
machen woUvn. d«Tfs er bei b'iiiilhing dieser Pflichten Auge und
Ohr beleidigt habe, wäre lalscli. Das ist es. was uns /u vShakes
peare so grenzenloses X'ertrauen fassen läfst: ihm wäre luimög-
Itch, aus Mitleiden eine Lüge zu sagen. ... Deutsche Geschichte
ist etwas anderes als griechische und römische. Sie ist die Ge-
schichte all unserer Familien. Deutsche Geschichte bedeutet Er-
zählung, wie bei Gunst oder Ungunst der Zeiten durch feste
Männer das einige Deutschland geschaffen worden ist. Diese
•Männer wollen wir kennen lernen. Die gleichzeitigen aber vor
allen anderen. Wir wollen alier auch hier nicht ein ungeheures
Xutizenreservoir vor uns liaben, in dem alles Krrcichbare ent-
halten ist, sondent von der Hand eines zuverlässigen Mannes
uns daraus schöpfen lassen. Bis zur Mitte unseres Jahrhunderts
waren die Zeiten der Gegenwart unglückliche, und der Geschicht-
schreiber, indem er uns ihre Männer vorführte, hatte die Auf-
gabe, uns zu trösten und auf eine bes.sere Zukunft hinzuweisen:
7u zeigen, wie auch in trüben Verpnigenhcitcn der Keim zum
Glücke stets gele.i^en liabe, welche Männer ihn bei uns im Wachs-
tum hielten, und welche (»abeti er uns nuch verspreche. Ge-
schichte für eint im Unheil »teckende Generation zu schreiben,
ist deshalb schon schwer oder unmöglich, weil in solchen Zeiten
die Wahrheit nicht gesagt werden darf. Für eine vom Schicksat
begünstigte Zeit aber Geschichte zu schreiben, ist eine schöne
und dankbare Aufgabe, wenn ein kräftiger, weitblickender, seine
Sprache belu rrscliendc r Mann sie auf sich nimmt (Dieser Mann
— meint Grimm - sei Treitschke.)
(ranz anderer Art i.st die umfangreielie Arbeit, welche Felix
kachlahl der DcuLschen Geschichte von Karl Lamprecht ge-
widmet hat (Preufs. Jalirbücher 1896, 1.). Hier handelt es sich
um Kritik. Lamprecht hat nämlich den Versuch gemacht, eine
neue Anschauung der deutschen Verfassungsgeschichte zu be-
gründen, deren Inhalt in die wenigen Worte sich fassen läfst:
Der Prozefs staatlicher Kntwickelung ist im wesentlichen wirt-
schaftlicher Natur ; wirtschaftliche Momente besümnien vor-
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220
zuj^swcise die Wiiiidclun^^cn staatlichen iAi>e?i'< in I)ciit>clilaii(l :
wie der fränkisch-deiitsclK Staat vom 7. i v jahrlnuidert der
Naturalwirtschaft >eiii Ivntslelieu venlr.nkt. so auch ist die
G e 1 d w i r t s c h a i t die Grundlage aller späteren staatlichen Hil -
düngen und insbesondere auch der neuen KiniKung des deutschen
Volkes in diesem Jahrhundert. Oenigeniäfs prüft Rachfahl, ob
die von Lamprecht aufgestellte Penoden-Einteilunjir berechtigt
ist, und oh die \*eränderungen in der Verfassung in der Tliat
ausschlielslich oder doch vornehmlich auf wirtschaftliche Ur-
sachen /.urück/u führen sind. Ht/üi^lich des ersten Punktes
kommt er /.u dem Hrgel>nis: Den Ilaupleinschnitt des langen
Zeitraums von der Begründung dc> Irrmkisehcn Kciclies bis zur
Krrichtung der konstitutionellen Monarcliie tles XIX. Jahrhun-
derts bildet nicht die Stattferzeit , sondeni die Wende \-om
Mittelalter zur Neuzeit Die erste der sich so ergebenden beiden
Hauptperiodeii müssen wir in zwei weitere Abschnitte zerlegen,
deren Grenze ungefähr durch den Beginn des zweiten Jahr-
tau.sends unserer Zeitrechnung angedeutet wird , indem das
staatliche Leben des (Unitscluii \ <>lkc^ bis dahin in der Haupt-
^aclu- \on einem zeiUralisti^elun Frin/.ipe, \'on dn ab mehr von
einer Tendenz der Dezentralisation beherrscht wurde. Iil>enso
verhält es sich mit der zweiten von den beiden Ilauptperioden ;
auch sie zerfällt in zwd Unterabteilungen: das Zeitalter des
dualistischen Bundestaates und das der absoluten Monarchie.
Dafs weiter auch Lamprechts grundsätzlicher Standpunkt un-
richtig ist. weist Rachfahl vorzugsweise an der Geschichte des
Mittelalters nach: der Lehnsstaat des fränkisch-deutschen Reiches
zeigt er war weder in der ersten noch in der zweiten
Periode seines Daseins ein l'trzeugnis der Naturalwiriscliatt
schlechthin; sondern er war ein Lrzeuguis der das politische,
religiöse und soziale Leben beherrschenden Ideen, bezüglich
seiner Organisation allerdings mit Notwendigkeit dem Stande
der damaligen Kultur und daher auch der Naturalwirtschaft
angepafst. Hinsichtlich der späteren Zeit, für welche nach
Lnniprecht die Geldwirtschaft mafsgebend gewesen sein soll.
Weist Rachfahl einfach auf die w ichtigeren \'orgänge der deutschen
Gescliiclite hin. welche die .A.n>l)reilunL; oder der I-anfliiK der
C.cidw u l>cliaft nicht verhütet oder liew irkt hat. Dann folgt
auf drei Seiten eine Skizze der deutschen \'erfassungsgeschichte.
die wir des knappen Raumes wegen leider nicht wiedergeben
können. Allerdings ntufs der Kritiker zugeben : das Verständnis '
der politischen Geschichte ist unmöglich ohne die Kenntnis der
jeweiligen wirtschaftlichen Grundlagen von Staat und Gesell-
^cliaft : ebe!i-io nTnno<;lich ist eine volle Würdigung der Leistungen
eines i)estimmten Staatswesens ohne die Kenntnis- .seines \'er
hältnisses zu den wirtschaftlichen Dingen, ohne die Kenntnis
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l'iusrhau in Naohhiii^ctiictrn.
seijier Wirtschaftspolitik. Und die Wirtschaftsgeschichte ist
bisher vernachlässigt worden.
2.
In (k'iii ^Iciclion Hefte der Trenfs. Jahrbücher cnn Un i tleicn
Herausgeber, Hans Delbrück, die Aussichten der So/.ial-
poHtik. Das Wichtigste — sagt er — ist, dafs die Regierung
das richtige Verhältnis zur Sozialdemokratie findet. Revolu-
tionsparteien können nur dadurch üherwuiKlcn werden, dafs man
ihnen Reform parteien entgegenstellt. Jet/.t ist das nicht niöglicli,
da eine Kiforinpnrtei nnr existieren kant» entweder im l^nnde
mit der Regiernng, indem praktische Kc tnrmen betriehen werden,
»ider aber indem wenigstens die Rei;iLiung sich nentral verhalt
und tleii gcisiigcii Kräften auf allen Seilen freien Spiel ran m läfst.
Man erkennt an dieser Stelle» warum unsere sozial-reaktionäre
Partei fortwälirend tnit solchem Kifer für die Politik des Haare-
krümmens eintritt. Dafs sie keinen Krfolg hat und die Revo-
lution, falls wirklich eine im An/nge ist, nicht verhindern kann,
das sehen die Reaktionäre natürlich so gnt ein wie jeder andere.
Warum bleiben also die Post, die Ht^rliner Xenesten Nachric hten,
die Hamluuger Nachrichten nntl ulk die andern l>ei dem Ruf:
^Noch ein paar Härchen mehr gernplt. und der Löwe wird
bald tot sein« ? Der Grund ist: was sie verhindern wollen, ist
nicht die Revolution, sondern die Reform. Hin bischen Revo-
lution, das man dann niederschl&ge, wäre sogar sehr ange-
nehm. Aber sobald die Regierung sich nur einen Augenblick
zurückzieht, entsteht eine starke R e f < > r m p a r t e i , uiul diese
ist es vor allem, die man nicht will. Man achte auf den
hübschen Kreis, den die llet/e y.u machen ptle.^t. Die So/ial-
deniokraten werden l)ekäiii])tl, nicht weil >iv die Intere.s.sen des
Arbeiterstandes gegen da.s Kapital verleidigen, l>ewahre; sondern
deshalb, weil sie die Grundbegriffe unserer Kultur und unseres
Staates bekämpfen. Nun kommen andere, deren religiöser,
nationaler, konstitutioneller Sinn unanfechtbar ist, die aber dabei
wirtschaftlich - sozialistischen Ansichten huldigen. Mug» sind
sie die Affiliierten der Sozialdemokratie, noch viel schlimmer als
diese selbst, Schwarmgeister nach der Art Thomas Münzer.s.
Mine Wirkung jener retormleindlichen Mächte sieht Delbrück
auch darin, dafs der (preulsische) ()l>erkirclienrat den ICrlaf.s,
in dem er vor fünf Jahren die Geistlichen aufforderte, sich um
die sozialen Angelegenheiten zu kümmern, de- und wehmütig
wieder zurückgenommen hat«. Dieser neue Erlafs (vom 17. De-
zember 1K95) — meint der bekannte Frankfurter Pfarrer Friedr.
Naumann in einem Auf.satze über das Problem der kirch-
liehen Sozialpolitik (Soziale Praxis is'')5 ('.14) ist nur
zu verstehen, wenn man sich die eigentümlichen Schwierigkeiten
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i22
B. Dietrich.
der kirchliclien Organe p;-eg:cntiher der modernen Knlwicklnno;
vergegeiiwärti)^t. Kisenbaliii und Wahlrecht wirken mit einer
Art l'nerhitUiclikcit auch auf Gebiete, die scheinbar weit von
ihnen getrennt liegen. Entweder die Kirche spinnt sich ein,
oder sie zieht die Konsequenzen der veränderten Verhältnisse.
Worin aber besteht die notwendige Umwandlung? Erstens in
der Tendenz auf Berufsgemeinden (an StclU (U r Ortsgemeinden,
auf denen das gan/c System ' der bestehenden Kirchen Organi-
sation benilit ; die Reli.LTion hätte nun die neuen Bcmfsgruppie-
rungen gcraik-so 7U durclidringen. wie sie frülier die Lokal-
vereiniK^unj;en (Uirclulrungen hat), und /weiuns in einer T^os-
lösung <ler Kirchenleilung von der direkten lieeinllussung der
Staatsregierung. Letztere hat sich auf die Seite des 'Besitzes
gestellt. Will es die Kirche ebenso machen, so verliert sie
naturgemäfs an Einflufs auf die iiichtbesitzende Menge, was sie
um ilirer Tendenz auf Volkswirksanikeit willen sehr l)edaueni
wird. In dieser Zwangslage zwisclKii Regienmg und Menge
haben fast alle Kirchenret^-inienter bin und her geschwankt. Am
liebsten würde man natürlich eine einfache Neutralitätserklärung
erlassen, aber gerade dieser scheinbar nächstliegende Weg ist
praktisch zur Zeit nicht- gangbar. Die Staatsregierung und ihr
Oberhaupt, welches zu gleicher Zeit summepiscippm der e\'ange-
lischen Landeskirche ist, denken gar nicht daran, die von ihnen
finanziell abhängige Kirchenverwaltnng als politisch neutral zu
betrachten. Von den Organen der Kirche wird verlangt, dafs
aucli sie die Mächte des Umsturzes liekämpfen. Die evange-
lische Kirche als solche « >]] eine Schützerin der historisch her-
gebrachten politischen \ l•na^>^ungsform sein, gegenüber ParU i-
ansichten, welche mehr zu demokratischen und republikanischen
Idealen neigen. Kurz, sie soll Partei nehmen und dennoch
dabei für alle sein wollen. So entstehen lauter halbwahre Sätze
und schleichende Widersprüche, wie sie im vorliegenden Erlafs
zu finden sind. . . . Als wünschenswert wird es in erster Linie
l)etrachtet werden, das das Sfnmnepiskop(it, die nicht klar fixierte
Regenten würde des Monarchen auch in kirchlichen Dingen ent-
weder eingeschränkt oder beseitigt wird, da in der Personal-
union des staatlichen und kirchlichen Oberliauples nalieliegende
Bedenken betreffs Vermischung der Gebiete begründet sind.
Sodann aber mufs gewünscht werden, dafs die Generalsynode
(für die altpreufsischen Provinzen) eine häufigere und längere
Tagung erlebe, um als dauernde Hilfe inid Kontrolle des
Kirchenreginientes dienen zn können. Schliefslich wird von
neuem die Frage auftauchen, ob denn ein allgemeines deutsch-
evangeli.sches Kirchenregiment fdhne \'ermischung der zu Recht
bestehenden Hekeiujtnisse) für inuuer eine Unmöglichkeit bleiben
soll. . . . Solange das jetzige X'erhältnis von Staat, Kirche und
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Umichav ta Viic1ib«r^«>l*I<-ton.
Arbeiterpartei dauert, ist es ganz begreiflich, dafs etlichen Ver-
tretern der Kirche am Vcrtrnücn der besitzlosen Menge mehr
liefet, als an der (■bereinstimnumg mit Besitz und Regiernng.
l'.incn dritten inhaltreichen Beitrag zur Sozialpolitik bietet
Heinr. Htikner. Kr l)etrachtet -»Sparsamkeit und Luxus
vom Standpunkt der nationalen Kultur- und Sozial-
pol i t i k « (Schmotlers J ahrbuch f. Gesetzgebung» Verwaltu ng und
Volkswirtschaft im Deutschen Reich 1896, I). Sparsamkeit und
Krwxrl» sind für die fortschreitende Entwicklung unserer wirt-
schaftliclien untl deshalb auch unserer geistigen Kultur unent-
behrlich. Aber es giebt bereits innner zahlreicher werdende Schichten,
in deneti Ivrwerb und Kapilalbildung nicht nuhr allein im Vor-
dergrund des lnUTe>^L's iliroiicu dürfen, und zwar aus politischen
Gründen ebensowenig wie aus ICrwägungen lier nationalen Kidlur-
poIitik. Wer durch ausreichenden Besitz oder einfache Lebeiis-
Vfeisc den Sorgen des Unterhalts entrückt ist, der sollte seine
Aufmerksamkeit nicht in erster t,inie auf die weitere Steigerung,
sondern vielmehr auf die richtige kulturförderliche Verwendung
seines Kinkonuuens richten. Als kulturfördernd kann aber nur
derjenii^^e Anfwnnd nngeselien werden, welcher den Menschen
\sirklicli erhellt, tüchtiger, leisunii^^fnhiger macht, welcher der
verständnisvollen Pflege des Wahren, tiuteii ujuI vSchönen in
allen menschlichen lA'benskreisen und sozialen Schichten dient.
Dafs das Bürgertum, welches vor allem zur Ausfuhrung einer
heilsamen Sozialpolitik berufen ist, dieser seiner Pflicht noch so
wenig genügt, findet Herkner entschuldlwr. Wir dürfen nicht
vergessen — erklärt er dafs die aufsteigende K lassen bewegung
d<:< Bürgertums in Deutschland noch recht jungen Datums ist.
Kaum fünfzig Jahre sind es her, dal.s das lUIrgertum wenii^slcns
im Süden und Wr^-tm des Reiches einen ansschlaggebcnden
Faktor im Staatslebcn l>ildet. Der für DcuL>cldand nachteilige
Umschwung, der mit dem Beginne der neueren Zeit im Welt-
handel eintrat, die konfessionelle und nationale Zerrissenheit, der
dreifsigjährige Krieg, die Rivalität zwischen Österreich und
Preufsen, heute die zum Militarismus drängende Lage zwischen
Frankreich und Rufsland : das alles sind Thatsachen. welche die
\'erbürgerlichung des deutscheii \'olkes itngemein verzögert
haben, <lic abir nicht auf das »^clmldkonto des Hüri^irUims ge-
•setzt werden können. Ks war auch kein \'orteil für die i>oliti.sche
Stellung des deutschen Bürgertums, dafs die deutsche Frage von
demjenigen Staate gelöst werden niufste, dessen wirtschaftlicher
und politischer Schwerpunkt bis zum Jahre 1 866 ganz entschie-
den in dem nichtbürgerlichen Osten lag. Aber wie kommt's denn,
dafs man auch heute noch sagen kann, wie es jüngst erst ein
Freiburger Professor in seiner Antrittsrede gesagt: das P>ürirer-
tum sei nicht reif, die politisch leitende Rolle zu übernehmen.^
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224 ^ lH«tri«ii.
Weil CS sich thatsachlich bei weitem zu wenig angestrengt, und
dies wieder hat wohl hauptsaclilich darin seinen Grund, dafs
eine grofse Mehrheit in dem sonderbaren Wahne lebt: mit der
Gründung des Deutschen Reiches sei alles Wünschenswerte und
Erreichbare erreicht; es gelte blofs» iu dein neuen Hause sich
bequem einzurichten, m erwerben, zu geniefsen, zu schwärmen
u. dgl.: die Staatsgeschäfte könne man getrost den Kegiernngen
überlassen. . . . Zunächst wendet sich Herkner natürlich an «die
durch Reichutnt ansgezeichnelcTi Thirgerkrcise . an die grnfsercn
Unternehmer . lir verlangt nicht, dafs diese sich vollständig
vom Kt v\ erbskhcn zurückziehen ; aber sie sollen ihre Unter-
ni.hnicrstelhing als ein soziales Amt ansehen, welches sie im
Interesse der allgemeinen Wohlfahrt zu verwalten hal)en. Nicht,
nach der Gröfse des erzielten Gewinnes allein, sondern vor allem
nach der Zahl gebildeter, glücklicher und zufriedener Menschen,
die sein ITnternehmen geschaffen hat, sollte die gesellschaftliche
Beurteilung eines Untenielimcrs sich richten. Die Rolle, die
den» gröfseren T'nternehmcr heute xtifnlU, ähnelt mehr der Stellung
eines konstitutionellen Fürsten, nicht der eines mehr oder minder
auf«;ekl;irl(.n Seil )>therr>chers. Seine wichtigste Obliegenheit be-
isteht daiui, die jeweils fähigsten Organe auhzuwählcu und richtig
ZU behandeln, eine zweckmäfsige Arbeitsteilung einzurichten,
Reibungen zwischen den einzelnen Ressoits zu beseitigen und
nur die letzten, prinzipiellen Entscheidungen selbst zu treffen.
Die Selbständigkeit der Angestellten mufs so weit entwickelt
werden, als es das organische Ineinandergreifen der \ crschiedenen
Abteilungen des Retriebes irgendwie gestattet. Nur unter diesen
Voraussetzungen wird der i^nUsere l nternehmer genügende Mufse
behalten, um an den politischen und geistigen Strömungen in
der Nation verständnisvollen Anteil zu nehmen.
3.
Die zweite der grofsen Aufgaben, welche Herkner der deutschen
Sozial- und Kulturpolitik zuweist, ist v unausgesetzte Vervoll-
kommnung der nationalen Kunst, Ijtteratur und W^issenschaft
überhaupt . Welchen Teil dieser Autgabe soll nun der in jenem
grofsen Sinne zu wirken fähige und bereite Bürger übernehmen?
Am besten wohl die Förderung der Kunst, eine JUeistung, die
in rechter Wei.se ja nicht zu erwarten ist von den »öffentlichen
Mächten (um mit Hans Schmidkunz zu reden, dessen Aufsatz
»Kunst und Öffentlichkeit« - Gegenwart 1896, 6 — die
folgenden Sätze entnommen sind). Früher war das anders. Die
kunstgeschichtliche Vergangenheit zeigt uns im grofsen Ganzen
die Kunst gelugt und gepflegt von den politischen und kirch-
lit, ]u.n oderkiroluniihnlichen Mächten. Diesgiltxon di r griechisclien
Staat.sgemeinde wie von dem italienischen Renaissance I'ür.sten-
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225
tum; von den Stätten des eg>'ptischen Gottesdienstes wie von
denen des Gottesdienstes im deutschen Mittelalter. Überall sehen
wir. wie diese Mächte nicht nur der Kunst freundlich i^eneic;!
sind, ihr reiclilich zu thnn s^elKm und ihren Wrtrctern die nötigen
Mittel zum Schaffen g\ \\ äln on, sonde rn noch im-lir: wir sehen
sie einerseits die Kunst mit ihrem, der Mächte, cigcn.-^teni Geist
erfüllen, und wir sehen sie andererseits bemüht, der Kunst und
den Kunstlern entgegenzukommen und die individuellen Ergeb-
nisse dieser achtungsvoll aufzunehmen» nicht aber sie von oben
herab zu schulmeiNltm. Das gilt nun für <lie Gegenwart nicht
mehr. Die monarchische Regierung, die Kirche und versohiciknl
liehe Faktoren der öffentÜchen Meinung wetteifern soi;ai in der
Jicnuiliung, tlic Kunst ihics eigenen Geistes zu berauhen....
Woher dies? Erstens, weil es uns im Durchschnitt an spezifiscliem
KunstverstSnduis fehlt Wir lernen grammatische Formdn und
Namen von Schlachten; aber eine architektonische von einer
malerischen Phantasie, eine anschauliche von einer unanschau-
lichen Lyrik, einen urs}>niii glichen von einem nachgeahmten Stil
unterscheiden, und was alles vom Einfachsten bis zum Höchsten
das Kunstverständnis ausmacht, das lernen wir nicht. . . .
Ein zweiter Grund scheint tnis in nll^emeinen Wrhällnis.sen zu
liegen. Dem heutigen Zustand eines Schuhneisterns der Kunst
von Seiten der Öffentlichkeit könnte man immerhin eine Berech-
tigung abgewinnen. Dann nämlich, wenn die öffentlichen Mächte
der zwar abgekürzte, aber treue Ausdruck der Gesamtheit unsers
Lebens wären. Das sind sie jedoch keineswegs. Prfiher mögen
sie CS gewesen sein. Heute sinken sie mehr und mehr zu einem
besomlern Ausschnitt aus jener Gesamtheit herab, der noch dazu
aus einem Teil des Ganzen allmählich dessen \Vider]>arl wird.
Sie fühlen, dafs über ihre kleine Welt die trrofse \\\lt hinüber-
wächst; darum setzen .sie sich in Verteidigungszusland gegen
etwas, das sie selber verteidigen sollten, gegen das gesamte that-
sächliche Leben. Der Verteidigungskampf wird zum Angriffs-
kämpf und sucht die billigsten Waffen ; billigere als ein Theater-
verbot oder als eine Anklage wegen Prefsvergehens gegen die
Sittlichkeit lassen sicli kaum noch finden. Drüben wird die \'er-
teidigung allerdings mit weit kosts]iie!igeren Waffen geführt.
Warum aber führen Jene Mächte ihren Kampf nicht auch gegen
die Wissenschati, die ihnen ducli l)ereils gefährlich geworden
ist uud noch gefährlich werden wird ? Wannn haben sie offiziell
die Wissensdiaft und ihre Lehre > frei« gegeben? Fürs erste aus
dem gleichen Grund, den wir bereits für die Feindseligkeit gegen
die Kunst angeführt haben: weil in un.seren Zn-^tänden die wissen-
schaftliche Bildung allgemeiner entfaltet ist als die künstlerische.')
'j Ist doch sehr ungeschickt ausgedrückt!
Vcw BAhn<-n VW. 4. |c
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226
fc. IMrtrich.
Fürs zweite deshalb, weil die Wissenschaft nicht so ersichtlich
wie die Kunst ins alltägliche Leben aller eindringt. Das Labora-
torium ist hannloser als das Theater. Fnr^ dritte endlich, weil
die Wahrheit y<m anderweitigen Hesonderheiten innner noch trotz
aller Parteien und Standpunkte leichter zu unterscheiden
und zu trennen ist als die Schönheit von dem, was mit ihr
geht. . . . Was thun? Erkennen, daXs vnr das wesentliche Heil
der Kunst positiv nicht bei jenen Gewalten zu suchen haben;
nicht bei staatlichen Aufträgen und Unterstützungen, nicht txri
einem Kintreiben des Publikums in die Kirchen, nicht bei öffent-
lichen Konkurrenzen - unsere besten Kräfte daran setzen, dem
(»egner endlich einen Oeset'/esparn«frn|>hen von der freien Kunst'
a1)/uringen nn>eri' liildniii; ändern, ergän/uti : uns daran
gL-w r)hnen, ebcnsi» wie sclilechle uiul gute Mensciien oder wahre
und lalsclie Behauptungen auch schöne und unschöne Kunst-
leistungen zu unterscheiden, an einer Kunstleistung das Künst-
lerische und Unkünstlerische herauszufinden.
Geschieht das das Dritte von dem, was ^zu thun« ist
- , dann wird auch die Kunst- Kritik des Tages, der Presse
ihren Beruf nicht verfehlen. Objektiv kann diese Kritik nicht
sein — betont Leonh. Ijer (Kunstwart i8i)5'6, H: Kritisches
über Tageskritiki weil es eine objektive Kunstkritik,
eine allein giltige Kun^tnieinung nicht giebt. Auch ist es nicht
Aufgabe der Kunst, Meinungen zu erwecken, sondern Genufs
im edlen Sinne des Wortes zu schaffen. Mit dem kalten Urteil
ist dem Künstler nicht gedient; er wünscht den Ausdruck der
lunpfindnnv;, des Gedankens, die er in ein Werk gelegt hat,
in dem Kcho der Geniefsenden wieder zu hören. Diesen Ge-
fühlseindruck vermag keine Kritik pro t't nnttra wegzuwischen:
sie ist ohnmächtig gegen den Menschen, der zum Mensciien
spricht, und mag sie nn Form und Inhalt noch soviel auszu-
setzen haben. . . , AUerclings läfst sich ein<j iileale Meüiode der
Kritik denken, die allen Anforderungen bis auf die der Unper«
sdnlichkeit genügte, die das Kunstwerk allseitig vom geschicht-
lichen, vom ästhetischen, vom stofflichen und formellen, vom
persönlichen uiul vom Gesichtspunkte des Hinzelwcrkes erfafste.
Aber solcher Kritiker gibt es nur wenige: universale Geister
sind selten, und die in der öffentlichen Meinung — man mufs
sagen, leider - am unmittelbarsten luid stärksten einwirkende
Kritik, die des Tages und der Presse, hat zu wenig Atein, um
eine universelle Methode einschlagen zu können. Sie mag es
beginnen, wie sie will ; kaum jemals wird sie in die Ifdge kommen,
restlos zu sagen, was sie vielleicht sagen könnte. Da das bei
der Tageskritik solange so bleiben wird, wie sie eben TagfCS-
kritik ist, ist die Verschiedenheit des Urteils zwischen diesen
und jenen Kritikern eine Wohlthat, eine Notwendigkeit, sollen
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DniAcbatt in NachbarKebicten.
Kuiisl und l'uhliknni nicht /u kurz kommen. Nm mufs die
Kritik darauf au.s^clKii, nicht /u bc\ orinuuden, sondt*ni das in
dt-m Kopfe der Lc^^er luhciide figtiie Urteilsverniügcn frei /.u
machen, zur Bethäiigung atizustachetn und mit ihren eigenen
Urteilen und Gründen eine ganze Schlachtlinie von Gegeuur-
teilen und Gegengründen in Bewegung zu set/en. Die Kritik
sollte weit weniger zur Erspannig der eigenen Arbeit der I«eser
beizutragen lieniüht sein, nls da/n, das Interesse aufzurütteln.
Auf diesem Oeliiete winkt ihre dankharslc Aufgabe. Xirht so
sehr aks Bihhierin des Geschmackes soll sie dienen, denn als
Anreiz, ihn selbst zu üben. An einem blinden Keifall kann ihr
so wenig liegen wie der Kunst; beide sind individuell und
wollen von Individuen begrüfst werden. — Neben dieser rela-
tiven Aufgabe der Geschmacksanregung kommt der Tageskritik
noch eine andere zu. die sie natürlich auch nur relativ hjsen
kann. Sie soll gewifsermafsen <iie Schwinge sein, mit der das
Samenkorn y>>n der Spivn '.'gesondert wird. Sie soll auf dem
Acker der Knnst den Hlumen Luft machen und das Unkraut
roden. Gewifs kann sie auch hier irren und manches Samen -
kürnlein mit der Spreu hinauswerien. . . . Sic lial das MiUel
des Schweigens und das des Urteilens; sie kann blitzen und
donnern oder dichte Nebel ausbreiten. Einem echten Kunst-
werke aber kaim sie weder durch Gewitter noch durch Wolken
das I«eben nehmen. Das ist der Humor der Sache.
■) Sollte da nicht besser Garten stehen? Auf dem Acker sind
die Blumen das Unkraut!
Neuere Erscheinungen
auf dem Gebiete des naturwissen-
scliaftliclien TJnterriclits.
\'on Or. RMiard Schvlie in I,eip»g^.
(Sclilnfs.)
(1. H <) t :ni I k.
Baadc, l-riedricli. N utti rirrsdi i ch Ic i n l{in/t lbiliU rti. (V rllJ^|)t.•It-
bil(lertl und Lebensbildern. 2. Teil ; Fflan/.enkunde. S"*. XI
VI. 2;;, S Tiiit 7«) f'Mu. Preis geh. 3 M., geb. 3.30 M. Halle a. »S.
iSy4. Heiinann Siluo«leI.
Wie aus Ucni Titel hervorgeht, i»l dieses Buch nicht dera Studium
der Botanik gewidmet sondern dem Unterridit in der Botanik. Vw\
von diesem Standpunkte aus hat der Verfasser sehr recht wenn er
sagt, «lais (1er Schwerpunkt des pfianzenkundlichen Tnterrichts der
Volksschule in die eingehende Betrachtung einzelner Pflanzen zu
leiten ist. solcher Pflanzen, die von hervorragender Pt-dciilun^ für
Menschenlelien und Xaturhaushall sind, wie auch solclier. die durch
Kigenheiten ihrer Lebensweise besonderes Interes.se erregen. Wer
demnach eiueu \V'egwei.ser für den Unterricht in der liutanik sucht,
dem kann ich dieses Buch sehr empfehlen.
Bergnwiii, Adolt l>ie Blumenpflege, ein praktisches ürziehungs-
mittel für Schule und Haus. 8**. VIII u. 44 S. mit zahlreichen
Abbild. Preis 0.50 M. Ciera- rntermhaus.
Da das Buch rein technischen Intere.s.ses i.st, kann ich mir kttin
nialsgebendes l'rteil erlauben, !>ckenne aber, dals es n\ir. dem ItcuikU'
von /iiiiiiK i und ('Tailcngvw <u1im. n luisi r< >rdentlich irefälU. so dals
ich es mein unterlassen werde, es bei jetier sich darbietenden < le-
legenheit aufs wärmste zu empfehlen.
Kraepelin, Prof. I>r. Karl. Leitfaden für den l'ntertcht in der
Botanik an mittleren und höheren Schulen. 4. Aufl*
VI u. 116 S. mit 212 Fig. Preis i M. Leipzig 1893. B. G. Teubner.
Das Buch i.st j-^eeignet. das Studiuni der Botanik vorzubereiten,
und kann sehr i nspfohU ii wt nU n Besonders gewinnt es durch die
sehr gut au.sgefiihrten Abbildungen.
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Xruere Rrschfinunijpn «uf d^m (lobipli^ iloii R«hirwtMrii»r1wni(ebf>ii irnt^rrlvIiU.
Rrauttbaufi*. Theodor. Botanik. Ausgrabe R In I\iU*n 2. Tiil
2. Sttjfc S'\ I\' u. 76 S. Prds 0,50 M. Halle a. S. 1893. Her-
mann SchröfUl.
Das Buch cnUiäll sehr lehrreiche iietrachlungen, die nach der
Disposition geordnet sind: I. Im Walde; II. Im Obstgarten i III. Auf
Wiese und Weide: IV. Im Gemüsegarten: V. Auf dem Felde; VI
Im Walde.
Niefsen, Jm Blumen der Heimat Wanderungen durch Wiese und
Wald, durch Feld und Garten. S". ^19 S. mit vielen Figuren.
Preis 2 M. Munster i. W . .Xdnljih K'issclls VeHae^.
Die Hlumen der Heimat wi rdi n in ;ms]irLrht ii(lt.T Weise für die
KimU t L:\ >chihlert nacli den Kapilchs ; Iti den < )sterferien, in den
riiiig.sliericn. in den Somnierferien und in den VVcihnachtsferien.
Vier Tafeln in Buntdruck sind eine angenehme Beigabe.
Scbimpfky, Richard» Deutschlands wichtigste Oiftge wachse
in Wort nnd Bild, nebst einer Abhandlung über Pflanzengifte.
Lief. 2-4. S". 62 S. mit 20 Tafeln in Buntdruck. Preis 1,75 M.
(Ura T'ntennhans I'"r. laugen Köhler.
Schon \)v\m l jsc!icinen der ersten I.ieferung haben wir uns
lobend über dicsrs \\\iki lien, dessen Ansstattutiif der Verla^^'shnnd-
limg alle IChrc luachl. .lu.sgesprochen ; wir können ihm nur eine recht
weite \ erbreitung wünschen. Ganz besonders eignet es sich für die
Hand der Kinder, die durch dasselbe Pflanzen kennen lernen, ohne
dieselben in der Natur gesehen zu haben.
Wfknsche, Dr. Otto, Der naturkundliche Unterricht in Dar-
bi et n Ilgen und f'bungen. Heft I. Die Fanie. 2. Aufl. 8".
iS S. mit I Tafel. Treis o,.;o M Heft. 11. Die Laubmoose. S".
23 S. mit I Tnfcl Treis 0.50 >L Heft III. Die (Fräser. S". 4? 8.
mit I Tafel. I i eis 0,75 M. Zwickau 1894, Verl. von Gebr. Thost
(K. liräuningen.
Diese Heftchen haben den Zweck, insbesondere jüngem I^ebrem
die Vorbereitung für die naturkundlichen Unterrichtsstunden zu er-
leichtem. Sie enthalten deshalb nicht nur alles das. was den Schülern
mitgeteilt werden soll, und wie dies /.u geschehen hat sondern auch
fast alles, was der I.elirer über <len l>».treff enden ('.egenstand wissen
muis. Wie alle bis jetzt ersrliii iu-nen Schriften de« Verfa.ssers, sind
auch diese Heftchen gut /u nennen.
e. Mineralogie.
FnfSt IConrad, Grund zu ge der (Geologie. H*^. 102 S. mit Abbil-
dungen Tit is ■(! M Nürnberg 18^)4. Triedr. Korn.
Figentfimlichenveise beginnt das Huch mit einer Einteilung der
MiTiernbcn. die insofern iran/ /wceklos ist. als letztere unter llinzu-
fügun.u Thu r cheniisclu ii l oniKl nur namhaft gemacht werden mit
dem Nachfolgenden dewina».!! in gar keinem Zusammenhang stehen.
Bekanntlich set/.t aber die Geologie die Kenntnis der Mineralien
voraus. Im übrigen ist das Buch empfehlenswert.
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2^0 Dr. Bicbarri SrhuUe.
SteiniT, Carl Jjiscpli. I'.is M i ii ci .i I i ci ch nach se i n t r Siel 1 u ii u
in Mythulojric und \'(»lk.sglau!jcn in Sitte und Sage,
in (fcschicht«* un<1 Litteratur. im Sprichwort und
Volkstfest K* X und 142 S. Preis gKh. 2.40 M., geb. 3 M.
(lotlia 1H95, C. F. Thienemann.
Dieses hwch ist kein I.vlir- odt-r I.vrnbmli im cijrttitliolu 11 Siiiiii;,
sondrrn is ist hcstininil. den natnrkuJid!i(, lu n T'titerrichl zu hekUvu.
d;is Interesse an der Natur zu erliöluii und sinnige Xaturhetraelilunj;
/.u fiM(lern, und in diesem Sinne düifU' t.s «Um I.elirer der Natur-
i^cschiciite .selif willkoninien sein. Aber aui h einem jjrölseren Tub-
liktini kann ich es als eine sehr interessante und lehrreiche I^ektüre
empfehlen.
Twiehausen, Oda. Mineralof^ie in ausj;eführten Lektionen
und Kntwürfen nebst einem kurzen Abrifs der Chemie. 8».
X u. 246 S. Preis f^eh. 2,.So M., geb. 3,40 M. Leipzig 1.S95, iimst
Wunderlich.
Der Verfasser h.il den Stoff für die Volkssch>dt sdir trnt verar-
l>cjlet Leider i.st die lCint*;ilung der Mineralien verallel und darum
unrichtig.
U. Physik und C'heiuie.
AreiHlt, Prof. T)r. Rudolf, Grundzüge der Chemie. 5. Aufl. s".
XIV u. 367 S. mit t8o Fig. Preis 2.40 M. Hamburg u. I^^ipzig
1894. Leop. \'()fs.
— , - , .Vnorganische Chemie in 1 1 1 u n d / ü tjt- n 2. Aufl. S<'. XII
u. 250 S. mit 150 Fig. l'rei.s i,6ü M. Hamburg u. Leipzig 1S94,
Lcop.
— , Bildungselemente und erziehlicher Wert des Unter-
richts in der Chemie an niedern und höheru Lehran>
stalten. 2. Aufl. 103 S. Preis o,Ho M. Hamburg u. Leipzig
iS«)3, Leop, Vofs,
Wir haben tms schon frulier über die .\rendtschen Hüclier in
der lobensweilesten Weise ausgesprochen und können uns deshalb
jetzt kurz fasscti : Was Professor .\rendt schreibt, ist sehr gut und
kann ohne Bedenken aufs wärmste empfohlen werden.
Aruluirt, Ludwig. Die orgaiiiNche Chemie. Methodi.sches Hilfs-
huch fär die Hand des Lehrers, sowie zum Selbststudium. I. Teil :
Theoretische Vorbegriffe und Chemie der Pflanze. 8**. 90 S.
Preis 50 Kreuzer. Wien 1S95, X'erlag des Vereines Bürgerschule .
Der erste Teil ist nicht übel. Ivin endgültiges l'rleil kann aber
erst nach dem l%rscheinen des vollständigen WVrkes gefällt werden.
Bönier. Dr. H.. Leitfaden der }{ .x p e 1 1 nu n l a'i ph \ si k für sechs
klassige lu'diere Lehranstalten. S". X. und 170 S. mit 165 Fig.
Treis geb. 2,2u M. Herlin 1893. Wcidmannsche Buchhandlung.
Hin besonderer Vorzug dieses sehr brauchbaren Buches ist, dafs
sich der Verfas.ser ausschliefslich schematischer Zeichnungen bedient.
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Neuere LrkcUt'inuiigtn nuf dvm tirbietr d«-> llHlul'Mi^•^Ml&l■'bllftlicll«'U Uaterricbta. 2^1
wodurch das Veisländnis wesentlich erleiclitcrl wird. Man erkennt
auf den ersten Blick, d&ts der Verfasser den Stoff nicht blofs beherrscht,
sondern ihn auch pädagogisch zu behandeln versteht
Cninbei^er, Bernhard, Haushaltungskunde. Eine Naturlehre für
Küche und Hauj;. 8". VI IL und 95 S. mit 17 Fig. Hraunschweig
1895, Otto Salle.
Aus dem CieV-iclc der Chemie «greift du \ ( ifasscr dasjenijie
heraus, was \ oti s)»( /,iclk 111 Interesse tiii Kiuhe und ll.ms isi. Das
Buch ist em]»felilenswerl, i>t es ja doch schon als .Man>iskr)])t auf
der Kochkunstausstelluni; /u I'rankfurta. M. 1894 prei.sj^ekrönt worden ,
obwohl manches Überflüssige in ihm enthalten ist« beispielsweise die
Darstellung von Sauerstoff, Wassenttoff usw. Denn diejenigen, für
welche das Buch bestiiunit ist, werden niemals in die Lajre kommen,
die .irenannten ( .ase darzustellen. Damit ist durchau.^ nicht K^^^-iJ^t,
tiafs ilne Darslelluni; auch im rnterrichte unterhleihen s<ill. ~\'or-
liejjendes liuch aher sf)ll kein Lehrhuch. stsiulern eiiT l.erti- resp.
>ferkhucli sein. — Der Titel al>er ist un^^lücklieh i^cwählt. denn unter
liauslkaltuni^skunde begreift man etwas anderes als das. was das
Buch bietet. Auch Naturlehrc der Küche und des Hauses ist nicht
deutlich, da man unter Naturlehre allgemeine Physik versteht. Besser
wäre gewesen: Chemie der Küche und des Hauses, aber mit diesem
Titel hin ich <Uiii Wrfasser in» Jahre 1894 zuvor tvekummen.
Uenaii, A.. Physik lür Kehrerbildunjjsanstalten. S". \ und
207 S. Treis geh. 2 M., geb. 2,50 M. (iotha KS95, K. F. niienc-
mann.
ri)cr dieses iiuch kann man sich freuen I Der erfahrene Ver-
fasser greift aus einem grofsen (»ebiete das heraus, was jeder I^hrer
wissen niufs. Der trefflichen Auswahl des Stoffes entspricht die Be-
handlung. Die Anordnung desselben ist eine streng logische, wie sie
sein muf.s wenn man Denker erziehen will. Betreffe der l*'ijjnren
spricht der \'erf. iran/ da,s.selbe aus, w.is ich schon früher gesa.i^t habe.
ICr schreibt : -Fijiuren treten nur dann auf. wenn es notwctitlij^^ i.st. Wie
eine I'erson ^^eht, die eine Last auf dem Rfuken trä^l, wie man ein
Trinkj^las umgekehrt ins Wasser taucht, otier gar, wie man mit der
Schere einen Faden durchschneidet, braucht nicht durch eine Figur
veranschaulicht zu werden. Von den beigefügten Abbildungen ist
alles unnötige Beiwerk femgehalten, so dafs die Aufmerksamkeit des
Lernenden ganz auf das Wesentliche gelenkt wird und die Figuren
selbst meist a]> \ orbilder für Darstellungen an der Schultafel dienen
können. Das Werk, soll überhaupt kein Bilderbuch, .sondern ein
Lern buch .sein.
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2^2 Bücher unil AukSuc.
Neue Büclier
a) BBehar.
Conienuis. des Joli. Ainos,
(llücksschmic<l, oder die Kunst,
sich selbst y.u raten. /. .1. (^omenn^
Jahi i lotiuiun sivf tii 'i iuinithmii xthf
tpi. Nach dem Amsterdamer
Drucke vom J. 1601 m. e. einleit.
Herichle hc*rau.sge>{. von Dr. Jos.
Reber. (67 8.) <;iefscn. R. Roth.
Andrä, J.C., Kurzer Lehrgang
der Ceschiclite f. höh. Mädchen-
schulen. Mit 12 (.'.eschichtskarten.
»2 Rildertaf. zur (icschiclite der
Haukunst und HildhauLiei, 6 liil-
dertaf. zur Kulturgeschichte. (208
S.) Leipzig, R. VoigÜänder. geb.
2,40 M.
Fischer, Prot., Oynn.- 11. 8e»..DIr..
Dr. Karl, (irund/.ü^e einer So/.ial-
pädagogik und Sozialpolitik. 156
S.i Ivi.senach, M. Wilckens. 0.75 M.
II oh mann, I*., Rek«.. l'n.sere
Sch n lein rieh tu n<i^cn u. die Reform-
bestrebungen im Lichte des l\r-
ziehungsprinzips und (kr Zeitfoi
derungen. (17S.) Bielefeld.lielinich.
0,50 M.
Kuderna. B£la. Das Satzbild
in seiner Anwendung f. d. Lehre
vom Satze. (64 ö.> Wien, C.
Konegen, i M.
Schmitt. Lehr, P., DieF.thand-
Innir der Wortleliir in der Volks-
.schule. (87 S.) Heidelberg, vorm.
Weifs. 0,90 M.
S c h \v e n d i m a n n . Dr. Joh., Der
Pädagoge Pestalozzi nach zeitge-
nassischen Quellen im Uchte der
Wahrheit dargest (64 S.) Luzem,
Räber u. Co. 0.70 M.
Springer, Kn-iK-x iiuiiii!<|.., Dr.
Wilh., Knr/er Abrils des Hand-
arbeitsunterrichts in der X'olks-
schule. Zum Ciebrauch für Hand-
arbeitslehrerinnen wie 7Mr Kin-
führung d. Schulaufsichtsbeamten
in dieses C.ebiet. (79 S.J Breslau.
J. Hirt. I M.
und Aufsätze.
h) AvMtte.
Ambrassat. Zur b'ibelfrage
(Mittelschwle .v) Halle, Schnidel.
Busse, H.. I ber den ( iesang-
unterricht nach Noten. iSchulbl.
der Prov. Sachsen 5.1 Quedlin-
burg, Huch.
IvhiJii^cr. Zur Reform der
Lelirerl)ildung. (l'ädag. Blätter i.i
Gotha, E. V. Thieneniann.
( r ä t e r , f' ber die ch ristocen -
trische l^ehandlunir di s Katechis-
mus. iZl.schr. für e\ ang. Religion.s-
unterricht 2.) Berlin, Reuther u.
Reichard.
Kabisch, Der Stoff des ersten
Rel igionsunterrichts. ( Päd. Blätter
1.) Gotha, E. F. Thienemann.
Peters, Zur SchulbilK-Urage.
Hin Wort für da.s Biblisclie Lese-
buch der Bremer Bibelgesellschaft.
(Ztschr. für evang. Relegionsunt.
3.) Berlin. Reuther u. Reichard.
^uäbiker, Der UnteriicUt iui
•Deittschen im Rahmen der Be-
.stimmungen vom 31. Mai 1.S94.
(Die Lehrerin 8.) Gera. TU. Hof-
nuuiu.
Schröer. Pestalozzi als För-
derer der Leibesübungen. ( Monats-
schr f Turnen 1.) Berlin, (iärtner.
Spilzner. Dr. Alfred, (iei.stige
r l>tran.strengung in den Schulen.
(Pädagogium 4.) Leipzig. Klink-
hardl.
Stumvoll, Die .sozial -politi-
schen Ideen Pestalozzis. iSt hulld.
der Provinz Sachsen 3. 4.) Qued-
linburg, Huch.
Wagner. Der Rechen Unter-
richt seil in MädrlienschnK 11 <lcm
Handarbeitsunterrichte zu Hilfe
kommen. (Päd. Blätter 1.) Gotha.
Thieneniann.
Wätzoldt, Dr. S, Nationale
Züge der Frauenbildun^. (Mittel-
.schule 2.) Halle, Schrddel.
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Neue Bahnen.
PÄDAGOGIUM.
Monatsscbrift für Haus-, Schul- und Geseilschafts-Erziehung.
Heft 5. ~ Hai 1896. ' VlI. Jahi^.
Sdiweizerisches TolkssclxtLlveseii*
Von RMMf Dietrieh in Kandem rfrfiher in Zürich).
Einleitung^.
Eine anschauliche, in alU u iMii/.clhcilcii klare DarsLclluug
des gesamten schwei/.erischen Volksschulwesens würde einen
stattlichen Rand füllen. Und sie wäre erst dann ganz zu-
verlässig, nacli der Natur gemalt % wenn der Ver&sser in
allen fünfandzwan/i^, oder doch in mehreren verschieden
gearteten Bundesgebieten gelebt und beobachtet, oder wenig-
stens in jedem Kanton einen sachkiin<1igen und unparteiischen
Biu L^t r als stillen Mitarbeiter gehaln und die Aufsernngen über
Scliulang^clet^^eiiheiten in der p( )liti^t'lien Presse einige Jahre
liindureh gesammelt hätte. Hin solclier Mann aber dürfte
kaum zu finden sein, jetzt und später. Höchstens wenn die
viel umworbene ßundeskasse einem die Mittel zu jenen aus-
gedehnten Forschungen gewährte! Gerade in der jüngsten
Vergangenheit hätte man ani den Gedanken kommen können
auf den Gedanken nändich, der SehiUansstellnng innerhalb
der am i. Mai d. J. eröffneten Landesansstellnni^ zu Genf
einen hmidlitlun l üluer bei/aioeben. Hin Üuch, nicht
zu dünn und nicht y.u dick anziehend ausgestattet
wisscnsehatilich genau und doch klar und kurzweilig ge-
schrieben — ein Buch, das jedermann, der Zeit hat, ein gutes
Buch zu lesen, gern lesen würde %'on Anfang bis zu Ende
— ein \'olksbuch! - ein Buch, das in weiten Kreisen warme
Teilnahme am Leihen der Schule wecken könnte, mül^ic'
N'nn hat allerdiiiLiS die Kidgenossenschaft ihn Scliul-
anssulhmg nn't einem iMihrer bedacht, ihm sogar ein kK im-s
\'erm(>gfn (4ü,(xx) Fr. etwa) gewidmet. Aber er wird in
Ciestalt einer mehrbäniligen Statistik ci.sclicincn, vor deren
unendlicher Zahlenfülle gar manchem grauen dürfte. - - Ein
Buch, wie es zu wünsdien w«are, giebt es nicht. Übersichten-
.sind ja vorhanden, doch kaum dem schweizerischen Lehrer
ganz verständlich; den .Ausländer verleiten sie leicht zu
Kroe B«lin«ii (PidAfogim) TU. S. l6
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^34
Kudolf Dictrirh.
falschen Vorstelhmgeu oder Sdilüsseii. Die wenigen ans*
führliclien Einzelbeschrcibnngcn und grundsätzlichen Er-
örtenin^en aber nmfs man an verschiedenen Orten zusammen-
suche n.M
Meine Arbeit will die wichtii^^stcn Kapitel ans dem noch
zu erhoffenden Huche über das >eh\vei/erische \'olk.s>cliul-
\.'esen vuiliaj^en; darin sieht sie ihre Üeicchtigung und ihren
Wert- - Ich habe nur noch zu bemerken, dafs meines Kr-
achte ms die Volksschule ans Kinder- und Bürgerschule (und
Haushaltschule für Mädchen) besteht
I. Eidgenössisches Soll und Haben.
I, Hiltys (redanken üher die Aufßrahc der kcIiw. Kidgenossen-
scliaft und (vraiidgedanken tler scliw. l^r/ieliung-. — 2. Bund und
Schule : was ist» — ^ Hund und Sohuk \\a<; werden soll oder
kann. — 4. Schwei/erisdic \ (»iksschuk .
i;
Seit 1886 giebt Karl Hilty, Professor des Bundesstaats-
rechts an der l'niversitat Bern, ein Politisches Jahrbuch
der schweizerischen Kid<;enossenschaft heraus. Aus diesem
Buche (das in Deutschland seine,^ j^leichen leider nicht
Imt^ s]>richt ein echter Scliw ei;/(, r (so wie ihn etwa 'l' V
Dculsclic daheim sich vf>r^ulUi, ein Politiker und PhiloSi/jjh.
t-int scharf ausj^epräj^^u rcrxniliclikeiL und, nicht zuletzt,
ein Mann, dem es ernst ist um das, was er saj^t der
seinem Volke in der Weise der israelitischen Projdieten,
die er gern anruft,*) dienen möchte. Ks ist fast selbst-
S II \\*( ttstc in Ikriclit über dit* Ttnippi- rntt-rnrlUswcseii
der sohw. Landcsansslellung in Zürich iSSj. 030 S. — Ini ganzen
veraltet: heute noch lesenswert: Die Anstalten f. d. reifere Juprend-
alter. niL I.( hrtrhildunj^sanstalti 11 Die Kckrutt-nnrhi iti 11
Jahrbuch des U n t e r r i c h t s \v e s e n s in tl e r Schweiz,
seit 1887; zuerst von C. flrob, seit 1891 von A. II über bearbeitet.
Leitartikel 1SS9: Die Militir|)flicht d. Lehrer i. «1. vSohw. - iS.)(): Die
Ia hiLiliikhiny^sanstalten i. d. Scliw. — iS^^r I>i( rncnt^eltüchkcil
der indi\ iduelkn I.ehrmitU-l und Schuliuat«.! ialicu i. d, Scliw. —
1892: Slaatliclic KulictTLlialtc. Tensions . Alters. Witwen- u. Waisen -
kassrn d. \"olksschullehrer und der Lein t r a d. h ">h. Li hranstalten
i. d. Schw. — 1893; Die b'ür.sorjrc f. U. SlclU crtretung <l. I,ehrer a.
d. Volksschule und a. d. h<5h. Schulen i. d. Schw. i, J. 1S94 — (Das
Jahrb. f. iS<>4 soll im l-Vühj. iS«/> irscluincn.)
C. (iroh: Die schweizerische Volk.sschulc. (Schw. päd. Zcitschr.
1S91, L)
*) Die Lcbensauffasstinj; und Dcnkuujfsart der urof.scn Propheten
— sapft er - stt 1k der nKxkrn-republikanisiJu n . ft 'lur^cist nahe. -
Kr behau]Acl aucli wciler, die schw. ICidgenossenschall hai)e in ihren
Schicksalen nnd in ihrer staatlichen Aufgfabc eine bedeutende Ähn-
lichkeit mit fleni altisraelitischen Volksstaate.
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K<<)iwnix«>ritrli(>M Voik*»cliulvi cucn. 2\Z
verständlich, dais dieser Mann auch einmal (im Jahrbucli für
1892) Über die Aufsähe und die nächste Zukunft der
schweizerischen Eidgenossenschaft« sich ausgesprochen.
Meine Abhandlung läfst sich kaum günstiger eroffnen,
als mit einigen Sätzen aus jenem umfang- und inhaltreichen
Leitartikel. — Die alte Kidgenossenschaft (der Staatenbund,
wie er bis 1798 bestanden) hat — sagt Hilty - trotz vieler
rnhnireicher Thaten und cnt.q;en|-en einem \-ic1 versprechenden
Anlang, ihrer Aufgabe der alti^ernianischen Volksireiheit in
Europa eine bedeutende staatliche Ausgestaltung zu ver-
schaffen und die republikanische Staatsforni zur vorherrschen-
den in diesem Weltteile zu machen, nicht entsprochen; und
zwar in der That nicht wegen der Beschränktheit ihrer
Machtmittel . Die Aufgabe ist nun auf die neue Eidge^
nossenschaft, (den Bundesstaat von 1848 und 1S74) überge-
gangen. Die Schweiz niufs auch heute noch der Freiheit
eine (»asse macheu . Jetzt aber kann sie es blofs noch mit
der ideellen Macht des Beispiels einer wahrhaft repu-
blikanischen Regierung . Diese ideelle Macht also gilt es
zu erwerben. Sie wird erworben sein, wenn die gröfsere
politische Freiheit, welche das Volk als Ergebnis seiner
besonderen geschichtlichen Entwicklung erlangt hat, auf
sittliche Freiheit als ihre unentbehrliche Grundlage sich
stützt. Daraus erliellt, wonach die Eidgenossenschaft zu-
nächst — und nielir als andere Völker zu streben hätte.
Denn die grolse .Aufgabe, welche Hilty ihr stellt, wird jeder-
mann ihr gemäfs finden. — .\n einer anderen Stelle bezeichnet
Hilty das Leben in sittlicher Freiheit einfach als menschen-
würdiges Dasein, und er bemerkt dazu: »Das ist eigentlich
unsere jetzige I^bensfrage, wie die Erziehung aller zu einem
menschenwürdigen Dasein, die der einzige vernünftige Staats«
zweck ist, zufolge dessen jeder wahrhaft gebildete Republi-
kaner ein Demokrat sein m u fs, ansonst es mit seiner (ieistes-
nnd (Tcmütsbildung nicht ganz, richtig bestellt ist, zustande
konnut .
Hilty gicbt auch eine .\jUvvori aul die Frage; das folgende
Jahrbuch beginnt er nämlich mit einem Aufsatz «über die
Grundgedanken der schweizerischen Erziehung*, l^i dieser
Arbeit') ist aber Hiltys Fcdei weniger glücklich gewesen
(als bei der andern), verntnilich deshalb, weil er über eine
Sache schreibt, die ihm doch einigermafseu fremd ist. Das
erscheint nmsoniehr bedauerlicli . als er geradezu erklärt,
er rede im Mamen seines Volkes, des ^schweizerischen Staates ;
Ich habe sie früher eintfchend gewürdigt im rüthigogium XVII.
16"
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2$6
idiiiitlt' Dietrich.
er wolle g^enau und nnuinwniulen sa<'eu, was für Aiusprüchc
wir künftig an die sämtlichen Erziehungsanstalten z\i stellen
gesonnen sind«^. Dieses Versprechen halt er nun nicht ganz;
ja man mnfs überhaupt sagen, dafs die Arbeit einseitig ist,
insofern, als er nur die Hrzielning der Hevorzuj^teii (denen
Hilty selbst dnrch (lebnrt nnd Amt angeliört) erörtert. Das
Oyninasinni ist für ihn einfach die Schnle , welche nach
Hilty — in Verbindtmg mit der Hoch.schnle den /.weiten
Teil der dreiteiligen seluveizerisclien Kr/.iehnnj^ überninnnt
(den ersten besorgt das Hans, den dritten jeder an sich seihst).
Vom Gymnasium handelt mehr als ein Drittel der ganzen
Abhandlung!
Die Volksschule erhält in diesem Plane keine beson-
dere Stelle, nnd in den beiden Übersichten» die gelegentlich
geboten werden, V>leiht sie nnerwälnit. Hin paar Betner-
knngen jedocli werden ihr im \ erlanie tlcr Ansfülirnngen
gewidmet, P's sind die folgenden: Wir würden kein Hc-
denken halben, das schnlpfUchtige Aller etwas hinans/.nschieheii
{das Alter kann man mm zwar nicht hinausschieben — aber
den Beginn der Schulpflicht, etwa bis ins achte Lebensjahr,
meint H.) nnd sind Gegner aller vorherigen \'()rbereitnnt;s- und
Kinderschnlen. Eine religiöse (irnndlage (der sittlichen
Oewöhnnng) halten wir nicht für absolnt notwendig, nnd die
KcliL^ion kann dem jngendlichen \'erständnis überhanpt nnr
historisch nahegebracht werdt-n. Die konfessionell ge-
trennten Schnlen halten wir ftir p(>liü.sch nachteilij^, ebcnsc)
wie — im allgemeinen »4Lsprochen - die Privatschnlen, in-
sofern nämlich die öffentlichen billigen Anforderungen ent-
sprechen, dagegen die Verwendung von (^rdenslenten in den
Schalen (Tychrschwesternl, sofern sie nnter ansschliefsHcli
weltlicher Leitung stehen |die Inspektoren dieser Lehr-
.schwestern sind aber Friesterlj nnd keinen besonderen An-
lafs zn Klagen gehen, für zidässig, ja .selbsi nnansweichlich
"in katholisch-ländliclu-n X'erhälttn'ssen. Die völlig materia-
listisch gesinnten Lehrer welllichen Standes, die anch vor-
kommen können, sind uns jedenfalls noch unlieber als diese
meistens doch sehr pflichtgetreuen, persönlich edlen und von
ihrer Aufgabe ganz erfüllten Kranen. Ferner: Von den Fort-
bildmigsschnleti, Handwerkerscliulen ') nnd den vielen |?| jetzt
von der Kidj^eno.s.sen.schaft snbventionierten X'ortragen halten
wir im ganzen nicht sehr viel. Die erstgenannten hätten, da
jeder |!j Schnlzwang dabei ansgeschlossen ist, mir iliren guten
Sinn, wenn es gelingen würde, <lie erwachsene Jngend des
'i \ ^1 das Schlufswnrl Avr l-'inleitunjj. l^ii hier ux'tinnnleii
Schulen stehen wenigstens teilweise au Stelle, siiul aber niehts weiii<4:er
als ein Ersatz der dringlich zu fordernden Bürgerschulen.
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Kan(le> für eine w eitere P.ildiiii); sehr IchhaH zu intere.ssieren.
»So k(jnulcii wir uns z. 15. denken, dafs eine geistreiche
historische Behandhing der Zeitereignisse an Hand der Tages-
litteratur*) die zur Abstiinmiing über alle diese Fragen be-
rufenen jungen Bürger wirksam für ihren politischen Beruf
■/AI erziehen und ihnen die ül)Lrhand nehmende (Tleichj^niltig-
kt it gegen denselben und die \ei.L^un<^ zu geistlosem Wirts-
haussitzen und Spielen beneliuieii kTmute. — Die beste
Fortbildungsschule der Kidgenossenschaft winde der Mihtiir-
(Henst sein, wenn er noch weit mehr als bislur aueli die
j)ersöidich-sittlielie lüzieluiug tles Soldaten sich /.um Zwecke
setzte, der sich ja ganz in der Hand seiner Oberen (wie nie-
mals in einer anderen Schule) befindet^') Schliefslich sei
hier noch eine gelegentliche nenierkunj; im 1892er v Jahres-
bericht- (jedes Politische Jahrbuch bringt einen langen
Jahresbericht mit einer Menge treffender Worte) angefügt:
\'olksschidfragen Irinveu von dem allgemeinen vStande der
Hildung in einem Lande ab, zu der noch sehr viele andere
Kiemente als die vSchule beitragen müssen.
\'on der ICrziehung im Hause verlangt Hilty das
Pflanzen der Liebe: das Kind mufs durch die Familie zur
Herzenswänne tmd Opferfreudigkeit für seine Nächststehen-
den erzogen werden und zu einem sonnigen liebevollen Wesen
überhaupt, das dann für das ganze Leben vorhält . Eine
andere Stelle bringt die Ergänzung: Wenn man sieh fragt,
was dem Kinde anzuerziehen sei, so sind wir tler Ansielit,
dafs sich da.^ auf weTn\^e gute ("iewohnheiten beschränken
könne, mit denen allerdings sehr frühe begonnen werden
ninls. Es sind dies Gehorsam« Aufrichtigkeit, Frenndlich-
keit, Freigebigkeit, Arbeitsamkeit, Selbstüberwindung, Ab-
wesenheit von allem Klassenhochmut und ebenso von aller
Menschenfurcht*) Das sind alles Dinge, die auf dem Wege
der (lewöhnung, des einfachen, aber konsequenten Anhaltens,
Lobens und Tadeins in der l'amilie erzielt werden können,
am leichtesten durch das Hei.-^iiiel der Kitern, Angeluuigen
und Dienstboun. ulnie tlas alle \'or.schriften für das Kind,
welches einen starken Xachalunungstrieb und eine sehr gute
Beobachtungsgabe besitzt, nur leere Worte sind',*)
') ticschiehl .schuti hie uinl da, freilicli wohl nicht iininer geist-
reiche
-f Niehl iihcl. aber /. nnjiu»j^^lich — ni(i;flicl) dann, wenn div
t r^U Hietist/.cil iuif c-lwa ein jähr \ crlangcrl und /.mor die erforder-
liche Au/:a)il Offi/.ieri- /u I*:r/.iclictn lir -ndhch ausj^a^hildet würde.
I Wenijj ist das aber nicht'
' AlxT in wir vielrti I'atnili. n ist das inoj>flicli ! H. k.mii des-
halb niciil unihui. den Staat aut/ut«>rdern, »lals er für ^esuntle. mit
dem nötigen bescheidenen Wohlstand au.S{|estattete Fanulien und für
natürliche, für ihren Benif wohlentogene Frauen sorge .
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2 ^8 Uu.lolf Uit lru-li.
Zur richtigen S c 1 b s t e r /. i e h u n g'^ endlich gehört nacli
H. beides vereint: Einsicht, Glauben an das Vorhandensein
einer göttlichen Weltordnun^ und Wille, derselben in freiem
Gehorsam zu dienen. Dies die inneren Mittel — Dieäufseren:
»Handeln und Leiden das Ziel: »die wahre Lebens-
philosophie Deren Inhalt verraten vielleirlu die Kr-
kennungszeicheii des Schweizers, wie ihn H. für die Zu-
k 11 n f t sich wünscht: Einfachheit, Redlichkeit, Trene;
Kraftgefühl, frischer Alut und hilfsbereiter Edel-
in u L .
Iiy Jahrbuch (Jahresbericht) für 1894,95 kommt Hilty
wieder auf die Volkserziehung zu sprechen, und auch auf
die Pestalozzifeiem des Jahres I1S96. \'on diesen sai^t er: sie
«haben einen guten Sinn und Zweck, wenn sie mit dem Vor-
satz, verbunden werden, in nnserni ganzen Erziehntii^ssr ^ti ni
wieder einmal eine Revision im i d e a 1 i s t i s c h t- 11 S 1 n u e
eintreten /.u lassen . Die Ernte dessen, w;is andere (rene-
ralionen in der Ausbildung nnscres Volkes gesät haben, ist
vollendet, oder vollendet sich jetzt Nun geht das Säen wieder
an^r. Und es werde vorzüglich ein Säen der ^ ethischen
Kultur sein müssen. In dieser Hinsicht befindet sich die
dermalige Pädagogik aller Länder nicht ganz auf dem rechten
Wege, wie das Schicksal der Eidgenossenschaft in der Lebens-
zeit der jetzt jungen (»eneration es noch deutlicher niaehen
wird. Nicht die geistige Anlage oder die iniellektuelle
Ausbildung der Völker, .sondern das zeigen schon die alten
griechischen Republiken — ihre ethische Willenskraft
entscheidet über das Schicksal der Staaten,«^ >Wie
man ausgezeichnetere Menschen heranziehen kann«:
auf die Frage .sollten uns endlich die technischen Erzieh»
imgsschnften« eine ^ klare und deutliche Antwort« geben.
2.
Der Aufsatz im Jahrbuch für berührt auch die in
den letzten Jahren viel erörterte 1 rage: ob den kanto-
nalen Volksschulen aus der eidgenössischen Staats-
') Kill anderuial bezeiclinet II. als Ziel der Selb.sterzieluinjr: die
Rt^liiii« >ii, X erbiiuUiii^ mit <lcni (iöttliclicn '. die im (ireisenalter
zur (iottcsnähc' werde. — Konsequenz, Klarheit, wuhlgeurduete und
folgericlitisre Rntwickluti^ einer Ansicht, Anschauungf, Lehre ti. dgl.
i.st nicht Hiltvs Stärke. Hiese bcjjl im einzcbien. — Welches Kr-
ziehunjjs/.iel .soll nun gelten .-* Ich glaube doch, das rein menschliche,
inhsche (gerade der grofsen .Aufgabe der Kidgeno.ssenschaft wie auch
im besonderen ilci Volksschule j^emäfscj Ziel, welches oben in einer
Reihe l%igcnschaften (am Schlüsse iles Absatzes) ausgedruckt ist.
Nicht ganz voU.ständigl Aber das Wesen des Ziels ist doch klar er-
kennbar, luid das genü{^.
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Kr ItwciKi'rUchVb Vm)1(»>i(*IihIii i'Mit.
kasse I' iit c r s l ü t z ii n «jf c n zufliefsen sollen. Hilty ist
niclit (l.'UHi ; er zieht eine andere \'er\\ i iulnni^ der Hnndes-
j^f^elder vt)r. Er meint: Die einzi^>^e wirkliclK- Aufgabe der
Kidgenossenscliaft als solcher wäre es eigentlieli, die höchsten
Lehranstalten des Landes auf ihre Rechnung zu nehmen;
denn von den Hochschulen, wenn sie richtig g^estaltet sind,
g^eht das j^eistige Lehen eines Landes ans. nnd sie bilden
den eij^entädieu Mafsstab für dasselbe . Die allerletzte He-
hauptnnj^- ist wohl etwas kühn. I-Teilich macht II. selbst
t ine nierkwnrdi^^-e EinschränkiiiiL; : wenn sie ricliti i^ j^e-
stalu i sind . Aber wns heifsukis .-' j cileniails ist >"\ iei sichert
lliltss Anirai; könnte erst dann mit einigem Rechte dem
andern vorgezogen werden, wenn eine weit und tief p^eheude
Umwandhm^ und Umwertung vollführt wäre. Vielleicht will
H. diese Xotu L ndigkeit mit seiner Hedinjä^ungf wenn sie
(die Hochschnlen) richtig gestaltet sind — teilweise an-
denten. Dafs er die f^m wandhing will, bezengen ja seine
AnsiclUc n über die Aüf^^abe nnd das Krziehnngsziel der Kid-
gtnossLiischaft nini dafs sie bald eingeleitet werde, ist
niclit zn erwarten. W'ozn da jene Kordel un>j anfstellen!
Wer sonst über das Thema Hnnd nnd Schnle spricht,
hat nur oder doch hauptsächlich die Volksschule im Auge.
— ^'Der Bund soll!» Was der Bund soll, ist eigentlich
eine staatsmännische Frage, nnd der Staatsmann wird die
richtige Antwort geben, der Land nnd Lente nnd alle Ver-
hältnisse gründlich kennt nnd sich ant den höchsten Stand-
])nnkt stellt, (ileichwohl haben diese Frage nnd diese .\nt-
wort ihren Wert nnr an sich . Ks handelt sich tun die
vSchnie. Da ist es ja selbstverstandiich nnd natürhch, dafs
auch die Pädagogen sagen, was der Bund soll. Aber ihre
Antwort bleibt zunächst ebenfalls ohne praktische Bedeutung.
— Denn was der Hnnd soll, ist gar nicht die Frage, son-
dern - was er will. Der Hnnd. ist die Eidgenossenschaft,
d. h. die 25 Kantone . d. lt. die Schweizerbürger der 25 Kantone,
oder, znletzt, dif Mrhrheit der vSchw eizerbürger. Nicht bei
der Regiernng, in nnserm I'alle wohl anch tiiclit bei der
Volksvertretung (denn der ( reset/.cscntwnrf müfstc ohne Zweifel
der \'olksabstimminig nnterworfen werden), sondern bei dem
Volke selbst liegt die Kntscheidung. Was die Mehrheit will,
darauf konimt*s an. Nun also: was will die Mehrheit? oder
was denkt sie? Das läfst sich nicht so Kirhl sagen. Xnr
das ist sicher, dafs z. die Hebung dtr X'olksschnle mit
Bundes'^eldern nicliT 'v,u \'order;^rnnde des Interesses steht.
< )h (kr Hnnd veii)lHchtet ist oder griinn nnd richtig:
ob dir Sriiweizer sich l»rreils irgend ein (ioetz gegeben
haben, kralt dessen Hnndesgelder znr l'ördernng des \'olks-
t
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2^0 ' Rudolf Uivtricb.
schiilwcscTis üliu*: wcilcit's in Aiispiiuli .u^riKniniKii «xlertlocli
inil eiiiij^'^eiii Rechte gefordert wcnlcn tlürk iK-' I .s >clieint so.
Die einzige allgemein verbindliche X'orscluill, \s eiche für
nnsem Fall in Frage kommt, der sog. Scluilartikel (27) der
Bundesverfassung lautet: ^Der Bund ist befugt, aitfser der
bestehenden polytechnischen Schule eine Ihiiversität und
andere höhere Unterrichtsanstalten zu errichten oder solche
Anstalten 7.n unterstützen. I )ie Kantone s(>r<^en für ^^e n n g e n-
den Pri ni a rnnterri ch t, welcher ansschlitfslicli unter staat-
licher I^eiluii<:f stehen soll. Derselbe ist obli L^atorisch nnd in
den ölfentlichen Schulen unentgeltlich. Die öffentlichen
Schulen sollen von den Angehörigen aller Bekenntnisse ohne
Beeinträchtigung ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit be-
sucht werden können. Gegen Kantone, welche diesen Ver-
pflichtungen nicht nachkommen, wird lUr Hund die
nötigen Verfügungen treffen . Also der Bund wäre
verpflichtet, gegen Kantone, welche z. H. nicht für <^a'nÜ5.,^en-
den Primarunterricht sor<^cii, d'w nüü^^vu W-rfüiiiui^cn /.n
treffen^'. Wenn nun ein Kaiilon im .^enÜLit- iKkn I'i inianinter-
richt nicht sorgen kann, weil es iluu au Mitteln lehlt, so
— sollte man meinen — müfsten x die nötigen Verfügungen*
des Bundes darin bestehen, dafs er auf irgend eine Weise die
fehlenden Mittel beschafft oder beschaffen hilft, beider ist
aber nirgends bestimmt, w a s g e n n g e n d e r Pri ni a r 11 n t e r-
rieht heifst nnd so knnn eben der Hund in «lieber wich-
tigen Angelegenheit irgendwelche \'erfügnngen nicht treffen!
Einmal li<S82) versuchte es die Hnndesx ersnnnnhuig, ')
diesem Ubelstande abzuhelfen. »Sie ]>lante ein eidgenö.s.^i.sches
Untenichtsgesetz und schlug zunächst die Anstellung eines
Beamten vor, der mit den nötigen Vor- und Nacharbeiten
betraut werden sollte. Dieser Zukunfts-Beamte erhielt alsbald
den Spitz- nnd Schrecknamen ' Schul vogt — und mit Zwei-
drittelmehrlieit wurde die ganze \'orlage in der Volksab-
stimmung verworfen. Und auch heute will man weder von
einem eidgenössischen Schnlsekretär (.so hiefs der ehrliche
Titel) noch Schulgesetz etwas wissen. »So ist denn der
'genügende Primarunlerrielu nach wie vor eine unbekannte
Gröfse geblieben.
Kinzig für den Turnunterricht bestehen eidgenössisclic
Bestimmtmgen, und zw .n auf Grund der M i 1 i tär Organi-
sation (von 1874) und einer Wrordnung betreffend die Ein-
führung des Tiinrniterrichts für die mannlielu Jugend vom
TO. bis I n. Altersjalirc {von 1S7S). I )as Militärwesen ist eben
eidgenössisch, nnd dei Turnunterricht wird als anilitärischer
't — Nn inimlrat (Volksvertreter) wnd Stätiderat (Vertreter der
Kaiitun.sregieruugen).
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241
\*orunterriclit ano;esclicii und bezeicliiu t. ist nacli der Ttirn-
scIiuU^ für den inilitärisclien \'nninterriclit für die .Schwei/.t 1 -
jnt^end /.n erteilen. Die Kanl«'ll^l>cln)rdeIl liahen dem liiiii-
desrat über den Stand des Unterrielus alljälnlieh zu bericluen,
und das Militardeparteinent ist zu lnspektionen berechtigt.
Obwohl nun die Einfühningf des Tuniunterrichts sehr lang-
sam vorgeschritten ist und ancli heute noch die eidj^enössischen
Vorschriften bei weitem nicht allgemein erfüllt sind (von den
10- 15 jährigen Knaben geniefsen etwa der zehnte Teil noch
jTfar keinen und mehr als die Hälfte nur einen Teil des
Jahres Turnunterricht), d<T Bund also (uaeh Art. 27 der
Himdesverfassun^) schon länj^st die nötij^en \'erfütrinigen
hätte * treffen , d. h. — da meist Armut der Ciemeindeu L'r-
sache des Rückstandes s ist - mit seinen (vcldern hätte
eingreifen sollen: so hat eres, nämlich das letztere, doch bis
heute nicht gethan. Und merkwürdigerweise ist es von ihm
auch nie verlangt worden!*)
I);,(rr<ren wurden schon im Jalire tSS:;, Hundesgcldcr für
eine Sache erbeuii. die den Hund zunächst nichts auj^ing.
An das eidlifenö^.«>i^clK Militärdi ]>artement *^elanL;te urnnlich
das Gesucii; es möchte durch das topographische Bureau
eine Schulwandkarte der 3chweiz erstellen lassen».
Obwohl nun damals der Bundesrat das Gesuch abwies, so
1h f.ifste er sich doch später, anfangs der Neuu/ii^er-Jahre,
wieder mit der Angelegenluit, uiul 1893/94 beschlufs die
Bundesversamndung wirklich die Herstellung und unentgelt-
liche Abgabe jener Karte an die Schulen. Das ist die
erste eigentliche Unterstützung d er \'ol k sscli u 1 e
durch den Bund , und an sich gewifs ein glücklicher
Griff, da es sich um eines der wichtigsten Unterrichtsmittel
handelt Kreilich kommt das Oeschenk nicht nur den Volks-
schulen (im engeren Sinne) zu gute, sondern allen Primär-,
Mittel- und Fortbildungsschulen . Man rechnet mit rund
Schulen; die Kosten sind auf i<)o,(KX^Kr. festgesetzt.
Ivcider ist ein ungenügender Mafsstab gewählt worden:
I : i5(wv>«> wäre recht, oder besser i : i2St'<">. Das to])o-
graphiselu I'ureau aber bleibt bei <ler (»rölse der alten l/u
kleinen) \\ auilk.n te, d. h. beim .Mafsstab 1 : 2iK)t)L>u. Die ge-
samte Kartenfläche wird 222 qcm grofs sein; davon fallen
103.5 ^^^^ Schweix, 118.5 auf das .\uslaud. Das ßodeiu
bild wird durch Horizon talkurven dargestellt (senkrechter
h l-.Tsi u äbrctul der kl/.lcii J;»lirL : Itt i < itlt vit tilicil (ks ^roiscn
liegehrcns nach i;uinks^^ekkrn für <lic XOlksschule überhaiipl, und
in den Verhandhmijt'n über dieses lk>;clircn. über die Verwendung
der \ erlan;(ten ( .chkr. ist n. a. .uu li der Ik-bunjr oder Re>;elung des
TurnunlerrichUs gc<Uu"ht wurden i.s. sjmler unter 3),
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242
Abstand ior> ml Durch ScliaUifiiiii}^ und Farljeü.-.cliiclittMi
wird das KiirvciibiUl iclidarli;^^ abj^ctönt ; die HclLnichuinj»;
konmit iiinunt man an von links oben her. Flüsse
und Seen werden blati gemchu<^t, erstere nicht mehr so
stark wie bisher üblich; doch wird man sie • auf dem
reliefartigen Bilde immer am richtigen Orte snclu n. —
Für später- ist ein Schulallas j^eplant Dieser soll ent-
halten: a) eine der vorhin beschriebenen Wandkarte ent-
sprt c liende < W-neralkarle im Malsstab i : i (xx>(X)<>; b) eine
(>rn-h\ drojrraphische Karte; c) eine politische Karte mit Be-
/-irks^renzcn ( F'lächenkolorit ); d) }>raphisch - statistische
Karten (Darstellung der . meteorologischen \*erhäUnisse; der
Bodenprodukte, z.B. Wald-, Obstkärtchen; der Be%'ölkerungs-
dichte; der Verbreitung der Industrien, Koufessiouen^Sprachen);
e) Hilfskärtcheu zur Krlernunj< des Kartenlesens. — Das
wäre :\\«) ein nnniittell)ares Eingreifen des Hnndes in das
Priinai .Schulwesen der Kantone, das sich diese aber — wie
es seheiiu .Ufern t^efalleii la^.sen.
Mittelbar unterstützt der Hund das \'olksschnlwesen
schon seit 1876: in Form der lieiträge, welche er den
Schweizerischen permanenten Schulausstellungen ^
gewährt Allerdings höchst bescheidene Summen: für drei
Anstalten (in Freiburg» Neuenburj^, Hern) je icxx), für die
vierte (in Zürich) 2txK> Fr. '1 jährlich. Diese vier Anstalten,
haben einen in'cht unbedeutenden, wenn auch bei weitem
nicht den ß^leichen Anteil an der ImUw ickelung des schwei-
zerischen \'olksschulwesens. Darum erscheint die ihnen zu-
gewendete iJuudesuntcrstüt/ung höchst dankenswert, trotz
der Kleinheit der Geldbeträge. Übrigens genügen sie für
Freiburg und Neuenburg und zur Zeit wohl auch noch für
Bern, nämlich im Vergleich zu ihren Jahresausgaben (unter
oder wenig über 3(kxj Fr.) Die Schulausstellungen in
FVeiburg (Rejifr. 1SS4) und Xenenburor (1S87) können als
Staatsanstalten gelten -) und haben nur kantonale Hedeutnug.
Ihr Zweck ist, die besten Lehrmittel niul Schnb^eräte --
hauptsächlich die für die Primarschulen !)estinimten . auch
Scluilgcsetzgebungs- und Vcrwaltung.-^akteu zu sammeln und
zu jedermanns Anschauung und Hinsicht bereit zu halten.
Von der Schulausstellung in Bern (1878) läfst sich ungefähr
dasselbe sagen; doch spielt sie im ganzen eine etwas grofsere
•l \'or iSui ancli nnr kxk» I r.
■j Die V c r e i n sajislaltcn in Jicru und Zürich erhalten von
Kantoii und Stadl Beiträge. Das l'estalo/./Jammi etnpfänjrt aiifserdeni
ethchen Scluil^^cmeindcn seines KatUnns kkine Zuschüsse ; im
ganzen machen (he beislun<i^eii «les Ihindes, des Kantons und der
(Gemeinden etwas mehr als dit- Hälfte seiner Jahieseinnalnnen aus.
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Rolle. Im cin/elneu pflegt sie hesuudcis die Abteilung für
Kiiabeiiluuidarbeit . Heiiierkcn.swcrt ist aucli, dafs die Anstalt
schon seit längerer Zeit von der Hochschule zu Vorträgen
über Schulhygieine, von den L,ehrer- und I^ehrerinnen-
seminarien, der höheren Mädchenschule« dem G>mnasimn
und vÖn einzelnen Priinarschulklasscn für den Unterricht in
der Geographie, Geschichte und Naturkunde benutzt wird^.
Die drei Schulausstellungen in Hern, Freiburg und
Neuenbürg werden aber von der vierten - dem Pesta-
lozzi a n u m ; in Zürich - weit übertrf )lft n, was schon daraus
hervorgeht, dafs die Anstalt in Zürich jährlich last doppelt
soviel ausgiebt als die drei andern zusammen. Das Pesta-
lozzianum ist eben dem Umfang seiner Wirksamkeit nach
eine gemein-schweizerische Anstalt. Geschaffen wurde
es (1875, infolge der Anregungen, die man von der Wiener
Weltausstellung empfangen hatte) jedoch nicht als Pesta-
lozzianum, sondern — wie die andern - als vSchnlaus-
stellnng ; ursprünglich war es ein Anhängsel des Gewerbe-
muscmns. Daher kommt es, dafs die Schnlausstellung ,
eine allen Unterriehtszweigen der modernen Schule gewidmete
Geräte- und LehrniittelsammUmg, das Hauptstück des Pesta-
lozzianums ausmacht, dafs eine besondere, fast unverhältnis-
niäfsig grofse Abteihmg in den Dienst des gewerblichen
Bildungswesens gestellt ist Eng mit der vSchulaussUllung
verl)nnden ist das für diese sehr einträgliche Depot der
zürcherischen Liederbuchanstalt , An die Ausstellungsräume
schlielsen sich auf der einen Seite das (vom Direktor der
Anstalt als Kleinod in der Mitte bezeichnete) Pestalozzi-
stubchen<^ ') an, auf der andern Seite ein Lesezimmer, in
welchem rund 70 Fachblätter Nummer für Nummer sofort
nach deren Erscheinen aufgelegt werden und eine Sammlung
neuerer schweizerischer und ausländischer Schulbücher auf-
gestellt ist. Ein ziemlich selbständiges Glied der (Vesamt-
anstalt bildet das Archiv für in- und ausländische vSchul-
akten, mit dem nötii^en Hureau , das auch die rund i5U(X)
Hände zählende l]jl)lioi]Kk /.u besurL^en hat und die schwei-
zerische Geschäftsstelle der Gesellschaft im deutsche Er-
ziehungs- und Schulgeschichte ^ ist. Endlich beherbergt und
verwaltet das Festalozzianum das Inventar des schw. Lehrer-
vereins. Ein buntes Arbeitsfeld! Aber doch im Grunde
'> F'-s steht unter der ()l)ln!l einer Kommission , welche seit
i8t>ü «i'eätalozziblälterv herau.sgiebt. Diese genügen vollauf dem iie-
dürfnis». deshalb int die Oriindnng einer neuen ganz ähnlichen Zeit*
Schrift durch Se\ ffarth nicht verständlich. - - Das Fröbcl-
slttbchen ist aufj^elö'^t \\ > rtlen : man sali sich genötigt, das Zimmer
der (IcwerbeschulabteiUmg einzuräumen.
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»44
nur ein zweitcilij^^cs : I.elinnitlelsaHiuiliui^ und wis.scn.schall-
liehe Ahtcilunj^. In der ersieicn spielt sich ein äulscrst leb-
hafter und numniglaltiger \ erkehr ab. Da holen sich Lehrer
und Schulpfleger Auskunft inid Rat, wenn sie neue Lehr-
mittel oder Schreibmaterialien oder Schulgeräte anschaffen
oder -ai ein neues Schulhaus bauen wollen. Da wfrd viel
«ach Hezugsc|uellen und Preisen gefragt; da werden Käufe
venuitteU, Ansichtssendungen besorgt. Da ist auch die all-
irenieine Hm- und Ausgangsstelle. I)a trifft man gar nieht
selten weitgereiste Leute, aus dem fernen Westen wie aus
dem hüheu Norden . darunter .solche, welche die verschie-
denen Sainnihmgeu ausgiebig benutzen und in ihrer Heimat
bei Veröffentlichungen der freundlichen Aufnahme und Be-
dienung, die sie im Pestalozzianum gefunden, gern gedenken.
Mehr im stillen, fast unberührt vom geräuschvollen Ver-
kehr mit F( slb<»tcn, Packträgern, Ausläufern, Handwerkern,
Kaufkuun, wirkt die wissenschaftliche W'erkstätte: das
Arcliix 1)111 ean . Dieses besorgt die laufenden Archiv- und
Hibliuihekai bellen. Des weiteren ist es beauftragt einesteils
mit der Ausführung der litterarischen rnternehnmugen (z. B.
Beiträge zu Richters Pädagogischem Jahresbericht, zur All-
gemeinen deutschen Biographie ; statistische Zusammen-
stellungen und Vergleichiuigen), andernteils mit der Pjledigung
der vielen verschiedenartigen kleineren (leschäfle, welche
hauptsächlich darin bestehen, für studierende l.elirer nach
deren allgemein vebaltenen .Angaben und Wünschen aus dem
Archiv und der I'.ibli< »ihek geeignetes Material auszuwählen,
oder für solche Zwecke bei liehörden und Schulleitern Aus-
kunft, Aktenstücke tmd ähnliches einzuholen, oder den Be-
hörden und Schulvorständen selbst nicht unbedeutende Dienste
zu erweisen, «)der endlich solchen, die persönlich ins Bureau
kontnien, Rede zu stehen, kleine Vorträge zu halten, die ge-
wünschten Akten vorzulegen.
Seit sind die drei vSchulaiissu llungen mul das Pe>ta-
lo/zianum zu einer l'nion verbunden. Kin unnatürlicliei
Bundl Das \ierte (ilied, stärker als die drei andern zu-
sammengenommen, palst nicht in die Union » oder kann
ihr nur teilweise (höchsten.s mit halbem Herzen«), eben nur
mit seiner ' Schulausstellung ' angehören. Und wie schwierig
das Zusammenarbeiten ist, veranschauliclu die Rechenschaft,
welche der X'orort Zürich über das Jahr i<Scj4 abgelegt:
die allereinfachsten Dinge können nicht in ordentlichen Tiang
gebracht werden! So liat denn auch die l'nion ais solche
in den drei Jahren ihres ]V'«^tandes nichts geleistet. Denn
/an l"ai»llnung eines genieinselialtlichen Tauschverkehrs uiit
ausländischen Schulausstellungen - der einzigen, und zwar
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245
erst im dritten Jahre ermöglichten That — hätte es nicht
einer T^iuoht bedurft; diesen Verkehr hätte Zürich allein
schon länjjfst herstellen sollen.
Znni Schlnlseiiiiii^e bemerkenswerte Worte, die der Direktor
des Pestalozziannnis, Prof. Dr. Hnn/iker, in eint i SirzuiiL^ (k r
I'nionsvertreter (Frühjalir iH()4) t^oproclK ii. Man .sieht daraus,
was die .seluveizerischen Schulaus^tclluiigcii sein nnd wie sie
wirken könnten. / Sie sollen — sa^t Hnnziker - - die Zentral-
pnnkte freier und umfassender Orientienmgf im Gebiete der
Kry.ielinn*^ nnd der Sclinle bilden, die Kort.scliritte des In-
nnd An.^landes in der Schulmethodik wie in der Technik
der Schnlansstattnno alltjeinein zn^an Jülich machen . Fin-
den Lehrer im besonderen brinj*^en sie einerseits das Charak-
teristische ijerinanischer nnd i ouianiselier p»äda«4oi^i.sclier
Ideen und inetliodischer Praxis /.nr Anscliannu^; anderer-
seits geben sie ihm Aufschlufs über die gewaltig^e Arbeit
au der Vervollkommnung aller Bildnnosmittel im In- und
Ausland^. Sie können interkantonale Lehrmittelverlags--
Stätten sein nnd dadnrch für Vereinheitlich mitj der I,chi-
mittel wirken. .Auf diesem \Ve«>e vermöchten die Schnl-
aius.stellnnjL^en nielir Soweit zn stiften als j^eset>'h*che Zentrali-
sation oder Hnnde.ssnbventionen für dit. \'< »lkssc hnle, die
mehr nur die änfsere Ansstattnn«;, nicht den inneren (reist
nnserer Unterrichtsan.siallen zu heben im Stande wären .
Auf Staatliche Unterstützung dürfen die Schulausstelltingen
Anspmch machen^ <^weil sie dem Öffentlichen Interesse dienen;
sie können aber erst dann zn voller Kntwicklung gelanc^en,
wenn in ihnen Kusammenfliefsi, was einsichtiger und ihat-
kraftii^er IMr^ ersinn znr innerlichen Förderung der Scluilc
bei z.u tragen vermögen .
^^an könnte zu den geringen Summen, mit denen die
Bundeskasse die Schulausstellnnj^'en nnd dadmch mittel-
bar das X'olksschnlwesen nnterstntzt, nocli etliche Tansende
hin/.nrechnen, welche die bleiche \\'irknn}4skraft haben: näm-
lich die Peiiräij^e, die an \\ 1 >c Int «k-ne Lehrerx ercine nnd
Fachlelii ei klirre alljährlich verabluli;L werden, b'erner konnnen
die den gewerblichen Anstalten ziifliefsenden tjelder ') teil-
weise auch der allgemeinen Volksbilduno nnd im besonderen
•» Rund 5<io,ofX) zur Zeit: das latubvirtschaftliche ISiUlnnjrs-
weseti erhalt itm.ooi l-'r., ilas koiiMner/iclle i<y».orN) I r. uliescr
lietrag wirU wohl ijijcli um \itlcs steigen in den n.ich.slcn Jahren/.
Für die polytechnische Schule ■ pcbt die Hi<l>;ent>sseiischaft jährlich
rund 700,000 Fr, aus.
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246
der Burgererziehunp^ zugute — aber doch nur nebensächlich^
und jene Schulen erhalten eben nur als gewerbliche eine
Bunrk'sunterstütznnjj:. (Die »allgemeine Fordbiklungsschnles
oder die I^)ürcrerschide, wie wir sie als Oberstufe der \'olks-
schule fordern, würde um einen Zuseliuss aus der eidjj^e-
nössischen Staatskasse veroreblich bitten.) Jedenfalls käme,
wir mögeti soviel als niüglieh zusamnienrcchncn, tür das Cie-
biet der Kinderschule (der »Volksschule* nach dem gewöhn-
lichen Sprachgebrauch) keine grofse, sondern eine verhältnis-
mäfsig sehr kleine Summe heraus.
vSo ist es von vornherein wohl begreiflich, wenn man —
ohne Rücksieht auf den Mangel einer gesetzlichen Handhabe,
sich bemüht, weitmehr zu erlangen. Ks ist umsoeher be-
greiflich, ja in gewissem Sinne fast berechtigt, wenn man in
Betraeht iiieht: für wie vielerlei Zwecke, und für wie mancher-
lei unwichtige Zwecke die Bundesmittel erfolgreich in An-
spruch genommen werden ; \i gelangen doch geradezu komische
oder kindische Begehren an den Bundesrat! Und dafs die
Bewegung von den berufenen Vertretern der Kinderschule,
den Lehrern, nicht von irgend welchen Volksgruppen, also
nicht vom \'olke selbst ausofeGi-aui^fen : auch das ist erklär-
lich. Immerhin mag es her\ orgehoben werden. vSelbst der
Heros der freisinnigen Ivehrerschaft, Bundesrat Schenk, fand
es auj^tzeigt, iui Xationalrat (s. unten) zu beuierken:
»Von wem kommen diese Petitionen? Sind es Meinungsaus-
drücke von allgemeinen Versammlungen, von Bürgern,
Familienvätern? Nein, es ist das Kigentiini liehe, dafs diese
Petitionen alle direkt rein aus Lehrerkreisen stammen; die
Mitbürger selbst haben sich der Sache nicht weiter ange-
nommen, und auch von den Regierungen der Kantone, denen
eine vSu])\enüon zugewendet weiden .soll, ist an die Bundes-
versamndnng oder an den Bundesrat gar keine Petition ge-
rielitet worden . Die frei- und fortschrittlich gesinnten Lehrer
streiten um die Unterstützung der Volksschule durch den
Bund: hauptsachlich die ßerner, Aargauer, Solothnrner,
Züricher. Die Lehrerschaft in den katholischen -»Urkantonen«
(Uri, Schw\z, dh- mid Xidwalden) z. R. verhält sich still,
freilich .schon deshalb, weil sie zum j^röfsten Teil ans ' Lehr-
schwestern besteht. Auch das kleine Häuflein unter der
Herrschaft des Kvangelist lien Selndvereins thut nicht mit
Die Basier machten die Sache zuerst - Ende 1888 —
zum Gegenstand einer Vereiusverhandlun^. Der Sprecher,
Lehrer und Grofsrat') Gafs, vertrat die Meinung: dasVolks-
») Hilty spricht grelegfenttich von «derVerschwendntigdes Bundes^.
*i Mitji^lied der kantonalen Volksvertretung.
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Schulwesen könnte ebenso wie das gewerbliche Bildungs-
wesen ans der Biindtskasse Unterstützungen empfangen,
ohne dafs dadurch der Ei^j^enart der Kantone zu nahe ge-
treten würde oder der Kulturkanipf heran fheschworcn werden
ninfste. Allerdinj^s wäre dann dem Hunde ein Aufsichtsri-cht
älndich wie heim ^ewerhHclien Hildunj^swesen eiiizurfininen.
lü iiiüistc auch z. B. cinheiLliclie Bestininiung^en über tUe
Lrchrerbildun«;, die Schulzeit, die Versäumnisse aufstellen
können. Im besondem wäre notwendig, dafs die Seminarien
einzelner Kantone vom Hunde imterstützt würden. Zu-
nächst aber möchte (lafs den He rgschiil en , deren die
Scliweiz etwa 2400 zähle, Hnndesj^elder zuwenden. Kr rechnet
vor, dafs der Hund mit einer Million jalirlieli , dieser Schulen
mit je 4<'ir) Fr. unterstützen und noch naliezu ^cmmxxd Fr.
auf »Schulhausbauteu verwenden könulc. Dann niülste aber
die Minimalbesoldung auch in den entlegensten Schulen für
Lehrer 1000, für Lehrerinnen 800 Fr. betragen. — Das Er-
gebnis dieser .Anregungen war, dafs der Lehrervereiu die
Basler Mit Lihedc r (U r Bundesversammlung ersuchte, die Sache
in die Hand zu nehmen, und ein ähnliches Begehren an den
Zentral atisschufs des Schweizerischen Lehrervereins richtete.
An letzterni weiuleten sich zwei Bezirksklirerkon-
fereuzen (der Kantone (iraubündt n nnd Hern) mit der Bitte,
die Frage zu prüten, ob der Hund auf irgend ei' e Weise
zu Leistungen an die Volksschule bewogen werden könnte.
Und wiederum zwei Jahre später begann der eigentliche
grofse Feldzug. Da rückten zunächst mehrere demokratische
Volksvertreter mit einem Antrag an die Bundesversammlung
vor. Datm folgten vier interkantonale, von Lehrern und
Schulfreunden, a^icli \'ertretern der Behörden besuchte \'er-
samndnngen (je zwri /u Dlten und Zürich), welche die F'rage
mit SorglaU und ( »vüudliehkeit behandelten. Und die Lehr-
körper der französi.schen Schweiz nnd der Kantone Aargau,
Bern, Zürich, Solothurn, Glarns setzten in ihren- Jaliresver-
sammhingen ihre Forderungen an die Hundeskasse fest. Das
Ergebnis dieses Jahres liegt in drei Eingaben an die Bundes-
versammlung vor. Die wichtigste ist die gemeinsame Deuk-
.schrift des l^chweizeri.schen Lehrcrvereins^ , der Societe
pedagogi(jUC de la Sni^se romaiide imd der k<»nt\r<.nz
sch weizc ri.scher Scliulniänner in Zürich . Diese Dcük.sclii ift
(der eine Anzahl slali.->liseher Belege beigefügt ist) spricht
einerseits von den Bedingungen eines genügenden Primar-
unterrichts», von der Notwendigkeit einer gewissen (»leich-
heit des Unterrichtszieles für die gesamlr Schweiz — anderer-
seits von der .\rnnit vieler Gemeinden» den ungün n
physikalisclien \ erhältnissen der Berggegenden und dem
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24«
llitiioir PMrIcli.
nachteiligen Einflufs dieser Thatbestande auf alle Rildungs-
bestrebiino^cii und natürlich anch auf die Ausl)ildiing und
vStdlunj^ dt-r V'olksschullehrcr. Wenn wir luifst es auf
den letzten Seiten der s(]iliniinen Sclnilverhältnisse so
mancher ( tc iiR inde Ljedenken, (it.i nnj^ennj^enden Lukale, der
übcrfülUeii Klassen, der kurz bemessenen Schulzeit und der
vielen Versäumnisse, der traurigen Lage so mancher Lehrer,
der unzureichenden Lehrmittel und der geringen Fürsorge
für anne und schlecht genährte Schüler^ und wenn wir
daneben die 1)esseren Verhältnisse anderer Kantone und ('e-
meinden ins Auge fassen, so drängt sich uns muvillkürlich
die Frage auf: Wie \ erhalten sich <lie angeführten Zustände
und Thatsachen zur Forderung ini-^eres ( '.nindgesetzes: Alle
Schweizer sind vor dem Gesetze gleich; e> L;iebt in <Ur
Schweiz keine Vorrechte des Kantons, der Ciebnrl, der Fa-
milien oder Personen? Ist der \*on unserm Grundgesetz für
alle vorgeschriebene genügende Unterricht wirklich nur den
Kindern der Städte und der Ivbene, nur den Bewohnern
wohlhabender und gut eingerichteter Gemeinwesen vorbe-
halten? Haben sie in den Bergen drinnen und weit hinten
im Thale keinen Ansprucli darauf? T'nd wenn an Ort und
Stelle die Mittel dazu fehlen und selbst trotz der grölsten
Anstrengungen da.s Ziel nicht zu erreichen ist - hören w'n
denn nicht immer wieder das Wort: Einer für alle, alle für
einen für den Schwachen die Starken, und die Reichen
für die Armen, und für den Kleinen die (rrofsen und Mäch-
tigen!? Ihr Ziel - erklären die Absender der Denkschrift
werden sie erreicht haben, ^wenu mit Hundeshilfe in
allen Teilen unseres Landes eine genügende Zahl \ on Schulen
errichtet worden ist, keine hungernden und frierenden Kinder
mehr dii- Scludsäle füllen, keine überfüllten Klassen mehr
den l' nterrichtszweck vereiteln, aueii da.> ärmste Kind mit
den besten Lehrmitteln und gutem Werkzeug ausgestattet
zur Schule kommt und die Schulen selbst mit all den Lehr-
und Veranschaulichungsmitteln ausgerüstet sind, die einen
erfolgreichen rnlerricht in so hohem (nade bedingen; -
wenn in ausreichender Weise für schwachsinnige mid ver-
wahrloste Kinder Inirsorge getroffen wird ; wenn man
sich nicht darauf beschränkt, die Jnngmannschaft des Landes
wehrfähig zu machen, s(mdern auch durch ein wohleinge-
richtetes Fortbildungsschtdwesen sie zum richtigen Erfassen
und Krfüllen ihrer sozialen und bürgerlichen Rechte itnd
Pflichten befähigt; — wenn man für eine bessere berufliche
Ausbildung der Mädchen besorgt ist; \w\m unter Mithilfe
des Hundes allen Kantonen ermöglicht wird, für die Aus-
biUlinig ihrer Lehrer in richtiger Weise zu sorgen; wenn
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KchntiEvriMthri Volktarlnilwvarii.
infolge ökonomischer Besserstelliiug rnfslir tüchtige junge
Leute sich dem Lehrerbenif widmen, und der im Amte
stehende Lehrer besser im Stande ist, seinem Amte ganz zu
k'Hrn, für seine Kortbildnng zu sorgen und von drückenden
S<tij4cn befreit, mit Lust und Liebe zu arl)citen . - Kine
.kurz motivierte Eingabe der Berner Lehre! scliaft erklärte,
;>das Gesuch des Schweiz. Lehrerveitius unici stützen- zu
wollen. Dementsprechend arbeitet sie denn auch mit ähn-
lichen Mitteln wie die * Denkschrift« ; neue Gründe oder An-
träge entwickelt sie nicht — aufser dafs sie im einzelnen
bestimmt verlangt, der Bund solle dort, wo es (lemeiuden
und Kantone nicht können, u. a. auch für Kinderkrippen,
Kleinkinderscliiilen , Jugendhorte , Scliul<^^ärteii , Ferien-
kolonien sorgen. T'iid charakterisiiscli sind ulme Zweifel
die beiden Sätze: Das auf seine Freiheit und seine Institu-
tionen so stolze Schweizervolk besoldet seine Volksschul-
lehrer, wie es seiner unwürdig ist«. Die > Vermittlung der
allgemeinen Volksbildung^ hat bisher »einzig den vielfach
unvtruiögcndcn ricmeinden und Kantonen obgelegen, und
der liuud hat dabei den reichen und teilnahmlosen Zuschauer
gespielt . -- Endlich die Fin<^:ihe der aarj];a!iischen Kantonal-
Lehrerkonferenz (die aber zuerst an den Hundesrai ij;^elangt
war). Die Aargauer gehen am weitesten und sind konse-
quent: sie fordern ein eidgenössisches Schulgesetz , das
»Obligatorium der bürgerlichen Fortbildungsschule und ge-
setzlich geregelte Bundesaufsicht über das Volksschulwesen.
— Wie sich die Aargauer ihre »bürgerliche Fortbildungs-
schule- denken, ist nicht gSMZ klar. Es scheint, dafs sie
einige Ähnlichkeit mit der von mir gewünschten Bürger-
schule hat. Für diese trat ich datnals am Schlüsse einer
staatsrechtlichen Krörteruni; in der Xeueii Züriclier Zeitung '
(Nov. 1892) ein. Ks ist ja so; die Kinderschule bietet die
regelrechte Grundlage für alle Bildung, und für die Grund-
lage sollte man doch immer zuerst sorgen. Allein eben diese
Sorge, die Entscheidung über das, was gethan oder gelassen
werden soll, steht dem stim m fähigen Bürger zu ; wenn dieser
nicht die gehörige Einsiciit besitzt, so kann die beste, die
gerechteste Sache verworfen werden. Hier also thut Hilfe
am allermeisten not, und hier wäre aucli der Bundesheix'l
zuerst aii/usetzcn.') Es gilt Einrichtungen zu schaffen, die
den jungen llürgern die Einsicht vermitteln, deren sie zu
vernünftiger Ausübung ihrer Rechte bedürfen.
Natürlich regten sich nun auch die (vegner. Ein ultra-
montaner Redakteur sprach im - Piusverein ■ des Kts. Luzern
') \ gl. weiter unten Sthenks Vorschlag in dem Bericht über
die Verhandlungen des Nationalrats.
Wtmt B«!««« (FfidAeofliiiii) Ylf. ft. I7
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3i;0 Kuilnir IMoiriHk
Über die > Schulfraj;i- . Diese - mtinte w stellt sicli sa:
konfcs-^innelle oder koutVssionslose vScluilc? I*ür uns ist der
Stand] )Uiikt ein j^ej;j'ebeiicr; wir wollen die konfessionelle, die
cliristliclie »Schnle. Das vSchnlwesen ist Sache der Kantone;
aber die linndesverfassnng fordert, dafs der L'nterricht }je-
nügend, obligatorisch und unenim ltlich sei; dafs er aiiscbliefs-
licli tmter staatlicher Leitung stehe und die religiöse Frei-
heit nicht verletze. Mit diesen so weitherzigen (!) Bcstini-
ninngen ist man nenerlicli nicht zufriidi ii in j^ewissen Kreisen.
Der hentij^e Zn^ der /.eit i^eht anf die vollständi!:^ konfessions-
lose Schnle. Xenestens haben eine Anzahl I.clircr nnd l'äda-
irocren die l*rafj^e err>rtert bezüglich Ihnidesuntevstiitzun'^ nn
Priniarschnkii und /a uli alisati»)n des Schnlwesens (ein kransi.»
Dentseli!). Wir aber müssen entscliieden eine lünniischung
des Rundes in unser Schulwesen ablehnen, alsAnhcänger der
kantonalen Selbstbestimmung und als Gegner der Kntchrist-
lichnng der Volksschnle, welclie mit den Hnndesschnl meistern
einziehen würde. Bundesgeschenke und -Unterstützungen
sind zn fürchten. Möj>:en wir anf der Hnt sein bei einer all-
fälli}:(en ( iesetzesvorla<^e . l'nd die Kampfj^enossen der I'ltra-
montanen sind die Kvanj^'^elischen . Das !{\anL,^ vSchnllilalt
erfafste eine günstige ( iclegenheil, seiner ( ie.siinuni*; kräf-
tigen Ausdruck zu gehen. In seiner Nr. 44 (1S92) meldete
es, dafs der ständige Schuldirektor (dessen Anstellung der
Oemeinderat der Stadt Beni vorgeschlagen), der Unabtreib-
liche , der sich nun schon zum dritten Male herbeij^a^drängt -,
in der \'olksal)stinnnnng nn't einem stattlichen Mehr er-
schhv^^'ii worrlcn sei, Nun ist er tnt iiiirlwitd sich so bald
wohl nicht wieder erheben. Mni;( tU i i i d «4^ e n ö s s i s c h e
Schnlvo<(t [das ( 'ies)»en.sL, uiil dtui die K\ anj^elischen nnd
andere Lente die Hnndesnnterstützung der X'olksschnle zn
hintertreiben suchen] eine kraftit;e Lehre daraus entnehmen!'
Folgt ein Totengedicht. —
Das Jahr 1893 brachte die Sache wieder einen Schritt
vorwärts: drei Tage, vom 5.- 7. Juni, verhandelte der National-
rat über die «»-rofse Fra^e. Der vorliegende .Xntrag^ (die
.Motion , wie die Schweizer Saiden eingebracht von Xational-
ratCnrti in Zürich, lantete: der Hnndesrat ') ^nllt- untersnchen,
>üb nicht zur .\n>iührnng der Hestinnnnnj^ de> Art. 27 der
nnndesverfassnn<r, die einen genügenden IViniarunterricht
vorschreibt, die Kantone vom Btuide finanziell unterstützt
werden solltn. und ob nicht dnrch das Mittel der Hnndes-
beiträge auch die Uneutgeltlichkeit der Lehrmittel und Schul-
Die lUindcHfcgiemitg. <feKanitheit der 7 Htitidcsräte l Minister^
von (tencn einer itnincr nur für ein Jahr /.um Hunclespräsidentcn ge-
wählt wird.
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8chvfifsorii>r1ie]> Voik»«rlnilw«»fiip 25 1
materialien für den Primarunterricht einzuführen sei . Curti
begründete nun am 5- Juni seine >Motion«f und zwar deckten
sich seine Ausführungen im wesentlichen mit denen der
»Denkschrift«'; sie gipfelten in dem Vorschlage, ein Sub-
ventionsgcset/. zu erlassen. Weiter ging ein ^Amendement«
des Nationalrats Jeanhenrv: er forderte ein eidgenössisches
Schnlgcsetz iii)crhaupt; freilich müfstc (lioscin eine Partial-
revision der liuiu]csverfassn"g \ orausgehcn. - l^nter den
grundsätzlichen i Vcguei n ihaien sich selbstverständlich die
Ultramontanenf Konservativen nnd Föderalisten («Kan-
tonesen'^) hervor. Sie brachten teilweise recht komische Ein-
wände. Einer sprach das grofse Wort gelassen aus: »die
Hauptsache im TJuterriclit seien tüchtige Pädagogen und
Männer wie Pestalozzi n. a. Diese liättcn nicht vermittelst
gefüllter Börsen, sondern vermöge ihrer Talente nnd ihrer
Liebe zur Schule ( irolses vollbracht-. T^eider tiamite der Herr
nicht auch gleich eine billige ßezngst|nelle solcher Männer.
- Bundesrat Schenk, der das > Departement des luuern
leitete, in dCvSseu Bereich das Volks.<ichulwesen gehören würde,
war für die gewünschte Bundesuntcrstwtzung. > Eine Million
— sagte er — snllu- der Bund für die \'olksschule unbe-
dingt ausgeben . Erzeigte, wie die Subventionen nach einem
Kontingentsgeset/c verteilt werden könnten. Die Kontrole
über die Verwendung der Bnndesgelder müfste er natürlich
beanspruchen; mit einfachen RechenschaftsiK lichten dürfte
er sich nicht begnügen. Da nun al)er ein die Angelegen-
heit regelndes Gesetz vom Volke wahrscheinlich verworfen
werden würde, so sollte man die Unterstützungen zunächst
den Fortbildungsschulen'! zukommen 1 assen ; über
diesen Vorschlag werde man .sich eher einigen können, da
ja einem Teile der Fortbildungsschulen, nämlich den gewerb-
lichen, bereits seit iScS4 in gesetzlich geordneter Weise Bnn-
desgelder znfliefsen. Defi Sie;q- truf^ der Berner Steiger
davon: seine P'assnng der .Moüou wm<le mit .Si gegen 35
Stimmen angenommen. Danach hat der Bundesrat zu unter-
suchen, »ob nicht ztir Au.sfühnuig der Bestimmung des Art.
27 der Bundesverfassung, der einen genügenden Primarunter-
richt \ orschreibt, und nach M a fs g a b e d e s vS t a n des der
B u n d es f i n a n z e n die Kantone vom Bunde finanziell unter-
stützt werden sollen . Dri/n bemerkte ein grofses freisitiui'^^c s
Blatt: es werde nun wohl wegen des schlechten Standes
der Bnndesfinan/en uovh auf Jahre hinaus mit der
Bundesnnterstülzung der X'olksseluilc nichts sein. Es habe
aber doch >sein Outes, von Zeit zu Jieit die Angelegenheit
zu besprechen; dadurch werden die Kantone» die sich im
') Da wäre» lUc Jlingcischulcii mit gemeint.
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2$2
n«u«»ir ixriri«-!».
Rückstände befiiideiif ennahnt, mehr als bis! k i für ihr Sehnt*
wesen zu thmi; denn je niclir sie in dieser Riclitun*i!: leisten,
mit nmso «^röfserem Rechte können sie eine Einmischung
des Hundes zurückw riM. ii . Das leucluet ein!
Im Oktober darauf wunle iler Entwurf eines Kon-
ti ngcii tsj^esetzcs , von welchem Hundesrat Schenk ge-
sprochen, bekannt Danach dürfen die Huudesbeiträge ver-
wendet werden znin Ban neuer Schnlhäuser, zur Vermehrung
der Lehrstellen (Teilung grofser Klassen), An^cllaffung der
allgemeinen «Eelir- und Wransdiaulichunjj^smittel , unent-
i^eltlichcii Abgabe der Schidmatcrialieii fSchreil)heftt.\
/eichenl)lätter, Hlei^^iitte, Federn u. dgl.) au die kintU r, für
Speisung und Kleidung armer Schüler, zur Ausbildung der
Lehrer und Aufbtrsserimg ihrer Hesoldungen, endlich zur Hin-
richtung von Turnplätzen«'. Die Ausgabe, welche dem Bund
erwächst, berechnet der Entwurf für jedes der nächsten fünf
Jahre auf i V - Million F'ranken. Die Beiträge an die inzelnen
Kantone sollen bemessen werden: einerseits nach der Zahl
ihrer Einwohner, andererseits nach ihrer ökonomischen
lAMstungsfrihigkeit . Die Kantone können selbstverständlich
die rntersliu/iiug ganz oder teilweise ablehnen, dürfen al)er,
wenn sie sie annehmen, ihre bisherige Leistung nicht ver-
mindern (im Ciegenteil: sie sollen gerade durch die Hundes-
spende zu erhöhten Anstrengungen aus eigenen Mitteln an-
gespornt werdenK Diejenigen, welche eine «Schulsubvention«
begehreu, haben dem Hundesrate vorzulegen: >i. eine nach
Kategorien getrennte Aiif-iellmig der von Kanton und Ge-
nieinden in den kl/U u fünf Jahren für die öffentliclu' Primnr-
scluile aufgewcndctt ii .Suninicn ; 2. ri neu Flau über die beab-
sielitiglL- Wendung der 1 Jundessub\ ention in der nächsten
fünfjährigen l'eriode (mit Hegründung); 3. eine besondere
spezialisierte Darlegung der Verwendung im nächsten Rech-
nungsjahre. Was 'genehmigt' worden, ist verbindlich und
.IUI Jahresschlüsse als wirklich geleistet nachzuweisen. Die
l'berwachung dieses Unterstützungswesens soll einer sieben-
giiedrigen Kommission übertragen werden, die imter dem
eidgenössischen Departement des Innern stehen würde: die
KounuissiMii licätte die Hefugni>, mit den Erziehungsbch<"»r-
deu der Kantone in \'erbindung zu treten, Auskunft zu Ver-
lagen, Bemerkungen zu machen und Wünsche anzubringen .
— Die Parteiblätter äufserten sich im allgemeinen günstig
über die Vorlage. Aber vor dem Aufsichtsrat scheuten etliche.
Sie tadelten, dafs dessen Rechte nicht genau und klar genug
angegel^en sind; man will hier die kleinsten Kleinigkeiten
vollständig aufgezählt haben. Alle Parteien scheinen darüber
einig zu sein, dafs der Bund- in die inneren Angelegen-
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heiteii der kaiitonaleii all «i^enic i ir n \'olksschiile nichts hinein-
zureden lui'be. l'nd eben deshalb liätte man mit der \'<)rlaj»e
des Ilerni Schenk zufrieden sein sollen: sie faNt thatsäch-
licli iitn die änlseren l>edin.mii!i;en eines j^eilejldieiien l nU r-
richt> ins Ani^e.') Die Melnlieit der T^ehrerschaft war /n-
frieden, mit allem die Ireiwillige Sehulsynude des Kts.
ßasclstadt (der sämtliche Lehrer angehören) nicht mit allein.
Sie kam (Nov. 1893) ^^^^ vor fünf Jahren geäufserte —
meines Krachtens richtige - Meinung ;<urück, indem sie das
lu ;i<. bnis ihrer Verhandlung über den (»esetzesentwurf in dem
Satze zusammen fafste: Die Schulsynode begrütst die Alisicht
des Rundes, die schweizerische Volksschule finanziell zu
unterstützen; sie wünscht jedocli, dafs die Hundesunter-
stützungeu in erster Linie und in a u s r e i c h e n d em Mafse
denjenigen Landesteilen verabreicht werden, die aus eigenen
Mitteln nicht im Stande sind, für genügenden I-^niarnuter-
richt zu sorgen . Gemeint sind vorzugsweise die dünn be-
völkerten (Tebirgsgegenden, die armen Alpengemeinden.
Und in eben diesen Landschaften wurde das \'olk zu
einem I^entezuj; ^) gegen die P.tuideskasst luifijernfen I An
die Bundeshehördeu gelangte ein Volksbegehren des In-
halts: 'Der Hund hat den Kantonen vom ( iesanitbetrag der
Zölle [daher auch: Zollinitiative ] alljährlich 2 IV. per Kopf
nach Malsgabe der durch die jeweilige letzte eidgenössische
Volkszahlung ermittelten Wohnbevölkerung zu verabfolgen.
Diese Wrfassungsbestiinniiuig tritt zum ersten Mal in Wirk-
samkeit für das Jahr 1895'. Die Initianten* standen selbst-
verständlich im konservativ-iesiii tischen Lager, Allerdings
erklärten sie die K:intone pt'lichii^, eine der H iU'tc dieser
Hinnahme minde.sLcns gleich konnumdr vSiiunnc alli.'ilirlich
für das Primarschul- und Armen wesen zu verwenden . Dieser
Satz sagt nun manches nicht, von dem wohl viele glaubten,
er sage es. Einmal sagt er ganz und gar nicht, dafs diese
»Hälfte* aus dem Zollgeld genommen werden müsse; er ver-
pflichtet nur im allgemeinen die Kantone, dafs .sie ^eine der
M Ks siebt wohl Leute, welche bedanerti. dafs es der hohen eid-
l^enössischon Schulhchördi; v^rsuj^'^t l)lvibtMi soll, das ncihj;^ und
^Ulerheihjfste der \'olksschnlf /u lietreteii. Allein es ist sicher; so-
bald sie Miene jj^eiuadit liätte. den ersten Schritt in jene inneren
Rfitinie /u thun. wäre ihr auch der X'orhof. und 34. ir nicht höflich,
vcrsrhlossen worden, l'brijj^cns dart man sich tr<'»st'n M<it einem
blicke auf den (iang unserer Kuljlur- und Sitlen>;csthii.iite DicKnl-
\\*icklung ist überall und immer den alten, uns l*ädagogen wühl be-
kannten \Vc}.j gewandelt: vomÄufoeren zum Inneren, vom Leichteren
zum Schwerereu.
*) Den treffendeti Namen rauch den Westschweizem jfefiel er:
sie Helsen ihn unühersct/.t. sprachen also von le Beutezug«) hat einer
der Führer selber erfunden.
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254
Rudolf Uii irlrh.
Hälfte (k'S Zolljj^cUlcs t^kicbknniiiK'iulc Smmiic usw. Tiul
zum aiulern ist niclit gcsa^;!, <lals die früheren Ansurabeii für
Schul- und Armenvvesen um die Züllgclderhidlie vermehrt
werden sollen. -- Die Initiative') wurde am 4. November
1894 mit 347 OCX) j^e^^en 145000 Stimmen verworfen - zur
gröfsten Freude der Lehrerscliaft. Mufste sie doch um die
von Herrn Schenk in Aussicht j^euonimenen sechs Millionen*
fünftel besorgt sein !
Sie hatte vorher (i. ;v Juli 1894) in Züficli iliren
schweizerischen Lelnertaj^ j^ehabt. Da war natürlicli auch
über Huiul und Schule verhandelt worden. Auf die Tnler-
stüt/ungsfrage lialie der erste Referent, der liaseler Schul-
inspektor Largiader die Antwort «gegeben : Sind ungenügende
Leistungen der Primarschulen d nrch unzureichende Mittel
der betreffenden Kantone verschuldet, so hat der Hund das
Recht und die Pflicht^ solche Kantone behufs Hebung ihres
Priniarschulwesens finanziell /n uiitiTstützen . Der x\\t'ite
Referent. Professor ( »avard-l ienl, tügte diesem vSaUx hiii/u :
•AufserdeiH >11 der Hr.iid, mit Rücksicht auf da> \\*a('h>eH
der wirt.sehaltliehen untl ge.sellschailiicheu HedüriuLsse, allen
Kautonen l^nterstützungen gewähren; mittelst dieser ist vor
allem zu sorgen für Besserstellung der Lehrer, unentgeltliche
Abgabe der Lehrmittel an die vSchüler, und für körperliches
und sittliches Wohlbefinden der Kinder armer b'ltc rn während
tler obli<4atori. scheu St linlzeit . Die Melirlu ii al «er wollte von
neuen \'nrschlät;^e!i libi rlirmj^t nicht'^ iiu lu wissen; sie hielt
für das erreiehbai JlcsU, was der Sehenksche Ivntwurl ver-
sprach. Demgemäfs wurde auf Antraj^ do I»eruer Sehul-
inspektors Weingart der Jjeschlufs gefafst: Der Lehrertag
begrüfst und unterstützt das Programm Schenk und erwartet
zutraiiensvoU von den eidgenössische» Katen und dem
Schweizervolk, dafs die für das Gedeihen des schweizerischen
Volksschulwesens dringend gewtndi tie Frage der finanziellen
l'^nterstüt/uni; du VolkssclniUti durch den Hund mit allem
Nachdruck gefordert und zum guten Kude geführt werde .
Kin fdinlich kurzer, allgemeiner Iksclilufs wurde auf der
Versammlung der >S«/V'// iH'i/ni/mji'iiu rauihit^c" 16. Juli 1S94
in Lausanne) beantragt, aber verworfen. "Man zog folgende
.Resolution- vor: Die waatländischen I^ehrer wünschen
Bimdestniterstütznng der \ Olksschule; doch soll den Kan-
tonen die lA'itung und WrwaUnni: des Primarun terrichts
veibleÜKn. Die (Kldei, welche die Kidgenossenschaft nach
ihrem lume.ssen verteilt» haben die Kantone ui ver^venden
'1 \\\mhi ein \'()lksbcj;clir<. n ^oooo uüHi^c- riitt-rst hriflen von
»Schwciztrbür^trn aufjfehr.iclit. nuiis es tleiu \ t»lke zur Abstimmung
vorgelebt w rdcn.
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Kdiwi>i/rriiM-lu-a V«»lk»Mebiitw<Hina,
für: HcbmiLT der Lclirtrbilcl 1111 W-riiichrnu^ dcrScliulen
(vSclnilahteiluiij^fn) \*crbe.sseruiii^ dir Scliul}4;clKn!dt"
Turidialleii. Tiiriiplai/t' und vorscliriilsmal.sij^c ( rt- staltuiij^ des
TnrnuuLcirichts ül)erlunipt — Wrbessermij^ dt-r soxialcn
Stellung der Lehrer, iin besonderen Hrliöliiui*; der Ruhege-
hälter - Ausbreitung des HandärbeitsuiiterriclUS'.
Ebenfalts noch vor der Abstimmung über die Zoll-
initiative , im Oktober 1S94 äufserten die Orthodoxen imd
Konservativen flcs }{vani;t.lischeuSchulvereins ihre Meinung*;
Sprtclier war J. Jols, kumcktor atn Evani^clisduii lAlner-
seniinar in liern. Hioe Herren weisen nalurliih du Sul)-
venti*)n dt-r \'<>lks>chnle (hirch den Bund /.urück, iust»lern
mit derselben eine lünniibciuuig des Unndes in das Priniar-
schulwesen der Kantone verbunden werden will' ; sie ver-
langen beding nngslüse Spenden. Oder, wenn der Bund dazu
sich nicht verstehen will, s<> soll c-r die körperliche Aus-
bildung der männlichen Jugend im Interesse der künftigen
W'elirhaftigkeil ganz :nif seine Rechnung nehmen. Der
P>nnd errielite nicht nur \Vatknplät/e und Kasernen für die
t^ i.Liciilliclien Soldaten, sonflern in jeder t h tsciiaft einen zweck-
mäfsigen Turnplatz mit j>raklischen (ieräten und schützen-
dem Turnraum für die schlechte Jahreszeit Kr sorge für
tüchtige turnerische Ausbildtmg der Lehrer und honoriere
dann auch die daherige (1) Arbeit derselben. Das wird den
meisten Lehrern eine sehr willkoinmene Hesoldungszulage
sein. Körperliche CVewandtheil un<l Tüchtigkeit würden zu
lehren konnnen. militärischer Sinn früh die Jugend erfassen.
Das wäre ein Punkt, wo die ICidgenossenscliaft mit ihren
(kl Schule zugedachten vSnbsidien eingrtittn krtniilc. ohne
ilal.s kullurkämplerische l'bergriffe beiiucliui werden müfsten .
Zudem wäre die hier anfg:steUte Forderung die einzige« die
sich gesetzlich begründen liefe (wie wir S. 241 nachgewiesen).
Diesen Ausführungen schlofs sich die Hildungskoni-
mission der vSchweizerischeu ( icmeinnützigen ( testfllschaft*
an, welche im Noxembcr iSi)4 die rnlerstützungsfrage zwt i-
nud grünillich bt'S])rochen. M Al)er es müfsic jedenfalls nicht
blols da> Schnllnrni n. ^'-nflcrn die \«»n der Schule ül)erhani>t
zu betreibe Hilc Ktnpcnibar.g (Schulspiele) der Au.smessung
der Subvention zu Ii runde gelegt und überhaupt der Lehr-
plan so weit gefafst werden, dafs er die verschiedenen Be-
dürfnisse der lievölkerung in den Ilergen inid Tliälern be-
') I).-; (lif.sLf K(»inniissi( Ml erfalircnc tnid uaachlcK Männer —
PaUa^o^jeii. Thi i»l«jgcu. \ crw .iliun;is' c.\inK- — ani:eli(>r<.n. die auch
als Vertreter verschiedener |M)liliselier und pada-o^ist Kichtunjfeii
und Seliidt Ii j^elten. so durften die ]*Ir|rtit misse ihrer Verhandlungen
hcsoiKlerc Beaehlung venlicnen.
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256
frietlijjen könnte . Ferner wünschte die Kommission -
sollte der I^nnd für j^esnnde l^riiährnn«^ armer Schnikinder,
für X'crniehrungf der Ferienkolonien nnd älmliclier Veran-
staltnngen sorgen nnd sicli der nichl vollsinnigen Kinder
annehmen. Auch die LehnnitteUieferuug, die vielen so sehr
am Herzen liegt, wurde erörtert. Der Bund dürfe nicht als
Erzeuger oder Herausgeber von Lehrmitteln auftreten ; denn
damit - behauptete ein Mitglied würde ein Monopol
für Kundesklirmittel geschaffen, das ebensowohl bei dem
Wetteifer der interessierten Faclnnänner von fraglichem
Werte (?K teilweise aucli nndnrchlührbar wäre, wie es anderer-
seits jede Konkurren/ ersti^^ken würde*. Anders verhalte es
sich mit den sog. Schulmaterialien. Einstimmig sprach
man sich dafür aas, dafs ein Bundesbeitrag die ^kantonalen
Depdts« in den Stand setzen sollte, jene «Materialien« »an
ärmere Kinder«^ unentgeltlich abzugeben. Hin stimmig wurden
.schlief-slich zwei Sätze von grofserer Wichtigkeit angenommen:
Im Interesse einer <^^esnndeTi Kiitwicklnii«^ der Verhältnisse
und einer rationellen Verwendung der Hnndesbeiträge ist es
richtiger, den Kantonen für ihr Subvcntionsbedürfnis die
Auswahl zwischen verschiedenen Punkten zu lassen, als die
Subvention nur auf ein Einzelgebiet zu beschränken« —
und endlich: ^Eine direkte eidgenössische Kontrole, soweit
sie nicht gesetzlich bereits gegeben ist (wie für den Turn-
unterricht) erscheint nicht notwendig. Soweit Mifsbrauch der
Hundesgelder seitens der Kantone denkbar wäre, liättcn ja,
wie auf allen GebiciLiu dii eidgenossischen Behörden das
Recht, eine Spezialuntersuchung einzuleiten
Damit sind die Meinungsäufserungen erschöpft, und ge-
schehen ist seitdem nicht viel. — Die Lehrerschaft der Volks-
') H au ptrcf ereilt war der bekannte Zilleriancr Tli. Wiget (jitzt
Direktor der sog. Kantotisschule in Tru;;Ln, Appeuücll-Aui.sci rhmlca».
Kr erklärt« am Schlüsse: Der Bund mö^c T.eld für diellebunjr der
Krziehun'g' spenden, je mehr desto HclK-r: iIht es nnifs olnie Hin-
schränkuiig der kantonalen lndi\ idualität und Souveränität geschehen,
und es dürfen keine höheren Interessen durch die Ziileituus' solcher
S]Kndeii für die Schule jj^eschädig^t werden Das aber würde ge-
schehen, weuu uicht in erster Linie die Hilfe auf Hebung der An-
stalten für unmittelbare Charakterbildung konzentriert -würde, für die
Hebung der Familie und eines gesunden Familienlebens (? Hebung
eines gesunden Familienlebens ■*! : inittcniar wird (UrC.cwiim davon
auch der Schule zugute kommen. In ursttr Linie koninil der Auf-
wand für den sozialen Porlschritt, und erst in /weiter für die Schule.
Und auch hier xoruelindich für die soziale Seite dcr<t_lbcn Also
nächstes Ziel : Hebung der l'amilic gesundes Familienleben».
Dieselbe Fordening. die Htlty schon 1893 in seinem Politischen Jahr-
buch ausgesprochen. Wenn nur dns Wie in\lit uar so schwierig
wäre! Darum vielleicht verzichten Hilty und Wiget darauf, die
Mittel und \\ oge zur Verwirklichung jener Forderung anzugeben.
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257
schule beharrl auf ihrem alten Standpiinktt'. Am 14. März 1895
tagte, wieder in Ölten wie vor drei Jahren, eine interkan-
tonale Wrsanimlnng, an der über 2on 1. ehrer und Freunde
der schweizerischen 'Volksschule teilnahmen. Das Kr<^^cbnis
war eine an den I'undesrat und an sämtliche Mitglieder der
Bundesversammlung gerichlele Zuschnii, ui welcher erklärt
'wird : man »erwarte mit Vertrauen, aber auch mit Zuversicht,
die hohe Bundesversammhing werde in definitiver Erledigung
der bezüglichen Motion des Herrn Nationalrat Curti der
schweizerischen Volksschule die zu ihrer Entwicklung dringend
notwendijjje finnp'irl't T'^nterstützunir luf nmudlage des von
Herrn Br.ndesrat Schenk im Jahre 1893 ausgearbeiteten Oe-
setzesvorsclila^^s ohne weitere Verzögerung bewilligen . -
Bald darnach hat Herr Schenk den Mitgliedern des Bundes-
rats einen neuen Entwurf unterbreitet. In diesem ist die
wichtige Bestimmung, welche eidgenössische Aufsicht
über die Verwendung der lUmdesbeiträge vorsieht, fallen
gelassen; im übrigen scheint er dem alten gleich zu sein.
Durch jenen Verzicht sind seine Aussichten auf Annahme
u'ohl crünstiger c^e orden. Dafs aber die Bundesversannn-
luii;^ in nächster Zeit über Um seihaudcln werde, ist nicht
wahrscheinlich. Der Zentralansschufs des Schw. Lehrer-
vereins hofft es aber; deshalb und aus allgemein-politischen
Rücksichten hat er einen Antrag der Stürmer und Dränger
unter der Lehrerschaft (nämlich der Bemer): den Entscheid
mittelst des > Volksbegehrens« zu erzwingen, abgelehnt (Fe-
bruar 1896).
Hin Rückbhck auf die Bestrebungen, deren Geschichte
ich hier ausführlich erzählt, findet, dafs sie, die Bestrebungen
an sich — ohne Rücksicht auf den Erfolg — vom Schicksal
nicht begünstigt gewesen. Vielleicht weil man gewisser-
mafsen von hinten angefangen xmd über die Schwierigkeit
des (iclingens sich getäuscht. Wenn man erst die ver-
schiedenen l-*arteien und \*nlksi:iruppen um ihre Meinun«^
gefrai^t, ilirt- Änfserungen und dii thatsächlichen N'erhältnisse
kühl und olmc \'oreingenonuiK uheit erwofrt>n, unpassende
Vergleiche, nnnüti^^e Erörteruntren beiseite gela.ssen, nur
einen bescheidenen Erfolg ins Au^^e gefafst hatte: so wiirde
man wohl auf einen glücklichen, überzeugenden, gewinnen-
den Vorschlag gekommen sein. Was mehrere Kantone
und Parteien scheuen und verwerfen, ist jede gleichviel wie
geartete rechtliche lunmischung (ks Ihnulos , d. h. irgend
eines Bnn<1t.-> be a m t e n : man will keine cid i^tiir>ssische Auf-
sicht ül)er die X'erwendnng der Bundesgeldti, keine Bundes-
25«
Ituiluir IHrtrivb.
Vorschriften n. clj^l. Al)er die lud«»;eii< 'sscnsdiaft könnte doch
das l*r i ni a r-lK i !i d <* r-lsclinhvesen der kaninru- t'ür dieses
soll ja uacli dem \\ luiselie der Mehrheit innter den l^ehreni
tuld Natioualrätenl zunächst gesorgt werden - - sehr wohl
mit Bundesgeldern unterstützen, ohne die Verwendung: be-
aufsichtigen, oder über diese von den Kantonsbeh ndeii
Rechenschaft fordern» oder gar auf das \on einer Seite
eni])fohlene, sehr unangenehme Mittel der Spezialunler-
siudinng (im Falle eines Mif^hrnuchs ) sich verlassen /u
müssen.' Sie brauchte ja mir die Crelder weder den Kauions»-
noch den ( iemeindehehöi<len /.u überantw orten I
Ich denke au die vier z. Z. wichtigsten Aufgaben (im
Ciebiete des Änfsereu' ): i. Der Bund baut und verbessert
Schnlhäuser und Schulwege (die nötigen Arbeitsverträge
schlielst das Departement des Innern selbst al). nur vielleicht
\ertretcn durch \'ertranensni"niner). 2. Kr steuert zur Kr-
uährung und Hekleidung aniu r Scliulkinder bei (die ( )rts-
\ereiue erhalten die (xelder entweder unmittelbar aus der
Buntieskasse, oder durch \'ermittelung der Scluv. (remein-
nütz. Ciesellschaft). 3. Hv zahlt an die Lehrer, an sie selbst
üesoldungsznlagen (nach detn Grundsatze, dafs jeder Lehrer
aufser freier Wohnung wenigstens I20ü Kr. Jahresgehalt be-
ziehen sollte I oder ennögliclit die Anstellung neuer Lehrer.
4. Kr zahlt Heitrage an die Ruhegehalte der lA'hrer. ( )b
alle Kautone bedacht werden können, das häii;^t \ on der
Höhe des verfügbrirt n 1 iesauitbetrags ab. I*'ürs ei>lc mfüsten
wohl mehrere K.iulone - wenigstens Iki.selsiadt, (ienf.
Neuenburg, Waat, Zürich, Schafihausen, Thurgau - auf die
Hundesspende verzichten. Trotz dieser Ansschliefsung würde
die von Bundesrat Schenk vorgeschlagene Sunnne — 1^/5
Million — bei weitem nicht genügen; es wären mindestens
3 Millionen mis/usetzen, und zwar im einzelnen für jene vier
Aufgaben : , -f- \..-\- i + \' , = 3. Die Kantnue nach
dem Schenksciun Muster in Klassen zu gliedern und
danach ihre AuLeile /u berechnen, also von voridierein fest-
zulegen, empliehlt sieh wohl nicht. Sondern die Anteile
wären alljährlich nach der Dringlichkeit des Bedürfnisses
auf (innid sorgfältiger Erwägung und Vcrgleichung zu be-
stimme 11. .Als Tuterlagen hätu n lie Gutachten« Vor- und
Anschläge zu dienen, welche die Kantousbehördeii, Lehrer-
vereine un<l t^^emeiunützigeu ( iesellschafteii ilem eidge-
nössischen J >eparteuicnt des hineru auf dessen Einladung
hin einreichen.
Ich sage nicht, der lJund soll die bezeichneten Aui-
gaben lösen; ich mochte nur zeigen, dafs und wie er dem
Kinderschulwesen auflielfen könnte^ ohne weder den Kan-
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tonen noch den Kiidien noch den I'arteien /.n nahe /a\ treten
ni)cli bei sicli selbst die Pflicht des Junten Haushalters
und (Vw Khre der höclkslen Behörde zu verletzen uder ver-
letzt n zu lassen.
In dem iiiehrjähn^<;ii Streite um die lUuidesnnterstntzung
ist nnch viel von der schweizerischen \'(jlk ssch nie
als dem letzten Ziele die Rede jtjewesen. Der IJund hat
verlanirt der aiii;cschcii>ii. unter den demokratischen Schul-
niiinnei u ^Maduat, vorher ilrziehiui^ssekrelär ( irob in Zürich) 'l
- - das Mafs alli^cnieiner Volksschulbildung in der Schweiz
zu bestimmen, welches überall zu erreichen ist, wo Anspruch
auf Huudeshülte erhoben werden will. Kin Gesetz wird in
iiezichnnj; auf das ( >bH)4at<)r'"inn, die l'nentj^cltlichkeit imd
die Weltliciikeit der X'olksschnle \'orschriften aufstellen, und
der Bund wird darüber wachen, dals sie befül;»^t werden .
Hinter solchen Hei^ehren die auf I'>füllunj4 allerdinj^s erst
in ferner Zukunft rechnen dürfen, auch nicht bestimmt j^e-
nu^ j^efafst sind wittern die Ultraniontanen und Vöi-
deralisten die Absicht auf weitgehende Gleichmacherei.
Aber- die Kinsichtigen können diese Absicht jjar nicht
hegen, schon deshalb nicht, weil sie den grofsen Tuterschied
zwischen germanischem und romanischem Wesen kennen.
In der Sclnde der welschen Schweiz wird immer ein wc^eiU-
lich anderer (icist leben als in der Schule <ler deutsclien
Schwei/, l'nd weiter fallen die kirchlichen oder religiösen
Gegensätze, die landschaftlichen und wirtschaftlichen Mannig-
faltigkeiten schwer ins (lewicht. Übrigens darf man es mit
dem Ausdruck -schweizerische Volksschule« nicht so
genau nehmen. HiU\ z, K meint in seineu Grundgedanken*
nicht eine gemein-schweizerische, sondern eine deutsch-
schweizerische iMziehung.-'l l'nd so werden manche nocli,
weni! tucli uiibewulst oder wider Willen, den Begriff ein-
schränken.
Tiid doch kann man jetzt schon von schweizeri.sclur
Volksschule als solcher sprechen. Kine gewisse (Jleichheil
besteht; drei wesentliche Merkmale sind sämtlichen kan-
tonalen Volksschulen zugeeignet worden. Xacli Art 49 tkr
Bundesverfassung darf niemand zur Teilnahme an reli-
') In tlcui cin^an^.s crwähnU-ii Auf.saU Die scliwci/ATibclic \ olks-
.schulc .
■i ]\r stellt u a. «lern fraii/* »siechen tias (kutsche HiUIuiijiS
ideal j.je^^'^enüber. und dieses ist seni .schwei/.erisches . das aller-
dings ein genicin-schweizeri.sehes sehr wohl werden kauu.
26o
giö.sem (k i r c h Ucheiu) rnter rieht *;ezwu !i«» c n wckU ii;
(lern \'atcr oder seinem Rechtsnaelifol^eri stein es frei, tlas
Kind in enien K' Ii /ioiisunterriclil /.u schicken oder nicht.
- - Das andere vSmek < '.leichheit hat die Hesliunniini^^ des
Art 27 bewirkt : Der rrinianiiiterrieht ist in den üftciillielien
Schulen unentgeltlich. Also Schulgeldfreiheit lu diesem
beschränkten Sinne ist der Begriff unentgeltlich %u nehmen.
Allerdings lantet die Bestimmung allgemein, sodafs man
daraus schHefsen k<"»iniu, die Eltern sollen auch von allen
andern Schulans<>;-a1)eii hefieit sein. Und dieser vSchlnfs ist
thatsächlicli «^ezo^^eii. oder doch die idealere .AuftaN-^nn-^
jener HesliniinuiiL; in .Vrt. 27 wie Huher sich ausdruckt
— vielfach erörtert worden. Seit Jalncu ijildel die Frage
der Uneiitgeltlichkeit der Lehrmittel und Schuhnaterialien
ein ständiges Traktandum in den Ratssälen und in der Presse.
In Kantoneii, wo man sich ihr ge*»;enüber vor einem Jahr-
zehnt noch kühl verhalten hatte, hat sie siej^reichen Ivinzug
j^ehalten . In welclieni Ij'chte eine jj^rofse Partei das »Streben
nach jener Unentj^elllielikeit sieht, nnd welchen Wert sie
dieser selbst beilei^t, erhellt ans den weiteren liemerknni^en
Hubers: Ks ist ein guter Geist, der sich im Lande bemerk-
bar macht Daraus erklären sich auch seine Erfol^^e. Diese
Bewegung auf sozialem und pädajrojrischeni Gebiete wird
sobald nicht zur Ruhe kommen; denn sie hat ihre tiefinnere
ideale Hej^ründuni^ : es ist der Gedanke der sozialen Gerech-
tij^keit nnd Billigkeit der Xächslenliebe. Mit elementarer
CTCwalt hnt er sieh f '» Itnng verscliatfl. Grofse Ideen lassen
sich nicht eindämmen, l'nd der Gedanke der Unentgeltlich-
keit des Scliulmaterials für alle mnfs gewifs als eine solche
erscheinen, denn durch ihre Realisierung ist ein Teil der
sozialen Frage — wenn auch in bescheidenem Rahmen —
gelöst . Huber findet es also der Sache angemessen, *den
vollsten Ton anzustimmen, als ob er nm dem Höchsten,
was Menschenherz erhebt' , sän^e: L'nd schlielslich wün.scht
er der Unenl.i^eltlichkeit von Herzen, dafs sie ihren Sie<i^es-
zng durchs Land nni^ahindert vollende-. l>is jetzt hat sie
in 15 Kantonen ganz oder teilweise jij^esiej^t' : die Kantone
Glarus, Solothurn, Baselstadt, Baselland, Waat, Neuenburg,
Genf liefern ihren Primarsch ülern die ^Lehrmittel und SchnU
materialien , Zuj; und St Gallen nur die 'Lehnnittel« um-
sonst In den Kantonen Zürich, Appenzell-Aufserrhoden nnd
Thnrgan leistet der Staat denjenioen Gemeinden, welche die
T ' nentj^altlichkeit eintiiliren, Ikiträufe an die Kosten, während
einige hier ebenfalls anzufülirende Geuieiuden der Kantone
') Jahrbuch iSyi : Die rnciiLgelllichkeit usw.
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Srliw<*M)'rl!>«'ki>i« Vi>JJii.r.rliiiI« mich.
Bern, Ludern und Aar<jaii vom vStaate nichts erhalten. Tni
ganzen IkukKIi es sicli uni etwa der sch\vei/.i ri>clien
Primarschiilci. Die Aiisgaben für sänitliehe vSchiilei (nahezu
Million) würden naeh Hnbers Reehnung i'/, Million Hr.
betragen.
ITin möglich billige Lehnnittel zti beschaffen» haben
mehrere Kantone (Solothurn, Baselstadt, Baselland, St Gallen,
Thiirgau) Verträge mit Buchhandlungen abgeschlossen, an-
dere dagegen (Freiburg, /n<^, Appenzell- An fscrrh., Nenen-
burg) ein Lehrmittel-Depot errichtet und drei iZiirich, Crau-
bünden, liern) den Staal^\ crlas^ eingeführt. In Zürich besteht
die.ser .schon .seit 1851, in Bern er.st seit 1894. Der zürcheri.sche
Erdehungssekretar Huber ist, wie sein Vorgänger Grob, ein
wanner Anwalt des Staatsverlags. So zeigt er sich z. B. in
.seinem Bericht über den kantonalen Lehnniu«. Ivt rla^ im
Jahre i<S92 (Amtl. vSchulb. d. Kts. Z. i«S93, IX). Hier wird
zunächst die volkswirtschnftliclu Hedentun«:^ des Sl.iatsver-
la'^'s hcrvorgelioben : er h;H im Jahre 1802 nicht weni<;er als
41 Jhichbinder in Stadt niid Land, dLsi^Icic hen eine zieniliclie
Anzahl Druckereien beschäl tigl. W'iitt riiin preist Hnber die
Güte der aus dein Staatsverlag hervui gegangenen Lehrmittel
[die innere Güte ist aber weniger bedeutend, als man fordern
darf). Als Beweis dafür müsse u, a. der Absatz nach aufsen,
die Zunahme dieses Absatzes gelten. Der Staat habe es auch
leicht, inhaltlich gute Lehrbücher In r/nstellen : er zähle genug
tüchtige Lehrer, die zur Ausarbeitung oder zur Kritik heran-
zuziehen seien. S») lasse >ich denn meint Huber schliefs-
lich — gegen den Staatsverlag etwas »Sticldialtiges niclit ein-
wenden, umsoweniger, als er ja doch nur das Ende einer
modernen Entwicklung bedeute; denn es wird nicht ernst-
lich angefochten w erden können, dafs, wo Obligatorium und
Uncntgeltlichkeit durchgeführt sind, der Staatsverlag sich
gewissermafsen als Notwendigkeil aufdrängt'. I)a<^egen war
in fler Schw. Lehrerzeitun«^ eingewendet wf>rdeu : Wenn die
l'uentgellliehkeit der Lehrmittel den Staat.s\ erlag im Celolgc
hat, so wird das Lehrmilielwe.sen ein au.sschlielslich kanto-
nales Ciepräge erhalten . Scheinbar zwar widerlegt Huber
auch diese Behauptung: indem er den Absatz zürcherischer
Lehrmittel an andere Kantone nachweist. .\ber dieser ist im
einzelnen doch sehr gering, wird es wohl auch bleiben, und
jedenfalls haben die Erzeugnisse eines kantonalen Staatsver-
lags keinerlei Aussicht, schweizerische zu werden. -
Die dritte der allen Kantonen gemeinsamen Kinrichtuui;eu
ist die pädagogische Prüfung der Rekruten. Sic wird
seit 1875 durch eidgenössische Kxperten« bei der Musterung
im Herbst vorgenommen» und alle Stellungspflichiigen --
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l;ii«i»ir i>i«>irii-ti.
also auch jun^^c lyelirer, Stiuleiitcn irusseii sich ilir unter-
werfen. Sie erstreckt sich aut I^esen, Redl icii muiiuUirli und
schriftlich), Vatcrlaiiflskinide ((ieojji'raplüe, (iescliichte, \'er-
fassunjj:); vvei in mehr als einem Fache die Note 5 erhält,
ist während der Rekrutenzeit stinu Besuch der Nachschtile
vci pflichtet''. Die Kosten tragt die Kid^eiiossenschafl; die
Ergebnisse werden alljährlich vom >eidg.-statist Bureau-
veröffentlicht. Diese Prüfungen werden nun in der That wie
zur Schule i^^ehöriq; niT^cseheu; sie erteilen jedem Kanton
sciiK-n Raiiq , \\\)vy den dann \ iel '^esproHu-n und gestritten
wird. Der \'rrfasstr des Artikels Schwei/ im Päda«^.
Jahresbericht (Prot. Hunziker, Direktor des I'esialoz/.ianunis
in Zürich) behandelt jene Ergebnisse mit einer Ausländern
ohne Zweifel unverständlichen Ausführlichkeit Und der
Direktor der Berner »Schulausstellnng* (Gymnasiallehrer
Lütln) urteilt in dem auf Bundeskosten für die Weltaus-
stellung in Chicaj»o herausgegebenen Schriftchen ( Das
schweizerische Seliuiwescn 1: Die Rekrutenprüfuui^en übten
auf die Kutwickehnij» des schweizerischen X'olkssclinl wesens
einen aulserordeuLlich günstigen Kinlluls aus . I)a\on zeuge
in einer Anzahl Kantone' die strikte Durcliführung des
obligatorischen Schulbesuchs, Erhöhung der Lehrerbesol-
dungen (!) und Verbesserung der Schulaufsicht, Einführung
teils freiwilliger» teils obligatorischer Portbildungsschulen,
iMufiilirung der Vaterl and.sk unde als obligatorisches Unter-
richtsfach . Die R ekrü tcn prüf uni^cn bemerkt Lüthy
weiter lial)en unter den Kantonen und zwischen den Be-
zirken, unter 1 )eli<")rden und ivehrer.seliatl einen grofsen Wett-
eifer hervorgerufen, der für das gesamte Schidwesen \\.n den
glücklichsten (!) Folgen ist. Es giebt auch eine grofse An-
zahl Jünglinge, die sich ernsthaft auf dieses Examen vorbe-
reiten und so ihre Primarschulbildung \ ertiefen (?) und er-
gänzen Aber man über.schätstt die Einrichtung. Man be-
]iaui)tct sfv^ar: diese Prüfungen setzen uns in den Stand,
einen richtigen Pj'nblick in das \'oIksschul wesen der 35
Kantone zu gcwimun , und in den P^rgebnissen sei der
sicherste Malsstab zu erkennen für den Hii<lungsgrad der
angehenden Wehnnänncr und damit auch für die eistttngen
der Volksschule und die Höhe der Volksbildung'. Viel
Täuschimg[ In 13 Kantonen werden Dressurkurse auf die
Rekrutenprüfung abgehalten. Man kann die Kurse den
Prüfungen aufs genaueste anpassen; es giebt genug Anlei-
tungen dazu, l ud wenn dann die Zu- r>der Abgerichteten
leidlich oder gar gut dm chkomnu n : w u^ will der Rang
besagen, den nun die Kantone oder liezirke erlialten?! Dazu
konnnt, dafs jede Schulprüfung nur ein sehr vorsiclitiges
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Urteil über die Kentitnisse und Fähigkeiten des Geprüften
znlafst»)
Ob man .sicli nun luil dein, was ist: niii (kii \(»rlian-
denen Kinlieits- nnd (ileichheitszeichen be<4]iügcn ninfs? Ge-
wifs nicht, l'nd vom • Kinntischen - des - Bundes braucht
nicht cimnal die Rede zu sein. Pic Kantone könnten sich
in sehr \vicl)ti<;en Dingen ^) einigen ohne ßnndesgesetz und
Hnndcs<^eld.
Das erste zwar ist luclils Wichtiges: nur der X a m c.
Aber es wäre docli ;nu Ii Ljcin/ hübsch, wenn mit dem Xanien-
vielerlei antiier.inn»t würde. Die überall obligatorisclie
Schule heifst Volksschule, oder, da die Oberstufe nicht überall,
und in der rechten Fonn*) nirgends vorhanden ist, Kinder-
schule. Die Kamen Primär-, Klenientar-, ( Tetneindeschule
^ aren zn tilgen. Ob man die Kinderschnle in zwei oder drei
( (h r überluuiiH in Slnfen gliedert, ist nnwesentlich. Aber
ntui gar noch für diese Stnfen bes<jndere Xnnion ! In Zürich
besteht die Kiiuh rschnle Klemeutar - inid Real -Schnle
in Hasel sagt man dauir Primär - uml »Seknndar -
Schule, nnd gewöhnlich versteht man sowohl unter IClementar-
und Real-, wie unter IMniar- und Sekundar-Schulen zwei
verschiedene Schularten! Also diese und ähnliche kantonale
Kigenheiten wären prei.szn geben.
Das zweite wäre das Ziel der \'olks.sclude. Hilt\ be-
zeichnet nnd nmschreibt es; ich brauche hier nnr auf S. 23S
znrückznverwei.sesi. Das Xene ist freilich nicht das Ziel .seil)st,
sondern: dafs es anerkannt nnd ehrlich erstrebt, der gesamte
I nterricht darnach eingerichtet werde. Tnd das sollte die
wesentlichste Kigenheit der .schweizerischen Volksschule sein.
Drittens: ein .schweizerisches Lesebuch. Ks bietet An-
lafs und Mittel zur l'>kenntnis sprachlicher Darstelhings-
fonnen • zum (rennfs des in der Sj)rache niedergelegten
Schönen znr X'ertieftiiig in die Mnttirspr.iche. d. i. in die
X'olksseele; in das Dichten nnd Trachte n iKi Menselanseele ;
in das bnnte, blühende nnd welkentle, ewi«^ bewegte Leben
dranlsen nnd wird dadnrch zn einer Hanptqnelle derCie-
schmacks-, Gemüts- und Charakterbildung. Mit Religion'
und Realien hat das Lesebuch nichts, mit > (Orthographie^
'1 \ i,d. da/.ii 1 Iiiohe Aiifserung^cn Wtttstcins in «lein cin}rniig.s
erwÜhiitcu lierichl .
*l Von denen ich hier nur in .\ndculun.s4en reden kann.
I I>ic Ilürucisi huK- . <lariil>er später jjaar Worte. Die Schulen,
dif ji t/t .ils < >lti Tslnt\-i! .n lic ii mi'issi ti : ili«. I ji^an/tinus . Kepclicr-,
oliliy;, l't»ill)ilduJijis.schnien liahcii wenig udct keinen Weit.
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264 Kudwtf ■•iHiicK
und Oramnmtik äiifserst wenigf zu schaffen ; jede Leitfädi^;-
keitsspnr fclilt ilini.
\'iertens k'MiiUt' sich die schweizcrisclR \'ulk>schiile Ha-
durcli kfiHi- und aii.s/xichnen, dafs sie nur wirklich brauch-
bare, vor allem genügciid grofse allgeiiieiiie (Klassen-)
Lehrmittel einläfst — und wenn die schweizerischen Er-
ziehnngsdirektionen und Stadtschulrätc aufserdciii alle For-
derunjren der Veranschaulichungssüchtij^en. Lehnnittelfexe
und patriotischen Spekulanten req^elmälsi^ abweisen, so wur-
den sie damit ein grofses \'erdienst um die Pädacfoj^ik über-
haupt sich erwerben und weni.L^sleus den eiidieiiuischeu Lehr-
mittelmarkt zu vernünftigem (Icbaren zwingen.
Fünftens; einheitliche Lehrerbildung» aber nicht in
den alten fattlen Formen! — Zweierlei wird ja auch wohl in
der Schweiz noch lange so bleiben, wie es ist: dafs die Lehrer
zu jung ins Amt kommen — und die knappe Besoldung.
Also heilst es: fest machen :.^'egen die möglichen Folgen
dieser T^bel. Und wer l aini denn in beiden .qrofsen
VViss(.uscliaHs;^cl)icten zu Hause sein.-* ICntwedcr (Tcislo- oder
Naturwis.^euschaücr. F^s ist klar, aul welche Seile der Er-
zieher gehört Wir werden dann freilich weniger viel-
seitige' , aber dafür einheitlich tmd gründlich gebildete Lehrer
haben.
Eine Kritik dieser X'orschläge dürfte zugeben: sie lassen
sich ausführen natürlich bei gutem Willen. Die Ausgaben
für das Volksschulwesen werden nicht p:e'>tei i^ert, im (teiiien-
teil, durch Annahme des dritten niid \ierleii \ oischlag>. ver-
mindert. Die sittliche, bürgerliclie, wirt^chaltliche Tüchtig-
keit des \'olkes wird erhöht Die durch die verschiedenen
Boden- und Erwerbs Verhältnisse bedingten Einrichtungen
bleiben unberührt, desgleichen die Eigentümlichkeiten der
drei oder vier Volksgenossenschaften (v»>n denen eben jede
das Lesebuch in ihrer Sprache erhält). Nur die Kirche wird
etliches einzuwenden haben: i^eiren das irdische Ziel, viel-
leicht auch gegen die I A-hrerbiUlung. .Aber die Kirche ist
nicht überall mächtig. Al-i> inogca die günstig gestellten
Kantone den Antang machen I
Das sind, wie gesagt, Dinge, welche die Kantone unter
sich abmachen köimen. Der Eidgenossenschaft verbleibt
troi/dem Tioch Hrhebliches. Sie mufs das Volk zu gewinnen
suchen für die sclnvetzerisclu' X'olksschule, wie für die grofsen
Aulgaben der Pvidgt ncssetischaft (vgl. Hilty) überhaiipt: sie
niufs die Sorge für die politische Schulung übernehmen.
Zu diesem Zwecke gründet oder unterstützt sie Bürger'
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KcliM«-i7.«ri»ehfii VolkaicbulwesMk 265
schulen, auch als Kreisschulen dort, wo sich wenigstens
10 Schüler melden. Den Kantonen bleibt es überlassen^ den
Besuch einer Bürgerschule als allgemein verbindlich zu er-
klaren. Der Bund unterstützt jedoch nur diejenigen Anstalten,
welche nach dem von ihm auft^estellten Plane unterrichten.
Kr trä^t alle Kosten der allcfcnieinen Hürj»-erschnleii ; die
(fcmeindcn haben nur für Zimmer mit Zubehör zu sorgen.
Kr ti|-ründel auch eine Anzahl höherer Büro^erschulen (und
zahlt an weitere Heiträge), da solche die besten Bilduugsan-
stalten für Gemeinde' und Staatsbeamte sind.^)
Den Bürgerschulen zur Seite stehen die Haushalt-
schulen für Mädchen, deren Förderung durch den Bund
wenigstens vom Ständerat schon als Bundessache erklärt
worden ist. nämlich in dem Bcriclit fler ständerätlichcn Kom-
mission, betreuend die hauswirtschaltiichc inid l^enifliclic
Ausbilduni^ des weiblichen Geschlechts ( veröiieutlicht im
Sehw. BundcsblaiL vom 9. Mai 1895). Der volkspädagogische
Beruf der Eidgenossenschaft«^ — meint der Verfasser, ein
Konservativer, imd offenbar ein eigener Kopf — bestehe
darin : die wirtschaftlich schwächeren Kxistenzen, welche
recht eigentlich die breite Schicht des Volkes bilden, mit
beruflich lüchlii^en Waffen auszurüsten . jCianz dem Zeit-
geist entsprechend!] Sie hat diesbc/ÜLilicli in wenitjen
Jahren /seit 1884) (irolVts (geleistet auf (Kiii Gebiete der
Landwirtschalt und derCiewerbc; aber iiir die Hauptsache
hat die Eidgenossenschaft bisher noch wenig oder nichts
gethan: für die Wohlfahrt des Hauses«^. Von den 124
Schulen und Kursen für Bildung des weiV)lichen Geschlechts,
welche 1892 als in der .Schweiz vorhanden nachgewiesen
werden konnten, unlei stüt/te der Bund nur 7 Franenarbeits-
schulen iiud 3 Abteilungen au Gewerbe- und anderen Schulen
'1 \is ist hier nicht flcr Ort zur WTÖffcntlichnng des vollstän-
digen Ivntwnrfes. Nur Ktlichcs anmcrknnyfsweise : \V eniiifstens drei
Halbjahre vor dem lüntritl der j)<)hlischen Mündij^keit (Vollendung
des 30. JahrLSi. Mindestens 4 Sld. in <ler Woelu- U' für Muttersprach-
kuiiUe 2 für Bürgerkunde: t iesellschafts-, Staats-, W rfassutii^s ,
Rechts , Haus mul Volkswirt.schafts-K.). Kein Lehr-, al)er ein IlauK-
und \ olksbuch. etwa 2<k> vSeiten die ti nlteniittelten S( Inder erhaltiii
es unentgeltlich, an andere und sonst an jeUenuann winl es j;ut ge-
bunden für I Kr. al);(e«;-eben. Stipendien an Anne*. l*nterstützt»ng
der l'dtern. X ertranensniänner in den Ceineinden muntern /um Me-
suche auf. - Cbrij^ens könnten <lie Anstalten jetzt noch gar nicht
eröffrift werden, da t*s f.ist ganz an I.ehreni fehlt. Die nötigen (ieldcr
anfangs nur geringe Summen — würde das Volk ohne Zweifel
hewilli^en.
-) iJeruflich ist hier hauswiilschaftlich ; «lenn es handelt
sicli wesentlich um den IK'rnf des Weihes als Hrinsfrau. Ilans-
hälterin u. dgl.
Mrae Bnlinpn li'SilAfaKluni) VII. .V |S
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266
Itttdeir niAtrich.
— )»Hanshaltitng;s--: und Fortbildungfsschnlen erhielten aus
der Hundeskasse nichts. Daher komnits meint unser Be-
richterstatter — , dafs zur Zeit noch sehr viel System- und
Planlosigkeit in der Sache wallet ; dafs in vielen Lnndes-
gegenden gar nichts dergleichen geschieht denn einzig
durch den Bund werden iliese Schulen und Kurse in ratio-
neller Weise über das ganze Land verbreitet . Man denkt
vorzugsweise an »Kurses diese hätten zu bezwecken ^prak-
tisch gfediegene Einführung in die verschiedenen Gebiete
einer schlichten bürgerlichen Hauswirtschaft , mit besonderer
Berücksichtigung der Ikdürfnisse des Mittelstandes und der
ärmeren Klassen. Und !nan niufs diese Kurse möirlichst
zngfingh'ch maclicii. nannii (hirfen sie nicht zu lange dauern.
Dnriini sollen sii an ni<")o lichsi vielen Orten stattfinden.
Darum .sollen ICintrittsgelder und überhaupt alle erschweren-
den Bedingungen bei Zuerkennung der eidgenössischen
Snbsidien tunlichst untersagt werden. Hanshältungskurse
für das arme Volk der Arbeit sollten auch vor allem beseelt
und geadelt sein durch veredelnde pädagogische Einwirkung
auf das Oemüt und den Charakter. Das ist aber nur nu')g-
lich bei hingebungsvollen, innsterhaften Lehrkräften, und
solche müssen eben in nnisti ro iiltigen h'achschulen heran-
gebildet werden; solche lassen .sich nur gewinnen durch die
Gewähr für ein angemessenes ThätigkeitsgLhici und für
eine würdige soziale Lebensstellung, und diese Gewähr kann
nur mit Hilfe der Eidgenossenschaft geboten werden*. Auf
die Unterstützung der hauswirtschaftlichen Kurse sollen - -
nach dem \'or.sehlage der ständerätlichen Konnnission -
diejenigen Hestinniumgen (von I.S.S4/5) ani^ewendet werden,
welche liir die F(")rdrrnng der gewerbliciien und industriellen
Berutsbildung« gelten: der lUind trägt im einzelnen Falle
höchstens ein Drittel der Gesanitkosten. Wieviel würde das
jälu'lich ausmachen? -Nach thunlichst zuverlässigen Berech-
nungen würde ein Budgetposteu von höchstens 60,000 Fr.
auf geraume Zeit genügen«^. (Das wäre noch nicht ' ^ dessen,
was der Bund jenem andern, bereit < seit iSSj bedachten
Hildiingsgebiete zukonunen läfst. I)<jeh v.\ch\ gerade um
die.ses \'erhältinsses willen, sondern im ailgnin inen halte ich
die Schätzung der Konuni.s.sion für viel zu niedrig!)
Aber die Eidgenossenschaft sollte nicht blofs Schulen
gründen und unterstützen, sondern auch eine Einrichtung
schaffen, welche auf die Schul- mul \\)lksleiter zu wirken
berufen wäre, l^nd zwar eni])fiehlt es sich, mit dieser Hin-
richtung den Anfang zu machen. Mau künute sie vielleichl
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Si'liv»ri^«'ri!<clic* Yolki>Kcbulwc»pn. 26/
Vo 1 k ssc h u l \v a r tc nennen. Bedient würde sie von drei
Personen: einem Lehrer für Volkskimde und Bildungsge-
schichte am eidgenössischen Polytechnikum (und zugleich
an der T*ni\ cTsität Zürich), dem Verwalter der Volksschul-
warte (als Hanptbeaniten) nnd dessen Hiireau-Ciehilfen. Der
erste hätte in den Studierenden, den künftigen Leitern, Be-
ratern, Heitern, Richtern. Lehrern des \'olkes, die Lust zur
Beschäftigung mit den «.'Tolseii I'ilduni^stragt ii zu wecken
und die Arbeil des zwei un zu luiterstülzcn wler zu ergänzen.
Zwischen beiden Beamten besteht selbstverständlich regel-
mäfsiger Verkehr: sie sind überdies als Mitglieder der Bil«
dungskoniniission der vSchweizerischen Gemeinnützigen Ge-
sellschaft gedacht. Da ferner der Verwalter eines Archivs
nnd einer Bibliothek hedarf, so sollte er mit der Anstalt,
welche beide Sammlungen schon seit langem {pflegt - dem
Pestalozzianum in enge Verljindung treten kc'umen.
Hohe Anforderungen werden an diesen Hauptbeaniteu
gestellt Man dürfte weder einen Bnreaukraten noch einen
titatistiksch wärmer noch gar einen Juristen wählen; auch
niclit einen Parteimann irgend welcher Art, nicht einmal
einen Schulmann im beschränkten Sinne sondern einen
selbständigen Mann mit weitem nnd tiefem T^liok, einen »Sach-
kundigen allerdings, aber einen, der die Schule als lebendigen
Teil eint> lebendigen (Tanzen, der die Krzielinng mit den
Augen uder vom Standpunkte des Staatsmannes ansieht, und
der volkstümlich zu denken und zu schreiben versteht.
Über die Arbeit der Volksschul warte» welche hauptsäch-
lich dem Verwalter obliegt, einige Angaben. — Sie beobachtet
das vielgestaltige pädagogisehc lieben des In- und Auslandes.
Sie achtet im l)e«)ndern auf die grofsen und kleinen Mächte,
welche an der Krziehung des Schweizervolkes mitarbeiten.
Sie sannnelt gute nnd schlimme Krfahrungen, geglückte und
inifslungene Versuche, uacliahmenswerte nutl abschreckende
Beispiele, bedeutende Gedanken, verwertbare Anregungen
in neuen pädagogischen Schriften. Sie sucht der Mittel und
Wege, welche zu dem von Hilty aufgestellten Ziele und
damit zur schweizerischen Volksschule im ))esten Sinne führen,
immer mehr ausfindii: zn machen. Sie tritt in persönlichen
nnd schriftlichen \ erkelir mit her\ nrragenden Pädagogen
und Politikern. Sie beteiligt sich au ])ädagogischen \\r-
örterungen in der Tagespresse und wird wohl ihrer grofsen
Sachkenntnis und Unparteilichkeit w egen immer gern gehört
werden. Sie schreibt - - unter Mitwirkung der besten Fach-
und \'olksmänner - das in der Kinleitung erwähnte Buch
über das schweizerische Volksschulwcscu, das schweizerische
Ifesebuch, das für die Bürgererziehung empfohlene Hausbuch.
i8*
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26K
Die Früchte ihrer Arbeit sollen iu erster Unie den kan-
tonalen Erzieliunjj^sräten und -Direktionen zur Wrfüj^ung
stehen. Die Beamten der Volksschulwarte dranj^en sich aber
nirj^CTids auf oder vor; sie hictc-u einfach ihre Dienste an.
Das Bedeutendste des ( itsaniinelten und Verarl>eitetLn lt-
scheint in monatlichen oder vierteljährlichen Mitteiluu.^cn.
welche den oberen und mittleren Schulbehörden frei zugesttlU
werden (und vielleicht auch zu billigem Preise als Beilagen
in- und ausländischer Fachblätter weiter m verbreiten wären).
Die Kidgenossenschaft hätte für die \ Dlksschulwarte
jährlich höchstens 8(xk> Fr. aus/.ujj^eben, da die Besoldung
des Lehrers für Volkskunde und Bildungs}»eschic]ite dem
Polyteclinikum (das ihn jedenfalls, ol) die empfolikne Warle
errichtet wird oder nicht, erhalten sollte) zufällt. Dafs um
auch den Punkt noch zu berülncn dieser Professor oder
der Verwalter der Volksschul warte irgend eine Ähnlichkeit
mit dem schrecklichen Schulvogt habe, wird selbst der aller-
furchtsamste nicht behaupten.
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Zwei Leitf äden der deutsclien Gbe-
schiclite nach den Forderungen der
Dr. Khi'I l{i«Mleriimini. 1. <. i t f.uK ii <K r <U ulsclien (iescliichlf für
dtn Schiil}i(t.'braiuli. l.eip/.ig 1895, \ OixUändcr. o,.S<> M.. jjcl). ().(-)(> M.
Weigand und Tecklenburi^f Deutsche fSeschichtc nach den l or-
dernnj^en d« 1 n -j^cnwart. Hannover TS96, C. Meyer (G. Prior).
0,75 Mm geb. o,yo M.
^Es hat Zeiten gerieben, wo Kriege und Schlachten (>das
Fechten und Totschlagpen , wie es der^ berühmte Philosoph
Locke in seiner trefflichen Schrift Uber die Erziehung«
nannte) nahezu den. eiu/i^en Inhalt der Geschichte aus-
machten, wo eine herrschende Klasse vornehm verachtend
auf die \'olksniasse lierabsah, wo das WAk selbst so selir
(las Cieiiihl seines ei«^enen Wertes ein^chüfsi liatte, (lafs es
auch seiner>eits nur für das Treiben der H('>lc und des Adels
Sinn und Interesse . besals. Diese Zeiten aber liegen Gott
sei Dank weit hinter uns und werden hoffentlich nie wieder-
kehren. Ancli die Schätznn<^ krie<^eri ' Thaten ist lieut-
zuta<^e eine andere (;:ewordeu. So sehr wir gewifs jede in
Verteidij^itn*; des \'aterlandes vollzo<,^ene kriei^erische Tliat
hochschätzen und bewundern, so erblicken wir d«>eli in dem
Kriej^e an sich eine trauri«^e Xotwendi i^keit, \v;iliiend in
früheren Jahrhunderten Kriege und Schlaeliten, Eroberungen
und Vergewaltigungen der Nachbarn gewissermafsen zum
rechten Sichausleben eines Volkes, insbesondere aber zum
notwendigen Schmuck des Thrones gehörten. Für diesen
bedeutsamen Wandel in unserer ganzen LebLnsauschauung
giebt es kein schöneres Zetignis, als jene herrlichen Worte
unseres grolsen Kaisers Wilhelm 1., gesprocher. in dem
Momente, wo ihm, dem Ruhmgekrönten, dir Kaiserkrone
des nunmehr mächtigsten \ olkcs in Kuropa dargebracht
Von Jok. Bengel in Raeren.
I.
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2yo Joll. U<*H|t<>l.
ward. Kr wolle , sa^U- der .sic;^rciclu ikld, Mt-lirer deü
Reiches sein nicht an kriej^erischcn lü ohcnin^cu, .Mindern
au den Gütern und Gaben des Friedens, auf dem Gebiete
nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung-, Wie? Und
wir wollten unsere Jugend» indem wir sie gewöhnten, in der
Geschichte nur an kriegerischen Schauspielen, an den Thaten
und den Personen grofser l',r»>l»erer tmd Helden, nicht an
den friedlichen Krrungenschafien der \*ö1kcr ihn- I'^:cndi zu
haben, zu einer T.ebensanikissunj^ und Gesinnuni^ anleiten,
die derienif^a-ii nuscrcs erhabenen Kaisers t^eradezn ent«^e.q;en-
gcsetzt wäre? Auch unser deutsches Vulk ist glücklicher-
weise bisher — trotz seiner Sie^^e und der dadurch mit
einem Male erlangten hervorragenden Stelhnig - - ganidich
frei geblieben von jciu m unsclij^en Gröfsenwahn (Chauvinis-
mus), der unsere Nachbarn im Westen nicht zur Ruhe kommen
läfst: liüten wir uns doch ja, durch dt n Gc-^chichtsinUerricht
etwa die Reime eines solchen in die Herzen der Jugend
zw legen
Solch eindringliche Worte redet ein j\Linn. der sein
ganzes Leben der Kulturgeschichte gewidmet hat und schon
seit 36 Jahren ihr auch im Lehrplan der Volksschule
eineSulIe /n erkämpfen sucht Uni versitätsprofessor
Dr. Karl Biedermann. Kr hat uns nun urIi im vori<;:cn
Jahre mit einem nach diesen ( trundsätzen h». ai 1)citclen Leit-
faden der deutschen Cieschichte für den öchulgebrauch be-
üchenkt.
Wie der Titel besagt, ist der Leitladen unter Ikirat
praktischer Schulmänner verfafst; er ist also nicht in der
Stube des Gelehrten entstanden, ist nicht das ausschliefsliche
Werk eines Mannes, der der Volksschule fern steht Wenn
A. Günther in den Neuen Hahnen (Jahrg. 1890, Heft n
und T2), wo er die I)estrel)uniLi;-en Biedermanns für den
kultnrgeschiclitlichen rnlcrricht lu rv<)rhe})t, den Wunsch
anss])rach, praktisclu- Schulmänner mochten dem wackeren
Cielehrten die Haim reichen, um ein brauchbares Schulbuch
zu bearbeiten mit den Vorzügen der Biedennannschen Me-
thode, so ist dieser Wunsch nunmehr in Erfüllung gegangen.
Zur Entstehung des Leitfadens darum \on\h einige Worte!
Nach einer Versammlung» der auch Prof. Hiedermaun
beigewohnt hatte. \er1>1i(.l) dieser mit einigen Lelirern noch
kurze Zeit in frcniKllicher rnterhallung. die sicli insbesondere
auf die Kulturu:* schichte und deren Herücksiclitii^ung im
Volksschnlunlerriehie erstreckte. i>ie>es Gespräcli re^te in
dem greisen Gelehrten wiederum den Plan an, einen Leit>
faden für die Volksschule nach kulturgeschichtlicher Methode
zu bearbeiten. Brieflich und mündlich wandte er sich nun
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Zwol Li-iifjiiloii il«-r <ifuri><-li<>o tf^iicUiflit«' nach «It'u FunlcTunscn «ler Oi-Koii'wari. tJ"!
au J^cliiei, Icj^Le rrobeii vor uiiii l>at um eingehende und
unumwundene Kritik. Die Gutachten liefen ein; Kürzungs-,
Rrweitenmgs- und Änderungsvorschläge, die gemacht wurden,
fanden Berücksichtigung^. liiederniann sagt selbst, dals er
auf dieses Huch \ iel Zeit und Kifer verwandt habe, mehr
viellticlit, als niif ein grofsercs Werk aus seiner Feder.
I)as IcTiii;^ .M:nn;scn])t wurde zum letzteu Male vorgelegt,
und dir Ansiclitiii und \'or>c]däge, die noch auftauchten,
veranlal^u 11 ikn Verfasser wieder zu einer gänzlichen Um-
arbeitung mancher Partieen. «So viel Arbeit wie diese sechs
Bogen, hat mir noch keines meiner Werke gemacht!« schrieb er.
Xun liegt die Frucht solches Fleifses vor, und das Werk
ist, wie nach solchen Vorarbeiten nicht anders zu erwarten
war, trefflicli OLhingen. Ks ist nur 89 »Seiten stark; aber
auf diesen wenigen Blättern findet sich die ganze deutsche
(»eschichte vom ersten Auftreten der (Germanen in der C»e-
schichte bis zum Jahre 1895, imd zwar nicht in abgerisseneu
Sätzen, sondern in lebensvoller Darstellung. Solche kurze
Zusammenfassung, bei der nichts Wesentliches ausgelassen
ist, will uns schon eine Leistimg dünken. Wie manches
innfste da ausgeschieden oder enger gefafst, wie mancher
liebgewordene Zopf abgeschnitten werden . Insbesondere ist
die politisclic ( icschichte, die ( »eschichte der äufseren Schick-
sale , wie iiluuu' sagt, selir verkürzt, uml in eben diesem
Umstände Hegt der Haupiwert des lÜedermannschen Huches.
Allerdings, wer die zahlreichen Geschichtswerke des
83 jährigen Gelehrten, wer namentlich seine methodischen
Schriften zum GeschichtsunUi richte. kennt der wulste schon
im Voraus, wefs Geisteskind der vorliegende Leitfaden ist
Fr ist nach kulturgeschichtlicher Methode l>earbeitet heifst
es in der \'t)irL(l(\ und dieser Ausdruck sagt genug.
In dvT vSchule, so sj)richt sich Hiedermann selber in
der \'orrede zu seinem Huclie liber diesen Punkt aus, wo
wir es wesentlich mit dem Nachwuchs unseres Bürger-
tums zu thun haben, scheint mir diese Methode ganz be-
sonders augebracht, eine Methode, welche neben den äufsern
Schicksalen unsers XOlkes auch das innere Volks- und Kultur-
leben eingehend berücksichtigt. OtUr snlltt' nicht für diese
Kreise unsrer Jugend ein Ge.schiciusunierricht sich fruchtbar
erweisen, der, wenn auch nur in gedrängter I'btisiclu, Aus-
kunll gei)e über die Fntstehung und Kntwieklung des
deutscheu Städte- und Bürgertums, über die wichtige Rolle,
die dasselbe im \'erlauf unsrer vaterländischen Geschichte
gespielt über das X'erhältnis der verschiedenen Stände zu
einander, über die Herau.sbildung von Handel und Gewerbe,
über die mancherlei Erfindungen imd Eutdeckungen, in
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272
Jo\\. |{t>U^f|.
denen unser Volk eiiicu lüluuUchcn VVcUbcwcrb mit amlcicn
Völkern bestanden hat, über die hervorgetretenen sozialen
Gegensätze und die Veranstaltungen zu ihrer Ausgleichung
und über ähnliches niehr^ Ja, sollte nicht t in rnurricht,
welcher dem künftigen Kanfmami in dem kühnen I nter-
n eh m IUI gs freist der Hansa, dmi küiiflit^n'ti rTt'\verl)elreil)en(len
in dem Aufschwünge des i luul i'). Jahrhunderts, dem
künftigen Bürufer in den vielen i rliebeudeti Züi>^en tliatkrät-
tiger und autupternder Uür^erlrene naehalnuens werte Hei-
spiele vor Augen führt» sollte er nicht auf die Charakter-
bildung des nachwachsenden Geschlechts von nachhaltig
wohlthätigem Einflüsse sein?
Die Art und Weise, wie IJiedennann sein Ziel zu er-
reichen sucht, ist trefflich j^elnngen. Das kulturgeschicht-
liche Moment ist nändich nicht von der politischen (beschichte
getrennt, wie dies in den Werken vieler Schuhnätmer (Kirch-
niann, Kappes, Klnnic) der I'all ist, sondern beides ist
organisch verbunden, und damit steht der Verfasser auf
dem Standpunkte der heutigen Methodik, wie er von A.
Richter, Krieger, Rusch u, a. vertreten wird. Die verschie-
densten Seiten des kulturgeschichtlichen Lebens werden be-
rücksichtigt, zwar nicht nach einem starren Schema, wie dies
z. I>. Hlume in seinem ^^'erke Ouellensntze -/m tieschichte
\mseres \'olkes tluu, sondern ledij^lich nach der Zeitfolge.
Nichtsdestoweniger ünden sich in Hiederni.mns Huch jene
fünf Seiten der »^zuständlicheii Geschichte nach Blumes
Gruppierung, nämlich das staatliche, gesellschaftliche, reli-
gi(")se, geistige und wirtschaftliche Leben, hinlänglich berück-
sichtigt So handeln das 6., 29., 32., 34- und 36. Kapitel
vom staatlichen Leben, das S., 11., 13. ntul 15. vom ge-
sellschaftlichen, das 5., 9., 14., 16. und 17. vom reli-
gi(')Sen, das 13. und 39. vom geistigen und das 12. und
30. Kapitel \om wirtschaftlichen Leben. Durch diese
stete organische Verbindung des Zuständlichen mit dem That
säclilichen, des Gew^ordenen mit dem Werdenden verschmelzen
die einzelnen ge.schichtlichen Vorstellungen zu Vorstellungs-
tnassen, die bei den Schülern lebhaftes Interesse erregen und
darum fester im ( ledächlnisse haften.
Das Buch brint^l terne: den Beweis dafür, dafs die kidtnr-
geschichtlichen Momente weder so schwer bej^ieiflich oder
gar unverständlich für Schüler der X'olk.s.selnde .siiul, wie
manche Gegner vorgeben, noch des Interesses für sie ent-
behren — sobald sie nur auf die rechte Weise, im rechten
Zusammenhange ihnen vorgetragen werden. Das politische
Moment geht V)ei dieser Mclliodc keineswegs verloren, aber
es wird auf das ihm gebührende Mafs beschränkt Einem
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Zwei Lplifüdfii (l«r (liHMarlifii ((fiKcbklitf mii'h Ucn KorderuMKoa der Off^pitwart. 27 )
Rezensent in der Pädaj^o^ischeii Zeitung diese He-
scliräukiuij^ noch nicht ^lark o^ennij:; '»"^ scheint aher dieses
Zii^eslänthiis an die herischentle Strüniunj>; ein jnit gutem
Bedacht gewähltes Mittel zu .sein, um den Schritt von der
bisherigen Methode im Geschichtsunterrichte zur neuen mög^<
liehst zu Gberhrücken, um auch denen den IJbergang zu er-
leichtern, die dem Neuen noch mit Vorsicht oder gar Mi£s-
trauen gegentil)er stehen. Ivin solches ^fifstrniu'n ist alkr-
dini^s nicht gerechtfertigt, denn die kulturgeschichtliche
Methode bringt uns nichts Neues. Wie sclion A. Ricliter
{ rädag. Zeit- und vStreittragen , 2. Heft) ausgefülirt hat, ist
die Forderung, die Kulturgeschichte in der Volksschule zu
berücksichtigen, .so alt, wie der Geschichtsunterricht überhaupt
II.
Doch nun genug von Hiedernuiuns Ltiif.ukii. Schon
bald nach seinem h'rscheinen erhielt er ciiKii Miiln werber,
und /.war einen ebenbürtigen, in dem liuchc : Deutsche
Cieschichte nach den Forderungen der (* egen-
wart von \V e i g a n d und Tecklenburg.
Vorab auch liier einiges über die Entstehung des Leit-
fadens! Herr H. Weigand hatte es \ or einiger Zeit über-
nommen, auf der Hannoverschen Prt)vin/.ial-Lelnerver.samnj-
hing Leit.*^ät/.e für die Abfassung einer Deutschen ( Teschichte
aufzustellen r.iid zu begründen. Die \'ersamnilnng war von
etwa KMX) Leinern besucht. Die Leitsätze wurtleu gebilligt,
und Herr Weigand erhielt den Auftrag, aufCirund derselben eine
deutsche Cie.schichte auszuarbeiten. Die Leser dieser Zeilen
werde ich für dieses Buch von vornherein günstig stimmen,
wenn ich darauf hinweise, dafs es, im Januar dieses Jahres
zuerst erschienen, schon jetzt in zweiter Auflage vorbereitet
wird. Das ist genug des Lobes!
F'^ie X'erf.isser teilen den Sl<iff in lo Grup]>en, an-
lehnend an T'icdermanu, der (in seiner Schrift : Der (yeschichts-
nnterricht in der Schule, seine Mängel und ein Vorsclilag
zur Abhilfe) zwölf grofse Kulturbilder festsetzt Es sind fol-
gende: Die Zeit des Heidentums; die Zeit des Kampfes
zwischen Heidentum und Christentum; die Zeit der Lehn-
herrschaft; die Zeit des \'erfalls der Kaiserniacht; die Zeit
der Rt fornuUion ; die Zeit des dreifsigjährigen Krieges; die
Zeit der Fürstenniacht; <Ht Zeil der Frc nidherr.schaft; die
Zeit des Ringens nach Kinlitil nnd Freiheit; die (xegenwart.
Die F'inteilnng ist eine glückliclic zu nennen, weil sie nicht
nach Füistenhäusern oder Regierungszeiten, sondern nach
den treibenden Ideen erfolgt ist
Der Inhalt der einzelnen Abschnitte ist reich undwohl-
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274
Jnlt. K«>nic«>l
Gewählt. Jeder Ah'-clinilt tnid sei er auch noeli kU-in,
ist unter eine bcMUidere l^lierschrift s^ehraclit, woilüicii tiie
Übersicht und das Lernen sehr erleichtert werden. Um ein
Bild von der Reichhaltijs^keit der eitiKelnen Zeitperioden zu
jyeben, mögen hier die Paragfraphen der zweiten Periode
stehen: Ausbreitung; und äufsere Ordnun«; der christlichen
Kirche; KÖnij^ Chlodewi*:^; lionitatius; IJistünier und Klöster;
Kloster- und Donischulen: Verbesserun.i^ des Ackerl)aues und
der X'iehzncht durdi die K.h»tfr; die Dorfkircl'.e: Karl der
(irofse; die ( lauxcilassuuj^; die Kiinii^s- und ( iralcugerichte;
Karls Kriege gej^^en die Sachsen; wie die Sachsen Christen
wurden.
Diese Anfzähhin^ zeigt zus.,deich, wie* sehr die Kultur-
ge.schiclitef wie weuii;: dagegen die i)olitische berücksichtigt
wurde, und wie beide in onj^auisehen Zusanmienhanj^
l)racht "^ind, so dafs die Kulturj^csehichte nidit ohne die
jM)litischc )4elernt wird. Hierin also fol<j^t der Leitfaden von
WVij^aud-Tecklenburji dem Hiedernianuscheu. Hezü Jülich der
politischen Ue.schichte gehen aber \Veij»;and-Tecklenbur|'; noch
einen Schritt weiter als Biedennann, so dafs es uns .scheinen
will, als sei sie doch zu sehr beschnitten. Es will uns z. B.
nicht <^efalleu, dafs die Könige iMiedrich Wilhelm Tl. und
l'riedrich Wilhelm <;ar keine .\ufuahine gefunden haben
und I-'nedrich III. s<» wenij;- berück siduii^t ist. I>ii Kniscr-
liche Ordre vom i. Mai 1SS9 und das so«;, lu^.iu/.iuij^.sheli
zeigen uns hier einen . \VeJ^^ den ein ]) r e u Is i s c h e r Lehrer
nicht aulser acht lassen darf. Würde es sich nicht auch
empfehlen, die Kntturverhältnisse, die im Anschlüsse an eine
politi.sclie Persönlichkeit besprochen werden, auch in den Über-
schriften als zu dieser Persönlichkeit gehörig; zu kennzeichnen?
Ich denke dabei besonders an die zweite Zeitperiode.
l>ie Kriejje sind in dem Hnche von Wei<;and-Tecklen-
l)ui}4 nicht ausführlich tjeschiklert worden, (xott sei Dank!
Cileiches Schicksal hat auch die ( » esc h i ch Isz a h 1 e n ereilt
Ihre Zahl ist klein, manchem vielleicht zu klein, den Peifall
des Rezensenten aber hat das Buch auch in diesem Punkte.
Biedermann beschrankt zwar auch die Geschichtszahlen,
manchmal folj.^en oft drei, vier, einmal sogar zehn Seiten
ohne eine ( leschichtszahl ; doch sind meines Krachtens der
Zahlen innuer noch zu viel. Wei<^and-Tecklenburg verdienen
hier den \'<)i'/u<^ vor Biedermann.
Das sozi;ile I^lemcut unserer ( »eschiclUe siclil uhc;.ill
i.n Wmlerj^^ruude. . Die X'olkswirtschaflslchre ist an «gemessen
'.'eriicksiclitigt worden, ebenso die (icsetzeskunde. Meist i.st
der Wortlaut des (tcsctzes beibehalten worden (was gewifs
allgemeinen Beifall finden wird), doch nicht überall. So meine
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MttiAcn An d#iiUchi>o Gpuchirbt« lUirli ilvn KoritrruiiKmi drr hpgvawart. 2/^
ich, hätte bei No. 94: Die \'<>11en<1nn![j: der liaiu rnl»c freiung,
das betretfende Kdikt Kriedricli Williehiis III. \uiii i). { )ktober
1.^07 «^rDistif und wörtliche Wrwendmij^ linden können,
e'iNva <lie raragraphen 1, 2, 4, 10, 11 und 12. Die Arl>eiter-
gesetzesitid nicht aufgeiioininen, weil «eiue vollständige Um-
arbeitung derselben bevorstehe«. Biedennann hat die Volks-
wirtschaftslehre und Gesetzeskunde fast gar nicht berück>
sichtigt
Feinen «^rofsen Vorzug -;k/.t das Weigand-Tecklen-
bnriLrsrhe iiuch vor dem P.iederniaiinschen noch durch die sorg-
läilij^c und reiche Hcrücksichtigunij- der Ou eilen. Die Re-
uutzung der Quellen l>eini (iescliiclitsunurriciite ist eine
Forderung, die besonders in den letzten Jahrzehnten erhoben
wurde. Männer wie Peter, Herbst, Baumeister, Weidner,
Willmann, Krieger, A. Richter, lUnme. Schilling,
Scliuuiann-H einze u. a. haben in dieser Kichtimg durch
Wort und Schrift |L(c\\ irkl; Ouellenbücher, Ouellen-Lesebücher
zum (icbrauche beim I nterrichte sowohl für die Hnud des
Lehrers als die der Schüler sind erschienen (so von Herbst.
Schilling, Richter, Rrinz, Blume, Heiu/e, Krler, Seviu, Krämer,
Zurbonseu, Lanz u. a.) und erweisen sich als praktisch
brauchbare und veranschaulichende Mittel beim Geschichts-
unterrichte. Auch ni e t Ii o d i s c h e Abhandlungen und Schriften
über den Gebrauch der Onelleiistücke beim rnterrichte sind
vielfach veröffentlicht (vf>n Herbst, Richter, Krieger, Blume,
Scliillinj^'^ n. a.l, so dais ein (Geschichtsunterricht, ein (le-
schichtslciiiaden, der Ansjiruch darauf maclien will, auf der
Höhe der methodischen Bewegung zu stehen, nicht mehr die
Quellen aufser acht lassen darf. VVeigaud-Tecklenburg haben
diese Forderung erfüllt, und das gereicht dem Buche zu be-
sonderer Empfehlung. Doch möchte ich mir erlauben, auf
folgendes hinzuweisen.
Solltees sich nicht emj>felilen, die (Juellensätze als solche
zu keUMzeichiu n, und auch mr/ui^eben, woher sie ^^niiommen
sind? '>ndnrch wird der Schiiler vielleicht angeregt, auch
aufserhi.. > der Schule in einem (leschichlsschreiber zu lesen.
Wenn al.cr dem Lehrer gelingt, auch nur einen deut-
.schen Geschielt tsschreiber den Schülern lieb und wert machen,
so dafs sie atich dann noch zu ihm zurückkehren, wenn sie
der vSchu» berei.s entrückt sind, dann darf er sich gestehen,
dafs er o 1 Zweck der Ouellenbenulzung erreicht hat
(Kriegerl. \\äre ferner nicht l)esser, :iuch den W(irtlaut
der (Juelleii stets wiederzu,ueben ? Die \\ i lasser hal u n ge-
glaubt, hin und wieder die (Juellen ui)erarl)eiten zu inü»en.
Wir halten es mit Eberhardt, der da sagt; Die Sprache
der Quellen ist im allgemeinen die der Kinder im
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276
besten Sinne des Wortes. Ma^ das Archäisit rciidi- du
Sprache im Anfange etwas ungewoluil sein; nur Mangel an
Verständnis wird die Sprache der Bibel und Herodots für
Kinder zu hoch liegend fiuden . Darum meinen wir^ sollte
für die ersten sieben Xnnnnern wörtlich des Tacitns Ger-
mania jjeset/.t werden, für Xo. 12 das betr. Kapitel aus (^,req^<>r
von Tours Zehn Hände fränkisclier (teschichte , bei NO. i>'
ans ]{in]iard etwa Kapitel 22. 23, 24, 25, 26, bei Xo. 67 .ans
dem Sini])lici>siiuus das f. Kapilcl im ersten Hnrhe.
Die Heinial>- und ( > 1 Lsg esch i c Ii le i.v.l in dem lUicIie
nicht berücksichtigt worden. Doch wollen die Verfasser den
Stoff für die Provinz Hannover in einem Heftchen als An-
hang beifügen (soll bis Pfingsten erscheinen), und sie hoffen^
auch für die übrigen Teile des Reiches geeignete Bearbeiter
zu «gewinnen, l-^ür die Rheinprcnin/, ist ein solcher bereits
gclundeii. Die Anhange sollen den Umfang von zwei Drnck-
Ix'nfen nicht überschreiu n. so dals sie für 0,15 M. bis 0,20 M.
abgegeben werden können.
Vorstehende Ausfühnmgen werden den Verfassern be^
weisen, ein wie ^ofses Interesse ihre Arbeit ims abgerungen
hat. Die Ausstellungen vermögen der Güte derselben keinen
Abbruch zu thuu. Möge das Buch die verdiente X'erbreitung
finden, lunq-e es in recht vielen vSchnlen zur Kiufühnmg ge-
langen, der Jugend zum Xutzen, dem Vaterlande zum Ileile,
dem Keiner zur Befriedigung und den \'erfassern zu einiger
Cieuuglliuung für den l'leiis und die Treue, die sie auf dieses
treffliche Hilfsmittel verwandt haben!
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Pädagogisclie ITmscliau.
\'t>iii Herausgeber,
r.
Schlufs des Schuljahres! Krleiditert atmen Leiter und
Lehrer auf, wenn die letsrttii Wochen des vScliuljalires mit ihren
,Zeugfnis> und \'ersct/.ungskonferenzen, den Besuchen der lüteni,
flie t;vr;u1e vor Ostern oft vh\ merkwünlijijes. bis dnl^iii kider
meist nur im \'erijor>;enen Vtlühendes Interesse für die Schularbeit
ilirer Lieblinge zeigen, und mit all den anderen aufret^endeii
Arbeiten, die der Abschlufs der Jaliresbilanz unvermeidlich uul
sich bringt» vorüher sind. Censuren und Versetzungen sind I^^-
findungen, über deren Wert die Ansichten in den Interessenten-
kreisen sehr auseinandergehen; denn auch die schönste
Censur taugt nichts, wenn man sie nicht bekommt Und
das passiert ja mitunter! Die Helden Homers können vor Ik--
giim ilner Kämpfe niclU lebhafter miteinanrler diskutiert liaben.
als liLiite iKu h der \'crtciliiiig der Cen>ureii über die W'üi (liL::keit
der Censuren -Kmpfänger verhandelt wird. Dalb es uns Lehrern
am allerliebsten wäre, wenn wir nur vortreffliche Zeugnisse ver-
teilen konnten, düs will vielen nicht einleuchten, und sie ^er-
brechen sich den Kopf, warum sie immer mit einer hohen
Nummer herauskommen. Ks sin<l oft Tage der vSpamiuiig und
des rnbehagens. diese Tage nach Schlufs des Schuljahres, und
(Kr \'ater redet wohl einen lauteren und energischeren Ton.
:ü> (Um Herrn Sohn ujhI der I'räulein Tochter lieb ist. Und
allerlei lürelilerlielie Ankündigungen w erden laut. LeieliL konnte
es auch manchem Guckindiewelt schlinmi ergehen, wenn am
Schlufs aller Betrachtungen ulser Sitzenbleiben und Versetxt-
werden, luiverbesserliche Trägheit und unverständlichen Leictit-
sinn nicht die Mutter die schützende Hand über ihrem Lieblinge
ausbreitete. Sitzenbleiben müssen doch auch welche . ver-
sichert ein resolnier lUirsche. Nun also! Das froliiiche Oster-
fest mildert dann sclion etwas den väterlichen Zorn, und mit
dem heiligen (ielül>de vermehrten Fleifses ninunt der eine .seine
alten Bficher vrieder aus der Schulmappe, während der andere
mit stolzem Gesichte sich ü1x!r die Bücher für die neue Klasse
neigt. Was mau nicht nlles lernen mufs!
2jS iltlMniic» il<>]r«r.
Ja, die Jugend unserer Tage mufo viel lernen. Und doch
läfst man sich dies noch j^t-lallen, wenn sie sonst nur keine
Sklavenketten zw tragen l)iaiu lnr. Sind es aber nicht kleine
Sklaven, von denen es in eiuviu 11«. richte aus Brandenburg heifst:
\'on den 215 XebcnbcscliaHi>(ten unserer Schulen 112"/,, der
gesamten Schülerzahb arbeiten 79 Kinder als Senimelaiisträger aus
der F.- 6. Klasse, im MUt von 7 14 Jahren, von 4 7' , I hr
uiorgens, als Kegelaufsetzer aus der i. — 4. Klasse, iui .Vllcr von
10—14 Jahren, von 2 Uhr nachmittags bis 12 Uhr nachts, 89 als
I.aun)urschcn aus der i.— 4. und O.Klasse, im Aller von 9 I4jaliren.
in der Zeil von 1 I hr nachmittags bis lo'^j l.hr nachts, 22 als
Zettungsanstrfiger ans der i.~6. Klasse, im Alter von 71; Jaliren,
\()U 6—10 l'lir abends, als Kohlen- und Wasserträger, Orgel-
dreher, Kellner etc. aus der i.— 5. Klas.sc, im Alter von 10— 14 Jahren,
von I L"hr naehniittags bis 10 l'hr abends.
'Wer hilft da? Staat und Gemeinde können nicht alles
thun, IHe Bestrebungen unserer Tierschutzvereine und die Tier-
freundschaft in Ehren; aber ,soIlte z. B. nicht einer allein stehen-'
den alteren Dame ans den höheren Ständen, fkrcn ganzer Lebens-
inhalt darin besteht, tn ^lich morgens den Kanaric in i\t;cl zu
baden und mit dem l'äpai;*.! zu tändeln und naclnnilta^^ den
dicken Mops einige Stunden spazieren zu lülnvn, tlamit er Vi)r
Fettleibigkeit nicht erstickt, mehr innere Befriedigung daraus
erwachsen, wenn sie ein Menschenkind vor dem seelischen und
leiblichen Verkommen errettete, indem sie ihm wenig.stens einen
Teil der den Tieren -cspendeten Fürsorge zuwendete?
Hin derartiger K i n d er s ch u t z V e rei n wirkt z. B. in luig-
land unter dem Protektorate der Königin mit .^rofsci;i Sc.^cn.
.Sein Ziel zu eiieiclien, dafs sich das Leljen eine.i jeden eng-
lischen Kindes zum nnndcsten erträglich gestaltet. Ivr hat
dadurch grolse l'irfolge erreicht, dafs er die ICltern zu vernünf-
tiger Behandlung ihrer Kinder zu überreden suchte und die.se
nötigenfalls von ihnen erzwang. Einem .soeben veröffentlichten
Berichte entnehnun wir, dafs die Oesellschaft bisher in folgen-
den Fällen in Thätigkeit getreten ist: Ks sind geschützt worden
106 161 Kinder vor X'ernachlässigung und l,m;;<umem \'erhun.irern.
4122Ö vor luher Behandlung, j i <>o 1 Kinder hat man der
.Strassenbellelei, 7053 beklagenswerte Mficlclien einem unmora-
li.schen Lebenswandel, dem sie vorzeitig in die Anne getrieben
worden waren, entrissen, und endlich 3Sij7 Kinder einer für sie
unpas,senden oder gefahrbringenden Beschäftigung entzogen: in
1067 Fällen endlich war infolge der vorhergegangenen Mifshand-
Inngen ein ungünstiger Ausgang zu verzeichnen. Diese Zahlen
rt-den eine beredte Sprache, und wir meinen, dafs .auch in neutsch-
land aut diesem (tcbiete endlich einmal etwas gesclulun konnte.
ICs will uns überhaupt scheinen, als ob die >»luize Höhe,
auf welche wir gelangt sind, auch eine gewisse Gefahr in sich
birgt. Wir sehen zu viel auf uns selbst und zu wenig auf
die anderen Nationen. Schon werden im Auslande Stimmen
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279
laut, dafs die grofsen anregenden Gedanken auf dem Gebiete
des Schul- und Erziehungswesens nicht mehr wie früher von
Deutschlaiul, soiulem von Frankreich. luiy^land und den scan-
dinavi seilen I, ändern ausgehen. Was /,. B. die Lüftung unserer
S< Inilen nnlnnirt. «^cwifs für die (»t-^ntidlieil unserer Kinder keine
ganz nebensachliche Krage, so können wir darin jccUnt di- von
Ivngland viel lernen, in den X'erhandlungen der deutscheu (•(->ell-
schaft für öffentliche Gesundheitspflege zu Herlin gab Herr Dr. Kotel-
inann aus Hamburg sehr interessante Mitteilungen über: »Schul-
hygieinisches aus England In die.sem Berichte heifst es Seite 3:
<'.ule I.nft r:-- dem 1 "n.LlläiKlk-T für ciiu SclniU- so sclhst-
verijtäuillich, üaüs ei nicht begreift, wie wir in DcutsclilauU nach
dieser Richtung hin so sorglos sein können. Als ich auf der Fahrt
\ on Ilarwich nach I.oiuhin (Uni Seininardirektor (Headniaster of
the Nonnnl Schoolt der letzteren Stadt gegenüber safs, er/ählte mir
derselbe, dafs er soeben von einer Studienreise aus Deutschland zu-
rückkehre. l'!r sei aber nicht weit über Mamburg hinaus vorge-
dmngeji. Die I.uft in den dort von ihm besuchten X'olk.s.schuleii sei
.SU verdorben gewesen, dais er es nicht länger al.s einige Tage aus-
gehalten und sich dann nach Malente, einem kleinen Orte der hol-
-t( Iku Sch WL ;/, begeben habe. Hier aber sei ( rxmi dem Regen
in die Traufe gekuinnien. In den Klassen hätten «So Schüler und mehr
gesessen und durch ihre Ausdünstungen ihm den Atem benommen.
.Seine Hochachtung vor den deutschen Schulen, so versicherte er
einmal über das andere sehr crreg^t, sei für immer fLihin
Das mag etwas ül^erlrieben sein; aber im allgenieinen dürfte
<Ias Urteil zutreffen.
2.
Der neue I-intwurf <\v< preufsischen Lehrerbesoldung.sge-
set/es scheint wirklich /ur Annahme zu gelangen, ntid so wird
\veiiiw>Uns dieser Teil der \'« »lksschnl Verwaltung geregelt werden,
ehe this bjule des Jahrhunderts herannaht, dessen Anlang den
ersten Versuch zur gesetzlicheti Regelung des preufsi.schen Schul-
wesens sah.
Es war am lo. Februar i«oi,*) als der Chef des Ol>orschul-
kullegiums. Minister von Massow, dem Könige Frieciricll Wil-
lielm III. ein Schriltstück überreichte, die C»rnndlinien zu einer
gesel/Iichen und einheitlii hi n Kegelnng »U s Schul W( '^<mis in
l'reuls' ii betreffiiid. Der K nng liels iniolL^edcssen b'rhebnngen
anslelieu. da kamen die Jaine iSub und 1.S07. und iler Ivnl-
wurf wanderte zu den Akten!
Auf Befehl desselben Königs arljeitcte in den Jahren 1817
bis 1K19 eine Kommission den Entwurf eines allgemeinen Unter-
richtsgesetzes aus; es wurde« darüber bereits A'erhandlungeu mit
den Provin/ialregierungen gepflogen ; aber <lie hereinbrechende
Reaktion der zwanziger Jahre machte die Arbeit .stocken, und
der Entwurf wanderte /.u den Akten I
'1 L. Clansnitzer, (»eschiehte des preufsischen rnterrichts-
gesctzes.
r
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2S0 •lohuiiiirii Mpyar. .
Unter Friedrich Wilhelm IV. suchte der Minister Eichhorn
das Ziel auf deni We^e provinzieller Gesetzgebung zu erreichen.
vSclinii war iJ^|5 die Schulordinmg für die Provinz Preiifsen
sanktioniert, schon war die königliche (ienclnniv,aini; erteilt, die
Entwürfe für die übrigen siL*])eii IMovin/uii den bclrcffenden
Provinziallandtageu vorzulegen: da ijrachen die Wogen von 1^548
herein, nnd die sieben Entwürfe — wanderten zu den Akten!
Auf gnind des Art 26 der revidierten Verfas<$ung vom Jahre
1850 stellte der Minister v. Ladenberg nach eingehenden Kon-
ferenzen mit vSach verständigen in demselben Jahre einen ünter-
richtsgesetzentwurf auf. Das Werk schien endlich zu gelingen :
da kam Herr v. Manteuffel und die Reaktion, und der Laden-
bergschc Entwurf wanderte zu den Akten I
Herr v. Bethnianii Hullweg begann unter König Wilhebn 1.
die Sisyphusarbeit von neuem; nur mit Mübe umsegelte' sein
Entwurf die Klippen im Staatsministerium. Als aber der Militär-
konflikt ausbrach und die neue Aera 1862 den Weg alles Fleisches
ging — da wanderte auch mit ihr der Ivntwurf zu den Akten!
Die neue Ordnung der Diu jj:e nach i.S6^ drängte auch Herrn
V. Mühler zu geset/,t]:eberischen Thaten. Nachdem er 1S67 und
iS(.s mit S])ezial;;c'set/Ln Fiasko gemacht liatte, trat er i STxj
mit einem vullstänthgen L'nlerrielitsgesetze in ilie pai iamentarische
Arena Das Werk, das seinen Meister, wenn auch nicht lobte,
so doch kennzeichnete, wurde schon in den Kommissionsverhand-
lungen als Totgeburt behandelt; die Session w^ard geschlossen,
und (1 r Tjitwurf — wanderte zu den .Akten.
Die Acra Falk in den siebziger Jaliivii blieb schon in den
\'orarbeiten zti einem umfassenden l'nterrichtsgesct/e stecken.
Und wie es dann den ]{nt würfen von (rofsler inul Zedlitz er-
gangen iuil, das lebt ja noch in aller Frinnerung.
Gebrannte Kinder scheuen das Feuer! Die heifsen Kämpfe
um die prinzipiellen Fragen, die hei einem allgemeinen L^nter-
richtsge5Wtze zum Austrage kommen mfissen, wagt heute niemand
zu erneuern, und nun sucht man auf dein Wege der vSpezialge-
setzgebung wenigstens die dringendsten Bedürfnisse zu befriedigen.
So ist schon flas Fensionswesen d< r \'o1k<^chullehrer geregelt.
nn<1 so hofft man durch den neuen F^ntwurt nun auch ihr Dienst-
einkonnnen gesetzlich zu fundieren.
Freilich zu grofsen Jul)elliymnen gelKni die Bestimmungen
des Gesetzes keinen Anlafs; 900 M. Grundgehalt und 720 M.
Alterszulagen in 31 Dienstjabren nebst freier Wohnung oder
Wohntingsentschädigung ist auch in den billigsten Orten kaum
atisreiHuMid, um damit auch nur die allerdringendsten Bedürf-
nisse rimr Familie /ii bc^treit(*n. Offenbar war aber für jetzt
niclil mein zu eneiclien, und so müssen die Lehrer das (ie?>elz
nelinicu. wie es ist. Fs schafft wenigstens endlich für die Be-
soldung eine gesetzliche Grundlage und eiueu festen Rahmen,
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PXd«tii|(i>rh« rmsrhaii. 28 1
der später weiter ausgebaut werden kann, wenn auch in Preufsen
die Kti Uli rauf gaben nicht mehr leiden.
Der gröfste Stein des Anstofses in dem Kutwurfc i^t die
Bestimmung, dafs den grofsen Städten die Staatsbeiträge tortan
nur bis zu 25 Schulstellen tjezahlt werden sollen; auch die
Flickarbeit der Kommission hat in diesem Punkte wenig: ge-
bessert Nicht nur für die gröfseren Städte, sondern auch für
die ganze EntwickeUing unseres Schulwesens hat diese geplante
Wrscliiehimi; dtr Srhnll;Klen ihre ernste Bedeutung:. Nun
wird dem in reichen Slatllkniumnncn vielfach betriebenen Luxus
auf dem Gebiete der Volks>chiilen einigermalsen gesleucil . rief
nach der Veröffentlichung des Entwurfes die Konservative
Korresp.«^ triumphierend aus; nebenbei bemerkt, spricht sich in
diesem Worte wieder einmal die ganze Bildungsfeindlichkeit des
waschechten Konserx^atismus aus. Wir haben manche städtische
Volksschule kennen gelernt, von Luxus aber auch nicht die
Spur gefunden. Aber darin hat die Kons. Korresp. recht,
sollten die^e Restimnuiugen der \'()rla«;c Gesetzeskraft erlanc^en,
so kann liii Stillstand auf (Km Gehiele des stä(Ui>eheu Schul-
wesens nicht ausbleiben; denn »Sunnueu, wie sie hier genoiiuueii
werden, fallen in dem Haushalte jeder SCadt schwer ins Ge-
wicht, besonders dort, wo eine starke Pabrikbevölkerung eine
geringe Steuerkraft bedingt. Der nachhaltige Unwille, der sich
notgedrungen den grofsen Kommunen bemächtigen niufs. wird
sich aber nicht nur auf das städtische, sondern auf unser ge-
samtes Schulwesen wie ein Meltau legen; denn die grofsen
Koiuniuneu sind es doch von jeher gewesen, die auf «letn Cie-
biete des \'olkh.?>chul Wesens vorbildlich, aneilernd und anspornend
gewirkt habeu. Oder .sollte im Kruste jemand glauben, dafs
nun die kulturell rfickstätidigen kleineren Orte die Schul-Vor-
bilder des Staates werden wollen oder können ? Werden darum
diese Bestimmungen nicht noch in letzter Stunde geändert, so
geht unser Volksschulwesen einer trüben Zukunft entgegen.
Das preufsische \'olksschulgesetz. und sei es auch nur ein
'I\ il 'k-^^elben, '^cheint das eigentümliche (beschick zu haben,
ilal.s sich stets dieCieister au ihm scheiden müssen. Wegen der
ungleichmäfsigen Belastung von Stadt und Land werden wahr-
scheinlich die liberalen Parteien, die doch stets noch am meisten
für die Lehrer eingetreten sind, das Gesetz ablehnen, während
die Con5er\ eil un<l das Centrum es zur Annahme iiringen
werden. .Linker llau<l rechter Hand alles vertauscht!'
Auch in den Lehrerkreiseu hat der luitwurf manche Kr-
scheiuungen zu Taiji^c gefortlert, über die flcr Ht richu rstatter
lieber stillschweigend hinwegginge. W'elciic I)iscipiiül()>i>;keil niufs
doch in unserem Stande herrschen, dals dem Abgeordnetenhause
eine solche Unmenge von Einzelpetitionen zugeheu konnten, dtesich
Vmm BaImmi (Picteffofffum) VIL b.
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noch dazu oft w idcrspreclieii I Ich iiir»chle blols wissen, wozu
wir unseren Laudeslehrer\ereiu haben, wenn jeder auf eigene
Faust handelt und nach Sonderinteressen strebt ? Wie schwierig
die Petenten es deni Landeslehrerverein machen, mit seiner Petition
durchzudringen» scheinen sie gar nicht zu ahnen. Die einzelnen
Vereine sollten nur das Petitionieren an das Ab^eoi diKlmhans
unterlassen, wohl aber <;irh mit tlcni Abj;cordnelen ilirc^ Kreises
in \>rbindini>i Ntt/eii uinl iliin die Ptnikle der (iesaiHlj)etilit)n
aus ihren \'erhüUnissen lieraus erlvlären und ans Herz le>;en.
Das hiefse praktische Politik treiben!
Zu unangenehmen Auseinandersetzungen in der Presse hat
insbesondere die Kinzelpetition des ' Preufs. Rektorenvereins« ge-
fuhrt Es ist wahr, sie tritt an inatichen Stellen sell>sn)ewuist
und standesgemäfs auf. Aiu li uns ist insbe<oTidere der Nach-
satz in der Bccrrfmdung. sondern ihm ein (iehalt auszuwerfen,
wie es seiner amtlichen und seiner gesellschaftlichen Stelhinx
euLsprichl , aufgefallen. Die Petition verlangt deuigeniäl.-^ ein
höheres Grundgehalt, so dafs auch der jüngste Rektor gehalt-
lich höher stehe, als der älteste Klassenlehrer. Nach 1 5 Dienst-
jahren als Rektor soll des Grundgehaltes erreicht sein.
Es war zuerst Pastor Seyffarth. ein sonst sehr gutmütiger,
gemächlicher Mann, der über diese i\tition in heilen Zoni ge-
riet und mit wahren Keulenschlägeii nber die Rektoren lierfel.
Am deutliclisten sagt er ihnen seine Meinung in toigcndyni
Absätze :
^Das nieine Herren, ist aber auch nicht der Weg, auf dem Sie
( l\\ ;is < iieichen. Ms ist der nackte Kgoisnnis. der aus Ihrer Petion
.spricht. ]a es ist mehr, es ist l'berhebiuij; ! W'eldie l)esondere ;^e.sell-
schaftliche Stellung haben Sie denn vor Ihren Herren Kollegen vor-
voraua? Ich weifs keine, und bin doch auch 20 Jahre lang einer der
Ihren gewesen. Wi.ssen Sie denn, wa.«; in Ihrem Verlangen liegt?
Das alte Horazische »odi pnijniiiun rulj^its < f mno (ich verab.schcuc
das gewöhnliche Volk und halte es mir fenii ist nichU» gegen Ihre
l:rli."ii)t nlirit. Das .stöfst ab und nuif.s .distofsen, niclit blm'^ Ihre
Kollegen, die Sic durch eine solche Herabsetzung tief verletzen, son-
dern alle edeln Menschen. Und glanben Sie, daLs Sie damit im Ab«
•jeordnctcnhause JÜndruck machen werden? Wenn Ihre Petition in
(1er Konunission überhaupt berücksichtij^t wird, dann geschieht i -
gewifs nur, um sie als ungeeignet fürs Plenum zu bezeichnen, vnul
Siekönnen noch froh sein, wenn im Plenum von einem Abgeordneten
Ihre besondere g-isellsrhaftlicln. Stellung nicht zum degenstaiHl
einer -besonderen Berücksichtigung gemacht wird, denn diuiu haben
Sie zum Schaden noch die Blamage.«
Wir stehen durchaus nicht auf dem Staiulpunkte, den die
Petition des Preufs. Rektoren Vereins vertritt. Weil wir deu
Rekt(n*eu keine he^onderc gest llsrhnftliche Repräsentationsstellung
beizumessen \erni(i;^en. so wünschen auch wir keine gesonderte
Rektoren Cjchalt.sskala, .stjudern eiuv i'uuktion^szulage. die ja
recht anständig bemes.sen .«ein könnte. Cber die '/^ des Grund-
gehaltes nach 1 5 Dienstjahreu erhitzen wir uns allerdings nicht;
282
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I*54lil|ro<forkp rmMcbjiU.
man kann die Forderung unbescheiden und bescheiden nennen :
»Oxor1)itaiit ist sie jedenfalls nicht.
Kurz und gut, Grund zu sachliclien Auseinandersetzungen,
ja auch zu einer kleinen Kontroverse ist in der Petition der
Rektoren entschieden gegeben. Aber mit der Schles. SchulzLg.
müssen auch wir bekennen: dafs wir nun mit dnem Male in
der ^Freuls. Schulztg.« eine so unvergleichlich scharfe Philippika
des Herrn Pastor Seyffarth finden mulsten, war uns über-
raschend. Auch uns erscheinen die Kanonenschläge gegenüber
der einzusclriefsenden Wand im Übennafs stark aufgewandt und
einzelne Ausdrücke direkt abstofsend. so dieser: »Gesellschaft-
liche Stellung!' Schöne Gesellschaft das!<^)
Die Form der Seyitarthschen Beurteilung Ijercchtigte die
Angegriffenen zu einer temperamentvollen Entgegtunig, wenn
ihnen eine solche zweckmäfsig ersehieu. Die Erwiderung des
Rektors Bertz, des Vorsitzenden des »Preufs. Rektorenvereins«,
überstieg jedoch wiederum alles Mafs. Persönliche hämisclie
Angriffe können niemals Sympathieen erwecken. Seyffarlli
höhnend den qrof^cti Pestaloz/i Forscher < , den »Pontifex^ zu
nennen - ■ da^ macht eine S.iclic niclit besser.
Der Freuis, Rektorenverein war bei jener Petition entschie-
den nicht wohl beraten. In der Kommission zur Beratung
Lehrerbesoldungsgesetzes mifsbitligte auch der Kultusminister, dafs
die Rektoren vielfach die Neigung zeigten, sich derart, wie es
hier und da geschehen, aus dem I,ehrerstande herauszuheben.
Andererseits ist den Rektoren in dem Charlottenburger
Majiistrnt ein Ihiiulest^-enosse entstmidcii. In einer Petition des-
selben, unterschrieben von Uberbürgermeister P'ritzsclic, heilst es:
«Fast noch bcfrcnidliclur sind die Bestimmungen über das 1 )ienst-
einkommen der Rektoren, die zum Schaden ihrer Autorität geradezu
degradiert tind dem Gros der ihnen untergestellten
Lelirpt-rson en eingereiht wurden. Sie sollen, ungeachtet
der an ihre Ik'fähigung zumal in grofsen Geineinden zu stellenden
wesentlich höheren .Anfftrfknini^en. nur als gewöhnliche Ivle-
uientarlehrer mit Funktionszulagifn in Betracht kommen.«
') Nachträglich finde ich in der ♦Preufs. Schnlzeitung» eine Kr-
klärung Seyffarths. in der er (kn <il)i^cn Satz also interpretiert;
liier ist unter dct ( "lesellsehafl durchaus incht der Rekt(nen-
verein gemeint, .soiKkiii die ( «esellsehaft überha;ipt. und dervSinn ist;
Wenn in der tlcsellschaft eine .solche Interessen jjolitik getrieben wird,
wenn je<ler nur das Seine sucht, wenn einer sii Ii über den amlem
erheben will, so hört überhaupt da.s gcsell.schaftliclie liehen auf. l\n
war gar nicht meine Absicht, zu beleidigen, als ich jenes Wort schrieb,
ich wiilltc lieiU n. ninl im irh etwas scharf in «liesen Krebssclnulen
einschnitt, wenn ich viellciclit auch etwas gesuudes Fleisch berührte,
so war das durch die Sachlage geboten, denn ich halte den Schaden,
wenn er sich in der Lehrerschaft weiter aiishreilete, geradezu
für zerslön n<!, tui t illich t Jedenfalls ist der C>edunke dann unglück-
lich ausgedruckt gewesen I
üiyiiizca by GoOglc
2.S4
Gott behüte uns vor unseren Freunden !<' mögen nur die
Rektoren angesichts dieser Lcistunj^ ausrufen. Fast scheint es,
als ob die ganze Welt heutzutage hochgradig nervös geworden ist.
Was hat nun der nüchterne Beobachter zu diesem häus>
liehen Streite zu sagen ? ]\s mag ja nicht wenig eitle, aufge-
hlälit schnarchende vSchulpasclias geben; das eine aber hlfst sicli
getrost behaupten: Die Mehrzahl !i"ilt Iru zu ihrem I'leisc]i und
Blut I Und den eitlen Schulmonarclic ii >lclit auch eine verhält-
nisniäfsig ebenso grofse Zahl auspiuclisvoller Lehrer •gegenüber,
die sich ungemein schwer jemandem unlerordneu. der ihres
gleichen ist. und jedem eine bessere Stellung gönncni nur nicht
ihrem Kollegen.
Hier wie da fehlt leider auch in unserem Stande das (Ge-
fühl für gesellschaftlichen Takt, die 1-irziehung der Kinder-
stube : wenn jeder seine hub^idualität, seine Meinung, seine
Interessen allein zur Gellung i)ringen will und in verlel/ender
Weise sich als die Ausgeburt aller W ei sheil hinslellt. so ist kein
harmonisches Zusauunen wirken möglich. Dais du verdirbest,
Israel, ist deine eigene Schuld!«
Sollte denn wirklich das stachelichte Poem die Wahrheit sagen :
Weil« einer nien^^ hlich als Mensel» gefehlt,
Wer hat ihn am ersten sich erwälilt
Zu spottender Splitterrede
I'nd grinnni;.;er Zungenfeh<le ?
Wer ruft ihm das Irnitcste Schuldig entgegen?
Die Herren K < > 1 1 e e n I
Hat einer sich käni[»len(l herxojgelhan
Auf mühsam erklommener Khrenbahn,
Wer \\"v^\ es mit Dornenkronen
Den wack ren Streiter zu lohnen?
Wen sieht er voll giftigen Neid's sich regen?
Die Herren Kollegen!
Wir können und wollen es trotzdem und alledem nicht
glauben.
Doch wenden wir uns von diesem Gegenstande, der für
uns nun abgethaii ist, obgleich sicherlich noch Erklärungen und
Gegenerklärungen in beängstigender Fülle folgen werden, zu
zu einem anderen erfreulicher Natur, der endlich definitiv nach
unseren Wünschen geregelt ist. Unterm 12. März veröffentlichte
nämlich das Armee- Verordnungsblatt <^ die Namen der 114
preufsischen Lehrersem itiare, die zur AusstelUing von Zeug-
nissen über die wissenschaftliche Helähiguni; tui den einjährig -
freiwilligen Militärdienst berechtigt suid. Wir wollen uns
die Freude darüber auch nicht durch die Ben»crkung des Herrn
V. BÖtticher verderben lassen, der da meinte, nun habe die liebe
Seele ja wohl Ruhe! Wenn irgend wo, so war die.se Bemerkung
hier nicht am Platze.
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I
Umscliau in Naclibargebieten.
Vuu R. Di«trioh in Kandern.
I.
Seit ein paar Monaten mlt-u die Zeitungen von der anieri-
kanischeti «Monroe- Doktrin«. Unseren Lesern wird es daher
nicht unlieb sein, wenn wir ihnen jene I^ehre in geschichtlicher
Beleuchtung vorführen und damit erst recht verständlich machen
(auf Grund eines Aufsatzes von Franz Pätow in der Gegenwart
1S96. Nr. S). Ks ist beg^innt unser Gewährsmann noch
itnmer vielfach die Ansicht verbreitet, als ob die aus der si\irc
nannten Monroe-Doktrin für die Politik der \'ereinig^ten Staaten
von Nordamerika als mafsgel>tnd lierycleiteten oder herzuleiten-
den Grundsätze den Beschlüssen eines nordamerikanischen Kon>
gresses oder besonderen Vertragen entspringen. Und doch ist
dies keineswegs der Fall: es liegen jener Doktrin so wenig
bindende Beschlüsse der höchsten Staatskörperschafteu» als Ver-
trüge zu Grunde: sie beruht mir auf dein Inhalt einer von dem
Präsidenten Monroe am 2. Dezember an den Kong^refs er-
lassenen, den Charakter einer Thronrede tragenden Ik>tschaft, in
der ihr V'erfa.sser die dainalij^en inneren Verhältnisse der Union
darlegt und die Stellung bezeichnet welche die Union der
Politik der europäischen, zu einer > Allianz' vereinigten Grofs-
mächte gegenüber einzunehmen habe. • - Monroe wurde zu seinen
Aufserunj^en über den zweite^ Punkt hauptsächlich veranlafst
durch das ICin.Ljreifen der verlnlndeten Mächte in die spanischen
Wirren. ICr erblickte darin ein nnbcr: Hiti«j;^tes v^icheinnii-^cben
fremder Mächte in die inneren Aii^^ele^^enlieiten eines \ olkes. *
das seine vStaat>urdnnn>; in einer den .Vnschauungen dieser
Mächte entgegenstehenden Weise gestalten wollte. Ks handelte
sich um die Unterdrückung freiheitlicher Regungen in Spanien,
durch die sich die europäischen Regenten gefährdet glaubten.
Da nun die nordanierikanische Union durch eine Rexolution
sich vom Mutterlande lo>gelüst und selbständig gemacht hatte,
.so konnte allerdings der junge Staatenverband die Befürchtung
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286
nicht unterdrücken, dats es gelegentlich den europäischen Mächten
einfallen k(3iine. die ihnen durchaus milsliebige freiheitliche
Schöpfuiiji jenscit des Ozeans wieder zu beseitigten, indem sie
mit vereinten Kräften an deren Stelle eine Staatsordnung; ein-
sel/tcti, wie sie ihren Anschauung^en entsprach. - Monroe fand
es dem gej^ennhcr ang:e/eig:t. als den die Rechte und Inleressen
der Vereinigten Staaten umfassenden Grundsatz festzuhalten, dafs
die amerikanischen Kontinente auf Grund der freien und unab-
hängigen Gestaltung, die sie angenommen haben und aufrecht
erhalten, künftig^ nicht mehr für Kolonisationszwecke irgend
einer europäischen Macht in Betracht ge/.ogen werden dürfen .
Ferner wird erklärt, dafs wir ieden Wrsnch ihrerseits (der
europ. Mäclite), ihr System aui irge nd einen Peil dieser Henns]>häre
ül>ertragen zu wollen, als g^efahnholieiid lür unsern Frieden und
unsere Sicherheit ansehen müfsten. Wir haben uns in die be-
stehenden Kolonien oder Niederlassungen irgend einer euro-
päischen Macht nicht eingemischt und werden uns auch nicht
einmischen. Aber was die Staaten anbetrifft, die ihre Unab-
hängigkeit erklärt und sie aufrecht erhalten haben, uiul deren
Ihiabhängigkeit wir nach reiflicher F^rwägung inid «gerechten
Grundsätzen anerkannten, so können wir irgend welche iun-
mischnng seitens einer euiupiiischen Macht, vnn sie /u initer-
drücken oder um in irgend einer Weise ihr Geschick zu beein-
flussen, von keinem andern Gesiclitspunkte aus l^etrachteii, als
dafs damit eine den Vereinigten Staaten unfreundliche Gesinnung
bekundet werden soll«. — — Als Monroe diese bedeutungsvolle
Botschaft erliefs, war er sich wohl hewufst, dafs er uicht nur
der damaligen politi-^rhen Fage der AVreinigten Staaten genau
im Sinne ihrer Bevöikernn.u und (»eset/geber Rechnung Uug,
sondern dafs er auch ganz im Geiste der Vorfahren sprach. Fr
verlieh hinsichllich der Fluropa gegenüber zu beobachtenden
Politik nur den Ansichten einen feierlichen Ausdruck, die damals
von der Allgemeinheit gehegt wurden, und von denen alle bis
dahin zur Präsidentschaft berufen gewesenen ALänner beseelt
waren. (Pätow verweist ii. a. auf Aufserungen Jeffersons und
Washingtons i. d. J. 17S5 und rjSS.) l{s bedurfte also in der
That keiner fetorliolien gesel/'ircbenschen Mafsregel, um der Monroe-
Doktiin die lU denlung zu \ ei leihen. die sie für die \'ereiniglen
Staaten gewonnen hat. Sie wurzelt in einer Tradition, die
kräftiger und wirkungsvoller ist, als irgend eine gesetzgeberische
Handlung.
Die Monroe- Doktrin spielt bei den Amerikanern gewisser-
mafseu eine ähnliche Rolle wie bei den Moslem im die Fahne
des Pro]iheten. Und fliese hat ihre Rolle wieder einmal ebeTi
erst vor kurzem, und ziemlich lanire gespielt, und heute (März
1896) Wühl noch uicht ausgespielt; den Armeuieni gegenüber.
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Wie das gekommen, erklärt in der Deutschen Rundschau ( 1 895 /6 V)
H. VamBer>-. ein unparteiischer Mann, der Land und Leute
f^nnu kennt schon seit den Fünfzigerjahren. Nachdem er
die beiclen Stäninie. um die es sich hauptsächlich handelt —
Arnienitr und Kurden in einer zwölf Seiten utufnssenden
'etlitio^ri'.phischcn »Skizze vorj^eführt. i;clit t;r auf euie Wiit (li^nu};
der puliti seilen I^age ein. Wer ein von aller X'oieinge-
nonimenheit freies Urteil fällen wolle, dürfe hetoul trr —
•das traurige und leidige Verhältnis nicht verj^essen, welches
allenthalben und zu allen Zeiten im Verkehre eines sefshaften
und friedlichen Volkes mit abenteuerlustigen, wilden Nomaden
hestaiulen hat. und zwischen Kurden itnd Armeniern heute noch
l>esteht. Der Kn.nk -teilt in "meiner Kultur heute da. wo er zur
Zeit der Kreuzzüge gestanden. Er hat nichts gelernt und nichts
vergessen: all sein Sinnen und Trachten geht auf das Waffeu-
handuerk ; er dürsicL mir nach ( Velegcnhcit. im vSchlachlgctüminel
sich hervorzuthun. seine überlegene Kraft zur Geltung zu bringen
und als Preis seiner Heldenthat Hab und Gut anderer sich an-
zueignen. Hierzu gesellt sich noch der t^mstand, dafs der
Kurde in seiner mittelalterlichen Auffassung die frenidgläubigen
und fremduationalen Armenier in einem Lichte betrachtet, wie
etwa ein christlicher Feudalherr des Mittelalters eine ihm unter-
stehende jüdische oder nidhainedanische Kolonie betrachtet haben
würdt-. Kr halt den Armenier für seinen Schut/.l>ef oh jenen und
Leibeigenen, Ober dessen Gut und Blut er gebieten kaim, tmd
den er eigentlich nur in der Neuzeit mit Waffen in der Hand
angegriffen ; denn friiher. als der Armenier, von niemandem zur
Revolte aufgemuntert, sein Loos still und geduldig ertrug,
kamen Kriege und Metzeleien zwischen Armeniern und Kurden
äulserst selten vor : ja die (»eschichte hat dtrcTi im Laufe der
vergangenen fünf Jahrhunderte kaum luwähnung gcthan Frei-
lich sind die Zustände unhaltbar; aber was thun ? Die Ent-
waffnung und Ansiedelung der Kurden wäre eine so riesige,
soviel Zeit und Geld erheischende Aufgabe, dafs nicht nur die
Türkei, sondern selbst das mächtige Rufsland ihr kaum ge-
wachsen wäre. Fs handelt sich um die Bezähmung von ändert'
halb Millionen Kurden, die in einem schwer zugänglichen Ge-
biri^'^lnud hausen, dir ( ine Obrigkeit nie gekannt (oder anerkannt),
und die ^v'ü Jahrtan isden mit bewaffneter Hand jedem ICroberer
widerstatidcu. Die Türkei ist sich dieser Schwierigkeiten ^()llauf
bewufst. und im besten Falle konnte sie nur einen fno(lu.< rhtmU
anstreben. So lange Freundeshände von aufsen her in die
inneren Angelegenheiten des Landes sich nicht gemischt, so
lange christliche Apostel in die kurdischen Berge mit der Hibel
Hals und Zwietracht nicht getragen und man in uusern Haupt-
städten antitürkischen revolutionären Comites nicht Vorschub
R. Dietrich.
I
geleistet, so lange konnten Unruhen und Gewaltthätigkeiten
nach Thunlichkeit vennieden und der Zwiespalt gemildert werden.
Jene revolutionären Cnmitt's* tragen die Hauptschuld an den
bekannten Greuelscenen. Ihre Agitation hat bewirkt, dafs während
früher den Armeniern nur die Kurden als die alten Kr/leindc
gegenüberstanden, nun zu diesen die gan/.c niosleniische Be-
völkerung — es kommen auf einen Ämienier nngefähr fünf
Mohamedaner! — sich gesellt und ganz Anatolien in Flammen
geraten ist Religionsfanatisiiuis, und besonders asiatischer
Fanatismus ist ein Funke, mit dem man nicht spielen darf,
und jetzt, da es an allen l'cken brennt, erheben gewisse Kreise
ein Zetergeschrei ob des Fciurs da< sie selbst nngefacht. und
wollen den schläfrigen und indulculcii Türken lür .dies verant-
wortlich machen I . . . Die orientalische Frage ist im Grunde
genommen nicht so sehr eine politische als eine kulturgeschicht-
liche Frage, deren Lösung dem Abendlande nur deshalb solch
aufserordentliche Schwierigkeiten l>ereitet. weil wir Dinge übers
Knie brechen wollen, die vor allem Nachsicht und Geduld er-
liei>cheii. und weil wir »^o leirht wrgessen, wieviel Zeit. Aus-
dauer und K:un]>tr un-'e! eii.^eiie-- Heranreifen beans})ruclit liat.
Wenn die tiiglisclie INililik wirklich nur die l'.iuführung ge-
sunder Reformen im Sclulde führt, ohne dabei geheime politische
Ziele m verfolgen, so verdient sie unbedingt die Anerkennung
der gebildeten Menschheit Mit dieser That kann England
erstens einem entsetzlichen (europäi.schen) Krieg vorbeugen,
zweitens ein rein humanitäres Werk vollführen; denn wie immer
über die Kulturfähigkeit der Türken geurteilt werden mag: das
eine ist sicher, dafs im Laufe der letzten vier/ii; J.dn\ viel ge-
schehen ist, das entschieden auf einen F(»tt^chritt deutet. . . .
Nicht auf Bajonettspitzen dargereichte Rdorniplänt:, sondern iu
redlicher Absicht erteilte, den ethischen, religiösen und gesell-
schaftlichen Verhältnissen Rechnung tragende Rathschläge könnten
allein die Türkei vor dem gänzlichen Untergange und uns vor
den Greueln eines Weltkrieges retten.
Kine wesentliche Bedingung für eine gedeihliche Kntwick-
iung des wirtscii.it Iii eilen Zu.>amnieiilel)eiis ist das Sichfinden
derer, die wechselseitig einander bedürfen, ist vor allem ein gut
geordneter Arbeitsmarkt Wie ein solcher geschaffen werden
könnte — zur Zeit fehlt er noch in Deutschland, wie in allen
allen anderen Grols und Mitlelstaateu ^eigt Oberlandesge-
rirlitsrat Schmölder in den l'reufs. Jahrbüchern (iSc)6. I). Zu-
näelist untersucht er das, was ist. und findet de^in, dafs es nn
j^eiiügend, ja tei!\\> i^r «^ehädlieh i^t: die l'ni'-i-haii (di*. ]Hrs>'>n-
liche Anlrage wantlenider Arbciler bei den Arbeitgebern; hat
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aufgeliurt, ein j^eeiRiietcs Marktmittel zu sein, und die Faktoren,
weiche in die Lücke, bunt und wild nel)eneinan(ler, eingetreten
'iind. verfolgen fremde, dem Wesen des Ar1)cilsinarktes wider-
sprechende Nebeninteressen. Die StellenvLrinittler wollen die
Marktgänger atisplündern. Die \V()hltliatigktit> vereine wollen Al-
mosen austeilen. Die Arbeiter- und Arbeitgebcrverbäude machen
aus dem Ar1>eitsnachweis ein politisches oder sozialpolitisches
Machtmittel. Für den Arbeitsmarkt nun, wie ihn Schmölder
wünscht, giebt es schon seit dem Dezember 1892 ein Vorbild:
in (km Kleinstaate Luxemburg. Nach diesem Vorbild ist
Schmölders Anleitung ausgearbeitet, von der wir hier nur die
Hmiptsät/e nn'ttcil n können : Der in Deut>chland /.u errichtende
Ari>eil>iii.nkl niuts .^icli auf die Hilduiii; eines Mittel])unkti'v Ix^--
schränken, in welchem sämtliche Arbeitgeber und Arbeilueiuner
einander mit grofser I«eichtigkeit finden können. Er hat daher
zu verzichten auf jedes Erteilen von Auskünften und Zuweisen
von Arbeitskräften» vielmehr den Marktgätigem das Sichver-
ständigen ganz und gar zu überlassen. Die Verwaltung des
Arbeitsmarktes ist der Knis. Post- und Telegraphenbeliörde zu
unterstellen (die sich freilich zuvor der Mitwirkung der
bayrischen und würlleinherj^ischen versichern mü(ste). Diese Zu-
teihini; dürlle aus sachliciicn Gründen als durchaus gerecht-
fertigt erscheinen. (Das Postressort umspannt mit .seinen Amtern
und Org^anen, wie kein anderes, das ganze Reich bis hinein in
alle Dörfer und entlegenen Winkel ; dabei ist es derjenige Faktor,
welcher /wi^clien all diesen Dörfern, Winkeln und den Städten
\'erbindung herzustellen hat.) Die Arbeitslisten betrachtet Schm.
nl< rh'e gegel>enen Institute eines jeden staatlichen Arbeits-
marktes; e*^ bestehen örtliche und allgemeine (d. h. das ganze
Reich umspannende) Listen, (t'ber die Kinriehlung dieser Li.>^len
im einzelnen entscheiden die Bedürfnisse und Erfahrungen). Die
Anmeldungen der Arbeitgeber und diejenigen der Arbeitnehmer
sind in den Listen getrennt zu halten. Die Eintragungen er-
folgen nach fortlaufenden Nummern auf Grund der Anmeldun ge n,
die schriftlich oder mündlich gemacht werden können. Alltag
lieh am Schlüsse der Geschäftsstunden sind die Arbcitslisten
zu ergän/cii oder zu berichtigen, hieraut nach liedürlnis zu
vervielfältigen unti dann aus/uhängen. - Die Zentralstelle in
Berlin erhält eine neue, ausschliefslich dem Arbeitsmarkte die-
nende Abteilung. Diese erläfst die den Arbeitsmarkt betreffen-
den Instruktionen, verwaltet die allgemeinen Arbeitslisten, ver-
arbeitet die sämtlichen örtlichen Arbeitslisten halbmonatlich zu
einer T'bersicht über die Gesamtlage des Arbeitsmarktes. Diese
Übersichten, mit den Schlüssen, die sich ans üincn ziehen lassen,
werden m einem l>ei allen Postämtern auszuhängenden Blatte ver-
öflentlichl.
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290
Das sind - wie «gesagt — nur die Haii])llxhtiiiiimin>;cn in
Schmöldcrs Kntwurf. Dieser enthält selbstverständlich anch die
verschiedenen \'erkehrs\ orschriften mit Krläuterunicen, zei»;t die
Vorteile der KinrichuiuL; im einzelnen und j^an/en. vernn^chnn-
licht besonders den grofsen praktischen Wert, die \veitj;ehenden
Wirkungen der Arbeiten in der Zentralstelle. Schmölder erörtert
femer die Erleichterungen und Vergünstigungen, welche den
Arbeitsuchenden (auch seitens der Kisenbahnvenvaltungen) ge-
währt werden können, und entkräftet zwei Einwände. Sämtliche
Kosten, saj^t er. wurd». n die Postjjebilhreu in reichlichem Mafse
decken . Als Verkehrsmittel sollen nämiich verschiedenerlei
Postkarten mit \'ordrnck u. 15. für Anmeldunii^en. oder für
(iesuche um Znsenthing von Arbeitslisten l>eliel>iger Orte) ein-
geführt werden, und die Gebühr einer Anmeldungskarte könnte,
meint Schni., für Arbeiter 10, für Arbeitgeber bis auf 50 Pfg.
betragen.
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Neuere Erscheinungen auf dem
Gebiete des ZeichenixnterricJits.
Von P«il Stade in Sondershausen.
1. Anweisungen filr den Unterriebt.
Franz Hertel, Der Zeichenunterricht iu der V olksschule als
individualisierender Klossenunterricht. KrsterTeil. Gera. Theodor
Holfmann. 3.50 M.
l\in neuer. ei>renarti|^( r Wcu , auf dem der Verfasser /um Ziele
strebt. Im allj^emcinen auf die bekannten Ansichten Flinzers bauend,
verwendet er dns I'al/l latt zur Kr/.eug^unjj von vorbildlicbtn I'ornun
und führt dauut tMti I-ilement für die sclbständiirt.- I'rfimlunjj^ von
Seiten des Kindes in den rnlerricht ein. das viel (in sich hat.
Von dem Stoffe für den Unterricht verlanj?! Hertel, dafs er so
einfach als möglich sei. und dafs er aus mrklichen Dingen bestehe.
Kr verwirft daher fertige Vorzeichnungen. Wandtafeln, überhaupt
streng ornamentale Bildungen gänzlich und verlangt an deren Stelle
grein)are Sachen, aus denen sich das Kind selb.st seine Formen her-
stellen st»ll Zttirleich mufs nher auch dii si r Stoff dt t rni;rebunjf des
Kin<k> LiilnciiiiiKn werden und so beschaffen sein, (iafs er sich bei
jfleicher Aufgal>c iluch wiederum der sehr verschiedenen Befähigung
der Scliüler anpassen läJ.st.
Etwas eigentümlich mutet nun allerdings das neue Lehrmittel
an, das in nichts anderm als in farbigem Papier besteht Demselben
wird zunächst eine geometrische Grundform ( Dreieck, Quadrat, Sechs-
eck. Achteck) gegeben, aus der dann teils durch Brechen, teils durch
Aussv ImLiden verschiedene ande re l'\>rmen frebildet werden, die als
Vorl)ilder für dii ] )ar.slellunj; /.n dienen haben.
Papier und Scheere brinjjen die Kinder /.ur Stunde mit und
schaffen sich nach Anleitung? ihre F'onnen selbst. Das ist im Prinzip
^ar nicht übel, und die beigegebenen Blätter zeigen von solchen
Formen eine erstaunlich reiche Auswahl, die im allgemeinen einen
guten Eindruck macht, in vielen Beispielen aber auch als zu weit
gehend, ja stellenweise sogar als geradezu geschmacklos bezeichnet
werden muls.
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292
PauI Riad*.
Viel, >s«hr viel (»tites enthält dieser neue Lehrgang- grnz gewifs,
und recht vorteilhaft stiebt er von den öden Omanu :t atnmlunjren
ab, <lie man cfewohnlich I.chrgän^^c nennt; /w befürc .ten ist aber
docb, (lafs diese tinseitifje Betonnnji des Kakens /n weit .crebt.
lunen weniger Junten Kindniek niaelieti die luf den allj^^enieinen
Teil fol^^enden Darstellungen aus dem rnterriciiLe. Der Verfasser
läfst. bevor die Schüler an das Zeichnen gelaniien, eine — unsre»
Krachlens — ermüdende Reihe von geometrischen Besprechungen
vorausgehen und steht wenn nun endlich das Zeichnen beginnt, bei
recht veralteten Ansicblen. Die Herstellung der Fiirnren erfolgt xu
weni^ auf spekulativem Wej^e. Wijikelteilun^en /. P.. die für ein ver-
ständi.:ts Xeicbnen eine unerlafsHche Bedingung sind, scheint der
\'erf.is<er .u.in/licb zu vermeiden.
Das ist aber um so melir /u verwundern, als das Falten docli
zum weitaus gröfsten Teile durch VVtnkelteilung geschieht, beziehent*
lieh solche her>-ormft, und gerade hierin ein grofser Vorzug des neuen
Lehrmittels besteht.
Immerhin aber ist viel (hites in diesem \ crsucbe. welcher der
Beacbtung unserer I.eser ;ni;^elei;enllicb empfoblen sein soll.
Th. A. Williif. Semiuarlehrer in Humberg, Kurze nu tlu>discbe
Anweisung f ü r d e n Z e i c h e u u n t e r r i c Ii l. Breslau, Ferdinaud
Hirt, o.-s; M.
Wieder eines der vielen Werke, die sich leider anf Hefte mit
vorgednickten Aulgaben stützen. Dieser traurige Notbehelf sollte doch
endlich aus unsem Schulen gänzlich verschwinden; das zähe Fest-
halten an ihm läfst eben nur die eine Deutung zu. dafs an den Semi-
naren immer iioch nicht genug geschieht, um die 1. ehrer mit dem
Zeichenunterricht vertraut zu m.nclun l's ist ein schwieriges l'ach.
geracU deshalb aber, und weil es übeiliaupl keinen rnterricht mehr
oline bildliche Darstellung geben .•sollte, uiüiste im Seminare lieson-
ders dafür gesorgt werden. Fachlehrer, das ist der Ruf, der immer
wieder erhoben werden müfste: dann würden auch bald die leidigen
Hefte mit vorgedruckten Aufgaben verschwinden. Der Lehrer, weldier
das Zeichnen und .seine Methode beherrschen gelernt hat. wird sich
schwerlich auf das geisttötende Nacharbeiten dieser Hefte einlassen,
die einen höclist verderblichen Fanfluf'^ ans/nüben vermögen.
Die traurige Notwendigkeit zugej^el >eii. isi das \ orliegeude Hüch
lein allerdings für die Anfänge des rutcrrieliles kein .sehlechter Leit-
faden, aber eben auch nur für die ersten Zeichenjahre; denn die An-
sichten des Verfassers über das lvör|>erzeichnen sind mehr als be-
denklich. Selbst den Schülern höherer Lehranstalten redet man auf
dieser Stufe nirlii vom Augenpunkt, \ erschwindungsjjnnkt usw.
und zwar einfaeli iK sli iü) nicht, weil das Dinge sind, die sie nich.
zu begreifen vermociiteii 'A ie soll dann aber eine st>lchc konstruierende
Methode in der \'olks>eiiirie m'i'^'bc^li <v\u
Nun, nu'iglicli .schon, diktieren kann uuin auj i*.n»le alles; eine
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«93
andere Frage ist es aber, ob es auch verstanden wird. Ks gicbt im
ganzeil Bereiche des Schulunterrichtes kaum etwas, das sich an
Schwierigkeit 4lür I^hrer und Schüler) mit dem Korpemeichnen zu
messen xcnnöchte. Wenn also da nicht sorgfältig abgewogen. Auf-
ijabf und Krklärun^ dem Können des SchiJlers anjrci)afst wrd, dann
ist alle Mühe verj^eblich. Der hier vorliejrende l.ehrjjanij für das
K«"irper/eichneii ist so bedenklich. <lal.s von einer Befolgung des.selben
driniieiid uewanit werden mul's.
Fritx Mi'iller. Der Zeiclieiiiinlerrichl nach seiner nalurge-
niäfsen (iestaltungin der Schule. KrsterTeil: DasZeichnen
nach Stäbchen auf der ITnterstufe. Hamburg, Konrad Klofs. 1,50 M.
Hin Versuch ihm Zeichnen mit dem ersten Schuljahre bereits be-
«jinnen 2U lassen, der wirklieh allerliebst genannt werden mufs und
berufen sein dürfte, der entsetzlichen Stigmographie den Garaus zu
maehLii.
Der VerJa.ssci benutzt eine sehr bcsehranku daher billi<^e —
Anzahl verschieden gestalteter II olzstäbchcn, nnitlcnun er die Kleinen
im Anschlufs an die Natur Lebensformen legen läfst, die in sehr
netter Weise nachgezeichnet werden. Die gesamte Gliederung des
Planes, sowie die methodischen Ausführungen sind gut und zeigen
den klaren zielbewufsten Blick des Verfassers.
Welche .\nre;junji dieses Zeichnen den Schülern bietet, mit
welcher l'Vcudii^keit sie solche Tbunj^en vornehmen möf^en, <las zeij^t
aufs deuthchste der dem Hüchlein j^ej^ebene Anbang, in welchem
eine Mcnj^c von lüjrmen abgebildet worden ist, welche die Kinder
selbständig haben. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus
über die .sichere Beobachtung, ja den Witz, welchen die Kleinen dabei
entwickeln, und ge\^'innt so den stichhaltigsten Beweis für den grofsen
Wert dieser neuen Methode.
r'herall da, wo in den ersten Jahren gezeichnet wird, i.st der
Ivintührung dieses Striln lK iizeichnens lebhaft das Wort / ' reden.
Ludolf PariMius un<l A. Kithlonberg. Leitfaden ztuu l'reihand-
zcichnen I nlei i icht in einklassigen Volksschulen. München.
Oldenbourg.
Der l'nterricht in der einklassigen Schule bietet schon im all-
gemeinen nicht geringe SctiAvierigkeiten ; vom Zeichenunterrichte in
solchen Schulen nuils man es aber noch ganz besonders sagen.
Dieseju l nisl inde trägt das vorliegende Hüchlein in mustergültiger
W eise Rechmiiig. Ks entwickelt in kurzer, klarer l'orm eitu!! I.ehr-
plaii utid eine < ".lit <k'i uiig des si hwierigen Materiales, die nur in
hohem Gratl beaehleiiswert erscheinen.
Die Cirundidcc, auf welcher sich der Lehrplan aufbaut, ist sehr
gesund, und überall sieht man deutlich, dafs die Verfas.ser die ein-
klassige Schule und deren Bedürinisse aus eigener Erfahrung und
sehr gründlich kennen. Dem ll^nterricht legen .sie Bücher mit vor
gedruckten Aufgaben unter, nnd wenn die.^r Ausweg auch kein be-
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i'nul Slaiic.
sonders guter ist, so wissen sie üiu doch für diese (iattung von
Schulen so eingehend 2tt begründen, dafs alle Bedenken dagegen
vecstnmmen müssen.
Ein Urteil über Stoffwahl und Verteilung ist nicht möglich,
weil die Schülerhefte nicht mit vorliegen und der Leitfaden selbst
keine Illustrationen hat ; da^e^en jjewährt es eine }^rofst' Frinide z«
sehen, wie die \'erfasser ihre Abtei hin gen Iwlden ntid ihre jjfleich-
/.t'iti^L- Iksi-häfliL^ung erläutern. Knl.s| nicht die Auswahl des Stoffes
den eiilwickclttrii, sehr gesunden Gedanken, dann dürfte sich die hin-
führung der Schüterhefte gewifs auch lohnen. Doch auch die blofse
Lektüre des Heftchens mufs anregend und fördernd wirken.
Verein (Vsterreiehiseber Zeichenlehrer in Wien, Vorschläge zu
einer Neugestaltung: des Zeichennnti rrichtes an
Mittelschulen. Zweiter Teil. Skizzen der Lehrgänge für die
vier Vinteren Klassen der Realschule nebst Unterrichtsproben.
Wien, Lcvkam.
Im Jahre 1890 erschien der erste Teil dieser Vorschläge, dereine
weitgehende Reform des Unterrichtes anregen und einleiten sollte
und sehr eingehend begründete Lehrpläne für die Realschule ent-
hielt Diese glücklichen Österreicher haben in jeder Klasse wöchent-
lich 4 Zeichenstunden und können infolgede.s.sen ihrem Lehrplane eine
Ausdehnung und Abrnndung geben, an die bei un.sern X'erhältnissen
leider nicht (gedacht werden darf. Trotzdem nhcrk.nnn innn ein leises
Kopf.schütlLlii lieiiii l.oeii dieser X'orschläi^e iiiclil unleidiücken,
und zwar nicht deshalb, weil dieselben schlecht sind oder auch nur
ZU weit gehen — was da gesagt und gefordert wird, das ist im all-
gemeinen ganz richtig — ; aber die Behandlung des Unterrichtes in
den ersten und namentlich im allerersten Zeichenjahre erscheint uns
3EU wissenschaftlich und deshalb nicht durchführbar.
Das kann eine Täuschung, eine Selbsttäuschung sein. Der W r-
ein selbst hielt eine solche aiirh nicht für ausgeschlossen und Nucht
durch die Darlegungen dicsis /wtiteii Teiles auftretende Zweifel y.u
zerstreuen. Das ist ihm aber doch nicht ganz gelungen.
Auch diese Skizzen sind vorzüglich durchgearbeitet und gegen
den togischen Aufbau, wie gegen die Hinzelausführungen läfst sich
nichte einwenden, t7nd doch bleibt der Verdacht bestehen, dafs der
Plan — in seinen Anfängen — für ein reiferes Alter zugeschnitten ist.
Denn weiin auch die historische l{ntuicklnng des Ornamentes
noch .so schön darge.stellt ist, so bleibt ^ s doch sehr fra^lieli. ob man
damit den liiileiiicht bt uiniu ii <larf. ob die Schüler dii nsti u Klasse
— man zählt in Osterreich von unten -- imstande sein werden, das
ihnen (rebotene auch zu fassen. Ja, .selbst ob sie den an sie zu
stellenden zeichnerischen Anforderungen genügen können, wird uns
Femstehenden immer fraglich ei^cheinen.
Dem Vorworte nach zu schliefsen, in dem gesagt ist, dafs man
von der geplanten Absicht, den Lehrgang durch Schülerzeichnungen
*
2^
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zu illustrieretT, Abstatul j^cnonunen habe, weil es /ii teuer wurde,
handelt es sich nicht mehr \\m Mofse \'orschlä^e, sondern um deren
Ausführung. Deui^^cniäis niuls du' Durcliiülirun :iuch möglich sein,
und einen Grund ^uui Zweifel giebt es nicht nielir.
Um 9o lebhafter ist es dann aber zu bedauern, dafs die Dar-
.stelhing^ im vorlies^enden Buche nicht so deutlich geworden ist, dafs
solche Bedenken nicht mehr aufkommen können.
Das ist es, was wir auszusetzen haben ; im iibrigen haben uns
die X'orschläjjfe und die ! < b' uangsskizzen sein Mit fallen,
F. Peltz, Zeichenlehrer in IJreslan. I>er Zeicli *. n u n ii. i ri rh t i n d e r
V<dks- und Fortbildungsschule, nebst X'oischlägcn zur Um-
gestaltung desselben. Breslau, Franz (ierlich. 60 Pfg,
X'ergeblich habe ich mir den Kopf darüber zerbrochen, zu welchem
Zwecke dieses seltsame Machwerk in den Buchhandel kommt. Es
ist man mag das Ding besehen, wie man will — nichts weiter als
ein sehr konfuses ^^emorandttm für die Hand des Schulrates und
^^ag^stratrH zu Breslau, um diesen /u beweisen, dafs der Zeichen-
unterricht in ihren Schulen noch keineswegs auf der Höhe steht, die
er einiielnncn konnte, wenn ein tikliLiger Mann die Kehrkiaflc drillte.
Selbstverständlich — das i.st ja de^i- l'udels Kern — weist Herr i'eltz
schlagend nach, dafs er dieser Mann sei, und entrollt I^ehrpläne, die
stellenweise zu einem herzlichen l^achen reizen.
Ob der Wink mit dem Zaunpfahle geholfen hat, weifs ich nicht
Herrn I'eltz würde man'» gönnen dürfen, ob aber auch der guten
Stadt Breslau?
(Schlufs folgt.)
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TSwu Bieber und AaMte«.
Neue Bücher und Aufsatsce.
II) Bücher.
l*>ec. Heinr., Die cxpcrimeii-
Ulk Psychologie. (III, :^I S.) Wies-
baden, K. Bchretid. o.to M.
(iüttler. Priv.-Ooc. Dr.C. Psycho-
logie und Philosophie. Ein W on
znrVerständi^iig.(34 S.)München,
Piloly u. Bohle. (*.5o !SI.
Haufe, Dr. Ewald. Die Krzie-
hutig- zur Arbcitstöchtigkeit. eine
Hauptforderung an di». lurxkriK
Schitle. (3^ S.> Znaiiu, i'ournicr
u. llabcrki. 0.40 .M.
Just. Dr. Karl, Der ab.schlie-
tsende Katechismus- Unterricht, i.
Heft (6S S.) Altenburg. II. A.
Pierer. 0,90 .M.
Langbein, O. Tk'trachtungen
und Bemerkungen über den neuen
preufsischen Lehrplan für höhere*
Mädchenschulen in den Xatur-
wis.senschaften. (26 S.) Neustrelitz,
(t, llaiucwit/. 0.75 M.
Martin, P. u. O. Schmidt,
Soll die Raumlehre im .\nschlufs
an einheitliche Sachgebiete be-
handelt werden? Hin Begleitwort
zur Kaumlclire für Mittclsv.hiiKn
etc., nach Fonncngcmciuschaft be-
arbeitet. 115 S.) Dessau, R. Kahle.
0,25 M.
Pfeifer. W'.. Ori^anisation und
J. ehrplan d. mchi klassigen \'olks-
oder Bürgerschule nach den For-
derungen der ftegenwart.
120 Ü.) (lotha. Ii. F. Thieneniann.
2 M.
Siegemund. srimMir., Dr. R..
Die individuelle und Hu^iiale Auf-
grabe der Erziehnng- und die Päda-
gogik der Sozialdemokratie. (298.)
Netzschkau, .\. Stein. 0,50 M
Stendel. i'fr., F'rdr., Der reli-
jariöse Jugendunterricht, lun Hilfs-
mittel für die Hand der Lehrer,
auf (irund der neuehten wiäsen-
schaftl. Forschung, i. Haupttl. 2.
Heft: Die christl. Wrkünuigung
im N, T. (VHL 144 S.; Heibronn,
Kielniann. M.
b) Aufsätze.
.Xndreä. Dr. Karl. I ber die
Faulheit. Hin psvchologi.scher \'er-
snch. ( Repertorium der Pädagogik
- 61 Flui, ICbner.
Hruch. V., Individiialitäteu-
Hsten oder nicht? (Bayr. Lehrer-
Ztg. 1 1 r v ) Nürnberg, \V 'I'hünimcl.
Franke, Th.. Grundlinien zur
Verwendung d. deutschen Redens-
arli ii im Unterrichte (F'rankfurter
Schulztg. 6). Frankfurt a/M., Alfr.
Neumann.
Fritzsche. R.. Die (.estaltung
der Sy.stemstufc im U.tschichtS-
unterrichte. (l>euLsche Iii. f. erz.
Unt 9- II). Langensalza, Beyer
u. Söline.
(iermer, B., Die Umgestaltung
der Bildungsziele der Volksschule
nach den Forderungen derdegen-
wart. (Leipziger I.ehrerztg. 19.20).
Leipzig, < )tto Klennn.
( ) p 1 ) e r m a n n , F: ., ( ) e< >graphischc
Namenkunde. (Neues Hr.innsch\v.
Schulblatt 3. 4). Uraun schweig,
Appelhans u. Co.
Picker. \., Die Lehre von den
usychupathischen M inderwertig-
keiten. (Rhein.-westf. Schulztg. 2.v
241. .Aachen, R. Barth.
Silcher, \-.\u l-^ortschrilt in der
Methode des trigonometri.schcu
Unterrichts. (Südd. Iii. für höh.
Unterrichtsanst.31. Stuttgart« Paul
Neff.
Wilke,15dwin. Cber Zweck, An-
Intrf und U.cbrauch von Sprach-
heften in der Volksschule. (Prax. d.
Volkssch. 2). Halle, Herm.Schrcklet.
N. N.. Die X erknüpfung u. Ver-
webt! n 1! (] .V n terri chts.sof fe. ( Schul -
blatl (kl rnniüz Sachsen 6 — S».
Quedlinburg. Huch.
N. N., Das Interesse, eine Trieb-
feder des I nterrichtes. (AUg. U.
Lehrerztg. 6). I^ipzig, Klinkhardt.
N. N.. Seminarbildiin- 11. Semi-
narlehrer. (Leipz. Lehrerztg. 17. i8>.
Lei])zig. Otto Klemm.
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Neue Bahnen. '^'"
PÄDAGOGIUM.
für Haus-| Sehul- und Gesellachafte-Erziehung.
lieft 6. Jum 1896. Yll. Jahrg.
Uber die KrziehxLXiQ und Aus-
bildung der Mäddien.
\\ i<lcr lias gkiclm.iunut- Hiu li <ks Dirt klors a. I). (locrtli in Instcrlnirg
von Marie Loeper-Housselle in Ispnngen (Raden t.M
Eine sehr scll^uiu' Krsclu'ijinni;, der wir in den letzten
Jalirzelnitci! nnf (Kiu (iebit-ie der Litteratur, die sic1i mit
der liilduii.^ tlc> wcihliclieii ( leselileelites l)eseliäfti«jt, iuiiiier
wieder von neneni begegnen, ist die, dals aus den Kreisen
der Letter tind Lehrer höherer Mädchenschulen den Frauen
Vorwurfe gemacht werden über die infolge einer oberfläch-
lichen Rildung ihnen anhaftenden Män<^el.
So hat ncuerdini^s aneh der frühere i)irektor der hölieren
und mittleren Mädi hcnsclnik' zw lustci biir^; in ( )stprenfsen,
Herr (loerlli, die sehärfsLen X erurteihin^en über die I*raiien
nnd die nianj^elhafte liildnnj^ des weibHclien (ieschk-clUes
in einem umfai\<^reiehen Werke -) ausgesprochen. leli würde
mich jeder öffentlichen Meiuungsäufserimg über dieses Buch
enthalten, wenn ich nicht an dieser Stelle^ in der von mir
hochj^^eschatzten Zeitschrift, eine Wiedergabe der Ansichten
des Herrn Cioerth i^cfnndo:: hritte.') Wenn in einer so ernst
y.u nelnncnden Zeitschrift (He Ansichten nnd \"erurleihm^^en
des Herrn (roerth wiedcrj^ei^eljen werden, olme dafs man es
für nötiijf l)efindet auf (trund luid l'r>.iehe der verurteilten
Schäden liin/uweisen, also dals die Leser den liuidruck er-
halten, Herr Goerth habe ein Recht, so »u urteilen, so wäre
schweigen von selten der l'rauen — Unrecht
Zunächst nu'ichte ich mir ^cf^^enüber den Verurteil nnj^eu
die l'rage erlauben: Wer hat die liildun«» des weiblichen
Geschlechtes bisher fast ausschlieishch in Händen gehabt?
') J.citcrin der Zeitschrift: Dif Lehrerin in Schuk- und Haus . Rcti.
*) Krzichiing' nnd AusWldunj-v (k-r Mädchen. l\m \\ t;; weiser för
gebikklf Jüici ii. fin kclircr vnul I{r/jeher. J,eipÄijr. Julius Klinkliardl.
^) fUft s, Jahrtr. \ l. S. ;(»;,.
Htu* llnbnrn (I'üila{;ociuia> VII. 6. 20
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Wer lial aussclilicfslich die für die Ittldun^^ des wt-ihliclieil
(icsclileclUes <riiltin;cii licstiinniunj^eii };Llr(»lfcii ? Männer
waren es. Wenn ein Kind nnartii^ ist, so niaelit jeder
\ erstfiudi^e Mensch /.nnäcbst den lullern \'or\vnrfe darüber,
erklärt den \'ater oder die Mntter oder ))eide als die Sclinl-
digen, indem sie entweder ihre Pflicht versäumt oder nicht
verstanden haben, ihr Kind zu erziehen.
Sollten die Männer an den von ihnen hekla((ten nnd
\ernrteiltcn Manjjeln bei den Frauen keine Schuld tragen?
Sollten sie sich keine X'ersänninis zn selndden halben koiinnen
lassen'-' Sollten sie alles hessi r verstanden haben lutrcffs
der lü/.iehnnj4 des weiblichen Cieselileehtes als die l'rancn?
— Mir seheint, die von ihnen den I'Vanen «ieniachteii Vor-
würfe fallen znm weitaus j^rölsesten Teil auf sie selbst zurück,
Versätimt haben sie einmal in erster Reihe, den Frauen den
ihnen ^gebührenden, von der Xatur nnd den bedeutendsten
Pädagojjen j^eforderten Anteil an der Bildung des weiblichen
(Geschlechtes ein/.männien, xersännit hal)en sie. den Franen
die für diese ihnen /.nkomniende Aufgabe die notij^'^e Ans-
bildnni^ '/u geben. Die bisher gewährte Seininarbildnn^;
reicht in keiner I'eziehnng hin, Lehrerinnen heranzubilden,
die der Aufgabe gewachsen sind, Mädchen zn Ivanen zu er-
ziehen, die den höchsten menschlichen Beruf zu erfüllen ver-
nidgen.
Wir wollen in unseren Knaben Mämier für die Freiheit
im weitesten Sinne des W(»rtes erziehen; bilden wir dazu
in Haus und Schule tlit- knnfti«^en Mütter nnserer Söhne
\nr? W'\v Männer verlangen b'ranen, wilclie unsere
Zwecke nielit nur \erstehen, sondern sich zn fK.Ten Krreichnng
mit uns verbinden; erziehen wir dazu in Hans und Schule
die notigen Franen — -- »Wir haben keine rechten
Franen, weil wir keine rechten Manner haben, nnd wir
haben keine rechten Manner, weil wir keine rechten
Mütter haben .
So fragt und klagt Di es ter w e i,»^ in dem Vorwort, das
er zu dem Werk einer I'ran geschrieben liat.
Herr Nehry meint mit Herrn (loertb, die Mängel, die
man beiden höheren Töchtern tadelt, hat nie die Schule
verschuldet, die fallen stets den Eltern zur Last'. - Wer
hat denn die Eltern erzogen und gebildet? Waren es nicht
Männer?! I ihI ferner behauptet Herr Nelm* mit Herrn
(ioerth an derselben Stelle: Wenn einzelne von Lehrerinnen
geleitete Si lnilen nnrli der I^itelkeit nnd dem lugensinn der
verwöhnten Zierpnppchen aus den reicheren Familien \\>r-
schnb leisten mögen, so hat jedenfalls niemand ( irnnd, einen
Mangel an fester Schnlzncht den von Männern üelciletcn
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C'ltpr <Im' Kiv.irliuui; uini Au-^UiMuii^ «Icr ,M«<lt lu-ii. ^\f^J
öfk'iitlichcil Sciulleii aiiiV.ubiirtlfii . W'aiiini deuu luiu gleich
wieder verangemeiiierii^ was einzelne verschuldet, und
warum denn nur wieder allein den Frauen als solchen eine
Schuld aufbürden, die gewifs eben so viele Männer auf sich
geladen haben? Ist die leitende Person einer Schule j^e-
wissciiliafl. charakterfest und für ihre Stelhin<^ nach allen
RichtuiiucM liin befähio^t, dann wird sie, snviel es in der
Schule iiTM^Hch, den beklao^ten Män<^eln vor/iibeuj^en suchen,
ganz gleich, ob sie Manu «nlcr Frau ist; die Frau aoer svird
bei den Mädchen sicherer vorbeugen können als der Mann,
da sie mit den Eigentümlichkeiten ihres Geschlechtes ver-
trauter ist als der Mann.
Ich kenne Frauen, die im Hause so gut wie gar keine
lu/.ichnu«» erhielten, s(»ndern die ihre i^an/e Krziehun^ und
Ausbildung' einer vSchulleiterin und f.ehrerinuen verdanken
und die \ uiireillicii ihren I'»ernf als Hausfrau und Mutter
ausfüllen, l'nd anderseits kenne ich recht viele Frauen, die
aus Schulen, von thatkräftigen Männern geleitet, hervor-
gegangen sind, und die mit all den Mangeln behaftet sind,
die Herr lioerth dem weiblichen Geschlecht zum V^orwurf
macht So bin ich auch genötigt zu glauben, dafs die aus
Herrn (»oerths vSchule hervor<je^an,oenen Frauen nicht ledig
der Mängel sind, die er und mit Recht so scharf tadelt,
<lenn seine Iieisj)iele hat er doch sicher seiner iiächsten und
näheren Umgebung entnommen, und in derselben leben doch
viel Frauen, die er unter seiner Schulzucht gehabt hat.
«Es fehlt dem Schulunterricht der Mädchenschullehrer
häufig an der rechten KLraft, und darum den Mädchen an
Intelligenz und Verstandesreife. Eine .spielerische Auffassung
der Mädchen- imd Frauen-Xatin- findet man auch bei vielen
Lehrern. I>ie \'erstandesent\vickelnng, meinen sie, entferne
das (lemiuliche, Zarte, Weibliche, Liebenswnrdii^e. Selbst
vor klaren, bestimmten Hej;riflen und präciser mündlicher
Darstellung haben sie eine .\rt Scheu. Sie machen sich breit
mit den Unterschieden, die angeblich zwischen dem Unter-
richt der Knaben und der Mädchen mafsgebend sein .sollen.
Sie sagen, dafs, w.'iln end hei jenen der Verstand vorherrschen,
bei diesen das Ciemüt re<.;;ieren müsse us\v.<- So urteilt
I > i e s t e r \v e an rU rselben vorhin genannten Stelle über
die Mädchenschullclii \ 1 . und füi^t hinzu: Ist es auch wahr?
Pestalozzi w niste davon niclu.s, uiul eine Frau Niederer
wird auch nicht viel davon wissen .
Das Buch des Herrn Goerth ist von den verschiedensten
Seiten den »Führerinnen* der der weiblichen Bildung gelten-
den Kefornibestrcbun<jen aufs dringlichste empfohlen worden,
damit sie doch cndlicli einnial erfahren, was sie zu llnin
20'
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Mnrir l>)H'iN>r-ll«ii«iiello.
habe», \\m unsere Töchter zu <;iiteii Müttern, tüchtigen
Hausfrauen, bratichbaren Menschen zu erziehen. — Als ob
vor Herrn (locrth nie jemand über die Rrziehun«^ des
weiblichen Geschlechtes nachgfedacht und geschrieben hätte!!
Obgleich ich unsere Lebnuei^tcT Comcuins. Pesta-
lozzi, lM<"')hel. Di est er weg <;ründlicli studiert hal>e und
nicht nur die einschlägige T^itteratur nacli 1872 (das Jahr
da man in Deutschland sich wieder erinnerte, dafs die Mäd-
chen doch auch eine gewisse Bildung erhalten müfsten),
sondern auch die seit Anfang dieses Jahrhunderts erschienenen
Schriften über \vei])liche Erziehung kenne, mid endlich, ob-
gleich ich durch ei^^cne Erfahrung, und zwar auch eine fast
vierzi orjährio^e Thäti.L;kcit mir Kenntnis erworben von
alle dem, was die Mädeliener/iehuuL; an dem weil)liehen (rc-
schlecht \ eiscliuldet hnt so bnt \v\\ (K iinnch eine Kollegin,
die sich das -klassisclie lJueli , wie IIcii Xeliry es neiiui,
angeschafft hat, es mir ztt leihen; denn ich meine, wir können
aus allem etwas lernen tmd sollen bis an unseres Lebens
Ende lernen.
Halten die verschiedenen h<>ch]ireisenden Besprechungen,
die Dringlichkeit, mit der das liuch uns Frauen ganz be-
son<1ers empfohlen wirrl, meine ICrwartungen schon hoch
gespannt, so w in <K n dieselben um ein erhebliches gesLeij^ert
durch das Vorwort, das Herr (roerth seinem iUieh vorange-
stellt hat, also dafs ich mit der Voraussetzung an das Buch
heranging, etwas noch nie Dargebotenes, noch nie (»edachtes
zu finden, etwas ganz Unbekanntes kennen zu lernen, kurz
sozusagen ( )lfenbarungen zu erfahren; ist der \'erfasser selber
doch der Uberxengung, dafs der erste 'iV-il des Huches Das
Studium der l'rauenseele , trotz der Mängel, die ihm an-
haften, in der Zukunft von der (U->chiehte der Pädagogik
als ein bahnbrechendes Werk bezeiehnet werden wird .
Wir glauben dem Herrn Verfasser gern, dafs es ilnu
Emst ist um seine Bemühungen, und das ist ja schon sehr
anerkennenswert, denn es giebt eben nicht gar zu viele
Männer, denen es wahrhaft Ernst ist um die bessere Er-
ziehung des weiblichen Geschlechts.
Ich bin auch überzeugt, dafs er ;c:rnndhc1iL v"^tiuHen zu
der Alifassun^ des ersten Teiles seines Werkes gemacht hat;
davon zeugen ja die zahlreichen Hinwei.se auf unsere be-
deutendsten Physiologen, Psychologen, Pädagogen, w ie Kant,
Wnndt, Beneke, Ranke usw., wie auf unsere Philosophen,
Aesthetiker, Dichter und Frauenärzte; aber — ich meine
ich bin zu der Frage vollauf berechtigt — ; Was ist in dem
ersten Teil an dem, was Herr Goerth gesagt hat, das vor
ihm noch nicht gesagt worden wäre? — Alles das ist auch
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Übvr die KnichaofC und KuMMung d«r Hld6b«n.
dctijeiiij.'^en iKkaiiiit, denen es, wie dem Herrn Wrfasser,
Krnst ist mit der I'*.rzic!inni;: des weihlichen ( reschlechts,
denn auch sie hahen bei dem I>e^trel)en, ilire Anf^^abe zu
erfüllen, diese Männer zu Rat ^ezoj^en. auch sie sind bemüht
^4;eweseii ihre Erfahrungen zu messen an dem, was an Theorien
von der Wissenschaft anfgfestellt worden ist
Dafs der Herr Verfasser während einer vierzigjährigen
Thätii,^keit auf dem Gebiete de .Mädchenscliulwesens wie
im alltäi^dichen LelxMi und in der (resellschaft viele und
mannij;faltij^e Krfahrunj^en g^esammclt liat. will ich iiim auch
j^ern «j^lauben, wie ich aucli i^lauhv, daLs er im alli^enieinen
seine Iu'fal)run»^en verlieht, u. h. dals sie wirklich entscheidende
und beweisende sind, da sie aus einem theoretisch gebildeten
Gedankenkreise hervorgegangen sind. Aber ich nnde auch
hierbei nichts Neues, es sei denn vielleicht, dafs einzelne
seiner Illustrationen als noch nicht dagewesene bezeichnet
werden können, wie u. a. die zu dem G ehr auch des
T a s c h e lU II c h e s. Ivs ist übrigens nicht recht zu verstehen,
dnfs in ei!iem( )rt, in dem <kr Mcrr \'erfnsser eine so lange
Reihe \ uu Jahren die holicic Mäilcheiischule geleitet hat,
es so viele Damen giebt, die in der von Herrn Goerih ge-
schilderten Weise das Taschentuch benutzen. Herrn Goerths
Schilderungen der Sitten von Damen seiner Bekanntschaft
werfen ein seltsames Licht auf die Civilisati» >n in Ostpreufsen
— oder sollten sich nur die Damen aus dem Bekannteukreise
des Herrn Verfasser«^ durch solche präaclamitischen Sitten
ans/eichuen ?! Sollten in (^stpreulsen die Mütter wirklich
keine Taschen in den Kki*.iern der Mädchen machen lassen,
dafs Herr Cioerth es für nötig befindet, sie daran zu mahnen?!
Vieles, das meiste, was Herr Goerth tadelt in der bis-
herigen Erziehung des weiblichen Geschlechts, ist auch von
anderen einsichtsvollen Männern und ebenso von einsichts-
vollen Frauen getadelt wi)rden und diese für die Gesell-
^ciiaft iirJu!]\ ollen Mängel sind eiti'^iclnsvolleii Frauen Ver-
anlassung ge\M-v(!en, eine völlige rmgeslailuuL; lU r Hildimg
des weiblichen lir-^rhlrrhts zu erstreben, zu fuiiUin.
Herrn G.'s I ricileu über die J ugendsehiifistellerinnen
können wir im allgemeinen auch zustinnnen - - seine Aus-
fälle gegen die Persönlichkeit einiger Frauen sind in
(K ; I,. hrerin genügend iiriu k>;cwiesen worden und haben
ihre Verurteilung,^ von seiteu des Crerichts erfahren, so dafs
wir uns hier ilamil nicht beschäftigen wollen.
Auch in \ielem. was Herr G. über die Ausl)iidnng von
F'.'hrerinnen und deren Leistnnj^en im allgemeinen sagt,
li.a er Recht ist er doch auch so gerecht zuzugeben, dafs
es auch unter den Lehrern eine nur zu grofse Anzahl von
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l'al)nkai !)(. itt rii iil)ci se in Kiki t'ülirt ihn, w ie hv\
der Hcuiitilimg «kr Ju^tiulschiiltsuUd innen auch hier zu
weit und verleitet ihn zu Ausfällen, die einem gebildeten
Manne, vor allem seinen eifrenen Aiiforderunjren an die jfute
Sitte und den Anstand nicht entsprochen. Kr stellt aufser>
dem Hehauptungen auf, deren Alljfemeinji;ülti}4^k(.n /,u er-
weist-n ihm schwer werden dürfte, denn diese IUhan]Hun«^en
{^rihukii sich doch nur auf I'i scheinun<[en, die sein Ivr-
fahrnn>4skitis ihm liefert. I i ^-chtint nicht /u wissen, dals
gottlub neben den von ihm <.ic/.eichiu u u Fabrikmäilehen
anf dem Schulgehiet die Zahl der tüchtigen Kranen und der
begeisterten Lehrerinnen und Krzieherinnen eine genügend
grolse ist, so dafs der Fortschritt in der Krziehunj^.swissen-
schaft, speziell der füs das weibliche Geschlecht, für die Zu
kunft <»;esicherl sein mufs. Herr (i. hält diesen I'i>i l>chnit
allerdings nur gesicherl durch begeisterte Lehrer und lü /ieher.
Wir können betreffs <Ur mangelhaften I.eisttnigen der
Lelirerinnen wiedeium nicht die Lelirerinncu \ cr.intwortlich
macheu, sondern die Männer, die bisher für die Ausbildung
der Lehrerinnen die Bestimmungen getroffen haben. Sie
sind Schuld daran. (laf> vin 1a In erinnen-rroletarial grofs
gezogen ist; sie .siud Schuld, dafs die Lehrerinnen ihre Auf-
gabe in der vSchnle wie L'abrik ir!)eit behandeln; sie sind
Schuld daran, dafs sit nur (laianf .insgehen, greifbare Re-
sultate 7M erzielen , dcini abvoclien davon, dals die .\us-
bildung in den von Männern organisierten Lehrerinnen-
Seminaren eine so mangelhafte ist, eigentlich auch nichts*
anderes als eine Teilarbeit, die wiederum zu einer so kläg-
lichen Arbeit befähigt so fordern die Herren Rektoren,
Schulin^pektoren oder Räte ja nichts anderes als eine sok'he
Arbeit I Haben mir doch oft genug Lehrerinnen geklagt,
dafs ^ie nichts anderes erreichen ktninten als ^k'ch^nisieren ,
denn sie niüssten bis zu dem und <leni Termin (k-n vnrge-
schriebenen Wissensstoff eingeprägt, zu der vorgeschriebenen
Fertigkeit die Kinder dressiert ha eu.
Keine von ihnen {den Lehrerinnen) kann sich zu rechter
Begeisterung aufschwingen und in unserem Berufe ihre rechte
Lebensaufgabe erblicken schreibt Herr Ooerth (S. 446), und
Herr Nehr\ und andere, so u. a. auch ein Korrespondent
der Preuf.s. lAdirerztg. (\-. t ^ Sept. 1S9S) schreiben es ilnn
nach, letzterer fügt noch die I^nierkung hinzu: Wie scliwer
es nicht selten hält, dafs Lehrerinnen den einmal betretenen
Weg verlassen und sich neuen Anschauungen zuwenden,
das werden diejenigen erfahren haben, die durch die Ver-
hältnisse daxu bestimmt sind (!), mit Lehrerinnen zu-
sammen zu arbeiten. Ks wird letzteren unendlich schwer,
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Cbvr «Ii« EritiokuiHr sad A«>Mldatiy 4wt Midcbsii.
die I >r>lM !)nn*>cn der Kchrcr zu vc-rstelieii, die darauf
riclutl sind, I*'a<!jaiif.siclit zu erlanj^fen. Wie lau^c hat es
j^cdaucrt, t-ht- sie >ich da/u t. iilscliliesseu kouutcu, sicli /u
\'ereinij;iuij»;eu /usauiuieu /u lliun, sich fest zu orj^anisieren .
Die Herren scheinen g«iu/. zu vergessen, dafs es noch
nicht gar so lange her ist, dafs sie sich zu Verein i«>:uu);en
;(nsaninien geschlossen« dafs es aufser den allerlei äufseren,
recht kräftigen Anstnfseu des sehr mächtigen Antriebes eines
Diester wej^ bedurft hatte zum Zusaniuienschlufs der Lelirer.
Sie scheinen uiclit zu w issen, dafs Diesterwe«^ oft recht l)itter
t(^ekh\,tit Ival, wie das Wreinsleben ein {rdY so hnies, wie
keine Soliihirität, kein Sueben nach i''onl)ilduii}4 unter den
Lehrern vorhanden sei; dafs im Jahre 1850 Wand er ihm
berichtet, drei Viertel aller Lehrer Schlesiens läsen gar nichts
Pädagogisch-Periodisches , und dafs Diesterweg, indem er
fesstellt, in Berlin stände das Verhältnis nicht besser,
diese Ivrfahrun«i eine tief betrül)ende nennt.*!
Die Herren Lehrer scheinen nicht zu wissen oder nicht
/.u erwäj^en, (hifs die Lei^UniL^cn fler Lihnr, ltt\<>r sie in
Wold «i»r<i^anisierten, von Die.sUiwej; beeinllulsun Seminaren
ihre Ausbilduuji erhielten, als die Kurse in den Seminaren
noch zweijährig waren, wie sie bis vor kurzer Zeit allge-
mein in den Lehrerinnen-Seminaren waren, zum Teil heute
noch sind, ihre Ausbildung ebenfalls eine recht mangelhafte
war — sein mufste, wofür sie sell)er nicht verantwortlicli
tjeniaclit werden knniiUn, t bt n^owenij^ wie man die Lclire-
rinnen für ihre man<»elhaile Ansbiidunj^ und die derselben
entsprechenden unzureichenden Leistungen wird verantwort-
lich macheu koiuicii.
Die tüchtigen, gewissenhaften Lehrerinnen wissen am
klarsten, was ihnen mangelt, und sind redlich bemüht, so
weit sie es bei der bestehenden äufseren Heschränkunj^ ver-
mögen, den Mäuj^eln abzuhelfen, wofür die mit jedem Jahre
sich mehrenden b\)rtbilduu}»;skurse allerlei Art /cni^en.
Zu einem end.i;üllij;eu l'rteil über die ( lesamllc i>lun*;en
der Lehrerinnt-n wiideu wir erst berechtii^t sein, U(.nu ein
solches l ruil iii<«j4lieh sein wird, d. h. wenn die J^ehierinnen
die Ausbildnn;^ erhalten haben werden, die wir für sie fordern.
Alles, was bis jetzt als -l'rteil ausgegeben worden ist
ist tloch weiter nichts als individuelle Meiuuuii, die für uns
je nach der Person, die sie äufsert, je nach der Art, wie sie
<4;eäufsert w ird, mehr oder w eui<ier \ on I'»edeutun^ ist, uns
mehr oder minder /.u ernstHcher Iüwäi;ung uuffurdert, die
'i Siehe A. Diislervvcjis ausj»cwälillc Schriften, heiau.sj^e;^. von
I.an;4iiil)cr>(. 3. Haiul. Frankfurt. >fontK Diesterweg.
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^t>.| Märte I.o»p<'r»lli>n»'»t*ll«'.
aber (Itiidians iiiclu l)cs t i iii iiu- lul -'iif n n sere Ilestrtbunjjeii
hiii.siclitlich (k'rRcloini der wcihlicluii lÜldmii^r einwirken kann.
Herr (iocrtli hat diese innnj^, ein anderer liat eine
andere Meinnn«;, nnd alle lkweise, die sie vorbringen, sind
doch nur Variationen ihrer Mcinnnj^en; oft >leiien sich die
itcliroffsteti (iegensStze «;;e<;eii«ber> nnd dennoch beansprucht
jeder für seine Meintin}^ die Anerkcnnunj;»: ihrer rnnnistöLs-
lichkeit Also über Meinunj^an will ich nicht mit Herrn
Cioerth streiten, nnd icli würde mit meinen Anslassnn<»en
über Herrn Cioerths Hncli fertii^ sein, wenn dasselbe nicht
einen Satz enthielte, };ef>en den ni i t n >' c r Iv n t s c h i e d e n -
heit z n j) r o t e s t i e r o n jeder Mensch, ob Mann ob I'ran,
sich \- e rp fl i ch tc l lülik-n soll, denn um mit (iocthe /.n
sprechen »der eigentliche Obscurantismns ist nicht, dafs man
die Ausbreitung des Wahren, Klaren, Nützlichen hindert,
sondern dals man das F'a Ische in Kurs biin;^t .
Dieser Satz heilst: Jedes Mädchen soll bei ihrer
b V V u f s m ä fs i o c n Arbeit stet s a n d e r T }> e r z e n n n <j
festhalten, d a fs e s i h r e Pflicht ist. n m einer n t e n
K h e will e n i h r e »Selbst ä n d i ^ k e i t a n f z n e b e n .
Nnn ich diese I''<»rderun^ gelesen, liabe ich die Krklärung
für Herrn Goerths Bemerkung in .seiner Kritik des vom
> Verein zur Reform der Litteratnr für die weibliche Jngend '.
herausgegebenen Ihiches \'or Tagesanbruch-, Dort sagt
Herr (loerth: HedenkHch ist auch der Grundsatz, den die
Heldin l^lisabt t1i nnsspricht, al- ein von ihr hochj^eachteter
wackerer jini<|er .Arzt sich nm liire Hand bewirbt. »Sie will
sich nur mit einem Manne verheiraten, den sie liebt, sonst
nie usw. (Jtigendschrilten-W'arte Xo 12. 3. Jahr*^.)
Ich will nicht etwa den X ersnch machen, mich mit
Herrn Cioerth über diese Frage zu verständigen — das wäre
vergebliches I^emühen. Bei Meinungsverschiedenheiten und
vor allem bei solchen über Kragen von so hochsittlicher
liedt utnn<);^ wie die vorliej^ende, ist nnr mit wahrhaft
(1 U i c n 1^' e s i n n t ( v. eine \'erstän<li<^nnj( möolich. Anf.ser-
deni niiiiste ich mich mit ihm /n\()r nber den Hegritf ver-
schiedener \-on iinn j^ebrancliten .Ansdrüeke, wie n. a. gnle
Ehe , Liebe anseinandersetzen imd das würde zn weit
führen. Aber es sei mir gestattet zu dieser PVage einen
Maim sprechen - zu lassen, der Herrn Goerth auch bekannt
sein dürfte, da er ja das (iebiet der Psychologie und der
Ethik dnrchforsclit hat.
Carneri sagt in seinem huch der moderne Mensch
't C am tri: tinxUiiu- Mcnsc!? Wfsiiche über Lehens-
fülnunj;. 4. Aufl. lioun jNy5. Ivnnl Slraui>.
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TImt ditf Enlchmi« und AutbildunK der Ni4rlN>n. ^ut^
Wie (Ur Mann ist auch das Weib ein fjaiizcr Mensch, und
wenngleich es in «^ar nianclRin vom Mann ühcrraj^^l wird,
so nherr;ii;t doch auch das Weih den Mann in ^ar iiiaiicheni.
Sie ei j^an/en sich /.n einem liölieren He^^riff nnd sulu n sich
daher ebenhürtii; j^n-^^ennber. In der Anerkenn uu); die>er
ICbenbnrligkeit Hej;t die richti^^e Wertschätzung beider und
mit ihr die CJruiidbedingung der wahren (ilückseli^^keit, zu
welcher die Liebe, als individuelle Ergänzung führen kann.
Diese individuelle Er,iȊn:/.nng findet ihren vollen Ausdruck
in den drei Worten: diese ist es, dieser ist es. Dafs man
dabei irre flehen kann, dafs a u l"s e r dieser einen I'.ri^^riTr'itn;.^
n')cli vieles erforderlich ist, damit mau mit einer bestimmten
Person fürs j^an/e Leben «^^Wirklicb werde, j^elinrt auf ein
amltres Hlatl luid würde uns iiier zu weit führen. Tns ist
unr um die Feststellung dessen zu thun, was wir unter
echter Liehe verstehen . In der Natur dieser Liebe ist
es i^elegen, dafs wir sie nur fassen können als beruhend auf
xoliendeter wechselseitiger Freiheit. Den Iksitz kann man
erflehen, erkaufen, er/win<jen (?), die Liebe, <lie wir meinen,
läfsl sich nicht »^»^ebieten : sie «;iebl sich selbst. <»«ier sie j^iiebt
.sich nicht. Lnsere ,Seli«;keit lici^^t in ^U-r b'ixiheit, mit der
wir uns hingeben, und diese .Seligkeit ist unr halb, wenn
die (ieliebte nicht mit derselben Freiheit, einzi g ans Liebe,
sich uns hingiebt. Der Besitz im engeren Sinne ist aller-
diii-^'s \i>i\ unsagbarem Wert, aber nnerlaf.slich i^t ir nicht;
unerläislicli ist nur das Ik wufstsein der Ausschlielslichkeit:
dafs es nämli( Ii für uiT^er !!( rz nur das eine Wesen giebt
auf Ivrdeii. Sind Mann und Weil) \-ou dieser IJebe erfüllt,
dann giebt rs für sie nur einen liuiul fürs Leben. T'iul diesen
Hund können sie nicht so \eiblehen, als würde daihuch das
eine in die Gewalt des anderen kommen. Bei der Freiheit
hleibt*s, weil sie das Wesentliche ist an diesem Bunde «.
Ich lasse es genug sein, denn ich meine, das .Vngeluhrte
reicht hin, um dem Leser zu l>eweisen, dafs Carneri — und
mit ihm jeder wahrhaft ^^ebildete Mensch die von ihm
gekennzeichnete Liebe als u n er 1 ä fs 1 i c h e Hediugung
für die lUie hält. Dafs diese Liebe eine seltene, Uni^net er
so wenig wie jeder andere lebenskundige Mensch, ,iber die
Seltenheit einer Enscheinung hebt doch nicht die Notwendig-
keit auf, sie zu fordern und als recht anzuerkennen.
Herr (loerth zieht atis den Enttäuschungen, die eine
nach seinem Begriff von Liebe geschl ^ ne Ehe mit sich
fidirt, und die eine Trennung selbst edier, sittlich reiner
und tüchtiger (ratten wünschenswert machen, dcnSchhifs:
Wer möchte unter solchen Umständen noch an der thöri( litc n
lichauptung festlialtcn, dafs eine Ehe durchau.s in Liebe ge-
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■ • • ♦ ■ . .
sclilossoii wcrdfu soll, dals das Mädelun sich \crkaufl .
wt-nit sie (»Ihr* hcsoudc-rc Liehe die Wahl in ricluijj;er sni«r.
saiiiei rherlej^iinj; trifft? Zum Tcufd mit solcli unsiiuu^cni
(iCSchw.ätZ, Ii t'HfS fr.< f/lilh'rs .
Kl meint, wenn Jüiiglin};c und Jungfrauen nur «zu
Selbsterkenntnis, zu Selhstbeherrsdinn^ und Pflichttreue er-
zujfeu worden sind: so niöifen sie ohne viel Überlegung
und Prüfung fast blind /.ngi\ i!\ n. mögen sich in Seeleuruhe
verheiraten, ohne vorher I^ie1)e oder eine besondere Zuneigung
/M einander ein|)!nn<Uii /n halun . Die rechte Ijebe
w ird sich sehr schnei' nach <.ler \ erheiratung einlinden. Da-
für sorgt die gegenseitige Achtung und das geschlecluiieiie
Zusauinieiileben .
Doch genug. Sollte das Angeführte nicht hinreichen
bei den gebildeten Lesern Anerkennung der Berechtigung
meines Protestes gegen Herrn Ooerths obige Forderung zu
finden ?
Die leichtfertige, kleinsinnige Auffassung von der wich-
tigsten luitschliefsung im Lel)en der Frau, na<Mi nn-^erer
Meinung auch in dem des Mannes, hat /.um grolsen, wenn
nicht weitaus gröfsten Teil die Schäden verschuldet, die den
Bestand unserer Gesellschaft bedrohen. Die aus allerlei
anfseren Gründen, nur nicht aus dem allein zureichenden
(f runde jener \ on Carneri gekennzeichneten Liebe hat
dem sittlichen Leben sozusagen den Hoden unter den Füfsen
fortge/ogen. Pane P*he, die nicht geheiligt !<t durch jene
echte Liebe, wird nicht die (irundlage bilden, aut der das
l'ainilienleben -^eir.i liüehste Form erreichen kann. D.i.s
Reicli der Humanität, das höchste ideal der Ethik hat nicht
nur seinen ersten Keim und seine stete Quelle in dem Fa-
milienverhältnis, sondern ist, wenn das Familienleben seine
höchste Form erreicht hat, auf eine solche Weise in diesem
verwirklicht, wie dies von keiner anderen Form der Gesell-
schaft nachgewiesen werden kann
Wie weit wir von der X'erwirklichung des höchsten
Ideals der Kthik entfernt sind darüber belehrt uns ein
Ulick, und /war schon ein ganz, uberfläehliclier, aul das \'er-
halten unserer Gesellschaft gegenüber den höchsten sittlichen
Fragen, Ks gähnt eine Kluft zwischen diesem Ideal und
der Wirklichkeit, wie sie weiter und tiefer garnicht zu
denken ist.
Lud w:^ isi's, das diese Kluft in so er>c]neckentlem
Malse erweitert hat? Ks ist die Leichtfertigkeit, mit der
bei den höchsten und heiligbten Akten im iNienschenleben
•j Ii»»tfdni>;, l'.Üuk XI \ . DiL Llhischc Jtcdfiitunjf der l-amihe.
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Vl>i-r (tit< Kr<i«huiiic luiil Au»biJtluui; <lvr Mädcbeii.
vcrhilirtn winl. riul worin anders hat diese unheilvolle
Leichtferti«;keit ihren Cifund als in der man j^al haften Bildunj;
des weibliehen l '.e^ehlechls nieht nur, sondern auch des
iiiäiinlicheu. Wir haben keine rechten Frauen, weil wir
keine rechten Männer haben, nnd haben keine rechten Männer,
da wir keine rechten Mütter haben wiederhole ich mit
Diesterwej;. Die Bi)dun}>: des einen (»eschleclits ist bedingt
dureli die des anderen.
Wir sind durchaus im Klaren über die Ursachen der
von uns sicher nicht minder als von einsichtsvollen Männern
bekla<j[ten Schäden in dem I'*amilien-, ( »esellschatls- untl (iftent-
lichen lieben. Kine der tiefst nnd weitest wirkenden ist
eben die für die Anfgabe und Bedeutung der Frau
durchaus unssurcichende Bildung des weiblichen
(tC. schlechte. Wir sind aber auch ebenso darüber im
Klaren, worin diese l'nzulänjjlichkeit in der Hildnn»; der
b'ran ihren Ctrund hat. Zimächst in der niedriLren Wertnnj^
tler l'ran \on selten des Mannes, die erstens /.ui l ol^e hatte,
dafs ihr die hähi^^kc il. also auch das Recht abj^esprochen
wurde bei der Bestimm unj^ über Wesen und Ziel der weib-
lichen Bildung mit /ax raten, und die zweitens das Ziel der weib-
lichen Bitdung der Wertung entsprechend niedrig steckte.
t'nd endlich sind wir auch j^an/. im Klaren über das
Ziel, das der Bildung des i ibliclien (icsclil ' ^esteckt
werden soll, wie wir auch die Wege kennen, die /ax diesem
Ziele führen.
Das Ziel ist alh rdinos i in minderes als das bisher \«m
den T(»elitei seliullehicvn ii» Weimar u^^i) gesteckte, und
selbstverständlich sind auch die \\'ege andere, die wir ei)i-
schlagen wollen. Die Herren Töchterschullehrer bezeichnen
als Zweck der Bildun«i des weiblichen (icschlechts : Der
deutsche Mann soll nicht durch die geistige Kurzsichtigkeit
nnd Kngherzigkeit seiner Frau an dem häuslichen Herd
gelangweilt und in seiner Hingabe an liöliere Interessen
gelähmt werden . So zu lesen in der Weimarer Denkschrift.
Was heifst das anders als die brau zur Sache herab-
würdigen, sie als ^ Mittel zu einem Zweck werten. Gegen
diese Bestimmung des weiblichen Geschlechts wenden wir
uns mit ,L;;tnzer Entschiedenheit Die Frau ist ebenso wie
der Mann in erster Reihe Mensch nnd als m »Icher Sei b s t -
zweck; die l'rau ist ebenso wie der Mann I\ rson und hat
als solche ein in sich selbst gegründetes Wesen, des.sen Natur
\ i )llk< -nimenc i'Veiheit bedingt, die I'reiheit: alle diesem
Sein eingeborene Anlagen und Fälligkeiten zur höchst mög-
lichen Entwtckelung zu bringen, und zwar jedes Individutnn
in der ihm eigenen Art, nach dem ihm und nur ihm ein-
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Muri*' i.iK'iii r-noilo»^llr«
geborenen tie.selz, denn jL^in ifott hat jedem .seine liahn vor-
gezcichtiet' • und da ist so mancher Fran nicht die l^hn
als Gattin vorgezeichnet Dafs sie aber, wenn sie nicht
Gattin wird, ihre niensddiclie und weibliche Bestininmng
verfehlt haben sollte, wird doch niemand ^eg^euül)er den
Tansenden nnd Abertansenden von Ivanen, deren Wirksam-
keit anfserhalb der h'.lie dem Menschen.i;eschlechl die sc^en.s-
reichslen Dienste leistet, /n iK-hanpten wa^^en?!
ICher könnten wir ^,;c^eniiber dem weitaus gröisten Teil
der Khen behaupten, dafs die Frauen, die in der Khe leben
ihre weibliche wie menschliche Bestimmung verfehlt haben,
denn die wenigsten Khen sin l d is, was sie sein sollen: die
Wreinigiuig von Mann nnd Weib zn einer Wcscnsein-
li e i t , d. i. einer lunheit, welche die vollkommenste
(fleichheit ist. Wo aber d i e s e t "ileichheit fehlt, <la hat
die iMan ihre HestimmmiL! nls Mensch wie al> \- er-
leb It, indem sie (Uueh .\ iehlanerKennung ihrer (»leiclibe-
rechlij^nui*; von selten des Mannes an ihren menschlichen
Rechten geschädigt wird, nnd ihre anf<jrund ihrer mangel-
haften Bildung gänzliche rnfähii^keil, die Krziehmij^sknnst
XU üben, e^ ihr unmöglich macht, die w e i b 1 i c h e Kestininiung
/n criiilUii. Dafs diese Wesenseinheil in der Khe s.» <;eUcn
hd, daran ist nicht etwa der Man<;el an <(iislij;e; l.bcn-
biirfi</keil der l'ran schnld, sondern in erster Rtihe die
niangtlhalLe iiildnnj^ des Mannes, die ihn unJähij; macht,
durch Anerkennung der (»leich Wertigkeit und Gleichberech-
tigung der Frau, der Khe diese hohe sittliche Bedeutung
zu geben, welche die Bedin<:^nn<; dieser Wesenseinheit ist.
Es ist eine unwiderle*iliche Erfahrnn.i^: Je höher die
Bikhmo; eines Menschen, desto unbeschränkter die Auer-
kenunn^i^ der Menschenrechte in jedem .Menschen; je höher
die Hildun«»^ des Krxiehers, desto <;röfser die Achtunj; vor
dem Menschen im Kinde; je höher die Hildiuig des Mannes,
desto höher auch seine Wertschätzung seiner (icnossin als
Mensch und Weib, An keinem Umstände, glaube
ich, läfst sich der eigentliche Charakter eines
Mannes oder einer Xalion so unterscheidend er-
kc n n e n a 1 s a n d e r H e h a u d 1 u n d e s W e i b e s (Herder).
( )b die I'ran (rattin wird, liän^t nicht nur von ihrer
lndi\idu.diläl, sondern von tausenderlei Znfällii;keiten ab.
Sollte es Anlgalie der hr)heren Mädchenschule sein, die Mäd-
chen aiis.sclilicfslich für wünschenswerte oder zufällig ein-
tretende I„ebensverhrdtnisse vorzubilden ? Hat denn die Volks-
schule als Bildtnigsziel für ihre Schülerinnen die K h e festge-
stelli ^ Tnd sinddcnudie Mädclun in der Volksschule u^eschlecht-
licii andersgeartet als die der anderen Gesellschal tsklassen?!
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f'lwr dir Krxirbwn;; nnti AiihUiMiinff «Irr MRilclii'ti. ytij
Plasliar^ der in der Enzyklopädie des gesamten Kr-
/.iehnui^^s- und I'iiterriclii^w t seiiS' (herausgegeben von K. A,
Schinid) das Kapitel des Mädchensclinhvcsciis bcliandelt liat,
lu-init die I'onk'iuii.ij:, dafs man die Mädchen für dir ]\hv
er/.ielien soll unhalthar nnd nnklar , Wo V)lcil)cii denn
alle die Mfidrlien, die nielit lieiralen? vSollteji >\v w irklicli
angesehen werden als \\\\sen, die ihre Uestinnnuni; \tiiehU
haben? Die PMahnui}^^ lehrt es, die ei <; entliehen V/esens-
bestimmungfcn der Weiblichkeit, die Hänslichkeit und die
Mütterliehkeit sind keinem Weibe fremd nnd können aneh
ohne die Kiniiehung der Ehe von jedem Weihe iJ^eoifenhart
nnd ^^eiiht werden so es sclhstversländlich daz\i oebildet
worden ist. l'her der Xatnr nnd ihren Anlagen steht
eben die ethische Ik\stinnnnni4 des Wei!>os, we lcher die Xatnr
nnr dienen will, nnd die (iesehiehte neunl neben den natür-
lichen Müttern, welche in den Herzen ihrer Sohne die Keime
künftiger Heldciigrofse, (Glaubensstärke und sittlicher Hoheit
geweckt haben, auch geistige Mütter, welche dasselbe
gethan haben-.
Dr. Wiese, der ])ekannt ist als ein her\ orraj^ender
Pädajji^oge, nennt in seinetn X'oitrnqc: Die Stellnnj; der
I*'ran im Altertum nnd in der chri.-.Llii lien Zeit M die I{he
eine XatmbeslimnuiniJ;; aber diese ist liii den Mensehen
niemals die höchste. Die Zugehörigkeit zum Manne, dafs
sie seine (»ehilfin sei, bleibt jedoch für die Frau, auch
M'cnn sie nicht verheiratet, unter allen Umstanden be-
stehen nnd kann sich in de niannij^faltiicsten Können in
nnd anfser der Familie verwirklichen . In seinem \'()rtraoc
über weibliche I\r/.iehnni>^ mid Hildnnir. drr manchem der
Madchenschnlvuisteher \'eranlassunj^^ »^ab, sich über diesen
Gej»enstand öffentlich zu änfsern, behanplet er dasselbe mit
anderen Worten: Die der menschlichen (Gemeinschaft von
Gott angewiesene Aufgabe ist eine gemeinsame für beide
Geschlechter, und es findet zu dem Knde eine gegenseitige
Ergänzung beider statt, nicht blufs in der I'he, sondern in
dem «rrofsen Znsammenlianj^e des Lebens, der Weltökonomie
ülHfhanpt. l'nd i^t dem Manne darin die mehr nach anfsen
i^eiichtete schaiicUiie nnd bauende Thätii^keit zu teil j^ewor-
den, so den b'ranen die erhaltende, fürst )r^ende, pflej^ende.
K inen m ü 1 1 e r 1 i e h e n. Beruf haben sie, a u eh die,
welche nicht in die Ehe treten .
Nicht die Ehe ist die J-Jestimmung des weiblichen Oe-
.schlechts - sondern: Erzieherin zu sein des Menschen-
/.ur ( ".(. si liiohtL- \iu<] Hilduii;^' (U r I i.mi.!i. Zwc' Vorlrätyc voll
Dr. I„ Wiese, ücrlni iiSjjj, Verl. Ü ic^iiiudt u. (ircclKii.
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Mitric l.tn>|M-r-lliiii»h«|i».
<f e s c 1» 1 e c h t s , u iid die Aufgabe der Mädchenschnlen, 11 iedereii,
nnttlcreii und höheren ist die: da« weibliche Geschlecht für
diese seine Bestinnniiii,^^ ebenso vollkonniien vorzubilden wie
zur Ausiibunj^' seiner mensclilichen Hcstininninf^.
Wenn man die Mittel, die man bisher (ku I-ranen für
ihre Kil(lun<>- «gewährt hat, milst an den Autunkinniren. <lie
an die Frau als Kriieherin gestellt werden, so lra<^i man
sich mit einem sehr begreiflichen Krstanuen: Wissen denn
diejenigen, die diese Anforderungen stellen, nicht, dafs diese
Aufgaltc (kr I'ran eine der schwierigsten Künste, wenn nicht
die scli\vieri<^ste ist von denen, welche die Menschen auszu-
üben sich brnifen fühlen.
Wenn man die Kordernnj^en kennt, welche die i^rnfsten
Weisen alter und neuer Zeit an die Kizielu nfU n suTiU n :
wenn man Comeuius liest, wenn man >ich in die Seinilten
Pestalozzis vertieft, wenn man Schleiermacher in
seinen pädagogischen Vortragen auf den vielverschhiugeuen
Weisen folgt, auf denen er nn't einer die Tiefen durchdringen-
den (iründHchlceit nach den Mitteln sucht, die Krziehungs-
aufL;ahe /n lösen, wenn man in l'r Übels luziehungslehre
ein/ndrin<j;en sich benniht, wenn man I) i e s t e r w e s leben-
sj>rühende inid lebenweckende .Xbhandlun^en über Krziehun<i
und rnteiiiclil liest, wenn man Herbart studiert imd au
Ficht es Reden sich begeistert; kurz wenn man nachgeht
allen den vielfältigen Forschungen über das Seelenleben
des Menschen, welche durch Jahrhunderte hindurch ange-
stellt worden sind, um auf den (irund aller Erscheinungen
im Menscheudasein zu konnnen, um die Ik-dinj^ain^eu kennen
zu krnen, unter denen der Mensch sich entwickelt, damit
wi(<krum danach die (iruudsätze für die Wnalinnij^.sweise
zur knsuu»; der i%i/iehun<;saufgabe, die allgemeinen Fürmelu
für die Einwirkung auf die Menschen bestimmt werden
können: dami kommt einem die Bedeutung und die Trag-
weite der Anfj^abe des weiMichen ( »escltlechts fast erschreckend
zum Ik'w nfstsein. ICrschreckentl im Hinblick auf die Un-
ffihiq^keit des weiblichen (leschlechts im alloemeiuen, diese
Aufi^abe /.u erfüllen, und nuf die aus derselben folgende
I'nsumme \ erloreu <^e«^'a!ii;( ner Kraft, \ eikümmerter Fähio--
keiten, untergrabenen iihickes. Fud zu dem Krscluccken
gesellt sich Staunen darüber, dafs diejeui^^eu, die doch
Kenntnis von der Bedeutung und Schwierigkeit der dem
weiblichen (ie.schlecht zukommenden Aufgabe haben, und
welche die I'ildungsstatten für dieselbe ji^ründen und leiten,
nicht Ik'dacht Li\n<)mmen haben auf diese Aufj^abe, und
dafs da, wo mau diese \uf«;^abe erkannt hat, man nicht durch
J'jziehun}4 und l'utcrricht ilazu geholfen hat, die reiche,
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naturliche Mithabe der Fran für ihren Beruf' willig und ge-
schickt für {lenselhvii zu lliaclR-n.
Auf welchem Platz auch die Krau stehe, "1) sie im
ei^ifcnen Hanse die ei|L^enen, ob im freinden Hanse die freiiideii
KiiulcT erziehe, ob sie in der Scbnie oder nm Krankenbette
\\iik<.\ ob sie einen Hanslialt leite oder eine ]L;e\verbliebe
TlKiLii;keii ansübe, ob sie der Wissenschaft oder der Kunst
ol)lie<4:e: immer und überall hat sie die Aufj^abe, erziehlich
zn wirken, und die Schule hat daher die Aufjjabe, sie für
diese Wirksamkeit «geschickt zu machen und für ihre niög^-
liclu SteUnn«^ als (iattin.
( ianz abgesehen davon, dafs diese Hilihnii^- znr Krzieherin.
die Kran ihrer speziell weiblichen Hernfsthätij^keit befähij^^t,
s<» lej^''t dieselbe auch den drund zu jeder anderen bürger-
lichen Hernfsthätigkeit des Weibes, deini wenn alle wesent-
liche Förderung des ganzen menschlichen Lebens auf der
Erziehung berulit, -wenn es für die ^nsanitc menschliche
IJildnni^ nichts Bedeutenderes giebt als Vollkommculicit der
Erzichnnj^ : dann ist es nicht nur wünschenswert'^, dafs auch
das wei!)liclu (K srhkcht tanj^iert würde von denijenij^en, was
der höheren HiUinnj^^sstnfe eij^net , wie c h 1 e i er ni a c h e r
saj^t, sondern dann ist es notwendi'j:. dafs dn>< wiibliche
(»cschlecht durch dit- Schule auf die luiherc I5iUhin«;.s.suife
gehoben wird, welche die pädagogische Thätij^keit fordert.
Von dieser Stufe aus aber wird es jeder Jungfrau leicht
werden, sich fortzubilden für die verschiedenen anderen Bc-
rnfsthätigkeiten, wenn ihr nur die Mittel gewährt» die Wege
frei gegeben werden znr I'ortbildnng ; wenn nur dem weib-
lichen ♦ reschlecht so viel X'orschnb geleistet wird, als znr
\'erbessernng seiner Su lluni^ und seiner Kinwirknn<> auf die
künftige ( leneialion notweutlig ist, damit wenn c> im (tauge
der Dinge läge, dafs die l'ngleichheit der ( »eschlechter noch
weiter abnimmt, die Erziehung nicht entgegenwirke-, wie
Schleiermacher sich ausdrückt.
Was unsere Ijedeutendsteti l'.'ldagogen gefordert für die
KfziclnniL; d<. s weiblichen (ieschlechts, das habi n auch Frauen
schon zu Anfang dieses Jahrlniii(K rt ■^ \ r:1.ingt, das erstreben
Frauen zu Hude des Jahr]nnHlen>. Ks war also wirklich
nicht Herrn (loerths liuch nötig, um uns aufzuklären über
<lie Klüngel und über die Hestimmung des weiblichen CVe-
schlechts. Die erstcren haben wir längst erkannt und sind
längst bestrebt, sie zu beseitigen, die letztere kennen wir
besser als Herr (lOerlh und weisen die von ihm gckeini-
zeiclmete als eine der Frauen unwürdige mit ganzer Ent-
schiedenheit zurück.
Sprach- und Sachunterricht
Von Edwin WHke in Quedlinburg.
Joli. Ha4'h<> utiil Ilerni. Prüll. De r <;csanilc Si)raclnintcri iclil i i»
der V'olks.schuic i ui An.schhus an tltii Sachunterricht.
KrsterTeit. 2., y,. \\n<\ 4. Schuljahr. Bearbeitet von JohanncH
Hache-, I, ein 01 in Chcninit/. Zweiter un<l dritter Teil. 5. S.
Schuljahr. Ikarhoitct \i>n 11 ermann IMüll. Dresden 1.S95,
Alwin Iluhle. I'r. >.|n M.
Ivs war eiiüual al»cr laui^^e i<t'< her ein Schulmeister,
(kr war auf kiiiieiii vSeininare .«gewesen niul halte nie ein
päila.ii<»>;isr]u s iKler niethodisclie.s lincli sludierL Aber er
sollte lind iiiuiste unterrichten. Da fragte er .sich: Was will
ich eigentlich mit meiner Arbeit erreichen? Manche Antwort
fiel ihm ein: vor allem meinte er auch, seine Schüler müfsten
die Dinjfc in der n.ächsten Umg^ebiinjj kenneu lernen. Dannn
führte er die vSchüler zu den Dingden oder brachte die I)iug;e
zu den Schülern, zeij^te .'^ie ihnen, machte sie auf ihre Miq-en-
tüiulichkeiten aufmerk.sam, liel's jede neue ICrkenutni.s nchti«;
und j^ul anssj)rechen und. weil der .\rme es eben nicht bcs-i^er
j^eUrnl hatte, .schrieb ei alle neuen I'e/.eielmunj^en für die
I^in^e und ihre Eigentümlichkeiten an die Wandtafel. Diese
Wörter liefs er lesen, abschreiben, bnchstabieren, auswendig
.schreiben nnd wiederholte diese Thätigkeiten so oft, bi^ die
Rinder das, was sie zuerst i,'^esprt)cheu hatten, auch richtig
anfsrhreiben k<unUen, Der Nachlolj^er dieses I.clirers war
auf dem Seminare in allen Künsten der Methodik aiisuiebildet.
Als er nach des .\lten Tode die Sehule übernahm, verniiisU'
er zunächst einen Slundenplan. Xir^ends war er aufzufinden,
die Kinder kannten solch ein Dinj^ gar nicht Also setzte
er sich hin und schrieb flugs einen Stundenplan mit Biblischer
(fcschichte, Katechismus, Bibellesen, Kirchenlied, Perikopen,
statarischcin und kursorischem Lesen, Grammatik nnd
< )rtli"L;rri]diie, Diktat, .\nfsatz 11. ^. w. Ptine .«seiner ersten .-Xr-
beiten ni der .Sclrde war es dann, den Kindern ein Diktat
xn '.K-ben, nni ihre l-ertiekeit im Reeluschreiben zu prüfen.
Abel als 11 usni au.s Koi ri;4ie; en <;ehen wollte, konnte er im
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Kpriirti- und 8«ohunli»rrlchl.
glänzen Hanse keine roie Tinte finde». Auch im Dorfe —
denn so etwas kann natilrlicli nnr im Dorfe vorkommen -
war kein Troplen roter Tinte anfzutreiben. Über den Manj^el
half sich der jnno^e Lehrer bald liinweg^; aber lanu^c blieb
es ihm ein Rätsel, wie der Alte ohne rote Tuilc halle ans-
koiinneii können.
Der Leser verzeihe, dafs ich ihm als Eintei tinig eine
Fabel erzähle. Sie schien mir aber gfeei)[i:net, ihn in den (Ge-
dankenkreis n versetzen, v^on dem die Verfasser des oben
rin^c/ti^ten \\\ikcs ruisj^e^angen sind. Der gesamte
S I ) 1 a c h u n i c r r i c Ii t i m A n s c h l n Is a n den S a c Ii n n t e r-
rielit . Das ist «^»-erade nichts Xenes. Schon vor 2'^ Jahr-
hnndcricn fordei U- Arnos Com en ins: Das Stndinm der
Sprache niufs parallel «^ehcn mit dem der Sachen r. Pesta-
lozzi hatte den vom Sa ch unterrichte losgrelösten Sprach-
nnterricht ^ebrandniarkt als \\'ortjj;epränji^e, Manlbranchen,
rasendes Zntranen anf Worte. Vom Standjmnkte des vSprach-
f<n">clurs und des l'äda^^o^en war Rixlrdf f I i](U V)raiid zn
(ieinseilj»en ( iedanken j:j^t'V;<>nniu n nnd InnU i ie, dals <ler l'nter-
richt mit der Sprache znv>lcith den Inhalt der Sprache,
iiiicn Lebensgehalt voll und frisch und warm erfasse . Und
Dörpfeld hatte es als eine dringliche Refonn^ bezeichnet,
den Sprachunterricht in natürliche Verbindung mit dem
Sachnnterrichte zn Ininj^en. .Aber wie war's, wie ist's noch
jetzt mit der Praxis bestellt? Der vSach Unterricht wird so
früh als niöj^'^Hch in drei nnd mehr Fäden zers]>allen: der
I,t sL-untci riclit verarbeitet 1)esondere ( iedanki iircihen, oft l)e-
soikUh.- im kursorischen inid besondere im stalarischen Lesen;
(»ranimatik und C)rthoj4ra])liic küniniern sich fast j^ar nicht
um den Inhalt der Worte, mit denen sie arbeitet; die
Diktate und Aufsätze nimmt man aus besonderen Sammhingen,
die weder vom .Stoffe des Sachnnterrichts, noch von den»
des Leseunterrichts etwas wissen. Und wenn dann der
Kindesj^eist nicht imstande ist, alle die Ivinzelfäden zu ver-
einen, wenn er über dein \ ielerlei das veri^nfst, was er j^erade
fürs Leben br-incht, wenn er an den l^otnun, deren Inhali
ihm fremd ist, keinen Cjcfallcn findet, <lann wundert inaii
sich. Aber wir stehen im Zeichen des Fortschritts^ was un-
gefähr dasselbe ist, als im Zeichen des Rückschritts zn dem
Verfahren des Kinj>;angs erwähnten alten vSchulmeisters. Immer
allgemeiner wird (l:i> Milsbehaj^'^en mit den btmten Stunden-
plänen, imnitr iiu lii klärt sich die Mi r der Konzentration ab.
Xamentlich im deutschesi rtitciiirlue kommen wir \or-
wärts. Immer kleiner wird du Zahl der Lidner, die zu ihrer
Sammlnn«- greifen, wenn sie einen Autsatz anlc! lij^en
1as.sen wollen, immer klarer wird der (Vrannnatik nnd
X«m« 1latiiu>n | r*(iiüii;<>i;iuin) Vif. r.«
21
314
( )rthoo:raphie ihr Aiischhüs an Lesebuch und Aufsatz vor-
gezeichnet
Einen uniia.s.scnden X'crsucli, /ur Natur zurückzuführen,
machen die Verfasser unseres Werkes. Sie haben ihre metho-
dischen Auseinandersetzungen aufs äufserste beschränkt^ dafür
aber ein ausfulirliches praktisches Beispiel ^jegeben, wie der
Sach- und Sprachiuitcrriclit im 2. X. Schidjahre zu verbinden
ist. Haches Arljcit die lMl>cl.stute voraus. Das Kind
hat lesen und schreiben L^elernt. \\ ie ist nun die weitere
Aneigfunu)^ des Sprachscliatzes zu <(e>taUen, damit er richtii^f
verstanden und mündlich und schnilheh ricluig gebrauclji
werde? - Ks wird hier sogleich einem Mifsverstandnisse
vorzubeugen sein, unter dem das Buch vielleicht zu leiden
hallen wird. Die Verfasser sehen den Aufsatz als Mittel-
punkt des Sprach imterrichts an (Vorw. zum II. Teile). Wenn
man das .so versteht, dal's im .Auf.satze schlielslicli das gc-
.samte Sprachversländnis und die i^an/e Spi achkeiiiitnis zur
Anwendung und sichtbaren T)ar^u•lll^lL; kdimni, (kils aKo
alle Heniühuuyeu des Sprachleluers in die.->cm l'unkie zu-
sammenlaufen, dann kann man den Ausdruck gelten lassen.
Soll aber damit gesagt werden, dafs auf den Aufsatz das
Hauptgewicht gelegt werden, dafs man nach ihm vor allem
den muttersprachlichen Unterricht beurteilen .soll, so sind
der Ausdruck und die an ihn geknüpften Folgerungen zw
beanstanden. Das wollen wir als Hrbe Hildebrands test-
halten, dafs das Hauptgewicht auf die j^eNjirochene und
gehörte Sprache, nicht auf die geschriebene und ge.seiiene
gelegt werden müsse. (Vom deutscheu Sprachunterr. 3. Aufl.
S. 6). Doch ich unterdrücke zunächst kritische Bemerkungen,
um dem Leser einen Einblick in die Art und Weise zu geben,
wie die Verfasser den Sprachunterricht mit dem Sachuuter-
richte verbinden.
Der f^rundgedanke ist der, dals das KinH fl '.^Wort tmd
das \Vortl)ild dann am leichtesten mei kt, \\ enn es die Sache
kennen lernt. Also das Vorführen und Hesprechen der Wort-
btlder, d. h. das Anschreiben an die Wandtafel, das Hervor-
heben der orthographischen Eigentümlichkeiten und das Be-
gründen der Schreil) weise der Wörter Dach, Drache,
Pferd, (raus gehört in den .Auschauungs- und Naturkundeu-
unterricht (Druckfehler?) Kugel, (iott, lutcn in den
Religionsunterricht schreiben, Linie, Punkt in die
Schreibstunde Lied, Ton, Note, singen in die vSino-
stnude usw. (Hache, S. i f.). Die auf diese Weise in
den einzelnen Stunden des Sach Unterrichts gewonneneu
Worter werden von den Kindern des 2. 4. Schuljahres in
besondere Hefte, Merkbücher., eingetragen, aber nicht alle.
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Hltrarh- uiut S»chuni«rrlrlii.
Hache sondert die Stanini wörter, die be^riffslosen oder
Formwörter aus und diejenigen Ableitungen, deren
Schreibweise aus der Sclircihweise ilirer Stannnwörter nicht
zu erkennen \<t oder din cli ( )nho|L^raphiere<j;ehi nicht «be-
funden werden kann itfrli^, liürde, Hahre, Rnj>peetcJ (S. 2 f.)
Oberster Cjrniul>al/ bei dieser Auswahl war natürlicli, dals
die Wörter im Sprachschatze to- 11 jähriger Kinder vor-
konnnen. Auf diese Weise hat Hache 2400 Merk wörter
-vfnnden^ die er nach ihrer Schwierigkeit auf das 2. — 4. Schul-
jahr verteilt Alle andern AbU itnuj^en und die Zusanimen-
setzungcn werden wohl an die Wandtafel j^eschrieben, aber
nicht ins Mrrkbiicli cin<4etra«^eu. Diesem dient nicht nur
der Kinj)rä};iinj4, sonciern anch j^an;^ be sonders der Wiedcr-
holunj^^ Der tiang der Ubun.^en «gestaltet sich denuiach
wie folgt: Im Sac hunterrichte wird im 2. vSchnljahre bei-
spielsweise die S c h n l $ t u b e besprochen. Dabei gewinn t der
Lehrer die Merkworter Schule grofs Stube breit Thür
hoch (höher). Jedes dieser Worter wird besprochen (Anfangs-
bucli.stal)e, WOrtart, Hezeichnun-L^ des Slinnnlautes, Auslautes
usw.) und dann vom Lehrer an fb'c \\';nidtafel i^cschrieben. Ist
das geüchelien, so schreiben die Kinder .sie in ihre Merk-
luicher ab. Xun i^eht der Lehrer an die Wortlji Id u n g.
Kr läfst \ on den Merkwörtern Zusammensetzungen und Ab-
leitungen bilden. Sie ^werden ähnlich wie die Merk wörter
besprochen. Weitere Übung erfolgt durch Verwertung der
Wörter zu Diktaten und Aufsätzen. Die Kinder schreiben
z. B.: Die Schule ist i:r(>fs. Die Stube ist breit. Die
Thür ist hoch. i di r Niederschrift dieser Sätze (als Auf-
satz) dienen die Merkworter als Anhaltspunkte. Heim Dik-
tieren sucht der I^ehrer nach neuen Sätzen, neuen X'erbin-
tlungeii, in ileiien aber immer wieder scliun geül)le Stamm-
nnd Form worter verwandt werden. Was aus Oraniniatik
lind Orthographie auf der Mittelstufe zu lehren ist, wird an
die Merkworter und die daraus gebildeten Sätze angeknüpft.
Auf diese Weise gewinnen die Kinder einen anfantis kleinen,
sich aber im Anschlufs an den vSachunterriclu »^tetiq er-
weiternden, in inhaltlicher lieziehnnj^ imnier ein ab.f;e-
.schl" )->ene> ( ranze bildenden Fond \ on orthoirraidnseii riehtii;en
Worlbildern , einen derartig gestalielen l*ond, mit dem
die Kinder schon von frühester Zeit an imstande sind, zu
arbeiten, d. h. schriftliche Übungen in Stil, Grammatik und
Orthographie auch aufserhalb der Schule orthograi)hisch
richtig .iHszuführeu' . (S. 11.) Für den S udnnUi rriclu hat
dieses \ erfahren den nicht zu mitersrli'U/! rf iru \ urteil, dafs
es den Lehrer zur Kürze, Knappheit und Klarheit, s()\\:ie
zur grüntllichcn i'bung in lU r miuullichen Darstellung nötigt.
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kdwin Wilkp.
Die scliriftUcheii T'i)un^eii im vSprachuiiterrichte bcfestij^en
die Krj^ebnisse des vSacliniiterrirlus.
Für solchen SprachunteiTiclit l»it tel Haclie 32 (inippcn
Foriiuvörter (i. CVnippe: der, die, das, des, (]eni, den, ein, einen),
70 Grnppen Merkwörter tüi das 2. Schuljahr, 59 für das 3.,
35 für das 4., unter jeder Gruppe Sätze« die als Diktat oder
Aufsatz verwendet werden sollen» ferner zu jedem Merkworte
eine Reihe von Ableitungen und Znsaniniensei/.un,i;cii. Welche
von diesen dem Verfasser für die einzehien Schuljahre q^e-
eij^net erscheinen, wird durch \'erwendun«^ verschiedener
Buchstabenfonnen und ( "rrr)l.sen an^ezeiji»;t. I*'ür das 2. Schul-
iahr tiithält HaclKs Arbeit einen an<»efau<^»-eueu, für das 3.
einen durchgeführten Konzentrationsplan und cudheh grani-
niatische und orthographische Aufgaben, die im Anschlüsse
an das Merkbuch zu losen sind.
Auf dem so gelegten Grunde haut Hermann Prüll
weiter für das 5. — 8. vSclmljahr. Hin Aufsatz oder mehrere
im Anschlüsse an die Sachi^^ebiete bildeu (ku Ausq-nu_q'S]iunkt.
l><'ni Aufsatze ist nuislcus die (Gliederung vorangestellt.
ler mit orthographischen Schwierigkeiten sind durch den
Druck hervorgehoben. Sie sollen ähnlich wie Hacho Meik-
wörter behandelt und für ein Vor bereit ungsdiktat ver-
wendet werden. Auf die Aufsatze folgen Worterklä-
rungen, die dem Lehrer Anregimg und Stoff grbeu, auf
Bedeutung und *Eutstehun«^ der gebrauchten Wörter* ein-
zugehen. Aber der Aufsalz wtcki auch das Interesse für
eine bestimmte vS pr ach fo t 111 , die vielleicht in ihrer An
hier mehrmals \ (. i treten, die \ un einigen Schülern lal»ch
angewendet worden ist . (II. Teil S. ]3iesc Sprachform
wird behandelt und an dem Sprachstoffe, der den betreffenden
Sachgebieten entnommen ist, geübt Sprechübungen
befestigen die erkannte Sprachform, und die Sprachar-
beiten und Diktate haben den Beweis zu liefern, dafs die
betreffende orthographische Regel oder das grammatische
Gesetz verstandcii nrden ist und v(»iii Scliüler richtig ange-
wandt werden kann . (A. a. (>.) Die- allermeisten Dikiate
und Spracharbeiten sind in Aui.suL/.iuiui gegeben \ind zwar^
wie der Verf. sagt, An einem möglichst ansprechenden
Deutsch ausgeführt'.. - Nicht klar ist mir geworden, wie
die Sprach arbeiten in Aufsatzform zu verwenden sind.
Sie können doch nur als Aufsatz oder als Diktat gebraticlit
werden.
(Schlufs folgt, i
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Pädagogisclie Umschau,
Vom IteraHifeler.
I.
Das Lehrcrhcsoldti ttjg^sgesetz» das in diesen Wochen
fast das gcsatiiu- Interesse der preiifsischen Lehrerschaft in An-
spruch nahm, hat die Klippen des Al)^eordnetenhauses glücklich
nmscliifft. Die I'alirt. Iki der es freih'ch nicht an Stünnen fehlte.
j;inji^ schliefslich sogar in rasclieni Tempo vor sich. Herr ik)sse
wird sich nicht wenis: gefreut liahvn. das Kuid seines IKr/cns
durch die schaunientien Fluten geretlel /Ai haben. Wie kcuciiL
doch die Maschine, wenn es sich auch nur um wenig Millionen
für die Schule handelt, und wie spielend arbeitet sie, wenn
Hunderte von Millionen für Militär und Marine nötig sind!
Wie jeder, der die Entstehung des Gesetzes nur einiger -
inafsen verfolgt hatte, voransselien konnte, sind wesentliche An-
deruni^en an dem Kntwurfe nicht vorgenonunen Der Kultus-
minister hatte ja dem Finati/niinister nur mit Mühe und Xot
die Höhe des Grundgehaltes und der Alters/.ulagen abgerungen;
er wufste, dafs nicht mehr zu erreichen war, ja, dafs jede
Erhöhung derselben den Widerspruch Mtquels hervorrufen
wurde und so das ganze Gesetz gefährden konnte: so war
er froh, weim nur die vorgesehenen Sätze durchdrangen. Die
mafsgebenden Parteien, Konservative und Centrum, hatten nach
ihrer gan/ea Stellung zur S.hule kein Interesse daran, die Ge-
haltssätze zu erhöhen; ia erstere sucuten. wo es nur uKiglich
war, das (iesetz so /u gestalten, dafs es ihnen nur keine neue
Lasten auflegte. ITnd die Liberalen? Sie haben sich wahrlich
nicht auf der Höh* der Situation gezeigt. Ks war ihr gutes
Recht, wie wirnoch in der vorigen l'mschau unzweideutig aus-
gesprochen haben, sich gegen die Mehrbelastung der Städte
eriergisch /u wehren. Aber e war nicht recht, auch nicht
politisch klug, dals sich ihr <;inzes Interesse auf diesen unglück-
lichen l*nr;igrai>hen 25 k< mi zentrierte. Wir müssen \ollständig
unterschreil) n, was die Preufsische Lehrer-Zeilung ausführte:
4
üiyiiizoü by GoOgle
^iS •fohanne« Mf^yn,
Niehl <l i «. J{ c s o 1 (1 u n «K i I.tlire» . sondern die Doktor-
fia>;c über >;«^ri;clile <ukr uiijicrcclile Bcliisluiig <lcr ^rolstn
Kommunen war den IJbcmlen offenbar die Hauptsache. Kein An-
trag atif l'j hölinnu: di r Mininialj^t li;iUt r odej tkr Altcrs/nlay^t ii i^in^
von ilineii im Plenum aus, obwohl ilirc Redner des ötteren beUniteii.
dafs auch durch die« (»esetz die l.ape der preufsischen Lehrer ni»ch
tiui- <lfücktf bleiben würde. Sie fanden sich und ihr Cttwissen (bi-
niit ab. <hif.s sie erklärlen. iie/üf^Iiebe Antraue wiiriUn bei der Saob
la>{e ducli keinen l-lrfol^ ba))en. Das ist ^au/ richtig. aber darauf
kam es hier denn doeh nicht an. Der Lit)era!i.smu.s mufsle hier
/(iurn, wie er die Arl)eil «les l. -hrers taxiere Stall dessen bei^nnj^le
man sich mit wulilwoUeudeu Redewenduui^en ; aber als der 25 kam.
der den fast durchweg leistiinjirsfäiii^rcn jn"ofsen Städten jfewisse Bene-
fi/ien ent/iehl. da ;4in}j:en die Liberalen ener*risch \ »n traten ihre
besten Redner auf den Plan, und cla .stellte man bestimmte Anträge I
Hier hiefs es nicht mehr: Ks hilft doch nichts- : hier war der jje-
sanitc Liberali.smus mit jjanzer Seele ihibei !
Wir \ erkennen durchaus nicht die Sch wieriLrkeil. in der sich <be
Liberalen gerade diesem tie.set^e gegenül)er befanden ; aber .selbst
unter Berucksieiiiij injy der l^af^a konnte uns die Haltung der
Liberalen keine besondere Anerkennung abringen. Sil
hatten .sich in den 5525 so \ er1)i.s.sen. d als .sie, wenigsteu.s die Links
liberalen. schliefsHch gegen das ^anzc i^ieset« stimmten. Seit
Jahr/ehnteii verlangten gerade diese eine Iksserung der niatericllen
Lage der Lehrer; un<l der er.ste ( iesetzenlwurf. der mit dieser Iksse-
rung den Anfang macht, findet sie .schlielsHch als (Verlier I Kine grau-
samere Ironie des .Schicksals j^ebt es wohl nicht.
Die Xationalliberaleii «lagegeu. die auch energisch um den ;j ^5
kanipiten, waren ptilitisch genug, /nni Schlnis trot/ ihtes Mitserlulges
für das (iesetz zn stimmen und so den Streit /wischen den g:rufsen
reichen St tdtcT^ und dem Finanzniinistcrnicht die armen Lehrer ent-
hielten /A\ lassen.
So ist e.s );ekommeii. wie es konuneii uuifslc. Da niemand,
weder der Minister noch die Parteien, ein Interesse daran Imtten,
in ei'e Verbesseitmg des Gesetzes einzutreten, so sind wesent-
!i lie Abänderungen des Entwurfes nicht beschlossen worden,
Verbcsserl wurden nur die Festsetzungen über das Mininialge-
liall der Schulleiter, die .Vnrech ung der l''eiu-niug, die \*er-
saguug (\v- Altcrszulageii und andere Kk iuigkeilen. 1 »agegen
ist «.üe Hülle des .Vlinimalgelialtes sowie der Alterszulagea ilic-
selbe geblieben; unangetastet blieb auch die in Lelirerkrei.sen so
vielfach angefochtene HeHtiniinun}r über die Benutzung des Dienst-
landes; verwässert wurden die Bestimmungen über die Dienst-
wohnimg.
Ks ging so, wie es in dem Liede heifst:
l ud da keiner wollte leiden,
Dafs der and re für ihn /.ahlte,
Zahlte keiner \ ou den beiden!-
Den Dank für die (»estaltung des (k setzes mag die preuisiscbe
Lehrerschaft aber auch Herrn Mi<iuel abstatten. Der I'inauzniinister
bat sich üljeriiaupt bei diesen Hernliingen in einem ganz eigen-
tümlicben Lichte gezeigt. Ijinuert es nicht an die Bilduuj^^s-
feindlichkeit des uascliecUleslen Kon.servalisiuus, wenn er den
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Städten /um Vorwurf maclil. dafs sie die Schüler/.ahl in den
ein/einen Klassen liernnlerdnicken nnd dadnrcli das Scliulluidji^et
in die TIölic schwellen la^-sen. \V<> Herr Mif|uel ührii^ens die
\'(>lks>chuUn kennen >;ck'rnt hat, »kTt-n Klassen dnrchschnitliich
von 40. oder soj^ar, wie er späUr mit grulser Kühnheil be-
hauptete, von mir 30 Schülern besucht werden, wird wohl sein
Geheimnis sein. Wenn solche Aufserungen fallen, dann wundert
man sich freilich über ndes nicht mehr! Und was soll man
da/n sapen. wenn es in dem offiasiellen Berichte öber die Korn-
missionsverhandlnn^en heilst :
'Der 1' i n a n xni i Iii ste r gab bei dieser Ci ele^etiheit
seinem Bedauern darüber Ausdruck, dafs bei Lehrern
nicht auch in den übrigen Landestetlen eine Straf-
V e rs c t / iJ n >r 111 ö 1 i c h s e i.
Was ^ehen denn den Finanz minister die Strafverbct/.ungen
der Lehrer an ^ '
Wie sich doch die Zeiten und mit den Zeilen auch utt die
Anschauungen ändern! Kommt uns da eine Schulzeitung aus
dem Jahre 1875 in die Hand, und in derselben lesen wir in dem
Berichte über die am 20. und 21. Juli desselben Jahres stattge»
fundene Sitztmg des Vorstandes des Landesvereins Preufsischer
Vf>lksschullehrer : Der Antrag; des Schnlinspektors Hackhais,
dem Abg. Miipiel den I^ank des X'nrstnndes für das dem Lehrer-
stande und der Sclmk hr/tuutc InUiLSse auszudrücken, wird
einstimmig angenommen. Winde heute wohl von irgend einer
Seite noch eiu solcher Autrag gestellt werden, und wenn, würde
derselbe dann wohl %ur Annahme gelangen? Damals war frei-
lich Herr Miquel noch Oberbürgermeister in i)snabrfick, und
während er die Stufen bis zum Ministersessel erklommen hat sind
manche Wandlungen mit ihm vorgegangen.
I>er Hannn-»,-. Cnnrier , ein stet-, niaf'-v'»!] \irteilendes Blatt.
be/eichnel in einem längeren .\rtikel <.la> \Orgehen des Finanz-
niinisters als gerade/n knllui widrig. Und leider kann mau auch
der \oss. Ztg. nicht widersprechen, wenn sie schreibt:
Preufsen hat seit Jahren aufgehört, das klas.sische Land der
Sehnten /n sein, l's ist uuf dem (ielnete der V'olk.sschide vt)n I-Vank-
reich weitaus überflügelt wonleti. leinst konnte nian .sagen, der
j)renfsische Scluiliueister habe die Sthlaelit \ i>n Königgrät/ gewonnen.
Noch v<ir eiuLin Jaln/elint erklärte Fürst lii.siuarek. das 11 ktlix-w iclit
der deutschen W ehrkraft bernht grofsenteils in der Höhe der X'olk.s-
bildung. l'nter dem I'inanzminister Miquel steht die Schule
sttlL und Stillstand ist Rückschritt Herr Miquel hat kein
C.eld. nanjcntlivh für die Stadls, die ilire Mittel mit X'orliebe für
Bildungszwecke verwendet haben. Der I nlerrichtsmiDister so gut
wie der Justizminister treten den Rückzug- vor der Altmacht des
l'jnan/nnnjsters an, l)L'r H.ninov Coinier hat recht, die I'«>litik
des Herrn Miquel ist nicht nur engherzig, sie ist geradezu kultur-
widrig .
Im Anschluls an die Herutung des Lehrerbesolduug.sgesetzes
üiyiiizca by GoOglc
320
machtvil nIcIi die Mcliilicilspartdt n iu»cli ein \ cr^nü.ueii tlaiau^,
eine kfsolutioii hvtr. \'or\a):^Q eines Seluilj^eselxes anf cliristliclier
(irundlajje (liirch/nset/en. Audi wir wünsclUen <1al's uns bald
ein ntnfasseudes Schnl<4eset/. heseliieden sein nuKhte, und wir
wünschen auch ein vScliulgesetz auf chiisUiclier C»ruudlage, Aber
wir {Qrcliten dk Datiaer, auch wtMiii sie Gt^scheiike brin^reii ;
ein christliches SchulK^^tz im Sinne jener Parteien wünschen
wir allerdings nicht. Wuläuti^ le.L;en wir .Ur Resolution auch
noch keine Bedeutung bei. I ber das Schulgesetz sind in den
letzten Jahren schon zwei Kultusini tn'ster >;eslür/t. und die in
der Komi >;ewifs sehr wohlwolleiuleii. aber doch diplomatisch
vorsieh Ii ab^ei^ebeneii I .rklärun,ü;en l?<»sses der Kulturminister
hielt sich augenscheinlich an den Spruch, uml er thal unter
den obwaltenden l'mständen sehr weise daran:
■ Ich iiixfi' nicht ja und saj;* nicht nein,
Sonst könnt" man sprUei s.i;;en.
Ich hätte nein ocler ja ge.siij^t.
VnA mich verklagen —
lassen doch erkennen, dals er nicht j;ewillt ist, der Dritte im
Bunde zu sein.
Wen« das Gesetz nur erst das Herrenhaus gluck-
lich passiert hätte!
*
So schriebea wir an dem Tage, wo der luitwurf des Kehrer-
l>eso]dungsgesetzes im Herren hause zur Beratung stand. Alier
•es fiel ein Reit in der FrühliuKsnacht. . Als wir am Aliend
erwartuni^svoll die Zeitun«^ zur Hand ii ahmen, da stante uns in
fetten lUuh^taben 'grinsend die Nachriehl eul ;t L^en Das Lchrer-
1m v( lUl u n i; ^ v; "^et z i s t im H er ren h m - l i;e t al 1 e n 1 Am Sonu-
aWciid daraus, am zweiten Tage des wunderschönen Monats Mai ,
iand das feierliche Begräbnis statt. Und wie iler eisige Xord-
vnud jener Tage so manche Blüte vernichtete, so hat diese Nach-
richt in so mancher gequälten Lehrerbrust jede Hoffnung auf
bessere Tage zerstört.
Wenige »Stunden haben dem Ilerrenhausc geni'igt. um die
mülievülle Arlieit von Monaten zu vernichten. Xiclit tiiu-
Sclilncht ein Schlachten war s zu nennen . ein Schiachlen der
ein/.ehieii Paragraphen. Ohne ihm auch nur die IChre einer
Komuiissionsberatung zuteil werden zu lassen, ist der Kniwurl
a limine abgelehnt worden, mit einer Rücksichtslosigkeit, die
fast ohnegleichen dasteht» so dafs Dr. Bosse dem hohen Hause
vorhalten mufste:
l'.s ist in '!i r uau/.cii < ifM liic hte unseres rarlaiUeiit.M i^iiuis
kaum der Fall nach/.u weisen, dais ein gleiches \ erfahren iuil einem
so wichtigen Gesetze ein-cschlagcn ist ;
und Dr. Miquel au.ssprach:
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i*jtdii(rtiiri»cii« iini»cii«M.
.^21
Ich liin mitJ mIu)!! sehr liinjic im j arlaniciilariscIiLii l.cl>cu ci-
Jahtxn. su\\«)hl als AligeurUiictcr wie als i>icuer ilcs K«inij'.s ; ich kann
alter sa^eti. iiiicli hat nieiiinls ein Ik'sclihifs des Hauses so iibcr-
lasclit und iititrs icVt sauren — ko iicitiHch berührt wie der vor-
Und zwar war es nicht eine Partei, die das (»csc-l/ /ii
Kalle gebracht hnf)en: die üufserste Rechte im Inuitcn \ ercinc
mit der IJukeii haben mit Ltist das traurige Werk vollbracht:
die erjitere, um die Regierung zur Vorlage eines allgemeinen
\*olks.schul>;esetzes a Ja Zedlitz zu zwingen, die letztere, um den
j;rüfsercn Städten einige hunderttausend Mark zu retten. An
dem T.ii^s wurden Ilerodcs und Pilatus I'Vcunde miteinander:
denn /u\nr waren sit.- einander feind ! Wir hällen es wohl
verslanden, wenn beide Parteien Iiis zum letzten Augenhlieke
tapfer gekäm})ft hätten, um ihren Slandinnikt zu vertreten
<!jis war sogar ihre Pflicht - ; al>er angesichts der Thatsache,
<lafs es noch viele Lehrerstellen giebt, deren Inhaber mit Sorgen
und mit (oämen ihre Ta<;e !iinl)ringen, init Kummer auf die
Zukunft der heranw achsei.deu Kinder sehen, denen die Xol
Dornen in das Hett streut am Abend und am Morgen, und die,
wie man sa.i;t. mehr Thranen es.^en al> Prot, stnlafs soi^^ar Dr.
Miquel, sicherlicli den Lehrern gegenüber ein eniwandsfreier
JCeUj^e, bekuntlete.
«lais ein Teil der Lehrer nicht blofs mit Sorge, sondern mit
Not zu känij frü Im'h
an<;esiehts dieser 'i'hatsache, ohne jeden \'ersuoh. das f lesetz
umzu).::estalten, es einfach abzulehnen: das \ erstehe, wer kann!
Zu \ erstehen ist ein solcher X'or.uanj; auch nur dann, wenn
man die (lesinnung kennt, die, weni.i;e Ausnahmen abgerccluiet,
im Herrenhause gegen die Lehrer herrscht. Was geht aiicli die
hochgeborenen Herten dieses Hauses die Xot des Lehrerstandes
an ! An dieser klassischen Stätte, WO einstmals der Reichs^raf
Ih-fdd erklärte, er habe noch nie eine verhungerte Lehrerwittwe
gesehen, sprncli sein (lesinnungsgenüssc Graf Zielen -Schwerin
jetzt frank un<I frei es aus, dafs
da« (irmidgehalt för die zweiten Lehrer mit q<io M. bei 24 Jahren
weit ni'^i lU ilürftiis hinausgelle.
Ihm sekundierte der Oberbürgermeister Becker von Köln,
dem ebenfalls
auf <lein bände i/k) "M ^icl zu \iel sind
Der Dritte im Puiule war der Oberbürgermeister Zelle von
Berlin, der das Lied von dem ewig unzufriedenen Schulmeister
sang :
D.is t rs, t/ \iim1( einipe tausend Lehrer zufriedener machen —
zufrieden Hieht. (b nn das wäre zu kosls|)ielig '
< Lebhafter Beifall! verzeichnet hier der Parlamentsberioht.
Angesichts dieser Blunienlese. die wir noch leicht vernieiiren
könnten, und ;uigesichLs der Abstimmung über das Ciesetz macht
es nielir als einen kläglichen Kiiulruck. wenn naclur;i.u;licli in
iiircii Organen (Wv eine Partei die Wraiitwortuiii; tür die Ab-
leliiJinii: der andern /ii>cliieht: wenn die Kren/zeilunj^ die
Li}>c!alen für dn< Scheilern des (res( t/e-^ ^ ei inlw nrtlich macht,
und diia Ikrrliner ra^eblalt hchredil; 1 )ie Aj;raner des Ilerrcn-
liauscs hallen auf ihrem Wille» t^tanden; auch in der zweiten
Lesung ist das Lehrerlxisoldnngsgesetz abgelehnt %vorden -. Die
reine pi>Utische Heuchelei I
Allerdings einc grofse Schuld trägt der Finan/niini-ter Micjuel.
l*!r hat durcii den ausgleichenden Verteilungsni.i.lii-- dem Kultus-
minister rill Kukuksei in das Nest gelegt. Mit -x-UKr Rede im
I ierrerdiaiihe liat sidi freilich MicjUel einmal wietkr l;hre ein-
gelegt: al»er es ist wohl seiner >;an/en Haltung iu dieser Ange-
gel egenhcit zuzuschreiben, dafs es uns bei dem Lesen derselben
umvillkürlich immer in den Ohren summte:
A hifsle I.iehe uml a bifste Treu.
Tnd a bilsle Falschheit ist auch wohl dal)ei:-
Dem Kultusminister aber danken wir. dafs er bis zum letzten
Augenblicke so warm für die Interessen der Lehrer eiiiu' l'cten ist
Mit erschreckender Deutlichkeit haben dir \'erhandlnngen
des Herrenhauses den Lehrern wiederum gezeigt, dafs sie von
keiner ]Hilitischen Partei als solcher, möge sie sich liberal oder
konscr\ aü\ oder Centnun nennen, etwas Durchgreifendes zu er-
warten haben. Und wenn diese Erkenntnis immer mehr iu die
Lehrerwelt eindringt, so wird ihr aus diesen trüben Tagen
wenigstens ein Segen erwach-eii '
Stchs Millionen Mark sind den darbenden Lehrern wie<ler
von> Munde abgezogen worden. Sie können nun vorläufig den
Kaiiuu Adalbert von Chamissos weiter variieren:
Da.s iül die Not der schweren Zeit,
Das ist die schwere Zeit der Xot,
Das ist die schwere Not der Zeit:<
und es wäre wohl zu verstehen, wenn die Lehrer mit .Shakespeare
fragten: Sollen wir nicht die Xachleulen mit einem Kanon auf-
stören, der einem Leineweber drei Seelen ans dem Leibe haspeln
könnte? Aber weg mit diesen lieckiukenl Du Lehrerschaft
wird ihre Politik der Mäfsigkeit tr(»tz der Heiterkeit des
Herrenhauses weiter lühren, und sie wird endlich doch siegen I
\'orläufig ist die Leidensge-schichte der Volksschule um ein
Blatt reicher, und auch das neueste Kapitel der preufsischeu
Schulgesetzgebuug mfissen w*ir leider mit dem bekannten Refrain
schliefsen :
T*nd der ICntwurf wanderte zu den Akten ,
In/wischen haben die freikonserxati ven Mitglieder des Ab-
ge< »rdnetenhanse-> v. 'rz:-elioj)jH' und hVeiherr v. Zedlitz in einer
Interpellation die Präge an die Regierung gerichtet, was. sie
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/II thitii j^ecleiike, iiin nach Ablehnung cks Lchrcrbesoldüiigs-
.i;t. sft/.cs (lurch das Hcrmihaus den j^cplantcn Aushau des
A Uc rszu 1 a>;cn - S \ stein s zu jiuusleii der Lelii L r so l)ald als
möj^lich lierlu i /ufiilircn und die Mifssläiide 'n\ hv-citi^eii, die
sich aus dem Manj^ei einer >i eset/.licheii Re);chni^ der
Lelirerj^eliälter er}^el)en. Die Kej^ierun^ hat j;eanluurtet,
dafs sie in der näclisteu Session, wahrscheinlich schon im Herl»sle,
sofort wieder den Entwurf eines Besoldungsgesetzes vorlegen
werde, so dafs das Gesetz doch noch xum f. April n. J. in Kraft
treten konnte.
So hoffen wir denn weiter! Aber wir wollen nicht xu hoff-
nungsfreudig sein.
I'jTl 1 vüt lili^ siT!(l (Ks Schicksals Mächk l
\ orcilig Jauch/.cn greilt in ihre Hechle.
Den Samen legen wir in ihre Hände«
Ob (ftück, ob rnglück aufgeht, lehrt das Knde.^
Kins ist jedoch sicher, mag uns ein I Besoldungsgesetz be-
schert sein (xler nicht ! Wir werden die l >örteningen über ein
christliches Schulgesetz nicht los werden, bis irgend eitinird
Neuwahlen ein ändert-^ /usamnieni^esetztes Abgeordnetenhaus
ergeben. Hei der Zunickweisung der knimcrvaliv-klerikalen For-
derungen sullte man vom liberalen Sljiulpunkl au.-> das Haupt-
gewicht nicht immer darauf legen, dafs reaktionäre Wünsche
schliefslich an dem Widerstande der Krone et)enso wie vor
4 Jahren scheitern würden, sondern es wäre vornehmer und
selbstl)ewufster. wenn liberalerseits der angebotene Krieg auf-
genomtiKMi würde. Vm\ ;»11.t::c'meincs Schulgesetz ist jn eine
Forderung, die auch von den Libcrnlen immer erhöbet^ worden
ist. Damit sie in einem anderen al> dem einsi itig-h u (iciste
durchgclühil werde, ist es aber nötig, der Regierung eine par-
lamentarische Stütze aufserhalb von Konservativ und Klerikal
zu geben und die Volksbildungsfragen als das zu schätzen,
was sie in Wirklichkeit sind — Volks wohl f ah rtsfragen I
Ob aber der Liberalisnuis heutiger Zeit dazu die Kraft imd
tlie Neigung in sich tr«ägt? Ja. wenn noch der Cici^l eines H ar-
kort, Ziegler etc. in ihm lebendig wäre; aber. al)er
l n<l so schirm' denn Gott fernerhin Freu Isens
\' o 1 k s s c h u 1 e !
2.
Die Kollegen im Westen un.seres Vaterlandes haben sich
in den Ver s a nj m 1 u n gen ihrer Vereine wieder er((uickt
und erfrischt. Fs ist ja immerhin ein gewisses Opfer, die Reise
7V. solchen Wrsammlungen. und doch werden die^t itnnur gut
besucht; so war eh auch diesmal mit den \'ersauunlungen der
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Lehren crciliL von Nassau, von Westfaleti uml der Kheiuprovtnz,
die alle in den Osterferien tagten.
So weit wir j^esclRii ha1)cn, nalum-n alle diese ViTsanini-
luti^eii einen wnrdij^en \'erlauf. Auf dem rheinischen I.ehrerta^e
plat/.len iRilicli die Geisler wieder stark aufeinander i!nf< die
\. W'estd. Lehrer/.lj^. \'nn der \'ertreler\ rr~-:ir,nnlniiL: >r]in. il>i n
nHif>te: Die Diskussiuu tutbehrtc stellenweise ui bcdeiiklicheni
Mafst ruhiger Sachlichkeit nnd zeigte im Ganzen einen wtnij;
würdigen Verlauf , itnd die 'l^iifs. Lehrerztg. üljer die an
tlen einen Vortrag sich an^hliefsende Dehalte ähnlich urteilte.
Der Get^ensal/ /wischen Ilauin- und Klassenlehrern, sowie der
rulerschied in den religiösen Anschauini.i;en und im Grunde
genommen handelte es sich in den heifsen Rrikkäinpfcti wiedrruni
um die»e iKideti l'unkte treten woiil nirgends so scharf
/u Taj^je wie am X ietierrhein. Aufserdem ist das Vereins-
wcstn am Rhein im allgemeinen noch jun^;. Wie wäre es sonst
möglich, dafs im vorigen Jahre auf der Vertreter\*ersannnlung
eine Ik*stininiung hätte zur Annahme gelangen können, die schon
in diesem Jahre wieder aufzuhehen man sich i^e/.wuni^en sah.
Zeit und Erfahrung werden auch hier hoffentlich ausgleichend
wirken.
Die Oslerferien haben uns /u den vicun SnipU rx ». reinen
noih einen neuen .i^ehracht. Wie die akademisch .nliiM.ten
Lehrer der Iv'ilu ' fu Mädchenschulen sich /u eiiu iii W i e in /u-
.sammen>;e>chlt»>Nen haben, st) nun auch die seninunisch j^elnl-
deten. Sie wollen zwar Fühlung mit dem deul>clicn Lehrerver-
ein l)ehalten; ob es aher nicht für alle Teile richtiger wäre,
wenn dieser Verein, wie auch die übrigen Soudervereinc, sich
als Sektionen der deutschen Lehrerversanimlung konstituierten?
Die Lehrervereine sind keine \'ereine für Klassenlehrer. Dorf-
lehrer etc.. sondern für Lehrer im weitesten Sinne des Wortes,
st) dafs auch MitlelschnlU lirer nnd T<)chterschullehrer. Rektoren
untl Haupt Khi\r SchulinspekLt»ren und Schulräte darin Platz
]ial>en. Wer titele Auffassunj^ antastet, kj^t die Axt an den
Grundbau luiscres Vt)lksschulwe>eus und negiert alle grofsen
Gedanken, welche das deutsche Lehrervereinswesen zu einer
Macht im öffentlichen Leben machten.
Der Kampf zwischen den akailemisch tmd semi-
narisch gebildeten Lehrkräften an unseren höheren
Mädchenschulen wird freilich durch diese neue Vereinsgründung
schwerlich an Schärft verlieren. Was sagen wt)hl die Heifs-
s])onie unter unseru akadqinisch gebildeten Rollegen zu den
folgenden .Xusl.i^suugeii. die in «leu .Motiven /u tlem der braiui-
schweigi-«cheu L.iudi-.ver-'ammluug vorgelegten XormablUal für
die Seminardirckloren und Seuiinarlchrcr enthalten siiul:
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rii<U;;o;;iKch<' riH»t'hi«u.
Bezüglich der "Besolchinjr der Seitiinarlehrer haben wir, j^ktcli-
vicl «►!) sie akademisch jijebiUkt sind (»der nur eine seniinarisolu
JJildunj^ «genossen haben, ol) sie im RektoraUsexamen l)estanden sind
oder sich dieser l'riifnn^ nicht nnterzoj^cn liahen. keinen l'nlerschied
.i(etnao}il. Die Lehrer sind sämtlich mit gleichem Maise .femessen.
Wir stehen inf dem Standpunkt, dal's es eine Han|)tauf.!fahe bei der
Anstellung \on Seiuinarlchreni i^t, die bewährte untl glückliche
Mischung: von akademisch und seminarisch gebildeten Lehrern in
der /n'^;inimenset/.\ing dr^ I.i. ]uki"i ]it rs aufrecht /n erlinlten V.wx
(ikiclistellung .sämtlicher Semiuarlehrer hinsichtlich der ( ichalUsbe/iige
hat uns auch die Befürchtnnjar veranlafst. dafs dnrch eine Bevorzugung.^
in dem gesetzlichen I'ünkommen Zwietracht un<l Milsgunst in die
Lehrerkategnrien hineingetragen werde Hierfür waren ferner nuils-
gebend die gleichmäfsige \"er\\endung der Lehrkräfte im Seminar-
dienst hinsichtlich der Lehrfächer und der Stundenzahl, dieThatsache.
dafs diT Kreis der seminarisch gebildi ttii Lehrer unsrer Seminare
Schulmänner von heiAonagcnder Tüchtigkeil geliefert hat, deren
Arbeit nicht i^erinifer belohnt werden darf .
»Amerikanische Grundsät7.e!' Nicht wahr?
3-
Dr. Fri<Mlrieli hilte?* -|*.
Kur/ vor Abschliifs dieses Heftes erliallen wir die traurige
Kunde, dals Dr. Diltes am 15. ^Lli im Alter von 60 Jahren
s( im in Leiden, einer \'erknlkung der Arterien, erlegen ist. Wohl
kam uns die X;u liricht iiiich der Mitteilung, die uns ^•nr einigen
Wochen \s ur(k nicht iibcrra-scliend, und doch, uaclukiu die
Katastrophe eingetreten ist. sind wir tief erschüttert!
Wie die Eiche am brausenden Meere unentwegt dasteht,
mögen die Stürme noch so sehr in ihren A.sten und Zweigen
tosen uml die Fhiten noch so erbittert ihre Wurzeln /u cnt-
blofsen suchen, so liat sich Dr. Dittes sein ganzes Lcl)cn liiu-
<hirch gezeigt — ein ganzer Mann von tler Kufssolile bi.s zum
Scheitel !
Kin anderer Diesterweg , war er wie dieser eiu unentwegter
Rufer im Streite, der getreue Kckart der deutschen I^ehrer-
Schaft, der, erfüllt mit glühender Liel)e für Schule imd Lehrer,
in fast eifersüchtiger Weise über sie wachte. Eine scharf aus-
geprägte Persönlichkeit, trat er für das. was er als recht erkannt
hatte, rücksichtslos ein. ein ausgesprochener Feind jeder Ver-
mittelung
Dnlu i <ir nn auch die lvr>clu:inung. daf«; Dr. Ditu.- uälncnil
seines lü ikiiw alleus eljcnso innig geliebt und hoch verehrt, wie
aufrichtig gchafst und bitter verfolgt worden ist. Er hat es
reichlich erfahren, das Wort: Leben heilst ein Kämpfer sein!&
Nun ist seine Hand erstarrt, die scharfe l'k*der, die noch
vor wenigen Wochen den'Schwanengesang für sein > Pädagogium :
schrieb, ruht. Friede seiner Asche! - — —
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ß26 Johtinnro Meyer.
Wir al)tr «'"ii lit'uli>;cii Tn^c nochiuals. der Pada-
}j:(),t;iiitns-( iciiK-iiuk- ihr bisheriges Organ möglichst zu ersetzen,
nicht in dtni Sinne, dafs wir auf des Meisters Worte schwören
- das können wir nicht, da unsere Anschauungen in manchen
Fragen andere sind, wie es auch ebensowenig dem Geiste Dittes'
entspräche, dem alles Jauerttini verhafst war — : wohl aber in
dem Sinne, dafs die Neuen Bahnen sich immer mehr bemühen
werden, einerseits den Ausl^nn der rädagoi^^ik tiach ihrer wissen-
schaftlichen Seite hin zu fördern und ander«, i seil< den l)LH ch-
tigten Forderungen der Schule und der Lehrersciiatt eine Ciasse
zu bahnen I
Wohl wissen wir, dafs es eine gewaltige Aufgabe ist, die
wir uns damit gestellt haben; aber wir getrösten uns des Wortes:
7m maf/tm volukite isat « >/, und hoffen auf die thatkräftigc Unter-
stützung unserer Mitarl)eiler.
Hcn Manen tles \'erstorbenen alx-r wcrfk-ii wir '^oVkiM als
nn.Llirh den schuldigen Dank abtragen durcii tlii Aii^^^abe
eine-« I) i ttes - H eftes, de.s.sen Ikarbeitung in den berufensten
Hänilen liegt.
l'tid so wollen wir denn rastlos weiter arbeiten im Sinne
des Dittes'schen Wortes:
N i c h t ab w ä r t s . n o o h r u ck w ä r t s .
Sondern aufwärts und vorwärt.sl'
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Umscliau in Naclxbargebieten.
\'oii R. Dietrich in Kandem.
r.
In (kr ]*,tln->('lieii Kultur (li'^^O. roi \ tTÜtientliclit <kr cbr-
würdijjc (»rüiii ler <kr Ot tit-^«. ]r ii ( »f^cUs^liaft für ethisclw* Kultur.
Willi. Fünslcr cm diin.hau> im )iiarchisch gesinnter, sein ntiltk'
urtcilemler Mann — eine zeiigcmafse ^Bet räch tun £f Ober
die Stellung^ der Fürsten^. Er wendet sicli gegen den
niotlcme« »Kultas der fürstlichen Maclitstellung^v, ge>cen >die
gedankenlosen Beuuntlerer der t'iirstlicben Übergewalt . Sagt
diesen Leuten fragt er ihr (jewissen gar lu'chts über die
Uinnn'^lichkeit. dal's eine ein/eine Person, itnd wäre sie von dem
li()(.']i-.lin Intellekt und \f>n der reinsten sitlliclien X'ollendung,
S(»/u>agen den lJrennj)unkl lulilen konnte, in welchem sich die
Strahlen der ganxen Gedanken- und Interessenwelt einen grofsen
Staates konzentrieren, und dafs nun auch von demselben Brenn*
punkte aus Klarheit, Ordnung, Fülle und Harmonie in alle Teile
des Ganzen zurückstrahlen könnten ^ . . . Ivs ist ohne alle (ileich-
nisse vollkotnnieti eiidenchtend. dafs es. }>ci den unüberwind-
lichen Schranki 11 r,vv Menschennatnr, selbst dem edelsten, rast-
losesten W'oll« n und Wirken unmöglich ist. sich soweit /um
Herrn aller .Situationen innerhalb tler iintwickiung eines höchst
komplizierten Gemeinwesens zu machen, um ü1)eralt das ent-
scheidende Wort sprechen zu können.
I'>gänzungen zu Försters Ausführungen bietet der Kunst-
wart. Diese trefflich geleitete, männlich freimütig geschriebene
Zeitschrift, die thatsächlich ist. was sie sein will, eine Rmul-
schau über alle (»ebiete des Srliönen jeder gut besoldete
Lehrer sollte sie halten'» Ininul in Nr. 12 {iSi.)^ h\ Allerlei
zur Rückse'hau . I>er Schi eil>eiuie i.st wohl der Herausgeber
(I'erd. Avenarius) selbst, Er bemerkt u. a. zu der bekannten
Thatsache. dafs Paul Heyse aus der »Kommission für den Schiller-
'j Auch die l%thisehc Kultur . Diese ko.•^let vierteljährlich 113
Xunimcnt) i.6<i M., der Kunst wart (6 Ilcftei 2.50 M.
l)rcis ausgetreten (weil die Vorschläge der Kommission in der
lei/.ten Zeit dreimal nnclicinaiidcr verworfen worden sind): >Knd'
lieh wieder einmal im öffentliclien titterarischen lycben Männ-
Hchkeit! — Ein ander Bild; Als Meister Humperdinck, zu
ditsLin Zwecke eit^cns nach Berlin jycnifeu, ans Pull trat, um
die hundertste Aufführun;^' vm Häusel und Grete! seihst /.u
kitcn. des Stückes alsi». mit dem zum ersten Male nach laui^cr
Zeil ein n. ue-< deut<r]ies Musikhülnu iinpicl in nllc Her/en
i;\klin!;4 .11 war : da ilrän^^le es selh>l\ erständlich viele, ilni dauk-
ixir /.u he-räfsen. Doch unterliefsen sie dieses, denn — gerade
erschien der Hof. Und natürlich! Das war für die Leute inter-
essanter, als Humiyerdtnck, dem man folglich den Rücken wandte.
Itulessen, der H()f machte i;ut, was das Publikum versäumt:
Humperdinck kriegte /.um Schluls den Kroneuorden vierter Klasse,
n ein einmal mir das allgemeine lehren /eichen. Die alte r'rnge
ai fs neue: diirten wir den Fürsten oh ihres VerhalleUh .u<-*-;'^n
u IS und un.sere Kiuist \'orwürfe machen, wenn wir uns iinien
hS\ jeder Gelegenheit als Knechte zeigen? Wie z. B. in dem
dritten Stück, von dem der KUnstwart meldet: Die Standbilder
für die Berliner Siegesatlee machen wieder von sich reden.
Wälirend aher hei ilirer Stiftung durch den Kaiser durch alle
Zcitungshlätter ein Juhelhraus rauschte, geht es jetzt durch sie
nur wie ein heindiches Säuseln. Nicht deshalh war der Jnhel
erklnn<j:i-u. weil der Kaiser ein fürsllich iKsclienk, den .Sclilols-
hnuuKii. fürsllich erwidert, sondern weil er erklärt hatte: zwi.schcn
<.len Standbildern der Fürsten sollten stilche hervorragender Bürger
und anderer nicht fürstlicher Männer stehen, für deren Verdienste
das Vaterland m danken hat. Ks scheint, der Kaiser hatte bei
dieser WiUensverJcündung doch nicht g< ni- mit ästhetischen
Oründen gerechnet; denn schon nach einigen Wochen ergab
sich den Malsgeheuden, 'laf^ aus solchen ästhetischen (iründeii
eine gleiche Höhe <ler StandbiUler von Staatsmännern und sonstigen
Bürgern mit denen \ on Herrschern leider nicht wolil zu machen
sei: es .sei also für die l'ntertanen die Form von Hermen zu
wählen. Und als abermals eine Reihe von Wochen ins Meer der
Zeit geflos.sen war, sielie, da kam Reinliold Begas mit Plänen
ins Schloff, worauf gleichfalls aus ästhetischen Gründen aus
den Hermenl)üsten der Untertanen nachdem einen Bericht schlichte
Hüsten für die h'cken von Marmorhänken, nach dem andern
liildnis- Medaillons für die Sockel der Fürstenstandbilder gewor-
den waren. Ol) die l'.ulwicklung noch weiter gehen wird, wissen
wir nicht. \'ielleicht aber besinnt man >ich auf die Wichtigkeit
der Kleinkunst und verwandelt die Sockelreliefs abermals aus
ästhetischen Gründen in Portrait-Medaillen, die ja dann, bei sach-
gemäiser Verkleinerung bis auf Zweimarkstückgröfse^ einen diren-
volleu riaiz auf tien Knöpfen der betreffenden Herrscher- Rdcke
fhideu könnten.
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üa»«-haii Iii i(*«h)»*rice1ikl«il.
S29
Was der Kuustwart geifselt, ist die eine Krscheinuiigsform
des jetzt ii) Deutschland modernen Patriotismus»*. Eine
andere, fast ebenso lierrliclu-. wiirdiq-t luii^-en Isolatii in der
.(^•ejieiiwart (!So6, S: vSoldaten auf der H ü Ii n e 1. I{r
spricht /unüclisl \<in ucii Festspielen Hei ndei^enluMt der
jüngsten kriegsjaln leiern. Diese ad hoc ^eiliehtcLcii W erke --
meint er — mögen noch geduldig aufgenommen werden: der
billige Patriotismus, der in ihnen gepredigt wird, macht sie
immerhin harmlos. Und wer diese Stücke nicht vertragen kann
ich gestehe offen, dals ich zu den Verächtern solcher pat-
riotisclu'ii Mache gehöre , mag am Sedantage oder sonst an
Ta^cn. an deneli diese Hrnniatik ihre I'e^te feiert, nicht ins
Theater m ln n. Weit gefahrlicher in ihrer Wirkung finde ich die
Soldatenstücke, wie sie in den letzten Jaliren die deutschen
Bühnen beherrschen, die Stücke der Herren G. v. Moser und
Genossen. Ich kann an allen den Drillszenen, wie sie jene Herren
auf der Bfihne darstellen, z. B. auch in dem viel gegebenen
X'eilchenfresser« , nichts komisches finden. Aber die oberen
Zehntausend amüsieren sii Ii beute über diese ^ Wachtparaden-
.A-lfan/ereien (das Wort stammt ans einer Kritik Ludwig liörnes),
über alle diese schneidigen Herren und Herrchen, die dc-n i^o-
meinen Mann anranzen, und halten alle diese Schneidigkeilen
für ungemein komisch, am meisten die Offiziere: sie spotten
ihrer selbst und wissen nicht wie. Und die Wirkung auf die
oberen Ränge (im Theater), auf das Volk ? Nun, ein sozialdemo-
kratischer Leitartikel über den Militarisnms kann nicht drastischer
wirken, sollte ich meinen, als die Lustspiele des Herrn v. Mo.ser
und seiner Nachfolger und Naclinlnner. Würde von so/ialdemo-
kratischer Seite die deutsche St »UlaUnclirc. der dentsclie ( )iti/ier
so schwer angegrillen, wie e> ilurch jene Soklulen>tücke geschieht:
der Staatsanwalt wäre sicher auf dem Posten. Die Soldateska-
Dramatiker aber sind .vor der Anklage von dieser Seite sicher:
im Gegenteil, man führt ihre Mache auf den Hoftheatem auf!
Nach meiner .\nsicht sind diese Stücke, ob sie nun realistisch
oder unwahr sind, revolutionärer als Hauptmanns Weber .
(Ja wenn die ungeheure Gedankenlosigkeit nicht
wäre!)
2.
Dichtkunst und Statistik stehen
leider auf gespanntem Fuls —
sagt Scheffel eitnnal im Trompeter. Ich möchte dem geneigten
Leser aber doch mit einer kleinen Dichtungs - Statistik
kcnnnien. Die fünf Nummern der Deutschen Dichtniv.^ (iSms (>.
7 — II), welche mir vorliej^en (sie gelten für Januar. I'eltrnar
und die erste Hälflj des Mär/) bruigcn 52 Cicdichle : ich
Keuo BAlioen iPü<lai;u);iiuii) YU. ^2
il. I>ir|rii-h.
meine das. was man im engeren Simit ^ nciiiit. Ist das nicht
ein wetiij^ viel für eine einzige Zeitschi itt. inid für die knr/e
Spanne Zeit? Znnial icli sechs ( Zur Frauenfraj^e in \r. 7
Wrfnsser kämpft mit länj^st rostij^en Waffen )^e>^en die Kranen -
hevvegunji;^) schon abgezogen habe - und noch viebnehi nu>j;cü
vom Heausgeber (K. E. Fratizos) zurückgewiesen worden sein.
— Jene 52 verteilen sich auf 37 verschiedene Verfasser - meist
noch unbekannte Namen. Daraus darf man wohl schliefsen, dafs
vor dem Leiter der Zeitschrift kein Ansehen der Person gilt,
dafs er \ielmehr darauf ausgeht, nichts von dem, das in
deiitsclun Landen j^edichtet wird und nach seinem l'rleil
druckiiiswert ist. verborgen bleiben /u lasst-u. rntersnclK-n
wir nun, welcher Art die uns vorgestellten, in \'erse gekleideten
Oeisteskinder sind, so crgiebt sich die auffallende und nicht er-
freuliche Thatsache: den verhattnismäfsig meisten (ich zähle
17) mangelt es — kurz gesagt an (icsundheit. Sehnsucht,
Kmpfindsamkcil, unendliches Leiden. NWIt-^ohmerz, Weltflucht,
unbedingte l'tilsaii^ting: das sind die leitenden, immer wieder-
kehrenden Töne oder Tonrcilun, Oder Zagen. Klagen. Frniirn
]<]^ /.um riicrdrufs (des L<.>t.rs ircilich nur). Oder man träumt.
Inütet, .schwärmt ergeht sich in I'hanlaslereien.
Eins aus jener ungesunden Schar (' Inspiration s von Her-
mine v. Preuschen, in Heft S) spricht von »Mondensiegeslauf
»Monde* ncimt man ja^auch die Monate; unsere ^Dichterin«
aber singt natürlich vom Monde, und da mufs icli gestehen,
dafs ich voti einem .Siegeslauf des Mondes oder dergleichen
noch nif 'L;ili(")rt. T 'litrhanj^t ein greuliche^ Reimwerk! Ähnlich
das diesem \i>i'ani;LsUlke j V'erschwicv^Liu,' Minne, von Willi.
Idelj. Da wird behauptet, wer ^cint: Liebe zu verbergen ge-
zwungen ist,
Iki inuls bleichen Lilien -kirliLn.
Heuidirli sclunnchtcTKl .\ui den Teiclu-n,
Wenn da.s .Montllitlil iiif den W'elkn iidit.
(Wer lacht da?) - Und noch ein Stückchen dieser Art: in
Nr. 10 besingt Heinr. Hege seinen Verkehr mitCioethe: er be-
kennt uns u. a.:
Es fiel der Staub, der mich beklebt.
Ich durfte seinen M u t g c n i c 1 s e n,
Der alle Welt mit Ruh umkreist.
Die Frage, welches .das höchste Gluck auf Erdens sei. will
H. M. Grüninger in seinem Märchen >> Das Sonntagskind iXr. S)
losen. Ks ist die bekannte (»eschichte von den drei Wünschen.
Das Sonntagskind f ein Jüngling von 21 Jahren ) trifft im
Schwarzwald eine ^ülij^e Kee , welche ihm weil es tal.su der
Jüngling) gar .so lieb und sonnig (wer denkt da nicht an ein
Mädchen!), die Erfüllung dreier Wünsche anbietet. Haus wünscht
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sich erstens Reichtum, zweitens ein gewisses Mädchen zur Frau.
Gewährt. Und drittens? Kommt später. Hans wird nämlich
auf den i. Mai nach dreimal sieben Jahreti' wieder in den
\\':ild bestellt. Kr ^eht aber schon nach zwan/ii; Jahren (warum
ertährt man nicht vernuitlich weil eiTinndzwan/.ij^' nicht in
den \ rr'> ^epafst hätte), luui merkwür(li'.4Lr Weise wartet die
gütige l'ce .schon. Hans erbittet nun lür *iein jüngstes Kiml,
das er mitgenommen, »alle Huld und alles Glück, das dneni
Erdgeborenen gewährt sein kann, das höchste Glück auf Erden .
Die Fee wird betrübt, fordert Hansen auf. seinen Wunsch - noch
einmal zu erwägen . Der aber versteht nicht, wiederholt die
Bitte. Also komujt das höchste (ilück da- Kind ist tot.
Bleibt nur noch die Frage, die Herr ('.irinin^i.r in <einem
(K'di(dite nicht l«">st : Ist sterben für jeden Mi nsi lu n. (xK r nur
iiu Kinder - ist sterben oder nicht leben, nie gcK-bl haben
'das höchste Glück auf Erden ?
Wünsche äufsert auch J. J. Straufs (in Nr. 9), allerdings
unaufgefordert, und er ist wohl auch kein > Sonntagskind«. Er
möchte erst wie der Sturmwind . tnid dann «wie der Adler
sein . findet aber schliefslich. dafs solches >b"»gen nichts hilft:
weil er doch am Boden liaftcl . wo er (Ks Dunkels schweres
Sklavenjoch durch nebclkaltr Steppe sclilep|)t . Fürchterlich I
Wie heif.st der grausam sclireckcnvolle Ort, an den der rnglnck-
liche gelmnnt ist? Frankfurt am Main. — Es wundert mich nur,
wie Herr Straufs da am Ende noch verlangen kann:
So lafst mich uiitL-r Mensclun nur
Kin Mensch sein. Das ist alles:
(lewifs auch genug. Hcir Straufs! Für das Sklavenjoch'
dunkel Frank mrts jedoch zuviel.
Der veic-luiiche l'mschau-Freund wolle aber nicht glauben,
es gehe so fort. Jetzt eben kommts besser, ich habe das Gute
nur bis zuletzt aufgespart. — Da schildert Robert Waldmüllcr
(Das Vöglein', Nr. 11) in knapiicii, kräftigen Versen naturgetreu,
wie ein armer Teufel durch ein heftiges Gewitter und das be-
unruhigende, warnende Gebahren eines Vogels an Raub und
Mord verhindert wird.
Wie man einfache ( K-genstände oder Begebenheiten dich-
Idisch verwerten, ICrlebtes. (knossenes, h'rhofftes anschaulich
beschreiben, erzählen, ausspinnen, ausschmücken. verklTuen kajui,
zeigen L,udw. Fulda 17: ^Flpistel }, Hans Müller |S; Spicgel-
biidc), Herm. Abnoba ( ? Aus Thüringen' ), Wilh. Arminius ( Erste
Zeichen Den Zustand des Erwartenden malt treffend C. V.
Müller ( \'ielleichl )>).
Leichter, kecker Humor fuhrt zweimal das Wort: l)ei M.
b Diese drei und «lie drei letztgenannten stehen in .\r. U),
25*
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Kicscwcttcr f Die Karyatide \ und Kmil Hügli, der die Soiiiie
als seiüc Hlondine- hesinj^t.
Der k ille Humor, der au> der Tiefe heraus wirkt, ist nicht
vertreten. Bruno Baumgarlen \ Schönster Sieg ) h.il ihn aller-
dings im Sinne, wenn er verlangt, der Dichter solle bringen, niii
der heitern Kunst die dOstem Wolken zu bezAvin^n' - oder:
»ein nasse«? Äuge lächeln machen demjenigen, der alle Lust
und Hoffnung verloren, die Hoffnung wieder ins Herz hinein
lachen.
Dat^e^cTi hnt S. li.uinkay den festen Ivrnst in nicht la-
w ühiilii lu- \'crM- m iirä^t ; die stille Trauer t-iues edlen (ieniüles.
Ich meine sein \ erluren mit dem schönen Schlüsse:
Ks bringt dich nichts mir wieder.
Nicht Hittc. nicht <',,\vnlt —
Und nur durch meine I.icder
Schwebt deine T^ichtgestalt.
Willi. Münch eröffnet seine (ledanken über Sprach -
Schönheit ilVcnfs. Jahr!>ücher 1S96. II) mit dem hühschen
Bildt (U-daiikcn sind /uUfrei natürlich nur. so laii.i;e sie
Gedanken bleiben. Als solche werden sie, in den verschinssenen
Fächern von Hirn und Herz verwahrt, unangefochten über
I^andesgrenzen, an Zollämtern vorbei, über die Schwellen von
Amtshäusero und Königsschlössem, durch Pestsäle und Kirchen
mitgeführt. Wird aber der Rohstoff der Gctlanken verarbeitet zu
Äufserungen und rrteilen, so tritt bekanntlich ein zwar unge-
schriebener, aluT ^vhr koniplixirter und bedenklicher Zolltarif in
Kraft. Jiine Criuppe von (ied.niken jedoch scheint, audi wenn
laut und öffentlich geänfsert, \ uii all solcher Zollpflicht ausge-
nommen: da,s sind die (iedanken über .schön und häfslieli.
Ästhetisches Wohlgefallen oder Mifsfallen zu äufsern. das gilt
als ein unmittelbares Menscheiirecht, oder doch ein Recht wie
das des Reisenden, seine eigene Garderobe zollfrei mit über die
Grenze zu nehmen. Hier also herrscht wirklich und herrschte
von je glückselige Gedankenfreiheit. ist aber df»ch nicht
wahr! Auch die <*,(?1niken iiber schön und hälVlicli fallen
unter jenen sehr ^ bedenklichen Ztdltarif . Das braut ht gewifs
nicht erst bewiesen zu werden I ') Was nun den eigentlichen
Gegenstand der vorliegenden Abhandlung betrifft, so erklärt
Münch selbst» dafs er sich auf die «rein sinnliche, klangliche
Beschaffenheit der Sprache beschränken will. Dementsprechend
befafst er sich zunächst mit den Kinzellatiten und dem Wechsel
der Laute in \\'örteni und Sätzen. Kin gröfserer Ab.schnitt ist
sodauii etlichen Volkssprachen (hauptsächlich der deutschen,
Vgl- übrigens das nächste Stuck dieses lierichts.
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hollätidischeii, englischen, französischen, italienischen) gewidmet:
es werden utilersucht deren besondere ästhetische Mängel oder
Vorzüge; die Verschiedenheit der Stimmen, der durchschnitt-
lichen Ik'^clmffenheit der menschlichen Stimme bei verschiefleiien
Veilkern: die ungleich grolle oder .i;eringe Sorgfalt, welche auf
die Aussprache verwendet wird. Ferner erörtert Müncli den
Anteil, welchen die Modulation am ästhetischen Eindruck der
nuindttchen Rede hat (Den Hegriff der Modulation umschreibt
er treffend so : Sie ist nicht gleichbedeutend mit der Accentuation,
mit der Gewiehlsuiitcrscheidung: sie fällt auch nicht /usaminen
mit dem Auf- und Absteigen der Stinune. Sie schliefst beides
ein: aber e< verbindet sich damit noch ein Dritte^, mehr Seelisches
un<l He^eelend«.^. nämlich der wechseliuk Slnuniklang. Ob der
lün/.elne in dieser Hinsicht über Schätze verlügt oder nur üljer
die kärglichsten Mittel, das ist Gunst oder Ungunst der Natur.
Hier hat M. wundersamer Weise vergessen hinzu ssuffigen: und
der Erziehung!) Endlich kommt er auf die ^ Frage der
ästhetischen Berechtigung der Mundarten . Hier begeht er
leider, wie viele, deti groben Fehler, eine Mundart politisch
zu begren/eii (begrenzen nicht im Sinne von beschränken, sondern
von ausdehnen), von der Mundart eines Staates /n 'sprechen ')
oder gar. noch gröber, die Behauptung über eine i)estimmte
Aus.sprache auf den ganzen Süden oder Norden Deutsch-
lands zu erstrecken! Dagegen hat er sehr recht zu betonen:
Dafs die mundartlich gesprochenen Worte an sich unschöner
seien als die Hochspraclie (als die naeh den Gesetzen der
H. gesprochenen, meint M.). kann man nicht behaupten. Wenn
man in manchen (Vi^u iuien Girtel ans^pricht --latt Gürtel, und
in andern wiederum mundarUicli Kürsche >tatl Kirsche, so k.inn
ttnmnglicli das eine oder das andere für da.s schönere erklärt
werden.
»Schön* und >gut^ siud häufig eins, wenigstens teilweise:
besonders in der Kunst, also auch in der Sprachkunst In diesem
Sinne fordert Manfred Wittich Gut Deutsch I- (Kunstwart
iSc)5 6. IX). Deutsch, das heilst hier; deutlich, anschaulich, volks-
tündich. mannhaft, wahr n.u Ii Inhalt und Form, und diese jenem
genau nngepafsl. Knnn man d. h. darf man in Deutsch -
lan'l nt.eli deutscli reden und deul.sch schreiben? Ivrnste Fr-
fahnuigen am eignen lA-ibe antwortet Wittich zwingen
'I So btliauplel Müueli: InSaeliscJi fallen l.eliiu, l.cini. lA-bcn
lUid Löwen zu denisclhen Worte l.ä iii zusammen . Wo denn :* Nun
eben in ganz Sachsen I Das kU iiu K '»nigteich weist aber mindestens
sechs deutlich vcrhchiedcne Mundarten auf, in wenightens vier von
diesen sechsen klingt Lehm : Leemoder Läni - Leben : Läm — Löwen :
I. eem — Leim lOciM Leim. .\Is«) ilrei W'uriklänu;» nirlil riner.
Läni .sogar für Löwen habe ich noch v«u keinem Sach-sen gehört.
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Ulis fliese l'Va^c zu \ cTiiciiicii. l ud unU r solciicin /ustaiuk'. <kMi
/alilrrK-lic \'crl)()lc* \'oii HücIktii iuhI l^ülnu nauffü1irniii:^cii. «><>\\ it-
rrc l->|)ro/csse aus (lc!i k't/.lcii Jahrcti deulliili Kt.-mi>4 illu?^U icrcii.
Icitlct d;uj gaii/c Volksleben, leiden \ oi uclinilicli aber die reden -
tl«u Künste. Lediji^Uch ttiit <Uescr Seite, der V^erderbiiis der reden-
den Künste bc/.uxlicli ihres Inhalts nnd ihrer Fomi, l)e.Hchäftt}(t
sich VVitttch. Er schildert hauptsächlich die Folgen, welche
polizeiliche VtrKc'\vallij;un); der j;nt deutschen Rctle gezeitigt.
Die Melir/ahl (Kr öffentlichen Redner bemerkt er u. a. -
ist in ihrer Ausdrucksweise so vorsichtig' künstlich, dafs
schliefslich ^ar kein Xt rv. kt iti Charakter mehr darin ist. Die
Kunsl der öffentlichen \ erlautbaruiij< in Rede und Schrift wird
kraftlos, druckebergerisch. wasclilappi^.;. Man setzt der mecha-
nischen Gewalt die Ust entgegen: man nötigt Hörer und T.«eser,
zwischen den Zeilen und Sätzen zu suchen, und dieser Mangel
an Offenheit und Wahrheit, unbedingter Wahrheit vergiftet wie
die sittliche Aufrichtigkeit, so auch den Stil der Redekünste.
Der Wortkunslstückchennuicher. der Redegaukler siegt über den
Mann von Charakter: die IMirase kommt immer mehr zur Herr-
schaft. . . . So gewifs Wcdnheit und Freiheit das Lt'benselement
für Kunst und Wissenschaft sind, so gewifs müssen beide in
einer Atmosphäre der Unfreiheit und Lüge Schaden leiden. Jeder
Zollbreit Boden, der der volkstümlichen, der wahrhaftigen, wenn
auch volkstümlich derben Kunst der Rede entzogen wird. gil)t
ein Wucherbeet für gefährliches Unkraut von Aflerkunst. Prefs-
prozesse und Hühnenaufführungs-Wrbote neuerer Zeit haben ge-
lehrt, dafs «las. heute den so/inldcui. iki ali-^cJicn Worthallcr
tnlll, morgen jeden l)eliebigen andern l.ilsc h gehtirten Redner
oder Uli fsverstandenen Schreiber ebenfidls treffen kann. Die
redenden Künste werden damit entmannt Und das \'olk kann
sie doch nicht entbehren, soll anders sein Leben sich organisch
und glücklich entfalten. el)enso wie wahre Wissenschaft und
Kunst das \ olk nicht entbehren ktimien. Kür jedermann, der
auch nur für eines von beiden, für unser \'olk, oder fiir Kunst
und Wissenx liaft ein Ileiv Iiat, ergibt sich klar die l'tlichl. da-
bin zu wirken, dafs W'alirlieil tle> Wortes wie l"reiheit des C,e-
dankeus aus den schweren Käujpfen unserer Tage siegreich
her\-orgehen. So handelt sichs hier um die oberste und wich-
tigste allgemeine Angelegenheit, bei der auch nicht einer im
Volke uninteressiert ist."
4
Der Würzburger Xationalökonom iieorg Schanz hat im
vorigen Jahre bei Huchner in liamherg eine Schritt über die
Arbeitslosenversiclierung erscheinen i.i»en. Das Hrgebnis
seiner X'ntersuchinig ist, ^vie nicht anders zu erwarten: einer
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irmM'lmu In X«pfeb«rvcbiel«ii.
.WS
durchj^reiiViukn. (»bligatcri-cheii Arbeiterversiclieruiig stehen gaii7,
nufscr>;e\vöhnliclic Scluvitri^kciten entgegen. Kr fragt sich da-
lit-r. derselbe Zweck niclit in aiuk-rfr Weise erreicht werden
kr>nnle und l)ejalil die>c Frage. l)ietct auch eiiuii \ ni>c hl;ig.
Dieser geht dahin, einen eigenartig i>rgunisierlen Spar/wang
geset/lich zu dekretieren und dadurch den Arbeiter mehr oder
nihider zur \'orsorge für den Kall der Arbeitslosigkeit zu ver-
anlas.sen«. In der Hauptsache handelt es sich hierbei <tiach einer
I5c>i)iechung jener Schrift durch den i^adischen Fabrikinspektor
Wörrishoffer, in der Zeitschrift für die gesamte Staatswissen-
sdutft , I St)6 11^ ti!ii Folgendes. Für nllr dvr K ranken \'er-
sieliernng unterliegenden Person«, u wird /.um Zwecke des I nler-
halls im Falle der ArhviL.slu.sigkeil ein gesetzlicher Spar/Avang
eingeführt. Die Spareinlagen sind durch die Arbeitgeber au die
Krankenkassen abzuliefern. Sie betragen für jede Person min-
destens 30 Pf}(. in der Woche. Für Bauhandvverker und für
andere durch den Bundesrat zu bestimmende Arbeitergruppen
( Saisonarbeiter u. dgl.) betragen sie lo";„ des Lohnes. Der
Arbeiti::eber tr.igt von den I'jiilnj^en der zuletzt näher bezeich-
neten (iruppen von jeder Wocheueinlage der übrigen
(30 Pfg.) übernimmt er 10 Ffg. Die Kr.nikenka>sen haben die
wöchentlichen Beiträge an eine unter »jHentlicher liürgschaft
.stehende Sparkasse abzuliefern. Die Ablieferung geschieht durch
Hinkleben von Sparmarkeu der betreffenden Sparkasse in dne
Sparkarte. Dasjeweilen vorhandene Sparguthaben bleibt bis ztim
Retr:i^:c von icu) M. gesperrt, d. h. es wird erst und nur im
Falle der Arbeitslosigkeit verfügbar. Der 100 M. überschiessende
Teil der I'jnlagen da^^egen sieht zur freien \ ertügung des Ar-
lu iu i s. ( iratifikati« inen, (ie->chL iik( der .\i beitgeber und Zuwen-
dungen der (ienienidcH kimuen aul Aulrag der Geber der ge-
sperrten Einlage zugewiesen werden. Im Falle der Arbeitslosig-
keit wird die gesperrte Kinlage allmählich zurückgezahlt Die
Wochenbeträge dieser Kuckzahlungen richten sich nach der Höhe
der I''inlage; z. R. würden, wenn diese sich auf wenigstens 100
M. beläntt. wc»chenl!irli s M. an den Arbeitslosen ausgezahlt.
Die mit dem Sparzwang verbnndeueu Kosten fallen äu Lasteu
des Staates und der (kineindeu
Wörrishoffer bcmerkl ila/u. Die in einem Teil iles Pub-
likums gegen die sozialen Versicheruugsgesetze vorhandene Mifs-
stimmiuig richtet sich in erster Reihe gegen die durch sie ver-
ursachte Arbeit und l'mständlichkeit, weniger gegen die Kosten.
(Die.>^e sind bei den l'reiskalkulationeu endgültig ein Teil der
Produktionskosten gewortleni. Die Arbeit und rmständlichkeit
ist aljer bei der von .Schanz vorgeschlagenen Faurichtuug —
') d. Ii. von jenen lu j.^.
weK*^ii des Anschlusses an eine schon bestehende Organisation
weil ;;erin>;er als liei dem \*oll/u^e der bestehenden \'er-
sichernn}j[S};eset/e Auch die Kostenheilräj^e der Arl)eitfjel)er
spielen keine ijrt»lNe Rulle. Sie betragen hei den Baidiandwerkern
nnd Saisonarbeitern der Lölnie und bei der Hauptmasse der
Ar1>eiter weniger. Kiue solche LeiHtinig kaiin der Produktion
7A\r möglichen Beseitigung des von ihr her^*orgerufenen Mifs-
Ktandes wohl zugemutet werden. Auch wenn man sie zw den
3 4*'/« ^l^r Löhne hin/ureehnet. welche die durchschnittliche
Relaslun.i; der Arbeitgeber durch die ^^o/irilcn Versicherungsge-
sel/.e des letzten Jahrzehnts darstellen kann \«»n nberniäfsigen
Opfern niclit «geredet werden. Ivlier wan zu bezweifeln, ob es
zulässig wäre, den Arl>eitern 2 3",,, (den liauliandwerkern 9" „ I)
der Löhne als Spareinlagen zn entziehen. Eine mir einiger-
nialseu weitgehende Beseitigung der Folgen der Arbeitslosigkeit
ist aber fiir die ganze Zukunft der Arbeiterschaft viel zu wichtig,
als dafs ihnen nicht grofse Anstrengung zugemutet werden dürfte.
Zudem bleiben die angesannnelten Ik'itrage ihr ]*!i'^entum. und
es wird den Arbeitern in einem weiteren Zeital)schniU ^iclier ge-
lingen, ihren Anteil an jenen Heiträgen auf <lie Arbeit-t-ber ab-
zuwälzen. Der grölste V orzug des vt)n Schau/ gebotenen \"or-
schlags ist al>er wohl der. dafs erder > Arbeitslosenversicherung«
gegenüber überhaupt durchführbar erscheint, und dafs die Hin-
richtung ohne irgend welchen Nachteil wieder beseitigt werden
kömite, wenn sich etw as Besseres fände. Ks wäre daini nur eine
Aufhebung der Spareinlageu-Si^erre nötig. Die gesamte versiche-
rungs]>flicbti.i:e Arbeiterschaft würde eben mit freiem Spargut-
haben in den neuen Zustand übertreten.
Trotzdem meint Wörrishniiei >iclilieislich sind wir
nicht so sanguinisch, die \'erwirklichung des Schanzischen oder
irgend eines anderen Vorschlags zur Beseitigung der Folgeu
der Arbeitslosigkeit in der Gegenwart und nächsten Zukunft
zu erhoffen T*ine sehr rasche Verwirklichimg würde auch sclnm
dadurch gehindert, dafs die ganze Frage der Hekäm]>fung der
Arbeitslosigkeit für weitere Kreise noch \iel zn neu nnd auch
noch zu wenig geklärt ist. Am meisten aber spricht gegen dii
Wahrscheinlichkeit, ein Gesetz über allgemein gültige Mals
regeln gegen die Arbeitslosennot jetzt durchbringen zu ktinnen,
der Umstand, dafs z. Z. die Stimmung im allgemeinen gegen
ein Portschreiten auf dem Wege der sozialen Reformen ist, da
man findet man habe sich in (lern letzten Jahrzehnt nach dieser
Richtinig so angestrengt, dafs man zunächst lange Zeit auf
seinen I^orbeeren ausruhen dürfe.
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Neuere ErscJxeinungen auf dem
Gebiete des Zeichenunterriclits.
Von PmI Stade in SonderKhauscn.
(Sclilufe.)
2. HtolfMininiliin|u;t'ii.
AI. Kellner uiul Fr. Sieigel, Schule des Frciliandzticliiicn.s.
Anf linind der geKetzHchen Heittininiungcn für österreichische
Schulen, in konzentrischen Kreisen bearbeitet. Wien, A. Pichlers
\\*\ve. 11. St>hn. S ]Iefte ä 1.20. 1.40, 1.40. i,6<). i.(x». 2.40, ^ U. 5 Mk.
nie Hefte sind für die Hand des Ix'hrtrs bestimmt vmd ent-
lialten neben cineni kurzen, jjut j^esclin ebenen Texte den ywm /t iclinen
an (Ur Tafel bestimmten Stott für je ein Schuljahr, der so reiclilich
benies>eii ist, <lafs man un;^efähr y.wci- bis dreimal so viel hat. als
für ein Zeichenjahr nöti^» sein dürfte.
Das Zeichnen beginnt mit dem ersten Schuljahre und i,si in den
ersten vier Jahren ein stig-mographische.s. Der konzentrische Aufbau
des Lehrplanes bringt es mit sieh, dafs von Jahr zu Jahr das Pensum
gewisserniafsen dasselbe bleibt.
Ich kanti nicht leutrnen, dafs das Cian/c Uol/. \iL'ler »inx erkemi-
b.'irt-n Sdunihc iien einen recht trauri}xt-n llindnuk auf mich ;^^einachl
hat. -Man denke nur vier Jahre sti)im().öTaj)hisclu n Zeichnens, iuinu r
wieder mit denselben nur wenig geänderten l urmen des geometrischen
Ornamentes. Als einziger wirklich nennenswerter Unterschied kann
nur die von Jahr zu Jahr gröfser werdende Spannweite des Stigmen -
netzes bezeichnet werden.
Wo soll da die Bcgeistenmg für das Zeichnen hcrkDUunen?
^Vas kann die sehr gute - ja mustergiltige — Auswahl der \ orbilder.
was die geschickte, wohldurchdachte Anordnung in konzentrischen
Kreisen gelten ijei.' uiiüber der < )dc und Trockenheit, die sulclur
l'ulerricht auc h im besten l alle für tleu Schüler bringen niufs. Solcher
I^hrgang und solche Übung kann die Phantasie nicht anregen, das
uiufs sie toten, A'oUständig abstumpfen und die Liebe zum Zeichnen
ersticken.
Die Schuld mag wohl auch viel weniger bei den Autoren, als
in den bestehenden X'erordnungcn /n suchen sein ; traurig aber bleibt
die Sache auch dann. Man hat ja nun ganz andere Mittel für einen
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l'Uttl StH>l<<.
m früh dti»<rt/.vn(k>n Zdchenunterricht — wie /.. II. (Ia.s Ztficlineii iiacli
Stabchen oder von schenmüsicrten Lehensfonncn - die bildend nnti
atin et tnl in liohcin Maf.se sind, waniin hanj^t man denn nur s<> ent-
sel/lioh /.aliL- an (kr vSti;;;nio;^raphic' tVsl
iVts vDihcirt thU- W trk bietet sonst viel Schönes. f1t( Hefte n S.
weklu in «las wuk'noh freie Zeichnt-n einfiilircn. /ti^(.n <iiii cli.uän.uij^
j^ute l'ornjen und einen ani^einessenen l-OrUsclu itt vom I.eiolilen /.um
Schweren, ja selbst die ersten Hefte sind in ihrer Art recht >,Mit. und
ich habe noch rie ein stij^nuigraphisches Werk j^esehen. das einen
so vorteilhaften Kindruck K'^^i^i^cht hätte wie dieses.
Heim Körperxeichnen scheint mir das Drahtmockll auch ein
St) traurijifer wie fraglicher Nothehelf /u selir bcrikksichtii^t. sti l
mich Itei «k-n X'ullkörpvni will mir die itnnn r wiederkehrende I tiler-
sicht nicht helia^eti. I-s isl unnalürli» !i \\«. iin man die Körper hän.v't.
statt sie zu stellen, und noch unnatürliciKi . wenn man sie über Augen-
höhe der Schüler hänj^. So etwas verstöfst gej^en ein gesundes
ästhetisches Empfinden und sollte schon aus diesem Ctrunde ver-
mieden werden.
Der Stoff fiir das achte Schuljahr ist in einer jfrofstren Majipe
Ues.immelt und l)esteht zu weitaus j^röfstem Teile ans sehr schönen
farbij^eu flachornamentalen (lebihhMi
'Prot/ aller aniri-fü Inten Manj^cl ist nicht zu verkennen dais wir
CS hiei niii einem \<>rnehmcn, gut durchdachten Werke zu liiun haben,
einem Werke, wie es deren in unserer so überans schreib- und /.eichen -
lustigen Zeit nur wenige giebt
Adam Hehneidflr, Vorstufe des Orn amen tze ich nens im Anschlufs
tu natürliche rflanzenfornu n. Praktischer Lehrj^anj^ für Zeiohen-
lelirer an mehrklassi^en N'olks-, Hürj^er- und Mittelschulen, wie
zum Seibstunterrichte für .Anfänger im Ornament/.eichnen.
Ditstkn. (■» (»rii- Hertz.
Praktisch und gut. das ist das I rteil, uul dem man das lUich
zuklai)pt. das den Verheifsungen des Titels in der That entspricht.
9.^ Figuren bilden eine fortlaufende Kette von Darstellungen von
Blättern und Bifiten, deren erster Teil jcunächst nur geradlinige
Formen enthält, von denen später stu genauerer Darstellung über-
geganjjfen wird.
l\ine irewi^^f. nber sehr malsvolk- .Stilisierung; ist bui allen Hei
spielen zur .\nwendun«.; i[ebrachl. <l')rh liilst sich deutlich vi-rfoliren.
wie dieselbe mehr und mehr tkr realistischen Auiiassun^'^ weicht
Jedes Blatt und jede Blüte ist auf eine geometrische l i^ur jirebaul.
deren Folge allein sclnm den üblichen Lehrgang verkörpert.
Die voni Verfasser in Aussicht gestellten Wandtafeln erscheinen
mir durchaus nicht uoti^^ denn da er selbst empfiehlt, die Betracbtuni'
v<nn };ei)rcfsten Xaturblatte nisi^ehen zu lassen, ist liue W.indtafel
für di u Lehrer, der zu zeicl.iu n \ ersieht. <;anz entbehrlich und k.inu
nur geeii^nel sein, die Aufmerk.samkcit der Schüler vom natürlkhcn
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Kfnorr Kr»4>hriiiHiMr«n «nf d«in flebi^le dttt ISeirbrnunlmirlil».
Hlattc al)/.uktikcn. I'ür solche abL-r, <lic tiiclil /.L'icliii<.M köiiticti, be-
darf t s «Kr W aiKltafdn v:U iclifalls niclit. «leiui wer « nicht kann, der
soll am h kciiKU Xt- 1( lu inintt-rricht erteilen.
Albert Kornhai«, Zeiclieiilelirer am (fvamasuini /.u l-rciburg i. Hr.,
Praktische An leitttn ji; f fir den Zeich en niitcrri cht an
Volks- nntl Mittelschulen, Gewerl>e-, Töchter- und Frauenerwerlis-
schulen. Freiburji:, Ilcrdersche Verla^sliandlunjr. Ausjral)e fiir die
Hatul <K^ Lehrers. 6 If^fk- ä 40 Tfg^.
Was der Titel vers])rubl. <las hält der Inhalt der 6 Ileflcheii
tiicht. denn st:'tt einet prakliscbrti Anleitunii für die Mrteilnnjr des
Zeiolu nunlei ricbtes. wird nns eine allerdings rei ht si hoiie
Sanuniun^i von Motiven fiir derselben, ein Lehrplan in Hddern ge-
lioten.
Der begleitende Text ist jpit Keschrieben, aber er hätte durch-
ji^ehend ausführlicher sein müssen, namentlich ist es lebhaft xu be-
«buiern. dals selbst leise A iidrutun^en über die Weise, in welcher der
\ erfasser seine Aufgaben behandelt wissen möchte, fast j^anz fehlen.
Ivine /i! (Ulli Lehrgänge j^elioiiL^i Ans^^abe vnti pfr<ifsen Wandvor-
la^en ist woiil in Aussicht t^i nonnnen, liejjt aber nocli nicht vor. und
so wäre der Lehrer also darauf angewiesen die Zeichnungen an «ler
Tafel zu entwerfen, ehe er mit den Schülern in eine Besprechung
eintreten kann, das ist aber mifslich und zeitraubend.
Heft I enthält zunächst Vorübungfen mit geraden und krummen
Linien, auf welche scheniatische N atiirfomien folgen. Diese letzteren
sind ganz, vorzüglich und dürften ein sehr brauchbares Lehrmaterial
bieten, leider fehlt nbcr jede Andeutung, wie der Verfasser sie im
I nterrichte behandelt sehen will
Ich vermag nur nicht vt>rzustellen. dals es richtig wäre, wenn
man die.se Dinge nach Wandtafeln oder nach einer Tafelski/ze deÄ
Lehrers zeichnen liefse. würde aber das Lehrmittel sehr gut finden,
wenn durch Betrachtung des («egenstandes selbst Formen, wie die
vorgrcführten. gewonnen wurden. Wer sich cntschliefsen könnte, in
diesem Sinne zu arbeilen, der niüfvSte — davon bin ich überzeugt —
an diesem Matirialc irrofse Freude erleben
Auch die lilätter, Hlunien und R«ASelttii des zweiten Heftes
liefsen sich wohl im Anschlüsse an die Xatiu l)ehandeln. und das ist
im Ganzen wahrscheinlich auch die .\b.sicht des Verfassers, der das
natürliche Blatt stets neben die abgeleitete Form gezeichnet hat.
Hier thäte es freilich die Wandtafel auch ; lebendiger und anregender
aber würde der Unterricht gewifs, wenn die Naturfomi selbst zum
Ausgange der Besprechung gewählt würde.
Aufserdem enthält dieses Heft wieder eine Reihe vom schema-
tischen N.iturformen, die recht rei/vol] sind, l)ei denen aber leider
auch nicht gesagt ist, iu welclier Weise sie im Unterrichte behandelt
werden sollen.
Heft 3 ist der Schneckenlinte und Spirale gewidmet und ent-
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liält ciilsjircciiciulf und reiclilichc i^niele. deren /A-i». hiu rischc Wic-
d«.r}^al)c für il.i.s Kniiiicii iles Schülers auch nirgtftids xu grofse
Sclnvii. ri-lcriten hietcti kann.
Nun spallft sich die Samnilnnir IIt'fl4 '"^t für die Knaben. Heft
5 für Mädclien bestimmt. heiUe sohenrcn mir in Auswahl und Anord-
mini; gleich ^ut und branchbar. Das letzte Heft endlich ist für das
Linear- und ProjektionsKeichnen verständig anj^eordnet und dürfte
für die nnji^egebenen Zwecke vollauf genügen.
Dan ganze Werk ist dnrchntus zn enipfelilen. es enthält einen
I.ehrijan.ix von selten Vinter Auswahl. I>f in \'< rf tsst r ni(H-hte ich
drijij^end raten, bei einer Xenanflaj^e dem Icxle mein /iu.sdi'linun^.;
/n ^eben und dem /eiclinen nach dem (icgcnslundc selbst - wenn
er das nicht schon heabsiclitigt hat — s«ne Aufmerksamkeit zuzu-
wenden.-
Ph. 8ehmidt, I^ehrUcfte für gewerbliches Zeichnen. Zweite««
Heft, rrojektionsjseichnen. Hannover. Karl Meyer. Preis 45 l*f.
Mir Handwerker- mid I'Orlbilduni'Sschulen ein sehr branchb.jres
Büchlein, w i Ii hes sich jeder an solchen Schulen unterriciitende Lehrer
anschaffen s*-ilUe. In sehr einfacher, und doch deti Hedürfnissen xoll
entsprechender Weise, wird hier die Projektion geometrischer Körper
(vier- und .sechsseitiges Prisma mit geradem und schiefem Abschnitt
I*}Tamide. Kegel '»nd Cylinder)» nebst den wichtigsten Schnitten durch
dieselben, gelehrt. Nirgends geht dabei etwas über das Wrständnis
und die durchschnittliche X'orbildung der ins Auge gefafsten Schüler
hin.ms tnul doch ist die Darslellung eine so /ielbewtjfste. dafs die
SchüUr nach liew ältigung dieser A\ifgaben vollständig genügend für
da.s eigentliche l-ach/eichneti \urgebildet sein mü.ssen.
Über letzteres unddieArU wie es an die Projektion anzuschlieisen
ist giebt der Anhang Aufschlufs, der einen sehr ausführlichen AuvS-
.zug aus den Lehrplänen der Handwerkerschule /«n Hildesheiiu bietet
deren Direktor der \ erfasser ist.
Fr. (JralMMg. \V erk ri isUh re für Lehrerseminare, (icwerbe-
und -M lUel schulen. II. Heft. Kla.ssenaufgabeu für (Vrund- und
Aufrisse. Zürich. Orell l'üfsH. Preis 1 M.
Die zwölt sauber ausgeführlen Tafeln mit lirund- und Aufrissen
nebst den für das Verständnis der Struktur nötigen Schnitten be-
handeln die für Werkrisse gebräuchlichen l'ormen in mn.stergfiltigcr
Weise. Der \ erfa.sser betont mit Recht die Wichtigkeil s< »Icher
t'bungen und zeigt an seitieii Ikispielen. wie man auch diese Auf-
gaben im Klassen (Massen I Cnlerriclite K icht /u bew.'ihiijrii \ i-rniag.
Nicht auf d.i«- r/cicbncii wi'inschl er <iai)ei den Nachdruck gelegt,
.sondern vorneiimbch aui die Lrweckung riluudicher XOrstellungen.
In unsem Seminaren - der Verfasser ist ein Schweizer — bliebe
für solche Übungen wohl nicht Zeit genug zur Verfügung« denn wir
.sind froh, wenn wir das Nötigste erreichen; für den Unterricht in
l'ortbildungsschulen aber bietet das Buch ein geeignetes, schönes
Lehrmaterial.
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Tli. A. U illijr. St inmarlehrcr iti Iloniherg. i' :i so Ii c n h u c Ii für
Z e i o h c n lehr e r. JJrcslau, Fcnlinand Hirt. I'rcis 3,50 M.
Das tfiX ein schönes und durchaus brauchbares Ruch. Ucr kur/.c-
Text ist eigentlich nur eine j^edrän^e Inhaltsangabe. Rehandelt wird
das }^anze (tebiet des Zeichnens in der Volksschule, und /m at mit
ciiKi solchen ( irnndliohkeit, dafs sich aus dem <'>ehotenen bequem
sechs I.ehr.ijänjjre bilden lassen. Das ist ein iiii lit yerin«; an/nschla«ren-
der l-"aktf>r, denn »-s tiewährt dem Lehrenden .Sj>ielranni ifc-nn-.r ■^ieli
ilie lUispiele tiaeh <leni atij^cnhlu klichen Herlürfnissc und nacii seinem
<ieschinacke au.s/nwählen. Die Ausstattuag <les Büches ist einernte.
3. Scbriften fttr die Fortbildung.
ii. Cons, Professor am Kgl. Katharinenstift xu Stuttgart. Die wich-
tigsten (Tesetzo der Perspektive in ihrer x\nwendung auf
das Zeidinen nach der Natnr. Stuttgart. Konrad Wittwer. 2.50 M.
Min I i-hrbneh der Perspekti\ e ist es nicht, aber ein ^ «>r/nj»^liches
llili^uiitlel iTiT jeden rb r \nfn;diTnen \or der N'alur nineben will
iin«! sich perspcklu iscii doch nicht ijan/ sicher fi'ihlt. l iut gewaiiite.
sehr malerisch behandelte Beispiele erläutern eine populäre, durch-
aus fafsliche Einführung in das Wesen und die Oesetxe der Perspektive.
Aber nicht nur dem xcichnenden Xaturfreunde, sondern auch
ileni I.elirer kann das kleijie Werk vf>n j^rofsein Nnt/en werden.
Der Hetrieb des Kr)riHr/eicluiens in «U r Schule wird einem Lehrer
-■ tler nicht die ni>tv, ( ndi'.an Kenntnisse in (kr f'erspckti\ e besitzt
last /.nr I nniögliclikeil. weil nur diese ihm die i.ische und sicher«.'
I'ruuini^ der Arbeiten seiner Schüler erlauben. Die Perspektive nach
einem f^ehrbuchc — dem stets etwas Trockenes anhaften wird — zu
erlernen, ist aber nicht jedermanns Sache, weil die.se Wissenschaft
viel, sehr viel Zeit in Ansj)ruch nimmt und ungemein schwer ver-
ständlich ist Züdc 11: sii'.d alle diese Lehrbücher für diesen Zweck
auch viel /.u weitgehend, »las \ orliegetKlr Hnch aber eiitlifdl alles,
was niiin \'>r. der !'ers])(-kti\ e wissen muls. wenn man mit l.rfolg
den LnlenKlii 1111 k()ri>er/eichncn erteilen will, und \ermeulet dabei
alle überflüssige Betonung des Wissenschaftlichen.
Ich habe mich her/Jich über das schöne, durchaus angenies.sene
Buch gefreut und glaube, dafs es einem lange gefühlten Bedürfnisse
vollkommen entspricht
FeniUT. <',(>/ ei eil n et e und geschriebene t <liv hte {'rster Teil.
Auch diu Singspiele, auch .\uf.schlüsse tiir .Infäni^er und Künstler
itn /eicliiu 11 Zürich. Oiell l'ül'sli. 2 M.
- . La \ igneile. Tome 1. 500 De.ssins. Zürich. Orell l-üfsli. 1,40 M.
— . Xotio's pour Dessl natcurs et peintres. Zürich, Orell rüf.sli.
2 M.
(ielegentlich unserer vorigen Besprechung lag uns auch lin
höchst originelles Werk I\nners vor: Zeichenunterricht duieh mich
seU).st und andere , das durch .seine l rvvüch.sigkeit in. Bild und Wort
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34^
PmuI St«(tt>.
ift-ratif/u verblüffend wirkte. Die drei oben ^^^eiianntcn W erke —
alle in dneni Jahre etitstanclcn regen in «gleicher Weise wie jenes
stti absprechendem Tadel, wie au liewiinttenideni Ix>be an. K.s ist
ein franz eigener Stil in dem Penner schafft, ein StiU der allem Da-
tfcwesenen ins (lesieht sohiri«:! und in vielen Fällen nieht anders
wirkt, als <lie >(ele<jentliehen Schmierereien nnserer Schiller,
f 'tul floeh würde man sich i^'^ar sehr täuschen, wenn man iimehmen
Wiiiile, es hier nnt iryfetid einem Schmicriaxs zu Ihtin /u haben; im
(iegentcil leuchtet aus allen diesen bi/urrcn iJinj^en ein feines künst-
lerisches Kmpfinden, eine seltene Kraft der Darstellung heraus.
Das Manirierte der Zeichnunj^en i.st tum groCsen Teile Absicht
darauf berechnet. Atifsehen /.u errejfen. und wenn der Künstler darin
auch manchmal s<> weit ixeht. dafs seiiu Schöpfung^ y.ur lächerlichen
Kan ikatnr wird, so sind doch auch wieder Perlen von seltener Schön-
heil unter den \Kleii Zeichnunt^en
iJas tollste Zeug siml ilie dediclile und Singspiele, aber selbst
bei diesen wird man stets von neuem veranlafst, das Buch zur Hand
7.U nehmen und darin zu blättern. Ks ist ein Sorji;enbrechcr, von so
unwiderstehlicher Komik, dafs man verj^ehHch danach streikt, die
ernste Miene des Kritikers festzuhalten, der j>:eschnebene Teil wirkt
|fera<le/.n zwerchfclK rsrliüttL riul.
J'!rnster .siiul ilii Ijeideu ;iufKrn Hücher gelialteii, und die Molns
enthalten sogar last durchgehend sehr schöne, auch weiUius l)esser
gemachte Zeichnungen.
Für die Schule sind solche Din^e allerdings nicht, aber »tm
eij^enen Studium möchte ich sie doch lebhaft euipfehlen. Sie sind das
äufserste, was die revolutionäre Bewc^nni; nif dem (Gebiete der Kunst
xutafi^e gefördert hat, und regen %um Nachdenken an.
A. Lehiiiann, Merkstoff für den Zeichenunterricht, hjn Wieder-
h(-!iini;><burh für die Hand der Schüler. Heft i. ( ieratUinigc
uiiil kl uiinnlnii-v !*"lenientnrfonnen. Halle. Pädagogischer Ver-
lag von Hermann Schrodel. 15 Pf.
In seinem fröher an dieser Stelle besijrochenen Werke Prä-
parationen für den Zeichenunterricht weist der Verfasser auf dieses
Büchlein immer wie<ler hin und xetgt, wie er dasselbe im l'nterricht
Verwertet denkt. l-!s ist gar kein übler Cedanke dem (ieclächlnisse
des Schülers mit einem solchen Mittel zu Hilfe zu konnnen, denn er
wird natürlich so leichter imstande .sein, sich den Gedächtnisstoff
einzuprägen.
Soweit dürfen wir mit dem Hüchleiu ganz zufrieden sein, als
Fehler aber, und der Verbreitung hinderlich, ist es zu betrachten, dafs
der Verfasser zu sehr für seine eigenen Schüler geschrieben hat.
Hin nicht unbeträchtlicher Teil des Inhaltes ist auf einen bestimmten
Lehrgang und eine eben so bestimmte Weise der fschematischeii)
Ilerstellung der Zeichnung bezüglich.
1 »ie.se Stellen wären be.s.ser ganz fortgeblieben, oder sie müf.sten
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Vruw Kr«p|i«lnunf;rii nof (l«n <]<*b1cte dvn Ki'irhrmmlprrirhtii.
(loch soweit veralljrciueincrt wcnkii, <l;ifs sie einer Benutzung <les
Hiiclu-.s i>ci andc-rni I.clir^aii^^c nicht im \V(.*y,e släiuien.
Verzeichnis i>mpfelilen«wurt€>r Werke f ü r d c n Z u i c h c ti u n te i r i c Ii l
an allf^emein bildenden Lehranstalten und Fortbil-
dung«; .schul en. Zusamniensrestellt von einer CoinmisKion des
Vereins Dresdener Zeichenlehrer. Dresden, A. Müller. Fröbelhans.
lune kleine, recht nett geschriebene. Abhan<llnn^' über das
Zei'clitien in der X'olkssch üIc dient als I'iiileitnnji;. der dann das \'er-
/eichnis fol'jft Dieses isi /ull.i^■h'^t in /a\ ei ( »ruppen — für nllifeniein
l)ildende Schulen und lür hachschulcu getrennt, deren jede wieder
besonders nach den verschiedenen (;e{renstanden j^eordnet ist Der
blofsen Aiifxählunj; folgt eine nocfanialifrc Anführung mit kurzer,
aber ausreichender Inhallsaiigabe.
Die Auswahl der empfohlenen Werke ist eine j^ute. und das
Kan/.e CiUt. i nehmen nnifs als einem offenkundigen Bedürfnis «. iit-
sprecheiid I >i /i iehnet wcnleu. Je mehr die IJtteratur des haches
anscliuiilt, desto dringender ist ein solcher Wegweiser nötig, und
voi J. ihren schon habe ich darauf hingewiesen, wie gut es wäre«
wenn eine solche Arbeit — weit umfangreicher als das vorliegende
Schriflchen untemomnien wiirde.
4
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344
^k4>or BüchiT and Aufintzt».
Neue Büclier und Aufsätze.
aj Bücher.
Appell US. Su»al«auw., I bfl" die
verbrecherische und verwahiioste
JutTond. (;,oS.i DiisscUlorf, I„ Vofs
u. Co, 0,30 M.
B e r järem an 11 , I>r. Paul, Die drei
1'iiii.l.r.iunl.a] I'r. .!i!c::u' der Tfuhi-
Ijui^ik u. ihre theoretische Lösung.
(72 8.) Lcip/.ii;, (). Klemm. 0,80 M.
H r ii ;r t: ni a n n . i,,.hr., 1 *r.. ( )rjja-
nisaliou un<l I. ehrplan der mehr-
stufi^^en \'i>lksschule nach den
Forderun j^^eti der (lejfcn wart.
S. ni. 4 Tab.) Berlin, L.Öhmij^ke.
2 M.
Sclitilri>kl«r, Dr. A..
Schrägschrift oder SU ilschrifl '
U is.scnschaftl. Begründung einer
naturpremäfsen Schreibschrift von
5S" mit Ikklming iibcr (bc (ic-
.Htaltun^ der liuchstaben usw. ^30
S. ni. Taf.) Bromber^, Mittler.
o.Si) M.
(irots. j,«iir.,J.. Die \ eranschau-
lichuntf beim jjrundlegenden
Rechenunterricht. ( 1 2oS.)München,
M. Kellerer. r.50 M.
Martin, V. u. (). Schniidl.
Raumlehre für Bürgerschulen.
Mittelschulen und vcrwnii<Ue .\n-
.staltcn. Nach I-ormengeincin'
Schäften bearbeitet, i. Heft: Der
Wohnort. (\ ni, s<, S. ni. 65 Fig.)
Dessau. K. Kahle. 0,60 M.
Martins. Prof. Dr. Götz, Bei-
Iraj^e für l*s\ clu^Ioj^ie und Philo-
.supiiie. I. Hd. I. lieft. 1159 S. m.
17 FiK i l.eip/.iK;. W. ICnj^elniann.
I M.
Rtinke. ücktor, Wilh.. Orjjfani-
sation und J.chrplan der hkIii
Stufigen Volks.schule nach den 1- < >r
dLrtini;x-n lUr (k-j^einvart. |128S.>
iterlin, 1.. (»hniigkc. i,«x) M.
Schäfer, Friedr., Arbeitskraft
mitl Sihulr \ier pädagoyi.sche
.\bhantUungen aut physiologischer
<;nindlage. (.^^S.) Frankfnrt a/M.,
Kessel rinu ".^J M.
Wundt. Wilh., (Irundriis der
Psychologie. (X\*l, .»y^S.» Leiiv.ig.
W' Kngchnann. 6 Sl.
hl Aufsätxe,
liruch. 1'.. Indix idu.ililätenliste
odernicht? il5.i\ r I.c Im rztg. 12—
!.p. Nürnhcri;, Tünimel.
l'rce, Heinr., Der ( tcsichtssinn
und seine hunktion. illannov.
Schulzeitung 15— i8j. Hannover,
llehving.
^ (.lauires, J., Diegenieinschaft-
Hche Erziehung der Knaben und
Mädchen. (Schulbl.d.Prov.Sachsen
13). Mairdeburg, Neumann.
^Knilling, Rud., Beiträge /.ur
r^ösung der wichtigsten rechen-
methodischen Streitfragen, (l.i
(Üsterr. Schul b. j). Wien, Pichlers
Wwe. u. Sohn.
Mende, K.. Das Prinzip der
Naturgemäf.shcit iRh. Bl f T'nt.
u. Hrz. 2). Frankfurt ayM.. Diester-
Weg.
Meyer. Job., Kberhard von
Horhows Iledcutung ffii das preufs.
\ t»lk.s.schulwesen. (D. Schulztg.
1^—17). Berlin, Öhniigke.
' M üller. R.. Die häusl. Schul-
aufgaben. (N. päd. Ztg. 14. 15).
Magdeburg, Jeiisch.
Otto, K., Der Königbauersche
Refonm rirschlaii^ im Lichte der
evolutionistischen Pädagogik u. :
FZrwiderung auf die Kritik Ottos,
\ Mii Köiiigbauer. (Rep. d. Päd. 6).
L'hn, Hbner.
Tonps, Tnigestaltung der Bib
dunK^/Hle der Volk.ssclmle nach
den borderun^/en der (legen wart.
(N. Wcstd. Lehrer-Ztg. 50 — ^2).
Klberfeld. Born.
W i u c , H ( liebt es Phantasie
Vorstellungen.* (hVankf. Schul/.tg.
7.8). Frankfurt a/M., Neumann,
Wals e m a n n . Begri ff un d Auf-
gal)en der b:r/,iehung durch den
Unterricht. iRh. Bl, f. Krx. u. Vut.
2). Frankfurt a/M., Diesterweg.
N. N., I'estalo/./i und Basedi»vv.
l'.inei)ädagogische Parallele. ( Allg.
D. Lchrer/.tg. 15—17). Leipiiig, l'\
Klinkhardt.
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• » . * • • ^.
Neue Bahnen.
— ^ PÄDAGOGIUM.
MonatstcbrHt für Haus-, Schul- und GesellscNafls-Eniehang.
Heft 7. Juli 1896. VIL Jahrg.
Scliweizerisclies YoÜLSscliulwesen.
\'on Rudolf Dietrich in Kandem (früher in Zürich),
(Fortseteungr.)
II. Die Volksschulen der Kantone.*)
I. Rück- und Vorblick. — 2. Ver^^leichende OberRichten. —
3. Gruppenbilder.
I.
Der erste Teil unserer Abhandlung hat den Leser in
die bnnlen, vielfjcstaltitj^cn Wrhältnissc der scluvcizcrisclien
Scliulpolitik anschaulich cin«;cführt, mit den treibenden und
hcnnncndcn Mächten bekannt «^cniarlil. Ivr hat im besonderen
,<^i./ei.Li;-t : die Mehrheit der Seli\vei/Arl)ür_L;i.r he^t nicht das
liedürlnis oder den \\"unsch, das Volksscliulwc sen aller Kan-
tone in höherem Sinnt. , niil dem Ausblick nach einem höheren
Ziele einheitlich und ^^leichniäfsig zu regeln. Ja eine solche
Umgestaltung des Schullietriebs, der Erziehungsgrnndsatüe
und -Mafsnahnien stand, obwohl sie die berecliti<;ten Eigen-
tümlichkeiten der versclneden gearteten Bundesgebiete un-
angetastet lassen würde, niemals ant der Tagesordinmi;'. -)
Was wirklich gewüusehl wird von verschiedenen »Seiten, ist
eigentlich uicht:> Neues. Man will bei dem allen (lefäfse
und bei dem alten Inhalt bleiben und diesen auch nach der
alten Tischordnung verzehren lassen. Aber eine etwas bessere
Sorte wünscht man für (lefäfs und Inhalt, gröfsere Mafse,
möglich viele Zugaben. Und die kleinen Gäste sollen sich
wohlbi finden beim Verzehren. So in allen Gauen, weim
aneh nicht in allen ganz gleich. T>icjenigcn, welche das
erslix ben, begegnen nun aber den .^K'Usten vSelnv ierij^ikeilen.
Warum? Weil sie liundesgelder verlani^cn. Über die Bundes-
•i (IcsoIuiMhh l'tHlt April iS</). — \ jri. (len I. Teil im Maiheft.
Dort sind mehrere störende Druckfehler stehen gcbhcbeu : S. 2^7, 38,
44. 55. ÄJ.
'^1 W'.is TIiU\ / IV ln"er j;anz IVfqilut in der Wiiste — ge-
.schricbcn, ist wohl in ethclicu Zeituu^cii hcsiirochen und gelobt,
dann aber verge.ssen worden. — Realpolitik!
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Rudolf Dietrieh.
gelder entscheidet zuletzt die Mehrheit des Volkes. Und
diese "NTehrhcit haben jene nicht für sich. Sie wurden sie
vielleicht haben oder erwerben, wenn das Volk nicht in so
viele Parteien gespalten wäre, nicht nach ParteilosniiL;en
stiuiuicu würde; wenn tUc Tartcicn nicht herrschten und
wirtschafteten im Irande, nicht Richtung und Lauf der
Politik bestimmten. Ja wenn — was man doch erwarten
dürfte — eine grofse Volkspartei vorhanden wäre, stärker
als alle anderen zusammen! Allein selbst die kirchlichen
Parteien sind in der Schweiz noch zu mächtii^^. Hder wetni,
wenij^stens üljer der deutschen vSchweiz, ein freier Krzielinngs-
rat waltete, ein Rat der Weisen, dem sich alle fniwilh^L,^
fügen möchten! Vielleicht könnte die Bildungskommission
der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft dieser Rat
werden. Jetzt aber gilt sie, wie es scheint, nirgends viel»
am wenigsten bei den Volksschullehrern.
Auffallen mufs die bedeutende Rolle, welche letztere in
der Geschichte des Streites um die Pundesgelder spielen:
sie haben die stanze Pewcijnnq; angefacht und Jahre lan«^ in
Atem gehalten, Volksveröanunhingen veranlafsl, mit Ihi.iiles-
räten verhandelt n. dgl. Diese Tatsachen veranschaulichen
zugleich die erheblich freiere Stellung, welche die Mehrzahl
der schweizerischen Lehrer den deutschen gegenüber innehat
Aus den Wünschen und Forderungen endlich, welche in
den vielfachen Verhandlungen aufgestellt worden, ersieht
man, wo es und was den schweizerisc hen Volksschulen nneh *
fehlt, oder zu fehlen scheint.') Glücklicherweise hat nianelier
stark betoute Mangel nicht viel zu bedeuten. Zu den ]{igen-
tümlichkeiten etlicher schweizerischer Schulmänner mit grofscm
Anhang oder gewaltiger Stimme gehört eben auch — wie
aus mehreren Abschnitten des I. Teils hervorgeht , dafs
sie ein Schw'crgcwicht auf Unwesentliches, Neltensäehliches,
ja auf Dinge vnn zwcifelhaftcju W'erte legen: man denke
an die Überschät/un<^ der Lehrmittel imd Schulmaterialicu-
und der ^Rekrutenprünuigen-I —
Die folgenden Abschnitte nun handeln von den Volks-
schttlen, wie sie sind. Sie zeigen in jedem Kanton ein
anderes Bild. Auf dem mir sehr knapp bemessenen Raum
kann ich freilich nicht alle in ihren Kinzelheiten darstellen.
Nicht einmal alle Gruppen. Dafs sich solche l)ei 25 Kan-
tonen — bilden lassen, erscheint trotz der i^rnfscu Mannig-
faltigkeit selbstverständlich. Ahnliche Lebensbedingungen,
Vi Hii1>(.r hciucrkt ü])ri-r)is i^cleucnllieh (in seinem Jahrbuch
für S. 47): Jeder Kaiiloii richtet sich mit Ikzug auf tUc Schule
in .seinem llau.se .so ^ut ein, al.s es die Umstände erlauben und als
das Bedürfnis es gebietet.«^
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347
ähnliche Schulen. Die Bodeng^estalt und Oberfläche des
Landes, das \'erliältnis zwischen kleineren und gröfscron
Ortschafton, der Bewohner Volks- oder Stanimesart, Religion
oder Konfession, vorherrschende Krwerbszwei.ufc oder Wirt-
schaftsniittt 1 übtn einen «[^-ewissen Einflnss auch anf Er-
scheinnnjtj nnd Wesen der Schule aus. Wer also diese gerecht
bcnrteilen will, niufs jene Bedingungen sorgsam in Betracht
ziehen.
Welcher Vorteile erfreut sich das Hügel- und Mittel-
gehirgsland dem Hochgehirgsgebiet gegenüber hinsichtlich
der Ortsentfernnngen, Verkehrswege, Witternngsverhnltnisse!
Alles Umstände, von denen Schnldaner, Schidhesncli , die
ganze Schnlordnnng mit abliruii^en. Sodann ist es eine auch
ihren Ursachen nach allgemein bekauiue Thatsache, dafs in
Städten nnd Industriegebieten die Schule über günstigere
Rännie verfügt, eine reichere Ausstattung erhält, mehr und
mehrerlei Lernstoff l)ietet, also (im gewohnlichen, nicht iiunicr
richtigen Sinne) besser ist als anf dem Laucle und in
landwirtschaftlichen (tegenden nnd dals die Städte dort,
wo sie nberwiej^en, den Ton aiii^eben, mit ilirem (ieiste im
guten nnd schlimmen Sinne auch das Land anstecken,
l'^erner: die Cjermanen betreiben ihre Sachen gründlicher,
stellen weniger volle, glänzende oder bestechende Programme
auf, lassen weniger blofs anf dem Papier stehen, als die
Romanen, während diese sich schneller fürs Neue erwarmen,
das Moderne, oder was modern zu werden verspricht, rascher
einführen. Hndlieh: in rcformirten Landen ist das Schul-
wesen weiter vorgeschritten al> in katholischen, und je mehr die
Kirche au Macht eingebüfst hat, je weniger Einflufs sie auf
die Schule ausüben darf, desto günstiger kann sich diese
entwickeln.
Wie die Schweizerkantone nach Gestalt und Oberfläche
ihres Landgebietes zu ordnen wärer, lehrt ein Blick auf die
Karte. Ks sind dalier nur die foljrctiden Ani^aben nocli
notwendig. - Städte mit mehr als ti >,( >< k) I'.inwolniern zählt
das Land im ganzen 15; sie oder klein«. re Städte oder stadt-
ähidiche (iemeinden haben das Ubergewicht in den Kantonen
Jiaselstadt (wo sozti.sagen die Stadt der Kanton ist, denn es
gehören nur noch drei Landgemeinden dazu), Genf, Neuen-
bürg, Zürich, welche zugleich, im Verein mit (ilarus, Appen-
zell- Aufserrhodeu luid St. (lallen bedeutende Industriegebiete
darstellen. TlnRu rcihdi sich an Baselland, Solotliurn, Zug
nnd Api)en/,cll-lnnnerrhoden (hier han])tsächlich Stickerei als
Hausgewerbe). Auch der Tliurgau nuch hat ansehnliche
Industne; doch nähren sich nahezu ^j^ seiner Bewohner von
der Landwirtschaft Ähnlich im Kanton Bern (wesentlich
23*
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348 ■^«'•tf Dtetrieb.
iudiistriell im Jura, abgesehen von den Städten Bern, Biel
und Bitrqdorf). Dagegen leben in den Kantonen Sclmff-
hansen, Aargan, Waat, Nidwaldtn, Scli\v>/. Lnztrn schon
mehr als */r,, in den Kantonen Tcssin, Giauhüudcn, Uli,
PVeiburg, Obwalden (58 ''/q), Wallis (7^",,,) aber mehr als die
Hälfte der Bewohner von der I^andwirtschaft — Sehen wir
weiter nach den volksgenossenschaftliehen oder sprachlichen
Verhältnissen. Soznsagen ganz wälsch ist nnr der Kanton
Tessin. Denn selbst die drei gewöhnlich schkchthin fran-
zösisch genannten Kantone Waat, Oeni nnd Xcnenbnrg
haben (nach der letzten Volkszählnno von iHvSSi 10, n und
21^/0, Freiburg und Wallis 31 nnd 32*^/y Deutsche. In
Graubündeu halten sich Deutsche (44 '7o) und Wälsche (Ro-
manen nnd Italiener) fast das Gleichgewicht Der Kanton
Bern zählt 16 '•/^ Franzosen (im Jnra). Die übrigen 17 Bun-
desgebiete sind einsprachig, deutscher Zunge. — Hndlich die
kirclilichen \''erschiedenheiten. Die stärkste refonnirte
Mehrheit habt-n Apjienzell-A. nnd Waat. Mehr als io"/„
^Kathohkcn zählen Zürich, r.ern, vScliall'liausen, Neuenbürg,
mehr als 20^/0 Glarn.s, Baselkuul, fast 30 "/g Thurgan, Basel-
stadt — umgekehrt mehr als io*/o Refonnirte Freibnrg,
mehr als 20^/« Solothum. Der Aargau hat 44, Graubüuden 45,
Genf nahezu 50, St Gallen 60"',, Katholiken. Die übrigen
9 Kantone dürfen als rein katholiscli angesehen werden.
Ans diesen Angaben kthmte man auf den Stand des
Volksschulwesens in den verselnedenen Kantonen schliefsen
und letztere darnach in (irnppen bringen. Das Ergebnis
würde freilich nicht ganz mit der Wirklichkeit zusammen-
stimmen, wie die Gruppenbilder des dritten Abschnitts zeigen.
Denn die Entwicklung des Schulwesens ist doch noeh \ (»u
anderen als den vorhin gewürdigten Iicdingungen abhängig:
von der politischen Geschichte des »Staates, der gröfsercn
oder geringeren \'ernir>nliclikeit , alli^enieinen Bildung,
vSchnlfrenndlichkeit der Bürger - Bediii^nni^eii, die teilweise
allerdings mit jenen anderen innig zusammenhängen.
2.
Die eben erwähnten Gruppenbilder sollen, wie gesagt,
erst im dritten . Abschnitt folgen. Zuvor möchte ich etliche
vergleichende Übersichten *) bieten. — Von den vorhandenen
h Es ist hier /u bemerken, dafe l)ei der X'olks/.ühhiUir von iSSS
die Alt wie di( Römisch Katluilisclien sich als ^Katholiken- schlecht-
hin in die Xülilk allen ein/uli a.i;cii h.illeii.
-') Die X'erhältiiisse der \" «> 1 k ss c Ii u 1 1 chrer bleiben hier und
im niielisii 1) Abst Iniitl ii!d)eri"icksiehti«il; tlaj^ej^eii ist ihnen d.is ir'>'i/»-
III. IJauptstück ijewidmet, welches im September- lieft al>gedniekt
wird. —
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34?
j^csetzliclif 11 Ikstiniinunj^eii über Zweck oder Ziel der
\\)lkssclinle ent<;preclieii <lie einen dem, was wirklich i^c-
leistd und von den Leuten verlnnjrt wird (näinlich niancluT-
Ici KcinUnisse nnd ( ic>chieklichkeiten), während ilie aiuicreii
mehr idealistisch gefafst sindf nach dem Muster, das Thomas
Scherr, der Organisator der Züricher Volksschule, aufgestellt
Die Volksschnlc — heifst es im Züricher vSchnl^jesetze von
1832 (und 1859) soll die Kinder aller Volksklassen nach
übereinstiTnmendcn ( rrnndsfitzen y.n i^'eislti^-läti.'r^en , bür^er-
lieh-l)rancli1)an'ii und sittlich -relij^iciscn ') Menschen bilden.
Ahnliche Z\vcckl)c>linnnnnf(eii j^cben die Gesetze von Hascl-
land (1835), Zn^ (1850), Granbünden I1853), Bern (1856 nnd
1894*) Aargau (1865), Wallis (1873), Apjjenzell-Innerrhoden
(1875), Schwyz (1877/8K Nidwaiden (1879 1, Scliaffhausen (1879).
Obwaldeu I1S76) da.q;eg^en sagt einfach: Jede Einwohner-
tifcineinde hat die Pflicht, dafür zn sorgen, dafs es allen
schnlivflichtigen Kindern ihres Kreises möglich gemacht
Wenk', durch tlen IVsnch einer Primarschnle die für das ge-
wöhnliche Leben notwendigen Kenntnisse zu erlangen. -
Luzern (1879): Die Primär- und Fortbildungsschulen haben
den Zwecke in Verbindung mit dem Elternhause der Jugend
die für das Leben im allgemeinen erforderliche Aus1)ildimg
zu vermitteln. Haselstadt (1880): Die Primarschule (Unter-
stufe! hat die Anfi^abe, die Kiiulcr mit den Elementar-
kenntnissen vertraut zu maclK ii. I )ic Sekundarschnle (Gber-
slnlei ^oll die in der Primarschule crwurbcneu Kenntni.sse so
ei wciuin nnd abschliefsen, dafs die Schüler befähigt werden,
genügend vorbereitet in das praktische Leben zu treten. —
Die übrigen 11 Kantone haben gar keine Bestimmungen
über den Zweck der Volksschule in ihre Gesetze aufge-
nommen; doch heifst es \u der Staatsverfassung des Kantons
PVeiburg (nnd ähnlich in derjenigen Obwaldens): die Er-
ziehung soll (unter starkem Einflufs der Priesterschaft) >in
religiösem nnd vaterländischem Sinne geleitet werden.
Schulpflichtig werden in 14 Kantonen (Ztirich, Bern,
Olarus, Zug, Baselstadt, Baselland, Schaffliausen , beiden
Appenzell, St Gallen, Thnrgau, Tessin, Kcnmbnrg, Genf)
die Sechs-, in den übrigen Kantonen die vSiebenjährigen.
Doch von jedem einzelnen Kanton vollständig genau anzu-
') Sittlich -)futci! staTul in Sclu rr"s l'jitwurf.
^) iKi|i : Dit'vSchulc lial den Zweck, die l'uniilie in der h-rziehnng
der Kindel /u unterstützen. Sie hal «kr ihr anvertrauten Jugend
ni<'lit Tinr d.is mkm Hiir«fer ununi^änuli' li nötij^e Mals von Kennt-
nissen un<l l''ertii;keiteu bt*iliubrln^^en. sondern auch \ erstand, (Tunüt
und . Charakter derselben auszubilden und die Entwicklung des
Körpers zu fordern.
Radoir Dielricli.
geben, wie lan«»^e die Sclmlplliclit dauert, ist unin< «L;licli. Ich
«(ebe hier eine Reihenfolge der K.mtone nacli der Zahl ihrer
Schulwocheii i- AppciizelM. (178 Wochen); 2. WalH-s Uri»
Gratibunden, Litzeni (202-11); 3. Nidwaiden, Appenzdl-A.,
Obwalden, Tessin, Zivr, vSolotlinrn, Schwyz (247—93); 4.ZÜric1i,
St. Gallen, Bern, Haselland, Schaffhansen, Thnrgan, Nenen-
l)in rrlarns, Freil)urg (302 -3(1); 5. T'ascl.stadl, Genf, Aar.i^an,
Waat (352 77). Nnn j(ibt es aber in mehreren Kantonen eine
Menj4c sctzlicher Ansnahniebestinininnj^en, infoltre deren die
Dauer der Sehulpllielit für gewisse Orte oder Schülergrnppen
beträclitlicli vermindert wird. Wie weit das geht« Iaht sich, da
jene Bestimmungen meist unbestimmt gehalten sind, nicht be-
rechnen. Man sieht als(\ welchen Wert die ganze mühselige
Berechninig hat. Freilich wäre ihr Wert anch dann nicht
viel gröfser, wenn sie wirklich vollständig genau wäre. Denn
auf die Dauer der Schulzeit konnnt es gar nicht lKm])t-
sächlich an ; es kann in sechs Jahren soviel oder noch mehr
und Besseres geleistet werden als in acht Jahren.
Vorausgesetzt, dafs nicht gar zu viele Versäumnisse
{ .\bsenzen sagt man in der Schweiz) erlaubt sind. Tat-
sächlich ist aber gerade das ein dunkler Punkt im Schulwesen
mancher Kantone, inxrhanpt zeigen die IkslinimnnirtMi
\ihcr die imentsclmldigtcn und als snldie eiL;\nllieh straf-
baren V^ersänninissc -) besonders anschaulich, wie verschieden
die kantonalen Schul Verhältnisse geordnet sind. Von neun
Kantonen (üri, Obwalden, Schaffliausen, St Gallen, Graii-
bünden, Tessin, Waat, Wallis, Neuenbürg) ist nun auf Grund
der einschlägigen behördlichen Erlasse (nur auf Cirund dieser
Erlasse) nicht nacir/n weisen, dafs sie irgend welche stran)are
Versäumnis.se ini^ealnidct lassen; die übri<j;-cn sechszehn jedoch
haben ein Ixslininite.s Mals \<.n Strallosigkeit festge.'^el/t.
Am wenigsten erlaubt ist im Kanlon Zürich: hier sind aufs
Jahr nur zwei strafbare Versäumnisse freigegeben; ähnlich
verhält es sich möglicherweise (die gesetzlichen Bestimmungen
sind nicht ganz klai ) auch in Schwyz und Zug. Am übelsten
steht es in Iki.sellaud (50 stran)are Versäunniisse straffrei!).
Dann folgen Appenzell-!, und Hern (36), ferner Thurgau (18),
Ap])enzell-A. (15), Solothurn und Aargau (je lol Ks ist
jedoch zu bemerken, dafs die liehörden nur in Appenzell--\.
'i N.u'li einer iKriHlnninjr Hun/ikers. wilclic nuch die ohli-
galorische Schill vcrpthclUiniK im reiferen Jugendailcr {i'orlt)ildungs-
schulen u. dffl.) berficksichtij^^t hat. : Das Schwei/.. Schulwesen'.
1S9V !)as .ui solchen und älniliMn n Ziisammetistelhni^jeii reiche
Schnftclien beliudet sich in der Conicniuäbibliothek, im i>t;utächcu
Schulrauseum und in allen anderen deutschen und dsterr. Anstalten
dieser Art.
*) I Versäuiiiui:» fast überall s= Vs '^^S'
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SckweinriMbM ToUiMsholweMa.
<las j^aii/c Jnlircsrjiiaiitinn zusainmenkomiiien lassen, bevor
sie t'iiis( lireilcn ; in Appcnzcll-I. und ini Thnr<ran wird hall>-
jälirlicli, in den übrigen vier KanUMu n munallich ab<i^ercclinet
(dem entsprechend lauten die gesetzlichen Bestimnumgen
über die Zahl der w erlaubten« Versäumnisse; ich habe diese
^leichmäfsijr für das Jahr = lo Monate berechnet). Ubrigfens
könnte man fast glanl)en, im Kanton Genf je^ehe die Ver-
sannniisfreiheit am weitesten. Hier sai^t nämlich das Gesetz
(und eine andere Vorschrift ^^iebt es inelit): Wenn ein Kind
innerhalb 20 Tni^cii die »Schnle iiulir als seclisinal tinent-
schuldigl \ cisäuuiL hat, erfolgt Anzeige: vom Jveiiiei an den
Inspektor, von diesem ans Unterrichtsdepartement, das durch
den Friedensrichter Polizeistrafen (?) verhängen lassen kann.
Hoffentlieh heifst das nicht: anf je 20 Tage dürfen 6 nnent-
schnldigte Versänmnisse fallen. Immerhin scheint das Straf-
verfahren ein ziemlich laxes zn sein. Ahnlich verhält es sich
in Appenzell-A. : da kommt ersi eine Warnun«;^ dnrch den
Lehrer, dann (bei 24 strafl^aren Versäuijmissen) eine War-
nung durch die hohe Ürtsschnlkommissiou, endlich (bei 32)
^'Verzeignng (= Anzeige) beim Gericht« Dais Obwaldner Ge«
setz sagt kurz und bündig, freilich auch etwas unbestimmt:
Auf »mehrere* Versäumnisse folgt Mahnnngv , nnd wenn
wieder mehrere beisammen sirn (leldbnfse . In den
meisten Kantonen wickelt sich das Strafverfahren folgender-
ni.tf^rn ab: a. Warnung, Mahnmi'üf, Drolinn.L^, Verweis mit
oder ohne Zitaliun (die übrigens hier nnd da schon eine
Strafverschärfung bedeutet); b. Geldbuüse (die im Rückfall
gewöhnlich verdoppelt wird) oder (wenn sich die Strafgelder
nicht eintreiben lassen) Arrest, Haft, Gefängnis, Gefangen-
schaft . IJern, I'reilmr^ ' chaffhansen, Thurgau, W^anis(?)
schreiten sofort mil ('.eidstrafen ein. Im Aargan q-iebt es
bei öftern Wiederlioliiiij^ställen nur (Ufäu^iiis, ähnlich im
Kanton Hern beim zweiten Rückfall , wenn festgestellt ist,
dafs das Kind fortgesetzt der Schule entzogen (?) wird. Das
heifst: so steht es in den kantonalen Gesetzen, Schul-, Dis-
ziplinar- oder Versäiimnisordnungen und ähnlidien Akten —
wie es in der Praxis gehalten wird, das ist eine ganz andere
Frage.
Wir sind y.n den ( >rganen der vS ch n 1 a n f s i c Ii t i^elan^ft.
- Die ( )n>auf'-ii hl wird dnrchwet*- \'<>n einem Kullegiuin
besorgt, welchem der politischen llcluinle gegenüber eine
gröfsere oder geringere Selbständigkeit eingeräumt ist (im
Kanton Genf wird jedoch die örtliche Schulaufsicht von der
politischen Behörde mit ansgeübt). Die Mittelbehörde er-
scheint in din Kantonen Zürich mul v^^i. Gallen wieder als
RurgeratisschuLs (Bezirksschulpflege, Bezirksschulrat), in den
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352
Rudolf Dietrich.
übrigtn als laciiiuämiischcs Inspcktoial uiiclncrc Bc/iiks-
schulinspektoren oder ein Kautonsschiiliii.spcktor); beide netten
einander haben Aargatt nnd Solothitni. Die Oberbehorde
endlich ist entweder ein von der vollziehenden vSlaatsbehörde
abgelöster, ihr j:^egenüber im wesentlichen selbständi<(er (nur
y.n iährlicher TVrichterstattnii j^; verbundener) I'vrziehunqsraL
alU'iii (Granbünden , Vr'i, n])\val{leu, Zug) oder ein ICr-
zieluings<kpartenieut (Minislci iunij nilein (Ik-rn, Glarus, IJasel-
land, Thurgau, Waat) - oder dem Erziehungsdeparjtement ist
ein standiger Erssiehtuigsrat beigegeben, in welchem der
Leiter des Departements den Vorsitz führt. —
Soviel über die äufseren Angelegenheiten. Im Innern
zeif^en die schweizerischen, wenigstens die deutsch-schweize-
rischen Volksschulen im ganzen dasselbe I?ii<! wie die
deulsclicn. Dafs mehrere, namentlich ( >Ll)ii .l;s- . hnuiv^lrl-
schaftliehe, katholische Kantone in manchen \\ isseiischaften
und Künsten noch etwas -»zurück« sind, wie man gewöhnlich
sagt, erscheint fast selbstverständlich; man findet es in ähn-
lichen Gebieten Deutschlands und Österreichs ebenso. Dafs
CS sich dabei hauptsächlich lun die sog. Realien, (rcometrie.
Zeichnen und Tnmen handeln werde, \crmntcl jeder.
Naturlich zeichnen sich andererseits einige Kantone dadurch
aus, dafs sie diesen nnd jenen Neuling bei sich eingebürgert
(so sagen wenigstens Gesetz oder Lelirplan): nämlich, IJern,
Schw\ z, Obwalden, Nidwaiden, Solothnrn, Graubünden, Aar-
gau, Thurgau, Wallis - Buchführung ; Freiburg, Waat, Wallis,
Neuenburg, C»enf Verfa.ssungskunde; Freiburg, St. Gallen,
Waat, Cienf - Hauswirt.schaftslelirc für Mädchen; Solothnrn
und Nenenbnr*:^ desgleichen, und dazu noch ( icstnidheitslehre.
Besonders an i^elegentlich wird man sich nach der Hand-
arbeit der Knaljen erkundigen. Da wäre zunächst eine
Behauptung, die man vielfach liört imd gedruckt findet -
dafs sie nämlich in den Kantonen Genf, Neuenburg und Waat
'»obligatorisch« eingeführt sei — richtig zu stellen. Die »Sache
verhält sich so.* Nach dem Unterrichtsgeset/c des Kts. (ienf
(v. 5. yi. r8S6, in Kraft getreten F^nde Juli desselben Jahres)
umfafst der Lehrplan auch die frartuu inKHiir/^. Das vom
Unterrichtsdeparlement festgesetzte .,l'iv;fianiitn' t/t'hii/ir"
schreibt für alle sechs Primar.sch ulklassen Handarbeiten im
einzelnen vor (Frobelarbeiten ; geometrische Körper aus Carton,
Drahtflechtwerk; Papp- und Hol /arbeiten verschiedener Art).
Der Handarbettsnnterncht wird- aber so bestimnit das Ge-
setz — nur eingeführt, soweit es nacli dem Frtei] des Staats-
rates möglich erscheint. I'j'nfnhrung und Leitunj; sind einem
})esonderen Inspektor ülK-rtra^en, In der Hauptstadt wurde
nun allerdings schon i8<S(> mit der Handarbeit begoinien,
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353
,inf dem Lande jeil<»ch erst iS88, Nacli einer iH^i] \ ci(>ftiiit-
licliten Statistik M nahmen in rler Stadt (lenf 1892:3 von innd
1800 Knaben (Allla<;ssclnilcrn) nur etwa 131x3 (also 72";„) an
den Handarbeiten teil« obwohl sämtliche Schulen Gelegen-
heit dazu boten. Nach den Angaben des Inspektors ist der
rntcrricht in der Ilaujjtstadt thatsäcliHch dem offiziellen
Pro<rrannne ents])rechend • ' ' rdnet, walnend man sich ander-
wärts nnr mit Paj>p- und Solu cincrarbciten oder mit einem
Handwerk allein hetafst (in den nn^isUii LandselmlLii nst
auf der Mittelstuk*). Uberhaupt winden zur Zeit jener
statistischen ICrhcbungcn — die tracauj- mmiuelH in den 4
städtischen Oemeinden des Kantons und in 22 von 44 Land-
gemeinden gepflegt und im ganzen von rund 26« >< i - = 65"/^
sämtlicher Priniarschulknaben betriebe n. <In den seitdem ver-
flossenen drei Jalircn mag sich die /ald bedeutend nliöht
hallen; aber die Heliauptunir, die Handarbeit sei nun wirk-
lic-li, nael) /Alinjrihri i^cr (rülti^^keil des neuen (rcsetzes, für
die Knaben in allen Primarschulen des Kantons Cienf obli-
gatorischwird noch immer nicht gestattet sein.) Den Unter-
richt erteilen die Klassenlehrer, auch Lehrerinnen; es wird
fast ohne Ausnahme das ganze Jahr hindurch gearbeitet» und
zwar meist 3 Std. wöchentlich.
Tti allen übriq-cn Kantonen stehts anders. Das Primar-
schulge.setz des Kts. Waat (v. 9. V. Stji reiht die tr<intn.i uKHimh
allerdings unter die obligatorischen Unterrielilsgegensläntle
der Primarschule ein. Aber wieviele Schulen mit Hand-
arbeitsunterricht konnten 1893 im Kt Waat ausfindig ge-
macht werden? Eine einzige! in einem weltfernen Weiler, der
zur Hauptstadt Lausanne gehört. Diese selbst hat den Unter-
richt erst im Schuljalu e 181)5 T) begonnen. - Im Kt. Neuen-
bürg ist imter Zusicherung einer staatlichen Unterstützung
die Kinführung den Orts-Schulkommi.ssionen freigestellt
((iesetz V. 27. IV. 89). - Das neue, am i. Oktober 1894 in
Kraft getretene Gesetz über den Primarunterricht im Kt. Bern
enthält die Bestimmung: Wenn an einer Schule der Hand-
arbeitsunterricht obligatorisch eingeführt und dafür von der
Ciemeinde eine besondere Hesoldtmg ausgesetzt wird, so leistet
der Staat hierzu einen Beitrag von 60 — 100 Fr. Auf Grund
') Der HandaTbeitsiinterricht für Knaben i. d, Schweiz*. Stand
im l'riilijalir 1S9; SniulLfdruck der Zcitschr. f. schuxi/ Statistik).
Ich nnifs mich in meinten Mitteilungen hauplsächlich au diese
Statistik halten, welche leider Primär- nnd Sekundarschüler zusammen -
}rcn<Jtnn!en hat. (Sekundärschulen siml niedere Mittelschülern. Die
(Icnfir Primär (Allin i^s Schüh r lassen sich ausscheiden, diejeinj^en
der nhrigen Kantone nicht; doch ist anzunehmen, dais sie in den
meisten Werkstätten ini<l im jian/.en die Mehrheit bilden. — Die in
den »Jugendhorten« Beschäftigten bleiben unberücksichtigt.
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Rudolf Dietrich.
dieser Bestimmung sind im Jahre 1894/5 (wie der Verwaltungs-
bericlit der Erziehtuigsdirektion meldet) an ;swei CTenieinden
iin Jura') vStaat.sl)eiträ<^c verabfolgt worden. - Die Basier
Haiularhcitsscliuleu (Vereinsanstalten) erhalten einen so hohen
Staats1)eitrac^ an die Kosten, dafs ihr Vorsteher sie staat-
liche Knabi uai beilssclnilen nennen kann. - - Der thnr|L»anisclie
Slaal überninnnt von Fall zu Kall die liesoldnnj^ der Lehrer
nach einem einheitlichen Satz (1.50 Fr. für die Stunde). Ähn-
lich St Gallen. Unter den übrigen Kautonen scheint z. Z.
nur noch Graubünden diescliulmafsi^e Handarbeit der Knaben
staatlich zu unterstützen. - .Ms (iründer oder Veranstalter
ist aber der Staat (aufserhalb des Kts. (ienf) nirji^ends auf-
getreten. X'^ielniehr stehen da in erster Linie einzelne Männer
(Lehrer); sie haben fast Lbcnsoxicle Kurse ermöglicht, als
Vereine und Gemeinden zusannnen.
Gar keine Handarbeiter haben (oder hatten doch 1893)
die Kte. Luzem, Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwaiden, Zug,
Baselland, .\ppenzell-L, Tessin, Wallis. Mehr als luo .\rbeiter
unterrichteten 1893: Zürich (889), Baselstadt, Neuenbürg, Bern,
St. Gallen, Schaffhansen, Thnri^an (126). Lassen wir aber
das liältnis der Handarbeiter zu der Gesanitzahl der Priniar-
nnd vSeknndarschüler niafsirol)end sein, so ergibt sich folgende
Reihe: Hasel (i5,8"/o)» Neuenburg (5,5), Schaffhausen, Zürich,
Glarus, St Gallen, Thurgau, Graubündeu {i,i",o). I^ie gleiche
Rechnung, auf die Gemeinden mit mehr als 10000 Einw.
augewendet, ergibt.: Basel und Neuenburg je i6,4*/o, Chaux-
de-Fonds 14,3, Bern 13,5, Schaffhausen, Wiuterthnrtnid Zürich -)
etwa 11,5. St. G,allen 10,5" ,,. Die ältesten Handarl)eitsschulen
besitzen die vStädlc Iki.>el Iseit 1S59I, vSt. (willen und Chur
(seil 1883)^). Im ganzen zählte die Schweiz (ohne Genf) 1893
rund 3600 Handarbeiter, das sind etwa 1,5" „ samtlicher Priniar-
t!nd Sekundarschüler, oder höchstens 5** wenn wir nur die-
jenigen Knaben in Betracht zielien, welche unter den Hand-
arbeitenden die grofse Mehrzahl bilden: nämlich die Kif- bis
Fünfzehnjährigen.^)
*) Darnach wären diese beiden der Ncuenburger (lemeinde Ver-
ricres nachfrefolgt welche suerst ein -Obligatoriiuu* eingeführt (i 892).
-') Zürich (Hirflc jct/t l^asel gleichstehen oder noch überholt halien.
*i \\s venlitrnt binurkt -/n werden, dafs die Knal)enhanihirl>eit
auch in landwirtschaniicheii Gemeinden (des Thnrjraus /,. Ii.), in zwei
(1400 m hoch gelegenen) Alpendürfern ( ".raubündens und. wie schon
einmal an^e<lentet, in a1);ielej;enen Weilern (bei Lausanne «nd Locle
im Xeueiiianger Jnra) la'nj^anir i^^cfnnden.
Im vorigen Jahre liat ibc IJilihnigskummissiou der Schw. Ge-
meinnütz. GeseTlsch., unterstützt vom *Schw. Verein r. Ford. d. Ar-
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tchwcIserUeliet Volkiielraiwwea.
Die vcr.i;lciclK'iulcii Ubersiclitcn sollttii mm noch auf
mehrere \vicliti<^e (fchicte ausj^edclint vvcnU n : die .so^eii.
S c Ii u 1 g c s II 11 (l Ii f i t s p f 1 u e die (vvni den schwci/.erisclicn
Scliulkan/listeu kurzweg Spc/.ialklasseii« gctaufUn) Sonder-
klassen für Seil wach begrab te — die Kinderhorte - -
die Sorge ffir genügende K r n äh r u n g und Ii e k 1 c i d ii ii g
armer Schulkinder während der Dauer ihrer Sclnilpflidit, im
l)esoiidern für Erfrisch unq-, Kräflii^nni^ wrilirend der Ferien
(Ferienkolonien), leh darf jedoch lihcr all das nicht 1)e-
richten,') da icli sonst den mir /ui^einesst neu Raum (für die
ganze Arbeit rniul vier liugen) zu weil iiljer.scht eilen würde.
Aus dem gleichen Grunde mufs ich auf eine — als Schlufs-
stück dieses Abschnitts gedachte — Darstellung des Fort-
bildungsschul Wesens verzichten. Es sei nur bemerkt:
dafs dieses \ on Staatswegen am besten im Kl Genf geordnet
ist dafs .dicr mich hier wie nnderwärts in den verschie-
denen F'ortbildnngs- und ähnlichen Schulen oder Kursen für
die lU'irgererziehung, auf die es ja doch haiiplsächlich an-
kommt, z. Z. noch wenig, viel zu wenig gethan wird.
3-
Die Gruppenbilder seh nl verwand ter Kantone,
welche jetzt dari^estellt werden sollen, können-) nur mehr
oder weniger ausgeführte Skizzen, teilweise nicht einmal
das sein.
Das letzte gilt gleich für die erste Gruppe: Tessin,
Wallis, Appenzell-Iunerrhoden, Freiburg — frei-
lich schon und haitptsachlich deshalb, weil man von ihnen
zu wenig hört und sieht, am wenigsten von Appenzell-I. Im
allgemeinen darf man behaupten, dafs sie zu den am meisten
/rnrnckL;\l)liel)enen (gebieten gehören. Doch stehen sie nicht
ganz auf gleicher Stufe: Tessin und Freiburg scheinen etwas
weiter vorgerückt zu sein. — 1H93 >bedauerte der neue Kr-
ziehungsdirektor des Kts. Tessin -die kurze Schulzeit, die
späte Eröffnung des Schuljahrs, den häufigen Entzug der
Kinder vom Unterricht und das geringe Zusammenwirken
htitsunt. f. Kn. . zwei unuewolmUch hohe Preise (icxx) iukI s"" I ' )
für die lAsuiig dar Aufjrabe ausj^eset/.t : Wie ist der Hatularheits-
utiterricht für heide Oeschkclitcr auf der Iv 1 c ni e n ta r stufe (i.l)is.;.
Schulj.) als alljjeinein ))il(letulcr und er/icherischer Faktor in die
\'()lksschu1c einzuführen und in stofflicher und methodischer Hinsicht
zu >restalten?
'1 Hezülilich des vierten \uid fünften ( iejjen Stands vjjl. A. Unber:
Jahrb. d riitt 1 1 iclilswcscns i. d. Schw.. 1S04 (Leitartikel; II. Mar-
thaler: Die l'enenkoionieu i. d. Schw. i. d. ersten 15 Jahren ihrer
Entwickeluner. 1876—90. (Zeitschr. f. schw. Statistik TS93).
Die Crsache wurde oben angegeben.
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35«
Ra«talf Dl«trieb.
der Sclnilc, Behörde und I'aniilie. Da diese (^l)elstände -
füj^tc er hin/.u von Verli.'iUiiisscn und ( 'fel>räuelien des
Volkes herrühren, so kann ihnen nicht durch (iesetze, son-
dern nur durch allmählidie Bildung des Volkes gesteuert
werden«. Die Gemeinden haben sich bisher u. a. sehr lässig
in der Krrichtnnjr von Fortbildungsschidcn erwiesen. Diese
werden nänihch durch das Gesetz überall dort verlanj^t, wo
sich TO Schüler im Alter von 14 18 Jnliren finden. \Wnn
das nun aiicli iiiclil für alle 264 (icnuinden der 7 vSehul-
inspektionsbezirke /.utreffen niaj»;, so sind doch 17 Iu)rtbildnni^s-
sehnlen für den ganzen Kanton (so viel zählte man im Früh-
jahr 1893) gar zu wenig. Deshalb — versicherte der Kr-
zieliungsdirektor wird der Rej^ierungsrat die Gemeinden
an ihre T*flicht erinnern. Beim »Bedauern mid I^^rinnern^
ists jedoch nicht geblieben; man hat am Unterrichtsgesetx
selbst wesentliche Änderungen vorgenonnncn. T>iese betreffen
hauptsruhlieh das Inspektorat (es handeil sich einfach um
eine etwas strengere- staatliche Beaufsichtigung der ört-
lichen Schulbehörden) und die Lehrerbildung is. III. Teil).
— Der Kt. Frei bürg sollte schon aus seiner »Schulaus^
Stellung einigen Gewinn ziehen; deren Aufgabe ist es ja,
für eine fortschrittliche Entwicklung des »Schulwesens zu wirken.
Vielleicht übt auch das reformierte und der Mehrzahl seiner
Bewohner nach deutsche Städtchen Murten günstigen Ein-
flufs auf das Schnlleben des Kantons ans.
Die noch ziemlich stramme Verbindung der Schule mit
der Kirche*) ist ein wesentliches Aferkmal der ersten wie
der zweiten Gruppe: der »Urkantone« Uri, Schwyz und
Unterwaiden (jetzt zwei »Halbkantone Ob- und Nid-
walden). Ob diese übrigens einen höheren Kani^ citmimmt
als jene, ist nicht leicht zu entscheiden. Uri und Schwyz
werden häufig mit Wallis und Appenzell-I. auf eine Linie
gestellt Aber auch wenn das berechtigt wäre, dürfte es .sich
nicht empfehlen, sie in die andere Gruppe einzureihen. Die
Urkantone gehören landschaftlich^ politisch und mehr oder
weniger aucli pädagogisch zusammen. — Welchen Charakter
die Volksschule in diesen Gebieten hat und haben soll, be-
kennt der kantonale Schulinspektor von Obwalden
Pfarrer Onilin in seinem jüngsten Kcriclue: T.iebcr i^ar
keine Schulen als nenheidnische oder sog. konlcs.sion.slose
oder, was dasselbe i>t, religionslose Schulen. Wir wollen
christliche und zugleich tüchtige Schulen, imd diese sind für
uns um so wertvoller, wenn wir sie ohne für uns »u schwere
') lügciitlich i^cht chus i;c^tii den Scliulatlikci dci Üuiulcsver-
fassung, wird aber von den eidgenössischen Behörden nicht ange-
fochten.
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8o h wr I Keri»<* ho«« Volk ssch ii 1 « • ■ » p ii .
()l)fer haben konnetl, und das ist eben bei unseren von
Leli rscli w c s l ern nnd 0 rden s f ra n en ireleiteten Sclinlcn
der . Diese Frauen mit ihren sehr bescheidenen An-
sprüchen (Wohnun«^ und - 5«^» Fr. im Jahr) ersparen dem
kleinen kl. Obwalden jährHeh mindestens 15000 Fr., fast
.soviel als unsere ganze Landesverwaltung kostet Somit wird
man begreifen, wannii wir in der Urschweiz mit solcher He-
gcistcrunjif für die Irehrschwestern eing^enommen sind . Hnber
nennt Obwalden i^elegentlich ein schulfreundliches Länd-
chen . und Omlin snclil die Richtigkeit dieser Behauptttnq-
in dini eiwähiiti 11 Hcriclite darzuthun. Immerhin klni^l er
noch ül)er Verkelu theiien oder Lässi<»;keit der Herren ( >rts-
scliulräte, über Mangel an Reinlichkeit, Ordnung, Pünktlich-
keit in der Schnle. Über den allgemeinen Stand der Ob-
waldner Schulen urteilte Omlins \'orj>^änj^er, als er vom Amte
y.urücktiat (1887): ^Gestützt auf eine lan<r-( 15) jahrige Kr-
fahruno; und auf j^ewissenliafte P>c()V):K]itini.i; kann ichsa<^eri:
unsere Schulen lialten mit. «Un Selnikn der f!hn<^en Schwei/,
olt'ichen Scln iu, sieben el)t ns() i^ut als der I )in chschnilt
sämlliehci Schulen in der Schwei/,, eher noch etwas bes.ser .
(Zum Vergleich Obwaldens mit den übrigen Kantonen sind
freilich nur die sog. Ergebnisse der Rekrutenprufnugen be-
nutzt woiV.en). Unj»^ef:ihr dieselben Schulverh;*iltnisse mag
X i d \v aide n aufweisen. Heide Halbkautone haben nur Cian/.-
jahrschulen, wie auch Schw^•7:; aber doch scheint es um
dessen \'olk>s( liulw esen hedeniend weniger ijfut zu stehen.
Während jetzt alle (iemeindeii Ob- und Nidwaldens ganz
anständige Schulhauser und Schullokale* besitzen, kümuieu
die Schw \ zer Gebirgsgegenden äufserst schwer zu genügen-
den Räumlichkeiten, was folgende Angaben im r.cricht des
Erzieh ungsdepartemeuts ffüt iS93'4) veranschaulichen: \'ou
der Kirchgemeinde Vordertiial (in dem vielbesuchten Wäggi-
thal) ist der lieschlufs, ein neues Sehulhaus zu bauen, gefafst,
der ausi>elülnl werden soll, ><il>ald die nötigen Oeldmitlel
dafür zu.samnienj^ebracht sind. Zu Frondienstleistungen lür
Herbeischaffung der Bantnaterialien, sowie' zur Ansfühning
der nötigen Erdarbeiten haben sich die Bewohner bereit er-
klart, (iemeindekorporatii Mu n und Genossenschaften der March
(des Bezirks i, die Waldiuigen im (iebiete der dortigen (ic-
meiiuU besit/eii, haben in rülniiliclur Weise Veri^^abniigen
an Holz undOeld zuf^asichert Mt)_iL;e die arme GcnR-inde für
ihr edle'. Werk auch anderwärts noch hinreichend wuhlthälij^e
Schulfreunde finden, dafs der durchaus nötige Bau recht bald
ermöglicht wird-». (1S94/5 hat die Gemeinde die Erlaubnis
zur Veranstallunji einer vSchulhausbau-Lotterie erhalten.) Die
Gemeinde Alpthal (oberhalb des Wallfahrtsortes Eiusiedelu)
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Ibidoir Dietrich.
würde heute noch eines «^eränniij^cn. t^eschniackvollen Schui-
hanses enthehren, wtnii ihr ein solches niclit von ihrem
Pfarrer olme grofse Belästigung in aller Stille erbaut wur-
den wäre. Natürlich ist es in solchen Gebenden auch um
den Schulbesuch übel bestellt So hat (1893 4) in der aller-
dings besonders ungünstig gelegenen (leincinde Muottathal
fast Ve der schulpflichtigen Kinder die vSchule ^nicht regel-
niäfsig, ]a fast gar nicht besucht . Mehrere dieser Kinder
halle der (lenieindeschulrat von tler AlUagsschnle lrei<;e-
sprochen, daf:ir aber zw einer vSonntagsschule (nacli ikm
Morgengottcsdienst) verpflichtet. lAider kamen nicht alle
Kinder dieser Verpflichtinig nach, obgleich ihnen das dortige
Prauenkloster St Joseph unentgeltlich das Mittagessen ge*
spendet hat . An manchen Orten scheinen ganz untaugliche
Schulbehörden zu walten. Der erwähnte T^ericht meldet : I^s
gil)t Gemeinden, in denen sich die Scliulräte um die Hand-
liabnng der vSchulpflicht, um lieatifsichtigung wie um Unter-
stützung der Lehrerschaft nicht bekümmern; ob die Schul-
ausgaben fruchtbar seien oder nicht, ist ihnen gleichgültig.
Ja es wird uns sogar berichtet, dafs Lehrerinnen von Schnl-
räten wegen Handhabung der Schulordnung beschimpft wor-
den sind . Die >Hufsen« für gesetzwidrige Versäutnuisse
haben die Genieindenite einzu/ie'hen ; aber es ist zu wahr,
dafs die meisten dieser liehörden i;ar nielu oder doch zu
wenig rasch eingreifen«. — Der Um er In.spektor -- wieder
ein Pfarrer — hat in seinem i.Sij4cr liericht auch viel /ai
klagen: zu wenig Schulräume und I^hrer; sehr ungünstige
(beschwerliche, teilweise unsichere) Schulwege. 1893/4 zahlte
der Kanton 2593 Primarsch üler; davon hatten -*584 einen
Schulweg von einer guten halben bis zu einer Stunde und
31S einen Schulweg von einer ^nlcii bis 2 und 2 Stunden.
Itei dem weiten mid lieschweiliehen Sclinlweg kommen \ irle
Kinder halb erschöpft in die Schule und ganz erscht">pti nac h
Hause. Zum Lernen sind solche Kinder selten aufgelegt.
Dazu kommt, dafs die Bergkinder bei starkem Schneefall und
bei stürmischer Witterung die Schule oft Tage lang nicht
besuchen können. Das hemmt nicht blofs ihren Fortschritt,
sondern auch den T^ortschritt der ganzen Schule . Die Mehr-
zahl der (Tcmeinden hat eben nur im Winter Schtde, gerade
in der für eine Hochgebirgslaiulsrhnft ungünstigste 11 Zeitl
Doch an eine Umwandlung auch nur der meisten llalbjahr-
imd Halbtagschulen in Ganzjahr- und Ganztngschulen tut
nicht zu denken; es würde aber schon viel zur Hebung der
Schule beitragen, wenn im ganzen Kanton für die drei unteren
Klassen die obligatorische Sonnnerschule eingeführt werden
könnte«. Immerhin hat sich das Uruer Schulwesen gegen
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559
früher im allgemeinen etwas gehoben; seit 1888 ist die Schul-
zeit um mindestens 60 Tage Verlan ^^cTt worden*. »In «iitcn
Treuen darf j^^esagt werden erklärte Landanimann (Vor-
sitzender des Re^ieniiiijfsrats) Muheim an der Jahresversnmm-
Inn«^ der Schweiz. Genieinnütz. Gesellschaft in Altoil (1S94)
dafs der Kanton seit einer Reilic von Jahren sich icdHcli
und ohne ünterlafs anstrengt, sein Schulwesen zu verbessern,
und dafs er hierin wirklich schätzbare und namhafte Erfolge
zu verzeichnen hat«. — Ich schliefse dieser Gruppe noch den
Kt Luzcrn an. Obwohl er landschaftlich zum gröfsten Teil
anders, g^ünstij^er j^eartet ist als die l>kantone, so weist er
doch s^anz älmlichc Mänt^cl auf wie Sclnvyx und TVi, Iviu
Teil — (las l'nlkhucli j»ehört ja auch (km iiocligebir<»e
an, und von diesem (ieljiet erzahlt dw kantonale Schul-
inspektor, dafs die Kinder im Souinier und Winter ^die Uu-
v:uust der Witterung ausgiebig und dreist zum Schwenzen
benutzen. Wenn es nur ein weni^ re<^net oder schneit, da«
mufs man schon darauf rechnen, hlofs ^/g oder nur die Hälfte
der Kinder in der vScliule anzutrtffcu . Im besoiideru ruj^t
der Ins]H*ktor nocli das sehr impiinklliche .\iifan«*eu und
Schliclscu des rnterrichts in vielen »Schulen . Auch die
Klagen über lässige Bezirks- und Ortsschulaulsiehl und -Schul-
pflegc kehren wieder.
Die dritte Gnippe — St Gallen^ Bern, Graubün-
den kennzeichnet sich durch eine Mannigfaltigkeit inner-
hall) ilires Volkssehul Wesens, welche als eine i'olge nicht
nur landsrhaftHrlur imd wirtschnftlichcr, soiuleru auch kirch-
licher und Volksgenosse iischaftlicher (sprachlielierj ( rcgeusätze
erscheint. — Im Kanton St. fi allen haben (iemeindeu
(wenn auch nicht alle) mit konfessionell gemischter IJe-
völkerung zwei Schulhäuser: ein reformirtes und ein katho-
lisches; oder die Minderheit schickt ihre Kinder in ein
Schulhaus der Nachbargemeinde: daher viele zweite Schul-
wege (und andere Unzuträglichkeiten). Eine andere Kigeu-
tümlichkeit dieses Kautous besteht darin, dafs er. je nach
der Landesgei;rn(l (ein j^rofser Teil des Kantons liei^t im
Hoch- und lu'Wiereu iMillelgebirge) Hall>-, Dreiviertel- und
(^anzjahr-, und zwar Halbtag- und »volle« Jahresschulen be-
sitzt Doch bilden letztere die Mehrheit: es waren i^'^^^j 4
312 von sänulielu n 547 Schulabteilungen oder Klassen (von
den 312 fielt n freilich 57 auf die Hauptstadt). Im ganzen
befinflct sich vSi. (ralleu in weit günstigeren \'erliältnisseu
als die l)ti(k'n aixkin, und demgemäfs ist seine \'olkss(.-!inl-
bilduug tkr bernischeu und bündnerischeu \i»raus. Dem
Kanton Hern machen besonders zwei nicht gerade schul-
lustige Gebiete zu schaffen : das Oberland und der katholisch-
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Itndoir Oielricb.
französische Jura. Deshalb müssen die liehörden bei jedem
iHirtschrittsvcrsuch änfserst bchntsam zn Werke j^ehen;
(las neue vSclnili^cst-t?: vom 6. V. 1894 fand erst, nachdem
zelni Jahre ilaran gcailK-itct wurden, Onade vor der Mehr-
heit des Volkes. Und es wäre auch 1894 wieder verworfen
worden, wenn die Behörden nicht darauf bedacht gewesen
wären, den Gemeinden müj^hchst viele Vorteile zn bieten:
den ungünstij^^ gestellten (lemeinden werden jetzt die Schnl-
lasten teilweise vom Staate ab_<^cnominen; im l^esniuU len
gewflbrt dieser (gegen früher) li«'tlicic r.eilr;iL;e an die vScbul-
hansbankusten. Ferner: Jede Cieniciudc kann sich nach ilirem
Gutfinden einrichten , insofern, als es ihr freisteht, die Schnl-
pflicht auf 9 oder 8 Jahre auszudehnen.') Ihren Reitrag an
die Lehrerbesoldnng darf sie um 100 Fr. herabsetzen; statt,
wenn eine Klasse (Schule) überfüllt ist, einen neiuii I^ehrer
anznstellen, braucht sie nnr abteilnngsweisen Unterricht
ein/nfnhren (also die Zahl der IJnterncbtsstundcn zn \er-
kür/cü); der Lehrer niuls zwar dann eine liesuklnngszulai^e
erhalten, aber die Ersparnis ist doch bedeutend, l'reilieh
ganz ohne Gegenleistung^ sind die freien Benier nicht weg-
gekommen; sie dürfen uidit mehr, wie früher, den sechsten,
sondtiii nnr noch den zehnten Teil der Schulzeit für sich,
für ihre Hans- nnd Krwerbsgeschafte beanspruchen; d. h. die
Kinder dürfen blofs ';,o der monatliehen Unterrichtsstunden
ohne gültige Entschuldigung versänmen. Auch die lUifsen
sind, wenigstens anf dem Pa|)ier, crlioht wonlen. Im
Kanton Grau b ü n d e n macht sieh znnaehsl die Hoch t;ebir gs-
lage geltend: 1894 hatten von insgesamt 471 Abteilungen
278 24, 107 26, nur 16 36 nnd 22 40 Schul wochen, während
sich 21 Abteilungen mit noch weniger als 24 (21 23) Wochen
begnügten. Sodann die Spaltung in drei X'olksgenossen-
schaften : Deutsche, Romanen, Italiener. Die Meinzahl <ler
Gemeinden (nnd Lehrer) ist ronianiseli, die Mehrzahl der
lievölkerung und Schüler aber deutsch. Die Romanen sollen
deutsch lernen, sind also mehr belastet als die Deutschen
und Italiener. Natürlich wird die fremde Sprache nicht
überall mit lufer gepflcLii; niauelie abgelegene Gemeinden
sehen auch die Notwendigkeit des Detltschleniens nicht ein,
weil das Hedürfnis fehlt: Ursache genug zu UnebenlK iten.
Man nuifs sicli daher sehr wundern, dafs gerade mid allein
dieser mit so mancherlei Scliwieri^keiten behaftete Kanton
einen zillerischen Eehrplaii erhallen hat (18^4). In Chvu'
sind nämlich zwei stramme Jünger Zillers nach einander
*J I). h. : entweder 3 X + X 9**^ i^if^-, oder 3 X + 5 X ' '
Std. Die aclujähriiie Schulzeit hat besonders der Jura vorgezogen
(1894/5:93 von 148 Gemeinden - 286 von 403 Klassen).
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Semitiardirektoren geworden, die jungen Lehrer also (nicht
blofs im Seiiihiar^ sondern auch durch ein für den Zweck
cij^'^ens t^fcj^rüiidctcs »-Orgau", die -«Bündner Seminarblätter
zillciisch <»^c!)iltk't.
Die vierte, stärkste (iruppe \ereini^t die Ivantone
liaselland, Aar^jan, Zu^-, vSulutliurn, Thiirj^aii,
S c Ii a f f h a u s e 11 , Z ü r i c Ii , A p p e ii z e 1 1 - A u f s e r r o d e ii ,
Glarns - alles« die beiden letzten ausgenommen (die aber
doch in diese Gruppe gehören), Gebiete des Hügellandes,
von denen höchstens ein Teil ins Mittelgebirge oder in die
Voralpen hineinragt Landschaften mit günstigen Lebens-
beiliii<^'nnq:cii. Also auch mit den besten Volksschulen (in
deutsch-schwt. i/ri ischeii I/niulen)? J;i, <1uch gilt es nicht für
alle: wohl auch und mit in erster Linie für (rlarus, schon
weniger für Appeiizell-A., Solothuru und Ziij4, gar nicht für
Aargau uud Baselland. In diesen beiden Kantonen läfst das
Volksschulwesen noch viel zu wünschen übrig. Vielleicht
liegt das zum Teil an ihrer politischen Jugend: sie stehen
cjTst seit i7()S und 1833 auf eigenen Füfsen. - Wir besitzen
noch intldi i der basel 1 a n dschaftliclie Inspektor 1S94
eine Reihe überaus überfüllter vSchuien, und es ist oft fast
unmöglich, die (lemeindeljehörden von der Notwendigkeit
einer Trennung zu überzeugen. Solange im Schulzimmer
noch ein Plätzchen frei ist, worden die Kinder hineingepfercht,
und man fragt nicht lange, wie der Lehrer ihrer Meister
werde. Pazu kommt das Absenzenunwesen ; es wird an
manchen Orlen sogar gewissenliaft(I) Buch geführt, wie viele
X'ersäuninisse sie (die Rinder) noch zu gut liahen ni;liiilieh
von dem geselzlieh crlaubuu Malse). - Auch im Aargan
gehören bedenkliche Uuregelmäfsigkeiten verschiedener Art
nicht zu den seltenen Ausnahmen. Er ist aber jetsit auf
dem Wej^e zu einem neuen Schulgesetz mit mehreren vor-
tr%rfflichen Hestimmiiiigen ; desgleichen der Thnrgau. Womit
aber die ZüriclRr ndiörden auch sie arbeiten schon lani^c
an einem neuen ( iesci/ ihr \'olk zu begiüekeii gedenken,
ist noch (ieheimnis. Im allgemeinen darf man sagen, dals
T h 11 r g a u , Seh a f f Ii a u s e 11 , Z ü r i c Ii und ( i 1 a r u s ungefähr
auf gleicher Höhe stehen: ihre Volks- (Kiuder-)Schulen sind,
als iinterrichisanstaltcn, gut geordnet und geleitet, wenn
auch, wie alles in der Welt, vcrbessentngsfähig. — Im Kanton
Zürich beanspniclii ikkIi ])(.'sondere Aufmerksamkeit das
Sclnilwesen der Stadl Züricli, einer Grofsstadt seit i«Si)2,
mit /. Z. rund t 2Sf>^>C) Kinwt»hnerii. "Sinn sieht dn eine echt
moderne Schule, wie sie z. B. Andrea in d. Bl. ijahig. iSy2,
S. m) treffend geschildert, eine den Forderungen des
modernen Lebens, des Zeitgeistes in allen Stücken angcpafste
Ve9fi ItfllttM^n (PjJ.-i?«9iiini) Vn. 7. 24
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362 Itudoir Dietrich.
Schule. Da steht vor allem die Körperitflt L;e in hoher (lunst:
also > 111 an iielle Fertigkeit durch Haudarheil; aiifser Turnen
auch Spielen mv] hu Winter Kisferien . Zum Teil j^ehört
das sclion. wie die- imtli uit^lit erwähnten SclHilhäder, in das
jetzt so sehr Ijeliclilt- Kapitel Schulj;esnmlhcitsplle<»e ;
natürlich müssen in der Orofsstadl die aller neuesten Erfin-
dungen der H) gieiniker erworben und verwertet werden.
Ferner: Untersuchungen der Augen, Ohren, Zähne, Stimme');
Kurse für Stotterer. Doch auch auf die geistij«: und sittlicli
vSchwachen richtet sich das Au<;ennierk: also Klassen für
Schwachbe^ahtc ; Wrsorgunt^ sittlich Verwahrloster. Dnfs
die Sehnli^ehrmde j^länzend au.s^estattet sind und werden,
ist st'lbverständlich ; im hesondern müssen erstaunlich «rofse
Summen für die so überaus wichtigen Lehrmittel geopfert
werden. Aber man verlafst sich doch nicht ganz auf die
\ ic'U n Hilder, Wandtafeln, Karten, Apparate, Modelle und wie
die herrlichen Diuge alle heilsen : darum >'Natnrwanderungeu<',
monatlich zweimal im Sommcrha11)jnhr, und Schnlreisen ;
1895 hatte die Lehrerschaft ein (iutac liten über die \\'{insch-
barkcit(!) der Festsetzung^ einer An>\valil von Reiserouten
abzugeben. Kndlieh, doch nicht zulct/l: möglich frühe Teil-
nahme der Kleinen an den Vergnügungen (öffeutlichen Auf-
führungen: Kostümfesten, Umzügen) der Grofsen. (Die
vierzehn- und fünfzehnjährigen vSckundarschüler geben auch
Konzerte, unter freundlicher Mitwirkung usw.<^) (ileich-
wohl bedarf dies Völklein noch eiiur Disziplinaronlnuiig .
Es wird da n. a. verboten: das Uni!Krtrc'il>eii und Lärmen
aufserhall) des Hauses nach eingetretener Dunkelheit oder
während des Gottesdienstes in der Nähe der Kirche, sowie das
>' Ansammeln« bei Leichenbegängnissen und Hochzeiten; das
Rauchen, Steinwerfen, Raufen, Fluchen, sowie rohes oder
anstofsiges Reden ; das Schiefsen oder Abbrennen von Feuer-
werk in der Nälie der Häuser, auf Strafseii und üffentlichcn
Plätzen, sowie das Kinsammeln von (ield für i^astuachtsfeiicr
und rdniliclie Zwecke ; der Kintritt in VereiiK-(!) (»der die
Mitwukung bei öftentlieiicn Auüüluungen olnie l'^rlaul)nis
der Kreissciiulpflege. «DisziplinamiitteU giebt es für Primar-
schüler acht, nämlich: *a) freundliche Waniung, b) emster
Verweis, c) Versetzung an einen besonderen Platz, d) Ab>
V Solche Untersuchungen — mit möglieh vielen Apparaten und
Iiistniiiu ..trii w erden auch in andern Städten vor^^enonunen. Sic
tfthören heute zuui guten Ton. lUi vielen dieser i^ntersnehnnijen
kommt freilich nichts weiter heraus als .Stoff für .Statistiker und voiks-
wirtschaftliche Theoretiker. - ■ Und die.selbcn Schulen, wcU lie die
Anisen ihrer rflejiUtipfc so sorjifältiii und wissenschaftlich unladelhaft
erft>rschen, lassen eben diese rfleiflin;;e sich die Augen ausgucken
nach zu weit entfernten, weil zu kleinen Bildern, Karten u. dgl.
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363
Schrift derjenigen Artikel der Disziplinarordnung, welche
übertreten worden sind, e) Zurückbehalten in der Schule,
f ) Mitteihnif;^ an die Kitern, ^) Verweis durch den Präsidenten
der Anfsit hissiktion, h) \'er\veis vor der Aufsichtssektion*.
Körj)erliclie Ziu htij^nnj*- ist also nicht dabei. —
Als vorhin von den deutseii-schwei/.erischen Kantonen
mit den besten' Volksscbnlcn die Rede war, wird man den
Halbkanton Haselstadt verniiist haben. Aber er geliöit
nicht in jene Reihe, ist eine Grofse für sich: die Stadt Basel
und drei Landgemeinden, ein Staat also ähnlich den Hanse-
städten. Ein Staat in den günstigsten Natur- nnd Kultur«
Verhältnissen ein reicher vStaat überdies! An dii sen Vor-
zügen liat nnn anch die \'o1ksschnle vollen Anteil. Weil
al)er Ikiscl keinem andern Kanton gleicht oder ähnelt, so
läfst sich nicht darüber reden, ob sein \'olksschnlwesen noch
besser« ist als etwa das zürcherische, glarncrische, thurgauische.
Man kann höchstens fragen, ob der Staat Basel für seine Volks-
schulen oder Volksbildnng das thut oder gethan, was man
von ihm verlangen darf. Und diese Frage wird zn bejahen
sein. Freilich was überall fehlt, fehlt auch hier: die liürger-
schnle. T^nd doch fiele es Ikisel leicht, urnij^stcns in der
Stadt eine allgemeine nnd eine höhere lUiigeischnle zn er-
richten.') Eine vollständige Dai stelln ng des sauber ge-
ordneten Baseler Volksschulwesens hat auf dem beschränkten
kaum nicht Platz. Von Besonderheiten oder Eigentü\|ilich-
keiten wäre übrigens nnr wenig zu berichten; Innsichtlich
der Sehlde im engeren Sinne, des rntenichlshetriebs nin*
das eine: in den letzten vier der aclit rriniarscludjahrc wird
L-inr fremde, die zweite Landessprache i I'ianzösisch ! gcK ln t.-)
AnlsLiclcm nuils hauptsächlich noch zweierlei anltalkn (ob-
wohl es nur natürlich ist): dafs mehr als anderswo »staatlich«
ist, z. B. schon seit 1889 die Kinderhorte und seit 1895
einige Kleinkinderaustalten«') — und dafs sehr viel anf die
Schnlgesnndheitspflege verwendet wird (Schnlarzt ist der
Professor für Hygieine an der Fm'versität^ nnd für die
Spenden an arme Stadtkinder (.Snppen, Sclnilu', Sehüler-
tuch ) ungewöhnlich grofse Mittel zur Verfügung stehen
') Mit tUr iiur.inüv i.\/i/njon hat das ICrzicliungstlcparUnant
iK(>| begonnen. Form: methodische Kur^e«.
-) In (k*n nmiatiisclieii Schulen ( '.i,iul)ün<kns ist es nicht ähn-
lich. Die Romanen hranrl-itcTi nicht il<.ul.sc h /n Icrncti (sowenii^ wie
die Italiener), wenn ilux .Mullci. spräche eine \ erkehrssprache wäre.
*) Diese wiirdeti .nes^nmdet An <ler Absicht, für die Kr/.iehitttg
,ir.( h «Ii i voischu]i>flichligen Jnj^en<l /.u sot ut ii, sowt il l'Hi rnhans
und freiwillige Thäligkeit dieser Aufgabe nicht nachzukunuueu ver-
niSgeii'.
^4'
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Kudoir Dkirkh.
(clorli fliefsfii diese (icklci nicht aus der Staatskasse, sondern
aus StittniiL;cMi der ( le.sellscliaft zur Jieförderuug des Guten
und Gemeinnützigen. )
Wir kommen zur letzten Gruppe. Sie wird gebildet von
den drei »französischen« Kantonen Genf, Neuen bürg,
Waat Alle drei haben ihr Schulwesen in den letzten zehn
Jahren neu geordnet, (Unf xiicrst (i8S6). Das neueiiburgische
und das waaüändische Unterrichtsgesetz (beide von 1S.S9)
sind dem genferisclien nachgei)ildet worden, aber nur teil-
weise; jene unterscheiden sich von diesem wesentlicli. Die
grofste Ubereinstimmung liegt darin, dafs in allen drei Kan*
tonen die /Kleinkinderschnle- dem Volksschiilkörper gesetz-
niäfsig eingefügt worden ist (in Genf werden die 3 -7, in
Neuenbürg und Waat die 5 7jährigen aufi^x iioimnen). Sie
i^-ilt als \'(>rlu'reitnii<; für die l'riuKirschuU-. lehrt (k>hal1> attrli
schon Ia-si u, Schreil>cn, Kcrlnuii miikI Zeichnen). < )l>liL;atoriscli
ist sie für ilie Gemeinden, nicht aber für die Kinder, l'rei-
lich sind die Genfer genötigt, ihre Kinder wenigstens ein
Jahr in die kole enfantiite zu schicken; denn ihr (vesetz ent-
hält die eigentümliche Bestinnnung, dafs zwar erst die Sieben^
jährigen in die l'rimarschnle einzutreten, aber schon die
Sech.sjährigen Unterricht /n empfangen haben; wer nicht ans
der (cole ntfuutivr komnil, niuls eine Aufnahmeprüfung be-
stellen. Die Allla^^ssclutlpflicht dauert in Genf vom 6. 13.,
in Neuenbürg vom 7. 14., in der Waat vom 7. 10. üiler
15. Jahre. Aber während Genf wirklich sieben volle Schul-
jahre hat, begnügen sich die beiden andern schon mit fünfen.
Im Kt. N e u e n b u r g dürfen die Zwölfjährigen, welche in der
Landwirtschaft verwendet werden sollen, während des »Sonnners,
d. h, von Mitte April bis i. Novend)er vom I^nterricht be-
freit werden; sie sind dann nur noch liir drei Winter zum
Schulbesuch \ erplliclUet. Die Dreizehnjäln ij^eii ferner künnen
durch das Ileslehen einer Prüfung das Recht auf Im lal.s eines
Schuljahres erwerben. Und .selb.st diejenigen, welche durchs
fallen, können frei werden, sofeni sie in eine Herufslehre ein-
treten oder sonst regehuäfsige Beschäftigung erhalten; sie
branclien dann nur zwei Winter einen „fvw/rs ilc njH'tHinn^ (je
fünf Monate wöchcntlirli (> Sl<l.) (iurchzinnachen. Ahnlich
im Kt, Waat;') niu dal^ e.^ dort nocli mehr .'\usnahmel)e-
stinnnnngcu gibt (in stark industriellen ( )rtschaften z. I». für
die 14 — 16 jährigen Abend- statt Tagesschule: wöchentlich
5X2 St), in den Gebirgsgegenden die Ferien bis auf 4 Monate
ansi;edc'hut werden dürfen und die Gemeinden von vorn-
herein das Recht haben, den Schulzwang auf acht Jahre zu
M L ud ebenfalls ähnlich im Kl. Freiburg.
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SchvelserisrbeB VoIkB^cbttl1Te»ell.
iKscliränken. Ks ist sonach klar, dafs tintcr den drei fran-
zösischen Kantonen Ticnf die verhältnisniäfsij^ besten Primar-
schnlen besitzt, was im cinzehR-n noch dnrch etliche An|»al>en
bewiesen werden kann. Unterriehtsj^egenstand ist aucli die
deutsche Spraclie vom 4. Schuljahre au (docli kauui au allen
Orten). Einen besonders glücklichen Entscheid hat das Genfer
(lesetz ül)er den kirchlichen Unterricht gefällt: er gehört
nicht zu den Schulfächcrn, wird nur von Geistlichen erteilt
in Xeuenbur<j[ dni^^et^^en, obwohl er ebenso wie in Genf aiifser
allem Znsanimenhanj»^ mit dem Sehnlnnterricht steht, auch
von Lehrern doch nicht ])f1ic]Umäfsii^ wie in der Waat,
wo die lA'lirer, wenn sie jener Aiil^abe ledig sciu wollen,
sich einen Gehaltsabzug - bis 100 Fr. — gefallen lassen
müssen). Ferner ist hier zu erinnern an die für samtliche
(ienieinden berechnete, von einem Ijesondern Staatsbeamten
geleitete Ivinführnn«; der Knabenhandarbeit als lehrplan-
ni.'j!"si;:^e Schnlülmii.i^ : vielkiclit die vorzügliclistc Pjqenlieit
(Kiifs alU-n andern Kanlunen j;egenüber. Endlich vertlicut
benieikl zu werden, dafs Genf als der erste unter den
Schweizerkantoncn in den städtischen Oemeinweseu Kinder-
horte (Htt^-n gnttltcnnes) von Staatswegeu errichtet hat (1888).
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Spracli- Tind Sachunterridit.
Von EM Wilk« in QuedlinburK.
(Schhifs.)
Richten wir nun den Blick auf das «^anze Werk, so mnfs
vor allem anerkannt werden, dafs die Verfasser einen dtircli-
aus richtigen (»edanken mit bewniulernswerteni Fleilse und
peinlicher Sorj^^falt durchgeführt haben. Was bisher nur hie
und da cMUpfohlen und noch seltener ausgeführt wurde, näm-
lich im Sachunterrichte auch zugleich die Form der neuen
Wörter einzuprägen, das haben die Verf. zum rrin/.ip u liohen
und der Lehrerwelt gründlichst eingeschärft Wer das Hache-
Prüllschc Werk durcharbeitet, wird nicht anders können, als
fortan im SachunterriclUe auch des Si)raclHinlerrichts zu ge-
denken und im Sprachunterrichte das weiter zu verarbeiten,
was jener an Sprachstoff geboten hat. Aneli haben die Verf.
das Verdienst, auf die Genauigkeit hingewiesen nt hahen,
die für den orthographischen Unterricht nötig ist. Besonders
Haches Arbeit ist in dieser Hinsicla wertvoll. Das war in
mi.'Nern Schulen der Hauptfehler, der die Orthographie zum
Schnlkreuz machte, dafs die W Tnter, mit denen die Kinder
schriftlich arbeiten sollten, \ orher ihrer lH)rm nach nur halb oder
gar nicht eingeprägt waren, dafs man meinte, in der Ortho-
graphie eine regelrechte gründliche Wiederholung der Worl-
bilder entbehren zu können. Solche echt schulmeisterliche
Peinlichkeit, wie sie Hache bei Auswahl, Gruppierung und
Einübung der W«"rter anwendet, ist für <len grundlegenden
orthographischen I nterricht nicht zu entbehren, weim ich
auch meine, der X'erfasser könnte sich und den Kindern die
Sache etwas erleichtern, 2/jfxi Merkwörter für drei sSchuljahre
- macht für jede Woche etwa 20 neu zu merkende Wtirter
ohne ihre Ableitungen und Zusammensetzungen. Können
diese wirklich in der yorgeschlagenen Weise eingeprägt wer-
den, ohne dafs die Übung des Lesens und Sprechens ver-
nachlä.s.sigt wird? Und müssen sie so eingc]irägt werden?
Ich glaube, wenn ein deutscher Lehrer einen jungen iMan/osen
nach der Hachebchen Anleitung unterrichtete, niüfste auch
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bprarh- und 6aciiuiiterrii-hl. ^ffyj
dieser nach drei vSchuljiihrcn den ij;\l)ulenen Sprachschatz
iiuiiullicli und schrifthch richtig gcl>r.iucheii; aber so lehrt
wieder Meister Hildebrand — "»das Hochdeutsch als Ziel des
Unterrichts, sollte nicht als etwas für sich gfelehrt werden,
wie ein anderes Latein, sondern im engsten AnschUifs an die
in der Klasse vorflndliche Volkssprache oder Hausspraclu .
Allcnlini^'s. so will es mir scheinen, R. Hildehraiid hat die
( )rilu>j;^raphie ym i^^erinj*- «geachtet, ihm als t iiisti .^vui (ivm-
nasiallehrer ist doch wohl nicht j^anz der Blick iür dicvSchwierijj-
keit anf}^ej;angen, den dieser Unterricht in der Volksschule
bereitet Wie schon gesagt, gröfste Genauigkeit und Sorg-
falt ist nötig, um in der Rechtschreibung einen sicheren
Ortnid VAX legen; aber bei Befolgung des Hildebrandschen
Satzes läl'st sich die Zahl der Merkwörter doch erheblich ver-
mindern, rnsere Sprache hat für ungefähr zwei Drittel ihres
\\'orL>c IkU/as lanttrene Schreibnng. Lernen die Kinder tliese
zwei Drittel der deutschen Wörter genau hören und genau
sprechen — »im Anschlufs an die Volks- und Haussprache«
— « und sind sie vom i. Schuljahre an gewohnt worden, so
/u schreiben, wie sie sprechen, so brauclit man diese ganze
Wörtermasse -— wenigstens um der Rechtschreibung willen
- niclit tnchr iiiühsain einznprä.d^en, sondern kann sich auf
diejenigen Wöi Kr beschränken, deren Schreibung niclit völlig
lanttreu ist. Bei dieser Scheidung mnfs natürlich die land-
schaftliche Sprechweise in Betracht gezogen werden. Wo
also, wie im mittleren Deutschland, b und p, d und t hart-
näckig \ ertauscht werden, wird man Wörter mit diesen I^auten
für die Schreibung besonders üben niiissen. Nimmt man
diesen Standpunkt ein, so braucht man Wörter wie Schule,
hoch, neu, malen, hören, horchen, Hof, Mauer,
hart, turnen (Hache S. 21 23) nicht ins Merkbuch ein-
tragen zu lassen. Eine weitere Beschränkung, der Merk-
wörter ergiebt sich, wenn man die orthographische Regel
nicht ganz unbenutzt läfst, wie es Hache zu thun scheint,
wenigstens mit Bezug auf die Stammwörter. Die Regel z. B,,
dafs man den Auslaut durch \'er] an gerang des Wortes findet,
kann mau schon früh zum Verständnisse bringen. Dazu ist
es eine Regel, die das Sprechen und Hören fördert. Durch
sie wird eine Reihe anderer Merkwiirter gespart, z.B. lang,
Kind, iweund, gut, sang (Hache S. 21-23). Eine
Beschränkung der ^lerkwörter nach diesen beiden Rücksichten
scheint mir durchaus nötig, um Zeit zu gewinnen. Die Ein-
führung in das Verständnis des Lesestoffes, die Übung der
Lesefertigkeit, die Übung im Sprechen, das Auswendiglernen
und die Übung des Auswendiggelernlen, das Schönschreiben,
alles das nimmt in den ersten Schuljalireu soviel Zeit in Au-
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Edwin Wllkf.
.Spruch, clafs die Hachcsclicn Crruppcii uniiu'.;lich alle j»rüml-
Hch durchgearbeitet mid einige priij^t werden können. Aiifscr-
dem werden aucli die meisten Schnlen für da^ j. Schuljahr,
viele wohl auch für »las 3. auf die Führmij^ eines besondere«
Midies vcr/.ielilen müssen. Die Gewandtheit in der
Piihiunj;^ der I'^eder ist in dem Alter wohl n»>cli zn j^eiin;^,
nni ein Heft /.nstande zu hrinj^eii, das aueh in den weiteren
Seliuljahren als Xachschla^ebnch ;;ebraucht werden kann.
Kill liedenken i.st dem Verf. selbst j^ekomnieu, und mit
Recht Seine Methode macht es uölijj; dafs jedem Jahrjjanjje
eine bestimmte Menge einzu])räj^cnder Wortbilder zujfewiesen
wird. Man wird , so fürchtet II iche, von lvinen«;en und
Kinzwäni^en des Lehrers, vielleicht L':ar \ r)n Pedanterie
sprechen . Wenn er nun meint, tlals jr l« ! ('uiii-^clic Lehrer
in Hinsicht auf das Gelingen des Gesamuiuleii iehis zur I)ar-
briiigiiug dieses kleinen Fretheitsoplers gern bereit sein wird ,
.so ehrt ihn diese Meinung^, und ich wünschte, er hätte recht;
aber ich fürchte, er hat nicht mlit. Was unsern Lehrern
fehlt, ist eben die Hinsicht auf das Gelingen des Gesamt-
unterricht^ . \ ic llc idu wird man mir dies Wort verdenken,
ich kann's nicht äiaurn, die I^rfahrung hat's mich gelehrt.
Jeder will sein StückclKii (larten nach bestrm Wi^Mii und
Können bebauen luid ihut es oft mit grolseni Meil>e; ob
aber dabei der ganze Garten einen wohlthuenden Kiudruck
macht und der Bodenkraft entsprechende Früchte erzeugt,
dafür fehlt den meisten Interesse und Rücksicht Was hier
allein helfen kann unrl was der \'erf. gerade wegen seiner
Methode des Sprachunterrichts hätte fordern müssen, ist
Wei te r f ü h r u n g der Klassen durch mehrere Schuljahre.
Beide Verfas.ser haben ihr Augenmerk darauf gerichtet,
den Kindern die Verwandtschaft der Wörter /.lun Bcwufst-
sein y.n bringen. In die.sem Stücke erweisen sie sich als echte
SchüU r Hildebrands und Albert Richters. Wer nach Haches
und Prülls Anleitung unterrichtet, wird die Kinder leicht
(laliin führen, dafs sie der Abstaunuimg gemafs schreiben.
\'ielkiclit wäre es für weitere .Auflagen ratsam, die Wort-
familien nicht als Wort-, sondern in Sat/i\ilicn 7A\ bieten.
Ich konune zu einem weiteren Einwand gegen das Werk.
Ich trage diesen wie die früheren nur vor, um den — nach
meiner Ansicht — richtigen (tebrauch des Werkes zu er-
leichtern, nicht etwa, um es zu\ erwerfen oder herabzusetzen.
Der formale Sprachunterricht .Aufsatz, Orthographie, (fram-
nuitik darf nicht allein an den Sachunterricht angelehnt
werden, -.cihKih niufs auch im Lesebuche einen Stützpunkt
finden, richtiger gesagt: er muls nicht blofs mit dem Sach-
unterrichte im engeren Sinne in Verbindung stehen, sondern
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Sprach- und hjchunterriclit.
auch Ulli (Kr Ik'linndlnip; firs J^cstl^uclistottf^, die- ja aiuli
in jic\vii>stui Siuuc Saeliuiiicrricht ist. Mciuc Ciiüntlu für
diese Hehauptniig sind folgende: i. Durch einen richtig be-
triebenen Leseunterricht werden eine Mengte von Wort- und
AuJidrticksf< »rillen dem Kinde ^anz oder teilweise eingeprägt
Diese Art der lunpragnng ist sowohl als \'orbereitung für
das Mcrkt'M dit-sc r lM)rnien, als auch nls T71)ini.ix in ihrer An-
weU(hin,L; \\ rrl\ nll. I{s wird sich dalu i t iiiptVlik n, manche
(iruppe von Mcikwöilcin aus Leseslüekcu zu gewinnen, die
Betrachtung grammatischer ^Erscheinungen an sie anzuknüpfen.
2. Auch die Wortkunde, wie ich das nennen mochte^ was
die Verf. unter ♦Worterklärungen« bieten, schliefst sich oft
am natürlichsten an den I^esestoff an, insofi-rii der Lesestoff
vielfach ein IuIIls Ijclit auf die bttreffendc ii Ausdrücke und
Redensarten wirft. 3. Das Lcsesliick versetzt das Kind viel-
fach in \'erliäUiiissc und Stinnnungen, wie sie ilim sein Leben
bringt oder bringen wird. Das ist auch für Wahl des beson-
ders einzuübenden Wortschatzes wichtig. Das Kind der Volks-
schule kommt später viel seltener in die Lage, eine Abhand-
lung über das Renntier (II fS. 178) oder über die wichtigsten
Götter der alten Deutschen (III S. 153) zu schreiben, als
einem Briefbogen anzuvertrauen, was es erlebt hat, was es
traurig oder freudig stimmt. Ich verweise dabei auf Rudolf
HiUlel)rands I>uch vom deutschen Sprachunterricht
S. 54 und S. 84 und auf seinen Aufsatz Die Stilübnng als
Kunstarbeit« (Ges. Aufs, und Vorträge vS. 127 135, Leipzig
1890). Ich meine mit Dörpfeld; »Grundlage der Sprachbildung
in der \'<)lksschule sind das belletristische Lesebuch und die
sachunterrichtlichen Lehrbücher . Dabei unterstreiche ich
mit DTirj^fcld das und und die Schlufsworte, möchte sie aber
lieber tlurch Sacli 11 11 1 er ri rh t ersetzen.- Prüll scheint
auch das Gefühl zu haben, als werde er dem Lesebuehe nicht
ganz gerecht Im Vorworte zum II. Teile (S, VI) spricht er
über den Stoff der Aufsätze und fugt hinzu: «Gewifs bieten
auch Lesestücke und f rcdichte (Göhl, 60 Volksschulaufsätze),
sowie Pvrlebni>se f Kahnmeyer und Schulze) geeignete Stoffe
zu Schülerarbeiten; doch giebt es derartiger ATdeitnngen
genug . Ans der gaii/eii Anlage des Uuches könnte aber
doch gesclilossen werden, dafs die \'ert. den formalen Sprach-
unleirieht ganz an die Realien auschliefsen wollen.
Das Werk ist für die Volksschule bestimmt Es wird
aber auch für Mittelschulen und höhere Mädchenschulen voll-
ständig ausreichen. Für einfache Volksschulen eind die Auf-
sätze und Diktate oft zu umfangreich und nach Form und
Inhalt zn hoch. Die methodischen }'>örternngen könnten
etwas ausführlicher sein, z. H. vermisse ich eine Anweisung
dafür, wie Aufsätze zu wiederholen sind (II. Teil S. XVU.i.
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370
Ich komme zum Eiidurtcil. Das Hache-Prüllsclic Werk
ist ein Buch, wie es nicht oft erscheint Es ist geeignet, den
vSpracluniterricht auf eine höhere Stufe zu heben und ver-
dient daher volle Beachtung aller Lehrer. ^Ht den von mir
gemachten Kinschränkungcn empfehle ich, den I. Teil zur
(inmdlage des Unterrichts zu machen, die beiden anderen
mehr gelej^^entlich als Nachschla,£^cl)ncli und Stottsammlung
zu gebrauclien. Hin solcher Ciebrauch des Buches wird dem
Lehrer nicht nur viel Ärger und viel rote Tinte ersparen,
sondern auch, wie Prüll wünscht^ dazu helfen, die Kinder
einzuführen in den Geist der »Sprache und sie zur rechten
Anwendung der Worte und Sprachfonnen« bringen.
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Auf der Warte
Pfinjjjsttii ist die Zeit der Versammlungen, insbesondere auch
der ijrofsen Lehrerversammltni«::«'!!. Wenn nach lanj^jeni, schwerem
Winterschlnfe die Krde i^rüiieiul aufpewaclit ist niid sich mit
PIftten uiul Alucu sciinnickl. dann ergreift auch in der Päda-
};<>K<-"-Zunft jung und alt mit unwiderstehlicher Gewalt di;^ alte
Wandersehnsttcht unseres Volkes. Wohin könnte es aber einen
begeisterten Lehrer woht mehr ziehen als an jenen Ort, wo er
mit gletchgesinnten Amtsgenossen raten und tliaten kann, und
wovon spräche er, nachdem er zu seinen trauten Penaten znrück-
i^ekehrt ist, wohl lieber als von dem, was er auf jenen grolsen
Tagunp;en -tsehen uml gcliTirt hat?
So standen die letzten Wochen völlig im Zeichen unserer
Versammlungen, um so mehr, als in diesem Jahre die deutsche
Lehren^ersainmlung in Hamburgs gastlichen Manem getagt hat
l'nd deshalb ist es Pflicht des Herausgebers, der unter der
obigen lJl)erschrift regelmäfsig die H< u el>enheiten in der Schul-
nnd Lehrerwelt und die pädngogi*;clien Fragen, die im Vorder-
grtindc des allgemeinen Interesses stehen, vorfuhren und
kritiscli beleuchten wird, über die verschiedenen \'ersannnlungen
zu berichten, denen unter seineu geschätzten Lesern, die selber
zugegen gewesen sind, zur freundlichen Erinnerung an schöne
Tage, den andern als ein karger Ersatz für das, was sie haben
entbehren müssen
Nun mufs der Herausgeber einer pädagogischen Zeitschrift
allerdings vieles können, und oft geht das, was \on ihm ver-
langt wird, über die Kraft und das Verinnj;t:n eines sterblichen
Menschen hinaus; aber dafs er zu gleicher Zeit an verschiedeneu
Orten sein soll, wird doch wohl niemand erwarten. Zu seinem
grofsen Bedauern hat er diesmal nicht einmal eine der ver>
schiedenen Pfingstversammlungen besuchen können. So mufste
er denn die Hilfe seiner geschätzten Mitarbeiter und Mitarbeite*
rinnen, die mit dabei gewesen sind , und ans eigener Anschau>
ung Ixiicliten können, in Anspruch nehmen.
Sie haben nun in diesem und dem fol^aiidLii Hefte das
Wort und die Verantwortung für ihre Berichte] HolJentlich
wird die sommerliche Stille keine weiteren tief eingreifenden
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3/2
II. IVi^ffo.
I\R'i^nisse und Kraj^cn autkoimnun lasst?» uiitl dem HcrausgeljKir
so das Conccpt vcrilcri>cn.
I.
Üie detil«clie Lehrerveraaniiiiluiig in Hamburg JKtt6.
l'fin^slcn kam wieder in die Laiule j;t/<)^eii mit Seinem
Flicdcnlnft niul seiner Wanderlnsl. und ein Pfin.iisten war es,
an dem diirchs .ktitsche I^chrerliaus das Malmen .ui".U- Nun
rüstet. deulN^he I,eiirer, euch zur Xordlandsrel.-.e ! Dort wo die
Wogen des Weltmeeres das Kingangsthor eures Valeriamies um-
rauscheu, wo die alte Freistadt Hamburg einem iieueu Denken
und einem neuen Streben eine gastliche Freistätte bietet, dort
schart euch zu einer einzigen grofsen Gemeinde, die, eins im
iMiJden nnd eins im Wollen, dem deutschen ^'olke und seinen
I'iihrern die ewigen Ideale aller Erziehung leuchtend vor die
Augen stellt I
So erging ila> Mahnen, nnd auch ich folgte ihm. Ich hoffte
so viel von der \'erk<n'|jeruiig der Einheit des deul.schen Lciuer-
standes, so viel für das Vaterland, so viel für die Schule und so
viel für mich selber. Für das Vaterland, das so manche veraltete
und %ur Fessel gewordene Form des Kulturlebens abstreifen und
neue annehmen möchte, mochte und mufs, wenn es sich weiter
entwickehi will zur Sonnenhöhe dir Menschluit, nnd nach
der I'berzeugnng aller Indien nur inf (Um Wege einer natnr-
und knlturgemäfsen \*olkserziehung kann. Für die vSeluile, die
das verderbliche Idol der Wortweislieit abgelenkt hat von der
Bahn einer natur- und kulturgemälsen Jugenderziehung. Für
mich, der ich müde geworden des fruchtlosen Kinzelstrcbens, die
Schule auf die Bahn der Natur zurückzuführen.
Ja, müde geworde n. Der Mensch kann müde werden in seinem
besten Mannesalter, wenn er die Kraft in sich fühlt, Gutes zu
wirken und die Macht der Verhältni.sse keine Früchte reifen Infst
am Ilaumc seines Lebens, wenn er vergebens ankiinn)tl gegen
den Sturm und die Wogen, die das I«ebensschifflein anders lenken
als seine Bestimmung ist. Von Enttäuschungen lebt die Berufs-
freudigkeit nicht nnd lebt nicht der Schaffensdrang. An Ent-
täuschungen reich aber ist des Lehrers Leben, und der bittersten
eine wartet seiner, wenn er von der Gedankenhöhe de! .i^iofsen
Pädagogen oder \ <>ti der lintwickelv.ngshöhe der pädagi'L;isclu n
Theorie hineinblickt in die pädagogische Praxis \ind gewahren
mufs, wie diese trotz alledem und alledem hier den Schnecken -
gang und dort den Krebsgang geht Ks sickert das theoretisch
Errungene kaum tropfenweise hinein in die Schulstube, und un-
endlich viel geistige Kraft wird vergebens dem Lauf der Dinge
geopfert. Was opferfreudige Pe^eisterung in stillen Stnnden er-
denken läfst, nur zu oft versinkt eh spurlos in die gelieiuiuisvolle
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UUf diHiUcIti- IiHir4'rv<>niiiminIiiii|( in IkumbuiK. T^J^
Tiefe der Geisteswelt. Wäre es titiverloreii, diV Oescliichte der
Schule würde erfreulichere Blätter aufzuweisen liabeii. (ledankeu
setzen die MrtsscTi mir solnver in Hewe,L;;tin'!::. Auf sie hat vnxi
jeher ein Jongleur- Kunststück mehr Kiudruck gemacht als alle
Wunder der ewigen Wahrheit.
Diese Erkenntnis macht raude und müde das verKel 'liehe
Hoffen auf ein befriedigendes Wirken, müde das vergebliche
Spähen nach einem Ar1)eitsfelde, auf detn man seine ganze Kraft,
sein ganzes Können und Wollen einsetzen und ansgel)en kann.
Ich reiste nach TTani])urg. Wo deutsche Lehrer sich
ver.sannneln. da hist thi /u Tlnii'^c, <\:\ ist deine Heitnat. da ist
der Nähr(|uell deiner lierulsiieudigkeit und dcinis Srh:itl\ns-
(hanges; da wirst du finden, was dich aufrecht haiL iiml dir tlie
geistige «Spannkraft wiedergiebt, deren du bedarfst, mn deinen
Platz am Webstuhle der Zeit behaupten zu können* • - so
dachte ich und SO hoffte ich. Fiul durfte ich nicht Grofses
hoffen in diesem Jubeljahre? Die deutsche I,ehrerwelt liatte
soeben den gefeiert, den sit dt-n Wtltsclinlmcister nennt, hatte-
Pestalozzis Xanien und Pe^-lalo/ /is Menschenliebe hin-
eingetragen ins deutsche Volk unil hatte gewifs auch gelesen
und studiert, was er gewollt, was er der Nachwelt als (ieistes-
crbc hinterlassen, hatte die Bitte erfüllt, mit der der Müdling
von Neuhof seines Geistes Schwingen sinken liefs: Prüfet alles,
behaltet das Oute, und wenn etwn^ P.c>>en.< in euch selber ge-
reift, so setzet es zu dem. was ich euch in Wahrlieit und Liebe
zu geben \ ersuche, in Wahrheit und Liebe hin/n! Denn wie
könnten ihrer ihre grofsen Toten anders feiern .•' Konnte man
da niclil erwarten, re.-»talüz/i würde in der Hamburger
Lehrerversaninilung sein Auferntehungsfest feiern und alle
Reden, alle Vortrage, alle Beschlüsse würden aus seinem Geiste,
aus seiner C/edankenwelt geboren sein? Konnte man nicht er-
warten, dafs dort etwas von seinem Ideenreichtum, seiner Oe-
«lankeiitie fe und dm noch immer ungehobenen Schätzen seiner
tluon. li>rhen Ivrkeiinlnis Inneinziehen würde in das Herz jedes
Teiinelnners und die \'oranssetzung geschaffen würtle für
die Verwirklichung einer Pestalozzi-schen Schule? Mulste man
nicht erwarten, dafs die grofste I,ehrer\'ersainnilung im Jubel-
jahre Pestalozzis Begeisterung für seine Ideale wecken und
damit die Liet>e zum Berufe nähren, da.s Hoffen auf bessere
Tage beleben und neuen Mut zum Schaffen am grofsen Werke
verleihen würde? Ich wenigstens hatte es erwartet und will's
nur gleich gestehen, ni ei u Ivrw arten hat sich nicht erfüllt.
Um eine Hoffnung äiuicr und eine lüittäusciiung i eicher bin
ich aus Hamburg zurückgekehrt.
Ks mögen zunächst rein äu fsere Umstände gewesen sein,
welche die Feslstininiung nicht auf die Hohe früherer Versamm-
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rt. wirec.
lungen koninien Helsen. Das Wetter war kalt und unfreundlich
und kalt, begeisterunj^slos die Leitung dtr \'erhandlungen durch
C 1 a u s 11 i tzer - Herli n. Die Leituni;>ltrlinik allein macht titu
\'orsilztnden nicht, und mag sie imch so \<>r/riglich sein. I''s
niufs von ihm auch der Geist ausgehen, der die Versamndung
besiM^len soll, und daran fehlte es.
Sodann war die Zahl der Teilnehmer, die auf über 7000
stieg, zu grofs. als dafs die Hinheitlichkeit des Ganzen hätte
gewahrt bleiben können, und die i 7 NelKMiyersammlungen tnige-n
zur Zers]>litterung ohne /Zweifel auch ein gut »Stuck bei. Der
lünzelne ging nicht auf im (lanzen und wurde darum auch
nicht vom Gan/en getragen und erwärmt. Die Siile waren meist
schon lange vor Beginn der Verhandlungen und der Festlich-
keiten überffillt Hunderte fanden keinen Kinlafs und ginRcti
ihre eigenen Wege.
Daztt gesellten sich Mängel anderer Art. Mit der Grofse
einer \'ersaniTn1ung wachst natur^eiiiäfs die Tragweite ihrer
Wirkung nach aufsen: es niufs aber mit der Grofse auch <lie
Ou'rditat des ( lespnn 1k lu-n wachsen. I{s müssen die ersten
pädagogischen Aulori täten ihr Wort in die Wag.schale
werfen, wenn über pädag(^gische Fragen entschieden werden soll.
In Hamburg aber fehlten diese ersten Autoritäten. Rein war
nicht dort, v. Sallwürk auch nicht, ja, von den hervorragenden
(nicht zu verwechseln mit offiziell«. 11 1 Vertretern unserer Wissen-
schaft dürfte kaum einer an der Wrsammlung teilgenoninien
hal>eii. Warum nicht? Kr)iinten nicht geradi- sie die grollen
Zu.sammenkünfte der deutsclieu lyehier zur obersten pädagogischen
Instanz, zum pädagogischeu Gewissen der Nation erliel)en ? Ich
kann mir denken, was sie von der Teilnahme abhält, allein
wir haben doch nun einmal keine andere Repräsentation unserer
Wissenschaft und kein anderes Mittel, ihre Forderungen geltend
zu machen, und da mufsten, meine ich, alle Hedenken f.dlen.
Kissinaiin war anwesend, sprach a])er nicht. Der einzige
l'ä(la.L;(>.i;e von Ruf, der das Wort ergriff, war Scherer: allein es
gelang ihm augenscheiiüich nicht, mit .seinen päd.agogischeu Ge-
sichtspunkten Kinflufs auf die Versammlung zu gewinnen und das
pädagogische Niveau derselben zu heben. Es war das auch unmög-
lich unter den obwaltenden Verhältnis.sen. Nicht die Debatte,
sondern der Vortrag wird zum Mittelpunkte der Verhandlungen
gemacht. Dieser ist die grofse Hauptsache, jene die kleine Neben-
sache Die Referenten ich wtif> niclii, ob sie bestimmt
werden cnler ob sie sich freiwillig meklen sind Herren der
Situation. Sie haben das Recht, die Hörer stundenlang zu
unterhalten bezw. zu langweileti, können in den Schlufswortcn
sich nach Herzenslust ausdehnen nnd überdies zu allen An«
trägen das Wort ergreifai, sodafs jeder andere Redner einfach
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375
in den HititerRTund gedrängt wird, ja» es kann einer, und wäre
es die erste Autorität, von Gluck sagen, wenn er überhaupt
/um Worte koninil. Als ich mich tmmittelbnr nach Ikcndi<^itni;
des Tcws-;c!u-n Vortrni^es l)eim Bureau nach der RtHlnerlisle er-
kundigte, li(irle ich, daf.s bereits neun Namen verzeichnet seien.
Dafs man nach einem anderthalbstündigen \'ortrage diese neun
selbst bei einer Sprechzeit von nur fänf Minuten nicht mehr
würde hören wollen, war mir sofort klar, geschweige denn die
17 Redner, die schliefslich eingeschrieben waren. Die Geduld
ist erschöpft, das Interesse geschwunden, man lint .c:enii2^ von
der Sache, es wird Schlufs gernfen, der Schlufsruf ist i^Ieich-
l)<-(li utend mit cintin Schlufsautrage, der Schlufsantrag wirtl
an^cnuninicn (nach dem Tcws.schen Vortrage ujit 107 gegen
93 Stimmen), die Generaldebatte ist geschlossen und damit den
noch eingeschriebenen Rednern das Wort abgeschnitten.
Hin solches Verfahren entspricht doch ganz gewifs nicht
dem Zwecke der \'ersammUing. Diese soll den Austausch der
McMimii<^en. den Austausch tUr RrsuUatc: der }{inzt'lberatnngen
Liniri^lirlun, soll (ielegeuheit bieten, pädago^^isclic I*Vam.n von
verschiedenen Seiten und von hohen luid allgemenien Gesichts-
punkten aus y.u beleuchten, und darum ist es richtiger und
zweckentsprechender, man giebt 12 Rednern je 10 Minuten das
Wort als einem Redner 120 Minuten. Den Schlufsrufem aber,
die sich in Hamburg in geradezu unangenehmer Weise bemerk-
bar machten, gebe ich den guten Rat, entweder zu Hause zu
bleiben oder <ich zu entfernen, wenn sie nichts mehr hören
wollen. Das nimmt ihnen kein Mensch nbel aber übel Tuhnie
ich es ihnen sehr, wenn sie mir den Gciiui>, ilen nur eine \ er-
sammlung beretten kann und soll, bedntrtchtigen oder gar rauben.
Die Referenten femer sollten niemals vergessen, dafs sie
Fragen behandeln, die in den Kinzelvereinen bereits vorberateu
sind, dafs e also nicht ihre Aufgabe ist, alle bereits bekannten
Details für und wider noch einninl ins Feld zu fuhren. Sie sollten
sich darauf bi schränken, die Haupt- und Keni»^edanken hervor-
zuheben, \uh\ ihr Referat in einer einzigen allgemeinen These
gipfeln lassen, die weiter nichts enthält als eine prinzipielle Knt-
sclieidung der zur Beratung stehenden Frage. Auf grofsen I^ehrer-
versammlungen können nur grofse, weitgreifende Fragen zum
Aust ag gebracht werden und diese nur in weitgreifender Weise.
Ist eine Revision der Lehqihine notwendii^? 'Hat der Lehrer
an der Schul Verwaltung teilzunehmen ? Ist die Kinführung einer
Schnll)ii)el /u fordern? Ja oder nein? Dann bleibt die Debatte
eine ( /enerakleballe, dann kann sie von hohen Gesichtspunkten
getragen werden, dann stehen die Massen ge<>ch]ossen hinter der
Kntsciiciduug. und die Entscheidung wirkt -ach aufsen. Die
praktischen Konsequenzen zu ziehen oder die Frage bis in ihre
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376
lt. Wlg^e.
Kinzelheiten zu lösen, kann nicht Aufgabe der };^r<)fscn X^ersamm-
lunj^en sein, d.i die detaillierte Lösiin*^ niclit ülxiall niid für
alle dieselbe sein knnn. I'jne einzijj[e These und die^e uintassciid
«gehalten, das ist das Rechte. Sonst geraten die Verhandlungen
in Kleinkrämerei hinein. I^s pafst dem einen dieses Wort nicht
und dein andern jenes nicht, es wird um Worte und Ausdrücke
gefeilscht und gestritten, und die Sache wird unerquicklich. Mit
den Amendements, den Abänderungsvorschlägen, den Zusatz- und
Streichnngsantragen, wie überhaupt mit der Spezialdehatte, ver-
lieren die X'erhnndlungen ihre Ilnlie und ihre Wurde. Wie der
\'er>aininUuig /.u.ueniutet werden konnte, dns Tewssrhe The.scn-
ungeheuer, das aus 12 niei.^t fünf- bis neiui/.ciligcu Teilen be-
stand, zu beraten» ist mir nicht recht verständlich. Ober die
darin enthaltenen Begriffe, Schlagwörter und Forderungen waren
nicht einmal zwei Lehrer in zwei Stunden einig geworden, und
Tausende aus allen Gegenden des deutücheu V^aterlandcs sollten
es werden ?
Meine Fortierungen l)ezüi;Hch der Gestaltung der
Hauptversammlung gehen also ilaliin: Ivs dürfen die
ersten pädagogischen Autoritäten auf der Rednertribüne
nicht fehlen: im Centrum der Verhandlungen stehe der
Austausch der Meinungen, und der Vortrag, der die
Debatte einzuleiten, nicht zu verdränge 1 hat, gipfle in einer
ein/igcii all^^eniein gefafsten, kurzen und kl aren These.
So mir ktinnen die grofsen Zusammenkünfte der deutschen Lehrer
\verden. was sie sein sollten, ein Hutwickelungstaklor der päda-
gogischen Itlee.
Die L,ehrmittelausstetlung war nach jeder Seite hin un-
gemein reichhaltig, und das war auch nicht geeignet, nietiie
Stimmung zu lie1)en. Wie\ iel Kraft, wieviel Scharifstnn wird iloch
aufgewandt, den kindlichen Geist abzusperren von seinen Xah-
nmgsfpii llcn und den Unterricht hineinznleileii in das Wr-
künsieiungsverderltt n ! Was sollt n denn nur diese pädagogischen
Nippsachen, diese künstlichen vSpiekreien ? Sie können doch das
Selbsterleben, das Selbstbeobachten, das Selbsterfahren uml direkte
Anschauen nicht ersetzen, und da.s allein ist und bleibt das
Fundament aller Erkenntnis. Ein Pestalozziwerk und ein Pesta-
l(>//idenknial war die Lehrmittelausstellung sicherlich nicht. Wer
da lehrte: Der ewige Quell aller Ceistesbildung ist die Welt
der Dinge, ist das Leben . und wer da forderte: (Vbt dem
T 'nlerriclile wenigstens w ieder, was Krämerseelen ihm benommen
haben, den reellen l'!)indruck der schönen Gotle>v\\.lt , der winde
fiber den heutigen Lelinuittetkultus da.sselbe Verdammungsurteil
aussprechen, das er fiber den fundamentloscn Wortuuterricht
seines Zeitalters aussprach.
Hobe Anerkennung dagegen zolle ich der von der Harn-
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deatarh^ t<9hi«rv»ri)iinmlttn(r in MiimbiiTif.
burg-er Jnpfeiidschrifteii- Kommission in der Knnsthallc veran-
stalteten AussUlhm^ von Hilderln'i ehern und illustrier-
ten Jugendschri ften, die eine luslori.-»che Kntwickelun^ der
Illustration des Kinderbuches zeigen sollte. Dawar mit Bieiien-
fldfs ztisatntiiengetrageti« was die wahre Kunst einst und jetzt
der Jugend zum Genüsse dargeboten. Auch englische, fran-
^.ösiHche, italienische und japanesische Bilderbücher waren ver-
treten, und ein A'ergleich ilerselhcn mit den deutsclien liefs er-
kennen, dafs unsere Künstler dem Kinde doch tiefer in die Seele
geschaut haben und in der Kunsttechuik die fremden weit über-
tretlen.
Von den zahlreichen Neben Versammlungen habe ich nur
zwei besuchen können. Ich hörte Scherer in der >Freien Ver-
einigung für philosophische P&dagogik« über die »Pädagogik
als Wissenschaft und die weiteren Schritte zu ihrem
Aushau^ und freute mich über seine trefflichen Ansfnhrun<^en.
StKlann hnrtt ieh den Professor Lehmann - Hühenber j; ühcr
\'olkserzi ehung nach en t w i ckelun gs ges c h i ch 1 1 i c h en
Grundsätzen als Staatskunst der Zukunft-. Für mich
ist dieser Vortrag, der bereits am Pfingstmontag, also vor der
offiziellen Eröffnung der Lehrerversammlung gehalten wurde, der
Höhei)unkt der Hamburger Tage geworden. Das war eineherr>
liehe Pfingstpredigt. Der sie hielt, war keiner der unsrigen und
stand uns doch viel näher, nl■^ mancher der unsrigen. Bei ihm
fand ich. was ich naelilier \ i r^ehens gesucht hal)e. Anregungen,
hohe und ernste Ciedankeu ; ich fand ein freies Manneswort, einen
klaren Hinblick in die Milsstilnde unserer Zeit und das feste
Wollen, an ihrer Beseitigung zu arbeiten. Der Vortrag ist als
Broschüre erschienen, und ich wünschte wohl, er t^^elangte in
jedes deutschen Lehrers Hände und sein Inhalt in jedes deutschen
Lehrers Herz. LehmannH«)lu nherg ist der Begründer des Deut-
schen \'olksbundes , der dtn ("ieistesadel, der alle hoelilur/ig
denkenden Männer in .sich vereinigen und den grt>fscn (be-
danken der Menschheitserziehung hineintragen will in alle Ge-
biete des öffentlichen Lebens«. Ob das gelingen wird? Die Zu«
kunftwird es lehren. Mit wahrem Feuereifer trat Lan ger mann-
Barmen für die Sache des XOlksbundes ein; allein ich glaube,
es war ein Fehler, dafs er die Cele^^enheit dazu zu sehr suchte.
Man darf sein Steckenpferd nicht überall reiten, das stufst ab.
Wenn über die Pädagogik als Wisst ii>rhaft debattiert werden
soll, dann dart man mit einer lanpfeliliing des > Volk.sbundes?.
ebensowenig kommen wie mit einer Empfehlung der »evan-
gelischen Arbeitervereine«, wie es von einem andern Redner geschah.
Ich komme zu den Verhandlmigen der Hauptversammlung.
Die undankbarste Aufgabe war ohne Zweifel Kies -Frank-
furt zugefallen. Hr .sollte von neuem Interesse wecken für eine
B«lm#n (P<daff«fiiiM) Tif. 7. 25
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Frage, die schon wiederholt niul jj^ründlich lieliaiKkll worden war,
Interesse für ein altes W'ünschen. ein altes hordern, das <o be-
rechtigt ist wie irj^end eines in der Welt, nämlich dem JAluer
m gewähren, was Frankreich uud Österreich ihm auH freien
Stucken längst gewährt haben, Vertretung in allen Schul-
verwaltnngsinstan/.en. Er sollte mit alten Sachen, mit alten
Gründen, alten Gedanken vor die Wrsannnlunjj treten inid doch
nicht lanj>;\veilen, Ks gelanjj; ihm und das vor allem durch die
scharfen Streiflichter, die er nnf die schul]inliii>chcn l'>ei^ni»c
uud Zusländtr tler jüngsten \ ergangen lieil lallen liefs. Seine
Forderangen begegneten selbst\'erständlich keinem prinzipiellen
Widiersprache.
Kbenso allseitig befriedigen<l, \ i\ l leicht mit noch etwas mehr
rednerischer Wirkung erledigte I^nders-Sonneberg di«. St hul-
bibcl frage. Der Kirche und den I'Twnchsenen die Bibel, tler
Schuh' und der Jugend ein nach pädagogischen (jrundsät/en be-
arbeitetes biblisches Schulbuch das war der Extrakt >eines
\'ortrages, eine Forderung, welche die \'ersanuulung wohl ein-
hellig zu der ihrigen machte.
Ks lag nun aber in diesen beiden Themen nicht das eigent-
lich pädagogische Moment, nicht der Srliwerpunkt der^'erhaHd-
lungen : es lag in ihnen nicht das. was die Massen herbeigc/o<^c ii
hatte, soweit sie sich von der Tagesordnung der Hau])tversainiii
liuig überhaupt hatten herhei/.iehen lassen. Sie waren l>ereit^ /.n
durchsichtig, ihre Li)>ung /u selbstverstämllich und dal>ei ledig-
lich in das Gebiet des äufseren Schulwesens eingreifend, als dafs
sie den Durst des nach frischem Wasser lechzenden Waiiders-
mannes hätten stillen konneu. Was heute das Lehrerherz l)ewegt,
sein Senf /.en, sein Hoffen, sein tätlich Gebet, das ist eine Refor*
nialion der Schule an Hnupt und Gliedern, von innen heraus,
eine durchgreifende Krneueruug aller (»rundlagen des Unterrichts,
eine endliche \ erwirklichung der Idee der F^leuientarbildung .
Im Breunpunkte des Interesses standen darum Mahraun- Ham-
burg mit seiner Festrede über Pestalozzi und Tews-Berlin
mit der Beantwortung der Frage: Welche Stoffe sind nach
den Forderungen der Gegenwart dem I.elni>lan der
Volksschule hinzuzufügen bczw. aus dem.st:lhen zu ent-
fernen?
Ich inufs ge>tehen. der Hamburger Srliulrnl sprach
uuuieh kühnes Wort, er schleuderte manchen Gedankenblitz,
manchen Wahrheitsstrahl hinaus in die Nacht, der die
draufsen latiemden Finsterlinge mit argem Wehgeschrei auf-
fahren liefs, allein ich glaube, es gehört dazu in Hamburg
gerade kein grolser Mut. Das freie Denken scheint dort eine
so sichere l*(»sttion zu haben, dafs es selbst in kirchlichen und
religiö.sen Dingen laut geschehen kunu , uhue dais dabei
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irgend etwas riskiert wird. Tch verkenne ferner nicht, dafs der
Festredner mit yjofser WTiiuu' spr ich und ntanchen j^uten Ge-
danken hinau^klinj^en liels iu.s tlciitschc Lchrerhaus - seine
Darlegung der Bedeutung Pestalozzis für die l>/.ieliungs-
aufgaben unserer Zeit<. aber hat mich nicht befriedigt Gewifs
ist CS schwer, die reiche Persönlichkeit dieses seltsamen Menschen-
kindes in einer Festrede zu unifassen und zu erschöpfen, allein
dies war auch nicht nötig und erwartete auch keiner. Pestalozzi
war einerseits ein Sn/ialpadagoge und Sozialpolitiker, andererseits
ein SchulpädaguKd i"id \ nr lA'hrern hätte der Festredner doch
Wühl in den Schulpädagogen i'eslalozzi hineindringen , den
Mafsstab seiner Erkenntnis an unsem heutigen Schulunterricht
anlegen und den Grundriss einer Pestalozzischen Schule ent-
werfen müssen. Fr that es nicht Es mag einen gewissen Reiz
haben, sich mit dem Sozialpädagogen und Sozialpolitiker Pes-
talo/zi TU hc<chäftigen. Da kann man die sozialen und wirt-
st liattliclien Zustände der C art einer scharfen Kritik
unld/.iehen und ist dafür des lieilall> der Versamminng sicher,
während eine pestalozzische Kritik unserer inneren »Seh ul zustünde
weniger beifällig begrüfst zu werden pflegt Vor allem aber
sollte man das schulpädagogische Programm Pestalozzis nicht
vermengen mit sozialpolitischen Dingen. Das macht die Aus-
führungen unklar, ergiebt keine einheitliche Wirkung und macht
keinen T, ihrer zum Jünger des Meisters.
Auch Tew> machte kritische Au^flü^e in die su/.iaipolitischen
Verhältnisse der Ciegenwiu-t, ja er berührte eine Menge Fragen
und Sachen, die zu dem Thema absolut keine innere Beziehung
hatten, obwohl er selber mahnte, nur pädagogisch zu diskutieren
und alles andere beiseite zu lassen. Was haben denn nur z. Ii,
die allgemeine Volks.schule und die Fortbildungsschule mit der
I.chi planfrage zu thun? Icli bei^^reife nicht, wie niati die He-
dürlnisse der hnhcrcn Schulen /um Stoffauswahlprinzip für
die unteren Klas.st^n der X'olk.sscluile machen kann, die infolge-
dessen als sogenannte FUementarschule hauptsächlich die Elemente
der Bildung vermitteln sollen. Meint Herr Tews die Elemente
des Geisteslebens, Vorstellungen, Ans^chauungen, Gefühle, gut
Die grofse Well aber versteht etwas andi i darunter, nändich
Lesen. Schreiben, dit \it.i Spi/ies und recht viel religiösen
Memorieret off, und dic^\ usfü Ii nmm iiier solchen unklaren Forderung
wird nicht Herrn Tews iihcrtrai^cii. -^ondeni Ttivtan/cii, die ihn nicht
einmal nach seiner Meinung tragen. Al^er al)K«-sehen davon, der
Referent redete ausdrücklich einer Beschränkung der Bildung des
kindlichen Geistes durch die Welt der Dinge in seiner -.Elementar-
schule das Wort, und demgegenüber sage ich : So lange die ludieren
Schulen dem fundamentlosen. geisttötenden Wortunterrichle ergel»en
sind, so lange sie im Staube der Antike wühlen und dadurch den
«5*
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380 H- Wlws*.
idealen Sinn der Oegfemvart töten, so ]anq:e si'ikI sie nicht wert,
dafs ihretwegen >i7 Prozent der Kinder des deutsciien X'olkes
der geistige lirolkurl) höher gehängt wird. Die bezüghche
These zog der Referent zurück zugunsten einer anderen, die
Halben-Hamburg einbrachte und deren Wortlaut wohl keiner
im Saale sofort faiste. Ich erinnere mich auch nicht, dafs sie
zur Debatte gestellt worden wäre, aber angenommen ist sie. Nach
ilir soll der Unterricht niclit nur in den unteren, sondern audi
in d«. n mittleren Klassen der \'olksschnle von den liedürfnissen
der luiheren Schulen abhängig gemacht w erden. Nun, inzwischen
fliefst noch viel Wasser durch den Rhein.
Auf die Sache selber ging der Referent herzlich wenig ein.
Ich vermifste vor allem ein aus dem Unterrichtsziele abgeleitetes
Stoffauswahlprinzip, das mir ebenso klar und deutlich sagt,
was aus dem Lehrplan entfernt werden mufs wie was in den-
selben aufzunehmen ist. Zum mindesten erregte e^ mein He-
freniden, dals Pestalozzi so gar nicht um Rat getraut war. Herr
Tcws wäre sicherlich zu anderen Resultaten gekoninien. Ivr
bewegte sich in sozialpolitischen Geleisen und Ixrzeiclinete eine
ganze Reihe Stoffgebiete, die aufzunehmen seien, wufste aber
nicht ebenso genau die auszuscheidenden zu bezeichnen. Nun
hat man bislier stets ein feines Gehör gehabt, weim nach neuen
Stoffen verlangt wurde, ist aber taub gewesen, weiui Entlastung
gefordert wurde, und die Folge der Ainiahme der Tewsschen
Thesen kann leicht die sein, dals wir zu der alten Last noch
ein halbes Dutzend neuer Disziplinchen lunzubekuninien und
im Übrigen alles beim Alten bleibt Ich hatte erwartet, die
deutschen Lehrer, die unter der zu bewältigenden Stofflast
seufzen, die Mas.^en unkulturellen Stoffes zu bearbeiten haben
und meist zum Gedächtniskultus gezwuni^en sind, wfirden wissen,
was zu ihrem Frieden dient. Ivs hat sich eine, wenn auch
scliwache Majoritfit L;efunden, die es nicht wufste.
Von den ühlichen Begr ü Isungen', Festreden und Toasten
ist wenig zu sagen ; es waren eben die üblichen. Pestalozzi hatte
keinen Teil daran. Die Rede des regierenden Bürgermeisters Dr.
Mönckeberg bei der Festtafel war übrigens von imponierender
P^eganz, durchdrungen von stolzem Selbsthewufstsein. des Ober-
hauptes einer freien Hansastadt würdig. ICr wie> hin auf die Kr -
Weiterung unseres Gesichtskreises durch den Hesucli
nand)urt;s und wünschte, dafs wir nun daheim nnt vollen Hrnidi n
wieder ausstreuen möchten, was wir dort gesammelt- Und waiir-
lich, wenn auch die Verhandlungen keinen zum 'Glauben an die
sieghafte Macht der Erziehung bekehrt haben, wenn auch die Ver-
samndung kein Pestalozzi-Jubelfest war. wenn .sie die Entwickeln ng
des Scliulwcsens auch um keinen Schritt gefördert hat, dieTeil-
ndnncr haben eine reiche Fülle neuer Anschauungen mit heim-
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$i;L'firaclit, und ckti Hamburger und Kieler Kollegen, die uns die
WVj^c (la/.u geebnet, dafür unsem hcr/lichsten Dank. Wir fanden
Zutritt /u (k*n Kiinststättcn, erfreuten uns an Kuuslt^enfisseii
fd'-'.ster Art, sniien das eiijenarli;L;e I.elteii und Trciheii einer
Wclthandels'^UuU, sahen ckn llaieu, ilen Xur^lo^Ueekanal, Kiel
uiul nul l*aiaul)uis vSr. Majestät des Kaisers die Geheimnisse der
dort ankernden Kriegsschiffe, die Wellen der Ostsee, Helgoland
und die Wogen des Weltmeeres, diese Wogen, die noch lange
in meine Träume hinein rauschen werden wie ein Klang aus dem
Reil 1k der rnendlichkeit und KwiKkt it. Das war der Sej^en d;.r
Xorillandslahrt. Mit diesem Segen beladen, kehrU ich /iirück
und l)r;u-lite mit das alte Sehneii und das alte Hntteii. Nicht
weit vun den» Fcslorlc rauschte auch der Sach.senwald. lir
rauschte keine Grufse hinüber zu den deutschen Lehrern. Wie
würde es gcw'csen sein, wie würde es heute mit der Jugend-
und der Volkserziehung stehen, wenn au Bismarcks Stelle ein
Freiherr von Stein gestanden hätte? —
Coswig (Anhalt). H. Wi gge.
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Clironik.
Allgemein« SchuliitiitiHtik.
— Hin vor ctiitj^vr Zeit erschienenes Hlatibuch jnebt über die
Schulverhaltnissc in Knj^land und Wales Aiiskiinft. Dicoffetil-
liche konfessionslose Volksscliule »Board schind) trscluitil (Un W-r-
tretern der Kittheti unj^ceignet, weshalb alle ReUgionsl)ckcnnliiisse
StluiKii tit^Urlialtt u iii iktien die KiinUr Kcli^^ionstintcrricbt n.ich
den hcsomkrcu l il.uihciissat/.fil der bcUv ifc nilcii Uekenntiiissr t. rlialUn.
Die Ke^ieriing j;e\vährt allen Scluden (»hiie Ausnahme tür jetlen
Schüler, der durch PrOfuujf vor den öffentlichen Schulinspcktorcti
einen gewissen (vrad der Reife nachweist, einen Zuschufs. wofiir im
vorigen Jahre knapp an 14 Millionen Mark verwendet wurtlen. Da
(lies nur etwa /.wei Drillel <ler Scliulkoslen erreicht, die an Mill.
Mark 1)elra;;:en (ohne liaukosU n für ik lu Sclnrleni. so :unis (k r frhli tii!i
Ik'trair (k-n nfkntlichc n Srliuk-n diircli rienieind« umladen >in<i ini
l'alle tkr kt»tnc.ssionelkii S<.luikn. wenn nicht au.s Stiflnn^s^elderJi,
durch freiwillige (laben und Ivrhebimj; eines Schulgeldes gedeckt
werden. Für die $i)i^<)2j2 schulpflichtigen Kinder bestehen igSot»
Schulen, von denen 1 1 K34 mit der Staatskirche verbunden sind ;
5;^!'» Schulen sind öfk'iitliche Schulen. <h)4 gehören -k n K itlmlikeii.
der Rest anderen Konkssionen. Der t.igliche Durchschnittsbesucli
i<l. h. die Srhülerzahli ist Ini Avu öffentlichen Schulen xtnd den mit
(kr Staalskirche verbuinkin n Schulen nalit./ii ijk'iclr ii iinlicii
i «Sy4 und 1854619; in den katholischen Scliulen betragt er j^oStjS,
und von den gesamten schulpflichtigen Kindern besuchen 4 340 )j<)
täglich die Schule (an 73 Prozent!. I>ie Unterrichtskosten für jedes
Kind betragen in den amtlichen Schulen 50 M., in den Staatskirchea-
schulen 39 M., in den katholischen Schulen .^7 M., in der wesleyanischen
.;S M., in den anderen Schulen 41 M Hie l.ehrergehalte sind am
h<H hsii II in »k ii (>ffentlichen Schulen, und zwar Hanptlehrer 4251 M..
Hauptlehrenn 22S4 M.. andere Lehrer 2066 M.. kehrerinnen i(\>4 >k,
und am niedrigsten in den katholischen Schulen, wo der J)urch-
schnittsgehalt für die genannten (rntppen 2343 M., 1334 M., 1581
bezw% 1052 M. betragt. Die freiwilligen Beiträgfe zur Krhaltung der
Schulen der Staatskirche erreichten die Höhe von nahezu 19 Mill. M.
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Chronik.
Scholgettetsgeliung uml -Verw«ltnii|r.
Auf Ctniiidlaf^e weitllufigfcr Arbeiten einer Königlichen Kom-
mission hat die Norwegische Regie- ru ntr dem Storthins^ (Kcichs-
tapi eiiK- X'orhiije zu einem !i<-uen Seluiluesi t/ \<>rj::c u ^1 Dt r
erste I I.mptpimkt in der voT^escJila.uenen neuen (»rdinui^, wodurch
sie .sich von der jet/t bestehenden unterscheidet, ist die Ivinheit der
öffentlichen Volksschule, die eine Schule für alle Volk.sklassen sein
soll. Diese bildet den Übergang zur Mittelschule, die wieder die
Voraussetzung und die (>rundlagc fiir die GyninaHial-Ausbildung ist
I>ie ('»ymnasicn werden in (hei Linien, eine sprachlidi -historische
nnl Latein, eine sprachlich-liistorische I.iniL ohne Latein und eine
Re.illinie, j^eteilt. ]'.vu- /.weite Haupt^ t r■'^l<l(. ^nn^ bestellt in der .\us-
stoisun;; des Lateui.-«. <ius der MittelschuU und übcrh.mpt in einer
•starken IJeschränkunjj der kUissischen Sprachen in der Schule. So
soll X. R. Uriechisch nur ein wahlfreies Fach sein. Endlich ist auch
der höhere rnterricht in die Kürsorge des Staates einbestogen worden.
— Der dänische Kultusminister hat dem f^andtag einen («e*
selKeniwxirf, betreffend die Reorganisation des Volksschul-
wesens, vorj^eU'f^l. nie Ilauptptiiikte des Entwurfs sind foljjende:
I. Per Schul/W alt beginnt mit dem Anfang; desjenijjen rnten ie lits
Semesters, in dem das Kind das siebetite jabr vollendet. In Däneat.irk
,i:;iebt ts auch Scluiieii für Kinder im \ orschulpflicliti^en Alter, Poj^es-
koler Kleinkinderschulen, die von sogenannten Volksschul-
lehreririnen. geleitet werden. ÜbHgens datiert der Schttixwang in
Dänemark l>ei Mädchen bis sunt fünfzehnten und bei Knaben bis
/um seclj/ehnten Lebensjahre. 2. Die Zalil <ler Kinder, die gleich-
/eitij^ in einer Klasse unterriclitet werden dürfen, wird auf liöchstens
herabj^eset/t. 3 f., schichte. ( leojjra])!!!'«' und Xalurkinide sind als
obliiT.tt ' •i'^i he l'nti ri irlii^i.icher in <kii Lehrplan alU r <")ffi ntlichen
\ Oiksschuien auf/,uneinnen. 4. Die geringste L'nlerrichtszeil beträgt
41 Wochen jährlich, anf dem I,^nde wenigstens iHT^tunden wöchent-
lich. In Dänemark giebt es auf dem I<ande vielfach zweiklasstge
Schulen mit einem I^hrer. 5. Für sämtliche Lehrkräfte wird das
System der Dienstaltersstufen eingerichtet.
— Die Volk.SXeitung teilt mit dals /.um Umbau des Cliaritee-
Krankenhauses in Herlin j<khk)ü M. dem l-'onds behufs allge-
meiner ICrleichterung der \'ol k ssch ul 1 ast e u cntrionmtcn werden
sollrn l>as (ield gehe also der \'olkssch\jle v i iloicn, uu<l su könne
es kommen, dais die elendeste Dorfschule nutlelbar für den Au l>.iu
der Charitee in Berlin beitragen müsse.
— In der Provinz Posen giebt es, wie der Dziennik i'osenanski.
schreibt leider noch eine Reihe kathol. Schulen, an denen die
Kinder wegen Oberfüllung nicht vor dem achten oder
neunten Jahre aufgenommen werden können, obschon be-
kanntlich sonst im preufs. Staate die Schulpilicht mit dem sechsten
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3^4
JotiaoB«» N»jrer.
Jahre bc'i^iiinl. Iüik dieser kathol. Scliukn iKliiukl sich in Ik-ndlcwo.
wo 260 Kinder in einen» kleinen Schulj^ehäude nntcrgebracht sind.
— Der Majristrat in Osnabrück lieCs bij$ ^nm Herbst 1895 die
evanjrelischen Volksschulen durch einen eignen Beamten verwalten;
aliti als (kr in <k-n Ruhestand trat, wurde die V'erwaltunj^ dem
Kntii i;!. Kreis.schulinsi)(. 1< tor natürlich gegen Be/ ilihing
iibertrajj^en. In Osnabrink ist man nn.q'ehnitfn jiennj^ darülier;
hat die Stadl ein cis^ent^ l?,uiainl, ein eij»enes SU-ueratnt etc., s«> soll
sie auch ein eigenes Schnlatnl haheji. Die ICinwohner kTtnnen doch
nicht hinter dem Königl. Beamten herreisen, wenn er auf Revisionen
draufsen sich befindet.
— Im Württembergischen I«andtage wurde folgender Antrag
angenonnnen : Die Beslininningen des Art. 72 des (kset/.es \ <ini
Sc i'tcTiihcr »836 iiher die örtliche Sch u 1 an f si i, Ii l (d. h. die
Srluilaufsiclil durch die ( ■.eisllirht ri i zii Viclassen. flalx i .(her nns/ii-
sprechen, (hil's iti (ienieintkii mit griilsercu Schulk<)Uij>kxen die Uiis-
schnlanfsicht einem oder mehreren ürlsschulaufsehern, welche die
Befähigung zu einem Kirchenamt nicht haben, oder einem Geistlichen,
der kein förmliches Pfarramt bekleidet, übertragen werden kann .
Kine kleine Rresche ist damit in das System i^elcgt. und es Hegt
nun hei den gröiseren Schulgenieinden, der Fachaufsicht zum Siege
zu verhelfen.
Schulor^anisation.
Die Kgl. Regierung von Oberfranken liat angeordnet, dafs
in Zukunft je<kr I,ehrer. mit .\nsnahme ck rieni;.r< 11 der untersten
Kla.s.stn. welche wie seither die neuaufgentnnnien». 11 Kinder für <lie
2. Klasse vorbereiten, seine Schüler 2 Jahre lang behalten soll,
— Eine eigentümliche Zusammensetzung des Lehrerkollegiums
weist das anhaltische Landesseminar zu Cothen auf: 9 ordentliche
Seminarlehrer und 6 Hilfelehrer.
— In lia\ern sollen nach ministerieller \ erfügung die Somnier-
ferien acht Wochen dauern Für den Winter sind sieben, für den
Sommer drei Schulmonale testgesetzU
Eraiehnng umd Untarrieht.
l'i'ir diejenigen Orte des Regierun gsbe/Jrks Potsdam, in
welchen herkömmlich die Leichen von den I<ehrern und der
Schuljiigend mit r.esang /u (irabe gel^ iti t werden, hat die
Koiii-Iiche Rei^ierutig angeordnet: i dnfs forl.ia kein Schulkind wiik'r
den WilleJi seiner Kitern oder \'ormündcr angehalten werden darf,
einer I«eiche mit Gesang zu folgen: 2. dafs die Leichenbegleitung
durch den Lehrer und die Schüler in der Regel nur dann stattfinden
darf, wenn die gewöhnlichen Schulstunden dadurch nicht unterbrochen
werden ; >. dafs bei einem aus einer ansteckenden Krankheil her-
rfdirendi 11 Todesfälle ilie Schulkinder von der I^^ichenbegleitung
unbedingt aus^cuschlieisen sind.
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Chronik.
385
— Im Anftra.u'c des Mnpistrnts Wiesbaden wunlt-n in (Um
al>gLUiufencn Jaiirc in den lilcmenUirschulcn und MiUcl.schuicn rund
7ULx> Schüler auf ihren fresunclheitSKtifttand untersucht Zwischen
8 und 9 Prozent der Kinder, namentlich bei Knaben, waren mit
UnterleibsdrQsen und Bruchantaj^en behaftet. jVt Proz. xeigten Rfick>
-r itsvcrkrünitmin^fcn. Ein Teil der Kinder war mit ansteckenden
Krankheiten l)ehaftet. andere zei;;len rnreinliolikeiten. Das Krgcbnis
der l'ntersuchunj^ ist die AnstelliTtiir von Schulär/.ten.
Ivin bedenkliehes llr^'elinis hatten T n t er su ch u n en eines
Zahnarztes in einer An/.ahl Ivlbertelder Schulen. Von 923 Kindern
hatten nur 16 ein vollatändig gesundes Gebifs, a1so98>/,„ vom Hundert
der Kinder hatten mehr oder weniger krankhafte Mundhöhlen. Der
Tro/.entsatz der erkrankten Zähne betrug 24*/^. also von den 21 077
Zähnen der 92,; Kinder waren 5150 erkrankt.
— Der Zenlrahiusschufs zur l-ördenuiir der Volks- und Itiui tid
spiele will ein deutsches ()lymj)ia schaffen, d. h. eine j^rwiilite
Städte, auf welcher iu regeliuäfsiger Wiederkehr ein allgemeines
deutsches Fest, in dessen Mitte die deutsche Mannesjugcnd stehen
soll» gefeiert werden soll. Ein schdner Gedanke!
— Die Einführung des Haushaltungsunterrichts ist nun
auch für die Cothener Mädchenvolksschule beschlossene Sache,
nachdem sich die städti.sche Vertretung Göthens bereit erklärt hat.
«las geset/Hche {Sechstel der entstehenden Kosten «U tragen; lüni
Sechstel derselben entfallen anf die Staatskasse.
— An verscliieiletien landlielien SchuU^rttn des Reiritnitigsbe/irks
Oppeln ist währentl <1 es W inters von selten tkr I.ehier an den Nach-
mittagen der Sonntage die erwachsene Jugend. Knaben und Mädchen
abwech.Helnd, in der Schule versammelt und dort etwa zwei Stunden
nütstlich beschäftigt worden, und es hat sich diese Einrichtung nicht
nur bewährt, sondern die Jugend hat auch gern von derselben
Gebrauch gemacht
Stellung der Lehrer.
— Bei Gelegenheit der /.weiten Lehrerprüfung /u Xeu-Ruppin
soll nach der Preuls. Schulztg.« (I«iegnitz) Provinzialschutrat Herr-
mann u. a. folgende Bemerkungen gemacht haben: »Ihre Rede ist
so spitz wie Ihr Schnurrbart Kaufen Sie sich eine Bartbinde!-
.\uf Ihrer Platte kann man tanzen! Herbart hat die Schule ver-
pestet. Die I lerbartianer knnmu n mit ihrer X'nrbereitung immer
S Tage \oi der IvwigkeitI Schorn können vSir sich an den Hut
stecken I (Zum Scminardireklor gewendet der bald darauf wegen
Unwohlseins die Klasse verliefs.) > Psychologie ist Unsinn «, Quatsch ! 4
— Unglaublich!
— Als Freund der Volksschule und der Volksschul-
lehrer hat sich wieder einmal der Herzog von Meiningen ge-
zeigt. Der Landtog hatte dem Herzog zu seinem 70. Geburtstag eine
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JohARoe» Iterer.
Siimiuc- von ^omx> Mk. zur W i füjjftitijL; ^fsU llt I>ci Her/.oji' lial die
ihm /.itr Vcrfüj^uiig gcslclUc Sninme zur Mniciitun>; eitits i.chrcr-
gebäiuleH für das Herzof^^Hche Lehrcrsetuinar in Hildhur^liaiuten lie-
»timmt, um damit zu bekunden, welch hohen Wert er den Ver-
anstaltungen beilegt, die auf gediegene Bildung unsrcrVolksschullehrcr
abzielen.
\"nlksschullchrcrn . welche den Hestiniinungen des 26 der
I'rüfiuij;sordnnn^^ vom 15. Oktober 187? s<inst jjenüpt haben, darf
nach einer neiierdintrs Irnifi nen l'jilscheidun}; des Tnlerriclits
ministers die Bc f ä h 1 j; u n g zu m Cnterricht in den l' n Lerkla.sscn
von Mittelschulen und höheren Mädchenschulen unter Tm-
ständcn auch dann noch zugesprochen werden, wenn sie in einem tech-
nischen Fache, %. B. im Turnen, bei der zweiten Prüfung das Prädikat
^gut bestanden niclit erlanj^ haben.
— Von den I.ehrersöhnen. (d. Ii. Solincn von Volksschul -
Iclnern). die iS<)j,'i^(; die Xlvitiiricntenprüfuiii; ablegten, wttlUen
wertlen : l*liih>logen 37Vv Juristen 35. (Hfi/icre lu. Äledixincr ^^^J,
Theologen 117';^, sonstige Berufe 92, Summa 329. Von den Lehrer-
söhnen die 1891/92 bis 1^94 /95 die Abiturientenprüfung bestanden,
wollten werden : Philologen iift, Juristen 1 18, Offiziere 28, Mediziner 167,
Theologen 471. son.stige Iknife 305, Summe 1207; mithin entfallen
von ihnen uif die Tlieologie ;,9. auf die Medizin 13. auf die Juris- .
l)ruden/. und Tliilologie je lo, auf den iieeresdienst 2 und auf .sonstige
Ikrufc 25 l'ro/ent
— I^in in der bathselieii j. Kannner eingebrachter Antrag, nach
welchem das lüementarunterrichtsgesctz in der Richtung abgeändert
werden sollte, dafs die Volksschullehrer nicht mehr gegen ihren
\\ illen gezwungen werden können, einen ihnen von der kir< hlidicn
Behörde angetragenen Organisten- oder Vorsängerdienst
an/.unehmen, wurde von lU r überwiegende n Mnjoiität der K.ntnner
utul /.war in seltener Kinnuili;^kLil (kt lilieialen und ultranionlanen
Partei gegen die vier Stimmen der Demokraten und zwei sozial-
demokratische abgelehnt
Bildmig der Lehrer.
— Im badischen Landtag kam auch die Krage der Lehrer-
bildung zur Sprache, wobei sich Minister Nokk dahin ausspru li dais
als Vorbereitung für die Aufnahme in <las Seminar auch der He.such
einer RealsrhtiU grlUn k:inn Das Internat an den Semsnareii sei
keine Zwnn-st HirnlUnn;^ : m _M ii r'^bttrg sei der gan/f iihersle Kurs
ein Kxternat. An allen henunaren wird eine I tenulsprache und /.war
das Französische als fakultativer Oegenstand gepflegt : in Meersburg
ist es sogar obligatorisch. Dadurch sei allen strebsamen Lehrern die
Möglichkeit gegeben, durch das Studium einer frenulen Sprache sich
auch mit der heimischen Sprache leichter und eingehender vertraut
zu machen.
386
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Cliroilik.
— Im rtötlinjrt'i- Kchrcrvirtitu- tuijjftt* flit- Mchr/.ahl (Ur Wr-
<,muiiluiijj /II «Kt Ansicht dt-s Herrn l'rtilfssors Kiiokc, (Kr »Iii-
Rektorats] »1 u tu 11 j; als eine ungeeignete, mindestens überflüssige, be-
seitigt, dagegen die Mittelschiilprfifutig betbehalten, jedoch aus ver>
schiedcncn Gründen an die Universität verlegt sehen möchte. Merk-
würdige Ansicht! Die umgekehrte Lösung der Kxamenfrage wäre
gewtfs richtiger.
— - Von den 5 V. x a m i ?] n n A v n , die in Magdebtiri; die Prüfnn^
hii helirer von Nfittelsrlnilt 11 ;i!>lii;tcn. bestantlen 10 nicht: in Man-
nover bestatulen in tlerscll>en l'iüfnng von 2} nnr 12. Von ;>i in
Magdeburg erschienenen Kekturenkandidaten bestanden 6 nicht, dar-
unter 4 akademisch gebildete.
— Bei der zweiten Lehrerprüfung in Oranienburg be-
.Htanden nur 38 von 64 Ivxaminanten. Die Forderungen sind erhöht
worden.
Besoldung der Lehrer.
— Zum abgelehnten Lehrerbe.soldungs - Ciesetz -ist im
Herren hau sc eine Statistik verteilt worden, die von einem Mitgliedc
der Petition.skommis.sion aufgestellt worden ist. Diese Statistik be-
trifft .|2 grofsere Orte und ergiebt, dafs in diesen Orten in den Jahren
iS«^-;, 1.S94 tmd iS<(5 6<y)St.? M, nulir an die Rtihegehaltskassen über-
geführt wiiiileii sind, als diese Slädt«. nluu' Anscblnfs an die Knlu--
gt halti^kassen an Tensionen zu zahlen gehabt h almi würden. Jkrliti
gehört nicht %u diesen Orten, '«*eil es selbständig für seine I^hrer-
pensionen aufkommt Fortgesetzt im Nachteil gewesen sind die
Städte Stralsund. Königsberg t. Pn. Halle a. S., Aachen« Halberstadt,
Magdebnrg. Kit ), Ilildesheim, Altona. Stettin, (ilogau. Oörlitz, Lieg-
nitz, Thorn. Koblenz. Posen, Hrandenbnrg. Uroniberg. Trier, Rr» s1,Hi.
Mühlhausen i Th , <'>snabrück. Kassel. Hannover, Bielefeld, MiiuU n.
Köln, Himn. r. iiiii<.ii. Düsseldorf, llllnifeld, Dortmund. In L-in/tlnen
Jahren hallen \ oiieil. in uiuleren Nachteil: (jreifswald. l-rankurl a. (>.,
Klbtng, Krefeld, Duisburg. Kssen, Potsdam. Vorteile hatten dagegen
in allen drei Jahren : Münster und Erfurt. Die Summierung dessen,
was in den 42 Städten weniger /u zahlen ge\N escn wäre, ergibt 35 2S8
Mark : die Summierung dessen, was die Städte mehr zu zahlen hatten,
702 100 M.
~ Das K ultiisnunislerium ist schon mit der I niarbeitung «les
Lehrerbesoldungsgesetzes beschäftigt. Im grofsen und ganzen
wird .sich die neue \'orlagc «in den alten lintwurf aiischlicfscn. Jedoch
dürfte die Frage der Staatsbeiträge in der Weise geregelt werden,
dafs den grofsen Städten die bisher bezogenen Summen verbleiben,
dagegen soll an den .Mters/.ulagcka.ssen festgehalten werden. Dann
wird der Herbst sicherlich stürmisch werden !
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Neuere Erscheinungen auf dem
Gbebiete des Turnunterriclits.
Von H» Sohrtfar in Berlin.
Alfred IJüt t i IitT. R a ^• i n s i c i n » V o 1 k s t ii r n b u c Ii. Kin Föb rcr
auf dc-m (*.e))ietc' (k-s Mänticr und WTcitistunnvesciis ; auch für
Tunik-lircr in nberf ii Knahrn Schulklasscn. .}. Aufl >tit tiucr
Tafe! und v])vr 31 in tkn Tt'vt ein^refü^'tru Hul/.,schnilUMi.
l'iaiikfuil a. .M. iSy^, J. D. Sautiiäiiders \ cilag. 715 S. Preis
8 M. (ungeb.)
Dieses Buch ist von jeher eine Fundgrube turnerischen Wissens
jj^t w csen und hat in der Neubearbeitung durch den jetzigen H crausgcber,
induti es /cil.i;cniäfs erweitert und verbessert wurde, noch an Wert k^-
wonnen. ikr TilLl l>Lsa;2:'t viel, a1>er er sat^t iiiclitnlk's; /.IV, dafs
nicht Mojs ik r 'riiniklii Li" an höheren. soiKkru aucli «kr an nietkreu
Schuk'u da.s Buch mit Nutzen gebrauchen kann. i)er Trei.s (ks
Buches, angesichts des reichen und gediegenen Inhalts keineswegs
XU hoch bemessen, niadit es ja den meisten freilich unmöglich« es
für die Privat-Bücherei zu beschaffen. Dafür aber sollten I^iirer,
welche sich für Leibesübungen intere.ssieren und Turnunterricht er»
teikn, de.slo nachdrückhclicr darauf hinwirken, dafs ls für die Lehrer-
Bibliotheken angekauft würde, und das umsoiiiLlir als das Buch
u. a. auch treffliche Handreichungen für die TnU rriclit.s- l'raxis ent-
hält. In dieser Hinsicht ilürite man \ergei>licii nacli einer wesent-
lichen Lücke suchen. Nachdem im zweiten Teil (-Tumlehrec) über
Grundbegriff, System und Methode ein gut orientierender Überblick
gegeben ist folgt eine umfangreiche Stoffangabe für alle Oebiete des
Turnens, als: Freiübungen, Ordnungsübungen, (k-rätübungen iSpringeti,
Bf>cks|>riti;jcn. rferdsjintj.iren. 'rischs])nni:en, Rci k, Barrcti, Schaukel-
ringe, tlrlfichgewichlsübungen, KletUni, rinni^. n mit Handgeräten
aller Art). Hierzu bietet der dritte Ted < Turnlidiieb 1 eine gründ-
liche Anleitung über die Betriebsweise der Frei- und Ordnungs-
übungen, derOerätubungen, Musterbeispicleförden Betrieb des Bock-,
Pferd und Tischspringens, sowie der Reck-, Barren- und Schaukel-
ring-Übungen. Dieser Teil enthält aufserdem 30 kurze Beschreibungen
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3«9
von 'ruMis]>ielcn und zum Schhifs lU inerktmiren ühvr verwandte
I.imIk .sül)iin}^c-n ( l'^xer/jcri; n, I\ rlitc ii Schicisen, Reiten, Tan/eu, Kis-
lautcn, Schwiiuiuen, Kailiaiircu und KuilL-ni).
Aufser der Theorie und Praxis des Turnens interessiert den
Freund leiblicher Frische und Tüchti^fkeit aber auch noch manches
andere, was hieran in enger Beziehung steht. Dieses Interesse findet
durch den ersten Teil des Buclies reichliche Bcfriedij^uns. Der
(UsMiiitinli ilt desselben ist mit der bescheidenen rhcrschiift Hiii-
kitung la /i'ichnet. Wir finden hier aufser «jeschichtHi hcn Aiuku-
tungLii und tineni I'ljerlilick iiber den lieiiligen Standjninkt der
Leibesübungen Aufsätze über: Volkstumen, Turnziel. Einrichtung der
<Deut(u:heu Turnerschafts Platz- und Tumordnung, Turnplatz und
Turngeräte« Übungsstoff und Lehrkräfte, Kunstsprache des Turnens,
Stufenordnen der Tumübungen, Leistungsstatistik und Wetttumen,
I'ünrichtungen der Deutschen Turnfeste. ( ieselligkeit in den T 'rn-
vercinen nn<] endbch eine Abhandlnn^; übt r den nu-nscliliclicn f.eib.
Das 'i in nt-n wird nocli vielfach als eine bh>lsf l,icl iliaht rci ein-
zelner belt achtet. Man sollte endlich einmal anlangen, es uut einem
anderen Mafsstabe zu messen. Den Anfang damit wird die Lehrer-
schaft machen müssen. Möchte dieselbe in dem Jahre, in dem sie
allenthalben dem Erziehungs-Reformator Pestalozzi begeisterte
Huldigungen darbrachte, sich auch daran erinnern, wie dieser Apostel
der harmonischen Menschenbildung über die Leibesübungen gedacht
hat. Man kann es naclile.sen in der W o r !i e n s r h r i f t für Men-
schenbildung (1»; In den gebildeten Krei.seu uu.seics \'»ilkes i.st
es Mode geworden, über das Turnen in den Schulen gering zu denken
und Aber die Turnvereine gar die Nase zu nunpfen. Das sollten die
Lehrer wenigstens nicht mitmachen. Sie müssen es wissen, dafsdie
Tnrnsache. von welchem (xesichtspunkte auch wir sie betrachten, die
eifrigste l'örderxing verdient. Gesundheitlich ist sie in hohem
(irade nüt/hcli und ])ädagogiseli ein unentbehiiiclus Hilfsmittel
Am wenij^stcii alar hat man bislur <!cn nationalen und s<i/ialen
Wert des \ eremsturnens erkannt und ausgenutzt. In die.ser Richtung
kann die I^hrerschaft, die so oft schon eindringendes Ver-
ständnis für wahrhaftes Volkswohl bewiesen und uneigen*
nütxig dafür gewirkt hat. sich noch viel Verdiemit erwerben.
Wer dazu sich ausrüsten will, der findet in dem angezeigten Buche
tnanehes werlvolle Matt.ria].
Alfn'd Böttclicr. Staflt l uin Inspektor, Li-hrgani: für das Knnbi'ti-
turnen in \' <»1 k s s c h u 1 en. Ausführung!, n /.u l im ni seeh.s.stiifij;tii
1, ehrplan. Den luinlchieiu iin Xolksücluilcn vorgelegt. -Mit ill
Abbildungen. 2. Aufl. Hannover 1895, Verlag von Carl Meyer
((;ust. Prior). !45 S. l8o M.
Das bereits im 4. Jahrgang der Neuen Bahnen- (Heft iti an-
gezeigte und empfohlene Werk r.ötlehers liegt nunmehr bereits in
zweiter Auflage vor. Hinsichtlich der Befehlsform der Übungen be-
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it. SrkruiT.
fiiulct sirli der Wrfasser im wcscntlicbcn in rhereitisliiinmiiij^ mit
(Iciii in/W i.sclicn crsclneiicncn nrntHi lu n ]jrt. uisisrlu ii I.i itfa«U'n \-r>n
wäliicjui für technische lie/cichnuitgeii, ila liici in kleine Abweichungen
vorkotninefi, in einzelnen Fällen allerdings jener Leitfaden hcrange-
2os:en werden mute. Als methodisches Hilfsmittel für die Benntzungr
des letzteren, nicht nur in Aeehsklasst^en, sondern fiherhaupt in ^e-
holjcnen XOlksschulen, wird Böttchers ^Lehrjpang auch fernerhin sich
vi( lt l'n tinde erwerben.
Aiiiulic Schönlank, stiult. Lelirerin in Ik-rltn, Lehryilan für den
T n r n n n t e r r i c h t in Mädchenschulen nebst IJar-
stellung eines Schauturnens. Mit einem Vorworte \'on
dem städt. Obertumwart Prof. Dr. K. Angfcrstein in Berlin. Berlin
[894, Nicolaische Verlags* Buchhandlung (R. Strickerh 108 S.
r,6o M.
Der von der stildt. Schuldcputation in Herlin für den Turnunter-
richt der ( iiMiieiiule-MädcbctischuK n vort^cscbriebene T.ehr])I:in. wi-lrlu-r
nur die tioiwi iulij^en Haiij)!- und ( ■.rinuUüraieii aii.ui(. lil, bat in du ser
Schritt eine \ ervoUstäudigung und lirweiterung ei talucu. welclie d;is
Buch auch für andere als die genannten Mädchenschulen brauchbar
erscheinen läfst Bei der Benutzung wird man sich jedoch nicht
ganz streng an das von der Verfasserin Dargebotene halten dürfen.
Die Sttnuleneinteilnng /. Ii. ninfs darauf Rücksicht nehmen, dals ein
'IVil der Stunde durch den Wechsel der I.ehrgegcnständc Ik'zw. des
Luleniclitsraumes, durch KK idc i al»kgen u.a.m. verloren utht. Die
Freiübungen enthalten noch Be/eiclinuiigen, welche keine allgemeine
Anerkennung finden, wie «Kiebit/gang , Storchgang^-. DieOrdnungS'
Übungen nehmen im I^ehrplan einen allzu grofsen Raum ein und sind
nicht fiberall klar beschrieben. Auch die reigenartigen Übungen, un-
ricbtijf mit *Reigen« überschrieben, konnten eine l{iii.schränkung er-
fahren. Die .\nswab1 der Syticlc ist viel zu reichhaltig; hier luülste
auf allen Stuleii ein lüehtij;er Abstrich gemacht werden. Ivs ist gar
nicht denkbar, thus die Schülerinnen einer seehsklassigeii Schule
die richtige Spielfreudigkeit und Spielfertigkeitsich aneignen könnten,
wenn die angegebenen 143 Spiele wirklich mit ihnen durchgespielt
würden. Eine Umarbeitung des Buches nach den angedeuteten Kich-
tungeii hin Würde seine Hrauchbarkeit wesentlich erhöhen.
Mari«' Müller, Kinder Ii ed K i n d e rs ]> 1 e 1. Neue Spiele nml
I, jeder nebst einer Sanimluni; lu'lieViler Spitde, C.ediebte. Kfitsrl,
1- esls] lielf /n kleineren .\\iHühruiigen etc. uml ciiici Zusamnieii-
slelluiig von Frei- und Ordnungsübungen. Für das Haus, den
Kindergarten und die Klenientarklasse. 2. sehr venn. Auflage.
Frankfurt a. M., Jägersche Verlagsbuchh. 212 S. 240 M.
Für das Haus, den Kindergarten und die Elemcntarklassc ist
das Buch, wie schon aus dein Titel zu ersehen, soweit es .sich uni
l'iiterhaltungs- und Spiel.stofft- handelt, ein Müdeheti für alles . l'iei-
unü ÜrdnungKÜbungtrn. wie sie den Üedürfnisüen des Kindergartens
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39l
ontspreilun, ((> Morf^t-n , Schlufs , I't'sl und Marsch Ii cd c*r, 77 Sintj-
spiclc. :?s rtilcrhaltuii^sspieK-, Sj)it-k' fiu^ 1 reie (meist Laviispiele
für jüu.UL'T'e Kiiuleri. 9 riti^erspick^ , 25 Baulieder. Hall- und Kuj^cl-
Spiele, 2.S kleine l.ieder, 11 WeihnachUslieder. i Weihnaclitsfcslspiel,
ein Anliati^^ mit 26 C Tehurtetags- und 8 Neujahrswünscheti. 24 Sprüchen,
.•^2 Rätseln und 75 Cledichten — : das ist doch in der That eine reich-
lialti;ie Zusaintneiistellung! Mit jjli'ioklielieni Griff ist da1)ei manches
X'nlkslümliche oder von namhaften Dichtern nnd 'J'onkünstlcrn Ifer-
rühre luU- f( st jrelialtcn. auch j^eistijjfe Mr/eiij^nissc dt r W rfasserin sin<l
liiiu ni< 11-1 Wer einer ^jnlclien Sammlung bedarf, findet in
Maiie Miillet eine erfahrene lleialerin I
Fr. Oindier, städt. I^ehrer, und Hermann Srhramket König:!. Musik-
direktor in Berlin, liin neuer Spielkanterad in Schule,
Haus und (> arten. Siebzig neue und originelle Jugendspiele
mit lusti}j;i II Weisen. Berlin, W. Paulis Nachf. <H. Jeroschi.
In tiei Thal ()riL;,iiu lk S]ni. lc und el)ensolclie W eisen, welche l)ei
jüns^eren Kin<krn nach angemessener Ivinübnng gewifs viel Anklang
finden werden I Die zu Orunde gelegten Texte zeigen eine sinnige
Hingabe und Anpassung an die Ktndesnatur, die musikalisch wert-
vollen, leicht sangbaren Melodien desgleichen. Jedem Spiele .sind
Regeln für die -Xnsführung hinzugefügt. Die -euuUsreiche Arbeit der
l>eiden \ t rf;tsser verdient vdIIc Wi'irrli^ung nnd die Ivinfülinmir tuiment-
lich in Kindergärten \ttrh in tlcn unteren ScliulklasHeu kann sie er-
folin^iche X'erweJidtin;^ finden.
A. NVtsrh, Seminar-Oberlehrer in Dresden, Spiel buch für Mäd-
chen im Alter von 6— 16 Jahren. Auswahl von t,auf% Sing-
und Ruhcsptelen für Schule. Volksspielplatx und Familie. Mit
einem Vorwort von Schulrat Prof Dr. Eni er, rntcrrichlsdiri-
genten an der Kgl, Turnlehrer- IJildungsanstalt zu Rerlin. iSA S.
mit .<] I"ignre?i, Hr\nno--er iSm>. C, M ex cr (( iusta\- l*ri(»n. i.5tiM.
l>u Sannninng entliält r*K> Spick- in rim r J{ehandluiii;>i\veisc.
welche auf der Höhe der Zeit steht. Nulit einwand.sfrei ist die Ivin-
teihtng der Spiele, wie sie der Titel angiebt, sowohl in sachtichcr.
als auch in methodischer Hinsicht P^benso kann man an einzelnen
Stellen die Art wie der Grundgedanke des Spieles (die Spielidee)
festgestellt wird, ablehnen. .\ndt i rrseits aber bekundet der Verfasser
eine genaue Ikkanntschnfl mit dem Stoffe, den er \<"nii^ beherrsi ht.
Die lkschrf ihnTT..'-en «^in«l «lemnach klar, kiir/ und übersichtlich,
scheiden \\k >c ntliches vom l ' nwe.seutlichen und k«>nnen als eine gute
Anleitung emj>fohlen werden.
iSchUiis folgt. I
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Neue Bllclier und Aufsätze.
n) Bücher.
Bor II cm an II, Dr. L., Sollen wir
Stdlsclirift treiben ? Kin päda^^o-r.
(ititachteii III. ( fCiiehinij^^iiiiij der
k>{l. norwe.ü:. Regierung deutsch
bearb. (;,6 S.) Ifainburgf, Herold.
0,75 M.
Hrnrkm.nm, urkt., Rud., XOr-
sehlüge /.iir Reform desN'olksschul-
unterrichts m. bes. Berücksicli-
(i^ung des Arbeitsuiiterr. ((k> S.)
Köiiigsberj;, Oräfe u. rnj^er. i M.
I.in/, Miiu-iM-hitiiehr., Friedr., Zur
Tradition und Reform des fran/ö-
üischen IJuterricliLs. Kine histor.-
krttische Studie. (03 S.) I.aiiKeii-
sal/a, Beyer u. Söhne, i,-*» M
Michaelis, Dr. i'aul. Die
Willensfreiheit. (IV. 56 S.) Berlin,
R. Partner. I»20 M.
Müller, (!yniTi.-i)ir., i'rof., Dr. II..
Bibul oder Sehulbibel (^4 S.i
Wolfeiibiittel, J, Zwifslef. 0^50 M.
Ohlert, übpriohr.r, Arnold. Die
deutsche höhere Schule. Kin Ver-
such ihrer Umj^estaltung nach den
sittl., ;.:fisl. 11. su/ialiti Verlialt-
ni.s,sen unserer Zeit. (X\', 344 S.)
Hannover, C. Meyer. 4 M.
0])I)ernian n, s. huiinnp., Kdin.,
(ieographi.sche.s Namenbuch. Kr-
kläruiig Kt^oKr Namen nebst Aus-
spraehebe/eichiiung. Nach I<]rd-
teilcn und I, rindern L:fcordnet fX'I I,
176 S.) Hannover, C Meyer. 2 .M.
R e u e n e r , Fr., Be.sondere l ' nter-
riclilslelu e. Im Cirundri.sse dar^^e-
stellt. (\ HI, 391 S.) Gera, Th. Ilof-
mann. .^40 M.
S n 1 1 w n rk,Dr. F*. v.. 1 )ie Arheils-
kunde im iiaturwisseiisehaftliclien
Unterrichte. 56 S.) Langen-
salza, Beyer n. S")line. ",So Sl.
Supprian, Karl. Ivr/iehunj^s-
iind Unterrichtslehre. (X. 352 S.)
I«.ipzig. Diirr. 4 M.
T r ii p e r , j .. f )r. K o c Ii . ( i 1* f c r,
Dr. Zimmer, Zur pädagog^iseiien
Palholoijie u. Thei anie (44 S.) I,an-
gcnsalxa, Beyer 11. böhne. 01,60 M.
b Aufsätze.
Biedenkapp, Dr.Ci., Niet/solus
Bedeutung für die Pädagoi;ik.
rl'.-idatr. ZI- 19-21.) Rerltn^ \V.
u. S. I.öw enthal.
Bergcniann, Dr. Paul. Über
Reproduktion und (Tedächtnis.
(Rh. Bläller f. Frz. u. Tnl 3 etc.)
Frankfurt a. M.. Dieslerwej;.
Brunswick, Dr. A.. Für die
alte Methode <les neusprachlichen
Unterrichts. ( l'VankfurterSchulzti^.
9--ii.i Frankfurt a. M. Alf. Neil-
mann.
(iünther. .\., Woher die MÜS-
erff ilue in der Schulerziehuti}^. (N.
päd. Zeitung 22.) Magdeburg. II,
Jensch.
Hartnack, Karl, In welchen
Momenten des rnUriiehls ist
dessen 11 icli liildeude Kraft zu
sueluii Neue wesld. I^^ehrcrztg.
S - II.) Fiberfeld, Boni.
Hiemesch, Karl Ileinr., Die
Willensbilduni;. l.ine ji.sycho-
logi.sch - ])ä(la.i;oL;. Betrachtung.
(I). Blätter f. erz. l'nt. 17—21.)
Langensalza. Beyer u. Söhne.
König. Ad,, l%iii ßilderatlaü
der Pädagogik. ( Blätter f. d.SchuU
praxis 3.1 Nürnberg, Korn.
Mal O.K., Wa.sheif.st: 'Chn.sto-
zentrische Behandlung des Kate-
chismus.* (Ztscbi , f (1 e\ . K«. I.-l'nt.
3.» Berlin. Reuther u. Reicliard.
Pfeifer, W, Zum deut.sclieii
SprachunLcrnciil. (Päd. Blätter 2.>
Gotha, Thienemann.
Richter, Dr. Paul, \'..rslellen
und Sprechen. (Päd. Blätter 2.)
Gotha, Thienemann.
Scherer, H.. Zur Lehrerbil-
duiigsfrage. (Rh. Bl. f. I'r/ n. fut.
3 etc.) I-Yankfurt a. M., Uiestei w « g.
Zenz, Dr. W., Die -V.s.stK lalion.
i( )sterreicliisclier Schulbote 4.)
Wien, Pichlers Wwe. u. Sohn.
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Neue Balmeii.
PÄDAGOGIUM. -'STw^
Monatssclirifl für Haus-, Schul- und Gesellschafks-Erziehung.
IMi 8. Am/mf 1896. VIL Jah]*g.
Über ITolkslioclisclixilen.
\'uii Dr. P. BergemaBn in Jena.
Nach oinciii treffenden Worte d. Schmollers in seinen
Aufsätzen zur Sozial- uud Gcwer])epoHtik der Gegenwart
Hc^t »der letzte Grund aller sozialen Gefahr uicht in der
Dissonanz der Besitz^ sondern der Bildungsgegeusätze«. Da-
lier ninfs an diesem Pnnkle alle soziale Reform einsetzen:
sie mnfs die Lebenslialtunj», den sittlichen Charakter, die
Kenntnisse nnd Fähigkeiten der unteren Klassen heben'. Das
Mittel zur Erreichung dieses Zweckes ist die Erziehung uud
zwar im weitesten Sinne des Wortes, sofern sie auftritt als
Jugend- und als Volkserziehung. Was jene betrifft, so gilt
es, der füi die Charakter! nldting vornehndich in Hetracht
kommenden häuslichen Ivrziehung mehr Aufmerksamkeit als
bisher /nzinvcncUn und auch diese unter die Kontrolle der
( iesc ll^elialL /u su lleii: die liilduugs/./iele der \'olksschule
der niudcnieu Weltanschauung und Lebensauffassung gemäls
umzugestalten uud den Kreis ihrer Lehrgegenstände deni-
cuts])rcchend zu erweitem; die obligatorische Fortbildnngs-
schule überall zur Durchführung zu bringen; in ausreicheu-p
dem Mafse für Errichtung von Gewer r)eschulen Sorge zu
tragen; endlich freie liildungs«^cnieiuschaften für die Jugend
ins Lehen zu rufen, al«^ da sind Lesekränzchen, Spielver-
einigiini^eu. Tnnikuisi- 11. ;i. 111. und dabei darauf zu sehen,
dafs hier die Jugend ailei Stände und ßeruisklasseu sich zu-
sauiuienfindet und kameradschaftlich miteinander verkehrt
WaK die Volkserziehung anlangt, so sind als dabei in Be-
trat Iii konunende Mittel folgende zu nennen: Anlage Öffent-
licher Lesehallen uud Volksbibliotheken, Errichtung v(»n
X'olkshochschnleu; iMiiführung allgemeiner \'olksfeste im Au
schlnls nn die S|)iele der Ju<4eu(l: Veranstaliuu l; nllgemeinei
geseilij^ei I ntel halUHi.L;.sa!>ende uud musikaHseher und dra-
niatisciicr Aufführungen, für welche entweder gar kein oder
X«ir BahnFtt (PidAfogiunJ TU. 9, 26
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394
Dr. P. fierK«in«iia.
nur ein sehr geringes Eintrittsgeld erhoben wird und Grün-
dune zahlreicher kleiner Geiiieiuschaften zur Pfleg:e sittlichen
bezw. sittlich-religiösen (ieistes. Für uns handelt es sich
jetzt blofs Hill die Besprechung der \'olkserzielninir nnd
zwar dabei auch wieder einzijj und allein um die cKs an
zweiter Stelle angegebenen Mittels derselben, also um die I5c-
sprechimg der Volkshuchschulen,
Ober die Notwendigkeit der Errichtung solcher Schuten
wird seit einiger Zeit in Deutschland allenthalben geschrieben
und geredet, ohne dafs man sich jedoch weder über ihren
eigculUchen Zweck, ihre letzte und höchste ncslimiTning, nocli
darüber stets ganz klar ist, wie man die vSache :ni/u lassen habe,
um den Plan ans der Tluorie in die l'rnxis umzusetzen, so
zwar dafs ailcu berechtiglcii Anlunievuiigeii auch wirklich
Genüge geleistet werde* Es wird daher kein fiberflüssiges
Beginnen sein, wenn ich versuche, die Aufgabe der Volks-
hochschule genau zu präzisieren und die Mittel imd Wege
anzugeben, welche sicher zum Ziele zu führen, jene Aufgabe
bestimmt zu erfüllen geeignet zu sein sclieineii. l'm dieses
zu können, gilt es, die in anderen Ländern bereits \()rhan-
denen diesbezüglichen Kinrichtungen einer sorglälligen
Prüfung zu unterziehen, die dort getroffenen Mafsnahmeii
miteinander zu vergleichen, um dadurch gewisse allgenieine
Regeln für ein nachahmeiules Vorgehen zu gewinnen und
diese dann mit den 1» i uns bestehenden Verlirdtnissen in
Einklang zu bringen. Kurz, es k(>uunt dabei darauf an, die
anderwärts gesammelten l{rfahrun^eii nulcr Berücksichtigung
der deutschen Kigenart uns zu Nutze zu machen. Um ieues
andere zu vermögen, ist es allerdings nötig, ein wenig weit
auszuholen. Denn die Aufgabe der Volkshochschule kann
nur dann sicher bestimmt werden, wenn man über den Zweck
der Volkserziehung im allgemeinen uud darüber sich klar
geworden ist, in welchem Verhältnisse dieselbe zur Jugend-
erziehung stellt.
Nacli dem Hingangs bereits ( Tcsagten soll mm die Volks-
crziehung mit dazu beitragen, die Kluft zwischen den Ge-
bildeten und den Ungebildeten zu überbrücken, die vorhan-
denen schroffen Bildungsgegensätze aus fler Welt zu schaffen
und dadurch die drohende soziale Gefahr zu beseitigen. Die
Jugenderziehung, auch die best organisierte und umfassendste,
geschweige denn die den Kindern der grofsen ^^asse des
\'olkes heutzutage gewährte unzureichende, viel zu früh auf-
hörende, kann nicht als genügend zur Krreichung dieses
Zieles angesehen werden, wenigstens nicht im allgemeinen,
wenn dies auch in, wie ich st)gar glaube zahlreichen, Einzel-
fällen anzunehmen ist Es sind das erfreuliche Ausnahmen,
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Cbtr V«llift|»ocli*rkiileii.
nach denen man aber nicht die Meuschennatur überhaupt
beurteilen darL Wie die Menschen nun einmal beschaffen
sind, ist für die meisten nnter ihnen die Erziehung, die sie
in der Jnj^end ji^enosscn haben, nicht nachhaltig^ genug, lun
sie für flie Zeit ihres .<^ati/cii ferneren Lebens vor dem Uni-
sieiij^reilen l)anausischen (ieihles zu bewahren, \\ v\u\ es turtan
an lebliafter geistiger Anregung feldt Und zwar niufs es
sich dabei um eine der Mannigfaltigkeit der geistigen In-
teressen auch wirklich entsprechende bestandige Anregung
handeln. Oder, da jene Vielseitigkeit nach drei Hauptrich-
tungen hin sich änfsert und somit unter drei Hauptgesichts-
punkten sich betrachten läfst, nämlich dem intellektuellen,
dem ästhetischen und dem ethischen, bezw. ethisch-religiösen,
kann auch gesagt werden: die XOlkscrziehung habe es sich
angelegen sein zu lassen, den intellektuellen, ästhetischen und
ethischen bczw. ethisch-religiösen Bedürfnissen der grofeen
Masse des Volkes gerecht zu werden, dieselben angeniesseu
'/M befriedigen. Durch die Befriedigung der erstgenannten
wird eine Hebung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Volkes,
durch die der letzterwähnten eine solche seines sittlichen
Charakters erzieh; die Berücksichtigung endlicli des zweiten
Punktes ist dazu angethan, seine Lebensgestaltuug zu ver-
edeln.
Alle Volksersdehung stellt sich also dar als intellektuelle,
ästhetische und ethische bezw. ethisch-religiöse. Im Dienste
der ersten stehen die öffentlichen L^ehallen, Volksbibliothekeu
und \*<'lkshochschTilt n. der anderen die Volksfeste, die allge-
liieinen geselligen Zusammenkünfte und die gratis oder /u
billigen Preisen veranslalleten dranuitischen und musikalischen
.'Vullülnungen, der letzten die Gemeiuseliuiten, welche nicht
nur die Erbauung ihrer Mitglieder bezwecken, sondern auch
die freie Aussprache über ethische und religiöse Fragen zu-
lassen inul ferner vor allem die gegenseitige liebevolle Für-
sorge, die in X'orbild, freundlicher Ermunterung, brüderlicher
Zurechtweisung besteht, bclf)nen alles Dinge, "welche die
schon früher gestellte Forde rung vec lufertigen, dals es dabei
sich mn nur kleine Oemeinseluüten handeln solle, deren Zu-
staudekommen wirklich blofs von der Ubereinstmimung der
ethischen und religiösen Interessen und Anschauungen in
allen Stucken abhängig ist. Fassen wir nun den ersten
Funkt näher ins Auge, die intellektuelle Seite der Volkser-
ziehung, so gilt es, die Aufgabe der Volkshochschule gegen-
über derjenigen der anderen hier in Betracht kommenden
Mittel, öffentliche Lesehalle und Volksbibliotliek, genau ab-
zugrenzen, bezw. das \'erhältnis zwiselien tliesen untl jener
klar zu legen. Das hat kciuc Schwierigkeit Öffentliche I>sc-
26-
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Dr. P. B4>irir»m«iiii.
halle und Volksbibliotliek dienen dem Zwecke der intellek-
Liiellen Bildung dadurch, dafs sie dem Volke zur eigenen He-
lehrnnjr geeijj^ete Lektüre (lar!>ieten, wahrend die Volks-
hochschnle das nämliche Ziel dnrch l^Uerriclit zn erreichen
bestrebt ist, dnrcli welchen jenes dnrch Lektüre erworbene
Wissen erst walirbaft fruchtbar ^jfcniacht, «geklärt und vertieft
wird. Knrz kann gesagt werden : tbe Vülkshocluschnlc ver-
mag durch das ihr zu Gebote stehende Mittel, auf die in-
tellektuelle Bildtmg des Volkes einzuwirken, nämlich den
UnteiTicht, das Verständnis desselben für die mannigfachen
Probleme des Lebens, besoinUrs des Knlturlebens, weit mehr
/n verfeinern, als dies blofsr L< ktnre zn bewirken imstande
ist, wenn dieselbe anch keincswe^rs belanj^los, soniUin \iel-
nielir als propädentisches Mitlel von Hedentnnii; ist. Wie ciic
V'olkshochschnle anf diese Weise die Selbstbelehrnng dnrch
Lektüre ergänzt, so bereitet sie weiterhin aber auch das Volk
wieder daranf vor, den in Büchern und Zeitschriften ent-
haltenen Bildungsstoff besser verstehen und wahrhaft nutz-
bringend innerlich verarbeiten zu können. Ja nrich Tuehr:
wie dieser \'()lksnntcrnc!it als notwendige lui^.'lu/.ung zur
Lektüre liin/ukonmirn inul's, si» bedarf er derselben sein- r-
seits nnbetlingt, wenn er wirklich nachhaltig sein .soll, l^s
ist eben in dieser Beziehung um ihn ganz ebenso bestellt wie
tun jeden anderen Unterricht, z. B. den an den Universitäten,
anch. Es besteht also zwischen den Mitteln, welche die
Hebung der intellektuellen liildnng des Volkes bezwecken,
der \'()lk.shochschnlc einer- inid de r nffentbche Leselialle und
X'olksbibliothek anderseits ein ge wisses Wechseln rliriltnis
ihrer Wirksamkeit ein l'mslanil, welcher zn der Indj^einng
berechtigt, dafs Volkshoch.schulen nur in \'erbindnng mit
Öffentlichen Lesehallen und Volksbibliothekeii gegründet wer-
den müssen, wenn sie ihrer Hestimmung gerecht werden
sollen. — Die.se besteht, dem bisher (iesagten zufolge, in der
Hebung der intellektuellen I)il(bin;> der grolsen Masse des
X'olkcs dnrch l'nterriclil. Hinsielulit h desselben sind jedoch
noch einige weitere allgemeine i\ stsc i/nn;^«. ii initig, ehe icli
zur Besprechung des anderen Pnnkie.s meines Programms
fortschreite.
Es ist nämlich noch die Frage zu beantworten, in welchem
Verhältnisse der Volksunterricht zum Jugendunterricluc
stehen solle eine l'rai^'-e, die nicht umgangen werden <larf,
wenn man über die .Anlgabe (K r \'olkshochschnle zur vollen
Klarheit gelangen will. • Der j ug{Midnnterncht nun soll, wie
erwidini, in den Vulks.schnl- und den i*orlbiidung.sschul-l nter-
richt zerfallen. Jener vermittelt die Kenntnis der uuentl>ehr-
liehen Elemente alles Wissens, aller intellektuellen Bildung
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(soweit dif j^^-lelirtc nicht in IJetraclu kumiiit); diesem fällt
tlic Aufgabe zu, dcii Kreis dieses Wissens so zu erweitern,
dafs der Schüler der Fortbildungsschule am Ende ihres
Kurses mit dem Gymnasialabiturienten (natürlich immer ab-
t^escben von den für die Vorbereitung auf einen wissenschaft-
lichen Ueruf erft)rderlichen Materien) so ziemlich auf gleicher
l>ildun.u:sstufe steht. Wie dem letzteren nun zur wenijrstens
anurdiernden Vnllendun;^ seiner inlellektuellen Bildung die
(ielehrtenhochschnle, im besonderen die Universität, offen-
steht, so soll dem ersteren die Volkshochschule die bezüglich
nämliche (Gelegenheit bieten. Ihre Aufgabe besteht somit in
der iiiiterrichtlichen Ubermittelung höheren Wissens, weiter-
gehender Kenntnisse, aber ohne es dabei auf Gelehrsamkeit
abgesehen zu lialter.. Freilich, ^()lange wir noch nicht durch-
weg die obligatorische I-'ortbildungsschnle haben, wird die
\'olkshochschule nicht geringe Schwierigkeilen überwinden
müssen, um ihren Zweck zu erfüllen. Jedoch ist anderseits
auch wieder m bedenken, in wie hohem Grade das praktische
lieben die Reifeentwickelung des Menschen zu befördern
vermag. Trotzdem wird allerdings die Volkshochschule erst
dann ganz oder doch leichter der angegebenen Aufgabe zu
eutsiMechen imstatide sein, wenn ihre Hörer durchgehends
anfser der Volks- .luch eine l'ortbildun^^ssehule besucht haben
werden. I^is dahin wird die Volkshochschule oft genug gleich-
^ceitig Fortbtldnngsscliule sein, also zweierlei Tendenzen in
sich vereinigen müssen, was niemals ohne nachteilige Polgen
liinsichtlich der Hrreichung ihres höheren und eigentlichen
JCieles bleiben wird. Hai aber erst die Volkshochschule nicht
mehr mit dieser Kalamität zu kämpfen, so wird sie, worauf
ich hier nur im \'orbeiq;ehcn hinweisen will, nicht nur den
ehemaligen Schülern tler X'olks- und der P'ortbildungs.schnle
eine willkonnnene höhere Hildung.sstätte sein, .sondern ver-
mutlich auch gern von denen besucht werden, welche eine
Hürger- und eine der niederen Fachschulen absolviert haben.
In der That wird man sagen können, dafs die Volkshoch
schule für alle, welche Keinem wissen.schaftliclieii lk*rufc sich
zuv:ewen(let iiaben, tler Mittel- und Samirielpunkt des geistigen
I,ebens und Strebens zu sein bestimm l ist.
Kudl ch mufs an dieser Stelle noch ein Punkt zur Sprache
gebracht werden. Ks fragt sich nämlich, auf welche Gegen-
stände sich der Volkshochschulunterricht erstrecken solle.
Die Heantwortmi - dieser Frage hängt offenbar von dereiner
anderen ab, derjenigen nach den Bestandteilen, welche nach
unseren heutigen .Anschauungen die iTitellektnelle Bildung,
abgesehen \ on der wissenschaftlichen, gelehrten, ausmachen.
Welches sind nun diese BesLandteile? Au.szuscheid-n sind
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39»
hier iiattirlicli diejcnij;cn unter ihnen, welche seit langem
schon als unentbehrlichste Elemente der intellektuellen Bil-
ditnjj in den Jugendunterricht Aufnahme gefunden haben
und dort vom ersten Schnltage an s » eifrige Pflege finden,
dafs die Schüler der Volksscliule beim Verlassen derselben
zumeist dieselben genügend behensclRu. Soweit es dnrmi
aber doch noch fehlt, hat die I'\>rtl)il(hingsschn1e die Ans-
fiilluiig (lii-ser Lücke sich ungelegen sein zu lassen, bezw.
niuls tlaiiii der Privatfleils ausliehen. Die Gegenstände, welche
ich dabei im Auge habe, sind Schreiben, Lesen, Rechnen.
Sehen wir von diesen also ab, so glaube ich nicht fehlzu-
gehen, wenn ich als sonstige un\ cräufserliche Kestandteile
moderner Geisttsl)ildung (in der gekennzeichneten Umgren-
zung des Begriffes! folgende betrachte: (Tcschichte, Staats-
lehre, Naturknndc und Geographie. He/uglieh der Staatslehre
inid Naturkunde möclite ich noch besundcrs bemerken, dafs
ich diese Disziplinen hier im weitesten Sinuc des Wortes ver-
standen wissen will. Zur Staatslehre rechne ich z. B. auch
die Ciesetzesknnde und die Nationalökonomie; bei der Natur-
kunde zieheich n. a. die Hygieine und die Anthropologie in
Betracht. Aufserdeni werden aber atich noch einige andere
Materien zu berücksichtigen sein, nämlich nu)ralische und
ästhetische (z, B. Htterarische) Belehrungen. Denn es kann
keinem Zweifel unterliegen, duls die ethi.sche und die ästhetische
Bildunp^ auch ihre theoretische, also intellektuelle Seite haben,
und diese darf neben der praktischen nicht vernachlässigt
werden, wenn die Bildung (im ganzen genommen) nicht
mangelhaft sein, keine Lücken aufweisen soll. So gewinnt
die intellektuelle mit der cthisclien und ästhetischen Volks-
Krziehung Inihlung. Ja, es besteht sogar zwischen diesen
und jener ein gewisses Verhältnis der Wechselbeziehung :
denn bedürfen die einen der klärenden Ergänzung durch die
andere, so liefern sie doch eben dafür auch wieder das zur
Illustration erforderliche Material. Und schliefslich noch eines:
auch pädagogische Belehrungen werden in den Kreis der
Unterrichtsgegenstände der \'olkshochschule aufzunehmen
sein. Denn einerseits kann nuin wohl sngen, dafs \'crständ-
uis für lu'/.iclniugsfrageu zur intellektuflk-n Üihlung gebort;
antlerseits erseheint jene Forilcruug als durch praktische Kr-
wägungcn vollkommen gerechtfertigt Wie die einzelnen
Teile der Volkserziehung trotz aller Sonderaufgaben schliefs-
lich doch ein Ganzes bilden und vielfach dein kurz vorher
Gesagten zufolge ineinander greifen, so steht auch die \'olks-
erziehnng in engster Beziehung zur Jugcnderziehnng. Sollen
die Bildungsgegensätze wirklich ausgeglichen wtKkn, dann
mufs mau damit .schon in frühester Jugend den Anfang
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über Tol1l«k«cliacbiileii.
iiiadien. Datnit dies aber auch niö<):1ic1i sei, inüssen die KUern
nicht nur IJiklunjj^ bcsit/.cn, sondern auch dazu befälligt sein,
diese praktisch, eben bei der Krzichiing ilirer Kinder, zu ver-
werten, (1. Ii. sie müssen es verstehen, ihre Kinder zu cfcbil-
<leten Menschen zu erzielien, wozu sie der pädagogiscliui
Schuhrnj^ unbccHnj^t bedürfen.
So läfst sich denn nun die Aufgabe der Volkshochschule
endgilti.i; dahin bestimmen, dafs man sagt: die Volkshoch-
schule soll die intellektuelle Bildung vor allem der grofsen
Masse des \*olkes, weiterhin aber überhaupt der Angehörigen
aller nicht -wissenschaftlichen Herufe fördern durch den Unter-
richt in all den (legenständen , welche als Bestandteile
moderner rTei>lcslnl(lnng gelten, abgesehen von den ganz
elemen Laren, von den nur für (ielehrsamkeit in Üetracht
kommenden (2. R Mathematik, alte Sprachen, Philosophie)
und, füge ich hier noch hin^u, von denen, welche für be>
stimmte praktische Berufszweige von Wert sind (wie fremde
neuere Sprachen).
Damit bin ich bei dem /.weiten Punkte meines Programms
angelangt, bi i der ErürU rnnq- der I'rage nach der Ckstaltung
des Untenichles der \'ulk.shochschule und überhaupt nach
ihrer Organisation. Wie bereits erwähnt, gilt es hierbei,
zunächst die anderwärts getroffenen diesbezüglichen Anord-
nungen kennen zii lernen und dann zu prüfen, ob und in-
wieweit dieselben auf unsere Verhältnisse übertragbar sind.
Tiei dieser Crelegenheit werde ich hin und wieder auch noch
auf das zurückgreifen müssen, was ich am Kiide des ersten
Teiles meiner .\rbeit ausgeführt hal)e.
Us ist eine eigentümliche Erscheinung, dals Deutsch-
land, welches vordem gerade wegen seiner Volksbildung
gerühmt wurde, in der letzten Zeit in dieser Hinsicht hinter
anderen I^ändern zurückgeblieben ist. namentlich hinter
England, -Amerika und Dänemark. Auf eine Untersuchung
der (iründe dieser Erscheinung kann ich mich jetzt natürlich
nicht einlassen: ich mufs nnVh damit begnügen, einlach die
Thatsache zu ke>nstatieren, dals es bei uns zwar nicht ganz
an Bestrebungen fehlt, welche in zeitgemäfser Weise auf die
Hebung der Volksbildting abzielen, dafs diese Bewegung
aber bisher noch nicht gröisere Dimensionen angenommen
hat, weder rücksichtlich der Volksbildimg im allgemeinen
noeli «lei intellektuellen im besonderen, am wenigsten in der
Richtung aul deren lur\orrnq-endstes Mittel, dir \'(>lkshoch-
schnle. Alb i<linL'> liaL mau hier und da volkstümliche \'or-
liäge und <iucli Kurse eingerichtet; aber es sind das doch
immer nur vereinzelte Vorstöfse. Anfserdem verfolgt man
dabei, soweit ich unterrichtet bin und mir daher ein Urteil
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400
erlauben darf, entweder melir den Zweck, das Kortkoinmeu
im Leben zu erleichtern, als den, ( lelej^enlteit zur Erwerbung
einer tüchti«fen allgemeinen HiklnnjC^ einzijr und allein nni
des idealen Vorteils willen ym bitten. \Veni<;^stens ist das
der Fall bei den in nielircicii (leiilsclKn Stä<lren bestellenden
Bildungsvereinen, wie /.. Ii. tleni licilinci liantiwerkcrA'erein,
dem Bildungsverein für Arbeiterin Hamburg, dem Münchencr
Volksbildungs verein u. am. und auch bei der in Strafsburg
ans der vom Volksbildungsverein im Jahre 1875 gegründeten
Abend-P'ortbildnngsschnle ninnuelir liervorge}j;;angcneu Volks-
hoelisclinle, wenn .schon in etwas anderer Weise als hei jenen.
Oder aber man hat dabei nl)erhanpt nieht so sehr die breiten
Massen des Volkes als vielmehr nur dessen mittlere vSehiehten
im Auge; so habe ich diesen Eindruck z. K von der Hum-
boldt-Akademie nnd der Urania in Herlin. Vielleicht irre
ich mich; ist es an dem, so mnfs ich sagen, dafs jene dann
allerdings eine Volkshochschule im besten Sinne des Wortes
ist, wenn ich auch nicht durchaus mit ihrem Lehrplan ein-
verstanden .sein kann, (iedncht als solche ist sie jedenfalls;
ist sie doch wenige Jahn., nachdem in Cambridi^'-e die l'ui-
nrslfff Kr/vtisiou begonnen liaUe, gegründet wurden m der
ausges])rocheneu Absicht, jenes Unternehmen, wenn auch
nicht beafüglich der Leitung sondern blofs der inneren Ge-
staltung nnd der Ziele, auf deutschen Boden zu N erpflanzen.
Ul)er die nach dem Muster der Humboldt - .\kadeniie in
Königsberg bestehenden Kurse, welche hVau Hemiette Becker
im Jahre 1S93 ins T.eben gei nten hat, und die von rnix ersitäts-
Professoreu abgehalten werden, bin ich nicht näher unter-
richtet; daher mufs ich mich mit der blofseu Erwähnung
begnügen.
Wenden wir uns jetzt zur IV t: achtung der im .\uslaude
bestehenden diesbezüglichen Einrichtungen, der ausländischen
\*«tlks!i<)cli<c]uilcn, so finden wir, dafs zwei Arten derselben
sieli unterscheiden lassen: die englischen und nach enj>;lischem
Mu.ster eingenchtelen and die dänischen. Uber beide be-
richtet das treffliche Handbuch des \'olksbildungsweseus
von Professor Reyer in Wien (Stuttgart 1896); für die
Kenntnis dieser ist ferner recht instruktiv der Artikel von
Professor M. Hartmann Die Volkshochschulen Däneumrks*^
in den Comenins-Blätter für \'olkserziehnng Jahrgang^
Xn. T nnd 2). Wa^; die enq^Hschen nnd die nach englischem
Muster eingerichteten \'( ilkshoelischnlen betrifft, so verweise
ich besonders nocli auf den Aufsatz von i'roies.sor Hamdorff
*Ober den Stand der V'olkshochschulen im Auslände* (eben-
daselbst), alsdann auf die Arbeit von Harald Hjärne «Die
Hochschulen und die Volksbildung in England (Auszug in
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40I
den ComeniuS'Hlätter für Volkserzielum»; , III. Jalir<;ang,
No. 5 wn<l 6)» auf das Werk von v. Schulze-Gävernitz -Zum
soötialcii iTiedeii* (Bd. I. S. 457 ff. Leip/ij^^ 1890) und cMidlich
auf Dr. JaiiK-s Rüssels Hioschrire Die Volksliocli.schulen iu
Kiiglaiul niul Ainerik.i (di iitscli von ( ). \V. IVn er, Lcip/.ij^ iSq.S).
Der <|;rofse Uiik 1 scIul d /.wisclu-n dcii (iänischcn und den
enj4:lischen Vulk.slujcli.scliukn ibeiläulij.^ bemerkt: jene sind
Ijedeutend älteren Datums als diese) besteht in zweierlei;
zum ersten darin, dals die däiiischeu nichts mit der Universität
zu thtm haben, während die englischen eng an dieselbe an-
gescldossen sind; «um andern darin, dafs jene fast nur für
flie Landbevölkerung-, die landlielien Arbeiter und Hand-
wctkii. diese daj»e<;en vor/ai<is\veise für die h'abrikarbeiter
l)esiiiiiiiit. sintl ein Unterscliied. der die l*\)l}^e der \'er-
scliiedcnheit in der IJeschäftigunj^sweise der überwie^^endeu
Mehrzahl der Bevölkerung in Kurland und Dänemark ist
Naturgemäfs ergeben sich aus diesem letzteren Umstände
mancherlei Verschiedenheiten der I^ehrpläne, auf <lie ich
weiter unten nocli zn sprechen kommen werde. Anfsertleni
luiiis aber auch nocIi darnnf hinj^ewiesen werden, dafs die
'i\iidenz, welche die dänischen X'olksluicli.sclndeu \erfol^|en,
eiue teilweise andere ist als die, welche die en}*^iischen im
Au^e haben. Ikiden gemtni ist das Hestrebcu auf die Aus-
gleichting der Standesunterschiede durch die Erweiterung
des <:;eisti<ren Horizontes der luiteren Klassen hinzuarbeiten;
den dänischen \^)lk5hoch.schulen eij^entunilich ist jedoch die
Absicht, die Liebe zum Vaterlandc nähren und eine lebens-
frohe Auffassun<^^ des Christcntnms erwecken zu wollen,
und ferner die, Reformen auf dnn rrcbicU der Landwirt-
schaft insbesondere der Meierei einzutühren, was ja
hinreichend durch den schon oben erwähnten Umstand er-
klärt ist, dafs die dänischen Volkshochschulen solche für die
Landbevölkerung sind.
So wenig erschöpfend diese Anjj;aben auch sein möj:,H-n,
so i^ennti^en sie doch, um eine Kntseheidnnj^ darüber treffen
zu kr>iiiRn, wcIcIks Sx-^1ein. <]ns dänische oder das enj^dische,
das füi ein nacli.ihinciKk ^ X oruilien empfehlenswertere sei.
Wir werden gelru.st s il;«. 11 kcMinen, dafs die Volkshochselinle
Dänemarks iu ihrer Iu genschaft als spezifisch ländliche den
nio<lernen Kniturstaaten nicht als Vorbild hingestellt werden
kann, da dieselben ja in erster Linie — wenij^^stens zumeist
In<lnstriestaaten sind. Ks kann uns daher nicht wundern,
dafs man die englisclicn \'o1kshochschu1en weit und l>reit
sich zuuj Muster ninmU. w:ihrcnd dies i)L/.iiL;licli dci drinisclien
ni nur sehr beschränktem Mafse der h.ill i>L, nämlich in den
Ländern, in denen die Industrie noch nicht sehr entwickelt
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Dr. P. Rerv^mu*
ist, wie in Norwegen, Schweden, Pinnland. Aber anch hier,
ebenso wie atich in Dänemark selbst, ist man doch zu der Er-
kenntnis gekommen, dafs es mit ländlichen Volkslioclisclmlen
allein nicht fj^ethan sei, dals städtische als Hrgänzuni^ hin::n-
komnien inüsscn — und da .^clit man bei den Kn,q;ländei ii in die
Schule. s«t out wie die Amerikaner und andere \'r>lker.
V'ielleielu isl man geneigt /u sagen, dals diese wieder in
das andere Extrem verfallen und sich einer Einseitigkeit
schuldig machen, indem sie wohl ihre Industrie-, nicht aber
ihre ländh'clien Arbeiter berücksichtigen, was auch nicht ge^
recht sei, wenn schon jene die Majorität ausmachen. Nun
ist es zweifellos, dafs man da die Industriearbeiter in erster
Linie im Auge hat — das ist ganz natürlich; al)er \<>n
einem Ansschlufs der anderen ist doch keine Rede. Die
Ab.sicht, von der man sich leiteu läfst, ist die, allen ohne
Ausnahme, der ganzen Arbeiterbevölkerung in grofsen wie
in kleinen Städten und auf dem Lande Gelegenheit zur Er-
werbung höherer intellektueller Bildung zu verschaffen,
(iewifs ist dieser Plan bisher nur /ictnlich cinscitit::^ rt alisir' t
worden; das liegt an der Schwierigkeil der Ausführung.
Jedoch hat England den Weg zur Uberwindung dieser
schon gewiesen durch die Einrichtung der County-Kiuse
und der Village-Lectures. Ja noch mehr: man hat überhaupt
nicht blofs die Arbeiter, sondern die Angehörigen sämtlicher
erwerbenden Benifsarten, kurz : eben die nicht-wissenschaft-
lich C»ebildeten dabei im Auge. Und dies ist, wie ich bereits
im ersten Teile ausführte, das einzig Richtige, dem Charakter
der Volkshochschule im eigentlichen, im ganzen und vollen
Sitnie Angemessene. Und ebenso wie ich mich in dieser
Hinsicht auf die Seite des englischen Volkshochschul-Systems
stelle, so thue ich es auch bezii glich der Tendenz; dieselbe
darf keine andere sein als die allgemeine: Hebung der
intellektuellen Bildung . Solche besondere Tenden/cii wie
die: Pflege der Vaterlandsliebe, Erweckung einer lebensfrohen
Auffassung des Christentums, sind in den freien ethisch-
religicisen Oemeinseliaften am Plat/e. mit dem Zweke der
\'olkshochschnle iiaben sie nichts gemein. Auch muls man
sich vor dem Hineintragen derartiger Tendenzen in die
Volkshochschule (überhaupt die intellektuelle Volksbildung)
aus dem Cirunde hüten, \\ dl dadurch das \'olk mifstrauisch
gemacht wird und meint, die ganze Veranstaltung sei nur
getroffen, um es nach gewissen Richtungen hin zu bevor-
munden.
Scldielslich mnfs an dieser Stelle noch der er.ste der
oben erwähnten Differenzpunkte zwischen dem dänischen
und dem englischen System besprochen und eine die dabei
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Cber Volk^hoi Un bulca. ^03
in Frage koinniciuk' Sachf l)ctreffciulL- KntscbLiiliiu^ 1k ibei-
geführt werden: Soll die \'()ll^.sliüclisclnile in Verbiiulung mit
den Universitäten stehen oder nicht? Die dänischen Volkshoch-
schulen l)cdürfcMi bei ihrem Charakter einer solchen Verbindung
nicht: da dieselben aber, wie ji^esaj^t, eben wej^en dieses
ihres Charakters (nändich als landlicher Volkshochschiden)
/.nnieist niclit als Muster «gelten können, sclicint Hie !'Va<»^e
ohne weiteres dahin entschieden wertlm /.n inüss!.ii, dais die
I nicirsifj/ J-Jjtimion das einzig luuplehlenswerte sei. Dem
ist meiner Meinnng nach aber doch nicht so. Oewifs ist es
sehr wünschenswert, dafs die Popidarisierung der Wissen-
schaft von deren Sitze ansgehe, der ITniversität also; aber
man wird nicht sagen können, dafs dies ind)edinjjt nötig
sei; dafs allein dadurch die Krsprit fslichkeit der Arbeit iL^e-
wälirleistet werde, dafs die Tiiiv cisität offiziell dieselbe in
ilie Hand nimmt Auch Sondergründunj^en nach Art der
Berliner Humboldt-Akademie oder des Szabad Lyceums in
Budapest werden am Platze sein.
Eine »genauere Erörternnj^ dieser Fras:e jedoch ist nur
möglich im Rahmen der eini^ehenden Kesprechnng der (^r-
i^anisation der Volks1i(K]i>cliule. Die Punkte, auf welche
wir dabei unsere Aufmerksanikiii vor allem richten müssen,
sind fol<;^ende: ICinrichtung \(»n Haupt- und Xel)cnstcllen ;
(iewinnung geeigneter lyehrkriille; Jieschaffung der er-
forderlichen Geldmittel; Wahl der passendsten Zeit und
Festseüning der besten Art und Weise des Unterrichtsbe*
triebes. Bei der Besprechung dieses Pimktes werde ich
auch die Gelegenheit wahrnehmen, auf die Wahl der Lehr-
gegenständc an den ausLändisclien \*olkshochschulen und
<ler Berliner Humboldt-Akademie einen kritischen Blick zu
werfen.
Es ist selbstverständlich, dafs nicht in jeder Stadt
eine Volkshochschule errichtet werden kann. Es kann
sich nur um die Ciründung einiger handeln, welche als
Zentralen zu gelten haben, und denen es obliegt, nicht nur
in dem Orte ihres Bcsleliens rntcrrichtskurse abzuliallen,
sondern auch die uniliegeiide Cegend. vStadt mid I ami, mit
geistiger Nahrung zu versclKu. Dafs solche Zentralen zu
sein blofs Orte \on grofser geistiger Regsamkeit, anerkannte
Bildungszentren geeignet sind, leuchtet von selbst ein. Am
besten ist diese Voraussetzung in solchen Städten erfüllt,
welche eine CTelehrtenhochschule besitzen, ganz besonders
wieder in l'niversitatsstädten. Am einfachsten ist es weiter-
hin natürlich, wenn nun in denselben die l'niveisität oder
sonstige Hfichschnle selbst die Sache offiziell in die Hand
nimmt, wie dies eben in England, Amerika, Australien der
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Fall ist. Geschieht dies nicht und in Deutschland scheint
vorläufig recht wenig Au.ssichl da^n vorhanden zu sein so
wird ein besoiidercr Volkshocliscliiih treiii sich dieser Auf^^abe
unlerziclicii imissc n, hc/.\v, der mit der Rej^ehui}; und TAMlini<^
der Aiiirelej^enlieit !)etraute Aiisschufs dess^^lheii, in den Aii-
i^eliörii^e verscliiedeiier IJerufskreise zu wähleu sich srlir
euipfehlen dürfte. Die erste Sorye dieses Komitees muLs
es selbstverständlich ?»ein, in dem Orte seines Sitzes selbst
regclniäfsige Unterrichtsknrse einzurichten. Vielerlei ist dabei
zu bedeukeu.
Kin sehr schwierijj^er Punkt ist die befriedi^^ende Lösunjj^
fler l'ra«^e nach (kr I'.t scli 'ffuni»- der erforderlichen Cield-
mitlel. Zur Autl)riii.L;iinjj;^ derselben stehen uns, da wir mu
der offixiellen Heleili^un«^ der I ■ ni\ crsitäten und snu>tii.;rn
Hochschulen, wie gesagt, vor der Hand absehen niü.Nstu,
nur folgende Mittel zur Verfü*,nnij; : Subskriptionen, Stiftungen
reicher Privatleute inid Körperschaften und staatliche und
konnnunnle Subventionen — wobei wir uns nicht verhehlen
dürfen, dals diese letzteren jedenfalls nicht allzu reichlich
fliefsen werden. .\ls weitere l^innahme(iuelle koniiiit dann
noch hinzu das von den Kursteilnehmern zu eulrichLcnde
Lehrgeld. Hoch darf das.selbe allerdings nicht bemessen
werden, aus Grfinden, die so auf der Hand liegen, dafs ich
darüber weiter kein Wort zu verlieren brauche. Auch wird
man, um gänzlich Unbennttelte nicht auszuschliefsen, l'Vei-
platze und Stipendien oder Knnäfsigungen des Lehrgeldes
vorsehen müssen, Vergünstiij'ntv^en, der<.n Znl>i1iiq^uni; natür-
lich blofs von der perstnilicheu Würdigkeit abluingig sein
darf, (ianz von tlcr Krhebung des Lehrgeldes Abstand zu
nehmen, ist gegenwärtig aus pekuniären Rücksieliien gewifs
unmöglich ; prinzijjiell möchte ich mich jedoch dafür erklären
und nicht Rever beipflichten, wenn derselbe unentgeltliche
Kurse für jedermann eine unverantwortliche Vergenduug'K
nennt, die einer P-eteiligung gleichkäme, an welcher die
anstfindigen Kiemente des \'olkes keinen ^'efallen finden .
lieleiligen werden sich ja doch immer nur die Strebs ainc n ;
die anderen werden sicherlich fernbleiben, .\ucli sun>lige
Gründe la.ssen sich noch für den prinzipiellen Standpunkt,
den ich der Lehrgeldfrage gegenüber einnehme, anführen;
aber ich will hier nicht weiter tlarauf eingehen, da bei der
heutigen Lage der Dinge eine Berücksichtigung derselben
doch wohl il-; ausgeschlossen angesehen werden mufs. Kurz
und gut: jedenfalls ist es v rl'iufig nötig, die Teilnehmer
an den Kursen LehrgeKl zaliUii zu lassen. Ks «.geschieht
dies auch, soweit ich unterrichtet bin, im Auslande durchweg,
desgleichen an der Humboldt-Akademie in Berlin und der
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Ober Vulk!.hui'h!>ehul«'ii.
Vulkshoclischulc in Strafsburg. Die Hohe dus Lehrgeldes
läfst sich all$remciiihin natürlich nicht bestiuitneu : die ÖrtUchen
Verhältnisse sind bei der Pestsetznnpf desselben ausschlag-
gebend.
Die von den an«;e.qebcnen Hinnahmen zn bestreitenden
Ans;qa]H^n sind diese: i. die Honorare für die I^ebrer: ?.. die
Ik'si .l(]nn;^\ H für die erforderlichen ständii^en r.edi«. nslelen,
nänilicli einen vSckrelär, einen Schreiber, einen Dient r; 3. die
Miete, Beheizung; nnd Beleuchtung des für die Kurse gewählten
Lokals; 4. die Herstellung von Drucksachen, insbesondere
der Jahresberichte. Mancherlei andere, unbedeutendere Aus-
gaben, die etwa noch zu machen sind, kann ich übergehen.
Was die Lehrmittel betrifft, die wie Karten, \]ipnrate u. a. ni,
für diese oder jene Kurse nötig sind, so werden diesellxMi
wohl ohne Schwierigkeit leihweise erhältlich sein; sind hin-
reichende Mittel vorhanden, dann ist natürlich die Anlage
einer selbständigen Sammlung wünschens- und empfehlens-
wert zumeist wird man aber wohl davon Abstand nehmen
müssen. Dagegen ist eine Bibliothek unbedingtes Krforder-
■\\'<. w ' -ranf ich ja schon im ersten Teile meiner Ausführungen
liingewiesen habe. Ist eine gute \'olksbibliothek bereits vor-
handen, so erledigt sich ja die Sache von selbst. Andernfalls
mnfs 5. die Anlage wenigstens euier Handbiljliolhek auf das
Budget des V^olkshochschul-Vereins gesetzt werden. Bei be-
schränkten Mitteln wird man selbstverständlich versuchen
müssen, Krsj)arnisse zu machen, wo solche irgend anganglich
sind. So wird der Posten eines Sekretärs nnd eines Sclireibers
sieb znsannnenziehen lassen zu einer Funktion, wenn jemand
etwa ein Komitee-Mitglied die wichtigsten, sonst jenem
obliegenden (ieschäfte iZu.sauunenstellnng der Jahresberichte,
Mitteilungen in den Tageszeitungen, Verwaltung der Kasse
u. a. m.) unentgeltlich zu versehen sich bereit erklärt Kiue
andere Ersparnis besteht darin, dafs man das Lokal für die
Kurse ohne Mietsentschädigung zu erhalten sich bemüht, am
besten in einem öffentlichen («eltätule. einer Schule oder der
Universität, was ja zumeist nicht seliwer fallen wird.
/n den (icschäften der Zentralstelle, bezw. des Zentral-
koniiu-e.-. gehört auch die Propaganda für ilic X'erbreitung
der Volkshochschule, für die Einrichtung von Kursen in be-
nachbarten Städten und darüber hinaus. Die Mittel, die dabei
in Betracht konnnen, sindvorzui; se litterarische: Heraus-
gal)e voji Plugblättern nnd Broseliüren, \'eröffentlichungen
in der Presse u. n. m. Tinden sich in einem Orte Interessenten
für die Sache, so delegiert das Zentralkomitee eines seiner
Mitglieder, welches mit jenen alle erforderlichen vSeluilte be-
spricht und ihnen bei der Organisation der Orlsstclle und
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4o6
I>r. P. BcrftriHiiiMi.
des Ortskomitees behilflich ist Für die Kurse selbst besorgt
(las Zentralkomitee <^eeigfnete Lehrer» unter rinständen auch
Lehrmittel und Lektüre. Der j>frinze diesbezü «gliche (ie-
schrifts'^aii'L:^ ist in Kii'^lniid nud Amerika bereits trefflich
orj^anisierl nnd fniikti<uiit 1 1 taiU llos ^v^k das IV. Kapitel
des Rnsselselien Ihiclies: Die Organisation der l\)pulari-
sieningsarbeit« S. 44 ff.). Auf zweierlei will ich noch dabei
besonders aufmerksam macheu, auf zwei Mafsnahmeu, die
sich sehr gut bewährt haben. Einmal darauf, dafs man nicht
versäumen solle, Frauen heran/uzichen als Komiteemit-
trlicder und als Sekretäre, nnmcntlicli in den Ortsstellen. Man
hat nämlich die HrfahniiiL; L^emaelil, (kus Frauen weit rührii^vr,
unermüdlicher nnd geduldij^er sind als Männer nn<l somit
ento;eß;enstehende Hindernisse leichter zu überwinden ver-
mögen. Zum anderen darauf, dafs wandernde Bibliotheken
und Lehnnittelsammlnngen <die ja besonders für uaturwis.scn-
schaftliche Vorlesunf»:en in lietracht kommen) eine sehr
empfehlenswerte Kinrichtuntr sind: die Zentralstelle wird dann
zu einer Tan.schstelle, wo man sich eine Bibliothek, ein
Museum und ein Laboratorium tauscliweise verseliallen kann
— nändich gegen ein gewisses, nicht zu liocli bemessenes
pekuniäres Entgelt und natürlich blos für einige Zeit
Was nun die Kurse selbst betrifft, so hat sich im Laufe
der Zeit und auf Grund zahlreich gemachter Krfahmngen
herausgestellt, dafs es am vorteilhaftesten ist, die Arbeit mit
kurzen Kursen zu l)C'[^iimen nnd dann erst lan^e Kurse folijfeii
zu las.sen, von denen wieder melm ; e norli zu einem umfassen-
den Ivchrgang, einer Kursserie /iisaunnengefafst werden
können. Cileich mit langen Kursen, d. h. mit 10 bis i2suin-
digen, also über einen Zeitraum von 10 bis 12 Wochen —
wenn wöchentlich eben eine Vorlesung gehalten wird, was
die Kegel ist — sich erstreckenden, anzufangen hat sich als
unvorteilliaft erwiesen, weil dadurch von vornherein zu hohe
Anforderungen an die Teilnehmer, die Hörer gestellt werden,
was wieder die Folge hat, dnfs viele mitlen darin al)fallen.
E.s gill, die Hörer gleichsam tür lange Kurse erst zu irai-
nieren. Wahrhaft wirksam werden die Belehrungen, welche
in den Kursen geboten werden, durch folgende Mittel ge-
macht: durch Besprechungen, welche sich an die Vorlesung
anschliefsen ; durch .schriftliche Arbeiten, Aufsatze, welche
darüber die Hr)rer anferti.ucn; durch Prüfun<^en, welche am
Knde des Kurses, bezw. einer L;an/(.ii Kurs.serie ab_L;eli;iUen
wertlen; durch die Privatlektüre dci Tlieihiehmer, bezüglich
deren der Lehrer natürlich Winke geben muls. Auch empfiehlt
es sich, wenn der Vortragende in gedruckten kurzen Leit-
fäden oder Leitsätzen das Beste, was er über das Studium
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üh»r TolkAbochirbnlrn.
des Gegenstandes gedacht hat und urteilt in klarer und
systematischer Form j^^cordnet uiul smit kurzen Hclet^en aus
verschiedenen Schriftstellern oder Verweisungen auf bestimmte
Seiten grundleg;cnder Werke und Reihen von Fraj^en für die
sich an die Vorlesnno anschlielsende Besprechung und für
Aufsätze über den Gct^cnsUind s>^iel)t.
Kiuc solche anf Vertiefung gerichiete Arl)eit ist liau])t-
sächlich bei den langen Kursen und Kursserien am Platze;
in diesen allein hat ja der Lehrer es mit Leuten zu thun,
welchen es mit der Krwerbnn«^ höherer Bildung wirklich
Ivrnst ist, und die daher bereit sind, alle diese von ihnen
verlandeten Arbeiten nnf sich zu neliinen. In den kurzen
Kursen konnnt es hrIit hlofs auf Anrejeun^i an; wem damit
allein nicht gedient ist, wer mehr verlanj^t, der Uitt eben in
die längen Kurse ein. Viele wollen aber gar nicht mehr als
blofse Anregung, und diesen soll man diese gewähren, ohne
noch grofse Nebenarbeit von ihnen zix verlangen. Kurze He-
sprechungen und Verweisun^^fen auf ergänzende i^ektüre wer-
den aber iinnuTliiu auch hier an.trebracht sein. uaTueiitlieh
das letzten. Prüfungen jedoch und sclniitliehe Arbeiten ge-
hören nieivier Meinung nach nur zu den langen Kursen und
Kursserien. Um diese noch besonders fruchtbringend zu ge-
stalten, \.'ird man am besten thun, Klassen einzurichten mit
der Bestimmung, dafs nur eine gewisse beschränkte Schüler-
zahl etwa 20 in dieselben uiifgenomtnen werden dürfe;
bei diese Zahl üV) ersteigendem Andränge sind alsdann Parallel-
kla'^scn cinzuritlilen. — Hinsichtlich der Prüfung liemerkc
ich, (lals an den cnglisclR-n X'olksliochschnlcn die Zulassung
zu einer solchen iUuon abhängig gemacht wird, (lals man
zwei Drittel der auf jede Vorlesung folgenden Besprechungen
mitgemacht und dem Vortragenden zwei Drittel der gestellten
Frage n schriftlich beantwortet habe — ein Verfahren, das
mir durchaus nachahmenswert erscheint. Die Prüfung selbst
ist eine schriftliche mid dauert zwei bis drei Stunden. Sic
wird in F^ngland von einem eigens l)estellten Examinator,
in Amerika v(ni dem Lehrer des betr. Kursus abgenonunen.
Keyer giebt jenem Verfahren den Vorzug; ich möchte mich
dahin aussprechen, dafs man das eine thun und das andere
nicht lassen solle, d. h. man solle den Lehrer zum eigent-
lichen Kxaminator bestellen, ihm aber noch eine aus zwei
oder drei Mitgliedern 1)esieheude Konnnission beigeben. Auch
möchte ich neben der schriftlichen Prüfung noch eine müiul-
liche befürworten imd die Oesamtdaner für beide natür-
lich mit einer zur Krhohmg der IC.xaminanden untl zur Durch-
sicht ihrer schriftlichen Arbeiten erforderlichen Pause auf
zwei bis drei Stunden festsetzen. Es hat dies den \'or2ug.
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^og Dr. P. BergvmBii.
dafs anfser dem T^hrer, der dazu in den an die Vorlesungen
sich anschlicfsendcn Hcsprcchunjjcn (jeleo^enheit hat, auch
noch andere sicli von der im mündlichen Ausdrucke erlangten
(Gewandtheit überzcnt»;en und so ein Oesanithild von der mehr
oder \veui<jer erspriefslichen Tliäti^^keit jenes j^ewiinien können
— wie ancli meiner Ansicht nach die >chnftlic1ien Arbeiten
niclit nur aui ihren Inhalt sondern aueli aui ilnc 1^'orni hin
<>eprfift werden müssen. Denn ich meine allerdiiij^s, es <;e-
höre die Ausbildungf der Pähig^keit, sich mündlich und schrift-
licli über Cielerntes in t>ewandter Weise auszusprechen, zu
den Obliej^euheiten des Dozenten bei dem intensiveren Unler-
richtsbetrieb der \'olkshochsclinle. -- Wer die Prnfunt^ hr-
steht, erhält ein Zeuj^nis ausixe fLiliü^t; es sind an den «.hl;-
lischcu Volkshochschulen für diese Zeugnisse drei (irade
vorgesehen: genügend, gut und ausgezeichnet. Das Prädikat
»mit Auszeichnung bestanden« erhält nur der Kandidat, den
Prüfungskomnüssion und Lehrer gemeinsam empfehlen. Diese
»Vorzugsschüler« erhalten aufserdeni in England noch Prämien:
sie wählen aus einer Liste von Preisbüchern . Hine andere
Art, dieselben zu bt lohnen, wäre die, ihnen für einen weiteren
Rurs, den sie hisnclKii wollen, das Lehr<>eld ganz oder teil-
weise zu erlassen. \'ici leicht ist mancher geneigt zu sagen,
Prüfungen an der Volkshochschule seien überflüssig. Nun,
ich glaube doch nicht Ganz abgesehen von dem Vorteil,
den sie, wie gesagt, insofern bieten, als sie Aufseu stehenden
ein Urteil über die Thätigkeit des Ixdirers und, was noch
wichtiger ist, den Wissenserwerb der Schüler und damit den
Nnt'/cn (kr Volkshochscbuk'. (kr dadurch ja geradezu ad
oculos demoustrierl wirtl, crnKi^lichen, sind sie auch für die
Kursteilnehmer selbst von Wert und Bedeutung: sie erhöhen
ihr Selbstgefühl, verleihen ihnen ehie gewisse Sicherheit und
spornen sie zum weiteren I'ortschreiten auf der betretenen
Hahn an. Zudem gewähren sie ihnen auch die Aussicht, unter
UuiNtünden ihre ruifsere T.nge verbessern zu können: hat doch
ein wohlnnterriehteler Mann, der sieli aiu li dai iiber a isweisen
ka!ni, dafs er nu'hr Lielerni liai al-- -^eiiu sgk'ichen, innner
bessere Chancen zum W'ciLerkonnneu im Lcoen als eben jene
anderen.
In Auschluls an das eben Ausgeführte will ich gleich
die Zeitfrage erledigen. Der Volksstndent , um mich
dieses kurzen inid recht bezeichnenden Ausdruckes zu be-
dienen, kann .seinen Studien iiiclil wie der eigentliche Student
seine «^an/c Zeit \\ i<]nien, sondern er nnil's dieselben nebenher
betreiln-n; er nnils tagsüber seinem Krwerb oder den häus-
lichen Pflichten (Frauen) nachleben. Daraus folgt, dafs die
Kurse in die Abendstunden zu verlegen sind; ferner dafs
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Tber Volkuhockerhiilpii.
die Vorlesuugeu eines Kurses auf längere Zeit, auf mehrere
Wochen verteilt wenku müssen. Wollte man (He Sache so
hetreiben, dafs mau täj^lich eine Vorlesnnj4 hielte, so liiefse
«las nnni("),i^lir]u- Anfonlernnt^en an die Leistnngsfähij^^keit
des X'olksstndenlen stellen. Wie schon erwfilmt, liat man
/luneist die ICiniichtnnj^ «jetioflen, dafs uian wiiehenilicli nnr
eine Stunde liest Dafs man daran immer und unter allen
Umstunden festhalten solle, das möchte ich freilich nicht
sa*;en. Man wird vielmehr stets die gegebenen Verlkältnisse
bei der luitschcidung darüber, wie man zu verfahren habe,
heriicksichtij^en mnssen, oder man kann ja auch nach be-
s<»nderer W-reinbarnn«; mit den Knr^tcibiehnicrTi die Sache
arrangieren, was /.. Ii. bei dem inten.siveu Kla.s.sennnlerricht,
wo der Dozent es mit einer nur beschränkten Schüler/.ahl
ivjfl oben) zu thun hat, nicht schwierig sein dürfte. — Ferner
fragt CS sich, ob regclmäfsigc Kurse das ganze Jahr hin-
durch oder nnr wälirend eines Teiles desselben bestehen
sollen. Man wird anch hier keine unbedingt allgemein
giUii,^e Antwort geben können, sondern die Kntscheidnng
von der Nachfrage, dem gnilsi-ren oder geringen n Ikdürf-
nisse abhängig mache" müssen, inunerhin kann man sagen,
dafs es im grofsen und ganzen vorzuziehen sein wird, nur
während eines Teiles des Jahres regelmäfsige Kurse abzu-
halten — imd dann natürlich während der WintennonaU.
Das ist auch in England und Amerika die Regel; jedoch
hat man hier wie da an einij^^en Universitäten während der
Sonnnerferien Somnierversammlnngen , Sonnnerknr.se {nn<l
Suuniierschnlen) einL:t. l ichtet. Man bezweckt dnrch derartige
Wranstaliungen den \'i)lk>^Uulenten (ielegenlieit zu geben,
lungere Zeit hindurch ganz in der Atmosphäre der Universität
zu verweilen, mit den Lehreni zu verkehren, die Laboratorien,
Sammlungen und Hibliotli i i benutzen, was alles am li
für die am Ort befindlichen Volksstudenten anfserhalb der
l'Vrieii, bei Anwesenheit der eigentlichen Studenten, nicht
o(Kr doch nicht in dem Mafse möglich ist wir während der
b'erien. Da wir bei uns von einer \'erbindnng der \ Dlks-
hoch.schulen mit der Universität nach englischem und ameri-
kanischem Muster vorläufig absehen müssen, so können wir
diese l^inrichtung selbstverständlich nicht nachahmen. Anch
scheint mir dieselbe nicht so gar bedeutsam zu sein (vgl.
dagegen Russell a. a. O. S. 73 ff.l; denn das Grns der \'olks-
studenten ist ja gar nicht in der glücklichen J^age, l'^erien
zu haben, und kann daher sich nicht beteiligen i^an/,
abgesehen \(»n dem doch auch nielil v(")llig nn wiehligen
Kostenpunkt. Dafs ich gegen Sommerkurse an und für
sich nichts habe, das habe ich oben bereits ausgesprochen:
ll«ie BubiMMi (PidiiffOffltii») VIJ. 8. 27
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^10 Dr. 1% ItrrKPiHJinn.
^ewils sollen solche abgehalten werden, sobald das Ik-diii fnis
dazn vorlietjt, wennschon wir dabei nns niclil nach dem
X'orbikle lüij^lnnds oder Amerikas riclUcn können, sniulern
ebenso wie hei den Winterknrsen vcrlaluen müssen. JriKn-
falls ist es mit I'renden xn be.i;rnfsen, wenn die l^inrichUin*i
von Sommerknrscii sich infol^re des Interesses der L»ente
als löhnend oder gar als notwendig hcransstcllt; für den
Fortgang der Studien der Volksstndenten sind dieselben zu-
dem recht wünschenswert, nni deren Kontinnität zn wahren,
wozn Lektüre allein nicht immer ansreicht. Damit alier
anch dann, wenn we**;en nnt^ennq^t nder lieteiliijnnjr Sonnnt. i -
knrsc als nicht lohnend nnter1)lri!)i n müssen, (K r ( ilri ^jL
Volksstndent besagten Vorteils niciu vcihistig gehe-, cm]>liclili
sich die Einfühntng brieflichen Unterrichte wie in England
nnd Amerika.
Als ]i 'kclste nnd mit der gröfsten W'rantwortlichkeit
vcrbnndenc Pflicht der Hanptstelle be/w. des Zentralkomitees
milfs wohl die Auswahl tüchtiger Lehrkräfte betrachtet
werden. Vielerlei Anlordernngen sind an einen X'olk-^boch-
sehnllehrer zn stellen. Hr mnfs eine gnte Körperkon.süluüon
haben, nm die Strapazen vielfachen Hernmrei.sens nnd den
häufigen Wechsel in Wohnung und Nahrung ohne Schaden
für seine Gesundheit ertragen /.u können. Hr mnfs ein
Mann von Gelehrsamkeit tuid nmfasst ikU r -Allgemeinbildnng
sein. I'r mnfs für die Saclu der \'olksbi1(bnig begeistert
sein nnd es verstehen, nicht blofs \\'isstn /ii übermitteln,
>()iii](Tn anch seine Schüler znm X.u lnli iikcn mid vSelbst-
slnilinm anzuspornen kurz: ei niul> nicht blofs ein (jc-
lelirter, sondern auch ein guter Lehrer sein, -ein ^lann von
scharfem psychologischen Hlickc und der raschen Fähigkeit,
sich anzupassen nnd die l*»edürfnisse seiner Zuhörer zu ver-
stehen nnd aus der Fülle seiner konkreten Ivrfahrnng heraus
diejenigen Krlänteningcn zn geben, ohne die aller ])o])tilärer
Unterricht unv erstanden bleibt. l\v mnfs teilncliuK nd und
geduKlig sein und wissen, dals es den Zweck seiner Üe-
lehrung auflieben hiefse, wenn er die Gefühle eines empfind-
lichen Zuhörers verletzen wollte, wie ungebildet oder unge-
schickt derselbe auch sein mag- (Rüssel a. a. O, S. 53).
Kndlich mnfs er auch ein Mann sein, dessen Charakter
makellos ist, ein Maim \'>n nnnugetasteter moralischer
Tüchtigkeit, ohne die er memals mit der für einen \'o1ks-
lehrer erforderlichen .\utf)rität inflreten ki'Minte. Tu er.sler
Linie kämen offenbar, wenn wir von den liicur«. Li>chen For-
dcnmgen uns der praktischen Realisiermig derselben zuwenden,
die akademischen Lehrer inl>etracht Aber da stolscn wir
auch gleich auf mancherlei vSchwierigkeilen und Hindernisse.
Der akademisclie Lehrer ist freilich Gelehrter und Lehrer,
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lind man beti)nt litut/.utage sehr, dafs er beides sei, nicht
hlofs ein ^rofser r,rlchrter jedoch es ist noch zweierlei,
ein i;nur Universitäts- und ein lücluij^er Volkslehrcr /ax sein.
Aber ^icherlicli wird doch das bei vielen der I^^all sein, und
so würden diese der Aufgabe sich nnterzielien müssen.
Kehineii wir an, diese seien auch alle für die Sache begeistert;
werden sie dann unbedenklich die Last anf sich nehmen?
Die älteren unter ilinei^ die Professoren, haben meist mit
ihren Berufsobliejfenheiten schon j^emigztt thun; die jüngeren,
(l'c Dozenten, tnüssen fürchten, in ihrer eigentlichen Laufbahn
liinlcr denen zui ückzubleiben, dieruliii; in ihrem i'aclie weiter
gearbeitet haben. Treffend bemerkt Keyer fa. n. ( ). S. loi i,
dafs der eitrige \ Olksliochschullchrer geradezu sich der(iciahr
aiissebst, dafs man schlielsHch von ihm sagt, er habe sich
> verbummelt«. Blofs, nichts anderes als Volkshochschullehrer
sein, ist al^er auch ausgeschlossen, wenig'Stens vorlänfiL;
aus pekuniären (iründen. Oder es dürften nur vermögende
lYivatf^elehrte, die ihren ganzen Rhrgeiz darein sd/ten,
tüchtige X'olkslehrer /n siin. (lie>e Laun)ahn einschlagen.
Werden .sich genug .solclie finden? Wohl kaum, ja ganz
gewifs nicht Man mufs also auf andere Mittel und Wege
sinnen. Sicherlich werden immer einige akademische Lehrer
als Vortragende au der X'olkshochschule fungieren; ja die-
selben werden den eigentlichen Stamm bilden müssen. Andere
werden gern bereit sein, als Heraler, ancli als K.xaminatoren
ihre Dienste zur Verfügung zn stellen; nianelie werden sieh
aucli direkt an der Leitung des ganzen Unternehmens belt ili^i n.
Doch dies nur ncl)enbci; »lie Haupt.-%ache ist für jetzt die licani-
wortungder Frage: wie gewinnen wir für die Volkshochschule
eine ausreichende Zahl von Lehrkräften, welche den Stamm an-
gemessen zu erganzen vermögen? Nun kann kein Zweifel
darüber bestehen, dafs bei uns in Deutschland eine b'üllc
branchbarer Kräfte brach lie^t, meist auf Jahre hinaus diese,
nu ine ich, sollte man heranziehen, als \'oikslehrer verwi mK n.
Ich denke dabei vor allem an die vielen Lehramtskandidaten,
welche nach \ ollendetem Studium lange Zeit hindurch ohne
offizielle Keschäfiigung anf eine Anstellung warten und in
dieser Wartezeit müluselig ihr Brot durch l'rivatstunden ver-
dienen müssen. Kür dieselben wäre diese Thätigkeit ziulem eine
ganz ausgezeichnete \*orbereituug auf ihren eigentlichen l»eruf.
b'erner cTnj^fichU es sicli, die befähii^tsten Köpfe unter den
'reiluehnieni der \'«ilkskuise heranszu^^i eili u und «Icn-ii Aus-
liildung zu Volkslehrern sich angelegen sein zu lassen.
Aufserdem werden gewifs noch manche andere brauchliare
Kräfte sich finden. Alle diese unterstehen der Leitung und
Kontrolle der Zentrale.
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I>r. K Bef){riit*nn.
Was das l'titerrichtsx crfalncn betrifft, sd ist hcrcits
mancherlei cr\v;lhiii wnrdeii. Auf eini<^e l*mikte sei aber
hier noch besonder^ liin^cw iL seii. Im i^rolNcn und <ian/en soll
iu der Volkshochschule .->u \dlahren werden wie in der Uni-
versität, d. Ii. es koiiinit da wie hier nicht auf einen schul-
mäfsigen Betrieb an, sondern der Dozent trägt vor die
Abwcichuug vom Uni\ ersit:Usunlerrichle besteht unr darin,
dafs, wie i»esaj»t, im Anschhils an den N'orlrai^ iMaj^tn »ge-
stellt und scliriftliche Arbeiten anfj;e<4ebt n werden. I )er \'or-
traj^ selbst <hu t natnrlicli auch niclit v^au/. so beschaffen sein wie
der akademische; vor allem pafst inr ihn nicht die reichlich
iuit PVemdwörteni dnrch$et/.te Sprache, • Der Lehrer (an der
Volkshochschule) mufs volkstümlich, ursprünglich und ein-
dringlich sprechen, die Schlufsfol^^erung mufs langsam vor
sich oehen . l^enier mufs er sich einer anschauliehen Dar-
stellung^ befleifsij^en ; der Professor niai^ vor dem Universi-
tätsstndenten mit Hej^riffen arbeiten, der Mann des X'olkes
will einzelne, lebendi«^^c Vorstellnn*;en . Cnterstützt weiden
mufs die anschauliche Darstellung;, wo es ir-end an«;eht,
durch äufsere Anschauungsmittel. Bei i^eoj^raphischcn und
naturwissenschaftlichen Vorlesungen ist deren Anwendung
selbstverständlich; aber auch bei jreschichtlichen verzichte
mau nicht darauf. Namentlich emi)fiehlt es sich, damit, mit
dem \^orzeijren von Ih'ldern historischer l't rs«"idichkeiten, von
.'Vbbikltinj'^en altberühmter Hau- mid Kuiislw erke, von vhv-
uialigcn tiebrauchsgegeaständen, /ai beginnen. J)as ist mehr
wert und fesselt, wie Reyer sehr richtig bemerkt, das In-
teresse von vornherein mehr, als die geistreich.ste Kinleitung.
— Im übrigen sei darauf noch hin<4ewie.<Jen, dafs der Volks-
lehrcr sich stets vor eiiu iii Zuviel hüten mufs, davor, daf«
er seine Hnrer init Thal>achen, \*orführnn*^en, T^xoerimeiUen
tii ra(k/.\i überschütte; denn das würde einiüdend und somit
abschreckend wirken. Kin guter \"<)]k>(!( »zeiit zu sein ist
jedenfalls nicht leicht, ja noch scli wi». i ij^er, als ein guter
Universitätslehrer zu sein. Und wenn man bedenkt, wieviel
gerade beim \'olksunterrichte von dem Lehrer abhängt, so
begreift mau, dafs, wie ich oben sagte, die Wahl «geeigneter
Lehrkräfte eine sehr heikle und \ erantwortliche Sache ist,
und dafs man dabei '^elir \ orsichtiji,'^ verfahren mufs.
Was die I.eln ^ei;eii>trnid'^ der Volkshochschule betrifft,
.so habe ich meine Meinung über diesen Tunkt ja schon vor-
her geäuLsert. Jedoch ich mufs hier noch einiges zu dem
bereits Gesagten hinzufügen. Den Gegenständen, die ich als
für den Volksuuterricht in lietracht kouniu nde bezeicluietc,
^xureonen wir auch in den Lehrplänen der au.sluudi seilen
X'olkshochschulen und der Humboldl-.Akademic in lierliu.
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Daneben finden wir freilich auch noch mancherlei andere
Dinj^e an<>^e^^(l>en, die meiner Ansicht nach nicht am Platze
sind: ioh meine S]>raclRn nnd Philosophie. Diese letztere
(nalürlich nnr als solclic im eii^entliclien, im en.iiferen Sinne
geiioinmeii) ist, wie mir scheint, älnilich wie ilie Mathematik
zu exklusiv, um wirklich erfolgreich popularisiert werden zu
können. Was aber das Studium fremder Sprachen betrifft, so
ist dasselbe, soweit es sich nm die alten Sprachen handelt,
doch thatsächlich nur wertvoll für den Mann der Wissen-
schaft, den (fclehrten: Crelchrte heranzubilden ist aber nicht
der Zweck dti Ndlkshochsclink. AikUis scheint allerdings
die Sache /u liegen l)ezüglich der modernen fremden Sprachen;
jedoch es scheint eben nur so. Denn einerseits ist deren
Studium ebenfalls blofs filr den Forscher bedeutsam, ander-
seits ist ihre Kenntnis von praktischem Nutzen, von Wich-
tii^^keit für <»;ewisse liernfszweige. Die V( 1k hochschule aber
hat ja «»ar nicht die Piestimmunjjf, eine Vorbei^ itunj^^sanstalt
für irjuend welche Hernfe zu sein. Sie ^nll niclit ein höheres
Wissen ühci niitteln, um ihre Schüler ihrem liernfe abwendi«?
zu machen und für einen anderen Heruf vorzubereiten; son-
dern sie hat ja vielmehr, wie erwähnt, die Aufgabe, den An-
jjehorigen der verschiedenen nicht-wissenschaftlichen Berufe
(ieleji^euheit zur Krlangfuug höherer allgemeiner Bildung zu
geben einzijT mid allein nm des idealen \'orteils willen, den
eine solche den sie Pesitzendeii L^cwälnt, und der aus ihrer
jU! ' 'l^imö.i^lichen X'erbreitnnj; der ( Usamtheit, der (Gesellschaft
erwächst. Dennoch nnielite ieh nicht ganz die genannten
Gegenstände an der Volkshochschule missen; sie könnten
als fakultative Fächer in ihrem Lehrplane vorgesehen werden
mit Rücksicht auf solche Personen nandich, welche einem
anderen Berufe sich uwenden wollen, weil sie zu der Kiu-
sicht «gekommen sind, dals der ergriffene nicht der für sie
p.Ksrndste ist, oder die als für die wissciischallliehe J.anf-
l)alin geeignet erkannt werden. Derartii^e Krwägnngeii hissen
jene, wie ich allerdings .sagen mufs, Inkonsequenz gerecht-
fertigt erscheinen. Dafs der Lehrplan der Volkshochschule
nicht in derselben Weise erledigt zu werden braucht, ja gar
nicht erledigt werden kann, wie es mit demjenigen irgend
einer »Schule für die Jugend geschieht, begnüge ich mich nur
ifii \'(irbeigehen :'ti erw.ähnen. Nicht alle im Volkshochschul-
Lcinj)hin vorgesehenen Fächer müssen jahraus jahrein in
bald langen bald kurzen Kursen durchgenommen werden;
sondern man hat sich dabei nach dem Bedürfnis, der Nach-
frage 7Ai richten. So kann es wohl kommen, dafs in dem
einen Jahre manche f iigen.stande gar nicht, andere wieder
ein paar mal zur Darbietung gelangen; dafs in diesen Orten
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414
der Wimsch tiarli natur\visscnscliattliclR-n, in jciuii Tiach
llisturisclu n \'urlc.smj«;cii sii li sl.'irkcr bciiK'i klidi iiKiclu u.
dgl. III. Dem niufs das ZciiUalkuiiiiuc Rccliuiing tragen und
sich davor hüteii, in pedantisch-bureaukratisches Reglemen-
tieren zu verfallen.
Zum Scldufs endlich möchte idi noch dtMien i;egeuüber,
welche wohl den IMan, Volkshochschulen m errichten, an
und für sich i^nt lieifscn, diesen Gedanken vorlrcfflicli finden^
das ganze Unternehmen als ein hoch iileales an.'^ehcn, aber
an seinem Erfolge, d. Ii. daran zweifeln, dafs die Volkskurse
grofsen Anklanges, guten Besuches sich zu erfreuen haben
werden» auf die bezüglich der Hörerzahl im Auslande j^e-
niachtcn Krfahrungen hinweisen. Die Statistik zeigt uns,
dafs viele Tausende, die zur Erlangung h(»herer intellektiu lU-r
Hildung gebotene ( Vk i^enheit mit I'Veuden ergriffen haben,
Männer wie Erauen der verschiedensten nicht-wissenschaft-
lichen liernfe: I'VaiRii, welche sonst nur ihre Hausarbeit
besorgen, Cieschäftslrauen und Lehrerinnen, reife Männer,
welche tagsüber bei der Maschine, im Kontor, im Kaufladen
oder als Lehrer beschäftigt sind u. s. f.« Sollen wir an-
nehmen, dafs in Deutschland das I5il(bn]Lisstreben ein ge-
ringeres sei als anderswo?! Ich glaul)e, dafs wir dazu kein
Recht haben, und dafs, wenn wir dem I'eispiele I'jiglands,
Amerikas, Australiens folgen, auch unser Thun erfolgreich
sein wird.
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Ein neues encyklopädisclies Hand-
buch der Pädagogik.
Von R. nCimm in Berlin.
Prof. Dr. W. Rcip, Kncyklopädisches Handbuch der Pädaj^o.uik.
\'«)llsläti<liu in lo Halbhämlcii /.u je V) H>r. I.cxikoiiforniat. Treis
tlfs lialbbaiulcs 7.50 M. \ ciiag von H. Heyer u. Söhne in Langen-
snl/.a. Bis jet/t erschienen 4 Haihbände.
Ob CS gcialcii war, ein Werk wie das oben j^enaiuite
gerade jetzt herauszugeben, kaim bescweifelt werden. Setzt
doch <lie Bearbeitung der Realeucyklopadie irgend einer
\Vis.«»enschaft voraus, dafs es auf dem zu behaudehiden Ge-
biete zu einem gewissen Abschhisse gekonnnen ist, dafs zum
niindesteu die (jruudsätze feststellen, nricli denen die be»
treffende Materie zu beliandeln und darzustclleii ist.
Diese X'oraussetzuu}^ trifft aber für das(iebiet dt i I'äda-
goi^ik zur Zeit durchaus nicht zu. So krampfhaft aueli die
Alten bemüht sind, der Welt kund zu thuu, dafs sie festen
Boden unter den Püfsen fühlen, und dafs das Wanken und
Schwanken nur dem vorwitzi<,an Rüttehi etwelcher unruhiger
Geister, neuerunj^ssüchtij^er ( lernej^rofse, /nzuschreiben sei,
so liat sieh (Ujch allnr'ihlich auch weiterer Kreise der ])äda«
«^ot^ischen Welt ein ('.rliilil der ruruhe unil der I'nsicher-
heit benuiehligt. hnnier ali^eiueiiier wird die Uberzeu^^au^,
dafs das hergebrachte Unterrichtssystem einer teil weisen Um-
gestaltung bedarf, dafs der Schulerziehung neue Ziele zu
stellen, zur Lüsunj^ alter Anfj^aben neue Bahnen einzuschlagen
seien. Ja, die Kritik der Zeit geht selbst an den grund-
Icj^cnden Teilen unserer klassischen I'ädaq« »i^ik iiielit vorüber.
An nianclien durch Alter und Uberlielerunjj;^ seiner .^clieiliL; tc n
Satz hakt sie sich ein und sucht ihn als abgestorbenes C»lied
aus dem S\stem zu reifsen.
Ist es da ein Wunder, dafs die ältere Generation, in ein-
seitigen Klassicismus versunken, Zeter und Mordio schreit,
dafs die Vertreter des Fortschritts alsKet> er niul Abtrünnige
gebrandmarkt, die von ihnen gewiesenen Pfade als Irr- und
Abwege bezeichnet werden?
Sovir) \<{ fü-ilich rielitie, dafs unter den Ref< <rnii<ken
auch so manche Schwachheil und Menschlichkeil mit uutcr-
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U. I(ii>n)aiin.
läuft, data neben /iclbcwufstcii lM»nscln iiilci n .mch riiaii-
tasten und Streber ihr Wesen treiben; es kann nicht jje-
leupfuet werden, dafs der Khifs der Ideen anch \vnnder1ielie
Blasen treibt, manche Xichtifjkcit /.um biilinbiLcheiukii (ie-
dankcn anfj^cbauscht, nianeh kindischer I'jnfall als der W eis-
heit letzter Scblnfs i^r]>redii^t wird. Aber ist derar<i<j^« s nicht
ans jeder \ (»n Rc lurrnideen bewej^tcn Zeit /.n verzeichnen?
Ha))cn die Thorheitcn nnd Phantastereien eines AInn/.er nnd
der andern Prädikanten dauernd verhindern können, dals die
Wahrheiten, die ein Luther predi^^te, zum Sie^e liehm^ten?
Nicht blofs im Kampfe mit dem allen, anch im Wettstreit
mit dem verkehrten Xeuen sollen die Ideen des echten I'urt-
scliritts ihre Kraft darthnn.
Die Unruhe auf ]>ä<la,i:^<>,i,dschem (lebiele ist das Abbild
der Unruhe, die das Kulturleben der r,coe"^vart überiiauj>t
kennzeichnet. Ja, \.enn wir überle^^en, dals die ICrziehun«^
keine andere Aufgabe hat, als das heranwachsende Geschlecht
in die Kultur seiner Zeit einzuführen und es in einer Weise
'AM beeinflussen, dafs die Ziele, nach denen die Gesellschaft
seiner Zeit strebt, auch zu den seinigen werden, so LHfst sich
wohl bej^reifen, dafs die Unruhe einer Zeit, die eir neues
Weltalter zu y^ebären scheint, in der die Mi um Iilieit, die alten
Zielpunkte ihres Suebeus als nichti,^^ erkeiuieiul. cilrii^ und
ängstlich nach neuen Idealen strebt, dafs die Unruhe einer
solchen Zeit uotwendij^ auch die Cirundlagen der Ju.iiend-
bildunj>:beeinflussen mufs. Die Mej^^ründunjir unserer klassischen
Pädaj^ojjik fiUlt in eine Zeit, die mit der (»egenwart wenig
Alndiclikcit aufweist. Nicht nur hat sich der Kreis des Kultur-
lebens nach allen Seiten hin erweitert, auch die Ansichten
über Wesen und .\ul^abe dc-^ >fensrhen sind andere <;ewnr-
den. Das X'erlüUtnis zwischen l5uli\uiuuin und Gesellschaft
wird heute wesentlich anders anf*;cfafst als damals, h^tue
neue Wertung sozialer Guter und eine neue Formulierung
sozialer Pflichten folgen unniitlelbar hieraus. Aber all tliese
I5ewej^unj;en haben noch nicht zu festen, bleibenden Ol-
slaltunj^en gefülirt. Noch ist alles im Müsse. Dem An^^st-
lichen nn<l \\r/a^ten scheint es darum, als ob alles wanke
und schwanke; er sieht nur Ruinen und Trümmerwerk und
gewahrt nicht das Frühlin«;sgrün neuen Lebens, das sich
durch den Schutt hindurchbricht
Auch auf pädaj^oi^ischem Oebiete ringt es nach neuen
Gestaltungen. Auch hier sind strebende G.ei.ster in grofser
Zahl geschäftig, nicht mir die IM)erlieferniiL' kritisch zu werten,
sondern rinrh den bewegenden Ideen der Zeit Hahn zu brecl u n
auf (Km ( Ii biete der b'ryiehung. Aber auch hier ist noch
alles im blusse. Hier und da staut sich wohl die I lm; ul)
dort aber wirklich die KrystaUisationskerne liegen, an die
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sich (Hc Wuhilduii'^cti ficr Zukimft aiuscliiiefsen werden, kann
nucli nirinantl (.'m^clKidcii.
Au.s ilicscm (irimilc saj^tc ich oben, dafs man l)f/.\vciftdn
könne, üb es /citj^cniäfs sei, j^cradc jetzt eine Realencyklo-
pädie der Pädago.^ik heratisxugeben.
Und doch scheint das Ikdürfnis dazu vorhanden zusein.
Wenigstens hat die Kritik allerorten das Werk als ein solches
anerkannt, (\:\^ eine I^ncke ansfnlle, nnd die [^^rofse Zahl seiner
Abnehmer hat dieses Urteil l)estäti»^t.
Ich l)es^reifc das. derade die Uiindu- nnd T'^nsiclierlieil
auf pädagogischem Gebiete macht ein Nach^elilagebnch noii«;,
aus dem man erfahren kann, wie nahe oder fern diese oder
jene Krage ihrer Losung steht, wie weit die Klärung dieses
oder jenes umstrittenen Punktes j^edielien ist. Allerdinj»s ist
die IvncN klopädie Professor Heins nicht das einzige Werk
dieser Art. Aber die vorhaiidtiRii Schrifteti ,qeiiü<^en samt
nnd siMukis nicht mehr zu dem .ni-^r^eljenen Zwecke, ller-
ganj^s räda.^^oj^ische Realenc) klopiulic (2. Aufl. 1S51 n. 52)
und Älünchs Universallexikon der Krziehuugs- und Uuter-
richtslelire, (3. Aufl. 1859 u. 60) sind veraltet Rolfufs und
Pfistcrs ^Realencyklopadte des Krziehunj>:s- und Unterrichts-
wesens (2. Aufl. 1874, Nachtraj^ i<S84) ist vom katholisch-
kirchlichen, Schmid-Seliradcrs Hncykli ipädie des «gesamten
Krziehungs- und Unterricli tswesens (2. Aufl. iHjG .Sj), ob-
i^leich viele \ orzüj^liclie Arbeiten enthaltend, vom cvanjj^e-
lisch-orthodoxcu und politisch-konservativen Standpunkte ab-
gefafst, dazu noch allzu umfangreich. Lindners xKncyklo-
padisches Handbuch der ?«rziehungskunde (1884) leidet an allen
den Mangeln, die eim ni Werke dieser Art, sobald es von einem
einzelnen verfafst wird, anhaften müssen. Kleinere Nachschlai^e-
buchcr endlich, wie insbesondere Sanders Lexikon der l'äda-
gügik (2. Aufl. 1SN9), konnnen erst reclil nicht inbetracht.
So la<»- wirklich ein «.jewnsses licdürfniÄ zur Hcransj^abe
einer neuen Kncyklopädie des P^rziehungswescns vor. Der
Charakter dieses Werkes mufste, um seine Bedeutung für die
(iegenwart recht zu erfüllen, im wesentlichen ein historisclier
sein; d. h. Herausj^eber nnd Mitarbeiter mufsten als ihre
eigentliche Aufq-niK betrachten, in parteiloser \\\ ise alle Rieh-
tuni^en zu Worte kommen lassend, den orej^enw ;irtii^^en Stand
der wissenseliattlichen Arbeit auf p.ädao^oa^isrlR ni ( W biete dar-
zulegen. Xur so konnte das Werk meines Hraehlens den
WTmschen entsprechen, denen seine Herausgabe entgegen-
gekommen war.
Trägt es diesen Charakter an sich? Gewifs, zum grofsen
Teil; doch nicht ül)erall. Das Referieren wird hier und da
zum Dekrrii, ren. Das läfst man sich gern gefallen, wenn es
wirklich tlcr Aubiiufs eines originellen Denkens ist — Pro-
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R. RffMnann,
leüsor Rein bat ja aiicli in rlankenswuiter Weise /.m IJc-
sprechung viclcnii tertcr neuerer Ideen meist ilen l'i Vertretern
derselben das Wort gej^eben wo aber diese Kinseiti^keit
lediglich aus der ZttgehÖrigfkeit des Autors zu einer };>^e wissen
pbilosopbisclien oder pädaj^o ansehen Richtung^ hervors^ebt,
wirkt sie verstimmend. Der Herausgeber reebnet sich der
Scluile IKrl)arts zu. Was Wunder, <hifs bei der ersten Ankiin-
dis^iui}^ des Werkes die Hefürclitun<>; laut wurde, das l'nter-
nebmen würde ledij^^licb der Tropa^j^anda für diese Riebtnu)^
dienen, l'rolessor Rein bat anj;enebni enttäuscht. vScbon die
Liste der Mitarbeiter ^eigt, dafs ihm jede Einseitigkeit fern-
Hegt» und die Durchsicht der bis jetzt erschienenen Teile des
Werks bestätigt dies im allgemeinen. Dennoch scheint es
mir, als ob doch das Trin/ip der Parte ilosigkeit nicbt immer
streng znr (ielttin,<^ ^ekoiiinien, viehnebr die.se oder jene
Materie ntir in einsi iiii^rr IJclencbtung. d. b. mir von einem
bestinunten Parteistandpunkte aus, behandelt wäre. Die Wr-
isser verschiedener Artikel — ich rede natürlich nicht von
solchen, die spezifische Fragen "der Herbartschen Pädagogik
behandebi setzen oicbt nur ohne weiteres voraus, dafs die
Leser mit der eigentümlichen Terminologie ihrer Scbulspracbe
bekannt sitid. sondern auch, dafs über die pbiUxsopbiscben
Yoranssel/nnj^^eu ilner didakti.sehen Im 'rdenm^en vollkununne
Ubereiiistinnnnng lierrsclic. \'<>n der Ict/Aerni ist ali^i" oft
noeb recbt weiii}^ /u merken, \ ielleieht hätte der Heraus-
geber gut daran gethan, der Merbartianischen Bearbeitung
dieser oder jeuer Materie noch eine andere von anderm
Standpunkte aus folgen zu lassen. Doch tritt, wie gesagt, eine
derartige Einseitigkeit nur in einzelnen Arbeiten mid über-
haupt viel weniger oft liervnr, als man am Anfani,^ befürcbtete.
In der von h'wiciuu^^ /a\ Lieferung innner nicbr an-
.scbwellendeii .Mitarbeiterliste stöfst man auf manehen homo
novus; daneben finden sich aber auch die meisten derer, die
einem fleifsigen Leser pädagogischer Werke und Zeitschriften
als Pfleger dieses Zweiges der zeitgenössischen Litteratur
bekannt sind. Es sind einige darunter, die ich ohne Schmerz
vermissen wurde, Leute, die sieb überall eindräir^'^en, wo es
etwas (icld oder I^bre — zu verdienen i^iel)^ nicb solche,
deren bisherige Tbätigkeit mir wenig inipomerl bat. Aber,
das ist Gescbmaekssacbe, und möglielicrweise giel)L ibuen
ihre Thätigkeit an dieser hervorragenden Stelle Gelegenheit,
sich so offenkundig zu blauiiereUi dafs sie es künftighin
nicbt mehr für ratsam halten, mit ihrer W^are zu Markte zu
ziehen, (ianz besonders freut es einen, wenn man in der
Liste neben Universitätsprofesson 11. T^Joktoren etc. auch eine
so stattliche Reibe von \'n1k>srlnilniainu i u tindet. Das ist
doch, meine ich, auch ein lieweis dalür, dals sich das Niveau
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419
tlitst'S Slaiulcs iti fleii let/^teii JalirzehnU n wcscnllich «gehoben
hat. Für den Kenner der [jädajj^uj^isehen Hewej^un^ in der
Ge^^enwart bietet diese TIiaLsaclie allerdinj^s niclUs (Jber-
raschendes. Vielmehr weifs dieser, dafs die Vertiefung, die
wir erfreiiliclier Weise jetzt auf pädaj^ojji schein Gebieie wahr-
nelinieii, wesentlich der rührigen Arljeit tüchtiger Kräfte aus
dein \'olksschullehrerstaiide /uztischreiben ist Besitzt dieser
vStand (loch vermöge seines IJildungsgan'^es von vornherein die
Haui)tvuranssetzung jener Arbeit : das pädagogische Interesse.
Viel Namen nnfznzälilen, würde keiiieii Zweck haben,
auch den mir verslatleten Kauui ungebührhch in Ansprneli
' nehmen. Ich beschränke mich defshalb darauf, nur einige
derjenigen Mitarbeiter anzuführen, die anscheinend die Be-
arbeitung ganzer Gebiete übemonnnen haben, deren Namen
darum eine Art Programm des Werkes abgeben. vSo stofsen
wir ■/.. R l)ei den Artikeln psychologi-schen Inhalts meist
auf die Namen Flügel nnd P^olf/, beides ausge.sproelune
Herbartianer ; ausgleichend wirken dann allerdings Mitar-
beiter wie Audreae und Dessoir. Die Physiologie und
physiologische Ps>xhologie hat einen vorzüglichen Bearbeiter
in Professor Ziehen erhalten. Die Geschichte der Ethik
behandelt Jndl, der darin auch die Vorzüge nnd Mängel
der praktischen Philosophie Hrr])arts sorgsam gegen einander
abwägt, die Kthik als (irnndwi.ssenschalt der Pädaj^o.ij^ik
daneben aber Professor Vogt, der natürlich wieder nur
Herbart kennt. Iki den ^\rtikeln über bcliuihygieine treten
uns selbstverständlich meist die Namen Siegert und Janke
entgegen. Die Lehre von der Zucht behandeln Hug,
Andreae, Trüper und verschiedene andere, leider aucli
der mehrfach preisgekrönte Herr Közle ans Cannstadt, der
allerdings die schätzenswerte Kigentümlichkeit an sich hat,
die ( ledankendürre seiner Artikel über Kinder- und Krziehnngs-
feldcr dann und wann mit einer Blüte unfreiwilliger Komik
zu schmücken. Ich breche ab. Die Nennung von Xamen
auf den übrigen Gebieten der Erziehtmgswissenschaft ist bei
deren Vielgestaltigkeit unthunlich.
Über die Auswahl der einzelnen Artikel läfst sich streiten.
Der eine win! dieses, der andre jenes Thema vermissen.
Manches wird auch von dem und jenem als nberflüfsig an-
gesehen werden. vSo scheint z. R mir das Ciebiel der Zucht
allzu reichlich bedacht zu sein. Wohl weifs ich. dafs dieses
Gebiet bis jetzt das Stiefkind der pädagogisclieu Wissen-
schaft war; aber gerade deshalb hätte es nach meiner An-
sicht in einer Realencyklopädie nicht gar so reichlich ver-
treten sein sollen. Der Erziehungspraktiker wird sich nur
selten in einer solchen Kats erholen mid Rats erholen können,
da jede Maisregcl der Zucht individualisierende Auwcnduiig
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it. RifiiinanD.
bedingt; die WisscMiscliall aber kann durch die viek-n kur/cn,
von \ cTschicdt.Mien Autoren nacli \ ci scliicdciien ( icsiclits-
|ninklcn vcrfafslcn Arbeiltii auch nicht viel gewinnen, wozn
noch koiiiiiit, dafs bekanntlich auch die Festigkeit der |xsy-
choto^ijtchen Grundlajre der Lehre von der Zncht nocli viel
zu wünschen übrig kifst Allerdin«;.s ist, von diesem Gesichts-
punkte abgesehen, die betreffende Abtcihini^ reich an gansi vor-
züglichen Ahhan(llnnj»^en, wozn ich ikOkh flen praktisch wert-
vollen Arbeiten von Iln ^ insbesondere die durch iiire Tiefe
ansoe/.eichneten Ani.Nät./.c vunAndreae rechne. Über Herrn
Közle, dessen Ausführnn«^en manches Kopfschüttehi hervor-
gerufen haben, findet sich schon oben eine Bemerkung. Wie '
verlautet, hat ihn der Herausgeber neuerdings verabschiedet.
Mancher Artikel erscheint mir überflüs,sig, so der über
Arl)eitsscluden , der neben fliMi teils schon \ eröffentlichten,
teils in .Aussicht steheiKh n Ariikclu über I'.rxiehnnj; zur
Arbeit , HantkirbeitsnnU ri ichl u. dci ^l. uUenbar nur dann
einen Zweck hatte, wenn in ihm auüsclilielslich die .Vnstalten
behandelt wurden, in denen die Arbeit als Selbstssweck l>e-
trieben wird, also die :>Resc1täftigungsanstalten<^, ■ Erwerb*
schulen« etc. Der Artikel beschrankt sich aber k<. iiu ^\v^ *r^J
auf diese und i<(noriert überhaupt die prinzijiielle Sclieidnn.n
zwischen dem Hetriebe der Jni^endarbeit als Selbstzweck
und demjeniji^en, welcher iler ICi/ielnin^ dienen will. Indessen
wird der .\ntor, der die »Sache nur oberflächlich kennt, dieser
umfassenderen .\ufgabe in keiner Weise j^erecht. Auch die
Artikel über >Hriefniarkensamme1n'' (3 Spalten), über -Ge-
burtstage^ (3 Spalten) und einige andere würde ich ohne
Schmerz vermissen.
I^ücken ha])e ich wenige gefunden, die meisten auf 'ge-
schichtlichem (Tcbiete. Das letztere ist bejjreiflich, da ur-
sprünjL^lich die Autnahme «geschichtlicher Arbeiten in die
P^nc\ klopädie nicht vorgesehen war. Für eine zweite .\nf-
lage würde ich die Berücksichtigung noch folgender Artikel
vorschlagen: Aeneas Sylvins, Agricola (Rudolf), Alkuin,
Alstedt, Andrea, Ant<uiiano, Aristoteles, Augustinus, liastiius,
Henediktinenschulen, jßouitz, Horromaus, Braun (Hcinricli),
r»rnder (!es q-emeiusamen Lebens, Cnrtmrtu. Hiltes, Dolz,
Hisenlohr, luasmus, Hrnst der broninie, brohschannner,
(iedike, (>erson. übrigens sind die veröffentlichten .\rbeiun
aus der (beschichte der Pädagogik fast durchweg vorzüglich.
Die knappen, inhaltsreichen Artikel von v. Sali würk(Bacon,
Bahrdt, Basedow, Campe, Fenelon), die gründlichen Arbeiten
von Rausch über Francke und das Hallesche Waisenhaus,
von Dietrich über v. bVllenbcr«;, die umfangreiche Cic-
schichte des deutschen Srhnhvc s( ii< von \ohle und vor
allem auch Prüf. Paulsens geistvolle Ausführungen über
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VAn neu«» rarykloiMdihohcft lfaii4lHir|i 4ot Pidni^oKtk.
42t
Aufkläruiv^ ^'"^^ Aufklänuit^sprulaj^oj^ik vcrrlicnen hcsoTukre
Hc! A orlichuiij;. Bcfrcindciid wirkt es, wenn W i i 1 tu .1 im in
seiner .\il)c'il üIht Chri-^llirlu" luxitliiin«^ Tjithcrs j^ar iiiclit
iiiul der Rcforniaticiii mir iii>uicni »gedenk l, als er die CiüU*
hat, aiizti^ebcii, dafs die itn 16. Jaltrlntndert erstehenden
Schulen nicht nur innerhalb der katholischen sondern auch
auf den protestantischen Territorien cliristliclien Charakter
an sicli ^^etraj^en lial>en. Dieser ICnj^herzijtikeit i^ej^ennhcr
verdient l)esf»ndere Anerkennnnj^, dafs Prof. K n o k e s Arbeit
ül)er I'.vanj^elisclie Padaj^o^ik nncli den sonst \(>n nn>ein
Thei. lo*;en ar^^ verketzerten raliunalistischen l'äd.ij^oj^en, wie
Salstniaun, (Gerechtigkeit widerfahren läfsi. Kine des Werkes
unwürdige Arbeit ist Cassaus Aufsatz über ^Kröbcl'.
Hoffentlich wird durch den lYof. Pappen heim übertragenen
Artikel -^Kindero^arten Ersatz ^^eschafft
Dafs der Herans,q;el)er aucli den ncnestcn lk'\vc<:i'nn«^cn
anf pädaj^oj^ischeni (iel)iete lieachlnnj^ sclienkt, er*jie1)t sirli
ans einer «ganzen Reihe von Themen, die erst in jünL;>-ti r
Zeit IJesprecliiui;; fiiuien. Icli nenne beispielsweise: lUlirn-
abende (Lomber^^), Kabrikarbeit der Kinder (Winzer), Ferien-
kolonien {Orosscj, Frankfurter Lehrplan (Th. Ziehen), Fornien-
kunde (Zeifsij^), A1)m liliifsprüfung (Men.ije), Durchführung
der Klassen (Tews), ( ienieinsanie Krzielinni:!^ von Knaben
nnd Mädehen (Tabni^ren), ( >esanitentwickehin«; nnd Ivinzel-
entN\ iekcbni}^ (CapesinsL Krxiehnn«^ nnd ( lesellsehaft (!'.
l>anh), J'A olntionisnnis nnd Tädago^ik (Hoeliej^j^er), luniieils-
schnl verein (Horneniann), Fortbildtuigskurse an der Universität
- Cnim'ititif Kjtiemmi (Kein).
Jedem Artikel fol;;t eine l'bersiclit über die be/.ü^dielie
Littcratnr. lA'i<l<^^r sind diese Angaben durchans nicht gleich-
uiafsii;, wenn ancli anerkannt werden mufs, dafs bei einxelnen
Artikeln Mn>terhaftes ,i;eboten ist.
Mein ( Tcsanitnrteil nber <lns \\\ ik s^elil tlaliin, d.il^ es
bei allen l n)4leiclun.'ii>ij^keilcü und UnvullkununenlK ilen
im einzelnen doch im ganzen die wärmste Empfehlung \ er-
dient. Ks ist nicht ein Werk aus einem Gusse; doch gebührt
dem Mcrausgebcr die Anerkennung, dafs er, xon wenigen
Milsj^riffen abi^esehen, es verstanden bat, die berufensten
Kräfte /.nr Mitarbeit liernir/n/.ielien. Das Werk hat \ on Liefe-
rnn«; zn Iviefernn,t; an innerer \"ollkommen]?eit zn.i^enommen.
Mii^e es in der Sehnlwelt die X'erbreilun«; finden, anf die
CS mit Recht Anspruch erheben kann!
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Auf der Warte.
2.')
Die Hchole anf dein VII. Rvanj^liscIi-BOjEialon K«»ngrefi).
Noch je zog durch die Pfingstwoche eine ehiigeiide und
begcisterntle Kraft. Auch aufstrhall) ikr Gotteshäuser .saniuuln
sich zur Pfiiij^st/eit Leute mit starkem r.l;ml)en au eine ijrofse
Sache, Leute voll vou heili.v;eui Iviler tiir die \>r\\ irklichuui;
li()hor Ideale. Seit Jahrzelmten vereiui^t dir IMiiii^stwoche
Tau.seiuk vou deut.scheu Lehrern. I{ine bedeuUuig>\ *)lle Ver-
eiuiguug tagt nun auch seit siehcu Jahren in dieser Zeit Ks ist
der Evangelisch- soziale Kongrefs. Dersellx! war vom
27. 29. Mai 1. Js. für diesuial nach Stuttgart gekouinieu.
Was will dieser Konsrefs? Das sagt kurz, klar und iulialtsvoU
die diesjäliri^t' l-'inladunjj:: Tu <^läu/cudeu Kesten Imln-ti wir,
daukham I'rcude und liegeisti rniii; voll, in diLM. ni Jahr die
grofse Zeit, die uns ein geeiniglcs deutsches Reicli errungen,
allüberall gefeiert. Aber kein ernster Patriot verhehlt sich, dafs
mit der nationalen Einigung die grofsen Aufgalxm unseres
Volkes noch nicht gelöst, vielmehr erst für die neneArlteit die
Voraussetzung geschaffen, für die Lösung sihwieriger Kragen
tlie Bahn frei geworden ist. Als oberste und schwien'j:^tc dieser
Aufgaben hat die geistige und wirtschaftliche irklnng uns
die soziale Krage :.;LslLllt. Nur wenn olle hbLiidii^i n Kräfte
der Nation /u^aninienarbeilcn, wenn alle idealen Mä».hle im
Volksleben erhalten und gestärkt werden, ist eine gedeihliche
Lösung dieser Frage zu erhoffen. Die Überzeugung, dafs die
Geschichte unseres Volkes den sittlichen und religiösen Crnnd-
satzen des Evangeliums die oberste Stelle unter diesen idealen
Mächten anweist, dafs nur ernste, nthige. snrlikundige I^rörternng
der wirklit heu Lage und Aufgabe über unheilvolle Sehla-^^worte
und leidenschaftliche ICrregung emporheben kann, hat vor .seeli>
Jahren eine Anzahl evangelischer Männer zum ICvangelisch-
sozialen Kongrefs zusammengeführt. Der Evangelisch - soziale
*) 1. siehe Heft VII, S, 372 etc.
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Die Schuir auf tl^at Vif. Rvan|reli«rh-BOK<ftleii KonKtrD». ^2,^
Koiii;Tefs ist i;rimclsät/licli unabhängig von jeder politischen
(»der kirchliclieu PnrU iltoln hmio; mul will auf fletii ^[^etneinsanien
Bock-n evaiij^clisch-sittliclu r ri)er/(. us;nn^ ( k U ]L;cnheit zu sncli-
liclicr iielchrung wie zu Ireiciu Ciedauktuaustausch j^ehen. liv
hat durch seine bisherigen Tagungen und durch seine X'eroffent-
lichungeii liewiescn» dafs er diesen Grundsätzen streng treu bleibt.
Von Jahr zu Jahr hat :'ich die Teilnahme am Kongrefs gesteigert.«.
An der t^pitze des Kvanj^elisch-SOzialen Kongresses stehen
b(^riifL!i Leute <n die Natioiialökononieu Prof. Adolf Wagner-
Jierlii), Prof. Max Weber- Freiburg, Prof. vSchulze - Gävcniil/-
l'Veil»urg, der Jurist Professor vSnlnn-Lei]v/ig, die TlieoUj^ic-
profe.s.soren Harnack und Kaltau-Berlin, ieruer noch eine glänzende
Reihe sozialpolitisch wirkender Männer ans allen Berufsstäudeu.
Hofprediger Stöcker. der Führer der Christlich-Sozialen älterer
Richtung, ist jünL;>t aus dem Kongrefs ausgetreten; dagegen
Yerbleil>l im KongreLs der Führer der jüngeren Cliristlich-Sozialeu,
Pfarrer Nauninuu iu Frankfurt am Main. — Die Hauptref« rate
wann in (Üincui Jahr: i. l^ie soziale Wirksamkeit des im
Amte slehcuikn Oeistliclicu, ihr Recht luul ihre CVrcuzeU' (Prof.
Prediger Dr. von Soden-Berlin und Stadtpfarrer Planck- lifslingeu);
2. »Der Handel, nationalökononiisch und ethisch beleuchtet <
(1^1 Dr> Rathgen «Marburg); 3. >Die Arbeitslosigkeit und das
Recht auf Arbeit' (Prof. Dr. Delbrück-Berlin. Die vSpezialkou-
fereuzeu behandelten: i. Die Tliätigkeit lUr I-nm im (»emeinde-
tlicn^t (Frau Gehe inirat Lippmann Berlin); 2. »Nationale Woh-
uungsrctorni ( I''a1 irikant Lechler-Slullgarl).
Zur «irillcii Spezialkonfercnz hatte Prof. Dr. Reim -Jena
angemeldet: »Die Schule und die soziale Frage . Der Referent
iKschränkte jedoch nachträglich das Gebiet, und so kam am
29. Mai zur Verhan<lhmg das Thema:
Die politischen Parteien und die Schule.
Der Kon/c*rtsaal der Liederhalle- war gefüllt mit einer
stalliichfU Zahl von Männern und Frauen. Vorwiegend waren
wohl Süddeutsche anwesend. Sonderlich das Schwabeulaiul war
stark vertreten. Die Anzahl der Geistlichen war bedeutenil.
Das Thema hatte eine Reihe Württemberg i scher, besonders auch
Stuttgarter Lehrer angezogen. Es ging ein Zug warmer Teil-
nalimc für die Sehlde durch die VerNamnilnnj^. Das merkte man
sonderlich an der Zustinnnung zu den lehrerfreundliclien Aus-
fühniiigeii der Redner, wie sie oft und lebhaft gerade ;ms den
Rriln^fi fler fK-istlicheu kam. Kurz zuvor war im würiuni-
licrgi. schell Landtag die Schulaufsichtsfragc aulgcroHl wonkn,
das Prinzip der Pachaufsicht anerkannt und die liinführung
angebahnt worden. Die Aussprachen über diesen Punkt aus
dem Munde der württend)ergischen Geistlichen haben also
doppeltes Interesse: die Schwaben reden nicht nur, sie helfen
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424 -W.
mit. tlafs die Wnrte Thatcii werden. Der Wen Referent hatte
sieb ein /> it i;rniälV.c«^ Tlu-nra jjewälilt. TH i Stn ii um die reclite
Scluih ciiassunj; liilule luiuen hinein in die \\ K^eu der Cjei;en-
wart. Jvs ist ein \*crdienst, die Schule mit überzeugenden Aus
fuhrungen auf ihr eigenes Gebiet zu verweisen uucl voti ileui
Forum der unabhängigen pädagogischen Wissenschaft aus der
Parteien Venhni-^tc und I''inseitii;keiten /n zeichnen. Mrt<;c das
neue Jahrhunderl dem deutschen Rvich eine vSchuh erfassun.i^
l>rin«;en, aufj^ehaul auf den Prinzipien der ( lewissensfreiheit und
Sellistvcrw altunj;. Neben dem \'ortr:i'.;\- (ks Herrn Timi -^(>rs
Kein wurde besonder.s die Rede ile.s Herrn Pfarrers N a u ui a n n
lebhaft begrufst. Warmherziger hat wohl kaum ein Geistlicher
vom Lehrerstand geschrielien, als Naumann es in der '>I.,e1irer-
nummerv der "Hilfe that» die zu Pestalozzis 150. Geburtstage
erschien. Dank und \'ertrauen liekuudete daruni (he rauschende
liej;rüfsun}4 des tapferen Manne-^. Herr Professor Rein
für tlen evanj;elisch-sozialen (leiiankeii wacker eintritt, beweisen
neben seiner Stuttgarter Rede auch seine Schuhirtikel in der
Hilfen
Den Vorsitz in der VcFsaniuilung führte Herr Stadtpfarrcr
Sand berger. In stundiger Rede führte der Referent, Herr
Professor Dr. W. Rein, ungefähr Folgendes aus:
Die JCrziehung gedeiht nur in friedlicher Atmosphäre, und
darum sollte die Schule eine Werkstfitte d< s IVietlens sein. In
der Oe*4enwart aber ist die Schule ein Kanipioliii. kt der ]io!itissMien
Parteien geworden. Die politischen Parteien \LrUclcn Weltan-
schauungen. Diese stehen sich häufig diametral gegenüber, da-
her der Streit. Die Weltanschauungen suchen sich durchzusetzen ;
darum suchen die streitenden Parteien luufhifs auf die Schule
zu gewinnen; sie erwarten, dafs die in ihrem (ieiste erzot^ene
Jugend die (Mi^enon Reihen verstärke. Daneben läuft das ideale
M»)tiv, durcii Hilduiii; 'i'id ('csittung das (ilück des X'olkes /u
begründen, lim festunihchriebeues Schulprogramm hat keine Partei.
Doch lassen sich aus allerlei Kundgebungen bestinnnte (truml
anschauungen herausschälen. Diese beziehen sich auf die Organi-
sation des Schulwesens (Ällg. Volksschule, Aufsicht usw.), auf
den Lehrplan (Anschauungen über den Wert der lUldungsgüler),
auf die Lehrerbildung und Lehrerstellung. Nach diesen Ciesielits-
punkten sollen betrachtet werden die P'orderungen der Konser-
vali \en. des Zentrums, der Liberalen und So/i:\ldemokraten.
Die kouservatixe Partei in ihrer scharien Ausprägung
im rechten Flügel der norddeutschen Gruj)pe, \ ertritt «war, das
ist ihr Ruhm, die Wertschätzung der Macht der religiösen Welt-
anschauung, fordert aber in auffallender Knglierzigkeit für die
Sehule ein s owK-gend do.i^mati.schcs Cluistentum. Mit der Clier-
schätzung des Dogmas geht Hand in Hand eine Uutcrschätzung
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nie ^hld« ttf ditm VII, Rt«tifpliaeh-ft*zlalMi KaafirtB.
der Macht des Um^^anj^s mit tleii idealen Persönlichkeiten der
biljlischcn Geschichte. Auffallend ist auch die Anschauun^^ dieser
Partei, als könne dnrcli 'lie Schule die Volksentwicklung aufq^e-
halten werden. I )ie liildiiUKSuiiUel sulien beschränkt bleiben. Die
breiten Schichten sollen nicht über ihre Kreise gehoben, sollen
nicht mit Unzufriedenheit erfüllt werden. Zucht steht höher alü
Bildunj^. Den Bildung;sdran^ zurückzuhalten, das ist aber ein
unmöglich Ding. So wenig wir das Volk in einer materiellen,
so wenig dürfen wir es in geistiger Beschränktheit lassen. Die
Masse unwissend zu erhalten, um sie besser beherrschen zu
können, das ist eine antike Auffassung, die durch das Christen-
tum überwunden wurde. So denken die Stüt/cn der Kirche< .
Die gleichen l'ordei ungeu .stellt mau auch an die i^chierbildung.
Auch die geistliche Schulaufsicht hält man fest von dem Stand-
punkt der historischen Entwicklung : die Schule sei eine Tochter
tler Kirclie. ihr also untergeordnet, der Geistliche ist die natür-
liche Autorität des Lehrers, Schule und Lehrerseminare sind
darnni streng konfessionell, inid der Religionsunterricht wird von
der Kirche strenge überwacht. Die k(in>crvative Partei liat durcli
ihre Forderungen dazu beigetragen, dafs die Schule der Kirche,
die Lehrerschaft der Geistlichkeit entfremdet wurde, ja sie hat
manchen zu einer Abneigung gegen alles Religiöse gedrängt
Im Interesse der Kirche, im Interesse des Friedens liegt es, dafs
die geistliche Schulaufsicht fällt Der Lehrerstand erkämpft eine
höhere Stufe seiner Stellung und wirtschaftlichen Lage. Dnhei
geschieht von der konservati\en Partei alles, um die Leiner in
die Arme der Umsturzparti im /u treiben. (]5r:u (jl) Ivs ist
schmachvoll, wenn eiu Mitglied des preulsischen Herren-
hauses jüngst äufserte, 900 Kl. Jahresgehalt dürften fflr eine
Lehrersfamilie m hoch sein (Pfui!) Eine solche Gesinnung ist
brutall (Bravo!) Solche Leute nennen sich Vertreter des
Christentums.
l)n< Zentrum Iti sitzt ein hochkon.servntivcs Schulprogramm.
Ihis gesamte T?il(lu!ii;s\\ esen soll vom vSiaate losgeli >st und der
Kirche überaiUworlcl werden. P'ür die gan/.e \\»lk.>^ljildung von
der Dorfschule bis zur Universität sorgt allein die Kirche. Die
Lehrer stehen im Dienste der Geistlichkeit sagt doch Windt-
horst auf dem Katholikentag 1887: «Die Sdiule gehört der
Kirche ganz allein
Den Liberalen ist die Scluile Sache des Staates. Ihre For-
derungen sind im wesentlichen: Tremunig von vSeluiIe und Kirche,
Simnllanschule, b'nchnnfsicht. unent^'e-lllichei Scluilhesuch, freiere
Lt-lnerbildung, soziale und finanzielle Ue.s.serstellinig des ],ehrei-
standes, alles, um die Volksbildung atif eine höhere Stufe zu
bringen. Dem Bildungsdrang des Volkes kommt sie durch \'olks-
bildungsveretne, Lesehallen» Vortragskurse usw. entgegen. In
Wtm Bahneii (PidacofivM) TU. 9,
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436
llliberalismus verfällt die liberale rnrlei. wenn sie die Simultan -
schule als alleitnj;;eN mul liüchstes Tdeal zwan^.sweise einiühren
will ; sie ist ebenso illiberal wie die konservative Partei, die nur
an der Konfessionsschule hängt.
Auch die Sozialdemokratie ist illiberal, wenn sie die
zwangsweise Einführung der allgemeinen religionslosen Staats-
schule fordert. Vellmar erhebt allerdings anfg^rund des Freilu its-
prinzips Widerspruch dagegen. Aufserdeni decken sich die l-'or-
derungen der Sozialdemokraten vielfach mit dem Programm der
Liberalen. \'o\i einem Punkte des s< i/i;ddemokratischen riou raTums
können wir aber besontlers lernen. un<.l dessen Aus! liluung wünle
der Gesellschaft wichtige Dienste leisten, es ist die Forderung
der obligatorischen Fortbildungsschule bis zum r8. Lebensjahre
Redner begründet die Nolw mdigkeit einer Fürsorge für diese
luitwicklungszeit eingehend. Heutzutage lasse man alles laufen
und wundere sich schliefslich. wenn die Jugend der Sozialdemo-
kratie anheimfalle. Der Staat ist rein mit Blindheit geschingen.
l\r konnte viel Geld sparen, würde er den Hebel an der recliten
Stelle einsetzen.
Alle Parteien haben Kinseitigkeiten. Wir müssen aufserhalb
der politischen Parteien den Versuch zu einer rechten Schulver-
fassung machen. Den Weg zum Frieden zeigt die unabhängige
Pädagogik, Die Sache ist schwierig : mag die Kritik ihres AnUes
walten. Vor allem müssen wir ksthalten. dafs vier Faktoren nn
der Gestaltung des Hikiung.skl >en> beteiligt sind, von ileiien wir
keinen ans.schliefsen, von denen al)er auch keiner die Überlierrschaft
allein führen darf. Das sind die Familie, die bürgerliche Gemeinde,
die Kirche tmd der Staat. Bisher haben sich nur die beiden letzteren
um die Schulherrschaft gestritten. Nur wo die Rechte der vier
Faktoren anerkannt werden, kommen wir zu einer freien und
frie<llichen Schulverfassung. PN imi fs tnehr betont werden, dafs
zunächst die Familie das iir>])iünglichste und natürlicliste An-
recht in Sachen der Jugendbildung hat. Die bureaukratische Be-
vormundung darf die Familienrechte nicht antasten. Das Familien •
priiizip muh die Grundlage der Schul Verfassung sein. Nichts
verträgt so wenig die Erstarrung und den Zwang als die Kr-
ziehung und die Schule. Wer Leben will, nuifs F'reiheit lassen.
Dafs es an solchem fri.schen. freien Leben oft fehlt, hat vielfach
die Pnrcnukrntie verschuldet. Genossenschaften von P'amilieii
iMldeü (. ine Sehnlgemeinde. welclu: sich auf Gewissens», ini^keit
und gemeinsame LebeUhan^ehauung der Gemeindegli'.tler gründet. ■
Ks dürfen also ebensowohl Konfessionsschulen, als Simultan -
und Dissideiitenschulen gegründet werden. Der Staat niufs alle
als öffentliche Schulen anerkennen. Danel>en mufs auch einzelnen
Personell, h'amilien mul P^nniliengenossenschaftcn, soweit sie sich
Über ihre Krzieliungsgrundsätzc genügend ausweisen können, die
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Dl4> flrhal» auf dnii VII. EvjiHcelitch-iMiitlalra Konfrrf».
Krrichtung von Privatschulen unter staatlicher Aufsicht erlaubt
sein. Sämtliche Schulgetncinden erhalten das Recht der Selhst-
vcrwaltung. Die Kirche verzichtet auf jedes Redit, doch kann
sie durch ihre X'ertreter in den vSchulvertretntii^'^en aul die Pflege
un<l ICntwikhmg der vSchulen Ivinflufs ^cuiiiuen. Nach innen
erhellt sich also die Schule auf dem Boden der religiösen Oe-
nicinschaft. nach aufsen auf dem Boden der bürgerlichen Gemeinde
und des Staates. Der Staat führt die Oberaufsicht; er läfst durch
pädagogisch geschulte Organe die Fachaufsicht führen. Pjne
völlige Verstaatlichung der gesaniten Schul Verfassung wurde alle
freie Heweguntr inul damit alles walirhafte T.ehen unterdriicken.
Die rechte Schuh erfassung niufs sich auf den Prinzipien der
Gewissensfreiheit und Selbstverwaltung aufhauen: sie allein ist
wahrhaft volkstümlich, gerecht, freiheitlich, echt evangelisch.
Der Vortrag war des öfteren von Beifall unterbrochen. Be-
sonders lebhaftes Kcho hatte die scharfe Kritik an der konser-
vativen Partei gefrivUn: auch die Forderung, dafs vSchule und
Kirche als zwei ideale I'aktoren im X'olkslehen Hand in Hand
gehen sollen, sowie die Forderung, daf< man doch endlich die
W'iiuM he der Lehrerscliaft anerkennen müsse, waren mit wartner
Zustimmung begrüfst worden. Am Schlu.sse erhob sicii langan-
haltender Beifall.
Zum Worte hatte sich zunächst Pastor Kbert aus Ham-
burg gemeldet; er schlug die Brückv xoni Hamburger Lehrer-
tag zum evangelisch -sozialen Kongrefs. Fr er/.ahlt von den Ver-
sannnhnrgen dort und von der Stimmung der Fehrtr. In Ham-
burg sterbt ti die Privatschuleii t rtrculichi rweise aus. Jü>rluittert
Imbe ihn eine X'ersannnlung. in der Professor Lelimann-Holien-
Ijcrg sprach : bei verschiedenen Parteien hat die Lehrerschaft
Anschhtfs gesucht» überall wurde sie enttäuscht Nun wissen
die Lehrer nicht mehr wohin. (Sehr richtig!) Viele Lehrer sind
dem Ivgidyschen »Volksbund beigetreten. Das ist eine gluck-
liche P'ntwicklnng : es ist eine \'orstufe zinn evangelisch-sozialen
Kf>ngrefs. Betrübt hat midi der kirchenti iiidliche Ton bei an-
deren \'»(rträgen: ich glaubi . d ii iu ist die Kirolie und sind dii-
Geistlichen vielfach .selbst sclnild. (Sehr richtig :) Jn den Släilleu
ist die geistliche Schulaufsicht zw Knde, auf dem Lande niuls
man für eine iK'ssere pädagogische Bildung der Pastoren sorgen.
Personen haben die Abneigtnig gegen die Kirche verschuldet.
^fan nnifs sich Itesser verstehen lernen. Schmerzlich berührt hat
nn'cli der \\'iderspruch gegen das f>ogma. (Bei nalu-ren Ans-
fnhrnngen nlier die Bedeutung des Dogmas unterlnicht ihn die
X'ersannninng durch Widerspracii und Schlufsrufe.) Sehr s>ni-
pathisch war mir ein Vertrag über Pestalozzi, in diesen» \'ater
der Verlassenen sollen sich Lehrer und Geistliche wieder finden.
Der Lehrerstand hat eine grofse Zukunft! (Beifall.)
28*
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Referent Prof. Dr. Rein: Die Lokalschulaulsiclil ninfsauch
auf dem Lande fallen. Für eine pädagogische Aushildunj; hat
der Geistliche bei dem gegenwärtigen Stande der pfulaj^ogischen
Wissenschaft keine Zeit übrig. Die technische Seite des Schul-
bctriehs kami nur der Pachaiifsicht unterstehen. Nicht Aufsichls-
l)eanite braucht der Lehrer, sondern Leute, die ilin /.u fördern
wissen. (Lebhaftes Hrn\ o') Ik-zügiich dc^ Df>gnias haiuU-lt sieh
dannn, dafs (lassi. il )l' nirlit ül)cj>.cliatzt weide. In die \ olk^s«. hule
gehört der l-nteniclil in dur biblischen Geschicliie, das Syste-
matische, der Katechismus gehört in den Konfimiandenunter-
rieht. Das wird nach beiden Seiten fruchtbar sein. (Beifall.)
Nun spricht Pfarrer Schäfer aus Spcrbach in der
Rhein])fal/. der Vorsitzende der pfälzischen Arbeitervereine; er
stellt sich klar und fest auf den I^ntUii der Forderungen des
Lehrerstaiuk N ; Mir erscheint es als Pflicht, <1nfs der (Teistlidie
auf das Aufsichtsrecht verzichtet, weil die Sclndc ein zu wich-
tiger Faktor im Volksleben ist. als dafs die Aufsicht Über die-
selbe von ihm im Nebenamt versehen werde. Uus Geistlichen
fehlt es dazu an Zeit und Vorbildung. Dem Lehrerstand gebührt
das Recht auf Fachaufsicht. Wir treten bei den Gewerkschaften
der Arbeiter ein für die Selbstverwaltung. Warum sollen wir
es nicht bei dem T.i lirci thuti ' Wir müssen es tlitni. damit
Friede einziehe zwim^Ikii ('.ci.-^llichen und Lehrern. Wir sind
zu gemeinsamer sozialer Arl)eit berufen. In der Pfalz stehen
die Lehrer uns mifstrauisch gegenüber, bahnen wir dem Lehrer
den Weg zur sozialen Bewegung. (Beifall.)
von Gerlach, Redakteur des Volk* in Berlin, Organ
der Christlich-Sozialen 'i]! - rer Richtung: Ich bin mit dem
Herrn Referenten f^TutKUal/lich i in\erstanden. Wir Christlicli-
So/ialen stehen im schärtsU-u Ocgcnsatz zu <lLn K< )n^er\-ntiveu.
Doch hat er sie in manchen Dingen zu schart angepackt, die
Liberalen hat er zu milde behandelt Die nationalliberalen
Bürgermeister und freisinnigen Stadtverordneten lassen auch viel
zu wünschen übrig. In Berlin haben sie den Lehrern den Kin-
tritt in die städtische Schul de] nitation verweigert. Die liberalen
Herren haben auch gegen die Kommission.sberatung des Lehrer-
be.soldungsge.setzes inr Herrenhause gestimmt. Um des städtischen
Steuersnckels willen haben sie mit den Ktiu^ervativen die .\uf-
bes.serung verweigert und la.ssen die Lelirer in ilirer verzweifelten
Lage. Wir Christlich-Sozialen wollen das nicht Wir fordern
nach dem Eisenacher Progrannn auch die Pachaufsicht Das
entspricht der .-Xusirlit sehr vieler Geistlicher. Die Verquickung
von Kirche und Schule schadet mehr, als sie nützt. Lehrer
und Geistliche müssen sicli als gleichbereclUii^le Pt r^onrn L'e<»en-
überstehen. l'ür das Reste halte ich die \<>llige Tvtnniiii-; von
Staat und Kirche und daher auch von Sclmle und Kirclie, wie
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Die f^hnle nuf dm vil. BTiin;cU»ch-»oj!l«l«n Komcref». ^29
es sich iu cin/clncii Kantonen in der Schweiz lx;wnhrt hat und
womit 5^rrn<U- die kirchlichsten Kreise nm meisteTi /nfrieden sind.
Wir fordern auch die I'ünlicU^^ohnk-, wie sie T5;i\ern liat. Der
Satz, die Schule müsse die Su/,iaklemokralie bekämpfe 1, ist
jiTundfalsch ; das kann sie nicht, das darf sie nicht Al>er das
dürfen wir fordern: die Schule soll sozial sein. (Beifall.)
Auf zur Kednerbühne steigt nun Lehrer Közle von
Cannstatt Aher er spricht nur einij^e Sätze. Kr will die
Stellunt^ (K s I)oj;mas in der Schule verteidij^en I Man ruft
vSchlufs, und als er weiter >i)rechen will, widerspricht die Ver-
sannnluni^ ^anz enl.scliie<len. Der Vorsil/eiide, Pfarrer Saiid-
l)erger: >lvs ist der ausgesprochene Wille der gan/.en Versanun-
lunj^, dats über diesen Punkt hier nicht verhandelt wird«.
Pfarrer Kscnwein aus Langenbcutingen in Württeml)crg:
Die LehrcrtiesoUlungsfrage i^i <.ine soziale Frage ersten Ranges.
I{s ist K'»"^ n ; verantwortlich, die Lüsunj^ dieser Frage immer
wieder auf die lami^e ]?nnk zu schiel>iii. Iiier mufs endlich
einmal >^eholfen werden. Wenn wir rnetilgeltlichkeit des rnler-
richls fordern, so gilt das nur den Wdkssclmlen. liei den
höheren Schulen müssen wir vom evangelisch-sozialen Stand-
punkt dagegen sein. Steiterkräftige Schultern müssen auch
grofserc Lasten tragen. Aufstrebenden Kräften aus unbemittelten
Klassen müsse Unterstützung zu teil werden. Die Kinheits-
schule müsse die Schule der Zukunft sein als eine Folge der
sozialen Kntwickelung. Der wachsende soziale rki^i wird sich
seinen Korper hauen. Man kann die Sclude tiiclil ]>lni/Iich
durch Ge.^elz schüilen; sie wird später einmal einem allgemeinen
Bedürfnis entspringen. Die höheren Schuleti bedü-fen einer
gründlichen Reform: dieselt>en kranken an einem ästhetisch -
aristokratischen, also antisozialen Charakter, entsprechend dem
kl i< rsrlu n Zitat: Mirh ekelt vor dem elenden Pöbel . Ich
l>in ki in llarlKir. der die < 'rntterhilder zcrschmeifsen will, al>er
ich haltr hn eine dringende Aufgabe, dafs jenen Schülern,
die zu tU n lieherrschenden Kla*^.-.en gehören, der evangelisch -
soziale Geist kräftig eingepflanzt werde. Das wird nuui aber
nicht erreichen durch Vermehrung der Religionsstundcn, sondern
durch pädagogische Ausbildung der Philologen. Noch wartet man
auf die Krrichtung von Lehrsiü'iUii der Pädagogik an den Iloch-
^olnilcTt Die evangelische Pädagogik möge den rechten Geist
bringen. (Lebhafter lieifall.)
Redakteur vSchrempf in Stuttgart stellt -^icli als ehe-
maliger Lehrer und jetziges .Mitglied der konservativen Fraktion
des Württembergischen Landtags vor: Mir .scheint, dafs der
Herr Referent zur konservativen Partei nicht gehört Rr hat
die Verhältnisse östlich der Flbe im Auge. Wir süddeutschen
Konservativen teilen diese Anschauungen durchaus nicht Unser
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430
-w.
Ideal ist. flnfs «lie Schule nii<l tlic Kirrltc fUm \'<>lkc tlieiicn.
\Ve<lcr Kinlu jiocii Solnilc solkti licn.sclicu. \"ulk»clHile !itl
V'ülk.sscliullchicrbildmi}; kranken an l'berfüllung mit Facheni
und I^etirstoff. Wir verlangen eine vertiefte Bildiiii};:. Das ist
gut konservativ. Wir wollen eine gute Schule und sind durch-
aus Ichrfreundlich. Wir lialjen auch kürzlich im Kandla.i;
selbständige fachmännische vSchulbehörden geschaffen. Mii den
Forderungen des Herrn Refe renten bin ich ganz /ulrieden. Ich
habe mir gleich auf die Iveilsät/e die Xotiz gemaclit : Sehr
vernünftig!' Die Familie ist der Hanpliaktor in der Schul-
verfassung, danmi verlangen wir auch die Konfessionsschule.
Für alle Parteien ist die Schule ein wertvoller Besitz. Möge
sie allen nicht der Zankapfel, soudeni der Augapfel sein. (Boirall.)
Pfxirrer Xaumann aus Frankf\irt am Main wird, als er
zur Redneiltuhne geht, mit Ihavo und Händckl it-^chen beuill-
kntnmt. drückt zunächst -eine Ik friedigung aus, dnf-^ Herr
Retlakleiir Schretnpf eine so ^rliarfe Cirenze zwischen den nord-
und süddeutschen Kon>eivaliveü gezogen habe, und führt dann
in der Hauptsache fcdgendes aus: Ks ist ein altes Wort: Der
preufsische Lehrer hat die Schlacht von Königgrätz gewonnen. .
Das wurde schon hinreichend kritisiert und zwar mit Recht
Mehr aber als auf dieser Art von Srlilachlfehlern hängt bei den
Känipfcn auf wirtschnftlichein (iebiet die I.ösung ntreudlicher
Schwierigkeiten von (kr Schule ab. ICs kommt hier \i\l ;inf
die geistige und sittliche Leistungskraft eines Volkes an. WOlkn
wir Deutsche eintreten in den Wettkampf der Völker, so brauchen
wir eine möglichst grofse Zahl denkender Menschen. Darum
müssen wir die Schule zu einein noch viel wirksameren Faktor
machen, als sie heute ist Hier ist der Punkt, wo die soziale
Frage mit der Schule zusammenhängt. Das zeigt sich bei der
deutschen Arheiterbew emuig. Dieselbe hat bis jetzt noch wenig
greifbare lüfolge aufzuweisen. Das hängt damit /u^-ritninen.
dafs in der grofsen Zahl von Arbeitern eine so geringe Zahl
von Köpfen ist, die selbständig denken und die geistige Führung
üliemehmen können. Ks ist darum ganz natürlich, dafs die
Albeiter alle Hände ausstrecken nach einer tüchtigen Schul-
bildung. Bildung hilft zu einem ganz anderen Auftreten. Bildung
hilft zur Beschleunigung einer l)esseren Zeit. Darum mü.'isen
wir Chrisliich-Soziale für die Srinile mit aller Lebhaftigkeit
eintreten. Wir begreifen aucli, dal.s die deutsche Lehrersch.il L
Sympathien hat mit der deutschen Arbeiterbewegung, weil der
Lehrenstand ein kämpfender, aufwärts strebender Stand ist
Während die Geistlichen im ganzen in annehmbaren Verhält-
nissen leben, müssen die Lehrer erst noch gewinnen und er-
kämpfen, sowohl nn Achtung für ihren Stand niid sozialer
Stellung als an uialerieller Verbesserung ihrer Lage, und kämpfende
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45»
Trni'iKii -^Mlll i\n iiinuor iniuiiuuultr. Der T.direrstand
hat tlai iuii auch \ icl mehr W-rsUiiulnis für die so/ialcii Kämpfe
Jer Gejijeiuvart als andere Stände. Ich zweifle darum nicht,
dars die Zeit kommen wird, wo die grofse Zahl der Lehrer mit
der Bewegiinji^ der Volksmassen sich znsammenschliefsen wird.
Alw auf welcher Grundlage? Die I^ehrer werden sich nicht
auf eine WMtauschauunj; stutzen können, die auf materialistisclier
Cirundlai^i ruht. I>a> köniUMi ^ie nicht, weil ^ie Pnda^o^;cn sind,
nie Pädag(>);ik verlan-l eine Ivinwirkuu)^ auf (iemül und Wille
des Menschen. Der Malerialismus sagt, der Mensch sei ledig-
lich dn Produkt äufserer Verhältnisse. Dem gegenüber mufs
der I^ehrer festhalten an der Verantwortlichkeit des sittlichen
Menschen. I^r mufs mit seiner .\rbeit herantreten an die lebendige,
bildsame Seele. Ivr würde .«»ein Amt erniedrigen, wollte er die
materialistische Wcllanschauunir :il^ die rechte anerkennen.
Wrh-be andere Grundla>;e <les Sn/.ialistnu> innls al.so iier Lehrer
sucluu ? ( iCK'-i'^värtijj; ist eine Kluft vorhandcu zwi.schen Lehrer-
schaft und Kirche. Auf der Hamburger Lehrerversanmdung
wurden jene Stellen mit stilmiischcm Beifall begrfifst, die eine
Abneigung gegen die Kirche kundgaben. Merkwurdigerwei.se
wird a1)er innner wieder betont, dats die I«ehrer den Religions-
unterricht um keinen Preis aufgeben wollen. Hier lieKen die
Wibindnni^slinien, die zusannneiifiihrt.ii können, was (hirch per-
.^oüiiciie SchuUl und die I^nt^\ i<. kliiiii4 der i^in^e sicli Ireniieii
mufste. So ist es .selbstverständlich, dafs die geistliche Schul-
aufsicht fallen mufs. Das ist eine fast allgemein anerkannte
Forderung. Ks ist nur verwunderlich, dafs sie in vorgeschrittenen
Ländern noch nicht verwirklicht wurde. I{in anderes aber mufs
in der Schule bleiben lebendig und grofs, die eine Person: Jesus
Christus. }'.r ist der grofse Mittelpunkt de^ Cliristeiitnnis, er
ist auch ih\< grofse ewige \ orbild der Pädagogik. liier findet
<lie dealsehe Sciinle ihre Kraft, ihre innere Frische und Freudig-
keit, um wahrhaft zu werden, was sie sein soll: eine ch istliche
Schule. Wenn die deutsche Lehrerschaft das will, dann werden
alle, die ernsthaft eintreten für das Wohl des Volkes, sich als
Mitkämpfer und Brüder fühlen. (Langanhaltender stürmischer
Beifall.)
.^tadti)farrer Tr anb von Stnttu:art, der X'erbnndsvor-
silzende der evangelisehen .Arbeitervereine \Vürtteml)ergs. drütkt
zunächst .seine Verwunderung aus, dafs in der Pfalz die Lehrer
von sozialer Mitarlicit sich fenilialteu und benchtet, dafs in
Württemberg sich gerade die evangelischen Lehrer l)ei sozialen
Veranstaltungen z. B. in Arbeiter\'ereincn genie l>eteiligen und
sagt weiter: Wir Pfarrer \ nid Lehrer gehören zusammen. Darum
ist dringend nötig, dafs alles ans dem Wege ger:nnnt wird, was
einer genjciusameu Arbeit au un.sereni \'olkc hinderlich ist, es
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-bl.
iiiuls die ucislliclK- Schulaiifsiclit fallen. Dm Ii \v[/A --ch«ui wollen
wir uns näher treten und Hand in Hainl •^elicn, I'tarrer uml
Lehrer, ein Volk, eine Kirche, eine Schule, christlich und sozial.
Das walte Gott! (Lebhafter Beifall.)
Nachdem noch Gymnasialrektor Dr. K«:elhaaf von Stutt-
gart gej^enüher der Herausforderung des Herrn Pfarrers Ksen-
wein (las höliere Schnhvcscn verleidigt hatte, ergriff der Referent.
Herr l'rofcssor Dr. Rein das Wort zur Schlnfsrede. l{r hegrüfste
die gl. sinnuni^sverwandu n Ausffdirungen eiiu s si'iiUKiit>chen Kon-
servativen und sagte dann: Im ganzen sintl die \ crhandlungen
recht erfreulich. Bs ergab sich eine grofse Übereinstimmung in
den wesentlichen Forderungen des Lehrerstandes. Ich kann nur
den einen Wunsch anschliefsen : Möge von diesen Gedanken
etwas hinüberdringen in die Kreise, denen es nu")glich ist, in
die Wirklichkeit überzugreifen, damit unscn Worte in Thaten
umgesetzt werden. (Lebhafter lieifall und ZiisiinminnL;.)
Durch den Vorsit/enden befragt, gab dann ilie Wrsanini-
lung iiireni grund.säl/.lielien Ivinverständnis mit den piidagogi.'iclien
Anschauungen des Herrn Referenten einmütigen Ausdruck.
Ks safs ein Friedensengel freundlich lächelnd neben dem
Rednerpult, als die Geistlichen so schwertscharf für das Wohl
der deutschen \''olksschule und für das gute Recht der Volks-
<cbn11ehrer eintraten. Dnini breitete dtr ICngel seine vSchwingeu
und hub an den Klug durchs deutsche \*aterl;ind. Möge er Ver-
söhtuing tragen in Stadt und Land, l'nser von inneren Kämjifen
zerris.scncs Vaterland braucht Leute, die als lebendige Kräfte
der Nation die idealen Mächte im Volksleben erhalttn und stärken ^
helfen. Solche Helfer können und sollen die Geistlichen und die
Lehrer sein. Als Mitkämpfer und Brüder sollen sie sich fühlen.
Da müs.sen die feindlichen Brüder endlich Friede .'ichliefsen.
Doch Friede kann nur die Freiheit bringen' Möge der Ivvan
gelisch-Süziale Kmi Irrels tin NL\rkstein sein ju der Geschichte
der lA'hrerbefreiung, ein FVicdcn.sdenkmal in unserem deutschen
Volke !
Würzburg. —hl.
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Die „Neuen Bahnen** auf der
Anklagebank.
L
Zum ersten Male seit ihrem bald siebenjährigen Bestehen
haben die .Neuen Balineti in <licsLn Wochen auf der Anklage-
bank gesessen. Freilich sijul sie nicht von einem deutschen
Staatsanwälte zur Vernntwortuni^ .i;e/.()t;en : ihr Anklaj^er war
der ö-;ierreirliisclie Schuhnann Herr Jordan in Wien, Redak-
teur iler Osterr. Scfml/eituni; .
Und welciies \'crgehcns be/.iehlcl ni.iu uii>tre Zeil>clii ift ?
Hören wir den Anklapfer selber!
Dr. I'ricd! ich 1) i 1 1 e s war noch iiichl hcijralKn mul schon hat
iraii seinen Namen «gesell. äfthcli ansjjenntzt. Wir wissen aus (km
ptrs()nhclien X'erkehr mit dein \ erstorhenen. «lafs es si^iti Wunsch
wiT, das Pädagogium., die von ihm geleitete Zeitschrift, seine
wichtip^ste, in der letzten Zeit einzige Waffe in dem Kampfe, den er
ja bis /um ktztiii Atcm/uir mit aller IlncrLric trckämpft. mö.L:\- mit
ilini zugleich zu ileu Toten gehen ; niemand solle es weiterführen,
tiieniand das Werk unter diesem Namen fortsetzen. Dafs nun die
l'ii ni i I\ 1 i n k h a r d t die Adressen der 1* ä d a g og i u m sahn e h m e r
verkauft hat. hat uns peinlich berührt: dnfs aber der Redakteur der
Neuen Hahnen für sein Blatt den Titel i'ädagogium —
sagen wir wählt, das finden wir einfach brutal! Mit dem Namen
<1 es jüngst verstoi Ir lu 11, hochverehrten Pädagogen auf den Abonnen-
tenfang anszngeheJi, .uigesichts der allseitigen Trauer über den Hin-
gang (ks gefeierten (klehrten das nackte Geschäftsinteresse hervor-
kehren, das kÖTimn wir riucm I'uchliäudItT nicht ver/A-iluTi. wieviel
weniger daher einem J.,ehrer, dem Redakteur der Neuen liahnen .
Wir hoffen, die deutsche I,ehrerschaft werde auf dieses Unterfangen
in der einzig richtigen Weise reagieren, und wir stellen zur Ikur-
teilung des I'.illes ff>lgende Thatsachen fest: ii die Monatsschrift
rädagogium ist nicht aus Mangel an Abonnenten eingegangen,
wie Frisch im österr. Sclnill»(»ten. angibt. 2) Dittes schfofs das
rädagogium ab. als er nicht mehr selber re<b'gieren ktmnte. und
hatte weder die Absicht noch den Wunsch, die Monatsschrift
durch einen anderen Redakteur fortführen zu las.sen. 3) Dittes
U'hnte ganz ausdrücklich und rutschieden auch <ku Wunsch
des Verlai^sbuchhändl ers, den laufenden Jahrgang (^das 2. Halb-
jahr unter einer anderen Redaktion oder nominell unter der alten
^■^4 Johann»'«' Moyrt,
RciUikliuit vt)llcntlcn /.u la.sscn. ah. 4/ Dittcs halle keine Kennt-
nis von dtT Abmachung; der VerlaKsbuchhandlun^^ mit «Ion Neuen
Hahnen . 5) Die Annalinie <les 'I'ilels l'äd aj^o^f i nni seitii. l r
der Neuen liahnen ist ehcn n\ir ans j^eschäftlichen ('•rtin<len cr-
foljjt und dem Veilejier wäre es nnter andern rniständen siclierlicii
jjlelch^iiiltiff, ob den früheren AUmncntcn des 'PädagOf^ium dieser
Titel liebgewortlen^ ist (»(ler nicht. J.
So zu leseii iii der vösterreicliischen Schiil/.dtiiii}? - !
liehen wir aus dieser Atiklacfc die Punkte heraus, die uns
angehen, so erj^iebt sich I"ol<;en(ies :
r. Redakteur uiul \ erle^er der Xeiien Hahnen sin»l «iurch
Aufnahme des Neheutitels . rrulai;<i>;inni auf den Ahonueulen-
fati}? ausgegangen^ ; sie haben >das nackte Geschäftsinteresse
hervorgekehrt* .
2. I'!rsc1i\\ eiriid tiitt hinzu, dafs sie dies jrethan haben -an»
gesieh ts der allseitigen Trauer üIkt den Hingang des gefeierten
Gelehrten .
Auf Grund dieser Ank1:igc])unkte wird der Antrag gestellt :
Wir hoffen, die tUul^che Lehrerschaft winl auf dieses
Unterfangen in der einzig richligen Weise reagieren , d. Ii. sie
wird hoffentlich ein solches Blatt schleunigst vom Leben zum
Tode befördcni.
Tin diesen Angriff möglichst wirkungsvoll zu gestalten,
und ilim eine weite Verbreitung zu verschaffen, ga)j sicli die
Oslerr. Schul/.tg; die Mühe, Abzüge davon verschiedenen
SchnlMiillern wie vielen und welchen, weifs ich nicht
/n -eiulen. \'on den mir /ngfini^diclien lilättern es sind
ungetcdir 40 haben nur vier Herrn J. den Cicfallen gethan,
den Angriff abzudrucken. Da ich die lÖsterr. Schul zeitung*
nicht lese, mir aT)er bezeichnender Weise der Angriff nicht zu-
gesandt war, so erhielt ich erst ans den deutschen Schulzeitungen
Kenntnis von seinem Dasein.
Xuu sind die N. H. noch reiclilich jung, um so ohne
weiteres auf dvn Antrag eines Herrn J. liiii von der HihUläcIie
zu w r^ehwiiKk n. !vs ist darnm w ohl ^elb^U i. v-tändlich, dafs sie
sich zur \\ ein setzten, um ihr junges Leben möglichst zu retten.
Da ich weder Namen noch Adresse des Redaktenrs der ^Ostcrr.
Schulztg.« kannte« so sandte ich zunächst den deutschen Schtil-
blättern, welche den Angriff aufgenommen hatten, die folgende
Abwehr:
.\uf den nnter der f herschrift: .Pietätvolle (ieschäftsleute ver-
tiffentlichu II Angriff sehe ich mich gezwungen, l-olirt luh s « rwidein
i| Wie aus dem Mai-UeÜe der Neuen Bahnen Ueutlicii zu er-
sehen ist, ist der Nebentitel : Padagoginm schon zn Lebzeiten
Dr. Diltes für die N. H. anfuetioinnien, aber erst, nachdem nach
lanjjehen <les Päd. der j,^rt"ilsle 'l'eil der bisherigen I-ieunde dieses
hervurragentlen lilattcs sich als Leser der N. I), eingefnnden halte,
und meinerseits n u r zu dem Zwecke, um auch äufserlich kund zu
IHr «Xra^ Buliwii'' mir der AnklUfebAiilr.
;,a1)rn, (lafs (lit.- N H. sicli IhiuüIku wünltii. den frühcitii lASi-rn
des Pi'ul. ihr bislK-njiis Oryati niöj;liclist /u crscl/.«.ti . Nacli Dr.
Dtttrs' TMtK' ist voll suitt'ti der X. H. iiiilits weiltr trisflitlun.
als dafs ich L-iiicn pietätvolle!! Nachnif jjehraclit hahc (Jiiüi lieft.
S. II. 320;. i)ciuiiuch charakterisieren sich «lit V orwürfe des Herrn
J.. dafs ich mit dem Xamcti des jütijrst verstorbenen hochverehrten
I'äda.i:(>j::eii auf den Ahoiinenteiifanu: aiis};e;jfaiii;eii. anj;esichls di r all
seilijjen Trauer über den ffin^an«» des y^ef eierten ticlchrten das nackte
(ie.schäftsinteresse hervoi^t^kehit- hal)e. als Unwahrheiten. Da
die Thatsadieii für jeden offen zu Ta^a lie;;en, so kann ich Herrn J.
den Vf>r\vttrf nicht ersparen, dafs er höchst leichtfertig vorge-
ganj^eii ist.
2) X iiii den Absichten nnil Wünschen Dr. Dittes', ilie Herr J.
auf Cirund .seiner persönlichen lU k.mTitsc liaft mit dvm X'erstorlu ni n
fesLslelll, habe ich erst durcli die -Mitteilung des Herrn J. erfahren.
Dafs ich dämm pietätlos gehandelt haljc, weil ich nnter den obwalten-
den rnistanden einen den früheren I.esern des Päd. lieb ijewordenen
Titel als Nelientitel aufj^enununen habe, bestreite ich auch heute
noch jfanz entschieden. In dieser Ansicht werde ich dn<lurch bestärkt,
dafjt ich hinsichtlich dieser Änderung wohl bei.siinn le Zuschriften
erhalten habe, dals aber nur eitle ^-ei^'ititriliire Ansicht ^rennfsul ist,
obwohl gerade in den letzten Wochen /.uischen einer Anzahl von
Freunden der N. B.^ und mir ein rejrer Meinnnjjsaitstausch über die
wciti rc .\nsi:t-;ta1ttm;_: di r X. H. statt^^efunden lial. zu einer solchen
Keinerkuni; als») reichlich Gelegenheit gegeben war.
5) Aber selbst, wenn Herr J. der Ansicht war, dafs er mir aus
der Annahme des Xebenl'itels eineii \'orwurf machen durfte, so über-
steigt doch die beleidigende Aufserung: -dafs der Redakteur
der X. B. für sein RIatt den Titel !*/iilagogium — sagen wir
wählt, das finden wir einfach brutal . das Mars jeglicher berechtij^tcn
Kritik. Mine solche Kampit swcise richtet si< h ^i llist
Im übrigen tlarf ich einen Angriff, der sich aiu l 11 w.i h i Ii ei teil
aufbaut und vor ]» e rsö n 1 i c h e n He 1 e i d i gu n g e 11 nu ht zurück-
schreckt, in aller KuIk- der Heurteilung der dentsoluti Lehrerwelt
überlasseil er wird weder mir, noch den Xeueu Jkihncn schaden.
C releid, den 25. Juni iSyO.
Jolian nes Meyer.
Herausgeber der Neuen Hahnen-.
Inzwisclien liatte ich auf inaiiclierlei T'ni wegen Namen und
A<liesse des Kedakkins der O-^terr. Scliul/lg. erfahren und
sandte ihm nun sofort dieselbe .Vbwehr, nur mit den Aiulerungeii,
dals ich den ersten Sat/. tiiiter Xo. i der Abwehr also falste:
Wie aus dein Mai-Hefte der X. B. zu crseiicn ist, ist <ler
Xebentitel ^ Pädagogium* von den >N. B.* erst aufgcuoninicn,
nachdem etc.«, also die Worte > schon zu Lebzeiten Dlttes*<^
strich, «nd dafs ich ebenso unter No. 2 den ganzen Satz: »In
dieser Ansicht werde ich etc,'. fortHefs. Beide Änderungen, auf
den Rat eines Kreundes vorgenoninitn, erfolgten in der Absicht,
die Abwehr so kiia])p als möglich zu fassen: die Worte '^chf»n
zu T.eh/citeii Dr. Dittes waren üherflüssij!^. weil der spätere
Satz: Xach Dr. Dittes' Tode etc. dasselbe sagte, und der
unter No. 2 gestrichene Satz gehörte, streng genommen, nicht
zur Sache.
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436
Anstatt die Al>\vclir, wie es seine moralische Pflielil i;e\vesc n
wäre, seinen Lesern in der nächsten Nnnuner zur Kenntnis /.n
l)rint;en. l)eehrte mich Herr J. bald darauf mit einem Briefe, der
für den Schreiher so charakteristiscli ist, tlafs icli ihn hier zum
Abdruck bringen mnfs. Meine Bemerkungen lieschränke ich auf
das Notwendigste und füge sie, um Wiederholungen zu vermei-
den und Raum zu sparen, direkt den iMitr. Sätzen bei.
Herr J. schrieb mir also;
Wien, S. Juh iSyO.
Iv u e r \\\ )1 1 1 gebo ren !
Ihre lierichtigimg ist ja
länj^t durch tinseren zweiten
Angriff ühcrliolt, in welchem
die Beweiüe datür cihracht
werden, dafs Sie u. Uelnvnd
den Titel Tädagoginm
') ]is ist eine bodenlose lif lKiiii>lung,
dafs ich trotz meines Vers j) reo '." c n s
den Tit^l r.ul aiifgenonnncn Ii tl" ich
habe nichts versprochen I Also wieder
eine leichtfertiff ausgesprochene
Unwahrheit! Hinsichtlich des \'er
Sprechens <les Herrn liehrend vgl. dessen
unten erfolgende Erklärung.
) l ür jeden, der lesen kann und will,
habe ich unter Nr. i meiner Abwehr
In.l/ nnr< Versprechens als fcstge-stcllt:
Nebenliul für die N. B.
aufgenoUMuen haben.') Zu-
<letn ist Ihv \"(»i\\iiif. dals
unsere Anklagen uut Un-
wahrheit beruhen , ganz
eigenartiger Natur: Wir
sagen. Sie haben nach dem
Tode Dilles dessen Namen
geschäftlich ; m cl leutet ,
und Sie sagen, dals Sie das
schon bei Lebzeiten «les-
.selbeii gethan.-t Weil Ihre
N. B. erst nach dem Tode
Dilles bei uns erschienen
.sind, zeihen Sie un.s der Un-
wahrheit! ? Ob es bmt.a
ist, was Sie gcllian, i.st doch
eine reine Gefühlssache ;
wenn Sie es zartsinnij^
nennen, kann ich nichts fla-
gegen haben ; wir nennen
e.H hier brutal, wenn man
gtgen Männer wie Dittes
in .solcher Weise handelt,
wie es Vcrlepcr und Heraus-
jjeber der N. b. getlian.^
hehll ihnen das VcrsLänd-
a) dafs ich überhaupt nicht den
Namen Dittes geschäftlich ans;.;e
beutet habe (vgl. ilie Sätze: aber
erst usw. und; meinerseits nur zu
dem Zweck etc.«},
b| dafs ich es also auch nicht, was
Herr J. in besonderer sittlicher hint-
rnstung hervorhob, angesichts der
allseitigen Trauer um den Hingang
des allseilig gefeierten Gelehrten ge-
than habe.
Und nun vergleiche man nochmals den
SaU des Herrn J. J;r enthält demnach
eine völlige Entstellung meiner
Worte, die um so schwerer wieijt. als.
wie ich schon oben gesagt, thi Worte
bei Lebzeiten Dittes in der Herrn J.
zugestellten Abwehr gestrichen sind,
rin Miisverständnis also gänzlich au.<«ge-
Mchlo.ssen war."
') Nicht blofs deshalb, wie ich so
eben festgestellt habe. Aber auch der Vor-
wurf, dt :i Ihn I, mit iliesem Salze hat zu-
rückweisen wollen, ist durchaus berechtigt.
Bei nur wenigem Nachdenken konnte Herr
J. als Redakteur wissen, dafsdas M ai Heft
meiner Monalsschrift unmöglich nach
nis für unser Gefühl, s« Dittes' Tode die Änderung vorgenommen
haben Sie noch immer nicht haben konnte. Aber er brauchte g.ir nicht
<las Recht, unsere Kampfes- nach/udenkeu : es war nichts weitet nötig,
weise zu tadeln. Uoben als tlais er sich \ or seinem Angriff nur
konnten wir Sie doch nicht, etwas orientierte ; auf dem dem Mai-Hefte
un<l Sie wür'len sicherlich vorgekbM' n P.latt» , d.)s <1icse Änderung
jede tadelnde Ikzeichnung !)egründet, steht ganz ausdrücklich; im
Ihres Thuns als persön- April 1896, Weil Herr J. aber weder
tiir »Ncucu Babnen" auf der Ankliii;obank.
437
liehe liclcicliijung mifgt-
fafst haben.*!
Sic krmncn meiner Mci-
miiiii nach niclits l)cssLrcs
Ihuu. als erklären, dafs es
nrhli<> ist. tlal's Sic u« ,u< n
Klink hardts Wunsch <kii
Titel I'. gewählt, daJs Ihre
<licj»hc/.. Xumiiicrerst uach
dem Tode Dittes hier ein-
j^ctroffen, die nehensäch-
liclic Hemcrknnti: tinscrer-
stits also keine I n Wahr-
heit war. dals Sie darauf
aus^in^en. die 1'. Ah-
iichmcr für Ihr I'.latt zu <re-
Winnen, die ( )sterr.Seh ul-
z e i l u n g alst» in allem
Recht habe, daf.s Sie aber,
nun Sie Diltis Wunsch
keuiicu, dvu Titel P.» nicht
weiter fuhtx'ti wollen. Das
ist männlich, pietätvoll und
würtlij;.»*»
Krgcbenst
Kd. Jordan,
Rcdaktcu r d . Ostcir. Schul-
zeituuu .
Wien, III. Slrcichergasse lo.
ein wenijj^ nachgedacht, noch seine Aui^en
anfj^eniacht hat, nenne ich sein Vorgehen
mit vollen« Rechte leichtfertig; Iis i.st
doch die I'fltclil lincs jeden, sich vor
einem soKlicii Ahl i iif rd)er die thatsäch-
licheii Wrhültnissi /.\\ orientieren, und
ii h kann atu li Herr« J. von dieser Pflicht
nicht entbijuieu.
*) Herr J. kennt nur Jrbrutale oder ^zart-
sinnij^e Ilandhinijen, ein drittes ;^iebt
cü für ihn nicht. Nun, ich beneide ihn
ob dieser Beschranktheit nicht, wie ich
auch nicht glaube, clai's aulser ihm in
Wien ( hier ; irgend jemand es brutal
nennt, wenn man* n n bek a n n l e Wünsche
nicht berücksichtij^t hat. Wien liegt doch
noch nicht in II;i.1> Asiin'
•1 Herr J. hat uacii seiner Meinung
st :l»>li\iicinl «l.is Recht, leichtferti.ije Un-
wahrheiteJi und persönliche Ikleidij^untjetJ
uu.s/.usprcchen ; ich habe aber natüriich
nicht das Recht, eine .solche Kanipfesweise
/.u tadeln I Leichtfertig ist wiederum <lie
lichauplung, dafs ich jede tadelnde He-
zeichnung meines Thuns als persönliche
Beleidigung w in de aufgelafst haben..
Diese Ralsolihiije ich \\'eifs nicht,
ob ich Sic ariu^ajil oder Iäj>i>iscli neunell
soll finden in dem 0))igen ihre ge-
nü-t-iiilc WürdiguiT.^''. so dafs ich mir jedes
weitere Wort ersparen kann.
I)n lu/.ieliung und I/ebeiisgewohiiheiten mir verbieten, den
i^k'ichen Ton anzuschlagen, so antwortete ich Ilerni J. kurz
dahin, dafs sein Brief mir keincti Aiilafs böte, auch nur eine
meiner liehaui)luii<4en xurückzunelnueii> und dnfs ich. da meine
Abwehr durch S( nieii /w eiten Augriff keineswegs überliolt sei.
ihn nochmals ebenso dringend als höflich bäte, die Abwehr in
der »Öslcrr. Sdnilztg;« zti veröffentlichen.
Die Ausfuhnmgen in seinem obigen Briefe hat Herr J. s[)ätcr
in einer öffentlichen Richtigstellung wieder ausgesprochen, die
folgenden Wortlaut hat:
Wer eine schlechte Sache vertritt, vergreift sich gewöhnlich auch
in den Mitteln hierzu ; so auch der Redaktciir der OJeu en B a Ii n cii ,
weh lie utni mit <lem Xebt. ntitel P a <! a <^ g > u nr ersclieinen. l nsere
X'orwürfe gegen ilie Herren iJeliretid und Meyer .sollen sii h als l'n-
wahrheiten» charakterisiren, weil gesagt wurde, man sei mit dem
Xameii des verstorbenen Dittes auf den Abonnentenfang ausge
gangen, während dieses — uach Meyers Ciestäntlnis - noch l)ci Leb-
zeiten des Dr. Dittes geschehen sef. Dr. Dittes wurde am 17. Mai
d. J. zu C.rabe getragen. Lude Mai kam uns. auf dem Ünchhämller
Wege jenes lieft der Neuen Hahnen* in die Hand, welches den
Xehentitel - I»ä<lagogiuni führt ; das Datum, an welchem Herr Behrend
oder Meyer den Titel auf dcu Umsehlag der Neuen Bahnen ■ gesehneben,
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Johminefi Vr^er.
koTiiu n wir ja nicht wissen; aber eines wissen wir. dals niitdeni ( iestiind-
nisst*. man habe scluni bei I.eb/.eilen des Dr. Dilles den Titel sciiur
Zeitschrift — s.iyi n wir gewählt, der Pietätlosi.uk< it i ist die Krone
anfiürcset/.l wird. Wir wissen sehr uenau. was Dr. b" Ditl. -^ wäre
ihm ein Maiheft der Neuen Bahnen /.u licsiclil gekommen, zu
diesem Streben, seine Zeitschrift inög-lichst zu ersetzen, presagt hätte.
Hine -Xuerkvinnin^ fürll<.rrn johatnu '^ Mi. \ (.r w 'iiV' nicht .i^vwesen.
L'ebrigcns isl es ein nut/.lose.s Beginnen, mit jemanden iiber Dinge
des Ctefühls xu diskutieren : fühlt Herr Johannes Me\-er nicht, dafs
sein l'nterfangen alle jene, die in Dilles ihren Lehrer und Meister
verehrten, tief verletzen muisie, so können wir weiter nichts lliuii,
als das bedauernd zur Kenntnis y.n nehmen.
Wir hoffen auch nicht, dafs Herr J. Me\ er nach unseren vor-
liegenden Ausführungen den gegen uns erhobent n \ orwurf der I n-
Wahrheit und liöchsten Leiclilf ertigkeil widerrufen wenle ;
wir können auch gerne darauf verzichten, weil wir nicht im Zweifel
sifid ilarüber, auf wessen Seite Deutschtands Lehrer in dieser Frage
.stehen. * J.
Wer die An.L;clegcuheit l>is jetzt \'erfolgt h-.ii. wird verstellen,
wenn ich die Absicht liattc. luiu zu scluveigeii. Ich war der
Meinung, dafs ich etiiein Manne wie Hemi J. mit jcd\in wei-
teren Worte eine unverdiente Khre erweisen würde. I^rsl die
Ansicht meiner Freunde, ich wäre es mir schuldig. dasGewel>e
iiocliiuals /u zerreifseti, hat tnich noch einmal auf den Kampf-
platz gerufen.
Ich habe also der - Päd. Ztg. , die Ins heule allein die.se
> Kichlii;hlellung gebracht hat, die folgende bjkläruug einge-
saiiill, der sie hoffeiiUich die Aufnahme nicht versagen wird:
(Kgeiiiiber der Richtigstellung des lUrrn J. in Nr. 29 der ITul.
Ztg.- habe ich zu erklären:
1, Ich habe iii meiner erslui Abwehr nachgewiesen, dafs ich
aj überhaupt nicht mu dem Xainen Dittes' auf den Abon-
nentenfang ausgegangen hin:
b) es also auch iiii. Iit, was Herr J. besonders her\or]i(»b,
mit dem Namen des verstorbenen Dittes gelhan habe.
Die beiden gegenteiligen Behaujitungen des Herrn J.. also
.in eil die erste. ol)wolil Herr J. die I.eser das (iegeiileil glaulKii
machen will, habe ich als I nwahrheilcn bezeichnet und bezeichne
sie auch heule noch als .solche.
2. Wann Herm J. das Mai-Heft zugegangen ist. ist völlig bt--
langlos. Das diesem Hefte vorgeklebte lilalt. welches die Tilei.inde-
rung begründet, trägt die rntei.schrift : im .\pril 1 Sy(>. So wenig
hat sich Herr J. vor der Abfa.ssung seines Angriffes informiert!
Das habe ich leichtfertig genannt und nenne es auch heute,
noch .so.
Ich hin also gar nicht in der Lage, die gegen Herrn J. erhobenen
Vorwürfe der Unw.'ilirheit und I,eichtfcrtigkeit zu witlernif«. n.
Crcfcld, den 20. Juli i8y6. Johann es M ey e r.
IT.
Uiul nun zu dem schon erwähnten zweiten Angriff, den
Herr J. in einem Ahxuge seinem obigen Briefe betzulegen die
Güte hatte und so zu meiner Kenntnis brachte. Kr lautet:
438
Dir «K«>««n ftahnen*' «uf ili^r Atiklnei'lwiih.
Die Finna Julius Kliiikliat It ii; T.i ip/ij; scikU-1 uns ht-ziiijlicli
vorstehtriider Notiz eine ausiiihriiche Uarstclluiiji des )(ati/.en Sach-
verhaltes, ans welcher hcrvfirireht. dafs wir die Finna Belirend in
Wiesli.ukii. die sich din Titi l ITclaL:' iuni für 'Iii Xcueii iSaliiiL'H
aii.meiiitKt hat. richtiir kciiii/.ctchiulcii. i»ic Firma Juliiis Klinkhaidl
sUlU fest, (lafs sie alkulitijrs das Adrcsseimiaterial des räda^(»>;ium
an Ikliiri.d in Wiesbaden verkauft.*) jedoch K^^^Ji^i' die Absicht des
N triit-.ui r> >K : Neuen P»ahn« ii . ?ds Nchentitd räd.v'-;^';:'""» zw
führen, niolcsiirt und die \'erhandlun^en mit dtr Finna llchrcnd
abg-elmiclien, bis diese am 24. Mär/ foljjen des Telegramm an J. Klink-
haidl sandte l'm Differen/en mit Ihnen /.u vermeiden, will auf
Zii.sati^tilel ver/icliten. liehrcnd. Am 25. März wiederholte Ik-hreiid
diese Zttsicheninjr brieflich : - Ich wiederhole den Inhalt meines
tiestrij^en ^ranims Die Neuen Hahnen erscheinen weiter ohne
Titeländeruny . Trotzdem setzte IJehrend den Titel -I'äd^joj^ium
als Subtitel auf die Neuen Bahnen-. Aus die.sen Thateachen .neht
riii <4enägrender Deutlichkeit hervor, Aa\< unsere Anwürfe j^e^ifen <len
Verlej^ar und Rtdakteur der Neuen liahnen vollständiji: j^eredit-
fertiyt sind, d 1111 es steht nun fest, dafs sie nicht nur j^ejjeii den
Wunsch und W illen des verblichenen Dr. F". Dittes. sondern auch
; i ITC Tt den Willen <les \'erle<iers des I'ädaj^f^jiium -^ii Ii dieses Titels
bedienen. Mehr braucht wohl die deutsche Lehrerschaft nicht zu
wissen, um den »Neuen Bahnen (samt Herausgeber und Redakteur)
die verdiente Wut <1i- iuii( an^i lUihen zu lassen. Fs i.st ja überall
in tlcr Welt nicht nur l>ei Kulturvölkern — üblich, die Wünsche
der (jcstorbeneu heilig zu achten : soll gerade der vielgefcieile uuil
verehrte Dittes auf dieses primitive Recht keinen Anspntch haben?!
. J.
I in n aii<K t\ ii \ rwwrf haben wir auch gegen die Finna J.
klinkhardt nicht erhoben. D. L.
Die kt/kii beiden Sätze der Notiz hat die Preiifs. Lehrer-
zlic. beim Alxlrucke i^estrichcn. Das ist Kritik Reuiii:'
ICbenso ist von d;c--ir Zeitun«; nicht die Annierkuiiu L'vbT;u lit.
Wenn nian in dem eisten Anj^ritt de- Herrn j. die XOiwiirfe
gegen Kliiikhanit liest, liegen die tiründe lür diese Streiciiuug
auf der Hand.
Herr IVhrend hat die.sen Angriff in folgender Ivrvviderung
zurflckgewieseii: *)
Ich habe zu keiner Zeit weder den Namen Dittes ge.schallbch
ausgenutzt, noch mit dem Namen Dittes Abonnenten für die Neuen
Bahnen zu fanden .-.(tsncht.
Zur .Aufklärung diene folgendes: Am 7. März d. J. hat mir tlie
Kinnajtdius Klinkhardt in Leipzig dietnichhändlerischo Kontinuations-
liste des rädagoginnis gegen (.itu \ ergütnng von tausend Mark
da ich seiner Meinung nach in den Neuen Bahnen das dem Täda-
') Da ich nicht wufsle. ob Herr B. es überhaupt für nötig hielt,
den Zeilnngen eine lüwidentiig /ugeheii zu lassen, habe ich solort
nach tlcr er.stmaligen X eiöift iilliehung des Angriffs in einer deutschen
Schulzeilung, der Päd. Ztg. . dieser meinerseits eine ICrwitlening
gesandt, die ich den übiii^i n Zt itschrifti n. weil sie durch Herrn 15. 's
Entgegnung nlx i llü.s.sig wurde, nicht habe zugehen lassen und darum
auch hier üb«, i g «. he.
440
gogi.uu am uächsteii Kteiiende Blatt habe« und da es ihm verfehlt
dünke, das Pädapfogfiutn ohne Dr. Dtttes weiter erRchelnen zu lassen,
\ L i /icliti vv fKlinkli.iidti darauf . Ich nalini KlinkhanUs Offerte
auf, wir wurden handel.seiniu;, und im letzten Hefte des l'ädagogium •
erseliien ein empfehlender Hinweis auf das April-Heft der Neuen
Bahnen , welches der Auflage <ks I'ädatjo.i^iunis heij^efü«^t wurde, da-
mit die Leser des Päda^jotfinnis die X( lu n l^almen kennen lernen
konnten. Das ist alles jj^eschehtii, als Dr. Diltes noch
Redakteur des 1' i d i o ^ium war. Von einer \'erlet/unjp der
l'iil'il «je.i^^en Dittis <hiirli ilic-sfs <4^eschäflltclie . erfahren k'.iun n!^<i
cben.so wenig die Rede sein, wie von einer geschäftlichen Ausnul/.ung
des Namens Dittes oder ^ar von einem Abonnentenfang- mit seinem
Naimn. IVidcs hätte Diltes wohl nie /.ujicf^eljen. WccKi vu I.cb/eilin
Dittes noch nach seinem Tode ist sein Name von mir behufs ge-
schfiftlichcr Ausnutzung jemals genannt worden.
Was nun die Aufnahme des Zusat/.titels rädagogiuni be-
trifft, welclic e rfolgte, als die früheren Abotinciilcu des Pädagogiums
sich m giuiser Zahl den Neuen I^Uinen /uvv.mdten. .s«i gebe ich
Kern zu, dafs bei mir geschäftliche Rücksichten dabei inU-espnichcn
haben, deren ich mich auch gar Tiiclil /u schänieti l>ianche. I!s isl
mein unbestreitbares Keclit und schä<ligc ich niemand, wenn ich
nach Kinganjc des »Pädagogtunu diesen Titel — noch da/.u als
NeI)entiUl anfnehiiK-. Ich habe es aber gt llian li uiiitsächlii Ii aus
Rücksicht auf die ueugewonueneu l.escr und zwar zu i.cb/.cilen Dilles.
Die Annahme dieses Zusatztitels •Pädagogium« wäre
jedoch sicher nicht erfolgt, wenn Klinkhardl iiiicli nicht
über die W ünsche Dittes völlig im I nklaren gelassen halle.
f'ber eine Aufnahme des Nebeiilitels rädagogiuin isl während
der N'erhandlun^en zwischen Klinkhardl und mir überhaupt nicht
(Wv Rede gewesen, sondern tnir über den Ztisntz : Neue F<d;ro des
l'ädagogiums. — Nachdem Kliiikisardt anlaiigs uiclil abge-
neigt war, mir sogar die .Aufnahme diesen Titels zu pe-
Klallen. lehnte er jedoch später ab mit <1( in Heinerken: Den Znsal/
mit dem Wortlaut: ^Neue Folge des i'äd.igogiums kann ich nicht
iKjwilligeti. da ich hierzu die Zustimmung des Herrn Dr. Dittes kaum
erlangen dürfte .
Ich habe mich gefügt, diesen Zusatz Neue b'olge des J'äda-
gogiums nicht aufgenommen und habe mein \ erspreclien gehalten.
Ii» ist also unwahr, dafs ich
1. gegen den Willen des W rle^ers des eingegangeni ti I'ä'la
gogiuin ileii .XelKiiliUl r.ul.igf)giuni auigen«>ainien li.dK-.
und
2. gegen (Un Wunsch und Willen des verblichenen Dr. l*r.
Dilles dasselbe gethan habe,
denn wie der Herausfreber der ^ Neucn nahncn . , welcher den pfc-
Kchäfllichen \'erhandlungen mit Klinkhardt \ A lig fern gesl.indeti hat.
und ich. als N'erleger der Neuen Hahnen . es anfangen solllcii,
Wün.sche eines Verstorbenen, die unbekannt waren, heilig
halten, das wird wohl das Geheimnis des Herrn »J.^ in der Öster-
reichischen SLhul/eilung "^ein. —
Ist nnl diesem Heim J. die deulsclie Leliieischaft wirklich der
gleichen Meinungf, dafs nämlich durch die .Aufnahme des Nebeiilitels
l'äd.iiM »uiiini seitens der Neuen Hahnen eine \\ rlelzniig (h i Pii t.-it
gegen den früheren I lerau.sgeber des l'ätlago^iums statlgelunden
hat, dann trifft einzig und allein die Schuld hierfür die Firma Jul.
Klinkhardl in Leipzig.
Wiesbaden, den ii.juli lütjo. limil Helirend.
Verleger der Neuen Bahnen.^.
441
Von Herrn Jordan erhielt Herr Behrend auf die Einsendung
der obigen Abwehr uud das allerdings gemessene, aber durch-
aus sacliliclie Ik'j;k-ilschreil>en die folj^tiide Antwort auf offener
Postkarte, die wüdi-nin; fiir den Schniher eliaraktoristisch ist:
Ilei uns heUarf es weder eines rrels^esetzes «och irgend welcher
jfcschnjaokloscr Drohunsfcn mit dem Cicnchte. weil wir ohnehin sehr
^c iiaii wissen, was rtoht und hilliii l{t./ü«jlieh (kr lU n 1 lii^unjj;
des lUrrn JolianiKs Mt\ tr LrlaidK-n wir uns. an Sic die iKselieitknc
Anlraj;e. ol) Sic <k'r >;crirlitli( lK- lk\ oUniächti^te desselben sind, weil
Sie auch dessen nericlititrunj^ in die .Östcrr. Schnlzeitunjj hinein-
drohen wollen. Sehlieislich diene Ihnen zur Kenntnis, dafs weder
Ihre Henchligung noch die des Herrn Meyer den Anforderunj^en
u II s e r e s PrefsgeseUces entspricht, wir sie daher ohne weiteres zurück-
weisen könnten.
Wien, am i.v Jnli iS^/i. Jordan.
Jede Iieniorkun]L; zu diesen w ih (k^losen Aiislnssutiy:en ist
fdverflüssiji ! Wir uiü.s.sen nun abwarlcu. <>1) und wann die Kul-
};et;nuuxcu in der ^Österr. Schulztg. erscheinen werden.
Charakteristisch ist auch für Herrn J., dafs er bis zum letzten
Auj^enhlick nielit den Mut gefunden hat, vordem pädagogischen
Publikum seine Augriffe mit seinem Namen zu vertreten. Wer
in so wurdeloser Weise käni|»ft wie Herr J., der hat allerdings
alle Ursache, das Licht dt r ( )tt\ iitlichkrit zu sclniieu.
Sehen wir uns nun tiocli einnuil <Uii Ankläger und seine
Anklage an. lia ist ein Bild zum lülmmien! Wir haben fest-
stellen müssen, dafs er in diesem Streite
wiederholt die Unwahrheit gesagt hat,
wiederholt leichtfertig vorgegangen,
vor i)ersönlichen Beleidigungen nicht zurückge-
schreckt ist und
uberhau|«l xon vornliercin einen Ton a n i^'^c^ch 1 n '.^ en
hat. der eines gel)ililcten Mannes unwürdig ist,
klar ausgesprochene Worte entstellt,
moralische Verpflichtungen, wenn ühcrhaui)t, so
erst auf wiederholte Aufforderungen erfüllt und
bis zum letzten Augenblicke aus dem sicheren Ver-
stecke «Kr Anonymität seine giftigen Pfeile ge-
•^ehleudert hnt.
Tnd mit einem solchen Manne mufs man sich herum-
schlagen! Wenn Dr. Dittes noch lebte, er hätte alle rrsacho,
cnt.setzt au.szurufcn: Gott behüte mich vor meinen Freunden I
l\s ist wohl zu verstehen, dafs ich in diesen Tagen gefragt
wurde, ob dieser HerrJ. wirklich enist zu nehmen sei. und oh
er in (kr Tliat Dr. Dittes nahe gest:ni(!i n habe.
Ich halK? jedes Wort dieses Artikels, für <! ts Ich die \'er-
anlwortnug zu übernehmen linbe, vor und nach der Niederschrift
wiederholt aufs gewisseiihalteste geprüft, l'nd da ich wohl
weifs, wie leicht mau in eigener Augelegcnheil selbst dann, wenn
Neu« Batiucn H*k^mgafiuiu) \IL s. 2U
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442 it^nwp Meyer
man sich aufs rt-dUclisitr bemüht, lueTnaiicUni, auch nicht dem
(ui^iur. T"^nrcclit zu Ihun, 711 einer falschen Anffnssnn-:.' i^clan^t,
so habe ich meine Ausführungen von eint in (hirciiaus ruhi^i ti
KoUej^en auf ihre Ricliti.i(keit hin nachprüfen lassen. Was ich
geschrieben habe, werde ich darum jedem Angriff .gegenüber
aufrecht zu halten wissen.
Auf welcher Seite aber auch nach des Lesers Urteile in
dieser Streitfrage das Recht liegen möge, so viel ist sicher, dafs
Herr J. von Anfang an den Kampf in einer durchaus würdelosen
Weise geführt liat.
Und somit ü1)ei gc])c ich Herrn J.. um einen ( icdanken nuf-
zunelimen, den dersell)e in diesem Streite mit Vorliebe variiert
hat. der deutschen Lehrerschaft zur verdienten Würdigung.
« *■
Seit deni Bestehen der -»N. B.* ist die Abfassung dieses
Artikels die schwerste Arlieit gewesen, die ich für meine Zeit-
schrift geleistet habe. Uu\ ausgesprochener Keind jeder unfrucht-
baren Polemik - es ist in sieben Jahren der erste Artikel dieser
Art, den die N. H.- bringen wünle ich auch diesmal ge-
schwiegen haben, weuu es sich nur um meine Person ge-
handelt hätte. Wer an die Öffentlichkeit tritt,- mufs solche
Angriffe kalt lächelnd ertragen können, oder er mufs seine Hand
vom Pfluge lassen. Aber es handelt sich hier um die ^^N. B.< ,
und da mufste ich reden I Wer da weifs. mit welchen Schwierig-
keiten ein wissenschafllicli-pädagogisches lilatt zu kämpfen hnt :
wer da weifs, dnfs selbst das Päd. schon auf dem Punkte gestanden
hat, nus Mangel nn Abonnenten einzugelien. so dal> .sich die
angesehcn.sten deutschen Schuhnänner in .seinem Interesse mit
einem Aufruf an die deutsche I^ehrenvelt wandten: der wird es
begreifen, dafs die »N. B.^, deren Herausgeber keinen »Namen«
in die Wagschale zu werfen hat ich sage das nicht in jener
Bescheidenheit, die Goethe als die der T.nmpe stigmatisiert hat,
sondern, weil es so ist ihr Schild rein bewahren nn"^-' n um
nicht vom vScliicksale ereilt zu werflen, wenn ich auch mit Dank
gegen die deutsche Lehrerwelt bekennen darf, dafs wir zu be-
sonderer Klage nie Veranlassung gehaltl lialien — im Ciegeuteil !
Ich habe von Anfang an der Aufnahme des Nebeutitels
»Päd.« sehr kühl gegenübergestanden. Nach meiner Ansicht
macht nicht der Titel das Blatt, sondern der Geist, der in ihm
lebt. Wenn deshalb Herr J. mir brieflich den Wunsch Dr. Dittcs'
nu'tgeteilt oder weTiigstens in seiner öffeiitlichen Hesprechung der
.Angelegenheit mir nicht so uni|uaUtizierbare Vorwürfe gemacht
hätte, so würde ich in vt>ller Seelenndie erklärt haben: Unter
diesen 1^ mständen fällt der Titel wieder. Jetzt al)er, nacli .solchen
Angriffen, erkläre ich e1>enso bestimmt: So lange ich die Khre
haben werde, die .^N. B.< xu redigieren, wird die Bezeichnung
443
»Pädago^nutiu tncht wieder vom Titelblatt verschwinden! Die
^N. 6.^ werden ihn auch fernerhin fähren — trotzdem und alle-
dem! Ja, wenn Herr Behrend jetzt seinen Antra emeiierii sollte,
für unser Blatt den Titel rädaj^oj^iuni als Haupttitel anf/.u-
nelinien. weil sein jetzij^er Titel dem Inhalte tiiclit mehr ent-
spräche. - eine Titeländernnj; überhaupt rej^te Herr Behrend
schon vor Jahresfrist bei mir an ich weifs nicht, ob ich heute
noch widersprechen werde. Ks hat alles seine Grenzen, und ich
bin gewohnt, wenigstens anständig behandelt zu werden. HerrJ.
mag dann meinetwegen Himmel und Holle gegen die »N. B.« in
BoweiLiunp^ setzen ; ich habe niclits daj^egcn. Kr hat sich selber
so gründlich gekennzeichnet, dafs seine Worte auf vernünftige
Leute, und das sind ^glücklicherweise die deutschen Lehrer, jjar
keine Wirkung nielir ausül)en, höchstens die entgegengesetzte von
der, welche er anstrei>tc. (Nachschrift, bei der Correctur hinzuge-
fügt: Beweise für diese Behauptung habe ich gerade in diesen
Tagen mehrfach erhalten.)
Und nun noch ein kurzes Schlufswort! Der Titel »Päda-
gogium« bleibt. Er soll mir l ine Erinnerung sein» soweit meine
Pflichten gegen Amt und Familie es gestatten, stets alles auf-
zubieten, die X. B. auf der Höhe /u erhalten, die sie nach
<1em VrUile kompelenler F:u hni;inncr einuelnneu. ja, soweit es
in meinen Kräften steht, sie innner mehr zu vt;r\oIlkümmnen,
ICr soll mir aber auch eine Mahnung sein — und bei meiner
Charakteranlage habe ich diese Mahnung besonders notig, —
nicht von jedem die Kollegialität zu erwarten, die auszuüben
für mich stets selbstx'crständlich gewesen ist und auch ferner-
hin sein wirdi
Ob dies mein letztes Wort in dieser Angelegeidieit sein
kann, hängt nicht vt>n mir ab. Ich darf aber aussprechen, dafs
ich die geehrten Leser der N. B. nur dann weiter behelligen
werde, wenn es durchaus nötig sein sollte. Die Angelegenheit
ist wirklich nicht so bcileutungsvoll, dafs ihretwegen noch mehr
Tinte unnutz verspritzt werden mfifste.
Crek'ld, den 20. Juli ih^t).
Johannes Meyer.
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Clironik.
D«r Kampf um <1i« S«bule.
— Au» Bayern wird ein kraftiger Vorstofs tles katholische«
Klerus gegen diel* ehrer vereine gemeldet Die - Pfalz. I,chrer-
zeitung' veröffentlicht ein vertrauliches Rundschreiben der KrmK rcnz
der katholisrlu n ( »eistliohkcit dfs Kai)itfls Landau an ^säinlliclie
Lokal imd 1 hstriktsschuliiisiH-ktonii <Ur Pfal/ , worin /ur rntor-
zricliiuinL: i-iiier Ivingabe an die kcniiL-lit hc Rc'ji[^ienmi4 «kr l*falz anf-
.riciimlcrt wird, um diese zum lunschiciten i^ejjcn das die Schule
und Kirclic glcichniäfsi^ schädi','endc Treiben des Pfälzisclien und
Ba^'crischcn Lehrcrvereins' 7.u veranlassen. Das Schriftstück strotxt
von Unrichtigkeiten, Übertreibungen, Kntstellnngcn und Verdäch-
tigungen. Ks zitiert aus dem Zusammenhang gerissene Atifserunuen
von Rednern auf Lehrerversamndun«;en und aus Ailikebi in
Lc lircr/cituniren, um die Kirchen- \inf1 Slartts'^efäbrlichkeit ik rlAbrei -
\i.i\int und ihren Zusamnunlianij sowolil inil (km kultiii k.ini])fe-
rischen Liberalismus . wie mit den soziakknu^kralischen Umstuiü-
parteien, deren antikirchlichen Forderungen bezü^ilich derSchulcsich
stets zu decken pflegen*, zu bewei.sen.
— Die englische Regierung hat die bereits mit einer licdcuten-
den Mehrheit im T'nterhause angenommene l' nterri ehlsbi 11,
welche den konfessionellen l'rivatscliulen gleiche Hehan<lhiiir hin-
sichtlich der Staatsznschiisse wie der Staatsschulen zugesichert hüttc.
plöt^dich /.^rückgezogen.
Schulrerwaltimg» -Ori^aiiisation hiiiI «Ansstattang.
Auf dem am* 20. Juni in Bochum abgehaltenen westfälischen
Städtetage erregte die Krörteruug der vSchulaufsiclit und Lelirer-
rinstc'llnn';' besonderes Interesse. T^e'/üglicb der letzteren besteht, wie
Ul)erbüriiernieister Schmu. ding- Dortmund ausführte, fiir die gröl'seren
östlichen Städte der ^hxius. dafs die Magistrate. lUirgermeister .
Scluddeputationen die Lehrer wühlen und die Regierung bestätigt,
was den. mangels eines Volkssclnilgcset/xs, sich hier und da in Ver-
fassung und allgemeinem I«andrecht findenden Bestimmungen ent-
spricht. In Westfalen haben die Gemeinden nur das Präsentations-
445
recht und amli das ist nicht iihernll wrihrfnd die Re^ienm)';', oft
ohne Rücksicht auf die Wünsche der (lenieinde. flie T.ehrer anstellt.
Der Wunsch des Stärltetajjes j^eht dahin, den fiemeiiulen das Wahl-
recht zn geben und diese Anschauunjx st>ll bei der Vorlage eines neuen
Volksschulgesetzes ssiim Aiisdnick gelangeti. Bezüglich der Schtil-
aufsicht wurde das allzu starke Kingreifen der Oberbehörde in die
Schulinterim beklagt und gewünscht, dafs den Gemeinden ireiere
Hand gelassen werde.
— ?>er Aussclnifs des katli« >ltschcu I.ehrer\-ereins in Württem-
berg hat den .Müs^liedeni dieses Vereins die I tai;i xorgeiegl: Sind
Sie für Zulasssung der i,ehrer zur lic/.irksaufsicht? Die.Ab-
stimmung sollte geheim geschehen, um eine ungefälschte Meinungs-
äufserung zu sichern. Nach den bisher eingelaufenen Nachrichten
haben 295 Lehrer gegen und nur 144 für die Zulassung gestimmt
Kin Schnitt ins eigene Fleisch !
— Die Aufwendungen iler Stadt München für Schul- und
nildiiiigs/wcckf Urträut mit Ijüschhifs der Mietanschläge für
Schullokalitäten jährlich 4 .Mil'.iotKU Mark.
— Die anfangs Juni v eranstaltete 1' robe- Ki n seil rei l>u n g für
die achten M ädclienklassen in München hat die ganz, uner-
wartete Zahl von 650 Mädchen ergeben, so dafs mindestens 13 der-
artige Klassen im koniuien<len Jahre zu errichten sind.
— Die lirrichtung von achten Schulklassen /um freiwilligen
Besuche für .Mä<lchen ist nach den Vorschlagen der Stadtvertretung
in Nürnberg ebenfaMs iri lulnniiri worden.
In Berlin ist die Sladt\ erordnetenx 1 1 s iiiiiii'mnti über die
reülujii iler Rektoren um (ileichlegung der l erien an den (»e-
meindeschulen mit denen der höheren Lehranstalten zur Tagesord-
nung übergegangen.
— Professor Camelly in Schottland hat gefunden, dafs die Be-
.schaffenheit der Schulluft nicht nur von der rnigebuug der vSchul-
gcbäude, sondern auch von der Reinlichkeit der Kinder abhängt.
H< i reinlichen Kindern \vnr« n in einem I.iter.Luft bei unrein-
lu !u II 159, in sauberen Kaiinien Ss , in unsauberen lyj Hakterien,
lerner bei den jüng.sten Kindern 167, auf der nächsten Stufe 146,
dann weiter '^^< 5> Bakterien vorhanden.
— Der Breslauer Magistrat hatte sich betreffs der Verteilung
der Schulunterrichtsstunden an die scblesische Ärztekammer
mit dem Ersuchen um ein (iutachten gewendet. C>eheimrath Prof.
Dr. 1 Tf^tM -i»rach als Referent der Kammer sich dahin aus: rs be-
stehe iuiiucr noch eine I berbürdunir trotz einiger liessn uii L:en.
Mati miK^se eine Herabset/ung der woeheiUlicheu l'nterriclits.slunden
auf 24 und eine X erlängerung der Tausen /.wischen den ein/eluen
Unterrichtsstunden verlangeu. Die Turnstunden seien nicht als Hr<
holungsstunden zwischen oder unmittelbar nach den Unterrichts-
stunden anzuscly.cn ; der Unterricht solle auch im Sommer erst um
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446
I hr hcj;inncn, uiul zwar dcshalh, weil die Schüler, die einen aclil-
bis neunslündigcn Schlaf brauchen, tiatiirg«ttiäfH im Sotiiiti«r spater
schlafen 'gehen als iui Winter.
Unterrichts- und ErxiehungMfragen.
— Das norwegische Oiklsthin^nahni mit ^ö^^xj^en .Stimmen
ein Atnen«leinent zum Artikel 3 des (ieset/es ftir höhere Seluikn an.
wo!i;i( h die 1 atei n isrli L Si»r.iohe als UntcrrichUsgeRt^iistaud vom
(lyniiiasiuni a u s }^ e s 1 ( 1 s s i 11 wirel.
— Das Repräsenliinleiihaus in Washington heschhus mit njh
liegen 26 Stimmen den Ausschlnfs der Kinwandercr, welche
nicht lesen und schreiben können.
— In dem 'Meckl. Schulbl. . ist die Frage behanilelt worden :
>Ist es wünschenswcrth, daJs in unseren niecklenburj^i seilen f.and-
schulen wöchentlich eine Stunde in der Naturkunde unter-
richtet wird? So kann man auch nur in diesem Lande noch fragen.
— Srit eini.-;^^! /tit hat <ieh auf Anordnun«; der slädt Scliul-
depulalioti in Ii e r 1 i n eine l luwandlung des II andarheits-
Unterrichtes in den Berliner Gemeinde-Mädchenschulen x-oll/ogen.
Während deiselbc früher hauptsächlich als Ivinzctuntcrricht ertheilt
wurde, wird jetzt die auch in vielen anderen Städten bevorzugte
Methode des Massen Unterrichts aufgewendet.
-- Nach einer jirivatcn Statistik der A'oss. Ztjr - hat derhaus-
w i rth sch a f 1 1 1 ch e Unterricht in Deutschland rasch an \erhrei-
tuni^ L'^t \\ < iniKU, Kr ist /. H eingeführt in Sj Städten, die dem-
naehslige lau fülirung »sL in Ji in .Vussicht genommen. Von <len
grofseren (temeinden haben hauswirthschaftlichen Unterricht: Aachen,
Barmen, Berlin (6 (>enieindeschulen) , Breslau, Bromberg, Cassel,
Chemnitz, Dannstadt, Dresden, Dusseldorf, lUberfeld, Hrfurt lassen,
Frankfurt a. M., Hannover, Karlsruhe. Kiel, Köln, Köuigsherg,
Leipzig, Lübeck. MannheiuK Magdeburtr !'"sen. Totsdam, Wiesbaden,
Zittau. Zwickau. f>ic Kosten werden in vSachsen und in Süddeutsch-
iand vorwiegend miix den (iemeinden aufgel)racht . in Preiifsen da-
gegen von den Vereinen, meist mit erheblichen Unterstützungen
aus Gemeindemitteln. Die grölsten Aufwendungen machen Chemnitz
(8200 M) Karlsnihe (6000 M| und K<51n (3H00 Ml.
In N e u - R u p p i n ist seitens des 1 1 ymnasiunis für die Tertia und
Quarta zwecks l\rteilung von Radf alirunterricht durch die Turn-
lelircr an die Scbiil» i je ein I-ahrrad angeschaft worden. Auch ein
Untcrrichtsgegeiistand der Schule!
— Das Züchtigungsrecht der Lehrer ist Jicuerdings vom
Herzoglichen Kon.si.storinm in Hraunsch weig neu geortinet worden.
Nach den jetzigen Bestimmungen sind den I^ehrem und Lehrerinnen
körperliche Züchtigungen von Madchen und schwächlichen Knaben
nicht gestattet. In den Knabenklassen dürfen Züchtigungen nur
bei groben Vergehen, niemals wegen blofsen Unfleifses eines Knaben
447
vorkcMinnen und nur, wxnii alie übii.:<.n Stratniittcl erschöpft sind.
Zutn Schlajien ist nur vin niäfsij^er, nicJit zu hieK-sanier Rührstück
gcsUillcl, der für gewöhnlich im Klassenschrankc vcrschlos-sfii auf-
bewahrt werden mufs. Über jede körperliche Züchtigung ist eine
bez&gliche Beinerkun{r mit ausdrücklicher Bezeichnung der Ursache
der Bestrafung in das Kfassenbuch einzutragen. Das Schlagen an
den Kopf, sowie «las vSchlagen mit dem Lineale, da« Zupfen an den
Ohren oder Haaren und die Anwendung eines ähnlichen Strafmittels
ist verboten.
— Der Ilaupllelirer Veith in Klausthal (Hannoverj hat i. einen
Distanzmesser und ä. einen Apparat zur geometrischen
Aufnahme einer Gegend erfunden, welche Apparate auch ffir die
Schule wichtig werden können. Der Erfinder versichert, dafs zw
Feststellung der zu einer Heimatkarte erforderlichen Punkte nnttels
der genannten Apparate kaum eine halbe Stunde Zeit erforderlich
sein würde.
Wablfahrtsbe^itrehuiigen und .Schenkungen.
lune \' e ror<l n u n über die R :i n d I ti ti j n pfen dl icher
Verbrecher unter Jahren in den S t r a f a n s 1 a 1 1 c n hat in
l'ingland der .MinisLei des Innern erla.'>sen. l'ortaji sollen sie
völlig von den erwachsenen Verbrechern abgesondert gehalten wer-
den, den körperlichen Übungen, beim Unterricht und in der
Kirche solle jede Berührung mit den alten Sträflingen vermieden
werden. Der jugendliche Verbrecher .soll nicht auf einer Pritsche
schlafen und ihm soll gröfsere Freiheit in der Heu utzunj; der Bücher
der ( iefän^fnislnbliothek gcwrihrt werden. Niclil nur relijjiöse. s«»n-
dejn auch anden ht lehrciKlL- Hüchcr mögen ilim während seiner
i^an/.en vStrafzeit ai.s I.cklüi cilienen. Soweit aui^ängig, soliden jugentl-
lichen Verbrechern ein Handwerk gelehrt werden, das ihnen nach
ihrer Freita.ssung zn statten kommen kann. Auch sollen sie im
Ctartenb'iu iK'Schäftigt w^erden. Turnübungen sollen zm Kiitwicklung
des K«ri)ers dienen. Sic dürfen besondere besuche empfangen, wenn
diese dazu geeijin et erscheinen, sie sittlich zu heben, ('ber jeden I '.ill,
wo eine juirendliche IVrson unter 14 l.iliren tti eine Strafanslalt auf-
genommen wird, ist sofort dem Unterstaatssekretär des Innern zu
berichten.
— Verschiedene preulsische Provinzialfegierungen haben auf
ministerielle Anweistmg verordnet, dafs Arbeitgeber, die schul-
pflichtrge Kinder während der Unterrichtsstunden beschäftigen
oder die Bischäftig\ing st)lcher Kinder in ihrem Dien.st während
der Unterrichtssunden durch ihre .\ufseher. ( «ehilfen oder .\rbeiter
fluiden, sofern tiicht nach den Iiestimmun>:en der Reichsprozef.sord-
nung eine härtere Strafe verwirkt ist. mit (leldstrafe von i bis
Mk. bezw. mit Haft von 1 bis 14 Tagen bestraft \ver<ien sollen.
— Die K. Regierung in Oberfranken hat auf (»rund eines
einstimmigen Beschlusses des Kreismedizinalausschusses ein Kund-
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44»
Jobaoor» Mev«r.
schreiben an die Bezirk säniter und Magistrate crhus.scn. in <ltii Land-
volkfischuten für die Winter/.ctt trockene Fufsbekletdting ^Filz-
schuhe) anzuschaffen, entweder auf Kosten der Schulkassen oder
der Amienkassen.
— Aus Anlafs des i.sojälirij^cn ( iLdtiiktaircs der (icburt des
jrrofsen I'ä(la}^i>>?cn uiul Juj^ciKlscljriflslclkr.s Joachiin Ilciiirirli CainjK'
hat l'>aii X'icwcj^ erklärt, dais sie /wr sti-len l!t imu i uii;; an .li.n
grofscn Toten ihres Hauses eine Stil tu ng nnl eiiieni Ka|»ital von
2OO0O M. errichten werde, deren Zinsen der Unterstfi tzun^ be-
dürftiger Seminaristen zu gute kommen sotten.
— Dem Wiener Volksbildungs\*erein sind kürzlich 20000 Dub-
letten der <l<itliL:i.n rniversitätsbibliothek uberwiesen worden. Die
Bücher sollen den Wiener Volksbibliutheken eingereiht werden.
Stellang der Lehrer.
— Der r^andesschulrat von Böhmen will künftig den Lehrern
die Teilnahme an Ausstellungen, Kongressen, I.ehrerv trsaimti
hni'.M'n II. a. im Auslande nur noch auf firund einer in jedem ein-
zelnen l'alle zu erbittenden Bewilligung seitens des J«andescliefs ge-
slutten.
— An der städt. höheren M äd ch en sch u i e m liochuni
war die Direktorstelle mit dem (>eha]ts.Hatze des Kormal- Ktats aus-
geschrieben. Ks hatten sich dazu mehr als loo, grofstcnteils aka-
demisch gebildete I^ehrer gemeldet. Die Wahl fiel auf einen senii-
n arisch gebildeten Rektor.
— Ivin (iutsbrsit/t r in K. iiat anläislich einer Schidsit/.ung eine
Lehrerin in Ausübun;.- ilirtv lUrufes beleirli ut. indem er tlie
Äufserjing fallen liel.s, da ki>nne j<. tUT Hanswurst .uit.sohreibt ii. üb-
rigens sei sie eine seinem Kinde gehässige Lehrerin . Danul er in
Zukunft derartige Reden unterläfst, wurde er vom Schöffengericht zu
Regen zu acht Tagen Gefängnis verurteilt
Besoldung der lA'hrer.
— In Baj-ern nahm die Kammer der Abgeordneten den Antrag
Schubert an, der die Festsetzung eines (inrndgehaltes für dieVoIks-
schullehrer verlangte, de.ssen Höhe derjenigen der nichtpragmatischen
Iteainten entspreche. In der Kammer der Reichsräte wurde jedoch
dieser Beschlufs abgelehnt, dagegen der Ausschuisantrag angenom-
men, wonacli liii Regierung l\rhebnngen pflegen soll, in welcher
Weise die ge.set/hchen Ikstimnuingen ül)er die Ciehälter und Ten-
sionen der Lehrer einer Kevi.sion zu unterstellen seien. Nach der
Zusage des Ministers sollen Mafsnahnien zur Abhilfe erwogen wer-
den, insofern Mängel bestanden Bayri.scher Reichsrat und preufs-
isches Herrenhaus! Im übrigen wurden bezüglich der Pensionen
und Unterstützungen eingesetzt: ai zur belassung eines Drittels der
zuletzt bezogenen Dienstalterszulagen im Pen.sionsfall 35,898 M., b)
die Erhöhung der Unterstützungsbcilräge für SchuUehrersrelikten um
449
Tr,.\;^ "Mk iitnl et Aiv ICrhöhutisi der Position, um aiiob T.eliri rn. die
vor <kni i l.niu .1 i'^mi» pensioniert, wurden, cm JJrittcl der Uienst-
aUers/iilajjen zu l»elas.sen.
— Auf die seitens des Stadtverordneten Cieheimruüi Prufessor
Dr. Dittenberi^er begründete Anfrage, ob nachdem das befürchtete
Lehrerbesoldungsgesetz gefallen sei» nnn baldigst eine Vorlage
über «lie Verwendung der für das Jahr 1896/97 zu gun stell
der Lehrerschaft der Stadt Halle zuriickgestcUten Soooo M. /n
erwrnirn sei. erf«^l.L'U dii- Antwort, dafs «j^eirfuwärlig der geeignete
iCcilpunkt noch niclit gekommen. Also wietkr nichts!
— Die kleine Stadt 1'" a 1 k e n s t e i n in Sachsen hat ihre Lehrer
SO gestellt, dafs diese vor dem 26. Lebensjalirc 1350 M., vom 26.
Lebensjahre an 1500 M, und dann alle 3 Jahre eine Zulage von meist
150 ftL, vom 56. Lebensjahr an also 2^(00, dann vom 5H. I^bensjahr
an 29CX1 und vom 59. Lehensjahr an 3000 M. (iehalt beziehen.
— Seit dem i. Jan.d.J. erhalten alle Volksschulleh rer Bel-
uie!is ein Mindestgehalt v»»n 141H» }'>atiks (Wohnunj^st ntsrliädij^un;^
mit einlK ;.;t iffen I in den (iemeinden m it w rniirer als i^ch) lan wohneni
und \on 32«x> P'ranks in den Gemeinden von über locxx» J%in-
wohnern. Alle 4 jalire steht den Lehrern gesetzlich eine Gehaltser-
höhung von too Franks zu. Mindestgehälter können von den Ge-
meinden vermehrt, aber unter keinem Vorwande verringert werden.
— I>ie spanischen Provinzen schulden ihren Lehrern
bis zum 31. Dezember 1S9S ^m<)355 Pesetas, das ist etwa f>'/« Millio-
nen Mark. ,In den südliMu ti Provinzen >Lila};a und (iranada sind
Ortschaften, die seit nu lir denn fünf Jahren ihren Lehn rn keinen
Pfennig gezahlt halben, die nördlichen biscayischen l'rovinzen zahlen
verhältnismäfsig am besten.
Bildunj$ der Lehrer.
— Über die Aufnahmeprüfung bei den Schullehrer-
seminaren hat der preufsische Kultusminister durch eine Ver-
fütrung wieder das \'t rf.ilnen angeordnet, nach dem die Prüfunj^ eine
Konkurren/, ist. das Ifeifst aus der Zahl der Rewerber je<lcsmal die
Resten ausj^ewählt werden. Hrti nbn'ijen fUnvcrbern b!(»ibt es über-
lassen, sich bei einem andern Snninar einer erneuten Prüfung zu
unterwerfen. Seit jSSS galt die .Anordnung, dais ein aksoluter Mafs-
Stab angelegt werden sollte.
— Im zweiten Ausschusse der Kammer der Reichsräte führt der
bayrische Kultusminister aus. dafs in nächster Zeit eine Ver-
längerung der Ausbildungszeit der Schullchrer nicht vor-
zunehmen .sein dürfte. Ebenso .sprar^- r sich gegen die obliga-
torisrlu 1". i n f ü h rn n einer fmn.Kn Sj)rache in das Lehrpro
gramin der St inm n it^n aus. hesonle jedoch, dais gegen die fakultative
Ivinführung keine iiedenken bestünden.
— Bei der letzten Rektoratsprüfung in Berlin bestanden
von 13 Prüflingen 5.
45©
\'or»'instliiUii?keit.
Dejn Deutschen rcr v erei n f . (kr am jS. De/.eiiiber
sein J5jährij;cs Jubiläum feiern kann, ist nach dein vor kurzem ver-
öffentlichten Jahresberichte am i. Januar 1895 der Badische Landes-
verein mit 35c» ftlitgliedem beigetreten, auch der Lehrer\*erein des
Fursteutitins Lübeck und verschiedene Mecklenburger Vereine haben
sich anjyeschlosscn. so dafs trotz, aller C.egenströnninjien einZ\i\vachs
von AS'fin Mitg-liedern zu vt r/richm-n ist und die gesamt» ■Mit^lirdrr-
7.1I1I («-".jcK) beträj^t. Der Wieiii .^ÜLtUrt sich in -^0 I.amks und l'ro-
vin/,ialvereine mit 2u\> N'etbänden. Nach dem Kasüenabschlnis pro
1895 betrug das Venno^jen 7504,55 M., das der Rechtsschutzkasse
599-. 93 M., das der Feuerkasse 544 > «33 M-
— Die Vereinshauskasse des Berliner Lehrervereins
besitzt ein Vermögen von etwa 19000 M. und 32 500 M. Sjiareintagen
der Mitjjlieder.
— Der KiiUusminister hat dem Verein Deutsches I.chrer-
heim in Schreiberhau 10000 M. als einmalige Unterstützung be-
willigt.
— Dem Thüringer Schul museuni, das bereits über stattli che
Sammlungen verfügt, wird ein dauerndes Heim geschaffen. Die
Sammlungen sollen nämlich dem pädagogischen Universitätsseminar
in Jena übergeben werden.
~ Das detitsrhc S i h 11 1 niu seu m, dasimjahre 1S76 einjxerichtet
wurde, ist inzwischen aul rund 2ck>k) Hände anj^ewnchsen Daneben
verfügt das Museum üIht rine reichhaltige Sarninhin lj, \ on Lehr-
mittel. Der soeljcn ci-schieucue Katah»g der Samudung enlhäll aul
304 Seiten eine vorzügliche Nachweisung der vorhandenen Bücher-
scIiätKe. Kr ist von A, Rebhuhn, dem langjährigen Verwalter der
Bibliothek, mit Unterstützung Ireiwilliger Hil&ikräfte zusammengestellt.
- vSchon vor hunder,t Jahren hat die Lehrerschaft am Nie-
derrhein hinsiclitbrh rUr Witwen- und \V ai sen Versorgung den
Weg der Selbsthülfe l)eschritten. 1796 wurde nämlich für die evan-
gelischen Lehrer im ehemaligen Herzogtum Kfeve, rcclile Kheinseite,
eine Witwen- und Waisenkasse ins Leben gerufen, die noch heute
besteht und also ihr hundertjähriges Jubiläum feiern kann.
— Der Ausschuis des Deutsch-österreichischen Lehrer-
bundes richtete an den Wiener Genieinderat die Bitte um Cber-
lassung des l\stsaales und um einen Beitrag zu den Kosten
für dcii L^^liici t.iix. IJeides war hu Jahr |S,S6 gern gewährt wt)rden ;
diesmal winde beides versai^l. I nT( »liit dessen findet der Lehrerlag
nicht statt, » »inges denn wirklich nicht auch o h n e den ( lemeinderat
— Der ungarische U n terrichtsminisler hat zu den Kosten
des heuer in Budapest stattfinden den Landes - Unterrichtskon-
gresses einen Staatsbeitrag von 4000 fl. angewiesen.
— Der Wiener L e h re rb au s v e r e i n zählte am Schlu.sse des letz-
ten Vereinsjahres nahezu 5000 Mitglieiler ; sein X'ermögen betrug
86040 fl., der von den Mitgliedern erzielte Rabatt 2991O iL
Chronik. 4(^1
IVrMülial-Na chritlitt'n.
— Ati die l.eln Liscliaft i >cnl>ciil,ui*l.s uiul ()slrMc»clis (il.ifst
der Bunilcsausschufsilc.s clcuUch-öslLi ixichischcii Lcliicihuiulcs. uiilcr-
zeichnt't O. Kntschinka iitKl H. Jun<; einen Aufruf zur Krrich*
tung eine» Dittesticnkmala in Wien. Beiträge sind 7.11 senden
an Herrn Oberlehrer J. II. Hotczabek« Wien IV, Allcegassc 44.
Der Leipiiiger Lehrervcrcin i^inniiitc Trof. Dr. Ludwig
V. Slrümpell. den xcnliiiistvollcn Nestor der (Untschen Univer
sitals|tä(la«;«>^en. (kti l:uii:iähri};en \'erteiditrer des deutschen Schul
Wesens in Kivland. dt 11 sl haffcnsfreudi.^eu 1 r>rderer der Ivr/.ieh»inj;s
Wissenschaft und T iitci 1 ichtspraxis, den rühri^jen Pfadfinder auf dem
Cicbiete der pä<lago};ischen Psychologie und Pathologie, den be-
geisternden I^ehrer vieler Lehrer«, zu seinem Ehrenmitglied.
— Seminarlehrer Prof. Dr. II eid, langjährige» Vorstandsmitglied
des Hessisclun I.andeslehrervereins, ist am 14, Mai gestorben.
— In Naumbnr«^ a. S. i.st am :?<) Juni im Alter \<>ti Jahren
l.ehriT T-!d. Teller gestorben, luk.uuit tlurch seine lu r\ « >i i ai;inde
.seluul.sUllcnsriie Thätijjkeil, namentlich auf dem (iebiete der l'äda
gogik und der Naturwissenschaften.
Fritx Harkort, dem besonders um Schule und Lehrer hoch-
verdienten Abgeordneten, dem Kämpfer für Volksrecht und Volks-
freiheit, der am 6. Märe 1880 starb, ist am 17. Juni in Hombruch bei
Dortmund, seinem letzten XWdinort. ein Denkmal geweiht wonlen.
bestehen»! aus einer IJüste, tlie auf einem (iranitsockel ruht, nei
der l'-ntlinlhntiisfrier waren vor allem die I^chrervereine der Nach-
bursch.ift \elllelen.
— In Nr. 26 der Sächsischen Schulzeitung nimmt Herr
Schuldirektor ent. Lansky, der dieses Blatt nicht weniger als
46 Jahre geleitet hat, von seinen I^esem Abschied.
— In Frankreich ist di r ehenialige Cntenichtsnntiister J ules
Simon gestorben. Welch' 1i(»1k Hedeutung er der X'olk.sschule bei
lejite, beweist sein Ausspnu li I ).is Land, das dii licsU Sehlde hat,
ist das erste Volk. Ist es tUes nicht heute, so wird es dies motten sein .
— Lehrer M. Spanier in .Magdeburg, seminarisch gebildet,
ist auf (inrnd seiner Dissertation iLxegeti.sche Heiträ};e /.u Hieronymus
Onomastikonj und nach bestandenem schriftlichen und mündlichen
Kxamen von der philosophischen Fakultät in Bern zum Dr. phil.
ernannt wonlen.
Litterarische Notisen.
— Kultusmini.ster Dr. Bosse hat dem Seminar-Oberlehrer Prof,
I-echner Ikrlin den .Auftrag gegeben, alle atd.'ifslich der 150. Wieder-
kehr von Ileinrtcli Pestal<>//is Oeburtstag ersch i en eiMn
Schriften, seien es Jiroschuren. Bücher oder X'orträge. estailikel,
C.edichte etc., zu .sammeln und die gan/.e Kollektion als besondere
Abteilung der Bibliothek des Ministeriums einzuverleiben.
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Neuere Ersclieiuungen auf dem
Gebiete des Turnunterriclits.
Von H. Schröer in üerlin.
(Schlüte.)
J. Bollin;r«*r-Auer, lAbrera f1 Törliterscliiile in Hasel, Hc wcjrn »
spii U für MTkU licii. üciiheitet im Auftraj^u des lü/ichunirs-
<kpai tciiictUs des KaiiU*iis Hasel. V'crlajj^ des Art. Institut OrcU
I'"üfsli, Zürich 1894. 96 S. 8" m. 34 Illustr. Trciü l'"r. 1.50.
Das Düchletn enthält eine Einleitunj^, in welcher allgemeine Be-
lehrungren über die Bildung der Parteien, die wichtigsten Spielgeräte
und <las Isuv^^i. ti nnd Werfen der Bälle jjej^eben werden. Dann foljjeii
I. 10 vSpiele, die nur im Freien jjcspielt werden können, II. 16 Spiele,
die \m I'reien nnd im Turnsaak in^/vifüliren sind. III. 1 Spiel, das
nur im S lak- jjespielt werden kann. Sind es auch nur 2j Si>ie1e, die
hier eine Dar.stellung linden, so gehürt das Büchlein duch un/weifcl-
haft zu dem besten» was auf dem Gebiet der Spicllitteratur in den
letzten Jahren erschienen ist. Und das will viel sagen ; denn die
neue Spielbcwegnng hat anfserordentlich befrachtend auf die I^itte-
ratur <lcs Spielhetriebes ein;j;e\virkt und viel (Vutes hervorj^ehracliU
Die Auswahl, welche der Verfa.s.ser j^etroffen hat. i.st eine recht jrliuk-
liche. In welcher degend man auch das Hüchlein /ur Hand nehmen
möye : das, was ni.m niclit venni.ssen möchte, wird nian dann finden.
Die DarstelUniij der einzelnen Spiele ist eine gründliche, von reicher
Hrfahrung zeugende, anschauliche und trefflich gegliederte.
H. Schröer» Johannes Stangenbergers Spiele für die Volks-
schute. Gänzlich umgearbeitet und zum Gebrauch an niederen
und höheren Ltliraiistalten eingerichtet. 6. Aufl. Mit 11 in den
Text gedruckten Abbildungen. Leipzig 1895, Julius Klinkhardt.
1 10 S. Preis geb. 1.20 M
Seitdem J. C. l*". (Vuts-Mulhs sein klassisclit s Werk : Spiele /nr
i'bung und Ivrholung des Körpers und Crei.sle.s hetau.sgegeben lialle,
war er Jahrzehnte hindurch so ausschliefslich das Vorbild für die
Herausgeber von Spielbüchern, dafs ihre Spielanleitungen zu jenem
Buche sich verhielten, wie etwa mehr uder weniger verwässerter Wein
zu ungetauftem, edlem Rebensaft — : bald gut, bald minder gut geonU
453
nttc Zusainiuenttollun^^en vieler Spiele mit einer meist vöUijf uiizu-
lün|;lichen Spielbesclircibuiig^. Krst im Verlauf der jetzij^en Sjjielbe-
weüutiir. welclie nicht nllctn tiefer ins \'olk /x\ f1rint'\ti hcuinnt. son-
ilern auch bes'^erc S]ii<.linetho<k'H licr\ urln in;^t, ist man /ii der JCr-
kenntnis gekiiuimen, daLs man. (ihnc L'herhebung und Impielüt, in
zwei Richtungen die bisheri>;en Bahnen verlassen müsse. Spielan-
Icituuj^en dürfen erstens nicht mehr blofs mofplichst kurze, dürftif;:«,
trockene Beschreibunffen enthalten, sondern sie mfissen den («ang
jedes Spieles mit allen seine.n Wechselflllen und Fein-
heiten anschaulich durstellen, und sie müssen /.weiteiis die
wertvolleren Spiele aussonderti «Ur reichen Menj;e minder
wertvoller oder hvi unseren Si luil uml ( asL llscliafts-V'erhältnissen
wenijj^ei Inauehbaic! Spiele, als<) eine engere Wahl tieileul Diese
Richtung kam litterarisch in den 'Tumspielen' etc. von Dr. Kohl-
rausch und Marten zum ersten Male in Boll in ger- Auers
•»Bewegungsspiele für Mädchen« {i^A) und vorliegender Keubear-
beitung der Spiele für die Volksschule am entschiedensten zum
Ausdruck, l'.iw oberflächliclu i. dii Spieüdee wenig zur Ivntwickelung
bringender Spit-Ibetrieb \ trniau iiuhl so zu fesseln, wie das I\in-
dringeti in die I cinheilen tlcs Spiels. Darum entspricht unserer Zeit
eine Spielanleitung, welche die Jugend lehrt, wenige Spiele gründ-
lich zvk erfassen und mit Hingebung und Ausdauer zu betreiben.
Spielbficher mit überreicher Auswahl und dürftiger Darstellungsweise
haben wir genug ; an solchen aber fehlt es noch, welche darauf aus-
gehen, demjenigen, dereiner Anleitung bedarf, den lebhaften Gang
des Spiels vor Augen zu führen, die F ei n h ei teil zu zeigen, die
\'ermeidung von l-ehlL-rn nahe/ulegen, ein festes und
logisches Regelwerk auszululden (Schröer im VDiwortj. Die
Zahl der von Schröer behandelten Spiele beträgt nur 45; die Au.s-
wähl berücksichtigte vor allem den körperlichen Übungswert
der Spiele; auch darauf wurde gesehen, dafs die Spiele wenig Vor*
bereitungen und Ilil fsmit u l und keinen all/u kostspieligen
Platz erfordern, dafs sii ^iiu einfache und klare S|)ielidee,
.sowie 1ei<'lit zu behaltendt. , .iIkt fe<u Regeln haben, und dafs sie
für die lUUiliü'ung auch \i\ i) isvi vr S i)i elerni assen sich t i n i n
Allgeujeine < iriind.sülze über ilen Charakter der Sinele, das \ erhäU-
nis zwischen Turnen und Spiel, die Auswahl» die Methode des Be-
triebes, den Spielplatz, die Spielgeräte etc. gehen den Spielbeschrei*
bungcn als einleitende Bemerkungen < voraus. Die Spiele sind im
allgemeinen nach folgendem Schema behandelt: Name (die in ver-
schiid nen (legenden gebräuchlichen Namen eingeklammeiti. Zahl
der Si)!t'ler, S |) i el g ed an k e und \'orberei tu n g. Ausführung
und nll ji HKine .Spielregeln (letztere er^-dn-n sich rms di-in vor-
gefnliiten Spielgatige wie von selb.st und sind imniei .in helretiender
Stelle mit Sperrdruck und beziffert in den Text eingefügt), Fehler,
abweichende oder besondere Spielregeln, Abarten des
^ d by Google
Spieles, A 11 in er k ti ti e 11. MetliocHseli sind die Spiele nach Ver-
\vati(Us(-liatt und Sch\vieri<;keit aiifsti i^end t,'eordTut niid auf die
StiU« 11 \x iteilt. Kürksichllioh der ( icschleelilf r cij^ucn sich i| Sf)ielo
\ oriiehmlicli für Knaben, 9 Spiele in erster Linie für Mä<lclien und
22 für Knaben und Mädchen gleich j^ut. Bin Xachtrag* enthält
einige Winke über die zur r Vorbereitung gehörige Verteilung etn-
;:clner Spielaufgaben durch Auslosen und Abzählen nebst Abzähl-
reimen, endlich eini'je Worterklärun^^en. T'nter den 16 Spielen der
I. Stufe befinde n sich 10 Sin<;spiele mit Noten und I,iedcrte\ten. Rei
<ler II. Stufe tritt das Sinufspicl mehr zurück (uiiU r 1 A Spielen Sinv;-
spiok->: die III. Stufe wt-ist Spiele auf. wehlu nui>l auch für l-.r-
wachscnc verschiedenen Alters (Spieljje.sellschaften » ^^eeigiiet sind.
Der Neubearbeiter des Büchleins gehört dem ^Zentralausschura
;euT Förderung der Volks- und Jugendsptelc in Deutschland ^ an und
er«*arb sich seine Krfahrungen in langjähriger Praxis als Spielleiter
gröfserer Schülermassen.
Dp. Vict«r von WoikoWHky-IJiedH«, aufserordcnllichcs Mit5ilied des
Ktinij^l. preufs. Statist. Bureaus, T>ris Hewe j;n n 1; ss pi rl in der
Deutschen \'olkshyjjiene und \ olkser/.iehunj^. S<)n«k rabth uck
aus der Zeitschrift des Konigl. pr. stat, IJ. . Jahri;. KSy5. Leip-
zig R. Voigtländers Verlag. 63 Seiten, gr. 4'. Preis?
Diese ausgezeichnete Schrift — ihr Verfasser gehört gleichfalls
dem oben genannten »Zcntralausschufs* an — bietet eine Cbersicht
über den Stand des Bewey^uufj.sspiels, wie sie geradezu einzig da-
steht. Der I. Abschnitt handelt vom Wert des He\ve.ü^inj^.'<si)iels in
\'olkshyj;iejie und X'olkserziehimij . der II. von der (Vcsrhirhtc
desselben. Xini fol«^t dt 1 IIau]»Ueil derArhvit: eine Slalislik, wie
sie eben nur mit dtrn Mitteln und I'^ähij^kcilcn ciiics wissen-
schaftlichen Instituts durchgeführt werden konnte.' Die
hingebende I^iebe, mit welcher der Verfasser die mühsame Zusammen-
stellung gemacht hat verdient Bewunderung.
Hftinrieli Schröor. Stfidt. Tunnvart in Herlin. Die StabübungO«.
ICine Dar.stellun.ij derselben in Wort und llihl für Schulen und
Turnvereine Mit icx) Holzschnitten. Wien und Leipzig liM/u
A. Pichleis Witwe u. Sohn. 130 S. 1.50 M.
Der Verfasser hat den Versuch unternommen, hinsichllicli dci
systematischen Durchdrinjjunjj und Ordninij^, der Zu-
sammenfassung und übersichtlichen Darstellung des bisher
von der turnerischen Gesamtheit erarbeiteten Übungsstoffes eine
neue r;nindlai:;e zn schaffen, auch /.u«jleich in methodischer Hin-
siclit durch stufenweis f f>rtsch rei ten d en Aufbau den Stab-
übnngen. welche ja anerkaimtt i wti^c so sehr sreei}.;;net sind. <lie h'rei-
übnujjen zu beleben uiul mit r»..-..s.inU r und wirksamer /u s;estalten,
eine weitere Verbreitung; namentlich im Schuiluniunlerricht zu
verschaffen. Der Inhalt des Büchleins zerfällt in einen theoretischen
und praktischen Teil. Im ersteren befinden sich folgende Kapitel:
Xcwre Rntrheiiivnvra auf Atm Afn Tvtrwmuttivhtt,
455
(icsf liichtlichc MinkMlunj;, das lT])untrsfj:t rät, die ( Iriffarlcii (xler
l'as.s\iii^fii, IlalUiiiurn des Stahis. rhcisicht der Stabühunsreti, die
AufsUllunji der l'benden, der ('buugsbeiehl, Auswahl der Stabübiin^eii
für Mädchen. Im praktischen Teil werden aus dem Gebiet des
Stahdrchcns« -schwingen«, -stofsens, -hebens, Ilaltnngswechsels durch
Heben und Senken. Drehen. Stoteen und Schwingten, den überstctfirons
und -.Spreizens und der (lenieiuübuujfen mit kurzen und langen
Sljlben 15 lu et ]uul i seli ^^eordii« U ■lt^'^hu beschriebene und
durolj Zei eil n u n jl; e n erläuterte 1' 1 • u n sb e i s ]ii el e. voti den
allereinfat hsUn bis zu den srliw ierijj;slen l biinj^eii und ("bun«4:sfolL(en
forlschreitend, im Anschiui.s an diese auch 5oAufj^aben, sowie /.um
Schlufs eine Verteilung des Cbungsstoffcs auf 4 Stufen ge-
boten. Die Zeichnungen, auf die der Herr Verleger viele Mflhe und
Kosten vei'wandt hat, machen — ungeachtet einiger I'''iguren, welche
den Verfasser nicht befriedigen im ganxen einen sehrguten Hindruck.
4«;6 l^o<M> BOcbor iiD«l Auf«Su>..
Neue Bücher und Aufsätze.
ai Bücher.
A chctibnoli , l'>it/.. I'räpaia-
tioneu /ui Hchaiulluiij4 «Iciitsclur
C.i.lulilc- in tlarstclKinkr J'rtini.
(Will. .>s s.» Hilchenbach, L.
M iegaiul. i/k) M.
Backhaus. J. C. X.. Lehr- und
f'liunj^slxich il.cn^lischcnSpraclit
Ausg. IJ. 1. Tdl. (VI II, HO S.j
Hannover, C. Meyer, i M.
Hleich, <;.viiina«.-<niori. a. I)., \'cr-
ci 11 fachte deutsche Keditsclirei-
buuj^u. richtij^e. Aussprache. (42 S.i
Berlin, M. Schil(l])erj;er. o.St) M.
Clafs. Prof. Dr. ('. , rntersuch
ungell zur IMiäiiumenolojjie uiul
Ontolo^e d. menschlich, (leistes.
2:,s S.) I^eipz., A. Deichert
iSachf. 4 M.
Gerhardt, ob..Lehr., Osw.. Über
die jic^^eiiwärti^e ( le.slallun.LT des
luih. Schulwesens in iMankreich.
y2j S.) licrlin. K. r.ärtner. 1 M.
Henze, Wilh.. I ber die hevor-
steheiule Refonn tki fr.in/. (hlho
graphie durcli die Acatlcinie fraii-
«jaise. (23 S.) Berlin, R. Gärtner.
I M.
Hei Iniann, H(>m.-iHr., Dr. Karl,
Ps)-choloiäfie mit Anwendung- auf
Kry.ieliuii).^ und St lnil])raxis. l'nter
Mitwirkung von Dir. Dr. Jahn.
(73 S. m. 2 FijT.) Leip/... Dürnsche
Hiuiih. 0,9s M.
Just, tür. Dr. Karl, Mfirclien-
uiilci t it Iii. 12 X'olksinärchLU in
darstellender l'Orin f. die Mütter
und Lehrer der Kleinen (XI. S2 S.)
I,cipz., A. Duichert Xachf. 1,35 M.
K O ru h a S , <1ymn.o2<>Irbi'til., Alb.,
Das ZeichncTi nach der Xalur.
V orschläge /.u einer Keform de.s
Zeichenunterrichts an höh. I^ehr-
anstalteii. Mit 61 1m^. u. 6 Licht-
druck Taf. S.) Freiburg i. ü.,
Herder. 2 Sl.
l'fer. ltürit< rK. Ii.-Uckt., Dic PflcgC
dir (Ifutsiheti Ausspracht iti dt-r
Schule. (4oS..j .\ltenburg,(). Hönde.
0,60 M.
b) Aufsätze.
HailtJ. Si-liuMinklor, DaS I ('.r]>Dt.
lU ilraj; zur chn.sto/.eiilriscliL u l>e-
handluiiL,^ des Katechismus. »D
St Iiiilpraxis 21—23.) Lei|>zig, H.
\\ uiuierlich.
Bobke, Georj^. Darlcpung- ver-
schied euer Koii/entrationsfonuen
und Heurteilung derselben hin-
sichtlich des Wertes. (Praxis der
N'olk.s.sch. 5.f Halle a. S., Schrridel.
ICrler, J.. Zur Heiniatkunde im
ersten Schuljahi e. ( Praxis der b'r-
/iehun^ssch. 3.» .Mtenbuiji. l'ierer.
I lÜLCel. Otto. Der Rationalis-
mus in llerbaits Pädagogik. (D.
Bl. f. erz. Unt. 22—25.) Langensalza,
Beyer u. Sohiu .
Franke, Dr. Karl, 8em.-0b»ri.,
DasFörnndWiderder Frickesdicn
Recht.sclm ilmu},'. (Päd. Blätter 3.)
( lotlia, Tliieneiuanii.
Hartnack, Karl. In welchen
Momenten des rnteiriclils ist
drsscn siltlicli !>ildc-iide Kraft zu
sucIku .' (Neue Westd. l^ehrerztg.
8 lo.) Pilberfeld, Bom.
Herberhol/., u«kt.>r. Riilillinirn
für die Behandlung eines Iasv-
stfickes. (Deutsche Scliulpr. 23. 2 j.)
Leipzig, WuiuK I
Heydner. (.eor<4. X'oiu Stoff-
gebiete des Lesebuches. (Leip/..
Lehrenttg. 27. 2H.) J^eipzig. Otto
Klemm.
Reishauer. Th., Die luucsle
Zeit im ( Uschichlsuuterrichle der
säcli.sisclieu Seminare. (Leipzi.uei
Lehrer/.tg, 30 32.J Leip/.ig. Üllo
Klemm.
Sachse. K.. Die Lüge und du
.sittlichen Ideen. iD. PI. f. er/, l'nt.
26.1 Langensalza. Beyer u, Sohne.
S|)itzer, Zum gigeiiwärtigeii
Stand desZeicheminli ! richtsunlt r
besouilcrt-r Pirücksichtiguug «1er
ein- und nuhrkla.ssi'^cu \ Olks-
schulell. (Zeilschnft drs \'< uiiis
deutseher Zeichenlehrer 17.) Stade,
I'ockwitz.
j . by Google
Neue Balinen. H^g,
PÄDAGOGIUM.
Monatsschrift fiir ^Haus-, Schul- und GeseUschafts-ErziehunQ.
H«ift 9. SejitmUr 1896. Vll. .Ijihi'^-.
Sdiweiaerisclies YolksscJuxlwesen.
Von Rudolf Dietrich in Knndeni (früher in Zürich l
iSchlufs.)
III. Die VolUsschüUehrer.
I. VVtlllichc uml jicisllichc I.chrkiäflc. lAiiivr und I.chixriuneii.
s, KiUhintr der wclUiclien lychrlcräftc. — 3. AnKtcUuii}<: (Wahl».» —
•4. Besoldung. NclH?nl>cschäfti.inni<;. - 5. Sli Uvcrtrctinijji:. Kulieji^ehalt.
6. \'ereins\ve.scn.
I.
Ktwa 4*/o der Volks- fKinclcr-, -Primär-) Schiil-
K hrer sind p^ci stliclicii Stamles, in stark übcrwicfjcii<ler
Mt'lnzalil LrhrschwesUrn . Diese bilden inij^cfähr lo^/u
s.'uiitliduT Lclironniien. l)ie Kantone, in welchen tUc «geist-
lichen T.clnkräfte vorherrschen, sind I'ri. Srh\v\z, ( 'liwiilden,
N'idvvaidcn, /n^;. In AppenzeU-Iinierrlnukii l>t"-clir;inken sie
sich auf 40, in Wallis ant I4";y; vereinzelt wirken ?>ie in ilen
Kantonen St. (talleu, ( vraubünclen , Tcssin, Luzem. Die
übrifi^en Kantone scheinen z. Z. j^^eistliche Lehrkräfte nicht
zn besitzen; mehrere, wohl die meisten laxen sie überhanpl
nicht Zinn SchnliHnist /n. IJaselstadt lie^rnndet liSS.p diesen
Ansschlnfs damit, dals die dein Staate znstehend< Lcitnnj^
des rnterrichts nicht vereinl)ar sei mit der Wrweiuliin«; von
Lehrkräften, welche als Mit.t;lieder reli<;ii).sci < »rdcn nnd
Kon;;re<;ati()nen ihren ^^eistliclien ()l)ern zniii uabedin<;ten
(ichorsani verpflichtet nnd ihrer «ganzen Bildung- weise nach
nicht jfceijfnet sind, einen Unterricht zn erteilen, welcher
sowohl im Interesse der geistijjen ICntwicklnn.i; nnd Schnlnnjr,
als auch der nationalen reimblikanischen luziehnn;^ der
Jm-^cihI von den im Kanton liaselstadt bestehenden Schnlcii
j^elMidi it werden mnfs .
ICs wurde voriiin licnurkt, dafs die LehrscluN cstern den
zehnten Teil der schweizerischen !*riniarlehrerinnen ilarslelleii.
Deren Gesamtzahl nnn nia*; z, Z. 3400 sein; das bedcnlet
etwa SA'b^U ( an f 9900 zu schätzenden) Priniarlehrkrafte.
I tlndolf Dtolricli.
J )ic Vcrliäkuiszahl <ler Lehrerinnen wäciist von Jahr zu Jahr
bescheiden, aber stetig; 1890 warsie33®/Q. In den einzelnen
Kantotieu sind sie freilich sehr verschieden stark vertrclen.
Nidwaklen hat nicht vveni^jer als iSo"'Q Lelirerinncn, (^l)waldeii
72, Ncncnhnrj;- 70, Tessin 67, Scli\v)z 60, (ienf 59, Zuj^ 52^
Uri 51, Waat 48, WalHs 46, lMeihnr<^ 43*, Ikrn 41, .\j)]>en-
zcll-Inncrrhüden 40"',,. Man sieht: die Lehrerinnen werden
aufser von den wälschen hauptsächüch von den katholischen
nnd unter diesen in erster Lniie von den Urkantonen (Lehr-
schwestern) be\ orzugt. liaselstadt zählt z. Z. — die Zahlen
schwanken natürlich — auf 100 Lehrkräfte nnr 29 Lehrerinnen,
Ariri^nn iS, [jizern 17, l'ri^^clland 9, Solothnrn nnd Ziiricli 8^
Sl. (i illi n 5, Tluirj^an nnd Schaffliansen 4, Ap]ii>n/ell-Anfser-
rlioden keine; im Kt. (ilarns werden Kelireriinit n iiherlinnj>t
nicht unbestellt. Die meisten verheiraleU n lAhrei innen iiiulen
sich in den Kantonen Genf (nahezu 40 "/y), Waat, Bern (über
30 '^/o), Tessin (über 20%),
Ans nnsern Zalilenan^ahen erhellt, dafs die Lehrerinnen,
keineswegs meist in städtischen ( Gemeinwesen wirken. Auch
in Kantonen, wo sie verhältnismäfsij^- nnr schwach vertreten
sind, wie /.. V>. im Kt. Zürich, amten sie anf dem Lande, in
nni;eteilten Schnlen (mit niedriv,sler lUsoldmu; 1, nnd dir l-j-
fahrung hat gelehrt, dafs sie solciien schwierigen vStellnngen
gewachsen sind.')
Die schweizerische Primarlehrerschaft weltlichen Standes
wird z. X in 37 Anstalten ansgebildet,^) welche entweder
ansscldiefslich oder in einer ihrer Abteihiiii^en der Lelivt r-
bildnng diLMu ii. Die xweite Art vertreten tlie hölieren kan-
tonalen Milteiscliulen /.u Sululhnm, Chur, Xeiieiilnirj^, tieiif
und die ähnlichen Privatschnleu in Zug und Schiers (Graub.).
Hier empfangen also die künftigen Volksschullehrer ihre
wissenschaftliche Ausbildung ganz oder teilweise gemeiusani
't ('her die l'ühigkeil der I^ehrenniicii hat sich in Ict/.tcr Zeit
Ivl. lialsii^er (Vorsteher der stäclt. Mädchctisclnilc iti Hern, früher
I M' i l.t. des Lchrersi iniiiiM s in Rorschachi einj>ehentl ausgesprochen;
vgl. heiiic StiüUisclitiii Sclmifragcn, 11cm iHy^.
•j Neuere Literatur: J. Kaufmann: Zur Lelirerbitdunjfsfrage.
Kolothnm iSS<i. - C. OuAf. Jalubncli d. rnterriclitsu cseiis 1.S90,
S. I — 4". — Ikritlil über die I jrielitun.u eiües I.elirotscniinars im
Kt. llasclstadt, iS^o. Ralschhi.i: l)elr. die IviiiriclUun.u von l-'acli-
kurseii /.UY Ausbildunii: vmü rriinarlelirem [in l'astl,, iS»^2. - Dir
I'raL,a- <lf r \'i rschniel/uii;^ des Lehr^rst niiiiars inil di r Kaiilonsschidi-.
Iviiif^abc d. a.trt;auist. heil I.Llircrktinfereiiz und Jiericht des Re^ieruiigs-
rates, is<,i Hoiscliafi des Regiemn^Ärate« des Kt«. St. (»allen a.
dCiinfsi ti Rai hitr. Erweiterung des Lclircrsenitnars. itSg^. Kom-
juissiimalhcricht da/u, i'^^j^.
mit (Icnjciiit^on imit^eii Leuten, welche sicli für den Eintritt
in eine Hocliscliule o<1cr eine höhere technische Schnic \ or-
bereiten oder ans der Scluile uumittelbar in einen praktischen
liernl übersehen wollen.
Von den 37 Anstalten gehören 23 der deutschen, 12 der
fran^osischell, 2 der italienischen Schweiz an (keine besitzen
Tri, Ob- mid Nidwaiden, (rlarns, Baselland, Schaffhansen,
1k i'Ii' Appenzell). 25 sind staatlich, 4 städtisch (sämtlich für
Lehrerinnen), S privat. Dem männlichen (U schlecht allt'ii^
dienen 24, dem wcihh'clieii 12 '); das vSlaalsseminar in Küsnacli
(Znrichl ist j^emischt. Die rund 26^'^ Schüler (wo\on
Mädchen) werden von etwa 360 Lelirern und Lelueiiuncu
unterrichtet
Die Räunilichkeilen befinden sich in ehemaligfcn Klöstcni
iKüsnach-Zürich, Pruntnit-nern, Hitzkirch-Lnzern, Ricken-
liach -Schwyz, Hnuterive-Freibur}^ , Rorschacli Si. (lallen,
Wetlint^en-.Xarj^an) oder in nocli l)estelieiulen Klöstern (die
privaten Mädcheninstitute In^^cnbohl-Schwyz, Menzinj^^en-Zu*^
und das Knabeupt usionat St. Michael in Zu;^' i. oder in ehe-
mali_i;en (ia.sthöfen, alten Ht ricn.sii/cn, oder endlich in Scliul-
häuseni, welche g-ewohnlich noch anderen Zwecken dienen.
Kini^e Lchrerseininarien haben ansgfcdehnten Grnndl)esitz
zur Betreibung einer (ruts Wirtschaft, andere wenigstens einen
.ijrofscn Garten für Ciemü.sel>au mid freie Hewej^nni;; die am
schönsten oelc<reiicii und am besten ausgestatteten sind
Hufwil-Hern und Rorsciiacli.
Xur an 2} Anstalten boulit ein Internat ( Kon\ ii<t).-)
Ohne diese luniiclilun^ sind die Staatsseminare in Küsnach,
Lausanne« Neuenburg, Genf und die städtischen Madchen-
Institnte in Zürich, Bern, Freiburg, Aarau. Als Widerspiel
der Internate erscheinen — freie \*creine der Seminaristen.
( irob notirt 9 Turn-, 7 Stenographen-, 4 ( lesanj^-, 3 Wreine
für .dlL;emeine Z^^■f^'f"ke , und etliche für andere Zwecke
dürften ilnn nicht bekannt «geworden sein. I^r behanjitet,
die Seminaristen fühlen, wie andere jnnj^e Leute, das 15 e-
'1 Darunter thc muui-ilc f>r!i)iii 'iii <! /i"(^>< I.u nhi in Nciu-n-
bur^ als SiiJiou /•on/nifi iiii-o;^ji/H( »In (ivnnui.u niiiUmiil, Jnuti ji.'iius
ilamiscllfs : bis war die »ikhingsstltte für Kinderffärtneritincti
eine .\l)l«.iluni^ für sioli
^\ in ciiiixcn Konviklcii werden den Zö^ihugcn hauswirtschafl-
liehe Arbeiten übcrtraj^cn. B. Kehren der Zimmer, Trcpncn, (Wuifre,
Dirki ii und Ahtra.^en (Us TisclKs, I lol/xpallcn. - Ol) Mas Inl» i n.it
)iut (Mlcr schlcolil sei, ist auch in der vSchwciz eine Zeil- und Slrcil-
fra}^^. jünijst iiSij^i hat sich die sanktj^allisclie Lehrcrkcmfcren/ in
ihren \\ rhan(lhinm.u iila-r eine Reform der heimischen Lelm ihildnnjif
für I'^orlilancr (k-s Kon\ikts ansiiLSproclKii. Allcnlin.Lis sind dir \ (-r-
hiillni.ssc in Uor.sehach l)t.s(»n<kis gim.sti^ alar uaiuin sulUi ii sii
sich anderwärüi nicht ähnlich gcstaUen hissen!
3o'
. j ^ d by Google
Itudolr »iotrirh.
(liirfuis (la/.ii . Nun ist riln-i iii('lits so j^«.\\ils, als dals die
VcrcinsiiKMcrci (wie die itiil iln vcrschwi.stcrtc l'^cstdusdci)
zu den verächtlichsten Erbännlichkeiten, zu den faulsten
Faulheiten unserer Zeit jfehort Man sollte also nichts ver-
säumen, um dem ( K'schleclitt , u küiitii,^cMi Hür.^^ern,
und besonders den künfti^t»! Volkscrziehern thatkräftijj^en
Ahschcu vor dcni Din^^' ciiv^nllöfseii, woraus notwtndi'^^ ^'>^4t,
dafs man es mindestens am Seminar nielit ciuiden darf.
Uhrij^ens ist (kis Bedürfnis dazu hei der Juj^end niclu
natürlicli, und die Seniinaristen \ollends haben ^ar keine
JCeit für 3Vcreinsthätiy;keit können keine haben auch hei
wesentlicher Verminderung ihrer Unterrichtsstunden.
Du Mehrzahl der Seminare \erkni.ot für den Kintriit
ein Alter von 15 Jahren und Sekundarsehulbildung^. Auf
die Lehrer- oder Lehrerinnenbildunjr im l)esouderu werden
alsdann 4, 3' .,, 3 oder 2 Jahre (in i r, 2, 17, 5 Anstalten)
verwendet. \'on ilen 22 Anstalten mit 3 oder 2 Jahreskursen
fordern nur 5 ein höheres Hintrillsalter (16 Jahre).') Im all-
i^emeinen ist man der Ansicht« dafs die jungen Lehrer nicht
vor ihrem zwanzigsten Jahre in den praktischen Schuldienst
eintreten sollen; thatsächlieh jedoch konnnen sehr viele,
wohl die meisten unt 19 (Lehrerinnen mit 18) Jahren ins .\nit.
Die Zahl der wöehentlielien rnterriehtsstniidcü ist fast
i'iberall /.n j>rols; in nahexu der Hälfte der Ansliduii smd es
40 und mehr. Über den l'uter rieht seilest ist nicht viel
zu sagen. Er wird im allgemeinen, wenigstens in der deutschen
Schweiz, wie an deutschen Anstalten betrieben; von den
Reformen, welche im Laufe der letzten Jahre Lehrer und
Schulbeamte verschiedent 11 Ranges mit j^utem Rechte ^e-
f'irdert, mit IlriiV, r.< sdiick und (iründliclikeit erörtert
hriV)0!K findet man aucii in den neuen Lehrplänen dei Xenn-
/ii^cij.ihre wcuiij:^ oder nichts. Nur die W'c sl Schweiz weist
eini*^e Fortsehl iiLe aul. Die Lehrerseminare zu lioiwil, Pruntrut,
Ikrn, Lausanne, Neueubur<^, (ienf üben in Handarbeit; die
drei letztgenannten tmd aufserdem diejenigen von Kreiburg,
Solothurn, vSittcn-Wallis pflegen die P> ü r j^crku nd e als beson-
deres Fach. Dazu nur noch eine Mitteilun;^^ ü1)er den vSpracli-,
Matlieuiatik- und naturwissen<e1i.iftlicheii l'nUrrieht, Die
w.'ilsche Schweiz widmet der Aluttersprnrlu- nulir Zeil als
iWc deutsche, die ihr die iiaturwissensclialilieluii und mathe-
matischen FTicher ^leicli hält oder gar vorzieht. Dagegen
werden fremde Sprachen an den deutsch - schweizerischen
Seminaren eifriger betrieben als an den wal.schen, und zwar
M l'äila^. .\l)Uilnii.u füi MäUclicu am NciicJihur^cr ( ".yiunasiiun .
i -ititriltsalUT künfti^'^ri Kii!<kt j^ärtitcrinm ii i6 J., küiifli^^^'r l'riniaf'
iclireniinvil 17 J. ÜiitcrrichtskursuR der k-tztcren nur citijähri)^.
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KehweicoriMhei Volksscbalweaeni
lehren die deutschen und italienischen Französisch» die fran*
msischen Deutsch obligatorisch; die Seminaristen in I<ocarno
lernen überdies in der Oberklasse noch etwas Deutsch. Eine
zweite und dritte iMenidspraclie tritt an einij^-en Anstalten
als fakiiltati\ es I'acli auf, während andererseits das Lehrer-
seminar /u Hanterive und dir I a hrerinnenseniiii irr zu F^an-
sanne, vSiilen und liricg (Wallisj auf die Muttersprache .sich
beschränken.
^ Die berufliche Ausrüstung der künf ti gen Volkssctiul-
lehrer — bemerkt Crrob -• kommt aus verschiedeneu C.riinden
an den meisten Lehrerseminaren nicht zu der wünschens-
werten rieltnii;^. Kinmal ist die nildnn.i;s/.eit überhanpt /.n
knr/., nm den Schülern ne})en einer i^rwissen Sicherheit in
der IJeherrschnnjL^ des Unterriclu>sluites anch noch eiidäfs-
liche Kinführunj; in die Traxls l)ieten zu können. Im weitern
stehen die SchulanUskandidaten während der Seminarzeit
noch in einem so jn jugendlichen Alter, dafs sie die gebotene
Psychologie und Methodik nicht gehöriii; zu erfassen und zu
verarbeiten vermögen. Ferner ist auch die Materie an und
für '^irh <e!!)>^t -^o schwien\q-, dafs sie auch miTrr den Lehren-
den nirlit immer die i^eeii^neten Vertreter limlrt. Ivndlich
sind die vorliandetien Iunrichtnn_*;en zur praktischen An-
leitung noch an manchen Orten sehr uumi^s^llKül nnd können
schon aus diesem (rrunde nicht den gehofften Rrlobj; haben .
Die I^^ähigkeitsprüfung ist in mehreren Kantonen zwei-
teilig: entweder so, dafs .der erste Teil scimn mu Hude des
vorletzten Jahresknrses erledis^t wird (Zürich, nern) oder
so, dals man die theoretische Tü« lit^-^^keit beim .Austritt ;;ns
dem Seminar, die i>rak tische daj^e.iien erst später prüft iLn/ern,
St. (fallen) oder endlich so, dafs zwar die l'rüfnn,ij selbst
auf einmal abj^ewickelt wird, der Oeprüfte aber .sein l^ehrer-
patent' erst dann, erhält, wenn er praktischen Schuldienst
(unter der Leitung eines Musterlehrers) geleistet (Freibufg,
Waat, Oenf).') — .
Aus dieser Fbersicht erhellt, dafs die iL^rofse Mehr/ahl
der scluveizerlschen Lehrer ihre Ausbildunj^ an l)i's»)ndeTen
Anstalten, den .sog. Seuiiuareu erhält Nnr iu w enigen t^haupt-
'» i'ür l»freits anj^cstellte Lelirer wenWn in Kantont'ii mit dflrf-
tii^slvr I.clirrthiUhni,^ {'/.. R. in W.illis) oblii4:.il()risclK- Wirdcrlioluiij^s
o<kr 1 orlbiUhntjiskur.se — in aiukrn Kantonen (Ucrn, St. (i4illen.
Tlnirjrau i faknltati w t I'arh tKnrse veran.staltct. - Auch cliezürchcrisolie
l ntcrrirlitsbehr>nlt.- IiirUl jrl/,t .Im l.rlirrin wissrnscliafllirlii.- 1 -hI.
l>i!<lnii^skur^r. Dtuli srhrinl <la <lir W'alil niehl durcli ])rnif]i(]ie
i Hu tu i.ssc <)<k r /cili;i.niiilsc' l-onlrt uu;.4rn. soiHK rn ilurch /ulällige
persönliche l juflnsst* oder Ur/i^^lumum lu sliumil /n werden : sonst
nältr -iL-r ^iMii! k;'iM-ii;:il ] ''--^^^ : < l'^'i '-^i'" -iH ■ ■;"niu j!?^';", i»,
iJic.Ncu sind «.uuui ii.>j^;<'; ^ci>h>^i?,clie J-..\kui.'-iuni.n gcf'ilj^t.
Biidoir Dietrk'b.
sächlich klciiicju Kaiitoiicii ist die I A'htcrl)il<hiii<4- hiihcrcii
Mittelschulen zu jL;e wiesen; tl. Ii. an diesen. Schulen Inv^iehL
uel)en 9. (mIci' andern Abteilunt^en eiiK- pädai^o^i-ehe ,
Ivine ähnlielie l{inrichlini,i; eisUeben nun auch doch bis-
her ohne Krfolg: - die Lehrer anderer Kantone: so die
Schaf fliatiser 1889, die AargiClier 1891. Die Hemer Schnl-
sMiüde .sprach sich in ihrer Antwort auf die oblijfaturisehe
Kraije des Jahres 1890 dahin ans, dafs die sog. Wissenschaft-
HcIr-' IJildnniLr in dem alten Seminar oder in einem (tvm-
nasiuiu geholt werde, die Ijcruflichi- l»ildun,^ ai)er ein in
Hern zu .s^ründende.N einjährii»es ( )i»e' >eminar iihernehnien
solle. Die Zürcher gehen noch einen Schritt weilei : sie \ er-
hmj^en (schon seit den Siebzigerjalircn) höhere Vurbildunj^
in der MitteU, Benifsbikhnig an der Hochschule.
Die beiden Pläne derBerii< r uv.d Zürcher sind so/usagen
iueitiander gearbeitet worden im Kt. Iiaselsla<lt. Iiier Ijl--
steheii seit nerl)st für .solche, welche dit- Rerdsehule
oder das (rvuinasinin durchlaufen haben untl dem X'olks-
schuldienst sich widmen wollen, h'achkuise zur Ausbildung;
von Priniarlehrern^.') Kiu Kur:^ erstreckt sich z. Z. auf drei
Semester mit je 20 - 26 Wochenstnnden. Im I. Semester
werden gelehrt Physiologie, Psychologie mit Logik, Geschichte
der Päda<;ni;ik im II. folgen Kthik, allgemeine Pädagogik
im III. ( iesundheilslehre, vSchulkunde. Mit deutscher
Sor.iehe und Literatur beschäfligen sich das I. und 1 1, .Semestey.
( iegen.^lände der Methodik sind im I. vSem. Schreiben und
Deut.sch, im II. wieder Deutsch, dann Keligiun, ivechneu,
Realien, Zeichnen, Singen, Turnen. Das III. Sem. führt die
Lernenden in den Schuldienst seihst ein (d. Ii. in die städti.schen
Primarschulen). Nebenher gehen (für die ganze Dauer des
Kurses) Übungen im Zeichnen, Singen, \'iolinspiel, Turnen:
in der allgemeinen Gewerbeschule. Musikschule und iiu Turn-
lehrerverein. Ül)erdies können XOrlesungeii au der Hoch-
seiiuK- besn(^ht werden. Der gesamte Unterricht ist unent-
geltlich, auch der Zutritt /u den \'orlesuugen, welche im
Rahmen des Lehrplans Hegen . Bis zum Frühjahr 1896
.sind drei vollständige Kurse durchgeführt worden, mit 2, 4
lind 3 vSchüiern, welche alle die Maturität^; der I . iscler
((>ber-)RealscIiule erlangt hatten. So konnte wohl der jähr-
liche Jiedarf neu anzustclieiider Lehrer gerade gedeckt werden.
3-
Die Lehrer werden auf lAl)ens- oder unbestimmte Zeit
angestellt in den Kantonen Tri. Scluv\/, Obwalden, I^reibiirg,
iJaselstadt, beiden Appenzell, vSl (Valien, (iraubünden, Thür-
^} Divsit Kurse ^ind hei jenen 37 Anstalten al.^ Ivinhdt nutjccüälilt.
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j^au, Waat, Neuenbiir«^, (rcnf. In den übrigen Kantonen ist
die Anitsdaiicr auf 3 - 8 Jahre fcst.i^csftzt, und nach Ablauf
dicsrr l'Visl liandclt vs sich inii die luneucrunt^swnld . Von
vt)rnlK'rcin ist nun die La<^e de t Lehrer dort am i- iinsti '^rsien,
wo (his Waldrecht einer vStaats- oder ( ienieindelKliö? de oder
einem Au.sschufs /.usiehl: in Baselstadt, Oenl, l-reiburg,
Tessin, Waat, Wallis, Nenenbiirg. In den Kantonen Hern,
Luzern, Schwyü, Nidwaiden, Ztijf, Scliaffhausen, St Gallen
wählt entweder eine IMidrde oder ein Ausschufs, oder die
tjan/.e (ienieinde. Letzterer allein ist in den übri<(^en Ran-
IniK ii das Wahlrecht übertra^i^ ii. Die Lehrerwald durch flie
(ieuieiude bemerkte {^ele*^enllich die trc isiuiiii^c Xeiie
Züricher Zeitunj^ habe ihren j^uten und schönen Sinn
in Durfern, wo diu Neubesetzung einer J^ehrerslelle ein
seltenes und die ganze Gemeinde aufs lebhafteste interessiren-
des' Ivreigni.s sei, weil jeder Bürger seine Kinder dem Er-
wählten anvvrtr imn müüäe; in einer (irofsstadt wie Zürich
aber sollten die Lehrerwaldeu der Zeutralschul])ne,y;^e über-
tra.ijen werden. Diese ni>Tkun.^- i^eht jedoch der Sache
nicht aul' den Kern. Mit Recht wurde von anderer Seite
betont, dafs dort, wo die ( ienieinde zu wählen hat, das (ic-
fuhl persönlicher Verantwortlichkeit zurücktritt und damit
Unbilligkeiten, Willkürlichkeiten, ja Roheiten aller Art Thür
und Thor geöffnet sind. Wer in seinem Amte bestätigt sein
will oder als Bewerber um eine freie Stelle auftritt, mufs es
sicli gefallen lassen, dafs er von den Parteien und Cliquen
atif ilie unfeinste, oft widerlichste Art in den lilätteru hin-
und herge/errt wird. Das kann nuui /. H. sehr gn'iinllich
im -Tagblau iler Stadt Zürich stu»iiv:cu. i^eider beteiligen
sich die ]$ewerber mitunter selbst an geradezu skandalösen
inid für sie kostspieligen Agitationen^. So wurde 1894 aus
der Stadt S«)]othurn berichtet, dafs mancher Kandidat für
drei \\ ahlg.'inge schon gegen 4« kj Fr. ausgegebci:. Ini gleichen
Jahr schrieb wohl et as übertreibend — das ( )berländer
\'olksblatt ilnterlaken) nl)er die Abhängigkeit der bernischen
Lvln i f \ on der Willkür ihrer ( lenieiudegenosseu : Wie
mauclRi tüchtige und pflichttreue Lehrer ist im Kt. liern
bei solchen Walilen schon gesprengt worden» einzig deshalb,
weil ihm eine Partei oder einzelne gewichtige Persönlich-
keiten der C'cnieinde nicht grün waren . Ks kann einer
gesprengt werden, wenn er die schlechte Milch eines Dorf-
inagnateu nicht mehr nehmen will, oder sich niclu \ erpflichlet,
einen Suff zu bezahlen, oder einem ungezogenen »Schlingel
eine ( )hrfeige giebl. ICrmahnnngen uml Iiestrafungeu werden
von Kindern und Ivrwachseueu nu-ist sehr übel aid'geuonnnen.
Will der Lehrer den Kindern l^nge < .genheiten abgewöhnen . ,
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4Ö4
Ka4oir Itietrirh.
dann konnnl der \'att.'r (Kkr div ^T!lUc^ nnd macht iliiii
öftVnlliclR- (in)])lRilcn . Die Kin*Kr werdrn j^ar ofl /.u
Widcrsctzliclikeitcn angewiesen, und wxhrt sich dei J<elircr,
dann wehe ihm .'I
Diese niilslichen Verhältnisse haben zu Scliiitx« und
Trutzbündnisse« der Lehrer g^eführt. Solche bestehen
z. Z. in den Kantonen Ik-rn, Aarjjau, Zürich, Sololhiii i), Scliaff-
bansen (gegründet in den Jalireu 1892 — 1894). Icii ))e.i;nüge
mich hier mit einem Hericht über den T'crnischen Leiner-
verein (dem etwas mehr :ds ' sämllielier Primär- r,nd
Seknndarlehrer nnd -Lehrerimu 11 im^'-ehören). Jedes Mitglied
dieses Vereins, das von der ])cai>sieliiij4Uii Spren^un^ eines
Mitgliedes hört, ist gehalten^ dies dem Sektionsvorstand nn*
ver/üglich anzuzeigen. Der in (»efahr stehende Lehrer ist
.m/nfragen^ ob er die Kinmischnut^ des Lebrcrvereins wünsche.
Wenn er diese Anfrage l)ejaht, folijt l'ntersnchnnj^»- and \'er-
mittlun^; dmch ein Miti^lied des Zeniral-Coiiiitc . Desj^leiehen,
wenn ein Lehrer !>ei der Krnenermiirswahl bereits he^eitiijt
worden ist. Koiiunt ein für den oline Schnhl Ikdrohten
oder sclion We^^t^ew .'ihlien befriedigender Ansgleieh nicht
ZU Stande, so darC seine Stelle walirend /.weier Jahre von
keinem Mitglied angenommen werden die begangenen Un-
gerecht i.^k ei ten sind vcm Zvim ,il-C< iniite in der IVesse /u
vert)ffentliclien ; dieses nnd die Sektiousvorstände ihnn ihr
M "'i^liclus, nni dem Stellejdosen y.w einem nenen Amte yn
\erliehen. Mit!^dieder, die einen Kollej^en o(]er eine Ki<lKuin
\ (. rchänj^en hellen oder sich den Anordnnnj^i^en lics Zentral-
Comite wi<lerset/.en, sind sofort ans dem Lelirerverein ans«
zuschliefsen und bekannt zu machen. Das letztere widerfährt
auch Niclitniitgliedern, die sich auf eine vom Verein mit
Verbot belej^^^le Stelle melden; sie k«>nnen anfserdem spater
niemals in tlen \'erein anfi^enommen werden. T'nd damit
nicht frisch ans dem Seminar t! i t'-nde Lelirer nnd Lehrerinnen
dem W-Jcin ent»j;eJ4en wirken, werden dnrcli ( iiieü dem Zentral-
Comile l)ekamUen Zögling in die < »berste klapse suwijhl der
Staats- wie der Privatseniinare Statnten znm Unterschreiben
i^ebracht. - Die Wirksamkeit des Hernischen Lehrervereins
l)eschränkt sich übrigens nicht auf den bisher mit bestem
Erfolg ausgeübten Schutz der in ihrem Amte bedrohten
'1 Das 1K1K-, Stil ( )kt. iS.j; -cUcude Utilerriclltsj^^esil/. bewirkt
vielleicliL nacii nnd nach eine \Vciuluii}( /.um lie.s.screu : <iie 1 tciueiiidcn
können jetzt «las Wahlrecht einer Hfhnrtle abtreten.
In (k l) Kaiiiotii II Solotluini utul Aarjfau ist die .Vunicltliinj;
aiit liiK' .soU Iii. SUlK- dann crl i ;l 1 wenn si«. iiiit ZiisirlieruJl); einer
-c);c!» iiüher um \\cni^.slc'i> jo. > l'i. liülicjeii HestjUluni^ ausge-
schrieben wird.
465
Lehrer. I^r .i^ewälirt seinen Mitgliedern anch Rechtsschul
vermittelt arbeitslosen Kollegen nnd Kollcj^inneii ^ Arbeit,
tniterstüt/t erkrankte lA'lirer und Lelirerinnen, I.elirerwilwen
nnd -Waisen, in Armut, \'erschnldun»»; und rnj^lncl^ befind-
liche Lelirerfamilien . Als die bedeutendste Hrruii ;;tnseliaft
des Jahres iS95;6 bezeichnet der unlängst veröltenLlielitc
Bericht die > Darlehenskasse
4.
Dafs die I'e soldungsverh äl t n isse der in 25 Kail*
tone j^ejL^liederten Schweiz jjrolse Mainiii^faltiiikeit aufweisen,
erscheint nach allem, wns bisher berichtet wurdr, als selbst-
versiändli«. h. Doch muls ich mich hier auf dii Milteilnnif
weniger 1-, in /.eil leiten beschr.inken. in den K.anU»ncH Zinieli,
Bern, Freibtirg, Baselland, Waat erhalten die Lehrer aitfser
der baren Besoldtuig noch VVohnnn g, Holz> nnd Pflanz-
land, während sie gegensätzlich in den K.ui'onen Schaff-
hansen, Aargau, Neuenburg, Wallis anf nichts dergleichen
Anspruch haben. Die übri^^x-n Kantone «gewähren entweder
die Wohnung allein, otler die^r neijst einem tier beiden andern
f'e/üi^e. Zu dem «^esel/.lielien Mindestgehalt kommen sog,
iieiwillige l>e süld u n gszu 1 agen der (iemeinden. ( >b
solche nnd in welcher Höhe sie geleistet werden, das hängt
freilicli weniger von der Vermöglichkeit, als von der Schul-
freundlichkeit ab. Anfangs 1S96 verabreichten im Kt. Zürich
2bb (von im ganzen 35.1) (iemeinden Zulagen; also nur 25"/,,
lief*^cn es bei dem (ieset/licben (1200 Fr.) bewenden. In jb
abgell L;enen 1 l?erg -K Umeinilen sind die Lehrer mit beson-
deren slaaüichcu llesuUlungszidagen (loo- 300 Im.) bedacht.
Kin Teil dieser (iemeinden ist überdies vorpflichtet worden,
aus eigenen Mitteln die staatliche Gabe zu vennehren, —
In den meisten Kantonen steht die Besoldung der Lehrerinnen
hinter derjenigen der I^ehrer zurück. Gleichheit gilt so-
weit es sich um das gesetzlich bestimmte Mindestgehalt
handelt in den Kantonen Zürich, Solothurn, St. Gallen,
Graulninden, .\argau, H^burgau.
Die höchsten Ik.^oklungen zahlt LJaselstadt. Hier be-
zieht ein Lehrer der vier untern Klassen, bei wöchentlich
3a Unterrichtsstunden, wenigstens 2880 Fr.; er kann bis auf
4340 Fr. konnnen, wahrend ein .Lehrer an den 4 obern
Klassen bei gleicher Stundenzahl .\c)Ho Fr. erreichen kann
(.Alterszulü^t hier wie (;ort in])egriffen). Die Primarlehrer
der Stadl Zürich erhalten 2.S(xi — ^Soo (Lehrerinnen 2600 loix))
Fr. Ahnlich hat Winterthur seine Lehrer i^estellt. Weiter
folgen die Städte St. Gallen, Lausanne, ( icnf. Die iiundeshaupt-
stadt Bern gewährt nur 2200 - aSocj (den Lehrerinnen 1550
RuUuif Dirtrirb.
bis 2i>o) I'r. In diesen Säl/.cii sind selbstverstaucUicti die
staatliche Alters/.nla}^a\ das W'ohnuni^s^eld u. a. inl>e<;rifl"en.
Das !^esct/:liche Anlan<;si;chalt ist ahi^eselien yin\
r»asel am IxK-hsten in den Kantonen \eueni)nr^^ (i'n» »),
Waat und Scliallliauscn (je i4cx>),M St. (iallcn 11350 t'üi l,elirer
an Dreiviertel- und Gansjahrschulen), Genf (1300),-) Zürich
und Appen^cll-Aufserrhoden (je 1200 Kr.)..
AI tersicu lagen (gewähren - ich nenne inniKi den
für die Lehrer erreichbar höclisten Hetraji ') dent den
Unterleluern S(H), I lanptlelirern 5(X), Neuenbnr^j (kx\ Uasd^t idt
S^o, Züricli 4(x», ]>ern und J^nzern je 300, »St»Ii)thnrn, Selialf-
liansen, Sl. (lallen (erst seit i»^()3), Thnri^au, Wnat je :?«h>,
Freiburg- 150, Aargau lou, Gratdjünden 50 I'r. Auch im kt.
Tessin erhalten die Lehrer seit 1896; 7 Alterszulagen, nach
foljarender Bestimmun p^: der Staat gewährt jeder Lehrkraft
nach jedem Jahrzehnt öffcutliclien vScliuldienstes eine jähr-
hche Zulage von 50 b'r. — macht nach 30 Jaliren 150 Kr.
Darnach w-iren in diesem Punkte Lehrer und lA-hreriniieii
gleiclieii Reclites, wie auch in den Kantonen Zürich, Ln/.ern^
vSoloihui n, Schaffliaubeu, St. Gallen^ Graubünden, Aargau,
Thurgau. —
Die Mehrxahl der Kantone bezahlt also ihre Lehrer z. Z.
noch ungenügend. Das hat natürlich mancherlei inifsliche
Folgen. Aus dem Kt Ik^rn wurde 1894 gemeldet, dafs in
dem letzten Jahrzehnt nicht weniger als 329 Lehrer /n anderen
IJernfii! übergetreten seien; aufs jähr käiiRi: da inigefrdir
gerade so\iel, als aus einem der beiden .Staalsseminare ab-
gehen, l'nd die umsatuhi , zählen gewifs nicht zu den
schlechtesten. Aui ungünstigsten ist die Lage der Lehrer
dort, wo nur sechs Monate oder nicht viel länger Schule
gehalten wird. In zwei Kautonen dieser Art sind vor kurzem
(bVühjahr 1.S96) die Besoldungen aufgebessert worden. Die
Walliser ^'»ileu nunmehr 75 (statt 50) I'r. für <lon Monat
erhalten. Ob aber jeder wirklich soviel bekommt, ist eine
'I Im Kt. Scliaffliausen bezieht der Lehrer an einer z\vetkla.s!«i gen
S<]ii;l< wx-ni^stctis i.S"". an rliui iiiiiictciltfii Ukk» <uler 1700 Fr., je
iiaclulciu er weniger tnlcr mehr al.s 40 Schüler hat.
*> Das (ienfer (Icsetz mitcrscheidet /vir///.*- {Hauptlchrer?) und
V /s I rnti i kliren. ISei l't slsc t/.uiii^ «ler UeSoMutini ii teilt
ts die Cieiiicindeii in .1 <ini|>j)c'M: Slädlc grüisere Dorkr, kUiiitre
l>örfor. Für die let/le (iruj)pe ucUcii die liöehslen Besolduagssalxc
\n%^rn/ 2050, ,w/«-/vv. i7<»o Fr.), für die erste (Hc niedrigsten 1650,
s('ii^-i<':\ i.v«> l"r.i. S<» werden mIso ilie j^röfsfreii CUineindt-Ji zu lie-
.soKlun>;,s/,nlairvn i^*. /wuni^cu. - .\n das ( »csel/ücliu zahlen : die Stadt
r,eiif V4— du ii)»rigen (temeinden V*-
') \\\ wild s]).ilt^Uns M.'uh _H> rMensljahren in fester Anslelhin.ü:
erreicht; in Neuenbürg, Basel, Bern, Aargau nach 15, in (ienf nach
jo Jahren.
467
andere Fraj^e. Ist doch schon das frtilRrc Miniinuiii für
manclicii nicht crlanjj:])ar «gewesen! Im l'nilijalir 1896 zählte
der Kaiitoii 543 I'riniailchrci ; vnti diesen hcxoi^cu 1 5 weiii'^er
als 2(K> Im-, (für 6 Monate), wviui 130 noch nicht V'<> i'J>d
nnr 45 mehr als 500 l'r. l nier den lelzl«;enannten , die
wohl alle länj^er als sechs Monate »Seh nie hallen müssen,
befanden sich blofs zwei, deren Besoldung iocx> I'V. betrugf.
Die Tessincr standen i>ich schon früher besser als die Walliser:
sie bezogen für 6 Monate wenij^stcns sex» Pr., für 7 Mon.
6()ü l'*r. nnd für S, 9, 10 Mon. nicht mehr!*) Also wenig
*jenni;. (ileichwohl kam es \ or, dafs hrt r nnd ( U nu inden
eine noch nnter dem j^esetzlichcn Miniiiiuni sUlKnde 15e-
soldiiuj; \ ereiid)arten I Solchen ( iepllo^enheiu n uiinschle
der Staatsrat (die Regierung;) durch eine Strafbestimmung
im neuen Gesetze ein Knde y.n machen. Aber der (irofse
Rat (die Volksvertretung) strich diese Ikstiminnng, desgleichen
eine andere, nach welcher sämtliclic Besoldunj^en (hirch die
Staatskasse ausgezahlt und von dieser dann die Anteile der
Cntneinden eingezogen werden sollten. Damit war ein
.•>ehr nötit^er Druck auf nachlässige und ^äinnige (ge-
meinden ije.ibsiehtigt. Und wie steht nun im neuen (besetze?
Die Lelirerbesoldungen werden von den Genieinden spätestens
am Knde eines jeden — Trimesters bezahlt!
In solchen Verhältnissen muls das X cbenbeschäf-
tigungswesen blühen. Das Krziehungsdepartement des
Kts. Cranhünden bemerkt in seinem jüngsten llericht (über
d. j. J.S<)4); I>;ifs hei so karger liesoldung und meist nnr
halljjrdrriL'ir Srliuld. liier die I^ehrer durch Xebenl)eschäftigung
einen weileien V'enlieust suchen, ist selbstverständlich, uiul
dafs in Fällen zn grofser Ausdehnung dieser Nebenbeschäf-
tigungen während der Schnldauer die Schule leidet, ist be-
greiflich<. Nach dem gleichen Berichte hatten von 471
Lehrern und Lehrerinnen 38 Kc ine Xe1)enbeschäftigung, 15
waren geistlichen »Standes, 332 Landwirte, 42 beteiligten sich
au der b'reuidenindustiie, 3 trieben Handel oder Handwerk,
I I \\,iren l'örster, S Postbeamte. 10 Ik-nnite anderer .\rt ,
uändicli; Kreis- und Ci^enieindepräsicicuLen, Richter, Zivil-
Standsbeamte usw.^ — übrigens kommt es auch in anderen
Kantonen mit Ganzjahrschulen und höheren Besoldungen
vor, dafs die Lehrer zux iel nebenher treiben. Vor einigen
Jahren war im Kanton Zürich viel die Rede von einem
Jetzt crlialtcii die I.chrcr 650, 775, Soo, M25 — die I.chrtrinnen
575. 595« ^*'5 l**"- (ohne die schon erwähnlcn bescheidenen Alters-
znlni^eii). - - \ <>n «kii in den kath olischen Kantonen so sehr bc-
hil)tcn Lfiiröchwestcni* verlangen manche für ihren Schuldienst
gar nichts.
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468 ttiMlolf Dietrich.
Lc'lirtr, der eine uii<^;laubliclie Meiij»;^ Äiiitcheii innehatte
Freilirli ist auch riclitij^, in (h)ppeUeni Sinne richti<^^ (hifs
wie (Iis I'üii<hier Kiziehnn^^sdepaitenieiU erklärt au
diesem I'ht. Isi.iiid nielit nnr die Gewählten, .sondern eijensu-
sehr die Wähler Schuld tragen .
5-
Wessen sich die Lehrer zn versehen haben, wenn sie im
Dienste erkranken, erhellt ans f(dj;ender llhersieht. Ii; !' r
Hälfte der K.iiUone /ahlen Sl.ial oder ( '.eitu iiKU- (xlrr lieide
znsannnen dii Kosten (1er vS l e 1 1 v er l r e t n n liJesiddnnt^
des Vikaisi ivilweise oder j^anz j^anz in den Kantonen
Lnzern, (Uarus, liaselland, Aargan, Waat; bis ganz in Zürich
und Genf; inindestetis zu drei Vierteilen in St Gallen; zn
zwei Dritteileii in Bern; halb in Hreiburgf nnd Schaffhausen ;
Solothuni endlich leistet einen nid)estininiten Keitraj^. In
den Kantonen Zng, Tessin nnd Baselstadt treten sowold
vStaats- oder Gemeinde-, als auch Lehrer- ( l'nterstnl/nngs-)
Kassen ein. l'ür den Kt. Zug gilt: In l^'ällen von Krank-
heit oder Altersschwäche soll der Regierungsrat einen Teil
au die Besoldung des Stellvertreters beitragen ; im übrigen
hat der Erkrankte Anspruch auf Unterstützung aus einer
obligatorischen Vereiuskasse. Im Kt. Tessin zahlt die (ie-
nieiudc die Stell vertretnngskosten einen Monat lang ganz,
später niir hall>; anfscrdeni gewährt eine fniwiHige l'nter-
stützungskns>-c riii Krankengeld \on 2 I r. für deti T.^^-.
Im Kt. Baselstaill bestehen seit iS<Si sieben ol)ligaUniMhe
V'ikariatska.ssen (davon eine für die Schulen in den drei
lyandgenieinden). Der jälirliche Beitrag der Mitglieder wird
nach der Zahl ihrer wöchentlichen Stunden bemessen (näm-
lich: so viele »Stunden einer erteilt, soviel uuil 50 oder 60 Cts.
hat er abzugeben).') Der vStaat bezahlt jährlich an jede
Vikariatsknsse ebensoviel wie die Gesamtheit ihrer .MitL;lie(ler,
überdies kann er, wenn infolge lang audai!cr?!der Krankheit
eines Lehrers eine Kasse ini\ c i hältnismälsig stark angegriffen
wird, die Kosten des betretteuden \'ik»oiats ganz überueinuen.
(Der Vikar erhält für die Stunde an den vier Unterklassen
1.20, an den vier Oberklassen 1.50 Kr.). Die thurgauischen
und neuenburgischen T^ehrer sind allein auf ihre Kassen an-
gewiesen: jenen bezahlt die gesamten Vertretungskosten eine
Alters- und Milfskasse; diese empfangen aus ilirem Fn}iih
sro/tfin flf jurroffffnrr ))lofs die Hälfte, und zwar mir, wenn die
Krankiieit über zwei W\>chen und nicht über drei Monate
'1 je naoluk-in «r ni «k-n vier fnlfr- («Kr ( )hcrkl;isscu unltT-
richtet. — Die Kasse- kann übrigcn.s auch bei antkrn Uriui>lichen Ab-
haltiinjiren des I^chrers in Anspruch gcnoniinen werden.
8*hweiitcrUrliM VollMM'liiilwpteii.
aiilialt. In den «^'•csel/liclien lie.stinininnj^cn der iil^rij^en Kan-
tf nc i<t von einem besonderen Stel!\ < rlreter ül)er1iaTi})t nielit
(iie kedi ; entweder sind örlüclie oder benaehharte Kollej^en
<leslvi krankten ver])lliehUuilic\'ertretnn<j; ohnel'Jitscliädij^nnj^
zn übernelinien (Schwyz), oder inau holt die aiis<»efallenen
Stunden so gnt als ii.(")g]ich nach (Nidwaldeii). Ähnlich mag
die Ancfelejjenheit auch in Uri, Obwalden, beiden Appenzell«
Granbünden, Wallis geregelt sein.
Uni^efälir dieselben <:^esetzlichen Bestinininn^en , Vor-
kehrnn^en, ]if1no;cnheilen <^elten doch nicht obenan in
denselljcn Kantunen — für die Zeit, in welcher der Lehrer
y.uni M i I i tiird i cn st^) einj^av.ogen ist. Her Stellvertreter
wird ganz vom Staate (Haselland, Genfj, oder von der Ge-
meinde (Glanis» St Gallen, Neuenbürg), oder von Staat und
Gemeiiule gemeinsam (Waat) bezahlt. Oder es werden wenig-
stens die Kosten der Stellvertrctnntj für die Daner der
Rckrntcnsclinle ans öffentlichen Mitteln bestritten (Zürich,
Solotlmrn, Aari^Tun. In ()l)wa1den, l'Yeibnrti, Appen/.ell-
Anfserrhfxlen. I !a sei, -.ladt iA'ika: iaiskassen», Znif, Srhaffliansen,
Uri, (iraubünden liat aneh der Lehrer .-selbst mit für die
Kosten auf/nknmnien ; in Bern und Thnrjjan aber fallen sie
'i Nc])ciilici Lin W uil iihrr diesen Militärdicii.st, vuii ik-in uähiciul
(kr kt/.t«.!! Jahre, ähnlich wie in Dciitscliland, auch in der Schwcia
oft die Ke<k- war. Nur hajicklt es sich hier Tiiclit um ein Klassen-
vorrtclit, das /u erringen wäre, .sondern um die Frage; ob Schul-
dienst und Mintard k*nst sich mit einander vertragen. In der Praxis
wird diese I'*r<i.ue \ i t schiedetien Kantonen sehr vcrM tiieden jje-
löht, wie C. tirob iüt>o nnllelst einer Umfrage ie.stgestellt : der Lehrer
wird wie jeder andere Kür.irer behandelt fer hat nach dem Rekruten-
kurse seine vier W ii-derholuiij^skurse duroh/uniaclien i ockr von
einem oder meint ren «»(kr alkn \\"ie(krliolunjiskur.sen flispensieit
ot\t,T üliirhaupt nicht /.u «liesen Kursen einberukn ockr zuixelasseu.
Cher die Aussichten auf Avancement« berichtet (i roh : In -i Kan-
tonen (Xidwahkn. Zu^. Schaffhntisin Waat) kann der rrimarU hrer
zur ausnahmsweise, in y Kantonen iLu/.ern, Scliww., (ihuus, l-iei-
burg, Solothurn, BsLselland, Appenzell-Awfserrhoden, Nencnburp, (tenf)
nie Offizier werck-n 'l'li il -ä. l.lirli w art ii iS(;<» von iTi^j^esamt _'5i>S
dien.stiiflichtigen Lehrern niederer untl höherer Schukn 3H1 L nler-
offiziere, 265 Offiziere. — — Im l'rühjahr 1H92 brachte der bemische
kr/.iehun_usdirektor (iohat l>ei (kr lUindesversanimlun^ (kti AiUrajr
ein. (kn MiUturdienst der I. ehrer attf die- Rt krutensehuk zu be-
schränken . In der lie^ründunj.; tlieses Antrajj^es wurde u. a. be-
hauptet der Militärdienst sei den Lehrern nicht /.uträg-Hch ; das
Avancement erwecke in ibrt ji einen f:i1sr]i( n I'hr^aiz und \ ( v;>tdasst
sie /.um Aufgehen ihres Berufs, Ueni widersprachen aber nicht \\eiii;;er
als drei Offiziere höchsten Ranges (Bri{|rade- und Divtstonskonnnan-
<lantent. Sie wi(k'rki;ten jene Heliauptun.nen. ^•^Tw^esen t^rnnds;it/
heb auf die He.stiinuunigeii tler liundcüverfa.ssung un<l beriefen sich
auf die guten Erfahningen. die sie mit den Lehreroffiaieren gemacht
leine Division /iihUe ibimals unter ihren Lalaillonskoniiii im^ inlen
3 Lehrer^, (iobals Antraj^ wurde \ on mein als 'j^ der StJunueudeu
verworfen — was aber an den ihatsächlicheu Verbältnissen in den
Kantonen kaum etwas geändert haben durfte.
. j ^ d by Google
^aiiz '/n seinen Lnstrn. Allerdinj^s kann in mehreren der
znlel/.t «genannten niid in den nicht erwähnten Kantonen di^^
Kekrntensehnle wähn inl der Innigen l'Vrien dmehijeniaelit we r-
den, sodal's dort \ on Slellvci ti eiiui^i; niclil, höchstens von Nach-
holen der aiisoefallcncn Stunden die Rede ist —
Die f^Tohc linntheit der Bilder von der wirtscliaftlichen
LajTfC scliwei/erischcr l^chrer, die ieli l)is]ier vorznfnhreii
hatte, rei/t denjeni^jen, der :v>. die j^rolse Zald nnd \cr-
scliiedene Art der Kantone «lenkt, kanni /nr \'erwinHU i iuilj.
Daj^ej^en nia^ den dentsclien Lehrer ila>, was er nunmehr
über die Z n k n n 1 1 a n s t>- e d i e n t e r 1 ^ e h r e r er üihrt, be-
fremden. Aber auch das ist begreiflich, in gewissem Sinne sogar
natürlich. Doch davon später. Zunächst das Tliatsächliche.
Xnr in fünf Kantonen geniefsen Lehrer, elclie wegen
Altersschwäche, körperlichen oder i^eistij^en Ciebrechen, danern-
der Krankheit vom Amte znn'icktreten müssen, tin staat-
liches Rnhej^ehalt. Das Recht dazu erwerben sie in
Zürich nnd Ik-rn der Rejicl nach mit dem 30., in üasel schon
mit dem 10. Dienstjahre, (ilarns und Aargau haben keine
Altersgrenze festgesetzt; doch bcstiuiuien sie die Höhe der
Pension uach der Zahl der Dienstjahre. Arn günstigsten
sind die Lehrer wieder in Basel gestellt; da gilt »als Nonn
für die Festsetzung der Pension der P>etrag von der
letzten Jahresbesoldung einschliefslich der Alterszulage, ver-
vielfältigt mit der Zahl der vollendeten Dienstjahre; der
Regicrungsrat kann aber über diese Norm hinausgehen,
sofern deren P'esthaltung einen offenbar ungenügenden Be-
trag ergeben würde?. Das zulässig höchste Ruhegehalt ist
4500 Fr. — Die Züricher .sollen wenigstens die Hälfte der
gesetzlichen Barbesoldung erhalten; thatsächlich beziehen
sie (nach 30 jähriger Dienstzeit) .Sot) tckk) b'r. Den Aarganeru
wird höchstens ein Drittel der gesetzlichen Iksoldnng ge-
währt (4(X) 500 Vy.). Die licrncr und (ilanier bckounucn
nicht mehr als 400 I^V.
Die Glarner und Aargauer inüs.seu überdies einer vom
Staat unterstützten * obligatorischen Kasse Iwfi treten. Solche
gcsetjjlich geordnete Kassen bestehen — neben einige-n
> fakultativen^ — aufserdeni noch in 15 Kautonen. Xnr die
wenigsten sind reine Alters- oder Pensionskassen der Lehrer;
die meisten übernehmen auch die l'nterstntznng der W itwen
und Waisen (für welelie übrigens in mehreren Kantonen
selbständige Kassen wirken), und einige gewäliien lieitiäge
an die Kosten der Stellvertretung in Krankheitsfällen.
An Pensionen zahlen diese Kassen : im Kt Genf 1400, Neuen-
burg 8üo, Schaffhausen, St. (i allen, Appenzell-Aufscrrhoden
je 600, Waat 500 Fr. — in den übrigen Kautonen höchstens
j . d by Google
lletiweisfritrbrH VolkiuM*hvtwciteii.
47»
40C), in iiiclireren kainii 100 Fn jährlich ! Die Tessiiier müssen
sich z. Z. noch - ein Pcnsions^cset/c soll in \'' ir1»« rcifnno- sein
- mit einer frei\villi<;en Kasse behelfen. l ud in Uli, Oh-
mul Nidv\alclen, \\'nlHs bestehen nicht einmal Kasst-n.
In gröfseien vSuulicn endlich aber ancli in
kleineren schnlfrenndHclieii Orten — erhalten die ausgedienten
Lehrer Zuschüsse zu den staatlichen Rnhegehalten ans der
Genieindekasse; oder dieCicmeinde selbst entrichtet Pensionen,
■und dann fällt die staatliche Leistnng oder ein vom Staat
jL^t spendete!' Ikitmq in ihre Kasse. So j^-cwähi i die Stailt
Zürich ihren Priniai Ichrern 1900- 2500 Fr. Ruhegehalt -
Jiern freilich nnr <Sik) Fr.
Woher kommt es nnn, dals eigentüch nnr in einem
einy.igen Kanton für die dienstuntauglich gewordenen Lehrer
von Staatswegen genügend gesorgt ist? Man ist in der
Schweiz dem Pensionswesen überhaupt abgeneigt, und eine
Heamtenklasse zn bevorzngen, widers])rcche, sagt man, den
demokratischen (irnndsrit/eu. Gegen das letzte läfst sich in
der That nichts einwenden. In Hasel stehen denn anch die
Lehrer mit allen andern Staatsbeamten und Staatsange-
stellten unter dem.selbcn rensionirnniiSi^esetz. Im übrigen
mögen etliche Äufserungen ans verschiedenen Lagern ver-
anschaulichen, wie man sich zur Sache verhält *Wir be-
kämpfen den Grundsatz der reinen vStaatspension — schreibt
der lierncr Professor J. H. (iref in einer Anfangs 1894 ver-
öH(. nllichten Studie weil er in einseitiger Weise nnr eine
Klasse') \on Staatsiiienern i)erücksichtigt und jeder Beamte,
der im l)ienste des Staates invalid geworden ist, offenbar
das gleiche Recht auf eine Staatspension hat wie der Lehrer.
Wir bekämpfen diesen Grundsatz der reinen Staatspension
aber auch deshalb, weil nur in den wenigsten Fällen der
Staat im vStande ist, eine erkleckliche Pension auszurichten,
und stellen den (trundsatz auf, dafs die Pensionirnng nur
auf (trnndlage von Heiträgen des Staates und der Lehrer-
schaft bernlien darf , Ähnlich })erichtet der städtiselie Schnl-
rat zu Seliahlian.sen im vSeptember i<S()j^: T'!s existieren keine
Bestimmungen über die Pensionirnng der Lehrer. Man ar-
beitet schon lange an der Krage herum, konnte jedoch bis
heute keine Lösung finden, von der sich hoffen liefs, dafs
sie bei der städtischen Einwohnerschaft Gnade finde. Hier
wie anderwärts ist man den Pensionen abgeneigt, und um
keine auszahlen zu müss( 11, findet man, ebensowohl wie die
Lehrer seien auch die .sämtlichen analeren Angestellten zu
bedenken . Mitteist eines andern (irnndes hat vor kurzem
'1 Zwei Klassen: 1.« !n t niid ( iCistHcho (in rcforiiiirlfn Kantoiiciu;
im Kt. Zürich auch die l'oli/.i.sten.
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Rudoll Dietrich.
(Ftl)i. 18961 (!ie (ieniciiule 7a\'^ die vom Stadtrat hcantrag^tc
Alteihv rrsorj^un«; der lA'lirer vcrwin teii. Mau nieiiUc* näm-
licli, die luirsorge luü.^^e auch auf die Cicistlicheu aus^^edehnt
werden, während der Stadtrat die Ansicht vertrat, dafs diese
ledigen Herren noch warten könnten, nuisomehr, als sie
höhere Kiuualnucu beziehen als die weltlichen Lehrer, die
fast alle l^'auiilienväter sind. Doch es fehlt aucli niclit au
peusiousfreuudlicheu Sliuiuieu. II über veröffeutlicht 'Jahr-
l>nch icS()2) eine Zuschrill, dit. er von sehr konipeteuler
Seile aus Basel erhalten und u. a. erklärt: Das Motiv für
die l'ensiuniruug ist klar: alle (iehalte sind so niäfsig, dafs
von Ansammeln eines erheblichen Vermögens nicht die Rede
sein kann. Die Ausrichtung eines hierzu ausr<»ichcnden Gc<
haltes würde, den Staat viel mehr belasten, als die IVnsionen
es thun, und zudem wäre man nicht sicher, dnfs di r Mehr-
betrag des Gehaltes auch wirklich kapitalisirt würde und
die Invaliden nicht doch hülilos würden . Und in den \'er-
hautllungeu des zürcherischen Kantonsrate.s über eine Ini-
tiative , welche Abschaffung der staatlichen Pensionen und
Kuhegehalte verlangte (18(^4), wobei aufser den Lehrern auch
die (geistlichen in l'rage kamen, bemerkte ein Miti^licd def
Regierung, die ^Institution* (der Ruheo ehalte) sei im eiucnsten
wohlverstandenen Interesse des vStaates, der Kirche, der Schule
ins T.ebeu «j^erulHi w)rdcn. Mau wollte es den (»emeinden
ennriolichen , ohne ( iewissensbisse alte, nicht mehr voll
lei.Nlungsfähit>e (leistlichc und Lehrer (huch junge tüchtige
Kräfte zu ersetzen. »Der Vorteil, den die Betreffenden da-
durch erlangten^ war nicht das ursprüngliche Ziel, sondern
eine sekundäre I'V)lge . ICine Grausamkeit wäre es, wenn
es im Kt Zürich dahin käme, dafs ein alter abgearbeiteter
(Geistlicher oder Lehrer einfach auf die ( lasso o(>stt Iii würfle .
Von der Abschaffung der rVnsionen hätten nalin lich die l^and-
gemeinden den gröfsten Nachteil: sie kinniten lüchlige Lehrer
nicht mehr festhallen. Der Kantonsrat spiaeli t>lcU mit
grofser Mehrheit für Verwerfung der Initiative aus.') Diese
hat übrigens den zürcherischen Erziehungssekretar Huber
veranlaist, eine umfassende Darstellung der d'ensiousverhält-
uisse nach ihmn gegenwärtigen Stande in dem vorhin er-
wähnten Jahrbuch (d. h. anfangs iSy)U zu veröffentlichen.
Hn!>er gelangt zu dem grundsrii/liclirn l'h'gei)nis: Die He-
solihuigcn der schweizerischen Liliier sind durchschniltlieb
SU bescheiden, dafs sie i'a.sparni.N>e nicht gestatten. Der Suiat
hat infolgedessen die Pflicht, in irgend einer Weise das Alter
seiner Lehrer sicher zu stellen«. Das geschehe am besten
durch Gewährung staatlicher Ruhegehalte. ^Sie bilden gleich
i> Und in der X'olksabstimnturifi: wurde sie denn auch venvorfen.
j . by Google
dem Besoldungsall sprach ein Recht an den Staat«, und des-
halb darf dieser von den Lehrern nicht verlangen, dafs sie
selbst — wenn aucb nur teilweise - die Pensionsnüttcl
anf]jriiiq:eii. Die Riiliejjebalte sollen iibrij^ens ausschliefslicb
an Iiualitk- vcrabfoli^-l werden, d. Ii. an solcbe, die diircb
liolies AlUi, Krankbeil, körperliche oder «^^eistij^e Gebrechen
diensluniahig geworden sind. Dagegen ist die Kürsorge
für die Witwen und Waisen Sache der" Lehrer: >etne direkte
Pflicht des Staates, auch für die Hinterlassenen seiner Funk-
tionäre zu sorgen, ist nicht vorhanden«.
6.
In allen Kantonen, aiisi^«, ii« •innu n (riarns, sind die Lehrer
zur Teilnahme an Versanuuhiiigcii , Kfuiferen zen ver-
plliehlet, iür welche mehr oder weniger eingelieiule gesel/.-
Hche Bestimmungen bestehen. Anfser den Kantons- werden
in den meisten gröfseren Kantonen noch Bezirkskonfereuzen
abgehalten, entweder unter frei gewählter oder luiU r l)ehörd-
licher Leitung. In Schwy/, I^Veiburg, St. Gallen, Thurgan,
Waat, Lnzern, Zug zahlen die niicntscbnldi^l Fehlcii(Un
T — 4 Fr. Rnlse. Diese P>n Isl kann in T'ri schon im ersten
Falle 30 Fr. betrai^en, inid in GraubüiKlcn wird den Nach-
lässigen die staatliche ( iehall.>^/.ulage verkürzt oder entzogen !
Dagegen erhalten die Anwesenden in den vier erstgenannten
Kantonen und aufserdem in Uri, Schaffhansen, Appenzell-
Innerrhodeii und Neuenbürg 2 -5 Fr. »Vergütimg i oder Tag-
geld, in LiiJteni, T^ri, St. Gallen Reiseentsehädigung.
Zweck der Konferenzen ist ü1)erall kVi r t b i 1 d u 11 g.
Dane In n al»t r haben sie in (U n Kanluiien Zürich, Hern,
Sulotluu n, iki.Nclstadt, S(^hall'liau^rn, Appeiizell-Auf.serrlujden,
St. Gallen, Aargau, Thur^au, W aat, Neuenburg, (ienf, I^uzern,
Zug — Begutachtnn gs- und Antragsrecht Dieses
erstreckt sich auf Lehrmittel, Lehrpläne, Verordnungen, auch
auf (»esetzesent würfe — jedoch durchaus nicht in allen vor-
hin genannten Kantonen gleichermafseii. In Lnzern und
Zni^ im jeras- Recht zienilit^h beschränkt, und anderwärts
seheint es auch nicht weit zu gehen oder nicht genügend
geachtet zu werden. l'us allen - klagte 1893 ein Sciialf-
iian.ser Referent ist der Erfolg mancher Kouferenzbescbläs.sc
nur zn bekannt Ob wir wünschen oder hoffen, ob wir bitten
oder fordern, es kommt alles auf dasselbe hinaus. Unsere
Gesuche werden nicht einmal beantwortet; es sei nur an
das wiederholt gestellte Gesuch um Kenntnisgahe der In-
spektionsberichte erinnert . Des verhältnismäfsii^ weitest-
gehenden und wirksamsten lii'ijiuiachtungs- und Aiili agsrechtes
erfreuen sich die Züricliei, l»erner und Thurgauer Scinil-
Nruc Bahnvn {PtiiUgogiuiu) YII. d.
Rudolf Dietrich.
synodc . Die Züricher, Neuenburger, Genfer haben überdies
Kinflufs anf <lic T*cscl/nnj:i mittlerer und oberer Scbnlbehör-
den: die Neiienl)nr^cr I!ezirksk(>nl\iriizcn entsenden je einen
Vertreter in dtn kaiitoii.den PriniarscliuhaL ; die (Genfer (doch
nicht die Lehrer der Triniarschnle allein, sondern aller Schul-
arten) besetzen lo') von den 30 Sitzen in der kantonalen
Schulkommission; im Kanton Zürich wählt: der Bezirks ver-
ein (Prinuir- und Sekundarlehrer) 3 von den 9—13 Mitg^lie-
dern der liezirksschnlpflc^e — die Schnls\ node (\'ereini*^nn<^
sämtlicher T.chrer niid Lehrerinnen an den \'olks- tnid höheren
Schnlen) zwei nou den sieben Mili;lie(lern des Krziehimgs-
rates, d. i. der höchsten UntcrriehlsbehÖKle.
Noch ein Wort besonders über die bernische Schnl-
synode. Sie ist seit 1S94 eine »Volkssynode*, d. lu ihre
Mitglieder werden vom gesamten Volke, gerade wie die Ab-
geordneten in politische Behörden gewählt. Znr Zeit j^ehören
der Svnode, die im ganzen 105 \'ertieUr zählt, 60 Schid-
manner an; davon sind 25 Primär-, 17 Sekundarlehrer. iHi)5
tagte sie /Jim cr>lt n Mal, uiul in der Kröffnnngsre(ie begrün-
dete Kr/iehnngsdircktor (iul>al die Ncuernng. Man wolle —
sagte er - der Schnlsynode eine breitere (»rnndlagc geben.
Da die Volksschule dem Volke gehöre, so sollten auch Leute
aus allen Berufsständen ihre P^erater und Besorger sein. Vom
Znsaninienarbeiten der Fachmänner und Laien dürfe mau
sich in persönlicher nnd sachlicher P»e'/.iehnng den besten
Krfolg versprechen; ja die nene S>node könne eine >Schule
für Volkssclinhuünner in höherem Sinne werden.-)
') Die K<»iifercii/. (kr Klcinkitiiler-, rrimar- und Krgänzungs-
.schulcii' vcrfüjft über 3 Sit/c.
•1 üafs die alte Synode einen nicht unbedeutenden Kinflufs auf
>h\ I jilw ieklunjif <ks Schulwesens ausgeübt, erhellt aus folgender,
nur bis /.um Jalire iSX:; /.urückijchcmler L' bersicht : 1SS2 wüiisclitc die
Synode V ersorgung anner Schulkinder mit Nahrung und Kleidung
durch den Staat: die Regierung riit^i-raeh sofort (iS<)4 wurden 9000
Kr. aufgewendet). Hehufs theoretischer und praklis« her I'oilbildung
der Lehrerschaft veranstaltete die Behörde, den liesch Hissen der
Synode (iSsS) entsprechend, : Wiederljolnngskurse niil lA-hrern in
:\\\vu I.andesteilen ; aufserdeni \ eiteilte sie einen mit /iendich groisen
Kosten htjrge.stclllen Katalog für Lehrerbibliuthcken. 1892 bewirkte
die S. die Hcraus>fahe ei«e.s neuen rnterrichtsplancs für den Turn-
iiiitrm'c!it und die .Vbhaltung mehrerer Turnlehrerkurse, deren Teil-
«eUmcr Staatsuntcrstützuug empfinden. sprach sicli die Synode
für Förderung der Knabenhandarbcit in der Schule aus. Daraufhin
wurden zunächst die Seminaristen sin Hofwil und rnnitnUi nnt deiu
neuen l'nterrichtsgegenstand \ertraut gemacht: dessen 1 infühnnitv
in die \'olksschule /.u unterstützen, ist erst dun li das lu iu Schul -
{{[^esetz möglich geworden. Dieses hat auch n<ich mehrere andere, in
\ erschiedenen Jahren gt äinserte Wünsche der vereinigtci^ l.ehrt'r-
Hchaft zur ticllung gebracht, B. Rej^elung des Lehrmittel Wesens
durch den Staat. Kuifühning der Fortbildungsschule, MaCsnabmen
zur Gesund lieitspf lege.
j . by Google
All freien V e r c i n i <j u n e u dw TA'lircrscIiaft ist kein
Maii.i;;t'l. Neben den - ja nicht clurcliaus Lifrenliclicn --
liiiiulnissen /nr Walirnn«^ der »StaiiiU sintL i csscii (s. Alheim.
3) bestellen in den Kantuncn mit lel)liafterer Kntwickchinjjf
tüchtijje Facbvereine, Vereine für wissenschaftliche Fort-
bildung, reich p^ej^liederte Ortsverbände (unter denen derjenijj^e
der Stadt Ziiricli der bedeutendste ist). F'reilich gehts ancli
nicht ohne katholische, evan»elische,zillensclie Sonderbündelei.
Von allen diesen inaimiprfaltigen Können des Znsaninien-
stehens nnd Znsannnenwivkens kann hier nicht die Rede sein.
Ich beschränke mich anf einen kur/cn Hericht über den
gröfseren der beiden Landesverbände; denn sehr nngleielie
Gröfsen sind sie, müssen sie sein. Der „8oc/W p^htftMfique th
ht Smuse rommtle*' steht eben ein bei weitem kleineres Ver-
breitungsgebiet zur Verfii^»:nng als dem Schweizerischen
Lehrer verein : Wcährend jene mit den Kantonen Genf,
Waat, Nenenbnri^, höchstens noch Freibnrg nnd Wallis (ans
denen aber tn'clu \ ic l /.n holen ist) nnd dein bernischen Jnra
sich beo-iiü;4cii iniifs, kann sich dieser über die *^ro[sc Alrlir-
/alil (ly) der Kantone erstrecken nnd damit den gevvaiüLen
Namen rechtfertigen. Dafs er die deutschen Kantone eben-
sowenig wie die ^^ixnze Schweiz gleichmafsig umfafst, ist
nicht seine vSehnld. Das letzte «gedruckte Verzeichnis (welches
den Stand der Mitgliedschaft im Dez. 1S94 ausweist) nennt
nur 37 Mits^Heder ans den vier wälsclKU Kantonen Tessin,
Waat, Nenenbnro^, (»enf. Auch die katholischen Kantone
(Lnzern ausgenommen) sind sehr schwach vertreten : von den
Uiuein lial sich gar nur einer herangewagt; die ob- und
Kidwaldner und die Walli.ser fehlen ganz! Die verhältnis-
niäfsig meisten Mitglieder stellt Glarus; dort .scheinen dem
N'erein alle Lehrer anzugehören. Es folgen: Zürich mit V5»
Baselstadt nnd Thnrgau mit etwa Appenzell-Aufserrhodeii
mit der Hälfte dw l'rimar- nnd Seknndarlehrer nnd -Lehre-
riniuMi, Die Züiicher l)ilden fast ein Drittel der (iesanitz.'ihl
2(>79. Diese ii>cheint gering, nmsomehr, als sie nicht l)lcjfs
die eben bezeichneten, sondern auch Seminar-, l i\ ninasial-,
Keallehrer, ITniversitätsprofcssoren, Iteamte, Laien einschliefst
— während die Schweiz 1894 allein 9600 l*rimarlehrcr und
-Lehrerinnen hatte! - - und der Jahresbeitrag (1 Kr.) recht
bescheiden ist.
Die Lcitnni; Üci^ t ^eit ii^94 in den Händen der Züricher.
In fiiesem Jahre wiutU citie Netiorgani-^ation des Wreins
durchgeführt, die Herausgabe eines Lelirei kak nders vorbcreilcl
und eine Waisen slil tun g gegründet. Der Kalender erschien
zum ersten Mal für 1895 und warf 2600 Fr. Reinertrag ab.
Das Vermögen der Waisenstiftung beträgt z, Z. 25000 Kr.
31*
Rudolf I>i«lrioli.
Organ (Us Vereins ist eine Wochenschrift, die Schwei-
zerische L c h rer zei t n n g. Das Hhiti kostet jälu lieh nur
5 l'i., ist änfserlich und inhaltlich gut ausgestattet und ge-
schickt) freilich nicht unparteiisch^ geleitet; es darf daher als
das in fast jeder Ikziehung billigste unter den in deutscher
Sprache geschriebeneu Fachblättern hczi-ichnet werden. Die
IaIii erzeitnng ist übrigens anch Organ des Pestalozziannnis
(seit 1S91) und der Ocsellschaft znr rflc^^e der dentsclien
Sprache in Zürieli 1895), deren Mitteilungen eine nam-
hafte liereichcrung des lilattes bilden. Seit 1891 gil)t der Wr-
ein aufserdem die >Schw. pädag. Zeitschrift heraus (jährlich
6 starke Hefte^ Preis für die Abonnenten der Lehrerzeituug
2 l'r.l, an welcher bedeutende Pädagogen und angesehene
Fach geleinte mitarbeiten; als Heilage bringt sie jährlich vier-
mal Pestalozziblätter .
\'on dentsch-sclnvcizeriseher Seite ist nnn in den k t/ten
Jahren eine < )r^aiiisan< )n der i^eNamten sch\veizeri>c]ien
Lelnerschalt , genauer eine \'eil>iudung des Schw. lyelner-
vereins mit der Soci^^ jHtl, de h Sttiiwe row. versucht — bisher
aber nichts weiter erreicht worden als gegenseitige Ver-
tretung in den Vorständen nnd gemeinsame festliche Tagung
alle vier Jahre. Da hat man nmi vor kurzem (13. 15. Juli
iS{)6) den ersten wirklich -seh\\ eizerischen lychrerlag in
(ienf al)gehalten, in den drei Landessprachen (das Roniauische
zählt nicht) vt>rgetra<;en und verhandelt - aber auf fran-
zösischer (( ienfer) Seite mit aller Hestimmlljeit betont, dafs
eine Verschmelzung der drei Lchrerverbindungen der fran«
zösischen, deutschen und italienischen ') Schweiz zu einem
Schw. Lehrer verein weder wünschenswert noch nutzlich sei*.
Diese P>klärnng kann nicht überraschen. Der volksge-
nnssenschaftliche ( ic^^nsat/' ist 7.\\ grofs. Dazu kommt ein
politischer: die nemseliseliw ei/er sind Zentralisten,dieWäl.schcu
üuni grölsten Teile l'öderalisten.'')
'1 Ccineiiit ist die auf Te.Ksin und (trauhütidcn boschrankte
Nach Absclihifs der Arbeit erschien: Rtaiiil ift- nhi/m'^ni/^Iiirs
/u'i/<ti:i>i;ii//i(s f>iiii/i<ts i/ l'ortasioti >fr l Exposition s<<il,ui, sitisst 11 (it-t/H'e
: hearl). v. Selmliiianneni d. franz. mnl deutsch' ti Schw I.aii-
saniic. I'aN'i»t 1S96. S". X III it. vh' S. 7.50 h'r. — Nur du. Icl/.tc dieser
«) >f(»n().i^r. liielet eine laMrän/uni^ /u ineiuer Darstelluuj;. indem sie
di-n Stand dt s irni l ith Tnl. f. Knaben im I'riihjalir i^m i n u liurist.
(icnf 1893; 2(xK), 1S96: .>4oo Handarbeiter (— 787^ sänill. i'rimarsclml-
knaben)T die übrifren Kantone x^yy. \(yoo, 6360 11 andarb. (Ver-
nichrnnj4 liauptsüchlidt t. d. Kt. Zürich: I2ix\ Niruenhur^; Soo, Basel-
Stadt: 400).
j . by Google
Ein neues Lesebuch für Mittel-
sclxiilen.
Von Otto Schilze in Halle a. S.
Stöger II. W<»Iilral»e, I.vsibuc!i für M i 1 1 cl s c Ii n K ii. i I'.iwcitcrte
Ausijabi: der Neubearbeitung des Scharlach- Hau|)tüchcu I«ese-
buclLS.) I. Teil: 228 S, — 2. Teil: 340 S. — 3. Teil: 509 S. —
4. Teil: tS; S. Halle a. a, Herrn. Schroedel.
Die vorliegende Ausgabe für Mittelschulen oben «ge-
nannten Lesebuches wurde in den «N. B.« als in Vorbereitung
befindlich bereits bei der eingehenden Würdigung der ersten
Aii'^.q^aht für I 'ärger- und Volksschulen jSielie Heft 2^ Jg. 1895
Zur I.esebuehfrage | angezeigt, (iedacht waren ursprüng-
lich 5 Teile; die Herausgeber haben aber abgesehen von
einem durch gesetzliche Bestinitmnigen geforderten, den IV.
Teil ausmachenden > Kanon der aiü der Mittel- und Ober-
stufe zu lernenden Gedichte' nebst einer Auswahl des
Besten aus der lyrischen und epischen Poesie des achtzehnten
und neunzehnten Jahrhunderts und einer "'Auslese aus der
Spruchdichtung Goethes, Schillers, Rückerts ihrem ersten
Plane entgegen auch hier die Dreiteilung in lauter-, Mittel-
und Oberstufe beibehalten, und das ist entschieden y.u
loben, da in der Tliat ein Weniger der Bände ein Mehr
bedeutet gegen d.is \'icl .
Weiterhin ist dieselbe von uns bei der Besprechung der
ersten Au sgabe gerühmte ausgezeichnete Gruppierung
der Lesestoffe beibehalten; es ist den Herausgebern auch
hier darauf angekommen, die sorgfältig ausgewählten Ein-
heiten überall zu Oanzen und Gruppen, Lese gangen
und Kesekapiteln zu verbinden, die, ein Verweilen in
demselben G ed a n k e n k r c i > e gestattend, das Lesebuch
des enc\ kK)pädistischen Charakters entkleiden. So haben die
Herausgeber abermals eine Konzentration gewonnen,
wie ihresgleichen in keinem Lesebiiche zu finden sein dürfte.
Auch bei der Auswahl der Stoffe waren die gleichen
Grundsätze und Grundanschauungen mafsgebend : es ist den
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Otto HrhttU«.
HerausgLbcni darauf angekoiiiineii, mit mir wertvollen
Einzel Stoffen eines jeden Bandes den Zögling einzuführen
in die Fülle der Heziehungeii des Menschen zw seines-
gleichen, /n der ihn umgebenden Natur und W e 1 1 , zu
dem über Natur- und Menschenleben waltenden Ciotte;
es galt, alles des wirklichen I n t e r e s s e s 1*^ n t b e h r e n d e
fernzuhalten, der Quellen- und (] u e 1 1 e n ge ni ä fs t u Dar-
stellung breiten Raum zu gewähren, der I'orderung einer
vorzugsweise epischen G estalt uug der Lesebücher ge-
recht zu werden und endlich den ethisch «religiösen
Aufgaben der Schttle mit dem ganzen Charakter des Lese-
buches wirksame Unterstützung zu \erleihen. Und wie
nun diesen Grundsätzen entsprechend die Auswahl selbst
getroffen, das ist in allem fast muster- und meisterhaft zu
nennen. Zum Beweis'; dessen führe ich aus Teil III aus
der Partie der Quelleudarstellungen nur eins an: Unter der
Hauptüberschrift «Luthers Wesen und Wirken, dargestellt
nach seinen eigenen Aussprüchen *^ wird folgendes treffliche
Material geboten:
t. L«fth«r und s«inc Eltern.
I — 3. Kur/.c Aussprüclic über ^'ater «iid Mutti.T und Ahnen,
.j. Hfik-idsclircibeii I.utlttrs :mi sciiK-n kranken X alcr.
^ I iillu r ;m Mt I.III' Iii limi über dcti Tod seines Vaters.
II. Luther und das Reformationswerk.
a. Luther, der streitbare II t ld.
1. Ausspruch über sein Klosterleben.
2. Aus den 95 Thesen.
3. (Wbel vor der Kcichstagssitzung f\Vurins|.
4. Sclihifswort (k-r Wrlciili^ini^fsrcdc.
5 Sehrt ibt n an Lukas Cranacli. den fürsichtigen Meister,
•seinen ÜcIhii (Uvatler und b'rennd
6. liricf an Melancbtlion von der \\ .iilburj^.
7. Brief an Melanchthon von der Feste Koburjj «her den
Reichstaj; zu Augsburg und die Awgsburgischc Konfession.
b. Luther, der Werkmeister der evangelischen Kirche.
1. Lutbir 1111.1 fbe Hibel.
aa. Ans (kni Sendscbreiben «Vom Dolmetschen',
bb. Von der lieili^an Hiblia
cc. T")r. Martin I.ntbers I.ied von (kr Jiibel.
dd. Aus tkr XOrrede auf den l'salter.
2, Luthers Fürsorge für die Schule.
aa. Ans dem Sendschreiben: An die Bürgermeister und
Ratsherren deutschen ].,andes, dafs sie christliche
Schulen aufrirlit^ 11 \ind ballen sollen .
bb. N'erscliiedene Aiiss])riK-hc über Lehrer, Kinder, Volk,
Katechisiuus und Bibel.
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cc. Von der Mnsika.
dd. Frau Mtistka.
III. Luthcrt der Hefd im Beten.
IV. Luther und du^ Obrigkeit.
V. LHthers sinnige Betrachtung der Natur.
1. Gou nahrl alle Tiere.
2. Gott kann alle Handwerke.
3. OtJtt könnte wohl reich werden.
VI. Luther im Kreis« der Familie.
a. Frau Käthe und die Kinder.
1—3. Venschiedetie Aussprüche.
4. An seine Hausfrau.
5. Abermals an seine IIau,s£rau.
6. Luther an .seine i-Vau.
7 — 11. Auiisprüche über .seine Kinder und über Kinderer/.ieluiii^
nebst z%vei Briefen.
12. Aus Luthers Testament vom 6. Januar 1542.
13. Kin Brief tler Frau Käthe an ihre Schwester nach
Luthers Tode
h. I. ulher und M e 1 a n i Ii t h o n.
1. Luther über Melanchlhon.
2. Mebuu ht!'.i 'i: iiber Luther.
Läl.sl iiicliL scliuii diese scheinatisclie Atifzälihiii^ er-
kemicji, wie einzigartig und tretfeiid von den Heniusgebein
aiLsge wählt worden ist! Wahrlich^ ihre Auswahl — je weiter
nach obeUf desto inustergfiltiger ist des grofsten l.»obes wert!
Der erste Teil weist 75, der zweite gegen 90 und der
Oberstlift nl'.uul mehr als iixj neu liiuzu<(ekoniniene be/.w.
M r s a t '/ iiiunniern auf. A u s e soll i e d c n sind insbesondere
luauclK (kr vf^n uns in der ersten r.c'>] »1 cchunj»^ verworfenen
iruekcncn und inhaltslosen I>eschreibun»(en aus der Natur-
kunde. Als >Gruppe< stehen neu die Darstellungen aus
der alten Geschichte, die Bilder deutschen Städte-
lebens und die Aufsätze und Lebensbilder aus dem Gebiete
der Künste (Bankunst, Malerei, Musik). Was die Nummern
aus dem Gebiete der Knuste anlani^t, so hätten wir von ihnen
\'rv\\ einijrc treffendere und farbeurt icliere und auch cinii^e
hrHi j^^ewünscht, denn i^erade dieses Gebiet ist nach Stoff
und (lehalt so reieh und anziehend und von erzieherischem
Werte, dafs ein X'erlangen nach mehr gewifs als berechtigt
anerkannt werden wird.
Da die Herausgeber auch sonst vielfach neue Töuc und
Wege an- und ein.schlagen, so nehmen sie vielleicht auch
dankbar einijj^e ^veitere .Xnre.i^nnj^en und Wünsche entj>;ej^en.
So würden wir es beispielsweise höchst willkonnnen heif^cn,
wenn späteren Auflagen vielleicht noch einige Cirnppeux
Otto 8r1itilse.
zugefüji^t würckii unlcr den L'bcrsclirifkn etwa: a. Dialek-
tisches, b. Siiinbiltler und v*^\ inbole, c. Die clirisl-
Hchen Feste, bezw. die deutschen I'\stc ülierhaupt,
\'olkstuui, X'olkssitte, Volksart oder dci^l. Des be-
sclir:inkten Raumes wegen begnügen wir uns mit die.sem
eintaeheu Hinweise.
Auch der sich anschliefsende IV. Teil zeugt von aufser-
ordentlichem Kleils und (ieschick. Der «^Kanou der auf der
Mittel- inid Oberstufe zu lernenden Gedichte — 120 ist
nach den Deutsch-Lchrplänen solcher Schulen zusamnRiiL^e-
slellt, für deren rrci)rauch das Mittelschullesebueli Ljedaeht
ist; auf diese- WVi.se ist eine kaum eiueu \\'juisch übrig-
lassende ZusammcnstellunjLj herausoek» iihhil 11, die von den
hel l liehen Blüten der einschlägigen Lilleralur die schönsten
und duftigsten bietet — Bei der ^ Auswahl des Besten ans
der lyrischen und epischen Poesie des achtzehnten und nenn-
jjehnten Jahrhunderts sind die Herausgeber auf 25 Dichter
zurückgekommen, auf: Klopstock, Höltv, Herder, (^loethe,
Schiller, Claudius, Hebel, K.M. Arndt. Rückt-rt, Th. Körner,
Schcnktiiilurf, 1' bland, ( r. Schwab, Jnsl. Kcmki, Cluimis.so,
lucheiuloi ff, \V. Müller, Ciciok, Spitta, Ilullinann \ . Fallers-
leben, (ieibel, J. Mosen, Kinkel, Hreiligrath, Kopisch. Iki
den dieser »Auswahl* beigegebenen ^^Sprücheu^ von Goethe
und Schiller haben auch in dankenswerterweise die drama-
tischen Werke der genannten Dichter Herücksichtigung ge^
funden. — Das dem IV. Teile angefügte Hauptregister
für das i^csamtc I.escbncbs\\ erk will und i^i mehr als ein
nur aufsfus t )rieiitieruug.smiULl, es niüchle Unterlai^en ab-
geben füi ileii Unterrichtselbst; auch die kurzen biograpliischen
lieiträge sind unter Rückscliau und Bezugnahme auf den
gesamten Lesebuchsinhalt gegeben und wollen ihrerseits an-
deuten, wie l^itteraturkundliches gewonnen werden kann aus
der Sache und auf Grund der Sache an Stelle des Redens
über die »Sache ohne den konkreten Untergrund .
Unser Kndurteil lautet: Das Lesebuch für Mittelschnleu
von Steger und Wohlraljc ist ein Werk, wie es deren nicht
viele giebt, da.s, meisterhaft angelegt, bis ins eiii/chistc hinein
äufserst geschickt und musterhaft zur Ausführung gelangt
ist, ein Werk, worauf die Herausgeber stolz sein dürfen und
das der Schule und der gesamten Pädagogik zum Segen und
zu kräftigster Förderung gereichen wird.
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Zwei Tersammlixngen für wissen-
scliaftliclie Pädagogik.
I.
Freie Veivini/arnn^ für phihisophisthe PäilHgo^ik.
(Ständige Nebenversamiulung der Deutschen I,eUrerver.sanaulung.^
Die 3. Tagung der I*rcieii Vereinigung für philosophische
rädagoj^ik fand vom 26. 2S. Mai d. J. zu Hand)urj^ statt. ')
Als Versni!iiiiluMLi<ort war derselben für alle drei Morgen der
'riK;iter>;ial des K< c nttj^nrlt iis ,niL;e\\ ie>en wuiileu. ein schönes
J,ulval. in d-.ni die Sitzung jedesmal gegen '/..S I hr iiegann.
Der erste Vorsitzende, Lehrer F. A. Steglich -Dresden, eröffnete
die Versammlung mit Begrüfsung der zahlreichen Anwesenden
und dankte dem Ortsausschusse für Bereitung der gastlichen
»Statte, worauf Realschuldirektor Dr. Reinniüller als Deputierter
des Ausschusses für XLl>enversannnlungen das Wort erhielt und
eine licr/lichc B».^rnlsiiniisrtde an die I{rschienenen richtete.
Erster ('.cj^x n^-land «k r Tagesürdnung am 26. Mai war ein kurzer
Jahresberiehl, den der Vorsitzende erstaltete. Auh demselben sei
folgendes angeführt: Über die Stuttgarter Tagung wurde
referiert in den N. B. (Aug. 94J, im Pädagogium (Sept 94), in
der Allgem. D. Lehrerzettung (1894, ^r. 30), die die offiziellen
Protokolle brachte, welche sodaiui in der Denkschrift des Stutt-
garter Lehrertages mit Aufnahme gefunden haben; der erste
Jahresbericht, welcher in Stuttgart verlesen ward, er^^eliicn voll-
ständiiT den Rhein, Hl. (FS94. Die Rlum. Jil. brachten
in demselben Helle auch die Satzungen der Fr. V. zum Ab-
druck, wie es die N. 15. (Aug. 94) ebenfalls gethan. Interessenten
können sich also ohne weiteres über die Fr. V. orientieren;
aufserdem jedoch sind nun auch gedruckte Satzungen unent-
geltlich vom A'orsitzenden zu l)eziehen. Der in Stuttgart von
Dr. vSpitzner gehaltene \'ortrag ist im Druck erschienen (Leipzig
1894, Ii. Ungleich), doch hat die daselbst angenommene Reso-
'1 \\t»1. den Pericht über die Stuttgarter Tagung, >N. B.» Aug.
1894; ebenso den i. Bericht in den >N. B.< Aug. 1893.
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4B2
httion in der gc>jebeiieii Passung eleu gewünschten Ivrfolg nicht
gehabt, ^) weshalb sich die Pr. V. in ihrer Hamburger Tagung
nochmals mit dem Gegenstande der pädagogischen Pathologie
befassen will (am 3. Tage). Zu den im ci hlcii Jahreshericlitc er-
wähnten ehrenvollen Begrüfsungen der Fr. V. f. philos. Päd.
ist noch die «j^ekommen, welche Schtilinspektor H. Scherer-
Worms im neuesten Pädag. Jnlirc>l)cric]iU- (Bd. 47, S. 5 r>)
der Vereinigung gewidnit-l hat und welche im wesentlichen mit-
geteilt wird. Die litterarische Thätigkeit der Mitglieder
der Pr. V. galt in erster Irinie der Mitarbeit an unsem Zeit-
schriften : Allgem. Deutsche Lehrerztg., N. B., Rhein. BL, Päd. ;
auch die Lelirerin« ward berücksichtigt. Aufs^dem sind einige
wertvolle Schriften von Mitgliedern erschienen, die z. T. in
den genannten Zeitscliriften resp. itn Päd. Jahresbericht (hier vom
Mitglied Scherer) t)esprochen wurden. Die Artikel in den päd.
Vereinsblätteni sind bekannt; von den besonderen Schriften sind
ZU nennen: Über die geisL Fehler der Kinder, von Dr.
Spitzner (Leip/. 1894) und Woldem. lyommatzsch (Chem>
nitz 1895» Druckerei v. Carl Wiechert); Pestalozzis Pädagogik,
V. H. Scherer (I.,eipz. I^?95 T' andstetter) , über Jak. Froh-
schamniers System, v. Dr. B. Münz (Breslau, Schottländer);
die zwei vSchriften so/inipädagogischer Tendenz von T>r. med.
lul. Reich: vSozialh) gicn. Studien , Politik der Bevölkerung
und (»esellschaft (Leipz. 1895, Aug. Dieckmann) etc. etc. — -
Von den Sektionen der Fr. \\ hat sich bis jetzt am regsamsten die
Gnippe Westfalen gezeigt, welche mit den westf. lyehrertageti
Csteni 1S95 u. 96 eine zweite und dritte Sitzung abhielt;
vor. J. sprach in Hagen Hauptlehrer lUidde über das Charak-
teristische der Lotzeschen Philosophie, speziell der Psycho-
logie '\rr"l. T\li. ]}1. 1S95), in diesem Jnhre in Gelsenkirchen
I.elire! Kniep über die Phantasie in der Auffassung Jak. Froh-
schammcrs > (s. Allg. D. Lehrerztg. 1896, Nr. 23, S. 233). Von
den Zeitschriften der Fr. W hat bekanntlich das Pädagogium
mit März 1896 zu erscheinen aufgehört; es wird gleich 'Diester-
wegs Jahrbüchern stets einen ßhrenplatz in der deutschen päda-
gogischen Tjtteratur behaupten. Für die Mil.ulieder erwächst
daraus die Mahnung, sich noch fester mit den Rh. Bl. und den
N. B. zu verknüpfen, die vereint nm ehesten geeignet erscheinen,
das Pädagogium zu ersetzen, soweit dies nngängig ist Die
N. B. thun sagt der Jahresberieht ^ alles Mögliche; und
die Rh. Bl. sind nicht nur ein gei.-.tiges, sondern auch ein
finanziell-geschäftliches Vermächtnis Diesterwegs (da der Ver-
leger des alten Meisters jüngster Sohn ist)«. Daneben sei die
Allg. D. I^ehrerztg. der Paden, der uns aller 8 Tage verbindet !
S. N. B. Aug. i«94, ö. 396—397.
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Ffwte VercinigiiiiK för (ihiluiuphiM-lit! PädaK^i^i'^-
— Aus der Zahl der Mitj^liedcr (z. Z. cn. 150) ist am 6. Okt.
1S95 Prof. Dr. H oche^i^er-Czeniowitz durch den Tod ge-
strichen worden (s. N. B. Deas. 1895); wie dieses teuren Toten,
so gedenkt der Jahresbericht noch zweier Männer, die zwar der
P*r. y. f. ph. P. nicht formell angehörten, aber der Sache und
der Wissenschaft, welche wir vertreten vvolk-n. tjetreu gedient
ihi lA'ben lanj; : ()l)er>clui!r:U A. BertheU Dresden (-r 26. April
1N96) und Sclmlrat Dr. Friedr. r>i lies- Wien ( • 1 5. Mai i.Sc)6).
Die Versaninilunj( ehrt das Andenken dieser drei Zierden der
deutschen Lehrerschaft durch Krheben von den Plätzen. Uni
nach Möglichkeit zu ersetzen, was wir in diesen Männern ver>
loren, ist enger Zusanimenschlufs aller notwendig, die unserer
Wissenschaft dienen luid den Idealen nachstreben wollen. I^nlur
schliefst der Vorsitzende den Jahresbericht mit dem Wunsche,
dafs auch der Fr. ^■. stell iinrnor mehr slrebetide Deister an-
schliefsen möchten. Mtiehleu die Ziele, die von der I'r. \'. f. ]>h.
P. (und ihren Zeitschritlenf angestrebt werden, glücklich, weiui
auch nur allmählich, erreicht werden!
Nach einsliiiiniij;t r Cii nchmi>;vuij4 drs jahresbericlUes seitens
der \'ersanunlung erhält das Wort Haupllehrer G. Sicvert-
N ieder.schelden b. Siegen seinem Vortrage: Ober die Be-
deutung des Prohschammerschen Kinheitsprinzips
(der Weltphantasie) ffir dU Pädagogik<. Der reichhaltige
und übersichtliche X'ortrag währte ge^en i ' /^ St, und es sei
im voraus !)emerkt, dafs der zweite (aut die I*raxis in Schule
und Leben sich beziehende) Teil desselbeti am j-. Mai zur Be-
hantliung kam. Mit Recht machte nündich der \'orsitzende.
als nach 9 Uhr wegen der Kjitfernun.v; des L,ükals der
Haupt\ersammlung und in der Besorgnis, keinen Platz zu find^
- - viele Hörer den Saal verliefsen, den Vorschlag, den zweiten,
auch für sich verständlichen Teil des Vortrags auf den zweiten
Tag zu übernehmen. Dem von eingehendem Studium zeugen-
den Vortrage, der jedenfalls in einer gröfseren Zeitschrift oder
n!'^ Hroschüre erscheinen wird, lagen folgende l^eit.sätze zu
Grunde:
I. Itidetu (his h roh sc h a ni in e rs eil e Ivinluil.sprin/ip 11 eine
tiefere Ivrkeuntnis der menschlichen Natur erniü|^licht,
indem dassclhe 2) durch Aufhebung de.s schroffen Dualismus
(las I'robleni der Weclisehvirknng zwischen Leib vind »Seele
seiner Lösung näher führt und damit die \' ererb ungs-
theurie in neue Ikleiichtimg rückt, erweist sich dasselbe
4) als wirksam zur hesstien Erkenntnis und Leitung des
g e s u n d e n S e e 1 e n 1 e b e n s wie auch zur Heilung der geistigen
K e hier des K indes.
II. Aus Frohschauimerü Auffu.ssung der menschlichen
Natur und dem derselben zu (Grunde liegenden Kinbeitsprinzipe
ergeben sich folgende Resultate:
F. A. 8l«sUe1u
1. Die Auffassung der Seele als eines O r a n i s mu» mit ver-
schiedenen Kräften, die durch das Band der Phanta.sic
zur Einheit verbunden sind.
2. Die Seele ist infolge der in ihr stattfindenden Idce-
realisienui«^ ent\vickluiii:sliedürftig und als Synthetische
l'oteuic etitviickluu^s f ä hi ^.
3. Bei der gresamten Seelencntwickluni' bildet das (lenjut
den dunklen, beweglichen Hintergrund der übrigen (reislvs-
thätijjkeitLn
4. DadasCieuuU um die iuucrlich und sell'slätidi^. inilivid'u 11
und lebendig j^ewordene j)lastische l'oleu/ «1er Welt-
plinnt isir i^t, sozeigrt «ich injeder Thätigkeit des Gemütes
dies e s e 1 b s t,
5. Diese Auffassung ist wichtig
a) fi'jr ilie ii.idriLfi »Irische I's\ choloj^^ie (Apperception,
Aufmerksamkeit, Intereüse u. s. \v.|
b) für die Auswahl und Behandlung des Stuffes.
c) für die Socialpädagogik.
III. 1' r o Ii s c !i a ui ni e rs l"r/ieluin<is /. i e 1 f< '.lürk^c li;4kt it 1 ist als /u
weit gehend ab2ulehnen und die harniunischc Ausbildung des
ganzen Menschen als solches nnwandelbar festxnhalten. Doch
verdient das der 1* ro h s c h a ui ni e r sehen l'thik /u (irunde
lieircnde Trin/ip lin der Auffassung des gen, i'bilosophenj Jic-
achlunjr. da dasselbe
1. «lie Verbindung zwischen Menschheitsideal (Realisierung
der Ideen t iitid l'rziehunjrs/icl (harmonische Ausbildung
des ganzen Menschen) herstelit ;
2. als eine Grundlage erscheint, die die I'undamcnte der
Individual- und Socialethik in sich schliefst.
IV. Die 1' r . . Ii sc h a nmi crsrhe ori^'-niiisrlie .Methode^ verlangt
um ihres (1 y n a m i .-^ cli e n Momenles willen
1. ein aufmerksames Studium und eine sorgfältige Beachtung
der tliatsächlich gegebenen körperlichen und seelischen
Zustände.
2. Indem sie so den Pädagogen darauf hinweist neben der
methodischen .Aufgabe die psycholo- isrlie nicht zu ver-
gessen, hilft ihre Anwendung zur Verhütung und Heilung
der geistigen Fehler beitraj^en.
3. Das der receptiven Seite ikr menschlichen Natur ent-
stTt cbcnflc TU e c h a n i s c h e Monu iit \\ « isl tU n Kr/.ieher
daraut hin, dals die schaffende Potenz /u ihui jiethätigung
die Aufnahme des notwendigen Materials voraussetzt,
also ciTie rein formak Hildung unmöglich ist.
4. Sunach tritt der Mensch in Beziehung zur Natur und Ge-
schichte und erscheinen die Lehrstoffe als Kultur-
},Miter, in dirm rberlicferun^ die welthistorische Be-
deutung des I.ehrerstandes beruht.
5. Da also die organische Methode sowohl der historischen
Continuität als auch der menschlichen Natur gerecht wird,
i.st sie natur- und kuUurjir« tn;iis und steht somit im Dienste
der lndi\idual- und Soziaipadagopk.
V. Da die Organisation der G esell.sch af t auf Grund der
Kechtsidce und unter dem gestaltenden. s\ iithetischeti ICinflu.sse
der Weltphantasic dm Zweck hat. nicht blofs das leibliche
I.eben zu sichern ninl zu fördern, son<lern auch ;xeisti>^e
Hildunij zu errint^en un<l fort/itst^ t/«. n. die Ideen der Wahrheit
{in der Wissenschaft^ des Guten (im sittlichen Leben), des
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Frei* Y«rai»i(UB|r für philMopMuoh« PXdHTiWilt. 485
ScTiotitn (in der Kunst) zn verwirklichen und diirrli Rili
j^ion und Civilisation, d. Ii. durch die (iesaintkullui in ilas
I.eheti einzuführen und sie fortzubilden, so steht
d ein K u 1 1 u r Staate die oberste Ordnung und I^eitung
d er S c Ii u 1 c z u.
VI. Z usa ni m c n t a SS u u ^ ; Das auf der \V el l pli a n t a s i e
aufgebaute S yst e ni Frohsch a ni ni e rs verdient die
n c a c h t n n jüf d er I* ;i «1 a o e n i n h o Ii e 111 M a f s e , «1 e n n
e s ist ^ e e i j; n e t , d i e \" e r Ii i 11 d u n g /. \v i s c Ii e 11 I n d i v i -
dual- und Soci a 1 ])s ychol ojjf i e, Itidividual- und
Socialethik und damit zwischen Individual- und
S o r i a 1 p ä d a ji^ o ^ i k h e r z u s t e 1 1 e n
Nachdem am 27. Mai dieser mit kldiafteiii Beifall nnfge-
nomnicnc Vortrag beendet war, nimmt tlie Versammlung, welche
von einer Abstimmung und Debatte über die anfgestellteu I,eit'
Sätze absieht, noch eine Nach- bezw. Zuwahl vor: Als dritter
Vorsitzender wird gewählt Hauptlehrer Sievert-Niederschelden,
als weiteres Vorstandsmitglied (auf Vorschlag des Wirsitzciulen)
Scluilinsp. Schercr Worms. IJeide Herren nehmen die Wahl an.
Nun erhält Scluilinsp. H. Scherer das Wort zu seiiutn \'orlra.ire:
Uber • Päd ajjogi k n]< \\' i s ^ en s cli :i f t , sowie lihir
vv eitere Schritte z u i h 1 e ni A u s b a u . 1 )a de r Ketei en t
keine I^eitsätze aufgestellt hat, ist es schwer, die Hauptgedanken
seines inhaltvollen stundigen Vortrages zu skizzieren. (Viel-
leicht thut er dies in den »N. U. oder »Rh. Bl. gelegentlich
einmal selbst!) Schcrer führte in freier Rede im wesentlichen
die r.cdankeii aus. welche er sclion in seinem Wegweiser zur
Forlliihlung in der wissenschaftlichen und praktischen V.-Sch.-
i'ada^oi^ik (I,ei])zig, BrandstellerV sowie im Päd. Jahicsltcr
(z. Ii. in Jkl. 47) näher be^rüiuleL hat. Wenn Relerenl sicli kurz
fassen will, so glaubt er, die Kernpunkte des Scherersclieu Vor-
trages durch folgende Sätze wiedergeben zu können: i. die
Pädagogik als Wrssenschaft mufs eben so selbständig be-
handelt und betrachtet werden wie andere Wissenschaften; in
ihrer jetzigen (offizi( lloiO Cicstalt ist sie noch ein Mischprodukt
im< dem Neu - lV->talo//i;uii'^!nus einerseits und der von der
Kirchenlehre l»ceinllul.-.len Regulativ - Pädagogik andererseits.
2. Die Schattenseiten dieser (Katheder-) Pädagogik liegen
offen zu Tage und veranlassen zu den sog. Refor m be-
streb nn gen, die dahin gehen: a) die V.-Sch.- Pädagogik
wissenschaftlich, d. h. natur- und kulturgemäfs, weiter
auszubauen und ilir h) in der Praxis des \'.-Sch.-
Wescns die H errsch a f 1 Lro'^ rn /w helfen. 3. Man ist daher
bestrebt und niu is es sein, ant <\\v Ou eilen werke der Päda-
gogikzurückzugehen, auf die päd. Kla.->siker, deren Schriften
die Grundsteine der päd. Wis.senschaft bilden, wenn auch
manche Einzelheiten angesichts des heutigen Kulturzustandes
auszuscheiden sind. 4. Man mufs bestrebt sein (und man ist
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486 A. StrgUcb.
es), den G r ii n d w i s s e n s c h a i t c ii der Pädaso^i^^ inid ihrer
I^iitwickc hniL; eine tortgeset/.te Aiifinerksainkeit zu/iiw enden : a)
die empirische und experimentelle S ee 1 e n k u ii d e hal»en schon
vieles aufgehellt; doch da sie zur völligen Erklärung der
psychischen Phänomene noch nicht ausreichen, niQnsen sie durch
die rationelle oder philosophische Psycholoj^ie ergänzt werden.
Hrst die Vereinigunj^ aller zwei resp. drei Grnppen wird in
Zukunft <lie wissenschaftliche Psyclioloj^ie bilden, b) In der
der Sittenlehre }<e\vidnieten Litteratnr zeißt sicli das Streben,
die ethischen ("Jesetze in ihrer I' n al)h an ^ i irk ei t von der
religiösen Weltansciiaiiung darzustellen. Der ivriolg dieses
Strebens mufs auch der Selbständigkeit der Pädagou;ik nützen.
— Seiner Pe.stalozzischrift will der Vortragende einige Schriften
folgen lassen, die den in dem Vortrage ausgesprochenen Ten-
denzen Rechnung zu tragen bestimmt sein sollen.
Der mit lebhaftem Beifnlle anfi^enoninienen Rede Scherers
folgte eine längere I>ei>atte, in welclier des ülteren der Denlsclie
Vulksbund' erwähnt ward, der die Ausl)veiluni; der ]>äd. Ideale
ebenfalls begünstigen wtrrde. Aus der Debatte ging folgende
Resolution hervor, die einstimmig angenommen wurde:
Im Anschlufs an den Vortrag des Herrn S9hulinspektors
Scherer: liber Pädagogik als Wissenschaft etc. beschliefst die
I'r. V. f. ph. 1*. (stand Xcbenver.s. d. D. Lehrervers.) an den
ständigen Ans<;ehnl< (he l'itle /n richten, derselbe wolle auf die
Tagesordnung einer der nächsten Lehrerversannnlungen die
Frage stellen: »Welches ist der gegenwärtige Stand des
Ausbaues der Pädagogik als Wissenschaft, und inwie-
fern sind die Fortschritte, die dieser Ausbau erfahren,
in den I^chrerbtldungsanstalten zu bcräcksichtigen?«
(Kndgiltige Fassung vorbehalten.)
Gegetistand der Tagesordnung am 28. Mai war ein Referat:
• Über die pädagogische Pathologie in ihrer W'ichtii^-
keit f fi r Jn ge 1 d h > u i eti e und Scli u 1 pr ;\ \ i s . Als Rcierciit
namens des \'urstantles war Kollege Dr. AHr. Spitzner be-
stimmt; leider war derselbe vor der Abreise nach Hamburg an
das Krankenbett seines Vaters gerufen worden. An seiner Statt
übernimmt der erste Vorsitzende F. A. Steglich das Referat,
während dessen Ivrstattung und Besprechung der ijeugewälilte
dritte Vorsitzende vSievert die \'er.samnilnng leitet. Der Referent
bei;ründet u\ tingefnhr " , stündigem \'ortrage f<">lgende Sät/e, an
deren \\'iederL',ai)e wir uns heute genü-en las.sen, da jedenfalls
in nächster Zeit in den N. H. das Tliema selbst einmal des
nähereu behandelt werden wird. Ks wurde dargethan: Bei der
Wichtigkeit der pädagogischen Pathologie für die
Jugendhygiene und Schulpraxis handelt es sich zunächst
(bei dem gegenwärtigen Stande der Dinge) darum, dals die
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Freie T«r*liilg«iif fllr phlloBophlMho Pidaffeftk.
geislij^c Gesundheit der Jugend ebenso einj;ehend und
iiinfrissend wie die leibliclie Gesundheit derselben
einen Gegenstand schulhv)» ionischer Fürsorge bilde.
Hierzu gehört vur allen Dingen:
1. die Förderung des Ausbaues einer wissenschaftlichen
l)adagogischen Pathologie als Grundlage einer gedeihlichen päda-
gogischen Jugendhygiene, welcheder medizinischen Hygiene
ebenbürtig zur Seite steht ttnd mit ihr zu gemeinsamer
Arbeit berufen ist:
2. die Herbeiführung staatlich angeordneter ni ed i z i n i s c h-
pädago i; ! scher Beobachtungen, UntersuchnngeJi und
statistischer Erhebungen in Bezug auf die thatsüchlichen
Zustände und Verhältnisse der Schulkinder hinsichtlich
ihrer geistigen Beschaffenheit, Normalität und Bil-
du ngsf äh i gkei t und hinsichtlich der Bedingungen ihrer geistigen
Kntwicklung in der äufsern und iunern Sphäre ihrer Um-
gebung, speziell der Schule.
Dem ebenfalls beifällig aufgeiioinmenen Referate fol.i^te t itic
längere allgemeine KrArternng. die schliefslich zur einhelligen
Annahme des folgenden B e s c h 1 u is a n t r a g e .s führte :
Unter Zurückgreifen auf ihren in Stuttgart gefafsten Be-
schhifs iiiwl im Iliiil-Hck dai.iuf, <l;ifs in den Itl/Uii Jaliiiii
in der pädagogi.schen Tresse und in zahlreichen I^hrcrx xrciiien
über *die geistigen Fehler der Kinder und ihre notwentligc Ue-
achtiing seitens der Krzieher verhandelt worden ist, richtet die
l'Veie Vereinigiini,'' fitr philosopltische Pfidagogik- nach einem
Rcid.iU, das in ihixi 3. Taj^unx llamhurg erstattet wurde,
an den ständigen Ausschufs der deiUsi lun I.i hrerversaniin-
Iwng <las höfliche Fnsuchen, derselbe wolle gefl. heschliefseti,
die l'rage der pädagogischeu rathologie in ihrer Wich-
tigkeit für Jugendhygiene und Schulpraxis als Ver-
einstlumn für eine fU r foliL^enden Dentsclieii Lehrer-
vers a ni ni hi n ^en vtir/.u.selihigeii resj) zn hestininien.
HoHentlich werden sich auch diese Verhandlungen als segens-
reich für den weiteren Ausbau der philosophischen Pädagogik
erwiesen haben.
Dresden.
F. A. S t eg I i c h.
Auf der Warte.
Die Abändernng der Prüi'iiii^Hordiiutiju: für Miti«laehullehr«r and
Rektoi'en.
' Es erben sich Gest-tz' und Rechte wie eine o\v\s;e Kraiiklieit
fort'. Ist einmal ein (innul j^eleg:t, so wirrl auf diesem Grunde
und an diesem Grunde weiter^ehmit, niibckinnmerl darnm, o]»
er ein Produkt kranker oder t^fsundi i Zust:(ti(k' war. Die Grund-
lagen ob ihrer Wahrheit /u priUcu und .sie, lalls ihre Zeit längst
unter der P>de He^, durch neue, zeilgemäfse zu ersetzen, ja,
wer in der Folgezeit daran denkt, Icommt leicbt in den Ruf eines
unpraktischen Idealisten, eines unruhigen Neuerers oder auch
wohl eines ituverbesserlichen Re aktionärs» während das bequeme
Beharren in den betretenen Bahnen sich mit V(»rHcl>e in den
Mantel der Besonnenheit, des mafsvollen Fortschritts, des *mit
den Realitäten rechnenden Mannesalter^ hfdll.
Auch im Schulwesen giebt es eintn sulciun Grund, von
deni man sich nicht losdenken kaini, auf dem die so praktisch
Klugen und männlich Besoiniencn pietätvoll festsitzen wie das
Schiff auf der Sandl)ank, einen Grimd, au dem sie flicken und
neuern, in mafsvolleni Tempo naturlich, und von dem aus d^i
vSclude doch niemals eine :.:;esTtndc Reform erstehen kann, weil
er eine tote und tnnl)e ]"iucht am Baume de- n:iti(»ti.il( ii Lebens
war. Dieser Gnnul sind die R e u 1 a t i v e. ( UK i --(•Uten >ie
längst zu dem Toten geworfen sein .•' Jii, so giaulien so viele,
die an dem Schnlwagen seitdem gescholx^n haben, allein sie
thaten es ja in ihrer .sogenannten Besonnenheit stets unter
pietätvoller Berücksichtigung des Gewordenen, der Realitäten
und die Urrealität waren eben die Kegnlatix e.
Die pädagogischen Normen vom Oktober 1S54 bildeten ein
würdiges Seitenstnck /u den Ohnützer Punktationen vom No-
vember iSsc). Wie die-^e (k ii jM iliiischen, .so l)edeuteteii ji ne <len
geistigen Selbstmord riciil.sen,s. Doch in der tiefen X'eibeugung
der Staatsoberhoheit vor den bildungsfeindlichen weltlichen Ge-
lüsten der Kirche, wie sie in den Regulativen zum Ausdruck
gelangte, lag nicht das, was der Entwicklung des Schulwesens
Ulf Altfindtrnng 4er PrShmirMmlnii»K lir NUtelteballehrer und B«ktor«]i.
auf die Dauer verhängnisvoll wurde: das war vielmehr die voll-
ständig laienliaftc. unwissenschaftliche Auffassung des Unterrichts-
und I^rziehunuss^eschäftes. jene Auflassung, welchr tliu hohe
Kunst der phuivollen Mensciienbildung alles Künstlerischen ent-
kleidete tiiid auf eiu paar haiidwerksniäisige Handg^riffc herab-
würdigte, ja, die Thätigkeit des öffentlichen Unterrichtens und
Krziehens noch unter das Thun des Handwerkers stellte. Es
war die vollständige \'erleugnung alles dessen, was unsere grofseii
Meister über das Werden und Wachsen der Menscbenseele er-
forscht und entdeckt hatten, der radikale Bruch mit Prenfsens
.glorreichster \'t r.v,^ingenheit, der Bruch mit dem Pt stalu/./itum
und die Proklaniierung des Dogmas, dafs die gedächlnisniüfsige
Beherrschung des notwendigen Wissens den Lehrer ausmache.
Nicht darin, dafs die Regulative die allgemeine Bildung des
Lehrers auf ein so äufserst bescheidenes Ni\*eau herabdruckten, lag
das am meisten Verderbliche, sondern darin, dafs sie für den I^ehrer-
stand die allgemeine Bildung mit der Berufsbildung identifizierten
und die Notwendij^kt it einer besonderen niif der allgemeinen
Bildung sich erlulx-udcn wissenschaftUcli pädagn-isclKii Fach-
bildung verneinten, so dais lurtan in und mit der allgenieinen
Bildung die Fähigkeit sowohl zur Anstellung als I^ehrer als
zur Besetzung der höheren und höchsten Stellen im Schulwesen
gegeben war. Kein Lehrer, kein Schuliuspektor, kein Schulrat
und kein Dezernent in der Abteilung für das Schulwesen wurde
fortan nach einer wissenschaftlich -pädagogischen Bildung gefragt,
keiner gefragt: Hast du einen Comenitis, einen Pestalozzi, einen
Herbart grüiidlicli studiert? ICs >;Liüi'L^te für die niedlichsten
wie für die höchsten Ämter der Nachweis der allgemeinen Bil-
dung, wie sie in d^ Muster- Volksschule, Seminar genannt, oder
in einer höheren Schule erworben wurde.
Das war der Kemschatten, den die Regulative weit hinein«
warfen in die kommenden Zeiten. Unterbunden war der Lebens-
nerv des inneren »Schulwesens.
iMiicr der wenigen, die päd ac^M irischen Tiefldick gcnni»; be-
saiten, um die ganze ruf sc der (Vclalir /u erkennen, war J)iester-
wcg , der unentwegte \ ertreter der Pestalozzischen Schule, der
' unverbesserliche Reaktionär«', wie ihn der Minister v. Bethniann-
H oll weg nannte, weil er hinter die regulativischen Bestimmungen
zurück wollte. Doch was half es, dafs er bis zum Ende seines
Lebens im erbittertsten Kaniiife ausharrte? Ks war ihm mit all
seiner Knergie, mit all seiner rücksichtslosen Beweisführung nicht
mö'^lich. den einmal f_r< thaiien »Schritt nngethan zu machen, ja,
er konnte es niclit im Cieringsten verhindern, dafs man sich in
die geschaffenen Verhältnisse hineinlebte, dais man sich an sie
gewöhnte und die Weiterentwickelung des Schulwesens an die
Regulative anknüpfte. Und wie geschah die Weiterentwickelung?
ir«n 8«kMii (Pidifof Inn) TU. ». 32
490 Wlfice.
Die Miiiinial/alil (30) der zu lernenden Kirclienliedcr wurde
durch eine Maxitiinl/nlil iin) ersetzt. Die unbestimmte Menj^e
der zu lernenden S]u iK 1k- crliiclt in der /<nli] iv!o eine bestinunlL-
(Frenze. Der gesonderte fakultative Reahuilerrieht wurde in einen
obligatorischen verwandelt — d. h. für die einklassige Volks-
jichule, denn nur für diese waren feste Bestimmungen getroffen.
Der für die Aufnahme in das Seminar vorgeschriebene religiöse
Memorierstoff wurde auf das Pensum der einkla-si.^en Volks-
schule reduziert, das Pensum des Seminars im Rechnen, in der
Raunilehre und im Zeichnen wurde ct\vn< erweitert und flvr
Ausschlufs der >sö>;i'naniUen klas>i.-.chcn I,itltralur von der
Lektüre der Seminaristen mit einigen Ausnainnen versehen.
Das waren die ebenso bedeubiamen wie tiefsinnigen >Hr-
gänzungcn« der Regulative, die erst recht daxu Ixfltntgcn,
dafs das pädagogisch fundamentlose System der Herren von
Räumer und Stiehl seine Wurzeln tiefer und tiefer schlug.
'<) vcr<_;^tngen iS Jahre. Ks kamen die Sonnentage des poli-
tischen Autschwungs Preufsetis, und nach diesen Sonnentagen
kam wieiler ein neues Ministerium auf itn l/mde, das Ministerium
Falk. Mutvoll korrigierte es al>l)ald die im Laufe der Zeit
etwas verschobene Stellung des preufsischen Staates- zur Kirche
nach den alten preufsischen Prinzipien, und ich bin der Überzeugung,
Falk hat auch die ehrliche Absicht gehabt, der Jugend- und
Volksbildung aufzuhelfen. Doch wie das anfangen? Kr selber war
Jurist. Ich glaube kaum, dafs er vor seinem Amtsantritte die
Reguhitive gelesen, geschweige denn das preufsisclie Schulwesen
der Vergnngenheit gnindlieli studiert liatte. Jedenfalls hatte er
keine l'ädagügik, keinen Cumeniiis, keinen Pestalozzi, keinen
Herbart und Diesterweg .studiert, und ein Stein war nicht vor-
handen, der ihm in grofsen Zügen den Plan zu einer Neuorga-
nisation der Volksbildung hätte entwerfen können. Ihm wird,
als er ans Werk gehen wollte, der himmelweite Unterschied
zwischen Juristerei und Tadagogik zum "Rewnfst.sein gekommen
sein : doch er wollte uik1 mufste etwas thun. etwas schaffen,
man erwartete es von ihm. da er liberal war und nicht kon>(.r-
valiv wie .sein Vorgänger, und so entliefs er denn den intellek-
tuellen Urheber der Regulative und griff zu einem Mittel, das
ihn mit Anstand aus seiner schwierigen Lage befreien zu können
schien: er liefs sich in Fachmänner- Konferenzen* über
die Au ' -enheiten des Schulwesens belehren und übertrug die
Aufgabe, <K 1 ^'^lk•<selnde andere Cirundlagen zu geben, ebenfalls
einem h ac h manne , dem als Xnchfolger vStiehl* im Dezenmt
für das \'olksschul- und Senunarwesen in da> Miuisieiiuni be-
rufenen Seminardirektor Schneider: ein kluger und verstän-
diger Gedanke, aus dem Gutes hätte erspriefseu müssen, weim
seine « Fachmänner« nicht - Regulativ-Pädagogen gewesen wären.
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^^oclltc niaiich altes lA'hrcrberz im Stillen der alten Päda-
goj»ik die Trene l)C\vahrt IuiIkti, diejcnif^cn, welche vorwärts j;e-
konnuen, welche in die niafs>;cl>i. ndc ii Stellen eingerückt waren,
sie alle verdankten ihre Karriere ihrer Wirksamkeit inner-
halb der Regulative. Sie gerade waren es gewesen, welche
die Stunden' und die LehrpUnc, die Prfifinigsordnungen, die
Lehr- nnd die Lenibüchei und die Lehrer selber regulativisch
bearbeitet hatten: sie ji:erade hatten das lu ne Dogma von der
Herufslo<ii;keit de^ Tvehrerstandes in die l'raxis übertragen nnd
alles gcLhan, um <lie reichen l^rkeuulnisschätze der grofsen
Meisler nnd (U n (u danken einer w is^eu.^chaftlich-pädagogischen
Bernfsbildnng in \'ergesseuheit geialen zu lassen, und dämm
eben waren sie gewonlen, was sie waren, und einer der eifrigsten
Vertreter der Stiehlscheii Schule» die ohne jede wissenschaftlich -
pädagogische Bildung arbeitete, einer, der in all seinen Ämtern
nach Kräften dazu beigetragen, dafs sie nun festgefugt dastand,
das war der neue Dezernent ffn das Volksschul- uud Seminar-
Wesen, der (leheimrat Schneider.
Und die F a eh m an n e r - K u u 1 e r e n z , mit der sich iler
Minister über das X'olksscludwesen unterhielt, du lieber Hinnnel,
Mitglieder aller Parteien, nämlich aller politischen und kirch-
lichen Parteien, waren um einen Tisch versammelt, und das
nannte man ernsthaft «Fachmänner -Konferenz ! Ich möchte
wohl wissen, was die b'achmänner' v. K 1 e i s t - R e t zo w ,
Überpräsident a. D., v. M a 1 1 i n c k r t) d t , Regienni c^srat a. 1 ).,
und Weifs, l'a)>rikant in Berlin, dem Minister über die 1a1>»^u-
fragen der \ olksschule erzählt haben ! Unter den 20 Mitgliedern
befanden sich, was sicherlich am meisten zu verwundern, auch
^wei VolksschuUehrer, nämlich Böhm uud Dörpfeld, und
Dörpfeld scheint der einzige Fachmann gewesen zu sein, der
mit (ler Absicht gekommen war, pädagogisch zu denken und
l)ädagogisch zu diskutieren. .Allein er kam nicht zum Wort
und hat nachträglich in seitun (rrnndlinien der Theorie
eines lAhridanes Ixd^nunt gegeben, was er dem Minister
eigentlich lialte sagen ut>llen. Diesem, der nicht wufste, dafs
die Schule auf einer höheren Warte steht als auf den Zinnen
der Partei, der keine Ahnung davon hatte, dafs sie ein Organis-
mus sein uuifs, der aus der Erziehungswissenschaft sein Leben
schupft, dem Minister Falk scheint die lyust, selber Hand an
zulegen, sehr bald vergangen zu sein; er überliil^ --iil! nnd
die vSchnle sciucTu Dezernenten und dieser entwarl ihm Die
A 1 1 g eni e i u e n lU s t i ni m u n g e n . Sie tragen Kalks N amen,
allein i'alk dürfte an ihnen .so un.schuldig sein, wie es Bis-
marck au den Matgesetzen zu sein später behauptete.
Mancher Mensch kann viel, er kaiui den Mantel nach jedem
Winde hängen, kaim zweeu und mehr Herren dienen, kann mit
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492
seinem sogenannten Standpunkte von einem Koden anf den
andern springen den Grad seiner ]^;idngogischen KrkiniUiiis
kann er nicht wechseln wie zwei Rcc ki., der ist und l»lcd)l
unter allen limsläuden ein Prutlukl seines Lehens, seines lang-
jährigen Tfauns und Lossens, Denkens und Nicbtdenkcns, und
darum ist auch der Sprung vom Staatsanwalt und Justizrat zum
Staatspädagogeii ebenso schwierig wie der Sprung von Stiehl
auf Pestalozzi. Wer erwartet hatte, der liherak Minister
Falk würde auch unreine der grofseii <chulpoliti>chcu Fragen
lösen, der sah sich sehr bald L::ctrmscht, und q-eläust Iii, wer dn
erwartet hatte, an niafsgel^eiuler Stelle würde über Naclil die
F>keiniinis gekommen sein, dafs zur Leitung und Beauf-
sichtigung der Kntwtckehnig eines menschlichen Wesens an
Leib und Seele zum mindesten eine ct)enso lange berufliche
Lehrzeit gehört wie etwa zum Schuhmachen, zum Häuserbauen
oder zur Leitung einer Lokomotive, und man würde nun den
Lehrern eine mindestens dreijährige pädagogische Fachbildung
geben lassen, würde die Seminare zu solrlien Hernfsschulen
machen, wie sie eiil>])rechend die Schneider, die Zinnnerleute,
die Brauer, kurz., la.->i alle Handwerker bereits hatten, zu Be-
rufsschulen, in welchen die angehenden Lehrer an den Werken
Pestalozzis, Herbarts und Diesterwegs theoretisch und
praktisch durchzubilden sind und deren I^esuch den Nachweis
der notwendigen allgemeinen Bildung bedingt. Und erst recht
gründlich getätischt sah sich, wer erwartet hntte. er würde etwas
hören von deutscher Xational>chide, <lem Iiiliaite und den
Zielen der allgemeinen Men.>chenbiklung, von einem StoUaus-
Wahlprinzip, von psychologischer Konzentration bezw. Metliodi-
siennig des Unterrichtsstoffes u. s. w. NichtSi nichts von alledem,
den Sprung von Stiehl auf Pestalozzi -Herbart versagte
das Naturgesetz. Der Geheimrat Schneider war an den Boden
gebunden, den er seit dem Jahre 1S54 bearbeitet hatte, und von
fh'esem Roden aus erfüllte er den Auftrag des Ministers in höchst
einfacher Weise. hW belegte nämlich mit Besiiinmuni^en. was
h\ das alte Kegulati\ nicht hineingezogen war, die normalen
Volksschuleinrichtungen, die Trennung der Geschlechter, die
I<«inrichtung und Ausstattung des Schulzimmers, die unentbehr-
lichen Lehrmittel, die Tabellen und Listen, die Schulbücher und
Schulheftc und die mehrklassige Volksschule und legte darüber
fest, was initer Stiehl Sitte. Gebrauch und Norm geworden
war. Ferner schuf er eine ncne Schulart mit erweitertem Lehr-
plan, die Mittelsclnde, k ihre Ziele der Sl iniiiaras]>iranten-
prüfung zugrunde, l)ürtleLe darüber huiaus den »Seminaren ein
ziemlich bedeutendes Pensum in allgemeiner Bildung und Musik
auf, streute hier und dort eine landläufige methodische Bemerkung
ein, schuf die Mittelschullehrer« und die Rektorenprfifung, änderte
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die Firma und — eine neue Ära der Kntwickelung des Schul-
wesens halte begonnen.
T'< wurde zu weit führen, wnlltr m-Ii ^Vw Allgemeinen Be-
sliininuagen im Kinzelnen einer Kritik iiiiler/ielien. Wer sie
als l'ädniroi^e prüft und mit den Regulativen vergleicht, der
kann in ihnen unnniglich einen nennenswerten Fortschritt er-
blicken, gleichen doch z. B. bezüglich der Religion die neuen
Forderungen fast bis zum Wortiaute den alten. Nur formell
wurde l)eseitigt. was Stiehl geschat'fen; in Wirklichkeit war
niclit mehr die einklassit^e Volksschule, es war das ganz-:' Volks-
schulwesen nach >Stieli!--rlieni Rezepte reglementiert und durch
die schwanketide, vieldeutige Sprache dem didaktischen Malerialis-
nnis Thür und Thor geöffnet. Die nnps\ ch(»lngisi'lK- wisseti-
schaftlich-systeinaLische Stoffauswahl, auf alle Fächer ausgedehnt,
begründete die Wissensschute. Das Seminar blieb allgemeine
Bildungsanstalt, und die angebenden Lehrer wurden nach wie
vor t)erufslos hineingesandt in die Werkstatt des Geistes. 2
Stunden Pädagogik wöchentlich — welch ein Hohn auf das
IVstalozzitum. auf das Lehen und Streben unseres grofsen
Nfeisters, auf unsere liernfswissenschaft und unsere Kunst! 2
Stunden Pädagogik wöchentlich und was für eine Pädagogik!
— genügten dem (leheimrat Schneider, um Lehrer zu bilden,
und als Konsequenz 6 Wochen Hospitierzeit, um aus Theologen
Schulinspektoren zu machen! Die Lehrer, die dem ^kiihnen
Kluge <lt s Palkeiiv zujut)elten, ich glaul)e nicht, dafs sie wufsten,
was sie thaten. Sie waren abgedrängt von ihren Idealen; sie
seuf/ten unter den materiellen Sorgen und deuteten die Omkel-
spriu l'.v (Ks Ministers zu ihren (Tunstcn. Durch seine materiellen
Wrsprecluingen berückte er sie. die so lange ohne Hoffjuing
gewesen, und sie stempelten aus Dankbarkeit für seine leeren
Versprechungen seine Fehler zu Fortschritten um, ja, IjegriUsten
es wohl selbst als Portschritt, dafs er anstatt der geistlichen
die weltliche »Srlnilaufsicht einführte, anstatt der Pastoren Philo-
logen. Landwirte, Förster und Apotheker zu Schulinsj)ektoren
machte. Wer sich näher über die Ära F'alk unterrichten will,
der lese Snrk, Schlaglichter zur V(i 1 k s 1» i 1 d n n g .
Und wieder verschwanden 24 Jahre. Minimier gingen,
Minister kamen die AUg. Bestinnnungen überdauerten ihren
Wechsel. Ks blühte die Herbart - Zillersche Schule auf, das
pädagogische Denken in einer Weise befruchtend, wie es zuvor
nie geschehen war. Die Schulreformbewx -tnig .schlug ihre
Wellen, und vcmi Kaiserthnme rauschte ein FVühlingswehen hinein
in die Winterstarre des Bildungswesetis. Das Dreigestirn
Comenius. Pestalozzi und Diester weg leuchtete nnf am
pädagogischen Himmel, und eine dankbare (Tenieintk grul) ilire
Werke heraus aus dem Wust der Leitfäden und Lehrbücher,
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(kr V'cronliuini^LH, W-rffiiMitT^in iiiul Vorscliriflon einer iiiiiii-
slcritllcn l*iu1ni;o;^'ik. l'iul (kiiiinoli scliicJi es tiirltt l'rnliliii^^^
werden zu wollen in der de Ischen t^cluile. ! )a> wordene
war zu fesl gefügt, als dafs es den ersten Stürmen liülle weichen
koiitieti, und behielten das Steuer in der Hand, die in l>e-
sonnenein P^ortschritt auf dem Gewordenen aufbauen wollten.
Da ging zur letzten Osterzeit das Gerüclit von einer Neu-
regelung tl^^r Prufungsordnnni; für Mittelscinil lehrer
und Rekloren durch das Land, und neu l>elel)te sich das
Hoffen. An dieser vSlelle war der ]?rn( h mit tUii Allt^. Be-
stinitnun>;en offenbar am K ii lUesleii ; Iiii. r knnnU- 'lir I'.nl.i«4ot;ik
als Wissenschaft und als Kunst ohne tietgreitemle rinwid/.un;;en
in ihre Rechte eiiiKcsctzt und durch eine so erreichbare gründ-
liche Vertiefung der pädagogischen Fachbildung der Lehrer und
ihrer Vorgesetzten einer zeit.neniäfsen Schuheforni (he Wege
geebnet werden. Das Mittelsduilexamen, das «Iciii einseitigen,
unfruchtbaren (»vlt livteutum \ erfallen war und mit der päda-
]ioi;ischen KachbihliniL; iMt^enthch ^nr niclits /u thun h:itte,
konnte ohne Not aus der päda«^oi;ischen Karriere gestrichen
werden. Wollte man es beibehalten, dann war sein Schwerpunkt
aus den einzelnen Wissensgebieten in pädago«^ischc Krkeniitnis
und praktische Tüchtigkeit zu verlegen. Unter allen Umständen
nuifste das Rektorexamen umgestaltet und erschwert werden.
In der bisherigen Form entsprach es dem Wesen des Amtes
gar nicht und war überdies so 1( icht, es bewe>;te sich nach den
IkTichten ilber seinen \'erl:uil aliiibernl! so ^i\n/. im Rabimn
der Stieldschen Schulkuntk, dafs es keine (larantieeii bieten
konnte für die erforderliche Tüchtigkeit des Rektoratskandidateu.
War das Mittelschulexamen immerhin eine Leistung, wenn auch
wesentlich des Gedächtnisses, das Rektoratsexanien war keine.
Ich machte in Nr. ..^ In ]*äd. Zeitung* Vorschläi^e
zu seiner Neugestaltung, forderte für die Zulassinig den Nach-
weis einer zehnjährigen Schulpraxis, für die srhriftb'che Prnlung
Antei lii;niig der Arbeiten in der Klausur nnd unter Aulsicht,
lür ilie thet>retischc rriiiuag xar allem liekanntschaft mit den
methodischen und didaktischen Theorieen der Gegenwart und
die wissenschaftliche Beurteilung dieser Theorieen, für die prak-
tische Prüfimg Inspektion einer Schule, im Anschtufs daran
Abhaltung einer Konferenz. Bericht über die gesammelten Be-
obachtungen, wissenschaftlti l5e Htgründung der untcrrichtlichen
Mafsnahmen und der etwa alnvrirheiiden Ansichten. Mir kam
es «Inrnuf an, die l'rüfungsbedingungen so /u gestalten, wie es
das \\ e.^en des Amtes bedingt. Ich wollte sie crscliwcreu, aber
gerec 1 1 1 erscl i weren.
Volle Zustimmung fanden meine Vorschläge, von Kinzel-
stimnieu abgesehen, in der Zeitschrift >Der Rektor». Bezüg-
Dio Abinderuag der Prüfunxeonlnune ffir MitU^locballcbrrr und Rrktor««.
lieh der praktischen Prüfmi-^ füllte dieselbe hinzu: -Man o^ehe
dem Kandidaten die Hekeln ciluiui; einer Gemeinde nncdi 7a\-
sainuK-nsetziin^ tlci Bevölkciiniir inbeziig auf Zahl. Jie>.cliäHigung,
Religion u. s, w., der vorliandeneii JLehrpersonen, der zur Ver-
fügung? Htehenden Räume u. s. w. und verlangte von ihm, dafs
er aufgrund dieser Angal)en eine ihm bestimmte Organisation
tlcr Schule auf dem Papier durchführe. An reicher Abwechslung
der Aufgaben 1 imm und wird es nie khlen.
Dagegen nannte ein t^ewisser Rektor Wielanil in der neiit-
hen S c h n I /. e i t u n g nieiue \'(>rschläge eine überragt lunde
Ktaktiun , und die Päd. Zeitung btkämpitc sie in zwei wei-
teren Artikeln. Aufserdem veröffentlichte sie in Nr. 27 anonym
eine Zuschrift, die mit rührender Naivetät den Beweis lieferte,
wie Lehrer, die durch beide Prüfungen gegangen sind, nicht ein-
mal eine schwache Ahnung von einer wissenschaftlich päda-
gogischen Fachbildung haben und darunter, wie einst Stiehl,
ein paar niethotbschc Handgriffe \erstehen. Die Metliodc folgt
meist <1ein Sioilc wie der Schatten der Tugend , meint der
wackere Rektoratskandidut. Solchen I<eulen denn ilircr giebt
es mehr — wollte ich es fortan unmöglich machen, das Rektor-
examen zu passieren, dahec meine Vorschläge, Ich hatte die Ab-
sicht, diese gegen die Angriffe zu verteidigen; inzwischen ist der
angekündigte Ivntwurf einer .Abänderung der Prüfungs-
ordnung für M i t tel sch u 1 K Ii rcr n tul Rektnren veröffeiit
licht und den Provinzial-.Scliulkolle^ien untt Rcgitrrun>;c n /ur
Begutachtung zugegangen, und die Lehrerschaft hat nunmehr
zu die.sem Lnt.wurf Stellung zu nehmen.
Was bringt er? Die Vorschriften über das Mittelschul-
examen haben nur unwesentliche Korrekturen erfahren. Er-
lassen wird e< denjenigen, welche die Prüfung für das Lehramt
an höheren Schulen bestanden haben, alsi) nicht eo ipm den
Theologen. Die T,ehr]>efä!iigting im Lateinischen kann nur noch
nel)enbei erw orbeii w : den. .''.nm b'ran/u^ischen gelu'a t stets I-JV^-
lisch. und aus Deutsch und (icschichte ist eine neue Fachgruppe
gebildet. Das ist das Bemerkenswerteste.
Auch das Rektor ex amen ist an sich geblieben, wie es
war; doch ist es erlassen allen akademisch gebildeten Lehrern
und den Geistlichen mit fünfjähriger Schulpra.xis. Sodann ist
eine neue Kategorie von Rektoren geschaffen, der \'olk-^ebul-
rcktrir. der ^•f>n fler Abki^nn;^^ der Prüfung für Lehrer an .Mitlel-
.-elinkii cnti)un«len ist. und hier, hier ist die Stelle, an der der
Gei.^l. iler die Allg. liestinnnungen durclidringt und seit dem
Jahre 1S54 über dem Schulwesen schwebt, mit den Händen zu
greifen ist Man überlege nur, was es besagen will, wenn einem
Schulmanne die Fähigkeit zuerkannt wird. Schulen zu leiten,
den Lehrern Freund, Führer und Berater und dem Schulwesen
. j ^ d by Google
496 H- wijcK».
ein T'ntwickcliin.irsfnklor /u sein, und daljci die P*ähi}j[keit abge-
sprochen, als heliier an einer Miltelsclinlc .'mi^estellt werden /u
können. Und doch ist diese IJestininuinj; eine Konsequen/. des
Systems Stiehl-S eh neidet, eine Konscqueiiz des noch immer
herrschenden Dogmas» die Beherrschung des Wissenstoffes mache
den Lehrer und nicht eine wissenschaftlich-pädagogische Fach-
bildiinj^. Vom Standpunkte (kr Allg. Hestimnningcn ans war
diese Abänderung ein mafsvoller Kortschritt. Und der nächste
Scliritt wird der sein, dafs tlas Kektorexanien für Volksschul-
leiter gnn/ n1»i^eschafft wird: denn in seiner bislu rigen I'\)rni ist
es so leicht, dats alle Ivchrer es ablej^en koinjcn. Was ist Päda-
gogik? Was ist Psychologie? ^Unsinn , soll jüngst einl'rovin-
zialschulrat gesagt haben. Noch hofft* ich fest, dafs die Provin-
zial -Schulkollegien und Regierungen die geplante At^nderung
abändern, dafs sie die T^nterordnung eines der wicluiusten,
verantwortungsvollsten Amter im Schulwesen unter das einseitige,
unpädagogische P'achlehrertum nicht billigen werden, und niclit
billigen werden, dafs tote S]HvinlL;eU lu>.amkeit übel jenes päda-
gogische Fachwissen und Fach können gestellt wird. da,s stets
eine tiefe allgemeine Bildung voraussetzt und darum einschliefst.
Wird mein Hoffen sich erfüllen? Oder werden die Regulative
sich forterben wie eine ewige Krankheit?
Coswig (Anhalt). H. Wiggc.
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CliroxLik..
I>«'i* Kf»nij>r um (Iii* Sohule.
— Die uUramunlane ( icrniania schreibt /.um IaIi rc'rbesolthin>>.s-
j^eseU: Der Kultusinini.slcr dürfte aus dem Scheitern <ks I.ehrerhe-
solduni^'s^esctzes im Hcrrenhatis in Verbindung mit der Resolution
des Abgeordnetenhauses die Übcr7.eug^ung gewonnen haben, dafe ein
von chnstHchen Übenseugunfren {^releiteter Kultusminister heute ebenso
wie /AI Zeiten des (trafen Caprivi und des (*>rafen Zedlitz-Trfitzsehler
den Mut besitzen nnifs, ein auf c h r i s 1 1 i cli e n A n s c Ii a n n n ^ e n
anfj;ebautes \' * > 1 k s s c h u 1 es c t /. , oder iu>rh besser ein den
christHchen (»rundsaUcu c nlsjucviicudes all^;«. luviiie.s l iit«. 1 1 ichlsgesvl/.,
wie c« die \ erfa.s.sung in Aussicht genommen hat, den\ Landtag zu
unterbreiten
— Die Kreissynode Iserlohn erklärte die Forderung der konser-
vativen Partei auf Vorlegung eines Volksschul gesel/ es im
Sinne desfirafen Zedlitz für sehr beda\uHir!i und milsbilligte sie.
— Der Mrhifs über die Abän(!erung der rrüfutTgsordnung für
Lehrer an Mittelschulen und Kekt'^n n (s. Auf der Warle iti diesem
Heftel versetzt die («ermania in starke ICrregung. Die Oilsschul-
inspektiun der Pfarrer in den Städten , so ruft sie schmerz-
bewegt aus, >ist in Gefahr, wenn nicht die katliolischen Stadt-
schulgemeinden und die geistlichen OrtsschuHnspektoren der Städte
rechtzeitig Verwahrung einlegen. Und doch hat das Zentrum im
Kulturkampf so hcifs »im die Krhaltung der geistliclieii OrlsschuU
inspektion ;jekämpft I Der b-vanj^elische ( >berkirchenrat, so führt sie
au-^'. habe die (iefahr fi'ir die j^eistliclie Scbii!anfsiclit sofort erkannt.
scuhj \ oi.sullun;^^ wur<lc aber vom Tuten ielilsniinisler abscldäi;i;( bc-
scliieden. und er wurde damit getröstet , dais den lieistlichen der-
jenigen Konfession, in deren Hand bisher die Ortsschulaufsicht ge-
legen habe, die Aufnahme in den Schulvorstand gesichert werden
solle. Dieser Trost genügt der (".erm. ganz und gar niclit. ICs sei
höchste Zeit, dafs von katholi.scher wie von evangelisclier Seite
Protest eiugelexjt werde gegen diese unter der Ilaiid V>v absiclitigte
und teilweise S( lieii in die W'eire geleitete Heseitiguug der geistlichen
Ortssclndinspcktion in gn»is( leii und grofsen Städten — seitens des
-wohlwollenden Ilerni rutciiichtsministers . Wo steht denn in jenen
49?
Vorschlaj^cii etwas von drr Srhiiliiis]>cklioii ? Vud tlafs die rrcist-
lirht-n die irn>fsen Sc1mi1s\ .sUiiK in den St;idlcn nicht leiten können,
bedarf doch ei^enlhili keines Beweises njchi.
~ Die Kreissynode Hagen hat küfziich bejtchtosseit. das Kdnigl.
Konsistoriam zu bitten, es möge die OeistUchen ermächtigen,
ihr Amt als Ortsschul Inspektor nach Umständen auch ohne be-
sondere Genehnngiiiiu des Konsistoriums nieder/. n legen.
— Auf dein IV. hessischen Kath<dikentage. (K r am :?S. Juni in
Offtill >:ii^ Ii n. M. tagte, wurde dit- fnVjrtTdc Resohition angrnotnnien :
1 )a sowohl (lif !v)tern als aticli dir Kin lu; riii unveräufserlit h^-s Kerbt
auf die Schule haben, ila.s ihnen »luroli das staatliche Schulinono]>ol
entzogen ist, so fordern wir, dafs der Kirche und den KUern der
gebührende Einflufs auf die Schule wieder eingeräumt
wird; insbesondere verlangen wir, dafs der Kirche ihre volle Frei-
heit in der blrteilung und I,eitung des Religionsunterrichtes in den
Vf)lks- und höheren Schulen in keiner Weise beschränkt werde,
l'erner verlangen wir die Beseitigung der getneinsaTuen Sehlde, da
sie iiiinniLT ihre Aufgabe eiiKr religir>s sillliclien i'>ziehnng der Kin-
der erfüllen kann. Wir verlangen nicht minder »lie Wiederlierslellung
konfessioneller Lehrer-Seminare, die Zulassung der Orden xur Lehr-
thätigkeit, sowie endlich die Wiederherstellung und Gewährleistung
des katholischen Charakters deijenigen höheren Lehranstalten, welchen
derselbe stiftungsgemäfs zukommt«.
Allgemeine Schnlstatistik.
— Auf der Nishnij Nowgoroder Ausstellung hat das Ministeriuni
der Volksanfkläning eine kleine Karte der N'olksbildungs-! in
Rufsland ausgestellt, die richtiger Karte der rnbildung genannt
werden niüfste. }{s erweist sich, dafs es solcher idealen (hegenden,
wo auf lüo l'jnwohner mehr als 6 Schiller kommen in Rufsland nur
zwei gibt : I-'iunland und l^ivland ; 5 bis 6 Schüler uuf 100 Kinwohner
weisen nur die Gouvernements Kurland, Ksthland und Taurien auf;
4 bis 5 Schüler noch die Gouvernements Jaroslaw und Ssaratow.
Sodann ist es aber mit den »Bildungsoasen« zu Ende! Der grofste
Teil des r,oii\ ernenients Petersburg, die ( louvernements Moskau,
Twer, Smolensk, Kabiga. 'I'ul.i. Orel, Wladimir, Rjäsau. 'J'ambow
haben nur noch 3 bis 4 Schüler auf 100 lunwobtier, und noi h scliwär/er
und dunkler sieht es in dem übrigen Rufsbind aus. i )ais es im I ral-
gebiete nicht mal i Schüler auf loo Kinwohner gibt, nimmt m.iii
schliefslich noch ergebungsvoll hin, dafs es aber im europäischen
Ruisland, noch dazu hart an der Westgrenzc, auch ein solches Gebiet
gibt, — das Gouvernement Kowno — dürfte doch allgemeines De-
fremden erregen.
— Im Jahre 1S9;, gab es in Petersburg 3<vi \'olksscliulen, sämt-
lich überfüllt. war die Zahl der \ (tlksseliulen auf 32S ange-
wachsen, «.he «ibci auch sämtlich überfiillt waren. Nach amtUcber
Mitteilung konnten im Jahre iN<j5 in Petersburg wvgen Raummangels
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6t54 Kindtrr Iceine Auf nähme iti den Schulen finden. VTnd dabei
drängt sich in Petersburg der ganze Fortsc'-n'lt Knislands /lusammen !«
(iali/icMi zählt iinttr seiiuii mehr als 6 Millioiifii I'iii-
wohncrti { Millioiicii AiialphalH tvn. vh«) ( ifiiiciiKU n sind ohne
Schul^^n jvKxt h.ilitn wi-^jcn Man^^cls an Lehrern j;t.s|terrle Schul-
klasscii. und hkm) Lelirper.sonen sind ohne Lehrbefähigunj^. In» letzten
Jahre blieben 744. ««o bildungsfähige Kinder ohne jeden Unterrieht.
Hchiilverwaltiing, -OrganitMitioii und •Ansstallong.
— Bei der Ortindsteinlegiinp' des Lehrcrheinifi in Schreiberhan
äufserte sich Dr. l?nsse f^esprächsweise üherdic 1 ! 1 - < inei n e X'olks-
schule dahin, dafs die \'olksschnle auch fiir die liöhere
ScIriiU dir einzig riehtige \" o rix* rc 1 1 ti n s nn s t ;i 1 1 st-i. wobei
er aus stinn i-rsten Srliulzeit heHcliU u , 111 der lv. «KiiiilRT fn uc er
sieh nocli heule, wie neben den S«ihneu <ler ersten bauulieii Quedlin-
burgs auch neben dem Suhn des Arbeiters, des Knechts und des
Handwerkers gesessen und dadurch von vornherein auch Verständ-
nis für andere Volkskreise gewonnen habe.
— Der Senat von Bremen hat die blrriohtung eines M äfK hcn-
gyni n asi u ms genehmigt, dessen Absolvicrung znm Universitäten
besuch berechtigen soll.
— Aus f-"r.mk Ullstein i. Schi, wird berichtet: I)ie K<iiii-1. Re-
gierung verlangt, che I.cbrcr möchten «he Schulkinder vt»r Schädigung
der Fisch- und Krebsbmt warnen. Darauf verfügt die Kreisschnl-
inspektion: >Die Herren I.,ehrer wollen alsbald die erforderliche Kin-
tragung in den Stoffx'erteilungsplan machen und hierher berichten,
in welchem Monat und bei der H es|> rech u n w ilchen Ti« rrs
die verlangte W arnung erfolgen si>ll . N'ertninderung des Schreibwerks!
Dir l'r!auV)Tn's zur l'bernalmu- der I.t"itung einer Privat-
srhulc ist. weiiii dieselbe über die Ziele der XHlkssrhule hinausgeht,
uacli V erfügung cles L'nternchtsniin isters allgenieiu nur solchen Per-
sonen zu erteilen, welche neben der Hrfüllung der sonstigen Voraus-
Setzungen auch den Nachweis des bestandenen Rektorats- Kxamen
erbracht haben.
— Wie die P. M. erfährt, wird in Posen die tel ephonische
Verbindung der vSchulen mit der Ceutralkitung. Regierung und
Kreisschulins]»ektio!i in Aussicht i^xiiommen. (ianz wi( im Inhrr -f. r, ;
-- Das ( )berlatulesgericht in Köln bat die Stadl kem>-rlitid
verurteilt, einem Knaben, der durch einen v(>n einem Kemscheider
I«ehrer erhaltenen Schlag erheblich verletzt und dauernd an seiner
(iesundheit geschädigt ist, die Summe von 20,000 M, als Ent-
schädigung zu zahlen. Gegen dieses Urteil, das von allgemeiner
Tragweite ist, ist die Stadt bei <lem Reichsgerichte vorsUlii:; geworden.
— Auf <ler letzten (iencralvcrsammlung des Landwirtschaftlichen
Zentralvereins für T.itnnvn titifl Masuren wurde <Kr Hniipt\'orsteher
beauftragt, bei dem Kcgieruugspniüidenteu dahin vorstellig zu werden,
500
dal.s in 'U ii ländliclien Scbnlen «1 r \f> r ni i tt a cfsn ii 1 1 i r i rli t
eiiij^efühil wckIc. ditsr M iisiLj^tl in li\ ;;ic iiij,cher. sozialer uiiU
wirbicliafUiclicr Be/.icliiiiij; iiulwcndijj ersclKinc.
— Gegen den Bau eines Centralschulhatiscs ist von etwa
100 Bürgern in Schneidemühl an die kgl. Regierung zu Bromberg
eine Petition gesandt worden, in der sie wünschen, dafs zwei Schul-
hänser in unserer Stadt erbaut werden sollen. — Wir können den
Petenten nur beipflicliten. Soleh «^rofse Scliulkasenieii. welche errichtet
werden, weil sie billi j^er sind, erschweren, ja verhindeni oft die gute
erziehliche i^inwirkiuij^ der Schule.
— Auf dem (iute X etzband, dem (trafen Künigsmarck ge-
hörig, schreibt die Neu-Ruppiner Ztg. , fehlt dem Schul hause ein
Abortsgebäude für die Schulkinder, so dafs in der Umgebung des
Schulpalastes rechte Naturzustände herrschen. Vm diesen ein Ende
zu bereiten beantragten der Lehrer sowie die Schulaufsicht, den
nötigen T?;iu lu r/.ustellen. ab» r \ t rgeblieh ; der r.titsherr lehnte alles
ab mit dem JU ntcrktu, es wäre ja schon Hunderte von Jahren so
gegangen . Noblesse oblige!
Braiehangs- und Unterrichtafk«gen.
Der französische 8eininari)rofe8Sor A. Moulet besuchte ver<
schiedene deutsche Schulen und veröffentlichte nach seiner Rückkehr
seine Erfahrungen. Unter anderm schilderte er eine Naturgeschtchts-
stunde, in welcher das Knochengerüst des metischlichen Körpers be>
schrieben wurde, und knüpft daran folgende Ilemerkungen : Iiier
zergliedertrn uthI zerlegten inT^ere jungen Doktoren ohne Mitb it! die
Knochenmaschine; derkUinsti' Kn« »rhin wui de IkilitiiU. \<ini IlijiU r-
liaupt bis zum \ ersenbein, die Wirbel mit einbegniJcn. Die Jülern
sind ganz Aug' und Ohr. Ist es möglich, daXs diese Jungeua das alles
wissen ? Ja, meine guten Leute, eure Kinder wissen das alles, und sie
wissen noch viel andere Sachen und setzen die gröfsten Zweifler in
I'Irstaunen damit. Die bibli.sche (beschichte ist ihnen ebenso geläufig
wie das Abc ; sie sagen auch alle Hücher der heiligen Schrift her, so-
gar vom li-t/tf-n aTT^rfniiiren, und d.is Schicksal <lor zwölf Stämtne
Israels ist iür sie kein ( reluininis. kennen ^ic da^^c^cti ihre freselze
und IJürgerplIichten ? Diese Kinder, die heute die Schule verlassen,
hat die Erziehung dieselben vorbereitet für das Leben, für das wirk-
liche Leben ? Werden sie den Anforderungen der Seele eines Mannes
des Jahrhunderts entsprechen ? Hat man in den Herzen dieser Kinder
ein höheres Ideal entwickelt, die morgen Männer sein sollen, viel
edler als das Streben nach der nötigen Krkenntnis eines bescheidenen
frommen Lebens, des (lehorsanis \nid der rnlerotdimtVL^^* In <licscr
Zeit <ler ivi iL;t. n Anschauungeti, des ficbi-rhaflen Su < 1 cu--. tici ernsten
Kample, wo das (rute und das Büse, das Heilsame und das Schätl-
liche sich vermengt, sich kreuzt und bekämpft, wird dieses Kind, zum
Manne geworden, unterscheiden und wählen können, für die Sache
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Chrunik. ^(^f
des Fortsclirittcs niul der (iercchtii^ktit, <Kler lieruiniritn ohne Ziel,
ein l'ahr/,eiij( oluie I.otse. allen Winden preisgegeben .''v. VVas iüt aus
diesen Henu rkun^en zu lernen ?
— y\A der ICinriclilung enies X ii 1 1 o n a 1 1 a g s luv den Ische
Kanipfspiele, von dem wir in Heft 7 berichteten, hat sich der
KuUusniinister Dr. Bosse in einem Schreiben an den Vorsitzenden
des Zentralausschusses zur Forderung der Volks- und Jugendspiele,
Abg. V. Srhcnckendorff, einverstanden erklärt» und staatliche Förde-
rung in Aussiclu ^Lstellt.
— im Regierun c^slM/irk Oppeln, wo seit Jahren die ans der
Schnle /n entla.ssendeii knahen einen Lebensl.mf zn schreiben
haben, hat die Königl. Regiernng verfügt, dafs anch seitens der Mäd-
chen bei Beendignng der Schulpflicht dieser I^ebenslauf zu fertigen ist.
— Für Einführung eines biblischen I^esebuchs hat sich
nnch die ani lo. Juni stattgefundene Konferenz der Geistlichen der
Kphürie Allenbnrg ansg^esprochen.
— Tn der Nikolaistrasse zn (iera fand vor kiir/.enj die Ver-
teilnng von 600 III u lu eus töck e n au je 300 Knaben und Mäd-
chen .statt.
Wohlftihrt«bestrebiiii£en und Scheukung«!!.
— Nach einer vom preufsischen Kultusministerium veröffent-
lichten Zusammenstellung sind im Jahre 1895 den Elementarschulen
sechs Vermächtnisse und Schenkungen im Werte von 41 000 M.
zngeflossen. Taubstnmmeti und Blindenanstalten erliielten 8 Scheu-
knngen mit 5.S000M, und Waisenhänser nnd Wohlthätigkeitsanstalten
drei Sehenkxingen von zusammen jSofX) >f. *
— Der (ienieinderat zu Kisenach hat die iCrrichtung einer Schule
für Seh wae hsi n n Ige beschlossen.
— Hin nicht genannt sein wollender, dem Adelsstand angehoriger
hoher Gönner hat dem Witwen- und Waisenunterstätzungs-
verein der Lehrer in München ein Geldgeschenk von 12000 M.
zugewendet. Kine hochherzige Gabe!
— Die iCrben des verstorbenen (Veh. Kominerzienrats Schichau
haben der Stadt Irlbinir zur !• 11 ichtung eines J ugen dspielplat/e.s
15OQO M. zur X'erlngitng gestellt.
— Dem Komitee für l'erienkolon len für aime kranke vSchnl-
kinder in Nürnberg sind derartig reiche Mittel zur Verfügung ge-
stellt worden, dafs 222 Kindern die Wohlthat eines Landaufenthaltes
auf drei Wochen zu teil werden kann.
— Ans den Volksschulen Danzigs wurden in diesem Jahre 123
nnne schwächliche Kinder in die Ferienkolonien der Umgegend
geschickt.
— Df^r I)iisseld«)rfer bYaneuvorein beabsichtigt, seinen segens-
reichen JauMchlungen eine neue hinzuzufügen: eine Handels-
schule für Mädchen.
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502
Stollun^ der Lehrer.
— Zum cinjährij^-fifi willij^t'ii M i i i tärd i cn st der \'olks-
schullchrcr bemerkt die Nordd. AUg. Ztg.', dafs die Seminare,
nicht) wie irrtümlich ansfenomnien war, Berechti^iigsscheine, son-
dern nur Ahgang.sKeugnisse ausstellen. Auf Cinind der letzteren er-
teilt dann die bei jeder Regrienm^ besteben de Konimtssion znr Prüfnnj^
für den einjäh ri<^- freiwilligen Militärdienst den Hcrechtiiiiinjissebein
einem jeden. <1er das Abgangszeuji^nis und die sonst erforderlichen
Papiere besil/.t.
— Das s^cj^en den Ivlberfelder Kollej^en Julius Ilonke wegen
seines politischen Verhaltens (er ist Anhäui^er der deutschen Rechts-
partet und als solcher öffentlich aufgetreten) eingeleitete Disziplinar-
verfahren endete vor der ersten Instanz mit Anitscntsetzung bei
Zuerkennung der j;eset/lichen Pension auf 5 Jahre. Herr If. wird
beim Staatsministerium llornfnn}; einlcj^en.
— }\u\ Kulttiil.ild ans der Provinz i^iebt die Xarbriebt,
dafs die l)eiden un\ li in ir;ithetc!> I.ebrcr '/.. und W. zu Lopicuno ni
ganz. I,., da.s vier oder fünt «Wicnlliehe t.aslhriiiser hat, weder fiu l icld
noch gute Worte Bekd.sti};nn<( erhalten konnten, sodafssie i(ez\vnngen
waren, fast ein ganzes Jahr hindurch ihr Kssen sich eigenhändig zu
bereiten, so gut oder so schlecht es eben ging. Den Bemühungen
dl ^ Kreisschulins])ektors ist es endlich gelungen» für <be beiden I.ci-
densj»enc)ssen winigstetis Mittagessen in I,. zu verschaffen, worüber
die l'reude g^rois ist.
— Drei jun^j^^e T^uisiiirn a\is Posen, div vor Knr/eni einen
Lehrer anrempelten \nid dann nnl einem Messer durch einen
Stich in die Brust veKetzten, wurden zu drei Jahren, einem Jahr,
bezw. drei Monate Gefängnis verurteilt.
— In der Kreiskonferenz der katholischen I<ehr]>ersonen des
Landkreises Bochum maehte der Vorsitzende Sehnhat Dr. Roheis auf
die T" 1 r r f nllun>^ im I. e h reri n n e n bern f e .uifmerksam. l'!s sollen
allem 1111 Recjierungsliezirk Ani.sherg über ax> SchulamUsbewcrbcrinncu
stelleuh'.-^ Sein.
— In den Urkunden iiber die lierufung von Lehrerinnen
an Schulen ist nach Verfügung des Ministers, soweit dies noch
nicht geschehen ist, in Zukunft die Bestimmung aufzunehmen, dafs
die feste Anstellung der betreffenden Lehrerin im Fall ihrer Ver-
heiratung mit dem Schlufs des Schullialbjalires ihr Jvnde erreicht.
— Die Frage, ob die an städtischen Schulen angestellten
Lehrerinnen die Ivigensehaft von Staatsbeamten besitzen,
hat das Ketchsgcricht l>ejHht.
Bildung der Iiehrer.
— Kiner längeren Attsführung der «N. päd. Ztg.' entnehmen wir
über die I\in\vohnerzahl der Orte, in welchen die Lehrerbil-
dungsanstalten sich befinden, folgende Aufstellung:
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Cbronlk. qO'f
AiiKitbl <l«>r "/« «irr (lc>-
Biiiwoliiimiibl BpmiNiin». •nmMn«.
Ortf bis 50(X) l^iiuv 51 4r
(tlariintiT 21 bis 21« >o '7"/„l
Orte von ^cxyo bis icxmh» Ivinw 35 39
„ „ looüo „ 2CXXX) , 17 14
„ „ 2oooct und mehr „ 20 16
Die Vcfieilniig auf die Provinzen ist folgende:
rroT i a X Ml 4m Rinv. 3000- M9» KImw. tllfWO 1<MM Ein. »1000 GIbw. a. m.
Ostpreufsen 6-^2 —
W'cstprtnfsten 2 2 1 I
Poiiiincrn 24!
I'ostn 3 — ! 2
Sclilcsicii 853 3
Brandenburg 2 $ ^ z
Sachsen 3 -4 — 5
Schlcswisf-Holst 16 — —
Hannover 322 4
W'cstfakn 5 2 2 t
Ibssen Nassau 5 — I —
kiicinprovinz ir 5 i 2
Suninia: 51 t" 20
Recht interessant ist auch da» Verhältnis zwischen Ivxter-
nate und Internate;
AihmIiI iler Tollitfindlfr» Ti^itwrlM */* der
l'rovtn/: Kfmiuarv Rxteniatc Kzternala Esti-mulc-
().sl])n ulst n 8 — T
W estpreuisen 6 — 3 50
Potninent 7 -- 2 29 *
Posen 6 2 3 83
Brandenburg 12 6 — 50
Schlesien 19 8 2 53
Sachsen 12 3 4 " 59
Sclibswii-^- Holst. 7 4 — 57
Hann(>\cr II 3 5 73
Westfalen lO 4 5 90
Hessen- Nassau 622 66«/j,
Khetn|irovin% lo 8 5 68
Summa: 123 40 32
Besohl uu^ dt^r Lehrer.
— In Hallo a S ist mdlieh die A us/.ah 1 u n der So, 000 M
noch in diesem Jahre erreielit (s. lieft \ III, S. 44yJ. Die \'erleilung
soll am 15. Oktober an alle ku der Zeit in Halte angestellte Lehrer
und f «ehrerinnen erfolgen und für jeden 15*^/« des Gehaltes betragen.
Keuo Ilfichor und AufaüUi..
Neue Büclier und Aufsätze.
n) Bücher.
Uergcmaii 11 , I^r. Paul. AUain
SnittliK päclairo^'sche Theorien im
Rahmen scim s Syslt ins dir ju ak-
tischen Pliilosopliic 2 Teile.
64 U.7.SS.) Wicshmkii, 1^. lichreiul.
ä 1,20 M.
Du Ii I . S. J. Iknili.. Die Studieti-
ordnunj? der (iesellschaft Jesu.
Mit e. l<inleiluiig. (VIIT. 286 S.)
Freihurj^ i/H., Herder. M.
1'" iclilutl/, K..ki.. Ma\. räila-
gojri.sche .\i)horisnien und das
herrschende SclniKsysteni. Juno
psycliol(>i(isi'li i)rid.iirf\u Studie.
(73 S.) Dessau, \< Kahle. 1,20 M.
Iv Uders, srimi.iir., .\dl)., Die
SchuUiibelfraj^e. Vortra<r. (16 S.)
I.eijv/i.u, K. liölini. «),3() M.
Hesse, sihui.iir., lCrn.st, (iram-
matische Aufg:abeii in Aufsatzfomi
m. hrsond. Berürksicht, de r Wort-
bihlung, der VV'ortbeUeutung und
der Sprachrichtipfkeit. 3 Hefte.
Dresden, A. Muhle. 3,30 M.
Knoke, Prof. Dr., Karl. Das
(löttinger Kekt<)rensenunar iiu
Winter 1H95/96. (SS S.) lierliu,
Kv-'uscher u Reichard. 1,20 M.
l.elnnann - Hohenberg, l'n»f.,
Volkserziehung nach eutwickc-
lungsgescliichtlichen < irund.sätzen
als Staatskunst der Zukunft. (T«)
vS.) kiel, I.ipsius u. Ti.scher. o.^m) M.
I,einuiig, Wilh., Ist eine Schul-
bibel wiinschenswert (27 S.)
Magdeburg, Schallehu u. WoU-
brfick. 0,50 M.
Mittenzwey, sriniidir., L., Die
Tflrm des Ik-wegiingssjiieles. ins-
besondere durch dieSchrebervcr-
eitie. (VII, 13B 8.) Leipzig. K.
Strauch. 1,50 M.
K e b ni k e, Prof. i>r., Job., Grund-
rifs der (reschichte der Philosophie
zum Selbststudium und fiir Vor-
lestmi^en. (VII. 3*1« 8.) lierlin, C.
l>iinLker. 4 M.
I i Aufsatze.
liicdenkapp, Dr. fleorg^. Die
Zerstörung d. Mittel] mnktwahnes,
e i n e . \ u f ga l le d e r P äd a gogi k . ( X e u e
päd. Ztg. 3.?). Magdebur<4. jt iisi h
l'lrbach, J.. Ik-ujerkuugeu /.u
dem Unterrichte in der deutschen
C.i aunuatik, insbes(^ii<Iere /.u «je
uanuleni ruterrichle in den höh.
Mädchenschulen. iMittelsch. 13).
Halle a;S.. ScIikxUI
P'els, A., Ansichten Pestalozzis
überden Kinflufsder Mutteranf die
Jugenderziehung. (Preufs Schul-
ztg. 58). I,iegnitz. Se\ ffarlh.
I' l ü gel. ( )., I )er .substantielle
und aktuelle Seelenbcj^ff und die
J",iiilu il des Hewufstseins. (Ztschr.
f. Thilos, u. Päd. 2—5». l.,angen-
salza. beyer u. Söhne.
Oltz. ( Über das S\.steni
der ICthik von Priedrich Paulsen.
(Hv. Schulbl. 8). Oütereloh, Ber-
telsmann.
b'riedrich, Joh., Die (Organe
der Krziehung. l'in Kapitel aus
dem philosojihiscb -pädagogischen
System J akob l-Vohsch rtniincr*;. 1 Hl.
f. d. Schulpra.x. 4 1. NümlK i L;. Korn.
(irute. I.., Der christliche Reli-
gionsunterricht ohne d. alte Testa-
ment. (N. Westd. l.ehrcrztg. i»S).
(^rüni ng. Fr.. Organisation der
Mittelschulen. (Mittelschule 14, 15).
Halle a/S., Schrödek
Henschel, Max. Die Schul-
arztfrage unter besonderer Berück-
si( liti-LTiiiiy <k r sächsischen u I.eip-
zigei \ ei lialLui.sse. (I.eipz. Pchrer-
ztg. 37.38). Leipzig. Ott») Klemm.
Hrnmanit, Die Ik-deulung d.
biblisclien iieschicbte im Reli-
gionsunterrichte. (Ilannov. Schul-
ztg. 25 - 2y>]. Hannover, Helwing.
Klär, Dr. Th., Päda^og. Ex-
perinientalschnlen — eine noch
unerfüllte h'orderung Pestalozzis,
(Päd. Studien )). Dresden, Blcji
u. Kämmerer.
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Neue Bahnen.
— ^ PÄDAGOGIUM. -^^^
Monatsschrift für Haus-, Schul- und Gesellschafts-Eraiehong.
Helt 10. Okfobrr 1896. Vll. Jahrg.
Qescliiclite der MetliodilL des kultiir-
gescMchtlichen Unterriclits.
\ (iii Johann Bengei in Kaercn.
Klotto: Was sie Weltgeschichte nennen,
Ist ( in wuslverworrner Kiirnul:
l.ist inul l^ug, Ciewalt und Schwache,
Feigheit, Dummheit. Wahn und Greuel.
Weber, Dreizehnlinden.
"Was ist Kultur? Was Kulturgeschichte?
Die Autwort hält schwer, sehr schwer. Wir alle i^laiiben
sie ohne starke Aiistreii«;uii*> aimaliernd richtig gebeu zu
köiiueii: aber wer will sie «^'•enau ^ebeu?
Ihiseres Wissens liat noch kein geübter KnltnHiistoriker
versncht, die He<^riltc Kultnr luid Knltur^jeseliielite in einem
kur/eu und ruudeu Satze zu bestimmen; sie siud zu weit-
greifend und eben darum t\\ unbestimmt. Die Aufgabe der
KttUurgeschichte geht ins Unendliche, und das Unerniefsliche
läfsl sich eben weder scharf bestimmen noch nuigrenzen.*
Das Wort Knltur ist von dem latcinisclien coln-r =
anbanen, pfleq^cn, bearbeiten, abcreleitet. Iis wurde im Dent-
srhen urspriin Jülich nur \nn Anbau und P.earbeitnny; des
Ackerbodens ^ebranehl. Später aber verallgemeinerte sich
der Begriff uud bezeichnete nun überhaupt die Vervollkomm-
nung eines Oegenstandes, besonders aber die Kutwickeluug
imd Veredelung de^ i;cistij^en Lebens der Menschen. In
diesem erweiterten bildlichen »Sinne wird das Wort gebraucht,
wenn von der (rcschichte dci Kultur die Rede ist.
Für die Inhaltsbestiunnun^ des llegiifles kulturqe-
.schichte ist ein Aiil.>atz ( i e I) h a r d t s \m\ <;i(»lscin Iutercs>c,
der den Titel iührt : 1* o 1 i t i s c h e u n d K u 1 1 u r e s c h i c h t e
(Zeitschrift für allg. Geschichte, Jahr«;. 1SS6, S. 873). In dem-
selben wird folgendes ausgeführt: - Politische Geschichte ist
'j lioncjjj^er, kulUir^cschichtc, S. 3.
Kcue Bahnen (_Pii<.l«gai;iuni) VU. lo.
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Johann &ens»l.
Staaten- oder Staatsgcschichtc. Ihren Inhalt bilden allezeit
diejenijn;^eii ^Tei^^-nisse, die sich auf die staatliche (icnieinsam-
keit beziehen. Aber der Mensch hat nicht blofs ein staat-
liches Sein, sondern er lebt anch in der (iesellscliaft, in der
Familie, als Individuum. Er ist nicht blofs Mitglied cin;.'r
politischen Gesellschaft, sondern anch Glied einer religiösen
Gemeinschaft, einer Berufsklasse, und die Entwickelung
aller dieser und vieler anderer Richtungen der
menschlichen Existenz will die Kulturgeschichte
in ihre Kreise ziehen.
Es herrscht allerdinj^s über keinen Bej^riff so viel Un-
klarheit, und es wird mit keinem Winte so viel Mil'sbraneh
g^etrieben als mit dem Worte Kulturgeschichte! Was sich
nirgends in ein bestimmtes Schema einreihen läfst, wird ge-
wöhnlich unter jene Rubrik geschoben, und die sog.
Kulturgeschichten bieten ein Sammelsurium von
allem und noch einigem andern ohne System und
Ordnung. Diese Unklarheit hat auch bis jetzt am meisten
dazu beigetragen, dafs die Möglichkeit einer wissenschatt-
lichen Bearbeitung überhaupt bestritten w urde. Der Haupt-
fehler liegt darin, dafs der Begriff »Kultur« in .seiner Aus-
dehnung sehr schwer zu begrenzen und zu bestimmen ist,
und dafs niemals ein organischer Aufl^au der Kidturgeschichte
versucht worden ist »Kultur* durch ein deckendes deutsches
Wort wieder zu gelten, ist nicht rnnglich. Ausdrücke wie
(»esi Illing« bezeichnen zwar den drundzug der ganzen
Sache, lassen aber nicht die Richtungen erkennen, in denen
sich die (iesitlnng ausspricht. Man hat sich mil Weudmigen,
wie Sittengeschichte, Leben und Sitten eines
Volkes u. dgl. zu helfen gesucht, Auskunftsmittcl , die
nirgends einen vollen Ivrsatz bieten.
Kulturgeschichte ist im weitesten Sinne Geschichte
des Menschen; das Tndi\-iduum nnifs die Basis sein, von der
sie ausgeht und stufenweise fortschreitet. Dies h:\{ sie /nerst
auf seinem Lebenswege, von der Wiege bis /mn (ir;il>e 7\\
geleiten, in .seinem äufsern Dasein (Kleidung, Xalinnig,
Erwerb u. s. w.) und seiner innern Entwickelung (geistiges
Werden, Unterricht und Ausbildung u. s. w.). Die konzen-
trischen Kreise, in denen dieses Fortschreiten vor sich geht,
sind schon angedeutet: die individuellen Existenzen ver-
knüpfen sich in der I^amilic, in der Ocsellschnft. im Staat,
in der Menseiiheit als ( resamllieit. Die Slelhiug in der
Familie ist zuerst die iles Kindes zu den Eltern und CtC-
schwistcni, dann die des Gatten oder der Gattin, die des
Vaters oder der Mutter; die Gesellschaft schliefst im engern
Sinne den Verkehr, im weitern Sinne soziale, kommunale
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nMobIclilr der VHbodtk 4m kHUurfretcMcbtiieb«ii Unterricht*.
iiiul kircliliclK' Wrbäiidp ein. Nocli inaiini«"faltij»"er sind die
Bezieliiiuj^eii des ]{iii/,cliRni zum Staate, und die vSi)itze der
iifnnzen pNTaiiiidc Uildet sein Verhältnis zur Mrnsclilieit,
liHiaus über alle Sehianken, die sonst das tägliche Leben
umgrenzen«.
»Die FragC) ob und wie Kttltnrgeschichte in der Schule
zu treiben sei, ist SO alt wie der Gescliichtsunten iclit scll)st!
saj^t Alb. Ricliter. Eine (jcschichte der Metliodik des
kulturgeschichtlielien Unterrichts ninfs also schon früli an-
lielHii. Bekannt ist das Wort von jJaco, der im i6. Jahr-
hundert lebte: Wird der ( Tescliiclusnnterricht in diesem
Teile (im kulturj^eschichtlieheii näuilieh) vernachlässigt^ so
gleicht er der Bildsäule des Pol)'phcm mit ausgestochenem
Auge..
Arnos Comenius.
Der erste deutsche Päda<(ojj^e, der der Kulttiri^esrliiclite
sein An,i;eiinierk zuwandte, war Arnos Ct)menius, -der
Cirofsvater tler deutschen \'olksschule . Im 29. Kaj)itel der
Did. magna, wo er von der deutschen Schule handelt, sagt
er bezuglich des Geschieh tsuuterrichts: »Die Jugend soll
von den Zuständen im Hause und im Staate so viel
keimen lernen, als zum Wrständnis desjenigen, was sie
täglich im Hause und in der Bürgerschaft vorgehen sehen,
ausreichend ist . I'crncr: ICine ganz nllq-cmcin gehaltene
(/cschiclite der ( irüiidung, Verderbnis, Wiederherstellung der
bisher durch die Weisheit Ootles verwalteten Welt werden
sie sich zu eigen machen«. Der erste Satz giebt den Stoff
der Kulturgeschichte^ der zweite den der politischen
Geschichte an. Sollte vielleicht dadurch, dafs die Kultur-
geschichte vor der politischen angeführt wird (die »AUge^
meinen Bestimmungen vom 15. Oktober 1S72 ordnen in
umgekehrter Weise), Cotnenius jener den Vorzug vor dieser
geben? lune nähere P)etrachtung des ersten Satzes legt
aufserdcni nahe, dafs Comenius einen Zweig der Kultur-
geschichte, der besonders iu unsern Tagen Förderung ge-
funden hat, die Volkswirtschaftslehre, Gesellschaf ts-
und Oesetzeskuude, voniehmlich gepflegt wissen will.
Iu der Skizze der pausophisch en vSchule giebt
Comenius eine Anordnung des geschichtlicluii rntcrrichts-
stoffes nach prula^ogischen (irnndsätzen. Die Schüler teilt
er in sieben Klassen. Der fünften Klasse würde die
m e c 1 1 a u i s e h e G e s c h i e h t e , die ( r e n ü s s c des G e i .s L e s ,
Fragen und Erfindungen, zu Fragendes und zu Findeu-
des vorfuhrt, anzuschliefscn sein. Der politischen Klasse
würde gute Dienste leisten die rituale Geschichte,
33*
die Cr ewoli n h L- i teil verschiedener Völker in ver-
schiedenen Dingen zu erzählen hätte. Für die letzte Klasse
würde ein angenehmer Begleiter die allgemeine Ge-
schichte sein, die den Lanf der Jahrhunderte und in ihnen
das Ringen der Menschen znm Gegenstand hatte-;.*) In fast
gleicher Weise spricht Comenins anch in der D/W. wc/;'. über
die Verteilung des Unterrichtsstoff«, s in der Oescliiditc. Die
dritte Klasse erhält einen Anszng \(*n tlt-n Krtindungen
der Dinge, die \icrU' einen Auszug der sittlichen
Tu gcnd ni nstcr, die fünfte eine (iesehichle der gottes-
dienstlichen Gebräuche, wie sie bei den verscliiedencn
Volkern vorkommen^ die sechste Klasse erhält eine allge-
meine (1 e 5 c h i c Ii t c der ganzen Welt, besonders aber des
Vaterlandes,.*)
Anch hier begegnen wir wiedenim der Knltnrgescliichlc.
Mechanisclie ( iesehieiite, (»enüsse des ( ".eisles, Krfiiuluugen,
ritnale (iescliichte, CTew^hnheiten vei>.clnedener X'ölker,
güttesdienstliche Ciebränche, es sind nur verschiedene Partieen
der einen Kulturgeschichte.
In Comenius also haben wir einen der ersten I<örderer
des kulturgeschichtlichen Unterrichts zu verehren.
Johann Bernhard Basedow.
Nach Comenius hat erst IJasedow wieder der Knltnr-
gescliiclite seine Anfmerksanikeit zugewandt. J. B. P>asedow,^)
das Haupt der Philanthropen, behauptete von der Universal-
geschichte, dafs sie nur Gedächtniswerk sei, und rdafs alle
Konij)endien, voll von Regen tenn amen und M ord ge-
sell ichten der vier Monarchieen luid anderer Reiche von
den ältesten Zeiten an bis auf die nnsrigen, nicht so gemein-
nützig wären, als beispielsweise die (ieschiclite von ilein
Schmied, der aucli nicht um \ ieles (reld einen /um Dieb-
stahl nötigen Xachschlüssel machen wollte (Mellioilenljueli,
2. B. S. 90). Dieser eine Ausspruch läfst schon klar erkennen,
dafs liascdow kein besonderer Freund der politischen Ge-
schichte, dieser M ord gesch ichtc, ist, die von nichts
andern! zu erzählen weils, als von blutigen ludberungs-
zngen, herrsch- und ruhmsücbligen Inirsttn, (lefechten und
»Seidachten, Eroberungen und Belagerungen, Namen und
Zahlen .
Um aber ßa.sedows Ansielilen über den Geschichtsunler-
richt genau zu verstehen, mufs das ganze siebente Buch
') SV//o/. Paus. Di l. 71.
•j l>i<{. Hill '4. caj). j^o, jj Ii).
') Für (ku Ii an /.cn Artikel über Basedow siebe: Kehr, Geschichte
der Methodik. 1, S. 181.
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tlfs K 1 e tii e n t a r \v er k es (Hd. 3, S. i 272) 1)crücksicliti<^t
werden. K.s zertallt in folgende Abschnitte: i. Cirnndbegriffc
von Staatssachen, 2. ( U ovriaphie. 3. I^twas ans der T"f^ni-
vcrsalhistorie in /eitoidnung. 4. Mythologie. 5, Wappen-
kunde. 6. Hegriff und Zusammenhang der historischen
Wissenschaften. Das unter Nummer 4 und 5 Angfeführte
h'ifst erkennen, dafs Basedow das knltnr geschichtliche Moment
in der (ieschichte berücksichtigt. Noch kkirer wird uns
seine Ansicht, wenn wir henchtcn, in welclie Unterabteilungen
er den ersten Abschnitt: ( iriuKHu griffe von Staatssaclien
/.erlegt: Wildheit eines Volkes, natürliclie Freiheit eines
\'olkes, Regiernng der Hausväter, Regierung der Grorsen,
Regierung eines Fürsten, von klagbaren und andern Be-
leidigungen, von Gerichten iitid Strafen, vom Krieg.swesen,
noch etwas von \'aterland, l'rieden, Krieg und Völkerrech t .
Auch die K u jifer des Klementarwerkes , die den Zweck
iiatten, historisch treue Anschauungen -au vermitteln, stehen
vornehmlich im Dienste der Kultin geseliichte. Die erste
Tafel enthfilt H. ein Bild der vSlilt.shütte mit dem Znbeli'ir,
sowie eine Darstellung der olympischen Spiele mit Wett-
lüufern, Wettkämpfern und mit Poeten, die ihre Dichttmgen
vortragen. Auf einer andern Tafel findet sich ein Triumph'
zug des Augus'tus. Fast wichtiger noch sind die Tafeln mit
AbbildiinL^en der verschiedenen Waffi. nnrten, eiiter belagerten
h'estnng, eines Lagers, einer Armee in Schlachtordnung,
eines Schlachtfeldes; teiner die Verbrennung eines Ketzers,
ein hierarchisches Konsistorium, eine Prozession.
Christian Gottfried Salzmann.
Neben r>asedow ist unter den Philanthropen auch Salz-
mann als h'örderer der Kulturgeschichte zu nennen. Salz-
nuum, die liebenswürdig^U »^restalt unter den Philanthropen
und der bedeutendste Praktiker derselben , hat seine An-
sichten über ( "n.^e]iichtsunterricht unter anderm niedergelegt
in seiner Sclirilt: Noch etwas ül)er die Krzieiiung.
Dort führt er aus: «Im Geschichtsunterricht wollen w?r uns
zuerst mit der (ieschichte eines benachbarten Ortes bekannt
machen. Vor der Hand habe ich mir dazu das berühmte
Kloster Reinhardsbninn gewählt. Wir wollen es oft besuchen.
Wir bleiben bei einer alten Inskription und einem Kruzifix
stehen, das dabei gehauen ist. und natürlich entsteht nun
die l'rage, wie es wohl x-ust liier möge ausgesehen haben.
Wir iragen einen hier bek»inuten Freund, ob nicht mehrere
solcher Überbleibsel aus den alten Zeiten vorhanden waren.
Kr führt uns zu einer Reihe steinerner Männer, die durch
die Länge der Zeit zum Teil verstümmelt wurden, zeigt uns
Johann Bengel.
Tiiiimiicr von I A'iclicnstcint ii, ri>erhlcil>sel citu s nltcii Klosters,
fülirt uns in cino alte Kiiclu. s;i«;t uns \uii ciiuni uialtt-n
Ik"gräl)nisse fürstlicher l'crsunen, zu dem wir hinabsteigen.
Wir sehen einander bedenklich an, sind ganz in der alten Zeit
Bs geschehen au mich hunderterlei Fragen, von wem die
Knochen wären, wer das Kloster crhaut habe ')
Wenn Salzniann durch diese Iklehnuigen in den Zög-
linirt'n znnäclist auch nur das Vei langen nach dem Unter-
richt in der (beschichte wecken \v<il1te, »^o lassiii sie doch
auch den »Schlnfs zu, dafs er das kullinm. srlnrln lit lir Mouient
beim Unterricht beiiiek^ielitigle. Denn Insclniiuu, <ilte
Kruzifixe, Steine, Denkmäler, Kloster gehören doch ohne
Zweifel der Kulturgeschichte zu. Auch das Buch, das
Salzmann seinen Seliülern empfahl und ans dem sie liber
alles Auskunft haben koiniten, rechtfertigt diesen Schlnfs.
Ks war (iallcltis Geschichte und Ues ein c i Vni n g
des Herzogtums (iotha. (Über Cialletti siehe unlcu
Seite 519.)
Durch einen solchen Unlci rieht wurde den Schülcm ein
sog. kulturgeschichtlicher Anschauungskursus
und daran auschliefsend ein kulturgeschichtlicher
Heimatskursus gegeben, ein Verfahren, das in letzter Zeit
neue Förderer gefunden hat (Biedermann, Richter etc).
Johann CHristow Gatterer.
Wenn nun lui.seduw und Sal/manu neben ilci jH»litiselien
auch die Kulturgeschichte berücksichtigten, so blieb die letztere
doch immer mir Stiefkind, Das ganze achtzehnte Jahrhundert
hindurch war der Geschieh tsiuiterricht im ganzen nichts als
Regeutengeschichte, (»egen das Ende des Jahrhunderts aber
erhoben sich mehrere vS( luihnänner, die mit den herkömm-
lichen Gesell ichtsbüchern nicht zufrieden waren.
Von diesen war der Zeit nach der erste Job. Clnislow
Gatter er, T^ehrer der Geschichte in (iidlingen. ICr verfafsle
ungefähr um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ein Hand-
buch der Universalhistorie von Erschaffung der
Welt bis zum Ursprünge der meisten heutigen
Staaten. (G»öttingen 1761), Über die Anlage desselben
sagt er: Wh entwerfen eine kurze Universalhistorie. Nur
das, was nntzlicli und brauchbar ist, soll unsere Aufmerksam-
keit unterhalten. Die Zeiten sind \' er gangen, in
welchen man das W e s e n t i i c h e der ( j e s c h i c h t e i n
einer umständlichen Erzählung der Kriege, Schlach-
ten« Mordgeschichten und dergleichen setzte. Man
*) Noch etwas über Erziehung, Mannsche Ausgabe, S. 48.
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Gvavbirht« «l»r Uethudik dp» kulturK«t-rhic|itlioh4>D rnterricbls.
hält jetzt nur das für merkwünliL;, was uns einen wirklichen
\'orteil l)ei nnscrn IIriu|)i\\ i>>i iiscli.ittcn «iticr sonst nach nn-
sern Al)sichten gcw.ihrL Zu dem Hude wollen wir bei jedem
Buche dieser Uiiiversalhistorie eine vierfache Beschäftigung
anstellen. Im i. Abschnitt werden wir die brauchbarsten
Schriftsteller, sowohl die Quellen als die H ilfsinittel
benennen, im 2. die Erdbeschreibung oder das Wissens-
wurdi}^^stc von der i^n'n<rr:i])lr'sclu'n l^eschaffenheit de 1 Länder
vortragen, im 3. die i tillichc ( feschichte im (rrundrifs unter
dem Titel Ii e .y^ eh i n Ii t i l <• 11 erzählen, nnil endlich im 4. die
güttesdienstliclie, pt)! i t ische, häusliche und ge-
lehrte Verfassung; der Völker und Staaten ungefähr nach
dem obigen Kntwurf im la Paragraphen beschreiben.**)
Dieser n>. Paraj^;riiih aber läfst Ulis einen klaren und
deutlichen Hlick thnn, inwieweit (iallerer die Kulturgeschichte
herücksichti«4t. Hei der kirchlichen \'erfassnui; wird «ge-
handelt \<m den (löllern, Priestern, l'Vsten, Tempeln, Haincu,
( )rakeiii, \\'rdirsa«;ereicn, l'esehwrfi uiii^en; bei der poli lisciu n
von den Ke^cnten, Rcielista«;en, (iesetzen, Geriehlcn, Stralen,
von Mafs, Gewicht und Cveld, von Bündnissen, von der Zeit-
rechnung, vom Kriegswesen ; bei der häuslichen von Ehe-
j^i löbuissen, Hochzeiten, von der Kindererziehunj:,^ von Namen
der Alten, von (te))änden und Häusern, vom Mausrat, von
Kleidt-ni nn<l Schmuck, Speisen und (ietränkeu, von (last-
mahit II, Spi' K n und Lustbarkeiten, vom (trüfsen, von Handel
und Sehillahn, von Ärzten, IV-^räbnissen und Trauerj^e-
bräuchen; bei der j;el ehrten von den Sprachen, von der
Schrift (Urspi ung und verschiedene Arten derselben), von den
Wissenschaften und den (iclehrten.
/um Schlufs möji^e hier noch ein Bruchstück aus dem
Inhaltsverzeichnis des Huches stehen, das uns noch näher
über die Aulaj^e desselben orientiert.
Geschichte der Römer bis zum Jahre 476.
r. Schriftsteller (Quellen und Hilfsmittel). S, 758 -765.
II. I\rdbeschrei))uno. S. 765 777.
III. Iie«;ebenhciten. vS. 777 «S50.
\'erfassun}4. S. 850 qio.
1. ofotlesdiensUichc W-rlas^unj^. S. ^50.
2. politische \'erfassung. S. 857.
3. häusliche Verfassung. S. 885.
4. gelehrte Verfassung. S. 899.
Nach diesem Inhaltsverzeichnis unifafst die politische
Geschichte 73 Seiten, die Kulturgeschichte aber 60 Seiten.
') Universalhistorie § 14, S. 60 u. 61.
Johiinn K<-n^cl.
August Ludwig Schlözer.
Der hcdcnUMidste unter den Männern, die am luide des
vorif^en Jalirluinderls anf die Herücksielilij^nnj^^ des Knltnr-
gesehielitlichen im Cieschichtsunterriclit dranj;en, war der
Göttinger Historiker Schlözer, dem, wie in der Gesclitclits-
wissenscbaft überhaupt, so auch in der Methodik des (»e-
schiclusnnterricht eine l^lirenstelle «»el)üln t. ')
Welch ein warmer l'cM'derer der Knltnrgeschichte Schlözer
war, geht schon ans den folgenden Worten liervor : I*.r\\ aclie
docli besonders das iiniije Pnhliknm ans einem Sehlummer,
in den nns dii- lu/irluini^ eingewiegt, komme es doch von
(ieni verderblichen ( icscliniacke an M or d s p i e l e ii allerund
neuer Menschen morde r, Mehlen genannt, zurück! Froh«
locke es nicht länger über rauschende Kriegsthatcu der Er-
oberer, das ist über die Leidensgeschichte der von diesen
Hösewichtern am Narrenseil lu rnnic;^ fülirten Nationen! son-
dern glaube es vorläufig, dafs die stille Muse eines
(»enies und die sanfte Tugend eines Weisen oft
gröl^ere Revolutionen angerichtet, als d'w Stürme
allmäciitiger Wüic- riebe, und dafs manch glück-
licher Sorite die Welt mehr verschönert habe, als
die Fäuste von Millionen Kriegern sie verwüstet
haben, überzeuge es sich endlich, tlafs, wenn man klUlftig in
der Weltgeschichte Esaus Linsengericht mid die Kaziken von
Sicvon übergeht, die Halgereieü der SpaiUmer mit den
Mcsseniern, sowie die der Roiiui iiiii dvw \\)lskern katim
berührt, aber die I^rfindung des I'euers und (i las es
sorgfältig erzählt und die Ankunft der Pocken, des
Branntweins, der K a r t o f f e 1 n in nnsenn Wel tteilc nicli t
unbemerkt läfst und sogar sich nicht schämt, von dem V er-
tausclten der Wolle mit dem Linnen in »inserer Klei-
dung, mehr Xoti/ zu nehmen, nls von den I)\ nasten Tfsi,
I^eang und Tscinn man enislha!i und zweckmäfsig handle.
In seiiu ii zahliciehen histurisclu n Scliriften legte Scblö/er
das Hauptgewicht auf die Kultuu uLwickelnng. Hier inter-
essieren uns vornehmlich zwei seiner Werke : Weltgeschichte
nach ihren Hauptteilen (Göltingen 1792) und Vorbe-
r e i t u n g z u r W e 1 1 g e s c h i c h t e für K i n d e r ( 1 779). Nament-
lich das letztere Werk hat grofsen Kinflufs auf den damaligen
Oeschichtsmiterricht ausgeübt. In zahlreichen Schulen wurde
es eingeführt, von 1779 i8( »6 erscliieiu 11 sechs /mn Teil sehr
starke Anfingen. .\uch über Deul^chland^ (Tn.n/.en ging e>
hinaus, indem es ins Lateimsdie, Ungarische und i*'ranzö.sisclie
') l'.r brach mit Kraft und (»eist tinc iie«e Bahti'. PöHtz,
kleine Weltgeschichte, S. 38.
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iil)t-rsrt/t wtirde. Wäbii iid ') der erste Teil i^esrliiclitlirlK 11
Sinn unil »;c.sehiclilliLhe He^riffe entwickelt diu\li den Nach-
weis der Veräiidenni^en, denen die Hrde iubezng aufCiCstalt,
Fruchtbarkeit, Bel)aming, Pflniiüeii- und Tierleben ausgesetzt
gewesen ist, sowie durch I{elehinn<;en über die allmähliche
Knlwickelunj^ der menschlichen desellschaft und ü' er die
x ersehiedeni !i L,'^^runl.^^f^)rmen, eiUhrdl der /weite 'i'eil die
rr-vsrhiclur uiul dit- ATif-iii'^-^e luinschlicluT Kultur durch
Hrtintiun}4 niei lianischer Küu.nU, .^owie HeU lu uu^^^en über die
Arten j^eschichtliclier l'berlict'erun^. Das Inhaltsverzeichnis
eines dieser Abschnitte wird am besten zeigen, wie Schlözer
verfährt Der Abschnitt: Erfindung mechanischer Künste ent-
hält: 'Der Urnjensch wird ein Kulturmensch. Hohe Würde
der mechanischen Künste, »Stufen ihrer I^rfindunj^. Unter-
schicrl zwischen Wildeu, f'arl'iren und kultivierten \'r'1kern.
(leschichtc der meisten Künste ist verloren. Mutmafsiin^en,
wie einige haben erfuutleu werden können. vSpinnen, l'il/en,
Weben, Nähen, (neuere KrHudungen : Spinnrad, Stricken,
Strumpf wirkerstuhl, Spitzenklöppeln). Wie die Kochkunst
entstanden. Kssen und Trinken, Zu.sainmenleben. Anfang des
Sprechens. Erfindung des Feuers. X'ölkcr ohne Feuer. Künste,
es zu konservieren: Oemeindefeuer, Vestalinncn. Künste, es
zu reproduzieren: I*\*uerreibeu, Küclu nft uerzeujr. Xntziiu'/
des TYniers: Metalle zu schmelzen und /inu KA»chen. Kiichcn-
geräte. Töpferkunst. Backen. \'erschieileue .\rten von KiUtur.
Würde der Handwerke.^
Johann Gottlieb Aibrecht.
Ganz im Geiste vSchlözers schrieb der Professor J. (i.
.\lbrecht sein Werk: I^ber das Studium der Oestdiichte
(Ansbach 1793). ICs heifst in demselben: »Soll das Studium
der Geschichte lehrreich für uns werden, so mü'^sen Krie»^e,
Belagerungen, vSchlachteu und die maunigfaltij^eu vStaatsrevo-
lutionen, wo wir das freie, kühne, edle \'ülk zum sklavischen,
feigen und verworfeneu herabsinken und dagegen andere
Staaten aus ihrem Nichts zur höchsten Stufe der Macht
hinauf steigen sehen, so müssen diese nackten Fakta nicht
allein unsere Aufmerksamkeit heften. Die moralischen
Revolutionen, wodurch jene politischen herbei'j:^efidn t
wiudeJi, die Abwechselungen in den (»esetzen , Si tten ,
Religionen, R e g i c r 11 n g s f o r m e n u n d d er Kult u r d e r
Volker in den verschiedenen Perioden ihrer bürger-
lichen und politischen Existenz, die mannigfaltigen,
oft so tief liegenden und dem zur Beobachtung
1) Kehr, Geschichte der Methodik i. Bd., S. 188,
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Jobann Hengel.
nicht gcwöhntcji Auge kaum bc hj or k barcu Ur-
sachen, die auf den blüliendeu Zustand oder auf
den Verfall derselben einen so entscheidenden
Kinflnfs hatten -- das ist es, was nicht oft genujy
wiederholt werden kann, was vor allen andern
i^ekannt, erforscht und mit Aufmerksamkeit be^
trachtet zu werden verdient^ (Seite 4 u. 5.)
Johann Matthias Schröckh.
In demselben Jahre, als »Sehl ö/.er seine \'v)rl)ereituni; zur
Web i^esrliiclUe für Kinder herausgab, erschien auch das Werk
eines aii<krn i^rofsen f lisl< >i ikers : Allj^emeine Weltj^e-
schichU' füi ivinder von Professor Scliröckli in
Wittenberg, 3 Teile (Leipzig 1779). Schröckh wandelte
den gleichen Weg wieSchlözer. Kr sagt in der Vorrede zum.
ersten Teil: Die nächste vStelle gab ich solchen (icsch ich ten
von grofsen Mäitnern, die liewunderungeu der Weisheit und
edlen Recht^cliaftenheit, der (irofsmut und des standhaften
Muts, oder auch Verabscheuung des Irrttnus und Lasters be-
fördern kviunen. Kndlirh idanbte ich die Krfiailung von
Ci e s c t z c u , Künsten und W i s s e u s c h a f t c u mit ihr e u
herrlichen Früchten keineswegs anfser Anführung ztt
lassen.-
Wie eingehend Schröckh das kidturgeschichtliclie Mo-
ment berücksichtigte, möge an einem Heispiel gezeigt wer-
den. In dem Knpilcl: Die alten Deutschen behaiuklt er
auf iC) Seiten folgeiuK Absehnilte: (»estalt, Nahrung, 1 Abens-
art der alten Deutschen. Ihr kriegerischer und freiheitsli<jl)eii-
der (ieisl. line kriegerischen ()c]»!;iiiehe. W'affen. Kriegs-
heer. Heerführer. Schlachten gesänge. Weiber ttnd Kinder
muntern die Fechtenden auf. Religion der Deutschen. Ihre
Götter, (ichciligte WiUdcr. Priester tmd heilige Frauen.
Tugenden der alten Deutschen. Ihre unveränderliche Ehr-
lichkeit. Ihre clieliche Treue. Ihre Ga.stfreundschaft. Trunk-
sucht, llne i' ürsten. Ihre Versamndungeu. Strafen. Hinkünfte
und Hofstaat der Fürsten. Leibeigene. »Spicl>ucht. Gold,
Silber, Handel. Wulinuugeii der alten l)eut.schen. Ihre Klei-
dung. Ihre Leichenbegängnisse.')
Schröckh gab seinem Werke auch Bilder, Kupfer-
tafeln bei, die er trefflich nach zwei Gesichtspunkten aus-
wählte: die Hilder sollten darstellen erstens Beispiele von
kindlicher l-lhrirbictimL^^ Liebe und (Tehorsam, strenger l\r-
zieluuig, Tugenden und Fclileru der Kinder, die belohut bczw.
Seite 61—77.
Ge»cblelil« der Hetliodik de« knltarK««>chichtlk>b«n L'ut(>rrieht«.
bestraft wurden. Zweitens sollten die Bilder kultur-
geschiclitlichc Momente darstellen.« Der dritte Band
K. H. t utliält 27 Bilder, von denen niclil wonij^t r als iH e
Hälfte der Kultiir.L;e>cliiclitc dient. Ivs sind folj;ifende: Ul-
fila^ erfindet eine r.mlislalienselirift. Die Denisehen machen
ihren Streit dnreh Zweikämpfe ans. Hoiiifatins fällt die Donner-
eiclie. Die I>entsclien xielien vom J^andi in die Stadt. B.
Schwarz, erfindet das Schiefspvdver. Die Hansa. Gulenber^
erfindet die Buclidruckerktnist Ouerike erfindet die Lnft-
pumpe. Französische Sprache, Mode und Sitte verderben die
Gemütsart vieler Deutschen usw.
J. Chr. Dolz.
Noch \or Schlnfs des Jalirhiinderts, 1797, erschien ci»i
Leitfaden /nni Unterritlite in der a 1 1 j^e ni c i 11 e n
Mcnschcnge.schicii te von Dulz, der ebenfalls genau
in Sclilözers Bahnen wandelte. Im Vorworte der ersten
Auflage sagt Dolz (S. V): -^Nacli meiner Kr^tnung darf in
ein Lehrbuch der Geschichte für Btir^nsclinU 11 nichts an-
deres jiufgenonnnen werden, als nur solche Vorfälle nnd Kin-
richtmijTfen, die für jnnj^e Menschen, als Menschen nnd künftij^e
Härder des Staates, wiehtiq- nnd interessant sein können.
Dahin jT^eliönn vorzüs^licli die- nfj^cbriihtiun, Hinrichtnn^en
und Anstalten, dnreh die <.lie sitiliche nnd religiöse Bildung,
der Kuiistfleifs und Wohlstand der Menschen befördert oder
gehindert worden ist«
in)er den Zweck des Geschieh tsnnterrichts drückt Doh
sich folj^enderniafsen ans (S. 9): -Bei lulernnng jeder Sache
hat (U r (knkeiiile Mensch einen Zweck. Der nächste Zweck,
den l in denkender JiinglinL^daduich 711 eiit iclK 11 snelit, dafs
er sicli mit der (leschichte ItL'kaiint macht, ist I '.(.fricdijjung
einer edlen Wif.sbegierde, die aus (km \\'unsche entspringt,
sich das Gegenwärtige ans dem Vergangenen erklären zw
können. Die Geschichte der Menschheit soll uns aber lehren,
welcher (irad der wissenschaftlichen Kenntnis, der Sittlich-
keit, des feinen Knnstgeschmacks und des bürgerlichen Wohl-
standes icdesmnl angetroffen wnrde, dnnh welche ^'ersonen
nnd zu welcher Zeit die \'erM'hi«. denen Zwv'v^v der mensch-
lichen Kenntnisse durch lü finchau^en, Kntck-cknngen, Ikob-
achtungen nnd Berichtigungen bereichert, nnd durch welche
Veränderungen die Menschen zu ihrer gegenwärtigen bürger-
lichen (politischen) Einrichtung, zu dem Grade ihrer geistigen
und sittlichen Bildung und zu ihrem Wohlstande gelangt,
oder wodurch sie an der Hrreichnng eines gröfsern Wohl-
standes [gehindert worden sind und vielleicht noch jetzt daran
geliiudert werden.«
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Johann Renircl.
Eine Probe aus diesrm Werke niö<^^e hier stehen:
Karl (1 e r ( i r n fs c . 'i
Unter Pipiiis Si)lnK\ K:\r] dem (irolstii, (\vr 46 Jahre
rej^iertc, \v;ir das fräiikiselu- Rrich so Ijlidund. d ifs seit den
Zeilen dvv Kr>nier kein Reich in luiropa diesem kai uhngischen
gleich kam. Karl erlangte, als römischer Kaiser, im Jahre
800 ein Recht auf den gröfsten Teil von Italien und besafs
überdies iMankreich, einen Strieh von Un.i>arn, (he Nieder-
hande, Schweiz, ein vStiick von Spanien und Dentschhmd bis
an die Hi(UT, ]{!be inid S.udc. Im- lH'krie.i>te <he (himals nocli
freien Sachsen nnd ntitii^te sie thirch Sohlaten. die oliristliche
ReHj^ionslehre anzunehmen. Weil er die überwundenen \*ölker
zu einer X'erfassung vereinigen wollte, .so versetzte er einen
Teil der Sachsen in seine fränkischen Landen Er endigte
die Herrschaft der Langobarden in Italien (774); besiegte die
Slaveu, die sich im ostlichen Teile von Europa ausbreiteten,
und von welchen die Russen, Höhmen, Lausitzer und ehe-
maligen Polen abstammen, ingleichen die \'(irmrmiier, welche
aus dem Norden kamen und Seeraulx- vei niel)en; \\ar aber
bei seiner kriegerischen Regierung dueh immer daraut be-
dacht, Ordnung, Sicherheit und Wohlstand in seinen Ländern
zu erhalten und zu befördern. Deshalb schickte er von Zeit
zu Zeit Abgeordnete in seineu Staaten herum, die die öffent-
lichen Mängel und Mifsbräuche in der Rechtspflege, in den
Klöstern, Hospitälern usw. entdecken und abstellen si>llten:
ga!> scharfe (iesetze gegen die Fehden, suchte Zweikämpfe,
'rruiikenheit und Kleiderpracht auszurotten und befrirderle
dadurch, dafs er den (rrund zu mehreren nachlierigen Städten
z. Ii. zu Hamburg legte, verschiedene Märkte anlegte und
den Juden zu Köln öffentliche Bedienungen zu bekleiden ver-
stattete, den Handel. Da er in Deutschland Handwerker
zu haben wünschte, welche hier bei der damaligen Xational-
erziehung und bei den gewöhnlichen Wallfahrten änfserst
selten waren, so befahl er den Aufsehern seiner MeierliTife
und Mecken, gute KühsiIlt als vSchmiede, (iokl- uml »Silber-
arbeiter, Schuhmacher, Drechsler, Wagner, Vogelsteller, Seifen-
sieder, Brauer, Bäcker, Netzinacher u. a. in ihre Dienste zu
nehmen. Bei Lebensstrafe verbot er das Verbrennen der sog.
Hexen und Zauberer und liefs zum Resten der änfserst un-
wissenden Priester Auszuge aus den Religionsvorträgen der
altern Kirchenlehrer nuichen, die nachher zu den: Namen
Postillen \'eranlassung gaben. Auch soll die l.ini iclilung
und Anordnung der noch ]vi/.{ wcihnliclien Sniiulagse\ an-
gelien und lCpi>leln von K.iil dem Grofsen hernilneii; allein
») $ 49i Seite 55.
OnehiclUe der Methodik des kaltarvenehicbtUelMD Onterriclits.
die Auswahl dieser biblischen Abschnitte war schon zu
(irei^nrs I. Zclicu «getroffen. In allen Klöstern 1ief> Karl
Schulen ank.iiLii und darin Unterricht in den Antanj^sj^rün-
den der Wissenschaften und Künste erteilen, liefs selbst an
seinem Hofe Schule halten, zog fremde (jelelirte in seine
Länder und belohnte sie, wie den Paul Warnefried, Egin-
hard und Alkuin. Karl selbst soll eine deutsche Sprachlehre
geschrieben haben, da bisher die deutsche Sprache noch nicht
zur Ii ü ch e r s p r a ch e und (Gerichtssprache gebraucht
worden war. Auch veranstaltete er eine jetzt aber verloren
gegangene vSaninilung der ältesten Lieder der Deutschen,
gab den Monaten deutsche Namen, die von wichtigen Natur-
veräudernngen und christlichen Feierlichkeiten hergenommen
waren, z. B. Wonnemonat, Christmonat etc. £r starb 8145
Der Leitfaden fand grofse Verbreitung. Er wurde in
mehreren Bürgerschulen mid auch in einigen Lehrerseminaren
eingeführt. Von 1707 bis iStq erschienen sechs Auflagen.
\*on dem Prediq-er Fuhrmann wurde er konnnentiert. l^benso
gab Dolz sclb>i einen Kommentar heraus, der 1S13 erschien
und den Titel iührie: Abrisse der allgemeinen Menscheu-
uud Völkergeschichte, 3 Teile (I^eipzig). Auch dieses
Buch zeichnete sich durch eine sorgfältige Berücksiclitigmig
des ktilttirgcschichtlicheii Momentes aus.
Georg Friedrich Ruf.
Noch eines andern P.nches, das am Anfang des 19. Jahr-
hunderts erschien, sei hier gedacht: Ruf, K Knien tar-
A I > i i Is d e r W e 1 1 g e s c h i c h t c { Karlsrulie 1 807). In der
Vorrede des ersten Ruches (Seite XXVI) nennt der Verfasser
als Ott eilen seines Textes Schlözer, Gatterer, Schröckh u.a.,
ein Zticlun, dafs Ruf auch der Kulturgeschichte ihr Recht
beim rnlerrichte /.ukomnien liefs. .M>er in incthodi.schcr
ITinsieht weicht er weit von diesen Männern ab: er ver-
sucht in NLiuLUi I'iiclie die Zeil und ihre Daner nebst ihren
l'orlscln itlcn aN eine mathenialische (iröfse darzustellen.
Zu dem iüide verlalste er zwei hisiuri.sehe Karlen, die dem
Unterricht sollten zu Grunde gelegt werden. »So wie für
den Unterricht in der Geographie die Landkarten nach
(iraden und Minuten entworfen und zur Messung geo-
graphischer (Tcgenstände mit Meilen - Mafsstäben ver.sehen
sind, so habe ich auf meinen Karten die Zeit, als eine Ans-
dehnnng in die Länge nach einem Maf'^stabe in Jahrhunderte
geteilt, und die hi.sU>ri>ehcn ( icgensländc, \ t>lkcr, Staaten,
Männer darin bestimmt und abgemessen . (Seite XI.)
Hiernach gliedert sich nun das ganze Buch in zwei
Teile, in den ethnographischen Teil, in dem die Völker
Johann BengH.
nacheinander, und den s\ ncliroiiistischcii Teil, in dem die
Völker n ehe n einnmler licliatHleU worden. Der erste Teil
dient vorwit ^cnd der pülitisclicn ( k.sehichte, drr /weite der
KnUnrj^escliiclite. Dieser zweite Teil «rereiclit tltni linclie
zur besonderu Zierde. Hier lehnt der X'erlasser sich an
Gatterer nndDolz an, ado]>tiert auch den Dölzschen Namen:
Menschen gfeschichte. Vom Heginn des Menschen g-eschlechts
an <»;iebt er eine vollständii^e (beschichte aller niensclilichen
Thatij^keiten; doch während das AUertuni und Mittelalter
zietniich eint^ehcnd behandelt sind, werden das aiis;^?hende
Mittelalter und die Neu/.eit nur selir unvollständig berück-
sichtij^L
Das Ziel, das Ku£ zu erstieben suchte, findet unsern
•Beifall, den Weg aber zu diesem Ziele, nämlich die Trennung
in einen politischen und kulturgeschichtlichen Kursus, muts
man heute als methodischen Mifsgriff bezeichnen.')
Gailetti, Bredow, Kohlrausch, Pölitz ^die Gegenströnninj^).
Glückverheifsend für den knltnrj^eschichtlichen Unterricht
war das neunzehnte Jahrhundert anj^ebrochen, Scldüzer,
vSchröckh, Albreclit, Dulz beherrschten den rnterricht. iSii
dscliiin wieder eiti neues Piuch, die kleine Wel t |>^esch i ch te
für d e n e r s t e n A n f a n g b e i ni I I a u s - n n d S c h u 1 u n t c r -
rieht von Pfarrer J, A. C Lohr (Leipzig), »das ganz in
Dolzens Hahnen wandelte und inbezug auf Auswahl des
vStoffes noch lieute manchem Ireitfadcn der Geschichte als
Muster gegenüber gestellt werden kann .'^)
>\Vir sehen also nun eine vollsländige (ieschichte dc^r
Ivrfindnnm n und luitdccknngen, des geistigen Lrbens der
Menseliluil nel>eu der Krie^'s- nnd Slaatsi^rseliiclili rinlur-
gchen. Allein die let/Lerc wurde durch die gewalligeu iü-
schütteningen am Hude unseres Jahrhunderts, durch den
grofsartigen Aufschwung tuiseres Volkes in den PVeiheits-
kriegen wieder in den Vordergrund gestellt Wer mochte
es auch den Teilnehmern an den Käni])fen von r-Sij 15,
we r den Zuschauern der französischen Revolution, des Anf-
>u i^cns und des lulöschens von Xajioleuns Stern \ enK nken,
Wenn sie lieber jene gewaltigen Ivrei<;nisse an sieh \ (<riiber-
ziclien liefsen, als die stille Friedensarbeit früherer Jahr-
hunderte?«^')
') In (kr I'oljic ist <Hcse methodische Aiusicht noclintals aufgc-
taticlit, so bei Kirchniann. Hluiuc 11 n
^) Kehr, ('.csthi'ditc der Mctluniik. r Btl. S. 196.
') II iibncr, N euere lieslrcbuu«;en auf dem Gebiete des Cieschichts-
utiterrichts, Breslau 1892, Seite t6.
Oep^bkbt« drr Methodik tles iiiillttrK«*«birbtlicli*n Un(«rrirbt».
Die Oegenstromniig knüpft sich namentlich an die
Kamen: Oalletti, Bredow, Kohlrausch, Pölitz.
Galletti, Professor in Gotha, scliricb ein Lelirbucli de r
CS ch i ch t s k n II d c ((jotha) nnd cinLchrbnch für den
Sch n 1 u n t e rri eil t in d er (r escli i ch tsk n n d e (Ootlia).
Seine übrigen Iiistorisehen Werke interessieren nns hier nicht.
1816 erschien von dem letzteren Werke schon die siebente
Auflage, ein Zeugnis für die grofse Verbreitung des Buches.
Bei ( latterer überwiegt die politische Geschichte, der Knltnr-
geschiclite \\'ird nnr ein bescheidenes Plätzchen am Knde
eines jeden A1)schnittes einj^erannit. Nicht also im Verein
mit dem jedesmaliq-en Stoffe, sondern nac1iln"nkcnd als Stief-
kind erscheint sie liier, (rallcttis llüclier wiircU n liin Verein
mit den (jcseliiehtsbüchern von l>rcdo\v nnd Kohlrausch)
Vorbilder für die GeschichtsbücJier bis auf itusere Tage, die
ia auch heute noch meist am Knde einer Periode einen
Kultnrabrifs in Xotizenform bringen. £s mu£s allerdings
gesagt werden, dafs Oalletti mit der Knltnrgeschichte nicht
sf) radikal nmsprang-, wie Peine Xach treter. Kr widmete ihr
wenigstens noch vier/ehn Paragra])hen nnd hielt sich dabei
aneh /itmlieli frei von dem Notizenkram, den wir nach ilnn
zn beklagen haben.
Die beiden anderen (Geschieh tswerke, die einen noch ge-
waltigeren Einfluls als Galletti ausübten und für die Be-
handlung des Geschichtsunterrichts in der Volksschule von
gröfserer Bedeutung gewesen sind als alle Forderungen der
Pädagogen nnd alle Vernrdnnngen der Regiernni^^en, waren:
Merk w ii r d i g e e g e b e n h e i t e n ans der a 1 1 g e ni e i n e n
Weltgeschichte, für den ersten Unterricht in d e r
(j esc Ii i c Ii le, besonders für Bürger- nnd Land-
schulen von G. G. Bredow (Altona 1813) und die
Deutsche Geschichte von Kohlrausch (1816). Rs
war neben der durch die Zeitverhältnisse vorbereiteten
Stinnnnng des Volkes vorzngsweise der glücklich getroffene
Ton der b>zählnng, der diesen Püchern zn so ^^rofscr \'er-
breitnng iind Anerkennnng in Hans \im\ Selinle verhalf.
I>ei allem Werte aber, tlen dieselben besitzen, haben sie
doch d e n ( I e s ch i c h t s n n t e r r i c h t i n B a h n e n gelenkt,
die jetzt als nicht zum Ziele führend bezeichnet
werden«.') Bredow bietet allerdings in den neun ersten
Paragraphen seines Büchleins Darstellnngen aus der Urgc-
scliichte, die ersichtlich anf Schlözer bernlien uud allerdings
geeignet sind, eine verständnisvolle Anffa.ssnng der Knllnr-
entwickelnng der Menschheit vorznbereiten ; er bietet anch
am Schlnsse des Mittelalters ein paar Abschnitte über lir-
■j Hübner, a. a. O.
fiiuhinj^en und ICntdeckiin^eu ; im iibrifjcn aber ist seine
(xeschiolitc eine iMirstcii- und Ki it ^sj^eschiclite. Audi Kohl-
rauscli hat nur hv'wu MittclalU-r die KultnrtMitwickclun.ij
im dcutsclicn \'olkc Ix. rücksicliti'ji^t, und es ist inten ssant /.u
seilen, wie viele Jalii/.elnite lan^ ilic Parai^raplien aus (ialk-tti.
Hredüw und Kohlrausch, tlie die Knliüi \ ei hältnisse berühren,
in den für die Schulen bestiininten Leitfäden die ditrchatts
herkömmlichen und einzigen waren.*)
Schlözer, vSchröckh, Dolz, Lohr, Ruf sanken nun in Ver-
üfcssenhcit, und mit ihnen die Kulturj^eschichtc. Der Historiker
K. Ii. T.. PöHt/, der viele (iese]iirlitsl>{ic1i( r \ ri talsir, durfte
in seinem lluelie; K 1 e i n c W e 1 1 s> e s e h i e Ii t e 1 1 a i p/i i ^.Vp.
einem r.nclie. das sehr verwandt ist mit Bredou luid Kobl-
rausch, geradezu sa^en: Dals ein Lehrljueh der allgemeinen
Geschichte nicht auch die Kultur aufgenommen hat, damit
nicht die Entwickelung der eigentlichen politischen Begeben-
heiten zu sehr dadurch beschrankt wenU , wird jeder trereclit-
fertigt finden. Die Kidturj^eschichte ist, bei <lem jälnlichcn
Auwachsen der politischen He^xlienheiten, nnabhängicr von
(Kr politischen beschichte !)c>niuiers darzusuUen, wälueiul
nuch viele in un\erhältnismril>i«»;cr lireite mit speziellen
Teilen der (leschichtc beim Unterricht der Jugend sich be-
schäftigen und dadurch derselben den festen und sichern
Blick auf das (vrofsc und Ganze in dem inncni mid äufsern
Leben unseres Geschlechts verkümmern luid verdunkehi*.*)
Nach diesen Orundsatzen hat Pölitz seine kleine Weltge-
schichtt nui^tK ij^t, vcr^^ebeus suclit man selbst nach kultin-
ge.schiciitlichen Abrissen am I'jide der einzehieii kurzen Perioden.
Friedrich Strafs.
Xur hin und wieder taucht in diesem Zeitraum ein
Werk auf. das den schüchternen Versuch macht, das kultur-
geschiclitiichc Moment dem Unterrichte wieder einznglie<lern.
So das Puch des Dr. in. Stral's: Handbuch der Welt-
<»-eschichte (Jena iS^o), ilas zwar nicht für den vSchul-
mileriiehi bestimmt war, aber doch seiner \*orzügc wegen
hier angeführt werden .soll.
Strafs gönnt in seinem Werk, wie gesagt, auch der Kultur-
geschichte eine Stelle, In der Kinleitung giebt er eine (be-
schichte der frühesten Entwickelung des Menschen geschleclits,
er l»(.1i.indclt da Ursprung des Mensclu-u'^eschlechts, Xaluungs-
uiiikl, ( )l>(lac1i, Kleidnno, Jagd, Ziilniraug der Tiere, Acker-
hau, Urebraucli dch i*euers, Ausbreitung der Menschen
(I. Pand, vS. 13 31).
') Kehr, licsclüclUe der Melhudik. i. lid. Ö. 196.
Vorrede S. XII.
j . by Google
Oeurbirlitp der Methodik de» kttltiirKeicliiBlitliehen ÜMerrieht*.
Wie Strafs die Oeschichte auffafst und nach dieser Anf-
fassnii^ auch dargestellt hat, q;clu aus tOl pendeln Ausspruche
.hervor: Man hat die CUscliiclite die Wissenschaft der
l'ürsten genannt, weil sie am hestcn über Regierungs-
niafsre^ehi, Gesetze und Staatseinriclitungen urteilen lehrt
Der Krieger schöpft aus ihr Beispiele der Tapferkeit und
des Kdehnutcs und der niannii^faltigeu Mittel, sich aus Ver-
legenheiten zu ziehen und die des (icgncrs zu nutzen. Der
Rechtsgelehrte lernt durch sie den Grund und Cieist der
(icsetze kennen. Der G ot t es gel ehrte wird durch die
l'aekel dei ricsc hichte aui den l^rsprnng und Wert einzelner
RcUgiunslehren und Meinungen geführt Dichter und
Redner schöpfen aus ihr den reichsten Stoff und die treff-
lichsten Heispiele der Tugenden und Menschengröfse. Der
Sprachforscher dringt nur mit ilirer Hilfe in den (»eist
und Sinn der alten Völker ein; der Philosoph verliert sich
ohne sie in leere (Trüheleien.
Das Ihicii von Strafs zeichnet sich auch in metho-
discher Hinsicht in vorzüglicher Weise aus, imU-m es nicht
den Nachtreteru Bredows und Kohlrauschs folgt und den
einzelnen Perioden kultui .geschieh tltche Abrisse anhängt,
sondern die Kulturgeschichte eng mit der politischen ver-
flicht. Es schien dem Verfasser zweckniäfsiger, das
Wichtigste der Kulturgeschichte in die Darstel-
lung der liegebenli t i ten so zu verflechten, dafs
es durch diese mehr Licht und Bedeutung erhalte, als be-
sondere Al>.sehnitte der litterari.schen, artistischen, teehni.schen,
religiösen etc. Ktdtnr einzuschalten . (Vorrede Seite VIII.)
Johann H. G. Heusinger.
Sein wnhlthuend berührt in dieser I\riode der Reaktion
gegen den kulturgeschichtlichen Unterricht auch das Werk wm
Dr. J. H eu s i n ger: Die all g em ei ne Cr e s e Ii i e Ii t c 1 1 )i csden
1835). \firh Angabc des Titels war das l'nch besonders
fiir das Bedüiini.s der Lrchrcr eingerichtet; ihnen sollte es
Wegweiser beim Geschichtsunterricht sein. Das Werk atmet
durchaus kulturgeschichtlichen Geist und ist in seiner An-
lage NÖllig verschieden von den gewöhnlichen Geschichts-
büchern damaliger Zeit
Das erhellt schon aus seiner Kintcilung. Ks zerfällt
nändich in vier AbteihniLa n : i. Geschichte der Mensch-
heit. 2. (jcschichte der \ Dlker. 3. Gesehichte einzelner
Begebenheiten. 4. Geschichte einzelner Personen.
Schon der Name der ersten Abteilung: Geschichte der
Menschheit, der deutlich an Dolzens Leitfaden anklingt,
läTst den Inhalt erraten. Diese Abteilung enthält eine Ge-
scliiclite der Menschen von ihrem Urzustände bis j^nrOep^en-
wart und schildert, wie der Mensch aus dem einfaehsu-n
Naturznstand nach und nach zu jener Kulturstufe empor-
stieg, die er nun einnimmt, rolitische Geschichte wird (hibei
nur berührt, insofern sie mit deni Eutwickchmgsj^janj»: ver-
knüpft ist, denselben verursacht oder beeinflurst, oder die
Folj^e desselben ist
Die zweite und vierte Abteihni.i^: (beschichte einzehier
Völker und Personen, sind für die kultur^esclnchtliche
Methode von *^»^enui;erer Hedeutnnij;, da hier das |M.liiisrhe
Moment in den \'order<^rund tritt, ohne al>er (ias knilm-
geschichtliche ganz zu verdrängen. Denn nicht nur poUtisclic
Personen, wie Kaiser, Konige, Fürsten, sondern auch kulttir-
geschichtliche werden berücksichtigt, wie Kant, Kafael, Leib-
nitz, Petrarca, PHnius usw.
In der dritten Abteilung: Geschichte einzelner IJegeben-
h ei teil, wählt Heusinq^er meistens solche aus, <lie von
kultnr.m seliielitlichem Interesse sind. Ks sind folgende:
Amerikas ICntdeckuug. Constitution, (ieseliielUe. iiert»en.
Kreuzzüge, Krieg. Lehnwescu. Mittelalter. Mythologie.
Obelisken. Politik. P>Taniiden. Reformation. Revohition.
Sklaven. \ ölkerwauderung. Nur vier rein politische Be-
gebenheiten sind aufgenommen.
Heusingers P.uch hat al)er doch keinen gro/seu Kiufluls
auf den Uuterriclit damaliger Zeit gewonnen.
Gustav ZeHs.
Ein Zeit- und Gesinninigsgenosse Heusingers war Pro-
fessor G. Zcifs. Kr setzt sein »Lehrbuch der allge-
mein e n G e s c h i c h t e V o m S t a u d p u n k t e d e r K u 1 1 u r«
hauptsächlich denen entgegen, die die jx^litisehe (»cschichte
als den Hau|jtge,<4enstand des Geschiehtsunterriehl.s heti aeliteii.
I)al)ei geht er von der Erfahrung ans, dafs die Seliüler >ieh
viel weniger für politische als für Kulturgeschichte inter-
essierten. Das politische Interesse, das die Jugend in den
letzten (den vierziger) Jahren gehabt habe, hält er für
ein unnatürliches und krankhaftes. Diese Krfahrnng habe
darin ihren Grund, dafs die politische Geschichte mehr den
Verstand beschäftige und mehr Reife des Urteils und Kennt-
nis des Lebens \ ( >rausset/.e, während dagegen die I^eistnngen
in Kunst und WisvSen.schait in ihrer liedeutsamkeit viel an-
schaulicher hervorträten und Herz und Phantasie viel mäch-
tiger anregten. »Dazu kommt, das Verständnis des Staats-
organismus ist für Schüler sehr schwierig, die Regierung und
Verwaltung eines Landes hat nicht die Kafslichkeit, Anschan-
j . d by Google
Opkchirhtr der Methodik de* kuUurl;•'^•'hi(')llli^lll'll ITnlorrirhttt.
lichkeit und Idealität, wie die ^rofsen Erscheinungen der
Litteratur, dw Kunst, des Handels und der Gewerbe. Hierzu
kommt lerner, dafs die grofsartig^en Leistungen auf den ver-
sciiicdcnen Gebiott-n der Kultur dem von Hegeisterunj^ für
das Ideale erlüllten Jünglinge gegenüber eine viel gnilseie
Air/ichniigskraft besitzen, weil sie ihm in einem viel reinern
und idealeren Lichte erscheinen. Die politische Geschichte
zeigt uns den Menseben oft nur zn Sehr von einer weui^f
idealen Seite; Herrachsucht, Eigennutz, andere Begierden und
Leidenschaften treten uns überall entgegen; — die Werke
der Künstler, Diclikr und Philosophen, die Kntdtckini^^cn
und Krfindnn<jen ci.scliriiRii uns dai^e^cn xit-hnclir als \\\rkc
iciuci Ilcgci>Urung und edler Aulopferung. Die Kultur sollte
daher in der Gescliichte, ivie sie auf Schulen gelehrt wird^
nicht wie ein blofses Anhängsel der politischen Ge-
.seliielite behandelt WLiden; di\ Geschichte sollte
vielmehr vom Standpunkte der Kultur aus betrachtet
werden. Das L 1 r des \'f>lkes ist nandich eine Einheit
und (faiizbeit. .Slaal, Rrlii^ion, Litteratur, Kunst, Sitten und
(»ebränclu c iiu sX'olkcs liilden ein organisches Ganze, sieben
in einem engen Zusamnienhang und in Wechselwirkung. In
jedem lebt und spiegelt sich der eigentumliche Geist eines
Volkes. Sie alle sind, diesen Geist zu erkennen, gleich not-
wendig. Eine Geschichte vom Standpunkte der Kultur soll
aber darum nicht speziell eine Kulturgeschichte wer-
den. Sie fafst die Erzeugnisse der P.ildung nur im Zusannneii-
bang mit dem sie erzeugenden Volksgeiste, und den mit
diesem in inniger Verbindun«?^ stehenden Tliaten und Schick.sale
der Völker; sie stellt das Slaalslebcn der einzelnen Völker in
den Mittelpunkt ihres Gemäldes, weil der Staat der Träger
und die ßedingtuig aller Bildung ist, und ein Volk ohne Ver-
einigung zu einem geordneten Staatslebeu weder Bildung
noch (kscbicbu bat. (S. 54).
Zeifs vertritl also in seinem Werke den Standpunkt, der
in der heutigen Methodik fast allgemein anerkannt wird, dafs
jxilitiscbe und Kulturgescbiclite in organischem Zu-
sammen h an^ge behandelt werden sollen. Dabei hält er sich
frei von einer Oberschätzung der Kidturgeschichte und einer
Unterschätzung der politischen, wie dies z. B. Buckle (Cie-
schichte der Civilisatiou Englands) thut, der in der politischen
Ge.schicbte nichts sieht, als persönliclu- Anekdoten von
Königen und Fürsten, endlose N acb r i eh len dui ü ber,
was ein Minister gesagt und ein aniierer ged aclit
bat, lange Berichte von h'eldzügen, vScblachten und
Belagerungen, die sehr interessant sind für die, die
dabei waren, aber völlig unnütz für uns.«
34^
. j ^ by Google
524
Georg Weber.
Einen wannen Vertreter fand die verachtete KnUnr<je-
scliichte y.n dieser Zeit in dem I Icidcll)er<i;^er IVoftssftr Dr. (
Weber, der bekanntlich eine All^^enieine Welt ♦> eseliiehte
(Leipzij^- T857), ein Kt hrlnich der Wel t j/tsch ieli te mit
R ück sieh l a 11 1 K u 1 1 u r, J^i ttcra liir nnd K c l i «;ion.s\v esen
tiiid einem Abrifs der deutschen Litteraturgcschichte
als Anhang (Leipzig* 1849), aufserdem ;!wei nietliodische
Schriften: »Der Geschiclitsnnterricht* nnd Der (ic-
schichtsnnterr icht in Mittelschnlen (Heidelberg
icS64) hcransq-e<^cben hat. \\'el)er forderte für den ( cscliichts-
nnterricht politiselie und Rullnr}j;;eschirlite. Hr läl>l .sicli liier-
über also vernehmen: Soll der ( iescliiehtsunterrielu .Nciiic
Aufgabe lösen, so mufs er mögliehst umfassend sein; er mufs
Kultur nnd Litteratur berücksichtigen, inufs Religionswesen
und Staatsverfassung in sein Hereieh ziehen, mufs Sitten,
Denkweise nnd Lebenszustände darstellen nnd würdigen, er
mufs die Lebensthätigkeit der iiaeh \'nlkern gesonderten
Menschheit in ihrer Totalität aulfassen. Nieht als ob irh ver-
langte, dals diese Seile des j^i scliiehtlichen Lebens ej .•>e1i<"']>feMd
behandelt werden sollte; solche b\»rderungen würden eine
gänzliche Mifskennung des jugendlichen Fassungsvermögens
beurkunden; ich meine nur, dafs^ wie wenig man auch in
Einzelnes gehen mag, doch jede Anfserung des geistigen und
praktischen Nationallebens gewürdigt werde; ich verlange
nur, dafs man die (W-^rhichte nieht als Sache des blofsen
(iedäehtnisses betrachte, sondern als eine wirkende nnd
schaftende Welt, in der sich die Thaten und Hestrel)ungen,
die Meinungen und Denkungsartcn vergangener Geschlechter
abspiegeln und wo der Lebende Belehrung und Unterweisung
finde für alles, was in der Gegenwart seinen Geist beschäf-
tigt, seine Wilsbegit rde reizt; dafs der geschichtliche Inhalt
nicht als ein geschehener, sondern als ein gesch eli ender
sich darstelle, an detn sich das Herz erwärme, der Charakter
bilde, die I i Ii ilski all schärfe; denn nur daim, wenn das
jugendliche Gemüt das Cirofse nnd Erhabene der gcschicht-
licheu Thaten tmd Erscheinungen mitfühlt, andern Schlechten
und Gemeinen Abscheu empfindet, wirkt die Cicschichte
bildend.« (Lehrbuch, Vorrede Seite VII u. VIII.)
(Sclilufs folgto
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Ein neuer Beitrag mir Proli-
sdiammer-Iiitteratur.
Von F. A. St«il6li in Dresden.
Joh. FiiiMlii« h, I.clircr in Wiir/.lniig, J a k o b Frohschainmer, eiu
Pätlajjojfe iinter den modernen Philosophen. Kinfühning^
in «las |)IiiIos(t]>]HSi h ]i:Tflni;<\L''isi lic S\>>t<. ni I-rohsohninnu-rs.
i üi th t. U, liSyt), \ crlajf von Cicorg Koscnberg. loo S. Treis
1.45 M-
In Heft I (los xori^ni Jahri^an^ts der X. H. wurde
vom \'orsitzcnden der »Sektion Westlaien der Fr. \'er. f.
philos. Pädag. , Kollegen Sievert in Niederschelden, die
Schrift VOM Dr. Hernhard Münz über Prohschanuners System
(Bre.slau 1894, Schottlander) empfehlend besprochen, und es
ist wohl zu hoffen, dafs jene gediegene Abhandlung des
Wiener jungen CrU hrten inzwischen viele anfiuerksanie Leser
gefunden haben und deren noch nielir limlni möge. Heute
sind wir in der erfreulichen Lage, auf eiu liuch hinweisen
/u können, wt-lehcs zu dem verdienstlichen Münzschen Werke
eine wertvolle Brgänznug bildet: es ist das hier angezeigte.
Während in dem Buche von Münz der Schwerpunkt in
der Darlegung, Krläuteruug und tieferen Begründung der
philosophischen Lehre des Münchner Denkers zu finden
ist, legt der W vL der \-orlieo^eii(U n Sclirift das Hauptgewicht
auf die Darstellung uuti Krläuteruug drr p 'u! > j o i s eh en
(ledanken seines grofsen Landsmannes, tun uci am 15. Mai
dieses Jahres verstorbene Dittes in die deulselie Leluerwelt
einführte. Demgemäfs nimmt der Abschnitt über »die Päda-
gogik Frohschammers* den meisten Raum (S. 33- 77) in
Anspruch, die lihriL^m Kapitel sind entsprechend kürzer ge-
halten. (lU icli Dr. Münz giebt Friedrich zuerst eiu knappes
Bild vom Leben und Wirken Frs. ; die übrigen Abschnitte
sind betitelt: Fr.'s Schriften (2), Fr.'s IMiilos-^phie (3), die
Pädagogik Fr.'s (4), zur Kritik (5), W^irkungen der Philcsophie
Fr.'s (6j, Stellen aus Fr.'s Schriften (7). Die ganze Arbeit
zeugt von Liebe und Begeisterung für den pädagogischen
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Beruf und die pädaji^otjischc Wisscnscliaft und für alles, was
dieselben zu fördern L;tei,t:;!ict ist, /nt^-leicli ist sie ein I'cweis
jjrofsen IHeifses und riiigchendeu vSiikHuius, das \\i i. den
Werken des geuanuleu riiilosophen und der neuem päda-
gogischen Lritteratur in all ihren Zweigen angedeihen liefü.
• Hervorgehoben zu werden verdient der Umstand, dafs das
Buch die erste Schrift über Frohschanuiier ist, wrMir in
seinem en<;ern Heiinatlande I>a\ern erscheint; Friedrich
widerlegt also an seinem Teile das Wort, dafs kein Ti opliet
angenehm sei in m incui \'atcr1;nide, und man darf wohl
sagen und hoffen, sein Ihich werde /.ur Wertschätzung einer
grofsarti^en deutschen (ieistessehöpfung reichlich beitragen
— auch in Bayern, wo allerdings den Männern ä la Datier
und Hertling der Name Fr.'s kein .^angenehmer* Klang ist.
Inden N.B.« hat, wie die geehrten Leser wissen, zuerst
unser frühverklärter Dr. Rud. Hochegger auf die pädagogische
Bedeutung des süddetitschen Denkers hingewiesen; an manchen
Stellen seines Buelie> greift iMiedrich auf die Ausführungen
Hocheggers zurück, sie /. T. glossierend und durch manche
Bemerkung ergänzend. Am wenigsten anfechtbar .sind des
Verfassers Darlegungen da, wo er ein Bild der Lehre des
Philosophen entrollt Wo er sich aber szur Kritik i ästet,
bietet er auch der Antikritik Anhaltspunkte; so i 1 4t er
UK-ines KraeliUns bei der Kritik der iM'/scheu PsNehniogie
zn sehr nur den I'Ulslaplen Küljies n. a. T)nch <ei darülH-r
keineswegs mit ihm gerechtet! Sa^t er duch sellisi: lJar>
Kapitel zur Kriuk- soll uielu .inicgeiid als absclüiefsend
wirken. Anregend, aber nicht abschliefsend! Das gilt, wenn
man^s recht versteht, auch von dem vorliegenden Werkchen
überhaupt. So sollte die Schrift, wie Wrf. im \'orworte
sagt, sein; und so ist sie. Niemand wird das Buch aus
der Hand legen, ohne wertvolle hnpnise t rhalten zu haben.
• Der Verf. hat sich durch dasseHu \uiuilhatt in die päda-
gogische Litteratur eingeführt. Mochten recht viele Kollegen
im deutschen \'aterlande ihm gebührend danken I
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über den Gegenstand des
Erkennens.
Von Prot Dr. fioiwin K. UphuM in Halle a/S.
Dr. KHsiniir TwMr<lo\vski. Zur I.chre vom Inhalt und (ieg en-
tstand der \ t)r.sttll unjien. Kinc psychologische Unter-
Kiichtinfr- Wien, Alfred Holder 1804.')
I*^s ist eine I-Vciulc, dieses Buch zu lesen \uu\ /u .sUulieren,
nicht blofs wegen der Klarheit und Eindringlichkeit der
sprachlichen DarstetUing^ sondern auch und mehr noch wegen
der Schärfe und Geschlossenheit der (ledankenführung.
Xirj^ends treten dem Verständnis vSchwierigkeiten entgegen,
üherall fühlt man '<\ch ani^^ere^^t und ^^efördert. Ks unter-
scheiilet sich in i)eiilei Hinsiclil vorteilhaft \ den in letzter
Zeit erschieneneu Werken über l^ogik, von Krduiann.s gitil'sereni
Werke ebensowohl wie von den kleinereu von I^ipps und
Schuppe. Der Verfasser ist vor allem Logiker. Der Logik
gehören die meisten seiner Auseinandersetzungen an, und
in dieser liegt seine Stärke. Der Wunsch ist bei der Lektüre
des r.uebt< in mir wirdtiholt rege geworden, nnd ich kann
nicht nnihin, ihm hier Worte zu leihen: Möge er uns in nicht
7Ai ferner Zeit mit einer Logik, zu der die Vorarbeiten bei
ihm offenbar schon zu Ende geführt sind, beschenken. Dieses
rückhaltlose Lob darf mich nun freilich nicht abhalten, mufs
mich vielmehr dazu antreiben, das meines Erachtens Nicht-
zutreffende und Verfehlte in iK i ( »rnndanschannug des Ver-
fassers hervorzuheben nnd seine l'nhaltbarkeit nachzuweisen.
Iidi.ilt nnd (rei^^enstaiul der \-orste11ungen sollen nach
(K ni W i lasser voneinander nnd auch von dem \'orstellen ver-
schieden sein (S. 4), Inhalt und (»egenstand sind nach ihm
nicht blofs logisch verschieden (S. 2<^). Ks besteht unter
den Korschern der Gegenwart eine weit verbreitete und, so-
viel ich sehe, immer zunehmende Strömung, welche nicht
blofs allen l'nterschied zwischen Inhalt und Gegenstand
leugnet und den Inhalt einfach für den Gegenstand erklärt,
•> Der Verf. setzt voraus, dafs f!tri I.tM^r. der die nachfolgende
Besprechung verstehen will, auch das Buch gelesen hat oder liest.
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Dr. Qotwin K. Cplm«».
sondert! niirh (eiit<^c.i^cn Brentano S. 3, LieUmatiii S. 51) allen
Untcrscliifd /.wi.srlKii XCrNtcllcn und Inhalt au>/.iiiiicr/rn
sucht, das Vorstellen cLWii als bcwufstcs ICtwas und nnij;c-
kehrt das bewtiCste Ktwas als Vorstelleu erklärt. Der Ver-
fasser kann sich fiir seine Ansicht auf eine Reihe von For-
schern berufen, auf Ilöfler, Hillehratul. liolzano, Zinnnermann,
Kerry, Aristoteles und die Scholastiker, Descartcs, (S, 4, 8,17,
S. TO, S. 3, S. 26), sog^ar auch auf ■Vlill (S. 10, aber wenn die
Din ^x- blolsc f'rrni'Uit'tif posslhililii s of snfs<i{ioii sind, so fällt,
wie es scheint, nicht blols der Unter.schied von Inhalt und
Gegenstand, sondern auch der von Vorstellen und Inhalt). Kant
und Krdmann (S. 84 u. S. 85), ebenso Siegwart nnd Liebniann
(S. 4, S. 16, S. 31), ja einmal auch Höfler (S. 27) verwechseln
Inhalt und (TCgenstand.
Vor nlleni ist die Fra^je zu beantworten: Was ist (icj^eu-
stand im (rcti^eusat/. ziuu Inhalt? I'> ^ciiüi^t nicht, wnni
man sa,<^t: ( Te«:;enstand ist das als unabluinj^i«^ vf)ni I )enken
Angcnonuneiie (S. 4). Vielmehr ist Gegenstand des \'or-
stellens das von dem betreffenden Vorstellen nnd seinem In-
halt als unabhängig Hetrachtete, (Gegenstand des tTrteils das
von dem betreffenden Urteil \nid seinem Inhalt als unab-
hängig betrachtete, sofern darauf das Vorstellen und llrteilen
gerichtet ist. (Der \\ rfasser sagt mit Höfler gleichsam ge-
richtet ist S. .\\ Auch das Vorstellen und der X'orslelluugs-
tuhalt (S. ^3, S. 82, vS. i<M»i, das Urteil nnd sein Inhalt wie
alle Hewulstseinsvorgäuge können (iegeustautl dt s \'orstelk iis
und Urteilens sein. Aber kein Vorstellen, kein Urteilen ist
sich selbst Gegenstand, Vorstelhmgs- und Urteilsgegenstand,
sondern liöchstens Gegenstand eines andern zweiten Vor-
stellens oder Urteilens, von dem es selbst unabhängig ist
{William /(DIU s Paycholoi^x rol / />. iSo. ff)<\ jiS, jio, jjj,
jyi srq. 17/ srrf. ^-ji: />. K^atnKl />. ,y/y. (icgcü den Verfasser
(S. 36 u. 33) mufs ich bemerken, dafs das, was von uns
selbst in der Phantasie gebildet wird für das Vorstelleu,
durch das es gebildet wird, nicht Gegenstand, sondern nur
Inhalt sein kann; ebenso sind die von den Dingen in uns
erzeugten Empfindungen ihre Erscheimnig , in denen der
Verfasser Akt und Inhalt unterscheidet (vS. 3), sich weder
selbst ( ici^^enstand, noch haben au diesem Inhalt einen
Gegenstand im eigeutliclu 11 Sinne; hinq-e'^en sind Gegen-
stände im eigentlichen Sinne die nach lierkelev von Gott in
den endlichen Geistern erzeugten Ideen, die nach Relunke
ebenso wie tmsere eigenen Äewnfstseinsvorgänge vom Be-
wnfstsein überhaupt abhängigen fremden Bewufstseinsvor-
gänge und äufsereu Dinge sie sind Gegenstände für . unser
eigenes Bewulstsein, für das Bewufstsein überhaupt können
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üliOT d«B OegC«»ti,fld des Erkenn«!». {^29
sie natürlich nur Inhalt sein ; eiullich auch das Dingf an
sich oder die Dinj^c an sich Kants, sofern darunter nur niclit
etwas <^anz luid j^ar Unerkennljares \crstnn(kii wird, (auch
die prmunit )it f^osihHiliiS i>f Sensation MilN, x'lcrn sie nicht
etwa l)lofs in der srns(i/i(>n mit dem bej^leitendeii Nei>en«;e-
dankeu ihrer Wiederkehr bestehen sollen, sondern den Gegen-
stand eines von ihnen verschiedenen Vorstellens bilden, von
dem sie natürlich unabhängig sind).
Ks fragt sich, ol) so etwas, wie der Unterschied von In-
halt und (Tej^enstarid, in den \'( >i stiHnnt^en konstatiert wer-
den k.iini. Nac-h nK inen lu fahnni<4t. 11 li.'llt es überaus schwer,
davon dii ieiiii^cn zu über/rillten, wclclu sicli einerseits nicht
mehr im Hanne des naiven Hcwnlstseins l)elinden und anderer-
seits auch die Notwendigkeit dieses Unterschieds für die
Erkenntnistheorie nicht zugeben zu können glauben. Wenn
wir uns ein Haus vorstellen, was können wir konstatieren?
Eine Gesiclitsenipfindnnj^:, sei es eine ursprüngliche, sei es
eine wicderanflebende, die als nr.sprün«j:l!clie, wie wir saj^en,
von dem, was wir ein H^^ius nennen, herbeij^elührl wird. \'on
dem Wir oder Ich ist nichts zu entdecken, auch nicht v<m
einem liewuistseiu um ein Ktwas. Hin bewufstes lUwas
scheint alles, was vorhanden ist. Von Inhalt und Gegen-
stand, von einem Unterschied beider ist nichts zu entdecken.
Jndes manchmal, wenn auch \ erhältnismäfsij^ selten bei der
Vorstellnnj^: sinnlich wahrnehmbarer Cei^rnstfinde, verbindet
sich mit dem besprochenen bewnfsien l-.iwns ein anderes,
das wir Name nennen, eine ( ichörsenipfindun^^ eine> ije-
s]>rochenen oder ( Tesichl.scnijjlindunji^ eines geschriebenen
Wortes, beides wiederauflebende Empfindungen. Auch sie
sind zunächst nichts anders als bewufste Etwas. Allein die
Namen sind Namen von Gegenständen, nicht von Vorstellungs-
inhalten, sie benennen Gegenstände, und das ist ihre erste
iMinktion; sie wecken in dem IirnLnden aufserdem den ent-
sprechenden Wnstclhmi^sinhalt und <»^eben endlich kund, dafs
der vSpreclunde etwas vorstellt dns i^^t ihre /weite und
dritte Funktion (S. lo I2). Das Wort Soinie, sagt Mill, ist
Name der Sonne und niclit Name unserer Vorstellung der
Sonne (S. lo). Dasselbe gilt natürlich vom Namen Haus.
Durch den Xanien die Gehörsempfindung eines gesprochenen
oder die Gesichtsempfindting eines geschriebenen Wortes,
beide an .Mch genommen nichts als bewnfste Etw'as, hat
demnach die Vorstelhnig eme Beziehung ant einen Gegen-
stand, die Vorstellung des Hauses die Be/ielmng auf den
Gegenstand Maus, die ihr ohne den Xanien Icldt. Diesem
Gegenstand gegenüber müssen wir dann die urspiüngliche
oder wiederauflebi&nde Empfindung, das bewufste Etwas, das
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Dr. n«i!Wio K. l'pbttM.
wir ztniächst allein in der V'orstellnn^ enldeckcii als \'or-
stelliinj^sinluiU iKvcicliuen. Der Verfasser erklärt uns nicht
näher, wie V'orslcUiin L;en einen f '.e^ciistand haben ktuinen.
Ilüffciillicli findet diese im Anselüufs an seine luürternng
über die Namen «gegebene Erklärung seine Zustimmung.
Kr erklärt uns auch nicht, woher es kommt, dafs die Namen
Namen von ( ie«jen,ständen und nieht von \'(irstellungsinhalten
sind; ich Inn nicht so znversichtlich in der Erwartung, dafs
er der Krklärnnj:^. die icli liin lüi }i;eben möchte, seine Aner-
kennnni^ nieht versaj^t. Xamen haben sich für uns mit den
I^ni])findnnj;en, von dLiicn \virsaj»en, dafs sie von den Dinj^^en
heniiiuen, associiert; wir haben darnm von ilineii ein associa-
tives Wissen (\ ergl. meine Psychologie des Krkenncns S. 169^
Aber streng genommen funktionieren sie als Namen nur im
Urteil, nur dnrch das Urteil können sie anf Gegenstande
be^oj^en werden. Namen von Oej^enständen werden sie erst im
Satze, wie es ja anch Sprache eij^enllich mir \m Sal/c, dem Ans-
drnck des T ^rtrils, ,L;ibt, ob«j;leich oft TeiU des Sat/.es u '\v das Snb-
jekt durch ilie iIaUnn<;, den lUiek, den, l'in«(erzei<»^des Rcden<ien
ergänzt werden müssen. Das Urteil besteht nnn seinem Wesen
nach in dem Bewufstsetn der Wahrheit, obgleich das Wort
und der Hegriff der Wahrheit nur in Urteilen über Urteile
(z. B. Es ist wahr, dafs nsw.) eine Stelle findet Vor-
stellnngen sind wahr nnd falsch, wenn sie einen Gegenstand
haben, wie schon Descartes mit Recht betont (S. 26), aber
ein I>c\\ '.üsiNcin der Wahrheit leinsehlielslich /////•/// v'A vor-
liantlen» gibt es nur im Urteil. Das setzt aber voraus, dafs
in ihm Inhalt und Gegenstand unterschieden wird, denn die
Wahrheit besteht in der Übereinstimmung oder Korrespon-
denz der \'orstellnngsinhalte, welche im t^rteil eine Rolle
spielen, mit dem ( .egenstande. Der Unterschied von Inhalt
nnd (rcgenstand. der für die Vorstellung schwer zu konsta-
tieren ist nnd zweifelhalt erscheinen kaini, ist für das Urteil
zweifellos vorhanden nnd leicht zu entdecken. Durch den
mit ihr verbundenen Namen und weiterhui durch das Urteil
ist auch die Vorstellung auf einen Gegenstand gerichtet und
auch für sie der Unterschied von Inhalt und Gegenstand
gültig. Das ist unsere Meinung.
In doppelter Hinsicht weicht der Verfnsser von dieser
unserer Meinung- nb. Sclf>^lverständlich kanti iiacli unserer
Auffassung bei den ik w ui^lseinsvorgängen \ hinein Inhalt
nur die Rede sein, wenn sie anf einen (iegcnsland gerichtet
.sind. Ist dies nicht der Fall, so sind sie nichts weiter als
bewufste Etwas, die weder als Inhalt noch als (xegenstand
charakterisiert werden können. Der Verfasser ist nun mit Bren-
tano und seinen Schülern der Ansicht (S. 3), dafs allen Be-
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531
wuratseinsvorgängfen die Biv.icluinjj auf (.iiicn Inhalt, ein
iininaiicntes inlcMitiotiales ( )l)jokt (.'ij^iic, itiid dafs siechen da-
durch von plu sisclien \'f«r<^än.i^en unterschieden wenU ii. Ich
unk 1 scheide lunpfindnnj^cn und (»rliilile als nrspriin)»liche
Iie\vnl"stseins\ ori^.nijji^e, die nnter l nisuinden in neuen I>e-
wiifstseiiisvurj^änj^en iPs\ choloj^ie des Krkennens, S. iii)
wtederaitfleben können, in jedem Fall aber durch nichts als
ihre I>e\vufsiheit, oder dadurch, dafs sie durch sich selbst
bewufst sind und in diesem Sinne als Bcvvufstsein von sich
he/.eichnet werden können, charakterisiert sind. He/.üj^lich
der (rctühle hahe ich das ausführlich j^ezeit^l ( Psycholoj^ie
iles Krkennciis, S. i Dafs es Empfindungen j^ieht,
die zur Kenntnis der Anlseiiwcll nichts beitragen, nur sich
selbst kund thun, wozu auch wohl die Spannnngsenipfin-
dnnji^en der Sehnen, nicht die Cielenk- und Muskeleinpfin-
dnnj^en, die sirli als Druckempfindungen erwiesen, /u rechneu
sind iKiil])e, (H inidris der experiuientellen Ps\ choloj^ie, S. 23
n. S. I |S, I's\ r1i(<lo»;it; (it-s l%rkennens, vS. bedarf keiner
\\tiurcii iü(>rternn<j. Wie der \'erfasser in dieser Hinsicht
HrcntaiK» f^^l^t, so auch in der andern niii-^iciit, in welcher
er von unserer Mcinuni; ahwcieliL Kr sclilitisl sich nändich
auch der Brentanoschen Urteil sthcorie an^ nach der das
Wesen des Urteils in dem Anerkennen und Verwerfen des
t'rteilsjrc'o^enslandes Hcl;! (S. S. S. 2S, »S. 36, S. 09; Inhalt
des ( l u ils ist nach dem Verfasser die h*xistenz, S. 9). Ich
halle ilem j^a-^^'unber in in)ereinstinnnnnj^ mit Uberweg,
Stuart Mill (I^oj^ik, übersetzt von vScliiel, Bd. I, S. 107,
J'i.xnminalion <>/ Sir W'illidiii lldfuilloiis f'lii}<>sof^li\\ p. .j2l), mit
Bergmann, mit Thomas von Aqnin (S. iheol. p. i 4. XVI. a. 2),
mntatis umtandis mit Sigfwart (vgl. Rickaby First J*rtfidf*lt's
/^Q<f Longnuuis, Green aud Co., Jjondou, p. 24 — 26) an niemer
Definition fest. Was Ilillebrand (die neuen Theorien der
kategorischen vSchlüsse, S. ig ff.) gegen »Sigwart, Vherweg,
Mill sagt, hat, sofern es diese meine Definitioij nnt f)etrifft,
nichts auf sich. .Anerkennung und \'erwerfnng sind Willens-,
nicht Krkenntnisvorgänge, so schon nach den Stoikern,
welche zuerst von ihnen reden, und dann wieder bei Dcscartes.
Oft kommt es vor, dafs das Bewufstsein der Wahrheit nicht
in der Form der blinden rberzengnng, sondern der Einsicht
in die Sache tms wirklich aufgeht, plötzlich in uns aufblitzt,
dafs wir aber nicht dabei verweilen, es nicht festhalten, wohl
gar es absichtlich in den Hintergrund drängen, weil es
n USCHI XciLjungcn nicht entspricht, dafs wir es mit andern
Worten nicht anerkennen, weil wir es niclii wollen. Der
Verfasser meint (S. 67), eine primitive Psychologie habe die
Inhalte einfach fär ein psychisches Abbild der Gegenstande
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Goswin K. Tpliue«.
erklärt, dafs von photoy^rapliischer Aluiliclikeil keine Rede
sein könne, <c!ieine honte eine allfjfeniein im nej^ativen
Sinne jj;cir)sie iMaije zu sein (S. 6S). Wir erinnern uns des
Wortes Mills, dafs der Name freilich den (iegenstand be-
zeichne, aber doch nur den entsprechenden Vorstellungsinhalt
in dem Hörenden wecke (S. io\ des Wortes Höflers, dafs
sich die VorsteUunt^ nur «^Iciclisam an! den Gegenstand
richte (S. 4). Uns trifft jedenfalls ein von der heutzutage
allj^emein in nej^ativem Sinne beantworteten I'^'raq^e her«-e-
nommener lunwand nicht. Wir iiaben mit Absicht l)ei der
luläntenniL^ des 1 ',e\\ ufstseins der Walirheit dem Worte in)er-
einstimnning das amkre Korrespondenz zur Seile ^»estellt
Dafs wir von den ('.ej^custänden nichts wissen aufser in den
Vorstellungsinhalten, dafs sie uns nur in der Umhüll nng und
Verkleidung der \'. >i>tellun}:;sinhalte erscheinen, von denen
sie trotz ihrer Unabhängigkeit von ihnen für unser Hewnfst-
sein unabtrennbar sind, was ich in nieiner I's\ choloj^ie des
Krkeunrns wiederholt nachdrücklichst einschärfe (l'syclutiojuiic
des b'rkeinrens S. 56, S. 76, S. 221), scheint von denen, welche
Inhalt und (gegenständ unterscheiden, nicht immer strenge
festgehalten zu werden, auch vom Verfasser nicht (S. 70).
P^rdmann niuinit Obergangsfornieu zwischen Vorstellen
und Urteilen au, einmal in der Beziehung der successiv auf-
tauchenden Merkmale auf den Gegenstand, wobei der (iegen-
staud als Subjekt und die Merkmale als seine Prädikate ge-
dacht werden, sodann in der Zusammenfassung \ on l'rteilen
in Kinem Wort Der Verla.N>er zeigt, dafs es sich im ersten
Falle nicht um l'rteile, sondern nur um das Vorstellen von
Urteilen handelt, dafs im zweiten Falle etwa Definitionen in
Kiu Wort znsammengefafst werden, die für den Definier«, nden
allerdings Urteile sind, so lange sie in Sätzen ihren Ausdruck
finden, hinsichtlicli de s Definierten aber auch unter dieser Vor-
aussetzung immer nur als vorgestellte Urteile betrachtet wer-
ilen können (S. 5 8). Die Ausführungen des Verfassers sind
in diesem Punkte so schlagend, dafs man den Versuch, den
Gegensatz von Vorstellen luid Urteilen zu beseitigen, wohl
als endgültig abgethan betrachten kann. Vorstellungsinhalt
und Vorstell ungsgegenstaiid werden nach dein Verfasser
(S. la— 20) beide vorgestellt, sind also beide ein Vorgestelltes,
aber in verschiedener Weise, für den Vorstelluugsiuhrdt hat
das Merkmal vorgestellt, wenn mau ihn hdialt betrachlet,
eine detenniniereiide liedeutuug, ebenso wenn auch in an-
derem Sinne für den (icgenstand, wie wir ja auch von einem
Bilde und von einer Landschaft in freilich verschiedenem,
aber doch eigentlichem Sinne sagen können, dafs sie gemalt
seien. Betrachten wir aber den Vorstellungsinhalt als Vor-
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Pbrr d«n <l^<>u*l*Bd dos Krkrniiras.
5.«
Stelhmg'sgc^en stand mler als vorj^cstcllten Gegenstand, nennen
wir analo.i^cr Weise das I^ild Landsclinft, so erhält dort das
Wort \ Ol i;( sullt, liier das Wort «gemalt einen i^anz anderen
tnieij^enllielu 11 Sinn, es hat wie wir saj^en eine niodifieierende
lledentnn«^. Ahnlich niufs anch der Ansdrnck Existenz nicht
blofs, wie der Verfasser ausführt (S. 25), auf den vor^estelllen
Gegenstand d, h. auf den Inhal der als Gcgeustaud vorge-
stellt wird, angewandt, ehie niodifieierende, sondern anch
anf den Inhalt als ICrzenj^nis des Vorstellens nnd anf den
eit^entliclien ( je<»;enstand angewandt, eine deterniini' rt ude Üe-
dentnnt; linhcn. Ansfiihrlich wird die I''raj^e bohaiulell (S.
20 2(j), ol) es .gegenstandslose Vorstelliin}^i*n i^iht, nnd in ver-
neinendem Sinne beantwortet. Hier (S. 21 23) und später
35) wird denn auch die Bedeutung des Nichts besprochen.
Es soll nicht Gegenstand einer stell II dl; sein können, son-
dern nnr ein sogenannter niithezeichnender s\ nkatej^ore-
niali 1 (]. h. für sich allein bedentniiL;sloser Ansdrnck sein
wie und /n nicht nsw. In dem Satz: Ich sehe Nichts ,
liat der Ansdrnck Nichts keine andere l^edenlnnj^ wie der
: nicht, kein . Kr ist gleiehbedentend mit: Ich seile nicht
den Gegenstand, von dem geredet wird, den andere sehen
wollen«; oder: :>Ich sehe dort nicht etwas, kein etwas ^; oder:
Ich sehe iiberhanpt nicht*. Aber anders ist es doch mit dem
Sa)/: Ich stelle Nichts vor«^, der freilich anch heifsen kann:
Ich stelle j^;ar nicht \<>r : nber anch: ich stelle Nichts
d. h. was das Wort Niehls bulentet vor , wo Nichts etwas weder
immanent n«)ch transeeiuk iit Seiendes, weder Rewnfstsein, sei
es \'orj4aiij4 oder Inh.ih, noch Nielitbew iilstsein, sei es \"or-
<(ano oder Ding, ist Gewifs ist dieses Ktwas in sich wider-
sprechend ; aber warum soll das Widersprechende nicht Gegen-
stand sein können, warn m sollte nicht etwa die Wirklichkeit
ans lanter Widersprüchen l)este]ien? Zn behanpten: Nichts
existiert ist freilich in sich selbst widersprechend, ab(. t ich
kann doch !»iiian]iten : Nichts existiert nicht , nnd hier ist
das Nichts ilueh (ie<jenstand eines Urteils, obj^leich es nie-
mals (.egenstand eines Wüllens (die W-rnichtnng ist natür-
lich etwas Anderes als das Nichts) werden kann (S. 35). Ge-
wifs die Vorstellung* Nicht-Raucher umfafst nicht alles, was
anfser den Rauchern noch vorhanden sein kann, sondern
teilt einen übcr<^eoi dneten liegriff, etwa Menschen oder Männer,
in Rancher nnd Nicht-Rancher, nnd ein solcher übergeord-
neter Begriff lafst sich für das Nichts mcht finden 1 S. 22).
Aber daraus folgt doeli nnr, dafs dem Nieiits nicht eine ähn-
liche Bedeutung eignen kann wie dem Ausdruck Nicht-
Raucher und ähnlichen, keineswegs aber, dafs ihm gar keine
Bedeutung eignet Ich mufs deshalb an meinen Ausführungen
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534
liher das Nichts (l\sycli'>]nirie des Krkennens S. 50 — 51) fest-
halten, nehme im iihi i-^en mit dem \ erla.sscr an, dais es
ge^LTcnstandslosc \'orstelhin*>cn nicht .i;il)t.
Dci N'erfasser ist der Meinnn*;, chifs die Allj^emeinvur-
stelhtiigcii, wie sie nur einen Inhalt hatoi, so auch nicht eine
Mehrzahl von Gegenständen, sondern unr ei neu (Tcgenstand
haben können (S. 35, vS. 102— in). Man nuifs unterscheiden
zwisclien Allj;emein\()rstelhin<^en mit dem Hewnlstsein ihrer
All^emeiidieit ninirrrsulia rrflt xiu nnd Allj^emeinvorstelhnij^en
ohne dieses Ik wui.Nl.sein i iiiiivi rsalid ilir< ita). W'ns <He letzteren
angeht, so kommen sie zustande und bestehen lediglieh in
dem Absehen von den individnellcu Merkmalen, da die ge-
meinsamen dem allgemeinen Namen cnupi ccheuden Merk-
male für sich allein nicht vorj^e-u lU werden können. Dieses
Absehen ist nur in negativen Urteilen möglich, deren Gegen-
stand dann die für sich nicht vorstellbaren gemeinsamen
Merkmale bilden. ( )hne dieses Urteil kounnen wir über blofse
(iemeinbilder nnd allijemeine Namen nicht hinans, durch
dasselbe ei halten ilic allj^emeineu Xanu n eine n Ciegeustaud,
den (gegenständ nämlich des Urteils, der damit auch Gegen-
stand der Allgemeinvorstelhing ist, in der ja der allgemeine
Name immer nnd notwendig eine Rolle spielt. So hat die
Allgemeinvorstellnng ohne liewnfstsein ihrer Allgemeinheit
in der That nur Kineii (iegenstand. Anders ist es mit der
AllLjt HU in\ (>rstellnng, wenn sie vom Hewnfstsein ihrer Allge-
mciuhcil d. h. ihrer Anwendbarkeit anf mehrere Ciegenstände
begleitet wird. Die Anwendung der Allgemeinvorstellnng auf
viele Gegenstände ist natürlich nur uu")glich in einer Reihe
von bejahenden Urteilen, deren jedes einen besonderen Gegen-
stand hat nnd die alle zusammen eine Vielheit von (legen-
ständen haben, die damit auch CiCL'^cnstände des in all diesen
Urteilen wiederkehrenden allgemeinen Namens nnd damit
auch der all i^lhi einen Vorstellungen werden. Ivs zeii^t sich
hier wie überall; Worte erhallen durch Urteile ihre liezielmng
auf Gegenstände und dadurch werden die letztem zu(jegen-
ständen der Vorstelluu geu, in denen die Worte eine Rolle
spielen. Das tritt besonders deutlich hervor bei den \'or-
stellungeu der Zahl und ks Continnnms (vS. 76). Urteile, in
denen wir die niederen Hinheiten unterscheiden nnd /.n einer
höheren Einheit /nsannnenfas.^en, die i^leichartigen Teile je
für sich insAnjj^t lassen nnd als znsaniiiu'nhän'nend erkennen,
ermöglichen die Deliaitimieu : Zahl i.^l usw. , Continnum
ist usw.*. Der zusammengesetzte Gegenstand jener Urteile
ist auch der dieser Definitionen, er wird durch die Worte
Zahl nnd Continnum benannt nnd dadnrch anch zum Gegen-
stand der Vorstellungen. Wo möglich noch deutlicher ergibt
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535
sich das Gleiche bei den indirekten \'()rstelhiiigeM (S. 92 ~ 100),
deren ("icj;(enstände vermittelst Relationen zu andern (k j^en-
ständen vnri^x stellt werden (S. 94); Beispiele: Land ohne
Beri^e, An^^c de.> .\Unsrlieu. Hier treten xori^^estelUe Urteile
(oder das X'orstellcn tler Urteile! verniitlelnd ein: i^aiul (als
Subjekt gedacht), das kehle Berj^e hat oder der Ber*;e er-
maii};)^ehid (als Prädikat gedacht); ebenso Auge, das einein
Menschen t^ehört oder einem Mensclmi eij^entihnlich. Der»
einheitliche Gegenstand dieser Urteile ist anch der ou den
ziisannneilLjest t'/ten Namen benannte (ie<;e!ist.iii«l und wird
dadnreh znm (iej;enstnnd der indirekten \'" nstelinnj^en. Der
Wrfasser i»reift in seiner nmständlichen lütiiUrnn*^ anf die
innere Spraehforni znriick (^S. 97), aber aneh er kann die Ur-
teilsvcrniitthmg nicht entbehren (vS. 9Snnt., S. 99 nni.), wenn
er sie anch niclit in gleicher Weise wie ich geltend macht
Merknnd ist nach dem Verfasser vorgestellter Bestand-
teil <k ^ < U L!;<^ iistandcs nicht des Inhalts (also vorbestellt
im determiniereii(k 11 >^inne) (S. 40- 48, S. tS2 92 insbesondere
S. .SC)). Ivin vori4e>lellter Ik'standteil der Vorstel1nnL;s-^cL:cn-
stände ist aber nicht ihre Identität mit sich, obwolil ein He-
standlcil derselben, er ist auch kein grundlegender Bestand-
teil von ihnen, weshalb das Oesetz der Identität als allge-
meine Bedingung alles uns mö glichen V'orstellens, j^als
Grnndgesetz des Vorstellens nie! iL betrachtet werden kann
(S. (/)). Sehr ausführlich wird die \ erschiedenlieit (S. 29 — 40)
und das \'erli;illnis (S. S31 von Vorstellnngsiidialt nnd
Vi)i .sti]lun,t4>|4ej^enstand hesjtrochen. Ich mache anfiiierksani
anf die schwierige Untersnehnng, die S. 51, wozu vS. (»5 /.n
vergleichen, angedeutet, S. 64 und 66 durchgeführt ist, nnd
auf die sehr einleuchtende Auseinandersetzung mit Kerry
(S. too, wozu S, 82 zu vergleichen ist).
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,Zwei Yersammlungen für wissen-
scliaftliclie Pädagogik.
2.')
28. (ien«^ralvei*Muuiniliiii;!: des Wroiiis tiir wissonseliaft liehe Patia^o^ik
/II (tlaiicIiHii i/S.
Die Arbeil auf den \*tisaininlun>^cii des \'. f. w. I*. hcstehl
bekanntlich blofs in der Diskus.sion, während die Unterkij;en
dazu vorher tn detii ^»Jahrbucliec; des V^ereins gedruckt in die
Hände der Mitglieder gelangen. Für den Berichterstatter ent-
steht dadnrch ein Übelstand. Denn da die Diskussion blofs
herausheben soll. was niaji tadelt oder unter Beifüi^unj; einer
V)esunderen lienierkun.^; billigt (Jj 7 der (jescliättsonlnnni;!, so
kaim es ^esclielun, dafs die Hanpt};edanken der j^edruckteii Ab-
liautllun^ in der Di.skussioii nur nni;enüt^end zur Aii^^prache
konunen. Dem wird sich auch durch einige orientierende Be-
merkungen nur unvollkommen abhelfen lassen, da es eben im
Wesen dieser Vereinsarbeit liegt, dafs Lektüre und Rede und
Gegenrede ineinander }>reifen sollen.
Von den 7 Arbeiten des 28. Jalnlniehs-) wurde die eine
iilRM'hrnipt nicht zur Diskussion ireslcllt. weil sich der \'erf. oder
\ icliiu hi Heraus^cljer eine (. in. eilende W'ürdif^ung derselben \ oT
behalt iH hat: Herbarts vScheinata /.u X'orksungeii über
Pädagogik in Göttingen . aus der Königlichen und Universitäts-
bibliothek zu Königsberg i. Pr. herausgegeben von Rudolf Hart-
stein. Nach diesen Kntwurfen hat Herbart 1K07 -1H09 seine
pädagogischen Vorlesungen gehalten. Sie decken sich in Inhalt
und Anordnung, ja selbst im Ausdruck teilweise mit dem
späteren l' niri f s ( 1 S 3 5 ),
Zillig, Lehrer in Würzburg, setzt die im \<)!ii;eii Jahre
Ijegonnenen Betrachtungen zur Frage des i^elirplaus in
') 1. siehe Heft IX. S. 4S1 c-tc.
•) Heiau.sgegeheii voll! N'ofsit/.eiuleu, l*r<)f. Tlicod. \'<igt in Wuii.
Dresden. I{le\l 11. Kaeiiinurer. iS()6. 2<)[) S. Im IluchhaiuUl 5 M. Der
v«)ni \'i)isit/.eni!t 11 hearbeilete l'.eiicht ers< In int unter dem Titel ICr-
läutcrungen ebenda; Trei.s 1 M, Mitglieder erhalten diese und die
sonstigen Vereinsschriften gegen den Jahresbeitrag von 4 M. An-
meldung beim Kassierer K. Teupser in Leipzig, Münsterstrasse 6.
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2ft Gen^nitrrrdiimnilunf 4e* Tmiai fir witMucbafkllrlw Fidufo^k.
der Volksschule fort mid erörtert diesmal »die c-Uiische
Abhän^^igkcit der Lehrfächer . Hierliei handelt es sich darum,
(!afs erstens unter den Snchfächern und zweitens auch unter
jenen für Zeichenfonn uiul Zahl mit Hille der etliischen Ik'ur-
teilunj; eine solche l*lat/,lul^e gefunden werde, welche dorjedes-
mali};en Nähe des betr. Faches zum ICrziehun^^s^edaiiken gemäfs
ist<. Dies ist aber, wird hicr/.n zunächst bemerkt erst die zweite
Frage der I^ehrplaiitbeorie. Die erste Frage würde sein: Woher
konnnt überhaupt der }):idagogische Lehrstoff, der uns zur Aus-
wahl (oder auch zur Abweisung) vorliej^t? In dieser Hinsicht
findet die rädatrnu;^ik iimncr soziale Kor/k niin^en an die Schule
vor luid hat nuiiiiKlir Kritik zu üben und lachniännischen Rat
zu erteilen. Sie hat hierbei zu l»eaehlen: erstens den obersten
Knd/Aveck derKrziehung (von diesem Gesichtspunkte aussagten
die Pietisten : hinaus mit den heidnischen Klassikern, herein mit
den Kirchenschriftstellern); zweitens auf die verschiedenen Rich-
tun>;en der Geistcsthätigkeit (Interessen), welciie im richtigen
Verhältnis zu pflej^en sind ( ilso nicht etwa blofs die Interessen
<kr I'*rkenntnis, und diese nicht etwa i:rnr lilofs in He/iehung
:ini materiellen Nutzen u.dgl.): drittens aut die Natur des kind-
lichen Geistes, insofern sicli nur ein bcstinnntes Stoffmafs einer
pädagogischen Behandlung unterziehen läfst. Ks ist folglich
nicht richtig, wenn Zillig den pädagogischen Lehrstoff rein aus
dem obersten l\nd zwecke der ICrxiehung deduzieren will. Für
das Verhältnis der Lehrfächer folgt daraus, dafs man den Ge-
siniHUigsunterrioht niclit aulgabenstellend, sondern als auf-
galjenkcmzentrierend an^elK^ mufs. - Xilligs nnqipierung der
Lehrfächer in gesinnungbildende, goeliniackbildende und er-
keuntni.sbildende findet ein Redner angemessener als die seither
üblichen Gruppierungen Zillers u. a. Behandelt werden in diesem
Jahrbuch nur die ersten beiden Gruppen, und die weitere Be*
sprecbimg betraf vorwiegend die erste. Hier wurde u. a. die
liestinnnung getadelt, dafs der Geschichtsunterricht das .Vnwen-
<lungsteld für die vom Religionsnnterrirhle i^c lit iu ii sittliche n
X'orbilder zu erschlielsen hal)e; aber ^\vv l<eli.uit>nsunlerriciit
weist aucli auf sein besonderes Anwendungsfeld hm ujan
denke z. B. an die Übung der Sakramente, an gewisse Vor-
schriften der Haustafel. Wohl aber sollen die sittlichen Grund-
Sätze der Religion auch in der Geschichte Anerkennung finden
und als Mafsstab der Beurteilung dienen. Ferner giebt der Reli-
gionsunterricht nicht blofs sittliche Vorbilder, sondeni auch
das ]isychologische Verständnis, wie ein sittlicher Wille im
Men-^elii 11 nach und nach entsteht. Die G»e.schic]ite hat dann die
besondere Aulgabe, die Entstehung und die Geschicke der mensch-
lichen Gemehischaften darzulegen, dadurch Teilnahme dafür zu
erregen und zu späterer Mitwirkung au den Aufgaben dieser
Kra* Bahnen (PfidaffOf tun) TU. 10. , zs
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53? , ^ _„._ .
Gemeinschnftcii lu i anzuziehen : ebenso hat auch die Reli^^ion in
die nienschliclu 11 (k nieinschaften einzuführen, nur in andere
Verhältnisse derselben als die Geschichte. Man land überhaupt,
dafs Zillig; die Geschtclite zu ideal ansieht: aln politische Uln-
zipliti hat »ie es zuerst mit Mach tf ragten zn tliuu; sie bietet
auch Hilder des SchlecliU n und Ab-rlunlidien. vielleicht so^ar
mein als des CUiten und Indien und w iikt iu ihrer nackten Thal-
sächlit hkeit erst dann wahrhaft l)ildend auf ju^eti«nir]u> ( 'oninter.
weini der I nUnicht das unveitlurbene oder (buch de n Ki- li'^ions-
unterricht bereits j^eläuterte sittliche l'rteil de> Kiuilc.-. sicts in
richtij;er Weise darauf lenkt, wach erhält und nicht im Stoffe
ersticke» läfst
Fack, Lehrer iu Jena, schreibt vfibcrdeu neuen Würz-
burger Lelirplan . den Zilli^ u. a. unter dem Titel: Lehr-
plau für die Volkssc luiK . Nebst einer Kritik und einem An
haiij^e \'om Standpunkte des er/.ielu-udeu Tuterrichts in
Ivlsliiijjen haben ersclu inen lassen. Derselbe hat in einem Teile
der bayri.scheu pü^laJ40J;i.schen und puliti.schen l're.s.se eine leb-
hafte Polemik hervorgerufen, aufserclem aber die zu seiner Be-
gründung dienende vorige Abhandlung veranlafst. Kin Redner
sj)rach seine Freude darüber aus. clafs die Arbeit Kacks im
Jahrbuch sich finde; denn es sei richiiKer, den im Kampfe
stehenden Deukj;enos.sen beizustehen, als über die in Kmn])f
Geratenen die Nase zu rümpfen und sich im ( »enusse der Ruhe
seiner Kluj^heit zu freuen. Andernieil^ entspreche es ^anz der
Sitte des Vereius, wenn dieser Beistand auch darin bestehe, dais
Fack »die Würzburger« auf Fehler und Mängel ihres Plans
und ihrer Theorie hinweise. Danach verfuhr die Versanmilung
auch Fack gegenüber. Die ersten beiden Teile der Abhandlung,
die nur Thatsächliches enthalten (der Zweite eine ( ie.i;enül)er-
stellunj^ des Zillerschen und <\v^ W'fir/bur^er Planest riefen
keine Debatte heiAcr, desto nielir daj;eji;en der Dritte: (>rund-
legende l'ntersuchun^^en , nämlich zu der im vierten Teile
folgenden Beurteilung des neuen Lelirplanes. liier handelte es
sich um die Stelhntg des Wissens in der Hrzieliungsschule und
um die Frage, oh es reine Krziehungsschuleii gebe oder in
welchem Siinie und UmfaiiKe die Ivrziehun^sschule zugleich
eine Lernschule sein müsse oder tlürfe. fliese Fra^o; führten
aber weiter darauf, ob man die Idee der \ Ollkommenheit mit
Herbart als eine ^elbständixe ethische Idee oder mit T.ntt und
Hartenstein als einen blof.seu Coellicienlen «»der .Muitiplikalur an-
zusehen habe, und die Lage -der Gedankenschlacht war die, dafs
die Redner, welche steh gegen Fack wendeten, die erste An-
schauung, welche auch der Würzburger Arbeit zu Grunde liegt,
gegen die zweite und damit gegen die Anschauung Facks oder
wenigstens gegen die Konsequenzen seiner Kritik zu verteidigen
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539
suchten. Es widerstrebt dem Berichterstatter, aus dieser Debatte,
in die auch der Ihiterschied des mittelbaren und des onmittel«
baren Interesses mit hineinspielte, I^inzelheiten hrrans/ngreifen,
und er verweist flrdier auf die siK'Hcr folo;cnde iinifasst-ndc "Re-
rit lilL 1 slailuH^ in lUii l{i l."!ntL'runi»cn zum Jalirluu ln.-. (>ri;cn
I';u kN Knlik des neuen lAlM'])lans wurde nun j^cltend gcnuiclit:
man hat bei einer solchen Beurteihing von dem Begriffe der
ausgestalteten sittlich-religiösen Persönlichkeit auszugehen. Diese
entsteht nur in einem reichen (Gedankenkreise, dessen Vieles
eine geschlossene Iv i n h e i t bildet, in welclier die sittlich -l eli^ioseu
Cinnul^ätze die Herrschaft ausilben; danach hat der Lehr-
phui zu sorgen a) lür die rechte \'ielseiti}j;^keit, b) für das Neben-
einancK-r, c) dies aber in der richtii^en l'ber- und rnleiord-
nutii;, und da die Persünliehkeil das Krgebnis einer langci»
Knt Wickelung ist, so ist auch d) das rechte Nacheinander der
Stoffe und der geistigen Zustände, welche mit Hilfe der Stoffe
hervorgerufen werden sollen, zu .bedenken. Zu diesen a11i;e-
njein geltenden Gesichtspunkten konnnen noch die Rücksichlen
auf die kinflliclu Itidividnalität. die sehr versrhie<lener Art sind,
nie \\'r>rzl>uri.n 1 i- i tüllen die ersten drei l'"ordei iingen, (Mv x'ierte
aber niin<lestens nicht in der Weise, die sonst im \'erein ver-
treten wird, nämlich indem man die kulturgeschichtliche Unt-
wickelung aller Fächer, nicht blofs der Gesinnungsfächer ver-
folgt und das Rongeniale zu gleichartigen Gedankenmassen
zusammenordnet. Auch die individuell-kindlichen Rücksichlen
werden im Würzburger Plane mitunter verletzt, so wenn derselbe
im ersten Schuljahre dns debiet lUr sichtbaren lleiniat zu sehr
verläfst. Her T'nUisrhied zwiselkii aller tuid neuer Auf-
fassung der Konzentration lebt al.so auch in diesem Vereiusjahrc
weiter; doch kann dies, meinte der Vorsitzende, weder dem
Vereinsleben noch der Sache schaden, wenn die verschiedenen
Ansichten in reinem Wahrheitstrieb in ähnlicher Weise nach
der ^richtigen Auffassung hitistubcii wie in Hach'scher Musik
<lie selbständig nel>eii einander hergehenden Stimmen .nacii der
HarTnoni<*.
l'jiu I,ehrplanfragc behandelt auch Pastor prini. Dr. Kat/er
in Löbau, nämlich den christlichen R e 1 i g i o ns u n le i i i c Ii t
ohne das alte Testament^. Die Forderung hat Verf. be-
kanntlich zuerst in seiner Schrift -^Das Judenchristentum < aus-
gesprochen, aufserdem haben zwischen ihm und Thrändorf Au.s-
einandersetzungcn in der - Zeitschrift für Phih)sophie und Päda-
go<^M'k fiS95, S. 15) begf)nnen, die (nach Jahrbuch S. 2S7)
fortgesetzt werden sollen. Die ( .lauchauer Debatte erkannte an
Katzers \'orgehen drei Hauptgedanken als richtig an: 1) ilals
bei dem Unterricht im alten Testament der chri.stliche Stand-
punkt der obere, für die Beurteilung der Personen und Ver-
as*
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S40 _
hälttiisse mafs gebende ist; 2) dafs folglich die religiösen Be-
trachtungen nicht mit dem alten Testamente heginnen dürfen
(im Zillerschen Lehrjilan hei^nimen sie mit den christlichen Kest-
gescliichten) ; 3) dafs wir aus dem alten TeslaTmuU uoch sorg-
fältiger auswählen miissen. Nur darf die Auswaiil nicht etwa
darauf zielen, alles Unrechte und Schlechte zu übergehen; aiicli
Christus erzählt vom gottlosen Richter, vom Schalksknecht usw.
Die vielfach vorhandene Überbürduug mit Stoff ist es, welche
einen Teil der Lehrer die Arbeit Katzers freudig begrufsen lafst.
Zur 1 Jberbiirdung wird aber mitmiter auch neutestanutttliclicr
inid kirchengeschichtliclKr r.ehrstoff gemifsbniucht. und dafs
Kat/er die ^*berbü^<.lung^irage net)enbei mit vorschwelit, beweist
sein Wunsch, dafs wir bald /.u einem neunten Schuljaine ge-
landcn nidchten. Ein anderer Teil der Lehrer mag in Folge
der Ergebnisse der neueren alttestamcntlichen Forschungen vom
alten Testamente als Unterrichtsmittel nicht mehr Oelirauch
machen; deren Bundesgenosse will aber Kat/.er nicht sein, vielmehr
s])richt er gegen respektwidrige Behandhm^,^ des alten 'l\-sta-
niciilt s nnd hält seine Forderung für iniabhängig vnii diesen
tlie' )l()i;i>eheii Strcilfrngeti. Blofs darauf geht seine Thc>e, d.U»
ein voraur^gcheuder alUeslamenlliehcr Uuleriicht nicht geviguet
sei» Christum seinem Wesen nach verständlicher zu machen,
und hiergegen richtete sich die in Glauchau geübte Kritik, ßs
wurde geltend gemacht: Was Katzer s^zwei Religionen nennt,
sind nicht strenge Gegensätze, sondern nur ^•erschiedene I£nt-
wickebingsstiifen desselben religiösen (Tcistes; Clnistus sieht
auch seine Lehre nicht als Auili>>ung. sondern als W eilerbiklung
der alten Lehre an. Nationale und kosmopoliti.sche Religion
z. B. sind nicht solche Gegensätze: der nationale Standpunkt
ist vielmehr schon ein Fortschritt gegen den egoistischen, und
erst aus dem nationalen kann sich der kosmopolitische ent-
wickeln. So wirft Katzers Ausdruck Judentum« verschiedene
Anschauungsweisen zusammen, als wären sie eine, und übersieht
gerade das Höchste und Beste, was altisraelitischer Cjeist lur-
v<>i .i^ebraelit hat. T'ni-ekehrt stellt er dasjenige Chri>lenlnni ,
welches die Kinder im Umgange mit den lulcrn annehmen, zu
hoch, indem er die niederen (eudämonistischen) Gesinnungs-
demente, welche dieses s Christentum« bei den Eltern so häufig
hat, übersieht (£s w^urde an die anonym erschienene Schrift
-Zur bäuerlichen Glaubens- und Sittenlehre« erinnert; man denke
auch an die Thaten der christlichen Ahyssinier I)
Katzers Arbeiten reichen zu dem Nachweise, dafs man
den seitherigen kulturgehchichtlichen Weg verlas.scn nn'isse.
nicht ans. Umgekehrt fürchtet man von seniem Vorschlage, es
werde dabei das Höchste und Heiligste vor die Kinder gebracht,
bevor sie die rechten Augen dafür haben. Zu einer weiteren
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'2'^. Gi^nf ralvcr-iimmliiMi,' dr". Von in- fiir » Uncii-irhaftln'hi' Piiiliicrit^ik, f
PrüfitniC fehlt einstweilen ein ;iu>l;\ fuhrter Lelirplan. I$s wnrde
ntit>;eleilt, da Ts Dr. Lietz (Dreidcn) dem Verein eineu solchen
vorleben werde.
Dr. Thrätidoit. Senuuaii>l>crlelirer in Auerbach i. V'.,
bietet in ilieseni Jahil)nche den JSchlufs Seiner Präparationeu
xur Reformation5|rcschicbte (in der Art der Atisffthrttng
für Seminaristen der o1>ereti Klassen lierechnet). Darauf folgt
eine pädagogische Kegründuni; der .Stoffanswahl und
Behandlung». In dieser set>:t sich Verf. l>esondera mit den
ReslininHni<j:;vn der noiu'ti prcnfsischen Lehrplnne niiseitnnder
nnd behauptet, nicht die AuKUstana, die, aufs u« lindeste >;esaj;t,
den neuen Geist in die alten Schläuche der sclujlastischen Doj;-
nuitik laist, sei die rechte ^uellenlektüre für die hohem Schulen,
sondern vielmehr diejenigen reformatorischen Schriften, in denen
der • echte Luther ► spricht Die Debatte stellte nur Unwesent-
liclu .ui>.
Dr. Wilk. Direktor in Gotha, bringt über das Q u a-
tlrieren und das O u ad r a t w u r ze 1 / i e h e n eine ausführ-
liche I'räparation. welche die nackten niatheiiKilisciu 11 .\iitv;ai)en
aus sachlichen rroblenien ableitet und /.ugleicii <.leu Zweck ver-
folgt, des Verfa.s.sers besondere Ansicht über die Unterscheidung
von WillensKiel und Krkenntntsziel (mau vgl. das 27. Jahrbuch
nebst den zugehörigen Krläuterungeu) zu illustrieren. Auf Mit-
teilungen aus der kurzen Debatte \er/.ichtet Berichterstatter
ebenso wie bei tiein Anfsat/.e von Dr. Hey er in Leipzig ül)er
die Lehrwerkstätte . Die^e Arbeit ist ein .Vnfaiii^, den
b'achunterricht in näheren /uNamiiu iihnng mit Tluni ic und
Praxis des erziehenden Unterrichts zu l)ringen, und tulst hin-
sichtlich der historisch-statistischen Angaben auf dem grofseu
Werke von Franz Scheven.
Bei diesen wenigen Mitteilungen möge es sein Ikwendeu
hallen. So lückenhaft sie der wirklich vollbrachten Arbeit gegen-
über auch sind, so über>chreiten sie doch vielleiclu >t lion den
verfügbaren Raum. In betreff der freundlichen Aufnahme sei
bh»is noch erwähnt, dafs, was bisher in der Vereinsgeschichte
noch nie vorgekommen war, das Ratskollegium für die \'er-
schoncrung der Versammlung einen Geldbeitrag bewilligt hatte,
und dafs neben dem ruhigen, würdigen Verlauf der Verhand-
lungen auch die geselligen Veranstaltungen d i/.u beitrugen, die
Teilnehmer gehoben und neugestarkt heimziehen zu lassen.
Leipzig.
Fr.
Rundscliau.
September f8c)6.
Der Entwurf c uu i ik ir u riniuii^siirihitiii;; fiii Millclsi luinchrLr utid
Rektoren. — Die Schule auf «lein Kalholikentajife. — Die i,v Il.iui)t-
ver.samniltmjr 'l^s Itaynsclrcii I.ehrt r \ c n itis. — Der v intern. i iiuiak-
KüUgrefs fiir rsycliolo^ic. - Die Kreii/./eituiijLj über <lie in<Hlernen
Lehrer»^. — Die Kölnische Zeitung fiber die Rerechtijrnnsr der I,elirer
■/.um ( inirilirii^ frciwillij^en Dit-nst. Das nt- ue Sclinlj^eselz in Srliwx flcn-
Norwcgen unU die klassischen Sprachen. — Der I'uU I.anifennanii.
— Pestalozzi-Studien von L. W. Seyffarth. — A. Chr. Jessen ^egen
die •Neuen Bahnen
Der ministerielle Entwurf einer netten Prüf u n j^s-
ordnung für Mtttelschnllehrer nnd Rektoren l)e-
schäftigt die I^hrerschaft in steiKfit^«-«" Mafse. In den Wreinen
sowohl» als aucli in Zeitungsartikeln wird er anfs lebhafteste
besprochen. Auch die N. B. haben in dein vorigen Hefte
einen eing;ehenden Beitrat:: /n dieser Zeitfra^je K<-*bracht und
in dem nächsten Hefte werden diese I''rörterunj;en forti;Lsel/t
werden. Sit können w iv uns au dieser Stelle darauf besclnänkeii,
die verschiedenen Stroinungen zti kennzeichnen, die iit dieser
Frage an die Öffentlichkeit getreten sind. Den weitestgehenden
Vorschlag macht die Neue Westdent^clie I^ehrerztg. , die beide
Prüfungen beseitigt wissen und für das Aufrücken in Rektor-
stellen nnd mis diesen in Krei<scliulinspektorstellnngen anf der
Grnn(ll;i.i;L- einrr als l\ei;el inn(. /nhaltenden gerechten nnd billigen
Berücksichtigung des Dienstalters die prakliscii -berufliche Be-
währung ausschlaggebend macheu wilK. So sympatliisch uns
auch dieser Standpunkt ist, und wenn wir auch der Hoffnung
leben, dafs bei der stetigen Weiterentwickelung der Seminar»
'i Wie uns nulnere Zuschriften /.eigen, hat dieser Artikel ins-
besondere in seinen geschichtUcflien Ausführungen, nicht überall
Zustimmung gefunden. Wir haben das vorausgesehen, haben ihn
aber trotzdem gebracht, auch, trot/deni wir i)ersrmlicli einen ab-
weichenden Standpunkt einiuhnien. Man wolle <loch nie xerj^essen.
dafs die X. H. xon jeher alle diese Fragen als offene behandelt
haben, dafs deshalb in ihnen als .mi einem neutralen Hoden die Ver-
treter der verschiedensten Ansichten zu Worte kommen können.
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Rnridtx'hau.
bilduiij^ matt in Zukunft von den beiden Prüfnngen wird ab-
srhtn köüiuTi, heute können wir diesen Vorschlag nicht ernst
nehmen: uiittr den gri^einvnrtiircii \*crhriltiiissen dürfte eine Be-
seitigung hridcr I*rü langen leiciil geeignet sein, der Rückkehr
zu der nichtfaehtuänaischen Schulaufsicht die Wege zu bahueu.
Wir finden anch keine anderen Stimmen, die sich nach dieser
Richtunjr hin äulsern. Dagegen wird der von dem Entwurf in
Aussicht genommene Wegfall der Mittelschullehrerprüfuiig als
Vnrlu dingling für die .\blegnng (K < Kektorexamens für Volks-
schuleu von der Mehr/ahl der Ta In er freudig begrüfst: in diesem
Sinne bewegen sich n. n. Kundgebungen der Preufs. I^ehrer-
/eitung , der Pädagt>gisehen Zeitung , (le> Lehrervereins zu
Halle a. S. und des Hanuoverschcn lydirci Vereins. Dabei wird
jedoch gleichzeitig die Erwartung ausgesprochen, dafs das
Lehrerbildungswesen baldigst eine den Forderungen der Gegen-
wart entsprechende Umgestaltung erfahre, die Prüfung für
Mittelscliullehrer überhaupt aus dem pädagogischen Prüfungs-
wesen entfernt, diejenige für Rektoren der pädagogischen Idee
gemäfs reorgain'siert und ihre Ablegung von jedem verlaugt
werde, der sich um eine leitende Stelle im Schuldienste bewirbt«,
also auch enigegeu dem Entwürfe von Geistlichen, Oberlehrern
höherer Schulen und Kandidaten des höheren Schulamtes. Mit dem
Wegfall der Mittelschulprfifung überhaupt wäre dann auch
ein schwerer Stein des Anstofses beseitigt, die Bestimmung näm-
lich, dafs einem Schulniaune wohl die Fähigkeit zugesprochen
Aus der Aussprache der abweichenden Auschanungeu wird ohne
Zweifel schliefslich die Wahrheit tini «o reiner hervorgehen ~
lind Jivir um diese ist es uns /.u tluni I Dannn, so sehr mich jede
derartige Zuschrift auch erfreut, ist sie doch ein Zeichen dafür,
M'clclies Interesse den A«sfiihningeii der »X. B.« entgegengebracht
wild, heher w'hv es mir <l<i. Ii. wenn die abweichemlen Ansichten nicht
nur mir brieflich mitgeteilt, sondern zu einem kurzen Beitrage für
die N. IV verarbeitet würden.
Insbesondere bin ich von einem Kollegen, der im Kampfe für
die Schule mit in den xortler^tt n T\ei!un stellt, daiauf aufmerksam
gemacht worden, daLs Sacks ScIda.iilicliLer /.ur \ olksi)iidung in keiner
Weise verdienten, als Quellenschrift für die Beurteilung der Ära
Falk angeführt zti werden. Wenn ich luni anch schon vor 1 1 Jahren,
als die Schlagüchtert erscliienen, die Litteratur iiufmerksani verfolgt
habe, so mnfs ich doch gestehen, dafs mir dieses Buch nicht zu Ge-
sichte ^'ekonnuen ist: w ahrscheiiilieli fUshalb niclit. weil, wie mir
mitgeteilt wird, nur die ersten Lieferungen erschienen sind. Soweit
kenne ich allerdings Sack, dafs ich von vornherein annahm, das
Br.ch sei vom demokratisclien Standpunkt aus abgefalst. Das konnte
ai er bei dem Standpunkte, der mir für die Redaktion tler N. H.
riaf.sgebend ist. an und für sich kein (irund .sein, die Streichung
dieses Citats /u l)eaiitt li I>ieser Standpunkt giebt mir aber auch
die innere I reiheit. den l.eserii »U i \ 1' \ ou dem entgeg<'ng< set/,ten
Urteile eines geachteten Mitgliedes un.seres Standes Kenntnis zu
geben. Sie mögen auch in dieser Frage entscheiden.
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wird, vSchulen zu leikn. aber iiiclil die. als Lehrer an einer
MittcWi Hille an^v^tt llt /n werden. I'jidlioh sind rd»er auch
Stiiiiiiun laut j^eworden, welche dtn XWui dl <!r> MilUlschnl-
exauRus lür die V'olk.sschul Rektoren bedauern, da dadurch der
Bildungsgrad derselben und damit auch die Vollcsschule t)e-
deuteud herabf>;edrückt, die Zahl der Rektoren und somit die
»Stellenjägerei« und Unzufriedenheit sich bedenklich steijjern,
die RektorprfifuuK niöi;licher\veise /u eitier dritten Lehrerprüfung^
au'^^\ 1' hsen uud den Reibireien und Abs()uderungs<;elüsti n durch
' J^rliaituii j: des X'olksschulrektorals stins f^/misr weM iitl'^li \'fn -
schul» L^rliisttt werden würde. In diesem vSinnt liül« n ^\c\\
u. a. der Schrilllciter der Haunov. Scliui/t};. im Lclucrwicui
Haiinover-I^iuden ausgesprochen, ferner der Berliner und Kouigs-
berger Rektoren verein, die »Frankf. Schulxtg.«^ und die -Scliul-
pflege«, bekauutlich das Hauptorgan dea Preufsischen Rektoren-
vereins. Unsere Ati.sicht ist kurz ausgesprt)chen, folgende: i)
Bevor uicht eiue /ei tircm "i fsc tu iTc^taltuug d es Lehrer-
bilduugsweseus stal l t (K a hat, hallen ^^ir dm \\\ g-
fall der Mittelschullelu\ rjn (iluiig für die V<)lk»clnihcku»reu
uicht für wüuscheuswert; 2) das Rektorexauien hat jeder ab-
zulegen, der sich überhaupt um eine leitende Stelle im Schul -
amte bewirbt Wie so über die Grundfragen keine Einigkeit
im Lehrerstaude herrscht, so noch weniger ülicr Hiuzelheitent
für beide Prüfuugeu sind die verschiedensten A'orschläge /.u
Abäudei uiiReu t::eTiincht, die so\\ ()hl das Mafs der Aufordernugen,
als auch die Handlialie <ler rrüfinigeii betreffen. Wir kiunieu
auf diese sich leider viellacli widersprechenden Ansichten hier
nicht näher eingehen, weisen aber insliesondere auf einen Artikel
in No. 34 der «Schles^ Schulztg.«. hin, mit dem wir uns in
fast alten Punkten in Übereinstimmung befinden.
Alljährlich iui vSonnucr hält das Centrum Heeresschau ül>er
seiue Getreuen. Katholikentag neuiit es die \'ersaunulung,
obwohl CVntnun inid KatholicisT!iti< doch glücklicherweise noch
nicht ideutiscli ^iiid. lün Katholikentag, der sich uicht nul der
Schule beschäl ligl, isl undenkbar, und so .sind denu auch auf
der Tagung dieses Sonmiers, die in den letzten Tagen des
August in Dortmund stattfand, folgende Resolutionen ange-
nommen:
»r) Die 43. (leneralversanindmig protestiert aufs energischste
gegen die so oft vurkoinniendeJi SchnKihungcn und laitslelhmgen
katholischer Lehren und ( "lehräuclie auf den hölrfreü Schulen, nanient-
Wch in (iegeinvart katholischer Schüler, nicht luiuder uejren den (le-
l.iauch von ( le.sehichl.s und Lesebüchern ähnlichen Inhalts. Sic fordert
die Httcrn uud Krzieher auf, solche Fälle ungesäumt in den öffent-
lichen Blättern zur Besprechung zu bringen, damit auch auf diesem
Clebiete unser Recht endlich resiiektiert wird. 2) In Erwägung, dafs
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Rundichao.
545
die Volksschule ihre erzit hin li<- AufjLiabe nur dann zu erfülliii ver-
Tiiap. wenn die Religion die ( is ntii11.i<rr und dt !i Mittclpinikt l iMcl ;
in lüwäcjntTT ft nu r. dafs die rr!im«)se i.r/.iclinn^ von Christus nirlit
dem StaaU. s<>tnlern der Kirche idKrUagcn ist; fordert die 4.v General-
versammlung der Katholiken I>eutschland» die BeReitigung aller Mafs-
re^eln. durch die man in den meisten deutschen Ländern den Hin-
Üufa der Kirche auf die Schule unterj^raben oder fast gan?, vernichtet
hat. Insbesondere fordert sie die Beseitigung des |»renfsi\* lu n
Ministeii il l'tlassrs \ nm tS. l-ebniar tS-o in betreff iKs k itholisclien
Keli^i"ii^unterrielil^ in 'len X'olks^rliuleii, der die Mrteihni.L; desschul-
planniaisigeii Keligion.vni'.terriehts ftii lU-n St.uit in luli iiimnit,
und der sowohl mit tieni katholischen Dogma, als auch mit der
|>reufsischen Verfassung in Widerspi uch steht. 4) Sie verlangt ferner
die allgemeine Wiedereinsetzung der katholischen Pfarrer in ihr Amt
als Ortsschulinspektoren und dementsprechend die Aufliebung der
Hrlasse des j^^egenw artigen l'nterrichtsniinisters Dr. Bosse, in denen
er fiir tiRlii kla.ssige Schulsysteme die allmähliche ('bertragung <1er
Oitsschulinspektion an die Rektoren oder Hanptlehrer in .\ussicht
stellt. 5) Weil nach Ausweis der l\rfahrung tlie l»U»ise geistliche ( )rts-
schulinspektion ohne die entsprechende geistliche Kreisschulinspektion
unwirksam bleibt und der Kirche keinen genügenden Kinflufs auf die
Volksschule gewährt so fordert die Generalversammlung die allmäh-
liche Wiedereinführung der geistlichen Kreisschulinspektion im Neben-
amt, wie sie vor dem Kulturkampf allgemein bestanden hat. Die
Thatsache, <lafs fnati in den x nrwiegi-nd )tn»ti slatitischen L.iiidi s-
teiUn, /. T^. Hrnndenbutu, roiumern, I'kiv in/. Sachsen etc.. die Kri is-
schidttispektion im NebeuanU bis hciile last allgemein beibehalten
hat, ist ein klarer Beweis, dafs die preufsische Regierutig die Krei.s-
schnlinspektion im Hauptamt nicht für unbedingt notwendig hält und
dafs auch in dieser Beziehung die Katholiken unter sehr ungleicher
Hehandlung leiden. 6» Die Generalversammlung beklagt es auf das
tiefste, dafs sich die Katholiken Deutschlands, insbesondere Preufsens,
nach dem gcLrciuvärli^ii n Zustand der ( leset/gebiing in derhochwich-
tiLTin iMa;^»- dcT l.i/it luiiiu mid dos T'Tüerriehts fast ganz der Will-
kür der jewedigen }irole.slantischen Jiehörden preisgegeben sehcu. Sic
verlangt deshalb dringend von der Regierung ein allgemeines Unter-
richtsgesetz, wie es die preufsische Verfassung verspricht» damit
auf diese Weise die Kirche in ihren Rechten gesetzlich sichergestellt
und die von der Verfa.ssung gewährleistete Unterrichtsfreiheit end-
lich atur Wirklichkeit werde.
Das sind dieselheti Fordenmgen. die srhmi luindertnial aiis-
gespt «H-lu'ii u!id hundertiTinl als (k?iu hnlieixn /wi cke der Päda-
gogik widcrslreitcjul /.uriiok«;e\vie."Heii sind; doch jene Versamm-
lungen sind nicht zu beieinen. Nicht den Menschen in seiner
von Gott gegebenen Bestimmung zum Ziele der Bildung zu
setzen, sondern die Konf^iou, die Kirche, die doch mir als
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546^
Mittel (Ut rdii^nöscn. der christliolK ti liilduni:!: dioticii knnn,
«las i<l i.ine Unikchiun- dt-r Iki^nlk und Vcrhältni.s.stf, aus» der
nininKTuichr (iiUcs culspriiigcn kaiui.
Al)er katholisch ist Trumpf . Das liat auch die i 3. H au p i-
- versatnmlutif^ des Bayrischen Lehrervereins erfahren.
Kultusminister v. Landniann ist sehr verstimmt gewesen — ob
er dieser Verstimmung dem Vorsitzenden tles Bayrischeri Lehrer-
vereins. T/mdtaj^sabg. Schubert, .^^e^enüber zum Ausdruck j^e-
bracht hat oder j;^e};enül)er ainkren Personen, ist uns trotz nlltT
Aufkläruti^^eti nicht kh\r i^ewonlen, alier auch i^^an/ ^^leicligiilti^^
- dafs Scludxrrl in seiner Gej^en wart den Jahre^htiiclil erstaltet
hat und daliei mit dem katholischen Lehrerverein nicht säuber-
lich verfahren ist Mau sieht, wohin auch in Bayern der Kurs
geht. Nattirlidi ist die klerikale Presse vor Freude aus dem
Häuschen. Im übrigen hat die VersammUing, die in den Tagen
vom 4. 7. Au;^u<t in München stattfand und von 54f>o Kest-
gäslen besucht war, einen würdigen \*erlauf genommen. In der
1 )ckgieilenversannnlung wurde u.a. beschlossen, dals Mitglieder
ohne weiteres ihre Mitgliedschaft verlieren, wenn sie einem Ver-
due beitreten, der gegen die Grundsätze und Ziele des bayrischen
Lehrer\*ereins wirkt. Einstimmig wurde der Antrag abgelehnt,
clafs alle Lehrerrelikten, gleichviel ob der Vater Mitglied des bayr.
T,ehrervereius war oder nicht, glciclu- T'nterstüt/.ungen aus dem
Lehrer- Wnisenstift erlmlten, ebenso der weitere Aiitrau:. dafs in
der Redaktion der I,ehrer/.eitung ein Wechsel ein/.uLreten habe,
da der Schriftleiter das Organ nicht harm- und farblos genug
leite. Dem Redakteur Kraft wurde im Anschhu?. daran eine
grofsartige Ovation bereitet. Ebenso wurden auch die Verdienste
Schuberts durch Überreichung einer wertvollen goldenen Uhr
nebst Kette gewürdigt; seine einstimmige Wiederwahl entfachte
einen seltenen l^eifallssturm. Die erste Hauptversammlung wurde
durch den Kultusminister begnlfst. Möge . so schlofs der
Mini-.ler •-eine Ansprache, der bayerische Lehrerstand stets die
destruktiven Tendenzen, die sich auch bei ihm einzunisten suchen,
energisch zurückweisen, möge er nie vergessen, dafs die Schule
nicht seinetwillen, sondern er der Schule wegen da ist möge er
stets eingedenk sein der hohen und heiligen Pflichten, die ihm
inbezug auf die religiös-sittliche ICr/.iehung unserer Kinder ob»
liegen . Reichstagsabgeordneter Weils- Nürnberg hielt einen \'or-
trag über dn^ Thenia: Schule und Lehrer inmitten der ve>lks-
wirtschaftlu 1k u Jku egung der (icgenwart . In <lei /.weiten
] Luiplver.samndung kam das Thema: ( »esichtspunkle /,ur Aus-
gestaltung der Volksschule nach den Forderungen der Pädagogik
und den Bedürfnissen des Lebens» zur Verhandlung, das Ober-
lehrer Gärtner-München mit Rücksicht auf städtische, Loch-
brunner-Moosburg mit Rücksicht auf ländliche Verhältnisse be-
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Roodtchau. ^_^y
handelt».-. Hie Wihaiullunj^en y.euj^len von einem seltenen ei'n-
fnüti>;«-n rteistc. der die 1>a\risvlu I.chrrrschaft erfüllt. Möge
dieser (leist nie ;uis ihren Reihen weichen!
Oleich/eitii; mit der r ;. HanptvcrsannnUm}; dt^ li.iyrischen
Lehrerx ereins ta^^le in München auch der III. Internationale
Kongrefs für Psychologie«^. Männer der Wissenschaft aus
ganz Europa waren zusammengekommen, um über psychologische
Themata zn sprechen. Professor Sommer in (riefseu führte
einen von ihm konstruierten Apparat für Gedankenlesen, einen
soj^enannten Ps\ choj^rn]>hen, vor tiiid erklärte ihn. Der Redner
jrin^^ davon aus. dafs das l.etlaukeule^en auf <ler \Vahrnelimun>;
der Ausdrucks))evve>jungen beruht. L'tdjewufst machen die
Hände des Menschen eine Menge von Bewegungen, <lie der Gc-
hirnthätigkeit entsprechen und diese zum Ausdruck bringen.
Diese Ausdrucksbewegungen sichtbar und mefsbar zu machen,
sei Aufgatie der exakten Wissenschaft Die .\nalyse tlieser Be-
wegunt^en ergieht. dafs sie nach drei Richtungen hin. mit Be-
zug all! Druck, Stöfs und seitliche Schwanknn^^. i^elien. Darauf
fufseiul hat Professor Sommer einen Apparat k( uislniierl, In-i
dem die Hand auf einer frei sch\\el>endeu Schale liegt und alle
Bewegungen dieser Hand auf einer rotierenden Trommel in
graphischer Darstellung wiedergegeben werden. Hat der Betreffende
sich z. H. eine Zahl gemerkt, so wird in dem Augenblicke« da
diese Zahl genannt wird, die Hand eine stärkere unbewufste
Be\vei::nn<j; machen, die in der graphischen Darstellung als starke
Abweichung der Kurve anllt iU. IVnfessor Sommer erörterte dies
an einer Reihe von Heispieleu und legte l'.l iUer mit dei.irtigen
Kurven vor. Der Anfang eines experiinenlellen i^lmluims des Ge-
dankenlesens ist damit gemacht Dr. Hermann Ebbinghaus
(Breslau) sprach über eine Methode zur Prüfung geistiger Fähig-
keiten und ihre Anwenclung bei Schulkindern. Im Auschlufs an
die vom Hreslaner Magistrat angeregte t 'ntersuchung über die
Wirkung frtrti^e^etzter Unterrichtsstunden auf die Aitfnahnu ffihig-
keil der Selnilei I iihrte er aus. dafs man erst eine richtige Melhutie
halle >ucheii mü^^en. Weder die Anwendung der Rechnungsprobe,
noch der Gedächtnisprobe erweise sich als geeignet. Am besten
könne man die geistige Fähigkeit und Leistungsfähigkeit durch
eine Kombi nationsprobc prüfen, indem man den Schulern ein
ihrem Auffassungsvermögen angepafstes Lesestück \orlegc, in
Avelchem Worte und Silben fehlen, die der Schüler ergän/eii
müsse. I'rofessor W. Preyer in Wiesbaden sprach über Indivi-
dnalitäl der Ilandst hrifl , Der Redner eriäulerte denselben durch
zalilreiche Schriilpruben, <lie vielleicht einzig in ihrer Art sind.
Um nämlich zu ermitteln, ob durch mangelhafte Beherrschung
der Hand und des Armes die Handschrift in Bezug auf die
allein psjxhologisch (charakterologisch) tn Betracht kommenden
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Merkmale, nlso in ihrem Wesen verätidcrt winl, \ ort; lieh der
Vnrtva^eiule die Huchstahen der vom Scluvibkamiil lielallenen
mil den von denselben Individuen nach der Heilung hergestellten
Schriftzeichen. Die Proben .stammeti aus der Sammlung tles l>e-
kannten SpeKialisten Julius Wolff (früher in Prankfurt, jetxt in
Wiesbaden) und wurden einschrieben, ohne dafs die Patienten
wufsten, um was es sich handelt. Alle l)eweisen, so ataktisch
und /.ilternd auch vor der Kur die I laiidhewegungen waren. Ms
schliefslich das Schreiben überhaujU iiniii'iglich wunle, d if^ doch
l>is /iilt-tzt <1ie indix-idnelleii Cliai aklei ei L^eiischaften i>esondcis in
den honnen tlci Ilucll^labc•n und im Xamens/.iig vollkommen
deutlich erkennbar bleilKn. Da nun die Wolffsche Behandhnigs-
methode — eine Kombination von Massage und Gymnastik —
zur Ivrzielunf^ vollständiger Wiederholung; der natürlichen Hantl-
schrift meistens nur einige Woclien erfordert, so schliefst Prof.
Preyer. dafs die v^törungen im Ablauf der Schreibbewegntig
während des Schreil»krampfes nicht vom (Uliirn ausgehen, son-
dern peripherisch sind. ICin Trost für die vielen mit dieser
deprimierenden Bcschüftigiingsneurosc Ikhafteten und eine neue
Stütze für wissenschaftliche Gi iplutlogie, der zufolge das
Charakteristische jeder Handschrift nicht von der Hand, sondern
vom Gehirn herrührt
Ca im! Da ist er! An die Laterne mit ihml \'on Zeit
zu Zeit kann es sich die K r e u z /, e i t u n g , des verflosset»en
Hammerslein Organ, nicht verkneifen, sich an den nioderneu
Lehrern* zu leibLii. So schrieb sie kürzlich wieder:
Iv.s ist eine st-hr elcnicul.iic Wahl lieit, die wir hier au.ssprev lKii,
wenn wir auf die schöne, dienende Stelhuig der Schule gegenüber
den drei Lebenskreisen der Familie, des Staates und der Kirche hin-
weisen; aber es mag doch heilsam sein, dies zu betonen. Die moderne
Lehrerschaft will das ja nicht anerkennen, sie fordert die SMlung
von iintniltellunvTi vStnal^'liencrn und will von einer engern n^ /irlning
zur l amilie und Kirche ni("!jts wissen. \ Ollijj frei, völlig selbsliindig
soll der Lehrer sein, herr.sehend, nicht dienend nach dem lleispiel
unsers Heilands. Zum Dienen sind alle Christen berufen ; möchten
alle den ihnen verordneten Dienst nur treulich ausrichten
Diese Ausführungen legen der 9niodemeii<> I.,ehrerschaft
Absichten unter, die nur in der Phantasie jener Zeitung existieren.
Die Auslassungen zu widerlegen, wird uns niemand zumuten:
es genüut, sie niedriger zu hängen.
In manchen Kreiden sieht man eben auf alle ICrrungen-
schafteu der Lehrerwelt mit scheelen Augen. Kaum haben die
Lehrer die Berechtigung des einjährig - freiwilligen
Dienstes erlangt, da nörgelt man auch daran herum. Weil
bis jetzt wenige von dieser Berechtigung Gebranch gemacht
haben, meint sogar die ^ Kölnische Zeitung .;cs wäre daraus
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UundacbAU.
549
Wühl der Schlufs zu zic Iicti. (]nfs dns Ikdürfnis nicht so hremieiid
war, wie es in den 1 a IncrkitiMcn ijeschihkit \\uitK . Die
Picuf.s. I.chrtr/.tg. fühil das Wcltblatt sehr i^ul al>. iudciii Nie
schreibt: Zunächst wollen wir dazu l>etnerken, dafs, ganz al)>;L-
seheii davon, ob die Lehrerschaft von der verliehenen Berech-
ti>;iinR eruiebigeii Oehrauch iiiaclit oder nicht, mit dieser \\r
leihuii- der I.ehrerscliaft einfach das geworden ist, was sie auf
(»riniil iluxr liilduu}^ /n \rr!anj;eii berechtigt war. Die hVaj^e
Htm, \\i..\\eil die Lehrerschalt diese Gerecht i.miiiL; l>tnut/.en will
re-sj*. kann. häni;t im wesentlichen von der niaUricllen L.aj^e der
Lehrer ab. Und von diesem (icsichtspunkt aus betrachtet,
wundert es uns gar nicht, dafs die jungen Lehrer sich vorläufig
noch scheuen, sich in grofse Unkosten zu stürzen, zumal da sie
bis it^cK) noch den billigem Weg des lo wöchigen Dienstes
offen haben. Die (leneration. welche heute ins Amt tritt, hat
bei Ivrgreifiiiii^ der T.(lirerlanf1)nhn nicht mit den Kosten ge-
rechnet. (Ül der freiwillige Dit.n>t \erursacht. Dies wird ;iun,
nachdem die I'ercditigung verliehen ist, allmählich mit in Be-
rechnung gezogen werden, vorausgesetzt, dafs die Gehaltsver-
hältnisse der Lehrer sich immer mehr denjenigen der Beamten
u^heni, welche mit ihnen gleiche Bildung haben. Wir halten es
für recht naiv, jetzt schon fiber Nacht eine Wirkung von der
verliehenen Berechtigung zu erwarten.
'Was Dent^rliland auf dem Gebiete des l'nterrichtswesens
säet, das ernun die andern Kulturvölker!* An diesen Satz
wurden wir wiederum erinnert, al^ wir die ßestimmungen
des neuen norwegischen Schulgesetzes lasen. Wie un-
endlich viel ist bei uns über die Reform der höheren Schulen
geschrieben worden und was haben wir erreicht ! ? Und nuti
heifst CS in dem Schulgesetze unserer norwegischen Stannnes-
brndci klipp und klar: Die klassischen Spracheti mit Kiuschlufs
des I.au iii sind vom T^ntenichl in den Mittelschulen, also auch
der Cynamsien. ausgeschlossen, der König kann indes mit (jc-
nehmigung des Storthings bestimmen, dafs bis auf weiteres in
einzelnen Gymnasien ausnahmsweise in Latein unterrichtet
werde«. »An welchen Fächern oder Teilen von Fächern die
Schiller, welche Latein * lesen . nicht teilnehmen sollen, wird
durch Reglement festgesetzt* . Die Mitteilung, dafs solche Ab-
weichungen erlaubt worden sind, wird dem Stortliiiiu gleich-
zeitig mit der Budgetvorlage für die liöhnn Scluilcn zugehen <.
Ob nändich die mögliche Ausnahme zur Wirklichkeit wird, hängt
davon ab, ob das Storthing dafür jedes Jahr das nötige Geld
bewilligt »Die klassischen Sprachen dürfen in Zukunft den
Platz, den .sie bisher im Organismus des Unterrichts hatten«
nicht beibehalten. Sie gehören zum 1 'ach Studium , nicht zur
allgemeinen Bildung, gehören also auf die Universität, nicht auf
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(|^0 J»hiiniiM U9j*t
die Mittelscluilen. Der WtsucIi. die nltcn S^irnohcn in ihrer
lMslK-n5.r( n Stc'llmi'jf Uclns<c!i, knini :ds konltat nnr i inen
\'crlusl J4ci^li.i4ci Kräfte lierbeiliiiireii, oliiie dafs ein cmi)4erinaisen
wertvolles Ziel erreicht wird. Und selbst wenn dies i;esch:dK'.
wenn man wirklich znr Belierrschiin.i; der Sprachen <;elan«;te,
- was ja t)ekannterma(sen nicht gcHcliieht; nur ein j^ansc un-
bedeutender Anfang wird darin j^eiuacht. so wurde dies
Resultat in keinem vernünftigen Verhältnis xuden angewandten
Anstrenj^nnj^en stehen, indem es nnr zu erreichen wäre durch
Aufircben dessen, was weit .i;röl"sere l^« dculnntr tiir das Lehen
<kr ( K-.a'invart hat . Das unj;efähr ist der sachliche Inhalt der
Begründung, der auch bei uns eine Reihe hochgebildeter, er-
fahrener und ernster Männer beistininien. Die Stützen, welche
die alten Sprachen noch aufrecht halten, sind so morsch ge-
worden, dafs sie über Nacht stnr/.en können. Die giofsen Kultur-
völker werden ül)er kurz oder lang dem kleinen Volke im
Norden naclitnl<^en müssen.
\'iel Aulsehen hat in diesen W'nrhen di r F a 1 1* Lan s^er-
mann gemacht. ICs wird den meisten unserer I.eser bekannt
sein, dafs Herr Langermann in Bannen seinen Schuldienst auf-
geben wollte, um eine ihm angetragene Stellung als Redakteur
der «Kieler Neuesten Nachrichten« und als Agitator des von
Hl rrn Prof. Lehmann -Hohenberg gegründeten »Deutschen \'olks-
buntles zu übimrhmen. Mit begeisterten Worten pries er in
einem Offenen Hriete die Hestrelmn'ji n des Herrn l'roft ssors :
er würde nicht allein den Lehrerstaiul. neiTi. das gnn/< dmtsrhc
\'olk erlösen, es der sozialen Gesundheit, der Freiheit, dein Glücke
eutgegenführen ! Nicht lange hat diese Begeisterung gedauert
Schon bald darauf brachte die »Päd. Ztg. die lakonische Notiz,
Langcrniaun habe schliefslich die Stellung abgelehnt, weil ihm
das gegebene Wort n icht gehalten worden sei. Herr Prof.
Lehmann wies diese Angabc zurück und erklärte: eine ICinigung
wurde nicht trzicH. weil Herr Langermann sehr hohe Forde-
rungen stellte und die Sicherheit seiner jetzigen Stellung nnr
gegen eine Bürgschall aulgeben wollte, die überhaupt nicht
beschafft werden konnte. Zudem mafs Herr I«augermann
setner Mitwirkung eine Bedeutung zu, die weit über das
hinausging, was als wahrscheinlich gelten konnte.«^
Nun veröffentlichte Herr Langermann in einem über lo Spalten
latigen Artikel in der Päd. Ztg. seinen ganzen Briefwechsel mit
Herrn rmfrssor Lehmann. Da die JCrwideiuiiL; des k-tzteren bis
zur Stuntle noch aussteht, so enthalten wir un.-» billigcrweise vor-
läufig jedes Urteil.s. Nur für die Stimmung, in welcher Kollege
Langerniann .sich jetzt Ix^findet, mögen die folgenden Äufserungen
zeugen. »Welche Beurteilung - so heifst es in einem Briefe —
würden Sie (falls die Verhandlungen scheiterten) vor deröffent-
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licliktit erfahren? Würde man nicht sagen: \Vn!4 dürfen wir
für tl i (.■ Kt'j'^t'K«-' lU'freiuiij; unseres X'olkes v<ni einem
Manne erwarten, der seihst mit den Männern n i ( Ii t
a ti s /. u ko m m e n vermoelite. die er seiher als l>esi>ii<U i s
hefälii};t he/. eiclinet li.iUe? Krst mulsle von JCj;idy laulen,
diinii Langeniiann, dann Schwaner (Bekanntlich haben auch
V. KKitly nn<l der frühere I^ehrcr Schwaner, letzlerer bis dahin
Kedaktenr der Kieler Neuesten Nachrichten , sieh von Prof.
Lehmann i^atrennt). In einem anderen Hriele sehrieh er noch
schärfer: Sie /wint^en mich, . . . vor der ( )ftentlichkeit meinen
Rücktritt zu rechltertiKen, um so der un<terhliehrn lliainaj^e,
welche uirhride als moderne \'ol k ^l»e^l ück er unsaus-
j;elieferl hahen würden, für meine Person so klein zu
machen wie niö.i;lich.< Und an einer Stelle der Auseinander-
set^.ung selber heifst es: «AUcrdinj^s kenne ich jet/.t die Freiheit
im sozial -ethischen Ztikunftsstaate des Herrn Prof. I^ehmann-
Hohenheri(. Aber das will ich offen einj^estehen : Tausendmal
lieher in der i^ej^en wärti.i;en Sklaverei als in seiner h'rei-
luit So i<i Herr Lanuermann zu Herrn Prof. I.clnnann ge-
kommen un<i wie<ler von ihm gekommen, l'iul welche ernste
Lehren ir\t:hi uns dieser Fall ? Ks ist ja ein schönes Zeugnis für
den idealen Sinn der deutschen Lehrerschaft, dafs sie sicli leicht
für Bestrebungen, die dem Wohle des Volkes dienen wollen. Ije-
gcistert. Angesichts unserer 'modernen Volksl)e,i;lücker a!)er,
die wie Slernschnujipen kommen und verschwinden, thäten wir
doch hesser, wenn wir uns ihnen kühler gegenüberstellten, wie
es überhaupt wünschenswert wäre, wenn wir. wie die X. W'esltl.
Lehr/.tg. nut Recht sagt, all den vielfachen Anerbieten, den
mannigfachen Lockrufen aus anderem Kreisen, ni«>gen sie nun
mehr materielle «xier mehr geistige Interessen verfolgen, mit etwas
mehr kOhleni Mifstrauen, mit etwas mehr kluger Rcserviertheit
begegneten. <• Wenn nur die liebe Kitelkeit nicht wäre!
Und nun haben wir noch eine Ivhrenpflicht zu erfüllen,
dir ui)> schon lange schwer ;nif di-m Herzen gelegen hat. I'n-
eriiuKllii'h in <Un He-tiii uingvi». I'eslalozzi in der Lehrersch.Ut
imuKi Icheudigci wxkIcu zu Ixsseu und alles, w;ls die Geschichte
des grofsen Pädagogen betrifft, zusammenzutragen und zu sichten,
hat L. W. Sey ffarth in diesem Jahre die > P e s t a 1 o z z i - S t u d i e n ^ ,
eine Monatsschrift für Pestalozzi-Forschung etc., begründet. Die
gesamte pädagogische Presse hat, wie die Prenfs. Lehrerztg.«
schn iht, diese neue luscheinung auf dem (gebiete der Pädagogik
mit I rcuden i^ci^rfif'-l. Um aber <1n^ P>rstehen der Pestnln/zi-
Studicn ganz zu Niciiein, ist es notwcuilig, dafs die Uehrci kreise
unsern Seyflarlh noch werkthäliger als bisher unterstützen,
Seyffarth hat seinen Forschungen schon grofse Opfer gebracht
und wird sie weiter bringen; aber des Besten Kraft niufs er-
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JokADDr» >loyer,
lahiiR'i), wenn sie nicht in Acr T.t'lircTschaft tliatkn'ifti>;c l'iiter-
stül/uiiK fiiitlct. Die IVstalu/./i- Hliillcr kosten vierteljährlich nnr
60 Pf. Ks wäre für jeden der mehr als 2000 Zweig vereine des
Deutsclieit Lehrcrvereius eine Kleinigkeit, wenn er wenij^stcns
auf t Kxeniplar der > Studien abonnierte. Sie sind eine Fund-
^rxihv für j ' i Pädagogen und Ijesonders auch j;ceiK"<-'t, in die
Arbeiten der Lehrer\ ereiiu tu '.u- Momente liinein/utra.m.n nnd
sie so xn frischem Lel)en nnd SUxhen an/rnre^en. Wir hallen
es für ciiK Ivhrenpflicht der dt nL>chen Lehrerschaft, im Jnbel-
jähr ihres Altmeisters dnrch l'nlerstüt^ung de.s selbstlosen Unter-
nehmens Seyffahrts zu beweisen, dafs sie ihren Pestalozzi, auch
im Herzen tragt
Schlicislich mögen uns die geehrten Leser noch ein kurzes
Wort in eigener Sache K<-slatleH. In der bekainiten Streit-
frage i'^t nnn gegen die X. R nnch Herr A. Chr. Jessen
anfgetrekii, der Redaktem' der ^Dentsch nsttrn Lehrer/tg. .
einer /it inlich indH'kannteii und nnbedeuteiuU m Zeilschrift. ')
Zur vSache bringt er nichts Xeue.s. "eine Iklähigiing /um
Richter in dieser Angelegenheit bekundet er aufs glänzendste
dadurch, dafs er für die unqualifizierbare Kampfesweise des
Herrn Jordan kein Wort iles Tadels findet, dagegen meine I\nt-
gegnung, die er in keinem Punkte widerlegt, eine Sclimähschrift
nennt. Dafs Ikri Jessen seinen Oesinnungsgenossen niclit fallen
lassen will, nehme uh ihm gar nicht übel: aber dann hatte er
zu sdiweigen. So schlägt er der Wahrheit offen ins (ie>i<.!!l,
und seine Ausführungen charakterisieren .sich als eine der wider-
lichen Blüten, wie sie so leicht auf dem sumpfigen Ikxlen des
Cliquenwesens aufschiefsen. Wie sehr man übrigens fürchtet,
dafs die österreichische Lehrervveit durch unsere Abwehr die
Wahrheit erfährt, geht daraus hervor, dafs die Deutsch-Ö.sterr.
Lehrer/lg.' ein Inserat, das auf den Sonderabdruck unseres
.A.ngnsl Artikels anfnierksani miiclite. /nrückgewiesen hat. .Sjx.iKt
seiner .seihst und weiis nicht wie! Und solche Leute spielen
sich als Richter über andere auf!
b Wer diese Charakterisierung /.« schroK finden .sollu-, möge
bedenken, daf.s Jefwen den »N. B.^ dieselben Worte gewi<lniet hat.
Mit der Deutsch ! )sterr. I.ehrer/tg. aber kann unsere Zeitschrift
ruhig <len W ri^di icli ruishalten : die N. H. sind in I)«. \its( hl.iml
mindestens tbcu.^u lakannt wie <lie Ueulsih OsUrr. I, ehrer/lg. in
Österreieh. und auch in ihrer Be K utuni; stehen sie siclu rlicli <licscr
Zellschrift nicht nnch. I'ntspreclu n <iu W'nit^ al^ ' hinsichtlich tlcr
N. Ii. der Walirljcit. .so auch hinsichtlich tlcr DeutscJi österr.
I^elirer/tg.'
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Neuere Aufsätze aus dex^
Fachpresse.
\'on C. Ziegler in Kicheti bei Hanau.
I.
Die pädagogische Presse setzte auch in dein verflossenen Jahre
jsielbewufst uiul rubi^ ihre Arbeit fort. Wie im \'oijalirc, so wollen
auch diesmal die Abhandlungen aus dem f tobietc der alliremeinen
Piidaijro'jfik sirh entweder mit den l'ordeninL^'^en des l.iluMis aus-
einaiiderset/A n. tuK i die ]>ad.iL;i 'uiscbe Tbi oiir luul Praxis ]is>"ebo-
lügiscli vertiefen. Xaturgemäis al>er iiber\vic};en heuer die Arbeiten
der ersten Gruppe, hat doch der deutsche Iyehrer\'erein durch sein
Thema: ^Umgestaltung der Bildungsziele nach den Forde-
rungen der Oegenwart«^ den sozialen Gesichtspunkt indenVorder-
i^nind gerückt. Da die X. 11. über das Thema eine umfassende Ab*
bandlunj^ «rehrarht haben und die \'erbaii(l!unL;i ti durch die Annahme
der Tewsschen Thesen in Hamburg voi Ifuifii; /.nni Alischlnfs gekotrinten
sind, si lu II rvir hier von einer Herichlei.sUilliniL; iiber die zahlieii. lieu
Artikel /u ihm um sü eher ab, als diese das Thema so verschieden-
artig auffassen und anfassen, daCs ein Bericht darüber zu einer Ab-
handlung auswachscn niüfste.
Zwei spezielle Forderungen, die mit Berufung auf das Leben
häufig an die Schule gestellt werden, beleuchtet R. Köhler in seinen
AbhandUin<^(Ti • f'btr anfechtbare und u n a n fech t ba r i l"f)r-
derunjjen ati die- Schule (h'rankf. Schul/tg. i- ;>) und Kosmo-
j)olilismus und \'at crl a n d sl i ebe in ihrem \'erliältnisse zu
einander und zur Ivr/.iehuui^ (Ivbenda 20 24). Wenn behauptet
wird, führt er aus, dafs gerade jetzt die Ansprüche des praktischen
Lebens mehr als früher durch die Schule berücksichtigt werden
müfsten, so hat diese bOrdeniUir nur dann Berechtig^ung, wenn sie
darauf au.sgeht, den Unterricht von aller Pedanterie und von nnniU/cm
Wissenskram zu befreien; will sie die Hedürfnis.se des ])iaklisclien
Lebens den idealen Interes.sen der Menschheit gegenüber in den
Vordergrund stellen, so bezeichnet sie einen verhängnisvollen
Irrtnni. Wer im Kmste bestreitet, dafs der Sinn der Jugend nach-
drücklich auf die hohem Güter der Menschheit zu lenken ist, der
Heu BahMB (ItdAgocl«») 36
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554
verkennt das zwar lirfer licjcende, aher wirkliche Bedürfnis unserer
Zeit, die weit mehr auf das Äufserlichc und Materielle gerichlct ist,
als uns lieb sein kann. Ähnlich verhält es sich mit der Fordeninsf
einer stärkeren Betonung der Vaterlandsliebe. Niemand kann leugnen,
dafs die Erweckung der Vaterlandsliebe eine unserer wichtigsten Auf-
gaben ist, aber eben darum ist es angfebracht, vor der ('»efalir /.u
warnen, in »lie der Patriotismus leii lil verfällt, znmnl. wetin der (»e-
sclnehlsuntt rriclil der Iiaui)tsache nach auf eine \ erherriiciuinji; ikr
VV'aftetillialen hinausläuft und in diesen die IMüte des Kulturlebens
erblickt. — Kine andere Zeitforderun^; greift Dr. Kalthoff heraus in
setner Arbeit: »Volkswirtschaftslehre und Volkscrzichung<
(Padag. 8). Ihm ist die Forderung eines volkswirtschaftlichen
Ivlenientaninterrichts eine notwendij^e Konsequenz des modernen I'nter-
rielitsprinzips. Der Mensch, der heute moderti. d. h. jiesetzmäisig
denken will, niufs /.um wenigsten das Wesen eines ökonomischen ( Ge-
setzes l)e.L;riffen haben. I)ie (.eset/e, welche »mscre ökunnmische
ICxistenz bedingen, liegen uns näher als tlic Gesetze, nach denen die
Weltenkorper sich bewegen, sie treten auch früher in Geltung als die
sittlichen Gesetze, weil der Mensch erst ein materielles Dasein be-
sitzen niufs, ehe er sittliche Punktionen ausführen kaun. Deshalb
heifst es das Nächstliegende vor dem I-erneren übersehen, wenn wir
Naturgesetze lehren und nu)ralische (iesetze piedigen. aber die lie-
setzc des r)kiMn>nii.sclK ii Lebens nnbernrksichtigl lassen. Ks stecken
auch in den UulcrrichLsst<>ffeu su ljcdeuLs;une okoiuunische Üegriffe,
dals der, der mit der entwickelnden Methode Krnst macht, gar nicht
daran vorbeikommen kann. Die Schwierigkeiten, die in der Natur
der Sache liegen, wiegen nicht schwer genug, die Möglichkeit dieses
Unterrichts ztt verneinen, lü darf nur nichts anderes wollen, als eben
die elementaren ökonomischen Vorgänge und Hegriffe dem Verständ-
nis erschlielsen. .\uf eine sehr ernste hrage des Lebens lenkt W.
Bartholomäus die Auimerksamkeit : Was kann die Schule
und insonderheit der Lehrer im Kampfe gegen den Mifs-
brauch geistiger Getränke wirken?^ (Päd. Bt. V.). Kr will den
Schüler dahin gebracht sehen, aus eigenster innerster Übenteugung
heraus das Sittliche zu wollen und durchzuführen, sein eigenes Fleisch
zu kreuzigen, den Reizungen und Lockungen der Welt zu wider-
stehen, soweit das in menschlicher Macht liegt, '/.w dem gleichen
Resultate kotnuit Herforth il.tlntr/.. f. U. u. W. 47. 4S). X'ielleicht
ist es den« IJcrichterslatter gelei;enllieh ver«rönnt, die einzig Krfolg
in Aussicht stellende .Vutwort au.sführiieh zu begründen : Grund.saiz-
liche Enthaltsamkeit lehren und üben!
Die Pädagogik nimmt aber nicht nur Forderungen des Lebens
entgegen, sie stellt auch ihrerseits solche an das Leben. Eine wich-
tige borderung die.ser Art erhebt Jobs. Tews in seinem Auf.satz;
^K i n derarbeit (1). Jil. f. e. V. 52), Wir l>ranchen staatliilie Vor-
i>chniteu, sagt er dort, welche die KrziehungspfJicbteu der Kltem
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y«a«rv Anfrftti« MM der Pftekprms«.
555
ebenso bcstininit fcstb p-fti. wie die I^ildiinifspflicht jresetzlich festge-
stellt ist. Damit alh in ist es aber nicht K<^ t,linn ; in vielen l'*ällen zwingt
tlie N\»t dazu, die Kinder zur Ivrwerbsarhcit heran/aizichen. Jvin Staat,
der es ernst nieiut mit der Beseitigung der Kinderarbeit, miils auch
stark genug sein, die Konsequenzen auf sich zu nehmen und dem
schwer ringenden Familienvater die Mög^Hchkeit bieten, «seinem Kinde
da» Brot zu beschaffen, ohne es zur Mitarbeit heranziehen zu mössen.
Kinen .andern Wetr. die Kinderausbeutung überflüssig zu machen,
girbt es nicht. Die I.ösnng der .\nf;.^;ilK isl nicht leicht, aber nicht
unmöglicli. l^tiser Volk bat kein höheres (iut als seiiu- J iij^-end. Wenn
diese zu einem l)edeulcndeii Teile unter \ erliältni.s.sen auiwäch.st, die
eine volle I'iutfaltung ihrer Kräfte unmöglich machen, so ist das
Vateriand in Ciefahr; Jugendschutz ist Schutz des Vaterlandes.
Fas.sen wir die Arbeiten der zweiten Gruppe ins Aup^e, so ist zu-
erst die wertwlle Abhandlung über *nie Aufmerksamkeit^ (vSchule
11. I. eilen I— .x) voji \V. bick zu erwfdinen. Ivr definiert die .\ufnierk-
SMtTikeit als die Kon/entration (]vs Bewufstseins auf einen kleinen
Kn is \ (in \'f>rstelhingen. dir d ulnrvh in hellerer lielem litung er-
scheinl. Nacii dem Grunde ihres i .tilstehcus ist sie entweder willkür-
lich oder unwiltküilich. In letzterem Falle beruht sie entweder auf
der Starke und Neuheit des sinnlichen Kindrucks — primitive A. —
oder auf der ApperKeption. Die willkürliche Aufmerksamkeit steht
unter der Herrschaft des Willens. Sie zeigt sich, nach aufsen ge-
riclttct darin, dafs sie die .^-Sinnesorgane in eine der .Vttffassiinu des
Wahrnehnmngsobiekles ^linisliL;^ I.aui. bringt uiul die ^eiigncten
Aiiperzeplionsma.ssen sammtll. nach innen geriehlcl darin, ilals sie
eine bestimmte Vorstellung oder \ orstellungsgruppe im üewufstsein
festhält, und zwar, indem sie fremde, nicht zur Sache gehörende Vor*
.Stellungen abwehrt und die Reproduktion so lenkt» dab der im Be>
wufstscin stehenden Vorstellungsmasse die notigen apperzipierenden
Hilfen zugeführt werden. Die Aufmerksamkeit hat eine grundlegende
Hedtiittnit:- für unser gesnnitcs (reisUslclieii. Sic ist <lic stibjektivc
Bedingung i\\v ilic Kl uluil und 1 »eutliohkL it uiiSLier \'orsttllnn;::en.
Sie ermögliciiL die J.nlstehnng starker. umfa.s,sendcr und gegliederter
VorstellungsmaHsen. aus denen das Begehreu und Wollen sich ent-
wickelt. Durch das wiltkärliche Aufmerken wird der Wille geübt und
gekräftigt. Aus der Bedeutung der Aufmerksamkeit für unser Geistes-
leben überhaupt ergiebt sich unmittelbar ihre Bedeutung für den
Unterricht. Sie ist die (irundvorau.ssetznng alles Lernens Daraus er-
wächst dem Priflnirogeii eine doppelte \ufgabe: er mufs sich über
die I^edinutin-r!i khirheil vetx liatii n. unter denen die Aufmerk.sam-
keil entsteht; er mufs die MiLlcl kennen lernen, durch die er die
Aufmerksamkeit der Schüler zu wedcen* zu leiten und zu erhalten
vermag. Um die Aufmerksamkeit im allgemeinen zu wecken und zu
erhalten, ist nötig, dafs der Kehrer die Kinder zu regieren versteht;
dafs äufsere Störungen femgehalten werden; dafs die Anschauungs-
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55^
itiittL-ln so In scbnfftMi sind, (i.us sie nicht /.crstrcucnd wirken; dafs
die vScliider nicht übcrniiuk't werden ; dul.s die Schüler zur SeUnst-
thätigkeit angeregt werden. Hierbei kotiimt besonders die diätoj^i^che
Lehrfomi in Betracht Zur Krregunpf und Erhaltung der primitiven
Aufmerksamkeit ist von HedeutunR : »lafs idles, was dem Schiller /nr
sinnlichen Auffa&sung dargeboten wird, so beschaffen sei. daf,s starke
Rei/e von ihm aitsirehen : dafs lA'hrer und Schüler lani tnnl «leullich
sprechen; dafs AnschauuiiiismiUel in reichem Mafse V»ciiul/.t werden ;
dafs in der l-'orni tks l nlcnichts Abwechslung stalllni<le. Ans der
Lehre von der apperzipierenden Aufmcrki>amkeit ergeben sich für den
Unterricht folgende Weisungen : der I^ehrstoff ist so auszuwählen und
anzuordnen, dafs er vom Schüler apperxtpiert werden kann; alles,
was gelehrt wird, mnfs /n dem bereits Ikkannteii in Beziehung ge-
setzt werden ; jede Lehreinheit hat >nit einer \'orbereitung /u beginnen,
durch die das liewufstsein der Srbüter für die Aiifiiahiiie des Neuen,
das der Unterricht bieten soll. ciii|>langljch circin.n. lit w ii«!. Hie will-
kürliche Aufmerki»amkeit ist tür «len er/äehen<len l nterriclil von ge-
ringerer Bedeutung als die unwillkürliche, da sie meist auf einem
mittelbaren Interesse beruht. Sie ist grundsätzlich nur da in Dienst
zu nehmen, wo darauf gerechnet werden kann, dafs die unwillkür-
liche ihr entgegenkommt und sie verstärkt. Wo sie einem mittelbaren
Interesse entsprin'^t, ist sie nach Möglichkeit entbehrlich zu machen,
weil sie kein trit hkräftiges Wissen tT/cnL^l und auf die sitllicht* Mnt-
wickehmg des Scliülers von ii;u hleiligcui hiiiflufs ist. Auf zwei
wichtige Mittel, die Klarheil und Deutlichkeit der Vurstellungen u\
erhöhen, weist K. Zeilsig hin: »Formenkunde und bildliches
Darstellen als Prinzip und Fach* (P&d.Stud.4). Unsererohen
Vorstellungen von den Dingen sollen zu geläuterten Anschauungen
erhoben werden, da/u gehört vor allem die genaue Hinsicht in die
l'onnenverhällni.sse. Im Anscblnl< ;in den Sachunterricht, sowiit er
sicli auf ( '.eiienstände der Natur und Kunst bezieht, sin<l darum
iMjrmenbelrachtungen nötig und aus den konkreten Krscljcinungeti
folgende Sätze herauszuarbeiten: i. Oft sind zu gewissen Fonnen be-
stimmte Stoffe nötig, um mit den («egenständen den grofsten Ge-
brauchswert zu erzielen. 2. Die Form der Gegenstände hat meist
Rücksicht zu iKlnnen auf gewisse Naturgesetze. 3. Der Gebrauch, die
Aufgabe, bedingt die bonn mancher Dinge. 4. Die Form mancher
(iegenst.'inde ist vnni Schönlieitsgefühl althäni^ig. Die b'ortset/tm'Lr der
Formenkuiide isl das /.eu-luurische titul ]ilaslisi he DnrstcUen, es mufs
" ie jene von Anlang bis l'nde der Schulzeit ununterbrochen Anwcn-
cung finden und an der Gesamtarfaeit des Sachunterricbt^ Anteil
nehmen. Anschauen, Vorstellen und mündliches, schriftliches oder
bildliches Darstellen sind die Operationen bei Betrachtung von kon-
kreten Dingen. Das Anschauen selbst ist nur die kleinere Hälfte der
Arbeit, die weit schwerere ist die innere Ausgestalt\mg der X'orstellung,
eine Arbeit, die die l'ädagugik fuüt gar nicht beachtet, weder theo-
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Vtutrt AnMttf an« der PaehpreM«.
557
retisch iinU-rsuclit. noch in «Ki rrnxis /n fönUrn iKinühl i^l Anf
der Oherstnfi" situl dann bL-ulc. J i u im. iikuinU \ind hddlu lu s F>ar-
sttlk-n, /.um 1. teil zu ci heben. Anl ein anderes /ienilich unlieijanlcs
IVld führt uns vS chic j;cl in seiner Abhandlung: Die Ermitte-
lung der U nterrichtsergfebntsse* (D. Bl. i e. U. 25—28).
Schlegel resumtert: Die Knnittelungf der Unterrichtsergicbnissc ist
die pädajio-isi he Tliättgkett, weUdie be/weckt, die Wirkung^ festzu-
stellen, welche ilie anjjcwandlen Unterrichtsmittel hervurirtbracht
liabeti. !*s handelt sieh nicht um die Ivrzenirimir p^vchisrlu r ( iebilde,
soiidrrn um tlie iirttiilU hint;;' ihres Vorhandriisrins. iai der Ans-
führunj{ dieser Thätigkeit muis man sicli /.nnächsl darüber klar sein,
welche Wirkung man von dem Unterrichte er^'artet, also, wie der
Gedankenkreis des Schülers nach den Forderungen der Schule be-
schaffen sein soll, und zweitens mufs man die Mittel kennen, durch
welche man sich über die wirkliche (ieistesbeschaffenheit der Schüler
möfjlichst wahrheits^emäfse Auskunft /u verschaffen vcnnajr. Hin-
sichtlich des lel/.ten Punktes wiederum ist t s wichtig?, tlals e>. der
Prüfende verstellt, den Schüler zu den versclnedeii.sten Ciei.steslhalij^-
keilen zu \ cranlassen ; deshalb i.st der Versuch y;emacht worden, die
Üblichen Pröfungsfragen zu uppieren nach den Geistesthätigkeiten,
welche dieselben hervorrufen. Wenn man es nun auch mit der Er-
mittelung der rnterrichtsergcbuisse aufserst gewissenhaft nimmt, so
darf man doch nicht glauben, dafs uian alle Ivrfolj^e ermitteln könne;
es p^iebt eben auch hier unniefsbare und nnwt irbare (".rüfsen; es sei
nur erinnnl an die Wirkung, wiklit die l'er.scinlichkeit tJes Lehrers
auf das ( iemüt des Zöglinj;s ausübt, i )der, wie will nuui die Menge
der Gemütslagen, in welche der Unterricht den Schüler versetzte, er-
mitteln ! Und dieser Wechsel ist doch für das Werden der Persönlich-
keit von grofster Wichtigkeit Selbst in dem, was mefsbar und wäg-
bar ist, werden wir die Wahrheit niemals völlig erreichen ; es wird
.stets eine Differenz bleiben zwischen dem ennittelten und dem wirk
liehen Mrfolire. Dahin aber tnnfs unser üemühen gehen, diesen Unter-
schied iniuier kkiiur /u nulclKii. h'reilich darf man nicht zuiück-
öchrecken, wenn es einmal ungün.stige Resultate giebt; nicht darauf
mufs das Bestreben in erster Linie gerichtet sein, möglichst glänzende,
sondern möglichst wahre Resultate zu haben ; nur durch die Wa';rheit
hindurch führt der Weg zum Glänze. — Die Psychologie der Sinnes-
oi^ne behandelt \V. Lay in einer Arbeit Physiologische
Psychologie und Schulpraxis (1). Schulprax. 1S94 Nr. 43 —
1S95 Nr. 15). Kr stellt folgende Sät/t hrraus : t 1 ). r Lehrer mufs im-
stanch'sein, die angeborenen Kigen^cliatleii d. 1 ^inlUM rgane. nament-
lich des (»esichUi- und Gehörsinnes bei jedem .seiner Schüler mög-
lichst bald auf^ünden. 2. Kr mufs möglichst eingehend mit der
Anatomie und Ph3'siologie der Sinnesorgane vertraut sein. Darauf
hat der Seminarunterricht Rücksicht zn nehmen. 3. Er mufs jeden
Schüler nach der Eigentümlichkeit seiner Sinne behandeln und be-
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urteilen. 4. ]'.r iiinis stets vor Augen hahen, «l.ii.s <las Kintl seine An-
lajieJi unabänderlich äb«niehmen luufs. Uaf.s es für seine An»
laj^en nicht verantwortlich gemacht werden kann. — Auf die päda>
]ro^.sch sehr wichtifircn Abweichnnjreu von dem allgemeinen Typus
des Sensoriunis lenken Ufer (IX Bl. 21. 22) und Thienie d'rax. d.
Krz. 5. iu durch ihre Arbeiten ^Üher S i n n e s t y p e n . die Aufmerk-
samkeit. Sie besprechen (U n < tesirhtst\"iins, tu i welchem dir ( icsirhts-
vc»rste!hiii;jrii «) lebhaft im Hewuistseiii emporsteigen, tlais su in r,e-
dachtnis, l'hantasie und Urteil die \vichti>;ste Rulle spielen, vlen Ge-
hörst>-pn.s. hei dem die Gehprsvorateltun^^en diese Stelle einnehmen,
und den I)ewe^ngst>'pus, bei dem das Gleiche von Muskelempfin-
dtmgen gilt. Die Verarbeitung dieser Lehren führt mit Notwendigkeit
zu einer Revision der I,ehre von der Anschaulichkeit des Ihiterriclits.
Diese Abhandhmiren ffdiren bereits hinüber in das (iebiet der jjäda-
jjfo irischen rallii)li>L:ic, die noch nicht überall jiebührend jjewünbi^t
wml. .Mit Naeh<huek ucist darauf hin Dr. Spil/ner in einem
Artikel Zur I'*ruge der U nterri ch tshy gi en c-^ ( rankf. Schul-
ztg. A- 51 Ks ist durchaus nötig, dafs die deutsche Lehrerschaft die-
selbe als eine bedeutungsvolle Zeitfrage behandelt. Ks gilt die
Kraft einer selbständigen pädagogischen Wissenschaft auf dem
l'elde der Jugendhygiene zu erweisen, es gilt, den Ausbau der
eben.so von der llrfaliruntj, w\v \-on gründlichen psycholoijischen
und physioli'uisolun KcniUuissLn v;eli .igeneti pädagogischen l'atho-
lügie AU betreiben. Ivs wäre ein schwerer Irrtum, wenn man
diesen Zweig der Pädagt)gik als eine müfsige Spezialfrage, als
>klinische4 Pädagogik ohne allgemeine und praktische Bedeutung
ansehen wollte. Das ist sie nie und nimmer. Sie mu/s ein Bollwerk
gegen den medisinischen Andrang auf die vSchulpraxis und dic(vrund-
lage einer segensreichen pädagogischen Jugendhygiene werden. —
(iegen eine solche falsche l'ordernng wendet sich Leisner mit seiner
Arbeit Die geistige A n s t r e n u ii n u u n s e 1 ^ 1 S c h u 1 k i n d er
(Sachs. Sciml/lg. ib), nämlich gegen ilie i-orderung, die Lektionen
ans dnstQndigen in dreiviertelstündige umzuwandeln» weil die Kinder,
wie experimentell nachgewiesen, nicht länger aufmerksam sein können.
In der Praxis ist es mit der theoretischen Forderung, Kinder aollen
eine Stunde aufmerksam sein, gar nicht .so schlimm als es .scheinen
mag und als es nun gar zu vielfach gemacht wird. Die Anstrengung,
welche die Kinder dabei zu macluti halten, ist nicht so gewaltig,
der Verbrauch der Kräfte nicht .su i^\i>i>. als von aufserhalb des Kehr-
faches Stehenden angenommen wird. Während der Lehrer vorträgt,
erzählt, sind die Kinder aufnehmend (rcxeptiv) thätig, und das .strengt
sie zunächst nur wenig an; da wird vielmehr der («eist erhoben und
erleichtert, nicht ab^ niedergedruckt und beschwert Bei Demon-
strationen abstrakter und schwierij^erer Xatur sucht der Lehrer durch
;i11crleT ti •hnischc Kunstgriffe und .sonstit;e Mittel, dur« h Anschauungs-
gegenstäude, \ ergleichungen, lunkleidungen. durch allerlei erklären-
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559
(los und (las Intirtsse förclermlcs Beiwerk. <lurch Krzalil- und I*'fill-
stoff die Klippe einer imi s]>i kuiativen fU-dankenarheil seilen
der Kinder in \\ olntliiu tuler Weise zu umschiffen. Antworten kann
immer nur ein Kind aui einmal — in vielen Stunden kumnit jedes
regeltnätei^ nur ein- bis zweimal an die Reihe — und sofern die
Kinder vcranlafst sind, dem Gange des Unterrichts im ganzen nnr
teilnehmend zu folgen, ist das ein so sacligeniälses und wohlbcrech-
ti^es Verlangen, dafs von eiiier rberanstrenj^unjf und einem ver-
hältnismätsis^ zu weil}4,eh v i n Wrbrauch der Kräfte nicht sobald
j^eredet werd;Ji katm In Summa: In unsern Schnltn, die I.cbrer
haben, welche das Handwerk versteheJi und. wollen wir noch hinzu-
füi^en, die verständig geleitet werden, haben die Kinder keineswegs
derartig Plagen zu erdulden, dafs die Frage nach der natfirllchen
Dauer der Aufmerksamkeit als eine so brennende bezeichnet werden
dürfte, wie neuerdings mehrfoch gethan worden ist. — Die Kla«;ea
über die jjeistij^e Überanstrengung; haben vielfach eine X'ernach-
lässij^uni; und l'rterscluitzunjr der (iedüclitni.spflej^e zur b'olj^e j^ehabt.
die }•■ V. Sali \v ü r k 7. ti tu S c h u t z e d e i e d ä c Ii t n i s b i 1 d u n .i;
das \V»jrt ergreifen lälst (Rhein. Iii. i. 2). i>ie Anlegung und (iang-
barmachung der Vorstellungsbahnen gehört zu den wichtigsten Ob-
liegenheiten des Unterrichts. Das eigentümliche Gebiet dieser Bahnen,
das (icdächtni.s. ist ein Teil unseres JUeibes und I«ebens, der mit uns
wächst und mit uns sich verändert, nicht eine Tafel, die sich mit
diesem oder jenem Inhalt beschreiben lälst, der sich dann ebenso
leicht wie«lcr ausloschen läfst. Was dem (»edächtnis wirklich ange-
eignet ist. kann mit der Zcsl unter dem ICinllufs neu hinzutretender
Vorstellungen andere Gestalt annehmen, aber es ist uns nicht mög-
lieh, durch irgend einen Akt selbstwillig etwas aus ihm zu entfernen.
Verbindungen, die wir mit lebhaftem Interesse geschlossen haben, in
unsenu tiedächtnis zu lösen, i.st eine Arbeit, die sogar körperlich
angreifen kann, und sehr schmerzlich ist es, befjticin gewordene l'fadc
derCiedanken wieder zu verlassen und den rechlen I'unkt /n finden,
von dem au.s eine andere Richtung hätte eingeschlagen werden
uiüssen.
(Scbluls folgt.)
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Neue BUclier
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nittrich. (.. u. K. iluster,
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tuiiji «»Mii'ntor. Miulrhen l-'nvlhil-
<lunjiss< huK II in l';il)nkjL;«.iicti<U ii.
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I'ralin. Max. Pii I jil \\ icki lniij;
tiesScclcnbcj;nffcs Kant, (<»^)S.i
T.eipzi^, (?. Kock, i M.
Dil utzc. II., I>a»l)il)lisclK' Ias».-
buch (il.Schuibibcljclcr lit cnuscheii
Bibcljfeseilscliaft, seine Berech-
ti^jiin}; und stinc Hcdcntunj^:. 112S.1
lircnifti. J. Morjjt'nbtsser. i>.4<) M.
l*' H h r ni a n n , H,./.iriii.st ii.-Lo»ircr, K.
lüuil, Zni Ausf^cstallunji (ki i>s\
chologisch l»cr<.cbli^Un Rcchcii-
mcthoilc. Das rliyUiin. Zählen,
der Konzentrationspunkl di s clc
raentaren I\tchMcns. 144.S.)
Plauen, A. Kell. j.(»o M.
Ftichs, Arno. Die Unruhe.
Studie, ni. e. 1-Ünkitnn;^ nln r S\'-
Sterne uiul Auficaben der uäda^.
PatUolojrie . {()2 S.» ('»titersloh, C.
Bcrlelsjuami. 1 M.
Millhak r. Dr.Jul., Das Rätsel
(k'S Seböneu. lünf Studie über
die l'rin/.ipieti dei .\stlietik.
134 S. kp/R.. • bririliirli 3 M.
N icf.scu, lunpu., Jos., l>er Schul-
ji^arten im I)ien.ste der J«*nsiehung
uuA il. s Tut', rii( !its. Tbeoreti.soli-
prakti.schc Ankituiiif. (IX. 170S.)
Dü.sjteldorf, I,. Schwann. 2,50 M.
Pacbe. t)sk., IIand!>ueli des
«kutsibeii b'ortbildungswescns. i.
Teil. jVlII, iSS S. mit i Bildnis.)
Wittenberg. R. Herrose. ;^ M.
I'ohlniann, im.i., Dr. Ad., ICin
UDiL liir den Sibulirietkn. Ivin
Wntra^'. Nebst e. Nacbwort v.
Schuir. I r, Polack. S.> K«ssen,
it. \). Bädecker. 0,40 M.
Rolf es, Dr.K.. Die substantielle
I'(jrni und der Be.i^riff 'In i L
bei Ari.stotcles. tl\ . 1 14 .S.) l'ader-
bom, Schöning!]. 5.20 M.
und Aufsätze.
b) Aufsätze.
1 1 o 1 1 k a ni m, !• DörpfekLs Freie
Schuljreincin<1e im Ijchte knltur-
liislonselur linlw i ekeln uiv. (l'äd.
Studien i.i Dresden» Bleyl und
Kämmerer.
K! ii. Dr. Tb., l'ädagojrische
Ideen Rieliard Mul» isters, eines
Zeitueno.ssen Sbakespear.s. (l'äd.
Studien 3.) Dresden. Bleyl und
Kämmerer.
kehmsick, kritA Warum Mär-
chen? Kine ICrortcrung*. iPad.ij^.
Studii 11 1 ) Dresden, Bleyl und
Kämmerer.
Ostermai, ()., Die neueren
Ref(»nubestrebun^en auf demOe-*
biete di-s «.'vaiim l ist lu 11 K i liii^iotis-
unterrichls <Ur \ olkssehule. ;i*äd.
vStudien Dresden, Bleyl und
Käminer< r
l'alusclika, A., Wie htöseii sieh
volkswirtschaftliche Kletnentar-
kenntnissr im l\.ihmen <ler jet/iiien
kehrplüne der \'olk.s.schule ver-
mitteln, und welche Kenntnis.se
k<nnmen hierbei haui)tsäehlieli in
Iklraebt. (l'raxisder X'olksscliule
7.1 Halle a, S.. Schrödel.
Paul, \V., Biolo^sehe Hetraeb-
tuufieu im nalnri;rscbiclilliclun
Unterricht der \ tilk.s.sclude. (Aus
der Schule 5.1 keipzijf. DOrr.
( Hl .'i 1> i r 1; . 1 . I.,tin.t, \Vi k^hc
Ausrü.stunj; liefert die iiolu i e Mäd-
chenschule ihren Zöf^linuen für
den Kampf des Daseins :* (Lehrerin
Jij <iera. Tb. Ilcimaiin.
R i fsni an n , R . Joachim Heinrich
Campe, (l'äd. Ztir. -'7 Berlin,
W. und vS. Löwenthal.
T h r ä Udorf, A. Iv., Theologie
und rsycholojfie in ihrem Ver-
hältnis zur TiliL^iöseli Ju;;en(kr-
/.iehung. (Ztschr. f. Thilos, u. Päd.
2. f^anj^ensalxa, Bevern. Söhne.
Waldapfek J.. Die l'äd. tu- .-ik
Bact>ns. (Ztschr. f. Phllo.s. u. Päd.
1.2.) kanj^^eusalza, Beyer u. Söhne.
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Neue Balinen.
— ^ PÄDAGOGIUM.
Monat88cbrift fiir Haus-, Schul- und GeseUschafts-Erziehung.
H«*fl 11. Nmuiuhn- 1096. YIl. «liiiirg.
Gbescliiclite der Methodik des kultur-
gescliichtliclien Unterriclits.
\ Oll Johann Bengel in Kacrcii.
(Schlufs.)
P. F. Kirchtnann.
luiieii 1k*i \ orrajrciHk'ii Platz unter den Männern, die für
einen kulturge.schiclitliclien I nlerricht eintraten, niniml P. \\
Kirch mann ein dnrch seine Schrift: Geschichte der
Arbeit und Knltnr, dargestellt als Lelirge gen stand
für Schulen (Leipzi^,^ 1855)- In diesem Bnche äufsert er:
Lan;»e schon hat die ( lescln'chte einen Platz im Unterrichte
beliaupict, al)cr welche (ieschichle^ ' Nicht die Geschichte,
die den .stillen und friedh'chen Leben.skreis dnrch Arbeit und
Rinj^en der ^^cistij^en Kiälle der Menschen bereitet hat,
sondern die Gescliichte des entfesselten Ehrgeizes und der
bhUiK<^*n Thaten, welche Staaten zerstört itnd gegründet»
Völker zertreten und gefesselt haben. Nicht aber so ; sondern
die Jugend unseres X'olkes soll sich begeistern für die Eut«
wickelunt:; nnd Förderung friedlicher Kinriclitungen und
geistiger P>rungensch:'.ftrn, und dazu kann und soll die
(leschichte anleiten, wenn ^ie die friedlichen und geisti^eii
Kntwickehmgen in der Menschheit in den Vordergrund
treten läfst«.
t Von einem solchen Unterrichte läfst sich auch mehr
für die Charakterbildung erwarten.. Wenn die Völker und
Staatengest Iii eilte das Streben bei dem Schüler erregen kann,
ein «^n>fscr Feldluir oder Staatsmann zu worden, so mnfs
die lieseliichtc der Kultur und .\rl)eit dem künlti^xn P.iirger
das Strebeziel aufstellen, ein I''ürdt rer und \\ rbesserer auf
dem Felde der iriedlichcn Kultur zu werden. Und wenn
jene Geschichte den ge werbtreibenden ßurger als ein wirk-
sames Glied in der grofsen Volksgesellschaft erscheinen läfst,
so erbebt eine Geschichte dieser Art ihn zu einem beachtungs-
SvM Babnra lPaiüif<i(liui) II. t?
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werten Förderer der wahrt ii Interessen der niensclilielien
( jesellsehaft nnd vcrniaji: so den j^erin.^:sten Handwerker
mit einem Selbstgefühl zn erfüllen, das ihn nnter denSchvvierig-
keiten des Lebens vor Mutlosigkeit und Verzagtheit bewahrt' ')
Ktrchnianu ist der Meinung, dafs die Oeschichte in
zwei l^nterrich ts jrcgenstände zn scheiden sei, in
politische nnd in K n 1 1 n r e s c h i c h t e. l*nr diesen
let/.terii ('ei»^enstand lieft rte er in dem ()l)en .«genannten Hnche
das Material. Dasselbe gliedert '^icli in fünf Hanptabschiiitlc:
1. Krfindnnf;: nntl \'er\ ollkuninniunj^ der Mittel zur lleirie-
digung der dringendsten Lebensbedürfnisse. II. Der Mensch
in zunehmender Erkenntnis nnd Beherrschung von Raum
und Zeit III. Knnstbestrebuiigen und Kmistleistnngen der
Menschen. IV. Wissenschaftliche Rcslrebungen und Leistungen.
V. Spiel, Luxus, HequeniUchkeit, gemeinnützige \'ereinc und
Anstalten.
Der erste Al)schnitt behan<lelt: Xaln ungsstoffe, (ie-
träiike, Ciewürze, Feuer, Qefäise, i^elfel, Mes.ser, tiabclu, (Ge-
bäude, Fenster und Glas, Öfen und Schornsteine, Bearbeitung
der Schafwolle, des Flachses, der Baumwolle und Seide,
Fufsbekleidung nnd K()pn>rdeckungen, Bergbau, Waffen,
Handelf Münzen. Diese Inhaltsangabe des ersten Abschnittes
mag genügen, denn sie gestattet einen hinreichenden Blick
in die Anlage des Hnches.
Fiiis mnfs zugegeben wenleu, dvv Verfasser hat grofsen
Fleifs daraul verwandt, den Stoff zu sammeln und zu ver-
arbeiten. Aber ob Kirchmann etwas Brauchbares für die
Schule geschaffen hat, das i.st eine Frage, die man wohl
kaum bejahen wird. Zunächst darf wohl nie das Kiiltur-
geschiehtliehe losgetrennt von der politischen Cicschichte,
also für sich allein behandelt werden, Srulann ist das ge-
sammelte Material sicherlich nicht das lioic und Rechte.
Kirehmann steht auf dem Standpunkte Campes, der den
F^finder des Spinnrades höher schätzt als Homer. Uns ,
sagt A. R i c h t e r will es scheinen, als ob in einer deutschen
Volksschule von ganz anderem die Redr sein müfste. Wenn
es sich z. 1». darum handelt, die vSchüler einsehen zu lehren»
Nvelchen F^influfs ( iesang uiul Musik auf die Kulturentwickelung
des deutschen \'olkes gehabt haben, so vermögen das nimmer-
mehr die trockenen Notizen Kirc liui.inns, es mnf.s vielmehr
ein lebciHÜges lÜld gezeichiKl wer<ieu:
? Der fahrende Siinger, der im Mittelalter von Burg zu
Burg zieht und zur Rotte oder Fiedel die Lieder von Sieg-
') Kircbmann, Vorrede, S. 1\ ii, VI.
IMe Kulturgeschichte in der Volksüchule, S. 13.
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5^3
fried und Kricmhild singt^ der während des Winters auf
einer Bnrg Her])erge erhält, um des Ritters Tochter in
Gesang und Musik zn unterrichten, der der Hurgherrin die
Tj'edcr, die ihr besonders q-efallen, in ein besonderes liucli
cinsclireibt oder sie wenig.sU'Us dem Kapellan vorsingt, der
in der linrg oft der einzige des vSchrcibcns Kundige ist;
oder: der wandernde Spielmann, der unter der Linde nntten
im Dorfe Lieder singt und dann seine lustige Weisen zum
Tanze aufspielt, bei dem jung und alt mitsingt; die ehren-
werten Meistersinger, die am »Sonntag Nachmittag vor grofser
Zuhörerschaft ihre gereimten historischen Ijedcr sangen n.s.w.
Zur Widerlegung der l'orderiing Kirclimanns, ]jolitische
und KnUur.Lj;eschichte im Unterricht voneinander zu trennen,
sei ein Wort des Professors von Zwiedineck ange-
führt: »Gerade die Staatshistorie kann von dem, was
man Kulturgeschichte zu nennen gewöhnt ist, gar nicht
getrennt werden, wenn sie ihr Ziel unverrückt vor Augen
halt. Die ICntwickelnng des Staates ist von der Kntw ickelung
des Individuums und der h'aniilic bedingt, der Einzehie
wirkt auf die (icsamtheit ein, und diese wieder bestiuiuil
unil begrenzt die Tliätigkeit des Kinzelnen. Die vStaats;^e-
schichte mufs stets das Gesamtleben des Staates vor Augen
haben, sie darf keine Erscheinung der materiellen und geistigen
Kultur übersehen, die auf die Form oder den Inhalt dieses
(lesamtlebens Kinflufs gewonnen hat .... Sich darüber
Klarheit zu verschaffen, in welcher Verschlingung Politik,
\'erkc]ir, Handel, Kunst, Litteratur, Philosophie etc. sicli zu
alle u Zeiten bewegen, ist die Hauptaufgal>e der (xescliiehle
im weitesten Sinne. ICrkenni sie dieselbe nicht, so dient sie
auch der Wahrheit nicht Hin Zeitbild, auf dem sich nur
Staatsmänner und Offiziere bewegen, ist unvollständig und
wirkt geradezu irreführend, wenn es den Anspruch erhebt,
alles aufgenonnnen zu hal)en, was der Aufnahme wert ge-
wesen sei' . (Zeitschrift für allgemeine Creschichte, jahrg. 1886.)
J. F. C. Campe.
Ivin gewaltiger i'cind erstand in jener Zeit der Kultur-
geschichte in dem Professor Dr. Campe, dem Verfasser des
Werkes -(Geschieh tc und Unterricht in der Ge-
schichte- (Leipzig 1859). Ihm ist die (»eschichte für alle
Zeiten eine in» moria rertun grsfnntni und ihre Aufgabe keine
andere, als Thaten tmd nichts .ds 'riialcn zu erzählen.
Thaten, nicht Zustände, sind die eigentlichen Ob-
jekte der Oescliichtc Diese Ansicht sucht er zu be-
') Campe, S. 28.
37*
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J«hAnn Bmi|{»L
weisen: i. durch den Begfriff der (k>cliichte, 2, durch das
Interesse der Schüler nu der That und 3. durch die Be-
geisterung der O«. scliicl!t>sclirciher hir die That.
Das Wort (icsc liiclitc kommt her von «geschehen , sie
erzählt also (ieschehenes, (ieschehnisse, oder auch wie der
landläufi<>:e Ausdruck lieisst: Tliaten. Denn jede That niufs
gfeschehen sein^ wenn sie eben eine That sein soll. Dem
kann allerdings nicht widersprochen werden. Aher jede
That ruft nach ihrer \'ollbringung doch einen he^-timmten
Zustand hervor, der \or der That nicht bestanden und der
dnch auch zur That gehört, wie Leib und Seele /.usammen
gch<»ren. Thatgeschiclite = hall>e Geschiclue, politische (ie-
schichte = halbe Cicschichte.
Campe verweist 2) anf das Interesse, das die Schüler
der Thaterzähhmg entgegen bringen. Wir gestehen freilich'
offen, dafs die vSchüler sich auch für langwierige Kriege und
blutige Schlachten interessieren, ihr Herz erwännrn und
sich begeistern, sobald dieselben ihnen anschaulich und
lebendig vorgeführt werden. .Allein nur einzelnen Episoden
bringen die SeludcM eine .sulclic Vorliebe entgegen, dafs .sie
an den Lippen des Lehrers hängen. Bei weitem die meisten
historischen Regebenheiten und grofsartigen Staatsaktionen
verfangen bei dem Schüler nicht, er bleibt völlig teilnahm-
los und kühl bis ans Herz hinan. Sobald wir jedoch in
solchen l-Tilkn in die deutsche Litteralur griffen und die
Cieschichte einmal selbst sprechen liefsen, da schienen die
Schüler wie umgewandelt, weil ihnen nun zugleich ein Blick
in die Knliurzustäude der betreilcnden Zeit gewährt war .'j
Für seine Ansicht beruft sich Campe 3) auch noch auf
die Entstehung der Geschichtsschreibung. ^Fragen wir^ was
den Historiker begeistert, was die Geschichtsschreibung ins
Leben gerufen hat, so sind es Thaten, m'cht Zustände ge-
wesen. Zustände, in denen es lebt oder gelebt hat,
zu wissen, verlangt kein \'<>lk, aber Thaten \ erlangt
es <ler Nachwelt Überlieferl zu sehen .Allerdings,
die persischen und panischen Kriej^e, der pelopounesi.schc
Krieg, die Herrlichkeit des grofseu Karl, die Ottonen und
Stauf er haben grofse Geschichtsschreiber erweckt Aber doch
nicht innner ist es so! Die Reformation hat keinen Ge-
schichtsschreiber hervorgebracht, auch nicht der dreilsigjährige
Krieg. Ja, gerade umgekehrt sind in den letzten I>czemiien
grofse ( lesehiclu.Nlorscher und -sehreiber erstanden, Xiebnhr,
Mounusen, Curtius, Droysen, Ranke, der kleinen Geister in
*f Krici;cr, Dvr (icschichtsuntet rieht. .N'ürnlj.rg ii>j(y, S. 20 f.
*) Campe. S. 47.
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der Kbcne des j^ewöhnliclien Lebens nicht zu gedenkt ii. und
doch haben sich in nnsern Tagen keine weltgeschichtlichen
Kreignisse zugetragen,')
Trot'/dem nun Campe mit Dreistigkeit (wie er es
selbst utuiil) tlic Ansicht verficht, dafs die Kultur gar
nicht in die Ciescliicluc gehört, und dals der Stand-
punkt der Kultur, wenn von ihm aus als von einem hohem
die (yeschichte betrachtet werden soll, ein ganz unberechtigter
ist und ein falsches Bild von der r,rsrln"chte und ihrem
Inhalt geben nnifs sieht er sich doch später zu dem Zu-
geständnis gezwnn<^cn. dafs die kulturgeschichtlichen \'er-
liältnissc- -luch in Ileziehung auf die deschichte betrachtet
werden künneu. Kr sagt: Die Aufgabe derselben ist : Thaten
zu verstellen. Diese Aufgabe zu erfüllen ist aber schwer.
Denn die That erklärt sich nicht von selber; man
mufs« aufser vielem andern, dessen es dazu bedarf, hinauf-
steigen in die allgemeine Menschen- und hinabsteigen
in die ein/tlne V'olksnatur, um gerade diese That in
ihre r Kigi ntünilichkeit zu begreifen, ,Man mufs eine Masse
V Uli k u 1 1 n r eselii ch tl ich en Stoffen mit heranziehen,
um das \ ersländnis zu fördern; man mufs auch die Tiiat
Über sich selbst hinaus bis in ihre Folgen und Wir-
kungen beobachten und sie begleiten bis da, wo sie sich
in gewissen Zuständen fixieti und gleichsam k rystallisiert
Ks giebt keinen Teil der Kuteratur und Kunst, der
dieser geschichtlichen l'.c iraeli ! uug sich entzöge;
aber bei dem einen tritt dirsr Hezielning so grofs und lull
hervor, dafs <lie C.eschiehle sie autnrhnien und beiiul/ien
mufs; bei dem .indern ist diese Beziehung .so schwach, dals
nur die Behandlung der (beschichte, die bis auf die letzten
Folgen oder bis auf die tiefsten und unscheinbarsten Wurzel-
fäserchen vor- oder zurückgeht, sie zu benutzen und zu ver-
werten vermag .^) .
Man sieht, Campe wirft <\\c Knltnrge^chirlitr 'nr Unus-
ihiir iiinaus. läfst sie aber wit<lir /nr Hintcitluir herein.
.\l)er w ulün wirft Campe die \ ciachtete kullurgeschichte?
-hl die Erdkunde, die nach K. Kitter ihre Culminatiun
erreicht in der kausalen Bezieh ung der Formen und Ver-
hältnisse der Erdoberfläche zur Bildung und (vesitttmg der
Menschen, gehören jene Kulturzustände, die jetzt, weil man
den rechten Platz für sie verlorcTi hat, in die (reschichte
eingezwängt werden, wo sie als fremdartige und unof^nnische
Stücke nicht zu ihrem Rechte gelaiigeu können, und den
') Krii'j^er a. a. (>. S. 24.
Campe, S. 55.
") Campe, S. 65 ff.
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^66 J«Imuis BengtL
echten Kindern des Hanses den Platz veren 5:^:011 und das
lirot ncliiiien. Alsdann wird die (Teschichie, \on diesem
massenhaften vStf)fk' befreit, leiclUen und frolien Herzens
sicli ganz ihrem eigenen Lebenskreise zuwenden können^
(S. 40).
CSimpe freut sich auch, einen Gewährsmann für diese
Ansiebt anführen zu können, nämlich K. H. Rättij^ in dessen
Schrift: Über die Wahl des historischen Stoffes für
den (t\ vn nasialnnterricht (Xenstrelitz i8so). Die be-
treffende Stelle ans dieser Sclirift, die Cani{)e allerdinjirs tn'cht
anfülirt, laulel: Die (ieojjraphie ist überhaupt u;eeiL;net,
diejenigen Elemente in sich aufzunehmen, die mehr oder
weniger der Natunnacht verfallen sind und die das geschicht-
liche Prinzip in unreiner und unausgebildeter Form erscheinen
lassen, während es unanj^emessen zu sein scheint, allerlei
geschichtliches Material, das ans der Sphäre welthistorischer
Völker entnommen ist, dieser \\'issenschaft j^ei^en üire \atnr
aufzudringen. Sie beschränkt sich auf das Z^^t;in(biche und
Ciewordeiie, und daher ist mit iliiem Hegriffe ilasjenige ver-
wand was weniger in der Form des Werdens, als des ab-
geschlossenen Resultates interessiert und so gleichsaut eine
flächenartige Lagerung in dem geographischen Systeme
bildet, dessen Idee auch ein deutlicheres Licht darauf wirft«.
(S. 2S und 29).
Karl Biedermann.
Campe war ein tapferer Kämpe, der mit vielem Mut
und nicht ohne Geschick eine Lanze einlegte für die Pürsten-
und Regentengeschichte. Aber trotzdem rückt seit den
sechziger Jahren die Kidturgeschichte immer mehr in den
Vordergrund. Noch im Jahre 1S59 genehmigte der preu fsisch e
Unterrichtsminister eine Instruktion für den (Tcschichts-
nnterricht an (iymnasieii der Provinz Westfaleii, in der es
heilst: In den beiden oberen Klassen tritt eine Krvveiternnjr
des Geschichtsunterrichts d u r c h A u i n a h m t d es Kult u r-
geschichtlichen ein: der Litteratur, Kunst und solcher
Mitteilungen aus den Gebieten der Wissenschaft, Religion,
der Erfindungen, des Verkehrs, der Sitten und Kinrichtungen,
die geeignet sind, ein möglichst anschauliches Bild von der
Individualität des \'olkes und \-(m den Fortschritten in der
Kntwickelunj^ der ^re^aniien Menschheit zu ei/,cu^en. ')
Im Jahre i8ou, ein Jahr nach der Campeschen Schrift
'1 lA'htviLl ist Kenntnis uml X'crsläinbiis di r wichtigsten, ins-
besondere der kukui jiesehiehtlicheu Bejjebenheilen und i'ersonen .
(Lehr- und Prüfungsordnung für die KeaJschnlen und Seminare im
Königreich Sachsen.)
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erscliien von rniversitätiä^Professo r Dr. Hiedermann eine
Arbeit: Der tieschich tsnn terriclit in der Schule, seine
Mängel und ei ti \' orschla zur Abhilfe (Hrauuscliweig).
In diesem Buche l)eiciiclilet Hiedernuiun »gewisse Män}»^el des
Unterrichtshetriel)s in der ( i( S( Inclite, und sein Vorsehl ai^; zur
Abhilfe bestand in der Furdernug, dals die Ku 1 1 u rgcsehieli ic
die Führerschaft beim Unterricht übernehtneu, die
politische sich aber nur an jene anlehnen müsse.
Sechszehn Jahre später, im Jahre 1H76, hielt Biedermann
in der Päda<»o.ij^ischen ( lesellschafl zu Leipzij^ einen Vortraj^
über das Tlumn: Der ( » esch i ch ts u n te rri cli 1 in der
Schule («gedruckt Leipzij^ i'^7'^>). Der Inhalt läl>t sich kurz
also zusammenfassen; i. Die l*äda}^ot»ik fordert mit Recht
einen Kort^anir vom Leichten zum Schweren, vom Kinfachen
zum Zusammen gesetzten^ vom Nähern zum Entfernten. Alles
dies aber ist bei der gewöhnlichen^ der sojr. politischen Ge-
schichte schwer oder jjar nicht /.n leisten. Denn j^rofse
Staatsaktionen, Kriejut-, Diplomatie, Reformen, Revolutiotien
sind für Kiudrr /u schwer, zu \erwirkrlt und zu entfernt.
2. Die räda.L,n'L:ik fordert ferner mÖL'licijsle .\uschaulichkeit
lies zu lernendtu Stoffes. Die ist aber schwer iu der poli-
tischen (leschichte m erzielen, wo die einzelneu Momente
nur der Zeit nach aufeinanderfolgen, gleichsam eine unend-
liche Linie, keine Fläche bilden. ,v /u dem kommt end-
lich der so<;. Praj^nuatisuii:^ der polit i-^t lu 11 « a schichte, der
dem Wrsländnis ^rofse S». Ii w ieri«;keiten bi< h i.
Die pt)litise1i'' ( H srhic h 1 c \<\ also zu schwer für <lie
untern Stufen. lU i (K: ku'nur-i >. hirlulichen Methode aber
heben sich alle Scin\ leri^^keiuii. liiei kann der J^ehrer vom
Nahen zum Fernen (z. B. von der jetzigen Art mensch-
licher Wohnungen und Kleider zu früheren Arten) fortgehen.
Hier kann er mit dem Kinfachsten anfauj^en. Hier, für diese
nächstliej.;endeu Oegenstäude, kommt dem Lehrer \ ou Seiten
des Kindes Interesse und Verständnis enf^-^c'^rn. liier endlich
wird soj^ar ein bewufstes l'rteil sich leicluei einsiellen.
Die b'raj^e ist nun: Wie 1 ä fs t sich das kulturj^e-
.schi cht liehe Moment für den Unterricht brauch-
bar machen? Der Unterricht wird in drei Stufen ge-
gliedert Die erste Stufe, die etwa mit dem zehnten Lebens-
jahre be^dnnen könnte, schlösse sich naturgemäfs an den
.sujj. .Xnsi li:tnunj^^'>unterricht au, indem sie <Hc<en gleichsam
nur UTK Ii l lick\^ ärts hin erweiterte. Mau k(>unte diese Stufe
auch als k u 1 1 u i e s c h i c h 1 1 i c h e n .\ u s c h a u u u i): s u u t e r-
r i ch t bezeichnen. Eine z w e i le »Stufe kulturgeschichtlichen
Unterrichts ,etwa vom elften Lebensjahre an, konnte sich an
die in den Schulen übliche Ueimatskunde anschlielsen und
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56«
sich so zu einer Ii t i m a t Ii cli en K ul t u r cscli i ch te ^c-
stalten. Die dritte Suit\- eiullicli, ^^•el^hc (kii /vvei let/tcu
Jahren in der \'(>lk.sscluile ani«^es[>art l'licl>c\ wiinU- rim-n
niethociisi licn und proj^rcssiven (lescliichlsunterriclil <lai bicU n
müssen» aber wiederum so, dals die Kulturgeschichte
dessen Mittelpunkt bildet. Hiedermann schlä^^t vor, den
Unterricht in der deutschen (leschichte in zwölf Kuttnrbilder
zu ^prnppiern: i. Urzeit. 2. \*ölker\van<lernno;. 3. Zeit Karls
d. Gr. 4. Konslitnierunj*^ nctitscldands als sell)ständi<rcs Reich
unter eigjenen Könij^en. 5. Zwisclienreicli. 6. Ri forniatinn.
7. Drcifsij^jähriger Kriet^. 8, l'Viedricli II., der(ir. 9. Zerlall
des Reiches. u>. Wiener Kongrcls. 11. 1848. 12. 1866.
Zehn Jahre später erschien von Biedermann eine neue
Schrift: Der Geschichtsunterricht auf Schulen nach
knlttirgesch 1 clul i du r Methode (W'iish.iden 1885). lune
lesenswerte Arbeit, die dem kulturgescliichtliclien Unterricht
manche Freunde gew nui! »Sie umfafst drei Teile: i. Kin-
leituu}^. 2. Die kiihuri;^eschiclitlielic- und die er/rdilciide
•Viethode des ( .1 srliirlitsnntcrricbts. 3. Die knlturj^escluclit-
liche Methode in ilucr prakliselun Anwendung. Eine cha-
rakteristische Stelle aus diesem Werke lautet:
*Ks hat Zeiten geffeben, wo Kriege und Schlachten (das
l'echten und Totschlagen ) nahezu den einzigen Inhalt der
Gescliiclite ausmachten, wo eine herrsehende Klasse \ ornchni
verachtend auf die \V>lksmasse herabsah, wo das Xdlk
seihst so ^rln das r.elUhl seines eigenen Wertes ein^ebiilst
hatte, dals es auch seinerseits nur für das Treil)en der Höfe
und des Adels Sinn und Interesse besafs. Diese Zeiten aber
liegen Gott sei dank weit hinter nns und werden hoffentlich
nicht wiederkehren. Auch die Schätzung kriegerischer
Thatcn ist heute eine andere ^^eworden. So sehr wir gewifs
jede zur Verteidigung des Vaterlandes vollzogene kriegerische-
That linchschätzcii und bewundern, so erblicken wir doch
in dem Kriege- an sich eine traurige Xotwrndigkeit, während
in frühern Jahrhunderten Kriege un<l »Sehlaehten, Kroberungeu
und Vergewaltigungen der Nachbarn gewissermafsen zum
rechten Sichansleben eines Volkes, insbesondere aber zum
notwendigen Schmucke des Thrones gehörten. Für diesen
bedeutsamen Wandel in unserer ganzen Lebensanschautin g
giebt es kein schöneres Zeugnis, als jene herrlichen Worte
Kaiser Wilhelms I. Kv wolle, sagte der siegreiche Meld,
Mehrer des Reiehes sein nicht an kriegerisciirn Krf)l>ernngen,
sundern an den (ȟtern und (iaht 11 des iMicdciis, aui dem
Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung'. Und
wir wollten unsere Jugend, indem wir sie gewohnten, in der
(teschichte nur an kriegerischen Schauspielen ihre Freude
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Omchlrlit* irr H^tbodllt 4os tiiU«rf(*i«blchlllch«n Vatcrrlekts. * :^6fj
ZU haben, 7a\ einer Lebensauffassung und Gesinnung anleiten,
die der Kaiser Wilhelms T. gerade entgegengesetzt wäre?
Auch unser deutsches \'olk i^t Lilücklichcrwcise bisher —
tnit/ seiner »Sie*j^e und dcr 'dadiuch mit einem Male erlan<;ten
hervorraj^enden Strlliini; L^än/lich frei j^eblieben von jenem
unseh'j^cn (iröfst n wahn (Cli<iu\ ini.smus), der unsere Nachbarn
im Westen nicht zur Ruhe kommen läfst Hüten wir uns
doch ja^ durch den Geschichtsunterricht etwa die Keime eines
solchen in die Herzen der Jupend zu le^en!» (S, l6 u. 17.)
In demselben Jahre erschien von T'irdcrmann ein anderes,
f^! öfseres Werk : Den tschc Vol ks- und K.u 1 1 urgeschicli t c
tür Schule und Hans. 3 Teile. (Wiesbaden). Ks unter-
scheidet sich \ on den g-ewiilniliclu 11 ( reschichtsbüchern durch
folgende Momente: i. umla.ssendc Dar.stcllung der Kultur-
geschichte, 2. sorgfältige Auswahl des Wichtigen und Not-
wendigen, 3. eine solche Anordnung des Stoffes, die die
grofsen geschichtlichen Begebenheiten und Personen in ihrem
innern Zusannuenhan^e vorfuhrt.
Während die deutsche Volks- und Kulturtj^e-
schiciiu- ein Buch vornehndich im rlit^ Hand des Leiners
ist. i^ab r.icik'iniann im vorio-en Jahre auch ein Schülerbuch
heraus: Ltit laden der deutschen (ie schichte für
den S ch u 1 g e b r a u c h (Leipzig 1 895). Er ist ebenfalls nach
kulturgeschichtlicher Methode gearbeitet Wenn man das
Buch liest, so glaubt man den alten Dolz vor sich zu haben.
F. W. Miquel.
Die Forderuii.i'< ?i nicdernianns, für das aelue bis zehnte
Lebensjahr einen kullin ge.sclnchtlichen Anselianun^sunter-
richt und für die beiden folgenden Jahren eine kulturge-
schichtliche Heimats- oder Vaterlandskunde zu geben, waren
in der Form zwar neu, ihrem Inhalte nach aber hatten sie
schon \'.ir;>ani^cr gehabt, SO Salzmann (siehe Seite 509)
und F. W. Mitpiel. Dieser verfafste die »Schrift: Wie wird
die deutsche Volksschule national? (Lingen iS5t\
I^ort führt der \'erfasser folgende (iedanken aus: Hs ist
alles, was dem Kreise des Volkes fern liegt, aus der Volks-
schule zu entfernen. Denniach alle jene abstrakten, bohlen,
verflachenden Redensarten, die einer vermeinten Geschichts-
wissenschaft entnommen sind; alle jene geistvollen Kon-
struktionen und S\ stematisier»m«^'en, wie sie unsere Philo-
.so])hen die Hülle und Fülle zu Taj;e gebracht haben, alle
icne Massen von Zahlen und Xamen, von \'nlkern nnd I'er-
.sonen, von Kriei^en und Schlachten, für die das \ Olk nicht
die geringste Sympathie und darum auch mehl das ^;eringsle
Verständnis hat; überhaupt jene sogenannte Weltgeschichte,
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Jnlunm BeBff«l.
die man mit Recht ein Kreuz für die wissenschaftliclie De-
finition und eine Mördergrube für die pädagogische Benutzung
nennt .
Der Kern des hisuui.schen Untciiichts in der X'olks.sclmle
ist für Miquel zunächst die Ciescliichte des sächsischen
StammeSf für den er eine kulturgeschichtliche Anschaunngs-
und Heimatskunde entwirft An die uralten Sitten, Gewohn-
heiten und Rechte wird der (leschichtsunterricht an<;ekuüpft|
wie übcrliaupt an alles, was mit vollem Strome iu die (Gegen-
wart ansmütitU t. I >er Verfasser zcii^t in detaillierten Hek ij^fn,
wie <litSLi l iiUiricht behandelt weiden soll. Ih-i rnterrieht
beginne mit der IJeschreibun«^ einer ak.säehNi>ehen liaueni-
wohnun^, ^ehe von dem Hause auf die Felder, den Vieh-
standf die Mark, das Moor, den Wald u. s. w. über, beschreibe
auf dieser so gewonnenen Räumlichkeit das Leben und
Treiben der alten Sachsen, immer das Neue mit dem Alten
vergkidiend. So gehe er weiter /.u den Nachbarn, der
Haueruschaft, dem Cnu. Miitiii in diese heithiische \\\lt
tritt dann das Chrisit ulinii hinein, es f<^li^t die Hekeln ung
der vSachsen, der Sachsenkrieg, sächsisclie W anderungeu und
Verpflanzungen, Heinrich IV. und die Sachsen.
Die Aufgabe aber, eine kulturgeschichtliche Anschauungs-
und Ileimatskmide zu verfassen, ist schwer zu lösen. Campe,
der für die Grafschaft Ruppin ein solches Buch zusaumien-
zustellen versuchte, sagt: Ich kenne die f^ff^F^en Schwierig-
keiten \-o11knTmiK'n, welche es mil sich bringt, wenn man
die allei nru listen und alk rl u sondersten ( i(\i>enst?inde in ♦
klicndigtin Zu.->aninR nhange mit dem gröfsern dan/.en fassen
und dadurch dies letztere gegen das Zerflicfsen in eine kalte
und leblose Allgemeinheit, jenes erstere gegen das Erstarren
in kleinlichen und den Geist bornierenden Einzelheiten sichern
will. Denn allerdings hat das Besondere, dem Miquel mit
Recht eine so hoch hekheiuk^ mid bildende Kr.ift xuselireibt,
durchaus diese Bedeutung, indem es auf den Men.Nclien aus
der nächsten Nähe wirkt un<l iliii lausend t.ich reizt und
anregt; aber die Macht, tiefer un<l daucrhafLer einzuwirken,
empfängt es doch nur, wenn es selber von dem (»eiste der
Allgemeinheit erfüllt und ditrchdnmgen ist. Ohne diesen
(leist ist die Beschäftigung damit eine sehr wenig erspriefs-
liche, und der (iewinn daliei höchstens der, dafs uiüfsige
Neugier befriedigt wird
K. Kappes.
l'ast gleichzeitig mit l>iedermann redete auch K. Kappes
über Kulturgeschichte aufklärende und ftirdermle Worte in
') Geschichte u. Unt, in der beschichte, S. 241.
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QMebirhte der Maltodik dem kvhwgfKMbOMMMn rntorriehts.
seiner Schrift: Zur Methodik des Geschichtsunter-
richts (Freibur^ 1861). Bei der Fiaj^e: Was soll gelehrt
werden? <^\€ht er f'Oi^'-ende Antwort: Dafs ein hlofses Ans-
weiuliglcriieii von Ki u ^sercijj^nisseii, Zahlen, Tabellen, ( k ne-
alogieeu u. s. w. ebenso u n päd a*jo irisch als wertlos ist, darüber
kann kein Zweifel mehr sein.') .... Man hat in nenerer
Zeit, um den Fehler eines nur äufserliclien Erfolges zu ver-
meiden, den Unterrichtsbüchern eigene Abschnitte über die
Kultur Verhältnisse heimbegeben. Allein die Erfahrung zeigt,
dafs solche gesonderte Abschnitte über vStaatsverfassung,
IJtteratnr niid Kunst ilirem wohlgemeinten Zweck nicht ent-
spreclien, teils weil gar liäufij^ für eine i^ründliche Einsicht
in diese Seite des Völkerlehcns naeli I'.ehandlung der poli-
tischen Geschichte zu wenig Zeit übi ig bleibt, teils weil jene
Erscheinungen in ihrer Absonderung vom übrigen Unterricht
nicht richtig verstanden werden. Vereinzelte Namen bleiben
wohl zurück, aber ein trenes lebensvolles Bild wird das Ge-
dächtnis nicht zurückbehalten. Der innere Kansalnexns aller
dieser einzelnen Krscheinnngen der Völkerentwickelnng bleibt
dem Schüler bei der strengen Trennnng des einen von dem
anilcrn entweder \ollständig verborgen oder scliwel)t ihm
nur wie ein dunkles Etwas vor seinem Geiste, das er nicht
fassen und verstehen kannte.')
»I^m nnn diesem Mifsstande zn begegnen, hat man den
umgekehrten Versnch gemacht, indem man geradezu an die
Stelle der politischen Geschichte die Knltnrgeschiehte setzen
und von dieser nnsL^chend die nach anfsen hervortretende
Thätii^ktit des Volkes als Ergänzungen in das Hild der
knlturgeschichtlicheii Kntwickelnng einfügen zu müssen ge-
glaubt hat. Dieser Versuch leidet an einem inner n Wider-
spnich. So lange es feststeht, dafs die innere Entwickelung
der Völker in erster Linie von den änfsern Verhältnissen
abhängt, so lange wird die politische Geschichte der Ans-
gang'jpnnkt des Unterrichts bilden müssen. Dies ist der
eineiige von der Natnr gezeichnete Weg .'*)
Das Richtige scheint wohl in der Wrmittlnng von
beiden Arten des Geschichtsnnterrichts zu liegen. Es ist
wohl ein solcher Lehrstoff herzurichten, der ebensowenig
ausschliefslich nur die politische Geschichte enthält, als die
KnUiu i^t schichte. Ks ist der Lehrstoff in der .A.rt herzu-
richten, dafs es dem Schüler möglich wird, mit der Erkennt-
nis der Krei^iii'^se. in denen ein VrAk seine (rrölse nnd
Schwäche zeigt, zugleich auch Einsicht zu erhalten in das
M Kappes. S. 5.
Kappe», S. 7 u. 8.
*) Kappes, S. to.
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572
JohJtnn B«ic»l.
intuTc Leben desselben, \vie dieses von den änfseren \'er-
hältnissen bedinj^t ersehe im und anf dasse lbe wieder zurück-
wirkt; dafs es ihm nu»j^lieli wird^ ein Ciesamtbild des Volkes
zu erfassen und festzuhalten .')
Um zu diesem Ziele zu gelau>;en, schlägt Kappes, <;erade
wie Biedermann, drei Kurse vor: In einem ersten Kursus
ist der Schüler in das Lernen der (leschichte einzuführen.
Im zweiten Kursus überwiej^t die politische (ieschichte, die
wesentlichsten kulturj^eschichtlichen Momente werden ein-
t^ereiht. Im dritten Kursus aber sieht die Kulturgeschichte
im Vordergründe.^)
Wilhelm Herbst.
Wir kommen nun zu einem bekannten Metlmdiktr,
Wilhelm Herl>st. Professor Dr. W. Ilerbst ist ein Aii-
häu^^'-er der soj^. biograjdii^chen MelhotK des (ieschielus-
uuterrichts uud verfafste nach dieser' Methude das Histo-
rische Hilfsbuch für die Oberklassen der Gym-
nasien und Realschulen. So trat er in geraden Gegen-
satz zu: kulturgeschichtlichen Methode Biedermanns. Zu
diesem Hilfsbuch gab Herbst ein Begleilwort heraus, das
den Titel führt: Zur Frage über den (^i e sc h i c lu s-
unter rieht (Mainz iS6g) und aus dem seine methodischen
Ansichten leicht i^eschöpft werden können.
Je reiciier Herbst das biographische MaUu.il berück-
sichtigte, desto .sparsamer das kulturgeschichtliche. Herbst
ist der Meinung, dals nicht in der Volksmasse^ nicht in
Formen und FanrichtunL;rn. si.ndern in Personen die rie-
schichte kulminiert. Kr bezeichnet die kultnrgescbiclilliclie
Methode rds Auflösung, Abschwächung und die »illerver-
ti hl^e.^te Nfethode . Mit dieser Ansicht wird Herbst wohl
etwas zu weit gehen, aber volle Zustimmung verdient
er, wenn er also fortfährt: Aber auch die Art, wie die
meisten Lehrbücher entweder am Schlufs einzelner Perioden
oder ganz am Ende, jedenfalls anorganisch, Ubersichten des
Kulturlebens anhängen, ist ganz verfehlt. Die meisten I^ehrer
lassen sie auch ruhig stehen, wo sie stehen. Dami aber ist
es eine mülsige Zugabe uud di slirdb unnütze ri)crfrachtung
<les Huclies. Wa.s \ <'n knlluri^i schichtlicheu Ahuueuten zu-
lässig ist, mnfs sich in die politische (leschichte organisch
eingliedern las.sen; es darf nicht, .so zusagen, fremd vorder
Thüre .stehen bleiben, wie es leider meist geschieht^ (S. 31).
Xach diesem Grundsatz ist Herbst verfahren und hat
das jedesmalige kulturgeschichtliche Moment mit den bio<
') Kappes. 8. 14.
*) Knppc'it, S. 19.
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Or«rhichti> «l«r Methodik 4«»« liultWfK**cl>i^t>tl>chep l*D(»rr{ebta.
graphischen verknüpft. Ansführlicher spricht er hierül)er auf
Seite 52: Knllnrgeschichte als solche findet sich in nicincni
Buche nicht. Und doch ist dasselbe V(j11 knltnrjj^eschieht-
licher Momente. Die grofsen Kiilturfragen, wie Licht und
Sdiatten der absoluten Monarchie, Kniporkonimen des Bürger-
standes, Wesen und Schick.sal der republikanischen Staats-
fonn, Begriff und KntstehunL; der politischen Forni der Zeit,
der centripedale und centrifujj^ale Zug in iniserni National-
libcii, diese und andere Fragen der Art müssen dem
Scliiiler lebendig werden. Man mag wollen oder nicht, die
Kreignisse reden von .selbst. Bleiben sit* lür den »Schüler
stumm, so ist das seine oder des Lehrers Schuld. Das Ge-
setz, dem das Buch gegenüber der Kulturgeschichte folgt,
ist einfach dies: alle diese Zustände in den engsten
Rapport zu setzen mit der bewegenden That und
deren Tragern .
Noch ein trefflicher Cfedanke soll aus der vSclirift von
Herbst gcnunnncii werden, ilcr (rednnke nänilitli. dals es
bei der Kulturgeschichte darani ankonimi, ruhen-
des Sein möglichst in lebende Bewegung zu setzen«^.
(S. 39K Also auch Herbst ist mit so vielen andern der
Meinung, dafs das Zustandliche in ein Thatsächliches, das
Geschehene in ein Geschehendes aufzulösen sei.
Oskar Jäger.
Neben Herbst besitzt auch Direktor O. Jäger grofses
Ansehen auf dem Gebiete der Methodik des Geschichtsunter-
richts. Jäger verbindet mit gründlicher Wissenschaft eine
langjährige Erfahrung, die ihm Vertrauen erworben hat Da-
ncl)en erwirbt ihm auch seine Selm ibart viele Freunde und
grofse \*erl)reitnng seiner liücher. Sarkasmus, Sat\ re, Ironie,
Fnrrht]t)sigkeit uür/en seine Sehriften und nuichcn das Lesen
derselben y.um ( '.c ini>se. Jäger ist konservati\ er Xatur, die ^
neuern liestrelmngen auf dem Gebiete des Geschiclitsiniter-
richts lassen ihn unberührt. Dahin ist zu zählen sein Wider-
stand gegen die Benutzung der Quellen im Geschichts-
unterrichte und gegen einen kulturgeschichtlichen
Unterricht. Die letztere Abneigung hat Jä.Qcr mit Herbst
gemein, /war erkennt er an, dafs der (k-schichtsunterricht
we^enilieh nichts anderes als Krieg und Kriei^jsgesehrei sei;
das sei zwar zu beklagen, al)ei niehl zu äiuiern. Wörtlich
sagt er also: Dreiviertel unserer WeltgeschielUen und tles
atJ sie gegründeten historischen Unterrichts besteht in der
That in jenem > Fechten und Totschlagen«, mit Locke zu
reden, das mehr als nötig wäre, überall in den Vordergrund
gerückt wird. Doch läfst sich dies zwar mäfsigen,
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574
aber nicht ändern, denn Knltnr-, Littel atnr-, KnnstL;;e-
scliichteals solche Knaben vorzntrajj^en, ist unmöj^lich luid
unfrnchtbar, \md Kriech- und Staaten^csclnchtc ist nun ein-
mal die notwendige Voraussetzung^, bildet den Rahmen für
die übrigen geschichtlichen Stoffe. Das aber^ dafs die Ge-
schichte nicht blofs »Fechten und Totschlagen« ist, <laJs sie
Bewcgnngf des (ieistes und was sie sonst noch alles ist, das
lernt der vSclinler mehr aus seinem Homer, Herodot, Xenophon,
Salhist, V'irj^il, Livins, als aus dem \'n11konMnensii u X'ortra^^
des Lehrers. Denn dort schaut er das Leben einer inter-
essanten Vergangenheit unmittelbar und mit eigenen Augen;
er sieht das Haus, die Waffen, den Verkehr, Handwerk, Kunst,
Dichtung, Schiffahrt der heroischen Zeit, er schaut die grofseii
und kleinen Kräfte, die das Menschenleben bewegen, in ihrer
unmittelbaren Wirksamkeit: und mehr als dies, er erarbeitet
sich den intellektuellen C.cnnfs, den dieses Betrachten längst
eiUscliw uudenen Lebens .gewährt, während er dem ( ".esi hichts-
voitraj^e des Lehrers blofs folgen kann, gelangweÜL, wenn
er langweilig, neugierig, wenn er anziehend ist: aber in jedem
Falle ohne jene intensive Freude, die die ernste, produktive
Arbeit gegenüber cUr 1>lofs receptiven begleitet- (Bcmcr-
kungcn über den geschichtlichen Unterricht, Wiesbaden 1892,
Seite 37).
Auf dieses abfällige Trleil Jägers über den knltnrge-
sc iiiclitliclK ii Unterricht möge das I'rteil eines Mnnnes
folgen, der /ueist I^cluer der (iesehichte an einer lu'heren
Anstalt war, dann Professor an der Universität lionn,
zugleich auch ein namhafter (veschichtsschrciber, Lobe II.
Derselbe sagt in seinen, schon iS.j- erschienenen iCrrnnd-
zügen einer Methodik des (i eschich ts u n ter r i ch t s ^
(S. 211: ])',{'< ei<>enlliche I^rgel)ni«^ des ges( litlichen Stu-
diums ist niehl snunhl die Kenntnis der l'.n i^nisse, als
die ihrer Wirkungen, der \' e r h ä 1 1 n i s s - u n d K r-
scheinungcn, die sich als ihre l'^olgen gestalten
und fixieren. Die Eroberung einer Provinz durch eine
Schlacht ist viel wichtiger, als die Schlacht selbst... Die
IM t hellen Farben malende Erzählung hebt am
liebsten die Cirofsheit der unmittelbar erscheinen-
den, die Einbildungskraft fesselnden Thal lur\dr;
sie schiebt dem eigentlichen ge s c Ii i cli 1 1 i c Ii l n 1 u-
Leresse, d. h, dem an dem Werdeu, Ivnlslclien und
Vergehen von Verhältnissen und Cie stalten im
Volksleben, die Teilnahme an den blofsen Hegeben-
heiten unter. Diesem, immer Wiederau das Poetische
stn i f enden Elemente dürfen \. ir uns für die Zwecke
des Unterrichts nicht hingeben.^
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575
Die Allgemeinen Bestimmungen".
Iii/wis luu war für die jM i. nlsi.schen X'olk.sscluik'ii durch
die All)^t-iiKiucn Bcsüinimin>4cu \ oni 15. Oktober 1872 das
(leschiclitspcnsmn amtlich festgelegt worden. Die Allgemeinen
I^stimmiin^cn bedeuten einen Wendepunkt in der Entwickc-
IniiLi di s ( lescliichtsunterrichts. Sie erhoben die Geschichte
aucli in dr: X'olksschule zu einem besonderen Unterrichts-
fach und seliieden .L,'^enau /wischen politischer und
K u 1 1 u r es eh i eil t e. Von der jxilitisclu n ( icschiclite saj^en
sie: In der (ieschichte sind aus der älteren (leschiehle des
deutschen \'aterlandes und aus der filtern brandenburgischcu
Geschichte einzelne Lebensbilder zu geben; von den Zeiten
des dreifsigjährigen Krieges inid der Regierung des grofsen
Kurfürsten an ist die Reihe der Lebensbilder ununterbrochen
^ve^ter y.u führen , während es von der Kulturgeschichte
lieifst: Soweit sie dem \'crständnis der Kinder
z u t^-^ä 11 54 1 ich sind, werden die k u 1 1 u r h i s t o r i s e h e u
M(»nicnte in die Darstellung mit a n t g c n ni m e n.''
Damit war also auch der Kulturgeschiclite das Heimats-
recht in den preufsischen Volksschulen gegeben.
Wie gestaltete sich nun aber die Unterriclit^praxis? Es
bewahrheitete sich auch hier das Wort Polacks: Wie oft
fliegt die Theorie, und die Praxis lahmt liiiikt nd hinter-
drein! Obschon die I'.c stiTunningen aus(lrüeklich vor-
schreiben, d;«fs die kiilliii historischen \'erhältnisse mit in die
Darstellung aufzuurhuKn seien, rifs doch die Staats- und
Kriegsgeschichte die Herrschaft au sich. »Ein Blick in die
Lehr- und Lernbücher, in die Lehrplänc nud Stoffverteilungen
zeigt unS| wie wenig kulturhistorische Momente berücksich-
tigt werden. In den gt m hichtlichen Lehr- und Lernbücheni
finden wir auch jetzt n« i h meist am luide eines gröfs<-ren
Abschnittes eine bescheidene Zugabe von knltir. gescliirht'
liehen Notizen (nach dem Muster von Ihcdow und Ktilil-
rausch). Die alten Deutschen, Rittertum, Turniere, Ent-
deckungen und Erfindungen am Ende des Mittelalters' ,
darauf beschränken sich in den meisten Fällen die in der
VolksschuU j^vbotenen kulturhistorischen Momente. So er-
fahren die Kinder \\o\\\ genaui- Einzelheiten über die Kriege
Karls des (irofsen, sie müssen die Schkichtorte im ßojähriijen
und 7jährigen Krie^ge, die Schlacht(huen aus den I>efreinnL;s-
käni|)kn und (ien letzten drei Kriegen genau herzählen
können; sie haben auch allerhand interessante Züge von
allerhand Herrschern gehört; - aber wie der deutsche Bürger
und Hauer im Laufe der Jahrhunderte lebte, wie die einzelnen
Stände sich entwickelt haben, was die deutsche \'olksseele
fühlte und erlebte, was unsere Vorväter begeisterte, — davon
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erfuhr und erfährt noch heute oftmals der V'olksschüler so
gut wie nichts.«
J. C. N. Backhaus und W. Fricke.
Uiii^c nicin lelirrcicli dafür, wie uKin <u'h Ix'- ii\ hti , kultur-
geschichLüclie X'erhältuisse au cltii »Schüler /.u bringen, ist
ein Buch, das in demselben Jahre mit den »AU|reuieinen Be-
stimmungen« erschien: Backhaus, Leitfaden der Oe-
schichte für Mi ttel s clni 1 en und d i c O h r r > t n f e der
Volksschule. Dort wird z. H. unter der Überschrift: Ent-
deck n n <:,«^eii und andere !• o r t s c h r i t te folj^^endes an<>^e-
lülirl: Lc l/le Felini l;l i iclitssitzunji- in Celle 1 5'S.S. ^ Elektri-
zität \un WilHani ('.illKit 1500. ( ire^orianisclier Kalen-
der 15S2. - Xeutnndlaud enldeckt i6ü6. liank in Ham-
burg 1610, — Erste Zeitung in Frankfurt 1615. — Kreislauf
des Bhites von Harvey in London 1630. — Louisdors 1640.
— Neuholland und Neuseeland 1642. Kartoffeln in Berlin
1651. — Gesetz der Schwere und luitdeckini« der Farben
von Xewton 1666. (ieschwindi^keit des Lichtes vonOlal
Ktinier i<')75. - Prefsfreiheit in Kn^i^land 1697. — Waisen-
haus in Halle durch A. II. Franke 169S usw.
So sah die kultur«^eschichtliche Kost aus, die dem Schüler
vielfach vorgesetzt wurde. Wahrlich, der »didaktische Materia-
lismus' war und ist noch heute manchmal unverschämt grofs.
Noch eines anderen Buches sei hier gedacht, das bald
nacli flen Allg. Hestinnnungen erschien. I{s ist Im icke,
Leitfaden für den (reschichtsunterriclit in der \'olks-
scliule ((icra Dem Kulturleben zur Zeit der vStrmfer
wird z.B. ein acht Seiten langer Abschnitt gewidmet, de.s>cn
Inhalt wir hier kurz durch Stichworte andeuten wollen:-)
Materielles Leben: Burg, Dorf, Stadt, steinerne Wohnhäuser,
Baustil, ( ilasfenster, Ofen, Lampen, Wachskerzen, Strafseu-
pflaster, Heerstrafsen, Hemden, Strünii)fe, Tischtücher, (rabeln,
Löffel, Handwerker, Innungen, Kaiifleute, C*ilden, Münzen,
Wechselbriefe, Herbergen.
Ideales Loben: Trinkgel;ige, Turniere, Tan/, Jagd. Poesie,
Uberseizungen aus dem l"ran/<i»ischen, Xibelungen, Gudrun,
Mitinelieder. Nieder- und Oberdeutsch. Reinecke Fuch.s.
Kloster- und Domschuleu. Schreibschulen, lateinische Schulen.
Aberglauben, Drachen, Zauberringe, Tarnkappe, lebenver-
zehreude Wachsl>ilder. vSittliclie Hildung.
Der Staat: T^ntslf Innig der Fürstenmaclit. Cicistliche
Macht. Kmporkounnen der vStädte. Rechtspflege, FelnngLricIit,
Faustrecht, (Geistliche Regierung, Tapstgcwalt, Münchordeu,
') lIübiKi. Xeucrc Bcslrcbun^^en. S. i»> f.
*) Entnommen aus: Richter, die Kulturgeschichte, S. 17 u. 18.
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Oe«elil«ht* d«r M«thodlk d«s lwllnif«tcUehtlfelMii Uatwrickta,
577
Ritterorden, Kultus, Prozessionen, Reliquien. Arnold von
Brescia. Stande.
Erfindiuii^aMi : Windmühleu, Wassermühlen, Spiegel, Turm-
uhren, Leinenpapier.
Welch' eine Unmasse von Stoff auf diesen acht Seiten!
Wie viel Zeit würde wohl dazu gehören, das alles in lebens-
vollen, anschaulichen Bildern den Kindern vorzuführen! Und
wenn dies ge.schehen wäre, welchen Vorteil würden die Kin-
der davon haben?
H. Winnefeld.
Besonders ausführlich spricht sich in den sicbzig^er Jahren
für die Berücksichtigung des Kulturgeschichtliclicn Dr. H.
W'inncfeld aus und zwar in seiner Schrift: Ziel und
Methode des G e sch i cli l s u n l e r r i c h t s nach seiner
nationalen Bedeutung (i>onauesclnno;en 1874). Er be-
zeichnet als die Aufgabe des (t eschich tsun terrich ts
«nicht ein mechanisches, blofs gedächtnismäfsiges Aneignen
einer bestimmten Summe von Thatsachen und Jahreszahlen,
sondern Aufgabe des ( icschichtsunterrichts ist, dafs er \or
allem ein Verständnis des allgenieinen Gesetzes der Geschicltte,
ein klares Bewnfstsein der Iuit\vickelun<_^'-sifeset'/e, sowie der
notwendigen WechseUs irkuii^ n du Ereignissen und Charakteren
zur deutlichen Anschauung hi ingt und jede Person als das
Werk ihrer Zeil aultassen lelirl. ')
* Kein Gebiet des Lebens, anf dem sich der einem Volke
eigentümliche Charakter ausprägt, wie seine religiösen An-
schauungen, seine Wirk> nii eit in Kunst und Wissenschaft,
die sittlichen imd sozialen Zustände, darf unberücksichtigt
bleiben, die gnn^'e KnUnrgeschichte mufs eine den Bedürf-
nissen der vSt nnle enL>iii echende Stelle linden. Uni das UiC-
dachtnis ihnch diesen ueiieii Su»if nicht zu sehr an/u.->lrengen,
kann man die Erlernung von Jahreszahlen einschränken.«^)
Auch gegen die kulturgeschichtlichen Abschnitte, die
eiuer Periode oder gar am Hude eines ganzen Buches ange-
hängt sind, eifert Winnefeld: »Die kulturgeschichtlichen
Darstellungen, sollen sie nicht einem dürren Ast am grünen
I5auiiu gleichen, bilden keinen von der politischen (iescliichte
losgeir»ten Exkurs, der etwa am ICnde einer Periode als lir-
gänznug angefügt wird, sie niüs>en sieh in u n ini l Lei barem,
von selbst ersichtlichem Zusammenhang an die
politischen Ereignisse anschliefsen und mit Bei-
spielen aus denselben belegen, lassen. Nur bei
gröfsern Kepetitionen kann es sich empfehlen, nach der poli-
'j Winnefeld, S. S-
*) Winnefeld. S. 14.
ir*M BubuD (PIdafOflm) V1L 11.
38
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57«
tischen (icschichte einer Periode die merkwürdi, eisten knltur-
geschichtliclien Momente derselbLii im Zusannnenluiiig' vor-
tragen zu lassen. Uine suiclie Rc])ctition bielcl dem Lclircr
Gelegenheit, einzelnes, das bei der politischen Geschichte
keine Verwendung finden konnte, hier nachzuholen.
Joseph Palla.
Um diese Zeit kla^^te auch Professor Joscpli Palla
bitter über den r/eschichtsunterricht, der die reine Für^teu-
geschichte |)flegc und bevorzuge.-» Ein suielK-r Untenielit
vermöge nicht die dreilache Forderung zu erlüllen, die an
ihn zu stellen sei. »Die erste Forderung nämlich, die wir
an den Geschichtsunterricht stellen müssen, geht dahin, dafs
er dem Kinde Musterbilder vorführe, die (iesiimung und
Charakter bilden. Dieser Forderung entspricht aber die Fnrsten-
geschichtc zum geringsten Teile, sie läfst das V'olk und seine
Kinder in der Regel kalt. Die zweite F'orderung an den
Geschiehtsunlerricht geht dahin, dafs er dem Schfder die für
das Ivcben ntjlwendige Welt- und Meuschcnkcnnluis gewähre.
Wie soll dazu die Fürstengei»chichte imstande sein? Zum
dritten verlangen wir vom Geschieh tsimterricht, dafs er
den Schüler befähige, die lugenart seines Volkes, dem er zu-
gehört, zu erkennen. Die Ivigenart eines Volkes, seine Kultur
wird aber doch nnr aus der Geschichte eben de s \'<>lkes inid
nicht der Für>u n erkannt. Die reine F'ürstengeschiehle uiufs
sich daher im Interes.sc hiiherer Ziele auf ein bescheideneres
Mafs beschränken, sie mufs namentlich in der Volk.sschule
einen volkstümlichen, kulturellen Charakter bekommen. An
Stelle des herkömmlichen Wustes von Staatsaktionen und
Hof geschieh teil müssen die volkstümlichen FHemente treten.
Unter den herkömmlichen Stoffen des Geschichtsunterrichts
hat jedenfa«]'^ die Volksschule am meisten zu leiden, denn
ihr bleibt aneli die alte Cieschiehte verschlossen, die wcni i^stens
auf höhern Scliulen den Hauptteil jener Hilduug gewährt,
den die Geschichte überhaupt bieten kaun."^)
Angeführt seien auch die Worte, mit denen Palla die
Resultate eines Unterrichts, der vt)rzugsweise die politische
Geschichte berücksichtigt, geifselt: Der vSchüler hat .sich
durch so und so viele Kapitel im Schweifse seines Ange-
sichtes hindurcligearbeitet, giel)t sich endlich Rechenschaft
über das er\\ < irht HLWissen und findet: Xamen, Zahlen, einen
Wust von ThaL.saelien, die nach Motiv, Inhalt und Folge
>) Winnefeld. S. ,:;S.
*) In seiner Sclihft : N'aterlandskuude an l^eUrerbildungs-
anstalten (Ktagenfurt 1874).
*) Palla, S. 16 tt. 17.
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57?
einander zum verwechseln ahnlich sehen, dazu einige Ereig-
nisse, dir ihn lebhaft interessieren, z. B. Investiturstreit, Kreuz-
zug^e, Unter^anjr der Stanfer, Hrfinduiij^^en und Entdeckunj^^en,
ohne dafs er sie nach ihrem ("irinidc vollkouiuun bej^^riffe.
Kin j^rofser Teil der aufj^;e\vciuletcii Zeit und Arln ii erscheint
als verlieren, denn von dem, was die (ieseliiehte ihn lehren
soll, hat er nur dunkle Ahnungen. Die Schuld an diesem
mehr als bescheidenen Resultate tragen ebensowohl der ^rofse
Umfang als auch die Zerrissenheit des Stoffes in zahllose
Kapitel, das Hervordrängen des Personenkultus und der
Mrin<^el nii Lcklün- -gleichzeitiger Schriftwerke. I'nbestritten
1111(1 durchaus notwendig nl--'> i^t < s s i-.t V\] / dafs wir der
Jugend nicht hlofs die Vaterlandsliebe im Kriegsrock zeigen,
sondern dieselbe auch aul iler Bahn des Friedens in
dem Strahlenkleide der Wissenschaft, der Kunst,
der Industrie, der Erfindung usw. vorführen.**)
Die Herbart-Zillersche Schule.
ICin besonderes Verdienst um die Forderung des kultur-
geschichtlichen T^nterrichts hat sich die Herbart-Zillersche
Schule erworben. Biedermanns erste Schrift: Der ( rcschichts-
unterricht fand insbesondere bei den Herbarlianern freund-
liche Autnaiime. Zuerst war es Professor Zill er, der in seiner
>Orundlegung zur Lehre vom erziehenden Unter-
richt (1H65) erklärte, *die ßiedermannsche Methode sei die
allein padaL:'>gi.sche (S. 275). Er förderte dann diese Methode
so sehr, dafi> die \'erfasser der acht Schuljahre geradezu
sagen durften, dafs Biedermanns Schrift \ iela icht sclion wieder
in Vergesseiilicit geraten wäre, wenn nicht Zillei den Haupt-
gedanken (K>>Lil)en autgegriffen, umgerirbeitet und weiter
gebildet halle. Durch Ziller sei der griindlegeiKle (»cdaiike
der Biedermann scheu Vorschläge gerettet: das Fortschreiten
von einem Hauptmonient der Geschichte zu einem andern
mit jedesmaliger rückwärtsschauender Ergänzung (Fünftes
Schuljahr, vS. \c)),
.Auch in (lem Jahrbuch des X'ereins für wisscnsclirifl-
liche Pädagogik , 14. Jahrgang beschäftigt sich Prof. Ziller
mit Biedermanns Nlethode und spricht sich ausführlicher
darüber aus, welche kullurgeschichtlichen Stoffe im \ orbe-
rcituugskursus des Geschichtsunterrichts berücksichtigt wer-
den können: * Begegnen wir einem alten Herreusitz, mit
Resten eines tiefen (irabens, mit Spuren früherer Befestigung,
mit starken ( lebäuden ohne Schönheit, aber von grofser Sicher-
heit, mit einem wüsten (>artcu, mit herrlichen Waldungen
V Palla, S. 34.
3«'
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Johann Denifcl.
und schönen Feldern tind findet iimn dazu im Friedhof uralte
Grabsteine mit verwischten Sein iftz{iq;cn, Wappen nnd Jahres-
zahlen, so wird üTiscrni /iii^liiii; (hirch diese stillen Redner
eine C.esellschaftsklasse geschildert, wie sie heute nicht mehr
besteht-
Mit diesen Worten schildert Zitier die Art, wie knltnr-
geschichtliche Verhältnisse «nterrichtlich behandelt werden
können.*)
Auch die Verfasser der acht vS cht dj. ihre (Theorie und
Pr :i \ i s d es Vcilh ssch n 1 1I n terrich t s n a eh H er h ar t seh en
( i rn II (1 Sätzen \ oii Rein, Pickel und Scheller) liaben die
Hicderinaniisehe Mclho(lc nicht nur irittt^;eheifsen, sondern
sogar in einer Weise au^gedchnl, die liiedermaun selbst la.->t
ZU weit zu gehen schien. Dem eigentlichen Unterricht geht
ein Vorkursus voraus, der im dritten Schuljahr die heimat-
liche Sage und im \ierten die Nibelungensage behandelt
Dann werden dem Schüler die Hauptwendepnnkte in der
Kntwickeluno; unserer nationalen Kultur Nor^cfiihrt und
zwar nach Piedennanns Vorschlägen: der l'ulerrieht führt
den Schüler von einem Ilöhenpunkt der (ieschichlc /um
andern und ergän/t den Zusammenhang durch rückblickende
Betrachtungen.
Besonders durch die Würdigung der heimatlichen
Sage leistet die Herbart'sche Schule der Kulturgeschichte
besondere Dienste, da die unterrichtliche Pehandlung der-
selben das kulturgeschichtliche Moment besonders berück-
sichtii^t. So sagen die Verfasser der Schuljahre (S. «S5), dafs
sich am Ende der Xibelungensage folgendes kulturgeschicht-
liche Material ergeben soll: Königshof, Ämter am Köuigs-
hof, Rittertum, Ritterschlag, Ritterrüstung, Turniere, Auszug
zu Abenteuern, Burgen, Jagd, Feste, Gastfreunde, Mannen-
treue, Vasallen, Waffenfreundschaft, Freundestreue, Besuche,
Frauen, Trachten, Schnuuk, Kampfspiele, Verlobung, Ver-
heiratung, Begräbnis, \\'nlnihans, ^Innster, Freie, Leibeigene,
Somien wende, Aberglauben, RieMcn, Zwerge, Drachen usw."
Albert Richter.
Eine Autorität auf dem riebiete des Geschichtsunterrichts
bezeichnet man, wenn man den Namen des I^eipziger Schul-
direktors Alb. Richter nennt.
Was den kulturs^eschichtlichen l'nLcirielu anlangt, so
verdienen drei Schriften Richters genannt /.u wenlcn: i.
Uber d en G cschi ch tsu n t er r i c h t in der Volksschule
(I^eipzig 1872). 2. Uu eilen im Geschi chtsunterrich te
I^icbc Auijlührung Zillers vriiiiicrl au jeue üben mitgeteilte
Stelle aus der Schrift Salzmanns: Noch etwas über Erziehung.
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OeMbleht« 4er 'Methodik dw kultw^vtebicbUloIwi» ITnterrlebti.
(T.eipziV r886). 3. Die Kulturgeschichte in der Volks-
schule (Ootlia 1887). Ein erschöpfendes lÜld der Ansicluen
und Bestrebungen Richters hier zu geben, ist nicht aii^än^ig;
es mufs viehnelir auf die Schritten selbst hingewiesen werdeu.
Für uusem Zweck genügt es, wenn wir uns auf die
jüngste der genannten Sdiriften beschränken, auf -»Die Kul-
turgeschichte in der Volksschule*, da die erste Schrift fast
ganZf die zweite zum gröfsten Teile wörtlich in jene aufge>
nomnien ist.
Die I'ruL^c. ob und wie Kulturgeschichte in der
\' o l k s s c h u 1 e /. u treiben sei, ist so alt wie der Ge-
schichtsunterricht iu der Volksschule . Zum Er-
weise dieses Satzes giebt Richter eine kurze Geschichte der-
selben und behandelt nacheinander Schlözer, Resewitz, Dolz,
Lohr, Bredow, Kirchuiann, Fricke und Backhaus. Im zweiten
Teile seiner Schrift spricht Richter darüber, dafs sich die
Geschichtsschreiber über die Grenzen x w i s cli e n
]) o 1 i ti s c Ii e r und Kulturgeschichte nicht einig sind
und führt Aussprüclie von Kriegk, Falke, (Tcbhardt, Zwie-
dineck an. Im driiUii Teile beginnt d«is -Methodische der
Schrift Richter stellt als Grundsatz auf: Im Unterrichte
sind politische und Kulturgeschichte nicht zu
trennen. MitFleifs sammelt er dann wieder die .Ansichten
der Pädagogen, um diesen Snt/ /n erhärten: Scholtze, Weber,
Hiedernianu. Muster, dir TTc rhartsclu- Sc liule, Rein, Pickel
und Seheller, Willmann und die österreicliischcn IJnterrichts-
insLrnküe»ucn werden angeführt. Im vierten Teile spricht
Richter \ou der Notwendigkeit eines kulturgeschicht-
lichen Anschauungskursus, wie ihn Biedermann ver-
langte. Wiederum werden die Ansichten der Pädagogen
herbeigeholt und scharfer Kritik unterzf>L;eii. Richter giebt
dann selbst zwei Proben einer kulturgeschichtlichen Ileimats-
kuiide, eine für die Stadt und eine für das Land. Die
erstere schliefst .sich an eine bestiniuite Stadt, au Lreipzig an.
Die zweite möge hier stehen :
Von dem Leben tmd Treiben an einem Bahnhof kann
der Lehrer einer Dorfschule nicht wohl ausgehen, wenn er
Verkehrsverhältnisse früherer Zeiten schildern will.
Das Dorf hat keine Messen, und den Jahrmarkt in der
nächsten Stadt haben die Kinder kaum alle gesehen. Aber
es führt vielleicht durch die Feldmark des Dorfes eine Eisen-
bahn, ani Casilmfe findet sich noch das Sdiild mit dem
wei.s.sen Ruis oder sonst einem Hilde. Sollte sich da nicht
erzählen lassen, wie die durch das Dorf führende Strafse
sonst belebt war, wer im Gasthofe einkehrte? etc. Und der
Schilderung eines Frachtwagens alter Zeit bringen die Kinder
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Jutinnn licuitel.
des Dorffs \iclleiclu ein noch viel gröisores luteresjse ent-
gegen, als die der »Stadt
Kill Denkmal aus der Zeit der Hefreinngskriege liat das
Dorf nicht, aber man erzählt sich noch aus der Franzosen-
zeit» welche Häuser damals eingeäschert wurden. Aus der
Schwedenzeit klingt noch die Sage herüber, wie das Dorf
damals auf einem i^nn/ nndcrn < >rtc L^estanden liahe, wie in
iler I'eldmark, die man jet/l ii«>t h den I v-irenstein, den Tannen-
herg etc. nennt, früher ein Itliiliendes Dnrf q-eslnnden habe etc.
Sollte d.nan der lA'lirei nieht ankmiplcn können, \\\ni\ er
das Kriegswesen früherer und jetziger Zeiten \ er gleichend
schildern will?
jetzt hat der R.mer seine Felder l)eisaninieii liegen,
früher besafs er viele schmale Streifen, je einen in jeder
Feldmark. Jetzt jirangen die bVlder mit rotem Klee, und
im Herbste liefern sie Kart«>ffehi. Wie lan^^e ist das her?
Wie war r> ti iiher? Wie gin^^ e s n)il den Kai löffeln? Jetzt
hat man Säe-, Mäh- und Dreschmaschinen und früher?
In vielen Dörfern sind alte Inschriften in der Kirche
oder im Turm, Sagen oder hi$tori.schc Überlieferungen leben
im Munde des X'olkes fort, alte Hilder in den Kirchen ver-
setzen unmittelbar in vergangene Jahrhunderte. Das sind
Dinge, auf die der hi iniatknndliche Unterricht in der be-
treffentlen Dorfseluile Rücksicht zu nehmen hat, wenn er
geschichtlichen vSimi wecken und })fV"gen wilb . (S. 47U. 4.S.)
Im fünften Teile behandelt Richter den Sagciiknrsus
und zeigt, wie auch die Sage unterrichtlich behandelt werden
kann, dafs sich für die Kulturgeschichte reiche Ausbeute
ergiebt Im -^celisteu Teile wird der eigcntlidie Oeschichts-
nnterrichl behandelt. Dabei stützt sich der Verfas.ser ganz
auf Scholtas Werk: Die Kulturgeschichte im historischen
l'nterrichl. Des Weitern verbreitet sich dann Richter über
den (iel>ranch der Quellen im l'nterricht, i^iebt hierzu einen
geschichtlichen TTberblick und erörtert alsdann das Thema,
wie auch die- Ouellen kulturgeschichtliche Bildung fördern
können. Dies tlint Richter an der Hand des von ihm ver-
fassten Ouellenbuches für den l'nterricht in der
deutschen (teschichte (Leipzig 1 SS;;,». Wie sehr Richter
auch bi-i \bfns'-nn<: «bcses i'.uches bemüht «gewesen ist, auch
d( ! kiillur^e^chichte gerecht zu weiden, nuige uns Liebes-
ki ncP) sagen: Wir müssen es als einen grolsen X'orzug
dieses Buches bezeichnen, und sind deshalb dem Verfasser
zu grofsem Dank verpflicliet, dafs er in demselben bestrebt
ist, den Zuständen des deutschen X'olkes eine ebenso grofse
') Über die Benutzung von Quellen im Gcschichtsunt., S. 2$,
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Ho'^chiclito >l<>r STethodik dos kulturg'i>8chichillcheu Unterricht«.
5^3
Aufmerksamkeit zu widmen wie den Thatsaclien, die die
aiifsern (leschickc des Ivandes Ikstimineii. Richter hat alle
jene VerhriUnissc bcn'icksichtisj t, die uns von der Vorwelt
ein richtiges liiUl hinstillt n ; w führt uns in Haus und Hof,
an den traulichen Henl und in das stille Familiengemach,
in die rauschenden Haine unserer germanischen Voreltern,
in deren geheimnisvollem Dunkel sie ihren Göttern geopfert;
er macht uns bekannt mit dem öffLiitlichen Leben verwehter
Jahrhunderte, dem Schmerz und Ernst, den Tagen des Jubels
und den Tagen der Not und Wr/wcifUm*:::. Diesem Streben,
auch das Zustriiidliche zu l)erücksichtigen, verdanken wir
auch die Autuahuie einer <>^anzen Anzahl von Quellenstücken
rein kulturgescliichtlichen Inhalts, so z. B.: I3as Kapitulare
von Paderborn, Aus alten deutschen Volksrechten, Karls des
Grofsen Bestimmung über die Bewirtschaftung der könig-
lichen Güter, Karls des Grofsen Bemühung um die Brziehung
seiner Kinder, Die Meistersintjer u. s. w.
A. Richter hat auch Tuehrere I^ücher für die Hand des
Scliült rs verfafst, die sich iR ben der Uerücksichti^ifunq- von
OuellensLücken besonders durch Betonunji;;; des kulturg-eschicht-
lichen Momentes vor andern Leitfäden unterscheiden.
Mit de« Ausfühl u Ilgen Albert Richters sind wir auf
dem Höhepunkte angelangt Neue Gedanken sind seit-
dem nicht aufgetaucht Wir brechen deshalb hier ab*) und
sprechen nur noch den inni,efen Wnn'^ch ans, dafs die KnUur-
p-eschichte sicli immer mehr die ihr im Creschichtsunterrielite
gebüluende Stellun;; rK.bcrn möge - zuni Heile unserer
Jugend und unseres Volkes!
») Wer auch die »cuesten Vertreter des kulturgeschichtlichen
l"iitcrn\ lits in ilireii Anscli:nmn<>fcn kennen lernen wil!, <U n verweisen
wir am dcu crwciterteu Abdruck dieser Arbeit in den > l'ädagogischen
Zeit- und Streitfragen«.
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Zwei Fragen aus der Geometrie.
Vou W. Aigiohm in Bromber^.
2. Welohefi in der Geometrie die etHten llntenicht«-
|yreg:enetAnde?
Ks ist bekannt, dals anch lioiite nocli in dv\i mci>Leu
Lelnl>üohern der Cieuuieti ic, die lüi höhere Lehranstalten be-
stiiiiuit sind, im groUeii und ganzen der wissenschaftliche
Lehrgang Euklids innegehalten wird« so unzweifelhaft es
anch dem Padagoj'cn ist, dafs dieser Lelir<>an<^ weit über
dem I'assnnjjsverniöo;en der Mehrzahl der vScliüler steht ; denn
Bej^riffe wie Cieonietrie, ("Iröfsi-, mallu niatischer Körper, R nmi,
Axiom, I^'läehe, Linie, ICbt iie, ( 'rlrichlicit, Ahnliclikt. ii. Kon-
^rnenz nsw. drängen sich bei diesem Wege auf eine zn knrze
und zu frühe Unterrichtszeit zusammen.
Gcwifs ist es nötige dafs auch in der Geometrie, und
hier erst recht, von Anfang an klare Vorstellungen erzengt
werden; aber es liej^t i^ar keine zwinj^ende Veranlassunj^ vor,
schon zu Rej^inn des Unterrichts über diese Dinj^e zu sprechen.
Wohl sollen all diese Krklärnnj^en in den voll entwickelten
Schulen i^ei^i ben werden, abrr nicht zu Bej^inn des T'nter-
richts, sondern erst dann, wenn der vSehüler sich längere Zeit
mit Linien, Flächen, Körpern usw. beschäftigt hat, wenn er
mit Verständnis ein bestimmtes geometrisches Pensum zu
überblicken vermag, und sich nun die I^rklärungen und
Definitionen aus dem durchlaufenen Unterrichtsgange folgern
lassen.
Diese Anschauung scheint sich endlitli auch in den
Kreisen der Lehrer an höheren Ivchraiisiallen ikdui zu brechen.
So beginnt die lou. Antlage von kand)ly, erschit-nen 1894,
nicht mehr mit der Firkläning der Begriffe: Geometrie,
' Raum etc. und der Behandlung der Axiome, sondern mit der
Beschreibung des Würfels, Hierbei werden die Hezeichnnngen :
Körper, Mäche, Linie, Kante, Punkt, ICcke, Winkel, Scheitel,
Schenkel, senkrecht, wagrcciu, .schräge, parallel u.a. gebraucht,
M I, siehe Heft IV, vS. 205 ff.
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Frii^en aus *U't Geomctrir. ;^,S;^
ohne definiert zu werden. Definiert werden nur die Hezeich-
nung^en: Würfel. \'iereck niid Quadrat. An die Behandlung^
des Würfels scblieist sich in g;leicher Form die des Prisma,
der Pyramide, dts Cvlinders. des Kegels und der Ku.l^^cI. Zu
den vorhin gciiaunttrn oenennungen treten neu auf die Namen
für die verschiedenen Dreiecke und Winkel, för Vielecke,
Kreis, Kreisfläche^ Mitteljnuikt, Körperspitze usw.
Das Verdienst, diese Änderung hervorgebracht zu haben,
darf die Yolkschulpädagogik für sich beanspruchen. Freilich
ist der P^rfolg noch kein durchschlai^euder. Ablest lien davon,
dafs diese Neuerung noch lange nicht überall gut gchcilscn
wird, tritt die Besprechung der Körper bluls als Vorübung
auf, die nur wenige Stunden ausfüllt Dann greift wieder der
alte Gang Platz.
Was ist dadurch gewonnen? Es ist ein Fortschritt, dafs
die ersten Unterweisungen sich an Körper anschlielsen. Da-
durch erhält der geometrische Unterricht eine anschauliche
(rrundlage. Dafür stürmt nun aber iri kurzer Zeit Tuigewöhn-
licli viel Neues auf den \'orstellungskreis und das Oedächt-
nis des Kindes ein. Aufscrdeui liei^t das CTclernte spater als
toter Ballast im Gedächtnis der Schüler, weil von demselben
im folgenden Unterricht kaum Anwendung gemacht wird,
da nach wenigen Stunden der »wissenschaftliche«: Gang zu
seinem Rechte gelangt Nun kommen doch all die schwierigen
Begriffserklännigen, die eingangs genannt wurden, zur Be-
liandlunq-. Der Unterricht beweq-t sicli in pbilosopliischen
Auseinauderst l/nugen vor etwa zwöltjährigen Kindern, die
sich rein recepliv verhalten müssen. Ihre einzige Thätigkeit
besteht darin, dafs sie jene schweren, unvollkommen verstan-
denen Gedanken nachsprechen.
Es ist eigentümlich, dafs auch das, was an sich leicht
fafslich tmd klar ist, in dieser Lehrform schwierig wird. Einer
der ersten Paragraphen von Kambly giebt die geometrischen
Grundsätze, deren erster lautet: Jede Gröfse ist sich selbst
gleich und ähnlich a^^/t. Was ist wohl einfacher, als dafs
dieser Würfel sich selbst gleich ist, dafs jener (Jfen sich selbst
gleich ist, dafs endlich auch ich selbst mir selbst gleich bin!
Und doch» was macht dieser Satz den Kindern für Skrupel!
Am besten fahren hierbei die (ileichgiltigen; aber mancher
eifrige Junge (ich spreche gerade in diesem Falle aus Er-
fahnin^! kann die VV'eisheit dieses Satzes nicht ergründen.
Oft schon habe ich mich gefragt, was hierbei den Kindern
unverständlich ist. \'ielleicht ist es die sonderbare Art des
Vergleichs, nanilich uals eine (Wölse mit sich selbst verglichen
wird, während sonst bei einem Vergleich doch mindestens
zwei Grofsen nebeneinander gestellt werden. Vielleicht werden
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586
W. Atqtstthm.
(He Kinder auch dadnrcli vcH)lnfft. dafs man liier etwas an
sich SelbstverstHndliclRs in dir wiclitij^ye Form des Lehrsatzes
fafst, Man wird linden, dals der Scluiler den Gedanken i^an^
richtig erfafst» wenn man die vSaehe als selbstverständlich
und bekannt voraussetzt Darum ist es besser, den Satz gar
nicht als Lehrsatz zu geben. Hat aber die Beweisführung
später VeranlasMing, sich auf denselben zu stützen, wie etwa
bei der Beweisführnnj^ des Satzes: »Im gleichschenkligen
Dreieck sind die I'.asiswinkcl i^dficli , wo die Senkrechte,
welche- das ^kiehsebL nklige I)rcicek halbiert, beiden Teil-
dfri ecken angehört, <lann brancht man ja von dieser Linie
nicht /AI sagen, sie ist sich selbst gleich, soudct n: es ist ein
und dieselbe Linie.
Solche Kleinigkeiten sind es oft, welche das Kind von
diesem Unterrichtsgegenstande znrücksch recken nnd es kopf-
scheu ihachen. I'nd darnm stelle ich znnächst folgende For-
• dening anf : Der erste Unterricht in der ( i e o m e t r i e
darf sich nicht mit den sogenanutm (rrnndsätzen
beschäftigen. Die rör tern n ge n über die Hegriffe:
Cieometrie, mathematische^O röfse, geometrischer
Körper, Raum, Gleichheit, Ähnlichkeit, Kongruenz
usw. fallen zu Beginn des Unterrichts weg.
Die Volksschulpädagogen haben den » wissenschaftlichen c
Weg in der Geometrie längst verworfen. Sic lassen im An-
fange des Unterrichts die strenge weisfiihning fallen, ver-
meiden, wo es nngäni^ig ist, die Definitionen, beginnen mit
dem Würfel, schreiten dann znr IHäche nnd znletzt znr Linie,
um dann aufwärts von der Linie zur Fläche und zum Körper
zu gelangen. Aber auch dieser bessere Weg ist noch ein Rest
der alten Methode, gewissermafsen eine" Abschlagszahlung.
Körper, Fläche, Linie mit allem, was dazu an Erklärungen
nnd Definitionen nötig ist, das giebt eine Menge von Kenem,
in das die Kinder ohne Not hineingestürzt werden. Indem
man sie anf einmal mit riini so grossen Masse nener Vor-
stellnngen üherscliüttet, können sie sich in die Kinzelvor-
stellung nicht genugsam vertiefen, diese durch die früheren
Vorstellungen nicht assimilieren; es ist nicht möglich, dafs
sie jede einzelne nene Vorstellnng vonstaiulig beherrschen.
Wer darnm diesen .\rbeits^toff als Überleitung in die
eigentliche Geometrie betrachte t, ihn gewissermafsen als selbst-
erworbenes geistiges Kigentnm der Kinder, als bekannt vor-
anssetzt, der mntet den Kindern zn viel zn. Wold sagt man,
es ist dieser Weg so beqnem, es la.ssen sich die Begriffe:
Körper, Fläche, Linie, Punkt so vorzüglich am Würfel demon-
strieren; mein Einwand aber, dafs diese Weise plötzlich zu
viel Neues bietet, wird dadurch nicht entkräftet
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587
Aufscrdcin ist dieser Weg zu künstlich. Ks ist zwar
in der ( )rcllulu*^^ wenn in der Botanik als Anschannni^sniittel
eine IMlan/.e, in der Plnsik zur Orundlaj^^e des rnieirichts
der Apparat benutzt wird ; al)er einen besonderen Körper zur
Anschauung vorzuhaliLU, wenn das Kuid niitun in der Masse
der Körper steht, einen besondern Korper zu beanspruchen,
um Flächen und Linien z\i erläutern, wo es um das Kind
her an nllcn (iej^instfintlen von I^'lächen und Linien wimmelt:
das halte ich für Künstelei. Ks soll der Würfel ja nicht aus
dem rnlerriclue verbannt werden. IVr ^ori^frilfi ijc Lehrer
wird s|)äter nur zu oft zu ihm irreileu müssen. AIki icli
glaube, man führt das \'erstandiHs der Kinder irre, wenn
man sich so an den einen Körper klammert^ wie es die
meisten j^^eonietrischen Bücher, die hierin Harnisch und Kehr
folgen, thun. Auch ist es durchaus notwendig, die Hegriffe:
Punkt, Linie, Fläche, Körper, Winkel usw. nebeneinander zu
stelK n und sie durch diese Xebeneinanderstellunjx zu klaren,
abe r auch das erst später, wenn die Schüler sich mit diesen
Dnigen iänj^er bt-schäftii^t haben.
Und .SU behaupu icli weiter: Der Weg vom Würfel
xur Fläche und Linie als Hinleitung in die Geo»
metrie überhäuft die Kinder mit zu vielen neuen
Vorstel 1 u n <4 en und ist d arum nicht zu empfehlen.
Um die Linie zu demonstrieren, ist gar kern Würfel
nötig. Dazu sind liank-. Tisch- und Thürkanten genug vor
hanikn. Dazu dient auch die zuerst durch eine Sclinur aii-
gegebcac und später nur gedachte Kntfeniung zweier Tmikle
im Klassenraume, auf dem Hofe usw. Der Weg des am
Faden geschwungenen Steincheus^ Funkens, der Weg des
Blitzes, des geworfenen Schneeballes usw. zeigt eine Linie,
l^benso bilden wir Linien beim P.rcchen eines Papierbogens,
beim Falten eines Briefes. Ks läfst sich also dit Linie .sehr
gut veranschaulichen und erklären, ohne ikn Würfel und,
was hiri die llauj>lsache ohne vorher KTtipi r und Flächen
l)ilian(kU zu haben.') So bietet dieser Anfang tlen \'orteil,
dais nicht so viele Vorstellungen sich häufen, sondern dafs
die Linie allein die ganze Aufmerksamkeit der Schüler für
sich beanspruchen kann.
Dazu kommt noch ein Zweites. Bei dem L'nterrichts-
gange, der vom Körper abwärts zur Linie führt, ist das Ver-
halten der vSchnler wie beim wissenschaftlichen Gang, wenn
auch nicht in dem Mas.se, receptiv. Die Kinder hören,
merken und antworten. Kine Selbstthätigkeit kann weniger
Platz greifen, weil der Würfel in der Hand des Lehrers
*) Vergleiche; Augschun, Grundzüge der Geometrie. Berlin,
E. S. Mittler.
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S88
einen bestimmten Weg" vorscVireiht. Ist nbcr die Linie der
AusL;:ani;^s])unkt im Unterricht, so beginnt aucli sofort die
Thätigkeit (kr Schüler: Anwählen von Linien an den ver-
schiedenen Ciegenstäudeu der Klasse, Aufsuchen von geraden,
gekrümmten, wagrechten, senkrechten, schrägen Linien;
Hervorheben, durch welche Thätigkeit Linien gebildet werden;
Schätzen von Linienlangen und Abständen, korri. liierendes
Nachmessen usw. Hndlich lassen sich all diese mündlichen
Darle^niii^en der vScliüler zu schriftlichen häuslichen Ar-
beiten vei wenden ; es müssen Linien der vciscliiedeiisteii Art
gezogen, punktiert, gestrichelt werdeiu Eine Fülle von Ar-
beiten!
Somit beantworte ich die eingangs gestellte Frage:
♦Welches sind in der Geometrie die ersten Unterrichtsgegen-
stände?« also: Der Unterricht in der Geometrie darf
nicht, wie es gewöhnlich in den h ö h e r e n Sch ul en
der hall ist, mit der Erklärung der Hegriffe:
(Tcometrie, Raum usw. und der Jiehandlung der
Axiome beginnen. Auch i s t n i c h t , w i e d i e h e u t i g e
Volksschulpraxis es liebt, vom Körper abwärts
zur Linie zu schreiten. Der Unterricht beginne
mit der Linie, schreite fort zum Winkel und dann
zu den Parallelogrammen und Dreiecken!
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Ist zur erfolgreichen Ijeituzig einer Yolks-
schuXe die JLblegung der Mittelechul-
lehrerprüfimg tot dem Rektoratsexamen
notwendig oder nicht?
Ente Allt^^ Hrt.
Mati mag di*.- sogenannten F acliprü f im gen noch so
gering werten, dafs der Staat sie entbehre!! könne, wird keiner
iK'haupten wollen. Kr hat niiü einmal kein anderes Mittel, sich
von der speziellen Kachtüchtigkeit liir die Ämter und Stellungen,
öber die er verfügt und die er beaufsiclitigt, zu ül>erzeugen.
Im Privatleben bedingt der Erfolg die Befähigung; da spornt
die freie Konkurrenss des Pleifses und der Intelligenz zu den
höchsten Leistungen und zur dauernden Steigerung des Berufs-
wissens und Berufskönnens. Im staatliclieii Leben ist das anders.
Die Beamten sitzen fest und sicher in ihrer Stelle, sobald sie*
defiiiili\ ang^estellt sind. Ihr Kampf luns Dasein /.\vin<;t sie
nicht, ihre Rrälte voll und ganz in den i>ienst des Amtes zu
stellen, da es keinen materiellen Gewinn bringen wfirde^ wollten
sie mehr thun, als ihnen ausdrücklich befohlen ist Und was
di« Menschen sonst noch treiben kann, mit den ihnen verliehenen
Pfunden zu wuchern, der grofse Gedanke der Pflicht und der
ideale Flug des Cieistes, nun. der erstere ist nur von sehr
wenigen so tief erfaist. dafs er dieselben Früchte zeitigen könnte,
welche die freie Konkurrenz zeitigt, und der ideale Sinn nnlir-
liegt auch innerhalb des Beamtenstaudcs mehr und mehr tlem
materiellen Zuge der Zeit, ganz abgesehen davon, dafs er von
der Reaktion noch immer als staatsgefährlich verfolgt wurde.
Kurz und gut im Staatsleben ist auf eine Erhöhung der beruf«
liehen Qualität der Beamten nach der Anstellung kaum zu
rechnen. Dm so mehr hat der Staat Veranlassung, die Quali-
fikation vorher gewisseiihatt zu prüfen, und die (iaraiilic dafür,
dafs seine Amter gut verwaltet werden, mufs um st> grüiser
sein, je zweckentsprechender Finrichtuug und Wesen der Fach-
prüfungen ist Prüfungsobjekt ist das zum Können erhobene
Wissen d^ bezuglichen Berufssphäre.
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590 _ H- WiJf«*-
Nun hänj^t jedoch diu Hraiiclibarkeit eiTie< Menschen im
Leben nicht allein von seiner speziellen FachtiK lilit^keil. sotidoni
auch voti seitier Charaktertfichtiirk« il ab. Daiiun tordert dur
Staat liir alle seine wichliKcicu Ämter und Stellungen auisci
dem fachlichen Befähigungsnachweis den Nachweis einer ge-
wissen Charakterbildung oder allgemeine Bildung.
Diese EU vermitteln ist Aufgabe du :dli;cmeinen Hildungsan-
stalten, und der Staat sieht den Nachweis der geforderten all-
gemeinen Hildung erbracht, wenn flie entsprechenden Anstalten
(xk r gewisse Klassen dersc Ihm absoK icrl sind. Dals die allge-
meine Bildung der Fachbildung vorangehe, ist ihm oberster
Grundsatz.
Demgemäfs ist das Bildungs- und Prüfungs-
wesen aller Stände geordnet, welche im gesellschaft-
lichen Organismus grofsere Bedeutung haben, nur
des Lehrers tan des nicht. Für diesen wird von dem Nach-
weis einer bestimmten allgemeinen Bildung vor dem Kintritt in
die Berufsschule nicht gerade abgesehen, das geforderte Mals
jedoch von vornherein für ungenügend erkliirt. Anstatt aber
die Anforderungen ganas einfach genügend zu erliölien, wird das
Fehlende in der Berufsschule ergänzt, eine Arbeit, die diese so
vollständig in Anspruch nimmt, dafs sie ihren eigentlichen
Charakter ganz eingebüfst hat und allgemeine BilduiiL^^anstalt
geworden ist. Der Lehrplan (k> Seminars hat für die Fach-
bildung wenig Raum : sie ist dort winziges Anhängsel und ver-
flacht zu einigen meth<»dischen Rezepten.
Das ist kaum zu begreifen, wenn n>an sich \ crgegcnwärtigt,
welchen Wert der Staat sonst auf eine tüchtige Fachbildung
legt, wie er sein Möglichstes thut, um sich tüchtige Mediziner,
Juristen, Theologen, Chemiker, Ingenieure. Förster, Künstler,
Techniker n. s. w. heranzubilden. Warum vernachlässigt - er
seine Lehrer.^ Warum bcirelit er T 'uterlassungssnnden an der
Stelle, an der sie sich am emptitidlichsten raclu-n müssen
Die ganze Verworrenheit, welche auf dem (lebiete der
Lehrerbildung herrscht, zeigt sich am dcullichsten im päda-
gogischen Prüf u n gs wesen. Die erste I.,ehrcrprüf un
ist fast ganz eine Prüfung nicht in allgemeiner Bildung, denn
das, was das Wesen des Charakters ausmacht, läfst sich nicht
abfragen und vorzeigen, sondern in dem Wissen und Können,
welclie^ als Hilflnnvj:*imittel l'nterrichtsolyekl in den allgemeinen
l>ildunvi,>anstallen ist. Die zweite L eh r e r ]i r ü f u n g ist eine
Fach})rüfung, das M i 1 1 e 1 s c h u 1 e x a in e n wietler eine Prütung
in allgemeinem Wissen und das R e k t o r a t s e x a ni e n wieder
eine Fachprüfung. Eine sonderbare Stufenleiter! Da(s da von
einem inneren Zusammenhange, von einem geordneten Aufbau
nicht die Rede sein kann, liegt auf der Hand. Es ist kein
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tut tnr «rroltcrri«]»«!! I^ettnitg' tiwf Y«1kMcliBle *lc.
Pru f u n j;'sor gaii i s in u s , sondern ein Gern eng sei von
P rill im gen. in dem die citu isoliert neben der andern lie^rt
lind die /.eiüiche l'oli;e ebenso gut eine andere sein knniile.
Wenn man nnn noch Ijcriicksichtigt, dafs das, was in den beiden
Fachprüiungen als fachliches Wissen und Können gefordert
wird» der pädagogischen Idee verzweifelt wenig entspricht, so
wird man mir sicher beipflichten, wenn ich behaupte, dafs die
Dinge geschickter gar nicht auf den Kopf gestellt sein konnten.
Man iibertnii::^ diese \'erb"dtnisse nur einmal auf einen andern
Stand, z. Ii. auf den Stand der Ar/te, daun fällt ihre Unnatür-
lichkeit noch viel greller in die Augen.
Was zu verlangen ist, das ist eine Gestaltung
der Lehrerbildung und des Lehrerprüfun gs wesens
nach den sonst im Staatsteben geltenden Prinzipien.
Die berufliche Ausbildung ist als eine Arbeit für sich anzu-
sehen und von der allgemein i hing abzutrennen. Diese
bildet das Fundament jener tmd ist (lort zu erwerben, wo andere
gebildete Stände sich ihre allgemeine Hildnng erwerben. Bis
zu welchem Grade, will ieh hier unentschieden In^^en und ver-
weise auf die bezüglichen Forderungen v. Sallwürk..s, Rcins, des
deutschen Lehrertages in Halle u. a. Vorläufig möchte ja das
Mafs etwa genügen, welches jetzt in den Seminaren vermittelt wird.
Nach Beendigung der Fachstudien auf der Fachschule findet
eine Fachprüfung statt, deren Ablegung die Berechtigung ver-
leiht, an allen nll£;emeinen Bildungsniistalkn angestellt tu werden,
deren Ziele unter der für den Lrlnvistand geforderten allge-
meinen Bildung liegen, und dort jeden Unterricht zu erteilen,
der -sich stofflich innerhalb der Grenzen des für den Lehrer-
stand geforderten allgemeinen Wissens und Kdnpens hält Ja,
ich sehe keinen Grund, weshalb ein fachtüchtiger Lehrer, der
etwa bis zum l8. Lebensjahre eine höhere allgemeine Schule
besucht und dann auf seiner Fachschule die Kunst erlernt hat.
an eben denselben allgemeiti wcrtxollcn Lehrstoffen, die ihm
Bildungsmittel waren, die Jugend t-mporznbilden, nicht auch in
den unteren und mittleren Klassen der Iniheren Schulen mit
bestem Krfolgc sollte unterrichten können.
Für Lehrer an höheren Schulen wird es selbstverständlich
besondere Fachschulen geben müssen, deren Besuch die Absol-
vierung einer neunklassigen höheren Schule bedingt. Der Kreis
des allgemeinen Wissens und Könnens, an dem die praktische
Schulnnq erfolgt, ist dort abso weiter gezogen allein das ist
auch der tin/.ige Unterschied. Ivs giebt nur eine pädagogische
Wis.senschaft und nur eine pädagogische Kuu.st. In reichen
und armen Kindern schlummern dieselben reinen Segenskräfte;
die Natur der menschlichen Seele ist dieselbe in den Hütten
und auf den Thronen, und gleich ist das Wesen des sittlichen
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592 Wi«o.
Charakters. Ks g-iht nur einen Weg vom Lehrstoff zum sittlicheu
Charakter, nur einen Weg, die geistigen Bedürfnisse und In-
teressen der Menschennatur zu befriedigen. Die psychologischen
Erwägungen bedingen dasselbe Fachwissen und die unterricht-
lichen Malsnahtnen dasselbe Fachköuneu. Gewifs, aus der Seele
eines Lehrers, der einen reicheren Schatz wahrer AUgemein-
l)ildung in sich trägt und dessen Iferz infolgedessen wärmer
für alles Wahre, Schöne und Gute schlägt, fliefst es reicher und
wärmer hinein in die Seele des Kindes, allein es ist ja Sache
des Staates, die Grenzen der allgemeinen Bildung des Lehrer-
standes ni(">glichst weit hinauszuschieben. Ober die stofflichen
Ziele der höheren allgemeinen Schulen aber braucht er selbst
für die v höheren« Lehrer nicht hinauszugehen, da die theo-
retische und praktische Schulung in der Fachschule die wünschens-
werte Vertiefung und Ikreielierun^: stets einschliefst. Jedenfalls
wird die pädagogische Fachprüfung im Prinzip für alle Lehren-
den dieselbe sein; es wird immer nur eine geben köinien, »leren
Ablegung, ich wiederhole es, die Berechtigung giebt zu jedem
Unterrichte, der sich innerhalb der Grenzen der für die Aufnahme
in die Fachschule geforderten allgemeinen Bildung bew^t
Nun kann ich aber denjenigen nicht beistimmen,
die da meinen, diese eine Fachprufung genüge auch
zur rbernnlnne leitender Stellen. Ivin andere^ ist tUts
T, ehren, ein anderes das Leiten. Ein Rektor (l)irektür) soll in-
.spizieien, organi>icien, repräsentieren, er soll den Untergebene i
eine Autorität sein auf dem Gebiete des Unterrichts, Förderer
ihrer Fortbildung, Vorsitzender der amtlichen Konferenzen usw.
Das alles sind Forderungen« welche das Lehramt an sich nicht
stellt und darum die Lehrerfachi)rüfung nicht einschliefst. Die
Möglichkeit, aus den Reihen der Lehrer ohne besondere Prüfung
die geeigneten Kräfte herauszutinden, bezweifle ich. Der Hin-
weis auf die entsprechende Beset/uiij; der leitenden Stellen in
audern Zweigen der Sluatsverwaltung ist wenig beweiskräftig.
Im Bisenbahnwesen, Gerichtswesen usw. sind diese Stellai wesent-
lich repräsentativer Natur und nur in geringer Zahl vorhanden.
Sie bedingen ein würdiges Alter, aber kein vermehrtes Weissen
und Können. Die Beziehungen zu dem Gemeinschaftskrei.se, dem
ein luscnbahndirektor oder Gerielitspräsident vorsteht, sind mehr
äufserliche als innerliche, nrehr bureaukrntisrhe als per^^öidiche
und geistige. Im Sehnlwesen aber ist das dies aiuIi.i-~, sollte es
wenigstens sein, und hier dürfte es bei der groiseii Zahl der
leitenden Stellen schwer halten, so ohne weiteres jedesmal den
rechten Mann für den rechten Platz herauszufinden. Der Staat
müfste sich doch in irgend einer Weise von der erforderlichen
Qualifikation überzeugen, da diese bei der lehrenden Thätigkett
Tii iit hervortritt, und überzeugen kann er .sich nur durch eine
Früiimg.
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tut Kür orfolKivicbpii Ijeltmir «incr VolktMiml» »le,
Ich bin also im Oej^eiiteil der Meinung, dcJs für die Schul-
lei ter eine besondere Fachprüfung durcliaus notwendig ist
iinfl (lafs sie der o;rofseti WTantworilichkeit des Amtes geniäfs
nicht tiefgreifend genug gestaltet werden kann und genau so
gestaltet werden mufs, wie es tlas Wesen des Amtes l)edingt.
JCs ist eine zweite pädagogische F'achpruiung, für wciclie die
erste Grundlage und Voraussetzung bildet» die sich nur auf die
Schulleitung erstreckt und für alle leitenden Stellen im Schul-
wesen dieselbe ist: denn das. was speziell zur I^eitung einer
" le gehört, ist nicht anders, ob die Schule nun Gymnasium
oder \'olksschule heilst. Ich wüfste wirklich nicht, welche Eigen-
schaft, welche P*ähigkeit einem V(>lksschulrektor fehlen könnte
und einem ( »ynniasialdirektor nicht. Was diesen vor jenem aus-
xeichueu mufs. ist ein gröfseres Mafs allgemeinen Wissens, das
aber hat mit der Leitung an sich nichts zu thun. Eine solche
Rektorprfifung wird in ihrer Einrichtung und in ihrem Wesen
mit der hetttigen allerdings kaum mehr als den Namen gemein
hal)en.
Damit ist kurz skizziert, wie das Lehrerbikhings- und Lehrer-
prüluugswesen etwa aussehen müfste, wenn es wohl stehen soll
iti der Schule und im N'aterlande. Cberraschen können die For-
derungen nicht, denn es ist ja nur auf das Schulwesen Über-
tragen, was sonst im Staate Norm und Regel ist Die l)esteheu-
den Hinrichtungen und Zustände haben sich überlebt, wenn sie
überhaupt jemals Existenzberechtigung gehabt haben. Ich wies
schon vor zehn Jahren auf das Zweckwifh '■.•» nnd T'nnatürliche
der Mittelschullehrer- nnd der Rektorenpnitunj^ hin, habe seitdem
durch Wort tmd Schritt für eine Neugestaltung heider K^wiikt,
und darum gereicht es mir zur besonderen Genuglhuung, dals
auf Antrag des geschäftsführenden Ausschusses den Zweigver-
einen des preufsischen Lehrervereins für die laufende Arbeits-
periode das pädagogische Prufungswesen zur Beratung zuge-
wiesen ist. Die Form jedoch, in der es geschehen ist, halte ich
für durchaus verfehlt und für geeignet, mehr zu trüben als zu
klären, Ist zur erfolgreichen Leitung einer Volks-
schule die A b l e g u n g der M i 1 1 e 1 s c Ii u 11 e h r e r p r ü f u n g
vordem R ek tu i l sc xame n notwendig oder nicht?'
so lautet die gestellte Frage.
Die Mittelschullehrerprüfung ist eine Prüfung in all-
gemeinem Wissen. Der Umfang des hier Geforderten übersteigt
aber nach dem Wortlaute der bezüglichen X'orsehriftcn keines-
wegs das Mafs dessen, was von dem Lehrer überhaupt an all-
,Uenieincr Hjldunu verlangt wird. Beweis. Die AUg, Hest.
.schreiben den Seminaren in der Arithmetik lolgendes Lchr-
pensum vor:
«Die Quadrat- und Kubikwurzeln. Die Lehre von den Pro-
II«»« B*hBea (PX^sfliMi) TU tl. lu
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portioneo tiiid die von den positiven und negativen (»röfseii.
Gl« ichungen des ersten Grades. Potenzen und Wnr/eln. ( Tkicli-
uui^cn des zweiten Grades und, wo es eiieichl)ar ist, die I^elire
von den Reiben und den I«ogarithinen'.
Dieselben ««Allg. Best.«^ fordern für das Mittelschulexamen:
Die Lehre von den ent- : setzten Gröfsen. Rechnung
mit Potenzen. Quadrat- unil Kuiiikwurzel. Gleichungen des
ersten niifl zweiten (^rade-: mit einer nnd Tnchroren Unbekannten.
Arithuietliische und geonieliische PrD.uiosi« »nen. Logarithmen.
Ist das nicht bis auf den Zwischensat/. wo es erreichbar
ist ganz genau dasselbe? Und ähnlich ist's in allen andern
Gegenständen, so dafs man sich unwillkürlich fragen mufs:
»Warum ist denn nur das Mittelschulexameii eingerichtet wor-
den ? Ich suche veigebens nach einer befriedigenden Antwort
Wenn im Jahre 1S72 die Seminare noch niclU nnf der Höhe der
zu fordernden T,fistungen standen und man (kn alten Lehrern
Gelepenfieit bieten wollte, da^ an ihnen \'er^;uinite nacb/uluilen.
so halte das lixamen einen gau/. andern Namen und den Charakter
einer temporären Einrichtung erhalten müssen. Jedeufalls über-
steigt gegenwärtig das im Seminar vermittelte allgemeine Wissen
und Können das in einer Mittelschule zu vermittelnde in ge-
nügendem Grade, so dafs zum erfolgreichen Unterrichte in Mittel-
schulen vom Lehrer ein besonderes ICxanien in allgemeinem
WMs-^cn niclit /n verlanij^en ist und das Mittelschulexamen, das
überdies nicht einmal Neues fordern soll, unbedenklich aufge-
hoben werden könnte.
Man hat darauf hingewiesen, dafs bei der Mittelschnllehrer-
prfifung ein verhältnismäfsig bedeutender Prozentsatz der Kan-
didaten strauchelt, und daraus gefolgert, dafs die Seminare doch
wohl nicht das leisten, was jene fordert. Dieser Schhifs ist un-
berechtigt. Würden nicht auch viele Seniinarnbitnrienten slrnncheln,
wenn die Abgangsprüfung von fremden SeininarKhrern a1)ge-
halten würde? Sodann aber werden gerade beim Mittelr%chul-
examen in durchaus zweck- und vorschriftswidriger Weise die
Anforderungen über die gesetzlichen Grenzen hinaus nach der
unfruchtbaren Seite des Detailwisseiis hin ausgedehnt und zwar
mit solch individueller Willkür, {lais der Kandidat nicht auf
alle Kventualitäten vorbereitet sein kann, (^ewifs, in der Regel,
ja, in dl 11 nllernieisten Fällen besteht der Tüclitii:^ere und nnter-
lii -1 (U r M iii(K r\\ ( rli -c. allein diese Tüchligeren sind schon bei
der er?>len Lelnerprülung und dort mit viel gröfserer Sicherheit
entdeckt worden.
Hinfällig sind auch die Bedenken bezüglich des fremd-
sprachlichen Unterrichts. Im Vordergrunde steht das Französische«
und Französisch ist obligatorischer Unterrichtsgegen^land in
den meisten Seminaren. ^Der Unterricht wird in drei Kursen
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ertdU, welche von der übri^^en KlasscTicinteiluiig unabliängig
/u l)iklen siiul niul in welche die Seininaristen je nach dem
Maf.se ihrer \'<»rbiklunj^ cititrctcii . lu ifst es iti den All^^. Best.«
Aber was dort «geleistet wird, i^cnüut nidit für einen ralittiKllen
Unterricht in Mitlelschnleii luiil höheren 'INichterschulen, wird
man entgegnen. Ich zu, dafs es nicht genügt für eine
Gestaltung den Unterrichts, wie ich sie mir denke und wie sie
von anderer Seite auch schon gefordert ist Ich halte daran
fest, dais das Kind in der Schule jede fremde Sprache so lernen
mufs, wie es sie auf natürlichem We.ue lernen wfirdc, und das
ist, wie es seine Muttersprache lernt: durch ülir und Mund.
Ks schaut die (»ej^enstände, Thätigkeit^n u. s. w., hört, wie sie
geiuiunt werden und spricht es nach. Üas neue Wort verbindet
sich direkt mit der Sachvorstellung. Erst wenn das Kind die
fremde Sprache genügend mit dem Ohr und dem Munde beherrscht,
dann lernt es sie lesen und schreiben und lernt ihre Gesetze und
Regein. Diese einzig naturgemäfse Methode aber, welche von seiteii
des Lehrers ein vollständiges Vertrautsein mit der fremden Sprache
voraii^sL-t/t, hat bi.s iet7t in öffentliche deutsche Schulen noch
keinen Kingang gefunden, und das eben ist ein Grund mit,
weshalb den L,ehrem das für sie notwendige Wissen und Können
fehlt Bei uns hält man starr an der Buchmethode fest, welche
auf einem weiten und schwierigen Umwege, durch Auge und
Hand (Lesen und Schreiben) zur Sprache führt, und nach dieser
Buchmethode /u unterrichten, ist doch wahrhaftig keine Kunst.
Heute dies Kapitel, morgen das Kapitel, heute Seite 20, morgen
Seite 21, und genau .so wie es im Buche sieht: \ er's nicht
lernt, bleibt sitzen. So ist es doch nun einmal, und so ist's
immer noch trotz alledem und alledem, und ein solcher Unter-
richt kann dem Volksschullehrer von heute ebenso unbedenklich
fibertragen werden wie dem geprüften Mittelschullehrer oder
dem Akademiker, zumal jener vor seiner Aufnahme in das
Seminar meist eine gehobene Schule besuchte, hier wenigstens
vier Jahre fr inz< »siechen ruterricht hatte und dann im Seminar
seine Kenntni.NSc noch <lrei Jahre lang erweiterte und verlieite.
Im übrigen bemerke ich, tlai.s .sich wolil in jedem Seminar
einige jutige Leute finden dürften — früher wenigstens war es
so — welche die Reife für die Obersekunda oder die Prima
einer neunklassigen höheren Schule erlangt, also eine allgemeine
X'orbildung genossen haben, wie sie für unser« ganzen Stand
gefordert wird. Das sollte anerkannt uufl sollte auch belolnit
werden. Wenn Lehrer, welche nel)en .i^ntcn Seminar/engnissen
solche Zeugnis.^e allgemeiner Bildung aut/uueiscn lial)en, bei
Besetzung der Stellen an gehobenen Schulen bevorzugt würden,
dann würden immer mehr diesen Bildungsgang wählen und die
nötigen Kräfte auch für den ersten «iglischen und ersten
39*
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596
lateinischen Unterricht zur Verfügung stehen. So wurde die
Entwickdung des Lehrerbildungswesens hineingeleitet werden
in die Bahnen, welche allgemein als die zweckmäfsigsten aner-
kannt sind.
C/ ff-rn/// i rHSt'o. d : i s M i 1 1 e 1 s c h u 1 e x a m c n kann a b -
gescliaftt werden; allein wenn es q-e<chieht, dann ninfs als
Grnnd öffentlich anerkannt werdLU, dafs das alljjemeine
Wissen und Können desLehrci ^ für den Unlei rieht
in Mittelschulen vollständig genügt. Das ist eine
conditio sine qua non^ und eine zweite Bedingung, da(s die Ab«
Schaffung des Mittelschnlexaniens nicht die erste Reformthat
sei auf dem Gebiete des pädagogischen Prüfungswesens. Voran-
gehen nm fs üir die Kcform des Rektorexaniens. Jenes
ist iikIh oder weniger uunül/AT Hallast. der verderblich werden
kann, dieses aber ist au .sich verderblich, da es mit dem
Wesen des Amtes disharmoniert und dem Staate nicht die
Männer liefert, deren er für seine wichtigsten Schulämter bedarf.
So, wie es ist, ist es weiter nicht als eine Copie des fachlichen
Anhängsels der ersten lyehrerprnfung.
Die Allg. Best, schreiben den Seminaren für den Unter-
richt in fler Pädrirnioilc \nr: l>aN Wesentlichste nti*^ der (ie-
.schiclite (In lü/iehung nnti dc> 1' lUcrrichts. l^intührung in die
Hauptwerke der Litteratur, vorzugsweise aus der Zeit nach tler
Reformation. Allgemeine Erziehung.^- und Unterrichtslehre unter
Hinzunahme des Notwendigen aus der Logik und Psychologie.
Die spezielle Methodik. Schulamt. Schulverwaltung«. Sodann
soll der vSeminarist nach i; i i der I.chrordnung mit den be-
achtenswertesten resp. bewährtesten Lehr- und Veranschau-
lichnng'^iiiitleln und nach i? mit den guten Volks- und
Jugendscliritten bekannt öjetnarlit wi-rden.
Und § 6 der PrüiiuigNtmhiung iüi Rektoren besagt: -Die
mündliche Prüfung verbreitet sich über die Geschichte der Päda-
gogik, über das ganze Gebiet der Krziehungs- und Unterrichts-
lehre in ihrem Zusammenhange mit der Psychologie, vorzüglich
aber über spezielle Methodik, über Schulpraxis, über Lehrmittel,
Volks- und Jugendschriften .
Das ist nach meiner Auffassung wieder uanz dasselbe. So
ist da.>. ganze I.ehrerprüliing.Nwesen ein Drehen auf derselben
Stelle. Es scheint, als .seien die Ailg. Best.' nicht das Werk
eines Mannes, soTidem vieler Hände Werk, als habe jeder Teil-
verfasser isoliert gearbeitet und der ZusanimeiLsteller das Ganze
nicht ^oi-fältii; genug durchgesehen.
Wie ich das Rektoratsexamen gestaltet wissen möchte, hal>e
ich bereits dargelegt inid wiederhole nur nf)t Ii, dafs die Auf-
1- .Miii'^ d(.*< RektornnUt - iii t m WdksschulrektMr.il inid ein Mittel-
sehulrekiorul dem \V esen tler Dinge nicht entspricht und darum
unzulässig ist.
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597
Wäre also gefragt: "»Ist zum t rfol erreichen Unterrichte an
Miltclsclmlen ein })esonderes MitUl>c1niloxainen notwendig? so
würde ich die Fraise kurr und liinulii; verneinen. T"''nd wäre
};efraj^t: Ist das Kcktuiexanu ii n. tonnltodrirftig ?< ich würde aus
vollster T bcTzeuginij; ju' aiiUvorteii. Ahvr auf die Fraj^e: >Ist
zur erfolgreichen T^eitiing einer Volksschule die Ablegung des
Mittelschulexamens vor dem Rektorexanien notwendig?« giebt
es als Antwort weder ein bedingungsloses Ja noch ein bedingungs-
loses Nein, denn sie ist schief gestellt Nach den bisherigen
\'c'rhnTidln!igen zu urteilen, scheint man ja ob der falschen Frage-
stellung den Kern der J^acht glücklicherweise nicht ans dem
Auge zu verlieren. Was mich aber doch mit grofser Hesor^ni^
erlülU hat, das ist die Verwechselung der Begriüe ^allgcinemc
Bildung«' und > wissenschaftliche Bildung bei der Übertragung
derselben auf unsem Stand. Da nennen Zeitungsartikel, die sich
mit dieser Frage beschäftigen, das in der ersten lychrerprÜfung
und im Mittelschulexamen geforderte allgemeine Wissen und
Können ernsthaft die wissenschaftliclic Bilthing d n Lehrers.
Nein, des Lehrer^ eigenstes ThätigkeilM^ehiel ist die l'T/iehungs-
und UnterhchUkuust, deren grundlegende Wissenschaft die
Psychologie ist. Soweit der Lehrer seine Kunst auf die Psycho-
logie 7.U gründen vermag, ist er ein wissenschaftlich gebildeter
Mann und seine Fachbildung eine wissenschaftliche. Der Lehr-
plan der Gymnasien und verwandter Schulen enthält keine Wissen-
schaften, sondern allgemeines Wissen und Können, denn diese
Schulen sind eben allgemeine KildungsanstnUen. und allgemeines
Wissen ist es auch, was der Lehrer an Cieographie, Oeschichte,
Naturgeschichte usw. in sich hat und in sich haben soll, denn
nicht Gelehrsamkeit soll er verbreiten, sondern rechte, wahre
allgemeine Menschenbildung. Das möge man sich endlich auch
dort einmal merken, wo man «wissenschaftliche Vorlesungen«
für Volksschullehrer veranstaltet, und es »wissenschaftliche Vor-
lesung nennt, wenn fiicusa dekliniert, aimer konjugiert und
fimvi f buchstabiert wird.
Cosu-ig (Anhalt). IL Wigge.
Zweite Antwort.
Ks oil)t r ragen, die auf den er->len Blick .-.i» klar sind, dafs
keine vSophistik uutl keine Kunst der Rede sie voll.släiidig zu
verwirren und zu verdunkeln vermag. Zu diesen Fragen gehört
diejenige, ob in dem |$ 3 des neuen ^ Entwurfs einer Prüfungsord-
nung für Rektoren . der die X'olksschulrektoren von der .\b-
legung der Mittelschulj>rüfung befreien will, ein Fortschritt oder
ein Rückschritt enthalten sei.
h's i«^t olme weiteres klar, dnf< damit entweder die
Bildungsansprüclie an den \ olksschulrektor gegen die seitherige
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598
Praxis t-rhehlich herabj^csct/t wcrfkti, o(kr dafs. wenn dies nicht
der I'all sein soll, die neiic I*rüliiii>4 eine VcreiniKung der seit
herij^eu Mittclseiini und KelNl<»rat.sprüfunK darstellt. Was Ict/.teres
t>edeitt«ii will, keinen uns die Kollegen ans Hessen verraten,
die diese unglückliche Vereinigung längst haben und infolge
dessen diese Prüfung so schwierig finden, dals sich ihr nur
wenige unter/Jehen. Auch diejenijien unter uns können darüher
urteilen, «lie beide lixaniitia n1)j^ele^t und die TeiUmi; der Ar-
!>eitslast als eine j^rofsc W nlililmt ein]>fiuiden haheii. D;««^ He
wufstsein, kurz x'orher in t inei 1 »c^iniik vt. ii Prüfunj; die |)i)sili\ eti
Kenntnisse. das l'acliwissen . nachgewiesen /u haben, gibt
jedem bei seiner Vorbereitung zur Rektoratsprüfuu); eine Ruhe
und ein Behagen, eine Neigung, sicli in die hier auftauchenden
vielfachen philosophischen und spekulativen Probleme sinnend
zu vertiefen. <lie iiinuner aufkoninieu können, wenn er noch
auf eine l'riifuui^ im I'nch wissen tr^'fafst sein niufs.
l{s kdinnit hiu/u, dals durch che vorherige Able.mmi; der
Mittelschulprütung die Rekli>ialsprüliinj^ notwendigerweise in
ein leiteres Alter fällt, diis über eine j;röfsere Summe praktischer
Erfahrung verfügt, und dafs dieses Alter an und für sich mit
gröfserer Lust und Neigung an eine selbständige philosophische
Behandlung der h>/iehungsfragen herantritt
Hierin aber sehe ich den wesentlichen Wert der Rektorats-
prüfuni^. nicht in dem ]^raktischen Kleinkram, nicht in der
Kennlnis der zahlreichen Methoden und MelhtKlchen und dem
klassenmäfsigen Zuschnitt deü Unterrichtsstoffes, nocli weniger
in der Kenntnis an und für sich recht wichtiger Gesetzes- und
Ministerialbestinimuugen. Und wo die Rektoratsprüfung in den
Händen verständiger, wirklich pädagogisch hoch gebildeter
Schulräte lag. da trug sie diesen Charakter philosophischer Ver-
tiefung in wichtige Krziehungsprobleme stets. Wer darin eij^enes
Denken und geistige Reife nachwies, der hatte^ bestanden, sitnmta
citfii Idiith sogar, wenn er auch an luetliodi scher Fixigkeit hinler
anderen zurückstand.
Diesen Charakter wird und mufs die Prüfung notwendig
verlieren, wenn die Examinatoren Leuten gegenüber stehen, über
deren Wisscnsunifang sie nur durch ein im Durchschnitt ein
Jahrzehnt zurückliegendes Seminarzeugiiis orientiert sind. Bei
Kxnminatoren und I^Naniinanden wird T'ngewi f^heit und Schwanken
an die Stelle der seitherigen Ruhe und v'^trherheit treten und
der Ausgang des Ivxamens von unberecheni)aren Zwischenfällen
abhängen. Ich führe als Beispiel an, dafs ein Examinand über
Ziel und Methode eines Faches sich sehr befriedigend aus-
gesprochen habe und nun plötzlich auf eine eingeti'orfeue Frage
l ine krasse rnkenntnis in der Materie selbst verrät. Hat er
bestanden? oder hat er nicht bestanden?
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Tet 9ur erfoltcrwicbcn Itoitnng ein«r Volkaiohute «Ic.
599
Man glaube iiiclit, dafs das ein erküiislcllcs Problem sei;
ich spreche aus Krfahrung. Zahlreiche jjlänzende Vorträge über
Ziel und Methode eines Gegenstandes, über dessen Geist und
Gemüt bildende Wirkung, habe ich gebort, und wenn ich mich
später mit dem Vortragenden in ein Gespräch über den Gegen-
stand einliefs. trat nicht selten die krasst^te Unwissenheit Über die
Sache selbst zu Tage. Ja. unsere Schullitteratur leidet /um grofsen
Teil an diesem Phelslnnd, dorli will ich mich darauf nicht
weiter einla^-scn ; nni so weniger, al^ ich k ider ;^lanbe annehmen
zu müssen. daJs an ein Aufrechtiialteu der seitherigen Bilduiigs-
ansprüche an den Rektor nicht gedacht wird. Mau glaubt
offenbar, es sei nicht nötig, dals der Reittor einer Volksschule,
und sei sie auch sechsklassig. wenigstens in einigen wenigen
Fächern ein gründliches vSachwissen habe, damit er mit den
Mannern dieser Fäclier als ein wohlunterricliteter Gleicher ver-
kehren könne. T>ie von /ahlrcichcn Lehrerversammiungen j^e
nugsam charakterisierte Seniinarbildung neb^^t einiger ])a(la
gogischen Vertietuug soll für den Volkssciiulrektor genügen!
Wer die Geschichte der Volksschule und ihrer Leitung
kennt, der weifs, dafs eine derartige Auffassung von je her im
Regiment gesessen hat. Ks mufste deshalb manchen Kreisen
wahrhaft wohl thun, als sie aus dem zu Hamburg gestellten
Thema dc^ F.andesvcreins Treufs. Volk.sschuUehrer : Ist
zur erfolgreichen Leitung einer \'olks schule die
vorherig e A b 1 e g u ?i g des M i 1 1 e 1 s c h u 1 1 e h r e r e \ a ni e u s
nötig so deullicli eine alte, wohl bekannte iMelodic heraus-
klingen horten. Denn dafs die Fragesteller eine verneinende
Antwort erwarteten, liegt auf der Hand und ist vollends für den
nicht zweifelhaft, der die Stimmung« der Fragenden kennt
Wie eine Rechtfertigung vor der Anklage klingt es, dats
sie ihrernetien Tdcnl- T.eitun^ da-- I'.pitheton erfoli:i:rcicli beifügten.
Sie wollten und wollen ja bei Leibe keine Scli.'ulii^nin.^ »k i Schule.
Sie wollen den Fortschritt, also mufs auch die neue Leitung
erfolgreich sein. Und diesen l'^rfolg glauben sie nicht ge-
fährdet, wenn der I^eiter sachlich auf dem Seminarwissen sitzen
geblieben ist und nur die zugehörige Theorie etwas, oder meinet-
wegen auch betrachtlich V. vertieft hat.
Sie übersehen zweierlei : Kinmal. dafs es sich nicht blofs
um redende und schreibende. «f>Tidcrn in erster Linie um ]irak-
tisch thätige Piid i-o^en iiandelt. DalV e-- >nh. um im \'er.L;leich
zu reden, nicht um tlie Bildung von Kun^lkrilikern, Ästhetikern
und Theoretikern handelt, sondern um ausübende Maler, Bild-
hauer, Musiker etc. Gewifs, Kritik, Ästhetik, Theorie und Ge-
schichte ihres Faches soll und darf diesen nicht fremd sein, aber
damit schaffen sie kein Bild, keine Dichtung, keine Oper USW.
Das praktische Können, die Beherrschung der technischen Schwierig-
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fioo
keiten ist die crsk- C.nnull;i;;t- ihrer Tierufsthätijrkeit. luul ohne
diese iml/t sie alle Thtr(»rie niclits; sie sind im Praktischen
uiihraudibar oder Pfuscher.
Nicht anders ist es mit dem Lehrer. Seinen Wissensstoff
mufs er beherrschen, reiche positive Kenntnisse mufs er besitzen,
sonst nutzt ihn seine Theorie wejii^. Diese Kenntnisse aber
sich jedesinrd für die betreffende Stunde oder das iKlnft udc
Kach extra anzuschaffen, ist ein j.-iinnierlicher Nnthehelt, lU r div
Kräfte des Lehrers früli aulreibl und die Schüler un» zahlreichere
Lern gelegen hei ten betrügt, als der Pfnscher ahnt.
Das alles ist freilich kein Geheimnis und auch denen l)e-
kannt, die die Mittelschulprüfung bekämpfen. Aber sie ver-
lassen sich dem gegenüber auf die Gewissenhaftigkeit, auf den
Fortbihbnigstrieb des Lehrers luid andere schone Dinge, «leren
Vorhandensein wir gern anerkennen, flie nbcr gvwifs bis^tT gt--
deihen. wenn sie nicht ganz sich selb-'^l überlassen >in(i, siuiilnn
durch bestimmte Forderungen in teste Bahnen gewiesen wertlen.
Und dafs mit den Ansprüchen der Mittelschulprüfung weder
etwas Überflüssiges noch gar etwas Schädliches gefordert wird,
beweist wohl am besten die Thatsachc. dafs die Opposition gegen
sie nicht von denen ausgeht die sie erfüllt hal>en und nun mit
Kntrüstnng sehen, dafs sie ihre Zeit und Kraft verschwendet
haben, sondern von denen, die sie nicht erfüllt, die die Prüfung
nicht gemacht balKii.
Das ist eine auffallende Erscheinung und setzt die Authen-
tizität der erhobenen Anklagen von vornherein herab.
Aber diejenigen, die den ^ erfolgreichen Leiter« der Volks-
schule mit einem minimalen Wissensquantum konstruieren wolleti,
übersehen noch ein Zweites:
Der Volksschulrektor gröfserer Anstalten, die doch alle in
gr<Useren Orten /n finden sind, hat senie Aufgabe nicht erfüllt,
wenn er seine vScluile 'geleitet , seine Stundenpläne gemacht,
die Pensen verteilt hat u. a. m. Iii mufs unbedingt den gebil-
deten Mann reprä.sentieren und ohne Vorbehalt den gebildetsten
Renten des Ortes zugezählt werden. Wir sagen nicht, dafs er
sich gesellschaftlich oder giu- politisch, in Vereinen usw. her-
vorthun solle; aber er mufs ein Mann sein, auf dessen Urteil
man Wert legt auch in Dingen, die nicht im engsten Siinie
Schulfnigen sind, er mufs in Achtung und Ansehen bei den ge-
bildeten Kreisen .sieiien und als gleichwertig von ihnen ange-
sehen werden. Damit erfüllt er für die Hebung der Volksschule
und des Lehrerstaudes eine Aufgabe, die kaum überschätzt wer-
den kann. Aber das erreicht er nicht, wenn man bei aller An-
erkennung seiner persönlichen Ehrenhaftigkeit über sein Wissen
die Achseln zuckt.
Angesicht'- dieser Ansprüche, die wir uuberlingt an einen
Volksschulrektor stellen, ist es geradezu lächerlich, wem» mau.
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iHt xitr crfotgrvirlwn l^eltun« »ln«r V«lk*A«'httl4! elc. ftoi
behauptet, es sei unj^ereiint, von ihm die Lelir])efäliij;iinj>; für
Mittfl'^rlinUii und höhere TnclUirschulen /ti f'>rdeni. Wir be-
haupten lui ( 'it i^enteil. dnl-- il;i> ;inr ein Mni(U--tnials vuii Bil-
dungsansprüchcn ist, die man an ihn zu stellen hat.
Man wird vielleicht entrüstet einvvaideii: alno der Lehrer
gilt allgemein als nicht gebildet im höheren Sinn, er l)cdarf dieser
Achtuiijr. dieses Ansehens nicht? Wir erwidern, dafs wir dieses
Bedürfnis völlig; anerkeinjcn und dieses Ansehen cnergiseh für
ilm fordern, ihils es aber leider so steht, (hifs man dem lA'hrer
lediglich "deines Amtes weisen noeh (hese AnerkemUing in den
Kreisen der Mehr/ahl tlei Gebildeten versa.i^t. bis er sie sich (hireh
hundert Beweise seiner Tüchtigkeit mühsam per>önlieh erruni;en
hat Und ist ihm das gelungen, so rechnet man das seiner Person
zur I<*hre an, ohne dämm auf den Stand weitgehende Rück>
schb'isse /.u machen. Tnd darin nun sehen wir (ien I'ortschritt
für (he Hebunj; der X'olksschule und das Ansehen des Standes,
dafs der aus dem Stande der \'(ilks-chnllehrer herx-orj^ci^nncfene
^'olksschuh ektor krall seines Amtes schon als \\ n^cliaftlich
gebildeter Mann /u gelten hat; (k'ifs man ihm .uit Grund der
von ihm zu erfülleudeu geistigen Anforderungen these Stellung
von vornherein zuerkennt. Kommt es dahin, dafs das nicht der
Fall ist, dafs man in ihm unr den »erfolgreichen Leiter einer
Volksschule sieht, so ist nicht nur das Amt des Rektors, woran
ja an und für sich wenig läge, sondern die Volksschule selbst
und der Stand der X'olkssclinllehrer tief j^^eschädigt. Aus den
Leuten ist nichts 2U macheu , das würde das allgemeine Ur-
teil sein.
Wie sehr man die wissenschaftliche Bildung ül>er die päda-
gogische Fachbildung stellt, das sehen wir deutlich genug aus
der Thatsache, dafs nicht etwa blofs die Regierungen theologische
Schulinspektoren von jeher bevorzugt haben und bevorzugen, son-
dern dafs auch /ahlreiche Stadtverwaltungen die ir^cichen Wege
wanrleln. wenn sie zu leitenden Slelhni'^en unsere^ Arheitstje-
bietes akademisch (»ebildete berufen. i>b lii^r ein \tilliger
Irrweg vurliegl oder nicht doch ein Körnchen Wain heil m dieser
verschiedenen Wertschätzung der verschiedenen Bildnugsarten
steckt, mag hier ununtersucht bleiben. Die Thatsache allein ist
Beweis genug, dafs wir mit blofser Fachbildung nicht vorwärts
kommen.
Ich widerstehe der \'ersuchung. die zahlreich erschienenen
Artikel gegen die Mittelschnlprüfung hier Revue passieren zu
l.is'-en Hn«^ Ar>-»'nal der wirklich sachlichen Gründe ist dürftig
ausgc.Nlallel. \ lele. wie z. II derjenige, dafs die AUgem. Be-
stimmungen«^ liesondere Prüfungen für Rektoren an Volksschulen
überhaupt nicht vorgesehen hätten, sondeni dafs dieselben erst
später hinzugekommen .seien, existieren für denjenigen nicht,
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6o2
der dem Rektor die Aufgaben stellt, die wir soeben kurz ge-
zeicliiiet haben.
Andere Autoren machen sich eine ideale W ell /.uicclil und
operieren mit Dingen, die sein sollten und sein konnten, die
leider aber bis jetzt noch nicht sind. Da müssen die zukünftige
Reorganisation der Seminare, die künftigen pädagogisclKu Lehr-
stühle nn den Universitäten nnd aiidLrc schöne Dinge herhalten»
nm die 1 nterflnssigkeit, ja Schädlichkeit der Mittelschullehrer-
prüfung /u hc wi isen.
Am kichlLstiii machen es sich diejenigen, die gegen das
>tote Fachwissen- /u hclde /.ieheu und eine vertiefte Allge-
meinbildung« oder gar gröfseres Allgemeinwissen* ver-
langen. Dieser letzte Ausdruck redet Bände und zeigt die ganze
Verschwommenheit und I'hrasenhaftigkeit der »Bewegung .
Aber den \'ogel schiefst der Autor ab, der da schreibt:
»Tritt der 3 thatsächlich in Kraft, so wird jeder strebsame
Lehrer nach al),L;ek.uler zweiter Prüfung sich mit l^ifer dem
Studium der Pädagogik widmen und sich dadurch liir die Aus-
übung seines Berufes inmier mehr erlüehtigen, sein Studium
wird also der Schule zu gute kommen und segensreich wirken,
selbst wenn er niemals Schulleiter werden sollte Derjenige
aber, welcher sich zur Mittelschulprüfung vorbereitet,
wird viel Zeit auf das Studium der von ihm gewählten
T'-icher verwenden und, wie die I'rf ilirung lehrt, in der
Zeit der Vorbereitung gar man> nial seine Schule
etwas vernachlässigen müssen. Du seither gtlurderle Mittel-
schulprüfung hat, das ist nicht zu bestreiten, gar manchen
abgeschreckt usw.«
Hier haben wir ein ganzes Bündel schöner Offenbarungen
heisammen: Unreife des Urteils, ein bischen Unredlichkeit der
Kam])fesweise nebst einigem Anflug von Neid, und zuletzt das
nni\'e (restäudnis, das Ding, Mittelschulprüfung genannt, sei zu
schwer !
Ach, es ist eine häi>liche Kinriclitung, dafs die Götter vor
jeden Erfolg den Schweifs gestellt haben!
Wir nehmen Abschied von dem Thema, indem wir uns
dahin zusammenfassen: Entweder sollen durch den Krlafs
der Mittelschulprüfung die Bildungsansprüche an den
Volksschulrektor verringert werden, und daiui ist der
Krlals im hn\:hsten Grad zu bedauern; oder die An-
sprüche sollen im wesentlich eti aufrecht erhalten wer-
den, und tUmn ist es eine hüehst unpraktische Ein-
richtung, das seither Getrennte zusammen zu legen.
Frankfurt a/M. K. Kies.
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Biundscliau.
Oktober iHyö.
Der international« Kraiienkonjjre/}* und die Volksschullehrerinncn. —
Der S. W rhantlsla}: <!cs tKiilsclicii I Vöbtl Vereins. Der erste deutsch c
l'ortbilduiij^sschultai^ und das I'ortbiUluniisschuhvesen in tkn deut-
schen Städten. Die Herbstversaninilunjjen der deutschen Lehrer-
vereine. — Das schulpolitische rro^ranim der national-so/ialen Partei,
— Das konnnetide Lehrerbi solduiij^sjieset/. — Die Ciehaltsverbcsserufiir
der Heanilen und die Lehieiwilwen. — I.. \V. Seyüurtlis Aulrui /ur
(Erfindung einer Pestaloz7.i-Stiftttngf.
Der Herbst liat wiederum seiueu Kin/.ug in die Lande ge-
halten, und wie alljährlich, so hat er uns auch heuer eine Fülle
grofser und kleiner Versammluugen gebracht Wenn der Wind
über die Stoppelfelder weht und unsere gefiederten Sänger sich
anschicken, ihre nordische Heimat mit dem sonnigen Süden zu
vertauschen, dann greifen auch in den Gauen unseres Vaterlandes
die ATi'^ehoritjen der verschiedciUTi Berufsstniide zum W'ander-
sta1>e, um in giöisi jeii Vereinigungen ihres Standes und ihr
eigenes Wohl zu förtlern.
^ Viel Aufsehen hat der internationale Prauenkongrefs
erregt, der diesen Herbst acht Tage lang in Berlin seine Ver-
sammlungen abhielt Aus aller Welt hatten sich die Frauen ein-
gefunden, junge, alte und ganz alte, und wenn wieder einmal
der Beweis erbraclit w erden sollte, dafs die Frauen reden können,
so ist er glänzend ^cliet\rl worden. Wieder einmal, sagen wir,
da man schon seil Hvas Zeilen wtil.^. dafs die Frauen y^uten
Mundes sind. Wir müssen es uns versagen, auf alle \ erliand-
luugen des Kongresses, die sich auf die Schule bezogen, einzu-
gehen; zur Kennzeichnung der Bestrebungen mag es genügen,
wenn wir die Forderungen festlegen, welche die Lehrerin Fraulein
Miefsner in Berlin im Anschlufs an ihren Vortrag über die
deutsche Frau an der \ < )Ik^sdnile im Namen der Volksächul-
lehrerinnen .lulsU-lke. I>irse lauten:
Die \'< »IkssrliuiU linriniu 11 \ x i lan^jeii f. dieselbe staatliche Für-
sorge für due .\u.sl>ildung, wie für die der Lelirer, eine gleiche Aus-
bildung und Zulassung zu allen staatlichen Prüfungen, auch zu den
Rektoratsinüfungen ; 2. Mehranstellung von Lehrerinnen, so dafs die
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6o4
Mädihfuk lassen /um ^röfsUn Teil und die j;enuschlen Klassen /.ur
Tlälfte unter der Leilnnj: von Lehrerinnen stehen : dafs die Leitung
\(in Mädclunsehulen in die lländt: von lA'hrcrinnen ^ekj^l vver<le;
4. gleiche Rechte für gleiche Pflichten, vor allen IMnpcii {gleiche Be-
sotdtinjf für (rleichc Arbeit: 5. Sit/ und Stimme in den Schiilvorstän-
den, Kommissionen und Deputationen ; und 6. w cihliche Sehnlinsptk-
toren, /.nnächnt für den rnterricht in \vril>liehen llandarhriten, der
Ut'fjenwarti^ norh von tnännlii-lu i; Srlii!l:iisprkt<<n-!i 1)i .mf^i* lili. t
winl ni»' l*'t".iu sei /.tu lvr/.!«-h» rui iK iutrii, \\'.-\\ ml- sieii dnesanilen
Sitten bewahrt hat, die der Mann ini Kanipi um ilas Dasein einge-
bnfst hat. (t> Nicht /.« unterschätzen sei die so/jale Ik-deutunj; der
Volk:Mehullchrerinnen, die, /.umeist aus den besseren Klassen .stammend,
dttrch threStethinfi: da/u berufen sind, versöhnend zwischen den ver-
schiedenen einander feindlich ;;e^enälR>rstehenden Schichten der Be-
volkerunjf /u wirken.
Die \Vit/.l)lätler sind natürlich hei der Iliuid mit ihren
(»lossen; allein die IMiatsaclie wird kein enT^ler HeolnichtfT leii'^neti.
<lafs die l'Vnuenhewe^iin};, wie diese \ er^ uuiiiinng Ijcw u s, t-in
sehr wiel)tit;e> Kapitel ist. und wenn auch uuiivchc Forderungen
ülier das vertifinftige Ziel hinausgehen, so nnifs doch namentlich
mit dem Streben nach gröfserer Freiheit im Erwerb, in der Er-
langung wissenschaftlicher Bildung als Zeichen der Zeil errechnet
werden. Freilich ist und bleibt es ein zweischneidiges Mittel,
welches die l'rauenreclitlerinnen anwenden. Je mehr es gclinq-t.
die Frati mit dem Manne in Wettbewerb /.u bringen, umsomehr
dürfte sich die Zahl der Kheschliefsungen herabmindern, denn,
wie die Erfahrung zeigt, werden dadurch die Krwcrbsverhältnisse
der Männer verschlechtert und damit auch die Möglichkeit zur
Gründung eines Hausstandes verringert Aber dafs die Frauen
nicht mehr he iraten wollten, ist unseres Wissens auch nicht von
einer einzigen Rednerin behauptet worden.
Noch immer entbehren die meisten deutschen Länder staat-
licher VeranstaUungen zur IvrziehiuiL: der vor- und nachschul
ptlieliligen Jugend. Um so dankenswerter ist es, dafs private
Vereinigungen es sich angelegen sein lassen, diese Lücke aus-
zufüllen. Für das vorschulpflichtige Alter wirkt schon seit Jahren
der deutsche Fröbelverband in grofsem Segen. Sein dies-
jähriger \'erbandstag fand in Berlin statt. Den ersten Vortraj^
hielt der 72jährii;c rfrirru Bähring über : Die Bedeutung Frül)t,ls
für die immer dringender werdende Xaticmalerziehmig . i>er
\'ater (K Ivedners war Pfarrer in ICichsfeld. das in der Nähe
von Keilhaa liegt, luid stand in regem Verkehr mit Fröbel. Der
Vortragende gehörte zu dem kleinen Kreise FrObelscher Zög-
linge. Das Referat entliielt eine grofse Menge personlicher Kr-
innerungeu aus dieser Zeit Krau Dr. Ooldschnüdt-Leipzig be-
antwortete die Frage: ^Inwiefern sind die Fröbelschen Erzieh-
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ungsaiistalten Schulen? und wünschte namentlich die Aufgliederung
des Kindcr':jaitens an die Schule und die X'erhinduni^^ der Kin-
dergärtncniuien-SeTuinnre mit den Lehrerinnen Seminaren. Prof.
Dr. Zinnner aus Herburu .sprach über: Lehrdiakunie . Um den
Kindergärtnerinnen« die gegenwärtig meistens nar in privaten
Stellungen sich befinden, eine möglichst gesicherte Zukunft zu
geben, empfahl der Redner, dals die Kindergärtnerinnen auch
für die Krankenpflege und zur Erteilung des UnteiTichts in der
Hauswirtschaft und in den wetliHchen Handarl)eiteti licfähi^t
würden. Am /.weiten Versammluiii;>tage kam ein X itrlra:; von
Fräulein ICleonore Heerwart-l acli über: Die AusbiMung
von Lchrcriunen an K.iiidcrgärlntrinuen-Seminaren zur X'erhand-
Inng. Sie forderte, dafs mit den Kindergärtnerinnen^Seminaren«
an denen dn zweijähriger Kursus besteht, besondere Kurse von
einjäliriger Dauer zur Ausbildung solcher Lehrerinnen verbunden
würden. Prof. Pappenheini hielt alsdann einen Vortrag: Zum
• Verständnis PVobels , in dem er die in den Schriften I'röljels
niedergelegten tVcdanken, die sich nur mit der Erziehung (ks
Kindes bis zu seinem I''intritt in die Schule beschäftigen, ais
einen Torso bezeichnet, der zu seiner X'erwertung für die späteren
Stufeti des Unterrichts und der Erziehung einer weitem Aus-
bildung, namentlich auch durch die Mitarbeit der Lehrerschaft,
bedürfe. Den letzten Punkt der Tagesordiuing bildete ein \'or-
trag des Lehrers Otto Janke-Iterlin über das Thema: Kinder-
garten und Schule . Schon durch die ganzen Wrliaiidhingen
liatte sich nls roter Faden der Gedanke gc/i >i;en, wie de r K iiider-
garten nul der Schule in organische \ erbindung gesel/l weiden
könne. Der Redner bezeichnete als das zu erstrebende ideale Ziel:
Der Kindergarten mufs eine allgemeine Kinrichtung werden; die
Schule mufs sich dann an den Kindergarten organisch anschliefsen,
auf ihm weiterbauen und die Fröbelschen Cirundgedanken auch
auf den s])äkni Stufen verwerten. Doch kann die Schule auch
jetzt den Forderungen der Fröbelschen Pädagogik entspreclun,
wenn sie die kindliche Natur. insl)c-ond( rc die Triebe nach sinn-
licher Anscluuiung, nach Bewegung und nach Thäügkeit, besser
als bisher berücksichtigt, wenn sie namentlich die Beschäftigungs-
mittel des Kindergartens im Unterricht verwendet, und wenn sie
für die erste Schulzeit die Lehrziele beschränkt, die Stundenzahl
vermindert und die hohe Klassenfrequeuz herabsetzt. Damit der
Kindergarte n die Schule unterstütze, mufs er für die F^rwerbung
eines richtigen, l)rauciibaren und reichen \'orstellung<krei.ses. für
die Kf>n/entr,iiit)n seiner Bildungsmittel um bestimnili Mittel-
punkte und lür die mafsvoUe Beschränkung in den Autgaben
der einzelnen Bildungsmittel Sorge tragen.
Während der Fröbelverband schon auf acht Verhandstage
zurückblicken kann, haben die Freunde der Fortbildungsschule
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JobranM Ifcyer.
in diesem Jalire /um ersten Male gemeinsam beraten. Der erste
deutsche Im» r tl) i 1 d u n ^s ta ^, eine Schöpfung <les uneiniiul-
liclien Schuldirektors (). Pache, tagte am 21. September in Leipzig.
Das Hauptthema bildeten Vorträjj^ des Abgeordneten v. Scbeucken-
dorff als Referenten und Schulrats Polack als Korreferenten fiber
die Notwendigkeit der allj^emeinsten Ausbreitung des Fortbil-
dunj^sscliuUvesens in Stadt und Land. Nach langen, in allen
wcscntliclien Punkten /ustitnnu nflen Debatten wurden die nach-
folj^endcn Hesc]ilüs>i\ wcKlu' (Uii ( »edaukengang der Referate
wiedergeben, ein^linnni!.; anj^cuoinnu n :
I. Die wirlsehaflliclic, politische und soziale l.ulw ickeliuig un-
serer Zeit erfordert einen Ausbau unseres nationalen Erziehungswesens
nach der Richtung der Portbildungsschulen, die sich organisch an
die Volksschulen anzulehen hat. Die Fortbildungsschule niufs daher
den ein reiferes X'erständnis voraussetzenden von der Volksschule
nicht zu ItewältTLT». 11*1^11 Lehrstoff atifnc htiion. der aus der Entwicke-
lunj? des öffentlichen Lehens in Reich. Staat, (ienieinde und Volks-
wirtscliaft .sich herausgebildet hat; sie tnuis den jungen Meiisclien
beruflich möglichst vorbilden und erziehlich auf ihn einwirken, be-
sonders auch nach der Richtung der Achtung vor Gesetz, Ordnung
und Sitte. 2. I>ie Fortbildungsschule mufs in ihrem Kndziel eine solche
mit verbindlichem Besuclu- sein. Doch werden alle Bestrebungen,
welche das Fortbildungsschulwesen nach <ler jjenannteu Richtung v<»r-
er.st auch auf dem freiwilligen Wege fiUfUrn. dem Wibands. wiH-
krniniiL'n sein. 1. Der Verband wird autu i fi mU rt. für diese Ideen im
\ ulke zu wirken, daji Fortbildungsschiduesen pädagogisch nach den
Forderungen der Zeit weiter auszubauen und endlich aucA der Frage
der Ausbildung von Fortbildungsschnllehrem in besonderen Kursen
näher zu treten.
Im Anschlufs an diesen Pericht wird den Lesern die nacb-
fol i^ciide interessante Übersicht über das F o r t b i 1 d u n g s-
scbulwesen in den detit'^chen Städten mit mehr als
so 000 Hin wohnern willkommen sein, die wir dem iteuesten
Jahrgange des Jahrbuches deutscher Städte eniuclunen. Aus
dieser Übersicht crgiebt sich, dafs der Besuch der Fortbilduugs-
anstalten in den Grofsstädten recht verschieden ist. Die grofste
Schülerzahl weisen die Städte mit Portbildungsscbulzwang auf.
So hatte ^fünchen im Winter 1894 bis 1895 14202, Nürnberg
543«*^. Augsburg 1963, Leip/ii; 6799, Dresden 5966. Chemnitz
377S. Mannheiin 2046. l.iiheek iMSo F(>rtbilduii.L;>scliülcr. In
Preufsen haben \ <'n den grtjiseu Städten nur K<hii Lüsberg, l'osen,
Dan/ig. Fraukturt a. O.. Hannover, Krfurt und Bochum obliga«
torische Fortbildungsschulen, Der Schulzwang ist aber noch in
keiner dieser Städte in derselben Ausdehnung durchgeführt, wie
• in Bayern und Sachsen. Deswegen ist die Schülerzahl verhält-
nismäfsig niedrig. Königsberg hat 807, Danzig 1230, Posen 593,
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607
Frankfurt a. O. .S97, Hannover 2808, Krfnrt 939 und Bochum
ca. in 1(1 I'\>rlV»ilfluiii;sschrikr l)C7.\v. Schülerinnen. Weiter fort-
|r(^<rhritUTi i^l (He Fortltildtmi^T'^'^cluile in einigen prenfsisclien
■ Slätitcn ohne Schul/.\vau>4. So hatte Wiesbaden i i.;o Kiel 1531,,
Kssen 1361, Aachen 1297, Altona T231 und Kraiikturt a. M.
1S31 Fortbildung.>schülcr. Die liediner Fortbildungsanstalten
haben zusammen etwa 20000 Schüler und Schülerinnen, die.
Breslaner rund 5000, während die Hamburger allgemeine Ge-
werbeschule 4140 Scluiler zählt. (ie]Ljennl)er der grofsen Zahl
der jun«i:en Leute, für welche der Forthildunj^sunterricht recht
notwendipf erscheint, sind diese Zahlen recht winzig. Beschränkt
man sich nur auf das mannliclie Geschlecht, so erj;el>en sich in
Berlin 60000, in Haiuluug 20000, in Leipzig und München
15000, in Breslau 14000, in Köln 12000, in Magdeburg, Frank-
furt a. M. und Hannover Sooo, in Königsberg und Düsseldorf
7000, in Altona 6000, in Charlottenburg, Danzjg, Bannen und
Elberfeld 5000 junge Leute, für lohe der Fortbildungsunter-
richl iK .t\\ cndiq: erschein*^. Diese Zahlen lassen erkennen, wie
weit man auch in den grofsen vStädten noch vom Ziele eTilfernt
ist. Die Zahl der Fortbildungsschülerinnen i<t mit AuMiahnie
der bayerischen und badischen Städte, wo für beide t ic.Nchkcliter
derselbe Fortbildinigsschulzwang besteht, überall gering. Die
Unterrichtszeit hat neuerdings mehrfach eine Änderung dahin
erfahren, dafs man von den späten Abendstunden und dem Sonn»
tagsunterricht abgegfiti;.;cn ist und besser gelegene Stunden an-
gesetzt hat. Ivine erfreuliche Krscheinung i.st es, dafs die Zahl
der Gehülfen und der über'iS Jahre alten Schüler überall be-
trächtlich ist; in Hamburg z. B. betragen die letzteren ?^ pCt.
Daneben ist es bemerkcn>svcrl. dafs in den Städten mit Fort-
bildungsschulzwang ein beträchtlicher Teil der Schüler weiter-
führende freiwillige Schulen besucht Von der Einführung des
Schulzwanges darf deshalb ein Rückgang der bestehenden frei- ^
willigen Schulen nicht befürchtet werden.
Im Wetteifer mit den Fn (iiukti der V'olksl .ildung aus allen
Ständiii haben auch die iicTutLiun Bildner des \'olkes, die
V o 1 k s s ch u lle h rer , diesen Herbst in mehreren \*ersamm-
1 u n ge n der Schule Wohl beraten. In Schlesien, Bosen, Pommern,
Brandenburg, Sachsen, Hessen, ferner in Thüringen, Anhalt und
Braunschweig tagten die Hauptversammlungen der I«ehrer\'er-
bände; unter diesen konnten die \'erbände von Sachsen, Branden-
burg, Po.sen und Schlesirti Juliiläumsfeiern veranstalten, da sie
auf eine 2 " jährige \'ereinsarbeit zurückschntien. Auf der
B r a n d e ti b u r gi s ch e n Provin/ial T.ehrerversammlunu hielt
Lahn-Stolpe die Festrede, Berndt- Friedeberg sprach über Die
Volksschule im Kampfe gegen die fehlerhafte Erziehung unserer ^
Zeit« und Krüger-Forst über rDie Volksunterbaltungsabende
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fio8 Jobanop* Meyor.
iin<l die Stellung der Lehrer dazu'. Die A II ^em ei n e Seh le-
sische Le h rer \ i r s n III m 1 u n wurde durrh eine Festrede
von Golisch- Breslau citiL-.kitrl: M. Jiarl>ch-Iiieslau hielt einen
Vortrag über *SozialpäaaK(>Ki^^ • Die Voseiier Provinzial-
Lehrerversammlung hörte Vorträge von Richter- Posen über
> Pestalozzis Wirken für Volksbildung und Volkswohlfahrt«, von
Tews-Berlin über die Stellung des Lehrers zn den Hauptfragen
des öffentlichen Lehens nnd von \Vest])hal-Hroniben^ über die
nenesten Bestrebnn<;en auf dem Gel)iete des naturknndlichen
Unterrichts . Die Po nun ersehe Lehrer versa m mlun^
l' iletete Judt-Jaruicn mit einer Festrede Zum Gedächtnis Pesta-
'3zzis<- ciu; Steinka-Stolp sprach über das Vereinsthema: >Ks
1. . zu untersucheu, ob und in welchem Umfange der religiöse
Lehrstoff nach Answahl luid Anordnunj^ einer Re\ision bedarf?«:
am zweiten Ta^c behandelte Bnchholz-.Stettin da-- Thema: Die
landwirtscliaflliche nnd ^ewcrbliclie Kinderarbeit . Diejalires-
\ ersammlun>4 tles Hessischen Volksschn llclirervc rci ns
erfrente Pfalzgraf- Kassel dnrch einen Vortrag über das Thema:
. Ist der \'orwnrf berechtigt, dafs die Volksschule unter zu starkei
Betonung der Verstandesbildung mehr Belehrung als Erziehung
bietet?' und Betting- Kassel durch seinen Vortrag über »Volks-
kunde, \olksschule und Volksschullehrer . Die Säolis Ische
Provin/.ial- I^ehrerversammlnng zeichnete sich sowohl durch
die anftreten<len Redner, als aneh dnrch die Wahl der Themas
ans: am ersten Tai^e A. SrhrnderMagdebnry: Rückblick anf
das 25 jährige bestehen des \ erbandes - , Dr. Sclimeil-Magdebnrg
«Die neueren Refornibestrebungen 'auf dem Gebiete des natur-
wissenschaftlichen Unterrichts«; am zweiten Tage Polack- Worbis
^Pestalozzis Erbe«, Reifsraann- Magdeburg *Ist zur erfolgreichen
Leitung einer Volksschule die Ablegung der Mittelsclnillehrer-
prnfnnc^ vor dem Rektorexamen notig oder nicht? (Die Frage
wnrde verneint). Anf der Thüringer Leh rerv ersa m m 1 n n g
spiacheai am ersten Tage Dr. Kelerstein-Jena über Schule und
Leben . Troll-Gera über «die Organisation mehrklassiger vSchulen
und Wagn-r-Apolda über »den Schwachsinn und seine päda-
gogische Bedeutung^ ; am zweiten Tage Höhn -Schmölln über
»die Reform des Lehrplans für die \'oIksschnle nnd Tlücnie-
Bernbnrg über die Heimat als Mittelptmkt des Unterrichts in
der Fnrtl>ildnngsschnle . Die Brau n seh w ei sehe lA-hrer-
versa iinn 1 u u g hörte am ersten Tage Wu lräge von Heege-
HraunNchweig über die Teilnahme des Lehrers an der Schul -
verwaltn g und von ÜlmannOkvern über die Frage: Sollen
die Kreisvereine als organische Glieder des Landeslehrervereins
beibehalten werden? (Die Entscheidung wurde vertagt). Am
zweiten Tage sprach Lehrer Bebenroth- Varle Über das Thema:
)r Welche Stoffe sind nach den Forderungen der Gegenwart dem
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RuMdarbiitt. fictc^
Lehrplan der Volkssclnik- hiir/tiziifüi^un l>e/\v. aus demselhcTi
zu entfernen? Auf der HanpU ersaunnlunj^ des Anhaltischen
lychrervcrvins hielt Schmidt- Raj^^uhn eine CiedäclUnisiede auf
P«Htalo7.zi' ; Greew-Bernburg sprach über >Sc1iulwaii(lenitigeti'
und Schneider-Bernburg üt)er .die realistische Grundlage der
ethischen Fächer . W^ir scweifeln nicht daran, dafs aus diesen
Versammlungen reiclu -ensströme bis in die entlegensten
Schulen unseres \''iterlantles geflossen sind.
Wo neu». C/ci'-tesströnnnigen auftauchen, da sind es in erster
Linie die \ olkr>schullehrer. um deren Gunst man sich bemüht.
So haben wir es hei Prof. Lehmann -Hohenberg erlebt, so zeigt
es sich auch wieder bei Pfarrer Naumann, dem Begründer der
jüngsten politischen Partei, der national -sozialen. In der Probe-
nununer der neu gegründeten Zeitung dieser Partei Die Zeit«
hat der bekannte christlich-so/.iale Vührer, Pfarrer Jul. Werner
in Heckendorf, <\n< -^chnlpol itisclie Trogramm der national-
sozialen Partei entworten. Hei den» regen Interesse, das in
Ivchrerkreisen gerade dieser Partei entgegengebraclit wird, können
wir nicht uniliiii. da.sselbe hier wiederzugeben, .soweit es sich
ü}>er die Stellung der Schule zu Kirche, Staat, Haus und Ge-
meinde ausspricht Pfarrer Wenier schreibt:
•Wir halten die rechte Schulorganisation fdr eine dringende und
Mr'ichtige .\ufgal)e. Die Schule ist in der (tegenwart vornehndtcl»
eins .\n.stalt des Staates ; aber wir setzen dabei voraus, dafs der Staat
anch den an *Kr Schule teilbnhendcn Lebensfaktoreu wie Kirche.
Klternlians und Gemeinde gebührende Rechnung trägt. Dies geschieht
durch eine passende Neuordnung der bestehenden \'erbindungcn.
So meinen wir. dafs z. B. Schule und Kirche, welche ergänxungs-
hcdurftig und ergänzungsfähig. aufeinander angewiesen sind, in ein
t>e.s,seres N'erhältnis zu einander treten müssen. \'ox\ lokalen Katz-
lialgereien zwischen Lehrern und Pastoren, wie sie hie und da vor-
kommen nnfl p:i\vifs iiiehi in menschlichen Schwächen auf eim r oder
beiden Seilen ihren (.niiul haben, reden wir nicht .\ber etwas
anderes ist es doch, ob riicht, wie die Dinge nun cuunal liegen, die
gegenwärtige \'erbindung von Kirche und Schule, wie sie in der
sog. geistlichen Schulinspektion zum Ausdruck kommt, das gute Ver-
hältnis nicht vielfach unnötig erschwert. Aus vielen (*ründen, die
wir heute nicht einzeln entwickebi wollen, fonleru wir die facldichc
Schulanfsieht durch besondere Schidbeainte. Diesem ZitU werden
wir nachstreben; nicht durch eine Uidenschaftlichc A i^italn .n, tbe
nur \ rrbitternd wirkt und nur auf der i icgen.sejte reakliunätc ( »cbi.slc
wutiiiuiU (»der sie gar dem Scheine nach rechtfertigt, .sondern durch
planmä/sige Beeinflussung der öffentlichen Meinung und der Gesetz-
gebung. Die berechtigte Kinwiricung der Kirche, namentlich in
Sachen der religiösen Erziehung, sowie auch die Rechte des Eltern-
hauses kommen am besten auf dem Wege der Verwaltung zum Aus-
VMt B«]UMtt (PidifOfflnai) TU. 11.
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5io ^«IwiiM« X«T«r,
dnick. Tn einem richtig zus.nniiun;4e.selzten vSchuivorstand, in dem
der Lehrer nicht tehleu darf, wird auch Kirche, Haus und ticuieinde
schon ihre gerechte und ausreichende Vertretung finden. Je mehr
derartige Anschauungen sich ausbreiten, klfiren und befestigen, um
so mehr steht zu hoffen, dafs der leidenschaftliche Ton, der auf
ftllhcren Lehrerversammlungen herrschte und oft, selbst zum Leid-
wesen vieler anwesenden und nicht anwesenden Lehrer, über ein
besonnenes Ziel hinausschofs. sich niä(sigen wird. Was die wut-
schatllichen und socialen I'orderungen des Lehrerstandes angeht, so
werden wir die Bestrebungen des Ministers Bosse, der Lehrerwelt
zu einer auskömmlichen standesgemäfsen Existenz zu verhelfen,
furchtlos und energisch unterstützen. Zustände wie die, dafs So Prozent
aller Lehrer ein C^ehalt nnter 1800 Mark beziehen, sind unerträglich.
Den I,chrcrstand hat man bisher tinerseits mit unverbindlichen
R^.<lcnsarten aus ptditischem .Wahlinteresse uni^chnuMchelt und dann
wierler in brutaler Weise geringschiit/ig beh.indt.ll Konservative.
Nationalliberale und Freisinn teilen sich j^enieinsam in dies Vorgehen.
Daher kommt es, dafs viele unserer Lehrer aufser ihrer Fuchzeitung
keii;e parteipolitische Zeitung, sondern meist eine angeblich oder eine
wirklich unparteiische Zeitung lesen. In dieser Tbatsache spricht
sich die richtige Erkenntnis aus, dafs die alten Parteien alle es an
dem wahren und aufrichtigen Interesse für den I^ehrerstand in dieser
oder jener Weise haben fehlen lassen. Allein die Neigung für die
unpolilisclu n Zeitungi 11 hat auch ihre (Tefaliren, ist auf jeden l'all
nur so lange berechtigt, als es an einer i'artei luul ZciUing gefehlt
hat, welche die Socialreform unter ausdrücklicher Berflcksicbtigiuig
der notleidenden und aufstrebenden Stände vertreten hat. Wir bitten
die Lehrerwelt, die Bestrebungen der neuen Partei des nationalen
Sodalismus auf dlristticher Grund 1.11; c vorurteilsfrei zu prüfen, bezw.
im eigenen Interesse und dem der (iesanjtheit /u fördern .
Wir stehen nach den Krfahrnngeu dt r letzten Jahre nlleü
politischen Neugründungeii und so auch dieser etwas skeptisch
gegenüber. Gewifs die Begeisterung ihrer Führer ist ehrlich;
aber wir fürchten, dafs sie in kurzer Zeit nur ein Gewirr auf-
dringlicher Fragezeichen vor sich sehen werden, die durch den
Anruf: «Lalst uns mit leuchtenden Augen in die Zukunft sehen«,
nicht zu be-seitigen sein werden. Ihr Idealismus gleicht einiger-
mafsen dem Papierdrru lu n, den un.sere braven Jungen auf der
Wiese steigen lassen und flcr alyttuls, mit cim tri I^aternchen ver-
seilen, --ich ausnininit wie ein schöner groisti vStern oder wie eiu
flackerndes Meteor; aber leicht, gar leicht geht er in Flanimeo
auf, und den Jungen bleibt nichts in der Hand als die dürre
abgesengte Schnur. Hat nicht auch die »Gesellschaft für ethische
Kultur« in ihren Aufrufsblättern vor zwei Jahren ähnliche Töne
angeschlagen wie Pfarrer Naumann ; hat sie nicht auch geglaubt,
alle Welt warte nur auf ein Zeichen und werde mit Jauchzen
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6n
uiul vSpieleu unter dem Banner hochfliegeoder idealer Gedanken
den Tvindwurni der socialen Frnj^en bcsiepfcn. Nun, wir werden
ja sehen. Brinj^t es diese nene Gründung fertig, durcli ihr Wirken
neue j^rofse, ideale Gedanken in den Ta.i;cskainpf zu werfen;
erweisen ihre .Vuliänger sich aLs ehrliche Freunde der Lehrer
— gut, so werden sie uns als Kämpfer ivillkommen sein, und
an der Unterstützung der I<ehrerwelt wird es dann nicht fehlen.
Ehrliche Freunde werden wir schon in der nächsten Zeit
«ehr nötig haben. Ks geht auf den Winter zu, und das Schick-
sal des I^ehrerbesol (1 un fj^sgesetzes niufs sich nun bald
entscheiden. Ein Sorgeustein ist der preufsischen Lehrerschaft
vom Herzen genoniuien ; während es im Spätsommer hiels, dafs
der Landtag erst im Januar zusammentreten würde, wird er nun
doch auf den 20. Novemher einberufen werden. Damit ist
wenigstens die Möglichkeit gegeben, dafs die Gehaltsauf«
besserungen zum i. April u. J. durchgeführt werden und die
Lehrer nicht noch ein Jahr zu warten brauchen. Bangen Herzens
aber frngeu die preufsischen Lehrer, auf welche Grundlage die
Kl ^ict uul; tlas ^}eset7 zu stellen gedenkt. Die letzte \'orlage ist
bekanntlich, wenn auch nicht allein, so doch zu einem guten
Teil daran gescheitert, dafs die grofsen und gröfsereu Städte
sich durch die Steigerung der Stellenbeiträge benachteiligt und
in der Einordnung in die Bezirkszulagekassen neben einer wei-
teren finanziellen Belastung eine empfindliche Einschränkung
der komnumalen Selbstverwaltung auf dem Gebiete der Volks-
schule sahen. Kommt die Regierung nun nach dieser Seite hin
den Städten Lulgegcn, so liei,^t die l^efürchtung ualie. dafs sie
aus des Ciiarybdis des Widerstandes der im .Herrenhause ein-
flufsreichen Städte in die Scylla des Widerspruches der Mehr-
heit des Abgeordnetenhauses treibt Die »mittlere Linie* zu
finden, auf der sich die beiden bisher noch entgegengesetzten
Auffassungen vereinigen lassen, wird nicht leicht sein. Und dann
erhebt sich die weitere bange Frage: Was wird die X'orlage den
Lehrern bringen? Sie haben <1 \ crflosscne Tvehrerbesoldungs-
gt-^ct/ bcHirwortet iroi/. sciiui kläglichcu Gehaltssätze; sie
glaul>tcn Dr. Miquel, dafs die ungünstige Finanzlage tles Staates
eine Erhöhung der Zuschüsse nicht ermdgliche. Nun haben wir
aber in der Zwischenzeit erfahren, dafs diese geradezu glänzend
ist 20 — 28 Mill. Mark will der sonst doch so sparsame Finanz-
iii nister zu einer allgemeinen Bcamten-Aufbes.serung hingeben.
D e Gehälter der Subalternbeamten der verschiedenen \'erwal-
f i ngen, die jetzt gcu nhulich da anfangen, wo im allgemeinen
diLs Lehrergehalt authört, sollen nach den Zahlen, die teilweise
bereits veröffentlicht sind, recht hübsche Aufbesserungen erfahren
(300 — 600 M.), die wir den Herren von Herzen gönnen, denn
brauche kann's gewiXs ein jeder. Auch die Geistlichen und
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6l2
die höheren Beamten gehen keineswegs leer aus, obwohl der
Notstand in diesen Kreisen wohl noch nicht allzu grofs sein
mag. Was aber dem einen recht ist. sollte dem andern billig sein.
Unter diesen Umständen hissen sich nnmöglich die Sät/e der
verfiobseiien Vorlage anfrechl erhalten Als einen Teil iler
grofscn Besoldungsregel nng der Heamlenscliatt müssen
wir eine Gesetzesvorlage erwarten» die wenigstens
annähernd die alte Forderung der Lehrerschaft er-
füllt: den Subalternbeamten I. Klasse (allerdings ein
Begriff, der nicht ganz feststeht) gleich besoldet zu wer-
den! Unsere Hoffnungen sind freilich gering. Wie verlautet, ent-
hält der in. ue Gesetzentwurf die Gehaltssätze des alten, und wir
glauben auch nicht, dal"> die Deputation, durch welche der ge-
schäitbtührendc Aushchuls des Landes Vereins preufsischer Volks-
schullehrer bei dem Kultus- und Finanzminister vorstellig werden
will, daran viel ändern wird. Noch geringer ist unser Ver-
trauen zu den politischen Parteien. Wir fürchten, dafs die
Uandtagsverhandlungen das harte Urteil, das die - Zeit in dem
oben mitgetheilten Artikel über die Stellung der politischen
Parteien zu den Lclinrn fällt, nur hestäti.i:'n werden. Die
Sturmvögel sind schon geflogen. Ikzeichnet ilocli die " Post
die Wünsche der Lehrerwelt nach annähernder Gleichstellung
mit den Subaltembeamten für — »frivol !< Nach ihrem politischen
I<exikon wird es also wohl stimmen, weim der Lehrerstand mit
seinen Gehalts.sätzen in die letzten Reihen der Unterbeamten ver-
wiesen wird. Der Lehrer steht ja noch nicht am allerletzten
Ende! Wir aber möchten der Post« doch zur Beherzigung ins
Album schreiben* den vSpruch :
Man kann im W ünschen sich vergessen,
Man wünschet leicht im Cberfhifs;
Wi r aber wünsch eil nicht \ t T im ssi n
Wir wünschen, was man wünschen muis;
Denn soll der Mensch im Leibe leben.
So braiicliet er sein täglich Brot,
Und .soll er sich /mn ('.eist erheben.
So thut ihm seine 1 iliIkiL not!'
Und nun noch rius, das mis sehr am Herzen liegt! Die,
welche .sich bei (Kr allgemeinen Gehaltsverbes.scrung über-
gangen oder zurückgesetzt glauben, werden sich schon melden.
Mit Recht aber fragt die »Deutsche Warten : Wer denkt an
die Stummen unter den Vergessenen, an die Volksschule
lehrerwi t wen? Eine Lehrerwitwe bezieht 250 M. Pen.sion,
macht täglich 66". Pf*:;. Nun, ihr Jubelnden und ihr Murren-
den, wie steht's mit eurem Gerechtigkeitssinn ? 66'/« Pfg. täglich!
Nur eine einzige Million vt)n den 20 Millionen und den armen
Witwen ist geholfen! Grofse statisti.sche Vorarbeiten — eine
beliebte Ausrede — sind nicht nötig, um die Anzahl der Volks-
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Ruoil»cbau.
613
schullelirerwilwcii festzustellen, jede Bezirksregierung kennt ganz
genau die Anzahl der Witwen ihres Bezirks. Welche politische
Partei nimmt sich der wirklich Elenden an? Wer tritt ffir sie
ein? Dankbar gesegnet sei jedes Wort, das in diesem Sanianter-
dieiisie in die Gewissen der niafsgebenden Personen und Körper-
schaften hiiieingerufen wird!
Schlieislich möchten wir noch eine Anres^iing des verdienten
Pestalozzi -Forschers L. W. Seyffarth in weitere Kreise tragen.
Wie zu der Herausgabe der Werke des Comeuius, Luthers,
Kants, Herders usw. sich viele Kräfte vereinigt haben, so wQnscht
Seyffarth auch ffir Pestalozzi eine solche Vereinigung, die unter
dem Namen einer Pestalozzi-Stiftung*^ ins Leben treten
köiuite. Ilir Zweck niüfste sein, weitere Forschungen über das
Leben und Wirken Pestalozzis ntr/ustellen, seine (lehilfen und
Schiller und deren Wirksnüiktil ans Lichl zu ziehen, auch die
KorteutwickLhnii; und Realisierung .seiner Ideen auf sozialem,
wie auf pädagogischem Gebiete zur Darstellung zu bringen, vor
allen Dingen aber seine eigenen Schriften, wozu auch viele
seiner Briefe gdidren, in einer möglichst korrekten und um>
fassenden Ausgabe herauszugeben. Seyffarth glaubt, dals, wenn
vielleicht der deutsche Lehrerverein, der damit etwn eine be-
sondere Konnnissinn beauftragte, die Sache in die Hand nähme,
.sij kr<nnU- (.Iw .is ( "imf-M.-s, \ ielleichl Oröfseres noch, als jetzt in
Aussiciit genommen ist, gebchaltcu werden. Jedenfalls ist der
Oedanke ein«r ernsten Krwägung wert Es wäre schön, wenn
das zu Ende gehende Pestalozzi -Jubeljahr auch diese Frucht
noch zeitigen konnte!
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Neuere Aufsätze aus der
Fachpr
Von C. ZkQler lu liichcn bei Hanau.
rSchlufs.)
II
Auf fUni (Vclncte «Ics K t 1 1 g i o ii s u n t c r r i c b l s iKi rscIit zur
Ztil eine lebhafte Rcfornislrötmiii;;. Die l'aclipresse spiejjell sie ;ic-
treulich wieder, auch hier stehen die Tajie.sfrajien im \'oiilerj;runcle.
Di« Schtilbibd. das alte Testament das Leben Jesu, der KatechtsuitiK,
das sind die Zielpunkte der Arbeit. Den Oesicbts winket, unter dem
sie sich vollziehen soll, bdem htet S c h m a r j e in seiner Beantwortung^
rler Frajje: Was ist die Aufj^abe des R el i ionsun terriobts
in der (lenenwarti* (Matnb. Scbulzti;. i ». I'nsere Aiifj^^ahr , sairt
er dort, besteht nicht in flcr ('berniittelun^ von Relij^ionskenntnissen,
sondern in <U r Pflanzung untl l'flcge der Religion selbst. Die An-
lage asnr Religiosität ist dem Menschen angeboren; sielst seine beste
und fOr die rechte Lebensführung und I«ebensvollendung die aller-
wicbtigste Anlage. Es gilt, sie «n einem kräftigen I<ebensprinzip zu
entwickeln. Können wir dieser Forderung nach unserer Überzeugung
mit (U n uns von der Kirche ilarircreicbten I'onnen und Mitteln nicht
oder nur halb genügen, so sind wir damit keineswegs der \'erpflich-
tung überhoben, denn wir sind ja nicht Mietlinge im Amte, um
korrekte Ansichten vorzutragen, .sondeni Arbeiter im Weinberge un-
seres Gottes und ihm vor unsemi (lewissen verantwortlich für das,
was wir in Erfüllung unserer Pflicht thun oder nicht thun. Kr wird
die Früchte aus unserer Hand fordern. Von einem Abfinden in der
Weise, dafs wir äufserlich den kirchlichen Forderungen genügen und
innerlich uns dorli saijen. dafs wir es ganz anders hätten machen
müssen, (lari bei ehrlichen im«! wahrhaftigen Lehrern nicht die Rede
sein. -\iso müssen wir das Recht für uns in Anspruch nehmen, aus
(»runden» die in der Natur der Sache selbst liegen, von dem abzu-
weichen, was die Kirche als Satzung aufgestellt hat .
Zur Schulbibelfrage liegt eine ganze Anzahl von Arbeiten vor,
da aber von den eine Schulbibel torderiulen Abhandlungen keine über
die von Dr. Dix in den ;N. B.> veröffentlichte hinausgeht, können
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Npuitp AufnÄtzi- «US» rter Kachprp«»o.
Wir uns ein näheres Kingehen darauf ersparen ; hinweisen aber müssen
wir auf rleti Artikel Keine Schnlbibel (Sachs. Schulztpr. 45, 46).
Der uiiL:Lnannte Verfasser stellt fol tuende Sätze auf: Die vorjxt.l)raclitLn
(jfüiKle sprechen nicht für eine Schulbibel, sondern beweisen nur die
Notwendigkeit einer aosführlicben bibtisdien Geschichte, die es er-
möglicht, den Gebranch des A. Testamentes zu beschrinken. Auch
die Schulbibel ist kein eigentliches Schulbuch, denn wider sie gelten
dieselben Einwände, die gegen die Vollbibcl g^erichtet werden, mit
der einzigen Ausnahme, dafs manche Stellen, die irt'schlechtliche Ver-
hältnisse berühren, gemildert oder gcstruhen worden sind. In dem
\'erlangcn nach einer Schulbibel liegen gruise Inkunsc<iucnzen ; denn
andere Schulbücher enthalten auch zu viel und zum teil zu sch"'iengen
Stoff] in anderen Unterrichtsfächern müssen wir den Kindern ganz
dieselben Schilderungen bieten von der Entfaltung der Sünde, wie
wir sie in der Hibel finden. Wenn aber der (iebrauch der ganzen
Bibel auch unbedenklich erscheint, so ist doch nichts dagegen einzu-
wenden, wenn als Schulbuch unter Tinständen jahrelang nur ein
Neues Testament mit den Psalmen benut/.l wird. — Über das Bibel-
lesen haudelt Misch ke iu seiner Arbeit -Der Lehrplan fürdas
Bibellesen in Volks-, Mittel- und höheren Mädcheu-
Schulen-t (Bl. f. d. Schulpr. 20^ 21). Mischke stellt folgende Grund-
sätze auf: Das Bibellesen hat sich vorwiegend auf Lehrabschnitte zu
beschränken, die auf der Oberstufe zu lesen sind. Die Geschichte des
Reiches « fottes und das Bibellesen müssen ein Fach bilden und zwar
ist der Lese.stoff dem (ieschiehtspjnu« nach historischem Prinzip an-
zugliedern. Sachlicher Anschluf.s kann nnr beim Kalt ehisnnis statt-
finden, soferu CS sich darum handelt, ciUitelue Katechisinusslücke
durch Bibelabschnitte zu vertiefen. — Auf einen in der Regel unter-
schätzten Zweig des Bibellesens lenkt nachdrucklich die Aufmerk-
samkeit eine Abhandlung von Lichtenfeld: »Zur Behandlung
d ( r P e r i k o p e n i n d e r V o 1 k s s c h u 1 e ( Päd. Bl. 6). Die Peri-
k()penl)ehandhintr i'^t fnr den \ erfasscr der bedeutungsx ollste Teil des
Bi)>«.llesens und vorzüglich ueei.unet, das V erständnis der neutesta-
nitnllichen Lebensbilder und Lebensstücke zu lördern, in den (ieist
der Schrift einzuführen und das Interesse für das kirchliche Leben
zu entwickeln. Nur muls die Perikope auch wirklich ausgelegt wer-
den. Die in ihr ruhenden Schätze dürfen nicht nur gestreift, sondern
müssen lu rans^^^dioben und verwertet werden.
Die durch l'astor Dr. Katzer, den X'erfasser der Schrift über das
jndenchristentum-, neu aufgerollte l'rairt' der Stcllnn;^- des alten
Teslaiiieiites steht in engem Zusamnu nhaiige mit tkni Stande der
alttestamenthchen Forschung, In einer Abhandlung: Die alt-
testamentliche Kritik, ihre Arbeit und ihre Ergebnisse«
(Neue Päd. Z. 21—39) iH^ht Prof. Rothstein einen sehr ausführ*
liehen Überblick darüber, worauf wir verweisen müsseUi da sich der
reiche Inhalt nicht gekürzt wiedergeben lälst. — Die pädagogische
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6(6 Zleg:l*r.
Seite fafsl ins Aujie der Reitr;i}; /nr Fr:i;;e nach dt- r S t t l I n n ^
II n f\ y e r \x e r t ii n des a 1 1 e ti T c s t a n\ e n l e s im c h i i s t U c Ii e n
R c 1 i ji i t> II s 11 11 1 e r r i c h t von Karl Koch (Päd /A^. 47). I);i4i
alte Testament ist dem \ eriasser das reinste und krättij2^ste Zeugnis von
dem Ringen der Menschheit nach der rechten Gotteserkenntnis und der
innigsten Oottesgemeinschaft und von dem, was die Menschheit iir
der religiösen Erkenntnis erreicht hat bis zu dem Zeitpunkte, da die
{>roplietische \Veissag:ung sich erfüllte. Hedenken wir. dals unser
Cliristentun». obp^lcich nns thici Mannij^faltij^keit \velt:^feschiclitlicher
rmsländi- ^^eboren, kt i iii.ulii: direkt anj^elegt ist <lnrrb < 'rüiKlung
<les nuisaischen Sta.itsw < -^n---, und dafs ts innenit li rothciotet wurde
durcli die Propheten. Ks ist ein <»rj.;anischer Zusammenhang /.wischen
a1t(^nl und neuem Testament unleugbar vorhanden, und dieser Zu-
sammenhang mufs im christlichen Religionsunterricht zur (ieltung
konmien. Selbstredend müssen die Ergebnisse der Bibelforschung ver-
wertet und die (beschichten vom Standpunkte der religiösen Rntwicke»
lung Israels aus betrachtet werden
T> a s Lebensbild Je s u a n f d e r < ) b e r s t u f e ist der ♦ 1 eijen -
staml einer Arbeit von H. Kirst (I). Hl. 50, 50. Der Verfasser be-
leuchtet die Lebensbilder Jesu von H. Delff, I>r. Thrändorf, \V. Hey-
schlag und S. Bang. Die Behandlung, wie sie Bang wünscht, ist ihm
nicht ratsam, weil es nicht möglich ist för jeden einzelnen Zug und
jeden Ausspruch noch den ursprünglichen Ort zu ermitteln : nicht
kindlidi. weil es in vielen I'ällen sehr schwierig ist, den Schülern den
Prai^matistnus begreiflich /u machen ; nicht nötijjf wt-il di rrhn<tHche
« ■.l.iul»^ durch den persniili( lien Kindruck Christi licr\ orgeruteti wird-
Dagegen erklärt er sich für das Heyschlag sche Lebensbild und /war
aus folgenden Gründen : 1 . Giebt es uns eine vollständige und lebendige
Anschauung, soweit dies nach den vorhandenen Quellen möglich ist
2. Ist der Stoff in diesem Lebensbllde so wirkungsvoll zusammenge-
stellt, dafs durch ihn Interesse und Teilnahme mit Jesu Wirken,
Leben und Leiden erregt werden und wachsen wird 3. Werden uns
in demsell>en keine Widersprüche i^ebfiten, w ir rrhalien vielmehr ein
/.usainiiieTi]iäiit;t-tidt s und /.usanimenslimmendes Hild. 4 b>h:ilien wir
trotz der Harmonisierung nicht Geschichten aus dem Leben des
Heitandes, sondern eine Geschichte. 5. Wird durch die Hingliederung
der Synoptiker in das Johs.-Kvang. dieses dem Verständnis mehr er-
schlossen.
Das Leben des Heilandes soll auch die Hauptgrundlnirc für die
,\u^K'irung des Katechismus bilden. Nicht nur fiir den K' ittclii^tuus
unten iclit !t?i ir ^n/en, snuflt-rn auch für jede Katecbismuslektion (im
abschlitistiultu rnlciiiclU) ist der Heiland der pcisönlich-anschau-
liche Mittelpunkt, der filaube an den Heiland das Ziel . Diese These
»Ober die christozentrische Behandlung des Katechis-
m u s< (l>. Schu1]>r. illustriert S. Bang durch die Behandlung des
3. Gebote».
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617
Zum (»eschichtsnnterricht liej;t eine \vertvi)lU> Ahhatulhing
von II. Weijrand v'>r: T>if Mctl^ride des t sch i chlsnnter-
riolits '!*ä(l. 6.1. Zeiie;.4Lti w n \S eil^eschiehle in ihre einzelnen
Faklor cn und ^rruj)pieren wirtlicse nach der Weile ihrer \ crl>rcitunj;. die
nie gefunden haben, so erhalten wir zwei ijrofse Gruppen : eine, deren
Faktoren überall in gleicher Weise nur mit örtlichen Variationen
thätig gewesen sind, und eine, deren Faktoren nur an bestimmten
Orten gewirkt liaben. Dafs ersterc als typische Fi«juren einen allge-
meinen und jrröfseren Werl haben, leuchtet ein und darum auch,
dafs sie den \'or/iiir mr ienen verdienen Snlehc Faktnren sind darum
auch in erster Linie in <len X'orkutsus auizunelun«- n und innner wieiler
in das Bereich der Betrachtunj^ zu ziehen, letztere dagej^en nur in-
soweit als sie für die Heimat de.s Schülens raindesten.n denselben
Wert haben, den jene für die weitere Geschichte haben. (Gerade in
der Unkenntnis and Nichtbeachtung dieses wesentlichen Unterschiedes
zwischen den historischen Faktoren liegt der Hauptgrund, dals wir
inil dem t'.eseliiehtsunterricht trotz aller Bemühungen nicht von der
.Stelle kommen Der Han])tkurs dehnt sich durch zwei Jahre hin-
durch !>ic .\uswahl riehtel sich ganz uiul gar nach den örtlichen
Vcrhällnissen, Die Anordnung der einzelnen BiUkr ge.schichl in
chronologischer Reihenfolge. Jedes niufs, in sich abgeschlossen, ein
methodisches Ganzes bilden und ausführlich behandelt sein. Pen
Schlufs macht der Vertiefungskurs, der von den Thatsachen auf die
Ursachen zuruckschreitet. Ihm sind wieder zwei Jahre zugeteilt ; der
Stoff ist wesentlich derselbe, wie im Hauptknrs, nur die Behandlung
ist eine andere. Waren dort die Wer-. Was-. \\ ann- und Wietragen
vorherrschend. s<i werden es hier die Warum-, Weshalb- und Wozu
fragen sein; denn im Vergleichen, Lrteikn, Schlieisen. kurz in der
Verstandeslilätigkeit ruht die Hauptaufgabe dieses Kursus* Den Um-
fang der weitergehenden Unterweisungen rnuJs natürlich stets die
stofifliche Wiederholung des durchzunehmenden Pensums sein. —
:Bemerknng' t: i-lter den Geschichtsunterricht vom psycho-
logischen St a n (1 {)ii n k t aus verÖffenllieht 11. I'ree illaus u. Sch.
51. 52). Die mei^Un Lehrpläne, sagt ei, maelicn den l-"ehler. dals sie
Geschichte \erlangei:, statt Leben.sbüdei. Liii Kind bi.s zu 14 Jahren
kann höchstens ein Verständnis für die Hauptthatsachen erlangen,
aber nicht ein eigentlidies Geschichtswissen. Die Hauptsache ist,
ein geringes Stoffquantum tüchtig durchzuarbeiten und zum Eigen-
tum der Jugend /u machen. Ethik und Patriotismus geben dieZiel>
punkte an. auf die immer direkt zugesteuert werden mufs: die
intellektuelle (inindlige darf deshalb nicht in die Breite ge/.errt
werden. .Ms Beispirl eines s^rsehiehtlichen S\ steins ,inf <lei'"irund-
läge des geschichllichen Lehr.sl«ides im Seminar zu \S eimar veröffent-
licht Bär ^Hilfsmittel für den Staats- und gesellschaftskundlichen
Unterricht I. Heeresverfassungen«'. — Die beiden bedeutungs-
vollen Arbeiten in dieser Zeitschrift setzen wir als bekannt voraus.
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6i8 <■ ZipKi^T.
Auf dem (lebictc des Spraclninterriclits iKiisrht jrleichfalls
eine lebhafte Hewejfunjx. Die Herrschaft der Criimm itik soll gje-
brochcn und die Sprache als Übennitllerin der Kulturgüter betrachtet
werden ; auch die l'ormen der Sprache sollen als etwas Lebendiges
erkannt werden. «Die formalen Aufgaben des deutschen
Unterrichts» beleuchtet E. v. Sallwürk (I>. Bl. 5-1 1). Wir haben,
fülirt er aus, Laut, Wort und Spradiform zu betrachten. Die Auf-
gabe, das natiirli che Wesen der Laute zu erklären, fällt der Phonetik
zu. Was die Laule tirspriinirlich he/ciohncl haben, davon schweigt
diese Disziplin/ KüntiU'ii wir /n sulurer Iviiisiclit darüber gelangen,
so wäre es mehr vSaclic dci l'h\ .siolugie, .-»le uns lait/uteilen ; denn
man kann heute nicht niclu daran zweifeln, dafs die ursprünglichsten
Sprachlaute oder was zu ihnen geführt hat, nur ein durch unseren
Organismus bedingter Reflex auf die uns treffenden Eindrücke von
aulsen sein können. Von den Lautzusammcnstellungen, insofern
mit ihnen bestimmte V orstellungen gew ohnheitsmäfsig assoziiert sind,
so dais sie ntis als der natürliclu' Attsdntck derselben erscheinen,
was sie nrsprünglicli nicht sind, handelt die Idiuuiatik. Ihr (ie^eii-
«tand sind die lUiumata, die tici einzelnen Sprache eigeutünilicheu,
ihr besonders zugehfirenden Lautgebilde. Wären diese ein natftr*
liebes Wtderbild der Dinge, welche sie zu bezeichnen haben, so
könnten die verschiedenen Sprachen nicht so ganz verschiedene
Tiilder für die nämliche Sache erfunden haben. Übrigens behandelt
die Idiomatik das Wort nur als Träi^fcr des Begriffs. Die formale
Seite des W(»rtes und fU r \\ ortverhindunj^eii weisen wir der Schematik
zur Behandlung zu. Diese be.schäftigt sieh mit dem Worte, wie es,
wenn ich so sagen darf, in der Oesellschait er.scheint; denn nur
durch die Berührung mit seinesgleichen kommt das Wort dazu, sich
eine gewisse Form zu geben, welche ihr inneres Wesen nicht ändert
Von diesem Standpunkte aus fallen Wort- und Satzformen in das
nämliche Gebiet. ■- Mit demselben Gegenstandebe.schäftigt sich auch die
Arbeit von K. Wilke U nsere .Aussprache und ilire Pflege (PSd.
Ztg. iS. 19) und C.reen in seiner .Arbeit Die Fibel un<l ihre Be-
handln ng mit Berücksichtigung der N ormalwörtermethode
und der phonomimischeu Laulbehaudluug^ (Neue 1'. Z. 6).
Green entwickelt folgende Sätze : >Der heimatkundliche Unterricht hat
die Phonominiik besonders zu berücksichtigen. In Bezug auf den
Schreibleseunterricht hat der heimatkundliche Unterricht die Aufgabe,
die in der Fibel auftretenden rbungswcirter dem Sprachschatze der
Kinder einzuverleii :en. Der heimatkundhehe rtileiriclit ist wählend
der ganzen Dauer des MleiHeJitarunternchls uiil dem Schreihlese-
unterricht organisch zu vcrknüj>fen. Diese Wrknupfung ist zunächst
durch eine phonomimische Behandlung der Sprach laute herzustellen,
später geschieht sie durch Bezugnahme des heimatkundlichen ITnter-
richts auf den zusammenhängenden I^esestoff der FibeL Die Fibel
hat zusammenhängenden Lesestoff so früh als möglich zu bieten.
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Die KautjjcwiniiuMj; durcli Analyse ist vemerfen. I ni die Laute
als I^U inrnt irln st.nifltt ili fler Worte erk(MnuMi /u Inssen ist drr
SrbüUr '.II vr>lii I.iiiu' zur Wortver^^leicluiiij» an/.uixucii niid nst in
/weller J.inie antzutonlerii, Wörter zu analysieren. Der elenienlare
Schreibleseunterricht hat langsam von einer Schwierijrkeit Äur andern
forbtuHchretten und kommt erst Ende des zweiten Schuljahres sium
Abi«clilnfs. Das L'ensum für den Schreibteseunterricht im «weiten
Schu^ahr ist die l^handhni !rr Schärfung^. der Dehnun;;. <ler
.seltener \ i>rkounnenden IJtichslaben wie i|U. x usw. und der Latein-
schrift. Im erst»'! Schuljahr ninfs dem Schiller die Schreibunj^ der
Wörter niriulii li.si lanj;e eindeuti^r bestinnnt sein, darum sind v.
SchliU's-.s mui /. erst im AnschhU's an die kleine Druckschrift einzu
führen. Die Schreibunji; des eti-Lautes als äu wird erst bei der
(irofsschrift dem Schüler bekannt ufemacht, ebenso die Schreibunj^
der Anstaute. Die Orthographie ist in den Fibeln weit eingehender
zu l)er«cksichtiKen, als das bisher üblich ist, insonderheit ist deshalb
die Kou'^onnutenhäufunji^. Schärfunjjj und Delinunjij weit ausfülulicher
zu beh-MMkln als das bisher ^^eschehen ist. — Weil die S})rachformen
als etwas Lebendiges aufzufassen siutl, i.sl die l-rage: ('»ehören
sprachgeschichtliche Belehrungen in die Volksschule?*
mit V.. Wilke (Päd. Bl. 6) xu bejahen. — ^Die theoretischen
C> rund lagen des Lesebuches*^ untersucht G. Hey derer (Allg.
I). Lehrcnstg. ii. 12). Kr kommt zu folgenden Sätzen : Die nationale
Litteratur gehört zu den Sachy:ebielen und zwar zu den humanistischen ;
sie ist ein iiotweiidi^^er Bestandteil <les rnl<rnrltts Sic '^tcbt nicht
im I~>ienste eines andern Sachgel»iett s, sondern iimunl Litic .>^cll>slaii<li>!^e
Stellung ein. Sie wird nicht durch das müiidliihc Wort. stMulern
durch ein Buch vermittelt. Das Kind verlangt ICrzählungen als
I^esestoff : die Erzählung mufs über eine dramatisch bewegte Hand,
hing verfügen, darf aber nicht zu knapp gehalten sein, mufs des
Kindes Neigung zum Detail entgegenkommen : die Sprache mufe
klar, einfach und anschaulich sein; in der lürzählung mufs sich des
Kindes Welt spiegeln; also komnun die \ olkstümlichen Stoffe in
Betracht- Für die Aufnahme reali^lisi lu r St«^ffe i^ilt fol-tii-Us
Kriterium ; das Stt'ick mufs der nationalen Ijlteratur angehören und
mufs ein Geschehnis berichten, darf keine Beschreibung sein. So-
dann gilt der Satz: Ins JUesebuch gehört nur, was der lebendige
Unterricht nicht bieten kann.
Otto Km st veröffentlicht eine sehr lesenswerte Abhandlung
Über die u n t e r r i c h 1 1 i c h e B e h a n d 1 ti n i: lyrischer e -
dichte (räda.u''^u 6). l-.r fidirt aus; Der Lehrer hat sich, wenn er
ein C'.i-dicht hrli.uideln will, vor alb-m folgende hragen v«)rzidegen ;
Welches tieiuiil oder welche Stimmung liegt dieser Dichtung zu
Gnmde.* mit anderen Worten: Was ist die künstlerische Tendenz
dieser Sch<5pfung? Sodann: Wo liegt der Ak/ent des (Scdichts, d. h.
durch welche Partien dieses (Gedichts kommt die Absicht des Dichters
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620
am stärksten uiul deutlichsten zum Ausdruck I'\ rucr: Auf welchen
psycholl sollen Vorausset/unj^en ruht die W'iikun:; <lics«. r I )K lituii.!:r,
und weist das kindliche Seeleuinventai all diejenigen MunieiiU aul,
die vorhanden sein müssen.» wenn das Gedicht seine spezifische Kraft
attsüben soll ? Endlich : Wie stelle ich es an, diejenigen Vorstellungen,
an welche das Gedicht anknüpft, in meinen Schülern so lebendig
und dadurch die Schüler so aufnahincffdii^^ wie möglich zu machen,
ohne die eij^enartij^e Wirkuiij^ des Cedichts vorwegzuriehtnen oder
^ar /.u übertreffen ? W enn er sich mit iliesen Fra^^eii ab^jefunden
hat und er nun daranireht, seinen Schülern das (iedicht «larzubieten,
hat er zunächst dafüi zu sDigeii. dafs das Gedidit die Schüler in der
geeigneten Stimmung finde. Hin dezentes, ohne jede Weitschweifig-
keit und Breitspurigkeit gegebenes Präludium schlägt die geeigneten,
den Kindern bekannten Töne au und leitet unmerklich zur Dichtung
hinüber. Dabei werden möglichst geschickt die etwa nötigen Er-
klänmgen zum (iedicht, so weit es irgend angeht, vorweggenomnien.
Diese Hrklärungen werden gleichsam eingeschmugijelt, so dafs der
Schüler sie gar nicht als Krklärun^eii empfindet; ganz uiueiinerkt
und heimlich bereitet man dem Kunstwerk eine Stätte. Beim \ orliag
achtet der Lehrer besonders darauf, dals der Akzent der Dichtung
deutlich herausgearbeitet und den Schülern fühlbar werde, ohne dafe
er in pedantisch aufdringlicher Weise deklamiert An die am stärksten
akzentuierte Stelle anknüpfend, giebt der Unterrichtende nach been-
digtem \'ortratr des (iedichte^ d is, was an Krläutenitijren etwa trotz
aller Einführung noch erforderlich ist. AV»er er hesehr.mkt sich dabei
auf das Allernotwendigste. Separate l^rkluninuen sind ileshalb so
absolut stimmungsfeindiich, weil alle SLimnuuig nichts anderes als
Zusammenklang \ ieler schwach bewufster, gleichmälsig verdunkelter
Vorstellungen ist, die Erklärung aber über einzelne, meistens nicht
einmal die künstlerisch wichtigsten Stellen ein ganz unverhältnis«
mäfsig starkes Licht verbreitet und so die erklärten Stellen als auf-
drintrlich helle, grelle b'lecke auf dem f',edioht erscheinen, sich mit
lästi<;er. herrischer Hartnäckigkeit im Hewujstsein behaupten und die
vorher schwach beleuchteten stelhni.i;t-ii .i;an/. ms nunkel drän.uen.
Die Rückkehr zum Halbdunkel der Slimiuung erscheint diuin als
etwas Gewaltsames und ist oft erst nach langer Zeit möglich. Sind
aber die Erklärungen unvermerkt vorweggenommen, so gehen gleich
bei der ersten Darbietung des Gedichts schwierige und leichte Stellen
in einem hin, und alles erhält von vornherein die für eine har-
monische Stimmungswirkung durchaus erforderliche gleichmäfsige
Ik'leuchtung. Die (iedichtslunden niü.ssen völlig untet der 1 lerrsehatt
der Kunst stellen. - Der e r s t e A u f s a t z u n t e r r i e Ii t in seiner-
praktische n G e s t a 1 1 u n g ist der Gegenstand einer Abhandlung
zur Preisbewerbung. Der Verfasser geht von folgenden Gesichts-
punkten aus: In dem Musterstuck des Lesebuches liegt der kind-
lichen Auffassung eine feststehende stilistische Form vor, die eine
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621
\vit.(Urli"Uv viTul allst iliüi Hetraclittinp /ttlfifst Dtiich <lic tlenkeiulc
BciiacliUiUi^ einzelner stilistisclier Krsclienmiij^en eii^nen sich die
Schüler nicht blofs die Auffasswngs- und Ausdrucksweise des Muster-
stücks an, sondern sie lernen zugleich auch, sich in bewufster Weise
einer M annigff alti^keit und Angemessenheit ini A usdruek »i befleifsigen,
die diMi li Iduis^lu uml ästhetische Rüoksichlen liestinnnt wird. Die
der schriftlichen Darstellnn/j voransjreschicklen niüntllichen T bunten
hefähij^en das Kind einerseits, den vernuhttt ti Scliat/. s])r:ir1ilir!ier
Formen in freier W eise zn benntzen, aiuU insi tts winl es durch die
gewonnene stilistische Kinsicht doch ininier im Bannkreise tier loj^isch
stilistischen (besetze des Musterstückes festgehalten und vor Abv\ e>>;en
bewahrt.
Über -Die Reform bewegung auf dem Gebiete des
naturgcscliichtl ichcn l nterrichts- veröffentlichte der Ikricht-
erslatler eine Abhandlunj^ (l'äd. Monatsh. j), die die sicli bereits fcst-
stt/i nden irrtümlic!u ii Ansichten über den Verhiuf der Heweynnüf
beiichtijjcn und MäniKin, wie Baade, Scheller, Conr.a<l. Kollbacli ilir«,-
historische Stellung in derselben sichern will, — (iegen den Seylert-
scheit Vorschlag einer Zweiteilung der Synthese wendet sich Dr.
Wilk mit seiner Arbeit: «Die Synthese im naturgeschicht-
liehen Unterricht« (D. Bl. 25. 24). Im (>esinnungsunterricht. führt
er aus, ist die Zweiteilung der Synthese bejjriindet, weil sich die
iiVinVen Arttti des Interesses nicht mit derselben Unmittelbarkeit an
den i^t-schichtlichen Stoff fcsthän<ren, wir ^ as sympathetisrhe und
eiiii)iiische Interesse. Wer aber ylaubt. Im der naturgescliiclillichen
Synthese allein mit Hilfe des empirischen Interesses eine gleiche Be-
geisterung zu erdelen, der irrt sich gewaltig. Nur in Ausnahmefällen
kann diese in die beiden Teile zerfallen. Bei heimatkundlichen Gegen -
standen wird die von vom herein spekulativ angelegte Synthese die
Repfel sein. Aber auch in dirstni I-alle tritt zur Synthese noch ein
zweiter Teil, welcher die denkende Fr^än/unj; g^enannt werden kann.
Die praktische Durchfi'ihrunjr seiner drundsätze 7tiij:t W ilk an einer
J'räpni alitdi iiber den Hasen (H. HI. 45— 47». — Se\ k ils Aihcilskunde
veianlai.st K. v. SaHw iirk zu einer au.sführlichen Abhandlung : Die
Arbeitskunde im naturwissenschaftlichen Unterricht (D.
Bl. 29^-35). Eine die Kulturentwickelung besonders betonende Dar-
stellung niuls nach seiner Ansicht schon in den einfachsten Schul-
Verhältnissen eine Stelle finden, sie kann aber erst dann eintreten,
wenn als «Grundlage eine sachliche liearbeitnni: der Dinge und \*er-
hfiltni.sse stattm fiinden hat, weicht- den Stoif und die Ik dinLCimL' «ler
Kulturarbeit enthallLti. Dann erst kennen zntn AbschUUs die Grund-
linien eines Systems der gegenwiu ligeii Kullurarbeit gezogen werden.
Das ergiebt eine Arbeitsknnde im weiteren Sinne als die von Seyfert
und setzt voraus, dafs der von ihm bearbeitete Stoff dem naturkund-
lichen Unterricht einverleibt werde. — Die verschiedenen »Kon-
zentrationsversuche auf dem Gebiete des naturkundlichen
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622
V. /Angler.
Unterrichts bespricht H. Scinuidt (l'iid. Ztg. 50, 51;. i>cr Stand-
punkt der Vertreter der Konzentration scheint ihm unhaltbar. Ent-
weder, sagt er, haben die recht, welche das^Priossip einer allgemeinen
Konzentration auf den Schild erheben ; dann müssen wir wenigstens
lile üebiotr^ der realen Sphjlre zn einem einheitlichen Han verschmelzen.
s thun aber die Neuerer nicht und zwar aus denselben (iründen,
die jjrejjcn ihre \\ ! suche sprechen. ( )der aber, jene Kichtnny; hat über-
hnupt nicht rcclit. dann hat :nirh <lie Wnschmelzuni; <lt r ht^teff njcncn
Zweige auf dem uinfangrcKhen t.ebiete der Naturkunde keinen vMnn.
— «Zum l.,ehrplan in der Pflanzenkunde* veröffentlicht F.
Baade einen Artikel (Päd. Ztg. 2). £r will den unteren Schulklassen
die Betrachtung sorglich ausgewählter einzelner Pflanzen zuweisen,
während die Srhider der Oberklassen ihre Kraft an (Jruppenbetrach-
tungen erproben können. Zu solchen Uetrachtungen eignen sicli: (>ut
nni.urenzte sy.slematiscbc < '.riijiiien, I'flanzinyennssenschaften. welche
der heiinischeTi Landsrhaft das ( ".l iu äi^c ^Lbcn. tiie /.u>aniiu». nhätigcnde
Darstellung der iAbensarbe)t cler i'fianze und ihrer Werk/enge. —
Über »Experiment und Beobachtung im botanischen Unter-
richt« verbreitet sich F. Schleichert (D. Bl. 27—29}. Die so über-
aus wichtigen Vorgänge der Ernährung der Pflanzen, der Aasimilation.
der (las i n l W'asserbewegung in der Pflanze, der Transpiration.
Atniunp vieler Wachstums- und Reizerscheinungen, deren elementares
\'erständnis auch ilen Schülern der X'olksschnle nicht vor* tithalten
werden darf, lassen sich nur mit Hilfe geeigneter ICxperiiiKiiU klar
erkennen. Sclb.^lretlend Irelen i^.xperimenlc erst dann auf, wenn eine
reiche Menge empirischen Materials sich im Laufe der immer fort-
gesetzten Beobachtungsthätigkeit angesammelt hat, das imstande ist,
das Interesse für den Versuch wachzurufen. — Eine wertvolle Abhand-
lungüber Die erziehende Bedeutung des Schulgartens ver-
öffentlicht Dr. Jieyer (D. Hl. ;/>. 37). Der \ erfasser hat einen (larten
im Auge, bei dessen Hewirtschaftung lediglich erzieherische ( tesichts-
puiiktr inaisgcliL ml sind, iii dem die Kinder selbst zu Arbeiten haben,
und zwar lediglicii zu <lciu Zwecke, um all der sittlichen und intellek-
tuellen Förderung teilhaftig zu werden, die mit einer rechtschaffen
vollbrachten Arbeit sich ganz von selbst einstellt.
Verhältnismäfsig stiefmütterlich wird stets der geographische
Unterricht in du b'achiiresse behandelt. Über -Zweck und Zie l
des erdkundlichen l'nterrichts stellt Kup|)ert ( 1 less. Schul-
ztir. 2, 3t folgenfk- Sätze auf: Der erdkun<lliche rntctiicht in der
mein kl.t.^sigcn \ ulk^ -L IiuIl- hat den Zweck, den Schülern die Kennt-
nis der Krde und iluct i)c\^uhiier, sowie der wichtigsten ICrscheiuuugen
am Himmel, in geistbildender und erziehender Weise zu übermitteln.
Ks ist Aufgabe der Heimatskunde als erste Stufe des erdkundlichen
Unterrichte, dem Schüler an geographischen Objekte^ der Heimat die
notwendigen (inindbegriffe zu veranschaulichen und zu erläutern, so-
wie das Verständnis der Karte und das wichtige Kartenlesen vorzu-
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bereiten, in koir/entn' Jüchen Kreisen weiterschreitend. UA^^ Aer Hei-
niatskundc die Keiuitiiis des \ aU i lainU s. >ü\vie die derW ellU iU und,
soweit CS der l'assungskraft der Sehiilei entspricht, das Wichlijjste
aus der matbemattscheii Geographie. Während der Lehrgang auf der
Mittelstufe noch den synthetisch-konzentrischen Weg^ einschlägt, wird
er auf der Oberstufe den analytischen gehen, um früher zu einer
Übersicht über die ganze Erde zu irt^^langen. Neben der beschreiben-
den I.ehrfonn niufs auch die vergleichende zur gebührenden (Geltung
ko!^i7iicn. Das Warnniund Weil in den Beziehungen und Ikdingungen,
tlie richtige Dar.sLellung von Ursache und Wirkung, luiti-^en Leben
in den toten Stoff. Die zeichnende Methode sei nur Unlerrichlsniillel.
nicht Unterrichts%iel. Die Anschauungsmittel (Karte, Globus, Relief,
Tellurium, Bild) müssen einfach und in bester Auslfibninj^ sein, (ieo-
graphischc Charaktetbilder, so\de ethnographische Bilder, sollen den
rnlerriclil l)e!eb< n und das Interesse der Kinder an denistlben er-
luilien. In tler Hand des Schülers sind .\llas uiitl Leitfaden (Rt ;ilieii
buch und Renllesebucli i unentbehrlich. Durch wei'-e lU-srliräiikung
des SLuJlcs uutl »Htere Wiederholung wird die sichere .\neignung <lcs-
selben erstrebt.
TIT.
Zur vSc Ii u i organ i sa t i nn sf r age licfeit II. Scheret i nu n wert-
vollen Heitratv durch Tk-anlvv« nlung der Frage: \\" ei c h es Scli u 1-
systeni enlsprielil am vollkduniensten den pädagogischen
Anforderungen? (Päd. Ztg. 14. 15). Rr ffihrt den Nachweis, dafs das
achtklassige Schulsystem das vollkommenste Schulsystem ist. Denn der
Unterricht kann sich in diesem System vollständig dem Hntwicklungs-
gaii:4i des kindlichen (ieistes anschliefsen. kann lückenlos fortschreiten
und du l!u1i\ idualität niöglichsl lierücksichtigen : es erleichtert dem
Lehrer <lii. Arlieit und erhalt ihm sn seine l*ris< lu ntul T.eistunj^s-
fähigkeit. Je mehr sich ein Schiil.s\ .^Icni dem a». hlkla^^ii^L 11 iifdu rt.
desto vollkommener ist es. Im scchsk lassigen Schulsystem mu.>.>eii
entweder zwei Klassen zweistufig oder eine Klasse dreistufig sein ; in
der siebenklassigen Schule mufs die oberste Klasse zweistufig sein.
In beiden Schulsystemen treffen wir also dieselben Nachteile, vrie sie
sich bei dem vierklas.sigen vSchulsystem vorfinden. Auch das sechs
und sielienkla.ssige Schulsy.stem mü.ssen daher gegenüber d«.ni aclit-
klas«igen als unvollkommen bezeichnet werden, obgleich .>^ie voll-
kurnmener sind als das \ icrklassige. Das achlkl. issige vSchuls> stein
entspricht am vollkommensten den pädagogischen .Anforderungen,
es niufs daher bei umfangreichen Schulsystemen als Norm ange-
sehen werden.
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M«ie Bucher nnd AufiiUi.
Neue Büclier und Aufsätze.
a; Bücher.
Ik a U C k III a ll ll, Uhranat.- Vorst., Karl,
Dieiiti kindlichen Alterauftretende
Schwerhörigkeit und ilirc päda-
gognsche Würdigimg. (VlI, 1038.)
Leipzig, II. Ilaacke. 2 M.
Friedrich, Joh., Jakob Froh-
sclinitinur. J-'m ITulaLToj^c unter
den modernen riulo.sophen. Kin-
führun^ in d. philosophisch-pädafr.
System Im olischaniniers. (\'. 9SS.)
l-'ürtli, ti. K»)senl)er}^. 1.50 M.
Friedrich, (iyina.-ubpri., tiu.slav,
Die höheren Schulen und die
C.ejicnwart (51 S.) I,cip«i^. K.
Warti}^. o/x) .M.
II eis, Karl, Derdeutsche
Unterricht in ikn ersten Schiil-
jahr<Mi auf ]ih.aKlisrh«.-r Ciniiul
la};e. I juc Anleitung, .tiigcknüplt
an die Fibel vt>n VV. Hangert.
K>4 S.) I Vankfurta. M., M. Diester-
weg. ü,5o M.
Lewit. Dr.Jul., Darstellung der
tlieoretischen nnd |»i aklischen Pä-
dagogik im jüdischen Altertume.
nach talmud. (Quellen unter ver-
gleichender IJerücksichtigiing des
glfich/.citii^fcii Sein ifltumes. (70 S.)
Ikrlin, Mayer- .Müller. 1,50 M.
Met scher, Dr. Hcinr., Causal-
Nexus /.wischen I,eil) und Seele
und die daraus risultierctKlcn
psvchophysiachen I'liiinomene.t.i2;
8.) Dortmund, J. W. Ruhfus. 3 M.
Pagel. Lehr., Franz, Der frei-
willige lirziehungsbeirat f. schul-
entlassene Waisen. Kin Versuch
zur Lösung der Frage: Was ist
das deutsche \'olk seinen ver-
\%-aisten Kintiern schuldig.'* (9«» S.)
Berlin, L. Öhmigke. o.Ho M.
Th i ( 1, I,, )ir,, Fet. Jobs.. Fin Tag
iui Leben^>lleim, soziale Naturer-
ziehun|rsansta]t für verwai.ste und
uneheliche Kinder beiderlei Ot-
.schlechtes. (2.S S.) Fei])/ig- Reud-
nitz, II. N. Thom. 0,50 .M.
b) Aufsätze.
Itengel, Joh.. Die l'rox inzialge-
schichte im (teschichtsuntenicbte.
(Rh. westf . Scbulztg. 50.) Aachen ,
Harth.
Berfremann. Dr. F., Absolu-
tistische u evolutionistische lübik
im Kaniiife um die I'ädaj^ogik.
(Leipziger I.ehrer/tg.39-41.) Feip-
xigr, Otto Klemm.
llfsse. Iv, Die \«>lksschule im
Kampfe gegen Sprachsünden.
( Allg. deutsche Lchrerztjär. .'^7.
Leipzig', Klink h.irdt
Höhne, Welche Nachteile .sind
mit dem Ma.ssenunterrichte und
welche mit dem bjnzeluntcri iclite
verbunden * Welche X'orschläge /u
ihrer Feseitigunj^ sind zu machen *
(Päd. lU. 5.1 Cotha, Thienemann.
I , i s 0 ll I) 1 \^ s k a . M ai ia. Dir Re-
form der \ Orbiidung der \ olks
schullchrerin. (Lehrerin 23.) (>era,
Th. Hofmann.
Malo, II.. ICin dringlicher Re
form Vorschlag von S. Rang betr.
ein einheitlicli-anschauliches Le-
bensbild Jesu. (Ztschr. f. ev. Re-
lij^ionsunt. 4.) lierlin, Reuther und
Reichard,
R h o den . l)r.< i. von. Das Prolklcm
d. Relif,(ionsuntenichts. ( l\v. Schul-
l»latt <).) (ifller.sloh, Itertelsmann.
ScliL T». r, II , Dir Anf-abe der
wissenschalthchen i'adagogik im
allgemeinen und in der Gegenwart
im Ih sonderen. (Päd. Ztg. 34.)
Berlin, W. u. S. Löwenthal.
Stall n, Dr., Zur !• rage über den
C.eschichtsunterricht. (Päd. Bl. 5.»
(tf»tha, Iv. \'- Thienetnann
Stelter, Katharina. Dir soziale
Arbeit der \'<dksschullLlirti in im
.\nschlufs an die \"olk.s.schule. (Die
L<:;hrerin 22.) Oera, Th. Hofmann.
Vogel, Moriz, Zur Förderung
des Schulgesangunterricht.s und
des Chorgesanges. (.Mlg.d. Lehrer-
i'tg. 33. ;>4 ) Leipzig, Klinkhardt.
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* V « ■> *
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Neue Bahnen.
Monatsschrift für Haus-, Schul- und Gesellschafts-Erziehung.
IhÜ 12.
Dtz< uibfr 1896.
VII. Jahrg.
Friedrich Dittes.
Von Rwloir Dietrfoii in Nürnberpr-
I. Wirken und Wesen.
1. \'or\vort. - 2. Bis zur Berufungr nach (iotha. -- 5. Iti Gotha. —
4. In Wien. — 5. Schriften. — 6. Die Monat-sschrilt Pädagogiuni. —
7. (refsamtbild der Persönlichkeit — S, Nachtrag zu 3.
Eine nnparteii.sche Schrift über Friedrich Dittes ist ein
schwieriges Ding. Wanim? Weil nnparteiische Unterlagen
fehlen, weil es an ziivcrläs.'^igen queUeinnälsi^cii Nachrichten
überhaupt mangelt, l'nd leider gilt dies gerade für den
längsten und wichtigsten Abschnitt: wir besitzen keine ob-
jekttven »Wiener Geschichten^r, Dittes hatte keinen Frennd,
der mit ihm in Wien gelebt, ihn ganz verstanden, ihm und
über ihn die Wahrheit gesagt. Ich habe bei dem gegen-
wärtiq^en Direktor des Pädagogiums, Herrn Dr. Rmanuel
Hannak, nach brauchbaren Akten gefragt: er konnte mir
jedoch fast nichts anderes mitteilen, als was ich schon wufste.
— Über die (iothaer Zeit dagegen ist mir von Herrn Semi-
nardircktor A. Zeyfs Erhebliches mitgeteilt worden, doch
leider erst, als die Arbeit schon im Drucke war (s. Nach-
trag).') Ich .selbst habe mit Dittes (von 1886—95) nur brief-
lich verkehrt, und — aufser in den beiden ersten Jahren —
nur geschäftlich, rils Mitarbeiter des Pädagogintns.
W as ich nun auf den folgenden Blättern biete, hat mich
zwar viel Zeit und Mühe gekostet; aber das schliefst nicht
au-s dafs ich mich geirrt. Ja ich möchte fast wünschen, dafs
ich in recht vielem geirrt, weil dann zu erwarten wäre, dafs
') (iern benutze ich die ( Ulejienheit. den trennTinten Herren für
ihre freundliche Dienstwilligkeit auch an dieser Stelle zu danken;
desgleichen Herrn Verlefrer Kfinkhardt, welcher die Güte hatte, mir
die in seinem Verlage erschieiu neu selh'^trindigen Schriften von Dittes
und sämtliche Jahrgänge des Pädagogiums auf längere Zeit leibweise
zu überlassen.
]t«M Baküfla TR. 1>. 4 1
I.
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■ I
626
Hutloir niptriob.
alle möglichen Aiistreiimiiii^cn L^cuiacht werden, iiiii der
pädagogischen Welt endlich da> richtige Bild des Mannes
zu zeigen. —
Mir stehen nur drei Bogen zur Verfügung. Das zwingt
zu knappester Fassung, welche mir aber auch die Thatsache
ermöglicht, dals während der letzten Monate alle Fachblätter
einen Aufsatz über Dittes gebracht. Ich brauche also nur
zu wiederholen^ wo es das Cxcbot der \'ollständigkeit erfordert
2.
Christian Friedrich Dittes stammt aus einem Bauernhause.
Er wurde am 23. September 1829 zu Irfcrsgrün im sächsischen
Vogtlande geboren: in einem waldumrahmten, von Somiuer-
frischlern besuchten Dörfchen halbwegs zwischen den Städten
Letigcnfeld und Kirchberg, au der ELsenbahu Zwickau-
Falkcnstein.M
1844 trat Dittes ius T.ehrerseminnr zu Planen ein, 184S
in den N^olksscluildieiisi. Jedocli nicht dieser, ein höheres
Schulamt war sciu Ziel, das er nur deshalb nicht auf dem
kürzesten Wege erreichte, weil er von Haus aus unbemittelt
war. So blieb er denn, mn sich den Lebensunterhalt zu
sichern und nebenher den (ivuinnsialstudien obliegen zu
köuTieii, Volksschullehrer bis 1S5S: in Thalheini bei Chemnitz«
Reichenbach, Plauen, Leipzig. Doch wulste er schon 1850
einen UrLuil) zu erlani^en. der ihm den Hesuch der Landcs-
univerMtät aul drei Semester gestailetf. i85<S sodann konnte
er seine Hochschulstudien fortsetzen und 1860 mit den» Be-
stehen der Prüfung für das höhere Schulanit und dem Erwerb
des Doktortitcls abschliefsen.
Er erhielt sofort Anstellung als Subrektor der mit
einem Progymnasium \ erbundeneii Realschule zu du innitz.
Von gröfserer Hedentung für ihn, lür seine Zukunft war
freilich ein anderes .\mt, das er in derselben Stadt erlangte:
der Pädagogische Verein wählte ihn zu seinem \'or.sitzenden.
Als solcher fand er Oelegenhcit» sich öffentlich hervorzu-
thun, nämlich auf der Jahresversammlung des Allgemeinen
Sächsischen Lehrer Vereins, die 1Ä64 in Cli innitz abgehalten
wurde. Vor dieser Wrsammlung ^]'i.\ch Dittes im Auftrage
seines Vereins über die deutsche Sprache und Litteratur
auf den sächsischen Lehrerseminaren Die Unterlagen
Vi Am ^'V Scpltnibei iJSyO ^Incltcn der Auerbacher und der
Kirch l)er}jer Ik /irks1ehrer\'ercin ni Irfersgrfui <-itie Gedächtnisfeier.
])(m I^eschluf^ nn < >rte ein 1 )ittesilcnkmal /;•. errichten, folgte so-'
gleich ciuc Sammlunü. mit achtenswertem lirgebnis.
*) Der V'ortrag erschien 1864 bei Kcl. Focke in Chemnitr.. Später
nahm ihn Dittes in den XVII, Jahrg. des Pädagogiums (S. 680 ff,) auf.
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Frif>ilrl4'h IHllM.
627
dazu saiTiiiu Ue, MHÖfi^licli erschöpfend , der Verein. Das ge-
schah, erzählt Dittes, auf folj^ende Weise. Unser Pädagogischer
Verein zählt mehr als loo Mitg^liedcr; dicselhen sind meistens
aus nnsern I>an(K ^-^t ininaren hervorj^eganjL^en ; isflücklicher-
weise hat jedes dieser Seminare mehrere Glieder zu der
hiesigen jüngeren Lehrergcneration gestellt. Es konnten
daher auch mehrfache und »twar dem Leben selbst entlehnte
Berichte über alle Landesseniinare abgestattet werden. Ferner
wurden die »Stundenpläne verschiedener Seminare, sowie zahl-
reiche diktirte Hefte und Ausarbeitungen von Seminaristen,
sodann etlicb.e in der Säclmisrhen Schulzeitnng enthaltene
Aufsätze tiir und wider die vSeminare, desgleichen die Allge-
meine »Seminarordnung von'1857, endlich auch das Stalistisclie
Handbuch über den Personalbestand der sächsischen Lehrer-
schaft zu Rate gezogen.
Der Vortrag selbst beantwortet die fünf Fragen: Was
sollen die Seminare leisten was leisten sie wirklich —
woher rühren die Mängel im Seminarunterricht wie sind
sie zu beseitigen? die lu-iden letzten jedoch nur mit
ein j>aar Worten (aul wenig uielir als 2 von 20 Seiten). Wir
heben hier nur zwei Stellen heraus: i. Diejenigen, welche
sich dem Kantor- und Organistendienst nicht widmen wollen,
würden eine viel angemessenere Bildung erhalten, wenn sie
den Kursus einer Realschule absolvirten und auf diesem Grunde
noch einen dreijährigen Semiuarkursus durchliefen. 2. t>Da
die Muttersprache niemals allseilig begriffen werden kann
ohne Vergleichung mit eiuom fremden Idioni, so mufs das
Seminar wenigstens eine iremde Sprache leinen, und zwar
ist Dittes fürs Latein. [Später (vgl. Die Spiacheufrage,
mit besonderer Beziehung auf Lehrerbildung , Päd. V, 331 ff.)
hat er seine Ansicht wesentlich geändert (dies aber in dem
erwähnten zweiten Abdruck des Chemnitzer Vortrages nicht
angedeutet): er zieht eine liioderne Kulturs|)rache vor.
Welche? dies hängt namentlich von ortlichen l'mstätiden, von
ethnographischen Verhältnissen und Bezichnugen ab. \nraus
Opportunitätsrücksichten kann ich für eiuc kleine Konzession
au das Lateinische stimmen. Ich betrachte nämlich die gegen-
wärtige Situation un.serer Kultur als ein Übergangsstadinui
zwischen der bisherigen, römisch gefärbten Bilduugsweise
und einer neuen, wirklich liberalen und freien, in der Wurzel
echt nationalen, in der Krone wahrhaft humanen Bildungs-
weise. Auf die Dauer dieses in)ergangsstadiums nun wäre
icli dafür, dafsin den r>berklnsKen der Lehrerbildnngsan*:talten,
falls sie einen sechsjährigen Ki;i siis erhalten, ein niehl ubliga-
tori.scher Unterricht in der lateinischen Sprache gegeben
wurde, an welchem aber nur diejenigen Zöglinge teilnehmen
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kudolr Dlfltrtrh.
dürften, die in allen Hauptfächern gute Fortschritte anf-
weiseii.'^- ]
Der Vortraj^ und die an ihn j^a-knüptlt Deli.ittc !>c-
riclitcL Dittes (Päd. XVII, 678} hatt'' den Kilolg, daüs
sich die sächsische Staatsregicrnn^ zu einer eingehenden
Untersuchnng- sämth'cher Seminare des Landes nnd hierauf
'/M einer tcrnndlichen Reorganisation derselben veranlafst sah,
welche Reform sich licrnach naturg^emäfs auf das tranze
sächsische \'()lksscliul\vesen ausdehnte und demselben die
noch heute hesuhende Verfassung j^ab.') Dil Us seihst
wurde im tnluciulen Jahre als Seniinardirektor, Lande^scllul-
iuspektor und vortragender Rat im Ministerium an Karl
Schmidts Stelle nach Gotha berufen ; wie verschiedene Lehrer-
zeitungen wissen, auf Empfehlung Diester wegs.
3-
Man wundert sich, dais die j^othaisclie Regiening drei
so hohe, verantwortungsreiclie Staatsämter eineiti so jungen
und unerfahrenen Manne übertrug. Jung allerdings. Aber
unerfahren^ Auch das. Denn sein X'olksschnldiensi, di.r für
ihn nur ]\littel zum Zwecke war, kann ilini kaum angereelniet
werden. Und die paai Jahre an der Chemnitzer Realschale
vermochten ihn wohl auch nicht auf eine Stellung wie die
Gothaer vorzubereiten. In einem höheren Schulamt (im eigent-
lichen Sinne), als Schulleiter hatte man ihn noch nicht ge^
seilen. .Wn r er hnile v ielleicht schriftstellerisch als glücklicher
lütindcr und Planer, als geseliickter Sehulbanmeister nnd
Verwalter sicli ius<^cwiesen ^ W ir w i^-^en nichts dergk ielien
von Dittes. Sonaeli .scheint jene kurze Chenniitzer Reile - -
die aber doch hauptsächlich Kritik ist den entscheiden-
den Bindruck gemacht zu haben. Die philosophischen Jugend-
arbeiten (auf die wir zurückkommen w erden) fallen liier auf.ser
Betracht. T'^s mag übrigens sein, dafs wir uns die Aufgaben,
welche Dittes in Ciotha zu lösen hatte, viel gröfser und höher
vorstellen, als sie wirklich waren.
Jedenfalls wis-^m wir manche> nicht, was wir behufs
sicherer und volkstäudiger Beurteilung der Sachlage wissen
sollten. Wir kennen weder die Berufnngs- (und Entlassungs-)
Urkunde, noch die Besoldungsverhältnisse genau, noch die
dreifachen Amtsptlichten. noch die von Dittes verfafsten
Seminar- und Schn1in^}u ktionsberichte, noch seine \'orträge
im Ministerinnr nr)ch die vSumme seiner amtlichen T^eistungeii
und Wirkungen, noch die Rolle, die er in der (Tcsellschaft
*) Dais ditse X'crfasbung, weil sie heule noch besteht, auch wert
Lst, heute noch zu besteben, will D. hoffentlich nicht sagten.
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gespielt.^) Xm über dfu Lehrer und Direktor des Seminars
sinn wir im allqt nniiien. jedoch aus zweiter nnd dritter Hand,
/jcinlich i,mt miUn ielitel. Die Hnniici uiiL;eii allerdings,
welche zucr.st im ( >>lcrr. Schnlboten \ er(itfcnlliehl, dann
1896 von der Allg. deutschen Lehici/xitung» naciigedi uckt
worden,-) sind wolil mit Vorsicht aitfzunehineti : es spricht da
ein Schüler, der für seinen Lehrer schwärmt und ihm alle
Tugenden nachsagt. Mehr (icwicht werden folgende Äufse-
rungen Kehrs haben: Mit Dittes begann eine neue Epoche
im Seminar. Seine nihif^n- He^oTincnheit ntul klare Konse-
quenz letzte rnliig einen I'.nistrin auf dt ii andern; er hielt
es mit Lcssini;: die t;rrii.sic ik ulliclikril war mir immer die
grüfste Schönheit. Jene Jahre, in denen e.-> mir vergVinnt war,
an seiner Seite zu wirken, waren für unser Seminar Zeiten
ruhiger Entwicklung und darum Jahre des Segens*. ^Er
war ein Maini. der als Leiter des Seminars die strengste Ge-
rechtigkeit mit der freundlichsten Milde, den unbeugsamsten
W'ahrlieitssinn mit dtT besonnensten Ser^falt y.n \-ereinbaren
wnfste, und der allen durch die Klarheit seines ( ieistes, durch
die Herzlichkeit seines Tnigangs wie durch die Biederkeit
seines Charakters für immer lieb und teuer wurde .'j Und
über die Abschiedsfeier zu Khren des nach Wien Berufenen
wird berichtet: Nachdem Dittes dem Seminarkollegium und
den Seminarlehrern Lebewohl gesagt hatte, ergriff Kehr das
Wort, um dem Scheidenden den Dank des Seminars zu sagen.
Als aber der SehTuer/ des Abschieds ihn ^ri üherwältiq^te,
dafs Thräneii ine Stimme erstickten und < r nur noeli die
A\'orte sagen k<jnnte: I>erge und Thäler können Menschen
trennen, aber nicht die Herzen! Gott geleite sie!* - dablieb
kein Auge thränenleer, und selbst Dittes^ der ernste^ ruhige
und unerschütterlich feste Mann \ einte, als solle ihm das
Herz brechen Auch heute sind die (kfühle, die damals
zum Ausdruck kamen, noch nicht erloschen. Der i^cgen-
wärtige Direkto r Zevfs (sclinn \ Dities Lehrer am Seminarj
.Hufserte in senier vor den Zöglingen gelialteneii (TedaclUnis-
rede am 2. Juni i<S()6 n. a.: Was D. hier al.s Leiter des
Seminars untl des ganzen X'ulksschulwesens vollbracht, das
verpflichtet die gothaischc Lehrer weit für alle Zeiten zu
inniger Dankbarkeit gegen den teuren Heimgegangenen. . ,
Er nahm alles t rnst tuid streng und hat uns Schweres zu-
gemutet: aber wir thaten gern, was er forderte. . . Wir fan-
') iCinige dieser i'unkle kliiil jedoeli der Nachtrag auf.
*> Vgl. auch Preufs. Lelirerzeitung, Sonntagsblatl iS<>6. Nr. 28.
1 Nach dem Schnlhl. d. Pfov, Brandenburg und der Deutschen
Schulpraxis; (Juelle «icht genannt.
*} l'reufs. Lehrerz. a. a. O.
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Rudolf Dictricb.
den in iliin einen crtalm iu ii Berater, tU iii wir willisj ioit^^teii;
vor allem aber einen \ orgeset/ten. der wie ein Freund mit
uns verkelirte und für uns sorgte .
Weniger günstig scheinen die Beziehungen nach oben
und atttsen gewesen zn sein. In einem Briefe, den Dittes 1888
an den früheren Leiter der Päd. Zeit un3^^ Heinr. Schröer ge-
schrieben, spricht er von liefti^^er Feindschaft , die er sich
in Gotha zugezogen, weil er dort im Seminar, im Ministi rinm
und in öffentlichen \ ersannulniiLien siel.s und niu eriiüllt seine
Meinung gesagt und nainenllich stets nachdrücklich für den
Lehrerstand eingetreten sei . Sicher ist, dals die Regierung
nichts gethan, uui ihn in Gotha festzuhalten (als er 1868
nach Wien berufen worden) — während sie sicli später be-
deutend anstrengte, um Kehr zum Bleiben zu bewegen,') was
ihr ja auch auf ein paar Jahre gelang.
4-
Welche Gründe bestimmten Dilles, dem Rufe nach Wien
zu folgen?
Konnte ihn Wien anlocken? Wie mau weifs, haben
sich die Wiener auch heute noch nicht aus der Versumpfung»
in die sie Metternich geleitet, herausgearbeitet. Jessen spielt
wohl auf diese Thatsache an, wenn er sagt (Deutsch-österr.
Lehrer/ 1896. Nr. ii): Die Wiener Ijift wirkt entnervend .
Und über (kis (Kslevreichische Re,i,ncrnii,L;sN\ stein \ <>u lieiite
urteille vor kurzem ein einheimiselier Suzialpuiitiker und
Volkswirtschafter: Es ist der Absolulisnuis, gemildert durch
Schlamperei. Dafs unter solchen Verhältnissen auch die Presse
(die Presse, die in den Wiener Geschichten* eine so grofse
Rolle spielt!) weniger Charakter besitzen mag als anderswo,
leuchtet ein. Weiter: ein stockkatholisches Volk! Auf ultra-
montane W'ühlereien mnfste der sehr liberale Protestant
Dilles als auf etwas Selbstverständliches gefai^>l sein. Knd-
lich die Anstalt, an deren Spitze Dittes berufen war: ein
blofser ^Notbehelf s eine ^Rorrekturanstalt^ — von der gar
nicht sicher war, wie lange sie notwendig sein, also wie lange
sie bestehen wwCiv , erst in zweiter Linie eine KortbiU
dun<;.san$talt im eigentlichen Sinne.
Dagegen halte man die G-niiiaei Stellung. Mich dünkt,
' S kann für einen ganz von seinem Beruf erfafsten Schulmann
eine beglückendere nicht geben. Was hatte D. allein schon
.in seinen Mitarbeitern (im Seminar/ 1 Von den vielgestaltigen
äulseren Verhältnisseh, welche in Gotha samtlich günstiger
*) Er sollte iiS72 als iSchulrat nach Nürnberg kommen. \'gl. die
sehr fiusfübtlicbeii Mitteilunjrcn von J. Hahm im Repett. d. Päd. 1885,
\' — und die Angabe Kolatseheks auf S. 10 seiner >;og. Schmähschrift.
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Kri«drich UiiC«». (,'f
wareil als in Wien, w ollen w ir ^ar nicht reden. Dittes selbst
sai^'-te in Wien, an der Schhilsfeier des 12. Schnljahres: Als
mich der ( remeinderat hierher holte, hatte ich in Deiusch-
land eine Stelle inne, w ie es eine zweite nirgends mehr gibt.
Ich war materiell gut gestellt, genois Ehre, Achtung, An-
sehen und war persönlich vollkommen frei-«.
Und doch ^in<,^ er nach Wien! Da darf man schon aul
die Heweggründe begierig sein. Ivs fielen wohl hauptsächlich
in Betracht: die höhere ICinnalune bei verminderter Arbeit
- • die grofsere Freiheit und Selbständigkeit nach oben hin
der viel weiter gehende Kinflufs auf die Verhältni.ssc seiner
Anstalt, i>c.sonders auf die Anstelhiiii^ der Lehrer. Und nicht
zuletzt hegte Dittes die Holiiiung : er werde das rädagugium
ganK nach seinem Sinne gestalten, auch umgestalten dürfen.
I>afs er dies wirklich gehofft, noch mehr: beabsichtigt, er<-
hellt aus der (reschichte seiner Wiener Thätigkeit Leider
standen solche Wünsche in Widerspruch zu dem Wortlaut
des Statuts: darin liegt die mächtigste Ur.sache seines I-'alles.
Aber nicht Idols amtlich, sondern ancli und das ist
das schliimiisic | le; s>'Milirh liai Dittes Schiiihnu-h gelitten
in W ien; w enigstens scuciiii es so. Wir sind niclit mein ganz,
klar über den Mann; der Glaube au ihn ist erschüttert Die
dringliche Frage nach dem wirklichen Dittes beantwortet
niemand. Wer könnte es? Kia ehrlicher Freund, der die
Wiener Zeit mit erlebt. Ein solcher Mann scheiut nun eben
nicht vorhanden /ti ^ein.
Die hauptsäciiHchsten, aber siuntlicii mein oder weniger
peiM»iiiich oder parteilich gefärbten Unterlagen zur Beur-
teilung des i'ädagogium-Direktors Dittes sind: 1. von ihm
selbst: Mitteilungen aus Wien, im Jahrg. 1869 der Allgem.
deutschen Lehrerzeilung Das Lehrerpädagogiimi der Stadt
Wien; Wien, A. Pichlers Witwe u. Sohn 1.S73 — W'iener (tC-
schichten. Päd. IV ; - 2. Das Wiener r.'ir'aL^ogium von i<S68- 81,
dargestellt von Adolf Kolatschek; ].ei|)'i!^. Reichardt 1886.
Der X'erfasser der zulct/t angeiührten Schrift, früher
* i\ imiasial])rofessor, hatte die keferatss orlage, die Krrichtung
cimr.s >i.idtischen Lehrerseminars betreffend , bearbeitet und
war von 1868-72 Mitglied der Auf Sichtskommission fürs
Pädagogium. Rr tritt als persönlicher Gegner des ersten
Pädagogium-Direktors auf. Diesem ist er mit der Feder bei
weitem nicht gewach .seu; er schreibt oft flüchtig, sodafs seine
Darstellung an nuuu h<-n Punkten unklar, ungenau oder gar
unwahr erscheint, vielleicht auch ist. Man kann ihm das
übel auslegen. Aber dafs er wis>entlich oder absichtlich
entstellt, gefälscht, glaube ich nicht. Untl gar seine ganze
Kritik kurzerhantl als Schmah-schrift zw brandmarken, g^lit
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BadoU IH«lnoh.
niclu an. Mir scheint, sie hat*ungefähr gleichen sachlicheti
Wert^ wie die - Wiener Geschichten , y.u denen sieancli ilircm
Tone nach pnfst. NatürHcli c i r». ^^le das Bnch die rfeniüter.
Man war gespannt anf die Autwurt Dittes sei da/,n genötigt^
bemerkte Sehubert in seinem Repertorinni (1887, IV); ein
paar Monate s]>ater jedoch meldete er (1887, VIII): Dittes
wird Kolatschek keine Antwort g'eben. In einem umfang-
reichen Briefe an mich legt er die Oründe dar, warnui er
sich mit seinem Cegner in 1; ine Hrörternng einlassen wird.
Er spricht zu mir fest und siclier; hätte er das kürzer ge-
macht, mein Glanbt- an seine Dailti^nng wäre nicht kleiner
geworden: aber er wollte die Ict/lc I*alle glätten. Ich gestehe:
Kolatschek hat mich ü'n einen Angenblick irre gemacht,
aber nnr für einen Augenblick; sein Buch mufste ich bald
als das erkennen, was es ist und bleibt: eine Schmähschrift,
und anf eine solche darf keine Entgegnung erlassen werden.
Der Ehre wäre zuviel. Den umfangreichen Hriel selbst
hat vScbnbert nicht veröffentlicht, auch nach dem Tode des
Schreibers nicht Übrigens hat Dittes doch geantwortet
(Päd. IX, 481 ff.), al)er nurinivSehimpfstildes XVI. Jalirhnnderts,
ohne auf Thatsächliches einzugehen. Dagegen erklärt er
hier - wie er es früher und später auch anderwärts gethan
- es handle sich nicht blofs um seine Person, sondern um
die Zukunft des ganzen Lehrstandes, der Pädagogik, ja um
die öffentliche Moral und das öffentliche Wohl. Xnr hilft
uns diese Erklärung nicht über Kolntschcks liucli liinweq;.')
Würdigen wir nun die übrigen niRllenscliril'ten ziuMtc-
scliichte des Pädagogiums unter Dittt-s. vSie stammen, wie
gesagt, sämtlich aus dessen Feder. Dittes hat also der
Allg. deutschen L,ehrerz. (schon im März) 1869 eine Reihe
»Mitteilungen« geliefert*) (über die erst im Herbst 1868
eröffnete Anstalt): aber nicht etwa blofs sachliche Auf-
klärungen. Perichte, Auszüge aus Statuten und Lehrplan,
sondern auch, und /wnr vorzugsweise persönliche Urteile,
Behauptungen, die mindestens als voreilig bezeichnet werden
müssen. Die Wiener I^ehrer z. H. werden derniaisen gelobt,
dafs man — wie Kolatschek mit Recht bemerkt - sich
fragt, wozu denn der Wiener Gemeinderat ein Pädagogium
') Rilsmann bemerkt (räd. Z. 1S96, Nr. ,^9»: er habe auf Grund
.sicheren Materials in zwei Aufsätzen (der V. Z.j die Hauptauklagen
als unbegründet nachgewiesen.- Ich finde das nicht. — Vgl. P. Z.
1886. Xr. 37 ; 1887. Nr. 4.
*) Die.se Mitteilungen liabe ich nielil ^iLlcsen. litii KiiiikhiuUt,
der Verleger der A. d. L., an den ich mich gewendet, konnte mir
die Nrn. nicht vcrschnffen h h li.ilu mich daher an die Zitate Viri
Kolatschek, von denen idi glaube, dai.** sie richtig sind, da er auch
sonst richtig zitiert
63 a
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gcgrüncU t und zu (ksstn Leitung einen Direktor aus Ciotha
berufen. Wollte Dittes x ielleiclit mit jenem Urteil über die
Wiener Lehrer siine Abneigung gegen die Uhnngsschule
deeken ? Und was be/.\v eek(e er mit der OllVnlcn nug: das
Pädagogium besitze einen ^L'lnn als Diickloi. dessen
Element der Kampf ist? Dafs es der Anstalt zur Zeit der
Eröffnung beinalie an allem fehlte«, ist mindestens eine
Übertreibung, wie die Phrase »ich drängte znr Eröffnung
der Arena - eine Geschmacklosi gk ei t. K u rz : die » Mitteilungen *
sprechen kaum zu (runsten ihres \ erfassers, und es lafst
sich denken, dafs sie beim C ietneiiul« rate, sofern sie ihm be-
kannt wurden, grof<r^ "Mifstnllcn erregten. Weiler die bei
' Pichler erschienene ]ilo^v. liüre. Deren Schlufswort ist wieder
voll von hochtönenden Phrasen. lM)ertreibungen (um niehl
einen schärferen Ausdruck zu gebrauchen), Selbstverherr-
lichutig. Bin starkes Stück auch ist das Totschweigen des
ersten Übungsschuldirekturs Willmaun, und die Behauptung:
die Übungsschule fristete in den ersten Jahren (also unter
Willmann!) ein kümmerliches und sieches Dasein. Die
breit erzählten Wiener ( »eschiehten - endlich machen
wiederum einen ungünstigen Kindruck. Da beschäftigt er
sich höchst ernsthaft mit pfäffischen Klatschereien und andern
Dummheiten, von denen man glaubt, sie könnten einen ge-
reiften Mann nicht im geringsten riihren. (Und wirklich
hat D. einmal im I*ädagogium seinen Schülern gegenüber
geäufsert: um die kitter der Finsternis, ihre Gehilfen usw.
kümtnere er sicli iiieht.) Da scheut er sich nicht, die ihn
allzu jjlninp li)1)iiu<ic Inden, von kniinschem Pathos getraL^enen
Aufsäi/e mehiciei üsterreichischei Lehrerzeitungen einzu-
fügen! Und w^i(^ rühmt er sich selbst! Einmal sagt er, er
habe «während emer langen Reihe von Jahren ein in seiner
Art seltenes Beispiel von Uneigennützigkeit im öffentlichen
Dienst gegeben - nur finden wir leider nicht, worin denn
diese Uneiuicnnützigkeit bestanden. Zu einer ( leldgeschichte
verbraucht er vier Seiten und doch versichert er wieder-
holt, er sei kein Gnlflenjä^^er, liabe nie Ciewinn gesucht!
Schliefslich : wx'lch ungeheuerliche Aufserungen über sein
Dienstverhältnis! Er meint S. 219: Wer dem Pädagogium
nicht blofs einige Pflichtstundeu, sondern seine ganze persöu*
liehe Hingebung widmen wollte, der hätte sich von Anfang
an sagen mögen: Lafs die IToffnung draufsen! Und weiter
behauptet er, sein Leben als Direktor des Pädagogiums sei
eine dreizehnjährige Trag()die des Kampfes um die höchsten
Güter der .Menschheit gewesen. .S. \-\^ aber klagt er L^ar:
Die AufsenweU. sofern sie mein pächigogisehes Interesse in
Anspruch nahm, war meinen .\ugeu \ erschlossen, und meine
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634
liuJoir üii-trii'b.
,<<:an/A Sitiuitiou hatte ciucii Ik-i^eschmack von i^db-
cigeiiMchattl !
Was vcrlanj^ic demi der Geuiciiidcrat vom Direktor des
Pädagogiums? Kr sollte (nach dem Konkursausschreiben
V. 28. IX. 66) ein Fachmann sein, der bereits an einer ähn-
lichen Anstalt mit Erfolg ^a- wirkt, der den Unterricht in
sämtlichen päd agojji sehen Disziplinen einschliefslich der Schul-
praxis übernininit, aul'serdeni < )rjL;anisationstaknt, Kenntnis
der Wiener Srlmlxustände und lA-hrerbednrfnisse, Wrstandui.s
lür das autonome ( icnieinwesen der JStadt Wien, endlich
richtijjeii Takt und lortsciirittliche (iesinnunt^ besitzt. Was
dem Genieinderate bei der Wahl am lo. III. 68 vorschwebte,
war ein freisinniger und tüchtiger Pädag<j}^num-I)irektor, der
sich vollkommen und ausschliefslich der Anstalt widmet;
ein Kämpfer im Klemeutf welcher aus dem Fädadoginm selbst
eine Katnpfstätte maehte, pafste ihm zu keiner Zeit.
1 Kolatschek.) — (iewifsnic hi niiL^ewöhnliche Antorderuni^en '
})er das vollkonnnen und a;isschliefslich ? Es ist, wie in
• ielcn l'aiien, nicht so streng gemeint: Diltcs wurtlc ja anf
Betreiben oder unter Zustimmung des Gemeinderaies Bezirks-
schuHnspektor, Landesschulrat, Mitglied der Lehrerprüfungs-
kommission. Sein Anstellungsverhältnis war auch äufserlich
aufs günstigste geordnet: die bare Besoldung betrag 3600 £1.;
die freie Dienstwohnung wurde auf 1200 fl. g^ewertet; ein
Kiindi^ji-niigsrecht stand dem ( iemeinderaic inehl zu. Seine
Pension, um das auch noch hier zw erwähnen, wurde iKHi
auf 2jiK> fl. festgesetzt und steuerfrei ei klärt; verzehren durfte
er sie an jedem Orte des In- oder Auslands. Nämlich das
Recht, den Direktor in den Ruhestand zu versetzen, hatte
der Gemeinderat Aber nur unter zwei Bedingungen: .>i. wenn
das Pädagogium zu bestehen aufliören soTlie; 3. wenn der
Direktor nacli einer vom Oemeinderate gepflogenen Unter-
suchung durcii denselben als knr]ierlich oder geistii^ zur
KrfüllnuL,'' seiner Pflichten unlaugiicii erklärt werden sollte.
Dafs die zweite Bedingung zutreffe, hätte der rienieinderat
in dieser oder jener Form behaupten können. Dem kam
jedoch Dittes zuvor: er erklärte, dafs er zur Lösung seines
Dienstverhältnisses im Wege gütlicher Auseinandersetzung-
berL'it sei.
Ich habe nun im Zusammenhang kurz zu erzählen, wie
ts "^o weit gekonnnen. Gleicii am Anfang konnte der
< leineinderat merken, dai's Dittes doch nicht der gesuchte
Mann .sei. Dieser stellte nämlich, als er schon gewählt war;
die Bedingung: Jede Beeinflussung des Pädag<jgiums durch
(icistliche, gleichviel welcher Konfession oder welchen Ranges
dieselben sein mögen« ist vollständig und unbedingt auszu-
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Frlvtlricli Diu«».
sclilicfscn. Dif verschiedenen Aufsich tsheliörden werden also
niemals und unter keinerlei Form irj^-eud eine Inspektion
odei .-»onst einen amtlichen Akt durch eine rcrsönlichkeit
«geistlichen Standes in der Anstalt vornehmen lassen . Zwar
zog Dittes diese, vom Ciemeinderat als unannehmbar erklärte
Bedinguu}^^ zurück; aber der Grund zum Mifstrauen, zur Un-
zufriedenheit auf Seiten der Behörde war gelegt Als dann
Dittes seinen Dienst angetreten hatte, änfserte er neue
Wünsche und Absichten. Ob es nicht doch besser und tun-
lich -wäre, wi'un man i:4;1eich jetzt, an Stt-lle des Päf':iL:;()<^inins,
das doch keine Aussicht auf Bestand habe, ein sechsklassi<»^es
Seminar errichtete? fragte er am ersten Tage (erzählt
Külatschek). Das klingt eigentlich unglaublich: Dittes kannte
ja das Statut^ war auf dieses verpflichtet 1 Ferner wollte
er die Übungsschule nur als Anhängsel betrachtet wissen,
am liebsten freilich sie ganz beseitigen: womit wieder eine Um-
bildung der eben ^gegründeten Anstalt beabsichtigt war. Denn
CS leuchtet <t]nR- weiteres ein, dafs eine Korrektnranstalt
gerade auf die L'!>niiL;sschnle das gröisle < rcw icht legen nuilslc.
vSelbst eine reine Lehrcrlortbildungsansialt kann ihrer nicht
entbehren. — Drittens: in der Eröffnungsrede (!) nannte Dittes
das Pädagogium ein ^Experiments und den Diesterwegschen
Unterrichtsgrundsatz (Stat i? 33) — -die Form jedes Vortrags
im Pädagogium mufs zugleich die I'*orm abspiegeln, in welcher
der (jegenstatid in den Schulen zu lehren sein wird er-
klärte er als unricliliL^ und undurchführbar,') In diesem
letzten Punkte hatte er sachlich recht. -Aber damit, dal's er
das in der Kröllnnngsrcde sagte, hatte er natürlich nicht
recht; er hätte es vor Annahme der Wahl sagen müssen;-')
an Zeit und Gelegenheit fehlte es ihm nicht. • - Viertens:
Kaum stand die Anstalt in Thätigkeit, als ihr Direktor die
schon gewürdigten > Mitteilungen an die AUg. d. Lehrerztg.
schickte. I'nd im ersten Jahresl)cricht rückte er wieder der
-Aufsichtskomniissicin ^^^egenüber mit seinen Äudernnq^s- und
Umgestaltungs\ (Mschiägen heraus doch, wie zu erwarten
war, ohne Krfolg. Die Kommission bemerkte u. a. (nach
Kolatschek): Die Frage der Umgestaltung des Pädagcgiums
bleibt am besten unerörtert; sie soll keinesfalls früher in Er-
wägung gezogen werden, als bis der Bau des Pädagogiums
selbst, dessen Plan ein ebenso tief als allseitig erwogener
'1 Die AuLsichtäkoiuniiiision wurde dadurch derart verstiramt,
dai» sie das Festessen absagen Itefs.
•) Wenn Kolatschek in der Hrklänni^ einen Sloi's sieht der das
ijan/e (iebätide erscliiitterte, so ist das Ueilich eine .^t iI.l \"er-
grölseruujj^ ; aber .sie erscheint begreiflich, da jener Lehrgrundsalz
ans Dicstcrwcgs (Uttachteti stammt.
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636
lind von eiiuMii einlicitlichcn Oedankeii gctraj^entr ist,
vollendet sein w ii d. Für jetzt kann es sich nnr darum liati-
deln, die I>csiimniun^\n des Slattit^. snwic alle übrij^'-en auf
die Anstalt sich bezielieiulcn Xuiinen, die so klar sind, dals
ein Zweifel über ihre Auslegung <^aT nicht bestehen kann,
sinn- und wortgetreu atiszuführen. Jene Fra^je schon jetzt
und bevor inan weifs, ob und inwiefern das, was man mit
Krnst und Uberlegunii^ j*^ewollt, sich auch praktisch erwiesen
habe, aufwerfen und in Heratunji^ ziehen, hiefse nichts niidcres,
als das eit^'^eiie Werk den Winden ])reisj^eben, indem man
einerseilN .>icli selbsi den tesien lioden, den man hat, unter
tlcn Fülsen iiinwejLj ziehen, und andererseits wieder den
Feinden des Pädagogiums, die nur darauf warten, sowie der
Schablouenweisheit nnd Projektniacherei Thür und Thor öffnen
würde. Kein wahrer Freund des Pädagogiums kann dies
wünschen . Eine deutliche vSprache. Doch Dittes kehrte
sich nicht daran. Tn seiner vSchrift Das Lehrerpädaf^oi^num
usw. sagt er offen, worauf er abzielt: Männer zu bilden,
welche in je<ler Hinsieht für die leitenden vStellungen im
Volksschuldienslc tüchtig sind. Diejenigen, welche das Piula-
gogiuin mit Ehren absolviert haben, kann man getrost als
Kandidaten für Direktor-^ Inspektor- und Seminarlelirerstellen
betracliten*. Im vSinne seines (rründers, des Wiener Ge-
meinderats ,aber sollte das Pädagogium die ungenügende
wissenschaftliche und berufliche Ausrüstung der Volk.sselml-
lehrer (die ihnen der Staat gewährt) verbessern, ergänzen,
überhaupt tüchtige Lehrer für die städtischen Volksselinlen
bilden davon ist auch immer in den (nebenbei bemerkt,
ziemlich dürftigen) Berichten der Aufeichtskommission die
Rede. — Aus alledem erhellt: Dittes war nicht gewillt, das
Pädagogium den vorgeschriebenen Bestimmungen gemäfs zu
leiten, obwohl er sich schon durch Annahme der Berufung
dazu verpflichtet.
In demselben Jahre, in welchem die zuletzt ani^x liiiirit
Schrift erschien (1873), ^vurde Dittes Mil^^^hed (K s Keieiisrates,
tlem er nun bis 1879 angehörte. Der Oeineinderal war davon
umsoweniger erbaut, als er in .seiner Mehrheit liberal - war,
während l3ittes sich zu den sog. Demokraten .schlug. Für
uns hier fällt nur die allgemc ine Frage in Betracht: ob Dittes
wohl daran that, jenes politii>che Amt zu übernehmen. Und
wir v erneinen diese Frage, zunächst auf (iruud der Wiener
(^reschicl.Uen . Dittes redet da wie anderwärts viel
von der mul Schwierigkeit der Arbeit, die er als
Direktor des l'ädagugiuuis zu bewältigen gehabt; er ki igi.
oft darüber, dafs er sich in seiner beruflichen Stellung ge-
.sundheititch geschädigt, klagt weiter über einen »Bcige-
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637
schmack v<)n Leibeigenschaft . I)etiig^eg;eiu*iber innfs man
docli annelmicn. dafs er weder Zeit nocli Kraft für einen
sechsjährigen Rcichsratsdienst beses>ci!. Zwi^c lun dem einen
und andern besteht ein offenbarer VVKlti.sprucli. Aulsenlem
fehlen die Beweise dafür, dafs Dtttes mit der umfassenden
und gründlichen staatswissenschaftlichen und volkswirtschaft-
lichen Hiklnng ausgerüstet gewesen, welche ihn befähigt
hätte, iin Reichsrat eine seiner beruflichen Stellung genügende
Rolle zu spielen. Oder wollte er einseitiger • Kulturkämpfer
.sein ? ' )
Nun war nicht mehr viel /n verdtrl)en. Die Reibereien
oder Ärgernisse der letzten beiden Jahre (iö8o/Si) können
wir unberührt lassen. Dagegen müssen wir eine höchst be-
fremdliche Thatsache noch hervorheben. Dittes behauptet,
er sei nicht verpflichtet gewesen, irgend welchen Unterricht
/u erteilen. Allerdings spricht die Anstellungsurknnde nicht
davon, mul man mag das nis eine persönliche Flüchti,L;l<eit
Mes rienuindernte<;K als eine sachliche Lücke ansehen.-)
,Vl)cr Dittes hätic doch (wenn er alles reinlich geordnet haben
wollte) auf die einfachste Weise die rechtzeitige AiisiüUting
der Lücke bewirken können. Doch ich halte das für eine
höchst unbedeutende Änfserlichkeit — jene Verpflichtung
dagegen für selbstverständlich, für eine innere Xotwendig-
keit, für den dringlichsten Wunsch eines Sohulleiters. Dittes
sellist kann unmöglich geglaul)t haben, dafs ihm dir Ge-
nieinderal für die blofse Direktion 36(;k) fl. gezahlt und über-
dies noch eine grofse Wohnung gewährt. Seine Reden \-on
Uneigennützigkeit, von freiwilligem \'erzicht auf grol>c ik-
träge, die ihm gebührt hatten, sind mir unverständlich, so-
weit sie sich auf den Unterricht in Pädagogik und Methodik
beziehen, und sie l)ezielien sidi allerdings zumeist darauf. -
•Aber die Anfeindungen, \'erleumdnngen, ultramontanen
Wühlereien und ('kri::^l. ? Die 1a<sc man doch endlich ein-
mal aufser (kni .Spiele! Dittes muiste auf irL^nid i ine
Weise von seinem Posten zurücktreten, weil er sicli silb.st
unmöglich gemacht: weil er von vornherein wesentlich andere
Ziele verfolgte als derjenige, der ihn berufen, und aufserdeni
durch sein Reden, Schreiben, sein ganzes Verhalten und Wesen
mifsliebig, zuletzt unerträglich geworden. Wir können zu
keinem andern Schlnls kommen.
Mit dem Rücktritt \>m\ l^ädagoginm aber unter selir
vorteilhaften äufser* n liedingungen endet das j^rakti.sche
Wirken des nun schon 52 jährigen AhuiuL>. Osterreich und
') Seine thalsächlicheu lAisluni^cn i's Ki ioli-^r il Iccmu' nicht.
Kolatschck versichert übrigens, der nnl Wiilnuuui ah}<e-
schlossene Anstellungsvertrag weise dieselbe Lücke auf.
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6^8
Radoir t>l#trlrli.
Denlschlan«] knimtcn oder wnlltm Ihm eine Stelliniir.
sie beanspi ucIjLc, uiclit oder iiiclit mein ))ii.un. l'ud um
eine Professur in der vScliweiz sich zu bewerben, halte er
wohl nicht Lust Aber er hätte ja kleine Abteilungen junger
Lehrer wissenschaftlich fördern, oder Junglinge sittlich und
politisch bilden können. Ohne Entgelt, versteht sich; wäre
für einen Dit. IChrensaclie gewesen, und er war ja auch
danach gestellt Dafs er wirklich etwas dergleichen g'ethan«
wird nir<4ends gemeldet. Auch von eiiutn irrolsen wissen-
schaftlichen, oder sonst einem bedeutenden schriltsu llerisrlien
Werke, das in den letzten fünfzehn Jalircn seines Jüchens
entstanden, wissen wir nichts. vSoilie ihm das eine oder
andere nicht Bedürfnis gewesen sein? Das 'Pädagogium
kann doch höchstens die Hälfte seiner Zeit in Anspruch ge-
nommen haben.
5-
Indem ich mich den von Dittes herausgegebenen Druck-
werken zuwende, mnfs ich erklaren: i. dafs es mir auf dem
beschränkten Rnnme nicht möglich ist, alle zu !ji nc litendcn
Scliriften eingehend zu würdigen - 2. dafs ich nicht den
akademischen Broschüren (Jugendarbeiten) und den Lehr-
büchern, sondern der Monatsschrift Pädagogium die bei
weitem gröfsere Bedeutung zuerkenne. Demgeinäfs widme
ich diesem Sammelwerke einen besonderen Abschnitt und
aufserdem den II. Hauptteil des Dittes-Hcftes , wäht' ii<l
ich von jenen selbständigen Schriften teils nur den Inhalt <A),
teils -- die Schule der P:if!n<:^ogik ist zu bekannt blofs
den Titel (B) anführe. 1);H> hitto^^ von iSf)6 — S6 den Päda-
gogischen jalncsbericht liciciu.sgLgebcii und in diesem den
Abschnitt Pädagogik bearbeitet, kann ich leider nur erwähnen.
A. I . Das menschliche B c w u i"s t s t; i n. i( iekröutc Preis-
arbeit) 1852.
Einleitung Theorie (P^ntstehung und Anwachsen
Wechsel des m. H.) — Anwendung der Hewufstseins-
theorie auf Erziehung und l^nterricht
2. Das Ästhetische. (Gekrönte Preisarbeit) 1853.
Einleitung - das (rrundw < sen des Ä. (d. A. als seelische
Entwicklung die ästh. .\nffassung, Produktion und
Darstellung; - d. Ä. als (Gegenstand: in Xatur, Menschen-
weit, Ktinstwerkeni Die pädag. Bedeutung d. A.
(Ziele uutl Kräfte Mittel und Methoden).
|i und 2 sind 1893 bei J. Klinkhardt in Leipzig als
I. Heft^ der -Gesammelten Schriften ^ erschienen.
Preis 2.40 M.J
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3. I'ber RcH ;^ion und 1 el i <jf löse Mensclieiibildungf.
PI.11R11, F. K. Neupert 1^5'
l her Rtlij>ioii - (Kinkiiuiij^ — ästhetische, praktische,
theoretische di uiidla^eii der Religion — die Prudukle
der reHgiöseii Entwicklung — geoffenbarte und positive
Religion — änfsere Darstellung der R.) — Über relig.
Mensch enbildung (Einleitung — allgemeine Theorie
<1. rclig. M. relig. Erziehung Religionsunterricht).
(Die Schrift soll sein ein Teil der angewandten |i>ra!:;-
niatischen| Seelenlehre und eine Fortsetzung von i und 2.)
4. Xaturlchre des Moralischen und Kunst! ehre
der moralischen Erziehung. Leipzig, Gust. Maver
1S56. Preis .75 M.
Xaturlehrc d. M. (Einleitung die allgemeine sittliche
Norm — die gesellschaftliche Bedeutung der s. N. —
die Abweichungen von der s. N. — die Offenbanings-
formen der s. N.) — Kunstlehre der moralischen Er-
ziehung (Einleitung — die Zöglinge und ihre Lebens-
rirhtiiii?^ die P'rzieher und ihre Wirkungskreise -
die Zwecke und ihre X'ermittlungeu).
5. Ü 1) e r d i e s i 1 1 1 i c h e F r e i h e i t mit besonderer Herück-
siehtigung der vS\slenu \on Spinoza, Eeibniz, Kant,
(liekrönte Preisschrift.) 1859.
Positiver Teil: Einleitung — regressive (theoretische)
Untersuchungen (empirische Gesichtspunte - rationale
Hestiinmungen) - progressive (pragnuitische) Dar-
stellungen (die sittliche Freiheit als Präsens, Perfektuni,
Futurum). Kritisclur Teil: Vorbemerkungen
Spinoza Kaut Leibiiiz.
6. Uber den E u d ä m o n i s in n
Einleitunii der F. an sich der E. und der Men.sch,
die rreseH.Ncliaft, die iulelligible Welt - Schlui's.
I5 und 6 sind 1892 vereint bei J. Klinkhardt in Leipzig
erschienen. Preis 2 M.|
B. I. Grundrifs der Erzichungs- und Un tcrri cht.s-
lehre. 1868. — la Aufl. 1895. - Preis 3 M.
2. (i esch i ch te der Erziehung und des Unter-
richts für deutsche X'olksschullehrer. 1870. ~- 10. Aufl.
1895. (In einem \ac1nvort werden <lie bis 1893/4 im
Pädagoi^ium erseliiciRueu geschichtlicheji Aufsätze
angcfülirt.) Preis 2 M.
3. Eehrbuch der praktischen Logik. 18; 1. —
9. Aufl. 1891. - Preis i M.
4. Lehrbuch der Psychologie. 1872. 7. Aufl. 1882.
Preis 2,40 M.
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640
fUldoU Dietrich,
5. Methodik der X'olksschule auf ^eschichtl. Grundlage.
1S74. - 4. Aufl. 1S7S. Preis 3,60 .M.
[Verlag: J. KHnkliardt in Leip/ig. 15 kosten als
Schule der Pädagogik (5. Aufl. 1896) 7, geb. 8 M.|
6.
Dliu Vorwort (rrn;;iainni) zum ersten Hcfu der Monats-
sehriu P ä d a go i u ui , das int Oktober 1S7.S t i schien,*)
entuehmeu wir folgende Stellen: i^cr Zweck der Zeitschrift
ist, den Weg zu dem von Pestalozzi aufgestellten Ziele
aller Men.scUenbiWung -) gangbar zti macheu . Sie will nicht
irgend einer Klasse, einem Stande, einer Partei, einer Sekte,
einer Nation, sondern der Menschheit dienen: unser Stand-
punkt ist der kosmopolitische, der internationale, der humane.
Ans allen Kulturvölkern der Gegenwart wollen wir Mitar-
beiter für unser rnternehmcn werben, damit die qeineinsame
Sache der Mcii.sLliiieit t^^eiiic'iii>aTn beraten und ^el'udLrl werde.
Das Bildungswesen aller zi\ ili>ierlen Xaiioiien unserer Zeit
soll in seiner Wirklichkeit dargestellt und geprüft werden,
damit ebenso die Mangel wie die Vorzüge des Bestehenden
hervortreten und die erforderlichen Reformen augebahnt wer-
den. Hierdmch sollen zugleich die Bestrebungen der ver-
schiedenen Knlturvr)lker vor Zcrsi-litterung bewahrt und auf
ein gemeinsames Ziel iiingelenkt werden, damit alle von ein-
ander lernen, alle einander Warnungen oder \'orbilder dar-
bieten, keines aber in Selbstüberhebung und rugerechtigkeit
verfalle. . . . Wir werden die prinzipiell wichtigen Punkte der
Wisseuschaft vom Menschen im weitesten Sinne (der Physio-
logie und Psychologie, der Erkenntuisklire und Hthik, der
Sozialwissciischaft und Kultnri^eschichte) beleuchten müssen,
um die iMuidnuiente einer befriedi'^euden allgemeinen \\\U-
anseiiauini^ /u< gewinnen und um Stellung zu nehmen zu
den wis^t ii.schaftliehen, sozialen, politischen und relii^iösen
Zeilliageu. . . . Für wen wir schreiben? P'ür Pädagogen jeder
Kategorie und jeder Stufe, sofern sie geneigt sind, neben den
speziellen Angelegenheiten ihres persönlichen Dienstes den
Zusammenhang dersil In n mit dem Kulturganzen zu würdigen
und zu pflegeii; für Staatsmänner, Landes- und Gemeinde-
vertreter, sofern sie unsere Überzeugung teilen, dafs das Bil-
duugswesen eine wichtige Angelegenheit der Völker sei; für
iici J. Klinkliar<U in ].cii)zig. Der j,mii/.c Jahrgang kostet jetzt
4.50 M, (statt () M l. das einzelne Heft 0.75 M.
-t Das Ziel rtiterrichts ist cwijr nichts anderes und kann
nichts anderes sein als die durch die harmonische Ausbildung der
Kräfte und Anlagen der Menscheiinatur entwickelte und ins £eben
geförderte Menschlichkeit selber.
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641
Väter und Mütter, für alle Freunde menschlicher Gestttung*
und Wohlfahrt, sofern sie bereit sind, unseren Anschatitingen
und \*orschlägen eine nnpnrteiisclie Prüfnnj^ zu widmen-.*)
Was ist über dieses ProL;ranini zu urtcik-n? Dafs es viel
zu weit g:eht, viel -/n viel inntal>t, unausführbar ist, oder war.
Thatsächlicli hat denn auch Uittts nur einen Theil von dem^
was er" versprochen, gehalten. Weder ist in den ij'/j Jahr-
gängen »das Bildung^swesen aller zivilisierter Nationen unserer
Zeit in seiner Wirklichkeit dargestellt und geprüft- worden,
noch ist das Pädagogium, wenige Aufsatze abgerechnet, so
geschrieben, dafs es von Pi hiofogen jeder Kategorie und
jeder Stufe, von Staatsmännern. Landes- und Gemeindever-
tretern, von Vätern und Müttern mit Lust und Nutzen ge-
legen, oder überhaupt gelesen werden könnte. Und dais es
einen erheblichen Binflufs auf die »Bestrebungen der ver*
schiedenen Kulturvolker« wirklich ausgeübt, wäre schwer
nachzuweisen. Diese Feststellung kann nur insofern als
Vorwurf oder Tadel aufgefafst werden, als sie besagt, dafs
Dittcs sicli etwas für ihn T^mnögliches vorgenommen. Der
wirkliche Wert des Pädagogiums wird damit in keiner Weise
lierabgesetzt. Ohne Zweifel hat es, als Monatsschrift, alle
Zcit.-schriften verwandter Art übertroffen .
Dittes hat es verstanden, mehrere tüchtige Männer von
ausgeprägter Eigenart an sich zu ziehen und seinem Päda>
gogium zu erhalten. Darunter rechnen wir gleich den ersten
im Mitarbeiterverzeichnis des I. Bandes: den Major a. D,
P'ricdr. A.schcr, dessen Beiträge ganz dazu angcthan waren,
auch Väter und Mütter für das Pädagogium zu gewinnen
(leider starb er schon r883\ Ferner gehören hierher der
Mathematiker und Naturwissenschaftler J. A. Pick (ein vor-
züglicher Mensch und Erzieher), der Seminardirektor und
namhafte Deutschmeister Theodor Vemaleken, der schwei-
zerische Pestalozziforscher Heinr. Morf. Spater kamen hinzu
der Münchner Philosoph J. Froh.schammer, den Dittes be-
sriuders als K ulturkanipfq;enosse .schätzte, der Rcalgymnasial-
diicktor und nu'hrj.'ihrige Redakteur der Rheinischen Blätter
Rieh. Köhler, der mit Vorliebe dem Herausgeber gegen den
Militarisinus und Klassizisnms beistand, der Didaktiker,
Ethiker, Ästhetiker Albrecht Gdrth. Hinter diesen und anderen
>> Dittes hat steh späterhin noch mehrmals Ober die Aufgabe
.scitur Ziitschrift L:< ;infsert, so im Schlufswort zum \'I Jnhrp^, wo er
am linde in aller Kürze sa^t: Das Päd. wird bleiben ein unabhängiges
Org-an derjenijjen Pädagogik, welche keine andere Richtschnnr aner*
kennt. aU (lie freie Prüfung nnd F'orschung. und kein andcre.s Ziel
im Auge hat. N (1en Fortschriit der Menschheit". — — Das ist das
Päd. doch nur sclir selten gewesen '
Seae B«bnni VU. 18.
42
tüchtitren Männern stand freilich mancli nnbcdentende CTföfse,
Süd als es dem Pädago^iinn auch an leiclUer Ware nicht fehlte.
Z.B. im V. Jahrg^ang: da schreibt A. GrüUich (ein bekannier
Vielschreiber) ungemein wortreiche und ganz gewöhnliche, sehr
wohlfeile Betrachtungen, Belehrungen im Anschltifs an einen
mittehnäfsigen staatHchen (sächsisclien) Lehrplan, und dazu
.sind ihm von den kostbaren und viel begehrten Seiten der
Zeitschrift 71, sage 71 i^cwährt worden 110 hätten vollauf
genügt). Im gleichen Jahrgang gestattet der T)emokrat Dittes
einem Hugo Weber anuierknngslos die Jichauptung, dafs der
Volksstaat 1. ein Utopien, 2. ein Xonsens, 3. in der I-'ort-
bildungsschule lächerlich zu machen sei!! Im XVII. Jahrg.
findet sich ein Aufsatz von H. Weigand über «die Methode
des Geschichtsunterrichts . Allda wird u. a. Folgendes ver-
übt: »Das Kind soll die historischen Leistungen nach seiner
Meinunq^ beurteilen . Hat es fiV>er (auf gewisse Fragen)
eine andere Antwuri als die (»eschichte, so sagt der Lehrer
vielleicht: Da magst dn wohl Recht haben; aber KTmige
denken und liaudehi eben anders als Schuljungen und thun
in ihrer Weise auch recht, ich hätte es vielleicht noch anders
gemacht, und obs dann besser geworden wäre« ist auch noch
fraglich . Unglaublich, aber wahr. Welcher Art jene ge-
wissen Fragen sein können, zeigt das Heisj)iel: >Was hättest
dn an König Wilhelm I. Stelle 1H66 mit dem Konige von
Hannover gemacht? HottentiicU sind die Kinder vernünftiger
als ihr Herr Lehrer. —
Reichliche Entschädigung für Aufsätze von dieser vSorte
findet der Leser in der zweiten Abteilung des Pädagogiums:
in den meist sehr gut geschriebenen« fortlaufenden Berichten
über das pädagogische Leben und Treiben in den wichtigsten
Staaten. Eine gleich umfassende und ausgedehnte Rund-
schau^ wurde und wird von keinem andern 1-V.rhl)latte ge-
boten. Ähnlich verhält es sich mit den i88i> eingelührten,
zuerst monatlichen, dnnn vierteljährlichen Berichten aus der
Fachpresse , welche sich auf die .sachlich, persönlich oder
zeitlich bedeutenden Aufsätze einer grolsen Zahl deutscher,
österreichischer und schweizerischer Schul- und, Erziehungs-
blätter erstrecken und niemals blofse Titel oder Überschriften,
sondern brauchbare Skizzen, Inhaltsangaben, Auszügebringen,
auch kritische Bemerkungen nicht vermissen lassen.
Scharte Kritik, geübt von einem vStaiul]iunkte ans, der
ziemlicli weit links liegt, ist das weseutlichslc, das eigenste
Merkmal und Wirkungsmittel des Pädagogiums. Daran
denkt man gewohnlich zuerst, wenn von ihm die Rede ist,
und mancher weifs von nichts anderem. Wer aber die 17'/«
Jahrgänge durchgeht, der wird finden, dafs das Pädagogium
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Friedrich Dlttat.
auch zeit- und vemunftgemäfses Neue zu gestalten, oder
Grund zu legen, auszubauen verstanden und in solcher Arbeit
Hervorra^roTides^ Bleibendes j^^cleistet.
Dafs luni einer solclien Zeitschrift niclit der äui'sere Er-
folg ward, der ihr j^ebührtc, hefreiiidet den Kenner der Ver-
haltnisse nicht. Im (»eg^enteil : man möchte sich fast wundern,
dafs sie ly'/^ Jahre alt geworden. Sie war eben nicht von
der Art, dafs ihr ein langes lieben hätte in Aussicht gestellt
werden können. Wirklicli schreibt Dittes am Schlüsse des
V. Jahrelanges: der Hestand der Zeitschrift sei vorläufig noch
auf ein Jahr gesichert, obwohl die bedeutenden Opfer, welche
dieselhe bisher erfordert hat. die Verlagshandhmg entschul-
digten würden, wenn sie sicli von dem Unternehmen zurück-
zutreten entschlösse . Allerdings meldet Dittes schon am
Schlüsse des VI. Jahrg. (Sept 1884), der Leserkreis habe
sich bedetitend erweitert« ; doch scheint das nicht von Dauer
gewesen zu sein. Dittes klagte s|):Uer oft, dafs das Päda-
gogium nur mit Mühe sein Dasein friste . Im Sommer 1892
suchten Heransgeber und Verleger dadnrcli die Zahl der
Haltenden zu vermehren, dafs sie an deutsche, österreichische
und schweizerische Fachblätter Besprechungen senden Helsen:
Klinkhardt erklärte sich mit dem Erfolge zufrieden, obwohl
dieser — wie nicht anders zu erwarten — ein recht be-
schei<fener war.
Noch in frischester Erinnerung ist bei jedermann, dafs
das Pädagogium mit dem 6. Hefte des XVIII. Jahrgangs
(März TR96) y.u erscheinen aufgehört. Dittes u^b als nrund
an: Meine ungünstigen (icsundheitsverhältnisse gestatten
mir nicht mehr jene regehnäfsige und intensive Arbeit,
welche für eine .solche Zeitschrift unerlälslich ist^. Dieser
Grund genügt wohl, um den Rücktritt des Gründers und
Leiters, nicht aber, um das Eingehen der Zeitschrift zu er-
klären oder zu rechtfertigen. .Man suchte nach einem andern
Grunde, und fand ihn. Eine Lehrerzeitung schrieb, als sie
jene Kunde vernomnien. in komischem Pathos: Leider war
es ihm 1 nittes-lvlias) nicht vergönnt, einen Elisa zu finden,
der in seinem (ieistc iKn Kampf für die Verwirklichung
der pädagogi>clieu Iilee im Pädagogium fortführen könnte.
Es gebricht au Männern — an Männern gebricht es in Israel c.
An Männern, die den Redakteur Dittes hätten ersetzen können?
Es wäre ja eine unerhörte Schande, wenn unter den Hundert-
tausend oder wieviel deutschen Volksschulmännern nicht
etliche wären, die eine Zeitschrift wie dris Pädagogium würdig
zu leiten vermöelitcn. — Weniger uugiaubiich klingt eine
andere Ikhauptung: das Pädagogium sei aus Mangel an
Abonnenten eingegangen. Das wurde aber lebhaft bestritten ;
42*
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644
ftwloir J>l«triob.
man nannte einen dritten Grnnd: Dittes der mittlerweile
seiner Krankheit erlejE^en war 115. V. q6i — habe *an einen
Freund und Mitarbeiter geschrieben, die Zeitschrift soll, so
lange er lebe, keinem andern ztir Leitung übergeben wer-
den; er habe seine ganze Kraft für deren Gedeihen nnd die
Klärung der durch sie verbreiteten Ansichten und Grund-
sätze eingesetzt und wolle nicht erleben, dals man wohl gar
das Gegenteil /.w Ichwn beginne. Darum solle dies Unter-
nehmen bis auf lUii Namen authören zu existieren Der
Verleger Klinkliardi bestätigt das in der Hauptsache: Ks
war sein Wunsch und Wille ^das Pädagugitun eingehen zu
lassen), und dem fügten wir uns«. Dieser Wunsch imd Wille
wäre unbillig gewesen, wenn es sich um ein blühendes Unter-
nehmen gehandelt hätte, doppelt unbillig einem \'erleger
gegenüber, der, wie Dittes oft rühmt, für die Zeitschrift grofse
Opfer gebracht Dieser \Vnn<^(1i nnd Wille wäre aber auch,
unter derselben Voransset/uiig, aus einem andern Grunde
befremdlich, dci|)pelt befremdlich, da er \ on einem Dilles her-
rührt. Kaum kann jemand von der Bedeutung und lurt-
dauemden Notwendigkeit seiner Sache fester überzeugt sein,
als es Dittes gerade hinsichtlich seiner Zeitschrift war — sie
werde, sagt er am Schlüsse des letzten Heftes, »in der deut-
schen Pädagogik jederzeit als eines der Ium \ orragendsten
Denkmältr dastehen . Nun ist es aber nalürlicli nnd auch
als geschichtliche Thatsache jedermann bekannt, dafs der
Mensch gern für die Kwigkcit baut Kr selbst kann nicht
ewig leben; daher sorgt er sich urchl/eitig um einen Nach-
folger, der sein Werk weiterführt: sofern er au dessen Lebens-
fähigkeit ehrlich glaubt, und sofern er die äufsereu Beding-
ungen dazu vorhanden weifs. --• - Das Pädagogium ist an
Mangel an zahlenden Lesern eingegangen. Dafs dies nach
dem ersten oder zweiten X'iertel des XVIII. Jahrgangs ge-
schehen werde, war bereits am Ende des XVII. sicher. Be-
leg für diese Hehntij^tnnq^ die icli hier ausspreche, um,
wenn möglich, dem un windigen Verdeck- und Versteckspiel
ein Ende zu machen - ist ein Brief, den mir Dittes am
15. Oktober 1895 geschrieben.
7.
Ich komme -/um schwierigsten Teil meiner Aufgabe.
I)ie grofse Schwierigkeit ist schon im \ nrwort ^nr Genüge
augedrutet worden; sie liefse sich kurz bezeichnen mit dem
lickaniiLen Worte Schillers über Waliensteiu.
•) Albr. Görtli im Volksschulfrcund 1896, Nr. 34. - Ähnliches
hat der Wiener Ed. Jordan in die Österr. Schute. (Nr. geschrieben.
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6*5
Über eins allerdings herrscht volle Klarheit; Dittes selbst
bestätigt es oft f^emig, fast zu oft: dafs er mit Vorliebe
Kritiker. Kniiijiter war. Kr hatte freilich leicht käinpfen,
der unabsetzbare ] )ireklur des Pädagogiums, der gut gestellte
Pensionär I Kr Übertriebs aber, gerade in Wien, wo er sich
durch das schwächlichste Geschwätz aufregen liefs. Er über-
schritt überhaupt oft das Mats, auch im Urteilen und Richten.
Dittes war Temperamentsmensch - sagt R. Rtfsmann
(Päd. Z. 1896, 39) — stark im Lieben, stark im Hassen.
Kühle Objektivität, nnmentlicli bei Beurteilung von Persön-
lichkeiten und l^arteien, lag nicht in seinem Wesen. Dafs
er sich darum in seinem ITrteil dann und wann zu nicht
verdienten Härten, ja, ihm selbst unbewufsl, zur Ungerechtig-
keit fortreifsen liefs, werden alle bestätigen, die ihn näher
kannten.
Seiner Lust am Streite stand eine ungewöhnliche Rede«
gewandtheit zur Verfügimg; ja er befand sich als Redner
und Agitator vielleicht mehr in seinem Kiemente, denn als
Lehrer tnid vSchriftstelltr. Man lese /.. Ii. seine Vereinsrede
zum Schutze der Volksscliule im XI. Jahrg. d. Päd. Dabei
bedurfte er des lauten Beifalls der Masse. Kr .sah auch da^
Lob seiner Person und seiner Schriften gern gedruckt, sogar
im Pädagogiuni, und in ziemlich plumper Form. Er selber
sprach von sich und dem, was er geleistet, oft und viel;*)
das Selbstgefühl des selbstgemachten und vom (xlücke be-
günstigten ^^annes war aufs stärkste ansgf1)ildet. Audi die
Selbständig! ' i*, die den leisesten \'i rsueli tler Bevornmndung
•/urückweisL Dafür ein eri^ötzliclie.s Beispiel. Nachdem man
Dittes die Diesterwegrede für den iJ39oer Lelirt-rtag übertragen
hatte, wurde den Diplomaten in Berlin ein wenig bange vor
dem, was kommen mochte. Sie schickten also einen wohl-
stilisirten Brief erratbaren Inhalts nach Wien. Half aber
gar nichts; Dittes antwortete: Für ausführlichen Brief bestens
dankend, lialte ich für gut, ganz und gar den eigenen Ge-
danken zu folgen.
Das ist der echte Diiu>; doch nielit der ganze. Sein
Bild zeigt auch freundlichere, sveiclieic Züge. Er liebte die
Natur; auf einem Spaziergange erzählt Rifsmaun
äufserte er eine geradezu naive Freude am Naturleben.
Und mild gegen Menschen, nämlich gegen seine Schüler,
konnte er auch sein; die früher erwähnten Erinnerungen
eines Gothaers feiern gerade die Milde als ein hervorragendes
^ T'r wird zwar von VcrschicfKntTi als schliclil ntid bescheiden
gepriesen ; (iem widersprechen aber die für jedermann oUen daliegenden
Thatsachen.
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646
Kttdotf Dietrich.
Merkmal dts Lehrers Dittcs. Dafb ci Ireiiudschaitlicher Ge-
fühle fällig war wenngleich er nie einen rechten Freund
besessen, er, der eines solchen dringender bedurfte als mancher
andere — berichtet Ricli. Köhler (in den Rhein. Blättern
1896, IV), der uns auch in das häusliche Leben des Mannes
einführt. Nach diesen Mitleihinji^eii Kolliers (Auszügen ans
Briefen) scheint zwischen den Ciatten, wie zwischen Kitern
und Kindern das beste Verhältnis bestanden zu haben. Uber die
Kinder (drei Söhne und eine Tochter, alle gut x ersurgtj schrieb
der Vater 1894: »Sie sind so brav, charaktervoll tiud gut,
möchten mich auf den Händen tragen, und eins würde fürs
andere sterben, wenns nötig wäre. Von der Tochter Helene
(seit 1895 Gattin des BürgerscluiMirektors Zens in Wien)
sagt er: >Sie ist in der Tliat mein Kugel, nieiir als .\niiL;one.
und völlig unbcschreibbar, ihrer Mutter M gläii/cndes Ab-
bild, verdient ganz und gar, was Pestalo/.zi von Gertrud
sagt. Am Schlüsse des Briefes erklärt Dittes: Ich bin
glücklich.«
In seiner amtlichen Thätigkeit war er es teilweise auch.
In der Volksschule zwar wohl nicht. Er strebte von ihr los,
und später wollte er mit ihr entschieden nichts mehr zu thun
haben. Die Übungsschnlc am Pädagogium hätte er am
liebsten beseitigt, dieses selbst in eine Leliierlioelischule um-
gewandelt, und das letzte Ziel seiner Wünsche wäre, nach
Riismann, die Berufung auf die Lehrkanzel für I*ädagogik
an einer deutschen Universität-' gewesen. Die akademische
I^ehrweise sagte ihm am meisten zu. Doch auch dem Seminar»
lehrer Dittes wird ein gutes Zeugnis ausgestellt, nicht blofs
von dem für ihn schwnnnenden Schüler, sondern auch von
entgegengesetzter Seite. Kolatscluk schreibt in dem Berichte
über seinen Resuch in Gotha: Die Vorträge des Seniinar-
direktors stachen von jenen der andein Lehrer auts vorteil-
hafteste ab; insbesondere war es ihre durchaus seminaristische
Form, welche den Zuhörern sofort entgegentrat Dittes dozirte
nicht, sondern unterrichtete, wobei sein Vortrag ebenso fafs-
lich und klar als gehaltvoll und lebendig war. Xamentlich
zeichnete sich der Unterricht in der Pädagogik durch präzises
Znsammenfassen aller wesentlichen Momente aus. . . . Im
ganzen ging die Ansicht der Deputation dahin, dafs Dittes
j .denfalls eine vorzügliche seminaristische Lehrkraft .sei, zu
ceren Acquisition sich das Pädagogium nur Glück wünschen
könnte.«
Dafs Dittes auch zum Schul-Begründer, Ordner, Leiter,
Verwalter berufen war, glaube ich im Hinblick auf sein Wesen
Gestorben 189:7.
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6*7
und Wirkeil nicht annehmen zw dürfen. Die Mitteihmgf
Kolntscheks, man habe ihm in Ootha i^esagt, D. sei ^kein
Frc-nnd von vielen Kaii/clci^-escliäften uiul administrativen
Arbeiten , erscheint mir znverlässig. Die (jeschichte des
Wiener Pädagogiums wurde sich anders gestaltet haben,
wenn D. mehr Verwaltungsmann gewesen wäre. Auch seine
Zeitschrift hat nicht stramm planmäfsig gearbeitet. — Man
könnte zwar auf Ootha verweisen, da habe sich D. alK
Organisator^ bewährt. Aber als er kam, hatten Schmidt
und Kehr doch schon das meiste ^^ethan. Die Re/i« hnngen
des I )irektors /n seinen Mitarbeitern sclieineii in ( "lOÜia geradezu
musLeihaft gewesen zu sein. Umsomehr l)eiremdet in Wien
das V^halten gegen Willmann. Der Grund dieses Verhaltens
ist noch nicht aufgeklärt; dafs dabei gegensätzliche päda*
gogische Anschauungen eine Rolle spielten, darf man
vermuten.
Als Pädni^nv^iker nun. als päd agf)gi scher Theoretiker
geh()rl Dittes nicht /.\\ den sch(')pferisclien (Geistern. Er hat
dnrcli mniKllirlien T'nterricht und in seiner Zeitschrift auf
die allgemein gilligcn Lehren des Comenins und Pestalozzis
als auf feste Grundlagen immer wieder hing^ewiesen, hat sie
erläutert, verteidi^ft, zu verbreiten gesucht, im übrigen eine
lebhafte sc hulpoli tische Thätigkeit entfaltet. Der Schul-
(und Kultur») Politiker spricht hauptsächlich in den Aufsätzen;
Uber den gegenwartigen Stand der deutschen Pä(1p,(;f >rr;]^.
im V., Entweder oder im XII., Zum letzten Jahr/.ehnt
des XIX. Jahrhunderts im XIII. Jahrg. d. Päd. Schulpolitiker
ist Dittes selbstverständlich auch im österreichischen Reichs-
rat gewesen, Und noch früher. Auf der allgemeinen detitschen
Lehrerversammlung in Wien (1870) verlangte er eine be-
sondere und selbstäi 1: M ( )berbehoide für das Schulwesen,
jedenfalls Trennung des Unterrichts- vom Kultusministerium,
und weiter brachte er den Autrag ein: Den Kltcm steht es
trei, ihre Kinder am Religionsunterricht teilnehmen zu lassen
oder nicht.
Welche Stellung Dittes eniti neuen pädagogischen Schule,
dem Herbartiauismus gegenüber einnahm, ist zu bekannt,
als dafs ich hier davon reden müfste. Ich bemerke nur, dafs
ich Rifsmanns jüngsten Änfserungen über diese .-Angelegen-
heit mich anschliefse (Päd. Z. 1896, 39). Dagegen stimme ich
nicht üherciu mit einer andern Auffassung Rifsmanns, nach
welcher Dittes über die klassischen Pädagoq^en nicht habe
hinaust^eheu, \ uu den Relonnbewegnngen der neuesten Zeit
nichts habe wissen wollen. Dittes hat gerade den bedeu-
tendsten Bestrebungen der Gegenwart — die auf sittliche
und politische Bildung des Volkes gerichtet sind — sein
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Rudolf Diatrich.
Pädagogium g^eoffnet, und an der Verbreitung der Hilde-
brandischen Gedanken über den muttersprachltcben Unter-
richt hat das Pädagogium ebenfalls erheblichen Auteil. Da-
gegen ist Dittes eini<;eii anderen zielbewufstcn Neuerern
allerdings nicht gerecht geworden, wie der Aufsatz, mit dem
er den letzten Jahrgang des Päda<^oi^irims eröffnet ( Die Zer-
setzung der deutschen Pädagogik ) beweist Wir finden da
starke Übertreibuncren, Schiefheiten, Verkehrtheiten, wohl-
feile Schimpfereien und Spötteleien. Am bedauerlichsten er-
scheint die Gerin|^schätzttng der sog. Kinderpsychologie : man
sieht da wieder einmal recht klar, wie fremd ihm die Kinder-
schiile, der grundlegende Unterricht geworden.
Aber der Aufsatz ist auch nicht arm an guten, treffen-
den Bemerkungen mul mit der Zersetzung hat errecht
Was eine grofse schöne Kmheit sein sollte, auch sein könnte,
wenn an so vielen r)rten nicht der gute Wille fehlte, ist
»zersetzt*, zeriailen, zerstückelt, verzettelt (oder wie man
sagen will) in eine Menge Teile oder Parteien, deren Ver-
treter sich um einander nicht kümmern, höchstens gegen-
einander streiten. Wohl wird im einzelnen manch Tüchtiges
geleistet; aber es fehlt an Zusammenfassung, es fehlt das
geistige und ein auch notwendiges äufseres Band. Und des-
halb geht viel verloren; anderes bleibt zwar, aber es wirkt,
nützt nicht, weil man ihm nicht seinen Platz im Spiel der
Kiäite anweist, v ellach deshalb nicht anweist, weil man es
nicht kennt Sorgen wir für Zusammenschlufs, bestellen wir
einen Forderer, Hüter der Einheit: einen freien, deutschen
Erzichungsrat, dessen Hoheit alle Teil! iI i- am Erziehun^;s-
geschäft anerkennen, dessen Stimme überall Gehör und" Be-
achtung findet. Die würdigen Mitglieder waren zu finden im
Kuratorium der Diesterwegstiftung, in der Conicnius-Gesell-
schaft, der GeselLschafL für Verbreitung vun Volksbildung,
der Gesellschaft für ethische Kultur - es fehlt nur einer,
der den ersten Schritt thut —
Eine der treffenden Bemerkungen in dem Aufsatze von
der Zersetzung gilt den vielen Pabukanten der Anleitungen,
Handreichungen, Materialien usw.,') und den Lehrern, welche
jene Ware kaufen. Dittes urteilt hier und anderwärts über
die Lehrer und Lehrerzeitun<4cn .^lJeng, aber iiiclit unbillig.
In einem Briefe z. B., der unter dem Hindruck des Nach-
spiels zu seiner Diesterwegrede geschrieben worden, spricht
er von Versöhnungsmeiern, und weiterhin vom »heutigen
') DittfS vcnvirft. wie alle auf (kr Höhe stehenden Sclnilniänner
der Gegenwart, auch die Schülerldtfädcn - vgl. Über den Gebrauch
von Lehrbüchern- itn »Ein Retdienbuch und Jtwei Schnlinspek-
toren« im VI. Jahxg. d. P.
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649
ServilisTiius der deutschen T.ehrcT ; er iü'^t hinzu, dieser Ser-
viliMiuis sei von denen ver.schnldet. \\ eiche auf ilireii (der
Lehrer) Scluiltern in die Höhe gekleltert oder jt^ckrucheu
sind, darunter Tote und Lebendige . Wäre Ihnen — heifsl
es in einem andern Bjncfe — die geradezu ekelenegende
Situation der pädagogischen Journalistik mit ihrem greu-
lichen Bettel- und Schwindelwesen bekannt, so würden Sie
begreifen, warum ich schon öfters gesonnen war, die Feder
niederzulegen Ich finde, wie q^esagt, solche Aufserungen ge-
wissen Verhältnissen nnd i'ersunen angemessen. Zuweilen
aber wendet er sich an die Lehrer (Leser seines Pädagogiiinis)
in einem Tone, der mir nicht gefallen will, in einem Tone
nämlich, der einigermafsen schulmeisterlich (oder väterlich?)
klingt Kr >vill z. B. über etliche philosophische Streitfragen
sprechen und leitet nun seihe Rede u. a. mit den Worten
ein: Tcli rechne auf ausdauernde Aufmerksamkeit (gesperrt
gcdrnckt) . meiner Lcs'-t; ein paar Zeilen weiter wird zum
zweiten Mai beharrliche Aufmerksamkeit verlangt. Noch
mehr Mifsfallen muls das Folgende erregen. Am Schlufs des
> Vorberichts <^ zum einzigen Hefte seiner Oesammclten
Schriften 4 — das Heft enthält die ersten Früchte seiner
philosophischen Studien, und er stand damals am Anfang
der Zwanzigerjahre fi'Jigt er: ob es heute noch eine
nennenswerte Zahl von Lesern für Schriften wie die hier ge-
botenen gibt, von r.esern, wclehc nicht die Kraft und Neigimg
zur \*ertiefung in schwerere (ieisteswerke verloren haben«.
Eine andere, in diesem Falle wichtigere Frage stellt er nicht
— er hat sie von vornherein bejaht die FVage nämlich:
ob den Lehrern (die denkt er sich ja als seine Leser) wirk>
lieh zugemutet werden darf, mit den vorliegenden beiden
^Geisteswerken sieli zu beschäftigen. Wir sagen: Nein. Die
VolksschullehrcT haben weniq- Zeit für allgemein-wissenschaft-
liche Fortbildung; deslialb darf man ihnen nur die bedeu-
tendsten Werke, Schritten gereifter Männer emplelilen —
nicht die (übrigens grofsenteils veralteten) Aufsätze eines zwar
sehr begabten, sehr strebsamen, sehr fleifsigeu, aber doch
noch sehr jungen Mannes, der selbst erst Anfänger im selb-
ständigen Erfassen der Wissenschaft ist Für die VolksschuU
lehrer ist das TUste gerade gut genug; von dem Satze gibt
es zu niemandem Gunsten eine Ausnahme.
Nun, der Kritiker Dittes selbst erkennt die Richtigkeit
dieses Satzes im CirnncK ati : er verlani^^t ctt .venug bessere,
höhere lüldung und würdigere Behandhing der Volksschul-
lehrcr, w ie er auch für Hebung ihrer sozialen und w irtschaft-
*> Nach Rffsmann und Görth a. a. O.
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Kuliolf Dictricb.
Uchcii Stelhmg, für Befreiinii^ der Schule von der Kirche
ein. «4^0 treten. Das ist ihm Non (kr allzu bescheidenen --
deutschen lAhrerscliaft hocli anq^ercchnet winden, Ferner
hat er sich durch .seine Reden in Ueluerx erbainiiiauigen und
Vereinen nnd durch die Verwerfung der Herbart-Zillerschen
Pädagogik viele Verehrer erworben. Deren Zahl mufs sehr
grofs sein, und die Gefühle für Dittes nmssen sehr hoch
gehen, wenn die Aufserungen in den Lehrerzeitungen an-
läfslich seines Todes bare iSTfinze sind. Wir tceben liier eine
kleine Auswahl solcher Aufsernui^'^eii. Deut.sch-österreiciiische
Lehrerzeituuj:^: Das sch.ärfste unserer Schwerter liegt zer-
brochen, unser gevvalti, Laster Rufer im Streit ist vcrstununt .
Bairische Lehrerzeitnng : »Ein Grofsmeister der deutschen
Erziehungswissenschaft ist verschieden, der hervorragendste
Pädagog für die Volksschule seit Pestalozzi und Diesterweg,
ein Mann, den die deutsche Lehrerschaft mit Stolz als ihren
Altmeister verehrte . Leipziger Lehrerzeitung: Nichts Klein-
liches und Schwächliches, nichts »Schwankendes und Unsicheres
war an ihm . . . auf dem Kani])fplatz ein Held mit Riesen-
kraft . . . der Pädagogik unserer Ztit war er eine Notwendig-
keit . . . Pestalozzi, Diesterweg und Dittes werden die Grund-
pfeiler auch der künftigen Pädagogik bleiben . . . seine
Schule der Pädagogik ist nicht nur eine wissen.schaftliche,
sondern auch eine nationale That . Trotz dieser über-
schwänglichen Titulaturen und Redensarten steht fest, dafs
Dittes sehr vielen seiner Verehrer, Kleinen und Grofsen, un-
bequem war. Das hat sich u. a. sehr deutlich in den Ver-
lumdlungen über ein neues Pädagogiuni i^ezeigt Dittes selbst
wufste es sehr wohl. Auf die Einladung zum Stuttgarter
Lehrertage (1894) antwortete er: >Es ist wohl besser, dafs
ich wegbleibe; denn ich würde doch dort eine Verlegenheit
sein, nicht blofs für die Mucker?. —
Welchen Platz wird nun eine unparteii.sche Geschicht-
schreibung dem Pädai;()*;en Dittes anweisen? Sie wird ihn
nicht unter die -grofsen Pädagogen < versetzen; denn er war,
wie gesagt, kein schöpferischer Geist Aber sie wird ihn den
rührigsten Verbreitem pestalozzischer und comenianischer
Ideen zuzählen, ihn int Berichte über die Herbart-Zillersche
Schule, in dem grofsen Kapitel von der Schulpolitik, in der
Geschichte der Lehrerbildung, der Lehrervereine, der päda-
gogischen Presse eine gewicht'i^e Rolle spielen lassen. Und
welches Schlulsurteil mag sie über den Mann fällen?
Vielleicht dieses: PViedrich Dittes ist nach dem Jahre 1860
in iltener Weise vom Cilücke begünstigt worden. Das grofse
Crlück hat einerseits sein Selbstbewufstsein, andererseits
reinen F)hrgeiz nnd Wagemut derart gestärkt, dafs sie über-
mächtig in ihm wurden, ihn verblendeten. Infolgedessen
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rri«drtc1k DlUea.
65r
verreclnictc er sidi. merkte das aber erst, als er auf Grund
der falsclien Rcc^miii^,^ schon zuviel gewaj^t iiatte. Das ver-
wirrte ihn, vei scizic .^t^ine Seele in einen krankhaften Zustand:
daraus erklärt sich ulanclies fast Unglaubliche der Wiener
Zeit Er selbst sah wohl ein, dafs er allein — oder sein
Gluck? — an seinem Falle schuld war; aber es sich oder
gar öffentlich einzuj^estehen, fiel ihm zw schwer: daher der
oft grimmige Pessimismus im allgemeinen, die mannigfachen
nach anfsen i^crichteten Klajj^en und Anklagen im einzelnen;
die gTolsc I jupfindiichkcit, Reizbarkeit; das viele Reden von
sich und .seinen LLisiuiij^cn; die vSncht nach frenukin I^obe.
Von einem Martyriuiuv zu reden, iu das ihn äuisere
feindliche Mächte versetzt, ist nnsta thaft Dittes hat sich
auch nicht irgendwie »geopfert«: dazu hatte er schon gar
keine Gelegenheit Die Folgen aber des * Kampfes , den er
doch gesucht, mufste er kennen. Übrigens, wieviel wirkliche
Unbill ihm auch zugefügt worden sein nint;:: einem Schul-
mann kann, ungerechterweise, noch ganz anderes widerfahren,
so Schweres, dals jenes da^^egen fast nichts wiegt T'nd wer
etwas davon erlebt und ertragen, macht von den Kanipi-
wunden eines Mannes, dessen > Element der Kampf« ist,
nicht viel Aufhebens.
8.
(Nachtrag zu 3). Als der Druck der Arbeit bereits be-
gonnen hatte, erhielt ich von Herrn Seminardirektor A. Zeyfs
eine Reihe schriftlicher Mitteilungen über Dittes in Gotha
und die von diesem herausgegebenen Seminarberichte. So
war ich iu den Stand gesetzt, den allzu dürftig ausgefallenen
3. Abschnitt zu ergänzen. Eine Umarbeitung dieses Abschnittes
aber würde im Druck zu grofse Störungen verursacht haben;
deshalb zog ich einen einfachen Nachtrag vor. —
In dein Schreiben vom 19. Januar 1865, mit welchem
Dittes für die Ikrufung dankt, ben;erkt er u. a. : Ich werde
mein I^cbensglück darin finden, unter einer so erleuchteten
und segensreichen Regierung meine geringen Kräfte der
Volksbildung in Ihrem schönen Herzogtume widmen zu
können. Wenn ich leider überzeugt • sein mufs, dafs mein
schwaches Verdienst und Talent vielfach überschätzt wird:')
so darf Ich doch . . . die Versichcrtmg aussprechen, daf^^; es
ir.ein ernster und fester Wille ist, mit hingebender Treue
und frölilichem Mute iu das Amt einzutreten, zu welclicm
Sie mich berufen.«
Dittes erhielt in Gotha, wie berichtet, die drei Ämter
eines Semiiiardirektors, Landesschulinspektors und vortrap^en-
den Rates im Ministerium. Das zweite und dritte Schemen
') Wohl die einzi^^e Aufsenin^ dieser Art!
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652
aber im wesentlichen eins j^eweseti zu sein. Dei Inhal)er
führte das I )ietisti)rndikat' Sclnihat; Dittes selbst nannte
sich in Gotha immer Schulrat und Seminardirektor . Dienst-
obliegenheiten (nach Zeyfs) : a) am Seminar aofser der Direktion
wöchentlich 12 Std. Unterricht (in ^theoretischer Pädagogik
und deren Hilfswissenschaften , Deutsch, Religion); b) jär-
liche Inspektion der 30 Volksschulen. Besoldnnj^^ für a: 1 100,
für h: 40MTh:i1t'' f wovon 2or) Thlr. als Taggelder und Reise-
kos tenvergü tun«;). Keine ireie Wohnnnjj;^. -
Im Vorwort zum ersten Jahresbericht über das Lehrer-
seminar in Gotha, Schuljahr 1865/6 (das mit dem Satze
beginnt: ^Unsers Wissens ist der vorliegende Jahresbericht
der erste, welcher von einem deutschen Lehrerseminar aus-
geht«) spricht Dittes von der Notwendigkeit und dem Nutzen
der Seminarberichte: sie sollen »das allgemeine Interesse-
für die Lehrerbildnnn^ wecken, lebhaften Verkehr zwischen
verschiedenen Seminaren anbahnen und unterhalten, dem
einzelnen Seminar für sich als Mittel zur Selbstschan, als
Ansporn zum i urtschritt dienen. Deshalb wünscht auch D.,
•>um der Sache willen recht dnn<,and,ii da£s sein erster Ver-
such »offen und unparteiisch« beurteilt werde. »Nicht blols
Bernfscrenossen, sondern alle, die Sinn und Verständnis für
Volksbildung^ und Kulturverhältnisse überhaupt haben, sind
kompetent und berechtigt, ihre Ansichten über Seniinare im
alli^cnieinen und über das unsere im besondern auszu-
spreelien.^ - Folgt ein Abdruck seiner Festrede über Stellung
und Aufgabe des Seminars*, gehalten am 8. Januar 1866
beim Einzug des Seminars in sein neues Heim (ursprüng-
lich Kloster, später vom Gymnasinm, zuletzt von der Volks-
schule benutzt). Hier wird' kurz als Aufgabe des Seminars
erklärt: die Zöglinge mit echt religiösem, wissenschaftlichem
niul pädagogischem Geiste zu erfüllen. Der dritte Jahres-
bericht bringt als Anhang eine von Dittes im Auftrage des
Ministeriiuns verfafste » Anwcisungzur Ertcilung des Religions-
unterrichts in den Volksschulen des Herzogtums Gotha. ^
Bs wird da auch das ^Verhältnis zwischen Schule und Kirche
erörtert und u. a. betont: -»Die Schule ist nicht verpflichtet,
den Kindern die Dogmen einer bestimmten Kirche einzu-
prägen, weil sie dies nicht kann, ohne mit den Regeln der
Pädagogik, und also mit ihrer wesentlichsten .Aufgabe in
Widerspruch zu kommen. . . . Kben deshalb stellt sich unser
l'lan für den Religionsunterricht auf den rein biblischen,
nicht auf einen speziell konfessionellen Standpunkt«. —
Von dem Landesschulinspektor (Schulrat) weifs Herr
Zeyfs nur zu melden: »dafs D. als ein strenger, gerechter
tmd für seine Lehrer wohlwollend eintretender Inspektor noch
in gutem Andenken steht«. —
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9tMrUk Dilta«.
In dein Entlassungsdekret des Herzogs vom 8. Jutii 1868
wird auf die eigentlichen Leistungen oder Verdienste des
nacli Wien IkrufLiien iin einzelnen nicht eingegangen, son-
dern nur kurz rnsere besondere Zufriedenheit mit seinen
bisherii^en DienstleistnuLjcn bezeuj^l.M 0{) Dittcs nocli eine
andere, weniger einfache Kntlassungburkunde vom Ministerium
erhalten? — Am Schlüsse des Begleitschreibens zum Entwtirf
des Dieustvertrags (1865) hatte Minister v. Seebach geäufsert:
Am übrigen kann ich nicht unterlassen^ auch Ihnen gegen-
über es auszusprechen, wie sehr mich Ihre Tkreitwilligkcit,
dem er<^angenen Rufe zu i()]q;en, erfreut hat, da ieh die
wohlbegründete Erwartung hege, dals es durch Ihre Be-
rufung gelnni^eu ist. den schweren Verlust zu ersetzen, den
das Schulwesen des Landen durch (las frühe Hinscheiden des
^fannes, dem Sie im Amte nachfolgen, erlitten hat«^.
II. Auslese aus dem Pidagoglum. ')
1. BilduiiiT und Stellung der Lehrer. — -\ Allgemeine Pädagogik. —
3. Sittliclu c tliisrhe) und bürgerliche (poHtisclu i Bildung. - 4. Älutter-
sprachlicher Unterricht. — 5. Erdkunde und Geschichte. — 6. Zur
Geschichte der Pädagogik.
I.
J. PVoh.Ncluunnier weist im XIII. Jahrgang (H. ii: Die
Bedeutung der Philosophie für die Lehrerbildung)
nach, dafs wenn der Lehrer seiner grofsen Aufgabe ge-
wachsen sein soll, bei seiner Ausbildung die Philosophie »in
entsprechender Weise zur Mitwirksamkeit kommen niufs.
Er will, dafs der Lehrerstand der Vertreter und I'nrdcrer
der niial)]i:iuL^igen, nur \ ou der Pliilosophie erhältlichen Ethik,
der allgc uuiuen Nächstenliebe und Ilunianität, der Vertreter
des sittlichen Oewissens werde . Der Staat bedarf eines
Standes, der die unbedingt giltigen sittlichen Gesetze ver-
tritt und dem Volke tief einprägt durch Bildung und Er-
ziehung der Jugend; dies kann aber nur der in seiner
sozialen Stellung gehobene Lehrerstand sein . In zwei früheren
Auf.sätzen (Die Bedeutniif^ des Lehrerst.andes in unserer Zeit
\^ITT, 2 — Kultnrstaat und Lehrerstand IX, i) hat Froh-
.schaniHier vHbnliche (redanken entwickelt; Der T^ilnerstand
soll die niudernc W is.Nenschaft und Zivili.sation vertreten und
M .Ähnlich iilljrenuin und kurz gefafst ist das Zciigiiis für den
Wiener räda^u^iinn Direktor; von besonderer Zulrirdenheit» frei-
lich spricht dieses Zeugnis nicht
'> Auslest: iiiiht dos, sondern ans dem besten. Der beschränkte
Raum gestaltet nicht die IJenicksichtigung aller bedeutenden Ar-
beiten ; von den Beiträgen zur Philosophie, Ps\ chologic und Schul-
j)t)Htik habt- ic!i 'Lranz abgesehen. Die- Ausk^c wird .ilsn nicht dtn
Reichtum und die Maunigialtigkcit, sonderu nur eiuigermaisen die
Eigenart des Pidagogiums im einzelnen veranschanH^en.
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?54
s!o ins \ ()lk eiüfnhren, sie \ ert(-Mflijvend und das nnnufliörlich
im I katholischen ?| Volke jji^enährte Mifstrant-n i^c L^en sie zer-
sticnen. -~ Man sieht, es handelt sich im tiiur.dc um Ver-
Nveiulung der Lchici iiri KnlUii kämpf ; I''rolischammer sagt
denn auch geradezu: *Die Lehrer sind die Soldaten des
Staates im Kampfe nm seine Souveränität und Kultunnission
der Kirche gej^eiiüber-. Merkwürdig, dafs dies thatsächlich
iiicht zutrifft Aber man weifs, warum!
2.
a) Was die Pädagogik mit audern Wissenschaften
(besonders mit Naturwissenschaft, Medizin, Staatswissenschaft,
Volkswirtschaftskunde, Gesellschaftskunde) gemeinsam hat,
zeigt A. Keferstein (XI, 7: Die Stellung der Pädagogik
innerhalb der Wissenschaften). Kr betont dabei, dafs glück-
liche oder befriedigende Lösungen politischer, volkswirtschaft-
licher, sozialer Aufgaben nur mit Zuhilfenahme ethisch-
pädagogischer Motive und Hebel möglich sei. Im Hinblick
auf ihre letzten Gründe imd ihr unmittelbar praktisches Ziel
erklärt er die Pädagogik als die erste der Wissenschaften.
»Nur der Erzieher hat die beneidenswerte Mission zu erfüllen,
die wahre Menschheitsidee nicht allein zu ergründen, sondern
auch auf dem geradesten Wege, in unmittelbarster Weise
zu verwirklichen .
b) In der Erziehung zur moralischen Kraft sieht Friedr.
Ascher (V, 5) den Kernpunkt aller Erziehung . Als
»Elemente dazu« bezeichnet er »ein einfaches Wollen des
Guten und Rechten (selbständiges Einsehen der Notwendig-
keit, es wollen zu müssen) und eine in Enthaltsamkeit und
Selbstbeherrschung geschulte geistige Kraft, damit man auch
könne, was man will . - Aschers Erziehungsmaximen
(VI, 8) enthalten manches Bedenkliche; scheidet man dies
aus, so bleiben vortreffliche Anweisung<Mi für Eltern übrig.
An die Spitze stellt er den Satz: Die nutwendigsLe Tugend
der Eltern ist Achtsamkeit und mit ihr verbunden die Sorg-
samkeit, und ihre Hauptquellen sind Gewissenhaftigkeit und
Liebe». Dann folgen knapp gefafste Eiuzellehren für Be<
handlung der Kinder vom i. 5., 5. 10., 10,-15. Alters-
jahre. Znm Beispiel: i. Dein Kind soll den Ungehorsam
gar nicht kennen lernen. Die ganze Erziehung in den ersten
fünf Jahren l)rauc!it aus nichts anderem zu bestellen als aus
der Erziehung z\nn Gehorsam. Wenn nur vom zweiten
Lebensjahre an nichts versäumt wird! Je weniger du ver-
säumst, desto milder kannst du dein Kind behandeln. Das
Kind mnfs wissen, dafs deine Festigkeit unerschütterlich ist
Ernst und Festigkeit paart sich sehr gut mit Milde. 2. P'ast
könnte man sagen: das Erste und Nötigste, was das Kind
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Filadrich Ditte».
655
ZU lernen hat, sei die (Tednld, Ruhe imponirt ihm besonders,
und Kraft. 3. Nun ist es Zeit, den jungen Menschen anzu-
leiten, dafs er sein eigener Richter werde, und die walire
Eine darin suche, in reiner Brust sich immer des guten
\\ iikii.s und des Strebeus, recht zu handeln und seine Pflicht
zu erfüllen, bewufst zu sein, mag ihm die äufsere Aner-
kennung dazu werden oder nicht
c) Von der Erziehung zum Gehorsam sagt Ascher
(II, 3), dafs sie eigentlich die P>ziehung zu jeder Erziehung
sei. Er führt nun aufs feinste aus, wie der mechanische,
dann der Gehorsam aus Tti; sieht und endlich der freiwillige
aus Ehrfurcht und Tjebc daroebrachle (»cliorsam zu erzielen
sei. (Wir beschranke u uns hier auf den wichtigsten Abschnitt.)
Die ersten Anfänge will Ascher wie ein Spiel betrachtet
wissen. »Verlangt vom Kinde anfangs nur, was es selbst
gern tbut und was ihm ein Spiel ist, blofs damit es sich
gewöhne, das zu thun, was das Wort des Er/idicrs ausspricht.
Erst nach und nach menq^t man behutsam h'oiderungen ein,
deren Befolgen etwas Mühsames oder Helästigendes an sich
hat In dem taKt\(»lleii Sichhineindenken in das Kind
und dessen eigeutümliclies Wesen, um immer nur Passendes
und Mögliches zu fordern, li^.^i zum gröfsten Teile die Kunst
der Behandlung.^ «Je feiner der Kaden ist, an dem das
Kind geführt, je ruhiger und weniger aufdringlich er geknüpft
wird, desto haltbarer und fester wird er sein. Der Erzieher
kann zufrieden sein, wenn das Kind etwa mit dem fünften
Lebensjahre zur nötigen Folgsamkeit gelangt
3-
a) Was ist Moral? i^Karl Teutschmann XVIII, 2).
Im engeren Sinne uTiierscheidet man zwischen Moral und
Ethik; jene zeigt, weiehen Grad von Sittlichkeit die Menschen
haben; diest lehrt, welche Sitten sie haben sollen . . .
Von Jnf^^end auf werden wir gelehrt die Moral als ein von
aufserhallj der Natur, ohne ihrZuthun, ja gegen ihren Willen
kommendes Gesetz, und ihre Übung nicht als unser Werk,
sondern als eine Art Gnadengeschenk zu betrachten. Aber
wirklich liegen die sittlichen Begriffe uns im Blute, werden
sich gar nie hinaustreiben lassen, gehören zu unserm Wesen,
wie der aufrechte Gang und die gegliederte Sprache, l'nd
eben in diesem Gedanken: dafs sich die Moral als ein Natur-
gesetz, wie alle anderen, offenbare, liegt zweifellos eine grofse
und unerschüUtrliche Beruhigung .... Mitleid und Pllicht-
gefühl stellen die beiden Hauptaufsenmgen des moralischen
Instinktes dar, welcher mit dem geselligen Triebe gleichbe-
deutend ist . . . Unter Egoismus verstehen wir die Schattca>
Seite des Ichs, in welcher alles Böse wuchert, während das
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6s6
B«d«ir Dtdtrtoli.
Ich in seiner eiitfernleien oder näheren, aber stets freund-
lichen Bezichnnpf zu dem andern die Lichtseite des Ichs, in
der alles (Uite gedeiht, darstellt. Was sich aber von nnserni
persfin Hellen Lebensinhalt weder in der einen, noch in der
andern Riclitung befindet^ ist moralisch gleichgültig, weder
gut noch schlecht, wohin alle physischen Prozesse, aber auch
die rein intellektuellen Vorgänge gehören .... Versteht
man Egoismus in jenem (vorhin nmschriebeneu) Sinne, dann
versteht man auch die Morallchren aller besseren Religionen,
und findet das eitihcitliche I^aiid unter ihnen. In der I^ändiqimg
und Unterjochung dieses Ki'^enwilltns beruht ihre (ieniein-
sainkeit, .so ver.schiedeu sie auch sou.^i die Welt erklären mögen.
b) Die kirchliche und die philosophische Sitten-
lehre (A. Görth XIV, 5. 6). Ist die Menschheit durch das
Erziehungssystem der Kirche in sittlicher Hinsicht gebessert
worden? Die Geschichte mufs diese I r i^e verneinen . . . .
Kant wurde der Reformator der Sittenlehre und der grofse
Erzieher der Menschen zu echter SittHclikeit. Nacli Kaut
ist der sittliche ( icset/L^rber nicht Gott, sondern der Mensch.
Darum ist die Sittenlehre von der Religion und ihren Lehren
und Dogmeu ganz unabhängig. Sie mufs sogar die kirch-
lichen Gebote und Forderungen, welche an ein be.stimmtes
sittliches Thun und Lassen Drohung vju Strafen und Ver-
heifsung von Belohnungen auf Krden und im Jenseits knüpfen,
als unsittlich und gefährlich abweisen und verwerfen . . . .
Welche (Tfundsätze fordert die durch Kaut begründete
philosophische .Sitte nlelnr im ( ici;«. usatz zur kirchlichen?
Frage nie nach Lohn oder Strafe aul Eiden oder im Himmel,
sondern thu das Gute aus Achtung vor dem Gesetze, aus
Achtung vor der die Welt erhaltenden heiligen Pflicht. Thue
recht und scheue niemand. Wenn du siehst, dafs das gute
Recht gebeugt n 1 ! las Gesetz frevelhaft verletzt wird, so
Lifs dich weder durch die Rücksicht auf deine eigene Be-
haglichkeit, auf deine irdische ( r]ück«-eliq^keit, noch durch
die Furcht vor dem l)r>sen Blick und den Drohungen der
(Gewalthaber und eigensüchtigen Übelthäter von dem sittlichen
Kampfe um diese heiligen Güter zurückhalten. »Die Ehr-
würdigkeit der Pflicht hat nichts mit Lebensgenuls zu schaffen;
sie besitzt ihr eigentüiuliches Gesetz und ihr eigentümliches
Gericht. (Kant.) Jede fremde Autorität, die statt des Ge-
setzes Xonn iliren Sonderwillen aufstellen und durcliführen
will, hat für sich keine sittliche Berechtigung oder Geltung
und soll unter T'mstrnideu (?) als gefährliche Tvrannei, als
verderbliches Heniniuis für die Ausbreitung und Ausübung
echter Sittlichkeit aufs aufserste bekämpft werden .... Die
Sittenlehre stellt den Menschen lediglich auf sich selbst Sie
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6s7
kann nur einen TTalt tj^ewahren: der lieo^t in dem echten,
auf ideale I^ii^lK- L;c^rüiuktLii sittlichen Glauben.
c) Der l'essi nii s Hl 11 s nnd d i e Si tt en 1 eh re (J.
Rehmke 7-12). Einleitung l^cssiniisnius und Sitten-
lehre in Indien (im Brahmanismus und Buddhismus) und
Europa (bei Schopenhauer und Hartmann) — der empirische
Pessimismus und die Sittenlehre. Ergebnisse : i. Der Pessi-
mismus ist untauglich, die Basis einer Sittenlehre zu bilden.
War es dem Hartmannschen Pessimismus scheinbar doch
gelungen, \vcni,L;'-tcns jM'sitivc Aufstcllun,i;cn für eine Sitten-
lehre zu bieten, so lag der ( iruiid darin, dafs in Wirklichkeit
das Absolute, nicht aber speziell der rcssiniisuius desselben,
die Basis war, aber allerdings die Basis einer Sittenlehre,
die auf Unmenschen zugeschnitten ist 2. Den Eigenlust-
Pessiniismr !, i. die auf Erfahrung gegründete Erkenntnis
vom tauschenden Schein derjenigen egoistischen Neigungen,
weicht- der Entfaltnnqf des waliren Selbst entgegenstehen)
diesen Kigenlnst-Pessiniisnius, welcher Wahrheit ist, hat die
Sittenlehre als das wirksame prophylaktische Mittel gegen
den Egoismus in ausdrücklicher Weise mit in sich aufzu-
nehmen. 3. Glückseligkeit und Wollen sind unzertrennliche
Genossen. Im egoistischen Wollen ist die Glückseligkeit
stets das Ziel; im sittlichen Wollen ist sie stets die Basis
des Wollens; in jenem fehlt dem Wollenden die Glückselig-
keit, in diesem aber besitzt er sie. ( )hne Glückseligkeit zu
besitzen, ist dem Menschen sittliches Wollen unmöglich.
4. Ohne ethischen Optimismus (nach welchem das sittliche
Leben einen Lustüberschufs aufweist) gibt es keine Sitten-
lehre für den Menschen, wie es keine Sittlichkeit für ihn gibt
ohne die Crlückseligkeitsbasis.
d) Die volkswirtschaftliche Sittenlehre im
Schulunterricht (Wilh. Neurath X, 6). \'erf. will den
Gei'-t der echten, unserer Zeit entsprechenden volkswirtschaft-
lichen Moral kennzeichnen . Nach ihm soll die Grundregel
einer gerechten ( r ü t er vert e i I u n g lauten: Dem Ganzen
und jedem Ciliede solche und soviele Mittel usw., dafs sie
imstande seien» unter den gegebenen Verhältnissen ihre
Pflichten möglichst gut zu erfüllen; oder kür/cr: Jedem nach
seiner Pflicht als Mensch und als Glied des sozialen Ganzen;
jedem die Mittel nach seinen Pflichten. Und die Pflicht eines
jeden ergibt sich aus .seine r Stellung zur sittlichen Aufgabe
der Menschlicit nberhauj>i, sowie zur historischen Aufgabe
der Nation und der Zeil, i'nd die Pflicht fordert nicht blois
die^ Entfaltung unserer eigenen Anlagen des Geistes und der
Liebe, sondern auch das Leiden, das Entbehren und die
Lebensaufopferung im Dienste der von der Menschheit zu
ITn» BaluM TU. lt. ; r^/>(3
» •
'.Ii',
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Bmilolf Di«tri«li.
vollbrin ölenden Sendung.... Der Staat ist die znr Einheit
des Rc'wnfstscins, zur Einheit des W illens nnd Einheit der
ThaL oder zur PersönHchkeit gewordene oder eriiobene Ge-
sellschaft, welche alle Lebensinteressen der Nation als Glied
der Menschheit umfafst und die Erfüllung der nationalen
Mission zur höchsten und eigentlichen Aufgabe hat . . .
Recht: Es gibt kein von der Moral losgelöstes Recht; jedes
Recht kann nur auf eine entsprechende Pflicht begründet
sein.... Reclit und Pflicht: N'nr als Trailer euws Ideal-
bewuLslsein.s, nur vcrmöi^^e seiner idealen Missini), nur als
Geno.sse des zu verwirklichenden Idealreiches (X crwirklichung
des Reiches des Geistes und der Liebe) hat der Mensch ein
angeborenes Recht: das Recht nämlich, durch Leben und
Wirken^ durch Leiden und Sichopfern seine Pflicht zu er-
füllen,') sein ideales Amt zu besorgen Besitz: Er ist
seinem Wesen nach ein Amt. Die (irundliesitzer und Kapi-
talisten fnn<:^iercn als \'erwalter gesellschaftlicher ( »iitcrqnellen
nnd (iüterma.ssen; sie- sind Inhaber herrschaftliclier Ämter
im Dienste der Gesellschaft Jede rechte Arbeit ist eine
soziale Amisverrichtung. . . Die zunehmende Vergeistigung
der Welt, die Entfaltung und Ausbreitung des Geistes und
der Liebe ist das eigentliche Ziel aller Arbeit, der wissen-
schaftlichen, künstlerischen, pädagogischen, politischen und
wirtschaftlichen Arbeit.
e) Volkswirtschaftslehre und Volkserziehung
(Kaltlioff X\'TI, Das Naturgesetz umfängt nnd trägt den
Mensclien nnbewufst; das Siltcngesetz wendet sich überall
an das Bewufstsein des Menschen; in dem ökonomischen Ge-
setz dagegen ergreift der bewufste, seinen eigenen Willens-
trieben folgende und sein eigenes Thun regelnde Mensch das
Gesetz des unbewufsten Lebens, um sich dasselbe dienstbar
zu machen; er gestaltet aus der Welt iles Xaturgesct7.es durch
den wirtschaltlichen Prozefs die Bedingungen seiner .sittlichen
Menschenwelt. . . . Darin liegt der unmittelbare Wert der Volks-
wirtschat tslehre nnd das allgeineint- Interesse, das diese Wissen-
schaft beanspruch dafs sie den Menschen das ihm zunächst
Liegende, die Bedingungen seiner materiellen Existenz, die
Bedingungen, unter denen er sein tägliches Brot findet, ver-
stehen lehrt Und so lange uns dieses Verständnis fehlt, sind
wir mit aller unserer Wissenschaft wie die Geographen, welche
') V<^1. Karl Moinianl: Recht und Pflicht. Elberfeld, L
Friederichs 1854. Ilm Naurath bekannt^)
Vgl. Heinr. lierkiier ; Über Sparsamkeit und Luxus vom Stand-
punkte der nationalen Kultur* und Sozialpolitik. (Schmotlers JAhrb.
1896, I.)
*j Vergl. Georg v. Gizycki: \ orlesungeii über soziale lUhik.
Berlin, F. Dfiminler 1895. S. 57.
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6S9
in fremden Weltteilen besser' Bescheid wissen als in ihrem
eigenen Hause. Die (xesetze, welche unsere ökonomische
Existenz bedinsfcn, Hegen uns jedenfalls naher als die Ge-
setze, nach denen die Wellt ukörper im Universum sich ))e-
wegen; sie treten auch Irülier in Geltung als die sittlichen
Gesetze, weil der Mensch erst ein materielles Dasein besitzen
mufs, bevor er sittliche Punktionen ausführen kann. Deshalb
heilst es über dem, was in der Perne liegt, das Nächstliegende
übersehen, wenn wir Naturgesetze lehren und moralische Ge-
setze predigen, aber das Volk über die Gesetze seines öko-
nomischen Lebens im Unklaren lassen.
4.
a) Schriftsprache und Mundart (W. Nagl X, 12).
Durch das richtige Verteilen der Schwerpunkte in der Rede
und durch die entsprechende anschauliche Pärbung dieser
Schwerpunkte käme unsere Sprache an der Hand der Dialekte
nicht nur zu einer psychologisch treffenderen Gedanken-
Gruppienmi^^ und zu einer lebendigeren Anschaulichkeit und
Frische. s«>ii(1cmi es hätte auch den praktischen I^rfoli;, dafs
sie auf das Ciros der Nation eine intensivere Wirkung aus-
üben würde,
b) Muttersprache und Grammatik (J. Kanlich
XIII, 7). Das Wesentliche des Wortes ist Inhalt und Umfang
des Begriffes, den es bL/.eichnet, das Eigentümliche sein Klang.
Die F'ornien stellen (iebrauchs werte vor; ihre Keimtnis ist
weniger das Ergebnis einer V'erstandesthäti'^keit. als vielmehr
Sacht- einfacher Übung. Vertiefuiii^ (ks vSprachgcfühls reicht
in (Uli nieisLeii hallen ans; nielhudischcs Geschick macht
ganze Abschnitte des Sprachbuches überflüssig Der Schüler
bringt aus der Kinderstube, weit seltner aus dem Kinder-
garten, viel von jener Art Sprachbildung mit, die, indem sie
sich mehr an den .äufsern Sinn^ wendet, dem innersten Kern
der Sprache am nächsten kommt. . . . Die Sprache ist ein
blühendes, klimmendes Reich, das die Seele mit tausend leben-
digen I Tulen umspinnt. Hie mikroskojiisclie Methode der
(Trammaük legt in ihieii zusammenhangslosen Übungsbei-
spieleu diese l''äden einzeln blols und tötet sie zuvor, um sie
besser auf ihre Struktur prüfen zu können. . . . Die Volks-
schule kann der Verödung der Schriftsprache steuern durch
eine gründliche Reform des Unterrichts in der Muttersprache.')
') Im Vlil. Jahrg. (H. io> sind dem Buche des Reformers RuU.
Hildebrand (»Vom deutschen Sprachunterricht in der SchuleO 10
Seiten gewidmet. Sie enthalten Aus/üf^e, welche den Zweck hal)en,
flen Inhalt des liuches übersichtlich dar/ustellen (vj,d. das Milde-
hrandliefl tler .\. Ii. . Okt. iSy^s». I>eni i-insender antwortete Ditlcs :
42*
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66o
Vor allem niüfste erkannt werden, dafs Kenntnis der Formen
unter rmständen zm Wortaniuit führen kann, und dafs die
Einreibung eines (k i^eusiaudes in eine begriffliche Kategorie
noch kein Verständni.s desselben ist
c) Drei Volksschtillesebücher (Th. Kirchberg X,
II. laV Eine an trefflichen Bemerkungen reiche Kritik. —
Das Iresebuch sollte der freundlichen Villa o;leichen, die,
fem gelegen vom Staube und Geräusche der Landstrasse,
inmitten V)lühender O arten und seliattig^er Parka nlni^en, nneh
dem Drange der Gesehäfte zur Krholunpf und Krfrisehunn
einladet und manch trauliches Plat/clien zu Ijeschaulichci
Ruhe und innerer Saiiiüiiung gewaln L. . . . Politische Grenzen
sind dem Lesebuch nicht zu setzen. ... Es soll keinem
Unterrichtsüache aufser dem Deutschen direkt dienstbar sein.
. . , Es bezeichnet oder enthält 4as höchste Ziel des ge-
samten Unterrichts, und widmet sich im Gegensatz zu den
Realien hauptsäelilieli idealen I'cstrebunoren. ... Ks soll
durcl]drun<.ren sein wm einem wahrhaft relij4i'"*sen Hauche,
von sittlicher und sittlich macht nder Kraft; der tiische und
fröhliche Geist eines gesunden und edlen MeUbclientums
durchwehe und erfülle es. ... Es soll die Dichtung zu seinem
Mittel« und Kernpunkte machen und das Schönste der .
Schöpf unj^^ die Menschenseele rein und voll entfalten
in der blühenden, mustergiltiy^en Sprache der Männer, welche
der Dichtun«^ Schleier, j:^ev ebl ans Morgenduft und Somien-
klarheit, aus der Hand der VVahrlieit emplan^^en haben;
"welclie das aussprechen, was tausend andere fühlen, oder
was luibewufst in verborgenen Tiefen des Herzens schlummert.
. . , Es soll ein Volksbuch sein, den Geschmack an guter
Lektüre bilden. (Das hat die Schule noch nie ernst genug
ins Auge gefafst; sie hat es mit verschuldetf dafs die ver*
rücktesten Romane und dgl. vom Volke so xibermälsig be-
günstigt werden.) Im einzelnen wendet sich Kirchbcr<r
ge<^en das Überwuchern der Realienstoffe , gegen die
Leistungen Schniid.s, Krunuuachers, Curtmans, Gülls und
etlicher anderer (Hey läXst er gelten). Er will ausgemerzt
wissen erkünstelte Kinderliedchen, frömmelnde Geschichtchen,
Militär- und andere > Gedichte < und Aufsätze, welche falschen
Patriotismus predigen, eine verkehrte Auffassung von der
Stellung und den Eigenschaften der Fürsten, fromm-chau-
vinistische Phrasen I'^rankreich geirenüber n. ä. \ erbreiten.
Natürlich lehnt K. auch die Geschäftsaufsätze ab.
-Es versUhl sich wohl von selbst, dais ich (]«>n ij«-simfkn lieilkräf-
tigen und in sich selbst gewissen declanken Hihiebrands mit Freuden
Vonichub leiste«.
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VrMrkih Dille*. 56l
5-
a) Sy stein Uli k und I n d n k t i o n im (W < • r a p h i e-
nnterrichi i Alois Geistbeck X\'II, 2. 3). Die Anbalnumg
einer vei nüniligen, der Wirklichkeit rntsprechenden Natiir-
iind Weltansclmnun^ ist als eine Grmultendtnz des j^eo-
graphischeii l'uterrichls im \'crcin mit dem natui knndlichcn
Unterrichte zn betrachten. . . . Ziel des erdkundlichen Unter-
richts: Gewinnung von klaren und richtigen Anschauungen
der Erdränme, selbstthätiges und denkendes Erfassen der
Natur eines Landes, insbesondere der kausalen Wechselbe-
ziehnngfen der sj^ef^j^riipliischen Rrsclieinnn^en der P>dnber-
fläche, stete Durciidringuni; von Empirie und Abstraktion.
. . . Das Verfahren, durcii das man einen Schüler in eine
Laiidschait einführt, soll dasselbe sein, mittelst dessen ein
unbekannteiä Land erschlossen wird. Indem man eine Land-
schaft durchwandert« gewinnt man ein lebendiges Bild davon,
dessen Darstellung zuletzt die Landkarte in konventionellen
Zeichen gibt. Sogenainite ideographische Vorbegriffe sind
dabei überflüsNig; der Schiller lernt dieselben im (icgenteile
erst im Gelände kennen und zwar auf Grund eigener Be-
obaclitung. Die Hatiptsaclie ist, dafs er recht zahUciclie,
klare Anschauungen erwerbe. Ist erst ein Schatz von An-
schauungen beim Schüler vorhanden, so läfst sich auch der
weitere geographische Unterricht mit Erfolg darauf auf-
bauen. . . . Die Gesetze der Geographie haben weder die
mathematische Bestimmtlieil, n(»ch die Allgemeinheit physi-
kalisclicr und chemischer Ge>et/.e. Die ( leset/niäfsigkeit der
geographischen Phänomene liegt offenl»ar in ihrer Genesis
und in der daraus folgenden räumliclicii Hulfallung, Ver-
breitimg und Anordnung, sowie auch in dem Verhalten ver-
schiedener Phänomene zu einander bezw. in ihrer gegen-
seitigen Bedingtheit In diesem Sinne kann und soll auch
die Schule von geographischen Gesetzen oder, wie Richt-
hofen vorsichtiger sagt, von Gesetzmäfsigkeiten sprechen; ja
deren Kntwicklung nnifs einen ganz wesentlichen Teil des
geographischen Unterriclils bilden. Wie die Vergleichung
der geographischen Objekte, so bilde auch die Auffindung
geographisehcr Gesetze einen feststehenden .Vbschuitt in
einer geographischen Lektion. . . . Das ist gerade ein Vor-
zug der Geographie vor der Botanik und Zoologie und be-
zeichnet ihre Mittelstellung zwischen diesen und den beob-
achtenden Naturwissenschaften, Physik und Chemie, dafs sie
schon von den ersten Anfängen an die Auffindung von f»e-
selzen eruiügHelil und eine reiche I iille sehr elementarer
Erscheinungen darbietet, deren Gesetzmälsi^keit der Schüler
selbst und durch eigene Verstandesthätigkeit erkennt, eine
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502 l;u<)«ijf |)irtrirh.
geistige Arbeit, die spater immer mehr an Intensität gewinnt
und imitier mehr den o^anzen T'ntcrricht beherrscht Die
methodisclic P>(.liandliiiii4 jj;^liedert sich also in drei Stufen:
I. Xatnrl)e()l)achtun'L,^ ('^i Auffassung der geographischen Er-
scheimuigcn eines Läuderraunies und ihrer Wechselbe-
ziehungen auf anschaulicher Grundlage. Messen (?). a. Ver-
gleichende Betrachtung mit anderen Gebieten. 3. Auffindung
gcograj^hi scher Gesetze.
b) Ein neuer Weg in die Erdkunde (R. Dietrich
X, 3). Plati für die Behandlung eines Landes: i. Lesen der
Karte. Die Karle ist ein Bild, ein Gemälde. Die Kinder
sagen, was sie sehen und — was sie nicht seilen, d. h, sie
schliefsen, ganz wie es bei jedem andciea Bilde doch auch
geschieht, bei einem Gruppenbilde z. B., nur dafs hier die
Phantasie mehr Recht hat als dort Denn der Unterricht
hält sich streng ans Kartenbild, und was sich einfach und
natürlich nicht finden läfst, das bleibt imgesucht. Aber inner-
halb dieser Grenzen Ijeslreben wir 'ms, nlles ^Mö^liclie herans-
zide.sen, zn schliefsen, zu erschlielseu. Besonders werden v. ir
das Leben und Weben der Mensclien zu erkennen traehien.
Und wäre das etwa so schwer? Wenn wir ein meerum-
.^hlungenes Land vor uns haben ' wenn ein Staat von
mächtigen Strömen bewässert wird — wenn Hochgebirge,
wenn Hfigelland, wenn Ebene die Gestalt der Oberfläche
bedingt: was werden da die Bewohner treiben? Das sollten
die Kinder nicht finden? vSie snchen es gern; denn sie
fühlen, wie anziehend die Arbeit ist, fühlen, wie sie hinein-
ge/.c)<^en werden in das Land. ... 2. RehandluuL^ des l^andes
in einzelnen Ciebieten und ans diesen im Zusaiiiiiieiihange
die Verhältnisse des Pestlandes, des Wassers und der Menschen
— die letzteren nur, soweit sie sich auf Laudbau, Handel
und Gewerbe beziehen. ... 3. Schilderung einer Stadt (oder
Landschaft), wie sie gerade dem betreffenden Lande eigen-
tümlich ist. Hier ist auch der rechte Platz für alles, was
über den Volkscha^akter und das Klima (auf das selbstver-
ständlich schon bei i gesclilossen wird) sich sagen läfst.
Ohne künstlerische Abbildungen kann aber diese Stufe nicht
betreten werden — die nächste ebensowenig. 4. Mitteilungen
über Kunst und Wissenschaft, insonderheit über Kunstdenk-
mäler, über Bauwerke, die das Land gerade in auffallender
Anzahl und Schönheit besitzt ... 5. Aufsuchen der Schau-
plätze hervorragender Ereignisse. Also nicht bei jeder Stadt
ein schablonenniäfsiger Abrifs, sondern nur ein Heransheben
derjenigen Gegenden des Landes, die in gewissen Zeital)-
schnitteu, bei gewissen Entwicklungen eine grofse Rolle ge-
spielt haben. ... 6. Die Eigenart des Landes übersichtlich
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trMtUh IWitei. 663
zusammeir.ifcstellt. 7. Verq^lciclnin.ij^cn innerlialb des Landes.
8. Ver«»Uii. liniii;(.Mi verschiedener Läiuic-r. (Die <. in faehe Volks-
schule niuls in der Regel, wej^en Mangels an Zeit, auf 3 5,
darf aber nicht auf 6—8 verzichten.)
c) Die Geschichte in der Volksschule (Joh. Lipp
X, 10). Hin eigfenartiger Lehrplan Der Geschichtsunterricht
soll, wie derii.itur- und erdkundliche, folgende Stufen haben:
Heimat, Vaterland, europäische Nachbarstaaten, Krdteile, Erde.
Mit dein Scliulhaus beginnt L., in der Zeit schreitet er n'ick-
wäris, l>ainit werde der GTumlsalz der Anschaulichkeit auch
auf den Geschichtsunterricht übertragen; denn es handle sich
zunächst nur um kurze Entwicklungsgeschichten von Per-
sonen, Binnchtungen und Gebäuden, für welche die Kin-
der ein lebhaftes Interesse mitbringen. Kur Erdkunde und
Geschichte benutzt L. denselben methodischen Gang; die
erste Geschichte geht mit der ersten Geographie Hand in
Hand^. Folgt eine Skizze, welche den ganzen Plan veran-
schaulicht.
a) Die Pädagogik des Plato und Aristoteles
(Rud. Parolla XI, 6). Nach Plato ist die Erziehung die (mit
dem Kindesalter beginnende) Leitung und Pührungder Jugend
zu der von dem Gesetze vorgeschriebeneu und von den vor-
trefflichsten und ältesten Männern gutgehcifscncn Lebens-
weise. Vom dritten bis zum sechsten Lebensjahre beschränkt
sich der Unterrieht auf Spielen (unter der Aufsicht der Wär-
terinnen, die von Frauen überwacht werden) und Erzählen.
Vom 6. Jahre an werden die Geschlechter getrennt; doch
erhalten beide grundsätzlich denselben Unterricht in Gym-
nastik (Ringen und Tanzen) Musik und Kriegsübungen durch
besondere vom Staate angestellte Lehrer. Schreiben und Lesen
beginnen mit dem 11., die Pflege der Dicht- und Tonkunst
mit dem i ^. Altersjalire; im 17. treten Arithmetik, Geometrie
und AstruntiUiie aul. . . . Aus den Krläuleningen und Winken:
Man darf den Kiuderu nicht erzählen, was Hesiod, Homer
') ICine sehr interessante methodische Arbeit, welche das Prinzip
der kon/.entrisclien Kreise iu origineller, aber, wie UQS scheint, pan/
natürlicher und höchst befriedigender Weise zur Durchführung bringt .
Dittes.
*) Die Auslese bescliränkt sich auf Arbeiten über weniger be-
kannte rädagojico i dodi siud die Comenius-Forschuugeu Kvacsalas
mit Rücksicht auf ihren besonderen Wert ebenfalls noch herange
/ : 1 worden. - Aufsätze über Pestalozzi finden sich i. d. Jahrg, I.
III_V, VIT XT. XIII, XVIII ; überjoh Jak Wehdi i. d. Jahrj,r XIII,
XIV. — Fellenliergs scheint sich keui .Milai heiter des Pädagojjiiiiiis
attgenommen zu haben.
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664
Rudolf DUtrieh.
und ntulere von <K ii (iöttern und Heroen sa^^en, nichts vom
übcrniäfsigen Cielächtcr der Götter (weil das überhaupt un-
zieniliclj ist), nichts vom unmännlichen Javnmern Achills (weil
Kinder tapfere Bürger werden sollen). Was Böses erzeugen
kann ist auf jede Weise zu unterdrücken. Die Knaben sind
auf dem Schulweg^e von Pädagogen zu be|:^kiten. Gymnastik
darf nicht in Atliletik ausarten. Hurch Wrbindunj^ von Tan-/
und Musik wird im höchsten (»rade die Krziehutu^ /nni
ScluHRii und Anstandii^en bewirkt, weil dabei das (icfiilil
für Ordnung am besten zum Ausdruck ktnunit. Für beide
Geschlechter die gleichen Beschäftigungen, weil jene im
Grunde nicht sehr verschieden sind. — Aristoteles: Die
Erziehung ist der Einflufs eines schon entwickelten Menschen
auf einen noch nicht enl wickelten; sie <li<.nt zur Ergänzung
der Natur, \^)m fünften bis siebenten Jahre sollen die Kin-
der dem T'iiterriciUe, au welchem sie später teilnehmen, nur
zuschauen; für die Jüngeren und Alteren besteht je ein be-
sonderes Civnuiasiani. G\ ninaslik und Mn^ik beherrschen den
Lehrplan; doch hat die Beschäftigung mit der letzteren nur den
Zweckf die Bildung eines ästhetischen Urteils über die Musik
zu ermöglichen. Als oberste und allgemeine Unterrichtsregel
gilt: Es ist nicht die wissenschaftliclie Methode anzuwenden,
sondern von dem dem Schüler Bekannten auszugehen; unser
ganzes Lernen kommt nur auf dem Wege der Induktion und
Deduktion zustande.
b) Zur Geschichte der Wiedergeburt der Päda-
gogik (J. Kvacsala XIII, 3). Der bekannte Comenius-Forscher
will eine skizzenhafte Darstellung der Bewegungeti geben,
die sich, teils anknüpfend an die Reformation, teils unab-
hängig von ihr» auf dem (lebiete der Erziehung und Kr-
ziehungswissenschaft im XVI. und im .\nfang des XVII.
Jahrh. vollzogen und die (irundgedanken der späteren Refor-
matoren in ihrem Keime aufweisen. Jene I^ewe^^un^^en nehmen
ihren Anfang bei Fr. Kunnaeus (zu Heginn des X\ II. Jahrh.
Lehrer an der Akademie in Genf), welcher der »B:gründer
der systematischen Didaktik« gewesen, aber nur den Unter-
richt im Auge gehabt; die s Methode n frage« betrachtet er
vom Standpunkte des Schülers aus, indem er Anweisungen
gibt, wie man lernen soll. Sein Schüler war der Lehrer des
Comenius: J. H. Ahstedt. Auch diestr bescln.lnkt sich auf
den Unterricht, von welchem übrioens sowohl die Realien
als auch die Muttersprache ^in .\iiuel-und Hochschulen) an.s-
geschlosseu sind. j^Vom neuen Geiste hat er kaum Kennt-
nis«. Vertreter des ^ neuen Geistes^ sind Baco und Radtke;
sie haben *die neue Zeit auch dem Inhalt nach vorbereitet«.
Ihnen gesellt sich Andreae bei, der sich mit der Erziehung
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Frledrfeb OUt««.
665
beschafti.i^t, und Kilhard Liibin Ij^eb. i.S''5'< '^«^"i" ^^t^" ^^e-
dankcn einer \\"r1)in(luii u des Sprachunterrichts mit dem Sach-
unterricht ausgesproclien. In des Cumenius (reiste aber
konzentrier ten sich alle diese (d. h. die fortschrittlichen) Ideen,
und er verband sie zn einem schönen nnd festen Ganzen
c) Beiträjjc zur Comenius-Forschnnß; (J. Kvacsala
X, 9. 10). Der Parallelismns des Si)rachunterrichts mit dem
Realunterricht (d. h. dafs man die Sprache nicht nnr und
überhaupt nicht der Wörter wegen lernt) und die Strenge
psychologischer Hehandhuig der Materialien (d. h. dafs man
alles stnfenmäisig und freudeervveckend mitteilen soll) — das
sind die beiden Grundgedanken, auf welchen sich die Methode
des Comenius über alle anderen Methoden erhob. Dafs die
Ausführung diesen Grundgedanken entsprach^ ja fast in jeder
Einzelheit einen feinen erzieherischen Sinn verrät und zur
(reltnni^ bringt, hat seinen Tvehrbüchern den fast unglaub-
lichen IsrfolL;, die mannigialti^sten Lobeserhebungen und
Ans/.eichnnni^^en verschafft, Dafs er aber Iroi/.dem nicht ge-
zögert hat -— und zwar am Schlüsse seiner erfolgreichen
Wirksamkeit — rückhaltlose Kritik an seinen eigenen Werken
zu üben, ist ein Beweis seiner persönlichen Gröfse, wovon
übrigens ein jedes seiner Werke mehr oder weniger Belege
liefert Und was sein gesamtes Schaffen zu der etln'schen
Hohe einer vSelbstaufopferung erhebt, ist die Tlialsaclie, dafs
es ihm nie um seine Person, um seinen \''orteil, nni seinen
Xameu zu thun war, was allerdings t^^eeignel ist, die I^iel)e
für seine Person, den Ruhm seiner Werke zu verdoppeln.
d) Joh. Balth. Schupp lA. Schultz XIII, 4. 5).
i6to — 61. Hofprediger in Giefsen, Prediger in Hamburg.
Verlangt (in seinen lehrreichen Schriften ) für die Volks-
schule, welche er als -die wahre (^^rundlage des Staates und
der Volkswolilfart anerkennt, tüchtige, d. h. gründlich ge-
bildete, vor allem seelenk nndige Lehrer; diesen sei aber anch
die gebührende I lochachtung zu zollen nnd eine entsprechende
Besoldung zu gewahren. (Letztere soIi mit durch freiwillige
Beiträge der > Reichen aus ihrem Überflusse« bestritten werden
- - eine Forderung, die wir auch heute noch geltend machen).
Weiterhin erfreut Schupp durch die hohe Werthschätzung
der reinen Kindesnatur, rechte Würdigung der Muttersprache
als Krziehungsmittcl, Verurteilung; des ornmTnatische» Drills,
Verweis auf Comenius als den vSprachlehrmeister . . . Zwei
Belege für \'oriu leilsfreiheit und Walirlieitsmut : Weisheit
ist an keine Universität gebunden; das höchste Wissen er-
langt man nicht nur durch Universitatsunterriclit -- • die
Schule ist von der Kirche zu trennen.
e) La Chalotais |A. Pinloche XIII, 6), 1701—85. Jurist
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666
in der Bretai^^iitr. Kämpfte uneniiüdlicli ^cgeii die Jesuiten
und tyrannische Staatsverwaltung'. Hai die znletzt genannte
Fordcruni»- Schnpps noch SLli.irkr und wohl nnabhängij^
von diesem ausgcsproclien. In seinem X'ersnch einer Xational-
erziehnng (1763) erklärt er: Ich beanspruche für die Nation
eine Erziehung, die einzig und allein vom Staate abhängt,
weil sie ihm ihrem ganzen Wesen nach ausschlielslich zugehört
f) Die erssieherisch e Einwirkung Abrahams a
Santa Clara auf das österreichische \'()lk f\V. Xagl
XIII, 10). XagP) stellt zunächst fest, dafs Abraham (1642
bis 1709) in hohem Grade zum X'olkserzieher befahl q^t war
vermöge seines »feinen Gefühls für das Bedürfnis der Zeit,
für die Lage der Verhältnisse, die im schreienden Gegensatz
zwischen Gebildeten und Volk kumulirte«, vennöge seiner
unmittelbaren Xeignng und Liebe zum \*olke und ver-
möge seines Witzes. Die Waffe des österreichischen Bauern
(und nin diesen handelt es sich vomehinlich) gegen das
FrLHitk und Xene ist sein Witz, iinLj;lanl)licli \ ielseitiqfe und
gewandte Ironie . Wer niclu sciiRiu W'il/ /u l>egegnen
weifs, verfängt i;ei ihm niclu. Abraliam konnte es: Die
zwingende Kraft des abrahamischen Wortes lag im volks-
tümlichen Witze. Er kam dem Votkswitz mit L^berlegenheit
zuvor. Indem er .seinen Zuhörern die Witze im vorhinein
aus dem Munde und aus dem Herzen griff, hob er gleichsam
ihre ganze Seele mit heraus, verarbeite te, be.schnitt, ergänzte,
kurz niodnlirte sit nach seinem eigenen Cieiste und stellte
ihnen diese umgeuRKkltf Seele, die mni Abrahams Stempel
trug, zurück . ^ So kam es, dafs die ganze Zeit \ on ca.
1670— 1770 in Österreich der Geist Abrahams ausfüllte (und
das Wiener Volk zollt den Kopien Abrahams jetzt noch
Beifall). Er zwang auch die starrköpfige geistliche Schule
zu einigen Konzessionen. Allermindestens blieb der einer-
seits süiselnde, anderseits lebensfeindliche Ton beschränkt,
trockene Moralisten und Beichtväter von Kanzel und Beicht-
stuhl liinweggebannl, und lernten die Geistlichen mit den
bestehenden Faktoren des X'olkstums rechnen. Fragen wir
nun nach der bestimmten thatsächlichen Leistung Abrahams,
so wird uns znr Antwort: er hat das Svstem der Kirche
popularisiert . Dieses System» d. h. das Gute an ihm gebot
Zurückhaltung und Mäf.sigung; Arbeit (hierin kam der
natürliche Volkscharakter dem S\stem einigerniafscn ent-
gegen) und Si)ar.sanikeit: strenges Streben nach dem Hellten.
Xützlichen, Xötigen; Achtung vor der (J)brigkeit und Fest-
halten an der Religion-.^, Man (die Kirche) begnügte sich
aber zunächst mit der Übung in der Zurückhaltung (Ent-
•) Der Bauerniisyclioiog des Pädagogiums.
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Fri«ilricii Dille«
halt.samkeit), und diese hat Abraham mit Entrgie einge-
führt. Aber dann war sie zu regehi, und das hätten spätere
Volksmänner besorgen müssen'. Solche sind nun leider
nicht gekomnun. und so ■ stininiU' das Landvolk zukt/.t
(nach Abrahams Zeit, in der t*rstcn Hälfte des X\'III. Jahrli.»
mit der strengen geistliclicn (asketischen) Schule überein ,
was sich in seiner uitliclun Kinseitigkeit und trägen l'n-
beweglichkeit traurig genug otlenbarl. Heute hat das alle
Moralsystem bei den Bauern noch die volle Alleinherrschaft
— die anders denken, die fortschreiten wollen» werden ge-
ächtet und gebannt . ( Die heutigen Geistlichen wirken
nicht persönlich, erzielilicli. verstehen auch die Leute nicht'.)
g) Job. Ignaz Melchior v. elbig er (Aug. Janntta
XI, 51. 1724- 88. J. hehaiidc'lf besonders eingehend das
Eigenlünüiche mid Kefni matuiische an Felbigers S\ stein:
bezüglich der Rechtscliatlenheitslehre (eigener Unterrichts-
gegenstand; Belehrungen über die Pflichten der Schüler, des
Menschen gegen den Nächsten und die (yesellschaft, luid
über die rechte Haushaltung), der Heimatkunde (Entwicklung
des Karten Verständnisses; Messen und Reisen auf der Karte)
und des rTeschichtsunterrichts (welcher LebensgeschiclUen
von Mfinnern aus allen Herufen. vornehmlich solchen, dcucn
sich die Schüler widmen dürften, bringen .soll).
Xa eil Wort des H e r a u > g e h e r >.
riil)eeinfhifst links oder rechts, wollen die Neuen
Bahnen nur dci Wahriieit dienen. Das ist von jeher ihre
Ehre gewesen und .soll es auch in Zukunft bleiben. X'on
diesem Grundsatze habe ich mich auch leiten lassen, als ich
der vorliegenden Arbeit die Attfnahme nicht versagte, nach-
dem ich mich überzeugt hatte, dafs es atich dem Verfas.ser
nur um die Wahrheit zu thun gewesen ist Mit ihm kann
ich aber nur wünschen, dafs er ^icli in manchem geirrt
haben mochte. Ich werde keiiu- I'.ericluigUTTLr. die :nif
(irnnd zu\ crläs<iir(-n Materials erfolgt, nnige sir mir direkt
ziigelien oder in einer anderen Zeitschrift ersclieiiu 11. den
Lesern vorenthalten. Es soll den X. II. nicht uaehgesagt
werden können, dafs sie wider besseres Wissen ein falsches
Bild der Persönlichkeit des verdienten Pädagogen verbreitet
hätten. Auf leere Redensarten oder wohl gar öde
Schimpfereien werden die N. Ii. - allerdings nicht reagieren.
Johannes Meyer.
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Inlialts-yerzeiclmis
zur
„Umschau in Nachbargebieten" (April— Juni 1896)
„Wlssenschaftlidien Beilage" {JxiM — Dez. 1896).
iV s= Umschau. — VV B = W'iss. Beil. - Wo weder l' noch \V H.
dann immer W B. - Ziffern am Ende = Seitenzahlen.)
I. Abliamllungeii.
A. Geschichte und Geschichtsschreibung. Länder- und
Völkerkunde.
H. Grimm: Betrachtun {^en über nationale Geschichtschreibung. (K.
y. Treitschkcs Dcntsclie (lesrhichte im XIX. Jahrh 1 T 2tS.
F. Kachfuhl : Deutsche Geschichte vom wirtschaftl. Standpunkte.
(K. Laniprechts Deutsche Geschichte.) — V 219.
K. Vamb^* : Armenier und Kurden. — U 287.
B. Staats- und Sozialpolitik. Volkswirtschaft
Frz. PÄtow: Die Monroe- Doktrin. — U 28«.
H. Hcrkiier Si>arsamkeit und Luxus vom Standpunkte dernationalen
Kultur- und Sozialpolitik. — U 223.
H. Delbrück: Die Aussichten der Sozialpofitik. -- L 221.
Fr. Naumann : Das Problem der kirchlichen Sozialpolitik. ^ ü 231.
I«. JolU' : Das württembergische Vereins- und Versammlungsrecht
- W B II.
J. Jastrow: Arbeiterschutz. — W B 12.
G. Schan/ iFr. Wönshotfer) : Arbeitslosenversicherung fSpanwangi.
- 334.
Frz. C>[)pcnhciracrt Die soziale Frage der oberen Klassen. — W B 27.
J. Platter : Der Kric^ .ir^n die Mütter (F>auenemanzipation). — W B 33.
Schmölder: Der Arbeitsmarkt. — U 288.
C. Philosophie. Sittliche und bürgerliche Bildung.
R. M. Mever: Der Kampf um den einzelnen. — W B 17.
Fr. \V. Forster: Weltpolitik. - W B 10.
Derselbe; Ein mündiges Volk. < -Der verzauberte Kaiser — W B i8.
R. Dietrich : N olkstüralichkeit der ethischen Bew^fung. — W B 25.
Derselbe: Di*. Dcinokrntic und die ethische Bewegung^- . — W B 41.
W, För.sttr: Iletrachtung über die Stellung der Fürsten. - V ^27.
M. Wittich: (,ut deutsch. - U 333.
F. Avennrius (Kunstwart): Allerlei zur Rücksdiau. (Männlichkeit:
Kuechtssinn.) — U 327.
E. Isolani : Soldaten auf der Bühne. (Militarismus und Patriotismus.)
- U 329-
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D. Sprache.
Th. Matthias: Die Mundarten im Spiegel der Schriftsprache. — WB i.
W. Münch : Gedanken über Sprachschönheit. — U 332.
K. Kunst im allgemeinen; einzelne Künste.
A. Bartels: Kunst, künstlerische Thätigkeit, Kunstsinn» Ästhetik
der Kuiist._ (Johs. ^'olkc^l.-^ Astlu tische Zeitfiajjen.J — W B 9.
V. Aveiiarius: l'berschät/.ung^dcr Kviiist. W l\ 5.
H. Scluiiidkuii/ : Kunst und Öffentlichkeit. — U 224.
I«eonh. hivr : Kritisclus üh«. r Tageskritik (Kunstkritik). - V 226.
A. l*hiH|>])i I):is Wnndi. rli.ii (■ in der I'^ii-^ie. -- W II 2
U. Dictricli . Deutsche Dichtung , (Krink.i - L' '^21.). W H ',4.
A. Hiese: Wie entsteht das Lied? - VV B ,v
\V. IJölsclie: Zur Naturgeschichte des modernen Romans. — \V B 42.
A. Dresdner: \'ün der Schauspielkunst — \V B 4.
A. L'Arronee: Vorschläge zur Verbesserung unserer Theaterzustände.
- W B 19.
II. Bfiehar.
A. Geschichte. — A. Schäftle: Joh. Frie<lr. Cotta. 30. — (). I,yon :
Bismarcks Reden und Hriefe, 16.
B. S t n n t s u n d S < > / i a 1 j) o 1 i t i k ; \' o 1 k s w i r t s c h a f t ; \' o 1 k s-
k u n d e. " \y. Koscher : Tolitik. 29. — G, v. « ii^ycki : Vorlesungen
über soziale Ethik. 20. — L. y. Buch: Über die Elemente der
polit, Ökonomie. 22. — (i. Maicr: Der Kaniijf um Ar!)cit. 21. -
K. Jeutsch: Volkswirthschalt^^lchre. 14. — Statistisches Jahrbuch
der Schweiz. 14. ~ Fr. Anders; Skizjien aus unserm heutigen
Volksleben. 37.
C. P h i 1 OS o p h i i : sittliche und V>ürgeilich( Bildung. K.
Jentscb: Geschichtsphilosophische Cedauken. 6. — Züricher
Reden (ethisch-soziafwiss Vortrag. 1X9^1. 32. — Die Sittlichkeits-
lehre als Xaturlehre. 38. - K. Hilty : (iliick. 44. — W. Münch:
Anmerkungen /um Text des Lebens. 6. — 1'. v. (lizycki : \'om
Baume der i.ikennlnis. 46. 11. Nclir}- ; ZitateuschaLz. 3.S. —
A. Exner: Über politische Bildung. 13. — I. Perthes: Staate-
bürgi rntlas. 7.
l). Natu r w i s s e n s c h a f t. I. I.. A. Koch : Das Nerven leben <les
Menschen. 47. — Lassar-Cohn : Die Chemie des täglichen Lebens.
E. Sprache. — M. Heyne: Deutsches Wörterbuch (kl. und gr. Ausg.i
15, Vi. 1 >. -- (). : rnsere Muttersprache. !5. — Tli.
Matthias: Sprachlebeu und Spraclischäden. 23. — (>. Kares:
Poesie und Moral im Wortschatz 7.
F. Kunst nnd Künste. — R. Reichenau: .Vns nnscm vier Wänden,
36. Stifters Werke. 40. — (•. l'rex tag: (icsammelte Werke. X2.
. — l\ V. Reber und A. Beyersdorfer ; Klassischer Skulpturen-
schatz. 47.
III. Kleine Mitteilungen.
Der uiodenie Men.sch. 48. — Litterarisclies Iutcres.se. 48. - Über
Schiller. 32. — Zu Schillers Glocke. 24.
Pfahlbauten. 32. — Höhenlage schweizerischer Gemeinden. 24. - Die
Glctscherl.iw itie in dcr.Vltels. 8. — Jenseits des Polarkreises. 24.
. — Zuckererzeugung. 40. — Kufslauds Weinbau. 32. — .Antwerpens
Bllenbeinhandel. 16.
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Pädagogische Bücher- und Zeitungsscbau.
Nr. 1. IHM. Vll. Jahrg.
Iii» In illeitw yuiniiior aufffitführtvii Bichw und /rf>iti»chriftoifArtili»l »iml im l*l«t«ii <|«i«rl«l
4m Jnikr^ lit*& *r«4^M^n«M.
I. 6e«chiohto und Grundwissenschaften der Pädagogik.
;i. (Icschicbte der Pädagogik.
fri Ihhihi. Moldenhauer. G.vnm.- ri r I"' rTeschichtc- des höheren
Schiilw csen.s der RheiM])i( i\ in/ unici junusisclier Regierung. (VIIl,
lao S.) Köln, I'. N\nl»iKr *; Äi. - Scherer, gchniinnpektor. H.. Die Testa-
lo/./.isclie rädagogik. nach ilucr ivntwicklung. ihrem Auf uiid Aus-
bau und ihren» l.iufluf."- aut du. Ocstaltung des X'olksschulwe.sens dar-
gestellt. (VI. .112 S.) Leipzig. R Brandstetter. 4 M.
//• Auis.itu. Vi. Weidemanii Pestalozzi, unser aller Meister. (Hann.
Schulztg. 47. 4S1. - Muszynskt, Was lehren die griechischen Pädagogen
von der nien.sciilichen Seele ^ (Rath. I.ehrerztg. .>i - .>.iK — L. W. Seyffiirtll.
Aus I'estaloz/.is Leben mit besonderer Ileziehung auf Frankfurt a. M.
iPrankf Schulz, 12). - Karl Keller. J*-hnnti Michael Sailers Lehren
und die Ik'Strebungeu der ( iegenwart in lle/.u].; auf die körperliche Er-
ziehung. (Päd. Bl. 6». N. N., Die Schul{)ra\is des 19. Jahrh. in ihren
ILiuptent\vickelung.s.stufen dargestellt und tnit besonderer iicriu k.sich
tigung der kausalen Iteziehungen zwi.scheu ihrer VervoUkonininuug
nnd der \'erticfnng der Lelirerbilduagr- (Deutsche Schulpr. 49—52). —
Dr. H. Morf, Pestalozzi als Pegründer unserer .Annen-Krziehungsan-
.stalten. (Sanuni. päd. \ Ortr. 4). Panzelpr. 0,75 M. — W. BarthoiomällSt
Das allgemeine Landrecht und die preufsische Volksschule. (Samml.
päd. Vortr. 5)- Einzelpr. 0,60 M.
b. Grundwissenschaften der Pädagogik. .
ff/ ßiirhrr. Ehfat, «.ii. i r.>r., Pankraz, Die Bedeutung der I«ogik.
be/.w. der Krkenntnistheorie für Wissenschaft, Schute und Leben. (V,
J43 S. ni. Pildn 1 Ziti in l'ahl. 2 M.
fi) Aujsäl:,t . Daniel Salltt, Psychologische lüiäuteruugeu zur Fähig-
keit der Zurechnung und /ur sirafrechtlichen Unreife. (D. Volk.s.schul-
freund 40. 41 ' Or. phil. Maximilian Heym, Die Frauenseele. (Leipz.
Lehrerictg. 7). — Fr. Max Bergfeld, Kurze natürliche Sittenlehre. iLeipz.
Lehrerztg. 6). N. .N.. Da.s Individuum unter dem (Gesichtspunkte
einer naturalis*. i In .; Weltanschauung. *A!lg. Deutsche I.clircr/ti:
,^9—411. — J. Pompetzki, Die \ or.stellungeii und ihre Reproduktion.
iPas. Lehrerztg. ;9), — N. Ii, Die Hanptlehren des Spinoitismu.s und
Leilniizianisnius in ihrer Konxergenz und Divergenz nnd mit beson-
derer Berücksichtigung der pädagogischen Moniente. lAllg. D. Lehrer
Ztg. 49-511. -- Dr. Koch, Pädagogik und Medizin. (Deutsche I.II. f. erz.
rnterr. 41, 421. - Dr. Max Jahn. Die neuere Psychologie ir, ilireni\'er-
hältnis /ur Pädagogik. iLeipz. Lehrer/tir ji \-s — Budde, Über das
Charakteristische der Lolzeschen Philosopiuc. speziell tler Psychologie
(Rhein. Bl. 5». — Or Kremstes, ÜberCiedächtnisuntersuchungeii. (Rhein.
Kl f. . Römpler. Sech iu;<l Seelenleluc. 1 Päd, Blätter 51. — Of. Karl
Teutsohmann, W as ist .Moral (Pädagog. z).
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2. Allgemeine Erziehungs- unci Unterricbtslehre.
a I ' tu f .1 s s i- 11 <1 ( S.
ij) lii«!i<i. 1. Grefsler. i;. ! I r»iUlmi;^s/iek- «U t X olkssdiulc in Rück-
«icht atif die Fcirdoniti-' n 'Ii i " .<. 4en\varl. f.H'S.) WiLsbiKlt ji. I".. Iklnviid.
n/ifi — Handbuch der I'.r/i. !iiin;^>> und rntcnichlskdirc fin höhere
Schulen. IIrs){. \. Dr. A. iJaunicislcr. 4. litl. \. 11. 4. Al)t. Müticlicu.
C.H.Beck. .^soM. bc/w. y M. Dass. 2. Bd. I. .\ht. yWX, ii. VI!I.
206 S.i KIkI. 7,V' M . '-Iv V, M.
//> .{ußtHzt. L Boy, l'mije.staUiinu der Hilclunj{.sicicle ili v \ «»lks-
schule nach den FordeninKeti der (Te-icuwart. fX, WcHtd. Lehrer/t^.
V)— ;6j. Nachtni}: ;S. — Feuersenger. Si lmle und Familie : wie sind
'^ie xm\ einander abhän.ci;;. und wie haben sie daher aufeinatuler
Rück.sielil /.u nehmen? 1) diutsche \Olkssehiile ,ii .i;,). Neumann,
Wie berücksichtiget die Sdude bei der An sl>ild«njr der Kinder die Be-
dürfnisHe des Gebens.* (I>. dcuische XOlkssch. 3.^).
b. Ii r /. i e h II n \i.
m Hiulnr. Fuchs. j...iir.r. Anui. Dc-r ■Hr/iehinvj-'^ Knt Prakti.seher
orSchlaK zui" l'*r/iehun<i nii.s« r* r silllieh uuuunniim. n j uj^etid. Lcipz..
. Fleischer. 1.50 M. — Lindner. h„i.iir. Dr. (i A . Die siiiHch-reHjftö««
Weiterbildnnj: der Jün);lin>;e dnreh die F<>rthilduu);^.s.schule. (24 S.i
Leipzig. Dürr.schc Buchhdl. 0,3t » .M.
h) Aufsätzr. Hermfne Scltrainiii, Inwiefern kann die Schule der For-
1 : mj individueller Hr/ichnni: mfhkotnnien (D Lehrerin IL — Mcta
Siebert, Lob und Tiulcl in der SelniK . (D. Lehrerin 51.
e. r n l e r ! i e h t.
Aitpuilit. E. Walther, Zur Frage der VVictterliolungsbueher in der
Volksscnnle. (T.eipy.. Lehrerztjf. H. 9). — Dr. Berth. Sohnli«. Der hyjjie-
ni.'- Ii ' 1' rr '^t an höluren Schulen. (Ztschr. f. l'hilos. u. Päd 4 - <>t,
Wulkow. Dr.. Der Lehr.stoH und das lieben. «Rhein. HL .^k — H.
Schmidt, Konzentrationsversnche auf dem Gebiete des naturkundlichen
rnterrichts. iPäd. 7X%. 50, 511,
d. Soxi alpäda;c"}(il^>
/// JSiu/in. Buch. Dr. (l., Über Ferienkohmien. 114 S.» Dresden.
A. Köhler. 0.50 M.
h) Au/sij/zr. Schmid, l l)er Schul jrarten. (Lehrerztii 1. Thür. .;s -40).
Gottbehilt, Die ('lesundlieilsjifki^e in der Volk.sschule (Lehrer/l^.
f Thiir. 401. Dr. E. Thrändorf. Alli:«. nu in«. Tluiunnitälsselril. «Kr
Konfessionsschule.^ iZt.schi. f. l'hilus. u. I'äd. 4. ; . A. Ernst, i >»e
Ilaushallunj^skunde in der niitlleren und luduren .Mädchen.schnle.
(T). Mittelsch. 19. 20). Bartholomäus, Was kann die Schule und in-
sonderheit der Lehrer im Kampfe ge^cn den MiKsbrauch gei.sliger (ie-
trfinkc wirken? fPäd. Blätter 51
3. GpsHuiungsunterrloht.
a K' I 1 i i o n.
ti/ Bütiiti. Füi üringer u. ßertrams bibl. < icschicliUn. Meari). u. i\x
e. Hilfshuch 1 den ev. Reliyrionsnnterrichl an Realschulen und den
entspr. Klassen <ler N'ollauslallvii (.i^än/.l von Ltof. Dr. llötticlier.
(XIIL 2qS S. ni. 1 Karte.) Herlin. A. l'rausuil/.. (ieb. i.Sv» M. —
Koraniapf) Kmst, Bibl. (Ttrschichte f. die Oberstufe. Mit e. Anh. zur
Bibelkunde, einer Lber'-i über das Leben Ksu und e. <ieschichte
der christL Kirche bi.s /.um Abschlu.sse der apostol. Zeil. (\ lU, 209 S.j
Leipzi]?. F. Brandstetter. \ M. — Kitti, K«ir.* u. ücbuir. h. u., H.. Die bib>
Hscnen (leschiohten des alten und neuen Testamente!», als Heilsge-
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^adjif Dirl*p|M« Bilrli«r> nn«! ZpitmftvhtM.
schichu- aii>w^clejjt und fnichtbar jaremacht. Tl. (X. 333 S. ni. 4 Karten.)
r,tra. Th. nOfinaini ^ M.. ircb ;.jo M Oppermann, s, t.i.üt,^,... Hdm..
DU' Schulbibdfrui^e. Ihre < icschiclilc. licdeutuug unU ihr j^egeu-
wärtijrer Stand. <44 S.) <iera. Th. Hofmann. 0,40 M. -- Btrth, Hem-
«»i.eri.. <*>. K., Die SysUniatik ik-r bcicUii cv.ni mlischcii Hauptk.itc-
chisnicn. ivinc rtfli^ufionswissenschaftl. Studie: /.um Cfcbrauch f. I.threr
n. Stndit^rende. ttid S.» Borna. R Noske. 3 M. — Heirice, «<> iuii.-l>ir., I'nif.,
Dr. Usk , I>ii ! U 1 j;rr«Ic' Jesu. l ui Schüler hiUierer Lehranstalten er-
klart. -7 S.i r.otha. } \ i crlluv 1 M Wohtieben n c.
lA'itfaden für clen eviinj.iclisehe!i Reli^;iun.MinUM u Iii in dt u oUcreii
Klasse« höherer Lehranstalten. (X\'I. -M2 S.i Aui;. Neumann.
?.5<>jM. Kundi. i{i-iit:inii>*i.iir.. j'il K.itholische Reli^innslehre für !.<. lirer
uiul Lehrerinnen - HiUhinji.sanstaltcn. 2. 'l'l. nn S.) VVitn. .Ma^cr
n. Co. f. 04 M.
.'i \iit.uif:,. H. S., Wie kann il.is Kirclienlied den keli;:;inn^v.nter
nein in der HiUlunj: des (Uniüles unlerstüty-en (Kath. 1. eh rcr/tg. 33. j
— Karl Koch, Beitrat; /.ur J-ra.ue nach der Stelinn;; und Verwertung
de.s alten Testamentes im ohri.stlichen Kelij^ionsunlerncht. iPäd. Ztg.
46, 47.1 - N. N., I )ie v^trlhitiir der rrojdieteii nn L( hri>lane des evange-
lischen Keli^jionsuntcriH hts. J.Vllg, dtntsehe I,LhrLi/,tj.r. 4f>-4S.i —
C. Mlschke. Sluffplan fär das Hiltellesen. Mitlelsch. U).\ — LichteiK
feld. Zur Hehandhmg der l'erikopen in der Volksschule, (i'ädag.
Blätter 0.)
b. < \ e s c h i c Ii t e.
»fi fiinhrr. Smolle. <• viiui.-l*rof.. Dr. Leo, I^hrt>ueh der cieschichte
der Nt ii/eil f. die unteren KliLvsen der MittelselniK i \ ' 11; S. in.
.Vbliild-^n 1 Wien, A. Holder, (leb. i.yo M. Biedermann, l'rof Dr.
Karl. Leitfaden der deutschen Cieschichte für den Schulj;ebrauch.
Mit 4 (leschichtskarten. (95; S.i I.«ip/.iir. K \ oi;^lländer. o,S<> M.,
i^eb <>,<><> M. — Freundgen. t;,- 1. s.huir.. J.. «'.esihiehtliche \'c)rlräge.
Beitrage /.um U nterricht in tier ♦ .eschiehte. (.",34 S.) Lcipzi^f, Dürrsche
Buchh. 3 M. — Sewin, Liulw.. Cksehichtliohes Quellenbuch. (S8 u.
So 8.1 Lp/.g.. K. \"oi;-;tl.in(l< ; a o,(h^ M. Buhl. .Mitt.i»chuii.hr.. Ludw..
10 Festreden /.ur Geburtsta«;sfeitr Kaiser WilheUus II. in der Schule.
<64 S.I Minden. A. Hufelands Verl 1 M. - Rofttaeh. Dr. Fr.. Hilfs.
buch für den Tnterricht in »Ur d» lasohen ("•eschirbti m diu oben 11
Klassen höherer Mädchenschulen u. Lehreriniicii Hildungsan.stalteii.
II. Hlfte. (XX und S. 241 76h.» Neuwied, Heusers Verl. 3.50 M. —
Leillbrand, Chr., Lcitfatlen für den I nti i rieht in der ( ieset/.eskunde u
\'(»lks\virtsch. ftslchrt . l-üt l-ortbilduuii.sschulen l»earb. (l\ -r, S.i
Stuttgart, A. iu»n/ it. Co. n.n. ^L Winter, scUui.iir. Dr. IL, Li.hrbuch
der deutschen u. lM\rischen (".eschicl.le. m. Kinschhus der wichtigsten
Thatsadieii (K r auiserdeiilst lu u « "teschiclite u r Kultur;;i s^-hichte
f. höhere Lehran.stalten. t. Hdchu. <\ Iii, S. m. .\bbikign. u.
10 Karten.! München. R. i »Idenbourjf . (Veb. 2.35 M. — RIobter, Alb.,
Deutsche l t.iucu. KuUurgcschiclitl. Lebiiisbilder \\ \ . \\-, S.i Lpzg..
F. Uraml.stetter. 4 M., geb. 3 .M. Rothert, l'roi. i>r. ICd.. Karten u.
Ski77en aus der auisenlent.schen Ciesohiolite der letzten Jahr''.underte.
ti; larb Karten mit eincedr. w. \ Seiten Texl i Düs^ibU il \ Hagel.
Karl. .M Schwahn. \\ dlh . Lehrbuch der ( .cschii hle t. cbi ( )ber-
.stufe halberer Lein .u;.vL.il un v Tl.: Die Neii/eit. Hamburg, ().
Meifsners \ ci 1 i M. Rüde, A«lt>lf. Ouellenlescbuch i. *len (ieschichts-
unlerriclu in \ mIWs- \i. MiUe^-^ lailcn. (X, if>s' s.i I ..m j:rn-:i!:'ri \\
Beyer u. Sühne, i.tjo .M. - Hübnert KwiiMhuUu.p.. .Max. 1 tieoretisch-
prakti.««chvs Handbuch für den ( Teschichtsunterricht in preuCsischen
\olk>scbubu. III. >\'in, 2Cn> S. m, S Abbildgn.) Breslau, F. Goerlich,
2.40 M.. geb. 2,tH) M.
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4
Aujsaiu. H. Wi'igand. Di«. l\ }>i.srluii Ivrschcinungcn «kr Weil-
jccschichte. fllntus u. v'^oluili _;5 > Heinr. Free, Benicrkmi^reti über
fltn f "ieschii-litsiiiitcrricltt in flrr XOlksscluile vom psycholojjisrht'n
«Standpunkte ans. t^iaus u. Schule .si. 52.1 Th, Franke, JKr (Ge-
schichtsunterricht auf der rntcrstufe. <I>eulschc Schulpraxis 4*» -43.1
F. W. Schmidt, Tber dii rin;iestaltini.u des ( iisi liichlsunUrrirhts in
der \ olkssclinle nach den l'onleninjjen der Gejrenwart. (Alljf. (ientsche
Lehrerztjj. 43. 44.1
c. t i e .s a n ^.
nUrher. Wllg. F.. Liederbuch für höhere Ivehraustalteu. im An-
schliU's an Dr. Radtniachtrs .\us\vahl \ <>lksli'unl. Licfk-r u ( .cdichte
herau.sj^e^j:. (III. i<>8 S.i I hldhnrjchaustii. 1''. VV . (ladow w. Sohn.
0. 50 M. Fricke, H. und Jos. Haas, Liederbuch. ICine Sananlun;; ein-
und mehrstintiniger (Gesänge. Kleine Ausg. 1112 S.) Hamburg, O,
Meifsner» Verl. o,6u M.
4. Sicirairterrieht.
a. ( 1 e o r a |i !i i ; .
lUuhn. Geistbeck, Im Alois \i 1 ;/ Hilschmann, < •eo^r.q'liischc
Zeiohcnskiz'/eii in einlachsUt l'orin. l.ulnci heft. 172 Karlcn.sk iz,zcn
ni. 4 S. Text.t .Miinchen. Mcy u. Widmaycr. 2 M. I >asv Srhidcrheft.
(ih Hl.i IChd. 0.15 -M. Wiermann. i.y. -L tn A Ililfsbuoli zur Udmats-
kunde der Trov. Hannover, für den debrauch der Schüler bearb.
(V, 185 S. m. Ahbildgn. u. Karten.) Hannover, Hahn. Kart. 1,20 M.
— Seydiitz, V.. v., (i< dürrapliic Aus!^ !' l'iir hölicre M ! Jiciischulen.
3. Hft. (96 S. ni. Abbild^j^n. u. Karten. 1 t>.«o M, - Ha(}kliiami. N'ene
SchnljieoKri^phie. v Hft. 144 S.) Di'jsseldnrf. \.. Schwann. i.Sfi.M
— Rprp, üyinii.-i.».-hr.. Heinr., .Mctliodi.solie.s lAhrbuch einer bt-^ründeJid-
verglcichenden Kr^lkiitidc \\\\ htm Ii irsttHL; der nn-j^si lil r.ruxibv-
verli. n. vorwiej^entlci Iklrachlung dci cin/i Iikii l{r<li iuiik als uirt-
schaftl. (Geniein.scliaftfn u, als Stätten niensi lilii 1r i Kultur. I. (XYI.
1^4 S ) Honn, .\. Henry. 4.-'; M . ^cl» 5 .M. Debes, I" . (Gradnetze
zum Zeichenatla.s. 2^• 11^1- NHltekuropa. Leipi^ig. II. Wajfuer u. E.
Debes. 0.60 M.
!>i f,7/\,>' Fertl. Frank, rbtr die Aufgaben des cletucntaren
geographischen l'ntt wie lit.'^. irädaufo.u i - 1
b. X a t u r b v .s c h r e i b u n j; .
Hiklui. Croflberger, Lrhr., Beruh.. Miueralienkunde aul (. lu-niischer
Grundlage ni. bcsond. Bcrücksichti.trnni; der weiteren rmj^ej^end von
y r.i .1 tuit a M -3 S.I P'rankfurt a. M.. .\. Blazek jun. «v^o .M. -
KahRRieyer u. Schulze, s«iiuiiiu|Hrktort>ii, Naturgeschichte in Lebeosj^eniein-
schaften u. tiruppenbikk'rn f. gehobene Schulen. ;^ Ufte. Hielefeld.
VMhaKi ii tt. Klasin^r. Kart. .v7<' M Pilling, l'n f Hr. l*r. (>.. He-
gleit.schrift zu d« n .Vn.mhauuns^.'^takln für dcu l nUrrichl in ikr
Pflanzenkumic \oi» Prof. Dr. 1-. « ». IMlbu- u. W . MiUkr. 2. Tl. .N' u.
S. Hl — 144.) Bra\niHchweig. F. \ iewc;; u. Sohn. tv5o .M. -- Engleder,
1, chr.. I'rz., I.citfatltii /11m T'nti rricht in der Naturj;cschiclU(.. 1. Al>t. :
Die Tierkunde. Zugleich bcgleit, Te-xl /.u Ivngk'ders Wandtafehi der
Naturgeschichte. S.) KfsHngen. J. l**. Schreiber. Kart, 0,75 M,
c, Xatnrlehre.
.// Hiiihi i: Smolka, <.. «i,.riit>tiHi..i'rof., AI.. Kehrbuch der anorganischen
Chemie f .m werbl. I.ehran.stalleu. iX. .;«r Wien, i'. Deulicke. > .M
SprocKhoff, »eat.-L«-iir.. Alb.. Xuturkuude lur höhere -Müdcheuschulen.
.V 'n.. cnth, das Pensum f. Kl. U u. I. (223 S.i Hannover, C. Alever.
1,50 M. — BrtMt. Prof., Dr. (t.. Schulphysik f. die Gymnasien. 2/ Tl.
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PiilaR9irl«<^h4> Bücher* ui»4 /i>itini4(«»clMiu. e
iVlIl II. S. Si - ;oi m. l'i};.! Iterlin. 1,. Siniion. M - Platzdascb.
.Mitiiisiiiuii.hr. r Knl' , l'r.iktisclu ChfUiii.- für inittktV Lehranstalten.
Hanfhvtrkd und ( .t. werbt trcibetuK-. -;2.; S. in. i 'l'ab.i Duis-
Imrjr. J. ICwich. Kart. 2 M.
//) Anfsi'i/:i. Dr. Böklen, ( her die T.« tintzitTii: ]'li\ sikalisrlier Appa-
rate für I nterrichts/.weckf. <SüdU. Bl. f. h(»h. l nternchlsanst. jy). —
Edwin Wllkt, Gehören sprach^t^schichttich« Itelehninjrcn in die Volks-
schule? (Päd. Bl. 6h
5. Sprachu«torrioiit
a. Umfassendes.
tri Hiither, StroM, M«kt., Karl, Ansfuhrlicher Kntwurf zu einem
I.elirpian für den devit.scheii I nterricht in einer /klassigcn Volks-
schule. (40 »S.» IJerlin. J. Kentel. 0,40 M.
hi . Itttsiiftf. Prof. Moritz Heyne, l>ie deutsche Sprache, eine Zeugin
deutscher ( .eiste.sjfc.schiehte. (Hann. Schulztjj. 46» - Rieh. KShier,
l**ini)fes über den <K ut<chfn rntt.rriclit in unseren SchiiK-n. (I'aedagox.
I. 2). — Rud. Dietrich, lliUlchrand Heft. (Nene Halmen toi.
b. Sprechen nn<l Lesen.
»II lithfhi. Klee, I'n»r., <i>nin.-<Hn'rl., Dr. ( ".hold., (intTid/.ÜKe der J.itle-
raturjit.sehiclile. Imu höhere Schnlen und /.um Sclb.^tunterricht. <V1,
iS(» S.i Dresden, (i ISondi. 1.50 M.. ireb. 2 M. Bilse, ivif. fivmii-f>ir
Dr., Dcutsdies Lesebuch für die l'rinia der ludieren Lehranstalten.
<XIf. 440 S.» lassen. (L Baedeker, .v'io M., j^eb. 4.20 M. — Htine,
Dir.. IL u. Prof. W. Schröder, n n.. .Aufj^aben ans dtntschen Dramen.
4. u. Iklchn. (V. .ss u. VU, 81 S.i Leip/.ig, W. lüi^jelmaun. äo.tH>M.,
kart. ä I >I. - Frey, Jos., Handbuch für den vereinigten Sach- und
Sj)racliunterrichl di s 1. .Schuljahrs. Kin Heitra;, 1' f r n (Ks ersten
Lese- und Schreibunterrichts, sowie des Anscliauun;:8uulernchts. 1
LfiC. (144 S.) Stuttj^art. J. Roth. 1..S0 >L — Löfsl, V., J. Moller, Dr. Zwerger,
Lesebuch für ffewerbl. l'ortbildunjr.sschulen und verwandte .Vnstalten.
.Vusj^. .\. (VIIL 40S S.) -München. R. Oldenbourjr. 2 M.. ^nh. 2,35 M.
— l)as.selbe. I'>\veilerte Ausjj. (VI 11, 512 S.i Ivbd. 2.50 M . ;;eb. 2,.S5 >L
— Schmid, i>ir, Iv u. o»„.ri.-hr. Fr. Speyer. Deut.sches Lesebuch f. höh.
Mädchens* bvTlrii Auf <*.niii<l iK < di utsrlu ii Lesebuchs f. höh. Töchter
schulen von iL Wirth nach den prcuis. Ueslhumungeu vom 31. Mai
1S94 neu bearb. 2. Tl. (XIll, 4110 S.^ l.eip/i,;^. B. <;. Teubner. Cieb. 3 M.
- Puls. oi..rUhr. Dr. Mfr.. Lesebuch für (lie höheren Schulen iK iitsi'h-
lands. 4. Tl. i\L i-iS S.i (lotha, IC. F. Thieneuumns \ crl. tieb. L»So M.
" Dix. I*'r. u. Th, Herstes. 1». i».. Deutsches l^esebuch für höh. Mädchen-
schulen. Ausg. B. 1. Tl. ^2SS S.I Hrcslau. V. Hirt. t Ub. ? ;:5 >L
i>) Aii/siir., . R. Frltzsche. ^'b< r <lic Notw endi.i;keil und du Vus
j^estaltunggesouderter SpUi hiihi.n.ueu in tkr lüeiuenlarklasse. iLeiuei-
vXg. i. Thür. 4*', 411. — R. Oietlein. /\ir lAsun^ <1 er Fibelfrage, (.N. päd.
Xtir i(>i P. Mackeprank. Die bedeuiunj.;: du «Ir iivciien Sa^v für l\r-
/.ichung und rnlcrnchl. iSchulbl. d. l'rov. Sachsen .vj. 401. — Armin
SehnMt, Zur Behandhiu i: poeti.seber Stücke in der Schule. \ Paedutfog. 121.
Paul Neugebauer. W'ii sind dit Lese imd Spvechiibuni^en i-.if I nter .
.Mittel und Oberstufe /u lietreiben. tbiniit aut jetler dieser .Stufen in
einem dem jcw eili.u^ '1 St;iu<l^>unkte entspreebeuden Mufse befriedi.i;en<le
Spraehletli.inkeil und L^riindlich«. iumI \\ <>il\ eislandnis erreicht
wird.' (I'ra\. »1. Landsiii. 4. N. H. I>i«.- Spt.ielie tles Lehrers, <las
\vichtij.:slt MilUl vwv Spr.ich- uml < leislesbiUbinu <lis KiTuks d).
Schulprax. ^11, Schwarz, Der erste deutsche .Sprachunterricht mit
besondert r ikrücksicliligung utrnquistischer Schulen. iINks. Leiirer-
/■IK- -^^i-
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6 F. U. >chiaidl.
, c Aitfsal/, \jiui « 1 r.iiinnatilc.
'/y Hin Im . Funk. l>r. ( '... Ikispicle /.iir Synlux. Ans <lcutst lu n
Klassikern für den i iiKrriclil an \'olks-. Mittet- und höh. SchiiU n
/nsnmTm-nf^L'stclll. 148 S.i (itttha, V. V . Tbk-iu-TnaTin t'/ki "NI Saat-
feld, Dr. (iünthci A., Katechismus ticr <kutschcn kcchlschrcibunjf.
(VIl. 35:. S.» Leipzijr. j. T. Weber. (;eb. ;,.5<> M. - Beriln,
llcTin.. ITilirtT durch die dcntschc S|)rarlu /.tu I'ntw u Va lun^ ik-s
Sprachg^t'fühls bis zum richtigen Sprechen, Schreiben und Zcichcn-
setzen. 5 Ufte. Breslau, M. Woywo«. 1,70 M. • - Jonas, «ivKin. -I'rof.. Dr.
Ant., Deutscht' Aufsätze für die Miltelkla.ssen höherer Sihukn. kW .
•43 ^-^ nulin, R. r,,urtmr 2 M. Pätzold, (i.vnin.-iiir.. Dr. l-'rdv.. iCnt-
wfirfe zu (kulsciicii .\ibciltrn vtui i erliii bis Prima, nebsl einigen aus-
geführten .\ufsatzen. iVII, 20S S.> Berbn. K. (iaertner a.Jto J\F
Zimmermann, .Max. Das Rechtschreibenin Aufsatzform mit einem sprach
liehen Vorübungsstofk-. Für die Hand des Lehrers beurb. (VIII, .S4S.1
München. M. Kellerer. 1,35 M., kart. 1,50 M. — HÜrWil, J. V.. Mund-
art, Snraclumterricht und Kechtschreibnn}^. (IV, 57 S.I Aarau, H. R.
Saueriänder u. Co. 0,80 AI.
//; Au/stitsr. K. NSIIe, Ocdanken zur Ortliographierefonw. fHann.
Schulztg. 3K— 41). — Rud. E. Peerz, Der Recht.schreibeunterricht auf der
ol^ rstufc (U■r^■olk.<schuk^ fösterr. Schulbote 1 1 ). - K. Benderoth, Wort-
kuniilichc Belehrungen in dei Volk.s.schule. ( Rh.- We.stf. Schulz, ii - i^i-
d. Schreiben.
Au/xa'lze, J. G, Vogel, Gedrängter Abrifs einer (■ejtchichte des
Schreibunterrichts. (Bl. f. d. Schulprax. 5).
e. Nenere Sprachen.
//; /)Vo //, Münster, in.»rithr . Dr. Karl u. I.ehr Ad. Dageförde, l lk
mentarbuch der französischen Sprache. (..'52 vS.» Berlin. L. t)lnnigke.s
Verl. r,8o M.. cfeb. 2 M. — Boerner, (•MIHI.- (»Iicrli-Iir , Dr. Otto. 1, ehrbuch
der französischen Sprache. .Mit bes. lieriicksichtigung der Übungen
inr mnndl ttiid schriftl freien Cicbraurli der Sprache, .\usir H für
höhere Ma<lchcnscliukn. 2. Tl. (\ i. i^^^i- 5f> S.( I.eipz., H. ( 1\ ubncs .
(»eb. i.So M. — Stier, (i.. Lehrbuch der franz. Sprache fiii b.ih. Mäd-
chenscl n^ r 2. Tl. (Vlll. i .OS.t Leipzig. Iv .\. Hrockhaus. K.ut i.5(^.M.
- Boerner, «i>inD..otMTi<>br.. * Hto u. i-ror. Osk. ThiergeB,_u. ü., Lehrbucii der
enjfl. Sprache. Mit bes. Bcrücksichtipung- der Übungen im mündl.
lind schriftl. freien (kd)rauch <ler S{^rnche. Mit 2 XOllbildern : Herbst
und Winter. (\'1II. 130 u. 92 S.» Leipzig. U. (». Teubner. Geb. 2,20 M.
— TMergen, i i..r., ur. O^k.. Ommmatik der engl. Sprache. Im An-
schlufs an «las Lehrbuch der engl. Sprache für den Schulgebrauch
bearb. (XIl. 2<k) S i Leiy)zig. IV Teubner. <kb, 2 M,
/'/ Anlsiil:.,. Fr. Linz, /.ur ri.ulili<Mi und Reform des französischen
I nterrichts. iDeut.sche Hl. t. erz. I nterr. V) 49). Flemming, l'ber den
jetzigen Staiul 1 < frenulsprachlichen rnterriclils. (Hl. f. d Schul-
prax.61. - W. Ameiungk, Der französische l nterricht in tkr achlslufigeu
Mittelschule. (D. Mittelzell. 21. 321. — EmiHe DroetelMr, Einiges über
den fremdsprachlichen C nterricht. iD. Lehrerin 1).
6. Zahl- und FofMunterrichi
n. K cell neu.
rt> Jiiiihfi. Liektbtau. \V. u. B. Wfeae. Hi-minRriftir.. Rechenbuch für
Lehrciseminart. . 2. Tl S. Hreslau, I'. Hirt. 2 .M. Bork.
ii;iiii».>Pri>r.. Dr. lieiur., .Matheni. Hauptsätze tür ( tymiuisicu. Metho-
disch /.iLsammengestellt 2. Tl. 1255 S. ni. Fig.) Leipzig. Uärrschc
Iluchh. 2,40 M., geb. 2.60 ^L HtrtmaiHl, sobuiutr., Dr. Berth.. Rechen-
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l*i«l«iroici»i>lt« HScW' mitl £i'i(Mtit!>»(;haii. ^
buch f. (He alluc'Tiuinc I*' *rt1iiMiuir4sschuU-. MtllKxli.sch geordnete
Anfjiabciisaminuing niil ^Icitlmi. Ikriuksi IiliL^uUi^ dti Rcihcnu})c- •
rationell und Sachjyehiete. AtiHj?. f. Schüler. !g6 S.i l'rankfmt a.
Kcsstlrinji. d.^o M. — Kraup, .»i...ri. iir.. A. u. I.flu. Chr. Renz. KVrlun
buch für }4c\vcil)litlic l'i)rU>iUlun>(Shcliulcn. «96 S. ni. Stuttxarl,
A. Uoiiz u. Co. 0.40 M. Dasselbe. T,ehrerlicft. \t2S S. ni. Kijf.) Ebd.
1,20 M. Holzmüller. ... ^>. ri>. -. it.-nir.. I>r. (tusl.. Mctbcxlisclus Lehrbuch
der Eltmcntar-Mathcmatik. (Vyninasial-Ausj;. I. Tl. 22S S.
m. H. O. Teubner. Geli. 2.40 M. ~ Bergmann. iT..f. Fr/.. Die
vier (irun(lreohnun;4;.sarteii. behandelt nach der Methode des Kopf-
rechnen.s. ill. 20«) S.) Wien. A. I'ichlers \V\v, u Sohn. ;> M. —
Mutzger, I'rof. Cour.. Lehrbuch der < Vleichungen 2. ( .r.idcs 1 Quadrati.sche
<Tleichunj3fen) mit 2 und mehreren rnbekannten. IR-arbeitet nach
^v-ttTu Kle>cr. [W, i^h) S !r. S FigJ Stuttj^art. J ^L^ier 4 M. -
Ueb, Auf^iabeii /um nuindhchen Rechnen i. Mädchenoberklassen
gehobener Volks- und Fortbildungsschulen. (III. 36 S.) Nürnberg.
P. Korn. (>.;,() M.
/// AiitsotK . Konr. Eidaiit l'as Rechneu in der X'olksschule und
die Forderungen de.s praktischen Lebens, lösten*. Schulb. 9.)
b. Kaumlehre.
Hüfhrr. S^ifker, Prof. Dr. Th.. Lehrbuch der Stereometrie mit
ri)unß:s .\ufj>^ für liöhere Lehranstalten. (IV. 108 S. m. Hols»chn.>
rotsdani. A. Stein. i,<x» >L
c. Zeichne n.
u\ liihlin umi Vorlagen. Schwätz, Z4»ieiieniebr., Chr., Zirkekeichnen.
I.,ehrganp f. Realschulen. Hamburg, Crone u. Martinot 0,7s ^I. —
Willig. 'X\\. \ W'atidtafeln zu \Villij;s iKiRr Zeichen.schule
f. I-, 2- und mchrkh Schulen. 2. Abt.: Krunnnlinij^e Figuren. 20 Tfln.
Breslau. F. Hirt. 20 M. — Eggers. i.^hnr, FV/.. Lehrbuch de.s Zirkel-
/eichnens. 42 S. ni. l'ijj. und 4 l-ijr.-Tafeln. 1 Leipzig, F. A. See-
mann. o,<>. ^L. kart ^L Scheinecker, Karl, iii krummlinige
geometrische Ornaniculc aus allen Stil.irleu. mit Anlcitunj^ zu deren
Au.sfühntn^'^ für den I nterricht sowohl als aucli zur selbständ. l'bung
im }.^eometrischen Zeichnen. So Tfln. m. \TII. iS S. Text.) Wien.
A. l'ichlers W\v. u. Sohn. In Map^c lo ^L Effenberger, ke«iBcii.>Lebr.,
P . Das Pfanzenzeiohnen und seine Anwendung auf das Ornament
in verschiedener \ f> iss\m;^ u. Durchführun};. 2 Ilft. (15 z. T, färb.
Tfln.j Bayreuth, iL >lcuschniann jr. In .Mappe 6 M.
hl An/xiitzf. Kupir Waitiier, Sehen und Zeicnnen. (Xeuc Hahnen 12.)
7. Turnen und Handarbelt.
n. Turnen und Jugendspiele.
'II hih/h-r. Hermann, runiiii^p. Auj;.. S])rir.)>:reifen - l'bungen. In
planm.ilsij^er I'olire für d t- "M ■idchenlnrnen bearb. 153 S.i Iterlin,
K. (iaeitner. o.u» M. — Bolünger-Auer. r«chi»-r>.ch.-K.hr., J-, Frei- und Stab-
übnngen, durcligetunit ant 4. Twrnkurs f. >rädchenturnlehrer in I^uzeni.
iqS S.) Hasel, k l'eich. 0.5(1 M. Leitfaden für den Turnunlerriclit
in dun prcuisuschcn \ Dlk.s.schulen. <V11I, 145 S. ni. Fig.i Herlin.
Hesser. 1 M. — Rietmann, Reigen und Keigentän7,e, entli.
iS I rei un<l SLibidMinusrci^^en w. 21 Reigentnn/c. (VlIL j^^ö S. m.
F'ig.i Leipzi.u ' Si!auc-li. Karl. ^.V' M-
Ai . \iiisiit > . Schnell, l'bc r Turn- und Spielplät/c. iZtschr. f. Turnen
u. Jujietidsp. 15). — 6. Kalb. « .< ^i, iiispunkte für die Ausgestaltung und
llebunj; des n inturnens. iZlscln. 1 'ftuneu u jitircTiflsp j2). — H.
Schröer. C»esichtsj>unkte fiu die .\u.»»^esialtuni; und Hebung des .Schul-
tuniens. (Monats.schr. f. d. Turnw. 11. 121.
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K i*'. W. Krliuiiilt.
h. K n a b c Ji - u n d M ä rl c h c ii - H a n r] n r b r i l.
A// liüiint. Grohn, i.phr'^riu. lilisc. Der ILuularhcitsunUiriclit iu
den Mädchen A'olksschiilon der Städte Dresden. Kassel. Soest, Karls-
nilu 1 St ' ii>!i\ti j i V.. <2o S.' J'v ili-i. I,. <')hnn)^kes W-rl. 0.40 M.
— Hilfsbucti tür den H.indaibciLsunlcnicht i« \ olks-, Bürger- und
höheren Mädchenschulen. Hrsjr. von den \"orstdicm u. Handarbeits-
lehrerirmen der Mädchenschulen /u l»es,sait. (.\s S. ni. 4 Tflti.) Dessau.
I*. Bauiunun. 0.40 M. Berlnger. Jos. Au^.. H:iu(U»Mti;.;keit.sunlcmclU
u. Miltelscluilc. IviiK* Darleijun«; ihrei r.c/.ii hnu;^cti. 140 S.i Mauti-
heiin. J. Uertnanu. i M. Scherer. H. 11. Lehr. J. Eckert,
/eirliiKn tmd H iudfertivl it. I jue .Vulcit r /»n I-lrteilunu: Hi< sf ;
rutcrrichts in der X'olkssciiule. 1123 S. ni. Abbildgn.) (W)tha. Iv. b.
Thienetnann. In Mappe 3 >r. — Kwittlit Mnrfrftrh.-Dir.. Von der Hand-
fcrtijfkeit <ler Kualni.. \ tUaj;. Dresden, A. Küliler. (^50 M.
bi Aujsälzc, N. N., liiuige Hemerkuneen über den Handarbeits-
nnterricht'in Mädchenschnlen. <X. päd. ^tsj. \\\. »
8. Schulverwaltuny. -Organisation und «Ausstattung.
iU Bücher. Stephineky, Fcrd., Zur Schulaufsichlsfragc. bUn Bei-
trajj zur Charakteristik der Bewejfnnjf K^^S^^n die jireistl. Schulaufeicht.
(89 S.I Köln. J. r. Hachem. i M. — Bennstein. Alex.. Die Einrichtung
und Au.sstattung der cinkb Sduilc mit den be.sten der vorhandenen
J,ehrmitlel und Scli\daii.>.sUUuu;;s}ie}4eu.ständes zugleich als (irundl.
f. die Ansst. der niehrkl. Schule, biihrer durch die lA-hrniittel Anssl.
des (). e\-. ,Schulk()iij;resses zu l*ots<huu. .Sj Herlin. Huchh. der
<ieutschen behrer/Ag. o.tx» M. — Wundtke, Ma.\. Die Schule <ler Zu-
kunft. Zur Kritik nnd XenWldunpr unserer Schnlorganisatton. «44 S.)
Ikrliti. V. Kr;irbi. .1 ;r, M. Schäppl. v u.-khi. J.. Die ( >ri: aiiisiiti'Oi des
hauswirtüchaftl. und beruflichen rntcrrichUs in un.sern Mädchenschulen.
Ein Beitrag^ zur Degrundting: einer rationellen X'olksemähnin j;. 17;, S.»
Zürich, b!. Speidel. 1 ."NI. — Schenkendorff, b!. \' . Die .Xussje-
.staltung der \'<»lkssrhule nach den b'orderunjxon der ( n tiv. nrt. \'or-
tratr. 121 S.i <'.örlit/. V. \V. Satti.i: iu Komm. 0,4«! M. Bennstein, .VIcx..
Die lieutijie Schulbaiikfra^e. b'ine über.Mchtliclie Zusaniuien.steUtinjf
»kr bi.sher bekannten Scbulbanksysteme. 1 S. u. M S, ni. Ahbildgnj
Jierlin. Ihuhh. der <leulsclien Lchrerztt^. 0.50 M.
h Anf}tfilz4 . Rindfleisch. Die Teilnahme des T.chrcrs an derSchul-
\-(.r\va]tnnir. 'Scliles. Scb ül/t'.:'. ~- ,VM — C. Ommerborn. Hi'^tfui.-.che
Rückblicke auf die b>it\\ iekehm^ tler cleulscJieii lüirtbilduufjsschulc.
{Deutsche Schid/.tji. 51. 5.?.! - Aii|. Her«Mi, Mein zum Sitzen und
Stehen einj^erichtetes Sclndpult uut aufkl.ippbareni I'i.srhblalt. Sit/.-
und I'ufsbrctt. (Ztschr. 1. Scbul'ivsuiidheilsi)fl. — GUnther Di( Or
jranisation der Mittelschule. iD. Mittelschule ^4.) — Dr. Adolf
Pohlmann. Kelij^ionsunterncht und Schnlnnfsiclit im Kähmen des Volks-
schulffeset/cs. iKv. Schulhl. 12.»
9. Lehrer «id LebrerhiMii.
Aithiil.4. Trof. Dr Knoke, l'bcr die | uida^oj^nsche Wu beieitnu}*"
der Theologen für das Srbubnilsiclitsami. (Schulbl. d. I*ru\. Sachsen
42 45). H. Liebeskind, Die Ikdcutuiig der Lehrerpersönlichkeit für
Schule und nemeinde. (Uehrerztff. f. Thür. 46. 47».
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Pädagogische Bücher- und Zeitungsschau.
Nr. 2. " 189«. VII. Juliig.
I. GescMebte uttd Grundwissensohaften der Pädagogik.
a. <ie,schichte der Pädagogik.
Ol liihlur. Gebtianlt, IKruno, Die Einführung: der Pestalozzischetl
Mctliock- in rrcuist-n, \\\\\ virkimdl. KapiU-l pimis SrhulKcschichlf.
(Sc» S.| Berlin. R. (iatrtner. 1,4t) M. — Sdiwendimanji, Ur. Juhs., Der
Pädajfope Pestalozzi, nach zeit}?eiiöss. Ouellen im Uchte der Wahr-
heit (lar}4:esU'lU. S.t Lii/cni. Räber u. Co. 0,70 M. Polack, s.huir..
I'rii flr.. \ at«.r 1'c.st.ilozzi. HiMcr au.s dem Leben des j^rolsen Kr/iehons.
Ji.^ciul- VI. Volk.sschrift /.u Ilcinr. l'estalox/.i.s i^cjjähr. (icbinLstaj;c,
hrs.n. v<»n der rhein. Testalozzi-Stiftg'. ^94. S. mit liiKK iii • iionii. F.
SiH iiiieken. 0,30 M Ufer, itofct.. t'hr Zum ( »edäclilni.s I Vsl;il(>//is.
l e.sirede. (14 S.> .Mleiiburj;. (). lioiuie. 0.40 M. — Friedrich, Joh., Jahn
als Krzieher. Sein Le))eii, seine pädagogische Bedeutung^ und seine
Lehren. (III, 192 S.i .München, ]•;. I'ohl. 2,8<) M. - Meichers. Uouiuhnr.
Karl. Conienius u. I'estalu/./J i;ine vergleichende Betrachtung ihrer
pädagogischen Grundideen. (47 ' Bremen, K. TTampe. 0,60 M.
b) Aiifsät-.r. Martin FroiOhauer, Jean Paul l'riedr. Richter, ein pada-
gfsi^ischrs Dil bterl eben. iKep. d. Täd. 5.) — G. Sofümer, Johann Ileinr.
l'e.stalo/./.i. l\ni Beitrag zur Charakteristik und Würdigung der Be-
deutung desselben für die Volksschule. <Pos. Lehrerztg. i. 2.) — fL N.,
Pestalozzi. Zur 15 > Wiederkehr seines ('»ebiirtst.ii^es. iDer Rektor
— 6« Mater, Heinrich Pestalozzi, der Begründer unserer Volks-
schule. (Rep. d. Päd. 4.1 — L. W. SeyfTarth, Pestalozzi in seiner welt-
ge.schichtlichen Bedeutung. (Prems. Schulztg. 4 i6.» — H. Scherer,
l'e.staloxzi für immer' i-Mlg. Schiin»! r. — Frz. Biergurs, Die l'äda-
gojjik i'cstalozzis. (Deutsche Sehui/.l;^. 2.) — J. G. Obst, I>ie Bedeutung
Pestal« i//i.s für die heutige \'olksschulj)ädagogik. (Prax. d. Landsch.8.)
R. Stumvoll, [ )ie sozial-politischen Mi t n Johann Heinrich Pestalozzis.
(Schulbl. d. l'rov. »Suchsen 3, 4.) - Or. Paul Natorp, B. C. J^udwig Natorp
als Pestaloxzianer. (Lehrerztg. i Westf. 8—12.) — Dr. H. Norf, Aus-
spruche Pestalozzis übLt 1" rziclnin i;, ruteiricht und Schule l'aeda.u. 4.)
— C. LupM, Johann .\nu)s Cuuienius und seine Bedeutung für die
heutige Pädagogik. i Prax. d. Landsch. 6.)
b. Grundwisseuschaiten der Pädagogik.
a> fiiirhir. Bergmann, Dr. Paul. Die (Ith i l-undamental-Probleme
der Pädagogik und ihre theoretische Lösung. (72 S.> Leipzig, U,
Klemms Sort ü,8o M.
b) Aufsätze. Or. Karl ARdraH Über die Faulheit. Ein psychologischer
Versuch. (Rcj). d. Päd. 5.) — N. N., Das ^ ' t sse. eine Triebfc!- r des
Unterrichts. (Allg. D. i,ehrerztg. 6,^ -- R. Ohmichen, >iur Frage über
die Entstehung des Gewissens (Leipz. Lehrerztg. 10. rt.) — J. Redllok,
Das Abbilden als Krkenntnismittel. (Zlschr. I. Phü. u Päd. ^.i
Ed. Schlegel, Bedeutung und l'flege der Phantasie ui der Schule.
(Schulbl. d. Prov. Sachsen j, 2.)
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2. Aligemeine Erziehungs- und Unterrichtsiehre.
a. l ' in f a ss <.- n d » s
rtj liiitha. Pfeifer, W,, Organisation und I,ehrj>lau der niehrkl.
Volk«- oder Bür^erscnule nach den Korderungen der (iejfenwart.
T2(. S.' (M)tha. V. V Thiencniann. M — Brüggemann, Orj^ani
satiou uud Lchrplan der mehrslufiKeu Volks.sehule nach den Forde-
rungen der (Vegenwart. (132 S. ni. 4 Tab.) Berlin, Öhntigkes Verl.
2 -Nf — Reinke, i{«.kt.. Wilh.. Organisation und I. ehrplan der nielir-
stuficfeii \'nlksschule nach den Fordern 11 '^en der r.cjj^cnw art 112S S.i
Berlin, I.. ( Jlnuijjkes Verl. i,()o M. Schäfer, Lehrer, Frdr.. Arbeitskraft
und Schule. \ ier päd. Abhandlunj^en auf pliysiol. (irundlage. 156 S.)
Frankfurt a. M., K« ^i' m.s., M
A/i/sii/:r. Dr. med. Nesteroff, l her dje phy.sisclie I'.ntwu kelnnji
der Schul1«in<ler und die körjierlichen Übungen in den Schulen,
(/tschr f Schul}j:esundhcit.s]ifl. Dr. Alfr. Spitzner, fieistige Cber-
an.streui^ng in den Schulen. Nerv(».sität. d'aedag. 4.)
b. Ii r z i e h ti n ^.
fil liiiihci. Haufe, Dr. ICwald. Die I'!r/.iehun<j: zur .VrbeitstüchtijLr-
keit. eine Hauptfordernti«^ an die moderne Schule. i.^S »S.) Znaini,
Foiirnifi u. Ilabi-rkt , M.
/// An/\t'i/:r. Chr. Balling. Die erziehliclie AufL::il't^ der X'olks.-^clude.
<Re . d. Päd, 5.) — N. N., Die Ivr/.iehung /.ur Ilofliclikcit. (D. deutsche
Vo kssch. 3, 4.)
c. Unterricht
(Ii imhn. Stoffe, welche, .sind nach den l'oriU runiifen (K r f ic-^cn-
wr.rt auü dem I,ehrplun der Vulks^schule zu entfenieu bezw. demselben
einzufügen ? Beiträge zum Vereinsthema des deutschen Lehren'ereins.
X'eroffentl. auf Heschluf.s der XII. Hauptversaniml. des anhält. Lehrer-
vereins. 50 S 1 Dessau. R. Kahle. o.So M.
hl .\n/sn/^t\ Konr. Eidam, Das erste Quartal in der l^lcnicniarkla.sse.
lösterr. vSchulb. 21. N. N. 1 >u \ erktiüpfunji und Ven^'ehung der
Unterrichtsstoffe. tSchiilbl. d. Prov Sachsen 6 -H>.
d. Sozialpädagogik.
Iii Ih'uhd. Fisolier, Prof., srniiniir- ». »iymn.-Dir.. Dl Karl, (irund/ütie
eiuer So'/,ialpäda.uo;trik und Sozialpolitik. <5'>S.f l'isc uach, M. Wiickens.
0. 75 M.
bi Att/sätzc. W. Liemum«, Zeitgeist und Schule. (Frkft. Schulztg. 1, 2).
3. MuMMiuiitarrioiit
a. Religion.
a) liiii lit ). Le Maire, scm.-i'riifokt, Karl. Katholi.sche Kirchen-t schichte
ziinäch.st für die oberen Kur.se der J.ehrerbildun}.,^sanstalten utul der
Realschulen. (X'III. \\\ S.) München. K. Oldenbourix. (icb. 1,75 M. —
HeMpel, ne«.-s. iiuiinsp.. SihBir., Dr. R.. Zur liehandlun}r der.Vpo.stel^.j^escInchte
in cfer Schule I'rläutenmjTren und niethodi.sche Winke. iIII. tu» vS.i
1, eii>zig. 1'". Hranüstetter. 1,20 M. Arobrassat, Tücbt«T«(fa.-n<*kt., -A., Der
religiöse Lernstoff für evangelische höhere Mädchenschulen. 1IV. 59S.J
Dresden, I'. Jacobi Kart o,<k) M Eckstein. Th.. Hibl. Ce-
Kchichten für die Unterstufe, neb.st einem Anhang, enth. die gebräuch-
lichsten («ebete für die Schule. 140 S.) Tilsit, M. Bergens m Komm.
0,50 M. — Kolbe, i-iiHtor u. Kr.«i-ihoiiuiin«i>., Jolis., Die bibli.sche ('tc.schichte
in Lebensbildern. .\u.sy:eführte Katechesen für die Oberstufe. 2. Tl.
Das neue Testament (A III, 252 S.) Leipzig, IL O. Wallmann. 2,60 M.;
geb. 3M. Inst iHr., Dr. Karl, Der abschlieisende Katechisums-Untcr-
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P8iliifO|ifi*rh<< BQiih«pr^ und SeltBnyBwIiaa. 1 1
rieht. 1. lieft. if>s S.» Altenbnrg. II. A. Pierer. 0.90 M. — Bender, vm»t.,
.\ l. lf. f'''i rsicht fihcr flie (icscliiolite <kr cliristlicheii Kirdu* für
Schule und Haus. (III. 6S S.( Hremeu. M. Hein.sius Nachf. 0,40 M.
— Schmltl, I>r. J,. KathoHscHer Kateohisnin» fflr die Volksschnlen.
S.i Rc^cnsbur^^. F. rn.stt t .».40 M. ~ Wegener, k .... it. i,,,fr.. Th..
Hilfsbuch für den Kelig^iousunterricht in den unteren utul mittleren
Klassen höherer Lehran.»italten. Aus;;:. H (IX. 201 S.i Herlin. K. S.
Mittler u. Sohn ^< • M. : ^r^b. 2,1a M. Gottesleben. L,.i,r«>r. N.. Die
bil'lisrhe ( "le.schiehte in tler katholi.-^chen X olksschule. Ivin Handbuch
im .\uschluls an die von (i. Mey und Dr. I'T. J. Knecht neu l>ear-
beitelen Schu.'^terschen bibl. r.c.scliichten mit nieth. Anleitung und
\ i- K II I.ehrproben. 3. Hd. i.Tl. (IV. .>2.SS.j l'aderborn. 1- . Scliöiiinj;h.
2,w M. - Jaoob, i»«»t., iir. Alb.,^ Dr. Martin J,uthtTS kleiner Kalcchis-
niiis, mit einfacher, übersichtlich an den Text sich anschliefsender
Wort- und S.iclierklänin«; durch Sjjri'u lic. bibj. Heispiele und Lieder-
vcr.se erläutert iÜT evangelische \'olksschulen. (\ I. H.*< S.i (iotha. G.
Schloefsmann. 0,35 M. — ^ Wolter, A., Kleine Bibelkunde. Hin Hilfs-
buch für Lehrer. Seminaristen und Präparanden. {VI, 75 S.I Gotha,
(i. Schloelsuianu. o.So M.
J///.vr//:< . Lic. theol, Kabitsch. Siuft »ks ersten Reliji^iuns-
unterrichts. (Päd. Hl. u. N. N, Wie .soll sich ilie \ olk.sschule zu der
neueren alttestamentb\ bi. 11 ^' i'^^- vschaft stelktK' Dt-titsthe
l*ehrcrztg. 13, 14 1. — Wilh. Karl Bach, Über Hehandlunc; des Katechis-
mus auf der Mittelstufe der Volksschule. (Deutsche \olkssch. yt.
b. Geschichte.
lifirhirr. Amlrii, J. C. Kiir/.er Kehrjrau}^ der (kschiclitc för höh.
M'tdr heu schulen Hcarb. von I.. Sc\iii Mit ( ieschichtskarten. \2
Hihlertafeln /.ur «»e.schichtc der Haukun.st und Bildhauerei, 6 Bilder-
tafeln zur Kulturf^eschichte und einem Anh.: Landes- (Provinzial-)
< ' i ' :!l iS u. b S.t I.eip/.i}^. K. X'oij^lfinder. (ieb. 2.40 M. —
Brandenberg, .s.uuirat, I>r., Leitfaden für den geschichtlichen L nterricht
in den oberen Klas.sen der Volk.s.schule, 2 Tie. (IV, 62 11. \\\ S.I
K(iln. M. du Monl-Schauber};. Zus. 1,25 M. - Fritzsche, 1< ll.uistiine
für den ('tcschicbtsunUrricht in (kr evan^^elischen Landschule. l%ine
Handreichung^ für Lvhier uiul S( niinaristen. I. Kurs. (VI. 144 S.)
Altenburg. H. .\. Pierer. i.So M
ht Ai//s,)/.i. Henze, Wie i^l *K i < .t >k hichtsunterricht zu ge.stalteii.
wenn er nicht nur Leben wecken, .sondern auch zu einer für das
Lehen bildenden Analy.se der Gegenwart führen soll? (N. päd. Ztg.
^ 'M. - R. Fritzsche. r)ie (lestaltung der Systein^' if in (bschichts-
unterrichte. «Deutsche Hl. f. er/., l.nterr. 9 — ii). — N. N., Wichtigkeit,
Schwierigkeit und Weise des kulturgeschichtlichen rnterrichts in der
Schule. (D. deulsclic \ olk.ssch o. 7). W. Floll, Über den Bildungs-
wert der (ieschichte. (Aus der Schule i, 2).
c. ( I e s a n g.
rtr; Hluhet. Pfennigsdorf. Di»k., <>., Heiniatkläuge, Ivine Saninilung
unsrer schlichten j.;cistl. und weltl. Volksweisen, für den (»ebraucn
in Sc hulen, christl. \ ereineii und l amilien zusaiujuenge.stellt. i\ I.
n; S ('ötlu-n, Schriften Xicderl. <ks e\ani:. \'ereinshauses. i.So M.
- Osburg. Wilh . Deutsche (iesanglehre für I'räpa
randenschukii und l,ehrerseniinarieii. sowie für den Selbstunterricht.
IL Tl. 1S4 S. ni. biir.t Lci]>/.i'.^f. M. Hesse. 0,40 !\I
hi Aiißtiiu. H. Busse, Ober tkn (iesangunlerricht nach .Noten.
(Schulbl. d, Prov. Sachsen 5». N. N., Ourch welche Mittel entielt
(kr N'olksschulgesauj^unlerricht seiner hohen Bedeutung entsprechende
Ivrfülge.'' lAllg. Deutsche Lehrerztg. 71.
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1 2 W. .HrhmMl.
4. Saclimterricht
a, f *•« o r a p h i e.
// GeistbecK. Di. A. u. Fr, Engleder, ' raphischc r\|Kii-
liilikr. XI. i )L'r 1 l.irilaii;^<. r l jurd. Typus der iiorwi-^j. Steilküste.
DresUcTi, A. Müller. I töhdlums. .Mit I.einw .- Kaiul u. Oscn 2,5t) M.
1). N n 1 1! r 1' c V r Ii 1 i.- i 1) 11 n
liiulnr und Wtim/hi/fhi. Eschebach, Hans. Der Waltl im<l scitie
Bewohner. (14^ S. m. Abbildjrn.) Münster, A. RuHJ^ell. 2 M. : ^«.1». 2.60
M. -- Matthes, i.ohr. r. I r/., Illustrierte Naturgeschichte für die Ju;;cn«l.
Mit 5«^> färb. Illustr. auf 47 Tfln. u. Abbilden iru l'ext 40;
S.i Stuttgart, (1. Weise, (icb. 7,50 M. Engleders Wandtafeln fiu den
natiirkiindl. rnterricht. I .\bt. : Tierkunde. 9. Kf^- ii^rh. Tfln. l\is
linj^eii, J. 1'. Schreiber. Mit Leinwand j^erändert und mit Oseu (> M.
— Lan^beiD, VV'., Ik-tvachtungeii und iienierkuni^eti über den neuen
preiifsischen Lelirplan iit den Xatimvissenschaften. Vortrasr. (26 S.i
Neustrelitz. H irmwilz. 0.75 M. Frenkel, l)r I'rrd., Ana-
tomische Wantltafeln für den naturj^eschichtlichen Unterricht an
höheren l^^ehranstalten. I. u. II. Taf. Mit Text. Jena, (.>. Fischer, k Tai.
5 M., auff^ez. 10 M.
c. Naturlehre.
/liir/irr. KltU^ Ol., ri. hr. r, Th., Kur/er Leitfaden für den ersten l'nter-
richl in der anorj^anischen Cheinii . AT 11, 88 S. «i, AbhiUlgn.) SL
Petcr.sburg, C Ricker in Komm, i.v» M.
5. SpracbuiitMTiehL
a. t- in fassen des.
Iliit !in. Krumbacher, Dr. C. J.. ( '.escliic'-te und Kritik
der (Kutschen Schullesebücher. _•. Tl. Mitbearbeitt t, nach dem T»»de
des \'er(. bcarh. und herau.sgej^cben von J. (1. Sieber. (VI, 242 S. ni.
Abbtldgn.) Leipzig. B. (r. Teubner. 3,60 M.
b. Sprechen und Lesen.
<U Hin In I nitii liihlt i . Schmid, Mi«.l<'li»'ii»rh.- u seni..i»ir.. M. u. < M)erlehr.
Fr. Speyer. Deutsches Lesebuch für höhere Mädchenschulen Tl.
(XII. .107 S.I Leipzi.u, \\ ('..Teubner. ; M. - Kohmann, ti L. SchifTarth,
Auswahl vt>n Dichtungen und riosastücken zur ICintuhrung in tUe
deutsche l.itteratur. (X, 210 S.) Nürnberg. F. Korn. (5eb. 1,25 M. —
Pfeiffer. W. n. Alb. Kuli, Hilder für den .\nschauungs Unterricht aus
den lie\ -Speklerschen l'aheln. 6. Jjg. 3 färb. Tfln. t> M.; auf l.einw.
ni. Stäben fi M. Text dazu von Kreisschulinsp, A. Kleinschtnidt.
*5i S.) o.iK) M. ('»olha. 1-. .\. Pertlus. — Vogt, V:., Schul- Wandkarte zu
Schillers Wilhelm Teil. 2 151. ä S_' . 5(1.5 cm. Farbendr. Hreslau. V..
Morgenstern. 4 M. Puls, Dr. .\ltr.. J.esebtich für die höh. Schulen
Deutschlands. 5. Tl. (IX. S.) ('.(»tha. V.. 1'. Thieiiettiann. (ieb. 2,40
M. Hirt, Kerd. D( ut'~i li( v Lese buch. .Vusg. A. ; l'ür evaiig. S« linlcn
mit einfachen Schuh ei h.illiii.s,scn. Itegr. v. (»eh. Reg.- untl Schulrat
Kd. Bock. Neubearbeitving von 1895, 2 Tie. in s Abteilgn. (Mit Ab-
bildgji.i Hreslau. I-'. Hirt. Zus. 1.75 M.: gel). ^.40 M. — Olx, L'r. u. Th.
Kersten, i». i»., Deutsches Lesebuch für höhere .Mätlchenschulen. Nach
den yuellen bearb. Ausg. B. 2.-4. 'I'l. (140. S.) Bre.slau. F.
Ilirl. Cell. 2.75 .M.. 2.75 M. u. 2.50 M. Kippenberg, j.. Deutsche (ie-
dichte für <lie Mittel und (JbersLuJe höherer Madchenschulen. Nach
den preuls. Bestimmungen über das Mädclien Schulwesen vom 31. Mai
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iS<>4 ausy:t\välilt. (iröfscrc Ausj;. (X. m2 S.) Hannover, Nordtlentschc
\ . uist.iU. r,t'h. i.fx) M. — Milkley, urn.. W.. u. MitUlsdnill H.
Suhring. I ibwl uiul trstts I.esc-bucli nach der aunöscnd-zvisanimen-
slcllcndcn lA-lirweisc. Aus^. C. (64 S. m. Abbüdgti.) Potsdam. A.Stein.
<kl - Berndt, H., K. Cranz, H. Grobe, VorHi'litillnhrcr, Deutsches
Lesebuch für \ Orsehulen. i. u. 2. Tl. ( 144 u. 21)5 S.i Leip/iK. I^ürr'sche
nuchhandlunji]^. Geb. T.40 M. 11. 1,65 M. — LMebvch, das, inderVolks-
schule. TJehaiidlun^ (Untsclur T.csestficke nach (kn fonnaUn Stufen,
der (irainmatik und ( )rUiu^raühic in konzvntri.schcn Kreisen, netxst
einer kurzen Utteratur^cliicnte. Bearb. für die Unter-, Mittel- und
Oberstufe. u. 4. PI III, i88u. 64 S.) I^nj^ensalza, Schulbuchhand-
\un^. i.-4«> M n. 0.45 M.
A///s,i/zr. N. N., Denken und Sprechen. (All;;:. D. Lehrerztg. y.
io>. — Rektor Ambraisat, Zur Fibelfra^e. «D. Mittelsch. 3).
c. Anfsal/ und (iranunatik.
ii) liiitiui. Kruspe, <Jvinu.-oiicrichr., Prof. Dr. Jul.. Deutsclie Sprach-
lehre. Kin Abrirs der deutschen Satst- und Wortlebre für höhere
Lehranstalten. flH, ^; S 1 Strafsburi:. V Schlcsicr. fieb. f>..S<) >f. -
fiMOhäftsaufsatz, Der, in der \'olks- und l'oitbildungüächule. Ein Hilfs-
buch znr EinführunjDT in die schriftlichen Arbeiten des (»eschäftslebens.
N'on n'neni Schulnianne. Stolberg iRlild.», J. .Mathes. 0,70 M.
Löfsl, V. n. J. Moller. Anfsat/.übungen für 1 drtbildnng.sschulen und
verwandte .\nstaUen, 1248.) Münclien, R. (ildenbourg. 1.20 M..
kart. 1.40 M. -- (MMriiolzer, sokui«inrii>hr., J. A., Der Brief in der \ olks-
.scliule. .Vnlcitnng und Material zur AbfassnTi;^ ^ f^" Rri( fcn in <len
oberen Classen der l'rimar-, sowie in den Sekundär- und FortbiUhmg.s-
schulen. (76 S.) St. Gallen, Huber u. Co. 0,70 M.
hi Aiiisälie. Edwin Wilke, C her Zweck, .\nlage und Cfebrauch von '
Sprarlilieften in der \"olksscliule. ^IVn\, d. \'<)lks.sch. 2.) — N. N.,
Sprachiehler und »Spracheigentümliclikeiten der Kinder in ihrer .sprach-
wissenschaftlichen Beleuchtung und unterrichtltchen Verwertung.
(Deutsche Hchulprax. 15; r6).
d. R L c h t s eil rei ben und Schönschreiben.
Hiiiiicr. Missalek, Wilh., Die grundlegenden l'bungen in der
deutschen Rechtschreiliung. ffir den Schul- und Hausgebrauch syste-
matisch bearbeitet. (47 S.i Breslau, .M. Woywod. 0.20 M. — SoMIMs,
i rhr.r. J"S, Ililf.sbuch für dcu Unterricht in der Rechtsrhrcibung und
Sprachlehre auf der Mittelstufe der \'olk.sschule. Mit he.sonderer He-
rficksichtigung des Crüwellschen I.e.se])uches bearbeitet. Lehrer-.Au.s-
gabe. nioS.» Taderborn, V . Schöningh. \ >r. Sehiiler-.Au.sg. f';^ S.t
Ebd. 0.20 M. — Grabow, sihuirac, Dr. A., Schrägschrift oder Steilschrift.'
Wis.senschaftiiche Tiegründung einer naturgeinäJsen Schreibschrift von
5S (irad mit Iklehrgn. über <lii (iestaltung der Uuch.staben. Schreib-
regeln u. Alphabeten. (30 S. m. 5 Tfln.j Bromberg. Mittler. 0,80 M.
e. Fremde Sprachen.
Büfhtr. BliohMre Lehrmittel für den französischen Unterricht.
I ran/, f'bungsbuch f. die (Oberstufe von (• ynin.-Oberlehr. Dr. .\lb.
Reuni. (Xnf, i '<> u. 20 S.i Bamberg. C. C. Buchner. o.So M. —
Strien, unngviiui. iJir.. pror. Dr. ("... Schulgrammatik der französischen
Sprache. 2. Abt.: Satzlehre. Ausg. A: Für lateinlo.se Schulen. (VIII
u. S. Si 1 n.illc, 1'.. Strien. *\-^ M. — Schwochow. urkt, H.. Kurz-
gefafste Methodik tles fremdsprachlichen Unterrichts in .^littelschulen
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»4
und IiölKivn Madclicnsclnikn. Iviii Lern- und Wicdcrlinlun^^shucli
zur Voii»ereituni^ ;iu( ]iä<la>{ogischc Prüfiiiij^en. ICrwcit. u. tlurch
1. ebr|)i"obeti verm. Abdr. aus des Verf. Vorbereitung auf die Ktik-
t< T ;its)irüfuni^. (7"- ^ Keii>/i;4. Sivjisniund n. \*<>ll<eninjj. i M.
Pioetz, Cfusi. u. O.Kares. i>. i». Kur/.cr hchrgaiiK der fran%o.siMclien
vSpraclic. rbunj^shuch. Ansj;. C. iXU. ^72 S.) Berlin, K. A. Herbig.
2,70 M., ^tl). > M. — Mangold, O \ niii.- I'rof.. Dr. Wilh.. Methodische iMagcii
dos ttiirli^-chcn l "nterrichts, den Mit.ulitdcni >]c^ vn<j\ FvH ( 11k nrsus
/u licilin im < )kl. iSy5 x orjxelr. 145 S.i Ikrlin. J. Sjirm);cr. 1 M. —
Banner. (j>Mi.i -t»hert«hr« Dr. Max, l'ran/ösiKohe Satzlehre. (IV. 82 S.>
Hielefcld ' 'h.i;^'cn u. Ixlasin.i;. dfl). 1.20 M. Plate, Ur:<i'.<iiuiiihr.. H.
u. Dr. Otto Kares, linglistlK-s Unterrichtswerk nach den neuen Lehr-
plänen. Kurzer Lehrjj. der enjfl. Sprache mit besonderer Beriick-
sichligiing der K(>nvcrsatif)n von l)r. Otto K,irc<. II Teil. Lese- und
i'bungsbuch. iXII. 2588.» Dresden, L. lihlcrniami. i,tSo M., gel).
2. ;^(> M. — Goerlich, i!<;ii-Mnn.-i..hi., Dr. Kwald, Freie franzd.si.sche Ar-
lieilen, Mu.sterstücke und .\uf}jal)eii. Für die mittleren und oberen
Klassen höherer l.e!itni;<1alttn, /usamnK n'j:t >li 11t un<1 In arb. I. Tl.
(X. i \S S.i lA-ip/ig, i\iii>;tr. j M. — Ricken, Di. W ilh., 1- 1 an/.üsi.sclie
Si liul;irammatik für höhere Mädchenschulen. (V, 181 S. in. 1 Karte.)
Berlin. \V. Gronau. Geb. 2 M.
6. ZaM- «nd Fornunt^rrieht
a. Rechnen.
G., Rechenbuch ffir nllj^e-
meine Forlbildunj^.sschulen. Ki'\ Stuttgart. .\. Hon/ u. Co. M.
LehrerauKg. ICbd. 1 M. - Bengei, Joh., Angewandte Aufgaben im
Zahlenkrc^e von i- ioo. Kine Sammlung- von mehr als 6c» Aufj?.
(5; S.) .\achen, K. Harth. 0.50 M. — ZIstl, (i>mii.-i . in Dr. M., Die »ie-
sel/i il^r vier ( irundrt ob!niii;rsarten für .Mitlelscluileu und /um Srlbst-
unUi ru ht. S.) Str aiil nig^, C. Attenkofer. o..St) >L Hartmann,
s. hui.iir , Dr. Ik i tli., Rechenbuch für die allgemeine l'ortbildung.ssclnde.
Methodisch -n i-hu te Auf^'^abcnsammlimg mit gleichmäisiger H«'nii k-
.sicliligung der Keciienoperationen und .Sachgebiete. .\usg. für Lehrer.
<Vnr, 184 S.) Frankfurt a. ÄI., Ke.s,selring. 2,75 ^L — GMdy, fbanicM
»luiii.iii.. Jos.. Das Kechuen im ersten Schuljahre. (Zahlenr. von i — jo.i
II 19 S.j (iraz, Ii. Wagner. 2 M. - Grafs, Lehrer, j., l>ie \ eran.scliau-
lichung beim grundlejfenden Rechnen. I''rweiterte .\uspabe des
Schriflrechuens über r, i u|)]>en -Zahlbilder, (uo S.i Miiiii lu ii. M.
Kellerer. i.5t> .M . Steuer, s.min«ri«»inr. W.. Rechenl)uch für obere
Klasseti der Knabenschulen. i\ , 102 S.i Hreslau. M. W'oywod. Karl.
0,50 M. — MorafS, Hmipiit hn-r. J. < > , Rcchenlmch für ( )! v rkl.issen von
Mädclieii und höheren Mädchenschulen etc. 1. Heft. i\ IIL 7S S. ni.
Abbiklgn.) Karlsrulle, ( ). .\eninich. u..so M. — Pfosch, < .. u. £. Troelltsch,
Rechenbuch für Volksschulen Ausg. 11. 2. u. ^. Heft. (52 u. 50 S.)
München, R. ( )l(k'nbouri: a i\io M. Rocke. ('... G. Roger w. F. Wolf,
Aufgaben für schriftliches Rechnen. Ausg. I{, für einfache Schulver-
haltnisse. 3 Hefte. «48, 64 u. «(» S.) I.eip/ig. Dürr 'sehe Buchhandlung.
Zus. 0.75 M.
/') Aiiisiii.t. Unterlauf. Du \\ rt infaclinuj: des Rechcnunlerrichts
auf tler l-nter.slufe nutlelst <les rnterl.iutschcii RechenapparaUs.
(Deut'fche Schulztg. 7 — loi. Rudolf KnUlIng. Hcilräge zur L«>.sung der
\\ i« 1,1 ; : sUn ri-c heiimelliudisclu n Slreittra^^cn. (< >slt rr. Sc}iulb<.>tc .^i.
C. Schöler, Die I.nlstehuug der Zahl iukI tlie Ctrnntlsäl/.e lieiui ele-
mentaren KechenuMtcrrichle. (Paedago-iuui 6l — R. 66llier, Die Kr-
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Ptd«KotclB«tir Bfieher- and Keitunjrxtohaii. i *
folge im.scrs RcclictnintcTrichts. Nach iieobachtuugui in der l*ort-
bUdungSHchulc. iLeip/.. Lehrer/.tg. 26».
b. Ratint lehre.
Hürher. Sohultx, i^hi. 1 . Leitfatkn der Planimetrie für Werk-
meistcrsfluiU-n uml ifcw erbliche l-'orlhilduiij^sschukn. ?. '\^\. ^-
S. m. y«> Fig.j Ksseii, (i. D. Haetleker. Kurt 0,75 M. — Geometrie, prak ~
tische, fflr gewerbl. Fortbildungs- und Handwerkerschulen, sowie zum
Sell)stiinlcrrichlc. HearbeilL-l von einem elum. Milj^licde niehrcrtr
l'rüfuiigs-Kommissioni-ii. i\ III. 1 i«; S. ni. Kij^.i !• rankfnrt a. M., Jaeijers
Verl. I M. — Lemgauer. (i viiin.-l'inf.. Jos.. Die (inindkliren der Stc-rco-
inclric. lein Leitfaden für den riiUrricht mit rhungsanfj^ahen. (III,
M I S. ni. l'ij-.i K< tn|)h ti j. Kösel : v» M. Martin, l'. u. 0. Scilinidt
Soll die k.Mimlchn im An.soldnis an cinlKitliche Sacligehiete behan-
delt WH rdrii ' \\\w McKlt'ilwort zur Rfttimlehr«.- für MiUelscluden und
Verwandte I AhransLilUn. nach h'onnenj^enii ii' 'i iK .iiln iU l. 115 S.l
Dessau, K. Kahle. 0,25 .M. ~ Martin, 1". u. 0. Schmidt, Raumlehre für
Mittelschulen. Bürjirerschulentind verwandte Anstalten. Nach Formen-
j^emeinschaften hearb. 1. Hfl. (VIII. Ho S. ni. 65 Fig.) Dessau, R.
Kahle. Kuit. o.to M.
c. Zeichnen.
a) fifkftrr ittnf Voriaiifeu. Mager, Kem.-Kpichraifhr., K.. Themen und
Till S( n ülx r den /eiclKMuniterrir]'.! . lÜiu S.iimnlmij^ \ on Resolulionen
unti Kraftüätzen. 57 Stuttgart, SütldcuUsehe \ erlag.sbuchhand-
lung. 1.50 M,
Ä> Aiifsiifzf. Fri. N. Sehreyer. Über das Zeichnen in den N'olks-
scludeti. ifVstvrr. Sehnlh. 11. — Joh. Müller. Der Zeichenunterrii lit tUr
\ ulksschule und die (ie.schichte seiner Methode (ÖsteiT. Sehulh. 3/.
7. Turnen und Handarbeit
a. Turnen und Jng^endspiele.
,it liiiilui. Seehaus. <t.'>ni.>,-r..i,r.. Otto, Jugendspiel. X'ortrag (lo vS.)
Jkrlin. ( ). Hreuier. <).;,oM. — Schröer, Turn«.. Ileinr.. I )ie Stahühtin.üen.
luue Darstellung dersell)en in Wort und P.ild für Schulen utul Turn-
vereine. iIX. 130 S. m. I'ig.) Wien. A. Pichlers Wwe. 1. Sohn. 1.50
M.. geh. i.So M. — Tönsfeldt. rurnm., ( i.. Das Turnen in der Altersriege.
Wuikf für ihre Leiter und .Mitglieder. 140 S.j Wien. A. l'ichlers
Wwe. u. Sohn. 1,50 M., geb. i,Ho M.
In .\iiis,ii:,. Pr I. Dr. Fink, Die tunierische Erziehung — eine
Uuclle der \'aterlaudsliebe. (Ztschr. f. Turnen u. Jugendsp. 19).
b. Knaben- und Mädchen - H andarbeit
Hl -fiiii lii i. Springer, Dr. W ilh.. Kurzer Abrif.s des Hand-
arbeitsunterrichts in der \'olks.schuIe. Zum (iebrauche für Handar-
beitslehrerinnen wie zur Ivinführung der Schti1.uifsichtsl)eamten in
di#.ses I. ehrgebiet. (79 S. m. 12 Abbildgn.i Bresiau, l-\ Hirt. 1 M. —
Go«tl€i Dr, \V.. Die I.ehrerbildungsanstalt des deutschen \ ereins lur
Knabenhandarbeit /.u Leipzig. Bericht ü";>t i ihre Thätigkeit im Jahre
1895. I.eijizig. I "rankenstein u. Wagnir. oi , . M.
/'/ Aujiiii,t. Elise Crohn, Der I nterncht in den weiblichen ll.iud-
arbeiten in den Dresdener Schulen. {IKsterr. Schulb. 3).
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i5 W. Schmidt.
8. Schulverwaitung. -Organisation und -Ausstattung.
An/siilzr. Dr. B., Die Stelluni^ eines Rektors zu seinen i,elirern,
(D. Rektor i. 2). - Dr. Wilh. Schulthess, Der Kektinationssitz und seine
Bedeutung für die Schulbank frai;i. (Ztsclir. f. Schul;je.simdheltspf1.
I. 2^. — H. Schreiber, l'ber irn-i Ivlassen. (D. Soluilfivnnd 2). — E.
Haufser, Dius l'ortbiklung.sschulwLsen in seiner Jieik-ulung für d;us
wirt^chaftl. Leben der (>egenwait. (X. Bad. Schulztgf. 7. 8|.
9. Lehrer uml LehrerinM«.
ti) lli'uJui. Boüvier, i-r.ir., HerilK il n. I.rhn riti Elise Engethard, Welche
Fol}(en hal die Heranziehung des weiblichen (Geschlechtes /.um Lehr-
berufe auf päda^()<nschcni und sozialem (yebiete? Zwei preisgekrönte
Abhandlungen. {2H S.) Wien, Manz. 0.40 M.
In Ai'/sänr. H. 6., Seminarbildun'JT und Srminarlehrer. (I.eipz.
Lehrer^ty. 17, |S;. ~ Prof. EhiBner» Zwr Reform der Lehrerbildung.
(Päd. lU. I). — N. N., Zum T^ehrerbesoldunjfsjjesetz. (Päd. Ztg. 4». —
Wichard Laukamm, Die Seminarübunjrsscliulc als praktische Vorberei-
tunjrsslätt« für angehende Lehrer. (AUg. Deutsche I^ehrerztg. 12». —
I'rof. E. Klein, Was zu einem guten Direktor gehört. (Paedag. 3). —
K. H., Di*. Treue des Lehrers in der Schulzeit, i l'i i\, d. Landadh. 7).
Maria Lischnewska, Das Lehrerbesoldungstrestl/ I) Lehrerin 12). —
N. N., Des Ik'st»klungsgeset7.es Ivnde. (N. VW.sUl. Lcliier/tg. 6). — M. H,
Der Fall des Besoldungsgesetzes im Herrenhause. (l*äd. Ztg. 19). —
J. Tews. Die Mindestbeträge i' r I ^ rx 1 j^elifiUcr im deutschen Reiche.
(Hann. Schulztg. 9, lo). - Elise Cholerius, Die Ordnung der wissen-
schaftlichen Prüfung der Lehrerinnen und die CVründung ^•on wissen-
.sehaftliclu n 1 : tl iklungskur.scn in Königsberg ( )stpr. (Ztschr. f. weibl.
IJildg. I) N. N., Die l-ortbildung des I. ehrers. (Preufs. Schulztg. 29,
\o). L. Ochs, Die Stellung des Lehrers im Verhältnis zu seiner amt-
lichen Thätigkeit. (Allg- Schulbl. f. d. Kgbz. Wieabaden 9— lU.
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Pädagogische Bücher- und Zeitungsschau.
Nr 3. ' - - Jahi^
rSdta 17.
I. fietohichfe und finuidwisMiisoliaftiii dar Pädago|ik.
a. Geschichte der Fädag'oj^ik.
Ol lim In ). Isler, A.. Heinrich PcstaU)Zzi. illuslr. I csLsclu iÜ lüi
die Juj,'en(l. Iin Aiiftra);e <k's scluvci/., LchrervereitlS bcarl). S.)
ZünMi. J. R. MfilKr. o.So M Senckel, Ffr., KrciMcboliiup., l'rdr., Johann
Heinrich l*cstaU)zzi und Johann Hinrich Wichern. Knie J5- und 150-
jShri^e Knnneninfr an /wei deutsche V'olkserziehcr. Vortrag. (II, 34
S.) l''rankftirl a/().. II irncckern. Co. in Konnn 0,75 M. — Bibliothek
der katholischen Pädagogik. IX. Ikl.; iJie Studienordnun^ der Gesell-
schaft Jesu. Mit einer Einleitung von Bemh. Duhr. (VIII, 286 S.) Frei-
l)ui^ i/H.. Herder. — Sammiung der bedeutendsten päda^^oj^isclien
Schriften aus alter und ncTier Zeit. 12.S u. 129. Ufg. inth : Iltitjo
von St. \iktor, das I.clutnKh. Jolis. ()ersr)n. iiher die lliiitiilinnig
der Kleinen /u Cliristus. l'berset/t, einjjeleitet und erläutet t \ 011 i^.-
\\. Schuh. J, l'n iimlucu. r.KU iiKnn, V . Schöninj^h. ä 0,2.1 Rohle,
Ür. C, (ieschichle des deutschen Schulwesen.s im l nirif.s.
(Aus Heins encyklop. Handbuch der Päda^^j^ik.) (III. 54 S.) Langen-
salza, H. Beyer u. S«")hne. 1,20 M.
bi An/sii/:t: G. Maier, Joacliini Heinrich Catiipc. Zur Erinnerung
an des.sei) 150. fieburtstas. (Kej). d. Päd. 9). — 0. Scbneiller, Zu Canipes
150. (ieburtstaj^e. (Xeue |)äd. Ztjj. 26). — N. N., Zur (iescliiclili dei
Schul/ucht im Miltelnlter. (Bayr. Kehrerzt^;. 20). — Dr. G. Bledenkapp.
Nietzsches Hedeulun;< für die l'äda.t^oj^^ik^ (Täd. Zt^j. i8 — 21). — ür. G.
Schumann, Rede zur l'eier des liundertfiinf/.ijgähngen Geburtstaj^es
<les rs I\ Iii..//!. (Schull)l. *1. Pruv. Sachsen ir, 12). N.Ii,
l*eslalozzi und Jiasedow. l"inc pädagogische Parailele. (Allgemeine
Deutsche Lehreratg. 15— iK>. Job.Meyerf Eberhard von Rochows Be-
deutung für das prei: l'sische N'olksschulwesen. iDititschi Scliiil/tg.
15—17). — 0. Flügel, Der Rjitionali.sniu.sin Herbarts Pädagoj^ik. (Deutsche
Bl. f. erz. Unterr. 22— 25>. ~ H. TWemann, Joachim Heinrich Campe.
C.' <1> iikblatt zum 20. Jiuii 1S96. (II;iu> w. Schule 27. 2.S». - Heinr.
Wilhelm, Ro '.sseau. (Ke]». d. Päd. S). — N. N., I.r war ein I.eli/er. Zum
</.e<läohtnisse an Heinrich Juli\:s Bruns an dessen 150. ( leburtstagc.
(Schles. Schulztg. 27, 28). — Fritz Witt, Joachim Heinrich Campe. Kin
Gedächtnisblatt zmw 29. Juni 1896. (Prax. d. Volk.ssch. 6j.
b. Grundwissenschaften der Pädagogik.
ä) Bücher. HeffRIMII, Beniinar.iir.kt..r, Dr. Karl, Psychologie mit .\n-
>et'i>dnn«r mif Fr/ichung und Schn1]>r;<\is. l'"ür Lehrer- und l.ehre
rinnen vSeminare und zum Selb.stunleiä icht. Unter Mitwirkung von
Dir. Dr. Jahn hrsg. (7;, S.i l.eijizig, Dürrsche Ihichh. Kart. o.<)5 M.
h) .\nfs,H:r. M. Scherm Dis Gedächtnis. rVniTTj^ und Stärkung
dts.selben. (Rli.-Uestf. Schulztg. ;>2, 3;,!. •- Karl Heinr. Hiemesch, Die
Willensbildung. Kine i)svchol()-iisch pädagogische Betrachtung. (D.
in. f 1 1/ (interr. iS-21 ». ' H Wingr. < ".iM ,t es Phantasievorstellungen ?
(FrauLf, Schulztg. 7, ü;. — Dr. Paul Richter, Vorstellen und Siuccbcn.
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r. Vr. Sdimiclt.
(Päd. IJlättcr 2). — Dr. Paul Bergemannt Vhvr Roproiliilctimi und ('»c-
dächtnis I. (Rhein, niätler 3). — Prof. F. Mähr, Die Hinbiklung. (Päd.
6). — Alb. Neumann, Über das Stottern. (1). Mittclnchule in. - Dr. WNh.
Zenz, Der Ik-^nff (O.slcir Srliulhotr v - R. Rannersmann, Di«.- ll:nii»t
ideen dtr wi.s.scn.schaftlichen l'äda^ojjjik. (D. deutsche \ olk.s.sch. in.
- Heinr. Free, Der Gesichtssinn und .seine Funktion. (Hnnn.Scliul/.l;^.
15 iS). — K. Sachse, Die huge und die sittlichen Ideen. (Deutsche
Bl. f. erz. Uuterr. 2(i).
2. Allgemeiiie ErMaiigs- mil Unterrichtslelire.
a. T' m f a.s.scnde.*«.
a! /.*7 A r. Schorn-Plath u. Supprian. II;iii<1l)urh der l'>/.iduini;s-
und l iitcrrichtslchie. liu Anschhils an Schorns (ie.schichte der Pütla-
i^<)«rik. 2. Tl. (X, 352 R.) Leip/icr, Diirrsche Buclih. 4 M., peb. 4,50 M.
- Gerhardt, oi»riiiir, Oswald, ('her die .u:t,-^'iiu\ ärliut.- ( ieslaUuji.u dts
liöhcren Schnhvesens in hrankrcich. (^7 S./ licrlin, K, ( '.ai rtner. 1 M.
- Engelhardts, h-hse, Prci.si^ckrönte .\hhnndhnijr überdie hiaj^i-: Welche
Folj^en hat die 1 leran/.ieliun.ir des weibl. (mm IiK chls xiin! I i hrberufe
auf ]»rid;?i4o'^isrheni nn<l sozialem (iebiele.'' Kntisrli btlcur lUi t \()n
W ieiii 1 lAhitiinneii. veiöffentlin hl v<»ni X'erein der Lt lu vi innen und
KTzieliennnen in Österreich. (.',9 S.) Wien. ISIanz. o/«) M.
/)} Anlsiil't . Rud. Dietrich, Scli\vei/.< risrhes N'olk.ssclinl Wesen. (Xi-ne
Dahnen 5-7). — Joh. Komscheidt, Uuiueslaltunt« tle.s Lehiplans und der
Organisation der VoIks.schule nnch den Forderungen der («eircnwart.
(.Nene Halwien - n Paul Schönwaldt, Die schadliehen hjnniis^r il( r
landwirtschaitlichen und gewerblichen Kinderarbeit auf un.serc Jugend
und die hieraus sich ergehenden Forderunj^^n. (I*rax, d. Landsch. lo),
-- A. Kuntze, I ber den hohen Weit der katechelisclK-n Lelirniethode.
(I.ehrer/.tg. f. O.^l u. Wcstpreufsen 2. 31. — Karl Hartnack, In wilclien
Monienten des t nUii ii Iiis ist dessen sittlich-bildende Krait/.u suchen.'*
(Neue Westd. Lchrerzt<r. s -101. - K. Toups, Umgestaltung der Bil-
dnn^s/.iele <ler X'olkssclsnle nach den I'(»rdenin«_reTi de r ( ^c^j^inw .irt
(Neue Westd. I.elirerztg. 50-52). — N. N.» Zur Technik des Cen.sierens.
(11. Kektor 8. 9). — Or. Renkauf, I^seabende im Dien.ste der Kr/.iehung.
(Di ut^clu n f IT/ T'r.t. rr. ;o). — H. F. Walsemann, He^mff und
Aufgabe der liriciehuujsj durch den Unterricht. (Khein. Blätter 2). —
E. Sauer, Was kann die \'olk.sschule thun, um ihren Schülern eine
ideale Kichtunjc zu <;eben (|{1. f. d. Schulprax. 3). - E. Unger, Die
Au.sbeutunjif schnli)flichtij»er Kinder im gewerblich« ?) und wirtsch.ift
liehen Leben und die Nachteile, die sich für ürzieliung und l'niei-
richt daraus etf^eben. (D. deutsche Volkssch. 13 - 19).
b. Erziehung.
n) Fififhcr. Kleti, ncp.- a. Sriminit «. n,, H.. Unsere Kleinen und deren
erste erziehliche I.eitunj^. l-'in Buch für Mütter. iXI. 220 S 1 (Ura,
Th. ilofinann. 2,50 M., geb. in l^einw. ni. iiold.sclin. 3,^5 M. - Brück,
R<«ktor, H., Das Lesebuch im Dienste der Frxiehung. l*<in Beili.ii; ^ur
h'örderung der sittlich-relijriösen lirziehunu, durch den Leseunterricht.
(VlII, 56 S.j Arn.sber^ij:, J. Stahl. Kart, o.c/j .M.
l>) Aiilsiii Schreiner, über tleti PVohsiTin und seine Pflege durch
die Schule. (Deutsche Schulztg. 22). — S. Wild, Die Krziehung zur
\ aterlandsliebe. (Rh.-We.stf. vSchulzli;. 31. 35). Jurksen, Die nnti(-n;de
lirziehung als Aufgabe der Volk.ssehule. (Lehrer/tg. f. Ost- u. Wesipr.
« I. 15) G. Koschel, Die Volk.ssehule als Fr/.iehungsanstaU.
deutsche X'ulk.ssch. Sj. N. N.. Die Pedentung <kr ^Iusik auf d- rn
tiebiete der Jirziehung. (D. deulsclie \ olk.s,se]i. iS). A. Cünther, \\ o-
her die Mtfserfolge in der Schulerziehung.^ (Neue päd. Ztg. 221.
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Fndii!;«>((i<«che Biktirr- uod Zi-itun(;v»cliau.
c. rntcrriclit.
dl liiuLa. Regener, I r.. Iksoiukic l uUri alilslclirc-. Im rirund-
rissc (hiri'cstcllt. (X'III. .V>' ^ ' <Ura, Tli. Ilofni.inn. M.. i;eb. 4 M.
- Brückmann. i:rVi.,r. Kiul.. X'nrs.liläj^c zur Reform des \ «'lkssr]i\il>inttr
richts mit besonderer lierücksichtigung des ArhcitsunterrichLs. (Oy S.j
Konijfsberjr. (»räfe it. ünzer. 1 M. — Bomemaim, Dr. L.. lTn.sere höheren
Scliideii. Ikher/i^ietiswerte Aiissvhnitle aus dt 11 \'i rli.uidhmj^en über
l">ai;cn tlcs hulicreii rulerridit» von 1890. (23 ö.) Jlamburjr. Herolds
Verl. 0,75 M, — Lehrplan für die Genieindeschiilen zu Görlitz. (147 S.)
{»«"irblZ, I*. W. SiiUt'4*. 1,75 M. • — Richter^ <>ymii.-Dir., Dr. Gn.st., Unter-
richt und «reistiLTe Ivrmüdunjj Jüue schubuänn. WurdiVnnj^ der
ScbnU 1;. Kraepciius Über y:eistige Arl)eit . iIII. 41 S.) Halle, lUlch-
handlunjr des Waisenhauses. o.So M.
/'/ .\iifs,'il:<\ E. Lawin, NWli hcs sind dii- ZwLi k«.' ili t unttrrirlu
liehen Spaziergänge, und wie sinti sie einzurichten, damit diese Zwecke
erreicht werden? fPrax. d. Lnndsch. ii>. — W. Rosobkowsfcl, Der
^^emoneIstoff in drr N'olk^M-huU ur.d seine Behandlunjr. iPrax. d.
I.andsch. m>). R. Müller, i>ie häuslichen Scluilaufgaben. (Neue päd.
'/X%. 14. 15). - Joh. Bergknecht, Welche alljfenietncn (testchtspunkte
hat der I,i hrer bei Aufstellunii' eines neuen Lehrplanes zu l>eachten ?
il'reuis. Schi l/t;r — N. N., Der erste Umgang mit den Kleinen.
tt)berrlicin. VA. f. erz. I nlerr. 4-
d. vS et /. 1 a 1 p ä d a jjf o t; i k.
.\/i!s,i/:,\ H. N., nie ScliulueUUreiheit. iLtipz. lA*hrer/t}^. 211.
König, Welche Veianslaltunircn sind fiir das nachschnIpflichliLre .\lter
zti treffen, um der V'errohunu: der aus der Schule entlassenen {uj^iend
und <K n darau.s erwachsenden («efabreti vorzubeugreu f (Schles. Schul-
ztg. -Mj.
3. fiesinRunsMinterriobt.
n. R eli irion.
ftii'ihi. Rohrmüller. M.. l'räp.H i-lioneii auf ileti rnk nicht m
Lhnslojih V. SclimuLs bil>lischer (iesciiichte für katht»!. Vtilksschulen
nach Dr. .\lb. Werfers Neu bearbeitunj?. 2 Tie. (104 u. 1728.) Mfmchen,
M. Kellerer. i M. u. i.^x» M. — Zuck. 'Htn Ivinlieilliclu < Iveli^ions-
buch, cnth. : liibli.schc Gcschiclite, Kirclicngeschichte, Katcchi.snius
ni. I^rläutenuigen u. Kirchenlieder. Für evangf. Schulen zusammen-
j^csleUt. iXII, 331 S.) Dresden, (i. Kühtmann. o,.So M., geb. i M. —
Beck, s. iiuir.. s.-iciinar.iir, I>r. Karl .\\v^., Hamlbuch zur ICrklärung der bib-
lischen (iescliichte. 1. lid. Das alte Testament. (\ I1I, 511 »S i Köln,
J. r. Hacheni. 4 M., geb. 5 -M. -- Bang, s. imi.iir. S.. Das I.eben unsere.s
Heil.indes. l ür Schule und Haus im Wortlaute der ]",vangelien nach
».einem ge.'schichtl. Verlaufe einheitlich dargestellt. Mit einem Christus-
hilde und eiuer Karte von Palästina. (VIII. 127 S.i Leipzig, i:. Wun-
derlich. o.(k) M., geb. 0.75 Vi. — Geschichte, kleine bildische, für die 4
untersten Jahrgänge der katholischen \ olks.schule. Mit Genehmigung
Sr. Kminenz des Hochwürdigsten Herrn Kardinal -KTzhischofs von
K'"ln -j S . Dü.s.seldorf. I.. Schwann. o.v> M-, kart. 0,40 M.
W, Koppeimann, Die Sitt nl' l;re Jesu, dl, 45 S.i Herlin, kcuther u.
Kcichaid. o,(xi M. Glattfelder. Dr. A., Handbuch der bibl. Geschichte
für die Unterstufe der k.ith. \ Iksschule. iIV, 79 S.) Trier. Paulinus-
Druckerei. o,S«.> M. Wolter. -\.. Jesus Christus. Ivin Lebensbild, nach
den vier i'Aangelien zusammengestellt. Mit 4 Karten in b'arbendr.
((49 S.) Gera» Th. llofmann. 1,20 M,. peb. i.u. .M. Hoffmann, Kemioar-
u. Jcdigiotiikiirer, C, Hilfsbuch zum Unterricht in der biblischen Ge-
20
F, W. 8chmlrie.
schichte. Für Seminaristen u. T,ehrer. <X, ;,oi S.) Habelsch'werdt
Franke. 2,40 M.. jicb. ^.So M.
/>/ AiifSiitir. Rektor Schmidt, Wie ist flcr KatLflusimisuiiU-nicJU
cin/.unclUcii, 'l;iniit «Icrscllic fruchthat fi'ir die Auftjaheii des Lehens
wird.'' (Pra.x. «1 1 idsclk. hm. — Voigt. Die ä te.steii Ahl)il<hingeti Jesu,
i Täd. Hl. 4). 0. Ostcrmai, Die tu-uemi Refornihestiebtttiueti auf dem
(Jebictc des evaiigclisclieii Kcligionsmiterrichts der XDlkssclinle. (Päd.
Studien S)- — N. N., Kini^e Bemcrknng'en zum bihl. Cieschichtminter-
richte auf <ler oin istuft (Preuis. Schul/.t^. 4 1 ) Georg SUrsmann Der
gt:.sclHchtliche Keliijion.suntei rieht auf der t)ber.stufc ilcr Wilks.sehule.
(Hann. Schulz.tj?. u — 13). — F. Schnitze, In dem Unterridite in der
biblisehen ( iescluohte soll das Lebensbild Jesu deutlich hervortreten.
Unter welchen X'orausset/.un^en kann dies nur jjescliehen, und wie
ist die erforderliche Zeit dafür /u j^ewinnen.^ (l'rax. d. Landsch. 12).
Ff, Uide, Besprechnng des von Pfarrer Schäfer \ erfaf.sten ür.rlics I )ie
innere Mi.ssion in der Si liule . iPrax. d. Landsch. 12). — Or. Karl JllStf
Der zweite Artikel. (Prax. d. l'lr/.iehun^^sch. z).
b. (\ e s c h i c Ii Y v.
n) ItiiilK'i. Wagner, iv.if., Dr. I r., Deutsche Lebensbilder und
Sajit''» für <K n < 'icschiclitsunterricht auf der Mittelstufe höh. .Mädchen-
schulen. Nach dein preufs. I.ihr])lan vom 31. Mai 1S94 bearb. (So S.l
J^eipüig. F. Hirt u. Sohn. Kart. 0,75 AL, ^ei>. i ÄL — Kornrumpf, 1-rnst,
Vaterländische Geschichtsbilder. Hin Hilfsbuch für den (Geschichts-
unterricht in prcufsiM In II \'olks- und Pürtrer^clmlun. il\ ^ ) S.)
Leipzig, F. Braudstetter. Kart. 1.35 M. — Weigand, IL u. A. Teüklenbuq|,
Deutsche Geschichte. X ach den Fordeningfen der (tejrenwart f. Schule
und Haus I)earlKitLi iX IIl, 152 S.) Hanno\er. C Me\er. 0.75 .M.,
kart. 0.90 M. — Rofsbaüh, Dr. Leitfaden f. .1 rnter-
rieht in der (ieschichte <les Altertums. Nach dem preufsisclKu Lehr-
plan vom 31. Mai 1S94 bt-arb. (\ IIL 102 S.i Xeuwiid, Heusers Wrl.
(ieb i.-c M. Sevin, Ln>h\iu. (ieschichtliches (Juellenbiu-h, Ijne
Samuilujiijf von Quellensclirilien für den Schulgebrauch. 5 lUlchn.
(80 S.) Lei[>zig, R. \'oi};tländer. 0,60 M. — Broofcinsnil, Sprolrmrlchr..
(tcschichte des j)reulsischen St.mtes. Mit /.ahlreichen .Abbildimiren
und einer Karte des preulsischeu Staatts. (XI L 21.S S.) Münster,
H. Schöning'h. 1,60 M., R-eb. 2 M. — Winter, Dr. H., Lehrbuch
der deutschen und bayrischen (kschichte mit Pjnschlufs der wicli-
tig.stcn Thatsaclien der aufserdeutsclun (Ieschichte und der Ktdlur-
ge.schichte für höhere Lehranstalten. Mit 10 (kschicht.skarten und
30 kunstgeschichtl. Abbildj^n. 2. Hdchn. Neuere Zeit vom westfäl.
I'>icden bis zur Gegenwart. (\'H, 230 S ! München, K. ( vldcnbourgh.
2, -'5 ^L, u-eb. 2,ü)^L Mertens. I'roirynin.-Dir., Dr. Mart., Ililf.sbuch für den
Unten U lli in der deutschen Geschichte, fin 3 Tin.) i. Tl. Deutsche
f'.eschichte ^•rm de n ältesten Zeiten bis zum Ausgang des Mittelalters.
(VHI, 140 S.) Freiburg j/Ji., Herder. 1,40 M.
h) Aufsätze. Dilclier, Welche Aufgaben erwachsen dem Geschichts-
unterricht in (U r \'o]kssclnde aus den» Wesen des modernen »Staates.*
(l'äd. IJI. 4j. — W. Fick, über <len Pilduugswert der (Ieschichte. (.Aus
der Schule f. 2). — H. Reishauer. Die neueste Zeit im ( leschicht.sunter-
ii<lite der sächsischen Seminare. (Leipz. Lehrerztg. 30. 311 H. Wei-
gand, Lehrmittel für den ( ieschichtsunterricht. (Paed! d). — Th. Franke.
Zum Ausbau des ersten Geschichtsunterrichts. (Ü.sterr. Sch-ulb. 4, 5>.
c. ( i e s a u g.
rt) liihlur. Herrmann, A.. P.salter. Sammlung ^stinim. Llioiale lür
Kirchen- und Schulgebrauch nach dem evang. Gesangbuche für Rhein-
land u. Westfalen, nebsteinigen geistlichen Uedem und Motetten. (IV,
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Fl<lli((4igl«eh<> pAflher- un«! 2Hluti|{a«eliKu. 2 t
1C2 S,) DoTttmmU, F. \V. Kuhfus. 0,50 M. — Schulze, Wilh.. Volks-
licderbtich. Kine 5«aninilung t> und sstimni. Ueder für liöh. lA hraii-
.slalteti. (:<).s S ) Ikriin, I.. nhniijrkes \"erl. d.So .M. — Liederstraufs.
!'.iiu S.iiinulimy^ von Choräk-n mul I,it fU rii fiir die \'<'lks- u. Mittel-
schule. UlU. (16. 11. <)2 S.i I..ingcn;-!al/.;i, ScluUl)UchlulI. Zus. t.35
M. -- Bockeler, II.. I.iedtihtKli für Schule und Maus. 2 Ufte. (\ I. 41
u \ •»'> S.) Aachen. A jacobi u. Co. 0,50 M. — Dass. für «lie t inkl.
\ oikssch. y2 S.) lihd. 0,30 M. — Sohul-Liederbuch^ Leipziger.
AiiHg. W. Für einf. Schulverbältnisse. 150 IJeder und eine Anzahl
nuthod C.t liör- u. Notenühtinj^en enth. Im .\uftr. dt r C'iuu niiisstiftp^.
bearh. von Kantor A. Kleine. (I\', 139 S.j J.,eip/.ig, Dürr.sche lUiclih.
Kart. o,5;o M. — Kihne. Soniina r- M unIIc li>lir., l-r.. Die Knopftafel. Kin Hilfs-
mittel zum Zweck einer natur^emäfsen iMnführuug in das Sinken
nach Noten, it; S. m. 1 Tfl.t Coepenick. \V. II. Osterwald. o,f>o .M.
.hi/.uy/:<: Emmy Keerl, Die (irellsdie (iesanj{smethodc. (Die
Lehrerin 16). - N. N., Das deutsche Volkslied in der Volksschule.
(Preiifs. SchulKtg. 28).
4^ Sacliuiiterricht.
a. Geographie.
UberieltriT, Dr. Hans, I^eilfadcn der Hinimt*ls-
kunde. Für den Schul^cbrauch, insbesondere an höheren Mädchen-
schulen, .spwie für den Selbstunterricht. Mit 18 V\%. im Text und i
Sternkarte des nördl. Himnuls. (IV, 76 vS i Tk-rlin, R. Caertner. <'.eb.
in Leiiiw. 1.50 M. Buchhoiz, i.ciircr. A., J.citladcii für den I nterncht
in der (ieographie. (IV, 4S S.» Herlin, Nicolais Verl. o..v^ M. — OppW-
mann, schuiiti-p, IMm., (.ieographistlus Nanu nbuch. I^rklärung pto-
gvapliischer Namen nebst Aus.s])rachebezeichnun}i:. tVIli, I67 S.)
flannover, C. Meyer. 2 M., kart. 2,25 M. — Wolf, J.. 3 Wandtafeln für
Hitninelskunde. Farbendr l'fsÜTiuen. A. l.uuj^;. ä 1,50 M.. auf I.iiinv.
n). Stäben ä ;^,jo M. — Tschander. semimir-obrrtchr^ F., Die ck'utscbeu
Kolonien. Für die Schüler von Lehrerbildungsanstalten dargestellt
(40 S.) Breslau. H. Handel. o..}o M.
/>/ ( vA // , Adolf Tromnau, Die HnuptweLM' <U s Welthnndt ls im
erdkundlKluii l uleiiicht. (IM. f. d. Scliuli»ra\. r_'i. Wisot/ky, ivui-
führung in das Kartenverständnis. (Prax. d. Volkssch. 5).
b. Naturlehre.
o) liürlnr. ÜMptrt, Oberlehrer. F.. Leitfaden dcrChemie und Miue-
r iloiric für (lymna.sien. (VI. 47 S i Ücrlin. L. Sinion. Kart, n/v» M. —
Crimsche, Ivinleituiig in <lie i'hy.sik. Kin Beitrag zur Methodik
des pln sikalischen Anfangsunterrichts. Progr. (24 S.) Hamburg,
llen.Ids Verl. 1,60 M.
Aulsäize. Fritz Witt Beiträge zum Unterricht in der Natur-
lehre in einfachen Volksschulen. (Prax. d. Volkssch. 3). — R N., Die
Lehre vom Schall. (Deutsche Schulprax. 14).
c. Naturbeschreibung.
<r< l'i'nlicr. Naturoeschlchte nach I.cbc Tisircmeinschaftcn. I*'ür die
Volksschule btrarb. v. mehreren Lehrern. 8. Hft. (IV, 52 S.> Langen-
salza, Schulbuchhdl. 0,40 M. — Prtft, Krrittf hutinap.. Herrn.. Die Naturj^-
schichte in der l^lementarschule. (49 S.i Strafsburg, V. TUill o,So M.
Ki>rtii<»hrfr, T^f B.. Unsere Beerengewächse. Bestimmung und
Beschreibung uiiscici einheim. Beerenkräuter und Beerenhölzer. (\'II,
lOI S. m. 72 Hol/s( Im I I'reiburg i B.. Herder. Kart. i.;,o M. — Röfsier,
(i vmii.-< >bcrl«>hr.. Dr. Kich.. Die verbreitctstcn Schmetterlinge Deutsch-
lands, iiine Anleitung zum Bestimmen der Arten. (XL ijo S. m. z
Tfln.) Leipzig, B. G. Teubner. Geb. 1,80 M.
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22 F. W. SfbnMf.
/fl Atifsöi'^e. Ludwig Epstein« Der naturjjrescliichtltche ITnterricht
in dt-r Xdlkssi hulc nach <k'ii lu nvron Refornilu strt l»un<j:cii. (Prax. cl.
J^and.sch. li). — H. Anrieh, lintvvuif zur Sloffvcrtcilun^i für Ueii Unter-
richt in der l'flanxcnkunde in der siebenkl. Volksschule. (Prax. d.
XOlkssch. 31. — U. L., W if cr/.iclKii wir iitisere vSchiiler zu aiifinerk-
»antcu nt.'ol>a( !ilern »kr Natur und iliror I!rsolic-inuni::c-ii (Kl|i. cl.
Päd. 8). — R. Kabisch, Der Nährwert uiuscrcr Nahrungsmittel, (l'rax.
d. Krzieliungssch. 4).
5. SpracliHnterrioht
a. Umfassendes.
AufstVir. Sdwlte, Rudolf Hildebrand zum (;edächtnis. (Päd.
Bl. 4). — H. Wigge Hii M utler.si)rache ciik 1 )is.' ij.ün 1 N. l'äd. Zljjf.
18, ly). — W. Pfeifer, /inn ikiilsthcn .S))raehunterncht. ^I'äd. Iii. 2).
b. Sprechen und Lesen.
■ <> l'üi ln r. Meyer, i:i.j»U.-liul-I)ir.. l-mf, Mfr. (I. U. K.- iNt t.ul 01. rl. hr.T
Louis Nagel, j». 1».. I)eut.*^ches I,csebuch fm Kcalschnk-n uiul vci wamUe
Lehrau.'^laUen im Anschhifs an die prmis I^hrpläne von iH.)!. Ober-
.stnk. Prosaheft. Nt». 1 f (iir Klassen II u. I. {loS S. m • K nteti-
•skizzenj. Ueipzip, Dürrsclie Huchh. tit;b. 1,65 M. — Paldamus, »eü.
üüiversoh.-uir., Hr. F. C, Deutsclies Lesebuch. Nach Mafsfi^nbc der Be-
stimmungen vom 31. Mai iStj4 fiir hölu n. Mädchetisclnden bearbeitet
von Dir. Dr. Karl Rehorn. 5 Tie. Frankfurt a/M.. M. Die.stcrwcK.
(•eb. in Halbleinwdbd. /u.s. 12,15 M. — Putzger, Dr. 1'.
\V. u. Schuldir. L. E. Rasche, Deutsches Lesebuch für einfädle X'olks-
.srhuliil. 2. Tl.: 5— Sihiilf. (X'I, 4S8 S.) Leii>/i<r, Durt-.l"- niir]i]i,
i,;;5 M., ^4eb. in Ilalbknuv. i/h» M. — Steger u. Wohliali»
Lesebuch für Mittcl.scliulen. (l'rvveiterte Aus^. (kr Neul' ' ilj?. des
Scliarlach-IIaiii'tsrlien Lesebiu hs; ; l'k;. Halle, II. Schi "mIlI .M.,
geb. 8,50 M. — Green, Ludw., l'ibel Uirtkn \ creinigten Si>rach-, Schrcib-
iind T,eseunlerriclit. Nach phonetischen Grundsätzen Inrarb. {wd S.)
L' ii i ' >. R. Keisland. o.(V) M., .Xumerkun^ni .1 i/u wi S < M.
— Fechner, Trof., Scminar-Ubcrlelir., lieinr., Anleitung /-ur Lrtciluui; des
ersten r.,eseunterrichts nach der NoniiaUvorterniethode ni. Vorkursus.
He<rkit\vort zu der Neuen l'ibel* und di^ai ICrsten Lesebuche». (IV,
7^. S f lUrlin, \Vie>randt u. (".rieben, i M. Schneiderhau, s.-niiT.;»r-
oi.cri. ),,.. I'ili , Deutsches Lesebuch für X'olksscliulen. 2. u. 3. Scbulj.
(VIII, 711 S.i I'reibur^ i,B., Herder. 0.55 M., geb. 0,65 M. —
Achenbach. 1 ritz, l'räjjarationen zur Ikhaiulhni.,' deutscher (ledirbte
in dar.siellender Unterrichtü weise. 1. Tl.; Mittelstuk*. iIV. XV'IH, yS
S.I Hilchenbach. L. Wienand. 1,60 M., geb. 2 M. — Frey, Jos., Hand-
liiiv'h für den vereinij^ten Sach- und Sprachunterricht dts cisUn
Schuljahres, iiin Beitrag zur Reform de.s ersten Lese- und Schreib-
unterrichts. somHc des Anschauungsunterrichts, zunleich Kommentar
/I 1 Verf. .\BC-Bnch. 2. Lfg. (ö. 145—456 m. .Abbild^«.) Stuttj^art
j. Kolli. 3 M. Ufer, f!iir--x-b UrVt C"lir, Ttii Pflejrc «kr deutschen
.\u.ss|trache in »ler vSchuk-. i.ui erueileitei X urira^. (40 S.) Altenburj^;,
(). Höndes N eri, o.^x) M. Cyranka, s.minar.iir., Dr. L., Wiederhol un<^s-
büchleiu fiir den l'ntenicht in der d ut'-ilun Litteraturjre.schichte,
nebst einem Abrif.s in der Poetik und .Metrik. (64 S.i Breslau. V. JlirL.
0. 60 M. — Kinzel. iw. l>r. Karl, tiedichte des 18. Jahrhunderts, aus-
sj:ewählt und erl.i ' r X. rW) S.) Halle, Bochh. des Wais vli mses.
(ieb. j,2o M. Wacker, »emin*rdir, K. u. r<jj.. u. «chiiir«! J. fiansen, l».
Deutsches Ix*sebttch für katholische höhere Mädchenschulen, i.
Tl. I iir d.is j. u. 5. Schulj. (XX, 275 S.) Münster, H. Scbdningh.
1, äo M., geb. iu Leinw. 2,20 M.
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2.1
//> Aitfsälu. Edwin Wilke, Spracls- und SachunteiTicht. (Ntiie
Balitieti (\ 71. - Heberholz, Richtlinien für die Behnndhinp eines Ce-
(liclits. (hculsclic Srliul])! a\\ 23, -- Georg Heydner. N om siDtf^^e-
bitt (Ks I,ts«.'I)iu']is iLfipz. I,t hriT/t;^ :^7, ■2'<). N. N., l nt' rriclits-
f»n»])cii aus (kin (.Ll>ictt.' des Sclvn. ihlcsc- 1 ritcrrii lits. (IJ. \ Olksscliul-
freund 18, 101. — M. Rodermund, iibcr da.«5 Vorlesen und VV>rer/.ählcn
eines lAsestikks. (Rhein. -Westf. Sclinl/.t»j. Robert Wernecke, J)ic
ersten Übungen im Schreiben und lA-sen. (I>. I«ehrenn 17, iS).
c. Aufiiatz, Grammatik und Recht seil reihen.
in lith/m. Wilkr. i;,ki..r, l-'dwin, Sprncbhefle ffir Volksfichiilcn.
Aus«;. A hüUihefle. 3 Ufte. (22. 50 n. S9 S.l Halle. II. ScbrcMlel.
/ns (!.(,<> M. Dasselbe. Im Ansdihi.ssc an <las I.e.sebuch f l^iiii^cr-
1111*1 X'olksseluilen von Scharlach n. Ifaupt bearb. Atisj.; 1? tHi n
lAlir«.r. 2 Tie. in ; Jffln iIH. <)-, IV, 172 u. III. 17? S., I.lul, 1,
— Lieb, A., Obunji.sstotte für tlen Tutcrricht in der tienlsehen Si»rach-
lehrc. Aiifjrabenbwch für die Obcrl«!a»RC der Volksschule. (IV, S.)
Nurnbrri;, 1'. Ktirn. <> M Edcrt, i,.iin'r. R., ruschäftsanfsät/.c l'( -
lehruugen, Muster, Redewendungen und 430 Aufg. Für die Hand der
Schüler in pfcwerbl. und kaufm. Fortbildnnjfsschnlen. 2 Ufte. 77
u. HI. .S7 s.l Hannover. C Mcyn Zns. 1.35 M. Lippert, .\iri.Nii.iis.imi-
Itinki, K.. Deutsches Spraclibiiclilein für X'olkssclmleii. 3 Hfl( IX', ;,r,
.j2 u. 4' S.) I'reibur^'^ i/H.. Herder. 0.S5 M. — Böttichcr, i'ioi.. u.aiMhiii-
oiuriihr., Dr. C.otth.. Ubunjicn zur dent. seh eil Grammatik mit einem Ali-
rifs (kl fUulschen Si>rachlehre für die inileren Kla.ssen h'"1' Schulen,
insbesoiulere für Realschulen und verwandle An.stalten. (\ Iii, loSS.)
Leipzig, (V. Freytajif. (k*l». 1.20 M. — Bleich, (ivmn.-obcri. «.1»., W., Verein-
fachte deutsche Koc!it.schreibung und richtige Aussprache. I42 S.)
Berlin, M. Schildberger. 0,80 M.
hi Attfsittze. Franke, Das Für und "Wider der Frickeschen Recht-
schieibnn.u. (Päd. Hl. 3). H. Prüll, i'iber den «resaniti n S[<rachntiter-
riiht in der X'olksschule im Aiisrlihifs an den Sachunterricht, d.eip/.
Lehier/.t^. 2.^, 241. — Paul Neugebauer, Wie werden die Kindel znm
.sell>.st.in<1"^^en schriftlichen Ausdruck ilirer (kdanken befähii^t? iPra.\.
d. Landsch. 12' Kuntz, Der grammatische l'uterricht in der Vulks-
.schule nebst lA'lirprobe. (Hl. f d. Sc]iul])ra.\. 3).
d . I'- r e ui d c vS p r a c 1'. e n .
Ol liiklitr, Gescnius, F. W., luiglische Sprachlehre. \'ölhg neu
bearb. von Prof. Obcrlehr. Dr. Emst Regel. Ansg. f. höhere Miidchen-
scluiUii. (XI \'. Yy.) S.) Halle, H. (iesenins. (".eb. 3,50 M. - Hahn, Th.
U. E. R0O8, Französischer Sprech-, Schreib- und Leseunterricht für
Madchenschulen. 3. Stufe <VIII. iSo S.t Halle. H. (resenins. i.So M.
Stiori Georg, I.chrlnich der französischen Sjirache für höh. Minlchen-
schulcn. 'i'l T'iitrrricht.s.stoff für die 4- Klii"^!^'' iA'II. t?oS.) I.eipziir.
F. A. Unukiiaus. Kart. 1,50 M. — Bahrs, proi., l>i. H.. Denlsche
Cbungsjstücke zum Obersetzen ins Französi.schc für die oberen Klassen
von keal.uyninasien und Oberrealschulen. Im Anschlufs .m die Lehr-
bücher der frauit. Sprache von Dir. Prof. Dr. Strien herau.sgeg. {Vill,
157 S.) Halle, R. Strien. (Jeb. 1,80 M. — Spenoker, I)r Frz., Die franz.
Orannn itik 1. d Ri lUchule. Progr. (36 S.l Hamburg. Herolds Verl. 2.40
M. Backhaus, J. C. N.. Lehr- ti. Übungsbuch der engli.schen Sprache.
Ansg. H. i.Tl. (\I1I. i[(»S.) Ilantu)ver. C.Meyer, t M., geb. T.30M. —
Bube, J.. Schulgrammatik (1er englischen Sj-i u lu- für die Oberklassen
höherer I.i 1tt .üistalten. <\'III. 2or S.i .sinil-art. P. N< ff \\^x\. 2 M..
geb. in Leinw. 2,50 M. — Wershoven, i'r..r. Dr. l*. J., Hauptugeln der
englischen Syntax. Mit einem Anhange: S3*nonyma. (IV, 47 S.)
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P. W. Srhinidt.
Trier. Fr. Liiitz. Kart. 0,60 .M. MahÜM, J. Frdr., Fraiiiiös. Vokabel-
SchatK. (teordnet nach den Acccnten und dem Geschlecht der Haupt-
Wörter. (;>4 S ^ Ifa11< , C A K.h iiurK-rer u. Co. 0.60 M. Heine, Lebrer,
K., Eiiiführuu>( in üic Iran/,. Konvctsatioii auf (iruml <lcr An.schaminfC»
Ans^T- A. Xach den Bildern von Strübing-Whikelmann. Für die Hand
der vSchük-r bearbeitet. (VH, 55 S.) Hannover. C. Meyer. 0.60 M..
geb. o,9f> M.
/// A/i/s<it:t\ N M., Sli»ffv<.rUiUiii^ vuul Mctlioik' di^.s fran/ösisclutj
Unterrichts in den I.c lux i tukhinjisanstalten. {Vi\i\. Iii. 41. — Dr. H.
Brunswick, Für die alte M«.'t!i<><ii <1 niMispracliliclien rnterrichts.
(Frankf. Schul/.t^. y— in. Elis. Haakb, Wie hat der Unterricht iui
Französischen die AiifKal>e /u lösen, die Schülerinnen mögrtichst ein-
/.nfülifiii in das \'rr.stän<lnis der j.jeistiy:eTi nnd niaiericHen Kultur,
lieben und Sitte des französisrlu 11 XClkis' !> I,elircrin ly).
6. Zahl- und Formunlerricht
a. K cell n en.
i!) liiii Jii t. Engelhardt, u<-ki»r, V Rr( lu tiVnicli für \'olks.<cliulen.
AuHg. H. 2. llft. (72 S. ni. ;^ iMg.» \\ ilLcu. K. <iräfe. o.jo M., j^el». 0.50
M. — Pflieger, pror, obwiehwr, W.. Ivk-nientc der Arithmetik für die mitt-
leren lind « Ix-ren Klassen höherer I.ehran.stalten. (IV, 12SS.) Strafs-
burg, F*. Ihill. i,«So M. — Doms Aufgaben für mündliches und schrift*
liches Rechnen. Ausg-. C für höhere Mädchenschulen. Nach den
ininislc ri(.ll(. n lU stiniiniinjjen iiher das MädcheiiS( hulwn st n vom 31.
Mai 1S94 bearbeitet von Seminariehrer A. FUsner und K. Sendler. 1.
bis 6. Hft. Breslau. H. Handel. Zus. 1,45 M. — Mahler, r..vmn.-i'r..r.. (l.,
Ivcitfaden für den .Anfanj^sunterricht in der .\l*.;i l)i.i in (iymnasien.
T.yceen. I.ateinschiik-n und verwandten .Xnstaltcii. lA IlI. 1 j'^^i S i Stiitt
uart. 1'. Xeff. 1,20 SI., \r^^h_ 1,50 M. — Herrigel, ihu.t.ii.Uf... vi. j;.»!-
1,1, r.M A. Manz, Rechetibiicli für die (Oberstufe z\veiklassij;er Schulen.
Für die Ik'dürfni.sse des jjrakti.schen Lebens nach methodischen < iniiid-
sätssen bearb. (</) S.) Heidelberg, vorm Weils Sort 0,50 M. l^ehrer-
heft (ro9 8.) 0,95 M. — SohweHng. «Jvnm.-nir., Kar!, Sanimhm^ von Auf-
gaben ans (kr Arithmetik für li'ihere Lehranstalten. I '•rLr'iiiL'c.
(XXI, 242 S.) Freiburg iiJi., Herder. 3 M„ geb. 3,40 M. — Bardels, Dr.
K., Arithmetische Autj^aben nebst I.ehrbnch der Arithmetik vorzujjs
weise für Realschulen, höhere Hürgerschiilen und verwandte Anstnlten,
neu bearbeitet und mit f itu r I.ojrarithmentafel versehen von Dr. H.
Hartenstein. (IV, S j Leipzig. H. (i. 'J'eubner. (ieb. 2 M.
/// A///sti7:f. Muthesius, Die vier (irutnlrechnungsarten im schrift-
lichen Rr. liiu ii J'a-1 -;). Ivfktor Hohmann, /.ahleubilder /n r Zer-
legung der (^irund/ahien durch den TeilungJvStrich, eine willkommene
Krgftnzting' zur russischen Rechennia.sc1iine. (Päd. Bl. 2). — C. SehSler,
Dir l'utstc liung der Zahl nnd die (imii(ls."il/f Ikiiu > li iiu ntarc n
Rechenunterricht. (Paedag. 6). — R. v. d. Welse, W eiche Stoffe sind im
Rechetinnterricht auf der Mittelstufe besonders zti üben und wie sind
diese 1 Illingen zweckmäfsig zu ge.stalten (l'rax. d. Landscli
Emil Zeifslg, In der \'olk.s,schuic algebraische Aufgaben libl. I. d.
Schulprax. 10, iii.
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Pädagogische Bücher- und Zeitungsschau.
Nr. 4. 1S9«. VII. .laliig.
l Geschichte und Grundwissenschaften der Pädagogik.
H. <jeschichtc der Pädaj^off^ik.
<ji Büi'htr. Schmid, «rii. itmi . uyiiir>..Dir., I>r. K. A.. beschichte der
Ivrzichmi;^ \ <>!i Aiifanu an bis :uif iinsfi*- 7( it. licail). iti ( iemeiiisrhaft
jjut einer Aii/.alil von (iclehrleu und Schulnianturn. \. Hd. i. Abt.
fVIII, 612 S.. Stnttff.. J. O. Cotta Nachf. 18 M, ^ Uwit, Dr Ju ..
Darslellunj^ <ler theoretischen imd ]>rnktischt'ti Pädaijoinlc im jüdischen
.Vltertum, nacli tahuud. Quellen unter vcrgieich. licrücksichtiKung
«les jfleichÄeilifien Schrifttum». (708.1 BerHn, Mayerii. Müller. 1.80 M.
Waldmann, Dr. l" . re.stahr/.zi untl Muralt. Vverdon u. St 1* ' r hiiru
<5.s S.) Sdiaffhausen, C. Schoch in Komm. 0,80 M. Pestalozzis samt -
liehe Werke. Tnter Mitwirk^^ von Dr. H. Morf u. i-rof. Dr. O. Iluii-
/.ickcr herausjie^j. von oi...pfr. 1,. W. Seyffarth. 19. u- 20. JW. 5. i<».
I,fji. l.ieniiitz, C Seyffarth. ä 0.60 IM
in Aii/sii/u. J. Walter. Die N'olk.sschule vor ii>o Jahren. 'Re|) <1.
Päd. ii.i WHhelm Gamper, Die relij^iöst-n .\nschauun.uen l'tislaloz/.is.
(Päd. StiitluTi ; I - Dr H Morf, Pestnlo/,/is nau.si)äda«^o<jik . Rln in.
Blätter 4. j — Paul SchoenwalUt, (Jverl>crj4 und Pestalozzi, (liinc i'arallelc.»
(Prax. d. Latidsch. t.| — Oskar Kobel, Pestalozzi und Overberpr. (Schtes.
Schul/tir .'3 ■ A. Fels, Pe.stalo//is .Ansichten über den Minfhii^ -u 1
.Mutter auif die Jugenderziehung. (Preuls, Schulztu. 5.S, 59.* — Ernst
Otto Hofmann, Die erste Pflanzstätte pestalozzianischer Ideen in Nord-
deutschland. ( Deutsche Volk * ' -2.1 — Tschech, Rou.sseans und I.ockes
l.r/ichungsprinxipicn — ein \ ( ip:ieich. (Katli. Schnl/tir 1
N. N., J. II. Cauipe und seine jjadagogischcn .\tisehautingen und He-
slrcbtingen. (SchuUd. f. Hessen m » H. Korsoh, Welche FortÄChritte
maclitt pi etifsische X'olk.sschnhv » n in der Zeit voti
)D, \olk.s.schulfreund 3S, 39.» ~ 0. W. Beyer, Zur (ieschichte des
ZillerMchen Seminars. (Deutsche Bl. f. erz. rnterr. ^1- 40.) Emst
Schreck, Joachim Heinrich Campe al> r 1 4 und J n.uendschrifl
.steiler. (Hann. Schulzt^. 27— 33.» — W, Henning, Mine Charaktcri.stik
Pestalozzis. iPest.-Studien 3.1
b, C i r u n il \v i s s e n s c h a f t e n d e r P ä d a • > i- i k .
-l///.vf //,<•. 0. Folti, Üher tUi.s System der lUhik \on I rictlr.
Patilsen. rHvanjf. SchnlMatt 8. 9.) — Dr. Th. KHIIir, Päd a.nv. irische Rx-
Ijerimentalschulen eine noch unerfüllte Forderung Peslalo/./is 1 Päd.
Studien j.t 0. fliigel. Ncncti Arbeiten üher die (iefühle. (Zlsihi f
Philos. u. Päd. I. 2.1 - 0. Flügel, 1 >er subsl.intiellc und .iktnelle Seelen
liegriff uinl die bjnht ii <!' s Bewuistscin.«». (Ztschr. f. Pliilos. u. Päd. j 1
Or. C. Spielmann. Inu llim. tr/ und Intcre.s.se. (Prn\ d \ rlksscli. S )
Dr. P. Bergemann, Ab.soiutisusche inul cvolutionistisclie Mthik im
Kampfe um die Pädapop^ik. <I^ipz. I^ehrerztpr. .^9—41.» — H. Sohsrsr.
Die AufgaVu der wissensrli iftlichen Pädagogik im allgLii ' 1 und
in der (legen wart im hcsontlercu. iPäU. Ztg. 34, 35.J Ed. Schlegel,
Kini|;c' (U*d:tnken aus llerbarts Rriefeii üWr die Anwendung der
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r. W. Sehmidt.
Ps3'cliologie auf die rä<l;iL;(>^ik iSchulUl. f. Sachsen .;7, — Dr. Ed.
Martinak, Zur Begriffsbestimmung der iutellektuelleti (Pfühle und
des »FntercMes<». (Sfidd. BI. f. höh. l'ntertichteanst. 7. 8.)
2. Allgemeine Erziehungs- und UnterriohtsJehre.
:i n TTi f a s s e u d es.
(1) Büdnr. Friedrich, • iMDit.-oi.tTi., (»ust.. Die liohert'ti Scluikn und
die (legenwart. 151 vS.i Leipz., IC. Warttgs Wrl. 0.60 M.
In AufstHze. N. N., Die einklassim imf! iiuhrklassige Volksschule.
Eine vergleichende Würdigung. (Deutsche \ olks.sch. zo,) — N. N., Die
Erziehung schwachsinniger Kinder. iBl. f. d. Schulprax. 15. 16.) —
Laura üuäbicker, Welche \usiü'-tiine liefert die höhere Mädchenschule
ihren Zöglingen für den Kampf des Daseins? (D. Lehreiin 21.) —
Hans Suck, Die Schulhygiene auf der Berliner (Tcwerbeansstellung 1S96.
(Ztschr. f. Schulgesundheitspfl. 9 ) - N. N., Woran die Schule der
fiCgenwart hauptsächlich krankt. (Hayr. Lehrcrztg. .^2, ; P. Kuntze,
Die Behandlung schwachsinniger und schwachbegalAci Kinder.
fSamml. päd. Vortr. 4.^
b. Erziehung.
At//söfz{. Keim, Das Ehrgefühl und seine Pflege durch die Schule.
(Pra\ d I,andsrh ? ( — A. Pasternach, Die Macht der C;ew«>hnung:
im Dienste der Krziehung. (Lehrer/tg. f. Ost- u. We.stpr. 33.1
c, T' n t c rr i c h t.
(1) Jtüclu'i. Graboiie. scniiii*r-üiiungiiBthuUeiir., (i.. Das dritte Schuljahr.
(X, 305 8.) Wien. A. Pichlers Wwe. 11. Sohn. M., geb. ^^,40 M.
I>) . f/.",vr/':^ F. Schulze Welche Tunsi hränktmL; i rfährt in der
Volksschule die i orderung: Häusliche Arbeiten .sind unerläislich ?
Und wie vermag die Schute alsdann den häuslichen Fleifs su ersetzen.
(Prax. d. Landsch. 2 ) — Fr. Linde, Die l'ehlcr des I^ehrers beim Tnler
richte, fPrax. d. I.andsch t 1 — N. N., I ber die Anschaulichkeit rles
Unterrichts in der \*olks.scliule. (Deutsche 'olksseh. 21. iia - N. N.,
Zur Durchführung der Klasse. «.X. Westd. Lehrer/tg. 23.» - N. N..
('her Leitfäden. Rr.ilii iibücher und Ri alU sLl)iu lu 1 fh'rankf. Schul-
xtg. — Dr. Gänsen, l' her Unterrichtspläne oder i'cnsenvcrteilungen.
(Rhein.-Westf. vSchnIztg. 46—49 ) - P. Odelga, Über Methode. (Bl. f.
die Schulprnx ;S 1 - H. Arnold, Die (iesundln it> und h>nährungs-
lehre im Unterrichte der Volksschule. tDer Rektor iH.) — HSbae,
Welche Nachteile sind mit dem Massenunterrichte und welche mit
dem P'in/elunterrichte verbunden? Welche Vorschlage ÄU ihrer Be-
seitigung .sind KU machen. iPäd. BI. 5.)
d. Sozialpädagogik.
it) liii'lh i. Witte. Dr. \\ , Wie sind die (iffeutlichen beste des
deutschen X'olkes zeitgeuiäls zu reformieren und /u waliren \'olks-
festen /.u gestalten.'' 132 .S.i Ueip/i«. K. \'oigtländer. <>,.S4^ M. — Thiel.
Lehr.. 1'* ^ Johs., Kin Tag in Uebeiisheini. sozial« \ »lurerziehungs-
anstalt fiir verwaiste und uneheliche KintK 1 litiderlei Uie.schlechts.
Allen UeiUMchen Müttern. Vätern und ICrziehern geträumt. (2S S.>
f^eipz., II. H. Than. 0,50 M. _ Ragel, Lehr., Fr/,. I)er freiwillige Er-
Ziehungsbeirat für schuleTillas'iene \Vaisen. Min Wf^iich zur I/">sting
der Frage: Was i.st das deutsche Volk .seinen verwaisten Kindern
schuldig? (g6 S.) Berlin. L. Öhraigkes Verl. o.«o M.
h) Aiih<'i/:f. Jlauptlehrer Schöttler. Was kann die Schule nn>\
besonders der Uchrer zur Fördet uuj^ der Mäisigkeitssache tiiun i
(Uehrer/tg. f. Westf. u. Rheinl. 13.^ W. B.. Die Stellung der Schule
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PAdAfogiMb« IMIclivr- tutd ZoUungMeluML
»7
im Staats- und Volksleben. (Deutsche SchuLztg. 39.) — Kafi. Steiter,
Die soziale Arbeit der VolksRchullehrerin im Anschinfs an die \'olks-
.scliule. (I). I.elir rii- ?2.\ — Job. BergklKOllt, Soziales Interesse in Haus
und Sclmlc il'mns SclntlztL: 7r.> EndHs, Ober Notwendigkeit»
Zweck und Kinrichlun}; der l;lUruabcnde. (Allg. Schulbl. 22 — 25.)
3. Gesinnungsunterriohi
a. Relijirion.
liiii Jin. Enders. imi.iir , Adh , Di*- Schidl)iV)LHrai;c V ortrag.
(HjS./ I«eipi6., K. Böhm. (»,30 M. — Kratz, i»ror. Dr. Heinr., Kommentar
zur bihl. Geschichte. Fiir die Hand von Präparanden, Senünaristen
und Lehrern an Volks \in<l höheren Schulen im Anschlufs an Zahn-
(riebes bibl. Hi.storien bearb. 27", S i Neuwied, I Icu.sers Verl.
2.50 M.. geb. ;^ M. — Leinung, Wilh.. Ist eine Schiilbibcl wünschens-
wert.'* (27 S.i Magdeburg. Schallehn u. X'oUbrück. 0,50 M. — Dlinze, H..
Das biblische Lesebuch idic Schulbibel) der Bremischen Bibelgesell-
schaft, seine Berechtigung und seine Bedeutung. (32 S.) Bremen, J.
Morjrenbesser. 0,40 M. Cohen, Carl und Religionslehrer
Ant. Stelzmann, /W///- fhmu'no. Katholi.sches ( sang- und l'.ebetbuch
für höhere Lehranstalten. <\1I1, 401 S.j Düsseldorf, L. Schwann. 1,75 M.
— Ankel, itea]aoh.-ob«ri. Dr. O. und Realschiillehr. Ed. Wölfl. Spruch- ujid
Liederbuch für den evangelischen Religionsunterricht. Mit einem
Anli.uitr: debete. (V. -'24 vSj Hanau. G. M. Alberti. 1,40 M. Hof-
mann, imi Heinr.. Biblische Anschauungsbilder z.nn neuen Te.stament
für die Schule Ilerausgeg. von Jul. JUohmeyer. II. S^e. (> lU.)
Breslau. C I \\ iskdlt 15 M . auf Leinw. mit Ösen 20 M. - Jonas,
<i}mH.-i>ir., rrof., lir. Rieh., Lehrbuch für den ev angelischen Religions-
unterricht in den unteren und mittleren Klassen höherer Lehranstalten.
Mit Karl n oii Palästina. (1S6S.1 Köiii;^sberg. J. IL Bons Wrl.
i.OoM. ■ Ctemeo, i>n>f., uc, Dr. Aug., Einführung iu die Heilsgeschichte
des alten und neuen Testaments. Für höhere Schulen bearb. (13.S S.i
Lei|)/., Dürrsche Buchh. Kart _• M — Dreher, Dr. Th.. (iottbüchlein
oder Kleinster Katechismus für katholische Kinder. (50 S.| Freiburg
i'B.. Herder. 0.30 M.. geb. ()..;5 .M. — Habermas, s«uiiu*ir-oi>i«rit.|jr.. W'aaim
i I lern Bibcllesen und Bibelkunde in der evangelischen Volksschule
liL ute w eilergeheinle Beriu ksichtigung als seither, und wie hat sich
(^lei I nUTricht in diesen 1 ächern zu gestalten " (15 S.) Leipz., Dürrsciie
Buchh. 0.5*^* ^L — KabiSOh, Hcuiimtrlohr.. I.ii ., Richard. Die Episteln des
chri.stlichen Kirelic iijahri s fiir \'<)lksschnl]eli rer rrä]inranden und
Seminaristen schulgeniäls erläutert. (VIIl, 207 S.) Güttingen, Vauden-
hoeck u. Ruprecht. 2,40 M., ^eb. 2.80 M. — Aust, RHigionaiebr., Karl,
Lehrbuch der Kirchengeschichte für den evang. Religionsunterricht
an Volks- und Bürgerschulen, sowie verwandten Lehranstalten. (IV,
loR S.) Wien, A. Holder. Kart. 1.20 M.
/'/ An/stitze* Prof. Dr. ZhiRMr, Hi- innere Mission und die Volks-
schule. (Lrax d Wilksseh 9.» - Ballhorn. Di( \f rlundung der bib^
lischen Geschiclile niii Kalcchisiuus. Spruch uiul ts,iieheiilied. (Ztschr.
f. weibl. Bildg. i.v) — Habermas. Warum erfordern Bibellesen und
Bibelkunde in <Ur e\ angel. Schule heute weitergelu ndi 1 U riicksich-
tigung als seither, und wie hat sich <ler Lnterrichl in diesen l ächern
zu gestalten? (Aus der Schule 4.) — R. IBIIeher, Welche Schwierigkeiten
bietet der Religi«>nsuiiterricht auf der l'iilerstufe mnl sind die-
selben zu überwinden? tria.\. d. I«unUsch. 1.) — L. Grote, Dei christ-
liche Religionsunterricht ohne dris alte Te.'^tament, (Neue Westd.
Lehrer/.tg. iS.» -- R. Hagen, < ■ 1 äber den Katechisnuisunlerriclit
iBl. f. die .Scluilpiax. i/.t ■- N. N., Zur Litteralur des l)iblischen (ie-
.schicht.sunlernchls. <Lehrei/Ag. f. \\ estf. ;,S, iy.) - Dr. G. von Rohden,
Das Problem des Religionsunterrichts. (Kv. Schulbl. 9.)
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28
F. W. üilimldt.
1>, (i csch i c h t c
liii.h,! GrülNch, ><iiuir.. A . (U'.schichts/aJikii finden I nlerrk-ht
in iler t'intaciicn X'olksschuli' ; Wandt. ift-ln. l)ixs<kn. A, MuhU-,
M.. aufj^tr/. M. Sevin. I.udw . r.csehielitlichcs (Jni.lKtil)nrli.
(y rdrhn iSj S.» I.cip/i^, K \'« »i-tlän.K : o/x» \\ Trautmann, ('>.,
Bilder aus der braudcnbuigi.scli j)rcuisi.schtu (icsciiiciiic in scliulgc
tnafser Fonii. (IV. 48 S,) !)<»isau, R. Kahle. 0,30 M. — Hartem. I>r. \V.
F^eitfadcn der ( icschiehU- für die niittlt rcn Klassen liölien 1 I rhr;i?i
.stalten, i. Tl.: (it;.sdiichtL' des Allerliwns, <U, 155 S. niil 4 Karlen. 1
Hannover, ^fanz n. T.ati;,a. f.6c> M. -- SeemamM Wandbilder. Mei.ster-
werke der bild. Kun.sl, lianknnst, Hildnerei, Malerei, in t««» Wand
bildern. Mil Text von Di. C.eor^ Warneeke. 5. I,f^. u» Tlln. 15 M
anf^'e/ n. lackiert 25 M. - Schultz. .iMm. in, . Dr. l"erd . Lehrbueb der
C lesebicllte fnr die < >i'ct sl\ife lj«)berer I.ebranstalten. .\bt C.esoliiohte
«les Mittelalters un<l dis Zeil iU. rs der Reform, iti ni, I.ebraufj;. der
Unter Prima. (V'ill, 24,^ S.) Dresden, 1,. lüikrinann. Ceb. -'.So M —
Weigand, H tind A. Teeklenbarg, Deutsche ricschichte. Krgänxtiti.t^sheft
für die Kb< itipi n\ in/, lu aib. v. Job. HeM;;el. S.t o,j<> M. -- Haehnel,
Ur. C t.. .\us deutscher .Satte und Cie.schichte. Der deutschen
lugend erzählt. fVIIl, 22? S. mit 1 Karte.» Berlin. Weidmann. (leK
4 Pfalz. it.His.h.-iHr., i'n.f.. Dr. l'"rz . Die^UMliirlu in ibrcn (irnn<!
xügeii. 1-jn Kebrbueb für die tlentscbe Sebule und ein Lesebuch fiir
«las deutsche Haus in 1 Teilen. 4. Teil i\ I. ;f»S .S.) Leipz., Dörr.'^che
Bucbb. 2.45 M.. geb. !
' I ,' y/:?. Bertha Pattai. I bei die Henkksicbti^nng »Kr «ie-
schiehte <ies Altertunis in der Hürj^eischule. (Osterr. Sc1iu11k»Ic S.i
N. H., Das Verhältnis der La«desj*e.sohichtv /.ur deiitscben. (Bayrische
I.ebrerztg, VI loh. Bengel, Die l'r«>\ in/ia!ges( laichte im < fcsrliirlits-
unterrichte. (khem. Westf. Schul/.tR, .st>.i Dr. Staha, Zur l'ruge über
den Ct^chichtKunterricht. (Päd. Itl. 5.)
4. Saeliuirtarrtobt
a. <f e <» VC r a II h i e.
,n hm Im. Hackmann, \V.. .Neue .Scliulgengraiiine. l iiU i lietiiek
.sieht, der dialci)?. rnterfichlsf. verfafst. 4 Heft, (IV. 356 S.i 1)h.s.si.-1-
dorf, I.. vScluvann. ;^ M. — Seydiitz. Iv \ .. < ieograpbie. .Ausg. Iv l'ür
höliere Mädchenschulen. 4. Heft, ii'*^.^ S.t Breslau. V. Hirt. i.<)<.» JNl,
•— Welghardt, K.. Mathematische «Geographie. I^eitfaden für den t»nter-
ricbt in der <)bt il< ili.i «In Mittelseluden. 144 S. mit l'"ig I!ü1d Kon
korfli.i. o/>f> .M. Charakterbilder, geographische, für Schuk tind Haus.
^'*^» .vS .^7 ollarbeiidr. W ien, V.. llöl/.el. S M , auf Deckel gesj^innt
12 M Klenk, H«iiullHtr. J. <> . Das deutsche \ aterland, seine Kolonien
und .Answanderungsgebietc. l-.iti geogr.ipb. Hilfsbuch für b'ortbil-
«lungs , Mittel und X'olk.sscliMlen. (\ II. 1 lO S.i Stuttgart. .\. Bon/.
U. Co. 1.50 M. — Jahnke, Hckt.»r. Rrn.st Bilder ans der llrdkunde. (84 S.)
D.mzig. R Harlb. o,;^ ^|. - Lehmann. < leogr Cl. ir.)k(i rbililer. Xi». .";4.
Die r.ütlhardbuhn bei W a.s.scn. Leipzig, Schulbildcrvcrlag. 1,40 M..
aufjrez. i.6i> M.
h) .\iils,it:.< \ G. Wollweber, Die i;lemente der mathematischen
(feojCia]tbü 11?:. 1 .Im Belian«llung in der X'olk.sschule. (Rep. tl. Täd.
12.) Ed. Oppermann, Bestrebungen auf dem <*«ebiete des erdkund-
lichen rnterrichts. (Rep. d Päd 11.) — Fr. Max Bergfeld. iCrfahningen.
Ilrfolge und \ or.^chläge bt / l- r heimatkundlichen I.ehrfuisgänge
(Preuls. ScUul/.tg, txj, 01. > — H, Harms, .Sollen die .Sehnler- Handkarteti
stumm Uder mit Namen versehen .sein? iKh,-Wc.stf. Schuht^. 42— 44.1
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h. X atu rhejiclireibwn Jf.
, !)u hn uikI Itilili-i . Lehmann, s . i- r. Zoolo^nsc hur Alias. Ivi
gaijzun^.siaftl ä 1,40 M. — Bilder iui den ersten Anschauungs-
unterricht und zur Cirundtajfi: fiir den naturfreschichth'clien rnterricnt.
Tafc ! Sehul/farV-tTi V der Insekten, l'arhendr. Müiirlun, R. Ohlen-
Iniurgh. 1,30 WitlaC2ll, J>r. 1;.. Naturgeschichte für
ßfirgerschnlen in y Stufen. 2. Slttfe. Die wicbli)jsten (inippen der drei
Reiche. 151 S in. 142 llolzsch.i Wien. .\. Ihilder. (lel). 1,50 .M.
hl .\iiistit i. W. PauL liioloifische Hetrachlnnjjen im natnrjjeschieht-
licluii I nterricht der N'olks.sclinle. (.\ns der Schule 5.) — Wichard
Laukamm, Methodische Winke zur I^rteilnnj^ des naturgescbichtlichen
1 M Ttulil»; im Sonnnerlialbjalir« Aus der Schule 5.» Gottfr. Erck-
mann, S\ steni oder J.ehensj^enieinschaft (Schulb. f. Hessen \2. i.v»
^ Karl Plrfll, Was können wir mich in der einfachen Volksschule vom
I, el)en der Pflan/en lehren.' (l'reufs. Sclml/ti; — Skrobek. iHr
natur^eschichtliche rnterrieht in dt r \ . Ik.sschule. »Aus d. Schule 0.)
5. Sprachunterricht.
a. r ni fassen des.
iimhn. Schneider, svminar.iHfbnr, J.. Zur Methtjdik des deutschen
t'nlerricht*« der N'olksschule. (VIII, 177 S.) Düsseldorf, I.. Schwann.
2 M. - Hefs. •«eiiiiiii.i-Lohier, Karl, Der deutsche l'nterricht in den ersten
Schuljahren auf |)honetischer < irundlajre. Kine Anleitunj;. anj^eknüpft
au die l'^ibel von W. Hantiert. 154 S. i I'ratikfurt a.M., Diesterweg. 0,50 M.
b. SjJieclien unil l.esen.
tU fiiithfr. Awwriawig, theoretisch - praktische, xur Kehandlnn^;
deutscher I.esestücke iji zweisprachijfen Schulen. \%x S.i Zabern. .\.
b'tu lls t'/ rt M — Schmid, Mii.U h.'ns. li.- u. s,.|niii«r<Iir.-kl<.r. K. U. Oberlehrer
Fr. Speyer, litutsches Lesebuch für höhere Mä<lchenschulen. .|. Tl.
II. I'rosa. iSchtufs.» »VI. 257 S.i LeipziK- I^ Teubner. (;eb. 2 M.
Wchncr. >emiiiariohr. 1, A Die ('.]('<. kr. (.III S\ nilud menschlicher \'er-
tinigung. Darlegung cies (iedanken/.usanunenhangs des I.iedes von
der Glocke nach einer den philosophtsch-asthetischen An.scha\tun|yen
Schillers entnommenen Beleuchtung. (7^ S 1 I.ii]>/iL: .\ Wehner.
i.(>oM. — Mufff i*rof.. uyuuu-uir., Df. Chr. uud Mädchenschul- üir.A.OammaiM.
Deutsches Lesebuch für höhere Mädchenschulen, IV. Bd. (VIII. 360 S.)
Herlin, (i. (irote. i.So M., geb. 2.20 .M. Lesebuch für evangelische
\'olksscbulen. Herau.sgeg. im .\uftr. der Königl. Regierung /.u .Arns-
berg, littelstufe. (X, 262 .S. m. Hildern.) Hielefeld, Velhagen u. Kla.sing.
(».48 Mm }feb.o.S<>M. Dasselbe: Oberstufe. (XIV,464S.) Kbd. 0,02 M..
jyeb. 1.4'» 1^1 - Lemberg, nuupii.hrer. .\uir I'r.iparritioneti zn deutschen
('•edichteu. Nach Herbartscheu (irundsatz.en au.sgearbeitet. 1. Heft;
rhiand. (TTl, loS S.i Lanj^-ensatza. H. Beyer u. Söhne. 1.20 M. -
Jänisch. .Mbert. Neue .Vnwcisnng /.um naturgeniäfsen SchreiV^K st uTitt r-
richt. .Mit Orig.-tiedichten von Fritü Mügge. (191 S. mit Jiildern.j
Potsdam. A. Stein. 1.50 M. - KStle, iwr.. K., Der Sprechunterriehl bei
geistig zurikkgebliebenen Kindern ICin Leitfaden für Lehrer an
lIiU>kla.ssen für Schwachbegabte, an Ifliutenanstalti-n und für die
l aniilie. 144 S.i /üricli. Müllers N'erl. 1 M. - WolfT, luku.r. Joh. Jtjs..
Lesebuch für Fortbildung.sschulen. Zugleich ein Buch für die b'amilie
und das Haus tles .\rbeitk!-> und Handwerkers. (XII, 46() S "nl \b
bildgu-i Freiburg i/Ii., Heider. ,;.ju .M.. geb. 3,80 M. - Schneiderhan,
semiiuu^ob«riehrvr, Jos., Handbuch zum Unterricht im vereinigten Au-
schauungs- inul Sj)raclinntcrriv l.t in den Unterkla^-M ti iler \'olks-
schulen. iXV, 37S S.) Stuttgart, .Süddeutsche V'erlag.sbuchh, ^,ik> M..
geb 4. v)M. — Nsiter, M.V.; Deutsches Lesebuch fürösterr. Madchen-
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IJürjjcrscliukii. 2. u. 3. ri. (214 u. 227 S j insbriitk, l . Rauch, (ich.
ZMS. 3,30 M.
/>! f '/.'^ >'■',/ . A. Freybe. Wie k-nmu n wir /u l iiur hnliercu Stufe
der nationalen Aneignung der (.ioethcsclun l-aust-Tragödie gelangen ?
(JCtschr. f. den deutschen Unterricht 8, 9.) — E. Wedekind, Der ver-
citiij^U- Sprech-, Schreib- und I.eseunterricht nach der iMbel von
I.tidwi^r (irern fXi-ue Päd. Zti: r-o • W. Rodermund, Zur fiehandbinir
'Ut I.esestiukL aui der Mittel Hberslulc. < Rhein.- \\ estf. Schul-
/Xg. 45—47.) - Wllb. Bingert. iMionetik und Schreibleseunterricht.
uSchulb. für Jle.ssen 17.1 - N N., '/.ut Praxis des I.tMiinterrichls.
(DeuUicUe Schulprax. 38—40) — Frltz Lehmensick, Warum .Märchen?
(Päd. Studien f.|
c. Aufsat/.. C»ranittiatik und Rechtschrei hen.
'N liiiilui. HeMe, srhui.iirrktor. luiisl, ( i raniuiatische Arbeiten in
Aufsat/.fonn mit besonderer Herücksichti^junjr der Wortbildunj^. der
Wortbedeutung und Sprachrichtijjkeit. 3 Ufte. (56. yO und i«x> S.)
Dresden, A. lluhle. 3.30 M. Rasche, l%nii1. Die Krzählung
im Aufsalzunterriclite (Kr \'< »Iksschule T'im Sanindunj; ausjjeführter
.Vutsat/.übungen im Anschluis an epische .Musterstücke. (116 Sj
Dresiden, A. Muhle. 1,30 M. — filmt, «rbniieit, Dr. G., Gut Deutsch
ohne Lehrvi für jedennann leicl-t 11 crlmicn fXlI. 133 S.) Herlin,
Neufeld und Henius. 1 M. — KrauTs, Lciir., Karl, Pnüctisch erprobte
Aulgabensannnlun^ für den ersten Unterricht in Rechtschreiben,
Sprachlehre. Wortbildunj^; untl Aufsatz auf Grund laji;e des Sachunter-
richts iniAnsi hlufs an die bil ' ! l'ür das 2. und 3 Sclailj jS S )
Giefsen, K. Koih. 0,40 M. - Ebner, Prof. Dr. 11,, 300 tleul.sche Auf-
sätze allgemeinen Inhaltes. Dispositionen und Ausführungen. (VI,
'■■V\ S,i Pilsen, C Maascb. M. Müller(- l'raueii stein 1. i.;, ht.T-iU.-iHr.,
Dr. Geo., (>ramniati.sclie Belehrungen im Anschlüsse an Kippeubergs
deutsches Lesebuch, i. Tl. Für die l^nterstufc. (IV. 76 S.) Hannox-er.
Norddeutsche \ erlajjsanstalt. (ieb. 1,20 M. Krüger, K<-k(or, K. .\..
Sprachschule. Für Volksschuleti bearV» Ufte. 132, 44 utul -2 S i
Zus. 0.75 M. — Eiermann, D., Ijnliihnm;; in die deutsche Recht
Schreibung; an höheren Mädchenschulen. Bürjjferschulen und x er
wandten Anstalten. Sihülcrnu.sjr. iStt S 1 Karlsruhe. K. Srlierer. o.<K)?d.
b) .iiifsiUu.^ Franz Hanl, Der deutsche vSpiaciiunlerncht in der
X'olksschule. fösterr. Schulbote 9.) - A. Beyer, Der tarraniniatische
ruterricht auf der Mittelstufe der höheren Mädchensch\i!e in (je-
uiäisheit der ministenelien Bestimmungen vom 31. Mai (D.
I/chrerin 24.) — J. Erbach, Benierkung^cn zu dem Unterricht in der
deutschen Grammatik, iiisl)eson(lere /u sogenanntem rnterricht in den
höheren .Mädchenschulen. (1) MitlelscIuiK i'.i - Max Hahn, 'e icli
einen .Vufsatz vorbereite. i Deutsehe Sclnüprax. 311 E. Hesse, Die
Volksschule im Kampfe gegen Sprachsünden. (.Allg. deutsche Lehrer-
ztg. 37, 38. — L OstlMtaier, Zum Aufsatzunterricht. (Österr. Schulbote 6.;
d. S c h r e i Im 11
HiUhd. StrahiendorfT, schreibiebrer. H.. l'.neflicher und .Selbstunter-
richt zur Aneignun;j einer schönen u. jieläuf. Beamten -Handschrift.
IIb S. n)it 22 lith. Tfln.i Selbstverlag (Berlin S.W., Beuthstr. 11.) In
Mappe !«> M Da.ssell)c zur .Vneii^n. einer schönen u. irel kaufm.
n.in<U( hiiit. (lO S m. 23 lith Tfln.) Ivbd. 10 M. Schwaigholer, Prof.
Di \ \ orlagen zur Current und Lateinschrift. 115 BH Wien, A.
Pichlers Wwe. u. Sohn 0.73 .M.
e. X c u e r e S p r a c h e n .
limlm. Aloe, sebulvftrtu S., Uber die Ivrlernuuji des i-ran/ösischen.
Vortrag. <27S.I St. Gallen, Febr. 0.40 M. Rink, Utlo, Die Konjugation
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der franzosischen Zeitwörter, lünc nach Resfeln lind Latttg'efietzen
R^eonlnclc iihcrsichtliche Darstcllun'Lr alkr Fnrt <xelniäl'si^kfiten. nebst
e. Anli. Kunjuiiationslal)fIlcn. i6.S S.i l{raunscli\veij,Mroststr 6i. Stllisl-
verlag'. Kart. 2 M. Heine, i.ciinr. K.. Kinfülirnn^^ in dir itm/o'-i.srhe
K()n\ crsation auf C.rnnd der Anschaunnjr. Ansu H. Nach den liilder-
taieln von K, Hölzel. Für die Hand der Schiller bearh. (VII, 72 S.
m. 4 Bildern.) Hannover, C. Meyer 0.70 M., geb. i M. -- — , Metho-
disclie Winke fiir die lulrinhirtion n hj 1 0111 * n^nflou /ntfiiiiisr i'i /xtxr
(i'iutuitiou. u6 S.i Kbd. 0,25 M- — Birkiartf, R«ktor, Carl und i'rof. Dr.
H. Pianok, Syntax der französiscben Sprache für die oberen Klassen
von Realgymnasien und (tyninasien. {XII, 211 S.) SttlttR.. P. Neff.
1 An M , ifcl) 2 ^\ — Borgmann, K<-«iKrii.-oi.rrii-hr , Fcrd , Leitfaden für den
englischen .\nfangs-Unterricht. (III, 163 S.i J{ienitrrha\ en, I«. v. \'an-
gerow. (»eb. 2.25 M.
6. Zahl- und Formunterricht.
a. R e c h n e n.
/// liiit lu r. Heun, Loiin r, Hans. MctlnHÜsch gcurilncle Rechen -
uhunji^en für die Hand der Schüler in den Mittelklassen der Volks-
sflml (.17 S I \\Tir/l>urg, .\. Stubers \'vx\. ri.^i» M. Fährmann, i.riupr,
K. l.niil, Zur .Uisgestaltuntf der jisychologisch berechtigten Rechen-
methode. Das rx'thm. Zählen, der Konzentrationspnnkt des elemen-
taren Rechnens. Kine psycholo<jisch-päda|: r ht Studie, 144
S.; Plauen. A. Kell. 1,60 M., geb. 2 M, - Ohienburger, A. u. J. Würa-
dSrfer, i.ohrpr. Rechenbuch für mündl. u. schriftl. Rechnen in 4 Hftn.
2.- 4. Ilft. 164. -s u. 94 S.) Wiesbaden, Chr. Ijmbarth. ä 0.40 M„ geb.
Dr. (inst.. Methodisches
Lehrbuch iLi lUcuu-ntar MatheniaUk. 2. Tl. (N'III, 27») S. mit Fig.j
Leip/ij», H Teubner. <k?l). M. VSgler, webach.-i>ir , Ma.x. Der
praktisclie Rechenmeister rKUi die Kunst, schnell und siclicr /n
rechnen \\\\\ lieitrag v.wx Jiebung und börderung der Rechenknn.sl.
(X, 422 S.) Wiesbaden, c;, Quiel. .^.25 M.. geb. 3.90 M. — UmleNthal,
Prof. I\ni'-t. Kei 1k iiU lii i I.cilfadi Ti füi den Rechennnterricht in den
/Avd untersten Klasi»en der Realschulen u. verwandter An.slMlten.
(160 S.) Wien. ^. Hölder. Oeb. 1,80 M.
I>) .\iffs,i/:t. Emil Zeifsig, Rechenlektion für das dritte Schuljahr.
Prax d !",r/ii ]iuivl!Ssc!t ;i Rudolf Roll, Die W rmisrhaulichung beim
grundle;.;cmlcn KcchcuunlLi liehic. (Hayr. Lehrei/lj;. 31.) --- N. N., Wie
entspricht der elementare Recheniniterricht dem Wesen des Rechnens
und den geistigen PMlÜLrkeiten der Schüler' \ \M f dir Schulprax. 17.)
— J. Dietrich, Die V'eranschaulichung im Rechenunterriclite de.s ersten
Schuljahres. (Schulbl. f. Hessen n.» — R. Bervmaai, Über die I,ehr-
WLisi (L s ersten Recht iiunterrichts iKatli I.chret/tL: ■>> 1 Schroeter,
\\ le muls der Kechcuunterhcbt erteilt werden, damit alle Kinder
gleichniäfsig gefördert und für das Leben praktisch vorgebildet
werden? iPra.x. d. Landsch. 3.)
b. Raumlehre.
fiiiil/n. Fink, Keki..i-, l>r. K.. Hie elementare svstematischc und
darstellende tleometrie der Kbeue in der Mittelschule, j. u. 2. Kurs,
für die Hand des Lehrers bearb. (XV'II, 151 S.l Tübingen. II. Lani)p.
2 M. loFig.-Taf. u. S4 Bl. dazu für die darslellend-geonietr. Übungen
ge/ von Reallehr. .\uer. 2.8«^ M - — . Samndung von Sät/en und
Aulg. zur syst. u. darst. Ceomelrie der I<;bene in der MilteUschule.
Schülerheft.' 1.60 M. — Kambly u. Boeder, vStereometrie u. sphärische
Trigonometrie. \'ollst. nach den preufs. Li.]ii]d iuen von 1^02 umge-
arb. .\usg. der Stereometrie u. Trigonometrie von Kambly. Lehraufg.
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(kl Trima. M94 S. m. Fig.) Breshiu. I'. Hirt. ' 70 M '^eV) j M.
Wolf, niirKcr»ciiiiiicin.. Iv. Chr.. >Icthndi.scher Leht>;au^ tür tkn jrco-
metrischeii I titermiit in der ein- un<l nuhrklassi;^cii \'«)Iks.schule u.
ii! der Vurthildim- ssrluilc. iX'lII. 14.S S. 111. ick> I'ij^.i Leif>zig. S.
Klemuis Sort. i,6c» M., geb. 2 M. Sohmehl, KeaUcbaiiohr.. inrnf., Dr, Chr.,
Lehrböch der (»eomelrie. Für j^ewerhl. Schtilen bearbeitet. Mit 290 in
den Text eiiij^edr. iMguren und einer Auf:.; il 11 unilun^!:- (VIII. 179
S I <'iefsen. iC. Roth, i.50 M.. y;eb i.S<» M Kleinschmidt, HHr)r«'r.«ip|i Iiilohr.,
Iv , Leitfaden (k'r ( ieonietrie nnd des ;;couieliisohen Zeiolinen.s fiir
Knaben-Bürjiersclnden. Mit ni den Text gedr. .\l)l)ildj;n.. 6 l'iix -
Tfln, u. über 600 Aufgaben, di. 218 S.) Wien, A, Holder, geb. 2.64 M.
c. Zeichnen.
tif liiiihtr iivif ]'n:!<f^,->t. Thleme, K (>..
Abrii.s der Creschichle ik-s Zcicheuunlt! richls. Im .\nschlufs an Thienie.<
Lehrg. für den Zeichenunterr. l)earb. (40 S. ni. Imjj.) Dre.sden, A. Iluhk
Beyer, Prof. O.sk.. Die Nadel Schrift zur lie.schreibnnj^ von Zeich
nungen. Vürlagen li'ir den (?ebrauch in Schulen und Zeichen -.Vteliens.
4 Wandtafebi. Wien, R. von Waldbeim. S.50 M., anfgez. i.» M. —
Schleising, z.i.hciiiehr.'r, C . Zeichen II it \. (> Tfhi. Ilildburghausen. V.
W fiadow n. Sohn, a 0.20 M. — Steigl, l'r/.. Nene Zeichenvorlagen
für tkn Schulunterricht I. u. II. Ilft. Wien, A. l'ichler.s Wwe. u. Sohn. .
In Mappe 14,50 M. ~ EITenberger, KeftiM-imitohrar, F.. Da.s Pflanzenzeichnen
und seim Anwendung auf d.i.s ( )rnanient in verschiedener Auffa.ssujig
und I )nrchinhrung, ,v Ilft. (15 /• Tl. färb, Tfln.) lia} reuth, II. Ileu.sch-
niann jr. In Mappe 6 M. — Lange, ivrhnik.-nir . Walt., Das Fachzeichnen.
I'üne Snnnnluiii.: son \"(iilaurn aus allen (k-bieti ii für Im rtbiMiin^s-,
tiewerbe- l'ach.schulen etc.. herausgegeben in Verbindung mit Architekt
(iewcrbe-schultehr. Max Metzger, Tecli.'I^ehreni Rieh. Krftgcr. Hcnn.
Wild. Kd. (irabowski. b'rz. Melilhorn nnd l'rit/ Zeiter 5. 7. Hefl.
(a 15 Tfln.i Dresden. Ct. Kühlmann Sitbskr.- Preis für Heft 5 S /ms
j6 M., r.inzelj)r. ä 6 .M, Hartmann, «j>iiin..i,i.hr<T. ICdni., Die Ikh.nid
lung des ersten Zeichenunterrichts an höheren Leb ran. stalten nacli
Körpenn od eilen u. nac!i der Natur in ausgeführten Lektionen. (VIII,
77 S, ni. Abbildgn.j Braunschw., O. Salle. 1,50 M,
/>) .Iff/m/tr. SehefTers, T>ie Bwlewtnng dos JCeicbenunterrichtes
im .Vnschlufs an bemerkenswerte .Äu i>;rn Ztsi Ijr. des \ ereins
tleutscher Zeichenlehrer 25, 2^1.1 — Karl Gotter. Die X erwertung der
Pflan/.enformen im Zeichenunterrichte iN. Päd. Ztg V>. 37.1 — Spitzer.
Zum gegenw. Stand des Zeicheiiuntei richts \inter Ite.sonderer Ikrück
sichtigting der eii^ tuid mehrklassigen V<»lk.H.sciiulen. (Ztschr. tlcs
\ ereins deutscher Zeichenl. 17. iS.i
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Wissenschaftliche Beilage
Xo. 1. Besorgt von litui. jMtricJi in Kandcrn. .hl Ii 1896.
L AbhaiHliuii^on.
I.
Die Mun i Il ten iin Sj'it i^^el tlcr Schriftsprache (von
Tlieodnr Nfattlii.i- \\'^^^c•nschaItl. Hefte dts Allj^eni. deutsrlun
S|>r:!f li\ c leins X»; ua-. will dn^ sa^en ! I)a> liild dieSchi ill-
>praehe als Spiegel der Mundarleu palst nicht, ebensowenig
übrigens zwei andere Bilder, mit welchen Matthias den Gegen-
satz oder das Verhältnis zwischen Schriftsprache und Mundarten
zu veranschaulichen sucht Was er eigentlich zeigen will, ist:
wie die Mundarien an der Kntwickhing, Fort . T'nd)ildnn.ü: der
Scliriftsprache niitarheiten. Veränderungen an ihr bewirken, der-
art, dafs allerli i Mundartliches in die Schriftsjirnrlic überf^oht,
diese durch jene i>ereichert. erfrischt, gestärkt wird. Zu ei ki tmeii
sei das, findet Matthias, hau])tsächlich an i. der OeslaUung
der Lautbilder, 2. der \'erniehrung und Verän<lerung des Wort-
schatzes, 3. der Mannigfaltigkeit der Satzfügungen, 4. der Klang-
farbe der Worter und Sätze. ^ Die Belege mufs man in dem
Aufsätze selbst nachlesen. — Am Schlüsse seiner Ausführungen
l)eriihrt Matthias das verkehrte Streben nach sogen. Kinhcit-
h'chkeit d^r Aussprache. ]{r meint dazu: Ob das Ziel erreicht
werden wird, ja überhaupt kann? Ob dies wirklich das Ziel
der Schrifts])! u 1k i-t, die ja auch in Worttoniun un<l I.ant-
bildern, W'iM üiigung untl .^atzbau nicht auf tlie \ erwiseliung
alles Mundartlichen hingearbeitet hat? Doch die Erreichbarkeit
des Zieles — überall gleiche Aussprache der Laute und Wörter
einmal zugegeben, so würde sich bald herausstellen, dafs
damit für das gesainte Gebiet der Schriftsprache noch immer
keine gleiehe Redeweise erreicht wäre; der glciclK Sal/ton, der
gleiche Tonfall wünU noi: h immer fehlen. Noch immer wird
dann die südöstlichen Deutschen jener (ihren slavi'^rhen Nach-
barn eigene) gehoben dahinschwebende Ton der Rede kenn/eichaen,
wie die Rheinländer jene natürliche Feinheit und bequeme
Weichheit oder die Norddeutschen die wuchtige und schneidige
Scliärfe. Freuen wir uns also auch hier einer gewissen Mannig-
faltigkeit!- Ks wäre wohl noch (hirauf atifmerksam zu machen,
dals die sog. nnindartlichen Anklänge der Sprache oft einen
ganz be^.onderen Reiz, ja eine eigenartige Schüidieit verleihen.
Neben d< !n geschriebenen wird es ein gespnH'hencs Gemein-
deutsch (im slrengen Sinne) hoffentlich nie geben.
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R. Dietrich.
2.
Adolf Pliilippi erörtert in den Prcufs. Jahrb. ( i .Si)6, III) das
Wesen des Wiinderbareti in der roesic. I*'r stüt/l sicli
dabei auf Tor(|ualo Tnsso. der sich (in seinen i s<"^7 ers« liieiic-nLn
l>i^kui->Ln ül)er die Diclitkunsl nnd das iuioisclie r>cdiclil)
tol^t lulci nialsen zur Saclie i^c;kui.->crl: Da> \\ undcriiare soll
glaublich sein; um es glaublich erscheinen 7A\ lassen, darf der
Dichter sich von der geschichtlichen Wahrheit im grofscn nicht
entfernen; aber in einzelnen Dinj^en soll er äiideni und erfinden.
Tasso selbst, meint riiili])pi. hat diese iMirdernns in seinem
Jernsakm Icr Hau])tsache n u h nicht erfüllt; er k iniih nicht,
weil er mitten im italienischen Klassi/isnnis slanti und aut (iieseni
lioden das echte, «.glaubliche Wunderbare nicht gedeiht. Da-
gegen, wenigstens zum Teü, aut dem IJudcu der deutschen
Romantik. Als das Schönste in dieser Art bezeichnet Ph. die
Laurenburger Kls von Brentano. Wenn man diese ent/.ückendc
Geschichte liest, so drängt ihr traulicher Ton jeden Zweifel,
( b denn so etwa iiuch wirklich sich zugetragen haben konnte,
ici.se zurück. Die Wirkung beruht aber, wenn man dem etwas
weiter nachdenken will, auf dem Skizzenhaften. Die Chronica
i\v< fahrenden S( liiiK i ^ von Hrentano ist ja überhau]>t nicht
vollendet, und i-i aucli die Laureid)nrgerin darin nur !nit
leichten Suichen angelegt. Wie aber in der ia/aiilmig wiik-
licher Vorgänge das grdfstmogliclie Detail den überzeugenden
ICindruck des W^irklichen gibt, so ist umgekehrt auf dem Gebiet
des Wunderbaren gerade die Andeutung der Täuschung günstig.
-- }{ine vSpielart des Wunderbaren (nicht mehr das echte ) ist
dem künstlichen Märchen eigen, z. 1>. der neuen Mi Inline im
Wilhelm Meister. Ivs f i bört zu der grolNtn < >attung, tiir die
die Griechen .len treilcutlen Ausdruck des ^.tJpluslischen hatten,
und es kommt etwa auf das.selbe hinaus, was Schiller in der
l)ekannten Abhandlung unter sentimentalischer Dichtung versteht.
Der Frag« nach dem Glaublichen stehen wir hier anders gegen-
über, als bei der naiven Dichtung. Wir lassen uns täuschen,
aber nicht bis zum völligen lernst. Die dem wi klichen Leben
entnonnnenen Züge müssen überzeugend .sein. Wo das Wunder-
• bare anfängt, tritt an die Stelle fk s treuherzigen, volkstündichen
Tones eine leicht ironische Temperatur, die sich aber nicht vt)r-
drängeii darf. lune dritte l'orm des Wunderbaren ver-
anschaulicht Popes Lockenraub. J'.s i.st Romantik, aber ohne
ihre Naivetät. Wir glauben das nicht ernstlich, wollen es auch
nicht; aber wir finden es doch nicht so albern, wie wenn uns
manchmal Schwulst für Ivmst geboten wird. Ls liegt ein Reix
darin und immer noch eine gewisse X.itürlichkeit. so etwa, wie
sie das kococo hiiltt. l*o])es Lnckciuaub ist \iellei<.ht das
glänzeutlste ICr/eugnis ditscr (ialluiig. (iiei uns iiabcn selbst
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Tx-ssiiii; utid I.iclitf nl < an solchen Spidcrcien Gefallen j^e-
fntulen.) ländlich dds nunlerne nierveilleux , cin<;efnlirt von
Rousseau. Dieser erkl.ärte einst Hunie gci;enül3er: man inufs,
um (las Interesse der I^ute zu erregen, das Wunderbare irgend
woher holen. Die alte Mythologie hat keine Wirkung mehr;
<lie roniaiitischc mit ihren Feen, Riesen und Zwergen hat sich
ebenfalls er>chöpft. l\s bleibt für den »Schriftsteller nnr übrig
(las \Vnn(ler))are im Leben, in den Sitten und Charakteren, in
(Un Znsländen der rksellschaft und in den lvrei<;nissen des
Staates anf/usuchen und, dürfen wir vielieieht hinzusetzen,
nötigenfalls /.u erfinden. Das also ist das Geheimnis von
Koussean's Schreibart, das auch noch für unsere Zeit seine Be-
deutung hat Denn jeder weifs, dafs ohne die Kunst des An-
ordnens die l>esten Thatsaclun keinen Eindruck machen, und dafs
andererseits eine i^esehickte Cirup])ierun}; über viele Schwächen
des Stolfes hinwei^hilft. Der beste G^schiehtschreiber . sai^t
Mac.anlay. sehr l)ezeichnend für ihn Ibst, wendet hie und da
absichtlich etwas von der T bertreiiiung des Märchenerzählers an.
Einen zweiten Beitrag zur Vertiefung in die Dichtkunst, in
etneOatttmg dichterischer Werke bietet die Gegenwart ( i S96, 18)
Alfred Bieses Antwort auf die Frage: Wie entsteht das
Lied' Zunächst: Was ist das Lied' Alles in Kinem z 'gleich:
Duft und Gefühl uiul Gesang (null J. G. Fischer), Wenn,
ntiti r welchen Bedingungen entsteht es? ICs muls dem Dichter
aul di-n Xäuiln brenncTi meint Biese ; es nnifs iliTU /u
schaffen niaelien in seinem iiniern; sein Herz mufs \»»n i.iner
Empfindung voll .sein, und er mufs eine dichterische Kraft, eine
individuelle Natur, eine Persönlichkeit sein voll seelischen T<el>ens,
und er nmfs die künstlerische Kraft besitzen, was er lieobachtet
und was in seinem Innern wallt und wogt, zu gestalten — dann
entsteht das echte Lied. Aber das Wie läfst ^ich nicht so be-
stimmt und scharf fassen, ins Innere der Xatur, in das orgatiische
Leben und Weben dringt nun eimnal ninmier des Men-^elun
Geist, geschweige denn in jenes Geheimnis, wie die ICmpfiiulung
Wort und Klang wird. Da mufs uns am Bilde, am farbigen
Abglanz genügen ; aber man streift den Schmelz von dem zarten
Schmetterling ab, wenn man ihn mit derl)er Paust packt, und
so flattert auch die Psyche des IJedes von dannen, wenn man
das duftige Wesen auf das rr<>krustesbett der siologie
spantieu will. Solcher Bilder. Gleichnisse von Dichtern selbst
führt ß. zwei schöne an. die ich hier wiedergebe:
Es drän^H sich aus der Ouelle
Ein Tropü n klar und helle;
!-"mi zweiter fols^i ihm nach.
j in drittel ja;^t den zweiten.
I nd wie sif weiter gldtcn.
Wird tnähtich draus ein mnntrer Bach.
iClaus Ciroth.i
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Dunkel iioch ehcii,
Kin Puiikt in dir h«;}(iniits zu wehen,
Schon ilnlni^ls und quillt
Und übcrsciiwillt,
Wird eignes lachen,
Wird Laut und Klang,
l'nd wif eilt Sc-ijfcn
KomniL Uirs cnt^vücn;
h'.ui I'rc-nides schier,
l'nil ist doch aus <1ir -
Schuu ^h du.s duchtc'üt, war.s Gesang.
fj. G. Fischcfh
Biese iiuichlc noch im cin/chien fvslslcllcn, wie den Dichtern
die Lieder kommen: o1) ^anz plötzlich hervorquellend, oder oh
lanK^ in der Brust als Ivrinnerunj^scliatx. Gehegtes langsam ans
Licht tritt; ob mit der Kmpfindung auch zugleich die Form
sich bildet oder spateres Nachdenken erst im ein/einen fi. illnnii
zur Vollendung führt; ob sogleich im Affekt das Lied sich wie
Erlösung losringt oder erst wenn <He Wtit^en sich gesänfli^t
haben und er nieint, ni-m wlhU aut ilitse und ähnlijlie
Kragen /.umei.-.l ilie Ant\vi>il cihalun: dafs baUl das eine, bnld
das andere vorherrsche. Heinr. Seidel z. Ii. berichtet: Gedichlc
entstelten auf alle Arten, leicht und schwer, langsam und hlitic-
artig, allmählich und plötzlich. Wahrscheinlich lernt jeder
wirkliche Toel zwischen spielendem, fafsl unbewufstem Schaffen
und mühevollem Ringen mit dem Stoff alle Zwischenstufen
kennen: ja selbst das ho verpönte Hinsetzen zum Dichten kann
zuweilen zu ganz erträglichen Resultaten fulnvn.
Wie Biese die Arbeit des Lvrikers, su sucht Albert Dresdner
die Arbeit des Dramatikers (\'on der Schauspielkunst,
Kmistwart 1895^6, XI\') in ihrem Wesen zu erfas.sen. Mehr
noch freilich beschäftigt sich diese Abhandlung mit der Aufgabe
und Bedeutung des Schauspielers, mit dem Verhältnis zwischen
diesem und dem Dichter und mit dem Nachweis, dafs die
Schauspielkunst produktiv sei. X'ieles von dem, was er da
vorträgt, fordert zu RandlKin« rkuni^cn und weiteren Auseinander-
sel/nnt^en lieraus; oliiic wxiKres bei^linmicn aber wird mau
Seiner Bemcikung über Jen >og. Regis.^eui ; Die Thäli,i;kt. it des
Regisseurs müfste darin bestehen, dafs er sich das Stück, wie
es sich auf der Bühne darstellen soll, von der Hauptrolle bis
zu den letzten Einzelheiten der Ausstattung anschaulich vor*
stellt und diese Anschauung dann verantwortlich, aber jedenfalls
streng einheitlich, verwirklicht. Jir mnfste also im gröfsteii
Sinne als ein Krziehcr wirken. Ivine Vergewaltigung der l*er-
S(')nlichkeit des Schauspieler^ wäre bei diesem Wrfahren insofern
nicht zu befürchten, a!-^ *\rv Kv-i^-^cur ja versiändiger Weise die
Individualitäten der i )ai .->ullei n.ich Möglichkeit benutzen und
verwerten wird. Eine gewisse Zimperlichkeit aber in der An-
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fassuiii; lies Scliauspickrs kniiiittii wir uns alicnliii.us al);;c\vöhiicu :
in Frankreich wird län};st (kr tin/clnc Darslclkr ungk-ich rück-
.siclit.slosLr in (kn Dienst (ks (»an/cn gestellt.
Die Ocsatiitheit der KüiiHte, die Kunst sdilecliüiiii tatst
Ferd. Aveiiariiis ins Auge. ZuiiücliHt untersucht er die War-
nungen vor l"jberscliätzung der Kunst (Kunstwart
Xni). V.s ist wahr sa,i;t er , >;era(k- der höhere, geistigere
Kunstj;ennl"s l»riiiL;t eine Ciefahr mit sich, (he /u all jenen Be-
denken auch kunstfreundlicher Männer den eij^entliclun C. rund
;;e}^ehen hat. wenn .gleich man sich (ks>en nicht immer Ijewnlsl
ward. Ich deute auf das Lehen in Scheini;efühkn, in IMiantasie
vorslelhmgen und Phantasieenii>fiiidun;;en, (kiien das Sul>strat
im wirklichen Lehen fehlt Wir können ein Kunstwerk sehr
wohl mit voller Stärke gcniefsen, ohne dafs es uns fürs wirk«
liehe Lehen im mindesten /.ur C.esinnnug seines Sch(*)i>fers be-
kehrte. Wir sind dann wie in der Hypnose, .solange wir unter
seiner Wirkung; stehen, und repru(hi/ieren. wieder ästlietisch
h\ pnotisirl, leic!u <k-n Znstand der früheren H^ ]>n()Se; aher unser
wahres kel)en k.mii weiter };ehen, ohne 1 x. nu 1 kürli davon he-
emflulst zu sein. In der WrinitlUiii^ des Cienu.sses wni
Kunstwerken liegt jedoch gar nicht die höchste Bcdcutunji; der
richtigen ästhetischen Ivrzichung, mag jener Genufs auch 'au den
höchsten Gütern des Lebens zählen. Sondern darin, dafs .sie
uns unsere Krdenhcimat mit dem, was auf ihr in Kr.rpern oder
isL-ekn i>t und war, mit verfeinerten Sinnen und j^eläulerteni
lünpfinden zu iKtrncliten lehrt, ^odafs wir schier ununte rbrochen
in edlem v'^inne j;enieisen. OlU! su ästhetisch ( '»elnl^K li. n wird
jedes Stückchen Wiese und iiimuiel. aher auch jeties Men^chen-
angesichl zum Bild, tkr plätschernde Bach und der rauschentle
Wald singet! ihm Melodien, die kein anderer hört, und Komödien
tuid Tragödien spielt das Leben um ihn, wo andere kaum Glück
oder Unglück - lien: reicher und gehobener ist sein jj^anzes Sein.
Üer umuiterbrochene Zn^ immenhang mit der Wirklichkeit hat
in ihm das vSpielerische ckr nur ästhetischen Hildunj^: aufgel()St
und si inem ICmpfinden das Mark j;e>;el>en indem er die Schein-
gefühle ergänzte oder iti Kealgefühle um>el/.le. Wie sollte solch
ein Mcu.scli im Leben minder tüchtig stehen? Ihn führt ja die
Kunst, die den nur künstlerisch Gebildeten vom Leben ab-
zieht, erst recht in die Tiefen des wirklichen Lebens hinein. —
Wir glauben nicht, dafs eine ä.sthetische Krziehtmg überschätzt
werden kann, wenn sie in .solcher Weise geschieht. Wollen
wir ganze Menschen bilden, brauchen wir die ästhetische
Mr/iehuug nicht tnehr und nicht weniger, brauchen wir sie
genau ebenso n«Jtwendig , wie ihre I\rgänzungen . die ICrzieh-
ung des Denken.s, der Sittlichkeit, .sowie der körperlichen
Tüchtigkeit.
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ß. Dietrich.
II. HüclH'i'-Anzci;?*'».
ZlH' ilrttclit u inj : i'ti i i/, r ///.v mlii'^hnii ii l\iiinni \ nu<l <ii i
i^fhalleu sau. Auf rhisr/ur I}nHf^iiii'^t n . /\i:^fhtthxr, Vrtrth' uri'tint f//>
.\hbaniihaii;en< öder -^Kleiwii Milteiiunjien* iwck htsonilen aufmcrksmn
Karl .1 «Mit seil : (tcscliichtsphilosophisclie GLclunken. I'in I.citfadc«
(litrcli ilie \Vi(krsi>rüche (Ks 1.1-lx.ns. Lfip/iiT. I'r. W. (rninow
iSip. Kl S'». VI u. .|<.S S. - i'rtMv i^t h. 4.50 M.
V.'ww Satinniuiij^' \(>n Anfsät/tii . welche iirsprniiivlii'l' <lvn
(licn/.hoUn erschienen sind. Zuerst saj^l Verf. in seinem Vor-
wort — werden die (iesichtspunkte cniiiltelt von denen ans die
irdischen Verändeninjj^en tax beurteilen sind, dann die gefundenen
(»ntndsätze auf eini$;e historisclie Krschctnunjren anjErewandt; zulet/.t
wendet sich die Hetrachtnnj^ wieder alljicnieinen (ie.ijenständen v.w.
aber nnt Rücksicht auf die C.ejrenwarl und schliefst nnt einem lilick
auf die Zukunft, l^tr rlii L^esrhichtliche r^eispielsaniinlunjj, \vi<- ninn
deti mittleren Teil nennen kf"nu1f wurdcTi snnders S(dclu Steife
ansj^ewälilt. die. wie einijje f!' >ri ntiniselie l,|»isi>den. wt.-nijr bekannt
oder, wie die Reformation, zwar allgemein bekannt, aber (iei;eu.stand
heftij^en Streites sind. — Von den Betrachtuni^en der ersten und
dritten (imppe seien anf^effihrt: Gott — der Weltzweck — Glöckselig:-
keit und \'ollkoninienheit — vom vermeintlichen Fortschritt — Zweck
aller \'erän<leruni^en und wahrer Beijriff des l'ortschrills - das \"er-
hältnis der Sittlichkeit zu Christentum. Staat und Kirche lM\ i'i< it
— iWv nächsten .\ufi!;ibi, ?i der christlirheTi \V«.lt. — Dem iJuche niulsle
ei '( lUlicli eiiu- Artikeheihe ^^rewidiiKl Werden. Am Sclilulse dann
wäre das Wesen des cijjcnarti^en Mannes, der es ^geschrieben, mit
scharfen .Strichen zu zeichnen. Denn ein eig^enartij^cr Mann, noch
mehr: ein bedeutender Mann ist Karl Jentsch. — Auch äufserlich
zeichnet sich das Buch aus vor andern : durch Handlichkeit, feines
Papier, /.war kleinen, aber deutlichen Druck, einfachen und doch .sehr
ansprechenden Hinband, der sicli \on dem l)ekannten schabhinen-
haften ele<];^antenv vorteilliaft unterscheidet, lu jeder iieziehung ein
'»illij^es !?uch.
Wilh, Miini'h : Anmerkungen zum Text des Lebens. Hcriin, K. (lärtncr
1X95. — S". XII u. 200 S. Treis geb. ^.fx) M.
Durch reiche, vornehme Ausstattung mm Geschenkwerk be-
stinmit. luhaltHch ein Scitenstück /.u Auerbachs Tausend Gedanken
des Collaborators. Münch hat .seine 2.S0 Anmerkungen . die den
sinnigen Hm V irhler bekunden, in drei Abteilungen gebracht, die er
üiieiselirieben : Xattn r-nd Seelenleben K'tdttir, ( iesellschaft Stände
uiul \'<>lker Allerlei .Metischlithes. Im übrigen genügt um da^
Ruch zu empfehlen, die Wiedergribi- der anmutigen .\ul.ici iitigen
zum Titel ; Anmerkungen .setzen einen Text vorau.s, der gehaltvidl
ist und nicht immer ganz leicht verständlich. Und dazu einen Ver-
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fasscr, tler den Text wdHI durchclaclit hat. Sie können aufdringlich
stin, «ivsc'huät/iir. matt und \erstiniint'nd. und tlie Zahl der I.escr
Kro's. wcIcIk- ihr lautes IJuch liclur mit ciifcncT!! Sinn kscn
WDilcn . . . Wo man ilio Anmerkungen als tinv Sarnmluu;; iiii sich
darbietet, ist jeder um so freier, sich um sie zu kümmern oder nicht. . . .
Olli» kaii's: Poesie und Moral im Wortschatz, mit besonderer lierüek-
sichtigun«; der deutschen und englischen Sprache. IvsKen« G. I>.
Ilndekcr 1882. — 8^ 199 S. — Preis geh. 240 M.
\*erf. will darlegen, welch reiche Belehrung, welch gesunde Kr-
bauung und Hcntcnserhebung jedem /u Teil wtnl, der sich in die
reichen Sch;it/e unserer lebenskr;ifti;^en ]Muttersi>rachc verlieft und
das AnfkeinieJi, das ]'",miM)r\vachsen unserer seelenvollen Wort.uebilde
bei m'^'ht. l",r will «lie l 'ber/.eu;;un«! wecken und verbreiten, dals
das W Ort eine dicliterische und .sittliciie I.ebensmacht ist. la* niochle
durch .seine Schrift alle, die in ihrem Berufe das Wort als Ilaujit-
organ ihres Wirkens zu betrachten haben, einladen, den (schalt des
sprachlichen Ausdrucks zu prüfen, das unter der Hülle deutscher
Worte verl>orgen liegende (lold zu beachten und zur Krhöhung der
Über/.cu:.i^onden. i)ackenden Kraft ihrer Rede zu verwerten, l'nd das
reichhaltii^e Büchlein i.st in der That vortrefflich y^eeiiinet. das zu
leisten, was es lei.sten st>ll. baue äuisersl ij-eschickte. freilieh manch-
mal (.twas kühne Ausbeute des Wortschatzes für dn'^ \*erslän<lnis
der l\jesie und lilhik . IJesondcrs hervorheben luöclite ich tlie Ab-
schnitte: Seele, Geist und ihre Wortsippen -- Poetische Wirkung des
Begriffswandels — die poetische Wiederbelebung des Wuntclbewufst-
seins — die englische Schwestersprache und ihr germanisches Herz -
P.edenlunj^ dcs Wortt s für die sittliche Ibblung - Iläfsliche Worte för
häfsliclK Din.ue. und die moralische Schönfärberei — >f()ralisch herunter-
gekommene Worte. Auch ist nocli auf die 71 wissenschaftliclu ti .\n-
merkuni^en als auf einen w esentlichen Vorzu}^ der S( lirift zu vet weisen.
Ju.stus Perthes — Paul Luughuuü : .Staatsbür-^eralla.s. ( lotha. J.
Perthes 1896. kl. S* Preis geb. M. 2,-.
Kin Taschcnatlas in .sauberem Leineneinband. Hr bietet 24 Karten-
blätter und 32 Seiten klein und eng gedruckte Degleitworte zur\'er-
fassung tind Verw altung des Deutschen Reiches und der Hundes.staaten.
Wo es d.is Cebot der rbersichtlichkeit erforderte, ist eine I);irstellun;4
auf drei Platter verteilt worden : überdies werden die Ilaujjtkarteu durch
Nebenkärlchen erläv.tert. Inhalt der 2.^ Plälter: 1. \'olksstämme und
deulscii*. Mundaiten ■>. Kelii^. Ikkenntnisse. 3. \. (iliederun«; der
evauj^. und röui.-kalli. Kirche. 5 .s. J>ie Reichsta;;swahlkreise nach
der Farbe ihrer Vertreter. 9- 11. Justizverwaltung. 12. Privatrechts-
systeme. 15. Invaliditäts- und Altersversicherung. r4, Handels- und
Vcrkchrsanstalten. 15—17. SCoHe und indirekte Steuern, 18—23. ^''h-
tari.sche Verhältnisse. 21. Deutsche vSchulzj^ebiete. Mit grufslem
Interesse werden W(»hl Hlalt 5 bctiachtct : PI. S läist die /aisamnu 11
Setzung de,s Keich.stagcs von 1S95 mit derjenigen von iS;i verf^leichen
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lt. Otelrlrh.
und zeigt die Verhivituntr dt r Soziahlcniokratic uacli (kii Wahlen von
fSo.v — — Tloffonllich f(»l«il liald die I!ri^ün/nnif /um StaatsbürKcr-
atlas; ein Alias der dc ntsrh'-Ti \' ol k s \vi i l Ii ,i f t.
III. Kleine Mittrüiin^oii.
rnscre Ia-.slt erinnern sich tkr Zcilinii^snachrichten ühor <lic
Clclschcrlawine an der Allels fii. vSepl. v. J.). Der hcdeutcndste
<"ie()lo(,r (it-i- Sehwei/.. Trof. A. Heim in Zürich, hat nun kür/.lioh eine
wissenschaftliche Darslellung jenes ICreignisscs verötfcntlicht. auf die
sich «lie folgenden Angaben ^)nden. — Vom Kandertlinte ans sle^t
iWv Allels /.iemlioh .uleiohmäfsi^ bis y''>;\\ m an. Der (iipfel \erlänH
in eine dreieckige Spit/.c, welche blendender Hochfirn umkleidet, der
nach nnten in einen kleinen Hängegletscher übergeht. Auf steiler,
g^latter l nterl um iuIiliuI. reicht dieser /iendich weit in ein kleines
n«>(')iirilchen hinab. Hochfirn, birneis im l ( lletschcreis fol.i;en da rasch
aufeinander. Nur etwa ^(jo in unter der Spit/.e löste sich liei einer
Mächtigkeit \ on 45 ni in j^^rofReni bof^cn form igen Hrnche das untere
Stück des (iletschers ab. um Ihalwärts zu stürzen. Im Thale tniten
verbreitete sich die Lawine strouuutig über ein weites tiebiet und
bedeckte eine Fläche von i qkni durchschnittlich 5 m hoch mit den
Trümmern des (iletschers. Die der Masse iinit wolineiide Kraft liels
es nichl zur .Xnflürmung ei>us Kegels kommen; alles stob ausein-
amler. Die HiUfte der Masse war eigentliches lusmehl. Ki.ssta\d> und
darin lagen eingeliettel abgerundete liisslücke, selten kopfgrofs. im
Sturze bearbeitet und dem gr«>l»en (lerölle eines I'lnfsbettes ähnlich.
• Da die Lawine nicht wie ein THug arbeitete, tlen Boden nicht aufrils.
nicht einmal den Rasen beschädigte, sondern nur darAber hinglitt,
war auch dci St' ingehalt der Trümmerniass« aufsert»rdentlich gering.
Kr machte kau«« niehr als aus. Wie Wasserwogen an steilen
Kästen in heftip^er Brandung sich auftürmen und ^^nrückprallen. so
schlug dieser Kisstroni an der gegenüberliegenden Thal wand hoch
auf nn<l warf eine 1* i. lit i i kc iinhfire nraudung'^v. t lle zuri'u ls \och
lange waren ilie Spui eil liii^ iA uu an den b'elswanden, M tu IcLslüi keU
älndicli. zu i rkcnnen. — An das schwer gangbare (»ebiet der massen-
haft utnl geschlossen aufgeschichteten Ablagerungen schlufs sich ein
zweites, ungefähr gleich au.sgedehntes (lebiet an, das Heim als Spril/.-
zone bczcicnnet, weil Hunderte von kleineren Kis.stnckcn rcgcll<»s um-
herlagen, als ob sie hingesprilzt worden wären. Auf dem gisamlen
(iebiete {2 (|kmi haben sich miiulestens 5 Millionen Kubikmeter Hin
untl l"isst:iul) abgelagert. Zur Rück befördern ng an ihren t'rspnnigs-
ort niüfsten nicht weniger als kxk» Pferdekräfte 3 Jahre laug in Thätig-
keit sein. Die Abschnielzung dürfte ? j.dire dauern. — l i s.u Ik <!i <
Sturzes: Der (ilcUseher lag, wie bemerkt, in einer Meereslndie \<»n
mehr als 3000 ni auf sehr steiler Unterlage. Nur dadurch, <lafs er mit
der rnterseite niu 1\ Is-i st^ in ;iiigefrori n war. koujite er sich halten.
Kr bewegte sieh unter normalen \ erhältnissen nicht, und t>s hat auch
sein l'dsbett keine Spuren von (»Ictschcrachliff. TMe Sommennonate
der Jahre iSc); und 95 waren nun Sehr warm. Die Hotlentempi-ratur
stieg bedeutend: die Linie, unter welcher sie o" beträgt, rückti an
den (iebirgen weiter hinauf, und auch die l'elsen der Alttls wuuU u
soweit erwärmt, dafs der Oletschei auf seiner Unterlage zu tauen be-
gann, den Zusannni: tihang mit dem b'elsen \erlor, sich losvif'- und
auf der schiefen Ivbenc in die Tiele fahren mufste. — Der lilelseher
wird nun wieder nachwachsen, und kommen wieder gleiche Verhall-
nisse, so wird sich eben das rngh"ick wiederholen. \'orbeugungsmittel
dürtte CS kaum gebe n. Man winl sich d.irauf beschränken müssen,
den C.letscher zu bea?)^.^iU n, um die Alpe zu verla.ssen, wenn (.»e-
fahr im Anzug ist.
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Wissenschaftliche Beilage
Xl'. 2, HesoiKt von Und. I>irfrlrh in Kandcrn. Au^HSt 1896.
[Seite 9.
I. Abliaudluugeu.
I.
In einer Bcsprcclninp^. die Adolf Bartels den Ästhetischen
Zcitfrai^en des Leipzii^er Professors Johs. \'()lkc!t gewidmet
(Knnstwart i Sijs 6, XI\' X\'I). finden wir bLarlilciiswerte Änfse-
tungcn über Kunst, künstlerische Thätigkeit, Kunst-
sinn, Ästhetik der Kunst Die Kunst — bemerkt Bartels
• ist genau so ernst zu nehmen wie ihre Schwester, die Wissen-
schaft, oder, weim man will, die Philosophie, genau so ernst,
wie das wirkliche Treben, in dem man sich bethätigt Mag sie
immerhin in lichtere Regionen führen — sie mufs ans dem
Lfh^'ii liermiswachsen wie der Baum aus der Krde; nichts
Menschliches darf ihr fremd sein . . . Die künstlerische Thätig-
keit entspringt aus der Region der Triebe, ist mit dem wissen-
schaftlichen, dem analytischen, dem sie sich als der synthetische
gegenfiherstellt, der höchste Trieb der Menschheit, bleibt daher
zu einem grofsen Teile unbewuCst und kann schon aus diesem
Grunde nicht mit dem Mafsstaltc (kr Moral .i^cnicsscn werden.
Der wahre Künstler schafft Werte, nicht nach Werten, und wir,
die wir sein Werk bcTirteilen. können ja iinnierhin unsere Zwivk-
nn<l W«.r'J)Ci;riite anlegen, dürfen uns aber doch nicht einbiUU ii.
dals sIl dem iniurn Mnfs des Künstlers gegenüber irgend etwas
bedeiilcn. . . Der Sinn für das Spezifische in der Kunst ist sehr
selten; man kann ruhig l)ehaupten, ebenso selten wie die echte
künstlerische Begabung selbst Ich habe Ursache zu glauben,
dafs es den Künstler voll befriedigt, weini er auf seinem Lebens-
wege nur einen ein/igen Menschen trifft, der sein Werk voll
nnd rein in sich anf/unehmen im Stande ist. Ivinen solchen
Mc-n.^chcn fand /.. B. Schiller in Körner. Die grofse Masse pfl(*i4
das in (kr Kunst allerdings auch \ nrliaTidene, aber hier nii ht iiir^
Gewicht fallende \'erstandesmomcnl herauszuklanbeii und ilas
Cbrige höchstens mit in den Kauf zu nehmen; sie kommt über
das Allgemeine, darum aber auch Unwesentliche selten hinaus
und dringt nie zum Besondem und Wesentlichen vor. Ks ge-
hören leider auch die meisten Ästhetiker und Kunstrichter zu
dieser grofsen Masse. Nur der mit dem Sinn für das Spezifische
in (\vv Kunst .Xnsgtrüstcle hat im (irunde in Sachen der Kunst
mitzureden; er aUcin wird nicht in Gefahr Jcouimeu, das Bild
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lO
.K. Dietrich.
mit dem Ralinien. die Zeichiniiii,' mit «kiu Kolorit 7u venvechscln.
die (iicnzcii der Foriüeti für Scliwitchcii tlv^ Kün^llers y\\ hrdteti,
stall der ästlielischcii iiiurrilischt* und aiKU. re ( ".e->H liN]unikK-
untt-r/u. sein eben, und was dergleichen laglicli geiuachle i'chlcr
mehr sind. Auch die grofste Bildung, das reinste Wollen bieten
für den Mangel des ästhetischen Sinnes keinen Krsatz: ja sie
sind, wo dieser Sinn nicht vorhanden ist, oft nur um so gefähr-
licher, weil sie zur Aufstellung jener angeblich ästhetischen
Doj^nicTi und Normen fuhren, denen das einzelne Kunstwerk
dann auf Gnade und Unj>nade aus)<eliefert i^t und denen es
selten, ohne ver>^ewaltij;»:t zu werden, entkonnnt. . . Für mich
ist die Ästhetik der Kunst uetlei eine l)loir> besclnvilKiule
Wissenschaft, noch eine Wissenschaft der Werte und Ideale: sie
ist mir eher Entwicklungsgeschichte, Geschichte der Kntwick-
lung der künstlerischen Können auf Grund sorgfältiger Ver-
gleichung der vorhandenen Werke; Geschichte der Entstehung
des einzelnen Kunstwerkes auf Grund gleichfalls \( rl; indener
Dokumente und sorgfälticrcr l'ntersnchnng der itnieren Struktur.
Auch auf dem Wege einer ^rslclien AsUietik i.lie sicli zur
I.illeraturgeschiclite verhielle wie etwa die \\"i>.>enM hatl der
Politik zur Geschiehte) gelangte man zu bestinnnten Xornien
inid Werten, aber zu gleichsam historischen und empirischen,
die auf die I^stungen der Gegenwart nur mit einer bestiinntten
Vorsicht anzuwenden wären, doch aber stets als Analogien
dienen könnten, da doch auch auf künstlerischem Gebiete die
zusammenhängende Entwicklung vorhanden ist.
2.
Ist es nun auch lun den Kunstsinn m un.serm \"olke nocli
Obel bestellt, so kann doch kein Zweifel darüber sein, dafs die
Antwort auf die Frage, welche Bildungsaufgabe beute in Deutsch-
land am dringlichsten zur Losung auffordert, lauten müsse: die
la/iehung zur Sittlichkeit, oder schärfer zur Rechtschaffenheit,
Gewissenhaftigkeit. Lassen wir hier dem tapferen Herausgeber
der Kthischen Kultur (is.)fi, fS), l'r. \V. Förster (Sohn des in
unserm Jnni-Hericlil (ienannten) dn^ Wort- Seit einiger Zeit
ertönt in einer Rohe natif)nal gesinuLer Ta).;e.>/eitungen und
Zeitschriften der Ruf nach einer deutschen W e 1 tpo 1 i ti k. Die-
selbe soll keineswegs eine völkerverbindende Kulturpolitik mit
grofsen weltwirtschaftlichen Gesichtspunkten, sondern eine rück-
sichl.slose Gewaltpolitik zur Gewinnung • iner weltgebictendcn
Machtstellung im grofsen Nahrungskampfe der \'ölker werden.
Die Kunil-elnnigen der neuen deutschen Weltpoliltker sind
trfüllt von einer so überlegenen X'erachtung der humanen Ideale,
ihre machtlüsternen lu'obernngsgedanken zeigen eine \ er
blendete Unterschützung der realen Bedeutung elhiseher Kultur
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II
im n:istin-.k;Mnj»rv unv'.rrr r^.nUuiiu:. dafs es Zeit wird, ihnen
ciiini;il -rütidlich lieiin/ulnKhtt n. l'örslcr tlmt das und schliefst:
Alki l-drlschritt des ZusanniR iiw irkeiis der Meii'^cheiikräfte in
iler modernen KuUuraii>eil hän^l ab von dem Sie^e der sozialen
MeiiHclieunatur üIkt die Kaubtierinstinkte; die Huiuauität ist
die Lebensluft der Weltwirtschaft, und die einzig wahre
Wcltpolitik ist ethische Kultur.
nie iietieu deutschen Weltpolitiker sind aber anch schneidige
Sozialpulitiker. von jener Art, die n. a. anf eine P«. schränkuni^
des \' e re i n s r ec Ii ts ansi^elil. In den Wrliandlinii^en über
diese Orlüste ist tlas \\ nrllend)er]ni seile Rei lit der W rsanunlun^en
nnil \ ereine als das liberalste in Deutschland lie/eichnel worden.
Dafs es den Ruf nicht verdient, dafs es vielmehr den vor-
sichtigsten Gesetzgebungen an die Seite gestellt werden kann,
weist I/udw. Jolly in Schniollers Jahrbuch ( 1 896, II) nach. Das
heifst: das j;eschri ebene Keolit verdient jenen Ruf nicht;
die Praxis aber ist thatsächlich so liberal als möglich. Woher
nun dieser Gegensatz zwischen der Gröfse der Vollmachten
der Behörden und der Zurücklialtung in ihrem Gebrauch ? Die
Aniu(»rl venlient alle Ueaeldung. Der tiefste Gnind der
besteheuilen Praxis liegt (nach Jolly) dtu-iu, dafs mit den sozialen
und politischen Verhältnissen des Landes Beschränkungen der
Vereins- und Versammlungsfreiheit unvereinbar sind. Die poli-
tische Macht ist nämlich in Württera1)erg mehr als im übrigen
IVnlschland auf die Massen übergegangen, und die bestehenden
Zustände sind namentlich von den preufsischen sehr verschieden.
Das Laiiil liesitzt <cit Jahrhunderten einen m.ächligen Landlag;
seine \ eriussung winde schon von dem englischen Staatsmann
I''ox 11749 iSü6) der englischen an die vSeite gestellt Hs wird
die Volksvertretung durch allgemeine direkte Wahlen gebildet,
wenn auch mit einem Zusatz von privilegierten Mitgliedern, und
die Autorität der Krone ist erheblich geringer als in Preufsen.
Sodann hat der Adel in Württemberg jede Bedeutting verloren»
indem er weder Reichtum noch andere Hebel politischer Macht
besitzt. Wrdirend im preufsisclien Heer fast alle höheren Stellen
\m l'rsit/ des Adels sind und in der Wrwaltnng die Minister,
über- und Regierungspräsi(ienlen. im Gslen auch die Landräte
und Amtsvorsleher überwiegend .Vdelige sind, spielt der Adel
im württembergischen Heer eine bescheidene und in der Ver-
waltung gar keine Rolle.*) Die Mehrzahl der Verwaltungs-
beamten entstammt nicht einmal dem höheren Bürgerstand,
'1 Im Heere wir<l er infolge der preufsischen lunwirknn'^^ \ ie1
leicht wiLiU-r etwas stärker berücksichtigt, bezüglich der Adeligen
in di r W rwaltnng bemerkt jolly : Die im Staatshandbuch auffallende
Ilätifiukeit der Adelspradtkate beniht auf einem den persönlichen
Allel Verleihenden Orden.
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12
R. Pietricb.
sondern ist in rcclu 1 ic^cheideiicn Verliältni-vi^ n aiifi^cwacliSL ii.
Die ( )! K rauilnKumcr ^iil(l infolgedessen nichl selten weniger
\ et lictci des Königs den Hürgern gegenüber, als Anwälte ihrer
Bezirksangehörigen bei der Regierung. Endlich sorgt für die
Demokratisierung auch noch die Zersplitterung des Gnuidhesitzes,
die es dahin gebracht hat, dafs die lianern vielfach /.ngkicli
landwirtschaftliche oder indnstrielle Taglöhner sind. Datlurch
gewinnen die Interessen und Ideen der Arbeiter in die Land
gemeinden Kin^an^^, während andererseits die Beteiligung <ler
Arbeiter rxm Besitz ein Schutz liegen ihren W'rfall an die Sozial
deniokralie ist, die in Württendierg noch keinen vSii/. im Keiclis-
lag zu erlangen vermochte. - - Die herrschende liberale Praxis
beruht also auf Thatsachen, welche ihre Dauer sichem. Während
das Recht den Behörden fast jede Beschränkung der Vereine
und Versannnlnngen gestattet, bestehen zugleich \'erhaltnissc,
welche dem debrar.ch diesc>^ Rechtes ztnn Resten der olKrni und
zum Naditeil der untern Klassen entgeijen<tehen, und diese Ver-
hältnisse sind s(v mächtig wie Reehtssät/e.
Was nun in Württemberg die Macht dci X'erhältnisse
durchgesetzt, fordern heute die Gegenfüfsler der früher erwähnten
Politiker als eigentliches «Recht« . Unter verschiedenen Gesichts-
punkten. J. Jastrow bezeichnete kürzlich das freie Vereinsrecht
als notwendige Hedingnng des deutschen A rbe i 1 e r ^ c b u t / es.
Die deutsche Arbeiterschutzgesetzgebung — schrieb er (Soziale
Praxis iSo-'f^. r j ist im Hegriff, sieh in Kleini'-;kciten zu
ver/ellehi. ]•.> steht zu lietürchten. dals darüber die bedeutendsten
Forderungen des Arbeiterschutzes vergessen werden, und zwar
diejenigen, welche allein im Stande sind, ihn dauernd lebens-
fähig zu erhalten : kräftige Gewerbeinspektion und freies Vereins-
reclit Was die Umwandlung der bestehenden Gewerbeinspektion
betrifft, so wäre (nach Jastrow^ zu verlangen: Schaffung einer
Zentralinstanz für das l)ein<r!ie Reich: Ausstattung der In-
spektoren mit einer T'iiabhängigkeit wekhe Bürgschaft dafür
bietet, dafs sie die Wahrheit nichl üur --ehen. sondern auch aus-
zusprechen wagen: gäii/lielie Befreiung voji der Kesselrevision
und dementsprechend Rekrutierung aus anderen Kreisen als blofs
aus denen kesselrevisiousberechtigter Ingenieure; Hinzuziehung
von Ärzten, von Arbeitervertretem ; Emennillig weiblicher In-
spektoren neben den männlichen: Ausdehnung der Inspektion
nichl blofs auf Handwerk und Hausindu-^li ie, >tMuKrn auch auf
den Handel und da^ X'ifi-Htc-fanffere jedes Arbeiu rschutzes, auf
die I,nnd\virt^rhnft. lirMt/en wir ein < »ewerbeinspektoral, d:!s
aus sozial] lolitisch gei>iidelen Persönlichkeiten besteht, das belügt
ist, seine P.crichte ohne ministerielle Zensur durch den Druck
ZU veröffcnilichen, das pekuniär so gestellt ist, um üble Polgen
der Wahrheitsliebe nicht fürchten zu mfissen, das infolgedessen
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Ifimteatchsftliche Beilage.
auch t>ei allen Kreisen der Bevalkentng Ansehen j^enicfst: dann
wird die wahrheitsgeniälse Schilderun); gesiindheitä.schädHcher
Fabriken oder unsauberer Werkstätten den ^sitzer viel mehr
an den Pranger stellen, alsen heute der Slrafrichter zu thim -
iiiaj;. Xchcii der Gewerbeitispektioii soll, wie erwähnt, als
/weitts f>r(;n:i (\v< Arl)eiterschut/t< (Kr Scl1>^t'^cluitz der Arbeiter
stehen. J.i--tr«i\v denkt sich Arheilerkoniniissionen. Diese kf'nniten
hei hesoiuicuer Leitung und regeliuäfsi);eni Austau.seh \ on Ivr-
fahrungeu sehr viel zur Verbesserung der \'erhrdtuissc beitragen.
Aber jedes derartige Vorgehen wird durch die heutige Vereius-
gesetzgehung erschwert und durch die Juristerei, welche dem
Begriff des politischen Vereins, dem Verlx)tdcr Wrrufserklarung,
dtMu Oroben-Unfugs-Paragraphen usw. eine weitere Ausdehnung
giebt. teilweise uninni!,Hch macht. Ja den landwirtschaftlichen
Arbeitern ist in weilen He/.irkeii das Koalitionsrecht im wesent-
lichen genotinnen. Dem gegenüber bestehen die T'nk i urhiiu r-
verbände ohne alle diese Hindernisse.' Wenn ilie Arlieilervereiue
zur Verbesserung der Arbeitsl)ediuguugen der polizeilichen Kon-
trolle unterliegen, während ein Uiiteniehmerverein zur Erhöhung
der Kohlenpreise sich als Aktiengesellschaft einrichtet und vor
jedem j>oli/.ei liehen Kingriff gesichert ist, so ist dies eine Un-
gleichheit, die auf die Dauer nicht geduldet werden kann.
II. Btteher-Anseficeii.
Zur IffHchf UHy : Ini t/n Jua/^r lAs , < itii^^liait n Rtinuhs uiikI Jcr
Menj*f 7t*ir/ittf;er MVr^<: mfisiteu die Anweisen xrfhst so knaf^f* ivic möf^lii'h
SfhaUfii sn'tt. Eri;änzutt};en kiinnen dann und u*ann in den ">Ahknttdluii^fu
odfr ^Ktfineu Mitteiinnf^m« IHatz finden.
Adolf Kxner: Über politische Bitdung. 3. Ausg. Lcipxig, Duncker u.
Humblot iS()2. — S". VII u. 35 S. - Treis .«rch. i M.
Knnnnerlich und /.urückgebliebon i.st der (Vei-'^t unseres Jahr-
hunih rts iu Rezug auf ]io!ilisrhe HildnnL' Das XX. JahrluiTnlrrt
wird ^^111 ]i. iliticlies j.dn hundeil wer ilnn gewachsen sein will,
l>e(iarf [»olilischer Bildung. Dicst gründet sich auf die mittelst
.Hchärflen pulitischen Sinnes gewonnenen ICrkenntnis.se, bestellt .dier
keineswegs in der Summe des Wissen sozialer Thatsachen (sei diese
Sunune noch so grols), sondern in dem Hrgebnis ihrer geistigen
Verarlteituiig. Historische Bildung ist Voraussetzung und bestes
Stück der politischen. Doch erst aus freier und scharfer Beohach
tnng der ('icgenwart jjewinnt man ein gewisses, vom polili>rh (".e-
bihk'leu /u forderndes l'"eingefn!il. rlas vor fnlscljrii irt scliii iit'ichen
.\nal<>.ijien bewahrt, deutlich unUi.st lu uU n U lu i /wischen abstcrlien-
den Kesten der XOr/eit und fruchtbaren Kciuieii der Zukunft. Solches
Feingefühl wird ergänzt durch Einsicht und IJegriff für politische
Notwendigkeiten und deren (Gegenteil, politische Unmöglichkeiten.
Dies die id. K. bedeutsamsten Sätze des Schtiftchens, das ursprting*
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14
Hch eitle Wiener rnivcrsiläts- Ki kloratsroU' war luid dcshall) wohl
ts iititcrläist, Vorschlägü für die Praxis einer Hllgeuieinen politischen
\ u!ksl)il<lniip^ /.'.i inarluii.
Karl •lenlsrh : ( '.TuiidlH -titu ■.iinl ( nin<N;il/A- der \'f)lkswirt.scljaft.
I.ti|)/.i};. I i. W. (irunow i.Sy5. — kl. -S". \ u. 466 S. — Tit-is
jicb. 2.50 M.
Kiti neues Duch von K. Jentsch wird jeder, der seihst weder
im Dienste einer Partei noch im Banne einer Schnle steht-, j^ern
zur fland nehmen. Ist doch der Verfasser eine A'on den ebenso er-
fretiliclieii wie selttiu n I'!rscheinuny:eti »lerSelhstän<liiikeil inul <\.iua-
heit. als welche er sich<leiin auch wieder in seiner \ <ilkswirlschafls
lehre offenhart. - Pas Ihich ist in /wixn/Ä^ Kajjilel jjej^liedert. tkren
letztes einige lAil>>U/,e briti^l. In diesen he/eichnet Jentsch als
«lie /.unüch.st von unserni deulselien \ oike zu erstrebciulen Ideale
j^esündere Verteilung der Devölkerun«,' über den Boden. Verniehnin^
der in der Urprcxluktion beschäftigten Bevölkerung im Verhältnis xu
der industriellen, der produktiven im Verhältnis zur unproduktiven,
und wofern m beidem der heimathliche Hoden nicht hinreichen
sollte, r.cbietsen^'eiterrng; gesöndt rc \'( rnir)};ens un<I l'inkMinniens-
verteilunj;^ ; ^jröfsere Hcwcjjnnjjsfreiheit der produktiv .Xrheitt i^K ti.
als sie der nroderne Milit<är- und l*oli/eistarit gestattet — und soJern
diesen \ eihesserunjien der bestehende Keclils/.ii.sLaiul uu \Ve}^c steht,
Reform des Kcchls, namentlich des Eigentumsrechtes. ICin abc-
niäfsi^' jjeordnetes Namens- und Sachregister, das jede Kinzelheit
leicht auffinden läfst, macht das ohnehin handliche Buch zum be-
quemen Nachschlagewerke. Für die zweite Auflage, die l>ci der er-
staunlichen fhlligkeit des Buches noch in diesem Jahre nöti.u werden
di'jrfle, empfehlen wir Streichung oder rjuänderung des Sat/.cs an
der S])it/e des II. Ka])itels iftt/t hat er die b'orni einer T>fi;riffs-
iiklaniiiL:, er aber nicht i^ii und \'erl»e.s.Net ung des slotetulen
Druckfehlers auf S. 4;>y (lo. Zeile, i. Wort). - Die Ausstattung ist
ebenso vorzüglich wie bei den in der Juli-Nr. angezeigten 'Geschichts-
philosophtschen Gedanken .
Statistischefi Jahrbneh der Schweiz; herausgeg. v. Stat. Bureau d.
lüdg. Depart. d, Innern. V. J.ilirg. 1S95. Zürich, Grell Füfsli 1896.
Cr. S". XVIII u. .jO'S S. — Preis geh. S Fr.
rnentbehrlicli fftr denjenigen, welcher \ olkskun<le, Volkswiit-
schaft, Wrwalliuigs- und l'ntenichtswesen der vSchweiz stu«lieren,
überhaupt ein richtiges Hihi von den mannigfaltigen N'erhällni.ssen
des Landes sich verschaffen will. .Man sieht sich um.soniehr auf die
Benutzung dieser statistischen Jahrbücher angewiesen, als ein um-
fassendes« wissenschaftlich zuverlässiges Werk über die Schweiz in
ihrem gegenwärtigen Zustande nicht vorhanden ist. Inhalt; Boden-
fläche — Hex ölkerun j iii:d Bevölkerungsliewegung I.and A'irtschaft;
Viehstand: lM)rstwirtschaft ; l'"isoli/iicht und Jagd Salinen - In-
dustrie ~ \ erkehr und Verkehrsmittel — Handel; Versicherung;
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«5
Ranken; Preise - (Tcsunrllitits- und Annenwesen - l'nterriclit. Er-
/itlmniv — !'*in.'in/\vesen — ( iefänf?^5iis\\ts«'n — Militärwescn —
l'ulili.scht" Stilistik l)i\(.r^a (X'j^l. Kleirie .Milleihin^en in nädistcr
Nr.) Das l'upKr ist slark, ilcr Druck scharf, der Unisclilaj{ da-
^c%'en dünn und unhaltbar. Kin so schweres Buch sollte überhaupt
nur gebunden geliefert werden ; sonst fährt es, sobald man es auf|;e-
schnitten und das erste Mal benutzt, auseinander.
Moriz Heyne: Deutsches Wörterbuch. Kleine Ausgabe. Leipzig,
S. Ilir/el iK</). 4". — Vollständig in 20 Lieferungen zu 50 Pfg.
Iiis i<t/.t ersi-hienen I.ief 1 \2- A - Afensoh.
! Merr \'ri It ^f-er saj^t, dai> dci' N orlit ^x-ndr Ans/u^ aus lU yiirs
\\ r>rU !l)uch ver.iuslallet worden sei \ ornehniiicli auf U\insc]i \«>n
Lelirern und JleanUen, denen das gro/seWerk m teuer und unifan jj:-
reich war, und die nur haben wollten, was sich auf den jet/.i^eii
Sprachgebrauch bezieht, ohne gelehrte etymologische und sprach ver-
gleichende Deigaben, und in kürzerer Fassung auch hinsichtlich der
Belege. Als" linnjitsächlich ein Nachschlagebuch, welches iiber den
( ifl^rauchswert der Wörter, über >l;is, was üblich, erlaubt ist, Ans-
kiiull lieben soll ; ein Nothelfer in allen l'älleji des Zweifels, der
T'nsicherheit, der Wrlef^enheit. Wer tiefer cindiintren will in (ieist
luul (ieschichte unserer Muttersjjrache. bedari j;ewiclilij4erer llülfs-
niittel. Darum sollte wenigstens in der Lehrerhibliothek einer
gröfseren Schule, des Kreises, in I,ehrer\'ereins-, auch in Lesegesell-
schaftsbibliotheken wenn nicht (Trimms Wörterbuch, an dem Heyne
ja auch mitarbeitet, so doch dessen grofseres dreibändiges \\\rk
Stehen. Der Preis des Au.s/.ujjes ist so niedrig;, dafs er viele Käufer
finden dürfte. Denn jedes lieft /u 50 Tfjr zählt ^1 Si)alten, und ( tue
Spalte enthält niinde.»iteTi< s(.\ irl w ie eine Üiieli^cite mittlerer (iiöihe.
Freilich i.sl das j^röiseie Weik lleyjies \ erhältnismäi.sig j;erade .so
billig, und wer ir<,aud die Mittel dazu hat, sollte es der > Kleinen
Ausgabe vorziehen.
O. Weise: Unsere Muttersprache, ihr Werden und ihr Wesen. 2.
Aull, Leipzig. B. (i. Teubner 1896. - 8» VHI u. 270 S. — Preis geb.
2.60 M.
Im Sommer iS<>i .stellte der Allgemeine deutsche Si)rach verein
e ine der sehönsten rreisaufi;aben : er \ erlani.te eine Schrift über
unsere M Utters] »räche, und /.war ein X'olksl.iicli int lu stcii Siuiir Aus
\ « vschiedenen }j^ewiehti;;en ( iriinden hatte da.'- \us>clireiln.n nicht deti
wünschten Ivrfi>lg ttrotz sehr gün.sti<;er Ikdini-ungen). l's liefen über-
hauj>t nur zwei Arbeiten ein; die eine — eben die vorheizende — er-
hielt eine Khrengabe. -- Ist nun auch Weises Schrift nicht, was sie
nach der AlKsicht des Sprachvereins sein soHte, so ist sie doch ganz,
was sie sein will: ein Buch, wie es der deutsche Patriot von heilte
verlangt, und zui;Uich eine Keich.sjultelfestschrift. Dals Weise den
N'ei.minueu und Mediirfni.^sen sehr vieler entsprochen, beweist die
rasche l*olge der beiden Auflagen. Das ikich erscheint aber auch,
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]6 tt- l>ielrirh.
abcfcselien vo!i fli n sjij .v>— 7J. als liraudibares Haiulhuch : es regt den
Leser an, nicht blofs /um Streben naoli tiefen r Tk U lirtinj?, sotuleni
auch '/n eitretier Anfscrnti'^f^ mnl besonders uiUkontnien wird numrbcnt
das reichlialtige Literalur\ ei/.dehnis sein. AiUserdeni Ijcdculcn die
cin^liende Inhaltsübersicht und die Wörter-, Redensarten', und
Sachverzeichnisse asn Schlüsse unverkennbare Vomüge, — Übri^jens
mag ein guter Teil des srrofsen Erfolges auf Rechnung des Verlegers
kommen. Denn (bis Ibich ist sehr hiibsch ausgestattet; Papier und
Dnick sind tadelb>s. nn<l wer fände den feinen, neuen — ich meine
eitjenartijjeti I'itibaiid nicht an/iehen<l ?
Otto Lyon : bisniarcks Reden tmd IJriefe, nebst einer Darstelbinji <U's
Lebens und der S])rache Bismarcks. Leipzig, 15, (i, Tcubuer
1S95. — 8». VI u. 243 S. — Preis geb. 2 M.
Zu den her\'orragendsten und rührigsten Meistern und Verbrei-
tern wissenschaftlicher Bismarck- Kunde gehört Otto T„3>on. Man darf
also von vornherein uber/cugt sein, dafs das vorliegende Du ch stich-
lieh zuverlässig und von Begeisterung für st inc ti Helden erfüllt i.st.
Allerdings giebt Lyon — wie man ja wohl schi»n aus der Seiten-
zahl ;.^^eschlossen haben wird — nur eine Ans\\ nhl der R« (b n
und liriele: \ <in jenen 11, von diesen iS. I'l)er denl it ist, in web lu uj
da.s für Scluile und Haus bestimmte Huch geschrieben ist, unier-
richten am besten zwei Mitteilungen. In einem Iluldigungsgedicht
an Bismarck (veröffentl. i. d. Zettschr. f. d. deutschen Unt 1H95, IV)
sagt Lyon: -Bismarck nennen wir alles, was deutsch und ehr-
lich, netinen w 'w alles, was rein und e<kl, nennen wir alles, was echt
und i^rofs . Und den Bericht über Bismarcks Leben ( Reden und
Briefe S. 551 schliefst L. fol «j^en denn .ifsen al): Wenn unserm \ olke
von (lott tlas grolse < *,nn(U ngeschenk zu Teil winl, den arlit/jL sh 11
ClcburtsUig unseres nationalen Heros feiern zai dünen, dann woliuu
wir . . . ausrufen: (*oldne Sonne, leihe mir die schönsten Slr.tlden,
lege sie zum Dank vor Jovis Thron! Denn ich bin arm und stumm .
— Das Buch ist mit einem guten Bilde und {auf der I'jnbanddecko)
dem Wappen Bismarcks geziert. Ausstattung im fdtrigen iihnlicli wii'
beim vorigen.
III. Kleine Mitteilnn/^eii.
Lange Zeit waren London nnd Liverpool die Ilauptstapelplätice
dis I", 1 f eil be i n h a n d e 1 s ; ^^^t^reiiw "irlig jedoch hat Antweijien (in-
itilge seiner \erbindungcn mit der ulrikani.schea Kü.stcj Livcrjnuil
überflügelt und London beinahe erreicht. Der Kongostaat lieferte nach
Antwerpen insS : 6400 kg. iSSt» : 46 ^xx). i,S<)2 : nS(xx). iS.)4 : .:;r»4 5ix>»
Januar l)is Sept. iSi;5 : 51 4 51^1 kg (= ^«t^ 'rutim-n. vegeii 241» 'r<)nneii.
tlie auf den I*i>ndoner Markt gelangten». Aniuer{)eiis lüfeiibein-
handel begann im Jahiv 151^); er lag dam-ds in eleu llandeii der
Spanier nnd war während des X\ I I.ilnh. bedeuteiul. Darnach nahm
er immer mehr ab, bis er ganz, auBioile. Li.st ilie Lischlielsung des
Kongostaates setzte ihn aufs neue in lebhaften Betrieb.
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Wissenschaftliche Beilage.
Nr. 3. Besorgft von JituL Dielnch in Kaiulcrn. Sopt. 1800.
1. Abliandlnngen.
R. M. Mcycr giebt in der Deutschen Rundschau (1895/6,
IX) citic Geschichte des »Kampfes um den 11 /.einen .
Diese Bezeichnung: kmin niifsx erslnnden werden: der Cfe<;enstand
lies p^eseliichlliclicn l'cnclits ist eij»enllich der Kampf des ICin-
/.elnen selbst, nin ^ii h srllist, um sein Recht die \'ertcitli>;nng
dieses Rechtes K^-'K*-'" Gesellschaft, den Slaal . Der Gej^en-
satz zwischen dem Einzelnen und den ihn umfassenden Gesamt-
heiten — beginnt Meyer — ist naturgemäfs so alt wie die Mensch-
heit selbst Jedes her\'orragende Individuum, ja in bestimmten
Momenten jegliche Persönlichkeit mufste ihn am ( iucnen Leibe
empfinden. Die Gestalt aber, in der uns Modemen dieser Gegen-
satz' i^eläiifii^ ist diese spezielle Form, die uns fast selhstver-
ständHch düukl, ist kainn über hundert Jahre alt. Sie i-^t ein
l\rzeuj(nis de.s modernen Staatsl)e>jriffs und seiner eiu-sciincidcn-
den Wirkunj^en. Man kann es geradezu aussprechen, dafs erst
der Staat Friedrichs II. dem Kampfe des Einzelnen gegen die
Gesamtheit seine jetzige Form und seine heutige Schärfe gab.
Als ein Wesen gleichsam von furchtbarer Strenge, von inient-
rinnbarer Macht stand der vStaat da. Alle Prädikate Gottes gingen
auf flns neue Abstraktum libir; . iiimächtig war er diirili seine
Zwangsmittel, allgegenwärtig; durch die I^eaT^itentülie, aliwissend
durch Akten und Reir'^tcr. l ud wa> (his. »Schlimm te war: um
allen Widerstand im Keime zu ersticken, beansprneiite er ancii
noch, allgiuig zu sein. Er nahm, ganz im Sinne des damals
herrschenden Rationalismus, für sich in Anspruch, dafs er das
Interesse nicht nur der Gesamtheit, sondern auch jedes einzelnen
Gliedes am Ijestcn, ja allein richtig beurteilen könne. In ckni
durchaus ideell gemeinten und von praktischen Rücksichten
freien Widerspruch sieht M(- \er den ersten Keim des Anar-
chismus von heute. Der \\ idcrspruch ging von Herder aus; er
wendete sich gegen die l'er.son des Regenten ( Reisetagebncli ).
Wilh. V. Humboldt sodann trat schon gegen den .»abstrakten
Staat? auf, den er nur als ein notwendiges Übel ansah. {-^Idcen
zu einem Versuch» die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu
bestimmen', '7v»2). Später, zu Aufang unseres Jahrhunderts,
wurde man wieder persönlich, und zwar wehrte man sich nun
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gcg ü die ■■■ Zurüster, Helfershelfer und Dieiier der Gewalt <
(Arndt: Geist der Zeit, 1807), gegen die Beamten, ^ Schreiber«,
Burcaukraten. Auf diese »schleuderten die Romantiker ') die volle
Wmlit moralischer Entrüstung''. Die Schreiber- und alle an-
dern IvCUte: dir Alltaj^snienschcn, die sich vom Staate willij^
modeln las;^c n. sind IMiili'^ttT und als solche mit ciiu ni nioralisrhen
Makel Vieluiüet. Xnr das (Unie (d. h. Wer ■^icli du edU- l'r-
wüchsigkeit Rousseaus et halten hat inid erhält) ist ein wahrer
Mensch — und die Männer der Romantik sind alle Künstler,
Helden» Originale, Genies, und sie allein sind es und bean-
spruchen nun auch eine besondere Moral für sich. So vollzog
sich eine Wendung vom Politisilicn ins Ethische.
Alxrr Schleiernlacher hatte ^rlu.ii 1799 erklärt: Jeder hat
etwas Kigenti'unliclics ; auch der (.ieringe Vu-^itzt Originalität
( Reden über die Religion an die (iebildeten unter ilirLti \\ r
achtern ). Die-^e Lehre wurde nun auch in die lUhik i in^^rtiiln 1.
Doch nicht sogleich. Und als es geschah, wurde sie aul> ärgste
Übertrieben: durch Fcuerbacli (182K), und noch mehr durch Max
Stinicr (»Der Einzige und sein Eigentum , 1H45). Da .sollte denn
jeder beliebige Einzelmensch »Träger der Religion. Schöpfer der
Götter sein; je<ler wurde für souverän erklärt, und nicht ein-
mal blofs seine Gesamtanlage, sondern jede momentane Regung,
jede Laune und Stinnnung als heilig und nnverlet/lich aus-
posaunt . Da.*^ war natürlich nicht durch/uscl/cii, uiul so tiilirte
liugeu Dühring wieder die Rangunterschiede und die \ orrechtc
Auserlesener Individualltaten V ein, — Meyer schliefst: 'Rechneu
wir ernstlich mit der Wirklichkeit, tragen wir ihr Rechnung
auch auf ethischem Gebiete, so müs.seu wir eingestehen, dafs
von allen Menschen so wenig e i |i e Moral verlangt werden kanu
als etwa ein und ilasselbe Kraftmafs. Irre ich nicht, so strebt
gerade dit i thisrlie Ht wegung unserer Tage daliin. eine gesunde,
aus <lcn Anschaiiini^rn der Gegenwart erwachsem Moral mit
derartigen Rücksicliten auf die Individualität zu vereinigen .
3.
Treffliche zeitgcniäfse Worte hat vor kurzem wieder der
Herausgeber der lUhischen Kultur (1896, 22) gesprochen. Dies-
mal knüpft er an die Sage vom verzauberten Kaiser an: Hin
mächtiger Zauber liegt seit fernen Zeiten über der (Ustalt des
diiitsi licii Kaisers ein Zaube r, der weniger von der glanz-
vollen \'erkör])erung mcii^ciilu hei Macht und Gröfse ausging
als von der uralten Sehnsucht nach dem liilde einer geem igten
Menschenwelt, die mitten in dem Elend des Parteihaders und
•) Nieiiiaiul - be-nierkl Meyer - hat die Anfcnuhnig des neueren
Stantsbogriffs geistreicher und liefsiiiniger durch j^cfnhrt als Iv. Th. A,
Hoff mann, in .seinem Märchen Ntifsknackcr und Mausekunig>.
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der Stniiinus/crn's^eilhcit allLti ernsten Seelen als Tx-heiislioff-
muig Iciiclitelc. i\l;tT alle I lotlnun-cn i>lie!)eii inieitüHt. »Solanj^e
die friedeiibruij;euden Müclite iliren Troii nicht im Iler/cii der
Kin;selnen errichtet hatten, soläfigewar der Fricdtiisfürst olin-
Ki^fili^i denn atl seine Kraft stammte von Volkes Gnaden,
tiiui \Vd difc V'oJkskraft in zügellosem Intereaseiikampfe wogte»
da konnte der Inifst niclit der Führer des Ganzen, sondern nur
der Kiucht der Stärksten selil. So zog sich die Friedenshoff.
litlfiL^r ifi- Rtich des Traunies znrnck. . . Der Kaiser der alten
V«»lkssehnsUcht tmifs 'Schlafen und harreit, weil das Bewufstsein
<ler r^o/irilei» Lelienseinlicit noch im Schlafe liei^t. dessen Traum-
j^estalt er ist; ehe der einzelne Volksgenosse niciit innerlich über
dem Parteiwesen steht, kaHfi mich der höchste Vertrauensnianu
der Nation kein Träger gemeinsame»! Xiebens sein. Der neue
Cieist der Wrsöhnnng wird uns nicht geschaikt in Gestalt eines
htjichtvftlj ^et^^t^lel^den Menschen — nein, dieser neue Geist mufs
von Ulis üUeii ii» (k-n kleill.*»tcn und g^röfsten Zusammenhängen
des Lebens bethatlgt inid gestärkt werden, bis er endlich Ver-
trauen schaffend zn den Ilöheii der Fi'trsten eniportlringl und
sie von dem drückentlen Zwan^^e löst, eine liohe und l>egeistertc
Atiffassun)^ ihrer Stellung der Rücksicht auf die wechselnde
Machtvertcilung der Interessengruppen unterzuordnen. Zur Zeit
steht die Macht bei den Junkern und fendalen Grofsindustriellen.
%yO lauge diese ka1>en noch um den Berg fliegen dürfen, wird
der geträujtite Kaiser, der freie Wrtrauensmann eines freien und
einigen Volkes, wohl noch im Zauber)>anne schlafen müssen. . .
I)as Kennzeichen der \'erirnn)^c!i]ieit. \<{ der (Haultc, dafs der
verzrmberte K;\is(.r ein>l cislelieJi wcnU', um das \'<>lk /u neuem
Leben zu tühren : die ( »cgenwart erfüllt sich uut dem kiatlvollen
Bewufstsein, dafs die soziale Wieclergeburt das Werk eines
mündigen Volkes sein wird.
3-
Adolf L'Arronge veröffentlicht in der Deutschen ni( hlnng
(XX 2—4) eine Reihe Aufsätze über deutschi- Theater und
deutsche Schauspielkunst : im fünften bringt der erfahrene
Praktiker Vorschläge z n r ]U'< er u n g unserer Theater-
zustände Als I'rsadn- dir vm handeneu Tbel bezeichnet er
die \n-lehtiung der wu l>etieiheit auch aufs Theater. Seine
\or^chläge zur Besserung sind: Das Aufsichtsrecht soll der
Polizei entzogen und dem Kultusministerium übertragen werden.
Eine Kommission von literarisch feinfühligen Männern, denen
Verständnis und Interesse für die Zwecke vnid Iknlutfius.e ( er
Bühne zuzutrauen wäre, eine solche Kommission unter der
leitung des Ministers mülste in erster Reihe m Iheaterange-
legeuhcilen zu cntsclieiden haben; die Ausübung der Zen.sur
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20
und die Ertciluiii; (kr Kon/cssioiien niiifsteii durch diese Kom-
mission gcrcf^elt werdi Tv Hei dem /.weiten (ksoli.ilt w'ire immer
/.Weierlei y.w fraj^en : >ind die per^rMiüchen ivi^enscliail' m des
Heweil »LI solche, dafs sie für eine si>lide und /.Ui;leich küa>l-
lerisclic Inihrun^ des Theaters Bürgschaft bieten ist die nach-
>;esnchte Begründung des Theaters ein Bedürfnis, oder darf man
dem Unternehmen wenigstens Aussicht auf Bestand zugestehen ?
Und zwar soll man von unten herauf, in den kleinen vStädi- n
anfangen. Man fasse verschiedene solcher kleinen Städte in
eine Konzession /(isammen, drei, vier oder mehr Orte, in Be-
I iitksiclitij^uni; ihrer I'jnwnhncr/nhl, nheri;ehe diese K(>n/essi«>n
einem IJnteiiuhmer und \eipilichle ii)n. in jeder Stadl einii^e
Monate des Jahres Vorstellungen zu gel>en. In der Zwi^elien-
zeit dürfte kein anderes Theater dort konzessioniert werden. Man
wird unter den Bewerbern sorgliche und gute Auswahl treffen
können: denn es werden sich für eine solche Theaterdirektion
genug tüchtige Männer finden, weil diesellie ihnen nicht nur
die Möglichkeit der Ivxisten/. sichert, sondern auch eine /iem-
licli sichere Aussicht auf Gewinn gibt. Die kleinen Städte
wovtkn dann nicht mehr während des ganzen Jahres in ver-
schiedenen Theatern mit schleciileii Aufführungen geplagt werden:
aber sie werden dafür während einiger Monate des Jahres ein
verhaltnismäfsig gutes Theater haben, an dem sie sich erfreuen
können. In solchen Theatern werden junge Schauspieler ein
sicheres und bildendes Enga:-;i nient, Regisseure eine günstige
Stätte für ihre besonderen Studien finden. - (iröfsere Städte,
die beanspruchen, während des «ganzen Jahres ein Theater /n
haben, mögen iiire Theater derart suln entionieren, dafs diese den
an sie zu stellenden Ansprüchen gerecht we!"den und auf Be-
stand recluien können. xSie mögen sich dagegen die Aufsicht
Ül>er ihr Stadttheatcr wahren. ()1> und wieviele andere Theater
daneben zu konzessionieren seien, wird nach den Krfahningen
der vergangenen fünfundzwanzig Jahre leicht zu crmessen sein.
Würde das Deutsche Reich aufscrdem dem Beispiele Wiens
folg<Mi und in unsern grof^ n Städten Theaterschnlen errirht»Mi
und nnt ausgesuchten T.ein kr.iilen be>etzen, daini würde dadurch
gewifs manchem rnhiL; gesteuert, und es würden Institutionen
geschaffen werden, liie für das Gedeihen der Schauspiel ktuust
von den segensreichsten Folgen sein könnten.
II« Büchel*.
Georg V. Gizycki: Vorlesungen über soziale Ethik. Aus seinem Nach -
lafs lurnisu. von Lily v. (lizycki. 2. Aufl. Berlin, Ferd. Dümmlcr
- S". II u. SS S. -• !..?(> M.
Iviner kurzen J.itdeitmig loi^^^^-n sieben Abschnitte. Der erste ist
wesenllich Kritik, ilie sich erstreckt auf tiie Maehl der Maschine.
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anifebliche Cbcr|iro<lMkti()n, I.aj^e «kr frcion Arbeiter (im V'crjfldcll
zur r;iy:t: (kr Sklaven). Rciuihhini; <ler ' 'crlicheii uiul .i^ci.sti.!,'i.n i
Arlx it jroi'sL-ti rtitcrnt liiMereinkoimneii. I i. nun- utul Kin(U rarl)cit.
nie iilML'i.Ti Ahsohtiilk- erörtern die Mittel zur I.<»suni^ (kr so/.iakii
I ra^e, \v»il>ei noch /ii bemerken ist. dafs die bei<kn letzten der sosr.
l'Yanenbewej^un^ j;e\vidmet sind. — I )ie \Vohlfahrtseinrielilnni;en uml
die Beteiligung; der Arbeiter am (tewinn vermögen nach de» Verf.
Ani»icht di« Lage der Arbeiter den Kapitalisten gegenüber nicht er-
heblich %u vcrbesisem; daxu bedürfe es viehtiehr der Lohnkätn|>fe
(Slrike.s) und der Hcschränkung der Arbeitszeit tauf aclit Stunden).
Als «lie all^etueitien nedin.iiunj;en des w irtscliaftliclien un<l j^esell
sehafllichen l-'ortschrills aber, als die irrfifsen Mittel /.ur I.n'^nnir der
so/.iak-n l*'rai;e erachtet Cii/.ycki : Iiuiil-, (K*sf*rnn<1 und llo.lrn.s
und säuitliclier Industrien, richtij^e W ertung dei Arl>eit (allgemeiiK-
Verpflichtung zur Arbeit), gleiche Rechte für Mann und Frau. —
Selten ist so vielerlei auf so beschränktem Raunte so gründlich, klar und
leicht verständlich behandelt worden. Leider nmfs ich darauf ver-
zichten, dies nnt Ueispiek-n zu belegen, jene grofsen Mittel oder das
llild der Zukunft mit des W rfassers eigenen Worten zu umschreil>en.
Doch die ersten, grundlegenden Zetli ii dti 1 ink-itung sind anzufidueu ;
sie lnnl(.ii' Her ' '.esichts'|>unkt. vou uclclum aus die gröf.slc l*"iage
der (kjituw.ul, die soziale b'rage. d. h. die I'rage nach dem W-rhält-
nis /.wischen Ka[iital und Arbeit, betraciitct \ver<kii mufs, ist das
Wohl der Gesamtheit genauer ausgedrückt: das gröfstmogliche (tlück
»Her. Und hierbei ist jeder für einen, keiner für mehr als einen zu
rechnen.
tiustav Maier: Der Kampf um Arbeit Hine Reformstudic. 2. Aufl.
Ikrlin. I'erd, Dünunler r^^ i v S'. S. - 60 I'f.
\'erf, schlägt zum au.sschliefslichen Zwecke der sozialen Aus-
gleichung eine Reichserbschafls^ti. lu r vrTr. Deren l'rlrag berechnet
er nuf f^m-i;;«) M illioneii Ma! k I >i\ i-^umme soll aber nicht veraus-
gal>l. .sondern lediglich zu proilukliven Zwecken angewendet werden.
Zunächst wäre ein Keichsarbcitsamt zu schafkn. (M. weist diesem
ungefähr dieselbe Aufgabe zu wie Schmöklcr der nach seiner Anregung
mit der I'ost zu verbindenden Zentralstelte für den Arbeitsmarkt —
vgl. unsern Umschau -Bericht im Maiheft.) Sodann würde ein Teil
des sozialen Fonds fiir Staatsarbeit« n A'erkehrsbauten, -Meliorationen
des Hodens) verwendet werden. Der Ilauptteil aber '^oll Iniidwirtschaft-
lichen. genossenschaftli<"h betriebeiKMi Kol<nnvn uiil mannigfaltigster
Ausgestaltung zugute kttmmeu. Diese Koloiu'en wären in der Nähe
von Industriezentren, und zwar durch die betreuenden grufsstädtischen
(;emeinwesen selbst anzulegen, die (irundstücke (und Wohnungen)
den Ansiedlern in Dauerpacht zu geben. Den gründenden Städten
wie den Koloniegenossenschaften wären die nötigen Gelder gegen
mäfsige Verzinsung ins dem sozialen Fonds vorzuschiefsen. Xatiir-
lieh müfsten die landwirtschaftlichen Kolonien zugleich Wohnungs<-
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22
koioiiicn für die in der Stadt bt'schäftijrtcn liidiistricaiJ>titcr sein. —
i)er aau/M \'otfxH\äs i^i ättsführlieh» auüchaulich und übcn&eiigend
entwickelt.
Leo V. iiiifht Über die Ivk-niente der politischen Ökonomie. I. Teil:
Intrimit^nt dt r AHuit^ Werl i*iid Preis der Waren — Lcip/.ig,
Duiukei II. IJunihlut iS(/>. S". II u. - 4
bie vier ersten Kapitel und das .sechste, das eilten llieh an fuiitlef
HUiilf l>Uil<H tiXtWU, himik - feamt de*« iiii Änbatig niedergelegte^
Aiisfuhningen - ■ wertvolle lirgan/.ungen zu manctien äiU'fcn lirtir"
büchem der Volkswirtschaft. Ihre Gegenstand« sind: Die Arbeiter-
frage im allgemeinen (nicht frei von Übertreibungen : die I«age der
russischen Arheitcr wird mitunter als I.age ikr Arbeit, r Überhaupt
fef'Hrliildrit) rMIgeUtcines filier die Arh»-it tleM .Manschen — Tnten«
'^däl (k r Arlu it i N erliallnis der Menge der hehnfs Afb* its\ rrnch'
\ I ap.si^.i] iicn l'lnergie /IM /eiUb-uu-r der X'eransL^al'un^ tk-rseU)en j
im ilinhliek auf die Verhällni.s.se. uekhe die Arbeit und die l-ixislenz
des Arbeiters beeinflufsen Der normale Arbeitstag — Faktisches
Relcgtnaterial bezüglich des achtstündigen Arbeitstages. — Das VII.
Kapitel bearbeitet «die lI>'lK>the»e der i^iniltaHhtensität der Arbeit
(oplimunt) und ist mit einer graph. Darstellung au.sgestattet. Unter
dieser kimitariiitensilät versteht Buch die Arbeitsleistung eines Ar-
beiters, (kl das Produkt scTfKT Arbeit Vgü Uttd grttlÄ gehicf.^il itiid
nicht ilbvr Öm<1. taglicii u heilet i Ht .lin^rungeii, itefen erste U se!l>st
üls unerreichl)ares Ideal erkenntl. ivr lienut/t nun fins anirt-nomnu ne
t>Iilimumi um einerseits die relative (irfifse der Arbeitsintensil.U In i
verschiedener Dnuv-l- dv^ Arbeil.sLage.^ und bei inannigfaltigcn (Iroiscu
dei dth Avlieitern zufaüendeu Wertanteile ^I,öhne) theoretisch zu be-
^e^lUien.. (und seine Berechnung erweist sich als thatsfichlich richtig»,
andererseits zu beweisen, dafs je kürzer die Arbeitszeit und je grolser
der Anteil (des Arbeiters) an den erzeugten Werten, desto höher dt«
Arbeitsintensität ist — Die drei übrigen Kai)itel (V, VI II, IX) er-
öitern : Irrige Ansichten über die den KftPito^^^^^n^eM^'inn bestimmen-
den Momente - Wert der _ Schätzungswert der Waren :
c;eld und Warenpr^y^ enthalten manch treffende Urteile und
.scharLsiinuy'^ Ausführungen: aber alle <li\i K ipitel. wenigstens die
beiden i^.t^^^.,, hediirfcn einer gründlichen — freilich mühsamen l in-
tirbeitung. In ihrer gegen wärtiircn }%issung genuinen siv nicht: die-
selben W orte werden in verschiedenem f^inne gehrauclit. Hn dieseliien
Sachen nicht immer die gleichen begrifHichen I-rklärun-. :i ;^abrai'ht,
wodurch Widersprüche späterer gegen frühere Sät/e entstellen, o<lcr
der teser doch einen Kindnick dieser Art empföngt. Auch ist die
Darstellung mit anderen Mängeln, 2. B. störenden Wie<lerho1ungew
t)elasia Zv ar «eine Hauptbegriffe %vürde B. in einer Umarbeitung:
Wold nu ht andern. Mindesten.s einer von diesen — .Wert< — durfte:
sich ..bcr als unhaltbar erweisen : er verstofst allzusehr gegen den
berechtigten Sprachgel>rauch und die eingewur/clte Vorstellung.
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WiMenscbaflUehe Ddlafe. 2^
Wer wird die ÜLli iuptun^'. die menschliche ArV>eit.skraft liLsil/e keinen
Wert fS. 73), nirlii ungeheuerlich finden' Werte sollen nrmil ich luniiinch
I.. V, Hnoli. wir nach K. Marx) Pr(.diikU- nitiisi liliclu.!' Ail)c-it sein:
oder: eine Sache (Warcj soll nur Werl haben, soweit nienscliliche
Arbeit in ihr vergegenständlicht" ist. Übrigens, da ich einmal auf
Buchs Begriff des Wertes schlechthin eingegangen, niufs ich noch
hinzufügen: unter Schätzungswerte (besser wohl: Hrw'erbs- oder
Kaufwert) versteht B. -'den Inbegriff eines Quantums Arbeit, weldies
erforderlidi ist, um eine Ware von bestimmtem Werte sich ei;^en-
tundich /.u erwerben . T^nd der in (ield((iold)aasgedrückteächätzungs>
wert einer Ware ist ihr l'rcis.
Theodor .MatthiR^s: Sprachkben und Sprachschäden. l'in iMilirer
(hjreh thc Sehw,iijkuii:^(.ii \nid Schwierigkeiten des tlcutsiluii
Sprachgebrauchs. I.eip/.ig, K. Richter 1S92. — 8". u.
4(^5 i3- - 5-5" M.
Der Untertitel verrät Zweck und Inhalt des Buches, das sich
damit anderen verdienstlichen Unternehmungen ähnlicher Art an die
Seite stellt, b'ine eingehende Inhaltsübersicht oder ein abc-mäfsig
geordnetes, möglich reichhaltiges Wörter- und Redensartenverzeichnis
sind bei eitlem solchen Huche utientbehr!i( h. Das vorliegende besitzt
beitUs. — Nati'irlich kann man niil M. «.lunsu wie mit Vndresen,
Wustmann — im einzelnen rechten. Manches in der überreichen
Ffille dürfte auch fehlen. Z. B. wäre es nicht nötig, in den \-er-
bot^gensten Winkehi zu kehren, einzugehen auf entbehrliche, von der
Mehrzahl thatsächltch niemals gebrauchte Ausdrucke oder Rede-
wendungen und auf lächerliche Titulaturen, die ja doch nach und
nach (Aielleicht auch si lnull auf einmal) verschwinden mi'i.ssen. Da-
gegen wünsclu- ich dem wichtigen Schlufsabschnilt gröfsere Aus-
dehnung. iKiTidell er doch von der Sauberkeil, l'.infarhluil und
Wahrheit <ler i>arstellung . Den Inhalt dieses Abschnitts bezeichnet
M. folgendennafsen : Fremde, besonders französische Wendungen.
Flüchtigkeitsfehler und Hauptgebiete ihrer Verbreitung. Wieder-
holungen und Überfülle im Ausdnick. Unlogische (»leichsetzung
ungleichartiger Dinge. Beziehung eines Fürworts auf andere als
selbständige Hauptwörter. Breite. Rückhältigkeit und Übertreibung
in <U 1 luntigen Ausdrucksweise. Drei llauptschä<len des heutigen
Sprach- und Hibb rschatzes. Modewörter. Atis ( inander wiflerstrebeii-
deii Teilen /r.s.ini niengeset/te kt <lewendun>icn. L'nnalur im Ivinzel-
bilde, im ausgttüluten \ erglcieh und in der \ ermengung der Stil-
arten. Hoffnung auf Besserung. ^ In den beiden Hauptstücken
( Das -Wort aU$ verein/.clter Satzteil ^ im Oefüge des Sat^cs< ) ist,
scheint mir, auf Kosten der Übersichtlichkeit etwas zuviel Papier
gespart worden.
111. Kleine Mitteiinngen.
\\m den 3if^5 s i" h w e i z e r i s e h e n (i e ni « i n «1 1 n liegen ir"if
wtuijfer hoch als 500 m, 1575 500 -999111. 2Uj looo i^yym. 50 i5ütjm
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24
K. Dictriuh.
und noch höher. Von den let/.tijcnannteti 50 (ienieindcn gehören zu
Orattbfindeti .^5. Wallis 13, Uri und Tessin je i. l>ie höchste aller
schweizerischen ('.cincinden ist Avers lini lliiiterr}ieiii;^ebiet. sfull. von
Andeer, 1949 ni). die höch.stj^ele^enc unter den Stldten mit mehr als
lotxx) Kinw. Chaux-de-Fonds (im Neuenbtirgcr Jura. (>92 m). Die
fünf tief st (^elejBrenen (iemeiridtii finden sich am Lan^ensce (Tessin,
202-200 tivi ; du-ssi ils der Alpen hat loi iiihiininjien l>ei Hasc-1 die
ringste JJoiUidujhc ; 252 ni. Sclieidet man die Hevölkcning nacii der
Höhenlage ihres W'olinsitxes. soergfeben sich folgende Zahlen : weniger
als 500 m hoch wolincn I42S^(. \ 50/^» — y()9 ni i -^r-fmo. ukx'> m uml
höher 155500. \'ün den iiraubündnern hausen mehr als die Hälfte,
von den Wallisem mehr als ein Drittel höher als icxx> m über Meer.
(Stat. Jahrb. d. Schweiz 1895.)
Weii.N und wieder weils, eine zugefrorene l^bene, unbelebt, nn-
malerisch, dariiber ewij; grauer Himmel. So Stellt man sich den
hohen Norden j ^ n sei t s d es 1^ ^1 a rk rei ses vor. 1 )iese \orstelhinj»'
i.st irrig . . . Das Land sei nie schneefrei, .sagt nmn. Aber wenn der
Sommer nur etwas über Null sich erhebt so gfibt es Iceine Schnee-
<lecke, auch nicht auf i v>t> m lu»hen Hergen (bh>fs in der iMrnregion
der Gletscher). Im Juni findet nmn au.sgedehnte Weiden, mit Hertlen
von Rentieren imd Moschu.soch.sen. Dürftige Kinoden wccliseln
mit anmutigen, farbenprächtigen bluren ; besitzt doch i .i. nlanil nicht
weniger als .V ' ühit«^ tii>flan7.en. Sobald die Sonne nirlit mehr unter-
geht, tritt die Schneeschmelze ein, und zwar plol/lieli. Die Jvbeuen
veru'andeln sich in Moore, welche dnrch den schon in geringer Tiefe
gefrorentu ImkUu nicht a]»zusickern vennogen. l)arül!er lagert eine
heifse, scliwingende IaiÜ, in welcher abends Moskitos schwärmen.
Däche nnd Flüfse überschwemmen das tiefere Land und befreien die
Ikrge von den winterlichen Niederschlägen. Die .Abhänge im Innern
der bjorde sijul mit Ali>enpflanzen bewachsen, die. .^o klein sie auch
sind, jene bis tief in den Herb.st hinein mit einem grünlichen l'ber-
ÄUg versehen. Insbesondere i.st in Cstgrönland das König-Wilhelms-
T.riTid \on j^Tf^fser Srlu'inheit: sein n 11 eurer Knisc r-l*"r.-uiz-Jos«,-fs-
I jord übeririitt Noi wegen an liroise: unzählige Ivisljerge in ultra-
marinblauem Meere; grünliches lyand zur Seite; darüber Felswände
Vdii :cny^ und dahinter Herge \«>n 1 "«) in w(»hl eines der grol's-
artig.stcn Hilder der Ivnle. f.\ns einem Vortrage J. v. l'ayers i. »1.
Berliner gef)gr. (te«el1sch. — \ gl. Ztschr. f. Schulgeogr. iSo';/^». VII.)
l'ine willkonnm ur Hilfe zur Dentinig der Srhilh i i ln ti \'crse:
Weh denen, die den» l.vvigblinden . . . bietet eiuc Stelle in
Wielands ("icsprächen initer vier .\ugcn . Sie i.«3t zuerst ijoogednickt
\vor<len und 1 inlet: Heilenke. dafs gegen einen, der zur Meför<lerun
wahrer Aufklärung thätig i.st. Hundert .sind, die ihr aus allen Krallen
entgegenarbeiten, und Zehntausend, die .seine Dienste weder begehre«
luich vermissen. .Vuch bitte ich nicht zu \ergessen. daf man unter
zehn Aufklärern wenigstens die Hälfte rechnen muis, die ihre Tecli-
fackel so ungeschickt und unvorsichtige handhaben, als ob es ihnen
weniger danmi zu thnu sei, uns zu leuchten, als uns die Häuser über
dem Kupfe anzuzünden . 1>' ist möglich, dafs St liiller diese Stt lle
gelesen und jene Wrse danaci» gedichtet, obwohl er am ijed \ini
der Cilockc schon .seit 1797 gearbeitet \m Druck gab er es am 30.
Sept. i/tx.)). (Züitschr. f. d. deutschen Unt. 1896, III.)
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Wissenschaftliche Beilage
Nr. 4, Besorgt von Ji»d. DiHrkh in Katidern. Okt 1896.
(Heile 26.
I. Abhandln Ilgen.
TTnter den hcdciUsaiiicii und ci lienliclicn Rrscheinunj^cn der
Gcj^ciuvart j;ebührt der ethischen Bewegung der Preis. Aller-
dings nur in der Voraussetzung, dafs sie sich aufs eifrigste
bemüht zu werden, was sie noch nicht ist: eine grofse Volks«
beweginiij;. Smist hat sie ihren Ikrnf verfehlt. Welches aber
wären die Mittel zur Volkstümlichkeit? Gewifs nicht Akade-
mien, internntioüak Kono-resse. Sekretariate u. d.ü^l., sondern ganz
schlichte Vcranstaltuiii-cn in dt r Tiefe, im engen Kn i\e: vor
allem lebendii^e Lehre ein w m (lii;er Mäinier. Man ileiike sieh
einen berulcneii Lelirer, Leiter, Wächter, Mahner, Warner in jeder
Gemeinde — welche Aussicht! Wo wirkt ein Mann dieser Art
schon? Wohl an verschwindend >venig Orten. Und gänzlich
missen wir seinen Stellvertreter, Ersatz: ein Volks- oder Hausbuch.
Doch Vorarbeiten, sozusagen Handhaben zu einem ethischen
Volksbuch besitzen wir bereit.s. Ich meine gewisse Bücher oder
Büchlein, die nicht nur überhntipt sehr billig, sondern auch gleich
gel)i!nden. und zwar hübsch ^elniiiden /u l>eziehen sind. Allein
mit solchen ist der wenig Bücher kaulenden grof.seu Melirzalil
des V^olkes recht gedient. Schriften dieser Art nun liefert lie-
kanntlich Philipp Reclam in Leipzig, und es wäre — nebenl)ei
bemerkt — ein nützliches Unternehmen, alle diejenigen Bättdchen
seiner >Universalbibliothek< , welche zu Itfehrbflchern (im guten
Sinne) vorzüglich sich eignen, zusannnen zustellen und übersicht-
lich zu bes]irechen, um dadurch ihre Verbreitinic,^ /u fördern.
An dieser Steile jedoch beschränke ich mich aui etliche ilülfs-
miUel der R ec h t s c Ii 1 f e n h e i t s 1 eh r e. Die ausgewälilLen
Bändchen sind: l^piktets Handbüclilein der Moral, Marc
Aurels Selbstbctrachtungen und zwei Schriften von Samuel
Smtlcs: Der Charakter und Selbsthilfe.*)
Nicht dafs ich meinte, diese Schriften den l,esem der Neuen
Bahnen« erst vorstellen zu müssen. Ich möchte sie nur für den
angegelx^iien Zweck empfehlen, zu ihrer Verwertung anregen ; sie
'l Alle vier liegen in (K n neuen Iuiil)än<Ieu vor, welche, ohw olil
cxlerweil sie einf.iclier sind als die früheren. <li *se an (ief niit' keil mn
vieles übertreflen. - Dius er.ste (So Seiten) kostet geb. Cx>. this zweite
(183 S.) 80, daji dritte (384 8.) und vierte (328 S.) je 100 Pfg.
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». t»i< (ril'Ji.
werden bei weitem noch nicht so fleifsij^; l)enutzt, als sie es ver-
dienen. Das ist aber auch erklärlich: die ICr/.iebung zur Recht-
schaffenheit (man erffille den Begriff mit seinein ganzen Inhalt)
gilt weder im Hause noch in der Schule als Hauptgeschäft Dafs
jene dieses werde, erstrebt eben die ethische Beweguni;. I nd wer
möchte solche Bestrebnnj;en nicht nnterstül/en, die vorhandenen,
ebenso guten wie wohlfeilen Hnlfsniittel unbeachtet lassen I
Der \'oik>trunid wird also. /.. H., den iuwerl) der beiden
Bucher von Sniik> jedermann anraten es da!)ei aber nicht
bewenden lassen. lü wird die Bücher mit jungen Leuten durch-
arbeiten, sie sozusagen neu entstehen lassen, ganz, so, wie sie
wirklich entstanden sind, nach dem Berichte, den Sniilcs seihst
im \'orwort zur ersten Ausgabe der Selbsthilfe gibt. Dabei findet
sich Gelegenheit, den englischen Mustern deutsche an die Seite
zu stellen, oder jene durch dit <e zu ersetzen, was besonders bei
Durcharbeitung des eben ^xiianiilen l^iK^hes zu wünschen wäre,
Ivine dLiit^che Nnclibikhui^ dieser Selirift wäre überhaupt ein
\ erdieiihtliches, und ^ewifs nicht schwieriges W erk.
Das K igen artige, zugleich das Packende bei Sniiles ist seine
Vcranschaulichtmgskunst ; er will belehren, aber vorzugsweise
durch zahlreiche, glücklich gewählte Beispiele. Dagegen fehlt
es an solchm fast ganz in Ivpiktets Handbüchlein und Marc
Aurels Selbstbetrachtungen. Doch Lehrbücher oder Leitfäden
im gewöhnlichen Sinne sind dit --e Schriften auch nicht, sondern
— der Hauptsache nach — Säimnlungcn kurzer Regeln und
mehr oder weniger ausgeführter Betrachtungen, allerilinj^s mit
durchaus lehrhaftem Zweck. L nd sie haben zunächst geschicht-
lichen Wert: sie fähren in die Philosophie der jüngeren Stoiker
ein und zeigen zugleich, dafs dieser Philosophie die Besten
eines einst grofsen, aber - z. Z, Hpiktets und M. Aurels --
weit herahgekonnnenen, dem Untergänge verfallenen \'olkes er-
geben waren. Das allein schon lockt zur Vertiefung in die
beiden lirmdchen. J*vS ist ja al)ir \on vornherein zu erwarten,
dafs serielle Vertiefung einen zweiun. Iiedeutenderen (gewinn er-
zielt: eiue Au.^iieule für den eigenen Hedaif. Lud in der That
eine reiche Ausbeute! Nur können oder dürfen wir nicht die
ganze stoische Lebensweisheit aufnehmen und befolgen: nicht
die Lbertreibung im ICntsagen. Dulden ; die allzu grofse Milde
in der Beurteilung des Wrbrechers : das Zurückziehen auf sich
selbst bis zu bedenklicher Selbstgenügsamkeit, ja Sel1)stsuclit :
die (jcringschät /iniL': des Lel)ens. der Lelnnsdauer: die An^i<.*ht
vom Leben una i od überhaupt, von (ieni \'erhältni^^ zwischen
Körper und Geist, zwischen vSache, Thatsache und Vorstellung
oder Hinbildung. Was dagegen für uns noch gilt — und nicht
nur für uns, für alle Zeiten — das sind die eindringlichen Kr-
niahntmgen zur Enthaltsamkeit, Selbsüberwiudung, Unterdrückung •
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der Lcidctiscliafu 1! /u ii iiiu -emäfsem Leben ; die strenge Such-
liclikoit. (tciiaui.ukcit im Urteilen: die wachsamste S<)rj^e für
Wahrunii' der Meiischeiuvürdc, der Kechtschaffenheit unter allen
Umständen : der Wr/ielit auf Ornlu-In n:u*1i Anfang und
ICnde der Welt: die stete Herritst-liall /um J^UrlKii. Daneben
viele andere Sillengebote in k.na])pen Sätzen. Mtigeii die \'olks-
erzieher der VerbreiUtnj^ dieser lehren sich annehmen. Be-
sonders die I«ehrer an Fortbildungsschulen sind dazu berufen:
haben sie doch die Pflicht, die Jünglinge zum Erwerbe billiger
und - uter Sclirifteu aufznmnntern. Und dafs die hier besprochenen
vier liändchen ') in erster Uinie zu empfehlen wären» braucht
kaum noch betont zu wcrdeu.
2.
Der Ikliauptung der su/.ialdemukratisclien Partei, tlafs nur
der Arbeiter, an der sozialen Reform interessirt sei, stellt
Franz Oppenheimer (Neue deut chc Rundschau 1896, VIII*)
die andere enti^ej>:en: dafs auch die ^oberen Klassen der
Bcvölkcnnii,^ kein wichtigeres Interesse haben können, als die-
selbe Retonn. Unter sozialer Reform versteht er die Durch-
fnhi uni^^ (K s Sozialismus, und unter Sozialisnuis das Ideal einer
\\'it Nrliatisordiuinj^, in wt l* lu r die heute bestehende, sog. Aus-
beulung der Arbeit verschwujiden .sein wird. Dieser Sozialis-
mus hat — lietont O. — mit dem Kommunismas nichts zu
schaffen: der erste ist ein Ziel, der zweite wohl vermeintlich,
nicht aber wirklich ein Mittel zu diesem Ziele. Oppenheimer
verfolgt nun in dem vorliegenden Aufsatze nicht die Absicht,
den Weg zu dem von ihm gewünschten Sozialisnuis zu weisen.
Dngegen will er darlegen, dafs die Schädigungen, welche unsere
oberen Klassen durch die geltende, sog. kapitalistische Ordnung
'1 Kur einen Ni r.dnick von M. Aurels Selbstbetrachtuug^en
winisrhen wir ein I n Ii a 1 1 s v e r / e i c h n i s. Dnrcli igahe eines
.soklieii würde der Wert, die Benutzbarkeil des Bücbleuis ganz be-
deutend erhöht. l*nd Jtwar könnte man sich nicht damit begnügen,
cinfarli vor, irdt ni fler \2 Büelier aiiziitjebeii, was sie enthalten.
Denn these Scheidung ist euie fast rein äulüerliche ; was der \'erf. zu
eitler bestimmten Zeit niedergeschrieben, bildet ein -Buch»: 12 be-
grifflich '^'esohlossene Minl1eitt.11 abzuhandeln, war nicht der Zweck
der Selbstbetrachtnngen. Dalier deiin in jedem lUicIi ein \ ielerlei,
luid in» ganzen viele Wiederliolungeii. In .\iihcUacht dessen wäre
entweder ein von der Zahl und Reihenfolge der lUieherv gan^ un-
abhän.t,Mj^es sacliliches. oder ein nach der T-m hstabenf<)l;;e geordnetes
Stieliwortverzeichnis aufzustellen; als \ erweis - Mittel winden die
Buch- und Panigrapheny.iffern dienen.
-) Herausi:el)er : < )skar Hie. Wrleger: S. bischer- Berlin. Preis
viertelj. »3 Hefte) 4,50 M. — Da.s lieft enthält u.a. noch: Rieh.
\Va;;ner und Friedr. Xietz.««che. v. Karl Heckel — Detlev v. I«iIiencron,
V. Hans l'auli Chri.stentum und 1 rauenbcfreiung, V. Inna V.Troll
— Internationale Zeitschriftenrundschau.
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28
erleiden, nicht allein ilireti Körper nnd ihre Seele, *^nn(1<.-rn ;Hich
ihren Ccldhentel hetreiten. Die let/U* nih:u3])lnuj4 sucht er
dnrcli einen Hinweis auf die Proiluktioii'-x ( t h;iltuisse /n rei'ht-
fertijjcn. l\s j^iht so führt er aus zwei ilren/.en, welche
der Ausdehnung der Produktion gesteckt sind: eine naturliche
und eine künstliche. Die natürliche Grenzte ist erreicht, wetni
ein Volk alle Kräfte, welche der Produktion diotieu können,
voll angespannt hat. Das ist aber im Zeitalter der Maschinen
unmöglich geworden. Dagegen hat unsere Produktion die künst-
liche (Vcn/e erreicht, d. h. sie liefert mehr als verl »raucht (ge-
kauft) werden kann. Man nennt das gewöhnlich ('hrrprofinklitm,
Aher was als solche c-rscheint, ist thatsächlich (ci/wuugene)
Unterkonsuniption auf Seite der Arbeiter, wegen ungenügender
Bezahlung. Die Folgen sind Bankerotte der Unternehmer,
Krisen. Da nun solche wie eben auch die vermeintliche Über*
Produktion in der an sbeutungs freien Wirtschaftsordnung un-
möglich sind, wäre für die grofsc Masse der Unternehmer die
Kinführung des So/ialisnius ein Segen.
Nachdem sodann (). d\v unsern obern Klns-^tn cigtnlinn-
lichen körperlichen, seeli>chi.n, sittlichen KranklKiUn als l'ulgcn
der kapitali.stisehen Wirtsehaflsonluung hingestellt, schliefst er;
Wir glauben nicht, dafs mit der Durchfuhrung der sozialeti
Reform etwa alles ITnglück aus der Welt verschwinden würde.
Ivs l>leibt immer noch dem I^ibe des Menschen Krankheit und
Tod und .seiner Seele Neid, Hafs. TA i'kii>r]i ift und lyiebe genug,
nm die nötige Bitternis in den Ikchcr des lA'bens /.u ^cil^itten.
Aber wir glauben, dafs die Meiisrliluit an dicken iin^cliL;( n
Gaben l*andoras gerade genug zu -^r]ikj>pen hat. iiinl dal^ c.-.
unnötig ist, ihre gasten durch rein menschliche Thorheit noch
zu verhundertfachen. Was heute nicht ntfr der Arl)eiterstand,
sondern auch die scheinbar 1 begünstigten Stände an Leid und
Sorge zu tragen haben, das geht über Metischenkrafte hinaus;
das beweist die frühe Sterblichkeit, die CberfüUung »Kr Irren-
häuser und die dauernde Zunahme der Selbstmorde. Xur ein
Trost lilcibt un< in solchem Jammer. Wirwis»;eTi, dafs alle dit^se
Scluncr/.en nichts sind als die Geburtswehen einer neuen, besseren
Zeit. Sie wird geboren werden, mit und gevren <]en Willen der
Besitzenden. Die Neapolitaner schhigen zur Zeil der Chokia die
Ärzte tot, welche ihnen helfen wollten. Nichts anderes ist der
Hafs der Bourgeoisie gegen den Sozialismus. Kr beruht auf der-
selben tiefen Unwissenheit und demselben verrückten Aljerglauben,
Man mufs das ertragen. Wenn dieselbe Reform, der sie heute
so verzweifelt widerstehen, durchgeführt sein wird, wie werden
da dü" Philister vom Jahre 2000 ül>er die Philister vom Jahre
f . die Achseln zucken! Ks geht nichts über den gesunden
.Menschenx erstand.
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Wltbfnarliaftllcb« Beilage.
Tl. Bücher.
Willi. Kosfher: ruHlik. (itsdiichü. Xatmklirt iUt Monarchie. .Vristo-
kratie un<l Demokratie. 2. Aufl. • Stuttgart, J. (f. Cotta 1893.
8* VIJI II. 722 S. -~ 10 M.
Ztmäclist mögen mit zAvei Worten die Clesichtspunkte angedeutet
.sein, von weU lu ii aus der iSoj \ crslorhciK- Wn fasst r lU r Ptditik*
.stlirid»: er «ah in der nitiisrlilidun KnUiMvntwickcliniic lin j^tolscs
luilrt- tmlnirrs ( 'lan/.c : dir \MrtschaftliclK'. rechtlich«.-, inl«. Ik* ktut- 11c. .sitl
lirhf, rf!i.iri<).sc linlwicklunj^ waren für ihn nur t in/clnc Wellen in dem
,t:r(>fsen Strome tkr \'ölker;;e.sclnehte. l'nd wenn es galt, Menschen
zu beurleilen - Männer der (feschichle oder der Oegeinvart — so
verfuhr etJiach dem Grundsätze : Nur sittliche («rofse \Ht wahre («röLse.
Hinsichtlich der praktischen Politik ging (wie er sich in der Vorrede
7-u seinem ßuchc ausdruckt) sein h«"»chster wissenschaftlicher Wunsch
für unsere partei /.errisseiie Zeit dahin, es möchten die wahrheits und
vaterlandsliebenden M.inner aller Parteien die Irrtiimer und Siuiden
ihrer eigeiicJi Partei und <las Waltrc un<l (inte. <las .sich bei dtn an-
(krn Paiteien fimkl. klarer einselieu, und nach dieser lünsicht ver
söhnlichcr handeln lernen . L nter der Politik als Wissenschaft vcr-
jtteht R. die geschichtliche Xaturlehre des Staates im aristotelischen
Sinne . Denigemäfs .sucht er für alles Thatsachliche» Gewordene in
der Geschichte, der Entwicklung die I<Irk1äntng (auch Rechtfertigung)
— sucht er nachzuweisen, dafs es .so werden mufste. oder doch nicht
auf unnatürlichem Wej^e so .ije\v«)rden. wie es ist. Da er selbst Monarchist
ist t r bekennt, d ifs i r die .Monarchie für di( beste Staatsform hält
- whliiiet er den muuarchischrTi W rhäUnis.seJi mehr S<»r^falt als den
d<.iiiokratischen. Tbrii^ins sciieint es fast, als ob er mit Vorliebe aus-
geartete Deniokralicn vorführe ; ja er nennt sogar anarchistisch« Zu-
stände demokratisch (S. 379). — Die Äusdruck.swei.se ist nicht immer
ganz klar und fliefsend. R. liebt abgerissene Sätze und verwendet sie
auch flort. wo sie der Darstellung nicht zuträglich sind. — Doch
Solche Mäujiel im einzelnen können ilen hohen Wert des Cian/en
nicht erheblich mindern. Die P<ilitik bleibt ein Lehrbuch ohne-
gleichen. Was R. selbst von einem seiner andern IHiclu r s.i^t, j^ilt
a' ch für die INtlitik sie will nicht nach der Art eines \Ve.uweisers.
sondern nach dei All einer l^andk.irte die l'ragcn des Lesers beant
Worten. Dieser Vergleich pafst sehr gut: das Buch birgt die sauber
geordnete Fülle einer unerschöpflichen (iclehrsamkeit. Die folgende
Übersicht ermöglicht wenigstens eine nngefälire Vorstellung des
reichen Inli.ilts. I. Monarchie: Kntstehunj^ — I'rin/.ip (lanheil) —
Schlufsbetrachtuuijen — Urkönijj^tum. — II. Aristokratie: Ritter
Priester \*t rbitulung zwischen Rittern utul Priestern -- Städte
Pini/.ip ( Ausschlielsung:) - nächste ]»rnktische l*o1trerHnj;en aus dem
rrinzip der Au.sschliefsung — sekundäre l"igentüuilu hkeiten der Aristo-
kratie. — III. Absolute Momirchie: Entstehung — Ilauptanstalten (Un-
teilbarkeit, IlerrscheifHati»»^ Hofstaat» Heer, Volkswirtschaft und Finanz,
V' ' ■
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3"
Beamte, Prcniieriiiini.ster) — Hauptarten (konfessionell, höfi»ch» auf-
frckläil - Ivn^land - AnaliiLrioii aus dein AlkTlmiii. - Demo-
kratie: Kinleitiui}^ - riin/.ij) ((Ikichhcili - Ausdclinuii^ «ks \ Oll-
burnfcrrcclits — I jnlciluii}^ dts N'olkes -- riunittclbarkcit (Kr \ Olks-
htrrschafl — (kuiokratisdic IkainU' - Wrfall il< r I )eim)kraliL' und
Mittel da^c^^cn — Atlun - Korn - ZuuftcUniokralK' - Schwei^: —
Nordamerika - französische Revolution. — V. Plulokratte und Prole-
tariat: Verfall des Mittelstandes - phitokratisch-proletarische Spal-
tung; in Rom; bei anderen Volkern So/ialisnins und Koniniunis-
nuis — Vortxrnji^ung und Heilmittel ffcj^en die plut.-prol. Volksknink-
lu it. — Cäsarismus: Hipentümlichkeitcn iniallijcniciti«. n rntnische
Vorl.iiifi I Cäsar spätere Cäsaren — Militärtyrannis der Hellenen
— Allläute zur M ililärlyrannis in Cartha;^«' — Cäsarisnnis im Ueuern
U ilii II - Crofuwell NapoU oti. — Papier und Druck sind, wie
l»ei einem Werke aus dem Coltatichcn Verlage nuhl .nvders /.u
erwarten, vorzüglich.
Albert SchRIBe: Cotta. (18. Bd. der Biographien- Hamnilunfc >Cteistes-
helden«, hgg. v. Anton Bettelheini.) ^ Berlin, Ii, Hof mann u.
Co. iS.i- — 8». I\ u. 199 S. — Preis in Subskr. auf 6 Bde. 2 M.,
im einzelnen ^.40 M.
Die grofse Mehr/alil k( ntU Jols. l'riedr. Cotta tiur als Verleger
Schillers und <loclhes, als den grolsen HtK-hhändler. V.x war al)er
weit niehr als das, vermöge seiner nugeu t<hulicli hohen und viel-
seitigen Bildung und Thatkraft und seines ICdelsinns. Im besondem,
meint Schaffte, ist es zweifelhaft, ob er als Staatsmann nicht vielleicht
noch grofser war denn als Geschäftsmann. Diesen Mann zuerst nach
dcnj ganzen Umfang seiner bedeutenden Persönlichkeit gewürdigt
zu haben, ist nun Schäffles \*erdienst. Die gemeinverständlich ge-
schriebene Darstellung (der Hauptsache nach schon im Jahrgang 1SS7
(Kr WVj:. Zeitung veröffentlicht) zerfällt in S Abschnitte. Im I. wird
eine riitisicht über iK n T.ebensgarig CtAl.is ;m'gebfn ; im II., III. und
VII. werden der Buchhändler, im besonderen <ier Verleger und
Frvund der grofi%n Dichter«^ und der »Schöpfer der Allg. Zeitung ,
im IV., V., VI., Vlir. der Politiker und Volkswirtschafter (im VHI.
Cottas Beisiehungen zu Adolphe Thiers) geschildert — Im Übrigen
darf ich mich darauf beschränken, etliche i:inzelheiten, die den Mann
besonders scharf kennzeichnen, hervorzuheben. Der \ erleger Cotta
war betont vSchäffle — nach (K r CniKe (b s T?lickes, nach (iemüt
und Charakter seinen .\utoren entweder etjenhii' tiir. od. r stand doch
nicht so weit Selbst hinter den Irrsten und Iksteii und ( .ttiisleu seiner
Zeit xurück ; er hatte ihnen gegenüber gar nichts von einem Famulus.
So wies er z. B. (1828; eine verletzende Zumutung Goethes in einer
Form zurück, die Sch. ein wahres Monument für Cottas Charakter-
gröf.se nennt, l'nd mit demselben Mannesstolze begegnete er Konigen :
in der Verteidigung seiner Allg. Zeitung und im Kampfe tun die Ver-
fassung Würtembergs. Das Zustandekommen dieser noch heute gül-
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tiirctt libf rnlcn Vorfassuns iVon rSig) ist wesentlich ihm iiiil, vielleicht
ihm ziiüK-ist zu (hinkcti. Schon vorher hatte Cotta seine politische
oder so/.ialjiolitisohe r,» simiini{r t1a«hnvh bekannt, «lafs t r als der
erste IIerrschaflst)esU/.er tks k«jtii.i!;reielis Wiu lenibcr.^ auf stinLU He-
Kit/titigeii die Leibeigenschaft aufhob c Aber Cottas politische Thätii;-
kcit bcscliräiikte sich nicht auf sein engeres Vaterland ; er ward auch
zur Mitwirkung in der grofsen Politik berufen: an der Gründung des
Zollvereins, einem der glücklichsten und folgenreichsten Ereignisse
der detitsclien Cieschichte, hatte er den liervorra«(enilsten Anteil. ICr
lialte eben, benu rkt Schäffle. das 'Avw.x ^ür Tolitik. für Politik j^roisen
Stiles, fiir Politik nn<l Knltnr jed» n Inlialts. für b'ortscliritt und krei-
heit im i^nlcn älteren Sinne. Diese iiohe polilische l!« iifabuji^ drängte
ihn denn aucli /.ur tiriindunjc einer grofsen poiitisclun - der All-
gemeinen c — Zeitung: eines europäisch-dentscheii Blattes, welches
in der Weise der grofsen engtischen und franxüsischen Zeitungen
über die Zeitgeschichte mit Vollständigkeit, Unparteilichkeit und
Wahrheit in reiner Sprache und mit etwas britischer k'reimütij^keit
tiui^irt bericht erstatten sollte . Tnd nun nur noch Schäffles Schlnfs-
urteil tlln r j kr C'olta • kr ist überall derselbe — w eitbliekend, .ireistii4.
bvi ,iku 1 \ < 1!, ui, III iisi ^t ; v'n\ Mann, (b'f auf allen (rebieten. die
er anlaisi, den besten seinci Zeit geling lliut. W enn sein Verdienst
weit weniger t^ekannt ist» als es zu sein verdient, .so ist dies die
I'^olge davon, dafs er, der Eitelkeit und aller Ruhmsucht fremd, nur
auf die Sache sah. — Das Äufsere des mit einem Uildnis Cottas ver-
sehenen iUiches macht einen sehr vorteilhaften Kiitdruck.
III. Kleine Mitteilungen.
j;in Aus/.ujj aus dem in der August-Nr. empfohlenen grofsen
Worterbuch von Heyne. Ich wähle die (Icschichte des be;.^riffcs
(rlück. ntul /war den ersten Abschnitt, der in der kleinen .Ausgabe
(ilireni Zuecke entsprechend) fehlt. k)as Wort erseheint er.st im Mhd.
(als i;elücke, glücke, auch blofs lücke), ist aber }>:e\vils viel älter.
I>cr Form nach kollektiv zu einem Neutr. Inc. (ieii. luckes (welches
711 dem X'erbüTn : ^<tlh. lükan ulli nirl. lücan, ahd. liohhan und lühltan
mit der liedeutung Hechten, knüpfen, verknüpfen gehört, und als luck =
Verschlnf.s. Deckel noch im Bairischen lebt), hat sich glück jedenfalls
XU einem relij.^. bej^r. entfaltet, inden» es Schicksalsknn])fun.ü: nml
(lewebe des (iesrliicks seitens der .tj'Htl. Mächte be/eichnete. l\s ist
darum von den thiisll. Mi.ssionären zurückgedränj^t worden und im
(^'brauche erst wieder hervor<ietrete«, als der heidnische Siwii des
Wortes ^^änzlich |?| vers* Ii >a m,i]( n war. Xun erhit U aucli den
Weilen Sinn der von» (beschick zugewiesenen L,eben.ssteiiung (z. B.
werden Ankömmlinge gefragt, was ir glucke wSre« ; sie antworten :
Wir sind er/.te mi'l >-:nt kristen ) und des (leschioki s iiljerhaupt.
Mit diesem Sinne ging das Wort ins Nhd, über. In einer Vorrede
auf die Kücher SaTomonis« wird betont, dafs die planenden ttnd
hiiffenden Menschen doch /.uletzt immer merken müssen il as ein
ander s( i der das redlin treibt: das haben denn cttliche gott, cttliche
glück jjciiennet .ji
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ß2 ft> t>i«trirk
In dem S, 27 crwäluiten Aufsat/, (der Xciicn dmls licn Rund-
schau) von llatis I'atili fiiulet sich die heaehtenswt 1 U Hcnierknn};
Schiller: Scliilkr ;>eniefst heul/.ulai^e, wie kauui ein /weiter
^rofser 'l'oter, starkes Miistraiien der neumodisch freien lAute. Kein
Wunder, da sich die Knahen und dir Tim jI-hlh an ihm dtn Ma^ji-n
verderben, an einem Dichter, der .so durchaus nur ein Dichter für
Männer ist. Schiller ist einer der edelcn, herrlichen Männer, die sich
selber ^icbaut. sich selber *rcschaffen. >I(»raIln)nij>cter ? — ach nein,
das Wort hat n\ir bei dogmatischer Uetrachtun^ von Schillers Resul-
taten einen gewissen Sinn, nicht vor seiner rersönlichkeit. Schiller,
der Dramatiker, war auch ein dramatischer Mensch.
Bei S. Hirzel in Leipzig erscheint /.. Z. eine /weite Aus^jabe der
(i esani nielten Werke von (»nst. Frevtaff. Sie enthält alles,
was dir Trichter selbst für <len lUiuk bi^tininit hat ■ ruferHi.'^t s
und Milslungenes, sagt er in seinem Testament. gehOrt nicht auf den
Markt — und nmfafst 22 Bände, nämlich : I. Krinnerungen ans meinem
Leben mil rineni jaulen Hildnis des Dichters aus seinen kt/leu
Jahren), tiedichte. II III Dramen. — I\' \' Soll und Haben. —
VI. \TI. Die verlorene I land.schrift. — \ III. ~ XIII. Di. Alnu n. -
XIV, Die Technik des Dramas. — XV. XVI. Pobtische Aui- .H/e Auf-
sätze zur ('cscbichte, I.itteratur und Kunst. — X\1I — XXI. bildet
aus der deutschen Verj»angcnheit. — XXII. Karl Mathy. — Ivs er-
scheinen monatlich 5, tm ganzen 75 Lieferungen /u r Mark.
Die ICnde Aujjust und Anfangs September d. j. in Zürich ge-
haltenen e t h i s c h - s o / i a 1 wi s se n s ch n f 1 1 i ch c n Vorträge werden
unter dem Titel Züricher Reden \ on A. Siebcrt in Berit verleg
Xoeh \<>r Schlufs dii X'orträj^e ist <lir 1. I,ii feniiTj erschienen: ein
8aui>eres Heft, dessen Treis, 15 Cts., erstaunlich billig er.scheint. W ir
wenlcn, wenn möglich, auf die Sammlung zurückkommen.
Bisher suchte man die liiklärun^ für das \ orhandcnsein vou
rfahlhauten auf dem Wasser lediglich in der groiseren Sicherheit
vor I'einden und 'i'iereii. l aue ganz andere b'rklärung hat jün.yst ein
liaseler Xaturforscher. l'ril/ S irasin, \<»ti » infT Reise ipi. ! (fnro!i die
süilöstliclie Lamlzunge von Cciebes mit liciiUi^-ebrachL Va iiuL näm-
lich d(»rt den Makanna See u<k> m über Meer, etwa so grofs wie der
Tluiner-vSee) und auf diest in ei»» durch brücken mit dem I.ande \ er-
bundencs Tfahlbaudorf entdeckt. Der Rei.sende .suchte nun zu erfahren,
was die T^eute xur Errichtung von Pfahlbauten bewogen. Tnd überall
erhielt er die Antwort: weil Schmnt/ und Abfälle leichter zu besei-
tige« sind, ziehen .sie das Wohnen über dem See vt)r.
Der englische ( ieneralkonsul in ( )dessa erw ähnt in seinem kl/.tcn
nerichte über Südnif^'.md. dafs Riii'sl.iiid schon dvn sechsten Rang
unter den Weinbau Ireibeutlen Landern <ler LnU einnehme und in
die,ser Hinsicht wahrscheinlich bald Dcutschlainl überflügeln werde.
Den besten Wein erzenivi ii bessarabieii und die Krim. D;is erstere
.steht nach Quantität und (.)*i^l>ti^t der I^e.se ubenan ; .sein Klima und
Boden eignen sich vorzüglich zum Weinbau. Ks wird fjust jede Sorte
erzeugt, vom starken Rotwein, der dem burgunder ähnlich ist, bis zu
einem Weilswein, der in manchen I'älleii den Rheinweinen gleich-
kommt. - Ru.ssiseher Wein dürfte übrigens kaum ausgeführt werden;
das gesamte ba /eugnis wird im Lande Verbraucht, weil die hohen Schutz-
zölle jede Konkurren/ «seitens des Auslandes unmöglich machen.
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Wissenschaftliche Beilage.
Nr. 5. Besorgt von Buä, JHetrich in Nürnberg. Nov. 1896.
CSalle 8S.
[. Abhaudlimgeii.
I.
J. Platter sieht in einer gewissen Strömung der sog. Frauen*
bewegung die, wie es scheint, noch immer Oberströmung ist
— einen K r i e ^ g e e n d i ^^ ü 1 1 e r« (Neue deiit>che Rund-
schau 1896, IX)'). riatter ist nicht etwa ein Feind der ganzen
Hewej^ung. l^r bekennt sich >a!s aufrichtiger Freund der Freiheit,
als wahrhaft koiv-LtjiRiiten Demokraten, der dem weihlichen (>l-
schlechte durchaus gleiche Rechte gönnen will wie dem männ-
lichen und nicht in einem einzigen Falle verlangt, dafs das Ge-
setz dem Manne als .solchem irgend eine Art von Vorrecht ein-
räumt . W^er das aristokratische Prinzip irgendwo zuläfst, der
ist auch in der Frage der P'ra neuem an zipation nur ein seichter,
konsequen/.loser Scliwät/er. Icli bin also vor allem für volle
})olitische Gleichberechtigung der Gtschlerhtt r; die Frauen ningeti.
wenn sie wollen, im Staate ganz KolK- s])iflfii w'w die
Männer. I'nd man soll ihnen aucli keinen Herui rechtlich \er-
schltefsen; wenn ihnen jeder frei zugänglich ist, so werden sie
schon finden und zeigen, was für sie pafst und wofür sie passen«.
'Aber der typi.sche Frauenemanzipator, der leibhaftig vor
unsem Augen dasteht und predigt und mit dem wir ein W'örtchen
sprechen nu'ichten, ist gar kein Frauenemanzipator; das (»ebiet,
auf dem er sich ausschlic f^lich mit seinen scheinbar fundamen-
talen und radikalen Ideen bewegt - er ist nämlich in Wahr-
lieit regelmäfsig ein echter Aristokrat und Autoritätsmensch —
ist nieht die Frauen , sondern die Daniculrage. Die Freunde
der Damen und der Damenfrage denken wesentlich an die Töchter
gewisser in Deutschland besonders typischen Schichten der oberen
gebildeten Klasse, welche viel Prätensionen und Dünkel, aber
wenig r.thl haben und gewohnt .sind, ilm Söhne hauptsächlich
in Staatsstellungen nntc r/nbringen. Die Damenfrage spitzt sich
daher praktisch darauf zu, Töchtern dieser sozialen Region er-
träglich besoldete sichere Stellen zu verscliatfcu, da sie wegeu
') Aus dem übrigen Inhalt des gleichen Heftes: Am Kihma
Xds( haro. Tagcbuchhlätter eines Afrikart'isctTdi. ti, hirir v Vr/ r.ifse-
brecht. — Zur Xaturgesehichtc des modernen Rtnnan.s. v. W ilh. Kölsche.
— Das litterarische Interesse, v, Max Osbom. — Zeitschriftenrund*
schau. - Ich komme auf das eine und andere Stück zurück.
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R. Oi^trivh.
Abwcsi-nhcit eines \'ermnircns keine l>eniliiijendr Aussicht
auf V'erlieiraUnis^^ haben. Dabei denkt man \ve^t.nllich an irgend
welche llennUcu und alle möglichen LehrerslcUen und imnur
auch an den ärztlichen Beruf . Sobald nun diese intclleklucile
Kmatizipation der Frauenwelt' allgemein werde, mds.se die
Leistungsfähigkeit des Weibes als Mutter gefährdet erscheinen,
was sich mit amerikanischen Erfahrungen beweisen lasse.
In der l'mschau des Juniheftes haben wir über verschie-
dene Gaben der Deut seilen Dichtuni^ berichtet. Heute
Fortsetzung. Uns liegt die erste Hälfte des XX. Handes vor.
Unter den 51 Dichtungen in Versen, welche die sechs Hefte
bringen, finden .sich vier - kaum mehr wirklich gute. \'ou
Frz. Nagel ( April' H. II, S. 55) ein hübsches Stimmungsbild:
junger Frühling, und ein Greis, der ihn, halb verstuhlen, geniefst
H. Klinke (>Ira Frühling l\\ 1)5) schildert die schimmernde,
flüsUrnile, rauschende, klingende IViesie < iner lAir/tiacht. \V.
Hloem ( Hochzeitsreise die ri)ersch; ir. ]K\\-^i im ht ganz
V. I u)) erzählt in einiaehen, annuitigen Velsen \uu einem jungen
Paar, das sich nach der Hoclizeit in einem Inselbadeorte nieiler-
gela.Hsen und nun dort das innigste Stittteben fährt. Undlich
ein gemfitvoUer Bericht von den guten Werken und dem Lohne
der lieben alten Tante Pockenlie.se (v. K. Rittershaus III, 67.)
\'on den übrigen (»edichteu* sind zwar einige noch erträg-
lich; aber damit ist nicht gesagt, dafs sie gedruckt werden
mufstcn. Ivtliche andere /eiehjien sich durch originelle Kinzel-
heiten, Kühnheiten. Sunderbai kriu n n. dul aus, an denen der
geneigte Leser sich ohne Zweifel ergoi/en wird, .st>dafs wir sie
ihm nicht vorenthalten dürfen.
Da ist 2. B. Herr Hugo Salus («Der Poctenstcig = , IV, 88).
der meint, die Deutschen seien kein 'Volk von Dichtem* mehr.
Aber, Herr Salus, Sie seilest und Ihre vielen Genqs.sett in der
Deutschen Dichtung' - keine Dichter?' In einer einzigen
Zeitschrift so viele was wdHeii Sie denn noch nuln I'twa
Proben v<»n b'clillieil, l'rsprünglichkeit ? Hier sind .>^ie. Kollege
J. Scliuljerl uenal in seinem Sonett von der Finsamkeit {I. 11)
diese eine stolze Spröde ; wer hat sie sich jemals so vorge-
stellt? wer auch schon von ^^des Verge.s.sens Götterstunde* ge-
hört (mit der uns der gleiche Herr bekannt macht) ? Und warum
der «leidgebengte Waller gerade noch blöde sein mufs, ist ge-
wifs nur dem tiefen vSiinic des Dichters offenbar — etwa des
Keims wegen ' (Hier hat ihm übrigens der Drucker einen Streich
gespielt, nändich in der entsprechenden Zeile das letzte Wort
wegi;». la->-en. sodals nun tU i Rc ii^i \ « rinntlieli s< Imöde fehltl.
Da wir gerade beim Reim stehen . Clnislian Morgeusteru (Guter
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VTIcscnnckaftltelM Bsilifa.
35
Rat }\\ 95) braucht einen auf Strnfse; drum spricht er. statt
von edlen l'Vauen . von edler - Kranenrace ! Iii nes Hügels
dürrer Seliädel |J. A. Bondy. Oolj>atha 135) ist auch
nicht \\\><A und wirklich originell , wenn v'wier (W. Bloeni,
Die Mtiwe ^^y) seinem lyiede Müwtninul wünscht, mit
dem es über (ieni lüdcnleben helläugig schwebten , gele.^entlich
auch r'tn die Klüt tauchen ^ soll. Von ähnlicher «Originalität«
ist die Vergleichung den Mondlichts mit dem Miitterauge
eine Krfindnng der Dichterin H. Robertin (III, 62). Aber
der Mond ist doch nicht etwa als Mutter der Erde gedacht!
Warum denn nicht? Wer will einer Dichterin das Recht dazu
.ilisprcchcn ! I>:if^ man sich des Khstands goldnes \'licfs
et u erben knn!i, wulste <ler '^eneii^te Fieser wohl auch nicht.
So weifs ers jel/l. lirkläreiv kann lehs ilun aber nicht. \ icUeicht
bittet er Herrn lunil Kitter.shaus darum. Und Herrn Hugo
Salus könnte man fragen, wie berauschend süfse Dflfte den
Pulverdampf jsu schrecken^ vermögen ') - desgleichen Herrn
Herrn, Abnoba. ob es wirklich w ahr ist, dafs einer im zoologischen
Museum (II. 55) einmal vor seiner Maid auf die Knie gesunken,
und ob es ihm in dieser Stellung niö^^lich war, von ihren Tyippen
Seligkeit zu trinken. Oder hat sie uu h mit gekniet? Zwerghaft
klein wird sie doch nicht gewesen ^.in!
Das alles ist mehr oder weniger /um Lachen und <lement
Sprechend berichtet worden. Jetzt al^r gehts aus einem andern
Ton. Ks sind nämlich unter den 5 1 Reimwerken wieder etliche
von der Sorte, die ich früher kurz, als ungesund, unwahr be-
zeichnet. III, 62 gleich zwei, x(m der schon einmal angeführten
sog. Dichterin: Merbsl und Winlernacht . Beide sind weit
schnicr/liche Wüli lereien : itn ersten verrät H Rf>bertin überdies,
<lals Me keine Ahnung \ on der ICntwickluiiL; det I.ilirt.'^/A ili, n
hat, dais sie sich noch nie mit Xaturbeliacliluug abgegeben.
Und da sind ihr denn so alberne Behauptinigen möglich wie:
' dafs die Blumen in Sommers Gliituniarmung Wonne getrunkener,
dafs aber »trüglich Sommers Treue, Lüge all sein süfses Werben«.
Diese Lüge nuifs im nächsten (ledicht wieder herhalten: Krau
oder Fräulein K. lässt den Mond zu einer von ihr geschaffenen
(lunnnen I{rde sa.iien : Bnld nahet die Zeit sich, da alles ver-
gehet. Was. Ivrde. <hi Tlunin <^'e!i:iiiii bn^t tnit Herzblut- das
Schi/ne nur schillern<ie I^ii^^el \\ iM st. ,]insl du im Herbslsturm,
beschwörend, anklagend, verzweifelnd . Die Ivrde, bemerkt weiter
M In demselben Poem (Die Festung II. 54) findet sich die komische
Strophe :
l ud der l'ricden auf den Saaten
Ist .so stark, dafs selbst die Massen
Der niarschirenden Soldaten -
X-n dem bunten Bilde passen.
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36
der gescheite Rohcrtiusche Mond, werfe die Flitter, die i;leiiseii-
den Gaben des Souiniers verächtlich ab. nur eins noch bej^chrend :
\ ergtrssen in traumloser Ruhe. Desselben Geistes Kind ist
F. Ottmer. Er (oder sie?) behauptet: Nur eins ist dein (VI, 144).
Was aber? Der Schmerz. Der Besitzer soll ihn «zärtlich in
seines Herzens Tiefe drücken . Geschieht das: wie kann dann
dieser selbe Schmerz dem Sterbenden die Lider schliefsen. ju
soj^ar au f>. Grab den Stein setzen? Docli lialt der vStcin wird,
nach F. ().. gei)f]an7t. Nebenbei erfahren wir, das Glück
dir Stirn des von ihm iükorenen rait einem vollen Kranz von
liuiiKciroten Rosen umlaubt--.
Doch erklären wir zum Schlüsse k^^^^ ^^^^ zuletzt ge-
würdigte Sorte in den vorliegenden sechs Heften nicht so zahl-
reich vertreten ist als in den früher besprochenen fünfen. Und
ganz verschont geblieben sind wir diesmal von der greulichsten
der Dichterinnen (Hermine v. Preuschen),
Der folgende xXbhchnitt möchte auf drei \V< 1 ke hinweisen,
die sich zu Weihnachtsgeschenken vorzüglich eignen. Siv
sind sämtlich bei Fr, W. Grunow in Leipzig erschienen, und
es stechen an ihnen — abgesehen vom innem Werte, der sofort
nachgewiesen werden soll - dieselben gutui I*)igenschaften
hervor, welche wir früher schon bei zwei Werken des gleichen
Verlags kennen gelernt: feines Papier <anberer Druck, hübsche
Randleisten und anderer kleiner Zierrat. ansprechende Einbände,
und bei alledem ein ungewuhnhch niedriger l'rci>-
Zunächst: Aus unsern vier Wänden, von RudoU
Reichenau (2. Aufl. 1890. — kl. «• VIII u. 696 S. - - geb.
5,50 M.) Julian Schmidt urteilte Ober das Buch: Nach meiner
Überzeugung gehört es zu den besten Familienbüchern, die wir
besitzen, so recht dazu geeignet, abends in unsern vier Wänden
vorgelesen zu werden. Der Ton im Titel liegt auf unsern- : *
damit will gesagt sein der Dichter denn das ist er - ent-
nimmt seinen Stolt seinen vier Wämten. seiner I.eben.s-emein-
•schaft, seinem Gesellschaftskreise. Das lieil'st zunächst; er .schildert
das Familienleben in der oberen Schicht des wohlhal>enden
deutschen Mittelstandes. Die Leute — im Städtchen spielen sie
die KoUe der »Honoratioren* — befinden sich in sehr behag-
lichen Verhältnissen. Alles geht gut, wie wenn sichs so von
selbst verstünde. Von Not, Kampf keine Spur. So können sich
aiich die Kinder, <lie sämtlich gesund sind, frei wnc] fröhlich ent-
wickeln. Weiter l)e(leuUl jenes \niser , dafs der Diehter von
seinen Landsleulen cr/.äliU, und zwar von denjenigen seiner Lands-
leute, die zugleich seine Altersgenossen sind. Rud. Reichenau
(+ ist am 12. Mai 1H17 in Marien werder geboren, und eben
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Wi«Mmi«h«fUle)i« Btlloge.
diese Stadt mögen die vier Wände bedeuten, von denen der
Titel flcs Buches spricht. Die am Anfang als Kinder auftreten,
^iiid am ICnde des I. Teils (der bis S. 508 reicht), d. h. ums
Jahr 1.S4S, iClteni. Der bei weitem kürzere II. Teil berichtet
dann noch etliches über die Orofseltern tmd deren Herkunft. —
Ks wird also, im wesentlichen, die Ck-^cliichte einer Familie
erzählt, doch nicht eigentlich als Geschiclilc, als Ruman etwa.
Der Dichter bietet vielmehr eine lange Reihe fein ausgeführter
Einzelbilder, z. B. 26 ^Bilder aus dem Ktnderleben% zu denen
aber noch weitere 15 aus dem nächsten Kapitel (> Knaben und
Mädchen«) gehören. Das III. Kapitel .\usvvärts und daheim
ist der Berufslehre gewidmd: zwei Jünglinge, ein Landwirt und
ein Student, stehen im Mittelpunkt. Dann folgen Liebesge-
schichten (:ds deren schönste mich Spaziergani; dünkt) urifl
zuletzt sehen wir natiiilich die jungen Leute an ihrem eigenen
Herd (ungemein anmutig in Abendbeleuchtung ). Nun folgt
der schon erwähnte zweite Teil, in welchem die jungen Leute«^
als beinahe schon alte Leute auftreten ; nur das jüngste der Ge-
schwister ist noch ein junger Ehemann, sein zweites Kind gerade
so alt wie er selbst im nstm Hilde: ein Vierteljahr. Damit
schliefst das gemütvolle Buch, aus dem icli nur noch zwei gute
Vv'ortr mitteilen möchte: T>ns Höchste ist, gaü/ schlicht und
still zu thun. was die Menschheit eben am nüligsten braucht,
auch ohne vorlier ausgeschriebene Preiskonkurrenz, und weiui
das Grofse, nachdenj es vollbracht ist, auch oft so einfach und
natürlich erscheint, dafs wir schwer begreifen, wie man nicht
schon längst darauf gekommen ist (S. 126). - - Wenn du glaubst,
einen besonders guten Einfall zu haben, so recht was Auserlesenes,
dann besieh dir die Weisheit doch ja noch nuil von der andern
Seite, ob -k- da nicht sehr dunitn nnssielit (S. 2G2).
D:\s /writr Huch Grunowschen \\rl;ii;s, das ich für den
W'eiluiaclitslisch empfehle, nennt ^ich • Ski/.zen aus unserm
heutigen \'olksleben, gczeicluiel von Fritz Anders (1892.
— kl. 8' IV und 330 S. — geb. 3,60 M.). Es wird am besten
sein, wenn ich den Verfasser selbst von seinem Buche reden
lasse Die .Vbsicht war ursprünglich, die .staatlichen und sozialen
Verhältnisse, sowie die Wirkung der gegenwärtigen Gesetz-
gebung an konkreten Dingen und Personen zu zeigen. Später
wurde der (ksichtskreis insofern erweitert, nl-; sich die Ski/^'cti
zu CharakterbiMem aus der Gegenwart Lctalteten. I{s sind
persönliche Krlaluungen u .d Beobachtungen des Verfassers,
nach der Natur gezeichnet. Die Sammlung bietet im ganzen
22 Skizzen. Die erste befafst sich mit einer von den jämmer-
lichsten Schwächen unserer Zeit, mit der Vereinsmeierei und
deren faulstem Au-wuchs: der Kommissionen« -Bildungs-
sucht. Die später erzählte Geschichte einer Pfarrerwahl veran-
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schaulicht unserti gröfslen nationalen Mangel: den Mangel an
politischer Bildung. Wie kann ein Volk seine Rechte - Rechte.
die ihm allerdings gebühren ausüben, wenn es nicht reif
da/ii ist? Von selber aber wird j;ar nichts reif. Mrriclitel
freie Bürgerschulen: das i^^l das Mittel /ntn drinq;]ichon
Zweck, und ein billiges Mitte!. I>it ke>;ierungen werden keine
gründen, obgleich es eigentlich jIul Pflicht ist. Sie .schaffeti
lieber u. a. möglich \ icle Ikhörden. soviele, dafs sie auch als
Hemmschuh wirken können. Lieber Freund • Nagt Fritz
Anders sehr hübsch in seiner Skizze vivine Seeschlange , die
von der Versorgung ciiu - x crwahrlosten Kindes liandcU lieber
Freund, mit den Behörden ist es -cnn i wie mit den Dienst-
boten; je mehr man hat, desto schlechter wird man bedient
Auch (Ins dritte Buch, auf das ich hier angelegentlich aut-
merksam mache, ist eine Sammlung, aber andirer Art: ein
Zitaten schal/-, getlügelle Worte und andere denkwürdige
Aussprüche aus Geschichte und Li ttoratur. gesammelt \'on Hans
Nehry (2. Aufl. 1895. - kl. 8". VII und 623 S. - - geb. 6 M.)
Rüther mit ähnlichem Titel gibt es mancherlei; sie sind aber
teilwci.se von zweifelhaftem Wert: geben die W'orte oder ihre
Urheber nicht genau. Wissenschaftliche Zuverlässigkeit ist nun
gerade die Hii^ctitümlichkeit des \ehr\ sehen Buches. T'nd nicht
nur sind du Zitate richtig und ihre Fundorte «lerm.il^en be-
zeichnet, dals sie leicht nachgeschlagen werden können ; .sondern
es ist auch, soweit nuiglich, nach dem ersten Auftreten eines
Gedankens geforscht und damit eine grofsc Zahl hoch will-
kommener geschichtlicher Anmerkungen oder Krtäuterungen er*
möglicht worden. Im ganzen enthält das Buch nahezu 6000
einzelne Stücke, welche im allgemeinen und im besondern nach
der Buchstabenfolge geordnet und innerhalb jeder (iruppe 1h*-
ziffert sind. Aulserdem ist. um das Buch .so handlich al<: niog
lieh zu machen, ein nach Stichwörtern zusammenge>telltes \ er-
zeichnis beigegeben. I{s dürfte kaum eine zweite Saiumluug
geben, welche der Nehryschen in allen Punkten gleichkäme: in
der Reichhaltigkeit und Genauigkeit der Zitate selbst und der
(juellenmäfsigen Nachwei.se. der bequemen Anordnung, vorzüg-
lichen Ausstattung und Billigkeit
IL Bücher.
Ilie Sittlicbkeitalehre als Naturlelirc. - Lcip/ig. Dunckcr 11. Ilumblut
1894. — H» IX und it6 S. — 2 M.
Die durchaus eigenartige Schrift — veranlaf^t durch das be-
kaittile rreisausschreibeii der Deutschen ( iesellschaft lür ithische
Kultur - he/.\veckt naolizuueisen i. die Möglichkeit, 2. die dringende
Notwendigkeit einer relij^^ionslosen verhindlicheTi I'*thik. dafs eine
natürliche l-!thik iiihalllirb \im <Kt reli^i« »seil i Aink wc nilich nicht
verschieden, 4. dafs Uicüe natiüHche Lithik für alle, welche das Natur-
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gesct'/ als ein jjöttliches Gesetz mi rl tmi ebenso verbindlich ist
wie <lif iLlij^iöse l^tliik. T)er t-rstc und /wliU l'cweis sind dem V'er-
fasser pelun.uen. der driUr und vierte jedoch nicht — deshalb nicht,
vveil sie nicht <;elinj;cu kr»nncn. b's handelt sich nicht ]»K>is um ver-
schiedene Namen, l'\>rnien ; (iie kircliliche. leltgujjse — oder wie
man sie nennen will — und die rein menschliche Sittlichkeits-
(Rechtsichaffenheits-)I/chre beruhen auf g^egensäUUchen Weltan-
schauungen, die in einer Seele nebeneinander nicht bestehen
kuimen. Übrigens scheint der nnj^cnnnntc Antor doch anch derselben
Ansicht /n ^ein : wenij^stens wünscht er dentlich die Kclij^ioTi dnrch
die nati'irliche Sitlb'cli'ccit überholt, nberwnndett /u sehen f\ trl S. ;mS.
1' » — Was nun den t reliall der ant i^nte^ I' nn r s.uibcr *(edrnckten
Schrill im allgemeinen und ganzen anlangt, s»* k.mü uum nur sagen,
dafs er ein ungewöhnlich reicher ist, der eine Menge trefflicher Be-
lehrungen und Anregungen bietet. Ich verweise auf die Äulserungen
über sittlichen Trieb, Stttengesetx. Sittlichkeit, Aufgabe der £thik.
So/ialethik. s(v.ialcs (iewissen. Mafsstab zur Bewertung der Hand-
Inngen. sittliche Weltordnnng, irdische Erl<"snnij:^. J-jn Anhang be-
richtet üb( r die \V\ dd;is ani Ceylon eint f.i>l nuitx lu nhafte, noch
affenähnln hiMcnschenart, die bei anisv i .1^ ntlich geringer nitcllek-
tueller ICnlwicklung dnrch ihr sittliches \ tihalten, dnrch ilie Rein-
heit eines strengen IChelcbens nnd durch alle Tugenden edler Männ-
lichkeit ihre zivilisierten Nachbarn ganx auffallend liberragen
Laasar-Oohii: Die Chemie im täglichen Leben. Gemeinverständlicho
X'orträge. Mit 19 Holzschnitten. — Hamburg und Leipzig, Leop.
Vo(s iSy6. - .S«. VII und 25S S. - } M.
Die zwölf Vorträge — ein saclilieli dankenswertes rnternehmen
— behantlcfti kurz gesagt, den Anted der Chemie an der Haus-
wirtschaft, viobci »b< r di«> lletrachtnn</ notwendigerweise oft auf die
Xolkswirtschail .lu.sgctleliut werden mufs. In welcher Weise \'erf.
verfährt, mögen drei Inhalts-Skizxen dartun: L Das Atmen. Die
Physik und die Chemie. Ciewicht der Luft. Barometer. Analyse der
Luft. Argon. ()7.on. Veischicdenheit der ein- und ausgeatmeten
Luft. Ivrhaltung A<.r Körperwärme. \"erbrennnng. Zündhölzer. C.elber
und roter Phosphor. C.emischte Kost. UnUer. Margarine. Stärke-
mehl. Die /uckerarteti Snfswerden der l-'rnchte. I>nähnnig der
ZnckerkrankcTi ■iVatd)etizncker. Iloidxms. Zncker-CoidtMir. Rohr
'.ueker. Ivxportpiamien. Saccharin. Die Nahrungsauinalime. Koch-
Lal/.. ICisen. Wert des Kochens. Suppe. Brotbacken. Kochen der Kar-
toffeln. VlU. Ölmalerei. Trocknende und nicht trocknende Öle.
Leinöl-Firnis. I^ack. Tinte. CelUilose. Papier. Leimen des Papiers.
Strohstoff. Alfastoff. Natron cell ulose. Sulfitcellnlose. Patentwesen —
Ob nun die N orträge wirklich genau so gehalten worden, wie sie
jetzt gedruckt vorli« 11 ' Der Stil in dem liuche ist nämbch derart
fehlerhaft, »lais es eigenth'ch erst durch \'< rbrsscnmgcn eines j i ach-
kundigen und schriftgewantlten Mauues hatte druckfähig werdeti
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R. Dietrich.
k«>tinen. So aber, wie es leitler thatsächlich auf deti Mrtrkt gekommen,
(Uirftc rs dem «futen Rufe des Herni Verkj^ers schaden. Ich ver-
weise, t)eis|)ieisueise nur, auf die Seiten i.Va 4' -43. 47 — und be-
merke schlieislicli, dafs der \'erf. rniversitätsprofcssor in Königsberg
ist. — Das Äufsere des Buches, besonders der klare Antiquadnick,
spricht an.
HI. Kleine Mitteilungen.
Ergänzung zu I, 3: Die Ende vor. J. begonnene neue, durch
Frz. Hein und Fr. Kallmoi^en illustr. Ausgabe von Ad. Stifters
Studien lici^t nun in drei ("lauzkineubänden volleudct vor. Preis
15 M. — l'jue friiluro, 7weibändig;e Aus^.ilx der Studien ist geb.
für 12 -M. VAX haben. Aiii'serdem empfehlen wir die Sehr gut aus-
gestatteten »Ausgewahl U u Werke Stifters. Bde. (I. II. Studien.
III. Ihnite Steine. W. I-r/.ählungeii 1 Treis in (ian/kineu geb. tS M..
in Halbfranz 24 M. Sämtlich in C 1". Amelungs Verlag, Leipzig.
— Stifters »Schriften bringen nientandem höheren Gewinn als dem
]{rzieher. Ihre Ivigeuart, kurz bezeichnet: edle Sprache, tiefsinnige
Isaturbetrachtung, reine Men.schiichkeit — Vorzüge, die vereint bei
keinen andern Dichter sich finden.
lleNiies lUiitsches \V ö r t c r lui c h , kleine Aiis:4.d)e. (vgl.
Aug.-Nr.) ist l»is zur 10. Lieferung gediehen. In den iieitleti letzten
Lieferungen .sind u. a. einge-;end behandeU: Rat und raten — Recht
(recht) — Rede und reden — rein — riehten und richtig Ruf und
rufen — Knhe und ruhen — i>agen — sanft — satt - - schaffen —
scharf — schicken — Schlag und schlagen — schliefsen und Schlufs.
wurden 4240000 Tonnen R ü Vu i: ti cke r erzeugt idie
Tonne zu 1000 kg». Davon lieferten: Deal, cliland weit über '/,.
Österreich- L'iigarn. Rufsland uncl Krankreich je ungefähr : das
letzte Scchstt l fit l .uTf Belgien. Holland und J-kanc^iii iN ien. - Die
Rohr Zuckerproduktion brachte es nur zu 2 830000 Tonnen ^1894/^5:
3520000; der grofse Unterschied rührt von dem durch die Revolution
bewirkten Ausfall auf Cuba her). Sie verteilt sicli auf die \ ier läd
teile Amerika (das in ^normalen Jahren^ allein -'/j liefert). .Asien,
Australien und Afrika, deren wichtigste Zuckcrgebietc Cuba. Java,
Hawai und die britische Insel .Mauritius sind. Doch gehören die
beifb n Ul/K n nicht zu den 1k (K utendsteti RohrzuckergLi)ieten über-
haui>t; aui Luba und Ja\a lolgen xiclmehr die X'ereinigteu Staaten,
Brasilien. Britisch We.stindien un<l (luyana. die l'hilippinen. Cul)a
spielt in normalen J. ihren iinter <k-n Rohr/.uckerländern \nigefälir
dieselbe Rolle wie Deutschland unter den Rübenzuckerländern: es
erzeugt (nicht gan/i Besonders bemerkenswert ist die Entwickelung
in Argentinien : 1S93/94 erst 50 1 , h .. :S()5 96 schon 103 (xk) Tonnt n
Der.inteil des Rohrzuckers an der Z n c k er v e r s o r g u n g d e r \S e 1 1
scheint immer kleiner werden zu wollen: vor ungefähr it) Jahren
heute — Der Zuckerbedarf ist in der letzten Zeit jährlich um
etwa .V"^» Tonnen gi-stiegen. hur iS(/)/(>7 wird er auf 7(><k)0<>o. die
Erzeugung dagegen auf nur 7 ,soo oou Tonnen geschätzt. Wir werden
abei nicht an Zuckennangel leiden; es ist Vorrat genug da.
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Np. (>. liesorgt von iitul. J/iHnch in XürnbcTj;. Dcz. 1896.
(itoitr 41.
l. AbliaiulUiugeii.
r.
Die hoclisiiini^ und ta]>tfr geleitete W'oclienschritt Kthische
Kultur l)rachU' im Scptcmlier (in Xr. .^6) einen Aufsatz über
die Demokratie und die ethische Be\vcj;ung. Dieser
Aufsatz beginnt folgendermafseii : »Durch die ^auze Kulturwelt
geht seit einiger Zeit ein tiefer Zweifel au der sozialen Leistungs-
fähigkeit der demokratischen lunrichtunj?en. Die Stimmen, welche
nach einer erneuten Prüfung des Prinzips der \'<>lkssouverllnität
rufen und den Schwerpunkt poh'tischcr IuUschei(hin^en wieder
in ii>;cnd liiu- Ivinu der Aristokratie zurückverlej^en möchten,'
sie ertr»iu n krim--\\ ( i^-. um <i« ii Kreisen der sozialen Reaktion,
sunderu luuuei häulij^er aucii au» den vordersten Reihen des
geistigen, sittlichen und sozialen Fortschritts.- Etliche Zeilen
später wird betont, dafs die reine Volkshcrrschaft nicht die
besten geistigen Kräfte der Nation für die Leitung der Gesanit-
iuteressen verwertet, sondern die folgenreichsten I jitscheidungeu
luid Anregungen in die Hand einer zusammengewürfelten Mehr
heit lcg;t -- und weiterhin treffen wir den Snt/: Wo das X'olk
zur Herrschaft kouunl. da niii^braucht es seiueji l.iiitluls zur
i )urcijscl/ung von Son<lerintcresseu genau so pluni]» wie die ver-
tlrängten Mächte. Auf das Privilegium folgt die Rache der
(jkichmacherei.' In alledem sieht Verfasser notwendige > Be-
gleiterscheinungen der wachsenden Demokratie. « Was ist dazu
zu sagen ?
Iis mufs sofort auffallen, dafs von der 1 ) e m o k r a t i e
sehlrehthin gesprochen wird, ai)er doch nur die thalsächlich
vorlt iiKlenen Demokratien gemeint '^ein können. Was nun diese
anbi.1 lu-t SU dünkt mich kann diu nordamerikanische
l'nion Im uu-cic mitieleuropäischeu Vei liällnisse vergleicliswei.se
kaum in Krage kommen, und die »Republik Frankreich vermag
ich immer noch nicht ernst zu nehmen. Blictie also die Schweiz,
oder genauer: die schweizerischen Kautone. Wer deren gegen-
wärtige X'erhältnisse wirklich kennt, wird in den an zweit r und
dritter Sttlle niis der angeführten Abhandlung herausgehobeneu
Säl/en rbertreibungc:! sehen. Und wer die l'ieschichte der
Si Iiwt i/ kennt wini das. uas ist. uuil wie es ist, .so ziemlich
naiiirlieh liiuleii. Doch das fast nur nebenbei.
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lt. I«i»lrieli.
Der Kern der »Sache llc[;t darin, dafs auch die Schwei/
sozusagen nur einseitig: nur im l)eschränklen slaatspolitischen
Sinne dcinukratiseh (daher auch die freit Sc1n^ ei/ eine LeL;vntK-i
ist, dafs es in vollem Sinne deniukralir^chc Staaten - Staaten,
in denen die Demokratie als einzige menscheniiaturgeniäfse und
menschenwürdige Weltanschauung auf allen Gebieten folge-
recht verwirklicht ist — nicht gibt Ein solcher allein
kann die I^eistunj^sfühigkeit der Demokratie erweisen und
man wird an seiner Leislnngstähiijkeit nichts auszusetzen haben.
Also klar und billi«^ sein ! J^i^rechen wir, wenn von der Leistun^s-
lähi^kcil ihatsächlich /n licul)aclil(. r demokratischer 1* r a x i s
die Rede sein soll, von cni.seiti^f n I )c nu<kratien sprechen wir
von der Leistunj^sfähigkeit der Schweiz, der nordamerikanischen
Union, meinetv\ egen auch Frankreichs.
Aber erfreulicherweise gehört der \'erfas.*ier der angezogenen
Abhandlung zu den Männern, die nicht nur reden, sondern auch
handeln wollen. Er bietet zwei \'orschläge. Der erste geht,
wenn ich ihn recht verstehe, auf dii Itrrichtnng einer ethischen
'Akademie. Dnq^ei^en habe ich nichts einzuwenden, wenn sie
nichts ko--tet. Denn alle xorhandeuen (xkr erlangbnren (lelder
waren auf eine Arbeit zu verwenden, die dringliclicr ist und
tiefer und weiter wirkt Zweitens wird für die Demokratie ein
Rat der Weisen gewünscht, welcher ü1)erall das höchste Ansehen
geniefst und auf die Regierung und Verwaltung des Staates
einen seinem Namen entsprc i 1u ndm I'inflnfs ausübt. Der Ge-
danke ist nicht neu (z. H.. nelKiihei bemerkt, vom Schreiber
dieser Zeilen oft und irern gedacht worden). Der ihn in Nr.
der Kth. K. vorträgt, hat ihn wohl auch niclU erst aus Plato
geschöpft. Nach hcincni X'orschlage nun wiinkn die Mitglieder
der gewünschten Akademie den Rat der Weisen bilden. Selbst-
verständlich könnte dieser auch ohne jene nicht weniger gut
bestehen und wirken. Möglich allerdings wäre er eben nur in
der Demokratie. Also das \'olk hätte ihn einzusetzen. Dazu
aber wird sich das \'olk von heute nicht \ erstelien. selbst wenn
es die politische Macht da/u hätte: es fehlt ihm die Üinsicht.
Woraus folgt, wa^ zu thuu ist.
Unten ist anzufangen, ist endlich einmal .ni/niangen.
Freilich brauciien wir Leute, liie anlangen. Aber die iiaben wir
ja schon ! Die deutsche Oesellschaft für ethische Kultur - ich
denke zunächst an Deut«H:hland — ist dazu berufen. Weitere
Ausführungen gehören nicht hierher.
Tn einem HeitraL: •/ n r N a t n r 4 e s c h i c h t e des modernen
RoniaU'' (Neue tleut^che RinxKehnn iSc^d. IX| erürtCMt
Wilh. Jiuischc das wirkliclie Verdienst Zoias um die liul-
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Wi«>.f>MekaflUehe Betlac».
wickluti); des Romans. Zola habe — sagt B. — ^»das Niveau
des modenicu Romans heran fj^eruckt den Roman zn dem gtinaclit,
was er sein soll (nnrl hei C\r\-anles. Griinmolsliauscn. Gnetlu«
rvnrf rin dichltriscli ^i'^rhaiu«^ Weltbild ein auf tiefer Welt-
ntisei»auuu>; nnd starkeui \\ i^^eit lie^nindetes Bild der eii^enen
Zeil. r»al)ei habe Zolas Tiin/ip . der so^;. Natnraiisnuis. nur
eine uiileri^eordnele Rolle gespielt, l'her diesen Punkt bemerkt
Hölsche weiter: In allem, was sich um das vielkammerige Wort
Naturalismus nach und nach vTitppirt hat. steckt ein einziger
gesunder Kern, für den es aber eines neuen Schla.i^wortes eigent-
lich am allerwenigsten bedurft hätte. Ks lie^l in dem Zurück -
bexiiiTien auf die einfachsten rn'nzipien der Kunst ül>erhaupl,
Vriii/.ipien. über die bei einem Meister wie C7<^ethe nie ein Zweifel
bc-^taTiden hat. die n!>er eine Zeil laut; iiin i s* hweunnt und ver-
ileekt tla34ele);eu iiallen. Die ganze W ahrlicilslorderung des
theoretisciieii Naturalismus, soweit sie recht hatte und genutzt
hat. ist nichts anderes als ein solches Zurückbesinnen unmittelbar
auf einen der Grundpfeiler aller hohen und grofsen Kunst ge-
wesen: was darüber hinaus>chofs, das war Theorie im grauen
Sinne und wird es ewij; bleiben.
Im Weileren beliatiptet Bölsche. dnK dnrrh Zola (las eii^enl
lieh hisiuii>>rhe hjcnietit ii': eclUeü Sinne wie<ler enlscheidenil
im Roman xur Cieltun}; j^ekunuucn sei. Der Roman, der sich
wieder darauf boinnt. ein dichterisches Weltbild zu geben, ein
Zeitbild, das in das Milieu der Wirklichkeit hinein zeichnet:
• er wird ganz von selbst in die grofse geschichtliche Betrachtung
der Din^e hinein gerissen, die Betrachtung, die vom augenblick-
lichen Hilde übergeht ZU den Wurzeln der \'orgänge. und die
im Heute das (lestern gleichzeitig auferstehen lüfst. Keiner
unt<r allen ' ichtern unserer Tage hat schärfer und bewiifster
als Z*)la darnach gerungen, seine (Te-.talten wirklich einzutiii^en
in das Werden, in den geschiciiliichen Flufs der Dinge. Die
Kämpfe auf dem Kunsigebiet, die L'Oeuvre schildert, die sozialen
Gährungen, in die uns Germinal führt, der Kriegsrummel von
1H70, den Debacle. die Tragödie des Hauemstandes, die La Tetre
erzählt: sie alle sind durch und dinch historisch entwickelt,
als Resultat umständlicher gochichtlicher \'orgänge, auf die un-
ausgesetzt die breite^tm ( ie<lankenpan«>rntuen (?) hinweisen. Ich
rechte, it. km ich das betone, nicht ül)er die objektixe Richtigkeit
des hisloi i>t iieu Sachverhalts in jedem Ivinzelfalle. wie ihn Zola
gibt. Worauf e> mir ankommt, ist die Art, wie er überhaupt
das Historische wieder hineingel>racht hat in den Roman, ohne
doch den Boden der eigenen Zeit zu verlassen und zu den
Maskeradendes sclilechten Geschichtsroman^ zu greifen. Mit der
objekti\ en W ahrheit an sich niufs man hier, glaube ich, mög-
lichst aus dem Spiele bleiben .
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3-
Der schwei/erischf Trotrssor Karl nilt\ tkn Lcscni cKt
N'eiien Raluicti nidit inilKkaiitil luil }hA [ IThIkt in I'rauoiv
fel<l iinttT (kni Titel liick zwei Aiilsal/ -;inii!iluni^« ti \i r-
öfffiitliclit, die w ir recht \ icleti ;iut (U n Weihniu hlstisch \viin>chen.
Vom I. Teil (244 S. S") ist bereits <las 21., vom II. (.^2(> S.)
(las 14. Tausend gedruckt. Beide sind vorzilglich ausgestaltet:
jeder kostet fein gebunden 4 Mark. Was sie ttili ältlich bieten,
zeigt die folgende ri»erscltriftenreihe : I. Die Kunst des Arbeitens
ICpiktct — Wie es möglicli ist. ohne Intrij^ue diuvli «He
Well /-II komnun Oute r,c\v<»lin1u iten Die Kiiukr der
\\\]\ sind klüjjjer als <lie Kinder de> Ijolit> r>!e Kuhn: Zril zn
haUen - - Glück Wa-^ ''cdenlet iler Menscli, \\ i>lu r k.unml
er usw.? - - II. Schuld und Sor.ne Tr()>tet mein \ ulk
Über Menschenkenntnis - Was ist Bildung? X'ornehme
Seelen Transcendentale H<jffnung Die Prolegoniena des
Christentunis Die Stufen des Lelwis. — Hilty ist in allein,
was er schreihl. persönlich. Daraus f«»l.ut einerseits, dafs ihm
andere Tersönl clikei teil nicht überall beipflichten können, anderer-
seits, dafs er sachlich nicht immer das Richtige trifft. Aber
Hilt\ i<t i-iii MaiiTi v^v imtfn^srnfK-r nud tiefer i:eschichtlicher.
phil(>.'-n] >h i ^rhei , politi.'nciici liikiuii^, nii'l eiii'-l und inKhiicsinut
wie wenif^c. Man darf also jedcnlalis daraul iccluien. hei oder
von ihm viel /u gewinnen.
Zum Heispiel! - -Die erste und unumgängliche Iknlingung
des (iinckes — sagt Hilt\ in der Abhandlung, welche er <leni
Cdücke besonders gewidmet ist der feste Glaube an eine
sittliche Weltordiinuj;. V«>n d:- ib ist der We>i zum (iliick offen.
Fortan mufs sich der Mensch nur noch hüten auf die verschiedenen
(»efühle und lireij^nisse des Ta^es ein crliebliclies (lewicht zu
legen, vielmehr versuchen, in einer festen Gesinnung mit Kiit-
schiedenheit zu leben und überhaupt nicht in Gefühlen, sondern
in Thät gkeit sein tägliches Deputat von CTlücksbewufst.sein zu
suchen, und aufserdein einsehen, dafs Unglück notwendig zum
menschlichen I.eben. ja wenn wir etwas jniradox reden wollen,
zum Gluck gehört. Das gröiste Unglück, da> e«^ «:^ibt (heif.st
es in dem Aufsat/s von der Kunst de- Arbeiteiis), ist ein Leben
ohne Arbeit und ohne Frucht dersellKii an seinem I{nde. Dalier
gibt es auch und mufs es geben ein Recht auf Arbeit: es is
dies sogar das ursprünglichste aller Menscheiireclite. Die
.> Arbeitslosen' sind in der That die wahren Unglücklichen in
dieser Welt. (Ks gibt ihrer aber sehr viele und noch mehr sogar
in den sog. (»bereu Ständen als in den untern). Das Leben soll
man überhaupt nicht geiiielsen. sondern fruchtbringend gestalten
wollen. Wer das nicht einsieht, der hat bereits seiue geistige
V iesundheit verloren, und es i.sl nicht denkbar, dais er auch die
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körperliche insoweit behält, als es nach seiner natürlichen He*
schaffeuhcit und bei richtiger Lebensart möglich wäre. Unser
Lehen währt sid>ziK. »ni<l wenn es hoch kommt, achtzig Jahre,
und wenn es MiUie und Arbeil gewesen, so ]<.{ vs köstbeh ge-
wesen. Sn sollte der Spnicli lauten. \*iel leicht, hig das :mcli
in seinem ursprünglichen Sinne. Die wirkliche Ruhe entstelU
nur innulleii der Th.itigkeit, geistig durch den Anblick eines
gedeihlichen Forlgangs einer Arbeit, der Bewältigung einer Auf-
gabe, köri>er]ich in den natürlich geget}eneu Ruhepausen,
während des täglichen Schlafes, des täglichen Essens und in
der unersetzlichen Ruhe-Oa^L des Sonntags. liin solcher Zustand
einer beständigen, erspriefslichen, nur durch die natürlichen
Pausen unterbrochenen Tliätiukelt ist der gliicklii liste, den es
auf ivrden gibt: der Mensch si>ll sich gar kein nuleres äulseres
Glück wünschen. (Folgt eine Reihe guter Arbcit^regelnl.
Auf den egoislisciien Cienuis des Lebens prinzipiell zu ver-
xichteuv: bezeichnet Hilty als die erste Pflicht »vornehmer Seeleti«:.
Was er ül^erhanpt unter solchen versteht, welche Stellung er
ihnen im Staate anweist, erhellt aus dem Folgenden. Kr ver-
gleicht sie, einleitutlgsweise, dtai Leviten und erinnert an die
bezüglichen Hestinnnungen der tnosnischeii Cieselzgebung. Ob
sich frihrt er dann lorl in irgend einem unserer modernen
Staaten solche Kinncliluii;.^en verwirklichen und. was die Haujit
.•^ache daljei ist, auf die Dauer der Slitlung geniäfs erhallen
liefseu, mochte sehr fraglich sein. Sicher aber bleibt es, dafs
jede menschliche Gemeinschaft zu ihrer Erhaltung irgend eines
solchen Salzes l)edarf, ohne das es leichter der Korruption an-
bei ni fällt Dieses Salz also sollen die n'oniehnieii Seelen« sein.
Der Gegensat/, zu vornehm führt H. weiter aus ist nicht
schlecht, «»der bösartig, obwohl das nie vornehm ist, sondern
kleinlich eiigiierzig, kleinbürgerlich, nur an kleine Lebensziele,
und dabei nur an sich selbst oder an seine miclisle Umgebung
denkend. \'ornehm ist ein weiter Blick, ein weites Herz für
alle, Gleichgiltigkeit für die eigene Person und Sorge für andere.
Wesentlich gehört dazu Furchtlosigkeit und dne gewisse höhere
Sauberkeit : kein Tier in irgend einer Richtung mehr zu sein,
dem blofs körperlichen Sein in keiner Wei.se mehr zu huldigen.
Durchaus un vornehm ist es. viel von sich selbst zu sprechen,
namentlich ahi r sich meiner Werke zu b^rühmen. I'nvoi nelim
ist ferner die MiiVacliluiii^ alles Kleinen, arme-r Leute, der Knuier.
der Vieiitücklen aller Art, sell>sl dei Tiere. Eine vornehme
Seele ist endlich nie prinzipiell pessimistisch gestimmt. Die
Pessimisten sind vielmehr durchweg etwas zu klein geratene
Seelen.
Xicht nur auf die Krage nach dem Glück« und auf
einige andere, sondern auf alle grofsen, ewigen Fragen der
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McnsclKU'-cck' antworkl reichlich und vielfältig ein KtattHchor
S.'inniu üsiiul. wclclu r be i I Vnl. nüiiiniltr in IWrlin crschiciicii
ist.') Wohl ein Werk einzig; in seiner Art und eben um
(lieser seiner ICitjenart willen ein ( tesehenkwerk erstell k,iiiL;es
für das \ t)lk der Denker. Woülen wir die I*'üUe de> Iniialts
fiber<lcn ein ansfülirliches Sachverzeichnis und eine» aln: inäfsig
jreorclncte Friste der nnjifeführteti Werke und Scliriftsteller bequem
unterrichten nur einig^erinafsen veranschaulichen, wir würden
mehr Raum hrnnchen. als unserer )^an/.en lieilaj^a- zur Verfügiuijf
strlit Kh einijfiehlt sich daher, auf je.i^:liche .\usle>e /.n ver-
/iiliUn nicht aber auch auf eine l'nischreibnnir »ks Inhalts,
und dies mn so wenij4«.r. als der Sannnler selbst eine solche
rinsc hreibunir bietet. Her Leser wir<l satjt er treffend
aus diesen IJlaltern einen Wideth.ill jenes tausendstinnni>;en
Chfirs von Frohlocken und Seufxeni. von Jubel und Wehklagen
vernehmen, welchen die grofsen, nie gelotsten Rätsel des Lebens
den edelsten und lautersten Menschenherzeii seit Jahrtausenden
erprefst haben. Ivr wird Menschen aller Zeiten und Kultur*
stufen und Repräsentanten der wichlij;slen Länder und Nationen
in den ihren I.ebensverhäitni<scn nnd T TkentUnissen entsprechenden
Hihle^n. Formeln und Symbolen iliie \' ■r^leilun^en von (ilück
und i'uj^end, von Wert und Ziel des Lei)ens aussprechen, er
wird sie teils im triuniphirendeu Tone jjläubiger Gewifsheit,
teils mit von Zweifel und Resignation gedämpfter Stimme die
grofseii Fragen des Menschenlebens beantworten hören: Woher
sind wir? Was sollen wir liier auf I*>deu ? Wie k«'»nnen wir
selij; werden ? I*> wird durch die im üppigsten Schmuck einer
ansschweifendi 11 IMiaiit.isi. strahlenden Tran m ländcr tler hienie<len
unbelriedi.ulen W ini'-' iie und unj^estTÜten IlnUnunj^en waiideln.
durch Reii^ionen. für welche der unei hk isliohe Weltraum keinen
>;eograpinsch oder astronomisch bestimmbaren Ort darbietet, und
die dennoch in dem Mikrokosmos des vergänglichen Meiischen-
herzens ihre ewigen lichtprangenden Wohnungen aufgeschlagen
haben. Er wird auch an die Thore jenes von Stöhnen. Vnf/ern
und Fluchen widerhallenden Landes pochen, das die hiircht in
schuldhewufsten. ratternden MenschenherPTn «j^eschaffen bat.
jnbebuU-r, sie.Kes^jewisser (ilaube wird unmittt Ihar kniilein.
spotli.-clK ni Zw eifel j^e>^en übertreten ; frohe Lebenslusl unlieü-
barem. nach endgültigem X'erlöschen der Ivxistenz verlannendeni
Weltschmerz; der bilderreiche, an praktische Verhältnisse sich
anlehnende Sinnspruch der Volksmorat der abstrakten, für den
Kampf der Geister wohl gefeilten Sentenz des Schulphilosopben.
\ o lu i> a u luc der K r k e n u l n i .s. i ragniente zur Kthik
und Psychologie ans der Weltlittcratur. gesammelt von Paul v«Gizycki.
:s.j'< - s X u. S29 S. — geh. 7,50 M., in feinstem Liehhäber-
iranzband i<> M.
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Vri*»('nM>iiiiftlirbr Ilrilanr.
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Tl. Bücher.
.1. l.. A. K«mIi.: Das Ncr\cnkl)cn tlcs Menschen in ^utcii imil höi>cn
Tajjen. 6, Aufl. Raveiiüburif. <Hto Mnier 1S96. — II luid 236 S,
- - <;eli. 3 M.
Verfasser (Direktor der staatlichen Irrenanstalt in Zwiefalten-
WürteinberK) behandelt im I. und II. Kapitel das Xerx'ensystcni und
die Seele, im III. die Krankheiten des Nervensystems, im IV.— VI. Tr-
saclu-n, \'ethüluni: und Ikhandlunjf der Xervenkideii. — Im III.
dänysteni Kajutel will Kooh <kn Laien ül)er die verschiedenen Khissen
<ler Nervei' lei(kn Soweit orientii en. wie jedet ( iehihk-te <hiri\ber j^eni
wir<l nnterrichlet sein wolkn und mit Nutzen unterrichtet sein kann
— ihn l)elähi^en, dal.s er das \"<jrhandenscin eines Ncrvenkitkns
erkennt oder doch vermutet, wo er sonst an ein solches nicht i^edacht
hätte: dals er als ein körperlich bedingtes Leiden auffassen lernt,
was er vordem für etwas anderes nahm : dafs er eine Sache, die ihn
j^eängsti^, nun nicht mehr für so schh'mm ansielil — ihm die Stelk-
zci,irrii, wo auf »kin (khiel der Nervenkrankheiten, und schon hei
deren llrkennun^. auch für majiche nicht är/.th'che lUrnfskreise be-
stimmte Aufsahen li< <j« n iiu»! die \\'e;4e he/eichnen, .ml dt neu <hrse
.\ui^^al)cn bewaUigt werden k^hineu. Der meiste Kam » ist <ien
psychopathischen Mindcrwertij^keiten (eine unklare, wenn nicht
unsinnige Bey.eichnung!) gewidmet, mit welchen sich" bekanntlich
%. Z. mehrere Schulmanner fast sportsniafsig beschuftigen. iHesc
krankhaften Seclen/.ustände. nicht eigentlichen Krankheiten der Seele,
des f 'i tts (das klinj^t /w.ir ziemlich unbestimmt: aber man kann
sich doih itwas (hd)ei «knkeu) sind nach Koch — weitaus die
häuti]L;steu Ner\ enki(k'n unserer Tai^e : sie bih!en ein /wi^cli« nri u li
/.wisclieu <kr ueistiireii Normalität \ind den l'svchoseu. I n«! /u.ti hiUicn
sie es in <kr Art. dais sie stell auf der einen Seite ^an/. nmnetklich
in die Breiten der i;cistigen (iesundheit verlieren, wie sie sich auf
der andern Seite durch gaux unmerkliche rbergänge an die (leistcs-
krankhetten anschliefsen. f'berhaMpt scheidet K. die VDrwiegend
seelischen Ner\ euleideu in: i. seelische Rcgelwidni^keilen la. einzelne
krankhafte \ orfälk-, ( kschehnisse — selbstän(b.ue elementare
ps\ chi<i l;r \nomalieu - b. kiankhaftt Seelen/ustände — psyehopalh.
M )n<k'i weitii^kciten 1. 2. ( ieisli skran k lu iten. - I)i<' I )arstellun}i ist
aii/iehend uml \ erständlich : hie und da, doch nicht sehr häufiji.
stören nr/tliche l achausdrücke. I'apjcr und Druck sind sehr gut.
F. \. lifhcr und A. Bm\ i'imloi lVf : Klassischer Skuliitureuschal/. —
München, VerlagsausLiU F. Bruckmann .\.-<i. iSg6. — Monatl.
I Heft 7.U 50 Pfg.
Der klassische Skutpturen.schatz soll — in bunter Folge — eine
flachenl>ildliche Zus.»mmen.«itcllung des Besten ^ebeii. was die l*la.Stik
aller Zeiten und Länder lu rxorj^et^racht : et w ird sich aber ni* ht nur auf
dieböcbslen i.ei.stungeuUcrcin/cUicn \ ülker bcscbränkeu. .sondern auch
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der auf iitid ahslc-iKtiulen Hnt\vicklun.£r eine vcrhältnisniHlsi^e Be-
rücksichtijfUUii widmen. I-in kiiapi) uchalteTier Text u jeder Tafel
(auf dt-r vierten Sfili- dis l nischlaj^si brinijl <lie n'">ti;ien knnst-
hi.slorisclicn 1 j läiitvi un^en. — I ns liegt die erste Ijcieruni; vor. Sie
enthalt 6 aufe sorjifältigste ausj^eführte »Autotypie- Drucke • (Bild-
fläche 17/32 */t CHI): i. Statue eities Komödiensdichter», 2. Broncestatue
eines Jün^rlings, 3. Grabrelief aus Salamis, .sämtlich nach Werken
j^riechischer Meister des III. und V. Jahrh. v. Chr.; 4. Broncestatue
des David, von Donatello (i;,S''i 5. Idealhüste des T'rutus. von
Michelnni^i'lo Huonarolti (1475 1 : , Madonna mit dcni Jesuskinde,
von Claus .SliiUr (•«• 1404/51. Srhoii der anisen)nlenllich niedrij^e
Preis — 6 voi/.iigliehe AbV)il<lungen aui starkem l'apier mit zwar
kurzen, aber durchaus geniig enden Begleitworten fftr 50 Pfg,! - winl
deni verdienstlichen Unternehmen ^ofsen Krfoljf sichern.
' III. Kleine .Ylttteiliiiigeii.
Den modernen Menschen schildert Max Osbt)rn in der
Neuen deutschen Rundschau 11896. FX) folgendermafsen : ICr ist jeden-
falls nicht ein Mensch, der sicli nach (1er neuesten Mode kleidet.
. ine moderne \V(»]inungseinrii lilung he.sit/t ntul die Morlebäder besucht,
nicht ein Mensch, der, wie man e.s kurz zusammen faf.st, die Mode
mitmacht' — sondern der in seinem Krapfindungfs und (ledanken-
leben der ( iei^enw.irt an^^chrirt. dessen Innonwelt ein Spir-il der
Wünsche und Bestrebungen un.serer (leneration i.sl. in dessen Seele,
wie Hillebrand einmal sagte, ^ein Kcho der Zeitseele vibrirt. Kr
nnifs fühlen können wie das junge lebendige ( '»cschlecht. dem immer
die Znkiinft gehört, das immer (lie lüitwicklung fortführt, und wenn
er nicht all seinen (des jungen (»eschlechtsj Hals und all m nie Liebe
teilt, so mufs er tloch fiililen, wolier dieser Ilafs mnl (li»--e I.iebe ent
standen sind . . . l-iin soleluv Mensch kann liinnkTlinal eher in
Berlin als anderswo (in Deutschland) gedeihen. Die Redensart von»
Pulsschlajr der Zeit, den man hier hött. xfit mehr als eine blecherne
I'hrase. — In demselben Aufsatze sagt ( Esborn : \\ er l)ehan))le. wahres,
reines literarisches Interesse zu be.silzen. müsse dies dadurch
beweisen, dafs er sich dem schaffenden Kfin.stler ohne alle Neben-
zwecke und ohne Kficksii ht auf .sich .sei b.st nahe, dais er seine -Heek*
studire . Respekt vor dir Diilitnng tind <!i 11 Diililr rn' St> nn"is<e!i
wir unseren I.iteraturgeiehrten und ihreti Hiuein luul l.e.seni. den
Priestern Wieden Laien zurufen. Aber ihr dürft nielit als degengabe
von ihnen RosjH-kt vrtr etuh verlangen. Ihr nuiiVt lli>tl sein.
Der junge (ioetheschiieb einst alsstnrnieri.sch-drängerisclier Rezen.scnl
in den •>Frankfurtcr IJelehrten Anzeijre« : >rm den Kunstler allein
i.sts zu thnn : dafs er keine Se ligkeit (kv. I.rbens fühlt als in seiner
Kun.st, dafs, in sein Inslrumenl versunken, er mit allen seinen
Junpfindungen und Kräften da lebt. Am gaffenden rid)!ikum. ob das.
wenn» ausgegafft hat sich Rechenschaft geben kann, wamnis gaffte
oder nit lit. was Hegt an <lem ? Das .schrieb, wie gesagt, <Kr
.slürmen.sch-drängerische . also der noch unreife (ioelhe. .Vuiser dem
Kün,stler und dem gfaffendeti* Publikum gibts noch andere Leutv.
an denen auch wa.»tliesrt. Tni den Künstler allein ists nicht zu thun.
(R. i>.)
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Deutsche Voiksschuiwarte.
No. U Abgeschlossen am 20. April. 1896.
Zar HchntoUtistik.
— Die X'orsolnilcii <U'n preii fsisch en liolierei) Ivchr-
anslaltcn weisen nach der soeben veröffentlichten statistischen Über-
sicht für das Schuljahr wtedenini einen merklichen Rückgang
auf. Die Zahl der Vorschub 1 1 t nicht nur um mehr als 500 gennger
^cwonb'Ti sotulerri es ist auch (hv Zahl (Kr \ l uauf^jcnonimenen bei
allen Schulkalcj;<>rien kleiner als im \ «Mjahie. Sämtliche XDischukn
wählten 189.^—04 «9 757, iSc>4-~<)5 '9 4.'^f ScliiUer. Die Aufnahme be-
Iruj^ 1S9; -174. in;''! lUr Rück^^ani; vertcill sich auf
alle l'rtivin/eii, einsclilit. isiich llerlins, nahezu gleichmalsig. Nur
Brandenburii und Schleswig- Holstein inachen nnt einem allerdings
nicht bedeutenden Waclistuni eine Ausnahme. Der Rückgang der
XOrscbulen ist um si> bemerkenswt rter. als die Hauptanstalten
(iSg; (> j i ;S2 V), iS(>4 -05 140 (14 ; Sohülen in derselben Zeil an Schüler-
zahl zmi.il.inen. Anfgelioben wurden 6 \*f)rsohidklassen. Die Provinz
Weslf.ilMi liat nur noeh eine XOrsehidklassi mit 17 Schnlern gegen
22y N orschüler im Jahre i<s,S3-,S4. Am stärksten .sind die Vorschulen
in Berlin (.'^959 Vorschüler) und in Brandenburg (2841 1 entwickelt.
— Die preufsischen Lehrerseminare zählten im Schuljahre
18959^' II -^So Schüler gegen ir im VOrjahre Die Mehrzahl der
Seminaristen (6360/ ist in Internaten uutergebraciit. die l>es()nders in
Ostpreufsen. Westpreufsen und Pommern vertreten sind. In den kgl.
rräparandenanstalten waren zur selben Zeit nur 2,66 8 liüli t \oili ni
den, das ist etwa der vierte Teil der zur Füllung der Seminare nötigen
I^räparanden. Die Fräparanden Bildung wird also im wesentlichen auf
privatem Wege, insbesondere durch Seminarlehrer, besorgt.
Das soeben veröff ^liirlitt \ erzeichnis dei i i n fsi ;clien
Kreisschulinsjiekloreii weist insgesamt 1232 .Aufsichlsbeamte auf.
Von diesen fungieren 2^)5 im Hauptanite und 967 im Xebenamte. Von
den letzteren sind u2\ (ieistlicbe und 4.S städtische Schulräte un<i
S Jiuliiispektoren Seminanlirekt«)ren. Schuldeputierte etc. Die In
.spekloreii im Hauptanite sind in den bezirken (lumbinnen. Stettin,
Krhtrt» Osnabrück und Münster um je einen, im Arnsberger Ikvirke
um zwei vermehrt w orden. ICiiu \ Vi ;iu 'u tni l' K i l:> istliclieii Kreis
schultnspektoren hat in neun bezirken (l)anzig, rotsdam, Stettin,
KösHn. !,iegnit/. Magdeburg. .Merse!)urg, Hannover und Kas^tel) statt-
gefuiub n i ine \ ermindcrung durch Anstellung von .\utsiclitsbeainlen
im Hauptanite in vier Bezirken ((iumbinnen, Kriurt, Minden und
Arnsberg).
— Was die Stadt Berlin das Volkschulwesen kostet.
Der r.tal der städtischen ( reiueindeschuleu sehlielst in b'itni ilnue a':
mit IU2 M.. in .\usgabe mit 11 146035 M., .so dals ein Zuschuls
erfordert wird von n i>t:> M. Die Oehälter der 216 Rektoren be-
tragen i<X> M., die «".ehälli r und Dienstalterszulageii <ler ordent-
liehen I.' Iner ; 09-2 275 M . die deliäUer für 120:; ordentliche lA-hrerinncii
und die Dicnstaltcrszuiagen zusammen 2 ih)2 150 M., das Honorar für
technische Unterrichtsstunden beträgt 446 688 M.
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.Iiihiiiiiio McviT.
— nie Krfol^c des deulsclic ii 1' ii tc rri cl» Is sind in keinem
der polnischen Bezirke so l)edcnten<l wie in ( )herseli I esi e n. Hei
der Rekruten.iiisliehun.ij im Jalue iS<m erj^^ihen sich unter S;54 i;in-
jjestellten allerdin^^s noch S^, «j;^leich i.oi \ . 1 1. Analphaheten un<l
ijleicli 1.26 V. II., die nur iK)lniscli lesen nn<l schreiben konnten. Im
Regieninjjshe/.irk Posen daj^;ejjen er^^^ahen sich in deniselhen Jahre
unter 7461 Kin^restellten üfi Anal])hal)eten. gleich 1 . 1 ^ v. II. und 5c>S
Rekruten, g-leich S.oi v. LL. die nur polnisch lasen und schrieben. In
friiheren Jahren war das X'erluiltnis ein uan/. anderes. Im Jahre 1SS2
erjjaben sich für Oberschlesien noch .v7<') un<l iS-^ Analphabeten,
und zur seligen Zeit hatte fast die Hälfte der ICin.uestellten 11SS2:
43.43 V. LL und 1S-2: 44.53 V II. j nur polnische Schulbildun.y:. während
(Tainais im Rej^ierunjj:sl>e/irk l'osen die nur polnisch < ".^schulten in
kleinerer Zahl auftraten nSS^: 35.Si v. II., j2.S<) v. H.i. Noch
im Jahre 1-S71 iiber.stiej.; in < )berschlesien die Zahl der Rekruten mit
polnischer Schidbilduni; i25')S) die Zahl derieni;.ren mit deutscher
Bildung (2419).
nekanntlich steht die Sch ulhildun jx in keinem eurojiäischen
Staate auf so niedrigem l-ufse wii in kiifslajid. Dennoch hat selb.si
in St. Petersburg eine amtliche Stati.stik a\is dem < ■.ouveniement
Kowno Aufsehen erregt, wonach nur üi Pro/., der nach dem beschei-
densten Mafse als schulpflichtig geltenden Knaben die Schule be-
suchen.
Der KHin]>f um die Schoh».
— ICin scharfes I'rteil ü her d i e Sit 1 1 u n g d e r ( 1 ebi 1 d e t en
zur \"olksschule enthält I )ie ( iegen wart in einem Artikel Pesta-
lozzi und Preulsen . Darin heifst es: Im Hewuistsein der « lebildeten.
vor allen «lerjenigen. welche die Macht in Händen haben, die X'olks-
bildung zu heben oder verkünimern zu lassen, der Staatsmänner,
Politiker. Fürsten, i.st die \"olk.sschule heute nicht mehr, was sie einst
war. das Kleinod der Nation. Daher ist denn auch das preulsische
Schulwesen hinter demjenigen anderer Staaten betr/ichtlich zurück-
geblieben, und Preufsen marschiert, was diesen Punkt anbelangt,
sdion lange nicht mehr an der Spitze der Zivilisation. Ks i.st fauler
Zauber, heute noch von Preulsen als vom I.ande der Schulen und
Kasernen zu reden. In Preulsen hat lange .schon die Kaserne die
Sehlde erdrückt: wer <las nicht glaubt, mögt- sich die denkwürdigen
Januartage i.S<;3 vergegenwärtigen, wo der Kultusminister im jireuls-
ischen Abgeordnetenhause mit tlehenden Worten um das tägliche
Brot für die Schule bat. indem er vor einer ( iefahr des Stillstandes
und des Zerfalls eitler einheitlichen Ivntwickelung unseres gesamten
Volk.schulwesens .sprach ; <ler möge sich erinnern, dals nach der amt-
lichen Stati.stik vom Jahre iherausgegeben iSc);» noch 21 472
jireufsische Volk.sschullehrer den Wagenschieberlohn von tjoo Mk.
und weit darunter, dafs noch 270t Lehrer den Knechtslohn von 6«x)
Mk. und darunter als(iehalt beziehen. In den \ ergangenen Monaten
hat sich - in einer Zeit, wo für Militär und Marinezwecke seit Jahren
Hunderte von Millionen geopfert wurden — ein geradezu erbitterter
Kampf zwischen dem Kultus un<l Finanzminister abgespielt um
2 — 3 lumpige Millionen, <lie ersterer flüssig zu machen sucht, um nvir
die notwen<ligsten X'erbcsserungeii zu treffen. Ob schlielslich das
Almosen von der \'olksvertretuiig bewilligt werden wird, ist auch
heute noch zweifelhaft, entscheiden doch in dieser l'rage nicht sach-
liche I\r\vägungen, Liebe zur Schule. Sorge für das Oedeihen der
\'olksbildung, sundern einzig parteipolitische Rück.sichten .
P(riuk<>be Tol]tii»chQlw«rtc.
— Dti (.n^^li.schc rnlcrriolitsniiuTslrr Sir ff)lin Oorst lial kiiai)])
v»>r Antritt der i)stcrkrien im Untcrhause eine neue Schul vor-
lajre (ICdukations-Rill) ffir Knjfland und Wales einj^ebTacht. Sie
zerfällt in zw ei 'rtile. einen den }\leMU*ntnrscli ulcii w idTtieten und
einen, weKher sieh mit dein ForlViildnni^s- Cnterricht Ijescliäfti^it. Der
zwe ite Teil w ird nicht anj^efochtcu . man anerkennt, dafs die Re^jit-
nmir hiermit ilnvr Xen-< )r{;anisati()n und den reich hohen Zuschüssen
dem l'nrtscliritt eine (iasse öffnet. nklii'h ist hinj^eijen die Aor
(ioisl v<»rgescldai(ene Neujiesltdtung des lUenit^ntar- Unterrichtes. Die-
selbe enthält «war umnches Uute, das scliulpflichtipfe Alter wird auf
zwölf Jahre erhöhl, und den l*'lementarscluden sollen fi>rtan j^:röf.sere
Mittel zu^iewiescn w t-nUn : tlicses (»ute jedoch winl durch «lie Ten<len/
verdunkelt, den >janzen Hlenicntarunteiricht in die Hände der (jeist-
lichkeit %u spielen.
Hnmauitäre tieHti'eluini|$eii.
— In der Silzuu),^ dt sWreins für .<^asundheitjfgemäfse Kr/iehttnpf
der Ju;.;enfl hielt I->au Sanitätsrat Dr. Schwerin einen V ortrag: über
d i e g e w e r b 1 i c h e Neb e n 1» e s c h ä f t i ^ u n ji d e i S c h u 1 k i n li e r , ins-
besondere da« Semmel und Zeitun^saustra^cii durch Schulkinder in
früher .M()rj.;e?]^titnde. Rektor Handt behandehi «l is-tlbc Thema mit
besonderem ilinueis auf seine eigene Beobachtuni^üerfahrungen. K»
sind besonders viertirujjjien zu nnterscheiden : Handelsgfewerbe. Aus-
traviediensle. l.atifbursche und stm.stii^e Nebenbeschäftigung, Z.B. Be-
gleitunj^ der Rollwajien. Ke<,rc-laufset/en. Hausindustrie. I>ie sittlichen
(lefahren bei dem Hausieren der Kinder !iei;en auf der H, m l cl)enso
tlie vSchädijjunj; der C.e.sundheit Die Zahl der neben Kl s.häftipften
Kinder beträgt in der Regel zehn vom IfnncUrt Auf dem \\ ege der
(Gesetzgebung allein und durch polizeiliche -Malsregeln kann hier
keine Abhilfe geschaffen werden. Vereinte, auch private Bemfihung
ist nötig. Tksoji'li rs mufs die Lehrerschaft iiiitw irken. sie muls sich
mehr um die hauslichen \ erhältnisse der Schulkinder bekümmern.
Im Reichsl.'ig ist liei tUr zweiten Beratung <ler ' ".«werbeord-
nungt»nuvelle ein Antrag Lenzmann {l'ia. \'j>.> einstimmig zur
Annahme gelangt und von dem Staatssekretär v. Boetticher als ihm
s\nipathisch begrülsl worden, wiJtiach Kinder unter 14 J.diren nicht
auf öffentlichen \\'( i;en. Straisen, Plätzen oder an öffentlichen Orten
oder ohne voi - 1 - <• lkslellung von Haus zu Haus feilbieten dürfen.
Ks steht also in .\us-i. Iii. dafs ein sehr bedenklicher Teil der sogen,
gewerblichen Nebenl)eschäftigung schulpflichtiger Kinder, vielleicht
gerade der Teil, der uns Lehrern den gröi.sten Kummer bereitet, in
absehbarer Zeit gesetzlich verboten sein wird.
— Vom '/». j.uiuai bis zum 14. März i.iliKlUn m Uiieiiiuiburg
täglich etwa \ «>lksscliulkinder vomWreine X'olkswohl w armes
h rühslück. ■iL.^lt Lrnd aus 1 Milch und einem HnHi hm Die
Kosten für dieses wohlthätige Werk betrugen in runder Summe 700
Mk. Davon fallen auf Anschaftung von (leräten etwa 41 Mk., auf Be-
<lienung etwa ;,«> Mk. Räumlichkeiten, die beiiernng und den Kessel
zum Kochen tler .Milch hat die Stadt unentgeltlich hergegeben.
In dciselneii .Sta<U wird seit (Astern d. j int Schulgebäude ein
Hrnu.sebaci in lienuLzung genummen. Iis können etwa 20 Kinder
zu gleicher Zeit baden. Das Bad soll an bestimmten Tagen von
Knaben, an bestimmten von Mädchen der Volksschulen benutzt
werden.
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Johwine« Mtjtr,
SchiilverwMltuii^, -(»riü;Hiii!salion und -Au-istutuiii^!:.
— Der Kultiusmini.sier hat die Auslülirung tleü Dejsehliishcs der
Stadtverordneten -Versammlung in Bamien auf Aufhebung der
Vorschulen an den höheren Knabenlehranstaltcn .q;cn chmt;;t.
Der von cltr Conunius-l itsellscliaft \or drei Jalnvii anj;c-
regte tiedankc, wie in Skandiimvieu. Dänemark, der Schwei/ etc.,
so auch in Deutschland Volkshochschulen zur Fortbilduiiix 1>-
waclisenci /u errichten, ist /.uerst in StralM)iir^ verwirklicht worden,
und /war mit bestem lüfoljie. Die im Jahre is;^ v»>m \'()lk.sl)ikhin}is
vereine errichtete Abend- Fortbildunjrsschnle wurde im Herbste iS«);,
zu einer 'Volkshochschule umjfestalt. i l>e/.w. ergänzt und besteht
Seitdem aus einer Abendscliule (wöchentlich /u Lektionen /u ' ,
26eitHtuudeu von 7*/^ bis 10 l lin und einer Tagschule lauiscr dem
Abendunterrichte 6 Lektionen vt>n 7 bis 12 Uhr vorniittaRs im Sommer,
8 bis I Uhr im W'iiitrr). Der NachmitUi}X bleibt U\ ] /n StiKÜLii oder
sonstigen Geschalten 1 Lehrling». Im verflossenen Winterhalbjahre
besuchten die Anstalt 154 Ivrwachsene. bis «u 45 Jahren alt (ITnter-
offi/iere. Serj^eanten. I'eldwebel. La/arett};ehilfen. (Gewerbetreibende.
Kanflente. Studenten etc.), von denen 2t> auch am Tagesuntenichte
teilnahmen.
— An den Volksschulen Münchens hat sich das nenerdinjjs
eingeführte fakultative achte Schuljahr für Knaben sehr ^^fut be-
währt. Nun führt <lic StadtverwaUtinir auch für dif Mädchen t-in
achtes Schuljahr ein, w«>bei ein ii.tupl^cwicht am llaushaUmi^,
Kochen, Handarbeit un<l ( iesundheitslehre geley^t werden soll; aufser-
dem wird Französisch uml praklisches ^gewerbliches Zeichnen j;elehrt.
hl IClbin.ü beträj^t <lie Schülerzahl dnrclischnitllidi 70
aui ciiic Klasse der Knaben, 74 auf eine Klasse der Mädchen. Mau .. ill
den Durchschnitt auf 69 bezw, 67 herunterschrauben. Hierzu beilarf
e.'^ der ('.Hindun^ vcm lo neuen Kla.ssen. 69 und 67 sind aber offenbar
immer tu)ch \ iel zu hohe Zahlen.
— Die Königliche Key:ierun)j zu Meiseburg brachte jüngst von
neuem zur genauesten allseitigen Keachtung in Erinnerung, dafs die
Lehrzimmer jälirlich m i n d es ! ctt-- cinjual geweifst. in jeder
Ferienzeit gründlich gescheuert und nnndestens viermal wöchentlich
sorgfältig, nicht blofs trocken gereinigt werden. ^Bei dieser Reinigung
.sind auch dii Wände. Treuster uml Thüren, Ofen vom Staube zu
befreien. Subsellieu, Wandtafeln, Schränke und i ensterbretter sind
täglich feucht abzuwaschen, ebenso ist der Eingang /um Schulgebäude
und zum Hausflur, wie auch die Schultreppe tä^ich zu kehren.
— Dil K^ uicriniij, zu Hildesheim maclil bekannt, d.if^ «las wöchent-
lich zweimalige Reinigen der Schul/immer künftig nicht mehr
durch Auskehren mit Hand, sondern nur noch auf nassem Wege, und
zwar am besten durch Aufwischen mittekst nasser Tficher. geschehen
solle,
Ersieh uugsf ragen .
Die Kgl. Kegiernng /u Stade hat eine \'erfügung erla.ssen.
zufolge deren /.ur U inter.s/.eit auf den Spielplätzen, den Schulhöfen
oder sonst in der Nähe der Schulhänser FutterplätJie für Vögel
herzustellen. l-!s soll dies geschehen zur Pflege der Liebe ZU den
Tieren und zuglcicli /um Nutzen dct < )lt.st- un<l ( ■.emüsegärteu.
— In Kömhild in Thür, hat .sich ein .Schulreiseverein ge-
bildet, der beabsichtigt, die (iründung weiterer Schulrei.scvereine zu
veranlassen, welche auf dem Triucij» gegen.seitigcr (Ta.stfreund.*«chaft
beruhen würden.
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Deulivhe TolltMrhaN«rl#.
5
Durch Lesen \ I n d i ;i n e rso h r i f 1 1 ti aii;;ercj;t, ist hiinu ii
kur/.cr Zeit wieder ein (iyninasiast in Cntha fÜichtiji: jreworden ; in
der Nahe von Hamburj;^ konnte der jimue Mensch noch anschalten
werden.
In 1. allen l>n rt^ in l'onitnern Ini;; eine ans Schülern der
Sladtschule bestehende vielversprechende ( KSellschaft sich schon seit
länj;erer Zeit mit dem schwar/.en (".edanken. den Rektor (• erlach
lotKUSchiefsen. Hiner der Hnrschen stahl (leid y.u einem Revolver,
itnd ein solcher windt- auch hescliafft. worauf man Schielsiibnnj^en
im Jägerhof vuinaliiu. Die Sache kam heraus, und die Burschen er-
hielten durch den Schuldiener -vor versammeltem Volk« eine solche
Tracht Prügel, dafs ihnen das Totschiefsen wohl für immer vergehen
dürfte.
— X'or einij;(.r Ziil h.ilU- ein .Schul/mann einen Schulknaben,
der bis niurj^eiis I hr olnu.- Hej^leitunpr seiner Kitern in
titiem öf f entl i i-lu 1! Tok.il Saalfelds verwrilti und il.iselbst
Lieder üchlüpfrigen Inhaltü sang, aus dem Lokal gewiesen. Darauf
beschwerte sich der Vater des Knaben Über den Schntsemann beim
hvr/( -1. Staatsministerium. Dieses jedoch wies die Beschwerde als
unbegründet zurück.
-- hn I'sycholo^i.schen \ erein zu Herlin hielt der (iyninasial-
lehrer Dr. Kemsies einen h<)chst lehrreichen V ortrag über l%rmüd-
ungsmess linken an Schülern, «lie er mit Mossos l\rs:joj»raph (Ar-
beitsschreiben vorm m nnmen hat. Dieser erlaubt es, die Leistnn«^
einer bestimttiten Muski lirmppe ifk'U<jeinuskcln des ^fittclfinm. rsi bis
Messungen wurden nach jeder Untemchtsstunde an Schülern unterer
Klasst i! d( r j*^. (iemeinde- und der 5. ReabscliuK i^emaclit und ( rL'.d)en
das interessante Resultat, dais zu einer Zeitlage, wo aus Qualität
und Quantität einer r^istung, sowie aus der verbrauchten Zeit nichts
ersichtlich i.st. schon eine \ erminderun>i der ^fuskelkraft stattfindet.
Dafs dif^c -in praktischer Ausdruck für die ('•ehirTK-rniüdnii'/ ist.
soll dai-nl iiichl gesagt sein. Doch stehen die Schwankungen der
Muski Ik raft in offenbarem Zusammenhange mit der vorausgegangenen
(lehinileistung.
— Auf Anregung des l nU i '4a.iN^( ki dai s Zoni von Bulach
soll in den Kcich.slanden der \ ersuch ;4eniaclil werden, in <len ICle-
nientarschulen bereits einen grundlegenden landwirtschaft-
lichen CnUrichl zu erteilen. Die ge\\ (•hnliclien rnterrichtsgegen ■
.stände werden teilweise ihre Sit>U"c aus der landwirtschaftlichen i'raxis
entlehnen, namentlich .sollen den Schullesebiichem auch landwirt-
schnflüihe Abschnitte eingefügt werden, l''s wird landwirtschaftliche
Huchlührung wenigstens in den Anfangsgnnulen gelehrt und beim
Rechnen und der Naturkunde der Stoff hauptsächlich aus landwirt-
schaftlichen Gebieten entnommen werden.
— hl llitiiliurg ist die Minlührung einer vSchulbi !< :
zum Ostertermin erfolgt. Die ( »berschulbelu'irde hat sich für die
sogenanntc brcmisclie Schulbibel entschieden. Zunäch.st ist ein
Versuch in den höheren StaaLsschulen gemacht.
Die St eil Schrift wurde im verflossenen Schuljahre in der
.\le.\andrinenschule z,u Ktibuig angeuajidt. Der Jahresbericht der
betreffenden Schule wei.st nun darauf hin. dafs seit ICinführung der
Steilschnft die Korperhaltung der unteren Jahrgänge beim Schreiben
eine wesentlich bessere geworden ist.
ITnterricht^frAgen.
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6
— \'t)r cini^vn J;ihrcii wunk- in .Ma^jdclmr^' in (.iDi^^xii Klasv».n
iliw Stcilschrift \ crsuchswcihc cinj^cfülirL JtUt ibl ilicscllfc \uu
der Rej^ientti}^ verboten wurden.
- In Breslau wurden 643 Hxeniplare des sc>/Ja1fleinr)kratischen
Marchenbnclies für die Kinder des Proletariats heschlaxr-
nahint.
Lehr- und ljt»rDnijt|el.
1 )t n K< »niirlichcn Rc;:ici un;^», 11 ist 1>C'/ü}rlich <K i 1 ' 111 f u Ii r u 11 jj
Voll I.L'h rliiicli « rn siiltiis ik-s Knltnsniinislcrs inilj^^tlcill \v«it(kn.
<la[.s nur /.ur iüiilulinni;^^ <k"uLsclicr lAscliüchtr. .sowie iki tk-m Kvli
^ionKtinterriclit wi ('innnk' liegenden I«elir- und l^rnhucher in dtn
f *nt' rrik lUs^cbrauc Ii «Ivr ihrer Aiifsiclil unUrslt llttii Solnilcu «Iii-
uiinistctictlt ( it^nchnitj^iuij^ einzuholen ist. iiicrvon abgesehen, haben
die Kotii «glichen Rcf^ierunj^en be/.fi;2:Ucb der in diesen Schulen in
(k-brauch xu nehnien<leu Lehrbücher und Lenimittel selbständij; 7.11
befinden.
!ti versrhu lU r.rti StädUn dt s Cr« fshciv.oj^liniis Hessen wnrdc
jim^>l liu- l-'ra^«. lU r kosten frei i ti \ eral)!v)l^unjj der Lehr-
mittel für N'olksschüler lebhaft ventiliert In Offenbach wiir«k- ein
diesbezii;4;licher Antrag von so/iahkniokralischer Seite irislelU. aber
nach längeren Debatten im Stadtrat und im städtischen Schulvorstand
abgelehnt. In Main/, wurde ein Antra»; ^jestellt die Kemniittel den-
jeniueii ScbnlkHKkrn uneiit^^cUHch ZW {gewähren, deren Kltem weniirer
als 700 M. Ivinkoninieii Jiaben.
— b'inen sehr praktischen und hilHijen ( i r i f fei h a 1 1 e r liat <kr
Lehrer Otto in Klnishurn erfun<kn t^asel/.l. gesell. 1 Der Halter
besteht aus einem unpolierten Holzrohr. In <liese.s wird der r.nfiel.
auch wenn er j;an/. latij^ ist, ein^eset/l. Die nef^^tiir-n;.^'^ -.^i sc hiebt
durch einen sinnreich einKcrichteteu Schraubenkonus. Derselbe winl
über die Spitze des (iriffels gestreift nnd in das Rohr gedreht. Kr
ist leicht /n handhaben, und dabei sit/1 «It i f .Tiffel doch diii^i
sicher. Zu haben bei S. Röder in Berlin S.. Ritterstr. J2^v Treis iui
Kin/.elkaufe 5 Vi.
Amtliche Stelloug «b r Lein t r.
— Der « u nu inder.il \ on (kra hat den Hescliluls ^jt f.if^t <lals
künftig ein Rektor und ein I. ehrer dem Schulvorstand ange-
hören sollen. Die (resamtheit der Lehrerschaft wählt ihren Ver-
treter in freier und i^eheinier Wahl, desj^^ieichen wird (kr Rektor \ (»ti
den sämtlichen Schulleitern in >;kicher W eise {gewählt. Die He^tätigung
dieses Bcschlnsses seitens des Ministeriums steht nocli aus
In sänilh(.heu Otien der l'!i)lunie Schkeuditz, sind die ersten
bezw. alleinstehenden Lehrer in die betr. Schulvorstände
gewählt und von der Regierung bestätigt worden.
Sowohl LatidessN iiode, w ie aucb r T.;unl.. hT-cr\ ereiii
in braunschweig hatten .sich mit der Bitte an die herzogliche Regierung
gewandt, dafs den Lehrern die niederen Küsterdienste abge-
noinnicn und anderen Personen üb^rtra^eii wenkn nu'ichlen. Das
Minisleriuni legte daher dem Landtage eine darauf liezügliche \'orlage
vor. <lie jedoch \ (»11 diesem ahgekhnt ist Bislicr erhielten die Lehrer
für den Kircliemlien.st jälirlich Je j»m> Mark, l'ür die Hefreiung vom
niederen Küsterdienste sollte in / il;untl ein .\b/ug von dieser Summe
bis /.um Höchstbetrage 51) Mark eintreten.
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|t4*iii4rli«> Tolkit'^fbiilwan««.
Sorialp Stellung der f^tshrer.
Ii' Ii i Provinz Sadiscti irhitU< n von vier ans » iiKtn und
tkinsclbcn Uuric /.w cinci (.'»crichtsvcrhunillung \ tjrgiladfncii Zcu^^cu
eilt WetclienslelkT als offentHoVer IWaiiiter 9 M. Xeu.ijt n jifebtthren,
llaneni je f) M. niehst X'trsiiiiinnisLnlsrh.'idijfuni' 1. ein (crsltri
Lehrer m. Auf .seiue liescli werde wurde deTii Lehrer die Ant-
wort, so \ iel wie der Weiclieiisteller könne er in keinem l'alle be-
koiinnen . N'ersäiinmisentsehätlijfiitijf werde er aber nur erlialteii, wenn
er jrhiubhafl mache, dais, wann und wieviel Privatstunden er an
jenem Ta^ie ^«ej^eben liabeii würde.
— Die in N'ömbcrj; erscheinende national liberale - Frän-
kische M or}4:en /eitung schreibt u. a.: W enden sich andere Wahl-
kreise nach Nürid>erij:. um freisinnijre Keichstaj^skrindid iteu /.u er-
fragen. s<» bietet ihnen dicsi inrolse Handels und 1 nd ustne.stadt —
Kan<lidaten aus dein durch den Hildungsgfan}^ und die eijifenarti^e
r.k>-iTi,lftiL'nii- '/UV l'f'litik- tind Hehandlunj^' offi-ntliclu r Intc-rt ^sen so
ausnehmend berufenen \ olksschuHehrerstanU. Herren Rudolph
«nd Weifs retten zur Zeit nach auswärts Xümberg's freisinnijie I'*hre.
Wir erkennen in diesem sichtlichen liestreben. die Vertreter mit
t'nij/elMinti .dler durch Hesitz. Stel'nnji», hervi»rrasenden l'intltifs,
öffetithehe Wirksamkeit u. a. sich auszeichnenden Personen au.-, der
rxlesten ( ileichmälsi^keil der breiten Schiclit zu entnehmen, das
demokr riti'M he IMin/.ip. welches sich über jede laiche ärgert» weil sie
das Heidekraut trotz seiner Mehrzahl überraj^t .
— Die von Paul Schettler in Ix' allen redif^ierteii Landwirt-
schaftlichen Mitteilungen brin<ieti in Nr. if> fol^jjeiules : Zoo-
lo«jischer I *TiUr*-irht . So jinkttst h erteilt keinci <U n /m >1« »'fischen
Unterricht wie der Schulmeister Hungerle in Hraungoldingen. Wenn
der den Kindern z. B. zeigen will, was für ein bnininii^es. naschi^es
Tier der Bär ist. .so wackilt er wie ein D'Ar in der Schule herum,
brummt die Kinder an. niniuit ihnen daj*. was sie Kisbares bei sidi
haben, ab und verzehrt dann seine Beute auf dem Katheder mit
Wohlbehagen, iiklem er sa^^l : Si Iii Kinder, ein solches merkwürdi;.;e.s.
bnnnniivr"^ und näschij^es (te^chöpf ist der JJärl Das sind land-
w irisch.« II) k Iu- Mitteilungen.
Materielle S^tellnng der Lehrer.
— Die (iehälter der Volkssch ullelirer in II essen -Darm»
Stadt \ver<len v.irh rkni von «len Landstanden an.ljenomiiuntn Cie-
.sclzentwurf vom i. April 1897 an wie folgt geregelt; Mit 9<x> .M. be-
jnnnend beträgst das (iehalt nach jähriger Dienstzeit 1100 M.. nach
6j;diri;^er i2(h> M. und so fort bis nach .:7j;ihniier 2»m)o M. Dii. fn iv
Dien.stwohnung oder der Wohnung.sbetia.n kunimen in Zukunft mit
2fX) M. in Anrechnung. Die Dienstzeit wird vom Tage der ersten
X'erordnun;; nach bestandener Schlufspriifunj; gerechnet
I )er r.csetzentwurf zu einem \(»rmaletat für die Seminar-
direkloren und Seminarhhrer de.s Her/.ogtums iiraun-
schwci.tr ist vom J.,andta.ue anf;enoninien. Nach demselben ist für die
S«. iiiiuardirektorcn ein (lehallssatz von 4500 bis (xkx^ M. nebst freier
I>ienstwolinung nnd fin die Seminarlehrcr ein ( '.ehalt.s.satz von rSo«^
bis 42(.<o ^L nebst \\ ohnung.sgeldzu.schufs vorgesehen worden. Nach
Ablauf von je 3 Dienstjaliren erfolgt eine Gehaltszulage von 500 M.
— Augsburg zahlt neuerclin.us seinen Lehrem folgende ( 'ie-
hälter: .\nf.ui<.:si; ehalt eines wirklichen Lehrers i vx> M. -f- M.
Funklion.sz.ulage, liehait nach 5 Jahren M. -4- 550 >L tunkt.-
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fi .l«ih«nac« Hr>y*>r,
Zul., nach lo Jahren 1550 M. -4- 640 M. F., nach 15 J. 1675 M. -f-
730 F., nach 20 J. r8oo -f- 8ao F., nach 25 J. 1900 910 F., nach
30 J. 2000 -|- i«xx) F.
— Das TI -".clist.tjehall der Lehrer in der Industriestadt Mül-
hausen betrug bisher 2700 M. Neuerdings ist dasselbe auf ;^(xx) M.
erhöht worden, die in dreijährigen Stufen nach 27 Dienstjahren er-
reicht werden. Die auKwfirtig:en Dienstjahre werden nur zur Hälfte
angereclnu t
— Auf Kreta hat die gesamte i,chrcrschaf l ihre Thätig
keit eingestellt, weil ihr seit längerer Zeit keine (Behälter mehr
ge/aliH worden sind.
Bildon^ der I^ehrer.
— Unter den Studierenden der Universität Leipzig be-
finden sich jetzt 60 Lehrer, meistens Sachsen, die nach 4 Semestern
y.WY Staatsiiififuug zugelassen werden. I);is Hr^tehen derselben be-
fähigt in Saeiiscn /.ur Anstellung als vSehuUliicklor.
— Die A/iianrc Fnfn(aisc pf*tir In fnof)ai:ti//,in »U i<t /ani^iu /ntmaist
f/ftus Ifs roionics tl a /'clraniiir w inl auch in diesem Jahre zwei sogen.
I" ,■ r-i' ,• n l- 11 r < < in Paris für Ausländer itinl IksoiuKts für I.fhn-"r
(Uiid Lciiicnnuen) veranstalten. Der ersiu Kui.s liuUcl stall vom
2. Juli bis zum i..\ugust und der zweite vom 2. Augu.st bis ;i. August.
Wer uTdiere .\nskunfl über die Kurse, sowie über Wohnung. Kosten
des .Vufculhalts etc. wünscht, wende sieli an; Altiaim jntiiaüsr, mc
ilv GrmcUc 4^. it Pttris.
Lehrer und Ldii rrinuen.
— Die Stadt iVIüuchen liatle am 1. J.uuiar d. Js. 410 aktive uud
\ \ pensionierte, /.nsammen 460 Lehrer. ;>-.) aktive und 37 pensionierte,
zu.sammen 411 Lehrerinnen. Dit [u-im liierten Lehrer waren zu-
sammen 2.^(K) Jahre alt und zählten 1470 Dienstjahre. Das Alter aller
pensionierten Lehrerinnen war 1615 Jahre und sie hatten .S99 Dieu.sl-
jahre. Das ergiebt im Durehschnitte für 1 Lehrer 52,5 Leben.sjahre
^""^ .V^r5 Dienstjahre, i Lehrerin 43,65 Lebensjahre und 24..^ Dienst-
jahre.
PrisouHl-Niuhriehteii.
— Wirkl. (jeli. Ober-Regierungsrat Dr. Schneider, seit 187^
vortragender Rat im Kultusministerinni. <ler Vater der »Allgemeinen
Bestimmungen vom 15. Oktober 1872 , feiert am 25. April seinen 70.
Geburtstag
— Der \ orschullehrer iiduard Clausnit;£er von der mit dem
Königlichen Friedrich Wilhelms-Gynmasium und dem KonigHchen
HealgN mnasium hierselbst A erbuiulen \ i>rscludei,st wmi Direktorial-
gehilfen unter Beilegung des Prädikat.^ Ui)crlc hrcr ernannt worden.
— In Harpstedt im Hannoverschen feierte am 11. Februar der
Kantor emer, Brandis seineu 98. Geburtstag.
— Lehrer eni. Ileidemann in Arnswalde, der über 50 Jahre
im Amte gestanden hntte, ist im 90. Ivebensjahre gestorben. '
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Deutsche Volksschulwarte
\o. 2. Ahfreschlossen am 20. Mai. 1896.
Allgemeine Hehnlstattetik.
Dil I rs, Ulli /all] <Kt \ <)! k ssch üKt in i^an/. Dcnlscli-
laiifl bcreclim i man auf fast S Millionen, so dai's im Durchschnitl
auf j«.- iu> Kinwolint-r \ olksscliiikr kommen. Dieser Durehsclinitt
wird ftberechritten in den Staaten I.ijipe \ s.22, W aldeck 18,2,-^, Saehseii-
Miin'nvrn t;.*«). Keuls ä. I,. 17,;!. Sachsen AUenhur;,'- Sehantn-
liuri; i,ii;iie i7,2<>, Scluvar/.lmrj- -Suiidenshausen 17.17. IJraunschvveiji:
17.CM). Olclenbnrß: 17,02. Scliwarzburjj- Rudolstadt 16.96. Anhalt 16.6^,
.Sachsen \(i,'J'<. I!a<ien i'',4-}. ilesstn \(y.^2. »Sachsen Weimar 16,42.
l'reiiLsen 16,41, Keui.s j. 1„ 16,28 und Sachöen-Cuburg-t'.oÜia 16,22.
l'nter dem Dnrch.schnitt bleiben Mecklenburjf-Strelitz 15.62, \Vürtteui>
htrir 15. };. J)aytrn ; i.;<> Mecklenburjj-Schwerin i4.'>7. Hrcmen M.25.
Klsals- I,othrini:en i Ihunhnr^ (r.i'» vv<\ Li'd>eck 11.21.
= I ber die Beleili jinn^t iler Kon f cs.sioncn an den
huheren t^nterricht.sanstaltcn I>eut.schland,s wird berichtet,
dafs, während im ganzen von der deutschen Bevolkerunjr 50 anf
10 (KH) o«ler 5 per Mille liohern Unterricht j^eniefsen. sieli dieser Ue-
Ira^ bei (Kn K iUuiliken n\ir anf ini^^eiahr stellt, bei den rrt)le-
stanten daye^en nif 5; nnd l>ei den Israeliten sojLtar anf .^.v'? für je
io(x>f. der betreffenden Kontessii -nslieviilkernn^. ("lan/. beson<lers fallt
*lie gerinj^c lieteiligunj4 der Katholiken an den Realan.slallen auf.
Denn es beteiligten sich auf 10 (xk) Katholiken nur 10 bi.s 11 am Kea!-
unterricht. anf mxmm. Protestanten dageg^cn fast 26 und auf iooih>
Lsraeliten mehr als 1 5S.
Au.s dem von tler portugiesischen Regierung erst im
voris^en Jahre veröffentHehten \'olks7,ählunjf.scrjfebni.sse vom t. l>e-
/eniber iS<k> ersieht sich in Hinsicht auf die Analphabeten, dai's
die Zahl derer, die lesen und .schreiben können, mir y^.S m»5 beträgt,
die Zahl derer, die nur lesen können, überschreitet kaum loofyjo.
während die Analphabeten, unter denen sich 2 22« 1 15 1-rauen befinden,
mehr als Mill. belra^-eii. Srlbsl in Lissabon tnffen auf fine He-
\»4kerun^ \on ;,oi ,;tK> Ijnwohuer 140037 .Vnalphabelen.
Der Kanipf nm die Sctanle.
— In R 11 fsl a n d k .nnpfcn ge,L; e n w ä r t i 1,^ d i e ^-eistl i c h e und
d i I. wellliche Macht um den lUsil/. d c i' \' o I k s s c h u 1 e in
.Sii)irien. l>er Mini.ster tler \ olksaufklärun^ verlangt die Leitung
dieser Schulen für sein Res,«4<>rt. der Oberfirokurewr des heilifiren
S\ tioils aber will diese Schulen N iillii: in diell.indi der < ie istlic hkeil
gegeben wissen un<l stiil/l sich lür .sein \ erlungen darauf, »lals der
(>rund Äur Volksbilduntr m Si>»irien von der ( leistHchkeit [^ele^t sei
und dafs die von der<kistlichkeit ^ebileU-n Kirchen ■schulen uirm/Liide
Resnllale /ci.i;l< 11 w'< dir Kvclu-nschaft^bc rik. lUe di-. '-er Schulen lie-
weiscu. Die ^»ibu leI seilest wollen \«»n deu rtründi n iles ( »ber-
]>n)kurenrs des hcilig'en Synods verzweifelt wenig wissen und be-
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baupten hartnackig::, dafs die Volk«»Rchtilc .sich nur tmter weltlicher
I^ettung' entwickeln könne.
X Konfessionelle Lcs cb ü cli er xirliUi^iU- die Centrunisp.irlei
im bayr. i^ndtag. Die Aktion wurde von dem klenkalt:n Abgeord-
neten Lehrer Wörle ein};eleitct. I'nsere jetzigen I.esebficher seien
unbrauchbar und dem Clauben ^efillirlich ; darum sollen in dem
neuen Abschnitte über kirtbüche iMurichtunneu und /evemonieu
enthalten sein, der x^^"''*-* iuhalt soll konfessionelle Tendenz haben,
der realistische Stoff verdrängt werden.
-■ Den Aufwand für das \" ol k s s c h u I w es e ii fand (iraf Karl
/edtwitz im böhmischen I,andla<^e zn hoch; derselbe forderte
IIulbtuj;sunterricht, wodurch ii>t)o l.chrcr und <MH)ooof!. erspart wer<len
konnten.
Hnmanitftre Befitreliimjenn.
- Ivin beträchtliches X ermäclitnis ist der ('• esellschaft
für \' i rl>reitu u jj: von \ ol k shi ! d n n zujtrofallen. Der am 7 «»k-
loher J^ig4 verstorbene Berliner Rentier lieh. Taul de Cuvry iiai lier
(iesellscnaft mehrere ilrnndstiicke im Werte von etwa 440000 Mark
vermacht.
— \'on dem in Quedlinburg; am 27, März verstorbenen Rentner
II. bau mijarten sind dem stä(itischen St. J oh a n n i s - W aise n -
hause testamentarishh vkx) Mark mit der Ref^timniung: vermacht
worden, dafs die Zi?iM r, «liesLr Summe zur lkkr»sti|nuu,u der Waisen
kiudcr auf den im Sommer zu veian.slaltenden l'artieen verwendet
werden sollen.
— Fahrikant I.anjjf in Mi'uichen hat der Stadt sein Vcr-
mÖLj^en vnii '}oi«vi M zu dem Zwecke vennachl. kränklicheti amien
Kindern i-,rholuns>saufenthalt auf dem I,an(K- zu ernui glichen.
-|- Der am 2^. .März d. ] zu Leipzig verstort)ene I. einer
(lustav Richard Heini cke hat 5*«>.M. dem Kate der Stadt Leip/itf
zur l'nt<. rstüt/nn l; lnny:enleidender 1. ehrer. M. dem Krankennntei
stiitzuiigsverein Sachsischer Lehrer und je hkm» .M. zwei W'aiseukiu-
dern testamentarisch znjfewicscn.
Scliiilvei'waltunic. -OrjLfanisntioii und -AiisMlattiiii^.
Dem obersten L'nterrichtsrate l- raukreichs lie^t ein im
l'nterrichtsministeriuni au.sjjfearbciteter Kntwnrf vor, der nach der
Meinunj; der malsjiebenden französischen Kn i^L iK r Annahme sicher
ist. Ivs handelt sich um die allsjemeine Jvi n f ü h r u n ir einer ein
heitlichen Orj^anisation des gesamten Schulwesens. Alk-
Kinder sollen bis zum dreizehnten t)der \ ierxehnten Jahre einen ;;e-
meinsauKii I iiterriiht ohne I-'renKlsprache ufcnirf.sen. Daun •..r<d>elt
sich die Anstalt: die einen lernen i^atein und (iriechi.sch. tlie anclereii
xwei neuere Sprachen; der rnterricht in < '.e.schichte. ( Jeojf raphte und *
r.itteratur etc i-^t i^enieinsam. Das am Schlufs des Kursus \ > r einem
Regierun^skommi.süär abzulegende Kxamen tritt au die Stelle der
bisherif^en Haccalaureats- I*rüftln^f. Das ZeuR-nis der beiden Abtei*
hingen ist j^anz eich wertig" für die höheren Studien : Rechtswissen-
schaft fTcilktmde. ln<reuieurfach etc. Nur diejenigen, die sich dem
höheren i, einlach widmen wollen, mü.ssen ilas li.\amen in ilen alten
Sprachen ablegen.
In Preufseii ist die Mitwirkung der (ieistlichen bei <len
r, i; Ii .i s-^ü n i; sf> rii f n n L' en der Seminare sn •^^eonlnrl \^•orden dnfs
»rveiiü ein .Superinteiideiit voni Kousistonum unlei ( Tenehiniguiig des
Oberkirchenrats mit der Abnahme der Prüfungen betraut wird.
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Duultrhe Vol1r»Bchiilwarte. I {
— Die .slädli.sclicii Ik-Iiördeii K'">n i ;4:.sl)er.:4:.s l>i.sclil«>ssfn im
Januar i^<-),>, ciiKii hcsf^mkrcti S t atUsc Ii ti 1 i ti s pek to r :?ii/u>u-licii,
und bewtllij^teti ein ( .Lliail für denselben .in Höht v on ; > \\. Di^
K\i\. Ri trimitig hal die (icuclimijyting xur Anstelhiiig <iic&c.s iicamten
ahgclchnt.
In dtr kt/len Sit/un.L-^ dt r Konnnii^sion der \vuilLv.Hihet,ui.sciicn
.\lt.i;eot<ltictfnkanuncT /.ur Ikratnng von I\titi«)ncn <kr Wilksscluil-
klircr hal dtr Antrajr anf I" i n f ii h r u n ^ d c r f a c h tu ä nn i.sch en
Schuhiu f.sicli t in XViirllt inftcr^ die Mchrlicit ^cfnndcn.
— Die X'olksschnlkoniniission der \vürttcinl)er^ischcn Abj^eord-
netenkaniiiier beschlois cht nfalls mit .irrofser Mehrheit die ICrric hlntig
iKsojickior t )Vif V"^- 1 Ii 11 ] hcliördt-n . die iininiUelbar dem KtUtiis
miiu.sterium unlersleiil wertkii solkn. In ihnen soll cm \'olk.sschiil-
lehrtr Sitz und Stimme haben.
(:) In Oldeuhnr.u hal (kr Landtag dem Kullnsm i n isler
I lor niil ^Mofser Meinheil in (kr nn/\\ei(ktiti;islen Weise erklart,
dal.s er das \ crlrauen des I.andtai^s V(>llstän<lig verloren
habe, weil .statt eines schuUechnischen .Afitffliedes. wie es der Land-
tag: ansdriu'klieli j^ew i;nst l:t i in im Schuld' csi n ii:u rf.ilirener ( kist-
lichcr von der ReKieruu^ in.s Obcrschulkolleifiuni berufen worden sei.
Bekanntlich hatte man gehofft, dafs der sehr verdienstvolle Lciler
(ks ohk ti burger Seminars, Schulrat Dr. Ostennanu. diese Stelle er-
halten würde.
— Der vierte kchrcr der Sludtschule in Köseu hat augenblick-
lich 165 Kinder in zwei Klassen zn unterrichten,
— In Klein- Wittenberg bei Wittenberg, einem Dorit, nas
gegen 2000 Einwohner zählt, werden etwa 435 Schider von 4 Lehrern
nnterriclitet : die njilerslt KI.issc /ählt allein* luS Schüler. Die Kl !
kfgierun^ /.u Merseburu wollte diesem Tbelstand ein Hndc bereiten
und sandte derCemeinne am 1. Oktober 1K94 einen 5. Lehrer. Jerloch
\v\irde dieser kehrer. wie ein im Mär/, v. J. anviesteliter. nach einem
andern Orte verset/t, ohne je in Thätigkeit getreten zu sein. Dici»e-
meinde hatte sich ^a ^x t i s^a rt, den Lehrer zn besolden. Die Regierung
halte keine Mittel /.\\r \ erfüj^nnu und konnte andernteils die <fe-
meinde nicht zur Ivinrichtun;,^ der neuen Lehrerstelle zwingen, weil
ihre Leistuugsunfähiiikeit kstge.stelll war,
— Die sozialdemokratische Fraktion in der 2. jfächsi sehen
Kammer hat den .Viitiat: liestelll. das Schulgeld auf/.nheben
und den entsteht iiden .\usfall den (k-meinden ans Staatsmitteln /.u
LTset/eti. elieiiso die Lehrmittel unentgeltlich zu liefern. Die
Regierung und die Kommission verhielten sich zn diesem Antrage
ablehnend
\ <>ni < .eiMeindc: .Ii 111 St 1 .» is1>u ri; ist b( '«chl«»ssen worden,
kunttig \ou einer ICihcbang tks vSchuIgeldes in den Volks- .stjwie
in den Kleinkinderschulen abzusehen.
l).us dir I iitcvi i«. lilsiinnislcv Dr. P.ossi die \"orschulen
im l iuf 11 i.iiMis hält, m hl \vit (U tiini daraus hervor, dal's er neuer
dings \erfri-t h.il. d.iis d.is SihulL^eM in der Vorschule des K(>nigl.
(lynmasinms zu yuedlinburg m *kr 1 Kl issi auf hk» M . in der
2. und Klasse auf o<> M. t rlndil wi rde ii soll. Hi.sher wurden in der
1. Klassi N. M . ii; dei _• Ih> M. uuil in ikr >4 M. gezahlt.
* Die HerliiUT S c Ini 1 d c p u l a l i o u liai d.is .Viisuchen ticr Her
liut-r Lehrerschaft auf < '1 1 < i ch Kg u n g der Ik-tiL-u der <k:nieinde-
<cludvn mit dencti di r h<>b<.ren l.ehr.nisl.dt n .1 . Irliut. Da.s Pro
\ inzial Sciudkolkgium ist dem ablehuen<len iJeschlnsse i>eigetrelcn.
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\2 Johanne* Me>«T.
— Dil Ui ulsclu ( r ^ sei Iscli ii f i für öffcntlielic <'icsutul-
heit.SJiflt -^c in Berlin liat finstiniiiiiij: fol^^cnili.- KlsoIiiUoii anj^e-
tionirnc-n : Die Deutsche ( icsellschalt fiir "iffcntlu li' (iestindlieits-
jjflcjrc hjilt CS für crfurdtrlich, dals eine lä^iiclie Kcinigunj^ der
Schulziininer durch nasses Aufwischen erfolge . Die Resolution soll
tlom Berliner Mapstnit unterhreitet werden,
KrsiehniiKH« uml l^nterrichtsfra^en.
— Das lanyfs.mie. steife Marschieren der Sohtilkinder
in den l'reiviertelslnndcn besprach Schnlrat Professor l-.uler itu
\ erein für die gesund Ii ei Ismäfsi^^'e ICrzieluni.u <ler Juueiid in
l'.a mache einen gau^ uiderwärlijjen IvindrncU, s.ij^le er, wenn iitan
die Kinder, nachdem sie einige Stunden still.uesessen lial^eji. in den
freien ]»a.ir Mimitrn zn Zweien hühsch ordentlich und Irotnin im
Schiühotc uiaischicrcn sieht. Nur leise dürfen sie niileinander retlen.
denn das Antre des Herrn I.ehrv*rs wacht! Kein frendijres Aufschreien,
kein histi^es S])rin^en nn<l Jaj;en nur eine laiiirsani I i \* c;:h"che
stilli Massel Dil "Mafsnahnien kinineii im Interesse der ( iesnndheit
dei Kinder i^ai niehi scliarf j^euuj^ \ ernrleilt werden, lune sogenannte
-Störung dnrch den Lumu könne ^ai nicht in Betracht kommen:
es handle sich Ja ntir \im eine Viertelstunde.
._:.Jt-an M ntin Charcot. der welthernhmte Pariser Nerven
kliniker, läl.st sich über die Sch ulüberbürdungsfrage in seinen
soeben erschienenen poliklinischeti X'ortriig-en unter anderem wie
foj^t \ eriielimen : Ich trhuihe nicht reclit an eine l'herbürdnnj^ in
der Schnle. l'ür die Technik alU■r(lin;,^s mnis icii sie /n.ueben. aber
in der P.lenientarschiile nuil in tK r M ittt Ischule bis /.n einer gewissen
Stufe ist >ir mir selir nnwuhrscheinlii h. Ich |)flauhe nicht, dafs man
ein k'ir.<l lil n ; 1 n'i rdeii kann : es ;;ehl ihm /.u weniiur nahe. Wenn Sie
ein Kind hernehmen, das Ihnen nicht /u antworten weif.s. nun so
antwortet e» eben nicht. Ich erinnere mich n«>ch sehr wohl, wie ich
micli als Kind benahm, wenn man niicli /.wintcen wollte, etwas w iik-i
meine Neigung /,u thim. Idi that es nicht, ich that etwas anderes.
Man ist in einem larewissen Alter im Stande, sich ^eisti«; zw über-
bürden, aber das Kind ülierbürdet sich nicht, und ich muls sauen,
ich habe auch nur äulsersl selten im Kit!(l' saltc r Neurasthenie *ie-
seheii. Wenn die Kinder erst 15 bis i/Jalue .ilt geworden sind,
wenn sie Prüfungen XU bestehen haben usw., dann kann man von
einer Üherbürdung sprechen .
— Die ersten sechs weiblichen \ Vi i t n r i t n t ^ 11 /u lU tiin.
welche durch besondere üriaubnis des Kultusministers /.lu .Vl>gaugs-
prüfungani Königlichen Luisen -C;ymna.si um /.ngfelassen wurden, haben
sämtlich die Prütting bestanden. '
— Minister Dr. Hnsse hat sicli hin.sichtlich de» Keligiuns-
Unterrichts der Di ss i d c n t e n k i n <i e r in iK - t: Sinne •!n^!4:esi)roc1ieii.
tlafs. wenn in der \ erfassun;^ <Ki Keligion.snnierru ht .ds ein inte
frierender Teil des (iesaintunterrichts bezeichnet .sei. so müsse der
Relii,Monsunterricht .uich wirklich solcher sein, nicht aber ein l'nter-
richt, der das Dasein (.oltes leui.;ne.
— ticgcii-die 1 ortbildungsschule hallen .sich in Frcistadl
der Ma^^strat und die Stadt veronlneten erklärt und den Hcschhifs
j^efafst. die gewerbliche Fortbildungs.schule aul/uhebeti. weil durch
sie die II a n <1 w e r k s m <. i s t e r selir jr e s i Ii ä <l i i; l würden Der
Kegiei ungsprüsideut hat auch in diesem l ade, wie Ijereits in melirereii
andern Fällen, dem Heschlnfs der Stadtväter .seine Einstimmung versag.
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iMulbvbv Voliit|irJiu1««rt«'.
- » • — — - ■ -
Alle 1T> Jährt- alten Mädchen <lrr Vulks^schule in ICbe: s vaklc
siiul vt rjjfliclitct. an deni Ii a u sw i rtsc Ii ;i f 1 1 i r !u n rntcnirlitc
für h ,ran\vach.sende Mädchen teilzunehmen. Ähnliche Schulen be-
stehen in Charlottenbui^;. Chenmit/, Kassel Plauen, Hanau, Pader-
b.>rn. Herford. Merseburff. Marienburjf. Halle, Königsberjr, Dortmund.
(*uben, i'(>.sen.
Lehr- und Lernmittel.
— in S'i liatUn .sich dit Lehrer \or eini.uer Zeit an die
Schul vor.släude niil iier Jiilte j^ewanUt, tlie nul Draht geJiefteten
Schulbucher und Schreibhefte ni verbieten. Dieses (besuch
war mit dtni Hinweis auf die jLierin^e Haltbarkeit dies( i l^ficher und
(leren tiefährhchkeit begründet worden. Die Schulbehürde hat in-
foljredessen die feniernc Anwvnduttfr der mit Draht gt^'hcftetcn Bücher
in den Siej^ener Schulen untersa»^.
\ On <kni Lehrer Halbe ist ein Näbrabnien koji-4r\iierl.
«1er .Iis I>erliuer Nährabujen in der Berliner i.ehmiittelan.stalt v»m
(iebhanlt, rrin/.enstr. S5, /.n haben ist. An demselben können .ille fitr
die Volksschule in Betracht kt»nniH tuU n Xabtt \ Lranscliaulubl wt 1
fleti. CiaJiz besdiidcrs nmi's auf f'ii d'i'\h.iiis klare Darstellnni: des
Su'unes. der überwenillieiu 11 un»i Kaj>iiu.ihl hingewiesen wenlen.
•|, Im X'erlajre von Maiiz und Lan.u<- iu Hannover ist ein
neues. i>raktisebes Tellnriiim erschienen, konslruierl von berd.
Kiiik Ilanpllebrer in Hannoxer, das sicli 'bireb Linfacbheit und
l'.illrtki it il'ieis 1'^ M I ans/eicbnel. ! >er .'V]>j)aial ist ohne jedes Trieb-
werk mstl lenkl daher die .Vufmerksamkeit de«s Schülers niebt durch
;j:elK-ininisvollen Mecbanisimis ab. Lin die *)ft unnui^liebe \'er-
dunkelun^ des /iuuners zu umgehen, i.st «lie Darstellung der vSonue
durch ein Licht vermieden. Die S<mne ist durch eine helljjelbe k"np:el
die Strahlenlsendiine zur bjde dureb bellt DriUite un<l die Mond
beleuclitun^^ durch eine hall>e heili^eil»e Kapsel wirkungsvoll veran-
.schaulicht.
.\ntt liehe Siclluu^ der Lehrer.
j Der Heu Minister IJosse erkbirte einer Dei)Utation iles Rek-
toretn ereins, dafs er eine .\uiseruti}; über den Pre« fsi.schen
Rektoren V erein in d« 1 ilim /uj^escbri ebenen l'orni nicht j^cetban
IS. Ilauptblatt unseres Mai-Hifles. S. 2S:;i. \or allem nicht in der
.^cb rotten b'orui. dals er sich \ iehuehr nur bedinguuifsweise ausge-
sproclien habe. Kr jfab der Deputation wiederholt die Versicherung,
dals er ilie Rektoren als sehr wichtige und wertvolle Mitarbeiter .m
»ler preuisischeu \ olksschule betrachte und ihre Autoritär bei etwaigem
An|;riff schützen werde. Kr wolle auch die materielle Stellung; der
Rektoren keineswef^s herabdriicken, sondern befestigen und lieben
— Lehrer A'oigl in AltciiKnrg. der aus der e\ . 1, .1 n d i k i rcb e
ausgetreten war und sich der .streng lulhcri.sch-orthodo.xen .sog.
separierten Landeskirche angeschlossen hatte, wurde mit Dienstent-
lassung unter Zubilligunf^ einer einnialifren Jahre.spension diszipli-
nariseb be.Ktralt.
— In Cottbus wurden in die Schuldeputation gewählt
Rektor VV. Schmidt und Hauptlehrer (L II ossenfelder. Da der Vorschul -
lebrer Zeese als Stadtverordneter schon seit Jabren Mitglied der
Dejnitation ist. so sind jetzt in der aus y Milgiiedem bestehenden
Deputation J.ebrer.
— In dem katholischen Lehrerseminare /41 Paradies hatten
drei Seminaristen bei der letzten Volkszählung^ in der Rubrik
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I j .loh<inn<-i> .M» ver.
Staats/u,u(.!iöriuk(.'it das Wort I'ol*; statt dt*s vtjr^^cst'liricboiK'n
D. ciniictnijrtn. Sie 'viirilcti ijifnljredesseil von der Anslall \ t-r-
wiisit» iMul erhiclUn aut ilirc spaU rt-n ('.» sucl'e ini> W'ndLr.'iiitiiahiiii.-
in die Anstalt .'djlelnunrle Anlvvorleu. hl ileni /( iiiiJiis (K•^. Si tnina
risteii Ii. heilst es. dais sich derselbe sonst j^ut i^efiihrt )ial»e und
auch sein I'kifs hiim ^ iiii. Leislnn;^en j^cnü^t hätten, dai's er jedorli
halle entfcrnl werden müssen, weil er lici Ausfüllung der Zählkarten
am 3. De/ettiber v. j. eine denlsclifeindliclie (le.sinn\in;i: nnd rnbot-
niafMjrkcit jj^exeiprt habe-.
Sosiah^ 8te1]iiii|c «Irr L^ll1'^r,
— l'ber die I'niK*-*' ans welchen I\rei>en si* Ii die f,elircr
nnd die Lehrerinnen rek r n t ! t r »• n . ;;,deM <lie folgende /nsaninicn -
slellun); interessante Auskunit; i-.s stammen ,uS; F.elirer. also 5,11
!*roz. und 417 Lelirerinnen, also 4,94 l'rox. aus l-aniilicn von Hitfs-
arlieileni : Lehrer, alst» ^. jj I'n»/. nnd --i i Lehrerinnen, .dso S.S^
l'ro/,. aus I'uniilicii von AulJsichls- und Rechnun>i.sl»camLen in j;ewerl>
liehen, landwirtschaftlichen und kaufmännischen Hetrieben : .^7 <> 1
I.ehrer. also »m'.s I'ro/. nnd 4.^74 Lehrerinnen, als«» .^(.S Pro/, ans
J'amih'en von selbsiändiiien f.andwiiteii. Handwerkern und Kant-
leuten; iOt>;>i Lehrer, also .^^.s Tio/.. und 271«» Lehrerinnen, al.su. ^^.l
l*ri)z. aus Familien von feslan;^eslellten Heamten. Also 5. 11 Proz. und
Pro/. — 10.53 Pro/ L( hrer. Prn/ ntid S.S^ Pro/.. ; : 7S
Pro/,. Leiirerinncn j^elidrlen den beiden ersten», den niedern Kate»
Uorien an ; dajjejfen jjehörten 60,5 Pro/, und 25,8 Pro/. ^ S6.3 yro/..
Lthrer. 51.S Pro/, und Pro/. S;>,c) Pro/.. Lehrerinnen den beulen
lel/.tervn, den Ixihereii Kate{.;orien an.
~ Hinsichtlich der einjährigen Dieuütpf liclit der V olks-
schullehrer haben sich das wnrttenibcrgische und das
hadische Ministerinra des 1' nterrichts dem in I'reufsen ange-
ordneten \ eriahren anj^esohlosseii.
A lier Lehrergesaugvcreiu /.u l>üsseUlorf veranstaltete
kftr/lich einen Volksunterhaltunjfsabend. V,s wurde der Rhein
in Sas^e und Lied dar«iehoten. .\ls (last war der i ^beriiräsideul der
Rheinproviuü /.uifegen, der sich sehr betriedixcnd aus.sprach und ver-
sicherte, die Sache nach besten Kräften zu unterstützen.
— Dem 6000 Kinwohner zählenden Indnstrteort Lustenatt ( Vorarl-
beri^) stand t)berlelirer Bosch wahrend der lel/ten 6 Jalue als
iJurj^ermeisler vor. derselbe hal eine Wiederwahl abgelehnt, und
es wurde mit ^Lyoritäl Lehrer Alpe zum Bürgermeister j^cwählt.
— Der Rittergutsbesitzer und Rittmeister der Landwehr I). in
Lembach bei I^ork, Patron tler Schule, der ('en Lehrer D. daselbst
körperlich mii'shandelt hatte, wurde \ou der Strafkammer /ai
Marburg wegen Kvirperverletzung und Beleidigung zu (loo M. Geld-
strafe oder 40 Tage < Gefängnis und zur Tragimg der Kosten verurteilt.
3faterielle Ht«llnn)? der I^hrer.
Der r«len-ichtsministcT hat nach Henehinen mildem Finanz-
miiii'4er entschieden, dafsdte Mitglic<ier <K r i;iemenl;i i 1 h rer-
Witwen und W a i se n k .! ss^n der ein/ehuii I\ei:iernn.usbe/irke /n
den linier »La \ or.schrill de.s j; Abs. 1 des Relikten -c.set/es \ oiu
20. Mai 1.SS2 fallenden Beamten und J,ehrern gehören nnd demnach
bertchti-t sind, atls der Allgemeinen Witwen- Verpflegungsanstalt
aus/.nscheulen.
\\ aiiietid tla> bislierjge ( •ehalt der \"«»lk.sscludk hrer in \\ il
helm.shaven mit i4<h» AL begann un<l in Dienstjahren bis iSno
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(M-ut'ti-h^ Vnlk»itt;bulwnr|<'. ) ;
M. .stit'tr, beträgt dius Anf.in^^sxchalt jetzt lür provisoriscli aiijfvs teilte
r^ehrer 120a M.; es stei^ in 24 Janren hin zum Hochstfrehalt von
2800 M.
— Im den M ittel.schu lieh lern in i ii.slei bürg, die nicht
schon dns Höchstprehalt von 2100 lic/.w*. fStio M. erreicht haben, eine
/iiKiiC«.' von 150 M. LTt'ben /ii k'"iniv, ii w ui li das Schiiliit ld um '* M .
erhöiil. Die /.u trwailctule MehrcinuaiiiiK- laträ}.:! ^850 M., die At;s-
jjabe für t'^e]^alts/lda^^en aber nur 26.^7, 51» M. liisterlmr^ bc/.ahlt seine
Lehrer schlechter als Tilsit, Memel und Ciumbinnen.
X "'-■T' ba\ risclic l.amlta;^'^ nahm eine Rcj^iernnj^sN orla.ue an.
WL-khc die lirhöhung der l'ensionen um '1. der AltLiszula^^xn
«Ouiiujuennal/.ulajfen ii 90 M.» bezweckt. rr.sprüni.,dich wollte ilas
Zentrum die noti^fen Mittel nur als I)is]io.sitionsfan(l bewilligen. Der
Minister stellte eine Revision des Sehuldtitalions.ueset/es in Aussieht.
\ On einer \ erslaatliehuuj.; der X'olks.schule will er prinzipiell uiehUs
wissen.
— X;ieh anirliehen Milteilnn;;in niaeht sich au« h in Württem-
berg ein peinlieh berührender Mangel an jüngeren Lehr-
kräften geltend.
— \dn den I, ehrern, weUhe die Abgangsprüfung in Kckeru
fordc' 1k standen, haln-n vuv etwa 10 .\ n stel 1 u n jl,^ erhalteir Dem-
u;;clj ist der 1, e h r er m a n e 1 in der dortigen l'rovin/. gehoben.
— Kur drei vakante Lehrerstellen in HrfiKsel liefen nicht
weniger als 500 Dewerbttngen geprüfter Kandidaten ein.
Verriiisthttti|(keit der Lehrer.
— Die inhaltlich bedeutend vennehrten nnd auf fa.st 8 Hogen
I nuan.!^ erweiterten k e i se - l{ r I ei c Ii te r u n gen tiir die Mitglieder
des deutsclien I .ehrervereins für das Jahr iS(/) «gelangten binde Mär/.
y.urAusg »l>e Das lieft kt>sret jet/l o. ;o .M . I)ei j»oslfreier Xuseiidung ;
es wird nur an Mitglieds v di .s deiitsehtu 1 Ahrer\ ereins abgegeben,
welche sicll dureh .Mitgliedskarle, <lie /urüekgesandl wird, als solche
auszuweisen haben. Der lünfachheit halber empfiehlt sich Ma.s.sen-
bestellung durch den Vereinsvonsitzenden, der dann nur seine Karte
ein/nseiideii hat. Hestelluiiyen mit deiilliclier Ortsangabe d'ostan-
staiti und leserlicher l nterschrift des llc.stellers smd nur zu richten
an die Verlagsbuchhandlung \ <>n J. Klink hardt in Berlin \V., Kothener
Stras.«ie 24.
— Der kecliiiungsabschhiis der Sl < vi tk asse deutscht r
I.chrer lur tias Jahr 1.S05 war in jeder He/iehung gün.stig Die .Mit-
gliederzalil stieg von ,vi7<) auf i,4(\ das Vermögen von i7.j<h'1 M.
auf j_i4 NoS M.. die Di\idende der Mitgbeder von 20",,, auf 22'',,,. Iis
starbell '. ; rer.->.ouen. das ist 0,4",. Im Jahre i?^<i''< sind liereil.s wieder
4i)j .MitgliediT .n;i;L;eiionimen worden, so dals die .MitgUe<kr/ahl jet/.l
nahexu i><>f>" belrä-t /ur.Vufnahme sind I^ehrcr, Lehrerinnen, I.ebrer-
frau«.n und di«.- /«'»glmge (kr l.eliiei si niin.ir«. iHTechtigl. Dii- W r
.sicheruug.ssunuue beträgt um/ bis hhk» M. Dmek.saehen werilcu mhi
der c leschäfts.steUe. Berlin N., l.ottnni.str. 9 kostenfrei versandt.
— I »ei Witwen und W a i s e n untcrstü t / u n gs \ e r <. i n iler
I. ihrer in .M ii nc Ii eii /ahlle im Jahre :>^v)^ •''■>■ \'c reinsji'.lirt Mit
glie<lc*r und besitzt ein \ erniögen von 475 v-'> M- l*it Bihinz weist
in Kimiahnien 254.^7'') M. nnd in Ausgaben 252023 M. aus. Die Zahl
der im Jahre i'^u^ unteistül/teu l.elirerswilw eii war 4.'. jene tler ein-
fachen dir D<ippeK\aisiri j nnd der gn tjsjälirigen W aistn 7.
Ivin Teil tler W iener 1. ehrer ist schon hinge .ui <ler Arbeil.
einen Zentrnllelirerverein /u gründen: die Sache cheint endlich
i T3 I V 7 ■ ' - * Digitized by Google
Johiitiue» .Mi-jrr,
in i'luis /.u kommen. Mcrkwürdij^erweise hat der )früfsere Teil der
Lehrer gepen die Heteiligfiinj? von Lehrerinnen g-estimtnt; die Ani-
mosität ist aber im [nicrcsst- ilci jiuttii S.iclic ;^anz sicherlich nicht
am IMat/.(j und verrät keinen l»esoiuleren W eitblick.
— Der Wiener I^elucrliaus-Vercin /.eigl nach <leni neue!»len
Jahresbericht ein weiteres niächti|[ces Aufblühen. Im X'orj.ihre hat er
an 5<>o nene .Mit<,dieder gewonnen, so dals er jet/l im yan/.en j;e_i;en
5CKX> Mitjflieder /.ählt. Der X ermo^^ensstand weist tlie Snmme xon
86cxx) fl. auf. Die \Virtscliaftsabteilun<; hat einen ( ie.samtunisat/ \ «>ii
;,S6 6<)o n. mit einem Rabatt von 20916 fl. erzielt. I>ic Spar- und
Darlehnskasse nmfnfst 7-' > ^^.t iti^lieder. hatte im \ erfU)Ssenen (".esdiäfts
jähre 1074151 fl. l'msatz und einen Reingewinn von 1002,^ fl.. der
Reservefonds beträgt 6176 fl, Nen ins Leben tritt eine Versiöherunp;-
anstalt (Krankenversiehemn;; rti m
— Im bei der (iruud.sleinlej^nni'steier des deutschen
Lehrerheims eine möglichst vielseilij^e lieteili^ung der Lehrerschaft
zu erniojflichen, ist die Feier in die Sonimerferien verlefift worden.
X \'(^u\ 4 —7 Auj^ust d.J. ta;.;t in Münolien der ;,, i n t er n .1 1 i on a 1 e
Kongrels lür Psychologie. i>ie bedeutendsten Namen des In-
und Auslandes sind bereits in dem vorläufig festgestellten Pioj^rauuii
vertreten, l'ür Lehrer werden die X erhandlnnji^en insliesondere da-
«Inreli intere.ssant, dafs eine besondere Sektidn für Psychologie y:e-
bildct wird. In dersell)'-n sprechen die IKinn Dr. .\ndreae Über
die Psychologen sehe liildunt; des Pädaijoi^en ; Prof. Kbbin.ufhaus Cber
eine neue MethocU /tir Prüfnn«; «j^eisti.Ljer bälii.i^^keiten und ihre An
Wendung bei Sehulkindern ; Dr. Jung tllaag) HypnoUsmus und
Suggestion als pädagogische Hilfsmittel : Dr. Offner ' Die Kntstehnng
der Schreibfehler ; Prof. Pre\ er Die Psychologie des k'n.des ; i)r.
Sperling Ps\chologie in der Schule ; I^ehrer Friedrich -Würzburj;
I)ic j-eistige Ermfidunj^ der Schulkinder u. a. ni. l>ie pädag^ojrische
Psychologie darf an diesen Kongrefs die schönsten Hoffnungen knüpfen.
Personal-Nacliriehten.
— Geheinirat Dr. Karl Schneider vom Kultusministcrinni
ist zu seinem 70. Geburtsta.tr von der iierliner theologischen l'akidtäl
in Auerkcnnun.nf seiner W rdienste um <!' ti Reliiiion-^uTiterricht und
tlie Püdagoj;ik im allijemeinen /.um Jihtendoklor ernannt w<^rden.
— Den 70. <>cb«rtstag feierte am 1. Mai Herr (leheinnal
Prof. Dr. Hertram. Derselbe steht seit 1874 an der Spitze des Ber-
Huer \' ol k ssch u 1 wesen s.
— Seminar-Oberlehrer Musikdirektor Bernhard Kothe,
ein weit über die (Frenzen der Provinz bekannter Schulmann, ist mit dem
J'jide des Scliuljahrs nacli :i7jähriucr \\ irksamkeit am Semin.ir und
5«yähriger Lehrthäti.ni^keit id)erliau]>t in den Ruhestand j;etrelen.
— Die philosophi.sche Fakultät der l uivcrsitäl /Zürich hat Herrn
Prof. J. Ilunztker in Aarau zum Ehrendoktor ernannt.
— Die Schüler des verstorbenen Seminardirektors Lange
in Se.ueber«^ haben i.sck) M /usammengebracht, wm ihrem verehrten
Lehrer ein DeJikmal zu setzen.
Oberschulrat Friedrich August JJerthelt, ein um das
dentsche. ganz besonders aber um das sächsische Volksschulwesen
hochverdienter Majin, Verfasset zahlreicher Kücher. ist am 26. .April.
tS_' Jahre alt, gestorben.
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